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GENERAL UBRARY
UNIVERSmr OF MICHIGAN.
THE
Hagerman Collection
HISTORY AND POUTICAL SQENCE
JAMES J. HAGERMAN OF CLASS OF '61
IN
Professor Charles Kendali Adams
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DEÜTSCHUNDS
GESCHICHTSQÜELLEN
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BIS ZUR MITTE DES DREIZEHNTEN JAHRHUNDERTS.
von
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W. WATTENBACH
IN Z-WEI BANDEN.
ZWEITER BAND.
VIBBTB UMOBARBBITBTB AUFLAG B.
BERLIN.
Verlag vom Wilhelm Hertz.
(BBStKBSCHll BucnBAllDL.UVO.)
1878.
2-^
l
INHALT.
IV. DIE ZEIT DER SALIER.
Tob der Wahl Koandi II bit anf Helnrlehi Y Tod.
Seite
§ 1. Allgemeines . 1
§ 2. Konrad 11. Wipo ! 10
§3. Nieder-AltaichnndHildesheim. Godehard. Benno von Osnabrück 16
§ 4. Paderborn. Annalen. Meinwerk 29
§ 5. Hermann von Reichenan 35
§ 6. Die Klöster des Schwarzwalds 40
§ 7. Bernold und Berthold 44
§ 8. Constanz. Angsbnrg 49
§ 9. Regensbnrg 53
§ 10. Salzburg nnd Passan 60
§ 11. Sachsen. Adam Ton Bremen 63
§ 12. Das Östliche Sachsen. Brnns Sachsenkrieg 68
§ 13. Die Lobredner Heinrichs IV und Heinrichs V 73
14. Lambert von Hersfeld 78
15. Mainz. Marianus Scottus 89
§ 16. Lothringen. Trier 95
§ 17. - Metz 99
§ 18. - Toul 101
§ 19. - Verdun. Abt Richard u. seine Schüler. H.v.Flavigny 103
§ 20. - Cöln 108
§ 21. - Lüttich 112
§ 22. - Gembloux 119
§ 23. - Cambrai und Tournai. Mastricht 128
§ 24. Albert von Aachen 135
§ 25. Franken 137
-§ 26. Ekkehard 145
§ 27. Böhmen. Polen. Ungarn 151
§ 28. Frankreich 160
Inhalt.
Seite
§ 29. Italien. Farfa 165
§ 30. - Die Pabstgeschichte 167
§31. - Unteritalien 176
§ 32. - Die Lombardei 181
V. WELFEN UND WEIBLINGER.
Yoii Hebuleki T Tod bli nr Mitte dee drefBehntes Jakrhniderte.
§ 1. Allgemeines 185
§ 2. Lothar und Konrad 190
§ 3. Die Prämonstratenser. Albero von Trier. Wibald 199
§ 4. Otto von Freising und seine Fortsetzer 206
§ 5. Lignrinus 218
§ 6. Gotfried von Viterbo 222
§ 7. Salzbnrger Quellen 230
§ 8. Gerhoh Yon Beichersberg. Oesterreichische Annalen 237
§ 9. BQhmische Quellen 245
§ 10. Itelien 249
§ 11. Weifische und niederdetftsche Litteratur . . ' 257
§ 12. Localgeschichte. Sachsen 267
§ 13. - Thüringen 281
§ 14. - Baiem und Oesterreich 285
§ 15. - Franken 293
§ 16. - Schwaben und Elsafs 297
§ 17. - Das Rheinland 307
§ 18. - Lothringen ^ 319
§ 19. Die Reichsgeschichte 330
§20. Eaiserchroniken 347
§ 21. Die Dominicaner 353
§ 22. Mai-tin von Troppau 358
§ 23. Die Lieder der Vaganten und andere Dichtungen 364
§ 24. Die NoveUe 373
BEILAGEN.
I. Vollständig oder im Auszug gedruckte Necrologien 378
II. Verzeichnifs alter und neuer Fälschungen 396
in Nachträge und Berichtigungen 405
IV. DIE ZEIT DER SALIEB.
Von der Wahl Konrads n bii auf Heinriehs V Tod.
§ 1. AllgemeineB.
he be sten Begenten des frü heren Mittelalters . Karl der Grofse wie
flfliTiA Vnrffl.hrftTi Heinrich L Otto L gonrad II, haben keine grelehrte
Bildnny^ tfehabt ; noch waren die beiden Kreise des Lebens so ge -
schieden, dafs eine Vereinignng kanm mögfich war, nnd eine Erzi e-
hnng dnrch Cleriker brachte last nnYermeiaiich ein ~ solches TJebier-
gewicht des geistlichen Einflusses und der kirchlichen Ideen mit
4jch, dafe das Reich Qavöir|6ch^tor*l!tr*^'ITocn nat Heinncn II ein
kräftiges^^Kegimerit gefftiirli, so seÜr^er auch der Kirche ergeben
war; er brachte das fast ganz zerrüttete Reich durch unablässige
Anstrengung wieder in Ordnung, und auf dieser Grundlage baute
Konrad rüstig fort: es ist kein kleiner Ruhm für ihn, dafs seine
gerechte und feste Herrschaft die Zeitgenossen an Karl den Grofsen
erinnerte.
Um (Gelehrsamkeit und Wissenschaft aber kümmerte Konrad sich
nicht viel; dagegen war seine burgundische Gemahlin, die kluge
Gisela, der Geistlichkeit und ihren Künsten zugethan^), und sie lieb
auch ihren Sohn Heinrich in solcher Weise erziehen'). Nach dem
Bischof Bruno von Augsburg (1007—1029), Kaiser Heinrichs n Bruder,
übernahm Bischof Egilbert von Freising die Aufsicht über den könig-
lichen Knaben, der unter seiner Leitung sorgfältig gebildet wurde. Als
sein Lehrer wird ein italienischer Mönch genannt, Almerich der Bär,
aus dem Kloster St. Peter ad Goelum aureum in Pavia, den Heinrich
') Sie Uefa sich die Werke Notkers des Deutschen Ton St. GaUen abschrei-
ben, MG. SS. II, 68, 11. Ekkeh. ed. Meyer t. Enonau p. LXXXVm. Vgl
dasn Scherrers Verz. d. Stiflshibl. S. 9.
') Hierzu Tgl. £. Steindorff, Jahrbb. unter Heinr. III, I (1874) S. 11 ff.
Ueber die zweifelhafte Angabe der Ann. Altah. min. dafs er auf der Burg An-
deehs gelebt habe, 8. 430.
WaUenba«!!, OetehiohtMineUen II. 4. Aufl. 1
2 IV. Salier. § 1. AUgemeineg.
1039 zum Abt von Far& ernannte^). Ohne Zweifel hat aber auch
Eonrads Gaplan Wipo, auf den wir bald zurückkommen werden, grofsen
Antheil an seiner Erziehung gehabt. In der Novaleser Chronik (App. c. 17)
wird Heinrich im Gegensätze zn dem idiota Konrad als bene perüia
litterarutn imhutus bezeichnet. Mit Bemo von Beichenan stand er in
litterarischem Verkehr, nnd in Tegemsee liefs er Bücher fftr sich ab-
schreiben'). Der französische Mönch Arnulf widmete ihm und der
Kaiserin eine poetische Bearbeitung der Sprüche Salomonis'). VTilliram,
den er in jungen Jahren (1048) aus Fulda nach dem armen Ebersberg
versetzt hatte, rühmt in der Widmung seiner Paraphrase des Hohen
Liedes, die an den eben erwachsenen Heinrich lY gerichtet ist, dafs
dessen Vater ihn imm^ unterstützt habe*).
Vorzüglich erscheint Heinrich m als Gönner der Wissenschaft
und ihrer Verehrer in der seltsamen Schrift des Anselm von Be-
säte^), der sich selbst als Peripatetiker bezeichnet. Aus yomehmer
lombardischer Familie, mit den angesehensten Bischöfen verwandt,
selbst ein Mitglied der Mailänder Geistlichkeit, Schüler des gefeierten
Lehrers Drogo von Parma, durchzog er mit der von ihm verfafsten
Ehetorimachia, welche Drogo gebilligt hatte, Italien, Burgund und
Deutschland, wo er Basel, Augsburg und Bamberg hervorhebt, und
bestand in Mainz, das er cUadema reghi nennt, eine philosophische
Disputation mit deutschen Gelehrten. Dem Kaiser aber die Schrift
zu überreichen, in seine Oapelle einzutreten, war sein Hauptzweck.
Was weiter aus ihm geworden ist, wissen wir nicht, niemand nennt
ihn: trotz seiner Belesenheit und Buhmredigkeit konnte er mit seinem
geschmacklosen und grammatisch mangelhaften Machwerk einen Vor-
rang vor den deutschen Gelehrten der Zeit nicht behaupten.
Auch einen Schweizer Dichter hatte, wie es scheint, der Buf von
Heinrichs Hof angezogen, Amarcius, welcher in Speier, wo die Studien
in hoher Blüthe standen, sich längere Zeit aufgehalten hat, und in
bissigen Satiren die habsüchtige Geistlichkeit und die fremden Aben-
1) Hisioriae Farfenses, MG. SS. X, 559.
S) 8. Strehlke im Arohir d. Wiener Akad. XX, 193.
>) Beiffenberg, Annaaire IV, 98^102. Anz. d. Genn. Mus. 1867, 1—4.
«) H. Reichau, Williram Abt su Ebersberg (Magd. Progr. 1877) h< diese
Widmung ftkr unecht; es ist aber gar nicht einzusehen, von wem und zn wel-
chem Zweck sie in sp&terer Weise erdichtet sein sollte.
*) Nach den früheren Mittheilungen Ton Hauröau (der die Disputation nach
Paris rerlegt) und Jos. Klein, hat £. Dümmler sich der müherollen Ausgabe
und Erläuterung derselben unterzogen : Anselm der Peripatetiker, nebst andern
Beiträgen zur Litteraturgeschichte Italiens, Halle 1 872. Ueber Anselms Rechts-
kenntniss Fitting: Zur Geschichte der Bechtswissenschaft (1875) S. 9.
Blttthe der Stadien unter Heinrich III. 3
teuerer am Hofe verfolgte. Heinrich lU preist er vorzüglich wegen
seiner Mildthätigkeit^).
Heinrichs in Gemahlin Agnes von Poitiers war ebenüeüls im
Besitz der gelehrten Bildnng der Zeit und begünstigte gern littera-
rische Stadien, bis sie als Witwe mehr und mehr in ascetische Fröm-
melei verfiel').
v J^ch Heinrich IV war dnrchan^ nicht nn^ ebildet: ,gflUL£G|ftlte^
^ jr^ von vielem Glebranch ganz abgenutzt, nnd Brief e, die an ihn ge-
wichtet waren, konnte^^ selbst l eae^imd versie hen^T^ was "bei Laien
sehr selten* waf'J.*'''Er wuMe auch die VortheliiT^mer gelehrten
umgelSung""se'Kr'' wohl zu schätzen^): hatte er doch seine Kämpfe
nicht allein mit weltlichen Waffen zu führen. Noch deutlicher sehen
wir das bei seinem Sohne Heinrich V hervortreten, der sogar einen
eigenen Historiographen auf seinem Bömerzuge mit sich führte und
Ekkehard zur Verfassung einer Geschichte des fränkischen Beiches
aufforderte. Sehr merkwürdig sind die anerkennenden Worte, mit
welchen Wibald der gewichtigen Männer «de contubemio et discipliua
imperatoris Heinrici senioris*' gedenkt, die er bei seinem Eintritt in
die königliche Kanzlei um 1122 noch vorgefunden hatte: genau
kannten sie die Form der an den Pabst zu richtenden Schreiben und
duldeten keine Abweichung^).
Die Herstellung äufserer Ordnung und Sicherheit durch Hein-
rich n und Eonrad, sowie die Begünstigung der Geistlichkeit unter
Heinrich lH und seine erfolgreichen Bemühungen f&r die Herstellung
1) S. Aelteste Denkmale der Züricher Li'tteratar, von M. Bfidinger und
Emil Grünauer, Zürich 1866. Naehtr&ge im Anz. f. Schweizer Gesch. u. Alter-
thumskunde N. 1, Zürich 1868. Frühere Mittheilung^n Ton M.Haupt in den
Berichten d. BerL Akad. 1854, u. von Herschel in Naumanns Serapeum XVI,
91 ff. Büdinger setzt die Abfassungszeit 1044, und erkl&rt die von Hugo Ton
Trimberg angegebene Heimath ^Turiaca provincia secus Alpes'' nicht als Zürich,
sondern als Churrhätien.
') Der Anonymus Haserensis nannte den ersten TheU seines Werkes
Idbellus Agneäs imperatricis, MG. SS. YII, 264. Ihre Cat>lAne Gundechar 1057
Bischof Ton Eichstedt, Altmann 1065 Bischof von Passau. Ein Brief von ihr
an Altmann in Mangolds Schrift gegen Wenrich c. 27, an Abt Albert von
Fructuaria bei Heumann de re dipL imperatricum p. 175 ex Bibl. Sebusiana.
Johannes Pauper widmete ihr sein Buch de contemplatione animae, Mab. AnalL
I, 133; ed. II, p. 120; daraus bei Heumann p. 270; ygl Archi? VIII, 810.
S) Ebonis Vita Ott^ Bab. I, 6, Bibl. V, 594. Herbord ib. p. 699 seUt eigen-
mächtig hinzu etfaceret. Auch nach WilL Malmesb. Gesta Begum Angl. III c 288
(MG. SS. X, 475) war Heinrich IV „neque ineruditus neque ignarus.*^ .
*) (Heinricus IV) |,more patris sui derioos et mazime litteratos adlhaerere
sibi Tolnit, hosque honorifice tractans nunc psalmis nunc lectione vel co|^tione
siye scripturamm ao liberalium artium inquisitione seoum familiarius occupaTit.^
Ekkeh. a. 1 106, MG. SS. VI, 239.
B) Ep. ad Eberh. Babenb. BibL I, 502.
1»
4 IV. Salier. { 1. Allgemeines.
einer strengereir Kirchenzucht, kamen in gleichem Mafse der Litte-
ratur zu gute. Man rühmte bald sein Zeitalter als das goldene:
viele Männer, heifst es in den Augsburger Annalen, gelangten durch
seine Unterstützung zu hohem Ansehen in Wissenschaft und Kunst;
die Studien waren überall im blühendsten Zustande^). Vornehme
Knaben wurden auch jetzt noch am Hofe erzogen, die kaiserliche
Gapelle vereinigte zu allen Zeiten eine Anzahl ausgezeichneter M&nner
von gründlicher Bildung, doch tritt die Hofschule nirgends bedeutend
hervor, und es war auch nicht nöthig, denn jene Schulen^ deren An-
fange wir im vorigen Abschnitt betrachteten, hatten sich überall zu
selbständigem (xedeihen entwickelt und trugen nun ihre volle Frucht.
Noch war die ganze Bildung geistlich; als etwas aufserordent-
liches wird es wie Heinrich IV, so auch dem Pfalzgrafen Frie drich
von Sachsen (f 108 8) nac hgerühmt^ dafs er, wie. man sich erzähle,
Brief e, die für ihn anlajagten, selbst habe lesen und verstehen können;
so weit habe er es in der Schule zu Fulda gebracht^). Das war eine
grofee. Ausnahme. Die Heiligenleben zeigen es zur Grenüge, dafs in
der Begel der Entschlufs, den Sohn lesen und, was identisch war,
Latein lernen^ zu lassen, ihn zugleich zum geistlichen Stande be-
stimmte. Die Mütter thaten es oft heimlich, undjdie Väter wiiräen
diaiin sehr zornig, wenn sie es erfuhren'). In_ dieser Beziehung jst
man gegen die frühere Zeit zurückgeschritten. Sehr merkwürdig ist
in Beziehung darauf die Ermahnung, welche Wipo an Heinrich m
/ richtete; er stellt ihm vor, wie nachtheilige Folgen es habe, dafs in
I Deutschland niemand etwas lerne, der nicht zum Geistlichen bestimmt
: sei, ja dafs man es für schimpflich halte. Er räth ihm geradezu durch
• ein Gesetz zu verordnen, dafs auch in Deutschland wie in Italien jeder
V vornehme Mann seine Sühne zur Schule schicken solle.
^) „Huius astipulatione et industria plurimi eo tempore in artibus, in aedi-
üeÜB, in anctoribuB, in omni genere doctrinae poUebant. Studium ubique famo-
sissimum.^ Ann. August, ad a. 1041. Mailänder Cleriker pflegten damals „in
Burgundia, in Teutonica aut in Francia" zu studieren, Land. Med. II, 35, MG.
SS. VIII, 71. Auffallend ist die gleichzeitige Klage Willirams, die aber be-
sonders auf die Entfremdung der Grammatiker von theologischen Studien und
die Unwissenheit der frommen Leute geht. Er holh Besserung von dem EinfluIiB
Frankreichs. Vgl. Giesebr. II, 677.
') Chron. Gozec. I, 19, MG. SS. X, 148. Ganz dasselbe rühmt' Ordericus
Vitalis Yon König Heinrich I Beauclerc von England. Heinrich ron Stade
(t 1016), der Gründer von Kosenfeld, war „Iftteratus et in dirino serritio valde
Studiosus,'* Annal. Sazo, SS. VI, 661.
') Ein Beispiel giebt die Kindheitsgeschiohte Dietrichs von St. Hubert, MG.
SS. XII, 39. Indem der Bastard Sbignew von seinem Vater Wladislaw von
Polen in Krakau litteris datus wurde, war er zum geistlichen Stande bestimmt;
Chron. Pol. II, 4.
Unwissenlieit der Laien. Fortschritt geistlicher Bildung. 5
Uj aa geschah non fr eilich nicht, nnd noch bei Sebastian Münster
finden wir^ dieselbe Klage wiederholt^). Dagegen aber zeichnete sich
die Geistlichkeit nnter Heinrich m durch einen hohen Grad von
Bildung aus. Die Bischöfe und Aebte, auf denen seit Otto dem
Grofsen das Beich zum grolsen Theil beruhte, besaüsen jetzt grofse
und reiche Gebiete, welche sie mit aller Sorgfalt pflegten, und wohl
zu keiner anderen Zeit galt so sehr wie damals der Spruch, dafs
unter dem Erummstabe gut wohnen sei. War bei manchen die Bau-
lust übertrieben, hatten Prunkliebe und Wohlleben in manchen Stif-
tern alles ernstere Streben erdrückt, so waren doch immer auch
andere, in denen die Wissenschaft eifrige Beförderung fand. Die be-
deutende politische Stellung der Kirche aber weckte gerade den ge-
schichtiichen Sinn und führte mit Nothwendigkeit auch zur Beschäf-
tigung mit der Vergangenheit und zur Aufzeichnung der Begebenheitei
der Gegenwart
Von den Fesseln der Schule macht man sich jetzt frei; die
lateinische Sprache ist nicht mehr eine fremde, mühsam erlernte, in
der man die vorliegenden Muster ängstlich nachahmt, sondern sie
ist die gewöhnliche Sprache aller geschäftlichen Verhandlungen, aller
Wissenschaft und Kunst, die Sprache des feineren geselligen Ver-
kehrs. Es bildet sich eine eigene, den Bedürfnissen und Zuständen
der Zeit angemessene Ausdrucksweise, in der man sich mit Leichtig-
keit bewegt. Einen sehr bedeutenden Einflufs auf diese Sprache übt
natürlich der kirchliche Gebrauch; nicht nur finden wir überall die
Ausdrücke der Bibel und der Kirchenväter angewandt, sondern man
erkennt auch nicht selten den Chorgesang wieder in dem rhythmi-
schen Klang der Prosa; häufig sind sogar die Satztheile mit unvoll-
kommenen Endreimen versehen, eine Entartung die schon im vorigen
Zeitraum hin und wieder sich zeigt.
Unbestritten war jetzt der römische Kaiser das welüiche Haupt
der Christenheit; er und seine Bäthe hatten fortwährend die mannig-
fachsten und entferntesten Verhältnisse im Auge zu behalten, und der
gesichertere Zustand der Heimath erlaubte es auch dem Gelehrten
^) Peter Ton Andlo de imp. Rom. 11, 11 ca. 1460 tadelt auch die ans-
schlieisliche Geltung von Ahnen und Jagd bei den Deutschen, und {tgt hinsu:
qQuin immo id moris apud eos irrepsit, ut dedecori habendum sit, nobilium
filios litteris scientiae et virtutum ezercitio imbui." Vgl. auch das Vorwort eu
Wilwolts Ton Schaumburg Geschichten (Stuttg. 1859) aus dem Jahre 1607,
nebst den Klagen UlrichB von Hütten und Siegmunds von Herberstein. Am
Ende des 12. Jahrb. klagt auch Walter Map de nugis curialium Dist. I c. 10
.,quod generosi partium nostrarum (England) aut dedignantur aut pigri sunt ap-
plicare litteris liberos suos.**
Q IV. Salier. § 1. Allgemeines.
in seiner Zelle, den Blick von den nächstliegenden Vorfällen zu er-
heben und nach dem Znsammenhange der Dinge zn forschen. Man
beschränkte sich nicht mehr wie nnter den Ottonen anf einen engen
Gesichtskreis; damals hatte man nach und nach begonnen, den Er-
eignissen der Gegenwart den weltgeschichtlichen . Stoff in der Form
rohester Compilation voranzustellen, jetzt aber suchte man sich dieses
Stoffes wirklich zu bemeistern. Otto hatte durch die Herstellung des
Eaiserthumes an die alten Traditionen wieder angeknüpft, und man
f&hlte sich wieder im Zusammenhange der Weltgeschichte. Die zu-
nehmende wissenschaftliche Ausbildung aber und der gröfsere Beich-
thum an Büchern gaben zugleich die Möglichkeit ein klareres Bild
der Vorzeit zu gestalten, und so entstanden jetzt die grofsen Welt-
chroniken, in denen man zunächst chronologisch eine wirkliche Ueber-
sicht der Begebenheiten za gewinnen strebte und dadurch der Folge-
zeit die Lehrbücher gab, auf denen fofsend nun Männer wie Otto
von Freising den Versuch wagen konnten, auch philosophisch des
ganzen Stoffes Herr zu werden.
Zugleich erweiterte sich auch in räumlicher Beziehung der (Ge-
sichtskreis der Chronisten. Selbst die Localgeschichte wurde überall
berührt von dem alles durchdringenden Einflüsse des römischen
Pabstes, von seinem wechselnden Verhältnifs zum Kaiser; wer aber
die Geschichte im gröfseren Zusammenhange betrachtete, der konnte
unmöglich sich femer auf den eigenen Stamm beschränken, denn
die ganze Christenheit erschien jetzt als ein organisch verbundenes
Ganzes; in den Eireuzzügen kam dieses am deutlichsten zur Erschei-
nung, und diese Kreuzzüge trugen wieder ungemein viel dazu bei,
den Blick zu erweitem. Kaiser und Vjkbßt erschienen als die beiden
Häupter der Christenheit, die Landesgeschichte trat dagegen zurück,
und diese Auffassung gab der Geschichtschreibung ihren Gesichts-
punkt.
Aber als der Kreuzesmf die ganze christliche Welt in Bewegung
brachte, waren jene beiden Häupter bereits in Zwietracht gerathen.
Es trat der lange und unheilvolle Kampf ein, der namentlich auf
Deutschland, wo auf dem einträchtigen Wirken des Kaisers und der
von ihm gesetzten Bischöfe die ganze Organisation des Beiches mhte,
im höchsten Grade erschüttemd und zerstörend wirkte. Jetzt, klagt
Gozechin, Scholaster in Mainz, gilt nur noch Geld und Gewalt, die
Wissenschaft führt zu nichts und muTs in den Schenken betteln
gehen. Durch die Folgen dieses Kampfes verlor Deutschland seinen
Vorsprung vor Frankreich und Italien. Nichts war jetzt mehr ge-
schätzt als canonistische Gelehrsamkeit und dialectische Gewandt-
Erweiterter Gesiehtskrei«« Folgen des InTestiturstreits. 7
heit, und für diese Seite der Aasbildnng hatte Frankreich immer die
beste Schule dargeboten. Schon unter Heinrich DI lassen sich Klagen
über das Eindringen französischer Moden vernehmen^). Schon von
Bischof Heribert von Eichstedt (1021 — 1042) wird gesagt, daß
er seinen Scholaster Gnnderam f&r nichts geachtet habe, weil er in
der Heimath erzogen war und nicht am Bhein oder in Gallien seine
Stadien gemacht hatte, wo die Deutung des Wortes GcUlia zweifel-
haft ist^); Heriberts Vetter Williram aber bezeugt, dafis damals zahl-
reiche Schüler aus diesen Gegenden den Lanfrank im Kloster Bec
aufsuchten. Maorilius aus Beims, in Lüttich gebildet, lehrte einige
Jahre in Halberstadt als Domscholaster, bis ihn der zunehmende
kirchliche Eifer ins Kloster F6camp trieb, endlich aber 1055 zum
Erzbisthum Bouen führte'). Greisen Bnhm erwarb sich dagegen in
Frankreich der deutsche Magister Manegold, früher Lehrer Dietgers
von Metz, der um 1070 nach Frankreich ging, wo er Wilhelms von
Champeaux Lehrer wurde; seine Frau und seine Töchter unterstützten
ihn in seinem Lehrberuf, um 1090 aber ist er in ein Kloster einge-
treten^). Auch Bischof Beinhard von Halberstadt (1107—1123), aus
der Familie der Grafen von Blankenburg, soll in Paris studiert und
^) Sigifridi Oorziensis eptstolüy zuerst angeführt Ton M. Gerbert, Eist,
nigrae Silyae I, 348 ; jetzt yollst&ndig bei Giesebr. II, 702. Vgl. auch Amarcios
ed. Büdinger p. 34. Guibert Ton Nogent bezeugt einen groCsen Aufschwung
der französischen Schulen gegen 1100, Monod. I, 4 (Opera p. 460): „Erat
paulo ante id temporis et adhuc partim sub meo tempore tanta grammaticorum
Caritas, ut in oppidis paene nullus, in urbibus rix aliquis reperiri potuisset, et
quos inveniri contigerat, eorum scientia tenuis erat nee etiam modemi tem-
poris clericulis vagantibus comparari poterat.^ — Ueber die Schulen in Frank-
reich gegen die Mitte des zwölften Jahrhunderts vgl. auch Schaarschniidt, Joh.
Saresberiensis, Leipz. 1862; Leon Maitre, Les öcoles episcopales et monatiques
768—1180, Paris 1866.
*) „Non juxta Benum seu in Gallia doctus.** Anon. Haserensis, MG. SS.
Vn, 261. Dümmler, Anselm 8. 9 bemerkt richtig, dafs nach dem gelehrten
Sprachgebrauch der Zeit Gallien das Bheinland bezeichnen kann; vielleicht ist
Lothringen gemeint. Auch die Briefe in Sudendorfs Begistr. III, 1 — 3 zeigen
eine lebhafte Verbindung mit Frankreich um die Mitte des elften Jahrhunderts;
die zugesetzten Namen aber sind schwerlich richtig. Um 1110 hatte ein Mönch
bei Barisy unweit Coucy zwei vornehme deutsche Knaben bei sich, um ihnen
die französische Sprache beizubringen. Guib. Novig. Monod. III, 6 (Opera
p. 600),
*) Acta Arohiepp. Bothomag bei Mab. AnalL p. 224. Gallia Chr. XI, 30.
Von Halberstadt heifst es: „Qui locus in Saxonia ditissimus habetur.*' Von
Föcamp begab sich Maurilius in eine Einsiedelei des Appennin, wurde Abt von
S. Maria in Florenz und zog sich von da wieder nach Fecamp zurück ; in Halb,
mag er daher um 1040 gewesen sein, unter Burohard I (1036 — 1059). Orde-
ricus VitaUs nennt ihn wohl irrig genere MagunHnum.
^) Zu unterscheiden von Manegold von Lautenbach, wie W. t. Giesebreoht
gezeigt hat, SB. der Münchener Akad. 1868 S. 308.
g IV« Salier. | 1. Allgemeines.
von St. Victor die Vorliebe f&r den Orden der fiegniierten Chorherren
mitgebracht haben, welche er in Sachsen einführte. Sein Keffe Hngo
wurde in Hamersleben erzogen nnd trat gegen den Wnnsch der
Seinigen in den Orden ein; als der Erleg mit Heiniich V entbrannte,
begab er sich auf den Bath seines Oheims nach Paris, wurde 1115
Chorherr von St. Victor, und bald ein hochgefeierter Lehrer, bis er
1140 starb*).
Die Lothringer besuchten von jeher französische Schulen, wie
Olbert, von 1012 bis 1048 Abt von Gembloux, der zu Paris im Kloster
des h. Germanus, in Troyes und in Chartres studiert hatte'), und zu
ihnen, besonders nach Lüttich kam zahlreich die lernbegierige Jugend
aus dem ganzen Beiche.
Gegen das Ende des elfiien Jahrhunderts hörte Friedrich von
Ortenburg (1100 — 1131 Erzbißchof von Cöln) in Frankreich den Ger-
hard, später (1101) Bischof von Angouldme, welcher damals in An-
gouldme, Bourges und auf dem Lande Schule hielt'). Ln Anfange
des folgenden Jahrhunderts gingen Eberhard, später (1147) Erzbischof
von Salzburg, von Bamberg aus, Otto von Freising*), Gebhard, 1122
Bischof von Würzburg*), nach Frankreich, und Vicelin, der schon
Scholasticus in Bremen war, verliefs sein Amt um ebenfalls in diesem
Lande sich weiter auszubilden*). Um 1110 schrieb ein deutscher
Cleriker B. aus Paris einen Brief voll Begeisterung für seinen Lehrer
Wilhelm von Champeaux^), und wenig später zog Abaelard auch
deutsche Schüler in grofser Menge an^). Ein Bruder Gerhoh's von
Beichersberg, der in PoUing geboren war, kehrte gegen 1130 von d^
Schulen Frankreichs zurück, und wurde Chorherr in Baitenbnch*).
') Derling (praes. G. G. Keaffel) Diss. de Hugone a S. Victore, Heimst.
1745, 4.
') Die Scholaren aus Brügge studierten 1127 in Laon, Galberti Passio
Karoli c. 12, SS. XII, 568.
') Gesta Pontiff. Engolism. bei Labbe, Nova Bibl. II, 259, angef&brt von
Stein, De Friderico archiep. Coloniensi, Monast. 1855.
*) Mit ihm soll Heinrich aus der Herzogsfamilie von Kärnten in Morimnnd
Mönch geworden sein; er wurde Abt von Villars u. 1155—1169 Bischof von
Troyes. Budinsky : Die Unir. Paris n. die Fremden an derselben im Mittelalter
(Berl. 1876) S. 132 mit Beziehung auf Hormayr u. Mednyansky, Taschenb. f.
vaterl. Gesch. (Wien 1821) S. 257 ff.
^) „In Franoiam causa studii iveram,'' im Cod. Udalrici, Bibl. V, 406. Auch
Ton Wichmann, des Gh-afen Gero von See bürg Sohn, später Erzb. y. Magdeburg,
wird es behauptet, doch finde ich keinen Beweis. I
*) Helmold I, 45. 73. Schirren freilich bezweifelt es. '
'') Cod. Udalrici, Bibl. V, 286, wo auch der schon verstorbene Manegald |
erwähnt wird. ^
^) Fulconis prioris Diogil. ep. ad Abael. in Opp. Petri Ab. ed. Cousin I, 704.
9) B. Pez Thes. V, 2040.
Besuch francösiseher Schalen. Polemik. 9
Von der Cölner Schule eilte GodschsQk, später Abt von Selan in
Böhmen, nach Paris und studierte dort, bis er 1135 in das Kloster
Steinfeld eintrat^). Auch Bnino, der Bruder des Grafen Adolf yon
Berg, befand sich der. Stadien halber in Paris, als die Cölner Erz-
bischo&wahl ihn 1131 zur raschen Heimkehr veranlasste*). Adalbert
von Saarbrücken begab sich mit glänzendem Gefolge von der Hildes-
heimer Schale nach Reims, wo, wie zn Gerberts Zeiten, die logischen
Stadien ihren Haaptsitz hatten. Als seinen Lehrer verehrte er vor-
züglich jenen Albricas, der auch Wibalds Lehrer war, 1136 — 1141
Erzbischof von Bourges. Aach viele Engländer hielten sich der Stadien
halber in Beims aof ; sie geriethen bei den Weihnachtspielen in einen
Kampf mit Franzosen and Deutschen, den Adalbert stillte. Weiter
begab sich dieser nach Paris, hörte auch noch die gelehrten Aerzte
zu Montpellier, und kehrte ia die Heimath zurück, bevor am 13. Juni
1137 sein Oheim Erzbischof Adalbert I gestorben war, dem er im
folgenden Jahre auf dem Mainzer Stuhle nachfolgte'). Albero von
Trier (1131—1152) war selbst ein Franzose und holte sich auch von
dort seinen Scholasticus Balderich. In Böhmen spricht schon Cosmas
von den jungen Philosophen, die voU von Franciens Schätzen heim-
kehrten, und Bischof Daniel von Prag (1148—1167) hatte in Paris
studiert, Lucas von Gran dort den Girardus Puella gehört*). Immer
entschiedener wurde Frankreich das Hauptland der Kirche, der Sitz
aller theologischen Gelehrsamkeit, wie auch von dort die neuen Mönchs-
orden ihren Ursprung nahmen, und Deutschland konnte seine frühere
Geltung den Nachbarn gegenüber nicht mehr behaupten.
Die Geschichte Deutschlands erklärt es zur Genüge, dafs die aller
Orten so reich und kräftig erblühenden Studien nur in wenigen glück-
lichen Fällen den Sturm überdauern konnten; gerade die geistlichen
Stifter, die Sitze der Bildung, wurden von der unheilvollen Spaltung
in ihrem innersten Kerne ergriffen und zerrissen, und in Deutschland
blieb alles stumm, wenn der Clerus schwieg.
Diese traurigen Folgen traten aber erst später ans Licht; als der
Kampf zuerst ausbrach, brachte er vielmehr neues Leben und neue
Bewegung in die Litteratur. Man kämpfte nicht minder mit der Feder
als mit dem Schwerte, und es erwuchs in kurzer Zeit eine reiche Fülle
von Streitschriften, die zum Theil mit groCser Kunst und Gewandtheit
1) Gerl. ad. a. 1184, SS. XVII, 695.
>) Balderici GesU Alberonis cap. 11. MG. SS. VIII, 249.
S) Vita Adelberti II bei Jaffö, Bibl. lU, 665-603.
*) CoBm. III, 59. Gerl. ad a. 1167. Goalt. Map de nugis curialium ed.
Wright II, 7.
IQ IV. Salier. § 1. AUgemeines. § 2. Konrad 11. Wipo.
verfafst sind^). Ans der Geschichte wie ans dem ehen jetzt mit nenem
Eifer ergriffenen Stndinm des römischen Bechts wnrden die Waffen
entlehnt, nnd Stil und Sprache wnrden auch fQr diesen Zweck sorg-
fältig geübt, theüs in den Kanzleien der geistlichen und weltlichen
Herren, theils in den jetzt in Italien und Frankreich entstehendei^
eigenen Schulen zur Erlernung des Geschäfkstils^).
Versuchen wir es nun, das umfangreiche geschichtliche Material
dieser Periode zu überblicken. Die geographische Eintheilung, welcher
wir bisher folgten, läfst sich hier nicht mehr allein festhalten, weil
der Yerkehi* und die gegenseitige Einwirkung sich zu sehr gesteigert
haben: wir werden uns von den Hauptwerken leiten lassen und diesen
die übrigen gruppenweise anreihen.
§ 2. Konrad n. Wipo.
Wiponis Opera ed. Perts, MG. SS. XI. 943—275. Bes. Abdruek. Hann. 1863. Ueber-
setxang der Vita von Bachhola (mit Lambert) 1819, v. W. Pflflger. Berlin 1877.
G. H. Pertz, Ueber Wipo's Leben und Schriften, in den Abbandlangen der Berl. Ak.
1851. Stenael II, 80. 41—49. Waitz in Schmidt*« Zeitschrift II, 104. Schubiger,
Die Sftngerschule St. Gallens (Eins. 1858) S. 90—95. W. Giesebrecht, Kaiserzeit II,
661 — 663 mit Emendationen zur Vita Chaonradi; zum Tetralogus S. 644. 650. 661;
Vers 177 verbessert Volz in den Thesen seiner Dias, offenbar treffend: Si quid erat
rixe. Vgl. auch Steindorff, Heinr, III, I, 187. W. Arndt. Wahl Konrads II. 1871.
Fr. Wagner desgL Jul. Harttung, Stadien zur Geschichte Konrads II, Bonn. Diss. 1876.
W. Pil&ger im NA. II, 189 — 156. H. Bressla« ib. 680—696.
Ueber Wipo*s Herkunft und Leben ist uns nichts bekannt, als
was aus seinen Schriften hervorgeht. Er war Priester und Caplan
Konrads IE, bei dessen Wahl er zugegen gewesen ist. Seine Kränk-
lichkeit verhinderte ihn aber häufig, dem kaiserlichen Hoflager zu
folgen, und er scheint dann in seiner Heimath zurückgeblieben zu
sein, nämlich in Burgund, denn die specielle Berücksichtigung dieses
Landes in seinen Schriften und die Berufung auf den Bischof von
Lausanne als seinen Grewährsmann lassen kaum daran zweifeln, dafs
er dort zu Hause war. In besonders nahem Yerhältnils stand er schon
bei Kaiser Konrads Lebzeiten zu dessen Sohne und Nachfolger Hein-
>) S. darüber Stensel, Fr&nk. Kaiser I, 496 ff. j^oto, Heinrich der Vierte
II, 283—303. Helfenstein, Gregors VII Bestrebungen nach den Streitochrif^n
seiner Zeit, Frankf. 1856.
*) S. über diese Dictatorenschulen Wattenbaoh im Archiv d. W. Ak. XIV,
29—94. Rockinger, Ueber Formelbücher Yom dreizehnten bis sechsehnten Jahr-
hundert als rechtsgeschichtliche Quellen, München 1855, und dessen Einleitung
EU der Sammlung: Briefsteller und Formelbücher des elften bis yierzehnten
Jahrhunderts (Quellen und Erörterungen IX), München 1864. Ueber eine aus
Italien nach Frankreich gekommene Ars dictaminis des Magister Bemhardus
gegen die Mitte des 12. Jahrh. in einer Staveloter Handschrift, Ans. d. Germ.
Mus. XVI, 189—194.
Wipo. Seine Verse. 11
rieh, an dessen Hofe er in gleicher Stellung blieb, nnd dem er auch
die Lebensbeschreibung seines Vaters überreichte. Es ist wohl nicht
zn bezweifeln, dafs er auch an der Erziehung Heinrichs Antheil ge-
habt hai
Wir wissen nicht, wo Wipo seine Bildung erhalten hat; er war
offenbar mit der classischen Litteratnr vertraut und behandelte die
Sprache der damaligen Zeit mit grofeer Leichtigkeit und Sicherheit. *
Eine besondere Vorliebe hatte er f&r rhythmische gereimte Dichtung,
und auch darin zeigt er Geschmack und Gewandtheit; noch jetzt hat
sich im kirchlichen Gebrauche die von ihm verfaTste schöne Oster-
sequenz VicHmae paschcUi laudes erhalten^). Manches Ton seinen G^
dichten ist Terloren; erhalten sind seine 1027 oder 1028 für Hein-
rich m verfafsten Denksprüche, Proverhia, in ihrer Art vortrefflich^),
und der Tetralogus, welchen er demselben König Weihnachten 1041 in
Strafsburg überreichte'), in fliessenden Hexametern, die nach damaligem
Geschmacke gereimt sind. Li anmuthiger und geschickter Weise ist
hier das Lob des Königs mit guten Ermahnungen gemischt, und da-
runter befindet sich auch der oben (S. 4) schon erwähnte gute Bath,
er möge doch seine Grofsen dazu anhalten, ihre Söhne in die Schule
zu schicken und sie Becht und Gesetz, kennen zu lehren*). Bei jeder
Gelegenheit kommt Wipo darauf zurück, dafs Becht und Gesetz die
wahre Grundlage des Thrones sind, wie er denn auch jene Ermahnungen
dem Gesetze selber in den Mund legt, und König Heinrich als ehrendsten
Beinamen die Bezeichnung Bichtschnur der Gerechtigkeit (Linea iusti-
1 ) S. Schabiger S. 93 u. Tab. VIII.
*) Z. B. Decet regem discere legem.
Legem servare, hoc est regnare.
Notitia litterarum lux est animarum.
Bene credit qni neminem laedit.
Eine Handschrift in Einsiedeln nach Schabiger S. 93; eine andere in
Wien 5612 (Med. 124) Tabb. IV, 145. Cod. lat. Monac 7797 saec XII. fol.66.
Vgl. Steindorffl, 12.
') Steindorff, Jahrbücher anter Heinrich III, I, 127.
^) Scherers hieran geknüpfte Vermathang widerlegt Dümmler, Ansehn
S. 12 n. 1. Die Verjse lauten:
Tunc fac ediotum per terram Teutonicoram,
Qailibet ut dives sibi natos instruat omnes
Litterulis, legemque suam persuadeat illis,
Ut cum principibus pladtandi venerit osus,
Quisque suis libris ezemplum proferat Ulis.
Moribus his dudom yirebat Boma decenter,
His studib tantos potuit rincire tyrannos:
Hoc serrant Itali post prima crepundia cuneti.
Et sudare scholis mandatur tota Juventus.
8olis Teutonicis Tacuum vel turpe Tidetor,
Ut doceant aliquem nisi clericas accipiatur.
12 IV. Salier. § 2. Konrad II. Wipo.
tiae) beilegt. Mit grofser Wahrscheinlichkeit ist Wipo neuerdings eine
rhythmische lateinische Dichtung zu Ehren Konrads des Saliers zuge-
schrieben^) ; besonders schön und von wahrem Geföhl erfQllt ist endlich
die TodtenMage nm Kaiser Konrads Tod').
Anfser diesen noch jetzt erhaltenen Gedichten hat aber Wipo
auch noch Konrads Winterfeldzug nach Burgund im Jahre 1033 und
* seine Heldenthaten im Wendenlande 1035 besungen und eine gröfsere
Dichtung unter dem Titel Gallinarius yerfafst, die sich ebenfalls auf
Konrad n bezog'). Diese Schriften sind uns leider alle verloren; wir
wissen davon nur, was Wipo selbst anführt, der mit einiger Selbst-
gefölligkeit ihrer gern gedenkt, indem er mit leichtem Schleier den
Verfasser nur als einen der ünsrigen bezeichnet. Mancher einzelne
Vers, der mitten in Wipo's Prosa vorkommt, mag auch wohl aus
diesen Dichtungen stammen; seine Vorliebe für solchen Schmuck tritt
häufig hervor, sowie er auch seinen Geschmack an Sprichwörtern hier
nicht verleugnet*). Andererseits ahmt er auch den sentenziösen Stil
des Sallust nach,, und daraus ist eine etwas seltsame Mischung ent-
standen; wo er aber einfach erzählt, ist seine Sprache dem Gegenstande
angemessen und frei von der gesuchten Classicität anderer*).
Das einzige grössere Werk, welches wir von Wipo besitzen, ist
sein Leben Konrads n, um so schätzbarer, weil über diese Zeit nur
Melos cundi^ in der Cambridger Handschrift, ron W. Arndt in der Gött.
Diss. (1861) Die Wahl Conrad II, S. 46-52. Zuletzt gedruckt in d. Zeitschr.
f. D. Alt. XIV, 461.
') Auch bei Schubiger S. 91. Fertz hat ihm auch den (verlorenen) Rhyth-
mus auf den Ungernkrieg 1044: Vox haec melos pangat zugeschrieben, wel-
chen Otto Fris. VI, 32 anführt u. Herrn. Contr. beilegt, und es spricht daför,
dafs Otto den TVipo nicht kennt und sein Werk Hermann zuschreibt, die Form
aber für Wipo besser pafst. Von Strehlke u. SteindorfF ist dagegen bemerkt,
dafs Wipo es angeführt haben würde, wo er von diesem Kriege spricht, aber
das geschieht nur c. 1 in einer kurzen eingeschobenen Bemerkung.
') Er führt daraus die vierte Satire an ; Vita Chuonr. cap. 6.
^) Rhythmische Dichtungen geschichtlichen Inhalts sind aus diesem Zeit-
alter wenig vorhanden; zu Heinrich lU Krönung aus der Cambr. Hs. rex
regum, Zeitschr. f. D. Alt. XIV, 462; auf die Einnahme Roms 1084 Venite
cuncti poptäi in Sudendorfs Reg. I, 55. Auf Lanfranks Tod 1089, Eheu ploret
Anglia Du Meril (1847), 251. — Auf die Eroberung von Jerusalem «/6ru«a/em
laetare, ib. 255. — Auf Heinrich V Gewaltthat gegen Faschalis 1111 Dum florelf
ed. Dümmler Forsch. XVI, 577, wozu die metrische Klage über Rom. Habsucht
um 1110 gehört: Roma Caput mündig Oiesebr. III, 1263 (vgl. oben I, 331).
Von den zahlreichen metrischen Epitaphien erwähne ich hier die auf Heinr. in
u. Leo's IX Tod: Qmcguid in orbe u. Gonddii Heinricus, ed. Dümmler, NA. I,
175 — 180, wo er auch das auf Lothar bezogene Caesar tanhis eras für Heinr. HI
in Anspruch nimt u. Varianten dazu giebt.
^) Jul. Kaizl in einer wenig zu lobenden Wiener Dias, über Wipo (1877)
findet S. 27 im Prolog Anklänge an Sulp. Severi V. Martini, die mir sehr pro-
blematisch erscheinen.
Konrads Leben von Wipo. ]^3
wenig Quellen vorhanden sind. Eben so vereinzelt steht andererseits
diese Schrift da als eine der sehr wenigen weltlichen Biographieen,
welche im Mittelalter verfafst sind. Es berührt angenehm, dem Schwalle
stereotyper Phrasen zn entgehen, die in keiner Legende fehlen. Ein-
hard, mit dem wir Wipo zunächst vergleichen müssen, übertrifft ihn
freilich an Ennst der Darstellung und Reinheit der Sprache, dafür hat
Wipo aber mehr frische Natürlichkeit, mid während Einhard in fast
ängstlicher Nachahmung Suetons auch den Kategorieen desselben folgt,
berichtet Wipo einfach nach der Zeitfolge über das Leben Eonrads.
Hierbei legte er, wie Steindorff nachgewiesen hat^), eine annalistische
Beichsgeschichte zu Grunde, dieselbe, welche sich in den Annalen von
Si Gallen ausgezogen und mit Localnachrichten vermehrt findet').
Manches lieüs er weg, wie er selbst sagt; anderes fügte er hinzu, und
erweiterte namentlich die kurzen Umrisse durch recht dankenswerthe
Ausführungen. Schon allein die Schilderung der Wahl Eonrads, welcher
er beiwohnte, sichert ihm unsere Dankbarkeit. Wipo selbst sagt, dab
häufig Erankheit ihn vom Hofe fem hielt, und daher ist er nicht
überall gleich gut unterrichtet; es ist nicht zu verwundem, dafs mancher
Irrthum sich eingeschlichen hat'). Ln allgemeinen aber schreibt er
mit vollständiger EenntniCs seines Gegenstandes und mit warmer Liebe
zu seinem Helden. Doch ist er weit entfernt, ein blofser Lobredner
zu sein; er berührt auch die Schwächen des Eaisers, wenn auch nur
in schonender Andeutung, wie das in seinen Verhältnissen und in
einem Werke, das dem Sohne und Nachfolger gewidmet war, nicht
anders sein konnte.
Wir können wohl sagen, dafs Wipo seine Aufgabe gut gelöst
hat; er giebt uns freilich keine tiefer gehende geschichtliche Auf-
fassung der damaligen Weltlage, des Verhältnisses des Eaisers zu
den Fürsten und zur Eirche, der Deutschen zu ihren Nachbaren,
aber er giebt uns ein frisches, lebensvolles Bild des thatkräftigen,
verständigen und in jeder Beziehung tüchtigen Eaisers, der vor
allem rücksichtslos das Becht handhabte und ganz für seinen hohen
Bemf lebte, und das eben war Wipo's Zweck und Absicht.
Eigentlich jedoch beabsichtigte er, die Thaten beider Herrscher
in seinem Werke zu behandeln; darauf ist das Werk angelegt, dafür
der Prolog geschrieben, nach Eonrads Tod, aber vor Heinrichs Eaiser-
M Forschungen VI, 477—493. VII, 659—572. Wir konunen noch daraaf
zurück.
') Der Abschnitt 1025 — 1044 der Ann. S. Oall. maj. ist in einem Zug
geschrieben, und wie Steindor£P gezeigt hat, nur in den letzten Jahren gleichzeitig.
>) So im Cap. 33; s. Waitz, Forsch. VII, 397—401.
14 IV. Salier. § 2. Konrad IL Wipo.
krönüng. Dann aber hat er das Leben Konrads ausgesondert nnd
Heinrich m, der nnn (Weihn. 1046) Kaiser geworden war, Hberreicht.
Damals sind einige kleine Znsätze gemacht, nicht ohne dadurch die
Ordnung etwas zu stören, und ist die Zueignung geschrieben, in
welcher Heinrich als Kaiser angeredet wird^). Bekannt ist sein Werk
nur wenig geworden; nur bei Otto von Freising und bei dem Zwettler
Fortsetzer der Annalen yon Melk finden wir es benutzt').
Wiederholt spricht Wipo die Absicht aus, auch Heinrichs HE
Geschichte zu schreiben; er sagt, dafs er fortwährend dafOr sammele:
wenn er als der früher geborene auch früher sterben werde, so möge
ein anderer auf dieser Grundlage fortbauen. Er beschwört seinen
Nachfolger, den Grund, welchen er lege, nicht zu verschmähen. Da
nun von einem solchen Werke nichts bekannt ist, dagegen aber
Hermann dem Lahmen ein Werk über Konrad n und Heinrich in
zugeschrieben wird, so hat Pertz die Yermuthung aufgestellt, dals
wohl Wipo bald nach der Vollendung seines Hauptwerkes') gestorben
sein, Hermann die hinterlassenen Aufzeichnungen überarbeitet haben
möge. Man hat eine Zeit lang auch geglaubt, Spuren dieses Werkes
bei dem Sächsischen Annalisten und Chronographen nachweisen zu
können. AUein, wie ich mich jetzt überzeugt habe, beruht alles, was
über Wipo*s angeführte Worte hinausgeht, auf einem Lrthum. Von
Hermann nämlich sagt sein vertrauter Schüler Berthold: ^.Libellum
hunc chronicorum ab incamatione Domini usque ad annum suum
undecunque laboriosa diligentia collegit; gesta quoque Chounradi et
Heinrici imperatorum pulcherrime descripsit." Da fragt es sich zu-
nächst, was denn der «annus suus" bedeuten soll, und ich denke, es
ist die von ihm selbsterlebte Zeit: so weit hat Hermann die Geschichte
mühsam aus vielen Quellen gesammelt. Davon aber unterscheidet
Berthold die weit ausführlicher behandelte Zeitgeschichte. Hermann
starb ja vor Heinrich HI: wie hätte er dazu kommen soUen, ausser
seiner Chronik noch ein abgesondertes abgeschlossenes Buch über ihn
zu schreiben? Einen weiteren Beweis dafür hat man freilich bei
Otto von Freising gefunden, der über Heinrich HI VI, 33 sagt: „Tam
M GKeeebr. II, 562. Bresalau im NA. II, 590. Die nicht passende üeber-
schrifl der Widmung kann recht wohl aus den ersten Worten derselben sp&ter
angeschickt entnommen sein.
*) Angeführt werden Oesta Chounradi bei dem Streit des Bischofs von Basel
mit St. Blasien unter Heinrich V (s. H. Bresslan, Diplomata C. p. 187), aber bei
Wipo ist nichts darauf bezügliches zu finden, wie denn auch damals St. Blasien
noch nicht gestiftet war.
B) Den Grund, weshalb Fertz hierf&r 1048 oder 1049 annahm, widerlegt
Steindorff, Forschungen Vü, 563.
Gesta Heinrici IIL Wemher von Straüsburg. ^5
ejus quam patris sui actus et virtutes Herimaimiis Contractns in
libello qnodam, quem ipsi destmavit, Incolenter satis disseniit.'' Das
pafst aber ganz genau auf Wipo , der ja auch Heinrichs ni Thaten
berührt und das ausdrücklich als seine Absicht ausspricht, wie es
auch im Titel der einzigen Handschrift steht. Otto hat das Buch ge-
habt, nennt aber Wipo nicht; von der Benutzung eines anderen
Werkes ist bei ihm keine Spur, und es ist daher sehr wahrscheinlich,
dafs er Hermann irrig für den Verfa«ser gehalten hat. Deshalb glaube
ich jetzt, dass die vielbesprochenen Gesta niemals geschrieben sind,
sondern nur Wipo^s Vorarbeit, deren Geschick uns unbekannt ist.
Wipo erzählt, dafs Eonrad im Jahre 1027 den Bischof Wern;-
her von Strafsburg nach Gonstantinopel sandte, einen gßlehrten
Mann, dem die Dombibliothek reiche Gaben verdankte^). lieber diese
Gesandtschaft finden sich einige, freilich fabelhafte Nachrichten in
einer Schrift des zwölften Jahrhunderts über die Kreuzpartikel zu
Donauwörth, welche Wemhers Begleiter, Mangold von Word, damals
soll erworben haben. Der Verfasser' ist Bert hold, einer der San-
blasianer, welche in das von Mangold gestiftete Nonnenkloster später
eingeführt waren, der etwa hundert Jahre später eine PilgerfELhrt
machte und in Gonstantinopel Nachforschungen anstellte, worauf er
einen Bericht an den Abt Theoderich verfafste, der von 1135—1171
urkundlich nachweisbar ist. Geschichtlich ist der von Fabeln erföUte
Bericht wenig brauchbar'). Vorzüglich Mangold wird darin verherr-
licht. Wir finden da auch die beliebte Geschichte, dafs der Kaiser,
zur Mahlzeit geladen, verbietet, ihm Holz zu verkaufen, er aber die
Speisen bei einem Feuer von Nüssen bereiten läfst. Es ist nicht ohne
Interesse zu verfolgen, wie diese Geschichte mit geringen Abänderungen
an den verschiedensten Orten auftaucht und beliebig auf andere
Personen übertragen wird. Denn gleiches erzählt Bobert Wace im
Boman de Bon von Herzog Bobert und dem griechischen Kaiser,
1) Darnnter den berühmten Quintilian, Bsndini II, 382. Germaniei Cae-
Baris Aratea, s. die Ausgabe yon A. Breysig, Berl. 1867 p. XVII. Andere
Arch. YIII, 461, in Strafsbarg verbrannt, und in Bern, worunter 2 Orosius; s.
H. Hagens Catal. S. 104. 108. 180. 236. Wimpheling (s. I, 320) nennt S. 39
die von ihm geschenkten Bücher, welche zu seiner Zeit noch vorhanden waren ;
Tgl. auch Ehein. Mus. XXIII (1868) S. 144.
*) Historia quomodo portio vivifice cruds Werdeam pervenerit. Oefele I,
332—336. KOnigsdorfer, Geschichte von Donauwörth I, 384—392. Unvoll-
ständig bei Grandidier, Histoire d'Alsace I, 226. Vgl. Giesebrecht 11, 632;
Bresslau, Forsch. X, 606—613. Steindorff I, 13^15. Steichele, Das Bisth.
Augsburg III (1872) 833 — 840. Die Reliquie selbst in der sehr schönen, von
Kaiser Max gestifteten, monstranif^rmigen Fassung besitit der Fürst G. Fr. tu
Oettingen Wallerstein.
IQ IV. Salier. J 2. Wipo. { 3. Altaioh n. Hildeslieun. Godehard. Benno.
Enenkel von Friedrich dem Streitbaren und Kaiser Friedrich ü, eine
österreichische Beimchronik von den belagerten Wienern, nnd Thomas
Ebendorfer von Bndolf IV nnd Karl lY. Noch dürfen wir endlich nicht
unerwähnt lassen, dafs in einer Brie&ammlung, welche ans dem
Kloster Lorsch stammt, sich eine Anzahl sehr beachtenswerther
Schreiben erhalten hat, yon denen nur wenige, aber freilich die wich-
tigsten bekannt geworden sind. Neben den gewöhnlichen Angelegen-
heiten der Geistlichkeit, Wahlaachen, Klagen über BedrQcknngen,
Bitten um gastliche Anfiiahme, finden sich darin zwei merkwürdige
Berichte über Kaiser Konrad und seinen Hof, namentlich eine genaue
Erzählung von der Absetzung des Herzogs Adalbero von Kärnten,
welche uns den Kaiser in seiner ganzen Heftigkeit und Schroffheit
zeigt, die diesem gewaltigen Fürstenstamme eigen war^).
§ 3. Nieder-Altaich und HildesheiuL Godehard.
Benno von Osnabrück.
Stenael, Gesohiehte DeutsohUnds unter den frlnkisehen Kaiatrn IL 60 — 56. 90—96.
S.Hirsch, Jahrbflcher des deutschen Reichs unter Heinrieh II. Lüntsel, Geschichte
der Diöoese nnd Stadt Hildesheim. X. Sulsbeck über S. Gothard, Regensb. 186S.
Um das Jahr 961 wurde einem Dienstmann des Klosters Nieder-
Altaich, Namens Batmund, ein Sohn geboren, der den Namen Gode-
hard erhielt. Wir erwähnten schon früher (I, 325), dals die Kloster-
zucht dort verfallen war und Kanoniker in freierer Weise an dem
Orte lebten, dals sie aber eine Schule von gutem Bufe hielten, welche
Yon Yomehmen jungen Geistlichen zahlreich besucht wurde. Auch
Godehard erhielt hier seinen ersten Unterricht und bildete sich dann
weiter aus am Hofe des Erzbischofs Friedrich yon Salzburg, dem
Nieder-Altaich auf Lebenszeit übergeben war und dem es seinen
blühenden Zustand verdankte. Im Jahre 990 aber gab der Erzbischof
das Kloster vollends seiner alten Bestimmung zurück, gab ihm seine
Selbständigkeit wieder und fahrte Benedictiner-Mönche aus Schwaben
dahin, wie es auch schon bei der ersten Stiftung 741 von Beichenau
^) Mittheilungeo daraus bei Würdtwein, Nora Subsidia I, 32 — 37. Yiell.
aus seiner Abschrift Mone, Anzeiger ftlr Kunde des Mittelalters 1838 S. 204
bis 212. A. Mai, Spicilegium Bomanum V, 146 — 153. Böhmer im Notizen-
blatt d. Wiener Ak. 1855. S. 520. 3 Briefe bei Giesebr. II, 697. 700--702.
Genaue Nachricht ron der ganzen Handschrift NA. III von Ewald; kürzere gab
einst Areralo ad Opp. Isid. 11, 10. — Kleine gleichzeitige locale Annalen von
Lorsch 936—978 giebt Bethmann SS. XVII, 33 als Annaks S. Nazarü, Die
Namen der Mönche unter Abt Gerbodo (951 — 972) Beiffersoheid e cod. Vat.
Wiener SB. LYI, 443. Lorsoher Bibl. Gat. saec XI. Spicil. Born. V% 161
bis 200.
Annales Altahenses« 17
aus besetzt war. Der Herzog Heinrich yon Baiem und Kaiser Otto in
yerhaKen der Abtei wieder zn ihren längst entfremdeten Besitzungen,
und bald gedieh sie zu grofser Blflthe und zeichnete sich aus durch
einen hohen Grad wissenschaftlicher Bildung. Dem ersten Abte
Erkenbert folgte 996—1022 Godehard, welcher die Begel in ihrer
vollen Strenge durchführte und sich namentlich auch der Elosterschule
ernstlich annahm. Bald empfond man nun auch das BedürMfs ge-
schichtlicher Aufzeichnungen. Es liegen da zun&chst ganz km'ze dürftige
Annalen von 741 — 1039 Yor^), von welchen Th. Lindner') nachzuweisen
gesucht hat, dafs sie als der erste Versuch dieser Annalistik zu be-
trachten seien. Ich habe mich frflher seiner Ansicht angeschlo9sen,
halte sie jedoch jetzt nach den Entgegnungen yon Steindorff') und
Giesebrecht^), und nach wiederholter Prüfung der Annalen selbst nicht
mehr für haltbar, obgleich Lindner bei derselben beharrt*). Es ist
meiner Meinung nach nicht zu yerkennen, dafs wir, wie Giesebrecht
richtig bemerkt, hier ganz und gar die Ausdrucksweise Aventins vor
uns haben, während eine solche Form für originale Aufzeichnungen
aus dem Mittelalter unerhört wäre; Aventin hat seine Ausbeutung der
Altaicher Annalen mit diesen kurzen Excerpten begonnen, aber im
Verlauf der Arbeit ist ihm klar geworden, dals diese Art zu ungenügend
sei; er hat noch einmal von vorne angefangen, bis 898 sich wiederum
auf Auszüge beschränkt, von da an aber eine vollständige Abschrift
genommen.
Hiermit entfällt nun auch der Grund, gerade bei dem Jahre 1089
einen Abschnitt anzunehmen; doch ist der Unterschied zwischen einer
bis 1032 reichenden Gompilation aus älteren Quellen und einer über-
wiegend aus originalen Mittheilungen bestehenden Fortsetzung unver-
kennbar, und wenn auch, wie z. B. Lamberts Beispiel zeigt, der Schlufs
auf verschiedene Verfasser deshalb noch nicht geboten ist, so hat doch
dafür Giesebrecht eine 1033 eintretende veränderte und ungenauere
Art in der Benutzung der Hildesheimer Annalen geltend gemacht*).
Femer tritt hier der auffallende Umstand hinzu, dafs jener erste Theil
zwar in Altaich verfafst ist, zum Jahre 1007 aber der Verfasser als
Hildesheimer spricht. Deshalb hat schon der erste Entdecker, Baron
von Oefele, an Wolfhere gedacht, welcher um diese Zeit bis gegen
•
i) Breves Annales Altahenses^ MG. SS. XX, 774.
*) Ueber die Annalen ron Niederaltaich, Forsch. XI, 529— 560.
S) Jahrbttcher unter Heinrich III, I, 429—433.
^) Excurs Aber die Ann. Altah. majores, Eaisergesch. U» 584~-^89.
6} Forschongen XVI, 886—893.
0) Der Orund freilieb, dass im Autograpb der Ann.. Hildesh. beim J. 1032
ein Abschnitt sichtbar sei, ist jetst hinfllLllig geworden.
Wattenbach, Oeschicbtsquellen IL 4. Aufl. 2
\Q IV. Salier. ( S. Altaich und Hfldesheim. Oodehard. Benno.
1035 seine in Hersfeld 1)egonnenen Studien in Altaich fortsetzte, nnd
Giesebrecht hat sich dieser Vermnthnng angeschlossen.
Abgesehen von dieser sachlich anwesentlichen Frage nach dem
Verfasser steht es fest, dafs als Gnmdlage der Arbeit yonüglich die
Hersfelder Annalen benutzt sind, f&r welche wir hier die reichste
Qnelle haben (I, 197), nebst den Hildesheimer, nnd zwar nach Breblan
in ihrer Tollständigeren Gestalt; dazu Alamannische Annalen, ebenfalls
nicht in derselben Foim, in welcher sie uns yorliegen, und einheimische
Aufzeichnungen, Baierische Annalen, von denen uns leider so wenig
erhalten ist. Gelegentlich sind auch aus anderen Quellen einzelne No-
tizen entlehnt^). Ob, wie Ehrenfenchter') nachzuweisen sucht, auch
aus der Fortsetzung des Begino und aus Thietmar einzelne Stellen
genommen sind, ist zweifelhaft. DaJjs aus einem ausf&hrlichen Werke
nnr einzelne kurze Sätze entnommen werden, findet sich öfter in solchen
Annalen, und man darf nicht etwa einwenden, dafs der Verfasser, wenn
er dieses Werk gekannt hätte, es stärker ausgenutzt haben würde.
Er schrieb eben für sein Kloster, und wenn man in diesem Kloster
ein solches gröfseres Geschichtswerk schon besafs, so erschien es un-
nöthig, dasselbe an diesem Orte auszuschreiben.
Was nun die Fortsetzung betrifft, so ist diese von ungemein
hohem Werthe. Schon unter Konrad n werden die selbständigen und
eigenthümlichen Nachrichten reichlicher, und Heinrichs in Begierung
ist in ausführlicher Erzählung dargestellt. Wir finden hier über diese
Zeiten vortreffliche Aufschlüsse und zwar gerade über die Verhältnisse
dieser Gegenden, über welche es sonst so sehr an Quellen mangelt,
nnd über Heinrichs UI Berührungen mit Ungern und Böhmen. Von
1054 an ist der Verfasser völlig selbständig, und über die ersten
Zeiten Heinrichs IV gewährt er unerwartete Blicke in das Treiben der
Fürsten; der sonst so gepriesene Otto von Nordheim erscheint hier,
wo man ihn näher kannte, in sehr nngünstigem Lichte. Das Beich
ist der Mittelpunkt seiner Darstellung, indem er allen Bewegungen
des Hofes folgt und auch in der Art der Darstellung schliefst er sich
der Weise der alten Annalisten an, indem er in der Begel nur die
Thatsachen reden läfst, nnd es vermeidet, seine eigene Ansicht oder
ein ürtheil über Personen und Ereignisse auszusprechen.
Den Anstols zur Geschichtschreibung gab hier offenbar, wie einst
in den sächsischen Klöstern, die nahe Beziehung, in welcher Altaich
in dieser Zeit zur Beicharegierung stand. So wurde 1038 der Altaicher
^) Die Notiz 857 über den Hund in der Trier Kirche findet sich, wie
Dfimmter bemerkt, fast gleichlautend in den Ann. Corbejenses.
*) Die Annalen von Nieder- Altaich, Oöttingen 1870.
Annales Altahenses« J9
Mönch Bicher, schon früher znm Abt von Leno bei Breecia erhoben,
znm Hersteller des sehr verwüsteten Klosters Monte Gassino bemfen;
eine Aufgabe, die er in ausgezeichneter Weise erfüllte, nnd es ist arg,
daCs in den Annalen sein Tod nicht verzeichnet ist, da doch sonst die
Wechsel in geistlichen Würden sorgsam eingetragen siad. Sicher aber
übergab 1055 die Abtei Leno seinem IQosterbmder Wenzel, nnd dieser
erhielt 1063 vom König die Abtei Altaich, welcher er bis zn seinem
Tode 1068 vorstand. Diesen preist der Annalist sehr; nicht minder
aber anch den Bischof Gnnther von Bamberg, dessen Tod auf der
Pilgerfahrt 1065 überall tiefen Eindruck machte. Wahrscheinlich ist
auch der Verfasser selbst in Italien gewesen, was bei solchen Verbin-
dungen nicht auffallen kann. Da ist es denn natürlich, dafe er uns
von italienischen und kirchlichen Verhältnissen vielerlei zu berichten
weifs, wie namentlich über die Synode von Mantua 1064, bei welcher
der Abt Wenzel zugegen war, diese Annalen unsere Hauptquelle sind.
Beutlicher als früher ist nach 1060 kenntlich, dafs alles im Zusammen-
hang und im Bückblick auf einen schon vergangenen Zeitraum ge-
schrieben ist; auch fehlt es im Anfetng nicht an Fehlem. Natürlich
treten hier trotz aller Loyalität lebhaftere Klagen über das Treiben
am Hofe hervor, in dessen Verhältnisse der Verfasser jedoch wenig
eingeweiht ist. Fast nur die anstöfsigen Verfügungen über geistliche
Würden werden en^ähnt. Am Schlufs (1073) wird der Anlab zum
Aufstand der Sachsen in einer für diese günstigen Auffassung berichtet;
ob eine weitere Fortsetzung sich daran geschlossen hat, wissen wir
nicht. Nirgends aber verräth sich eine Kenntnifs der folgenden Er-
eignisse, und die Abfassung ist daher wohl in dieselbe Zeit zu setzen.
Auch über diese Fortsetzung sind sehr verschiedene Meinungen
ausgesprochen. Darüber freilich ist man einverstanden, dafs nicht Jahr
für Jahr die Nachrichten, wie sie dastehen, gleichzeitig aufgezeichnet
sein können. Man hat aber versucht. Einschnitte zu machen, ver-
schiedene Verfasser zu unterscheiden. Dagegen hält Giesebrecht diesen
ganzen Theil von 1032 an, wegen der Gleichartigkeit der Auffassung
sowohl als der Ausdrucksweise für das Werk eines Verfassers, und
erklärt die verschiedene Beichhaltigkeit und Zuverlässigkeit der Be-
richte aus der verschiedenen Natur seiner Materialien, sei es nun, dafs
er ältere Altaicher Aufzeichnungen, eigene Notizen, mündliche Berichte,
vielleicht auch schriftliche fremde Quellen benutzt habe. Als sicher-
gestellt erscheint ihm die Benutzung der Hüdesheimer Annalen, welche
auch Brefslau bestätigt, und der Chronik des Hermanus Contractus,
doch eben nur für die Fortsetzung. Li Bezug auf diese hat J. G. Meyndt
darauf hingewiesen, dafs bis zu dem Ende derselben (1054) mehrere
2*
20 I^* Salidr. § 3. Altaich und Hildesheim. CFodeluu-d. Benno.
Ereignisse gerade ans den sonst so sorgsam beachteten Beziehnngen
zn Ungern auffallender Weise übergangen sind, vielleicht weil man sie
in der anderen Chronik hatte, während yon da an solche Lücken sich
nicht mehr finden^).
Anber dem Altaicher Abt Hermann haben, so viel wir wissen,
nur die ungrischen Chronisten Simon von Eeza nnd Johann von Thnrocz
diese Annalen benutzt; letztere jedoch mit änfserster Entstellung.
Durch Aventin wieder entdeckt, waren sie f&r die älteren baierischen
Histoiiker eine Hauptquelle; dann aber wurden sie unglücklicherweise
wieder verloren und blieben lange unbeachtet, bis Giesebrecht 1841
wieder darauf aufmerksam machte, und sie aus späteren Citaten groCsen-
theils wieder herstellte'). Eine glänzende Bestätigung seiner scharf-
sinnigen Arbeit, und eine schöne Belohnung ist ihm fast 30 Jahre
später zu Theil geworden, indem der Freiherr E. von Oefele im Feb.
1867 die lange verlorenen Annalen in den Collectaneen seines XJrgrofis-
vaters, des berühmten Herausgebers der Scriptores Berum Boicarum,
in einer Abschrift Aventins auffand, und Giesebrecht diese nun mit
dem Finder zusammen herausgeben konnte. Sie bestätigen durchweg
die früher aufgestellten Behauptungen, sind aber natürlich sehr viel
reicher').
Demselben Eloster und dem elften Jahrhundert gehOrt dem Stoff,
aber schwerlich der Abfassung nach, die inhaltlos^ Lebensbeschreibung
der h. Alruna aus dem Hause der Markgrafen von Chamb an^): der
Zeit des Abts Walther, womit vielleicht Waltker gemeint ist, der 1068
auf Wenzel folgte, das abgeschmackte Leben der hh. Salome und
Judith, welches nur durch eine Steüe über die Grafen von Ortenburg
1) Kaiser Heinrich III u. König Andreas I (Diss. Lips. 1870) S. 28.
') Annales AUahenses. Eine Qnellenschrifb des elften Jahrhunderts, her-
gestellt ypn W. Giesebrecht. Berlin 1841. Nachtrag in d. Litterar. Zeit. 1841
S. 687. Reo. y. Wait« GGA. 1842 N. 38—41. Vgl. Auctarium Ekkehardi Alta-
hense MG. SS. ZVII. 360--d65 u. die Bemerkungen ron Jaff^ ib. p. 358.
Hartmann Schedels werthlose Eixcerj^ta Altahenma MG. SS. IV, 36 haben keine
Besiehung zu diesen Annalen; über ihre Herkunft vgL Wilmans im Archiv
XI, 27.
') Annales Altahemes mc^orea, edd. W. de Giesebrecht et Edm. L. B. ab
Oefele, MG. SS. XX, 772—824 nebst &ep.- Abdruck. Uebers. t. Weiknd 1871.
VgL Giesebrecht: Ueber einige ältere Darstellungen der D. Kaiserzeit, 1867. Wie-
derholt, Deutsche Reden S. 91— 118. Kaisergesch. II, 570. 584—589. HI, 1029.
Femer aufser den schon angeführten Schriften H. Kitt: Die Entstehung der
Altaicher Annalen, in Büdingers Untersuchungen zur Mittl. Gesch. (Leipz. 1871)
II, 53—104. ZeiTsberg, Zeitschr. f. Oest. Gymn. 1875 S. 491— 511 för einheit-
liche Abfassung u. die Benutzung schriftlicher Quellen, eingehend Über das
Verhältnifs zu den ungr. Chroniken.
«) Vita S. Alrunae bei B. Pez, Thes. U, 3, 253—266.
Godehard and Wolfhere. 21
und den Herzog Engelbert merkwürdig, und wohl im dreizehnten Jahr-
hundert yer&fist ist^).
Der Abt Godehard, zn dem wir jetzt zurückkehren, erwarb
sich durch seine Amtsführung ein solches Ansehen, daüs ihm bald
auch andere Klöster zur Herstellung einer besseren Zucht anvertraut
wurden; so 1001 Tegemsee, 1005 das gänzlich verwilderte Hers-
feld ^). Es gelang ihm auch, seine Reformation mit dauerndem Er-
folge durchzuführen; er selbst entzog sich nach einigen Jahren wieder
dieser Thätigkeit, welche ihn zu sehr von seinem Berufe abzog,
aber MOnche aus seiner Schule verbreiteten sich als Aebte verschie-
dener Klüster bis nach Böhmen, Mähren und Italien*). Er selbst
widmete sich von 1012 an allein seinem eigenen Kloster, bis er im
Jahre 1022 zum Bischof von Hildesheim erwählt wurde, wo er
nun bis an seinen Tod 1038 eine segensreiche Thätigkeit entfaltete.
Ungeachtet der Verdienste seines Vorgängers Bemward fand
Godehard die Hfldesheimer Schulen ungenügend; sie mochten viel-
leicht den bedeutend gesteigerten Anforderungen dieser Zeit nicht
mehr entsprechen. Er sandte deshalb ztferst seine jungen Gleriker
nach fremden Schulen; dann aber stiftete er in Hüdesheim eine
eigene Schule, die er nicht nur mit trefüichen Lehrern, sondern auch
mit allem, was zur leiblichen Nothdurft erforderlich war, reichlich aus-
stattete. Unter denen, welche Godehard zuerst aussandte, war auch
Wolfhere, der die von ihm hergestellte Schule in Hersfeld be-
suchte*); diese leitete damals der Probst Albwm, der 1034 Abt von
Nienburg wurde. Ein Mitschüler Wolfhere's, Batmünd, Godehards
Neffe, wurde 1027 zum Abt von Nieder-Altaich berufen, und Wolfhere
hielt sich auch hier einige Zeit auf; dann kehrte er nach Hildesheim
zurück, wo er Domherr wurde und sich bald der Aufgabe zuwandte,
Godehards Leben zu beschreiben. Dm befähigte dazu auTser einer
guten grammatischen Ausbildung die persönliche Bekanntschaft mit
Godehard in dessen letzten Jahren, und der Aufenthalt in Hersfeld
und in Altaich, wo ihm Godehards erster Lehrer Bumold erzählt
hatte, was sich bis zu dessen Bischofswahl ereignet hatte. Schon
^) Vita S. Sahmae virginis et Judithae viduae^ Acta SS. Jun. Y, 493 — 498;
ef. B. Pes, Theo. II p. LVIL
*) Gegen die gewöhnliche Annahme, dtSa er anch Kremsmünster erhalten
habe, Bfidinger, Oesterr. Geschichte I, 449.
>) Vgl die Nomina fnonachorum AUahengium, SS. XVII, 368.
*) Hier war Otloh sein Mitschüler, MG. SS. XI, 378.
22 I^* Salier. § 3. AlUich und Hfldesheim. Godehard. Benno.
damalB hatte ihn Batmond dringend aufgefordert, das Leben Godehards
zu beschreiben^ worans wir sicher schliessen können, dafs Wolfhere
den geschichtlichen Arbeiten in Altaich nicht fremd gewesen ist, wenn
er nicht selbst den älteren Theil der Annalen yerfafst hat. Batmund
liefs auch nach seiner Entfernung nicht ab, die Erfüllung des einst
gegebenen Versprechens zu fordern. So entstand diese reichhaltige
Biographie, die uns jetzt in verschiedenen Bearbeitungen vorliegt.
Zuerst nämlich begnügte sich Wolfhere mit einer IJeberarbeitung von
Bemwards Leben und der Hinzufügung einer kurzen Fortsetzung über
Godehards Wahl und die Anfänge seiner Wirksamkeit^). Lidern er
sich dann eine selbständige und ausführlichere Biographie Godehards
zur Aufgabe machte und vermuthlich Jahre lang unter Händen hatte,
brachte er jenes von Pertz zuerst herausgegebene ungemein werthvolle
Werk') zu Stande, dessen gesuchte, mit Gelehrsamkeit prunkende
Sprache vorzüglich in der über alles Maafs schwülstigen Vorrede
wohl schon damals Anstofs erregt haben mag. Wenigstens vermeidet
Wolfhere diese Fehler in seiner letzten, um das Jahr 1054 verfafsten
Ausgabe"), in welcher das fromme Ende des Bischofs ausführlich ge-
schildert ist, auch viele Wundergeschichten hinzugekommen sind«
Auch findet sich hier mehr über die ältere Geschichte von Altaich
und über den merkwürdigen Mönch Günther, der als Eremit im
Böhmerwalde lebte und 1040 Heinrichs HL Heer von dem Untergange
rettete; es ist aber dagegen manches wichtige weggelassen, so dafs
die erste Bearbeitung von gröfserem Werthe ist. Zugeeignet sind
beide dem Albwin, welcher Godehard als sein Beichtvater am genauesten
gekannt hatte; sds Veranlassung wird in der zweiten Bearbeitung,
ohne jedoch der schon vorhandenen ersten zu gedenken, nicht mehr
Batmunds, sondern des Abtes vom Michaeliskloster zu Hildesheim,
Adalberts, Aufforderung bezeichnet.
Sehr begreiflich ist es daher, dafs auch die im Michaeliskloster
>) Nur diese FortsetEung ist gedruckt als Wolfherii ConUnuaÜo Vttae
Bentwardi, ed. Pertz, MG. SS. XI, 165—167.
*) Vita Qodehardi prior ^ ib. p. 167—196. In der lesenswerthen Vorrede
cur Uebersetzung der Vitae Bemw. et Godeh. hat Hüffer nachgewiesen, dais
diese Redaction nach 1035, aber vor Godehards Tod verfaüst ist.
') Vita Qodehardi posterior^ ib. p. 196—218; dann noch Wunder p. 218
bis 221. Eine Handschrift nachgetragen Archiy XI, 304. Vgl. Giesebr. II, 561.
Fast ganz werthlos ist die grofsentheils hieraus entlehnte, als Predigt zum Vor-
lesen Terfafste V, Guntheri^ SS. XI, 276—279, und zu warnen ist Tor den auf
GOnther bezüglichen falschen Urkunden, welche im dreizehnten Jahrhundert
im Kloster Brzewnow yerfafst wurden. Ueber Günther handelt Hirsch, Hein-
rich II. II, 33 f. — Translatio Qodehardi (1132) mit Wundem, SS. Xli, 639
bis 652. In Hildesheim lebte damals und starb 1026 der Bischof Ekkihard
Yon Schleswig; ein sehr verderbt überliefertes Epitaphium NA. U, 602.
Die Hildeaheimer Annalen. 23
geschriebenen Hildesheimer Annalen von Wolfhere benutzt sind,
eine bis 1043 fortgefUirte Beichsgeschichte mit vorzflglicher Berück-
sichtigung der localen Verhältnisse. Es ist schon froher (I, 284) be-
merkt worden, daüs was uns unter diesem Namen vorliegt, nur ein
ziemlich nachlässig gemachter Auszug ist, in welchem wiederum
Bemwards und GU>dehards Lebensbeschreibungen benutzt sind. Die
ursprüngliche reichere Fassung ist nach den Untersuchungen von
H. Brefslau kenntlich, auiser der Vita Godehardi, in der Fortsetzung
der Hersfelder Annalen, den Annales Altahenses, und in der verlorenen
schwäbischen Beichsgeschichte, auf welche wir noch zurückzukommen
haben. Vorzüglich aber sind uns werthvoUe Stücke erhalten im
Annalista und Chronographus Sazo, deren Quelle die Nienburger Annalen
sind; Stücke die früher für die angeblichen Gtosta Ghuonradi et Hein-
rici in Anspruch genommen wurden und über deren Herkunft viele
Vermuthungen ausgesprochen sind, bis sie zu der Annahme von
Annales Hildesheimenses majores den Anlass gaben, deren Existenz
jetzt wohl als gesichert betrachtet werden kann.
Unsere Annalen reichen nur bis 1040. Ergänzt sind sie später
aus den Mainzer Annalen von St. Alban bis 1101^). Auch was nun
weiter folgt, eine sehr ausführliche, werthvoUe, mit entschiedener
Feindschaft gegen Heinrich IV geschriebene Fortsetzung bis 1109,
wird für dieselben Annalen in Anspruch genommen. Daran schlieCst
sich bis 1137 ein Auszug aus den Paderbomer Annalen, aus welchen
auch für den früheren Theil von 1077 an Zusätze entnommen sind.
Das Verstummen der Hildesheimer Annalen mit dem Jahre 1043
ist nicht zufällig; es hängt zusammen mit dem Verfall, der damals
eintrat, weil ein unwissender Däne sich 1038 nach Gh)dehards Tod
das Bisthum zu verschaffen gewufst hatte. Er hieb Tymme, auf
Deutsch aber nannte man ihn Thietmar; die Königin Gunhild hatte
ihn als Csplan mitgebracht und so gut für ihn gesorgt*). Die Folgen
zeigten sich rasch in der Abnahme der wissenschaftlichen Bildung
der Geistlichkeit. Der Biograph des Benno behauptet sogar, dafs
dieser zuerst in Hildesheim wissenschaftliche Studien eingeführt habe,
bis dahin seien die Geistlichen wie die Bauern aufgewachsen'). Das
ist ohne Zweifel übertrieben, aber freilich brachte auch Benno eine
') Nachgewiesen tod Waita, Nachr. 1857, S. 56; rgh unten g 5 über die
Paderbomer, {15 über die Annalen von St. Alban.
S) Giesebr. U, 310 nach Adam Br. II, 75 und Vito Godeh. poet c3S. Er
starb am 14. Not. 1044. Vgl Luc Thyen, Benno II, Dias. Gott. 1869 8. 38.
*) Aehnlich aprioht sieb Bischof Hettel seibat in Betreff der Klostenuckt
ans, die er durch seinen Neffen Chuno aus der Bamberger Schule reformiren
wollte, aber mit sehr schlechtem £rfolge. Sudendorf II, 26—31.
24 I^« Salier. § 3. Altaich und Hildesheim. Godehard. Benno.
Gelehrsamkeit mit, die wohl damals in Sachsen nen sein mochte, und
Yon der anderen Seite wurde die damals eintretende Veränderung als
ein Verfall der guten alten Eirchenzucht aufgefafist. Der Brand,
welcher 1046 die Domkirche und einen grofsen Theil der Stadt ver*
zehrte, schädigte auch die strenge Zucht, und Bischof Azelin liebte
weltliche Fracht^).
Benno war ein geborener Schwabe; er hatte die Schule in
Strafsburg besucht, hörte dann den eben damals sehr gefeierten
Lehrer Hermann von Beichenau und besuchte, yon Wissensdrang
getrieben, noch viele andere Orte zu seiner weiteren Ausbildung^).
Auch nach Jerusalem ist er später, wie Nortbert berichtet, mit dem
Bischof von StraCsburg gepilgert; es kann, wie L. Thyen nachge-
wiesen hat, nur Bischof Wilhelm (1029—1047) gewesen sein. Nach
Vollendung seiner Studien kam Benno nach Speier, welches gerade
um diese Zeit durch die Gunst der Salier aus tiefem Verfall zum
höchsten Glänze erhoben wurde und die strebsamsten Lehrer und
Schüler an sich zog'). Noch zeugt davon aufser dem herrlichen
Dom das kostbare goldgeschriebene Evangeliar im Escorial, von
Heinrich HI gewidmet*). Schon Bischof Walther (1004—1031) war
ein hoch angesehener Herr, thätig beim Dombau und sehr gelehrt,
der seinem CoUegen Burchard von Worms bei der Ausarbeitung seines
Decrets zur Hand ging; Ekkehard (IV) von St. Gallen widmete ihm
ein Epitaph*). Nach Speier wurden auch Amarcius und der Lfltticher
Adelmann durch ihre Studien geführt, und Huozmann scheint dort ge-
lehrt zu haben, bevor er sich, wie Grozechin berichtet, der Kirche zu-
gewandt hatte; 1075 erhob Heinrich IV ihn zum Bischof von Speier').
Hier trat nun Benno selbst als Lehrer auf und erwarb sich durch
seinen Unterricht grofse Beichthümer, ein bedeutsames Zeichen Ar
den hoch gesteigerten Trieb nach Kenntnissen in der damaligen Zeit,
nach der man bald nachher sehnsüchtig als nach dem goldenen Zeit-
alter zurücksah.
>) Annalist» Sazo ad a. 1044, wo Winkelmann nicht gulae, das kostbare
rothe Pelzwerk (gueules), darch Manschetten hätte Übersetsen sollen, and nicht
den vielbegehrten Seidenstoff j7a//ium durch weisses Tuch.
*) Per alia quoque loca studentium more aliquante tempore vagatus.
ViU c. 3.
*) Eo quod Studium etiam literarum inibi ardentissimum florere coepisset,
ViU c 4.
«) Giesebrecht II, 676.
») S. I, 263, wo irrthUmlich 1001 gedruckt ist. Noch am Ende des 12. Jahrh.
wurde Hildegund von Schoenau durch die Speierer Schule eu gelehrten Studien
angesogen.
") Mab. Anall. p. 444, worauf mich Dfimnder aufmerksam machte.
Speier. Benno ron Osnftbrttek. 25
Als darauf Heinrich III seine Lieblingstiftung in Goslar auf alle
Weise emporznbringen suchte, folgte ihm Benno dahin, und von hier
nun berief ihn Azelin, früher königlicher Gaplan, jetzt (1044—1054)
Bischof Yon Hildesheim , znm Vorsteher der Domschnle^). Aber
Benno war zn reich für alle Verhältnisse des Lebens von der Nator
begabt und dnrch seine Stadien vorgebildet, als dalis er hinge in
dieser bescheidenen Stellung h&tte verbleiben können. Die Bischöfe
der damaligen Zeit hatten, da sie Landesherren geworden waren
mid den ersten Platz im Bathe des Königs einnahmen, die mannig-
fochsten Angaben zn erfüllen nnd bedurften dazu aller Ex&fte,
welche sich ihnen nnr irgend darboten. So begleitete denn anch
Benno im Jahre 1051 den Bischof Azelin anf dem nngrischen Feld-
znge des Kaisers nnd bewies hier eine so ausgezeichnete Befähigung
für die Besorgung der weltlichen Angelegenheiten, daCs er bald nach-
her zum Domprobst befördert wurde. Gegen die Armen war er über-
aus mild und freigebig, sein Grundsatz war, dafs es besser sei, einen
Armen zu s&ttigen, als selbst den ganzen Tag mit leerem Magen
zu gehen; wo er aber bösen Willen sah, trieb er die Einkünfte des
Stiftes mit Strenge ein. Auch in Groslar, wo er längere Zeit als
Erzpriester und zugleich aJs königlicher Amtmann schaltete, bewährte
er sich durch Umsicht und Festigkeit.
Besondere Sorgfialt verwandte er auf den Feldbau und die Gärt-
nerei, und darin soll er eine ganz besondere Kenntnils an den Tag
gelegt haben, die er nur aus Büchern geschöpft hatte. Vor allem aber
war er erfahren in der Baukunst; viel wm*de in Hildesheim unter
Bischof Hettilo (1054— -1079) nach seinen Angaben gebaut; äulserdem
war aber auch er es, der Heinrichs IV Burgen in Sachsen bauen liefs.
Ganz besonders jedoch gewann er grofsen Buhm durch einen sehr
schwierigen und kunstreichen Wasserbau, welcher den Dom zu Speier
gegen die Fluthen des Bheines sicherte.
Im Jahre 1067 wurde Benno Bischof von Osnabrück, und in den
schwierigen und stürmischen Zeiten, welche nun folgten, zeichnete er
sich durch unerschütterliche Treue gegen den König, zugleich aber
durch Friedensliebe und durch eine vorsichtige Klugheit aus, welche
ihn mit keiner Partei ganz zerfallen liels. Auf seinen und des eben
so eifrig kaiserlichen Erzbischofs Liemar von Bremen Wunsch schrieb
Wido, der ihm 1092 als Bischof folgte, ein Werk über Heinrichs IV
1) Ein Brief an Benno als Probst nnd Yitsthnm bei Sudendorf Reg. III, 16;
TieUeicht ist er anch der B. in den Briefen n. 27. 7. 4. 8 (nach der Ordnung
der Handschrift). Vgl. Thjen p. 50 n., aber in n. 7 ist nicht ron einem Bu<^
pallea die Bede, sondern expatteam zu lesen.
26 I^* S«li«r. S 8. Hildeaheim.
Streit mit Hildebrand ^), in welchem Gregors YerMren scharf getadelt
wird. Dennoch aber blieb auch Anno Yon Cöhi, der ihm eine Zeit lang
die ganze weltliche Verwaltung seines Sprengeis übertrug , immer mit
Benno befreundet, und auch mit den eifrigen Mönchen von Siegburg,
wo er bei dem Bau des Klosters yermuthlich Anno geholfen hat, und
St. Pantaleon hielt er Freundschaft. So gelang es ihm, sein Bisthum,
obgleich er es zeitweise yerlassen mufste, bis an seinen Tod 1088 vor
Verwüstung zu schützen. Dagegen können wir ihn leider yon einem
Vorwurfe nicht freisprechen; es ist mit mindestens sehr grofser Wahr-
scheinlichkeit nachgewiesen, dafs yon ihm die Fälschungen alter Ur-
kunden des Stifte herrühren, welche theils fQr den Zehntstreit mit
Corvey und Herford die Beweise liefern, theils der Verherrlichung der
Vorzeit dienen sollten'); dazu gehört auch die angebliche Stiftung
griechischer und lateinischer Schulen durch Karl den Grofeen (I, 130).
In seinen letzten Jahren beschäftigte Benno n ganz besonders die
Stiftung des Klosters Iburg, und dieser Stiftung verdanken wir seine
Biographie, eines der besten Werke dieser Art. Der Verfasser erklärt
es geradezu fOr sündlich, wenn andere ihre Helden al6 ganz vollkommen
und fehlerfrei schildern; er will Benno, der vielleicht noch der Fürbitte
bedürfe, darstellen wie er war, es ist also kein Heiligenleben, und
wirklich trägt auch die einfache und ungesuchte Schilderung das Ge-
präge der Wahrheit. Es war der Abt Nortbert, der zwischen den
Jahren 1090 und .1100 dem Stifter seines Klosters dieses schöne
Denkmal setzte, ein geborener Brabanter, der von Kindheit an bei dem
Domscholaster zu Cöln, seinem Verwandten, erzogen war, dann Dom-
herr in Bamberg, endlich Mönch in Siegburg und 1085 Abt von Iburg
wurde, wo er am 4. Dec. 1117 gestorben ist. Der Abt Maurus Best
nennt ihn als Verfasser, und setzt die Abfassung 1092, nachdem der
streng kirchliche Bischof Markward, früher Abt von Corvey, hatte
weichen müssen, und der Probst Wide oder Wiho ihm gefolgt war.
Ungeachtet der nahen Beziehungen zu den von Anno von Cöln gegrün-
deten streng gregorianischen Klöstern zeigt doch die in Iburg ge-
schriebene Biographie des Benno') kaiserliche Gesinnung, die Annalen
1) Es ist nur in einem Aussage erhalten, den der OsnabrQcker Schul-
meister T. sur Zeit des Bnrdinischen Schisma ftlr seinen Domprobst T. verfafste,
yermuthüch Thietbard, von 1119—1137 Bischof; im Cod. Udalr. Bibl. Y, 328
bis 345. Vgl. Helfenstein, Gregors VII Bestrebungen nach den Streitschriften
seiner Zeit, S. 80. 118. 168. Thyen 183—185.
>) Sickel Urkk. d. Karol. II, 428 mit Beziehung rorzflgUeh auf Wilmans
KU. I, 319 — 386. Ein älteres wichtiges Actenstück aus diesem Streit ist die
QuerimofUa Egümari ep. ad Steph, VI, von 890, bei Erhard CD. 41.
*) V, Bermonis auct. Nortberto ed. Wihnans. MG. SS. XII, 58—84. Uebers.
Tita Bennoiiis-. Iburger Annalen. 27
erstreben eine farblose Unparteilichkeit. Clemens m galt hier ftr den
rechtmäßigen Pabst. Dei^leichen Werke sind später mehr als andere
der Zerstönmg ausgesetzt gewesen; nnr in vereinzelten Exemplaren,
in späteren Abschriften haben sie sich erhalten, nnd gewils sind viele
ganz zu Grande gegangen. Von Benno's Leboi bewahrte man in Iburg
die Urschrift,, welche im Elosterbrand von 1581 zu Grande ging; man
erhielt aber 1587 aus Dincklage eine Abschrift'), nach welcher Eck«
hardt (Corp. I, 2161 — 2194) die erste Ausgabe publiciert hat. Die
Annalen benutzte um das Jahr 1500 der Liesbomer Benedictiner
Bernhard Witte; in neuerer Zeit war ihre Existenz unbekannt, bis
Julius Ficker in Miknster zwei Blätter davon entdeckte, welche die
Jahre 816 — 841 und 1073 — 1085 enthalten'). Der Anfang ist aus
den Annalen von Fulda entnommen, mit einigen Zusätzen; aus dem
elften Jahrhundert waren offenbar gleichzeitige Au&eichnungen vor-
handen, die sehr vorsichtig gehalten, aber doch mehr in sächsischem
als in königlichem Sinne geschrieben sind. Von wo diese stammen,
ist schwer anzugeben, da bei der Abschrift solcher Annalen ffir eüi
anderes Kloster häufig die localen Nachrichten fortgelassen, und andere
über das eigene Kloster eingeschoben wurden. Hier nun hat Giese-
brecht (EDL, 1032) eine Verwandtschaft mit den sogenannten Annalen
von Ottobeuern') nachgewiesen; diese letzteren zeigen uns einen
sehr mangelhaften Auszug, so dab z. B. die Eintragung zum Jahre
1076 ganz fehlerhaft geworden ist. Dafs aber diese Annalen nicht aus
Ottobeuern, wo die eine Handschrift gefmiden ist, herstammen, hat
Waitz bewiesen, der sie f&r ein hessisches Kloster in Anspruch nimt,
wie sie auch als Grundlage die Hersfelder Annalen mit jener früher
(I, 197) erwähnten Fortsetzung bis 1039 zeigen. Erwähnt wird zum
Jahr 1081 die EinftLhrung von Mönchen in das durch Erzbischof
T. Hartmann mit Wido's Schrift, in den Mitth. d. bist. Vereins zu Osn. 1866
Bd. 8. Vgl Lnoas Thjen, Benno IL Disa. Gott. 1869 mit Benutiung einer Ab-
eobrift des Abtes Mauras Rost ron 1678, woraus Emendationen. Dieselbe aueh
in d. Mitth. d. bist. Vereins Bd. 9. 1870.
') Nach freundlicher Mittheilung des Bectors Dr. Meyer in Osnabrück.
Der Gustos in Dincklage, welcher die Abschrift übergab, war nach ihm der
Küster und Scholemuter Klinkhamer, Verfasser einer osnabr. Beimchronik in
niederdeutscher Sprache. Der Abt Maurus, 1680 erw&hlt, hat Annalen von
Iburg geschrieben, aber jene alten Annalen nicht mehr gekannt.
*) AsmaUium Iburgensitan Fragmenia. Nach einer Handschrift des zwölften
Jahrhunderts zum ersten Male herausgegeben Ton Ludwig Perger. Aus der
Zeitschrift ftir vaterländische Geschichte und Alterthumskunde, 18. Band, bes.
abgedruckt. Münster 1857. Annaka Ylturgenm ed. Ports, MG. SS. XVI, 484
bis 438.
>) Annales Ottenburani ed. Ports MG. SS. V, 1—9; vgl XVII, 811 über
die in Maihingen wiedergeftindene Handschrift. Waiti in d. Gdtt Nachr. 1866
N. 19.
28 IV. Salier. { 3. Hadesheim.
Si^eMd von Mainz ernente Kloster Hasungen, und man nennt sie
deshalb jetzt etwas voreilig Hasnnger Annalen. Sicher kann es
nicht dieses, bis 1113 reichende, sehr dürftige Werk sein, welches dem
Iburger Annalisten vorgelegen hat; doch hat auch dieser die Nach-
richt, dafs 1079 in Hasnngen Canoniker eingeführt worden. Man glaubte
anfangs, in den Iburger Annalen eine Quelle des Annalista Saxo ge-
funden zu haben, aber Scheffer-Boichorst^) hat gezeigt, dab dem
Annalisten vielmehr ein Paderbomer Annalenwerk vorgelegen haben
mufis, welches auf dieselbe Quelle zurückgeht; dasselbe wurde nach
seiner Annahme auch in den Iburger Annalen ausgeschrieben. Viel-
leicht dürfte aber in Paderborn auch der Ursprung zu suchen sein;
die neue Hasunger Stiftung blieb da gewiCs nicht unbeachtet. V^eiter
kommt von diesem Kloster nichts darin vor; dagegen werden alle
Kämpfe und Heerfahrten Heinrichs IV in Sachsen und Thüringen sehr
sorgfältig verzeichnet. In Iburg liefs man manches weg, fügte aber
locale Nachrichten hinzu; so zu 1083 eine Stelle aus der Vita
Bennonis c. 20.
Die neumodische französisch- süddeutsche Gelehrsamkeit, welche
durch Benno und Hettel in die Hildes heimer Schule eingeführt
wurde, an der auch Bernhard von Constanz in dieser Zeit wirkte, läfst
sich einigermafsen erkennen in der Brie&ammlung, welche von Suden-
dorf durch die drei Bände seines Begistrum vertheilt ist und mit Hülfe
der Einleitung zum dritten Bande wieder zusammengebracht werden
kann. Sie sind in der Ausgabe mit grOfeter Willkür bestimmten Per-
sonen zugetheilt und auf politische Ereignisse bezogen; dadm*ch darf
man sich nicht irre machen lassen. Deutlich tritt uns in Hettels
Briefe n, 28 die lebhafte Beschäftigung mit den römischen Dichtem,
besonders Virgil entgegen'), und auch Cicero wurde eifrig gelesen.
Auswärtige Schüler hielten sich der Studien wegen in Hildesheim auf
und erhielten nach Godehards Anordnungen bestimmte Praebenden zum
Unterhalt; auch der Däne Eskill, welcher 1134 Bischof von Boeskild
wurde, hat dort seinen Unterricht erhalten. Während einer längeren
Abwesenheit des Bischofs litten die Schüler unter der Härte und dem
Geize seiner Beamten; mehrere entflohen bis nach Cöln, darunter
Hettels Neffe Meginhard. Das war jedoch nur ein vorübergehendes
Unglück; die schweren Zeiten des Krieges werden aber auch hier wohl
die wissenschaftliche Thätigkeit gehemmt und unterbrochen haben.
Die alten Annalen blieben, wie erwähnt, ohne Fortsetzung. Daf&r aber
1) Annales Patherbrunnenses S. 38 — 44. 56—58.
') Der adadidumeus auf S. 29 ist jedoch der Adad Idumaeus aus dem
Alten Testament.
Hasanger Annalen. Hildesheimer Schule. Minden. 29
yerfafste man im Jahre 1079 eineBisthnmschronik, welche in ge-
dräng^r üebersicht die Geschichte des Hochstiftes, die Thätigkeit der
einzelnen Bischöfe behandelte, mid von dieser Zeit an bis zmn Ausgange
des Mittelalters fortgesetzt wurde ^). Mit dem neuen Jahrhundert nahm
man auch die Annalen wieder vor; bald darauf kam der Baier Grerhoh
hierher, um die Schule zu besuchen, nachdem er bereits in Freising
und Mosburg eifrige Studien gemacht hatte, und Adalbert von Saar-
brflcken (1138 bis 1141 Erzbischof yon Mainz) erhielt hier seinen
Unterricht, nachdem er 1128 noch in ganz jungen Jahren Probst zu
Erfurt geworden, bevor er nach Frankreich ging. Die Schule mufs also
damals wieder einen bedeutenden Buf gehabt haben. Sehr gerühmt wird
in der Chronik der Scholasticus Bernhard, welcher 1130 Bischof wurde.
Etwa gegen das Ende des elften Jahrhunderts scheint in Gan-
dersheim die schon früher (I, 274) erwähnte, sagenhaft ausge-
schmückte Chronik entstanden zu sein, welche uns nur in deutscher
TJeberarbeitung erhalten ist.
Aus Minden haben wir für unsem Zweck nichts zu verzeichnen,
doch fehlte es auch hier nicht ganz an gelehrter Thätigkeii Kirch-
liche Handschriften von wunderbarer Schönheit aus der Zeit Bischof
Sigiberts (1022—1036) verwahrt jetzt die Berliner BibUothek*), und
nach Minden, wie es scheint, gehört das Verzeichnifs von 56 Schriften
in 34 Bänden, welche ein uns unbekannter Bernhard auf eigene
Kosten abschreiben liefs, vielleicht unter Bischof Eilbert (1056— 1080),
der mit Benno I von Osnabrück 1064 Kirchweihen vornahm'). Bischof
Sigibert war von Kind auf ein Zögling der Mindener Kirche, wie in
einem (Gedicht zu seinem Amtsantritt gesagt wird^); sein Nachfolger
Bruno (1037 -- 1055) stiftete 1042 das Moritzkloster auf dem Werder,
welches mit Benedictinem aus dem Magdeburger Johanniskloster be-
setzt wurde*).
§4. Paderborn. Annalen. Meinwerk.
Noch zu den älteren Zöglingen der Hildesheimer Schule gehörte
der Bischof Meinwerk von Paderborn^). Er stammte aus dem
') Ckromoon episcoporum Hildesheimeimmn ed. Pertz, MG. SS. YII, 850
bis 878
s) Vgl. Herrn, r. Lerbeke bei Leibn. II, 169. Arch. YIII, 837. NA. I, 422.
>) S. das Verz. bei Beifferscheid, Wiener SB. LVI, 545 e cod. Vat. Pal.
828 Orosii, angeblich saeo. XII. Vgl. Henr. de Hervordia p. 110.
^) Anzeiger des German. Museums XXIII, 289 — 291.
*) S. das Chronieon saec. XV ex. ed. Orotefend, Zeitschr. d. bist. Vereins
£ Niedersachsen 1873 S. 143 — 178. Von alten Aufzeichnungen findet sich keine
Spur darin.
«) Vüa Meinwerci ed. Pertz, MG. SS. XI, 104—161. Vgl. Giesebrecbt II,
30 I^* Salier. § 4. Paderborn. Memwerk.
alten und yomelunen Hanse der Immedinger, dem anch die Königin
Mathilde angehört hatte, nnd war eine tüchtige, derbe Sachsennatnr
dnrch nnd dnrch. Als Kind wnrde er in Halberstadt der Kirche
dargebracht, dann besuchte er die Schnle za Mldesheim, wohl noch
nnter Thangmar. Kaiser Heinrich n soll hier sein Mitschtder ge-
wesen sein. Das Lernen aber war seine Sache nicht; dnrch Gelehr-
samkeit hat er sich niemals ausgezeichnet, und er mufiste deshalb
manche Anfechtung erleiden. Als er schon Bischof war, liefs ihm,
wie man sich in Paderborn erzählte, Heinrich U einmal in der ISiQssa
pro defimctis aus den Worten famulis et /amulabus die erste Silbe /a
ausradieren, und Meinwerk sang wirklich pro mulis et mtäabus tuis.
Er nahm das sehr übel und liefs den königlichen Gaplan, der es ge-
than hatte, tüchtig durchprügeln; dann aber beschenkte er ihn zum
Tröste mit einer neuen Kleidung. So war sein ganzes Wesen, nicht
eben fein, oft hart, aber im Grunde doch sehr wohlwollend und gut-
müthig.
Von Hildesheim zurückgekehrt, wurde Meinwerk Domherr in
Halberstadt und kam dann unter Otto IQ als Caplan an den Hof.
Als im Jahre 1009 der Bischof Batheri von Paderborn starb, über-
reichte Heinrich n ihm seinen Handschuh als Symbol dieses Bis-
thums. Verwundert fragte Meinwerk, was er denn damit anfangen
solle: so ein Bisthum könne er ja aus eigenen Mitteln stiften. Dann
aber entschlofs er sich doch, es anzunehmen, und machte dieses
arme Bisthum, dem er 27 Jahre yorstand, nun zu einem reichen,
theils durch eigene Schenkungen und andere, die er yeranlafste, be-
sonders aber durch Königsgut, welches er im reichsten Mafse durch
Bitten und Drängen, durch« List und Scherz zu erlangen wufste, wie
das in seiner Lebensbeschreibung gar anmuthig geschildert ist. Hein-
rich n erlaubte sich dagegen manchen derben Scherz mit dem unge-
stümen Dränger, mufste aber dafür zuletzt immer mit neuer Gabe
büfsen.
TJeberhaupt sorgte Meinwerk für sein Stift in jeder Weise, wie
uns das sein Biograph durch yiele kleine, sehr charakteristische,
traditionell bewahrte Züge anschaulich macht. Er sorgte dafür, dafs
seine Liten und seine Mönche ordentlich zu essen bekämen und nahm
sich sehr ernstlich der Wirthschaft auf seinen Höfen an, z. B. der
92. 579 und über Meinwerks bOse Muttor, die Gräfin Adela S. 160 f. Ueber
einige Quellen der Vita Scheffer-Boichorst, Ann. Path. S. 78. Benutzung der
Ann. Hild. maj. Brefslau NA. II, 541 f. K. Rieger, Forsch. XVI, 447—481 über
die Gewissenhaftigkeit des Biogr. bei der Urkundenbenutsung, gegen S. Hirsch;
S. 400 über die Confusion der Capitel 16 — 21.
Meinwerk ron Paderborn. 3]^
Hühnerzucht und des Gemüsebaues. Als er einmal einen Garten voll
Nessek, die Meierin aber in schönen Kleidern findet, läfst er diese
von seinen Leuten ergreifen und so lange darüber hin und her ziehen,
bis alles Unkraut niedergelegt ist. Im nächsten Jahre fand er hier
die schönsten Gemüse.
Mit Schlägen, die in Sachsen landüblich waren, war er gleich
bei der Hand, aber die gezüchtigten pflegte er nachher durch Ge-
schenke zu yersOhnen. Häufig ging er verkleidet umher, um den
Zustand seiner Untergebenen, die Mängel der Verwaltung auszukund-
schaften; seine Feinde nannten ihn deshalb den Gaukler (joculator).
Auch bauen liefs er viel; seine Stadt umgab er mit Mauern, und
eine Kirche liefs er von griechischen Werkleuten aufführen. Die Gold-
schmiedekunst blühte in Paderborn; noch zeugt davon ein kostbarer
Schrein, den Bischof Heinrich von Werl (1084—1127) durch Bruder
Bogkerus von Helmershausen verfertigen liefs ^).
Obgleich wenig gelehrt, hob doch Meinwerk auch die Schulen zn
bedeutendem Ansehen; Annb von Cöln (1059 — 1075) und Friedrich
von Münster (1062—1084) studierten da mit Meinwerks Neffen Imad
oder Lnmed, unter dessen Pontificat (1052—1076) die Studien ihren
Höhepunkt erreichten. Dem Capitel gehörte damals der Domherr
Theoderich an, ein Schüler Lanfranks, den er zu seinem Werke gegen
Berengar veranlafste. Theoderich selbst schrieb über das Gebet des
Herrn zu Ehren des Bischofs Imad'). Um diese Zeit besuchte
Altmann, später (1065—1091) Bischof von Passau, die Paderbomer
Schule, und vielleicht mit ihm Gebhard von Salzburg und Adalbero
von Würzburg'). Altmann hat auch lange Zeit als Scholaster hier
gewirkt; am Anfange des zwölften Jahrhunderts fand Yicelin hier
eine blühende Schule unter dem Meister Hartmann, und auf diesen
folgte Mangold, der mit Wibald in Gorrespondenz stand.
Im Jahre 1015 stiftete Meinwerk das Kloster Abdinghof in der
westüchen Vorstadt von Paderborn, wohin er aus Cluny den Abt
Sigehard und zwölf Brüder berief; er sorgte väterlich dafEir, dafs sie
nicht gar zu schlechte Kost erhielten, und als er einst in der Küche
I) Diesen hält Ilg ftlr den „Theophilus presb. qui et Bagerus,^ den Vf.
der Diverearnin artiam scbedula. Einleitung cur Ausg. I p. XLV. Den Schrein
stellte das Domcapitel 1876 in München aus, Catalog 8. 13.
*)*V. Meinwerci p. 140. Vgl. Jul. Evelt, Zur Geschichte des Studien- und
Unterrichtswesens in der deutschen und französischen Kirche des elften Jahr-
dunderts, IL (Programm des Paderbomer Seminars 1857) S. 22 f. fiber Theo-
derich und die von Imad gestifteten Manuscripte.
*) Das ist freilich zweifelhaft; s. Scheffer-Boichorst, Ann. Path. S. 69. Hier
wird S. 68—71 die Päd. Schule geschildert.
32 I^* Salier. { 4. Paderborn. Meinwerk.
ausgekundschaftet hatte, dafs die Speisen überm&Isig mager waren,
weil es an Gel fehlte, schickte er ihnen Speck, indem er verständiger
Weise einsah, dafs die Vorschriften der Begel der Natnr des Landes
angepafst werden müfsten. In diesem Kloster scheint sich denn auch
der G^ist des Stifters noch lange Zeit erhalten zu haben, da man
dort mit so grofsem Behagen alle die kleinen Geschichten von ihm
aufbewahrte und ein Jahrhundert sp&ter schriftlich auszeichnete. Erst
in der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. ist nämlich diese Biographie ver-
fafst worden; eine sehr fleifsige Arbeit, deren Verfasser, ein unbe-
kannter M()nch von Abdinghof, mit greiser Sorgfalt die Hildesheimer
Annalen und andere Schriften, besonders auch die zahlreichen Urkunden
des Klosters benutzte'). Das beste aber gab ihm die lebendige mflnd-
liche üeberlieferung, welcher gerade Meinwerks eigenthümliche Per-
sönlichkeit reichen Stoff geboten hatte. Spätere Ausschmückung wird
ohne Zweifel nicht wenig hinzugethan haben; die einzelnen Geschicht-
chen sind von zweifelhaftem Werth, aber der Grundstock mub doch
echt sein und der Gesanmiteindruck ist gewifs wahr und richtig.
Natürlicher Weise war es besonders die specielle häusliche Thätig-
keit Meinwerks, von der man sich noch erzählte, und die allgemeine
Geschichte ist daher yon dem Verfasser gar nicht berührt; nur der
gprofsen Anzahl trefflicher BischOfe gedenkt er, welche damals den
deutschen Kirchen Torstanden.
Und gerade als bei einem rechten Vertreter dieser alten Beichs-
geistlichkeit vor den Zeiten des Investiturstreites haben wir uns bei
diesem wackeren Manne etwas länger aufgehalten. Vom Kaiser auf
alle Weise gehoben und begünstigt, grofsentheils in seiner Kanzlei
gebildet, vertraten damals die Bischöfe das Interesse des Reiches den
weltlichen Machthabem gegenüber. Daneben und wenn nicht gerade
der Beichsdienst sie in Anspruch nahm, widmeten sie sich ganz und
gar der Fürsorge fOr ihre Sprengel, fOr ihr rasch angewachsenes
und herrlich erblühendes Gebiet. Sie hatten keine Zeit weder für
dogmatische Controversen, noch auch für schriftstellerische Thätig-
keit, aber sie riefen diese hervor durch ihre Sorge für die Schulen,
durch die Stiftung von Klösteiii, endlich durch den Stoff welchen
ihr eigenes Wirken der Geschichtschreibung gab. Darum beschäftigen
>) R. Wihnans: Die UrkundenfUschungen im Kloster Abdiaghof u. die
ViU Mehiwerci, in d. ZeiUchr. f. yaterl. Gesch. XXKIV (Münster 1876X 1—36
weist die Unechtheit der noch Torhandenen Originale nach, die Tom Biographen
schon henatzt sind. Sie sind nach seiner Ansicht nach dem Brande ron 1163
erneut, aher nicht ohne Zus&tze und Erweiterungen. Der Biograph wäre da-
nach sp&ter ansusetsen als herkömmlich (um 1155) u. W. findet auch eine Be-
siehung auf jenen Brand.
Die Paderborner Annalen. 33
sie uns auch hier. Ihre Biographieen sind wichtige Quellen, nm das
besondere Leben in den einzelnen Landschaften kennen zn lernen;
die allgemeine Geschichte wird nur gelegentlich berührt, nnd nament-
lich in Sachsen ist der unterschied von dem yorhergehenden Ab-
schnitte anffallend. Von Natnr znr provinziellen Absondenmg ge-
neigt, waren die Sachsen nnr doi'ch die hervorragende Stellnng ihres
eigenen Fürstenhanses zn lebhafterer Theilnahme an der Weltge-
schichte herangezogen; jetzt verschwindet dieselbe fast ganz, bis der
Widerstand gegen Heinrich lY, die Verbindung mit dem römischen
Hofe nnd die Erhebung ihres Herzogs Lothar sie aus ihrer Absonde-
rung herausreifsen. Da erwacht auch wieder die alte Liebe zur Beichs-
geschichte, und es entstehen verschiedene Werke, welche uns nur
leider sehr unvollkommen und nicht in ihrer ursprünglichen Form vor-
li^en. Eines der vorzüglichsten aber hat, wie einst Giesebrecht die
Altaicher Annalen, Paul Scheffer -Boichorst mit aufserordentlichem
Scharfsinn aus verschiedenen Spuren und Bruchstücken hergestellt;
er hat nachgewiesen, wie, wo und wann dieses von ihm Annales
Patherbrunnens es benannte Werk entstanden ist, und von allen
Seiten die Fragmente desselben zurückgefordert.
Jenes von Meinwerk gestiftete Kloster Abdinghof erhielt 1083
aus dem Michaelkloster des nahen Hildesheim den Abt Gumbert,
dessen Tod zum Jahre 1114 in den CGlner Annalen vermerkt ist.
Unter ihm, so scheint es, wurde im Kloster Abdinghof ein Annalen-
werk zusammengestellt, das, wenn nicht früher, mit der Stiftung des
Bisthums Paderborn 794 anhob; im Annalista Saxo lassen sich die
eigenthümlichen Nachrichten dieses ersten Theils hier und da noch
erkennen. Dafs auch das durch Verbrüderung eng verbundene Kloster
Corvey desselben Sprengeis viel berücksichtigt wurde, ist selbstver-
ständlich. Einen weiteren Anhalt zur Kenntnifs dieser Annalen ge-
währen die S. 27 erwähnten Iburger Annalen, deren Ursprung ich,
wie schon oben bemerkt ist, nicht in Hasungen, sondern in Paderborn
suche. Wir würden in diesem Falle daraus entnehmen können, dafs
die Annalen von Fulda und Hersfeld auch hier zu Grande gelegt, und
mit Benutzung schon vorhandener Aufzeichnungen sowohl mit Zusätzen
versehen, als auch weiter fortgesetzt wurden, während Scheffer-Boichorst
nur die Benutzung einer in Paderborn vermehrten Abschrift der Ha-
sunger Annalen annahm. Etwa 1105, als Heinrich V mit lebhafter
Zustimmung der Sachsen die Führung der päbstlichen Partei übernahm,
mag das Werk verfafst sein; von da an bis 1125 erkennt man deutlich
den wohlunterrichteten Zeitgenossen. Er ist vor allem Sachse; römisch
nur so weit, als die Sache der Sachsen diese Verbindung erforderte,
WattmlMieli, Q«ichlohtM]iiellen IT. 4. Aufl. 3
34 I^* Si^>or. § 4. Paderborn. § 6. Hermum ron Beiehenaa.
sonst wenn es irgend anging, kaiserlich. DaCs Vorsicht bei so bedenk-
lichen nnd gefthrlichen Verwickelnngen die Mutter der Weisheit sei,
vergaljs er nicht. Schon Pertz hat erkannt, dats die zweite Fortsetzung
der Hildesheimer Annalen von 1109 bis 1137 in Paderborn ge-
schrieben ist; derselben Quelle sind die cursiy gedruckten Zus&tze zu
dem älteren Theile von 1077 an entnommen. Es ist jedoch nur ein
Auszug, welcher den Hildesheimem zugekommen war, und er l&fst sich
ergänzen aus den sog. Annales Colonienses maximi, deren Verfasser,
wie Scheffer-Boichorst annimt, nachdem sein Exemplar des Ekkehard
ihn 1106 im Stiche liefe, bis 1144 ausschließlich die Paderbomer
Annalen ausschrieb. Denn nach längerer Unterbrechung hatte man in
Abdinghof die Arbeit wieder aufgenommen, ergänzte die inzwischen
verflossenen Jahre nicht ohne Fehler, fahrte aber von 1129 an die
(beschichte in trefflichster Weise fort, mit lebhafter Begeisterung fQr
Lothar den Sachsenfdrsten. Aufser den Gölner Annalen sind es der
Annalista Sazo bis zu seinem abgebrochenen Schlufs 1139 und die
Poehlder Annalen, welche uns das von allen benutzte Werk erkennen
lassen. Dazu kommt aber noch eine von Scheffer-Boichorst zuerst
herangezogene Quelle, nämHch das Cosmodromium des Paderbomers
Gobelinus Persona, welcher zuletzt, so viel wir wissen, das ursprüngliche
Werk gekannt und benutzt hat. Aus ihm weist der Verfasser noch
eine weitere, aber mehr locale Fortsetzung bis 1190 nach^).
In ihrem wesentlichsten Inhalt sind diese Behauptungen von ihrem
Urheber mit vollkommener Sicherheit und, grofser logischer Schärfe
erwiesen, und auch allgemein angenommen. Manche Einzelheiten bleiben
natürlicher Weise zweifelhaft, und allerlei Einwendungen und Bedenken
sind erhoben worden; Aufinerksamkeit und Beachtung verdient vor-
züglich ein Aufsatz von E. Bemheim'), welcher nicht allein die Sage
von den Weinsberger Frauen bekämpft, sondern auch die Ansicht
aufstellt und begründet, dalls die Paderbomer Annalen mit dem Tode
Lothars und dem Siege der Staufer abschlössen, und erst später eine
dürftige Fortsetzung erhielten, während der Poehlder und Cölner
Chronist sich anderen Staufisch gesinnten Quellen zuwandten.
^) Annales PcUherbrunnenses. Eine verlorene Quellenschrift des 12. Jahr-
handorts, ans Bruchstücken wiederhergestellt yon Paul Scheffer-Boichorst,
Innshr. 1870. Reo. ron Wait« GGA. 1870 8. 1781 — 1796. Entgegnung Forsch. XI,
490—498. Duplik ih. 498. 499. Bec. von M. Lehmann , Bist. Zeitschr. XXWU,
153 — 157. Giesebr. III, 1043. IV, 388, wo derselbe Benutzung in den Ann.
Colon, bis 1162 Termuthet. Hagemann über die Quellen des Gob. Persona (Hall.
Diss. 1874) S. 64 — 70 rerfolgt die Spuren noch weiter, nebst einigen Bemer-
kungen zum älteren Theil. Vermuthungen von Schum, Forsch. XV, 610—617
über Benutzung der Kaiserchronik wollen mir nicht einleuchten.
*) 'Forschungen XV, 239—288.
Paberborner Annalen. Miraoula S. Aegidii* 35
Es ist uns noch ein Werk erhalten, welches zwischen 1107 nnd
1112 in Helmershansen, einem Kloster des Paderbomer Sprengeis,
entstanden ist, die Uebertragnng des h. Modoaldns^). Das
Kloster wollte nicht recht gedeihen, weil es ihm an einem ordentlichen
Heiligen fehlte, nnd deshalb bemühte sich der Abt Thietmar mit Er-
folg, ans Trier, wo dergleichen Schätze in Menge vorhanden waren,
fieliqmeD zn erhalten. Im Jahre 1107 gelang es ihm, den Leib des
h. Modoald heimzubringen, der nnn seine gebührenden Wunder that
nnd dem Kloster zn gröfserem Ansehen verhalf. Die weitschweifige
Erzählung davon enthält einige Nachrichten über das Concil von Gua-
stalla, sowie über Trier und andere lothringische Klöster, welche der
Abt zu diesem Zwecke besuchte. Verbunden sind damit die Wunder
des h. Aegidius; ihr Schauplatz ist St. Gilles im südlichen Frank-
reich, ein viel besuchter Wallfahrtsort: Pilger aus Schleswig und
Stettin begegnen uns unter den Verehrern des Heiligen. Die Auf-
zeichnung besorgte Petrus Guillermus, der Bibliothekar des EQosters,
auf Geheifs des Abtes Hugo, welcher um 1124 gestorben sein soll').
Giesebrecht aber hat mit Recht hervorgehoben (m, 1062), dafs auf
S. 320 Boleslaw HE von Polen als inclitae memariae bezeichnet wird;
da dieser erst 1138 gestorben ist, kann das Werk, wie es uns vor-
liegt, erst etwas später abgeschlossen sein.
§ 5. Hermann von Beichenau.
Steniel I, 186. Perti, MO. SS. V, 67 ff. W. t. Gieubreoht, Kauerxeit II, 564. Herimjuin
der Lahme. Sein Leben und seine Wissensehaft. Von Dr. Heinrieh Hansjakob.
1875.
Lebensnachrichten über einen bedeutenden Mann zusammenzu-
stellen, die Geschichte eines Bisthums oder Klosters darzustellen, das
erforderte keine umfangreiche Studien und konnte allenfalls allein nach
1) Trcmalatio S. Modoaldi^ Miracula 8, ModoalcU et TransL S. Auctoris^
Miractda S. Aegidüy ed. Jaffö, MG. SS. XU, 284^-323. Die Transl. S. Auctoris
angeblich 1115 durch die Markgr&fin Gertrud yod Trier nach Braunschweig, ist
gans fabelhaft, wohl aus dem rierzehnten Jahrhundert und rerbunden mit einer
ebenso lligenhaften TransL S. AegidU^ durch welche uns aber die Mir. S. Aegidii
erhalten sind. Vgl MG. SS. IX, 443 über die Verehrung dieses Heiligen in
Polen nnd Ungern. Wohl an dieselbe Gertrud richtete swischen 1105 und 1111
Bischof Walram ron Naumburg ein Schreiben über die Verdienste des h. Leon-
hard, dessen Reliquien sie Ton ihm erhalten hatte, Mart. ColL I, 635. Auf die
Bitte des Abu Thietmar schrieb auch Abt Stephan von St. Jacob su Lüttich eine
werthlose Vita 8. Modoaldi^ woTon die Zuschrift MG. SS. XII, 285, einige
Wunder VUI, 223.
*) Derselbe besorgte 1129 „in tempore domni Petri abbatis'* eine Abschrift
der Begel nebst Necrolog des Klosters, Cod. Mus. Brit. Add. 16,979, Palaeogr.
Soc. pL 62.
3»
36 .IV* Salier. { 5. Hemumii Ton Reichenau.
mlindlicher üeberliefenmg gelingen. Allein das Bedürfiiifs, welches
sich immer fühlbarer machen mufste, die ganze Weltgeschichte zu
überblicken, blieb unbefriedigt, wenn es nicht gelang, ans zahlreichen
yerschiedenartigen Schriften ein zusammenhängendes Besnltat zn ge-
winnen; ohne eine reiche Bibliothek war hieran gar nicht zn denken,
nnd wenn auch der reichste StolQf vorlag, erforderte doch die Bearbeitung
ganz nngewöhnliche Fähigkeiten. Wir haben gesehen, wie man sich
im vorigen Zeiträume mit dürftigen Zusammenstellungen aus älteren
Annalen zu helfen suchte; aber diese unzusammenhängenden Skelette,
denen auch immer noch neue sich anschlössen, konnten doch dem Be-
dürfhifs nach wirklicher Eenntnifs der Geschichte nicht genügen. Der
vorgeschrittenen Bildung dieser Periode war es vorbehalten, durch ver-
schiedene Versuche dem Ziele näher zu kommen.
Beichenau ist uns als einer der Hauptsitze gelehrter Bildung
bereits bekannt. Der Abt Bern (1008 — 1048), dessen Einsetzung
schon oben (I, 319) erwähnt wurde, stand dem Kloster vierzig Jahre
lang vor und zeichnete sich nicht minder durch seine gute Verwaltung
als durch seine Gelehrsamkeit aus. Er ist bekannt als Schriftsteller
über Gegenstände der Theologie nnd Litnrgik, vorzüglich auch über
Musik; aufserdem überarbeitete er das Leben Ulrichs von Augsburg«
Geschichtlichen Werth haben aber nur einige seiner Briefe^).
Unter ihm erwuchs im Eloster Hermann, genannt der Lahme
(Contractus), denn er war von früh an gichtbrüchig; er saTs in einem
Tragstuhl und konnte ohne Hülfe nicht einmal seine Lage ändern;
ja er konnte nur mit Mühe verständlich sprechen. Seine Eltern, der
schwäbische Graf Wolverad*) und dessen Gemahlin Hiltrude, hatten
ihn in seinem siebenten Jahre (1020) der Schule übergeben*); im
^) Ganz ohne Grund ist ihm die V. Meginradi zngeschrieben. Seine Briefe
bei Pez, Thes. YI, I, 199—222; rgl. Giesebrecht II, 580. 622. Jaffa, Bibl. m,
365—372. Mart. ColL I, 390 noch ein Brief an Friedrich über Cassian. Em
nach Heinrichs II Tod geschriebener (Pez p. 211) ans der Handschrift bei Giesebr.
n, 696. Nea entdeckter an Heinrich III über den Sieg an der Raab 1044,
herausgeg. von Ernst Strehlke im Archir der Wiener Ak. XX, 191 ; rgl. Giesebr.
II, 65 1 über dessen Benatzung durch Herm. Contractus (8. 204, 1 1 lies »ecum
statt sttum). Ein sonst nicht bekannter an H. III um Wiedergabe einer Ter-
lorenen Besitzung bei Gallus Oheim S. 104 — 106. Nach dem Terz. d. Stiftsbibl.
Ton St. Gallen S. 314 sind in dem ron Pez benutzten Cod. 898 noch 2 un-
gedruckte Briefe.
') Yon Aishausen, jetzt Altshausen, CA. Saalgan; s. darüber Hansjakob
S. 1—5.
') Ldtteris traditus^ sagt er selbst. Ob er gleich damals nach Reichenau
kam, ist nicht bekannt, aber wahrscheinlich, weil sonst wohl Berthold etwas
über die Veränderung seines Aufenthaltes gesagt h&tte. Auch war schon ein
Verwandter seiner Mutter, der oben erw&hnte Rudpert, MOnch in Reichenau.
fieichenau. fiern. Hermann der Lahme. 37
dreilsigsten Jahre nahm Berno ihn nnter die Zahl der Mönche anf,
und Yon da an hat er Beichenan nie verlassen. Dennoch erstreckte
sich seine Wirksamkeit in weite Feme, denn zahlreiche Schüler (dar-
unter Benno, oben S. 24) strömten ihm yon allen Seiten zu, angezogen
dnrch den Buf seiner Gelehrsamkeit, nnd seine Milde, seine liebevolle
Frenndlichkeit gewannen ihm allgemeine Verehrung und die z&rüichste
Anhänglichkeit seiner Schüler bis an seinen Tod am 24. September
1054. Vorzüglich zeichnete Hermann sich durch mathematische und
astronomische Kenntnisse ans, von denen verschiedene seiner Werke
Zeugnils geben ^). Nicht minder geschätzt war er als Musiker und
als Dichter'); von seiner ungewöhnlichen Gewandtheit in der Behand-
lung vielförmiger VersmaCse zeugt sein Gedicht de octo vitüs princir
paHöus (c. 1045), welches jetzt von Dümmler herausgegeben ist'). Es
ist an Nonnen gerichtet, und bewährt, wie der Herausgeber bemerkt,
Bertholds Zeugnils von Hermanns Liebenswürdigkeit. Scherz und An-
muth weifs er mit sittlichem Ernst zu verbinden. Zugleich aber ge-
währt die ermahnende und warnende Schilderung des Dichters einen
bedenklichen Blick in die Gefahren, welchen die Nonnen ausgesetzt,
und denen sie in einem Kloster des Bamberger Sprengeis in bedauer-
licher Weise erlegen waren^), wie nicht minder nach Hermanns eigenem
Zeugnils in Lindau und Buchau. Recht unverblümt konnte der fromme
Dichter sie vor den nur allzubekannten Versuchungen warnen.
Zugeschrieben wird Hermann auch, doch weder von Berthold, von
Hugo von Trimberg, noch in den Handschriften des Werkes, sondern
nur vom Anonymus MeUicensis, eine umfangreiche Dichtung in leoni-
nischen Hexametern, der Wettkampf des Schafes und des Flachses*).
1) Von seinen zwei Bflcbem de astrolabio wird im Librinchen Gatalog Ton
1859 S. 103 n. 483 ein schönes, von der Ausgabe bei Pez, Tbes. IIP, 109
(daraus Migne CXLIII) sebr rerscbiedenes Manusoript beschrieben, mit Facs.
pL 29. Darin auch die ebenfalls mathematische Rithmachia. Eine sehr ge-
kflnstelte Vorrede zu jenen BQchern hat aus einer MOnchener Handschrift
Dfimmler herausgegeben im Anz. d. Germ. Mus. 1869 S. 135. Ueber eine Karls-
ruher Hs. mit math. Schriften s. Hansjakob S. 66.
>) Ihm werden die Antiphonen Salve Regina u. Alma Redmptoris mater
zugeschrieben; s. Hansjakob S. C8 — 80, wo auch schon die yon Waitz NA. III,
68 aus Jacobi Jan. Bist. Lomb. angeftkhrte Stelle nach Ricobald benutzt ist.
>) Zeitsohr. f. D. Alt. XIU, 386—434; vgl. Baxmann: Zur Geschiehtschrei-
bung und Sittenlehre Hermanns, Theol. Studien u. Kritiken 1869, I, 108 — 118.
Hansjakob S. 80 — 92. Von einem beabsichtigten zweiten Theile de virMihus
hatte er wohl erst einzelne Stücke gedichtet, deren eines im Cod. Udalrici er-
halten Ut, BibL V, 38.
*) Brief an Bischof Günther ron Bamberg in Sudendorfs Registrum II, 6.
^) Conflictus Ovis et liniy jeut ToUst&ndig in d. Zeitschrift f. D. Alt. XI, 216
bis 238; Vers 7 lie^ submoU. 166 interea. 206 Hister amande. 469 optatae.
486 sanctae. 629 incautus. 617 ferat. 703 nostro. 720 cautus. 764 animas.
38 IV. Salier. { 5. Hermaan von Reieh«nau.
Beide werden redend yorgef&hrt und melden ihre Vorzüge, die Brauch-
barkeit ihrer Prodncie, nicht ohne Gewandtheit in der Form und mit
viel Witz und Laune, während zugleich die verschiedenen Mittheilungen
über Gewerbe und Manufactur jener Zeit sachlich sehr schätzbar sind.
Kaum aber würde man dem lahmen Mönche eine so lebensMsche
Dichtung zutrauen können, und da der Inhalt sehr bestimmt (bes.
y. 122) nach Flandern weist, so werden wir in diesem Haupthmd der
Tuchfabrikation auch wohl den Verfasser zu suchen haben.
Das Hauptwerk Hermanns ist seine Chronik^), welche mit
Christi Geburt beginnt und von den grofsen Weltchroniken dieser
Zeit die erste ist. Aus vielen Quellen mosaikartig zusammengesetzt,
ist sie ein Denkmal seines greisen Fleifses, seiner auüserordentlichen
Belesenheit und seiner sorgfältigen Genauigkeit. In der chrono-
logischen Anordnung der Ereignisse besteht ihr Hauptverdienst; des-
halb besonders wurde sie von den Zeitgenossen so sehr geschätzt
und darauf war auch Hermanns Augenmerk gerichtet. Eine zusammen-
hängende Darstellung, ein Eingehen auf die geschichtliche Verbindung
der Ereignisse, ihre Ursachen und Folgen, lag aufserhalb seines
Planes. Von den früheren roh zusammengestellten Annalen unter-
scheidet ihn theüs die gröisere Sorgfalt und Genauigkeit der Arbeit,
theils die gröfsere Vollständigkeit und die verständige Auswahl dessen,
was er aufgenommen hat.
Es ist indessen in neuester Zeit in Frage gestellt worden, o{>
wirklich Hermann dieser Buhm so ganz und ungeschmälert zukomme,
wie bisher allgemein angenommen wurde. H. Brefslau*) hat den Be-
weis geführt, dals die sogenannte EpUome Sangaliensis, welche zuerst
1529 von Sichard als Hermanns Chronik herausgegeben, und seit der
Veröfifentlichung der echten Chronik als ein Auszug aus derselben be-
trachtet wurde'), unmöglich ein solcher sein kann. Auch Pertz hatte
die Benutzung einer ganzen Beihe anderer Quellen in dieser sog.
759 perstas. Gfroerer Gregor VII. VII, 229 bespricht es nach dem unroUst.
Druck bei £d. Du Möril ohne Zweifel an der schw&b. Herkunft; den armen
lahmen Hermann führt er spasierengehend ein. Fflr die oben ausgesprochene
Ansicht auch Dftmmler in ders. Zeitschr. XIII, 434. Gervinus I, 217.
1) Herimarmi Augienm Chronuxm ed. Ports, MG. SS. V, 67—133. üeber-
setzung von Nobbe, 1851. Einige Notizen im älteren Theil, deren Herkunft
unbekannt war, finden sich im Cod. Colon. 103, der aus Beichenau stammt,
Ecol. Colon. Codd. p. 131.
*) Hermann von Beichenau u. die sogenannte Epitome Sangallensis, NA. TL,
566—576.
') Ports bringt ihre Zus&tse unter dem Text; eine neue Ausgabe bereitet
Brefslau Tor. Sichard giebt die Herkunft der Handschrift nicht an; in Folge
eines Misrerstlkndnisses seiner Worte bei Urstisius, welches schon Ussermann
gerügt hat, ist die Benennung Epitome SangcUknsis entstanden.
Epitome Sangallensi«. Schw&bUche Beiehsannalen. 39
Epitome oaehgewieseD, aber bei der Seltenheit der Sichardschen Aus-
gabe war diesem ziemlich werthlosen Werke wenig Aufinerksamkeit
zugewandt. Denn von 1041 an hat er nm* aus Hermanns Chronik
abgeschrieben; der vorhergehende Theil aber ist eine ohne Sorgfalt
und ohne irgend yerständige Auswahl gemachte Zusammenstellung von
Excerpten. Ist es nun aber richtig, und es scheint unzweifelhaft, dafs
der Yermeintliche Epitomator nicht aus Hermanns Chronik geschöpft,
und sein Excerpt wieder aus den auch von Hermann benutzten Quellen
selbständig bereichert haben kann, so bleibt uns kein anderer Ausweg
übrig, als anzunehmen, dafs beide aus gemeinsamer Quelle schöpften.
Diese gemeinsame Quelle findet Brefslau^) in jenen verlorenen Schwäbi-
schen Beichsannalen, deren Existenz tdi die Zeit Eonrad II als
gemeinsame Unterlage f&r Wipo und die Annales Sangallenses zuerst
Steindorff nachgewiesen hat. In diesem Werk also erkennt BreDslau
die erste wirkliche Weltchronik; fOr sie nimt er das Verdienst in An-
spruch, welches bisher Hermann zuerkannt wurde.
Als Quellen dieser Chronik hat Brefslau nachgewiesen aulser Beda
und anderen älteren Schriften, vorzüglich die Ann. Fuldenses, dann
die Alam. Aug. (vermuthlich nicht in der uns bekannten Form), die
Laureshamenses nebst Nachrichten von Beichenau, St. Gallen und
Constanz. Begino und sein Fortsetzer scheinen dem YerfiEiSser nicht
vorgelegen zu haben, und in Bezug auf die Annales Heremi findet
Brefslau es zweifelhaft, ob diese nicht vielleicht ein Auszug der Beichs-
annalen sind. Eine Hauptquelle aber sind dann die Hersfelder Annalen
mit den Ann. Hilde^ majores, welche sich ihnen anschliessen. Diese
müfsten fast unmittelbar nach ihrem Abschlufs (1043?) am Bodensee
bekannt geworden sein, was ja bei dem lebhaften Besuch der Hildes-
heimer Schuld nicht überraschen kann.
Dieses ausgezeichnete Werk nun, dessen Verlust wii* sehr be-
dauern müssen, ist vielleicht in St. Gallen entstanden, xmd dort
sogleich zur Ausfüllung der älteren Annalen verwendet worden; es hat
Wipo gedient, um darauf seine Gesta Chuonradi mit Benutzung seiner
persönlichen Erinnerungen aufzubauen, wo er denn freilich der Wahr-
heit nicht ganz treu geblieben ist, wenn er in der Widmung sagt:
«licet inde nondum aliquid scriptum vidissem.*" Dasselbe Werk in
seinem ganzen ümfeuig ist in der sog. Epitome in einen ungeschickten
Auszug gebracht, bei welchem jedes geschichtliche .Verständnis fehlte,
der aber doch weite Verbreitung fand und den Melker und Salzburger
^) Die Terlorenen Sohw&bischen Reiehaannalen , ihre Quellen und Ablei-
tungen. NA. II, 576—596.
40 IV. Salier. { 6. Die EX^Bter des Sehwarawaldes.
Annalen so wie dem sog. Chronicon Wirzibnrgense zur Grundlage
diente.
Mit besserem YerständnilB hat also auch Hermami, wenn diese
Annahmen richtig sind, ans demselben Werke geschöpft mid es mit
Zusätzen yersehen; er hat bis an den SchluTs desselben das knappste
MaÜB bewahrt, dann aber von 1040 an die Zeitereignisse ans eigener
Kenntnüs berichtet; nur die Briefe Berns und ein Pabstcatalog^) sind
noch als schriftliche Quellen kenntlich. «Mit welcher Vorsicht und
Umsicht er dann*', so sagt Giesebrecht, „den ihm meist nur dnrch
mündliche üeberliefenmg zufüefoenden Stoff behandelt hat, kann nicht
genug gerühmt werden. Niemals Augenzeuge, berichtet er doch überall
mit gleicher Zuverlässigkeit, wie ein Mann der mitten in den Welt-
verhältnissen lebt. Man wird ihm wenig erhebliche Fehler in diesem
letzten Theil seiner Chronik nachweisen können, welche er bis in sein
Todesjahr 1054 fortgeführt hat. Sein subjectives ürtheil hält Hermann
mit greiser Absichtlichkeit zurück, wie er denn überhaupt seine
Persönlichkeit wenig hervortreten läljst; wo seine eigene Ansicht durch-
scheint, ist sie weder höfisch noch mönchisch. Er läfst meistentheils
einfach die Thatsachen selbst reden, die er mit kurzen Worten in
einem fOr jene Zeiten sehr reinen Latein darlegt')''.
§6. Die Klöster des Schwarzwaldes.
Hermann der Lahme erlebte nicht mehr die Zeiten der Ver-
wirr ong; er war noch nicht gezwungen, die schwere Wahl zwischen
Kaiser und Pabst zu treffen. Li der Begel stellten sich diese ehren-
werthen alten Benedictiner Stifter auf die Seite des Kaisers, und das
Eindringen des neuen mönchischen Greistes hatte Beichenau glficklich
abgewehrt; Hermanns Schüler aber wurden davon ergriffen.
Die Bichtung und Entwickelung der Kirche, welche mit Gregor VH
zur Herrschaft kam, ging vornehmlich von Gluny aus, und einer
ihrer stärksten Vorposten, in engster Verbindung mit Ciuny, waren
die Klöster des Schwarzwaldes. Hier verkehrten die Legaten und
Gegenkönige, hier feierten sie ihre Feste, hier suchten sie und ihre
Anhänger Zuflucht in Zeiten der Noth. Die Mönche von Ebersheim-
münster im Elsafs haben Budolf von Beinfelden sogar seine Krone
geschmiedet. Es war nicht wie bei den Sachsen eine zufällige Ueber-
einstimmung in dex Opposition gegen das Beich, welche diese Möncl;!«
mit Gregor zusammenführte, sondern der reine dogmatische Eifer.
i] S. Steindorff, Heinich III, I, 446.
') Kaiserseit II, 564. Ueber die ihm cugeschriebenen Gesta Chuonradl et
Heinrici oben S. 15.
Wilhelm ron Hinchaa. 41
Sie lebten in der Yorstellnng von der p&bstlichen Allgewalt und
konnten einen anderen Standpunkt gar nicht begreifen.
In Verbindung mit Gluny standen diese Klöster wohl schon
lange. Ein recht lebendiges und festes Band aber knüpfte sich erst
durch Wilhelm Ton Hirschau« Dieser führte auf den Bath des
bekannten p&bstlichen Legaten Bernhard, Abt von St Victor, der sich
1077 ein ganzes Jahr lang bei ihm aulhielt, die Cluniacenser Begel
in seinem Kloster ein, und von hier aus yerbreitete sich nun der
Hirschauer Orden nach allen Seiten; neue Klöster wurden gestiftet
und alte nach der neuen Weise reformiert. Hirschauer Mönche kamen
nach Beichenbach und St. G^rgen im Schwarzwald, nach Schaff-
hausen ^), Petershausen und Pfäyers, nach Weilheim (später nach
St. Peter bei Freiburg verlegt) und Zwifalten, Blaubeuem und Isny,
Wiblingen und Ochsenhausen, nach Mönchsroth'), nach Komburg in
Pranken, nach Fischbachau und Scheiem, Prüfening und Ensdoff in
Baiem, nach dem Petersberg bei Erfurt, Beinhardsbrunn, Goseck,
Hasungen und Magdeburg, nach Admunt in Steiermark, St. Paul in
K&mten'). Otto von Bamberg fQhrte in allen seinen Klöstern die
Hirschauer Begel ein. Derselben Bichtung gehörte St Blasien im
Schwarzwalde an. Hier wurde Hartmann, früher Probst von St. Nicola
bei Passau, des Gegenkönigs Budolf Kaplan, Mönch und Prior; dann
aber 1094 Abt von Götweih, wohin er eine Colonie aus St. Blasien
führte, und bald wurden ihm auch St. Lambert in Steiermark, Kempten,
SIC Ulrich und Afra in Augsburg anvertraut Nach Kremsmünster
kamen Mönche aus Gottesau, einer Hirschauer Colonie im Sprengel
von Speier. Bischof Burchard von Basel aber unterwarf 1105, einge-
denk der alten Freundschaft und innigen Verbindung, das von ihm
gestiftete Kloster St. Alban bei Basel unmittelbar dem Abte von Cluny.
>) Die Gründangsgesohiekte (1052) im Buch der Stiftor, Mone's Quellen-
aammlung I, 80—98, welches aufser der urkundlichen Relatio Buroardi comüis
(Mone's Anseiger 1837 S. 3 fF.) eine sp&tere deutsche Lebensbeschreibung des
Stifters, Grafen Eberhard von Nelienburg, mit Fortführung bis c. 1106 ent-
hält. Das Thatsftchliche enthalten die Belatio und Bemold. Gallus Ohem hat
einige Zus&tze, NA. II, 186. VgL auch Hirsch, Jahrbücher Heinrichs IV, 1, 639.
FicUer, Quellen und Forschungen sur Geschichte Schwabens und der Ostschweis
(1859) S. XXXV f. Vers, der unter dem ersten Hirschauer Abt Sigifrid (f 1096)
besorgten Bücher bei Boos: Die Handschriften der Ministerialbibl. su Schaff-
hausen (Seh. 1877) S. IV— VII (stott talkUorum 1. vei aUatortm). Geschicht-
liche sind nicht darunter. Die Ann, Sca/kusenses , MG. SS. V, 388 sind nur
drei locale Bemerkungen im Cod. Bemoldi, die Ann, Oengenbacenses 1027 — 1096
ib. 389 eine su derselben Chronik sugeschriebene Abtfolge Ton Gengenbaeh.
*) Landgericht Dinkelsbühl; s. Steiohele, Bisthnm Augsb. III, 477.
') S. im Urkundenbuch des Stiftes (Fontes Ber. Austr. II Bd. 39) den Codex
traditionum von 1205 mit Nachrichten über die Stiftung.
42 IV. Salier. { 6, Die Klteter des Schwurzwaldea.
Diese merkwfirdige und folgenreiche Ent<ang des neuen Mönch-
thnms verdiente wohl eine eigene üntersnohnng^); zahlreiche Quellen
bieten einzelne Zflge dazu, wir können hier nnr einige nennen, welche
unmittdbar diesen (Gegenstand berflhren. Dahin gehört das Leben des
Abtes Wilhehn Ton Hirschau') (1069—1091). Es soll bald nach seinem
Tode von dem Prior Haimo yerfafist, sp&ter aber überarbeitet sein*).
Völlig im Legendenstil geschrieben, gerade die wichtigsten Gegenstände
kaum berührend, ist es nnr von sehr geringem Nntzen. Ungleich be-
deutender ist das Hirschauer Buch*), welches die zuverl&Gsigsten Kach-
richten über die Ausbreitung des Ordens gewährt; es hat aber einen
halb urkundlichen Charakter, nicht die Form eines Geechichtswerkes.
Lehrreicher als das Leben Wilhelms ist das Leben des Priors
Udalrich von Zell^), einem Quniacenser Priorat im Schwarzwalde,
>) Eisiges hat St&lin EosammengeBtellt, Wirt. Gesch. II, 685 ff. Vgl. aueh
den Codex epistolaris von Beinhardsbrunn im Archiv d. Wiener Ak. V, 1 — 66.
Bine grundlegende Arbeit sind die Forschangen EOr Gesch. d. Abtes W. t. H.
Ton Ad. Helmsdörfer, Gott. 1874.
S) ed. Wattenbach, MG. SS. XII, 209-225. Kerker, Wilhelm der Selige,
Abt von Hirschau, Tflb. 1863. Bec v. Wagemann, GGA. 1865 N. 35, wo auch
der Streit über die AQtorschsft der Philosophicae et aatronomicae institutiones
berfthrt ist. Helmsddrfer a. a. 0. S. 72 ff. beweist, dafs sie Wilh. de Conchis
angehören.
*) Helmsdörfer, der sehr eingehend die Unglaubwürdigkeit des Trithemius
nachweist, verwirft auch diese Angabe, worin er doch vieUeicht zu weit geht,
8. F. Ewald HZ. XXXIV, 412. Er widerlegt S. 38 die Vermuthung, dals Wil-
helm sich am Hofe aufgehalten habe, und bek&mpfl S. 67 ff. die Annahme,
dafs der im Buch de Musica genannte Otloh der bekannte sei; dieser habe
entgegengesetete Richtung gehabt, und Wilhelm erst sp&ter (1075 auf der
römischen Beise?) sich der gregorianischen Richtung zugewandt. In dem Werk
de astronomia heilat der Tr&ger des Dialoges Otochus, Ober die S. 66 Anm. 2
erw&hnte Handschrift s. DOmmler in der Zeitschr. f. D. Alt. XIII, 432. Der
Verteidigung der Chronologie von Wilhelms letzten Tagen S. 45 kann ich nicht
zustimmen, weil das diurnum ministerium nach den Vigilien nur den Festtag
selbst bezeichnen kann.
*) Codex Hirsaugiensis, im ersten Bande der Bibl. des Litter. Vereins in
Stuttgart Die dem Traditionsbuche vorausgeschickte Abtgeschichte ist ans dem
Ende des zwölften Jahrhunderts, mit einem Zusatz, der bis 1205 reicht. Doch
ist der Anfang, wie Helmsdörfer S. 5 zeigt, schon anter Abt Bruno (1105 bis
1120) verfällst und im Annalista Saxo benutzt, der sie vermuthlieh durch die
HirschAaer im Kloster Bergen bei Magd, kennen lernte. Noch ältere Elemente
findet F. Ewald a. a. O. S. 413 in den Nachrichten ftber den Abt Gebhard
1091 — 1105, vermuthlieh aus Speier, wo er Bischof wurde. Dem Gegenstande
nach gehören hierher auch die Casus monasterii Fetrishusen und die Zwifalter
Quellen. Zur ersten Stiftung von Hirschau vgl. Arch. XI, 271 eine Stelle aus
der ungedmckten Viia S, Aureliu Ueber die von Trithemius erftindene an-
gebliche Blüthe der Hirschauer Schule in älterer Zeit, welche noch in fast
allen Bftcherti über Litteraturgeschichte und Cultargeschichte spukt, s. Dttmmler,
Ostfr. U, 653. C. Wolff im Würtemb. Jahrbuch ftir Statistik, Jahrg. 1863,
B 229—281
B) Vüa'üdalrici Ceüewis, Mab. VI, 2, 781, Acu SS. JuL III, 152 die zweite
Dia Hinchauer. Udalrieli ron ZelL 43
der wie Wilhelm ans Begensbnrg stammte, von klein auf mit ihm
befreimdet war imd in Clnny, wo er Mönch geworden, anf Wilhekns
Wnnsch die dortigen Oewohnheiten anüschrieb nnd nach Hirschan
schickte. Anch seine Biographie ist nns aber in ihrer nrsprOnglichen
Gestalt nnr fragmentarisch erhalten; eine wenig sp&tere üeberarbeitnng
hat bereits manchen geschichtlich wichtigen Zng verwischt nnd daftr
die Masse der Wnnder ansehnlich vermehrt, wie wir das bei £ast allen
Heiligenleben beobachten können.
Nicht anwichtig ist anch die Grtindnngsgeschichte von
St. Georgen auf der Höhe des Schwarzwaldes, von wo das Kloster
im 16. Jahrh. nach Villingen verlegt wurde. Die Handschrift ist ver-
loren, aber eine von Bader anfgefnndene und herausgegebene Abschrift
ersetzt sie^). Es war Hezelo von Tegemau, wie sp&tere Quellen ihn
bezeichnen, der Vogt von Beichenau, welcher mit BeihtQfe gleichge-
sinnter Freunde 1083 das Kloster begründete. Abt Wilhelm entsandte
1084 Hirschauer Mönche, Bischof Gebehard weihte 1085 die Kirche,
und auf einer Synode zu Constanz 1086 wurde die Stiftung vollendet,
welche 1094 dem heiligen Peter zu Bom übergeben wurde. Bemerkens-
werth ist ein Bechtspruch Heinrichs Y zu Gunsten des Klosters anf
dem Hoftag zu Strafsburg um Neujahr 1125. Sehr bezeichnend für den
Geist der Zeit ist auch hier die Fülle von Schenkungen, welche in
rascher Folge dem Kloster zuströmt.
Beachtenswerth ist neben dem überschwänglichen Lobe der neuen
Mönche eine entgegengesetzte Stimme, die sich aus dem Kloster Lorsch
vernehmen liefs, als auch hier ffirschauer Mönche gewaltsam eingeführt
wurden, eine Klage der alten Mönche in Versen, worin den neuen
Mönchen alles üble nachgesagt wird').
Derselbe Geist fanatisch römischer Gesinnung, jeder Begung von
Vaterlandsliebe grundsätzlich entfremdet, erfüllte auch die Klöster der
Begulierten Chorherren: zugeben mag man, dafs sie nur in un-
bedingter Unterwerfung unter den Pabst zu Bom das Heil des Vater-
landes für möglich hielten. Ein kleines Stift der Art, Lautenbach
Bearbeitimg; Mon. SS. XII, 249 — 267 die Fragmente der ersten and Ezeerpte
der Bweiten von R. Wilmans herausgegeben. Nach dem Anon. Meli c. 110
schrieb Udalrich ein Leben Hermanns von Z&hringen, der als MOnch in
dany starb, Bischof Gebhards III yon Constana Bruder. Vgl Fickler, Berthold
der B&rtige, Mannh. 1856.
^) Mone's Zeitschr. f. (iesoh. d. Oberrheins IX, 193^225. Nach 1096 ist
eine Lücke, dann weitere Traditionen 1121 — 1155.
*) Carmen Laureshamensium monachorum expukorwn ad Heinricum V
contra Hiraatwienses a. 1111, gedruckt in Goldasts Apologia pro Heinrieo lY
p.28S, Helwich, Antiquitates Lanrish. (1631) p. 147. Codex Lanresh. ed.Lamey I,
224—228, MG. XXI, 430, wo r. 78 pedoris für fetoris henustellen ist.
44 I^* Salier. | 6. Hinohaa. § 7. Bernold und Berthold.
oder Lutterbach bei Gebweiler im Elsab, erlag in dem Kampfe der
Parteien seinen Gegnern; noch aber lebten die Brflder in der Nach-
barschafl und beeachten die Bninen ihres zerstörten Slosters. Da
schrieb 1083 anf Geheifis des Probstes Hermann ein vorzflglich ge-
lehrter, obgleich noch jugendlicher Chorherr, Manegold, eine Ent-
gegnung gegen die Schrift Wenrich's) deren wir später zn gedenken
haben werden. Sie fiel so mablos heftig ans, nahm so unbedenklich
alle gegen die Gegner in ümlaof gesetzten Verleamdnngen als That-
sachen aof, ddSk selbst Gregor VII, fOr den sie geschrieben ist, sie
nicht gebilligt haben soll, und Gerhoh sie später tadelnd erwähnt; die
einzige Handschrift hat sich in dem Hirschauer Kloster Blaubeuem
erhalten^). Gewidmet ist sie dem Vorkämpfer der Ultramontanen, Erz-
bischof Gebhard von Salzburg. Nach Gregors Tode schrieb Manegold
noch eine Schrift gegen Wolfelm von Coeln, um dessen Meinung zu
bekämpfen, dafs die Lehren der heidnischen Philosophen mit den
christlichen Dogmen vereinbar seien'). Von den gegen ihn gerichteten
Schriften, deren es wohl ohne Zweifel mehr gegeben hat, sind Verse
eines Hugo orthodoxus, wie er sich nennt, erhalten, aus welchen
sich Thatsachen kaum entnehmen lassen').
Als es Manegold im Elsaüs zu heils wurde, begab er sich um
1086 in Herzog Welfs Stiftung Baitenbuch, wo er Decan wurde.
Im Jahre 1094 finden wir ihn wieder in dem 1090 neugegründeten
Kloster Marbach, südlich von Golmar; 1096 war er bei ürban II in
Tours, gerieth 1098 in die Gefemgenschaft seiner Gegner und lebte
noch 11Q3.
§ 7. Bernold und Berthold.
Die Mönche der neuen Bichtung, welche sich vorzüglich in der
zweiten Hälfte des elften Jahrhunderts in Deutschland ausbreiteten
und theils unmittelbar, theils auf verschiedenen Umwegen von Cluny
ausgegangen waren, kämpften für das Haupt ihrer Partei, für Hilde-
brand, mit allen Waffen, deren sie fähig waren, und vor allem mit
der Feder. Mit zahlreichen Streitschriften traten sie den Schriftstellern
der kaiserlichen Partei entgegen^), und auch die Geschichtschreibung
1) Ueber Manegold und seine Schrift genflgt es jetst, anf W. r. Giese-
brecht« Abhandlung in den SB. der Manch. Akad. 1868 II S. 297—330 zn
Terweisen; Tgl. Kaiserz. III, 1049, wo gegen P. Ewald's Bedenken (Forsch. XYI»
388) die Abfassung vor Gregors Tod aufrecht erhalten wird.
s) Mnratori, Anecdota ktina IV, 163—208.
*) Gedr. in den SB. der MUnchener Akad. 1873 S. 732.
*) S. Stenzel I, 496 ff. Helfenstein, Gregors VII Bestrebungen nach dem
Streitschriften seiner Zeit, Frankf. 1856. Giesebrecht III, 1048 ff.
Muigold Ton Laatenbach. Berthold. 45
müfste sich an dem Kampfe betheiligen; es war nicht l&nger möglich,
die nnparteüsche Bnhe nnd würdevolle Haltung der alten Annalen zn
bewahren. Wächst dadurch die Gefahr einseitig be&ngener Darstellung,
80 kommt doch wieder mehr W&rme in die Geschichtschreibung; man
erlaubt sich ein ürtheii über die handelnden Personen, und ist ge-
nOthigt, über das blobe Niederschreiben der Thatsachen hinauszugehen,
Ursachen und Motive ins Auge zu fassen.
Als Hermann in Reichenau sich dem Tode nahe fühlte, übergab
er seinem vertrauten Schüler Bert hold seine Wachstafeln, um was
daraus noch nicht auf Pergament übertragen war, durchzusehen, zu
verbessern und abzuschreiben. Vorher erwähnte er ein Werk de mtna,
das er zu verfassen beabsichtigt hatte, und in einer Vision zu lesen
glaubte, als ob es schon geschrieben wäre, unmöglich kann damit
das oben S. 37 besprochene Gedicht gemeint sein , das von Berthold
als kunstreich ausgearbeitetes Werk Hermanns genannt ist; man müfste
denn eine üngenauigkeit des Ausdrucks annehmen und den unvollen-
deten zweiten Theil darunter verstehen dürfen, obgleich er von den
Tugenden handeln sollte. *
Ist nun diese Frage von unerheblicher Bedeutung, so ist es da-
gegen fCb* unsem Zweck von gröfster Wichtigkeit, dab Berthold auch
die Chronik fortgesetzt hat, wie ausdrücklich überliefert ist^). In Be-
treff dieser Fortsetzung habe ich mich früher der von Pertz aufge-
steUten Ansicht angeschlossen, dab Berthold erst 1076 dieselbe be-
gonnen, und bei der Ausarbeitung Bemolds Chronik benutzt habe; in
seiner Ausgabe') hat daher Pertz alles was mit Bemolds Autograph
übereinstimmt, als von diesem entlehnt bezeichnet. Allein nachdem
zuerst Waitz die Bichtigkeit dieser Ansicht bezweifelt hatte'), haben
Giesebrecht^) und Schulzen*) überzeugend nachgewiesen, dab die Sache
sich vielmehr umgekehrt verhalte. Berthold hat, was auch an sich weit
wahrscheinlicher ist, gleich nach Hermanns Tod ein mit Wärme und
Liebe gezeichnetes Lebensbild seines Lehrers zu der Chronik hinzu-
gefügt, und dann dieselbe in der begonnenen Weise fortgesetzt. Noch
ist ihm Cadaloh der rechtmäfsige Pabst, Anselm der üsurpatoi', und
das kann er, wie Giesebrecht richtig bemerkt, schon nach dem Concil
von Mantna 1064 kaum mehr geschrieben haben. Die zuverlässigen,
1) Inschriften der CompiUtionen von St. Blasien und Mari, u. Anon. Melli-
eensis.
<) Bertholdi Amoks ed. Perts, MG. SS. V, 264-326.
8) Gott. ^«ehr. 1857 S. 62.
«) KaiBerzeit IH, 1082—1038.
^) De Bertoldi et Bemoldi Chronicis. Dias. Bonn. 1867. Nur die erste
Ausgabe Giesebrechts konnte hier am Schlüsse noch berücksichtig^ werden.
46 tV. Salier. { 7. Bernold und Berthold.
aber ziemlich dürftigen Nachrichten liegen bis 1066 in der Fortsetzung
Yor, welche Sichard 1529 ans einer jetzt verlorenen Handschrift, die
am Ende yerstOnunelt war, herausgegeben hat^). Weiter findet sich
in der Sanblasianer Gompilation eine Fortsetzung, welche von Pertz
und Giesebrecht ebenfalls Berthold zugeschrieben wird, während Schul-
zen eine abweichende Meinung aufgestellt hat. Nachdem an&ngs noch
die Chronik in gleicher Weise, wie vorher, fortgeftihrt ist, beginnt
mit 1073 eine sehr ausfEQirliche Erzählung, welche nun mit wachsender
LeidenschafbUchkeit gegen Heinrich IV Partei ergreift. Die Beschul-
digungen, welche Gregor YH in seinen Briefen gegen Heinrich aus-
spricht und andere Berichte der Gregorianer, werden hier ohne alles
Bedenken als völlig zuverlässige Quellen verwerthet. üeber die römi-
schen Synoden und die Vorgänge im Lager des Gegenkönigs Budolf
ist, wie Giesebrecht bemerkt, der Verfasser so gen^u unterrichtet, dab
er dort anwesend gewesen sein muls. Im Jahre 1080 bricht die Er-
zählung plötzlich ab ^ sei es nun, dafs die weitere Fortsetzung sehr
frühzeitig verloren ist, oder dalüs Berthold, wenn er der Verfasser ist,
zu schreiben aufhörte. Die Sinnesänderung Bertholds erklärt Giese-
brecht durch die schlechte Behandlung, welche Beichenau in den
Jahren 1069 bis 1073 vom Königshofe aus erfuhr; dadurch sei Bert-
hold zu denen gefOhrt, welche fOr die Freiheit der Kirche stritten, und
leidenschaftlicher Gregorianer geworden; die Ausdrucks weise findet er
von Bemolds Stil ganz verschieden. Bei aller Parteilichkeit der Dar-
stellung aber giebt die Reichhaltigkeit und Genauigkeit der thatsäch-
lichen Mittheilungen dieser Fortsetzung einen ganz ausgezeichneten
Werth.
Zum Jahr 1088 berichtet Bernold: „Bertholdus doctor egregius,
in sacris litteris adprime eruditus, in senectute bona plenus dierum
migravit ad Dominum 4. Idus Martii.* Da nun Bernold Bertholds
Chronik benutzt hat, ein anderer Berthold aber weder in der Chronik
noch im Necrolog erwähnt wird, auch sonst nicht bekannt ist, so
scheint mir kaum zweifelhaft, dafs damit unser Chronist gemeint sei.
Hatte Berthold zu schreiben begonnen, als noch der Frieden
zwischen Beich und Kirche nicht gestört war, so trat dagegen Ber-
nold von Anfang an recht mitten in diesen Kampf hinein, an wel-
chem er sich durch zahlreiche Streitschriften betheiligte. Selbst eines
Priesters Sohn, war er doch der heftigste Gegner dbr Priesterehe.
Canonistische und geschichtliche Gelehrsamkeit besafs er in reichster
^) Wiederholt bei Ussermann, Prodr. I, 251— 258« Bei Perts mit 3 be-
zeichnet.
Berthold und Bernold. 47
FflUe; diese Bildung hatte er in Constanz nnter dem gefeierten Lehrer
Bernhard gewonnen. Schon 1074 begann er seine Chronik, aber bald
wnrde er anch in den Stmdel der Ereignisse gerissen. Im Jahre 1079
finden wir ihn anf der Fastensynode zu Bom; vielleicht vom Constanzer
Bischof abgesandt, weil er schon in verschiedenen Schriften sich als
eifrigen nnd streitfertigen Hildebrandiner gezeigt, anch in einer eigenen
Abhandlung die Synodalbeschlflsse von 1075 yertheidigt hatte. In
dem Antograph seiner Chronik sind die Ereignisse dieser Jahre bis
1083 nicht gleichzeitig Jahr für Jahr eingetragen, wie in anderen
Theilen derselben^); es stimmt das zu Schulzens Vermuthung, dails er
diese Jahre in Italien zugebracht habe und erst mit dem Legaten Odo
von Ostia heimgekehrt sei. Ob wir aber auch mit Schulzen annehmen
dürfen, dafs er über diese Jahre jene ausführliche, sonst Berthold zu-
geschriebene Darstellung verfafst, in seine daheim gelassene Chronik
nur einen kurzen Auszug nachträglich eingetragen habe, das möge
weiterer Untersuchung anheimgestellt bleiben, tf^iesebrecht hat sich,
wie gesagt, in seiner 4. Ausgabe dagegen erklärt.
Der Cardinaibischof Odo von Ostia (später ürban ü) weihte
Bernold im Dec. 1084 in Constanz zum Priester, und ertheilte ihm
die Vollmacht, reuigen Sündern die Absolution zu ertheilen^). Er
war offenbar ein sehr angesehener Vorkämpfer seiner Partei, und mit
den Häuptern derselben im vertraulichsten Verkehr. Mit dem Gegen-
künig Hermann zog er sogar in den Krieg, und war zugegen in der
Schlacht bei Bleichfeld 1086. Ihm ist Heinrich IV Antiochus, seine
Gegner sind die Maccabaeer, und was diese mit den Waffen erkämpfen,
das verkündet er den Gläubigen und Getreuen zum Preise und zur Ehre
Gottes: ^ad laudem et gloriam dei fidelibus annunciare curavi", sagt
er über jene Schlacht. Seine Auffassung ist dadurch natürlich ein-
seitig und gefärbt, doch ist er minder leidenschaftlich als Berthold,
wenn wir mit Becht diesem jene weitere Fortsetzung zuschreiben; er
lädst sich nicht wie Bruno und andere, durch parteiischen Eifer zu
Lügen und Fabebi fortreifsen; er strebt nach Wahrheit, und berichtet
was er erfahrt und für wahr hält.
Im Kriegsgetümmel mochte er sich doch wohl nicht recht an
seinem Platze fühlen; in demselben Jahr 1086 scheint er im Kloster
Sanct Blasien MOnch geworden zu sein, von wo er rüstig mit der
Feder weiter kämpfte. Später aber ist er nach Schaffhausen überge-
siedelt, welches durch Hirschauer Mönche reformiert war, und daselbst
') Es ist aber doch nachgetragen und yerbessert; Air die Eintragrong eines
abgegr&nzten fertigten Stflcks in einem Zuge zeugt die Handschrift nicht.
*) „Potestatem ad suscipiendos penitentes ex apostolica auctoritate concessit.^
I
i
> den Römern.
4g lY. Salier. § 7. Bemold. { 8. Conatams und Augsburg.
am 16. Sept. 1100 gestorben, nachdem er seine Chronik bis ziim
3. Aug. desselben Jahres gef&hrt hatte. Sein Antograph verblieb dem
Kloster, und wird jetzt in der Münchener Bibliothek verwahrt*).
Dieses Antograph zeigt uns, dafs Bemold sein Werk bis 1073
im Znsammenhang ansarbeitete. Für die ältere Zeit hat es keinen
selbständigen Werth; er beginnt mit der knrzen Chronik des Beda
nnd verbindet damit eine Ueberarbeitong von Hermanns Chronik, zn
welcher er mit Benutzung Bertholds eine ziemlich dürftige Fortsetzung
hinzufügte. Auch das zunächst folgende Stück bis gegen Ende des
Jahres 1074, wo die Schrift sich ändert, mufs noch zu diesem ersten
Theil gerechnet werden, denn gerade so weit reicht die Benutzung
Bertholds'), dessen so weit fortgeführtes Werk ihm also bekannt ge-
worden sein muDs, was bei der Nähe von Beichenau und Constanz
nicht aufEiallen kann. Von da an trägst nun Bemold mit zunehmender
AusfQhrlicbkeit alles ein, was ihm zu Ohren kommt; doch sind auch
längere Abschnitte wi|^er ohne Unterbrechung geschrieben. Vorzüglich
erst nach der Einkehr ms Kloster scheint er jede Neuigkeit, so wie
sie ihm zukam, gebucht zu haben. Wir sehen in seiner Handschrift
mit der gr5bten DeutUchkeit, wie er die einzelnen Sätze in Zwischen-
räumen eintmg, und je nachdem er über frühere Ereignisse bessere
Nachrichten erhielt, auch hier noch änderte und zusetzte. Von einer
eigentlichen Form der Darstellung kann dabei kaum die Bede sein;
um so gröfser und schätzbarer aber ist die Zuverlässigkeit und
namentlich die chronologische Sicherheit dieser völlig gleichzeitigen
Eintragungen*).
Noch bei Lebzeiten Bemolds, vielleicht sogar vor Gregors VII
Tod, ist nach Giesebrechts Annahme die Compilatio Sanblasiana
(1053—1080) entstanden, deren wir schon oben gedachten; sie stand
in einem jetzt verschollenen Gi^tweiher Codex (1 bei Fertz), aus dem sie
ITssermann zuerst herausgab; vielleicht ist er mit einer Wiener Hand-
1) Bemoldi Chronicon ed. Pert«, MG. SS. V, 385—467. Ygl Stenzel 11,
100. St&lin II, 7. Giesebr. III, 1034. Uebersetsang Ton Winkelmann 1863.
Seine zahlreichen Streitschriften in Ussermanns Prodr. II. Manegold lobte und
benutzte sie, Giesebr. in der Abhandlung über Manegold S. 321.
') Unmöglich kann diese Stelle umgekehrt aus Bemold in die Compilation
gekommen sein, da der Compilator nicht zu Rudolfus dux et ceteri zugesetzt
haben würde rebelles.
>) Druffel, Heinrich IV und seine SOhne (Regensb. 1862) S. 8 hat nach-
gewiesen, dals Bernold die SteUe über £. Konrad S. 163 aus der MG. SS. VIII,
474 gedr. Aufzeichnung genommen hat. Dergleichen Stücke, die von Hand
zu Hand gingen und von den Chronisten rerwerthet wurden, sind auch SS. V,
ö63. VUI, 470 über Gregors VU Tod , VIU, 460 über Heinrichs IV Pact mit
CompiUtionen Ton St. Blasien nnd Muri. 49
Schrift saec. XYI identisch^). Hier ist zuerst Hermann benutzt, dann
Berthold nnd Bemold yermiseht nnd theilweise in gregorianischem
Sinne überarbeitet. StQcke ans dem Cfaronicon Wirzibnrgense, aus
Bemolds nnd anderen Streitschriften der Zeit, sind dazu gekommen.
Wenn Schulzen, wie es scheint, der Ansicht ist, die ganze Gontinuatio III,
wie er sie nennt, sei von Bemold geschrieben, so wird das doch wohl
dadurch widerlegt, dafo der römischen Synode Yon 1079, in der
Bemold anwesend war, Canones der Synode Ton 1078 irrthflmlich zu-
geschrieben werden.
Dieselbe Cempilation bis 1079, nur mit Weglassung der auf
Si Blasien bezflglichen Stellen, findet sich in den Handschriften you
Muri und Engelberg (2 und 2* bei Fertz) angereiht an eine durch
Zusätze aus Beda, Begino, dessen Fortsetzer und Hermann erweiterte
Bearbeitung Bemolds; mit Weglassung des unvollständigen Jahres 1080
folgt Bemolds Chronik von 1080 bis 1091. Giesebrecht nennt diese
Oompilation die Weltchronik von Muri, weil da die älteste Hand-
schiift noch aus dem 12. Jahrh. gefnnden ist; Mnri wurde um diese
Zeit durch Mönche you St. Blasien mit der Regel von Fmctuaria
beglückt.
Deutlich tritt uns aus diesen Arbeiten entgegen, wie lebhaft
man sich in diesen Klöstern mit der Geschichte beschäftigte: sehr
begreiflich, da in den Streitfragen, welche die Welt bewegten, ein
Haupttheil der Beweise fortwährend aus Fräcedenzföllen entnommen
wurde. Die Theorie allein erschien doch nicht you hinreichender
Sicherheit, um sich ausschliefslich darauf Yerlassen zu können.
§ 8. Constanz. Augsburg.
Von den Elöstem des Gonstanzer Sprengeis hat uns Beichenau
bereits beschäftigt; in St. Gallen trat mit Abt Nortpert aus der
strengen lothringischen Schule you Stablo eine sehr ongfinstige Yer-
ändemng ein. Voll Abneigung gegen ihn schrieb Ekkehard lY seine
Verherrlichung der guten alten Zeit, deren wir schon gedachten (I, 317).
Yielleicht sind auch in St. Gallen damals jene Schwäbischen Beichs-
annalen Yorfafst, deren wir oben (S. 39) gedachten; sicher entweder
sie oder der Auszug, welcher freilich ein weit weniger günstiges Zeug-
nife ftü: seinen Urheber ablegt*). Ans diesen Annalen wurden auch
die früher abgebrochenen Annalen you St. Gallen, mit localen
Zusätzen, ergänzt durch das Stück you 1025—1039. Nur die letzten
1) 8399, Arch. X, 533. Perts benutzte nur 7245 saeo. XVIli (1*).
*} 613: „S. Gailas nobiscum remansit.'' £b fragt sich, ob der Aasdruck
nur dem Epitomator oder auch dem ursprünglichen Werk angehört.
YVattenbach, GMcblchtsquellen IL 4. Aufl. 4
50 I^* SaUer. { 8. Gonstft&s. Aagsburg.
Jahre 1040—1044 sind gleichzeitig anl^zeichnet, von einem andern
Verfasser, der mit Brocken ans Yirgil nnd Justin prangt. Weiter sind,
eine Notiz von 1056 ausgenommen, die Jahrbflcher nicht fortgesetzt;
wenigstens nicht, wie sie nns vorliegen. Das Stift wurde tief verwickelt
in den Kampf der Parteien. Beichenan war unter Abt Ekkehard von
Neuenbürg eifng p&bstlich, St. Oallen aber leistete unter Abt Ulrich III
von Eppstein (1077—1122), der 1086 auch Patriarch von Aquilegia
wurde, mannhaften Widerstand f&r den Kaiser. Kriegslärm tobte nun
in den friedlichen Hallen, und die Klosterlande wurden entsetzlich ver-
wüstet. Heber diese Vorfälle hat es ausführliche gleichzeitige Jahr-
bücher gegeben, von gut kaiserlicher Haltung, welche wir im Auszug
in Burchards Fortsetzung der Hauschronik finden; theilweise genauer
und ausf&hrlicher sind sie von 1074 bis 1094 übersetzt in Gallus
Ohems Chronik der Beichenan'). Zu verwundem ist es nicht, dafs nach
solchen Schicksalen die wissenschaftliche Bedeutung des Klosters vor-
über war, und ein Jahrhundert lang die Feder ruhte.
Aus Pfävers liegt eine kurze, doch nicht unwichtige Erzählung
vor, die aber erst dem Ende dieser Periode angehört und von der
glücklichen Vertheidigung der Unabhängigkeit des Klosters gegen die
Bischöfe von Constanz Zeugnüs giebt').
Im Züricher Chorherrenstift scheint man nur im Jahre 1076
einen kleinen Anlauf zur Annalistik genommen zu haben, der aber
schon 1078 durch den Brand des Stifts unterbrochen wurde').
In Schaffhausen freute man sich an Beliqnien, welche 1125
aus Jerusalem kamen, und anderen, welche schon früher Erzbischof
Bruno von Trier (1102—1124), ein Verwandter Eberhards von Neuen-
bürg, dem Abt Adalbert überlassen hatte; über beide Begebenheiten
wurde eine Schrift verfafst und eben diesem Abt Adalbert überreicht^).
1) Vgl O. Breitenbach, NA. II, 183—186. Hier gedachte ich früher anch
des Planctus beaü Gallif Mone Quellens. III, 136 cf. 680, einer Klage über die
Entführung des Kirchenschatzes durch den Constanzer Bischof, welche hierher
2U setsen war nach Hone's Angabe, dafs die Hs. dem 11. Jahrb. angehöre.
Allein nach Scherrers Verz. S. 254 ist sie aus dem 13. und die Geschichte mit
Ild. Y. Arxl, 362 der Zeit des B. Eberhard (1248— 1274) zuzuweisen. S.Both
T. Schreckenstein, Forsch. XV, 135. Helmsdörfers Meinung (Forsch, z. Gesch.
Wilh. 7. Hirschau S. 20) an eine Aeusserung Mone's anknüpfend, dafs der
Planctus in die Zeit des Bischofs Sidonius (748 — 760) zu setzen sei, ist g&nz-
lieh verfehlt und unhaltbar.
*) Narraiio de lihertate ecclesiae Fabariengis ed. Bethmann, MG. SS. XII.
410-414.
*) Büdinger und Grünauer, Aelteste Denkmale der Züricher Literatur,
Zürich 1866.
^) NarraJtio de religuns S. Crucis etc. ed. J. J. Schenkel, in d. Beiträgen
z. raterl. Gesch. 2. Heft, Seh. 1866 S. 43—73.
• 8t. Qaller Annalan. Oablkard Ton Constanz. 51
Constanz selbst war eifrig pftbstlich; hier lehrte, als Hermann
der Lahme noch lebte, dessen SchtÜer, der gelehrte Mathematiker
Meinxo^), aber mit dem Goslarer Probste Bnmold (1051—1069) zog
hier der fanatische Gtoist ein. Adalbert, als Lehrer gefeiert, starb
1079 nach 30 Mönchsjahren im Eloster SchafEhansen. Bernhard, den
Bemold als seinen Lehrer verehrte, nnd mit dem er und Adalbert
Schriften ttber die kanonischen Fragen der Zeit wechselten, verliefs
Constanz'), diente einige Jahre der Hlldesheimer Kirche, nnd wnrde
nm 1080 Mönch in Sachsen, Trithemias sagt Correy, wo er eine sehr
heftige Schrift gegen Heinrich IV verÜBifste, die er dem Erzbischof
Hartwich von Magdeburg ttbersandte; sie scheint sich nicht erhalten
zn haben. Er starb 1088. Ein anderer Bernhard, aus dem Kloster
Hirschan, leitete die Schule des Klosters Petershausen, jenseit des
Bheines. Bekannt ist der Name des Bischofis Gebhard HI (1084
bis 1110) als eines der eifrigsten und thätigsten Vorkämpfer der
p&bstlichen Ansprüche. Auch er war ein Mönch des Klosters Hirschau,
ein Sohn Bertolfs von Zäringen; sein Bruder, der Markgraf Hermann,
starb als Mönch in duny. Im Jahre 1084 wurde Gebhard zugleich
mit Bemold vom Cardinal Odo von Ostia geweiht zum Priester und
Bischof, und wenn die Kaiserlichen die üeberhand gewannen, fand
er in Hirschau und St. Blasien seine Zuflucht. Es ist eine Biographie
Yon ihm yorhanden gewesen, aber leider spurlos verloren'). Sein Nach-
folger üdalrich (1110—1127) veranlafste die Lebensbeschreibung
des alten Bischöfe Konrad von Constanz, deren Verfasser üdalschalk
sogleich zu erw&hnen sein wird.
In Augsburg machte der Bischof Emmerich oder Embrico
(1063 — 1077), früher Probst zu Mainz, sich verdient um die Dom-
bibliothek, indem er viele Bücher abschreiben liefs^). Bald nach seinem
Tode aber wurde auch dieses Bisthum von dem grofsen Zwiespalt der
^) Er widmete HermAnn eine Schrift über den Durchmesser der Erde^ im
Pariser Codex Ancien Fonds 7377 C. Chasles, Comptes rendas de TAcadömie
des Sciences XVI, 1417 (angefahrt ron Cantor Math. Beitr. S. 332). Zum
folgenden rgi üssermann Prodr. Germ. Sacrae Vol. II.
*) DaÜB er Constans bei Lebseiten des Bischofs Bumold verlassen habe,
ist eine sehr, unsichere Folgerung von Üssermann Prodr. II, 213, bek&mpft Ton
Schulzen de Bert, et Bern. p. 19.
*) „Cigus vita eximia luculento sermone descripta habetur." Cod. Hirsaug.
p. 21. Oiesebr. III, 1071 vermuthet Benutsung in der Petershauser Kloster-
chronik. Der Botulus Sanpetrmus bei Leichtlen, Die Z&hringer S. 60— 91, mit
geschichtlichen Nachrichten gemischte Urkunden aus dem von ihm mit seinem
Bnider Berchthold II gestifteten Kloster St. Peter bei Freiburg, enthftlt werth-
ToUe Notiaen.
^) ArchiT Vn, 118. Verseichnifs in Steichele's Archiv ftr die Geschichte
von Augsburg I, 13. Ein Mefabuoh verlor er in Sachsen.
4»
52 I^* Salier. § 8. Constanz. AngslHirgf. { 9. Regensburg.
höchsten Gewalten ergriffen. Es standen sich hier beide Parteien mit
der leidenschaftlichsten Erbitterung gegenüber. Der kaiserliche Bischof
Hermann (1096—1132) wird Ton den Gkgnem mit den schwärzesten
Farben geschildert, und doch ist er es gewesen, welcher G^'hoh von
Beichersberg als Scholaster anstellte. Im Domkapitel wurden ziemlich
ausführliche Annalen verfafst, die im kaiserlichen Sinne geschrieben
sind und bis 1104 reichen; sie schliefsen sich an einen Auszug aus
Hermanns Chronik und sind erst um 1090 zusammengestellt oder über-
arbeitet, dann gleichzeitig fortgesetzt; doch ist uns nur eine Abschrift
erhalten^). Diese Annalen sind schätzbar und willkommen als eine
der wenigen Stimmen von Heinrichs Anhängern, die auf uns gekommen
sind, aber an Beichthum des Inhalts stehen sie hinter Bemold weit
zurück. Im Jahr 1132 hat der fromme König Lothar die blühende
Stadt durch seine Böhmen und Gumanen mit kaltem Blut zerstören
lassen: eine der ärgsten Schandthaten, welche die deutsche Geschichte
kennt; ein vortrefflicher Brief darüber von Bischof Hermann, der die
Catastrophe nicht lange überlebte, an Otto von Bamberg ist uns er-
halten'). Dafs Yon da ab für lange Zeit von Augsburg kaum mehr
die Bede ist, begreift man leicht.
Zu den unerschütterlichsten Anhängern der Gegenpartei gehörte
dagegen der Abt Egino von St. Ulrich und Afra (1109—1120).
Schon als Mönch war er aus dem Kloster entwichen, weil der
Abt Sigehard dem Kaiser anhing; er hatte damals in St. Blasien eine
Zuflucht gefunden, bis Bischof Gebhard von Constanz ihn in seine
Kapelle au&ahm und ihn mehrfach zu gefahrvollen Sendungen an
Paschalis 11 verwendete. Nach der Herstellung des Friedens beriefen
ihn die Mönche von St. Ulrich und Afra 1109 aus St. Blasien zum
Abte. Aber bald trat neue Feindschaft mit dem Bischof Hermann ein,
und als dieser dem von Heinrich Y eingesetzten Pabste Burdinus an-
hing, verliefs Egino sein Kloster. Ihn begleitete XJdalschalk und
folgte ihm auch 1120 nach Bom, wo er eine Schrift über die jüngst
vergangenen Ereignisse verfieifste, zum Preise seines Abtes und voll
bitteren Tadels seiner Gegner*). Es ist nicht zu verwundem, dafs sie
^) Anmks Augu8t(mi ed. Pertz, MG. SS. III, 123—136. Waitz, Nachrichten
TOD der G0tt. Uniir. 1857 S. 68 ff. hat nachgewiesen, dafs die Jahre 1000 bis
1054 mit wenigen Zns&tsen ans Herrn. Contr. ezcerpiert sind. Giesebr. III, 1038.
») im Cod. Udalrici, bei Jaffö BibL V, 444—447.
') üodalacalus de Egimone et Hermanno ed. Jaffö, MG. SS. XII, 429 bis
448; Tgl. dasu Fr. Kolbe, Erzb. Adalbert I von Mains und Heinrich V (Heid.
1872) S. 143-149. Giesebr. III, 1056. Auf diese Verhältnisse besieht sich
auch u. a. der merkwtkrdige Briefwechsel Ton Paschalis U und Calixt II mit
Bischof Wide von Chnr, den P.Ewald im NA. III, 168—181 veröffentlicht hat.
Augsbarger Annalen. UdaUchalk. 53
einseitig und leidenschaftlich ausgefallen ist, auch ist die Sprache
h&nfig schwiüstig, aber der Inhalt ist nm so werthvoller, da die
ActenstQcke über diese Gegenstände ToUstftndig anfgenonimen sind.
Leider reicht die Erz&hlnng nnr bis zum Jahre 1118, entweder weil
das Ende Terloren ist, oder weil üdalschalk selbst an ihrer Vollendung
▼erhindert wurde durch den Tod des Abtes, welcher am 15. Juli
desselben Jahres 1120 auf der Bückreise in Pisa starb, üdalschalk
yerfiniste über diesen Trauerfall ein ausfOhrliches Schreiben und ein
Gedicht; dann suchte er seine Zuflucht in Constanz, wo ihn der
Bischof Ulrich, welcher seinen Vorgänger Eonrad zum Heiligen er-
hoben zu sehen wünschte, veranlafste das Leben desselben zu schreiben.
Geschichtliche Nachrichten darüber standen wenig zu Gebote; Üdal-
schalk mulste sich auf einige mündlich erzählte Geschichtchen, die
üblichen Phrasen der Legende und, was die Hauptsache war, die
Wunder an seinem Grabe beschränken^), und mit diesem Werke begab
er sich 1123 nach Bom, wo er die Heiligsprechung auch glücklich
auswirkte. Noch in demselben Jahre fand die feierliche Erhebung der
Gebeine statt, mit welcher die Lebensbeschreibung beschlossen wurde.
Ln folgenden Jahre wurde Üdalschalk selbst zum Abte seines Klosters
geweiht; er lebte noch bis gegen das Jahr 1150 und schrieb ver-
schiedene Legenden und Kirchengesänge, welche unserer Aufgabe fem
liegen'). Auch das auf den Wunsch des Bischofs Walther von Augs-
burg (1133 bis 1150) verfEifiste Leben seines Vorgängers Adalbero
(887—910) kann nicht zu den Geschichtsquellen gerechnet werden, da
es ihm an allem historischen Inhalte fehlt*).
§ 9. Begensburg.
Lidem wir uns nach dem nahen Baierlande wenden, müssen wir
wieder zum Anfang dieser Periode zurQckkehren. Damals lebte im
Kloster St Emmeram Arnold aus vornehmem Hause, durch seine
Mutter ein Enkel des Markgrafen Berthold vom Nordgau, ein lern-
begieriger Jüngling, der sich eifrig dem Studium der alten Klassiker
hingab. Aber bald ergriffen ihn Gewissenszweifel über diese Vorliebe
Vita Ckuonradi Constcmtienm ed. Peru, MG. SS. IV, 436-445.
*) Sein Registrum tonorvm ist abgedruckt in Steichele's Archiv f. d. Gesch.
d. Bisth. Augsburg II, 68—78.
>) Die Vorrede aUein MG. SS. IV, 383. Vollst&ndig von Jaff^ in Steichele's
Archiv III, 1—9. Es ist gans aus der Y. Udalr. genommen, nur drei Wunder
hiuzugethan. Oleich darauf folgt bei Steichele der CaM, Abbatim SS. üdalrici
et Afrae von Wilh. Wittwer, worin Üdalschalk sehr gepriesen wird, mit Be-
schreibung der Ton ihm angegebenen Oem&lde und Stickereien und deren In-
schriften.
54 I^* SAÜ^r* S 0* Begensbarg.
f&r die heidniBchen Schriftsteller, und er wandte sich ab von diesen
Fallstricken des Teufels. Doch hatte er sein (^efthl f&r Sprache und
Darstellung so yerfeinert, dafs er das alte, Yom Bischof Arbo von
Freising verfafste Leben des h. Emmeram zu unvollkommen ßuid und
es umzuarbeiten gedachte. Da erhoben sich die Mönche des Klosters
gegen dieses Unterfangen, welches ihnen wie ein Sacrilegium erschien;
sie trieben ihn fort, und er begab sich nun nadi Magdeburg, wo er
sich mit MeginMd, dem Vorsteher der Domschule, befireundete. Dieser
unternahm auf Arnolds Bitte eine Emeuung jener Legende von
S. Emmeram, und später hat Arnold, als er zurückgekehrt war, sein
altes Vorhaben doch auch noch selbst ausgeführt und ein Buch über
die Wunder des Heiligen hinzugefügt. Darauf aber yerfabte er zwischen
den Jahren 1035 und 1037 ein anderes, für uns wichtigeres Werk
über den h. Emmeram^), eine seltsame geschmacklose Schrift in Form
eines Dialoges zwischen Ammonicius und CoUecticius. Lange Be-
trachtungen und Auslassungen moralisierender Art sind darin gemischt
mit geschichtlichen Nachrichten über die ältere Geschichte des Klosters,
und diese haben für uns nicht geringen Werth als die frühesten ein-
heimischen Aufzeichnungen über die Anfänge der Begensburger Kirche.
Leider war die EenntniTs von jenen weit entlegenen Zeiten bei dem
Mangel an schriftlichen Quellen nur unvollkommen, und Arnold ver-
schweigt aulserdem einiges, was er nur in Andeutungen berührt, aus
Bücksicht auf noch lebende Nachkommen der Feinde S. Emmerams.
üeber die späteren Schicksale Begensburgs finden sich gelegentlich
erwünschte Notizen bei ihm.
Ein jüngerer Zeitgenosse Arnolds war Otloh, ein gebomer
Freisinger; als Knabe wurde er nach Tegemsee geschickt, um die
Kunst des Schreibens zu lernen, durch welche er sich in hohem
Grade hervorthat'). Von dort kam er nach Hersfeld, wo er mit
Wolfher zusammentrat Wie Arnold zog auch ihn die profime Litte-
ratur besonders an, für Lucan schwärmte er, aber auch er wandte
sich dann so sehr von ihr ab, dafs er sogar die Fabeln des Avian
und die Gatonischen Sittensprüche durch seinen Ubeüus proverbiorum
aus dem Jugendunterricht zu verdrängen suchte'). Bischof Megin-
1) De Sancto Eknmerammo ed. Fertz, MG. SS. IV, 543-574, mit Weg-
lasauDg der moralischen Betrachtungen. Vgl. Blomberger im Archir d. Wiener
Ak. X, 364.
s) Seine Schrift seigt in Libri's Caulog von 1859 pL 20 die UnterBcbrif^
eines an Fulda geschenkten Buches (n. 491 S. 105):
Fresbiter et monachus Otloh quidam vocitatus
Sancte tibi librum Bonifaci tradidit istum.
>) Gedr. bei B. Fes, Thes. III, 2, 485—536, früher unter Beda's Namen,
Arnold und Otloh von St. Emmeram. 55
hard (1019 — 1034) berief ihn wegen seiner Geschicklichkeit im
Schreiben nach Wflrzbnrg, 1032 aber begab' er sich nach St. Emme-
ram, wo er Mönch wurde nnd die Leitung der Schule erhielt, welcher er
lange Zeit vorstand. Damals glänzte dort Wilhelm als berühmter Meister
in mathematischen, astronomischen, musikalischen Studien, weltlicher
'V^ssenschaft noch nicht abhold; Ton dort wurde er 1069 zum Abt
Ton Hirschau berufen^). Der Domschule stand der Meister Gerald vor,
welcher 1063 mit üdalrich nach Cluny ging, hier Mönch und bald
darauf Cardinal und Bischof von Ostia wurde. Der Bischof Otto aber
(1060—1089) bedr&ngte das Kloster und deshalb entwich Otloh 1062
nach Fulda, wo er im Archive die Briefe des Bonifaz fand, und auf
die dringenden Bitten der Mönche zu einer neuen und umfassenden
Biographie des Heiligen benutzte'). Merkwürdig ist darin die Angabe,
dafo Abt Egbert (1048—1058) sich mit derselben Bitte an Pabst
Leo IX gewandt, ihm Bücher und einen Schreiber geschickt hatte;
aber nach dem Tode des Fabstes war alles in Bom geblieben. In
demselben Prologe beklagt Otloh voll Bitterkeit, dafs die Zehnten,
welche doch Bonifaz den Mönchen verliehen habe, jetzt durch die
Bischöfe ihnen entzogen würden.
Nachdem Otloh sich dann auch noch in Amorbach aufgehalten
hatte, kehrte er endlich 1067 nach St Emmeram zurück, wo er sich
von nun an unablässig mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigte').
Sehen ehe er nach Fulda ging, hatte er die Legenden von S. Nico-
laus*), Alto') und Wolfgang geschrieben; nach seiner Bückkehr über-
«. W. Meyer: Die Sammlongen der Spruchverse des Publilins Syrus (1877)
8. 11. Vgl. dazu die von Wilmans SS. XI, 387 n. 29 angeflkhrten Stellen aus
seinem Werk de dootrina spirituali.
^) HelmsdOrfer S. 67 — 71 berichtigt die frdher hier ausgesprochene An-
sicht, daÜB Wilhelm schon damals Otloh's Gesinnungsgenosse gewesen w&re;
Tgl. oben S. 42. Es waren in demselben Kloster entgeg^ngesetite Richtungen«
>) Mab. lU, 2, 28-87 u. sonst. Ausz&ge Bibl. UI, 482—506. Nur der
Prolog MG. II, 357.
*) S. darüber seine eigenen Angaben MG. SS. XI, 391 , und die Vorrede
Ton Wilmans. Ueber sein deutsches Gebet MtÜl. u. Soherer S. 601 — 604 (678
bis 681 ed. 11). Den von Hansiz zuerst ausgesprochenen Verdacht, dals Otloh
auch bei der trügerischen Erz&hlung von der Uebertragung des h. Dionysius
(SS. XI, 346) nnd der damit zusammh&ngenden UrkundenfiÜschnng betheiligt
gewesen sei, h< Hirsch, Heinrich II, I, 24« 416 aufrecht.
*) Diese welche Koepke nach SS. XI, 391 nicht kannte, ^ht im Cod. lat.
Monac 14419 f. 12 „potente Wicrado ab Othlone scripta.*' Mitth. v. Dflmmler.
•) Vielleicht die AcU SS. Feb.II, 369, Mab. III, 2, 218 gedruckte, welche
vor der Verlegung des Klosters nach Altorf (1047) doch dem Anschein nach
in Altenmünster verfaCst ist. Alto, der Gründer von Altenmünster soll ein
Schotte aus der Zeit des Bonifaz gewesen sein; Über ihn giebt die Legende
nur eine unsichere Tradition und über die Herstellung des Klosters durch Weif
sehr wenig.
56 I^« Salior. { 9. Re^nsburg.
arbeitete er anch noch die Legende yom h. Magnus anf die dringende
Bitte des Adalhalm, welcher, um zu lernen, Yon Fflben nach Qt. Em-
meram gekommen war. Geschichtliche Bedeutung hat davon nur das
Leben des Bischofii Wolf gang (972—994), welches einige schätz-
bare Nachrichten enth<^); es ist aber auch auiserdem bemerkens-
werth durch das Streben des Yer&ssers nach geschichtlicher Wahr-
heit und die yon ihm geübte historische Kritik, wie er ja auch im
Leben des Bonifaz auf die sichere Grundlage der Urkunden zurück-
ging, üeber Wolfgangs Leben lagen ihm zwei ältere Bearbeitungen
Tor, n&mlich die oben erwähnte Schnft Arnolds und ein älteres, in
Franken verfafstes Leben, an dem er nicht nur die fehlerhafte Sprache,
sondern auch verschiedene Widersprüche mit Arnolds Angaben und
der mündlichen üeberlieferung zu tadeln fand. Abweichend von der
Sucht anderer Legendenschreiber, ihren Heiligen ungebührlich zn
preisen, verwarf er z. B. die Erzählung, daCs Wolfgang den E6nig
der Ungern getauft habe. Er verband nun also den Stoff, welcher in
Arnolds formlosem Werke enthalten ist, mit dem was er aus jener
anderen Biographie brauchbar fand, und einigen Zügen aus der
Tradition. Freiüch machte er sich die Sache etwas zu leicht, indem
er die Worte seiner Vorgänger so wenig verändert, dafs er an zwei
SteUen selbst als Zeitgenosse Wolfgangs spricht, den er doch nicht
mehr gesehen hatte.
Aufser diesen Legenden verfalste Otloh noch verschiedene Werke
erbaulichen Inhaltes, und darunter zwei, die Bücher der Versuchungen
und der Visionen^), in denen er viel aus seinem Leben und von aller-
hand anderen Dingen in loser Verknüpfung ähnlich wie Arnold erzählt.
Auch in Versen' hat er die habsüchtigen und jagdlustigen Cleriker
seiner Zeit ermahnt, ihr Leben zu ändern, um so mehr, da doch der
Untergang der Welt nahe bevorstehe*).
Am Ende des elften Jahrhunderts veranlafste Heilka, Aebtissin
von Niedermünster, die Lebensbeschreibung des geschichtlich sonst un-
>) Othlani Vita S, Wolfkangi ed. Waits, MG. SS. IV, 521—542. Ein Aato-
graph davon in Läbri's Catalog r. 1859 S. 164 n. 748 pl. 20 mit denselben
Widmungsveroen an Fulda wie oben S. 54 Anm. 2.
') IMtri JJffnpUUiomm et Viskmum^ aussugsweise herausgegeben yon Wil-
mans, SS. XI, S76 — 393. Qiesebrecht II, 567 bezeichnet ihn als den ersten
deutschen Vielschreiber.
*) Sermo metricus ad clericos ^eciaUter dictus, bei Joh. Scotus ed. Flois
(Migne CXXII) p. XV. Wie Dümmler bemerkt, ist er gröfstentheils Plagiat
aus seinem eigenen Werke de doctrina gpirüuaH, bei B. Pez, Thes. III, 2»
431—475. Ebenda p. XIII u. 1193 Verse unter einer Abschrift der üeber-
setsung des Dionysius Ariopagita, aus Clm« 14137«
Otloh. Vita Wolfgangi, Erhardi. 57
bekannten Bischofs Erhard von Begensbnrg^), welche über die Ge-
schichte des Klosters und dessen Kengründnng durch die Herzogin
Jndith nicht unwichtige Nachrichten enthält'). Den Yerfietsser Panlns
hielt Holland Ar den Bemrieder, damals noch Begensbnrgei' Domherr,
allein der Anonymns Mellicensis, welcher von dem Bemrieder Paolns
noch nichts weüSy nennt den Verfasser der Vita Patätu Judeus Fvl-
densia monachus. Und er kann es wohl gewnist haben, da seine sonst
so dürftigen Angaben doch besondere Beziehungen zn Begensbnrg er-
kennen lassen (vgL I, 73). Er schlielst mit einer lebhaften Yerherr-
lichong des Rupert von Dentz, der 1130 gestorben ist, nnd hat wohl
wenig sp&ter geschrieben. Von Oüoh freilich weiTs er nichts').
Einen Blick in ganz eigenthümliches Treiben gewährt die ans
Scheftlam stammende Münchener Handschrift 17142. Ein Lehrer ans
der berühmten Lütticher Schnle, in der Gegend von Aachen heimisch,
vielleicht Probst der Alten Capelle in Begensbnrg, war, so scheint es,
gestorben, nnd nm seinen Nachlaüs nicht yerkommen zn lassen, gab
man ihn einem geschickten aber unwissenden Schreiber zur Abschrift.
Der hat nnn alles durch einander geschrieben wie Kraut und Buben,
halbe Satze über ganz verschiedene Dinge, kirchliches und weltliches,
Verse und Prosa, voll von Fehlem. In den Veraen aber tritt uns ein
merkwürdiger Verkehr entgegen zwischen einer Gesellschaft von Clerikem
und vornehmen Canonissen, die von ihnen lernen, sich metrische Auf-
gaben stellen lassen, und einen kecken gelehrten Wettstreit treiben
mit viel muthwilliger Neckerei. Ihren Maixianus Capeila kennen sie
ganz genau, und die iateinische Sprache wissen sie mit Gewandtheit,
wenn auch nicht fehlerfrei, zu handhaben. Zu grofse Begehrlichkeit
wird meistens, doch nicht inmier, zurückgewiesen. Ausschliefelich
herrscht hier die profane mythologische Gelehrsamkeit; kirchlich frommen
Character tragen nur am SchluTs der Handschrift die Epitaphien der
^) Wie im Katholik 1875, I, 445 bemerkt wird, findet sich Aerhardus ep.
im Verbrüderungsbueh von St. Peter 70, 4 neben Virolus von erster Hand.
>) Pauli Vita 8. Erhardi, Acta SS. Jan. I, 535-539; rgl. Hirsch, Hein-
rich II, I, 121; S. 122 Verse zu Ehren Hersog Heinrichs II u. seiner Matter
Judith, dann der ersten Äbtissin Uota aus Schwaben. Fabelhaft und unergiebig
ist die ViUi 8. AlbarU, eines angeblichen Bruders von Erhard, Pez Thea. H,
3, 181. In Niedermünster stiftete die Kftnigin Gisela von Ungern ein kostbares
Kreus zum Andenken ihrer Mutter der Herzogin Gisela, jetzt in der Kelchen
Kapelle in München.
>) Mabillon Mus. Ital. I, 2, 93-99 giebt 4 Briefe der Brflder Paulus et
Gebehardus nach Mailand, wo sie vor 2 Jahren gewesen sind, um sich den
Ordo Ambrosianns zu verschaffen und 1 Antwort. Mab. erklärt sie für Regensb.
Domherren, Gebehard f. Conrads U Bruder (der erst 1027 geschoren wurde)
n. findet eine Anspielung auf Ereignisse von 1024. Ich möchte eher an die
Occupation Mailands durch den Gegenkönig Conrad 1138 denken.
58 1^« S«l>«r. S 9. Begensburg.
Aebte Fxdco und Egino. Eine Zeitbestunmong erlaubt zuerst eine Klage
um Hemrichs HE Tod und die Herrschaft des Kindes, welche grobe
Besorgnils erregt; später bringt die commoHo regni den Damen QeÜhi:
»Yirgis mobilibus avium vice qnae residemus.'' Dem Hofe stehen sie
nahe, aber die Anwesenheit der comites regis in der Stadt yeranlabt
die Dechantin, ihnen die üeberschreitung der Brücke zu untersagen.
Mit stolzem Gefolge kommt ein Herr Hugo: alle Baiem werden von
seinen Begleitern gering geschätzt, aber den Damen gefällt ihre Art
nicht. Möglich dafs yon diesem Hugo das schon oben S. 44 erwähnte
Gedicht gegen Manegold ist, welches ebenfalls aus dieser Handschrift
stammt. Auch eine sehr, emphatische Klage in Versen, von Heinrich IV
nach seiner Entthronung an seinen Sohn gerichtet, findet sich hier,
doch scheint die Hauptmasse firflherer Zeit anzugehören^).
Immer von neuem ftdiren uns neuaufgefnndene Bruchstücke zu der
üeberzBUgung, daCs von der geschichtlichen Litteratnr des Mittelalters
doch ein sehr greiser und werthvoUer Theil ganz verschwunden ist,
und dafs wir auch nicht, wie früher oft geschehen ist, das Dasein
eines bedeutenden Werkes bezweifeln dürfen, weil es an Ei-wähnungen
oder der Spur einer älteren Benutzung fehlt. Die umstände waren
einer Verbreitung der Schriftwerke ungünstig; während einzelne Autoren,
wie Sigebert und Martin von Troppau, rasch in weiten Kreisen bekannt
wurden, blieben andere ganz unbemerkt, und das einzige Exemplar
oder die wenigen Abschriften fanden fHlhzeitigen Untergang; vorzüg-
lich war diese Gefahr vorhanden, wenn die Tendenz des Werkes der
zum Siege gelangten Partei feindlich war. Noch in der letzten Aus-
gabe bemerkte ich, daüs man sich in Begensburg mit der Aufzeichnung
der Zeitgeschichte kaum beschäftigt zu haben scheine : eben jetzt er-
halte ich von Giesebrecht den Abdruck eines Pergamentblattes, welches
Herr W. Meyer in der Münchener Bibliothek entdeckt hat'). Es ist
der einzige Best von völlig unbekannten ausführlichen Beichsannalen,
die allem Anschein nach in Begensburg geschrieben sind. Ein Stück
von 1084, 1085 und der Anfang von 1086, das ist alles was davon
gerettet ist. Es ist eine ausgearbeitete Darstellung, gut geschrieben,
von einem kaiserlich gesinnten Verfasser, der aber durchaus nicht in
der Weise der leidenschaflilichen Anhänger Heinrichs IV verblendet ist,
sondern mit ruhiger üeberlegung sein freies Urteil bewahrt. Schon
1) 8. darüber SB. der Manchener Akademie 1873, S. 710—747. Die sa-
letst erw&hnten Verse scheinen mflndlich verbreitet gewesen au sein; 6 davon
finden sich etwas abweichend e cod. Stab, bei Mart. Coli. I, 609 u. daraus MG.
SS. VI, 369 Anm.
Sj Geschichte der Kaiserzeit, 4. Aufl. IV, 513—518.
RegenBburger Annalen. fienedietbeaem. 59
aus diesem Brachstflck er&hren wir ganz neue Thatsachen, so dafe
Heinrich IV nach der Einnahme von Born sich gen5thigt sah, zum
Ersatz der in Italien aufgenommenen GMder yon allen semen An-
hAngem, namentlich anch von den Bürgern der Städte nnd spedell
Yon Begensbmrg Steuern zu erheben, welche grobe Erbitterung gegen
ihn erregten. Auch yon den Synoden jener Jahre weife und b^
richtet der Annalist, von der Einsetzung neuer reichstreuer Bischöfe,
und von dem verunglückten Versuch, auch die Gra&chaften in Sachsen
an Anh&nger des Königs zu verleihen. Sehr gut unterrichtet ist der
Ver&sser gewesen, und wir können nicht lebhaft genug wünschen,
dafe dieser erste glückliche Fund nicht der einzige bleiben möge.
Denn was sich sonst von Begensburger annalistischen Au&eichnungen
erhalten hat, ist von geringem Werth^).
Der wichtigen, jetzt glücklich wieder aufgefiondenen Altaicher
Annalen gedachten wir schon oben (S. 17); sie reichen aber nur bis
zum Jahre 1073, denn auch dieses Kloster gerieth durch die Bedrängnisse
jener rechtlosen Zeit nach kurzer Blüthe wieder in Armuth und Verfall.
Von Altaich aus war Tegernsee reformirt, und von hier aus kamen
1031 Mönche mit dem Abt Ellinger, den im folgenden Jahre Gothelm
ablöste, nach Benedictbeuern, wo sie eine lebhafte litterarische
Thätigkeit weckten. Einige Aufzeichnungen über die Geschichte des
Klosters und eine bis 1139 reichende Hauschronik geben uns davon
Kunde'). Tegernsee selbst entartete bald wieder, erhielt um die Mitte
des Jahrhunderts auf Heinrichs III Befehl Egbert aus Hersfeld, dann
als auch dieser wieder entsetzt war, Seifrid aus der Lütticher Schule
zum Abt; es scheinen hier mancherlei Studien betrieben zu sein xmd
in der Kunstgeschichte tritt Tegernsee bedeutend hervor, aber die
Geschichtschreibung blühte hier nicht; nur die fabelhafte Gründungs-
geschichte gehört vielleicht schon diesem Zeitraum an, und der Anfang
der dürftigen Klosterchronik mag aus dem Beginn des zwölften Jahr-
hunderts stammen.
Eine kurze, aber durch ihren Inhalt vor andern merkwürdige
Klosterchronik wurde um das Jahr 1050 unter dem berühmten Abt
*) Von Jaffö gesammelt sind MG. SS. XVII, 571—573 Atmale8 S. Enrne-
ramm breoissind 792-1062. Ann, S, Emm,saecuU XI, 1036—1046; daran
unmittelbar sieh ansehliefsend NoUie Weltenburgerues 1046—1074 (1241. 1358).
Nottu 8, Emm. 1052—1064 mit Forts, im 13. Jahrhnndert. Aeltere Bestand-
theile aoeh in den Annales Raüsponenm 1-1201, ib. 577—590.
s) Chron. Benedictolmramm ed. Wattenbach, MG. SS. IX, 210—288. Ellin-
ger hat den Cod. lat. Mon. 18227 (Haimonis homiliae) geschrieben oder schreiben
lassen. Kalender aus Ben. NA. ÜI, 159.
QQ IV. Salier. § 9. Regensburg. { 10. SaUborg and Paasaa.
Williram in Ebersberg, im Freisinger Sprengel, geschrieben; sie
enth< werthyolle Ztlge zur Sittengeschichte (vgl. I, 261), anch Nach-
richten über die üngemschlacht auf dem Lechfeld. Lange wegen der
sehr mangelhaften Ausgabe übersehen, ist sie von W. t. Giesebrecht
nnd S. Hirsch als alt nnd werthyoU anerkannt, nnd jetzt yon W. Arndt
nach der Münchener Handschrift neu heransgegeben/). Ein Gedicht
znm Preise des Abtes Robert Tom Ende des 12. Jahrh. lälst uns leb-
hafte» GeMen an dassischen Stadien erkennen').
Was sonst noch vielleicht an geschichtlichen An&eichnangen m
Baiem nm diese Zeit entstanden ist, ging mis yerloren, denn über den
baierischen Handschriften hat leider ein Unstern gewaltet. So benutzte
noch Ayentin den Othochns, einen Freisinger Historiker ans Hein-
richs lY Zeit,, der nicht nnbedentend gewesen zu sein scheint, yon
dem aber sonst keine Spnr zu finden ist'). Bischof Egilbert yon Frei-
sing (1002—1039) war königlicher Kanzler gewesen, und ihm wurde
1029 wegen seiner ausgezeichneten Eigenschaften der junge Heinrich III
zur Erziehung anvertraut^).
§ 10. Salzburg und Passau.
Im südöstlichen Yorlande rief erst der grofse Zwiespalt dieser
Zeit litterarische Thätigkeit hervor; er wirkte befruchtend durch die
enge Verbindung mit der schwäbischen und s&chsischen Geistlichkeit,
welche die Gemeinschaft harten Kampfes mit sich brachte. Wir ge-
dachten schon oben der Beziehungen des Klosters Hirschau und der
Sanblasianer zu diesen Gegenden, die auch in der deutschen Litteratur
sehr merklich sich kundgeben*).
Auf dem Salzburger Stuhle eröfihete Gebhard (1060—1088),
früher königlicher Kanzler, die Reihe eifriger Vorkämpfer der gre-
gorianischen Grundsätze; ihm folgte Thiemo bis 1101, Konrad bis
^) Chron. JEbenpergense ed. W. Arndt, MG. XX, 9 — 16; vgl. Hirsch, Hein-
rich 11, I, 150—154. Scherer, Lehen Willirams, Wiener SB. LUX, 197-303,
womit die Berichtigungen in d. Ahh. von H. Reichau zu rergleichen sind, ohen
8. 2. C. Hoftnann, Mflnch. SB. 1871 S.423 bemerkt, dab S. 10, 17 die Worte
vel aprtan gilvarum Glosse zu gingtUarem sind.
«) Gedr. im NA. II, 391-39Ö.
*) Ueber die Torzflglich Bischof . Nitker betreffenden Nachrichten, welche
vermuthlich Ton ihm herkommen, s. Wilmans, MG. SS. XII, 252 n. 12. Giesebr.
II, 653. Von ihm könnte auch Ayentins Nachricht kommen, dafs Heinr. III
auf Burg Andecha aufwuchs.
^) Oben S. 1. Notiz über die Einweihung des Hauptaltars der Freisinger
Kirche unter ihm, Forsch. XV, 166.
^) Diemer in den Sitzungsberichten der Wiener Ak. VI, 334.
Ebenberg. Freisiog. Smlsbnrg. gj[
1147. Lange Zeit waren sie anglücklich im Kampfe, mnüsten ver-
trieben ans ihrem Sprengel weichen nnd- harte Verfolgung ertragen,
znletzt aber behaupteten sie dennoch das Feld.
Gebhard führte zuerst (1074) schwäbische Mönche aus St. Blasien
ins Land, nach Admunt, das später unter Thiemo noch einmal durch
Hirschauer nach fast gänzlicher Verödung neu gegründet wurde. 6^b-
hard fand, als er in Salzburg sich nicht länger halten konnte, eine
Zuflucht bei den Sachsen und ist aus der Geschichte als ihr Wort-
führer bekannt. Wir besitzen von ihm ein Schreiben an den Bischof
Hermann von Metz oder viehnehr eine an diesen 1081 gerichtete Ab-
handlnng, in welcher er die gregorianischen Grundsätze und das Ver-
ehren des Pabstes verteidigt ^), und ein kurzes Schreiben an denselben
von 1084, in welchem er die Gültigkeit der Pabstweihe Wiberts be-
streitet'). Er war ein grofser (Gönner Mangolds, der ihm mit hohen
Lobeprüchen seine Schrift gegen Wenrich widmete.
Thiemo, der lange vertrieben in Hirschau weilte, schlofs sich
zuletzt der unglücklichen Kreuzfahrt des Herzogs Weif an und fand
auf derselben seinen Tod. Vergeblich verlangte seine verwaiste Heerde
nach einem Berichte über das Ende des geliebten Hirten, niemand
wufste davon zu sagen; aber wie es so häufig erging, es machte sich
bald jemand diese Lage der Dinge zu Nutze, behauptete bei seinem
Leiden und Sterben zugegen gewesen zu sein, und erzählte entsetzliche
Gräuel, für die er gläubige Hörer fand, obgleich die Götzenbilder,
welche er den Sarracenen beilegt und an welche die ganze Erzählung
angeknüpft ist, für jeden Kundigen die Lüge greifbar genug darlegten.
Schon Otto von Freising (Vn, 8) widerlegt seine Fabeln; uns ist
aber diese Schrift eines vorgeblichen Augenzeugen nicht mehr erhalten,
sondern nur zwei verschiedene Bearbeitungen, welchen sie zu Grunde
liegt. Die eine ist aus Admunt. Man besafs hier eine kurze metrische
Uebersicht der Folge der Salzburger Erzbischöfe bis auf diese Zeit,
welche später nach und nach bis ins fonfzehnte Jahrhundert fort-
gesetzt ist'). An diese knüpfte man nun im Anfange des zwölften
Jahrhunderts einige kurze Nachrichten über den ersten Stifter, den
^) Gedruckt bei Tengnagel, Monumenta adversus schismaticos (1612)
p.7— 29; wiederholt in Greteeri Opp. VI, 485—446. Vgl Helfenstetn S. 111.
149. Mangold ron Lantenbach acheint ihm auch ein ausftkbrliches Werk über
die Geschichte seiner Zeit beizalegen, woTon sonst nichts bekannt ist, s. Wii-
mans, MG. 88. XU, 180 n. 3.
>) bei Hugo Flayin. MG. SS. VIII, 469.
*) Caiaioffus praestävm SaHshwrgengiumy MG. 88. XI, 19—26. Die hier
berührten Schriften sind als GeHa Arcfnepiscopomm SaHsImrgermum susammen
herausgegeben ron Wattenbach, 88. XI, 1 — lOS.
g2 I^* Salier. § 10. Salibarg and PMsaa. f 11. Sachsen.
Erzbisehof Gebbard, und fOgte dann, wieder znr Poesie übergehend,
das Leben nnd Sterben seines Nachfolgers Thiemo hinzn^). Bei weitem
den gröfsten Theil davon ffült das Martyrinm desselben, welches ge-
schichtlich werthlos ist nnd nnr eine recht gnte Probe von der Form-
gewandtheit giebt, die man in der Admnnter Schule sich damals er-
werben konnte. Lehrreicher ist ein zweites Leben des, Thiemo, welches
die Zeiten Tor dem Erenzznge ansftthrlicher behandelt, jedoch erst nm
die Mitte des zwölften Jahrhunderts verfafst nnd daher auch Aber jene
schon ziemlich fem liegenden Ereignisse nicht frei von Fehlem ist*).
Anch der Abt Heinrich von Bretenan bei Gassei, der mn 1130 als ein
fruchtbarer theologischer Schriftsteller genannt wird, schildert die
Marterscene nach dem Bericht eines vorgeblichen Angenzengen').
Mi^ Gebhard im Kampfe eng verbfindet waren seine beiden Jugend-
freunde und Schulgenossen Altmann und Adalbero.
Altmann, Domherr und Schnlvorsteher in Paderborn, von wo
er herstammte, dann Probst zu Aachen und Kaplan der Kaiserin
Agnes, war als Bischof von Passau (1065—1091) einer der eifrigsten
Betreiber des Coelibats der Geistlichen und eine Hauptstfltze Gregors.
Er stiftete dasKloster Götweih, wohin er Hirschauer MOnche führte,
und hier ist auch, jedoch erst lange nach seinem Tode auf Befehl des
Abtes Ghadalhoh (1125—1141) sein Leben beschrieben worden. Der
Verfasser hatte Altmann nicht persönlich gekannt, er mufete sich auf
die Mittheilungen älterer Mönche verlassen und berücksichtigt daher
vorzugsweise die besondere Geschichte dieser Gegend und des Klosters;
darüber giebt die Schrift Aufklärungen, die bei dem Mangel anderer
Nachrichten um so schätzbarer sind, aber die so sehr einfluHsreiche
und bedeutende Thätigkeit Altmanns, welche sich weit über die Grenzen
seines Sprengeis erstreckte, erhält dadurch nur wenig Licht. Von
schriftlichen Quellen lagen dem Verfasser die päbstUchen Schreiben an
Altmann vor, die er ohne eigentliche Benutzung für die Biographie
aufriahm; die Abschreiber unserer Handschriften haben sie jedoch aus-
gelassen. Besondere Liebhaberei hatte er für alte Fabelgeschichten,
und es scheint dafs Severins Leben, Jordanis Getengeschichte und
Widukind ihm bekannt waren, aber kein einziges von den neueren
Werken über die grofsen Ereignisse, in welche Altmann so erheblich
eingegriffen hatte^). um diese Zeit ist auch der Passauer Bischofs-
1) Vita Qebehardi p. 25—28. Pasm Tkiemoms metrica p. 28—33.
') Pasgio Tkiemoms archiepiscopi p. 51—62.
') Aus einer Dannstftdter» ehemals Graschafer Handschrift herausgegeben
Ton Dr. Nolte, Arch. d. Wiener Ak. LIV, 1—8.
*) Vita AUmanm ed. Wattenbaeh, MG. SS. XII, 226—243. Mangold hat
Leben des Thiemo, Altauum, Adalbero. gg
catalog zusammengestellt y der mit Vivilo archiepUcopus anfängt,
womit doch unmöglich, wie Blomberger annahm, nnr der erste Bischof
gemeint sein kann^).
Aehnliches wie von Altmanns Leben, gilt noch in h(Aerem Grade
▼on dem Leben des Adalbero Ton WQrzbnrg (1045 — 1090), welches
erst im Anfange des dreizehnten Jahrhunderts yer&fst ist nnd ihn
nur als Stifter des Klosters Lambach darstellt. Er war der letzte
Sprofs des mächtigen Hanses der Grafen von Wels nnd Lambach, nnd
die Nachrichten des Biographen über diese Familie so wie tber die
Anf&nge des Klosters sind dankenswerth').
Alle diese Schriften sind nnr nnbedentend im Yerhältnife zn den
gewaltigen Kämpfen dieser Zeit, welche sie berühren, aber nicht dar-
stellen. Sie führen nns aber einzehie Züge daraus vor, durch deren
Zusammenstellung ein lebendiges Bild der Zeit zu gewinnen ist. Sie
zeigen uns auf dem engen Schauplatze der einzehien Sprengel und
Stifter, wie der grofse Streit hier überall eingriff, wie überall die Vor-
kämpfer der neuen mönchischen, französisch-römischen Kirchenzucht
den Anhängern der alten Gewohnheit entgegentraten; manche Blüthe
entsprob der sittlichen Kraft dieser strengen Mönche, aber viel gutes
und schönes ging darüber zu Grunde, und jene viel verheifsende gleich-
m&faige Entwickelung aus der Zeit Heinrichs HI wurde unwieder-
bringlich geknickt.
§ 11. Sachsen. Adam von Bremen.
M. Adami Oeata Pontifieam Hammenbargensiam ed. Lappenberg, MO. SS. VII, S67 — S89
und besonderer Abdrnek 1846. ed. II. 1876. Abhandlang Lappenberga im Arehir VI,
766 — 89S. Uebersetaung Ton Laurent mit Einleitung Ton Lappenberg 1860. Stensel
II. 96 — 99. L. Giesebreeht; Wendisehe Oeachiohten III. 817. Waits in Sehmidta
S^itaehrift II, 104. W. Gieaebreeht, Oeaebiehte der Kaiaeraeit I. 79i. III, 1054.
G. Debio, Oeaebiehte dea Ersbisthuma Hamburg - Bremen (1877) I, 176.
Wir haben schon oben gesehen, wie Sachsen sich unter der Herr-
schaft der Salier von der Beichsgeschichte wiederum abwandte. Noch
war freilich der Verband des Reiches fest genug, um sich in jeder
Localgeschichte und Biographie fühlbar zu machen, aber in der Dar-
stellung tritt doch diese Seite überall zurück und auch in dem Kampfe
gegen Heinrich lY überwog durchaus der provinzielle G^sichtspunkt:
jener hingebende Eifer der schwäbischen Mönche, welche in Heinrich IV
ein Sohreiben der Kaiserin Agnes an ihn erhalten. Ueber die in das Ende
dieser Periode fallenden AnfiLnge annalistischer Aufiseichnungen in Oesterreich
nnd die Pcamo Cholomanm s. unten V, 7.
>) Archiv d. W. A. XL VI, 268.
S) Vita Adalberoms ed. Wattenbach, MG. SS. XII, 127—147 (p. 1S6-I38
Series abb. Lamh, fortgesetzt bis 1291; p. 138—147 Miracula bis 1204).
g4 I^' SitUar. ( 11. Sachsen. Adam tob Bremen.
ohne jede andere Bficksicht den neuen Antiochns verfolgten, ist bei
den Sachsen nicht zn finden, so eifrig sie auch die Bnndesgenossen-
schaft des heiligen Peter ergriffen.
So hatte denn auch der hervorragendste Mann unter den Sachsen
dieser Zeit, der Erzbischof Adalbert von Bremen, sein Augenmerk
weniger auf die allgemeinen Verhältnisse gerichtet als auf seine be-
sonderen Pläne. Sein Ehrgeiz ging nicht dahin, Pabst zu werden,
was er vielleicht h&tte erreichen können: er strebte nach Macht im
Reiche, aber nicht wie Anno von Köln, um seine Grundsätze und An-
sichten zur Herrschaft zu bringen, sondern um seine Elrche grofs und
mächtig zu machen, .und als er seine Pläne scheitern sah, wandte er
seine letzten Kräfte auf die Bekämpfung seiner bittersten Feinde, der
Billunger.
Adalbert, aus dem Hause der Pfalzgrafen von Sachsen, war Erz-
bischof von Bremen von 1048—1072^). Er nahm die Thätigkeit Ans-
kars im gröfsten Mafsstabe wieder auf; den ganzen Norden umfafste
seine Wirksamkeit, und er gedachte hier ein Patriarchat zu errichten,
welches dem römischen mit gleichem Rechte und gleicher Macht an
die Seite treten könnte. Eine Zeit lang ging ihm alles nach Wunsch,
und man scheute sich nicht, Bremen mit Rom zu vergleichen: es er-
schien als ein kaum minder hochgeehrter und vielbesuchter Mittelpunkt
fftr weite Länderstrecken, welche zum Theil erst jetzt vom Christen-
thum erreicht und dadurch auch der Kenntnifs der Zeitgenossen er-
schlossen wurden. Nie bot 'sich eine gflnstigere Gelegenheit zu einer
Beschreibung dieser noch so wenig gekannten nördlichen Lande, und
schon war auch der Mann nach Bremen gekommen, welcher diese Auf-
gabe zu erftUlen unternahm, und ihr vollkommen gewachsen war.
In den Jahren 960 und 961 hatte der Bremer Domschule Thia-
delm, ein Schfiler des berühmten Magdeburger Scholasters Otrich, vor-
gestanden (Ad. n, 10), aber von einer hervorragenden Wirksamkeit
der Schule ist nichts bekannt. Adalbert wandte auch ihr seine Sorgfalt
zu als der nothwendigsten Grundlage für sein Missionswerk. Er be-
mühte sich, ausgezeichnete Männer nach Bremen zu ziehen, wie den
Waldo, welcher Ankars Leben von Rimbert in Hexametern bearbeitete
und dem Erzbischof als Kanzler zur Seite stand'). In Adalberts
24. Amtsjahre kam auch der Meister Adam, der wie es scheint, im
oberen Sachsen zu Haus war und wohl der Magdeburger Schule seine
Nach Dehio I, 2, 67, w&hrend Steindorff das herkfimmliohe Jabr 1045
Tonieht.
*) Heraussfegeben Ton Lambeeias, Benim Hamburg. I, 243. Acta SS. Febr.
I, 427. Mab. IV, 2, 115.
Adams Geschiehte der Hunburger Kirche. g5
Bildung verdaiikte. Ob der Erzbischof ihn berufen hiett, wissen wir
nicht, aber er nahm ihn sogleich nnter die Zahl der Bremer Domherren
anf, nnd 1069 wird Adam urkundlich als Domscholaster genannt;
weiter aber ist aber über sein Leben nichts bekannt, nur geht aus
seinem Buche henror, dafs er dem Erzbischof nahe gestanden hat
Die Geschichte des Nordens zu erforschen, mnfs er sich von Anfang
an zur besonderen Aufgabe gemacht haben, denn schon bald nach
seiner Ankunft in Bremen begab er sich iu dem D&nenkönig Sven
Estrithson, «der die ganze Geschichte der Barbaren in seinem Ge-
dächtnisse wie in einem geschriebenen Buche verwahrte" (II, 41), und
liefs sich von ihm so viel und so genau erzählen, da(s uns diese
Nachrichten in dem ganzen Werke Adams überall als eine Hauptquelle
begegnen. Daneben aber benutzte er auch jede andere Gelegenheit,
um Nachrichten über die Länder des Nordens und ihre Geschichte zu
sammeln. Zugleich versäumte er nicht, die reiche Bibliothek der Bremer
Kirche fleifsig zu durchforschen. Er fand hier aufser den damals gang-
baren alten Autoren das Leben Karls des Grofsen von Einhard, die
Uebertragung des h. Alexander nach Sachsen von dem fiildischen Mönche
Meginhard, den er mit Einhard oder Eginhard verwechselte^), die An-
nalen von Fulda, vielleicht in einer bis zum Tode Ludwigs des Kindes
fortgesetzten Bearbeitung, und wohl aucb noch ein anderes, uns unbe-
kanntes Werk, welches er als die Geschichte der Franken bezeichnet;
femer eine ebenfalls nicht mehr vorhandene angelsächsische Chronik*),
die Annalen von Corvey, die Lebensbeschreibungen des Bonifaz, des
Willibrord, des WiUehad, Liudger, des Anskar und Bimbert, endlich
die nur durch Adams Erwähnung bekannte Schrift des Abtes Bovo
von Corvey über die Geschichte seiner Zeit. Unter den alten Schrift-
stellern, in denen er sehr bewandert war, boten ihm besonders Orosius,
Solinus, Marcianus Capella einige Angaben, welche er zu seinem Werke
benutzte. Vorzüglich aber zog er das Archiv der Hamburg -Bremer
EirGhe zu Bathe mit seinen Urkunden und Briefen.
Gewifs hatte Adam schon längere Zeit für seine Zwecke ge-
sammelt und geforscht, als er bald nach Adalberts Tode die Ausar-
beitung der Hamburger Kircbengeschichte begann: denn Hamburg galt
noch immer als der eigentliche Sitz des Erzbisthums, obgleich die
stete Gefährdung dieses Ortes durch Wenden und Normannen, die
wiederholten Zerstörungen die Erzbischöfe veranlafsten, Bremen zu
>) Die dagegen ftberflüssiger Weise erhobenen Zweifel widerlegte Wuts
in den Nachrichten ron der Gßtt Univ. 1857 S. 42—46.
*) Qesta Anglorumj northnmbriache Annalen nach B. Pauli, Forach. XII,
143—146.
Wattenbaeh, Geichiohtiqaellen IL 4. Aafl. ö
QQ IV. Salier. {11. Sachsen« Adam von Bremen.
ihrem bleibenden Aufenthalte zu machen. Seinen Stil hatte Adam
durch fleifsiges Lesen der Alten gebildet; Yirgil, Horaz, Lucan sind
ihm geläufig, und er bezieht sich mit Vorliebe auf Verse und ein-
zelne Wendungen von ihnen. Sein Vorbild aber ist besonders Sallust,
der in den Schulen vorzugsweise gelesen wurde und darum auch einen
übergrofsen Einfiufs auf den Stil der Zeit übte; seine gesuchte Eürze>
die eingestreuten Sentenzen findet man überall wieder und mub be-
dauern, dafs die Ausbildung einer einfachen, ungesuchten Ausdrucks-
weise dadurch gehindert wurde. Auch bei Adam finden wir häufig
sallustische Ausdrücke, doch hat auf ihn viel mehr als auf Widukind
die Sprache der kirchlichen Schriftsteller und Legenden eingewirkt,
welche sich mit den klassischen Beminiscenzen zu einer ungleicharti-
gen Mischung verbindet. Auch von Fehlem und Germanismen ist er
nicht frei.
Ein grofser Theil von Adams Werk ist eine Frucht seiner ge-
lehrten Forschung und mit Fleifs und Sorgfalt aus den oben berührten
Quellen, die er stets gewissenhaft anfährt, zusammengesetzt, doch
nicht etwa, wie es so häufig geschah, durch rein äufserliche Verknü-
pfang, sondern er hat sie mit gutem Erfolge zu einer zusammenhän-
genden .Erzählung verarbeitet. Je mehr er sich dann seiner eigenen
Zeit nähert, desto reicher werden seine Mittheüungen aus mündlicher
üeberlieferung, zuletzt aus eigener Erfahrung und Eenntnifs. Das
ganze dritte Buch schildert allein die Wirksamkeit und die wechselnden
Schicksale des Erzbischof s Adalbert, dem er trotz aller seiner Fehler
doch eine liebevolle Anhänglichkeit bewahrte, ohne sich dadurch ver-
blenden oder zum Verdecken der Schwächen des Mannes verleiten zu
lassen^). Seine Darstellung ist hier voll Wärme und Leben und die
Wahrhaftigkeit derselben unbezweifelt. Für die Geschichte Heinrichs IV
gewinnen wir dadurch eiae reichhaltige und überaus werthvolle Quelle,
während die Bremer Missionsthätigkeit zugleich die Geschichte des
Nordens erschliefst. Das vierte Buch endlich ist der Beschreibung
dieser Nordlande gewidmet (Descriptio msuiarum Aquüonis). Durch
diese Nachrichten hat er das grofse Verdienst, zuerst eine sichere
Grundlage für die Geschichte der baltischen Lande gelegt zu haben,
die sich immer von neuem als Prüfstein für andere unbestimmte XJeber-
lieferungen, far den Inhalt der nordischen Heldenlieder und Sagen be-
1) Vgl. III, 64: „Eheu quam veUem meliora scribere de tanto viro qui et
me dilexit et tarn darus in vita ana fuit. Verum timeo quia scriptum est: Vae
illüf qui malum bonum dicunt, et pereant qui nigrum in candidum vertunt"
Diese letzten Worte sind halb aus Jesaja ö, 20 und halb aus Jurenal III, 30
genommen.
Adam von Bremen. Bremer Bisehofscbronik* ß7
währt hat. Jede gewissenhafiie Forschung geht auf ihn zurück, und
seine Autorität stand von Anfang an mit Recht in hohem Ansehen^).
Die Handschriften seines Werkes sind bereits mit Bandbemerkungen
versehen, welche zum Theil noch von seiner eigenen Hand, zum Theil
von späteren Bremer Domherrn herrühren; dann haben die norddeut-
schen, dänischen, isländischen Chronisten ihn allgemeüi für ihre Zwecke
benutzt, und sein Werk blieb ohne Unterbrechung ein Grundpfeiler für
die (beschichte dieser Gegenden').
Es war nur zu gewöhnlich im Mittelalter, für wirkliche oder ver-
meintliche Bechte, oft genug auch für rechtlich unbegründete Begier-
den, durch ürkundeni^chung eine Stütze zu suchen; auch die Hamburg-
Bremer Kirche ist davon nicht freu Aeltere Fälschungen, die sich
auf den Besitz von Turholt und Bameslohe beziehen, hat schon Adam
vorgefunden und benutzt'). Später, als es gidt, die verlorene Stellung
eines nordischen Patriarchats wieder zu erkämpfen, sind neue Urkunden,
vorzüglich päbstliche Bullen verfertigt, und auch die Lebensbeschrei-
bungen Anskars und Bimberts zu diesem Zweck verfälscht worden.
Karl Koppmann, der diesen Gegenstand sehr sorgföltig untersucht und
erörtert hat*), hält Erzbischof Liemar (1072—1101) für den Urheber,
Adalbert für grundlos verdächtigt; Dehio aber (11, 2, 38) erklärt den
Erzbischof Friedrich (1104—1122) für den Urheber; er habe damit
auf dem Lateranconcil 1123 wirken wollen, was sein Nachfolger
Adalbero auch wirklich gethan habe.
Bis auf Adalberts Tod reicht auch eine sehr kurze Bremer
Bischefs Chronik, eigentlich nur ein Yerzeichnifs der Bischöfe
und Erzbischöfe mit einigen Bemerkungen; nach Koppmanns Unter-
suchung nur eine werthlose Compilation aus Adam und den Corveyer
Annalen^). Mit dem Glänze des Erzstiftes war es aber jetzt für lange
*) DaCs bei Benutzung der Tradition ohne sohrifUiche Quellen leicht chro-
nologisehe Fehler rorkamen, ist natürlich; die verwickelte Frage Aber seinen
Bericht von den Wendenaufst&nden 983—1018 (II, 40—43) hat suIeUt aus-
fthrlich B. Usinger behandelt zu Hirschs Heinrich II, I, 479 — 486.
*) Vgl. J. G. Kohl: Die erste deutsche Entdeckungsreise zum Nordpol,
Brem. Jahrbuch V, 174 — 191. Weinhold: Die Folargegenden Europa's nach
den Vorstellungen des Mittelahers, Wiener SB. LXVUI, 789—796.
*) Diese ersten Fälschungen schreibt Dehio I, 2, 64 mit Koppmann dem
Erzb. Adaldag zu, und bringt sie mit dem erneuten Cölner Anspruch auf die
Oberhoheit in Verbindung.
^) K. Koppmann : Die ältesten Urkunden des Erzbisthums Hamburg-Bremen
(Gott Diss. 1866) = Zeitschr. f. Hamb. Gesch. V, 483—573. Ders. Die mittel-
alt. Geschichtsquellen in Bezug auf Hamburg (1863) S. 44 wirft den Verdacht
auf Waldo, doch ohne Begründung.
') Chromeon breve Bremense, bei Lappenberg, Bremer Gesohichtsquellen
8. Vm und 1—6. MG. SS. VII, 389—392. Der eigentliche Titel ist: Sertes
5*
gg IV, Salier, f 12. Das östliche Saehsen. Brano.
Zeit Yorbei; auch die Schule wurde von dem raschen Verfall er-
griffen, sie war in traurigem Zustande, als im Anüange des zwölften
Jahrhunderts Vicelin ihre Leitung übernahm, ein frommer Mann,
Schüler des Magister Hartmann in Paderborn, der aber so übermäfsig
strenge war, dab viele Schüler aus Bremen entflohen.
Bis zum vierzehnten Jahrhundert scheint man hier nicht wieder
an geschichtliche AufEeichnungen gedacht zu haben.
§ 12. Das östliche Sachsen. Bruns Sachsenkrieg.
Die ottonischen Pflanzungen an der nordöstlichen Grenze des
Beiches waren nach dem Tode des grofsen Kaisers und besonders
nach der Niederlage und dem Tode seines Sohnes theils verloren,
theils bedroht. Man machte wenig Fortschritte mehr gegen die
Wenden, und unter solchen Umständen konnte auch keine litterarische
Th&tigkeit gedeihen, üeberdies aber hat auch sp&tere Verwahrlosung
noch verkommen lassen, was hier und da aufgezeichnet wurde, wie es
namentUch von Magdeburg und Halberstadt nicht zu bezweifeln ist.
AuTser der früher (I, 280) erwähnten Bisthumschronik, hat der Bischof
Herrand oder Stephan von Halberstadt (1090— 1102) eine Schrift
über den gewaltsamen Tod seines Vorgängers Bnrchard verfafst, des
Vorkämpfers der Papisten, der am 6. April 1088 in Goslar erschlagen
wurde. Diese flndet sich grolsentheils beim sächsischen Annalisten
zum Jahre 1088 aufgenommen und übersetzt in Winnigstädts Halber-
städter Chronik aus dem sechzehnten Jahrhundert^).
Dieser Herrand war nicht weniger eifrig papistisch als sein Vor-
gänger, und schrieb 1095 im Namen des Grafen Ludwig von Thüringen
eine Entgegnung gegen ein Sendschreiben des kaiserlich gesinnten
Bischofs Walrab an oder Walram von Naumburg*), eines wackeren
Brem. et Hammab. episcoporvm. Daran sehliefst sieh 8.392: Ordo et twmna
Sle9wicefmum episcoporum. Vgl. dasu Lappenbergs Abhandlang Ober die Chro-
nolocfie der Alteren Bischöfe des Ensbisthums Hamburg , Arch. IX, 382 — 458.
Koppmann, Forsch. VIU, 634—640. Dehio I, 2, 65.
1) In Caspar Abels Sammlung alter Chroniken S. 289. Ueber den Todes-
tag Qiesebr. III, 1173. Winnigst&dt hatte auch „einen feinen Sermon*' Ton
Herrand über Bnrchard, anf. Qma abundante iniquitate. In der Vorrede sagt
er, dafs er tIoI Liebereyen der Klöster durchgesehen, „habe aber sonderlich
nichts ganties gefunden, ohne was Mardnus de Corbeia und Herrandus zu
Ilsenburg daron in ihren Chroniken geschrieben und nachgelassen hatten.**
S) Erhalten in den Ann. S. Djsibodi, jetzt auch MG. SS. XVII, 10—14
gedruckt. Unter manchen Bmendationen, zu denen der Text AnlaCs giebt, er-
wähne ich 13, 47 maaisUr es Air mergeres. — Eine Vita Bennonis ep.
Misn. (1066 — 1 106) soU auch ezistirt haben, ist aber von Waitz vergeblich ge-
sucht, 60 A. 1856 8. 1898. Ob Trithemius sie gekannt hat, bedarf genauerer
Untersuchung als bei A. Paul de fontibus Trithemii (Diss. HaL 1866) S. 56.
Herrand von HalbersUdt Walram ron Naumburg. g9
und gelehrten Mannes, der yon Heinrich lY 1089 zum Bisthnm be-
rufen war. Es ist eine Streitfrage, ob Walram MOnch im Kloster
Hersfeld gewesen ist; sie ist verbunden mit der Frage nach der
Autorschaft des Liber de unitale ecclesiae eotuervanda, welchen zuerst
Ulrich von Hütten 1520 herausgegeben hat^}, und der nach einer Ver-
muthung des Flacius Illyricus Wabmn zugeschrieben wird. Sicher ist
nur, dab diese Schrift von einem Hersfelder Mönch geschrieben und
Yon ungewöhnlichem Werthe isi Sie liegt uns, wie Ewald nachge-
wiesen hat, in einer Gestalt vor, die sie erst um 1093 erhalten hat,
aber das erste Buch, welches eine Kritik des bekannten Schreibens
Gregors YII an Hermann yon Metz über die Bechtm&fiBigkeit seines
Verfahrens gegen Heinrich lY*) enth<, ist schon 1084 oder im An-
fimg des Jahres 1085 geschrieben und sp&ter nur überarbeitet. Das
zweite Buch wendet sich gegen eine aus der Hirschauer Schule herror-
gegangene, jetzt verlorene Streitschrift'), wobei zugleich das Treiben
der Gregorianer in Sachsen, Thüringen und Hessen von 1081 bis 1092
eingehend erörtert und reicher historischer Stoff geboten wird. Das
dritte Buch vertheidigt die Bechtgl&ubigkeit Wiberts gegen ver-
schiedene Angriffe, aber davon sind nur wenige Seiten erhalten.
Mit Unrecht ist Walram auch ein TraeteOus de inveetiiura episco-
parum zugeschrieben, der im Jahre 1109 verfafst ist*).
Herrand war in früherer Zeit Abt zu St. Burchard in Würzburg
gewesen und hatte dann in Ilsen bürg die Cluniacense^ Begel ein-
geführt. Durch einen kaiserlichen Gegenbischof verdr&ngt, suchte er
hier eine Zuflucht, aber im Jahre 1101 wurden auch die Mönche zur
Flucht genöthigt und zogen sich nach Bosenfeld oder Harsefeld
unweit Stade zurück, wo eben jetzt die Markgrafen von Stade eine
früher von ihnen gestiftete Probstei auf Herrands Bath zur Cluniacenser
Abtei umgestalteten. Auf diesem Wege gelangen die alten Würz-
1) Die Handschrift (aus Falda) ist Tersehwunden. Qedr. u. a. bei Freher
ed. StruT. I, 244—326 u. in Goldast's Apologia. Vgl P. Ewald, Walr. r. N.
Diss. Bonn. 1874 f&r Walrams Autorschaft. Dagegen HelmsdOrfer üher Wilhem
y. U. 8. 26^28. 65. F. Berger: Zur Kritik der Streitschrift etc. Diss. Hai. 1874.
Entgegnung Ewalds HZ. XXXIV, 414. Eingehend Qiesebr. III, 1050, dem ich
hier folge.
*) Reg. VUI, 21, bei Jaff<6 II, 453—467.
*) Nach P. Ewald eine Entgegnung auf Clemens III Erlais ron 1089 bei
Jaff(6 V, 145.
^) Gedr. in Qoldast's Apologia n. nach einer Bamb. Hs. in der Tübinger
TheoL Quartalschrift t. 1837 S. 196 ff. ron Fr. Kunstmann. Vgl. Ewald a. a. 0.
S. 82—86. E. Bemheim, Forsch. XVI, 279—296. Giesehr. III, 1050. Gans
nnhegründet ist die Angabe, dals Abt Conrad ron St. Georg sn Naumburg
der Verfasser w&re.
70 ^^' Salier. § 12. Das östliche Sachsen. Brnno.
bnrger Aonalen bis 1099, bereichert mit üsenbnrger An&eichirangeii^),
nach Bosenfeld, wo sie bis 1164 fortgesetzt wurden'). Doch ist bei
1130 ein Abschnitt bezengt, nicht nur durch die einzige Handschrift,
sondern auch dadurch, dafis so weit die Benutzimg in der Summa des
Honorius reicht. Von der Fortsetzung haben wir nur Fragmente.
Zu den Quellen dieser Annalen gehört auch eine Darstellung der
Sachsenkriege und des Investiturstreits, welche in Sachsen mit grofeer
Feindseligkeit gegen Heinrich lY geschrieben ist, und den Zeitraum
von 1074 bis gegen 1117 umfaüste. Sie ist auch zu erkennen bei Hel-
mold und am vollständigsten in den Disibodenberger Annalen. Auch
die Briefe Herrands und Walrams gehörten dazu; sie mögen zu der
ganzen Schrift Anlafs und Anlehnung gewährt haben.
Bsenburg hat sich unter Abt Martin (1105—1129) wieder erholt;
es wurde da viel und schön geschrieben, darunter eine nicht ohne
Kritik verbesserte Bibelhandschrift').
Aus Magdeburg ist uns durch Arnold von St. Emmeram der
Domscholaster Meginfrid als ein gefeierter Lehrer bekannt. Als der
Kampf des Kaiserthums mit dem Pabstthum anbrach, war hier Werner
Erzbischof, der Bruder des Erzbischofs Anno von Göln, ein geborener
Schwabe. Er theilte die Bichtung seines Bruders und gehörte bald
zu den entschiedensten Feinden des jungen Königs, mit seinem Nach-
bar, dem Thüringer Werner von Merseburg. In dieser Umgebung
lebte Brun oder Bruno, anfangs am Hofe Werners von Magdeburg,
der ihn wohl in seiner Kanzlei verwendet haben mag*), dann nach
dessen Tode (1078) bei dem Bischof von Merseburg^). Diesem widmete
') Nachgewiesen mit Zuziehung einer späteren Ilsenhurger Chronik und
des Chron. Halb, von W. Scham, Die Jahrbh. von St. Alban S. 94—98.
') Ann, Rosen/eldenses y erhalten, wenn auch nicht unverkürzt, von 1057
bis 1130, MG. SS. XVI, 99-104, zuerst von Wedekind, Noten I, 349—367
als Chronograpfd Saxonis fragmenlum publicirt; vgl. die Abhandlung von Jaffö
im Archiv XI, 850 — 867, wo die Restitution der Jahre 1141 — 1164 versucht
ist aus dem Chronogr. Saxo und Albert Ton Stade, welche wie auch der Anna-
lista Saxo daraus schöpften. £. Bemheim, Forsch. XV, 254 — 281 mit BerOck-
sichtigung der Poehlder u. Erfurter Chronik. Benutzt sind his 1118 die An-
nalen von St. Alban, und zwei verlorene, mit den Ann. S. Dysibodi gemeinsame
Quellen, nach Scheffer- Boichorst, Ann. Patherbr. S. 189. 190. Dagegen Waitz
GGA. 1870 S. 1794. Vgl. auch Giesebr. III, 1065, der die Existenz einer Fort-
setzung bezweifelt. — Eine sp&tere ums Jahr 1575 eompilirte Bosenfelder
Chronik bei Vogt, Mon. inedita rer. Brem. I.
') Ed. Jacobs in den N. Mittheilungen des thür. s&chs. Vereins XI, 361 — 363.
4) Dümmler verweist auf die Aehnlichkeit der Anrede in seinem Prolog
und dem Schreiben der Magdeburger c. 59.
') Ueber diesen besitzen wir eine unbedeutende Biogpi'aphie, die erst gegen
die Mitte des zwölften Jahrhunderts geschrieben zu sein scheint, ed. Wilmans,
MG. SS. XU, 244-248.
Bosenfelder Annalen. Bnino Tom Sachsenkrieg. 7I
er 1082, als eben der neue Gegenkönig Hermann gesalbt war, ein
Werk über den Sachsenkrieg ^), nnd es scheint, dafs das Amt eines
königlichen Kanzlers- die Belohnung seiner Arbeit war. Giesebrecht
(in, 1046) verrnnthet nicht ohne Wahrscheinlichkeit, dafis seine Ab-
sicht, nnd wohl sein Auftrag war, die Wahl des neuen Gegenkönigs
als nothwendig zu rechtfertigen, und Sachsen wie Schwaben zur ein-
müthigen Unterstützung desselben anzufeuern. DsSs ein solches Werk
nur eine Farteischrift sein konnte, versteht sich von selbst, der Ver-
fasser stellt sich eben so entschieden wie Bemold als Heinrichs Feind
hin. Aber damit endet auch die Aehnlichkeit zwischen beiden. Auch
Brun steht auf Seiten Hildebrands gegen den König, aber weit über-
wiegend ist doch in ihm die sächsisch- provincielle Auffassung. Das
durch den Gerstunger Vertrag gestörte Bündnifs der Sachsen mit den
Schwaben ist der Hauptgegenstand seiner Sorge. Der Pabst ist ihm
fast nur ein Bundesgenosse der Sachsen, der hart getadelt wird, wenn
er nicht nach ihrem Gefallen handelt. Dann heilst es wohl, dafs die
Sachsen nur dem h. Peter zu Liebe die Waffen ergriffen hätten, aber
Bruns eigenes Werk zeigt deutlich genug den sehr weltlichen Ursprung
des Krieges. Femer schreibt Bemold unmittelbar' unter dem Eindruck
der Ereignisse, yoUkommen gleichzeitig, und ist daher chronologisch
völlig zuverlässig; Brun abei* im BückbUck auf einen ziemlich langen
Zeitraum und ist von der Genauigkeit Bemolds weit entfemt. Und
endlich ist leider seine Wahrhaftigkeit, wenn er diese Eigenschaft
überhaupt besafs, völlig verblendet durch die Leidenschaft der poli-
tischen Parteiung; man hat in Bezug auf ihn zu wählen zwischen dem
Vorwurf bewuTster Lüge und grenzenloser Leichtgläubigkeit. Bänke
hat neuerdings darauf aufmerksam gemacht, dafs die neueren Historiker
viel zu viel Gebrauch von Bruns Erzählungen machen, dafs auch
Stenzel davon nicht frei ist, obgleich er selbst die geringe Glaub-
würdigkeit derselben nachwies. Bänke nennt ihn über den Verlauf des
>) Brunonis de belio Saxonico liber ed. Pertz, MG. SS. V, 327-384.
Separat- Abdruck 1843. UeberBetsung Ton Wattenbach 1853. Stensel II, 55
bis 67. Bänke, Zur Kritik fr&nkisch- deutscher Reiehsannalisten S. 436 — 440
(24—28). Giesebr. III, 1046. 1047 mit Emendationen. 0. Qrund, Die Wahl
Rudolfs von Bheinfelden (L. 1870) 8. 98—104. Ueber den Ortsnamen Cancul
c 121 A. WiUschel im Anz. d. Qerm. Mus. XXIII (1876) S. 4—11. Dafs Bruno
Lambert gekannt habe, wie Giesebrecht III, 1047 annimt, halte ich fUr sehr
zweifelhaft. Die beiden erhaltenen Urkunden Hermanns vom 3. August 1082
und 13. April 1083 hat ein Kanzler Bruno signiert, in dem auch W. Giesebrecht
den SchriftsteUer yermuthet. In der merkwürdigen Uebergabe von Schweinfurt
an das Ersstift unter Brzbischof Hartwich Tom 5. Februar 1 100 (Neue Mittheil.
X, 130) heifst der Domprobst wie der scholarum magister Bruno; 1090 (ib.
6. 220) beide anders.
72 IV. Salier. § 12. Brano.
sächsischen Krieges wohl anterrichtet: ich kann auch das nicht zu-
geben. Er übergeht die wichtigsten Dinge g&nzlich, entstellt andere,
nnd yon den yerborgenen Fäden, von den geheimen Verhandlungen
nnd den wahren Absichten der Fflrsten scheint er wirklich wenig oder
nichts zu wissen. Die beiden Werner scheinen ihn nicht in ihr Ver-
trauen gezogen zu haben, wenn ihm auch einige Briefe nnd Acten«
st&cke mitgetheilt wurden, deren unYerkflrzte Aufidahme seinem Werke
höheren Werth yerleiht. Aber yerarbeitet hat er diese Documente nieht
im mindesten, rein äuberlich sind sie seinem Buche an unpassender
Stelle eingefügt. Als Historiker steht Bruno auf der niedrigsten Stufe,
nur mit gröÜBter Vorsicht läfst sich sein Werk überhaupt benutzen,
um Thatsachen daraus zu gewinnen, deren er freilich einige von grofser
Wichtigkeit mittheilt. So zeigt er sich ungewöhnlich gut unterrichtet
über die Wahlen der GtogenkOnige, Ereignisse, die natürlicher Weise
bei der ganzen Partei die lebhafteste Aufmerksamkeit auf sich zogen,
und besonders in Sachsen, wo man lieber den Herzog Otto ?on Nord-
heim zum König gehabt hätte. Auch hier aber dürfen wir ihm nicht
unbedingt trauen. Im allgemeinen können wir diese Schrift nur be-
trachten und schätzen als eine Stimme aus Sachsen, die uns zeigt,
was man sich dort von Heinrich lY, yon seinen Anhängern und yon
den Vorfällen des Krieges erzählte. Die Zeit spiegelt sich darin wieder,
und bei der Ausf&hrlichkeit der Erzählung läCst sich manches über
die Zustände und Verhältnisse Sachsens daraus entnehmen.
Vom sächsischen Annalisten ist Bruno's Werk fleifsig benutzt;
sonst aber finden sich kaum Spuren, dafs man es kannte. Ein um
1300 geschriebener Catalog der Bibliothek des Leipziger Thomasklosters
führt eine Handschrift auf; sie wird wohl ohne Zweifel das Original
der in Leipzig erhaltenen einzigen Abschrift sein^).
Auch die Chronik der Magdeburger Erzbischöfe blieb nicht ohne
Fortsetzung. Doch ist sie uns nur in einer stark überarbeiteten Gestalt
erhalten, und gewinnt gröfeere Bedeutung erst in der folgenden Periode.
Ein sehr merkwürdiges Schreiben des Erzbischofis Adelgot yon
Magdeburg und anderer ostsächsischer Fürsten an die westlichen, ein
Aufruf zur Bekämpfung der Heiden mit Schilderung ihres Christen-
hasses und ihrer Gebräuche yom Jahre 1 108 ist als unecht yerdächtigt
worden, doch, wie es scheint, mit Unrecht, und während ein Grund zur
Fälschung nicht zu erkennen ist, würde doch auch eine solche als
eine Stimme aus dem zwölften Jahrhundert Aufmerksamkeit yerdienen*).
i) „Item über Sazonid bellL'' Cod. DipL Saz. Begiae II, 9 p. 1G3.
S) Mari. ColL I, 625. Daraus SchöUgen u. Kreysig I, 663—569. Gen-
73
§ 13. Die Lobredner Heinrichs lY nnd Heinrichs Y.
Dem Werke eines der erbittersten Gegner Heinrichs lY stellen
wir die Schriften zweier von seinen eiMgsten Anhängern gegenüber,
deren Herkunft nngewib ist, weil sich zu wenig locale Beziehungen
bei ihnen vorfinden. Das erste dieser Werke, welche yon der anderen
Seite nicht minder parteiisch sind als Brono, ist das Epos vom
Sachsenkriöge^). unmittelbar nach dem Siege des E6nigs über
die Sachsen bei Homburg am 9. Juni 1075 hat hier ein unbekannter
Dichter von guter klassischer Bildung es unternommen, den Krieg von
seinem Ursprünge an in entschieden royalistischer Auffassung zu schil-
dern, und er hat diese Aufgabe mit Tielem G^chick durchgefDhrt.
Hexameter yon bemerkenswerther Beinheit, wenn gleich nicht ganz
ohne Sprachfehler und mit manchen damals üblichen Freiheiten, häufig
auch leoninisch gereimt, flielsen ihm mit Leichtigkeit, und die Dar-
stellung ist so lebendig und spannend, dab man ihr mit Yergnügen
bis ans Ende folgt. Natürlich haben hier die Sachsen in allen Stücken
Unrecht. Nur die Gerechtigkeit des Königs hat sie zum Aufstand ge-
trieben, da er die unrechtmäfsig in Besitz genommenen Güter den
rechten Erben, Fremden und Waisen zurückgab. Unerhört finden es
die Sachsen, dafs diese, welche sonst überall Unrecht leiden, bei ihnen
Ansprüche durchsetzen, welche sie geradezu als Baub bezeichnen.
Gewifs ist auch diese Auffassung einseitig, aber eben so wenig ist
auch Bruns und Lamberts Darstellung unparteiisch, und die Sache
der Sachsen durchaus nicht so rein, wie sie in ihren eigenen Partei-
schriffcen erscheint. Der Yerfasser schildert dann die Ereignisse des
Krieges mit grofser Anschaulichkeit, und so wenig er sich auch in
der Darstellung als zuverlässig erweist, bereichert er doch unsere
KenntniTs der Zustände und Ereignisse mit manchem nicht unwichtigen
Zuge; namentlich läfst er in dem Ausfall der Bürger von Goslar die
aufstrebende Wehrhaftigkeit der städtischen Bevölkerung deutlich er-
kennen, wie sie um dieselbe Zeit auch in Worms, Cöhi und anderen
dorf im Cod. Dipl. Sax. Reg. I, 1, 43—46. Vgl. J. G. Hörn, Commentationes
in epistolam etc. 1733, 4. Die Es. 749 in Dannstadt saeo. XIII (aus Gra-
Bchaf) nachgewiesen Ton Dr. Nolte im Archiv d. Wiener Ak. LIV, 3.
Oesta Heinrici impercUoris metrice^ Euerst 1508 in Strafsburg gedruckt;
erste kritische Ausgabe yon Waitc in den Abhandlungen der Gott. Ges. d. W.
Ton 1870, XV, 1—86. Vgl. meine Aue. Heid. Jahrbb. 1871 S. 359—363.
Lindner HZ. XXVH, 454—457. Giesebr. UI, 1044—1046. Pannenborg yer-
muthet Nachahmung des Poeta Saxo, und weist Forsch. XUI, 413 Ausbeutung
des Alcimus Aritus nach.
74 I^- Salier. § 18. Die Lobredner Heinrichs IV tu Y.
Orten sichtbar wird. Eingehend wird besonders die Belagerung und
Verteidigung der Burgen geschildert, die Flucht des Königs Ton der
Harzburg dagegen ganz verschwiegen. Lehrreich ist auch die Muste-
rung des königlichen Kriegsheeres; Herzog We]f erscheint darin in
lateinischer üebersetzung als Catulus, was wir wenig sp&ter auch in
dem Leben Thiemo's von Salzburg finden: eine gelehrte Spielerei, die
damals sehr beliebt war und hier noch um einen Schritt weiter ge-
führt ist, indem der neue Catulus mit dem alten römischen Geschlechte
dieses Namens in Verbindung gebracht wird. Mit einer Aufforderung
zur Milde gegen die Besiegten schliefet das Gedicht^).
Im Jahre 1848 hat Pertz dasselbe, zunächst veranlafst durch den
Mangel einer alten Handschrift, fClr unecht erklärt') und in dieselbe
Kategorie mit dem nach der damals herrschenden Meinung unter-
geschobenen Lignrinus gesetzt; deshalb fehlt es in der Sammlung
der Mouumenta. Dagegen trat Floto in seiner Geschichte Hein-
richs IV (n, 427—432) auf, ohne jedoch seinen Widerspruch aus-
reichend zu begründen. Darauf hat V^Taitz, nachdem er früher seine
Zustimmung zu der Abhandlung von Pertz ausgesprochen hatte, 1857
die Sache von neuem yorgenommen und die Echtheit des Gedichtes
überzeugend dargethan'); endlich aber auch die so sehr erwünschte
kritische Ausgabe desselben gegeben, zu welcher A. Pannenborg eine
sorgsame Vergleichung des Sprachgebrauchs mit antiken sowohl als
mittelalterlichen Dichtem hinzugefügt hat.
Giesebrecht vermuthet in diesem Gedicht Lamberts später von
ihm selber yerleugnetes Epos aus der Zeit seiner Jugend, bevor er
sich von Heinrich IV abgewandt hatte; mir sieht es nicht wie ELloster-
poesie aus*).
Von ganz verschiedener Bichtung wird wohl das elegische Ge-
dicht des Flandrers Blittero gewesen sein, welches an Heinrichs
Geschick anknüpfend, das Elend der VT^elt beklagte^).
Ganz in demselben Geiste mit jenem Epos dagegen ist das
^) Unbegreiflich ist mir, wie Giesebrecht an dem Auftreten der Hand-
werker im Kampfe neben den ritterlich gerüsteten Patriciern Anstoss nehmen
kann, nnd die mit etwas poetischer Licenz beschriebenen Schildzeichen schei-
nen mir doch immer noch leichter zu erklären, als eine spätere Ueberarbeitung
und Interpolation.
») Archiv X, 75—86.
>) Gott. Kachrichten 1857 S. 13—38; ygL GGA. 1856 S. 1882.
^) Giesebrechts Vermuthung bekämpfi Lefarth, Lambert S. 8—18. Lindner
zieht HZ. XXVII, 455 seine frühere Zustimmung zurück.
^) „Blittero Flandrita in poemate quod super Henrico oaesare nuper edidit,
ruinam mundi et miseros mortalium eventus eleg^acis modis luculenter deno-
tavit.** Orderici VitaUs l. VIU. MG. SS. XX, 66.
Epos Tom Saebsenkrieg. Leben Heinriehs lY. 75
Leben Heinrichs IV geschrieben, aber noch merkwürdiger, weil
es nach dem Tode des alten Kaisers verfafst ist nnd nns ein schOnes
Zengnifs bietet von der aufrichtigsten Trene nnd Hingebung, welche
dieser vielgeschmähte Mann bei wenigen Auserw&hlten bis über das
Grab hinans gefunden hat^)/ Dazn kommt non, dafs diese kleine
Schrift fast alle Werke des Mittelalters dnrch die Beinheit nnd Schön-
heit der Sprache nnd die anfserordentliche Ennst der historischen Dar-
stellung übertrifft;. Die ganze lange und wechselvoUe Begiemng Hein-
richs IV ist hier in einen engen Bahmen zusammengedrängt und liegt
klar und übersichtlich vor uns. Isaac Casaubonus sprach die gr(^f8te
Bewunderung fftr den Verfasser aus und verglich sein Werk mit dem
Agricola des Tacitus.
Das dürfen wir freilich dabei nicht verschweigen, dafs dieses
kleine Kunstwerk sachlich voll von Unrichtigkeiten ist, die zum Theil
aus ungenauer Erinnerung herrühren, ebenso sehr aber auch aus
leidenschaftlicher Parteinahme und bewufster Absicht entsprungen
sind. Bhetorische Gesichtspunkte und Zwecke beherrschen die ganze
DarsteUung, wie denn auch eine eigentliche Biographie gar nicht die
Aufgabe des Verfassers war, sondern vielmehr ein mit liebender Hand
in kühnen Umrissen gezeichnetes Lebensbild des Verstorbenen. Die
sorgsam umschauende Wahl des Ausdrucks auch für den Laut schein-
bar zügelloser Wehklage verrftth sich durch die Au&ahme einiger
Sätze des Sulpicius Severus'); ebenso sorgfältig im Ausdruck, aber
unbesorgt um die genaue Wahrheit ist auch, wie Jaff^ nachgewiesen
hat, die Schrift des Cardinal Beno gegen Gregor Vn benutzt. Doch
ist darum der geschichtliche Werth nicht gering anzuschlagen. Der
Verfasser hat dem Kaiser nahe gestanden, hat ihn im Bathe der
Fürsten gesehen; er schreibt mitten aus den Ereignissen, die er durch-
lebt hat, und ist schon dadurch lehrreich, weil er uns zeigt, wie des
Kaisers Anhänger die Dinge dargestellt zu sehen wünschten. Der
Vorsicht bedarf es bei ihm wie bei den Wortführern der (Gegenpartei:
die Vergleichung beider fährt zur Wahrheit.
Geschrieben ist diese rührende Todtenklage gleich nach dem Tode
des Kaisers in der Form eines Sendschreibens an einen gleichgesinnten
>) Vita Heinrici IV ed. Wattenbftch, MG. 88. XII, 268 — 283 und in
besonderem Abdruck (Neue Ausg. 1876) zum ersten Male seit der siebenmal
wiederholten Ausgabe ATontins nach der jetzt in Mflnchen befindlichen Hand-
schrift besorgt. Uebersetzung Ton Jaflfö, Berlin 1868. Scharfe Kritik Ton
A. V. Druffel, Kaiser Heinrich IV und seine Söhne (Regensburg 1862) S. 93—108.
Giesebr. lU, 1051—1053.
^) Cap. 1 aus Sulp. Ser. Bpistola ad Aurelium diaconum de obitu b. Mar-
tini, nach gütiger Mittheilnng von Dttnunler.
76 IV. Salier. | 13. Die Lobredner Hemrichs IV u. V.
Frenndy yermntihlich in Begensbnrg, wo sich im Emmeramskloster die
einzige Handschrift dayon erhalten hat. Der Verfasser ist unbekannt.
Goldast znerst hat die Yerrnnthnng ausgesprochen, dafe die Schrift
von Otbert von Lüttich herrühren möge, welcher dem von seinem
Sohne verfolgten Kaiser in Lüttich eine Znflncht zn gewähren wagte
und als sein trenester Anh&nger bekannt ist, nnd diese Yerrnnthnng
hat ziemlich allgemeine Zustimmung gefimden. Jetzt aber hat Jaff^
die Sache nochmals genauer geprüft und nicht nur verschiedene Be-
denken gegen die Autorschaft Otberts angeregt, sondern auch eine
andere Spur hervorgehoben, welche nach Mainz leitet, einer Stadt,
deren bürgerliche Bevölkerung sowohl wie der Oems bis ans Ende
kaiserlich gesinnt waren. Er hat darauf hingewiesen, dafs nach den
Hildesheimer Annalen im Jahre 1105 der Abt Dietrich von St. Alban
eine Botschaft Heinrichs IV an dessen Sohn nach Speier überbrachte,
und bemerkt, dafs möglicher Weise dieser der Verfasser sein könne.
Dagegen hat nun wieder A. v. DrulTel erhebliche Bedenken geltend
gemacht und eine neue sehr ansprechende Vermuthung aufgestellt, in-
dem er auf die wiederholte Erwähnung Würzburgs hinwies; Giese-
brecht aber glaubt nun deshalb in Erlung den Verfasser zu erkennen.
Dieser Erlung war ein Neffe und Schüler des berühmten Bamberger
Lehrers Meginhart, den Heinrich IV 1085 an Adalbero's Stelle zum
Bischof von Würzburg erhob; er selbst wird als sehr gelehrt ge-
priesen, und war von 1103 bis 1105 Heinrichs Kanzler; im Januar
1105 war er unter den Gesandten, welche der Kaiser an seinen re-
bellischen Sohn schickte. Gleich darauf zum Bischof von Würzburg
erhoben, fiel er bald nachher in des Königs Hände, hat sich aber
doch im Besitz des Bisthums zu erhalten gewufst. Die letzten Zeiten
der Agonie hat er also nicht mit dem alten Kaiser getheilt, und er
kann nicht die Briefe verfafst haben, welche uns zeigen, dals es ihm
auch damals nicht an geschickten Schreibern in seiner Umgebung
fehlte.
Beide, der Verfasser jenes Epos sowohl wie der Biograph, ge-
hören offenbar zu der Schule der alten grammatisch -classischen
Bildung, welche unter Heinrich III so eifrig betrieben wurde; ich
habe schon früher^) darauf hingewiesen, wie gut auch die Briefe
Sigifrids von Mainz geschrieben sind, und dafs auch in ihnen die
classischen Studien des Concipienten sich erkennen lassen. Es hat
offenbar damals sehr viele deriker gegeben, welche eine nicht unbe-
deutende formale Bildung dieser Art besafsen und deshalb ist mir
1) Heidelberger Jahrbb. 1869 S. 588.
Das Leben Heinriehs IV« David der Schotte. 77
das Nachforschen nach einem anonymen Antor immer bedenklich.
Den Clnniacensem aber waren diese Stadien ein Greuel. Deshi^b
stehen die Vertreter derselben gewöhnlich auf der Seite des Kaisers;
ihre Werke aber sind nach dem Siege der (Gegenpartei yemichtet
worden, nnd es ist immer als ein besonderes Glück zn betrachten,
wenn sich eine Schrift dieser Bichtong in irgend einer vereinzelten
Abschrift erhalten hat, da ja selbst so manche gutgesinnte Schrift
YöUig yerloren ist. Daher ist es denn auch nicht zu verwundem,
dafs von dem (jedicht über die Thaten Heinrichs nur eine Abschrift
des sechzehnten Jahrhunderts übrig geblieben ist, während von der
Biographie eine gleichzeitige Handschrift im Kloster St. Emmeram
aufbewahrt wurde. Es ist bemerkenswerth, dafe auch die Briefe
Heinrichs IV, welche Aventin seiner Ausgabe der Vita beigab, in
einer Handschrift von St. Emmeram sich erhalten haben ^); vortrefflich
stimmt dazu das oben S. 58 erwähnte, an den undankbaren Sohn ge-
richtete Klagegedicht, welches Heinrich IV in den Mund gelegt wird.
Als letzten Bath giebt hier der Alte seinem Sohn die Mahnung, sich
vor den Sachsen und Schwaben zu hüten. Eine Erwähnung aller
dieser Schriften findet sich nirgends.
VGUig verloren bis auf geringe Fragmente ist uns das Werk des
Schotten oder Iren David. Wilhelm von Malmesbury nennt ihn einen
Bischof von Banger; er war noch nicht Mönch, als er nach Deutsch-
knd kam, und wirkte nach Ekkehard lange Zeit als Scholaster in
Würzburg, bis Heinrich Y ihn als Caplan an seinen Hof nahm und
1110 auf seinem Bömerzuge mit sich nach Italien führte, mit dem
ausdrücklichen Auftrage, die Geschichte dieser denkwürdigen Heer-
fahrt zu schreiben, welchen David auch ausführte. Nach Heinrich V
Tode soll er in seinem hohen Alter noch Mönch geworden sein im
Schottenkloster zu Würzburg unter dem Abte Macharius; so berichtet
Trithemius, welcher selbst Abt dieses Klosters war.
David bewährte sein Geschick zur officiellen Historiographie in
glänzender Weise durch den von ihm erfandenen Vergleich der Ge-
fangennahme des Pabstes Paschalis n mit jenem Bingen des Patri-
archen Jacob mit dem Engel des Herrn, den er nicht lassen wollte,
er segne ihn denn. Es ist sehr zu bedauern, da(s dieses Werk, von
dem wir nur durch Ekkehard und Wilhelm von Malmesbury Kunde
erhalten, verloren ist Bekannt war es auch Ordericus Yitalis,
welcher daraus aber nur von den vielen Beschwerden der Heerfahrt
^) Zwei daron giebt Giesebreekt III, 1251 — 12Ö3 aas dieser Hand-
sehrift.
78 IV. Salier. $ 14. Lambert toä Hersield.
berichtet, den heftigen Begengüssen, von welchen anch Ekkehard
meldet^).
Jener berflhmte Vergleich ist übrigens mehr spitzfindig als
treffend; er schliefet ein richtiges Erfassen des wahren Verhältnisses
zwischen Kaiser und Pabst ans, aber es ist in hohem Grade merk-
würdig, dafs man überhaupt wieder an eine ofßcielle Beichsgeschichte
dachte. Bas letzte Beispiel der Art, welches wir anzufahren hatten,
war Lindprands Schrift über die Absetzung Johanns XU und Bene-
dicts V; wiederum sind es jetzt die Kämpfe mit dem Pabstthum,
welche das BedürfiüTs herrormfen, auf die öffentliche Meinung ein-
zuwirken. Das yersuchten schon zu Heinrichs IV Zeit beide Par-
teien durch Flugschriften und Manifeste, und Lambert sagt ausdrück-
lich, dalis die Kaiser Verkündiger ihrer Thaten mit sich führen^),
welche durch die Erzählung der ihnen bekannten wahren Begeben-
heiten die Irrthümer aus dem Wege räumen. Ob man darin eine b^
stimmte Beziehung auf amtliche Darstellungen von Heinrichs IV Be-
gierung suchen darf, ist zweifelhaft. Lobschriften wie die oben er-
wähnten, sind doch davon noch zu unterscheiden. Von Heiniich V
aber ist es nicht zweifelhaft; er yeranlaüste auch Ekkehard, eine GrO-
schichte der Franken und ihres Beiches zu schreiben, und wir werden
sehen, dafs yon nun an deutlichere Spuren solcher Bestrebungen her-
vortreten.
Zuvor aber müssen wir nach dieser Abschweifung zurückkehren
zu einem Hauptschiiftsteller über den früheren Theil von Heinrichs IV
Begierung, der mehr als irgend ein anderer das Urtheil der Nachwelt
geleitet hat, zu Lambert von Hersfeld.
§ 14. Lambert von Hersfeld.
Lamberti Herifeldensis Annale« ed. Heue, MG. SS. III, 29—89. 38—69. 90 — 102.
V, 184—263. Sepurftfe-Abdraek 1848. 1874. Uebersetaang Ton Bachhobs 1819, von
Hesse 1866. Ranke, Zar Kritik frinkisch - denUcher Reichsannalisten S. 436— 468
(24—46). Stensel II, 101 — 106. Waitx in SchmidU Zeitsehrift II, 106. Giesebrecht
HI, 1080 — 1082. Th. Lindnar, Anno II, 1869. Lefarth, Lambert, Diss. 1871. Haoa
Delbrück: Ueber die Glaubwürdigkeit Lamberts, Diss. Bonn. 1873.
Hersfeid, das altberühmte Kloster, war gegen das Ende des
zehnten Jahrhunderts in ärgerlichen Verfall gerathen und dann im
^) „Irenais quidam scolasticus decenti relatione litteria tradidit.^ MQ. SS.
XX, 67. Vgl. Waitz MG. SS. VI, 11 u. 243. X, 479. Gieaebr. III, 1047,
welcher ihm auch Heinrioha V Manifest über die Gefangennahme des Pabatea
zuschreibt.
*) ^Nam imperatores snorum secam habent praecones meritomm, expe-
rientia ut ita dicam Temacola eis scrihenda dictante et falsaa opinionea veri-
täte astipnlante longius propellente.*' Eist. Henreld. MG. SS. V, 140.
Lambert Ton Hersfeld. 79
Jahre 1005 durch Godehard reformiert. Seitdem hielt es fest an der
guten nnd ehrenwerthen Weise dieser Benedictiner alten Schlages,
die vom praktischen Leben als bedeutende Grundbesitzer vielfach in
, Anspruch genommen, nicht Zeit hatten auf die modernen ascetischen
Kasteinngen zu verfallen, und mit dem kaiserlichen Hofe durch vielerlei
Fäden verknüpft, sich mit dem Gedanken nicht befi*eunden konnten,
dafs der Kaiser des Pabstes Dienstmann sein solle und dafs gegen
ein Wort von Born alle alten Ordnungen der deutschen Kirche nichts
bedeuteten. Die Klöster nach der neuen Art der Hirschauer nahmen
Laienbrflder an, welche die Handarbeiten verrichteten, damit die
Mönche ausschliefslich dem Gtobet, den Studien, dem Dienst der Kirche
sich hingeben konnten, obgleich auch hier die Wirklichkeit dem Ideal
oft nicht entsprach; in den alten Stiftern aber hatte man gewaltig
viel zu thun, man muTste Land urbar machen, Kirchen bauen und
ausschmücken, ein grofses und zerstreutes Gebiet bewirthschaften und
verwalten. Der Abt mufste beständig auf seiner Hut sein, dafs seine
eigenen Yasaülen und DiensÜeute ihm nicht über den Kopf wuchsen,
und nur am Kaiser konnte er dagegen einen Schutz und Halt finden.
Leicht gewann diese weltliche Seite des Berufes die Oberhand und
übergrofser Beichthum wurde zur gefährlichsten Klippe. Li Hersfeld
aber hielt man auf eine tüchtige Schule, die unter dem Probste Albuin
sich eines guten Bufes erfreute^), bis dieser 1034 Abt von Nienburg
wurde. Kurz vorher war freilich unter dem Abte Arnold das Kloster
durch inneren Zwiespalt zerrüttet worden, und Budolf, bis dahin Probst
in Stablo, hatte auf des Kaisers Befehl 1031 schon wieder reformieren
müssen. Ihm folgte, als er 1035 Bischof von Paderborn wurde,
Meginher, ein Mann von frommem und strengem Wandel, welcher die
Klosterschule erneute und zu bedeutendem Ansehen brachte, so dafs
sie von allen Seiten zahlreiche Zöglinge anzog. Auch der alten Annalen
erinnerte man sich jetzt wieder, und gab ihnen eine Fortsetzung von
984 bis 1039, welche fast ganz aus den Hildesheimer Annalen ge-
schöpft ist.
Der hohe Buhm von Meginhers Frömmigkeit, verbunden mit dem
starken mönchischen Zuge dieser Zeit, führte auch Lambert nach
Hersfeld, wo er am 15. März 1058 das Mönchskleid empfing.
Leider wissen wir gar nichts über Lamberts Herkunft und Bil-
dungsgang. Dafs er eine ausgezeichnete Schulbildung erhalten hat,
zeigen seine Schriften; er war offenbar ein vermögender Mann') und
^) AuTser Wolfher und Otloh 8oll nach dem Chron. Halberstad. auch
Leo IX sein Schüler gewesen sein.
*) „rei familiaris curam, ne in ria Dei praegrararer, abjeci,^ sagt er selbst.
30 IV*. Salier. (14. Lambert tob Henfeld.
ohne Zweifel zum Geistlichen, aber nicht zum Mönche erzogen; er
mag wohl wie Benno yerschiedene Lehrer anfgesncht nnd sich in der
Welt umgesehen haben, beyor er, wie so manche ältere Weltgeistliche
jener Zeit, den Entschlufs fafste in ein Kloster einzutreten. Denn
Lambert war damals schon längst erwachsen und mindestens dreifsig
Jahre alt, da ihn im Herbste desselben Jahres der Erzbischof von
Mainz in Aschaffenburg zum Priester weihte^). Auch konnte er sich
noch nicht sogleich an die engen Schranken seines neuen Standes
gewöhnen, denn unmittelbar nach seiner Priesterweihe unternahm er,
ohne seinen Abt zu fragen, eine Pilgerfahrt nach Jerusalem, yon
welcher er an seinem Namenstage*), dem 17. September 1059 glück-
lich heimkehrte. Zu seiner groOsen Bemhig^g fand er den Abt
Meginher noch am Leben und erhielt von ihm Verzeihung für sein so
bald verletztes Gelübde; am 26. Sept. starb Meginher. Von da an
scheint sich Lambert ganz seinem Kloster und Berufe hingegeben zu
haben; yermuthlich gehörte er dieser Gegend auch durch seine Ge-
burt an, wenigstens macht sein Werk den Eindruck, dab der Ver-
fjMser wohl ein geborener Thüringer gewesen sein müsse, und es ist
kein umstand vorhanden, der auf eine andere Spur führen könnte.
Im Jahre 1071 schickte der Abt Buthard, Meginhers Nachfolger,
Lambert aus, um die Klöster Siegburg und Saalfeld kennen zu lernen,
wo die vom Erzbischof Anno aus Pructuaria (San Benigne bei Turin)
mitgebrachten Mönche nach ihrer strengen Begel lebten, vom Erz-
bischof selber und vom Volke, wie Lambert sagt, nicht wie Menschen,
sondern wie Engel verehrt und bewundert Die Mönche der älteren
Art kamen durch diese neuen Begeln, welche sich rasch verbreiteten,
mehr und mehr in Mifsachtung beim Volke und bei den Grofsen und
sahen sich dadurch manchen Gefahren ausgesetzt. Lambert hielt sich
längere Zeit in jenen Klöstern auf, wo die ausserordentliche Strenge
der Zucht, die gänzliche Hingebung der Mönche grofsen jgindruck auf
ihn machten. Dennoch fiel sein Gutachten nicht günstig aus, die
Zuthaten zu der alten Begel gefielen ihm nicht, und er erklärte diese
für völlig ausreichend, wenn man sie nur genau befolgen wolle. Er
beklagt, dafs dieses nicht geschehe; warum es aber immer nnd trotz
^) Am 15. Sept., wie Dümmler bemerkt, denn das Jcjunium antumnale
fUlt stets auf den Mittwoch nach Kreuxerhöhang.
') Er selbst beseichnet ihn nicht in dieser Weise; der Name kommt
überhaupt nur in zwei Handschriften Tom Ende des 16. Jahrhunderts im
Jahre 1058 Tor, wo die Übrigen N. setsen. Die falsche Lesart a Scafna-
bürg ebenda gab Anlafs lu dem gans unbegründeten Beinamen „von
Aschaffenburg" .
Lambert. Die Eeformen der Klöster. g]^
aller Beformen immer wieder nicht geschah, das ist ihm nicht klar
geworden.
Wir haben diesen Gegenstand schon oft genug zn berfthren ge-
habt, nnd immer ron neuem tritt es uns entgegen, dab Klöster,
welche noch vor kurzem blühende Stätten eines regen Geisteslebens
waren, verfallen, dafs andere an ihre Stelle treten und daher diese
Entwickelung durchaus keine Stetigkeit hat, sondern mit außerordent-
lichem Eraftaufwande immer wieder von yome begonnen werden mufs.
Der Grund dieser Erscheinung liegt wohl ganz einfach darin,
dafs das ganze Mönchswesen der menschlichen Natur zuwider ist
und ihr widerstrebt. In seiner Beinheit und Strenge kann es nur
durchgeführt werden yermittelst einer aufsergewöhnlichen Anstrengung,
mit Hülfe einer Begeisterung, einer Hingebung an die Verwirklichung
einer unerreichbaren Idee, die naturgemäfs nicht dauernd sein kann.
Darum macht sich immer wieder die menschliche Natur geltend, nur
ein erneuter Aufschwung vermag wieder auf die Mhere Bahn zu
führen, und wo dieser fehlt, ist die Ausartung unvermeidlich^). In
Hersfeld nahm man die neue Bichtung nicht an; der Abt Hartwig
(1072 — 1085) wandte sich mit einer Anfrage an das Mutterkloster
Monte Cassino, aber auch hier fiel die Antwort zu Ungunsten der
modernen Zusätze zur Begel aus'). Damit verfiel aber Hersfeld dem
allgemeinen Geschick der älteren Klöster, nachdem der durch Gh)dehard
gegebene Anstofs aufgehört hatte zu wirken. Der rechtlose Zustand
des Beiches, die ungezügelte Baubsucht der Klostervögte, beschleu-
nigten freilich den YerfaU, aber die Klostergeschichten zeigen uns,
dafs in der Begel eifrige und reformatorische Aebte in ihrem geistigen
Uebergewicht auch gegen solche Gefahren Schutz zu finden wufsten.
Die innere und die äufserliche Blüthe der Klöster pflegen immer Hand
in Hand zu gehen. Freilich hat auch Hersfeld sich trotz der Ausplün-
derung seiner Güter 1074 durch Heinrichs lY Kriegsvolk und trotz
aller Noth dieser Zeiten wieder erholt, und Budolf von St. Trond rühmt
gegen das Ende des Jahrhundei-ts den dortigen Zustand unter dem
Abte Friedrich, der von Goseck berufen war, sowohl wegen des grofsen
Beichthums als wegen der wissenschaftlichen Bildung'). Auch ist
dort in dieser Zeit die oben erwähnte Schrift de unitate eccleaiae ge-
') Ganz ebenso apricht sich W. Moll aus, Kerkgeschiedenis ron Neder-
knd vöör de berTonning HI, 2 (1867) S. 17.
*) Die Cassineser Antwort ist mitgetheilt ron Dftmmler NA. III, 189.
Sie war schon gedruckt bei Mab. Anall. IV, 462 (ed. II, Ki4), aber ohne die
Adresse. Auch ohne diese und unvollständig steht sie in der Lorscher Brief-
sammlung.
s) MG. SS. $, 232.
Wattenbach, GesehiohtiqQeUen IL i. Aufl. 6
32 IV* Salier. J 14. Lambert von Herafeld.
schrieben, worin sich eine viel heftigere ausführliche Polemik gegen
die neuen Orden befindet. Allein mit der alten Bedeutung des Klosters
in geistiger Beziehung war es doch vorbei.
Lamberts erstes Werk war ein Epos tlber die Geschichte seiner
Zeit, welches gänzlich verloren ist^). Noch mehr zu bedauern ist der
Verlust seiner Geschichte des Klosters Hersfeld, die er um
das Jahr 1074 voll bitteren Kummers über den tiefen Verfall desselben
▼erfafste; die Wirthschaft am Hofe nach Anno's Entfernung wird
darin schonungslos getadelt. Nur geringe Fragmente dieser Ge-
schichte sind uns erhalten'). Einige Jahre sp&ter begann er die Aus-
arbeitung seines Hauptwerkes, der Annalen. Die Geschichte seiner
Zeit zu schreiben war sein Zweck, aber nach dem herrschenden Ge-
brauche fing er dennoch mit der Schöpfung an, indem er einen ganz
kurzen chronologischen Abrifs der W^eltgeschichte seinem eigentlichen
W^erke voranstellte. Sorgfalt hat er darauf nicht verwendet, sondern
nur die alten bis zum Jahre 1039 fortgeführten Hersfelder Annalen
in oberflächlicher Weise excerpiert. Es ist schwer zu begreifen, wie
ein Mann von so ausgebildetem Sinn für die Form der Darstellung
seine Geschichte auf eine so häfsliche Weise entstellen konnte; an
einem eigentlichen Anfange fehlt es derselben ganz, denn jene ma-
geren Excerpte kann man noch gar nicht zu dem Werke selbst rechnen,
wie sie denn auch Pertz in den Monumenten ganz davon getrennt
hat. Doch findet sich auch später nicht etwa ein Abschnitt, ein aus-
gesprochener Anfang ausführlicher Darstellung; der üebergang ist
ganz allmählich. Es scheint sich mir daraus zu ergeben, dafs er
wirklich Geschichte schreiben wollte, nicht eine Tendenzschrift, etwa
um, was Bänke zuerst aussprach, die Wahl eines Gegenkünigs zu
rechtfertigen. Zu solchem Zweck föngt man nicht mit der Schöpfung
an. Für eine genauere Erforschung der älteren Geschichte aber hatte
Lambert überhaupt wenig Sinn; da« zeigen uns auch die Fragmente
i) VgL oben S. 74.
S) Gedr. MG. SS. V, 138—141. Giesebreeht beueht die Worte 141, 41
nicht auf Anno von COln, sondern auf den Abt Hartwich, bei dessen Leb-
zeiten also Lambert das Werk verfafst h&tte. Danach kann es auch sp&ter
geschrieben sein, doch endigen die Excerpte mit 1074, und nach dem Prolog
ist es vor den Annalen verfafst. Vgl. Lefarth S. 18—20. Ermuthigt wurde
Lambert, wie er sagt, zu diesem Unternehmen durch eine wohl gelungene
Geschichte des Klosters Fulda: ad audendtan perpulit lecta (so schreibe ich
^r /otfto) cujusdam Fuldensis abbatiae (so verbesserte Giesebreeht f&r abboHs)
kigtoria mbHliter memoriae commendata» Bei Winkelmann, Beschreibung der
FürstenthQmer Hessen und Hersfeld (1711) S. 269 — 263 steht eine metrische
Series abbatum eccL Hersfeldensis^ die zwar bis 1606 reicht, aber altere Bestand-
theile zu enthalten scheint, z. B. über die Aebte Bemhar, Rudolf, Meginher.
Mitth. von DtUnmler. •
Lamberts Oesehichtswerke* ^3
Beiner Elosterchronik, bei der ihm gar nicht der Gedanke gekommen
ist, was doch andere bei ähnlichen Aufgaben so fleiüsig versachten,
mit Hülfe des reichen Hersfelder Archivs die Lücken der üeberliefe-
mng zn ergänzen. Er beschränkte sich yielmehr auch hier ganz auf
die ungenügenden Notizen der Annalen und eilte rasch weiter zu der
neueren Zeit, für die ihm anfangs die vorhandenen Aufzeichnungen, dann
mündliche Mittheilungen und eigne Erlebnisse reicheren Stoff darboten.
Von 1040 an beginnen allmählich Lamberts Annalen reichhaltiger
zu werden; anfanglich sind die mitgetheilten Nachrichten noch ver-
einzelt und unverbunden, aber seit dem Anfänge der Regierung
Heinrichs lY, vorzüglich jedoch von 1069 an, wird die Erzählung
immer vollständiger; mit 1073 beginnt eine ganz umfassende Dar-
stellung. Wenn Lambert auch im ganzen die annalistische Form bei-
behält, 80 bindet er sich doch nicht strenge daran, und bei der Fülle
der Ereignisse und der Ausführlichkeit der Darstellung macht sich
diese Form kaum noch bemerklich. Auch fabt er zuweilen, um die
Erzählung nicht zu zerstückeln, die Begebenheiten eines längeren
Zeitraums an einer Stelle zusammen, wo man sich dann durch die
Einreibung unter ein bestimmtes Jahr nicht zu irrthümlicher Auf-
fassung verführen lassen darf.
Bis zur Wahl Budolfis im Jahre 1077 setzte Lambert sein Werk
fort, dann legte er, ermattet, wie er sagt, von der unermefslichen
Masse des Stoffs, die Feder nieder^) und überliefe einer anderen Hand
die Fortsetzung: die Wahl Budolfs werde dazu einen passenden Anfang
gewähren. Allein es hat sich niemand gefunden, der dieser Auffor-
derung nachgekommen wäre.
Im Mittelalter wenig benutzt, hat Lamberts Werk, seitdem es
1525 durch den Druck bekannt wurde, lebhafte Anerkennung ge-
funden und man hat ihm fast unbedingt vertraut. Es fehlte ihm nicht
an Gelegenheit, sich gute Nachrichten zu verschaffen, da sein Kloster,
in der Mitte der kämpfenden Parteien gelegen, zu beiden in Beziehung
stand. Heinrich lY selbst kam mehr als einmal nach Hersfeld und
der Abt suchte eine vermittelnde Stellung einzunehmen, während man
doch im glänzen den fregnem geneigter war und vom römischen Hofe
Mittheilungen empfing. Thüringen war der Schauplatz der Entschei-
dungskämpfe sowohl wie der Friedensverhandlungen und des Zehnten-
streites, der auch Hersfeld so nahe berührte. Von den Ereignissen
im südlichen Deutschland und Italien ist freilich Bemold, von dem
entfernteren Norden Adam besser unterrichtet.
^) Es sind Worte des Sulpicius Sererua, NA. II, 449.
6*
g4 ^^- Salier. § 14. Lambert ron Hersfeld.
Lamberts Schreibart ist durchaus geeignet, ihm eine grofse Auto-
rität zu sichern. Von der Leidenschaftlichkeit eines Bruno und Bemold
ist er weit entfernt; wie er sich in der Form den alten Annalen an-
schliefst, so gleicht er ihnen auch in der ruhigen gleichm&fsigen Dar-
stellung, in der Sicherheit und Bestimmtheit seiner Angaben. Die
Sprache selbst ist klar und deutlich, gebildet nach dem Muster der
alten heidnischen und kirchlichen Schriftsteller, aber frei von der
affectiertcn Gelehi*samkeit, welche überall mit firemden Brocken prunkt.
Es ist die Sprache, welche sich durch fortgesetzte schriftstellerische
XJebimg nach und nach ausgebildet hat, in welcher man jetzt gelernt
hat, sich mit Leichtigkeit und freier Bewegung auszudrücken.
In Bezug auf die Zeitfolge der Ereignisse und ihre einzelnen
Umstände ist Lambert zwar nicht so sehr wie man früher annahm,
aber doch immerhin so zuverlässig, dafis es billig in Erstaunen setzt,
wenn man bedenkt, wie lange nachher er sein Werk verfafste. Die
Benutzung schriftlicher Quellen nach 1039 ist nicht mit Sicherheit
nachgewiesen^), und ebenso wenig ist eine allmähliche Entstehung
seiner Annalen anzunehmen; man kann aber wohl voraussetzen, dafs
Lambert, dem auch in der Geschichte von Hersfeld die Zeitgeschichte
die Hauptsache war, der noch früher dieselbe episch behandelt hatte,
sich bei Zeiten den Stoff sammelte, den er später verarbeitete. Wenn
er daher auch nicht so unmittelbar wie Bernold unter dem Eindruck
der Ereignisse schrieb, so läfst er doch die Vorzüge einer solchen
Methode nicht vermissen, während ihn zugleich der Bückblick auf
einen längeren Zeitraum in den Stand setzt, die Einzelheiten in Ver-
bindung zu bringen und die Ursachen und Folgen der Ereignisse zu
entwickeln. Sein Werk erhebt sich dadurch über die Chronik; es wird
zur wirklichen Geschichte, aber es nimt natürlicherweise auch weit
mehr von der Persönlichkeit des Verfassers an, und indem dieser die
Dinge aus einem bestimmten Gesichtspunkte darstellt, erscheint er
nicht mehr als ein unbefangener Zeuge: wir haben seine Darstellung
um so sorgfältiger zu prüfen, je mehr sie durch die Mäfsigung und
Würde des Ausdrucks, durch die Schönheit der Form und die Folge-
richtigkeit der Verknüpfung geeignet ist, unser tJrtheil zu bestechen.
Diese sorgfältige Prüfung aber ist lange Zeit ganz versäumt
*) Ob Lambert, wie Giesebrecbt III, 1030 luinimt, den Anon. Haserensis
und die Weissenburger Annalen gekannt hat, ist doch sehr zweifelhaft; vgL
Lefarth S. 24. Sehr mOglich idt, dafs man in Hersfeld selbst die alten Annalen
fortgesetiBt hatte. Zu 1063 vermuthet Weiland nach Vergleichung des Chron.
Laure^h. die Existenz eines Triumphus S. Nazarii als Seitenätück zum Triumphus
S. Remacli. Zu der Geschichte von Brun und Otto 1057 verweist Dftmmler
auf das Xecrol. Luneb. Jun. 26.
Lamberts Annalen. g5
worden. Man hatte wohl im einzelnen ihm Fehler nachgewiesen, seine
Unparteilichkeit bezweifelt'), aber eingehend das ganze Werk im Zn-
sammenhange zn prüfen, die Anffassnng Lamberts scharf za charak-
terisieren, das hat doch erst 1854 L. v. Bänke in seiner schon er-
wähnten Abhandlnng unternommen. Er hat darin nachgewiesen, dafs
doch nicht immer Lambert wirklich so genau unterrichtet war, wie
man nach dem Anscheine glauben sollte ; dafs bei mehreren nicht un-
wichtigen Anlässen seine Erzählung, wie sich mit Bestimmtheit nach-
weisen labt, irre leitet Er tischt uns allerdings nicht solche Märchen
auf wie Bruno, er bemüht sich offenbar, unparteiisch zu erscheinen,
und strebt auch wirklich danach, es zu sein. Allein ganz unmöglich
war es doch, daOs er in dem grofsen Zwiespalt der Zeit allein sich
hätte unberührt erhalten können, und es ist nicht schwer zu erkennen,
dafs er zu den Gegnern Heinrichs gehört. Er ist nicht so unbedingt
und eifrig hildebrandlsch, wie die Hirschauer und Sanblasianer, aber
er gehört doch auch zu ihnen, und die sehr ungünstige Beurtheilung,
welche Heinrich lY beinahe durchgängig in der (beschichte erfahren
hat, rührt fast ganz Ton Lambert her. Was sich auch für Heinrich
sagen liefs, und noch mehr für die Ansprüche der Krone, welche er
zu vertreten hatte, das lag Lamberts Auffassung ferne. Eine genauere
Beschäfügnng mit der älteren Geschichte würde ihn yielleicht, wie
Sigebert und Ekkehard, zu einer richtigeren Beurtheilung des Kampfes
zwischen Königthum und Priesterthum geführt haben. Ueber die Ge-
schichte der römischen Päbste zeigt er sich auffallend schlecht unter-
richtet. Für formales Becht aber, wo es nicht gerade der eignen
Partei dient, pflegen überhaupt die Geistlichen wenig Sinn zu haben:
wie sollten sie auch? wer eine höhere himmlische Bichtschnur hat,
bedarf des Menschenwerks nicht.
Vor den blofsen Wortführern der einen oder der andern Partei
zeichnet sich Lambert im hohen Grade dadurch aus, dafs er auch
die Gegner nicht unbedingt verwirft und eben so wenig die Wider-
sacher Heinrichs unbedingt lobt, sondern auch ihre Fehler und
Schwächen nicht verschweigt. Wie Bänke mit' Becht bemerkt, ist
er der städtischen Erhebung, die ihm als Auflehnung gegen die Obrig-
keit erscheint, abgeneigt, und doch hat er sie vortrefiQich geschildert.
^Kein Anhänger des Städtewesens hätte es besser in die Geschichte
einführen können.'' Auch Anno von Cöln und Herzog Budolf entgehen
seinem Tadel nicht; er hat mehr Farben auf seiner Palette, als weifs
und schwarz.
^) Delias, Untersuchungen Qber die Hanburg ( 1826} S. 56. 65. Stenxel
II, 105. Floto de Annone (1647) S. 43.
gg IV. Salier. § 14. Lambert von Hersfeld.
Nachdem jedoch einmal die Autorität Lamberts erschüttert war,
ist man, wie es zn gehen pflegt, in dieser Bichtnng immer weiter
gegangen, nnd wenn wir Lindner und Delbrück glauben wollen, so
ist er einer der abgefeimtesten Lügner und Geschichtsfälscher, ein
wahrer Jesuit vorLoyola gewesen; um so schlimmer und verworfener,
je geschickter er die Maske der Unparteilichkeit und Aufrichtigkeit
zu gebrauchen wufste. Nach meiner Ansicht hat man sich dabei zu
wenig in die Lage eines solchen Mönchs hineingedacht. Lambert war
freilich nicht mehr ganz in der Lage, welche er schilderte, als er
seine Geschichte von Hersfeld schrieb, eiageschlossen in den Mauern
des Klosters und vom Verkehr mit Menschen abgeschlossen: eher zu
lebhaft war es im Kloster geworden, und an Nachrichten von den
Begebenheiten war kein Mangel. Aber vorzüglich waren es doch
Heinrichs Widersacher, mit denen man verkehrte, zu denen man sich
hingezogen fOhlte. Hersfeld hatte schwer zu leiden gehabt, und war
namentlich durch die vom König unterstützten Ansprüche des Mainzer
Erzbischofs auf die Thüringer Zehnten hart getroffen. Die Ausschwei-
fimgen und Gewaltthätigkeiten Heinrichs, welche denn doch nicht
allein auf Erdichtung beruhten, erfiöllten mit Abscheu, die Auflehnung
gegen Gregor YII mit Entsetzen. Was nur die Sachsen von Heinrich
böses erzählten, hörte auch Lambert; er glaubte nicht alles, und hütete
sich, es wie Bruno als Thatsache niederzuschreiben, aber seine Auf-
fassung wurde dadurch bestimmt. Ist es doch selbst in unserer zei-
tungsreichen Zeit nicht möglich, sich dem Einflufs seiner Partei und
Umgebung ganz zu entziehen ; alle Vorfalle und Begebenheiten werden
auf beiden Seiten verschieden aufgefafst und dargestellt, und der wirk-
liche Thatbestand ist in aufgeregter Zeit trotz aller Hülfsmittel oft
gar nicht mit voller Sicherheit festzustellen. Wie viel mächtiger aber
mufsten in der damaligen Zeit diese Einwirkungen sein! Ich kann, wie
schon erwähnt, nicht mehr der Ansicht zustimmen, dafs Lambeii; sein
Werk schrieb um die Entsetzung Heinrichs, die neue Königswahl zu
rechtfertigen, aber er stellte die Dinge in diesem Sinne dar; ich be-
zweifle jedoch ebenso wenig, dafis er durch mancherlei Kämpfe hin-
durch — denn vitn Haus aus war auch er kaiserlich gesinnt — diese
Ueberzeugung selbst gewonnen hatte. Gewifs aber hatte er keine
Ahnung davon, auf welche Goldwage dereinst alle seine Worte gelegt
werden würden, und eine ganz genaue Prüfung aller einzelnen Um-
stände scheint ihm femer gelegen zu haben, als das Streben nach
einer eindrucksvollen, den antiken Schriftstellern sich nähernden Form.
Zu den eigentlich politischen Köpfen gehörte er nicht, wie er ja
auch aller directen Einwirkung auf die Ereignisse fem blieb. Mit
Lamberts OUubwürdigkeit. Vita Annonis. g7
Vorsicht werden wir daher seine Darstellung aufeunehmen haben, aber
absichtlicher, bewnfster Entstellung ihn zu beschuldigen, dazu sehe
ich doch keinen hinreichenden Grund.
So sehr Lambert zu den Bewunderem des Erzbischofs Anno ge-
hört, so verschweigt er doch auch bei Gelegenheit des Cölner Auf-
standes und bei anderen Anlässen nicht die Fehler desselben, und
hier kOnnen wir ihm nun das Beispiel einer bewufsten und absicht-
lichen Parteilichkeit unmittelbar gegenüber stellen. Um das Jahr 1100
nämlich schrieb ein Mönch des Klosters Siegburg eine Lebensbe-
schreibung des Stifters. Man hatte in Göln noch nicht die Härte und
Grausamkeit desselben vergessen, und seine Heiligkeit, seine Wunder
wurden vielfach nicht anerkannt. Die Stimmen der Zweifler wollten
nicht verstummen. Da schrieb denn jener Mönch das Leben des h.
Anno^), um alle Widersacher zum Schweigen zu bringen ; seine Haupt-
quelle ist Lambert, aber jeden Tadel, den dieser geäufsert hatte, jede
Thatsache, die ein ungünstiges Licht auf Anno werfen konnte, liefs
er weg'). Der geschichliche Werth dieses sehr umfangreichen Werkes
ist deshalb sehr gering und beschränkt sich auf einige Nachrichten
von örtlicher Natur.
Vollendet ist die Biographie 1105, als Beginhard, der vorzüg-
lichste Gewährsmann des Verfassers, 29 Jahre Abt gewesen war.
Schon vorher hatten die Siegburger das unvollendete Werk einem M.,
dem Anno bei seinen Lebzeiten grobes Wohlwollen erwiesen hatte,
zugesandt um es rednerisch au&uputzen. Das lehnte dieser jedoch
1) Vita S, Annonis ed. Koepke, MG. SS. XI, 462 — 510. Am Schlüsse
folgt die TransUtion ron 1183, welche nicht unwichtig ist. In den noch un-
gedrnekten Wundern, die nach jener feierlichen Erhebung der Gebeine in Sieg-
bürg verfafst wurden, tritt die sehr verbreitete Opposition gegen Anno's Heilig-
keit noch deutlicher hervor. Sie sind benutst in dem kläglichen Machwerk
von AegidiuB Müller: Anno II, der Heilige, L. 1858, doch wird sich wohl niemand
dadurch irre machen lassen, wenn er S. 10 eine Stelle, in welcher ein Johannes
hujus notninis qumtus comes Dasselanus vorkonmit, zu den Zeugnissen des
12. Jahrhunderts rechnet. Die alte Sammlung (Arch. XI, 752 n. 6) ist sehr
merkwürdig und giebt auch viele Emendationen der Tranalatio. Vgl. Aber die
Vita und das Annolied Janssen in den Annalen des niederrheinischen histo-
rischen Vereins I, 88. Sehr merkwürdige Briefe von Anno aus einer Trierer
Handschrift bei Flofs, Die Pabstwahl unter den Ottonen, Urkunden S. 134
bis 146, und bei Aeg. Müller S. 176 — 183; jetst verbesaert bei Giesebrecht
III, 1242--1246. Vgl. Th. Lindner Forsch. VI, 495—526 und Anno II. Einige
Notizen über Kirchweihen aus Anno's Zeit in einer sehr schOnen Handschrift
aus St. Gereon in Stuttgart. Am 4. September 1063 weihte Anno mit Sigefrid
T. Mains und Adalbert v. Bremen die Stiftskirche zu Ardagger, Arch. d. W.
Akad. XLVI, 467.
') „Anno konnte keinen sohlechteren Biographen finden.** Giesebrecht
H, 579 Tgl. III, 1053.
g3 I^' Salier. § 14. Lambert ron Hersfeld. {16. Mainz.
mit vielen Lobsprüchen ab, indem er zugleich ans älteren Beispielen
nachwies, dafs für Leben der Heiligen die schlichteste Sprache die
einzig passende sei: die ossa mrtutum würden durch pompatica ver-
horum opulentia nur wie durch unnützes Fett beschwert. Diesen M.
hat Sudendorf, welcher den Brief (Beg. ü, 41) herausgegeben hat,
für Manegold von Lautenbach erklärt, ohne jedoch einen Grund an-
zugeben. Wenn ich anstatt dessen an den Bamberger Scholasticus
Meginhard dachte, von welchem dieselbe Handschrift Briefe enthält,
so wird das freilich unmöglich, wenn er nach Giesebrechts oben
S. 76 erwähnter Vermuthung als Bischof von Würzburg 1088 ge-
storben ist.
Es ist streitig, ob das schöne altdeutsche Annolied der latei-
nischen Biogi*aphie entnommen ist, oder ob es vielmehr, wie Holtz-
mann behauptet, dem Verfasser derselben vorlagt). Holtzmann hält
Lambert selbst für den Dichter desselben, und in diesem Falle hätte
Lambert hier die tadelnden Bemerkungen, welche er in dem Geschichts-
werke nicht verschwieg, selbst unterdrückt. In einer Dichtung zum
Preise des von ihm hochverehrten Mannes wäre das freilich eher zu
entschuldigen, als in einer ausführlichen Biographie, an welche man
ganz andere Ansprüche zu machen berechtigt ist. Ob aber jene Ver-
muthung haltbar, ob Lambert auch mit dem Pfaffen Lamprecht, dem
Dichter des Alexanderliedes identisch sein kann, das dürfte doch wohl
begründetem Zweifel unterliegen').
Lambert gedenkt zum Jahre 1072 des grofsen Zulaufes zu den
Gräbern des h. Sobald in Nürnberg') und des h. Haimerad in
Hasungen. Letzterer war ein alberner beschränkter Fanatiker aus
Schwaben, dessen gröfstes Vergnügen es war, wenn man ihn mit
Schlägen tractierte. Meinwerk von Paderborn fragte, als er den zer-
lumpten und schmutzigen Kerl sah, wo doch dieser Teufel herkäme,
und liefs ihm nach seiner Gewohnheit eine Tracht Schläge ertheilen;
dasselbe soll sogar die fromme Kaiserin Kunigunde gethan haben und
auch der Abt Arnold von Hersfeld. Das Volk lief ihm aber haufen-
weise zu, als er sich am Berge Hasungen ansiedelte, Wunder blieben
nicht aus , und endlich gründete Sigefrid von Mainz an seinem Grabe
ein Kloster Hirschauer Mönche. Die Hersfelder nahmen sich nun die
Schläge zu Herzen, welche Haimerad einst von ihrem Abte erhalten
hatte, und auf Befehl des Abtes Hartwich schrieb um das Jahr 1080
^) Der Dichter des Annoliedes, in Pfeiffers Germania II, I — 48.
*) vgl Gerrinus I, 266. 333. Cardauns, St&dtechroniken XII S. LVIL
Wackemagel LG. (Ausg. von E. Martin) § 55, 56.
*) auch erwähnt in den Ann. August, ad a. 1070, SS. III, 128.
Vita Haimeradi. Mains. g9
Ekkebert ein Leben des h. Haimerad, welches in schwülstigen
Phrasen seine sinnlosen Easteinngen verherrlicht, dabei aber einige
geschichtliche Nachrichten enthält^).
§ 15. Mainz. Marianus Scottns.
In Mainz hat die Litteratnr nie recht gedeihen wollen, obgleich
Willegis (975—1011) nnd seine Nachfolger hinter ihren Zeitgenossen
nicht zurückstanden, und der SanctgaJler Ekkehard (ü palatinus) in
Mainz wirkte, wo er Probst und 990 bei St. Alban begraben wurde').
Von Erchanbald (1011—1020), der vorher Abt von Fulda gewesen
war, hatte man Predigten'); ihm folgte von 1020 — 1031 der könig-
liche Caplan Aribo, ein stolzer Mann aus dem Hause der Pfalzgrafen
von Baiem^). Um diese Zeit wirkte in Mainz als Scholaster der
St. Galler Ekkehard (IV), der Verfasser der I, 316 erwähnten Fort-
setzung der Elostergeschichte; f&r Aribo überarbeitete er den Wal-
tharius.
Keiner dieser ErzbischOfe hat einen Biographen gefunden; als
man nach anderthalb Jahrhunderten in dem von Willegis gestifteten
Stephanskloster seine Canonisation betrieb, hatte man über ihn keine
Nachrichten, welche nicht auch wir noch besitzen. So schmerzlich
wir nun auch eine genauere Kenntnifs dieses ausgezeichneten Mannes
vermissen, so erkennen wir doch den tiefen Eindruck, welchen seine
Persönlichkeit und Wirksamkeit gemacht hatten, in der Lobpreisung,
welche einer seiner Schüler an den Abt Bichard von Fulda (1018—1039)
gerichtet hat^). Kaum eine geschichtliche Thatsache ist daraus zu
entnehmen, ausgenommen die eifrige Pflege, welche Willegis der Schule
widmete; viele Bischöfe und Pröbste waren derselben entsprossen').
i) Ekkeberti Vita S. üaimeradi ed. Koepke, MG. SS. X, 595 — 607, mit
der metrischen Paraphrase ron Erinher aus dem zwölften Jahrhundert S. 608
bis 612. Ueber die angeblichen Hasanger Annalen s. oben S. 28.
*) £pitaphiam bei Dümmler in d. Zeitschr. f. D. Ah. XIV, 48.
') Sermones Erchanbald! arcbiepbcopi in Augsburg; Steichele, Archiv f. d.
Geschichte ron Augsburg I, 14. Als Abt lieh Erchanbald dem Biscbof Heinrich
von Würsburg (995 — 1018) ein sehr schönes Sacramentar, welches jetzt in
Vercelli ist. Blume Iter lul. I, 99.
«) Einige Briefe von ihm s. bei Giesebrecht H, 698 f., vgl. 622; Jaffe,
Bibl. III, 358 — 372. Zwei EpiUphien auf ihn bei Dümmler, Zeitochrift f.D.
Alt. XIV, 17 u. 45, eins davon auch bei Kraus in d. Horae Belgicae.
>) Epitaph dieses Abtes (vgl. auch I, 336) und des 1035 in Fulda ver-
storbenen Abts Otbert von EUwangen, Forsch. XI, 621.
«) Ehgium b. WiiUgisiy abgedr. v. Falk im Mainzer KathoUk 1869 I,
224 — 230 nach einem alten Druck von 1675. Bemerkungen dazu von C. WiU
im Kath. 1873 II, 715 — 734. Der Lorscher Mönch Trotmar (Druhtmar),
90 I^* Salier. § 15. Mains. Marianus Scottua.
Eine sehr merkwürdige Urkunde^) giebt uns Nachricht von der Sorg-
falt , mit welcher Willegis gleich in seinem ersten Amtsjahr (28. Apr.
976) die Schnle zn Aschaffenburg ordnete, welche zur Ausbildung der
Mainzer Domherren bestimmt war; Herward, Kaiser Otto's Notar, war
daselbst Lehrer (didascalus), und Alemar sein secundarius. Dem Vor-
steher der Schule war gestattet, zwei oder drei Jahre mit Stipendien
ad Studium zu reisen.
Auch an der St. Yictorskirche, wo Willibald das Leben des Bo-
nifatius geschrieben hatte, errichtete Willegis auf Betrieb des Stadt-
kämmerers und Frohstes Burchard ein Chorherrenstift, und hier ver-
zeichnete, wie es scheint, ein Angehöriger dieses Stifts in ziemlich
ungefüger Weise die Mainzer Tradition über den heiligen Mann').
Wir verdanken ihm die schätzbare Nachricht über Willibald (I, 112),
und wenn nicht sein Werk selbst, so doch dieselbe Ueberlieferung,
hat auch Otloh benutzt.
Auch eine annalistische Compilation aus Hersfelder, Corvejer und
Reichenauer Annalen mit einigen Zuthaten, die vermuthlich in Mainz
entstanden ist, hat Waitz kürzlich nachgewiesen. Es haben sich merk-
würdiger Weise nur in den Prager und Krakauer Annalen Spuren da-
von bis 1012 erhalten').
Auf Aribo folgte im Jahre 1031 als Erzbischof Bar do, Abt von
Hersfeld, der in Fulda unter Erchanbald die Schule besucht hatte und
sich ebenfalls durch seine kirchliche Beredsamkeit auszeichnete. Auf
Fasten und dergleichen IJebungen gab er wenig, desto mehr aber er-
warb er sich durch seine grofse Mildth&tigkeit und Barmherzigkeit
allgemeine Liebe und Verehrung, und diesen Tugenden verdankte er
es auch, dafs er nach seinem Tode als Heiliger verehrt wurde. Immer
sah man ihn heiter und freundlich, und nie pflegte er, wenn die Leute
zu ihm kamen, zu brummen und zu grunzen, wie die ascetischen Ein-
1014—1046 Abt von Correy, überreichte 1007 ihm und seinem Abt Bubbo,
vas er zn Ehren des h. Nazarius geschrieben hatte, mit schwerfiülig gelehrten
Briefen, Jaifö Bibl. III, 363 — 358. Einen Augustin de civ. dei lief« Willegis
nicht nur abschreiben, sondern emendierte auch die Abschrift selbst mit seinen
alumnis, Jacobs u. Ukert Beitr. II, 82.
>) Gudenus I, 352 — 357, auf welche 0. Zimmermann in seiner Leipz. Diss.
über Bruno v. Cöln aufmerksam gemacht hat.
') Anonymus Moguntinus ed. 6. Henschen , Acta SS. Jun. I, 473 — 477,
«riederholt MG. SS. ll, 353 — 357 ; neue Ausgabe nach der Handschrift von
Jaffe, Bibl. UI, 471—482 als Passio S. Bonifatiu
*) Verlorene Mainzer Annalen^ von G. Waitz, Gott. Nachr. 1873 S. 388
bis 391. Merkwürdige Erwerbungsannalen Ton Bleidenstadt 1017 — 1079 hat
C. Will veröffentlicht, Monumenta Blid. p. 13 — 16; vgl. dazu H. Brefslau,
Forsch. XVI, 394—396.
Bardo von Mains. Falda. Ql
Siedler^). Sein Nachfolger L lupoid (1051 — 1059), ein Bamberger
Cleriker, liebte die Wissenschaften nnd yeranlafste auch seinen Caplan
Ynlcnld, das Leben Bardo's zu beschreiben, welchen dieser noch ge-
kannt hatte. Ynlcnld f&hrte diesen Auftrag in recht hübscher Weise,
nur mit gar zu gedrängter Kürze aus'). Aber auch die Fulder feierten
das Andenken ihres berühmten Klosterbruders, und ihnen genügte die
magere Arbeit Vulculds nicht. Von ihnen ist, wie Jaff^ nachgewiesen
hat, die zweite grölisere Lebensbeschreibung*) ausgegangen, in welcher
seine Klosterzeit mehr in den Vordergrund tritt. Als Bardo starb,
war Egbert Abt (1048—1058), der, wie wir oben (8. 55) sahen, sich
viele Mühe gab, eine bessere Biographie des h. Bonifatius zu erhalten,
und der auch wohl diese Arbeit yeranlalBt haben mag, oder auch sein
Nachfolger Sigefrid, der 1059 Erzbischof von Mainz wurde. Wir
würden wohl mehr über die damalige Blüthezeit der Fulder Schule
wissen, aus welcher auch Williram hervorgangen ist, wenn nicht leider
die S. 82 erwähnte Geschichte von Fulda verloren wäre.
Dafe nun der Biograph seine Aufgabe genügend gelöst hätte,
können wir freilich nicht sagen, wenn wu* auch nicht vergessen dürfen,
dafs es ihm nnd seinen Lesern wesentlich nur auf die Hervorhebung
seiner kirchlichen Tugenden ankam. Thatsachen, welche Yulculd be-
richtet, fehlen hier; dafür ist anderes neu hinzugekommen, namentlich
seine Erhebung zum Erzbischof e ausführlicher erzählt, aber gerade
hier zeigt der Verfasser sich gar zu sehr als blofser Lobpreiser. Denn
die Zeitgenossen sahen in der Gunst der Kaiserin Gisela den Haupt-
grund von Bardo's rascher Beförderung, und auf jeden Fall ist die
Darstellung des Biographen nachweisbar falsch. Von Bardo's Stellung
im Beiche, dem bedeutenden Einflufs, welchen ein Erzbischof von
Mainz während einer zwanzigjährigen Amtsführung auf die öffentlichen
Angelegenheiten ausüben mufste, erfahren wir leider gar nichts. Da-
für sollte ein zweites Buch von seinen Wundem berichten, ein drittes
seine Predigten enthalten, aber diese sind beide verloren.
Liupold sorgte auch für die Mainzer Schule durch die Berufung
I) „Vitiifl jejanavit et necessitati manducavit, et omnibus egentibus panis
eui bucellam communioarit. Immunis fuit eiorum qui ad hominum intuitum
runeanteB sive grunnientes sibi tantum vacant solitarii.'' Vitae maj. cap. 22.
») Vita Ä Bardonis auct. Vuhuldo ed. Wattenbach, MG. SS. XI, 317
bis 321; ed. Böhmer, Font. lil, 247—254. Hier heifst der Verfasser Vnlcald;
die Zflge der einsigen Handschrift zeigt das Faosimile auf Tab. IV. Die Ton
Böhmer ervr&hnte Darmstftdter Handschrift ist aas der Würzburger abgeschrieben.
Jseue Ausgabe ron Jaffe, Bibl. 111,511—529.
>) Vita Bardoms maior, MG. SS. XI, 321—342. Fontes lU, 217—247.
BibL III, 529 — 564 als Monacki Fuldeims Vita Bardonis. Vgl. W. Giese-
breeht II, 568. F. Schneider, Der h. Bardo, Mainz 1870.
92 IV. Salier. § 15. Mainx. Marianus Scottus.
des Lütticher Scholasters Gozechin, nnd wie lebhaft hier unter
Heinrich m die wissenschaftliche Thätigkeit war, bezeugt auch die
Disputation, welche der Italiener Anselm in Mainz mit deutschen Ge-
lehrten hielt (S. 2). Von Gozechin besitzen wir einen Brief an einen
gewissen Walcher^), voll bitteren TJnmuths über den Verfall aller
Wissenschaft und die Nichtachtung derselben seit dem Tode Liupolds
und des Kaisers Heinrichs in. Gaukler und Schauspieler, sagt er,
gelten jetzt mehr als die freien Kflnste, und nur Geld und Gewalt
geben Ansehen in der Welt Er ist voll Sehnsucht nach seinem alten
Lüttich, fort aus diesem goldnen Haupt des Beiches (aureum caput
regni). Freilich scheint Gozechin ein alter grämlicher Schultyrann ge-
wesen zu sein; die strengste Zucht, den Stock verehrt er über alles,
und die Auflehnung der Schule von Tours gegen die Autorität, die
Keckheit des Berengar, dieses Apostels des Satans, empört ihn über
alle Mafsen*).
Erzbischof war damals (1059—1084) Sigefrid, wieder ein Abt
von Fulda, dessen im Codex üdalrici erhaltene Briefe uns zeigen, dafs
er entweder selbst eine ausgezeichnete Bildung besafs — und die
Briefe haben ein sehr individuelles Gepräge — oder einen Concipienten
von ungewöhnlicher Tüchtigkeit hatte. Mag es nun Liebe zur Wissen-
schaft oder eine abergläubische Frömmigkeit gewesen sein, die ihn
bewog, Sigefrid liefs im Jahre 1069 einen wunderlichen Heiligen nach
Mainz bringen, den Schotten Marianus nämlich, den er noch als
Abt von Fulda vor zehn Jahren eingemauert hatte.
Dieser Marian war 1028 in Irland geboren und dort mit 24 Jahren
Mönch geworden; er hiefs eigentlich Moelbrigte d. h. der Knecht der
Brigita'). Als seinen Lehrer nennt er Tigemach, wohl ohne Zweifel
den ersten irländischen Annalisten, der diesen Namen fahrte und da-
mals lebte. Im Jahre 1056 verliefe Marian, wie so viele seiner Lands-
leute, die Heimath und wanderte nach dem Continent, wo er zuerst ins
Schottenkloster Grofs- St. -Martin zu Göln eintrat, dann aber (1058)
weiter nach Fulda pilgerte zum h. Bonifatius, den er auch einen Schotten
^) Oozechini epUtola ad Wakhenan bei MabiUon Anall. p. 437.
*) A. Mai, Auctu ciass. V, 425, giebt aus dem cod. Christ. 2078 saee. IX. X.
Verse, die er willkürlich rer&ndert hat, und die auch im cod. Bruxell. 8860—8867
f. 34 stehen. Darin sind folgende Begeln der Schulzucht, welche nach freund-
licher Mittheilung von Dümmler so lauten:
Grandevi torquendi dulci carendo lyeo,
At pigri infantes suaua (1. eaera) flagella ferent.
Dem Verfasser selbst h&tte wegen der Quantit&tsfehler im Hexameter die Ent-
siehung des Weines gebührt.
*) nach Zeufs, Grammatica Celtica I p. XIV.
Gozechin. Marians Chronik. 93
nennt, ffier lieb er sich, wie es damals and besonders bei diesen
Schotten bänflg war, als Klausner einmanem in der Zelle des eben
zuvor yerstorbenen Schotten Animchad auf dessen (xrabe; sein eigenes
Grab grub er sich daneben. Aber wider Willen mufste er seinen Ort
noch einmal verändern , da der Erzbischof Sigefrid ihn, wie gesagt,
1069 nach Mainz bringen lieb und hier im Martinsksoster von neuem
einmauerte. Da ist er 1082 oder 1083 gestorben. Ein Landsmann,
der ihm als Schreiber diente, kam 1071 aus Albania d. i. Schottland,
und war 1072 geneigt ins Martinskloster einzutreten; aber ein h&fs-
licher Streich, den die Klosterknechte ihm spielten, verhinderte ihn
daran^).
Gewifs konnte keine Lage weniger geeignet für einen Historiker
sein, und wenn er dennoch den Namen eines solchen erlangte und
sogar einen bedeutenden Buhm sich erwarb, so verclankt er das nicht
seinen selbständigen Mittheilungen über die Geschichte seiner Zeit,
sondern vielmehr seinen chronologischen Studien. AehnUch wie Hermann
erforschte er mit dem'grOfsten Eifer die Vergangenheit, und zwar
hauptsächlich zu dem Zwecke, die Zeitfolge der Begebenheiten festzu-
stellen'). Astronomische und mathematische Studien waren in den
irländischen Klöstern seit uralter Zeit mit Vorliebe betrieben worden,
und hierauf wandte auch Marian vornehmlich seine Aufhierksamkeit.
Er kam zu dem Besultat, dafs Dionysius sich in seiner Zeitrechnung
um 22 Jahre geirrt habe, und ordnete nun seine Weltchronik, die
übrigens nur aus mageren Auszügen besteht, in der Weise, dafs er
das nach seiner Meinung richtige Jahr voranstellte und an das andere
Ende der Zeüe die gewöhnliche, um 22 kleinere Jahreszahl setzte.
Er theilte seine Chronik in drei Bücher, von denen das erste die
alte Geschichte, das zweite das Leben Christi und seiner Jünger, das
dritte die neuere Geschichte enthält, anfangs nur bis zum Jahre 1073,
dann aber fortgesetzt bis 1082. Nur dieses letzte Buch ist nach der
im Vatican erhaltenen Original -Handschrift abgedruckt in den Monu-
menten^), während bis dahin nur interpolierte Texte bekannt waren.
^) Zeufs, Grsmmatioa Celtica I p. XXVIII.
*) Ueber einige von ihm benutzte Handschriften s. Giesebrecht in Bchmidts
Zeitschrift ftir Ge^hichte TU, 564. MüUenhoff und Scherer S. 496. Mommsen,
Chron. Cassiod. p. 580.
>) MarioM Scotti Chroniam ed. Waitz, MG. SS. V, 481— 568; cf. X,
476, wo eine Stelle WilhelniB von Mahnesbury Über ihn nachgetragen ii»t.
VgL auch die Annalium Angliae Ezcerpta, SS. XVI, 480. Giesebr. III, 1038.
DOmmler Ostfr. II, 498 n. 1 bemerkt einen vom Heransgeber flbersehenen eigen-
thümlichen Zusats zu 922 (900). Er scheint Aufzeichnungen aus Grofs-Sanct-
Martin in Cöb gehabt zu haben, s. unten { 20. Forsch. XVI, 169—171 giebt
Dümmler eine abweichende Recension der Jahre 1065—1072.
94 ^^* SAlier* ! Id* Mainz. Maruuias Scottus« {16. Lothringen. Trier.
Als Geschichtsquelle ist sein Werk fast ohne Bedeatong bis auf einige
Nachrichten ans den letzten Jahren. Marian hat nur wenige der haupt-
sächlichsten und allgemein bekannten Thatsachen kurz verzeichnet und
ohne Betrachtungen angemerkt; merkwürdig sind seine Nachrichten
über Irland und über die Schottenmönche in Deutschland, sowie einige
Notizen zur Geschichte der Erzbischöfe Yon Mainz. Auffallend ist,
wie roh und fehlerhaft trotz seiner Gelehrsamkeit Marianus Sprache
und Orthographie sind, was auch bei anderen Au&eichnungen dieser
Schottenmöche auf^t. In Mainz wurde eine kurze Fortsetzung von
1101 bis 1106 hinzugefügt, der Zwischenraum aus den Annalen von
St. Alban ausgefQllt.
Die Zeitgenossen Marians schätzten sein Werk sehr wegen der
chronologischen Untersuchungen, so namentlich Sigebert von Grembloux.
Besonders aber fand es in England Verbreitung und Fortsetzungen^),
vorzüglich von Florentius von Worcester, aus welcher Waitz Auszüge
bis zum Jahre 1117 mit seiner Ausgabe verbunden hat. In Deutsch-
land entstanden aus einer Yermischung von Auszügen aus Marians
Werk und den Annalen von St. Alban nebst anderen Zuthaten die
Disibodenberger Annalen, welche lange Zeit irriger Weise als die echte
Chronik des Marian betrachtet worden sind. Jene Annalen von
•
St. Alban*) aber sind wiederum nichts als ein Auszug aus der Würz-
burger Chronik^ der im Albanskloster zu Mainz mit einigen Auszügen
aus älteren Annalen'), mit Angaben über die Folge der Mainzer Erz-
bischöfe und wenigen eigenthümlichen localen Nachrichten verbunden
wurde. Vom Jahre 1057 an fehlt uns die Quelle fOr diese Compilation,
aber sowohl die Yergleichung mit Ekkehard, den Bos^enfelder und Ell-
wanger Annalen, als auch die Beziehungen auf Würzbnrg zeigen, dafs
auch in diesem Theile von 1059 — 1101 die Würzburger Quelle noch
vorlag und die eigenthümlichen Zusätze nur gering sind. Weiter reicht
die Handschrift nicht, aber aus verschiedenen Gründen haben Waitz
^) Die merkwürdige Steile der Contin. II, p. 564 zum Jahr 1086 über die
Katastrienmg Ton England ist volUt&ndiger SS. XVI, 492 ex cod. Ann. Mosel-
lanorum.
*) Als Afmales Wirzilmrgemes gedr. MG. SS. II, 238— 247; Tgl. Waita,
die Annales S. Albani, Nachr. 1867, S. 55; Scheffer-Boicborst, Annales Pather-
brannenses; W. Sehum, Die Jahrbücher des St. Albanklosters , Gott. 1872.
Bec Ton Scheffer-Boicborst in Sybels HisL Zeitschr. XXVIII, 426—430.
Einige Nachrichten über das Kloster finden sieb in der fabelhaften V. St. Al-
bani, dem Enbbcbof Sigefrid und Bardo, Abt von St. Alban, Neffen des
Ersbiscbofs Bardo, vom Mönch Goswin am 1072 gewidmet, Ganis. ed. Basn.
IV, 158—166, cf. D. Papebrocb, Acta SS. Jun. IV, 88.
') am meisten denen ron Fulda nnd Hersfeld verwandt. Die früher an-
genommene Benutzung von Marians Chronik hat Schum widerlegt.
Die Annalen Ton St. Alban. 95
imd Scheffer-Boichorst auch die weitere Fortsetzung der HUdesheimer
Annalen bis 1109 (S. 23) fQr diese Quelle in Anspruch genommen.
Es ist der werthyoUste Theil; ganz abweichend von der früheren Dürf-
tigkeit wird hier in ausführlicher Erzählung eines wohlunterrichteten
Zeitgenossen Yorzüglich über die letzte Catastrophe Heinrichs IV be-
richtet^). Für diese Aufzeichnungen hat nun W. Schum einen Speierer
Verfasser nachzuweisen gesucht, allein wohl mit besserem Becht ist
ihm Scheffer-Boichorst entgegengetreten. Der Abt Dietrich Ton St. Alban
war bei diesen Verhandlungen selbst thätig, und man war hier voll-
kommen in der Lage, gut unterrichtet zu sein. Noch weitere Fort-
führung bis 1117 (nach Giesebr. in, 1065 sogar bis 1130) ist in den
Disibodenberger Annalen kenntlich; auch in anderen Schriften wurden
die Annalen von St. Alban benutzt und wir werden sie noch öfter zu
erw&hnen haben.
§ 16. Lothringen. Trier.
Lothringen war die Brücke zwischen Frankreich und Deutschland;
wie von allen Seiten lernbegierige Schüler nach Lüttich eilten, so be-
suchten die Lothringer die französische Schulen zu Reims, Chartres
und Mouson. Ebenso standen die Vork&mpfer der strengen Eloster-
zucht hier in genauester Verbindung mit Cluny, Dijon und ande)ren
französischen Klöstern, und sie entsandten wieder Mönche nach Deutsch-
land, um dort zu reformieren.
Das litterarische Leben hatte sich in diesen gesegneten Landen
sehr reich entwickelt, und so wie hier frühzeitig die einzelnen Teni-
torien zur Selbständigkeit gelangten, so entstand auch eine zahlreiche
Litteratur von Localgeschichten. Wir besitzen Bisthumsgeschichten
von Trier, Verdnn, Toul, Lüttich, Cambrai, Elosterchroniken von
Moyenmoutier, Chaumouzey, St. Mihiel, St. Lorenz bei Lüttich, Gem-
bloux, St. Trond, Cateau-Cambrteis und dazu eine Fülle von Biogra-
phieen, welche uns das Leben und Treiben in diesen Gegenden leben-
diger vor Augen bringen als irgendwo sonst.
Trier selbst, die Metropole, scheint mit den Lebensströmungen
der Zeit nur wenig in Verbindung gestanden zu haben. Man vertiefte
sich hier ganz und gar in die Zeiten des Alterthums und bestrebte
sich, diese möglichst auszuschmücken; man suchte sehr fleiüsig alle
Nachrichten zusammen und half mit Erfindungen und Fabeln nach,
wo die üeberlieferung zu ungenügend war. Die geschichtlich werth-
Vgl. dasu A. ▼. DruffBl, Heinrich IV and seine Sohne (1862) S. 32.
96 I^- Salier. § 16. Lothringen. Trier.
losen Legenden, welche hier im elften Jahrhnndert verfabt wurden,
liegen unserem Zwecke fem; Waitz hat in der Einleitung zu den
Gestis Trevirorum ihre allmähliche Entstehung und Erweiterung unter-
sucht. Eine Hauptwerkstatt war das Mathiaskloster; hier schrieb
auch im Anfang des elften Jahrhunderts der Mönch Dietrich seine
Schrift über die Auffindung und Wunder des h. Celsus, welche er
seinem Abte Bichard widmete. Sie enthält einige geschichtliche Nach-
richten über den Erzbischof Egbert (977 — 993), den Hersteller des
Klosters, unter dem jene Gebeine erhoben wurden^).
Im Martinskloster überarbeitete etwas später der Abi Eberwin
eine alte Legende vom h. Magnericus, dem Stifter des Klosters'),
und derselbe beschrieb auch das Leben und die Wunder des Mönches
Symeon vom Berge Sinai, der mit dem Abt Bichard von Yerdun aus
dem h. Lande gekommen war und bis an seinen Tod im Jahre 1035
in Trier lebte'). Aufserdem hat uns Eberwin eine lehrreiche Auf-
zeichnung hinterlassen, über die Beraubungen des Klosters, die Her-
stellung desselben durch Erzbischof Dietrich (965 — 977) und die ün-
thaten des Probstes Adalbero von St. Paulin ^).
Im Jahre 1066 vermehrte ein neuer Märtyrer die Zahl der
trierischen Heiligen, Kuno oder Konrad von Pfnllingen, Domprobst
zu Cöln und Neffe des Erzbischofis Anno, der ihn der Trierer Kirche
gegen ihren Willen aufdrängen woUte. Er bübte dafür mit dem Tode,
indem der Stiftsvogt Dietrich ihn auf grausame Weise umbringen liefs.
Bischof Dietrich von Yerdun bestattete ihn im Kloster Tholey, wo na-
türlich die Wunder an seinem Grabe nicht ausblieben. Auf den Wunsch
der Mönche schrieb etwas später ein fremder Gast, der erst nach
dieser Zeit in ihr Kloster aufgenommen war, auch Dietrich genannt,
ein Büchlein über das Leben Konrads und die Wunder an seinem
Grabe. Von seinem Leben wufste er aber fast nichts und half sich
wie gewöhnlich mit schwülstigen Phrasen'). Der Bischof Dietrich
von Yerdun war ein treuer Anhänger des Königs, und daraus er-
klärt sich, dafs sein Namensgenosse sich nicht zu scheuen brauchte,
1) Ex TranslaHone S. CeUu, ed. Waits, MG. SS. VIII, 204—208. ZwUchea
1050 und 1070 wurde nach Waitz die F. S. AgritU geschrieben, welche den
Bestand der Ueberlieferung und Dichtung vor 1072 seigt; Acta SS. Jan.
I, 773-781, Excc MG. SS. VIII, 211.
«) F. S, Magnerici, Acta SS. JuL VI, 183-192. Excc. MG. SS. VIII, 208.
cf. Hirsch, Heinrich II, 11, 201.
") V, Symeoms heremitae, Acte SS. Jun. I, 89- 9ö. Mab. VI, 1, 371—381 ;
Excc. MG. SS. VIII, 209.
*) Herausgegeben von F. X. Kraus in den Jahrbb. d. Rheiul. XLIV,
167 — 170 mit dem üblichen Lesefehler idem ftlr id est,
^) Vita et Porno Conr. archiep. auct. Theoderico ed. WaitE, ib. 212—219.
Trierer Legenden. Wenrich. 97
ihm ein Buch zu überreichen, in welchem eine heftige Feindschaft des
Verfassers gegen Grregor VU sehr offen ansgesprochen ist^). Ich
denke, es wird derselbe gelehrte Mönch Dietrich sein, welcher fCkr
Bgilbert von Trier (1079—1101) zwei Bücher gegen Gregor VU
schrieb, und dafür die Abtei St. Martin an der Mosel erhielt^). Diese
sind verloren; dagegen besitzen wir noch ein besonders merkwürdiges
Schreiben, welches im Namen eben jenes Bischofs Dietrich von Yerdan
von dem Trierer Scholasticus Wenrich verfafst nnd an Gregor YJl
gerichtet ist; der Yerfeisser entwickelt darin, warum es ihm, obgleich
mit den wesentlichsten Grundsätzen Gregors einverstanden, doch un-
möglich ist sein Verfahren zu billigen und seinen Geboten zu folgen*).
Becht lebendig gezeichnet wird diese Zeit durch zwei Briefe desselben
Bischofs aus dem Jahr 1080; in dem einen fordert er auf zur Los-
sagung von Gregor VU, im folgenden zieht er sich wegen des kühlen
Empfjftnges von Seiten seines Clerus wieder zurück^).
Konrads Nachfolger Udo (1066 — 1077) widmete der Abt Nizo
von Metlach das Leben des Bischofs Ludwin aus dem siebenten Jahr-
hundert^), und um dieselbe Zeit scheint auch die Legende seines Vor-
gängers Bas in US geschrieben zu sein^), beide voll von Fabeln und
ohne geschichtlichen Werth.
Einen erheblichen Zuwachs erhielt der trierische Sagenkreis im
Jahre 1072 durch die Auffindung zahlreicher Beliquien in der Kirche
des h. Paulinus, mit denen eine Bleitafel mit einer Inschriffc zum Vor-
schein kam ^). Mit neuem Eifer wurde nun die Vorzeit Triws behandelt,
über die man die Gegenwart sowohl wie die näher liegende Vergangen-
heit vergafs, bis endlich im Mathiasstifk, wie es scheint, bald nach
^) Sed statim eodem anno eodemque tempore saneta ecciesia tanto diseen-
fiionuDi et perturbationum coepit agitari turbine, ut diutina beUorum per civÜe
bellum flnciuatione, quid sit pax videatur ignorare. Statim enim .... vita
deee^^it sedia apostolicae venerabilis pontifex Alezander, cui snccedens Hilde-
branduä peetifer in diebni olBoii sui calicem irae Dei uniTerao propinavit orbi,
cujus amarissimo sapore adhuc et in poeterum dentes filiomm obstupeseere
habent) niAi tribuat miserendi tempus, cujus etc. p. 217.
s) Qesta Treverorum c. 14, SS. VIII, 188.
») Marlene Thes. I, 214, rgl. Stenzel I, 498. Helfeastein S. 51. 115. 167.
Oieäebrecht III, 1049. Ueber die bis jetat ungedntokte Entgegnung Mangolds
von Lauten bach s. oben S. 44.
«) Im Cod. Udalrid bei Jaffö, Bibl. V, 129—131.
») S. darüber J. Perier, Acta SS. Sept. VIII, 159. Der eigentliche Ver-
fasser scheint Theofrid von Echternach zu sein. Weiland SS. XXIII, 13 stimmt
darin Perier bei; was er gegen die Vermuthung, dass auch V. Basini Yon ihm
sei, einwendet, ist mir nicht überseugend.
•) Acta SS. Mart. I, 315 - 320. cf. Rettb. I, 469. Waitz, MG. 88. VIII, 1 16.
^) Dadurch veranlafst wurde die Uistoria martyrum Treverenäumy Acta
SS. Oct. II, 373. Excc. v. Waitz, SS. VIII, 220.
Wattenbaeh, OMchiobtaquellen II. 4. Aufl. 7
98 IV. Salier. | 16. Lothringen. Trier. § 17. Mets.
dem Anfang des zwölften Jahrhunderts die Vorgeschichte mit der Ge-
genwart in Verbindung gebracht wurde. Es war ein löbliches unter-
nehmen, nur waren die HtÜfsmittel des Verfassers aufserordentlich ge-
ring. Sie beschränkten sich vom neunten Jahrhundert an fast ganz auf
die Chronik des Begino nebst einer dürftigen und unsicheren üeber-
liefemng^). Dieses Werk nun, welches bis 1101 reicht, bildet die
Grundlage der bis in die neuere Zeit fortgesetzten Bisthumsge-
schichte, die sich bald zu einer bedeutenden Geschichtsquelle ent-
wickelte. Sowohl im Mathiasstifb als auch auTserhalb desselben, wurde
der sagenhafte Anfang immer von neuem überarbeitet und vermehrt;
einer dieser Bearbeiter, vielleicht ein Mitglied der Domgeistlichkeit,
setzte an die Stelle der übermäbig dürftigen Nachrichten über das
elfte Jahrhundert eine ganz selbständige Fortsetzung von 1015—1132,
die anfangs freilich wenig zuverlässig, später voll Feindseligkeit gegen
Heinrich IV ist. Zuletzt berichtet er selbsterlebtes mit dankenswerther
Ausführlichkeit'). Unabhängig davon findet sich in einer anderen
Handschrift eine Geschichte des Erzbischofs Godefrid (1124—1127)'),
und ein Mönch von St. Mathias verband mit einer neuen üeberarbei-
tung eine Fortsetzung bis 1152, die grofsentheils dem Leben des Erz-
bischofs Adalbero (1131—1152) entnommen ist*).
Nicht recht unterzubringen weifs ich ein gar wunderliches Gedicht
mit viel pedantischer Gelehrsamkeit, übrigens aber sehr barbarisch
und kaum verständlich, die Klage eines zum Eirchendienst comman-
dierten Schulmeisters, wie es scheint aus Trier. Ein Bruder Win rieh
wird darin erwähnt; ob er aber der Verfasser ist, scheint zweifelhaft^).
in dem Kloster Epternach machte der Abt Theofrid oder
Thiofrid (f 1110) sich durch einige Legenden bekannt, von denen
') Oesta Treverormn ed. Waitz, die erste kritische Ausgabe, MG. SS. VIII,
111 — 174. Eine merkwürdige Kritik der Fabelgeschichte aas dem zwölften
Jahrhundert S. 117. Leider nicht benutzt ist eine sehr fleifsige, mit rieler
liitteratorkenntnifs gemachte Arbeit, welche besonders von den Nonnenklöstern
Oeren und Pfalzel, und ihren Stifterinnen Adela und Irmina handelt; mit
vielen Lesefehlem herausgegeben von Kraus in den Rheinl&nd. Jahrbb. XLII,
122 — 187. Vgl Arch. VII, 517. Die Vita Bonifatii wird hier LuUus zuge-
schrieben. — Ueber Handschriften der Fortsetzungen Arcbiv XI, 356 — 376.
391. — Kurze Annale S. Eucharii Trev, (des Mathiasstifts) von 1015—1092,
SS. V, 10. Bischofsreihen (nur Namen) Fontt. IV, LIII und 458; Birlinger
in d. Zeitschr. f. D. Alt. XV, 371.
*) CofUinuatio L 1. 1. p. 175—200. Vgl. Kolbe, Erzb. Adalbert u. Heinr. V
(1872) S. 135—137.
') QeMa Qodefridi^ zum ersten Male publicirt 1. c. p. 200 — 204.
*) S. 234—260.
*) Kraus im Jahrbuch d. Alterthumsfreunde im Rheinland L, 233 — 247,
wohl nicht ohne Lesefehler.
Gesta Treverorom. Thiofrid. Metz.
seine Bearbeitong des Lebens Sanct Willibrords schon früher (I, 111)
erwähnt wurde. Yen der Kaiserin Theophano und Otto EU erhielten
die Eptemacher ein wundervolles Evangelienbuch in Goldschrift, welches
jetzt in Gotha ist^); ein anderes» zur besonderen Verherrlichung Hein-
richs m und seiner Mutter Gisela prachtvoll geschmücktes ist jetzt
in Bremen^).
Die Prümer necrologischen Annalen mit einigen geschichtlichen
Nachrichten harren noch einer vernünftigen Ausgabe').
§ 17. Metz.
In Metz dauerte auch in diesem Zeiträume die litterarische Tha*
tigkeit forty doch ist uns nur wenig erhalten; verloren ist die von
Hugo von Flavigny erwähnte Lebensbeschreibung des Bischofis Die«
trich n (1005 — 1047)^) und vermuthlich noch manches andere. Von
Sigifrid, dem Abte des nahen Klosters Gorze, haben wir Briefe^
in denen er voll canonistischen Eifers alles aufbietet, um die Ehe
Heinrichs HL mit Agnes von Poitiers wegen zu naher Verwandtschaft
zu hintertreiben^ und es ist ein merkwürdiges Zeichen für die Bück-
sichten, welche auch damals Schriftsteller zu nehmen hatten, dafs sich
dieser Umstand sonst gar nicht erwähnt findet. Aufserdem ist auch
Sigifrid wohl der erste, welcher über das Eindringen französischer
Moden in Deutschland klagt ^).
Die Lütticher Schule mufs sehr stark auf Metz eingewirkt haben,
da Sigebert von Gembloux von 1048—1070 Scholaster von St. Vincenz
war, und 1073 der Lütticher Domprobst Hermann Bischof wurde (bis
1090). Dieser Hermann war in früherer Zeit befreundet mit Berengar*);
bekannt sind die Schreiben von Gregor VII an ihn, in welchen der
Pabst seine Zweifel an der Bechtmäfsigkeit des Bannes gegen den
König zu widerlegen sucht, und das Schreiben Gebhards von Salzburg
an Hermann über denselben Gegenstand.
In seinem letzten Lebensjahre erhob Bischof Hermann zum Abt
1) Jacobii und Ukert, Beitr&ge II, 28.
*) H. A. MüUer m d. Mitth. der kk. Centralkomm. 1862, M&re. Serapenm
1866, InteUigenzbl. X. 20. — Abtfolge bei Mart. Coli. IV, 606; 88. XXUI,
30—38
•) Mart. CoU. IV, 617. Wardtwein Subs. XII, 326—333. Arch. lU, 22—27,
TgL Vn, 141. Fontt. IV, 460 nur die Königsreibe, das überflfissigste.
*) Ademar bezeicbnet ihn in seinem auch an ihn gerichteten Briefe, als
grammatieus, Mab. Ann. IV, 717.
*) Diese swei Briefe sind jetit abgedruckt in W. Giesebreehte Geschichte
der Kaiseneit II, 702—708; vgl Steindorff I, 188-192.
*) Ein Brief an ihn bei Sudendorf, Berengarius Turonensis 8. 176.
. -7* .
•* j
j j
100 IV.. Salier. {17. Metz. {18. Toni.
des Klosters Senones den Antonius, gebärtig ans Pavia, der nicht
nnr die Zucht in dem ganz verwilderten Kloster herstellte, sondern
auch die Kirche neubaute; er scheint sich durch Kunstliebe und Kuhst-
fertigkeit in ungewöhnlichem Grade ausgezeichnet zu haben. Nach
seinem Tode 1137 wurde sein Andenken in leoninischen fiexametem
von einem seiner Mönche gefeiert^).
Als zu Heinrichs V Zeit der Investiturstreit mit neuer Heftigkeit
entbrannte, erwählten 1117 die Gregner des Bischofs Adalbero, be-
sonders der Archidiaconus Adalbero, der später Erzbischof von Trier
wurde, zum Gegenbischof den Abt von St. Georgen im Schwarzwalde,
Theoger oder Dietger.
Dietger war ein Schüler des weitberühmten Lehrers Mangold
(nicht des von Lautenbach); er erwarb sich unter seiner Leitung be-
deutende Kenntnisse, namentlich in der Musik, über welche er auch
ein Werk verfafst hat. Dann wurde er Canonicus von St. Cyriak bei
Worms ^) und stand hier der Schule vor; als er aber einmal eines
Geschäftes halber nach Hirschau kam und hier den Abt Wilhelm pre-
digen hörte, entschlofs er sich plötzlich, Mönch zu werden. Bald
wurde er Prior von Reichenbach, dann 1088 Abt von St. Georgen,
wo er dreifsig Jahre lang eine sehr bedeutende Wirksamkeit übte,
nicht blofs in seinem eigenen Kloster, sondern auch auf andere ihm
untergebene, zum Theil von ihm gegründete. Als nun 1117 der Kar-
dinal Kuno von Präneste als Legat nach Frankreich kam, wurde auf
seine Veranlassung Dietger wie gesagt zum Bischof von Metz erwählt,
und gegen seinen Willen gezwungen, die Weihe anzunehmen. Er ge-
langte jedoch nie zum Besitze des Bisthums und starb schon 1120 in
Cluny. Sein genauester Freund und unzertrennlicher Begleiter schon
in St. Georgen war Erbo, der 1121 Abt von Prüfening bei Begens-
burg wurde (bis 1162), und dieser veranlafste zwischen 1138 und
1146 einen Mönch seines Klosters das Leben Theogers nach seinen
Mittheilungen zu beschreiben. Bibelsprüche, seltsam gemischt mit
einzelnen Versen Virgils und sallustischen Ausdrücken, Schilderungen
mönchischer Kasteiungen und Wundergeschichten sind darin reichlich
vorhanden; es ist der Geist jener Klöster des Schwarzwaldes, welchen
diese Schrift recht lebendig darstellt; der Verfasser schildert die Blü-
thezeit dieser Hirschauer, welche, als er schrieb, bereits vorbei war.
Damals, sagt er, waren diese Mönche so verehrt vom Volke, dafs niemand
zu seinem Schutze ein besseres Geleit haben konnte, als einen von
^) Elogium Antonü abb, bei Hugo, Sacme Ant. Mono. II, 420^—424.
>) Nicht bei Mainz, wie in der Vita steht; berichtigt von Ad. Helmsdörfer,
Wilh. y. Uiracbau S. 41.
. V • • * • -
Vita Theogeri. Bruno von Toni. \()\
ümen. Jetzt aber sind wir zum Flnclie worden und ein Schauspiel
der Welt nnd den Engeln und den Menschen. Die Krone unsereB
Hauptes ist abgefallen. wehe, dafs wir so gesündigt haben!
Von besonderer Wichtigkeit aber ist das zweite Buch, welches
sehr genaue Nachrichten über Euno von Präneste und seine Legation
enthält. Leider ist diese Schrift uns nicht ganz vollständig erhalten;
Thrithemius hatte noch ein unversehrtes Exemplar, und seine Auszüge
dienen zur Ergänzung der Lücken^).
§ 18. Toni.
Das Bisthum Toul wurde besonders verherrlicht durch die Erhe-
bung des Bischofs Bruno auf den päbstlichen Stuhl; einige Jahre
lang (1049 — 1051) vereinigte er beide Würden, und im Jahre 1050
bei seiner Anwesenheit in Toul nahm er seinen Vorgänger Gerhard
(963—994) in die Zahl der Heüigen auf und liefs seine Gebeine feier-
lichst erheben. Das Leben dieses Bischofs zu beschreiben, hatte er
schon früher den Abt von St. I)vre, Wide rieh, veranlafst, der mit
grofsem Eifer die von. Wilhelm von Dijon ausgehende Beform. auf die
Klöster dieses Sprengeis übertrug. Die Schreibart ist daher die ge«-
wohnliche dieser frommen Eiferer, um so mehr da er fast nichts that^
sächliches über den Mann wufste. Später fügte er noch ein zweites
Buch über die Canonisation Gerhards, die Erhebung seiner Gebeine
nnd die Wunder an seinem Grabe hinzu').
Das eigene Leben des Bischofs Bruno (Leo 's JX) beschrieb
Wibert, Archidiaconus der Tuller Kirche, panegyrisch natürlich, aber
durch gute Nachrichten schätzbar, doch darf man, wie gewöhnlich,
über die gröfseren geschichtlichen Verhältnisse, in welchen Leo sich
bewegte, keine Aufklärung darin suchen'). Ein Leben seines Nach-
folgers Udo (1051—1069) unter Bischof Pibo (1069—1107) verfalst,
ist leider verloren^). Pibo war von vornehmer sächsischer Herkunft,
ein Schüler Anno's, ehe dieser Erzbischof wurde, dann Domherr zu
Vita S, T/ieogert ed. Jaffa, MO, S8. XII, 449—479. Brenneeke, Leben
jmd Wirken dea h. Theoger, Dias. HaL 1S73.
s) Vüa S. Qerardi Tullenns auct. Widrico abb. 8. A^ ed. Waiu, MG.
BS. lY, 485 — 509. Vgl. Giesebrecht 11,567. Ein Ge4icht desselben Inhalts
Ton ihm hei Benpit, Hist. de Toul p. 313. Reichhaltiger Bibliothekseatalog
jaec XL ans St. Evre, ed. Dooen, N. LiL Ans. ▼. 1807 S. 67—75.
>) Vita S, Leonis IX auct. Wiberto, Acta SS. Apr. II, 648. Mab. VL
2,49. Eocard Origg. Habsb. Probatt. p. 171. Mural. III, 282— 299. Watterich
I, 127 -- 170. Vgl W. Giesebreeht, Geschichte der Kaiseneü II, 568.
«) MG. 88. ym,63i.
102 IV. SaUer. § 18. TouL { 19. Verdun.
Halberstadt, endlich königlicher Caplan nnd Kanzler^); seine Weihe
stieb auf Hindemisse, wnrde aber dnrch Udo von Trier voll-
zogen *).
Zu AnfEmg des zwölften Jahrhunderts wurde auch eine Bisthnrns-
geschichte von Toni verfafet, die bis 1107 reicht, aber nicht sehr
reichhaltig nnd wenig belehrend ist'). Schon früher, noch zu Leo*s IX
Zeit, hatte ein eben&lls ungenannter Mönch die (beschichte des Klosters
Moyenmoutier beschrieben, war aber nnr bis zmn Jahre 1020 ge-
kommen. Anch diese Schrift ist nnr von geringem Werthe^).
Bei weitem merkwürdiger und lehrreicher ist die Gründnngsge-
schichte von Chaumonzey bei Spinal, nm das Jahr 1109 von dem
ersten Abte Seher ver&üst'). Derselbe Trieb, der in die Klöster des
Schwarzwaldes solche Schaaren trieb, dafs immer neue gebaut werden
mnfsten, wirkte anch hier. Um einen frommen Einsiedler bei Bemi-
remont sammeln sich Männer^ die der Welt müde sind, und nach des
Eremiten Tode wählen sie aus ihrer Mitte Seher zum Vorsteher. Die
neu begründete Kirche des heiligen Leo IX wird ihnen übergeben
(1091), und ein kinderloses Ehepaar schenkt ihnen das Gut Chau-
monzey. Sogleich beginnen auch die Sorgen. Sie müssen sich zu
einer bestimmten Kegel bekennen und bilden sich nun erst aus zu re-
gulierten ChorheiTen, deren Orden im An&nge des zwölften Jahrhunderts
grofse Ausbreitung gewann. Andererseits haben sie nun ihren neuen
Besitz zu vertheidigen gegen die armen, aber raublustigen Vettern der
Stifter und gegen die Ansprüche der reichen Aebtissin von Bemiremont.
Jene greifen mit Gewalt zu, diese macht durch ihr G«ld jeden Becht-
spruch unwirksam. Der Abt Seher hat das alles beschrieben, um
seinen Nachfolgern zur Anweisung und Nachricht bei ähnlichen An-
fechtungen zu dienen: daher finden wir hier einmal keine Phrasen,
sondern eine klare und bestimmte Darstellung mit Urkunden. Wir
sehen deutlich, wie die weltliche Justiz des Herzogs gar keinen Schutz
gewährt, die bischöfliche bei gutem Willen wenig ausrichten kann,
und allein die päbstliche zwar langsam und mit grofser Weitläufigkeit,
zuletzt aber doch wirklich Hülfe schafft. Ausreichend jedoch ist auch
1) Gests Toll. c. 45, SS. VIII, 646.
*) Daron handelt ein merkwürdiger Brief Udo's in SndendorfB Begistram 1,6.
s) Qesta episcoponm TtUlensium ed. Waits, MG. SS. VIII, 681 — 648.
Bischofsoatalog bis ^{chwin (1108—1126) ed. Birlinger in Haupts Zeitschr.
XV, 370.
*) lÄber de 8, Hidulfi äuccesaorilnu in Meditmo Monasterw ed. Waitc, MG.
SS. IV, 86—92.
•) Sehen Primordia Cahnonacensia ed. Jaffö, MG. SS. XH, 324 — 347.
Dahamel, Doeaments rares on in^dits de I'histoire des Vosges, II, 1869, mH
einem Capitel mehr am Schiuls; vgl. G. Waiu GGA. 1870 S. 1993.
Ghanmousey. Hugo Metellas. X03
diese nicht; das Ende ist znletzt immer ein Vergleich, und namentlich
die hungrigen Vettern wissen sich für ihre räuberischen Anfälle schliefs-
lich m allen Fällen dieser Art noch em gutes Stück Greld zu verschaffen.
Besonderes Interesse gewährt aber diese Schrift noch dadurch,
dafe gerade der Legat Bichard von Albano 1105 um HflHe ange-
sprochen wird und von Heinrich V Schutzbriefe erwirkt, welche seiner
damaligen Lage gemäTs von Devotion gegen die Mutter Kirche über-
strömen. Sehr merkwürdig ist auch die Verhandlung vor Paschalis II
zu Langres im J. 1107, als noch das Verbot jeder Verfügung über
Kirchen von weltlicher Hand aufrecht erhalten wurde, ein Princip
welches auch den Besitzstand der Klöster geföhrdete.
In eigenthümlicher W^e behandelte den Investiturstreit Hugo
Metellus aus Toul, ein Schüler des Ticelin, später auch des hoch-
berühmten Meisters Anselm von Laon, zuletzt regulierter CShorherr im
Kloster des h. Leo, indem er nicht ohne Geschick und sprachliche
Gewandtheit Pabst und Kaiser ihi-e Gründe in Hexametern dialogisch
vortragen Uefs^). Aehnlicher Art, aber unbekannter Herkunft ist der
Streit zwischen Clemens und ürban II, welche sich zuletzt dahin
einigen, ihre Ansprüche durch ein Concil entscheiden zu lassen').
Wohlgemeinte Verse aus etwas späterer Zeit mit dem AnJEang Anulua
et baculus empfehlen die Einigkeit beider Mächte, indem jede auf ihr
Gebiet sich beschränkt; von der eigentlichen Schwierigkeit der ver-
wickelten Frage hat der Verfasser keine Ahnung').
Sehr scharfe Ausfälle gegen die Bestechlichkeit und Geldgier der
Curie enthält die in recht guten Hexametern verfE^ste Klage über die
Ansschüefsung der Pfaffenkinder vom Priesterstand, welche dem Ende
des elften Jahrhunderts anzugehören scheint*).
§ 19. Verdun. Der Abt Bichard und seine Schüler.
Hugo von Flavigny.
Aus dem Sprengel von Verdun besitzen wir eine recht gute Lo-
calgeschichte des Klosters St. Mihiel an der Maas, die bis zum
Jahre 1034 reicht^), und die von Berthar begonnene Bisthums-
') Hugonü Meteüi Certamen papae et reffis. Der Anfang dATon ist ge-
druckt bei Da Mdril, Poösies populaires Lat. (1843) p. 405. Vgl. ArohiT VII,
1006. NA. II, 404. Anfflerdem haben wir Ton ihm 65 Briefe, ed. Hugo, Saorae
Antiq. Monn. II, 312 — 420. Zwei an Albero von Trier, den er lu gr^Cserer
Snergie antreibt nnd Tom Wohlleben abmahnt, auch in Mascorii Comm. de
rebus Imp. sub Loth. p. 344—348. Cf. Eist. litt. XII, 493—511.
*) AUercatio inter ürbanum et dementem im Cod. Udalr. BibL V, 158—161.
S) Gedr. im Ana. d. Germ. Mus. XXIU (1876) 335. XXIV, 14.
*) Querela in gratiam nothorum, Bouq. XI, 444.
*) Chromcan S, Michaelis in pago Virdunensi ed. Waita , MG. SS. IV,
104 ^^* Salier. § .19. Verdau. Abt Richard. Hugo Ton Flavigny.
gesohichte föhrte ein Mönch von St. Yannes weiter bia 1047^).
Die Verbrennimg der Stadt durch Herzog GotMed in diesem Jahre
wird die weitere FortscrIziiBg gehindert haben.
Wir haben oben gesdien, wie jene Miliz Gregors YII, die Mönche
der neuen von Cluny ausgegangenen strengen Biohtmig, im gAdliehen
Dentechland besonders dnrch Wilhehn von Hirschan festen Fnfs
fafeten. In ähnlidier Weise wirkte in Yerdnn schon Mher der Abt
Richard. Er war in Reims zmn Weltgeistlichen erzogen, aber
von dem damals so gewaltigen Mönchsgeiste erfafst, trat er ein in
das KLoster St. Yannes (S. Yitoni) zu Yerdnn, wo unter dem Abte
Fingen sieben Schottenrnönche von lockerem Wandel (pamm lauda-
bilis vitae) hauafeen. Yergeblich suchte er hier mit seinen Ideen
durchzudringen, und er begab sich deshalb nach Cluny zu dem Abte
Odilo. Dieser jedoch sandte ihn nach einiger Zeit zurück in sein
Kloster; nach Fingens Tode 1004 erhielt er selbst die Abtei, und
nun reformierte er zuerst diese, dann aber nach und nach noch
zwanzig andere Klöster in Lothringen und in Frankreich, die ihm
untergeben wurden. Bis an s^en Tod 1046 stand er in grofsem
Ansehen; Kaiser Heinrich III, der sich selbst eifrig der Kloster-
reform annahm, verehrte ihn sehr und nicht minder der König von
Frankreich. Es ist leicht einzusehen, dafs ein so angesehener Mann
auch eine bedeutende politische Wirksamkeit ausüben mu&te; wie auf
der vornehmsten Bühne die Aebte von Cluny zwischen Pabst und
Kaiser vermittelten, so gelang es diesen, mehr durch ihr persönliches
Ansehen als durch äufsere Mittel mächtigen Aebten hftufig, die Erhal-
tung oder Herstellung des Landfriedens zu bewirken und alte Fehden
beizulegen; ja der Abt Poppe von Stablo brachte 1032 den Frieden
zwischen Kaiser Konrad und König Heinrich von Frankreich zu Stande»
nachdem andere Yermittler vergeblich daran gearbeitet hatten.
Die Lebensnachrichten über den Abt Richard finden sich theils
bei Hugo von Flavigny, theils bei seinem Biographen, einem Mönche
von St. Yannes, der aber erst im Anfange des zwölften Jahrhunderts
mit Benutzung der Bisthumsgeschichte und der mündlichen Ueber-
lieferung seine nicht sehr reichhaltige Schrift verfafste^). Bedeutender
78 — 86 and nach der wiedergefundenen Handschrift zuerst gans voUst&ndig
von L. Trols, Hamm 1857, 4.
') Oesta ejmc^MTum Virdwwimum, Continuatio auctore monacli» S, Vitoni
a. 92Ö--1047 ed. Waitx, MG. SS. IV, 45--61.
>) Vita Richardi abb. Vird, ed. Wattenbach, MO. SS. XI, 280-290.
Za berichtigen ist, was dort Ober die Benaisung der Vita Theoderici II ep.
Met, gesagt ist: der Verfasser benutzte nicht diese, sondern die Yita Theode-
Richard tob Verdon. Poppo von Stablo. ^05
ist das Leben des Abtes Poppe von Stablo (1020—1048), von
einem Schfller nnd Frennde desselben, dem Abte Everhelm yon
Hantmont, damals Abt von Blandigny bei Gent verfafst^).
Poppo begann sein Leben als Bitter, ein Stand, der eich damals
vom Räuber wenig nntersehieden zu haben scheint, und ihm wie
vielen anderen fiel bald der Antheil an schlimmen Gewaltthaten
sdiwer aufs Gewissen. Er wallfahrtete nach Jerusalem und Rom;
Terlobte sich dann, liefe aber plötzlich seine Braut im Stiche und
wurde MOneh in St. Thierry. Dort lernte der Abt Richard ihn kennen
und nahm ihn mit sich nach Verdun. Diesem stand er nun zur
Seite, bis ihn 1020 Heinrich II zum Abte von Stablo ernannte, wo
er gegen grofses Widerstreben seine Reform durchsetzte. Bald wurden
ihm, wie Richard, viele andere Klöster zu gleichem Zwecke unter-
geben, in die er seine Schfller aussandte, so St. Maximin, Epternach,
Weifsenbnrg, St. Gallen (vgl. 1,317) und manche andere. Er trat
auf diese Weise ganz in die Stellung Richards ein, den er aber nur
kurze Zeit überlebte. In Stablo selbst baute und schmückte er die
neue Kirche, welche am 5. Juni 1040 in Heinriche HI Gegenwart
geweiht wurde. Unter seinem Nachfolger Rudolf wurde 1097, Christia-
norum exercUu super paganos violenier agente, eine kostbare Bibel in
zwei Folianten mit merkwürdigen Bildern in Deckforben vollendet,
welche noch erhalten ist').
Ein anderer Schüler Richards war Dietrich, von 1055 bis 1087
Abt von St. Hubert in den Ardennen. Er wirkte lange Zeit als
Vorsteher der Schule und berühmter Lehrer In verschiedenen Klöstern,
in Stablo, Verdun, in Mouson an der Maas. Eben wollte ihn Heinrich III
nach Fulda ziehen, da erw&hlte der Bischof Dietwin von Lüttich ihn
zum Abt von St. Hubert. Mitten im Winter, bei grofser Kälte, zog
er barfuTs durch den tiefen Schnee in sein Kloster ein, und strenge
wie er gegen sich selbst war, trat er auch gegen seine Mönche auf,
denen er mit grofser Mühe seine Reform aufiiöthigte. Nachdem er
aber durchgedrungen war, nahm das Kloster den gröfsten Anfechwung
und er behauptete als Abt eine sehr ansehnliche Stellung. Die Ueber-
griffe der Herzoge und Bischöfe wies er mit grofser Kraft und Ent-
riei abb. AndAginensis. Ueber die loihr. Klostorrefonn vgl. Oiosobreoht, Ge-
iduchte der Kaisenoit II, 87 f.
Kfto Piyppoms abb, Stabulmm ed. Wattenbech, MG. S8. XI, 291—316.
*) W. HanoM u. E. ans'm Weerth: Der ReUqoien- und OraaineiitensehatB
der Abtelkirehe su Stablo, in d. RheiBL Jahrbb. XLVI, 136 -- 160. 8. 189
V. 140 Weih-Insefariften tob 1080 n. 1046. 8. 146 BleitaM «üb Poppo's Grab.
8. 149 TOD der Bibel, welche auch einen Bibliotkektoatalog Ton llOö enih&h.
Ueber den Triomphus 8. Remaeli t. den folgenden Paragraphen.
106 I^« S»Uer. I 19. Verdun. Abt BichArd. Hugo ron FUrignj.
schiedenheit zurQck. Er war befreundet mit dem Erzbischof Anno von
COhi; in Born 1074 stellte die Grftfin Mathilde ihn Gregor YII vor,
der ihn sehr frenndlich an&ahm und ihm ein PriTÜeg zum Schutz
gegen die Lütticher Bischöfe mitgab. Sein Leben beschrieb bald nach
seinem Tode ein Mönch, wie es scheint aus dem Kloster Lobbes^).
Wichtiger aber als diese in der gewöhnlichen panegyrischen Weise ge-
schriebene Biographie ist die Eosterchronik von St. Hubert aus
dem Anfange des zwölfiien Jahrhunderts*), welche weitergehend auch
den Verfall des blfihenden Elosters unter dem eifrigen Abte Dietrich n
schildert.
Spät erst, nach dem Tode des alten Abtes, nachdem 1091 auf
Heinrich den Friedemacher Otbert als Bischof von Lüttich gefolg^t
war, drang auch hier der Zwiespalt ein, welcher fast keine Kirche
Terschonte. Otbert war kaiserlich, Dietrich U einer der eifrigsten
Gregorianer, und so entbrannte denn bald der Kampf, welcher der
Blfithe des Klosters ein Ende machte und der hier mit grofser An-
schaulichkeit geschildert ist. Aller Orten finden wir diesen verderb-
lichen Kampf wieder, auch ohne Beziehung auf den Kaiser, indem
die Neuerer mit ihrem Eifer, angefeuert von Gregor, rficksichtslos vor-
gehen, das Volk aufregen und jede Gewaltthat füi* gottgeföUig halten,
sobald sie gegen die Anhänger der alten kirchlichen Ordnungen oder
gar alter Milsbräuche gerichtet ist. Auf kleinem Schauplatze zeigt
uns dies die Chronik von Waten bei St. Omer'), andere Beispiele
werden wir noch zu bertkhren haben.
So recht mitten in diesem Kampfe stand der Abt Hugo von
Flavigny, dessen Leben und Schriften deshalb fllr diese Verhält-
nisse sehr lehrreich sind*). Er war Mönch von St. Vannes , welches
nicht minder als die übrigen Klöster von diesem üngewitter ergriffen
M Vita Tkeoderici abb. Andaginensis ed. Wattenbftoh, MG. SS. XII,
36 — 57. Verloren ist leider dt» Leben des Abtes Theodericb II von Heribrand,
Abt von St. Lorenz in Lütticb. Beiner. de Gestis abb. S. Laur. I, 7.
*) unter dem seltsamen Titel Gantatarium 8. Htiberti, edd. Bethmann et
WaUenbaeb, MG. SS. VIII» 568—630. Monuments de Namnr VII, 233—373.
Bei Albricus (SS. XXIII, 659) heilst es Cantarellus. Vgl. Giesebrecht III, 1056.
•) Ckronicon Watinense, Martene Tbes. III, 797 — 830. Die Handschrift
ist jetzt in der Offentlicben Bibliothek in Saint-Omer.
*) Koepke, die Quellen der Chronik des Hugo von Flavigny, Arohiv IX,
240 — 292. Hugofus Ghromcon ed. Peru, MG. VIII, 288 — 502. Vgl. Gies.
III, 1039. Im 2. Buch ist 8. 412 die SteUe über Gregors VII fiÜscUich su 1074
eingereihtes Investitorverbot aus dem 1097 geschriebenen libellus des Cardinal
Deusdedit genommen; Giesebr. hn Mfinoh. bist. Jahrbuch 1866 8. 188. Ueber
die 8. 314 mitgetheilte Vftlkergenealogie s. Waiu in den GGA. 1856 6. 1905.
Müllenhoff su dem VerseichniCi der römischen Provinsen von 297, Abhand-
lungen der Berliner Akademie v. 1862 S. 532—538.
Chronik ron St. Hubert. Hugo ron FUrigny. 107
wurde. Der Bischof Dietrich von Yerdnn hing, wie schon oben er-
wähnt wnrde, dem Kaiser ond seinem Pabste Clemens an, nnd deshalb
verlieCs der Abt Budolf 1085 sein Kloster; der 21jährige Hngo folgte
ihm nach Dijon zu dem Abte Jarento, einem persönlichen Freunde
und eifrigen Anhänger Gregors YII. Zu ihm und besonders auch zu
dem Erzbischof Hugo von Lyon trat Hugo in ein nahes und vertrautes
YerhältniDs; 1096 nahm Jarento ihn mit sich auf einer Beise nach
England. Hier zuerst wurden Hugo die Augen etwas geöffnet; er
mubte es erleben, daüs der Auftrag seines ehrwürdigen Abtes, in
England die römische Autorität herzustellen, durch Bestechung des
Pabstes selbst vereitelt wurde: das Geld siegte über die Grund-
sätze. Nach England scheint er selbst nicht gekommen zu sein;
der Sturm warf ihn an die Küste zurück, dann lag er krank in
Bayeux^).
Im J. 1096 wurde Hugo Abt von Flavigny im Sprengel von Autun,
gerieth aber bald in Streitigkeiten und mufste endlich seine Abtei
verlassen; es waren seine eigenen Parteigenossen, deren Thaten er
.hier in einer Weise kennen lernte, welche ihren zur Schau getragenen
Grundsätzen durchaus nicht entsprach, und namentlich über die Hab-
sucht und Bestechlichkeit der päbstlichen Curie und der Legaten
machte er Erfahrungen, die ihn zuletzt bewogen seine Partei ganz
zu verlassen und sich zu ihren Gegnern zu gesellen.
Seit dem J. 1090 schrieb Hugo an einer grofsen Weltchronik,
die er bis 1102 fortführte. Lothringen ist darin vorzugsweise berück-
sichtigt und mit umfassender Gelehrsamkeit alles benutzt, was ihm
Nachrichten darüber gewähren konnte. Die annalistische Form, die
er äufserlich annahm, tritt hier gänzlich zurück gegen die ausführ-
liche Erzählung, welche sogar ganze Biographieen in sich au&imt,
wie z. B. des Abtes Bichard; dazu viele vollständige Actenstücke, die
ffir uns von nicht geringem Werthe sind. Von Beherrschung des
massenhaften Stoffes ist keine Bede; er trug eben nur zusammen,
was er in zahlreichen Büchern und Archiven fand; vieles ist uns aus
den Quellen selbst bekannt, anderes aber jetzt verloren, und dazu
kommen seine eigenen Erlebnisse und was er durch mündliche üeber-
lieferung er&hren hatte. Die Nachrichten über Gregors Vn Wirk-
samkeit und die Wahl Victors in hebt Giesebrecht als vorzüglich
werthvoU hervor.
üeber sein späteres Leben wissen wir nichts; die Hauptquelle
über ihn ist seine eigene Chronik, und wo diese aufhört, verlieren
>) Chroiu L c p. 482.
108 I^- Salier. § 20. Cöln.
wir seine Spur. Von dieser aber ist uns glücklicher Weise die nr-
sprüngliche Handschrift noch erhalten, und danach von Pertz eine
vielfach berichtigte Ausgabe bearbeitet.
§ 20. Cöln.
In Cöln war so wenig wie in Mainz ein Boden für litterarische
Thätigkeit. Dem Erzbischof Heribert (999 — 1021) verschaffte die
Stiftung des Klosters Dentz eine Art von Biographie oder vielmehr
eine Lobpreisung und Wundergeschichte, welche um die Mitte des
elften Jahrhunderts im Namen der Cölner Kirche ausging, um seinen
Buhm zu erhöhen und seine Verehrung zu verbreiten. Der Verfasser
ist Lantbert oder Lambert, damals noch MOnch zu Deutz, der 1060
Abt des Lütticher Lorenzklosters wurde. Später hat noch auf den
Wunsch des Abtes Markward Eupert, der ihm 1117 als Abt von Deutz
folgte, diese Schrift überarbeitet ^).
Eine Handschrift von Lamberts Vita aus dem 12. Jahrhundert,
welche aus Deutz in das Brit. Museum gekommen ist (Add. 26788),
enthält am Schlufe einen 5 Seiten langen Brief ^Nobilissimae sedis
archiepiscopo nobiliori H. A. inquilinus civis urbis Spirae", worin dieser
sich beklagt über die leichtfertige Weise, in welcher auch „probi atque
eruditi" Priester «nostri ordinis" in der Kirche die Sündenvergebung
verkündigen «tanta facilitate quanta forsitan de pecunia propria obolos
tres nollent cuiquam relaxare''. Vielleicht ist dieser Brief an Heribert
gerichtet^). Demselben widmete der Gorzer Mönch Albwin seine
Schrift über den Antichrist, welche ganz auf der älteren Schrift des
Adso beruht'). An Heriberts Namen wird auch das alberne Tanz-
wunder in Sachsen «in villa Colovize" geknüpft, von dem Wilhelm von
Malmesbury^) und Albert von Stade zum Jahre 1021 berichten; sein
Nachfolger Piligrim (1021 — 1036) soll einen Brief darüber ausge-
stellt haben, den die damit umherziehenden Gaukler sich in Mont-
Saint-Michel erneuen liefsen^).
1) Vita Ueriberti archiep. CoL ed. Pertz, MO. SS. IV, 739—753. „Von
der Bedeutung Heriberts ftkr die Reicbsgeschichte hatte Lambert keine Ahnung;
fbr einen solchen Biographen war das Leben eines politisch so einflufsreichen
Mannes wie Heribert, der unpassendste Stoff.'' W. Giesebrecht, Kaiserseit II, 668.
Ein Hymnus auf Heribert aus der Cambridger Handschrift, Zeitschr. f. D. Alt.
XIV, 4Ö6.
') Nach einer brieflichen Mittheilung in Jaffö's Naohiafs.
') Aus einer Metier Handschrift nutgetheilt von Flofs in der Zeitedbr.
f. D. Alt. X, 266 ff.
«) GesU Regum AngL II, 10, ed. Hardy { 173. 174.
^) NA. II, 311. In Handschriften ist die Geschichte sehr h&ufig. An
Cdlner Erzbischöfe und Klöster. \QQ
Die Lobpreisung des Anno (1056 - 1075) erwähnten wir schon
oben (S. 87); ihr geschichtlicher Oehalt ist sehr nnbedentend, am
merkwürdigsten sind einige Angaben über den Ban der Gereonskirche.
Dem Erzbischof Friedrich (1100—1131), der aus der Bamberger
Schnle stammte, dankt die Domblibliothek eine ihrer schönsten Hand-
schriften^).
In Gladbach schrieb nach den Mittheilnngen des Abtes Hein-
rich (t 1066) und seines Neffen Wolf heim, des Abtes von Branweiler
(1065—1091) ein ungenannter Mönch die schon sagenhaft gewordene,
doch nicht ganz unwichtige Geschichte der Gründung des Klosters')
um 974. Wolfhehns Schwester Bertha beschrieb die Stiftung des
Klosters Vi lieh, Bonn gegenüber, durch den Grafen Megingoz, und
das Leben seiner Tochter Adelheid, der ersten Aebtissin, die um
1015 in Cöln starb, wo sie ihrer Schwester als Aebtissin zu St. Marien
gefolgt war'). Die sehr kurze Chronik des Schottenklosters Grofs
St. Martin reicht bis 1021, ist aber nur ein Bruchstück und zwar
von einer Compüation, die nicht vor dem ausgehenden 13. Jahrh. ge-
macht sein kann. Doch sind wohl ältere Aufzeichnungen benutzt, die
auch Marian hatte ^).
In Cöln geschriebene Annalen bis zum J. 1028 (I, 294) sind
unbedeutend, und grofs ist auch die Ausbeute nicht, welche die Annalen
von Brauweiler bis 1179 gewähren*). Diesem Kloster verdanken
Piligrim wird seine muHikaliHche und mathematische Bildung gerühmt von
Berno, der ihm ein Werk widmete, s. Giesebr. II, 622.
^) EccL Colon. Codd. .p. 19.
•) Chrun. GladbaceiDie ed. Pertz, MG. SS. IV, 74 — 77. Böhmer, Fontes
III, 349 — 357. Ueber die Fahnescbe Chronik von Gladbach s. Eckerts in den
Annalen des hist. Vereins für den Niederrhein I, 266 — 276. £ine schöne
Handschrift des Cassian aus Gladbach in Culn , Ans. d. Germ. Mus. XIX, 15.
') Vita Adelheidia primae abb. Vilicen^is, Acta SS. Feh. I, 714. Mab.
VI, 1, 138. Vgl. die Bulle Gregors V bei Lacomblet I, 77.
*; Chrmik'on S. Martini CoL ed. Pens, MG. SS. II, 214. 215. Böhmer,
Fonted HI, 344—347. Jo. Hub. Kessel, Monn. hist. eccl. Col. (1862) p. I-XII.
Ueberall ist der Name des angeblichen sweiten Stifters Olger (Holger Danske)
mit Unrecht in Otger verwandelt. Als erster Abt wird hjer Wicterp (I, 126)
genannt. Aber Marian und der Abtcatalog Fontt. III, 347 beginnen erst mit
Mimborinus. Dafs Wioterp als Bischof von Begensbnrg genannt wird, erkl'nt
sich dadurch , dafs Aventin die a. a. O. erwMinte Handschrift in St. Gmmeram
fand. Vgl. Rettberg II, 269. Cardauns, Cöker Chroniken I p. LVIII. Die
kleine Untersuchung Über Cölna ers bischöfliche Würde, bei Flola, Pabstwahl,
Urkunden 8. 1 — 8 seigt neben grofser historischer Unkenntnifs den Mangel
an altea einheimischen Nachrichten.
^) Annales Brunwüarenses SS. I, 99 — 101. II, 216. Bedeutend verbessert
aus der Vaticanischen Handschrift in Böhmers Fontes III, 382 — 388 und jetst
a«ich MG. SS. XVI, 724- 728. Für das zwölfte Jahrhundert sind sie nicht
ohne . Werth.
110 IV- Salier. §20. Cöbi.
wir aber noch zwei Schriften, welche nicht ohne Werth sind. Die
erste in den Jahren 1076 bis 1079 verfiEtrst — der Autor bezeichnet
sich nur mit G. — und dem Abt Wolfhebn gewidmet , behandelt die
Gründnngsgeschichte des Klosters ^) und giebt bei dieser Veranlassung
nicht nnr Nachrichten über die Familie des Stifters, des PfiJzgrafen
Ezo, der mit Otto's TL Tochter Mathilde vermählt war, sondern auch
eine IJebersicht der Ottonenzeit, welche zwar Bekanntschaft mit Her*
mann von Beichenan und den Yitae üdahici, Adalberti, Heriberti ver-
räth, ond mit sallnstischen Phrasen aufgeputzt, auHserdem aber doch
auch aus der lebendigen Tradition geschöpft ist. Neben geschicht-
lichen Thatsachen, die nicht ohne Werth sind, erscheinen hier zuerst
die Anfänge der später weiter entwickelten Sagenbildung. Dazu ge-
hört auch die Erzählung, dais Ezo seine Gemahlin ihrem Bruder
Otto m im Brettspiel abgewann; es ist auffallend, dafs die Verbin-
dung mit dem Sohne des Pfalzgrafen so entschieden als Milsheirath
betrachtet wurde, dafs man sie auf solche Weise zu erklären suchte.
Aufser den Nachrichten über diese wichtige Familie ist aber auch die
Erzählung von dem Streite über das Gut Elotten merkwürdig, welches
der Erzbischof Anno dem Kloster zu entziehen suchte. Um diesen
Streit richtig beurtheilen zu können, muTsten die grofsentheils unechten
Urkunden, welche sich darauf beziehen, einer genaueren Untersuchung
unterworfen werden, was jetzt von Pabst geschehen ist'). Sein Re-
sultat ist, dafe in die ausführlichere Gründungsgeschichte ein Abschnitt,
der im Namen des h. Nicolaus an Anno geschriebene Brief Wolf helms,
vom Verfasser selbst nachträglich eingeschoben ist, dafs der ganze,
auch in der Gründungsgeschichte enthaltene Abschnitt über Kletten
erst durch Interpolation in das Leben des Abtes Wolfhebn gekommen
ist, der den Streit glücklich zu Ende ftthrte. Der Ver&sser des
Lebens Wolfhelms') (1065—1091) war ein Mönch von Brauweiler,
Namens Conrad, der zwischen 1110 und 1123 schrieb. Er rühmt
seinen Helden natürlich auf alle Weise, auch als Widersacher des
*) Fundatio Brunwilaretma coenobii oder Vita Eeonis pctkUtni, heraus-
gegeben Ton Dr. Harless in Laoomblets Arohir für die Geschichte des Nieder-
rheins IV, 164 — 217, doch in der Meinung, dafs die Zus&tse zu dem früher
bekannten Text (ed. Koepke, MG. SS. XI, 304 — 408 und danach Bielowski,
Mon. Pol. I p. 335 — 357) Interpolationen seien. Das GegentheU hat Waits
erwiesen, Gott. Nachrichten 1863, Nr. 1. Hier wie bei der V. Annonis hat
sich die Nichtbenutzung bekannter Handschriften in den MG. ger&cht. Neue
Ausgabe Ton Pabst Arch. XII, 147 — 200 mit Miracula S. Nicolai. Vgl.
Cardauns, C5lner Chroniken I p. LIX.
>) Arch. XII, 112—131.
') Vita WolfhelnU abb, Brunwüar. auct, Conrado ed. Wilmans, MG. SS. XIJ,
180—195. Zus&tze der interpolierten Handschriften Arch. XII, 102—108.
Brauweiler. Trinrnphus S. ReniAcli, W\
Berengar von Tonrs, hütet sich aber wohl zu erwähnen, dafs er dem
Gegenpabste Clemens anhing nnd von Mangold in einer eigenen Schrift
bekämpft war, die sich freilich nor anf die Vereinbarkeit der Lehren
der alten Philosophen mit den christlichen Dogmen bezieht.
Die Habsncht, Anmafsnng nnd Harte des Anno, welche sonst
darch seine Heiligkeit verdeckt werden, zeigen sich nns nnverhüllt
nicht nnr in den Denkmalen von Branweiler, sondern noch viel deut-
licher nnd greUer in seinem Kampfe mit den Mönchen von Stablo,
deren Zwillingskloster Malmädy er sich gegen alles Recht von Hein-
rich ly oder vielmehr, da dieser noch mindeij&hrig war, von Adalbert
von Bremen hatte schenken lassen. Lambert giebt sehr gute Nach-
richten Hber die mnthige Gegenwehr der Mönche gegen diese Schen-
kungen; in der Chronik von Lorsch ist der Widerstand dieses Klosters
gegen Adalbert lebendig geschildert Am besten nnd ausführlichsten
ist der Kampf um Malm^dy dargestellt in dem Berichte der Brüder
von Stablo. Sieben Jahre lang dauerte er, und alle Hülfismittel wurden
gegen den starren Heiligen vergeblich versucht, bis endlich nach bel-
gischer Sitte die Mönche, als der König 1071 das Osterfest in Lüttich
feierte, den Leib ihres Stifters, des h. Bemadus erhoben, damit nach
Lüttich zogen und die Bahre mitten auf den Tisch des Königs setzten.
Eine Fülle von Wundem brach endlich den Widerstand des Erzbischofs,
und St. Bemaclus erhielt sein Eigenthum zurück. Dieser Tag, der
7. Mai, wurde zum ewigen Angedenken feierlich begangen, und aus
Stablo sandte man zunächst an das Kloster Fosse, dann aber allge-
mein an die ganze Kirche ein Sendschreiben, worin dieser Triumph
ihres Heiligen geschildert war, um sie zu gleicher Feier aufzufordern^).
Etwas später, als Heinrich lY schon zum Kaiser gekrönt war, wurde
zu dieser Schrift noch ein Buch hinzugefügt, in welchem der ganze
Ursprung des Streites und alle die vorhergegangenen vergeblichen
Bemühungen der Mönche klar und einfitch dargestellt sind. Die ganze
Darstellung ist sehr gut geschrieben und gehört zu den lehrreichsten
Denkmälern dieser Zeit.
^) Triumpkus S, Remacli de McUmundctriemd ooenobio ed. Watfcenbacb,
MO. SS. XI, 433—461. Xaehrichten über die Altere Qeechiohte des Klosters
finden sieh in der V. 8. Remacli (t c 670) ed. Jo. Veldius, Acta SS. Sept.
I, 692 — 726 mit Wundergescbichten ron yencbiedenen Verfiwsem, deren einer
anf Ermahnung Airici abb. Indensis scbrieb, welcher 851 durch Kaiser Lothar
Reliquien des h. Hermes erhielt, und Abt Ando oder Hauto-von Stablo und
Monstier - en - Der (f 836) kannte. Einer schildert als Augenieuge die Zer-
störung durch die Normannen, welche er aber 883 statt 881 ansetit; der letzte
sehrieb im elften Jahrhundert. Kurse Ann. Stabulenses bis 1087 mit einigen
guten Notizen bei Reiffenberg, Mon. de Namur VII, 195 — 204.
112 ^^'' ^9!der. § 21. Lattich.
§ 21. Lüttich.
Die Lütticher Schule, welche schon in dem vorig^en Zeitraame '
sich zu bedeutendem Ansehen erhob, erreichte in dem gegenwärtigen
ihren Höhepunkt; sie war der Leben auBströmende Mittelpunkt nicht
f&r Lothringen allein, über ganz Deutschland und bis nach England
erstreckte sich ihre Wirksamkeit, auch wohl nach Frankreich; doch
läfst sich im ganzen der Satz aufstellen, dafs Lothringen vom Westen
empfängt und nach Osten giebt. Es würde sehr erspriefaUch sein,
die Wirksamkeit der Lothringischen und speciell der Lütticher Schulen
erschöpfend zu behandeln, die zahlreichen vereinzelten Nachrichten
zusammenzustellen; hier aber müssen wir uns auf einige Andeutungen
beschränken (vgl. I, 307). Ich erinnere nur an den Erzbischof Günther
von Salzburg^) (1024—1025), den Abt SeiMd von Tegemsee*)
(1046—1068), den Böhmen Cosmas, an LeoMc, Bischof vonExeter'),
Maurilius von Bouen (oben S. 7), die hier ihre Bildung erhalten hatten.
Von den Lütticher Lehrern ging Gozechin nach Mainz; einen anonymen
Lütticher Lehrer lernten wir S. 57 in Begensburg kennen. Adeknann
wurde 1048 Bischof von Brescia, Alger dagegen lehnte einen Bnf
nach Deutschland ab. Der Probst Hermann wurde 1073 Bischof von
Metz. Der bedeutenden Einwirkung des Abtes Poppe von Stablo ge-
dachten wir schon. Nicht leicht aber werden wir finden, dafs Lo-
thringer der Studien halber sich nach Deutschland begeben hätten;
Olbert ging nach St. Germain-des-Pr^s , Troyes und Chartres, hierhin
zu Fulbert auch Adelmann, und andere Beispiele wurden schon früher
erwähnt.
Die schwerfallige gesuchte Gelehrsamkeit, welche im Anfange die
Erzeugnisse der Lütticher Schule entstellte, verliert sich in diesem Zeit-
räume hier wie an anderen Orten. Man bewegt sich freier, schreibt
leichter und prunkt weniger mit seiner Bildung, die nicht mehr selten ist.
Aus den Annalen, die auch hier geschrieben wurden, erfahren
wir nicht viel. Das ursprüngliche, im Jahre 1000 geschriebene und
^) Bruder des Markgrafen Ekkehard, seit 1008 königlicher Kanzler, ein
Schüler Xotkers. Ans. c. 29.
>) ,.Quicquid enim praecipui fluenüs Leodicenaibua discendi aeatibus flagrant
hausi.-* Fez, Thes. VI, 241.
') Um 1050, apud Lotharingoa doctus et altus. Will. Malmesb. de Oesbis
Pontificum bei Savile fol. 145. Mehr Beispiele giebt R. Pauli, HZ. XXII, 221.
Merkwürdig ist die Stelle in einem Commentar saec. XI. au Lucan. 1, 449:
„Bardi id e^t Leodicenses, qui carminibus suis reddunt immortalea animas scri-
benda gesta regum.** £ccl. Colon. Codd. p. 140.
Die Lütticher Schule. Annalen. Bisthomsgeschichte. ]^13
dann fortgesetzte Werk (I, 308) ist verloren, aber in den Laubienses
(SS. IV, 9—28) bis 1056, in den Possenses') nnd am reinsten in
den Annales S. Jacobi minores*) bis 1086 kenntlich. Daran
sebliefsen sieb in den Lanbienses, die bis 1075 ans den Ann. Weissen-
bnrgenses ergänzt sind, bis 1505, nnd in den Ann. S. Jacobi minores
bis 1398 eigene Aufeeichnungen, die aber ftr diese Zeit von geringem
Belang sind.
Hanptqnelle für die glänzendste Zeit von Lfittich ist Anselms
Fortsetzung der von Heriger begonnenen Bisthumschronik'), aber
anch zahlreiche andere Schriften geben davon Knnde, nnd namentlich
die zum Theil schon erwähnten, zum Theil noch anzuführenden Haus-
geschichten lothringischer Elöster und die Biographieen ihrer Aebte.
Der Bischof Balderich II (1008 — 1018), früher Vizthum der
Begensburger Kirche, gründete das Kloster St. Jacob, wo um die
Mitte des Jahrhunderts sein Leben von einem Schüler Olberts be-
schrieben wurde*). Ihm folgte bis 1021 Wolbodo, früher Scholaster
zu Utrecht, dann von Heinrich II erhoben Durand, von geringer Her-
kunft, denn er war der Sohn eines Knechtes, aber von hohen Geistes-
gaben'). Ihm folgte bis 1036 Beginald, Probst zu Bonn, dann bis
1041 dessen Neffe Nithard und endlich bis 1048 Wazo, der Stolz der
Lütticher Schule, von dem es hiefs, dafs eher die Welt untergehen
als ein zweiter Wazo kommen werde*). Doch hielten noch Dietwin bis
1075 und Heinrich der Priedenstifter^) bis 1091 den Glanz der
Lütticher Kirche aufrecht; unter Otbert aber brachen die Streitigkeiten
aus, welche dieser schönen Blüthezeit ein Ende machten.
Der Bischof Wazo wird vor allen gefeiert in Anselms Oeschichte;
er hatte vorher lange Zeit der Schule vorgestanden, und neben ihm
1) Amaie» Leodiensea ed. Perts, SS. IV, 9—20. 28 — 35; bis 1146 eine
CompUation aus alten Lütticher Annalen, Sigebert, Anselm und der Continuatio
Oemblacensis aus dem Kloster Posse, nach Waitc, dessen Untersuchung Nachr.
1870 S. 302—309 ich hier folge.
*) M6. SS. XVI, 635—045 von Ports suerst herausgegeben; bis 1087 von
Sigebert benutzt. Im Anfang sind die Ann. Lobienses su erkennen.
*) Afuelmi Oesta epp. Leodiensium ed. Koepke, MG. SS. VII, 189 — 234.
VgL die Vorrede S. 134 ff. und Hirsch de Sigeberto, Berol. 1841. Ueber neu
«ntdeokte bessere Handschriften NA. II, 323. III, 220. Auf einige Lebens-
beschreibungen Ltttticher Bischöfe dieser Zeit Ton Reiner kommen wir im
folgenden Abschnitt.
♦) Vita Balderici ep, Leod, ed. Pertz, MG. SS. IV, 724—738.
*) Admodnm pollens nobüitate ingenii, sagt Anselm von ihm. Seine Grab-
«chrift erwähnt seiner wunderbaren Erhebung:
Qnos tulerat dominos, hisdem famulantibus usus,
In theatro mundi fabula quanta fuit!
*) „Ante ruet mundus quam surget Wazo secundus."
^) Die von ihm 1082 aufgerichtete Paz Leodiensia bei Bouquet IUI, 806.
irattenbaeh, aMchiohtiqiieUen IL L. Aufl. 8
114 IV. SaUer. § 21. Lflideh.
wirkte in gleicher Weise sein vertrauter Freund Olbert, y(hi 1012
bis 1048 Abt von Gembloux. Dieser war ursprünglich ein Mönch
des Klosters Lobbes^), ein Schüler Herigers; Balderich sandte ihn,
nachdem er sich in Frankreich weiter ausgebildet hatte, an Burchard^
als dieser im Jahre 1000 noch in jungen Jahren zum Bischof von
Worms erhoben war und sich einen tüchtigen Lehrer ansbat'). Von
dort zurückgekehrt erhielt Olbert nicht nur die Abtei Gembloux, son*-
dem auch das neugegründete Jacobskloster und stand beiden vor, bis
ihn sieben Tage nach seinem Freunde Wazo der Tod abrief. In der
Leitung der Schule folgte auf Wazo, nachdem dieser zum Dechanten
befördert war, Fi'anco, dessen Sigebert zum Jahre 1047 gedenkt, der
Lehrer des Cosmas von Prag, und Adehnann, der 1048 Bischof von
Brescia wurde'), ein Schüler Fulberts von Chartres und Gegner Be-
rengars; femer jener Gozechin, den Erzbischof Liutpold (1051 — 1059)
nach Mainz berief, und nach ihm sein Schüler Walcher. Groben Buhm
erwarb sich etwas später Alger, bis 1101 Scholaster zu St. Bartho-
lomä, den dann Otbert an die Domkirche nahm und zu seinem Schreiber
erwählte. Zwanzig Jahre lang, bis an den Tod des Bischofs Friedrich
(1119 — 1121), blieb er in dieser wichtigen Stellung und verfafste im
Dienst der Kirche und in ihren Angelegenheiten zahlreiche Briefe, die
man sorgfältig sammelte und als Musterschriften benutzte. Verschie-
dene deutsche Bischöfe bemühten sich vergeblich, ihn als Scholaster
zu gewinnen. Er verfalste mehrere theologische Schriften und zog
sich zuletzt ganz aus dem weltlichen Treiben zurück in das Kloster
Gluny, wo er noch lebte, als der Lütticher Domherr Nicolaus ein Vor-
wort zu seinen Schriften verfafste, in welchem er diese Nachrichten
über ihn mittbeilt^). Sehr gerühmt wird er in einem Schreiben dea
Abtes Petms Venerabilis^) an Bischof Albero (1136—1146), wo auch
die Magister Hezelo und Tezelin erwähnt werden, die ebenfalls in
Cluny Mönche geworden waren. Hezelo wird auch in dem Schreiben
der Lütticher Kirche an die TJtrechter als Meister HezeUn erwähnt*).
') Bibliotbekscatalog von 1049 im Brit. Mus. Royal 6 A. V. Facs. der
ersten Seite Palaeogr. Soc. pl. 61. Begino und Liudprand waren da.
') Nach Sigebert Oesta abb. Q^emblao. c. 27 hatte Olbert grofsen Antbeil
an Burcharda berühmter Canonensammlnng (Olberto dictante et magistrante
m^ignum illud canonum Tolumen centonizavit). Vgl. aucb Hirsch Heinrich 11^
II, 194.
*) Ton ihm Rhythmi de viris iUnutribm sui temporis^ bei Mabillon, AnalL
I, 420; ed. II p. 382. Vgl. Sudendorfs Berengar S. 8. Gedichtet hat er sie
in Speier.
*) Preie/cUio danmi Nicolai Leodienm in Hbros magistri Algeri. Mabillon»
Anall. ed. II p. 129—131. Die Werke bei Migne CLXXZ.
^) Bibl. Clnniaoensis p. 795.
«) Jk«^ Bibl. V, 377, im Cod. UdalricL
Die BisthamagMchiehte, Olbert. Alger. Otbert. |25
Bi» zum Tode des Bisehofs Wazo (1048) reicht die schon er-
w&hnte Geschichte des Domherrn Ansehn, welche er als Fortsetznng
des Ton Heriger unyoUendet hinterlassenen Werkes nm das Jahr 1052
ver&bte. Er hat sich ganz frei gehalten von der gezierten Schreib»
art Herigers und ein&ch in würdiger Sprache die Geschichte des Bis-
thums beschrieben, besonders aber das Leben des Wazo, auf den er
wie die ganze Lüttich«* Kiithe mit Becht stolz war, dem er die
wärmste Anh&ngliohkeit bewahrt. Gewidmet ist das Werk dem Erz*
bischof Anno: der Matterkirche sagt er, dürften die Zierden ihrer
Tochter nicht unbekannt bleiben.
Einen Fortsetser fiemd Anselms ansgezeichnetes Werk leider erst
nm die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts an Aegidins von Onral;
doch liegen uns noch fast alle die Schriften vor, ans welchen dieser
seine Nachrichten über die Zwischenzeit schöpfte.
Im ganzen war die Lütticher Schule eifhg kirchlich gesinnt, Wazo
selbst ein unerschrockener Verteidiger der Unabhängigkeit der Kirche
vom Staat, aber den hierarchischen Tendenzen Gregors YII gab man
sich doch keineswegs unbedingt hin, und noch weniger billigte man
die Ton ihm angewandten Mittel, die Bekämpfung der Gegner durch
gewaltsame Volksan&tände. Daher waren, als es zum Kampfe kam,
die Lütticher auf kaiserlicher Seite; am entschiedensten Otbert, der
treueste Anhänger Heinrichs IV, und da mehrere Klöster seines Sprengeis
eifrig, ja fanatisch gregorianisch waren und von keiner Mäbignng
wissen wollten, entspann sich der erbittertste Kampf, wie ihn die
Klosterchroniken uns schildern. Otbert wird darin mit den schwär-*
zesten Farben gemalt, wie ein ganz verworfener Mensch, aber auf der
anderen Seite wird er nicht minder hochgestellt, wie das in dieser
leidenschaftlich aufgeregten Zeit gewöhnlich war und wir es z. B. auch
in Augsburg sahen. Aufeerordentlich gerühmt wird Otbert in einer
kleinen, nenerdings tou Quich^rat entdeckten Beimchronik von
1117 bis 1119, welche ein Lütticher Domherr um diese Zeit ver-
fafste'). Wir müfsten in Otbert auch einen der am besten und gründ-
1) Bibl. de PEcole des Charles 11,8,214—232; danach wiederholt heraas-
gegehen von Wattenhach, MG. SS. XII, 415—421. AlleiD nach einer neuen
CoUation von W. Arndt hat Quichörat die ersten Verse ausgelassen :
Quid tarn nov^um, quid tarn mirabile.
Quam quod aestas fuit in hyeme?
und nach (nicht vor) t. 8:
Surrejüase non nasei Dominum.
Femer hat in den durch jene Auslassung rerdunkelten Strophen der Schreiber
luweilen die Zahlen verwirrt, was aber nach den rothen Initialen zu berichtigen
ist; nach der Z&hlung der Ausgabe sind umsusteUen:
8*
II g IV. Salier. $21. Lüttioh.
lidisten durch das Stndiam der alten Glassiker ausgebildeten Schrift-
steller erkennen, wenn die Verrnnthung Goldasts richtig wäre, dafs
von ihm jenes oben (S. 75) besprochene Leben Heinrichs lY herrührt.
Allein nach den von Jaff^ dagegen geltend gemachten Gründen müssen
wir das Lob Otberts wohl auf seine praktische Tüchtigkeit beschränken,
durch welche er wenigstens in Lüttich selbst dem Aufkommen der
Gegenpartei kräftig entgegentrat. Als um diese Zeit die Angelegen-
heit des Utrechter Domherrn Ellenhard, welcher aus dem Kloster in
seine frühere Stellung heimkehren wollte , die Kirchenlichter in Bewe-
gung setzte, schrieb der TJtrechter Megingot, Ellenhards Bruder, an
Heinrich von Huy toU Bewunderung des Gutachtens der Lütticher
Kirche: »quae inter ceteras huius regni ecclesias yelut gemmapraelu-
cens viget plena ecclesiasticae auctoritatis graTitate" ^).
So lange Otbert lebte, hielt er mit starker Bland die bischöflichen
Rechte aufrecht, und so sehr er auch angefeindet wurde, stellte man
ihm doch keinen Gegenbischof entgegen. Als aber nach seinem Tode
(1119) gegen den rechtmäCaig gewählten und belehnten Bischof
Alexander Friedrich von Namur vom Erabischof Ton Göln aufge-
stellt wurde und sich durch seine Hausmacht behauptete, da wüthete
überall Feuer und Schwert, und der ganze Sprengel wurde von Kriegs-
lärm erftült. Friedrich starb schon 1121 und zwar nach der Behaup-
tung seines Biographen, mit welchem das Epitaphium (NA. n, 603)
übereinstimmt, an Gift, wovon jedoch in der Chronik von St. Trond,
obgleich der Abt Rudolf sein eifriger Anhänger war, kein Wort zu
finden ist. Bald erzählte man sich von Wundem an seinem Grabe,
und etwa zwanzig Jahre später beschrieb ein ungenannter Verfasser,
der aber alles noch selbst mit erlebt zu haben behauptet, sein Leben
und Ende im gewöhnlichen Legendenstil').
ungleich mehr Licht als diese dürftige Lobpreisung wirft auf
jene Zeit die Klostergeschichte von St Trond*), deren erste
48. 47. 60. 49. 76. 76. 78. 77.
51. 52. 54. 53. 79. 80. 82. 81.
56. 55. 58. 57. 84. 83. 86. 85.
60. 59. 62. 61. 88. 87. 90. 89.
68. 67. 70. 69. 100. 99. 102. 101.
72. 71. 74. 73. 108. 107. 110. 109.
112. 111. 114. 113.
Zu verbeBsern ist endlich t. 11 sriealaa; t. 12 homo per viIIuIm; v. 135 Cesset;
V. 252 iarentae; t. 306 steht Proniu in der Handsehrift; ▼. 368 mitis st. dolcis;
Y. 389 nutrivit; v. 417 Domus; t. 422 texit; ▼. 441 fit. — Die angebliche
Existens einer zweiten Handschrift scheint auf einem Irrthnm sn beruhen.
M Cod. Udalrici, BibL V, 367.
*) VUa Fridaici ep. Leod. ed. Wattenbach, MG. SS. XII, 501—508.
s) Oesta abbatum Trudonensiiafi ed. Koepke, MG. SS. X, 213 — 448
Friedrieh von Lüttaeh. Sunt-TroncL X17
sieben Bücher der Abt Bndolf selbst yerfafst hat Sie reichen Ton
628 bis zn seiner Wahl im Jahi*e 1108. Schon als Scholaster und
als Prior hatte er sich rastlos bemüht, der grofsen Verwildenmg der
HOnche zn stenem, nnd endlich die Annahme der Ordnungen von
Clnnj durchgesetzt Nach Tielfachen Kämpfen, die er f&r sein Eloster
zn bestehen hatte, worde er 1119 als Anhänger Friedrichs vonNamar
anch in die Stürme dieses Schisma hineingezogen, nnd nach nnsftg-
lichen Leiden nnd Mflhen gelangte er erst spät zn einer gesicherten
Stellung, in welcher er den Wohlstand des Klosters herstellte. Davon
giebt uns die noch vor seinem Tode (1138) Ton einem vertrauten
Freunde Rudolfs geschriebene Fortsetzung bis zum Jahre 1136 aus-
fthrliche Nachricht. Von geringerem Werthe ist die zweite Fort-
setzung bis 1183.
Zuletzt fügte am Ende des vierzehnten Jahrhunderts ein anderer
Mönch von St. Trond nicht nur eine weitere Fortsetzung bis 1366 hin-
zu, sondern er überarbeitete auch mit einem grofsen Aufwand von Ge-
lehrsamkeit den ersten Theil, die älteste Geschichte des Klosters,
welche der Abt Bu^olf, da es ihm darüber fast ganz an Nachrichten
fehlte, nur obenhin und kurz berührt hatte ^).
Dieses Werk also, welches uns die Schicksale eines bedeutenden
Klosters während eines langen Zeitraumes und g*erade in der wich-
tigsten Periode mit gro&er Ausführlichkeit und völlig zuverlässig vor
Augen führt, ist auch abgesehen von den vielen werthvoUen Beiträgen
zur allgemeinen und Landesgeschichte aufserordentlich lehrreich. Wir
sehen das Kloster in gutem Zustande, durch den Buf strenger Zucht
angesehen; dann erregen gegen den Bath und Wunsch der besseren
Mönche Wunder ihrer Beliquien einen grofeen Zulauf, der Beichthum
wächst und damit reifst üeppigkeit, bald auch Zwietracht ein —
doch wir dürfen uns nicht dabei aufhalten, die wechselnden Geschicke
des Klosters zu verfolgen, und müssen uns begnügen, diese Chronik
(264 1. 33 lieR cum statt non), Jacob von Guise benutzte umfangreiche
Higtoriae Brabantinorum in Distichen von Wilhelm, Abt von St. Trond,
nach Hirsch, Heinr. II, I, 329 von Wilhebn II (1277 — 1297). Wie es su er-
kliLren ist, dals er im elften Jahrh. als Zeitgenosse redet, bleibt dunkeL Vgl.
Wilmans im Archiv IX, 358. — Rudolfs Vorg&nger Theoderich (1099—1107)
«berarbeitete die alte V,8. Trudarm von Donat (Mab. II, 1069 of. MG.SS.X, 216),
nachdem schon um 1050 der Mönch Stepelinus die Wunder nach der Ele-
vation beschrieben hatte (Mab. VI, 2, 85 — 102). Anch überarbeitete Theo-
derich auf Bitte der Genter, bei denen er einst Zuflucht gefunden, die VmS,
Baoonis ( Aeta SS. Oct I, 248 naeh der älteren ). Ueber die iwei Vitae
& Macharüy eines 1012 in St. Bavon verstorbenen MorgenlAnders, Acta SS.
Apr. I, 875, cf. Hirsch, Heinr. II, I, 527.
>) Ueber diese Fortsetsung vgl. Ad. Wohlwill: Die AnAage der land*
ständischen Verwaltung im Bisthiim Lfitiieh (1867) S. 205.
11g IV. fidior. {21. Lftttieh. 1 22. Gemblouz.
alfi einen rediten Spiegel des Elosterlebens dem Leser zn empfe&len,
um 80 mehr da jetzt die Ausgabe von Koepke, nach dem Original
gearbeitet, einen Töllig znTerl&ssigen und treoen Text darbietet.
Unter den Klöstern der Stadt Lflttich zeidinete sich besonders
St. Lorenz ans, schon Yon Everaclns begonnen, aber erst 60 Jahre
sp&ter (1034) von Beginard Tollendet. Eine ganze Reihe ansgezeich-
neter Mfinner hat ihm angehört, über welche sp&ter Beiner ein eigenes
Büchlein verlGELfiste. Der bekannteste aus dem yorliegenden Zeitranme
ist Bupert von Dentz, ein Schtkler Heribrands, der 1115 (—1130)
Abt des Klosters wurde. Das Mönchskleid empfing Bupert von Heri-
brands berfihmtem Vorgänger Berengar (1076 — 1115), dessen streng
hildebrandischer Gesinnung er sich völlig anschlofe. Schon frflh machte
er sich als theologischer Schriftsteller bekannt, so dafs sogar um
seinetwillen Wibald mit seinem Lehrer von Stablo nach Lüttich kam.
Litterarische F^den mit den damals hochgefeierten Lehrern Wilhelm
von Champeaux, Bischof von Chälons-sur-lfame, und Anselm von Laon
erregten so heftige Feindschaft gegen ihn, da& Berengar ihn sterbend
nach Siegburg zum Abt Euno sandte; er hatte iiann in Lüttich eine
förmliche Anklage zu bestehen, reditfertigte sich aber erfolgreich und
ritt 1117 auf seinem Esel kühnes Muthes nach Frankreich, um seine
eigner im eigenen* Lager zu bekämpfen. Auch Nortbert gehörte da-
zu. Die Wahl des Bischofs Friedrich von Lüttich fBhrte ihn nach
Göln, von wo der Erzbischof Friedrich um wieder zum Abt Kuno nacb
Siegburg schickte, und nach dem Tode des Abtes Markward von Deutz,
der hier die Siegburger Begel eingeführt hatte, im Jahre 1119 oder
1120 zum Abt von Deutz erhob. Im Jahre 1124 reiste er nach Born,
wo er der Weihe des Pabstes Honorius n beiwohnte, dem er später
eine seiner Schriften widmete. Am 4. März 1129 oder 1130 ist er
gestorben.
Die von Bupert ver&fste neue Bearbeitung des Lebens Heriberts
erwähnten wir schon (S. 108); eine sehr genaue und besonders auch
durch geschichtliche Nachrichten aus der früheren Zeit nicht unwich-
tige Beschreibung der grofsen Feuersbrunst, welche Deutz im J. 1128
verzehrte, hat Jaff^ (MG. SS. XII. 624—638) neu herausgegeben und
in der Einleitung die Nachrichten über Buperts Leben und Schriften
zusammengestellt und kritisch gesichtet^).
Den gröfsten Buhm jedoch erntete Bupert durch seine umfange
reichen theologischen Schriften, deren Handschriften alle Bibliotheken
erfüllen. Fast vergessen dagegen und in keiner Handschrift erhalten
*) NaofasQtrageB ist die Bekehrung dee Cölner Jaden Judae, s. unten Y, 8.
St. Lorenz. Rupert ron Deuts. Gemblouz. ^ 19
ist eins seiner frühesten Werke, die Geschichte des Lorenz-
klosters bis 1095, welche nur in fragmentarischer und interpo*
Herter €^talt auf uns gekommen ist^). Doch auch so verdient es
Beachtung, theils wegen der Kachrichten über die älteren Lütticher
BischGfls, welche schon der Sagenbildnng anheim gefallen sind, theils
wegen des nmst&ndlidien Berichtes über die Verfolgungen, welche der
Abt Berengar von den Bischöfen Wolbodo und Otbert zu erleiden
hatte. In dieser Geschichte ist aufser Anselms Bisthumschronik auch
schon Sigeberfs Chronik benutzt, femer eine kleine Schrift des Mönches
Ludwig über die üebertragnng von Beliquien des h. Lorenz aus Born
nach Lüttich, im Jahre 1056, welche noch vorhanden ist^).
§ 22. Gembloux.
Nirgends vielleicht hatte sich das Elosterleben so reich entfaltet
wie in Belgien und ganz vorzüglich im Lütticher Sprengel. Der
Klöster Stablo, St Hubert, St. Trond, welche ebenfalls hierher gehören,
wurde schon oben gedacht; auch die Chronik von Waussor wurde
um 1080 begonnen und bis 1242 fortgesetzt'). Eine eingehendere
Betrachtung aber gebührt dem Kloster Gembloux wegen seines welt-
berühmten Chronisten, des Sigebert*).
Gembloux ist eine Stiftung des Wiebert, eines Mannes von
sehr angesehener Familie, welcher die Bitterwaffen mit dem Mönchs-
kleide vertauschte imd auf seinem Erbgute das Kloster gründete,
welches er dem Erluin übergab. Er selbst zog sich in das Kloster
Gorze zurück, welches eben damals in hohem Buhme stand und dessen
Ordnungen auch in (Gembloux eingeführt wurden. Yerschiedene An-
fechtungen bewogen Wiebert 946, eine Bestätigung der Gründung von
Otto I auszuwirken, doch hörten darum die Angriffe der Verwandten,
von denen alle Klosterchroniken zu berichten haben, nicht auf, und
1) Ruperii Chrotiican S. LaurentU Leodiensis ed. Wattenbach, MG. SS.
Vni, dbl— 279. Zwei Bibliotheksoataloge hat Kraus berausgegeben , Bheinl.
Jabrbb. L, 228— 231; darin Gregor Ton Tours, Gesta Francomm und FrecbulL
') De adventu reliauiarwn S, Lcaxrentn prowi Litdowici senioris^ Pex Thes.
IV, 3 p. I — 4; metriscn bearbeitet von Remer. Beides jetst MG. SS. XX,
579-682.
>) Chron, WoModorengey D'Achery VII, 565; ed. nor. II, 709. Vgl NA.
III, 220 Aber die Handschrift. Bis IC^O reicbt der erste Schreiber niteh Mab.
Äett. V, 586 im Vorwort zu der V. 8. Forannam (t 982) vom Mönch Robert,
die fabelhaft, fast inhaltslos und neben der Chronik ohne Werth bt. Die
Widmung Roberts an Wibald und dessen Antwoit auch bei JafFiö, BibL I, 99.
*) Vgl. S. Hirseh, De Vita et Scriptis Sigiberti, Berlin 1841, und Bethmanns
Vorrode xu Sigeberts Chronik, SB. VI, 268 ff.
120 i^' 3<^^«r- $22* Gembloox.
als Erlüin von seinem Qöimer Baginer dem Langhals widerrechtlich
anch dem Kloster Lobbes als Abt aufgedrängt war, wnrde er 957 von
den erbitterten Mönchen geblendet^). Wiebert war klUm genng, den
Ungern anf ihrem Baubzuge dnrch Lothringen 954 das Evangelinm
zn predigen y und soll sogar einige von ihnen bekehrt haben. Am
23. Mai 962 starb er, 987 Erlnin. Dieser üand schon bald nachher
einen Biographen an dem Mönch Bicharins, welcher in recht flieiaen-
den Versen sein Leben beschrieb und sein Werk dem Bischof Notger
(972—1008) widmete.
Anf Erlnin folgte bis 991 sein Bruder Heriward und dann bis
1012 sein Vetter Erlnin II, unter dem das Kloster bereits innerlich
wie äuTserlich zerfiel. Darauf aber gab ihm Bischof Balderich den
schon oben erwähnten Olbert zum Abt (1012—1048), welcher mit
greiser Kraft die Zucht herstellte, die äufseren Güter wieder herbei-
brachte und ordnete und besonders auch der Schule sich annahm.
Wie ein zweiter Philadelphus, sagt Sigebert, sorgte er fQr die Biblio-
thek und brachte 100 Bände geistlichen, 50 Bände weltlichen Inhalts
zusammen. Dabei verschmähte er nicht, selbst an der Handarbeit
Theil zu nehmen, welche damals noch nach der ursprünglichen Begel
den Mönchen oblag; er selbst half die Fischteiche graben, welche f&r
alle Klöster so wichtig waren. Wir sahen schon, dafs Balderich ihm
auch das neu gestiftete Jakobskloster übergab; es waren besonders
Mönche aus der Zucht des Abtes Bichard, die er hierher zog, wie
auch sein eigener Nachfolger in Gembloux, Mysach oder Mazelin, ein
Schüler Bichards war.
Unter diesem Olbert nun wurde Sigebert, um das Jahr 1030
geboren, ein romanischer Belgier, Mönch TOn Gembloux und erhielt
hier die ausgezeichnete Schulbildung, von welcher alle seine Schriften
Zeugnifs geben'). Er war noch sehr jung, als Mazelins Bruder Fulknin,
Abt von St. Vincenz zu Metz, ihn nach seinem Kloster berief, um die
Leitung der Schule zu übernehmen, welcher er eine lange Beihe von
Jahren mit so gutem Erfolge vorstand, daCs zahlreiche Schüler von
allen Seiten ihm zuströmten. Um das Jahr 1070 kehrte er nach
Gembloux zurück und wirkte hier noch über 40 Jahre als Lehrer und
Schriftsteller, allgemein verehrt und bewundert; aller Ehrgeiz lag ihm
fem, und wie er nie nach einer höheren Stellung verlangte, so ver-
mied er auch jede Berührung mit dem weltlichen Treiben, welches so
viele Mönche ihrem eigentlichen Berufe mehr oder weniger entfremdete.
1) Vgl. Dümmler, Otto I S. 293.
^) Sigeberta Schüler GodescHalk sagt von ihm, er habe lange mit dem
Abte Olbert (t 1048) gelebt, GesU abb. Gembl. c 64.
Sigebert yon Gemblonx. ]^21
Seinem Kloster war er mit der innigsten Liebe zngethan und ein be-
sonderer Verehrer des Stifters Wiebert, dessen Leben er anch be-
schrieb. Gegen das Ende des elften Jahrhnnderts verbreitete sich der
Bnf Yon Wnndem am Grabe Wieberts, und auch in der Feme wnrde
er schon mit gutem Erfolge angerufen. Da bemühte sieh nun Sige-
bert mit dem gröbten Eifer, ihn zur vollen Anerkennung als Heiliger
zu bringen; es gelang ihm, von Otbert die Erlaubnils zur feierlichen
Erhebung der Gebeine zu erlangen, die am 23. September 1110 ge-
schah'); er verfi&fste noch selbst die Antiphonen und Lectionen zur
kirchlichen Feier des neuen Festes, dann starb er am 5. October 1112.
Sigebert hat sowohl als Lehrer wie durch das grofse (xewicht,
welches seine Meinungen und Ansichten auch bei den H&upteni der
Lütticher Kirche hatten, eine bedeutende Wirksamkeit ausgeübt und
nicht wenig dazu beigetragen, dafs im Gegensatz zu einigen eifiig
gregorianischen Aebten diese Kirche in ihrer Mehrzahl der kaiser-
lichen Sache treu blieb. Auch Sigebert war ein echter Mönch, er
erfüllte mit der gröfsten Gewissenhaftigkeit alle Pflichten seines Be-
rufes, beschäftigte sich eifrig mifc theologischen Studien und schrieb
verschiedene Werke über kirchliehe Gegenstände, aber er war der
übertriebenen Ascetik abgeneigt, und sein ganzes Wesen war erfüllt
von Wohlwollen und müder FreundUehkeit. So aufrichtig er selbst
dem Klosterleben zugethan war, so wenig billigte er die damals herr-
schende Bichtnng, welche der ganzen Kirche das Joch des Mönch-
thums aufzwingen wollte, und noch weniger billigte er die Gewalt-
samkeit, mit welcher Hildebrand seine Prineipien durchsetzte, und die
Mifsachtung der geschichtlich und rechtlich begründeten kaiserlichen
Autorität. Diese Ansichten sprach er furchtlos aus in Abhandlungen,
die in Briefform erschienen und bedeutenden Eindruck machten. Er
trat gewissermafsen als das Organ der Lütticher Kirche auf, und der
Archidiacon Heinrich, sein vertrauter Freund, war es, auf dessen
Wunsch er diese Schriften verfabte. Zuerst schrieb er eine Widerle-
gung des berühmten Briefes Gregors VII an Hermann von Metz, über
die Berechtigung des Pabstes, den König in den Bann zu thun und
den Eid der Treue aufzuheben^), auf den auch Walram von Naumburg
•) Davon handelt die HisUyria Eievationis S. WicberH^ SS. X, 516 -618,
nach SigeberU Tode geschrieben. An diese sohliefsen sich die Wander
S. 518 — 523 mit einem Prolog von Sigebert, aber auch nach seinem Tode
Terfalst. Sie sind gut geschrieben und reichhaltiger als andere Schriften
der Art.
*) Bethmann glaubte dieses Schreiben su erkennen in der Schrift: Dicta
c^gusdam de dücordia papae et regis priorum reprekensa exempli»^ su welcher
am Rande bemerkt ist: nimirum SigeberÜ; jetzt gedruckt bei Floto Heinrich IV,
122 I^- Salier. { 22. Gembloux.
niid Wttirich im Namen Diefcriehs Ton Verdmi antworteten. Dann ver-
Mste er eine Widerlegung der Behauptung, dafs die Messen yeiftei-
ratheter Priester ungQltig w&ren^). Er greift darin nicht sowohl die
Forderung des Coelibats an, als die Aufreisung der Laien, der Masse
des Volkes aur gewaltsamen Erhebvng gegen die Priester, ein Ver-
fahren weldies Yorzüglich flberall ssu den ärgsten (Sewaltthaten ge-
ftkhrt und den bis dahin so blühenden Zustand der Kirche woHb trau-
rigste verwttstet hatte. Diese schlimmen Folgen der neuen Lehren
stellt er in der eindringlichsten Weise dar.
Zuletst veranlafste ihn derselbe Archidiaconus Heinrich noch ein-
mal zu einer ähnlichen Schrift im Namen der ganzen Lütticher Kirche,
als nämlich Paschalis n im Jahre 1102 oder 1103 den Grafen Robert
von Flandern zu einem fi^rmlichen Keuzzuge gegen dieselbe aufgerufen
hatte, wdl sie nicht von ihrem Kaiser lassen wollte'). In diesem
Sradschreiben entwickelt Sigebert mit besonderer Eindringlichkeit, mit
furchtloser Kfihnheit und in überzeugendster Weise, wie schriftwidrig
dieses Verfahren sei, und weist die entgegengesetzten Aussprüche und
Beispiele früherer Päbste, besonders Gregors des Grofsen, und anderer
Kirchenväter nach. Es spricht sich eine treffliche, edle (Besinnung
darin aus, und die treffende, wohl durchdachte Beweisführung verdient
nicht geringere Anerkennung. Auch die Sprache ist hier vortrefflich;
sonst aber ist sie auch bei Sigebert nicht frei von VerstGfsen gegen
die Grammatik und leidet namentlich an dem so häufigen Fehler ge-
reimter Satztheik: einem Fehler, der nicht Sigebert, sondern seiner
Zeit und besonders der Lütticher Schule eigen ist. Nach dem Ge-
schmack und ürtheil seiner Zeitgenossen schrieb Sigebert schön, war
er ein vortrefflicher Slalist, und er wandte in üblicher Weise diese
Kunst zur Bearbeitmig älterer Legenden, wie z. B. des h. Lambert an,
dessen Geschichte er einmal in dem gesuchten und überladenen Stil
damaliger Schönrednerei und einmal in einfietcherer Weise behandelte.
Er selbst sagt, dafe viele diese letztere vorzögen.
I, 437. Es ist dieses eine sehr heftige Parteischrifl, gesohrieben nach der Ein-
tetsang Goiberts und Heinrichs KaiserkrOnung, welche gani mit Heinrichs IV
Absagebrief an Gregor Übereinstimmt. Sie handelt Ton Nioolaus II Wahlotd-
nang and führt die Beispiele an ron Kaisem, welche F&bste abgesetst haben.
Heinrichs Entsetzung und der gegen ihn ausgesprochene Bann dagegen werden
nicht erw&hnt. Ea scheint daher nicht wahrscheinlich, dafs dieses jene ron
Sigebert erwfthnte Schrift ist. So auch Giesebreeht UI, 1049. Johann ron
Rabstein in seinem Dialog (1469) besieht sich nach des Herausgebers Ad.
Bachmann Ansicht auf diese Schrift unter Sigeberts Namen, Arch. d. W. Akad.
LIV, 886.
M Martene Thes. I, 280—241, rgl Hnrsch S. 208 ff.
*) C^edr. in den Sammlungen der Cokicilien und sonst häufig; jetit BfibL
y, 201—225 bn Codex Udalriei.
Sigeberts Behriften. 123
Zn Beinen frühesten Werken gehOrt das Leben des Bischofis
Dietrich von Metz^) (965—984), welches er w&hrend seines Auf-
enthaltes im Yincenzkloster Yerfafste, nm den Stifter dieses Klosters
xn Terherrlichen. Es ist bei einer Jugendarbeit nidit zn Termindem,
dafe eine gesuchte Zierlichkeit des Ausdruckes und zur Schau getra-
gene Gelehrsamkeit darin am meisten hervortreten. Daneben bemerkt
man aber auch schon die fleifoige Benutzung der Quellen, welche ihm
zu Qebote standen, Paulus Diaconus Geschichte der Bischöfe von Metz,
Widukind, Buotgers Leben des Erzbischofs Bruno von Oöln, ein gleich-
seitiger Bericht Hber die von Bischof Dietrich mitgebrachten Beli-
qmen, Gonstantins Leben des Adalbero von Metz, dazu die Urkunden
und die mflndliche XJeberlieferung von St. Vincenz. Dafs die Stiftung
dieses Klosters besonders hervorgehoben wird, ist natürlich, und be-
greiflich ist es auch, dafs die Fehler des Bischofs, namentlieh
iMiine Untreue gegen Otto m, verschwiegen werden, wie das in
Schriften dieser Art regehn&fsig geschah, aber loben kann man es
nicht, und Sigebert selbst hat sp&ter in seiner Chronik anders über
Dietrich gesprochen.
Nach Gembloux zurückgekehrt, feierte Sigebert, damals 44 Jahre
alt, in einem gröberen Heldengedichte das Martyrium der theb&ischen
Legion, wie es in der gangbaren Legende beschrieben war*). An der
Wahrheit derselben zu zweifeln mochte ihm wohl fei-n liegen; die Art
aber wie er zur Belebung und Bereicherung seines Stoffes den ge-
schichtlichen Hintergrund behandelt, zeig^ eine vollkommene Vertrautheit
mit der Geschichte jener Zeiten, während zugleich die Beherrschung
der Sprache und die Gewandtheit im Versbau alles Lob verdienen,
und sowohl die Anordnung des Ganzen als auch einzelne Schilderungen
beweisen, dafs es Sigebert nicht an dichterischer Begabung fehlte.
Um dieselbe Zeit, noch vor dem Tode des Abtes Mazelin (11. No-
vember 1071), ver&fste Sigebert auch das Leben Wieberts, des
Stifters von Gembloux, und die Geschichte des Klosters, die er
jedoch nur bis zum Tode Olberts (1048), zum Beginn der Begierung
des damals noch lebenden Abtes fortführte*). Im Kloster selbst hatte
1) Vüa Deoderici Met. auct SigeUrto ed. Peru, MG. SS. IV, 461-433.
Bine Emendation ron Heerwagen Forsch. VIII, 382.
*) Peru, Ueber Sigebert« drei Bücher De pasnone Sanciorwn ThebaeoTHm,
im ArchiT IX, L~17.
*) Vita Wieberti et Oetta abbatum Oemblacensium auctaribus Sigeberto
et Godeicalco, ed. Perts, MG. SS. VIII, 604 — 564, nach der Origmal-Hand-
■ehrift ; früher waren nur sehr mangeUiafte Aussflge bekannt. Nach Bethmanna
▲naieht bei Beüfenberg, Annnaire I, 71 schrieb auch Radulf von Caen
•einen Tancredns, den er seinem Lehrer Amolf, damab Patriarchen Ton Jem-
124 I^* Bt^er. |22. Gembloox.
nur Bicharius das Leben Erluins behandelt, aber anch diese
Schrift war fast yerloren und nur noch in Bmdbstücken erhalten; eins
davon hat Sigebert in sein Werk aufgenommen. Folcnin in seiner Oe-
schichte von Lobbes hatte Erluins gedacht, aber in unvortiheilhaflier
Weise, und Sigebert tritt seiner Darstellung entgegen. Hauptsächlich
war es also die mündliche üeberliefenmg, auf welche dieser angewiesen
war, für die er aber durch die von ihm vollständig aufgenommenen
Urkunden einen festeren Halt gewann, während die genaue Kenntnüjs
der lothringischen Geschichte ihn in den Stand setzte, eine Darstellung
zu geben, welche auch f&r die Zeit Otto's des Gro&en lehrreich ist;
mit besonderer Vorliebe wird sodann die Wirksamkeit Olberts geschil-
dert, den er noch persönlich gekannt hat und dessen Andenken im
Kloster fortlebte. Gegen die Mitte des folgenden Jahrhunderts setzte
Sigeberts Schüler Godeschalk diese Klostergeschichte weiter fort,
bis zum Tode des Abtes Anselm (1136). Auch diese Fortsetzung ent-
hält gute Nachrichten, namentlich über Sigebert. Ueber seine Schriften
aber hat Sigebert selbst uns die vollständigste Angabe hinterlassen
in dem letzten Capitel seines Werkes über die kirchlichen Schriftsteller'),
welches übrigens sehr nachlässig gearbeitet und von geringem
Werthe ist.
Das Hauptwerk Sigeberts , dasjenige auf welchem besonders sein
hoher Buhm bei den Zeitgenossen und bei der Nachwelt beruht, ist
seine Chronik. Lange Zeit galt sie für eine der mächtigsten Auto-
ritäten, und bis auf die neueste Zeit findet man sie überall vielfach
angeführt Erst jetzt beginnt ihr Ansehen zu schwinden, da nur für
einen geringen Theil die ursprünglichen Quellen nicht bekannt sind,
und da die üngenauigkeit seiner Angaben nachgewiesen ist. Bethmann,
welcher zuerst nach der von ihm entdeckten Original-Handschrift den
reinen und unverfölschten Text') herausgegeben, die Chronologie ge-
prüft und überall die Quellen nachgewiesen hat, gesteht dem ersten
sftlem (t 1118) widmete, aber nur bis 1105 ftlhrte, obgleich er nach Tancreds
Tod (1112) schrieb, in Gembloux, wo sein Autograph sich erbalten hat.
^) De Scriptoribus ecclesituHcis^ am besten in A. Miraei Bibliotbeca eccle-
siastica ed. II. cur. J. A Fabrieio. Vgl. Hirsch S. 330—337.
^) Anch ohne den Zusats über die P&bstin Jobanna, deren Erfindung man
früher Sigebert Schuld gab. Die Ausgabe steht MG. SS. VI, 300— 374, wo
sich die verschiedenen Fortsetzungen anschliefsen. Waitz Heinr. I S. 225 be-
dauert, dafs Sigeberts Zus&tze im ersten kleingedruckten Theil nicbt unter-
Hcbieden sind. Ueber den abweichenden und erweiterten Text in den Annales
Hannoniae des Jacques de Guise, Wilmans Archiv IX, 343-^347. Ueber die
Ton Sigebert 900 — 907 benutzten Schriften des Auzüius s. Dümmlers Aux. xl
Vulgarius S. 27 ; über die von Bethmann zu seinen Quellen gerechneten Ann.
Xantenses 1,214; über die Ann. Leodienses oben S. 113. Bethmanns Ausg.
ist, mit anderen Schriften Sigeberts, abgedr. bei Migne CLXI.
Sigeberts Chronik. J25
Theile des Werkes gar keinen Nutzen zn nnd stellt auch den folgenden
nicht hoch'). Zum Theil rührt dieses Yon denselben Eigenschaften her,
die ihn als Schriftsteller anszeichnen, indem er immer nur seinen eigent-
lichen Zweck, eine chronologische Uebersicht der Weltgeschichte, im
Ange hatte und deshalb weder locale Nachrichten anfiiahm, noch anch
wie Hennann yon Beichenan nnd Ekkehard die Geschichte seiner eigenen
Zeit nnYerhftltnirsmäTsig ansfOhrlich behandelt hat.
Erst im letzten Jahrzehnt seines Lebens, also schon in hohem
Alter, scheint Sigebert die Ausarbeitung dieser Chronik begonnen zu
haben, und sein Hauptziel dabei war die Feststellung der Chronologie:
eine Aufgabe welche jedem, der sich damals mit geschichtlicher For-
schung beschäftigte, als die aUerdringlichste erscheinen mufste und
deren Lösung mit den gröfsten Schwierigkeiten verbunden war. Das
Werk des Marian war Sigebert bekannt geworden, und er stellte es
sehr hoch, obgleich es ihn nicht befriedigte. Es kam der damaligen
Welt Yor allem darauf an, fftr die wahllosen Legenden eine sichere
historische AnknDpfdng zu gewinnen: man hatte einerseits überaus
magere Annalen, andererseits die so sehr werth gehaltenen Heiligen-
geschichten, denen es meistens an bestimmten Zeitangaben fehlte. Daher
wiederholt sich immer das Bestreben, die Legenden dem annalistischen
Bahmen einzufügen, und dies muCste um so mehr zu Irrthümern fQbren,
da die älteren Legenden meistens untergeschoben und im Widerspruch
mit der richtigen Chronologie waren, unsägliche Mühe hat dieser um-
stand den Gelehrten des Mittelalters verursacht, nnd man kann es
Sigebert nicht zum Vorwurf machen, dafs er, obwohl nicht ganz ohne
Sinn für historische Kritik, doch viele Fabeln gläubig annahm, an denen
zu zweifeln nicht leicht jemand sich beikommen liefs.
Sigeberts FleiTs und seine auTserordentliche Belesenheit verdienen
die grölste Anerkennung, auch ist die Auswahl der aufgenommenen
Nachrichten verständig und seinem Zwecke angemessen, aber an Ge-
nauigkeit in der chronologischen Anordnung fehlt es ihm mehr, als
man erwarten sollte, auch da wo nicht gerade die Mangelhaftigkeit
seiner Hülfsmittel ihn entschuldigt Sein Werk schliefst sich unmittelbar
an die Chronik des Hieronymus und Prosper an und beginnt deshalb
erst mit dem Jahre 381 , nach einer kurzen Einleitung über den Ur-
sprung der verschiedenen Beiche, deren Begenten er synchronistisch
mit den Jahren der christlichen Zeitrechnung verbindet. In der Be-
handlung der neueren Geschichte zeigt Sigebert dieselbe verständige
Mäfsigung, welche seinem ganzen Wesen eigen ist; er schliebt sich
i) Aehnlioh Gieaebreoht 111, 1089.
126 ^^' Salier. §22. OemUoax.
keiner Partei an und ist sehr yorsichtig in seinem ürtheil, yerhehlt
aber doch auch hier nicht seine MiTsbilligong des neuen und unerhörten
Yerüahrens Gregors Vü, die Gemeinden gegen die Priester und die
Völker gegen die Könige zu den Wa£Fen zu rufen.
Schon vor dem Jahre 1 106 hat Sigebert seine Chronik ausgegeben,
und bald darauf wurde sie Yon Ekkehard zu einer neuen Bearbeitung
seines Werkes benutzt; der Verfasser fuhr jedoch fort daran zu ar-
beiten und überschritt hier ein wenig das Mafs seiner fHUieren Dar-
stellung. Zum Jahre 1105 nahm er ein sehr schätzbares Schreiben
über die Einsetzung des Gegmpabstes Maginulf auf» und 1106 den
auch sonst bekannten Brief Heinrichs IV an den König Philipp von
Frankreich. Auch in Beziehung auf den Investiturstreit miüsbilligte
Sigebert die aller Geschichte widerstreitende und in der Durchführung
unmögliche Forderung der damaligen Päbste, welche das alte Band
zwischen Staat und Kirche ganz zerreifsen wollten; sein Werk beschlieDst
Heinrichs V Vertrag mit Paschalis vom 13. April 1111. Bei den vielen
widersprechenden Nachrichten über diese Vorgänge begnügte er sich
mit der Darstdlung derselben, welche des Kaisers Buudschreiben «it-
hielty und theilte die Actenstücke vollständig mit.
In demselben Jahre, am 5. October, starb Sigebert. Seine Chronik
war schon damals in Abschriften weit verbreitet und wurde bald die
vorzüglichste Grundlage aller G^chichtskenntnifs in den Kirchen und
Klöstern Belgiens und des nördlichen Frankreichs. Zugleich aber hatte
man auch an diesen Handschriften eine sehr bequeme Form, um Zu-
sätze über die frühere Zeit einzuschieben und Au&eichnungen über die
Zeitgeschichte nachzutragen. Beides geschah zunächst im Kloster
Gembloux selbst, wo der Abt Anselm eine ausführliche Fortsetzung
bis zum Jahre 1135 hinzufügte, die von anderen bis 1148 fortgeführt
wurde. Es ist Bethmanns Verdienst, alle diese Znsätze der 33 von
ihm benutzten Handschriften sorgföltig gesondert, ihrer Zeit und ihrem
Werthe nach bestimmt und in zuverlässigem Abdruck mit seiner Aus-
gabe des Sigebert verbunden zu haben. Am werthvollsten für die Ge-
schichte des zwölften Jahrhunderts sind die Zusätze und besonders die
Fortsetzung (1149 bis 1237) aus dem Kloster Anchin imArtois^) und
von Afüighem zwischen Brüssel und Gent (597—1163); sehr bedeu-
^) Auctarium Aquicmense SS. VI, 392 — 398; Contimtatio Aquicinctina
S.405--488. Hierin sind die Annaies A^uiciiu^tim 1079--1279, von 1147
an gleichseitig, benuut, die ganz localer >i»tur sind, ed. Pertz MG. SS. XYJ,
503 — 606 ohne RückBioht auf die Bemerkungen von Wihnans, Arch. IX, 348.
Die Ton fiemh. Kugler, Studien cur Oesch. d. zweiten Kreozzugee 8. 13 — 20
benutzte Fortsetzang ist die splkter zu besprechende Historia pontificalis.
Sigeberts Chronik und ihre Fortsetser. Gnibert. J27
tend, aber yorzüglich ftbr die nonnamiisGh- englische (reschichte, ist
die anf Sigeberts Werk begn^tkndeie Chronik des Bobert vonMont-
Saint-Michel, welche Bethmann eben&lls ans der eigenen Hand-
schrift des YerfiEissers in einem yiel&Gh berichtigten Abdmck mitge-
theilt hat^). Auch die Annalen von Bgmnnd, der Anfang holländischer
Annalistik, lehnen sich an einen Auszng ans Sigebert; selbständig sind
sie Yon 1112 an. Wir werden im folgenden Abschnitt anf dieselben
zurückkommen.
Im Jahi-e 1185 oder 1186 wurde Ortschaft undHoster Gembloux
durch den Grafen Heinrich von Namur schonungslos verheert und ver-
brannt: eine Beschreibung davon enthUt ein Brief an die Nonne Ger-
trude in Bingen von dem MOnch Guibert'), der sich lange in Mar-
moutier-les- Tours aufgehalten hatte und ein besonderer Verehrer des
h. Martin war; dahin wollte er jetatt heimkehren. Bald darauf wurde
er jedoch zum Abt von Florennes, 1194 au<di von Gembloux erwählt;
nach 10 Jahren entsagte er aber der Wflrde, da er vergeblich die
gänzlich gelockerte Zucht herzustellen suchte, und starb am 22. Fe-
bruar 1208. Seine Briefe zeigen uns einm lebhaften Verkehr mit Erz-
bischof Philipp von Cöln, dem er seine Lobpreisung des h. Martin nach
Boppard überbraphte, wo sich der Erzbischof im GMölge des Kaisers
befand, auch mit Hildegard von Bmgen, deren Lebensbeschreibung
Philipp von ihm verlangte. Einen sehr langen und geschichtlich nicht
unwichtigen Brief schrieb er an Erzbischof Conrad von Mainz^ um ihn
zu bewegen, von seiner zweiten Kreuzfahrt (1197) abzulassen, und sich
lieber der Herstellung seiner schwer heimgesuchten Stadt, dem Neubau
der verbrannten Domkirche zu widmen'). Eifrig kirchlich gesinnt
pries er auch Sigifrid von Mainz und Philipp von Batzeburg wegen
ihres Widerstandes gegen König Philipp und ermahnte sie zur Aus-
dauer*).
1) Roberti de MütUe Chronica a. 1100—1186, S. 480 — 536. Chronique
de Robert de Torigni^ Abb4 du Mont-8.-M. jMtr L. Delisle, 2 Tolnmes, Bouen
1872. 1873. Vgl. Pauli, Engl. Gesch. III, 868. Ueber Roberts Th&tigkeit als Abt
8. Huynes, Histoire generale de l'Abbaye du Mont-8aint-Michel (Rouen 1872),
8. 172—178.
S) Mart. CoU. I, 980. Ports hat HG. 88. VIII, 568 ein Stftck des Briefea
mit einem Zusatz am Schluls gegeben, ohne die Herkunft zu erkennen.
*) Bei de Gudenus V, 1104. Vgl. Gust. Scholz de Conradi I Magunt.
principatu territoriali (Diss. Bonn. 1870) p. 41.
*) Epistolae ChtiberH bei Hart Coli. I, 916 ff. Tgl. Mab. Anall. p..481.
A. Dural, Bist. litt. XVI, 566 — 574. Reiffenberg, Annuaire VII, 51. In.
Marmouder schrieb er Turpins Werk ab, von dem nun alle Bekannte Ab-
schriften verlangten.
128 I^* ^^^^r. i 23. Cambrai und Tounuü. Mastnoht.
§. 23. Cambrai und Tonrnai. Mastricht.
Zu den besten and bedeutendsten Bisthumsgeschichten gehört die
Chronik der Bischöfe Ton Cambrai, welche bis auf Bethmanns
Ausgabe auf den Namen eines gewissen Bälde rieh vonNoyon ging,
obgleich die yerdächtige Natur der Documente, auf welche allein diese
Annahme sich st&tzte, schon frOher bemerkt worden war. Der Ver-
fasser, auf dessen Namen wir verzichten mlissen, war yielmehr Domherr
zu Cambrai, wo er auch heimisch war oder doch seit langer Zeit der
Kirche angehörte, und stand in nahem persönlichen YerhftltniCs zu dem
Bischof Gerhard, der von 1012 bis 1049 der Kirche vorstand, welche
Heinrich n ihm anvertraut hatte. Dieser Gerhard war ein vornehmer
Mann und Verwandter des Erzbischofs Adalbero von Beims, der ihn
unter seinen Augen hatte erziehen und ausbilden lassen, bis er in die
kaiserliche Kapelle eintrat. Die ältere Geschichte seines Sprengeis lag
ihm sehr am Herzen; schon bei Gelegenheit der Translation von 1015
bewog er den Fulbert, das Leben des alten Bischofs Autbert von Cam-
brai (633—669?) zu beschreiben^), und später gab er dem erwähnten
Domherrn, welcher sich bereits an einer üeberarbeitung der Legende
von dem noch älteren Bischof Gaugericus versucht hatte'), den Auftrag
die ganze Geschichte des Bisthums zu bearbeiten. Zwischen 1041 und
1043 hat dieser seine Aufgabe gelöst, indem er im ersten Buch die
Nachrichten über die ältere Zeit zusammenstellte, im zweiten von allen
Klöstern des Sprengeis Auskunft gab und endlich im dritten Buche
die Begierung des Bischofs Gerhard sehr ausführlich behandelte. Die
letzten Capitel (35—60) hat er etwas später zugesetzt und damals
auch Zusätze zu den früheren Theilen seines Werkes gemacht, wie das
aus seiner noch jetzt, aber leider unvollständig erhaltenen Urschrift;
zu ersehen ist; doch gehen weder die Fortsetzung noch die Zusätze
über das Jahr 1044 hinaus. Sehr fleifsig und gewissenhaft hat der
Verfasser alle Quellen benutzt, welche ihm zugänglich waren, nämlich
aufser den Heiligenleben aus dieser Gegend den Gregor von Tours und
die Gesta Francorum, Flodoards Geschichte von Beims und Hinkmars
Briefe, die Annalen Einhards und die von St. Vaast, femer die jetzt
') „Liber quem Folbertus doctor kurUsimus (al. olarissimuB) de rita S. Ant-
berti jnbenie domno ep. Gerardo inscripHit.^ Gesta epp. Cam. I, 78. Man hilt
Um gewöhnlich ftr den Bischof Falhert Ton Chartres (1017—1028). Dagegen
Bist, liu de la France VII, 277. Gedr. ap. Sur. Dec 13.
>) Die alteren Acta desselben Aeta SS. II, 670. Acta SS. Belgii ed.
Ghesquiöre II, 273.
BisUmmsgesehiehte ron Gambrai. 129
Terlorenen, aber auch Yon Jacob yon Onise benntzten Annalen yon
8i Ghislain^) und Benaix'). Damit verband er die Urkunden seiner
Kirche, von denen er die wichtigsten ToUständig au&ahm, und was
ihm noch ans der lebendigen Ueberliefemng zukam nnd glaubwürdig
«rschien. Denn er strebte durchaus nach Wahrheit und hütete sich
Tor Fabeln; ausdrücklich spricht er den Grundsatz aus, lieber zu
schweigen und seine Unwissenheit zu bekennen, als sein Werk mit
unzuverlässigen und erdichteten Angaben zu schmücken. So ist es ihm
denn gelungen, eine Geschichte zu schreiben, welche vom zehnten Jahr-
hundert an nicht nur die Verhältnisse dieses Bisthums in helles Licht
setzt, sondern auch für die allgemeinere Geschichte von Bedeutung
ist Schon über den EinM der Ungern 953, dann über Otto ü, über
seinen Zug gegen Paris und die lothringischen Verhältnisse, aber auch
über seine Niederlage in Calabrien, über die unruhigen Zeiten der
Begentschaft und die folgenden Kaiser hat er werthvolle Nachrichten
aufbewahrt. Die Sprache ist ohne Anspruch auf Zierlichkeit, aber doch
frei von Ueberladung; auch scheut der Verfasser sich nicht, gerade
die im gewöhnlichen Leben üblichen Ausdrücke anzuwenden, was na-
türlich in romanischen Ländern weit leichter und häufiger vorkommt,
als in Deutschland.
Etwa dreifsig Jahre nach der Vollendung dieses Werkes wurde
eine Fortsetzung über die Begierung des Bischofs Lietbert (1051 bis
1076) hinzugefügt, welche später eiQ Mönch zum heiligen Grabe in
Cambrai, Namens Budolf, zu einem eigenen Leben Lietberts umarbei-
tete. Auch die Zeit Gerhards 11 (1076—1092) wurde bald nach dessen
Tode in ähnlicher Weise behandelt und vermuthlich ebenso die Be-
gierung der folgenden Bischöfe, aber leider ist uns der weitere Text
nicht mehr erhalten. Nur ein Auszug lieg^ vor von einem Mönche
von St. G^ry aus dem Jahre 1180, der aber auch nur bis 1095 er-
halten ist, und ein anderer aus dem Jahre 1191 von einem Domherrn,
der den letzten Theil dieses Abschnitts selbständig verfarst zu haben
scheint*). Für den früheren Theil bis 1135 besitzen wir noch ein
Hülfsmittel an einer französischen Uebersetzung vom Ende des drei-
') Ann. 8, Oisleni^ s. Wilmana im Archiv IX, 356, die Auszüge tod Guise
934 — 1036; 1035 war vom Kaiser Konrad durch geschickte Operation mit
dem Leib des Schutsheiligen die Befreiung der Abtei erwirkt; die Wunder,
Miracuia S, CUsleni^ wurden auf Befehl des Abtes Bathbod von Bainer be-
schrieben. Ausz. bei Mab. II, 79G — 800. Nachtrag bei Duvivier, Recherohes
sur le Hainaut aocien (Bmz. 1866) 8. 365—367.
') Chronica Bothnacenm s. Aroh. IX, 363.
•) Aus der wiedergefundenen Handschrift Paris. Lat. 10,968 giebt TT. Arndt
im NA. II, 294 die kleine von Dom Brial fortgelassene Fortsetiung.
WattaolMMh, Oetchtohtwiaellen IL 4. Aufl. 9
130 IV. Salier. J 23. Cambrai und Touraai. Mastricht.
zehnten Jahrhunderts, deren Ende in Bethmanns Handschrift fehlte
Aach einem ahkfirzenden TJeberarbeiter des siebzehnten Jahrhunderts
lag sie nur noch bis 1151 vor. Vollständig erhalten ist sie aber mit
Fortsetzungen bis ans Ende des Mittelalters im Cod. Yat. Christ. 760
(Arch. XII, 307), nach welchem jetzt eine Ausgabe vorbereitet wird.
Auch nach dem jetzt gedruckt vorliegenden Theil hat sich ungeachtet
so mancher Einbufse doch immer genug erhalten, um dieser Bisthnms*
Chronik auch noch für das zwölfte Jahrhundert ihren Bang unter den
bedeutendsten und lehrreichsten Quellenschriften anzuweisen.
Im Mittelalter wurde sie auCser von Sigebert nur von den Local-
Schriftstellern dieser Gegenden benutzt; 1615 erschien die erste Aus-
gabe von Colvener, Bouquet vertheilte sie in den 8. 10. und 11. Band
seiner Sammlung, worauf Dom Brial im 13. die Fortsetzungen von
1076 an zum ersten Male publicirte. Le Glay bereicherte 1834 seine
neue Ausgabe mit einem ausfQhrlichen und lehrreichen Conrnientar,
und endlich gegründete Bethmann die seinige durch eine genaue und
sorgfaltige Benutzung aller erreichbaren Hülfsmittel und sonderte zu-
gleich die einzelnen Theile des Werkes mit schärferer Kritik als bis
dahin versucht worden war^}.
Zunächst an diese Bisthumschronik schliefst sich, in manchen
Stücken dieselbe ergänzend, die Chronik des Lambert von Water-
los, Domherrn zu St. Aubert in Cambrai, jetzt von Pertz unter dem
Titel Annales Cameracenses (SS. XYI, 509— 554) herausgegeben.
Im Gebiet von Toumai 1108 geboren, adelicher Herkunft, wurde
Lambert schon mit 1 1 Jahren unter die Domherren von St. Aubert
aufgenommen und trat später zu dem Bischof Nikolaus (1136—1167)
in nahe Beziehungen, so wie er auch über die nach dessen Tode ein-
tretende Zwietracht und die Wahl Peters von Flandern gut unter-
richtet war. Im Jahre 1152 kam er, wie er selbst erzählt, auf den
Gedanken die Vorgänge seiner Zeit aufzuschreiben; er benutzte dazu
ein Exemplar der Chronik Sigeberts mit der Fortsetzung von Anchin,
und vermehrte sie mit Znsätzen, welche gegen die Mitte des Jahr-
hunderts in ausführliche Erzählung übergehen. In bunter Reihe
wechseln persönliche Begebenheiten, weltgeschichtliche Ereignisse und
die Unruhen im Bisthum Cambrai, weitschweifig und ohne Klarheit
erzählt, doch w;erthvoll durch die Fülle einzehier Nachrichten und
SchUderungen. Die Urschrift ist leider verloren, der Text (1099 bis
^) Oesta episcoparum Ckxmeracenaium^ MG. SS. VII, 393 — 625 und Addenda.
Ueber die von Jakob ron Guise benntite Hutoria Camerticensis und den Cctta-
logu» epigcoporum Com, s. R. WUmans im Arehiy IX, 349 u. Bethmann S. 491
Tgl. Gieeebr. II, 666. III, 1064.
WftierloB. Klostergesebichten. }3J
1170) aus einer mangelhaften Abschrift mit Benntznng anderer Hülfe-
mittel von Dom Brial (XITT, 497) hergestellt nnd von Pertz abermals
bearbeitet. Fflr das elfte Jahrhundert tritt der Bisthnmschronik die
Chronik des Andreasklosters zn Catean-Cambr^sis zur Seite, welche
wichtige Nachrichten über Heinrich in enthält. Le Glay war es
welcher zuerst das dritte Buch derselben in seiner Ausgabe des so*
genannten Baldericus veröffentlichte und dann das ganze Werk Beth-
mann zur Publication überlieOs ^). Von dem in den Gesten übergange-
nen Kloster Liessies berichtet die Yita Hiltrudis^), welche ein
Mönch Yon Waussor, nur mit W. bezeichnet, auf Bitten des Canoniker
von Liessies geschrieben hat, also bevor diese den Mönchen Platz
machen mufoten und 1096 Gonterus als Abt eingesetzt wurde. Erzählt
wird die Gründung in König Pippins Zeit, die Zerstörung durch die
Ungern, und wie an dem vernachlässigten Grabe der Hiltrud, der
Tochter des Stifters, welche Klausnerin geworden war, Wunder sich
ereigneten, die zur Erhebung der Gebeine durch Erluin führten; die
wiederhergestellte Kirche wurde vom Bischof Gerhard geweiht. Ueber
Gerhards I Stiftung Florennes giebt Gonzo, um 1050 Abt des
Klosters, Nachricht in den Wundem des h. Gengulf. Abt Bichard
leitete auch diese neue Anlage'). Hierher gehört femer des Tomellus
Gründungsgeschichte des Klosters Hasnon^), die unvollendete Chronik
von Afflighem aus dem zwölften Jahrhundert^) und aus dem benach-
barten Sprengel von Toumai Gisleberts Gedicht, wenn man es so
nennen will, über den Brand des Klosters St. Am and 1066, welches
Bethmann zuerst herausgegeben hat'). Merkwürdig ist darin der Be-
richt über die Bitt&hrt, welche die Mönche nach dem Brande mit den
Beliquien ihres Heiligen unternehmen, nach Cambrai, Laon u. s. w.
Von dem Ertrag wird der Neubau untemommen. Der Verfasser hält
») Ckromcan S, Andreae in Castro Qxmeracem (1001 — 1138) SS. VII,
526—650.
«) Mab. III, 2, 420—428. Acta SS. Sept. VII, 492—501.
*) Miracula S. Gengulpki ed. G. Henschen, Acta SS. Mi^i II, 643. 648—655.
^) Tomelli Historia monastem Hagnomenm (1070) Martene Thes. III,
777 — 793. Angeh&ngt ist anter dem falüchen Titel „Fondatio mon. Hasno-
niensifl'' S. 793 — 796 ein um 1095 von einem Mönch Ton St. Amand Terfalster
Bericht, Streitigkeiten beider Klöster Hber ihre Mflhlen betreibend.
•) Chronicon A/ßgemense (1083 — 1109) ed. Bethmann, M0. SS. IX,
407—417.
*) Qisleberti Elnanensis carmen de incendio S. Amomdi^ MG. SS. XI,
409—432, mit ausflkhrlichem Vorwort. Dasselbe in Prosa Acta SS. Feb. I,
879. Annalen von St. Amand sind als Ann, Elfionemes numres 542 — 1224,
minores 533— 1061 MG. SS. V, 10^20, als Breve Chron. Ein, bei De Smet,
Beoaeil des Chroniqaes de Flandre II, 1 — 26 gedruckt. VgL anch Wilmans
über Jacques de Guise, Archiv IX, 345 — 348. 352.
9*
132 ^^* S^ier. § 23. Cambrai und Toarnai. Mastricht.
sich aber besonders bei den Wandern auf, an die er lange und schwtll-
stige moralische Betrachtungen anknüpft.
Häufig gaben die feierlichen Erhebnngen Yon Heiligengebeinen,
welche vermehrten Zulauf und Wundergeschichten zur Folge zu haben
pflegten^), Anlafs zu Schriften die immer mehr oder weniger brauch-
baren Stoff enthalten. So wurde 1025 in Gorbie Adalhard er-
hoben, worauf Gerhard, später Abt verschiedener Klöster, die alte
Biographie überarbeitete und ein Buch Wunder hinzufügte; das nicht
unwichtige zweite Buch schrieb ein anderer Mönch von Gorbie im
zwölften Jahrhundert').
In der Fastenzeit des Jahres 1033 wurde das Kloster St. Bertin
durch eine Feuersbrunst verheert, bei welcher man in der Gestalt
von drei weifsen Tauben die Schutzheiligen Yincentius, Audomarus
und Bertinus zu erblicken glaubte, die dem Brande Halt geboten; am
Gregoriustag tröstete Yincentius noch durch eine besondere Erschei-
nung. Diese Vorgänge verherrlichte einer der Mönche in einer Ode,
welche nicht übel ausgefallen ist, wenn auch seine Metrik dem künst-
lichen Yersmalfi nicht ganz gewachsen war*). Im Jahre 1052 wurde
der glücklich wieder aufgefundene Bertinus vom Abt Bovo feierlich
erhoben; der Abt selbst beschrieb den Hergang und der Mönch Fol-
card überarbeitete das alte Leben des Heiligen und fügte zwei Bücher
Wunder hinzu. Aeltere Erzählungen sind darin aufgenommen und von
den Normannen ist viel darin zu lesen ^). Als unter Abt Lambert zu
Urbans n Zeit in St. Bertin eine energische Beform unternommen
wurde, schrieb Simon, ein Zögling Lamberts, eine Fortsetzung von
Fulcuins Klostergeschichte ganz in dessen Weise, Ghartular und Ge-
schichte zugleich. Später wurde er selbst Abt, zog sich aber 1183
zu einem beschaulichen Leben nach Gent zurück, wo er seine Ge-
schichte bis 1145 fortführte.
In dem nahen Saint- Omer sammelte 1120 der Ganonicus
Lambert mannigfachen Inhalt in einem Godex, den er Florians
nannte, u. a. kurze Annalen*), und eine Genealogie der Könige von
Frankreich und der Grafen von Flandern, welche einem Mönch von
1) Bodalfus Glaber III, 6 erzählt, wie 1008 durch den Ersb. Ton Bens
Buerst ein solcher Fund mit glücklichem Erfolge gemacht wurde, dem nun
alles nachstrebte; IV, 3 ein merkwürdiges Beispiel betrügerischer Ausbeutung.
>) Acta SS. Jan. I, 111 ff. u. daraus Mab. IV, 1, 345 ff. vgl. Eluokhohn,
Geschichte des Gottesfriedens S. 24.
>) Herausgegeben von £. Dümmler im NA. II, 228—280, Tgl. S. 223.
«) Mab. III, 1, 108 ff. Relatio de inventhne etc. 8. 163—168. AcU SS.
Sept. II, 604 ff. Vgl oben I, 308.
*) LamberH Audomartensis Chronica (1) 919 — 1120 ed. Bethmann SS.
V, 66.
KloBterchroniken und Wundergeschichten. 133
Saint-Bertin die Gnmdlage zu seiner bis 1164 fortgefühilieii Flandria
generosa gewährte, zu welcher in späterer Zeit noch viele Znsätze von
yerschiedenem, meist sehr geringem Werthe gemacht sind^).
In den Kreis der frflher (I, 311) berührten Translationen gehört
anch Bertnlf, erster Abt von Benty im Artois (f 705), den Graf
Erkengar von Bonlogne nnter Karl dem Einfältigen nach Bonlogne,
Amnlf von Flandern aber unter Abt Gerhard nach Blandigny brachte;
im Jahre 1073 liefs der Abt Folcard ihn erbeben und durch einen
seiner Mönche den Hergang sammt dem Leben des Heiligen be-
schreiben^). Auch ältere Annalen bis 1060 wurden in Blandigny ab-
geschrieben und von 1061 ab von häufig wechselnden Händen fort-
gesetzt bis 1292^).
Zu erwähnen ist endlich noch die Gründungsgeschichte des Klosters
Oudenburg bei Brü^e, wo 1083 Benedictinef eingeführt wurden,
im Anschlufs an das Leben des Stifters, des Bischofs Arnulf von
Soissons^), und die Geschichte der Herstellung des Kloster St. Martin
zu Tournai, beschrieben vom Abt Hermann, und von andern
1127—1160 fortgesetzt»).
Zu den gefeiertsten Herstellern der Klosterzucht gehörte Goswin;
gebürtig aus Douai, bekämpfte er schon als Pariser Student den auf
der Höhe seines Buhmes stehenden Abaeiard, wie David den Goliath.
Als Lehrer in Douai aber wurde Goswin plötzlich von dem Trieb zur
Weltentsagung erfafst und trat ins Kloster Anchin unter dem Abt
Alvisus (1111—1131), der ihn bald entsandte, um in St. Crispin, dann
auch in St. Medard zu Soissons die verfallene Zucht herzustellen. Als
') Oenealogia regum Franciae et comitwn Flandriae ed. Bethmann SS.
IX, 308; ib. 313 — 334 die Flandria generosa mit Interpolationen und Fort-
setsuDgen bis 1214. Vgl E. Schmiele, Bobert der Friese (Diss. 1872) S. 7—9.
Wegen einiger Verse c 17. 18. vermuthet Bethmann Benutsung eines Ter-
lorenen Gedichtes über die Schlacht bei Cassel (1071), aus dem er dann sehr
wenig aufzunehmen fand. Was Schmiele 8. 7 als Verse noch geltend macht,
ist nichts als Prosa.
*) Vita S,Bertulß abb. Renticenm, Acta SS. Feb. I, 677 — 688. Mab.
ni, 1, 45—64.
B) AnnaUs Bkmdinienses ed. Bethmann MO. SS. V, 20—34. Van De Putte,
Annales abbatiae S. Petri Blandiniensis, GaudaW, 1842, 4. •
*) Es ist eigentlich nur die Vorgeschichte der Kirche, und suletet ein ab-
gesonderter Abschnitt Ton einem Zeitgenossen des Kirchenbaues von 1056 mit
einigen interessanten Notizen, a. Chronicon Aldenburgense ed. J. B. Malou, Bmz.
1840, 4. Cap. 8 ist rwn einmal fflr nunc und einmal f&r nm gesetat, eap. 9.
cemitoribus st. seruUj cap. 12 guppomdt st. «uperpogiät. Aus dem 15. Jahrh.
ist Chron. Aldenb. mt^ ed. Van De Putte, 1843, 4.
*) Herimanni abbatis narratio de restauratione S, Martini TomacensiSy
D'Achery SpicUeg. XII, 358 und ed. II. II, 888. Excerpt MG. SS. XII, 660.
Die Zuverlässigkeit seiner Angaben aus der Alteren flandr. Geschichte rQhmt
Schmiele, Robert der Friese S. 10.
134 1^ • S^«r- { 23* Cambrai und ToumaL Mastricht.
Elosterprior in St. Medard empfing er denselben von der Synode zu
Soissons 1121 yerdammten Abaelard, der jetzt mit verftndertem Bild
als Bhinoceros bezeichnet wird, znr Anfeicht. Anch St. Bemi refor-
mierte er; als aber 1131 Alvisns Bischof Yon Arras wnrde, folgte er
ihm als Abt von Anchin. Auf dem Goncil zu Beims 1148 soll Pabst
Engen ihn sehr geehrt haben; sein Ansehen nnd EinfluTs als Abt war
weitreichend, bis er 1166 achtzigjährig starb ^).
Yermnthlich in Flandern entstanden ist anch der oben S. 37 er-
wähnte Wettstreit des Lammes nnd des Leins.
Kaum zn den Geschichtsqnellen zn rechnen ist das wunderliche
Werk eines Franzosen Namens Jocnndns, über die Wunder des
h. Servatins von Mastricht'). Seit der Verlegung des Bisthums
nach Lüttich hatte man in Mastricht nichts mehr als den h. Senratius,
nnd am alten Buhme zehrend widmete man sich ganz seiner Verherr-
lichung. Es gab ein altes Buch über seine Wunder, welches schon
Gregor von Tours gekannt hat, das aber jetzt verloren ist. Den
Mastrichtem genügte es nicht und namentlich vermifsten sie jede nähere
Nachricht über seine Person, seine Herkunft. Das machte sich ein
griechischer Mönch zu Nutze, wie denn auch sonst die unverschäm-
testen Fabeln auf Griechen zurückgeführt werden; er gerieth am Grabe
des Heiligen in Verzückung und erklärte ihn dann zufolge höherer
Offenbarung für einen leiblichen Neffen Johannes des Täufers. DaCs
man in Mastricht an den Jahrhunderten, welche dazwischen lagen,
keinen Anstofs nahm, ist leicht zu begreifen ; aber dafs auch Sigebert
(zum Jahre 399) das Märchen gläubig erzählt, ist arg. Natürlich
mehrten sich die Wunder, allein die Mastrichter wurden nicht einmal
dadurch bis zu schriftstellerischer Thätigkeit begeistert. Da kam ihnen
nun jener Jocundus zu Hülfe, ein Fremder, der von dem römischen
Beiche immer als von einem fremden spricht, der also wohl ohne
Zweifel ein Franzose gewesen ist Dieser verfafste um das Jahr 1088
^) Vita Qo9vini in zwei Büchern, edita a Rieh. Gibbono, Duaci 1620.
Daraus Auszüge Bouq. XIV, 442—448.
*) Jocundi TranskLÜo S. Servatii ed. Koepke, MG. SB. XII, 85—126, erste
ToUst&ndige Ausgabe, cf. Giesebrecht II, 767. Unbenutzte Handschrift (ob
desselben Werks?) Cod. Vat. Christ. 711, Areh. XII, 305 , u. in Beims, NA.
II, 270. In Utrecht fand der Dichter des Meregarte Zuflucht vor dem Kriege,
den zwei Bischöfe in seiner Heimath fiihrten, und traf dort einen ehrhafien
Pfaffen Beginpreht, der ihm ron Island, wo er gewesen war, erz&hlen konnte.
MüUenhoff und Scherer S. 71. 393. W. Wihnans, HZ. XXXVI, 521 , h< die
Vene für Interpolation. Bemardus derieus Trajectensis erkl&rte seinen Schü-
lern die E^oge Theoduls und widmete den Commentar seinem Bischof Conrad
(1076—1099). Prolog gedr. Hart. Coli. I, 512. Lond. Handschr. Bumey 261,
Catal. p. 65. Vgl. Hist. Ut. VIII, 677—679.
Jocundus. Albertus Aquensis. ]^35
sein Werk, indem er die nnglaublichsten Wundergeschichien mit
grofsem Wortschwall bftnfte: eine gewaltige Masse Spreu, aas der es
schwer ist einige brauchbare Kömer zu gewinnen. Doch ist es immer
bemerkensweiih, dafs auch er mit grofiser Yerebrnng von Heinrich III»
von Heinrich lY aber ebenfalls mit lebhafter Anerkennung schreibt,
dafs auch er den Verfall der Sjirche und der Frömmigkeit, den er be-
klagt, nicht Heinrich IV, sondern seinen Gegnern zuschreibt. Sodann
ist es auch der Mühe werth zu sehen, wie die Sagenbildung in die Ge-
schichte eindringt. Jocundus weifs Karl den Grofsen nicht mehr Ton
Karl Martell zu unterscheiden, und in der gänzlich verwirrten Auf-
fiassung der lothringischen Verhältnisse ist er schon weit über Bicher
hinaus gekommen; ja man findet bei ihm schon einen kleinen Anfang
jener auffallenden Fabeln über Heinrichs III Kindheit, die bei Gotfrid
▼on Viterbo zu einem voUständigen Boman ausgesponnen sind^). Die
Verehrung des h. Servatius in Deutschland ist es, welche Jocundus
weit von Mastricht abführt; Quedlinburg war ihm gewidmet, auch
Pöhlde, was freilich Jocundus nicht erwähnt, was aber vielleicht die
grofse Verehrung Heinrichs III für ihn erklärt, von der Jocundus so
viel zu erzählen weils. Es fehlt seinen Berichten nicht ganz an ge-
schichtlicher Grundlage, aber sie verschwinden beinahe unter der Zu-
that von Fabeln und üebertreibungen.
§ 24. Albert von Aachen.
Es hat sich uns bisher noch keine Gelegenheit dargeboten, einen
eigenen, nicht unbedeutenden Zweig der historischen Litteratur zu be-
rühren, nämlich die Geschichtschreiber der Kreuzzüge. Sie gehören
meistens Frankreich an, wo diese ganze Bewegung ihren Ursprung
genommen hatte und von wo namentlich der erste Kreuzzug haupt-
sächlich ausging'). Doch wurde auch Lothringen lebhaft davon er-
griffen, und einer der Hauptschriftsteller ist Albert, Canonicus von
Aachen, dessen Werk in zwölf Büchern bis 1121 reicht'), üeber
^) Vgl. Steindorff, JahrbOeber unter Heinrieh 111, I, 511 ff.
*) Aas(ÜbrUch behandelt diese Litteratur H. ▼. Sybel, Gesch. des ersten
Kreuxsugs, Dfisseld. 1841. Vgl. auch Hagenmeyers Ausgabe ^on £kkehards
Hierosolymita. In den Forschungen XIV, 156—157 tritt J. Qnrewicsch ein ttr
die Priorität der Qesta Dei per Franoos^ welche in der neuen Pariser Ausg.
dem Tudebod nachgesetst sind. Ueber ebe, wie es scheint, in Deutschland
Yorfaiste Versification des sehr verbreiteten Werkes Ton Robert von Saint-Bemi
NA. U, 414^420.
*) Alberti woe Alberici Chranicon Hierawlymitanum de hello nacro^ bei
236 ^^' Malier. { 24. Albert ron Aachen. § 26. Franken.
seine Person wissen wir nichts, nnd es ist sogar zweifelhaft ob er
nicht der Kirche von Aix in der Provence angehörte.
Die Erenzzüge haben anfserordentlich viel dazn beigetragen, die
Phantasie aufzuregen und das wunderbarste glaublich erscheinen zu
lassen. Heimkehrende Kreuzfahrer liebten es, die unerhörtesten Märchen
zu erzählen, und sie ÜEuiden dafOr überall gläubige Hörer; ein Beispiel
sahen wir schon oben an dem lügenhaften Berichte über den Tod des
Erzbischofs Thiemo von Salzburg. Die ganze Litteratur über die
Kreuzzüge ist yon diesem Geiste erf&llt, und sie hat yielen Schaden
angerichtet, indem sie den Sinn fGr nüchterne und ernsthafte Erfor-
schung der wirklichen Geschichte verdrängte. Jenes Werk Alberts
nun trägt in vollem Mafse denselben Charakter. Mit glühender Be-
geisterung für den Gegenstand, ganz erfQllt von der Herrlichkeit jener
Thaten der Christen im fernen Osten, deren Buhm die Welt erf&Ute,
greift Albert begierig alles auf, was ihm erzählt wird, und schreibt
es nieder. Ob die einzelnen Berichte und Schilderungen sich wider-
sprechen, das kümmert ihn nicht. Kritik liegt ihm völlig fem. Er ist
nur aufiB eifrigste bemüht, alles was er erfahren hat, in möglichst
glänzender Darstellung wieder zu erzählen, und darin zeigt er sich
nicht ungeschickt: der volle Glanz des idealischen Bitterthums strahlt
aus seinem Buche wieder, und es ist nicht zu verwundem, da£9 solche
Schriften einen bezaubemden EinfluTs auf die Hörer übten, dafs immer
neue Schaaren, von unwiderstehlicher Sehnsucht getrieben, nach dem
Heiligen Lande aufbrachen. Eigentliche Geschichte ist es aber nicht,
was Albert schrieb; die finden wir in anderen einfacheren Berichten,
welche wenig von jenem märchenhaften Schimmer an sich haben und
daher auch bei der Menge weit weniger Eingang fanden.
Die phantastische Kreuzzugslitteratur wurde in Deutschland wohl
gelesen, aber ihre Werke gehören fast ganz den Franzosen an, und
wir können uns deshalb auf diese kurze Erwähnung beschränken.
Bongars, Gesta Dei per Francos 1, 184 — 381. AusfUirlich handelt Ober ihn
B. T. Sybel, Gesch. des ersten Kreuzzuges S. 72 ff. Bock im Niederrhein. Jahrb.
▼. Lorsch (1843) 42 — 98 macht sehr wahrscheinlich, dafs er nach Aachen ge-
hört; er h< ihn für den custos Adalbertns, der 1192 zuletzt Torkommt. Ueber
die weitere Ausbildung des sagenhaften Elements der Litteratur rom ersten
Krenzzug s. H. t. Sjbel, Allg. Monatschrift 1851, Juli S. 81—60: Sagen und
Gedichte Ober die Kreuzzfige. Die Kreuzzugsbriefe im Cod. Udalrici, BibL
y, 176— 182. 317. 390 hat Jaffe ftlr unecht erkl&rt, ich glaube ohne Grund.
Ueber den ersten i. H. Hagenmeyer , Forsch« XIII, 400 — 412; TgL B. Kugler
dMdbsi ZV, 167.
137
§. 25. Franken.
Die letzte grofse Weltchronik fthrt uns znrflck in die Mitte Ton
Deutschland, nach Franken.
Würzbnrg war schon nnter den Ottonen dnrch gelehrte Stadien
ausgezeichnet (I, 256). Bischof Meinhard (1019—1034) berief den
Otloh wegen seiner Geschicklichkeit im Schreiben nach Wfbrzbnrg, sein
Nachfolger Brono (1034—1045), Kaiser Konrads Vetter, schrieb selbst
gelehrte Commentare znr Bibel; nm dieselbe Zeit war dort ein Magister
Pemolf hochberflhmt^), znr Zeit des Bischofs Heribert von Eichstedt
(1021 — 1042), der in Würzbnrg erzogen und unterrichtet war und eine
besonders feine Bildung sich erworben hatte; vorzüglich rühmte man
ihn als Dichter, ebenso wie seinen Vetter, den Abt Williram von Ebers-
berg, welcher die Grabschrift Heriberts yerfafste*). Auch Adalbero
machte in Würzburg seine ersten Studien und soll von Paris dahin
zurückgekehrt sein; Winither, königlicher Kanzler und 1063 Bischof
Yon Merseburg, war Würzburger Domherr und Probst'). Etwas später
scheint Otto von Bamberg dort seine Studien gemacht zu haben. Der
Eichstedter Schule stand unter Heribert Gunderam vor, der keine
rechte Anerkennung £Emd, weil er nur in der Heimath studirt hatte.
Höchst ausgezeichnet war Heriberts Nachfolger Gebehard, einer der
bedeutendsten Staatsmänner am Hofe Heinrichs HI, dem dieser das
gröÜBte Vertrauen schenkte und den er nur ungern im Jahre 1055 von
sich liefs, um als Victor 11 den päbstlichen Thron zu besteigen. Auf
ihn folgte (1057—1075) Gundecharll, ebenfalls ein vortrefflicher
Bischof der alten Schule, welcher wahrhaft väterlich für sein Bisthum
sorgte und ein gesegnetes Andenken hinterliefs. Er liefs ein prächtiges
Buch anlegen, zunächst zu liturgischen Zwecken bestimmt, welches
aber auch einige geschichtliche Angaben, besonders die Folge der Eich-
stedter Bischöfe enthält^). Inhaltreicher ist das Werk eines Mönches
von Herrieden, von welchem sich leider nur ein Bruchstück erhalten
^) „FamoBas ille Wirzeburgensiniu magister Pemolfus.*' Anoiu HMer.
e»p. 28 pag. 261.
*) Bekannt durch seine Auslegung des Hohen Liedes; effregius ille verti-
ficator beim Anon. Haser. c. 32. VgL oben S. 2 u. S. 60.
S) S. Stumpf Die Wfirsburger Immunit&t-Urkunden (1874) S. 63.
*) Qmndechari Ldber PanHßcalis EicktUtensis^ mit Zus&tien des Bischöfe
Otto (1183—1196) ed. Bethmann, MG. SS. VII, 239—253. Später, ren 1297
an, sind in dieses Buch auch Biographieen der Bischöfe eingetragen; sie sind
herausgegeben von Suttner in: Tabula Leonrodiana Eystettensis explicata ei
illustrata. Accedunt ritae pontificum Eystettensium ad saec. usqne XVL
138 IV. Salier. §25. Franken.
hat^); yielleicht würde sein Werk besser in Ehren gehalten sein, wenn
er nicht auch zu den Gegnern Hildebrands • gehört hätte, wie alle jene
M&nner, die mit Liebe an dem alten blühenden Zustande der Kirche
unter Heinrich UI hingen. Erhalten sind uns Nachrichten über die
Eichstedter Bischöfe bis zum Jahre 1058; es ist kein eigentliches Ge-
schichtswerk, sondern in loser Form wii'd eine grofse Fülle einzelner
Geschichten mitgetheilt; Mazelin oder Meinhard Ton Würzburg spielt
darin eine grofse Bolle. Es ist die harmlose Zeit des Friedens und der
schönsten Entwickelung der bischöflichen Territorien, die uns hier wie
auch in dem Leben Meinwerks von Paderborn sehr anschaulich geschil-
dert wird, gut erzählt und belebt durch viele charakteristische Züge,
80 dafs für die Physionomie jener Zeit und die Sittengeschichte viel
daraus zu lernen ist.
Die Kämpfe der weltlichen und geistlichen Macht traten dann auch
hier verheerend ein; einer der schlimmsten Eiferer, Adalbero von
Lambach, wurde 1045 Bischof von Würzburg und machte es zum
Schauplatz der erbittertsten Kämpfe. Wir gedachten seiner schon oben
S. 63 in Verbindung mit seinen Genossen Gebhard von Salzburg und
Altmann von Passau ^). Erlung, dessen wir schon gedachten (S. 76)
starb 1121, worauf Heinrich V Gebhard aus dem Hause der Grafen
von Henneberg erhob, dem wieder ein Gegenbischof entgegengestellt
wurde'). Der Bamberger IJdalrich widmete ihm 1125 seine Briefsamm-
lung, unter Lothar aber konnte er sich nicht mehr behaupten, und
wich demEmbrico oderlmbrico von Leiningen (bis 1147), der ein
Schulfreund des Hugo Metellus in Toul gewesen zu sein scheint*), und
von dem sich ein merkwürdiges Beichtgedicht voll Beue über seine
argen Sünden erhalten hat').
ex pontificali Gundecariano descriptae. Festschrift zur Weihe des Bischofs
F. L. V. Leonrod, 1867.
^) Vollständig zuerst Ton Bethmann herausgegeben, Anonymus Haserenm
de episcopk Eich^UtensibuSy MG. SS. VII, 253 — 267. Hirsch Heinrich U,
II, 78 f. warnt vor unrorsichtiger Benutzung des aus ungenauer Ueberlieferung
schöpfenden Autors.
') Ihm wird von Stumpf- Brentano, Die Würzb. Immunität-Urkunden (1874)
S« 72 die Fälschung der Würzb. Pritilegien zugeschoben. Dagegen Schum im
Lit. Centralbl. 1875 S. 668. H. BrefsUu, 6GA. 1875 S. 993— 1034. Duplik
Ton Stumpf, Zweite Abhandlung 1876.
S) Hierüber handelt sein sehr ausführliches Schreiben im Cod. Ud. BibL
V, 405 — 412, doch Tgl. t. Hefele: Der Streit um das Bisthum Würsborg, im
Anzeiger des Germ. Mus. 1862, 8p. 1 — 148.
*) Hugo schreibt ihm Embriconi HerbipoL praemtU et duci, Hugo Mon.
II, 353. Ebo, Vita Ott. Bab. UI, 26 nennt ihn Tnagnum verbi tanUruum,
^) Erhalten in einer Vorauer Hds. mit Hug. Met. Certamen regia; gedr.
NA. II, 408.
Wflnburg und Bamberg. 139
Bamberg hatte das besondere Glück, an dem Bischof Otto
(1103—1139) einen Vorsteher zn erhalten, der zwar der strengeren
kirchlichen Bichtnng zngethan war, aber doch stets den offenen Brach
mit dem Kaiser zu vermeiden wnfste. Er verband mit seinem frommen
Eifer viel weltliche Klugheit und sorgte nicht nur aufs beste für sein
Bisthum, sondern bekehrte auch die Pommern, wodurch er sich vor-
züglich ein dauerndes Andenken gestifliet hat. unter seinen Vorfahren
ist besonders der prachtUebende Bischof Günther denkwürdig^); er
&nd seinen Tod auf der Pilgerfahrt nach Jerasalem (23. Juli 1065),
Von der Lambert und Marian und der Altaicher Annalist berichten,
und auch der Biograph Altmanns von Passau, der ihn begleitete').
Auch der Scholasticus Ezzo nahm Theil daran, ein deutscher geist-
licher Dichter, der auf Günthers Wunsch ein Lied von so grofser Wir-
kung verfafste, dafs wer es hörte, eilte eieh zu münchen% Damals
war die Bamberger Kirche durch Frömmigkeit und durch wissenschaft-
lichen Eifer vor allen ausgezeichnet; von Anfang an hatte Heinrich n
für einen tüchtigen Lehrer an seiner neuen Stiftung gesorgt und aus
der Lütticher Schule den Durand berufen, den er 1021 zum Bischof
von Lüttich erhob. Später hat Williram hier gelehrt, bevor er Mönch
in Fulda wurde, und Anno, 1056 zum Erzbischof von Göln erhoben,
die von seinem Biographen sehr gerühmte Schule^) erst besucht und
dann geleitet. Um 1048 legt der Paveser Anselm, der sich den Peri-
patetiker nennt, auf Bamberg's Anerkennung vorzüglichen Werth; er
bezeichnet die Stadt als
ürbs nova Babenberch, sed non rudis (aiüs) et expers^).
Dann hat dort jener Meginhart gelehrt, den auch Gozechin (S. 92)
rühmt, und den wir aus seinen Briefen bei Sudendorf als einen geist-
reichen, dassisch gebildeten Mann kennen leraen. Er ist nach Giese-
M Vgl. Giesebr. III, 1088, u. S. 1227 den nach Sadendorf, Reg. II, 10 be-
richtigt abgedruckten Brief Meinhards.
*) Auch Ingulf von Croyland war dabei, wie W. Junkmann bemerkt, De
peregrinationibuB et ezpeditionibas aacris ante syn. Claromont p. 58, und be-
richtete darüber; vgL Giesebrecht III, 1097.
•) Müllenhoff und Scherer S. 60. 382—386. Wille der die mse fant war
nach dem Entdecker und ersten Herausgeber Diemer Abt von Michelaberg
1082—1085. Das stimmt gut zu der Stelle bei Bemold zn 1083. C. Hof-
mann, Münch. SB. 1871 S. 310->316 bemerkt richtig, dafs die Leidenschaft,
Mönch zu werden, erst nach Günthers Zeit ausbrach, in Bamberg eigentlich
erst in Otto's Zeit fiült.
*) ^soola Babinbergensium, qui tunc temporis disciplinae, religionis ae
stndii fenrore ounctis in Germania praepoUebant.*^ V. Ann. c 1. Im Necrolog
T. Michelsberg z. 4. Dec. wird er als Wohlthater gerühmt. Vgl. auch oben
8. 23 Anm. 3.
&) Dümnder, Anselm S. 15.
140 ^^' Salier. § 35. Franken.
brechts Yermathmig derselbe, welcher von Heinrich IV 1085 znm Bi-
schof von Würzbnrg erhoben wurde und seiner Oelehrsamkeit wegen
Yon Bonizo und Ekkehard gerühmt wird; 1088 ist er gestorben^).
Sein Neffe und Zögling war Erlnng (8. 76), der als Bamberger Dom-
herr in die königliche Kanzlei bemfen, 1105 znm Bischof von Würz-
bnrg erhoben wurde. Um 1101 ihres Scholasters beraubt, baten sich
die Bambe)'ger yom Erzbischof Friedrich von Göln, der auch aus ihrer
Schule war, den gelehrten Meister Peter aus, der sich aber mit ihnen
Hbel vertrug. Dann wandten sie sich an einen B. und endlich, nachdem
sie schon lange vergeblich gesucht, mit dem neuen Bischof Otto an
F.'). Schwerlich wird das jener Fr outolf sein, der mit chronologischen
Studien angelegentlich beschäftigt war, über Musik und auch eine
Chronik geschrieben hat, und der wahrscheinlich als Mönch von Michels-
berg schon 1103 gestorben ist^). um 1122 finden wir Tuto als
Scholasticus der Domkirche, der über 30 Jahre lang seinem Amte mit
Eifer und dem Bufe grofser Gelehrsamkeit vorstand*). Auf die Schmä-
hungen gegen die kaiserlich gesinnten Bischöfe Hermann (1065—1075)
und Bobert (1075—1102) werden wir nicht zu viel geben dürfen; eine
neue Blüthezeit führte Bischof Otto herbei. So viel auch die Zeit des
innem Kampfes geschadet haben mufs, wir sehen doch die Studien
ihre Geltung in Bamberg behaupten, und erkennen in den von dort
ausgegangenen Schriftstücken die treffliche Schule. Ein sehr merk-
würdiges und werthvolles Denkmal derselben aus dieser Zeit ist die
Sammlung des Bamberger Clerikers üdalrich, im Jahre 1125 dem
Bischof Gebhard von Würzburg gewidmet, bestimmt zur Ausbildung
von Kanzlern und Staatsmännern. Die Form der Briefe und öffentlichen
Actenstücke wird darin an Beispielen gelehrt, und als Vorbild, aber
nibht allein zur Ausbildung in der Form, sondern auch des Inhalts
wegen, eine grobe Menge der wichtigsten Schreiben und Urkunden aus
jener Zeit mitgetheilt. Uns ist darin sehr reichhaltiges Material zur
(beschichte des Verhältnisses zwischen den Kaisem und Päbsten er-
halten; zugleich ersehen wir daraus die gründliche und tüchtige Weise,
in der sich damals die Geschäftsmänner an den bischöflichen Höfen
und häufig auch die Bischöfe selbst ausbildeten. Üdalrich ist vielleicht
der Michelsberger Mönch, welcher am 3. Jan. 1147 gestorben ist, nach-
i) Gieeebr. III, 1063. 1089; doch TgL oben S. 88.
>) Nach Briefen im Cod. Udalrici, Bibl. V, 185—187. 197—199. 226.
s) Jaffö, Bibl. V, 637, ygl. NA. U, 421. 628. Eine Rithminutehia (d. L
Arithmom.) von ihm in Cod. Rehdiger. foL CXIV in BresUu. AU Wohlthftter
der KlosfcerbibL wird er Prior genannt.
*) Bibl. V, 642.
Bamberger Schule. Ck>dez Udalrici. X41
dem er viele Bücher für das Kloster geschrieben hatte; seine Samm-
Inng hat noch viele Zusätze erhalten, welche bis 1134 reichen nnd
meistens an Bischof Otto gerichtet sind. Erst dnrch die nene, lange
ersehnte Ausgabe von Jaff^ ist die rechte Benntznng dieser kostbaren
Actenstücke möglich geworden^). Auch Otto selbst war in der Kanzlei
Heinrichs IV gewesen, ein redendes Zengnifs gegen die verleumderischen
Behanptongen von den verwerflichen Motiven, dnrch welche Heinrich lY
bei der Besetzung der Bisthümer sich habe leiten lassen, wie denn
auch in Otto's Lebensbeschreibung Heinrich in ganz anderm Lichte
erscheint, als sonst gewöhnlich. Erleichtert wurde die Arbeit durch
die vorhandenen Urkunden und Briefe; eine Encydica des Bischofs
über seine erste Bekehrungsreise (1124) hat auch Ekkehard in seine
Chronik aufgenommen. Ohne Zweifel gab es auch genauere und aus-
führlichere Aufzeichnungen und mit guten Gründen hat H. von Zittwitz
die Existenz eines Tagebuches über jene erste Beise nachgewiesen,
welches den Biographen vorgelegen hat. Yermuthungsweise hält er
Sefrid für den Verfasser desselben').
Otto*8 Persönlichkeit sowohl wie die aulsergewöhnlichen Umstände
seiner Missionsreisen nach Pommern und der glänzende Erfolg der-
selben, regten frühzeitig zu schriftlichen Au&eichnungen über ihn an,
denen der Beichthum des vorliegenden Stoffes mehr Lihalt und Werth
verlieh, als der Mehrzahl anderer Legenden. Zu den vielen klöster-
lichen Stiftungen Otto*s gehörte vorzüglich auch Michelsberg, von
ihm aus tiefem Verfall hergestellt und mit besonderer Liebe gepflegt').
^) Codex Udalrici Bcanbergenm^ Bibl. V, 1 — 469. Vgl. aach Giesebr. III,
1074 u. bei dems. viele kritische und erklärende Bemerkungen; S. 1171 über
die merkwürdige Briefsammlung des K. Wratislaw ron Böhmen bei Pes,
Thes. VI. Auch allerlei Verse sind im Ck>d. Udalrici, in einer Handschrift der
metrische CataJ, Pontiff, Rom, Si vis parUiJices, bis auf Eugen III, Bibl. V,
461—465. (Mit anderem Schlufs im cod. Guelf. Heimst 33 nach £. Friedberg,
Neue krit. Ausg. des Corp. Jur. Can. S. 32, u. dem Nicholaus Maniacutius suge-
schrieben, bis Clemens HI, in Pommersf. 2744, Arch. IX, 527 u. bis Alex. III
e. cod. Later. Acta SS. Mai. V, 27 nach Onufr. Panvinius.) S. 114— 122 der
Ton Bemold erw&hnte, S. Ulrich von Augsburg untergeschobene Brief an Ni-
colaus II gegen den Coelibat.
*) Die drei Biographien 0. ▼. B. nach ihrem gegenseitigen Verh<nÜs,
ihren Quellen und ihrem Werth untersucht von H. ron Zittwitz, Forsch. XVI,
299—334.
*) Unbedeutende Annales S. Michaelis £a^.'( 1066—1 160), ed. Ports MG.
SS. V, 9. 10, Jaffe, Bibl. V, 552. Notae und Ann. S. Petri Bab, 1103-1185
ed. Jaffö MG. SS. XVII, 636. Bibl. V, 553. Notae 8. Jacobi Bab. 1072-1147
ed. Jaff<6, SS. XVH, 637—639. CaUä. epp. Babb. (Notae semdcrales Babb.)
1007—1501 ib. p. 640—642. Catalog der Michelsb. Bibl. u. ihrer Vermehrung
unter Abt Wolfram und seinen Nachfolgern bei Schannat, Vind. lit. I, 50 und
▼ollst&ndiger aus den Aufzeichnungen des Abts Andreas bei (Jaeck u. Heller)
Beitr. z. Kunst- u. Lit.- Gesch. Neue Ausg. 1825, I, XIX ff.
142 1^- Salier. §25. Franken.
Hier ist yermnihlich bald nach Otto's Tod noch unter dem Abt Her-
mann (1123—1147), welcher Gedenkfeiern f&r Otto anordnete, nnd anf
dessen Yeranlassong, eine Denkschrift verfafst, welche mit einer Lob-
preisung des Verstorbenen beginnend, über seine Stiftungen, seine
Bauten und Erwerbungen Nachricht gab; engen Anschlufs daran zeigt
ein rhythmisches Gedicht zum Preise des BischofiB^). Jene Denkschrift
aber, welche uns in Fragmenten erhalten und von allen Biographen
benutzt ist, hat zuerst G. Haag') nachgewiesen, und dadurch fOr die
Beurtheilung der Lebensbeschreibungen einen ganz neuen Standpunkt
gewonnen.
Hermanns Vorgänger in Michelsberg war Wolfram (1112—1123),
unter dem lange Zeit als Prior Wignand wirkte, dem Bischof vor
andern vertraut und zuverlässig, endlich gegen seine Neigung zum
Abt von Theres erhoben. Wir besitzen von ihm einen hübschen, liebe-
vollen Brief an Otto, und nachdem er 1151 fast hunderijährig ge-
storben war, einen rührenden Nachruf von seinem Klosterbruder £bo*),
dem Biographen Otto's^). Dieser hatte den Bischof kaum noch gekannt,
konnte aber die Mittheilungen seiner Begleiter benutzen, besonders des
Priesters Udalrich, der dem Bischof sehr nahe gestanden und an seiner
zweiten Reise nach Pommern Theil genommen hatte. Seine Erzählungen
waren es, welche Ebo, wie H. von Zittwitz nachgewiesen hat, zunächst
veranlagten, diese zweite Reise (1127), über welche es noch keine
Aufzeichnung gab, zu beschreiben — sein drittes Buch, dessen Ein-
gang mit seiner jetzigen Stellung nicht im Einklang ist. Erst später
hat sich Ebo entschlossen, mit Benutzung der erwähnten und einiger
anderer Quellen, der noch lebendigen üeberlieferung, und der Nach-
richten, welche er von dem inzwischen verstorbenen Udalrich erhalten
hatte, eine vollständige Biographie auszuarbeiten, in welcher schon
der Tod des Wignand (1151) erwähnt wird. Es ist ihm die Verarbei-
tung nicht eben sonderlich gelungen, aber durchweg erweist er sich
^) Commendaüo pü OUanis, an&ngend Jerusalem m/pema^ MG. SS.
XII, 910.
') Quelle, Gew&hrsmann u. Alter der ältesten Lebensbeschreibung O. ▼. B.
Dtss. HaL 1874. £<m Fragment in der Neunkirchener Handsehrift des Herbord,
welches jeut abgedruckt ist bei Giesebrecht IV (2. Bearbeitung) S. 519—521.
Auszug in der Chronik Ton Michelsberg des Abtes Andreas; daraus MG. SS.
XII, 907 — 909 mit Auslassung* dessen, was auch bei Herbord steht.
3) Ebonis V. Ott. c 16. 17. Bibl. V, 640_646.
«) EbonU Vita OUonU ed. R. Koepke MG. SS. XU, 822 - 883. Mit be-
beutenden Verbesserungen Jaffa, Bibl. V, 580 — 692. Reo. t. Wattenbach,
Heidelb. Jahrbb. 1869 S. 592—594. Wie G. Haag geseigt hat, ist das feh-
lende Cap. 17 mit der Au&&hlung der Ton Otto gestifteten Klöster heraustellen
nach dem Stargarder Fragment und der deutschen Biographie des Abts An-
dreas yon 1473.
Otto Ton Bamberg und seine Biographen. J43
als wahrheitsliebend und znverlftssig. Deshalb stand anch sein Werk
mit Becht in hohem Ansehen, nnd wurde benutzt, um 1189 in Rom
die Canonisation zu erwirken. Doch hat man sie, wie Jaff^ nachge-
wiesen, zn diesem Zwecke überarbeitet, mn sie dem Geschmacks der
Corie besser anzupassen.
Eine bisher zu gering geschätzte Lebensbeschreibung Otto's ist
von einem Prieflinger Mönch verfafst^). Qt. Haag hielt diese viel-
mehr für die älteste, die von Ebo und von Herbord benutzt sei; seine
Nachrichten verdankte er vorzüglich Otto's Dolmetsch Adalbert, dem
ersten Bischof von Cammin, welcher 1140 in Bamberg gewesen ist.
H. von Zittwitz hat jedoch die Umstände nachgewiesen, welche einer
solchen Annahme entgegenstehen, und sucht die TJebereinstimmung
gewisser Stellen vielmehr durch die Annahme jenes oben erwähnten
Tagebuches zu erklären, welches nebst der Denkschrift alle drei Bio-
graphen benutzten; diese habe er treu und viel vollständiger als Ebo
wiedergegeben. Da er jenen Adalbert noch als lebend ei-wähnt, kann
er nicht später als 1158 geschrieben haben, und auch er konnte noch
aus der lebendigen üeberlieferung schöpfen, die jedoch schon sagenhaft
geworden war. Ob er, wie G.Haag meint, auch der Verfasser der
Vita Theogeri gewesen sei, hält Zittwitz für sehr unsicher.
Auch in Michelsberg währte die Blüthezeit nicht lange. Gegen den
kränklichen Abt Helmerich erhob sich lebhafte Unzufriedenheit, und nach-
dem er 1160 zur Abdankung genöthigt war, wurde aus Admunt der neue
Abtirmbert geholt. Besonders thätig finden wir dabei Herbord, der
von auswärts kommend 1145 in Michelsberg Mönch geworden war, und in
einer späteren Aufzeichnung Scholasticus genannt wird: ohne Zweifel
mit Becht, denn er war im Besitz einer gründlichen granmiatischen
Bildung, vermochte sein Werk mit Stellen aus Cicero*s Officien und
- mit künstlichen Beden aufzuputzen, und trat weit anspruchsvoller auf
als Ebo. Auch er schrieb ein Leben Otto's'), und benutzte dazu Ebo's
Werk, aber ohne weder dieses noch Ebo's selbst je zu erwähnen, ob-
gleich er in demselben Kloster lebte; denn Herbord schrieb 1158 und
1159, Ebo aber ist am 16. Mai 1163 gestorben; am 27. Sept. 1168
starb Herbord. Vielleicht gehörte Ebo zur Gegenpartei; vielleicht war
auch nur Gelehrtenstolz die Ursache. Sehr künstlich kleidete Herbord
^) Die sogen. Heiligenkreuser Biogpraphie, ed. Endlicher, Neue Pomm. Pro-
Tinsialbl&uer IV, 312 — 363. Monachi Prießngenm Vita OUonis ed. Koepke
MG. SS. XII, 883—903.
*) Herbordi Dialagus de vita Ottonis ed. R. Koepke, MG. SS. XX, 697
bis 769 u. Sep.- Abdruck: ed. Jaffö, BibL V, 693 — 835. Uebersetsung ron
H&ns Prutz 1869. Vgl. Giesebr. IV, 393.
144 IV. SaUer. { 25. Franken. { 26. Ekkehard.
sein Werk in das Gewand eines Dialoges, in welchem er, der erst
sechs Jahre nach Otto*8 Tod nach Bamberg gekommen war , sich bei
der GedächtniTsfeier des Bischofs von zwei Zeitgenossen desselben,
Thiemo und Sefrid, über diesen berichten läfst, nnd er hat in der That
ein sehr ansprechendes nnd anmuthig zu lesendes Werk geschaffen.
Allein an formaler Bildung weit höher stehend als Ebo, nimmt er es
dagegen mit der Wahrheit weniger genau, nnd ist nur mit groCser
Vorsicht zu benutzen. Jaff^ hat sein Verfahren aufgedeckt, vorzüglich
eine ohne Zweifel absichtliche Entstellung des Verhaltens Otto*s in Be-
ziehung auf die Investitur, und Zittwitz hat weitere Nachweise über
seine ünzuverlässigkeit gegeben. Auch seinen vorgeblichen Documenten
darf man nicht trauen. Er ist aber neben Ebo auch auf dessen Quellen
zurückgegangen, üeberall erkennen wir den denkenden Mann, der sich
nicht mit der einfachen Erzählung begnügt, sondern den Gründen
der Dinge nachforscht, zuweilen mit bemerkenswerther Freiheit des
ürtheils.
Diese werthvollen Schriften waren früher nur unvollkommen be-
kannt; man kannte sie vorzüglich nur aus der Compilation des Abtes
Andreas von Michelsberg (1483— -1502), welche vonElempin undEoepke
scharfsinnig zergliedert wurde. Da gelang es 1865 W. v. Giesebrecht,
in der Münchener Bibliothek eine vollständige Handschrift von Her-
bords Dialogus aufisufinden, und seitdem erst hat sich das Verhältnifs
der beiden Werke klar und sicher erkennen lassen, was nun vorzüglich
durch Jaffi6*s Verdienst geleistet, durch Haag und Zittwitz weiter ge-
fordert ist.
Herbords Dialog wurde in Bamberg bald nach 1189 in die Form
einer einfachen Erzählung gebracht^), üeber die Ganonisation durch
Clemens m, welche Abt Wolfram II 1189 erreichte, berichtet eine
Schrift, welche von den Wundem an seinem Grabe meldet').
Von geringem Werth ist die erst 1281 mit Benutzung des Le-
bens Otto's geschriebene Biographie Erminolds, des ersten Abtes
von Priefling').
1) Anonymus Canüii^ Antt. Lectt II, 325 — 482. Acte SS. JuLI, 378
bU 425.
>) Miracula S. OUmis ed. Sollerius, Acta SS. Jul. I, 449—455: ed. Koepke
HG. SS. XII, 911—916. Nur die Geschichte der CanonUatioii bei JaiFö, Bibl
V, 836-841.
*) Vita Ermdnoldi abb. Pnweningerms ed. J&iFö, MG. SS. XII, 480
bis 500.
145
§ 26. Ekkehard.
SUehardi Ursogienua Chronica ed. Waits, MO. SS. VI, 1—867. Archir VII, 469—609.
Vgl. Waits in Sehmidto Zeitschrift II, 106. Giesebreebt III, 1040—1048. Unbe-
nutste Handscbr. der Chronik bia 1185 in Venedig, lat. 398, welcher die Ann. Her-
bipolenaea entbllt.
Der Bischof Otto von Bamberg zeigte sich besonders eifrig in
der Stiftung nener Klöster und in der Erneuerung und Beform älterer
Stiftungen, theils nach der Hirschaner Begel des Abtes Wilhelm, theils
nach der damals neu entstandenen und rasch verbreiteten Begel der
Oistercienser.
Im Jahre 1108 stiftete er nach Hirschaner Begel das Kloster
Aura unweit Kissingen, und setzte hier als Abt den Ekkehard ein,
welcher sein besonderes Vertrauen genofs. Zu seiner Chronik hat Ekke-
hard, wie Waitz nachgewiesen hat, besonders Handschriften des Bam-
berger Klosters Michelsberg benutzt, und es ist daher sehr wahrschein-
lich, dafs er diesem vorher angehört hatte; er hat sich aber auch in
Corvey aufgehalten und 1101 an einer Pilgerfahrt nach Jerusalem
Theil genommeu. Von hier kehrte er über Born zurück; im Jahre
1106 war er anwesend auf dem Concil zu Guastalla, und es scheint,
dafs er in nahen Beziehungen zu Heinrich V gestanden hat. Nicht
minder stand er auch dem Bischof Otto nahe und wurde von diesem,
wie gesagt, im Jahre 1108 dem Kloster Aura an der fränkischen
Saale als Abt vorgesetzt; hier ist er nach dem Jahre 1125 gestorben^).
Schon gegen das Ende des elften Jahrhunderts war Ekkehard mit
der Ausarbeitung einer grofsen Weltchronik beschäftigt. Den nächsten
Anlals dazu gab ihm, wie es scheint, ein vermuthlich in Würzburg
entstandenes Werk ähnlicher Art'), eine üeberarbeitung der schon
^) N. Reininger, die Bened. Abtei Aura an der fr&nk. Saale und der Ge-
schichtschreiber Ekkehardus (nur nach Waits), im Archir des bist. Vereins von
Unterfranken XVI, (1863), Tgl. Sybels Zeitschr. VII, 678. Das Kloster hat
nie yiel bedeutet oder geleistet. Ueber die Gründung des benachbarten Peters-
klosters Herren- Aurach durch den Grafen Goswin Yon Stahleck g^ebt Auskunft
die nicht unwichtige sagenhafte Vita HiUieguruUs^ deren Brautgut dazu ver-
wandt wurde, Oefele 8. 626 — 628; vgl. Ussermann, Ep. Wirceb. p. 350. 420.
Haupt, Zeitschr. VII, 302. Ueber die an Bosstall (Rofsthal) sieh knüpfende
Sage Ton Herzog Ernst vgl. Dümmler in Haupts Zeitschr. XIV, 265 — 271, der
sie auf Ludolf und Hersog Heinrich surüekffthrt
>) Chronicon Wirziburgense^ ed. Waits, MG. SS. VI, 17 — 31, et p. 7. 8.
Gott. Nachrichten 1857, S. 55 — 58. Jaffö un Archiv XI, 850—867. Schum,
Die Jahrbücher des St. Albansklosters (1872) S. 123—127 sucht den Ursprung
im Stephanskloster, und weist auf Abt Esso II (c 1097 — 1108), der „mnltorum
Wattenbacb, Gesohlohtsqaellan IL 4. Aufl. 10
146 I^- S^^- i^' Bkkehard.
S. 38 erwähnten sog. Epitome Sangallensis, bereichert dnrch Excerpte
UU8 anderen Quellen nnd Würzburger Localnachrichten ; besonders die
Folge der Bischöfe von Wflrzbnrg ist überall mit grofser Genanigkeit
eingetragen, aber anch manche andere Notiz, welche den Ursprung
des Werkes selbst in Würzburg suchen läfst, yielleicht im Burchards-
kloster, von wo ein Exemplar oder ein Auszug über Ilsenburg nach
Bosenfeld kam (S. 70), in welchem auch die Namen der Aebte von
St. Burchard verzeichnet waren. Das einzige uns erhaltene Exemplar
dieser Chronik reicht nur bis zum Jahre 1057, und nur für die drei
letzten Jahre lassen sich darin die Quellen nicht nachweisen. Da sich
aber in den Annalen von St. Alban (S. 94) , von Ellwangen und von
Bosenfeld, die daraus abgeleitet sind, und bei Ekkehard übereinstim-
mende und zum Theil auch Würzburg betreffende Nachrichten bis zum
Jahre 1100 finden, welche eine gemeinschaftliche Grundlage voraus-
setzen lassen, so mufs man annehmen, daTs eine weitere Fortsetzung
jener Chronik verloren ist. Auch ist in der uns erhaltenen Abschrift
die Chronik verbunden mit einem Exemplar der Ekkehardischen Chronik,
das mit dem Jahre 1057 beginnt, und da diese ausfOhrlicher war, lag
kein Grund vor, auch den zweiten Theil des Werkes abzuschreiben.
Sachlich wird uns dadurch schwerlich etwas entgangen sein, aber fOr
die Kritik der abgeleiteten Werke wäre es wünschenswerth, das ge-
meinsame Substrat kennen zu leinen.
In der Zeitrechnung bedient sich der Würzburger Chronist wie
Ekkehard der Begierungsjahre der Kaiser, indem er mit Begino schon
bei Karl Martel zu den Franken übergeht.
Diese Chronik also lernte Ekkehard kennen, und er hat sie in so
umfassender Weise benutzt, dafs Waitz anfangs ihn selbst für den
Verfasser hielt; später nahm er jedoch diese Ansicht zurück. So brauch-
bar offenbar Ekkehard diese Unterlage gefunden hat, so wenig genügte
ihm doch ein solcher chronologischer Leitfaden; er steckte sich ein
höheres Ziel, indem er auch stofflich das ihm zugängliche geschicht-
liche Material nicht nur ordnen, sondern in gedrängter Kürze so viel
wie möglich aufnehmen wollte, um eine förmliche annalistische Welt-
geschichte herzustellen. Für die ältere Greschichte war er mit Hülfs-
mitteln gut versehen und hat dieselben mit dem gröfsten Fleifse ver-
arbeitet. Die Chi'onik des EUeronymus mit der Fortsetzung des Prosper
bildet natürlich die Grundlage; zur weiteren AdsfÜhrung benutzte er
besonders Isidor, Beda, Orosius, Jordanis, den Josephus und die
Historia miscella, die Langobardengeschichte des Paulus und die Gesta
liborum auetor et dictator" genannt wird. Ueber eine leider nur bis 717 rei-
chende Ueberarbeitang NA. III, 192.
Ekkehardfl Chronik. 147
Eraneorum^), Einhard, Widnkmd nebst den weniger bekannten Werken
von Lindprand und Bicher, das Leben üdabichs von Augsbnrg nnd
einige andere Werke; y(m da an aber gebrach es ihm an QueUen,
nnd er mufste sich begnügen, die Würzburger Chronik auszuschreiben
bis zu der Zeit, wo mündliche üeberlieferung') und seine eigene Kennt-
nis ergänzend eintraten. Um so begieriger benutzte er später, schon
bald nach 1106, die Gelegenheit, sein Werk zu bereichem durch die
mittlerweile erschienene Chronik des Sigebert, welcher ihm an umfas-
sender Belesenheit überlegen war, da ihm die seit langer Zeit gesam-
melten Schätze der Lütticher Bibliotheken zu Gebote gestanden hatten,
während er an Genauigkeit hinter Ekkehard zurückbleibt
Im Jahre 1099 hatte Ekkehard bereits zum ersten Male das von
ihm zusammengebrachte Material zu einer greisen Weltchronik (A)
yerarbeitet; den Schlufs bildete die Geschichte des ersten Ereuzzuges,
nebst wenigen kurzen Nachrichten von 1100 und 1101. Als er aber
Ton seiner eigenen Pilgerfahrt zurückkehrte, fand er manches ungenü-
gend; er arbeitete die Geschichte des Kreuzzuges ganz um und änderte
auch sonst viel; zugleich fOhrte er die Geschichte weiter bis zum Jahre
1106 (B). Früher kaiserlich gesinnt, war er jetzt der siegreichen
päbstlichen Partei ganz ergeben und setzte grofse Hoffiiungen auf
Heinrich V; in der ausführlichen Geschichte des letzten Jahres zeigt
er sich sehr feindselig gegen den alten Kaiser.
Sehr bald nachher hat er das Werk noch einmal überarbeitet und
Yor dem Jahre 1106 mit einer Anrede an den neuen Künig veraehen,
welche diesem das höchste Lob zollt. Li dieser Bearbeitung (D) finden
sich schon zahlreiche Einschaltungen aus Sigeberts Chronik; eine Fort-
setzung bis 1125 kann erst später hinzugefügt sein.
Nach seiner Kaiserkrönung forderte nun Heinrich Y Ekkehard
auf, eine Geschichte des römisch -fränkisohen Beiches seit Karl dem
Groüsen zu yerfassen (Praef. p. 8). Dieser aber fand es passender,
vom Ursprung der Franken zu beginnen (C). Die Hauptmasse des In-
halts ist hier aus seiner Weltchronik herüber genommen, doch hat er
wiederum vieles geändert.
Endlich hat dann Ekkehard seine ganze Weltchronik noch einmal
umgearbeitet (E); er theilte sie jetzt in fünf Bücher und widmete sie
dem Abte Erkenbert von Conrey'). Davon enthält das erste Buch die
^) Ueber den toh Ekkehard benutzten Anfang einer Bearbeitung derselben
in einer Bamberger Handschrift s. oben I, 94 u. ygl. dasu auch NA. III, 194.
') Dafs er sich durch diese in Bezug auf Rudolf t. Rheinfelden zu 1057
hat irreftihren lassen, erweist 0. Orund, Die Wahl Budol& (1870) 8. 87—97.
*) 8. 10. Dieser yeranUfste auch Rupert tou Deutz zu einem Commentar
zu den sechs letzten Propheten, MG. SS. XII, 628.
10»
148 ^^' ^^er, § 26. Ekkehard.
alte Geschichte von der Schöpfung bis zur Erbauung Borns, das zweite
geht bis znr Grebnrt Christi, das dritte bis anf Karl den Grofsen, das
vierte bis anf Heinrich Y, nnd das fünfte endlich enthält die Regierung
dieses Kaisers, die in unsem Handschriften bis zum Jahre 1125 ge-
führt ist, anfanglich aber schon früher abschlofs.
Ekkehards Weltchronik ist die nmfassendste von allen. Er hat
mit dem unermüdlichsten Fleifse den Stoff dazu zusammengebracht und
verarbeitet Man erkennt darin allerdings die Qnelleh, ans denen er
schöpfte und denen er gewissenhaft folgt, aber nirgends hat er in
mechanischer, geistloser Weise compiliert, sondern alles der Form
seines Werkes angepafst, und in der Auswahl wie in der Anordnung
zeigt sich überall ein verständiger Sinn und Beherrschung des Stoffes.
Die Chronologie steht natürlich auch ihm sehr hoch, und das Streben
nach Genauigkeit in dieser Beziehung führte ihn schon zu kritischen
Untersuchungen, wie z. B. über die ersten Päbste (S. 99), welche zu
den besten Erwartungen berechtigten, wenn die Folgezeit diesen Weg
der Forschung nicht verlassen hätte. Aber die chronologische An-
ordnung ist doch Ekkhard nicht so sehr die Hauptsache wie Marian
und Sigebert; er giebt auch den Stoff in reichster Fülle und verläfet
deshalb die hergebrachte Form, die ihm zu enge Schranken zog. An-
statt wie Hugo von Flavigny das annalistische Gerüste über alles Mals
vollzupfropfen, sondert er vielmehr die beiden Bestandtheile und weifs
die üebersichtlichkeit der Annalen mit einer zusammenhangenden Dar-
stellung zu verbinden. Im allgemeinen folgt er der herrschenden Vor-
stellung von den sechs Weltaltem und den grofsen Monarchieen, welche
eine passende Gliederung des Stoffes gewährt; in diesen Bahmen
schiebt er aber episodisch in ausführlicher Erzählung die Geschichte
Alexanders des Grofsen in der seit alter Zeit verbreiteten und ge-
glaubten fabelhaften Gestalt^), sowie die Yolksgeschichten der Gothen,
Hunnen, Franken, Langobarden und Sachsen ein. Später jedoch er-
schien ihm selbst diese Anordnung für die Einheit seines Werkes un-
zweckmäfsig; er liefis daher diese Einschaltungen bei der letzten Be-
arbeitung wieder fort nnd stellte sie in einem besonderen Buche mit
dem Leben der Königin Mathilde zusammen'), so wie er gleichfalls
die Geschichte des ersten Kreuzzuges aussonderte und abgesondert
unter dem Namen des Hierosolymita herausgab, ein Werk, welches
sich durch strenge Wahrheitsliebe und Nüchternheit vortheilhaft
^) Di« von ihm dabei genannte barbara historia h< HoUzmann f&r
das Gedieht des Pfaffen Lamprecht, s. oben S. 88. lieber seine Quelle, den
Archipresb. Leo, s. Zacher, PseadocaUisthenes (1867) S. 110.
») S. Archiv VII, 486.
Ekkehftrds Chronik. 149
Tor den früher erwähnten phantastischen Eenzzngsgeschichten aus-
zeichnet ^).
Anberdem aber falst Ekkehard anch bei jedem Kaiser die Be-
gebenheiten seiner Zeit in einer übersichtlichen Darstellung zusammen
und läTst dann erst die kurze Anordnung derselben nach den Begie-
mngsjahren folgen. Bis zu Karls Kaiserkrönung behält er die Jahre
der griechischen Kaiser bei, verbindet aber damit seit Pippin dem äl-
teren die Jahre der Hausmeier und Könige aus dessen Gleschlechte.
Besonders ausführlich behandelt er die Geschichte Karls des
Grofsen, die wieder zu einer eigenen Episode angewachsen ist: auch
hier folgt er nur den echten, zuverlässigen Quellen, und den damals
schon immer mehr überhand nehmenden Fabeln tritt er ausdrücklich
entgegen. Bei dieser Behandlung der ganzen Greschichte, welche nur
bei Otto II, Otto m und Heinrich DI aus Mangel an Quellen dürftig
wird, ist es auch nicht wie bei Hermann und Lambert unverhältniTs-
mäfsig, wenn er die Geschichte seiner eigenen Zeit ausführlich erzählt,
besonders die Geschichte Heinrichs Y, für welche er unsere Hauptquelle
ist. Von gleichzeitigen Au&eichnungen benutzte er hier aufser Davids
Werk (S. 77) die uns erhaltene, sehr einseitig päbstliche, aber sach-
lich überaus wichtige Schrift über das Beimser Concil 1119 von Hesse,
den Giesebrecht als Scholasticus zu Strafsburg nachgewiesen hat^).
Dieser letzte Theil von Ekkehards Werk erfuhr bei den wieder-
holten Bearbeitungen die gröfsten Umänderungen. Zuerst erscheint
der Yerfasser entschieden kaiserlich gesinnt, wie ja auch Franken am
festesten an Heinrich lY hielt. Aber der Kreuzzug und der Aufent-
halt in Bom änderten Ekkehards Ansicht. Er nahm jetzt eifrig Partei
für Heinrich Y, die Yorwürfe gegen die Päbste verschwinden aus seinem
Werke, und dagegen wird jetzt Heinrich lY heftig getadelt. Als er.
dann 1114 für Heinrich Y selbst seine Geschichte der Franken schrieb,
nahm er eine mehr objective Haltung an; er lieCs die verletzenden
Aeufserungen nach beiden Sichtungen fort, preist aber den Kaiser noch
sehr in der Widmung; auf seine Auffassung der Yorgänge in Bom
scheint die Darstellung des Hofhistoriographen David grofsen EinfluTs
gehabt zu haben. Zuletzt aber als der Kampf des Kaisers mit dem
Pabstthum von neuem entbrennt, wendet er sich ganz von ihm ab,
^ ) Sybel , Der erste Kreuzcug S. 63 — 67 ; vgl. über den ron Ekkehard
benutzten Brief der Kreuzfahrer oben S. 136. H. Hagenmejer, Forsch. XY,
19—42 nimmt Benutzung der Gesta Dei an, die er in Jerusalem gelesen, nicht
mit Sybel einer verlorenen Schrift. Von dems. Ausgabe mit sehr reichem Com-
mentar, Tübingen 1877.
') Hessanis relatio de concilio Rernerm ed. Wattenbach, MG. XII, 422 bis
428. BibL V, 353-365 im Cod. Udalrici. Giesebr. UI, 1048.
150 I^' QaMer. § 26. Ekkehard. $ 27. Böhmen. Polen. Unstern.
und nach seinem Tode beschliefst er seine Chronik mit einem harten
Urtheil über Heinrich V.
Man kann diese Wandlungen verschieden ansehen; sie gehen pa-
rallel mit dem Ueberwiegen der einen nnd der anderen Richtung in
der Wirklichkeit, und es wird schwer sein nachzuweisen, dafs Ekke-
hard sich nicht durch äubere G^ründe bestimmen liefs. Nothwendig
ist aber eine solche Annahme nicht, und Ekkehard zeigt in dem
übrigen Theile seines Werkes ein so redliches Streben nach Wahrheit,
dafs man sich wohl hüten mufs, ihm unrecht zu thun. Denn wir
können auch eben so gut in den Schwankungen seiner Auffassung
einen Beweis und ein Beispiel davon erblicken, wie schwer es in der
damaligen so aufserordentllch verwirrten Lage der Dinge werden
mufste, eine entschiedene Ansicht zu gewinnen und dieselbe festzu-
halten.
Ekkehards Weltchronik dürfen wir wohl unbedingt für das voll-
endetste Werk dieser Art erklären. Die Sprache ist rein und einfach,
die Erzählung klar nnd übersichtlich, die Auffassung verständig und
gemäCsigt. Dem Bedür&ifs nach dieser Form der Darstellung war nun
vollständig genügt; niemand konnte sich versucht fühlen, noch eine
Chronik dieser Art zu schreiben. Dagegen trat jetzt, nachdem der
gesammte Stoff der Weltgeschichte geläutert und übersichtlich vorlag,
die weitere Aufgabe ein, dieselbe auch innerlich zu durchdringen und
philosophisch durchzuarbeiten. Daran versuchte sich Otto von Freising.
Andererseits bedurfte man kürzerer Compendien für den Handgebrauch,
oder auch einer noch größeren Fülle des Stoffes ; es entstanden massen-
hafte Compilationen, in denen auf jede künstlerische Beherrschung,
sowie auf kritische Sichtung des Stoffes verzichtet wurde, und daneben
Handbücher, unter denen endlich das Werk Martins von Troppau fa^t
allein den Platz behauptete. Aus dieser Zeit ist noch eine sehr zu-
sammengedrängte und sehr mangelhafte Kaisergeschichte bis auf Hein-
rich y zu erwähnen^), in welcher nur das Eindringen der Fabel bei
Karl dem Grofsen und die Lobpreisung der Barmherzigkeit Hein-
richs IV, des Vollenders des Speierer Domes, bemerkenswmiih sind.
Von Andreas von Begensburg benutzt, hat dieser schlechte Führer
noch in der Zeit des beginnenden Humanismus Peter Luder als ein-
zige Quelle gedient*).
^) Francorum (besser Romanorum) mperatomm Mstoria bremwna ed.
Koepke, SS. X, 186. Auch in einem Epigramm aus Laach heifst es nach der
Beseichnung des Todestages, 7. Aug. 1 106 : nobis cum, bone Caesar, obis. Ans.
d. Qerm. Mus. XVI, 41.
*) Zeitsohr. f. Qesch. d. Oberrheins XXIII, 24.
EkkebATcL Böhmen. J5X
Noch zu Ekkehards Lebzeiten wurde sein Werk in zahlreichen
Handschriften verbreitet^); es bildete lange Zeit für einen groben
Theil, namentlich fftr den Norden Dentschlands die Grundlage aller
geschichtlichen Kenntnifs, wie Sigebert fOr den Nordwesten nnd Her-
mann der Lahme f&r den Süden. Anch an sein Werk schlössen sich
Fortsetzungen an, die Erfurter und Würzburger Annalen, die Ursperger
Chronik. Andere, wie der sächsische Annalist, der Poehlder und
Magdeburger Chronograph, Albert von Stade, der Coelner Annalist,
überarbeiteten auch Ekkehards Werk und führten es weiter.
Ueber diesen Verhüllungen vergafe man allmählich des ursprüng-
lichen Werkes, und namentlich hat mau lange Zeit die ürsperger
Chronik, nachdem sie schon 1515 gedruckt war, benutzt, ohne zu be-
achten, daüs der ganze ältere Theil ein anderes selbständiges Werk
war. Es ist das Verdienst von Waitz, dieses Verhältnifs zuerst ge-
hörig ins Licht gestellt, die Werke Ekkehards genau geprüft und end-
lich nach den zahlreich vorhandenen Handschriften die erste kritische
Ausgabe seiner Chronik mit den Varianten der verschiedenen Bear-
beitungen gegeben zu haben.
Schon oben S. 33 haben wir der Paderborner Annalen ge-
dacht, welche als reichsgeschichtliche Aufzeichnung aus Heinrichs V
Zeit neben Ekkehard zu nennen sind. Dazu treten die in leider nicht
minder mangelhafter Weise überlieferten Erfurter Annalen, auf
welche wir später zurückkommen werden.
§ 27. Böhmen. Polen. Ungern.
Die Nachbarländer des deutschen Beiches gegen Osten kommen
bis auf die Zeit der fränkischen Kaiser fast nur als Objecto der Mis-
sion und der Bekämpfung mit den Waffen in Betracht. Nach und
nach aber werden, sie hineingezogen in den Kreis der Kirche und der
gelehrten Bildung und beginnen auch an der geschichtlichen Litteratur
selbstthätig Theil zu nehmen. Am frühesten kam Böhmen in Ver-
bindung mit dem Beiche und der Kirche. Die schon erwähnten Le-
genden vom Herzog Wenzel, dem ersten böhmischen Märtyrer, vom
Bischof Adalbert, von Günther, dem Eremiten im Nordwalde, berühren
Böhmen, aber sie sind von Fremden aufgezeichnet. Im Lande selbst
konnte die lateinisch -kirchliche Litteratur erst später Wurzel schlagen.
Aus dem mährischen Beiche war einst auch hierher die slavische Li-
turgie gedrungen, und wiewohl sie frühzeitig von den fränkischen Mis-
^) Darunter hat sich ein Autographon ron B in Jena erhalten. Dieses
sowohl wie die Handschrift Ton C in Cambridge enthalten Zeiehnungen» von
denen die Sehriftta&ln bei der Ausgabe eine VorsteUang geben.
152 ^^* Salier, f 27. Böhmen. Polen. Ungern.
sionaren anterdrückt und endlich yertilgt wnrde, hatten sich doch, ^e
es scheint, anch hier schon Anfänge einer Legenden- Litteratnr in der
Landessprache entwickelt Das lehrt uns die yon Wostokow entdeckte
nnd 1827 pnhlicirte Legende vom heiligen Wenzel in der alt-
slavischen Eirchensprache, welche nach der Ansicht der höhmischen
Geehrten dnrch die Eigenthümlichkeiten der Sprache ihren höhmischen
Ursprung noch deutlich anzeigt. Ist es nun gleich nicht völlig un-
zweifelhaft, daÜB die Legende ursprünglich m slayischer Spi*ache ver-
fafst ist, dafs uns nicht eine Uehersetzung vorliegt, so sprechen doch
fOr die erstere Annahme gewichtige Gründe, und es erklärt sich daraus
am einfachsten, weshalh diese Legende sich gerade in russischen Le-
gendarien erhielt, während sie in Böhmen seihst durch Gumpolds Werk
verdrängt wurde; es finden sich jedoch Spuren von ihr auch in den
späteren höhmischen Legenden. Geschrieben ist sie nicht lange nach
dem Tode des Heiligen und vielleicht durch die Translation von 938
veranlaCst^).
Cosmas erzählt zum Jahre 894 die Taufe des Herzogs Boriwoy
durch Methodius, lehnt es aber ab, umständlicher davon zu berichten,
weil darüber schon an anderen Orten ausreichendes zu finden sei, in
dem Privilegium Moraviensis ecclesiae, im Epüogus ejttsdem terrae
atque Bohemiae und in der Legende vom heiligen Wenzel. Nun enthalt
jedoch diese letztere, wie sie uns vorliegt, gar nichts davon; von den
beiden anderen Schriften ist uns sonst nichts bekannt. Es ist daher
unmöglich, über ihre Beschafifenheit und Glaubwürdigkeit ein begründetes
ürtheil zu gewinnen*).
Vielleicht im elften Jahrhundert begann man auch an der Prager
Kirche Annalen zu schreiben, welche vom Jahre 997 an zuverlässig,
wenn auch nicht frei von Fehlem sind; die wenigen Zahlen aus der
fitlheren böhmischen Geschichte von 894 bis 968 wurden nach einer
trügerischen Berechnung ergänzt und sind ohne Ausnahme falsch.
Auch weiterhin sind diese Annalen ziemlich unbedeutend und nicht
^) Böhm. Uebersetzong Ton Hanka im Casopis Cesköho Museum IV, 453
bis 462. Urtext mit lat. Uebers. nebst einer zweiten kürzeren Legende, von
Miklosich, Slav. Bibliothek II, 270 — 281. Anmerkungen sollen sp&ter folgen.
Mit böhm. Uebersetzung, Fontes Remm Boh. (Pr. 1872) I, 127—134. Deutsche
Uebers. bei Wattenbach, Die slav. Liturgie in Böhmen, Abhandlungen der phiL
bist. Qesellschaft in Breslau I, 203 — 240. Besonderer Abdruck Breslau 1858.
Vgl. auch Büdinger, Zur Kritik altböhm. Qeschichte, Zeitschr. ftlr die österr.
Gymnasien 1857, Heft VII. Besonderer Abdruck Wien 1857.
*) Ganz verwerfend äulsert sich £. Dümmler, De Bohemiae Condicione
Carolis imperantibus (Lips. 1854) p. 19. Zeleny, De religionis christianae in
Bohemia prinoipiis, im Progr. des Prager Staatsgymnasiums 1855, 4. S. 5 ver-
teidigt sie dagegen.
Legenden aus Böhmen. Cosmas. |53
gerade immer gleichzeitig aufgezeichnet. Fortgesetzt his 1193 mid am
An&ng yermischt mit der oben S. 90 bezeichneten Mainzer Compila-
tion, wurden sie eingetragen in eine Handschrift, welche von älterer
Hand knrze Annalen des italienischen Klosters La Cava enthält, ond
nur in dieser Gestalt haben sie sich erhalten^).
Im Anfange des zwölften Jahrhunderts aber erhielt Böhmen eine
eigene Landesgeschichte von einem Eingeborenen, Cosmas, einem
Slayen, wie es scheint von polnischer Abkunft, denn er war nach seiner
eigenen Angabe der Urenkel eines Priesters, der 1089 mit anderen
edlen Polen ge&ngen nach Böhmen geführt wurde'). Wenige Jahre
später mufs Cosmas geboren sein, da er, der im Jahre 1125 gestorben
ist, sich selbst einmal einen achtzigjährigen Greis nennt. Zum Geist-
lichen bestimmt, erhielt er seine Unterweisung anfangs auf der Prager
Schule, welche er, obgleich schon nahe an 30 Jahre alt, noch im Jahre
1074 besuchte. Dann') begab er sich aber nach Lüttich und bildete
sich hier weiter aus unter der Anleitung des Franco, dem er noch in
seinem hohen Alter ein dankbares Andenken bewahrte. Die damals
gangbaren Classiker studirte er fleilsig, und sein Werk zeigt, dafs er
in ihren Schriften wohl belesen war. Zugleich hat er aber den ge-
suchten und pretiösen Stil der älteren Lütticher Schule angenommen;
er theilt auch in hohem Grade die damals häufige Liebhaberei, einzelne
Verse einzumischen und die Prosa selbst durch ähnlich auslautenden
Schlufs der Satztheile gereimter Dichtung ähnlich zu machen. Nach
seiner Bückkehr trat Cosmas, der von ansehnlicher Familie gewesen
sein mufs, in nähere Beziehung zu den Prager Bischöfen und wurde
auch zu öffentlichen Geschäften gebraucht; verschiedene Beisen gaben
ihm Gelegenheit, seine Kenntnisse und Anschauungen zu erweitem. So
begleitete er im Jahre 1086 den Bischof Gtobhard zu der Mainzer
^) Annales Pragens€8 ed. Peru, MG. SS. 111, 119— 121, Fonit. Boh. II,
376 — 380; TgL Koepke IX, 10, der sie fQr Excerpte aus Cosmas u. a. h<,
Wattenbach a. a. 0. S. 223. Ueber die Handschrift NA. III, 194. Unbedeu-
tende Ann. Prag. 725 — 1163, die aber mehr Excerpte als wirkliche Annalen
sind, ed. Stumpf in Miklosicb SlaT. Bibl. II, 301; wiederholt Fontt. Boh. II,
380-382.
*) Komarek, Die poln. Colonie der Hedcanö in Böhmen, Abb. d. k. bohm.
Oea. d. W. VI, 2 (1869). Vermuthlieh aus Tomehmem Geschlecht, das von der
Borg Gdec, jetzt Giecx unweit Onesen stammte.
*) Oder yielleicht schon vorher; es fehlt ganz an festen Haltepunkten f&r
die Zeit seines Lütticher Aufenthaltes. Auch nach Prag war schon frflh ein
Lütticher Lehrer, der berühmte Hubald, gekommen (I, 308) unter B. Balderich
(1008—1018). Nach Tiniec bei Krakan sollen 1050 durch Kasimir Lütticher
Mönche gekommen sein, Chron. Pol. ap. Stenzel, SS. Rer. Siles. I, 11. Fran-
zösische Mönche kamen sehr zahlreich in polnische Klöster und blieben in
lebhafter Verbindung mit dem Mutterland.
154 I^- Salier. { 27. Bdhmen. Polen. Ungorn.
Synode, auf welcher Heinrich lY den Herzog Wratialaw zum KOnig
Ton Böhmen erhob ; 1092 war er mit den Bischöfen Cosmas von Prag
und Andreas von Olmfltz in Italien nnd 1094 mit denselben in Mainz;
1097 begleitete er den Bischof Hermann nach Gran, wo beide von
dem Erzbischof Seraphim zn Priestern geweiht wurden. In Böhmen
hatten die Decrete gegen die Priesterehe keinen Eingang gefanden,
und Cosmas war, was er in seiner Chronik ganz unbefangen erw&hnt,
verheirathet und Familienvater ^); seiner Frau widmet er einen treuen
und zärtlichen Nachruf. Er starb als Decaa der Prager Kirche am
21. October 1125.
Erst in den letzten Jahren seines Lebens begann Cosmas die Aus-
arbeitung des Werkes, welches ihm als dem Vater der böhmischen Ge-
schichte einen unsterblichen Namen gesichert hat Es ist eine rechte
Volksgeschichte nach der Art des Paulus und des Widukind. Auch er
schöpft für die ältere Zeit aus Sagen und Märchen, und wenn man
auch schon früh die augenscheinlichsten Fabeln verworfen hat, so ist
doch noch bis auf die neueste Zeit seine Aufassung und Darstellung
der böhmischen Vorzeit herrschend geblieben, obgleich sie der wahren
Geschichte so wenig entspricht, wie die meisten Darstellungen welche
auf ähnlichem Grunde beruhen^). Dafs es ihm an schriftlichen Hülfs-
mitteln gebrach, sagt Cosmas selbst; er habe keine Chronik finden
können, darum gebe er die Erzählungen des Volkes, wie er sie gehört
habe und ohne Zeitbestimmung; erst von 894 an tritt er zuversicht-
licher auf und giebt Jahreszahlen an, aber auch hier noch so unrichtig
und fehlerhaft, dafs man den Mangel brauchbarer Annalen fDr die
ältere Zeit deutlich genug erkennt^). Nur einzebe eben so dürftige
wie ungenaue Anmerkungen, die mit den Prager Annalen übereinstim-
men, scheinen ihm vorgelegen zu haben; für das elfte Jahrhundert
standen ihm wohl schon etwas bessere Hülfsmittel zu Gebote.*
Hätte aber Cosmas sich schon in Lüttich ernstlich mit der böh-
mischen Geschichte beschäftigt, so hätte er dort bessere Hül£smittel
für die Zeiten des neunten und zehnten Jahrhunderts finden können;
^) Palackj Dejiny Ceakä I, 2, 9 bat nachgewiesen, dafs sein Sohn Hein-
rieh der sp&ter berühmte fiiachof Heinrieh Zdik Ton OlmQU (1126 — 1160) ge-
wesen ist; TgL Koepke p. 4 n. 22. Diesem widmete Fretellus sein Beisebueh
nach dem h. Land, W. A. Neumann, Drei Pilgerschriften 8. 5 (Vierteliahrssohrift
f. kath. TheoL VII, 3. Heft).
*) Nachgewiesen y. Dümmler: De Bohemiae oondicione Carolis imperanti-
bus, Lips. 1854.
*) Sowohl die Zahl 894 ftir die Taufe Borirois als 929 ft\r den Tod
Wenzels, beide falsch, stimmen mit den Prager Annalen überein ; die Zahl 929
hat auch die altalarische Legende.
CoBflMtt Ton Prag. 255
Thietmars Chronik, die in Lttttich §^efeblt zn haben scheint, nnd gewils
noch manche andere branchbare QneUe h&Ue er in den benachbarten
g&chflischen nnd fr&nkischen Bisthtimem einsehen können, was ihm frei-
lich dnrch die politischen Verhältnisse erschwert wnrde. Aber ernste
nnd mtQievoUe Forschung war überhaupt weniger seine Sache, als
▼ielmehr die behagliche nnd breite Erzählung; auch die wenigen Bficher,
welche er zur Hand hatte, wie die Legenden von Wenzel, Adalbert,
üdalrich, benutzte er wenig, und obgleich er einige Urkunden in seine
Chronik aufgenommen hat, so ist doch nicht zu bezweifeln, daCs bei
genauerer Untersuchung das Archiv der Prager Kirche ihm einen festeren
chronologischen Anhalt und reichlichere Ausbeute gewährt haben müTste.
Es machte ihm offenbar mehr Vergnügen, selber nach den Regeln der
Kunst schöne Beden zu yerfertigen, mit welchen man so gern nach
Sallusts Vorbilde die Geschichtsbücher schmückte; und was schon von
anderen mit dem Schmuck der Bede versehen war, wie die Geschichten
von Wenzel und Adalbert, das lehnte er ausdrücklich ab, noch einmal zu
behandeln. Am meisten hat er die Chronik des Begino und deren Fort-
setzung benutzt und daraus einige Nachrichten in annalistischer Form
ausgeschrieben, wie er denn überhaupt in seltsamer Weise schwankt
zwischen dieser Form und der ungefesselten Erzählung, welche doch
immer gleich wieder die Oberhand gewinnt. Ganze Beihen von Jahres-
zahlen unterbrechen hin und wieder den Text, ohne dafs etwas dazu
angemerkt wäre; dann folgt wieder ein längerer Abschnitt, der nicht
immer zu der Jahreszahl gehört, bei welcher er steht Die erste An-
lage des Werkes von 894 an war offenbar streng annalistisch; er mag,
wie das z. B. in der Beichersperger Chronik deutlich vor Augen liegt,
eine geräumig eingerichtete Handschrift mit den Jahreszahlen in fort-
laufender Beihe und einzelnen Eintragungen zu Grunde gelegt und
dazu andere kurze Notizen nachgetragen haben. Dann aber fftgte er
seine umständlicheren Erzählungen ein, wo sich ein Anlafs bot, oder
auch nur wo der Baum dazu einlud. Vielleicht erst die Abschreiber
machten hieraus ein scheinbar zusammenhängendes Werk, in dem nun
die leeren Jahreszahlen als störende Unterbrechung erscheinen.
'Bis zum Jahre 1038, zur Begierung des Herzogs Bracizlaus (Bfe-
tislaw), der dem böhmischen Staate neuen Glanz verlieh, reicht das
erste Buch, welches Cosmas dem Erzpriester Gervasius widmete. Von
hier an berufk er sich ausdrücklich schon auf seine eigene Erfahrung
und die Mittheilnngen von Augenzeugen, das zweite Buch, dem Abte
Clemens von Brzewnow gewidmet, reicht bis auf Bracislaus II bis 1092
und enthält eine grobe Fülle unschätzbarer Mittheilungen. An Ge^
nauigkeit fehlt es auch hier, und wie überhaupt der Verfiasser gern
156 I^- Salier. § 27. Böhmen. Polen, ungern.
sich gehen labt, so tritt hier Parteilichkeit f&r die Prager Bischöfe
und Ahneignng gegen die Deutschen lebhaft hervor.
Eine ganz nnbefftngene Erz&hlung wird man von einem Manne
in Gosmas Stellang, denn er war mittlerweile Decan geworden, nicht
erwarten. Er hatte vielerlei Bücksichten zu nehmen, was sich noch
viel stärker in dem dritten Bnche bemerkbar macht. Dieses führte er
bis znm Jahre seines Todes nnd übersandte es mit den beiden vor-
hergehenden Büchern dem Probste Severas von Melnik. Er bittet diesen
freilich, die Gabe, von der er sehr bescheiden spricht, ganz allein für
sich zu behalten, allein das war nur eine nicht seltene Bedeweise, die
man nicht buchstäblich nehmen darf. Es blieb im Mittelalter so wenig
wie jetzt verborgen, wenn ein angesehener Mann die Geschichte seiner
Zeit schrieb; Abschriften waren sehr gesucht und verbreiteten sich
rasch, die Grofsen des Landes aber achteten mit ängstlicher Eifersucht
darauf, was über sie geschrieben wurde. Cosmas gedenkt dieser Ge-
fahren mehr als einmal und hat im letzten Buche so viel zu verschwei-
gen, dafs seine Geschichte hier fast mager wird und die anmuthige
FüUe der früheren Abschnitte verliert. Zugleich beweist er aber eben
dadurch, dafs er schweigt, wo er nicht ofifen reden darf oder mag, seine
Wahrheitsliebe, und absichtliche Entstellung liegt ihm fem. Man ge-
winnt den alten Herrn mit seiner etwas pedantischen Gelehrsamkeit,
seiner Geschwätzigkeit und Vorsicht lieb, wenn man sein Werk liest,
man mufs seine wackere und wohlwollende Gesinnung achten und fühlt
sich so wenig wie bei Widukind berechtigt, den Vater der böhmischen
Geschichte nach den strengen Begeln höherer historischer Kunst zu
beurtheilen.
Von Anfang an wurde das Werk des Cosmas sehr hoch geachtet;
es bildete die unveränderliche Grundlage für alle späteren Chronisten.
Ein Wissehrader Domherr fügte eine Fortsetzung bis zum Jahre
1142 hinzu, ein Mönch von Sazawa bereicherte auch die Chronik
des Cosmas mit Zusätzen aus den Hersfelder Aninalen und mündlicher
üeberlieferung und setzte sie fort bis 1162. Andere knüpften weitere
Fortsetzungen an. Um die kritische Bearbeitung der Texte haben sich
besonders in Böhmen Pelzel und Dobrowskj verdient gemacht, dann
Palacky in seiner Würdigung der alten böhmischen Geschichtschreiber,
Prag 1830. Zuletzt hat B. Eöpke mit umfassendster Benutzung aller
ihm bekannten Hülfsmittel die ursprüngliche Chronik nebst den Fort-
setzungen bis 1283 herausgegeben, doch konnte er die Lesearten der
wichtigen Budweifser Handschrift erst im Anhang mittheilen, und da
seitdem noch eine zweite Handschrift bekannt geworden ist, wird
Gosmas und seine Fortaetzer. Polen. X57
eine neae handliche Ausgabe nm so mehr za einem dringenden Be-
dürfoifs *).
In das Ende dieses Zeitraums fallen auch die An&nge der
Hradischer Annalen, von welchen im folgenden Abschnitte die
Bede sein wird.
Schon etwas früher als die Böhmen erhielten auch die Polen,
nachdem bereits ein Jahrhundert früher in Gnesen die Legende von
S. Adalbert aufgezeichnet war (I, 287), ihre erste Chronik, die aber
von einem Fremden geschrieben ist. Man nannte ihn friüier Mar-
tinus Gallus, aber ohne hinreichenden Grund, und er scheint eher ein
Italiener gewesen zu sein, der am Hofe Boleslaus ni lebte, yermuthlich
dessen Caplan war. Diesen Boleslaus, einen tapferen und kühnen Kriegs-
beiden zu feiern, ist seine Absicht, und wenn er auch im ersten Buche
die Vorgeschichte der Polen nach den Erzählungen, die er gehört
hatte, mittheilt, so fafet er sich hier doch ziemlich kurz und widmet
dagegen dem Leben des Boleslaus bis zu dessen 28. Jahre allein zwei
Bücher, welche er bis zum Jahre 1113 fortführte. Gewidmet ist das
Werk den polnischen Bischöfen, von welchen Maurus von Erakau
(1109— U 18) und Syroslaw von Breslau (1112—1130) chronologisch
gesichert sind*), und dem Kanzler Michael, welchem der Verfasser
einen Hauptantheil daran zuweist. Dafs er kein unbefangener Zeuge
ist und die dunkleren Seiten im Leben seines Helden nur leicht berührt,
bedarf wohl kaum einer Erwähnung. Seine Sprache ist in hohem Grade
schwülstig und fast durchgehends rhythmisch gereimt').
Schon viel früher hatte man in Krakau mit der Aufzeichnung
YonAnnalen begonnen, welche erst kürzlich bekannt geworden sind;
sie schliefsen sich an eine wahrscheinlich ans Mainz gekommene, bis
1012 kenntliche Unterlage (S. 90). Auch hier aber scheint, was uns
ja leider öfter begegnet, die ursprüngliche reichere Fassung verloren
zu sein; ein Chaos verschiedener Auszüge, Ableitungen und Fort-
^) Cosmae Chronica Boemorum ed. Koepke, MG. SS. IX, 1 — 209 (daraus
Migne CLXVI) vgl. p. 843 — 846. Handschrift mit den Fortsetzungen (ausg.
Cant. Sazaw, u. Weneeslai regis kistoria) saec. X V. in Donaueschingen, mit Peter
von Zittau, s. das Verzeichnifs von Barack S. 481; benutzt in der neuen Aus-
gabe, Fontt. Boh. n mit böhm. Vorrede und Uebersetzung; die Varianten sollen
unerheblich sein. Vgl. L. Giesebrecht, Wendische Geschichten III, 327 ff. und
über den deutschon Leis S. 50, Müllenhoff u. Scherer S. 53 u. 366. Benutzung
durch den Florentiner Minoriten Fontes IV, 669.
*) Die alte Fabel von dem 1109 gestorbenen Bischof Paul von Kruschwitt
hatte ZeiTsberg nicht wiederholen sollen.
') Chronicae Eohnorvm^ edd. Szlachtowski et Koepke, MG. SS. IX, 418
bis 478 (daraus Migne CLKl). Bielowski I, 379 — 484. Vgl. L. Giesebrecht,
Wendische Geschichten III, 325 ff. Zeifsberg S. 26—30.
158 '^- 8<^«r- §^7. Böhmen. Polen. Ungern.
Setzungen ist vorhanden, auf welches näher einzugehen wir uns sparen
können^).
Das Leben des Bischofs Stanislaus von Krakau, der 1079 yon
Boleslaus n erschlagen wurde, ist erst bei (Gelegenheit seiner Canonisation
1253 auf den Wunsch des Bischofs Prandotha von Vincentius, einem
Dominicaner, yer&lÜBt, enthält aber einige eigenthümliche Nachrichten*).
Ungern erhielt auch jetzt noch keine Chronik. Der König Stephan
rief eine Menge fremder Geistlicher ins Land, die einige Keime der
Bildung legten, aber zu schriftstellerischer Thätigkeit doch noch nicht
Mufse fanden, auch wohl dem Volke und seiner heidnischen Vorzeit
noch zu fem und feindlich waren, um an die Aufiseichnung der Ge-
schichte zu denken. Der Bischof Maurus yon Fünfkirchen schrieb
die Legende der Einsiedler Zoerard oder Andreas und Benedict,
die aber kaum einen geschichtlichen Werth hat'). Vielleicht der aus-
gezeichnetste und bedeutendste unter den Männern, welche König Stephan
bei der Einführung der christlichen Kirche in seinem Lande zur Seite
standen, war der Bischof Gerhard von Csanad, em geborener Ita-
liener, der 1046 bei dem Siege des Heidenthums als Märtyrer starb,
der Verfasser jener merkwürdigen Unterweisung, welche König Stephan
ftür seinen Sohn Emerich yerfassen liefs. Wir haben über diesen Mann
eine ausführliche Legende*) mit sehr anschaulichen und lebendigen
Schilderungen und Erzählungen aus jener ersten Zeit des Christenthums
und der Kämpfe mit dem noch einmal sich ermannenden Heidenthum,
aber sie ist erst nach dem Jahre 1381 geschrieben, und so auifallend
auch die reiche Fülle des Stoffes und die sehr individuelle Auffassung
nach so langer Zeit erscheint, lälst sich doch keine ältere schriftliche
Quelle nachweisen mit Ausnahme der kurzen Lectionen aus dem Offi-
cium des Heiligen').
^) Annales Pblonormi^ edd. R. Roepell et W. Arndt, MG. SS. XIX, 574
bis 689 ; vgl. Zeifsberg S. 30 — 48, u. 423 f. über die neue Ausgabe von Bie-
lowski, Vol. II. Ferner: Polnische Annalen bis zum Anfang des 14. Jahr-
hunderts. Von Dr. Stanislaw Smolka, Lemberg 1873
*) Gedr. in Martini Galli Chronicon rec. Bandtkie, Vars. 1824; vgl. Zeifsberg
S. 83—90.
>) Acta SS. ZoerarcU et Benedicti ed. Cuper, Aeta SS. JuL IV, 336.
Endlicher, Rerum Hungaricarum Monumenta Arpadiana p. 134 — 138. Die Ge-
schichte der Ungr. Litteratur im Mittelalter von Dr. Franz Toldy, ftbersetit von
Kolbenheyer, Pest 1865, ist leider f)ir die Altere Zeit ganz unbrauchbar.
*) Endlicher ib. p. 205 — 234. Erste Ausgabe in der Eist. epp. Chana-
densium von Batthyany, 1790, 4. Büdinger, Oesterreichische Geschichte, I, 424
weist eine Menge von geschichtlichen Verstöisen und anderen Spuren sp&ter
Abfassung nach.
.») EndUcher p. 202. Mab. VI, 1, 550 ed. Ven. Aeta SS. Sept. VI, 722,
und andere ib. p. 726.
Ungrisohe Legenden. Belae notarias. ]^59
AnthentiBcher aber dfirftiger sind die Legenden vom h. Stephan^),
die jedoch auch erst lange nach dem Tode des Königs yerfafst worden.
Ln Jahre 1083 nättiüch, als sich in Ungern Salomo, Heinrichs lY
Sdiwager und Verbflndeter, nnd Ladislans bekämpften, nnd von Rom
ans alles aufgeboten wurde, um die kirchliche Gesinnung im Lande zu
stärken, da yerordnete Gregor auch die feierliche Erhebung der ersten
Glaubensboten und Blutzeugen, und erst durch diese Erhebung wurde
die Abfassung der Legenden veranlafst. Beide sind namenlos und un-
abhängig Yon einander. Die eine kleinere ist einfacher xmd hat ein
ursprünglicheres Ansehen, während in der gröfseren die Phrase schon
mehr Baum gewinnt. Beide hat auf König Colomans Wunsch ein Bi-
schof Hartwich, vielleicht von Begensburg (1105—1126), mit ein-
ander verbunden, ein arger Plagiator, wenn nicht vielleicht er selbst
auch der Verfasser jener gröfseren Legende gewesen ist, mit welcher
er nun die kleinere verschmolz, unter den wenigen anderen Zuthaten
ist besonders die Stelle über die vom Pabst Silvester gesandte Krone
bemerkenswerth, welche später von dem Kroaten Levakowitsch zur
Verfertigung einer angeblichen Bulle dieses Pabstes benutzt wurde.
Sehr späten Ursprunges, aus der zweiten Hälfte des dreizehnten
Jahrhunderts, ist, wie B. Boesler jetzt ganz überzeugend nachgewiesen
hat'), die Chronik eines ungenannten Verfassers, der sich als des
Königs Bela Notar, Magister P. bezeichnet'), über die früheste
Geschichte der Ungern, ihre Einwanderung und die Zeit der ersten
Kriege mit dem Abendlande bis auf König Stephan. Dieser Bericht,
zum Theil mit Benutzung der Chronik des Begino nebst ihrer Fort-
setzung verfafst, ist nicht nur ganz fabelhaft, sondern auch absichtlich
entstellt, um der einfachen Thatsache der Eroberung eine vorgebliche
rechtlich begründete Besitznahme des Landes unterzuschieben und
^) Vüa Stepham regis üngariae ed. YTattenbach, MG. SS. XI, 222—242.
Auch bei Endlicher, Mon. Arp. p. 139 — 192. Die ursprünglichen Legenden
gab zaerst 1781 Mancini heraus; Hartwigs Werk Stilting, Acta SS. Sept. I,
466 und Podhradcsky 1836 mit Commentar. Die Legenden von Stephans
Sohn Emerich oder Heinrich, und Ton König Ladislas I (1077 — 1095), bei
Endlicher 198 — 201 u. 335 — 244, sind jüngeren Ursprungs und geschichtlich
unbrauchbar.
*) RomAnische Studien (1871) S. 147—230.
*) Anonymi Belae regia notarü de gesiis Hungarorum über. Teztum ad
fidem cod. Vindob. rec. Endlicher 1827, u. Mon. Arpad. p. 1 — 54. Vgl Dflmmler
de Amulfo p. 180. Ostfr. H, 451. Büdinger, Oesterr. Geschichte I, 209 (F.
Ed. Böfsler, Zur Kritik <erer ungarischer Geschichte, Troppauer Gjmn. Progr.
1860. — Nicht unwichtig, obgleich in den Jahressahlen fehlerhaft, sind die
kunen Annalen aus einer Prefsburger Handschrift ron 997 — 1203, welche
Endlicher S. 55 alsChronioonPosoniense herausgegeben hat; Wattenbach
im Wiener Areh. XLO, 502 — 505 als Ann, veteres üngarici.
160 ^^' Salier. |. 27. Böhmen. Polen. Ungern. § 28. Frankreich.
anfserdem die Magyaren fiber alle Gebühr zn verherrlichen. Etymolo-
gische Aberweisheit spielt dabei eine hervorragende Bolle. Neuestens
hat H. Marczali nachgewiesen, wie der Verfasser von Dares, fdn wel-
chen er grolüse Bewunderung ausspricht, und ans der Alexandersage
seine Farben entlehnt hat, und Beziehungen auf die Yerhaltnisse des
Landes gefunden, welche die Abfassung zwischen 1278 und 1282 wahr-
scheinlich machen. Für den Verfasser hält er den urkundlich bekannten
Magister Pous, welcher in der That Bela's IV Notar gewesen ist^).
§ 28. Frankreich.
Frankreich übte, wie schon erwähnt, in dieser Periode einen ganz
aulserordentlichen Einflufs, der sich in der Folgezeit noch steigerte.
Die ganze neue Sichtung, der neue Geist in der Kirche, welcher all-
mählich bis zur völligen Herrschaft durchdrang, ging von Cluny aus,
und als hier das Feuer nach und nach erkaltete, erwuchs im Cister-
cienser Orden eine neue Macht, die sich noch rascher auch über Deutsch-
land ausbreitete. Ebenso war andererseits auch Frankreich die Hei-
math der entgegengesetzten Schule des Berengar von Tours, und die
ganze scholastische Philosophie, Grammatik und Poesie wurden in den
französischen Schulen eifrig betrieben und zogen immer zahlreichere
Schüler an'). Aber die Geschichte wurde dabei vernachlässigt, und
es geschah wenig dafür. Sowohl an Zahl wie an innerem Gehalt der
Werke stand Frankreich gegen Deutschland weit zurück. Zu den schon
im vorhergehenden Abschnitte erwähnten Schriften aus dem Anfange
des elften Jahrhunderts traten im Laufe desselben nur sehr wenige
hinzu, die hier zu erwähnen wären.
Ademar von Chabannes'), der im Kloster des h. Martialis zu
Limoges unterrichtet war und später als Priester in Angouldme lebte,
schrieb eine Geschichte der Franken^), die bis 1028 reicht und am
1) Forsch. XVII, 623—638. Marcsali findet auch Ankl&nge an Guido de
Columna, welche unsicher sind. Wenn er aber S. 631 ftkr das richtige Jahr
der Abfassung von dessen Werk 1280 st. 1287 h<, so widerspricht dem die
beigesetzte erste Indiction.
*) Die JEteimser Schule rühmt Balderich von Dol in einem Gedicht an
Godefrid (Bomania I, 37), der dort sich gebildet hatte und nun, berufen von
Ersb. Manasse, (1069 — 1083) als praepositus stndüs wirkte.
*) Caponnense juzta castellum Potentiacum, erklärt als Chabannes bei
Chlktean-Ponsar.
*) Ademari HUtoriarum libri III ed. Wait«, MG. SS. IV, 106—148. Das
zweite Buch wurde zuerst von Pithou besonders herausgegeben und ist als
Monachm Engolümensis de vita Karoli Magni bekannt; es enth< nur die
Lorscher Annalen mit einigen Zusätzen. Dritte röm. Handschr. Christ. 620,
Dudik Iter Rom. p. 172. Arch. XII, 299. Waitz HZ. XXVIH, 201. Aus
Ademars, rorzQglich für ital. Gelehrtendflnkel characteristischem Brief über
Ademar. Rodulfus Olaber. \Ql
meisten über Aqnitanien, aber auch vielerlei über aller Herren Länder
enthält; nnd Bodnlf as Glaber, d. i. der Kahlkopf genannt, ein M(^nch
Yon Glnny, der vorher in vielen anderen ElGstem gewesen und nament-
lich in Dijon dem reformatorischen Abte Wilhelm nahe getreten war,
schrieb das Leben dieses Abtes') nnd aufserdem ein grOfseres Werk
über die Begebenheiten, welche sich nm das Jahr 1000 zugetragen
hatten'), fortgeführt bis znm Jahre 1044; ein Werk voll merkwürdiger
Dinge nnd mannigfach belehrend, wenn auch voll von Fabeln nnd
schlecht geschrieben, aber wie Ademars Chronik ohne festen Plan nnd
chronologische Ordnung; beide erinnern an die Schriften eines Alpert,
Arnold von St. Emmeram, Otloh.
Eine festere Grundlage fQr die Geschichtschreibnng gaben erst
die grofsen Chroniken aus dem Anfange des zwölften Jahrhunderts,
von denen Sigeberts Werk im nördlichen Frankreich weit verbreitet
war und auch Fortsetzer fand, während im Süden ein einheimischer
Chronist Sigebert und Ekkehard zur Seite trat, im Kloster Fleury,
welches schon vor einem Jahrhundert durch Aimoins Werke bekannt
geworden war und sich durch litterarische Thätigkeit auszeichnete*).
8. Maiüal's Apostolat (Mab. Ann. IV, 717 — 720) die Haupstellen bei Waitz
1. c p. 109; vgl. Giesebr. de litt, studiis p. 18. — Ann. Lemotnc. 818 — 1060,
MO. II, 251. Commemoratio abbatum Lemovic. bei Labbe Bibl. nova II, 271.
^eue Ausg. in : Chroniques de Saint-Martial de Limoges, par H. Duplös- Agier,
Paris 1874, vgl. Bibl. de l'^oole des chartes XXXV, 296. Nach dem Chron.
B. Iterii surb Ademar 1034 (S. 47). Nichts {tr deutsche Qeschiehte enthalten
die Ann. Auscienses 687 -1127, MG. SS. III, 171, von Auch in der Gascogne.
Ebenso wenig die Ann. S. Albini Andegavensis ib. p. 168, wfthrend die ver-
schiedenen Aufzeichnungen aus Angers bei Labbe Bibl. nora I, 275 — 291
immerhin Beachtung verdienen. Die lothringischen Klosterverh<nisse he-
rfahren die Ann. Mosomenses SS. III, 160 und etwas inhaltreicher das Chron.
Mo9mn. bis 1038 im Spicileg. ed. II. II, 561.
1) Vüa S. WxUelmi DivionensiSy AeU SS. I, 58. Mab. VI, 1, 322. Ex-
eerpto ed. Waiti, MG. SS. IV, 656—658.
') Rodulfi Olabri kistoriarum libri F, Duchesne IV, 1—58. Bouquet X,
1 — 63. Ezcerpta ed. Waits, MG. SS. VII, 48—72. Vgl. Giesebr. II, 567.
Aus der grofsen Elosterchronik vom S. Benignuskloster zu Dijon, die
um das Jahr 1050 geschrieben ist (D'Achery, Spicil. I, 353. ed. 2. II, 357)
giebt Waitz Bruchstücke , besonders Über Halinard von Lyon , MG. SS. VII,
235—238. Neue sehr berichtigte Ausg. dieser vorzüglich fllr Burgund wichtigen
Chronik von Bougaud: Chronique de Pabbayie Saint-Bönigne de D\jon, suivie
de la Chronique de Saint- Pierre-de-Böze (par Garnier), Dijon 1876 (Analecta
Divionensia I). Vgl. Revue bist. IV, 397; nach einer Bemerkung der Bed.
hat der Chronist ftlr das Ende des 7. u. den Anfang des 8. Jahrb. unbekannte
Annalen benutzt. — Annaks 8. Ben. Divion. um 1125 compiliert und bis 1285
fortgesetzt, SS. V, 37 — 50; vgl. oben I, 294 über deren Abstammung und
Verzweigung. Daraus schöpften Ann. Besuenses und wurden 1119 — 1174
aelbst&ndig im Kloster Saint-Pierre-de-B^ze fortgesetzt. MG. II, 247—250.
') Hugonis Floriacensis Opera Mstorica. Accedunt aliae Francorum histo-
riae. Ed. Waitz, MG. SS. IX, 337—406. Waitz hat hier zuerst Licht in die
Wattenbaeh, OctehiobtaqueUen II. 4. Aufl. H
Ig2 ^' Salier. $ 28. Frankreich.
Hugo von Sancta Maria, so benannt von einem Dorfe, das seinem
Vater gehörte, Mönch zn Flenry, trat znerst anf mit einem Werke fiber
den Investitarstreit, in welchem er mit bemerkenswerther Kühnheit nnd
Klarheit der priesterlichen üeberhebnng gegenflber die Berechtigung
der königlichen Autorität vertrat, nnd in üebereinstimmung mit seinem
Freunde Ivo von Chartres, dem man auch mit Unrecht die Kirchen-
geschichte des Hugo beigelegt hat, auf die Scheidung und Versöhnung
der beiderseitigen Ansprüche ausging. Die Grundsätze, welche er hier
vor dem König Heinrich von England, dem das Buch gewidmet ist,
entwickelt, sind im wesentlichen dieselben, welche später in den Veiv
trägen, die den Investiturstreit beendigten, zur Geltung kamen ^).
Im Jahre 1109 verfafste Hugo eine Kirchengeschichte bis auf
Kaiser Karls Kaiserkrönung, die er im folgenden Jahre, nachdem er
die Historia tripartita kennen gelernt hatte, neu bearbeitete und bis
855 fortführte. Er widmete sie der Gräfin Adela von Blois. Dieses
Werk ist ein Denkmal seiner Gelehrsamkeit und seines Fleifses, hat
aber, da die Quellen bekannt sind, keinen eigenthflmlichen Werth').
Von gröfserer Bedeutung ist seine neuere Geschichte der Franken von
Karl dem Kahlen bis auf Ludwig VII, die er der Kaiserin Mathilde,
Heinrichs V Gemahlin, der Tochter Heinrichs I von England, widmete,
und von der er auch eine zweite kürzere Bearbeitung verfafst hat').
Er benutzte dazu die bertinianischen Annalen, Flodoard, die in SeuF
verfafste Geschichte der Franken (I, 337), Aimoin, Hugo von Flavigny,
die Geschichte des ersten Kreuzzuges und normannische Quellen. Weder
an Kenutnifs der Vergangenheit noch an Genauigkeit kommt er Ekke-
hard gleich, und die Geschichte seiner Zeit behandelt er nur kurz und
dürftig, aber bei dem Mangel anderer Schriftsteller ist sein Werk doch
schätzbar; es ist von Waitz zuerst in seiner ursprünglichen Gestalt
herausgegeben. Denn die Werke Hugo's wurden schon frühzeitig über-
arbeitet, interpoliert und fortgesetzt; mehr jedoch die Kirchengeschichte
gprofse Verwirrung gebracht, welche bis dahin über diese Werke und ihre Ver-
fasser Terbreitet war.
^) Hugo Floriacensis de regia pote^taie et sacerdotali dignitate^ zwischen
1100 und 1106 Terfafst, in Baluzii Miscc ed. Mansi II, 186, vgl. Stensel I,
689. WaitE a. a. O. S. 345.
*) Ausg. T. BoUendorf, Münster 1636, 4. Die Vorreden der einzelnen
Bficher und der letzte Theil bei Waitz S. 349 — 364. Er benutzte Justin, s.
Rtthl, Die Verbreitung des Justinus (Diss. Ups. 1871) S. 26. 39 — 41. Ueber
eine von Kenryn de LettenhoTe mitgetheilte Erzählung vom J. 741 s. Waitz,
Forschungen IV, 166 — 170; sie ist einer Compilation entnommen, welche nach
Waitz nicht von Hugo ist, und verdient schwerlich Beachtung als alte Ueber-
liefemng.
') Hugonis liber, qui Modemorum Regum Francorum conHnet Actus^ ib.
p. 376— 39ö.
Hugo von Fleary. Clany. Jg3
als die neuere G^chichte. Dieser trat noch ein anderes Werk znr
Seite, eine knrze Geschichte der Franken ans dem Kloster Saint-
Denis, welche schon reichlich mit Faheln ausgestattet ist und dadnrch
BeifaU iand^.
Den I, 339 erwähnten Lehensbeschreibnngen der Aebte von Clnny
reiht sich in dieser Periode das Leben des Abtes Hugo (1049—1109)
an, welcher in dem Kampfe zwischen Hildebrand nnd Heinrich lY,
dessen Taufpathe er war, eine so wichtige vermittelnde Stellmig ein-
nahm. Seine hohe Bedeutung nnd der starke Eindruck seiner Persön-
lichkeit zeigen sich auch in der Fülle von Lebensbeschreibungen, welche
ihm schon sehr bald nach seinem Tode zu Theil wurden'); doch ver-
missen wir, wie gewöhnlich, bei den Biographen Sinn und Yerständnifs
für die weiter reichenden Beziehungen: ihnen waren die klösterlichen
Tugenden die Hauptsache, und etwa die Ehrenbezeugningen, welche die
Häupter von Staat und Kirche dem Abt erwiesen hatten. Als Vorbild
sollte er aufgefafst, durch Wunderberichte verherrlicht den zahllosen
Gluniacensem dargestellt werden. Lebhafter war natürlich noch bei
den Zeitgenossen die wirklich persönliche Theilnahme, und von vorzüg-
lichem Werth ist deshalb seine Lebensbeschreibung von Bainald,
Hugo's Neffen, welche dieser als Abt von Vezelay noch vor der Cano-
nisation (6. Jan. 1120) schrieb^). Eine wichtige Mittheilung über Hugo's
Versuch 1083 zwischen Gregor und Heinrich Frieden zu stiften, ist
in den folgenden Bearbeitungen schon fortgelassen. Rainald, der früher
Mönch in Cluny gewesen war, starb 1129 als Erzbischof von Lyon;
er schreibt einfach und ungesucht mit augenscheinlicher Wahrheitsliebe,
der Aufforderung vieler Brüder folgend.
Nicht bekannt ist das Werk des Ezelo, welchen B. Lehmann
fOr den S. 1 14 erwähnten Hezelo hält, wobei es jedoch auffallen müOste,
dafs der Abt Peter dieses Verdienst in seinem Schreiben unerwähnt
gelassen hätte. Dagegen ist das Leben Hugo's von Gilo oder Aegi-
dius, der 1121 Cardinalbischof von Tusculum wurde, noch erhalten^),
') Hutoria Regwn Francorum MonasUrn 8. Dionyaii, p. 895 — 406. Den
üeber^^g sa den Qrandes Chroniques bilden die Nova Oesta Franoorwn und
Abbreviatio Qestorum Francorum; darüber handelt ausfUirlieh Jolea Lair:
Memoire sur deux chroniques latines, composees au 12. siMe ä Pabb. de Saint-
Denis. Bibl. de P^cole des Chartes XXXV, 543—580.
*) VgL Rieh. Lehmann, Forschungen sur Gesch. des Abtes Hugo I von
auny, Gott 1869.
*) ed. D. Papebroch Apr. III, 648 — 653, mit dem metrischen Auszug
p. 664. 655. Bibl. Clun. p. 648—654.
«) Codd. in Paris Saint-Germain 460, Arch. VUI, 289. XI, 279. Rösidu
Saint-Germain 97, 4, 12, Arch. VIII, 318. Die StraTsburger Handschrift Arch«
Vin, 465 wird verbrannt sein.
11*
164 ^^' Salier. § 28. Frankreicli. { 29. Italien. Farfa.
und sehr zu bedauern, dafs noch nichts darfiber mitgetheilt ist, aufser
den wenigen Notizen Mabillons, der ihm allerdings keinen groCsen
Werth beigelegt hat.
Diese Schriften waren schon vorhanden, als nach der Canonisation
der berühmte Hildebert, Bischof von Le Mans, wo er einst selbst
die Schule geleitet hatte, auf Bitten des Abtes Pontius, vor dessen
Abdankung Anf. 1122, dem Leben des Heiligen den Schmuck seiner
Bede zuwandte^). Er legte vorzüglich Bainalds Werk zu Grunde, konnte
aber auch noch aus eigener EenntniTs und der lebendigen TJeberliefe-
rung den Stoff vermehren. Dieses formell treffliche Werk trat nun
allein in den Vordergrund, wurde wieder verkürzt und mit neuen
Wundergeschichten vermehrt, doch konnten auch noch der Mönch
Hugo') und ein Ungenannter') nicht unwichtige Nachträge bringen.
Von besonderem Werthe für die (reschichte Hugo's und Cluny's
ist der auch sonst merkwürdige Bericht über Peter Damiani's Beise
nach Burgund 1063, um die Unabhängigkeit Gluny's vom Bischof von
Mäcon zu wahren, bei welcher Gelegenheit er auch die widerstrebenden
Mönche von St. Martial zu Limoges dem Abt von Cluny unterwarf.
Die von Bewunderung Cluny's, Hugo's und Peters überströmende Schrift
ist recht lebendig von einem Begleiter des Cardinais verfällst^). Er ist
so uneigennützig, auch ihren Führer Adrald oder Eidrad III, Abt von
Breme, sehr zu rühmen, obgleich er seinen Kummer nicht verschweigt,
dafs er allein keinen Pelz von ihm bekommen habe. Eidrad, dessen
Gelehrsamkeit sehr gepriesen wird, war Mönch in Cluny gewesen, und
starb als Bischof von Chartres (1069—1075).
Ein Werk voll reichster Belehrung, hauptsächlich über die Ge-
schichte der Normannen und der Kreuzzüge, ist die Geschichte des
Mönchs von Saint-Evroul Ordericus Yitalis; er bietet auch über
Heinrich V, den er Karl Heinrich nennt, Nachrichten, für welche er
Davids Werk (S. 77) benutzt; femer über das Beimser Concil 1119,
die Wahl Lothais, doch über diese fernen Dinge ist er wenig zuver-
lässig und oft ganz fabelhaft^).
i) Bibl. aun. p. 413—438; Apr. III, 634—648, u. in HUdeberto Werken.
*) Bibl. Clan. p. 437—448; p. 657— 560 der Brief an Pontios mit den in
der Vita verarbeiteten Nachträgen.
') Anonymus 11 bei Lehmann; Bibl. Clun. 447 — 462.
*) Die Kunde von diesem Bericht verdanke ich Dümmler; er steht in
A. Mai's Nova CoUectio VI«», 193-210.
^) Ordertet VitcUis Angligenae ÜHcenm numachi HiOoriae ecdetiasticae
libri XIII, ed. Aug. Le Pr^vost, Paris 1838—1855, 5 Bände. Ezcc. MG.
SS. XX, 50—82. Ueber sein Verh<nifs zu Wilhelm von Jumi^ges s. L. Delisle,
Bibl. de :^cole des Chartes XXXIV, 267 -282, ders. XXXVII (1876), 491 bis
494 über das Vatican. Fragment in Cod. Christ. 703 B.
Glunj. Ordericus ViUlis. Guibert \QQ
Sehr merkwürdig sind auch die Nachrichten, welche Gruibert,
anfEmgs Mönch in Flay, dann seit 1104 Abt yon Nogent-sons-Couci
im Sprengel von Laon, in seiner Selbstbiographie bringt über die Ent-
stehung der (Commune in Laon, über Paschalis II und seine bestech-
liche Umgebung (in, 4) und über viele andere Dinge ^). Höchst eigen-
thümlich und lehrreich sind auch seine Mittheilungen über den Mlfs-
brauch der Reliquien und die dabei verübten Betrügereien in seinem
Werk de pignoribus sanctarum.
Die weitere Entwickelung der historischen Litteratur in Frank-
reich, welche sich im zwölften Jeihrhundert reicher entfaltete, aber auch
immer mehr aus aller Verbindung mit Deutschland trat, gehört nicht
hierher und würde xms zu weit von unserem Gegenstände abführen.
Kurz zu erwähnen ist noch, dafs die Schriften des Engländers
Wilhelm von Malmesbury über den Streit zwischen Heinrich Y
und Paschalis 11 gute Nachrichten enthalten; ihm war auch das Werk
des Schotten David bekannt geworden*).
§ 29. Italien. Farfa.
So redlich sich auch die E[aiser bemühten, in Born eine bessere
Zucht einzuflUiren, es konnte alles nur wenig helfen, so lange die
Grundlagen unverändert blieben. Mit einem noch so wohlgesinnten
Pabste war wenig gewonnen; von oben herab läfst sich wohl ein ein-
zelnes Kloster, aber nicht die ganze Kirche reformieren. Eine durch-
greifende und daueinde Aenderung konnte daher erst eintreten, als die
von Cluny ausgegangene Bewegung, nachdem sie ein Jahrhundert lang
gewachsen und erstarkt war, zur Herrschaft kam und sich auch der
höchsten Kirchengewalt bemächtigte, die nun ihre feste Basis hatte
in den zahllosen Klöstern dieser Bichtuug. Jetzt erst tritt das Pabst-
thum wieder in lebendige Verbindung mit der Kirche; die Begesten
von Jaff^ zeigen, wie schwach dieses Band bis gegen die Mitte des
elften Jahrhunderts war. An geschichtlichen Nachrichten aus Bom
selbst fehlt es bis dahin ganz. Manche Belehrung über die dortigen
Zustände und Vorgänge erhalten wir aber aus dem nahen Kloster
^) Guiberti Novigentensia Opera ed. L. d'Achery, 1651 in folio; wiederholt
Migne CLVI. Ueber seine Oesta Dei per Francos Sybel S. 33 — 36. Charles
Thurot, Revue bist. II, 104-111.
>) Sein Werk De rebus gestis regum Anglorum bis 1127 und die Hiskh
ria novella 1127^1143 bat Hardy herausgegeben London 1840. 2 Bände, 8.
Excerpta ed Waitz, MG. SS. X, 449 — 485. De gestis pantificum Anghntm
UM V (—1125) ed. A. HamUton 1870; Tgl. R. Pauli, HZ. XXVU, 184. Ueber
die darin enthaltenen unsinnigen Sagen von Heinrich III s. Steindorff I, 515
bis 520.
Igß IV. Salier, g 29. Italien. Far&.
Farfa, dessen Litteratnr erst neaerdings durch Bethmann kritisch
untersucht und zugänglicher geworden ist^).
Dem Büchlein von der Gründung des Klosters Farfa, dessen wir
Mher (I, 250) gedachten, schliefsen sich die Schriften des Abtes
Hugo an. Dieser hatte im Jahre 997 die Abtei vom Pabste Gregor Y
für Geld zu erlangen gesucht, wurde aber deshalb vom Kaiser Otto DI
verjagt. Die Mönche baten jedoch für ihn, er erlangte seine Würde
wieder und empfand so lebhafte Beue über sein früheres Vergehen,
dafe er wiederholt freiwillig abdankte. Zuletzt wurde er 1036 doch
wieder Abt und blieb es bis an seinen Tod 1039. Seine Schrift über
die Zerstörung des Klosters') schildert uns die traurigen Schicksale
desselben während des Verfalles und g&nzlichen Mangels jeder festen
obrigkeitlichen Gewalt in Italien. Als kaiserliches Stift theilte Farfo
alle WechselfUle der Kaiserherrschaft und verfiel immer zugleich mit
dieser. Im Jahr 891 wurde es von den Sarrazenen zerstört, und nach-
dem es wieder hergestellt war, gerieth es abermals in die schlechtesten
Hände. Zwei bis drei Aebte bekämpften sich unter einander; einer
von ihnen, Oampo (936—962), bahnte sich den Weg durch Vergiftung
seines Vorgängers und verwandte die Besitzungen des Klosters zur
Ausstattung seiner zehn Kinder. Die Mönche richteten sich in den
Klosterdörfem behaglich ein, und liefsen die Gebäude des Klosters
absichtlich verMen, damit sie nie wieder dahin zurückzukehren ge-
nöthigt würden. Ihre Weiber schmückten sie mit den Zierratheü der
Mefsgewänder. Um die Herstellung einer besseren Zucht machte sich
dann besonders Alberich verdient, der hier in weit besserem Lichte
erscheint, als z. B. in der Chronik von St. Andrea. Wir sehen ihn in
genauer Verbindung mit Odo von Cluny, der auf seine Einladung nach
Rom kommt und auch in dem Mutterkloster Monte Cassino einen bes-
seren Zustand herstellt: ein Verdienst, welches man in Monte Cassino
selbst entweder bald gänzlich vergafis oder von dem man absichtlich
nichts wissen wollte. In Farfa hatte die Beform nur kurzen Bestand,
dann schaffte Otto der Grofse auch hier Ordnung, und der Abt Hugo
fOhrte von neuem die Gewohnheiten von Cluny in Farfa ein. Aber auch
jetzt noch empfand man hier jede Schwächung der kaiserlichen Gewalt,
und Hugo hatte 1026 wieder Anlafs, eine Schrift über die Abnahme des
Klosters*) zu ver&ssen und eine Klage an den Kaiser^) einzureichen.
1) HiOoriae FoarfcMes ed. Bethmann, MG. SS. XI, 519—590.
*) Destructio Fctr/ensü p. 532—539. Vgl. Gieaebr. I, 356. Ueber Al-
berich S. 372.
') De dimnutione monastern p. 539->543.
^) Querimonium ad w^eratorem p. 543.
Farfa. Pabstgesohiohte. 2g7
unter Heinrich lY war Farfa eifrig kaiserlich, um so mehr da die
P&bste danach strebten es unter ihre unmittelbare Herrschaft zu bringen,
was ihnen zuletzt auch gelang. Natürlich hatte man bei dem recht-
losen Zustande wieder viel zu leiden von G^waltthaten der Nachbaren
und von bösen Aebten. Hier wie fast überall erwies sich nichts ver-
derblicher als die so eifrig geforderte freie Wahl der Aebte; sie zer-
rüttete das Kloster durch Parteiungen und brachte durch schlechte
Mittel die unwürdigsten Personen an die Spitze. Diese Zeit schildert
uns Gregor von Catina, der mit staunenswerthem FleiCse unter
mancherlei Hindernissen vom Jahre 1092 an sein Biesenwerk vollendete,
alle Urkunden des Stiftes in ungeheuren Folianten zu copieren, und
dazu die Geschichte der Aebte bis 1125 schrieb^). Aufserdem verfafste
er auch eine Verteidigung der kaiserlichen Bechte*), welche bis jetzt
noch ungedruckt ist.
§30. Die Pabstgeschichte.
In Bom selbst war an keine Litteratur zu denken, so lange hier
der Zustand der äu&ersten Unwissenheit und Barbarei fortdauerte,
welcher der Christenheit immer von neuem AnstoDs und Aergernifs
gab. Jener alte seit den frühesten Zeiten fortgeführte Pabstcatalog,
der im neunten Jahrhundert zu f&rmlichen Lebensbeschreibungen
erweitert war, erhielt freilich auch jetzt noch Fortsetzungen, aber sie
beschränken sich lange Zeit fast ganz auf die Namen, Herkunft und
Begierungsdauer der Päbste*). Einige Aenderung tritt erst mit dem
reformatorischen Eingreifen Heinrichs UI ein; von da an werden die
hinzugefügten Nachrichten reichlicher, wenn auch ihre Form noch
lange Zeit von dem niedrigen Bildungstande der BGmer Zeugnifs giebt.
Es scheint sogar, dafs von jener Zeit an zweierlei verschiedene
Fortsetzungen des Pontificale entstanden sind. Die eine ist von An-
hängern der kaiserlichen Partei geschrieben und fafst die Ereignisse
ganz von diesem Standpunkte auf; es ist begreiflich, dafs ein solches
Werk später in Bom verschmäht wurde, und es haben sich nur Bruch-
stücke daraus erhalten, welche später mit urkundlichen Aufreichnungen
1) SS. XI, 548—587. Cap. 20—29 sind nach Scheffer-Boichorst, Forsch.
XI, 495 ans der ungedrackten Schrift des Abts Beraldas (1099^1120) ent-
nommeD. Daran schliefst sieh noch ein Catalogus abbojhim und unbedeutende
Annales Far/enses bis 1228.
*) Orthodoxa Defensio Imperialist
') 6. die auf handsohrifUiche Studien begründete Darstellung W. GUese-
brechts in der AUg. Monatsohrift, April 1852, welcher das folgende entnommen
ist; vgl Kaiserseit III, 1061. 1071.
168 I^* Salier. { 30. Die Pabstgesehichte.
ans den päbstlichen Begesten zn den sogenannten Römischen An-
nalen (1044—1183) verschmolzen sind^).
Eine andere Fortsetzung wurde in der Cnrie selbst verMst nnd
spiegelt den (reist derselben, aber sie bleibt lange Zeit kurz und
dürftig, bis unter Paschalis II einer seiner vertrautesten B&the, der
Cardinal Peter von Pisa, sich des vernachlässigten Werkes annimt;
er trägt einiges nach zu den schon vorhandenen Nachrichten seit
Leo IX und fügt Biographieen von Gregor VII, Victor UI, Urban II,
und ausfOhrlicher Paschalis U hinzu, ganz in der einfach urkundlichen
Weise, in welcher nun einmal das Pontificale angelegt war, ohne
den Phrasenschmuck der Legenden oder die Ausführlichkeit anderer
selbständiger Lebensbeschreibungen. Dieser Cardinal, ein ausgezeich-
neter Canonist, war ein Anhänger Anaclets und verfafste, wie E. Mühl-
bacher sehr wahrscheinlich gemacht hat'), das an den Erzbischof von
Compostella gerichtete Schreiben vom 10. April 1130 über diese Wahl.
Wir werden ihm noch als Verfasser eines Werkes zum Preise seiner
Landsleute, der Pisaner, wieder begegnen.
Eine weitere Portsetzung des Pabstbuches verfafste bald nach
dem Jahre 1130 der Cardinal Pandulf; er fügte Nachrichten über
Gelasius U, Calixt 11, Honorius II hinzu'). Es ist die Stellung der Ver-
fasser und der amtliche Charakter, welche diesen Aufzeichnungen ihren
gröfsten Werth verleihen; auf schriftstellerische Schönheit machen sie
keinen Anspruch, doch ist ein grofser Fortschritt gegen die frühere
Zeit augenscheinlich, wie denn mit dem Durchbruch und Sieg der Clu-
niacenser der päbsüiche Hof eine ganz andere Gestalt gewonnen hatte.
^) Herausgegeben nach einer Abschrift von Zaecagni von A. Mai im Spi-
cilegium Rom. VI, und nach der Handschrift selbst von Perts, MG. SS. V,
468 — 489. Vgl. W. Giesebrecht a. a. 0. und Geschichte der Kaiserseit II, 574.
Bethmann über den Cod. Vat. 1984» Archiv XI, 841 — 849. Andere wenig be-
deutende römische Annalen 1067 — 1138 und fortgesetst bis 1168 sind MG.
SS. XVII, 31 mitten unter den deutschen Annalen von Bethmann abgedruckt
(man kann nicht sagen herausgegeben) unter dem tauschenden Namen Arm.
8eligengt€uiens€8^ weil sie sich in einer Abschrift Overhams ex cod. Seligenat.
gefunden haben. Scheffer - Boichorst , Forsch. IX, 383 — 396 weist nach, dass
der erste Theil den Caveser und besonders Cassineser Annalen nahe verwandt
ist, mit Zuthat sicilischer Elemente, lombardischer im zweiten; dass femer diese
Annalen in die Ann. Herbipolenses aufgenommen sind.
*) Die streitige Pabstwahl des Jahres 1130 (1876) S. 9 — 20. Epütola
universi Bonumae urbi^ cleri et populi ad Didacum^ gedr. u. a. bei Watterich
II, 187-190.
*) Ausgabe von Papebroch im Propylaeum Migi, und bei Watterich, beide
zerstückelt; vgl. Watterichs Vorwort p. XL VII — LXXI. Wegen BenutEung
durch Martinas erw&hnenswerth sind der Catalogus Cencii bis Celestin III
(Kaiser und P&bste) bei Weiland, Arch. XII, 60 — 77 und Notae Romanae
1062—1223 S. 78. 79; vgl. Qber diese Giesebr. IV, 404 (Ausgabe von 1877).
Annales Bomani. GesU Pontifieum. Bonizo. ^69
Ans der Zeit Gregors YII sind nirn auch noch verschiedene an-
dere Schriften zn erwähnen, welche über die Pabstgeschichte Licht
Terbreiten.
Als eine Haaptquelle vorzfkglich über die so ungenügend bekannten
Zustände vor Heinrichs III Bömerzug und über seine Beform ist yiel-
&ch das Buch des Bischofs Bonizo von Sutri betrachtet, welches
dieser im Jahre 1085 yerfafst und der Gräfin Mathilde, bei welcher
er eine Zuflucht gefunden, überreicht hat. Ein unbedingter Anhänger
Gregors YII, stellt er alle Bedrückungen der Kirche durch die welt-
lichen Mächte zusammen; in Bezug auf die ältere Zeit sehr un?ris8end
und mit vielen Fehlem, dann aber gerade über eine Zeit, von der wir
sonst fast keine Nachrichten haben, eingehend und ausführlich. Er
selbst ist wahrscheinlich zuerst in Piacenza als Haupt der Pataria
emporgekommen; 1078 ist er Bischof von Sutri, aber schon 1082 wird
er veijagt und geräth in Heinrichs lY Gefangenschaft. Daraus befreit
ver&fste er jenes Werk, welches vorzüglich das unzweifelhafte Becht
Gregors YII und die Pflicht, mit allen Waffen für seine Partei einzu-
treten, erweisen sollte.
Ein anderes Werk gegen den Schismatiker Hugo, welches den
Sieg ürbans n über Wibert in Bom darstellte, und nicht gut vor 1089
geschrieben sein kann, ist verloren; noch später verfafete er sein De-
cretum oder wie er selbst es nannte de vita christiana, ein Mittelding
zwischen Canonensammlxmg und theologischem Tractat, mit welchem
eine kurze Pabstgeschichte verbunden ist^), und eine Schrift über die
Sacramente. Im Jahr 1089 wurde er von den Paterinern zum Bischof
von Piacenza erwählt, aber alsbald von seinen Gegnern verjagt und
verstümmelt: Bemold scheint damals die Nachrichten erhalten zu haben,
dafs er umgebracht sei. In Cremona ist er gestorben, die Zeit ist un-
bekannt^).
Da Bonizo so mitten in den Stürmen dieser Zeit lebte, fallt die
entschiedene Parteilichkeit seiner Darstellung nicht auf, wie bei dem
Mangel schriftlicher Yorlagen Irrthümer und chronologische Yerstöbe
leicht Yerzeihung fanden. Die neuesten Untersuchungen haben jedoch
das Yertrauen zu seiner Ehrlichkeit vollends erschüttert, und bei der
offenbaren Absicht, namentlich die Yerhältnisse des Patridats und die
Absetzung Gregors YI, die Einsetzung Gregors YII, seinem Zwecke
entsprechend darzustellen, schien er auch das mäfsige Yertrauen, wel-
1) AuszQge bei A.Mai, Nova Patrum Bibl. YII, 3, 1—76; TgL Giesebr.
Gesetsgebung der B^m. Kirche S. 66.
') Die Erw&hnung dee Kometen, weiche H. Säur auf 1106 bezogen hat,
beweist nichts, da er auch den von 1066 gesehen hatte.
170 ^^' S^^r. I 30. Die Pabstgesohiehte.
ches Stenzel und Giesebrecht für ihn in Anspruch nahmen, nicht zu
yerdienen. Doch haben seitdem H. Säur und W. y. Giesebrecht neue
Gründe zu seinen Gunsten geltend gemacht, und bei der Darstellung
der selbsterlebten Zeit mag er als stark voreingenommener, aber doch
nicht geradezu lügenhafter Zeuge gelten: um so schätzbarer, weil er
aus Kreisen und über Dinge berichtet, über welche uns sonst alle Aus-
kunft fehlen würde ^).
Unbefangener dagegen ist das Werk des Abtes Desiderius von
Monte Gassino, der nach Gregor als Victor III Pabst wurde, über
die Wunder des Benedict, welches vortreffliche Nachrichten über die
Eirchenreform Heinrichs III enthält'), und von der höchsten Wichtig-
keit über die ersten Zeiten Heinrichs lY und der Begentschaft sind
die Schriften des eifrigen Petrus Damiani, die jedoch nicht zur
Historiographie gerechnet werden können mit Ausnahme des schon
früher (I, 349) erwähnten Lebens S. Bomualds, und der unbedeutenden
Vita Odilonis, welche er auf Bitten des Abtes Hugo von Cluüy schrieb').
Derselben Bichtung gehört auch die wichtige Schrift des Cardinal
Humbert gegen die Simonisten von 1058 an^). Gegen dieselben und
sonstige Gegner schrieb auch der Cardinal Deusdedit, von welchem
das grobe Privilegienbuch der römischen Kirche gesammelt ist, zu
ürbans II Zeit eine Schrift, welche werthvolle Nachrichten enthält^).
Einem römischen Pabste war es seit Gregor dem Grofsen nicht
zu Theil geworden, dafs sein Leben in der Weise beschrieben wäre,
wie es bei deutschen Bischöfen so häufig geschah. Erst jetzt kommen
einzelne Beispiele davon vor, aber es ist auch eben nur die ultramon-
I) Bonithonis liber ad annicum^ beiJaffö Bibl. II, 577 — 689 und aoch ab-
g^ondert. Bonitho ist die Scbreibart der Handschrift dieses Werkes, während
die Zeitgenossen ihn Bonizo nennen. Seine Glaubwürdigkeit bekämpfen gleich-
zeitig Jaff^ in seiner Einleitung, Ant. Krfiger und Je. Hennes in zwei Bonner
Dissertationen von 1865. Dagegen Hugo Säur, Studien über Bonizo, Forsch.
Vni, 395—464. Giesebr. Kai^erz. II, 575. III, 1059.
') Denderü libri IV Dialogorum de Miraculis 8. Benedicts, Mab. IV, 2,
425-461. Vgl. Giesebrecht II, 574.
*) Opera ed. Const, Ci^etanus 1783, 4. in vier Bänden; im ersten auch
sein Leben rom Mönch Johannes. S. über ihn besonders Giesebrecht zu den
Ann. Altahenses S. 1 68. Eine kurze Darstellung seines Lebens giebt O. Vogel,
Peter Damiani, Jena 1856. Vgl. auch Helfenstein S. 58. 139. Giesebr. über
Manegold S. 326-330. Steindorff, Heinr. III, 1, 251—254. Franz Neukirch,
Das Leben des F. D. (Bis 1059) mit einer chronol. Anordnung seiner Schriften
im Anhang, Gott. 1875. Ueber den Reisebericht s. oben S. 164; bei A. Mai
1. c. p. 211 — 244 Nachträge zu seinen Werken. Brief des Abts Desiderius
mit Zusage einer Memorienstifiung bei Cararita II, 17.
«) Mart Thes. V, 633—844. Migne CXLIU.
*) Libellus contra invasores^ sinumiacos et reliquos sc/ngmaticoSy in A. Mai'a
Nova Patrum Bibl. VII, 3, 77 ff. Giesebrecht, Gesetzgebung 8. 92—100.
Desideritts. Leo IX. Oregor VII. X71
tane Einwirkting^, welche dazu Anlafs giebt. Es war kein Bömer, son-
dern der Archidiaconus Wibert von Toni, welcher das Lehen des
Fahstes Leo IX beschrieb, in der Weise der besseren Biographen deut-
scher Bischöfe^). Unbedeutend ist ein anderes, auf Antrieb Gregors YII,
doch erst nach dessen Tod von dem Bischof Bruno von Segni yer-
£Ekbtes Leben Leo*s IX in Predigtform ^).
Gregor YII selbst fand ebenfalls einen Biographen an einem
deutschen Mönche, Paul von Bernried'), der zuerst Domherr der
Begensburger Kirche gewesen und dort von Heinrich lY vertrieben
war. Von Bemried aus ging er später nach Bom und lebte hier am
p&bstlichen Hofe, wo er erst im Jahre 1128 das Leben Gregors haupt-
sächlich nach schriftlichen Quellen verfabte; doch war auch noch eine
lebendige üeberlieferung Yorhanden, welche natürlicher Weise das Bild
des gewaltigen Mannes schon legendenhaft umgestaltete und mit Wun-
dem reichlich ausstattete. Allein Gregors Persönlichkeit war f&r eine
solche Darstellung zu grob, und wenn auch hier und mehr noch in
anderen Schriften werthvolle Nachrichten uns überliefert sind, so er-
halten wir ein wahres und volles Bild des Mannes doch nur aus seinem
Begistrum, der Sammlung seiner Briefe, welche uns zugleich zeigt,
wie gut man schon wieder in Bom gelernt hatte zu schreiben und
welche Bichtung dort die fähigsten Geister nahmen: die kirchlich-poli-
tische Thätigkeit der Curie nahm alle Kräfte in Anspruch. Denn ge-
waltig viel mufs in Gregors Kanzlei geschrieben sein, imd was wir
davon besitzen ist nur ein kleiner Theil, eine Auswahl aus der offl-
') 8. oben S. 101. Der von H. Hagen angefahrte Cod. Bern. 24 saec. XII
mit der auifallenden Aufschrift ^a Humberto archiepiscopo Rome composita**
enthalt das Werk Wiberts.
>) Marat. III, 2, 346—355. Watterich I, 95—100. Zwei Briefe Bnino's
an den Card. Petrus ron Porto und Pasohalis II gegen dessen ConTention mit
Heinrieh V bei Cararita II, 101 — 104. Eine dritte Biographie, 50 Jahre nach
Leo's Tode in Benevent verfalst, bei Borgia, Memorie di Benevento U, 299«
Eine Schrift de obitu Lebnis^ schon von Bruno benutst, bei Mab. VI, 2, 81«
Watt. I, 170- 176. Vgl. Giesebr. II, 575. — Wichtiger ist eine Schrift des
Mönches Anselm von St. Remi Über die Einweihung seiner Kirche durch
Leo IX am 2. October 1049, wobei Leo's Reise und das Concil von Reims
genau beacbrieben werden, daher als IHnerarium Leonis IX bekannt, bei Marlot
Metrop. Rem. II, 88— 104, Mab. VI, 1, 713 — 727 und unvollständig bei Ba-
ronius und bei Mansi IX , 727 — 745. Den Verfasser nennt Sigebert de SS.
eed. c. 152. Im NA. I, 175 — 180 giebt Dflmmler EpiUxpkia Heinrici III et
Leonis IX metrica nebst einer ExhortaÜo ad proceres regt», ebenfalls ans
Italien stammend, in eifrig kaiserlichem Sinn.
') Pauli Bemriedenm Vita Oreg&rii VII bei Mabillon und Muratori 1. 1.
AeU SS. Maji VI, 113-143. Watterich I, 474—546. Seine Quellen waren
nach Oiesebrecht III, 1069 das Begistrum, einselne Urkunden, Bemold, Doni-
sonis V. Mathildis und die V. Anselmi, doch auch römische Ueberliefernng und
vielleicht Gebhards von Salibnrg verlorene Sehrift (S. 61).
172 I^* Salier. { 30. Die Pabatgeaehiehte.
ciellen Begistrator, von Gregor selbst, wie Jaffe nachgewiesen hat, im
Jahre 1081 veranstaltet, um seinen Anhängern die Gnmds&tze nach
welchen er handelte darzulegen, und sie in den Stand zu setzen, die
Angriffe der Gegner zu beantworten; eine Anzahl späterer Briefe ist
nachträglich hinzngefQgt. Erst in neuester Zeit ist diese unschätzbare
Geschichtsquelle von W. Öiesebrecht kritisch untersucht, und gestfitzt
auf diese Vorarbeiten hat nach Giesebrechts Gollation der Yaticanischen
Handschrift Jaff^ endlich zur Freade aller, welche mit solchän Studien
umgehen, die erste kritische Aosgabe des Begistrum veröffentlicht^).
Zu Gregors treuesten und eifrigsten Anhängern gehörte Anselm
von Lucca, der Nachfolger und Neffe Alexanders n (1073 bis 1086),
der freilich das Bisthum von des Königs Hand annahm, und auf Gregors
Befehl behielt, dann aber zur Beruhig^g seines Gewissens um so
lauter gegen diesen Mifsbrauch eiferte. Er war der besondere Beistand
und Bathgeber der Gräfin Mathilde, und diese sorgte auch dafür, daCs
sowohl sein lieben wie auch die Wunder an seinem Grabe sogleich
von seinen Caplänen aufgezeichnet wurden. Der Verfasser der Bio-
graphie ist der Priester Bardo von Lucca, ein treuer Diener seines
Herrn ^). Anselms dritter Nachfolger Bangerius hat das alles in Verse
gebracht und auch wieder über den Investiturstreit geschrieben, aber
seine Werke sind verloren.
Gegen Heinrich V und die Investitur von Laienhand schrieb auch
noch Placidus, Prior von Nonantula, sein Werk über die Ehre der
Kirche, noch ganz nach den Gregorianischen Grundsätzen, von welchen
die Praxis sich schon entfernt hatte').
^) Bibl. Rer. Germ. II. Beigefügt sind alle sonst bekannt gewordenen
Briefe Gregors. Auch neben der Ausgabe ist die Inhaltsangabe in den Regg.
Pontif. Born, sehr nütslicb; in der dort aufgenommenen Abhandlung Giese-
brechts war die Abfassung gleich nach Gregors Tode angenommen. Vgl. auch
W. Giesebrecht de Gregorii VII Registro emendando, Regiomonti 1858, und
Ueber die Gesetzgebung der röm. Kirche Eur Zeit Gregors VII, im Mfinch.
bist. Jahrbuch II. Kaiserzeit III, 1073. Ein übersehener Brief in Userii Epi-
Btolarum Hibemicarum Sylloge n. 29. Für die Anordnung der Briefe im Reg.
ist zu berücksichtigen Dünzelmann Forsch. XV, 513 — 547, der willkürliche
Zusetzung der Daten behauptet, u. 0. Meltzer: Greg. VII u. die Bischofswahleü,
Dresden 1876. Nach Originalen und Abschriften in Saint -Omer: A. Giry,
Or^g. VII et les evöques de Törouane, Revue bist. I, 387—409.
') Vita Anselmi ep. Luc. auctare Bardone ed. Wilmans, MG. SS. XII,
1 — 35, mit Auszügen aus Anselms Schriften; doch ist S. 5 — 9 aus der Schrift
des Card. Deusdedit (S. 170), wie Giesebrecht nachgewiesen hat. VgL Helfen-
stein 64. 144. Giesebr. III, 1057. Aus einer neugefundenen Handschrift hat
W. Arndt SS. XX, 692 — 696 die kürzere Legende ron Anselm, ohne den ge-
schichtlichen Inhalt, abgedruckt, in welcher er irrthümlich eine Lücke wahr-
zunehmen glaubte.
') Placidi Nowmtulam Über de hanore ecclesiae, Pez, Thes. II, 2, 76.
Gregor VII. ADselm von Lucca. Benzo. HS
Die Lage der Dinge in Italien unterschied sich von den Verhältnissen
jenseits der Alpen sehr wesentlich dadurch, dafs dort das üebergewicht
der Bildung sowohl wie der festen sittlichen Haltung unleugbar bei
den Gregorianem war. Gehen auch diese in ihren Schriften zu weit,
indem sie ungerecht gegen ihre Widersacher werden, sowie auch ihre
Handlungsweise der Mäfsigung entbehrte, so überschreitet dagegen auf
der anderen Seite die Leidenschaft und Lügenhaftigkeit alle Schranken.
So ist namentlich des Bischofs Benzo von Alba Lobschrift auf Hein-
rich IV in gereimter und rhythmischer Prosa voll der unverschämtesten
Schmeichelei gegen den Kaiser und der gemeinsten Schimpfreden gegen
die Gregorianer, und sie wimmelt dermafsen von Lügen und Fabeln,
dafs man nur mit der äufsersten Vorsicht einigen Nutzen für die Ge-
schichte daraus ziehen kann^). Derselben Art ist des Cardinais Beno
sogenanntes Leben Gregors VII, eine leidenschaftliche Schmähschrift
nicht nur gegen Gregor, sondern auch gegen die früheren Päbste
und ürban ü, den er und seine Genossen immer nur Turbanus
nennen').
Diesem Kreise eifriger Wibertiner entstammt auch die Aufzeich-
nung der angeblich an Clemens in Grabe geschehenen Wunder, welche
Bischof Peter von Padua um 1100 Heinrich IV übersandte').
Benzo hat in seinem Werke sich auch auf eine Sibyllinische
Weissagung berufen. Dergleichen unsinnige, doch für die Denkungsart
der Zeit characteristische Sprüche sind durch die angeblichen Schriften
des Methodius ins Abendland gekommen, und wie Qt, von Zezschwitz
nachgewiesen hat, daraus schon von Adso (I, 305) benutzt. VielfÖrmig
den Umständen und Gesinnungen angepafst begegnen sie uns an ver-
schiedenen Orten; so in einer von üsinger bekannt gemachten Form,
Vgl. Helfenstein S. 75. Giesebr. III, 1067. Ueber eine Hs. in Venedig NA.
III, 219.
M Benzanis ep, Albensis ad .Heinricum IV libri VII ed. Kar. Pertc, MG.
S8. XI, 591 — 681. Ueber den fUscblich in Gellius ver&nderten Grammatiker
GriUiuB S. 599 s. M. Haupt im Hermes I, 45. Vgl. Stensel II, 80—90. Giese-
brecht, Ann. Altah. S. 213 (f. und Geschichte der Kaiserseit II, 576 gfegen die
Schrift von C. Will: BenKo's Panegyricus auf Heinrich IV, mit besonderer
Btkcksicht auf den Kirchenstreit zwischen Alexander II und Honorius II und
das Concil su Mantua kritisch behandelt, Marburg 1856. Helfenstein S. 162.
Hegert: Quae fides sit adhibenda narrationi Benzonis de discordia ecdesiae
a. 1061 — 1064. Diss. Bonn. 1866. Th. Lindner, Forsch. VI, 495 — 526.
B. DQmmler, Forsch. IX, 878—382. Giesebrecht III, 1059.
*) Gedruckt u. a. in Goldasts Apologia Heinrici IV. Vgl. Archir VII, 872
über die Brüsseler Handschrift, aus welcher in Sudendorfe Begistmm II merk-
würdige Stücke leider nach sehr incorrecter Abschrift gedruckt sind. Stenzel II,
18. Giesebr. III, 1058.
3) Erhalten im Codex Udalrici, Bibl. V, 194^196.
274 ^^* Salier. | 31. Unieritalien.
welche dieser auf die Einnahme Borns durch Heinrich Y bezieht, ich
lieber mit Waitz der Zeit Heinrichs IV zuschreiben möchte. Sie ist er-
fOllt von leidenschaftlicher Abneigung gegen den fremden Gewaltherm^).
Anderer Art sind zwei erst kürzlich bekannt gewordene Schriften
dieser Zeit, welche mit grofsem Aufwände von Gelehrsamkeit die Sache
des Kaisers zu unterstützen bestimmt waren. Die eine davon ist von
Petrus Crassus, einem rechtsgelehrten Laien am Hofe Wiberts von
Bayenna, verfafst und Heinrich lY vor einem Concil zugeschickt, um
hier Gebrauch davon zu machen^). Den Behauptungen der Gegner
werden darin besonders die Sätze des römischen Bechts entgegenge-
stellt, und es ist dies das erste Beispiel dieser Art, das erste Erscheinen
dieser Waffe, welche später Heinrich Y und den Hohenstaufen so gute
Dienste leistete; es war die Bechtschule zu Bayenna, wo diese Bich-
tung sich ausbildete. Denselben Kreisen und derselben Zeit, yermuth-
lich zur Bechtfertigung von Wiberts Erhebung und Weihe, wird auch
das unechte Privileg Leo's YIII entstammen, in welchem sich ebenfeüls
jene Citate aus dem römischen Bechta finden. Daraus wurden für einen
etwas veränderten Standpunkt eine kürzere Fassung desselben Privilegs
und ein neues Privileg Adrians I geschmiedet').
Die zweite Schrift ist auf den Wunsch des Gegenpabstes demens
nach Jaff6 bei Gelegenheit der Synode von 1089 verfafst, um sein und
des Kaisers Becht aller Welt darzulegen. Der Yerfaeser Wide, damals
Bischof von Ferrara, war selbst früher auf Gregors Seite gewesen und
erst bei der Spaltung dieser Partei nach dem Tode ihres Hauptes zu
den Gegnern übergegangen. Es entspricht dieser Laufbahn, dafs er
im ersten Buche Gregors Sache mit grofsem Aufwand von canonisti-
M Usinger, Forsch. X, 621-631. XI, 147—150. H. v. Zezechwits, Vom
Bfim. Kaisertum (Leipz. 1877) S. 42. 168.
*) Sudendorfs Registram I, 22; jetzt verbessert bei Ficker, Forschungen
zur Reichs- und Rechtsgesch. Italiens IV, 106 — 124, rgl. Hl, 112. Nach den
Versen am Schiasse scheint es, als habe ein Crassus im Auftrage eines Fetma
die Schrift rerfafst, doch weist Ficker einen Petrus Grasso 1074 als Zeugen
bei Wibert nach. Traditionell wurde seit dem ersten Herausgeber dieselbe auf
die Brizener Synode 1080 bezogen, aber Otto Meltzer in der S. 172 angeftlhrten
Schrift S. 236 macht darauf aufmerksam, dafs Heinrich als Sieger über Rom
gefeiert wird, und also eher an die Synode zu Rom am 22. M&rz 1084 zu
denken ist. Eline darin angeführte canonist. Sammlung Gregors I weist Maassen
nach, Wiener SB. LXXXV. — Der Rarennater Rechtschule dieser Zeit weist
Ficker auch den Brachylogus juris civilis zu, Wiener SB. LXVII, 622.
*) Nach der Untersudiung von £. Bemheim, Forsch. XV, 618—631, wel-
cher ein zu Grunde liegendes echtes Privileg von 964 vermuthet. Das l&ngere
Privileg ist zuerst von Flols herausgegeben : Die Pabstwahl unter den Ottonen
S. 147—166; das kürzere u. a. MG. Legg. II, 2, 168. Adrians Decret von
Kunstmann in d. Tüb. TheoL Quartalschrift 1838 S. 337 ff.
Streitschriften ftür Pabst und Kaiser. ]^75
scher Gelehrsamkeit unterstfitzt, im zweiten aber ffir Clemens anffcritt
nnd seine eigene Argumentation siegreich widerlegt. Diese Schrift,
welche auch an geschichtlichen Nachrichten reich ist, hat B. Wilmans
jetzt zum ersten Male heransgegeben^).
In einigen sehr hochtrabenden gereimten Hexametern wurde Pa-
schalis n mit besonderer Hervorhebung der Unterwerfung von Benevent
(1101) gefeiert'), in anderen nach Heinrichs lY Tod dieser und Wibert
verspottet, die wesentlichste Schärfe der Satire aber gegen die Hab-
sucht und Käuflichkeit der B5mer gewendet. Heinrichs V Gewaltthat
gegen Paschalis veranlafste einen sehr erbitterten Bhythmus eines
eifrigen Glericalen (s. oben S. 12). Bald darauf hatte sich Paschalis
mit vieler Mühe der Angriffe zu erwehren, welche ihn von verschiedenen
Seiten trafen; die fibereifrigen Fanatiker, namentlich in Frankreich,
verlangten von ihm die Bannung des Kaisers, und waren nahe daran
ihn ffir einen Ketzer zu erklären, während von kaiserlicher Seite schon
das unbegrfindete Gerficht, dafs er den Bann ausgesprochen habe, einen
Versuch hervorgerufen zu haben scheint, ihn als meineidig der päbst-
lichen Wfirde zu berauben. Auf ein uns verlorenes Schreiben dieser
Bichtung ist eine ausführliche Antwort aus dem Jahr 1112 erhalten
und jetzt von W. Schum bekannt gemacht'), worin Heinrichs V Schuld
stark betont wird, auch mit den herkömmlichen Grfinden das Becht
des Pabstes, ihn zu bannen, behauptet, die Thatsache aber geleugnet
wird. Doch scheint der Verfasser es durchaus nicht ffir unmöglich zu
halten, dafs es noch dazu kommen werde; bemerkenswerth ist, dafs
sich bei ihm ffir die Hauptfrage der später angenommene Ausweg der
Ertheilnng der Begalien durch das Zeichen des Scepters ausgesprochen
findet. Wenn wirklich, wie W. Schum zu beweisen sucht, der Cardinal
Lambert von Ostia, welcher 1124 als Honorius Pabst geworden und
vorher unter Calixt n als Unterhändler thätig gewesen ist, diese Schrift
verfafst hat, so ist ihre Bedeutung nicht gering anzuschlagen.
*) Wido ep» Ferrar. de scümate H%ldel>ranti^ ed R. Wihnans, MG. SS.
XU, 148—179. Vgl. Oiesebreeht II, 666. III, 1057.
*) Herausgeg. v. Dftmmler NA. I, 184. Anfang Magnificandus.
•) Die Politik Papst Paschalis II gegen Kaiser Heinrich V im J. 11 12
(Jahrbücher der Akad. gemeinnflts. Wiss. su Eriiirt, Heft VIII) 1877. Die ge-
wifs nicht ursprüngliche Aufschrift in der Neapel, einzigen Handschrift lautet:
DitputaÜo vel defensio quorundam catkoUcorum cardinalium contra quosdam
imipientes vel scwmaticos^ imo hereHcos, ayi conabcmtur asserere^ domnum pa-
pam P, fum debere papam vocari, quia H. imperatorem excommunicavit Sonst
wird die Schrift bcEeichnet als Tractatus de investUara.
176
§ 31. Unteritalien.
Kurze Annalen ans Bari^), Benevent*), Monte Oassino') und La
Cava^) geben uns Nachricht über die wichtigen und namentlich f&r
die Berührungen zwischen Kaiser und Pabst so bedeutenden Verhält-
nisse IJnteritaliens.
Hervorragend in jeder Beziehung, einflnfsreich und namentlich
auch mit Deutschland in mannigfacher Verbindung ist das Kloster
Monte Cassino, das wie Farfa in kaiserlichem Schutze stand und
bei dem Verfall der kaiserlichen Macht viel zu leiden hatte. Abt
Aligem (949 — 985) hatte es nach der Zerstörung durch die SaiTazenen
und dem Capuanischen Exil wieder hergestellt, aber Kaiser Konrad
mufste es 1038 wieder aus schwerer Bedrängnifo durch die Fürsten
Yon Gapua erretten; unter seinem Schutze wurde Bicher, ein Mönch
7on Nieder -Altaich, damals Abt von Leno bei Brescia, zum Abt er-
wählt und erst mit diesem beginnt ein besserer Zustand und ein leb-
i) Annales Barenses a. 605—1043, MG. SS. V, 51—56. Ann. Lupi Pro-
tospiUharii a. 855— 11 02 ib. 52 — 63. Anonymus Barenm — 1 115 bei Murat. V,
147 — 156. Vgl. Ferd. Hirsch de Italiae inferioris Annalibas saec. X et XI.
Diss. Berol. 1864. Danach schöpften alle drei aus ausführlicheren Annulen von
Bari, welche auch Chiil. Appulus bis 1051 benutzte; von 1052 an sind Lupus
und Anon. selbständig. Lupus hat dazu eine Beneventaner Chronik ausgeschrie-
ben, im letzten Theil apulische Localnachrichten mit einem Werk über die Ge-
schichte der Normannen verbunden, welches auch Romuald von Salerno von
1086 an benutzt hat. Das breve Chron, Nortmannicum bei Murat. V, 278 ist
zwischen IUI und 1127 geschrieben und hat Tarentiner Aufzeichnungen
verwerthet.
*) Ann. Benev. a. 788—1130 SS. III, 173—185. CJironicon ducum Be-
neventi etc. p. 211— 213. Nach F.Hirsch lag eine ausflihrlichere, nach Re-
gierungen der Fürsten rechnende Chronik von Benevent zu Grunde, welche
auch Lupus und 1105 — 1112 Falco benutzten. Zu vergleichen sind über die
hier so gefährlichen Pratillischen Fälschungen Pertz und Eoepke im Archiv IX,
I 239.
>) Arm. Omno^ 914— 1010. 1042 ed. Pertz SS. III, 172; vgl. BibU Casin. I,
92. Anon. CaMnenms von 1000 — 1212 nach verschiedenen Handschriften bei
Murat. V, 55. 139; jetzt mit neuen Hülfsmitteln als Ann. Gasinense» ed. Ports
SS. XIX, 305—320. Ueber ihr Verhältnifs zu einander, zu den Ann. Cavenses
und den Chroniken von Monte Cassino, St. Yincenz am Voltumo, Fossa nova
{Ann, Ceccanenses ed. Percz SS. XIX, 275 — 302), Casauria u. Romoald s. F.
Hirsch L \. u. Forsch. VII, 103—112, wo er gegen Pertz seine Ansicht aufrecht
hält, dafs verlorene ausführlichere Cassineser Annalen allen gemeinsam zu
Grunde liegen.
♦) Ann. Cavenses a. 569— 1315, MG. SS. III, 185—197, nicht zu ver-
wechseln mit dem unechten Chronicon Cavense. Nach F. Hirsch sind sie im
ll.Jahrh. Auszug der Cassineser Annalen. Vgl. Waitz im NA. III, 194 über
die Handschrift, aus welcher Theiie des Hugo de S. Victore irriger Weise in
die Ann. Cavenses aufgenommen sind.
Monte Cassino. Leo von Ostia, 277
haftes wissenschaftliches Leben, das nnier dem Abte Desiderins
(1058—1087) seinen Höhepunkt erreichte^).
Zu den vielen ausgezeichneten Mönchen, an welchen damals das
Kloster reich war, gehörte auch Leo, aus dem Hause der Marsicaner
Orafen, den Desiderius bald nach seiner Wahl als 14j&hrigen Knaben
ins Kloster aufoahm, wo Aldemar, früher Notar des Fürsten Bichard
von Capua, später Cardinal der Bömischen Kirche, sein Lehrer wurde.
Der Kreis gelehrter und bedeutender Männer, der sich um Desiderius
versammelt hatte, sah mit Ho&ung und Wohlgefallen auf den talent-
vollen Jündling; Alfanus, des Erzbischofs von Salemo, Verse zeugen
davon. Auch Desiderius hielt viel von ihm, und weil Leo diesem so
nahe gestanden hatte, gab sein Nachfolger Oderisius ihm den Auftrag,
das Leben dieses Abtes zu beschreiben, dem das Kloster viel verdankte
und dessen Erhebung auf den päbstlichen Stuhl, den auch schon sein
Yorgänger Friedrich als Stephan IX bestiegen hatte^), den Cassinesem
grofsen Buhm brachte. Leo fand indessen keine Mufse, den Auftrag
auszuführen; er wurde Bibliothekar und Archivar des Stiftes, und wie
es bei solcher Stellung zu gehen pflegt, nahmen ihn die äuTseren Sorgen,
die vielen Bechtshändel des Klosters gänzlich in Anspruch.
Zuletzt aber (nach 1098) entband ihn Oderisius, wie es scheint,
von diesen Geschäften, indem er ihm nun zugleich auftrug, die ganze
Oeschichte des Klosters zu schreiben. Daran machte sich Leo jetzt
wirklich mit gröfstem Fleifse, und auch seine Erhebung zum Cardinal-
l>ischof von Ostia im Anfange des zwölften Jahrhunderts scheint die
Arbeit noch nicht unterbrochen zu haben. Doch nahmen ihn, nament-
lich nachdem der Streit zwischen Heinrich V und Paschalis n ausge-
brochen war, die Weltbegebenheiten wohl zu sehr in Anspruch, als
dafs er viel Mufse zum Schreiben hätte finden können; er gehörte zu
den eifrigsten Gegnern des Kaisers, welche von keinem Frieden
wissen wollten. Gestorben ist er in den Jahren 1115, 1116 oder 1117
am 22. Mai.
1) Siehe darüber G^esebrecht de litterarum studiis apud Italos, Berlin 1844,
4. Alf an i rersus de situ, constnictione et renovatione monasterii Casinensis
bei Osanam, Documents inedits p. 261 — 268. F. Hirsch, Desiderius Ton Monte
Cassino, Forschungen VII, 1 — 103. A. Caravita, I codici e le arti a Monte Cas-
sino, 1 — 3, 1869. 70. Das Commemoratorium abbatis Theobaldi a. Henr, invp,
in Italia septimo, mit dem Yerz. der Bücher, sehr ungrammatisch geschrieben,
ist wieder abgedr. Bibl. Casin. I. App. p. LVIII— LXI; die Codices Ton 1023
p. LXI. LXII.
*) Obgleich kein Anh&nger der Unfehlbarkeit, glaube ich doch den P&bsten
das Recht wahren zu müssen, ihre eigene Ordnungszahl zu bestimmen, und
halte es deshalb für fehlerhaft, ihn Stephan X zu nennen.
Wattenbaeh, Oeschlchtsquellen IL 4. Anfl. 12
178 I^' Salier. { 31. Unteritalien.
unschätzbar würde seine Chronik^) sein, wenn er sie bis zn den
Zeiten Heinrichs Y fortgeführt hätte; leider reicht sie aber nnr bia
1075, wo sie mitten in der Beschreibung der von Desiderins nen er-
bauten und eben damals geweihten Klosterkirche abbricht. Deshalb
ist ihre Bedentang für die allgemeine Geschichte nnr gering, und selbst
f&r die nnteritalischen Verhältnisse nnd die frühere Geschichte des
Klosters nicht so gar grofs, weil nns die von Leo benutzten QueUen
nnd *die Cassineser Urkunden, aus denen er mit dem mühsamsten Eleifse
schöpfte, noch jetzt vorliegen'). Es war ihm ausdrücklich aufgetragen^
die verschiedenen Erwerbungen des Klosters genau zu verzeichnen und
die Bechtstitel nachzuweisen; dieses und die übrige Klostergeschichte
ist ihm die Hauptsache, und als Schriftsteller kann man ihn nur loben,
weil er überall sorgfältig das richtige Maafs beobachtet und von den
femer liegenden Ereignissen, von Kaisem und Päbsten nicht mehr be-
richtet, als für seinen Zweck nöthig war. Für die Hausgeschichte des
Klosters hat er einige eigenthümliche Nachrichten schon aus der älteren
Zeit; im zehnten Jahrhundert werden sie reichlicher, und je weiter die
Erzählung fortschreitet, desto klarer und vollständiger liegt die Ge-
schichte des Klosters vor uns; im dritten Buche ist das Leben und
Wirken des Desiderius mit eben so viel Wärme und Liebe wie genauer
Kenntnifs dargestellt. Der Ausdmck ist einfach und der Sache ange^
messen; die verschiedenen Handschriften, deren älteste von Leo*s eigner
Hand ist und nur bis 1057 reicht, zeigen uns deutlich, wie er fort-
während an der Form änderte und nachbesserte, während er sachlich
einschaltete, was er neues in Urkunden und anderen Schriften fand;
namentlich hat er die Geschichte der Normannen von Amatus erst bei
der letzten Bearbeitung seines Werkes benutzt. Es giebt wohl keine
andere Klostergeschichte, welche mit gleicher Kunst und Sorgfalt ge-
arbeitet ist. Zuverlässig ist sie in hohem Grade und in der Beurthei-
>) Leoms Marsicani et Petri Diaconi Chronica mofuuiterii Qmnentis ed.
W. Wattenbach MG. SS. VII, 551—844. Im Kloster hiefs die Chronik Legenda
8. BenedicH Umga^ Ambrosii CamalduL epp. p. 367. Tosti, Bibl. Gas. I p. XXV
bezweifelt, daTs die Münchener Es. aatograph sei, fibersieht aber, dafs sie nur
ein Entwurf ist und man im Kloster eine Reinschrift als Original bewahrt haben
muÜB. Nach p. XXVI hat Friderici den Cod. Velitr. gehabt, es ist aber Yon ihm
keine Aufzeichnung Hber die darin enthaltene Chronik vorhanden. Eine noch
nicht benutzte Hs. saec XV aus der Abbatia Flor, ist in der Bibl. Magliabech.
B 4. In St. Michael in Hildesheim ist einst eine Hs. gewesen, Arch. VIII, 641.
') Waitz bemerkt, dafs er auch die vorzüglich aus den Oestis Pontificum
geschöpfte Contin. Pauli D. Casinensis benutzt hat. lieber die Benutzung alter
Cassin. Annalen s. die vorher angeführte Diss. von F. Hirsch. Ueber die Guilani
d. i. BaQayyok s. Kunik in Doms Caspia (M^m. de l'Acad. de St. Petersb. 7. Sörie^
XXni, 1. 1875) S. 376— 378. '406^409, wo auch die Guandali der Ann. Bar.
1027 so erkl&rt werden.
Leo von Ostia. Petras Diaconns. 179
lung des Geschehenen spricht sich üherall ein gerechter und leiden-
schaftsloser Sinn ans.
Diese gnten Eigenschaften des Leo von Ostia treten mn so hesser
hervor, da sein Fortsetzer ganz das Widerspiel von ihm war.
Petrus Diaconns, aus dem yomehmen Hause der Orafen von
Tusculum, die ihr Gesohlecht von den Juliem herleiteten, wurde 1115
als Enahe dem Kloster fibergehen und genols hier besonders den Unter-
richt des Guido, welcher die Vision des Albericus aufgeschrieben und
aufserdem eine leider verlorene Geschichte Kaiser Heinrichs IV verfafst
hat. Auch schreibt Petrus ihm eine Fortsetzung der Cassineser Chronik
zu, die er selbst vielleicht benutzt haben mag. Dim wurde wie Leo
das Archiv des Klosters übergeben, und hier hat er sich verdient ge-
macht durch die Anfertigung seines Begistrum, welches die zahlreichen
Urkunden des Klosters in Abschriften enthält, wie es denn überhaupt
Petrus an FleiTs nicht fehlte. Wäre nur seine Wahrheitsliebe eben so
grofs gewesen! Aber der Hauptzug seines Wesens war Eitelkeit, Eitel-
keit auf seine Person, auf seine Abkunft und auf sein Kloster. . Die
ehrwürdige Vergangenheit von Monte Gassino genügte ihm nicht, der
h. Benedict selber mnfste ein Vetter des Kaisers Justinian gewesen
sein, und eine Beihe abgeschmackter Briefe und Urkunden, welche sich
daran knüpften, fand ihren Platz theils im Begistrum, theils in einem
anderen Werke über den h. Placidus, Benedicts Schüler. Denn dieser
muTste sich ganz besonders zum Träger des Fabelgebäudes hergeben
in einer Legende, die Petrus dem Gordian, einem (Genossen des Pla-
cidus unterschob und aus dem Griechischen übersetzt haben wollte,
wahrscheinlich aber selbst erfunden hat. Und obgleich er die wahre
Geschichte des Klosters von Leo nicht zu verfälschen wagte, so ist
er doch wahrscheinlich der Verfertiger einer falschen Urgeschichte
von Monte Cassino unter dem Namen des Anastasius^). Noch vieles
andere hat er geschrieben, Heiligenleben und Bücher über die frommen
und gelehrten Cassineser Mönche^); diese haben etwas mehr Werth,
aber nachlässig und unzuverlässig ist alles, was von Petrus stammt.
. ^) Anastagii Chromeon CoHnense bei Moratori II, 249. Schon Mabillon
Actt. II, 330 ed. Yen. h< Petras D. f&r den Verfasser. Ebenso schlecht und
unbrauchbar ist der auf Anhalten des k. Kanslers Redulf von ihm susammen-
gestellte und König Konrad übersandte liber notarum, zuerst in echter Unge-
Btalt bei Mommsen, Notarum Laterc. p. 221 — 346 (Gramm, latt. ed. Keil IV).
*) lAber illustrium virorum Casinenns carcMsUrii^ gedrackt u. a. in der
Bibliotheca eccl. von Fabricius und bei Muratori SS. VI, 9. Ortus et vita
Justorvm Casinenm monasterü bei A. Mai, Nova CoUectio VI*>, 246. Catalo-
?'us abbatum Casmensium bis auf Wibald, mit einigen Bemerkungen, Caravita
, 89—93.
12»
IgO IV. Salier. § 31. UnteritaUen.
Das mindert denn auch sehr den Nutzen seiner Fortsetzung der Cassi-
neser Chronik, welche er auf Antrieb des Abtes Bainald um das Jahr
1140 verfafste. Sie ist sehr ungleich geschrieben, bald sehr ausfuhr-
lich, bald kurz über wichtige Dinge, enthält aber doch manche dankens-
werthe Nachricht über diese Zeiten, wo der Abt Desiderius unter den
schwierigsten Verhältnissen Gregors YII Nachfolger wurde und später
das Kloster auf Seiten Anaclets stand. Am ausführlichsten ist die An-
wesenheit Lothars (1137) behandelt, und die vor ihm und Innocenz n
geführten Verhandlungen über das Verhältnifs des Klosters zu Kaiser
und Pabst; Petrus selber war es, der hier mit seinen echten und
falschen Privilegien auftrat und siegreich die Freiheiten der Abtei
yertrat. Der alte Kaiser fafste eine besondere Zuneigung zu ihm und
ehrte ihn durch allerlei Titel, wenn wir Petrus so weit trauen dürfen.
Denn das ist eben das mifsliche bei diesen Nachrichten, dafs wir
sie nur von Petrus haben und diesem kein Wort mit Zuversicht zu
glauben ist^).
Die Nachrichten des Leo und des Petrus über die Anfange der
normannischen Herrschaft in Apulien haben an Werth für uns ver-
loren, seitdem die Hauptquelle derselben wieder zum Vorschein ge-
kommen ist, nämlich die Normannengeschichte des Cassineser Mönchs
Amatus, welche dem Abt Desiderius gewidmet ist; der Verfasser
wurde später Bischof. Nachdem man dieses wichtige Werk lange Zeit
fOr verloren gehalten hatte, ist es von ChampolHon-Figeac in alt fran-
zösischer Uebersetzung aufgefunden und (leider sehr mangelhaft) heraus-
gegeben^). Ein zweiter wichtiger Schriftsteller über die Normannen-
geschichte ist von E. Wilmans nachgewiesen worden als gemeinschaft-
liche Quelle für die Alexias der Anna Komnena und das Heldengedicht
Wilhelms von Apulien, nämlich ein Priester des Erzbischofs von Bari,
der Bobert Wiskard auf dem Feldzuge ins griechische Beich begleitete.
Anna nennt ihnLatinus, was schwerlich ein Eigenname ist; Wilmans
vermuthet in ihm den Archidiaconus Johannes von Bari, welcher
auch die Auffindung des h. Sabinus beschrieben hat'). Sein Werk ist
1) Vgl. Giesebr. III, 1063. IV, 403. Nach dems. Gesetzgebung d. Rom.
Kirche S. 98 benatzte er den Libellus dea Cardinal Deusdedit, doch nicht ohne
Entstellung.
') Uystoire de li Normant et la chronique de Bobert Viscart par Aimö
moine da Mont-Cassin, publiöes poar la premi^re fois par M. Champollion-
Figeac, a Paris, 1835. Vgl. Wilmans: Ist Amatas von Montecasino der Ver-
fasser der Chronica Boberti Biscardi? im Archiv X, 122 — 130; er weist nach,
dafs die hier übersetzte Historia Sicala des Anonymas Vaticanus ein Ezcerpt
aas Gaafr. Malaterra ist. W. Giesebrecht, Eaiserzeit II, 572. III, 1063. Scharfe
Kritik des Amatas von F. Hirsch, Forsch. VIII, 203—325.
*) R. Wilmans über die Qaellen der Gesta Roberti Wiscardi des GniUer-
Amatus. Wilhelm Ton Apulien. Falco. IgX
verloren, aber die Nachrichten jener beiden epischen Gedichte erhalten
dnrch diese Annahme eine festere Begründung. Das Heldengedicht des
Wilhelm vonApnlien zeichnet sich durch guten Versbau nnd Rein-
heit der Sprache aus; gerichtet ist es an den Herzog Boger, Bobert
Wiskards Sohn, und Pabst ürban n wird als derjenige genannt,
dessen Wunsch den Verfasser besonders yeranlafst habe, diese Arbeit
zu übernehmen; weiter ist uns aber übef den Verfafser nichts be-
kannt^).
Zu den wichtigsten Quellen über Unteritalien im Anfang des
zwölften Jahrhunderts gehört die Chronik des Falco, Bichters zu
Benevent (1102—1140), die namentlich über alles, was Benevent
betrifft, sehr genau und ausführlich ist*).
Schliefslich ist noch zu erwähnen, dafs Alb er ich von Monte
Gassino zur Zeit Gregors VII der erste Verfasser eines Lehrbuches
für die neue Disciplin der Anleitung zum Briefstil gewesen ist. Bis
dahin nur empirisch betrieben, wurde sie nun mit grofsem Eifer theo-
retisch ausgebildet und namentlich in der Lombardei auf den dort er-
blühenden Schulen gefördert. Vorzüglich die reichen Mustersammlungen
geben diesen Schriften bedeutenden Werth').
§ 32. Die Lombardei.
An die alten Elosterchroniken, in barbarischem Latein von un-
wissenden Mönchen mit beschränktem Gesichtskreis geschrieben, schliefst
sich in diesem Zeitraum noch die Chronik des Klosters Novalese im
Thal von Susa bis zum Jahre 1048. Sie ist fast nur von localer Be-
deutung, wichtig besonders für die Geschichte der Grafen von Turin.
Merkwürdig sind aufserdem im ersten Theile die üeberbleibsel einhei-
mischer Sage aus den letzten Tagen des langobardischen Beiches und
grofse Fragmente aus dem Liede von Walther und Hildegund nebst
mu8 Apuliensis, im Archir X, 87 — 121. F.Hirsch hat die BenutsuDg alter
Annalen von Bari im ersten Theile des Gedichtes genauer untersucht.
') Chiillertni ApuHerms Oesta RoberH Wiscardi ed. R. Wilmans, MG. SS.
IX, 239 — 298. Ferner steht uns die Geschichte Siciliens bis 1099 yon Gau-
fredus Malaterra, Murat. SS. V, 537—602. Auch der Verfasser der Gesta
Dei per Francos, ein eifriger Verehrer Boemunds, gehört Apulien oder doch
Italien an, nach Gurewitsch, Forsch. XIV, 171.
*) Falcoms Beneventam Chromeon bei Muratori SS. Rer. Ital. V, 82 — 133.
Bei Re, Cronisti Napoletani p. 5. Unter Innocenc II war der Vf. Soriba Sacri
Palatii, dann Judex BenoTentanus.
>) Wattenbach im Archiv der Wiener Akademie XIV, 34. Albericus de
dictamme bei Rockinger, Brie&teller und Formelbücher des elften bis vierzehn-
ten Jahrhunderts S. 29 — 46. Die ihm dort zugeschriebenen BcUionea cUctandi
S. 9 — 28 sind jünger und lombardisch. Hugonis canonici Bonon. Raiiones dic-
tandi proaaice ca. 1 124. das S. 63—94.
|g2 IV. Salier. { 32. Die LombardeL
einigen Spuren karoUngischer Sage^). Die Original -Handschrift, eine
lange Rolle, ist nicht vollständig erhalten; einige Fragmente der ver-
lorenen Stücke lieüsen sich aus anderen Quellen gewinnen. Mit sorg-
samem Fleiüse hat daraus Bethmann, so weit es möglich war, den Text
hergestellt und erl&utert').
Derselben Gegend, aber schon etwas späterer Zeit, gehört das
Leben des Abtes Benedict von Clusa (f 1091), von seinem Schüler,
dem Mönch Wilhelm, welcher auch die Gründungsgeschichte des
Klosters schrieb*). Dem Inhalt, aber nicht der Abfassung nach stammt
noch aus der ottonischen Zeit die wenig zuverlässige Legende vom
h. Bovo von Yoghera, welcher die Sarrazenen aus Fraxinetum ver-
trieben haben soll, aber in keiner anderen Quelle genannt wird^).
Inivrea hat in eine der aulserordentlich schönen und merkwür-
digen Handschriften, durch welche zu Otto's III Zeit Bischof Warmund
seine Verehrung der Mutter Gottes bezeugt hatte, ein Zeitgenosse des
Bischofs Ogerius, der Heinrichs IV Kanzler, und ihm und Clemens DI
treu ergeben war, Gedichte eingetragen, Hymnen und ein längeres
Idyll, welches in gezierter und mit Gelehrsamkeit prunkender Sprache
characteristisch ist für die Studien der Grammatiker jener Zeit, und
^) Ueber die frühe Verbreitung der Chansons de geste in Italien s. Oza-
nain, Documenta inödits p. 142. Doniso beginnt sein Werk mit dem Verse:
„Francorum prosa (d. i. ryhthmische gereimte Poesie) sunt edita bella sonora^.
Die Erzählung ron der Auffindung Karls d. Gr. durch Otto III kritisirt Th.
Lindner, Preufs. Jahrhh. XXXI, 431 — 440, übersetzt aber in der HauptsteUe
Thietm. IV, 29 (mit Laurent) aolium falsch durch Sarg^ was es niemals be-
deutet,
') Chromeon Novalicietise ed. Bethmann, MG. SS. VII, 73—133, und Sep.
Abdr. 1846, 8, mit den Fragmenten der rhythmischen Vita beati EldracU abb.
Novalicienm<f zu Lothars I Zeit. Vorher hatte sich Combetti durch seine Aus-
gabe, Turin 1843, und Monumenta Historiae Patriae SS. III, 19 — 130 rerdient
gemacht. Einige Bemerkungen zu der Chronik ron Prof. Braun im Bheinl.
Jahrb. XXXIII (1863) S. 133-142. Verse von Florus ron Lyon an jenen Abt
Eidrad, Eccl. Colon, codd. p. 108; Brief ron ihm Tor einem Commentar zu den
Psalmen bei A. Mai, Nora Coli. III, 2, 251.
>) Vita Benedicti Clusensis ed. Bethmann, MG. SS. XII, 196—208. Monn.
Patr. SS. III, 273—300 aus Mabilion. Ib. 249—266 die Gründungsgeschichte,
erste Ausg. von ProTana. Vita Jokarmis Ravennatis^ des Stifters, ib. 237—244
aus Murat. I>>, 564 ff.
*) Vita Bobonis de Viqueria ed. God. Henschen, Acta SS. Mai V, 185. —
Ueber Bernhard von Mentone, Archidiaconus ron Aosta, Gründer der
beiden St. Bernhard- Hospit&ler, ist eine alte Sequenz Acta SS. Jun. II, 1082.
Danach gemacht ohne neue Nachrichten die Vita p. 1082 — 1085. W&hrend
er hier in Heinrichs IV Zeit gesetzt wird, versetzt ihn die ganz fabelhafte Vita
p. 1074— 1078 in die Jahre 923—1018. Ein angeblicher Archidiaconus Richard,
Nachfolger Bernhards, bezeugt sie geschrieben zu haben, aber es ist ein grober
Betrug, obgleich Papebroch daran glaubte. Brauchbar nur ftr Alpensagen und
Aberglauben. Eine abweichende Handschrift Arch. Yll, 380.
Novaldse. Ivrea. Mailand. J33
manchen culturgeschichtlich wichtigen Zug enthält, zugleich in Prunk-
liebe und Freude an Sinnenlust den gröfsten Gegensatz bildet zu der
weltentsagenden Ascetik, die in Peter Damiani's Schriften uns ent-
gegen tritt ^).
In Novara wurde unter Bischof Bicard (1117—1124) das Ver-
zeichnifs der Bischöfe in ein altes Diptychon eingeschrieben, und bald
darauf Bischof Litrfred (1124—1151), der hier das gemeinsame Leben
der Canoniker herstellte, hinzugefügt').
Von grofser Bedeutung einerseits für die Yerfassungsgeschichte,
namentlich für die städtische Entwickelung, andererseits für das Ein-
greifen Hildebrands in die lombardischen Verhältnisse, sind die beiden
Mailänder Schriftsteller Arnulf und Landulf'), beide Geistliche
der alten Schule und Gegner Hildebrands, von denen aber Arnulf, ein
besonnener wahrheitsliebender Mann, zuletzt sich der römischen Auto-
rität fugt, Landulf in leidenschaftlicher Feindschaft beharrt und in
blinder Wuth allen Sinn f&r geschichtliche Wahrheit verliert.
Einige Ergänzungen zu diesen Nachrichten bietet das Leben
Arialds, des Urhebers der Partei der Pataria, mit deren Hülfe Hilde-
brand den Widerstand der lombardischen hohen Geistlichkeit bekämpfte,
der als Märtyrer in diesem Sti-eite fiel und der Pataria durch seinen
Tod zum Siege verhalf , beschrieben von seinem Schüler und eifrigen
Anhänger Andreas, Abt von Yallombrosa^). Den weiteren Ver-
lauf der Dinge, anhaltende innere Kämpfe, die zu dem gänzlichen Ver-
fall der noch vor kurzem so glänzenden Mailänder Kirche führten, bis
1137, schildert der jüngere Landulf von St. Paul*).
Gregors Freundin und unerschütterliche Bundesgenossin, die Gräfin
Mathilde, feierte mit mehr Eifer als Geschick in einem grofsenHel-«
dengedichte über ihre und ihrer |Vorfahren Geschichte der Priester
Donizo, ein Mönch in dem von ihr gestifteten Kloster zu Ganossa.
Das Werk war für Mathilde selbst bestimmt und wurde mit Gemälden
^) Dümmler, Auselm der Peripatetiker S. 63 — 106. Vgl. die Einleitung über
die Blüthe der lombardisohen Schulen im 11. Jahrhundert.
*) Gori, Thesaurus Diptychorum II, 201.
*) Amulß Oesta archiepiscopamm Mediolanenmtm 926—1077 edd. Beth-
mann et Wattenbaoh, MG. SS. VIII, 6—81. Landulfi kütoria MecUolanends
bis 1085 ib. 32—100. Vgl. Giesebr. II, 575. III, 1060. Herrn. Pabst de Ari-
berto II, BerL Diss. 1864. Catalogus arcfnepp. Medial SS. VIII, 102; dazu der
Cod. Bamb. C. 47 bis Arnulf II bei DQmmler, Gesta Berengarii p. 161 — 165.
«) Andreae Vita S. AriMi, Acta SS. Junü V, 281—303. Epithaphium
Arialdi im Corpus Inscriptt. Lat. V, 622.
•) Landulf US Junior de S. Paulo bei Muratori SS. V, 459—520; ed. Jaffa,
MG. SS. ZX, 17—49; vgl. Giesebr. lU, 1060. Drei Vüae Bemhardi, seit 1106
Bischof ron Parma, früher Card. Legaten, Monn. Parm. III, 491—515.
Ig4 IV. Salier. { 32. Die Lombardei.
geschmückt, nm ihr überreicht zn werden, aber ehe es vollendet war,
starb die Grräfin am 24. Juli 1115, worauf der Verfasser noch eine
Klage über ihren Tod hinzufügte'). Dafs man ihm nicht zu viel ver-
trauen darf, versteht sich von selbst.
Ein Bewohner von Gomo besang mit mehr Patriotismus als poe-
tischer Begabung und grammatischer Ausbildung, in emem langen
Heldengedichte den Krieg seiner Vaterstadt mit den übermächtigen
Mailändern (1118—1127), welcher nach heldenmüthiger Gegenwehr
mit der Unterjochung der schwächeren Stadt endigte*). Völlig entge-
gengesetzter Art, voll Selbstbewufstsein und Siegesfreude, sind da-
gegen die Aufzeichnungen aus der Stadt Pisa, welche damals die
Höhe ihrer Macht erreichte. Schon im Jahre 1088 unternahmen die
Pisaner auf Antrieb des Pabstes Victor III im Verein mit (xenuesern,
Bömem, Amalfitanem einen Kriegszug zur See gegen die Sarrazenen
in A&ika mit dem glänzendsten Erfolge, und diese Grofsthat feierte
ein patriotischer Pisaner in einem rhythmischen gereimten Gedichte
von 73 achtzeiligen Stanzen, noch ziemlich roh in der Form, aber
voll von Leben und Begeisterung*). Nicht lange nachher verherrlichte
der Diaconus Laurentius die Eroberung von Majorca (1114, 1115)
in einem Heldengedichte von sieben Büchern, welches nicht ohne dich-
terischen Schwung ist und eine bedeutend fortgeschrittene Herrschaft
über die poetische Form bekundet, nach dem Muster des Virgil. Wenig
später schilderte wieder ein Ungenannter, nach Giesebrecht der Car-
dinal Petrus von Pisa, kurz und gedrängt, aber mit gleichem Selbst-
gefühl in Prosa die Grolsthaten der Bürger von der Einnahme Jeru-
salems unter dem Erzbischof Daibert an bis zum Siege über die Ge-
nueser im Jahre 1120*).
>) DonizonU Vita Mathildis ed. Bethmann, MG. SS. XII, 348—409 mit
den Bildern aus dem noch erhaltenen Original. Giesebrecht II, 677. III, 1060.
Stücke daraus bei Salimbene; er selbst benutzte schon Bardo's V Anselmi und
Bonizo, wie Alb. Pannenberg gezeigt hat in der Abhandlung: Studien zur Ge-
schichte der Herzogin Mathilde, Gott. Gymn. Progr. 1872, wo Donizo's Unzu-
yerlässigkeit ausftüirlich nachgewiesen ist. Copie eines der Mathilde gewidme-
ten Exemplars der Meditationes von Anselm von Canterbury NA. II, 420.
Gleichzeitige Notiz über den Tod ihrer Mutter Beatrix, 1077 Ap. 18, und Lob
derselben, Arch. VI, 141.
') Anonymi poema de hello et excidio urbis Comeninsy Murat. V, 413—456.
B) Entdeckt von Pertz, Archir VII, 539. Gedruckt bei Du Möril, Po^sies
pop. (1847) p. 239. Beiffenberg im Bull, de PAcad. de Brux. X, 1, 524. An-
nuaire V, 112—135.
*) Oesta Triumpluzlia PUanorum, Mur. VI, 100 — 106. Laurentü Vernensis
de hello Majoricano libriVII, ib. 112— 162. UgheUiX, 127 ff. Daran schliefst
sich das Chron, Pisanum bis 1136 bei Mur. 1. c. p. 107. Vgl. H. Pabst bei
Hirsch, Heinr. IL II, 378. Giesebrecht UI, 1061.
V. WELFEN UND WEIBLINGEE.
Von Heinriolis V Tod bis inr Mitte des dreiselmten Jahrhunderts.
§ 1. Allgemeines.
Uie salischen Kaiser, eine Beihe kraftvoller nnd willensstarker
Männer, beherrschten trotz alles Widerstrebens der Fürsten, ungeachtet
ihres Zerfallens mit der römischen Kirche, so gewaltig ihre Zeit, dafs
ihre Person den Mittelpunkt der Greschichte bildet: es gab noch eine
Beichsgeschichte, oder vielmehr es hatte sich eben von neuem eine
gebildet, die in einer Anzahl ausgezeichneter Werke behandelt wurde,
während zugleich in jeder Specialgeschichte die allgemeine sich ab-
spiegelt. Der Zusanmienhang mit den beiden Mittelpunkten der christ-
lichen Welt war zu keiner Zeit lebhafter als während des Investitur-
streites, dessen Phasen in jedem Kirchsprengel empfunden wurden.
Heinrich Y war bald in die Fufstapfen seines Vaters getreten;
nach seinem Tode kam die Opposition zum ersten Male wirklich zur
Herrschaft. Anstatt der Staufer, welche allgemein als Erben und Nach-
folger der Heinriche betrachtet wurden, ward Lothar der Sachse, das
Haupt des particnlären Widerstandes, gewählt mit ausdrücklichem und
bewusstem Widerspruch gegen die erbliche Folge, welche die kirch-
lichen Vorkämpfer der eigenen freien Wahl wie eine Art von Simonie
ansahen. Es war die erste grofse Niederlage des deutschen Kaiser-
thums, und als man nach Lothars Tode dasselbe Spiel fortsetzte, drohte
schon das ganze Beich aus seinen Fugen zu gehen.
Da erfaüste aber Friedrich I noch einmal mit starker Hand die
Zügel, und diese Zeit erscheint auch in der historischen Litteratur
vertreten durch Otto von Freising und seine Fortsetzer; noch Frie-
drichs U erste Hen'scheijahre sind durch ein neues Aufleben der Beichs-
geschichte bezeichnet, dann aber nimt auch in den Geschichtsquellen
das besondere überhand, und immer seltener erscheint in ihnen die
Beziehung auf einen Mittelpunkt; denn es hatte wohl gelingen können,
die kaiserliche Macht zu zerstören, aber die päbstliche Herrschaft an
186 V. SUafer. § 1. AUgememes.
ihre Stelle zu setzen, das Schwert des Kaisers zam Werkzeug der-
selben zu machen, das war miMungen. Damit verlieren nun aber auch
die Einzelgeschichten viel von ihrer Bedeutung; über die wichtigsten
Begebenheiten finden wir bald nirgends mehr irgend genügende Nach-
richten, bis es allmählich so weit kam, dafs das wichtigste Beichsge-
setz, Karls IV goldene Bulle, in keiner einzigen Chronik erwähnt wurde.
Schon für die Zeit Friedrichs n tritt die Bedeutung der Chronisten
sehr zurück gegen die Briefe und Urkunden, welche in zunehmender
Fülle Torhanden sind^).
In der auffallendsten Weise verschwindet femer vom zwölften
Jahrhundert an der Sinn für historische Forschung, für jene sorgsame
und vorsichtige Erkundung der Vorzeit, welche noch eben vorher so
eifrig und gewissenhaft betrieben wm'de. Wenn sich noch jemand mit
den Werken der Alten beschäftigte, sagt Johann von Salisburj, so
lachten alle ihn aus und hielten ihn für stumpfsinniger als einen Esel,
ja als einen Stein ^). Wir haben ähnliche Klagen bereits aus den Tagen
Ludwigs des Frommen und Heinrichs IV gehört, es ist die natürliche
Wirkung einer unruhigen Zeit, die von Kampf und Streit erfüllt war,
aber verschiedene andere Ursachen traten hinzu, welche namentlich
die Beschäftigung mit ernstlichen geschichtlichen Studien verhinderten,
während eine gewisse formale Bildung, die Kenntnifs der lateinischen
Sprache, bis zur Mitte des dreizehnten Jahrhunderts selbst unter den
Laien, weniger freilich in Deutschland, als in romanischen Ländern,
verbreitet war und theilweise auch die Kaiser dieses Zeitraums aus-
zeichnete '). Zu diesen Ursachen gehört die Herrschaft der scholasti-
schen Philosophie, welche sich von Paris aus über die Welt verbreitete,
und von der Lombardei aus das Eindringen des römischen Hechtes,
^) Ueber diese, welche hier zu berühren nicht möglich ist, orientieren
Böhmers Begesta Imperii von 1198 — 1254, Stuttg. 1849, 4. Gesammelt sind
sie jetEt in dem Codex diplomaticus et epistolaris Friderici II von Huillard-
Br^hoUes, 10 Bde. 4. 1852—1861.
^ Johannis Saresher. Metalog. I, 3: Poetae historiographi habebantur in-
fames, et si quis incumbebat laboribus antiquorum, notabatnr et non modo asello
Arcadiae tardior, sed obtusior plambo vel lapide Omnibus erat in risum.
*) Die Litteratur ist jetst Ton dem persönlichen Einfluls derselben lu we-
nig abhängig, als dafs es nöthig w&re, hier diesen Gegenstand n&her zu unter-
suchen. Friedrich I hatte keine gelehrte Bildung, wufste aber ihren Werth zu
Bch&tzen. Noch Bernhard zur Lippe heiTst, als er Mönch wird, „religionem
discens et litteras**, obgleich er in der Hildesheimer Domschule gewesen war.
Bemerkenswerth f&r die Bildung der Frauen in dieser Zeit ist die Aeutierung
des Vineentius Pragensis ad a. 1153 über des Landgrafen Ludwig ron Thü-
ringen Tochter Jutta, die Gemahlin des Königs Wladislaus von Böhmen. Er
nennt sie: „litteris et latino optime eruditam eloquio, quod maxime dondzella-
rum nobilium ezomat decorem^.
Verfall der geflchicHtlichen Forschung. X87
dessen Studinm von der Erforschnng der eigenen Vorzeit g&nzlich ab-
lenkte. In der Kirche nahm za derselben Zeit, w&hrend die wissen-
schaftliche Bildnng abnahm, Fanatismus nnd Wnndersacht immer mehr
überhand; die Ereuzzüge namentlich tmgen dazu bei, aber mehr noch
der Kampf gegen die weltliche Gewalt nnd vom dreizehnten Jahrhun-
dert an der Einflofs der Bettelorden. Immer häufiger werden die feier-
lichen Erhebungen und üebertragungen der Heiligengebeine mit den
grofsen Pilgerfahrten, welche sich daran knüpfen, und den Ifigenhafben
Legenden, die dadurch reranlafst werden. Findet irgendwo ein grofser
Zulauf statt, so pflegen sich bald auch benachbarte Kirchen zu rühren,
um ihren Theil an der reichen Beute an sich zu ziehen^). Guibert
von Nogent, am Anfange des zwölften Jahrhunderts, rüg^ dieses
Treiben mit dem schärfsten Tadel und deckt mit bemerkenswerther
Offenheit die Kunstgriffe auf, deren man sich bediente'). Im Wunder-
machen erlangte man eine grofse Fertigkeit, und Schriftsteller der Zeit
klagen über die vielen betrüglichen Wunder') und dafs sich auch die
Ketzer darauf so gut verstanden*). Denn während die Kirche die
1) Vgl oben S. 132. Beater, Gesch. d. relig. Aufkl&rung I, 146— h48.
1107 Transl. 8. Modoaldi nach Helmershaasen. 1112 ff. Miracala S. Mariae
Landunensia. 1 120 Mir. Friderici ep. Leod. Ann. Blandin, SS. V, 28. 1 128 Ele-
Tatio Chanradi ep. Constantiensis. 1128 Mir. 8. Mariae Saessionensis » Sigeb«
Auct. Ursicamp. SS. VI, 472. 1131 InTentio S. Mathiae in Trier. 1132 Ele-
Tatio S. Godehardi. 1142 S. Legontii in Meto. 1147 S. Vitoni. 1152 Mir. S.
Mariae in BrflsBel, Sigeb. Auct. Aquicinct. SS. VI, 396. 1154 Inventio SS. Ade-
larii et Eobani in Erfnrt, Ann. S. Petri, NieoL de Syghen p. 335. 1155 ff. die
Cölner Fände, Tbeodericas aedit. in Lacomblefs Archiv V, 292-299. 1156
Bartbol. et Paulini in Würsb. SS. XVI, 9. Miracula S. Kicolai in Brauweiler.
1164 Translatio Triam Regum. 1165 Elevatio et canonisatio Karoli MagnL
1166 Translatio SS. Cassü et Florenüi in Bonn. 1172 Elevatio S. Tbomae Can-
tuariensis. 1181 Miracula Sanctorum Juvavensium, des Vitalis in St. Peter,
Valentin nnd Pilgrim in Passan, Adalbero in Lambacb. 1183 Translatio S.
Annonis in Siegburg, Udalrici in Augsburg. 1189 Cannonisatio Ott. Bamber-
gensis. 1191 Inventio Sanguinis Domini in Erfurt, Ann. Beinhardsbr. p. 56.
Nicol. de Syghen p. 335 zu 1190. 1192 Elevatio S. Ladislai in Ungern. 1194
S. Bernwardi in HUdesheim. 1199 Hostienwunder in Augsburg. Ann. Argentin.
Wittwer Catal. abb. p. 152. 1201 Transl. SS. Heinrici et Cunigundis in Bamberg.
1205 Translatio S. Corbiniani in Freising u. s. w. Vgl. auch Autobiograpby of
LutfuUah, a Mobamedan Gentleman, p. 193 Taucbn. „Tbousands of pilgrims
annually eome to pay their respects to tbe tomb. The prayers of some sup-
plieants being granted througb the medium of the shrine, and their hearts'
desire being fulfiUed either by chance or destiny, the effects are attributed to
miraculous aid of the saint. In such respects mankind are like a berd of sheep,
one blindly foUows another'*.
*) In der Schrift de Sanctis et pignoribus Sanctorum, Opera ed. Dache-
rius p. 327 ff.
S) So schon Wolfher in Vita Godeh. II, c. 34, MG. SS. XI, 216.
*) „Hisdem temporibus tanta portenta falsorum signorum per hereticos facta
sunt, nt plurimia obstopescentibus jam onmino instare perditi hominis adventns
Igg V. Staufer. § 1. Allgemeines.
Herrschaft über die Gemflther verlor, während sie begann in Unwissen-
heit nnd Fanatismus zn versinken, mehrten sich anch die Klagen, über
die zahllosen Ketzer, die man dann mit Feuer und Schwert verfolgte^).
Philipp August von Frankreich wird von Wilhelm Brito (I, 371 ff) ge-
priesen, weil er seine Begierung damit begann, die Juden zu vertreiben
und die Judenschulden, doch gegen Zahlung eines Fünftels an den
Fiscus, zu erlassen, die Ketzer zu verbrennen. Bekannt sind die Edicte
gegen die Ketzer, welche Friedrich n erlassen muTste, um seine Becht-
gläubigkeit zu beweisen. Um dieselbe Zeit wird Leopold der Glorreiche
von Oesterreich besonders gerühmt, weil er Ketzer braten und sieden
liefs ^), und dasselbe that schon König Heinrich n von England. Seit
hundert Jahren begannen die Ketzer in England sich zu verbreiten,
wie Walter Map erzählt, der von ihren Schlechtigkeiten unglaubliches
berichtet^). Böhmen war schon im dreizehnten Jahrhundert voll von
Ketzern, und der König von Ungern erwarb sich durch Verfolgungen
das Lob des Pabstes^). Die Waldesier und Albigenser und Konrad
»pud plerosque fideles creditum sit.'' Ann. Bmnwillar. 1145, SS. XVI, 727. Vgl.
Ann. S. Jacobi Leod. ib. p. 641. Aagust. min. 1146. Scheftlar. 1147. Oerhoh.
Beiebersberg. 1147 über die aus dem Morgenlande heimkehrenden Betrüger.
Caesarü Dial. V, 18. Walther Map spottet sogar über die vorgeblichen Wunder
des h. Bernhard, und Abälard über Norbert, MG. SS. XII, 666 n. 24—26. —
1147 Wunder und Zulauf in Würzburg gegen den Willen des Bischofs, SS.
XVI, 4.
^) Um 1112 Tanchelm in Antwerpen, dessen Anh&nger sich nach Cöln
Terbreiteten , s. H. C. Stein de Friderico archiep. Colon, p. 38. Moll, Eerk-
geschied. II, 3, 42—59. V. Norbert!, MG. SS. XII, 691. Eberwini abb. Stein-
feldensis epistola ad Bemhardum de hereticis juxta Coloniam repertis et com-
bustis, Mab. Anall. jp, 473 und Opera S. Bemh. ed. Mab. I, 1490 mit den bei-
den Predigten Bernhards, welche sich darauf beziehen. Ketzer bei Soissons,
Guib. de vita sua III, 16, p. 519; in Lüttich 1135, Ann. Aqu. et Rod. SS. XVI,
711; 1143 in Cöln, Ann. Brunwil. p. 727; ib. 1163, Ann. Aqu. et Colon, max.
SS. XVII, 778. Theodericus aedituus, BheinL Jahrbb. XLI, 48. Caesarü Dial. V,
19. Hugo Metellus hetzte den Bischof Heinrich von Toul (1126 — 1165). In Arras
1183, Sigeb. Cont. Aquicinct. VI, 421. Ann. Floreff. SS. XVI, 625. Heinrichs VI
Verfolgung der Fatarener, Toeche S. 431. 1206 Judenrerfolg^ng in Halle,
Ann. Keinhardsbr. p. 108. Grofse Ketzerverbrennungen in und um Strafsburg
1212 und 1230, Ann. Marbac. SS. XVU, 174. 176. Cohnar. min. ib. 189. S.
Trudp. p. 293. Caes. III, 17. Heinrich Minnekes Verbrennung in Hildesheim
1225, s. Sudendorfs Registrum II, 160. Verschiedene Ketzergeschiehten bei
Caesar. III, 16. V, 20 — 25. IX, 12. Als Reichsgesetz erscheint der Feuertod
zuerst in der Constitution von 1224, s. Ficker, £ntstehungszeit des Sachsen-
spiegels, S. 94.
«) Welscher Gast 194».
') De nugis curialium I, 30.
^) Boczek III, 238. Die von Palacky, Verhältnifs der Waldenser zu den
Secten in Böhmen (1869) S. 7 mitgetheilte BuUe Innoc. IV v. 19. Aug. 1244
(vgl. Notitzblatt der Wiener Akademie I, 384) kann sich nur auf Bosnien be-
ziehen, wie C. Hoefler in den Mittheilungen des Vereins f. Gesch. d. Deutschen
in Böhmen 1869 Hefe 5 gezeigt hat.
Aberglauben and Fanatismus* X89
Yon Marburg brauche ich nur zu nennen; wie stark sich die Waldesier^)
in der Passauer DiOcese und bis nach Norddeutschland ausgebreitet
hatten, hat erst ein neuerlich entdecktes lehrreiches Actenstück er-
wiesen. Nur zu bekannt sind femer die Judenverfolgungen, zu welchen
die Kreuzzüge den ersten Anstofs gaben, und der Bischof von Beau-
vais verbrannte auch schon Hexen').
Je mehr aber das Volk sich der Kirche entfremdete, desto eifriger
achtete man auf Visionen und Träume, wie die der Hildegard von
Bingen und der Elisabeth von Schönau'), deren Bruder Ekbert die
Katharer in Cöln bekämpfte^). Sie selber, gedrängt und angeleitet
von Ekbert und den Achten von Deutz, sah in Visionen die ganze
Geschichte der 11000 Jungfrauen'). Ueberhaupt wurden immer fabel-
haftere Legenden verbreitet, um den Zulauf zu den Wallfahrtsorten
zu vermehren, und sie beschränkten sich nicht mehr auf die ferne Ver-
gangenheit, sondern besudelten auch die näher liegende, völlig ge-
schichtliche Zeit. Ein Büchlein, das um 1050 in Gompostela zur Ver-
herrlichung des dortigen Heiligthums entstanden war, wurde vom Erz-
bischof Guido von Vienne, als er 1108 seinen Bruder, Graf Baimund
von Galizien besuchte, mitgebracht, und erhielt auf seine Weisung
eine Erweiterung durch einen Mönch von St. Andreas zu Vienne (1110
bis 1115). So entstand die lügenhafte Chronik des falschen Turp in,
welche, da Guido als Calixt 11 Fabst wurde, und die Phantasterei zu
den herrschenden Kreuzzugsideen stimmte, unverdientes Glück machte*).
Die Legende vom heiligen Karl nahm den Kreuzzug des Kaisers als
Thatsache auf; aus dem thatkräftigen Heinrich 11 machte die Bam-
berger Kirche einen Betbruder. Nicht besser ging es dem König Stephan
von ungern. Welches Fabelgewebe sich an die Trierer Eeliquienfnnde
auschlofs, ist in neuerer Zeit genugsam erörtert worden. Zu den un-
verschämtesten Erfindungen gehört femer die St. Emmerammer Schrift
^) Das ist die einzig richtige Form des von Waldes abgeleiteten Namens.
S. W. Preger : Beiträge zur Gesch. d. Waldesier im Mittelalter. Aus d. Abhand-
lungen d. Münch. Ak. UI. d. XIII, 1. 1875.
') Walter Map de nngis curialium IV, 6. Auch die Bichter in Soest ver-
brannten einen keuschen Cleriker als Zauberer, Caesarii Dialog. IV, 99.
') Vgl. über diese W. Preger, Gesch. d. deutschen Mystik im Mittelalter,
Leipz. 1874.
*) Sein Buch darüber an Erzb. Bainald ist mehrmals gedruckt; Handschr.
in Bom Pal. 482. Arch. XII, 335.
^) S. Rettberg I, 116. Die von Sigebert benutzte Passio Regnante domino
(bei Kessel S. 168 — 195) wurde dadurch verdrängt. Ueber die rasche Verbrei-
tung der Visio Tundali von 1149 Gervinus I, 264 (5. Ausgabe).
^) De Pseudo - Turpino diss. Gaston Paris, Paris 1865. Anz. von S. Abel
GGA. 1866 S. 1295—1301. Vgl. Gervinus, Geschichte der deutschen Dichtung
I, 360.
190 ^* Staofer. ( 1. Allgemeinefl. {2. Lothar und Konrad.
fiber ihren angeblichen h. Dionysins. Wohl str&nbten sich viele gegen
diese Fabeleien, in den Stiftern selbst fanden sich Spötter, und die Polemik
gegen diesen ünglanben ist ein beachtenswerther Zug, z. B. in den
Salzbnrger Wnndergeschichten, in den Wundem des h. Anno. Gerhoh
Yon Beichersberg- eifert nachdrücklich gegen die ProÜBinen, welche yon
Legenden nichts hören mögen und Heber im Cicero, Yirgil, Ovid lesen ^].
Aber die Wundergeschichten gewannen die üeberhand, und von der
anderen Seite gesellten sich zu ihnen die Dichtungen des karolingischen
Sagenkreises. So verliert sich allmählich der Sinn für historische Wahr-
heit; die Vorzeit wird mit Fabeln und absichtlichen Erdichtungen aus*
gefüllt, und die bis dahin so sorgsam benutzten echten Quellen, f&r
die daneben kein Platz bleibt, werden gänzlich verdrängt. Da konnte
es nicht ausbleiben, dafs auf den Höhepunkt der mittelalterlichen EQsto-
riographie ein rascher Verfall folgte, dessen Verlauf wir hier nicht
weiter verfolgen werden*).
Auch in den romanischen Ländern hört mit dem dreizehnten Jahr-
hundert die Kirche auf, die Hüterin der Geschichte zu sein, aber hier
haben mittlerweile die Laien bereits einen solchen Grad der Bildung
gewonnen, dafs sie in vollkommen ebenbürtiger Weise die Aufgabe
übernehmen können; es tritt hier eine wissenschaftliche Entwickelung
ein, gegen welche Deutschland weit zurückbleibt. Kur langsam und
vereinzelt entstehen in den deutschen Städten Chroniken, noch später
Landesgeschichten, und auch diese werden zum Theil von Geistlichen
geschrieben; der künstierischen Form entbehren sie flEtst ohne Aus-
nahme. Zwischen dem Verfall der kirchlichen Geschichtschreibung
aber und dem Beginn der weltlichen und partikularistischen liegt ein
Zwischenraum grofser Oede, welcher mit dem unseligen Zwischenreich,
der Periode allgemeiner Zerrüttung und Erschöpfung zusammenfallt
und unsere Aufgabe begrenzt.
§ 2. Die Zeit Lothars und Konrads.
Mit dem Tode Heinrich V legte Ekkehard die Feder nieder. Ueber
die Wahl Lothars hat einer der anwesenden Cleriker, vermuthlich
ein Oesterreicher und ganz der extremen kirchlichen Bichtung des Erz-
^) „Qni g^esta Sanctonim non solum legere dedignantur sed nee audire
quidem dignantur, sed solent ea odisse et fastidistte, magis diligentes eommenta
Maronis, scripta Ciceronis, nenias Nasonis, quam signa Nicolai, yirtutes Egidii
et alionim CäiriBti amicomm.'' Prologes Yitae Wimtonis bei Fes, Thes. I»
3, 899.
s) Dflmmler machte mich darauf aufmerksam, dafs Leibnis in der Einlei-
tung 2um Gerrasius Tilb. (SS. I) ganz übereinstimmende Bemerkungen ausge-
sprochen hat.
Elecdo LothariL RetchsgeBchicbte. 19|
bischofs Eonrad Yon Salzburg zugethan, einen Bericht abgefaDst, der
nns noch erhalten ist^); hoch erfreut über den Sieg seiner Partei sieht
der Verfasser in allem, was geschah, das Wirken des Heiligen Geistes.
So dankbar wir ihm nnn auch sein müssen f&r die Nachrichten, welche
er uns aufbewahrt hat, so yermissen wir doch ungern genauere An-
gaben über die Motiye dieser so wichtigen Wahl und die Mittel, durch
welche sie zu Stande gebracht wurde. Denn was in jener Erzählung
gesagt wird, beschränkt sich auf das Aeufserlichste, und der Yerfasser
war entweder wenig eingeweiht oder er sagt weniger als er wuTste.
Wenn er aber von einer üebereinkunft berichtet, wodurch Lothar so-
gleich nach der Wahl auch das preisgegeben hätte, was das Wormser
Concordat der Krone noch gelassen hatte, so geht er darin ohne
Zweifel zu weit, und es ist vollkommen erwiesen, daCs thateächlich
Lothar nicht von dem Verfahren seines Vorgängers abwich, ohne dafs
ihm deshalb der Vorwurf der Wortbrüchigkeit gemacht wäre').
Wie es nun zu geschehen pflegt, wenn das Haupt der Opposition
zur Begierung kommt, Lothar lenkte bald auf die Bahn seines Vor-
gängers ein; es fehlte nicht viel, dafs auch er mit dem.Pabste zer-
fallen wäre, und die Beichsgewalt hielt er kräftig aufrecht. Da sehen
wir denn auch unter ihm noch die Beichsgeschichte, welche unter
Heinrich V sich entwickelt hatte, fortdauern. Einem Exemplar der
Chronik des Ekkehard, das mit Auszügen aus Lambert bereichert ist,
sind Annalen angefügt, die in kurzer gedrängter Weise über Lothars
Begierung Bericht erstatten; der Kaiser steht durchaus im Vorder-
gründe, und die ganze Fassung erinnert an die Beichsannalen. üeber
den Verfasser ist nichts bekannt, er war aber gut unterrichtet und
scheint 1133 den BOmerzug mitgemacht zu haben. Fertz, der diese
Annalen zuerst in dieser Form bekannt machte, hielt ihn für einen
Mönch von St. Peter in Erfurt; gewifs schrieb er in Thüringen*),
Dieselben Annalen finden wir auch in den Bosauer und Pegauer An-
nalen wieder, und Böhmer glaubte dafs ihr Ursprung dort zu suchen
sei. Allein es scheint kaum zweifelhaft zu sein, dafs sie nicht nur in
Erfurt geschrieben sind, sondern auch ursprünglich einen Theil der
Peterschronik ausmachten, und nur zur Vervollständigung eines
*) Aus der eioEigen GOtweiger Handsehr. nach Fes a. a. gedr. in Böhmer»
Fontes ni, 570-674. MG. SS. XII, 509— 512 ed. Wattenbach. S. 51 1,42 ist
mit MascoT and Giesebrecht fttr ceptus su bessern certus.
*) Ueber diese in neuester Zeit vielbehandelte Frage begnüge ich mich
auf Giesebr. IV, 416 — 419 zu verweisen; in den Nachtr&gen ist auch noch er-
wähnt: H.Witte, Forschungen sur Geschichte des Wormser Concordats, GOtt. 1877.
*) AtmcUes Erphesfwdenses 1125—1137, MG. SS. VI, 586— 541. Böhmer,
Fontes III, 574 — 581, nennt sie Annales Lothariam,
192 ^- Staufer. § 2. Die Zeit Lothars und Konrads.
Exemplars des Ekkehard von da entlehnt sind. Auf diese lange ver-
nachlässigte Peterschronik^) ist jetzt vermehrte Aufmerksamkeit ge-
lenkt; man hat sich überzeugt, dafs die älteren Annalen, welche den
Anfang bilden, nicht etwa nachträglich erweitert, sondern mit grofser
Treue überschrieben, ja hin und wieder verkürzt sind. Spuren einer
reicheren Fassung sind aus späteren Ableitungen nachgewiesen'). Die
kürzeren Annalen'), welche Pertz für den ursprünglichen Kern hielt,
sind vielmehr ein im 12. Jahrh. gemachter, mit einigen Notizen und
selbständiger Fortsetzung vermehrter Auszug. Diese von W. v. Giese-
brecht zuerst aufgestellte Behauptung hat es erst möglich gemacht,
die Sachlage klar zu erkennen. Die Grundlage des im Erfurter Peters-
kloster noch bei Heinrichs Y Lebzeiten begonnenen Werkes bilden die
über St. Alban dahin gekommenen Würzburger Annalen bis 1101, doch
sind nach Giesebrecht Anklänge der Albaner Fortsetzung noch bis
1118 kenntlich. Sie sind aber unbedeutend gegen die seit 1104 aus
eigener Eenntnifs eingetragene Begierungsgeschichte Heinrichs Y, welche
gleichzeitig bis ans Ende fortgeführt ist. Daran schliefsen sich un-
mittelbar, nach Giesebr^chts Ansicht von demselben Yerfasser bis 1137,
die schon erwähnten lotharianischen Annalen. Es spricht für diese
Auffassung, dafs wir das ganze Stück 1116 — 1149 in den Pegauer
Annalen wiederfinden. Weiter scheinen sie damals nicht gereicht zu
haben, und als man sie fortsetzte, war doch von einer Beichsgeschichte
in der früheren Weise nicht mehr die Bede. Ganz dieselbe Erschei-
nung haben wir bei den Paderborner Annalen (S. 33), die über-
haupt ein merkwürdiges Gegenstück bilden. Es ist kein Zufall, dafs
es keine Darstellung dieser Art aus Eonrads Zeit giebt: der rasche
Wechsel der herrschenden Familien erschütterte das Beich zu sehr,
und es fand sich keine Feder für eine Beichsgeschichte, die es gar
nicht gab.
Eine nicht unwichtige Quelle für Lothars Auftreten in Italien, die
Oassineser Chronik des Petrus Diaconus, wurde schon früher erwähnt;
in Sachsen sind aufser den eben erwähnten Annalen noch andere ent-
^) Ckronicon Sampetrinum (bis 1355), herausgegeben ron Br. Stübel in:
Oeschicbtsquellen der Provinz Sachsen I, Halle 1870, nach dem besseren GGtt.
Codex, während die frühere Ausg. von Mencken, SS. III, 201 — 344 nach dem
daraus entnommenen Dresdener, gemacht ist. Vgl. Br. Stübel, Das Chronicon
Sampetrinum. Diss. Lips. 1867. Qiesebr. III, 1042. IV, 388.
*) Posse, Spuren eines verlorenen grölseren Chron. Sampetrinum, Forsch.
Xm, 333— 3ö0 ; vgl. Giesebr. das. S. 646.
•) Annales S. Petri Erphesfurdenses (Chronicon Sampetrinum minus) 1078
bis 1181 ed. Perte, M6. SS. XVI, 15—20. Ezcerpt daraus das Chron. monachi
Ö. Petri bei Würdtwein.
Erfarter Chronik. Kaisergeschichte. ^93
standen, aber leider auch nur theilweise und mangelhaft uns erhalten.
Mit Zurechnung der schon S. 70 erwähnten Bosenfelder Annalen er-
scheint diese Thätigkeit wahrhaft stannenswerth. Wieder wie zur
Zeit der Ottonen, führte die Gelangung des Sachsenherzogs zur Krone
auch zu lebhafterer Beschäftigung mit der Beichsgeschichte. Mancherlei
erzählte man sich im Volk von den alten Herrschern, von den glor-
reichen Vorfahren und der Bosheit der Franken, auch Gregor YU war
bereits der geschäftigen Sage verfallen und die Schandgeschichten,
welche einst die Pfaffen Heinrich lY angehängt hatten, wucherten
noch fort. Das waren die Elemente, aus welchen um diese Zeit eine
Eaisergeschichte zusammengesetzt wurde, lauter Dinge, von denen
in den ernsthaften alten Jahrbüchern nichts zu finden war; es mag
auch sein, dafs kein besonderes Buch daraus entstand, sondern wie
Giesebrecht meint, nur in einem Exemplar Ton Ekkehards Chronik der-
gleichen Zusätze gemacht wurden. Uns sind diese nicht historisch,
wohl aber in anderer Beziehung wichtigen Geschichtchen nur aus dem
Sächsischen Annalisten und der Poehlder Chronik bekannt; im Sprengel
Ton Hildesheim, vielleicht in Gandersheim, scheinen sie aufgezeichnet
zu sein^).
Eine neue Spur dieser Chronik findet sich jetzt in der kürzlich
veröffentlichten Auslegung der Apocalypse, welche 1243 verfafst ist
von einem Minoriten oder doch von einem begeisterten Yerehrer dieses
neuen Ordens'). Er benutzte dazu eine hystoria, deren wesentlichsten
Bestandtheil, und das spricht für Giesebrechts Ansicht, Ekkehards
Chronik ausmachte. Die Sachsen treten darin vorzüglich hervor, und
sind sogar abgebildet (S. 176), wie sie als bekehrte Christen cither-
spielend tanzen. Ein Stück aus Widukind (I, 12) ist aufgenommen
mit einem Zusatz über die gemeine Woche'). Auch wird Otto's II
Beiname „pallida mors Sarracenorum" erwähnt*). Besonderes Gewicht
wird auf die Befreiung der Kirche durch Gregor YII gelegt, und als
Höhepunkt erscheint die Eintracht des Beichs und der Kirche unter
Lothar und Innocenz. Bei dieser Gelegenheit ist es, dafs die Wunder-
^) Giesebr. I, 794. Waitz über eine s&chBische Kaiserchronik und ihre
Ableitungen. Ans dem 12. Bande der Abhandlungen der K. G. der W. zu
Göttingen 1863. Vielleicht hat Gotfrid von Viterbo Kunde daron gehabt, s.
MG. SS. XXII, 8.
') Scriptum super Apocaljpsim cum imaginibus. Codex Capituli Metropol.
Frag, (dictus Wenceslai doctoris) editns a Cap. Metropolitano, Pragae 1873
(phototypiert).
*) „Sicut adhuc agitur in partibus illis. Quos dies communes appellant.^
Pag. 100.
*) Pag. 60: „Tocatur in hystoriis." Es ist Übrigens ein byzantinisoher
Ehrentitel, Liudpr. Leg. c. 10.
Wattenbach, Geichlchtsqaellen IT. 4. Aufl. 13
194 ^- Staufer. $ 2. Die Zeft Lothars und Eonrads.
geschichte bei der Pfingstmesse zu Bari 1137 wörtlich übereinstim-
mend mit dem Annalista Saxo und der Poehlder Chronik erzählt wird^).
Von den charakteristischen Fabeln und Sagen der früheren Zeit kommt
freilich nichts vor, doch kann das bei so dürftigen Auszügen nichts
beweisen 'ju Die AnfQhmngen aus der Geschichte gehen auch noch
weiter; die mit Konrad ausgezogenen Kreuzfahrer werden als Märtyrer
gepriesen, aber von Friedrich I ist gar nicht die Bede. Dagegen folgen
nun zahlreiche Auszüge aus den Legenden von Franciscus und Do-
minicus.
Aufser dieser sagenhaften Quelle mufs nun in Sachsen auch noch
eine Beichschronik anderer Art verfafst sein, deren Existenz sich
ergiebt aus der üebereinstimmung zwischen dem Annalista und Chrono-
graphus Saxo, welche beide daraus geschöpft haben; dazu rechnet
C. Günther noch die Magdeburger Schöppenchronik , und Scheffer-
Boichorst die Gesta abbatum Bergensium^). Nach den sorgfältigen
Untersuchungen Günthers^) sind als Quellen jener Chronik zu erkennen,
vielleicht Begino, sicher die Annalen von Quedlinburg (I, 279), die
Hildesheimer, wir düi-fen jetzt sagen die Ann. Hild. majores (oben S. 23)
mit der Fortsetzung aus St. Alban, die Bosenfelder Annalen, Adam von
Bremen, die Vita Godehardi, Lambert und Ekkehard. Als werth-
vollstes, weil sonst unbekanntes Element kommen dazu Sächsische
Annalen, welche Günther vermuthungsweise nach Nienburg an der
Saale setzt; eine Yermuthung, welche Scheffer -Boichorst^) zu fast
völliger Gewifsheit erhoben hat; er nennt deshalb das ganze Werk
Nienburger Annalen. Hier also wäre danach unter Abt Arnold
(1134—1166) die Compilation aus jenen Quellen mit Benutzung ein-
heimischer Aufzeichnungen entstanden, und da Arnold auch, und zwar
schon seit 1120, Abt von St. Johann oder Kloster Berge bei Magde-
^) Mit dem Zusatz : „Quod interpretatum est significare concordiam regni
et sacerdotii.*' Pag. 239 mit Bild.
*) Bedenklicher ist S. 185 das Citat über Otto III: ^£t quintus angelas,
quod fuit Otto imperator tertius, qoi bene angelus dicitur propter castitatem.
de eo namque dicit hystoria, quod esset vincens peccata de juvene came, et
quod ipse deliciosus adoleseens uxore Don frueretur." Das stimmt nicht recht
zu der Geschichte von der Witwe des Crescentius, welche aber auch im Ekke-
hard zu lesen war.
>) Sybels Bist. Zeitschr. XXVI, 453.
*) Die Chronik der Magdeburger ErzbischOfe, Gott. Diss. 1871. Ich mufs
mich bei dieser Gelegenheit dagegen verwahren, dafs mir, was sehr oh ge-
schieht, Ansichten zugeschrieben werden, welche ich nur berichtend mittheile,
wie ich denn hier ausdrficklich bemerkte, dals ich dem Vorworte Winkelmanns,
den Günther gar nicht nennt, zur Uebersetzung der Magdeburger Jahrbücher
folgte.
') Forschungen XI, 485—490.
Nienburger Annalen. Annftlista Sazo. J95
burg war, erklärt sich der bedeutende Bestandtheil Magdeburger Nach-
richten sehr leicht. Hier wäre dann auch die vorzüglich werthvolle
Fortsetzung hinzugefügt, welcher am ausführlichsten beim Annalista
Saxo, der yortrefdiche , augenscheinlich von einem Augenzeugen her-
rührende Bericht über Lothars letzten italienischen Feldzug entnommen
ist, nebst den Nachrichten aus den ersten Jahren Konrads, bei welchen
die Handschrift des Annalisten 1139 abbricht. Weiter haben sich auch
die Nienburger Annalen bis jetzt nicht nachweisen lassen^).
Der Sächsische Annalist selbst, ein Autor, über dessen
Person wir nichts wissen, der aber sicher ins Bisthum Halberstadt
gehört, schrieb nach der Mitte des zwölften Jahrhunderts^) eine grofse
iteichsgeschichte in Annalenform vom J. 741 an, mit besonderer Bück-
sicht auf Sachsen*). Der Fleifs und die Gelehrsamkeit des Verfassers
sind bewunderungswerth, namentlich die ganze sächsische Litteratur
war ihm bekannt und dazu die Chronik Ekkehards, die er in um-
fassender Weise ausgeschrieben hat. Er hat nämlich diese Quellen
fast gar nicht verarbeitet, sondern mehr oder weniger vollständig ab-
geschrieben und auf diese Weise eine ungeheuere Compilation zu Stande
gebracht, die wenig schriftstellerischen Werth hat, aber vor der
späteren Litteratur sich sehr vortheilhaft auszeichnet durch die Sorg-
samkeit der Arbeit und die Zuverlässigkeit der Angaben, da er durch-
gehends die besten Quellen benutzte und noch frei ist von der Fabel-
sucht der Späteren. Seine Bedeutung für die Gegenwart beruht grofsen-
theils auf dem zufälligen Umstände, wie weit seine Gewährsmänner
uns noch erhalten sind. So haben seine Auszüge aus Begino, Widu-
kind, Thietmar, Adam, Bruno, Cosmas u. a. wenig Werth für uns;
um so wichtiger aber ist dagegen die Benutzung der Paderbomer,
Bosenfelder u. a. Annalen und der eben erwähnten verlorenen Quellen-
schriffcen, die er mit verständiger Auswahl und meistentheils wörtlich
ausschrieb. Seiner besonnenen und nüchternen Art entspricht es, dafs
er von der Sagengeschichte nur wenig aufnahm; erst die Entdeckung
der Poehlder Chronik gewährte reichlichere Auszüge und einigen Auf-
schlufs über die Natur dieser Quelle.
üeber die sächsischen Klöster hat der Annalist viel gesammelt
^) Oiesebrecht IV, 389 spricht die Vermuthung aas, dafs die Ifortsetsung
bis 1149 gereicht habe, ohne Gründe dafür anzugeben; dagegen Terwirft er
die Ton Weiland angenommene directe Benutzung im Chron. Montis Sereni.
s) Nach 1158, wie B. Wilmans, Westf. Kaiserurkunden S. 109—112 aus
der Benutzung des in Corvey vermehrten Cod. Brux. des Thietmar erweist.
*) Annalisla Saxo ed. Waita, MG. SS. VI, 542—777. Uebers. von Winkel-
mann 1864, mit AusschluDs der aus bekannten Quellen entlehnten Stücke. Vgl.
über das Verh<nifs zu Ann. Magdeb. und Palid. unten {19*
13*
196 ^* Staufer. J 2. Die Zeit Lothars und Konrads.
was ihm eigenthümlich ist; anch benutzte er (bis 1113 nachweisbar) jene
Halberst&dter Qnelle (I, 280), welche Scheffer -Boichorst, der zuerst sie
nachwies^), als Annalen bezeichnete, während Weiland vielmehr eine Bis-
thumschronik verrnnthet, welche mit den Quedlinburger Annalen und Thiet-
mar, vielleicht auch Erfurter Annalen und Ekkehard verschmolzen und
bis auf Lothars Tod fortgefilhrt war; aufser dem Annalisten nur noch
im Chron. Halb, auszugsweise erhalten^). Die Geschichte der Bischöfe
von Halberstadt beiücksichtigt der Annalist mit solcher Vorliebe, dafs
Waitz deshalb vermuthet, er selbst habe dieser Kirche angehört^).
Besonderen FleifJs hat er auch auf die Genealogie der bedeutenderen
sächsischen Familien verwandt, und diese aus mündlicher Mittheilung
geschöpften Nachrichten sind für uns von grofsem Werthe. Es scheint,
dafs der Verfasser einen grofsen Theil von Sachsen durchreist hat,
um seine Nachrichten zu sammeln; von der Mühe und Sorgfalt, die
er auf sein Werk verwandte, zeugt auch die noch erhaltene Original-
Handschrift mit ihren zahlreichen Verbesserungen und Nachträgen.
Wie weit sein Werk sich erstreckt hat, ist unbekannt, und es läfst
sich auch jetzt nach der genaueren Analyse der Quellen kein Schrift-
steller mehr nachweisen, der es benutzt hat, mit Ausnahme der
») Porachungen XI, 498— 50G.
') Zu den Quellen des Ann. Sazo gehört auch ein Pabstcatalog mit den
gewöhnlichen Nachrichten Aber die Constitutionen der einzelnen Päbste bis
auf Formosus, dessen Geschichte aus Liudprand abgeschrieben ist, weshalb
Flacius das ganze Werk dem Liudprand zuschrieb, und Busaeus, obgleich er
die Wahrheit erkannte und in der Vorrede nachwies, es unter dem Titel:
Luitprandi Ticinengis diac. opus de vitis Romanorum pontificum^ Mog. 1602 in
quarto herausgab. Eine in den Text bei Hadrian II gerathene Glosse über die
s&chsischen Zehnten scheint auf Hersfeld, als die Heimath der Handschrift,
zu fuhren, und die wenigen eigenthflmlichen Zusätze betreffen Sachsen; vgl.
Waitz, Yerfassungsgesch. III, 149. Wilmans Kaiserurkk. S. 129. 371 erweist
Benutzung der Corveyer und Osnabrücker Fälschungen und deshalb Entstehung
nach 1077. — Die irrthümlich für alt gehaltene Narratio de fvmdatione quarun^
dam Saxoniae ecclesiarum weist Waitz in den Gott. Nachrichten 1857 S. 63
als sehr spät entstanden nach.
') Namentlich auch wegen der in seiner Originalhandschrifl auf dem Bande
eingetragenen Briefe und Urkunden, die sich fast alle auf Halberstadt beziehen ;
Tgl. Forsch. XI , 604. Sie sind in der Ausgabe fortgelassen und finden sich
meistens bei Martene Coli. Ampi. I , und jetzt bei Jaffe , Bibl. III u. V , s. V,
470. L. T. Ledebur (Anz. d. Germ. Mus. 1860 8p. 43) möchte ihn nach Nien-
burg setzen (u. ebenso O. v. Heinemann, Markgr. Gero S. 129) und ihm auch
das merkw. Nienburger Fragment Über die Besitzungen des Klosters in
der Lausitz zuschreiben, doch ist dieses in der Form zu barbarisch. Heraus-
gegeben ist es Ton Kindscher im Anz. 1859 Sp. 361 und im N. Laus. Ma-
gazin XXXVIII, 148, cf. XL, 513 und H. Fechner in den Forschungen V,
540 — 547. Die Beziehungen auf Nienburg erklären sich durch die oben S. 194
bezeichnete Quelle.
Annalists Saxo. Honorius. ]^97
SchOppenchronik, wo es aber auch nur bis 1136 kenntlich ist^). In
neuerer Zeit wurde es zuerst durch die Ausgabe von Eckhard (1723)
bekannt und ungebührlich viel benutzt; gemindert wurde der Werth,
welchen man seinen Angaben beilegte, nachdem G. Waitz die mühsame
Arbeit ausgeführt hatte, überall die ursprünglichen Quellen nachzu-
weisen, und die daraus entlehnten Stellen in der Ausgabe auch durch
kleineren Druck kenntlich zu machen. Seitdem ist nun auch der früher
noch unbestimmbare Best fast Yollständig seinen Quellen zugewiesen,
mit Ausnahme der ihm eigenthümlichen genealogischen Untersuchungen.
Einen anderen Weg als der sächsische Annalist schlug Honorius
ein, ein Schriftsteller, der insofern räthselhaft ist, als er Priester und
Scholaster der Kirche Yon Autun genannt mird'), während doch in
seinen Schriften nichts auf Frankreich deutet, und er nur deutsche
Geschichtsquellen benutzte. Auch heifst es sogar an jener Stelle, daCs
er unter Heinrich Y gelebt habe, so wie er auch selbst nur deutsche
Kaiser und deutsche Geschichte berücksichtigt. Wie sollte er ein
Franzose gewesen sein! Es liegt daher nahe, an eine Verwechselung
mit Augsburg zu denken, welches auch Otto von Freising (Gesta
Frid. IV, 3) so benennt; dafs er aber in Frankreich seine Studien ge-
macht habe, ist kaum zu bezweifeln. In späterer Zeit hat er sich als
Klausner in die Einsamkeit zurückgezogen'); er selbst nennt sich
solüarius. Seine Werke sind vorzüglich im südöstlichen Deutschland
in zahlreichen Handschriften verbreitet; die einzige Stadt, welche er
in der Beschreibung Deutschlands nennt, ist Begensburg, die Donau
tritt unter den Flüssen am meisten hervor. Burgund erwähnt er in
dem überaus elenden Werkchen gar nicht, von Frankreich sagt er
sehr wenig. Dem Abt Cuno und dessen Nachfolger Simon, die bis
jetzt nicht zu finden sind, widmete er Schriften. Noch verwickelter
wird die Frage dadurch, dafs nach einer Handschrift seines Speculum
ecclesiae die Fratres Cantuariensis ecdesiae es waren, welche ihm ge-
') Janicke in der Vorr. S. XXXV (die Chroniken der deutschen St&dte
VII). Die von O. v. Ueinemann , Markgr. Gero S. 128 u. anfangs auch von
Weiland angenommene BenutEung im Chron. Montis Sereni hat dieser sp&ter
verworfen.
') Im letzten Capitel seines Baches de luminaribus ecclesiae, welches wohl
sicher nicht von ihm ist.
') d. h. in einer Celle vermauert wie Marian, wenn die Bezeichnung als
incluMU begründet ist. Das ist doch sehr verschieden von dem Leben eines
Trappers, womit Scherer es vergleicht; s. dessen Recension von Heinzeis Hein-
rich von Melk, Zeitschr. f. Osterr. Gymnasien 1868 S. 664 — 579, wobei noch
zu bemerken ist, dafs der Probst Gotschalk, welchem er eine Schrift gewidmet
hat, unmöglich der Abt von Heiligenkreuz sein kann, weil eben ein Probst
kein Abt ist. Vgl. auch was Diemer in den Wiener SB. XXVIU, 127 ff. 356
Aber ihn beibringt.
198 ^' Staafer. § 2. Die Zeit Lothare und Konrads.
schrieben, und die er knrz zuvor besacht hatte ^). Er scheint ein
weitberflhmter Mann gewesen zn sein, doch ist es bis jetzt nicht ge-
lungen, eine andere Spur von ihm zu finden, als die bedeutende Ein-
wirkung, welche er vorzfiglich auf die geistliche Poesie in Oestreich
geübt hat. Honorius schrieb zahlreiche theologische Werke, eine
Schrift über den Vorzug des Priesterthums vor dem Königthum, deren
Inhalt dem Titel entspricht'), eine andere über die kirchlichen Schrift-
steller, in welcher am SchluHs auch seine eigenen Werke aufgezählt
sind').
Unter diesen befindet sich auch ein Handbuch der Weltgeschichte,
Summa genannt, verfafst zum Frommen derjenigen, welche bisher
den Mangel an Büchern vorschützten, wenn sie in Unwissenheit blieben.
Und compendiös genug ist auch die Greschichte, aber zugleich so mager
und geistlos, dafs der Leser nicht gar viel dadurch gewann. Gredruckt
ist nur der letzte Theil von 726—1133 in der Ausgabe von Wilmans*),
nachdem das Werk lange verborgen geblieben war. Die beiden letzten
Abschnitte üb^r Heinrich Y und Lothar sind von 1121 an dem Ver-
fasser, der bis dahin vorzüglich, vielleicht allein, die Bosenfelder
Chronik') ausschreibt, eigenthümlich , haben aber auch nur sehr ge-
ringen Werth.
Viel verbreiteter als diese Summa war ein noch viel umfassen-
deres und compendiöseres Werk des Honorius, eine Beschreibung der
ganzen Welt, welche auch eine kurze Chrqpik enthält, die in einen
Eaisercatalog ausläuft^.
Fast gleichzeitig entstand auch, wahrscheinlich in Begensburg,
bald nach 1146 das erste deutsch geschriebene Geschichtswerk, wenn
man es so nennen darf, die Kaiser ehr onik''), später bis auf Budolf
i) Cserny, Handschriften von Sanft Florian S. 106 N. 252.
') Summa gloria de Apostolico et Augusto, Pez. Thes. II, 179.
^) Liber de lumiiiaribus eccleiiae^ s. oben I, 73.
*) Ex Honorii Augustodunensis Summa totius et Imagine Mundi, ed. Wil-
mans, MG. SS. X, 125 — 134. Man möchte vermuthen, dafs nur in der Hand-
schrift der Summa die Zahlen der Begierangsjahre fortgelassen sind.
^) Schum, Die Jahrbficher ron St. Alban S.,60— 65.
') Der frühere Theil dieser Chronik findet sich auch zusammen gearbeitet
mit Salzburger Annalen unter dem Titel Cronica Honorii, Die Image Mundi
ist 1472 von Koburger und später häufig gedruckt , auch in der Bibliotheca
Patrum Colon. XII, Lugd. XX. Sie wurde schon früh in einer nordischen
Sage benutzt und angefahrt, Jac. Grimms Kl. Sehr. V , 91. Die Stelle MO.
SS. X, 133. Waitz über Jord. Osn. S. 15 tadelt die Fortlassung der Stelle
über die Herkunft der Franken.
^) Ausgaben 1849 Ton MaCsmann, u. Ton Diemer nach der Vorauer Hand-
schrift; eine neue Ausg. wird Torbereitet. Vgl. Gervinus (5. Ausg.) I, 256 — 282.
Wackemagel S. 172. Centralblatt 1854 S. 801. S. über dieses Eindringen der
Sagen in die Geschichte auch Waitz in Schmidts Zeitachrifi IV, 99 ff. Eine
Die Kaiserchronik. X99
Yon Habsborg fortgesetzt. Sie ist in Versen geschrieben und« behandelt
ausführlich nnr die alte Geschichte in durchaus sagenhafter Weise.
Die Kaisergeschichte seit Karl dem Groben ist nicht nur ganz dürftig,
sondern auch völlig entstellt und märchenhaft; merkwürdig ist dabei
die sehr geringe Bücksicht auf die P&bste, welche kaum erwähnt
werden. In dem Abschnitt über Lothar den Sachsen und Konrad, wo
der Verfasser auf die Gegenwart kommt, wird seine Darstellung aus-
führlicher und beachtenswerth; sein Standpunkt ist weifisch, Lothar
und Bichinza, ganz vorzüglich auch Heinrich der Stolze werden von
ihm verherrlicht. Dieser letzte Theil und die Frage nach der Zeit
der Abfassung sind in neuester Zeit mehrfach behandelt worden; ich
habe mich hier den Ausführungen von Giesebrecht (IV, 398—400)
angeschlossen, auf welchen ich auch in Bezug auf die Benutzung des
sog. Chron. Wirzib. und anderer Quellen zu verweisen mich begnüge^).
Die weiteren Fortsetzungen sind nicht ganz unwichtig, doch besteht
die Wichtigkeit des Werkes für unsere Aufgabe hauptsächlich darin,
dafs sich in ihm zuerst das massenhafte Einströmen der Fabel in die
Geschichte zeigt, welches in den gelehrten lateinisch geschriebenen
Werken erst etwas später und vorsichtiger beginnt und durch die
vielgelesene Kaiserchronik nicht wenig befördert wurde.
§3. Die Prämonstratenser. Albero von Trier. Wibald.
Aufserordentlich grofs ist der Einflufs, welchen die verschiedenen
Mönchsorden geübt haben, die mit der erstaunlichsten Schnelligkeit
sich bis in die gröfste Feme verbreiteten. Frankreich, im elften und
zwölften Jahrhundert die eigentliche Heimath der römisch-katholischen
Kirche, das Land wo sie am festesten wurzelte, brachte auch diese
mächtigen Keime neuer Entwickelungen hervor. Wir haben oben der
Ausbreitung der Cluniacenser gedacht und des grofsen Einflusses, den
die Aebte von Gluny auf ihre Zeit ausübten. Jetzt wurde Lothar von
Norbert beherrscht, Konrad von Bernhard von Clairvaui, der ihn
wider Willen zum Kreuzzuge zwang. Die Werke S. Bernhards, nament-
prosaische Auflösung der Kaiserehronik ist Der kunige buochy das sieh vor
dem Sohwabenspiegel, theilweise auch vor dem Spiegel deutscher Leute findet,
ed. von Daniels, Land- and Lehenrechtsbuch I, p. XXI f. Vgl. Ficker, Ent-
stehungsseit des Sachsenspiegels, S. 53. Die auch wohl so genannte Bepego-
wische Chronik hat keine Berührung damit.
') Welzhofer, Untersuchungen über die deutsche Kaiserchronik, München
1874. Scherer in d. Zeitschr f. D. Alt. XVIII, 298-306. W. Bernhardi in d.
N. Jen. LZ. 1876 8. 76—80. Schumis Ansicht über Zusammenhang mit den
Paderb. Annalen, Forsch. XV, 610—617, kann ich nicht sustimmen.
200 ^* Stoafer. S 3. Die Pr&moiutratenAer. Albero von Trier. Wibald.
lieh seine Briefe, und seine Biographieen enthalten viel wichtiges für
die Geschichte der Zeit, aber seine Wirksamkeit gehörte doch vor-
zugsweise Frankreich an^). N&her steht uns Norbert, der von Geburt
ein Deutscher war und als Erzbischof von Magdeburg gestorben ist.
Norbert war ein Weltgeistlicher von yomehmer Abkunft, geboren
in Xanten^), der in angesehener Stellung am Hofe lebte. Plötzlich
aber entschlofs er sich (1115) der Welt zu entsagen; ein Blitzstrakl
der ihn schreckte, bestärkte ihn in seinem Vorsatz, und er nahm zu
Siegburg Ton dem strengen Abte Euno das Mönchskleid an, ohne
doch eigentlich in den Orden einzutreten. Vielmehr ging er umher
and predigte, wozu er sich 1118 in St. Gilles vom Pabste Gelasius
eine förmliche Vollmacht erwirkte; besonders liefs er es sich ange-
legen sein, die zahllosen Fehden, welche damals Frankreich wiß Deutsch-
land erfüllten, beizulegen und Frieden zu stiften. Im folgenden J. 1119
aber liefs er sich von seinem Freunde, dem Bischof Bartholomäus von
Laon bewegen, dauernd in dessen Sprengel sich niederzulassen; in
unwirthlicher, sumpfiger Gegend gründete er das Kloster Premontre
nach der Begel des h. Augustinus, die er durch strengere Bestim-
mungen schärfte; unterscheidend war besonders, wie bei den neueren
Benedictiner Orden, die Unterordnung der Tochterklöster unter den
Abt des Mutterklosters. Die Erwerbung von Kappenberg für den
Orden führte Norbert wieder häufiger nach Deutschland; mit dem Erz-
bischof Friedrich von Köln, der ihn zum Priester geweiht hatte, war
er nahe befreundet. Er gewann bald auch einen sehr grofsen Einflufs
auf Lothar, der 1126 seine Wahl zum Erzbischof der sehr verwilderten
und verwahrlosten Magdeburger Kirche bewirkte, eine Stellung, zu
der seine übei'triebene mönchische Askese ihn keineswegs geeignet
machte; er erfuhr dort den hartnäckigsten Widerstand und konnte zu
keiner bedeutenden Wirksamkeit gelangen. Erst nach seinem Tode
(1134) hat der Orden der Prämonstratenser in diesen Gegenden sich
weiter ausgebreitet und für den Anbau und die Germanisierung der
slavischen Lande vieles geleistet^).
Als Erzbischof von Magdeburg nahm Norbert auch an Lothars
Bömerzuge Theil und fungierte nach dem Tode des Erzbischofs von
Cöln als Kanzler für Italien. Seine Stimme war entscheidend für die
^) Opera S. Bernardi, ed. Mabillon. Die Briefe daraus Migne CLXXXII.
Ueber die Kehrseite der Cistercienser s. Walther Map de nugis Corialium und
den ßeinardus, der Yorslügiich gegen sie gerichtet ist.
*) Nach dem Chron. Gratiae Dei auch Canonicus in Xanten.
^) 8. darflber Frans Winter, Die FrUmonstratenser des 12. Jahrh« und ihre
Bedeutung ftir das nordöstliche Deutschland, BerL 1865.
Norbert and seine Biographen. 201
endgültige Yerwerfong Anaclets'); weit wichtiger aber, denn Innocenz n
war bereits von der fransösischen Kirche nnd anch yon Lothar an-
erkannt, war Norberts Auftreten gegen die Investitur von Laienhand.
Lothar forderte die Investitur der Bischöfe, wie seine Vorfahren
sie geübt hatten, bei der EaiserfarGnnng zurück, Innocenz schwankte,
aber Norbert trat ihm mit seinem vollen mönchischen Fanatismus
entgegen, und Lothar fügte sich gehorsam. So wenigstens ist zu
lesen in der von Wilmans entdeckten und herausgegebenen Biographie
Norberts, die von einem seiner ersten Schüler geschrieben ist und zu
den bedeutendsten Quellen dieser Zeit gehOrt'). Dieselbe ist jedoch
neuerdings einer genaueren Untersuchung unterworfen worden von
Bosenmund'), welcher durch Vergleichung mit der jüngeren Vita aus
jener älteren (A) noch einen ältesten Kern (er) herausgeschält hat,
von einem Schüler und Verehrer Norberts, der schon nicht ohne tenden-
tiöse Entstellung schrieb und für Norberts politische Stellung keinen
Sinn hatte; auch hier wieder werden Zusätze zweiter Hand unter-
schieden, zu welchen auch der stark abfallende SchMs (c. 15—23) ge-
rechnet wird. Der Biograph A soll diese Biographie mit neuen Zu-
sätzen versehen haben, zu welchen namentlich auch der Bericht über
den Bömerzug Lothars gehört, dessen Werth Bosenmund aufrecht hält,
wie nicht minder auch Mühlbacher^). Auch Qiesebrecht (IV, 436) ist
nicht geneigt, mit E. Friedberg*) die Erzählung des Biographen als
eine Ausgeburt seiner mönchischen Phantasie zur Verherrlichung seines
Helden einfach zu verwerfen. Der schon länger bekannten jüngeren
Biographie (B), welche zwischen 1157 und 1161 geschrieben ist*),
fehlen diese geschichtlich wichtigen Nachrichten, was nun Bosenmund
dadurch erklärt, dafs ihm a ohne die Zusätze von A vorlag.
Der Verfasser, ein französischer Prämonstratenser, der Norbert
1) Eine Schrift von ihm f&r Inn. II gegen Anaclet ist verloren, s. M0.
SS. XII, 679 n. 57. lieber Innocenz und Anaclet s. auch Amulfi archtdiaconi
Sagiensis in Oirardum Engolwnensem invecHva^ MG. SS. XII, 707 — 720, über
deren geh&asigen und iQgenhaften Charakter, bei geringem bist. Inhalt, Mübl-
bacher. Die streitige Pabstwabl S. 62 — 66.
») Vita Norberti arckiepiscopi Magd, ed. WUmans, MG. SS. XII, 663—706.
Hierher gehören auch die Excerpta ex Herimanni libro de Miraculis S. Mariae
Laudunensis od. Wihnane ib. p. 663 — 660 über den Bischof Bartbolom&us und
Korbert, und aus desselben Hermanns Historia restaurationia 8, Martini Tor-
nacensis p. 660—662.
*) Die ältesten Biographien des h. Norbert, Berlin 1874.
*) Zur Kritik der Vita Norberti c. 21. Ueber die streitige Pabstwahl ron
1130, S. 180—211.
^) Die Narratio de eleetione LothariL Forsch. VIII, 75—91.
■ *) Acta SS. Jun. I, 819—868. Bei Wilmans nur Bruchstücke als Anmer-
kungen cur Alteren Vita.
202 ^' Staufer. § 3. Pr&moiutratenser. Albero von Trier. Wibald.
noch gekannt hat, macht nicht nnerhebliche Znsätse ans eigener
Kenntnifs nnd ans den Mittheilungen anderer Ordensbrüder, besonders
vermuthlich von Hugo, dem ersten Abte von Prämontr^, dem er das
Werk überreichte. Dieser schickte es nach Eappenberg, wo nene Zn-
thaten beigefügpt wurden.
Was urkundlich von Innocenz dem Kaiser bewilligt wurde, wissen
wir jetzt durch die von Jaff6 (Bibl. Y, 522) zuerst ans Licht gebrachte
Bulle; zwei zufällig erhaltene Verse aber lassen uns einen Blick thun
in den Ereis der Fanatiker, wo man schon Lothar mit Heinrich,
Linocenz mit Wibert verglich und ihnen unumwunden mit Auüsagung
des Gehorsams drohte. Sie sind verbunden mit Versen, in welchen
Lothar über alles Mafs gepriesen, ebenso sehr aber die Simonie und
Käuflichkeit der Bömer getadelt wird, und mit anderen von einem
Magister Peter über denselben Gegenstand ^).
Sehr lehrreich ist auch die Lebensbeschreibung des Grafen Ood-
fried von Kappenberg (f 1126), welche bald nach 1150 von
einem Prämonstratenser in seiner Stiftung Kappenberg verfafst ist').
Dieser Godfried nämlich, ein sehr vornehmer und reicher Graf in
Westfalen, gab sich selbst mit seinem ganzen Vermögen völlig dem
Norbert und seinem neuen Orden hin, und beredete auch seinen Bruder
Otto und seine Gemahlin Jutta, der Welt zu entsagen. Aus seinen
drei Burgen Kappenberg, Varlar und Ilbenstadt machte er drei Klöster.
Den heftigsten Widerstand erfuhr Godfried hierbei von seinem
Schwiegervater, dem Grafen Friedrich von Arnsberg, und begreiflich
ist der Unwille der Verwandten, wenn so reiches £rbe und die alten
Stammburgen in Pfaifenhände kamen. Um aber diese Erscheinung,
welche so häufig vorkommt, zu würdigen, muCs man die Schilderangen
der Zeitgenossen lesen, nach welchen fast ohne Ausnahme eine Bitter-
burg der Fluch der Umgegend und ein ritterliches Leben nicht mög-
lich war, ohne an den ärgsten Gewaltthaten Theil zu nehmen. Godfried
freilich hatte seinen Leuten schon früher in einer Fehde mit dem
Bischof von Münster untersagt, den Villanen das Vieh wegzutreiben,
aber es war vorauszusehen, dafs spätere Herren der Burgen minder
gutherzig sein würden. Die Burg des Grafen von Arnsberg war ganz
voll von unglücklichen Gefangenen, die hier gepeinigt wurden, um
ihnen Geld abzupressen, und das scheint ein ganz gewöhnlicher Zu-
stand gewesen zu sein. Die Bohheit des Bitterthums und die in ihrer
1) Anzeiger d. Oerm. Mus. XX, 99—103, vgl. XXIII, 76.
*) VUa Godefridi com. Capenbergmns ed. Jaffö, MG. SS. XII, 513—530
nach der Ausg. von Gamans, Acta SS. Jun. I, 846—856. Die HS« ist im .bi-
BchOfl. Seminar in Mainz, wie F. Falk, Forsch. XIV, 615 mittheilt.
Die Pr&monstratenser. Albero von Trier. 203
Art großartige Selbstverleügniiiig der mönchischen Askese treten sich
hier in merkwürdiger Weise gegenüber.
unter den ersten Brüdern des Klosters Eappenberg befand sich
auch ein getaufter Jude, Herrmann, früher Judas geheilsen, ein
OOhier, den Bupert von Deutz und Eckebert, Bischof von Iflünster,
bekehi-t hatten, und der uns eine höchst eigenthümliche Schrift über
diese seine Bekehrung hinterlassen hat^).
Eine ganz ähnliche Erscheinung, wie die ümwandelung der
Burgen Godfrieds von Eappenberg in Prämonstratenser Klöster, und
zugleich ein Beispiel von der weiteren Ausbreitung dieses Ordens,
finden wir anschaulich geschildert in dem Leben des Grafen Ludwig
von Arnstein (f 1185)*). Die Mönche und den ersten Probst er-
hielt Graf Ludwig von Gottes gnaden, einem Kloster bei Calbe an
der Saale, welches noch von Norbert selbst bestimmt, sein Vetter
Graf Otto von Beveningen (Eoeblingen) 1131 gegründet hatte. Die
bald nach 1190 vermuthlich noch bei Lebzeiten des Probstes Günther
geschriebene Geschichte der Stiftung enthält nicht unwichtige Nach-
richten über Norbert und den Erzbischof Wichmann').
Ein völlig entgegengesetztes Bild zeigt uns das Leben des Erz-
bischofs Albero von Trier (1131 — 1152). Es ist kein Heiligenleben,
wir lesen nichts darin von Easteiungen, aber desto mehr von weltlicher
Pracht und Herrlichkeit, von Krieg und Waffenlärm. Wenn uns nicht
Balderich sagte, dafs Albero ein sehr gelehrter Herr war und so subtil
zu predigen pflegte, dafs man ihm kaum zu folgen vermochte, man
sollte glauben, dafs er sich besser darauf verstanden hätte, ein Heer
zu ordnen und zur Schlacht zu führen, Burgen zu stürmen und seiner
Feinde Herr zu werden. Und doch war er ein Hauptheld der Kirche,
*) Herimanni opusculum de convertnone «wa, gedr. von Carpzow hinter
dem Pogio fidei Raymundi Martini ed. Lips. 1687 fol.
*) Viia Ludernd comitis de Arnstein^ in Böhmers Fontes III, 325—339.
Acta SS. Oct. XI, 752—762. Vgl. Schliephake, Gesch. v. Nassau I, 156. Auch
hiervon ist eine Hs. in der bischöfl. Bibl. in Mainz, Forsch. XIV, 617. Ein sehr
BchGner Codex mit Heiligenleben, um 1190 in Arnstein geschrieben, ist in
London, Harl. 2800. Daraus bei Tymms und Digby Wyatt, The Art of Ulu-
minating, PI. 28 n. 30, u. 8 Tafeln bei Shaw. Ebenfalls aus Arnstein stammt
der von Nonnen geschriebene Cod. Harl. 3099 saec. XII „quem nobis Mona-
sterienses restituerunt pro pastorali cura." Fr. Zarncke de ep. presb. Joh. (Progr.
doctorum a. 1874) p. 5. 21.
*) Fundatio monasterii Oratiae Dei^ zuerst herausgegeben von Wint«r
a. a. Ö. 8. 324—341 , dann von H. Pabst MG. SS. XX, 683-691. Benutzt
im Chrou. Montis Sereni. Die Nachrichten ttber Norbert stimmen mit dem
Chron. Magdeb. bei Meibom, und werden von Winter auf eine Au&eichnung
im Magdeb. Marienkloster zurückgeführt, w&hrend Günther und Pabst Be-
nutzung des Chron. Magd, annehmen.
204 ^- Stftufer. § 3. Albero. Wibald.
und anch er begleitete Kaiser Lothar nach Italien nnd stand hoch in
Gunst bei ihm. In früheren Jahren als Archidiaconns von Metz hatte
er nnermüdlich und unerschrocken gegen die Investitur von Laienhand
gekämpft, er besonders war es der jenen Abt Diegger zum Bischof
von Metz wählte, aber er selbst ging nicht die Wege dieser frommen
Betbrüder, sondern ihn lockte die Gefahr und sein Vergnügen war,
sich verkleidet in die Mitte seiner Feinde zu begeben, ihre Pläne aus-
zukundschaften und ihnen Trotz zu bieten. Als Erzbischof hat er mann-
haft alle Feinde der Trierer Kirche bekämpft und diese zu einer Höhe
der Macht, des Beichthums und des Ansehens im Reiche erhoben,
welche um so blendender war, da noch eben zuvor der Kirchenvogt
Graf Ludwig den Erzbischof Meinher, seinen Vorgänger, in gänzlicher
Abhängigkeit und Dürftigkeit gehalten hatte. Die Wahl König Kon-
rads war hauptsächlich sein Werk und er auch seine Hauptstütze gegen
den Herzog Heinrich.
Selbst ein geborener Franzose, von Montreuil, einst von der Mutter
des Hugo Metellus unterstützt und erzogen, brachte Albero, als er 1147
zum Concil des Pabstes Eugen nach Paris gereist war, von dort den
Balderich mit sich nach Trier, gebürtig aus Florennes im Lütticher
Sprengel, der damals Sachwalter am päbstlichen Hofe war, und übergab
ihm die Leitung der Domschule. Dieser Balderich, der Albero bis an
dessen Tod sehr nahe stand, hat uns ein prächtiges Bild von ihm
hinterlassen, das im Anfange der Regierung seines Nachfolgers Hillin
geschrieben ist, eine warme lebensvolle Schilderung, die uns den Mann
zeigt als ob er vor uns stünde, gänzlich frei von allem mönchischen
Geiste und daher ein höchst merkwürdiges Seitenstück zu dem Leben
Norberts^).
Im ganzen sind aber doch die Quellen für Lothars und Konrads
Zeit wenig genügend, und um so mehr verlangt uns nach Ergänzung
dessen was die Schriftsteller uns bieten, aus Urkunden und Briefen.
Die früher erwähnte Sammlung des TJdalrich von Bamberg reicht nur
bis 1134. Auf Lothars Zeit schien ein unerwartetes Licht zu fallen
aus einigen von Kortüm zuerst herausgegebenen Briefen, allein bei
näherer Prüfung hat sich ergeben, dafs es nur Musterarbeiten sind
aus einer lombardischen Schule für Notare und Dictatoren, wie man
sie damals nannte, nicht unbrauchbar um die Verhältnisse der Zeit
kennen zu lernen und für Sittengeschichte interessant, aber nicht als
Qesta Älberonis aucU Balderico^ ed. Waits, MG. SS. VIII, 243—260.
Ziemlich rerunglückt ist ein Lobgedicbt auf Albero, das noch bei seinen Leb-
zeiten geschrieben ist, in schlechten Hexametern und fehlerhafter Sprache, ib.
236—242. Vgl Rodger Prümers, Albero Ton Montreuil, Qött. 1874.
Briefe. Wibald vob Stablo. 205
anthentisclie Documente zu betrachten^). In einem schon oben (S. 57)
knrz erwähnten Briefe ans Mailand wird die Occnpation der Stadt 1138
dnrch Konrad als Gegenkönig erwähnt, doch ist übrigens der geschicht-
liche Qehalt dieser Gruppe unbedeutend'). Dagegen besitzen wir für
König Eonrads Zeit einen gprofisen Schatz an dem in der Urschrift er-
haltenen Conceptbuch des Abtes Wibald von Stablo (seit 1130) und
Corvey (seit 1 146), eines höchst ausgezeichneten Mannes aus der Lüt-
ticher Schule, der Lothars, Konrads und eine Zeit lang auch Friedrichs
Minister war und während des Kreuzzuges dem unmündigen König
Heinrich zur Seite stand; leider ist ein früherer Band, welcher seine
Correspondenz bis 1146 enthielt, augenscheinlich yerloren. Nachdem
Janssen in einer sehr fleifsig gearbeiteten Biographie Wibalds von
neuem auf den hohen Werth jener Briefe hingewiesen, die beabsichtigte
Ausgabe aber nicht hatte möglich machen können, ist es Jaffa ge-
lungen, seine Bibliotheca Berum Germanicarum mit einer vortrefflichen
Ausgabe der Briefe Wibalds zu eröfhen. Für die Zeit vor 1146 hat
er zusammengestellt was sich aus anderen Quellen gewinnen liefs, wobei,
wie Giesebrecht (IV, 410) richtig bemerkt, zu bedauern ist, dafs er
mit den authentischen Stücken auch die sehr fraglichen aus dem Be-
gistrum Petri Diac'oni ohne äufserliche Unterscheidung verbunden hat.
Den Briefen vorangestellt ist die schon früher (I, 207) erwähnte ver-
besserte Ausgabe der Anualen von Corvey, welche 1117 abgebrochen
waren. Diese erhielten um 1147 einige Zusätze und eine ausführliche,
aber in gesuchter Schreibart und ungrammatisch, nicht immer verständ-
lich verfaüiste Erzählung über die Zerstörung von Eresburg und den
Abtswechsel nebst den damit verbundenen Ereignissen. Diese auf den
Band geschriebene Erweiterung der alten Annalen hat Jaffe zur Unter-
scheidung als Chronographus Corbeiensis bezeichnet').
Im Jahr 1114 hatte Herzog Lothar einen siegreichen Feldzug
gegen die Wenden gefEkhrt, welcher bei den Corveyem Erinnerungen
' ) S. Wattenbach, Iter Aastriacum, im Archir ftlr Kunde Österreich. Gesch.-
Quellen XIV, wo auch andere verwandte Sammlungen besprochen sind. Ein
dort übersehenes Turiner Bruchstflck derselben Sammlung bei Pasini II, 224,
und besser Forschungen VIII, 392 vgl. 651. Oiesebr. IV, 410.
') In einer Abschrift Jaffö's e cod. Ambros. weist auch die Ueberschrift
auf Konrad. Derselben Zeit weist die Briefe Sormani zu, der eine grOCsere
Sammlung hatte und Apologismonim Mediol. I, 44—48 sechs Briefe mittheilt.
*) Janssen, Wibald von Stablo und Corvey, Münster 1854. Monumenta
Corbejensia ed. Phil. Jaffö, 1864. Die Zeitbestimmung einiger Briefe von 1156,
1157 bestreitet Fechner, Leben Wiehmanns, Forsch. V, 436. Vgl. über Wibald
Bheinl. Jahrbb. XLVI, 138 (Weih - Inschriften) u. 149 ff. £. aus'm Werth über
seine Bedeutung fQr die Kunstgeschichte. L. Mann , Wibald nach seiner poli-
tischen Th&tigkeit (Dias. Ilal. 1875) betont seine stark cnrialistische Haltung.
206 ^* Staafer. § 4. Otto Ton FreUing und seine Fortsetier.
an einstige Missionsbestrebnngen ihrer Vorfahren auffrischte; sie hatten
nach Rügen die Verehning Sanct Yits gebracht, den die Bewohner,
wie wir Hehnold wohl glanben müssen, in einen Götzen Swantevit um-
gestaltet hatten, welcher anderswo nicht yorkommi Wirkliche oder
vermeintliche Ansprüche, welche sich daran knüpften, fanden Ausdruck
nicht nur in Eintragungen in die Annalen, sondern auch in einer
untergeschobenen Schenkung Kaisers Lothars. Wibald hat bei Gelegen-
heit des Ereuzzuges 1147 versucht, diese zur Geltung zu bringen; der
Chronograph redet davon, und auch in dem bis 1146 fortgeführten
Abtcatalog findet sich eine Erwähnung^).
Sehr verdient machte sich der Probst Adalbert (urkundlich nach-
weisbar 1147—1176) durch Besorgung der kostbaren Handschrift, in
welche das VerzeichniliB der Wohlthäter des Klosters und der Aebte
eingetragen wurde; ehe sie vollendet war, starb Wibald am 19. Juli
1158^). Wibalds eigene Bemühungen für die Bereicherung der Kloster-
bibliothek sind aus seinen Briefen ersichtlich; vorzüglich wünschte er,
alle erreichbaren Werke Cicero's in einer grofsen Handschrift zu ver-
einigen, und die Frucht dieses Strebens liegt uns in dem Biesencodex
der Berliner Bibliothek vor').
§4. Otto von Freising und seine Fortsetzer.
Ed. prinoeps von Caspinian, Strafsburg 1515 f. Erste kritUebe Ausgab« von R. Wil-
mans, MG. SS. XX. 83— 49S. n. Sep.-Abdr. in t Binden 1867. Vgl. I/. Giesebreeht,
Wendische Geschichten HI, 838. Waits in Schmidts Zeitoehr. II, 110. Stilin. Wirt.
Gesch. n, 18. Huber, Otto von Freising, München 1847. Th. Wiedemann . Passau
1849. Lndw. Lang, Psycholog. Charaeteristik, Aagsb. 1852. R. Wilmans, Ueber die
Chronik Otto's von Frcisiog, Arohiv X, 131 — 178. Zur Gesehichte der Handschriften
derselben ib. XI, 18—64. Verhiltnifs su den Witteisbachern 65—76; vgl. Watten-
baeh im Archiv d. W. A. XIV. 58, Wilm. SS. XX, 116. Ueber die Zdrieher Hand-
schri/l (Wilm. C 8) vgl. anoh Büdinger, Von den Anfingen des Sehalswanges (Zflricb
1865) S. 40—45. Fragm. mit Chron. VI, 8 saee. XII. in Zwettel xum Einband dea
eod. 116 verwandt. Fräst im Areh. d.W. Akad. 1849. I. 398. Ueber den cod. Ran.
P. Anton Weis, Beitrige cur Kunde Steierm. GQ. XII. 38. — Charaeteristik von K.
W. Nitsseh in Sybels Zeitsehr. III, 834 f. Sorgenfrey im Progr. d. Greiser hOh.
Bürgersohule 1878. Giesebreeht IV, 894—399. Angaben Aber sein Leben in den
Klosterneuborger Annalen. MG. SS. IX, 610, und Gesta Friderici IV, 11 von Ragewin,
mit Benntsung derselben a. des nngedr. Conr. Saerista nebst Urkunden nnd Briefent
auch snerst mit Ausscbeidong der Filschungen Hanthalers, in R. Wilmans* Vorrede.
Otto, Bischof von Freising, war ein Sohn des Markgrafen Leopold
des Frommen von Oesterreich und seiner Gemahlin Agnes, der Tochter
M Wilmans Eaiserurkunden I, 94, 113. . Ueber den Gatalogtu ahbatum
oben I, 208, vgl. Wilmans S. 511.
s) Wilmans S. 111.
') WaUenbach, Schrifiwesen, 2. Ausg. S. 454. Die Beischriften der Fi-
guren sind bedeutend jünger, und das Adalbertus abbtu Über dem darbringenden
Abt beweist deshalb nichts. Vorne in der Handschrift befindet sich eine merk-
würdige ZoUrolle des Coblenser Bheinsolls, s. Anz. d. Germ. Mus. XXI, 38.
Otto Ton Freising. Sein Leben. 207
Kaiser Heinrichs IV, Witwe Friedrichs von Stanfen; geboren ist er
nicht vor 1111. Sein Vater bestimmte ihn znm Probste des von ihm
nen begründeten Chorhermstiftes Klostemenbürg, schickte ihn aber,
bevor er diese Würde wirklich übernahm, der Studien halber nach
Paris, was um diese Zeit bei den vornehmen und reichen jnngen Cle-
rikem üblich zn werden anfing. Hier in Paris blieb Otto mehrere
Jahre, machte auch einmal von da ans einen Besuch in der Heimath;
als er endlich seine Heimkehr angetreten hatte, kam er auf der Eeise
mit einem Gefolge von fünfzehn ausgesuchten (electissimis) Clerikern
zur Abtei Morimund, wo sie übernachteten. Da machte nun der Orden
der Cistercienser, welcher damals noch in seiner ersten, frischesten
Entwickelung und vollen Eeinheit sich befand, einen so überwältigenden
Eindruck auf Otto und seine Begleiter, dafs sie alle das weifse Kleid
des neuen Ordens annahmen, ein grofser Entschlufs, da noch die Strenge
desselben ungemildert und der Unterschied zwischen einem Cistercienser
Mönch und einem vornehmen Weltgeistlichen aufserordentlich grofs
war^). Nach einiger Zeit wurde Otto in Morimund zum Abt erwählt,
doch hat er diese Würde nur kurze Zeit bekleidet, da ihn gegen das
Ende des Jahres 1137 die Freisinger Kirche zum Bischof wählte^).
Dieses Amt verwaltete er von nun an bis zu seinem Tode zwanzig
Jahre lang mit der gröfsten Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt. Er fand
die Kirche in tiefem Verfall, innerlich und äuTserlich zerrüttet durch
die Folgen des unseligen Investiturstreites; die Güter waren verschleu-
dert, die Geistlichkeit verwildert. Da war nun Otto unablässig und
mit gutem Erfolge bemüht, den alten Glanz der Kirche herzustellen;
er machte ihre Bechte wieder geltend und liefs sich durch keinen
Widerstand des Adels, welcher die Besitzungen an sich gerissen hatte,
einschüchtern. Besonders von den Wittelsbachem, vom Pfalzgrafen
Otto, dem Schirmvogt des Stiftes, erfuhr er erbitterte Feindseligkeiten,
die bis zu Mifshandlungen führten; seine Chronik (VI, 20) vergilt es
ihnen, und zwar in einer Weise, die bei seiner sonst überall sich gleich
bleibenden ruhigen Mäfsigung sehr auffallend ist: man erkennt daran
mit welcher Erbitterung der Kampf geführt wurde. Als später die
Witteisbacher in Baiern zur Herrschaft kamen, wurde die anstö&ige
Stelle in mehreren Handschriften geändert'); den älteren Ausgaben
aber liegt eine andere Handschrift zu Grunde, welche von keiner wit-
^) 1133 war er urkundlich Mönch.
s) Ob er gleich nach Heinrichs Tod (9. Oct. 1137) gew&hlt und ob nicht
ein Zwiespalt eingetreten ist , bleibt freilich zweifelhaft. Nach Gest. IV, 11
mufs er einige Zeit Abt von Morimund gewesen sein.
*) Wilmans vermuthet in Conradus Sacrista den Urheber.
208 ^' Staufer. { 4. Otto von Freising und seine Fortsetzer.
telsbachischen Hand berührt war. Doch ist sie dämm eben so wenig
frei von späteren Aendeningen; auch die Weifen nahmen an mehreren
Stellen der Chronik Anstofs und ihnen zn Liebe waren diese schon
froher vermischt worden, wie das von Wilmans nachgewiesen wor-
den ist.
Neben der Sorge f&r den änfseren Bestand seiner Kirche liefs
sich Otto auch ihre innerliche Erneuang ernstlich angelegen sein; er
reformierte die Klöster nnd stellte überall Zucht und Ordnung her^),
Yomehmlich aber brachte er die Freisinger Schule zu hohem Ansehen.
Es war die aristotelische Philosophie, welche er hier vorzüglich lehrte
und lehren lieDs als einer der ersten in Deutschland. Die Disputationen
der Pariser Scholastiker wurden durch ihn auch in Freising heimisch,
wie es sein Schüler Bagewin in seiner Todtenklage beschreibt'). Auch
die grammatischen Studien mit der darin vorwaltenden etymologischen
und mythologischen (Gelehrsamkeit, wie sie uns aus allen Commentaren
dieser Zeit entgegentritt, werden nicht vernachlässigt sein; wir finden
ihre Spuren häufig genug in Otto's Werken. Seine Sprache stellt ihn
den besten SchriftsteUern des Mittelalters zur Seite; doch fehlt es bei
ihm nicht an Soloecismen, wie er denn z. B. nach mittelalterlicher Weise
seu für et gebraucht.
Otto war natürlich als Bischof und Fürst des Eeiches, besonders
aber als Halbbruder des Königs Konrad und Oheim Friedrichs voll-
ständig eingeweiht in die wichtigsten Verhältnisse des Reiches und
der Begierung. Den König Konrad begleitete er auf seinem unglück-
lichen Kreuzzuge, scheint aber ihm nicht persönlich nahe gestanden
zu haben, vielmehr ihm zeitweise entfremdet gewesen zu sein'). Um
so mehr nahm er unter Friedrich an aUen bedeutenden Verhandlungen
Theil, und wirkte wo er konnte vermittelnd und versöhnend; bei dem
Vergleich 1156 mit Heinrich dem Löwen erwähnt er es ausdrücklich.
Der fanatische Eifer Bernhards von Clairvaux war nicht nach seinem
Sinn, und in dem ihn tief betrübenden Zerwürfhifs mit dem Pabst
gelang es ihm, einen Ausgleich herbeizuführen, in Augsburg 1158,
wo das Heer sich zum Feldzuge nach Italien sammelte. Otto, der sich
krank fehlte, erbat seine Entlassung, und begab sich zum Generalca-
^) So in SchefÜam, wof)ir er in einer Erweiterung des Epitaphs gepriesen
irird, bei W. Meyer, Theophilussage S. 16.
') Hujus in te studio Studium vigebat.
Qrata disceptatio plnres aeuebat
Ipse dedit strepere logieum tomultum.
Vgl. auch Wilmans S. 96 über die ihm bekannte voUst&ndigere Uebersetzung
des Aristoteles.
^) So Wilmans, dem freilich Grotefend widerspricht.
Otto Ton Freising. Sein Leben- und seine Chronik. 209
pitel seines Ordens. Anf dieser Beise besuchte er sein Kloster Mori-
mnnd, nnd hier starb er am 21. September 1158, nachdem er noch
Torher sein letztes Werk den Brüdern übergeben hatte mit der Bitte
darin zn ändern, was yielleicht in seinen Aeofsenmgen über die Lehre
des Gilbert von Foitiers jemandem Anstofs geben könnte.
Wir müssen es als ein besonderes Glück betrachten, dafs ein Manu
in solcher Stellnng, der zugleich so vollständig im Besitze der damals
erreichbaren Bildung war, es unternahm Geschichte zu schreiben.
Zwischen den Jahren 1143 und 1146 hat er seine Chronik yerfafst,
die er seinem Freunde Isiugrim, nach Wilmans einem Mönch von Wei-
henstephan, widmete. Sie unterscheidet sich wesentlich von allen Wer-
ken, die wir bisher zu betrachten gehabt haben, durch die vollständige
Beherrschung des Stoffes und die Verarbeitung desselben nach be-
stimmten Gesichtspunkten. Nur auf der Grundlage der grofsen chro-
nologischen Arbeiten der vorigen Periode, namentlich des Ekkehard,
den er am meisten (doch nur bis 1106) benutzt hat, war ein solches
Werk überhaupt möglich. Man nennt es gewöhnlich seine Chronik,
allein es ist keine Chronik und er selbst nennt es auch nicht so, son-
dern das Buch von den zwei Beleben (de duabus civitatibus). Seine
ganze Richtung ist weniger historisch als vielmehr philosophisch, was
sich aus seinem Bildungsgange hinlänglich erklärt. Er schliefst sich
unmittelbar an Augustin und Orosius an, deren Idee er wieder auf-
nahm. Seine Absicht ist, das Elend dieser Welt, der Babel, und die
Herrlichkeit des Kelches Gottes, des himmlischen Jerusalem, zu schil-
dern. Er will sie darstellen in ihre^ irdischen Vermischung, davon
handeln die ersten sieben Bücher, und das achte berichtet dann vom
Weltuntergang, von der Scheidung beider Welten nach der Auferstehung,
und von dem entgegengesetzten Ausgang beider^).
Otto verfafste dieses Werk zuerst in .der Zeit vor dem Kreuzzug
Konrads, als die Zerrüttung des Beiches durch die lange dauernden
und entscheidungslosen Parteikämpfe aufs äufserste gestiegen war, als
alles von Krieg und Fehden, von Baub und Brand erfüllt war. Dabei
fohlte sich Otto auch in seiner Betrachtung der Geschichte beengt
durch seine doppelte Stellung, einerseits als Mönch und Bischof, an-
dererseits als Fürst des Beiches und erster Bath des Königs. Auf
allen Seiten sah er nur gutes und böses unheilbar vermengt und den
Untergang der Welt nahe bevorstehend: nur die Frömmigkeit und die
Gebete der Mönche, meinte er, gewähren noch ein Gegengewicht gegen
die Schlechtigkeit der Menschen. ^
1) YgLhierEu Büdinger in v. Sybels Eist.* Zeitschrift YII, 117.
Wattenbach, Qeachiclitsquellen II. 4. Aufl. 14
210 ^* S^u^<Br. {4. OttoTon Freising und seine Fortaetzer.
Diese Auffassung beherrscht das ganze Werk, nnd die philoso-
phisch-theologische Behandlung des Stoffes ist durchaus als die Haupt-
sache zu betrachten, nicht die historische Forschung, wenn auch uns
der letzte Theil des Werkes nicht unwichtige Nachrichten darbietet,
und Otto keineswegs ohne historische Kritik verfahr. So erwähnten
wir schon, dafs er die Lflgenhaftigkeit der Leidensgeschichte des Erz-
bischofs Thiemo von Salzburg nachgewiesen hat; ebenso widerlegte
er die Fabeln im Leben des Pabstes Silvester (VI, 1) und verhehlt
nicht seine Bedenken gegen die berüchtigte Schenkung Constantins
(IV, 3). Auffallend aber ist seine Unsicherheit in Bezug auf die wich-
tigsten staatsrechtlichen Fragen der Zeit. Sein Bericht über das Wormser
Concordat von 1122 ist durchaus ungenau, und er scheint die Ansicht
zu theilen, dals nach einem besonderen Vorrecht im B()mischen Beiche
die Wahl der Fürsten allein, ohne Bücksicht auf Verwandtschaft, über
die Nachfolge entscheide. Es ist das ein einzelnes Beispiel unter vielen
von den schädlichen Folgen der grenzenlosen Nachlässigkeit, mit
welcher man das Beichsrecht der Vergessenheit anheim fallen liefs,
und auch die wichtigsten Beschlüsse und Gesetze in keiner authenti-
schen Sammlung aufbewahrte, während die Kirche nicht nur ihre Rechte,
sondern auch ihre Auspi-üche in den Sammlungen des canonischen
Rechtes jedem ihrer Mitglieder als unabänderliche Basis ihrer Stellung
stets gegenwärtig erhielt.
Nach der Vollendung der Chronik und der Heimkehr vom
Kreuzzug hat vielleicht Otto die Historia Austriaca geschrieben,
welche Lazius noch besessen haben soll, die aber leider spurlos
verschwunden ist. Gestt. I, 10 scheint er darauf Bezug zu nehmen
(Wüm. S. 92).
Die Chronik Otters verbreitete sich rasch, besonders im südöst-
lichen Deutschland. Zahlreiche Handschriften sind noch vorhanden,
und nachdem man früher nur den Abdruck einer einzigen wiederholt
hatte, ist nun von B. Wilmans auf umfassender Grundlage die erste
kritische Ausgabe hergestellt worden^). Sie wurde viel gelesen, von
^} Dabei ist zu bemerken, dafs sie lange vor dem Abdruck fertig gelegen
hatte, wodurch einige schon veraltete Citate sich erklären. S. 91 1. 39 ist in
dem Epit. t. 3 zu lesen : 8i proavi vel avi. 252, 36 volutati st. voluntati. 266,
35 imperatores und 257, 24 a Mediolanensibus, mit Cuspinian. 489, 2 quoniam
statt quum. SchefFer - Boichorst MG. 88. XXIII, 658 n. 55 bemerkt, dais Al-
brieus in seinen Citaten einen von unseren Handschriften abweicl^enden Text
hat. Gestomm II, 1 ist U. C. 1904 zu lesen, wie Grotefend 8. 26 bemerkt. —
Ueber 4en Bericht des ep. Gabulensis Chron. VII, 33 s. Fr. Zamcke, Comm.
in qua quis fuerit, qui primus presb. Johannes vocatus sit, quaeritur (Leipz.
Doctoren - Programm 1875); Bniun in d. Zeitsch. d. Berl. Ges. f. Erdkunde XI
(1876) 8.280.
Chronik und Oesta FriderieL 211
Compilatoren benutzt und aasgeschrieben, nnd hatte grofeen Einflufs
anf die Auffassnng der Geschichte. In dieser berührte sich Otto mit
den alten Chronisten der merowingischen Zeit; er selbst aber blieb
nicht dabei stehen, sondern wandte sich davon ab, als mit Friedrichs
Auftreten alles eine andere Gestalt gewann. Im Jahre 1157^) über-
sandte Otto seinem Neffen, dem Kaiser, auf dessen Wunsch durch
seinen Notar Bagewin und den Abt Bapoto von Weihenstephan die
Chronik, welche inzwischen einige Aenderungen und Zusätze erhalten
hatte, jedoch weder fortgesetzt noch in Hinsicht ihrer Grundgedanken
verändert war. Er schrieb dabei, dafis er sie in der Bitterkeit seiner
Seele verfafst habe, verleitet durch die trübe Zeit, welche Friedrichs
Begierung vorhergegangen sei'); jetzt aber, da der Friede hergestellt
sei, da eine bessere Zeit begonnen habe, sei er bereit auch diese zu
beschreiben, wenn der Kaiser es wünsche und wenn er ihm durch seine
Notare das Material dazu schicken wplle. Und Friedrich ging hierauf
wirklich ein; wir besitzen noch seinen Brief, in welchem er einen ge-
drängten üeberblick seiner Thaten an Otto sendet, um diesen in seiner
Geschichte weiter auszuführen. Wir können diesen Brief gewissermaßen
als den Text betrachten, den Otto seinem neuen Werke zu Grunde
legte, welches er aber nicht vor dem Sommer 1157 begonnen hat, dem
Buche von den Thaten des Kaisers Friedrich. Friedrich selbst
aber hat in seiner Urkunde vom 6. August 1167 über die Translation
des h. Bartholomaeus ein längeres Stück aus dem sechsten Buch
von Otto's Chronik als entscheidendes Zeugniis aufgenommen; er
nennt sie Annales praedecessorum nostrorum, catholicorum impera-
torum*).
In diesem Werke nun, welches als Geschichtsquelle vom höchsten
Werthe ist, giebt Otto im ersten Buche eine Uebersicht der Zeit seit
dem Beginn des Kampfes zwischen Kaiser und Pabst mit besonderer
Bücksicht auf das Geschlecht der Staufer. Dann berichtet er in chro-
nologischer Folge sehr ausfuhrlich über die ersten Jahre Friedrichs,
mit vollständiger Au&ahme wichtiger Actenstücke. Das thut er um
so lieber, da auch hier schon wieder Beibungen mit der päbstlichen
Curie zu berühren waren, und in solchen Fällen Otto es sorgfaltig ver-
') Nicht 1156, wie Hans Jungfer nachgewiesen bat: Untersuchung der
Nachrichten über Friedrichs I griecb. u. norm. Politik (Berlin 1 874) S. 45. Otto
besieht sich n&mlich dabei anf den Brief II, 30, der nach Vergleicbung mit
Wibaldi ep.'456 vom Apr. 1157 ist. Deshalb ist auch die Antwort sp&ter an«
cusetzen.
*) Ex amaritudine animae, nubilosi temporis quod ante tos fuit turbulentia
inductas.
*) Boehmer - Ficker, Acta Imperii Selecta p. 117.
14»
212 ^« Staufer. § 4. Otto toh Freiaing und seine Fortsetser.
meidet, eine entschiedene eigene Meinnng auszusprechen. An genauer
Eenntnifs des Gregenstandes konnte es Otto aber nm so weniger fehlen,
da er ja selbst an vielen Dingen Antheil gehabt hatte, und bei dem
wichtigsten Gregenstande von allen, die er zu berichten hatte, bei der
Beilegung des Zwistes mit Heinrich dem LGwen durch die Stiftung
des Herzogthums Oesterreich, welche die Grundlage von Friedrichs
Regierung bildete, war gerade Otto der Vermittler gewesen. Doch ent-
spricht die Darstellung nicht immer unserer Erwartung; ungenau ist
z. B. der Bericht über die Eönigswahl und über die Erhebung Wich-
manns zum Erzbischof von Magdeburg. Völlige Unbefangenheit dürfen
wir nicht verlangen, und es war jenen Zeiten sehr gelaufig, zu ver-
schweigen was zu berühren unangenehm war. Doch glaube ich Otto
gegen den Vorwurf absichtlicher und kunstvoller Verdunkelung der
Vorgänge in Schutz nehmen zu müssen; er hätte ja sonst das päbst-
liche Schreiben über Wichmanns Einsetzung nicht aufgenommen,
welches die üngenauigkeit seiner eigenen Darstellung erst erkennen
läfst').
Man darf nie vergessen, dafs ihm die Form, der Schmuck der
Darstellung, fast ebenso wichtig ist wie der Inhalt, und im höchsten
Grade seine Aufinerksamkeit in Anspruch nimmt; das zeigen uns die
so sorgföltig und kunstreich ausgearbeiteten Beden, welche unzweifel-
hafb von Otto herrühren, aber mit Benutzung der ihm zu Gebote ste-
henden Anhaltpunkte vortrefflich der Sachlage angepafst sind. Auch
er hat schon in gleicher Weise wie Bagewin Bedewendungen des Jo-
sephus benutzt').
Nur die Geschichte des Jahres 1156 vollendete Otto noch; er
nahm diese beiden ersten Bücher mit sich nach Morimund und übergab
sie hier bei seinem Tode zur weiteren Fortsetzung seinem Schüler und
Notar Bagewin, dem er den Anfang dictiert hatte und ji^r das volle
Vertrauen seines Herrn und Lehrers genofs. Vorgearbeitet aber hatte
1) Vgl. H. Grotefend: Der Werth der Gesta Frid. 0. ▼. Fr. f&r die Ge-
schichte des Reichs unter Friedrich 1 (Hann. 1870), wo das cweite Buch ein-
gehend geprüft ist. Qt, scheint mir in der bezeichneten Richtung zu weit zu
geheu, und verkennt auch, dafs es sich in Wichmanns Sache nicht um die
Versetzung allein, sondern darum handelte, ob fUr dieselbe hinlänglich gewich-
tige Gr&nde vorhanden waren. Sehr ungünstig &ufsert sich über das erste
Buch Giesebrecht IV, 396—398. Derselbe giebt S. 605 das VaUcimum Si-
byllae aus dem Prooemium nebst dem kürzeren Text des Chronogr. Corb. nach
^unebener Handschriften.
*) Nach freundlicher Mittheilung von Scbeffer-Boichorst, der als Beispiel II,
16 ^praeruptis undique prope interclusa rupibus" bei Jos. edd. Weber et Caesar
p. 188 nachweist.
Gesta FridericL Bagewin. 213
Otto bereits; er hatte yiele Actenstflcke gesammelt mid wohl anch
Aufzeichnimgen hinterlassen, die Bagewin yerarbeitete^).
In den Elostemenburger ürkmiden kommt, wie Wilmans nachge-
wiesen hat, in der Zeit jenes Opold, welcher für den jugendlichen Otto
die Probstei Tersah, ein Bruder desselben, Bilegrim, mit seinem Sohne
Buodewin vor. Ob dieser mit unserm Historiker identisch ist, wissen
wir nicht; aber die Herkunft des letzteren aus dieser Familie ist sehr
wahrscheinlich. Von unserm Bagewin, der Otto als seinen nutritor be-
zeichnet, möchte ich glauben, dafs auch er in der Pariser Schule seine
ausgezeichnete philologische Bildung sich erworben hat. Zeugnifs davon
giebt die von W. Meyer herausgegebene Bearbeitung der Theophilus-
sage in den künstlichen gereimten Hexametern, welche jene Zeit liebte').
Der Verfasser nennt sich am Schlüsse Badewinus; die Handschrift
stammt aus dem Eloster SchefUam'). üeber die persönlichen Verhält-
nisse des Autors erfahren wir hieraus nichts. Ergiebiger ist eine Te-
gemseer Handschrift, welche ein Gedicht enthält mit der üeberschrift:
Flosculus BAHEW. ad Ha. prep. d. i. an den Probst Hartmann, welcher
1133 den in Klostemeuburg neu eingeführten Begulierten Chorherren
vorgesetzt war, und 1140 Bischof von Brixen wurde. Der Verfasser
erscheint in einem innigen Verhältnifs zu dem Probste, der ihn unab-
lässig antrieb, die himmlischen Dinge in Verse zu bringen, um zu
zeigen, was er vermöge. Die erste Abtheilung ist rhythmisch, die
zweite in gereimten Hexametern. Auch andere Stücke enthält die
Handschrift, von ungenannten Verfassern, in welchen dieselbe Form-
gewandtheit und Vertrautheit mit den alten Dichtern sich zeigt. Am
merkwürdigsten ist ein an Nonnen gerichtetes Gedicht, dessen Ver-
fasser sich gegen diejenigen verteidigt, welche die classischen Studien
verwerfen, und den Metamorphosen Ovids mystische Deutung unter-
schiebt. Wenn er aber neben anderen ernsthafteren Ausführungen
u. a. sagt:
Quando nos vobis pacto sociamur amoris,
Haec sunt magnorum connubia sacra deorum,
so begreifen wir, dafs er es für besser hielt seinen Namen zu ver-
schweigen. Auch können wir denen nicht Unrecht geben, welchen die
^) WUmans im Arch. X, 147 schreibt Otto wohl einen zu grofsen Antheil
zu; TgL Grotefend S. 15.
') BadewinB Gedicht über Theophilus. Nebst Untersuchungen über die
TheophiluBsage und die Arten der gereimten Hexameter herausgegeben von
Wilh. Meyer aus Speyer. München 1873 (Aus den SB. der Akademie).
*) In einer Hb. aus diesem Kloster und in einer anderen des Klosters
Bein hat sich auch ein merkwürdiges Gedicht über die UnglücksfiÜle des
Jahres 1184 erhalten, gedr. KA. I, 186^194, TgL II, 386.
214 ^* Säufer. § 4. Otto ron Freising und seine Fortsetzer.
Beschäftigung mit Ovid fOr Nonnen bedenklich erschien^). Die ganze
Art dieses Verkehrs erinnert sehr an die Briefe einer Nonne, welche
uns ebenfalls in einer Tegemseer Handschrift erhalten sind').
Ob nnn auch hieryon noch etwas Bagewin znznschreiben ist,
wissen wir nicht; aber in einer Nachschrift zu dem oben erwähnten
Werke beklagt er sich, dafs die Oeschäfte des Hofes (curia) ihm keine
Mufse lassen, und ergiefst gegen diese Curia eine Fluth von Vorwürfen;
er schliefst mit den Versen:
Haec sunt quae faciunt, ut non sit curia curae.
Haec sunt, odisse cur illam debeo jure:
Sl tibi cura mei, cujus me subtrabe curae.
Ejus enim leges, pondus, juga perfero dure.
Fac ut qua teneor rumpas orando catenam,
Et meliora meam dabo ludere metra camenam.
Hier finden wir ihn also am Hofe; er sehnt sich nach der Stille
des Klosters zurück, aber vergeblich. Der Hof wird doch wohl der
bischöflich freisingische gewesen sein; hier finden wir ihn urkundlich
nachweisbar 1144 als cartularius, von 1147 an als Capellan und Notar
des Bischofs Otto. Hier heilst er gewöhnlich Bagewin, Beguin, Bache-
win u. s. w. Diese Formen waren dort geläufiger, und da er sich ihrer
in den durch seine Hand ausgestellten Urkunden selbst bedient, werden
wir auch wohl mit Wilmans gut thun, sie Yorzuziehen; übrigens legte
man auf dergleichen unterschiede damals keinen Werth, und in der
Widmung der Gesta nennt er sich Badewin. Nur die seit der ersten
Ausgabe gebräuchlich gewordene Form Badevicus beruht auf einem
Schi-eibfehler und ist zu verwerfen.
Bagewin also übernahm von sei^jiem sterbenden Bischof das be-
gonnene Werk, mit- dem Auftrag es fortzusetzen, und kehrte damit an
des Kaisers Hof zurück, welcher diesen Auftrag bestätigte. Noch einige
Zeit verweilte er am Hofe; dann begab er sich nach Freising, wo er
inzwischen, wie Wilmans nachgewiesen hat. Probst von St. Veit ge-
worden war; 1170 wird er noch als solcher genannt, 1177 war ihm
Konrad gefolgt.
Manches hatte Bagewin selbst erlebt und gesehen; aus der kai-
serlichen Kanzlei erhielt er Actenstücke und Nachrichten, andere von
S. hierüber meine Abhandlung in den Mflnchener SB. 1873 S. 685
bis 709, wo 8. 699 v. 123 jusum zu lesen ist, d. i. deorsum. Dieselbe Hand-
schrift enthält den sehr leichtfertigen poetischen Briefsteller des Matthaeus
Ton Venddme, Mfinch. SB. 1872 S. 561— 631.
S) Gedr. bei M. Haupt, Des Minnesangs Frühling, S. 221—224 (2^2, 7 1.
innitatur. 8 innitamur. 22 concnssio).
Ragewins Werke. 215
den Bischöfen von Bamberg, Freising und]%men, vom Erzbischof von
Salzburg, nnd mündliche Berichte betheiligter Personen yervoUstän-
digten das Material, welches er kunstvoll bearbeitete. Mit dem Jahr
1160 schlofs er seine Arbeit ab, und zwar nach dem Wortlaut in dem-
selben Jahr. H. Prutz^) hat freilich nicht unerhebliche Gründe für
eine spätere Abfassung geltend gemacht, allein er hat den Epilog über-
sehen, in welchem Bagewiu das fertige Werk nächst dem Kaiser auch
dem Kanzler Ulrich und dem Protonotar Heinrich überreicht. An diese
beiden ist auch der Prolog gerichtet; sie hatten ihm durch ihre Mit-
theüungen die Ausführung ermöglicht. Ulrich aber ist 1162 Bischof
von Speier geworden und schon 1163 gestorben. Dieser Gregengrund
scheint mir entscheidend zu sein, und wir müssen deshalb annehmen,
dafs die Imperfecta, in welchen HE, 14 von Bischof Hartmann von
Brixen, IV, 73 von Erzbischof Eberhard von Salzburg geredet wird,
nicht auf ihren erst 1164 erfolgten Tod schliefsen lassen.
Mit der Yierzahl der Evangelien will Bagewin das Werk ab-
schliefsen; es mochte ihm zu mühsam oder wegen des wachsenden
Kirchenstreits zu bedenklich geworden sein. Doch dachte er vielleicht
an eine Fortsetzung, da die kurzen Nachrichten von 1160 bis 1170,
welche unter dem Namen der Appendix zu seinem Werke bekannt
sind'), wohl mit Becht von Wilmans ihm zugeschrieben werden.
An philosophischer Tiefe mag Otto den Bagewin übertroffen haben,
aber keineswegis an den Eigenschaften, welche dem Geschichtschreiber
am nöthigsten waren; vielmehr ist Bagewin darin seinem Meister vor-
zuziehen, dafs er sich nicht durch philosophisch -theologische Gesichts-
punkte leiten läfst, sondern seine volle Aufoierksamkeit der Geschichte
unbefangen zuwendet, und kein anderes Ziel erstrebt als diese der
Nachwelt zu überliefern. In der Meisterschaft der Sprache und der
Darstellung aber ist kaum ein Unterschied zu bemerken. Als gleich-
zeitiger Bericht über die Geschichte der Gegenwart ist das Werk Ba-
gewins schwerlich übertroffen. Eine selbständige Meinung zu äuüsem
in dem jetzt heftig entbrennenden Streit zwischen Pabst und Kaiser,
vermeidet auch er, und verweist den Leser auf die in reicher Fülle
mitgetheilten Briefe, um daraus seine Ansicht sich selber zu bilden.
Wie Bagewin gearbeitet hat, das hat kürzlich H. Prutz vor-
trefflich nachgewiesen. Hatte man schon früher allerlei Anklänge an
Sallust und andere Autoren wahrgenommen, so hat nun H. Prutz
eine ganz außerordentliche Ausbeutung des Josephus in der Ueber-
1) Badewina Fortsetsang der Gesta Friderici, Danzig 1873. Die S. 48
Termifste Stelle Liudprands ist I, 37, wie Dftmmler bemerkt.
*) MG. SS. XX, 491—493.
216 ^* Suufer. § 4, Otto ron Freising^ und seine Fortsetser.
Setzung des Bufinus ans Licht gebracht, ein Verfahren, zu welchem
ihm, wie wir vorher sahen, sein Meister das Vorbild gegeben hatte,
wenn nicht vielleicht Bagewin auch an dem frühem Theile schon mit-
gearbeitet hat. Ganze Seiten sind fast wörtlich abgeschrieben. Aber
doch nur fast wörtlich: sorgsam ist geändert, was zu den veränderten
Zuständen nicht pauste. Und wenn nun hieraus der SchluCs gezogen
wird, dals die Berichte werthlos seien, so kann ich dem in kdner
Weise zustimmen. Schon I, 146 habe ich mich in Betreff Angilberts
dagegen ausgesprochen, und doch hatte Angilbert sich durch die
Versnoth verleiten lassen, auch die Hafenbauten aus der Beschreibung
Carthago's herüber zu nehmen. Dergleichen kommt bei Bagewin nicht
vor, und wenn man darin wohl einig ist, Einhard trotz seiner von
Sueton entlehnten Phrasen für glaubwürdig zu halten, so werden wir
für Bagewin denselben Anspruch machen dürfen. Ganz anders liegt
die Sache, wenn, wie in der Vita Mathildis (I, 275) ein älteres Werk
erst später aufgeputzt ist, und handgreifliche Mifsgriffe vorkommen.
Dafs den Beden auch bei Bagewin geringe Autorität zukommt, ver-
steht sich von selbst.
Auch die Chronik Otto's fand einen würdigen Fortsetzer an Otto
von St. Blasien, der sie in annalistischer Form bis 1209 weiter
führte^). Doch läfst er sich durch diese Form nicht fesseln, sondern
bewegt sich frei und leicht in seiner Darstellung und fafst das gleich-
artige zusammen. Er schliefst sich völlig an Otto*s Weise an und
kommt wie dieser im Ausdruck den antiken Schriftstellern ziemlich
nahe; es ist nicht ungeschickte Nachahmung, nicht die Aufiiahme
einzelner entlehnter Bedeweisen, sondern ein durchgebildeter Stil,
welcher eine gründliche und sorgfältige Beschäftigung mit dem römischeu
Alterthum erkennen läfst. Keineswegs aber ist es zufallig und blofs
äufserlich, wenn die Schriftsteller dieser Zeit, so weit es ihnen möglich ist,
von den Kaisern in der Weise der alten Autoren berichten, und die Kaiser
selbst in ihren Erlassen die Formeln Justinians wieder zur Anwendung
bringen; es hängt das vielmehr innig zusammen mit der damals gerade
besonders lebhaft wieder hervortretenden Vorstellung, dafs das römische
Beich deutscher Nation sich unmittelbar der Herrschaft der alten
Cäsaren anschliefse, einer Idee, die vorzüglich von der Juristenschule
Italiens genährt wurde und die Chronisten ohne Ausnahme erfüllte,
üebrigens versteht Otto von St. Blasien es vortrefflich, die Ereignisse
kurz und übersichtlich zusammen zu fassen, das wesentliche überall
^) Nene Ausgabe ron B. Wilmans SS. XX, 302—334. Die ebenda an-
gehängte weitere Fortsetzung ist fast ganz aus Martinus Polonns entlehnt.
Bagewin. Otto Ton Sanet Blasien. 217
herTorznheben; er bewahrt dabei eine ruhige und parteilose Objecti-
yität, aus der er nnr selten heranstritt. Dies konnte ihm nm so eher
gelingen, da er den Ereignissen, welche er beschreibt, schon ziemlich
fem stand, denn er hat sein Werk erst nach 1209 im Zusammenhang
verfabt. An schriftlichen Quellen haben ihm die Gesta Friderici yor-
gelegen, welche er Otto Ton Freising zuschreibt, ohne Bagewins Antheil
zu beachten, und nach H. Thomä*s Ansicht bei 1198 dieselbe gleich-
zeitige Strafoburger oder Elsasser Quelle, welche auch in den sog.
Marbacher Annalen zu erkennen ist. Doch zeigt sich schon hier, und
noch mehr, wo er nur auf Hörensagen angewiesen ist, eine leichtfertige
Ungenauigkeit, und namentlich in der Chronologie ist er ganz unzu-
yerlässig. Yarrentrapp in seiner Dissertation über Christian yon Mainz
(Bonn 1865), Toeche in den Jahrbüchern Heinrichs VI, und am ein-
gehendsten Heinrich Thomä^) haben ihm zahllose Fehler nachgewiesen.
Doch möchte ich nicht mit Thom& willkürliche Erdichtung annehmen.
Dieser ganzen Bichtung stand die gefällige Darstellung höher als die
Genauigkeit in Einzelheiten. Die geistliche Auffassung fehlt natürlich
auch bei ihm nicht ganz, aber yon dem zelotischen Geiste der alten
Sanctblasianer ist nichts mehr bei ihm zu bemerken; auch er ist wie
Otto durchdrungen yon der Nichtigkeit alles Irdischen, beschränkt
sich aber mehr als dieser auf die einfache Darstellung der Thatsachen.
Das Kaiserthum steht ihm überall im Vordergrund, die Geschichte des
Kaiserthums ist eben sein Gegenstand, und selbst das Pabstthum tritt
bei ihm dagegen in auffallender Weise in den Hintergrund. Obgleich un-
yerkennbar staufisch gesinnt, achtet er doch auch in Otto schon den
künftigen Kaiser, und nachdem dieser nach Philipps Tod yon den
Fürsten anerkannt ist und sich mit den Staufem ausgesöhnt hat, be-
richtet er auch yon ihm in gleicher Weise wie yon seinen Vorgängern.
Bei Otto*s IV Kaiserkrönung aber endigt seine Chronik, sei es dafis
er an der Vollendung yerhindert wurde, oder dafs er die neuen Ver-
wickelungen und Wirren darzustellen sich scheute. Denn gestorben
ist er nach XJssermann erst am 23. Juli 1223, nachdem er im Jahre
zuyor Abt yon St. Blasien geworden war').
Wir wollen hier auch der kurzen Erzählung yon den Anfängen
des Deutschen Ordens gedenken, welche yon Dudik entdeckt, und
>) Die Chronik des Otto Ton St. Blasien kritisch antersucht, Leipz. Diss.
1877. Darin ist S. 11 auch eine Untersuchung Qher die eigenthftmlich unge-
naue Verwendung des Namens I)frenaeus in damaliger Zeit.
*) Seine Autorschaft ist nicht ganz sicher bezeugt, doch wohl kaum zu
bezweifeln. Gründe fllr die Abfassung in St. Blasien Forsch. XI, 488, u. bei
Tnom&« • • *. ^*
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218 ^' 8tAufer. $5. Ligurinaa.
nach der Untersuchung von M. Perlbach zwischen 1204 und 1211
in Accon von einem Ordensbruder yerfafst ist^).
§ 5. Ligurinus.
DAmge. Oantheri Poetae Ligarinn«, Heydelb. 181S. A. Pannenborg: Ueb«r den Ligu-
rinas. Forsch. XI, 161—300. Watteabaeh: Die Ehrenrettung des Ligurinus, Hist.
Zeitsohr. XXVI, 386 — 400. Dissertation critiqae sur le Poeme latin du Ligurinus,
attribne k Günther. Par Gaston Paris. Paris 1872. Ans. y. Watt, im Centralbl.
1878, 997. A. Panoienborg: Magister Guntherus u. seine Schriften, Forseh. XUI,
886-884. G. Paris, Kerne erit. 1873 II, 88—88.
Das aulserordentliche Gewicht, welches man im zwölften Jahr-
hundert auf eine nach classischen Mustern sorgfaltigst ausgearbeitete
Form legte, ist durch die werthvolle Untersuchung von H. Prutz recht
schlagend dargelegt. Die Freude an poetischer Form und die Gewandt-
heit in der Handhabung derselben, zeigen sich in äuTserst zahlreichen,
grofsentheils noch ungedruckten Werken. Ein sehr merkwürdiges Bei-
spiel davon gewährt uns der Ligurinus, ein Heldengedicht über die
Thaten des Kaisers Friedrich bis 1160, in welchem die Gesta Friderici
mit grofser Genauigkeit und einigen Ausschmückungen in Verse ge-
bracht sind. Das Epos, welches in 10 Büchern 6576 Verse umfafst,
wurde von dem unbekannten Dichter 1187 in kurzer Zeit vollendet,
um die Gunst des Kaisers und seiner Söhne zu gewinnen, als eben
durch die Vermählung des Königs Heinrich mit Constanze von Sicilien
sich neue glänzende Aussichten für das Kaiserhaus eröffneten. Kurz
vorher hatte er dem Prinzen Konrad ein anderes Epos unter dem
Titel Solymarius überreicht, welches die Thaten der ersten Kreuz-
fahrer feierte^). Sein neues Werk benannte er nach Ligurien, als
dessen Haupt er nach Otto's von Freising Vorgang die Stadt Mailand
betrachtete, deren Besiegung den Inhalt seiner Dichtung vorzüglich
ausmachte.
Nirgends findet sich dasselbe im Mittelalter erwähnt; es war
völlig unbekannt, bis Konrad Celtis im fränkischen Kloster Ebrach
die Handschrift fand, und seine Augsburger Freunde es 1507 drucken
lieüsen. Freudig begrüfst und viel benutzt, wurde es 1737 von Sencken-
*) Forsch. XIII, 387—392. De primordiü orcUnis Thetttonici narraüo^
ed. Toeppen, SS. Berum Pruss. I, 220 — 225. In den theilweise gereimten
Hexametern S. 221 ist, da Elision damals nicht vorkam, v. 2 zu lesen: Omnia
pro Christo dum linquere, u. v. 7 fata subit. Die Verl&ngeriing in der Pen-
themimeris war g^z gewöhnlich.
') Fragmente in der Coelner Gymnasialbibliothek, welche mit ziemlicher
Sicherheit diesem Epos zugesohrieben werden kOnnen, sollen n&chstens veröffent-
licht w^rd^n.
LigurinuB. 219
berg für nnecht erklärt, nnd wenn es aach niemals ganz an Wider-
spruch gefehlt hat, so hatte sich doch bis vor kurzem die Meinnng
festgesetzt, dafs der Ligarinns eine humanistische Fälschung sei. Dazu
bewogen vorzflglich zwei Wahrnehmungen. Erstlich fand man sachlich
fast nichts darin, was nicht auch in den Gesten steht. Auch ein
späterer Fälscher hätte deshalb, wie man meinte, den fertig vorlie-
genden Stoff in poetische Form bringen können; ein Zeitgenosse aber
würde doch wohl etwas mehr Rflcksicht auf die inzwischen yerflossene,
inhaltreiche Zeit genommen haben. Noch bedeutender erschien das
zweite Bedenken, nämlich die fOr einen Dichter des zwölften Jahr-
hunderts zu reine Sprache, die fast tadellosen Verse.
Dieser damals herrschenden Ansicht trat 1870 A. Pannenborg
mit einer Abhandlung im elften Bande der Forschungen entgegen.
Gleichzeitig und völlig unabhängig war auch Gaston Paris in dem
damals belagerten Paris auf dieselbe Ansicht gekommen, welche er
im Jaüuar 1871 der Academie vortrug, und mit einem zweiten Theil,
der auf Pannenborg's Abhandlung Bflcksicht nahm, 1872 veröffent-
lichte. Auf die BeweisfQhrung selbst einzugehen, können wir hier im
Hinblick auf die oben angeführten Schriften unterlassen; es genügt
zu sagen, dafs die Giünde vollkommen überzeugend sind, und nirgends
Widerspruch gefunden haben. Vorzüglich eingehend hat A. Pannen-
borg nachgewiesen, dafs Sprache und Versbau allerdings dem aus-
gehenden zwölften Jahrhundert vollständig entsprechen. Man liebte
damals freilich sehr die mannigfaltig gereimten und auf verschiedene
Weise verkünstelten Hexameter, allein man wufste doch recht gut,
dafs im Alterthum andere Regeln gegolten hatten, und für die Beo-
bachtung derselben finden sich auch andere Beispiele. Ebenso ist die
Versificierung eines fertig vorliegenden Stoffes, ohne auf sachliche Zu-
thaten Anspruch zu machen, seit dem sogenannten Poeta Saxo häufig
vorgekommen, und galt für eine hervorragende und verdienstliche
Leistung; Walther von Chätillon, Joseph von Exeter, Aegidius von
Paris, Wilhelm Britto, bieten vollkommene Seitenstücke; auch einer
Versification der Geschichte vom ersten Kreuzzug wurde schon oben
{S. 135) gedacht. In Frankreich ist damals diese Kunst in lebhafter
üebung gewesen, und man hat es da zu einer sehr sicheren Be-
herrschung der Form gebracht; französische Schulen wird auch der
Dichter des Ligurinus besucht haben.
Wir haben also damit ein leichtfertig hingegebenes Werk der
Stauferzeit wiedergewonnen; der Dichterkrone Deutschlands ist, wie
G. Paris sich ausdrückt, ein Kleinod zurückgegeben, dessen es sich
verblendeter Weise selbst beraubt hatte.
220 ^* Staufer. { 5. Lignrtnus.
Nicht ganz fehlt es anch dem Inhalt an Znthaten; der Dichter
hat freilich von den Ereignissen selbst keine eigene Eenntnifs, aber
er scheint doch Italien zu kennen; er kennt den groOsen Kaiser, seine
Sohne nnd sein Heer, and seine Schildemngen sind deshalb nicht ohne
Werth.
Pannenborg hatte den Dichter für einen Italiener gehalten, hat
aber auf meine nnd Paris' Einwendungen seine Meinung geändert,
nnd auf Anzeichen hingewiesen, welche denselben dem südwestlichen
Deutschland zuweisen.
Bäthselhaft bleibt, wie die ersten Herausgeber auf den Namen
Günther geriethen, der sich nicht auf dem Titel, sondern nur in
der Unterschrift findet. Die scheinbar frühere Erwähnung bei Nau-
clerus beweist nichts, weil das Manuscript desselben 1516 von Me-
lanchthon umgearbeitet wurde; eine vermeintlich ältere Ausgabe von
1501 giebt es nicht. Während nun Paris und ich der Meinung sind,
dafs der Name auf einer Yermuthung beruhe, und dafe der Dichter,
welcher noch gröfsere Werke im Sinne hatte, wohl bald gestorben
sein möge, weil eine weitere Spur von ihm nicht aufzufinden ist, hat
Pannenborg die Ansicht aufgestellt, dafs doch der Ebracher Codex
eine Unterschrift mit dem Namen des Verfassers enthalten habe,
welche man nur anfangs übersah oder nicht richtig verstand. Und
diesen Günther glaubt er aufgefunden zu haben in einem Mönche des
Cistercienserklosters Pairis oder Paris bei Sigolzheim im Elsafs.
Es hat nämlich dieser Günther auf den Wunsch seines Abtes
über den vierten Kreuzzug geschrieben^). Der Abt Martin hatte nicht
nur den Kreuzzug mitgemacht, sondern auch aus Gonstantinopel sehr
werthvoüe Beliquien für sein Kloster mitgebracht. Hierüber vorzüglich
berichtet Günther im Jahre 1206 oder 1207, und theilt dabei über
das ganze Unternehmen nach der Erzählung seines Abtes sehr schätz-
bare und aus eigener unmittelbarer Kenntnifs geschöpfte Nachrichten
mit. Darstellung und Schreibart sind vortrefflich. Die Unterschrift
belehrt uns, dafs Günther Scholasticus gewesen, dann aber Mönch ge-
^] Guntheri Historia ConsttmHnopoUtana in Canisii Antt. Lectt. Y, 2,
355—393. IV, I— XXII, ed. II. Migne CCXII, 222 ff. vgl. Pannenborg Forsch.
XIII, 233. 324—326. Neue Ausg. vom Grafen Paul de Riant: Guntheri Ale-
manni scholastici de expugnatione urbis Constantinopolitanae liber, Generae
1875. Burchard von Ursperg und Otto von St. BUÜsien benutzten sie nach
Pannenborg, S. 329 — 331, aber Thom& findet es bei Otto unbegrfindet. Uebri-
gens Tgl. L. Streit, Commentatio de auctoribus quartae sacrae expeditionis,
Puibus 18ß3. C. Xlimke, Die Quellen zur Gesch. d. 4. Kreuzzuges, Bresl. 1875.
L. Streit, Beitr&ge zur Gesch. d. 4. Kreuzzuges, Anklam 1877, 4. G. Hanotaux:
Les Yönetiens ont-ils trahi la chrötientö en 1202? Revue bist. IV, 74—102.
LigarinuB. Günther. 221
worden sei. Später wurde er noch Prior, nnd Terfafste ein Werk
ascetischen Inhalts^), ans welchem sich einige Eenntnifs seiner Persön-
lichkeit gewinnen lälst. Er war ein gelehrter Grammatiker, der viel
gelesen hatte, doch zeigt die Erw&hnnng der Sappho nnd des Menander,
dafs ihm anch nicht alles, was er anführt, wirklich hekannt ist. Der
Weltinst scheint er sich nach der Weise der yomehmen Weltgeistiich-
keit ziemlich rückhaltlos hingegehen zn hahen; jetzt will er seine
Seele retten, kann aber die überstrenge Elosterzucht schwer ertragen,
nnd leidet an Kopfweh').
Kein Wort weist darauf hin, dafs er einst gedichtet habe. Wenn
nnn Herr Pannenborg ans einigen übereinstimmenden Ausdrücken die
TJeberzeugung gewonnen hat, daHs von demselben Verfasser anch die
Historia Peregninomm nnd der Lignrinns geschrieben sein müssen, so
haben weder Paris noch ich uns von der Bichtigkeit dieser Ansicht
zn überzeugen vermocht. Die ganze mittelalterliche Latinität bildet sich
nach einem ziemlich beschr&nkten Kreise yon Vorbildern, nnd dafs mau
da in den Ausdrücken für ähnliche Dinge oft anf gleiche oder ähnliche
Worte verfällt, ist sehr natürlich. Die Folgerungen, welche ans solchen
Aehniichkeiten gezogen werden, sind nicht selten übereilt, und schon
mehr als einmal ist davor gewarnt worden. In diesem Falle zeigt die
Historia Peregrinorum in der ganzen Behandlnng einen völlig ver-
schiedenen Stil, nnd auch Pannenborg hat sie schon fallen lassen,
während er dagegen (Forsch. XIV, 185—206) an den Namen Günther
für den Autor des Lignrinns festhält, und die Identität desselben mit
Gnnther von Paris durch den Nachweis übereinstimmender Ausdrücke
zn sichern sucht.
Gänzlich verklungen ist leider das altdeutsche Epos anf Kaiser
Friedrich, dessen nur Budolf von Ems gedenkt:
diu maere
wie der edel Stoufaere
der Keiser Friderich verdarp,
und lebende höhez lop erwarp*).
Dagegen ist neu aufgefunden eine epische Behandlung der Lom-
bardiBchen Kriege Friedrichs in c. 3600 Versen, mit grofser formeller
'Gewandtheit und sehr genauer Sachkenntnifs, vielleicht von einem
^) De oratione, jejnnio et elemosyna, BasiL 1607, Migne CCXII, 25 (F.
*) Der Kur Yergleiohang Forsch. XIII , 279 angesogene Conr. de Kirkke
maffl Tiel jünger sein als 1166, wo solche H&ufung kirchlicher Aemter noch
nicht Torkam.
S) J. Grimm, Gedichte auf Friedrich I, Abh. d. Berl. Aoad. 1843 S. 145
.bis 153. Kl. Schriaen III, 3—12.
222 V. Staufer. { 6. Gotfried v. Viterbo.
eifrig kaiserlich gesinnten Italiener yerfafst^). Ein Carmen de potentia
Friderici imperatoris schreibt Joh. Butzbach dem Henricns panper
Septimellensis ans Toscana zn'); vielleicht ist es dieses.
Eine, wie es scheint, gleichzeitige Klage um den Tod des Kaisers
in Distichen, hat Biezler in den Forschungen X, 126 mitgetheilt.
§6. Gotfried von Viterbo.
Archiv VII, 659—696 (1889). Waits ib. XI. 899—888 (1868). Godefridi Vit. Cannen de
Gestif Friderici ia lUli», ed. Fioker, Innsbr. 1868. H. Ulmann, G. t. Viterbo, 66tt.
Dias. 1868. Waitz über die Gesta, Gott. Naehr. 1866 S. 979—998; Aber daa Spe-
eiilam Regam 1867 S. 4 — 17. Opera ed. G. Waitz, MG. S8. XXII, 1—888 (1879),
Sep.-Abdr. der Geata Friderici et Heinriei VI. Rec. Ton P. Scheffer- Boichorst, Hiat.
Zeitacbr. XXIX, 441—446.
Otto von Freising, Bagewin, Otto von St. Blasien bezeichnen den
Höhepunkt mittelalterlicher Historiographie; wir finden bei ihnen eine
durchgebildete, den Fesseln der Schule entwachsene Sprache'), freie
Beherrschung und Anordnung des Stoffes nach höheren Gesichts-
punkten, und die Grundlage einer umfassenden gelehrten Büdung,
welche ihrer Auffassung Sicherheit und Bestimmtheit verleiht, und
mit eigener reicher Erfahrung verbunden sie befähigt, Mch weit über
das Gebiet der blofsen Compilation und Berichterstattung zu erheben.
Wir werden noch einige Werke zu nennen haben, welche sich diesen
anreihen, aber während dann in Frankreich und Italien eine fort-
schreitende Entwickelung sowohl der Historiographie als der gelehrten
Bildung überhaupt zu beobachten ist, finden wir in Deutschland einen
unverkennbaren Bückschritt. Die Kunst der Darstellung und die histo-
rische Kritik verschwinden fast ganz, und wenn auch hin und wieder
recht gute Aufzeichnungen der Zeitgeschichte zum Vorschein kommen,
so fehlt ihnen doch, was bei der Zerstückelung des Beiches nicht aus-
bleiben konnte, die üebersicht der allgemeinen Geschichte, sie sinken
zu blofsen Localchroniken herab und sind doch andererseits auch auf
diesem Gebiete mit den ähnlichen Leistungen der Italiener nicht zu
vergleichen.
1) Anfang Inclita fert animus, Dehio fand es in einem cod. s. XVI. der
Bibl. Trirulsiana in Mailand. Den Cod. Ottobon. 1463 b, welchen Bethmann
vergeblich sachte (Arch. XII , 366) hat Herr Prof. Emesto Monaci gefunden.
Ueberschrift: ^Gesu per imp. Federichum Barbam nibeam in partibus Lum-
bardie et Italie.''
>) Bei Boecking, Opera U. Hutteni VII, 389.
') Ich halte daran fest trots der jetzt nachgewiesenen mühsamen Mosaik-
arbeit Bagewins, weil sein Froduct den Eindruck freier Darstellung macht,
gan£ anders als s. B. Heriger.
Ootfried toh Viterbo. 223
Einen anJüser ordentlichen Gontrast bildet sogleich Gotfried von
Viterbo zn Otto von Freising, dem er sich zunächst anschliefst,
und dem wir ihn deshalb anch hier anreihen wollen.
Gotfried war allem Anschein nach von deutscher und zwar von
s&chsischer Abkunft, denn die Sachsen lobt er Tor allen anderen^),
und mit der Verherrlichung des Erzbischofs Wichmann Ton Magde-
burg schliefst er sein Gedicht Aber die Thaten des Kaisers Friedrich;
ihn für einen Italiener zu halten ist kaum möglich, wenn er auch
durch langen Aufenthalt in Italien yon italienischer Schreibart manches
angenommen hat. Gelernt hat er sein Latein in Bamberg, wohin ihn
Kaiser Lothar der Sachse brachte. Vermuthlich stand seine Familie
im Hofdienst, und dadurch wird sie auch nach Viterbo gekommen sein,
wo Gotfried, sein Bruder Werner und dessen Sohn Beimbert, mitten
auf ihrem Allod zu des Kaisers Ehren eine Pfalz erbauten; diese gab
ihnen der Kaiser, indem er Erstattung der darauf verwandten Kosten
versprach, imOctober 1169 zu Lehen; nur die Aufriahme daselbst bei
persönlicher Anwesenheit behielt er sich vor, und die Beherbergung
seiner Gesandten, doch ohne Kosten'). Diese Verbindung, welche
sich aus den damaligen Verhältnissen leicht erklärt, kann vielleicht
schon vor Gotfrieds Geburt geknüpft sein; aber die deutsche Herkunft
der Familie ist wohl nahezu unzweifelhaft. Scheffer-Boichorst führt
auch eine Urkunde aus Viterbo an, welche daselbst 1158 durch die
Hand Werners des Deutschen ausgestellt ist. Schon 1153, wo er
zuerst urkundlich erwähnt wird, heifot Gotfried von Viterbo.
Der Schule zu Bamberg bewahrte Gotfried ein dankbares An-
denken; er preist Stadt und Bisthum: auf dem ummauerten Domhügel,
sagt er, wohnen abgesondert nur Cleriker, und niemand redet da etwas
anderes als Latein'). Nachdem er ausreichend unterrichtet war —
dafs er noch andere Schulen besucht habe, erwähnt er nicht — kam
er an den Königshof, und wurde König Konrads Caplan; fast 40 Jahre
war er Kaiser Friedrichs Caplan und Notar, und seine treuen Dienste
werden in der angefQhrten Urkunde rühmend hervorgehoben und be-
lohnt. Zu thun hatte er genug: nicht nur Messe zu lesen, sondern
^) Gesta Frid. v. (171 if., wo 1174 das Comma zwinchen (h)orrea und
triticea su Btreichen, und 1197 periit su lesen ist.
*) Urkunde bei Ficker, Forschungen zur Beichs- und Bechtsg^eschichte
Italiens IV, 186. Vgl. Scheffer- Boichorst 1. c. S. 443 ftkr die deutsche Abkunft,
gegen Waits, der G. für einen Italiener h< auch Dümmler im Centralbl. 1865
Sp. 601.
>) Pantheon XIIII, 32. 33. S. 240. Durch Ulmann hatte ich mich früher
zu der unstatthaften Annahme verleiten lassen, dafs in ganz Bamberg nur La-
tein gesprochen sei.
224 ^* Staufer. § 6. Gotfried t. Viterbo.
anch fortwährend f&r die mannigfaltigen Anforderungen des Hofhaltes
Sorge zn tragen; bald mabte er bei Bechtsgeschaften thätig sein,
Briefe nnd Urkunden dichten (wie man damals sagte), bald für die
Unterbringung von Gästen sorgen, nnd noch obendrein die nöthigen
Einkünfte selber eintreiben, wie er das so anschaulich schildert in der
Widmung der Memoria Saeculorum (S. 105). In besonders freundschaft-
lichem Yerhältnifs finden wir ihn zu dem heranwachsenden Heinrich VI,
welchem er dieses und andere Werke widmete, als einem layco mode-
rate phäoaophanH, Das war eben nach der Ansicht der Zeit die Auf-
gabe des Laien, mit Moderation zu philosophieren, d. h. sich wohl eine
Xenntnils auch gelehrter Dinge zu verschaffen, aber die schwierigeren
Fragen der Schule nicht anzurflhren ^). Friedrich I lieCs alle seine
Kinder mit der gröfsten Sorgfeilt erziehen und unterrichten'), und
Gotfried wird wohl auch etwa^ mitgeholfen haben, obgleich wir ihn
als eigentlichen Prinzenlehrer nicht betrachten dürfen. Das würde
er nicht verschwiegen haben, und er hatte auch keine Zeit dazu. Sehr
häufig wurde er mit Sendungen in ferne Länder beauftragt; nach seiner
eigenen Angabe (S. 105, a. 1185) einmal nach Sicilien,, dreimal in
die Provence, einmal nach Spanien, häufig nach Frankreich, nach Rom
aber gar vierzigmal von Deutschland aus. Urkundlich erwähnt finden
wir ihn zuerst am 23. März 1153 zu Constanz, wo er als königlicher
Oaplan unter den Zeugen des mit dem Pabste abgeschlossenen Ver-
trages vorkommt; ebenso ist er unter den Zeugen des 1155 noch in
der Lombardei mit Adrian IV abgeschlossenen Vertrages '). 1162 war
er mit dem Kaiser in Burgund; 1167 nahm er wieder Theil an dem
anfangs so glänzenden italienischen Feldzug, dem durch die furchtbare
Pest dieses Jahres ein trauriges Ende bereitet wurde; später, wir
wissen nicht wann, gerieth Gotfried in die Gefieuigenschaft des Mark-
grafen von Montferrat^). Auch in den Jahren 1174 bis 1178 ist er
wieder in Italien gewesen; er war Canonikus zu Pisa und zuLucca^),
*) Darauf sucht noch Kunrad S&ldner den Augsburger Patrider Sigismund
Gossembrot zu beschränken, aber im Zeitalter der Humanisten waren die alten
Schranken nicht mehr festzuhalten. Wattenbach, Sigismund Gossembrot als
York&mpfer der Humanisten, in der Zeitschr. f. Gesch. des Oberrheins XXV,
S6— 69.
') „Liberos suos omnes litteris apprime erudiri fe'cit.'' Otto de S. Blasio
c21.
*) Huillard - BrehoUes , Rouleaux de duny p. 54. B. Detloff, Der erste
Bdmerzug £. Fr. I (Gott. 1877) S. 29 u. 82 bemerkt dieses gegen die Annahme
Ton Ulmann u. Waitz, dafs G. auf dem Feldzug von 1155 nicht zugegen war,
und setzt den Abschlufs des Vertrages trotz des Kaisertitels in d. Jan. 1155.
♦) Pantheon XXIV, 12 p. 271.
») Stumpf 4242. 4243; vgl. Scheffer- Boichorst 1. c. S. 443.
Leben Ootfrieds yon Yiterbo. 225
hielt sich aber in seinem Alter dauernd in Yiterbo auf nnd hat da
auch seine letzte Schrift yerfaCst, das Pantheon, von dem er ansdr&ck-
lieh sagt, da& es in der Pfalzkirche zn Yiterbo Tollendet sei. Er lobt
den Ort sehr wegen seiner angenehmen nnd gesunden Lage, den alten
Dienern des Kaisers diene er zur Erholung von ihren Anstrengungen ;
aber er klagt zugleich, dafs nicht besser für sie gesorgt werde ^).
Ben Titerbiensem galt er augenscheinlich als ein groHser Dichter; er
Yerfafste för sie die Verse, welche sie unter Heinrichs YI Eegierung
auf ihre neugebaute Porta Sonza setzten^).
Buhe und litterarische Mufse hatte Gotfried auch 1185 noch nicht
gefunden. Wir entlehnten schon einige Angaben der Schilderung,
welche er in der Widmung seiner Memoria Saeculorum von der Mühsal
seines vielbewegten Lebens entworfen hat, um die Kritik zu entwaffnen.
Bald in einem Winkel der Kaiserpfalz schreibend, bald auf der Reise
Yom Pferde steigend und f&r kurze Zeit im Schatten eines Baumes
ruhend oder in einem Walde sich bergend, im Heere vor einer be-
lagerten Burg liegend, von Gefahren umgeben, so hatte er das Buch
zu Stande bringen müssen. Er selbst findet es sehr wunderbar, dafs
es ihm doch so schön gelungen sei. Frage man ihn aber, woher er
denn das alles genommen habe, so erwiedere er, dafs er vierzig Jahre
lang in allen Beichen und Kirchen, wohin er nur gekommen sei, die
Bücherschätze durchmustert und alle Blüthen daraus gesammelt habe.
Auch Griechen, Sarrazenen, Perser und Armenier kamen häufig als
Gesandte an den Hof des Kaisers und des Pabstes; sie haben ihm
viel erzählt und zuweilen auch Schriften mitgetheilt. Bei solcher Ent-
stehung ist es nun wohl nicht zu verwundern, wenn Gründlichkeit und
Sauberkeit in Gotfrieds Schriften fehlen, und wenn wir dagegen allerlei
Sagen und Fabeln darin finden. Gar wunderbar und wenig ansprechend
ist auch die Form, indem er immer auf zwei Hexameter einen Penta-
meter folgen läfst; die Metrik ist darin nicht minder nachlässig und
willkürlich behandelt als die Grammatik. So verarbeitete er, wie
Scheffer-Boichorst sich ausdrückt, auf dem poetischen Hackbrett die
ganze Weltgeschichte.
Um 1183 verfa£Bte Got&ied für den jungen König Heinrich das
Speculum Regum, worin er, von der Sündfluth anhebend, den gemein-
samen Ursprung der Bömer und der Franken durch die Trojaner nach-
weist, und die Vereinigung beider Zweige in Karl dem Grofsen, nebst
den Thaten ihrer Könige bis zu Pippins Krönung. Er wiU vorzüglich
») Gesta Friderici t. 145—160.
s) Waitz, Praef. p. 2 n. 29. Le Croniehe di Yiterbo, Fontt lY, 691.
VTattenbach, Geschldhtaqaellen IL 4. Aafl. 1 5
226 ^' Stanfer. { 6. Gotfried v. Viierbo.
die Jagend belehren, nnd hoffb, dafs der König dieses Buch in den
Schulen werde lesen lassen. Das werde den Knaben nützlicher sein,
als die Fabeln yom Gorydon oder die Vicher des Meliboens. Und fast
scheint es, als ob sein Wunsch erfQllt wäre, da mit dem Gedichte ein
weitläuftiger Commentar yerbnnden ist, der nicht yon dem Verfasser
selbst herrührt. Geschichte ist freilich weder ans dem Werke selbst
noch ans dem Commentar zn lernen, aber Fabeln sind in Menge
darin zu finden, nnd für manche Untersuchungen ist es dankenswerth,
dafs jetzt eine Ausgabe davon vorliegt^).
Nach der Ueberschrifb wollte Gotfried das Werk bis auf die
Gegenwart fortfQhren, und auch von allen Thaten Kaiser Friedrichs be-
richten, Dayon finden wir in den yorliegenden Handschriften nichts;
dagegen hat sich abgesondert eine poetische Behandlung der Thaten
Friedrichs (Gesta Friderici) erhalten, die fast allein unter GotMeds
Werken geschichtlichen Werth hat. Doch hat er es auch hier nicht
unterlassen, in die Mailänder Ereignisse eine greuliche Confusion zu
bringen, indem er einen Bericht über die erste Belagerung yon 1158,
yielleicht denselben, dessen auch die Ann. Colon, max. S. 769 ge-
denken, für die zweite verwendet, und namentlich die Beschreibung
der Schlacht an der Adda von 1158 in die Belagerung von 1160
bis 1162 gebracht hat. Das ist zuerst von Tourtual nachgewiesen'),
und dann von Waitz genauer und berichtigend festgestellt, verbunden
mit dem Nachweis, dafs im ersten Theile Gotfried nach den Gesten
Otto's von Freising gearbeitet hat. Doch hat er über den Feldzug
von 1155 eigenthümliche Nachrichten, und seine persönliche Anwesen-
heit scheint nicht zu bezweifeln^). Waitz hat femer nach Anleitung
eines theilweise erhaltenen Autographs gezeigt, dafs Gotfried ursprüng-
lich wohl nur den Sieg über die Mailänder von 1162 hat feiern wollen,
später aber mehr hinzugefügt, doch noch immer mit der Beschränkung
auf Italien. Der Triumph über Heinrich den Löwen hat wieder ein abge-
sondertes Stück gebildet, und ist erst nachträglich hinzugefügt. Die
Hauptsache für uns aber ist, was vorhergeht, nämlich der Bericht über
den Feldzug von 1167, von welchem Gotfried als Augenzeuge erzählen
konnte. Vorzüglich der eilige, in völlige Flucht ausartende Bückzug,
und die Verheerungen der Pest sind mit anschaulicher Lebendigkeit
geschildert.
Schon 1822 hat Docen im Archiv auf dieses werthvoUe Stück
i) MG. SS. XXII, 21—93. Bis dahin uogedruckt.
^) Böhmens Antheil an den Kämpfen Friedrichs I in Italien, Gott. 1865,
S. 113—160, vgl. G. Waiu, Gott. Nachr. 1866 S. 279—293.
>) S. ohen S. 224 u. bei DettlofF noch S. 19 Anm. 1 u. S. 44 Anm. 5.
Die Werke Gotfrieds ron Viterbo. 227
aufmerksam gemacht; doch erst 1853 hat J. Ficker sich durch die
Herausgabe desselben ein grolBes Verdienst erworben. Waitz konnte
zu der seinigen, wie erwähnt, auch die Pariser Originalhandschrift be-
nutzen, welche aber am Ende verstümmelt ist^).
Nur bis 1181 reicht diese Dichtung, und 1183 scheint sie voll-
endet zu sein; er nahm sie auf in sein 1185 nach neunjähriger Arbeit
vollendetes Werk Memoria Saeculorum, welches er wiederum König
Heinrich widmete. Aus Prosa und Versen gemischt, umfafst es die
ganze Weltgeschichte. Bald nach Vollendung dieses Werkes wurde
ihm, wie es scheint, zuerst Otto's von Freising Chronik bekannt, ein
unschätzbares Hülfsmittel für seine Studien, das er aber nirgends ge-
nannt hat, obwohl er sonst gern mit dem Namen der Autoren prunkt,
die er gelesen, oft auch nur irgendwo genannt gefunden hat; macht
er doch sogar aus den falsch, gelesenen Worten hoc loco bei Paulus
Diaconus einen historiographus Toclacus (XXIII, 4 p. 212). Nun
machte er sich an eine neue Bearbeitung seiner Weltgeschichte, der
er den Namen Pantheon gab. unablässig ist er damit beschäftigt ge-
wesen und hat geändert und zugesetzt. Um 1186 widmete er eine
Ausgabe dem Pabste ürban III; 1187 eine zweite dessen Nachfolger
Gregor Vin und Heinrich VI, und bis 1191 ist er mit der Arbeit
beschäftigt gewesen. Er wollte auch Friedrichs I Kreuzzug beschreiben,
was er aber nicht ausgeführt hat, und des Kaisers Tod erwähnt er
nicht mehr.
In einigen Handschriften der Ausgabe des Pantheon, welche mit
einer Widmung an Gregor VIII versehen ist, findet sich ein Gedicht
über Heinrich VI eingeschoben*), in vierzeiligen gereimten Strophen,
welches Waitz als Gotfrieds Werk betrachtet. Ich mufs mich jedoch
der Ansicht Scheffer -Boichorsts anschliefsen, welcher dasselbe in
Sprache und Metrik zu roh, und auch den süditalienischen Standpunkt,
mit einer besonderen Beziehung auf Bimini, für Gotfried nicht ange-
messen findet. Es erscheint uns daher wahrscheinlicher, dafs Gotfried
den alten Kaiser nicht lange überlebt hat.
Früher war nur eine Form von Gotfrieds Pantheon bekannt. Jetzt
hat G. Waitz sich der unendlich mühsamen und unerquicklichen Auf-
gabe unterzogen, aus den zahlreich erhaltenen Handschriften') eine
1. c. p. 307—384. Für y. 896 mufs ich bei meiner schon 1865 (Centralbl.
8. 137) vorgeschlagenen Conjectur eriles^ t. 936 cavetur beharren.
») QeHa Heinrici VI, MG. SS. XXII. 334—338 u. im Sep.-Abir. mit den
Gesta Friderici; vgl. Scheifer-Boichorst, Hist. Zeitschr. XXIX, 441—^444.
') Nicht benutzt ist eine Handschrift s. XIV in Viterbo, erw&hnt Arch.
XII, 476.
16*
228 ^* Staufer. § 6. Qotfried y. Viterbo.
Ausgabe herzustellen, welche eine vollständige Einsicht in Gotfrieds
schriftstellerische Thätigkeit gewähi-t, und auch durch die Widmung
der Memoria Saeculorum Aufschlüsse über sein Leben bietet^), während
die Vorrede alle einschlagenden Fragen gründlichst erörtert.
Der geschichtliche Werth dieser Werke ist, wie gesagt, äufserst
gering; am ausführlichsten ist, wie in der Eaiserchronik, die alte Ge-
schichte behandelt. Wichtig aber ist das Pantheon deshalb, weil hier
zuerst die ganze Fülle der Fabeln auch in die gelehrte Geschicht-
schreibung einströmt und weil Gotfried dadurch einen sehr schädlichen
Einflufs auf die späteren Chronisten ausgeübt hat. Hier finden wir
den Kreuzzug Karls, allerlei Fabeln über die Ottonen, hier auch schon
jenes wunderliche Märchen über Heinrichs HI Abkunft und Geburt
und anderes der Art, und zwar steht dieses in den Versen Gotfrieds,
mitten zwischen Fragmenten der geschichtüch wahren, von Otto von
Freising entlehnten Darstellung. Mit der Kaiserchronik welche Tor-
züglich aus Legenden schöpfte, trifft Gotfried nicht zusammen ,. wohl
aber scheint er, wie Ulmann nachgewiesen, die Poehlder Chronik oder
deren sagenhafte Quelle benutzt zu haben, und das 18. Buch entlehnte
er aus Galfrid von Monmouth. Weiter lassen sich schriftliche Quellen
seiner Zuthaten nicht nachweisen, er schöpfte hier vorzüglich aus
mündlichen Erzählungen, die er wahrscheinlich mit eben solcher Willkür
und Leichtfertigkeit behandelt hat, wie den schriftlich ihm vorliegenden
Text. Dafs die arabischen Erzählungen, welche im zwölften Jahr-
hundert grofsen Einflufs auf die Sagenbildung übten, wie Ulmann
richtig hervorhebt, auch bei Gotfried zu erkennen sind, ist nach seiner
eigenen Angabe über die Mittheilungen von Sarrazenen sehr wahr-
scheinlich, und zu jenem Märchen von Heinrichs HI Kindheit hat
A. Weber eine indische Parallele, aller Wahrscheinlichkeit nach in-
dischen Ursprungs nachgewiesen').
Bechnen wir hierzu noch die fehlerhaften Verse, die in jeder
Hinsicht geschmacklose Art der Erzählung, die überall herrschende
Verwirrung und Unordnung, so können wir nicht anstehen, diese Werke,
auf welche ihr Autor so stolz war, für ein trauriges Beispiel rascher
Entartung der Historiographie zu erklären. Benutzt sind sie von
Hermann von Altaich, Martin von Troppau u. a., und die zahlreichen
^) Zu bedauern ist, dafs der Mangel specieller Ueberschriften die Auf-
suchung einzelner Abschnitte sehr erschwert. Die S. 305 aufgenommenen Verse
sind aber nicht Ton Gotfried, sondern die Praedicatio Goliae bei Wright,
Walter Mapes S. 31.
*) A. Weber: Ueber eine Episode im Jaimini-Bhärata, Berichte der Berl.
Akad. 1869 S. 10—48. 377—387. Steindorff, Heinrich III, I, 612-Ö14.
Gotfrieds Pantheon und die FortBetsnngen. 229
Handschriften zeigen nns, wie yiel sie gelesen worden; sie können nur
schädlich auf das Studium und die Darstellung der Geschichte einge-
wirkt haben.
Was Gotfried versprochen, aber nicht ausgefOhrt hatte, eine Dar-
stellung des Kreuzzuges, hat der Priester Johannes S. Stephani
de Piscina hinzugefügt, aber nur auf Grund der bekannten Historia
Peregrinorum^). Drei kurze Fortsetzungen, welche sich in Handschriften
&nden, sind fast völlig werthlos'). üeber Miswachs, Unwetter und
einen Ausbruch des Aetna, auch die Ermordung des Erzbischofs
Engelbert (1224— 1226) berichtet ein Mönch vonFoigny im Sprengel
von Laon, und fügt eine Versificierung einer Mariensage hinzu'). In
derselben Handschrift, welche aus Eberbach im Bheingau stammt,
schliefst sich daran eine übersichtlich gedrängte Beichsgeschichte von
1187 bis 1235, in welcher der Bericht über des jungen König
Heinrichs Aufstand und Unterwerfung gut geschrieben und durch
mehrere sonst unbekannte Züge werthvoll ist*). Von geringerem Werthe
sind mehrere Cataloge von Päbsten und £[aisern mit einzelnen Be-
merkungen; der erste aus Yiterbo^) enthält eine merkwürdig im cleri-
calen Sinn entstellte Darstellung der Vorgänge zwischen Heinrich V
und Paschalis U. Der zweite aus Tibur^) enthält allerlei Stücke italie-
nischer Annalen, und ist als Quelle des Martin von Troppau be-
merkenswerth. Der dritte^) scheint aus Monte Cassino zu stammen,
und ist in Deutschland mit Zusätzen, vorzüglich aus der sog. Chronica
S. Aegidii, vermehrt; er zeigt, wie Schefifer-Boichorst bemerkt, mehr-
fache üebereinstimmung mit Martin, da beide das Werk Gilberts be-
nutzten. Mit diesem Catalog verwandt ist die nach Mencken wieder-
holte Fortsetzung'), welche 1243 in Italien geschrieben, aber nur bis
1220 erhalten ist, und durchgehends mit dem Catal. Casinensis und
den gibellinischen Annalen von Piacenza aus gleicher Quelle schöpfte.
Aufiser einer werthlosen Fortsetzung des Pabstcataloges aus
*) Johannes de Piscina de transfretatione Friderici /, MG. SS. XXII, 339
bis 341. Eine ältere Ausgabe von 1784 weist Scheffer- Boichorst nach.
') Continuatio brevis, ArgerUinensi^^ Francogallica p. 341. 342.
•) Continuatio Funiacensis p. 342 — 345; vgl. W. Meyer Über die Theo-
philussage, MQncb. SB. 1873 I 8. 12 mit £mendationen; aber S. 344, 18 ist
regente sa lesen, 343, 11 vacuavit.
*) Continuatio Eöerbacensis p. 345—349.
*) Catalogus Pontificum Romanorum Viterhiensis p. 349 — 352.
•) Calalogus Pontificum et Imperatorum Romanorum Ti&urtinus p. 353 — 358.
^) Catalogus etc. ex Casinensiut videtur »umptus^ a pluribus continuatusy
p. 359—367.
*) Continuatio Ckronici ex Pantheo excerpti^ p. 368-370; vgl. Scheffer-
Boichorst 1. c. p. 445.
230 ^' SUufer. S 6. Ootfried t. Viterbo. § 7. SaUburger QaeUen.
LaoD^) sind noch ans einer Handschrift Verse zum Preise der Stadt L od!
beigegeben'), welchen, wie wieder Scheffer -Boichorst nachgewiesen
hat, ein älteres Gedicht des Judex Orfinns zum Lobe Friedrichs I
und n zn Grunde liegt'), durch dessen Yergleichung die Ausgabe
sich berichtigen läfst. Den Beschlufs dieser Beigaben, unter welche
auch die Lammtatio VUerhiensis aufgenommen ist^), macht als eine
von Gotfrieds Quellen das VaHcinium Sibyllae^ wovon schon oben
S. 174 die Bede war.
§7. Salzburger Quellen.
In der vorigen Periode (S. 60 ff.) haben wir gesehen, wie im
Sprengel von Salzburg mit der Kirchenspaltung litterarisches Leben
erwachte; die schon oben erwähnten Werke sind zum Theil erst in
dieser Zeit geschrieben. Die Erzbischöfe waren der strengsten kirch-
lichen Sichtung zugethan, und sie verstärkten diese Partei durch die
EinfQhrung von Hirschauer Mönchen aus Schwaben. Im Jahre 1106
empfing auf dem Concil zu Guastalla Konrad, aus der vornehmen
bairischen Familie der Grafen von Abenberg, die Weihe zum Erzbischo!^
ein Mann von unerschütterlicher Festigkeit, den die schärfsten Ver-
folgungen Heinrichs V und seiner Anhänger nicht wankend zu machen
vermochten in seiner üeberzeugung. Sein Biograph rühmt von ihm,
dafs er nach Heinrichs Tode nicht wenig dazu beigetragen habe,
gegen die Stimmen fast aller Fürsten Lothar auf den Thron zu er-
heben, weil dieser immer auf päbstlicher Seite gestanden hatte. Segens-
reicher war Konrads spätere Wirksamkeit, da er nach hergestelltem
Frieden mit eben so viel Eifer als Erfolg bestrebt war, seinen weiten
Sprengel zu sichern und einen blühenden Zustand herbeizufüQiren. Er
zuerst brachte durch seine Festigkeit und sein persönliches Ansehen
einen dauernden Frieden mit den Ungern zu Stande, und die noch
wenig bewohnten Grenzlande konnten sich nun mit Colonisten bevöl-
kern; Klöster erblühten in den steirischen Alpen, und der Anbau des
Landes machte die gröfsten Fortschritte. Wir besitzen eine recht
gute Lebensbeschreibung von ihm, verfafst von einem Geistlichen, der
ihn persönlich gekannt hatte und von ihm unter anderem zu einer
Gesandtschaft an den König von Ungern verwandt war; geschrieben
^) Caialogi Pontificum Continuatio Laudunensia, p. 370. 371.
•) De laude civitatis Laudae, p. 372. 373; vgl. Hist. Zeitochr. XXIX, 445.
') Ausgabe von Ceruti in: MiscelUneA di Storia Italiana VII, 33 — 94.
«) S. 374; früher Fontt. IV, 705 in. den Croniche di Viterbo, wo sie GhoUi-
fredo und Lansilotto zugeschrieben wird.
Enb. Konrad I yon Salzburg. 231
hat er jedoch erst bedenteDcl später, zwischen 1170 und 1177, und
sein Werk ist daher im einzelnen nicht sehr genau, obgleich er seinen
Gegenstand mit Geschick und Kenntnifs behandelt und auch sehr werth-
Yolle Nachrichten aufbewahrt hat. Doch beschränkt er sich wie die
meisten Biographen fast ganz auf die Thätigkeit Konrads innerhalb
seines Sprengeis und weiDs von der Beichsgeschichte nur wenig zu
berichten. Das Ende seiner Schrift ist verloren, und sie reicht jetzt
leider nur bis 1138^).
Konrad fOhrte in seinem Sprengel besonders den Orden der re-
gulierten Chorherren ein, welche nicht minder eifrig papistisch
waren als die übrigen neuen Orden. Er holte sie aus Sachsen und
räumte ihnen unter andern Beichersperg am Inn ein, welches er eben
aus Laienhänden befreit hatte. Andere waren in Baitenbuch, und yon
hier ging durch Konrad bewogen, 1111 Bicher als erster Abt nach
Klosterrath bei Aachen. Nachdem inzwischen Konrad vom Kaiser
verfolgt in Sachsen hatte Zuflucht suchen müssen und seine Stiftungen
schwer gelitten hatten, berief er 1121 vier Priester zur Einrichtung
ihres Ordens aus Klostenath, denen bald mehr nachfolgten. In Baiten-
buch aber hatte auch Lambert, ein vornehmer Domherr aus Cöln,
die Kutte genommen, und diesen entsandte später Konrad zur Ver-
geltung mit einer Golonie von Ordensbrüdern nach dem neu gestifteten
Kloster Neu werk bei Halle'). Aus Konrads Zucht stammte auch
Hartmann, der von Passau aus St. Nicola 1122 nach Salzburg ge-
kommen war, Domdechant, dann Probst von Chiemsee war, wo er das
canonische Leben einführte, 1133 zu demselben Zweck der neuen
Stiftung Klostemeuburg vorgesetzt wurde und endlich als Bischof von
Brixen (1140 — 1164) seine Laufbahn beschloss. Ein Chorherr von
Klostemeuburg, der ihn jedoch nicht mehr persönlich gekannt hatte,
hat sein Leben beschrieben^). Es ist arm an geschichtlichem Inhalt,
aber desto reicher an Phrasen und Wundergeschichten.
Lehrreicher ist das Leben Bertholds, des ersten Abtes von
Garsten^). Der Maikgraf Otakar von Steier hatte hier auf seinem
•
1) Vita Ckunradi archiep. Salisb. ed. Wattenbach, MG. SS. XI, 62—77.
Die hier übersehene Wiener Handschrift Sal. 8», jetxt 289, giebt keine be-
deutende Verbesserung und bricht an derselben Stelle wie Sal. 79 ab. Giesebr.
m, 1069. Ueber Babo von Abensberg vgl. Hirsch, Heinrich II I, 426. Ein
Brief des Erzb. Walther von Ravenna an Konrad über die Doppelwahl Innoc. II
und Anaclets Forsch. VIII, 164. Epitaphium in 12 Distichen: Beitr. z. K.
Steierm. GQ. XII, 25.
*) Chron. Reichersp. 1110. Ann. Bod. 1111. 1121. 1123. Vüa Lam-
berti primi praepositi Novi Operis^ bei Schannai, Vindemiae II, 68.
') Vita Hartmanni ep. orixinenm ed. Fez, SS. Austr. I, 496.
«) Vüa Bertholdi abb. Garst, ed. ^ez, SS. Austr. II, 86.
232 ^* Suufer. § 7. Salzbarger Quellen.
Erbgnte eine Stiftung für Cleriker gemacht, aber wie das so häufig
vorkommt, diese wollten nicht gut thun. Der Markgraf entschlofs
sich daher (1107) Mönche aus Götweih dort einzuführen; den fremden
Glerikem erlaubte er abzuziehen, aber wer darunter zu seinen eigenen
Leuten gehörte, mufste Mönch werden. Einer weigerte sich hartnäckig,
aber der Markgraf lieüs ihn so lange prügeln, bis er einwilligte. Dieser
soll dann von Stund an sich durch besondere Frömmigkeit ausge-
zeichnet haben. Zuerst stand dem neuen Kloster der Götweiher Prior
Wimt Yor; als dieser bald darauf Abt von Formbach wurde, folgte
ihm Berthold, der nach Götweih aus St. Blasien gekommen war und
den Mönchen in Garsten bis an seinen Tod am 27. Juli 1142 vorstand.
Konrads Nachfolger Eberhard (1147 — 1164) war derselben
Richtung ergeben. Er hatte in Paris studiert und es konnte daher
nicht fehlen, dafs er in dem neuen Schisma auf Alexanders Seite trat;
denn er war von Paris her mit einem grofsen Theile der Männer be-
freundet, welche die Hauptstützen und Führer dieser Partei waren.
Mit der gröfsten Zähigkeit und Klugheit behauptete er seinen Stand-
punkt, und als alles sich vor Barbarossa beugte, blieben nur die Salz-
burger Berge Alexanders feste Burg in Deutschland, eine Burg die
um so wichtiger war, da sie den Weg nach TJngem öfihete und auch
der Patriarch von Aquileja von Eberhard gewonnen wurde. Alle diese
Verhältnisse liegen offen vor uns durch die noch erhaltenen Corre-
spondenzen; wir besitzen Eberhards eigenes Conceptbuch, in welches
er die erhaltenen und abgesandten Briefe eintragen liefs^), und diese
werden ergänzt durch eine Anzahl anderer von Sudendorf mitgetheilter
Briefe, unter denen des kaiserlichen Notars Burchard Bericht über
seine Sendung an Eberhard am wichtigsten ist^). Yergeblich suchen
wir dagegen Auskunft in den beiden vorhandenen Biographieen Eber-
hards, welche höchst unbedeutend sind^). Doch enthält die ältere, von
einem seiner Schüler verfafst, wenigstens gute Nachrichten über seine
persönlichen Yerhältuisse und seine bischöfliche Wirksamkeit.
. ^) GrOfstentheils gedruckt in TengDagels Monn. adv. Schismaticos; ygl.
Archiv X, 491. Viele finden sich auch bei Ragewin, aber seine Correspon-
denz mit Alezander und dessen Anhängern in Frankreich, Italien und Ungern
blieb dem Kaiser rerborgen. Für seine heuchlerische Verrätherei gebraucht
er das Bild des Nicodemus, der bei Nacht zum Herrn kam. Vgl. über ihn
Q. seine Nachfolger auch die Abb. des eifrigen Alexandriners W. Schmidt: Die
SteUung der Erzbischöfe Ton Salzburg etc. im Wiener Arch. XXXIV, 1, 144,
und A. V. Meillers Eegesten der Salzburger Erzbischöfe von 1106 — 1146,
Wien 1866. Monographie von Franz Gruber: Eh. I von Salzburg, München
1873.
') Registr. II, 134. Wir kommen auf Burchard noch zurück.
») Ed. Wattenbach, MG. SS. XI,*77— 84. 97—103.
Eberhard Ton Salzburg. Wander. 233
Eberhards Nachfolger Konrad n (1164—1168) hat keinen Bio-
graphen gefanden, so wenig wie sein Bmder, der Bischof Otto von
Freising. Konrad, bis dahin Bischof von Passan, blieb eben so fest
wie Eberhard anf Alexanders Seite; Friedrich aber gab nun die bis-
her beobachtete MäfsignDg anf und liefs die Witteisbacher nnd die
Grafen Yon Piain wie eine hnngrige Monte gegen Salzburg los. Einen
Theil des Unheils, welches in Folge dieses Kampfes die Kirche betraf,
schildert uns das ausführliche Schreiben des Archidiaconus Hein-
rich an den nach Konrads Tode erwählten, aber bald vertriebenen
Erzbischof Adalbert von Böhmen^). Um dieselbe Zeit wurde Konrads I
Leben verÜEtCst, und eine kleine Schrift über die in Salzburg verwahrten
Beliquien, unter welchen vorzüglich der vorgeblich durch Erzbischof
Herold erworbene S. Martin hervorgehoben wird'). Damit war auf
einen Weg zu neuem Glänze hingewiesen, den wir bald darauf, jedoch
in etwas anderer Bichtung, wirklich eingeschlagen finden. Es waren
die Salzburger Erzbischöfe selbst, die mit greisem Erfolg verherrlicht
wurden.
Als nämlich nach dem Frieden von Venedig Konrad von Mainz
Salzburg erhielt, und man nun ernstlich darauf bedacht war, die er-
littenen Schäden wieder zu heilen, sehen wir im Jahre 1181 plötzlich
den alten Bischof Virgil, die Erzbischöfe Hartwich und Eberhard in
der Domkirche grofse Wunder wirken, worauf Vitalis in St. Peter,
Valentin und Pilgrim in Passau sich alsbald zu gleicher Thätigkeit
bereit finden lassen. In Salzburg wurden nun neue Legenden über
jene Heiligen verfafst, die freilich jedes geschichtlichen Werthes ent-
behren. Dagegen enthalten die Wundergeschichten manchen cultur-
historisch beachtungswerthen Zug; merkwürdig ist namentlich die
hartnäckige üngläubigkeit eines Salzburger Domherrn, der wohl
wissen mochte, wie die Dinge zugingen; natürlich findet er seine
Strafe, die zur Abschreckung erzählt wird").
Aus Passau ist nichts der Art vorhanden, und überhaupt von
dort aus der früheren Zeit nichts und aus der späteren wenig erhalten.
Es hat aber über ihren Handschriften ein Unstern gewaltet, so wie
auch ihre Kirche ganz vorzüglich in den Kampf der Parteien hinein-
gezogen ist. Den Kreuzzug Kaiser Friedrichs machte Bischof Diet-
») Historia calamUatum ecclmae SaHsburgensiSy Pez, Thes. II, 3, 199.
*) Neu herausgegeben von Dümmler, Archiv d. Wien. Ak. XXII, 295 — 299.
Den Anfang bildet die Tranglatio S, Hermetis.
*) Vitae et Miracula Sanctorum Juvavensium ed. Watten bach, MG. SS.
XI, 84 — 103. Miracula S, Vitalis bei Canis. III, 2, 368. Acta SS. Oct.
VIII, 913.
234 ^* Staufer. { 7. Salzburger Quellen.
pold (1172—1190) mit; ihn begleitete sein Decan Tageno, der in
Tripolis starb und Anfzeicbnnngen hinterliefs , die nur in einer ab-
kürzenden Abschrift Aventins erhalten sind (s. unten § 9). Ein sehr
ausgezeichneter Bischof war Dietpolds Nachfolger Wo Ifker von EUen-
brechtskirchen, der 1197 an dem Ereuzzug mit Herzog Friedrich von
Oesten-eich theilnahm, und 1204 Patriarch von Aquileja wurde. Ihm
widmete mit grofsem Lobe Eilbert von Bremen seinen Ordo judiciarius^).
In Cividale hat sich sein Ausgabebuch erhalten, nach welchem er
1203 (?) in Zeiselmauer »Walthero cantori de Yogelweide pro pellicio
5 solides ** geschenkt hat ^).
Aber auch Annalen sind in Passau geschrieben, welche bis
zum Tode des Decans Albert Behaim, jenes fanatischen Papisten (1258)
reichten, und noch von Schreitwein, Brusch, Wiguleus Hund benutzt,
seitdem aber spurlos verschollen sind. Werthvolle Stflcke daraus sind
durch die erwähnten Schriftsteller gerettet'). Weit verbreitet waren
im Passauer Sprengel die „Armen von Lyon", und im J. 1260 hat
ein dortiger Inquisitor eine sehr merkwürdige Schrift, nicht ohne
bittere Kritik der kirchlichen Zustände seiner Zeit verfafst, in welcher
er UDS das überaus lehrreiche Rescriptum heresiarcharum Lombardie
ad pauperes de Lugdunoy qui sunt in Alamania erhalten hat, welches
nach Pregers Untersuchungen um 1230 an die Gemeinden im Passauer
Sprengel geschickt war*).
Auch mit der litterarischen Thätigkeit der Salzburger ist es
nach den oben erwähnten Werken vorbei, mit Ausnahme der Annalen,
welche mit löblichem Fleifse fortgeführt wurden. Es scheint, dafs man
in Salzburg etwa um das Jahr 1180 eine annalistische Compilation
verfafste, die wir im Original nicht mehr besitzen, zusammengesetzt
aus der Historia Miscella, den Grestis Francorum und Fredegar, der
Geschichte der Langobarden von Paulus Diaconus, dem Leben des h.
Bonifacius, den Gestis Pontificum Bomanorum, den Annalen von Fulda,
Begino und dessen Fortsetzer nebst älteren einheimischen Aufzeich-
nungen und den Besultaten gelehrter Combination für die älteste Zeit.
Wir erkennen diese gemeinschafkliche Quelle in den vielfach überein-
stimmenden Nachrichten, welche in Verbindung mit den Melker An-
») H. Siegel, Wiener SB. LV, 531—552.
*) Mitth. T. A. Schönbach, Zeitschr. f. D. Alt. XIX, 497. Ausg. der „Beise-
rechnungen" von Zingerle, Heilbr. 1877, vgl. Lit. Centralbl. 1877 Sp. 654;
J. Strobl, Zeitschr. f. D. Alt. XXI, Anzeiger S. 268—272.
*) Fr. Schirrmacher, Albert von Possemünster (Weimar 1871) S. 171—186.
Nach S. 179 sind sind sie in der Chronik von Matsee benutst.
*) Gedr. in der oben S. 189 angef. Schrift nebst Nachrichten über die
Compilation von 1260. Auf Albert kommen wir noch curück.
Annalen von Passau, Garsten, Admunt. 235
nalen Salzbnrger, Admnnter, Crarstener und Voraner Handschriften uns
darbieten.
In Garsten beginnt mit dem Jahre 1182 eine selbständige Fort-
setzung. Die Jahre von 1199 bis 1213 sind nachträglich aus den
Melker und Admunter Annalen ergänzt; dann schliefst sich wieder
eine anfangs kurze und dürftige, Yon 1241 bis 1256 aber ausfuhrliche
und schätzbare Fortsetzung an, eine der wichtigsten Quellen für die
österreichische Geschichte in dieser Zeit^).
Admunt hatte seine Blüthezeit unter dem Abt Gotfried 1137 bis
1165. Dieser ist es, mit welchem ein ungenannter Mönch die Unter-
haltung über die unvollkommene Befolgung der Begel hatte, nach
welcher er Cistercienser wurde, und jenen merkwürdigen Dialog zwi-
schen einem Cluuiacenser und einem Cistercienser verfafste, der viel
Einsicht in das Elosterleben gewährt'). Er sandte es zur Bechtferti-
gung seines Uebertritts, welchen ihm viele verdachten, an die Aebtissin
von Niedermünster bei Begensburg, und ist vielleicht nicht verschie-
den von dem Bruder Idung, welcher ein gutgeschriebenes beachtens-
werthes Werk über den Unterschied von Mönchen und Weltgeistlichen
verfasste, das sich ebenfalls in einer Begensburger Handschrift erhalten
hat*). Er richtete es an den Magister Herbord, welchen er drin-
gend ermahnte, Mönch zu werden; mit gutem Erfolg, wenn er, wie
sehr wahrscheinlich, der oben S. 143 erwähnte Herbord gewesen ist.
In Admunt verband man um diese Zeit einige der schon er-
wähnten Nachi'ichten mit einem Auszuge der Melker Annalen bis 1136
und fügte auch Excerpte aus Ekkehard und Otto von Freising hinzu;
die Fortsetzung bis 1186 zeigt noch vielfach Uebereinstimmung mit
den Annalen von Salzburg und Garsten und erstreckt sich dann selb-
ständig bis 1250. Sie ist nicht gerade sehr reichhaltig, aber zuver-
lässig und hat uns manche eigenthümliche Nachrichten aufbewahrt,
die um so werthvoller sind, da aus diesen Gegenden sonst nur wenig
überliefert ist^). Dafs in Admunt auch ein kurzer AbriJs von dem
Leben des Stifters, Erzbischof Gebehard, aufgeschrieben und das
Martyrium seines Nachfolgers Thiemo verherrlicht wurde, ist bereits
*) Annalium Mellicetmmn Auctarium Oarstense, MG. SS. IX, 661 — 569.
Das StQck von 1140—1188 als Nebenform der Ann. Admunt. S. 580 — 586.
Continuatio Oarstensts S. 594 — 600. Eine Aufzeichnung aus Rein bei Gratz fiber
den Tod des hier gerühmten Friedr. II 1246 an der oben S. 206 angef. Stelle.
*) Dialogus inter Cluniaeensem ei Cisterciensem^ Mart. Thes. V, 1570— *1 654;
vgl. Winter, Cist. III, 172. Pas Begleitschreiben bei B. Pez, Tbes. VI, 2, 57;
der Verfasser beifst da frater L.
S) Cod. lat. Mon. 14349. Daraus bei B. Pez, Thes. II, 2, 506.
*) Annales AdmwUenses ib. 669 — 698.
236 ^* Stanfer. § 7. Salzburger Quellen.
(S. 61) erwähnt. G«g6n das Ende des zwölften Jahrhmiderts wurden
diese kurzen Nachrichten erweitert und die Geschichte des Klosters,
verhunden mit einigen Angahen über die Erzbischöfe Ton Salzburg,
bis 1177 fortgeführt. Später fügte man hierzu noch ein Excerpt aus
den Admunter Annalen bis 1231 und führte die Elosterchronik von
da bis 1259 fort^).
Die Salzburger Annalen endlich scheinen weniger auf denen
von Melk als auf gemeinschaftlicher Grundlage mit ihnen zu beruhen,
zeigen dann Verwandtschaft mit den Admunter und Garstener Annalen
bis 1186, und sind von Salzburger Domherren, hin und wieder auch
abweichend in einem anderen Exemplare von Mönchen bei St. Feter,
mit immer zunehmender Ausführlichkeit fortgesetzt bis 1286. Nament-
lich über Budolfs zweiten Krieg gegen Otakar ist eine yortrefiOiche
und umständliche Darstellung aufgenommen. Dann trat eine längere
Unterbrechung ein, worauf um 1307 Weichard von Polhaim die Lücke
fast ganz wörtlich aus Eberhard von Altaich ausfüllte und mit neuem
Eifer bis 1327 fortgefahren wurde*).
Zu den Quellen des zwölften Jahrhunderts aber gehört auiser den
erwähnten Annalen noch eine kleine Chronik des Bisthums Gurk,
welche leider nur bis 1180 reicht'), und die Beichersberger Chronik
nebst den Annalen verschiedener österreichischer EHöster, zu welchen
wir jetzt übergehen wollen. Von dem Bischof Otto von Gurk (f 1214)
hat sich eine sehr reumüthige, an das Generalcapitel der Cistercienser
gerichtete Todesanzeige erhalten, welche er mit Ausnahme des Todes-
tages selbst verfällst zu haben scheint (NA. II, 447).
1) Vüa Gebehardi^ ThicTnonis, Chunradi^ Eberkardi^ Chunradi II arcMe-
piscoporum cum Chronico Admunterm ed. Wattenbach, MG. SS. XI, 33 — 50.
") Annales S. Rudberü ed. Wattenbach, MG. SS. IX, 757-823, wo sich
die Mat8eer Annalen von 1305 — 1395 und eine Fortsetzung aus dem Kloster
St. Peter von 1375 — 1398 anschliefsen. Ueber die aus Vinc. Bellovac. ent-
nommene Notie Ton der mongol. Gesandtschaft 1249 s. Fr. Zarncke, Abb.
d. phiU bist. Cl. d. K. Sachs. G. d. W. Vill (1876) S. 82, u. über d. Jahr
1280 S. 101. Ueber den aus irgend einer Chronik der Kaiser und P&bste
entnommenen Anfang der Ann. Mats. s. Archiv für Österreich. Gesch.- Quellen
XIV, 11 — 17. Aus dem 1130 hergestellten Stift St. Peter stammt der schöne
Codex, beschrieben von K. Lind: £in Antiphonar im Stift St. Peter, mit
26 Tafeln. Mitth. d. k. k. Centralcommission XIV (1869) 1 67-- 189. Ein
Catalogus librorum S. Petri saec. XII bei Fr. Mone de palimpsestis p. 24 — 28.
Die scolares libri sind fast alle profan. Elin schöner Kelch mit Patene s. XII
auf der Münchener Ausstellung 1876 hat nach dem Catalog S. 13 die selt-
same «Aufschriil: „Gaudeat in vita Heinricus Sims Etita'*, Heinrich I war
1147—1167 Abt u. wurde Bischof von Gurk, Heinrich II war 1167—1188 Abt.
•) Chnmcon Gurceme ed. Wattenbach, MG. SS. XXIII, 8—10. Früher
nur fragmentarisch bei Hansiz in der Germania Sacra II, 300.
237
§8. Gerhoh von Eeichersberg. Oesterreichische Annalen.
Gerhoh von Reichersberg, 1093 zu Fölling geboren, zeich-
nete sich schon frühzeitig ans während seiner Studien in Freising und
Mosburg; höhere Ausbildung suchte er in Hildesheim, wo er drei
Jahre bheb. Heimgekehrt wurde er von jenem kaiserlich gesinnten
Bischof Hermann von Augsburg, den seine Widersacher so arg ver-
leumdet haben, zu der erledigten Stelle eines Meisters der hohen Schule
zu Augsbm-g berufen; damals war Gerhoh ebenfalls dieser Fartei völlig
ergeben und wurde von Hermann zum Domherrn erhoben. Allmählich
aber zog er sich von der Gemeinschaft der Kaiserlichen zurück und
suchte endlich Zuflucht in Baitenbuch bis zum Abschlufs des Friedens
zwischen Staat und Kirche. Da war er es, der Bischof Hermann nach
Bom geleitete und seine Aussöhnung mit dem Fabst vorzüglich be-
wirkte, aber von Sehnsucht nach dem Klosterleben ergriffen liefs er
sich um 1124 in Baitenbuch als Chorherr einkleiden. Es war eine
Stiftung des Herzogs Weif, 1086 unter Mitwirkung des Bischofs Alt-
mann von Fassau gegründet; 1090 erhielt sie ein päbstliches Frivileg.
Hier war bis 1094 jener Mangold Decan gewesen, dessen Schriften
Gerhoh anführt, aber nicht lobt^). Von hier berief ihn Kuno, früher
Abt zu Siegburg, jetzt Bischof von Regensburg, zu sich; als dieser
1132 starb, begab sich Gerhoh zu Konrad von Salzburg, der ihn zum
Frohst von Beichersberg erhob, wo er bis an sein Ende (1132— 1169)
blieb und das Kloster zum blühendsten Zustand erhob. Doch hatte
auch er zuletzt von der ausbrechenden Verfolgung zu leiden; schrift-
stellerisch thätig blieb er, bis er 1169 am 27. Juni 76jährig starb.
Gerhoh gehörte der strengsten mönchischen Bichtung an, die
darauf ausging, alle Geistlichen zu Mönchen zu machen, und ihre Ver-
flechtung in weltliche Angelegenheiten als ein Unglück betrachtete:
dieselbe Bichtung, der einst Fetrus Damiani angehörte, die Faschalis
vergeblich versucht hatte durchzuführen.
MäCsigung kannte Gerhoh nicht, offen und aufrichtig war er im
höchsten Grade; er bekämpfte schonungslos die Gebrechen der Kirche
und des Clerus, auch des päbstlichen Hofes, die Verweltlichung der
Kirche, die Hingabe ihrer Güter an reisige Dienstleute, und daher
hatte er auch mit seinen eigenen Farteigenossen vielerlei Händel zu
^) S. oben S. 44. Der Manogald, dessen grammatisch- mythologische Glossen
SU Ovids Metamorphosen im Clm. 4610 aus Benedictbeuem sind (M. Haupt im
Hermes VIII, 192), mufs wohl ein anderer sein.
238 ^' Staufer. § 8. Gerhoh v. Reichersberg. Oesterr. Annalen.
bestehen; für Alexander hat er sich zwar nach längerem Schwanken
erklärt, aber er war weit entfernt alles zn billigen, was auf dieser
Seite geschah. Ihm gefiel am besten Eugen m, der die Erzbischöfe
von Cöln und Mainz mit sammt den goldbeladenen Sanmthieren, welche
sie zur Betreibung ihres Prozesses mitgebracht hatten, unerleichtert
heimsandte; bitter klagt er über die Habsucht der Römer, welche den
Pabst seit dem Zerfall mit dem Kaiser zur Erpressung zwinge. Aufser
seinen theologischen Werken schrieb Gerhoh eine Menge von Briefen
und polemischen Schriften, die für die Kenntnifs dieser Zeit wichtig
sind^). Aufserdem verfafste er eine Lebensbeschreibung des Abtes
Wirnt von Formbacb (1108 bis 1127), die aber fast nur von
Kasteiungen und Wundem berichtet; merkwürdig ist darin nur die
Polemik gegen diejenigen, welche lieber heidnische Autoren lesen als
Legenden, und die Wundergeschichten nicht glauben wollen^).
Wohl die merkwürdigste Schrift Gerhoh's ist eine Abhandlung
über den Antichrist, welche er 1162 auf den Wunsch des Erz-
bischofs Eberhard von Salzburg verfafste; sie war Tengnagel und
Gretser bekannt, die aber Bedenken trugen sie bekannt zu machen
und nur einzelne Stücke daraus mittheilten. Seitdem war die Hand-
schrift verschollen, und man glaubte, dafs sie durch den Brand des
Klosters Beichersberg vernichtet wäre, bis sie von Jodok Stülz in
Beichersberg wieder entdeckt und ans Licht gezogen wurde. La dieser
Schrift untersucht nämlich Gerhoh die Zeichen, welche der Ankunft
des Antichrists vorangehen sollen, und verbreitet sich dabei über die
Schlechtigkeit der Menschen; über Heinrich IV theilt er die abscheu-
lichsten Verleumdungen mit, gegen welche alle anderen Schriften der
Art noch milde und züchtig erscheinen. Dieser Abschnitt wnrde schon
von Tengnagel veröffentlicht*). Im weiteren Verlauf aber wendet sich
Gerhoh mehr und mehr gegen die römische Curie, gegen ihre Habgier
und Bestechlichkeit, den Hochmuth und die Erpressungen der Legaten,
den Misbrauch der Appellationen und Exemptionen; er tadelt die Ver-
*) Handschrift in Admunt, Archiv X, 640; gröfstentheils gedruckt bei Pez,
Thes. VL Opera bei Migne CXCIII, CXCIV; über die Schlechtigkeit der Aus-
gabe 8. Dilloo de Gerhoho (Diss. Beroi. 1867 über seine Theologie) S. 3. Vgl.
auch die Abhandlung über Gerhoh von Stüls in den Denkschriften der Wiener
Akademie I, 113 — 166; R. Heinzeis Einleitung zur Ausgabe des Heinrich von
Melk 8. 37 ff. J. Bach in d. Oesterr. Vierteljahrsschrift f. Kath Theol. 1865,
IV, 19 — 116 mit Uebersicht seiner Schriften und ineditis. Giesebr. IV, 402.
") Oerkoki Vita Wimtonis^ Pez, Thes. I, 3, 399—422. Die Wunder von
c. 10 an müssen wegen der Beziehung auf die Salzburger Mirakel von 1181
später zugesetzt sein.
') Gerhohi Reich, de Henrico IV et V imperatoribus etc. Syntagma, Monn.
adv. Schism. p. 415, wiederholt in Gretseri Opp. VI, 243.
Gerhoh von Beichersberg. 239
bindung der Päbste mit Mailand mid den Nonnannen, das ganze Ver-
halten Adrians nnd Alexanders dem Kaiser gegenüber, nnd wenn er
anch zögernd für Alexander sich entscheidet, so sieht er doch die
groDse Yerschlimmemng der Zeiten darin, dafs hier Becht und unrecht
gar nicht zu unterscheiden sei und man eigentlich Torziehen müsse,
mit dem König von Ungern neutral zu bleiben. Von diesem ganzen
Abschnitt, welcher jetzt durch Stülz bekannt gemacht ist^), war bis
dahin nur durch Gretser (Opp. m, 111 — 114) eine Stelle mitgetheilt,
in welcher Gerhoh ausführlich über den Kreuzzug von 1147 berichtet'),
der für die ganze Christenheit ein so grofses AergemiTs war, thöricht
unternommen, mit äulserstem Leichtsinn geführt und jämmerlich ge-
endet, nachdem die gröfsten Erwartungen dadurch erregt waren. Das
Scheitern der ganzen Unternehmung betrachtet Gerhoh als eine ge-
rechte Strafe für die Sünden der Theilnehmer; vorzüglich aber sieht
und beklagt er die Macht der Dämonen in den theils betrüglichen,
theils nach seiner Meinung wirklichen Wundern, mit denen vom Kreuz-
zng heimkehrende Vagabunden das Volk yerführten.
Hieran reiht sich eine von E. Mühlbacher herausgegebene Schrift,
ein ausführlicher, sehr merkwürdiger Brief an Alexanders Cardinäle').
Kach dem yerhängnüjBYollen Pfingsttag 1165, wo zu Würzburg der
Kaiser die Anerkennung seines Fabstes Paschalis erzwang, wuchs
Gerhoh's Bedrängnifs. Zwar hielt er an Alexanders Bechtmäfsigkoit
fest und behauptete sie unerschrocken auch persönlich vor dem Kaiser,
der ihn hochherzig gegen den Zorn seiner Fürsten schützte; aber
immer bedenklicher wurde ihm der geheime Pact mit den Beichsfein-
den, dem er kaum noch den Glauben yersagen konnte. Deshalb be-
schwört er in dringendster Weise die Cardinäle, offen dem allgemein
^) Des Probates Gerhoh von Beichersberg Abhandlung de invesUgatione
antichrisH^ auszugsweise mitgetheilt von J. Stüls, Archiv d.W. Ak. XX, 127 — 188.
Diese histor. Betrachtungen finden sich nur im ersten Buch ; das dritte ist nicht
vollst&ndig erhalten. Ausg. von Fr. Scheibelberger : Qerhohi Beich. opeia
hactenus inedita. Libri III de investig. Antichrist!, una cum tractatu adversus
Graecos. Lincii 1875. Vgl. Moritz Meyer, Die Wahl Alex. III und Victors IV
(Gott. 1871) S. 63 fF. Scheffer-Boichorst, Ann. Patherbr. S. 195 berichtigt eine
Stelle über das Wormser Concordat, ohne jedoch, wie Forsch. XIII, 398 ge-
sagt ist, Lobwisen an die Bergstraise zu verlegen. Heppenheim an der Wiese
liegt dicht bei Worms.
*) Für die Geschichte des Kreuzzuges ist sie unbrauchbar nach B. Kugler,
Studien zur Gesch. d. zweiten Kreuzzuges S. 34 — 36.
>) E. Mühlbacher, Gerhohi Beich. ad Cardinales de schismate epistola,
Arch. d. W. A. XL VII, 356—382. S. 364 vor n. 3 ist Adrian IV gemeint,
nicht Adrian I. Nach Mitth. v. Mühlbacher ist u. a. S. 367 Z. 26 für temit
zu lesen temät, 8.374 Z. 21 Jam f. «am. Die Anm. 2 8.365 soll lauten:
S. Greg. Opera ed. Maur. ep. XIV, 17.
240 ^* Staufer. § 8. Gerhoh y. Beichersberg. Oesterr. Annalen.
yerbreiteten Gerüchte zu widersprechen, oder, wenn es wahr sei, sich
Yon diesem Bunde loszamachen; hätten doch auch frühere Päbste sich
nicht geschont, sich zu rechtfertigen oder anch Fehltritte nachträglich
zu verbessern. Schon war die Verfolgung über den Salzburger Spren-
gel hereingebrochen, und viele schwankten in gröüster Gewissensnoth
bei dem Conflict ihrer Pflichten.
Als auch Beichersberg schon von Heinrich vom Stein heimge-
sucht war und Gerhoh aus dem Kloster hatte entweichen müssen^),
als aber auch die Kunde von der plötzlichen Wendung der Dinge im
Jahre 1167 schon eingetroffen war, schrieb Gerhoh seine Schrift de
quarta vigüia noctis^). Mit dem gegenwärtigen Schisma schien ihm
die vierte Yigilie eingetreten zu sein; er beklagt, dafs der Kaiser in
die kirchlichen Dinge mit Gewalt eingreife, aber lebhafter noch und
bitterer die Habsucht und den Hochmuth der Cardinäle, die neue Art,
dorch Geldspenden die Hülfe der Bömer zu gewinnen, zu welchem
Zwecke mit verdammlicher Simonie aus kirchlichen Geschäften Gewinn
gemacht werden müsse; er beklagt vorzüglich die üeberhebung des
Pabstes, der gegen das Beispiel seiner Vorgänger dem Kaiser nicht
geben wolle, was des Kaisers sei, und in die Sphäre übergreife, welche
nicht die seinige sei.
Mitten in diesem Kampfe, ohne den Frieden zu erleben, starb
Gerhoh. Stücke aus seinen Schriften und reiche Nachrichten über sein
Leben finden wir in den verschiedenen Handschriften der Beichers-
b erger Chronik, deren Anfange noch in seine Zeit fallen. Es sind
Annalen, die in ihrer einfachsten Form (A) nur bis 11 67 reichen und
weniger wirkliche Jahrbücher sind, als eine Gompilation in annalisti-
ficher Form, welche für das letzte Jahrzehnt auch selbständige Nach-
richten gewährt*). Diese Ausarbeitung hat wieder der Priester Mag-
nus benutzt, um theils mancherlei Lesefrüchte für die ältere Zeit ein-
zuti'agen, theils die Geschichte des Klosters und des Salzburger Sprengeis
fortzuführen bis zu seinem Todesjahr, bis 1 195. Merkwürdiger Weise
liegt sein Werk uns in drei verschiedenen Bearbeitungen vor, von denen
die eine (B 2) nur bis 1160 geht, mehr alte Geschichte aber nichts
1) „Nunc ecce in senectute mea ejectns de nidulo zneo, de reg^ari vide-
licet daustro mihi commisso, compeUor declinare unirersale periculo (1. pericu-
lum) schismatis, cui si consentire Toluissem, pacem qualemcanque habere po-
taiflsem.'* S. 570.
>) Fr. Scheibelberger, Zwei ungedruckte Schriften Gerhoh'a, nach einer
Handschrift des Klosters Reichersberg. Oesterr. Vierteljahresschrift ftir kath.
Theol. (1871) X, 565—606.
3) Bei Canis. III, 2, 219 ex cod. Aldersbacensi. Von 921 an MG. SS.
XVII, 443—476. Vorher ist Begino Hauptquelle.
Magnus Yon Beiebersberg. 241
vom Kloster enthält, zwei andere bis 1195 so vertheilt, dafs die eine
(B 1) alle wichtigeren ürkanden des Klosters vollständig aufgenommen
hat, die andere (B 3) nnr eine Auswahl der Hansgeschichte enthält
und auch die ältere Geschichte nur kurz behandelt. Die Belesenheit
des Priesters Magnus verdient alle Anerkennung; aufser Gerhoh*s
Schriften und einer Menge Legenden kennt er auch Liudprand und
Otto von Freising; nur Ar das zehnte Jahrhundert fehlte es ihm,
wie Ekkehard, an Stoff. Aus dem canonischen Becht entlehnte er
die Urkunden über das Verhältnifs des Kaisers zum Pabst, aus den
unechten Passauer Urkunden die fabelhaften Nachrichten Aber ein vor-
gebliches Erzbisthum Lorch. Von grofsem Werth sind die eigenen
Nachrichten aus dem zwölften Jahrhundert; sie haben später noch
Fortsetzungen bis 1279 erhalten, wobei zur Ausfüllung von Lücken
die Salzburger Annalen benutzt sind.
Endlich hat sich im Kloster Yorau noich eine Handschrift dieser
Chronik erhalten, deren SchluTs von 1191 an verloren ist; sie kommt
B 1 am nächsten, läfsfc aber consequent die Hausnachrichten weg und
setzt an deren Stelle die Gründungageschichte von See kau, ein be-
sonders deutliches Beispiel der Art, wie dergleichen Werke von einem
Stifte zum anderen übergingen und wie unsicher der SchluTs von einigen
localen Nachrichten auf die Herkimfb einer Chronik ist^).
Bischof von Seckau wurde 1231 (bis 1243) Heinrich von Zwettel,
Probst von Maria-Saal in Kärnten, den der Mamer in einem schönen
Lobgedicht verherrlicht hatte').
Der Priester Magnus hat in seine Chronik auch mit einiger Ver-
kürzung den Bericht des Passauer Decans Tageno aufgenommen,
welcher den Bischof Dietpold auf seiner Kreuzfahrt begleitete und in
Tripolis gestorben ist'). Sein genau und sorgfaltig geführtes Tagebuch
wurde in die Heimath zurückgebracht und noch Aventin fand es in
Eeichersberg und machte eine Abschrift, in welcher jedoch die Worte
nicht treu wiedergegeben, sondern ziemlich bedeutend verändert sind*).
^) Magm presb, Annales Reicherspergenses ed. Wattenbaob, MO. SS.
XVII, 439-534; p. 443—476 a. 921-1167 aua A und B 1. 2. 4; p. 476—488
«. 1~U67 aus B3; p. 488-523 a. 1167 — 1195; p. 523 — 534 die Fort-
setzung. Die Urkunden von B 1 sind weggelassen, sie finden sieb im Cbro-
nicon Beicb. ed. Qewold, Mon. 1611, B3 Ton 1084 — 1195 xuerst in Böhmers
Fontes III, 530—553.
*) Carmina Burana p. 79, Tgl. die Ausg. des Mamer von Strauch (1876) S. 7.
>) MG. XVII, 509-516. Vgl. über ihn vorsügUch Riezler, Forsch. X,
^7—98; Karl Fiscber, Geacbicbte des Kreuizuges Kaiser Friedricbs I (1870)
S. 6—16; Pannenborg, Forsch. XIII, 317—319.
*) Aeltere Drucke nachgewiesen von Riezler, Forsch. X, 88. Freber (1717)
I, 407-416.
Wattenbacb, Qeachiohtsqaellen II. 4. Aafl. IQ
242 ^* Staufer. { 8. Oerhoh ▼. Heichenberg. Oesterr. Annalen.
Tageno war noch 1184 des Bischofs Notar und Caplan gewesen,
und eignete sich also vorzüglich für eine solche Aufgabe; auch der
Ton ihm in den Bericht aufgenommene Brief Dietpolds wird wohl
von seiner Hand sein. Tageno's Bericht wurde schon anf dem Kreuz-
zuge dem österreichischen Cleriker Ansbert bekannt, welcher eben-
falls Notizen f&r eine (reschichte des Ereuzzuges sammelte, die er
nach seiner Heimkehr mit Benutzung von Briefen und anderen Acten-
stücken zu einer Darstellung verarbeitete, welche er nicht vollendet
zu haben scheint; vom 16. Mai an ist einfach Tageno's Bericht wie-
dergegeben^). Derselbe war femer nebst einer Anzahl anderer Quellen
die Grundlage für die Historia Peregrinorum, welche Pannen-
borg für ein Werk Günthers hielt, diese Ansicht aber später fallen
liefs '). Mittelbar gelangte er durch diese, wie A. Dove nachgewiesen
hat, in das Werk eines Begleiters und Assistenten des Cardinallegaten
Petrus, der eine Geschichte des christlichen Orients und der Ereuz-
züge bis 1205 mit besonderer Hervorhebung des Markgrafen von Mont-
ferrat verfafiste, welche in ansehnlichen Fragmenten bei Sicard und
Salimbene erhalten ist*).
Doch wir kehren zu den Annalen zurück. Dergleichen Auf-
zeichnungen wurden jetzt, wie in den früheren Zeiten, in vielen Klöstern
^) Erhalten durch Oerlach von MfiUhausen unter dem Titel: Ystoria de
expeditione Friderici imperatoris edita a quodam Austriensi clerico qui eidem
interfuity wozu eine yiel jüngere Hand gesetzt hat nomine Änsbertiis. Vgl.
über ihn Riesler Forsch. X, 87—98; Karl Fischer 16—29; Pannenborg Forsch.
XIII, 317 if. Neueste Ausgabe mit Vincens u. Oerlach, Fontes Austr. V.
*) Schlechte Ausgabe von Canisius ed. Basn. III, 2, 499 — 526. Aus-
führlicher Nachweis der Quellen yon Pannenborg, Forsch. XIII, 316 — 324.
') 8. darüber Alfred Doto: Die Doppelchronik von Reggio und die Quellen
Salimbene's (Leipz. 1873) S. 110—137. — Ueber die Quellen für die Ge-
schichte dieses Ereuzzuges geben die angeführten Schriflen hinlänglichen Auf-
schlufs. Ich erw&hne noch die kurze Schrift De excidio regni et regibus Jeru-
salem^ um 1200 geschrieben, Eccard II, 1349 — 1354, besser von Thomas,
Manch. SB. 1865 II, 160—170; Tgl. Riezler X, 107. Ein Bericht über die
Flotte, welche aus der Scheide auslief, von einem Sachsen verfafst, ist in
den Abhandlungen der Turiner Akademie 1840 S. 177 ff. von Gazzera heraus-
gegeben; vgl, Röhricht, HZ. XXX IV, 28. Das Itinerarium Peregrinorum^ zu-
letzt 1864 Ton Stubbs herausgegeben (vgl. Riezler Forsch. X, 105, Karl Fischer
33 — 43) ist nach einem französischen Gedicht gearbeitet, welches G. Paris und
Monod herausgeben werden; Torl&ufige Nachricht u. Analyse des Itinerarium
Revue hbt. III, 229. Hagmari Monachi de expugnata Accone liber tetrastichus^
bei Riant, De Haymaro Monacho, Paris 1865. Rog. de Hovedene ed. Stubbs
III, cv — cxxxvi, giebt auch einen kurzen Bericht über Friedrichs I Kreuzzug.
Kaum als Geschichtsquelle zu rechnen ist das im 14. Jahrh. überarbeitete Ge-
dicht von Landgrafen Ludwig des Frommen Kreuzfahrt (ed. F. H. v. d. Hagen
1854) vgl. Riezler S. 119 ~ 125, der Benutzung Arnolds von Lübeck nach-
gewiesen hat; Über andere Quellen Röhricht in d. Zeitsehr. f. Deutsche Philologie
VIII, 419—446.
Tageno. Melker Annalen. 243
und einzelnen Domstiftem gemacht , aber nur selten kennen wir den
Namen des Verfassers nnd oft zeigt auch die immer wechselnde Hand-
schrift;, dab gar kein bestimmter Verfasser vorhanden war. Ebenso
sehr fehlt es dann natürlich an einer überlegten Anlage und gleich-
mälsiger Dnrchfühnmg: bald sind einige Jahre ausführlich behandelt^
bald beschränkt man sich wieder auf wenige Angaben über weltknndige
Ereignisse nnd den Wechsel der Aebte. War mehrere Jahre lang
nichts geschrieben worden, so entlehnte man die Chronik eines be-
nachbarten Klosters, um die Lücke auszufüllen. Häufig benutzte man
aber auch nachträglich ältere Werke, um der Lückenhaftigkeit und
Armuth der Jahrbücher nachzuhelfen, wie z. B. jener Priester Magnus
that und wie wir in den Admunter Annalen Stücke aus Otto von Frei-
sing, in denen von Zwettel lange Stellen aus Wipo und den ganzen
Anhang zum Bagewin finden.
Oesterreich ist in dieser Zeit reich an solchen vielgestaltigen
Annalen^); zuerst legten die Münche von Melk ein Buch der Art an
im Jahre 1123, welches bis ins sechzehnte Jahrhundert fortgesetzt
wurde. Der Anfang ist aus der sogenannten Epitome Sangallensis
(S. 38) und aus Bemold') entnommen. Fortsetzungen und Ueber-
arbeitungen finden sich dann in Zwettel, Elostemeuburg, Heiligenkreuz,
Wien, Eremsmünster, Lambach, St. Florian, Neuberg; auch die Annalen
von Götweih, Admunt, Salzburg, Garsten sind verwandt Häufig be-
gegnen übereinstimmende Nachrichten, ohne dafs eine directe Entleh-
nung wahrscheinlich wäre, so dafs man zu der Vermuthung gedrängt
wird, es sei wohl noch allerlei vorhanden gewesen, was uns nicht
mehr erhalten ist, vielleicht ausführlichere Chroniken über das zwölfte
und die erste Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts in zusammenhängen-
>) Sie sind kritisch bearbeitet und zasammengestellt Ton Wattenbach, MG,
SS. IX, 479 — 843. Die damals vergeblich gesuchte Handschrift, welche wohl
irrig als der bischöfl. Bibliothek angehörig bezeichnet war, ist sp&ter durch
Herrn A. r. Meiller aufgefunden. S. darüber Arch. d. W. A. ZLU, 507 — 511. —
Von einer dieser annalistischen Compilationen (1025 — 1283), welche wegen der
darin vorkommenden fiesiehungen auf die Dominicaner zu Wien nach diesen
benannt ist (S. 725 — 732), hat Zeibig eine alte deutsche Bearbeitung publi-
cirt, in welcher aber jene Beziehungen fehlen, Arch. d. W. A. IX, 355 — 362,
vgL XIV, 9. Ip demselben Archiv XIX, 117 — 144 befindet sich ein Au&ata
von Stoegmann über jene Ausgabe der Arm. Atutriae im Yerh<niTs zu den
früheren Ausgaben von Pez und Rauch. Schoenemann, Zweites u. drittes Hun-
dert d. Wolf. BibL, S. 22 erw&hnt ein Chron. a Christo nato ad a. 1327 aus
d. Wiener Schottenkloster. Der Schlufs ist gleich der Contin. Vindobonensis,
SS. IX, 722.
S) Nach Giesebr. III, 1044, der auch auf die auffSallende Uebereinstimmung
in der Bezeichnung der Sohlachttage mit Bruno hinweist.
16»
244 ^'* S^Aufer. { 8. Oesterr. Annülen. $ 9. Böhmen.
der Erzählung. Diese Annalen erstrecken sich znm Theil mit sehr
gnten und reichhaltigen Nachrichten über das dreizehnte Jahi'hundert;
bei dem Kampfe zwischen Bndolf nnd Otakar sind wieder gröfsere
selbständige Beschreibungen aufgenommen, und neue Fortsetzungen
reichen bis zum fünfzehnten Jahrhundert.
In anderer Form besitzen wir aus dem zwölften Jahrhundert nur
das in Götweih geschriebene Leben Altmanns von Passau und das
Leben des Bischofs Hartmann von Biixen von einem Elostemeuburger
Chorherm^) nebst einer kurzen Uebersicht der Geschichte Oesterreichs
unter den Babenbergern, die auf den Wunsch des Herzogs Leopold YI
in Melk verfafst wurde und eine bemerkenswerthe Unklarheit über
die Anfänge des Klosters und der Mark an den Tag legt. Nach
A. Y. Meillers Untersuchung war der Herzog noch nicht zur Regierung
gelangt, und ist die Schrift also kurz vor 1177 entstanden, doch ist
das zweifelhaft. Der Verfasser fabelt in den Tag hinein, und hat sich
nach schriftlichen Hülfsquellen gar nicht umgesehen; dagegen hat er
durch das Geschichtchen von einem Gizo, dem Leopold I die Burg ab-
genommen habe, und den Lazius auf Geisa deutete, grofse Verwirrung
in die Geschichte gebracht. Weiterhin begniAgt er sich fast aus-
schließlich mit der Ausnutzung der Passio Cholomauni und der Melker
Annalen^). Etwas früher schon hat der Abt Erchenfrid (1121 bis
1163), unter dem auch Heinrich von Melk schrieb'), durch die Anle-
gung des Annalencodex sich um die Geschichte verdient gemacht, und
er selbst hat auch, wie es scheint, die Leidensgeschichte des Schutz-
heiligen S. Choloman, eines irischen Pilgers (f 1012) mit ddr Ge-
schichte seiner üebertragung nach Melk und den unvermeidlichen
Wundem beschrieben. Alte IJeberliefernng, da auch Cholomans IZeit-
genosse Thietmar (VII, 54) in ähnlicher Weise seines Todes gedjdnkt,
liegt gewifs zu Grunde, vielleicht auch schiiftliche Aufzeichnung, idoch
ist die Ausschmückung der Geschichte schon so weit fortgeschritten,
dafs sicherlich eine lange Zeit seit der auch vom Verfasser (c. 2) als
sehr entfernt bezeichneten Begebenheit verflossen war, bevor auch nur
i) Beide schon erwähnt S. 62 und 231.
') Fez, SS. Aostr. I, 290. Neue Ausgabe, doch sehr zerstückt, mit Vreit-
l&uftigem Commentar, von A. v. Meiller: lieber das Breve Chronicon Austria-
cum^ Denkschriften d. W. A. ZVIII; vgl. Heidelb. Jahrbb. LXI, 567 — 569.
Hirsch, Heinrich U l, 136. Ausg. t. Wattenbach MG. SS. XXIV. 0. Lorenz
in den „Drei Büchern Geschichte u. Politik ** hebt die Wichtigkeit der Niich-
richten für Sagengeschichte hervor, und findet es glaublich, dafs doch Geisa
in dem Gizo stecke.
') Herausgegeben von Rieh. Heinzel 1867; vgl. Scherer in der Zeitschr.
f. österr. Gymnasien 1868 S. 664—579.
Passio Cholomanni. Annales Gradicenses. 245
der erste Theil derselben anfgezeichnet wurde , wenn gleich dieser
vielleicht schon vor Erchenfrids Zeit geschrieben sein mag^).
§ 9. Böhmen.
In Böhmen wirkte der durch Cosmas gegebene Anstofs fort, und
eine Beihe trefflicher Geschichtswerke bis über die Mitte des vier-
zehnten Jahrhunderts verbreitet nicht allein über die böhmische, son-
dern auch über die allgemeine Geschichte helles Licht. Der vortreff-
lichen Fortsetzung, durch welche ein Wissehrader Domherr das
Werk des Cosmas bis 1142 fortführte, gedachten wir schon oben
(S. 156), so wie der ebenfalls guten Fortsetzung des Mönchs von
Sazawa bis 1162, welche durch die Nachrichten über S. Procop und
die durch ihn in diesem Kloster zur Herrschaft gelangte slavische
Liturgie besonderen Werth erhält').
Im zwölften Jahrhundert wurde auch in dem 1077 begründeten
mährischen Kloster Hradisch bei Olmüz ein Annalenwerk compiliert,
dessen Anfang aus Cosmas nebst dessen ersten Fortsetzen!, und bis
999 auch aus Ekkehard entnommen ist; doch scheint der Verfasser
wenigstens von 1095 an auch eigene Annalen zu Gebote gehabt zu
haben, die er mit den Auszügen aus Cosmas so mechanisch verband,
dafs er nicht selten dasselbe Ereignifs doppelt berichtete. Von 1130
an wird die Fortsetzung immer selbständiger, 1138 schreibt er offen-
bar gleichzeitig, und 1142 wollte er schliefsen, fügte aber noch weitere
Nachträge bis 1145 hinzu. Die Einführung von Främonstratenser
Mönchen unterbrach diese Thätigkeit, welche aber in dem böhmischen
Benedictiner Kloster Opatowiz wieder aufgenommen wurde. Hierhin
war das Zeitbuch geflüchtet; man trug hier heimische Nachrichten ein
und setzte die Annalen um das Jahr 1163 bis auf diese Zeit fort.
») Porno ChoUnmnm ed. Waitss, MG. SS. IV, 674—678. Der zweite Theil
ftber die in Melk geschehenen Wander, welcher in der Admunter Handschr.
n. 412 des zwölften, nicht des elften Jahrhunderts fehlt, scheint sp&teren Ur-
sprungs zu sein, und vielleicht bezieht sich darauf die Angabe des Nekrologes,
dafs Abt Erchenfrid die Historia S. Cholomanni YertAtBi habe; möglicherweise
kann aber damit auch nur ein Officium ftlr den Gottesdienst gemeint sein.
Wenn aber BOdinger, Oesterr. Gesch. I, 474 und H. Pabst, Jahrbücher Hein-
richs II II, 80 Benutzung dieser Legende durch Thietmar annehmen, so über-
sehen sie, dafs c. 1 Heinrich II unzweifelhaft als verstorben bezeichnet wird,
und Thietmar 1018 gestorben ist. — Ohne historischen Werth ist das Leben
Gothalms, der angeblich bei Cholomans Vater Kellermeister war und auszog
Choloman zu suchen, unterwegs aber in Mauer bei Melk starb, erst 1362 von
Bernhard Dapifer, Mönch in Melk, aufgezeichnet, ed. H. Pez, SS. Rer. Austr. I,
109; Gu. Cuper in Act. SS. Jul. VI, 337.
') Ueber die hieraus geflossenen und erweiterten Prokopslegenden s.Feifalik,
ßitz.-Ber. d. W. A. XXX, 414.
246 ^* Staafer. $ 9. Böhmen.
Man findet keine Spur, dab später Yon diesen Annalen Oebranch ge-
macht wäre, und erst in neuerer Zeit warden sie ans der glücklich
erhaltenen Handschrift bekannt gemacht^).
Von allgemeinerer Bedeutung ist das Werk des Yincentius
von Prag, eine HauptqueUe über Friedrichs I italienischen Feldzug
Ton 1158.
Wie einst Herzog Wratislaw von Heinrich lY, so wurde Whidislaw
von Friedrich Barbarossa zum König gekrönt, und er bewährte sich
wie jener als eine treffliche Stütze seiner Macht. Noch enger schlofs
sich Bischof Daniel von Prag an den Kaiser an; er zog 1158 mit
Wladislaw gegen Mailand, blieb aber auch nach des Königs Bückkehr
dort, und bewies sich besonders eifrig und thätig für die Sache des
Pabstes Victor. Im Jahre 1160 führte ein Auftrag des Kaisers den
Bischof nach Ungern, 1166 folgte er dem Kaiser wieder nach Italien,
wo er mit dem Bischof Hermann yon Verden als kaiserlicher Hof richter
fungierte. Im folgenden Jahre wurde er von der schrecklichen Pest
hinweggerafft, die damals den glänzenden Erfolgen Friedrichs ein
Ende machte. Daniels treuer Begleiter auf diesen Fahrten war Vin-
centius, Notar und Domherr der Prager Kirche ; er selbst schrieb, wie
er berichtet, 1158 den kaiserlichen Friedens- und Gnadenbrief für die
Mailänder. Traurig kehrte er heim nach dem Tode seines Herrn,
und wandte sich nun mit der Bitte um Unterstützung nach so vielen
Leiden und Mühen an die Königin Judith. Ihr und ihrem Gemahl zu
Ehren verfafste er seine Chronik, die 1140 mit Wladislaws Begierungs-
antritt beginnt und im Jahre 1167 plötzlich abbricht, offenbar un-
vollendet, wie denn auch in der Mitte noch einige Lücken geblieben
sind*). Das Werk ist sehr gut geschrieben, treu und zuverlässig,
und daher eine unserer wichtigsten Quellen; nur im An&ng ist es
^) Ann. Oradicemes et Opatotoicenses^ MG. SS. XVII, 643 — 653 nach
der früheren Ausgabe toh Meinert und Palacky's Verbesserungen ron mir aus
der Handschrift ediert. £<8 ist nicht die Urschrift und daher Eweifelhaft, ob
die CompUation in Hradisch oder erst in Opatowiz gemacht wurde. Neue Ausg.
Fontes Boh. II, 386—400. Auch die Olmftser Bischofscbronik unter dem Titel
Orcmum QUaiogi, welche bis jetzt nur bruchstückweise aus M. Ziegelbaners
handschriftL Olomutium sacrum in Richters Series epp. Olom. publiciert ist,
scheint in ihren Anfingen dieser Periode anzugehören; Tgl. Dudik, Qeschiehte
M&hrens II, 47.
«) Vincentii et Oerlaci Annales ed. Wattenbach, MG. 88. XVII, 654-710.
Textabdruck Ton Tauschinski und Pangerl, Fontes Rer. Austr. 88. V. 1863.
Fontes Boh. II, 403 — 516. Vgl. auch Böhmens Antheil an den K&mpfen
Friedrichs I in Italien, von Dr. Florenz Tourtual, Gott. 1865. Giesebr. IV,
406. R. Dettloff, Römerzug Friedrichs I (1877) 8. 12 Anm. 2, 8. 19 Anm. 2,
8. 36 Anm. 6, 8. 40 Anm. 1, 8. 52, Anm. 2.
Tincenz und Gerlach. 247
tber die Vorgänge in Italien, bevor Yincenz als Augenzeuge berichten
konnte, ungenau und irreführend.
Fortgesetzt ist es von Ger lach, dem ersten Abt des Pr&mon-
stratenserklosters Mühlhausen in Böhmen. Dieser Gerlach war von
guter Herkunft und wohl, wie Falackj vermuthet, ein naher Verwandter
des Grafen Georg von Mühlhausen. Im Jahre 1174 wurde er als
neunjähriger Knabe nach Würzburg auf die Schule gebracht, wo er
aber nicht lange blieb, weil der Abt Gotschalk ihn mit sich in das
neu gegründete Kloster Selau nahm; bei ihm war er sieben Jahre als
Caplan bis an den Tod des hochverehrten Mannes am 17. Februar 1184.
Ootschalks Erzählungen sind eine Hauptquelle für ihn, und er verbreitet
sich sehr ausführlich über die Einführung der Prämonstrateuser in
Böhmen aus den Bheinlanden und dem Mutterkloster Steinfeld. Nach
dem Tode seines Abtes trat er in ein nahes Verhältnifs zu dem Bi-
schof Heinrich und scheint zu dessen Capelle gehört zu haben, bis er
1187 zum ersten Abt des Klosters Mühlhausen ernannt wurde, dem
er bis an seinen Tod vorstiand; noch 1221 wird er als Zeuge einer
Urkunde erwähnt.
Da Gerlach nach dem Frieden von Venedig schrieb, war er nicht
schismatisch wie Vincenz, gehörte aber übrigens derselben Richtung
an und ist vor allen Dingen eben so gut bischöflich gesinnt.
Nach alt ottonischer Politik nämlich benutzte Friedrich das Prager
Bisthum, um die übergrofse Selbständigkeit Böhmens zu brechen. Der
Bischof sollte unmittelbarer Beichsfürst sein wie die übrigen Bischöfe,
während die Herzoge ihn immer in Abhängigkeit zu halten suchten.
Vorzüglich durch seine Nachrichten über diese Verhältnisse ist Ger-
lachs Werk auch für die allgemeine Geschichte wichtig. Es scheint,
dals die hinterlassenen Papiere des Vincenz in seine Hände kamen;
er liefe sie geordnet abschreiben, fügte einige Bemerkungen hinzu und
schrieb nun auch selbst seine Erinnerungen auf. Mit der abschlielsen-
den Redaction seines Werkes war er noch im Jahre 1214 beschäftigt,
u:id wahrscheinlich haben ihm damals schon seine älteren Aufzeich-
nungen nicht mehr vollständig vorgelegen. Das Ende seines Werkes
Yon 1198 an ist leider verloren^). Von besonderem Werthe ist ein
von Gerlach vollständig in seine Chronik aufgenommener Bericht eines
Augenzeugen, des österreichischen Glerikers Ansbert, über den Kreuz-
zug Friedrichs I, eine einfache, genaue und wahrhaftige Erzählung,
welche aber unvollendet geblieben zu sein scheint, und in ihrem letzten
Theile nur Tageno^s Bericht wiederholt (S. 242).
1) Ente Ausgabe bei Dobner I, 79 — 129, der erste Theil als Chrono-
graplm Siloenm, Vgl. Palackj, Würdigang 8. 79—89.
248 ^* Staufer. $ 9. Böhmen. { 10. lUlienUche Quellen.
Im dreizelinten Jahrhandert überwiegt natürliclier Weise aach in
Böhmen inmier mehr die specielle Landesgeschichte. Zu den Frager
Annalen, welche im Jahre 1193 abgeschrieben waren, wurden noch
einige unbedeutende Bemerkungen bis 1230 hinzugefügt. Wichtiger
aber sind die yerschiedenen Bestandtheile, welche man früher unter
dem Namen des zweiten Fortsetzers des Cosmas zusammenfafste.
Falacky hat zuerst nachgewiesen, dafs hierin die Arbeiten yerschiedener
Frager Domherren zusammengeworfen sind, und Eoepke hat darauf
nicht nur die Untersuchung sorgföltig durchgeführt, sondern auch in
seiner Ausgabe die einzelnen Elemente zu scheiden versucht^).
Aehnlich wie bei den oben erwähnten österreichischen Annalen
finden wir auch hier ausführlich erzählende Werke in den anna-
listischen Bahmen eingefügt. Derjenige, welcher auf solche Weise eine
einzige umfassende Chronik von Böhmen bis 1283 herzustellen suchte,
schob nach Eoepke's Ansicht am Anfang einen ungeschickten Auszug
aus Yincenz, der sich auch schon in der Baudnizer Handschrift findet,
und die Frager Annalen von 1160 --1193 ein; Yon diesen hatte er,
wie es scheint, eine etwas vollständigere Häbdschrift. Aus dem nun
folgenden Theile von 1196 bis 1278 hat der Herausgeber einerseits
Annalen des Frager Domcapitels, welche nach Art anderer Annalen
politische Ereignisse und Hausnachrichten zu bunter Mischung ver-
binden und vorwiegend localer Natur sind^), und andererseits gröfsere
Stücke ausgesondert, deren gänzliche Verschiedenheit in die Augen
fällt und schon lange bemerkt war. Eine vortreffliche und ausführliche
Erzählung über das Jahr 1249 beschäftigt sich mit den Thaten des
Königs Wenzel, über dessen erste Begierungsjahre eine kurze IJeber-
sicht vorangestellt ist; der Verfasser schrieb vor dem Tode des Königs
(1253) und scheint sein Werk unvollendet gelassen zu haben'). Eine
Beihe gröfserer und zum Theil sehr ausführlicher Stücke schildert
dann die hauptsächlichsten Ereignisse aus der Begierung Otakars;
diese sind, zum Theil wenigstens, gleichzeitig geschrieben und von
Liebe und Bewunderung für den König erfüllt. Sie bilden ein er-
wünschtes Gegenstück zu den entsprechenden Theilen der österreichi-
schen Annalen^). Hieran schliefst sich endlich die weitere Fortsetzung
der Frager Annalen, deren erster Theil von 1278 bis 1281 sich be-
sonders mit dem Bischof Tobias und den Erlebnissen des Domcapitels
*) Ckmonicorum Fragennum Continuathnes Cosmae^ MG. SS. IX,
162—166.
•) Annalium Pragemium Pars L S. 169—181.
») Historia Wenceslai L S. 167—169.
«) ÄnncUes Otakariani S. 181 — 194.
Die Fortsetier des Cosmas« 249
beschäftigt^), während der zweite wieder bis auf das Jahr 1279 zurück-
geht und die unglücklichen Zustände des Landes bis 1283 mit Wärme
und leidenschaftlichem ünmuth schildert').
Damit ist nun dieses grofee Werk abgeschlossen, welches, wenn
auch mit bedeutenden Lücken, doch die Landesgeschichte bis nahe an
das Ende der Premisliden - Herrschaft in einer theilweise ausgezeich-
neten Barstellung umfafst. Wir haben die Besprechung desselben von
den Schriften des Vincenz und Gerlach nicht trennen wollen, kehren
aber nun zurück zu der Zeit des Kaisers Friedrich, welche uns auf
jene böhmischen Berichterstatter über seine Thätigkeit geführt hat.
§ 10. Italienische Quellen.
Der Erwähnung verschiedener Berichte über die italienischen
Feldzüge Friedrichs reihen wir gleich hier die einheimischen Nach-
richten über dieselben an, bei denen wir jedoch nur ganz kurz ver-
weilen, da Italien jetzt bereits eine so eigenthümliche und selbständige
Entwickelung gewinnt, dafs ein eigentlicher Zusammenhang mit der
deutschen Historiographie nicht besteht, und nur die äufserliche Ver-
bindung beider Länder es nothwendig macht, der italienischen Quellen
hier überhaupt zu gedenken. Ein sehr wesentlicher Unterschied zeigt
sich sogleich darin, dafs in Italien, besonders in der Lombardei, die
Geschichtschreibung schon in die Hand der Laien übergeht.
So berichten uns über Friedrichs Kämpfe mit den MaDändem von
entgegengesetztem Standpunkte ein ungenannter Mailänder') und der
*) Annalium Pragensium Pars IL S. 194—198.
*) Ännalium Pragemium Pars II 1. S. 198 — 203. Unbeachtet blieben da-
neben Heinrici de Heimburg Annales 861 — 1300, zuerst von Pertz SS. XVII,
711 — 718 herausgegeben. Der Verf. ist 1242 in Heimburg geboren, wurde
1279 Priester und scheint in Qmfind bei Weitra gelebt zu haben. Der An-
fang ist aus Cosmas ohne Fortsetzung und den Legenden Ton Wenzel und
Adalbert entnommen, 1126—1268 sehr dfirflig, von 1271 an schreibt er aus-
führlich als Augenzeuge, wird aber nach 1282 wieder kürzer. Er war ein
eifriger Anh&nger von Otakar und Bruno.
*) Früher Radulf oder Sire Raoul genannt, doch scheint dieser nur
ältere Aufzeichnungen gesammelt und überarbeitet zu haben. Diese giebt Pertz
nach einer Pariser Handschrift als Annales Mediolanenses^ SS. XVIII, 357 — 382,
nftmlich den Libellus trMHae et doloris a. 1154 — 1177 und Qe»ta Frederici
imp. über seinen Kreuzzug und Tod (vgl. unten S. 251 A. 5), mit Nachträgen
von 1201. 1202. 1230. Es folgen L 1. p. 383-402 Annales minores et Notae
Mediolanenses ed. Phil. Jaffö, nftmlich Notae S. Mariae Med. 931 — 1186 (Ka-
lend. Sitonianum chronologisch geordnet), Notae S. Georgii Med, 1061 — 1295
(Kai. Ambros. ebenso), Annales breves Med. 1104—1228 (Chron. Mediol. bei
De Lewis), Ann. bremssimi Med, Uli — 1237 (Chron. Cremen. Baluzii),. ^nn.
minores Med. 1264—1280, Memoriae Med. 1061—1251. Die Archiv XI, 319
beschriebene Pariser Handschrift 6168 scheint nicht berücksichtigt zu sein.
250 ^' SUafer. § 10. lulieniscbe Quellen.
kaiserliche Ptftlzrichter zu Lodi, Otto Morena, dessen Werk von
seuiem Sohne Acerbns Morena fortgesetzt wurde^).
Ein wichtiges Geschichtswerk voll mannigfacher Belehmng sind
die Annalen von Genna von 1099 bis 1294, welche hin und wie-
der auch fftr die Geschichte der deutschen Kaiser Bedeutung gewinnen.
Früher nur aus fehlerhaften und abgekürzten Handschriften bekannt,
sind sie jetzt durch Pertz in ihrer ursprünglichen Gestalt hergestellt
Begonnen und bis 1163 fortgeföhrt wurden sie von Cafaro, einem
der angesehensten Staatsmänner seiner Vaterstadt, und auf Veran-
lassung des Stadtrathes, dem Cafaro sein Werk übergeben hatte, bis
1294 fortgesetzt«).
Sehr merkwürdig und lehrreich, wenn auch roh in der Form, ist
des Bernhard Marango oder Marangonis Chronik von Pisa bis
zum Jahre 1175, sowohl über die alte Geschichte der Stadt und ihre
Kämpfe mit Lucca, Genua und anderen Feinden, als auch über ihre
Beziehungen zu den Kaisem, da sie immer gibellinisch war. Einiges
ist schon für Lothars Zeit daraus zu entnehmen, mehr für die Zeit
Friedrichs I, und die Pabstgeschichte während des Schisma').
1) Otto Morena y Acerbus Morena , Anonymus de Rebus Laudensibus
(1153—1168) ed. Phil. Jaffö, MG. SS. XVIII, 582—659. Der anonyme Fort-
setcer ist nicht mehr kaiserlich gesinnt. Vgl. über Lodi auch oben 8. 230.
Kur kurz zu erw&hnen sind Annales et Notae Parmenses et Ferrarienses ed.
Jaff6 ib. p. 680 — 790, n&mlich Ann, Pann, minores 1038— 1167 (vgl. dazu
A. Dore S. 142), Ann. Ferrar 1101—1211, Notae Parm. 1147 — 1210, Ann,
Parm, majores 1165 — 1335, anfangs ganz kurz und local, Ton 1228 an immer
ausführlicher. Verse auf die Eroberung von Vittoria 1248 schliefsen sich
S. 790—799 daran. Femer Ann, Bergomates ed. Jaifö 1167—1241 S. 809—810.
Ann. Brixienses ed. Bethmann 1014 — 1273 S. 811 — 823. Annales Veronenses
1095 — 1277 und Mantuani 1183—1299 ed. Pertz SS. XIX, 1—18 u. 19—31.
Verwandte Annales veteres Veronenses bis 1247 ed. CipoUa im Archivio Veneto
IX, 2, 77. Breve Chron, Mantuanum 1095—1295 ed. C. d'Arco, Arch. stör.
N. 8. I**, 27 — 58. Ann. Senenses 1107—1479, ron Boehmer aus einem Calen-
darium abgeschrieben und chronologisch geordnet , 8. 225 — 235. Wie die
meisten dieser Annalen nur für das 13. Jahrb. ausführlich, sind die um 1199
begonnenen und sp&tcr rückw&rts erweiterten Ann. Regienses bis 1273, welche
aus dem Liber de tetnporibus (Memoriale Potestatum Regiensium bei Muratori)
gewonnen sind von A. Dove: Die Doppelchronik von Beggio (Leipz. 1873).
S. 153—192. Nach der Ansicht Winkelmanns, GGA. 1873 S. 1841 — 1850,
sind sie eine Compilation, der ursprüngliche Kern ist dominicanisch. Vgl. auch
Scheffer -Boichorst, Jenaer LZ. 1874 Aug. 1. Ueber Venedig s. oben I, 347.
*) Cafari et ContinucUorum Annales Januenses ed. G. H. Pertz, MG. SS.
XVIII, 1 — 356 mit den Bildern der Handschrift in schönem Farbendruck.
Ueber die Mängel der Ausgabe vgl. Lit. Centralbl. 1864 Sp. 340. Die darin
8. 49 — 56 enthaltene Brevis Regnt JerosoUmitani historia ist nac^ Pannenborg
Forsch. XIII, 316 in der Hist. Peregrinorum benutzt. Die Annalen auszugs-
weise überseUt von W. Arndt 1866 (Erster Band bis 1248).
') Bemardi Marangonis Chronicon Pisanum im Archivio Storico VI, 2,
1—71 (1845). Vgl. über die Handschrift Archiv XI, 320 und über das Ver-
LombardUche Chroniaten. 251
In dem damals noch unbedeutenden Florenz begann die Auf-
zeichnung von Annalen, von denen nur 'Spuren erhalten sind^); gegen
Ende des 12. Jahrh. wurde ein Versuch gemacht, die Urgeschichte
der Stadt au&uzeichnen'), und ein Bechtsgelehrter Namens Sanza-
nome schrieb mit geringem (beschick &esta FlorenHnorum von 1125
bis 1231*). Später benutzte man ein Exemplar desMartinus zu anna-
listischen Bandbemerkungen, welche noch nicht veröffentlicht sind; auf
ihnen beruhten neue Gesta Florentinorum, welche yielleicht bis 1308
reichten, und nur in Ableitungen erhalten sind*).
Auch ein Bischof von Cremona ist wieder als Historiker zu
nennen, der aber seinem Vorfahr Liudprand sehr unähnlich ist, Sicard,
ein ruhiger und milder Mann, der 1186 den Frieden zwischen Cremona
und dem Kaiser vermittelte, und in einfacher Erzählung, ziemlich kurz,
eine Chronik von Erschaffung der Welt bis 1212 oder 1213 verfafste*).
Wichtiger fQr Friedrichs I Zeit wäre es, wenn es gelänge das
verlorene Werk des Johannes von Cremona wieder aufzufinden,
der eine Greschichte seiner Zeit verfafst hat und nur aus den An-
feüirungen derselben in der ürsperger Chronik bekannt ist*). Man darf
nicht daran verzweifeln, nachdem in neuester Zeit zwei völlig ver-
schollene Placentiner Chroniken wieder ans Licht gezogen sind,
h<nib Bum Ckron. Pisanuin bis 1136 bei Mur. VI, 107 und Breviarium
PUantie fast, des Michael de Vice S. 167 u. a. m., Pabst in den Jahrbb. Hein-
richs II II, 378 und eingehender Scheffer - Boichorst, Forsch. XI, 506 — 627,
mit einer Kritik der neuen Ausg. als B, M. Annales Pisani 1004 — 1176 von
K. Pertz, SS. XIX, 236—266.
^) Annales Florentini 1110—1173 ed. Pertz, MG. SS. XIX, 221. 222.
*) Chronica de origine civitatis bei O. Hartwig, Quellen u. Forschungen
zur ältesten Geschichte ron Florenz, I, 1876.
S) Bei O. Hartwig, und Documenti dt storia Italiana, VI, 1876, von G. Mi-
lanesi, S. 117—206.
«) S. darüber Scheffer-Boichorst, Arch. XII, 427—461 u. Florentiner Stu-
dien (1874) 8. 219—267.
>) Muratori SS. YII, 629—626. Vgl. darüber das A. 1 d. vor. Seite an-
geführte Buch von A. Dove. Die Kreuzzugsgeschiohte Friedr. I entnahm er
dem Bericht, welcher auch in den Mail&nder Annalen u. den Ann. Gibell. von
Piacenza zu Grunde liegt (Riezler Forsch. X, 106, Kari Fischer 46—60) und
nach Pannenborg Forsch. XIII, 322 auch in der Hist. Peregr. benutzt sein
soll. Annales Oremonenses 1096—1232 sind MG. SS. XVHI, 800-808 von
Jaffi^ herausgegeben. Daran schliefst sich (nach Mittheilung von Scheffer-
Boichorst) unmittelbar das Stück, welches Odorici als Erläuterung zu seinem
Aufsatze „La batuglia di Rudiano*" im Archivio storico, Nuova Serie III^
(1866) 22 — 28 herausgegeben hat; es reicht bis 1269. Odorici fügt hinzu:
„Reliqua desiderantar.*' Voraus gehen 8. 20 — 22 Verse über den Sieg von
Budiano 1091.
>) Eine Erwähnung seines Werkes bei Onufr. Panvinius weist Scheffbr-
Boieborst nach. Forsch. XI, 496. Miracnla 8. Hymerii von ihm Acta SS.
Jun. m, 373.
252 ^* Staufer. § 10. Italienische Quellen.
eine gnelfsche und eine gibellinische, welche für das zwölfte, vor-
züglich aber fOr das dreizehnte Jahrhundert von groCser Wichtigkeit
sind^). Die gnelfische Chronik findet sich in der eben (S. 249) er-
wähnten Pariser Handschrift verbünden mit der Mailänder Qeschichte
des Sire Baonl und der Erzählung von Friedrichs I Erenzzag, und
dieselben Materialien finden sich benutzt und in eifrig gibellinischer
Gesinnung verarbeitet und verändert bei dem andern Chronisten, dem
aber die einheimischen Quellen seines guelfisch gesinnten Collegen
selbst vorgelegen haben müssen, da er seine Nachrichten wesentlich
ergänzt. Während aber der Guelfe schon mit dem Jahre 1235 ab-
bricht und um diese Zeit gelebt haben muls, schrieb der Gibelline erst
nach der Mitte des Jahrhunderts und fQhrte sein Werk bis 1284 mit
wachsender Ausführlichkeit und vollständiger Aufnahme wichtiger
Actenstücke; auch beschränkt er sich keineswegs auf Piacenza, son-
dern berücksichtigt gleichmäfsig die Gibellinen in der ganzen Lom-
bardei und in Toscana, ja auch in Neapel. Für den Verfasser dieser
Chronik hält Fertz den auf dem letzten Blatt der Handschrift ge-
nannten Besitzer derselben, Heim Mutius von Monza, der 1294 Capitan
del Popolo in Piacenza war. Huillard und Pallastrelli dagegen be-
kämpfen diese Annahme; es ist auch in der That schwer einzusehen,
weshalb Herr Mutius, der noch 1312 Beichsvicar in Piacenza war,
seine Chronik nicht weiter geführt, und warum er in einigen Versen
die Absicht unbekannt zu bleiben ausgesprochen, unmittelbar darunter
aber seinen Namen und die verschiedenen von ihm bekleideten Aemter
eingezeichnet haben sollte. Auch scheint der Verfasser ein einheimi-
scher Placentiner gewesen zu sein. Die guelfische Chronik dagegen
weisen mit groüiser Wahrscheinlichkeit, aber wieder gegen die Ansicht
von Pertz, die genannten Herren dem Johannes Codagnello oder
Caputagni zu, welcher von 1202 bis 1230 als Notar, dann als
Kanzler der Stadt in öffentlichen Angelegenheiten thätig war, zugleich
der Verfasser einer sehr fabelhaften Chronik von der Schöpfung bis
zur TJebertragung des Kaiserthums auf die Deutscheu, welche sich in
derselben Handschrift befindet').
Dem ausgezeichneten, um die Geschichte Friedrichs II vorzüglich
hochverdienten französischen Gelehrten HuiUard-Breholles gebührt das
Verdienst, diese Chroniken im Auftrag und auf Kosten des Herzogs
■
1) Anmles Piacentini Guelß et Qibeüini ed. Pertz, MG. SS. XVm, 403
bis 581. Ueber das Verhältnifs der letztem zu einer Fortsetzung des Pantheon
oben S. 229.
>) VgL über diese Chronik Bethmann im Archiv X, 339 und AnschÜtz,
ib. XI, 231.
Die Chroniken von Piacenza. 253
von Luynes znerat (1856) herausgegeben zu haben^), nachdem Pertz
1853 eine Abhandlung Ober beide Chroniken, ihr Yerhältnifs zn ein-
ander nnd ihre Verfasser veröffentlicht hatte'). Im Jahre 1859 folgte
eine neue Ausgabe vom Conte Fallastrelli in der Sammlung der Ge-
schichtsquellen von Parma und Piacenza, doch ist hier aus der zweiten
Chronik nur locales aufgenommen, und die Chronik des Guerinus von
1289 bis 1322 hinzugefügt^). Der Text beruht auf der Ausgabe von
Huillard, aber Vorwort und Anmerkungen enthalten werthvoUe Mitthei-
lungen aus heimischen Materialien. Nicht nur dieser eine Fall zeigt
den grofsen Vortheil, welchen eine frühere Veröffentlichung &n anderm
Ort sowohl der Wissenschaft als auch ganz besonders dem Heraus-
geber einer solchen neu entdeckten Quelle in der Sammlung der Mo-
numenta Germaniae bringt, welche doch weniger mit Neuigkeiten über-
raschen als möglichst abschliefsende Ausgaben von bleibendem Werth
gewähren soll. Nichtsdestoweniger hat Pertz die Ausgabe von Huillard
in seinem Vorwort als einen Eingriff in seine Bechte bezeichnet, und
sie als voll von Fehlem hart getadelt. Huillard-Br^olles hat darauf
erwiedertj dafs er mit der Pariser Handschrift längst sich beschäftigt
habe, von der Londoner durch Panizzi selbst dem Herzog von Luynes
Mittheilung gemacht sei; er hat mit vollem Becht gefordert, dafs man
ihm seine angeblichen vielen Fehler wenigstens nachweise^). Anstatt
dessen hat jedoch Pertz in einer Selbstanzeige in den Göttinger Ge-
lehrten Anzeigen jene Beschuldigungen einfach wiederholt. Deshalb
habe ich auch jetzt noch, nachdem in der Leitung der Monumenta
Germaniae andere Grundsätze zur Geltung gekommen sind, doch aus
Achtung für das Andenken Huillard's es für nothwendig gehalten,
diese Darstellung der Sachlage nicht zu unterdrücken.
In Faenza schrieb der Magister Tolosanus, seit 1188 als
Domherr nachweisbar, eine Chronik seiner Stadt, die bis 1236 fort-
gesetzt wurde; er selbst wurde 1219 vom Schlage getroffen und starb
1226. Eingemischte Verse über Friedrichs I Kämpfe scheinen einem
älteren Werke entnommen zu sein^).
In der römischen Campagna wurde in Caccano eine bis 1217
^) Cfironicon PlacenHnum et CItronicon de rebus in Itaita gestis-^ ed.
J. L. A. HttiUard-DröholIes, Paris 1856, 4.
') Ueber die lütesten Placentiner Chroniken, Abh. d. Berl. Ak. 1853.
') MoD. bistorica ad prorincias Parmensom et Placentinam pertinentia
III, 2.
*) Correspondance litt^raire, 7" annöe, n. 9.
») Mittarelli, Accessiones ad SS. Murat. Faventinae (1771 fol.) S. 1 — 194.
Eine sorgftltigere Bearbeitung von Gianb. Borsieri in: Documenti di Storia
Italiana VI (1876) 589—816.
254 ^* Staufer. { 10. lulienische Quellen.
reichende Chronik yerfafst, die manche schätzbare Ifachricht enthält
und früher die Chronik Yon Fossa noya genannt zu werden pflegte^).
In Unter-Italien schrieb Bomnald II, yon 1153 bis 1181 Erz-»
bischof von Salerno, eine Chronik von Erschaffung der Welt bis
1178, welche besonders för den Frieden von Venedig von Wichtigkeit
ist, weil Bomnald selbst bei diesen Yerhandlnngen thätig gewesen
war; für die frühere Zeit benutzte er Annalen von Monte Cassino und
Salemo nebst einer Greschichte der Normannen'). Die (Schichte des
in diesem Zeitraum ganz selbständigen normannischen Reiches in
Italien gehört nicht hierher^); über den Krieg zwischen Heinrich VI
und Tankred verfafste Feter von Ebulo ein eigenes Werk in
Versen^). Sehr merkwürdig sind aus dieser Zeit auch die Visionen
und Weissagungen des kaiserlich gesinnten Abtes Joachim in Cala-
brien, deren groCser EinfluTs vorzüglich in der Chronik Salimbene*s
lebhaft hervortritt*).
In Rom war eine Unterbrechung in der Fortführung des amt-
lichen Fabstbuches eingetreten. Innocenz n wurde gegen alles Recht,
gegen die getroffene Verabredung, von einer Minderzahl gewählt: der
Zweck die eigene Fartei ans Ruder zu bringen, hatte einmal wieder
die Mittel heiligen müssen. Innocenz hatte aber die französisctie
Kirche, hatte Bernhard und Norbert für sich, und Anaclets Sache
war daher hoffnungslos, auch wenn nicht Lothar ihn im Stich ge-
») Annales Ceccanenses ed. Perta SS. XIX, 275—302; vgl oben S. 176
und die dort aDgef&hrte Untersuchung von F. Hirsch, auch flir Romuald. Die
Bemerkung von Pertz über den Vf. des nach 1192 eingelegten Gedichts be-
richtiget ülmann NA. I, 191.
S) Neue Ausg. als RomuMi Annales von W. Arndt, SS. XIX, 387—461;
angeh&ngt ist eine gleichseitige Relatio de Pace Veneta» Vorherrschend localer
Natur, aber ftlr die Geschichte Kaiser Ludwigs II von Bedeutung, ist die um
1182 von Job. Berardi verfafste Chronik von jenes Kaisers grofsartiger Stif-
tung Gasauria, bei Muratori II, 2, 768—1018. Vgl Archiv XI, 485 über
die Handschrift.
*) Alexander Telesinus^ libri IV de rebus gestis Rogerii filii 1129 — 1135
bei Muratori V, 607 — 646. Huganis Falcandi Historia de rebus gestis in Si-
ciliae regno 1154—1169, Mur. VII, 247—344. Beide auch bei Del Re, Cro-
nisti e Scrittori sincroni (Nap. 1845 I.).
*) Peiri de Ebulo Carmen de bello inter Heinricum VI et Tancredum^ ed.
Engel 1746, 4, u. bei Del Be, mit einigen Bildern ans der Handschrift. Peiri
de E. Über ad honorem Augusti ed. Winkelmann. Kritische Bemerkungen
dazu Jen. LZ. 1874 S. 743; von Pannenborg im Litt. Centralblatt 1875 S. 242
bis 245; von Werner Huber Forsch. XV, 605—609.
*) Interpretatio praeclara abb. Joachim in Hieremiamprophetam ad Hern-
ricum VI, Venet. 1525. Colon. 1577. Vgl Abel, König Philipp, S. 29. 312.
Toeche, Heinrich VI S. 178—181. G. Voigt, HZ. XXVI, 136—140. Preger,
Das Evangelium aetemum u. Joachim v. Floris, Abb. d« Münch. Akad. Hist.
O. XII, 3 (1874). Es ist ihm von Minoriten untergeschoben.
Unteritalien. Pabstgeschiclite. 255
lassen hätte. Mit der Mehrzahl der Cardinäle gehörten indessen auch
Peter von Pisa nnd Pandulf zn seiner Partei ; Pandnlf, der zuletzt das
Pontifioale unter seiner Obhut gehabt hatte, blieb Anaclet treu und
verlor deshalb Amt und Würde. In diesen Verhältnissen scheint die
IJrsiushe gelegen zn haben, weshalb nicht nur die weitere Fortsetzung
unterblieb, sondern auch alles, was Peter und Pandulf bereits ge-
schrieben hatten, später unbeachtet blieb. Zur Zeit Alexanders III
nämlich wurde die Fortführung des lange yemachlässigten Werkes
wieder aufgenommen von dem Cardinalpriester Bo so, einem Engländer,
der zu Eugens III Zeit nach Born gekommen war und von 1149 an
als Scriptor der Curie genannt wird. Bei seinem Landsmann, dem
Pabst Hadrian lY, wurde er Kämmerer, und bewahrte auch unter
Alexander III eine angesehena Stellung: er hatte anch bei Alexanders
Wahl tbätig mitgewirkt. Dieser Boso also knüpfte nicht an die Fort-
setzungen Peters nnd Pandulfs, sondern unmittelbar an den alten
Pabstcatalog an; er begann wieder mit Stephan Y, und schrieb, um
die Lücke zu füllen, die Werke des Bonizo von Sutri aus, die üeber-
sieht der Pabstgeschichte im vierten Buch seiner Canonensammlung
und die „Ad amicum'' betitelte Schrift. Urban II liefs er aus, weil
für diesen Pabst Bonizo sich auf seine frühere an den Schismatiker
TJgo gerichtete Schrift berief, welche Boso augenscheinlich nicht besafs.
Bis auf Eugen III giebt er noch wenig Einzelheiten , und diese ent-
nahm er aus den päbstlichen Begesten; «von da an aber schrieb er
aus eigener Anschauung und Eenntnifs. Alexanders III Leben ver-
fafste er zur Zeit des Friedens von Yenedig und führte es auch bis
zu diesem Zeitpunkt; ein Nachtrag reicht bis zur Bückkehr Alexanders
nach Bom um Ostern 1178. Bald nachher starb Boso, und die weitere
Fortsetzung unterblieb. Wir haben also an diesem Werke wiederum
eine amtliche, vom Standpunkte der damals herrschenden Partei ge-
schriebene Darstellung der Pabstgeschichte aus einem der wichtigsten
und bedeutsamsten Zeiträume^).
Eine sehr wichtige Ergänzung der Pabstgeschichte bietet uns die
erst kürzlich bekannt gewordene Geschichte Eugens III, 1162 oder 1163
geschrieben von einem Manne, der die genaueste Eenntnifs der Curie
hatte, und in dem W. von Giesebrecht Johann von Salisbury
^) Ich folge hierin gans der Untersuchung W. Giesebrechts in der Allgem.
Monatachr. 1862 S. 268 ff.; cf. Kaiseneit III, 1071, IV, 404. Watterich I,
p. LXXI— LXXXIY. Gedruckt ist dieser Tbeil des Pontificale bei Muratori III
unter dem Namen des Cardinais von Aragonien; in der ursprünglichen Gestalt,
aber zerstfickt, zuerst bei Watterich. In Bezug auf die weitere Fortsetzung
erwähne ich nur die Heidelb. Diss. Ton Hugo £lkan : Die Gesta Innocentii III
im Yerh<nifs zn den Regesten desselben Pabstes, 1876.
256 ^'* Staofer. $ 10. Italienische Quellen.
erkannt hat^). Aeoberlich schlieCst sich das Werk an die Gembla-
censer Fortsetzung Sigeberts 1148, und ist leider nur bis 1152 er-
halten. Der Yer&sser ist namentlich über französische und englische
Angelegenheiten genau unterrichtet, und vertieft sich mit grofsem
Eifer in die theologischen Streitigkeiten der Zeit. Er beginnt mit dem
Beimser Concil, bei welchem er zugegen war, und giebt über S. Bern-
hard und Gilbert, über Arnold von Brescia, über die Bestechlichkeit
der Legaten und der Curie, auch über den zweiten Kreuzzug, die werth-
ToUsten Nachrichten.
lieber das alexandrinische Schisma giebt auch der Draco Nor-
mannicus einige Angaben, welcher sonst der deutschen Geschichte
fem steht, abgesehen von den Mittheilungen über die Kaiserin Ma-
thilde; er ist jetzt in der Appendix zu A. Mai*s Werken yeröffentlicht.
Die Zeit Friedrichs n berühren, um das gleich hier zu be-
merken, viele der genannten italienischen Quellen. Zu erwähnen ist,
dais zu der einst von Boehmer gegebenen IJebersicht') die Ausgabe
des Sali mbene, als eine der werthvollsten Quellen hinzugekommen
ist'); dafs die Chroniken des Bolandin von Padua^) und Bichards
von San Germano*) in den Monumenten neu herausgegeben sind.
In Genua feierte der Notar Urse in Versen die siegreichen Kämpfe
seiner Landsleute gegen die kaiserliche Flotte 1242'). Sicilische
Annalen 1027 — 1282 sind MG. XIX, 494 — 500, ein nach Fried-
richs II Tode verfaistes Chronicon de. Rebus Siculü von Huillard-
Br^olles I, 2, 892 herausgegeben.
Diese Litteratur steht jedoch völlig aufserhalb jeder Beziehung
zu den deutschen Geschichtsquellen , und wir wenden uns nun nach
dieser Abschweifung wieder nach Deutschland zurück, wo neben der
bisher betrachteten Geschichtschreibung, die in genauer Beziehung
1) Historia Ponäßcalis ed. W. Arndt, MG. SS. XX, 615 — 645. Vgl.
W. V, Giesebrecht, Arnold von Breücia, Mftncb. SB. 1873, I; Kaiserseit IV,
408. Zuerst hat B. Kugler in seinen Studien zur Geschichte des zweiten
Kreuzzuges Fragmente mitgetheilu Ueber Arnold ist eine übersehene Stelle
bei Walter Map de nugis curialium 8. 4L 43 ed. Wrigbt, Ein höhnisch froh-
lockendes Epitaph bei Mangeart, Catal. de Valenciennes p. 34.
«) Regesten von 1198-1254 S. LXXl— LXXXIV.
'} Chronica fratris Sallmbene Parmensis ord, Minorum ex cod. bibL Vat.
nunc primum edita, Parmae 1857, 4 (Monumenta historica ad provincias Par-
mensem et Placentinam pertinentia III). Vgl. das oben S. 250 angeführte Buch
von A. Dove.
*) Rolandini Patavirn Chronicon (1200—1260) ed. Jaffö, XIX, 32-147.
•) Ryccardi de S. Germano notarii Chronica (1189— 1234) ed. Pertz,
XIX, 321—386.
^) Monumenta Hist. patriae, Chartt. II, 1737 — 1764. Zu warnen ist vor
Matteo di Giovenazzo und den Malespini, welche als unecht beseitigt sind.
WelfeBgescbichte aus Weingarten, 257
zum Kaiser nnd zu dessen Unternehmungen stand, andere Werke Jen
Weifen sich anschlössen oder in provinzieller Absonderung nur von den
nahe liegenden Begebenheiten eines kleineren Kreises berichten. Wir
werden hiervon eine XJebersicht zu geben versuchen, und dann noch
einmal zu den Bearbeitungen der allgemeinen Geschichte zurQckkehren.
§ 11. Weifische und niederdeutsche Litteratur.
Jede Familie stand im Mittelalter in Verbindung mit irgend einer
Kirche oder einem Kloster, wo sie ihren Mitgliedern ein würdiges Be-
gräbnifs zu sichern suchte, und durch Schenkungen und Stiftungen für
ihre ewige Seligkeit sorgte. Männer die jedes anderen Stiftes schlimmste
Feinde waren, pflegten nur um so sorgsamer dieses ihres eigenen Ha-
fens sich anzunehmen, um gewissermafsen eine Art von Gleichgewicht
herzustellen. Am liebsten trat man in Beziehung zu einem Kloster,
und wo die Mittel ausreichten, wurden eigene Klöster neu begründet.
Frömmigkeit und Aberglauben waren nicht die einzigen Motive, welche
dazu veranlafsten ; man hatte zugleich an dem Abt und seinen Mönchen
gute Bathgeber, und fand hier die Schreiber, deren man so sehr be-
durfte, oft auch gewandte diplomatische Agenten, und die Stiftschronik
wurde zugleich zur Familienchronik.
Forscht man nach der Geschichte einer Familie, so hat man sich
zuerst nach ihrem Kloster umzusehen.
Das weifische Kloster war Weingarten; hier verfälschte man
ZQ ihrem Yortheil die Chronik des Otto von Freising (oben S. 208) und
ein ungenannter Mönch des Stifts schrieb bald nach dem frühen Tode
des jugendlichen Weif VII (1167) ein eigenes Werk über die Geschichte
der Weifen mit redlichem Fleifs und lobenswerther Treue. Er strebt
nach urkundlicher Genauigkeit und hält sich zien^ich frei von den
Fabeln, mit welchen sonst Genealogen so gern die unbekannte Vor-
zeit ausfüllen; dafs er die näher liegenden Ereignisse überall vom
weifischen Gesichtspunkte auffafst, und dazu den umgestalteten Text
des Otto von Freising verwendet, auch selbst in diesem Bestreben
noch weiter geht, kann man ihm kaum zum Vorwurfe machen, und
ist eine ganz andere Sache, als wenn man dem Schriftsteller der feind-
lichen Familie selbst eine seinen Verwandten ungünstige Darstellang
in den Mund legt'). In Steingaden ist das Werk bis auf den Tod
^) Anonymus Weingartensis de Chielßs 'principibus bis 1167 bei Hefa, Monn.
Guelf. p. 1—47. Vgl. Stalin II, 14 und Wilmans, Archiv XI, 38 ff. Neue
Ausgabe Tpn L. Weiland als Historia Welforwn Weingartensis^ MG. SS. XXI,
457 — 472. Kritik seiner Genealogie von G. Meyer von Knonau, Forsch»
XIII, 78.
Wattenbach, OescbichtsqneUen II. 4. Aafl.' 17
258 ^* Staufer. $ lU Welfisclie und niederdeutsche Litteratur.
d^ Stifters, des alten Weif VI (1191) fortgef&hrt. In Handschriften
aus Banshofen, einer Stiftung Heinrichs des Schwarzen, fanden
sich Fragmente einer Yom Verfasser berichtigten Copie, die zum Ein-
band verbraucht waren ^); aufserdem aber eine wichtige genealogische
Aufiseichnnng aus dem zwölften Jahrhundert'). Weitere Aufzeichnungen
aus Weingarten bis 1208 schlieisen sich der dort befindlichen Chronik
Hugo's von St. Victor, welche auch von jenem ersten Autor angefahrt
wird, und Honorius' Image Muudi an^). Von dem Abt Berthold,
unter welchem 1227 das Kloster abbrannte, hat sich ein prächtiges
Missale erhalten*).
Aufser Weingarten hat Weif IV Baitenbuch, Weif VI 1147
Steingaden und später auch das Schottenkloster zu Memmingen ge-
stiftet, über welches eine gänzlich fabelhafte Gründungsgeschichte
existiert*). Dieser Weif VI war ein erbitterter Gegner des kaiserlich
gesinnten Bischofs Hartwig von Augsburg. Er war dadurch tief ver-
wickelt in den Kampf der Parteien, und gab sich, aber jergeblich^
viele Mühe, seinen besonderen Interessen bei dem Frieden von Venedig
Berücksichtigung zu verschaffen. Sein Unterhändler war der Probst
Otto von Baitenbuch, der zugleich Probst von Eberndorf im
Jaunthal war, welches von Baitenbuch aus mit Chorherren besetzt
war, verwandt mit dem Stifter von Eberndorf, dem Patriarchen üdal-
rich von Aquüeja, und Bruder des Abtes Bupert von Tegernsee^
mit dem er in lebhaftem Briefwechsel stand. Aber nicht allein die
Briefe, welche er an diesen schrieb, sondern seine ganze Correspondenz,
namentlich auch die Briefe des Herzogs Weif, scheinen in Tegemsee
aufbewahrt zu sein nnd finden sich jetzt in einem Copialbuche dieses
Stiftes '). Mit Hülfe derselben hat H. Fechner in einer sehr sorg^tig
gearbeiteten Monographie diese Verhältnisse ins Licht gestellt, welche
theils unbeachtet, theils durch alte Lesefehler verwirrt waren, in die
») W. T. Giesebrecht, Münch. SB. 1870 I, 549—562. Der ursprüngliche
Titel ist danach Chronica Altorfensiwn. Unbenuzte Handschrift im Wiener
Staatsarchiv 139 nach dem Verzeichnifs von C. von Boehm.
') In der angef. Schrift von Giesebrecht S. 562 mit Erläuterungen. Wie-
derholt Kaiserzeit IV, 509.
•) Früher als Chronoffrapkus Weingartensis bekannt; jetzt als Hugonis
et Honorii Ckronicorum Conünuationes Weingartenses von L. Weiland 1. c.
472—480 herausgegeben.
*) Waagen, Kunstdenkm. in Wien II, 353. Sacken, Die Ambraser Samm-
lung II, 197—199.
«) Origines QuellF. II, 431-452.
*) Sie sind daraus sehr zerstückt gedruckt in Pez, Thes. VI und Origines
Guelf. II; andere bei Meichelbeck, Hist. Fris. 1"», 471—473. 508—510. 515.
554. 555. 565. 566. Vgl. über diese merkwürdige Flandschrift auch Archir
d. W. A. XIV, 58.
TegerDBeer Brief buch. Stederburg. 259
verwickelte Politik jener Zeiten aber manchen belehrenden Einblick
gestatten^).
Die Erwerbung des Herzogthnms Sachsen fahrte die Weifen
anch nach Norddentschland, nnd hier war der Hauptschanplatz der
Thätigkeit Heinrichs des Löwen; dahin fahren anch die wichtigsten
Quellen über ihn. Werthvolle Nachrichten über den letzten Abschnitt
seines Lebens, den mindest rühmlichen nach dem Yerrath an Kaiser
und Beich, finden wir in der Chronik des Klosters Stederbnrg an-
weit Wolfenbüttel, geschrieben von dem Probste Gerhard (1163 bis
1209), einem Manne, der dem Herzog Heinrich sehr nahe stand nnd
mehrfach mit wichtigen Aufträgen betrant wurde. Er ist aber leider
Yon so fanatischem Eifer für das weifische Haus erfüllt, dafs seine
ganze Darstellung dadurch geförbt und falsch wird; er entstellt die
Begebenheiten völlig, hat aber als Zeitgenosse einzelne wichtige Nach-
richten aufbewahrt und schildert die Kriegsereignisse, .durch welche
auch sem Stift hart betroffen wurde, mit grofser Lebendigkeit. Ein-
geflochten sind diese Abschnitte in die Klostergeschichte, welche sich
jedoch fast ausschliefslich mit der Erwerbung der Stiftsgüter und der
Sorge für ihre Erhaltung und Bettung beschäftigt; kurze Annalen, die
fast ganz auf denen von Poehlde und Pegau beruhen, sind wohl von
anderer Hand eingeschoben').
Von unvergleichlich gröfeerem Werthe ist die Wenden chronik
Helmolds^), ein ausgezeichnetes Werk, welches ebenfalls vorzugs-
weise von Heinrich dem Löwen handelt, dessen Aufgabe aber doch
eine gröfsere ist. Helmold wollte darstellen, wie das Christenthum
und die deutsche Herrschaft unter den Wenden, vornehmlich in Wagrien,
festen Fufs gefafst hatten, ein Gegenstand der ihm besonders nahe
^) H. Fechner, Udalrich II von Aquileja und Otto von Reitenbuch, im
Archiv d. W. A. XXI, 295--350. Bec. von A. Cohn, GGA. 1859 S. 1302 ff.
'.) Ueber die Handschrift, ein Diplomatar aus dem 14. Jahrhundert, und
die sehr schlechten Ausgaben (Meibom I, 427 — 436. 450 — 455 , Leibn. SS.
Brunsvic. I, 849 ff.) s. Waiu im Archiv YIl, 598. Vgl. Cohn, De rebus inter
Henricum VI et Henricum Leonem actis (Vratisl. 1856.) S. 13 ff. S. 18 Über
das Verh<niTs zur Braunschweiger Reimchronik, welche Gerhards Worte am-
plificiert. Neue Ausgabe von Ports, MG. SS. XVI, 197—231 als Ann. Sted,
anictare Qerhardo. Der Text ist in der Handschrift ziemlieh verderbt; S. 199, 16
möchte sutt vely ut, statt irmperius S. 200, 8 und 213, 31 ipsiwi^ S. 222, 9
statt exuere^ exurere zu lesen sein. Uebers. mit sehr ungenügender Einleitung
von Winkelmann, 1865.
') Helmoldi Chronica Slavorum^ ed. Lappenberg, MG. SS. XXI, 1 — 99.
Sep.-Abdr. 1868. Uebersetzung von Laurent nach dem berichtigten Text, 1852.
L. Giesebrecht, Wendische Geschichten UI, 355. Otto Voeikel, Die Slaven-
chronik Helmolds, Gott. Diss. 1873, mit genauem Quellennachweis. C. Hirae-
kom. Die Slavenchronik des Fresb. Helmold, Hall. Diss. 1874.
17»
260 ^* Staufer. § 11- Welfieche und niederdeutsche Litteratur.
lag, da diese Vorgänge grobentheils vor seinen Augen sich ereignet
hatten, und er mit dem eifrigsten Glaubensboten, mit Vicelin
(t 12. Dec. 1154), persönlich befrecmdet war. Er war noch Zeuge
von Yicelins Predigt und aufopfernder Thätigkeit gewesen, und er
hatte auch mit ansehen müssen, wie die Wagrier durch die Habsucht
der herzoglichen Beamten zu immer neuen Kriegen und Aufstanden
getrieben, endlich ganz unterjocht und grofsentheils vertilgt wurden;
Colonisten aus Westfalen und Holland traten an ihre Stelle. Ueber
diese Ereignisse, doch auch über die entferntere Wirksamkeit Hein-
richs des Löwen, über seine Kriegszüge nach Pommern, giebt uns
Helmold in einfacher anschaulicher Erzählung und in besonders gutem
und fliefsendem Latein reichhaltige Nachrichten. Ereilich ist die Zu-
verlässigkeit derselben stark angefochten. Für die ältere Zeit ist
seine Genauigkeit sicherlich nicht zu loben; er benutzt die Kirchen-
geschichte Adams von Bremen, mit dem er an gelehrter Kenntnifs der
Geschichte nicht zu vergleichen ist, nebst den Schollen zum Texte,
und die Chronik Ekkehards , dessen fünftes Buch über Heinrich Y er
als parteiisch lobend tadelt. Diese nennt er selbst, aber er hat auch
noch andere Quellen benutzt. Ueber Heinrich IV folgt er der einseitig
feindlichen sächsischen Tradition in solchem Grade, dafs schon Hein-
rich von Herford es zu arg fand; er trifft da zusammen mit den
Nachrichten und Ausdi-ücken der Disibodenberger und Bosenfelder
Annalen, und mufs ihre gemeinsame Quelle gekannt haben, von der
schon oben (S. 70) die Bede war^). Helmold benutzte femer die
Vita Willehadi, und vielleicht eine uns verlorene Vita Vicelini in
Distichen, deren Existenz schon Lappenberg vermuthete, und deren
Herkunft Scheffer-Boichorst (Ann. Patherbr. S. 71) in Paderborn sucht,
wo Vicelin einst gelernt und gelehrt hatte, vielleicht auch kirchliche
Lectionen zu Vicelins Ehre. Endlich verwerthete er auch noch die
ihm zugänglichen Urkunden, und bezieht sich ausdrücklich auf das
bischöfliche Archiv in Lübeck.
Für diejenigen Nachrichten nun, welche für uns die wichtigsten
sind, weil Helmold hier unsere einzige Quelle ist, beruft er sich auf
mündliche Mittheilungen Vicelins und des Bischofs Gerold von Lübeck;
er mufs aufserdem aus der noch reichlich fliefsenden mündlichen Ueber-
lieferung geschöpft haben. Hier aber ist durch einen mächtigen An-
griff von C. Schirren*) seine Glaubwürdigkeit in so arger Weise er-
') S. darüber Hirsekorn S. 24 — 38, zugleich gegen die von Voelkel an-
genommene Yerwandtschafl mit den Poehlder Annalen.
'} Beitr&ge zur Kritik älterer holsteinischer Geschichtsqaellen, Leipzig,
Vicelin. Helmold. 26 1
schflttert worden, da(s sein Zeugnifs in der That zu einem sehr ver-
dächtigen geworden ist. Hatte schon Hirsekorn seine Abneigung
gegen die Bremer Erzbischöfe hervorgehoben, welche nach Macht-
erweitenmg auf Kosten des Hamburger Domcapitels strebten und nach
der Stiftung der neuen Bisthümer sich um die Mission wenig kümmerten,
hatte Dehio seine Parteilichkeit gegen den Erzbischof Hartwich nach-
gewiesen^), so beschuldigt ihn C. Schirren nicht nur einer fortgesetzten
Geschichtsfälschung zur Verherrlichung des Bisthums Oldenburg-Lübeck
und der Stiftung in Segeberg auf Kosten Bremens und Neumünsters,
sondern er weist auch in viel weiterem Umfang die IJnhaltbarkeit sei-
ner Nachrichten, namentlich über den „Slavenheinrich*' nach, und läXst
ihm kaum noch ein gutes Haar. Es' wird sehr schwer sein, ihn gegen
diesen vernichtenden Angriff zu verteidigen, aber zu weit geht nach,
meiner Ansicht Schirren, indem er überall fein berechnende absicht-
liche Fälschung sieht. Zu wenig in Anschlag gebracht ist die grofse
Schwierigkeit, sich selbst eine klare Anschauung zu verschaffen, wo
man fast allein auf mündliche Berichte angewiesen ist; zu wenig der
Einflufs einer Umgebung, der älteren Männer namentlich, welche eben
die Berichterstatter sind, die selbst schon verwirrt in ihren Erinne-
rungen sind, und sich von denselben Neigungen und Feindschaften
leiten und bestimmen lassen. Unvermerkt bilden sich da grundfalsche
Darstellungen, ohne dafs es möglich wäre; sie auf bestimmte Erfinder
zurückzuführen. Freilich warnen uns die auch hier begegnenden ge-
fälschten Urkunden, die Harmlosigkeit jener Zeiten und Kreise nicht
zu hoch anzuschlagen.
Nach des Bischofs Gerold Tod (13. Aug. 1163) ist Helmold sicht-
lich schlechter unterrichtet, denn dem Nachfolger Conrad, Gerolds Bru-
der, stand er femer; er tadelt ihn mit Bitterkeit. Gerold war es auch,
der ihn zu seinem Werke veranlafst hatte, sein Lehrer, wie er in der
Widmung sagt, der zuerst die Lübecker Kirche zu hohem Ansehen er-
hob. Gerold war Vicelins Nachfolger als Bischof von Oldenburg, früher
Caplan Heinrichs des Löwen, der ihn aus Schwaben mitgebracht, ihm
auch in Braunschweig die Leitung der Schule übergeben hatte'), und
wohl schon hier ist, wie Yoelkel vermuthet, Helmold sein Schüler ge-
wesen. Geboren oder doch aufgewachsen ist aber Helmold in Hol-
1876. Eine schwache Einwendung von E. HOhlbaum, Forsch. XVII, 209 bis
229, hat Schirren ib. S. 376 — 389 zurückgewiesen. Sehr ausführlich gegen
Schirren schreibt. Wigger im Jahrb. d. Vereins f. Mecklenb. Gesch. 1877, XLII, 4
S. 21 ff., wie ich erst eben erfahre.
') Bremer Jahrbuch VI (1871) Excurs IV. S. 147 ff.
*) Helm. I, 79. Vgl. Dürre, Gesch. der Gelehrtenschulen zu Braunschweig
(1861, 4.) S. 4.
262 ^* Staufer. § 11. Weifische und niederdeutsche Litterator.
stein; er hatte dann noch nntei* Vicelin in dem Angnstinerkloster
Faldera, später Neumflnster, gelebt, nnd wurde endlich P&rrer zn
Bosau am Plöner See. Das erste Bnch widmete er, da Gerold schon
gestorben war, den Domherren zu Lübeck, wohin eben damals das
Bisthmn verlegt war, weil die nene deutsche Colonie den Handel nnd
Beichthum des altberOhmten Oldenburg oder Stargard rasch an sich
gezogen hatte. Das zweite Buch reicht bis 1170, scheint aber erst
nach dem Tode des Bischofs Conrad (1173) geschrieben zu sein; sein
Fortsetzer Arnold bezeichnet es als unvollendet, doch hält Hirsekorn
es trotz des ungleichen ümfanges f&r wahrscheinlicher, dafe er sein
Werk hier mit der Vollendung der Mission als abgeschlossen betrachtet
habe^). Noch 1177 war Helmold bei der Stiftung des Lübecker Jo-
hannisklosters durch Bischof Heinrich Zeuge; weiter findet sich keine
Spur von ihm.
Ein Auszug aus Helmolds Werk bildet den Anfang der Chro-
nica Sclavorum Lubicensis und nach der Ansicht vonLaspeyres
wäre dieser sogar schon bei des Verfassers Lebzeiten 1168 verfafst,
was doch sehr zweifelhaft erscheint, in jedem Fall aber von dem Com-
pilator schon vorgefunden'). Herrmann von Kirchberg übertrug
1378 Helmolds Chronik in deutsche Verse.
Vicelin blieb in Neumünster, wie billig, hochverehrt, und der
Probst Sido (1174—1201) feierte 1187 sein Andenken in leoninischen
Versen'); so wenigstens ist die Ansicht von W. v. Bippen^) und
N. Beeck, während C. Schirren') den Verfasser, welcher sich nicht
genannt hat, vom Probst Sido unterscheidet, und zwischen beiden
Schriftstücken einen tiefen Gegensatz findet, welcher mir nicht ein-
leuchten will. Die Urkunden des Stifts, welche noch erhalten aber
sehr verdächtig sind, fanden auch Raum in dieser Beimerei, aber an-
dere Quellen hatte er nicht, und das nur durch mündliche üeberliefe-
rung erhaltene Bild war schon sehr nebelhaft geworden; bemerkens-
») S. 5—7; Tgl. Schirren S. 36.
*) Ckronicon Sciavicuni, quod yolgo dicitur parochi Suselenm. Neue Aus-
gahe von Laspeyres, Lübeck 1865. Ders. Über Zeitalter und Entstehung der
Chronik, im Archiv der Schlesw. - Holst - Lauenb. Gesellschaft XX (1867) 161
bis 225. P. Hasse: üeber die Chronistik des Lübecker Bisthums, in d. Zeit«
Schrift derselben Gesellschaft VII (1877) S. 21-62.
') Versus antiqui de vüa Vicelini, nach der Handschrift im Hamburger
ßtadtarchir neu herausgegeben von N. Beeck: Analecta ad historiam Novi
monasterii, Quellensammlnng d. G^s. £ SchL-HolsL-Lauenb. Gesch. IV (1874)
S. 127—203.
*) Kritische Untersuchung über die Versus etc. u. den sog. Bericht, Gott.
Dbs. 1868.
») A.a.O. S. 1—9.
Helmold. Sido von Neumünstor. 263
vei'th ist, dafs die Stadienreise nach Frankreich, welche Schirren nicht
ohne Gnmd bezweifelt, hier fehlt. Die Arbeit war nicht ganz uneigen-
nützig, denn es galt, den Erzbischof Hartwich n günstig fßr das Stift
%a stimmen, welches nur vom alten Ruhme zehrte. Noch st&rker tritt
der Zweck in dem Briefe desselben Sido^) heryor, welcher die in
irgend einer Weife bedrohte Schenkung des Kirchspiels Bishorst zu
retten bestimmt ist, 1196 yerfafst und gerichtet an Gozwin „confratri
et sacerdoti de Haselthorpe", wobei es gewifs zunächst liegt, an den
Pfarrherm von Haseldorf zu denken, da Bishorst in der Haseldorfer
Marsch lag; Schirren jedoch stimmt denen bei, welche ihn fflr einen
Domherrn aus dem Adelgeschlechte von Haseldorf halten'). Warum
in diesem Falle Sido nicht geschrieben hätte, wie es sonst gewöhnlich
war, ^Gozwino de Haselthorpe" Ut mir unklar. Er hatte inzwischen,
wenn er n&mlich auch der Verfasser der Terse ist, die Chronik Hei-
molds, seines «.socius et coaetaneus"*, wie er ihn nennt, kennen gelernt;
um so unyerzeihlicher aber ist die Verwirrung in seinen Angaben.
Das Geschichtstudium hat in Neumünster nicht geblüht, und bald
ruhte bei ihnen die Feder gänzlich. Doch hat sich noch eine sehr
merkwürdige Aufzeichnung erhalten, welche auch noch in die Zeit des-
selben Frohstes Sido fallt, nämlich die Vision des Godescalcaus
dem Jahre 1190. Ein armer Bauer und Arbeiter, Pfarrkind von Neu-
münster, war er mit allen Holsten von dem heimgekehrten Herzog
Heinrich aufgeboten zur Blockade Adolfs von Dassel in Segeberg, wo-
bei er in fünftägiger Bewufetlosigkeit die übliche Vision von Himmel
und Hölle hatte. Von geschichtlicher Bedeutung ist darin die aus-
führliche Nachricht von dem Bäuberleben der wendischen Bakariden,
mit denen die gleichfalls wendischen Dasoniden in Nortorf in geheimem
Bunde waren. Auch die Beschreibung der ümlagerung Segebergs
in regelmäfsiger Ablösung verdient Beachtung, so wie verschiedene
Beiträge zur Sittengeschichte und zum Bechtsleben der Zeit und Ge-
gend')
Helmolds Chronik wurde bis 1209 fortgesetzt von Arnold, dem
ersten Abte des Lübecker Johannisklosters. Auch hier steht Heinrich
der Löwe im Vordergrunde, sein Kreuzzug, dann sein Kampf mit dem
1) Neue AvLBg. a. a. 0. S. 172 — 284. Die 8. 151 TermiTste Brüsseler
Handschrift ist in Perts's Arch. VlII, 525 yerzeichnet, einer sehr nütslichen,
aber leider auffallend selten benutzten Zeitschrift.
*) In der eben angef. Zeitschrift VII, 284.
•) Attssftge bei Leibn. SS. BrunsYico. I, 870—875; berichtigt und ver-
mehrt bei Haeberlin, AaalL (1764) 569 — 608, und daraus bei Langebeck V,
362—377; vermehrte jetzt in d. angef. Quellens. IV, 73—126, ron R. Usinger.
264 ^* Staufer. § 11. Welfidche und niederdeutsche Litteratur.
Kaiser. Die Belagerung Lübecks 1181, die Erhebung der Stadt zur
Beichstadt hatte der Abt selbst mit erlebt. Die Geschichte dieser
Lande ist vorzflglich sein Gegenstand, aber er beschrankt sich nicht
darauf; schon dadurch, dafs die Bekriegung und Bekehrung der Wen-
den vollendet war, wird der Charakter seines Buches yerändert. Er
nimt vieles über die entfernteren Begebenheiten, die Kriege in Italien,
mit Vorliebe auch über die Ereuzzüge auf; wie einst Thietmar giebt
er mehr Denkwürdigkeiten seiner Zeit als ein einheitliches G^schichts-
werk. An guten Nachrichten fehlt es ihm nicht, doch sind begreif-
licher Weise seine Angaben über femliegende Ereignisse weniger genau.
Briefe und Urkunden hat er benutzt, und die Schrift über S. Bemwards
Translation; dagegen leugnet B. Damus Benutzung der Cölner An-
nalen oder gemeinsame Quellen mit der Braunschweiger Beimchronik'),
und auch Eohlmann (S. 57) nnd L. Weiland nehmen vielmehr Be-
nutzung Helmolds und Arnolds in der von dieser ausgebeuteten Braun-
schweiger Fürstenchronik an. Pannenborg sieht in den letzten Capiteln
gleiche Quellen mit der Historia Peregrinorum, oder Benutzung eben
dieser Geschichte^). Bestimmte Zeitangaben findet man wenig bei ihm;
übrigens aber ist er in hohem Grade zuverlässig und wahrheitsliebend.
Obwohl dem Herzog Heinrich, dem Stifter seines Klosters, und dessen
Nachkommen günstig gesinnt, läfst er sich dadurch nicht wie Gerhard
zur Parteilichkeit und zur Ungerechtigkeit gegen die Gegner desselben
hinreüGsen. Dagegen zeigt sich in seinen Urteilen mancherlei Schwan-
kung, und keine durchdachte Parteistellung. Li Ausschmückung der
Beden ist er mit ziemlicher Willkür verfahren.
Geschrieben hat Arnold seine Chronik in hohem Alter und 1212,
also bald nach ihrer Vollendung, ist er gestorben. Er widmete sie
dem Bischof Philipp von Batzeburg, scheint aber auch ein Exemplar
dem Grafen Adolf von Schauenburg überreicht zu hlaben, zu dem er
nahe Beziehungen hatte. Seine Nachrichten schöpfte er grölstentheils
aus mündlicher Mittheilung, vorzüglich vom Bischof Heinrich von
Lübeck, der zuvor Abt des Aegidienklosters zu Braunschweig ge-
wesen war und den Herzog auf seinem Kreuzzuge begleitet hatte ^).
Aus Brüssel gebürtig, hatte Heinrich in Paris studiert und dann den
') Bud. DamuB, Die SlaTenchronik Arnolds von Lübeck, Ltlb. 1872 u. in
der Zeitschr. f. Lüb. Geschichte III, 195 — 253. Ausgaben und Uebers. bei
Helmold.
>) Forschungen XIII, 317.
^) Hieran Bchlieltit sich die Historia de duce Hinriqo Über die von ihm
' erworbene Beliquie des Heiligen Blutes, Quellens. IV, 231 — 253 von Xohl-
mann, nach welchem sie aus der Chronica Sazonum geschöpft ist. VgL L. Wei-
land, Deutsche Chroniken ü, 444.
Arnold von Lübeck. 265
Schulen in Hüdesheim nnd Brannschweig vorgestanden, bevor er MOnch
wurde. Nur ungern liefs ihn Herzog Heinrich 1173 von sich, als die
Lübecker Kirche ihn zum Bischof erwählt hatte. Anderes verdankt
Arnold den Mittheilungen des Kanzlers Konrad von Querfurt.
Diesem, seinem Caplan, den die Studien ebenfalls nach Hildesheim
und Paris geführt hatten, verlieh Kaiser Friedrich nach dem Tode
des Bischofs Heinrich (1182) das Bisthum Lübeck, dem er aber nur
kurze Zeit vorstand, weil er sich mit dem Grafen Adolf von Holstein
nicht vertragen konnte. Er kehrte an den Hof zurück, wurde kaiser-
licher Kanzler, 1195 Bischof von Hildesheim und von da 1198 nach
Würzburg versetzt, wo ihn, als er von König Philipp abgefallen war,
am 6. December 1202 seine Feinde erschlugen^). Arnolds Beziehungen
zu ihm zeigt aufser anderem der vollständig aufgenommene Brief des
Kanzlers vom Jahr 1196 aus Apulien an den Scholasticus Herbord
zu Hildesheim, ein Brief der auf die wunderlichste Weise aus antiken
Beminiscenzen und späteren italienischen Fabeleien gemischt ist'). Er
zeigt uns deutlich, wie sehr auch angesehene und ausgezeichnete
Männer die Leichtgläubigkeit ihrer Zeitgenossen theilten, und es ist
nicht zu verwundem dafs auch Arnold an dieser Schwäche leidet,
ungeachtet mancher Mängel behauptet er doch einen sehr ansehnlichen
Platz unter den Chronisten dieser Zeit und ist besonders für die Ge-
schichte des nördlichen Deutschlands von grofser Wichtigkeit').
Zu beklagen ist dagegen der Verlust einer ausführlichen anna-
listischen Reichsyeschichte von 1198 bis 1209, von einem wohl unter-
richteten Verfasser, welcher weder für Philipp noch für Otto einge-
nommen erscheint und mit Otto's Kaiserkrönung sein Werk abschlofs;
1) S. über ihn 0. Abels £. Philipp, S. 158—162. 356. Nachrichten über
seine Familie enthAlt die GrQndungsgeschichte der ecclesia in Castro Quer/orde,
geschrieben vor 1 198, gedr. in Buders Sammlung verschiedener Schriften (Frankf.
1735), S. 484 — 490. Neue Ausgabe von Holstein in der Zeitschrift des Harz-
verems IV, 78 ff.
*) Vgl. darüber Malsmann: Virgil als Zauberer, in seiner Ausgabe d.
Kaiserchronik lU, 433 — 460. Creisenach, Die Aepeis, die vierte £cloge und
die Pharsalta im Mittelalter, Franf. Qymn.-Progr. 1864. Comparetti, Virgilio
nel Medio avo (2 fide. Liv. 1872) S. 221 der üeberseuung von H. Dfitschke
(1875). Als Kanzler wird Conrad geschildert und sehr gepriesen von Petrus
de Ebnlo.
>) lieber die Hamb-Holst. Beimchronik, deren Fragmente und EIx-
cerpt 1199—1261 Lappenberg in den Hamb. Chroniken S. 193—226 heraus-
gegeben hat, vgl. dessen Vorwort S. V — XXII und Waitz, Hist. Zeitsehrifib VII,
542. Adolf IV zu Ehren vermuthlich im Hamb. Magdalenenkloster im 15. Jahrh.
verfafst, enth< sie über ihn eigenthündiche Nachrichten; sonst ist sie aus den
Ann. Byensibus et Hamb. und der Bepegow. Chronik entnommen. Vgl. Forsch.
XUI, 188.
266 ^« Staufer. § 11. Weifische und niederdeutsche Litteratur.
vielleicht schrieb er in Hildesheim. Nur in der Braonschweiger fieim-
chronik ist ein Aaazug davon erhalten^).
Was wir von diesem Geschichtswerk wissen, und die Schriften
Hehnolds und Arnolds beweisen einen sehr achtbaren Stand der ge-
lehrten Bildung in diesen G^enden; die Schulen von Bremen, Hildes-
heim, Hameb, Braunschweig, deren sie gedenken, scheinen in gutem
Zustande und erfreulicher Wirksamkeit bestanden zu haben. Auch
drang die lateinische kirchliche Bildung nun schon über die Grenzen
in die Nordlande ein und setzte auch hier wirkliche Geschichte an die
Stelle der unbestimmten und unzuverlässigen Sage. Auch in Denne*
mark war die Entwickelung eingetreten, welche in allen nen bekehrten
Beichen nach einiger Zeit vor sich ging, und von den Päbsten aus
Staatsklugheit immer begünstigt wurde; es hatte sich von der kirch-
lichen Herrschaft der Bremer Kirche los gemacht, in Lund einen eige-
nen Erzbischof erhalten und trat in directe Verbindung mit dem
eigentlichen Mittelpunkte der Kirche, mit Frankreich. Schon sandte
der dänische Adel seine Söhne nach Paris, um dort zu studieren (Arn.
Lub. in, 5) und dorthin hatte sich auch der junge Axel oder Ab-
salon begeben, der 1158 als Bischof von Bothschild, 1177 bis
1201 auch als Erzbischof von Lund eine hohe und glänzende Stellung
einnahm. Wie er dem von ihm gestifteten Kloster Soröe eine aas
Frankreich mitgebrachte Handschrift des Justin zur Ausstattung ge-
schenkt hat, so f5rderte er auch die einheimische Geschichtschreibung,
welche schon vor seinerzeit um 1138 ein Bothschilder Geistlicher mit
der ersten dänischen Chronik, vorzüglich auf Adam von Bremen ge-
stützt, begonnen hatte'). Die Heiligsprechung und feierliche Erhe-
bung des 1131 erschlagenen Knud Laward veranlafste 1170 eine
Schrift darüber in Verbindung mit der vermuthlich schon früher ver-
fafsten Biographie des Märtyrers^). Auf Axels Antrieb s(^ieb Suen
1) Weiland, Deutsche Chroniken 11, 447 — 450. Kohlmann, Die Er. Reim-
Chronik auf ihre Quellen geprafV (Kieler Diss. 1876, 4.) S. 64.
*) Anonymi Roskildensis Chron. Damcum bei Langebek I, 373, nach der
Ansicht von (Jsinger, Die Däniächen Annalen und Chroniken des Mittelalters
kritisch untersucht (Hann. 1861) S. 9.
') VV'aitz, £ine ungedruckte Lebensbeschreibung des Hereogs Knud Laward
von Schleswig, aus dem 8. Band der Abb. d. K. Ges. d. W. su Göttingen,
1858, nach der von Potthast entdeckten Handschrift; vgl. Usingen S. 11.
L. Giesebrecht in der Zeitschrift d. Gesellschaft f. d. Gesch. v. Schlesw.- Holst,
u. Lauenb. I (1870). Neue Ausg. des Offiduin 8. KanuH ducis von B. Üsinger
(mit Einleitung) Quellens. IV, 1—72. Die Vita Kanuti von dem schottischen
Bischof Robert von Elgin ist leider nur in einem mageren Auszug von Harns-
fort erhalten, Langeb. IV, 256.
Sazo Grammaticus. Vita Eannti. 267
Aggeson nm 1187 seine Chronik^), faijste sich aber Irürzerweil sein
Gespan Saxo auf des Erzbischoüs Wunsch mit beredterem Stil alles
ansführlich zu schildern unternommen habe. Dieser Saxo, ein See-
länder von ritterlicher Herkunft, den man um seiner (Gelehrsamkeit
willen den Grammatiker nannte, hat in der That ein merkwürdiges
Werk zu Stande gebracht, eine echt nationale Geschichte, die in
ihrem älteren Theile ganz auf der heimischen Sage beruht und diese
mit wunderlichem Bedeschmuck, Justin nachahmend'), au^sutzt');
was uns aber hier zunächst angeht, ist die beredte und ausführliche
Schilderung der Thaten Axels und die Geschichte der Könige dieser
Zeit, welche die deutsche Geschichte yielfach berührt. Ganz besonders
gewährt die Beschreibung der Eriegszüge gegen die Wenden, in Ver-
bindung mit Heinrich dem Löwen unternommen, eine vortreffliche Er-
gänzung der weniger ausgeführten Nachrichten Helmolds, wenn gleich
dem ruhmredigen Dänen keineswegs unbedingt zu trauen ist. Dem-
selben Bestreben, wohl auch der Anregpung Axels, scheint auch eine
grofse Welt Chronik ihren Ursprung zu verdanken, welche haupt-
sächlich auf französischer Grundlage in Lund gegen das Ende des
zwölften Jahrhunderts ausgearbeitet und lange fortgesetzt wurde. Nach
den Forschungen üsingers ist sie in den Annales Lundenses
auszugsweise erhalten und liegt allen späteren dänischen Annalen zu
Grunde.
§ 12. Localgeschichte. Sachsen.
Wir haben in den früheren Abschnitten darzulegen versucht, wie
sich an verschiedenen Orten eine litterarische Thätigkeit entwickelte.
Jedes Denkmal war uns bedeutend, wenn es die Anfänge und Fort-
schritte derselben berührte. Jetzt nun, nachdem die ersten Stufen
längst überwunden sind, ist es weniger nothwendig jede Erscheinung
^) Suenoms Aggonis fiUi compendiosa Regum Daniae kistoria a Skioldo
ad Canutum F/, Laogeb. I, 44. Usinger S. 17.
*) Bühl, Verbreitung des Justinue im Mittelalter, Leipz. Habil. Schrift 1871,
8. 19 o. 47.
') Saxonis Qrammaäct Mstoria Danica (— 1186) rece. MflUer et Velscfaow,
Havniae 1839. 1858. Vgl. Dahlmanns Histor. Forschungen; L. Giesebrecht,
Wendische Geschichten III, 363 fF. Usinger, Deutsch - d&nische Geschichte
1189—1227 (Berl. 1863), S. 71. Palodan-MOller in Historisk Tidskrift, 4. Serie,
5. Band. Ueber das Verh<nils cur Knytlingasage O. Fock, BOgensch-Pomm.
Geschichten (1861) I, 126—136. Für die Ann. Lundenses, Byenses etc. ge-
nügt es auf die mühsame und sehr verdienstliche Untersuchung Üsingers in
der angef. Schrift, und auf Dietrich Schäfers D&nische Annalen und Chroniken
Ton der Mitte des 13. bis zum Ende des 15. Jahrh. (Hann. 1872) sn rer-
weisen.
268 V. Stftttfer. § 12. Looalgeschiohte. Sachsen.
dieser Art zu beachten und hervorzuheben. Ein ziemlich hoher Grad
gelehrter Bildung hat unter der Geistlichkeit eine weite Verbreitnng
erlangt, und überall bietet sich strebsamen CÜerikem Gelegenheit zu
weiterer Ausbildung. Bis gegen die Mitte des dreizehnten Jahrhun-
derts hält sich dieser Zustand, dann aber reifst immer mehr Bohheit
und Unwissenheit ein, während die Laien anfangen zu selbständiger
Bildung vorzudringen und allmählich auch in der Litteratur sich gel-
tend machen. Die Rechtlosigkeit und Anarchie, welche die Greistiüch-
keit dm'ch ihren Kampf gegen die weltliche Obrigkeit zuwege gebracht
hat, trifft in gerechter Vergeltung niemanden schwerer als die Urheber
selbst: die blühendsten Stifter gehen in den unaufh(>rlichen Kämpfen
theils zu Grunde, verlieren ihren Besitz und ihre angesehene Stellung,
theils verdrängt die Nothwendigkeit kriegerischer Gegenwehr alle ge-
lehrte Thätigkeit, die höhere Bildung, welcher die Geistlichen ihr
Uebergewicht verdanken.
Geschichtliche Aufzeichnungen, von der Gestalt zufalliger Notizen
an bis zur sorgfaltig gearbeiteten Klosterchronik und Biographie,
kommen während des vorliegenden Zeitraums an vielen Orten vor;
gewifs ist nur ein Theil davon erhalten, manches liegt auch vielleicht
noch ungedruckt. Was vorhanden ist und nicht bereits erwähnt wurde,
werden wir hier in einer kurzen Uebersicht zusammenstellen; es ist
aber verhältnifsmäfsig und im Vergleich mit der Thätigkeit des elften
Jahrhunderts nicht viel und versiegt immer mehr im dreizehnten Jahr-
hundert.
Aus Magdeburg besitzen wir eine Bisthumschronik^), deren
schon I, 286 gedacht wurde, weil der auszusondernde erste Theil bis
1023 reicht. Für die weitere Untersuchung hatte C. Günther ein neues
Hülfsmittel an der inzwischen gedruckten Magdeburger Schöppen-
chronik^), deren Verfasser, der Stadtschreiber Hinrik von Laaime-
springe, um 1360 ein Exemplar der Chronik der Erzbischöfe bis 1142
ohne Interpolationen vor sich hatte. Die einzelnen Lebensbeschrei-
bungen sind mehr oder weniger gleichzeitig nach dem Tode der Erz-
bischöfe verfafst, aber nachträglich beeinträchtigt durch grofse Ein-
schiebungen, welche nach Günthers Ansicht bei Gelegenheit der An-
fertigung einer Abschrift für ein von Magdeburg aus gegründetes
Prämonstratenserstift um 1142 eingeftigt wurden, nebst einer neuen
Vorrede ^Ne actus veterum"; die weitere Fortsetzung bis 1371 ist
') Chronioon Magdeburgense ^ Meibom. II, 269 — 371. Emendationen bei
Mencken III, 360—374.
') Die Chroniken der deutschen St&dte VII. Magdeburg I. Ausgabe der
Schöppenchronik von Dr. Janicke, 1869.
Magdeburger Chronik. Erxb. Wiehmann. 269
spätere Compilation^). Benutzt warden f&r jene Erweiternng die Nien-
bnrger Annalen (oben S. 194); fast vollständig ist Brnno's Sachsen-
krieg aufgenommen. Ausführlich nnd werthyoll sind wieder die Le-
bensbeschreibungen der Erzbischöfe Norbert (1126 — 1134) nnd Konrad
(1134—1142), aUein von letzterer ist der Schlnfs vom Tode Lothars
1137 ab schon früh verloren. Dieser Theil der Chronik ist in dieser
Bearbeitung benutzt in der Halberstädter Chronik, und bildet die Grund-
lage der Fortsetzung; die ursprüngliche unveränderte ist kenntlich im
Chronicon Gratiae Dei (S. 203), im Chronicon Montis Sereni, und im
Chronographus Saxo.
Während nun die weitere Fortsetzung gerade über die wichtigen
Zeiten der Erzbischöfe Wichmann (1152—1192), Ludolf (1192—1205)
und Albert (1205—1232) überaus dürftig ist, finden sich für diesen
Abschnitt selbständige und nicht unbedeutende Nachrichten in der
Schöppenchronik, und wie Janicke vermuthet, sind dieselben aus einer
ausführlichen Fortsetzung der Stiftschronik entnommen, deren Verlust
sehr zu bedauern ist; ihre Spur findet sich nach Weiland auch im
Chronicon Montis Sereni und in der Sachsenchronik'). Nach C. Günthers
Untersuchung ist die bis 1231 oder 1235 reichende Fortsetzung der
Gesta auch im Chron. Magdeb. benutzt, aber in deutscher IJeber-
setzung, nebst Fortsetzungen, welche in längeren Zwischenräumen 1305,
1325, 1361 angefügt wurden, nnd auch in der Schöppenchronik kennt-
lich sind.
Aus der Zeit des Erzbischofs Wichmann ist uns noch ein aus
Urkunden und Briefen geschöpftes Formelbuch erhalten'), und die
bedeutende Anregung, welche diese Zeit für geschichtliche Aufzeich-
nungen gab, zeigt sich auch in dem sog. Chronographus Saxo, auf
welchen wir bei der Beichsgeschichte zurückkommen werden. Wich-
mann ist auch von Gotfried von Yiterbo und von Vaganten gepriesen ;
dem Erzbischof Albert widmete Odo sein Buch vom Herzog Ernst in
lateinischen Hexametern^).
Der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts^ gehört die Legende
M Ueber diese handelt C. Günther: Die Chronik der Magd. Erabisoböfe.
Zweiter Theil 1142—1371. Ans d. Osterprogr. der Albinus-Scbule su Lauen-
bürg, 1877.
>) Forschungen XIII, 188—196. Sie reichten nach S. 194 bis 1220,
höchstens 1230.
') Fr. Winter, Der Codex Viennensis (1. Vindobonensis ; er ist aus Wien
gestohlen) auf der WernigerOder Bibliothek, ein Magdeburger Formelbuch des
12. Jahrhunderts, Forsch. X, 642 — 648. Gedruckt bei Ludewig, Bell MSS.
II, 333-480. Regesten Wichmanns von Fr. Winter, Forsch. XIII, 130—155.
«) Martene, Thes. III, 307—376.
270 ^' Staufer. § 12. Localgeschichte. Sachsen.
Wichmanns von Arnstein an, welche kürzlich Fr. Winter ans einer
ütrechter Handschrift bekannt gemacht hat^). Ans vornehmer Familie
stanunend, war Wichmann in das Prämonstratenserstift zn Unserer
Lieben Franen eingetreten (1195 zuerst erwähnt) nnd hatte als Probst
desselben eine ansehnliche Stellung eingenonmien (1211 — 1228 ur-
kundlich erwähnt). Seine Wahl zum Bischof von Brandenburg 1221
war nicht bestätigt Dann aber hat er den Dominicanern 1224 ihre
Niederlassung in Magdeburg verschafft, ist selbst in ihren Orden ein-
getreten, und als Bruder des Gonvents zu Freiberg Beichtvater der
Constantia von Meifsen gewesen, und endlich Prior des Gonvents zu
Bnppin geworden, welchen sein Verwandter, Graf Gebhard von Am-
stein, 1246 gestiftet hatte. Dort ist auch seine Legende geschrieben,
welche von Wundem und Visionen zum Zweck der Erbauung berichtet,
aber auch einige wenige geschichtliche Kömchen bietet, und filr die
Ausbreitung nnd die Sinnesart der Dominicaner characteristisch ist.
Bischof Ans elm von Havelberg (1126 — 1155), später nach
seiner griechischen Gesandtschaftsreise') (1155 — 1158) Erzbischof von
Bavenna, hat sich durch verschiedene theologische Schriften einen Na-
men gemacht, und an den Abt Egbert von Huysburg ein Sendschreiben
gegen die üeberhebung der Mönche zu Gunsten der Canoniker ge-
richtet'). Wenn aber Jaff^ (Bibl. m, 566) ihn auch zum Biographen
des Erzbischofs Adalbert 11 von Mainz gemacht hat, so scheinen dieser
Annahme überwiegende Gründe entgegen zu stehen.
Von bedeutendem Werthe ist aus dem Stifte Brandenburg der
Bericht des Priors Heinrich von Antwerpen, vielleicht noch im
12. Jahrhundert verfafst, über die Herstellung des Bisthums und der
Domkirche ^), der in einer Leitzkauer Compilation gedmckt^) und
als gleichzeitige Quelle zuerst von H. Hahn nachgewiesen wurde ^);
jetzt berichtigt herausgegeben von W. v. Giesebrecht. Im J. 1221
war hier die oben erwähnte zwiespältige Wahl, über welche der
M Magdeburger Geschichtobl&tter XI (1876) S. 180—191.
>) Ueber diese s. R. DeUloff, Der erste Römerzug Friedr. I (G5tt. 1877)
S. 26, welcher zwei Gesandtscbaften 1153 u. 1155 annimt, und die Daten von
Wibalds Briefen 410 u. 411 Jaff<^ anders bestimmt.
3) ed Spieker in lilgens Zeitschrift f. bist. Tbeol. (1840) X, 2, 95—120,
nach einer Abhandlung über Anselm S. 3 ~ 94. Das hier falsch gelesene
Sprichwort ^Pro latema (latrina Spieker) vendis vesicam'' findet sich richtig
bei Leibn. II, 530. Handschrift in St. Florian, s. Czemy S. 237. VgL unten
§ 17 über die Vita Adalberti.
*) Traetatus de urbe Brandenburg, bei Giesebr. IV, 506 — 508, Tgl.
S. 401. 502.
s) FundaHo eccl. Letzkensis, bei Riedel, CD. Brand. IV, 1, 283—288.
^) Die Söhne Albrechta, im Jahresbericht d. Lonisenst&dt. Realschule
(BerUn 1869) S. 5.
Harelberg. Brandenburg. Merseburg. 271
Scböppenchronist sagt: « Hir vint men lange rede af in der Brande-
borger croniken*. Der Pabst setzte damals als Biscbof Gernand ein,
den Bomscbolaster von Magdeburg, welcber 20 Jabre lang bis 1241
diese Wflrde bekleidete nnd ein besonders gater Pnblicist war, so dafs
seine Schriften als Muster benutzt wurden^). Yermuthen läfst sich,
daTs schon damals an einer Stiftechronik geschrieben wurde; nachge-
wiesen ist von C. Günther^), dafs bis 1278 eine ausführliche Chronik
gereicht hat, welche den Verfassern der erzbischöflichen Chronik und
der Schöppenchronik in Magdeburg vorgelegen hat. Auszüge davon
sind verschiedene vorhanden, und eine sehr abgekürzte Bearbeitung
bis 1308 hat sich in der sog. Chronik des Pulkava erhalten*).
Aus Merseburg hat sich eine nicht gerade reichhaltige Bis-
thumschronik^) erhalten, welche aber doch jetzt mit Nutzen zu ge-
brauchen ist, seitdem Wilmans den ursprünglichen Text hergestellt
und nachgewiesen hat, dafs sie zuerst 1136 verfafst, darauf 1320 inter-
poliert und mit einer Fortsetzung versehen ist; weitere Fortsetzungen
bis 1341, 1431, 1514 schliefsen sich daran.
Etwas spater, um die Mitte des zwölften Jahrhunderts, ist die
unbedeutende Lebensbeschreibung jenes Bischofs We ruber verfafst,
dem Bruno sein Werk über den Sachsenkrieg gewidmet hatte'). Lehr-
reicher besonders fQr die Ausbreitung der neuen Mönchsorden und ihren
Zusammenhang unter einander ist das hübsch geschriebene Leben
Lamberts, des ersten Frohstes der regulierten Chorherren im Kloster
Neuwerk bei Halle (S. 231). Hierhin wurden 1124 Eeliquien des h.
Alexander aus Magdeburg gebracht, und 1146 die üebertragung be-
^) Der Verf. einer Summa prosarum dictaminis nennt sich : „moderni usus
et magpstrorum qui suis temporibus egregie dictaverunt, maxime Tenerabilis
patris et domini Gernandi Brandinburg. ep. sedulus Imitator.*' Diese säch-
sische Summa ist jetzt herausgegeben Ton Rockinger, Quellen und £rört. IX,
201—346.
S) Die Chronik der Magdeb. Erzbiscböfe (1877) S. 10-22.
S) Diese bei Riedel, CD. Brand. IV, 1, 1—22. Zu riel Gewicht scheint
mir ihrem confusen Autor C. Platner beizulegen, Forsch. XVII, 512 — 520.
Brandenburg- Brietsner Fragment bei Riedel 8. 276 ff. Andere bei O. t. Heine-
mann, Albrecht d. Bär 8.421 vgl. 845, u. Märkische Forschungen XI, 1—30
mit einer genealog. Chronica principum Saxonie^ worin die Brand, benutzt ist.
Ueber Fragmente bei Henr. de Hervordia s. d. Vorrede von Potthast 8. XXII.
*) Chronica episcoporvm ecclesiae Merseburgensis, ed. Wilmans, MG. SS.
X, 157 — 212. Die von Joh. Tylich in den sog. Annales Veterocell. angeführte
^Chronica aulae episcopalis Merseburgensis " ist gewifs nur eine an diesem
Bischotahofe von ihm eingesehene Chronik, keine Chronik von Merseburg. Er
herichtet daraus eine sagenhafte Geschichte von Sonrads von Wettin Vater
Thimo, S. 169, n. nach S. 165 war darin Theodericus wie im Annalista Saxo
als egregiae libertatis vir bezeichnet; vgl. Opel 8. 152.
») Vita Weniheri ep. Merseburg, ed. Wümans, MG. SS. XII, 244—248.
272 ^'* Staufer. § 12. Looalgeschichte. Sachsen.
schrieben; ursprünglich hatte Otto I die Beliqnien 964 in Pinna er-
worben, nnd es scheint eine alte Aufzeichnung benutzt zu sein^).
Unweit von Merseburg liegt das Kloster Pegau, gestiftet von
Wipert von Groitzsch, Markgrafen der Lausitz aus wendischem Ge-
schlecht. Schon im Jahre 1091 war der Bau begonnen und im fol-
genden Jahre Mönche aus dem fränkischen Kloster Seh warzach
geholt, welches 1047 durch den Bischof Adalbero von Würzburg mit
lothringischen Mönchen neu besetzt war'). Doch erst unter dem Abte
Windolf (1101 — 1150), früher Prior zu Correy, einem ausgezeichneten
und gelehrten Manne, begann die neue Stiftung zu gedeihen und zu-
zunehmen. Dieser wird es auch wohl gewesen sein, welcher einen
Mönch seines Klosters yeranlafste, das Leben des Stifters in Verbin-
dung mit der Geschichte der Gründung aufzuzeichnen, und ihm zu-
gleich aus dem Schatze seiner Erinnerungen den Stoff dazu gab').
Da aber die vorhandenen schriftlichen Quellen, die von Schwarzach
herübergekommene Chronik des Ekkehard und die Erfurter Annalen,
über Wiperts Leben (f 22. Mai 1124) nur wenig enthielten, so ist es
nicht zu verwundem, dafs die Biographie besonders in ihrem früheren
Theile durchaus sagenhaft und verwirrt ausgefallen ist. Geschrieben
oder doch vollendet wurde sie nach Cohns richtiger Bemerkung erst
nach dem gleich zu Anfang erwähnten Tode des Pfalzgrafen Otto von
Baiem (5. August i 1 55), aber vermuthlich vor dem Tode des am
1. Mai 1156 verstorbenen Abtes Windolf, der schon 1150 seine Würde
niedergelegt hatte. Im Verlaufe seines Werkes gewinnt der Verfasser
an Glaubwürdigkeit, und seine ausführlichen Nachrichten über die
Kämpfe zwischen Heinrich V und den Sachsen sind sehr schätzbar
') Translatio S, Alexandri bei Schannat, Vindemiae litt. II, 73 u. daraus
Acta SS. Jul. VI, 864. Vgl. Dümmler, Otto I S. 357. Desselben Alexander
Leib glaubte man auch in Wildeshausen u. in Ottobeuern zu besitzen u. er
that überall seine Wunder. Die Bollandisten Überlassen dem Leser die Auswahl.
*) Die ersten Aebte Egbert aus Gorise und Burchard (1076—1096) wer-
den sehr gerühmt. In der Chronik bis 1590 bei Ludewig, SS. Bamb. II, wird
häufig auf eine Chronica major verwiesen, die wohl verloren ist.
*) Annales Pegavienaes et Bosovienses ed. Port«, MG. SS. XVI, 232—270.
Vgl. L. A. Cohn, Die Pegauer Annalen mit Benutzung handschriftlicher Hülfs-
mittel kritisch untersucht. Abgedruckt aus den Mittheil. d. Geschichte- und
Alterthumsforschenden GeseUsch. d. Osterlandes, Bd. IV, Heft 4, S. 472—533.
Th. Flathe, Wiprecht von Groitcsch, im Archiv f. d. S&chs. Gesch. III, 82, 127.
Giesebr. III, 1066. Unten S. 274. Durch jene Ausgabe, die erste nach der
Urschrift, werden die früheren cerstückten Drucke als V, Viperti und Conän,
Chronici Pegaviensin unbrauchbar. Die Ann, Bosovieneesy nur nach dem Fund-
ort der Handschrift im Kloster Posen unweit Zeitz so genannt, ftUgen das Stück
von 1125 — 1195 als Fortsetzung an Ekkehards Chronik nebst zwei kleinen
Notizen von 1197 nnd 1198.
Die Pegaaer Amuden. 273
fOr die Geschiclite Sachaens, wenn auch überall mit Yordcht aufzn-
nehmen nnd oft trügerisch. In höchst ungeschickter Weise aber, die
an Gosmas Ton Prag erinnert, sind diese freien nnd lebendigen Er-
zählungen durchweht mit den buchstäblich abgeschriebenen Erfurter
Annalen von 1116 an^). Der Besitz dieser Annalen verleitete den
Verfasser, nicht nur gegen die ursprüngliche Anlage seines Werkes
zu einer annaUstischen Form und von der Elostergeschichte zu bunt
gemischter allgemeiner und specieller Geschichte überzugehen, sondern
auch die eigene Arbeit fast ganz zu unterlassen und sich auf wenige
Zusätze zu den Erfurter Annalen zu beschränken, in denen er auch
die sogenannten Lotharianischen Annalen vorfand. Mit dem Jahre
1149 endigte vermuthlich das ihm mitgetheilte Exemplar und des-
halb beschlofs auch er hier seine Arbeit. Erst nach langer Zeit dachte
man an eine weitere Fortsetzung, die bis 1176 fast ganz aus 'den
Magdeburger Annalen (Chronographus Saxo) entnommen ist, nur mit
der Abweichung, dafs der jetzt zur Anerkennung gelangte Pabst
Alexander m hier von Anfang an als der rechtmäfsige hingestellt
wird, während die Vorlage kaiserliche Gesinnung zeigte. Die weitere
Fortsetzung bis 1181 ist aber eigenthümlich, sehr ausführlich und von
greisem Werthe; von verschiedenen Händen und in ungleicher Weise
ist die Geschichte von da bis 1190 weiter geführt. Endlich wurde
um das Jahr 1280 noch eine Fortsetzung hinzugefügt, welche an-
fänglich bis auf wenige mit den Bosauer Annalen übereinstimmende
Worte aus der Chronik des Martin von Troppau genommen ist, aufser-
dem aber zum Jahre 1198 und von 1215 — 1227 ausführliche und
genaue Nachrichten über den Markgrafen Dietrich den Bedrängten
von Meifsen enthält. Da von Pegau hier gar nichts vorkommt, die
sogenannte Chronik von Altenzelle, einer Stiftung dieses Markgrafen,
aber dieselben Nachrichten enthält, so vermuthete Cohn, dafs dieses
Stück aus einer Altenzeller Aufzeichnung entlehnt sein möge. Doch
ist dieser Argpiment wieder hiuMlig geworden, seitdem J. 0. Opel
nachgewiesen hat, dafs diese Geschichte des Wettinischen Fürsten-
hauses bis 1420 von dem Leipziger Professor Johann Tylich verfafst
ist und mit Altenzelle nichts zu thun hat^).
^) Wie Cohn a. a. 0. nachgewiesen hat; entscheidend ist besonders der
Ausdruck Wigbertum qüendam praedivüem, der sich nur so erkl&ren l&fsL
') Armales Veterocellenses, mit Einleitung herausgeg. v. Opel 1874 in den
Mitth. d. Deutschen Ges. in Leipzig I, 2, aber schon 1859 verfafst. Die älteren
Ausgaben sind dadurch unbrauchbar geworden. Wirkliche kurze Annalen v.
Altenselle sind als Chronicon Veterocellerue minus ron Mencken II, 435 — 446,
jetzt als Ann. VeteroceUenses Ton Pertz mit Unterscheidung des Alters der
verschiedenen Notizen SS. XVI, 41 — 47 herausgegeben. Sie schliefsen sich
Wattenbacb, Geschichtsquellen IL 4. Aufl. 18
274 ^* Staufer. { 12. Localgesehiobte. Sachsen.
Eine wirkliche Elosterchronik ohne einen solchen Auswuchs wie
die Peg^auer, ist die Chronik von Goseck^) hei Naumburg (1041 bis
1135), die auch um die Mitte des zwölften Jahrhunderts geschrieben
ist und über die FamiUe der Stifter, des Erzbischofs Adalbert von
Bremen und seiner Brüder, der Pfalzgrafen Ton Sachsen, zwar will-
kommene Nachrichten gewährt, aber doch auch von der mit blofs
mündlicher üeberliefemng verbundenen Verwirrung nicht frei ist. Die
weitere Geschichte des Klosters giebt ein Bild der schon so oft be-
rührten gewöhnlichen Kämpfe und Wechselfälle solcher Stiftungen.
Auch Gk)seck war bald sehr heruntergekommen und wurde neu herge-
stellt durch den 1134 erwählten Abt Nenther, welcher die Hirschauer
Begel einführte.
In Halberstadt wurde im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts
eine Bisthumschronik von 780-- 1209 verfafst, von der schon oben
I, 280 die Bede gewesen ist. Wir haben sie nur als einen Auszug
älterer und reicherer Aufzeichnungen zu betrachten, der wieder aus
anderen Quellen vermehrt ist. Um 1140, wo der ältere Theil einst
abgeschlossen war, werden ihre Nachrichten dürftig und ungenau;
weiterhin aber berichtet der Verfasser die Geschichte seiner Zeit mit
besonderer Beziehung auf Halberstadt und gehört hier zu den besseren
Quellenschriften. Vorzüglich gerühmt wird darin Bischof Gardolf
(1193—1201), der vor seiner Wahl Heinrichs VI Caplan gewesen war
und vielleicht einen Lehrer des Briefstils mit nach Halberstadt brachte*).
Ezcerpten aus Hugo Ton St. Victor, Ekkehard und den Erfurter Annaien bis
1166 an und reichen bis 1484, sind aber schon im 12. Jahrhundert begonnen.
Damals sind auch in Altenzelle die Werke des Widukind und Cosmas abge-
schrieben. Ueber Abschriften der Annaien berichtet Herschel im Serapeum
XVII, 348. Die Altenzeller Briefsammlung (Arch. Xl, 252) ist von Scheffer-
Boichorst, Friedrichs letzter Streit mit der Curie, Toeche, Heinr. VI, H. Prutz,
Heinr. d. Löwe, benutzt, enthält jedoch, wie ich von Scheffer- Boichorst erfahre,
nur oder fast nur Uebungstücke. Zwei Aufforderungen zum Kreuzzug daraus
bei Röhricht: Quellenbeitr&ge zur Gesch. d. Kreuzzüge (Berlin 1875,4) S. 32.
^) Chron. Oozecense ed. Koepke, MG. SS. X, 140 — 157. Leider nicht
benutzt ist die damals noch nicht bekannte Älteste Abschrift in der Handschrifl
der Pegauer Annaien, s. Cohn S. 17.
*) Chronicon Halberstademe ed. Schatz, 1839, 4. Jetzt als Qesta episco-
porum HMerstadensmm ed. Weiland SS. XXIII, 73—123; vgl. Add. p. VII.
lieber den Bericht vom 4. Kreuzzug Klimke S. 59— 61. Es folgen bis S. 129
die Qesta Alberti IL 1324—1349. Benutzt in der Magd. Sehöppenchronik
nach Weiland, Forsch. XIII, 190. Arch. VIII, 658 merkw. Notiz über den
Halb. Diac. Marcward, der II. Apr. 1147 in Troyes starb u. der Halb. Kirche
viele Schulbücher vermachte; im Priscian ed. M. Hertz I p. XVIII wird ein
Priscian der Halb. Bibl. von ihm erwähnt. Ueber die Summa dictamirUs
Archiv X, 498; Mittheilnngen daraus von F. Winter in d. Zeitschr. des Harz-
vereins 1869, II, 3, 190—195. S. 192 ein merkw. Schreiben Gardolfs über
seine Wahl. Zur Chronologie Gardolfs G. Schmidt, Zeitschr. des Harzvereins
VU (1874) S. 61—68.
Chroniken von Goseck,* Halberstadt, Petenberg. 275
üeber die meifBiüschen Ffirsten nnd Lande erfahren wir' manches
ans der Chronik des Klosters auf dem Lauterherg oder Peters-
berg bei Halle (1124— 1225), welche einem Priester Eonrad zuge-
schrieben wird. Die Hansgeschichte des Klosters , in reicher FtÜle
erzählt, ist anziehend und lehrreich; anderes zur AnsfOUnng, wie der
Verfasser selbst sagt, dazu gethan, nicht eben von grofsem Werthe,
doch gelegentlich branchbar. Benutzt sind darin nach der Ansf&hrung
Weilands im Vorwort zur neuen Ausgabe die Nienburger Annalen
(S. 194) mit einer Fortsetzung, welcher auch schon die Pegauer An-
nalen zu Grunde gelegen hatten, nach Giesebrechts Ansicht (IV, 389)
jedoch nur durch Vermittelung des Chronographus Saxo, und die ver-
lorene Fortsetzung der Magdeburger Stiftschronik (8. 269). Von dem-
selben Verfasser aber ist auch der angehängte libellus über die
Genealogie der Wettiner^).
Aus Sittichenbach im Naumburger Sprengel hat sich eine
Schrift über die Wunder des ersten Abtes Volqnin erhalten, die um
1250 geschrieben ist, und die Grflndungsgeschichte des Klosters ent-
hält»).
Jenseits der Beichsgrenze in Polen entstand im Anfang des
dreizehnten Jahrhunderts, als Staat und Kirche unter Kasimir dem
Gerechten neue Festigkeit gewonnen hatten, die Chronik, welche lange
Zeit gewissermafsen als die officielle Landeschronik betrachtet und in
Schulen commentiert wurde'). Der Verfasser ist Bischof Vincenz
von Krakau (1208—1218), welcher in jüngeren Quellen Kadlubek
genannt wird. Obgleich er einmal (IV, 12) seine Worte an Herzog
Kasimir (1177—1194) richtet, als ob derselbe noch am Leben wäre,
so scheint er doch seine Geschichte erst in hohem Alter in dem
') Ckrofdcon Montis Sereni ed. Eokstein 1844 in drei Hallenser Schul-
programmen und zusammen 1856, 4. Vgl. Opel, Das Chron. Montis Sereni
kritisch erl&utert, Halle 1859. Bec Ton A. Cohn, GGA. 1860 S. 841-867,
vgL dens. über swei Ereignisse des Jahres 1 180, Forschungen I, 329 — 845.
Neue Ausgabe Ton Ehrenfeuchter SS. XXIII, 130 — 228, mit den Bemerkungen
von Weiland S. 133. Add. p. YU. u. Forsch. XIII, 194—196.
*) Miracuh S. Volquim primi abbcUu in Sichern^ bei F. Winter, Die
Cistercienser I, 368 — 395. Der Ausdruck „sermone pedestri" ist der gelehrten
Schreibart, nicht poetischer Darstellung, entgegengesetzt. Das durebgSngig
begegnende Wort miaracla kann wohl nur auf einem Lesefehler beruhen.
*) Die <eren Ausgaben, mit weitschweifigen ganz unnützen Commentaren
▼ersehen, die sich in den jüngeren Handschriften finden, sind unbrauchbar ge-
worden durch die Ausgabe ron Bielowski im 2. Band der Monumenta Poloniae,
während die Ausgabe des Grafen Frzedziecki (1862) sehr ungenau, die ron
Mulkowski durch Aufnahme ron Bielowski's Hypothesen in den Text entstellt
ist. VgL Zeitsberg, Yinc. KadL im Arch. d. W. Ak. XLH, und Pob. Ge-
schichtschreibung des Mittelalters (Leipz. 1873) S. 48 — 78.
18*
276 ^- Staufer. {12. Loealgeschiolite. Sachsen.
Cistercienser Kloster Jendrzejow geschrieben zu haben, in welches er
sich von seinem Bistimm zurückzog, nnd wo er 1223 gestorben ist.
Vorzüglich hielt er sich bei der fabelhaften Urgeschichte auf, nnd
hier liefs er sich durch seine classischen Studien zu einer höchst
merkwürdigen Nachahmung des Cicero yerleiten, indem er vorgab, als
Knabe die IJnterhaltimgen des Erzbischofis Johann von Gnesen mit
dem Bischof Matthaeus von Krakau, Stifter des Klosters, angehört zu
haben, und diese dialogisch wiedergab. Dem entsprechend werden
hier aus den Brocken unyerdauter Gelehrsamkeit und heimischer Eabehi
die abgeschmacktesten Erzählungen zusammen gesponnen. Den un-
glücklicher Weise ihm bekannt gewordenen Justinus miTsbraucht er
dabei in heilloser Weise, so dals die Meinung aufkommen konnte, er
habe den ursprünglichen Text des Trogus besessen, welche durch
A. y. Gutschmid widerlegt ist. Wenn aber Zeiüsberg der Meinung
ist, Yincentius habe es nicht gewubt, wenn er log, so kann ich mich
dayon nicht überzeugen. Mit nicht besserer Treue hat er im zweiten
Buch den sog. Martinus GaUus ausgebeutet. Gröfsere Bedeutung ge-
winnt natürlich Vincenz im weiteren Verlaufe seines Werkes; doch
reicht es nur bis 1203. Ueber die späteren polnischen und schlesi-
sehen Geschichtsquellen genügt es, auf das angeführte Werk yon
Zeifsberg zu yerweisen^).
Näher noch als diese polnische Geschichtschreibung berührt uns,
obwohl räumlich weiter entfernt, die Chronik des neu begründeten
liyischen Bisthums. Arnold yon Lübeck giebt uns die ersten Nach-
richten über die Entdeckung und Bekehrung Liylands, die yon der
Bremer Kirche ausging; den weiteren Verlauf eiiieJiren wir aus dem
treuen und gut geschriebenen Bericht Heinrichs des Letten, der
vom Bischof Albert erzogen und unterrichtet, dann yon diesem zu
mancherlei Geschäften verwandt wurde und eine Geschichte des liyi-
schen Bisthums von seiner Gründung bis z. J. 1227 yerfafst hat. Mit
grofser Lebendigkeit werden vorzüglich die vielen Kämpfe mit den
Esten geschildert; Heinrich war für den gröfsten Theil der von ihm
geschilderten Begebenheiten selbst Augenzeuge und beobachtet nur in
Bezug auf seine geistlichen Oberen, die ihn zu der Arbeit veranlagt
hatten, einige leicht erklärliche Bücksichten').
1) Sp&ter erschienen ist die Diss. von G. Krüger: Die Polenchronik des
Boguchwal (Gott. 1874), nach welcher diese nur in späteren Compilationen
vorliegt. Fftr Schlesien orientiert: C. Grünhagen, Wegweiser durch die
schles. Geschichtsquellen bis 1550, Breslau 1876.
») Heinrici Chronican Lyvwiiae ed. W. Arndt, MG. SS. XXIII, 231—332.
VgL H. Hildebrand, Die Chronik Heinrichs von Lettland, Berlin 1865. Schirren,
Der Codex Zamoscianus, Dorpat 1865. Uebersetzt u. erl&utert von £. Pabst,
Vineens Ton Krakau. Heinrich der Lette. Hildesheim. 277
Wenden wir nns nun wieder nach dem eigentlichen Sachsen
zorfick, 80 tritt uns in auffallender Weise die Erscheinung entgegen,
dafis alles Leben sich in die Ostlichen Grenzlande geworfen hat, wo
das rasche Vordringen gegen die Wenden eine rege Thätigkeit weckte.
Auch die noch zu erw&hnende Sachsenchronik: und Albert von Stade
gehören nach Ostfalen, nnd ebenso die nm 1230 verfafste Chronik des
Lünebnrger Michaelisklosters^).
In dem einst so beredten Hildesheim erhielt sich noch die
Schule in ihrem alten Buhm. Beinald yon Dassel erhielt dort seine
gelehrte Bildung (Chron. Montis Sereni) und Heinrich von Brüssel,
der in Paris sich hohe (Gelehrsamkeit geholt hatte, leitete die Schule,
bis er zu gleicher Thätigkeit nach Braunschweig überging, wo er
sp&ter Mönch, dann Abt im Aegidienkloster wurde, bis ihn 1173 die
Lübecker sich als Bischof erbaten (Am. Lub. m, 3). Auch in der
Altenzeller Briefisammlung wird die Schule gepriesen*}, und Herr Bern-
hard zur Lippe lernte dort, als er noch für die Kirche bestimmt war.
Aber geschrieben wurde wenig mehr, und, wenn wir von der verlorenen
' Beichsgeschichte von 1198—1209, die yielleicht nach Mdesheim ge-
hört (S. 265), absehen, aulser einer dürftigen Fortsetzung der Bis-
thums Chronik (S. 29) nur über die Heiligsprechung und feierliche
Erhebung des h. Bernward (1194) ein Bericht verfafst, der über den
Cardinal Cinthios und dessen, so wie des Abtes Dietrich zu St. Michaelis,
Beise nach Bom werthvolle Nachrichten gewährt'). Die fähigeren und
strebsamen Geister wurden offenbar angezogen durch das angeregtere
Leben in den Marken, wie wir dies an Vicelin und anderen sehen
können. Im dreizehnten Jahrhnndert jedoch hatte Hildesheim einen
sehr ausgezeichneten Bischof an Eonrad (1221—1247), einem eifrigen
Eetzerverfolger, der in Paris als Lehrer gewirkt hatte, dann Scholaster
zu Mainz und Decan zu Speier gewesen war. Er nahm 1223 zuerst
die Minoriten in Hildesheim auf, denen unter anderen auch der Enaben-
lehrer*) Albert sich zugesellte. Als grofser Prediger und Theologe
BeTftl 1867. Berkholz, Halt. Monatsehr. XXIV S. 168 ftber Identit&t der Hand-
sohriflen 5* a. 6 bei Arndt. Uebei' die zweifelhafte Lettische Abkunft s. Wei-
land, GGA. 1877 8. 786.
^) Chnmicon Momuterü S. Michaelis bei Wedekind, Noten an einigen Ge-
lehiohtBchreibem des Mittelalters I, 401 — 422. Nach Waits, üeber eine s&obs.
Kaisercbronik S. 19, ist der erste Theil in ToUstftndigerem Text Ar die Repe-
gowische Chronik benntat, doch Tgl. die Einwendangen ron Kohlmann, Die
Braunschw. Beimcbr. 8. 32. Neue Ausg. Ton Weiland 88. XXIU, 391—- 399.
') Bei 8cbeffer-Boichorst, Bernbard zur Lippe 8. 10.
>) Tran8iatioS.Bemwardi, Leibn. 1,469— 481, Acu 88. Oct XI, 1024— 1034.
*) Magister paeromm. G. Voigt, Denkwürdigkeiten des Minoriten Jordanus
Ton Giano 8. 633.
278 ^* Staafer. § 12. Localgeschiohte. Sacluen.
wird bei dieser (Gelegenheit der Bischof gepriesen. Unter Friedrich II
in bedeutender politischer Thätigkeit, verzichtete er 1247, der zuneh-
menden Verwirrung müde, auf sein Amt und starb lebensmüde zu
Sch6nau bei Heidelberg. Seiner Kanzlei entstanmit das ungemein
reiche Missivbuch, welches eine Fülle der wichtigsten Actenstücke
enthält*), und das theoretische Lehrbuch des Meisters Ludolf^). Zu
nennen ist auch der Domherr Wilbrand von Oldenburg, welcher 1211
das heilige Land besuchte und sich auch im Auftrag Leopolds von
Oestreich, der damals einen Kreuzzug vorhatte, zum König Leo von
Armenien begab. Seine Beisebeschreibung enthält merkwürdige Nach-
richten über die Beziehungen Heinrichs VI zu den Königen von Ar-
menien und Cypem. Gestorben ist Wilbrand 1234 als Bischof von
Utrecht'). Die hier durch ihn veranlaTste Bisthumsgeschichte werden
wir noch zu erwähnen haben.
Der Hildesheimer Kachbarschaft, aber dem Mainzer Sprengel,
gehört das Kloster Beinhausen bei Göttingen an, dessen Stiftmig
vom Bischof Udo von Hildesheim (1079—1114) und der Fainilie des-
selben ausging, deren Stammburg dort gelegen war; Bischof Beinhard
von Halberstadt weihte die Klosterkirche. Der erste Abt war Bein-
hard, einst, doch wohl in Stablo, Wibalds Lehrer und mit diesem
fortwährend in zärtlicher Liebe verbunden, wie ihre Briefe bezeugen,
und auch Konrad m nennt iti seiner Bestätigungsurkunde f&r Bein-
hausen ihn „eruditor Wibaldi*'. Noch 1168 erhielt er ein Privileg
von Heinrich dem Löwen, mufs aber damals schon recht alt gewesen
sein. Wie so häufig, waren den reichen Schenkungen an die neue
Stiftung vielerlei Anfechtungen gefolgt; andere waren schon angedroht
fOr die Zeit, wo nicht mehr die Scheu vor dem ehrwürdigen Greise
Beinhausen schützen würde. Da verfafste Beinhard noch in Form
einer Urkunde einen Bericht über die Stiftung und die Ausstattung
') S. darüber Böhmers Begesten S. LXXI.
*) Summa dictamintem magUtri Ludolßy zum Theil auf der s&chsischen
ars dictandi (S. 274) beruhend, bei Bockinger 8. 347 — 400. Ludolf ist seit
1221 als can. S. Crucis nachweisbar, 1236 bisch. Notar, 1239 schoL S. Grueis,
1252 Deean daselbst, 1260 todt Den Verdener und Lübecker Canonicas
Ludolf V. Lüchow, 1223—1236 vorkommend, h< Grotefend für den Verf. des
Gedichts über die lat. Syntax, Flores Grammaticae. S. Grotefend im Archiv
des bist. Yer. f. Niedersachsen 1871 S. 37 — 39. Ueber eine Ethica Ludolfi
Peiper in der Zeitschr. f. deutsche Philologie V, 168.
') lUnercariwn Terrae S<mctae^ neu herausgegeben von Laurent, Hamb.
1859, 4. und in: Peregrinatores Medii Aevi Quatuor ed. Laurent, Lips. 1864,
4., leider ohne Benutzung der Bemerkungen im Lit Centralbl. i860 Sp. 36.
Vielleicht gehört dahin noch der Magister Thetmarus, der 1217 seine
Pilgerfahrt machte, von Laurent 1857 als Hamb. Progr. herausgegeben, vgl.
Krause, Forsch. XV, 153—156.
BeinhBUflen. Justins Lippiflorium. 279
des Klosters, welcher über die dabei beiheiligten Familien schätzbare
Nachrichten enth<^).
Schon I, 274 gedachten wir des Gandersheimer Eberhart,
welcher 1216 eine alte Chronik in deutsche Beime brachte.
Ans Westfalen ist der nm die Mitte des zwölften Jahrhunderts
verfafsten Lebensbeschreibungen des Bischofis Meinwerk und €h)tMeds
Yon Eappenberg zu gedenken, welche schon Erwähnung fanden*); aber
die Faderbomer Annalen erhielten nach 1144 keine Fortsetzung in der
alten Weise, und nach 1190 verschwindet jede Spur von ihnen. Da-
gegen hat in der zweiten Hälfte des folgenden Jahrhunderts (zwischen
1259 und 1264) der Magister Justinus, Schulmeister in Lippstadt,
in einem sehr eigenthümlichen kleinen Epos toU patriotischer Be-
geisterung den Herrn Bernhard zur Lippe, den Grfinder von Stadt
und Kirche gefeiert, nicht ohne dichterische Begabung und in einer
far seine Zeit meisterhaften Form. Schon Hildesheimer Domherr, war
Herr Bernhard durch den Tod seines Bruders zum Waffendienst be-
rufen, und gewann hohen Ruhm als treuer Vasall Heinrichs des Löwen.
Krankheit trieb ihn als Mönch in das Cistercienserkloster Marienfeld,
zu dessen Stiftung er mitgeholfen hatte; genesen zog er nach Liv-
land, wo er 1211 Abt von DOnamünde, 1218 Bischof von Seiburg
wurde, 1224 starb. Diesem geistlichen Ende verdanken wir die Bio-
graphie eines Laien, voll von kriegerischen Thaten. Justinus folgte
ohne schriftliche Quellen dem noch lebendigen Nachruhm des bedeuten-
den Mannes; um Namen und Zahlen kümmerte er sich nicht viel. Dem
Enkel, Bischof Simon von Faderbom, wurde das vollendete Lippifloriufn
gewidmet').
Von Westen aus wirkte auf Westfalen der neue Orden der Prä-
monstratenser ein, wie wir schon oben (S. 202) gesehen haben. Dem
dreizehnten Jahrhundert gehört noch eine Legende an, welche von
1) Leibn. SS. I, 703—705. Ueber Ersb. Adalberts gemischte Urkunde 8.
Kolbe, £nb. Adalb. (1872) 138—142.
*) Aus der Hist Zeitschr. XXXIX, 154 ersehe ich, dafs in d. Westf.
XJrkundenbuch , Additamenta von R. Wilmans (Münster 1877) ^der Ubelltu
Monasterienns de miracuHs S, lAudgeri, die Mteste (1169 — 1173) in Münster
erfolgte geschichtliche Aufzeichnung, von der wir Kunde haben, und die (eine?)
Quelle der Vita Meinwerci, eine von Wilmans aufgefundene Schrift über die
Erbauung des Marienstifts auf dem Berge bei Herford'' sich befinden.
') Magistri Jiistini Ldppiflorium^ herausgegeben von Dr. G. Laubmann.
Herr Bernhard aur Lippe, von Dr. P. Sche£fer-Boichorst. Detmold 1872. Reo.
von Pannenborg OQA. 1872 S. 1328—1346. V. 483—486 sind zu lesen:
Sanxit in hoc populo jus spirituale quod hnjus
Ecdesiae pastor cum ratione regat;
Praesit et ecdesiis, quarnm proventns ad ipsum
GoUegium spectet, huic alimenta ferat.
280 ^' S^ii^*Bf* i^^' Loeslgesehiohte. Saehsen. f 13. Thüringen.
der Stiftung des Prämonstratenser Nonnenklosters Fronnenberg be-
richtet'). Sie beginnt mit einem hübschen Bilde ans alter Zeit: anf
dem Berge Haslei an der Bnhr steht eine nralte Linde, welche die
Dingstatt beschattet nnd an Festtagen anf die T&nze und Spiele des
Volkes herabschant. Aber diese Tänze nnd Spiele erregten den zelo-
tischen Eifer des Prämonstratensers Berthold in Scheida, der sich mit
einem wnnderthätigen Marienbild bewaffiiet dort ansiedelte, nm 1214.
Mit Hülfe verschiedener Visionen kommt nach seinem Tode durch den
Erzbischof Heinrich von Molenarken endlich die Gründung eines Klosters
an dieser Stelle zu Stande.
Die Anfönge eines anderen Ordens zeigt uns die GrOndungs-
geschichte des Dominicaner - Frauenklosters Paradies bei Soest')
(1252 ff.), eine einfach aber lebendig geschriebene Erzählung aus der
Feder des Bruders Hinrich von Osthoven, des ersten Priors und
Beichtigers der Schwestern. Der erste frische Eifer der Ordensbrüder
unter dem Provinzial Albertus Magnus und der unwiderstehliche Ein-
druck dieser Hingebung auf die vornehmen Laien, welche anfangs viele
Hindemisse in den Weg legen, tritt uns darin lebhaft entgegen.
In dem altberühmten Kloster FuFda schrieb der Abt Markward
(1150—1165) eine Selbstbiographie, die zwar nur kurz ist, aber in
sehr anschaulicher und lehrreicher Darstellung schildert, wie ein reiches
Kloster durch seine Nachbarn und Dienstieute um sein Gut kommt
und wie ein guter Abt es anfängt, ihnen den unrechtmäfsigen Besitz
wieder zu entwinden. Auch das auf seine Veranlassung von Eberhard
geschriebene Copialbuch zeugt von seiner verständigen Thätigkeit, und
darin hat sich diese Aufzeichnung erhalten^). Aber Markward wurde
durch die Kirchenspaltung aus seinem Kloster verdrängt, und nun
wurde es wieder ärger als zuvor. Zum 23. Juli 1168 ist sein Tod
verzeichnet im Todtenbuch von Michelsberg, wo er seine Bildung er-
halten hatte; von 1142—1150 war er Abt von Deggingen im Augs-
burger Sprengel gewesen*).
^) Acta SS. Jun. IV, 59—63.
*) De institutione Paradysi et hunuli ingressu sororum, per Fr, Hinricum
de Osthoven^ bei Seibertz, Quellen der W^esthd. Gesch. I, 1 — 13.
3) Abgedruckt in B^Jbmers Fontes III, 165 — 173 aIs Oesta Marcuardi abb,
Fuldenm; in Dronke's Traditiones Fuld. S. 153—157. In dems. Buch ist auch
die Nachricht über Vargula als locus conceptionis Karoli Magni, Tgl. Hahn,
Lieu de naissance p. 20. 111.
«) Steichele, Bisthum Augsburg III, 633.
281
§ 13. Thüringen.
Für Thüringen bildeten natürlich Lamberts Jahrbücher die Grund-
lage der Geschichtschreibnng; anf dem Fetersberg zu Erfurt wur-
den sie excerpiert, glossiert and fortgesetzt. Mit Hülfe der ans Würz-
bnrg über Mainz dahin gekommenen AnnaJen von St Alban konnte
man den Faden weiter führen. Auch Ekkehards Chronik wurde hier
frühzeitig bekannt. Ein eigener kirchlicher Mittelpunkt fehlte dem
Lande, da die Absicht des Bonifaz, Erfurt zum Sitz eines Bisthums
zu machen, nicht zur Ausführung gekommen war^). Doch war Erfurt
der Sitz der Mainzer Verwaltung, und die lebhafte Verbindung mit
der Metropole mulste anregend wirken. Auf dem Petersberg hatte
der Erzbischof Sigefrid Canoniker vorgefunden, und statt ihrer Mönche
eingeführt'); im J. 1080 aber war mit der ganzen Stadt auch die
Kirche auf dem Petersberge verbrannt. Als der erste Abt wird Gisel-
bert genannt, ein Hirschauer, der zuerst nach Hasungen geschickt,
von hier aber vertrieben war, später Beinhardsbrunn und den Peters-
berg erhielt, wo er die Hirschauer Begel einführte, dann auch Admnnt
reformierte und endlich mit dem Herzog Weif nach Jerusalem pilgerte,
wo er gestorben ist. Das Eloster aber gelangte nun rasch zu be-
deutendem Ansehen, und es wurden hier Annalen geschrieben, welche
um Localgeschichte sich wenig kümmern, dagegen zu den bedeuten-
deren Darstellungen der Beichsgeschichte gehören, weshalb auch schon
obeu S. 192 von ihnen die Bede war. Wie dort schon erwähnt wurde,
hat Posse die Spuren einer ursprünglich vorhandenen reicheren Fassung
der Peterschronik nachgewiesen; für den Theil von 1270 bis 1330 hatte
schon C. Grünhagen den Beweis geführt'). Die früher für ursprünglich
gehaltenen Annalen von St. Peter sind vielmehr nur ein dürftiger Aus-
zug. Sie enthalten aber eine selbständige Fortsetzung bis 1181, welche
über die letzten Kämpfe Heinrichs des Löwen werthvoUe Auskunft
giebt. TJebrigens wird naturgemäfs nach 1149, wo das so weit
vollendete Werk dem Compilator der Pegauer Annalen vorlag, die
Provinzialgeschichte vorherrschend.
Theilweise in die Peterschronik aufgenommen sind die Erfurter
') Rettberg II, 370 denkt sich die »arbs pagaaorum raBticomm** als eine
offene Landstadt; es wird yielmehr ein rerschanzter Zufluchtsort gewesen sein.
*) Nach Niool. t. Siegen ed. Wegele 8. 232 im Jahre 1068, aber da war
er noch nicht Erabisehof.
S) Zeitschr. des Vereins fttr thür. Gesch. III (1868) S. 86—96. Waits
über eine s&chs. Kaiserchronik S. 64 weist eine Ueberseuong 1226 — 1836 und
FortsetKong bis 1361 nach.
282 ^« SUufer. S 13. Tharingen.
Annalen von 1220 bis 1254, welche stellenweise recht ansfahrlich
und von bedeutender Wichtigkeit sind; so enthalten sie namentlich
sehr schätzbare Nachrichten über den Eetzerrichter Eonrad von Mar-
burg. Der Geist dieser Aufzeichnungen und die freimüthige Beurthei-
lung des ruchlosen Kreuzzuges gegen die Stedinger lassen in dem
Schreiber keinen Dominicaner vermuthen, auf welche sonst verschie-
dene Erwähnungen dieses Ordensjhindeuten, und denen der letzte Theil
der Annalen angehören könnte; dals der 1234 verstorbene Canonicus
Ludwig von St. Sevems den Anfang geschrieben habe, ist wohl eine
mindestens sehr zweifelhafte Vermuthung Böhmers; er scheint viel-
mehr Schreiber geheifsen zu haben ^).
Die neu aufkommenden Bettelmönche fanden in Thüringen eine
gute Stätte, üeber die Minoriten und ihre Verbreitung in Deutsch-
land haben wir erst kürzlich eine ungemein werthvoUe neue Quelle er-
halten in den von G. Voigt aufgefundenen und herausgegebenen Denk-
würdigkeiten des Jordan von Yane (Giano) im Gebiet von ^poleto,
welcher einer der thätigsten Leiter der Mission in Deutschland war,
und als Greis 1262 auf dem Capitel zu Halberstadt seine Erinnerungen
auf Andringen der Brüder aufgezeichnet hat').
Das Aufblühen der Dominicaner in der Zeit ihrer ersten Bein-
heit und Frische, vorzüglich das Leben und Wirken des Priors Elger
von Hohenstein in den Conventen von Erfurt und Eisenach, schildert
uns seine Legende, welche etliche Zeit nach seinem Tode 1242 auf-
gezeichnet, recht lebensvoll über ihn berichtet. Andere weit abge-
schmacktere Legenden sind wohl noch jüngeren Ursprungs').
Von einem Thüringer, vielleicht Erfurter Dominicaner rührt endlich
noch das Oompendium der Weltgeschichte bis 1261 her, welches wir
unten noch zu erwähnen haben; ein anderer, Dietrich von Apolda,
^) „Hoc anno 2. Kai. Sept. obiit Ludericus scriptor canon. 8. Seyeri Er-
phordie.'' Gedr. als Ann. Erphord. ed. Pertz, MG. XVI, 26—40. AU Chran.
Erphord, in Böhmers Fontes II, 388—415.
') Die Denkwürdigkeiten (1207 — 1238) des Minoriten Jordanua von Giano,
herausgegeben u. erl&utert von G. Voigt, L. 1870 (Abb. d. k. Ges. d. Wissen-
schaften). Vgl. Lit. Centralbl. 1870 S. 955, u. die Bemerkungen von G. Voigt,
HZ. XXXI, 179 — 182 zu einem Werk des beginnenden 16. Jahrhunderts, wo
ein etwas weiter reichendes Exemplar des Jordan benutzt ist: Johannis de
Komerovo Tractatus cronice fratrvm nUnarwn observancie a tempore Constat^
cienais ooncilii et meciaUter de provinda Polonie^ ed. Zeifsberg, Arch. d. W.
A. XLIX, 297—425.
') Legendae de sanctis patribus canventus Yseneicensü ordimU Braedica-
torunt, gefunden von Hesse, herausgegeben yon MicheUen: Legendarium des
Dominicanerklosters zu Eisenach, Zeitschr. des Vereins f. thür. Gesch. IV (1861)
361—394. Viel besprochen wegen des darin erw&hnten Frankfurter Fürsten-
tages 1242.
Minoriten u. Dominianer. Keinhardsbrunn« 283
beschrieb gegen das Ende des Jahrhnnderts das Leben der Land-
gr&fin Elisabeth^) und verfafste anch eine Biographie des Stifters
seines Ordens.
Auiserhalb Erfurts schrieb im Kloster Panlinzelle in der ersten
H&lfte des zwölften Jahrhnnderts ein Mönch Namens Sigeboto das
Leben der Stifterin, der Fran Panlina, Bischof Wemhers von Merse-
burg Nichte, welches aber nicht mehr vorhanden ist').
Li besonders inniger Beziehung zum Thflringer Landgrafenhause
stand das Eloäter Beinhardsbrnnn, yon ihnen 1089 begrflndet und
Hirschauer Mönchen übergeben, und als ihre Begräbnifsstätte gepflegt
und gehegt. Die Aebte fanden ihren natürlichen Platz im Bathe der
Landgrafen, auch wohl in der Kanzlei, und es würde nicht überraschen,
wenn sich in diesem Kloster etwas von der Correspondenz der Fürsten
erhalten hätte. Li der That hat sich eine ziemlich umfangreiche
Sammlung von Briefen erhalten, welche für das Klosterleben des
zwölften Jahrhunderts nicht unwichtig ist, und mitten darunter, ohne
irgend eine Ordnung, Briefe des Landgrafen, des Kaisers Friedrich I,
Heinrichs des Löwen und anderer Fürsten. Sie erscheinen auch in
Sudendorfs Begistrum n, 125 — 130 zwischen geschichtlichen Docu-
menten, aber gerade da, im Vergleich mit wirklichen Briefen, wird
eine aufmerksame Betrachtung sogleich zeigen, dafs dergleichen kurze
Billets aus fürstlichen Kanzleien nicht hervorgegangen sein können,
sondern dafs wir nur eine sehr dürftige Schulübung vor uns haben').
Dagegen begegnet uns ein Brief des Landgrafen Ludwig II in
fremdem Lande. Um das Jahr 1163 schickt er zwei Söhne nach
Paris und empfiehlt sie dem König Ludwig YII; der fähigere von
ihnen soll beim Studium bleiben. Auch dieser Brief ist sehr schlecht
stilisiert und in unpassender Form abgefafst. Ist er echt, so mufs
der Landgraf einen elenden Concipienten gehabt haben, und auch die
feindliche Stellung des Königs von Frankreich zum Kaiser läfst diesen
freundschaftlichen Verkehr unwahrscheinlich erscheinen. Aber der Brief
ist der Handschrift von St. Victor entnommen, welche aus der könig-
*) Canis. V, 143; ed. Basn. IV, 113. Es ist eine Compilation, deren
wichtigste Elemente dem Leben des Landgrafen Ludwig entnommen sind. Der,
wie es seheint, älteste Bericht über ihre Wunder von 1230 bei Henke, Konrad
von Marburg (Marb. 1861) S. 53—58.
') Erwähnt in der Vita Wernheri Mers. SS. XII, 245. Ein Aussug im
Chron. eccl. Nicolai de Siegen ed. Wegele p. 271—273.
>) Bethmann im Arckir IX, 545 — 548 (1847) beschrieb suerst die Hand-
Bchrift. Ausgabe von C. Hoefler : Der Epistolarcodex des Klosters Reinhards-
bninn, Arch. d. W. Ak. V, 1 — 66. Ueber die Natur der Briefe als Sohul-
Btficke Wattenbach ib. XIV, 57. Vgl. auch Hesse Ober den etc. im Serapeum
XXni, 337 ff.
284 ^* Staufer. § 13. Thüringen. J 14. Baiern und OeBterreicli.
liehen Kanzlei stammt mid die wichtigsten Correspondenzen ans der
Zeit Ton 1159 bis 1172 enthält, überaus wichtig fftr die C^chichte
des Schisma. Enthält dieselbe anch TJebnngstflcke, so ist doch schwer
zn begreifen, wie man gerade auf einen solchenBrief verfallen wäre ^).
Doch wir kehren nach Beinhardsbrnnn znrflck. J. Ficker hat
die Anfinerksamkeit anf wichtige nnd merkwürdige Nachrichten über
Heinrich VI gelenkt, welche sich in der damals noch nngedmckten
Beinhardsbmnner Chronik befanden. Seitdem hat Wegele diese ganze
Chronik heransgegeben'). Allgemein angenommen wifr die Meinung,
dafs einem Beinhardsbmnner Mönche die hier allein erhaltenen wichtigen
annalistischen Nachrichten ans den Jahren 1180—1193 zn verdanken
wären. Allein nach den üntersnchnngen von Otto Posse') ist diese
Ansicht wohl nicht mehr haltbar. Nichts weist in jenen Annalen auf
Beinhardsbrnnn. Thüringischen Ursprunges jedoch scheinen sie zn
sein; geringe Spuren davon finden sich auch in der Peterschronik.
Nachgewiesen hat nun femer 0. Posse, dals es noch im 16. Jahr-
hundert ein in Beinhardsbrnnn entstandenes, unter dem Namen Hi-
storiae angefahrtes Geschichtswerk gegeben hat, von welchem die
Annalen des Codex in Hannover, wo sie mit der Magdeburger Stifts-
chronik vermengt sind, das vollständigste Bild liefern; doch sind in
anderen Auszügen und Benutzungen einzelne Stellen besser erhalten.
Diese Historien sind erst gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts ans
mancherlei Quellen zusammengearbeitet, von denen die Peterschronik,
das sog. Chronicon S. Aegidii u. a. bekannt sind. Einheimische An-
nalen lagen dem Verfasser nicht vor, und f&r die Geschichte des
Klosters war er auf Sagen und Urkunden angewiesen; auch die Ge-
schichte der Landgrafen, welche zu verherrlichen ihm ein Hauptzweck
war, schöpfte er zum Theil aus der Sage, und er liebte es, durch
einen gesuchten schwülstigen Stil die Ueberlieferung, anch wo sie ihm
schriftlich vorlag, nach seiner Meinung zu verschönem. Eine über-
aus wichtige Quelle aber lag ihm noch vor, nnd ist uns dadurch,
da£B er sie fast ganz in sein Werk aufnahm, erhalten, nämlich das
sehr anziehend geschriebene Leben des Landgrafen Ludwig des
^) Der Brief steht bei Du Chesne IV, 704, Bonqaet XVI, 42. Vgl. Knochen-
hftner, Thür. Gesch. S. 163. Die Hds. ist Vat. Christ 179, HZ. XXXI, 476.
') AfmeUes Rsinhardsbruimenses. Thüringische GeschichtsqaeUen I. Jena
1854. Emendationen Lit. CentralbL 1854 S. 425.
*) Die Reinhardtsbranner Geschichtsbfioher. Eine yeriorene Qnellenschrift.
Zar Kritik der späteren thüring. Geschichtschreibong. Von Dr. Otto Posse.
Leipzig 1872. Vgl G. Waiti, HZ. XXVIII, 221 — 223. Lit. CentralbL 1872
8. 414. 0. Posse, Thfir. Sagen. Zur Kritik der späteren thflr. Geschieht-
Schreibung bis auf Bothe. HZ. XXXI, 83^72.
Leben des Landgrafen Ludwig. 285
Heiligen (st. 1227), Termuthlich von seinem Caplan Berthold verfafst,
eine der ausgezeichnetsten Biographieen des Mittelalters, ans einer
Zeit, in welcher dieser Zweig der Litteratnr schon zn verdorren be-
ginnt Der Text derselben lä&t sich nm so sicherer herstellen, da
wir anch eine sehr schöne deutsche üebersetzung davon besitzen^),
welche der Beinhardsbmnner Schalmeister Friedrich Ködiz von
Saalfeld im Anfang des vierzehnten Jahrhunderts verfafst hat, ein
eben so ansprechendes wie lehrreiches Denkmal ans der Blüthezeit
Thüringens.
§ 14. Baiern und Oesterreich.
Die hohe Bedeutung der Salzburger Kirche in dem gewaltigen
Kampfe zwischen Friedrich Barbarossa und Alexander m hat uns eine
Gruppe wichtiger Quellenschriften schon früher betrachten lassen. Es
bleiben noch die minder wichtigen Aufzeichnungen einzelner Klöster
zu erwähnen. So die stark mit Fabeln versetzte Geschichte von Wind-
berg bei Straubing, wo nach früheren formlosen Anfängen Graf Albert
von Bogen 1142 Pramonstratenser unter dem Probst Gebhard von
Cöln einführte^ der 1146 Abt wurde und bis 1191 auch für wissen-
schaftliche Ausbildung thätig war. Noch vorhandene Handschriften
mit Versen, in denen er die sorgfältige Aufbewahrung und Benutzung
der abgeschriebenen Autoren empfiehlt, zeugen davon und die auf
seine Veranlassung aufgezeichnete und fortgesetzte Geschichte der
Kirche und des Klosters').
Unbedeutend sind die von Böhmer') als Annalen zusammenge-
fafsten Notizen aus Seldenthal bei Landshut, von 1108—1347.
In Nieder-Altaich wurde die sehr fabelhafte Geschichte zweier
Klausnerinnen, der Salome und der Judith, beschrieben, welche an-
geblich die Nichte und die Tochter eines englischen Königs gewesen
waren, und unter dem Abte Walter (wohl der 1068 erwählte Waltker)
auf der Heimkehr von Jerusalem hier Aufnahme gefunden hatten^).
Im Kloster Scheiern zeichnete sich der Mönch Konrad (1205
bis 1241) durch Gelehrsamkeit und Kalligraphie aus; seit Aventin
pflegt man ihn den Philosophen zu nennen. Es ist ihm aber, wie
1) Das Leben des h. Ludwig, herausgegeben von H. Rückert. Lpz. 1851.
*) Jeut als Primordia Windbergensia herausgegeben von Jaffa, MG. SS.
XVII, 560 — 565 ; sie reichen nicht über die Kirchweihe von 1 167 hinaus.
Daran schliefsen sich wenig bedeutende Annaks Windbergenses 1 196 — 1393.
>) Fontes III, 526—529 als Annales Seldentcdensea aus Mon. Boica XV.
*) Acta SS. Jun. V, 493—499; s. oben S. 20.
286 V. Staufer. § 14. Baiern und Oesterreich.
dem Tegemseer Werner, yiel mehr zugeschrieben, als er wirklich zq
verantworten hat, nnd nach der sorgföltigen üntenrachnng des Grafen
Hnndt ist namentlich der Liber /undationis (Chromeon ScMrense), be-
sonders wichtig dorch die darin enthaltenen Nachrichten über die
Witteisbacher, nicht von ihm , sondern von dem Abt Eonrad I von
Lnppnrg (seit 1206), welcher sich namentlich anch nm wissenschaftliche
Th&tigkeit xmd Vennehnmg der Bibliothek sehr verdient machte, den-
noch aber 1225 vom Herzog zur Abdankung genöthigt wurde; sein
Nachfolger Heinrich (1226 — 1259) wirkte aber in demselben Geiste.
Nach dieser Ansicht des Grafen Hundt wäre der Schlufs erst nach-
träglich hinzugesetzt; vorzüglich aber ist die Ausgabe von JafPe ent-
stellt durch !£!inschiebung des cap. 16, welches besonders durch Fabek
Anstofs giebt und in der ursprünglichen Handschrift fehlt, nach Jaff4
von des Schreibers Eonrad Hand zugesetzt ist. Diesem verbleiben
danach die freilich dürftigen, aber nicht werthlosen Annalen 1077 bis
1226. Merkwürdig ist, wie in Scheiem gleich auf die ersten Anfönge
des Elosters völliger Verfall folgte, aus dem es sich im Anfange des
dreizehnten Jahrhunderts vorübergehend erholte^).
Aus dem Eloster Diessen ist uns keine Chronik, wohl aber eine
merkwürdige Legende erhalten. Graf Berthold von Diessen hatte in
dem von ihm gestifteten Eloster auch sein fünl^^^^^s Töchterchen
Mathilde dargebracht, welche später als Aebtissin nach Edelstetten
zwischen Augsburg und Ulm postuliert wurde. Nur mit Hülfe eines
päbstlichen Breve (vom 22. November 1153 oder 1154) konnte der
Bischof Eonrad von Augsburg sie- zur Annahme bewegen; es war
nicht leicht, dort die Clausur herzustellen, den gewohnten Verkehr mit
ritterlichen Besuchern abzuschaffen. Auch den Hof Eaiser Friedrichs,
ihres Verwandten, mufste sie eines Rechtsgeschäfts wegen in Begens-
burg aufsuchen; sterbend liefs sie sich zuletzt wieder nach Diessen
bringen, wo sie am 30. Mai 1160 verschied. Doch erst um 1200 ist
ihr Leben beschrieben von Engelhard, einst Abt, damals aber nur
noch Mönch in Langheim bei Culmbach. Eine Gräfin, Mathildens
Verwandte, hatte ihm von ihrem Leben erzählt; dafs er nur wenig
von ihr wisse, beklagt er selbst und hilft sich, wie gewöhnlich, mit
der Schilderung eines ascetischen Lebenswandels^). Ein Umstand aber
1) Chunradi Schirensis Chronicon, Catalogi, Annales ed. Jaffiä, MG. SS.
XVII, 613 — 633. Die Kataloge der Päbate etc. sind grofsentheils aus Gotfried
Yon Viterbo geschöpft. Heotor Graf Hundt in d. Abb. d. Müncb. Akademie,
Hist Classe IX (1866) S. 205—340.
') Daxu gehört auch S. 445: ^Contempsit et balnea cum Petro audiens:
Qai lotus est non incUget nisi ut pedes lavet, Quos etiam ipsam lavisse (hier
schiebt Henschen stillschweigend ein non ein) negaTerim, ne audiret illud to-
Scheiem. Diessen. Scbeftlum. Wessobrunn. 287
hindert ihn dabei, ihr schönes langes Haar, welches man nach ihrem
Tode abgeschnitten hatte nnd vom Elosterthnrm auszuhängen pflegte,
vm Gewitter zu yeiBcheuchen. Diesen deutlichen Beweis dafür, dafs
Mathilde sich der strengen Begel niemals unterworfen hat, sucht Engel-
hard vergeblich zu entkräften^).
Aus Benedictbeuern (S. 59) hat Jaffa noch einige geschichtliche
Aufzeichnungen des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts entdeckt
und herausgegeben, deren Ergebnifs nicht sehr erheblich ist').
Aus Scheftlarn, wo 1140 Otto von Freising Prämonstratenser
einführte, und bald darauf Probst Heinrich (1164 — 1200) sich durch
Yermehrang der Bibliothek verdient machte, sind neuerdings Annalen
von 1092 bis 1247, und von 1215 bis 1272 herausgegeben, welche
fOr die erste Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts ausführlich und nicht
unwichtig sind*). Erhalten hat sich eine Abschrift von Roberts Gre-
schichte des ersten Ereuzzuges, welche der Probst Heinrich fEir Bar-
barossa machen liefs, mit einem roh gemachten Bilde des Kaisers
und Widmungsversen ^).
In Wessobrunn lebte die flei&ige und geschickte Schreiberin
Dimud, zu deren Andenken der Bruder Eonrad mit dem Beinamen
Pozzo eine Stiftung machte, allen gelehrten Elosterbrüdem zur Er-
getzung^). Wenn aber Leutner die Annalen von 1195 bis 1279,
welche im sechzehnten Jahrhundert Stephan Leopolder in seine Chronik
aufnahm, diesem Eonrad zuschreibt, so widerspricht dem die Chrono-
logie, da er in der ersten Hälfbe des 13. Jahrhunderts lebte und der
nitrunm: Si non lavero te^ non habebis partem mecum," Engelhard wusch
sich also Termathlich gar nicht.
>) Vita S, Mathildis in Dyezzen, bei Canis. Antt. Lectt. V, 2, 9 und
daraus von O. Henscben Acto SS. Maii VII, 442 — 457. Notae Dieuenses ed.
Jaffö, MG. SS. XVII, 323—331, a. 1122-1432, susammengestellt aus Nekro-
logien nebst einem CataL Praepositorum und Nachrichten über die Familie
der Stifter.
>) Annaks Benedictoburani a. 1109 - 1166. 1191 — 1211. 1278. Notae
Buranae (über Eirchweihen) ed. Jaffö, MG. SS. XVII, 319—322.
') Annales Sckeftlarienses ed. Rudhart in: Quellen und Erörterungen
zur bayrischen und deutschen Geschichte (München 1866) I, 365 — 404. Nene
Ausg. Ton Jaffe, UQ. SS. XVII, 334—350. Der Anfang beruht auf Ensdorfer
und Begensb. Aufzeichnungen und ist auch den Ann. Meli, und Salisb. ver-
wandt; Ton 1163 an sind sie selbständig und gleichseitig. Notizen über Kirch-
weihen und ein Probstyerzeichnifs sind als Notae Scheftlarienses hinzugefllgt.
Vgl. oben S. 208.
*) Cod. Vat. 2001, Arch. V, 468.
*) „Ut singulis annis in anniversario b. Dimudis .... omnibus litteratis
confratribus Deo ibidem militantibus honesta consolatio impendatur.'' Leutner
Hist. Wessofont. I, 253. Verzeichnifs der Ton ihr geschriebenen Bücher Serap.
II, 249. Ueber sie B. Pez, Thes. I, Diss. isag. p. XIX — XXII. Ein Brief-
wechsel zwischen ihr und der Herluca in Bemried war damals schon yerloren.
2gg V. Staufer. § 14. Baiern und Oesterrekk.
YedaßBBT der Aimalen noch 1308 gelebt haben mnCs. Den Antor
Eonrad zn nennen, wnrde Leutner nnr durch die Beischrift veranlafst:
«Qoi me scribebat, Conradus nomen habebat." Das ist aber die Form,
in welcher die Abschreiber sich zu nennen pflegen. 0. Lorenz (I, 145)
hält jene Annalen für einen Auszug aus der Chronik des Frohstes
Konrad von Eanshofen (1277— 131 1)*).
In dem Kloster Mondsee unweit Salzburg schrieb Liutold ein
Plenar und ein Passionale, dem er eine Einleitung in recht guten
Hexametern yoranstellte, und nicht minder lobenswerth sind seine vier
Epitaphien des Abtes Konrad, welcher 1127 durch Bischof Cuno von
Begensburg aus Siegburg nach Mondsee gekommen war und wegen
seiner Strenge bei der Bückforderung entfremdeter Klostergüter 1145
erschlagen wurde. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dafs auch die
in schlechten leoninischen Versen verfalste, sehr geschmacklose Grrün-
dungsgeschichte des Klosters bis auf die Herstellung desselben durch
Kaiser Heinrich 11 Ton Liutold herrühre^).
Tegernsee ist uns wichtig durch die früher erwähnte Brief-
sammlung, und der Geschichte der deutschen Litteratur bekannt durch
den Dichter Werner'); aus derselben Handschrifb stammt auch der
«ludus de antichristo*", der gewils sehr merkwürdig und beachtenswerth
ist, wenn ich auch der Auffassung seines neuesten Herausgebers nicht
vollständig zu folgen vermag^). An geschichtlichen Denkmalen aber
ist Tegernsee auffallend arm. Man beschäftigte sich hier gern mit
der fabelhaften Urgeschichte, mit Norix des Hercules Sohn und anderen
bairischen Fabeln, mit Adalbert und Otker'), den angeblichen Stiftern
*) Die Annalen bei Leutner 1. 1. II, 26 — 35. Stüls im Notizenblatt der
Wiener Akademie 1854 S. 468 bezweifelt die Existenz der Chronik und be-
zieht die Anföhrung in der Forts, d. Reichersberger Chronik auf das noch in
München vorhandene Begistrum; es müTste leicht festznstellen sein, ob die
Worte darin sind. — Die Inschrift eines besonders schönen 1178 in Bans-
hofen geschriebenen Evangeliars Archiv VII, 995.
') Chronicon Lnnaelacense p. 128. Urkundenbueh des Landes ob der
Enns I, 102—108. Die Epitaphien im Chron. Lun. p. 124 vgl. Denis II, 750.
Yerse Liutolds unter seinen Abschriften bei B. Pez, Thes. I, Diss. p. IV. Aus
einem Mondseer Codex kennen vrir auch den Magister Chonradus, welcher in
seinem Computus von 1200 zuerst den Fehler des Julianischen Kalenders er-
örterte, s. Kaltenbrunner, Wiener SB. LXXXII, 293.
') Ueber ihn fV. Kugler, Kl. Schriften I, 20 iF. Es wird ihm aber vieles
ohne Grund zugeschrieben, nur weil es in jener Briefsammlung steht; vgl.
Feifalik, Wernhers driu Liet (Wien 1860) S. XVI— XX.
*) Gerb. v. Zezschwitz : Vom Römischen Kaisertum deutscher Nation. Ein
mittelalterliches Drama. Nebst Untersuchungen über die byzant. Quellen der
deutschen Kaisersage. Leipz. 1877.
^) Vgl. darüber Leibn. Ann. Imp. I, 83 und über die bairische Sagen-
geschichte Maüsmanuy Kaiserchronik III, 784 — 819.
Mondsee. Tegernsee. Passau. 289
des Klosters, und mit den Wnndem des Schutzpatrons, des heiligen
Qnirinus* Zum Preise dieses Heiligen yerfafste Metellas mn die
Mitte des zwölften Jahrhunderts ein umfangreiches Gedicht, welches
durch grofse Sprachgewandtheit überrascht, und auch geschichtliche
Nachrichten enthält^); eine Bearbeitung seiner Passio mit den Wunder-
geschichten in Prosa von dem Mönch Heinrich ist nach Bursians
Ansicht jünger und mit Benutzung jener Verse gearbeitet'). Eine mit
grofsem Aufwand yon rednerischem Schmuck geschriebene Gründungs-
geschichte in Prosa') ist wohl schon älter, vielleicht noch aus dem
elften Jahrhundert; es schliefst sich daran eine dürftige Chronik des
Klosters, die ursprünglich im Anfang des zwölften Jahrhunderts ver-
fafst sein mag, aber nur in einer späteren üeberarbeitung vorhan-
den ist.
Alle diese verschiedenartigen Aufzeichnungen, die auch an um-
fang nicht bedeutend sind, gewähren jedoch über die eigentliche Ge-
schichte der Zeit, besonders nach dem Frieden von Venedig, aufser-
ordentlich wenig und beschränken sich auf die äufserlichsten Ereignisse.
Mit Becht hebt Böhmer es als einen Beweis unserer grofsen Armuth
an Nachrichten hervor, dafs keiner der uns erhaltenen zeitgenössischen
Schriftsteller, da die Passauer Annalen (S. 234) verloren sind, auch
nur den Namen Alberts des Böhmen nennt. Denn dieser Albert,
der Böhme genannt, aber ein Baier von Geburt, nach den Forschun-
gen des Freiherm Otto von Lerchenfeld ^) ein Behaim von Kager, ein
angesehener Sachwalter an der päbstlichen Curie unter Innocenz ni
und Honorius III, seit 1223 als Domherr, seit 1224 als Archidiaconus
von Passau nachgewiesen, war 1237 als übereifriger Päbstler ver-
trieben, kehrte aber 1238 als Agent der Curie wieder, und erhielt
1239 von Gregor IX den Auftrag, den Bann gegen Friedrich 11 zur
Geltung zu bringen; er entfaltete gerade im südöstlichen Baiem eine
aufserordentliche Thätigkeit, ging als Domdechant von Passau zum
Concil von Lyon, bewirkte 1250 wesentlich die Absetzung des Bischofs
Büdiger, wurde aber endlich 1256 gefangen und soll sogar von seinen
Gegnern geschunden sein; 1258 wird er zuletzt erwähnt. Aber wir
würden, abgesehen von den lange übersehenen Nachrichten der Passauer
Annalen, gar nichts von ihm wissen, wenn nicht durch einen glück-
1) Metelli Qmnnalia bei Canis. III, 2, 1 17 ff. Vgl. Arohir X, 635. Barsian,
Manch. SB. 1873, S. 473—518; das sechste Buch hält er ftbr jünger.
)) Th. Mayer im Archiv fQr österr. Gesch. - Quellen 1849, II, 342 ff.
Vgl. NA. II, 397.
») Pez. Thes. UI, 3, 476—496.
«) Historisch-politische Blätter LXXIV, 352— 369. 421— 438. Schirrmacher
schreibt ihn dem Passauer Ministerialengeschlecht von Possemünster zu«
V^attenbach, Qeschiohtsqaellen IT. 4. Anfl. 19
290 ^* Staufer. | 14. Baiern und Oesterreich.
liehen Znfiall sein Notizenbnch erhalten wäre, welches eine Fülle der
wichti^ten Actenstücke enthält^).
Der Annalen ans den österreichischen Klöstern, welche nns
doch anch bis anf Budolfs Zeit nnr Bmchstücke bieten, gedachten
wir schon oben. Das Land erhob sich nnter den Babenbergem znr
schönsten Blüthe, nnd seine hohe Bedeutung in der Geschichte der
deutschen Poesie tritt gegenwärtig immer heller ans Licht. Dann
aber wirkte das Zwischenreich, da hier gleichzeitig 1246 anch die
Babenberger ausstarben, doppelt verderblich. In Wien dichtete um
die Mitte des Jahrhunderts Jans der Enenkel in deutscher Sprache
eine grofse Weltchronik, nach der Art der Eaiserchronik, und daher
nicht als Geschichtswerk zu betrachten. Etwas mehr geschichtlichen
Inhalt hat sein Fürsten buch von Oesterreich und Steier, in dem
freilich auch die ganz fabelhafte Vorgeschichte den grö&ten Baum
einnimt, und selbst die Geschichte des letzten Babenbergers , Fried-
richs des Streitbaren, schon ganz sagenhaft ist, das aber doch über
diese spätere Zeit manches geschichtliche und viele charakteristische
Erzählungen und Schwanke enthält'}.
Jene Sagen über die Herkunft der Babenberger und ihre frühesten
Zeiten finden sich zum Theil auch schon in den Versen, welche im
Kloster Zwettl zu Ehren der Stifter, der Kunringer, gedichtet
wurden, noch unter dem Abt Hadamar II, der 1215 nach dem Ge-
lobten Lande zog und dort starb').
In Sanct Florian scheint unter dem Probst Engelbrecht (1172
bis 1203) die Letonie gedichtet zu sein^), mid lateinische Dichtungen
des 1223 oder 1224 verstorbenen Probstes Alt man und eines jüngeren
Altman aus der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts') lassen auch
*) Herausgegeben von Höfler, in der Bibliothek des Lit. Vereins XVI ^,
3 — 153. Ezcerpte eines zweiten verlorenen Buches bei Oefele l, 787 — 800.
8. Böhmer, Regg. Imp. von 1198—1254 S. LXVIII. Ratzinger in den Hist.
polit. Bl&ttem LXIV. Schirrmacher, Albert von Possemünster, Weimar 1871.
Winkelmann, Hist. Zeitschr. XXVII, 159—164.
') Bei Rauch SS. Rer. Austr. I, 252 — 373 und besser von Megiser, Linz
1618; vgl. Schatzmayr in d. Zeitschr. f. österr. Gymn. XX, 419 — 440. Ueber
seine Weltchronik Mafsmann, Kaiserchronik III, 103 — 113. Bruchstücke daraus
von Karl Roth, München 1854. Kaiser Friedrich II aus der Leipz. Handschrift
der Weltchronik in d. Zeitschrift f. Deutsches Alt. V, 268—293.
') Versta a senioribus hutus domus scn'pti^ überarbeitet zu Zeiten >^des
Abtes Ebro (1273 — 1304). Liber fundationum monasterii Zwetlensis ed. Fräst,
Fontes Rer. Austriacarum, Urkunden III, 1851. VgL Friefs, Die Herren von
Kuenring, Wien 1874.
^) JSach J. Voigt in den Studien zur deutschen Sprache u. Litt, von H. Paul
n. W. Braune (1873) I, 108—146.
*) Kachrichten darüber in einem unvollendeten Werk über die litt. Leistungen
des Stifts St. Florian von C. Müblbacher.
Oesterreich. Enenkel. Regensbarg. 291
hier ein frnchtreiches Stadinm der alten Classiker erkennen, aber ge-
Bchichtliclie Aufzeichnungen finden sich nicht.
Eine starke Hinneigung zum Märchenhaften, und Mangel an ernst-
lichem Geschichtstndium zeigt auch das zwischen 1125 und 1141 in
Goetweih geschriebene Leben Altmanns yon Passau, von dem
50 Jahre später durch einen fremden Abt Bobert, der sich als
Gast im Kloster aufhielt, eine neue gänzlich phrasenhafte Bearbeitung
verfafst ist^). Veranlalst wurde es vielleicht durch den Wunsch, Alt-
manns Heiligsprechung herbeizuftkhren, wozu das Gedicht eines unbe-
kannten Aerbo auffordert, mit Bezug auf die Canonisation Otto's von
Bamberg (1189). Es enthält sehr starke Bemerkungen über die Geld-
gier der römischen Curie ^).
In Passau scheinen um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts
zuerst die später in Kremsmünster weiter ausgebildeten Fabeleien über
die Vorzeit des Bisthums entstanden zu sein, durch welche eine Bi-
schofereihe des angeblichen vormaligen Erzbisthums Lorch nachgewiesen
werden sollte*); der nur in Auszügen noch erhaltenen Annalen ge-
dachten wir schon oben (S. 234).
In Begensburg wurden 1130 Annalen zusammengestoppelt, deren
erster Theil bis 714 auf Hermanns Chronik beruht; der folgende bis
900 ist den Fulder Annalen entnommen mit Zusätzen aus einheimi-
schen Quellen. Weiterhin liegen Excerpte verlorener Begensburger
Annalen vor, die bis 1167 fortgesetzt wurden. Ein Domherr Hugo
machte sich daraus eioen Auszug, den er 1174 — 1197 fortsetzte,
während ein anderes Exemplar im Kloster Prüfening oder Prief-
ling mit einigen Hausnachrichten vermehrt wurde ^). Auch aus St.
E mm er am sind einzelne geschichtliche Aufzeichnungen erhalten^).
Der in Prüfening um 1140 verfaiflten Lebensbeschreibung Theogers
von Metz gedachten wir gleichfalls schon (S. 100); auch das Leben des
^) Benutst bei der Ausgabe der älteren Vit* (oben 8. 62). Die Abtfolge
ist bis 1156 fortgeführt.
*) Herausgegeben Ton Pius Scbmieder im Ans. d. Germ. Mus. 1867
S. 199--201.
*) S. darüber Dftmmler, Piligrim Ton Passau S. 132 ff. und jetzt Yoraüg-
lich J. Loserthy Die Qesohichtsquellen von Kremsmünster im 13. u. 14. Jabrh.
Wien 1872.
*) Zuerst bei Böhmer, Fontt. 111, 488 — 496 als Hugonü Ratisponensis
Cronica, ohne Kenntnils der Prüf. Handschrift; jetzt Ann. RaHspanenses ed.
VTattenbach, MG. SS. XVn, 577—590. Verse zu Ehren des Bischofs Cuno II
Ton Regensburg NA. II, 387—391.
») Notae kUtoricae e Cod. S. Emm. 1197—1227, Fontes III, 495 — 498.
Notae S. Emmerannmi ed. Jaffö, SS. XVII, 572 — 576 aus yerschiedenen Hand-
schriften. Vgl. oben S. 59.
19»
fx
292 ^' Staufer. § 14. Baiern und Oesterreieh. | 15. Franken.
ersten Abtes Erminold (1114 bis 1121) wurde hier beschrieben^), aber
erst im Jahre 1281. Auch Annalen von localem Charakter haben
sich erhalten').
Das Kloster St. Emmeram erwarb sich auch noch ein zweifel-
haftes Verdienst, indem hier die langst schon gehegte Behanptang,
dafs der h. Dionysius ans Saint-Denis dorthin übertragen sei, welche
Leo IX 1052 feierlich anerkannt hatte, zn einem f5rmlichen Bomane
ausgearbeitet wurde. Das wirklich aus Saint-Denis stammende, von
Kaiser Arnulf geschenkte, goldgeschriebene Evangelienbuch Karls des
Kahlen, vielleicht eine Gabe des Königs Odo, gab den AnlaTs zu der
ganzen Fabel, und an Kaiser Arnulf wurde die Geschichte geknflpft:
ein unverschämtes Lügengewebe, aber mit ungewöhnlichem Geschick
ausgeführt. Der Bausch der Mönche und ihr bedauemswerther Zu-
stand am nächsten Morgen, sind mit solcher Lebendigkeit und Natnr-
wahrheit geschildert, dals man sicher auf ähnliche Erlebnisse des
Verfassers schliefsen kann. Geschichtlich wichtiger ist in der Ein-
leitung die topographische Beschreibung von Begensburg, wo freilich
die sehr mangelhaften Ausgaben der Berichtigung durch die Münche-
ner Handschrift des zwölften Jahrhunderts aus Scheftlam dringend
bedürfen *).
Sehr merkwürdig ist die kurz vor 1185 verfalüste Chronik des
Begensburger Schottenklosters zu St. Jakob^). Schottenmönche
waren seit den ältesten Zeiten vielfach in Deutschland verbreitet;
Marianus Chronik enthält einige gesammelte Nachrichten von ihnen,
und aus Grofs St. Martin in Cöln ist eine Art von Chronik vorhanden.
Im allgemeinen aber scheinen sich die Schottenmönche durchaus nicht
mit geschichtlichen Aufzeichnungen befafst zu haben; von ihren meisten
Klöstern wissen wir fast gar nichts und sogar die Urkunden sind ver-
loren. Um so willkommener ist jene Chronik von St. Jakob, welche
uns von dem Stifter (1076), Muiredach oder Mari an, Zeitgenossen
^) Vita Ermimldi abb. Pruveningensü ed. Jaffö, MG. SS. XII, 480—600.
*) Annales Pruveningenses a. 770. 784. 1092—1298 ed. Wattenbach, MG.
SS. XVII, 606—612. Zu erwähnen ist hier auch Rupertus de vUa Gtinonis
ep. Ratisponemis^ MQ. SS. XII, 637, ein StQck aus Ruperts Commentar zum
Matthäus.
>) Translatio S. Dionysii Ariopagitae ed. R. Koepke, MG. SS. XI,
343 — 371 nach dem alten Druck von Kraus. Berichtigungen Forsch. XIII,
393—397. üeber die Sache und ältere Versionen vgl. Hirsch, Heinrich II,
I, 23. 415. DQmmler Ostfr. II, 476. Auch aus der Gegenschrift aus Saint-
Denis von Haimo de detectione Macharü Dionysii ist SS. XI, 371—375 ein
Auszog gegeben.
♦) Vita S. Mariani Scott, Acta SS. Feh. II, 365—372. Vgl. VFattenbach:
Die Congregation der Schottenklöster in Deutschland, in der archäolog. Zeit-
schrift von Otte und Quast, Bd. I.
St. Emmeram. SchottenklOster. 293
des Chronisten Marian, einem ansgezeichneten Kalligraphen^), von
dem Heranwachsen des Klosters mid namentlich auch von den ans
Begensbnrg ausgegangenen Colonieen Nachricht giebt. Im Anfang
läfst der Verfasser sich dnrch den alten Buhm seiner Landslente ein
wenig fortreifsen, sonst aber erzählt er, abgesehen yon den nnvermeid-
lichen Wnndem, auffallend nüchtern und einfach. Vielleicht gerade
ans diesem Grande scheint sein Werk wenig beachtet, geschweige
denn fortgesetzt zn sein: man bemühte sich yielmehr durch eine höchst
phantastische und unsinnige Legende, an Karl den Grofsen anknüpfend,
den Ursprung des Klosters besser zu verherrlichen.
In Freising wird der gro&e Brand vom 5. April 1159 viel
Material vernichtet und die gelehrte Thätigkeit gestört haben; 1187
sammelte Conradus sacrista die Urkunden des Stifts und verband
damit geschichtliche Nachrichten, von denen nur Bruchstücke bekannt
sind'). Ganz unbedeutend sind die Annalen aus ünderstorf, west-
lich von Freising*).
§ 15. Franken.
In Bamberg gab, wie wir bereits gesehen haben (S. 141 — 144),
die bedeutende Persönlichkeit des Bischofs Otto in diesem Zeitraum
reichen Stoff zur Beschäftigung. Aufserdem verherrlichte man den
Stifter des Bisthums; ein Biaconus Adalbert verfafste um 1146,
veranlafst durch die Canonisation des Kaisers, ein Leben Hein-
richs II, welches diesen begreiflicherweise fast nur als Begründer
der Bamberger Kirche auffafst. Aufserdem werden seine wirklichen
und eingebildeten Verdienste um verschiedene Kirchen, wie Merseburg,
duny, Monte Cassino gepriesen. S. Wolfgangs Leben, Cassineser Auf-
zeichnungen über die angebliche Heilung Heinrichs II vom Stein, und
Ekkehards Chronik waren Adalberts Quellen; dazu verfehlte er nicht,
das wohl in Bamberg selbst ersonnene Märchen von Kunigundens
Keuschheit und ihrer Rechtfertigung durch die Feuerprobe aufzuneh-
men, nebst dem beliebten Geschichtchen von dem Merseburger Becher.
Vorzüglich bewundert Adalbert, dafs Heinrich bei dieser grofsen Fröm-
migkeit doch so gut für das Beich gesorgt und ohne alles Blutver-
giefsen die Grenzen desselben erweitert habe, was freilich ausnehmend
>) Er schrieb in schöner fr&nkischer Minuskel, Glossen aber und seinen
Namen irisch, Revue celtique I, 262.
*) S. darüber Wilmans im Aroh. XI, 68 n. in der Vorrede zu Otto's tqh
Freising Werken.
*) Annales Ündersdorfensea 1180 — 1472 u. Notae ex Necrologio ünderad.
ed. Jaffö MG. XVII, 332. 333.
294 ^'* Staufer. § 15. Franken.
wunderbar sein würde, wenn es nur wahr wäre. Das zweite Bach
behandelt die Wunder an des Kaisers Grab und schliefst mit einer
Nutzanwendung gegen die Feinde der (Geistlichkeit. Nach Vollendung
seiner Arbeit aber wurde dem Yeifasser das Bamberger Archiv eröffiiet,
und nun schob Adalbert, wie W. Schmidt aus der Gurker Handschrift
erwiesen hat, lange Abschnitte ein, in welchen die Stiftung ausf&hr-
licher behandelt ist, die wichtigsten Privilegien wörtlich aufgenommen
wurden. Seine Handschrift war dadurch entstellt; er verfertigte des-
halb ein neues schöneres Exemplar, welches in Bamberg blieb, während
dar ursprüngliche dem Bischof Boman von Gurk verehrt wurde, welcher
der feierlichen Erhebung der Gebeine im Juli 1147 nicht hatte bei-
wohnen können. Einen Nachtrag über diese Erhebung hat aus der
Gothaer Handschrift, die sich der Gurker zunächst anschliefst, W. Arndt
gegeben. Inzwischen war Friedrich König geworden, der in den Schlufs-
versen der Bamberger Handschrift auf Heinrich II als Vorbild hinge-
wiesen wird*). Andere Wunder berichtet ein Merseburger Geistlicher
über die Heilungen, welche Heinrichs Kelch und die nach Merseburg
gebrachten Beliquien des Kaisers dort bewirkten^). Ein im Anfang
des dreizehnten Jahrhunderts hinzugefügtes drittes Buch bringt neue
Fabeln über das Kaiserpaar zu den alten.
Ein Leben Kunigundens') setzt dieses Leben ihres Gemahls
schon als bekannt voraus und verweilt vorzüglich bei ihrem exempla-
rischen Leben in dem von ihr gestifteten Kloster Kaufungen. Bemer-
kenswerth ist ein hier mitgetheiltes Schreiben von ihr an den Convent
der Schwestern, welches sie selbst verfafst und geschrieben haben
soll^); auch wird erzählt, dafs sie ihre Nichte Uta, die erste Aebtissin
von Kaufungen, in weltlicher Wissenschaft unterwiesen habe*). Wun-
der sind hier noch sparsam, obgleich es ihr schon bei Lebzeiten ge-
lungen war, wie S. Goar ihren Handschuh an einem Sonnenstrahl
aufzuhängen. Jetzt aber nahm sich Bischof Thiemo von Bamberg
(1196—1201) der Sache an; nachdem sein Vorgänger 1189 den Bi-
») Adalherti Vita Heinrici II, ed. Waita, MG. SS. IV, 787—820 mit den
sp&teren Erweiterungen. Ueber die Benutzung des Bebe I, 259. Vgl. Forsch.
IX, 361—377. X, 603—605. Herr Dr. Nolte im Archiv d. W. Ak. LIV, 3
giebt Nachriebt von der Darmst. Hs. 749 saec. XIII, wo die Einscbiebungen
fehlen, aber nach cap. 30 ein Bericht über die Stiftung des Klosters in Goslar
gegeben ist.
>) Excerpta SS. IV, 814—816.
') Vita S, Cunigundis cum Miraculis ib. p. 821 — 828.
*) C. 3. 4. quam ipsa per se — nam litteranim et artium aliarum, distin-
goere auro gemmisque sacras vestes, peritissima fuit — composuit et scripsit.
^) C. 7. quam a primis annis educatam omni disciplina, secularium quoque
litterarum scientia instruzerat.
Bamberg. Leben Hemricha IL 295
Bchof Otto hat canonisieren lassen, yeranstaltete er 1199 auch an
Ennigundens Grabe zahlreiche Wunder, die sorgfältig yerzeichnet wur-
den und im folgenden Jahre am 3. April die Heiligsprechung erwirkten,
worauf im Jahre 1201 die feierliche Erhebung der Gebeine des Ehe-
paars erfolgte.
Als erster Apostel der Pommern wird der Spanier Bernhard ge-
nannt, der in Italien als Eremit gelebt hatte, und vom Pabste zu
einem Bisthum bestimmt war, in dessen Besitz sich aber ein Schis-
matiker befand. Er verliefs es deshalb, und zog aus, die Pommern
zu bekehren. Auf eine Feuerprobe war er vorbereitet, aber durch
andere Waffen verwundet, kehrte er erfolglos heim. Eine Zeit lang
lebte er in Bamberg, wo er in Michelsberg Mönch wurde, zuletzt aber
suchte er wieder als Eremit die Einsamkeit auf). In Bamberg nun
belehrte er im Computus, der Kunst der Zeitberechunng, Heimo,
einen Canonicus der Jacobskirche, der auch von Froutolf und Tuto
unterwiesen wurde, und 1135 eine Chronographie verfafste, welche
er dem Priester Burchard von St. Michael widmete, auch einem be-
rühmten Computisten, der am 14. Sept. 1149 als Prior gestorben ist.
Noch in demselben Jahre verfafste er auch schon eine zweite Bear-
beitung. Die Begebenheiten des christlichen Zeitalters sind darin aus
Bernold und den Würzburger Annalen entnommen; eigene Nachrichten
zu geben war sein Zweck nicht, sondern nur die Chronologie festzu-
stellen. Für uns ist das Werk daher fast werthlos, und nur als ein
Denkmal der so lebhaft in Bamberg betriebenen Studien wichtig.
Einige Nachrichten über Heinrich U sind von Adalbert benutzt; in
der zweiten, früher unbeachteten Ausgabe, ist eine nicht unwichtige
Stelle über Burdinus. Angehängt sind Cyclen mit Bamberger Eintra-
gungen bis 1179; Heimo selbst starb am 31. Juli 1139. Auch in
Augsburg wurden Zusätze und Fortsetzungen angefügt, imd die Bam-
berger Annalen fanden eine weitere Fortsetzung in dem fränkischen
Kloster Ensdorf').
Würzburg hatte in den Bürgerkriegen zu viel gelitten, als dafs
') Ebonis V. Ottonia II, 1 mit Berufung auf ein Werk von Heimo, den
Computus nach Jaffe, Bibl. V, 538.
*) Die Chronoffrapkia HeimonU ist nur ron 1006 an mit den Augsburger
und Bamberger Zus&tsen gedruckt SS. X, 2 — 4. Dann. Ann, Babenb, p. 4.
Ensdorf. 1184-1322 p. 4-8. Auaustani minores (1137 — 1321) p. 8— 11.
£Ir Heimoms de decursu temporum libro^ Jaffö Bibl. V, 537 — 562 mit Be-
nutzung der MQnchener Handschrift, welche allein jene Stellen hat, und mit
den Bamberger Zus&taen. Gans kurse Annalen des Klosters Michelsberg
1066-1160, SS. V, 9. Bibl. V, 552. Ann, S. Petri Bob. (1102—1180)
SS. XVII, 636. Bibl. V, 553. Unbedeutende Annalen aus Hailsbronn
1099 — 1178, nebst einigen Notixen aus Eberbach SS. XVI, 13. 14.
296 ^' SUufer. S 16. Franken« { IG. Schwaben und Elaab.
die litterarische Th&tigkeit des elften Jahrhnnderts hätte fortdaaem
können; doch fand die Chronik Ekkehards, wie sie anf einer Würz-
burger Arbeit hemhte, so auch hier eine Fortsetzung, jedoch bis 1145
nur in dürftiger nnd abgerissener Weise, annalistische Notizen ohne
Znsammenhang, zum Theü ans italienischen Quellen entnommen. Dann
yeranlabte der Unwille über den thörichten Kreuzzng von 1147 mit
seinen Judenverfolg^gen, das glänzende Prodnct des clericalen üebiir-
gewichts anf seiner H6he, zn einer ausführlichen Eintragung, welche
ganz im Sinne des Gerhoh geschrieben, jedoch für Eenntnifs der That-
Sachen unbrauchbar ist^). Auch Kaiser Friedrichs Begiemng regte
zu etwas eingehenderer Darstellung an, jedoch nur bis 1158; dann
folgt sogleich der Bericht eines Augenzeugen über den vierten Ereuz-
zug'). Ein sehr gut und eifrig deutsch gesinnter Würzburger Priester
Johannes besuchte zwischen 1160 und 1170 das h. Land und ver-
faCste darüber ein Büchlein, welches er seinem Freunde und Genossen
Dietrich widmete').
Im Burchardskloster wurden unter Abt Pilgrim (c. 1130 bis
1146) die alten Legenden yon S. Eilian und S. Burchard überarbeitet
und mit der Erzählung yon der feierlichen Erhebung S. Burchards
(986) und der Emeuung des Klosters durch Bischof Hugo (984 bis
990) verbunden^). Auch über die Stiftung des Klosters Komburg
1079 durch den Grafen Burchard yon Botenburg, 1088 yom Bischof
Adalbero geweiht, wurde eine Erzählung aufgesetzt, worin gar lustig
zu lesen, wie der eifrige Mönchsfreund die Mannen seines Bruders
aus dem ihnen gelassenen Theile der Stammburg durch Steinwürfe
aus der Höhe auf ihren Mittagstisch yertreibt*).
Beachtenswerth ist auch die Gründungsgeschichte yon Ebrach.
Zwei Brüder, Biwin und Bemo, beschliefsen ihre Burg dem neuen
Orden der Cistercienser zu widmen, und Bemo zieht selbst das Mönchs-
kleid an. Die Mönche kommen aus Morimund, darunter als erster
Abt (1127—1161) Adam, aus dem Cölnischen gebürtig, der später
^) B. Kugler, Studien sur Gesch. des zweiten Kreuzzuges S. 31 — 84.
*) Ann, Herbipolenses^ ron Pertz zuerst herausgegeben MG. SS. XVI,
2—12. Vgl. oben S. 168. Der Bericht besser bei Hopf: Chroniques Gröco-
Romaoes (1873), 2. Devastatio CanstantinopoUkma e eod« S. MarcL
*) Ausgabe ron Titus Tobler: Descnptiones Terrae Sanctae, Leipz. 1874.
^) Den Verfasser nennt Trithemius Egilward, die Abschrift des Cod.
S. Stephan! Wirzb. Eggithdius. Ausg. von Jac. Bueus, Acta SS. Oot VI,
676— ö94.
>) Duellii MiscelL II, 270—276, worauf Herr Dr. Weiland mich aufinerk-
sam machte. Um 1 130 stiftete der Abt Hartwig ein kunstreiches Antipendium
Ton vergoldetem Kupfer, nebst einem imposanten Kronleuchter, 1876 in München
aoBgestellt, Catalog S» 16.
Würzburg. Ebraoh. Hailabronn. 297
Ar S. Bernhard das Erenz predigte. Eonrad der Staufer nnd seine
Gemahlin befördern die Stiffcnng, nnd wo noch Tor kurzem eine B&nber-
höhle gewesen war, weiht 1134 Bischof Embrico die Kirche; die
Königin Gertrud findet hier 1146 ihre Buhestätte. Von hier yerbreitet
sich der Orden weiter nach Rein in Steiermark, nach Langheim, Hails-
bronn, Bildhausen in Franken, Aldersbach in Baiem, Wilhering in
Ober^streich. Aufgezeichnet ist die Gründungsgeschichte bald nach
dem Tode des Abtes Adam, bevor noch Friedrich von Bothenburg,
welcher am 19. Aug. 1167 in Bom der Pest erlag, dort bestattet war^).
Als der Graf Stillfried sein Werk übe^ das Kloster Hailsbronn
(Haholdesbmnnen) abschlofs (Berlin 1877), beklagte er den gänzlichen
Mangel an alten Aufzeichnungen, von denen nirgends eine Spur sich
finde. Unmittelbar darauf aber fand G. Waitz in einer Würzburger
Handschrift Annalen, welche von der Stiftung der Klöster Ebrach und
Hailsbronn bis 1313 reichen; die Geschichte Albrechts und Hein-
richs yn ist darin ausführlich und gleichzeitig behandelt'). Haupt-
sächlich was Ostfranken, Nflmberg und die benachbarten Klöster be-
trifft, wird erzählt. Anderes was auf Baiem Bezug hat, ist bis 1260
aus Hermann von Altaich's Annalen genommen. Es ist nicht unwahr-
scheinlich, dafs dem Verfasser die Ton Aventin erwähnten Annalen
des Abtes Volkmar von Fürstenfeld von 508 bis 1314 Torlagen, deren
Spuren in anderen Werken kürzlich Martin Mayr nachgegangen ist').
§ 16. Schwaben und Elsafs.
Aus Augsburg sind hier nur die von Pertz entdeckten Annalen
von 1137 bis 1321 zu erwähnen*), deren Dürftigkeit schon im drei-
zehnten Jahrhundert eine tadelnde Bemerkung veranlafste, femer die
unter üdalschalk (1184— 1202) von einem Mönch zu St. Ulrich und
Afra yerfafste Erzählung von der feierlichen Erhebung der Gebeine
S. Ulrichs i. J. 1183 (MG. SS. IV, 383. 427. 428) und des Paul
Yon Bernried, des Biographen Gregors YII, im zwölften Jahrhundert
*) Rekttio a quilms et quando domus hec funcUtta sit, in: Monumeota
Eberacensia ed. Wegele (18^) S. 1—7. B. Deitlöff, Der erste ROmerzug Fr. I
(1877) 8. 62 über die Zeit der Abfassung.
*) Annales Halesbrunnenaes mn^ores a. 1 126 _ 1404 ed. Waits MG. SS.
XXIV, 38 ff. Die Fortsetsang Ton 1302 bis 1404 ist aas dem 15. Jahrhundert.
*) Zur Kritik der älteren Fflrstenfelder Geschichtsquellen, Mtknchen 1877
aus dem Oberbajer. Arcbir XXXVI.
*) Ann. Augu9tan% nUnoreSy MG. SS. X, 8 — 11, geschrieben als Fort-
setzung der Chronographia Heimonis presb. Babenbergensis bis 1135, s. oben
S. 295, Anm. 2.
298 V. Staufer. § 16. Schwaben und Elsafs.
yerf&fste Legende von der h. Herlnca^). Ben Probst Burkhard Yon
TJrsperg werden wir später noch zn erwähnen haben.
Barch etwas regere historische Thätigkeit that sich unter den
Elöstem des Augsburger Sprengeis Ottobeuern hervor. Man be-
schäftigte sich hier mit der Localgeschichte und zwar zuerst, wie billig,
mit dem Schutzheiligen S. Alexander, für den eine fabelhafte Traus-
lationsgeschichte erfunden ward, die zu Karls des Grofsen Zeit spielt*).
Nicht besser ist die mit falschen Urkunden ausgestattete Gründungs-
geschichte des Klosters, die jedoch wegen einiger brauchbarer Nach-
richten nicht ganz zu verschmähen ist. Beides entstand wohl erst im
zwölften Jahrhundert, als das Kloster durch den Abt Bupert aus St.
Georgen (1102—1145) nach einer Zeit des Verfalls zu neuer Blfithe
erhoben wurde. Eine Lebensbeschreibung dieses Abtes wird erwähnt,
ist aber leider verloren. Schon bei Lebzeiten und noch mehr nach
seinem Tode glänzte er als Wunderthäter, das Volk strömte zahlreich
herbei, und das Kloster stieg rasch an Beichthum und Ansehen vor
den Leuten. Barüber finden wir einige Nachrichten in der unter Abt
Konrad (1193— 1228) verfafsten Klosterchronik, die freilich hauptsäch-
lich von dem reichen Gütererwerb des Stiftes handelt*). Bie gröfseren
Vorgänge im Beich finden wir dagegen berücksichtigt in den Annalen,
welche Buperts Nachfolger Lsingrim, wie Pertz vermuthet und als
sicher angenommen werden kann, selbst geschrieben hat. Bafs er
aber für jenen Freund des Bischofs Otto von Freising zu halten sei,
welchem dieser seine Chronik widmete, müssen wir wohl als von Wil-
raans widerlegt betrachten. Ben Bischof Konrad begleitete er nach
Italien und kannte das Land; über Friedrichs ersten Bömerzug giebt
er genaue Nachrichten, aber dafs er ihn selbst begleitet habe, be-
zweifelt B. BettlofP, weil er dann hätte wissen müssen, dafs nicht
Heinrich der Löwe, sondern Otto von Witteisbach die Veroneser Klause
gewann. Bas Mönchskleid hatte lsingrim in St. Ulrich und Afra an-
gelegt, von dort wurde er zum Abt von Ottobeuern berufen. Er starb
1180, nachdem er seit zwei Jahren in Wahnsinn verfallen war, was
man im Kloster als eine Strafe seiner tyrannischen Härte betrachtete.
In der weiteren Fortsetzung der Annalen ist die schon von Steichele
1) Acta SS. Apr. II, 552. Ein Fragment daraus. Über die Translation des
Bischofs Wicterp, MG. SS. IV, 383. 427.
*) Tranalatio S, Alexandri in ahbatiam OUenbur, Acta SS. Jul. III, 19—21.
*) Aeltestes Chronicon und Schenkungsbuch des Klosters Ottenbeuren. Her-
ausgegeben und erl&utert von A. Steichele, in dessen Archiv f. d. Oesch. des
Bisth. Augsburg II, 1 — 67. Dasselbe aU Chronicon OUenburanum ed. Weiland,
MG. SS. XXIIl, 609—630. Vgl. dens. GGA. 1877 S. 791.
Ottobeoern. EUwangen. St. Gallen. 299
mitgetheilte Verhandlung von 1180 wegen der Immmiit&t des Klosters
Yon Leistungen an das Beich bemerkenswerth^).
In Ellwangen wurden 1146 Annalen compiliert, welche nach
Waitz im Anfang aus einer Fulder Ableitung der Hersfelder Annalen
entnommen sind, und bis 1117 Verwandtschaft mit den Bosenfelder
zeigen, was gemeinsame Benutzung der Würzburger Chronik erweist;
sie wurden bis 1237 fortgeführt ').
Auch die Mönche des benachbarten Klosters Nereshe im schrie-
ben Annalen, die von 1095, dem Jahre der Gründung des Klosters,
selbständige Notizen enthalten und bis 1296 reichen*).
In den Klöstern des Gonstanzer Sprengeis, der Schweiz und des
Schwarzwaldes zeigt sich auch noch in diesem Zeiti*aum ein ziemlich
lebhafter Sinn für geschichtliche Aufzeichnungen.
Die Hauschronik Ton St. Gallen erhielt nach langer Unter-
brechung eine ziemlich dürftige Fortsetzung von 972 bis 1203, die
ohne genügende Autorit&t einem Mönche Namens Burchard zuge-
schrieben wird; vielmehr hat M. Bemheim (Forsch. XTV, 176 —- 184)
nachgewiesen, dafs yerschiedene Verfasser sich abgelöst haben; er
sondert die einzelnen Theile von sehr ungleichem Werthe, und zeigt
Benutzung der Annalen und des Hermannus Contractus; für die Zeit
des Abtes Ulrich III (1076—1122) liegen die oben (S. 50) erwähnten
Annalen zu Grunde. Eine weitere reichhaltigere Fortsetzung der Si
Galler Chronik von 1203 bis 1233 ist von Konrad de Fabaria, nach
Ild. von Arx aus der adlichen Familie Bohna, gewesenem Abt von
Zwifalten und Pfarrer bei St. Othmar, der 1234 schrieb. Er giebt
über den König Heinrich, Kaiser Friedrichs II Sohn, beachtenswerthe
Nachrichten, ist aber im einzelnen wenig genau ^). Die kulturgeschicht-
liche Bedeutung dieses einst so hervorragenden Klosters war gänzlich
dahin, aber es war nun von Wichtigkeit als ein ansehnliches geist-
liches Fürstenthum. Das sonderbarste ist, sagt P. Ildefons von Arx*),
dafs Zucht und Wissenschaften in Klöstern, die unter Aufsicht der
Kaiser so schön aufblüheten, ganz zerfielen, sobald sich die Päbste
*) Ann. Idngrimi majores 1121 — 1168, minores 1145 — 1167, Ottenburani
minores 1145^1416 ed. Peru» MG. SS. XVII, 311—318. Vgl. R. Dettloff,
Römersag S. 63— 70 über die geftlachten Privilegien, welche nicht der Chronik
SU Grunde liegen, sondern TieUeicht Ton deren Verfasser herrQhren.
') Annales Elwangenses von St&lin gefunden, und herausgegeben von
0. Abel, MG. SS, X, lö— 20.
*} Annaks Neresheimenses ed. Abel ib. 20—34. Fortgesetzt sind sie bis
1721 und hier gedruckt bis 1572. Beide sind benutzt in dem sog. Chron,
Elttfangense^ einer annalistischen Compilation von 1 bis 1477, ib. p. 34 — 51.
«) MG. SS. II, 149—183. Vgl. St&lin II, 16. Böhmers Begesten S. LXXI.
&) Geschichte von St. Gallen (1810) I, 323.
300 V. Staufer. § 16. Schwaben und Eisalla.
mit derselben Handhabung beladen hatten, nnd dafs die Abtswahlen
von der Zeit an, als die Päbste derselben Bestätigung an sich ge-
zogen hatten, in Sanctgallen oft zwiespaltig ausfielen und verderbliche
Kriege nach sich zogen.
Angeregt, wie es scheint, durch das Vorbild von St. Gallen, ver-
faCiste auch ein Mönch von Petershausen bei Gonstanz 1156 eine
Elosterchronik ^), die nicht unwichtig ist, sondern zu den besten Ar-
beiten dieser Art gehört und bis 1164 fortgesetzt wurde. Derselbe
Mönch schrieb auch das früher (I, 319) erwähnte Leben des Bischofs
Gebhard n von Gonstanz, des Stifters von Petershausen. In der Eloster-
chronik behandelt er ausführlich die Zeit Heinrichs IV, und hat hier
nach Giesebrechts Yermuthung aufser Bemold noch die verlorene Bio-
graphie Gebhards III (S. 51) benutzt. Stellen voll heftiger Feindschaft
gegen Heinrich lY, die sich ähnlich bei Berthold von Zwifalten finden,
sind nach Giesebrecht nicht auf diesen, sondern auf eine von beiden
benutzte Streitschrift, vielleicht eben auf jene Biographie zurückzu-
führen.
Kaum als Quelle zu rechnen ist das Leben der Königin Hilde-
gard mit der ganz fabelhaften Gründungsgeschichte von Kempten
und allerlei Wnndergeschichteu ; 1472 wurde es aus einem alten Buche
abgeschrieben, und schön mit Miniaturen geschmückt dem Kaiser über-
reicht, um dessen Schutz gegen die aufsässigen Bürger zu gewinnen^.
Eine vielbesprochene Quellenschrift ist die Gründungsgeschichte
von Muri, welche Nachrichten über die Herkunft und frühere Ge-
schichte der Habsburger enthält und nach Fr. Kopp 1142 geschrieben
sein soll, wahrscheinlich aber nicht vor dem vierzehnten Jahrhundert
verfafst ist'). In einer dagegen gerichteten Streitschrift gab Büsten
Heer eine Chronik von Bürgein von 1128 bis 1160 heraus*).
Mitten in den Alpen war 1120 Engelberg gegründet, aber schon
nach dem Tode des ersten Abtes Adelhelm 1131 ganz verwildert;
dann kam 1143 Frowin als Beformator aus- St. Blasien und regte
^) Casus monasterii Peirishusen^ nach der Urschrift neu herausgegeben in
Mone's Queilensammlang I, 114—174; edd. 0. Abel et L. Weiland, SS. XX,
621—683. Vgl. St&lin II, 16, Giesebrecht III, 1071. Ueber die Fabelhaftig-
keit seiner Genealogie G. Meyer von Knonau, Forsch. XIII, 80.
*) Aus der Handschrift, welche sich in der Bibl. des Fürsten von Hohen-
zollem EU Sig^aringen befindet, ist Papebroch's Ausg. Acta SS. Apr. III,
793—802 zu verbessern. Vgl. Anz. d. Germ. Museums 1867 S. 237. Lehner,
Handschriften zu Sig^aringen S. 35.
*) Fridolin Kopp, Vindiciae Actorum Murensium, 1750, 4. Liebenan:
Ueber die Entstehungszeit der Acta Muretma^ Argovia 1864, S. XXI.
^) Anonymus Murensis denudatus a B. Heer, 1755, p. 365; cf. Mone,
Qaellensammlung I, 175.
Petershausen. Schwarzwald und Alpen. 3OI
^issenschafUiches Streben an. Von ihm selbst sind sehr schöne Hand-
schriften Yorhanden. Als er noch in St. Blasien war, liefs er in einem
Bande die Chroniken von Beda, Begino, Hermann, Bemold und Bert-
hold zusammen schreiben, nnd davor Annalen, die aus jenen Werken
und aus den Annalen von Einsiedeln, wo er sich längere Zeit aufge-
halten hatte, ausgezogen und mit eigenen Notizen verbunden sind;
von 1147 an sind sie in Engelberg fortgesetzt. 1178 starb Frowin^).
Spärliche Jahrbücher haben wir aus Einsiedeln'), St. Georgen
im Schwarzwald'), Zwifalten*)| Weingarten'). Bei allen diesen
Aufzeichnungen kommt nur der Inhalt, nicht die Form in' Betracht.
Man sorgte für Kunde von den wichtigsten geschichtlichen Be-
gebenheiten und verband damit gelegentlich auch häusliche Nachrichten.
Ein näher liegendes praktisches BedürfhiTs aber veranlaCste die Auf-
zeichnung von Gründungsgeschichten in Verbindung mit Abschriften
der Privilegien und mit Traditionsbüchem oder Gütergeschichten, vor-
züglich unentbehrlich für die ältere Zeit bis zur Mitte des 13. Jahr-
hunderts, wo noch das rechtliche Geschäft sich auf die mündliche Ver-
handlung vor Zeugen beschränkte und schriftliche Urkunden nur aus-
nahmsweise ausgefertigt wurden. Schon manche Elosterchronik hatten
wir zu nennen, welche wesentlich nur eine Gütergeschichte ist; in
anderen Fällen sind nur einzelne geschichtliche Nachrichten mit den
geschäftlichen Vermerken verbunden. So geht dem Chartular des
1138 im Seekreis gegründeten Cistercienserstifb Salem eine Notitia
ßmdationis voran*), und in merkwürdig sclavischer Nachahmung der-
selben, mit wörtlicher üebernahme des Anfangs und ganzer Sätze,
auch wo sie nicht ganz zutreffend waren, wurde auch eine Güter-
^) Mit Benutzung der Engelb. Handschriften zuerst vollständig von Pertz,
SS. XVII, 275 — 282 als Ann, S. Blasii 932— 1143, Engelb. 1147 — 1176,
unbedeutend und ohne locale Nachrichten, fortgesetzt durch eine kurze Haus-
geschichte bis 1546. Vgl. H. y. Liebenau, Erinnerung an Frowin und sein
Jahrbuch, in J. £. Kopps Geschichtsbl. I, 145 — 161. — Nekrologische Ann.
von St. Blasien 963 — 1453, ein im 14. Jahrb. erneuter Rotulus mit Bemerkun-
gen zu den Aebten, bei Mono, Quellensamml. lU, 594—609.
') Ann, EinddUenses a. 746—1569, MG. SS. III, 145—149. Grabschriften
einiger Aebte bei Boehmer, Fontt. IV, 145. NA. II, 602.
') Annales S. Qeargü in Nigra silva^ 1153 zuerst geschrieben und fort-
gesetzt bis 1627. Das Original ist verbrannt; nach den Auszügen bei Gerbert
and Ussermann ed. Pertz (613-1146. 1154-1308) MG. SS. XVII, 295—298.
*) AnntUes ZwifaÜeme» aus dem 12. Jahrhundert und fortgesetzt bis 1503,
ed. O. Abel, MG. SS. X, 51—64; vgl. Stalin II, 8.
^) Ann, Weingart, Welfici 1101—1197 mit Nachrichten Qber die Weifen,
ed. Pertz, MG. SS. XVII, 308-310. Von 1167 an sind sie gleichzeitig. Vgl.
oben S. 257 Über den Chronogr. Weingartensis, u. über die Nota de Conra-
(Uno Fontt. IV, 126 Busson, Forsch. XI, 140.
«) Gedr. bei Mone, Quellens. I, 176—180.
302 ^* Suufer. S 16. Schwaben and Ela&fs.
geschichte des 1145 begründeten PrämonstratenserldostersWeissenan
um 1220 yerfafst nnd von verschiedenen Händen weitergef&hrt. Frennd-
schaftliche Beziehungen zn den Staufem nnd ihren Ministerialen geben
diesen Aufzeichnungen besonderen Werth^). So ist auch in dem Kloster
Weingarten, welches 1053, nachdem das Kloster Altorf abgebrannt
war, Ton Weif III gestiftet war, um die Mitte des 13. Jahrh. eine
ähnliche Zusammenstellung gemacht, welche zu den später geschmiedeten
falschen Urkunden in scharfem Gegensatz steht und deshalb bis auf
die neueste Zeit geheimgehalten wurde; erst jetzt haben wir dem Archiy-
rath Dr. Staelin eine Ausgabe zu verdanken').
Mit etwas gröfseren Ansprüchen tritt die ausführliche Gründungs-
geschichte von Zwifalten') auf, von Ortlieb 1135 begonnen, aber
nicht vollendet, da er 1140 zum Abt von Neresheim erwählt wurde.
Zwifalten wurde von den Grafen von Achalm nach dem Bathe des
damals vertrieben in Schwaben weilenden Bischofs Adalbero von Würz-
burg und des Abtes Wilhelm gegründet und 1089 von einer Hirschauer
Colonie bezogen; für die Ausbreitung dieser Mönche, deren Verbin-
dungen sich bis nach Böhmen und Polen erstreckten, für den Geist,
der sie erfüllte, sowie für die Localgeschichte Schwabens ist viel lehr-
reiches in Ortliebs Werk enthalten. Wenig später, 1137 und 1138,
behandelte Berthold, der wiederholt zum Abt des Klosters erwählt
wurde und zuletzt 1169 nach einähriger Amtsführung als achtzig-
jähriger Greis resignirte, denselben Gegenstand und führte die Ge-
schichte weiter; er benutzt die Gelegenheit um mit vielem Unverstand
auf Heinrich IV zu schmähen*), den Hauptinhalt der Schrift bildet
aber die Aufzählung der verschiedenen Schenkungen an das Kloster^).
Der Abt Ernst nahm am zweiten Kreuzzng Theil im Gefolge des
Bischofis von Freising, und fand dort seinen Tod. Ueber sein Ende
ist ein Bericht vorhanden, der geschichtliche Nachrichten enthält^).
Acta S, Petri in Augia. Vier Quellenschriften dea 13. J&hrh. aus dem
KL Weissenstt bei Ravensburg. Herausgeg. v. Dr. F. L. Baumann. KarUr.
1877 (aus d. Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrheins XXIX). Darin S. 58 auch die
Grflndung des Tochterklosters Schussenried.
*) Codex mc^or trcuUtiomim Weingartensium. Im Festgrufs zum 400. Jah-
restag der Stiftung d. Univ. Tübingen. Stuttg. 1877, 4.
') Ortliebi de fundatione monasterii ZwivildensU libri 11^ ed. O. Abel,
MG. SS. X, 64—92, nach der Urschrift, die auf der Stuttgarter Bibliothek ist,
hisu qu. 261.
^) Ueber die Quelle s. oben S. 300.
') Beriholdi über de consiructume mon, Zwiv, ed. 0. Abel, ib. 93 — 124.
Diese Schrift mufste aus verschiedenen Fragrmenten und Excerpten hergestellt
werden; zu sp&t wurde die Existenz einer Compilation aus Ortlieb und Berthold
von 1560 im Stuttg. Staatsarchiv bekannt.
*) Vita b. Emesti^ bei Sulger, Ann. Zwifalt I, 116 ff. Vgl. B. Kugler,
Zwifalten. Hirschau. Marchthal. 303
In genauer Beziehung zu den Zwifalter Annalen stehen die so-
genannten Annalen Ton St. Trndpert, die keinen localen Character
tragen, den Breisgan wohl vorzflglich berücksichtigen, zum Kloster
St. Trudpert aber nnr sehr geringe Beziehungen zeigen. Es ist ein
Versuch annalistischer Beichsgeschichte in knapper Form aus dem
Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Der Anfang ist, wie Jaff^ nach-
gewiesen hat, zusammengesetzt aus Begino, Wipo, Hermann von
Beichenau, Otto von Freising und Otto von St. Blasien, den Annalen
von Engelberg und einigen anderen Quellen; vom Ende des zwölften
Jahrhunderts an sind gleiche Quellen mit den Zwifalter Annalen be-
nutzt, und viel wörtliche IJebereinstimmung mit diesen. Leider fehlt
der einzigen, in Wernigerode von Pertz aufgefundenen Abschrift der
Schlufs vom Jahr 1246 an^).
Gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts wurde auch die Ge-
schichte des Mutterklosters Hirschau rerfafst, welche, so kurz sie
ist, doch viel mehr Licht und Auskunft gewährt, als das wortreiche
Leben des Abtes Wilhelm, und mit werthvollen urkundlichen Aufzeich-
nungen verbunden das Hirschauer Buch bildet').
Nahe bei Zwifalten liegt Mar cht hal, über welches erst kürzlich
eine sehr merkwürdige Aufzeichnung des dreizehnten Jahrhunderts
entdeckt und von Job. Schoettle herausgegeben ist'). Der Canonicus
Walter, der 1214 den gleichnamigen Probst zur Abdankung nöthigte,
ein bedeutender Mann im Stifte, der vorzüglich den Neubau der Kirche
energisch betrieb und ein Privileg von Honorius III erwirkte, wurde
1229 selbst Probst, und verwaltete sein Amt 14 Jahre bis 1243.
Bei lebhafter Anerkennung seiner Tüchtigkeit, wird ihm doch zum
Vorwurf gemacht, dafs er die magere Klosterkost nicht liebte, und
lieber mit vornehmen Gästen tafelte. Man wird wohl für ihn geltend
machen dürfen, dafs bei der schwierigen Stellung eines solchen Prä-
laten die einfache Klostertugend zum Schutz der Güter nicht ausreicht.
Stadien zur Gesch. des zweiten Kreuzcuges S. 10, u. über die Handschriden
St&Iin II, 81. Abschrift in JafFe's Nachlafs.
») Ann. S. Tmdperti *. 1 693-1246 ed. Pertz, SS. XVII, 286-294;
doch hat Jaffö die Quellen aufgesucht.
*) Codex Hirsaugienm in der Bibl. des Stuttg. Literar. Vereins I.
') lÄber fundationis seu Annales ecclesiae Marchtallensis,, im Freiburger
Diöcesan- Archiv (1869) IV, 147 — 209. Leider fehlen nicht die üblichen Lese-
fehler, c. 1 scilicet statt secundum, c. 64 dütinciam st districtam^ und idetti
st. idest; S. 183 quwn st. quaniam. S. 182 ist oifenbar zu lesen: ^R. pre-
prosito .... auctoritate domini C. Premonstratensis posiea cedente, firater W.
qui hec scripsit, ei canonice successit.'' — S. 192 das Ende der Hist. Welfo-
rum Weing. aus dieser Handschrift, MG. SS. XXI, 472, wo Z. 2 vixerit zu
lesen ist.
304 ^- Staufer. $ 16. Schwaben und Elsafs.
und dafs bei lebhaftem Gastverkehr aach jetzt die Absonderung der
Prälatentafel für zweckmäfsig gilt. Indem Walter mit aller Anstren-
gung den verzettelten Besitz heimbrachte, empfand er die Nothwendig-
keit geschichtlicher Daten, und yerÜELfste deshalb die Geschichte des
Klosters bis zum Anfang seiner Prälatnr, mit vorzüglicher Berück-
sichtigung des Güterbesitzes. Aulser den Urkunden fand er eine alte
Aufzeichnung vor, über die Stiftung von sieben Canonicaten durch
Herzog Hermann n auf Antrieb seiner Gemahlin , der burgundischen
Geburga oder Gerberge. Von der ältesten Stiftung im achten Jahr-
hundert scheint damals schon nichts als der inhaltlose Namen Berhtold
im GedächtniTs geblieben zu sein. Die neue Stiftung und Besetzung
mit Prämonstratensern erfolgte 1171 durch den Pfalzgraf Hugo von
Tübingen, unter Leitung des Abtes Oteno von Both, welcher dem
Orden damals in Schwaben hohes Ansehen gab, und auch die Stiftung
von Weissenau entgegen nahm. Seine höchste Blüthe erreichte March-
thal unter Manegold (1190—1204), der Gaplan des Herzogs Weif ge-
wesen war, und dann in Schütbuirron — sonst ganz unbekannt —
eine gefeierte und vielbesuchte Schule gehalten hatte, bis er endlich
in Steingadem Ganonicus wurde. Sein Bruder Budiger, ein berühmter
Arzt, wurde auch 1214 Probst, bewähi*te sich aber als solcher durch-
aus nicht, üeberhaupt trat, wie gewöhnlich, gleich nach der Blüthe
auch schon wieder der Vei*fall ein, und dasselbe wiederholte sich nach
Walters Tod.
üeber Walters Amtsführung und die Folgezeit berichtet ein höchst
origineller Klosterbruder H (ein rieh), offenbar ein alter Herr, der
1300 schrieb, halb ernsthaft, halb scherzend und humoristisch, meistens
mit Endreimen. Sein Augenmerk ist fast ausschliefslich der Convents-
tisch: wie dieser besorgt wird, und ob der Prälat daran sich genügen
läfst oder auswärts tafelt, allerdings ein für das Gedeihen des Klosters
wichtiger Umstand. Kur noch zwischen ascetischer Zncht und Aus-
gelassenheit schwankt die Wage; von der litterarischen Thätigkeit
früherer Zeiten, oder auch von den grofsen Gegensätzen in Beich und
Kirche ist nicht mehr die Bede. Sehr beachtenswerth aber ist am
Schlufs die Anweisung, wie man schlechter Prälaten sich entledigen
könne, und die Betrachtung über den Verfall der reichen und mächtigen
Beichsabteien, das Gedeihen und Aufblühen unscheinbarer und armer,
aber strenger und eifriger Klöster.
Im Stift Sindelfingen schrieb 1261 der Canonicus Heinrich
von Möskirch einige Kachrichten über die Geschichte der Stiftung
von 1083 an zusammen, welche als Heinrich 1271 nach Constanz
ging, von dem Kellermeister Konrad von Wurmelingen in zusanunen-
Sindelfingen. Eberaheim« SenonM« 305
Mögender uBd aoeffthrlicher Weise (1276 — 1294) fortgesetzt worden.
Leider ist das Buch jetzt verloren und nur gesammelte Anszflge sind
nns erhalten^).
Ans den Klöstern des Elsafs haben wir Annalen von Münster
im Gregorienthal^) bis 1194 nnd von Manermünster bei Za-
bem'), 814—1288. In diesem war der Cardinal Dietwin Mönch ge-
wesen, nnd 1137 weihte er das von da ans gestiftete Nonnenkloster
Sindeisberg*).
Eine Schrift über die Herstellung des Klosters der h. Fides in
Schlettstadt ist beaohtenswerth wegen einiger Nachrichten über die
Familie der Staufer*).
Ausführlichere Erzählung gewähren die Geschichte des Klosters
Ebersheimmünster^) an der lü, nordwestüch Ton Schlettstadt, bis
1235, mit einem merklichen Einschnitt 1167, und Yon Senones in
den Yogesen^). Der Chronist von Ebersheimmünster hat manche ältere
Bestandtheile aufgenommen; er giebt weniger eine gleichmäCsige Ge-
schichtserzählung, als lose verknüpfte Stücke, welche viel interessante
Einzelheiten aus der Geschichte der Klöster wie auch aus der Reichs-
geschichte enthalten. Doch ist nach Weiland^s Untersuchung auch in
diesem Falle einst ein gröfseres Chronicon vorhanden gewesen, in
^) Chranici Sindelßng. quae super sunt primum ed. C. F. Haug, Tab. 1886.
Daraus die f&r K. Rudolf wichtigen Ann. 1276—1294 bei Böhmer, Fontt. 11,
464 — 472. Am, Sindelftng. 1083—1294 ed. PertE, SS. XVII, 299 - 307.
Ueber die Ton Joachim, Job. Naudenis (1874) bei diesem nachgewiesenen
Spuren rgl. L. Weiland, HZ. ZXXIV, 426.
*) Ann, Monasterienses ed. Pertz, MG. SS. III, 152.
*) Ann. Maiuirwumasterienses in Böhmers Fontes III, 8 — 10; ed. Jaffö
SS. XVII, 181. Bis 1218 schöpfen sie aus rermehrten Ann. Argentinenses,
dann folgt gleich 1239.
*) Historische Notiaen in dem kalligraphischen Güterrerseichnifs bei L. Spach :
L'Abbayie de Marmontier et le courent de Sindeisberg, Strafsb. 1861 aus dem
Bulletin de la Sociötö pour la oonsenration des monuments hist. d'Alsaoe (Bibl.
de ll^cole des Chartes V, 5, 377).
*) Miracula 8. FuRs ed. Borlan, Notioes hist. sur l'Alsace et principale-
ment snr la yille de Schlestadt (Golmar 1843) I, 48—53; benutet in der Hi-
storia Friderici, s. 0. Abel im Archiy XI, 112.
*) Hütoria Novientengis Monasterü, Hart. Thes. III, 1125 — 1160 und
besser bei Grandidier in den Piöces justificatiTes sur Histoire d'Alsace II, 1 1 iF.
Aussüge in Böhmers Fontes III, 10 — 31. Jetat als Chronicon Noüientense ed.
Weiland, SS. XXIII, 427—453. Die Handschrift ist in Strafsburg yerbrannt.
Ein Stück des verlorenen Chron. su S. 428 ist nach Weiland erhalten in der
Compilation eines sp&teren Mönches: Fundatienes quorundam Germaniae mo-
nasteriorum, im Anhang su Mader's Ausg. des Chr. Montis Ser. S. 291 ss.
'') Richerii Chronicon Mon. Senonensis^ D'Achery, Spieilegium HI, 271 u.
«d. 2. II, 603^655. Einige Aussflge in. Böhmers Fontes HI, 31—66. Blo-
giam des Abts Anton aus Paria, 1090 — 1137, Erbauers der neuen Kirche,
in. schlechten leoninisehen Hexametern, s. eben S« 100.
Wattenbach, G«tchldhtiqueUen 11. 4. Aufl. 20
306 ^* Stanfer. § 16. Schwaben nnd ElsafB. § 17. Das Rheinland.
welchem die Sagen eingehender behandelt waren; Bruchstücke davon
sind im Codex des Albertns Argentinensis erhalten.
Eben so wenig genan in der Zeitfolge der Begebenheiten ist
Bicheriüs, der Verfasser der Geschichte Yon Senones, die bis
1263 reicht. Er brachte acht Tage an Friedrichs n Hof zu Wflrz-
bnrg zu, im Juli 1218, nnd erzählt davon nnd von manchen anderen
Dingen. Eigentlich geschichtlicher Sinn fehlt ihm, und fflr die ältere
Zeit ist er völlig kritiklos; darin und in der anekdotenmäfsigen Weise
seiner Erzählung stellt er den Charakter des dreizehnten Jahrhunderts
dar, der um diese Zeit immer mehr überhand nahm; manche ausflOhr-
liche Schilderungen aber, wie über den Aufstand gegen Otto lY zu
Breisach 1212, über die Schlacht von Bovines 1214, über Friedrichs H
Heerfahrt nach Lothringen 1218 und über Ereignisse in der Heimath,
sind vortrefflich und für uns von grofsem Werthe.
Culturgeschichtlich überaus merkwürdig, doch nicht von geschicht-
lichem Inhalt, ist der Hortus deliciarum, eine Art von frommer
Encyclopädie, an welcher Herrad von Landsperg, 1167 bis 1195
Aebtissin von Hohenburg oder Odilienberg, lange Jahre arbeitete.
Da auch diese Handschrift verbrannt ist, gewinnen die Auszüge und
Nachbildungen Engelhardts um so höheren Werth'). Das verfallene
und ganz entartete Kloster hatte Friedrich von Staufen durch die vom
Kloster Bergen bei Neuburg an der Donau berufene Aebtissin Bilindis,
der Herrad Vorgängerin, herstellen lassen').
Von gröfster Bedeutung, doch erst der Budolfinischen Zeit an-
gehörig, sind die Aufzeichnungen der Dominicaner in Colmar, deren
Anfange aus Basel stammen; anderes ist den Marbacher Annalen
entlehnt. Ein merkwürdiger und lehrreicher, um 1290 geschriebener
Aufsatz schildert den Zustand des Elsafs im Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts').
Dem Strafsburger Scholasticus Hesse verdanken wir die oben
S. 149 schon erwähnte Schrift über das Beimser Concil von 1119.
Wir besitzen femer kurze Annalen von 673 -— 1207, welche nur ein
Rest ausführlicherer Annalen sind, wie sich aus der Vergleichung mit
>) Herrad ron Landsperg, Stuttg. 1818; vgl. Piper, Die Kaiendarien nnd
Martyrologien der Angelsachsen (1862) S. 1 ff.
j») Vgl. darüber W. Scherer in d. Zts. f. D. Alt. XX, 202.
') Erste kritische Ausgabe mit Sonderang der verschiedenen Bestandtheile
▼on Jaff6 : Annales Colmarienses, Basikenseit, Chronicon Cohnariense^ MG. SS.
XVII, 183—270. Uebersetzang ron Pabst 1867. Berichtigungen von G. Meyer
Ton Knonan im Jahrbuch f. d. Litt, der Schveizergeschichte 1867 S. 167 — 176.
Merkwürdig ist, wie die einmal gemachte unsinnige Conjectur pectore f%lr peciine
ad a. 1286 unerschüttert alles überdauert.
Strafsburg. Speier. Worms. 307
den Annalen von Marbach und Manermünster ergiebt; diese und Eüen-
hard kannten auch noch eine Fortsetzung^). Die hierauf fuTsenden
Marbacher (Strafeburger) Annalen wollen wir ihres universellen Charak-
ters wegen für jetzt noch übergehen. Auch die Dominicaner haben
hier wie in Colmar schon früh begonnen allerlei anzumerken, wie wir
aus dem geschichtlichen Sammelcodex erfahren, durch dessen Besorgung
sich der Werkmeister Ellenhard gegen das Ende des Jahrhunderts sehr
verdient gemacht hat.
§ 17. Das Rheinland.
Folgen wir dem Rheinstrom weiter abwärts, so finden wir in
Speier nichts als einige in dem Copialbuch der Kirche enthaltene
Notizen, einen Auszug aus der Chronik Otto's von Freising über die
Folge der Kaiser^), und Annalen von 1184—1259, alles von Böhmer
zuerst bekannt gemacht^). Ohne Zweifel ist mehr geschrieben worden,
so vermuthlich eine Aufzeichnung über den Bischof Gtobhard (1 105 bis
1107), welche im Hirschauer Buch mit anderen QueUen ungeschickt
verbunden ist*).
Wenn in der Worms er Kirche geschichtliche Aufzeichnungen
entstanden sind, was man kaum bezweifeln möchte, so hat sich doch
nichts davon erhalten'^). Dagegen besitzen wir ein wichtiges Char-
tular des Bisthums, welches um die Mitte des zwölften Jahrhunderts
der Schulmeister Magister Hermann angefertigt hat; die Correctheit
der Abschriften freilich ist mangelhaft, und selbst die Zuverlässigkeit
in Betreff des Inhalts wird bezweifelt®). Die Bürgerschaft von Worms
aber, wie sie zuerst in kraftvoUer Erhebung sich Selbständigkeit zu
erringen wufste, hat auch die ältesten städtischen Nachrichten uns
hinterlassen, von denen leider nur noch Bruchstücke vorhanden sind,
die aber auch so noch sehr inhaltreich und für die Reichsgeschichte
») Ann, Argentinenses ed. JaflP^ SS, XVII, 86—90. Daran schliefseil sich
die mit sorgfilltiger Kritik bearbeiteten Aufzeichnungen und Sammlungen EUen-
hards mit der Fortsetzung durch Gotfried Ton Ensmingen. Böhmers Ausgabe
eigenihfimlich sind die Ann. 1277—1338 aus der Wiener Handschrift, Font.
III, 117—120.
») Wie SteindorfiF nachgewiesen hat, Forsch. IX, 397—402.
') Annaks Spirenses^ Fontes U, 147 — 158, Mone, Quellensammlung I,
185. MG. SS. XVII, 80—85.
♦) P. Ewald, HZ. XXXIV, 413.
&) Merkwürdige Briefe Wormser Cleriker, welche namentlich auch ihre
lebhafte Betheiligung am Dombau zeigen, in der oben S. 16 erwähnten Lorscher
Briefsammlung, deren Inhaltsangabe Jetzt im NA. HI gedruckt ist.
«) Sickel, Acta Karolinorum ü, 221.
20»
308 ^* SUttfer. $17. Das BHeinland.
wie für die Städtegeschichte lehrreich sind. Auch diese hat BOhmer
zuerst aufgesucht, zusammengestellt und herausgegeben; die neue Aus-
gabe kann leider nur als ein Rückschritt betrachtet werden').
Ein merkwürdiges, aber bisher wenig beachtetes Denkmal aus
Worms hat uns der Mönch von Eirschgarten ziemlich vollständig auf-
bewahrt'), nämlich das Leben Erkanberts, oder wie er dort heilst,
Eckenberts. Neffe des gleichnamigen Kämmerers, war er zur Er-
ziehung dem Abt Stephan yon Limburg übergeben, welcher viele Söhne
des Adels um sich versammelte.
Er sprach: Wer da ritter werden wil,
dem kan es geschaden auch nicht viel,
da(s er lernet die bucher lesen.
Wil er aber geistlichen Wesen,
so hilft es ihm ein michel teil.
Doch schadete es Erkanbert; heimgekehrt mochte er nur mit Pfaffen
und Scholaren verkehren, und versäumte darüber die Mahlzeit. Auf
Zureden seiner Mutter kaufte er sich freilich eine Beischläferin, aber
zur Ehe wollte er sich nicht entschliefsen. Mit dem grimmen Siebter
Wemher erzürnt, und von ihm beim Kaiser Lothar verschwärzt, gelang
es ihm doch, des Kaisers Gunst zu gewinnen, vorzüglich durch sein
Lautenspiel. Nach schwerer Krankheit wandte er sich gänzlich geist-
lichen Werken zu, und wurde der Stifter, zuletzt auch Abt des 1125
geweihten Klosters Frankenthal. Erst 53 Jahre alt starb er 1132.
Unter einem späteren Abte Wemher, der sehr gerühmt wird, um 1277,
hat Heinrich Michael, Schulmeister, die Legende mit einer Fort-
^) Annales Wormatienses 1221^ 129S, Fontes 11, 158—209. In der neuen
Ausgabe (MG. SS. XVII, 34 — 73) hat Perta durch einseitig chronologische
Anordnung den Zusammenhang verdunkelt, und aus dem ron Böhmer vor-
sichtig femgehaltenen Mon. Kirsgartensis mehr aufgenommen, was leicht irre-
fthren kann, aber weder f&r den Text noch ftir die Erkl&rung etwas gethan
(S. 37, 8 l. uröani operis)* Böhmers Anmerkungen und Berichtigungen sind
nicht lierOcksichtigt, ebenso wenig die litterarischen Nachweise im Vorwort;
dazu ist ein ganses grofses Stück S. 203—205 ausgelassen. Die Ausgabe der
Wormser Chronik von Friedr. Zorn durch W, Arnold in der Bibl. des Lit.
Vereins XLIII. ist völlig ignoriert. Nachweis einst u. vielleicht noch vorhan-
dener Wormser Quellen von F. Falk Forsch. XIII, 584i — 590. Dabei ein
gleichieitiger Bericht über den Kampf zwischen K. Adolf und Albrecht. Abdr.
der alten Bauordnung mit topogr. Erläuterung von F. Falk, Forsch. XIV, 397
bis 402. Zur Kritik der Annalen ist auch zu beachten : A. Bussen : Zur Gesch.
des groben Landfriedensbündnisses deutscher St&dte 1254 (Innsbr. 1874) wo
nur S. 15 Anm. 2 verkannt ist, dafs esse als unsinnig auszuwerfen war, und
nur von Abthuung ungerechter Zölle die Rede ist.
*) Ludewig, Reliquiae Manuscriptorum II, 78 — 100 in sehr fehlerhaftem
Abdruck. F. Falk 1. c hat darauf aufinerksam gemacht.
Erkanbert toh FrankenthaL Lorsch. 309
Setzung in dentsche Reime gebracht. Die Ennde davon verdanke ich
AI. Xanfinann, der wohl bald ansfQhrlichere Nachricht geben wird.
Ans der Nachbarschaft von Worms, wenn gleich ans dem Mainzer
Sprengel, besitzen wir die Chronik von Lorsch^), jenem Kloster
welches sich schon in der ältesten Zeit dnrch seine Jahrbücher ans-
zeichnete. Im zwölften Jahrhundert sammelte man hier ein ürkunden-
bnch des Stifts nnd verband mit demselben geschichtliche Nachrichten
bb ]167. Der Verfasser besats vollkommen die Schnlbildnng jener
Zeit, kannte seine Classiker, nnd beherrschte nicht ohne Gewandtheit
den eigenthtlmlich gemischten Stil des zwölften Jahrhunderts. Die f&r
die Geschichte des Klosters wichtigsten Urkunden nahm er auf, doch
nicht ohne Kürzung, worüber er sich verständig rechtfertigt; auch die
ältesten nicht unverändert, weil die merowingische Barbarei ihm un-
erträglich war. Noch waren zu seiner Zeit das salische und ribuarische
Gesetz im Gebrauch, und er beklagt (S. 344) die Schwierigkeiten,
welche die fehlerhafte Grammatik dem Yerständnils bereitet. Für die
Anfänge der Stiftung müssen ihm Aufiseichnungen vorgelegen haben;
vielleicht waren sie verbunden mit der Schrift über die Wunder des
h. Nazarius in Prosa und in Versen, welche er bei Gelegenheit der
Kirchweih vom 1. Sept. 774 anfCQirt; vermuthlich die im Necrolog zum
9. April erwähnte des Priesters Adalher, ans welcher sich einige
bedeutungslose Wunder in einer Frankfurter Handschrift erhalten zu
haben scheinen'). Von Bischof Chrodegang weifs der Chronist einiges
zu erzählen, und über die ersten Aebte, hin und wieder auch ans der
Folgezeit, hatte er Nachrichten, die vorzüglich von ihren Bauten und
der Bereicherung des Kirchenschatzes Kunde gaben. Für die dürftigen
Nachrichten aus der Reichsgeschichte, welche den Rahmen der Chronik
bilden, schöpfte er aus Regino'), und S. 413 finden sich wörtliche
Entlehnungen aus Lambert z. J. 1063. Dazwischen aber scheint noch
eine uns unbekannte kurze Kaiserchronik benutzt zu sein. Die be-
kannte Erzählung von Einhard und Imma (S. 358) entnahm er viel-
leicht mündlicher üeberlieferung , und vom Beginn des elften Jahr-
>) Codex Laureshamensis ed. AcademU Falatina, 1768. 3 B&nde, 4. Der
erste geschichtliche Theil sJs ChrofUcon Laureshamense ed. K. Peru, SS. XXI,
334—453. Vgl. anch oben S. 89. Der Lorscher Briefcodez enth< wenig
zur Qesch. d. Klosters. Ein alter sehr reichhaltiger Bibliothekscatalog bei
A. Ifai, SpiciL Rom. V% 161—200, TgL p. zi— zn. ziy — zvm, und den be-
richtigten Abdruck des philologischen Theils, verglichen mit den noch Torhan-
denen Handschriften, ron A. Wilmans, Rhein. Mus. XXIII, 385—408. Notae
Laurishamemes von 1232, 1266, 1358 MG. SS. XXIV, 27.
*) Gedr. bei F. Falk, Gesch. t. Lorsch S. 123. 124. Daselbst S. 175 bis
181 über die KlosterbibUothek.
*) S. 362. 376. 385. Auf beides machte mich Dümmler aufinerksam.
310 ^« SUufer. § 17. Das BheinkncL
hunderts an werden seine Nachrichten reichlicher, üeber die Anfechtung
durch Adalbeii; von Bremen lag ihm wohl auch eine schriftliche Anf-
zeichnmig vor; hier gewährt er sehr schätzbare Nachrichten. Weiter-
hin bringt die wiederholte Anfechtung durch Hirschauer Mönche, die
doch endlich wieder ausgetrieben werden, lebhaftere Bewegung, und
die Klostergeschichte mit ihren gewöhnlichen Wechselfallen wirft manches
Licht auch auf die Beichsgeschichte. An mehr als einer Stelle macht
sich ein kräftiger Zorn gegen die hochmüthigen Prälaten geltend,
welche in fQrstlicher Pracht die Einkünfte vergeuden, ohne um des
Klosters Wohl sich zu kümmern. Mit dem Tode des sehr gepriesenen
Abtes Heinrich 1167 schliefst die Darstellung der ersten Hand; unter
seinem Nachfolger Sigehard trat schon wieder der volle Verfall ein,
welcher noch in wenigen Worten berührt wird.
Zu Schönau unweit Heidelberg hatte Buggo von Worms 1144
Cistercienser aus Eberbach eingeführt. Wie grofs war ihr Erstaunen,
als im April 1188 Bruder Joseph, noch Novize, vorzeitig starb,
und es sich nun ergab dafs er ein Weib gewesen! Er habe immer
gesagt, es müsse ein Weib oder der Teufel sein, äuTserte ein Mönch,
denn er habe sie nie ohne Versuchung ansehen können. Nach langer
Nachforschung erfuhr man dafs sie Hildegund geheifsen und aus
Cöln stamme. Im Kloster zu Neufs erzogen war sie von ihrem Vater
mit ins heilige Land genommen, aber der Gefahren wegen in männ-
licher Kleidung. Der Vater starb, nach manchen Erlebnissen kam sie
heim und fand einen Domherrn eben im Begriff, wegen eines Streites
mit dem Erzbischof die gefahrvolle Beise zum Pabst nach Verona an-
zutreten; der Kaiser aber hatte wegen des Streites der Trierer Prä-
tendenten alle Correspondenz mit der Curie untersagt. Weil nun Hilde-
gund wie ein gar unverdächtiger Jüngling aussah, beredete er sie,
ihn zu begleiten und den Brief in ihrem Stab verborgen mitzunehmen.
Bei Augsburg wurde sie durch falsche Beschuldigung als Dieb er-
griffen, rechtfertigte sich durch die Feuerprobe, aber die Verwandten
des nun gehängten wirklichen Diebes erhängten sie aus Bache. Auch
das überlebte sie, und begann auf der Heimkehr in Speier sich an-
gelegentlichst mit gelehrten Studien zu beschäftigen. Hier war es wo
sie sich bereden liefs ins Kloster Schönau einzutreten, wo sie nun
freilich exemplarisch lebte, aber von fortwährender Angst der Ent-
deckung gequält, auch der engen Klostermauem ungewohnt, ein frühes
Ende fand. Von einem Klosterbruder der mit ihr Novize gewesen und
sie unterrichtet hatte, ist ihr Leben beschrieben^).
1) V. S, HildegundUa ed. D. Papebroch, Act» SS. Apr. II, 780 — 790.
Joseph Ton Sckönau. Adalbert von Mainz. ^H
Mainz erscheint jetzt ebenfaUs nicht reich an historischer Litte*
ratnr; doch ha]}en die neuesten Entdeckungen bedeutende Lflcken aus-
gefüllt und die lange Verborgenheit dieser wichtigen und merkwürdigen
Denkmäler lafst es um so mehr als wahi*scheinlich erscheinen, dafe
.anderes ganz zu Grunde gegangen ist, oder auch durch eine glück-
liche Hand noch ans Licht kommen wird.
Kaum war Adalbert II, ein Neffe des berühmteren ersten, ge-
borener Graf von Saarbrücken, am 17. Juli 1141 nach kurzem Ponti-
ficat in Erfurt plötzlich gestorben, so wurden verschiedene Stimmen
laut: ein Arzt sollte ihn vergiftet haben, doch wurde auch gesagt, der
Tod sei die Strafe seiner Prachtliebe, der Verwendung kirchlicher Ein-
künfte für ritterlichen Pomp. Solchem Gerede entgegen zu treten, war
die Absicht Anselms, der eine biographische Dichtung über den
Erzbischof verfafste, welche, von Bethmann in Brüssel entdeckt, von
Jaffe zuerst herausgegeben ist^). Dieser schrieb sie dem Bischof
Anselm von Havelberg za, eine Annahme, die, an sich unwahrscheinlich,
nur auf einem mifsverstandenen Ausdruck beruht, wie C. Will nach-
gewiesen hat'). Der VerÜEisser scheint vielmehr ein Mainzer Schul-
meister gewesen zu sein, der mit ungemessener Bewunderung zu dem
reichen Grafensohn hinaufschaute, ohne ihm doch nahe gestanden zu
haben. Die Verskunst nach dem damals herrschenden Geschmack
stand ihm völlig zu Gebote; die leoninischen Hexameter unterbricht
«r nicht ungeschickt durch je zwölf künstlicher gebaute und doppelt
gereimte Verse.
Geschichtliche Aufklärungen gewährt ims Anselm nicht, aber über
die Studien des zwölften Jahrhunderts sind seine Angaben lehrreich.
Schon 1128 war Adalbert Probst geworden, aber Anselm scheint nicht
zu wissen, dafs das Erfurter Marienstift seine Probstei war. Auch galt
es wohl nur, ihm Bang und Einkünfte zu schaffen, da er nun erst
«eine Studien begann. Mainz freilich bot, wie Anselm meint, vor-
iä-eff liehe Lehrer, aber hier störte der Ghordienst, und nur l^remden
gewährte deshalb die Mainzer Schule rechten Vortheil. Darin mag
Eine Biographie in Hexametern wird Aroh. X, 651 angef&hrt. Eine iütere
Biographie hat Papebroch nicht aufgenommen, sie ist benutzt von Caeaarius
Heist. 1, 40 nebst Mittheilungen des Mönchs Hermann.
1) Amekni JSavelbergensis Vita Adelberti II Moguntini^ Bibl. HI, 665 bis
603. Einzelne Mittheilungen schon in Jaffe's Diss. de Arte medica saeculi
XU (Berl. 1853) S. 17. In der Ausgabe ist ein Comma t. 10 nach patris^
920 Tor vocem zu setzen, t. 1032 am Ende und in 1054 zu streichen; y. 407
itu St. fiu, 592 hero st. homo, 947 partes st. parte zu setaen.
*) Forschungen XI, 623—630. In Bezug auf Mainz ist jetzt Überall zur
Vergleichnng heranzuziehen: Com. Will, Begesten zur Gesch. d. Mainzer Erz-
bizchöfe, I, Ton 742 bis 1160. Innsbr. 1877, 4.
312 ^« Staufer. | 17. Das Bhemknd.
wohl, wie C. Will meint, eine Hindentung auf Schwierigkeit^ liegen,
mit welchen der Yerfaeser selbst zn kämpfen hatte. . Adalbert geht
also nach Hildesheim, nnd lernt was da geboten wird; als ganz selbst-
Terständlich aber erscheint es, dafs fQr die höheren Stadien nun Frank-
reich anfjgesncht werden mnfs. Mit groCsem Pnmk nnd zahlreichem
Gefolge zieht Adalbert nach Beims (vgl. oben S. 9). Anselm weifa
von den Besten alter Tempel ans römischer Zeit, er .weife anch von
den Schaaren lockerer Weiber, welche den deutschen Studenten in
Frankreich gefahrlich werden, nicht aber Adalbert. Nach kurzem
Aufenthalt in Mainz besucht dieser noch das unentbehrliche Paris,
wallfahrtet nach Si Gilles, und erwirbt in dem nahen Montpellier auch
noch medicinische Kenntnisse. Von seinem kurzen Pontificate aber
weifs Anselm nichts erhebliches zu berichten, und nur durch die An-
deutungen am Schlüsse können wir etwas von den Gegens&tzen wahr-
nehmen, welche die Mainzer Kirche bald mit schweren Kämpfen er-
füllten. Die Hauptursache ist die Verwendung von Kirchengfttem zum
Unterhalt zahlreicher Vasallen, welche andere Erzbischöfe rückgängig
zu machen suchen, nebst der Bivalität der mächtigsten Familien unter
einander; die aufstrebende Bürgerschaft wird von den Vasallen in diese
Kämpfe hineingezogen.
Anselm schrieb noch unter Erzbischof Marculf, der schon am
9. Juni 1142 starb; durch seinen Nachfolger Heinrich wurden auf
Betrieb des Domprobstes und Probstes zu St. Stephan, Hartmann,
auch die Güter des Stephansklosters den Händen der Bitter entrissen
und kirchlichem Gebrauch zurückgegeben; Hartmann konnte die Kirche
erneuen, und sehnlich wünschte er die Ganonisation des Stifters, Erz-
bischofs Willigis (S. 89). Er yerfafste zu diesem Zweck ein Officium
für ihn, und fügte zwei Briefe hinzu, in denen Willigis selbst seine
feierliche Erhebung und öffentliche Verehrung fordert. Ausführlich
wird in den Lectionen von der Erkrankung eines der Brüder 1147
erzählt,, den S. Willigis heilt, von Visionen und Wundem. Saubere
Miniaturen zieren die Handschrift, welche jetzt in Moskau ist, wo
Wlad. Guerrier eine schöne Ausgabe mit lehrreicher Einleitung ver-
anstaltet hat. Nachträglich ist auch die Existenz eines alten Druckes
von 1675 nachgewiesen worden^).
Erzbischof Heinrich wurde 1153 abgesetzt, und das Haus des
^) Officiwn et Miracula S. WüUgigi, Herausgegeben toh W. Guerrier,
Moskau u. Leipzig 1869. Vgl. Heidelb. Jahrbb. 1869 S. 599 — 601. Bist.
Zeitscbr. XXiU, 211—214. C. WiU im Katholik 1873 S. 715 — 784 mit den
Varianten der Ausgabe Ton Volusius. Ueber das Krens Benna Tgl. Will, Re-
gesten S. 128. Giesebr. I, 824.
Adalbert II nnd Arnold ron Mainz. • 313
Domprobsts Hartmann wird als der Hanptheerd der Bänke gegen sei-
nen Nachfolger bezeichnet: kein Wunder, daüs die Ganonisation unter-
blieb. Als ein überaus werthyoUes Werk aber tritt uns nun das
Leben des Erzbischofs Arnold entgegen, welches ebenfalls, wie
das oben (S. 91) erwähnte Leben des Bardo, erst ktkrzlich von Böhmer
entdeckt nnd bekannt gemacht ist, eine sehr bedeutende Quelle sowohl
Mr die Mainzer Specialgeschichte wie fQr die Beichsgeschichte, deren
Werth nur durch ihren lobrednerischen und apologetischen Charakter
beemträchtigt wird^).
Die Entsetzung des Erzbischofs Heinrich und die Erhebung Ar-
nolds von Selenhofen wurden schon ron den Zeitgenossen sehr ver-
schieden beurtheilt, und wir sind zu mangelhaft darftber unterrichtet,
um eine fest begründete Meinung gewinnen zu können. Sicher ist
dafs der neue Erzbischof während seiner ganzen Amtsführung die
heftigste Feindschaft der Mainzer, vorzüglich der Ministerialenfiamilie
der Meingote, zu bekämpfen hatte, während er auch mit dem Pfalz-
grafen Hermann in eine Fehde verwickelt wurde, an welcher Arnold
nach dem Erkenntnifs des Füretengerichts nicht ohne Schuld war.
Auch das Schreiben Adrians lY vom 15. Febr. 1156 und der sehr
scharfe Brief des Abts Buthard von Eberbach an Arnold selbst^),
worin ihm Hoffart und Geiz gegen Arme vorgewoifen werden,
widersprechen der Lobhudelei seines Biographen. Zuletzt wurde er
von den wüthenden Mainzern am 24. Juni 1160 auf die entsetzlichste
Weise mit dem Jakobskloster, in welches er sich geflüchtet hatte,
verbrannt. Die bald nachher geschriebene Biographie ist weit ent-
fernt, genügende Auskunft über diese Ereignisse zu geben, sie ist un-
bedingt lobrednerisch und läCst die eigentlichen Ursachen der erbitterten
Feindschaft unklar. Demungeachtet enthält sie die schätzbarsten Nach-
richten, namentlich auch über die Berufung des Erzbischofs zum Concil
von Pavia, das Eriegslager des Kaisers vor Grema und Arnolds Empfang
daselbst; dann das wiederholte Einschreiten des Kaisers in Mainz und
zuletzt die Bestrafung der Schuldigen. Der Verfasser beschreibt sehr
ausführlich und nicht ohne Geschick, nur strebt er übermäfisig nach Wohl-
redenheit und verfehlt nicht selten das Ziel; aus den letzten Schreckens-
1) Vita et Martyriwtt Amoldi carcMep. Mog. Fontes III, 270—326. Bibl.
ni, 604— 675 als Vita Amoldi^ mit Forüassung des sp&ter angeh&ngten Stfleks
aas Christians Chronik. Aber 8. 623, 21 ist „ festinissima oneraria'* statt
^festiTissimo honore'' eine Überflüssige and unrichtige Conjeetar. Ceber Arnold
haben seitdem Wegele, Nohhnanns, Baambaeh geschrieben; rgL C. Will im
CentralbL 1873 8. 1217—1222, a. jetst Begesten 8. LXXUI— LXXX.
*) Jaff^, Bibl. III, 402. 406; leUterer nur hier.
314 ^'' Stauter. § 17. Das Rheinland.
scenen theilt er Gebete und Gedanken des ErzbischoÜB mit, die un-
möglich einem Sterblichen bekannt sein konnten. Dennoch müssen
wir sein Werk unbedenklich zu den Yorzüglichsten Quellen dieser Zeit
rechnen und die Entdeckung desselben als eine bedeutende Bereicherung
der historischen Litteratnr betrachten. Dafis der Verfasser den Pabst
Victor als rechtmaXsig anerkennt, hat vielleicht die lange Verborgen-
heit seiner Schrift veranlalst.
Völlig entgegengesetzt urtheilt über den Erzbischof Arnold sein
Nachfolger Christian ü. Er war 1249 erwählt, konnte sich aber
als ein frommer und friedliebender Geistlicher nicht in dieser Stellung
erhalten, die damals einen Eriegsmann gebieterisch forderte, da es
darauf ankam, die Pfaffenkönige mit gewaffheter Hand gegen die
Staufer aufrecht zu halten. Christiah mufste 1251 resignieren, und
schrieb nun in der Bitterkeit seines Herzens eine Wehklage über den
Verfall dei* Mainzer Eirche durch die zerrissene ruhelose Zeit: den
Ursprung alles üebels aber findet er in der Absetzung des Erzbischofe
Heinrich durch die von Arnold bestochenen Cardinäle. Der päbstlichen
Politik giebt er nicht undeutlich auch das folgende Unheil Schuld:
Sifrid, sagt er, war ein Mann nach dem Herzen des Pabstes, weil er
Witwen und Waisen machte und alles Land verwüstete. Das, meint
Christian, sei nicht der Beruf des Priesters, der nur mit dem Schwert
des Wortes zu kämpfen habe..
In höchst eigenthümlicher Weise beginnt Christian seine Schrift
mit einer genauen Beschreibung des überreichen Mainzer Kirchen-
schatzes, wie er ihn noch gekannt hatte und von dem jetzt wenig
mehr übrig war. Er verweilt bei Heinrich und Arnold, und giebt in
raschem Ueberblick eine Uebersicht der folgenden Zeiten, mit Weh-
klagen vermischt. Es ist keine eigentliche Geschichtserzählung, son-
dern eine Darlegung der Verhältnisse, welche Um selbst auf den erz-
bischöflichen Stuhl gebracht hatten und es ihm unmöglich machten,
sich darauf zu behaupten^).
Aulserdem sind nur noch kurze Anna len vorhanden^); es finden
sich aber in diesen, und auch sonst, Spuren ausführlicherer Aufzeich-
nungen aus dem dreizehnten Jahrhundert, deren Sammlung Böhmer
^) Cbrütiani Chronicon Mogunänwn 1152 — 1251, Fontes II, 253 — 271.
BibL III, 676—699. Pannenborg weist Forsch. XI, 253 den ältesten Abdruck
eines StQcks davon 1531 nach.
>) Annales M&gunäm 1083—1309, Fontes U, 249—253. MG. SS. XVÜ,
1 — 3. Auch gehören nach Mainz die von PertE nadi einer Stelle a. 1293
Ann. breves Wormat. benannten Annalen 1165 — 1295, ib. 74 — 79, eine späte
Compilation mit einigen brauchbaren Notizen.
Christian von Mainx« Eberbach. Lippoldsberg. 3^5
Torhiels, wenn es ihm nicht vielleicht noch gelingen würde, sie vell-
standig zn entdecken^). Sie liegen jetzt vor im 4. Bande der Fontes.
Aus der Nachbarschaft ?on Mainz wnrde das Leben des Grafen
Ludwig von Amstein schon oben (S. 203) erwähnt, und die Fort-
setzung des Marian aus dem Kloster Disibodenberg werden wir noch
bei den Geschichtswerken von allgemeinerem Inhalt zu berühren haben.
In Eberbach im Bheingau ToUendete Abt Konrad (f 1226) seine
schon in Clairvaux begonnene Zusammenstellung aller Nachrichten
über die Entstehung und die wunderbare Entfaltung des Ordens der
Cistercienser, mit vielen Wundergeschichten und einigen nützlichen
Nachrichten über deutsche Klöster des Ordens'). Besonders merk-
würdig ist darin der Bericht über die gefährliche Yerschwörung der
Laienbrüder im Tochterkloster Schönau bei Heidelberg, aus Unzu-
friedenheit über die Vorenthaltung der ihnen zukommenden Stiefel,
welcher auch die Lorscher Verse gedenken. Der Urheber der Ver-
schwörung stirbt plötzlich zu so gelegener Zeit, dafs der Verdacht
eines Mordes kaum abzuweisen ist^).
Etwas entfernter, au der oberen Weser in Kurhessen, liegt Lip-
poldsberg, dessen Chronik*) hier zu erwähnen ist: eine hübsche Er-
zählung von diesem um 1088 nach Schaffhauser Begel gestifteten
Nonnenkloster, freüich sehr kurz und ungenügend, aber um so weniger
zu verschmähen, da so wenige Schriften uns von Nonnenklöstern Nach-
richt geben. Geschrieben ist sie 1151 unter dem Frohste Günther,
der sehr gerühmt wird; er milderte die übertriebene Strenge der
Begel, stellte die Ordnung her und gewann die entfremdeten Güter
zurück.
Was bis jetzt über die Geschichtsquellen aus dem Sprengel von
Cöln bekannt geworden ist, hat 1855 Janssen zusammengestellt in
») Fontes II, XXVIL IH, LXXVIJ.
•) Exordium magnum ordims CisterciensUf Tissier, Bibl. I, 13 — 246. Vgl.
Hifit. lit. XVn, 363—370. Winter, Die Cistercienser I, 368, und S. 366 ein
Zasatz ad a. 1214 aus Manrique IV, 37. Ueber Eberbach vgl. oben S. 229. —
Abdruck der „Ezordia Sacri Ordinis Cist." Rizhemü 1871. Die Analeota
Dirionensia sollen das Exordium panrum, die Regel etc. enthalten, nach Revue
bist. IV, 406. Ein vortreffliches Hülfsmittel zur Orientierung über alle Cist.
Klöster gew&hrt jetzt L. Janauschek : Originum Cisterciensium Tomus I, Vind.
1877, 4.
'} Tissier I, 183 — 188. Im Germ. Museum sind Zeichnungen s. XVI,
welche die Gründungsgeschichte und die Verschwörung darstellen, wohl zu
Wandgemälden bestimmt. Eine im Ans. VIII (1861) 396. In der Erklärung
sind die MOnche und Oonversen nicht unterschieden.
*) Chromeon Lipvoldesbergense 1051—1161, Pontes III, 254 — 269, und
verm^rt, aufser theolog. Ezcursen, mit dem Bibliothekscatalog, von W. Arndt,
SS. XX, 546—658.
316 ^' SUufer. S 17. Das Rh«inlmnd.
den Annalen des historischeii YereiDS för den Niederrhein, I, 78—104,
196—229; umfassender 1875 H. Cardanns in der Einleitung zn den
COlner Chroniken (Chroniken der deutschen Städte XII) S. LIY—ICIV.
Den froher (I, 294) erwähnten Annalen reihen sich jetzt Annalen von
St. Gereon^) an, welche durch den Mangel anderer Nachrichten
einigen Werth erhalten. Bedeutenderes ist verloren, doch läfst sich
aus späteren Compilationen noch einiger Ersatz erwarten, und auch
die Aufiändung neuer handschriftlicher Mittel ist nicht unwahrscheinlich.
Auf ein wichtiges, kürzlich erst entdecktes Bruchstück kommen wir
noch zurück bei der Besprechung der Chronik von St. Pantaleon,
welche der Beichsgeschichte angehört; andere ebenfalls merkwürdige
und nicht unwichtige Bruchstücke hat Pertz vor kurzem entdeckt und
bekannt gemacht, Fragmente einer versificierten Cölner Chronik,
welche den 1239 durch den päbstlichen Bannfluch neu entbrannten
Krieg am Niederrhein, namentlich die Kämpfe des Erzbischofs Kenrad
von Hochstaden mit dem Grafen von Jülich schildern^). Und kaum
war dieses bekannt geworden, als schon Prof. Deycks zwei neue
Blätter dieses Gedichts auffand, welche theils die frühere Belagerung
Cölns durch König Philipp, theils die späteren Unruhen unter Konrad
von Hochstaden zum Gegenstande haben'). Es ist keine gleichmäfsig
fortschreitende Erzählung, sondern mehr moralisierende Betrachtungen
über die Ereignisse in der damals beliebten Form leoninischer Hexa-
meter, schon mit der ganzen rohen Geschmacklosigkeit, welche das
Absterben der mittelalterlichen lateinischen Litteratur nach der Mitte
des dreizehnten Jahrhunderts bezeichnet.
Ein Catalog der Cölner Erzbischöfe mit kurzen geschicht-
lichen Bemerkungen, die nicht ohne Werth sind, stammt aus der Zeit
Philipps von Heinsberg (1167—1191) und wurde von Cäsarius von
Heisterbach unter Heinrich von Molenark (1225 — 1238) bis auf
seine Zeit fortgesetzt^).
') Annales S. Qereoms Colon. 1191-.1202. 1227. 1248. Fontes III, 399.
400. MG. SS. XVI, 733. Aurserdem die dQrftige Cölnei* Forts. (1151— 1196)
d^ Reimser Ann. 1 . . 961-1150 ed. Pertz ib. 731—733, deren Cöker Ur-
sprung H. Cardanns S. LXI bezweifelt. Man müfste die Persönlicbkeiten der
3 letzten Jahre bestimmen, aber es kommt wenig darauf an. Ann. Agrippm.
1092. 1130. 1164. 1226—1384 ib. 736-738. Notae S. Petri Col. p. 734,
eine Beschreibung der alten Domkircbe und Notiz über die schon 1247 ge-
troffenen Vorbereitungen zum Keubau.
*) PertE, Ueber eine rheinische Chronik des 13. Jahrhunderts. Aus den
Abhandlungen der Berliner Akademie. 1855, 4.
') Gedr. bei Lacomblet, Archiv f. d. Oesch. d. Niederrheins II, 352 — 370.
^) Caesarii HeUterbacenm Catalog. archiepiscoporum Cokmendum^ Fontes
II, 271—281. Vgl. Ficker, Engelbert von Köln S. 201. Janssen a. a. 0. S. 80ff.
C6ln. Ersbiaehof Engelbert Deute. 3]^ 7
Dieser G&sarins yerfa&te anch im J. 1226 eine Lebensbeschrei-
bung des 1225 ermordeten Erzbischoüs Engelbert^), eine der sp&testen
Icirchlichen Biographieen, welche noch geschichtlichen Werth haben.
Ermordnngen von Bischöfen waren nicht selten, seitdem die Kirche
den Kampf mit dem Eönigthmn begonnen hatte, der zu immer gröfserer
Verwilderung und Yerderbnifs, so wie zur Auflösung aller gesetzlichen
Bande f&hrte. Aber Engelberts Ermordung war selbst in diesen Zeiten
eine der entsetzlichsten Begebenheiten und zugleich einer der schwersten
TJnf&Ue fdüt das Beich, denn Engelbert war nicht nur ein ausgezeich-
neter und trefflicher Kirchenfftrst, sondern er war auch mit dem Her-
zog Leopold von Oesterreich Vormund des jungen Königs Heinrich
und BeichsTerweser. Diese wichtige Stellung Engelberts und seine
Thätigkeit f&r das Beich finden wir nun freilich bei C&sarius so wenig
wie bei irgend einem anderen Biographen dieser Art gebührend be-
rücksichtigt, aber seine Wirksamkeit als Erzbischof und seine persön-
lichen Eigenschaften sind mit guter Kenntnils und gewandter Feder
geschildert, besonders aber ist die letzte Katastrophe vortrefflich er-
zählt, mit grofser Lebendigkeit und yoll warmen GefQhls. Auf den
Verfasser werden wir später noch einmal zurückkommen.
Im Kloster zu Deutz wurde um 1160 von dem Küster (aedituus)
Theoderich ein Buch verfafst und mit Miniaturen schön Torziert,
welches Nachrichten über die Stiftung mit genauer Verzeichnung des
Besitzes und der Einkünfte verbindet, und eine Abtgeschichte hinzu-
fugt, die später fortgesetzt ist. Eine den Schlufs bildende Weltchronik
scheint nichts von Bedeutung zu enthalten; nur eine Stelle über die
Lieder von Etzel und Dietrich ist daraus mitgetheilt. Ausführlich sind
die bei den KnochenfÜnden von 1155 angefertigten und angeblich auf-
gefundenen tituli berichtet. Ein Verzeichnifs der Cölner Erzbischöfe
reicht bis auf Beinald, enthält aber fast nur Namen ^).
Pertc, eine rbeinUche Chronik S. 136 über eine ungednickte Fortsetzung.
Ennen, Quellen zur Geschichte der Stadt Köln S. VI. Henr. de Herr, hat
einen Catalog mit eigentbOmlicben Nachrichten zum Tbeil aufgenommen. Cro-
nica Pontificum Colon, bis 1350 von Levold von Northof bei Seibertz, Quellen
der WestfU. Oeseh. II, 1—19, vgl 417. Cronica bis 1508 bei Eckertz, Nieder-
rhein. Chron. 1—64. Flofs, DreikOnigebuch S. 32 erwllhnt eine Series epp. ex
Chron. Xant bis auf Friedrieb III (1370 — 1414). Umfassende Untersuchung
mit handschriftlichen Üttlfemitteln bei Cardauns S. LXV — LXX.
^) Caes. Heüt, Vita S. Engelberti bei Surius zum 7. Novbr. und Fonte.^
II, 294—329 ohne das dritte Buch, welches die Wunder enthalt, und 1237
geschrieben wurde.
') Die Handschrift ist jetst in Sigmaringen, Vera, ron Lehner S. 5 — 7.
Lacomblet's Archiv V, 251 — 322. Kraus im Jahrbuch d. Alterthnmsfreunde
XLI, 43-49.
318 V. Staufer. | 17. Das Rheinland. § 18. Lothringen.
Nicht sehr bedeutend sind die Annalen von Aachen^), eine
um 1170 verfafste Compilation , welche auch eigenthümliche nieder-
rheinische Nachrichten enthält, znm Theil mit den Ann. Bodenses zu-
sammentreffend, und bis 1196 fortgesetzt. Viel wichtiger ist das sehr
merkwürdige Fragment eines alten Verzeichnisses der Reichsgüter,
welches nun ebenfalls bei Böhmer hinter jenen Annalen zu finden ist.
Mit gröfserer Vorliebe als die Geschichte der Gegenwart pflegte man
in Aachen das Andenken des grofsen Karl, welches durch die Ca-
nonisation desselben (1165) noch mehr verherrlicht war. Man freute
sich dort, und freut sich noch jetzt, der kostbaren Reliquien, welche
Karl aus dem Morgenlande mitgebracht haben sollte, und deshalb
durfte natürlich in seiner Legende auch der Kreuzzug nicht fehlen^).
Recht merkwürdig sind die erst in neuerer Zeit bekannt gewor-
denen Annalen von Klosterrath unweit Aachen, eine 1152 nach
Urkunden und persönlicher Erinnerung sorgföltig gearbeitete Kloster-
geschichte, kurz fortgeführt bis 1157. Das Kloster war 1104 mit
Hülfe des Grafen Adelbert von Saffenberg für regulierte Chorherren
gestiftet, der erste Abt kam 1111 aus Raitenbuch. Konrad von Salz-
burg bewog ihn dem Rufe zu folgen, und ein Jahrzehnt später holte
er sich aus demselben Kloster vier Priester, um ihren Orden auch in
Salzburg einzuführen (oben S. 231). Die zu hart gehaltenen Schüler
verbrannten 1123 das Kloster Rath, und in Folge davon begaben sich
noch mehrere seiner Bewohner nach Salzburg. Doch auch abgesehen
von dieser merkwürdigen Berührung so entfernter Stiftungen ist die
Entwickelungsgeschichte von Klosterrath selbst lesenswerth und lehr-
reich*).
Dagegen ist aus der Lebensgeschichte des visionären Prämon-
stratensers Hermann in Steinfeld, den man um seiner Keuschheit
willen Joseph nannte, gar wenig zu lernen^).
^) Ann. eccksiae regalis Aquensis 1001 — 1196, nach den ersten sehr
fehlerhaften Abdrücken ron Quix und Ernst besser in Böhmer« Fontes HI,
391—397. MG. SS. XVI, 684-687. Dieselben Ton 1125—1169, vennischt
n4)b den Annalen von Erfurt, MG. SS. XVI, 17 — 22. Neue Ausg. r. Waits
SS. XXIV, 29. Beschreibung der Handschrift von Harlefs NA. III, 414—419.
') De sanctitate merüorum et gloria miraculorum beati Caroli magni libri
IlL Nachrichten darüber giebt Lambecius Comment. Vol. II, 329 ff. Vgl.
G. Paris, Hist. poetique de Charl. S. 63, u. S. 57 über die in jener Schrift
benutzte ältere Descriptio qualiter Ccarolus magna» clavum et coronam domini
a CanstantinopoU Aquisgrani aUulerü. Ueber die Züricher Bearbeitung der
Legende Büdinger: Von den Anfängen des Schulzwanges (Züricher Festrede
1865) S. 33.
») Annalen Bodenses ed. Pertz, MG. SS. XVI, 688—723.
♦) Vita Hermanni Joseph ed. G. Henschen Apr. I, 686—714. Er lebte
1225, wie eine Vision über Engelberts Tod zeigt.
319
§ 18. Lothringen.
Die Fortsetzungen der Trierer Bisthnmschronik wurden schon
oben (S. 98) erwähnt, so wie die höchst ausgezeichnete Lebensbeschrei-
bung des Erzbischofs Albero, von Balderich. Ü6ber die weiteren Fort-
setzungen^) liegen Untersuchungen von Fr. Bertheau vor'). Die erste
um 1190 geschriebene ist im Anfang mager und dürftig, wird aber
bei der Doppelwahl des Jahres 1183 ausftlhrlich, und behandelt die
daraus hervorgehenden Zustände und Ereignisse bis 1190 mit grofser
Ausführlichkeit und vollständiger Sachkenntnifs, auf urkundliches Ma-
terial gestützt, so dafs sie für diese Zeit eine Quelle ersten Ranges
ist, wie das auch schon Scheffer -Boichorst nachgewiesen hat'). Die
weitere Fortsetzung bis 1242 ist dürftig über Erzbischof Johann
(1190 — 1212); genügender über dessen Nachfolger Theoderich n.
Der Standpunkt des Verfassers ist staufisch, und über Eonrad von
Marburg spricht er sich freimüthig aus. Den Nachfolger Arnold n
(1242 — 1259) behandelt eine weitere bald nach 1261 geschriebene
Fortsetzung, die nicht unwichtig ist, aber wegen ihres officiellen Stand-
punktes nicht frei von parteiischer DarsteDung.
Ein Brand im Matthiasstift 1131 gab zu einer Verherrlichung
des Schutzpatrons Anlafs, der natürlich Wunder thun mufste, um den
erlittenen Schaden zu ersetzen. Die Beschreibung der Feuersbrunst
ist hübsch geschrieben und die Wunder enthalten einige Beitrage zur
Sittengeschichte^). Lambertus de Legia, der aus Lüttich nach Trier
gekommen war, schrieb eine metrische Bearbeitung desselben Gegen-
standes, nebst einer prosaischen Biogpraphie des Heiligen, welche er
dem Abt Ludwig (1169 — 1183) widmete; alles noch ungedruckt*).
Weiter ist aus Trier nichts anzuföhren. Aus dem Sprengel haben wir
das goldene Buch von Epternach, eine ürkundensammlung, die mit
geschichtlichen Nachrichten verbunden ist. Lange Zeit nur gelegentlich
benutzt, ist der geschichtliche Theil jetzt endlich durch L. Weiland
M Oedr. in den Ausgaben Ton Hontbeim Prodr. II nnd ron Wyttenbach
und Müller, 1836—1839.
>) Die Gesta Trevirorum 1152—1259. G5tt. Diss. 1874.
■) Die Capp. 93 — 100; s. Scheffer-Boicborst, Friedr. letzter Streit mit der
Curie S. 184—188.
*) Inventio et Miracula S, Matkiae ed. Waitz, MG. SS. VIII, 226—234.
Vgl. ArchiT X, 634.
^) S. Bertheau a. a. 0. S. 12. 13. Ohne Grund bat Tritbemius ihm einen
Tbeil der Gesta zugeschrieben.
320 ^« Staufer. § 18. Lothringen.
der Benutzung vollständig dargeboten^). Es war der Mönch Theo-
derichy welcher 1191 unter dem Abte Godefrid dieses schöne Buch
anlegte; die Elostergeschichte sollte darin nach Art der Lorscher
Chronik mit den Urkunden verbunden erzählt werden. Allein im Ver-
laufe der Arbeit fühlte Theoderich, dafs sie f&r seine Kräfte zu grofs
sei, und er hat sie deshalb nur bis 726 geführt. Er arbeitete nach
den auch uns bekannten Quellen, aber über Karl Martell hatte man
hier doch noch eigene Nachrichten, welche, nebst den Urkunden, der
Chronik Werth verleihen.
Die Kämpfe der Gegenwart riefen dann Theoderich von seinen
antiquarischen Studien ab. Heinrich VI wollte vom Erzbischof von
Trier die Burg Nassau f&r Eptemach eintauschen. Allein die Mönche
haben ihre Beichsfreiheit mit gutem Erfolg verteidigt und Theoderich
1192 den Hergang der Sache gar hübsch beschrieben'}.
üeber die Stiftung von Himmenrode (Claustrum) in der Eifel
finden sich Nachrichten im Leben des seligen David'), eines Floren-
tiners, der Studierens halber nach Frankreich ging, aber in Clairvaux
Mönch wurde, wo der h. Bernhard selbst ihn ordinierte. Er wurde
der Colonie des neuen Ordens beigegeben, welche auf Bitten des Erz-
bischofs Albero nach Trier ging, und zeichnete sich durch besondere
Frömmigkeit und Einfalt aus. In dem neubegründeten Himmenrode
that er schon bei Lebzeiten Wunder; er starb am 11. Dec. 1179 und
wurde 1204 feierlich erhoben, um diese Zeit ist auch sein Leben
beschrieben worden.
Im Kloster La ach, einer Tochter von Hafüighem, wurde unter
den Aebten Giselbert und Fulbert (1127 — 1177) fleifsig geschrieben,
weiter aber erfahren wir nichts von gelehrter Thätigkeit, und erhalten
*) Monumenta Eptemacensia^ SS. XXIII, 11—72. Zuerst S. 23 — 30
Thiofridi Vita Willibrordi^ die nicht ohne werthvolle Nachrichten ist, auszugs-
weise, hier suerst gedruckt aus der pr&chtigen dem Ersb. Bruno von Trier dar-
gebrachten Originalhandschrifl. Ich trage zu I, 111 nach, dafs nach Weilands
Ansicht Th. auch das Werk eines Schottenmönches benutzt hat, welches ver-
muthlioh Alcuin nur überarbeitet hat. Femer dafs, wie Weiland GQA. 1877
S. 783 nachweist, Th. auch die Vita Irminae geschrieben und den Nonnen
von Oeren gewidmet hat. — S. 30' — 38 Catalogi ahbatwm mit Bemerkungen;
über die nicht benutzte Pariser Hs. s. NA. II, 627; Delisle, Cabinet des Ma-
nuscrits II, 861. — S. 38 — 64 Chron, Eptemaeense auctore Theoderico mo-
nacho. Vgl. I, 107, und über die Urkunden Siokel, Acta Karoll. II, 220.
Die Bilder in den Publ. de Luzembourg etc. XVIII.
*) Ldbellu» de libertaU E^temac. propugnata, Mart. Coli. IV, 463 — 467,
u. Ton Weiland 1. c. p. 64 — 72.
') Vita h. Davidis^ bei N. Heesius, Manipulus rerum memorabilium dauairi
Hemmenrodensis, 1641 f. S. 50—61. Eine von Caesarius ron Heisterbach viel
benutzte Quelle, wie Scheffer-Boichorst, Bemh. zur Lippe S. 49 bemerkt.
I
1
Himmenrode. Laacb. Verdun. Metz. 321
hat sich nur ein einzelnes Platt mit Epitaphien ^) anf den Pfalzgrafen
Heinrich (1095), Heinrich IV (1106), Ansehn von Laon (1117), Kari
Yon Flandern (1127) nnd anf Giselbert oder Gilbert, den ersten selb-
ständigen Abt, der 1152 starb.
Ans Toul ist gar nichts bekannt. Yerdnn dagegen wurde von
einem Strahle der Lfltticher Gelehrsamkeit beleuchtet. Laurentius,
«in Mönch ans dem dortigen Lorenzkloster, war nach Yerdnn gekom-
men, und diesen veranlafiste Hugo, ein Mönch des Klosters St. Yannes
zu Yerdnn, die alte Bisthumschronik weiter fortzusetzen, und die Ge-
schichte der späteren Bischöfe sowohl wie der Aebte von St. Yannes
während des seitdem verflossenen Jahrhunderts (1047 bis 1144) hin-
znznfQgen'). Den Inhalt gaben die Berichte Hngo's, wie Laurentius
ausdrücklich sagt, und er mufs wirklicK eine lebendige Chronik ge-
wesen sein, denn die Erzählung, wenn gleich im Anfang nicht frei
von Fehlem, ist weiterhin nicht nur zuverlässig, sondern auch aus-
führlich und lebendig. Da nach den langen Kämpfen zwischen Staat
xmd Kirche damals eine Zeit des Friedens und der Buhe eingetreten
war, konnte Laurentius auch den kaiserlich gesinnten Bischöfen mehr
Gerechtigkeit widerfahren lassen; als in den Schriften, die während
des Streites geschrieben wurden, der ]f all ist. Eine weitere Fortsetzung
bis 1147 ist, wie es scheint, noch von demselben Verfasser; später
haben andere Mönche von St. Yannes die Geschichte der Jahre von
1156 bis 1187 und weiter von da bis 1250 hinzugefügt; sie erreichen
das Werk des Laurentius aber bei weitem nicht. Dann erlischt auch
hier die Greschichtschreibung der Kirche.
Ein umgekehrtes Yerhältnifs fand in Metz statt. Das alte Werk
des Paulus Diaconus über die Geschichte des Stifts wurde auch hier
um die Mitte des zwölften Jahrhunderts unter dem Bischof Stephan
(1120—1163) wieder aufgenommen und fortgeführt, aber in sehr un-
geschickter Weise, voll von Fabeln in der älteren Zeit, und auch weiter-
hin dürftig und ungenau. Dagegen sind hier die Fortsetzungen von
^) Jetzt im Germanischen Museum; s. den Anzeiger 1869 S. 39 — 42; vgl.
Wegeier, Geschichte von Laach, Bonn 1854. Im Serapeum XVI (1855) 237
Grahschriften auf Anselm von Laon. Der Mosaik- Grabstein des Ahtes Gilbert
mit Inschrift bei Ernst aus'm Weerth: Der Mosaikboden in St. Gereon (18^3)
8. 12.
') LaurentU de Ijeodio Oesta episooporum Virdunensium et abbatum
S. Vitoni (mit den Fortsetzungen) ed. Waitz, MG. SS. X, 486—525. Darauf
folgen Annales 8. Vitoni a. 96—1481, S. 525—530. Aeltere Ann. Virdun.
a. 822-1024 ohne Werth, SS. IT, 7. Ann. S. Pauli Ftrcfun. 908— 1215 ed.
Pertz XVI/ 500—502, aus einem Cod. des Klosters , aber ohne locale Bezie-
hung, sehr unbedeutend, lieber ihr Yerh<nifs zu den Ann. S. Albani Forsch.
XI, 498. Schum, Jahrbflcher von St. Alban S. 115—117.
WattenlMteb, GesehichtsqueHen IL 4. Anfl. . 21
322 ^' SUufer. § 18. Lotbringen.
bedeutend gröfserem Werthe, wenn gleich anch sie noch viel zu wfln*
sehen übrig lassen. Der erste Fortsetzer schrieb bald nach 1180,
unter dem Bischof Bertrand, welchem nm 1184 Johann von Hante*
Seille den Dolopathos widmete^); der zweite f>e die Zeit von 1212
bis 1260, ein dritter sehr kurz die folgenden Bischöfe bis 1296 hin-
zu, und es fanden sich hier auch noch in späterer Zeit Fortsetzer').
Lüttich zeichnet sich auch in diesem Zeiträume durch litte-
rarische Thätigkeit aus. Die Chronik des nahen Kloster? St. Trond
wurde, wie schon oben erwähnt, wiederholt fortgesetzt. In Lüttich
selbst yeranlafste die eigenthümliche Sitte des Landes, in der Noth
den Schutzheiligen persönlich auftreten zu lassen nm seine Sache durch-
zufechten, einige Schriften, die sich vergleichen lassen mit jenem
Triumph des h. Bemaclus, 'den die Mönche von Stablo nach Lüttich
führten, um durch seine Hülfe das ihnen entrissene Kloster Malm^dj
dem Erzbischof Anno zu entwinden (S. 111).
Ln Jahre 1141 mufste S. Lambert seine altgewohnte Stätte ver-
lassen, um das Schlofs Bouillon seiner Kirche zurück zu bringen.
Die Ankunft der Procession mit der Bahre des Heiligen unter ge-
waltigem Zulauf des Volkes ermnthigte das bischöfliche Heer und
schreckte die Gegner, so dafs sie die Verteidigung aufgaben. Dieses
grofse Ereigniis wurde in einer eigenen Schrift gefeiert'), nach einer
Vermuthung Chapeaville's von demselben Domherrn Nicolaus, welcher
oben S. 114 erwähnt wurde, und der auch das Leben des h. Lam-
bert neu bearbeitet hat. Ein anderer Bericht eines Augenzeugen findet
sich in der Biographie des irländischen Bischofs Mochulleus*). Ebenso
wurde auch ein zweiter Triumph des h. Lambert 1213 über den
Herzog Heinrich von Brabant gefeiert^): ein glänzender Sieg, durch
den das gute Schwert der Lütticher Vasallen und Zünfte und des
^) Jofaannis de Alta SÜTa Dolopathos ed. H. Oesterley, Strafsb. 1873.
>) Qesta episcaporum Meitengium (bis 1296) ed. Waiu/M6. SS. X, 531 bia
551. Vgl. über den älteren Theil Bonnell, Anfänge des KaroL Hauses S. 185
bis 192. Cod. Ottobon. 1472, bis 1238 reichend, Arch. XII, 366. Ungedr.
Fortsetsung in St Omer, NA. II, 319.
*) Triumphus S, Lamberti de Castro Bulhnio^ bei ChapeaTille 11, 577 ; ed»
W. Arndt, 88. XX, 497—511.
*) Ex vita 8, Moekullei ed. E. Peru, ib. 512—514, bis dahin unbekannt.
^) Triumphus S, Lamberti in Steppes^ Chapearille II, 603. Es ist eigent-
lich das dritte Buch der Vita S, Odiliae Leodiensis et filii eius Johannis abba-
tulif s. Böhmer Regg. Imp. p. LXXII. Der Verfasser war nach Albricus ein
Lütticher Archidiaconus, Magister Hirnardus. Aegidius allein hat vom 1. u. 2.
Buch grolse Stücke, das 3. ganz erhalten, welches jetzt von Dr. Heller SS.
XXIV. herausgegeben wird. Ein anderer Bericht von dem Bischof Hugo
selber wurde von dem späteren Chronisten Jean d'Outremeuse benutzt, s. Polain,
Histoire de Liöge I, 297.
Lftttioh. Reiner von St. Lorenz. 323
Bischofs Hugo yon Pierrepont die Plündernng Lüttichs im vergangenen
Jahre rächte. Der Bischof hatte sich des päbsüichen Bannes wegen
gegen Otto lY erklärt nnd dadurch dieses Unglück herbeigeführt. Des-
halb ist jene Erzählnng auch für die Beichsgeschichte von Bedeutung,
deren Mittelpunkt bald darauf durch die Schlacht von Bovines in diese
Gegenden verlegt wurde.
Jener frühere Triumph des h. Lambert aber über das Schlofs
Bouillon wurde später noch weiter ausgeführt und in Prosa und Versen
gefeiert von Beiner, einem Münche in St. Lorenz bei Lüttich und
sehr fruchtbaren Schriflisteller^). Man schleppte den guten Lambert
so lange herum, zwei Jahre lang, bis er ganz böse wurde; eine
schreckliche Feuersbrunst zeugte von seinem Unwillen. Da brachte
man ihn endlich zur Buhe und es folgten bessere Zeiten, ein glänzen-
der Sieg wurde über den Grafen Heinrich von Namur erfochten.
Beiner beschrieb aufserdem das Leben des alten Bischofs Eve-
raclus (959 — 971)»), des Wolbodo (1018 — 1021)«), des Beginard
(1025—1036)«), der Stifter und Wohlthäter des Klosters, über die er
jedoch kaum etwas neues mitzutheilen hatte; er brachte die Geschichte
von der Ueberbringung der Beliquien des h. Lorenz in Verse (oben
S. 119), und beschrieb im Jahre 1182 den Brand seines Klosters
durch einen Blitzstrahl am Tage nach Palmsonntag desselben Jahres^)
und die neue Einweihung der Kirche am dritten November^), und ver-
fafste endlich ein Werk über die ausgezeichneten Aebte und Mönche
des Laurentiusklosters, in welchem er auch Nachrichten über sein
eigenes Leben giebt und seine Werke aufzählt. Die erst spät hinzu-
gefügte Fortsetzung bis 1404 berichtet kurz über die Geschicke des
Klosters bis zu seinem gänzlichen Verfall im Anfang des vierzehnten
Jahrhunderts, und giebt dann etwas ausführlichere Nachrichten über
die theilweise Herstellung^).
Die auch Beinerus zugeschriebene Schrift über den Brand der
^) Beinen Opera historica ed. W. Arndt, SS. XX, 559—620. OescKrieben
zwiBchen 1153 und 1182. Triumphale Bttlonicum ffroscace in 5 Büchern, Fez
The». IV, 3, 129. SS. XX, 583—592.
•) Pez, Thes. IV, 3, 166. SS. XX, 661—566.
») Acta SS. M%ji II, 857. Mab. VI, 1, 176. SS. XX, 565—571.
*) Pe«, Thes. IV, 3, 167. SS. XX, 571-578.
^) Opusculum cujusdam ad amicum /amiliarem de cagu fulmirm^ ib. p.'187*
SS. XX, 612-616.
') Ldbellus Qratiantm actionis ad b, Laurentium super dedicatione novoy
ib. p. 197. SS. XX, 616—620.
'') De inq>iiis cujusdam idiotae Hbeüus ad amicum^ SS. XX, 593 — 603 ;
bei Pez S. 20, unter dem Titel: De gestis abbatwn S. Laurentii (1027—1168).
Die Fortsetzung nur bei Arndt S. 604 — 612.
21*
324 ^'* SUufer. §. 18. Lothringen.
Domkirche am 28. April 1187 rührt yielleicht von einem Domherrn
her*).
Im EloBter St. Jakob waren schon 1087 kurze Annalen zusam-
men gestellt (oben S. 113), die von da an bis 1393 Yon verschiedenen
Händen fortgesetzt wurden*). Aus ihnen entnahm Lambert der
Kleine, ein Mönch des Jakobsklosters, eine annalistische Bischofis-
geschicbte bis 1174, welche er bis zu seinem Todesjahr 1194 selb-
ständig fortsetzte'). Werthyoller und sehr reichhaltig ist die weitere
Fortsetzung bis 1230 von Beiner, einem Mönch desselben Klosters,
der auch zu Lamberts Werk einige Zus&tze machte. Geboren 1157
hat Beiner für alles, was um ihn her vorging, ein offenes Auge ge-
habt, auch auf wiederholten Beisen nach Bom manches wahrgenommen
und mehr noch von Augenzeugen sich erzählen lassen. Den Bischof
Hugo und den Sieg bei Steppes verherrlicht er vorzüglich, aber auch
Naturereignisse, hohe und niedere Preise und vielerlei aus der Nähe
und Feme hat er gleichzeitig in seinem Werke angemerkt*).
Auch die Annalen von Lobbes wurden bis 1505 fortgesetzt
(S. 113), und Folkuins Klostergeschichte (I, 308) wurde 1162 von
einem ungenannten Mönche des Klosters bis auf diese Zeit fortg^
führt»).
Ein Leben des 1192 ermordeten Bischofs Albert von Lüttich,
von einem Franzosen geschrieben, der zur Zeit der Ermordung wohl
in Beims anwesend war, mit lebhafter Feindschaft gegen die Deutschen
verfafst, aber eine sehr werthvolle Quelle, ist von Aegidius vollständig
aufgenommen und auch abgesondert erhalten'). Die Chronik des Bi-
schöfe Hugo von Pierrepont (1200— 1229) scheint verloren zu sein,
ist aber benutzt in der jetzt vollständig gedruckten, von Polain viel
benutzten Chronik des Jean d'Outremeuse^).
^) Breviloquium de incendio ecclesiae S, LamberÜ, bei Fez 8. 207. 88.
XX, 620.
•) Ann. S. Jacohi minores^ SS. XVI, 632 — 646 von Perii aus der ür-
Bchrift heraus^geben.
«) Ann. Lamberti Parvi ed. Perte, SS. XVI, 645—660.
*) Annales Reinen ed. Perts, SS. XVI, 661 — 680. Die Auuüge und
Bemerkungen Böhmers, Fontt. II, 372 — 387 sind nicht erw&hnt. Eine Lflcke
aus Alhricus zu erg&nzen, MG. SS. XXIII, 662 n. 4.
*) Gesta abbatum Lobbienäum ed. W. Arndt SS. XXI, 307—333. FrAher
unrollst&ndig bei D'Achery. Die vom Vicar Vos in seinem Buch ftber Lobbes
(Lourain 1866) gedruckten Klosterchroniken konnten wegen Vorenthaltung der
Handschrift nicht wiederholt werden«
*) Handschrift in BrUssel, Archiv VII, 697. Ausg. von Dr. HeUer SS.
XXIV.
'') Polain, Recherches sur la vie et les ouvrages de Jean d'Outremeuse,
in den Mölanges historiques et Utt^raires, Li^ge 1839. Von der Ausgabe: Ly
Lauich. Qu Jacob. Gilles d'Orval. 325
Endlich schrieb Gilles d^Orval eine Fortsetzung der Bisthums-
geschichte, in welcher er Heriger nnd Anselm in überarbeiteter Gestalt
zn Grande legte, mit Zusätzen vermehrte, und im dritten Buch eine
Fortsetzung von 1048 bis 1251 hinzufügte, welche auch wesentlich Com-
pilation ist. Er hat sehr fleifsig die älteren- Werke, welche fast alle
noch Torhanden sind, Urkunden und Inschriften benutzt , ist aber* so
sorgsam bemüht, von allen Bischöfen nur gutes und rühmliches zu
sagen, dafs dadurch sein Werk sehr mangelhaft ausgefallen ist; die
Vita Odiliae hat er allein uns erhalten. Seine Originalhandschrift zeigt
uns, daCs er sein Werk nach Huy schickte, wo die dortigen Mönche
Zusätze machten; dann hat auch der Verfasser es noch einmal vorge^
nommen, und bei dieser letzten Bearbeitung eine uns unbekannte Welt-
chronik aus der Zeit Friedrichs II benutzt, welche sich der Cölner
Eönigschronik anschliefst ^).
Einige weniger bedeutende Werke von localer Bedeutung begnüge
ich mich in der Anmerkung anzufahren'); doch verdient Werricus,
Myreur des Histors, Chroniqae de Jean des Preis dit d'Outremeuse , publice
par Ad. Borgnet, Broz. 1864 ff. 4. sind Band 1, 2 u. 5 erschienen; jetzt auch
3 u. 4.
^) AegicUi Leodiensis^ monachi AureaeüalUst Oesta Ponüßcum Leodiensium
1048 — 1251, bei ChapeaTiUe IL Daselbst Fortsetzung des Job. Hocsemias bis
1348 und andere spätere. Ueber diese vgl. Ad. Wohlwill, Die Anftnge der
landst&ndiscben Verfassung im Bisth. Lüttich (1867) S. 193 ff. — Das Breve
Chron. Leod, bei Mart. Thes. III, 1403, als Ann, Aureaevallenses MG. SS.
XVI, 681 — 683, giebt nur die Randnoten des Aegidius, dessen Werk SS. XXIV
von Heller herausgegeben wird.
') Ann, Formoselen«€8 von Vormezeele bei Ypem 1 — 1136, MG. SS. V,
34 — 36. Ann. MarckUsnen^es von Marebiennes-au-pont d. Leod. aus Sigebert
u.a. compiliert und fortges. 1109 — 1120. 1197 — 1306, sehr unbedeutend, ed.
Bethm. XVI, 609—617. Ann. Floreff. von Floreffe bei Namur, von 1139 und
fortges. bis 1482, ed. Betbm. XVI, 618—631. Ann. ParcheMe» von der 1129
gestifteten Prämonstr. - Abtei bei L5wen, 1148 geschrieben und fortges. bis
1316. 1458, ed. Peru XVI, 598 — 608. Ancieme Chroniqae de Flandre bis
1152. De Smet, Becueil des Chroniques de Flandre, Vol. II, 1841, p. 27—91.
Libellus metrificatus: Vita Qilberti primi ahb. eccL S. Joh. Valencenensis
unter Friedr. I. Bruchst. bei Jacques de Giiise, s. Archiv IX, 353. Miracula
S. Rictrudis post transL a. 1164 et alia auct. Gualberto, Acta SS. MaL III,
89 — 140. Vita b. Bemhardi Pemtentis qui ob. 1182 auct. Joh. mon. S. Bertini,
Acta SS. Apr. IX, 675 — 697. Hisioria monasterii Viooniensis^ von Vicogne
bei Valenciennes, um 1160 geschrieben, fortges. von Nicolaus 1203; Zus&tze
u. Forts, um 1301 von I^icol. de Montigni, Mart. Coli. VI, 282, jetzt von
Heller SS. XXIV. Ckronique de Ouines et (PArdre par Lambert curö d'Ardre
918 — 1203> publice par M. le Marquis de Godefroy Mönilglaise, k Paris 1855;
als Lamberti Ardeniis fnstoria comitum Oisnen»ium SS. XXIV. Chronicon
Ijoetiense c. 1215, bruchstückweise bei Jacques de Guise, s. Wilmans im Ar-
chiv IX, 359 f. wird von Heller Ar SS. XXIV bearbeitet. Neuere Bearbeitung
bis 1578 bei Reiffenberg, Mon. de Namur VII, 393. Vita Amulfi canvergi
ViUarienm, ob. 1228, auct. Goswmo, Acta SS. Jun. V, 608. Ann. Blandi-
nienses 1—1292, MG. SS. V, 20 — 34 und ed. Vandeputte, Gand, 1841, 4.
326 ^- Staufer. § 18. Lothringen.
Prior im Kloster Aloe bei Thnin im Lütticher Sprengel (f 1217), be-
sonders hervorgehoben zu werden, theils wegen seiner Wohlthätigkeit,
theils weil er ein gar eifriger Bücherliebhaber war^).
Diese Gegenden sonderten sich mehr nnd mehr vom Reiche ab
und ihre mannigfaltige und eigenthümliche Litteratur erfordert eine
abgesonderte Behandlung. Die Heiligenleben verlieren mit dem drei-
zehnten Jahrhundert fast allen geschichtlichen Werth; von hervor-
ragender Bedeutung aber sind noch aus dem Anfang dieses Abschnitts
die Lebensbeschreibungen des Grafen Karls des Guten von Flan-
dern'), der im Jahre 1127 in der Kirche zu Brügge erschlagen
wurde, ein trefflicher Mann, der strenge auf Gerechtigkeit hielt und
deshalb seinen zuchtlosen Vasallen zum Opfer fiel. Diese schreckliche
That machte überall das grOfste Aufsehen und wurde im Lande selbst
um so mehr beklagt, da gleich nachher das Auftreten zweier Präten-
denten einen Zustand der äulsersten Zerrüttung herbeiführte, für welcheii
bei der dm*ch Lothars Wahl geschwächten Reichsgewalt keine Hülfe
zu finden war.
Unmittelbar nach Karls Ermordung beschrieb Walter, Archidia-
conus von T^rouane, sein Leben und Ende'), und etwas später mitten
in den Bedrängnissen der nächstfolgenden Zeit, über welche er die
genauesten Nachrichten giebt, Galbert, ein Cleriker der Kirche zu
Brügge; mitten in den gefahrvollsten Kämpfen hatte er Zeit gefunden,
Ann. S, Bavonis Oand. bis 1350, ed. Pertz II, 185 — 191, local; wichtig, aber
ftir sp&tere Zeit, Ann, Band, 1297— 1310 ed. Läpp. SS. XVI, 555 — 597.
Von gröfserer, jedoch auch localer Bedeutung ist die Chronique de PfnUppe
Mimskes bis 1242 ed. Beiffenberg, 2 Bde. in qu. k Bruz. 1836. 1838; Tgl.
6. Paris, Bist, poötique de Cbarlemagne S. 93. Andreae Marchianensis Chron.
bis 1248 ed. Duaci 1633; rgL Archiv IX, 362. Historia numasterii Vilktrienm^
Ton Viilers - en - Brabant , aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und ron da an
fortgesetzt bis 1485, Mart. Thes. III, 1267 — 1374. Dazu kommen noch
die Fortsetz, des Sigebert, MG. SS. IX, und der Bisthumsgeschichte Ton Cam-
brai. Femer die Genealogien der Qrafen von Boulogne (1096 zu Ehren Oot-
frids von Bouillon, vgl. Hirsch, Heinr. II. I, 329) und Flandern, nebst der
Flandria Qenerosa ed. Bethmann, SS. IX, 229—326. Ueber die QueUen f&r
die Geschichte Wilhelms von Holland s. Böhmer in den Begesten von 1246
bis 1313.
^) Vüa Werrici prioris Ahiensis^ in Versen. Auszüge in Beiffenbergfs
Annuaire III, 132. Der Schluls lautet nach freundlicher Mittheilung des Herrn
Dr. Wohlwill: „Septimus et decimus annus cum miUe ducentis Dum currebat,
eum posuerunt in monumentis. Expl. Vita domni Werrici quondam prioris
S. Mariae de Alna qui obiit Nenis Decembris.'^
') Vitae Karoll cwnitis Flandriae ed. Eoepke, MG. SS. XII, 531 — 623.
■) Vita KaroH comUis auct. Waltero arckid, Tervatiensi, 1. 1. p. 637 — 561.
Derselbe soll auch das Leben des Bischofs Johannes (f 1130) dem er jene
Schrift widmete, geschrieben haben, gedr. Acta SS. II, 794, nach Duchet,
Mömoires lus k la Sorbonne, 1868.
Karl von Flandern. Gislebert Ton Mons. 327
auf Wachstafeln die Hauptsachen anzumerken, welche er später zu
einer sehr lebensvollen Schilderung benutzte^). Eine dritte jüngere
Biographie fügt doch noch einige eigenthflmliche Nachrichten hinzu').
Von allgemeinerer Bedeutung ist endlich noch die Geschichte
des Hennegau Ton Gislebert, Probst von Mons*), Kanzler bei
dem Grafen Balduin V Yon Hennegau, der durch seine Heirath Graf
von Flandern, durch Erbschaft Markgraf von Namur wurde, und also
eine sehr bedeutende und ansehnliche Stellung einnahm. Gisleberts
Oeschichte, die 1086 beginnt und bis 1195 reicht, berührt zunächst
den Hennegau, wird aber von 1168 an in annaUstischer Form immer
aasf&hrlicher und enthält wichtige Nachrichten auch über die Beichs-
geschichte und namentlich über die staatsrechtlichen Verhältnisse im
Beich. Er selbst war bei wichtigen Yerhandlungen thätig, und es
berührt sehr angenehm, hier, was uns so selten begegnet, den er-
feüirenen Geschäftsmann über Dinge reden za hören, die ihm genau
bekannt sind, nicht einen Mönch, für den Angelegenheiten dieser Welt
eigentlich werthlos sind, und der dem Hofe und den Geschäften fem
steht. Für eine genauere Würdig^mg des Werkes, das durch die
neue Ausgabe you W. Arndt erst recht brauchbar gemacht ist, können
wir uns auf die Arbeit des leider so früh verstorbenen Arthur Hantke
beziehen^).
In Saint-Bertin schrieb nach langer Unterbrechung (S. 132)
ein ungenannter Mönch die Fortsetzung der Elosterchronik unter Abt
Simon n (bis 1186)'). Er meldet von dem wüden Aufruhr im Kloster,
weil der Abt Leonius 1147 mit vielem Geld dem Kreuzzug sich an-
geschlossen hatte, dem Brand des Jahres 1152 am Bertinusfest, wo
alles trunken war; vom Neubau und vom Streit des neuen Abtes mit
den Mönchen, Streit um Hab und Gat mit aller Welt, mit Geistlichen
und Laien; nach dem Lateranischen Goncil 1179 sollen auch die He-
ringe verzehntet werden, was neuen grofsen Streit giebt. Den Schlufs
dieser erbaulichen Darstellung bildet eine Klage über allgemeine
Schlemmerei und Verschuldung; der Abt legt seine Würde nieder.
Im Sprengel von Utrecht wurde im zwölften Jahrhundert das
^) Passio Karoli comüis auct Oalberto p. 661—619.
') Pasm Karoii comitis auct, anonymo p. 619—623.
s) GisUberH Chronicon Hanomenae ed. W. Arndt, MG. SS. XXI, 481—622.
Erste Ausgabe ron Du Clusteler, Bnix. 1784, dann Bouq. XIIL u. XVIII.
Veber sp&tere Geschiohtsquellen des Hennegau B. Wilmans Arch. IX, 365 ff.
^) Die .Chronik des Gislebert Ton Mons, Leipz. 1871. Im Druck ist durch-
gehends Sainte-Waudru-de-Mons statt Wandru su setzen. Ueber den staats-
rechtlichen Werth der Chronik Ficker, Vom Beichsf&rstenstande I, 108.
*) Gedr. in dem I, 308 angeftihrten Appendice.
1
328 ^' Suufer. { 18. Lothringen.
Kloster Egmond, fem an der Meereskflste im Eennemerland gelegen,
die Wiege der hoU&ndischen Geschichte. Ans Begino, Lindprand nnd
Sigebert wurden hier Ton 875 an Annalen zusammengetragen nnd mit
heimischen Nachrichten vermehrt, von 1112 an aber lange Zeit hin-
durch mehr oder weniger gleichzeitig, meistens mit grofiser Ansf&br-
lichkeit fortgesetzt bis 1205. In ursprünglicher (Gestalt sind diese
Annalen erst jetzt, so weit es sich bei der mangelhaften Beschaffen-
heit der Hülfsmittel eiTeichen liefs, durch Pertz bekannt geworden;
auf ihnen beruht das schon länger bekannte Chronicon HoUandiae und
aUe spätere ütrechter und holländische Geschichtschreibung ^). Weiter
führt uns eine ütrechter Bisthumsgeschichte bis 1232'), eine
merkwürdige Aufzeichnung, welche veranlafst wurde durch Aufstände
der Ministerialen in Drenthe, denen die Bevölkerung folgte. Bischof
Otto n zog gegen sie zu Felde (1227); die Heere trafen aufeinander,
durch einen Sumpf getrennt. Der Bischof legt seine Rüstung an,
verspricht Ablals und stürmt dann vorwärts ins Gefecht, aber im
Sumpfe geht er mit seinem ganzen Heer zu Grunde.
Becht deutlich zeigt sich hier, wohin die Gregorianische Beform
von ganz anderen Anfängen und Zielen gekommen war: sie erforderte
eine stets zu Schutz und Hülfe bereite weltliche Macht, aber da die
Beichsgewalt zerstört war, so mufsten die Bischöfe, dem staatlichen
Einflufs immer mehr entzogen, sich selbst helfen. Man mulste vor-
nehme Eriegsleute zu Bischöfen wählen, und diese ziehen nun per-
sönlich in den Kampf, ohne dafs jemand es auffallend findet. Zu Hein-
richs IV Zeit finden wir sie wohl auch im Heer, aber ausdrücklieh
als wehrlos bezeichnet. Den üebergang zu der neuen Praxis hatten
die Ereuzzüge und die geistlichen Bitterorden erleichtert.
Natürlich konnten Schule und Wissenschaft dabei nicht gedeihen;
hier jedoch gab jener Vorgang doch zu einer werthvoUen Schrift Ver-
anlassung. Der neue Bischof Wilbrand, dessen wir oben (S. 278)
schon gedachten, hielt 1232 eine Versammlung zu Groningen, wo die
Verhältnisse zu jenen Landen erörtert und festgestellt wurden, wobei
man um ein Jahrhundert zurückgehend die Verhältnisse erforschte.
Das schrieb im Auftrag des Bischofs ein Cleriker auf, und erhielt uns
dadurch sehr werthvolle Kunde. Es ist fast nur Kriegsgeschichte,
>) Ann. Egmundam 87ö— 1205 (1316) ed. Perta, SS. XVI, 442 — 479.
Bronnen tau de geschiedenis der NederUnden in de middele-enwen, I. 1864.
Daraus abgeleitet Chron. HoUandiae 647—1206 ed. Kluit, Bist. Com. HoU. I.
Fort0. Wilhelmi procoratoris Egmundani Chron. HoUandiae 1206— -1332, Mat-
thaei Anal. II, ed. norae, p. 496 ss.
*) Oenta episcoporuni Trmectensium ed. L. Weiland, MG. SS. XXIII, 400
bis 426.
Utrecht. Emo nad Meneo. 329
und läfot sehr lebhaft empfinden, wie seit WiDibrord sich die Zeit
geändert hatte. Wilbrand war ja, wie wir gesehen haben, ein ge-
lehrter Herr, aber znm Bischof wnrde er, ein geborener Graf yon
Oldenburg, gewählt nm Bache zu liben, nnd zog auch sogleich mit
einem S[renzheer gegen Drenthe. So ist denn anch hier von Studien
nnd Geschichte nicht vielmehr die Bede, nnd erst ein Jahrhundert
später arbeitete Johannes de Beka eine eigentliche Bisthomsgeschichte
mit Hfllfe von Urkunden ans.
Zn noch entlegnerer Meeresküste fährt nns die Chronik des Prä-
monstratenserklosters Floridns hortns bei Worum, jetzt Witte-
wierum, im Gr6ninger Land^). Emo, der erste Abt des im Jahre 1204
begonnenen Klosters, hatte mit seinem Bruder Addo in Paris, Orleans
und Oxford mit solchem Eifer studiert, dalls sie immer abwechselnd
die ganze Nacht hindurch schrieben, indem jeder nur eine halbe Nacht
schlief. Alle Autoren welche sie hörten, profane wie kirchliche, schrie-
ben sie sich vollständig ab und brachten sie, mit den Glossen ihrer
Lehrer bereichert, in die friesische Heimath zurück, wo Emo eine Zeit
lang der Schule in Emden vorstand. Als Abt benutzte Emo seine
Schreibfertigkeit und Gelehrsamkeit, um die Geschichte seines Stifts
zu schreiben und mit allerlei frommen und gelehrten Betrachtungen
zu würzen. Als er 1237 starb, war Bruder Menko mit mehreren
Aemtem im Kloster betraut, auch mit der Aufsicht über die Knaben
(parvorum magister) und eifrig bemüht ffSüt die Förderung des Kirchen-
baues, über welchen er genaue und recht merkwürdige Nachrichten
mittheilt. 1243 wurde er selbst zum Abt erwählt und führte die
Chronik seines Vorgängers in ähnlicher Weise fort bis 1272, eine
weitere Fortsetzung reicht bis 1296. Wir treten hier recht mitten
hinein in das Leben und Treiben der Friesen, ein Leben voll Kampf,
Kampf mit den Elementen, Kampf unter einander und mit den Beamten
des Bischofs von Münster, dazu gelegentlich ein Kreuzzug, auch eine
Heerfahrt gegen Aachen fUr den Ffaffenkönig Wilhelip, denn die Friesen
waren sehr fromm, aber der habsüchtigen Decane und Officiale des
1) Matthaei Veteris Aen Anall. II, ed. IL Hugo Monn. I, 429 — 666.
Bronnen etc. IV. 1866. ohne irgend eine Erläuterung. Emonis et Menconis
Werumenaium Chronica ed. L. Weiland, SS. XXIII, 464 — 572 mit der nur aus-
Eugsweiee erhaltenen Fortsetxung. S. 474 u. 639 ist, wie Weiland Add. p. VII
bemerkt hat, OliTer's Historia Regum Terrae Sanctae benntst. Job. Gelhom,
Die Chronik Emo's und Menko's (Diss. Gott.) behandelt Menko wegen einiger
Ungenauigkeiten Ober entlegene Dinge su hart. Bemerkungen t. Pannenborg
NA. I, 199. — Die Oesta Frisiorum, nitgegeven door het Friesoh Genotsohap,
Leeuwarden 1868, 4. sind nach Weiland eine werthlose sp&tere Compilation
mit einigen Notizen aus dem Kloster Clams Campus.
330 ^' Suufer. § 18. Lothringen. $ 19. Die Reichsgenchiehte.
BischoflB erwehrten sie sich eben so entschieden wie die Stedinger,
deren auch Emo sich annimt, und mit besserem Erfolg. Von der
inneren Elostergeschichte vernehmen wir wenig, desto mehr von dem
Verkehr mit Pr^montr^ nnd den Streitigkeiten mit dem Bischof und
anderen Aebten. Der Inhalt ist ungemein reichhaltig und um so werth-
Yoller, je weniger uns sonst aus diesem fernen KQstenlande bekannt
ist Aber auch über die Ermordung Engelberts von C6hi, über das
Concil von Lyon und die Absetzung Friedrichs II, den Ereuzzug nach
Tunis und andere Ereuzzüge, an denen die Friesen iheihiahmen, fin-
den sich ausführlichere Mittheilungen.
Als neue Gabe schliefst sich hieran die Geschichte des Prämon-
stratenserUosters Mariengaarde bei Leeuwarden^).
§ 19. Die Beichsgeschichte.
Die Werke, welche wir in den letzten Abschnitten betrachtet
haben, gehören mehr oder weniger alle der Provinzialgeschichte an.
Einige wie die Lebensbeschreibungen des Grafen Karl von Flandern,
Arnolds von Mainz, Engelberts von Cöln, Gisleberts hennegauische
Chronik und andere, erheben sich durch Inhalt und Darstellung zu
einer höheren Bedeutung, aber sie haften doch an dem Boden, welchem
sie zunächst angehören. In den Annalen wird freilich vieles aus der
allgemeinen Geschichte angemerkt, aber nur für den Hausbedarf; die
Verfasser hatten durchaus nicht den Zweck, eine Beichsgeschichte zu
schreiben, und es fehlt ihnen gänzlich an Zusammenhang und Voll-
ständigkeit. Nichts ist häufiger, als nach einem ausführlichen Bericht
von irgend einer grofsen Begebenheit eine Beihe von Jahreszahlen zu
finden, bei denen nur die unbedeutendsten Notizen eingetragen sind.
Eine gleichmäfsig fortlaufende Darstellung war weder von den Ver-
fassern beabsichtigt, noch besafsen sie die Mittel dazu. Wir sondern
daher von ihnen diejenigen Werke, welche die deutliche Absicht zeigen,
nach der Weise der grofsen Weltchroniken der vorigen Periode, und
an diese anknüpfend, dem Leser die wichtigsten Begebenheiten der
Beichsgeschichte, gewöhnlich mit gelegentlichen Nachrichten auch von
der übrigen christlichen Welt, übersichtlich vorzulegen.
In Mainz und den benachbarten Klöstern war es die Chronik
1) Qesta abbatum Horti S, Mariae (1230 — 1269) ed. WeUuid, MG. SS.
XXIII, 573—608. Zwei weitere Abtleben sind fortgelassen, vgl. Weiland GGA.
1877 S. 782. — Annales Tieknses^ eine Compilation bis 1345 aus Beka u.
alten Annalen ron Thiel an der Waal ed. Waits, MG. SS. XXIV.
Annales 8. Disibodi. 33 J
des Marianus, deren man sich als Gmndlage bediente, die theils
excerpiert, theils mit Zusätzen vermehrt wnrde. Eine solche Arbeit
besitzen wir ans dem Kloster Disibodenberg an der Nahe, wo sie
nach der Vermnthnng Böhmers im Jahre 1147 yerfarst wurde. Denn
nach diesem Jahre ist in der Handschrift der Best der Seite frei ge-
lassen, und die folgenden Eintragungen sind auffiallend kurz und ab-
gerissen. Auch steht vor jener Lücke ein Brief des Priesters Budechin
zu Lahnstein an den Abt Kuno von Disibodenberg über die Eroberung
Yon Lissabon, ohne Verbindung mit dem Texte ^).
Doch wird auch der Beai'beiter von 1147 schon an ein früheres
Werk angeknüpft haben; 1108 war der erste Abt aus St. Jacob bei
Mainz in das Kloster gekommen, wo bis dahin Canoniker hausten,
und hatte zum Neubau den Grund gelegt, aber erst 1139 konnte das
neue Kloster bezogen werden, erst 1143 wurde das Münster geweiht.
Dem entspricht es dab bis 1118 bekannte Quellen benutzt sind, dafs
Yon da an die Greschichte dürftig und erst 1125 wieder ausführlich
wird. Von Marians Chronik ist hier viel weggelassen ; hinzugekommen
ist dagegen das Cassiodorisehe Consulverzeichnirs '), femer Stellen aus
Methodius'), den Annalen von Fulda, ausWidukind und Lambert, be-
sonders aber aus den Annalen yon St. Alban und Bosenfeld bis 1118;
bei dem Jahre 1075 beginnen ausführliche Mittheilungen über die Ge-
schichte Heinrichs lY, welche vielleicht einer abgesondert vorhanden
gewesenen Schrift entnommen sind*). Sie ist nicht gleichzeitig ge-
schrieben und mit blinder Feindschaft gegen den Kaiser verfafst; doch
wird auch hier zum Jahre 1106 seine grofse Milde und Barmherzig-
keit gerühmt. Anfangs ohne Werth, gewinnt sie später an Bedeutung,
üeber Heinrich Y und seine Nachfolger folgen annalistische Nach-
richten von ungleichem umfang und Werth, die theils in Disiboden-
berg selbst aufgezeichnet, theils anderen Quellen entnommen sein
*) Nach diesem Briefe benannte man früher das ganze Werk als Dodechins
Fortoetzung des Marian, w&hrend der erste Theil irrig als Marians Chronik
herausgegeben wurde. Vgl. den zum Theü fibereinstimmenden Brief des Priesters
Winand an Erzbischof Arnold von Cöln beim Chronogr. Saxo 1147 und be-
sonders abgedruckt ron Dümmler, Wien 1851, und den Brief des flaml&ndischen
Priesters Arnulf bei Mart. et Durand I, 800. Weit ausfllbrlicher ist Osbemus
de ezpugnalione Lyzbonensi, gedr. im Anhang zu: Chronicles and Memorials
of the reign of Bichard I. VoL I. Die beiden letzteren auch in: Portugalliae
Monumenta bist, jussu Acad. scient, Olisipon. edita (1861) I, 392 — 407.
s) Mommsen, Die Chronik des Caas. S. 581.
*) Wer damit gemeint ist, ist unbekannt; Tgl. G. t. Zezschwitz, Vom Rom.
Kaisertum, 8. 186.
^) Diese Schrift, welche auch dem Bosenf. Annalisten und Albert von Stade
(1693) bekannt war, lehnte sich wohl an die hier roUstftndig aufgenommene
Correspondenz Walrama ron Naumburg mit Herrand; vgl. oben S. 70.
332 ^* Staufer. {19. I>ie Beichsgeschiebte.
m(^gen^); umfangreiche Actenstflcke wurden vollst&ndig aufgenommen.
Von 1155 bis 1163 wird die Ers&hlung wieder ausf&hrlicher und ver-
siegt dann allm&hlich. Zur Ausf&llung sind 1152 bis 1155 und 1164
Stücke aus den Erfiirter Annalen eingeschoben').
Bedeutendere Fortsetzungen schlössen sich an Ekkehards
Chronik an. Erw&hnt wurden bereits die Lotharianischen An-
nalen, welche, um Ekkehards Eaisergeschichte in entsprechender
Weise weiter zu fOhren, aus der Erfurter Chronik entlehnt zu sein
scheinen. Die weiteren Fortsetzungen, welche sich daran schliefeen,
halten zum Theil auch noch den Charakter einer Beichsgeschichte fest,
sind aber sehr ungleich gearbeitet, bald ausführlich, bald ärmlich und
dfirftig. Namentlich die Behandlung der Regierung Eonrads III ist
mit dem vorhergehenden Abschnitt gar nicht zu vergleichen.
Auch die Würzburger Fortsetzung des Ekkehard (8. 296) ist
zu ungleich und unvollkommen, um sie zu den Darstellungen der
Beichsgeschichte zu rechnen.
Eine ganze Beihe gröfserer Werke rief Ekkehards Chronik in
Sachsen hervor, umfangreiche Chroniken,- deren Kritik aber dadurch
erschwert wird, dafs offenbar ein Hauptwerk, welches den übrigen
als Grundlage diente, verloren ist; der sächsische Annalist und Chrono-
graph haben den ausgedehntest^en Grebrauch davon gemacht, und ihre
theilweise üebereinstimmung ist beweisend für die gemeinsame Grund-
lage. Ebenso fehlt uns ein zweites mehr sagenhaftes Werk, welches
ebenfalls vom sächsischen und in ausgedehntester Weise vom Poehl-
der Annalisten benutzt ist. Da von diesen beiden Werken schon oben
S. 193 die Bede gewesen, auch der sächsische Annalist dort bereits
besprochen ist, gehen wir hier sogleich zur Poehlder Chronik über,
welche erst 1854 durch Pertz bekannt geworden ist'), aber noch
^) Ueber diese ebenso verwickelte wie uninteressante Frage begnüge ich
mich EU rerweisen auf SchefFer-Boichorst, Ann. Patherbr. S. 189, Waitz GGA.
1870 S. 1794, Schum, Jahrbücher von St Alban S. 102—115, Giesebreoht
III, 1065, der eine Fortsetzung der Annalen Ton St. Alban bis etwa 1130
annimt.
^ Die letzten Notizen sind 1176. 1184. 1190. 1200. Gedruckt als Marian
und Dodechin von Herold, Basel 1559. Pistor. ed. Strur. I, 448. Von 919
an in Böhmers Fontes III, 173—217 als Annctks DUdbodenbergenseSy mit Weg-
lassung der Briefe. Mit diesen, aber ohne die entlehnten Stücke, Ton Waitz
als Ann. S. Dmbodi von 891. 975. 1075 an, MG. SS. XVII, 4 — 30. Auf-
fallender Weise ist hier auf die Üebereinstimmung mit den Bosenfelder An-
nalen, so wie 1093 mit Albert von Stade, 1095 auch mit Annalista Saxo,
gar keine Bücksicht genommen, auch 1093 eine Stelle ex Ann. Wirzib. nicht
bemerkt.
') Annales PaUdenses auct. Theodoro monacho ed. Pertz, MG. SS. XVI,
48 — 98. Die Quellen sind ron Koepke und Jaff<ä aufgesucht« Die von Giese-
Ekkehards Fortsetser. Poehlder Chronik. 333
manche ungelöste Frage darbietet. Die Urschrift, welche lange rer-
geblich gesucht wurde, weil sie jiach einer irrthümlichen Angabe in
Cambridge sein sollte, ist jetzt von G. Waitz in Oxford aufgefunden;
sie bietet hin und wieder Verbesserungen des Textes, gewährt aber
weiter keinen Aufischlurs. Es scheint ein Vorzug dieser Chronik zu
sein, dafs man hier doch endlich einmal den Verfasser wenigstens
nennen kann, wenn man auch sonst nichts von ihm weifs. Allein auch
das ist zweifelhaft, wenigstens müDste die Vorrede dann von einem
anderen geschrieben sein. Darin heifst es, dafs nach Eusebius und
Hieronymus Idacius die Geschichte bis 462 gefOhrt habe; dann folge
das Werk des Theodorus; darauf hätten verschiedene Geistliche die
Namen der Päbste und Kaiser angemerkt, auch ihre Zeiten beobachtet
und beschrieben^). Gehen diese Worte auf die nach dem Schlüsse
der Chronik folgenden Tabellen, so werden wir allerdings diesen Theo-
dor ffir den Verfasser der Hauptmasse des Werkes zu halten haben.
Von ihm heilst es auch nach dem aus Honorius, Ekkehard, Sigebert
und Idacius genommenen Anfange: So weit Idacius; von hier an
schreibt Theodorus seine Annalen. Man würde danach geneigt sein,
irgend einen älteren Autor unter diesem Namen zu yermuthen, allein
der folgende Text bietet durchaus nichts eigenthümliches, sondern ist
wie der vorhergehende Abschnitt aus Ekkehard und Sigebert mit Zu-
ziehung des Gregor von Tours und einiger anderer Quellen zusam-
mengesetzt. Von 814 an kommen Stellen aus jener verlorenen Kaiser-
geschichte vor, die auch der Annalist benutzte (oben S. 193); von
Heinrich I an werden sie häufiger und ausführlicher.
Die Anlage der Chronik schliefst sich wie diejenige des sächsi-
schen Annalisten ganz dem Werke Ekkehards (Text E bis 1125) an;
es ist eine grobe Welt- und Kaisergeschichte und von 741 an wird
nach den Begierungsjahren der Kaiser gezählt. Bei dem Anfange
jeder Begiemng ist das Jahr der christlichen Zeitrechnung bemerkt
und allgemeine Bemerkungen über den Begenten werden vorangeschickt.
brecht entdeckte KOnigsberger Weltchronik ist Ton Waits als Uebersetsung
des abgekfinten Textes der S&cbsiscben Weltchronik nachgewiesen. Diese be-
ruht auf der Pdhlder Chronik; Pertz hat die fehlenden Jahre 1106 — 1115
durch die entsprechende Stelle der Lüneburger Chronik erg&nst. In unsenn
Cod. ausgefallene S&tze können daraus erg&nzt werden, nach Weiland, Forsch.
Xni, 198. Uebers. d. Pöhlder Chronik v. W^inkeimann 1868. Vgl. auch Giesebr.
I, 794. III, 1066. Nach Paul Hasse, Eberh. v. Gandersheim S. 42 f. hat Th.
Engelhus einen kürseren Text benutst, den er fionorius nennt. O. r. Heine-
mann: Die Annalen ron Pöhlde und ihre Bedeutung (dr die ftltere Branden-
burger Geschichte, M&rk. Forschungen XI, 245 — 263.
') Postea sequitur opus Theodori, deinde ab ecclesiasticis riris pontificum
et regum nomina ingesta, tempora quoque obsenrata et descripta sunt
334 ^* Staafer. $ 19. Die Reichsgeschichte.
Yerschiedene Quellen sind neben Ekkehard nnd Sigebert (der erst nach-
träglich dem Verfasser bekannt wnrde) fleifsig benutzt^), wenn aach
lange nicht in der Ansdehnnng, wie bei dem Annalisten. Fflr ims
haben nur die Brnchstflcke jener verlorenen Quellenschrift Bedentnng,
welche freilich für die ältere Zeit keine Geschichte, sondern Fabeln
enthalten, uns aber den Weg zeigen, anf welchem diese Erzählnngen
in die historische Litteratnr eindrangen.
Mit dem Ausgehen der uns bekannten Quellen, namentlich der
Hildesheimer und Bosenf eider Annaleh, und nach dem Ende des An-
nalisten wächst die Bedeutung des Werkes, welches nun in der aus-
föhrlich und gleichmäfsig fortlaufenden Erzählung den Zeitgenossen
deutlich erkennen läfst^). Doch werden fast nur die Sachsen berüh-
renden Ereignisse erwähnt, bis der Ereuzzug und dann der glorreiche
Anfang von Friedrichs Begierung die Aufinerksamkeit des Verfassers
auch in weitere Feme ziehen. Der eigentliche Ursprung seiner Nach-
richten aber ist noch unklar; in Foehlde sind sie nur zum kleineren
Theile zuerst yerzeichnet^). Von 1153 bis 1164 findet sich wörtliche
TJebereinstimmung mit dem sächsischen Chronographen, und zwar in
solcher Weise, dafs wiederum eine gemeinschaftliche Quelle für beide
angenommen werden muls. Gerade so weit reicht auch die TJeber-
einstimmung mit Albert von Stade ; was diesem und dem Chronographen
gemeinsam ist, und deshalb von Jaffe für die Bosenfelder Annalen in
Anspruch genommen wurde, findet sich auch in der Pöhlder Chronik
wieder. Nach 1164 also wird diese geschrieben sein; der Verfasser
beruft sich zum Jahre 1125 auf die mündliche Aussage eines Käm-
merers vom Kaiser Lothar und 1147 auf die Erzählung der Kreuz-
fahrer. Mit dem Jahre 1170 werden die Au&eichnungen sehr dürftig^
von 1177 an nehmen sie wieder zu und endigen 1182 mit derünter-
werfang Heinrichs des Löwen; nach Weilands Ansicht sind sie bis
zum Schluls in der Sächsischen Weltchronik benutzt^). Nachträge sind
1) Darunter die RevekUio facta S. Stephano papae^ welche auch Regino
ad a. 753 fast volUt&ndig hat; s. I, 106. Femer ist das nur hieraas bekannte
ältere Leben der Königin Mathilde vollständig aufgenommen.
') Bis 1144 sind nach ScheiFer - Boichorst die Paderborner Annalen hier,
wie in den Cölner Annalen, ausgeschrieben, doch Tgl. die Einwendungen von
E. Bemheim (oben S. 34).
*) Sehr deutlich ist bei den Worten über Eonrads Tod 1152, dals der
ganze Satz nicht in diesem Zusammenhange geschrieben, sondern aus einer
anderen Quelle wörtlich entnommen ist, weil er Ton den Torhergehenden An-
gaben über Konrads Kreuzzug und Heimkehr völlig absieht. Auch ist von der
Pöhlder Kiostergeschichte nichts in der Chronik; nur eine Stelle 1163 deutet
auf Abfassung dieser Stelle in Poehlde.
*) S. Weilands Einleitung S. 21.
Poehlder Chronik. Chronographus Saxo. 335
anch za früheren Stellen später hinzugeftgt, besonders Visionen, welche
der Verfasser sehr liebt; er ist überhaupt ausnehmend leichtgläubig
und frent sich der Offeubanmgen der Hildegard Ton Bingen nnd Elisa-
beth Ton Schönan, ohne durch den geringsten Zweifel dabei beunruhigt
zu werden. Wunder erzählt er auch vom Pabst Victor, fQr den er
entschieden Partei nimt; sorgftltig bemüht er sich zu zeigen, dafs der
Kaiser an dem Schisma keine Schuld habe.
Dieser Chronik, durch deren Publication die historische Litteratur
Niedersachsens erheblich bereichert ist, schliefst sich zunächst der
sogenannte Sächsische Chronograph an, der mit Einbufse seines
alten und bekannten Namens, unter welchem Leibniz ihn zuerst her-
ausgab, jetzt unter dem Namen der Magdeburger Annalen ge-
druckt ist^). Der Verfasser ist nämlich ein Mönch im Kloster Berge
bei Magdeburg gewesen, wie sich aus seinen Nachrichten über dieses
Kloster ergiebt. Er arbeitete wiederum eine grofse Weltchronik aus
in derselben Weise wie seine Vorgänger, indem er Ekkehards Chronik
grofsentheils aufnahm, und zu diesem Fundament Auszüge aus Hiero-
nymus, Begino und anderen Quellen hinzufügte; namentlich auch aus
der Magdeburger Bisthumschronik (I, 286. ü, 268). Aus den Nien-
burger Annalen (S. 194), welche auch der Sächsiche Annalist benutzt
hat, nahm er grofse Stellen auf. Man erkennt die Quedlinburger An-
nalen, die Hildesheimer in der ursprünglichen reicheren Gestalt, die
Bosenfelder und darüber hinaus die Nienburger bis 1139. Einige
üebereinstimmung mit der Pöhlder Chronik in den nächsten Jahren
ist vielleicht zufällig; von 1153 bis 1164 ist sie unverkennbar. Die
weitere Fortsetzung bis 1188 ist nicht gerade reichhaltig, und ob-
gleich der Verfasser die Form einer Kaisergeschichte beibehält, auch
die Absicht zeigt, einen allgemeinen Standpunkt zu behaupten, so war
es ihm doch nicht möglich, eine wirkliche Beichsgeschichte in gleich-
mäfsiger Weise durchzuführen. Der Chronist war ein Anhänger Fried-
richs I und Victors IV, und deshalb ist die von Pertz angenommene
erste Abfassung 1164 nicht wahrscheinlich, weil der dermalige Abt
Arnold (1120—1166) eifrig päbstlich und Gegner Wichmanns war").
Aber 1175 scheint die Chronik schon vorhanden gewesen zu sein, weil
das Stück von 1143—1175 in die Pegauer Annalen übergegangen ist.
i) Annales Magdeb. ed. Perts, SS. XVI, 105 — 196. Die Quellen des
Werkes hat Jaff^ aufgesucht. Uehers. von Winkelmann 1863.
<) Nachgewiesen von A. Cohn, GGA. 1860 S. 858. Dafs Arnold seihst
ein Geschiehtswerk Qher seine Zeit rerfafst hahe, ist ein Mifsyerstftndnifs, s.
Scheifer-Boichorst, Hist. Zeitschr. XXVI, 453. — Das von Wedekind, Noten I,
349 — 367 mitgetheilte Chronograph! Saxonis fragm. Lunehnrgieum sind die
Rosenfelder Annalen.
336 ^* SUufer. § 19. Die Beichsgeschichte.
Bis 1180 bleibt üebereiiiBtimmiing, doch ist bald hier, bald dort mehr;
dann ist 1181 — 1185 nichts angemerkt. Anch in der Lanterberger
Chronik ist die nnserige benatzt (S. 275).
Eine Arbeit ähnlicher Art ist auch die Chronik des Magister
Albert von Stade'). Dieser war noch im zwölften Jahrhundert ge-
boren und wnrde Yielleicht in Bosenfeld Mönch, dann in dem 1142
Ton hier ans begründeten Marienkloster zu Stade Prior und 1232 Abt;
1238 pflanzte er in dunkler Nacht, als keine Steine leuchteten, ganz
allein drei Eichen im Erautgarten'). Weil aber das Leben der Mönche
in diesem Kloster von der Ordensregel abwich, fühlte er sein Gewissen
beschwert und yersuchte 1236 die Cistercienser Begel einzuführen.
Als ihm das ungeachtet der von ihm in Bom persönlich erwirkten
päbstlichen Vollmacht nicht gelang, trat er am 20. August 1240 in
das Minoritenkloster zu Stade ein. In demselben Jahre oder nach
Weiland schon früher, begann er seine Chronik, mit welcher er auch
später noch fortwährend sich beschäftigte, wie sowohl Zusätze als
die Fortsetzung zeigen. Zur Abwechselung schrieb er 1249 in sechs
Monaten ein Epos von 5320 Versen über den Trojanischen Krieg in
Distichen nach Anleitung des Dares, in welchem viele entlehnte Verse
von grofser Belesenheit des Verfassers zeugen'); ein anderes über die
heilige Geschichte ist verloren. Die Chronik reicht bis 1256, der
Pabstcatalog aber nennt noch Urban IV (1261—1264). Es hat auch
eine bis 1265 reichende, vielleicht noch von Albert selbst herrührende
Fortsetzung gegeben, wie sich aus der Uebereinstimmung der aus
unserer Chronik schöpfenden Hamburger Annalen und Detmar's Lübi-
scher Chronik ergiebt. Aber auch für die frühere Zeit hat L. Weiland
aus der Vergleichung der genannten Quellen, der Bremer Annalen und
^) Annales Stadenses auct Alberto^ ed. Lappenberg SS. XVI, 271. Vgl.
dessen Abhandlang im Archir VI, 326 — 363. VoIlstAndig findet sich der Text
aber nur in der Ausgabe von Reinecoins. Darauf» aber auf dem ursprQng-
lieben Text, beruhend mit local holst. Zuthaten, Ann. Hcmburgenses bis 1265
(bei Langebek Albiani), Termuthlich bei den Hamb. Franciscanern geschrieben,
ed. Lappenberg XVI, 580—886 (Aussttge). Vollst&ndig ed. F. Beuter in d.
Quellens, f. Schlesw. Holst. Lauenb. Gesch. IV, 397 — 441. Ann, Lubicemes
bis 1324, worin Mart. Polonus mit Fortsetsung, Ann. Rjenses und die Stades-
Chronik benutzt, ed. Läpp. XVI, 411 — 429. Ann, Breinenaes 750 — 1227, ed.
Jaffe XVII, 854 — 858, Zusätse ku Mart Polonus, fisst gans aus Alb. Stad.
genommen (unbenutster Cod. im Wiener Staatsarchiv). Ganz unbedeutend sind
die Ann, Saxones 1186—1273, ed. Bethmann XVI, 430. 431.
*) Forschungen XIII, 168.
') S. auTser Lappenberg in d. Vorr. S. 272 Dünger, Sage vom Trojan.
Krieg (Progr. d. Vitsth. Gymn. in Dresden 1869) S. 26 — 3t). Ausgabe von
Th. Merzdorf: Troilus Alberti St. ex unico Guelf. cod. editus, Lips. 1875.
Viele Mftngel der Ausg. nachgewiesen im Litt. Centralbl. 1875 S. 1249 bis
1251 n. von Peiper in d. Jen. Litt. Zeitung.
Albert ron Sude. 337
der Sächsischen Weltchronik nachgewiesen, dafs ihnen eine bedeutedd
reichere Fapsnng der Chronik Alberts vorgelegen haben mnfs, als die
nns erhaltene ist^). Das Todesjahr Alberts ist nicht bekannt. Die
<}rQndlage seiner Compilation bildete ebenfalls Ekkehards Chronik,
nebst Beda f&r die vorhergehenden Perioden; dazu fQgte er Auszüge
«ns Adam von Bremen, Helmold, ans Gilbert, Psendo - Lindprand und
einigen anderen Qnellen'), wozn vorzüglich die Bosenfelder Annalen
nnd jenes oben (S. 334) erwähnte niedersächsische Werk bis 1164
gehören'). Genealogisches kommt viel vor, aber in grofser Verwimmg,
viel Sage nnd Yolksgerede. Anch ganz fremdartige Einschiebnngen
sind znm J. 1152 anfgenommen. Weiterhin beruft er sich besonders
anf Mittheilnngen des Bremer Scholasticns Heinrich nnd theilt ans
eigener Erfahrung mancherlei Nachrichten mit, die obgleich weder
ausführlich noch chronologisch richtig oder sonst genau, doch schätz-
bar sind, ihren grofsen Werth aber, wie Böhmer sagt^), am meisten
unserer Armuth an umständlicheren Nachrichten verdanken. Von einer
innerlichen Verknüpfung der Thatsachen ist auch im letzten Theile
der Chronik ungeachtet der gröfseren Beichhaltigkeit und Zuverlässig-
keit keine Bede.
In Sachsen war es die Erhebung ihres Herzogs Lothar, welche
im zwölften Jahrhundert zu lebhafterer Beschäfkig^g mit der Beichs-
geschichte anregte und den Gesichtskreis erweiterte; auch Heinrichs
des Löwen gewaltige Machtstellung und wechselndes Geschick gab
neue Anregung, nicht am wenigsten aber hat auch die sehr bedeu-
tende Persönlichkeit Wichmanns in dieser Bichtung gewirkt und den
Chronisten ihren Stoff zngefühi*t. Es wäre auffallend, wenn nicht auch
'Beinald von Coeln in gleicher Weise zu geschichtlicher Thätigkeit
angeregt hätte. Da tritt uns nun ein Werk entgegen, welches in
seiner ursprünglichen Gestalt erst jetzt kenntlich geworden ist und
augenscheinlich aus Beinaids Umgebung herstammt. Es ist die Chro-
nica regia, welche im Bischofscatalog bei Erwähnung der Thaten
Beinaids genannt wird^), früher nach einer späteren IJeberarbeitung
t) ForechuDgen XIII, 157—198.
*) Zu 1074 u. 1093 ist die aach den Bosenfelder nnd Dtsib. Annalen be-
kannte Schrift über Heinrich IV benutzt.
') Ueber die Benutsung des Saclvsenspiegels s. Ficker, Ueber die Ent-
stehungszeit des Sachsenspiegels S. 66. Die zu 917 aufgenommene, gröfsten-
theils aus Ekkehard stammende Schrift de origine Saxonum steht im Cod. Paris«
4895 A, s. Dümmler in d. Zeitschr. f. D. Alt. XIX, 131.
«) Begg. Imp. 1198-^1254 p. LXIX.
*) Böhmers Fontes II, 277: multa et ohroniee regio dignissime inserenda
per onmem Italiam operatus est.
Wattenbaeh, QeeeUditaquellen IL 4 Aufl. 22
338 ^* Stäafer. § 19. Die Beichsgeschiebte.
üIb Chronik von St Pantaleon bekannt, jetzt unter dem Titd
Annales Golonienses maximi nach der ron Pertz 1857 entdeckten
Altesten Handschrift neu herausgegeben^). Der Gölner Ursprung ist
unverkennbar, doch war die Keichsgeschichte die Auiigabe, welche der
Verfasser sich gestellt hatte. Der Ausdruck K&mgschrontk war gerade
in C6ln schon Mher üblich, und es ist dabei nicht immer an ein be^
stimmtes Buch zu denken'). Wenn aber unser Autor über den Ereuz-
zug von 1147 kprz weggeht mit der Bemerkung: NU quod re^e
cronicae dignum eit imprimi, hoc actum f.ät itmere, so ist doch kauiü
EU bezweifeln, dafs er sein eigenes Werk mit diesem Namen habe be-
zeichnen wollen; ganz unzweifelhaft aber wird diese Deutung darch
die Art, wie derselbe Ausdruck zum Jahre 1158 gebraucht wird').
Mit den Worten des Orosius über die göttlidie Einsetzung der Obrig»
keit und die Folge der. vier Weltreiche beginnt der Chronist, Ekke-
hards Werk, das ihm nur bis 1106 vorlag, excerpierend und ans
einigen anderen Autoren ergänzend. Weiterhin schrieb der Ver&sser,
wie Schefifer-Boichorst nachgewiesen hat, bis 1144 die Paderbomer
Annalen aus; es hat jedoch E. Bemheim (Forsch. XY, 251 — 253)
sehr wahrscheinlich gemacht, dafs schon von 1138 an vorwiegend
eine andere Quelle benutzt ist, welche in scharfem Oegensatz zu der
vorher waltenden weifischen Auffassung entschieden staufisch gesinnt
ist, zugleich aber unzuverlässig in der Chronologie. Von da an hat
1) Ed. Karolas Pertz, MG. SS. XVII, 723 — 847; der cod. Ashbumham.
olim Ensdorpiensifl , reicht Ton 576—1176, doch ist er nar ron 1106 an be*
natst, was bedauert wurde wegen der aus der V. Ezonis (oben S. HO) auf-
genommenen Stellen (s. Using^r in d. Jahrbb. Heinrichs II. I, 450. Waita, .
G5tt. Nachrichten 1863 S. 13) u. wegen der zu a. 719 angefthrten Vüa Pippini
ducis, welche Bonnell, Die Anfibige des Karol. Hauses S. 65 erst im 13. Jahrh.
entstehen l&Dst (über den Unwerth beider Vitae Pippini* Brosien, Dagobert
S. 54). Aber man weifs jetzt, dafs in dieser Hs. der Anfang nichts als eine
Copie des Ekkehard ist. — Benutzung des Justin, nach Bfthl, Verbreitung des
Justin im Mittelalter (Leipz. 1871) S. 22. — M. Lehmann de Annaübus Colon.
Diss. BeroL 1867; vgl. A. Cohn, 6GA. 1867 N. 50. Centralhl. 1867 Sp. 624.
Vebers. y. C. Platner mit Untersuchung über das Verh<nils beider Reeensio-
nen in der Einleitung. Cardauns , Staedtechroniken XII S. LXI — LXIV. —
Godefrid ron St. Pantaleon nannte man früher den Ver&sser nur nach der
unzuTorUssigen Angabe des Trithemius.
*) Lantberti V. Heriberti c 4: „Quotiens cum imperatore Bomam ierit et re-
dierit, utque Augustus arcem imperii res ItalSae moderando disposuerit, potius
reg^ae videtur inserendum chtonicae, quam in laudem Sancti yiolenter inflectere.*'
Auf diese SteUe hat Janssen, Ann. d. bist V. für d. Niederrh. I, 101 auf-
merksam gemacht.
') 8. 769, 22: „Nee yero omnia quae in illa obsidione gesta sunt descri-
benda suscepimus, quia nee nostrae cnncta patent cognitioni, quoniam qui sin-
gula describere Teilet, modum regiae cronicae ezcederet, licet a nonnulHs haec
studiose perseripta noTerimus."
CAlner König^schronik. 339
ilun eine zuBaxmneiih&ngende QueUe nicht mehr Torgelegen; sein Bericht
wird selfoet&ndig, zugleich aber üQr die n&chBtfolgenden Jahre ungenau
und fehlerhaft. 1147 erkennen wir den Brief ^nands, 1158 Beinaids
trinmphirenden Bericht über die Demüthignng der Bavennaten^); 1161
ist ein Schreiben Victors IV anfgenommen, aber es fehlt noch an Zn*
sammenhang; niemand der damals schon an den Ereignissen Antheil
hatte, wflrde die Errichtung des neuen Herzogthums Oestreich, den
Krieg gegen die Polen, den Boncalischen Beichstag übergangen haben.
Doch von 1159 an ändert sich die Darstellung und ihr gleichm&biger
Fortschritt l&bt deutlich den Augenzeugen erkennen, während zugleich
Beinaids mit hohem Lob gefeierte Qestalt sehr in den Vordergrund
tritt. Bei der Ergebung der Mailänder 1162 spricht der Erzähler
geradezu in der ersten Person. Es sind das Worte aus dem Bericht
Burchards, des kaiserlichen Notars, an den Abt Nikolaus von Sieg-
burg ')y aber unser Autor schreibt nicht so gedankenlos, dafe man
darin einen sonst nicht seltenen Verstofs der Compilatoren sehen dürfte.
Ein Bericht desselben Notars an denselben Abt') ist auch schon 1161
benutzt; der kaiserliche Gewaltbote, eben Burchard, wird da erwähnt,
aber nicht genannt. In dem Originalbericht nennt er sich B. Colo*
niensis profirogenitu8 ei primitivua ßiius, dunkele Ausdrücke, die aber
doch einen geborenen Cölner erkennen lassen, welcher irgend ein nahes
Verhältnifs zum Abt Nicolaus hatte. Dieser Abt wird sehr gepriesen
in Versen eines Mönches Gevehardus^), und wie sehr seit Anno die
Zeiten sich yerändert hatten, sehen wir auch an einem Epitaph voll
hohen Lobes auf Beinald aus dem Eloster Graschaf *).
Von jenem Burchard nun ist kaum zu bezweifeln, dafs er der
Gesandte war, welchen Kaiser Friedrich 1175 an Saladin sandte, und
Ton dem wir eine Beschreibung seiner Heise besitzen'). Er nennt sich
1) Sudendorf Beg. U, 181.
*) Bei Fraher I, 263 und ed. StniY. p. 330. Murftt. VI, 916. NoUr heUst
er nnr in der UeberBchrift, in der SaluUtio ßHua primogemtu$^ nnd ebenso in
einer sweiten Hsndschrift des folgenden Berichts.
*) Bei Sudendorf Beg. II, 134. Er seigt, wm und wie riel in der Chronik
absichtlieh bei Seite gelassen wurde.
«) Mitgetheüt von Dr. Nolte im Ans. d. Germ. Mus. XXI (1874), 375,
▼gL XXII, 244, wo auch ein Gedicht desselben G. an den Pfarrer Wimher
Ton Soest gedruckt ist.
»} Ebenda XXI, 374. An der Verherrlichung Anno's durch die Eleration
Ton 1183 liefs man sich freilich in Siegburg durch die kaiserliche Gesinnung
nicht stören (oben S. 87).
*) Laurent, Burchard Ton Strafsburg, im Serapenm XIX, 145 — 164; Nach-
trag XX, 174 — 176. Der hier gedruckte Bericht ist ein Aussug und die Er-
wähnung Thetmars wohl spfttere Zuthat. Ohne diese und ausifhhrlicher hat
den Bericht Arnoldus Lub. VII, 10 mit dem fakchen Namen Gerhard. Auch
22*
340 ^^* Staafer. { 19. Die Reichsgeschichte.
da Yltzthnm der Strafsbnrger Kirche, und hat dieses Amt wohl nach
seiner Heimkehr angpetreten; 1182 bis 1194 ist er dort nrknndlich
nachgewiesen. Manches spricht deshalb dafftr, dafs er der Verfiasser
unserer Chronik war, deren älteste Handschrift gerade auch bis 1175
reicht, doch könnte er sich auch anf die ausfQhrliche Erz&hlnng jener
Jahre beschränkt haben nnd diese in die Chronik aufgenommen sein.
Dafs ein vielbeschäftigter Mann, der ohne schriftliche HtQfsmittel,
vielleicht nach ungenauen Notizen, seine Darstellung schrieb — denn
anf ganz gleichzeitige Anfzeichnung deutet nichts — allerlei Fehler
und Auslassungen sich zu Schulden kommen liefe, kann kaum auf-
fidlen^). Nach einer Notiz soll ein Burchard auch den Ereuzzug
Friedrichs I beschrieben haben, dessen ausf&hrliche Darstellung wir
ebenfalls in unserer Chronik finden').
Durch die Seuche des Jahres 1167 wurde Friedrichs Siegesflug
gebrochen und Beinald weggerafiFt; hat dieselbe Feder unsere Annalen
fortgesetzt, so war auch ihr Schwung gelähmt, doch hebt sich die
Darstellung ^neder und schliefst 1175 in gehobener und siegesfreudiger
Stimmung ab. Die weitere Fortsetzung bis 1199 scheint am reinsten
erhalten zu sein in einer erst jetzt von Waitz entdeckten Wiener Hand-
schrift, in welcher sich eine völlig neue und selbständige Cölner Beichs-
geschichte anschliefst, die leider 1220 abbricht, da der Best verloren
ist'). Bisher war nur ein Bruchstflck davon bekannt*).
Eine andere Fortsetzung von 1200 bis 1238 findet sich in der
früher allein bekannten Handschrift, welche der Custos Theoderich ftr
das Kloster zu St. Pantaleon hat schreiben lassen, und in einer an-
deren von Otto, Schöffen zu Neufs, besorgten Abschrift der Marien-
kirche zu Aachen. In dieser sind einige Zusätze und Abweichungen,
jene aber ist das Original und 1204, 1217, 1220, 1226, 1236 ist ein
der Wiener Cod. 362 hat die Jahressahl 1175i ebenso Cod. Vftt 1202, Aroh.
XII, 223. Die Urkunden von 1182 bei Ch. Schmidt, Eist, du Chapitre de
St. Thomas de Strasbourg p. 294.
1) Irrthümlich hatte ich in der 3. Aufl. gesagt, dafs er Alexander aner-
kenne u. deshalb erst nach dem Frieden von Venedig geschrieben haben
könne. Dars die Stelle 1156 über die Dauer des Schisma sp&terer Zusats
ist, wird durch die Wiener Hs. best&tigt.
*) Brocardi annales de Friderici in terra sancta gestis habet Wolfg, La-
jettM, Bibl. instituta a Conr. Gesnero, in epitomen redaota per Jos. Simlemm
(Tigur. 1674) S. 104 nach Laurent Es kann Verwechselung mit dem oben er-
wähnten Reisebericht Burchards sein.
*) ChrofUcae Regiae CoUmxenm ConOnuatio 1 ed. 6. Waiu SS. XXIV,
1-20.
*) Mit Aussfigen aus Caesar. HeisL Mir. rerbunden in den Annales Colon.
nUnimi, SS. XVII, 848—852.
Chronik von St. Pantaleon. 341
Wechsel der Schreiber sichtbar. Der erste Theil ist vielüach abge-
kürzt, enthält aber auch werthyolle Zusätze, die sich auf Cölner Ge-
schichten beziehen, und die Folge der Aebte von St. Pantaleon^). Die
Fortsetzung bewahrt jedoch den Charakter einer Beichsgeschichte und
erst nach Heinrichs VI Tod treten locale Beziehungen stärker hervor.
Die zwischen dem £aiser und den Erzbischöfen ausgebrochene Feind-
schaft bringt den Schreiber sehr in Verlegenheit, da er bei kaiser-
licher Gesinnung doch die Erzbischöfe nicht tadeln will, und er läfet
deshalb vieles, was ihm bekannt war, ungesagt. Bücksichtsloser ver-
fährt der zweite Fortsetzer von 1203 bis 1216, welcher Erzbischof
Adolf sogleich scharf tadelt. Die weitere Fortführung ist sehr un-
gleichartig, theilweise dürftig und lückenhaft, dann wieder zu aus-
führlicher und genauer Darstellung sich erhebend. Vorzügliche Auf-
merksamkeit ist den Kreuzzügen zugewandt; Briefe und Berichte
darüber, deren Spur in den Chroniken jener Zeit so häufig zu finden
ist, sind benutzt oder vollständig aufgenommen*). Ohne Zweifel ist
dieser ganze Theil der Chronik theils gleichzeitig eingetragen, worauf
auch an manchen Stellen die bunte Folge kurz angemerkter Ereig-
nisse führt, theils nach kurzem Zwischenraum verfafst. Auf eine Ver-
knüpfung der Ereignisse wird überhaupt wenig eingegangen, mehr
äufserlich die Thatsachen an einander gereiht und ein eigenes TJrtheil
eher vermieden, mochte auch in Mitte erbitterter Gegensätze nicht
rathsam sein. Selbst über Konrad von Mai'burg erlaubt der Chronist
sich nur einen sehr vorsichtigen Tadel. Vorherrschend ist durchaus,
der Anlage des ganzen Werkes entsprechend, der kaiserliche Stand-
punkt; so weit es möglich ist, wird nach der Weise der alten Beichs-
annalen der regierende Kaiser als legitim und berechtigt betrachtet,
1) Darin sind auch die Annalen ron St. Alban bis 1113 benutzt, s. Scheflfer-
Boichorst, Ann. Patherbr. 8. 19—22. Schum. S. 98—102.
*) Henrorzubeben sind unter diesen riel benutzten Quellen die leider nur
unToIlst&ndig und mangelhaft herausgegebenen Scbrüten des C<(lner Scbolasticus
Oliver, eines geborenen Westfalen, sp&ter Bischof von Paderborn und Card,
von S. Sabina, gest. 1225, der in Westfalen und Friesland mit grofsem Erfolge
das Kreuz predigte, den Zug gegen Damiette selbst mitmachte und sog^r den
Sultan durch Briefe zu bekehren Tersuchte. Hist Regvm Terrae Sanctae bei
Ecc. Corp. II, 1355. Eist Damiatina ib. 1398. Vgl. Böhmer, Begg. Imp.
p. LXXII. Fickers Engelbert p. 251. W. Junkmann, Mag. Oliverius und der
Kreuzzug Ton Damiette, Kath. Zeitschrift (Münster 1851) I, 99 ff. 205 ff.
Fr. Zamcke: Ueber OL Hist. Dam. u. das sog. dritte Buch der Hist. or. des
Jacob Ton Vitry, Berichte der phiL hist Cl. d. K. S&chs. Ges. d. Wiss. 1875,
8. 138—148. — Zu 1217 ist Oosvini de expugnaHone Salaciae Carmen benutzt,
gedr. Monum. Portug. I, 102—104, wie Kehricht bemerkt. Forsch. XVI, 148;
S. 153 — 156 ist der Bericht der Ann. aus einer Leydener Hs. erg&nzt. Eün-
anderer Bericht ttber diesen Zug ist im.Memoriale Potestatum Begiensium bei
Murat. YIII, 1101.
342 ^'- SUufer. S 19. Die Rmchsg^eschichte.
und was er thnt als wohlgeihaii. Ist der Pabst sein Gegner» so wird
das kurz und ohne weitere Bemerknng ausgesprochen, aber wenig
Bücksicht darauf genommen. Otto IV heifst der Kaiser bis an seinen
Tod; als C5hier ist der Chronist ihm sehr zngethan, wendet sich aber
doch nicht minder anch Friedrich 11 zn, sobald dieser die Anerkennmig
der Fürsten erlangt.
Mit der sehr ausführlichen nnd werthyollen Darsteünng der Jahre
1336 nnd 1237 endigen diese von yerschiedenen Yerfiassem herrühren-
den Fortsetzangen. Dafs noch weitergehende Annalen vorhanden waren»
war nicht nnbekannt; Snlpiz Boisser^ hatte schon 1846 daraas die
sehr merkwürdige Stelle über den Brand des alten Domes 1248 and
den Beginn des Neabanes mitgetheilt. Dennoch blieb diese Spar an-
berücksichtigt, bis 1868 Alf. Haber im vierten Band der Fontes die
Annales S. Pantaleonis von 1238 bis 1249 heransgab, welche
daraaf von H. Cardaans genaaer geprüft and gewürdigt, and endlich
von demselben mit Benatzang einer zweiten Handschrift aach in den
Monnmenten heransgegeben warden. Sie schliefsen sich der Eönigs-
chronik an, obgleich sie jetzt handschriftlich nicht mit ihr verbanden
erscheinen, and bieten, von einem Mönch za St. Pantaleon gleich-
zeitig mit den Ereignissen verfa&t, eine förmliche Beichsgeschichte
in bester Weise, so gnt sie in jenen wirren Zeiten möglich war, na-
türlich mit vorzüglicher Berücksichtigong des Cölner Erzbisthams.
Die von kaiserlicher and päbstlicher Seite einlaafenden Manifeste and
Berichte machten es ihm möglich, anch über entferntere Vorgänge
genane Mittheüangen za machen. Die vorsichtig znrückhaltende Dar-
stellang gegenüber den grofsen Gegensätzen, welche alles mit Kampf
and Verwüstang erfllllten, finden wir auch hier wieder^).
Von entschieden staafischer Färbang ist dagegen eine andere im
13. Jahrhundert in Schwaben entstandene Beichsgeschichte, welche
ebenfalls an Ekkehards Chronik angeknüpft ist'). Der Verfasser der-
selben heifst Burchard; er war in der zweiten Hälfte des zwölften
Jahrhunderts in Biberach (es liegt eins in Oberschwaben, ein anderes
im baierischen Schwaben) geboren, hatte noch den am 15. December
1191 verstorbenen letzten Weif gesehen, und war im Jahre 1198 oder
1199 als junger Laie in Italien. Bald nachher (1202) erhielt er in
') Amiaks S. Pantaleonis Coloniensis, Fontt. IV, liv— lvii, 470—496.
MG. SS. XXII, 529 — 547. H. CardauDs im Archir f. Gesch. des Nieder-
rheins VII, 197 — 240. Vgl. auch Scheffer - Boichont in d. Hut. Zeitschr.
XXIX, 451.
*) Burchardi et Chuonradi ürgpergensituH Chronicon edd. 0. Abel et
L. Weiland, MG. SS. XXUI, 333 — 383. Eine anfgefiindene Hb. saeo. XIV.
NA. U, 448.
Burchard Ton Vraperg. 343
Coostanz Tom Bischof Diethelm die PriesterweilLe. im Jahre 1205
trat er in das Prftmonsiratenser Kloster Schnssenried ein, wo er 1209
snm Probet erw&hlt wurde. Im Jahre 1211 war er in Bom, wo er
ein p&bstlichea Privileg fOr sein Stift erlangte; 1215 aber folgte er
einer Bemfnng als Probet nach ürsperg, wo er zu Ende des Jahres
1226 gestorben ist
Wie Lambert und andere seiner Vorgänger hat Bnrchard früh-
zeitig Materialien ftr sein (Jeschichtswerk gesammelt^) nnd diese in
den letzten Jahren seines Lebens verarbeitet. Ekkehards Chronik legte
er mit geringen Yerändernngen zu Grunde; fOr die nächste Folgezeit,
die Begienmg Lothars nnd Konrads, bennzte er vorzflglich das Werk
des ungenannten Weingartner Mönches Ober die Weifen (bis 1167),
welches er fast ganz ausgeschrieben hat
Otto's von Freising Chronik kannte er, entnahm aber weniig daraus,
vielleicht weil eben dieses Werk schon im Kloster vorhanden war und
er es als bekannt voraussetzen konnte.
Ganz besonderen Werth erh< aber Burchards Werk dnrch die
Benutzung sonst nnbekannter italienischer Quellen, die er auf seinen
Beisen kennen gelernt hatte, wo er auch wohl manches aus mtkndlicher
Ueberlieferung schöpfen mochte*). Schon im ersten Theile seines
Werkes finden sich eigenthümliche Nachrichten solcher Art, und unter
Friedrich I tritt immer mehr als Hauptquelle das Werk des Priesters
Johannes von Cremona (S. 251) hervor, aus dem er sehr viel ent*
lehnt hat. Es reichte nach 0. Abers Ansicht etwa bis zum Frieden
von Venedig, weil von da an Burchards Erzählung unsicher und dQrftig
wird, bis ihm Ober den Kreuzzug des Kaisers wiederum ein italienischer
Bericht besseren Anhalt gewährt*). Weiland ist jedoch jetzt der Mei-
nung, dafs das Werk des Johannes von Cremona, dessen Benutzung
bei Burchard nicht über 1162 reicht, nicht viel mehr enthalten habe,
als was dieser uns mittheilt; dafs auch Leo Allatius nnd Onufrius
Panvinius ihre Kunde davon nur aus dem XJrspergensis schöpften^).
So weit ist nun Burchard fast nur Compilator, er hat den Stoff,
^) 1217 sagt er selbst: sieut nos ipsi annoUTimiiB.
') Der „qoidam scriptor^ S. 342 ist aber der Verfssser der Vita Nor-
bert! B, wie Oiesebrecht bemerkt hat. Nach Giesebr. IV, 405 hat er auch
die Annales Beatini benntit.
*) BreoU higtoria ocaqxiiionis et amisäonü Terrae Sanctae bei Eooard U,
1349—1354 (oben S. 242); TgL Abel im Arcb. ZI, S. 97—99. Nach Pannen-
borg Forsch. XIII, 329 ist auch Gunther's Historia Constantinopolitana benntst.
«) In der Selbstkritik seiner Ausgabe, G6A. 1877 S. 787 --788. Br weist
daselbst die von Winkelmann HZ. XXXIV, 186 angenommene Benntsimg der
Ann. EinsidL migores als einer gans spaten Compilation lorfiok.
344 ^* Staufer. {19. Die Beiehsgeschichte.
obgleich er selbst höhere Anfordemngen an einen Historiker stellt,
dnrchans nicht beherrscht und Terarbeitet; anch fehlt es hier nicht
an Dehlern nnd Irrthümem. Abel yermnthet daher, dafe er nicht mehr
zu der letzten Ausarbeitung seines Werkes gdang^ sei, yieUeicht ge-
hindert durch den Brand seines Klosters im Jahre 1225. Nach einer
Nachricht hätte sogar erst sein Nachfolger Konrad die Chronik, so
wie sie uns vorliegt, aus yorgefnndenen Bruchstücken zusammen-
Mit den letzten Jahren Heinrichs VI beginnt nun das eigene
Werk Burchards; von hier an berichtet er ganz selbstAndig als ein
vortrefflich unterrichteter Zeitgenosse, der durch viel&che Verbindungen
sich von allen Seiten zuverlässige Nachrichten verschafft hat. Seine
eigene Gesinnung, seine Auffassung der Begebenheiten verschweigt er
nicht; er- ist durch und durch stauflsch gesinnt und spricht Aber die
päbstliche Politik die bittersten ürtheile aus. Jene Verblendung, die
noch im zwölften Jahrhundert so viele der trefflichsten Männer in
Deutschland zu blinden Werkzeugen der römischen Politik machte,
war jetzt völlig gewichen, der falsche Glanz zerflossen. Es fehlte der
päbstlichen Curie auch jetzt nicht an Bundesgenossen in Deutschland,
aber die einsichtigen und wohlgesinnten Männer, denen das Wohl
ihres Vaterlandes und auch das wahre Wohl der Kirche am Herzen
lag, sind einstimmig in der Bitterkeit gegen die Päbste des dreizehnten
Jahrhunderts.
Ganz in demselben Sinne schrieb auch Burchards Nachfolger, der
Probst Konrad von Lichtenau, der zuerst nach einer schriftlichen
Quelle über die Eroberung und den Verlust von Damiette berichtete
und dann die Geschichte selbständig bis 1229 fortsetzte, leider nicht
weiter, obgleich er erst 1240 gestorben ist. Es sind aber auch schon
vor 1225, wie Winkelmann nachgewiesen und Weiland zugegeben hat,
Stellen welche nicht von Burchard herrühren können, und dieAntheile
beider lassen sich nicht von einander sondern.
Diesem Konrad, den man irrthümlich Abt von ürsperg nannte,
wurde lange Zeit das g^ze Werk zugeschrieben. Nachdem schon im
fünfzehnten Jahrhundert die hieraus geschöpfte Geschichte Friedrichs I
gedruckt war^), erschien 1515 in Augsburg nach Peutingers Abschrift
>) Hktoria Friderid Im^eratorü magni, fol. s. L et a., wiederholt 1790
in qn. Ton Christmanii , mit Burchards Namen. Abel 8.81 and 112 — 115.
I^oeh eine Abschrift aus dem Druck NA. III, 431. Ueber eine Yerdentsehnng
Hersehel im Serap. XV, 58. £igentliümliches findet sich nur am Anfang über
die Staufer aus den Miracnla S. Fidis (8. 280) und aus dem Kloster Loreh.
Leuteres jetst MG. 88. XXIII, 384. 385.
Unperger Chronik. Strafsbnrg. §45
die erste Ausgabe der Chronik des Abtes Ton TJrsperg, imd 1569
wurde der Name Eonrads von Lichtenau hinzugefDgt. Der erste Theil
ist nun als Ekkehards Werk erkannt und herausgegeben; Hber Bur-
chards und dionrads Werk hat 0. Abel eine treffliche Abhandlung
verf&Tst^), und eine Ausgabe vorbereitet, welche von L. Weiland
Yollendet ist.
Eine dritte Hauptquelle der Beichsgeschichte bis 12S8 war bis
auf die neueste Zeit nur durch Auszfige Alberts von Strabburg bekannt;
in vollständiger und ursprünglicher Oestalt wurde sie von Böhmer ent-
deckt und unter dem Namen der Strafe burger Annalen mit Weg-
lassung des nicht eigenthtUnlichen Theiles der Nachrichten bekannt
gemacht*). Jetzt ist das ganze Werk unverkürzt von B. Wilmans
unter dem Namen der Marbacher Annalen herausgegeben*).
Diese Annalen schliefse& sich nicht der Chronik des Ekkehard an,
sondern der Chronik des Otto von Freising; sie finden sich mit der-
selben in einer (jetzt Jenenser) Handschrift und sind verfafst mit der
ausgesprochenen Absicht, eine Erg&nzung zu diesem Werke zu geben.
Die kurzen Strafsburger Annalen von 673 bis 1207 bilden gewisser-
maüsen die Grundlage; sie sind ergänzt mit Benutzung von Einhards
Leben Karls, mit dem aber hier schon Turpins Lügen verbunden sind,
von Bemold, und dem Leben Friedrichs I von Otto von Freising; da-
zu treten dann, aufser einem Bericht über den Ereuzzug gegen Da-
miette, vielleicht demselben, welchen Eonrad von Lichtenau benutzte,
der aber hier nur angeführt ist, gleichzeitige Aufzeichnungen aus dem
Elsafs, deren wechselnde Reichhaltigkeit auch den Werth unserer
Chronik bestimmt Am bedeutendsten sind sie für die Jahre 1180 bis
1200; dann ist unter dem Jahre 1201 eine verwirrte Zusammenstellung
eingeschoben und mit 1208 von neuem, doch nicht vor 1213, begonnen.
Auch weiterhin fehlt es nicht an chronologischen Fehlem und anderen
Zeichen, daCs der Verfasser seine Erinnerungen und Materialien erst
nachträglich zusammenstellte. Die Beichsgeschichte darzusteDen ist
sein Ziel, und locale Beziehungen kommen daher wenig vor; sie führen
1) ArehiT XI, 76 — 115. Vgl. aach St&lin II, 10. Bl^hmers Begg. 1198
bis 1254 p. LXX. Ueber die von Burchard aufgenommenen Excerpta Velieji
oder ex Qallica hütoria s. M. Herta in Haupts Zeitschrift X, 2. Mafsmann,
Kaisercbronik III, 308 — 313. Sie sind jetst von Weiland herausgegeben, MG.
SS. XXin, 385—390.
*) Annales ArgentinenMs pleniores, Fontes III, 66-- 113.
*) Ann. Marbacenses 631 — 1238, mit Zus&Uen bis 1376 ed. Wilmans,
MO. SS. XVII, 142—180. Vgl. dessen Abhandlung: Das Chronicon Marba-
eense, sonst Ann. Arg. genannt, und sein Verh<nifs zu den Hbrigen 6e-
schichtsquellen des E&asses, Archiv XI, 115 — 139. Ein Denkmal der gram-
matischen Stadien in Marbaeh im Ans. des Germ. Mus. XIX, 122.
346 ^' SUufer. I 19. Die Reiohageschickte. {20. Küserchronikenu
nach dem Aagnstiner Ghorherrenstift Marbach in der N&he ron Colmar,
wo auch diese Aafzeiehnnngen in den Annalen benutzt worden sind;
doch stand der Ver&sser auch dem Gistercienserkloster Nenbnrg an
der Motter nahe. Jetzt aber hat wieder C. Hegel die Oeringf&gigkeit
dieser Beziehungen, den überwiegend Stra&burger Charakter des In-
halts betont; er ist geneigt, den Verfasser dem StraCsburger Angustiner-
kloster zur h. Dreistigkeit zuzuweisen, dessen Stiftung 1226 von
ICarbach aus in den Annalen erw&hnt wird^). Der Urheber der An«<
nalen, wo er auch gelebt haben möge, ist wie Burchard entschieden
staofisch gesinnt, und seine Mittheilungen sind von grolsem Werthe.
Benutzt sind sie tou Fritsche Closener, Albert von Strafsburg und
Trithemius.
Nicht zufällig ist es, dafs gerade um diese Zeit die in so auf-
Mender Weise neu erblühende Beichsgesbhichte ein yorschuelles Ende
findet. Ihrer Natur nach kaiserlich gesinnt, verstummt sie, wenn
die Unruhe im Beiche überhand nimt und ein Mittelpunkt fehlt, an
den sie sich halten könnte. Die ungünstige Wendung, welche Frie-
drichs n Geschick im Jahre 1238 nahm, die von neuem ausbrechende
Zwietracht mit dem Pabste, lieben keine Werke dieser Art mehr auf-
kommen und erst mit Budolf von Habsbnrg tritt eine Nachblüthe ein.
In Stralsburg tritt uns das aus den Sammlungen Ellenhards
(oben S. 307) und der mit Budolf neu beginnenden Eönigschronik Got-
frieds ?on Ensmingen deutlich entgegen. Auch der Abt Hermann
von Altaich gehört nicht mehr dieser Periode an, da er erst zwischen
1251 und 1260 seine Chronik verfafste und an die Werke Ekkehards
und Otto's von Freising nichts anderes anzufügen hatte, als die Salz-
burger Annalen bis 1234, darauf aber in der dürftigsten Weise bis
1250 fortfahrt und erst von hier an Bedeutung gewinnt').
Nicht unerwähnt dürfen wir endlich die Chronik des Engländers
Matheus von Paris lassen (der Grund seines Beinamens ist nicht
bekannt), obgleich sie der deutschen Historiographie fem steht; er
baute (bis 1235) auf der Chronik des Boger von Wendover, wie die
Deutschen auf Ekkehard. Aber er hat eine so reiche Fülle von Nach-
1) Die Chroniken der deutschen St&dte VIII, 50—53.
*) Hermanm AÜahenm Annales mit der Fortaetsung Eberhards 1152 bia
1305, Fontes II, 486 — 554. AmaUs et Hütoriae ÄUakenm ed. Jaffi^, MG.
BS. XVII, 351 — 605. Hier ist suerst gründliche Ordnung in diese wirre Masse
gebracht. Werthrolle Nachrichten auch über ältere Verh&Itnisse giebt Hermann
in den Uebersiohten, womit er nach Ekkehards Vorgang die Regierungen der
Kaiser eröffnet, dann 1156 bei der Erhebung Oestreichs cum Herzogthum, und
in der Klostergeschichte. VgL 0. Lorenz I, 146 u. Nachtr. II, 336. OmtimaUo
tertia a. 1273—1303 ed. Waita SS. XZIV, 49.
Stralaburger Annalen. Matheus ron Paris. 347
richten (Iber die letzten E&mpfe der Stanfer aufbewahrt, dab er hier
zeitweise als die Hanptquelle anzuerkennen ist, mid um so schätzbarer,
weil er diese Yerhftltnisse in gnröfiserem Znsammenhange anffafiste, nicht
anf die Grenzen eines Seiches beschränkt. Er war Mönch yon St.
Albans in England, stand aber dem König Heinrich HE nahe, war in
Folge einer geschäftlichen Mission nach Norwegen eng befreundet mit
König Hakon, und hatte die besten Gelegenheiten, Nachrichten Hber
die Weltbegebenheiten einzusammeln und wichtige Actenstücke zu er-
halten, die er yoUst&ndig in seine Chronik aufnahm. Dab über die
entfernten Begebenheiten auch fiedsche Berichte ihm zukamen und Auf-
nahme in sein Geschichtswerk fanden, ist nicht zu verwundem. Sehr
geneigt war Matheus zu scharfem ürtheil und schonungsloser Ver-
werfung und niemanden greift er bitterer an als den päbstlichen Stuhl,
während er Friedrich £[ preist; demgemäfs findet er auch noch heut
zu Tage je nach der politischen Gesinnung des Lesers Lob und Tadel ^).
§ 20. Kaiserchroniken.
AUe die Werke, welche wir eben betrachtet haben, sind in der
Form von Annalen abgefafst, welche nun 'einmal seit alten Zeiten
flblich war und fCLr die geschichtliche Genauigkeit grofse Yortheile
darbot. Andererseits beengte sie die Darstellung und es hat daher
auch nie an Männern gefehlt, welche sich von dieser Fessel losmachten.
Wer wie Otto von Freising die ganze Weltgeschichte nach bestimmten
Gesichtspunkten überblicken wollte, konnte sich an solche Schranken
nicht binden. Anderen war die annalistische Form zu umständlich,
indem sie nur bezweckten eine kürzere üebersicht der Geschichte zu
geben; zu diesem Zwecke genügte ihnen als chronologischer Anhalt
die Folge der Kaiser, und sie hatten daran zugleich einen bequemen
Bahmen, in dem sich alles denkwürdige anbringen liefs. Ekkehard
hatte beides vereinigt und mancher folgte seinem Beispiel, während
andere sich mit einer summarischen Zusammenstellung der Ereignisse
unter jedem Kaiser und einer Charakteristik desselben begnügten. So
») Maihei Pärisienm Hktoria mc^or 1066— 1273. Beste Ausgabe ron
Wats, Lond. 1684, die neue tob Luard ist noeh uuTollendet, rgL B. Pauli,
HZ. XXXI, 205—208, XXXVIII, 343—346, u. die Untersuchnngen ron Duflfus
Hardy im Deseriptire Catal. lU. FVansösische UeberseUnng tod HuUlard-
Br^hoUea, Par. 1849, 9 Bde. ES. Historia Anghrvm ed. Fr. Madden, Lond.
1867-1869, 3 B&nde. Vgl Böhmer, Begg. Imp. p. LXXIX. PauU IH, 881
bis 883, n. in d. Bist. Zeitschr. XXVI, 463. XXIX, 201. Bogen Wmdover
Fhres Histariarum ed. Coze, 1841 — 1844; enthalten im letaten Bande die
Varianten des M. P. bis 1236.
348 ^ • SUnfer. { 20. Küiserchroniken.
verfahr im zwölften Jahrhundert Honorins und im dreizehnten .der Ver-
fasser der Sächsischen Weltchronik, der ersten prosaischen Chronik
in deutscher Sprache, welche lange nnr in mangelhaftem Abdruck einer
Handschrift als »Lünebnrger Chronik** ^), und in einzelnen Bruchstücken
bekannt war, jetzt aber YoUständig vorliegt. Nachdem 1857 H. F. Mafs-
mann sie als «Das Zeitbuch des Eike von Bepgow** herausgegeben,
dabei aber in Bezug auf die kritische Behandlung viel zu wünschen
übrig gelassen hatte, ist nun von L. Weiland eine mit unsäglichem
Fleifs nach allen bekannten Handschriften gearbeitete Ausgabe*) er-
schienen, deren Einleitung die Besultate jener umfassenden kritischen
Untersuchungen bringt, durch welche der Verfasser sich schon früher
den Weg gebahnt hatte und welche zum Theil schon in der letzten
Ausgabe dieses Buches benutzt werden konnten*). Da zugleich auch
die sonstigen Arbeiten, welche sich auf die Sachsenchronik beziehen,
dort vollständig angeführt und berücksichtigt sind, so können wir uns
hier die Anführung derselben ersparen.
Ueber die Person des Verfassers fällt ein zweifelhaftes Licht durch
die Worte der gereimten Vorrede:
logene sal uns wesen leit,
daz ist des van Repegouwe rat.
Liegt es nahe, hierbei an den Verfasser des Sachsenspiegels zu denken,
der hier nach einer in mittelalterlichen Werken nicht seltenen Weise
in halb versteckter Andeutung sich als den Verfasser zu erkennen
gebe, so steht dem der Ausdruck (S. 116) „We geistliken lüde" ent-
gegen. Und wenn auch diese Worte aus einer Quelle, etwa der voll-
ständigeren Chronik Alberts von Stade, übersetzt sein könnten, so hat
doch Weiland Gründe von ganz überwiegendem Gewicht dafür geltend
gemacht, dafs nur ein Geistlicher die Chronik verfafst haben könne;
eine so umfassende litterarische Bildung ist bei einem norddeutschen
Laien in jener Zeit undenkbar. Da nun aber doch die letzten selV
ständigen Theile der Chronik die Entstehung derselben gerade der-
selben Gegend zaweisen, in welcher Eike lebte, und ein Zusanmienhang
deshalb nicht abzuweisen ist, so legt Weiland Gewicht auf eine
Aeufserung von mir, dafs ja nicht gerade Eike der Verfasser gewesen
Eec. Corp. I, 1316—1412 nach der Gothmer Handschrift.
S) Deutoche Chroniken (Neue Serie der MG.) II. 1877. Mit allen Fort-
setzungen. Der erste Band soll die Kaiserchronik bringen. — Ueber die ver-
mifste Hs. des Freih. r. AufiBcIs (S. 7) s. NA. II, 606.
>) Zur Quellenkritik der Sachsenehronik, Forsch. XIII, 157 — 198. Die
Sachsenehronik und ihr Verfasser, Forsch. XIV, 457—610.
S&chaUche Weltchronik. 349
ZU sein brauche. Ich mnfs es jedoch selbst als sehr nnwahrscheinlich
bezeichnen, dafs ein Geistlicher überhaupt, und ein von Bepgau gerade
dort und in der Zeit neben dem berühmten Eike, an welchen jeder
zunächst denken muCste, sich in solcher Weise bezeichnet haben sollte.
Am ansprechendsten erscheint mir deshalb die Yermuthung Weilands,
dafs Eike nicht die Chronik, wohl aber die gereimte Vorrede yerfafst
habe, um dadurch ein Werk zu empfehlen, das auf seinen Antrieb,
unter seinen Auspiden yerfafst war.
Da(s ein Mann, welcher das heimathliche Recht in der Mutter-
sprache allgemein zugänglich gemacht hatte, den damals ganz neuen
Gedanken hatte, auch die Geschichte in solcher Weise, in niederdeut-
scher Prosa, zum Gemeingut zu machen, wirkliche Geschichte auch der
neueren Zeit anstatt des phantastischen XJnterhaltungsbuches der Eaiser-
chronik, ist den Verhältnissen YoUkonmien entsprechend. Dafs ihm
bei der Ab&ssung des Sachsenspiegels die Chronik nicht vorlag,
dürfen wir wohl als erwiesen betrachten; er mag gerade da den
Mangel empfunden haben. Der Verfasser der Chronik aber hat ohne
Zweifel das Eechtsbuch gekannt. Wie dieses in einer Classe ron
Handschriften mit erläuternden Bildern yersehen ist, um dem populären
Verständnifs zu Hülfe zu kommen, so scheint die Chronik yon Anfang
an mit 'bildlichen Darstellungen ausgestattet zu sein, die wir yon jetzt
an häufig in populären Geschichtswerken antreffen.
üeber die Zeit der Abfassung und über das Verhältnifs der stark
yon einander abweichenden Texte sind sehr yerschiedene Meinungen
aufgestellt; Weiland aber hat nicht nur mit Lappenberg, Holtzmann,
Waitz, gegen Mafsmann und G. Schoene die Ursprünglichkeit des
reicheren Textes der Gothaer Handschrift (C) erwiesen, sondern auch
die scheinbaren Gründe tGn die frühere Abfassung eines Theiles der
Chronik widerlegt. Er bewies nämlich, dafs dieselben Quellen, nament-
lich die yon ihm nachgewiesene reichhaltigere Fassung yon Alberts
yon Stade Chronik (oben S. 337) bis an das Ende des Werkes gleich-
mäfsig benutzt worden sind. Derselbe Umstand yerbietet uns aber
auch, die yerschiedenen Becensionen yerschiedenen Verfassern zuzu-
schreiben; er selbst hat zuerst die kürzeren Fassungen A und B, und
dann die ausführlichere C yerfafst, zu letzterer in reichlichem Maafse
die fabelhafte gereimte Eaiserchronik heranziehend, so wenig auch
deren Märchen zu der sonst ganz nüchternen Darstellung pafsten.
Zu Grunde gelegt sind Ekkehard und die P5hlder Chronik, durch
deren Entdeckung ein ganz neuer festerer Boden für die Kritik unserer
Chronik gewonnen ward. Zahlreiche Legenden sind damit in Verbin-
dung gebracht. Weiterhin ist das Werk des Albert yon Stade die
350 ^- Stanfer. { 20. KaMerchroniken.
Hanptqnelle, wozu in C anch die CSironik des Lüneborger Michaelis-
klosters, ebenÜELÜB in reicherer Fassung als der nns erhaltoie Anszüg,
herangezogen ist. Pen angeblichen Chronisten Wtihelm van deme lande
(wer EUüs hält Weiland fftr nicht yerschieden von Hrimold, dessen
Werk dem Verfasser nnr in abgeleiteter Form bekannt war. Yorztiglich
werthvoUe Nachrichten, besonders ans der Zeit der KOnige Philipp
nnd Otto, f&hrt Weiland anf die Benotznng der verlorenen Gesta Wich-
manni, Ladolfi, Alberti, der Magdeburger Erzbischöfe (bis 1230), znrflcky
welchen vielleicht anch der Bericht über Friedrichs I Erenzzng ent*
nommen ist.
Wahrscheinlich ist keine Ansgabe der Chronik vor 1237 ver-
öffentlicht; sie hat offenbar viel BeiM gefunden, nnd lebhafte Nach-
frage veranlafiste den Yafasser zn immer nenen Bearbeitongen. Anf
die ältere Qeschichte vorzüglich kam es dem Leser an, da die jüngste
Vergangenheit noch im Ged&chtnifs war. Deshalb gehen anch die
ersten Ansgaben nnr bis zn drei verschiedenen Haltpnnkten im Jahr
1225, weitere bis 1230 nnd 1235; eine bis 1238 reichende hat der
Lübecker Chronist Detmar benutzt, die letzte reicht bis znm 28. Dec.
1248. Vor Friedrichs n Tod sind alle Versionen abgeschlossen.
Nach ansffthrlicher Behandlnng der alten Geschichte, welche ftr
viele Leser den Hanptreiz bieten mochte, behandelt der Verfasser die
dentsche Beichsgeschichte in nüchterner Trene gegen seine Qnellen.
Er stellt nnter jedem Kaiser die wichtigsten Ereignisse znsammen,
ohne Beschr&nknng anf ein besonderes Gebiet, aber doch mit vorzüg-
licher Berücksichtigung der norddentschen Lande. Eine tiefer gehende
historische Auffassung findet sich nicht, man kann kaum sagen, ob
der Verfasser kaiserlich oder päbstlich gesinnt war; doch ist sein
Herz mehr auf staufischer Seite. Er beschränkt sich aber in der
Begel auf einfache kurze Erzählung. Nur einmal erhebt er sich zn
einer längeren Betrachtung, die jedoch einÜEtch moralischer Natur ist,
in der an Kaiser Constantin angeknüpften schönen Stelle über das
Leben der ersten Christen und die seitdem eingerissene Verderbtheit,
namentlich der Geistlichkeit. Hier eben ist es, wo er als (Geistlicher
spricht, doch bleibt es fraglich, ob er nicht anch diesen Sermon in
seiner Quelle fand. Bestimmte Jahreszahlen giebt er, ausgenommen
bei den Kaisem selbst über ihre Wahl und ihren Tod, nur selten an,
folgt aber doch im ganzen der chronologischen Ordnung und unter-
scheidet sich deshalb nicht sehr von den Mher erwähnten Annalen,
welche er ja auch zu Grunde legte. Aber das Beispiel der Abweichung
von dieser Form war bedeutend; es gab späteren Schriftsteilem Anlafs,
Sftehsiiehe Weltcbronik. 35X
in ähnlicher Weise sich auf die Beihe der Kaiser nnd einige Haupt»
begebenheiten m beschränken.
Wo der Verfasser seiner eigenen Zeit sich n&hert und selbständig
¥orxugehen genöthigt ist» berichtet er vorwiegend von den Vorgängen
in der Magdebni^er Gegend; den grofsen Kampf der höchsten Ge-
walten bertthrt er nur yorsichtig nnd übergeht wichtige Begebenheiten,
von denen er doch nnterrichtet war, wie wir ans seinem eigenen Werke
ersehen. Schon entfiremdeten sich diese Gegenden mehr nnd mehr
dem Beichsleben; nnr spärliche Knnde drang ans der weiten Feme
hierher, und erregte kaum noch lebendige Theilnahme.
Basch verbreitete sich die Chronik nnd scheint begierig gelesen
zn sein; doch wurde ihr Wirkungskreis bald durch Martinus Polonus
beeinträchtigt. Sehr fr&h fand sie trotz des Vorherrschens nieder-
deutscher Nachrichten auch in Sflddeutschland Eingang, wo sie in die
oberdeutsche Mundart übertragen wurde. Gerade in Baiem ist sie
mit Fortsetsnngen versehen, welche in verschiedenen Abstufungen bis
1454 reichen; in Thtlringen wurde ihr eine abkürzende üebersetzung
der Erfurter Chronik von St. Peter bis 1353 angefügt.
Aus Sachsen findet sich nur eine sehr dürftige Fortsetzung bis
1275, welche gegen das Ende gleichzeitig erscheint. Dagegen finden
sich hier mehrere Bearbeitungen. Der sog. Martinus Minorita be-
nutzte sie 1292 in seinen Flores historiarum; bis 1294 reicht die
Chronik des Stiftes St. Simon und Judas in Goslar, lateinische und
deutsche Fragmente^) aus einem gpröfseren lateinischen Werke, welches
nach Weiland zwischen 1286 und 1288 abgefafst war, mit Benutzung
unserer Weltchronik.
Sie findet sich femer benutzt in der Braunschweiger Beimchronik,
welche zwischen 1279 und 1298 verfiifst wurde; da heifst sie »de
Bomesche kroneka** oder «de scrift der Bomere". ümfiassender ist
darin Martinus benutzt, vorzüglich aber eine mis verlorene Braun-
Schweiger Fürstenchronik, «der vorsten scrift von Braneswich*
über welche Karl Kohlmann') und L. Weiland') sehr sorgföltige und
scharfsinnige Forschungen angestellt haben. Hiernach ist es eine
Weifische Haus- und Landesgeschichte gewesen, das erste Beispiel
dieser Gattung, welche später häufiger wird; vermuthlich von mälsigem
Umfange. Die Stiftung des neuen Herzogthums Braunschweig-Lüne-
1) Aasgabe Ton Weüand, Deatoohe Chroniken II, 686—608.
*) Die Braunsebweiger Beimobronik auf ihre Quellen geprüft, Kiel 1876, 4.
Tgl. die Anieige ron Weiknd, HZ. ZXXVII, 160—164.
*) Deutsche Chroniken II, 439 — 446 in der Vorrede cur Ausgabe der
Beimchronik.
352 ^^ Staufer. § 20. Kaiserchroniken. {21. Die Dominicaner.
barg (1235) mag die Anregung dazu gegeben haben, and bildete nach
Weilands Yermuthang den Abschlafs der am 1250 yer&Csten Schrift,
deren Hauptzweck war, den genealogischen Zusammenhang der Fürsten
Ton Braunschweig mit den alten Herzogen und Landesherren nachzu-
weisen. Hier allein ist Benutzung des Annalista Saxo zu erkomen,
doch hatte der Verfasser in den Nienburger Annalen auch dessen Quelle
Yor sich, femer Helmold und Arnold und die Chronik des Lüneburger
Michaeüsklosters. Aufser in der Beimchronik ist diese Fürstenchronik
auch kenntlich in der Gronica ducum de Bruneswick^) und in der
Chronica principura Saxonie'), welche beide 1282 yerfafst sind, und
bei Heinrich von Herford, der für diese Nachrichten die Chronica
Saxonum anführt. Diese ist nach Weiland ein Auszug der Fürsten-
chronik mit verschiedenen Zuthaten, der bis 1279 reichte, und in den
drei zuletzt genannten Schriften ist eben nur dieser Auszug benutzt.
Die Sächsische Kaiserchronik aber wurde auch ins Lateinische
übersetzt^), mit Interpolationen, die nach Lübeck deuten; auch die
Königsberger Weltchronik, welche Giesebrecht anfangs f&r eine Quelle
derselben hielt, ist, wie Waitz nachgewiesen hat, nichts als eine üeber*
Setzung eines der kürzeren Texte bis auf Heinrich Y (Weiland S. 45).
Der Dominicaner Conrad von Halberstadt legte 1353 eine üebersetzung
des Yollstandigen Textes, sammt der Sächsischen Fortsetzung, seiner
Chronik zu Grunde*). Fritsche Closener benutzte sie 1362, und 1372
der Verfasser der Magdeburger Schöffenchronik, 1378 Ernst von Kirch-
berg und 1385 der Lübecker Detmar; am Ende des Jahrhunderts der
Verfasser der Holsteinschen Beimchronik *) u. s. w.
Ein dürftiger Auszug mit Hinzufdgung einiger Magdeburger Nach-
richten ist die ganz kurze Kaiserchronik bis auf Wilhelm von Holland,
welche sich häufig mit dem sächsischen Weichbüdrecht verbunden
findet, wie man ja gerne den Gesetzbüchern eine gedrängte üebersicht
der Begentenfolge voranstellte. Man nennt sie deshalb auch die
Weichbild Chronik*).
1) Ausg. Ton Weiland, DeuUche Chroniken II, 577 — 585; früher aU
Chronieon yetna ducum Brunsvicensium bei Leibn. II, 14.
*) Herausgeg. r. 0. t. Heinemann, M&rk. Forsch. IX, 7 ff. Ein Fragment
ist nach Weiland das Fragm. genealogiae ducum BrunsT. bei Leibn. 11, 18.
*) Anompni Saxoms hUtoria imperatorum bei Mencken, SS. 11 1, 63 u.
▼oUst&ndig bei MaCamann neben dem deutschen Text; TgL Weiland S. 11.
Irrig galt sie früher für das OriginaL
*) S. Lappenberg im Archiv VI, 385.
') Oben S. 265, wosu nachautragen ist, dals auch diese Chronik ton
Weiland herausgegeben ist: Deutsche Chroniken II, 609 — 633.
•) Chronieon breot Magdebwrgense , Mencken SS. IH, 349 — 360. Das
s&chs. Weichbildrechty herausgeg. ron Daniels u. Gruben ^ Berlin 1857. VgL
353
§ 21. Die Dominicaner.
Das Aufkommen ond die rasche Yerbreitang der Bettelmönche
brachte in die Geschichtschreibong ein ganz neues Element. Die bis-
her betrachteten Schriftsteller schrieben die Geschichte entweder ganz
einfach um ihrer selbst willen » oder im Interesse des Klosters, des
Bisthnms, dem sie angehörten, das durch tausend Fäden mit der
Beichsgeschichte in Verbindung stand. Dieser feste Boden fehlte den
BettelmOnchen, welche keinen Grundbesitz hatten. Sie schrieben Ge-
schichte um zu lehren, um Handbücher fftr ihre Disputationen und
Yorrathskammem fQr ihre Fredigten zu haben. Auf Urkunden kam
es ihnen dabei nicht an, aber desto mehr auf allerlei Geschichten, die
sich gut anwenden liefsen. Sie mulsten Compendien zum bequemen
Gebrauch und daneben gro&e Encyclopädien haben, in denen sie alles
leicht aufsuchen konnten, dessen sie gerade bedurften^). Natürlich
war es die allgemeine Geschichte, welche sie in solcher Weise be-
handelten; die specielle mnüste ihnen ursprflnglich ganz fremd bleiben,
da sie von dem Boden, auf welchem sie lebten, ganz abgelöst waren
und blindlings dem Rufe in die weiteste Feme folgten. Allein dieses
änderte sich sehr bald und schlug sogar in das Gtogenthefl um. In
den Städten angesiedelt, zogen sie ihre Mitglieder aus den Bürger-
söhnen und standen bald zu den Gemeinden der Städte, die ihnen un-
mittelbar ihren Unterhalt gewährten, in Tiel genauerer Beziehung, ja
in gröfserer Abhängigkeit, als jemals die älteren Mönchsorden mit
ihrem Grundbesitz von weltlichen (Gewalten gewesen waren'). Es konnte
nicht fehlen, dafs auch unter ihnen Ordensbrüder sich fanden, welche
Neigung zur Geschichte hatten; ihre Klöster boten dazu wenig Stoff,
und so finden wir denn gerade sie, was beim Ursprung des Ordens
Pfeiffer, Untersuchungen Aber die Bepegow. Chronik (1854) S. 17— -21. Cen-
tralbl. 1855 Sp. 4.50. Weiland im NA. I, 201—206.
1) VgL über diese Neigung der Dominicaner, welche hier TorsOglich in
Betracht kommen, J. Grimm in den Gott. Nachrichten 1856 8. 94. 95. Cha-
rakteristisch sind auch die Worte des Minoriten (1292) in der Vorrede der
Flores temporum: „Cum in predioationibus dioerem populo: Hodie tot anni
sunt quod iste Sanctns migrarit ad eelos, admirantes fratres et olerici exege'
runt a me copiam exemplaris et rationem de nnmero usuaii.** Diese Chronik
wird SS. XXIV gedruckt.
') Lappenberg, Hamburgische Chroniken I, 52: „De pater minister wil
, jnw closter nicht upholden, sunder g^ plegen mit juwen secken, wan gi flesch
und molt bidden, to uns to kamen, und wi sin de genne de juw moten foden.
Darum segge wi juw dut in ernste: so gi uns den man laten, so scolden juwe
secke tuI wedder int cloeter kamen; dar gi uns hirinne entgegen sin und sen-
den en wech, so scolden juwe secke leddich to closter kamen.**
Waitenbaofa, CtosehichtwiaaUeB IL 4. Aufl. 23
354 ^* ^te^f®^* f 21* 1^0 Dominicaner.
wohl niemand sich hätte träumen lassen, frühzeitig mit der Ab&ssnng
Yon Städtechroniken beschäftigt, so wie sie anch, wenn ein laterdict
verhängt war, fQr den Gottesdienst sorgten. Andere fafsten ihre Auf-
gabe weiter, dehnten sie Aber eines der neu entstehenden Territorien
ans und schrieben Landesgeschichten ; dabei liebten es denn besonders
die Dominicaner, den Beichthum ihrer Gelehrsamkeit in diesen Werken
anzubringen. Diese Entwickelung gehört jedoch hauptsächlich der
späteren Zeit an, jetzt sind nur noch die Anfänge zu bemerken, die
schon erwähnten Aufzeichnungen der Dominicaner in Colmar und Stras-
burg, welche noch nicht so bestimmt auf ein Gebiet beschränkt sind,
sondern in bunter Fülle alles enthalten, was ihnen merkwürdiges
vorkam.
Unter den grofsen Sammelwerken mufs ich zuerst die Chronik des
Albricus nennen, der freilich kein Bettelmönch war, aber völlig
dieser Richtung angehört, und bei dem zuerst die bestimmte Beziehung
auf praktische Anwendung seines Werkes zum Behuf der an den üni-
yersitäten üblichen Disputationen hervortritt. Seine Persönlichkeit wird
dadurch unklar, dafs mehrere Stellen den Verfasser dem Augustiner-
kloster Neu'-Moustier bei Huy zuweisen, während doch gute alte Zeug-
nisse ihn als Mönch des Cistercienserklosters Trois-fontaines im
Sprengel von Ghfilons-sur-Mame bezeichnen; Böhmer^) und Wilmans^)
glaubten auf jene Stellen überwiegendes Gewicht legen zu müssen.
Der neueste Herausgeber der Chronik aber, Paul Scheffer-Boichorst^),
ist durch erneute sorgfältige Prüfung des ganzen Werkes zu dem Er-
gebnifs gekommen, dafs dasselbe nur in der Champagne, nicht im
Sprengel von Lüttich, geschrieben sein kann; dafs aber Mhzeitig ein
Exemplar zu jenen Augustinern bei Huy kam, vielleicht durch Gilles
d*Orval, der auf ihre Bitte seine Geschichte der Lütticher Bischöfe
schrieb, welche sowohl Albrich wie auch der Augustiner benutzt haben.
Man nahm dort eine Abschrift, liefe aber fort, was wahrscheinlich
über die Specialgeschichte des Klosters Trois-fontaines darin vorkam,
und machte anstatt dessen einige Einschaltungen über die eigene Haus-
geschichte. Doch überwiegen auch jetzt noch durchaus die Nachrichten
1) Begesta Imperü p. LXVIIL
>) Ueber die Chronik Alberichs, Archiv X, 174--246.
S) MG. SS. XXIII, 631—960 mit sehr ausfthrlioher Einleitung. Dümmler
bemerkt n. a. dafs S. 737 a. 859, S. 766 a. 921, 773 a. 986, 782 a. 1024 die
Genealogie SS. III, 216 Quelle ist; S. 78, 17 st. Alino sa lesen Akno, 760
a. 899 die Vita Mengoldi Qaelle, der identisch ist mit dem S. 914 n. 937
genannten ; 762 a. 940 Higus — est. aus dem Liber pontific. bei Watterich I,
34; 766 a. 953 n. 771 a. 972 aus der Inschrift der theca des Stabes in Bro-
weri Ann. Trevir. I, 482.
Albrieh tob Troia-fonUiBesr 355
über GistercienserklOster , und auf den G^eralcapiieln dieses Ordens
waren Albrich yiele Nachrichten zugekommen; vieles erfahr er von
dem Cardinalbischof Jakob, der Mher Abt von Trois-fontaines ge-
wesen war, nnd als Legat an vielen Orten, namentlich auch in Ungern,
thatig gewesen ist. Zur dentschen Historiographie gehört Albrich
also nur insofern, als er auch deutsche Schriftsteller, wie namentlich
seinen grofisen Ordensbruder Otto von Freising, benutzt und viele die
deutsche G^chichte betreffende Nachrichten aufgenommen hat. Etwa
von 1232 an ist Albrich mit seinem Werke beschäftigt gewesen; noch
1252, nachdem ihm aus Orval, einem Tochterkloster von Trois-fontaines,
die Oeschichte des Aegidius zugekommen war, hat er Zusätze gemacht,
aber fortgefOlirt hat er es nur bis I24r. Es ist eine grofse Welt-
chronik, die mosaikartig zusammengesetzt ist aus Stellen verschiedener
Autoren, jede mit dem Namen des Verfassers bezeichnet, um sich beim
Disputieren darauf stützen zu können. Dazwischen redet er selbst als
Autor, voll von gelehrtem Stolze, besonders auf seine Chronologie, die
er gegen Widersacher zu behaupten immer bereit ist. Gegen jeder-
mann, sagt er, wolle er seinen Satz beweisen durch sichere Autoritäten^).
Dennoch reicht seine Kritik nicht weit, denn zu diesen sicheren Autori-
täten gehören auch die Visionen der Elisabeth von Schönau über die
h. Ursula und ihre 11000 Jungfrauen, und Turpüi nebst anderen Ro-
manen ähnlichen Schlages. Sein gelehrter Apparat war aber sehr
umfassend und manches jetzt verlorene Werk befand sich darunter; in
den letzten 20 Jahren endlich hat er auch eigenthümliche Nachrichten
und ist fQr diese Zeit nicht unwichtig.
Die Quellen des Werkes hat Scheffer-Boichorst mit dem mühsamsten
Fleifse aufgesucht; von den aus bekannten Quellen aufgenommenen
Stücken sind nur Anfang und Ende gedruckt. Zu bedauern ist, da£s
damals eine von ihm viel benutzte Quelle, die Chronik des Guido de
Bazochiis, welche bis zum Todid des Königs Bichard Loewenherz
reicht, noch verborgen war. Scheffer freilich (S. 663) bedauert es
kaum, da er den Werth derselben nach Albrich*s Mittheilungen sehr
gering anschlägt. Jetzt hat der Graf Biant das vermifste Werk in
dem Pariser Codex 4998 erkannt und wird es in den Documents in^ts
herausgeben').
Ueber die angeblichen Gesta Calixti II, auf welche sich Albrich
z. J. 1122 fdr den Besuch des indischen Patriarchen Johannes in Bom
►
1) Et hoc paratuB sum probare certis auctoritatibus coDtra omnes compo-
tiBtas et ehronographoa 81 fnerint contradictores.
*) NA. II, 448, wo die Nummer der Hs. falsch angegeben ist; sie ist
besehrieben im Arch. VUI, 345.
23*
g56 ^* SUafer. § 21. Die Dominieuier.
und dessen fabelhafte Erzählungen beruft, hat Fr. Zamcke ünter-
SQchnngen angestellt und festgestellt, dafs unter dieser ungenauen Be-
zeichnung ein damals weit verbreiteter Bericht zu yerstehen ist^).
Derselbe steht in einem gewissen Zusammenhang mit der Sage vom
Priester Johann und der z. J. 1221 benutzten Relaüo de Damde rege,
und auch diese ist von Zamcke sehr eingehend behandelt worden*).
Die colossalste Gompilation, welche den ganzen Kreis des mensch-
lichen Wissens umfassen sollte, trug ein Dominicaner zusammen,
Yincenz von Beauvais, der Verfasser des universalen Spiegels
(Speeuhsm naturale, doctrinale, hietoriale), von dem eine Abtheilung
auch die Geschichte umfafste. Er schrieb sein Werk 1244, aber das
31. Buch des Geschichtspiegels ist erst sp&ter vollendet '); der Yer-
fosser starb erst 1264. Es ist eine weitschweifige Gompilation, unter-
mischt mit moralischen Betrachtungen. Sie verdiente wohl eine genaue
Untersuchung in Bezug auf ihre Quellen, aber fOr die deutsche Ge-
schichte gewährt sie, wie mir Weiland mittheilt, keine Ausbeute. Bigord
und Wilhelm Brito sind Hauptquellen. Von späteren Chronisten, Martin
von Troppau voran, ist sie sehr stark ausgebeutet worden.
Wie nun aber die Encyclopädie dem Compendinm ihrer Natur
nach, ungeachtet des verschiedenen ümfanges, gar nicht fem steht,
so lieferte auch bereits Yincentius selbst einen Auszug seines Ge-
schichtspiegels unter dem Titel: Memoriale Tempwrum^), Es reicht
bis zum zweiten Jahre Innocenz lY und ist mit einigen Zusätzen und
Abänderungen versehen. Gkdmckt wird es im 24. Bande unserer
Scriptofes mit verschiedenen anderen kurzen Chroniken, Aber welche
vorläufig G. Waitz im Neuen Archiv (in, 49—76) eine Untersuchung
mitgetheilt hat. Dahin gehört eine an sich werthlose Chronik ans
einer Wiener Handschrift, welche Excerpte aus Gotfried von Yiterbo
1) Forachongen XVI, 671.
*) Es gehören* dahin: Leipi. Doctorenprogr. 1873/4: De epistola quae
snb nomine presb. Johannia ferUir. Progr. in mem. Spohnii s. 20. Jan. 1876:
De patriarclüa Johanne quasi praecaraore presb. Johannis. Progr. in mem.
J. A. Emesti s. 20. Jan. 1875 : De epistola Alexandri III ad presb. Johannem.
Progr. in mem. Stembach. 17. Juli 1876: De rege David filio Israel filii Joh.
presbjrteri. Doctorenprogr. 1874/5: Quis fnerit qui primus presb. Johannes
Toeatns sit. Abhandlangen der phil. bist. CL d. K. S&chs. Ges. d. Wiss. VIII
(1876) S. 5 — 59: Der Priester Johannes. NA. II, 611 -- 615. UI, 228. —
Vgl. auch Ph. Bruun : Die Verwandlungen des Presb. Johannes, in d. Zeitschr.
d. Ges. f. Erdkunde XI (1876) 279—314. — Ueber den Bericht Tom 4. Kreus-
sug handelt C. Klimke: Die Quellen der Gesch. d. 4. Kr. (1875) 8. 26—32. 104.
') Archir VI, 589. Vgl. Schlosser, Vincens ron Beauvais, Frankf. 1819.
Boutaric, V. de B. et la connaissance de l'antiquitö olassique, Revue des questions
hisL XVU (1876) 1—57.
*) An£uig: Quoniam ut olim scriptura.
VineeBx Ton BeauTus. Jacob tob Genua. 357
mit einem Fabstcatalog yerbindei. Ans diesen beiden Quellen schöpfte
Jacob von Genua, der in seiner Legenda awea cap. 176 an die
Legende vom Pabst Pelagins eine kurze üebersicht der Geschichte
von der Ankunft der Langobarden in Italien bis zum Goncil von
Lyon^) knflpfte, von welcher auch das ganze Werk Historia Lomhardiea
genannt wird. Sie ist als Geechichtswerk j&mmerlich, doch nach Waitz
nicht ganz so wertiilos, wie ich sie firflher genannt hatte, merkwflrdig
durch sagenhafte Gestaltung der Langobardengeschichte, und durch
ihren Einfluß auf verachiedene spätere Chroniken, in welchen wieder
andere Auszüge damit verbunden wurden, wie in der von Dove aus
der Doppelchronik ¥on Beggio ausgesch<en Ableitung S&tze aus
Sicards Chronik, in einer anderen Gilbert und Martin.
Etwas mehr Werth als diese Compendien hat die Compilation
eines Erfurter Minoriten (nicht Dominicaners) bis zum Jahre 1261,
Chronica minor genannt, welche ebenfalls sehr weit verbreitet war
und um so mehr Beachtung verdient, da sie vielfach mit Zus&tzen
und Fortsetzungen vorkommt. Sie ist denn auch bis jetzt noch nicht
in ihrer ursprönglichen Gestalt gedruckt, sondern nur versteckt in der
Chronik des Braunschweiger Aegidienklosters und in einer grofsen
Compilation bei Pistorius'). Der 24. Band der Scriptores wird eine
Ausgabe von Holder-Egger bringen.
Der schon vorher genannte Jacob von Genua oder a Yoragine
ist aber auch noch wegen seiner Goldenen Legende zu erwähnen, ob-
gleich diese nur eine Zusammenstoppelung bekannter Legenden ohne
historischen Werth ist. Geboren in Yarazze am Golf von Genua,
trat er 1244 in den Predigerorden, wurde Provinzial und Generalvicar,
zuletzt aber von 1292 bis 1298 Erzbischof von Genua. Es versteht
sich von selbst, daCs sich die Predigermönche sehr bald auch der Le-
gende bemächtigt hatten, sie war ihr besonderes Eigenthum, aber
ihrer ganzen Bichtung gemäfs achteten sie nicht auf den geschicht-
lichen Inhalt der alten besseren Biographieen; ihnen war es nur um
die Wunder, Kasteiungen, Yisionen u. dgl. zu thun und deshalb sind
denn auch von nun an die neu entstehenden Heiligengeschichten fast
völlig unbrauchbar f&r die Geschichte. Die Yisionen ekstatischer
Weiber, von ihren Beichtvätern aufgezeichnet, und ihre sinnlosen
Kasteiungen und angeblichen Wunder können höchstens als ab-
schreckendes Beispiel in einer Geschichte des Aberglaubens figurieren,
' ^) Anfang: Pdagim papa multe sancHtaHs,
*) Chron. S. Äegidii, Leibn. SS. Brunsrie. III, 658. CompüaHo Chrono-
logiccLf Piator. I, 705. VgL Wegele in dem Vorwort sn den Ann«le8 Bein-
hiurdsbrunnenBOS p. XXIX. Wattenbach, Iter Anstriaeam p. 11.
358 V. Staufer. {21. Die Dominicaner. $ 22. Martin ron Troppau.
und solcher Art sind die Heiligen, welche Thomas von Chantimpre
verherrlichte'). Von einiger Bedeutung sind nur die Lebensbeschrei-
bungen der h. Hedwig und ihrer Nichte der Landgräfin Elisabeth;
aber in diesen beruht das geschichtlich merkwfkrdige auf den Aufiseich-
nungen des Cisterdensers Engelberts von Leubus und des Caplans
Berthold'). Besäben wir jene, so würde vermuthlich auch die Hed-
wigslegende den gröfsten Theil ihres Werthes verlieren. Man täuschte
sich schon im späteren Mittelalter durchaus nicht Aber den Unwerth
der gewöhnlichen Legenden, wie sich deutlich genug aus den Paro-
dieen ergiebt. YOllig in dem herkömmlichen salbungsreichen Stil ge-
halten ist das Leben des h. Niemand, jenes wunderbaren Mannes, der
zwei Herren dienen konnte, der zwei Ehefrauen nehmen durfte, und
80 vieles andere wuDste und vermochte, was dem gewöhnlichen Sterb-
lichen durchaus unmöglich ist').
Das hinderte nun freilich nicht, dafs nicht Jakobs Werk, eine
compendiarische Zusammenfassung des vorhandenen Legendenvorraths
in bequemer Form zum praktischen Gebrauch, sehr hoch gehalten
wurde, sich in zahllosen Handschriften verbreitete und aufserordentlich
oft gedruckt wurde.
§22. Martin von Troppau.
Eine sehr beliebte Form f&r die Chronisten des vierzehnten Jahr-
hunderts war die abgesonderte und parallele Behandlung der Päbste
und Kaiser. Einen Ansatz dazu finden wir schon in dem mageren
Gerippe einer Weltgeschichte vom Meister Hugo von Sanct- Victor,
welches bis 1129 reicht, und noch ungedruckt, auch für uns vollkommen
werthlos ist, aber als Leitfaden geschätzt und viel, auch von Albrich,
benutzt wurde ^). Theils in Anlehnung hieran, theils unabhängig, ent-
1) Am tollsten ist die Vita Christmae Mirabilis aus St. Trond, ed. Jo.
Pinius, Acta SS. Jul. V, 650 — 660. Aus einer Vita fratris Abundi monacfd
Villariensis, geb. zu Huy 1189, f 1228, die aus lauter Visionen besteht, giebt
Beiffenberg Auszüge, Annuaire VIT, 96—102«
') Vgl. oben S. 286. Die reiche Litteratur über S. Elisabeth s. bei Potthast.
Henke, Konrad ron Marburg, 1861. Hausrath, Der Ketzermeister Konrad Ton
Marburg, 1861. Die Hedwigalegende, gegen Ende des Jahrhunderts yerfafst«
in Stenzels SS. Berum Siles. Q, 1 — 114; vgl. Zeiüsberg, Poln. Geschichtschr.
S. 119—124.
') Vita Sanctissimi et gloriosimmi Nernini^ Anz. d. Germ. Mus. XIII,
361—367. XIV, 205—207; vgl. XV, 39. XVH, 51. Handschr. in St. Florian,
Czemy S. 211. Vom h. Invicem Anz. XV, 39. Es soll auch eine Vita sancti
Igitor geben.
*) Nachricht darüber im Archiv XI, 308.
Biohard tob Clany. Gilbert. 359
•
standen verschiedene Parallelkataloge der Päbste und Kaiser mit mehr
oder weniger dürftigen Notizen^), und andh schon die Beichersberger
Chronik (1157) ist in zwei Colnmnen angelegt, und Magnus hat zu
den als Grundlage eingetragenen Namen seine Lesefrüchte beigesetzt.
Eine Chronik, welche in der Form und Einrichtung kaum zu ver*
gleichen, aber von Martin stark benutzt ist, ist die Chronik Richards
von Cluny, welche in verschiedenen Bearbeitungen bis 1156, 1162,
1170, 1174 erhalten, aber nur theilweise gedruckt ist'). Dagegen
findet sich die Anordnung der Geschichte nach Kaisern and Päbsten,
wenn auch nicht in getrennten Columnen, in dem anonymen Werke
einer Bamberger Handschrift bis 1217, dem die Tabellen Hugo*s von
St. Victor zu Grunde liegen'). Deutlicher tritt die Form hervor in
der Chronik Gilberts, welcher die Päbste und Kaiser bis auf Ho*
norius in und Friedrich II führt ^). An sich unbedeutend, ist sie als
Quelle Alberts von Stade, Martins, der Sachsenchronik zu beachten.
Bedeutender ist die Chronik eines Dominicaners bis 1250, und fort-
geführt bis 1264, in sehr entschieden päbstlichem Sinne verfabt, und
in der Form Martin am nächsten kommend, indem auf jeder Seite
50 Zeilen für eben so viele Jahre bestimmt sind; nur reiht sich hier
den Päbsten und den Kaisem noch Frankreich und das griechische
Kaiserthum an, und endlich ein Spatium historicum für verschiedene
Nachrichten. Hier zuerst findet sich die berüchtigte Erzählung von
der Päbstin Johanna, jedoch abweichend von Martin, und zu dem
Jahr 1100 eingereiht; aus ihm entnahm sie, wie Döllinger nachge-
wiesen hat, Stephan von Bourbon, und da, wie Döllinger nachgewiesen
hatte, von dessen genannten Quellen nur die Chronik des Johann von
Mailly nicht bekannt ist, glaubte L. Weiland diese hier gefunden zu
haben*). Allein Waitz, der sich mit dieser Chronik in verschiedenen
Handschriften und Versionen eingehend beschäftigt hat, hält diese
1) Catahgus Cenm bis 1191, Arch. XII, 60-77. Catal. Tiburtims bu
1226, MG. SS. XXII, 353—358. Fragmente aus einer Manchener Handschrift
bis 1159, NA. I, 189.
*) S. darüber die Untersuchung ron L. Weiland, Areh. XII, 43 — ö8. Mit-
theilung daraus ron Leopold Delisle über den Primas Hugo von Orleans, Bibl.
de l'Ecole des Chartes XXXI, 310, vgl Anx. d. Germ. Mus. XIX, 285. Auf
England bexügliche Gedichte von Richard NA. I, 600—604, rgl. II, 448.
>) Arch. IV, 300. VII, 626. XII, 9. Vgl Schirrmacher, Die Entotehung
des KurAirstencoUegiums (1874) S. 49.
«) Archiv V, 174. VI, 744. Eine Ausgabe von Holder -Sgger wird im
24. Bande erscheinen, nebst einem Ckronicon imperatorum et p<mti/icmn Ba*
giUense. Von Gilbert ist der MG. SS. XXII, 362 gedruckte Pabstoatalog.
•) Archiv XII, 469—473. Wie Weiland bemerkt, ist die Geschichte au«h
in der Chronica minor (S. 357) erhalten; bei Kaiser Arnulf, doch mit der Be-
merkung, daÜB die Zeit unbekannt seL
360 ^' Staafer. { 22. Martin von Troppan.
Yennuthimg fttr irrig. Der Verfasser, von dem ein Antograph vor-
liegty hat in Metz geschrieben und dortige Annalen benutzt^).
Doch anch diese Chronik, obgleich nach Weiknd bedeutend besser,
wnrde yerdnnkelt durch das Werk des Martin von Troppau, welcher
demselben Schema folgte, und bald fast der ausschließliche Geschichts-
lehrer für die katholische Welt wurde.
Bruder Martin war gebürtig aus dem Königreich Böhmen, ans
Troppau'). Vermuthlich weil die böhmischen Dominicaner zur pol-
nischen Ordensprovinz gehörten, wird er schon von Tolomeo von Lueca
als Bruder Martin der Pole bezeichnet. In Prag wurde er als Do-
minicaner eingekleidet, kam von da nach Bom und wurde päbstlicher
Caplan und Pönitentiar; lange Zeit soll er in dieser Stellung geblieben
sein, dann ernannte ihn 1278 Pabst Nikolaus III zum Erzbischof Ton
Gnesen. Er hat aber sein Erzbisthum nie erreicht, indem er schon
auf der Beise nach Onesen gestorben und in Bologna begraben ist.
Er hat Predigten geschrieben, hat eine alphabetische üebersicht über
Gratians Decret und die Decretalen verfafst, welche man die Perle des
Decrets (Margarita Decreti) nannte, und er hat dann auch die Welt-
geschichte in ein Compendium gebracht, zum Gebranch für Theologen
und Canonisten. Denn diesen, sagt er, sei es nützlich und nothwendig,
die Chronologie der Kaiser und Päbste zu kennen'). Er habe sein
Büchlein deshalb in knapper Form verfafst, damit die Theologen es
mit der Historia scholastica, der allgemein verbreiteten Darstellung
der heiligen Geschichte von Petrus Comestor, die Juristen mit dem
Decret oder den Decretalen, bequem könnten zusammenbinden lassen.
Es erinnert dadurch ganz an die kurzen Chroniken und Begentenreihen,
welche seit alten Zeiten mit den weltlichen Bechtsbüchem verbunden
zu werden pflegten. Einen höheren Zweck nimt Martin für sein Werk
gar nicht in Anspruch; es sollte ein bequemes Handbuch sein, und
diese Aufgabe hat er insofern mit grofsem Erfolg gelöst, als kein
anderes Geschichtsbuch des Mittelalters eine so grofse Verbreitung
gefunden hat. Der innere Werth entspricht freilich diesem EJrfolge
durchaus nicht; es ist nicht allein eine ganz oberflächliche Compilation,
sondern es haben erst durch dieses Werk alle die Fabeln, welche nach
M Waite im NA. III, 67—76.
*) De regno Boemie oriunckts patria Oppavienm heilist ee in der Vor-
rede eeiner Geschichte in mehreren Handschnfien. Troppau gekörte damals
zu M&bren.
*) Qnoniam scire tempora snmmorum Pontificnm Bomanoram et Impera-
tonim et aliomm prindpom ipBOrum contemporaneomm , quam plunmnm inter
alios tkeologis et jurisperitis expedit, ego Martinus domini pape penitentiarins
et capellanuB etc. .
i:
•
Mftrtm TOD Troppaa. 3g 1
und nach in die Geschichte eingedrungen waren, recht festen Fnfs
gefafst nnd eine TöUige Herrschaft gewonnen, die nur durch die wissen-
schaftlichen Bestrebungen der neueren Zeit erschüttert werden konnte.
Wie weit er nun hierbei nur der in der Curie herrschenden Auffassung
der Geschichte folgte, und ob er absichtlich fiUschte, um die hoch-
gehenden Ansprüche der päbstlichen Hierarchie als von Anfang an
bestehend und unangefochten, die P&bste von Alters her als welt-
beherrschend erscheinen zu lassen, das können wir mit Sicherheit nicht
entscheiden ^).
Veranlafst war er zu seinem Werke nach einer Notiz durch einen
Befehl des Pabstes Clemens lY. Das älteste uns erhaltene Exemplar,
welches noch bei dieses Pabstes Lebzeiten geschrieben, aber nach dem
Tode desselben geschlossen ist, hat er den Dominicanern in Prag über-
sandt, bei denen er einst erzogen und eingekleidet war; noch hat sich
das Schreiben des Priors Bruder Hyacinth erhalten*), worin er ihm
dankt, dafs er die Bestätigung der Privilegien des Klosters vom Pabst
erwirkt habe, und meldet, dafs der k. Kanzler, Probst Peter vom
Wissehrad, ihnen auch die Chronik übergeben habe: „iUius sonus jam
exiit in omnem terram; mirantur in ea universi populi sapientiam
tnam, et coUaudant deum quoniam mirabilia in te operari dignatus
est.** Wir verdanken die genauere Kenntnifs dieses Exemplares, welches
mit zahllosen Aenderungen und Zusätzen versehen ist, L. Weiland,
welcher auch zuerst der ebenso mühsamen wie unerfreulichen Arbeit
sich unterzogen hat, die Quellen zu erforschen, und eine kritische
Ausgabe herzustellen*).
Aeuberlich richtete Bruder Martin sein Werk so ein, dafs auf
je zwei Seiten immer die Päbste und Kaiser sich gegenüber standen;
jede Seite hatte 50 Zeilen, jede Zeile war für ein Jahr bestimmt. So
ist auch die zweite, früher für die erste gehaltene Ausgabe beschaffen,
welche bis 1268 reicht^). Hier hatte Martin mit den Päbsten und
^) Fftr absichtliche Entstellang Janas S. 301. Eine aaffsllend scharfe and
richtige Kritik findet sich schon bei seinem Ordensbruder Heinrich von Herford
S. 105 nnd 123 ed. Potthast.
*) Nach Dobner, Ann. Hagec. IH, 11 wieder abgedruckt Areh. IV, 67.
•) Archir XII, 1 — 79. MG. 88. XXU, 377 - 476. AusfÜhriicb spricht
sieh Weiland 00 A. 1877 8. 772—776 über die ümst&nde aus, welche einige
M&ngel der Ausgabe Terschuldeten. Ihm waren keine Correcturbogen zuge-
kommen, und die Existenz des CataL Tiburtinus, einer in demselben Bande
gedruckten Quelle des Martinas, unbekannt geblieben. — Als firflhesten Be-
nutzer trftgt 8cheff»r - Boichorst, Hist Zeitschr. XXIX, 446 (Florentiner Stu-
dien 8. 246) Brünette Latin! nach. Auch der erste Uebersetser war ein Flo-
rentiner.
*) Per Jo. Fabriciom, Ool. 1616, fol. und in der Kulpis - 8chilterischeB
362 ^* Staufer. J 22. Martin ron Troppaa.
Kaisem begonnen; nachträglich aber fögte er anch noch eine üeber-
sicht der alten Geechichte hinzu, und indem er zugleich die Pabst*
geschichte weiter f&hren wollte, fand er beim Jahre 1276 den unan-
genehmen Fall, dafs drei P&bste auf ein Jahr kamen. Damm yerwarf
er nun die frühere, ohnehin l&stige Einrichtung, um so mehr da die
Beihe der Kaiser jetzt aufhörte; er gab deshalb auch hier eine mehr
zusammenhängende Uebersicht über verschiedene Begebenheiten dieser
Zeit bis 1270^). Die Wahl Budolfs erwähnt er gar nicht, obgleich
er die Chronik der Päbste bis 1277 fortsetzte. In dieser Bearbeitang
fand auch die Fabel von der Päbstin Johanna nach dem römischen
Volksgerede Aufnahme in die Geschichte; nicht gerade zuerst, aber
hierdurch erst gelangte sie zu allgemeiner Verbreitnng, und behauptete
sich lange Zeit neben dem übrigen Wüste'). Da sich damals noch
keine übernatürlich hohe Yoratellung von der Persönlichkeit der Päbste
ausgebildet hatte, gab sie keinen Anstofis; in der Folgezeit hat keine
von Martins Fabeln mehr Aufsehen erregt, schädlicher aber wirkten
andere, wie z. B. die Einsetzung der sieben Kurfürsten zu Otto's DDE
Zeit'), und überhaupt die ganze grundfalsche Auffassung der Ge-
schichte. Dadurch hat diese elende Compilation einen sehr nachtheiligen
Einflufs gehabt, denn sie verbreitete sich in alle Länder, wurde in
alle Sprachen übersetzt und genofs wegen der Stellung des Verfassers
einer gro&en Autorität, üeberall diente nun die Martinianische Chronik
als Vorbild und als Grundlage für weitere Fortsetzungen, sowie früher
Sigebert, Ekkehard, Otto von Freising, und an die Stelle dieser wahr-
haftigen und nützlichen Werke trat somit ein jämmerliches Gemisch
von Fabeln und Unwahrheiten.
Martins Werk ist fast nur litterarisch von Bedeutung; als Ge-
schichtsquelle gewinnt es nur durch die Fortsetzungen Werth, aber
Sammliing. Buchst&blieher Abdruck einer fehlerhaften Absehrift von 1340,
Ton Phil. Elimes, Pragae 1859.
1) Dieses Stück ist in Böhmers Fontes II, 457 — 461 abgedruckt. Der
lotsten Bearbeitung gehOrt die Heroldache Ausgabe, Basel 1559, foL, und
opera Suffiridi Petri 1574, 8. Vgl. Böhmer, Fontt. II, XLIII, und über die
Handschriften Archiv V, 183. VII, 655 nebst den Begistern der folgenden
Binde; jetsi aber vorsüglich Weilands Vorrede.
*) 8. oben S. 359 Anm. 5. Vgl. auch Hist. Zeitschrift XI, 210. Die ron
Döllinger Papstfabeln S. 10 angenommene Interpolation bei Martinus beruht
auf einem Irrthum.
*) Ausdrücklich wird die Einsetsung Gregor V augeschrieben in der Fort-
setaung von Thomas' Werk de regimine principum, welche nach Janns S. 306
Ton Tolomeo von Lucca herrührt. Vollständig clerical ausgebildet und auf
Pabst Silvester übertragen findet sich die Geschichte wenig spiter in der
Beimchronik des Cölner Stadtschreibers Godfried Hagene. Ueber die Kar-
ftlrsten im Lohengrin s. B. Schröder in Haupt's Zeitschr. XIII, 156.
Fortsetcer Martins ▼on Troppan. 3gg
diese sind noch sehr wenig gesichtet. Schon in dem ursprünglichen
Werke warfen manche Abschreiber die Päbste nnd Kaiser dnrch ein-
ander, nnd dies trag mit dazu bei, dafs die Fortsetzer h&nfig die ein-
fache annalistische Form annahmen, während andere sich der ursprüng-
lichen Anlage anschlössen. L. Weiland hat mit seiner Ausgabe nur
eine Fortsetzung bis 1287 (8. 475—482) yerbunden, welche er Con-
tinuatio Bomana nennt, die bis dahin nur unvollkommen durch
Herold und Muratori bekannt geworden war, eine Hanptquelle Ar
Martins IV Pontificat. Scheffer-Boichorst aber hat gegen die römische
Herkunft dieser Aufzeichnung Einwendungen erhoben, und sucht ihren
Ursprung vielmehr in Orvieto, was dadurch gestützt wird, dafe
Monaldeschi in seiner Geschichte von Orvieto dieselbe zuerst benutzt
hat, und zwar in einer vollständigeren Gestalt, als die uns erhaltene
ist^). Böhmer hat eine Fortsetzung aus dem Kloster Aldersbach
bis 1286 mitgetheilt, welche fast vollständig enthalten ist in einer
Fortsetzung der Salzburger Annalen'). üeberhaupt sind nur wenige
Fortsetzungen wirklich als solche verfafst, die meisten sind nachträglich
anderen Werken entnommen. So ist die sogenannte österreichische
Fortsetzung bis 1343 nur ein Auszug aus der Geschichte des Jo-
hannes von Victring'). Vielfach ist zu diesem Zwecke die Kirchen-
geschichte des Dominicaners Ptolemeus, eigentlich Tolomeo d. i.
Bartholomeus, von Lucca benutzt, eines Schülers des Thomas von
Aquino nnd Bibliothekars bei Johann XXn, der 1327 als Bischof von
Torcello starb ^). Vorzüglich zu beachten ist auch die leider noch
ungedruckte Pabst- und Kaisergeschichte des Bernardus Guidonis,
ebenfalls eines Dominicaners, der Inquisitor in Frankreich war und
1331 als Bischof von Lod^ve in Languedoc gestorben ist').
1) HZ. XXIX, 447—449. Weiland hat a. a. O. S. 776 zugestimmt
>) Fontes II, 461 •- 464. MG. SS. IX, 800 - 810. Als Ann, Alder»-
bacenses ed. Perts SS. XVII, 535. Benutst auch in den Ann. Osterbovenses
ib. 537—658.
>) Continuatio Austriaca^ Eec. Corp. I, 1413— 1460. S. Böhmers Vor-
rede tum Jobannes Victoriensis , Fontes I, XXIX. Ueber die Graser Fort-
setzung, Hauptquelle des Anonymus Leobiensis, J. Zahn in den Beitr. f. Kunde
steierm&rkischer Geschichtsquellen I. und desselben Ausg. des Anon. Leobiensis,
Orfttz 1865. Vgl Bist. Zeitschr. XVI, 187.
*) Ptolemaei Litcensis Historia EcclegiasHcOf bis 1312, bei Murat. SS. XI,
741. Vgl. Böhmer, Begg. Imp. p. LXXVIL Scheffer - Boichorst, Areh. XII,
462 — 466. Florentiner Studien 8. 260. Neue Ausgabe seiner Annales 1061
bis 1303 von Minntoli in: Documenti di storia d'Italia VI (1876).
*) Aus seinen Flores cromcarum sind nur Bruchstücke der Pabstgeschiehte
gedruckt bei Murat. SS. III, Balozii Vitae Paparum Avenion. und in A. Mai's
Spicil. VoL VI der Anfang bis auf Gregor VH. Vgl. Archiv V, 197 n. Pott-
hast 8. y. Weiland MG. SS. XXH, 396. Von emer Abhandkmg L. Delisle'B
364 ^* Staofer. { 23. Die Lieder der Vaganten.
Allein wir liaben die Grenzen unserer Aufgabe bereits erreichi
Die branchbaren nnd dankenswerthen Werke der Dominicaner gehören
einer sp&teren Zeit an, nnd es ist billig zn bemerken, dafs sie sich
hier nm die Geschichte bedeutendes Verdienst erworben haben; im
dreizehnten Jahrhundert wirkten sie aber durchaus sch&dlich, und die
sorgfältige, grftndliche und kritische Erforschung der Geschichte des
früheren Mittelalters, welche im zwölften Jahrhundert so eifrig be-
trieben war, wurde durch Martins tou Troppau Chronik fast vollständig
erstickt.
§ 23. Die Lieder der Vaganten und andere Dichtungen.
Wir haben die Chronisten bis an die Grenzen des Zeitraumes ver-
folgt, den zu betrachten wir uns vorgenommen hatten. Es bleiben
noch verschiedene Schriften zu erwähnen flbrig, welche nicht eigentlich
in das Gebiet der Geschichtschreibung fEillen, die aber als Quellen
für die Eenntnifs der Zeit zu wichtig sind, als dafs wir sie hier über-
gehen dürften.
Jede 8chäderung des zwöUlen Jahrhunderts würde unvollkommen
bleiben und eines der wesentlichsten Züge eimangeln, wenn man darin
das lustige Völkchen der Vaganten und ihre Lieder vermifste. Die
Kirche trug nicht immer das ernsthafte Gesicht, welches wir fast allein
zu betrachten Gelegenheit gehabt haben, sie konnte sich auch von
ganz anderer Seite zeigen.
Im zwölften Jahrhundert war die Kirche auf der Höhe ihrer Macht;
während sie an weltlicher Macht und an Beichthum alles andere
übertraf, besafe sie diesseit der Alpen noch fast ausschliefslich , was
ven Kunst und Wissenschaft, von Geistesbildung und feinerer Cultur
vorhanden war. In Italien war das nie der Fall gewesen, und eben
jetzt ging schon die Gleschichtschreibung in Laienhände über ; juristi-
sche und medicinische Studien waren der Geistlichkeit geradezu ver-
boten, während in Deutschland wohl noch keine Urkunde hätte ge-
schrieben werden können, wenn man auch hier jene Concilienbeschlüsse
hätte zur Ausführung bringen wollen. In Frankreich begannen schon
die Troubadours der Provence mit der nationalen Poesie einen Wett-
streit gegen die gelehrte Bildung der Geistlichkeit, aber gerade in
Frankreich war auch die Kirche gewaltig stark und unzählige Schaaren
Aber seine Tersebiedenen Werke u. die immer neuen Bearbeitungen derselben,
ist in d. Bibl. de l'öeole des Chartes XXXVIII, 383 ff. eine Uebersicbt ge-
geben. — Ueber andere Fortsetser s. aacb Tb. Lindner, Quellen tva Papit-
geschicbte, Forsch. XII, 235—259.
Die Lieder der Veganten. 365
strömteii ihr zu, wie die ungrlaablich rasche Ansbreitang der neuen
Mönchsorden am deutlichsten zeigt. Eine rasch aufflammende Be-
geisterung; ein plötzlich erwachendes Gefühl von der Nichtigkeit des
weltlichen Treibens, oft auch die mahnende Stimme des Gewissens,
fQhrten zahllose Schaaren in die Klöster, allein diese Motive waren
nicht immer dauernd. Viele lockten auch von Anfang an ganz andere
Seiten des geistlichen Standes: die reichen Pfründen, die forstliche
Macht der Pr&hiten, der Drang nach Wissen, der nur hier Befriedigung
fand. Niedriggeborene konnten kaum auf irgend einem anderen Wege
hoffen sich zu einer höheren ansehnlichen Stellung im Leben aufzu-
schwingen. So kam es dafs gerade die strebsamsten Geister aller Art
der Kirche zugeführt wurden; sogar der kriegerische Smn fand hier
das reichste Feld zu seiner Entfaltung, seitdem Gregor und Urban der
Kirche das Schwert in die Hand gegeben hatten.
Im elften Jahrhundert freilich schien es nahe daran zu sein, dafs
alles dem Geiste des Mönchthums unterworfen wurde. Alle weltliche
Lust galt fftr etwas unbedingt verwerfliches, fOr Sflnde.
Als Heinrich IQ Hochzeit feierte mit Agnes von Poitou, jagte er
aUe die Spielleute, welche in Schaaren herbeigekommen waren, fort
und gab ihnen nichts; dafür erntete er hohes Lob von seinen Freun-
den, den frommen und strengen Aebten und Mönchen. Auch waren
die Sp&ÜBe und Vorstellungen dieser Gaukler sehr roh und ungeschlacht.
Wenn man vor dem Kaiser zur Belustigung des Hofes einen armen
Menschen auftreten lassen konnte, der mit Honig bestrichen war und
den ein B&r belecken soUte, damit die Angst des Unglücklichen die
Zuschauer belustige, so kann man die Männer nicht tadebi, welche
aolchem Treiben Einhalt thaten. Doch werden auch damals schon die
Spielleute und Fiedler manch schönes Lied gesungen haben, und um
dieselbe Zeit wird S. Bardo gerühmt, weil er sich dieser armen Leute
müdth&tig erbarmte. Die Welt liefs sich nun einmal nicht in das
mönchische Joch spannen und immer weniger war es möglich, je mehr
der Wohlstand stieg und die Bildung zunahm. Mit den Krenzzügen
beginnt ein gewaltiger Umschwung. Der gesteigerte Verkehr, die Be-
kanntschaft mit dem Morgenlande brachten neue Anschauungen, neue
Gedanken in Umlauf; sie übten eine grofse Wirkung aus, aber sie
selbst, das Ueberströmen des herangewachsenen Occidents, waren auch
wiederum eine Folge derselben Entwickelung , welche nicht allein die
Schaaren der Bitter zum Kampfe gegen die Heiden trieb, sondern auch
Tausende von Bürgern und Bauern, von Mönchen und Kaufleuten über
die östlichen Grenzen führte, um neue Gebiete für die abendländische
Cultur zu gewinnen.
366 ^' Staufer. | 23. Die Lieder der Vagsten.
Die Laienwelt fing an sich mfindig zn fühlen, nnd durch daä
Ritterihnm gewann anch der Eriegerstand eine höhere Weihe, die
Waffen dienten nicht mehr allein zn roher Gewaltthat. In YoUem
Glänze zeigte sich die weltliche Herrlichkeit anf Heinrichs Y Hochzeit
mit Mathilde von England zn Mainz 1114, nnd sie entfaltete sich
immer prachtvoller anf Friedrich Barbarossa's grofsen Hofifesten.
Da blieb nun anch die Geistlichkeit nicht znrück. Anch sie wurde
mächtig ergriffen von dem Beiz des ritterlichen Lebens, welches dnrch
die Erenzzüge sich mit der Eorche ausgesöhnt hatte. Das Alexander-
üed des Pfaffen Lamprecht, Eonrads Bolandslied sind durchdrungen
vom kriegerischsten Geiste. Die Bischöfe, als mächtige Landesherren
und BeichsfÜrsten waren auf ein ritterliches Leben hingewiesen und
in der Begel schon durch ihre hohe Geburt zu f&rstlichem Glänze und
weltlicher Pracht geneigt. Wir sahen bereits an Albero von Trier,
dafs auch mit der strengsten kirchlichen Gesinnung ein solches Leben
sich vertrug. Am mächtigsten aber erhob sich diese Richtung während
Friedrichs Eampf mit Alexander DI, welcher die entgegengesetzte ver-
trat, so vor allem in Beinald von Dassel, dem Erzbischof von Cöln,
Friedrichs Eanzler. Er führte so gut das Schwert wie den Erumm-
Stab, und nachdem er siegreich Italien durchzogen hatte, brachte er
triumphirend die heiligen drei Eönige nach Cöln^). Unerschrocken
kämpfte er gegen Alexander, aber dabei war er durchaus rechtgläubig,
ein Muster ritterlicher Tugend und der trefflichste Landesherr für sein
Fürstenthum.
Im Gefolge dieses Erzbischofs befand sich ein Mann, der durch
sein aufserordentliches Talent zu greisen Dingen be&higt gewesen
wäre, wenn ihn nicht seine eben so grofse Liederlichkeit daran ge-
1) Vgl. Ficker, Beinald yon Dassel (Göln 1850) S. 127— 131 tiber die
sagenhafte Historia de TranaiaHone beatissimorum TriumBegum des Johann
Ton Hildesheim, f 1375; Tgl. über ihn Fr. Zarneke in d. Abh. d. E.
Sachs. Ges. d. W. VIII (1876) S. 154—159. Eine Predigt mit kurzem Bericht
über die Translation und einigen Wondem (de tribus magis relacio), von einem
der sich auf Augenzeugen der Translation beruft, bei FIoüb, DreikOnigebuch
(Cöln 1864) S. 116—122. Nachzutragen ist zu Fickers Werk jetzt der Bericht
Beinaids und des Pfalzgrafen Über ihre Sendung nach der Bomagna, und Bei-
naids über den Sieg bei Tusculum, in Sndendorfs Begistrum II, 131. 146; rgL
Archiv VU, 881. Aus diesem Cod. S. Trudonis ist der, hier an die Lütticher
Geitlichkeit gerichtete, kürzere Brief (im Auszug Ghesta S. Trud. MG. SS. X,
35) gedr. im Messager des Sciences bist. V, 39 u. Acta Imp. Selecta p. 599.
Vgl. Varrentrapp, Christian y. Mainz S. 34. Femer sind die Briefe Ton Fiied-
nchf Hillin und Adrian IV neu gedruckt in Wattenbach's Iter Austr. p. 86 — 92
und ihre ünechtheit nachgewiesen ; als Schulübung bleiben sie sehr merkwürdig.
Sie stehen auch im Cod. Bern. 568 saec. XII. nach Briefen aus England, s.
U. Hagen's Catalog S. 458.
Reinald ron COln. Der Arcbipoeta. 3g7
hindert h&tte. Seine Gedichte gehören dnrch die yollkommene Be-
herrschung der Sprache, die Formgewandtheit und den poetischen
Schwung zn dem Besten, was die mitteUilterliche Poesie überhaupt
hervorgebracht hat.
Es spricht wohl hinlänglich für diesen Dichter, dafs man noch
jetzt mit seinen Worten singt: Mihi est propositum in tabema mori^
Verse, die ein Bmchstück seiner sogenannten Generalbeichte sind, in
welcher er dem Erzbischof seine Sünden bekennt, nm Verzeihung bittet
nnd doch zugleich erklärt, dafs er von seinem Leben nicht lassen
könne: bei Wein und Wasser könne er nicht dichten.
Beinald hatte diesen durstigen Poeten in den Jahren 1164 und
1165 bei sich in Italien; er sollte eigentlich die Thaten des Kaisers
in einem Heldengedichte feiern, allein damit ist er nie zu Stande ge-
kommen. Einzelne Gedichte aber, die er damals yerfafste, sind von
der gröfsten Schönheit, und wenn sie auch keine Darstellung der Ge-
schichte enthalten, so beziehen sie sich doch auf Ereignisse der Zeit,
wie auf die Einnahme von Mailand; sie preisen das Lob des Kanzlers
und des Kaisers und gewähren fQr die Kenntnifs der Zeit mehr als
manche Chronik.
Jakob Grimm, der in neuerer Zeit am nachdrücklichsten auf die
Schönheit und den hohen Werth dieser Gedichte aufinerksam machte^),
hat auch über die Person des Dichters geforscht. Er hielt ihn für
denselben, welcher um 1220, wie Cäsarius erzählt, todtkrank an die
Pforte des Klosters Heisterbach klopfte und die tiefste Beue über
seinen lockeren Wandel bezeugte, sich dann kurieren liefs und sobald
er hergesteUt war, die Kutte abwarf und das Weite suchte.
Seitdem ist sehr viel über diese Gattung der Poesie geforscht
worden, viel neuer Stoff zu Tage gefördert, besonders yon Ed^lestand
du Meril und von Wright, und es hat sich immer mehr als unmöglich
erwiesen, einen Verfasser festzuhalten für diese Gedichte, die bald in
England, bald in Fraukreich, bald in Deutschland auftauchen, oft an
den fernsten Punkten übereinstimmend, dann aber auch wieder ver-
schieden und mit anderen ganz neuen verbunden. Da hat nun W. Giese-
brecht diese Untersuchung wieder aufgenommen*), und mit Hülfe des
^) J. Grimm, Gediebte des MitteUlters Mif Friedrich I, den Stavfer, Berlin
1848, 4. ans den Abhandlungen der Akademie (KL Sohrifien HI, 1 — 102).
Nachtrag Ton Wackemagel in Haupt« Zeitschr. V, 293 — 299. MlÜdener, de
Vita Gualtheri ab Insulis dieti de Castellione, Diss. Gott. 1854. Von dems.,
Die Zehn Gedichte des Walther yon Lille nach der Pariser Handschrift, Hann.
1869. Kritik Ton Peiper im Brieger Programm von 1869.
*) Die Vaganten oder Goliarden und ihre Lieder, in der Allgem. Monat-
schrift 1858« Seitdem ist riel neues Material yeröfientlicht, worunter die wich-
368 ^* Stoafer. { 23. Die Lieder der Vaganten.
neu gewonnenen Maierialfi weiter geftthrt. Er hat nachgewiesen, wie
sich auf den änfeerst zahlreich besuchten Schulen Frankreichs unter
den Schülern, die sich um Lanfrank, Anselm, Berengar und ihre Nach-
folger zu Tausenden sammelten, ein sehr zügelloses Leben entfoltete,
an dem vielfach Lehrer und Hörer gleichmäfsig Theil nahmen, und
wie damals, als unter dem Schutze der Ereuzzugshnllen alles wanderte,
auch diese Scholaren die Länder durchschwärmten als Vaganten
(clerid yagi), auch Ooliarden genannt. Während die Troubadours
französisch, die deutschen Spielleute deutsch sangen an den Höfen
der Fürsten und Edelleute, hielten diese fahrenden Schüler fest an der
lateinischen Sprache und trugen ihre Lieder vor an den Höfen der
geistlichen Fürsten, Lieder, die oft sehr lockerer Art, oft auch ernst-
haft waren. Sie waren häufig gern gesehen und vermehrten den Glanz
der Hofhaltung, konnten aber auch sehr zur Plage werden, und bald
sah man sich genöthigt, ernstliche Mafsregeln gegen dieses Treiben
zu ergreifen^). Im dreizehnten Jahrhundert kamen diese Vaganten
immer tiefer herunter, ihre Verse werden schlechter, und bald verlieren
sie alle Bedeutung f&r die Litteraturgeschichte.
Manche dieser Gedichte sind voll TsJent, geistreich, witzig, oft
sehr ausgelassen und voll des beifsendsten Spottes über die Fehler
des Glems, vorzüglich über die römische Curie; unter allen aber
glänzen doch immer unerreicht die Verse jenes Dichters an Beinaids
Hofe, Walthers, des Erzpoeten wie er sich selber nennt; ihm hat auch
Giesebrecht besondere Aufmerksamkeit gewidmet und seiner Person
nachgeforscht. Er hält ihn fClr identisch mit Walt her von Lille
oder von Chätillon, dem Dichter der Alexandreis, welche die Clas-
siker aus den Schulen verdrängt hat. Dieser Walther hatte wegen
leichtfertiger Lieder, die er gedichtet, seine Stellung als Lehrer in
Frankreich aufgeben müssen; später ist er in England gewesen, in
der Zwischenzeit aber hätte er an Beinaids Hofe in Italien sich auf-
halten können. Zuletzt, wurde er wieder Lehrer in Chätillon und end-
lich Canoniker in Toumai. Doch hat neuerdings 0. Hubatsch erheb-
liche Gründe gegen diese Hypothese vorgebracht').
tagen Nachrichten Saltmbene's und Bichards von dunj (oben S. 859) hervor-
snheben sind. Viel habe ich im Anzeige des Germ. Mnseuma mitgetheilt.
Ein Begister der Anfänge, das sich schon sehr yermehren Iie(se, in Haupts
Zeitschr. N. F. III, 469 — 506. Die Entstehung der Foim ans altlateiniacher
behandelt Christ. Theoph. Schuch: De poesis latinae rhythmis et rimis prae-
cipne monaehorum, Donaueschingen 1851.
*) Zu dem ron Giesebrecht benutzten scherzhaften EzemptionspriTileg ist
zu bemerken, dats es sich auf St. Polten bezieht, Anz. XV, 199. 288.
*) Oscar Hubatsch: Die lateinischen Yagantenlieder des Mittelalters, Görlitz
Walther von Ch&tillon. 3gg
Die Verse dieses groben Meisters wurden von zahlrdchen Sän-
gern geringeren Schlages durch alle Lande getragen, nnr in Italien
fanden sie keinen Anklang. Immer nene Lieder kamen hinzn, die
meistens nnr von Liebe, Wein und Würfeln sangen, oft aber anch
scharfe Satiren gegen die Geistlichkeit enthalten^) nnd gelegentlich
geschichtliche Ereignisse berühren. Vielfach regten die Krenzzüge,
namentlich der Verlust von Jerusalem 1187, dazu an'), aber fast jede
Begebenheit von gröÜBerer Bedeutung wurde nun in Versen gefeiert,
die nicht gerade immer von solchen Vaganten herrühren, aber doch
in ihrer Art gedichtet sind, in der gereimten rhythmischen Poesie,
welche durch sie vorzüglich ausgebildet wurde').
1870. Sehr gut ist darin die EntstehnDg aus parodierten Kirchenliedern nach-
gewiesen.
^) So die Verse Peters de Vinea VehemenH nmiitm, Du Möril (]847)
S. 163—177, HuiUard-Br^hoUes, Pierre de la Vigne p. 402—417. Gregor IX
habe den Frieden gebrochen, weil er auf die BettelmOnche , welche überall
den Frieden stAren, gehört und sie berorrechtet habe; seitdem sei überall
Krieg nnd Verderben. Der Kaiser mit einem Pabst der jene verjage, werde
den Frieden herstellen. Also während der Sedisvacans.
*) Allgemeine Aufforderung sum Kredzzug: Jerusalem miraMUs^ Du Möril
1843 S. 297. Zur Festfeier der Eroberung von Jerusalem Nomen a aolemnibus^
Carmina Bur. 33. Nach der Niederlage durch Emadeddin Zonki 1140 Occur-
runt hodxe^ Ans d. Oerm. Mus. XXIII, 336. Auf Amalrichs Feldxug nach
Aegypten 1168 Debachaiur Bur. 32. üeber den Fall von Jerusalem 1187 u.
den folg. KreusEug: Fides cum idolatria^ ib. 24. Orueiflgat omnes ib. 25«
Quod spkitu Dacid, ib. 27. Tonat evangehca^ ib. Eheu voce flebiU, ib. 29.
Riant de Hajmaro p. 119. Cod. pal. 927 nach Arch. XII, 347. Christiani
nomnis^ Riant 125. Jerusalem kteiare^ Du Möril 1847 8. 265. Juxta threnos^
ib. 1843 8.408. Oraves nolfis admodum (1189), Du Moni (1843) 8.414.
Riant 124. Rog. de Hoveden ed. Stubbs III, 37. Dum Bamams {u^\) s.
oben 8. 242. Elegie de belle contra Salahadinum gesto, 0)d. Paris. Suppl.
lat. 8900, benutst ron Röhricht, Forsch. XVI, 487. Ueber den Fall ron Acoon
1291 : Audite insulae, Mart. Coli. V, 757. — 60 Distichen von Erbo: Indue ciU-
ctum, über die Einnahme von Jerusalem, roll Hoffnung auf Friedrich I, im Wiener
Cod. 984 (theoi. 330); 8tflcke daraus bei Denis I, 746. üeber Friedrichs II Kreus-
zug mit entschiedenem Tadel der p&bstlichen Politik handelt das merkwür-
dige Gedicht ron Marquard Ton Padua in Hexametern, MO. 88. IX, 624.
*) Vier Gedichte auf den Tod Karls v. Flandern 1127, Du Moni (1847)
8. 260—275, Tgl. oben 8. 326. Auf Otto Ton Freising 1159 von Ragewin,
in dessen Chronik. Auf Friedr. I 1 162 Triumphaior, etwas abweichend ron
J. Grimm, Kl. 8chr. III, 66, Forsch. XVI, 579 vgl. XVII, 639. Auf die
Stiftung von Leubus 1175 und die Colonisation des Landes, doch erst c. 1300
Torfafst, Est locus Wattenbach, Mon. Lub. p. 14, ygl. Zeifsberg, Poln. Ge-
schichtschr. 8. 113 (broca ist ohne Zweifel die Schenke). Auf den Frieden
Ton Venedig 1177 mit Herrorhebung der Verdienste Widimanns, Carm. Bur.
p. 34. Auf die Verheerung von Hiüberstadt 1179, im Chron. Halberstadense.
Friedrichs I Tod, oben 8. 222. König Richards Gefsngenschaft , Petri Bles.
Opera ed. Giles, IV, 343. Auf den Tod Bisch. Diethakns von Constanz als
Mönch in SaUnansweiler 1206, Mono, Quellens. III, 138. Auf den Tod König
Philipps 1208, Carm. Bur. p. 50. Mono, Quellens. III, 139; beide auch bei
O. Abel, K. Phil. 8. 392. 393; yon Reinhard ed. Pfeiffer, Serap. XV, 37.
Wattenbaeb, Oeschichtsqnellen IL ^ Aufl. 24
d70 ^' S^uf<Br. § 23. Die Lieder der Vaganten.
Die entsetzliche Verwüstnng üngerns durch die Mongolen
veranlagte nicht nur wirkliche Klagelieder^), sondern auch einen Be-
richt des Canonikers Bogerius Ton Grofs-Wardein, der nnr der
üeberschrift nach ein Klagelied ist, in der That aber in Prosa ge-
schrieben nnd nicht nnr eine höchst lebendige Schüdemng dieser farcht-
baren Zeit enthält, der Verfasser war selbst in die Gefangenschaft der
Barbaren gerathen, sondern auch die Ursachen der Schwäche des
Beiches vortrefflich auseinander setzt').
Höchst eigenthümlicher Art ist eine Parabel über das Goncil
von Lyon von 1245, unter dem Titel: der Pfau, worin die Vor-
gänge des Concils andeutungsweise unter dem Bilde einer Versamm-
lung von Vögeln berichtet werden, weil der Verfasser sich fürchtete,
seine Ansichten deutlich auszusprechen'). Der Herausgeber, Herr von
Karajan, hat die vielen Dunkelheiten dieses Gedichtes so viel wie
möglich aufzuhellen gesucht, was um so schwieriger war, weil über
Gefangenschaft Waidemars 1223, Du Meril 277. Usinger, dentseh-d&n. Gesch.
S. 434 (y. 21 L Murus), Tod Friedrichs II von Oesterreich 1246, MG. SS.
XI, 50; JaffS, Bibl. V, 466. Sieg der Parmenser 1248, Hofler, Albertos Bob.
p. 123. Planctus kujus Auffiae^ ans Reichenau vom Abt Konr. von Zimmern
1264, bei Oallns Oheim ed. Barack S. 23, Tgl. Mone, Quellens. III, 139. Ins
15. Jahrh. gesetzt von Roth t. Schreckenstein, Forsch. XV, 135 — 144, doch
Tgl. 0. Breitenbach, NA. II, 178. 188. — In diese Zeit gehört auch die Se-
quentia de S. Karolo: ürbs Aquensis^ urbs regcUis bei Daniel, Thes. hjrm-
nolog. V, 235. Mone, Lat. Hymnen des MitteUIters III, 347 (S. 349 der
Hymnus; rex orbis triumphator); auf Frankfurt angewandt bei Elnh. V.
Karoii ed. Perts p. 43, auf Zürich bei Canis. ed. Basn. Uli», 208 und Hel-
perici Kar. M. ed. Orelli p. 42; vgl. M. Büdinger, Die Anftnge des Schul-
Zwanges S. 30. In Distichen sind die Stifter und Wohlthäter des Klosters
Formbach gefeiert, vor allen der 1158 vor Mailand gefallene Graf Ekbert
von Pfitten, der als Irings Enkel gepriesen wird, ed. J. Zahn in den BeitrSgen
zur Kunde Steiermark. Geschichtsquellen II, 1 — 9.
') Det scripto^ Pez, SS. Ber. Austr. II, 398. Manet ante osHum^ Forsch.
XII, 643; vgl. XIV, 599—612. XVI, 370. Planctus destructionis : Tu qui deua
ed. Marczali NA. II, 616—625.
') Rogerü canonici Varadiensis Carmen nmerMle super destructione regni
Hungarief bei Endlicher, Monn. Arpad. p. 255 — 296. Schwandtner, SS. Hung.
I, 292. Er war ein geborener Italiener und wurde 1249 Erzb. v. Spalato,
Tirab. IV, 437. Ein Fragment über die Mongolenzeit im Arch. d. W. Ak.
XLII, 519. Vgl. die von Böhmer mitgetheilten Briefe, Thür. Ant. Mitth. 1839.
IV, 2, 105. Palacky, Der Mongolen Einfall von 1241, Prag 1842, ans den
Abhandlungen der K. Böhm. Ges. d. W. V, 2. Bruder Julians Bericht und
der Brief von Bela IV wieder abgedruckt in Dudik's Iter Rom. I, 326. 335.
Vgl. auch Schwaounel, Der Antheil Friedrichs des Streitbaren an der Abwehr
der Mongolen, Wien 1875. Grünhagen, Regesten zur Schles. Geschichte
S. 212 fr. Eine Nachricht von 1246 Zeitschr. f. D. Alt. XVIII, 224.
') Vera loqui timeo, dedignor dioere falsa.
Nee tamen esse canis sine latratu volo mutus.
Th. G. V. Karajan, Zur Geschichte des Concils von Lyon, in den Denkschriften
der Wiener Akademie 11.
Boger Ton GroÜB-Wardein. Paro. Petrus de Vinea. 37 ^
dieses wichtige Concil so aofsei-ordentlich wenig Nachrichten vorhan-
den sind. Alles was wir darüber wissen, hat v. Earajan gesammelt,
nnd es stellt sich dabei recht anffäUig herans, wie dürftig die Chro-
niken ans dieser Zeit sind.
Bemerkenswerth ist aber, dalis gerade in solcher Weise die ver-
schiedenen Ansichten über die Berechtigung der streitenden Parteien
ihren Ausdruck fanden. Böhmer hat den Dialog eines Clerikers mit
einem Laien über die Absetznng Adolfs von G6ln (1206) bekannt ge-
macht, in welchem das Verfahren des Pabstes verteidigt wird'), wäh-
rend in einem anderen metrischen Dialog zwischen Boma nnd Inno-
cenz in, der aber nnr als ein scholastisches üebnngstück zn betrachten
ist, Otto lY in Schutz genommen wird'). Anderes der Art mag noch
ungedmckt sein. Der kaiserliche und der päbstliche Hof erfüllten die
Welt mit ihren Manifesten; Petrus de Yinea und Thomas von
Capua erwarben sich in diesem Kampfe den Buhm der vollendetsten
Beredsamkeit'). Aber jene reiche Litteratur von nicht amtlichen Con-
troversschriften, welche der erste Kampf zwischen Gregor und Hein-
rich lY und später wieder die neuen Kämpfe des vierzehnten Jahr-
hunderts hervorriefen, läfst sich jetzt vermissen. Man mochte fühlen,
dafs mit Gründen nichts auszurichten war, dafs Waffen und Geld allein
entschieden, und deshalb scheute sich jedermann vor der Gefahr, welche
mit solcher Schriftstellerei verbunden war. Nur ein kühner Domini-
caner Namens Arnold, der in Innocenz IV den Verderber der Kirche
erkannte, und fest am Kaiser hielt, entwickelte diesem seine Ansicht,
dafe durch die Predigermönche die Kirche reformiert werden müsse,
und erliefe darüber (1248) ein confuses Sendschreiben, welches spurlos
verhallte; vermuthlich derselbe wandte in einem zweiten Schreiben viel
>) Fontes III, 400 bis 407. Vgl. Gardauns in den Stftdtechroniken XII
S. LXXI.
>) Dialogus inter Innocenüum III et Romann, Leibn. SS. IV, 525 — 632;
daraas in den Stndj snl secolo XIII ron La Farina IV, 652.
') Den Zeitgenossen und den folgenden Jahrhunderten dienten ihre ge-
sammelten Briefe und Streitschriften als Muster, vgL. jetst auch das ausge-
zeichnete V^'erk von Huillard - BröhoUes : Vie et Correspondance de Pierre de
la Vigne, Ministre de l'empereur Fr^döric II, arec une ötude sur le monrement
r^formiste au XIII* si^cle. Paris 1865. — Unter den früheren Professoren
dieser Kunst ist rorsflglich der Florentiner Bonoompagnus hervorKuheben,
der in Bologna um 1215 lehrte und auch eine Beschreibung der Belagerung
von Ancona durch Christian von Mainz 1173 (Murat VI, 925) verfabt hat,
TgL Tiraboachi IV, 449 — 456. Archiv X, 627. Bockinger, Briefsteller und
Formelbücher S. 115 ff. Salimbene S. 88. Varrentrapp, Christian von Mainz
S. 113 — 124. Ueber seine grammatischen Schriften Charles Thurot, Notices
et Extraits XXII, 2, 36.
24*
372 ^* Stuifer. I 23. Dentsohe Diehtang. { 24. Die NoTelle.
scholastische Gelehrsamkeit auf, um nachzuweisen, daÜB Innocenz lY
der wahre Antichrist sei^).
In das Zeitalter der beiden Friedriche fallt nun auch die Blüthe-
zeit der deutschen Dichtung. Es versteht sich, dafs der Histo-
riker diese Entwickelung nicht unbeachtet lassen darf; hier jedoch
haben wir sie nur insoweit zu berühien, als geradezu geschichtliche
Nachrichten daraus zu gewinnen sind. Im ganzen ist sie, besonders
die höfische Dichtung, die Epen sowohl wie das Minnelied, dem wirk-
lichen Leben, den groben Ereignissen der Zeit sehr fremd geblieben,
wie auch von dem Bitterstand, dem diese Dichtung angehörte, keine
einzige Chronik ausgegangen ist. Heinrich von Yeldeke gedenkt des
herrlichen Pfingstfestes zu Mainz 1184, das er noch selbst erlebte;
sonst aber finden sich nur bei Walther von der Yogelweide
directe Beziehungen auf die Zeitereignisse; die Kampfe, welche Deutsch-
land zerrissen, das schmähliche Spiel, welches Innocenz mit dem Reiche
trieb, die untreue der Ffirsten erfüllen ihn mit Schmerz und Ingrimm;
er schliefst sich seiner Gesinnung nach ganz dem Burchard von ürsperg
und anderen staufisch gesinnten Chronisten an').
Aufserdem sind die Sittenschilderungen zu beachten, welche sich
in den moralischen und didaktischen Gedichten finden. So schon im
zwölften Jahrhundert in Hartmanns Gedicht vom Glauben, in Heinrichs
Yon Melk Gedicht von des Todes Gehfigede, und im Pfaffenleben (oben
S. 244), wo die Yerweltlichung des geistlichen Standes beklagt wird.
Diesen österreichischen Geistlichen reiht sich Werner vom Niederrhein
an mit dem Gedicht von der Girheide. Der Winsbeke stellt einen
rechten Spiegel des wahren Bitterthums auf, und Thomasin von Zir-
kläre im Welschen Gast zeichnet mit scharfen Zügen die arge Ent-
artung desselben um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts. Dieselbe
Klage über die Yerwilderung und Yersunkenheit der beiden herrschen-
den Stände erfüllt auch die Gedichte des Strickers und andere Werke
dieser Zeit.
Das Zerrbild des romanhaften Bitterthums tritt uns leibhaftig
entgegen in Ulrich von Lichtensteins Frauendienst, während etwas
früher, noch in der guten Zeit unter Leopold dem Glorreichen, Neid-
') Fratris Amoldi Ord, Praed, de correctüme ecclesiae epigtola et Ano-
nfmi de Irmoc. IV antichristo libellus^ ed. Ed. Winkelmann, Ber. 1865.
*) Die Nachweise mögen hier den Werken über deutsche Ldtteratur-
geschichte überlassen bleiben.
Deotsehe Diehtnng. 373
hart von Benenfhal in natnrwahren Bildern das derbe Banemleben in
Baiem nnd Oesterreich schildert.
Eine eigene Klasse bilden noch diejenigen Gedichte, welche schein-*
bar oder wirklich historische Gegenstände mit jener schrankenlosen
Willkür behandeln, die wir schon in der Kaiserchronik ihr bnntes
Spiel treiben sahen, das Lied von Herzogen Ernst, Graf Bndolf ^), ans
dem der Zustand des heiligen Landes nach derErobenmg sich erken-
nen läfst, König Buother, erftllt von EriDnemngen an Konstantinopel
nnd den dortigen Hof, die Meerfiahrt des Landgrafen von Thüringen,
der Sängerkrieg anf der Wartburg.
Dahin gehört anch die Chronik Enenkels, welche schon nach
ganz kurzer Zeit den letzten Babenberger, Friedrich den Streitbaren,
in sagenhafter Gestalt erscheinen läfst (S. 290). Aehnlichkeit damit
hat eine lateinische Beimchronik*) aus Oesterreich bis 1268, welche
zu verwirrt, zu wenig geschichtlich ist, um sie den eigentlichen Quellen
beizuzählen, aber doch Beachtung verdient, z. B. in ihrer Darstellung
der Wahl Friedrich Barbarossa's; sie giebt uns, wie einst Ademar,
die Gestalt welche die Ereignisse im Munde des Volkes annahmen,
üeber die Mongolenzeit und andere Vorgänge in Ungern, wie die Er-
mordung der Königin Gertrud, die Mi&handlung der Steiermark durch
die üngeni, ist allerlei darin zu finden.
§ 24. Die Novelle.
Wir haben schon in den früheren Perioden mehr als ein Werk
zu erwähnen gehabt, welches seiner Form nach eigentlich nicht in
den Bereich der Historiographie fiel, aber durch den mannigfach be-
lehrenden Inhalt manche Chronik aufwiegt. Alpert, Arnold von St.
Emmeram, Otloh, der Mönch von Herrieden, schrieben ohne feste Ord-
nung, ohne die Absicht eine Darstellung der Geschichte zu geben,
aber ihre Werke enthalten viel geschichtliches. Auch die Wunder-
geschichten lassen sich damit vergleichen, wenn wie in den Wundem
des h. Wiebert, die einzelnen Geschichten anmuthig ausgeführt, wenn
nur diejenigen ausgesucht sind, welche etwas besonderes und eigen-
thümliches darbieten. Li die Klosterchronik von St. Hubert ist eine
^) Grave Badolf. Heraasgegeben Ton W. Grimm. 1828. 1844. Darin wird
schon um 1170 der KOnig (von Böhmen) als Schenk des Reiches bezeichnet.
*) Chnm, rkyikmicum 1162—1268 bei Rauch, SS. Remm Austr. I, 149.
Sehr schlechter, aber anch in den Handschriften schon entstellter Text. Giesebr.
IV, 499 bemerkt, dafs die unhistorische Nachricht ron Friedrichs Wahl hier-
aus in das Auctarium Vindobonense SS. IX, 723 gekonmien ist.
374 ^' Staufer. $ 24. Die NoreUe.
ganze Beihe Yon Anekdoten aufgenommen, geschöpft ans den Schrift-
stellern des Alterthnms, durch deren Erzählung ein Klosterbruder die
Gunst des Abtes Wulfram von Prüm gewann^). Diese Schriftsteller
wollten belehren, aber zugleich unterhalten, ein Zweck, der gewifs auch
bei vielen Legenden vorauszusetzen ist, wie bei den völlig romanhaften
vom h. Georg, vom h. Thomas.
Belehrung ist auch der Zweck des Policraticus, welchen Johann
von Salisbury 1159 dem Kanzler Thomas Bocket widmete. In
Paris und Chartres gebildet, war Johann durch Bernhard von Glair-
vaux dem Erzbischof Theobald von Ganterbury empfohlen und in
dessen Diensten rastlos thätig. Jenes Werk soUte den Kanzler an
seine Pflichten gegen die Kirche mahnen, es enthält ein System
kirchlich-politischer Ethik, verbreitet sich über die Gebrechen der Zeit,
der Menschen überhaupt, und entfaltet dabei eine so gründliche Geistes-
bildung und umfassende Belesenheit, dafs ich ihn hier nicht übergehen
wollte als das merkwürdigste Beispiel davon, bis zu welcher Höhe um
die Mitte des zwölften Jahrhunderts die auf dem Studium des Altor-
thums begründete neue (xeistesbildung gelangt war, als sie durch den
neu entbrannten Kampf der Kirche gegen den Staat und bald auch
gegen die weltliche Gelehrsamkeit um Jahrhunderte zurückgeworfen
wurde'). Sehr viel tiefer steht schon das zum Theil jenem nach-
geahmte und entgegengesetzte Werk des Walther Map De nugis
Curialium^), welches in bunter Mischung Märchen und Geschichte,
Sittenschildenmgen und moralische Betrachtungen enthält, voll bitteren
Spottes über die Weltleute sowohl wie über fanatische und habsüchtige
Cleriker und Mönche, aber gegen niemanden so unerschöpflich, wie
gegen den neuen Orden der Cistercienser und Bernhard von Clairvaux,
Johanns von Salisbury und seiner Partei besondere Freunde, des Kö-
nigs Feinde. An schriftstellerischer Kunst ist Walther mit Johann
von Salisbury nicht zu vergleichen, aber sein Werk ist eine unendlich
reiche Fundgrube für die Kenntnits der Zeit, für Sagengeschichte, vor
1) Dieser Wulfram liefs sich 1084 durch den Scolaris Arnold die Chronik
des Regino mit dem Leben Karls und Ludwigs abschreiben, MG. I, 539.
*) C. Schaarschmidt, Joh. Saresberiensis nach Leben und Studien, Schriften
n. Philosophie, 1862; vgl. Hist. Zeitschr. XI, 229. Ueber die durch Adrians IV
Pabstwahl rermittelte Berührung der englischen Gelehrsamkeit mit den grie-
chischen Studien am Hofe König Wilhelms von Sicilien s. Val. Rose: Die
Lficke im Diogenes Laertius und der alte Ueberseteer, im Hermes 1866
S. 367-397.
') QuaUerii Mapes de nugis curialium distinctiones quinque. Edited by
Th. Wright (zum ersten Male). Printed for the Camden Society 1850. Vgl.
Philipps, Walther Map, Wiener SB. X, 319—399, und Vermischte Schriften
Bd. 3.
Walther Map. Gerrasius Ton Tilbnry. 375
allem fftr das Treiben am Hofe Heiiirichs II, dem wir leider nichts
ähnliches aus den Kreisen der staufischen Hofhaltungen an die Seite
zu setzen haben.
An diesem englisch-französischen Hofe überrascht es nicht, wenn
nach jenen Geistlichen, die halb wider Willen von seinem unruhigen
Treiben fortgerissen werden, die fast Weltleute geworden sind, nun
auch Laien die Feder zu ähnlichen Werken ergreifen. So schrieb
Gervasius von Tilbury ein Anekdotenbuch fQr König Heinrich den
Jüngeren^). Eine Zeit lang lebte dieser Gervasius auch am Hofe des
halb englischen Kaisers Otto IV, wo er Kanzler und Marschall des
Beiches von Arles wurde, und schrieb zur Unterhaltung seines Herrn
in den Mubestunden im Jahre 1212 seine Otia Imperialia, in denen
er zur Ergötzung und Belehrung die mannigfachsten und verschieden-
artigsten Dinge zusammenstellte, wichtiges und unbedeutendes, ja ab-
geschmacktes. Sage und Greschichte, L&nderbeschreibung, Naturge-
schichte und was ihm noch sonst gerade in die Feder kam. In seiner
Jugend war Gervasiufi Bechtslehrer in Bologna gewesen, und das zeigt
sich deutlich in seinem Werke durch die besondere Aufmerksamkeit
auf die Gesetzgebung. Im Jahre 1177 war er selbst bei dem Frieden
von Venedig zugegen, und deshalb ist seine freilich sehr kurze und
gedrängte üebersicht der Kaisergeschichte seit Karl dem Grofsen
(II, 19) nicht unwichtig. Besonders aber ist es wichtig zu wissen,
wie ein Mann von so bedeutender Stellung am Hofe und ein Laie die
Verhältnisse aufifafste, wie er Aber die streitigen Ansprüche des päbst-
lichen und des kaiserlichen Hofes dachte. Da finden wir nun, daüs
Gervasius keinesweges die aus dem alten Kaiserrecht geschöpfte An-
sicht anderer Bechtslehrer von Bologna über die unbeschränkte Macht-
vollkommenheit des Kaiserthums theilt; er nimt vielmehr die Be-
hauptungen und Ansprüche der Päbste unbedenklich als gültige und
feststehende Wahrheit auf. Deshalb räth er auch dem Kaiser zur
Versöhnung mit dem römischen Pabste, denn durch dessen Verleihung
(ejus beneficio) sei Bom an das Frankenreich gekommen, habe der
Kaiser die Krone. Nicht wer den Deutschen, sondern wer dem Pabste
gefalle, sei Kaiser. Es sind dieselben Ansichten, welche einst den
ganzen Hof Friedrichs I in den gröüsten Zorn versetzt, deren Aeufse-
rung den Cardinälen fast das Leben gekostet hatte: jetzt ist es des
#
*) Liber facetiartim ad Heinricum regem jutmrem^ wohl noch ungedruckt.
Seine Otia ImperiaUa bei Leibn. SS. Bruosvic. I, 881 — 1004 mit Nachträgen
II, 751 — 784. In den von Liebrecht herausgegebenen Aussfigen (Hannover
1856) ist das geschichtliche fortgelassen. Ueber die Schlacht von Bovines und
Otto's IV beabsichtigte 8&cularisation bt besonders wichtig Chtilemti Britonis
Pkilippis,
376 ^- Staufer. { 24. Die Norelle.
Kaisers Marschall, der sie selber ausspricht, so wie sie auch im
Schwabenspiegel als anerkannte Thaisachen sich wiederfinden.
Nicht vom Hofe, sondern ans dem Kloster stanunt ein anderes
Werk, dessen Zweck Belehrung und Erbauung ist, das aber eben-
falls dem Leser reiche Unterhaltung gewährt, die Wundergespr&che
des Caesarius von Heisterbach, eine geistliche Novellensammlnng,
wie Böhmer sich ausdrückt, voll Anmuth in der Darstellung und reich
belehrend für Gultur und Sittengeschichte^).
Wir haben diesen Caesarius schon oben erwähnt wegen seiner
Lebensbeschreibung des Erzbischofe Engelbert von Cöln; er war ein
geborener Cölner und lebte von 1199 bis c. 1240 in dem Cistercienser
Kloster Heisterbach, das sich damals durch strenge Zucht und Sitten«
reinheit auszeichnete'), hat sich aber auch auTserhalb des Klosters
umgesehen, wie er denn dem Erzbischof Engelbert nahe stand, und
C5ln war damals einer der hauptsächlichsten Brennpunkte der Politik
sowohl wie des Handelsverkehrs. In der auüserordentlichen Fülle von
Geschichten aller Art, die Caesarius in dem Buche, welches er 1221
und 1222 schrieb, gesammelt hat, tritt uns das Leben jener Zeit in
den mannichfaltigsten Formen und Gestaltungen entgegen. Das geist-
liche Element herrscht natürlich vor, so wie an Wundem und Visionen,
dem Titel entsprechend, üeberflurs ist; man erstaunt immer von neuem
über die Leichtgläubigkeit des Mannes, welche er freilich, wie Wybrands
(S. 21) bemerkt, mit der grofsen Mehrzahl seiner Zeitgenossen theilte,
und manches bedenkliche Element in seinen Geschichten berührt un-
heimlich. Aber zürnen kann man ihm doch nicht; geföhrlichen Fol-
gerungen aus einzelnen Visionen geht er mit Geschick und Sorg^falt
aus dem Wege, und kommt immer wieder auf die strengen Forderungen
einer sehr innigen Frömmigkeit und ernster Moral zurück. Bei ihm
hat der wuchernde Aberglaube das tiefe und ernstliche sittliche Gefühl
durchaus nicht erstickt, und schonungslos straft er die Sündhaftigkeit
geistlicher und weltlicher Würdenti'äger.
*) Caesarii Heüterbacenm monachi Ord, Ost. Dialogus Miraculorum ed.
Strange 1851. 2 Voll. 8. Index dazu Confluentiae 1857. Darin ist auch auf
die Vita b. Davidis als seine Quelle hingewiesen, vgl. oben S. 320. Heisterbach
war ein Tochterkloster von Himmerode. Auch OÜTer hat er benutzt, Wybrands
S. 45 — 47. — AI. Kaufmann, C&Barius von H. Coln 1850, 8. Zweite Ausg.
1862 mit einem Bruchstück aus seinen verlorenen VIII UM MiractUorvm.
Böhmer, Begg. Imp. ^XX. Aem. W. Wybrands, Predikant te Hoom, De DiaL
beschouwd als bijdrage tot de kennis van het godsdienstig leven in Neder-
land, in: Studien en Bydragen von Prof. Moll en Prof. J. G. de Hoop Scheffer,
Ily Amst. 1872. — Hs. in Voran, NA. II, 410. — Caesarius schrieb auch ein
Leben der Landgr&fin Elisabeth, in welchem aber nur die bekannten Aussagen
der vier Dienerinnen mit einigen frommen Betrachtungen verbr&mt sind.
>) S. den Brief bei Sudendorf, Reg. II, 172.
CAeurius Ton Heisterbiuih. Cbantunpr^. 377.
«
In den Niederlanden wurde sein Buch besonders viel gelesen
nnd anch früh übersetzt. In Gistercienser Klöstern las man darans
bei der Mahlzeit vor, bis Wessel Oansfort im 15. Jahrh. sich wider-
setzte: »nam haec praeter ineptiam etiam mnlta pericnlosa continent**
Da wnrde es unterlassen ^).
Ein weit finstrerer Oeist nnd mehr unheimlicher Fanatismus
herrscht in dem ähnlichen, wenig späteren Werke des Dominicaners
Thomas von Chantimpr^. Dieser war ein geborener Brabanter
nnd Mitglied des 1180 gestifteten Chorhermstiftes Ghantimpr^ bei
Cambrai. Lange Zeit hörte er im Auftrage des Bischofs Beichte, und
dadurch erwarb er sich eine grofse Menschenkenntnifs und einen reichen
Schatz von Geschichten. Um das Jahr 1230 trat er in den Domini-
caner-Orden ein ; er ist ein Schüler des Albertus Magnus gewesen und
war dem neuen Orden mit der gröfsten Verehrung zugethan. In den
Angelegenheiten desselben bereiste er Lothringen und kam in Be-
rührung mit vielen Männern aus allen Weltgegenden. Er schrieb
Biographieen mehrerer belgischer Nonnen, die aber hier nicht einmal
genannt zu werden verdienen, da blofse sinnlose Easteiungen kein An-
recht auf geschichtliche Beachtung geben, femer ein Werk über die
Natur der Dinge und endlich 1263 sein Buch vom Bienenstaat').
Hierin legt er als Text eine fabelhafte Beschreibung des Bienenstaates
zu Gmnde, und knüpft daran moralisierende Betrachtungen für den
Mönchstaat, welchen er mit jenem vergleicht; diese erläutert er dann
durch zahlreiche Geschichten, die manchen Blick in die Zustände jener
Zeiten gestatten. Besonders erkennen wir darin die gewaltige Be-
geisterung, welche damals in der Zeit der ersten Ausbreitung den
Orden der Predigermönche erfüllte, und die Yerehmng des Volkes,
welche ihm entgegenkam. Neben einer begeisterten Hingabe und der
Verachtung aller irdischen Güter, welche unsere Achtung erzwingt,
zeigt sich darin in unheimlicher Weise der fanatische Eifer gegen
Ketzer und Juden, die unbeschränkte Leichtgläubigkeit und die grofse
Neigung zu Träumen, Visionen und Teufelspuk aller Art.
Es ist hier ein ganz anderer Geist als in den alten Mönchsorden ;
die früher so eifäg betriebenen Studien der alten Classiker und der
Geschichte treten immer mehr zurück und werden von Scholastik und
Legendenkram überwuchert. Von geschichtlicher Kritik findet sich
kaum noch eine Spur; wie durch geöffnete Schleusen dringen jetzt
die albemsten Fabeln, welche Männer wie Ekkehard und Otto von
1) Wjbrands 8. 102.
*) Thomas CantiprcUam Bonum universale de apilms, ed. Colrenerias
Duaci 1627.
i
378 y. Stanfer. § 24. Die NoTelle.
Freising nicht einmal der Erw&hnnng werih achteten, in die Greschichts-
hflcher ein.
Wir können hiermit die Entwickelong der Historiographie Deutsch-
lands im froheren Mittelalter als abgeschlossen betrachten; mit Bndolf
von Habsbnrg kommt ein neuer Aufschwung und es entstehen wieder
achtungswerthe Werke über die Geschichte der Gegenwart; es be-
ginnen dann die Chroniken der Stftdte und die Landesgeschichten, mit
dem Reiche selbst nimt auch die Geschichtschreibung eine andere Ge-
stalt an und verlangt eine abgesonderte Behandlung, welche ihr jetzt
durch 0. Lorenz bereits zu Theil geworden, und in der zweiten Aus-
gabe auch bis an das Ende des Mittelalters fortgeführt ist.
BEILAGE I.
YerzeichnilB Yollstandig oder im Auszug gedruckter
Necrologien.
I. Deutsches Reich.
EEZBISTHUM MAINZ.
Sprengel von Mainz.
Mains, Dom: Fontt. ni, 141 aus Sohannat, Yindd. I, 1^4. Jaffö^ Bibl.
m^ 721. Fragmente eines jttngeren s. XII. ed. Schenk von Schweins-
berg im Gorrespondenzblatt d. Gesammtyereins 1876 N. 4.
Amelnngsbom : ed. Schmidt in Lisch* JahrbQchem f. meckl. Gesch. n, 34.
Bleidenstadt: Fontt. m, 152. C. Will: Monnmenta Blidenstat. (1874)
S. 35—37 Liber confratemitatis. 88 — 42 Necrologinm.
Glarenthal bei Wiesbaden: Eremer, Origines Nass. II, 412 — 422.
Dietkirchen: E. Joachim in d. Annalen d. Vereins f. Nassaoische Alter-
thnmskonde Bd. XIV, Heft 2.
Engelport auf dem Hnnsrück: Reisach n. Linde, Archiv f. rhein. Gesch.
(1835) n, 3—94 von Stramberg.
Erfurt, St. Marien: Mone, Anz. 1835 S. 141—146; vgl. Mone*8 Zeitschr.
f Gesch. des Oberrheins IV, 253; St. Peter: Schannat, Vindd. 11,
17; Dominicaner: A. Zacke über das Todtenbnch des Dominicaner-
klosters und die Predigerkirche zn Erfurt, 1861. Ein thüringisches
unbekannter Herkunft ed. Wegele, Zeitschr. f. thür. Gesch. II, 118.
Fontt. IV, 457.
Fulda: Diptychon Fontt. HE p. X aus Schannat, Vindd. I, 16. Leibn.
SS. m, 761; Annales necrologici minores: Dronke, Traditt. et Antt.
Fuld. p. 165, Auszug Fontt. in, 153; majores: Leibn. SS. HI, 762
cf. p. 31. 32; Schannat, Hist. Fuld. 464; Auszug Fontt. HI, 155.
Ein anderes s. XI: Dümmler, Forsch. XVI, 171—177. Liebfrauen-
kloster: Fontt. IV, 451—455.
Kaufüngen: MG. SS. IV, 791. Fontt. IV, 457.
380 B«üage I.
Lorsch: Adonis Martyrol. ed. Rom. 1745 p. 689 e cod. Vat. PaL 485,
vgl. Dümmler in d. Zeitsch. f. D. Alt. XVIII, 308; p. 704 e cod.
Pal. 499. Schannat, Vindd. I, 23 e cod. Wircebnrgensi. Fontt. KL,
144 nach Schannat und Pal. 499.
Nordhansen, Stift znm h. Erenz: G. Schmidt in d. Festschrift d. Han-
yereins 1870.
Bisthnm Worms.
Worms: Notizen ans Nonnenmünster bei dem Mon. Eirsgart. ed. Lade>
wig Bell, n, 29.
Rosenthal: Eremer, Origines Nass. II, 422—426. In diese Gegend ge-
hören anch die Notizen ans einem Nonnenkloster über Wildgrafen
nnd die yon Randeck, Rolanden n. Stein, bei G. Greith, Spicil. Vat.
p. 96 e cod. Vat. 4763.
Wimpfen: Schannat, Vindd. II, 64.
Bisthnm Speier.
Speier, Dom: Fragment eines älteren, Fontt. IV, 315. Jüngeres ib. 317.
Stücke daraus gaben Mone, Anz. 1836 S. 98, Remling, Gesch. d.
Bischöfe von Speier I, 413; yollständig y. Reimer, Zeitschr. f. Gesch.
d. Oberrh. XXVI, 414-444.
Lichtenthai: Schannat, Vindd. litt. I, 164-172.
Weifsenbnrg: Mone, Zeitschr. f. Gesch. d. Oberrh. Xm, 492 e cod.
Weiss. 81. Zwei andere ed. Mooyer im Archiy f. ünterfiranken Xm,
3, 3—43. 50—67. Auszüge ans letzteren Fontt. IV, 310—314.
Bisthnm Strafsbnrg.
Strafsbnrg: Mone's Anz. 1838 S. 9—21. Fontt. HI p. XV. Die Hand-
schrift jetzt in Donaneschiugen n. 512. Ein anderes ed. Mooyer
im Archiy f. Unterfranken Xni, 3, 69—91. Exe. Fontt. IV, 309.
Memorienbnch des Franenhanses y. A. Weltmann, im Reporter, f.
Ennstwissenschaft I, Heft 3 n. 4.
Honan: Mone, Zeitschr. f. Geschichte des Oberrheins IV, 251.
Bisthnm Constanz.
Constanz : Anszng yon J. F. Böhmer im Geschichtsfrennd XIII, 231 bis
233; wiederholt Fontt. IV, 138.
Aaran: Hnnziker, Das Jahrzeitenbnch der Lentkirche y. Aaran, Aaran
1872.
Beromünster: Herrgott, Geneal. Habsb. III, 850. Geschichtsfrennd V,
83-157.
Einsiedeln: Grandidier, Hist. d'Alsace, Pikees jnstif. p. 268. Fontt. IV,
144. Ein jüngeres bei Herrgott, Geneal. Habsb. III, 833. Andere
nach Tschndi^schen Abschriften, ohne Tage, Geschichtsfrennd I,
417—419. 420—424.
Neorologien. 331
Sngelberg: Geschichtsfreund XXYI, 245—284 yon Schneller.
Franenbrunnen: Schweiserischer Geschichtsforscher XI, 313 — 319.
Geirs, Pfarrkirche, Ganton Liuem: Geschichtsfreund XXn, 209—220.
Hermanschwyl: Fragment Arch. lY, 318.
Hitzkirch: Geschichtsfrennd XI, 92—104.
Hefen: Hefs, Monumenta Gnelf. p. 159—164.
Lncem, Benedictiner: Geschichtsfrennd IV, 219—245; Chorherren: ib.
245-258.
Maria -Hof: Anniversarienbuch des Klosters Maria - Hof bei Neidingen,
ed. Hckler, Schnlprogr. von Donaneschingen 1845. 1846.
Mehreran bei Bregenz: von Jos. Bergmann in den Denkschriften der
Wiener Akademie Y, 1—72.
Mnri: Herrgott, Geneal. Habsb. HI, 839.
Beichenan: Aeltestes (von Keller übersehen) ex cod. Yindob. Gerbert,
Monn. vet. Litnrgiae I, 482—492; Bxc. Pontt. lY, 140; Saec. IX.
facsim. ▼. F. Keller, Mittheilnngen der Antiqnar. Ges. in Zürich
(1848) YI, 2. Exe. Fontt. lY, 141—144. Anszng eines nnter Erle-
bald angefangenen Todtenbnches ohne Tage bei Herrgott, Geneal.
Habsb. m, 831.
Sanct Blasien: Fragment in Endlichers Codd.philol. p. 134, ygLBüdinger
in den Wiener Sylvesterspenden 1858, und dazn Mooyer im Anz.
d. Germ. Mns. 1860 Sp. 353, 1861 Sp. 113. Dasselbe Fontt. lY, 148.
Mone, Quellens. III, 609-619 mit den Yerbrfldemngen , nnd einem
Fragment aus dem Gonstanzer Sprengel S. 619 — 621 e cod. Mane-
goldi. — Bemolds von St. Blasien Necrolog MG. SS. Y, 391.
Sanct Gallen: Sanctgaller Todtenbnch nnd Yerbrüdemngen, herausgegeben
yon E. Dümmler u. H. Wartmann (Mittheilungen zur yaterl. Gesch. XI.
St. Gallen 1869). Die St. Galler Handschriften 339 u. 342 saec. X. u.
380 s. XI, enthalten Maityrologien, aus welchen necrologische No-
tizen abgedruckt sind in den Kathol. Schweiz. Blättern, August
1869 S. 374. 375; andere in 361 (S. 125) u. 1399 (S. 471 des Yerz.).
Necrol. yon 1543 in n. 452, S. 147 des Yerz. yon Scherrer.
Sanct ürban: GescMchtsAreund XYI, 1.
Schachdorf, Canton üri: Geschichtsfreund m, 160-169.
Schwarzenbach, Canton Luzern: Geschichtsfreund III, 195—209.
Sindelfingen: Hang, Chron. Sindelfing. p. 6—11.
Steinen, Canton Schwyz: Geschichtsfr. XXIX, 361—364.
Thännikon: GescMchtsfireund m, 116—128.
Tobel: Pupikofer, Geschichte des Thurgaues I Beil. S. 36—40.
Tuggen, Dorf: Geschichtsfreund XXY.
Weingarten: Hefe, Monumenta Guelfica p. 133.
Weifsenau: Mone's Zeitschr. Yd, 317—326; ygl. Mooyer ib. IX, 65—76.
Wettingen: Herrgott, Geneal. Habsb. lU, 839.
Willisau, Pfarrkirche: Geschichtsfr. XXIX, 166—253.
Wurmsbach: Herrgott, Geneal. Habsb. HI, 848.
382 Beilage I.
Ztlrich, Chorherren: Gmnauer in: Aelteste Denkmale der Zfbricher
Litteratnr, yon M. Büdinger n. E. Grünauer, Zürich 1866. Franen-
mflnster, Fragmente: Mittheilnngen der Antiquar. GteBellschaft ym
Anm. S. 12. 13.
Zwif alten: Hefs, Monumenta Guelf. p. 234; ygl. Stalin ü, 22.
Bisthum Cur.
Cur: Denkschriften der Wiener Akademie IV, 193—216 yon Jos. Berg-
mann. Necrologium Cnriense d. i. die Jahrzeitbttcher der Kirche zu
Cur. Bearbeitet und herausgegeben von W. v. Juvalt. Mit 11 Ta-
feln Facsimile. Cur 1867.
Bisthum Augsburg.
Augsburg, Dom: MB. XXXV, 1, 3—119; von St. Ulrich u. Afra: Braun,
Notitia Ht. VI, 48—55.
DieOsen: Oefele 11, 654. MB. Vm, 300. Notae Diessenses ed. Jaffa MG.
SS. XVn, 325.
Niederschönefeld: Oberbayerisches Archiv XXI Heft 3.
Ottobeuem: Hefs, Monumenta Guelfica p. 289.
Fölling: benutzt in der Succincta Informatio de Mon. Pollingano, Ginzb.
1760.
Thierhaupten : MB. XV, 140—144. Fragment im Anz. d. Germ. Mub.
XXII, 8.
Wessobrunn: Leutner, Historia Wessofontana n, 1 — 14.
Bisthum Eichstedt.
Eichstedt: MG. SS. VII, 248.
Bergen bei Neuburg (?): Archiv f. ünterfranken XTV, 1, 154- 158>
Fragment.
Nürnberg, St. Aegidien: Würfel, Diptycha eccL Egyd. Nur. 1757; St.
' Catherinen, herausgegeben von Würfel, Altorf 1769; Franciscaner :
Oetter, Hist. Bibliothek II, 35—62.
Bisthum Würzburg.
Würzburg, Dom: saec. IX. Eckhart, Comm. de Orient. Francia I, 830.
Dümmler, Forsch. VI, 115—119; Fragment im Archiv f. ünterfranken
XIV, 1, 131 — 154, vgl. XV, 2, 371. Corpus Eegulae seu Ealen-
darium Domus S. Elliani Wirceburgensis saecula IX — XTV am-
plectens. Herausgeg. u. erläutert von F. X. Wegele. Abh. d. Münch.
Akad. m. Cl. Xm. Bd. 3. Abth. 1877. St. Stephan: Wegele, Zur
Litteratur der Fränkischen Necrologien (1864) S. 45 — 69.
Ansbach: Jung, Miscellanea 11, 63.
Brunnbach: J. Kühles, Liber mortuorum monasterii Brunnbacensis, im
Archiv f. ünterfiranken u. Aschaffenburg XXI, 1. 2. 1871.
Neorologien. 333
Ebrach: Gropp, Honnmenta sepnloralia Ebracensia, 1790, 4.
Hailsbroim: Jung, Hiscell. 11, 32—46. Ansgabe von Kerler im S8. Jah-
resbericht des bist. Vereins fOr Mittelfranken (1865) S. 124—129.
Heidenfeld: Wegele, Zur Litterator etc. S. 1—39.
Mergentheim, Dominicaner: Zeitschrift fCLr das Wirtemb. Franken,
Band 5 (1861) von H. Bauer.
Oehringen: Wibel, Hohenlohische Kirchen und Beform. Historie II (1753)
134—162.
Schwarzach: Wegele, Zur Litteratnr etc. S. 1—39.
Bisthnm Bamberg.
Bamberg, Dom: Aeltestes bei Ja£f4, Bibl. Y, 555; anderes e cod. Vindob.
1845 Fontt. IV, 507, vgl. Hist. Zeitschr. XX, 428. Domcapitel, bei
Schweitzer: Vollständiger Auszug aus den vorzüglichsten Calendarien
des ehemaligen Fürstenthums Bamberg, im 7. Bericht des hist. Ver-
eins zu Bamberg, 1844. Exe. Fontt IV, 505. Jaff6, Bibl. V, 555
bis 560. — Michelsberg, ältestes: Hirsch, Heinr. II. I, 556. Bibl. V,
560 — 563; jüngeres: Schannat Vindd. 11, 47 u. bei Schweitzer. Fontt.
IV, 500—504. Bibl. V, 563—579. — Franziskaner: 36. Bericht d.
hist. V. f. 1873 S. 1—83.
Banz: Siebenter Bericht des historischen Vereins zu Bamberg, 1844.
St. Martin in Forchheim und Neunkirchen im Brand, s. den Auszug von
Schweitzer.
Bisthum Prag.
Prag, Mansionarien: Do})ner, Monn. III, 299 — 316; Strahof: Dlabacz,
Chronologicum Necrologicum abbatum et canonicorum Sioneorum,
Prag 1817.
Hohenfurt: Millauer, Fragmente aus dem Necrologe des Zist. Stifts Hohen
fürt, Prag 1819.
Krumau, Ciarissen: Höfler SS. Hussitici n, 78—85 (Fontes Rer. Austr.
SS. VI).
Opatowitz: Dobner, Monn. Hist. Bob. III, 9.
Podlasitsch: Dudik, Forschungen in Schweden S. 404, vgl. S. 228.
Bisthum Olmüz.
OlmOz, Domcapitel, 1263 angelegt, benutzt von Dudik, s. dessen Ge-
schichte Mährens IV, 163.
Bisthum Halberstadt.
Halberstadt, Dom: Mooyer in d. N. Mitth. d. thür. sächs. Vereins VIII,
3, 58; St. Bonifaz: G. Schmidt in d. Zeitschr. d. Harz Vereins, VI.
(1873) 3. u. 4. Heft, aus d. 13. u. 14. Jahrhundert. St. Johannis
Kloster, Fragment ed. 0. v. Heinemann in d. Zeitschr. d. Harz-
vereins n, 2, 1—14.
384 ^^^ I-
Brübeck: Zeitschrift des Harzyereins m (1870) S. 881—392. 45a--487.
Huisbnrg: Bd. Jacobs, Das Todtenbach des Kloster Hmsbnrg, in der
Zeitschrift des Harsrereins V, 1872.
Ilseiibnrg: Leibn. SS. III, 684.
Quedlinburg: Mooyer in d. N. Mittheilungen YIIL 3, 46. 70. Dahin ge-
hört vielleicht auch das Fragment S. 83—87.
Wienhusen: Zeitschrift des bist. Vereins f. Niedersachsen 1856 8. 183»
Tgl. 371, von H. Boettger.
Bisthum Verden.
Verden: Pratje, Altes und neues aus Bremen u. Verden IX, 263.
Lüneburg, St. Michaelis: Wedekind, Noten III; S. Maria fratnim Mi-
norum: Gebhardi, Eist, geneal. Abhandlungen IV, 215.
Bisthum Hildesheim.
Hildesheim, Dom: Leibn. SS. I, 763; St. Michaelis: Leibn. SS. II, 103;
vgl, Mooyer, N. Mitth. Vm, 3, 68. Archiv des bist. Vereins f.
Niedersachsen 1842. 1843. Ein Fragment Arch. VII, 416.
Amelungsborn: benutzt bei Dürre, Beiträge zur Gesch. d. Oist. Abtei
Amelungsborn, im Programm d. Gymn. in Holzminden, 1876. Ge-
schrieben um 1290.
Braunschweig, St. Blasien: Fragment bei Wedekind, Noten I, 423, vgl.
L. Weiland, Deutsche Chroniken 11, 437 über Benutzung in der
Braunschweiger Reimchronik.
Dorstadt : Mooyer im Archiv des histor. Vereins f. Niedersachsen 1849,
vgl. 1850 S. 368, 1851 S. 68. Zeitschrift des Harzvereins III (1870)
S. 381—392. Nach Dürre ib. VII (1874) S. 178—188 gehört es viel-
mehr nach Derneburg.
Woeltingerode : Mooyer in d. Zeitschr. d. bist. Vereins f. Niedersachsen
1851 S. 48.
Bisthum Paderborn.
Paderborn, Dom: Zeitschr. f. Gesch. Westfalens X, 115 — 167; vgl.
Scheffer-Boichorst, Annales Patherbrunnenses S. 73 Anm. 1.
Abdinghof: erwähnt von Scheffer-Boichorst 1. c. S. 32.
Geseke: Seibertz, Quellen d. Westfäl. Gesch. III, 298—318.
Nenenheerse (Herisi): Wilmans, Kaiserurkunden der Provinz Westfalen
I, 504, Auszug.
BRZBISTHUM COELN.
Sprengel von Göln.
C5ln, Dom: Lacomblet, Archiv f. Gesch. des Niederrheins 11, 10 — 22.
Ein anderes von Mooyer ib. in, 374 ff. Fontt. HI, 342. Nachträge
aus einem dritten bei Ennen u. Eckertz U, 604—621. Einige alte
Necrologien. 335
Notizen Forsch. VI, 128, Tgl. auch Ecclesiae Colon, codd. (1874)
cod. 46 p. 106, cod. 88 p. 125. -— St. Gereon: Lacomblet, Arch. HI,
112—117; Grofs Sanct-Martin: Fontt. III, 347; vollständig bei Jo.
Hnb. Kessel, Monnmenta bist eccl. Col. (1862) 1—108 ohne Tages-
eahlen; Mariengreden: Lacomblet, Axchiv 11, 49—65; Pantaleon:
nngedmckt, im Berliner Cod. Boruss. qn. 234; Memorienbach des
Stifts St. Ursula ed. Dornbusch in d. Annalen d. bist. V. f. d. Nie-
derrhein 28. 29. (1876) S. 49—85.
Dentz: Lacomblet, Archiv Y, 265.
Düsseldorf: Lacomblet, Archiv m, 126—129.
Essen: Archiv f. Geschichte des Niederrheins N. F. I, 68—84.
Gerresheim: Archiv f. Geschichte des Niederrheins N. F. I, 90—102.
Gladbach: Fontt. ni, 857. Anszag bei Eckertz nnd NOver, Gladbach
S. 809.
Grafschaft: Seibertz, Quellen d. Westf. Gesch. III, 422—460.
Eaiserswerth: Lacomblet, Archiv III, 117-126.
Kentrop bei Hamm an der Lippe: Archiv f. Geschichte d. Niederrheins
N. F. I, 102—110.
Bolandswerth: Auszug bei Flofs, Das Kloster Rolands werth, 1868.
Siegbnrg : Annalen des bist. Vereins f. d. Niederrhein 1860 S. 221—225,
von Eckertz.
Werden: Leibn. SS. m, 747. Daraus Fontt. HI, 889, vgl. Martene, ColL
VI, 679. Notizen aus einer Berliner Handschrift Arch. Vin, 842.
Xanten: Binterim und Mooren, Die alte und neue ErzdiOcese Köln 1, 875.
Bisthum Lüttich.
Lüttich : Diptychon Leodiense (Verbrüderungsbuch) ed. Wilthemius, 1659
foUo.
Aachen: Necrologium b. Mariae V. Aquensis ed. Quix, 1880, 4.
Heinsberg: Meyer u. Erhard's Zeitschr. V (1842) 184—200, von Quix.
Münsterbilsen: Bulletin de Tlnstitut archöologique Li^geois XII, 1 S. 27.
Bisthum Utrecht.
Utrecht, Dom : Einige sehr alte Notizen : NA. II, 291—298. Matthaeus,
Fundationes et fata ecclesiarum ültraj. S. 84 (Fragmente, spät).
Todestage einzelner Bischöfe aus einem Liber memor. eccl. maj.
bei Matthaeus de rebus ültrajectinis. — St. Peter: Matth., Fundatt.
p. 116; Salvator: ib. 75-108. Heufsen, Historia episcopatuum foederati
Belgii I. Vgl. auch Moll, KerkgescMedenis van Nederland I, und
Bisschop Adelheids Commentar S. 17.
Egmond: Van den Bergh, Oorkondenbok van Holland I, 882.
Elton: Het necrologium en het tynsboek van het adelyk Jufferenstift te
Hoog-Elten, ed. Kist, Leyden 1858.
Wattenbachy OeichtehtMiiieUeii ü. 4. Aofi. 25
386 B«l»«« I.
Bisthum Münster.
Münster, s. Ficker, Die Mttnsterischen Chroniken S. XLV. LII.
Marienfeld: v. Ledebnr in Dorow*s Denkmälern alter Sprache nnd Kunst
II, 123-232.
No tteln : R. Wilmans in d. Zeitschr. f. vaterl. Gesch. (Münster 1 857) VTII, 158.
Bisthum Osnabrück.
Osnabrück: Mittheilungen d. bist. Vereins f. Osnabrück IV, 1—231.
Bisthum Minden.
MöUenbeck: Schannat, Vindd. I, 138 — 142. Schrader in Wigands ArchiT
f. d. Gesch. Westfalens V, 432. Mooyer in Meyer und Erhard's
Zeitschrift II, 1—105. m, 89.
Visbeck: Fontt. IV, 495—500, vgl. Scheffer -Boichorst, Ann. Patherb.
8. 193. Hs. in Hannover n. 190 bei Bodemann S. 30.
ERZBISTHÜM HAMBURG -BREMEN.
Sprengel von Bremen.
Bremen: Mooyer im Vaterl. Archiv f. Niedersachsen 1835 S. 282—909.
Hamburg: Langebek SS. Dan. V, 387. Neue Ausgabe von Eoppmann,
Zeitschr. f. Hamb. Gesch. N. F. III, 21—183.
Bisthum Lübeck.
Cismar: Quellensammlung d. Ges. f. Schi. Holst. Lauenb. Gesch. IV (1874)
S. 272-395 von K. Kohlmann.
Bisthum Schwerin.
Neuenkamp: Ledebur's Archiv XVI, 33. Fragment. Ponun. ÜB. I (1877)
S. 504—516.
Rostock, Dominicaner: Fragment ed. Krause, Rostocker Progr. 1875.
Bisthum Kammin.
Kammin: Ledebur's Archiv XVm, 97-117.
Colbatz: Pomm. Urkundenbuch I (1877) S. 493-496.
Marienkron, Kartäuser Kl. b. Rügenwalde: Balt. Stud.XXVI (1876) Heft 1.
ERZBISTHÜM MAGDEBURG.
Sprengel von Magdeburg.
Magdeburg; aus einer Handschrift von Stavelot (Mart. Coli. VI, 668)
N. Mitth. X, 2, 259 — 265 von Dttmmler; Anniversarien der Erz-
bischOfe ib. 265—267 von Winter. — St. Sebastian: Magdeb. Ge-
schichtsbl. 1874, 2. Heft, von Holstein.
Halle, St. Moritz: Würdtwein, Subsidia dipl. X, 407—412.
Neuwerk bei Halle: Geschichtsbl. f. Magd. v. K. Janicke n, 2 (1867)
S. 154—178; von Ed. Bodemann.
Neorologien. 337
Bisthnm Hersebnrg.
Merseburg:: Hesse in Hoefer's Zeitschr. f. Archivktinde I, 101; nene Aus-
gabe yon Dümmler, N. Mitth. XI, 223—264. Ein jüngeres N. Hitth.
n, 229 von Förstemann, vgl. Mooyer ib. V, 1, 49 — 81. 160. V, 3,
89—99. VI, 2, 83—106. Wilmans im Arch. XI, 144.
Pegau: Mencken, SS. n, 118 — 156. Fragmente bei Endlicher, Codd.
philol. p. 148.
Bisthnm Naumburg.
Naumburg: SchOttgen et Ereifsig II, 160. Lepsius, El. Schriften 1, 31—33.
Zeitz: Schöttgen et Ereifsig II, 152.
Bisthum Meifsen.
Meifsen : Schöttgen et Ereifsig 11, 97.
Altenzeile: Bericht der deutschen Gesellschaft zu Leipzig 1841 S. Iff.,
vgl. 1844 S. 27. Archiv f. Sachs. Geschichte 1843 S. 24.
Chemnitz: Mencken, SS. n, 118.
Görlitz, Minoriten: SS. Rerum Lusat. (1839) I, 265 von Eöhler. Ver-
besserungen von E. Wemicke im N. Laus. Mag. L. (1873) 121—128.
Pirna, Dominicaner: Berichte der deutschen Gesellschaft zu Leipzig 1843
S. 19 von Leyser.
ERZBISTHUM GNESEN.
Bisthum Breslau.
Breslau, St. Vincenz : Zeitschr. d. Vereins f. Gesch. u. Alterthum Schle-
siens X, 411—480 von Paul Hein aus d. Berl. HS. theol. lat. f. 378
(Arch. Vm, 843 irrig auf Posen bezogen); Ereuzstift: Zeitschr.
Vn, 303—343 von Arthur Eönig.
Böhmisch-Schlesisches unbekannter Herkunft, Zeitschr. V, 107—115.
Schlesisches, aus verschiedenen Quellen gesammelt von C. Grünhagen,
Zeitschrift IX, 182—190.
Czarnowanz: Zeitschrift I, 226.
Heinrichau: Zeitschrift IV, 278—310.
Eamenz: Zeitschrift IV, 311—337.
Leubus: Wattenbach, Monumenta Lubensia (Bresl. 1861) S. 35—59.
Bisthum Erakau.
Erakau: L§towski, Eatalog biskupöw Erakowskich Tom. IV Era' .g^^,
neue Ausgabe in Bielowski's Monumenta Poloniae 11, 905 ^ Domi^
nicaner: Chronographia von 1615, ungedruckt, s. Zeifsbe ^ ^
Bisthum Posen.
Lubin: VerbrüderuBgsbuch bei Zeifsberg: Eleinere f 4^ v* ijt uellen
Polens, 1877.
#
26*
388 BeÜBgB L
Bisthum Leslan.
Leslau: Ephemerides Wladislayienses MG. SS. XIX, 687—689.
EBZBISTHUM RIGA.
Bonnebnrg: SS. Eer. Prass. II, 147 von Strehlke.
Dentsch-Ordens-Necrologe: Perlbach, Forsch. XVII, 357—371.
Pomesanien: ib. S. 368.
Samland, Todestage der Bischöfe, ib. S. 370.
Die ErmlAndischen Anniyersarienbücher (Frauenbnrg, Gatstadt, Pelpiin) :
Monumenta Warm. HI, 2. SS. I, 208—299 von Woelky.
ERZBISTHÜM GRAN.
J&szö: Wattenbach, Bemerkungen zu einigen Ost. Geschichtsquellen,
Archiv d. Wiener Ak. XLII, 497—499.
ERZBISTHÜM SALZBURG.
Sprengel von Salzburg.
Salzburg: Monumental Boica XIV, 365 — 405. Ausgabe von Wiedemann
im Arch. d. W. Ak, XXVIII, 1—286 unbrauchbar, s. Lit. Centralbl.
1863 S. 292—296. Auszug Fontt. IV, 576—583; Fragment des Necrol.
d. Dombrüderschaft im Arch. d. W. Ak. LIII, 245—258. — St Peter:
A. V. Meiller im Arch. d. W. Ak. XIX, 209 — 396. Vgl. das Ver-
brüderungsbuch des Stiftes St. Peter, mit Erl&uterungen von Th.
G. y. Earajan, Wien 1852 in folio.
Admunt: Pez, SS. Rer. Austr. II, 198—210. Ein anderes von A. y. Meiller
im Arch. d. W. Ak. XIX, 407-410.
Au, bei Gars: MB. I, 250. Fragment.
Baumburg: MB. II, 264—268.
Millstatt: Scholliner in Suppl. ad Dissertationem geneal. de Weissenoensis
monasterii fundatoribus (1774) p. 6.
Rein: Pusch et Froelich, Diplomataria Styriae II, 333.
Sanct Lambrecht: M. Pangerl in d. Fontes Rer. Austr. DiplL XXIX.
1869.
Sanct Paul im Layantthal: B. Schroll im Arch. f. Gesch. y. Kärnten,
10. Jahrg. 1866.
Seckau: Pusch et Froelich, Diplomataria Styriae n, 353.
Seitz ib. p. 329.
Seon: MB. II, 158-162.
Voran, s. M. Pangerl in d. Beiträgen zur Kunde Steiermark. Geschichts-
queUen, 4. Jahrg. (1867) S. 102. 115. 116. 132.
Bisthum Brixen.
Wüten: Hefs, Monumenta Guelfica S. 292, wenige Excerpte. Seb. Brunner
im Arch. d. W. Ak. XLII, 233—250, Chronologisch geordnete Aus-
züge 1142—1698 aus einem Necrol. s. XVIII.
Keerologien. 389
Bifltham Freising.
Freising: Eckhart, Comment. de Orient. Franda I, 835. Fontt. IV, 586.
Ein anderes yon Rudhart, Quellen n. Erörterungen VH, 441 — 481.
Fontt. lYy 586—588. Necrol. eccl. cath. saec. X. XI. ed. Dümmler
e cod. Monac. 6421, Forsch. XV, 162-166.
Ebersberg: Oefele II, 15—18. Ausg. y. W. Scherer, Wiener SB. Lin,
232—238.
Fttrstenfeld: MB. IX, 337, mangelhafte Auszüge. Ueber das wiederer-
worbene Hs. M. Mayer: Zur Kritik der Ffirst. Geschichtsquellen S. 5«
Landshut, Franciscaner: Primbs in d. Verhandl. d. bist. Yer. f. Nieder-
bayern XIII. 4. Heft.
Michelbeuern : Filz, Geschichte y. Michelbeuern S. 860.
Raitenbuch: angeführt yon Greinwald, Origg. Raitenb. Monachii 1797.
Tegemsee: Oefele I, 632-638. Freyberg, Gesch. y. Tegemsee S. 203-220,
ygl. Mooyer in d. Westfai. Proy.-Blättem III, 1.
Undersdorf : MB. XIV, 168-170.
Bisthum Regensburg.
Regensburg, St. Emmeram: MB. XIV, 365, ygl. Mooyer in d. Verhandl.
f. Oberpfalz XIII, 275—405 u. NA. 11, 449; Nieder münster: Gerbert,
Monumenta Vet. Liturgiae I, 492 — 500. Fontt. m, 483, ygl. Ar-
chiy rV, 315; Obermünster: Fontt. III, 485; Minoriten, Verhandl.
f. Oberpfalz XXV, yon K. Primbs.
Münchsmünster: A. Nagel, Notitiae origines domus Boicae illustrantes
(Mon. 1804) p. Lm— LVI.
Oberaltaich: MB. XII, 278. Ein älteres in unbrauchbarer Ausgabe yon
Wiedemann im Archiy d. W. Ak. XXVI, 313—354, ygl. Lit. Centralbl.
1863 S. 174. Fontt. IV, 572—576, ygl. p. LXn.
Prüfening: MG. SS. XVII, 609.
Seidenthal MB. XV, 506—550.
Seligenpforten im Nordgau : Eist. dipl. Magazin fürs Vaterland I, 37—67.
Weltenburg: MB. XIII, 473—493. Fontt. IV, 568-572.
Windberg: MB. XIV, 90—108.
Bisthum Passau.
Passau : Fragment bei Dümmler, Piligrim yon Passau S. 101.
Dürrenstein: Duellii Miscellanea I, 164 — 167.
Heiligenkreuz: Zeitschr. f. Oesterr. Gymn. XXVIII (1877) S. 1 - 11
y. Zeifsberg, Fragmente.
Elosterneuburg: Fischer, Geschichte yon Klosterneuburg n, 101. Zeibig
im Arch. d. W. Ak. VH, 271.
Lilienfeld: Hanthaler, Recensus Archiyi Campilil. II, 423—438. Wegen
Unzuyerlässigkeit des Herausgebers yorsichtig zu benutzen. ZeUs-
berg yerspricht eine neue Ausgabe.
890 Beilage L
Heik: H. Pez, SS. Rer. Austr. I, 304. Zwei Fragment« in Eeiblingers
Geschichte von Melk I, 1160-1165.
Niederaltaich: HandBchriftlich in Jena, Arch. XI, 509. Benntat von
JafF^, MG. XVn, 351, Dthnmler, Otto I S. 160. Andere's in Wien,
Arch. X, 488.
Banshofen: MG. SS. IV, 791, vgl. anch Pritz, Geschichte von Banshofen»
im Arch. d. W. Ak. XVII, 377 flf.
Betz, Dominicaner: Dnellii Miscellanea n, 169. Seb. Bninner, Der Pre-
diger-Orden in Wien n. Oesterreich, Wien 1867.
Sanct Andrä an der Traisen: A. y. Meiller, Arch. d. W. Ak. XIX,
397—407.
Sanct Florian: Stülz, Geschichte von St. Florian S. 193. Ein anderes
im Notizenblatt d. W. Ak. 1852 S. 291. Dahin gehört auch das
Necrol. des Pfarrers Albert von Waldkirchen MG. SS. IX, 754.
Sanct Polten: Dnellü Excc. geneal. p. 125 — 166. Fontes Ber. Anstr.
DipU. XXI, 441 — 753 von Wiedemann vollständig , aber unzuver-
lässig. Berichtigungen und Ergänzungen von Fr. Stark im Arch.
d. W. Ak. XXXIV, 371—433, vgl. XXXV, 457—462. XXXVI, 473
bis 483. Lit. Centralbl. 1865 S. 1209—1211.
Wien, Schotten: H. Pez, SS. Ber. Austr. I, 695, vgl. SB. Xm, 107; Mi-
noriten ib. 11, 471—519 ; Dominicaner (1309—1867) in dem oben an-
geführten Buch von Seb. Brunner.
Wilhering: Stülz, Geschichte von Wilhering S. 435—445.
EBZBISTHUM TBIEB.
Sprengel von Trier.
Trier: Diptychon aus ottonischer Zeit ohne Tage, nur Namen, bei GK)ri,
Thes. Diptychorum I, 46-48; Honth. Hist. Trev. I, 277 n. 6. Facsim.
bei Papebroch im Propyl. Antiq. Apr. Vol. n. Stellen aus dem ver-
schollenen alten Necrol. der Domkirche in Brower's Annales Tre-
verenses, s. Dümmler in d. N. Mitth. XI, 228 Anm. 16. B. Wilmans,
Kaiserurkunden S. 432 Anm. 6; St. Maximin: Hontheim, Prodr. II.
p. 966—994, vgl. Arch. XI, 290. Kraus im Jahrb. d. Alterthums-
freunde im Bheinland, Heft 57—58.
Arnstein: Auszug bei Wenck, Hist. Abhandlungen, 1. Stück S. 138—140;
Kremer, Origines Nass. 11, 410 — 412. Besser bei Sohliephake, Gesch.
von Nassau I, 477—481.
Echtemach: Beiffenberg, Monuments de Namur VII, 210—232. Publi-
cations de llnstitut de Luxembourg XXVII (N. S. V) 1873 p. 140
bis 169 ein jüngeres von 1511.
Laach: Dronke in Mone's Anzeiger 1839 S. 610. Wegeier, Geschichte
des Elosters Laach, Bonn 1854. Ein älteres von dems. in d. An-
nalen d. Mst. V. f. d. Niederrhein 1874, Heft 26. 27. S. 268—316.
Limburg an der Lahn, Franciscaner: Wenck, Urkundenbuch I, 83.
Neorologiea. 39],
Prüm, Annalea neorologid b. oben S. 99.
Wetzlar: Wigand, Wetzlarische Beiträge I, 65-69.
Lothringisfihes Nonnenkloster: Brefalan, NA. in, 137 vgl. 102; aber wie
Dümmler bemerkt, war Adelgar Abt yon Gorvey, n. es gehört eher
nach Westfalen.
Bisthnm Metz.
Metz: DOmmler, Forsch. XIII, ö%— 600 ans Jaffö's Nachlars; S. 597 ein
Fragment s. IZ mit Himildruda comitissa znm 27. März. Auszog
ans dem Necr. S. Petri Mett. in: Voyage lit. de deuz Beligienx
B^n6d. n, 115.
Bisthnm Toni.
Pont-ä-Monsson: Anszng im Voyage lit. de deux Beligienx B^nM. (Paris
1717) II, 115.
Bemiremont: Fontt. lY, 462.
Bisthnm Verdnn.
Verdnn: Necrologien von Sainte-Croix n. Saint- Vannes oft benutzt von
Clonet, Hist. de Verdun, 1867.
II. Burgund.
EBZBISTHÜM BBSANgON.
Besannen: Chifflet, Vesontio II; 157 giebt ex vet. Missali S. Stephani,
Nomina amicomm nostromm defanctomm, bis auf Poppe von Aqni-
leja (t 1042). Martyrologinm Yesont. mit einigen Sterbedaten bei
Dnnod, Hist. de Besannen I, Prenyes p. XIV ss.
Basel: Fontt. IV, 145—147. Eine Bisohofsreihe bis Beringer (f 1072)
bei Mart. Thes. m, 1385 ; Grandidier, Hist. d'Alsace n p. LXXXHI.
Lausanne: M^m. et Doc. de la Snisse Bomande XVIII, 89 -~ 246, vom
Abb6 Gremaud.
EBZBISTHÜM LYON.
Lyon: Todestage der Erzbischöfe Arch. yn, 213. Obituarium Lugdunensis
ecclesiae, par M. Guigue, Lyon 1867, 4. Obituarium S. Pauli Lugd.
par M. Guigue, Bourg-en-Bresse 1872.
Antun: im Cartulaire de Töglise d'Autun, par M. de Gharmasse. — Hu-
gonis FlayiniacensiB Necrologium MG. SS. ym, 285-*287.
Saint-Pierre-hors-les-murs de Mftcon: Necrol. eool. S. Petri Matisc. publik
par M.-0. Guigue, 1874.
ERZBISTHUM VIENNE.
yienne: Hagiologium yiennense, Documenta in^dits relatifs au Dan*
phin6 n, Gren. 1868.
392 B^iHf« I.
Grenoble: Necrol. des Dominicains de Oren. ed. Cheyaliery Doc. in6d. V,
Bomans 1870.
Genf: Memorie estratte del neorologio della ohiesa di San Francesco di
GineTia, s. XYI, bei Oibrario e Promis p. 350.
Saint -Robert -de -Gornilion, Priorat von La Chaise -Dien: Necrologium
prioratns S. Boberti Comilionis 0. S. B. d. GratianopoL ex cod. s.
Xin. Docnments in^dits relatifs an Danphin^, par IL TAbb^ Che-
valier. 2«VoL Gren. 1868.
Saint-Jean-de-Manrienne: Anszfige ans zwei Necrologien in: Docnments
pnbUös par PAcad. de Savoie n (Chambörj 1861) p. 335—385. Aus-
zug bei Cibrario e Promis p. 332—339.
EBZBISTHUM TABENTAISE.
Tarentaise: Zwei Notizen Arch. VII, 176.
Sitten: M^moires et Docnments de la Saisse Bomande Xviil, 247—293,
nnd von der nahen Pfarrkirche zn Granges S. 294 — 331, vom Abb6
Gremand. — S. Mariae de Abnndantia : Monnmenta Hist. Patr. III,
325-434.
Aosta, Dom: M. Hist. Patr. SS. HI, 545—668; Petri et Ursi ib. 517—540.
Auszug bei Cibrario e Promis p. 342-349.
III. Italien.
EBZBISTHUM TXJBIN.
Turin, Dom: Monnmenta Hist. Patr. SS. III, 499—608; von S. Solutore
213—230; von S. Andrea 193—208, MG. SS. VII, 130.
Ivrea: Zwei Notizen bei Dümmler, Anselm S. 83 Anm. 1.
Novalese: MG. SS. VII, 130.
EBZBISTHUM GENUA.
Genua: Necrol. von San Francesco di Castelletto, Atti della Society
Ligure X, 387.
EBZBISTHUM MAILAND.
Mailand: Calendarinm Ambrosianum bei Muratori SS. I, 2, 235; Cal.
Sitonianum ib. II, 2, 1035. Vgl. oben S. 249.
Monza: Frisi, Memorie di Monza III, 100—151.
Vercelli: Necrol. Eusebianum, angeführt von Mandelli, Commune di
Vercelli 11, 337.
Casale S. Evasii: Monnmenta Hist. Patr. SS. III, 453—510.
Ventimiglia: Miscellanea di Storia Italiana, Vol. V, 72.
Bergamo: Miscellanea di Storia Italiana, Vol. Xni.
Neerologien. 393
Brescia: Mnratori, Antt. Y, 759—761, Ezc. ex necrologio antiqnisBÜno
monialinm S. Jnliae in cmtate Brixiana (Yerbrüdernngsbnch 8. IX).
Auch bei Odorid, Storie Bresdane lY, 70—75.
Cremona: NA. m, 136 von H. Brefslan. •'
PATRIARCHAT VON AQUILEGIA.
üdine: NA. III, 185 Ton Brefslan.
CiTidale: NA. in, 185 von Brefslan.
Verona: S. Vito e Modesto, saec. Xm ex. bei Biancolini, Notisie delle
Cldese di Verona VII, 147 — 156. S. Trinitatds in dess. Serie de*
vescovi p. 66—71.
San Michele di Gampagna im Bisthnm Verona, saec. XIII — XVI, bei
Biancolini, Notiaie V 194-200.
^ BRZBISTHUM BOLOGNA.
Bologna: Sarti n, 196 — 200.
Modena: Mnratori, Antt. HI, 725—727 (ed. 1740 f.). NA. HI, 137 von
Brefslan.
Piacenza, S. Sabini: s. NA. HI, 107. Jetzt in d. Bibl. Passerini da-
selbst, s. Arcb. stör. Lombardo 1877 S. 387.
TOSCANA.
Lncca: Balnzii Miscellanea ed. Mansi I, 431. 432. NA. III, 137 von
H. Brefslan.
Siena: Ozanam, Docnments in^dits (Paris 1850) p. 195—200 mit vielen
annalistischen Notizen, s. Annales Senenses oben S. 250.
Pistoja: Zacharia, Bibliotheca Pistoriensis I, 90.
Florenz: Bandini, Bibl. Lanr. IV, 546—555.
ROM.
San Pietro in Vaticano: Dndik, Iter Rom. I, 79—82.
UNTERIT ALIEN.
Monte Cassino: Mnratori SS. VII, 939 — 948. Gkittnla, Accessiones ad
Bist. Casinensem p. 839-861.
La Cava: Einige Notizen bei Reifferscheid, Wiener SB. LXXI, 38.
S. Maria de Gnaldo: Montfancon, Bibl. MSS. I, 132.
IV. Frankreich.
ERZBISTHÜM REIMS.
Laon: Etwas darans angefQhrt von Ravaisson im Catal. des Bibl. des
D^p. I, 188.
Anchin (d. Atrebat.): benntzt von Bethmann zn den Ann. Aqnic. SS. XVI,
503-506.
894 B«Uge I.
Corbie (d. Ambian): Aebte mit Todestagen in der Ausgabe des Po-
lypticon Irminonis von Gnörard, S. 338.
• ERZBISTHUM SBNS.
Sens: Einige Notizen im Anz. d. Germ. Mus. XXII (1875) 39, ygl. Arch.
Xn, 293.
Paris, Notre-Dame: Gnärard, Cartnlaire de l^^glise de Notre-Dame k
Paris IV, 1 — 207; Saint - Germain - des - prös : Bonülart, Hist. de
Saint-Germain, App. p. OVII. Vgl. auch A. Franklin, Les anciennes
Bibliothöques de Paris.
Argenteoil bei Paris: Mabillon, Acta SS. 0. S. B. HI, 2, 364.
Ghartres: Cartnlaire de Notre-Dame-de-Chartres (Chartr. 1862) par MM.
de Löpinois et Merlet.
Plenry (d. Anrel.): Mart. Coli. VI, 650—652.
Anxerre: Mart. Coli. VI, 685. Vollständiger bei Lebenl, Mömoires
d'Anxerre ü. App. p. 246—259. Nonyelle Edition par MM. Challe
et Qnantin.
EBZBISTHüM BOÜEN.
Bonen: Becneil des Historiens des Gaules XXin (1876)357—370; Hospit.
Mariae Magdalenae p. 415.
Jumi^es: ib. 417—423.
Sainte-Foy (Longueville) ib. 432—438.
Eu (Auga): ib. 449-451.
Le Tr6port (ülterior portus): ib. 451.
Evreux: ib. 460—465.
Lyre: ib. 470—475.
La Croix-Saint-Leufroy : ib. 475—480.
Saint-Evronl (ütica d. Lexov.): ib. 484-491.
Lessay (S. Trinit. de Exaquio d. Const.): ib. 546.
Hötel-Dien de Saint-L6: ib. 547—549.
La Purine (Perrinense d. Const.): ib. 549 — 553.
Montebourg: ib. 553 — 556.
Mortain: ib. 582.
EBZBISTHÜM TOUBS.
Tours: Martyrologium üsnardi ad usum ecclesiae Turonensis cumobitibua
et fundationibus (saec. XIII), in den Mömoires de la Sod^tö Arch^o-
logique de Touraine XVII (Tours 1865) S. 16—82. — Necrologium
b. Martini Turon. et Majoris monasterii obituarium, publ. par
M. Nobilleau, Tours 1875. — Necrol. S. Julian! Turon. M^m. etc.
XXni (1873) S. 242 ff. von Quincarlet.
EBZBISTHÜM BOÜBGES.
Limoges: Labbe, Bibliotheca nova n, 759—763.
Necrologien. 395
Ans England ist mir nur ein Necrologiom yon Canterbnry bekannt,
bei Wharton, Anglia Sacra I, 52 — 54.
V. Dennemark.
Fragment ans einem Oisterdenserkloster s. XII e cod. Berol. theol. f.
149 ed. H. Wesemann, Jahrbücher für Landeskunde Yon Schleswig-
Holstein X (Kiel 1869) S. 262-270.
Kopenhagen: Langebek, SS. Dan. VIII, 538—550.
Lnnd: ib. in, 434—465. 474-579. IV, 27-66.
Lygnmkloster: ib. IV, 578—587.
Nestved: ib. IV, 298—318.
Bipen: ib. V, 534-570.
Bothschüd: ib. m, 266-275.
Norwegen: ib. V, 385. 386.
Island: ib. H, 504-519. VIII, 552—568.
Wisby: ib. VI, 557—566.
BEILAGE II.
Alte und neae Fälschungen.
Unter den GeschichtsqneUen des Mittelalters sind viele fabelhaft
und unglaubwürdig; die Geschichte Ton der üebertragung des h. Dio-
nysius yon Paris nach Begensburg beruht auf absichtlicher, hOchst un-
verschämter Lüge : aber zu unterscheiden sind davon diejenigen Schriften,
welche einem anderen Verfasser, einer ganz anderen Zeit, betrügeriseh
zugewiesen werden. Urkunden solcher Art sind in grolser Menge vor-
handen, auch ziemlich viele Briefe. Bei diesen aber sind es häufig
nur Schulübungen ohne betrügerische Absicht, welche irre geführt haben.
Wir stellen hier nur die untergeschobenen Schriftsteller zusammen.
Berüchtigt als Fälscher aus gelehrter Eitelkeit ist der spanische
Jesuit Gerönimo Boman de la Higuera, dessen Hauptthätigkeit in das
letzte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts fällt. Aufser falschen oder ver-
änderten Inschriften verfafste er auch Chroniken, die er angeblich aus
Fulda erhalten haben wollte : Chronicon Deztri von 1 — 430, mit der
Fortsetzung des Maximus, Bischofs von Saragossa, von 468 bis 644,
und des Eutrandus, Subdiaconus von Toledo und Diaconus von Pavia,
bis 668. Dieser aus Trithemius genommene Name wurde später be-
richtigt in Luitprandus, und eine vermehrte Ausgabe des ihm unter-
geschobenen Chronicon von 606 bis 960, und Adversaria desselben ge-
geben Diese aus Higuera*s Nachlafs veröffentlichten Schriften und
andere Fälschungen ähnlicher Art haben nur in Spanien einiges Unheil
anzurichten vermocht. Schlimmer wirkte der aus derselben Schmiede
stammende Victor Cartennensis, den Higuera's eifriger Bewunderer
Tomas Tamayo de Vargas in einem handschriftlich vorhandenen Werke
benutzte; hierdurch wurde er Marcus bekannt, der in seiner Histoire
des Vandales (Paris 1836) Gebrauch davon machte, und durch ihn sind
daraus geschöpfte Angaben zu Papencordt, Dahn u. a. gekommen; s.
darüber und über Higuera Hübner in den Monatsberichten der Berliner
Akademie 1862 I, 529. Doch ist die Sache noch unklar, s. G. Waitz^
Verfassungsgeschichte II (2. Aufl.) S. 166 Anm. 3. Ueber die übrigen
Fälschungen finden sich jetzt die genauesten Nachweise bei D. Jos6
Godoy Alc&ntara : Historia critica de los falsos cronicones, Madrid 1868,
aber der Victor kommt darin gar nicht vor.
F&lschangen. 397
Bei der Legende Yom Pabst Silvester kann es sweifelhaft erschei-
nen, ob sie den lügenhaften Fabricaten oder den eigentlichen Fälschun-
gen zuzurechnen ist. Gewifs ist sie mit der Absicht zu täuschen ge-
schrieben, und yermuthlich in Rom gegen Ende des fünften Jahrhunderts
zu hierarchischen Zwecken erfunden. Der lateinische Text findet sich
handschriftlich und ist in dem Sanctuarium des Mombritius im 2. Bande
gedruckt ; es giebt auch eine griechische üebersetzung. In Ableitungen
ist die Spur des sauberen Machwerks an yielen Orten kenntlich; nament-
lich hat Vincenz von Beauvais es ausgiebig benutzt. S. darüber Döllinger,
Pabstfabeln des Mittelalters (1863) S. 62— 61. L. Weiland, Forsch. XIV,
467. Deutsche Chroniken II, 23.
Völlig trügerisch ist das Leben des h. Maximilian, yon dem be-
hauptet wird, daili er im dritten Jahrhundert Bischof von Lorch ge-
wesen sei. Verfertigt ist es nach der nicht viel besseren Legende des
h. Pelagius, und yermuthlich in Zusammenhang mit der Herstellung der
Terfallenen Passauer Cathedrale durch den Bischof Bernhard von Pram-
pach, welcher 1291 den Märtyrern Maximilian und Valentin in der Mitte
der Kirche ein neues grofsartiges Grabdenkmal errichten liels. Da auf
ein Ereignifs von 1265 Bezug genommen wird, können wir von einer
eigentlichen Fälschung nicht reden. Bedenklicher ist das Leben des h.
Valentin, der ohne allen Grund zu einem Bischof yon Passau im
fünften Jahrhundert gemacht ist, weil darin angeblich yerwitterte Blei-
tafeln benutzt sein sollen, welche mit der ersten Auffindung des Heiligen
zur Zeit des Pabstes Calixt (1119 — 1124) unter Bischof üdalrich (1092
bis 1121) in Verbindung gebracht werden. Jetzt bei der neuen Auf-
findung und feierlichen Erhebung, d. i. doch wohl 1291, sollen sie sich
gefunden haben. Hansiz Germ. Sacra I, 65 cf. 441 glaubt ihre Ab-
fassung In die Zeit der Translation yon 768 setzen zu können, doch ist
der Text augenscheinlich jünger, und die Existenz der Tafeln überhaupt
zweifelhaft. Vgl. Acta SS. Jan. I, 868. Muchar, Gesch. Steierm. n, 142.
Bettberg I, 158. 220. Dümmler, Piligrim yon Passau S. 79. 187. 188.
Mit dergleichen Bleitafeln suchten die Oanoniker yon Haslach und
yon St. Thomas in Strafsburg den Besitz der Reliquien des h. Flo-
rentius gegen einander zu erweisen, nach einer Urkunde des Bischofs
Burchard yon 1143, die ich aber auch für unecht halte; s. Charles
Schmidt, Histoire du Chapitre de Saint -Thomas de Strassbourg (1860)
S. 287.
Die Blätter, welche der Verfasser der Legende yon Eucharius,
Valerius und Maternus in der Asche der yerbrannten Stadt Trier
gefunden haben will, haben sicherlich eben so wenig der Wirklichkeit
angehört, ygl. darüber Friedrich, Kirchengeschichte Deutschlands I, 93.
Ueber die Vita Bagnoberti, welche einen Bischof yon Bayeux
aus dem siebenten Jahrhundert, wohin er gehört, kühnlich in das erste
yersetzt, trügerisch seinem Nachfolger Lupus beigelegt, s. I, 244.
Angebliche Aufschlüsse über die Urzeit der Franken gewährt uns
398 B«**«« H.
Hnnibald, dessen Historiarnni libri XYIII, von 440 bis auf Chlodovech,
von Trithemins angef&hrt werden; doeli besteht kein Zweifel mehr
darüber, dafs er von ihm erftinden ist, und ebenso auch der f&r spätere
Zeiten von ihm angeführte Meginfridus Fnidensis; s. darüber Job.
Chmel, Handschriften der Wiener Hof bibliothek I, 312 ~ 320. Loebell,
Gregor von Tours S. 484-^490. Böhmer, Fontt. III p. XXXII. Paul
de fontibus Trithemii (Diss. Hai. 1866) p. 51. Vorzüglich über die tri-
themischen Fälschungen überhaupt Carl WoLff: Johannes Trithemins
und die älteste Geschichte des Klosters Hirsau, Württemb. Jahrbücher
für Statistik, Jahrg. 1863 S. 229 — 281. Helmsdörfier, Forsch, z. Gesoh.
Wilh. V. Hirschau, Gott. 1874.
Von dem Bischof Bemigius von Reims hatte man eine Lebens-
beschreibung, die Venantius FortuDatus zugeschrieben wird, und den
Ansprüchen der Nachwelt unmöglich genügen konnte, da nicht einmal
die Taufe Ghlodovechs darin erwähnt wird. Völlig angemessen war es,
dafs der Erzbischof Hin c mar eine bessere Lebensbeschreibung zu be*
arbeiten unternahm; allein die Ausführung ist nicht nur ungemein mangel-
haft ansgefallen, sondern er berief sich auch auf alte Schriften, denen
wir keinen Glauben schenken können, wie er auch sonst Fälschungen
zum Frommen und zur Verherrlichung seiner Kirche nicht verschmähte.
Den verwitterten alten Heften, auf welche er sich im Leben des
Sanctinus beruft, werden wir eben so wenig Glauben schenken
dürfen. S. Paul Roth, Beneficialwesen S. 461: Die Fälschungen Hinc-
mars. Weizsäcker, Hinkmar und Pseudo-Isidor, in Niedners Zeitschrift
f. bist. Theol. 1858 S. 327-430; über die Vita Remigü S. 388. 417.
C. V. Noorden, Hincmar von Reims (1863) S. 393 — 399. Dümmler im
Lit. CentralbUtt 1864 S. 1199.
Ein Leben des h. Benedict und seiner Schüler behauptete 'der Abt
Odo von Glanf euil 863 erworben zu haben, geschrieben von Fanstus,
dem Schüler des h. Maurus, welcher als der Stifter von Glanfeuil ver-
ehrt wurde. Danach will er das Leben des h. Maurus bearbeitet haben,
dessen Unglaubwürdigkeit schon von Papebroch erwiesen wurde. Trotz-
dem ist dieses vorgebliche Leben des h. Maurus von Faustus noch häufig
benutzt worden. S. I, 244. Auf italienischem Schauplatz knüpfte Petrus
Diaconus seine Fälschungen an den Namen eines anderen Schülers
des h. Benedict, Placidus; s. oben S. 179.
Von dem Leben des ]i. Fridolin, dessen Aufzeichnung nach einem
vorgeblichen alten Original dem sonst unbekannten B alt her, Mönch
in Seckingen, zugeschrieben wird, ist I, 101 die Rede gewesen; ebenso
S. 231 von dem Leben des h. Magnus, das betrüglieher Weise einem
Theodorus untergeschoben ist. Das Leben der h. Tygris oder
Tygria, durch welche zwei Finger des h. Johannes unter König
Guntram nach St. Jean de Maurienne gekommen sein sollen (Acta SS.
Jun. V, 73 — 75), bezeichnet P. Roth, Beneficialwesen S. 307 als eine
freche Fälschung, doch nur in dem Sinne lügenhafter Erdichtung. Von
Falschangen. 399
den Lebensbeschreibimgen des h. Wand regisil, des Stifters yon Fonta*
nella, der 665 gestorben sein soll, nnd der Königin Balthilde, Ge-
mahlin Chlodorech's II, der Stifterin von Chelles, wo sie 680 starb, giebt
es Ueberarbeitnngen mit Znsätzen ans viel späterer Zeit, während doch
der Schein der Gleichseitigkeit beibehalten ist; s. P. Roth, Beneficial-
Wesen S. 443.
Betrügerisch ist die dem h. Bonifatins sngeschriebene VitaLivini
(ly 110) nnd die Vita Sniberti, welche dessen Gefährte Marchelm
oder Mar cell inns geschrieben haben soll, in Wirklichkeit eine Fälschung
Gerards von Harderwijk, bei der Ortwinns Gratins nnd Gotfried Kessel
betheiligt waren, s. Bettberg 11, 3%. Bonterwek, Snidbert S. 161.
Alberdingk Th\jm, H. Willibrordns S. 108— 110. Moll, Kerkgesch. I, 120
Anm. 1. Die Hs. in Brüssel, NA. 11, 251, kann deshalb nicht ans dem
Anfang des 15. Jahrb. sein.
üeber des angeblichen Tilpin oder Tnrpin Fabelbnch s. oben
S. 189. Einen Kanzler Lndwigs des Frommen, Gotfridns de ciyi-
tate Marsilia, erfand 1494 der Schulmeister Johann Birk in Kempten
als Verfasser seiner „Historia Karoli Magni et de fondatione monasterü
in Gampidona**, yorgebUch 832 yerfafst; s. B. Pez, Thes. I p. XIII.
M. Bfidinger, Anfänge des Schnlzwanges S. 33.
Dem frühesten germanischen Alterthnm gehört Zappert's Schlnm-
merlied an, welches darch Jaff^'s Untersuchung in Haupt*s Zeitschrift
Xm, 496-— öOl beseitigt ist. Die Fälschungen des Goslarer Worthalters
Erdwin yon der Hardt, das Gelübde an Krodo und die Unterwerfung
des Sachsen Oddo an Karl den Grofsen, würden einer Erwähnung un-
werth sein, wenn nicht noch immer einzelne Unglückliche sich durch
diese yorgeblichen Beste altsächsischer Sprache und Mythologie irre-
führen liefsen; s. Abdruck und Kritik bei Delius, Ueber den yermeinten
Götzen Krodo (1827) S. 110—137. Wahrscheinlich aus derselben Fabrik
stammen die erdichteten Annales Goslariensesin Uncialschrift, s.
Bodemann, Die Handschriften zu Hannover S. 245.
In der Zinmierischen Chronik (ed. Barack 1869) I, 36 wird „ain seer
alte lateinische cronica teutscher Sachen" angeführt, von Abt Arn-
fridt von „ Marspur g im herzogthumb Engem in Westphalen, welches
Marspurg ain aptei Benedictiner ordens und von Kaiser Karle dem
grofsen gestift ist worden'', also Eresburg. S. 38 ist eine längere
Stelle über das Jahr 776 mitgetheilt, durch die lateinische Form, die
an Aventin erinnert, und die Familiennamen als neues Machwerk kennt-
lich, mit dem der Freiherr von Zimmern sich vermuthlich hatte täuschen
lassen. Es reiht sich dadurch jenen Turnierbüchern an, deren I, 7
gedacht wurde. Nicht besser wird es auch mit ,>Azzoni8, eines alten
Märseburger Canonici regularis Chronico MS. oder Vita Henrici Aucupis"
bestellt sein, worauf sich Vulpius beruft, und behauptet, es sei in Wachs
geschrieben; s. Pertz' Archiv XI, 141. Da nun in Eresburg oder Mars-
berg, nicht aber in Merseburg, regulierte Canoniker waren, so Uegt es
400 Beilage U.
aehr nabe, diesen Aszo ffir identisch mit jenem AmMdt zu halten.
Doch finden sich später wirklich Benedictiner in Ereshnrg. Eine. andere
sagenhafte Nachricht über Heinrichs I üngemsieg hatte W. W. von
Zimbem „ex libello monasterii Sancti Jacobi*, Forsch. XV, 652.
Hieran schliefst sich das einst vielbenntzte nnd noch in neuer Zeit
yerteidigte Chronicon Corbejense, gedr. bei Wedekind, Noten I,
374—399, welches von Falcke oder Panllini geftlscht ist, s. Waitz nnd
Hirsch in den Banke'schen Jahrbttchem III. Wigand, Die Eorveischen
G«schichtsqnellen, 1841. Kuppel, J. F. Falcke nnd das Chronicon Oor-
bejense, 1843. Potthast S. 212. Giesebr. I, 796. In dieselbe Sippschaft
gehören die Annales Corbejenses 815— 1471, in Panllini*s Syntagma
8. 369— 420. Leibn. U, 296 — 319; die Annales oder Fasti Cor-
bejenses 1144 bis 1159 bei Harenberg, Mon. ined. I, 45-89, vgl. MG.
SS. III, 1, Potthast S. 124, nnd das Chronicon Hnxariense in
Panllini's Syntagma S. 1 — 159, welches angeblich von Otto Visselbeck,
einem 1395 yerstorbenen Benedictiner zu Eresbnrg, begonnen, nnd von
Gregor Wittehenne bis 1498 fortgesetzt sein soll. Ebenso das angeblich
yon einem Abte Yon Correy von 1053 bis 1071 herrührende Registram
Sarachonis, s. R. Wilmans, Kaisernrknnden S. 56 n. 107 mit Be-
ziehung auf eine Untersuchung von Spancken in der Zeitschrift f. vater-
Iftnd. Geschichte XXI, Iff.
Aus dem zwölften Jahrhundert finden sich zwei untergeschobene
Schriftsteller angeführt bei Gewold de septemviratu (Ingoist. 1616),
nämlich Welbertus, Conradi II capellanus, de electione Lotharii, und
Aman du B, Friderici I secretarius, de primis actis a Friderico in im-
perio peractis, s. Homeyers Sachsenspiegel II, 2, 19; Wattenbach, Iter
Austriacum, im Archiv d. Wiener Ak. XIV, 6.
Durch eine FttUe von Fälschungen zeichnet sich Rühmen ans.
Schon im 14. Jahrhundert gefälscht ist Christanni Vita S. Wen-
ceslai angeblich von einem Sohne Boleslaws I geschrieben, s. Dobrowski,
Kritische Versuche, die ältere böhmische Geschichte von späteren Er-
dichtungen zu reinigen I — III, in den Abhandlungen der kön. Ges. d.
Wiss. I, II u. VI, 1803. 1807. 1819. Neuer Abdruck in den Fontes
Rerum Bohemicamm I, 199 — 227. H. Friedjung (Kaiser Karl IV und
sein Antheil am geistigen Leben seiner Zeit, Wien 1876, S. 161) scheint
mir der Naivetät des Mittelalters doch gar zu viel zuzumuthen, wenn
er auch darin keinen Betrug anerkennen will. Neuerer Zeit gehören
u. a. das Gericht der Libussa (Libusin Saud), jetzt die Grüneberger
Handschrift genannt, und die Gedichte der Königinhofe r Hand-
schrift, welche schon von Kopitar, Hesychii Glossographi discipulns
Russus p. 58, und Prolegomena in Miklosich' Slav. Bibl. I, 68, für Nach-
ahmungen serbischer Lieder erklärt wurden, die aber trotzdem viel be-
nutzt sind, und deren Echtheit, sammt dem ganzen übrigen Wust, noch
immer eifrigst verteidigt wird. Schafarik u. Palacky, Aelteste Denk-
male d. böhm. Sprache, in den Abhandlungen der k. böhm. Ges. d.
Beilage II. 40 t '
Wiss. 1840, vgl. DobrowBky in d. Wiener Jahrbb. XX VH, 95. 100 ff.
Pertz im Archiv IX, 465. Königinhofer Handschrift, von Hanka u. Swo-
boda, Prag 1829. Beweis der TJnechtheit derselben von M. Bfldinger,
Hist. Zeitschr. I, 126—152. 575. Jol. Feifalik, üeber die Eöniginhofer
Handschrift, Wien 1860. Für die Echtheit PaUcky in der Bohemia,
1858 Nr. 288. 289. 292. Jireöek, die Echtheit der Eöniginhofer Hand-
schrift, Prag 1862. Bec. von Wattenbach, Hist. Zeitschr. X, 172 — 175.
Ygl. die Abhandlung von Gaston Paris, Revue Gritiqne 1866, II, 312 bis
322. Grenzboten 1868 S. 268 — 273. Hanusch, Die gefälschten böhmischen
Gedichte 1816 — 1849, Prag 1868. Bec. v. M. Büdinger im Lit. Gentralbl.
1869 S. 428. Gaston Paris, Bevne Grit 1869 N. 28.
Auch Mähren hat seinen Fälscher an Boczek, dem Erfinder des
Hildegardus Gradicensis. Dieser Hildegard soll ein Ghronist des
Xlosters Hradisch im zwölften Jahrhundert gewesen sein, nnd in God.
dipl. Moraviae führt Boczek Stücke seiner Annalen an; vgl. darüber Arch.
X, 439. B. Dadik, Mährens Geschichte, IV, 168, verwirft den Hildegard
ebenfalls, sammt den Urkunden der sogenannten Mens e' sehen Frag-
mente. Ebenso verhält es sich mit dem von Boczek in „Mähren unter
Budolf I"" (Abhandlungen d. k. böhm. Ges. d. Wiss. N. F. Band IV, 1887.
angeführten AnonymusZabrdowicensis undWelegradensis(vgl)
Ginzel, Gyrill und Method S. 41 n. 8. S. 89 n. 15), und mit den vorgeb-
lichen Olmüzer Aufzeichnungen über Zdislaw von Sternberg, s. Palacky,
Der Mongolen -Einfall von 1241, Abhandlungen d. k. böhm. Ges. d. Wiss.
V, 2 (1842) S. 399.
In Polen kam 1825 ein klägliches Machwerk zum Vorschein, die
Ghronik desProkosch, angeblich im zehnten Jahrhundert geschrieben,
mit Zusätzen aus Kagnimirs Ghronik aus dem elften Jahrhundert, s.
Dobro wsky in den Wiener Jahrbb. XXXII, 77. In P r e u s s e n erdichtete
im Anfang des 16. Jahrhunderts der Dominicaner Simon Grünau aus
Tolkemit am Frischen Haff die Ghronik des Bischofs Ghristian im
13. Jahrhundert, der angeblich den Beisecommentar des Dywonys zur
Zeit des Kaisers Augustus in russischer Sprache mit griechischen Buch-
staben geschrieben, gefanden und benutzt haben sollte, s. Toppen, Gesch.
d. preuss. Historiogr. S. 178.
Oesterreich liefert für diesen Ehrentempel den gelehrten Gister-
cienser von Lilienfeld, Hanthaler, welcher sich für seine Fasti Gampili-
liensis die mangelnden Schriftsteller selbst anfertigte, nämlich Ortilonis
de Lilienfeld Liber de exordio Gampililii (I, 2, 1291) und desselben
Notulae ex Aloldo Peklariensi (I, 2, 1275). Schon Galles in dem
Vorwort seiner Annales Austriae (1750) beseitigte Ortilo, und sprach,
wenn auch mit Schonung, seinen Verdacht gegen den ganzen Quellen-
fund aus; vgl. Blumberger in d. Wiener Jahrbb. 1839, Band 87. An-
zeigebl. S. 41. Ghmel, Handschriften der Wiener Hof bibl. n, 656. Waitz,
Heinrich I S. 237 ed. 11. Femer Lewpoldi Gampililiensis breve
excerptum e chronico Bicardi canonici Newnburgensis (I, 2, 1308)
WattenbMh, Q^icliichtaqvellen II. 4. Aufl. 26
•
402 Fftbchungen.
und Pernoldi de ord. Praedicatorum Ghronioon Friderici bellicoai (I, 2,
1312), vgl. Palacky in den Abhandlungen der k. böhm. Ges. d. Wiss.
V, 2 (1842) S. 29. Wattenbach, Die österr. Freiheitsbriefe, Archiv d.
Wiener Ak. Vin, 105 — 107.
Ans dem Rheinland weifs ich nur die Altenberger Chronik
zu nennen, welche Aschenberg anführt ; s. Ficker, Engelbert der Heilige
S. 202. Ueber eine angebliche Naumburger Chronik von Benedict
Taube s. P. Ewald, Walram v. Naumb. S. 86.
Aus Frankreich sind die Acta episcoporum Cenomanen-
sium in so fem hierher zu rechnen, als eine gprofse Menge gefälschter
Urkunden darin enthalten ist, und die Thatsachen mit Bücksicht darauf
entstellt sind, hauptsächlich in den Gesta Aldrici, der von 832—856
Bischof von Le Maus war, mit denen das ursprüngliche Werk schliefst;
s. P. Roth, Gesch. des Beneficialwesens S. 451—461. Sickel, Acta Earo>
linorum II, 286-290. Eine ganz späte Fälschung von 1768 ist das
Chronicon Maceriense, s. Archiv XI, 211—215.
Einen reichen Schatz von Fälschungen besitzt Italien, und dieser
hat noch in neuester Zeit durch diePergamene diArbor^a einen
bedeutenden Zuwachs erhalten. Wir können sie wohl als wissenschaftlich
beseitigt betrachten durch das Gutachten von Jafif^, Tobler, A. Dove und
Th. Mommsen im Monatsbericht der Berliner Akademie vom Januar 1870
S. 64—104. Girolamo Vitelli verbindet mit der gleichen Entscheidung-
Nachrichten über andere gefälschte Manuscripte sardischer Herkunft in
Siena und Florenz, in seiner Schrift: Delle carte di Arborea e delle poesie
volgari in esse contenute, esame critico, preceduto da una lettera di
Alessandro d^Ancona a Paul Meyer, Bologna 1870 aus dem Propugnatore.
Dieselbe Zeitschrift brachte 1872 S. 77—103 eine Entgegnung von F. Carta
und E. Mulas, welche G. Paris in der Romania 1872 S. 264 erwiedert hat.
Bandi di Vesme hat im Archivio storico, Serie III T. XII leider wieder
für die Echtheit geschrieben.
Schon im zwölften Jahrhundert hat in Monte Cassino Petrus
Diaconus sein Kloster durch Fälschungen zu verherrlichen gesucht,
von denen die oben erwähnten Gesta S. Placidi sammt den dazu
gehörigen Urkunden das sechste Jahrhundert betreffen, die einem Ana-
stasius zugeschriebene. Geschichte des Klosters bis 857 reicht; s. oben
S. 179.
Im vorigen Jahrhundert hat Francesco Maria PratiUi eine Anzahl
von Quellenschriften theils verfälscht, theils ganz neu verfertigt, welche
lange Zeit als echt benutzt worden sind, vorzüglich das Chronicon
Cavense; s. darüber G. H. Pertz und B. Koepke: Ueber das Chronicon
Cavense und andere von PratiUo herausgegebene Quellenschriften, Archiv
rX, 1—239. Dazu gehört ferner der MG. SS. IIIj 210 theilweise wieder
abgedruckte Catalogus ducum Beneventi et principum Sa-
lerni, s. Koepke a. a. 0. S. 197; die Annales Beneventi, in welchen
die MG. SS. in, 173— 185 cursiv gedruckten Zusätze Fälschungen sind
Beilage II. 403
(Koepke S. 198— 202); das Chronicon comitnm Capuae MG. SS. in,
207— 210 (Koepke S. 202—206); Arnulfi chronicon Sarracenico-
Calabrnm, s. Koepke 206—212, nnd übaldi chronicon Neapoli-
tanum, ib. S. 212—224; vgl. La Chronaca Napoletana di übaldo dal
a. 717 al 1027, edita dal Pratilli nel 1751 , ora stampata nnovamente
e dimostrata nna impostara del secolo scorso, da Bartolommeo Capasso,
Napoli 1855. TJeber Tafari vgl. auch Gregorovius in den Mttnch. SB.
1875 II, 414.
„Gli dinrnali die Messer Mattheo di Gioyenazzo'' (1249—1268)
waren schon von H. Pabst MG. SS. XIX, 464 — 493 nen herausgegeben,
als Wilh. Bemhardi ihre ünechtheit erwies in seiner Schrift: M. de G.
eine Fälschung des 16. Jahrhunderts, Berlin 1868, 4. H. Pabst selbst
erklarte in den GGA. seine Zustimmung, während Minieri Riccio 1870
für die Echtheit eintrat, rec. von 0. Hartwig, Hist. Zeitschr. XXYII,
200 — 205. Auch in diesem Falle hat Bartolommeo Capasso sich der
Ansicht der deutschen Gelehrten angeschlossen in einer Memoria , die
in den Atti deir Accademia di Archeologia di NapoU von 1872 ge-
druckt ist. In der Historia diplomatica Begni Siciliae 1250—1260 (Nap.
1874) ist der Beweis noch weiter durchgeführt.
Die früher hochgeschätzte Istoria fiorentina des Ricordano und
Giacotto Malespini hat P. Scheffer -Boichor st entlarvt als einen
Auszug aus YiUani mit besonderer Hervorhebung einzelner Familien,
namentlich der Bonaguisi, GGA. 1870 S. 761—792. Hist. Zeitsch. XXIV,
274 — 313. Am Schlüsse des letzteren Aufsatzes ist auch ein Zweifel
an der Echtheit des Dino Compagni angedeutet. Diesen suchte zur
Gewifsheit zu erheben G. Grion in seiner Schrift: La cronaca di Dino
Compagni, opera di Antonfrancesco Doni, Verona 1871. Doch sind seine
Gründe ungenügend, s. G. Monod, Revue critique 1872, 1 S. 87—94. Jetzt
aber hat Scheffer - Boichorst in seinen Florentiner Studien (1874) den
vollständigen Beweis auch für diese Behauptung geliefert. Wegen der
übrigen betr. Schriften genügt es, auf die Abhandlung von Bemhardi:
Der Dinostreit (HZ. XXXVII, 77—96) zu verweisen. Dazu noch Scheffer-
Boichorst: Zum Dinostreit, Hist. Zeitschr. XXXVIII, 186—192.
Für die Geschichte von Bologna hat AI. Macchiavelli sich einige
Autoren und ein Calendarium archigymnasii Bononiensis erfunden, s.
Munter im Archiv IV, 215; Savigny, Geschichte des Rom. Rechts im
Mittelalter lU, 8—10 (S. 11 ed. II).
Von der Vita Bernardi Mentonensis ist oben S. 182 die
Rede gewesen. Brescia erfreut sich der Historia Brixiensis Ridolfi
notarii, der um 1050 gelebt haben soll, verworfen von Bethmann im
Archiv X, 386 ; neu herausgegeben von Feder. Odorici, Storie Bresciane
ni, 74—86, und ebenda S. 87—88 mit schwachen Gründen gegen Beth-
mann verteidigt.
Als eine ganz eigenthümliche Erscheinung steht das Werk De
disciplina scholarium da, welches unter dem Namen des Boetius
26*
404 Fftlsehimgeii.
geht, aber von Thomas Brabantinas sein soll: „qaem hnmilitatis
et majoris aactoritatis causa Boetio ascripsit.** Der Verfasser soll
Thomas Yon Chantimpr^ sein; aber Bedenken erregt, dafs schon Vincenz
von Beanvais die Schrift benutzt hat. Der Zweck scheint zu sein, die
Sitten und Einrichtungen der Pariser Schule darzustellen und zurecht
zu weisen. S. Baehr, Gesch. d. röm. Litt. (4. Aufl.) III, 166. Sayigny,
Gesch. d. röm. Bechts im Mittelalter III, 316 ed. I.
Nachträge und Berichtigungen
zum enten Bande.
S. 6 Anm. 2. Vgl. W. Schulte , Beiträge zur Entstehnngsgeschichte der
Magdeburger Geuturiatoren, Neisse 1877.
S. 20; üeber die Uebelstände welche in der letzten Zeit bis 1875 in
der Bedaction der Monumenta Germaniae eingetreten waren,
vgl. die Anzeige von SS. XXm und Arch. Xu von L. Weiland,
GGA. 1877 S. 769—796.
S. 35. Herr Pfarrer Dr. Falk in Mombach hat im Literar. Handweiser
1878 S. 14—20 dieses Buch besprochen und ich bin ihm für manchen
Nachweis dankbar. Aber, abgesehen von einem sehr verschiedenen
kirchlichen Standpunkt, kann ich verschiedene Ausstellungen nur
aus einer irrigen Auffassung von dem eigentlichen Zwecke meiner
Arbeit erklären. Ebenso wenig vermag ich aber auch aus den Ur-
kunden über die Herstellung des Klosters Disibodenberg und der
Annalenstelle zu ersehen, dafs man im 12. Jahrb. vom h. Dysibod
mehr als den Namen gewufst habe. So hat auch das Martyrium
christlicher Jungfrauen in Cöln mit der Ursulalegende kaum einen
Zusammenhang, und man kann sehr gut das Martyrium anerkennen,
die Legende aber verwerfen, wie auch Friedrich gethan hat.
8.39. Von der Vita Severini ist eine neue Ausgabe erschienen von
Sauppe : MG. Auctorum antiquissimorum Tomi I pars posterior, 1877, 4.
S. 41 Anm. 1. Salvians Werke sind neu herausgegeben von C. Halm:
MG. Auctorum antiquissimorum Tomi I pars prior, 1877, 4.
S. 46 Anm. 1. Zu A. Schöene's Ausgabe der Chronik des Hieronymus
ist die Becension von A. v. Gutschmid zu vergleichen, Jahrbücher
für Philologie, 95. Jahrgang, 1867.
S. 49 Anm. 2. Ein Versehen Holder -Eggers in den Fasti Bavenna-
tes a. 524. 525. wird von Usener gerügt, Festschrift zur Begrüssung
der Philol. Vers, zu Wiesbaden 1877 (Anecdoton Holderi) S. 79.
S. 51 Anm. 2. Die Schrift des Abb6 Duchesne steht in der Bibl. des
l^coles Fran^aises d*Ath^ne& et de Bome, fasc. 1.
S. 55. Ein Excerpt aus der früher unbekannten Schrift Cassiodors
über die Schriftsteller in seiner Familie ist das zu S. 49 angeführte
406 Nachtr&ge und Berichtigungen cum ersten Bande.
Anecdoton Holden, erläutert von Usener. Wir entnehmen daraus,
dafs er die Gothengeschichte im Anftrag des E. Theoderich verfafst
hat, Yor dem J. 522, in welchem jenes Fragment geschrieben ist.
S. 55 Anm. 1. Herr Pf. Falk bemerkt mit Recht, dafs Todtenannalen
auch ansW^ltenburg (von 1045—1109, MB. xm, 473—493) und
aus Sanct Blasien (von 963—1453, Mone's Quellensammlung III,
594 — 609) erhalten sind. Dagegen kann ich bei aller Werthschätzung
der Necrologien als Quellenmaterial unmöglich zugeben, dafs sie zur
geschichtlichen Litteratur zu rechnen sind.
S. 73 Anm. 3. Die elende kleine Compilation des Radulfus de Diceto
(t 1302) über die Quellen seines Geschichtswerkes ist wieder abge-
druckt, mit Bemerkungen von B. Pauli, NA. III, 208.
S. 84 Anm. 2. W. Arndt giebt in seinen Schrifttafeln (Berl. 1874) Taf. 4
eine Probe der Leidener Fragmente der Hist. Francorum des Gregor
Ton Tours, Taf. 13 des Cod. Lugd. Voss. Lat 63 saec. VIII, Taf. 22
des Cod. Brux. 9361 s. XII.
S. 87 Anm. 1. Ein Facsimile vom Schluss des Mar ins und dem Anfang
der Appendix giebt W. Arndt in seinen Schrifttafeln, Tafel 16.
S. 92 Anm. 2. G. Monod hat seine Ansicht über den Ursprung der
Gesta Francorum weiter ausgeführt in einem Aufsatz: Les Ori-
gines de rhistoriographie a Paris (M^moires de la Society de
rhistoire de Paris et de llle de France, Tome in p. 219—240).
Neben manchen Gründen, welche für den Ursprung in Saint -Denis
sprechen, tritt doch noch auffallender Saint -Germain des pr6s (da-
mals Saint -Vincent) in den Vordergrund; wenn aber M. glaubt, dass
der Vf. zuerst in Saint -Denis und dann in Saint- Germain Mönch
gewesen sein könne, so ist dagegen zu erinnern, dafs ein solcher
Uebergang kaum möglich war; begreiflicher freilich, wenn der Vf.
ein vor den Arabern geflüchteter Westgothe war, welcher nur gast-
liche Aufnahme gefunden hatte. Monod bezeichnet das Werk als
Eönigsannalen von Neustrien, bemerkt jedoch selbst, dafs ein offi-
cieller Character durch verschiedene Bemerkungen über die Könige
ausgeschlossen wird. Als Quelle ist noch der Prologus Legis Salicae
anzuführen, und für die Mitte des 7. Jahrhunderts verlorene Schriften,
auf welche der Vf. hindeutet.
S. 96 Z. 4 V. u. Habil. Schrift 1. DisserUtion.
S. 97 Anm. 2. Herr Prof. Ebrard hat seine hier erwähnten Ansichten
zusammenfassend weiter ausgeführt in dem Buche: Die Iroschot-
tische Missionskirche, 1873.
S. 99 Anm. 1. Zu dem Antiphonarium Benchorense aus Bobio
giebt A Peyron beachtenswerthe Verbesserungen, Ciceronis Ora-
tionum Fragmenta (1824, 4) Anhang S. 224—226.
S. 106 Anm. 2. Herr Dr. Hahn bemerkt hierzu, dafs nach seiner Ansicht
derselbe Verfasser im Auftrag von Childebrand die drei ersten Fort-
setzungen des Fredegar verfafste, im Auftrag Nibelungs nach
Naehtrftge und Beriehtigungen inm ersten Bande. 407
geraumer Zeit die vierte, die Autorität der betr. Notis also dadurch
uicht angefochten werde, obgleich er fttr wahrscheinlich halte, dafs
sie nicht am richtigen Orte stehe, weil c. 117 u. 118 gröfsere Ver-
wandtschaft zeigen. Die ganze Compositionsweise lasse ihn nur
einen Verfasser annehmen. Die Quelle der gleichen Schreibweise
sei die Eingewöhnung in die Oesta Francorum durch deren üeber-
arbeitung.
S. 114 Anm. 5. Herr Pf. Falk bemerkt, dafs nach der Ausfilhrung von
Link im Elosterbuch der Diöcese Würzburg (1876) II, &38-545 kein
Zweifel bleibe, dafs das Kloster der h. Lioba in Tauberbischofsheim
gewesen ist, was auch mir richtig zu sein scheint. Derselbe yermifst
Erwähnung des Werkes von ZeU: Lioba und die frommen angels.
Frauen, Freiburg 1860 (Sammlung bist. Bildnisse II).
S. 123 Anm. 1. Faulinus starb schon 802 s. BibL VI, 162 Anm. 4.
S. 131 Z. 4. Monnier hat kein ungedmcktes Gedicht Alcuins, sondern
das Gedicht der Anthol. ed. Riese n. 658: De Philomela. Der Brief
an Leo m ist n. 175 Jaff6, Bibl. VI, 624. — Zu erwähnen war auch
der Artikel Alcuin von E. Dämmler in der Allg. Deutschen Bio-
graphie I, 343—348.
S. 134 Z. 7. Sigulf 1. Alcuin.
§ 6. Die Verse Peters yonPisa bei Bouquet V, 849 sind iden-
tisch mit den von Bethmann aus Lebeuf angeführten „Nos dicamus."
Drei neue Gedichte von Paulus Diaconus, wovon zwei Arichis
und seine Sophienkirche preisen, hat Dttmmler herausgegeben, Zeitschr.
f. D. Alt. XXI, 470—473. — Das Gedicht über den Eomersee hat,
ohne Dümmlers Ausgabe zu kennen, Herm. Müller im Progr. des
Friedrichswerderschen Gymn. in Berlin 1876 (Symbolae ad emen-
dandos scriptores latinos) nach den Hss. von Sanctgallen und Leipzig
herausgegeben. — Das NA. III, 225 — 318 enthält Langobardische
Begesten aus Bethmanns Nachlafs, bearbeitet von Holder-Egger.
S. 135. Wie Jacobi in der S. 140 angef. Diss. bemerkt, ist Seoundus,
aller Wahrscheinlichkeit nach derselbe, welcher in den Briefen des
Pabsts Gregor vorkommt, nicht Bischof sondern Abt gewesen. Auch
ist sein Werk nicht von dem sog. Gontinuator Havn. benutzt.
S.136 Anm. 2. Gegen die Annahme, dafs der oft angeführte Gramma-
tiker Flavianus der Lehrer des Paulus Diaconus sei, verwahrt
sich sehr entschieden H. Hagen, Anecdd. Helv. p. GLXIII.
S 138 Z. 6. 782 l. 783.
Anm. 1. Die Verse Ebrards stehen auch in Mabillon's Annalen LEI,
147.
Anm. 2. Ueber die einzige, Pertz unbekannt gebliebene, Hs. von
Pauli Gesta epp. Mettensium s. die Mittheilung von Dflmmler,
NA. m, 187. — Genealogia Oarolorum: Facsimile vom Cod.
SangalL bis 867 (bei P. cod. 6, nach Canisius benutzt) im Ind. lectt.
Turie. 1835/36 n. 11.
408 Nachtr&ge und BeriehtignngeD zum ersten Bande.
S. 140. üeber die Qnelle von PanlnsDiaconns HL. I, 25 ttber Jnstmians
Gesetzgebung 8. Th. Mommsen u. Fitdng im NA. III, 185. 399—402.
S. 142 Anm. 4. Die im Drnck der Translatio S. Callisti fehlenden
Stellen, mit hohem Lob des Markgrafen Eberhard, ergänzt Dttmmler
NA. m, 405—407 aas der Hs. in der Stadtbibliothek zu Reims.
S 143 Anm. Ueber die Legende des h. Beinoldns ist ein Aufsatz yon
Flofs in den Niederrh. Annalen XXX (1876) S. 174—203. — üeber
die fabelhafte Vita Hugonis hat schon Bayaisson, Rapports p. 125,
Mittheilung gemacht. Vgl. auch Giesebr. II, 601.
S. 145 Anm. 3. Schriftprobe der Hs. des Earolus M. et Leo m. im
Ind. lectt. Turic. 1835/6 n. 6 u. 7.
S. 157 Anm. 2. Der cod. 7 der Annales Laurissenses majores
(741—813), welcher der Ausgabe von Duchesne zu Grunde liegt, von
Pertz nicht benutzt, ist nach Dümmler Paris, lat. 5941 A.
S. 169 Anm. 3. Die Identität von Thegan und Theganbert hat schon
Mabillon entdeckt.
S. 175 Anm. 1. Angilberts Gedicht ist nach der Posener Hand-
schrift um zwei Strophen vermehrt herausgegeben von Dümmler in
den zu Ehren Th. Mommsens herausgegebenen philologischen Ab-
handlungen.
S. 184 Anm. 3. Ueber die Annales Sithienses erscheint eine neue
Untersuchung von G. Waitz, Forsch. XVni, 354.
S. 186 Z. 4 Y. u. 876 1. 3851.
S. 191. Bischof Samuel von Worms starb nicht 859, wie Schannat
nach den Urkunden Regg. Kar. 773. 774. 777. annahm, die er in das
Jahr 858 setzte, Boehmer 856, aber die Urkunden sind unecht, s.
Sickel, Wiener SB. XXXYI, 396. Das Ohron. Lauresh. hat 855, in den
Ann. Fuld. steht die Notiz am Rande bei 856 am Ende, doch gehört
sie vielleicht zu 857, weil er am Anfang des Jahres starb. In den
Ann. necrol. Fuld. min. (Dronke, Traditt. Fuld. 170) steht bei 856
Samuel ohne nähere Bezeichnung. Sein Todestag ist im Dipt. und
Necrol. b. Mariae Fuld. der 6. Februar, im Necrol. Lauresh. der siebente.
Wie Herr Pf. Falk bemerkt, heifst er im Chron. Lauresh. „a pnero
ibidem educatus"; dafs er ein Fulder gewesen sei, ist durch nichts
zu erweisen, wenn auch die Epigramme Hrabans an ihn gerichtet
sein mögen, worin er ihn seinen sodalis nennt. Aber von dem Brief
Alcuins 143 Froh. (Bibl. VI, 875 vgl. 902) nimmt jetzt Dümmler selbst
an, dafs darin vielmehr der Samuel genannte Erzbischof Beomrad
von Sens gemeint sei.
S. 192. Lupus nennt in der Widmung der Vita Mazimini nur den
Namen Waldo und das Jahr 839. Im Necrol. S. Maximini steht:
„m Eal. Nov. Obitus Waldonls abbatis presb. et monachi, ad quem
S. Lupus episcojius de Trecas vitam S. Maximini scripsit.'' Hier ist
Lupus mit dem Bischof von Troyes verwechselt, Waldo Abt von
St. Maximin. Aber 839 war Graf Adalhard Abt von St. Maximin
Nachtr&ge und Bericbtigangen txan. ersten Bande. 409
(Dümmler Ostfr. I, 464). Ob derselbe Waldo der 861 entsetzte Abt
ist, wissen wir nicht; auch nicht, wie sich dazn der 828 yorkommende
Abt Waldo von Schwarzach yerhält. Ürknndlicfa erscheint Waldo
869 als Abt yon St. MaTimin.
üeber Hraban ist jetzt auch die ausführliche Darstelinng von
C. Willy Eegesten der Mainzer ErzbischOfe I (1877) S. xdl—xxiv
anzuführen.
8. 195 Z. 19. Die hier erw&hnten Briefe sind yon Berthgyth an ihren
Brnder geschrieben nnd stehen in der Bonifat. Sammlung , Bibl. 111,
312—314; femxna ist statt /amtna yerlesen. Diese yermeintlich yer*
lorene Hersfelder Brief Sammlung ist also zu streichen. Doch
mag Balthard wohl der Abt yon Hersfeld sein.
S. 199 Anm. 2. R. Pauli hat in d. Gott. Nachr. 1878 N. 1. S. 1—15 die
Untersuchung llber „Karolingische Geschichte in altenglischen
Annalen'' weiter geführt; neben den nordenglischen finden sich
Aufzeichnungen aus Winchester, und nach der Eroberung sind
die Sanctgallisch-Cölner Annalen (I, 294) auch über die Normandie
nach England gebracht.
S. 205 Anm. 1. Eine Münster sehe Diss. yon Enck: De S. Adalhardo abbate
Corbejae antiquae et noyae (1873) enthält S. 60 ff. eine Untersuchung:
Translatio 8. Viti quo tempore scripta quaeque ei fides tribuenda
esse yideatur.
S. 205 Anm. 3. Mabillon hat seiner Ausgabe der Vita Adalhardi eine
Ecloga duarum sanctimonialium, ein poetisches Zwiegespräch
der alten und der neuen Corbeja, beigegeben, Saec. lY, 1, 340—344.
S. 210. Wandalbert yerfafste, wie Dümmler bemerkt, sein Martyro-
logium nach seiner eigenen Aussage in Coeln.
S. 216 Anm. 2. Im NA. UI, 188 weist E. Dümmler zwei ältere Hand-
schriften yon Sedulius de rectoribus christianis nach und
sichert dadurch die Zeitbestimmung nach 840, zeigt auch noch eine
Entlehnung aus den Scriptores historiae Augustae.
S. 218 Anm. 1. Zu der neuen Ausgabe yon Ekkehardi Casus Sancti
Galli ygL die Recension yon Dümmler: HZ. XXXVm, 327—333.
Eine deutsche Uebersetzung yon G. Meyer yon Knonau in der Samm-
lung der „Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit'' ist im Druck.
S. 228 Anm. 3. Yon den Yersen Walahfrids de imagine Tetrici
handeln noch Dehio in y. Zahnes Jahrbuch für Kunstwissenschaft Y
(1872) u. Wilh. Schmidt das. YI (1873).
S. 229 Anm. 4. Herr Pf. Falk yermifst eine Erwähnung des Lorscher
Inschriftensammlers aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts,
über welchen u. a. de Bossi, Inscriptionum Christ. I (1861) Praef.
p. vni handelt. Allein abgesehen dayon, dafs der Gegenstand
kaum hierher gehört, stammt freilich die Hs. aus Lorsch, der
Ursprung der Sammlung selbst aber ist, wie de Bossi bemerkt,
ganz unsicher.
410 Nachtr&ge nnd Berichtigimgen Eum ersten Bande.
S. 242 Anm. 1. Eine Seite der Brüsseler Hs. der Annales Vedastini
in W. Arndt's Schrifttafein 18.
S. 243. Zu den Annales Barcinonenses gehört die Todtenklage mn
den Ghrafen Baimnnd von Barcelona , gest. 1017, mitgetheilt von
Dümmler, NA. HI, 407.
S. 247 Anm. 1. Aosbentong von Seneca's Tragoedien durch Ynlgarins
weist B. Peiper nach, Bhein. Mas. f. Philol. N. F. XXXTT, 536.
S. 258 Anm. 4. Ueber die an tto in. gekommenen Bücher des Johanne s
Calaber s. Val. Böse im Hermes VIII, 46. Giesebr. I, 850.
S. 259 Anm. 3. Die Ausgabe des Bebe ist nach der Handschrift ergänzt
von Giesebrecht U, 581.
S. 281. Die Translatio sancti Epiphanii ist mit Leibniz and
Broawer gegen Pertz in das Jahr 962 za setzen.
S. 283 Anm. 2. Die Separat-Ansgabe der Annales Hildesheimenses
von G. Waitz ist bereits erschienen.
S. 286 Anm. 2. C. Günther hat in d. Osterprogr. der Albinas -Schale in
Lanenburg a. d. Elbe 1877 S. 5 seine frühere Ansicht einer älteren
bis 1004 reichenden metrischen Gründangsge schichte yon
Magdeburg aufgegeben.
S. 300 Anm. 5. Zu den merkwürdigen , sehr anzüglichen Briefen von
Dietrich von Metz an Karl von Lothringen und Ton diesem an
Dietrich, aus dem Lorscher Briefcodex, s. die Verbesserungen und
Bemerkungen von P. Ewald, NA. III, 328.
S. 303 Z. 16. Dieser Immo, auch S. 313 erwähnt, ist yermuthlich der-
selbe Wormser Cleriker, welcher nach einer Dienstzeit am Hofe um
1036 Bischof von Arezzo wurde, und von dem in der Lorscher
Sammlung Briefe sind, s. NA. in, 324.
S. 311 Anm. 4. Vgl. Paul Günther: Das Leben des h. Gerard, Stifters
Ton Brogne. Hall Diss. 1877.
S. 316 Anm. 3. H. Brefslau NA. II, 578 äufsert Zweifel an der Gleich-
zeitigkeit der Annales Heremi, weil Vergleichung mit den be-
treffenden Stellen bei Herm. Contr. und der Epitome die Vermuthung
nahe legen, dafs sie nur ein Auszug aus den Schwäbischen Beichs-
annalen seien.
S. 318 Anm. 4. Varianten zu den Miracula S. Verenae giebt Bau-
mann im Anz. f. Schweiz. Gesch. 1877 N. 2. S. 288.
S. 319 Anm. 1. Berichtigungen zu den Gesta Witigowonis von
0. Breitenbach aus der Chronik des Gallus Ohem NA. I, 176—178.
S. 320 Anm. 1. Zu den von Erchanbald der Strafsburger Kirche ge-
schenkten Handschriften gehört die oben zu S. 138 erwähnte Hs. der
Gesta epp. Mett. von Paulus Diaconus.
S. 327 Anm. 1 Z. 7. Odo L Wido.
S. 329 Anm. 1. Das Jahr 952 für Vollendung der Historia Bemensis
des Flodoard, ist nach Dümmler unbewiesen.
S. 331 Z. 4 V. u. Boman 1. Bomam.
Nachträge und Berichtignngen zum ersten Bande. 411
S. 336. Üeber Radalfns Tortarius steht eine Abhandlnng von Certain
in der Bibl. de l*£cole des chartes I, 489—521.
S. 336 Anm. 2. Nach Reifferscheid, Wiener SB. LIX, 139 steht die lila tio
S. Benedicti im Cod. Yat. Christ. 586 saec. zi. zii. f. 71 y. Der Vf.
heifst hier Diedericns.
8. 337 Anm. 3. Obedienz- Erklärungen fElr die Erzbischöfe von Sens
auch NA. m, 199^202, u. daselbst S. 1%— 198 für Besannen.
8. 338 Anm. 4. In der Eist. Zeitschr. XXXIX, 241—268 ist ein Aufsatz
Yon Karl von Amira: „Die Anfänge des normann. Rechts*^, anknüpfend
an das Buch von Steenstmpp. Darin wird S. 245 f. die Glaubwür-
digkeit des Dudo gegen Dflmmler und Waitz in Schutz genommen,
und die vermeintliche altnordische üeberlieferung über die Herkunft
RoUo's zurückgewiesen.
8. 340. Eine Seite aus der Berliner Hs. von Liudprands Antapodosis
in W. Amdt'B Schrifttafeln 23.
Nachträge und Berichtigungen
zum zweiten Bande.
S. 2 Anm. 5. üeber die Abstammnng and Verwandtschaft Anselms
von Besäte giebt H. Brefslau urkundlichen Nachweis NA. in, 419.
S. 3 Anm. 2. Den Johannes, welcher die Sammlung von Gebeten und
Betrachtungen verfafst hat, hält Mabillon für den Abt Johannes von
F6camp; als pauper finde ich ihn nur in einem Abdruck des Pro-
loges ohne Angabe der Quelle im Arch. f. Oest. GQ. IH, 367 bezeichnet.
Die nicht genannte Kaiserin hielt Denis H, 1525 (danach Tabulae
codicum Yindob. I, 255 zu 1580 u. 1582) für Kunigunde, ohne die ab-
weichende und wohl richtige Ansicht Mabillon's zu erwähnen. YgL
über Agnes, an welche auch Petrus Dam. Briefe richtete, Giesebr.
ni, 1089. 1098.
S. 7 Anm. 1. Im NA. IH, 410 hat E. Dümmler den merkwürdigen Brief
Gosberts mitgetheilt, mit welchem er einen abgekürzten Prisci&n
den Parisern Goselm und Gualter übersendet. Er hat die Arbeit
unternommen, weil, wie die Italiener die Mathematik, so die Gallier
die Grammatik vernachlässigen und kaum den Anblick des Priscian
ertragen. Er selbst hat in Italien die Grammatik gelernt, und hofft
dadurch zu erreichen, dafs sie nun auch hierin, wie in allen übrigen
Stücken, die Italiener übertreffen werden. Die Zeit ist unsicher, die
Hs. s. Xn stammt yielleicht aus Orleans oder Saint -Mesmin.
S. 29 Anm. 3. Das Bücherverzeichniss Bernhards ist schon 1868
im Rhein. Mus. f. Philol. XXIII, 408—410 herausgegeben von A. Wil-
manns, der es in das 11. Jahrhundert setzt.
S. 35 Anm. 1. Nach K Eohlmann: Die Braunschweiger Reimchronik auf
ihre Quellen geprüft (Diss. Kil. 1876, 4) S. 42 ist die Translatio
S. Auctoris in dieser 1298 vollendeten Chronik benutzt, und also
schon aus dem 13. Jahrhundert. Ebenso L. Weiland, Deutsche Chro-
niken n, 436.
S. 55 Anm. 4. Der Wicrad ist vielleicht identisch mit Wider ad, von
1060 bis 1075 Abt von Fulda.
S. 57 Anm. 3. Eine Abschrift Jaff^'s von den Briefen Gebehards und
Paulus ex cod. Ambrosiano hat eine ausdrückliche Beziehung des
l?achtr&ge und Berichtigungen zum zweiten Bande. 413
fraglichen Briefes auf Conrad. Derselben Zeit schreibt sie Sormani
zu, der eine gröfsere Sammlung hatte, und Apologismomm Mediolan.
I, 44 — 48 sechs Briefe mittheilt.
S. 88 Anm. 1. üeber das Annolied wird in der Zeitschrift für deutsche
Philologie eine Abhandlung von E. G. Eettner gedruckt , deren An-
fang als Hall. DisB. ausgegeben ist. Der Vf. entscheidet sich gegen
die Autorschaft Lamberts, für Abfassung in etwas späterer Zeit,
etwa um 1100, und nimmt für den ersten, die alte Geschichte be-
handelnden Theil, welcher allein in der Kaiserchronik, doch mit Ab-
weichungen, wiederkehrt, gemeinsame Grundlage eines schon vor-
handenen deutschen Gedichtes an.
S. 108 Anm. 5. Die im NA. II, 246 erwähnte Es. des Ghronicon S. Mi-
chaelis ist die Trossische, s. Sickel, Urkunden der Karolinger II,
231.
S. 126. Die Glaubwürdigkeit der Continuatio Aquicinctina für die
Geschichte Friedrichs I ist mit guten Gründen angegriffen von
P. Wagner, Eberh. 11 v. Bamberg. (HalL Diss. 1877) S. 113 ff. und
namentlich auch die angeblich 1159 zwischen ihm und Adrian ge-
wechselten Briefe als Stilübungen yerworfen.
S. 130. Die neu aufgefundene Fortsetzung der Gesta episcoporum
Cameracensium hat die Erwartungen getäuscht, indem sie
gröfstentheils nur Ezcerpte aus Lambert von Waterlos enthält und
wenig neue Nachrichten gewährt.
S. 181. Zu erwähnen ist auch noch das Ghronicon Monasterii S.
Vincentii ad Vulturnum von dem Mönch Johannes, 1108
dem Pabst Paschalis in Benevent gezeigt, und dessen Kanzler .Jo-
hannes (Gelasius 11) überreicht. Es ist eine ganz formlose Arbeit,
wesentlich ürkundensammlung, mit fabelhaften Nachrichten über die
'Vorzeit des im Anfang des achten Jahrh. gestifteten Klosters, bis
1059. Ausg. Muratori SS. IS 325—523. Das darin enthaltene Leben
der Gründer Paldo, Tato und Taso, von Autpert s. YIU. ist in die
Scriptores Rernm Langobardicarum et Italicarum aufgenommen,
p. 546—555. In diesem Band sind noch viele kleine wenig bekannte
Stücke.
S. 197 Anm. 1. Benutzung des Annalista Saxo in der verlorenen
Braunschweiger Fürstenchronik nimmt L. Weiland an, Deutsche
Chroniken II, 441, während Kohlmann diese Stellen vielmehr auf die
Nienburger Annalen und die Sächsische Kaiserchronik zurückführt,
Braunschweiger Beimchr. S. 18—22.
S. 210. E. Bernheim: Zur Geschichte des Wormser Concordats (Gott.
1878) S. 31 u. 55—62 bestreitet die Behauptung von der Unsicherheit
Otto's von Freising in Bezug auf das Wormser Concordat. Er
soll gut unterrichtet gewesen sein und doch keine absichtliche Un-
wahrheit gesagt haben. Ich verstehe das nicht. Hat er, wie Bem-
heim auch vermuthet, eine gefälschte Abschrift benutzt, so war er
414 Nachträge und Beriehtigangen zum zweiten Bande.
eben unsicher, da er mit einiger Mühe sich gewifs darüber aufklären
konnte; er gab sich aber diese Mühe nicht. Zu. den S. 33 angege-
benen Texten ist verrnnthlich noch n. 39 der Schaffhanser Ministerial-
bibiiothek zn zählen, Arch. ym, 733. Boos, Die Handschriften etc. S. 6.
— Anf S. 24 Anm. 4 ist in dem Citat ohne Zweifel camecrcOoris zu lesen,
wie schon in d. Heidelb. Jahrb. 1869 S. 591 von mir bemerkt wnrde.
S. 222 Anm. 1. Von dem Epos Ine Uta fert animns giebt Monaci als
Probe 26 Verse nnd 2 vom Schlnfs in den Atti dell' Accademia dei
Lincei, Nnoya serie, Yol. m, 60, vom Jan. 1878. Derselbe theilt im
Archiyio della Societä Bomana dl Storia patria, Yol. I, die Stelle
mit) welche sich anf Arnold von Brescia bezieht
S. 231 Anm. 3. In der Sitzung der Wiener Akademie Yom 16. Jan. 1878
hat Prof. B. y. Zeifsberg eine Abhandlung über die Vita Hart-
mann i vorgelegt, in welcher nachgewiesen wird, dafs der Yerfosser
nicht Klosterneuburg, sondern Neustift bei Brixen angehört und *
zwischen 1190 und 1216 geschrieben hat, und dafs die Yita zu Ende
des 15. Jahrhunderts überarbeitet ist.
S. 244 Anm. 2. Die im Breve Ghronicon Austriacum Tom ersten
Markgrafen Liupold erzählte Fabel ist mit der mythischen Gestalt
des Büdeger in Yerbindung gebracht und diese ausführlich behandelt,
von B. V. Muth, Wiener SB. LXXXY, 265—280.
8. 254 Anm. 5. Ausführlich handelt über den Abt Joachim, seine als
Evangelium aetemum von den Minoriten bezeichnete, bei ihnen fort-
wirkende und mit Zuthaten versehene Lehre, H. Beuter, Geschichte
der religiösen Aufklärung im Mittelalter II (1877) S. 191— 218 nebst
den höchst unbequemer Weise hinten zu suchenden Anmerkungen.
S. 255. Die ünzuverlässigkeit der Yita Alexandri III vom Card. Boso
wegen tendenziöser Entstellung der Thatsachen weist an einem flagran-
ten Beispiel nach P. Wagner, Eberhard II von Bamberg S. 145—147.
S. 257 Anm. 1. Sep.-Ausgabe mit verwandten Stücken als Monumenta
Welforum antiqua ed. Weiland, 1869.
S. 261. Die Bede Eberhards von Bamberg, bei Helmold I, 80 weist als
erdichtet nach Paul Wagner: Eberhard II, Bischof von Bamberg
(Hall. Diss. 1877) S. 93—95.
S. 265 Anm. S. Zur Holsteinischen Beimchronik vgl. S. 352 Anm. 5.
S. 267 Anm. 3. C. Paludan- Müller: Bidrag tu Kritik af Saxos Historie-
werk, in: Historisk Tidskrift 1876, besprochen HZ. 39, 351. Fragmente
alter Hss. des Saxo sind in Kopenhagen u. in Angers gefunden.
Den Annales Lundenses schliefst sich auch der Anfang Pommer-
scher Annalistik an, die Annales Golbazenses, worin die erste
einheimische Eintragung von 1183 ist, und Fortsetzungen bis 1568.
Ausgabe von W. Arndt SS. XIX, 710—720; neue im Pommerschen
Urkundenbuch (Stettin 1877) I, 467—493. Hier aber ist der nach-
gerade unerträgliche Fehler zu rügen, die erste Anlage eines Ne-
crologiums nach dem festen Osterdatum (27. März) bestimmen zu
Nachträge nnd Berichtigungen znm sweiten Bande. 415
wollen. Es wäre ja ganz unsinnig gewesen, ein fflr dauernden Ge-
brauch bestimmtes Buch nach dem zufälligen Datum eines einzelnen
Jahres einzurichten.
S. 269. Ein merkwürdiges Schreiben eines Priesters G. an E. wahr-
scheinlich Evermod, Probst des Marienklosters zu Magde-
burg aus den Jahren 1147—1149 Aber kirchliche Verhältnisse und
Gefahren, hat 0. y. Heinemann im C!od. Anhaltinus I, 253 mitgetheilt,
erläutert yon Giesebr. lY, 497. Magd. Geschichtsbl. IX, 415.
S. 289 Anm. 4. Die Angaben ttber Albert Behaim sind nicht mehr
zutreffend, nachdem es festgestellt ist, dafs der Archidiac. Albert
von Possemünster von ihm zu unterscheiden ist. Nach 0. y. Lerchen-
feld a. a. 0. erhielt Albert ein Canonicat zu Passau schon 1212 yon
Innocenz III, ohne jedoch deshalb die Curie zu verlassen ; 1226 er-
hob ihn Honorius III zum Archidiaconus yon Lorch, u. 1239 sandte
ihn Gregor IX nach Deutschland. Nach gütiger schriftlicher Mit-
theilung des Freih. 0. y. Lerchenfeld ist Albert erst 1259 gestorben.
Genaueres hat derselbe über Alberts conscius Poppo von Mun-
drichingen (Mintraching) gefunden, der sich so schreibt auch nach-
dem er nicht mehr Pfarrer daselbst war. Um 1207 geboren, wurde
er mit 7 Jahren dem Kloster Altaich zur Erziehung Übergeben, trug
dort 12 Jahre das Ordenskleid und empfing das Subdiaconat, ohne
doch jemals das Ordensgelübde abzulegen. Nachdem er seit 1238
Pfarrer in Mintraching gewesen, wurde er am 25. Mai 1252 auf
Albert Behaims Betrieb Domherr in Passau, wird 1253 u. 1254 Dom-
herr und Cellerarius genannt, 1255 bis 1260 Yicedom, bis er Mitte
Feh. 1260 Domdechant u. somit Nachfolger Albert Behaims wird, als
welcher er 1265 zuletzt urkundlich erscheint; 1267 ist Wernhard
yon Morspach Domdechant.
S. 295. Im Anzeiger des Germ. Museums XXY (1877) 3. 185 theilt Prof.
Dümmler ein, früher yon Jäck fehlerhaft herausgegebenes Bam-
berger Bücheryerzeichnifs des 13. Jahrh. mit, überschrieben:
„Isti sunt libri qui ma,^i8troBichardo commissi sunt. ** Sehr auf-
fallend ist darin die vielen Schriften profaner Classiker, Cicero, Li-
vius, Plautus, die Scriptores historiae Augustae u. a.
S. 305. Dom Pitra in seiner Histoire de Saint L^ger (Paris 1846) giebt
S. 525 — 568 auch eine Yita Leodegarii, auf Befehl des Abtes
Eberhard von Murbach (um 1041) von Fruland „ejus derico**
verfalst; das Haupt des Leodegar wurde in Murbach verehrt. Die
Miracula sind alle aus Frankreich, nur S. 566 im letzten Gap. etwas
über Murbach.
S. 325. Hier war auch das Chronicon Andren se anzuführen, von
Andres, d. Tervanensis, 1083—1234, gedr. bei D*Achery, Spicil. IX,
338—671, ed. novae H, 781—871, Bouq. XYHI, 568—583. Es ist
Gütergeschichte mit Urkunden, von 1083—1234, geschrieben als Er-
gänzung des Andreas Marchianensis. Merkwürdig aus der eigenen
416 Nachträge und BerichUgungen zum s weiten Bande.
Erfahrung des Verfassers, Abt Wilhelm, besonders der sehr ansführ-
liche Bericht über eine persönliche Verhandlnng mit Innocenz m.
S. 383. Die Necrologien von Hailsbronn in nener Ansgabe von Dr.
Scheins bei Stillfried, Kloster H. Berlin 1877. S. 328—394. Sep.-Abdr.
bei Scheins: Ans den Archiyalien des Klosters H.
S. 387.^ Zeifsberg's „Kleinere Geschichtsquellen Polens im Mittelalter"
(Archiv d. Wiener Ak. LV, 1—168) sind mir erst jetzt zu Gesicht
gekommen, und ich mufs danach berichtigen, dafs die 1615 zusammen-
gestellte Nekrographie der Dominicaner zu Krakau S. 136 — 167
gedruckt ist, aber fi&r das Mittelalter nichts enthält.
Auf S. 7 bemerkt der Prof. y. Zeifsberg, dafs ihm meine Anmer-
kung oben S. 157 unverständlich sei. Ich habe damit nur sagen
wollen, dafs das Krusch witzer Bisthum .des Bischofs Paulus, welchem
der sog. MartinusGallus sein Werk widmete, eine Erfindung von
Dluglosch ist, und ebenso das Todesjahr 1110, welches deshalb zur
Zeitbestimmung des Martinus nicht verwendet werden darf. Zeifsberg
bemerkt jetzt selbst, dafs Paulus, der auch im Lubliner Buch vor-
kommt, 1112 noch am Leben gewesen sein mufs, weil Siroslaw von
Breslau, der neben ihm genannt ist, erst 1112 Bischof wurde.
REGISTER.
Aachen. 228. II, 135. 318. 340. 385.
Aaran. n, 380.
Abaelard. U, 8.
Abbo von Fleury. 305. 334. 335.
— von Paris. 243.
Abdinghof. II, 31—33. 384.
Ablavins 57
Abraham (957-994) B. v. Freising. 325.
Absalon, Erzb. v. Lund. II, 266.
Acerbns Morena. II, 250.
Acta abb. Fnld. 195; Mettensium 299;
epp. Cenoman. II, 402; Friderici
Traj. 312; Gorgonii. 319; Muren-
sia. U, 300; S. Petri in Angia. II,
302 ; Zoerardi et Benedicti. II, 158.
Adalbero (969—988) Erzb. v. Beims.
298. 330. 332.
— (887—910) B. V. Augsb. 212. 235.
n, 53.
— Bisch. V. Laon. 330. 339.
— I (929—962) B. v. Metz. 298—300;
n (984 — 1005). 280, 300; ni
(1047—1072). 306.
— (1045—1090) B. V. Würzburg. H,
31. 63. 138. 272. 302.
— Probst in Benedictbenern. 325.
Adaibert (1043—1072) Erzb. v. Bre-
men, n, 64—66. 274.
— (968 — 981) Erzb. v. Magdeburg.
285 297
— II (1138—1141) Erzb. v. Mainz. H,
9. 311.
— B. V. Kammin. II, 143.
— (982—997) B. von Prag. 286. 287.
— Abt von Ferriäres. 132.
— Abt von St. Mich, in Hild. n, 22.
— von Bamb. 11, 293 ; Gonstanz. II,
51; Gorvey. 206; Egmnnd. 297;
Schaffhansen. n, 50.
IVattenbacb, Oetehicbtsqnellen IT. 4. Aafl.
Adalbold (1010—1026) Bischof von
Utrecht. 293. 308. 312. 313.
Adalgar (888—909) Erzb. von Ham-
burg. 203.
— Abt von Gorvey. 11, 391.
Adalhalm von Füfsen. II, 56.
Adalhard, Bisch, v. Verona. 251.
— V. Corbie. 139—204. 205. H, 132.
Adalheid, Kaiserin. 260. 340.
— Aebt. V. Quedl. 277.
— Aebt. V. Viüch. II, 109.
Adalher, Lorscher Priester. II, 309.
Adalram (821 — 836) Erzb. v. Salzb.
181. 238.
Adam von Bremen 11, 63—67.
— von Ebrach. II, 296.
— von Masmünster. 124.
Adelard, Abt von St. Martin. 132.
— Mönch V. Blandigny. 311.
Adelerius von Fleury. 335.
Adelgot (1107—1119) Erzb. v. Mag-
deburg, n, 72.
Adelman, B. v. Brescia. n, 114.
Adelperga. 136.
Ademar v. Ghabannes. II, 160.
Adhemar, Mönch. 170.
Admunt. n, 41. 61. 235. 388.
Ado (859—874) Erzb. v. Vienne. 52.
179. 210.
Adrevald. 335.
Adso, Abt von Monstier-en-Der. 258.
260. 305. 306. II, 173.
— Abt von St. Basle. 305.
Adventius (858—875) B. v. Metz. 217.
Aedde Stephanus. 110.
Aegidius Aureaevall. 11, 325. 354.
Aelbert, Erzb. von York. 131. 199.
Aerbonis versus de Altmanno. n, 291.
Aethicus. 94.
27
418
Register.
Afflighem. II, 126, 131.
Afra. 36.
Agannnm. 88. 89.
Agilas. 102.
Agiu8. 208. 209.
Agnellus von Ravenna. 249.
Agnes, Kaiserin. II, 2. 412.
— von Weimar. 261. 277.
Agobard. 126. 171.
Aimoin von Fleory. 93. 335—337.
— von Saint-Germain. 243.
Airicus, Abt v. Gomelismtinster. 11,
111.
Alberich, Erzb. v. Bourges. 11, 9.
— V. Monstier-en-Der. 805.
— von M. Cassino. II, 181.
— V. Trois-fontaines. 354—356.
— V. Utrecht. 199.
Albero (1131—1152) Erzb. v. Trier.
II, 9. 98. 103. 203.
— (1136-1146) B. V. Lüttich. II, 114.
Albert II (1205—1232) Erzb. v. Mag-
deburg. II, 269.
— (1191-1192) B. V. Lüttich. 11, 324.
— Abt von Fmctnaria. 11, 3.
Albertus Aqnensis. II, 135 ; Behaim.
Il, 289. 415 ; v. Stade. 11, 336.
Albinus. 207.
Albuin, Abt von Nienburg. 207. 11,
21. 79; Mönch v. Gorze. 11, 108.
Alcuin. 110. 121. 124. 129—134. 141
bis 143. 149. 182. 188. 191. 199.
209. II, 407.
Aldemar, Cardinal. II, 177.
Alderich, Erzb. v. Sens. 132. 134. 191.
210. 240.
Aldersbach. II, 363.
Alemar, Lehrer in Aschaffenburg.
II, 90.
Alexander Telesinus. II, 254.
Aifanus von Salemo. 11, 177.
Alger, Lütticher Lehrer. II, 114.
Almerich der Bär. II, 1.
Alne. II, 326.
Aloldns Peklariensis. 11, 401.
Alpert. 302. 303. 313.
Altenberger Chronik. 11, 402.
Alteneyck. 217.
Alten münster. II, 55.
Altenzelle. II, 273. 387.
Altercatio inter ürbanum et demen-
tem. II, 103.
Altfrid (847—874) B. v. Hild. 181.
— (839—849) B. v. Münster. 199. 200.
Altmann (1065-1091) B. v. Passau.
II, 3. 31. 62.
Altmann, Probst v. St. Florian. 11, 290.
Alto. II, 55.
Altorf. II, 55.
Aluberht. 199.
Alvlsus, B. V. Arras. II, 133.
Amalarius (809—814) Erzb. v. Trier.
209.
Amalrich, Erzb. v. Tours. 132. 243.
Amandus. 96; spurius. 11, 400.
Amarcins. II, 2. 24.
Amatus von M. Cassino. 11, 180.
Amelungsbom. II, 379. 384.
Amersfoort. 303.
Amorbach. 336. n, 55.
Anamod. 236.
Anastasii Chron. Casin. n, 179. 402.
Anastasius biblioth. 51. 246.
Anchin. II, 126. 133. 393.
Andreas Bergomas. 250; Dandolo.
347 ; Floriac. 336 ; Marchianensis.
II, 326 ; von Michelsberg. 74. n,
142; von Yallombrosa. n, 183.
Andres. II, 415.
Angers. 86. II, 161.
Angilbert, Erzb. v. Mailand. 250.
— Abt von Corbie. 176.
— von St. Riquier. 140—147. 164.
n, 216.
— Vasall Lothars. 175. II, 408. .
Angildruth, Nonne. 189.
Angilram (769—791) Bisch, v. Metz.
138. 141. 160. 161.
— Abt von St. Riquier. 142.
Angonlgme. II, 8. 160. •
Aniane. 169. 170. 177.
Anna Comnena. II, 180.
Annales Admuntenses. II, 235.
— Agrippin. II, 316; Alamannici.
120. 121. 234. 315; Albiani. H,
336 ; Alcnini. 121 ; Aldersbac. n,
363; Altahenses breves. II, 17;
majores. II, 17—20. 59; Altah.
Hermann!. II, 346; Andega-
venses. 86; AngUae. 199. 11, 409;
Aquenses. II, 318; Aquicinctini.
II, 126; Aquitanici. 177; Arela-
tenses. 50. 86. 87 ; Argentin. n,
307; pleniores. II, 345; Augi-
enses. 234. 315; brevissimi. 233;
Augustani. II, 52; minores. II,
295. 297; Aureaevall. II, 325;
Auscienses. 11, 161; Austriae.
II, 243. Babenberg. II, 295;
Barcinon enses. 243. II, 410; 6a-
renses. II, 176; Basil. II, 306;
Bawarici breves. 122.
Begister.
410)
Annales Benedictobnrani. II , 287;
Beneventani. II, 176. 402; Ber-
goma tes. II, 250; Bertiniani. 168.
239-242; Besaenses. II, 161;
Blandinienses. 184. II, 133. 325 ;
Bosov. II , 272; Bremenses. 11,
336; Brixienses. 11, 250; Brun-
wil. II, 109; Bnrgxmd. 86. 87.
— Camerac. II, 130; Cantuarien-
ses. 121; Casinates. II, 176;
Casinenses. II, 176; Cavenses.
II, 176; Ceccanenses. II, 176.
254; Colbaz. II, 414; Colmar. 11,
306; ColonienseB. 294. II, 409;
breves. 294; brevissimi. 215;
maximi. II, 338—342; minimi.
II, 340; Corbejenses. 115. 122.
207. 267. II, 205; spurii. II, 400;
Cremonenaes. II, 251.
— Disibodenbergenses. 11, 331. 332;
Divion. II, 161.
— Egmund. II, 328; Einbardi. 162 bis
167. 177. 185; Einsidlens. 316. II,
301; maj. EL, 343; Elnon. maj. et
min. II, 131 ; Elwang. II, 299 ; En-
gelberg. II, 301 ; Engolismenses.
243; Ensdorf. II, 295; Erphes-
furd. n, 191 ; Erphord. II, 282.
— Farfenaes. II, 167; Ferrarien-
se^. n, 250; Flaviniacenses.
119; Ploreffienses. 11,325; Flo-
rentini. II , 251; Floriacenses.
243. 335; Formoselenses. U, 325;
Fossenses. 308. II, 113; Fnl-
denses. 161. 165. 183—187. II,
65; antiqni. 115. 122.
— Gand. 11, 326 ; Garstenses. II, 235;
Gengenbacenses. II, 41 ; Goslar,
n, 399; Gradicensea. 11, 246;
Gnelferbytani. 120. 121.
— Hailsbronn. II, 295; Halberstad.
209. 280; Halesbr. maj. II, 297;
Hamburg. II, 336; Hasung. 11,
28; Hepidanni. 315; Herbipol. II,
296; Heremi. 316. n, 39. 410;
Hersfeidenses. 196. 197. 209.
278. 284. II, 79; Hildesbeim.
283—285. II, 23. 34.
— Iburg. II, 27. 28. 33; Januenses.
U, 250; Juvavenses breves. 108;
majores. 121; minores. 121.
— Lanbacenses. 116; Lanbienses.
308. n, 113. 324; Lanresha-
menses. 119. 161. 177. 185. 201.
246; Lamissenses. maj. 157 bis
167. 184. 185. n, 408.
Annales Latirissenses min. 161. 184.
185. 284; Lansonenses. 119;
Lemovicenses. 11, 161; Leo-
dienses. 11, 113; Lindisfarnenses.
121; Lobienses. 308; LoiseUani.
157; Lotbariani. II, 191; Lubi-
censes. II, 336; Lngdnnenses.
243 ; Lnndenses. II, 267. 414.
— Magdeb. 11, 335; Mantna^i. II,
250; Marbacenses. II, 217. 345;
Marchianenses. II, 325; Marcb-
tall. II, 303; Masciacenses. 243;
Matseenses. II, 236; Maurimo-
naster. II, 305; Maximiani. 120.
166. 177; Mediolanenses. II, 249;
Mellicenses. 11, 235. 243; Met-
tenses. 160. 166. 177. 301. 302;
brevissimi. 301; Mognntini. II,
90. 314; Monasterienses. 207;
Monast. S. Gregorii. II, 305;
Mosellani. 117—120; Mosomen-
ses. II, 161.
— Nazariani. 120. 121; Neresbeim.
II, 299; Nienburg. II, 194.
— Opatowicenses. II, 246; Otaka-
riani. H, 248; Ottenbnr. II, 27.
299.
— Palid. n, 332—335; Parchenses.
n, 325; Parmenses. II, 250; Pa-
tavienses. II, 234; Patherbrunn,
n, 33. 34; Pegav. H, 272; Pe-
ta Viani. 119. 120; JPlacentini.
n, 252 ; plebei. 157 ; Polonorum.
n, 157; Pragenses. II, 152. 248.
249; Prumienses necrologici. 295.
n, 99; Pruvening. II, 292.
— Quedünburg. 277 — 280. 285. 290.
— Ratispon. II, 59. 291; Raven-
natea. 49. II, 405; Begienses.
n, 250; Beinhardsbrunn. IJ^ 284;
Bemenses. 242. II, 316 ; Boden-«-
ses II, 318; Romani. 11, 168;
Rosenfeld. II, 70; Ryenses. II,
267.
— Salisburgenses. 122; Sanctae Co-
lumbae Senon. 337.
— Sancti Albani. U, 23. 70. 94. 95 ;
Albini Andegav. II, 161 ; Amandi.
116. 117; breves. 116; Amulfi
Mett. 301; Bavonis. 151. H, 326;
Blasii. n, 301; Bonifacü. 195;
Dyaibodi. II, 331. 332; Emmer.
brevissimi. 322. II, 59; majores.
122. 236; minores. 122; saec.
XL n, 59; Eucharii Treverensis.
n, 98.
27*
420
Begistar«
Annales Sancti Galli Balnzii. 116.234;
breves. 234; breviss. 234; majo-
res. 315. II, 49. 50; Georgii in S.
Nigra. 11,301; Gereonis Col. n,
316; Germani Parisiensis. 121;
Gisleni. II, 129; Jacobi Leod.
308; minor. II, 113. 324; Maxi-
mini. 294; Meginradi. 316; Mi-
chaelis Bab. II, 141. 295; Nazarii.
n, 16; Pantal. 11, 342; Petri
Bab. 141. 295; Petri Col. 215;
Petri Erphesfurd. II, 191. 281;
Petri Virdnn. 11, 321; Quintini
Veromand. 242; BndbertL n,
236; Tmdperti. 303; Victoris
Massil. 177. 243; Vincentii Mett.
301; Vitoni. II, 321.
— Saxones. II, 336; Scafhnsani. U,
41; Scheftlar. II, 287; Schiren-
ses. II, 286; Seldental. II, 285;
Seligenstadenses. 11, 168; Se-
nenses. II, 250; Sicoli. II, 256;
Sindelfing. II, 305; Sithienses.
165. 184. 185. n, 408 ; Spirenses.
n, 307; StabuL II, 111; Sta-
denses. II, 336; Stederburg. II,
259.
— Tielenses. II, 330; Tiliani. 116.
— Understorfenses. II, 293 ; Ungarici.
II, 159.
— Vedastini. 242. II, 409; Veneti.
347; Veronenses. II, 250; Ve-
terocell. II, 273; Virdun. II, 321.
— Weingart. Welfici. II, 301 ; Weis-
senbnrgenses. 120. 196. 316;
Weltenbnrg. necrolog. II, 406;
Werthinenses. 207; Windberg.
II, 285; Wingart. 316; Wirzi-
bnrg. II, 94; Wormat. II, 308;
breves. 11, 314.
— Xantenses. 120. 214.
'— Zwifaltenses. n, 301.
Annalista Saxo. II, 195—197. 413.
Anno (1059-1075) Erzb. v. Cöln. II,
31. 87. 110. 111. 115. 139.
— (854-875) B. v. Preising. 235.
— (950-978) Bisch, v. Worms. 295.
AnnoUed. U, 87. 88. 413.
Anonymi Saxonis Hist. impp. II, 352.
Anonymus Barensis. 11, 176; Belae
not. II, 159; Canisii. 11, 144;
Casinensis. II, 176; Comensis.
n, 180; Cuspiniani. 49; de Sue-
yorum origine. 271 ; Einsidlensiq.
229; Haser. II, 138; Laudensis.
n, 250; Leob. IL 363.
Anonymus Mellicensis. 73. II, 57;
Mogunt. de Bonif. II, 90; Mu-
rensis. II, 300; Pisanus. 11, 180;
Ravennas. 57; Roskild. 11,266;
Yalesianus. 50. 249; Weingar-
tensis. II, 257; Welegrad. II,
401; Zabrdowic. 11, 401.
Ansbach. II, 382.
Ansbert. II, 242. 247.
Anscher. 142—144.
Ansegis. 180.
Anselm y. Ganterbnry. 265. H, 184.
— y. Hayelberg. II, 270.
— Bisch, y. Lucca. II, 172.
— yon Besäte, n, 2. 139. 412; yon
Gembloux. II, 126 ; Lüttich. II,
113—115; Mainz. II, 311; St.
Remi. II, 171.
Ansfrid (995—1010) B. von Utrecht.
303.
Anskar (831—865) Erzb. v. Hamb.
201-203.
Anso, Abt. 108.
Antonius Lirinensis. 42.
— Abt V. Senones. II, 100.
Antrieb, Freisinger Schol. 325.
Anulus et baculus. II, 103.
Aosta. II, 392.
Apollinaris Sidonius. 75.
Apologeticus Ebbonis. 242.
Arbert, Abt von 8t. Arnulf. 299.
Arbogast. 101.
Archipoeta. II, 367.
Ardre (Pas-de-Calais). II, 325.
Argenteuil. 11, 394.
Anald. H, 183.
Aribo (1020—1031) Erzb. v. Mainz.
316. 317. n, 89.
— (764—784) B. v. Freising. 103. 126.
Arichis. 136. 137.
Arles. 50.
Am (785—821) Erzb. von Salzburg.
121. 126. 129. 159.
— (855—893) B. y. Würzburg. 237.
Arnfridt, Abt v. Marsperg. U, 399.
Arnold (1153—1160) Erzb. v. Mainz.
II, 313.
— (996—1023) B. v. Halberstadt. 280.
— Abt v. Hersfeld, n, 88 ; v. Nien-
burg. II, 194. 335; v. St. Joh.
in Lübeck. 11, 263.
— von Brescia. Ö, 256. 414; von
Prüm. 295; von St. Emmeram.
II, 53. 54. 56.
— Dominicaner. 11, 371.
Amstein. II, 203. 390.
BegiBter.
421
Arnsweiler. 155.
Arnulf, Kaiser. U, 292.
— B. von Metz. 108. 138.
-- Herz. y. Baiem. 323.
— der Alte von Flandern. 310 bis
312. n, 133.
— flamL Priester, n, 331; franz.
Mönch. II, 2; von Mailand. 11,
183; von S6ez. U, 201.
Arnnlfi chron. Sarracen. II, 403.
Aschaffenborg. n, 90.
Aspert (891-893) B. y. Begensb. 236.
Astronomns. 170.
Attala, Abt yon Bobio. 99.
Atto yon Vercelli. 345.
Au bei Gars. II, 388.
Anctarinm Ekkeh. Altab. II, 20.
Andoenns. 96.
Andradi Keyelationes. 171.
Angsbnrg. 36. 186. 231. 235. 320.
321. 323. 324. II, 51-53. 197.
295—297. 382.
Anra. 11, 145.
Ansonius. 75.
Antun. IL 197. 391.
Auxerre. 244. 327. II, 394.
Auxilius. 247.
Avencfaes. 71. 87. •
Avitus yon Vienne. 94.
Azelin (1044—1054) B. y. Hildesheim.
n, 24. 25.
Azo, Bisch, y. lyrea. 250.
Azzo yon Märseburg. II, 399.
Badurad, Bisch, y. Paderborn. 206.
Balderich I (955—959) Bischof yon
Ltittich. 307; II (1008—1018)
308. 314. 323. II, 113.
— (970—987) B. y. Speier. 263.
— (917—977) B. yon Utrecht. 261.
304. 328.
— Schol. in Trier. II, 9. 204; yon
Noyon. II, 128.
Baldo. 238 s. Waldo.
Balduin d. Kahle yon Flandern. 309.
Balthard, Abt y. Hersfeld. 195. II,
409.
Balther yon Seckingen. 101.
Balthildis, Gem. Chlodwigs 11. 99.
Bamberg. 73. 259. 313. 314. n, 139
bU 144. 223. 293—295. 313. 415.
Bangor. 98. 99.
Banz. II, 383.
Bardo (1031—1051) Erzb. y. Mainz.
n, 90. 91.
— Abt yon St. Alban. 11, 94.
Bardo, Priester in Lucca. II, 172.
Bari. II, 176.
Basel. 225. n, 306. 391.
Basinus. 83.
Baturich (817—848) B. y. Begensb.
190. 236.
Baudemund. 96.
Baudoniyia. 78.
Baugulf. 148. 188-191.
Baumburg. II, 388.
Bayo. 109.
Bebo. 259. 11, 410.
Bec. II, 7.
Beda. 51. 52. 109.
Belae regis notarius. II, 159.
Benedict, Grammatiker. 324; Taube.
II, 402; yon Aniane. 169. 170;
yon Mainz. 197 ; yon St. Andrea.
345; y. St. Arnulf. 299.
Benedictbeuem. 325. II, 59. 287.
Beneyent. 136. 11, 176. 181. 402.
Benno II (1067—1088) Bischof yon
Osnabrück. 11, 23—27.
Beno, Cardinal. U, 173.
Benzo, Bischof yon Alba. II, 173.
— Salzb. Lehrer. 263.
Beornrad, Erzb. y. Sens. II, 408.
Berald, Abt yon Farfa. n, 166.
Berengar, Kaiser. 251.
— Abt y. St. Lorenz. IT, 118.
Bergamo. II, 250. 392.
Bergen bei Neuburg. II, 306. 382.
Bergh-St.-Vinoc. 309.
Bern y. Beichenau. 312. 319. 11, 36.
Bemald (821—840) B. y. Strassburg.
168. 227.
Bernardus Guidonis. II, 363.
— Marangonis. II, 250.
Berner yon St. Remi. 332.
Bernhard, Kön. y. Italien. 192. 226.
— (924—968) B. y. Halberstadt. 280.
— (1130—1153) B. yon Hildesheim.
n, 29.
— y. Clairyaux. II, 199; y. Constanz.
II, 47. 51; y. Hirschau. II, 51;
y. Mentone. II, 182; y. Minden.
II, 29. 412; Utrechter Cleriker.
II, 134; zur Lippe. H, 279.
Bernhardi mag. ars dictaminis. U, 10.
Bemold von Constanz. II, 46—48. .
Bemried. 11, 171.
Bemward (992—1022) Bischof von
Hildesheim. 258. 281—283.
Beromünster. II, 380.
Ber^ha, Karls d. Gr. Tochter. 143.
144.
422
Register.
Hertha von Vilich. 11, 109.
Berthar von Verdun. 217. 304.
Berthold, Aht v. Garsten. 11, 231;
von Weingarten. 11, 258; Zwi-
falten. II, 302.
— Caplan. II, 285. 358; von Donau-
wörth, n, 15; von Reichenan.
II, 45. 46 ; von Scheida. 11, 280.
Bertraud (1180-1211) B. von Metz.
n, 322.
Bertulf, Aht von Bohio. 99.
Besan^on. II, 391. 411.
Bischofsheim. 114. 189. 193. 407.
Biso (886—908) B. v. Paderborn. 206.
Blandigny. 311. II, 133.
Blanbeuem. 11, 41. 44.
Bleidenstadt. 194. 11, 90. 379.
Blidulf, Archid. von Metz. 327.
Blittero. II, 74.
Bobio. 99. 125. 175. 341.
Bobolenus. 101.
Boeddeken. 206.
Boetins. 56. 11, 403.
Boguchwal. n, 276.
Bologna. II, 393. 403.
Boncompagnus. IX, 371.
Bonifatius. 112. 113. 193. 200. 11, 55.
Bonizo von Sutri. II, 255.
Boso, Cardinal. 11, 255. 414.
Bonrges. n, 8:
Bovo, Abt V. Corvey. 207. 208.
— Abt V. St. Bertin. II, 132.
— von Voghera. 11, 182.
Brandenburg, n, 270. 271.
Braunschweig. 11, 35. 261. 264. 265.
351. 384.
Brauweiler. II, 109. 110.
Bremen. 201. II, 64—68. 386.
Brescia. II, 250. 393. 403.
Breslau. 11, 387.
Bretenau. II, 62.
Brogne. 310.
Brügge, n, 326.
Brunhild. 98.
Brunnbach. II, 382.
Brun I (953—965) Erzb. von Coeln.
261. 265. 292; II (1131—1137)
n, 9.
— (1102—1124) Erzb. v. Trier. H, 50.
— (1007-1029) B. V. Augsburg. 11, 1.
— (1037—1055) B. V. Minden. II, 29.
— B. V. Segni. II, 171 ; v. Sutri. II,
169; V. Toul S.Leo IX.
— (1034—1045) B. V. Würzburg. H,
137.
— (Candidus) 188—190.
Brun, Abt von Hirschau. II, 42; Abt
von Monstier-en-Der. 306; von
Querfurt. 287. 288.
Bruno de hello Sax. II, 70—72.
Brunwart, Abt v. Hersfeld. 195.
Bubbo, Abt V. Lorsch. 11, 90.
Buergeln. II, 300.
Bun, Abt V. Hersfeld. 195.
Burchard (1072—1106) B. von Basel
II, 41.
— I (1036—1059) B. V. Halberst. II,
7; n (1059—1088) n, 68.
— (1000—1025) B. von Worms. 303.
314. n, 114.
— (741—754) B. V. Würzburg. 111.
— I Abt V. St. Gallen. 320. 11, 260.
317.
— Abt V. Scheiern. II, 272.
— Probst V. Ursperg. n, 342—344.
— V. Michelsberg. II, 295; von St.
(fallen. II, 299 ; Strassburg. n,
232. 339.
Burgundofara. 99.
Gaesarius von Heisterbach. 11, 316.
317. 376.
Cafaro. II, 250.
Calendarium Bononiense. 11, 403.
Cambrai. H, 128—131.
Canonicus Wissegradensis. II, 156.
Cautatorium S. Huberti. II, 106.
Canterbury. 120. II, 395.
Carmen Laureshamensium. II, 43.
Carolus M. 123 ff.; Car. et Leo HI.
145—147. n, 405; Expeditio
hisp. 155; Visio. 155.
Carolus Calvus. 179'. 192. 210. 228.
243.
Carolus IH imp. 155—186. 222. 227.
— (856—863) Erzb. v. Mainz. 198.
— Graf V. Flandern. II, 326.
Casale. II, 392.
Casauria. II, 254.
Cassiodor. 57—66. 11, 405.
Casus mon. Petrishusen. II, 300.
— S Galü. 218 — 222. 316. H, 49.
299. 409.
Catalogus abb. Aug. 218; Casin. II,
179; Corbej. II, 206; Eptemac.
II, 99. 320; Farf. H, 167; Fuld.
195; Hersfeld. II, 82; Lambac.
II, 63; Prüm. 295; S. Emmer.
236; S. Galli. 218; S. Mart. Col.
n, 109 ; Udalrici et Afrae. II, 53.
— archiepp. Brem. II, 68; Colon. II,
316. 317; Mediol. H, 183.
i
Begister.
423
Catalogns archiepp. Salisb. 11,. 61;
Trever. 296. II, 98.
•— ducum Beneventi. II, 402.
r- epp. Argentin. 320; Bamb. 11,
141 ; Camerac. II, 129 ; Constant.
218; Mett. 301; Patav. II, 63;
Ratisp. 236; Slesvic.II, 68; Tnll.
II, 102.
— pontiff. Born. 48. II, 40; Gasin.
n, 229; Cendi. II, 168. 359;
metricuB. 11, 141; Tibnrt. 11,
229. 359; Viterb. II, 229.
— praepp. Diess. Scheftlar. II, 287.
— reguin Merowingormn. 138.
C&teau*Cambr6siB. II, 131.
Oeccano. n, 253.
Censnra bistoriae Trevericae. n, 98.
Centnla s. St. Biquier.
Cbadalboh, Abt y. Götweib. 11, 62.
Gbansons de geste. II, 182.
Chantimprö. 11, 377.
Cbartres. II, 8. 394.
Cbartnlarium Worm. 11, 307.
Cbanmonzey. II, 102.
Chemnitz. II, 387.
Ghildebert. I, 95.
Gbildebrand. 106. n, 406.
Cbildericb. 75. 76.
Ohilperich. 77
Gblothar n. 94.
Cboloman. II, 244.
Gbristannns. II, 400.
Ghristian H (1249-1251) Erzb. von
Mainz. II, 314.
— Abt y. St. Pantaleon. 293.
Ghrodegang (742—766) B. y. Metz.
118. 157. 161.
Ghronica Altorfensium. 11, 258; de
mon. S. Benedict!. 248; de ori^.
Florent. 11, 251 ; de sex aetati-
bns m. 176; ducnm de Bruns-
wick. II, 352; Honorii. 198;
minor. II, 357 ; principum Sax.
II, 271. 352; regia. H, 337;
Boberti Biscardi. fl, 180 ; Roth-
nacensis. II, 129; Saxonum. 11,
352; Sclayornm. 11, 262.
Chronicae Polonoram. II, 157.
Chronicon Admuntense. II, 236; Af-
fligemense. n, 131; Aldenbnrg.
II, 133; Altinate. 347; Andrense.
n, 415; Aqoitanicnm. 177. 243;
Angnstannm. 69 ; Anstriacum
breye. DL, 244; rhythm.II, 373.
414;
— Benedictoburannm. II, 59.
Ghronicon Brandenburg, n, 271.
— Bremense breye. 11, 67 ; Brixiense.
250; Bnrglense. II, 300.
— Ganisianum. 69; Gasaur. II, 25i;
Gasinense. 248. 11, 177—180;
Gayense. 11, 402; Gentulense.
143; Ghristiani ep. Pruss. II,
401; Golmar. II, 306; Colon,
metr. 11, 316; com. Gapuae. II,
403; Corbejense. 207. 11, 400;
Guspiniani. 49.
— Danicum. 11, 266; de gestis Norm.
in Francia. 338; de rebus Siculis.
II, 256; Dextri. II, 396; ducum
Beneyenti etc. II, 176; ducum
Brunsy. n, 352.
— Ebersberg. II, 59; Elnon. breye.
II, 131; Elwang. II, 299; epp.
Hildesh. II, 29. 277 ; epp. Meirse-
bürg. II, 271; epp. Neapel. 249;
Eptemac. II, 320 ; Erphord. II,
282.
— Floriacense. 335; Fontanellense.
180; Fossae noyae. II, 254.
— Ghisnense et Ardense. n, 325;
Gladbac. II, 109; Goslar. II,
351; Gothanum. 135; Gozecense.
n, 274; Gradense. 346. 347;
Gratiae Dei. II, 203; Gurcense.
II, 236; Halberst. U, 196. 274;
Hollandiae. II, 328; Huxariense.
n, 4(X); impp. et pontt. Basil.
II, 359; imperiale. 70.
— Laetiense. II, 325; Lauresham.
U, 309; Lausannensis Ghartu-
larii. 120; Leodiense breye. II,
325; rhythm. 11, 115; Lippoldes-
berg. U, 315; Maceriense. II,
402; Magdebnrgense. 286. n,
268. 410; breye. II, 352; Man-
tuanum. II, 250; Moissiacense.
176. 177. 201; Montis Sereni.
n, 275; Mosomense. 11, 161;
Nonantulanum. 347: Nortmanni-
cum breye. II, 176; Noyaliciense.
155. n, 181; Noyientense. II,
305; Ottenbnr. II, 298.
— Pisanum. II, 184. 251; Pithoea-
num. 70; Placentinum. U, 253;
Posoniense. II, 159; Reichers-
bergense. 11, 2^; Remense breye
242; Rosenfeld. 11, 70; Sagor-
ninL 346; Salemitanum. 346;
Samj^etrinum. II, 192. 281.
— Sancti Aegidü, II, 357; Andreae
in Castro Garn. II, 131.
424
B^fiiter.
Chronicon Sancti Benigni DiTion. n,
161; Hnberti. 11, 106; Lanr.
Leod. n, 119; Martini Col. 11,
109 ; Mich, in pago Vird. II, 103.
413; Mich. Lüneburg. II , 277;
Pantal. 11, 338—342 ; Petri Vivi.
337; Victoris Massil. 177; Vin-
centii Vnlt. II, 413.
— Schirense. 11,286; Sindelfing. n,
305; Tegerns. II, 289; Ulricia-
nnm. 69; Yenetnm. 346; Yete-
rocell. II, 273; Walciodor. n,
119; Watinense. II, 106; Wirzi-
burgense. 11, 145.
Chronographns a. 354. 48; Corbej.
n, 205 ; Saxo. n, 335 ; Siloensis.
n, 247 ; Weingartenßis. II, 258.
Chnnibert, Abt y. N. Altaich. 324.
Cismar. n, 386.
Cividale. II, 393.
Clarenthal. II, 379.
Ciarius. 337.
Claudius von Turin. 167. 176.
Clausula de Pippino. 106.
Clemens Scottus. 168. 188.
Cluny. 339. II, 31. 40. 41. 43. 55.
104. 114. 161. 163. 164.
Coblenz. 210.
Codex Carolinus. 157; Hild. 11, 28;
Hirsaug. II, 42. 303. 307 ; Lau-
resb. II, 16. 309; Udalrici.
n, 140; Weingartensis. II,
302.
Coeln. 34. 118. 126. 143. 214. 215.
293. 294. n, 9. 26. 87. 108. 109.
189. 316. 337—342. 384.
Colbatz. n, 386.
Colmar. 11, 306. 346.
Colovize. II, 108.
Columban. 97—99.
Commendatio pii Ottonis. II, 142.
Como. II, 184.
Compilatio bis 741. 107; chronolo-
gica. II, 357 ; Sanblasiana. II, 48.
Computationes de temp. Rnperti. 238.
Conflictus ovis et lini. II, 37. 134.
Conquestio domni Chludoyici. 171.
Conrad I, König. 222 ; II, Kaiser. II,
12—16; (III) König, n, 48.
— (1134—1142) Erzb. v. Magd. II,
268; (1160—1200) V. Mainz. H,
127. 233; I (1106—1147) v. Salz-
burg. II, 60. 230—236 ; II (1164
bis 1168) II, 233.
— (934—976) B. v. Constanz. 319.
n, 53.
Conrad. B. von Lübeck, Hildesheimy
Würzb. n, 265 ; II (1221—1247)
V. Hildesh. H, 277.
— (1076—1099) B. y. Utrecht, n, 134.
— Abt yon Eberbach. II, 315; yon
Mondsee. n, 288; y. Ottobeuern.
n, 298 ; y. Scheiem, n, 286.
— Probst y. Ranshofen. n, 288; yon
ürsperg. II, 344.
— de Fabaria. n, 299; yon Brau-
weiler, n, 110; yon Freising
(sacrista). II, 293; yon Halber-
stadt. II, 352; yon Passau. 326;
yon Petersberg. 11, 275; yon
Scheiern (philosophus) 11, 285;
yon St. Ayold. 301 ; y. Wunne-
lingen. II, 304.
Constantin, Abt y. St. Symphorian»
301. 303.
— Scholasticus. 336.
Constantius schol. Luxoy. 259. 320.
Constanz. 219. 319. H, 47. 51. 53. 380.
Constructio Farfensis. 250.
Continuator Beginonis. 297. 298.
Conyersio Carantanorum. 238.
Corbie. 99. 176. 203—205. II, 132.
Corbinian. 102.
Comillon. 11, 392.
Coryey. 122. 203—208. 259. 267. 271.
291. II, 33. 51. 90. 205. 206. 272.
391. 400. 409.
Cosmas Pragensis. 11, 153—157;
continuationes. n, 248.
Cozroh. 235.
Cremona. 342. H, 251. 393.
Cuculus. 129.
Cuno (1066) Erzb. y. Trier. II, 96.
— (1126—1132) B. yon Begensburg.
II, 118. 200. 237. 288. 291. 292.
— Abt. II, 197.
Cur. n, 3. 52. 382.
Cysoing. 142. H, 405.
Czamowanz. U, 387.
Dado (880—923) Bisch, yon Verdun.
217. 223.
Dagobert I. 93.
Daniel (1148—1167) B. yon Prag. U,
9. 246.
Dayid yon Himmenrode. U, 320.
— der Schotte. 11, 77.
De excidio Jerusal. II, 242.
De imperatoria pot. 344.
De primordiis ord. Teuton. II, 218.
Deggingen. II, 280.
Deicolus. 98.
Beguter.
425
Der künege bnoch. ü, 199.
Dernebnrg. II, 384.
Descriptio pagoram Slav. 236.
Desiderins, Abt von M. Cassino. 11,
170. 177.
Densdedit, Cardinal. IT, 170.
Deutscher Orden. II, 217. 388.
Dentz. II, 108. 118. 317. 385.
Deyastatio Constantinop. n, 296.
Dexter. 11, 396.
Dialogns inter der. et laicnm. II, 371.
Clun. et eist. II, 236.
Innoc. m et Romam. II, 371.
— Sangallensis. 220.
Dicta cigasdam. II, 121.
Diotatorenschnlen. II, 10. 181. 371.
Dicnil. 125.
Diederich y. Hersfeld. 336. 11, 411.
Diessen. II, 286. 382.
Dietger, B. v. Metz. II, 100.
Diethalm, B. v. Constant. 11, 369.
Dietkirchen. 11, 379.
Dietpold (1172—1190) B. v. Passan.
n, 234. 242.
Dietrich, Theoderich, Ostgothen-
könig. 55—61. II, 406.
— (965—977) Erzb. v. Trier. II, 96.
— I (965—984) Bisch, v. Metz. 299.
300. II, 123. 410; II (1005 bis
1047) II, 199.
— (1047—1089) B. V. Verdun. II, %.
97. 107.
— Abt V. Donauwörth, n, 15; von
St. Alban. II, 76. 95; I von St.
Hubert. II, 105; II. II, 106; von
St. Mathias. II, 96; v. St. Trond.
II, 117.
— von Apolda, n, 282; von Deutz
(aedituns)n, 317; v. Eptemach.
II, 320; von Paderborn. 11, 31;
V. St. Pant. II, 340 ; v. Tholey.
II, 96.
Dietwin (1048—1075) B. v. Löttich.
II, 105. 113.
Dijon. n, 161.
Dimud von Wessobrnnn. II, 287.
Dino Compagni. 11, 403.
Dionysii Chronicon. 107.
Disibodenberg. II, 331.
Dodechin. II, 331.
Dodo (967—993) B. v. Münster. 206.
Donatus, Diaconus. 161.
— von Fiesole. 125.
Donauwörth. II, 15.
Donizo V. Ganossa. II, 183.
Dorstadt. 199. 11, 384.
Dortmund. 143.
Draco Normannicus. II, 256.
— Mönch von St. Vinoc. 310.
Droctoveus. 95.
Drogo von Parma. 11, 2.
Drübeck. 11, 384.
Druthmar, Abt v. Corvey. 11, 89.
Dudechin. II, 331.
Dudo. 337—339. II, 411.
Duerrenstein. II, 389.
Duesseldorf. II, 385.
Dungal. 125. 129.
Dunstan. 307. 311. 335.
Durand (1021—1025) B. v. Lttttich.
n, 113.
Dysibod. 35. II, 405.
E. Schulmeister. 312.
Eberbach im Rheingau. II, 229. 295.
310. 313. 315.
Eberhard (1147—1164) Erzb. v. Salz-
burg. II, 8. 232. 233. 238.
— Abt von Murbach. II, 415.
— Markgraf. 142. 217. II, 408.
— von Gandersheim. 274. 275. 11,
279; V. Neuenbürg. II, 41.
Ebemdorf im Jaunthal. II, 288.
Ebersberg. 256. II, 60. 389.
Ebersheimmünster. II, 305.
Eberwin, Abt von St. Martin. II, 96.
— Abt von Steinfeld. II, 188.
Ebo von Michelsberg. II, 142. 143.
Ebrach in Franken. II, 218. 296. 383.
Ebrachar (959—971) B. von Lttttich.
307. II, 323.
Ebrard. 138. H, 407.
Ecbasis Captivi. 305.
Echternach s. Eptemach.
Eckenbert v. Frankenthal. II, 308.
Edelstetten. II, 286.
Egbert, Ekbert (977—993) Erzb. von
Trier. 296. 297. II, 96.
— Erzb. V. York. 131.
— Abt von Fulda. II, 55. 91; von
Huisburg. II, 270; von Hy. 110;
V. Schoenau. II, 189; v. Schwar-
zach, n, 272; von Tegemsee.
II, 59.
Eggithdius. II, 296.
Egflbert (1079—1101) Erzb. v. Trier,
n, 97.
— (1002—1039) Bisch, von Freising.
n, 1.60.
Egilmar (885—907) B. v. Osnabrück.
II, 26.
426
Begister.
Egilward v. Würzburg. n, 296.
Eginhard und Emma. 143.
Egino , Abt von St. Ulrich u. Afra.
II, 52.
Eginold, Abt von Gorze. 299.
Egmund. 214. 297. II, 328. 385.
Eichstedt. 114. 237. 326. II, 137. 382.
Eigil, Erzb. v. Sens. 211.
— Abt Yon Fulda. 189; 190.
Eika bei Maseyk. 217.
Eike von Repgau. II, 348.
Eilbert (1056—1080) B. von Minden.
II, 29.
r- von Bremen. II, 234.
Einhard. 147—156. 162 — 167. 185.
188. 190. 191.
Einsiedeln. 229. 316. 322. n, 301.
380. 410.
Eisenach. II, 282.
Ekkebert v. Hersfeld. II, 89.
Ekkehard von Anra. II, 145—151;
Contt. n, 332.
— Bnfus, Magd. Lehrer. 286,
— I von Sanct- Gallen. 317.
— II palatinus. 256. 257. 260. II, 89.
— IV. 218. 315—318. II, 49. 89.
Eidrad, Abt v. Novalese. II, 182.
Electio Lotharii, II, 191.
Elevatio S. Wieberti. II, 121.
El^er von Hohenstein. U, 282.
Illias, Bisch, v. Angonl6me. 244.
— Abt von Grofs-Sanct-Martin. 293.
Eligins. 96.
Elisabeth, Landgräfin. II, 283.
— von Schoenau. 11, 189.
Ellenhardns Magnus. 11, 307.
Ellinger, Abt v. Benedictb. II, 59.
Ellwangen. 182. 230. 231. II, 299.
Elno 8. Saint-Amand.
Elogium Antonii abb. II, 100.
— Willegisi. II, 89.
Elten. II, 385.
Embrico (1063—1077) B. von Augs-
burg. II, 51.
— (1127—1147) B. V. Wtirzburg. H,
138. 296.
Emden. H, 329.
Emmeram. 102.
Emo, Abt V. Wittewierum. 11, 329.
Enenkel. n, 290.
Engelberg. II, 300. 381.
Engelbert (1216—1225) Erzb. von
Coeln. II, 317 ; v. Leubus. H, 358.
Engelbrecht, Probst v. St. Florian.
II, 290.
Engelhard, Abt. v. Langheim. 11, 286.
Engelport, n, 379.
Enger, Kloster. 276.
Enhardus Fuldensis. 183—185.
Ennodius. 42. 61.
Ensdorf. II, 41. 287. 295.
EpüoguB Moraviae et Boh. II, 152.
Epistolae Alati. 237 ; Bohem. II, 141 ;
Carolinae. 157 ; Colonienses. 213.
215; custodis Tilensis. 313; Frid.
HiU. Adriani. II, 366; Fuld. 190;
Greg. Vn. n, 171. 172; GuibertL
n, 127 ; Halberst. II, 196 ; Hein-
rici. rV. II, 77; Hüdesh. II, 278;
Lauresham. II, 16. 307; Lothar.
II, 204; Merowing. 94; Mogun-
tinae. 197; Pauli et Gebehardi
II, 57. 205. 412; Beinhardsbr.
n, 283; Tegems. II, 258; Vete-
rocell. II, 274; Wibaldi. H, 205.
EpiUphium abb. Einsidl. 11, 301;
Adalberonis 11 Mett. 301 ; Adal-
heidis imp. 340; Aggiardi. 155;
Annonis. II, 87; Anselmi Laud.
II, 321; Aribonis Mog. II, 89;
Bemaldi. 227 ; Brunonis Col. 293;
Car. Flandr. DL, 321; Chunr. I
Sal. II, 231; Conr. Lunaelac. II,
288 ; Eginonis abb. n, 58 ; Ekkeh.
(II) Mogunt. n, 89; Slesvic. II,
22; Frid. I. II, 222; Frid. Leod.
n, 116; Fulconis abb. II, 58;
Geroldi. 227; Giselberti Lac. H,
321; Heinr. IH. II, 171; Hein-
rici IV. II, 321; Heinr. pal. II,
321; Heinr. com. 213; LeonisIX.
n, 171; Lotharü. 176; Michaelis
ep. Rat. 322; Nithardi. 174; Ot-
tonis M. 340; Baimundi Bar-
cinon. 11, 410; Beinaldi Col. II,
339; Budolfi diaconi. ^4; Bnt-
landi. 155; Sendebaldi com. 299:
Steph. Novar. 256; Walthen
Spir. II, 24.
Epitome Sangallensis. II, 38. 39.
Eptemach. 110. 328. 11, 98. 105. 319.
320 390.
Erbo, Abt v. Prüfening. 11, 100.
Erbonis versus de capta Jerus. II,
369.
Erchambert, Abt v. N. Altaich. 325.
Erchanbald (1011—1020) Erzb. von
Mainz. II, 89.
— (882—912) Bisch, von Eichstedt.
237.
— (965-991) Bisch, von Strafsburg.
320. n, 410.
RegiBter.
427
Erchanbert (835—853) B. t. Freising.
235.
Erchanberti Breviarium. 179; Cont.
234.
Erchempertns Casin. 53. 248.
Erchenfrid, Abt yon Melk. 11, 244.
Eresbnrg. II, 399.
Erfort. 197. H, 191. 192. 281. 282.
357. 379.
Erhard, B. v. Begensburg. 11, 57.
Erich Yon Auxerre s. Heirich.
— von Frianl. 175.
Erinher. II, 89.
Erkenbert, Abt v. Corvey. n, 147.
— Abt V. Frankenthal, n, 308.
Erlebold, Abt v. Beichenau. 225. 232.
Erltdn (995—1012) B. v. Cambrai. 308.
— Abt von Gembloux. 11, 119. 120.
124.
Erlung (1105—1121) B. v. Wtirzburg.
II, 76. 140.
Ermanrich von Ellwangen. 128. 182.
192. 229—232. 237. 264.
Ermenald, Abt von Aniane. 169.
Ermengard nx Lotharii I. 228.
Ermino. 108.
Erminold, Abt von Priefling. II, 144.
Ermland. 11, 388.
Ermoldus Nigellns. 166.
Ernst, Abt von Zwifalten. 11, 302.
Erstem. 243.
Essen, n, 385.
En. II, 394.
Eugenins Vulgarins. 247.
Engippins. 42.
Ensebins. 46.
Enstasius. 99. 102.
Entrandns. n, 396.
Everaclns s. Ebrachar.
Everger (985—999) Erzb. von Cöln.
293.
Everhelm, Abt v. Hantmont. II, 105.
Evermod, Magd. Probst. 11, 415.
Evreux. II, 394.
Ewaldi. 111.
Excerpta Altahensia. 11, 20.
— Velleji. n, 345.
Exordium ord. Cist. n, 315.
Ezelonis V. Hug. Clnn. 11, 163.
Ezzo, Abt von St. Stephan. Würzb.
II, 145; Bamb. Schol. 11, 139.
Faenza. 11, 253.
Falco von Benevent, n, 181.
Farabert (947—953) B. von Lttttich.
311.
Farfa. 250. 11, 2. 166.
Faro, Bisch, v. Meanx. 95.
Fast! consolares. 48—50; Corbe-
jenses. n, 400; Idatiani. 50. 70
Rav. 49. n, 405.
Fansti V. S. Mauri. 244.
Faviana. 43.
Perrara. n, 250.
FerriÄres. 132. 134. 191. 192. 210.
Feuchtwangen. 321. 324.
Fidnda. 141.
Findan. 231.
Fischbachan. 11, 41.
Flandria generosa. II, 133. 326.
Flavianus. 136. 11, 407.
Flavigny. II, 107.
Fleury. 93. 227.334—337. II, 161. 394.
Flodoard. 328—330. n, 410.
Florbertns Qand. 110.
Floreffe. U, 325.
Florennes. II, 131.
Florentins, Bisch, v. Strafsb. 101.
— von Worcester. II, 594.
Florenz. II, 251. 393.
Flores tempormn. II, 353.
Florian. 36.
Floridns hortns. II, 329.
Florns Lngdnn. 52. 171.
Foigny. 11, 229.
Folcard, Abt v. Blandigny. 11, 133.
— Mönch V. St. Bertin. II, 132.
Folcmar (965—969) Erzb. von Cöln.
292. 293.
— (977—990) B. V. Utrecht. 282. 299.
Folcnin, Abt von Lobbes. 308.
Folmar, Abt von Weissenburg. 196.
Fontaneila s. Saint-Wandrille.
Forcheim. II, 383.
Formbach. II, 238. 370.
Formosus, Pabst. 247.
Formnlae Alsaticae. 223.
Fosse. II, 111. 113.
Fragmenta Monseensia. n, 401.
— Werthinensia. 166.
Fragmentum de Arnnlfo dnce. 323;
de Conr. rege a. 1095. II, 48;
de Greg. VII obitn. n, 48; de
Heinrici IV pacto cnm Bom. n,
48; de Lnd. jon. 186; de Pippino
dnce. 107; genealog. dncnm
Bmnsv. 11, 352.
Franco (854—901) B. v. Lüttich. 216.
217.
— Lütt. Lehrer. 11, 114. 153.
Franconun impp. bist, breviss. 11, 150.
— regnm bist. 179. 309.
428
Begister.
Frankenthal. n, 308.
Frankfurt, ü, 370.
Frauenbrunnen. 11, 381.
Frauenburg. II, 388.
Frechulf von Lisieux. 177—179. 192.
244.
Freckenhorst. 200.
Fredegar. 48. 88—92; Contin. 105.
II, 406.
Fredegardus. 142. 173.
Freising. 102. 126. 235. 325. H, 60.
207. 208. 214. 237. 293. 389.
Fretellus. II, 153.
Fridolin. 101.
Fridugis. 131. 167.
Friedrich I, Kaiser. II, 186. 221. 224.
— (1104-1122) Erzb. von Bremen.
n, 67.
— (1100—1131) Erzb. v. Cöki. H, 8.
109. 140. 200.
— (937 — 954) Erzb. v. Mainz. 234.
315.
— (954 — 990) Erzb. v. Salzb. 324.
n, 16.
— (1119—1121) B. von Lüttich. H,
114. 116.
— (1062—1084) B. V. Münster. n,31.
— (t 838) B. V. Utrecht. 312.
— Abt von Hersfeld. II, 81.
— Pfalzgr. V. Sachsen. II, 4.
— Ködiz. n, 285.
— Salzb. Lehrer. 263.
Fritzlar. 187.
Frodebert, Bischof. 94.
Fronnenberg. 11, 280.
Frothar (813—848) B. v. Toul. 217.
Fronmund. 324.
Frontolf. II, 140.
Frowin, Abt von Engelberg. 11, 300. •
Fructuaria. II, 80.
Fruland. II, 415.
Fnerstenchronik, Brannschw. II, 351.
Fnerstenfeld. II, 389.
Fuessen. II, 56.
Fulbert (934—56) B. v. Cambrai. 310.
— Bischof V. Chartres. II, 128.
— Abt von Laach. II, 320.
Fnlcard von St. Bertin. II, 132.
Fulco (882—900) Erzb. von Reims.
175. 327.
— von Anjou. 258.
Fulcuin, Abt v. St. Vincenz. II, 120.
Fulda. 113. 122. 148. 151. 161. 166.
177. 183-196. 336. II, 4. 55. 57.
82. 89—92. 280. 379. 400. 412.
Fundatio Brunwil. 11, 110.
Fundatio Comburg. 11, 296; Corbe-
jensis. 204. 207; Eberac. II, 297 ;
Gratiae dei. n, 203; Hasno-
niensis. 11, 131; Letzkensis. H,
270; Marchtall.II, 303; Murensis.
II, 300; Ottenbur. n, 298; Quer-
ford. II, 265; Salem, n, 302;
Tegems. II, 289; Werthinensis.
201.
Galbert von Brügge, n, 326.
Galindo. 240.
Gallus. 100; Ohem. 224. n, 50.
Gandersheim. 208. 260. 271—275. II,
29 193
Gardolf (1193—1201) B. v. Halber-
stadt. II, 274.
Garsten. 11, 231. 232. 235.
Grauderich von Velietri. 246.
Gaufridus Malaterra. II, 181.
Ganscelin, Abt v. St. Amand. 327.
Gauzlin (922—963) B. v. TouL 305.
— von Fleury. 336.
Gebehard (1060—1088) Erzb. v. Salzb.
n, 31. 44. 60—62.
— (996—999) B. v. Augsburg. 321.
— II (980-995) B. V. Constenz. 319;
III (1084—1110) II, 51. 52.
— (1042—1057) B. V. Eichstedt. U,
137.
— (1105—1107) B. von Speier. n,
42. 307.
— (1121—1127) B. V. Würzburg. H,
8. 138. 140.
— Abt von Windberg II, 285.
Geddo, Magd. Lehrer. 286.
Geifs. II, 381.
Gembloux. II, 114. 119—127.
Genealogia com. Bolen. II, 132; do-
mus Carolorum. 138. 170. 407;
re^um Franc, et comitum Flan-
driae. II, 133; regum Merow. 138.
Generationes populomm. II. 106.
Genf, n, 392.
Gengen bach. 11, 41.
Gennadius. 73.
Gent. 109. 309. 310. H, 117. 326. -
Genua. II, 250. 256. 392.
Geographus Bawarus. 236.
— Bavennas. 57. 64.
Gerald, Bisch, v. Ostia. II, 55.
Gerberga, Gem. Ludwigs IV von
Frankreich. 260. 305.
— Aebt. V. Gandersheim. 260. 272.
Gerbert. 257. 285. 296. 305. 312.
330—332.
Begiater.
429
Gterbodo, Abt yon Lorsch. IT, 16.
Gerdag (984—992) B. v Hildesheim.
282.
Gerhard, B. v. Angooleme. II, 8.
— (1012—1049) B. von Cambrai. 11,
128; II (1076—1092) H, 129.
— B. y. Csanad. 11, 158.
— (963—994) Bisch, von Toni. 305.
II, 101.
— Abt von Brogne. 310. 311.
— Abt von Seon. 259. 325.
— Probst von Stederburg. 11, 259.
— Angsbnrger Priester. 321.
— von Corbie. II, 132.
Gerhoh von Reichersberg. II, 52.
190. 237—240.
Gerlach, Abi v. Mühlhansen. II, 247.
Gernand (1221—1241) B. v. Bran-
denburg, n, 271.
Gero (969—976) Erzb. v. Cöln. 293.
Gerold, Bruder d. E. Hildegard. 226.
r- (1154—1163) B. V. Lübeck. 11, 260.
Gerresheim. II, 385.
Gertrud, Markgräfin. 11, 35.
Gervasius von Tilbury. n, 375.
Geseke. 11, 384.
Gesta abb. Fontänen. 180; Fuld. 195;
Gemblac. II, 123 ; Horti S. Mariae.
II, 330; Lobiensium. 308. II, 324;
S. Laurentii. II, 323 ; S. Vitoni.
II, 321; Sithiensinm. 308. II,
132; Trudon. II, 116. 117.
— Alberonis Trev. II, 2<>4; Alberti
II Halb. II, 274; Aldrici. H,
402; Anglorum. II, 65.
— archiepp. Magd. II, 269; Salisb.
II, 61.
— Berengarii. 251 j Calixti II. n,
355; Chuonradi et Heinr. HT.
II, 12—14; Clementis. 246; Da-
goberti. 93; Dei per Francos.
II, 135. 181.
— epp. Autisiodor. 245; Camerac.
II, 128. 413; Halb. 280. II, 274;
Leod. 309. II, 113—115. 325;
Mett. 13a 139. 303. II, 322 bis
407; Neapel. 249; Traject. n,
328; Tull.II, 102; Virdun. 217.
II, 104. 321,
— Florentinorum. II, 250; Fran-
corum. 92. II, 147. 406; Frid. I
Mediol. n, 249; metrica. 11, 222.
414; Frisiorum. II, 330; Gode-
fridi Trev. II, 98; Heinrici IV.
U, 73; Heinrici VI. II, 227;
Marcuardi Fuld. II, 280.
Gesta Pisanorum. II, 184.
— pontiff. Rom. 51. 245. II, 167.
255. 405. 414.
— Theoderici regis. 61 ; Trevirorum.
297. II, 98. 319; Witigowonis.
319. II, 410.
Gevehard von Siegburg. II, 339.
Gilbert. II, 359.
GiUes d'Orval. H, 325. 354.
Girard de Rossillon. 243.
Gisela, Kaiserin. II, 1.
Giselbert, Abt von Admunt. II, 281.
— Abt von Laach. II, 320.
— Herzog. 310.
Gisiler (981—1004) Erzb. v. Magde-
burg. 286. 289.
Gislebert von Mens. II, 327.
— von St. Amand. 11, 131.
Gladbach. 294. 295. II, 109. 385.
Glossae Salomonis. 224.
Gnesen. 286. 287.
Gobelinus Persona. 107.
Godefrid, Gotfried (1124—1127) EJrzb,
von Trier. 11, 98.
— Abt V. Admunt. II, 235.
— von Ensmingen. 11, 307; v. Kap-
penberg. II, 202; Marsilia. n,
399; Reims. II, 160; St. Panta-
leon. II, 338; Viterbo. II, 222
bis 229.
Godehard (1022—1038) B. v. Hildes-
heim. 325. II, 16. 17. 21—23.
Godescalc, Gotschalk (994—1006) B.
V. Freising. 325.
— Abt von Selau. II, 9. 247.
— Kalligraph. 124; von Fulda. 175.
192; V. Gemblonx. II, 124; Lüt-
tich. 215; Neumünster. II, 263.
Goerlitz. II, 387.
Goetweih. 11, 62. 232. 291.
Gonter, Abt v. Brogne. 311.
Gonzo, Abt v. Florennes. II, 131.
Gordiani Gesta Placidi. II, 179.
Gorze. 299. 330. II, 99. 108. 119. 272.
Gosbert, franz. Gramm. II, 412.
Goseck. II, 41, 81. 274.
Goslar, n, 25. 51. 294. 351.
Gosvinus de expugn. Salaciae. n, 341.
Goswin, Abt v. Anchin. 11, 133.
— von Villers-en-Brabant. II, 325.
Gothelm, Abt von Benedictbeuern.
n, 59.
Gottesau. 11, 41.
Gottesgnaden. II, 203.
Gozbald (841—855) B. v. Wttrzb. 182.
230. 236.
430
RegiBter.
Gozbert, Abt y. St. Gallen. 219.
— der Jüngere. 219. 230.
Gozechin, Mainzer Scholaster. n, 6.
92. 114.
Gozo, Schüler. 264.
Gozpert, Abt y. Tegernsee. 323.
Gozwin, yon St. Alban. Hy 94.
Grafschaft, ü, 339. 385.
Granum catalogi Olom. 11, 246.
Granyal. 100. 221.
Graphia anreae nrbis Romae. 344.
Gregorlus. I. 54; V. 314. 345; VII.
II, 171.
— Turon. 79—86. n, 406 ; bist, epi-
tomata. 89.
— y. Catina. II, 167; y. Utrecht. 199.
Grenoble. 11, 392.
Grimald. 182. 218. 220. 227. 230. 231.
Grofs-Sanct-Martin, Cöln. 118. 126.
143. 293. 294. EL, 92. 109.
Gndinns. 259.
Gnerinus. U, 253.
Gnibert, Abt yon Gemblonx. II, 127;
yon Nogent. II, 7. 165. 187.
Gnido Casin. II, 179; de Bazochiis.
n, 355; Pisanus. 57.
Goilerrnns Apnliensis. n, 181.
— Brito. II, 375.
Gumbert, Abt y. Abdinghof. II, 33.
Gnmpold yon Mantna. 258. 348.
Gundechar II (1057 — 1075) B. yon
Eichstedt. 11, 3. 137.
Gunderam, Schol. in Eichstedt. n,
7. 137.
Gnndpert, Cleriker. 236.
Gnndram, k. Oaplan. 230.
Gnnthar, Gnnther (849-863) Erzb.
y. Coeln. 215. 303.
— (1024—1025) Erzb. y. Salzb. 308.
324. II, 112.
— (1057—1065) B. y. Bamberg. II,
19. 37. 139.
— Eremit. II, 22; y. Lippoldsberg.
n, 315; yon Pairis. II, 220.
Gnntheri Lignrinns. II, 218.
Gnnzo yon Ebersberg. 256.
— yon Noyara. 255. 256.
Gnrk. II, 236.
Gntstadt. II, 388.
Hagano, Herzog. 310.
Haüsbronn. II, 295. 297. 383. 415.
Haimerad y. Hasnngen. 11, 88.
Haimin yon Saint-Vaast. 242.
Haimo (840—853) B. y. Halb. 191.
244. 279.
Haimo, Prior yon Hirschan, n, 42.
— de detectione Dionysii. II, 292.
Haito (807—823) B. y. Basel 166. 225.
Halberstadt. 191.. 207. 279. 280. H,
7. 30. 68. 196. 274. 383.
HaUe. II, 231. 386.
Hamburg. 202. 11, 65. 336. 386.
Hamersleben. 11, 8.
Hariolf, B. y. Langres. 230.
Hariulf. 142. 143. 311.
Hartgar (840—854) B. y. Lattich. 216.
Hartmann (1140-1164) B. y. Brixen.
II, 213. 231. 414.
— Abt y. Götweih. II, 41.
— Abt y. St. Gallen. 316.
— Domprobst in Mainz. IL 312.
— Mönch y. St. Gallen. 220. 222. 318.
— Schol. in Paderborn. II, 31.
Hartmut, Abt y. St. Gallen. 191. 220.
Hartwich (1078—1102) Erzb. yon
Magdeb. 11, 51.
— (990—1023) Erzb. y. Salzb. 11, 233.
— (1105—1126) B. yon Regensb. II,
159.
— Abt yon Hersfeld, II, 81. 88.
— Abt yon Tegernsee. 295.
Haslach. 101. II, 397.
Hasnon. II, 131.
Hasungen. II, 23. 41. 88.
Hathumod. 208.
Hato, Bibliothekar yon St. Maximin.
298.
Hatte (891 — 913) Erzb. yon Mainz.
198. 212. 270.
— I (842—856) Abt y. Fulda. 188.
192. 217; III (991-997) 335.
Haute, Abt y. Stablo. 305.
Hayelberg, II, 27Ö.
Haymarus Monachus. II, 242.
Hazecha y. Quedlinburg. 263. 277.
Hedwig yon Schwaben. 260.
Heidenfeld. II, 383.
Heidenheim. 114.
Heiligenkreuz. II, 243. 389.
Heillui, Aebt. y. Niedermünster, n, 56.
Heimo (991-1024) Bisch, y. Verdun.
304. 308.
— Bamb. Domherr. II, 295.
Heinrich 11, Kaiser. 258. 266. 313,
II, 30.
— III. n, 1—3. 58. 99. 135. 228.
— IV. II, 3. 58. 77.
— V. II, 3. 78.
yj^ jT 224.
— (1 142—1153) Erzb. y. Mainz, n,
312.
Begister.
431
Heinrich (956 — 964) Erzb. v. Trier.
322.
— (973—982) B. v. Augsb. 321.
— (1173—1182) B. von Lübeck. H,
262. 264. 277.
— (1075—1091) b! V. Lüttich. H, 113.
— Zdik, B. V. Olmüz. H, 153.
— (1084—1127) B. von Paderborn.
II, 31.
— (1182—1192) B. V. Prag. H, 247.
— (1231—1243) B. V. Seckau. H, 241.
— (995—1018) B. V. Würzbnrg. II, 89.
— Abt V. Bretenau. II, 62; v. Glad-
bach. II, 109; von Scheiern. n,
286.
— Archid. v. Ltittich. II, 121. 122.
— Archid. v. Salzburg. II, 233.
— Probst V. Scheftlam. II, 287.
— Bremer Schol. II, 337 ; der Lette.
II, 276; Septimen. 11, 222.
— von Antwerpen. II, 270; v. Gent.
73; Heimburg. II, 249; March-
thal. II, 304; Melk, n, 244; Mos-
kirch. II, 304; Osthoven. II, 280;
Tegernsee. 11, 289.
— Michael, Schulmeister, n, 310.
Heinrichan. II, 387.
Heinsberg. 11, 385.
Heirich (Erich) von Auxerre. 192.
244. 327.
Heisterbach. 11, 376.
Helisachar. 177. 178.
Helmershausen. 11, 31. 35.
Helmold. II, 259—262. 414.
Helpericus. 145.
Herbord, Hildesh. Schol. II, 265.
— Michel sberger. II, 143. 144. 235.
Herford. 206. 275.
Heribert (999—1021) Erzb. v. Coeln.
266. 294. II, 108.
— (1021—1042) Bisch, v. Eichstedt.
n, 7. 137.
— Mönch V. Reichenau. 296.
Heribrand, Abt von St. Lorenz. 11,
106. 118.
Heriger (913—926) Erzb. v. Mainz.
266.
— Abt V. Lobbes. 309. 312. n, 114.
Herluca. II, 287. 298.
Hermann (1096 — 1132) B. v. Augs-
burg, n, 52. 237.
— (1073—1090) B. V. Metz. H, 99. 112.
— (1018—1026) B. V. TouL 306. 308.
— Abt V. Michelsberg. II, 142; von
N.-Altaich. II, 346; v. St. Martin,
Tournai. II, 133. 201.
Hermann Judaeus. U, 203.
— von Kirchberg, n, 262.
— V. Reichenau. 45. 11, 12. 14. 15.
24. 35. 37—40.
— V. Steinfeld. 11, 318; Worms. 314;
Zäringen. II, 43. 51.
Hermansch wyl. II, 381.
Hermold, Abt. 169.
Herrad von Landsperg. II, 306.
Herrand '(1090— 1102) B. v. Halber-
stadt. II, 68—70.
Herren-Aurach. II, 145.
Herrieden. II, 137.
Hersfeld. 195—197. 278. 336. II, 21.
54. 59. 69. 78—82. 88. 196. 409.
Herward, Lehrer in Aschaffenburg.
II, 90.
Hess!. 207.
Hesse de conc. Remensi. II, 149. 306.
Hetti (814—847) Erzb. von Trier.
182 210
Hettilo (1054-1079) B. von Hildes-
heim. II, 23. 25. 28.
Hezelo, Lütticher Lehrer. 11, 114.163.
Hieronymus. 46. 52. 73. 99. 11, 405.
Hildebald (f 818) Erzb. von Coeln.
214. 217.
Hildebold, B. von Auxerre. 244.
— Grammatiker. 304. 327.
Hildegar, Bisch, v. Meauz. 95.
Hildegard, Königin. 193. II, 300.
— V. Bingen. 11, 189.
Hildegardus Gradicensis. U, 401.
Hildegund v. Schoeuau. II, 310.
Hilderich, Abt von Prüm. 295. 319.
Hüdesheim. 258. 281—284. IL 9. 21
bis 25. 28—30. 51. 265. 277. 278.
312. 384.
Hildeward (968—996) B. v. Halber-
stadt. 280.
Hilduin (842—849) Erzb. von Coeln.
215.
— Abt V. St. Denis. 192. 204.
Himmenrode. 11, 320. 376.
Hincmar (845—882) Erzb. v. Reims.
181. 205. 241. II, 398.
Hirnardus, Lütt. Archidiac. II, 322.
Hirschau. II, 41—43. 51. 61. 62. 100.
302. 303.
Historia Cameracensis. n, 130; Ca-
roli M. Campidon. II, 399 ; crucis
Werd. II, 15; de duce Hinrico.
n, 264; Francorum impp. breviss.
II, 150; Francorum Senon. 337;
Frid. I imp. II, 344; Fuld. H, 82;
Langobardorum cod. Goth. 135.
432
BegiBter.
Historia Lombardica. 53; martynun
Trev.II. 97; miscella. 136; No-
yientensis. II, 305; occup. et
amisB. T. S. II, 343; peregri-
norum. II, 221. 242. 264; ponti-
ficalis. II, 256; regni Jernsal.
II, 250; regum Francorum. 179.
309; regum Franc. S. Dionysii.
II, 163; Sanguinis Domini. 318;
Viconiensis. II, 325; Villar. n,
326; Welforum Weing. II, 257.
303. 414; Wenceslai regia. II,
248.
Historiae Farfenses. II, 166.
— Reinhardebr. II, 284.
Hitto (810—835) B. v. Freising. 235.
Hitzkirch. II, 381.
Hizo, Abt von Prüm. 295.
Höfen. II, 381.
Hofschule. 127. 168. 181. 240. 262.
Hohenburg. II, 306.
Hohenfurt. II, 383.
Hombli^res. 332.
Honan. U, 380.
Honorius Augustod. 73. U, 197.
Hombach. 224. 301.
Hraban (847—856) Erzb. von Mainz.
52. 151. 177—179. 181. 182. 188.
190—193. 230. 265. 312. II, 408.
409.
Hradisch. II, 245. 401.
Hrotsuit. 260. 264. 271—274.
Hubald, Lütticher Lehrer. 308. II,
153
Hubert (bis 727) B. v. Ltittich. 215.
Hncbald von St. Amand. 111. 2(X).
244. 304. 306. 327. 328.
Hugo, Erzb. v. Lyon. II, 107.
— (942—989) Erzb. v. Konen. 338.
— (945—947) Bisch v. Lüttich. 294.
307; II (1200—1229) II, 322. 324.
_ (984—990) B. V. Würzburg. II,
296
— Abt. 175; V. Cluni. 264. II, 163;
V. Farfa. II, 166; Flavigny. 11,
106—108; St. Gilles. II, 35.
— Falcandus. II, 254; Metellus. II,
103. 138. 188. 204; orthodoxus.
n, 44. 58.
Hugo von Bologna. II, 181; Fleury.
n, 161. 162. 337; Regensburg.
n, 291; St. Victor. II, 8. 358;
Trimberg. 73.
Huisburg. II, 384.
Humbert, Cardinal, n, 170.
— (832—842) ß. V. Würzburg. 237.
HunfHd (1024—1051) Erzb. v. Mag-
deburg. 286.
Hunibald. II, 398.
Huozmann (1075—1090) B. v. Speier.
II, 24.
Hnsward. 52.
Huy. 143. II, 325. 354.
Biyacinth, Prior. U, 361.
Iburg. n, 26—28.
Ida. 206.
Idatlus. 70. 89.
Idnng. II, 235.
Ildefons von Toledo. 73.
niatio S. Bened. 336. U, 411.
Ilsenburg. 280. II, 69. 70. 384.
Imad (1052—1076) B. v. Paderborn.
II, 31.
Immo, Abt von Gorze, Prüm, Kei-
chenau. 319; v. Münster. 316;
V. St. Gallen. 317.
— diac. Worm. 303. 313. 11, 410.
Importunus. 94.
Ingelram, Abt v. St. Riquier. 311.
Ingramnus, Bisch, v. Laon. 163.
Invectiva in Bomam. 247.
Inventio S. Bertini. II, 132; Hnne-
gundis. 332; Mathiae. n, 319;
Maurini. 293.
Irland. 96—98.
Irmbert, Abt v. Michelsberg. II, 143.
Irmingard, Gem. Ludwigs d. Fr. 192.
226.
Irmintrud, Gem. Karls d. Kahlen.
228. 243.
Isidor. 71—73.
Isingrim, Abt v. Ottobeuern. n, 208.
— V. Weihenstephan. II, 209.
Island. II, 134. 395.
Isny. n, 41.
Iso von St. Gallen. 220. 223.
Israel, Bischof. 262.
Itinerarium Leonis IX. II, 171.
— peregrinorum. II, 242.
Ivo V. Chartres. II, 162.
Ivrea. II, 182. 392.
Jacobus Januensis. 53. n, 357.
Jans der Enenkel. 11, 290.
Jarento, Abt v. Dijon. 11, 107.
Jaszo. II, 388.
Jean d'Ontremeuse. II, 324.
Joachim. 11, 254. 414.
Jocundus. II, 134.
Johanna, Päbstin. II, 359. 362.
Johannes, Abt von C^orze. 299.
Bdgister.
433
Johannes, Abt yon Parma. 347; St.
Arnulf. 299 ; St. Maximin. 317.
— Berardi. 11, 254; Biclariensis. 70;
Galaber. 11, 410; Canaparins.
349; Godagnelio. 11, 252; de
Piscina. 11, 229; pauper. II, 3.
412: Scotns. 243.
— von Bari. II, 180; Cluny. 339;
Cremona. 11, 251. 343; Fulda.
188. 264; Haute-Seille. H, 322;
Hiidesheim. II, 366; Eomerovo.
II, 282; MaiUy.n,359; Neapel.
249; Rom. 246; SaUsbury. U,
255. 374; St. Vinc. Vult. H, 413;
Venedig. 346; Wttrzburg. H, 296.
Jonas, Bisch, y. Orleans. 216.
— Abt von Bobio. 99.
Jordanis. 62—67.
Jordanus von Yane. 11, 282.
Jemandes. 62.
Joseph, Abt. 125.
Joseph, Lehrer Ludw. d. Stammlers.
243.
Jotsaldus. 340.
Judith, Gem. Ludw. d. Fr. 168. 178.
192. 228. 240. 312.
— Herzogin von Baiem. 11, 57.
Julian von Toledo. 71.
Juliani relatio de Tart. n, 370.
Julius Florus. 178.
Jumi^ges. 143. II, 394.
Justinus, Magister. II, 279.
Kaddroe. 300.
Kadlubek. II, 275.
Eagnimir. II, 401.
Eaiserchronik, deutsche. 11, 198.
Eaisergeschichte, sächsische, n, 193.
Eaiserswerth. 111. 11, 385.
Ealender, römischer. 48.
Eamenz. II, 387.
Eammin. II, 143. 386.
Eappenberg. 11, 202.
Eaufungen. H, 294 379.
Eempten. II, 41. 300. 399.
Eentrop. II, 385.
Eerald, Mönch v. Beichenau. 296.
EiÜan. 103.
Eloster Berge. 289. II, 4L 194. 335.
Elosterneuburg. n, 207. 213. 231.
243. 389. 414.
Elosterrath. n, 231. 318.
•Enud Laward. 11, 266.
Eöniginhofer Handschrift. II, 400.
Eomburg. II, 41. 296.
Eopenhagen. II. 395.
VTattenbaoh, O«8ohichtaqaellen IL 4. Aufl.
Erakau. H, 157. 275. 387. 416.
Eremsmünster. 126. II, 41. 243.
Erodo. II, 399.
Erumau. II, 383.
Eunigunde, Eaiserin. 261.
La Cava. 11, 393.
La Croix-Saint-Leufroy. II, 394.
La P6rine. H, 394.
Laach. II, 320. 390.
Lambach, II, 63. 243.
Lambert von Ostia, Card, n, 175.
— Bisch. V. Mastricht. 215.
— Abt V. St. Bertin. H, 132.
— Probst von Neuwerk, n, 231.
— von Ardre. 11, 325; Hersfeld. 11,
78-88; Lattich. H, 319; St.
Jacob, n, 324; St. Omer. II, 132;
Waterlos. 11, 130.
Lamentatio Viterbiensis. II, 230.
Lammspring. 208. 209.
Landgraf Ludwigs Ereuzfahrt. n, 243.
Landshut. II, 389.
Landulf v. Mailand. II, 183; junior
von St. Paul. 11, 183.
Landulfus Sagax. 136.
Langheim, n, 286.
Lantbert, Abt v. St. Lorenz. 11, 108.
Lanto, B. v. Augsburg. 231.
Laon. n, 8. 201. 230. 393.
Latinus Barensis. II, 180.
Laubach s. Lobbes.
Lauren tius v. Lüttich. II, 321; Monte
Cassino. 348; Pisa. II, 184.
Lausanne. 71. 87. 119. 120. n, 391.
Lautenbach, n, 43.
Lauterberg. 11, 275.
Lay bei Nancy. 108.
Le Tr6port. II, 394.
Lebuin. 111. 200. 328.
Legenda aurea. 53. II, 857.
Le^endae Isenacenses. II, 282.
Leidi von d. Heinrichen. 266.
Leidrad. 126.
Leo IX. 306. H, 101.
— Legat. 247. 331.
— Card. V. Ostia. H, 177—180.
— Bisch, von VerceUi. 345.
Leobgyth. 114. 193.
Leodegar. 96.
Leofric, Bisch, v. Exeter. 11, 112.
Leslau. II, 388.
Lessay. IL 394.
Leubus. II, 369. 387.
Lewpoldus Campilitiensis. 11, 401.
Lex Salica. 76.
28
434
Register.
Liafwin. 111. 200. 328.
Libellus de geneal. Wettin. II, 275;
de imp. potest. 344; de majoribtiB
domns. 107. 138; snpplex Fuld.
188; tristitiae et doloris. 11, 249.
Liber aureus Epternac. II, 319; de S.
Hidulfi success. II, 102 ; de tem-
poribns. 11, 250; de tinitate eccl.
n, 69. 81; donatt. Brexn. 201;
generationum. 89 ; Heremi. 316 ;
pontificalis s. Gesta pontificnm;
pontif . Eichstet. II, 137 ; prorae
et pnppis. 312.
Libri Carolini. 128. 132.
Libusin saud. II, 400.
Lichtentbal. II, 380.
Liemar (1072—1101) Erzb. v. Bremen.
n, 67.
Liessies. 11, 131. 325.
Lietbert (1051-1076) B. v. Cambrai.
n, 129.
Lignrinus. II, 218—221.
Lilienfeld. H, 389.
Limburg an der Hardt. II, 308.
Limburg an der Lahn. 11, 390.
Limoges. H, 160. 394.
Lindisfarne. 104. 121. 122.
Lioba. 114. 193. II, 407.
Lippoldsberg. II, 315.
Lippstadt, n, 279.
Liudfrit, Salzb. Lehrer. 263. 324.
Liudger (t 809) B. v. Münster. 198
bis 201. 281.
Liudolf, Abt V. Werden. 206.
Liudprand. 257. 273. 340—344. H,
411; de vitis pontiff. Born. U,
196; alia spuria. II, 396.
Liudulf, Mainzer Priester. 198.
Liuphram (839—859) Erzb. v. Salz-
burg. 238.
Liupold (1051—1059) Erzb. ▼. Mainz.
II, 91.
Liutbert (863—889) Erzb. v. Mainz.
182. 186. 198.
— (849—871) B. V. Münster. 200.
Liutbirg. 207. 260.
Liutold (989—996) B. v. Augsb. 321.
— von Mondsee. 11, 288.
Liutward, B. v. Vercelli. 222.
Livin. 109.
Livland. II, 276. 279.
Lobbes. 108. 175. 306. 307. 309. 312.
314 II, 106. 114. 120. 324.
Lodi. n, 230. 250.
Longneville. II, 394.
Lorch an d. Enns. 36. 44. 326. 11, 897.
Lorch, Kloster im Augsb. Sprengel.
II 344.
Lorsch. 119*. 158. 161. n, 16. 43. 89.
309. 380. 408.
Lothar I, Kaiser. 194. 216. 227. 250.
— n, König. 98. 179. 216.
— filius Car. Calvi. 244.
Lubin. n, 387.
Lucas, Erzb. v. Gran. II, 9.
Lucca. n, 393.
Ludolf (994—1008) Erzb. v. Trier. 301.
— von Hildesheim. II, 278.
Ludus de antichristo. 11, 288.
Ludwig d. Fromme. 167 ff. 226. 228.
— n, Kaiser. 175.
— der Deutsche. 181 ff.
— der Jüngere. 186; d. Stammler.
244.
— Graf V. Amstein. 11, 203.
— Abt V. St. Mathias. IT, 319.
— von St. Lorenz. 11, 119.
Ludwigsieich. 176.
Luebeck. II, 260—265. 336.
Lueneburg. II, 277. 384.
Lueneburger Chronik, n, 348.
Luettich. 215—217. 806—314. H, 7.
8. 57. 59. 92. 99. 112—122. 153.
321-325. 385.
Lull (754—786) Erzb. v. Mainz. 112
bis 114. 188. 194. 195. 197.
Lund. II, 267. 395.
Lupus, Bischof v. Bayeux. 244.
— von Ferneres. 132. 182. 191. 192.
195. 210. 244. n, 408.
— protospatharius. II, 176.
Lutra, Lure. d^,
Luxeuil. 98. 99. 305. 306.
Luzern. n, 380.
Lygumkloster. 11, 395.
Lyon. 126. II, 391.
Lyre. II, 394.
Mäcon. II, 391.
Madalwin. 43. 237.
Magdeburg. 285. 286. 289. 295. 11,
54. 70. 195. 200. 268—270. 335.
386. 414; Schöppenchronik. II,
268. 269.
Magno, Erzb. v. Sens. 127.
— Priester. 193.
Magnus von Reichersberg. 11, 240.
241.
Mahthild s. Mathilde.
Mailand. 250. II, 183. 205. 249. 392.
412.
Mainulf. 206.
}
Register.
435
Mainz. 112. 113. 197. 198. 266. 316.
317. II, 2. 76. 89 — 95. 311 bis
315. 379.
Majolus, Abt von Glnny. 264. 339.
Malespini. 11, 403.
Malmödy. 217. II, 111.
Manasse, Erzb. y. Reims. II, 160.
Manegold, Mangold, Magister, n, 7.
8. 100.
— von Lantenbacb. 11, 44. 61. 88.
237 ; Marchtbal. n, 304 ; Pader-
born, n, 31; Werd. n, 15.
Manno. 240. 306.
Mantna. II, 250.
Marbacb. II, 44. 346.
Marcellinns oomes. 49. 50.
Marcbelm. 111.
Marcbiennes. 328. II, 325.
Marcbthal. II, 303. 304.
Marcnlf (1141. 1142.) Erzb. y. Mainz,
n, 312.
Marcward (1088—1092) B. y. Osna-
brück, n, 26.
— Abt y. Dentz. II, 118; y. Fulda.
n, 280; y. Prüm. 210. 211.
— Halberst. Diac. 11, 274
Maria-Hof. 11, 381.
Maria-Saal, n, 241.
Marianus Scottus Mogunt. n, 92— 94.
Rat. II, 292.
Marienfeld. II, 386.
Mariengaar de. II, 330.
Marienkron. II, 386.
Marienstift bei Herford. 11, 279.
Marius Ayenticensis. 71. 87. II, 406.
Marmoutier-lez-Tours. 11, 127. 394.
Marner. II, 241.
Marquard yon Padua. 11, 369.
Marsberg. 11, 399.
Martin, Abt yon Ilsenburg, n, 70.
— Gallus. n, 157.
— yon Troppau. n, 358—364.
Martyrium S. Procopii. 249. 346.
Martyrologien. 52.
Masmünster. 124.
Massai. 243.
Mastricht. 11, 134.
Matheus Parisiensis. 11, 346.
Mathüde, Königin. 260. 275—277.
— Aebt. y. Edelstetten. n, 286.
— Aebt. y. Quedlinburg. 267. 269.
277.
— GräfiQ. n, 169. 172. 183.
Mattheo di Gioyenazzo. 11, 403.
Mauermünster. 11, 305.
MauriUus, Erzb. y. Ronen, n, 7. 112.
Maurus, B. y. Fünfkircben. II, 158.
Maximian. 50. 68. 249.
Maximus Gaesaraugustanus. 73. II,
396.
Mazelin, Abt y. Gembloux. 11, 120.
— B. y. Wtirzb. s. Meginhard.
Meerbecke in Brabant. 309.
Meginfrid, Magd. Lehrer, n, 54. 70.
>Ieginfridu8 Fuldensis. 177. 11, 398.
Megingoz (791—794) B. yon Würz-
burg. 112.
Meginhard, Mazelin (1019-1034) B.
y. Würzb. H, 55. 137. 138.
— Bamb. Lehrer. II, 76. 88. 139.
— yon Fulda. 194. 198.
Meginher, Abt y. Hersfeld. II, 79.
Mehrerau. n, 381.
Meinrad. 233.
Meinwerk (1009—1036) B. y. Pader-
born, n, 29-32.
Meinzo yoi\ Constanz. 11, 51.
Meissen. II, 387.
Melk, n, 243—245. 390.
Memmingen. II, 258.
Memoriae Mediolanenses. 11, 249.
Memoriale potestatum Reg. 11, 250.
Menco, Abt y. Wittewierum. II, 329.
Mengold. 143.
Mergentheim. 11, 383.
Merseburg. 289. II, 271. 387.
Meseritz. 287.
Metellus yon Tegemsee. II, 289.
Methodius. II, 173.
Mettlach. 297. II, 97.
Metz. 118. 138. 161. 217. 298—301.
325. 330. II, 99. 100. 123. 321.
360 391.
Michael (944—972) B. y. Regensburg.
322.
Michelsberg, n, 139-145. 280. 295.
383. 389.
Mico yon Saint-Riquier. 142.
Micon, Dichtergreis. 145.
MiUstadt. 11, 388.
Milo (970-996) B. y. Minden. 319.
— yon St. Amand. 96. 242. 327.
Minden. II, 29.
Minoriten. II, 282.
Mirabüia Romae. 48.
Miracula sanctae Adalheidis. 340;
Fidis. II, 305; Glodesindis. 300;
Hunegundis. 332: Mariae Lau-
dun. II, 201; Rictrudis. n, 325;
Verenae. 318. 11, 410; Wal-
burgae. 313.
Miracula sancti Adalberonis. II, 63.
28*
436
JEtegister.
Miracula sancti Adalberti. 287 ; Adal-
berti diac. 297; Adalhardi. 11,
132; Aegidii. II, 35; Agnelli.
249; Angilberti. 144; Annonis.
II, 87 5 Apri. 306; Basoli. 306;
Bavonis. 310; Benedicti. 335 bis
337; Bercharii. 306; Bernwardi.
283; Bertini. H, 132; Caroli M.
II, 318; Gholomanni. 11, 245;
Clementis III papae. II, 173;
Colnmbani. 341; Canigundis II,
294.
— S. Eberhardi Salisb. n, 233 ; Em-
merammi. 11, 54; Galli. 219;
Genesii. 232; Gengulphi. II, 131;
Germam. 243. 245; Gisleni. 311.
n, 129; Glodesindis. 300; Goaris.
210; Qorgonii. 299; Hartwiei
Salißb. II, 233; Heinr. H. H,
294: Hymerii. II, 251; Leode-
gam.II,415; Liudgeri. II, 279.
— S. Mansueti. 306; Marci. 233. 318;
Martini. 304; Mathiae. II, 319;
Maximini. 295; Modoaldi. n, 35;
Nazarii. 11, 309; Nicolai Brnnwil.
II, 110; Othmari. 221; Ottonis.
II, 144; Pantaleonis. 294; Pir-
minü. 301; Qnirini. H, 289; Re-
macli. II, 111; Richarii. 142.
311; Tmdonifl. n, 117; Vedasti.
242; Virgiüi Sal. II, 233; Vi-
talis. 11,233; Volquini. II, 275;
Waideberti. 306; Wandregisili.
180; Wieberti Gemblac. II, 121;
Wigberti Hersfeld. 278; Wille-
gisi. n, 312; Willehadi. 201;
Winnoci. 310.
— Sanctomm Juyavensium. II, 233.
Modena. 176. II, 393.
Modestns von Fulda. 188. 190.
Modoin, Biscb. v. Antun. 128. 228.
Modus Ottinc. 266.
Moellenbeck. 11, 386.
Moenchsroth. II, 41.
Moengal Marcellus. 220. 221.
Moissac. 176. 177.
Monachus Engolism. 11, 160; Prief-
ling. II, 143; Sangallensis. 154.
155. 179. 222; Sazaw. H, 156.
Mondsee. 126. II, 288.
Mongolen. II, 370.
Monheim. 237.
Monsesche Fragmente. II, 401.
Monstier-en-Der. 315.
Monte Cassino. 126. 137. 139. 187.
200. 204. 248. 335. 348. H, 19.
Monte Cassino. II, 81. 166. 170. 176
bis 181. 229. 393. 402.
Montebourg. 11, 394.
Montglonne. 175.
Montpellier, n, 9. 312.
Mont-Saint-Michel. 11, 133.
Monumenta Epternacensia. 11, 320.
— Welforum. II, 414.
Monza. II, 392.
Morimund. II, 207.
Moriuth. 338.
Mortain. 11, 394.
Mosburg. n, 237.
Mouzon. 332. II, 161.
Moyenmoutier. II, 102.
Muehlhausen in Boehmen. II, 247.
Muenchsmünster. II, 389.
Muenster. 122. 200. 214. n, 279. 386.
— im GregorienthaL II, 305.
Muensterbiisen. 11, 385.
Muenstereifel. 211.
Murbach. 120. H, 415.
Muri, n, 49. 300. 381.
Mutius Yon Monza. 11, 252.
Narratio clericorum Rem. 242; de
electione Lotharii. II, 191; de
fundat. eccl. Sax. 11, 196; de
libertate Fabar. II, 50; de pri-
mordiis ord. Teut. II, 218; de
reliquiis S. Crucis. n, 50.
Naso. 128. 145. 149. 231.
Naumburg. II, 387. 402.
Neapel. 42. 247. 249. II, 403.
Necrologien. 54.
Nenther, Abt v. Goseck. II, 274.
Neresheim. II, 299.
Nestved. II, 395.
Neuberg. II, 243.
Neuburg an d. Motter. II, 346.
Neuenheerse. 11, 384.
Neuenkamp. II, 386.
Neu-Moustier. 11, 354.
Neumünster. II, 261—263.
Neunkirchen. 11, 383.
Neuwerk bei Halle. II, 231. 271. 386.
NibeluDg. 106. H, 406.
Nicolaus (1136—1167) B. v. Cambrai.
II, 130.
— Abt y. Siegburg. II, 339.
— can. Leod. 11, 114. 322.
— von Siegen. 74.
Nieder -Altaich. 126. 187. 236. 324.
325. n, 16-22.56.59. 415. 285.390.
Niedermünster. 323. n, 56. 57. 235.
389.
Begister.
437
Niederschönefeld. 11, 382.
Nienburg an der Saale, n, 21. 194.
Nilns. 849.
Nithard. 143. 171—174.
— (1036— 1041) B.v. Lüttich. H, 113.
Nitker (1033—1052) B. v. Preising.
n, 60.
Nizo, Abt V. Metlach. II, 97.
Nomina monachomm Altah. II, 21.
Nonantnla. 232. 347.
Norbert (1126—1134) Erzb. v. Mag-
debnrg. 11, 200—203. 268.
— Abt V. Iburg. II, 26.
— Abt V. St. Gallen. 317.
NordhauBen. 275. n, 380.
Norwegen, n, 395.
Nota de Conradino. 11, 301.
Notae bist. Bnranae, n, 287; Dies-
senses. 11,287; Eberbac. 11,295;
Fernir. Ö, 250; Mediolan. n,
249; Parm. 11, 250; Romanae.
n, 168; S. Emmerammi. 11, 59.
291: S. Jacobi Bab. n, 141;
S. Petri Bab. H, 141; 'S. Petri
Col. n, 316; Scheftlar. H, 287;
Undersdorf. II, 293; Weltenbnrg.
II, 59.
Nother, Prümer Mönch. 295.
Notker (972—1008) B. von Lüttich.
307. 309. n, 120.
— Yon St. Gallen, balbulns. 53. 220
bis 223. 264; piperis grannm.
258; tentonicns. 316.
Notteln. n, 386.
Novalese. 143. 11, 181. 392.
Novara. 255—257. II. 183.
Nürnberg. II, 88. 297. 382.
Oberaltaich. 11, 389.
Obermünster. 11, 389.
Ochsenhansen. II, 41.
Odelrich (961—969) Erzb. y. Reims.
330.
Oderisins, Abt y. M. Cas^ino. 11, 177.
Odilienberg. n, 306.
Odilo, Abt y. Clnny. 340.
— yon Soissons. 163. 328.
Odo, Abt yon Clnny. 264. 334. 339.
— Abt y. Glanfenü. 244. n, 398.
— Abt y. Massai. 243.
— Architect. 150.
— Bnch yom Herzogen Ernst. 11, 269.
Odorannns. 337.
Oehringen. II, 383.
Oeren (Horrea) II, 98. 320.
Oetbert. 312.
Officium S. Eannti. II, 266.
— S. WiUegisi. II, 312.
Ogerins, B. y. lyrea. 11, 182.
Ogo s. Hngo.
Olbert, Abt y. Gemblonx. n, 8. 114.
120.
Oliyer. H, 329. 341.
Olmüz. II, 383. 401.
Opatowiz. n, 245. 383.
Ordericns Vitalis. 11, 164.
Orfinns. II, 230.
Origo gentis Francomm. 138; Lan-
gobardornm. 135; Saxonnm. 11,
337; Sneyornm. 271.
Orleans. II, 412.
Orosins. 67.
Ortilo yon Lilienf^ld. n, 401.
Ortlieb, Abt y. Zwifalten. 11, 304.
Oryal. II, 325. 355.
Oryieto. n, 363.
Osbemns de ezpngn. Lyxbon. 11, 331.
Osnabrück. 130. H, 25. 26. 386.
Ostertafeln. 48. 51. 115. 122.
Otbert (1091—1119) B. yon Lüttich.
n, 76. 106. 113-116.
— B. y. Verona. 323.
Oteno, Abt yon Roth. II, 304.
Otfrid. 181. 191.
Otgar (825—847) Erzb. yon Mainz.
197. 198.
Otger (Ogier). 143.
Othmar. 219.
Othochns. II, 60.
Otloh. n, 54—57. 90.
Otrich, Magd. Lehrer. 211. 258. 285.
n, 64.
Otto I, Kaiser. 255—258; H. 257.
272. 285. 296. 348; HI. 258. 282.
345. n, 410.
— (1103—1139) B. y. Bamberg, n,
139 145^
— (1183—1195) B. y. Eichstedt. II,
137.
— (1137-1158) B. y. Freising. II,
206—217. 413.
— (1214) B. y. Gnrk. H, 236.
— (1060—1089) B. yon Regensbnrg.
n, 55.
— Abt yon St. Blasien. 11, 216.
— Morena. II, 250; yon Nenfs. II,
340; Raitenbnch. n, 258.
Ottobenern. 182. n, 298. 382.
Otwin (954—984) B. y. Hildesheim.
281.
Ondenbnrg. n, 133.
438
BegUter.
Paderborn. 206. 11, 29—34 62. 260.
384.
Padua. II, 256.
Pairis. II, 220.
Pandulf, Cardinal II, 168.
Panegyricns Berengarii. 251.
Paradies. II, 280.
Parc-des-Dames bei Löwen. II, 325.
Paris. 92. 121. 243. 307. H, 7—9.
207. 232. 266. 277. 284. 312. 394.
406.
Parma. 11, 183. 250.
Paschalis II. 11, 175.
Paschasius diaconns. 42.
Passan. 43. 44. 231. 237. 325. 326.
II, 62. 233. 234. 289—292. 389.
397. 415.
Passio S. Adalberti. 287 ; Afrae. 36 ;
Bonifacii II, 90; CaroU Flandr.
n, 326; Cholomanni. II, 244;
Floriani. 36; Qnatnor Corona-
torom. 37 ; Qnirini. II, 289 ; Sigis-
mnndi. 88; Thiemonis. 11, 62;
ürsnlae. ll, 189; Victoris et
ürsi. 88.
Panlinus von Aqnileja. 123. 175. II,
407.
Paulinzelle. II, 283.
Panlns, Erzb. y. Ronen. 244.
— Diaconns. 45. 124. 134—140. II,
407; Cont. Cas. 248. II, 178.
— Jndaens Pnldensis. II, 57.
— von Bernried. II, 57. 171. 297.
— et Gebehardns. II, 57. 205. 412.
Pavia. 125. 129. 224. 256.
Pavo. II, 370.
Pegan. 11, 272. 387. '
PelpUn. II, 388.
Pergamene d'Arbor^a. II, 402.
Pernold. 11, 402.
Pernolf, Würzb. Lehrer. 11, 134.
Petersberg bei Halle. II, 275.
— Erfurt, s. Sanct Peter.
Petershansen. 319. II, 41, 51. 300.
Petrus archid.Camerac. 328; Crassns.
n, 174; Damiani. II, 164. 349;
de Ebulo. II, 254; de Vinea. II,
369. 371.
— diac. Casin. 73. 11, 179. 402;
GuiUermns. II, 35; magister. II,
202; Neap. 249; Nonantul. 210;
Pisanns. 124. 137. 141. H, 168.
184. 407.
Pfaevers. n, 41. 50.
Pfalzel. 182. II, 98.
Philippe Monskes. II, 326.
Piacenza. 11, 252. 393.
Pibo (1069—1107) B. v. Toni, n, 101.
Piügrin (1021—1036) Erzb. v. Cöln.
n, 108.
— (971—991) B. V. Passan. 325.
— Abt V. St. Bnrchard. ET, 296.
Pippin. 106. 127; König y. ItaUen. 175.
Pirmin. 224.
Pirna. H, 387.
Pisa, n, 184. 250.
Pistoja. U, 393.
Placidns von NonantnIa. U, 172.
Planctns Angiae.n, 370; beati Galli.
n, 50; Caroli. 175.
Podlasitsch. II, 383.
Poehlde. H, 334.
Poeta Saxo. 166. 209.
Poitiers. 78. 101. 102.
Polen. II, 275. 401.
PolUng. II, 382.
Pomesanien. II, 388.
Pont-ä-Monsson. II, 391.
Pontificajie Bomannm. 51.
Poppe (1016—1047) Erzb. v. Trier.
323.
— (911—961) B. V. Würzb. 256. 322.
— Abt von Stablo. II, 105.
— Hofcaplan. 265.
Posen bei Zeitz. II, 272.
Pons, Magister. II, 160.
Prag. 286. 308. 349. II, 152 — 154.
246—249. 361. 383.
Pr6montr6. II, 200.
Presbyter ültrajectensis. 303.
Priefling. n, 41. 100. 144. 291. 389.
Priester Johannes. 11, 356.
Primordia Windbergensia. n, 285.
Privilegium Morav. eccl. II, 152.
Probus. 188.
Prokosch. II, 401.
Prologus legis Salicae. 76. 94. 11, 406.
Prosper. 68; Cont. Havn. 71. 135.
n, 407.
Prndens. 240.
Prudentius. 228. 240. 241.
Prüfening s. Priefling.
Prüm. 210. 211. 295. 319. H, 99.
374. 391.
Ptolemaens von Lncca. 11, 363.
Pnrchard von Beichenan. 318.
Quedünburg. 261. 277—279. "289. H,
384.
Querela in gratiam nothomm. 11,
103.
Querfurt. n, 265.
Regbter.
439
Qaerimonia EgilmarL II, 26.
— Bomanormn. 246.
Badbert Paschasius. 205.
Badbod s. Batbod.
Badegunde. 77. 78.
Bado, Kanzler, 133.
Badolfzell. 232.
Badalf y. Caen. II, 124; Diceto. 74.
n, 406; Maüand. U, 249; Tor-
tarius. 336. II, 410.
Bagewin. 11, 212—216.
Bainald, Ersb. y. Lyon. II, 163 ; ygl.
Beinald.
Bainer y. St. Ghislain. II, 129.
Baitenbuch. U, 8. 44. 231. 237. 258.
318. 389.
Bamwold, Abt y. St. Emm. 295. 323.
Bangerias y. Lncca. II, 172.
Banshofen. 11, 258. 288. 390.
Bapoto, Abt y. Weihenstephan. 11,
211.
Batbod (883—915) Erzb. yon Trier.
210—212. 298.
— (899—917) B. y. Utrecht. 215. 303.
304.
— Abt V. St. Ghislain. II, 129.
Batgar, Abt y. Fulda. 188—191.
Batherius. 175. 257. 295. 306. 307.
Batleik. 151. 182.
Batmund, Abt y. Niederaltaich. 11, 51.
Batolf, Bischof y. Verona. 232.
Batpert y. St. Gallen. 219. 221. 222.
Batram, Abt yon St. Ayold. 301.
Bayenna. 49. 50. 198. 249. 344. 11,
174.
Beccheo (Modestus). 190.
Becemund yon Elyira. 341.
Begensburg. 102. 126. 19L 236. 322.
II, 43. 53—59. 76. 113. 198.
235. 237. 287. 291—293. 389.
Beg^io. n, 250.
Begimar. 181.
Beginald, Beginard (1025—1036) B.
yon Lüttich. n, 113. 118. 323.
Beginbert y. Beichenau. 69. 224. 225.
Beginhard, Abt y. Siegburg. 11, 87.
Begiuo. 210—214; Contin. 297. 298.
Beginold (966—989) B. y. Eichstedt.
326.
Beginswind. 233.
Begistrum Sarachonis. II, 400.
Besfum Merow. Geneal. et Catal. 138.
Beichenau. 166. 182. 223—234. 256.
296. 315. 318. 319. 322. H, 16.
36—40. 50. 370. 381.
Beichenbach. II, 41. 100.
Beichersberg. n, 231. 337—241.
Beichsannalen. 156—168. 183—187.
239—242.
— Begehsb. n, 58; Schwäbische.
II, 39.
Beichschronik, Sachs. II, 194.
Beichsgeschichte, Hildesh. II, 265.
Beimchronik, Braunschw. n, 266. 351.
— Hamb. Holst. II, 265. 352.
Beims. 327—335. H, 9. 312. 398.
Bein, n, 388.
Beinald (1159—1167) Erzb. y. Coeln.
n, 337. 339. 366. 367.
Beiner yon St. Jacob. II, 324.
— yon 8t. Lorenz. II, 119. 323.
Beinhard (1107 — 1123) Bischof yon
Halberstadt. 280. 11, 7.
— Abt yon Beinhausen. II, 278.
Beinhardsbrunn. 11, 41. 283—285.
Beinhausen. II, 278.
Beinold, Haimonskind. 143.
Belatio Burchardi com. n, 41; de
Dayide rege. II, 356; de pace
Veneta. II 254.
Belatio S. Bicharii. 142. 311 ; Wala-
rici. 311.
Bemigius y. Beims. 83. 94. II, 398.
— Grammatiker. 244. 304. 327.
Bemiremont. II, 102. 391.
Benaix. IE, 129.
Benatus Profuturus Frigeridus. 81.
Benty im Artois. U, 133.
Beomaus. 100.
Bescriptum heresiarchae. n, 234.
Bete. II, 390.
Beyelatio facta Stephane papae. 106.
n, 334.
Beyersio S. Martini. 339.
Bheinau. 233.
Bicardus can. Newnburg. 11, 401.
Bicburg, Aebt. y. Nordhausen. 275.
Bichard,' Abt y. Amorbach u. Fulda.
336» n, 89; y. St. Mathias. II,
96; y. Verdun. n, 96. 104. 120.
131.
— y. Cluny. II, 359; San Germano.
n, 256.
Bicharius y. Gemblouz. U, 120. 124.
Bichbod (795—804) Erzb. y. Trier.
209.
Bicher, Abt yon Monte Cassino. n,
19. 176
— y. St. Bemi. 332—334.
— y. Senones. n, 305.
Bicordanus Malespini. n, 403.
440
/ Register.
Biculf (786 — 813) Erzb. von Mainz.
141. 197.
Bidolfas not. Brixiensis. IX, 403.
Rilindis, Aebtissin. n, 306.
Rimbert (865—888) Erzb. v. Hamb.
202. 203. 208.
Ripen. II, 395.
Robert (989—1037) Erzb. y. Ronen.
338.
— Biscbof V. Anierre. 327.
— Abt in Goetweih. n, 291; von
Ebersberg. II, 60; v. Mont-St.
Michel, n, 127.
— MOnch von Waussor. II, 119.
Rochns von Ilsenbnrg. 280.
Rodbert (931—956) Erzb. v. Trier.
295. 328.
Rodnlf, Abt v. St. Bertin. 327.
Rodnlfns Glaber. n, 161.
Roger von Grofs Wardein. II, 370.
Rogker von Helmershansen. II. 31.
Rolandin von Padna. II, 256.
Rolandswerth. II, 385.
Rom. 48—52. 131. 244—247. 344. II,
167—172. 254. 393.
Romnald, Erzb. v. Salerno. n, 254.
Ronnebnrg. n, 388.
Rorico. 93.
Rosenfeld. II, 69.
Rosenthal. II, 380.
Rostock. U, 386.
Rota mnndi. 94.
Roth, n, 304.
Rothschild. 11, 395.
Rotnlns Sanpetrinns. II, 51.
Ronen. 338. 11, 394.
Rndolf (1035—1052) B. von Pader-
born. II, 79.
— Abt V. Nonantnla. 347; v. Saint-
Trond. H, 117; Stablo. n, 105.
— von Cambrai. II, 129.
— von Fnlda. 185. 193. 194. 230.
Rndpert von Reichenan. 319.
Rnexners Tnmierbnch. 7.
Rnfinns. 46.
Rnmold (1051—1069) B. v. Constanz.
n, 51.
Rnodlieb. 266.
Rnotger, Biograph Brnno^s. 292. 293.
Rnotpert (883—917) Bisch, v. Metz.
298. 306.
Rupert, erster Bischof v. Salzbnrg.
102.
— Abt von Dentz. n, 108. 118. 119.
203. 292; V. Ottobenern. n, 298;
von Tegemsee. n, 258.
Rnppin. II, 269.
Rntbert, Abt in Toni. 325.
Rnthard (979—995) B. von CambraL
308.
— Abt V. Eberbach. 11, 313.
— Abt V. Hersfeld. 11, 80.
Saalfeld, n, 80.
Saint-Amand. 117. 126. 129. 327. 328.
n, 131; Anbert, Cambrai. II,
130; Avold. 301; Ba8le.805. 332;
Bavon. 151. 310. H, 117. 326.
— Benoit-snr-Loire s. Flenry.
— Bertin. 131. 308—311. 327. II,
132 327.
— Denis. 92.' 93. 106. 125. 192. 310.
323. II, 163. 292. 406.
— fivre. 305. n, 101; ^vronl. n,
164. 394; Faron-les-Meanx. 143;
Florent-le-Vieil. 175; Germain-
des-pr^s. 95. 121. 243. 337. II,
394. 406; G6ry. n, 129; Ghis-
lain. 310. 311. H, 129.
— Hubert 216. II, 105; Jean de
Manrienne. 11, 392; L6. II, 394;
Martin-lez-Tonrs. 126. 128. 129.
131. 132. 335. II, 394. 398;
Maurice. 88; MMard. 126. 163
bis 171; Mihiel-snr-Mense. 265.
304. n, 103; Omer. H, 132;
Oyan. 240.
— Remi. 241. 311. 332. H, 171;
Riquier. 142. 173. 311; Thierry.
332; Trond. II, 116. 117. 358;
Yaast d'Arras. 242; Valery-sur-
mer. 311; Vannes. II, 104. 106.
321. 391; Wandrille. 180.
Salem. II, 301. 369.
Salerno. 346. II, 177. 254.
Salimbene. n, 256.
Salomon I (839—871) B. v. Constanz.
191 ; in (890—920) 223. 224.
Salvian. 40. II, 405.
Salzbnrg. 102. 121. 129. 237. 263.
324. 325. n, 60—62. 318. 388.
Samland. 11, 388.
Samuel (841—856) B. v. Worms. 191.
II, 408.
Sanct Alban, Basel. 11, 41; Alban,
Mainz. II, 94. 95: Andrä. ü,
390; Arnulf, Metz. 299; Blasien.
n, 41. 47. 52. 61. 217. 232. 800.
381. 406; Burchard, Wflrzbnrg.
II, 69. 146. 2%: Caecilien in
Cöln. 293; Cyriak, Worms. H,
100.
Segisier.
441
Sanct Emmeram. 122. 236. 272. 295.
323—326. n, 53—56. 59. 76. 291.
292.389; Enchariüs s. S. Mathias;
Felix, Mets. 300; Florian. 37.
243. n, 290. 390; Gallen. 53.
100. 182. 190. 218—224. 230.
231. 234. 256. 258. 260. 263.
280. 298. 307. 315 — 320. 324.
n, 39. 49. 89. 105. 299. 881;
Georgen im Schwarzwald, n, 41.
43. 100. 298. 301; Gereon, Göln.
n, 87. 109. 316. 385.
— Jacob, Lftttich. 814. n, 35. 113.
324; Jacob, Begensb. II, 292;
Joh. Ma^deb. s. Erlöster Berge.
— Lambert m Steiermark. II, 41.
388; Lorens, Lüttich. n, 108.
118. 119. 321—323; Martin an
der Mosel. 11, 97; Martin, Mainz,
n, 92. 93; Martin, Trier. II, 96;
Martin, Tonmai. n, 133. 201;
Mathias, Trier. 11, 96—98. 319;
Maximin. 211. 262. 285. 294. 295.
297. 298. 317. 323. H, 105. 390.
408; Michael, Hildesheim. 284.
n, 22. 33. 384; Michael, Lfine-
bnrg. II, 277; Moritz, Magdeb.
285; Pantaleon, COln. 293. II,
26. 340-342. 385; Panl in Kärn-
ten. II, 41. 388.
— Peter, Erftfft. H, 41. 191. 192.
275; bei Preibnrg. H, 41. 51;
Salzb. 102. 324. II, 236. 388.
— Poelten. 11, 390; Stephan, Mainz.
n, 69. 312; Stephan, Würzbnrg.
II, 145; Symphorian, Metz. 301.
302; Tmdpert. H, 303; Ulrich
nnd Afra. H, 41. 52. H, 298;
Urban. II, 381; Victor, Mainz.
U, 90; Yincenz, Metz. 300. n,
99. 120. 123; Vincenz am Vult.
n, 413.
Sandrad, Abt von Gladbach. 295.
Sant' Andrea am Soraote. 345.
Santa Maria de Gnaldo. II, 393.
Sanzanome. II, 251.
Saxo Grammaticns. II, 267. 414.
Sazawa. 11, 156.
Sbignew. 277.
Schachdorf, n, 381.
Schaffhansen. II, 41. 47. 50. 51.
Scheftlam. II, 57. 208. 213. 287.
Scheiem. n, 41. 285.
Schienen. 232.
Schleswig, n, 22. 68.
Schlettstodt. n, 305.
Schlnmmeriled. II, 399.
Schoenan bei Heidelberg. II, 278.
310. 315.
Schnssenried. n, 302. 343.
Schwaben Herkunft. 271.
Schwarzach in Franken. II, 272. 382.
Schwarzenbach. n, 381.
Scriptum snper apocalypsim. II, 193.
Seckan. n, 241. 388.
Seckingen. 101.
Seenndns von Trient. 135. n, 407.
Sednlins Scottns. 200. 215—217. II,
. 409.
Sefrid yon Bamberg, n, 141. 144.
Seher, Abt y. Ghanmonzey. II, 102.
Seifrid, Abt ▼. Tegernsee. 11, 59. 112.
Seitz. n, 388.
Solan, n, 247.
Seidenthal. 11, 285. 389.
Seligenpforten. 11, 389.
Seligenstadt. 150. 156. 182.
Seltz 340.
Sendebald,* Graf von Toni. 299.
Senones. 11, 100. 305. 306.
Sens. 127. 171. 191. 337. II, 394. 410.
Seon. 259. 325. H, 388.
Series s. Catalogns.
Senlf, Erzb. y. Beims. 327.
Seyerinns. 39—45.
Sibylla. H, 173. 212. 230.
Sicard yon Cremona. 11, 242. 251.
Sicfarins yon Saint-Bemi. 175.
Sido, Probst y. Nenmttnster. U, 262.
Sidonins Apollinaris. 75.
Siegbnrg. H, 26. 80. 87. 118. 200.
339. 385.
Siena. n, 393. 250.
Sigebert (1022—1036) B. y. Minden.
n, 29.
— yon Gemblonx. 73. 300. 11, 99.
119—127; Cent. Aqnic. H, 413.
Sigeboto. n, 283.
Sigefrid (1059—1084) Erzb. y. Mainz.
II, 76. 88. 91. 92. 281.
— Abt y. Gorze. II, 7. 99.
— Abt y. Schaffhansen. II, 41.
Sigehard yon St. Maximin. 295.
Sigeward, Abt yon Fulda. 207.
Sigloard. 175.
Sigulf, Abt y. Ferri^res. 132. 134.
Simon, Abt. n, 197; y. St. Bertin.
n, 132. 327.
Sindelfingen. n, 304. 381.
Sindeisberg. II, 305.
Sire Baoul. 11, 249.
Sithiu s. Saint-Bertin.
442
BegiBter.
Sitten, n, 392.
Sittichenbach. 11, 275.
Smaragdus. 170. 265.
Soest. 293. n, 280.
Soissons. 163. 171.
Sola oder Solns. 114. 290.
Solenhofen. 230.
Solymarins. II, 218.
Sophia, AebtiBsin von Gandersheim.
274.
Speier. 263. II, 2. 24. 108. 307. 310.
380
Stablo. 309. 317. II, 105. 111.
Stade, n, 336.
Stanislans, B. y. Erakau. n, 158.
SUrchand (933—966) B. y. Eichstedt.
926.
Stederbnrg. n, 259.
Steffanns magister. 136.
Steinen. 11, 381.
Steinfeld. H, 9. 247.
Steingaden. II, 257. 304.
Stepelin von St. Trond. U, 117.
Stephan, König v. Ungarn, n, 158.
— (901—920) Bischof von Lüttich.
306. 310. 328.
— (1120—1163) B. V. Metz. II, 321.
— Abt V. Limburg. II, 308; Prüm.
295. 319; St. Jacob in Lüttich.
n, 35.
— von Novara. 256. 257. 322.
— von St. Pantaleon. 293.
Strahof. U, 383.
Strafsbnrg. 168. 227. 320. n, 15. 24.
306. 340. 346. 380. 397.
Sturm, Abt von Fulda. 187—189.
Sualo. 230.
Snen Aggeson. II, 267.
Suesteren. 143.
Suitbert. 111. 303.
Sulpicius Alexander. 81.
— SeveruB. 54. 86.
Sunderold (890. 891) Erzb. v. Mainz.
198.
Symeon Achivus. n, 96.
Syrus de Vita Majoli. 339.
Tabula Peutingeriana. 3.
Tacitus. 194.
Tado, Erzb. v. Mailand. 250.
Tageno, Pass. Decan. n, 234. 241.
Tagino (1004—1012) Erzb. v. Magd.
323.
Tarentaise. n, 392.
Tassilo. 125. 126.
Tatto, Mönch in Eeichenau. 225.
Tauberbiechofsheim. n, 407.
Tegemsee. 143. 295. 324. U, 2. 21.
54. 59. 213. 258. 288. 289. 389.
Tezelin, Lütticher Lehrer. II, 114.
Thaennikon. II, 381.
Thangmar von Hildesheim. 281—283.
Thegan. 169. 210. 211. 225.
Theobald, Abt v. M. Gassino. n, 177.
Theod. 8. Diet.
Theodor von Poehlde. n, 333.
Theodori V. Magni. 231.
Theodulf. 124. 140. 175.
Theophano, Kaiserin. 258. 260. 282.
Thetmar, Magister, n, 278.
Theudelinde. 99.
Theudemar, Abt v. M. Cassino. 137.
Thiadelm, Bremer Lehrer. II, 64.
Thiatbrat. 199.
Thiemo (1088—1101) Erzb. v. Salz-
burg, n, 60—62.
— (1196—1201) B. V. Bamberg, n,
294.
Thierhaupten. 11, 382.
Thietgaud (847—863) Erzb. v. Trier.
182. 210
Thiethard (1119—1137) B. v. Osnabr.
n, 26.
Thietmar (1038—1044) B. v. ffildes-
heim. II, 23.
— (1009—1018) B. von Merseburg.
277. 280. 286. 288—291.
— Abt von Helmershausen. 11, 35.
Thimo, Pfalzgraf. 235.
Thiofrid von Epternach. 111. II, 97.
98. 320.
Tholey. 11, 96.
Thomas Brabantinus. II, 404.
— Lehrer der Hofschule. 240.
— von Gapua. II, 371.
— von Chantimpr6. II, 358 377. 404.
Tiel. 313.
Tito, Abt V. St. Peter. 324.
Tobel. II, 381.
TolosanuB. II, 253.
Tomellus. II, 131.
Tongern. 293.
Toul. 217. 299. 305. 306. 325. II, 101
bis 103. 171.
Toumai. n, 133. 201.
Tours. 34. 80. 126. 128. 129. 243.
304. n, 394.
Tractatus de investitura. II, 69. 175.
— de urbe Brandenburg. II, 270.
Traditiones Gorbejenses. 205.
Translatio S. Aegidii. II, 35; Agnelli.
249.
Begister.
443
Translatio S. Alezandri ad NoYnm
opus, n, 272; Alexandri Ottenb.
II, 298; Alex. Wüdesh. 194;
Amandi. 242; Annonis. II, 87;
Auctoris, n, 35. 412; Benedicti.
335; Bernwardi. 11, 277; Bertae.
243; Borchardi. II, 296; Oallisti.
142. n, 408; Celsi. H, 96; Chri-
santhi et Dariae. 211.
— Dionysü. 323. II, 55. 292; Epi-
phami.281. II, 410 ; EYergisli.293;
Percutii. 194; Fortnnatae. 233;
Germani. 121; Godehardi. II, 22;
Habundii. 250; Hermetis. 237.
n, 233; Huberti. 215. 216; Hn-
negnndis. 332; Hymerii. 342;
Jannarii. 233; Justi. 217; Jnstini.
205; Liborn. 206.
— Marcellini et Petri. 156. 184;
Martini Sal. 11, 233 ; Mauri. 244 ;
Manrini. 293; Mederici. 243;
Metronis. 307 ; Modoaldi. n, 35 ;
Patrocli. 293; Pusinnae. 206;
Qoirini. 217; Eagnoberti. 244;
Bemigü 242; Sebastiani. 163.
171 ; Senesii et Tbeopompi. 347 ;
Servatii. II, 134; Severi. 197.
198; Seyerini. 249; triam regnm.
II, 366; Udalrici, II, 297 j Ve-
dasti. 242; Victoria et ürsi. 88;
Viti. 205. 11,409; Wandregisili.
311 ; Wicterpi. II, 298.
Treyiso. 232.
Trier. 169. 209—211. 294—297. 322.
n, 95—98. 203. 204. 319. 390.
Trithemias. 73.
TriomphiiB S. Lamb. Ball. II, 322.
323; in Steppes. 11,322; S. Na-
zarii. II, 84; S. Remacli. n, 111.
Trois-fontaines. II, 354.
Trojanersage. 90. 94.
Trotmar, Abt v. Corvey. n, 89.
Troyes. 11, 8.
Trudpert. 101. 102.
Tranchiniam, Dronghem. 83.
Tnggen. 11, 381.
Tarin. 11, 392.
Tarpin. DE, 189.
Tatilo. 221.
Tato (894—930) B. v. Regensb. 236.
— Würzb. Lehrer. H, 140.
übaldi chron. Neapel. 11, 403.
XJdalgis, Lehrer in N.-Altaich. 325.
Udalrich I (1086—1121) Patr. von
Aqoileja. 11, 50.
Udalrich U (1161—1182) II, 258.
— (924—978) B. v. Aagsbarg. 320
bis 322. II, 141.
— (1110—1127) B. V. Constanz. 11,
— (1162. 1168) B. V. Speier. U, 215.
— von Bamberg. 11, 140.
— Prior von Zell. 11, 42. 43. 55.
— Graf von Ebersberg. 261.
Udalschalk (1184—1202) B. v. Aags-
barg. n, 297.
— Abt von St. Ulrich. 235. n, 52.
Udine. H, 393.
Udo (1066—1077) Erzb. v. Trier. II,
97. 102.
— (1079—1114) B. von HUdesheim.
II 278.
— (1051—1069) B. V. Toal. H, 101.
Ufflng. 206. 281.
Understorf. 11, 293. 389.
Uota, Aebt. v. Niedermünster. 11, 57.
Urso, Notar in Genua. 11, 256.
Ursperg. 11, 343.
Ursala. 34.
Usaardas. 52.
Uta, Aebt. v. Eaafnngen. n, 294.
Utrecht. 110. 111. 199. 200. 261. 303.
304. 312. n, 113. 134. 328. 385.
Vaganten. EL, 368.
Valence. 179.
Valenciennes. II, 825.
Vaticiniam Sibyllae. n, 173. 212. 230.
Vegetias. 178.
Venantias Fortunatas. 77.
Venedig. 347.
Ventinuglia. II, 392.
Vercelli. II, 392.
Verden, n, 384.
Verdan. 217. 304. II, 103. 104. 321.
391.
Verona. 175. 251. 252. II, 250. 393.
Versas aevi Carol. 175; aevi Ott.
266; aevi Sal. 11, 12; aevi Sae-
vici. n, 369; de Chonringariis.
n, 290; de Canincperto. 136;
de Cnnone II Bat. II, 291; de
episcopis Mett. 138; de fandat.
Lanaelac. II, 288; de Gerberto.
331; de Heinr. IV. H, 58. 175;
de lande Laadae. 11, 230; de
ordine comprov. epp. 239; de
Ottone II. 296; de Ott. m. 345;
de Paschali II. n, 175; de Borna.
243. n, 175. 202; de rota mandi.
94; de Viceiino. n, 262.
444
Register.
Versus de Victoria. II, 250; de Will.
dnce Norm. 338; familiae Ben-
chair. 99.
Vicelin. H, 8. 68. 260—262.
Vicogne. EL, 325.
Victor Cartennensis. IE, 396.
— Tnnnunensis. 70.
— von St. Gallen. 320.
Vienne. 179. II, 391.
Viüch. n, 109.
Villers-en-Brabant. II, 325. 326. 358.
Villingen. 11, 43.
Vincenz (1208—1218) B. v. Krakau.
II, 275.
— von Beanvais. n, 356.
— Erak. Dominicaner. II, 158.
— von Prag. H, 246. 247.
Virgil, B. V. Salzburg. 102. II, 233.
Visbeck. II, 386.
Visio Baronti. 227 j domni Caroli.
155; Godescalci. II, 263; pau-
peris mulierculae. 226; Rotcbarii.
227; Tundali. II, 189; Wettini,
225.
Vita Abbonis. 335; Abundi Villar.
n, 358; Adalberonis Aug. 235.
II, 53; Adalberonis II Mett. 301;
Adalberonis, Wirzburg. II, 63;
Adalberti diac. 297 ; Adalberti 11
Mog. II, 311; Adalb. Prag. 287.
349; Adalhardi. 205. II, 132;
Adelheidae Vilic. II, 109; Afrae.
36; AgiU. 98; Agritii. II, 96;
Albani. II, 94; Albarti. II, 57:
Alberonis Trev. 11, 204; Alberti
ep. Leod. 11, 324; Alcuini. 134;
Alderici Senon. 191; Alexandn
III. n, 414; Alrunae. n, 20;
Altmanni Pat.II, 62.291; Altonis.
n, 55; Amandi 96; Angilberti.
143. 144; Aniani. 83; Annonis.
n, 87. 109 ; Anselmi Luc. II, 172 ;
Ansfridi ep. ültraj. 303; Ans-
karii. 202. 203. II, 64. 67; An-
tonii Lirinensis. 42; Ant. abb.
Senon. II, 100; Arialdi. II, 183}
Amoldi Answilar. 155; Amoldi
Mog. n, 313; AmulfiMett. 108.
138; Amulfi conv. Villar. II, 325;
Athanasii Neap. 249; Attalae.
98. 99; Aurelii. n, 42; Autberti
Camerac. II, 128.
— Balderici Leod. 314. II, 313;
Baltbildis. 99. n, 399 ; Bardonis.
n, 91; Basini regis. 83; Basini
Trev. n, 97; Baugulfi. 189.
Vita Bavonis. IE, 117; Benedict!.
54; Benedicti Anian. 170; Bene-
dicti Clusensis. II, 182; Bennonis
Misn. n, 68: Bennonis Osn. IL
23—27; Berlindis. 309; Bemardi
Olaraevall. II, 200; Bern. Menton.
n, 182; Bern. Parmensis. II, 183;
Bern. Penitentis. II, 325; Bern-
wardi. 283; Bertboldi Garst. U,
231; Bertini. 11, 132; Bertulft
Bob. 98/ Bertulfi Rentic. 311.
II, 133; Bobonis de Viqneria. II,
182; Bonifatü. 112. 113. 199.303.
II, 55. 90. 98; Brunonis Col.
292. 293; Brunonis Querf. 288;
Burchardi II Halb. 11, 68; Burch.
Wirzb. 111; Burch. Worm. 314;
Burgundofarae. 98.
— Cadroae. 300; Caroli M. 152—154.
n, 160. 318.399; Caroli Flandr.
n, 326; Chlodulfi. 108; Cholo-
manni. II, 245; Christinae Mira-
bilis. II, 358: Chrodegangi. 300;
Chuonradi n imp. 11, 12 — 14;
Ch. I. Salzb. II, 231. 236; Ch. IL
Salzb. n, 236; Ch. Const. 319.
II, 53; Columbani. 97—99; Con-
rad! Trev. II, 96: Corbiniani.
102; Cunegundis. II, 294; Cu-
nonis Rat. II, 292; Davidis. II,
320; Deicoli. 98; Deoderici Mett.
300. n, 123; Droctovei. 95; Dy-
sibodi. 35. II, 405.
— Eberhard! Nellenb. II, 41; Eber-
hard! Salzb. n, 231. 236; Eigüis.
189. 190; Eldradi. II, 182; Eligü.
96; Elisabeth. H, 283. 358. 376;
Emmerammi. 102. II, 54 ; Engel-
berti Col. II, 317; Epiphanii
Ticin. 61; Erhardi. 11, 57; Er-
kanberti Worm. 11, 308; Er-
luini. II, 120. 124; Erminoldi.
II, 144. 292; Erminonis. 108;
Ernest! Zwif. II, 302; Eucharii
Valerii Mat. II, 397; Eustasii.
98. 99. 102; Everacü. II, 323;
Ewaldorum. 111; Ezonis pal. II,
110; Faronis. 95; Findani. 233;
Florentü. 101; FlorianL 36/ Fo-
rannani. II, 119; Frid. ep. Leod.
n, 116; Frideric! Traject. 312;
FridoUni. 101.
— Galli. 100. 220. 230; Gaugerid.
II, 128; Gauzlini. 336; Gebe-
hardi II Const. 300. 319; Gebe-
hardi HI Const. II, 51. 300.
Register.
445
Vita Gebehardi SaUsb. II, 62. 236;
Gerardi Bron. 311. 11, 410 ; Ger-
hard! Chanad. H, 158; Tüll. H,
101; Germani Grandivall. 101;
Gertrudis. 108; Gilbert! Valenc.
n, 325; Goarls. 210; Godefrldi
Capp. n, 202; Godehardi. II, 22;
Gorgonü. 319; Gosvlii!. II, 134;
Gothalmi. ü, 245; Gregor!! I.
139.246; Gregor!! VII. II, 171;
Greg. Turon. 80; Greg. Ultraj.
199. 200; Günther!. II, 22.
— Halmerad!. II, 89; Halmonls. 279;
Hariom. 230; Harllndls. 216;
Hartmann! Brlxin. II, 231. 414;
Hartwlc! Salzb. II, 233; Hathu-
modae. 208; Hedwlgis. n, 358;
Henrici Ancupls. II, 399; He!n-
ric! n. II, 293. 294. 313; Heln-
r!c! IV. n, 75-77; Heriberti
Col. 294. n, 108; Herimanni
Zering. II, 43; Herlucae. II, 298;
Herrn. Joseph!. 11, 318; Hilde-
gardis reg. 11, 300; Hildegnndis.
II, 145. 310: Hütrudis II, 131;
Hubert!. 215; Hugonis Clun. n,
163; Hugonis Gemet. 143. 11,
408.
— Idae. 206. 281; Invicem. II, 358;
Irminae. II, 320; Jobannis Gorz.
299; Joh. Parm. 347; Job. Baven-
natis. II, 182; Joh. Reomensis.
100; Joh. ep. Tervan. II, 326;
Kanuti. II, 266; Lambert! Leod.
215. 306. n, 122.322; Lambert!
Novioperis. II, 231; Landoaldi.
309; Lebuini. 111. 200. 328;
Leodegari!.96.II, 415; LeonisIX.
II, 101. 171; Lietberti. H, 129;
Liobae. 114. 193; Liudgeri. 200;
Liudmilae. 348; Liutbirgae. 207;
Liwini. 110; Ludowici P!i. 169.
170; Lud. com. Arnst. 11, 203;
Lud. landgr. II, 285; Ludwini.
n, 97; LulU. 114.
— Macharii. II, 117; Magnerici. II,
96; Magni. 231. II, 56; MahthUdis
reg. 275—277; Mainulfi. 207;
Majoli. 339; Mariani Scoti. II,
292; Martini Tur. 54; Mathildis
com. n, 184; Mathildis Diezz.
II, 287; Mauri. 244. II, 398;
* Maximilian!. 44. 11, 397 ; Maxi-
mini. 192. 210. II, 408; Meinradi.
233. II, 36; Meinwerci. II, 29
bis 32. 279.
Vita Mengoldi. 143. n, 354; Mo-
chuUei. n, 322; Modoaldl. 11, 35.
— Neminis. II, 358; NiU. 349; Nor-
bert!, n, 201; Odiliae Leod. II,
322; Odilonis. 340. II, 170;
Odonis Clun. 339; Othmari. 220;
Ottonis Bab. II, 141—144; Pal-
donis, Tatonis, Tasonis. II, 413;
Pauli Virodun. 261; Paulinae.
n, 283; Petri Damiani. II, 170;
Pippini ducis. II, 338; Pirminii.
224. 301; Popponis Stab. II, 105;
Procopii. II, 245; Quatuor Coro-
natorum. 37; Qnirini. 44.
— Rabani. 193; Radbodi ep. Ultra j.
304;Radegundis. 78; Ragnoberti.
244. 11,397; Reginardi. 11,323;
Reginswindis. 233; Reinilae.216;
Reinoldi. 143. II, 408; Remacli.
216. 309. II, 111; Remigü. 83.
n, 398; Richard! Vird. H, 104;
Richarii. 133. 142; Rictrudis.
328; Rimberti. 203. II, 67; Ro-
mualdi. 349; Rupert! abb. Ottenb.
n, 298; Rupert! Salzb. 102. 237.
— Salabergae. 98; Salomae et Ju-
dithae. n, 20. 285; Sanctini. II,
398; Severi. 198; Severini. 39
bis 45. 326. II, 405; Sigismundi.
88; Silvestri p. H, 397; Solae.
114. 230; Stanislai. II, 158;
Stephan! r. üng. 11, 159; Sturm!.
189; Suitberti. 111. II, 399;
Symeonis Achivi. 233; Symeonis
Trev. II, 96.
— Theoderic! Andag. H, 104. 106;
Theoderic! II Mett. II, 99. 104;
Theogeri. II, 101; Thiadildis.
200; Thiemonis. 11,236; Trudonis.
161. II, 117; Trudperti. 101. 102;
Tygris. II, 398.
— Udalrici Aug. 321. II, 36; Udal-
ric! Cell, n, 42; Udonis Tnll. H,
101; Ursmari. 307; Ursulae. 34.
n, 405; Valentin!. II, 397; Ve-
dasti. 133. 242; Vencezlavi. 276.
348. n, 152. 400; Vicelini. II,
260; Victoris et Urs!. 88; Vi-
pertL II, 272; Virgilii. II, 233;
Walae. 205; Walburgae. 114.
237; Waltgeri. 206; Wandre-
gisili. 91. n, 399; Wenceslai
8. Vencezlavi; Wemheri Merseb.
IL 70. 271; Werrici. II, 326;
Wiboradae.318; Wiebert! Gembl.
n, 123.
446
Register.
Vita Wichmanni Arnst. ü, 270;
Wigberti. 195; Wihelmi Divion.
n, 161; Wiihelmi Hirsang. U,
42; Wülegisi. H, 89. 90; WiUe-
hadi. 201; Wiiübaldi. 114; WiUi-
brordi. 110. 133. II, 320; Win-
noci. 310; Wirntonis. EE, 238;
Wolbodonis. n, 323; Wolfhelmi.
n, 110; Woifkangi. 323. H,. 56;
Wnnnebaldi. 114; Zoerardi et
Benedicti. II, 158.
Yitae abbatam Agannenginm. 88.
— Sanctonun Juvav. n, 233.
Viterbo. H, 223. 225. 230.
Vivian, Graf. 243.
Volcmar, Abt v. Fürstenfeld. II, 297.
Volcold, B. V. Meissen. 257.
Volquin, Abt y. Sicbem. n, 275.
Voran. II, 388.
Yormezeele. IJ, 325.
Vnlcuid. n, 91.
Vnlgarins. 247. H, 410.
W. von Wanssor. II, 131.
Wadilcoz. 224. 225.
Wala. 204—206.
Walahfrid. 148. 149. 154. 169. 192.
218. 220. 225. 227. 229. 230. H,
409.
Walbeck. 289.
Walbnrga. 114. 237.
Walcher, Lütt. Lehrer. H, 92. 114.
Waldo (884—906) B. von Freising.
224 236.
— Abt V. St. Denis. 125. 219. 224.
225. 238.
— Abt von St. Maximin. 192. 210.
n, 408.
— Bremer Kanzler, n, 64.
Waldram. 222. 224.
Walram (1089—1111) B. von Nanm-
bnrg. II, 35. 68. 69.
Waltbraht. 194.
Waltcand (810-831) B. v. Lttttich.
216.
Waltger. 206.
Waltharins. 143.
Walther, Erzb. v. Ravenna. n, 231.
— (1133—1150) B. von Angsburg.
II, 53.
— (1004—1031) B. von Speier. 263.
II, 24.
— Probst V. Marchthal. n, 303.
— Map. n, 374; von Ch&tillon. n,
367. 368; v. d. Vogelweide. 11,
234. 372; von T6rouane. n, 326.
Wandalbert. 52. 210. U, 409.
Wandregisil. 91.
Wanlefsrode. 280.
Warentrudis, Aebtissin. 182.
Warin, Abt v. Corvey. 204, 206.
Warmnnd, B. v. Ivrea. II, 182.
Wamerins von St. Ouen. 338.
Waten. II, 106.
Wanssor. 300. 11, 119. 131.
Wazo (1041—1048) B. von Lttttich.
II, 113.
Weichbildchronik. H, 352.
Weihenstephan. 235.
Weüheim. II, 41.
Weingarten. 11, 257. 258. 301. 304.
381.
Weissenan. 234. n, 304. 381.
Weissenbnrg. 182. 191. 196. 285. 297.
316. II, 105. 380.
Welbertns. 11, 400.
Weltchronik, Königsberger. U, 352.
— ans Mnri. II, 49.
— Sächsische. 11, 348—352.
Weltenburg. H, 389. 406.
Wenrich, Schol. in Trier, n, 97.
Wenzel, Abt v. Niederaltaich. U, 19.
Werden. 122. 166. 200. 201. 206. 280.
II, 389.
Werinfrid, Abt v. Stablo. 309.
Werinhar, Werner (1063— 1078) Erz-
bischof von Magdeburg. II, 70.
— (1063 — 1093) B. von Merseburg.
II, 70. 271. 283.
— (1001—1029) B. von Strasburg.
259. n, 15.
Wemher, Abt v. Frankenthal, n, 308.
Werricus, Prior v. Alne. II, 325.
Wessobrunn. 324. II, 287. 382.
Wettin. 225.
Wettingen, n, 381.
Wetzlar. 11, 391.
Wibald, Abt von Stablo u. Corvey.
n, 3. 118. 119. 205. 206. 278.
Wibert, Archidiac. v. Toul. IL 101.
171.
Wiblingen. II, 41.
Wiborada. 318.
Wiebert v. Gembloux. II, 119—121,
Wicfrid (962-984) B. v. Verdun. 304.
Wichmann (1152 — 1192) Erzb. von
Magdeb. II, 8. 203. 223. 269.
— von Amstein. n, 270.
WicMng, Prümer Mönch. 295. •
Wicrad. II, 55.
Wicterb. 126. II, 109.
Widerad, Abt von Fulda. II, 412.
Register.
447
Widerich, Abt t. St. ftvre. 306. 11,
101.
Wido (1095—1122) B. v. Chur. H, 52.
— B. V. Ferrara. II. 174.
— (1092—1101) B. von Osnabrück.
n, 25.
— ital. Grammatiker (nicht Odo). 327.
Widukind v. CJorvey. 267—274. 276.
Wien. 43. H, 243. 290. 390.
Wienhnsen. 11, 384.
Wigand, Pfarrer. 206.
Wigbert, Missionar. 110.
— Ton Fritzlar. 114. 187. 196.
Wignand, Abt von Theres. II, 142.
Wigo von Fenchtwangen. 321.
Wiker, Abt von St. lUximin. 295.
Wilbrand (1227—1234) B. v. Utrecht.
n, 278. 328.
Wildeshansen. 193.
Wüfrid von York. 110.
Wilhelm (954—968) Erzb. v. Mainz.
234. 272. 297. 315.
— (1029-1047) B. von Strafsbnrg.
n, 24.
— Abt V. Andres. II, 415; v. Dijon.
n, 161; V. Hirschau. II, 41—43.
55. 100. 304; v. St. Trond. 11,
117.
— V. Champeanx. II, 7. 8; v. Clnsa.
n, 182; von Egmund. 11, 328;
V. Malmesbnry. 11, 165; v. over
Elve. II, 350.
Wühering. H, 390.
WiUegis (975—1011) Erzb. v. Mainz.
II, 89. 257. II, 312.
WiUehad (787—789) B. v. Bremen.
201.
WiUibald (745—781) B. v. Eichstedt.
114.
WiUibaldi V. S. Bonif. 112. 113.
Willibert (870—889) Erzb. v. Coeln.
215.
Wülibrord. 110. 297.
Williram von Ebersberg. 11, 2. 4. 7.
60. 137.
WiUisau. H, 381.
Willo, Abt von Michelsberg. 11, 139.
Wüten, n, 388.
Wimpfen. H, 380.
Winand, Priester. 11, 331.
Windberg. II, 285. 389,
Windolf, Abt von Pegau. II, 272.
Winidhar, Schreiber. 127.
Winither (1063) B. von Merseburg.
n, 137.
Winnoxbergen. 309.
Winrich. 98.
Wiperti Vita Bmnonis. 288.
Wipo. II, 4. 10—16. 39.
Wirnt, Abt v. Formbach. II, 232.
238
Wisby. il, 395.
Witgar (t 887) B. v. Augsburg. 182.
Witgeri Genealogia Amulfi. 312.
Witigowo, Abt von Reichenau. 318.
Wittewierum. 11, 329.
Wizo. 129—132.
Woeltingerode. II, 384.
Wolbodo (1018 — 1021) Bischof von
Lüttich. 304. II, 113. 323.
Wolfgang (972 — 994) Bischof von
Regensburg. 258. 322. 323.
Wolfhard v. Herrieden. 53. 114. 237.
Wolfhelm, Abt v. Brauweiler. 11, 44.
109. 110.
Wolfhere. H, 17. 21. 22. 54.
Wolfker, Patr. v. Aquileja. H, 234.
Wolfram, Abt v. Michelsberg, n, 141.
— Abt von Prüm. 295. II, 374.
Worms. 102. 191. 295. 314. H, 307.
308. 380.
Wuerzburg. 103. 111. 112. 236. 256.
322. 324. II, 55. 76. 77. 94. 137.
145. 146. 246. 295. 296. 382.
Wunnibald. 114.
Wurmsbach. II, 381.
Xanten. 214. 11, 385.
York. 110. 131. 133. 199.
Zeitz, n, 387.
Zell im Schwarzwald. II, 42.
Zuerich. 121. 301. II, 50. 382.
Zurzach. 318.
Zwentibold. 143.
Zwettel. II, 290. 301. 302.
Zwifalten. II, 41. 301. 382.
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