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D» €, Wagners
Geeſchichte
— des
ruſſiſchen Reiches,
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den älteften Bis auf die neueſten Seiten,
Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefeßt,
Erſter Band
—— — —— —
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Sen 2 PH. Bauer.
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Sefchichte I
| bes. ws
ruſſiſchen Reiches.
70861
Borrede
De: Berausgeber dieſer ruffiſchen Ge⸗
wdichte wuͤnſchte dem Publicum Wagners
Werk abgekuͤrzt zu liefern. Der dieſe Ausga⸗
bemit dem Originale vergleicht, wird finden,
daß fie fein Rachdruck ſey denn Wagners
Styl ift für unfere Leſer zu ungenießbar
als daß man das was er auftiſchte, ſo
hingeben Eonnte, wie es ift. & fonderbar
auch Wagners Rechtfertigung klingt, die
er dem neunten Theile ſeiner Geſchichte des
europaͤiſchen Nordens vorſetzt, und ſo fehr
ihn auch die allgemeine deutfche Bibliothek.
in Schuß nimmt; fo Bleibt doch alles, was
er niederſchrieb, ein undeutfcher und ungras
matifalifcher Galimathias, von dem ihn.
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Ri. vor. ein Seht ‚made an. Krieg dei - Kette
ponliſchen Königs, Mithridat. des Großen, die Masricten .
Xboralanen oder Koralanen. den Römern und ihren —— |
Unterthanen, den. Griechen, merkwuͤrdig, und. ‚der wohner ber
griechiſche Erdbefdreibey GStrabo ſehet fie in.diestefiend. |
noͤrdlichſten Felder gwifchen dem Zanais und Varv⸗
ſihenes, indem er nit weiß, ob jenſeits ihnen MY
andere. Leute wohnen, Beym 8 igansiner. 3 obaum
Zpeges findet man, daß die ehedem unter dem Rohr
men der Tauroſkythen bekanuten Voͤlker zu feiner
Zeit häufiger Rhos ‚genannt wurden; und hieraus
läge ſich fließen, daß, die, vorher am Arares geſeſ⸗
fenen, Rhoſſen fi. in, Diefe Begeud außgebreitet, ‘oder -
diefelbe.mit aaͤnzliche Verlaſſung ihres erſleren Wohn ⸗·
ſihes eingenommen „und ſolchergeſtalt qus Vereini⸗
sung ber beyden Völker, Rhos ‚und Alanen , eines.
unter dem Nahmen der Rporafanen entſtanden ſey.
Ferner wird diefer Kporalanen uuter den Kaifern
Otho, Hadrian, Marcus Karelius, und
Sallien, wie auch unter dem gothiſchen Könige
2. € Wagners
Geſchichte
—
ruſſiſchen Reiches,
den älteften bis auf die neueften Zeiten,
Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefest,
Erſter Band
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Wien, 1810.
Ben ©. Ph. Bauer.
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Sefgicte
| er
ruffifhen Reiches.
270861
BT rede.“
9 er Herausgeber dieſer ruſſiſchen Ge⸗
ſchichte wuͤnſchte dem Yublicum Wagners
Werk abgekuͤrzt zu liefern. Der dieſe Ausga⸗
bemit dem Originale vergleicht, wird finden,
dat fie kein Roechdruck ſey: denn Wagners
Styl ift für unfere Leſer zu ungenießbar/
als daß man das was er auftifchte, ſo
hingeben konnte wie es ift. © fonderbar
auch Wagners Kechtfertigung klingt, die
er dem neunten Theile feiner Geſchichte des
europaͤiſchen Nordens vorſetzt, und ſo ſehr
ihn auch die allgemeine deutſche Bibliothek.
in Schuß nimmt; fo bleibt doch alles, was
er niederſchrieb, ein undeutſcher und ungra⸗
matikaliſcher Galimathias, von dem ihn
Ya
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vo Borrede
der Herausgeber wenigſtens in etwas
| einigen fuchte, Diefe Befchichte follte eiger
lich ganz ufngearbeitet werben; denn au
über das Hiftorifche batder H erausgeber
Manches am Herzen, das er in den Roten n
hier und da leicht berüßren. konnte. Ma
ches hat der Herausgeber anders als W
ner geſagt, weil er einſab, daß ihn, ho
er die Stelle wie fie war, gelaffen , n
| mand berſtanden batte. Der Siferil
glaube ic), bat doch kein Privilegium exc
sivum die Sefer mit einem trocenen, unde
ſchen und nungrammatikaliſchen Style
| martern, da er bey den Alten fo ſcht
Vorbilder findet, und wir nicht in d
Zeitpuncte (eben, in dem wir gezwung
wären, einen gefunden Kern in einer wur
ſtichigen Schale zu vermaßren.
[ .
— — — —
’ 7
Einleitung
Kur, vor Chriſti Geburt machte «in, Krieg des Kette
pontifhen Königs, Mithridat. des Großen, die Rachtichten
Khozalanen. oder Kozalanen den Römern und ipren Kubland u.
Unterthanen, deu. Gricchen, merkwuͤrdig, uud der wohner bes
griechiſche Erdbeſchreibe⸗ Strabo fepes fie in. die irefſend.
nördlichen Feldex zwiſchen dem Taugis und Barb⸗
Ahenes , indem er nit weiß, ob jeuſeits ihnen woch
andere Beute wohnen, Beym B izantiner Jo h auu
Zzeges findet matj. daß die ehedem unter Dem Nab⸗
men der Zaurof£pthen, befannten Völker zu feiner
Zeit Bäufiger Rhos ‚genannt wurden; und hieraus
löst ſich fließen, daß, die. vorher am Arazes geſeſ⸗
fenen. Rhoffen ſich im, diefe Gegend ausgebreitet, der -
diefeibe mit gaͤnzlicher Berlofung ihres mfleren Mole: ·⸗·
ſihes eingenommen ‚ und. ſolchergeſtalt qus Vereini⸗
sung der beyden Völker, Rhos ‚und Alanen, eines.
unter dem Nahmen ber Rhoralanen entflanden ſey.
Ferner wird dieſer Fhoralanen uiter den Kaiſern
Otho, Hadrian, Marcus Anrelius, und
Gallien, wie auch unter dem gothiſchen Könige
Einleitung, 7
Roſſen oder Ruſſen in ihrem. vormahligem Lande ges
Uieben, lehrot uns das bertiniſche Jahrbuch un
w.den Frauken uud das nikoniſche unter. den
Rufen. Das erſtere berichtet unter dem Jahre 839: :
der griediſche Kalſer Th eogh zlus babe bey einer
Geſandtſchaft, dje.er an den, deutſchen Kaiſer Lud⸗
wig den Frommen abfertigte, . ‚einige Leute mitges
bit, die. nach ihrer Ausfage, zu einen Volke Nah⸗
mens Rhos geboͤrten, und ‚gan. ihrem Koͤnige, wel⸗
cher dem Ehrentitel Koatan führte, zur Unterhaltung
bes guten; Bernehuens,on den „griehifhen Hef nr -
* murdreg, loben. der. ‚tanansinnpelitanifpe Kai⸗
fer ſchriftlich den deutſchen Kaifen erfuchte, gedachteij
Seuten allen Porfchub gu un... deinit, fie. durchs Be»
bieth ‚des deutſchen: Kaifers wieder. in ihr Baterland,
delangen moͤchten, weil die, Wege, durch welde Be
nach. Goufiaufigopel gefommen ‚waren , ur „une,
freundſchaftliche uud febr wilde, Völker singen, weh»
wegen ber caufkantiuppolifauifche, Kaifer wünfhfe, £
auf einem ſicheren Rage war. Haufe gu ſchaffen.
aber 2ud wig Grund zu haben meinte, in die Bar
beit Diefer ihrer Ausſagen ein ‚Mißtrauen zu fegen
und durch feine angsfiellge Hmterfuchung. entdeckt zu
haber gzlaubte, daß. fin. Schweden waͤren, und unter
dem ſchoͤnen Barmwande, als wenn fie in- einer freunde
ſchaftlichen Abſrcht bepde -Raiferhöfe beſuchten, beude
Reihe aus ſpaͤhen mallten;: fo haͤtte er. beihloßen‘, fie,
fo lange. anzubalten, bis er vau der, Wahrheit ober
Zalibeit ihren Avsſace volliges Licht erhielte. Dag
mikomiſche Jabrbuch, welchas aber. wahrfheinlih
viele Zuſügze zu dem wahren neforfhen Terte
enthält, worenter vermuchlich dieſe Stelle gehört,
die wahrſcheinlich aus dem malarifhen Stufen
buche, wo fie ſteht, genommen worden, erzähle une
ter dem unzechten Sabre 876, daß in dem Kriegs⸗
Einfeitung, - 9
weiß , daß der. fianifche Voͤlkerſtamm füß- vom dußer-
Ren Norden und Weſten von Europa, oſtwaͤrts über .
den Ural bis an den Ob, tief. im Sibirien binein, »
füdwärts bis an die Wolga und-das finnifhe Meer
Sinumter erſt reckt habe, ollepthalben. aber, mit Aus
wnhıne der einzigen Ungarn, in fpdteren. Zeiten von
andern Voͤlkerſchaften unterjocht worden iſt; ‚fo {0
mehr als wahrſcheinlich, dag der allergrößte: Theil
der Einwohner, welche die Slaven hey ihrer Eiu⸗
wandernug hier fanden, aus Fintzen beſtand, und
die Kette ihrer sufausmenhängenden Befgungen nur hier
uud ‚ha Durch nehr kriegeriſche Völker von mendifcher
und gochiſchrr Herkunft. unterbrochen wurde, Unge .
fähe im der Bitte des fünften Jahrhunderts gründen
te Rij, nebß feinen Brüdern Schtſchek (Sek)
und Chorin nehf ihrer. Schweſter Zubed, die
mit · viclen Slaven bierber. kamen,ſelhſt aber : viele
feige night. gu, dieſem Wolke, ſondern etwa zu den
‚Huunen. oder Amaten gehörten, am Dnjepr: die Stadt
Kiew; andere Sladen ſehten fich am der. Wolchov.
Hier. ward von ‚Ihnen am See Ylmen, ber. vorbes.
Meift hieß, eine Stadt. Slowenff,, deren Gedaͤcht⸗
ni noch dee Ort Starogodiſcheſche aufbewahret, eut-
wcher ſchon augetroffen, oder aufgebauet. Dieſe
wurde darch Peſt und. Krieg zwep Mahl verwüſtet;
tine geraume Zeit nochher legten die Slaven unweit
derfelben eine andere an. bie ie Vowgorod ober Neu⸗
ſtadt hießen, weiche. Benennung mit old ein Bes
weis. vom Daſeyn einer diiern Stadt angefehen wer⸗
den mtag. : Die geſchahe entweder ſchon vor Rus
rits und feinen Brüder Ankunft, oder auf die Bere
anfleltung diefes: Negenten.. Denn meines Erachtens
haben die, welche das Grſtere behnupten; wenigfieng
eben ſo wigtige Gründe für ſich, als die, welche dos
vu zu beweifen fügen,
v⸗
. Einfeitting. u
fl in den hordifchen —— der Seal⸗
den amfkewährt, und ad’ Veänfelben dom ' Gars,
Gnoreo, Lorfänd dd, adderh Sanirälern der
Rachriciteä "dlierer fcheibtnabtfgier SEHEN
in ihre Werke kingerrageh® Werben.
860 \ermatiitich Rh de ya ih" — u Fi 860.
‘Baren Bölferfraften in‘ Be und “beft freßeten ſich
von diefer Laſt. Allein dieſe Veftcynng non. "eine, ne
ausländischen Unterbihäuhg" veranlaßte einen "ange 6. 2
betrenloſen Zufand ‚iu iveftgem pblöß das Hecht der ..
Stärke galt, welches fogleich fo viel Üapeif' Riftete‘ .
das hie alle darin uͤbereinſtimmten daß kein "atdereh \
Häffsmirtel jr Hebung, dieſer Krankheit vorhauden
fer, als baß man ein ‚Dberfgupt” erwäßlte. Rab:
dem mar Färäder berachſchlagte ob man ſolches aus
ſeinem eigenen Mittel nehinen, Dder Inter den ‚Shot
foren, zu Ric, oder ug ter dem, Wardgerk äuffur
den follte; fo erkannte ia endlich die‘ Watãge
weiche Ruflen hießen, für die angemeſſenſten. ar
ſchmeichelte der Bortrag der Geſandtſchaft, die fie zu
ihnen (gute! So Fautere & :: zunfer Sande m: groͤß,
und hat an ae Ueberflußz 9 aber Keine Ord⸗
nung. darin, Kommt ale gu uns, ‚über. und‘ zu herr»
ſWen nnd und'ju‘. befiged,", Aela deeſe —*
fücdteten dd. fo, ichr. wor. Bernwilden. Lcbensant und
den rauhen⸗ Suten dieſer Voͤlter, duß“eh vie Mühe
koſtete, ehtz üich dach Binden s.amgnfabena. Leute unter
ihrem Volle, Kurit, Sinus und Tremor,
zur Annghine vrsfetsen entſchloͤſfen worauf das Ans
feben , in welchem fie fanden, uebft der Hoffnung,
von ihnen für diefen Dienft reichliche Belohnungen zu
empfangen, eine große Menge ihrer Landsleute ber
wog, an ihrem” Pünftigen Schickſale Theil gu neh» .g6n.
men, und nebft ihnen im Sabre 862 das bisherige Rurik, Si⸗
Baterland mit der Gegend um Rowsorod gu vertau⸗ 5* ‚are
*
—
*
Erſter Abſchnitt.
Vom Anfange des ruſſiſchen Reiches im’ J
Jahre 862 bis zu deſſen Bezwingung durch
die Tatarn im Jahre 1237.
D. erſte Sorge der netten Oberhaͤupter, weld⸗ Mi Bd
dr nowgorodiſchen Ruſſen zu ſich beriefen, ging dahin Aiften
ihre Unterthanen zu beſſeren Sitten und einem... das ruſſiſche
dentlichen Leben zu gewoͤhnen, und zugleich in var⸗ a
zaglicheren Vertheidig ungsſtand mider die Anfaͤlle ded
Feinde, welchen fie ſelbſt durch ihre Wehrlo ſigkeit hie
Ubewindung Bisher erleichtert hatten, zu ſehen. Zu
beyden Abfichten diente das Mittel, daß fie aus ifo
sa Maͤlders in Städte zuſammengezogen; und dien
ſe, fo viel Den Wardgern felbR ihre ſehr eingeſchraͤnk⸗
ten Kenntaifje in der buͤrgerlichen ſowohl as Kriegs⸗
bankunſt ne rgoͤunten, befeſtigt wurden. Deßwegen
baute Ru zit Ladoga an einer zur Abwehr der aus
der Oſtſee kommenden WWardges bequemen Gtelle ,
und ſchlag ſelbſt hier feinen Sit auf; Sineus
aber wählte die Gegend am weißen See ober Belo⸗
ſero, und Truwor bie Gegend am Bade Ife,
wo er Johan? erbanete, wodurch ber erfiere den Bis
ermiern, der andere den Eſth⸗ und Liefländern die
ferntre Benurubigung ihrer Unterſaſſen erſchwerte.
Zwar mißfielen manchen Nowgoroden die neuen Ein-
richtungen, und fie. meinten, ‚daß die, welche fie gu
Iren Beſchirmern gewählt hätten, die von ihnen de
sebene Gewalt mißbrauchten, und anf ihre Koflen
de Waraͤger ju der Abficht beguͤuſtigten, als wol.
des ruſſiſchen High. 1a
xridhrig war, ermannte, mit den Staaten, die er
breeitd beſaß. Dleg zog an der Spige eineszahle
seien Heeres von Wardgern, Tſchuden und Glas
ven zur Erweiterung feiner Herrfhaft aus, und .
nahm Smolensk und Kiew im Shs 332 durd Lift
einz er Ind wähmlih den Oskold und Dir als
Landslente zu einem freundfchaftlichen., Sefpräge,
und Tieß fie durch verborgene Bewaffuete töbten.
Kiew beftimmte er zur Hauptßadst des nunmeh⸗
rigen Reiches, welches er noch ferner durch Krieg:
wider die Chofaren und Unterwerfung der. Drewier,
Sewerier und Radimisfihen vergrößerte. Allen die⸗
fen Orten legte er beſtimmte Steuern auf, wowon
die, welche die Nowgoroder eilegten, aus .gop Gris
wen befiand. (Griwe if ein ‚Wort, ‚welches ver⸗
muthlich mit dem bentfchen Bart gleichhedeusend if,
das man von Gold⸗ und Silbergemicht braucht,
indem es ein Gewicht anzeige. welch es fi nah
883.
J
Seſchaffenhtit der Zeit und der abgemagenen Mater
rie veränderte.) Die Auswanderung. der Ugern ober
Madjaren (nad der Sdreibart Magparen) aus Afien
nach Europa unterbrach eine... Weile. feine Siege,
Bon ihnen verliefen 216000 Bewaffnete unter ihrem
Haupte Almus im Jahre 384, ihr bigberiges ‚gar
terland , ein neues gu fügen. Lange fanden fie ne
der einen gehahnten Weg noch bewohnte: Drie, un
mußten bloß von der Jagd und Fiſcherey leben, bis
hie bey Susdal die ruffifche Grenze betraten. Von
da rüdten fie, ohne Widerſtand angutzeffeg, bis Kiew
vor. Allein hier ging ihnen Dieg, mit fieben ku⸗
mariſchen Herzogen (vielleicht Haͤuptexu einiger von
ihm bezwungenen Chofaren) , die er zug. Verſtaͤrkung
feiner eigenen Manuſchaft berbep: gerufen Haste, mit.
bewedrter Hand anlaggen, uud es kam zu einer blu⸗
tigen Schlacht. Doch fugten die Dam, und zwatz⸗
884. .
des ruſſiſchen Reichs. 17
fien'aub god andere Pferde, wie duch. 3000 Mail
Silbber und zoo. am Golde uͤberlieferte. Endlich er⸗
hielt dieſer eue Wirth und das beſtaͤndige Anhalten
der bey Ihnen. verhatrenden ruſſiſchen Geißeln fo. viel
bey ihnen, daß Me nach Befdtigumgides zwiſchen ih⸗
nen errichteten unverbruͤchlichen guten: Vernehmens,
nach: einem. mon athlichen Verwerilen zu Halitſch durch
den Wald Howos, durch welchen ihnen: 2000 halit⸗
ſchiſche Bogruſchuͤzer und 3000 Bauern den Way
bahnen mußten, eiwa im Jahre 889 in Pangmnirn
eiuruckten. F
Doch erholte: ſich Den des. Kierbep gehabten 409.
Berlaftes am: dem -confantinopolimmifhen Kaiſerthu⸗ Dieg untere
we gur Sald. "Denn im. Jahre 904 ‚Bing er mit ſer⸗ Feldzug nach
Her Reiterey Und: 2060 Fabrzeugen,im deren. jedes bel der ci
er go Mann. eiafchiffte auf Eouffadtinppel los. Die nen ihm vor:
Reiterey drang unter großen, Verheerungen, und nache theilhaften
demſie viele Beute un⸗ Menſchen und Guͤtern machte, ——
vdhne Hiaderniß bis zu dieſer Hauptſtadt des griechi⸗ ſchen Kaiſer⸗
Ichen Xeſches und Die. Fahrzergr gelangten, als fir — Be
den -Eanat:gefperrt;faniden:, miteelſſt ulerlegter Ri
der Kit eine aaa Winde glücklich andie Stadt.
un harken die Ralfer Leo und Merander- um
Herden, aubo Olecig ernauntq Abgordaete, Cork
D brrelod ph, Weremund, Kulay vnd Ste
BE: Tolgeniwit ihren gu ‚Eonfäntinnpel sabjufglie-
Mar Var ihm Befagdten Speifenind Meine aber -
weolse er Yefwrgeninit anachman nwdil er beforg-
Birdafige veraiftee pn möchten. Mon:.ging unter
adden Pigeney ediagungen eis: dig Mriechen Sole
ewhe jedesırsffifhe Schiff a Ahrimen „iund Uber
dieß den Städten Kiew, als deut ähern;des Orafe
füren, Efcheraigäw , -Persiadlawı Molteſt, Bottom,
Luberkh und den ithrigen,, in welchen: Sehensfürfien
regierten, ein frenpwiltiges Geſcheuf wm; auch den
Geſch. Rußl. ı. ‚Rod,
—
defffhen Reich 19
che, mit dem Tode am Orte des verühten Verbre⸗
chens buͤßen. Wofern aber der Thaͤter entwichen
waͤre, und ein Vermögen hinterließe; fo ſollten von
demſelben der naͤchſte Verwandte und die Frau des
Erfhlagenen ben Theil bekommen, welden ihnen
das Gefeg zuerkennt. Wer einen wund flüge oder
hauete, follte fünf Pfund Silber nach ruſſiſchem Zus
Be erlegen. Befäße er nicht fo viel, fo müffe er Alles,
was er habe, fügar feine Unterhoſen Bergeden, und ei⸗
nen Eid nach feiner Religion ſchwoͤren, daß er nichts
behalte. Der Todtſchlag eines auf der That etgriffe-
sen Diedes ward für ſtraflos erklaͤret. Geſtohlene
oder gerandte Suͤter follten, über das Geraubte oder
Geſtohlene, dreyfach erftattet werden, Die beyder-
‚ feitigen Untertbanen folten den Schiffen des aude⸗
zen Theiles, wenn ſolche verſchlagen würden, Schiffs
bruch oder andere Noth litten, alle möglihe Huͤlfe
Seifen, auch wenn fie einen Meuſchen als eine Ge .- -
fangenen entweder in ihrem Lande ober anders 109
anträfen, ausläfen, wofuͤr ihnen die Koflen vonden
Herrn, dem derfelbe als Unterthan gehoͤrt, gu erftate
ten wären. Entlaufene, Entführte, ober auch ſol⸗
&e , die: ſich ſelbſt verkauften, follten ohne Entgeld
jurhdgegeben werden. Die Verlaffenfchaft der Ruf
fen, mein einige in Griechenland in kaiſerlichen
Dienften ſtuͤrben, ſollte ihren gefeglichen oder teſtg⸗
mentariſchen Erben eingebaͤndigt; aus Rußland eat
wichine Mifferhäter aber nach erhobener Klage feſt⸗
gefrgt, und fo den Ruſſen Überliefere werben, \
ı Bald hernach ſtarb diefer Großfuͤrſt. Das gar
un Er.) “
rn Yo
se Bolk beweinte ihn, und zu Neſt or s Zeit fahe — * os.
man noch feinen Grabpägel auf dem Berge Ss
kowitza.
Den Drewiern (bien fein Tod eine gute Gele, Igor wich gu
denheit ih wieder unabhängig ju machen. Sie wei⸗
8a
jew —*
Rachfolger.
l
des ruffifhen Heihes, - Ki
zur Vertheidigung ber Küften fortſchickte, wegen ih⸗
rer Unbrauchbarkeit zuruͤckblieben. Auf dieſe beruhe⸗
Se jegt- alle Hoffuung einiger Rettung. Der Kaiſer
rüſtete ſich anfs eiligfie mach Möglichkeit aus, und
verfahe fih mit dem griegifchen Feuer. Igor, der
jedem diefer Schiffe faſt taufend entgegen flellen
Fonnte, Dachte, als er fie auf fich aufegeln fahe, fo
wenig daran, fie zu vermeiden, daB er befahl, fie
eingufchließen, und ihnen fo die Möglichkeit des Eut⸗
kommens abzufcheiden.. Sie kamen alfo in die Mitte‘.
der ruffifchen Schiffe, und konnten nun, da fie die
Windſtille begünftigte, mit der größten Bequemlich⸗
keit ihr griechifches: Zener anbringen, und im Augen⸗
blicke über die ganze ruffifihe Flotte verbreiten. Wen .
nige Bahrzeuge entkamen bloß darum, weil fie über
die feichten Orte geben kounten, wohin fie bie groͤ⸗
Bern Schiffe zu: verfolgen nicht vermochten. Don
den meiſten aber mußten bie Leute, um nicht zuvere
Brennen, fib ins Meer flürgen. Denen hingegen,
welche fi mittlerweile in Kleinafien mit Plündern
and Berwuͤſten beſchaͤftigten, fügten gu Lande Bars.
danes, Phokas und Johaun Kurfuas
ſo viel Schaden zu, daß ſie, dem Schwerte derſel⸗
ben zu entgehen, ſich wieder einſchifften. In dieſem
Zuſtande verharrten fie, bis ihre Lebensmittel aufs
gezehret waren, Aber als fie, dadurch gezwungen,
endlich die Heimfahrt zur See autraten, griff fie die
griechiſche Flotte nochmahls an, und fügte ihnen in
zwey Schlachten fo viel Schaden zu , daß von die
fem fo zahlreichen Heere die allerwenigften ihr Vaters
land wieder fahen , und biefe Burückgefommenen
ihren gu Haufe gebliebenen Laudsleuten eine fo fuͤrch⸗
terlihe Vorflellung von den Wirkungen des: griecht»
fhen Feuers machten, dab die vormahlige Begierde
au ben griechiſchen Kriegen fehr erkaltete. Igor
/
a2 Erfier Abſchnitt. Anfang
tkraf zwar große Anftalten‘, ſich fir den in bief
Fuge erlittenen Verluſt Durch einen andern gu entfd
digen, indem er nicht nur von eigenen Unterthat
ein zahlreicheres Heer fammelte , fondern and fre
0 de Wardger und Petfchenegen dazu in Gold naf
944. Doch. als er im Jahre 944 mit einem fo za
Zer erriche reichen Heere von eigeneg Unterthanen und Sr:
griechiſchen den an die Donau kam; und der griedifche Hof
. Kaiferthume durch eine Geſandtſchaft erboth, ſeine Freundſch
vn Sn noch um einen theuerern Preis, als er Oleg
Sreunds Dafür bezahlt Hatte, zu erkaufen; auch zugleich
en Petſchenegen durch reichlihe Geſchenke zu gewint
teachtete; fo hielt er nach einer mit den Seini;
sugeftellten Weberlegung rathſamer, bierein zu wi
gen , als es auf den Krieg ankommen zu Lafl
Nah dieſem Entfhluffe ließ er die Petfchenegen ,
Bulgoren, ald welche fo wohl jegt als im Ja
941 fi als Freunde des griechifhen Reiches ben
ſen, befriegen; und ſchloß mittels einer Geſaudtſch
245. im Sabre 945 mit deu griedifhen Kaifern Ro mc
Stephan und Lonfantiu einen Frieden, !
‚ fo lange dir Sonne ſcheint, und die Welt flieht, d
fen ſollte. Su demſelben machte man zu den v
mahligen Versrägeh noch mehrere Zufäge, Die ı
- Afchen Geſandten zu Eonflantinopel nahmen’ den €
(wur auf den Vertrag ben Griechen ab; und hi
guf ging eine griechifche Geſandtſchaft zu Igor, ı
demſelbeü ein. Gleiches zu begehren. Auf diefes (
ſuch beſtimmte Igor diefer Geſandtſchaft einen T
an welchem er und feine Hofleunte, die gleich i
Heiden waren, ia ihrer Gegenwart auf dem Huͤt
wo Perun hand, ihre Gewehre, ‚Helme, Schil
wie and) alles Geſchmeide und Metal von fi |
‚sen, und fo nad ihrer Religion den Eid leiſtel
Die getguften Rufen ober (denn fon bekaun
!
/
bes ruſſiſchen Reichee. ⸗
manche, beſonders viele Waraͤger, ſich zum Chriſten⸗
thume) thaten Ihn gleichfalls, im Beyſeyn der griechig
ſchen Sefandten ihrer Hauptkirche, der. Kirche des
5, Elias, bey dem Bade am Ende einer Einſtede
ley in Ehofarin. Der Ertrag desjenigen, was
JIgor und feine Soldaten mistelft diefes: Krieges
und Friedensſchluſſes von den Griechen: befamen,
muß, befonders wenn man feine Darauf verwendete
Koſten berechuet , wohl ni beträchtlich geweſen
ſeyn.
Denn gleich nad den Krieg führten die Soldas Igor wird
ten Beſchwerde gegen Igor, daß er nebſt ihnen an "or denDer:
Kleidern und Waffen Roth liste, indes Sweneld ſchlagen.
und deffen Leute ſich von dem mäfleten, was er ihnen
darch eine unüberlegte Freygebigkeit geſchenkt hatte. |
Daher verlangten fie, daB er für Ah. und fie aus
eben der Quelle fhöpfen ſollte, welhe Swenel«
Den und deſſen Mannfchaft ſo reichlich ernäbete,
Igor gab ihnen Gehör, und ging mit einem hin
reichenden Heere zu den Drewiern, und erpreßte: ein
Aufebnliches von denfeldben. Ein fo gutes Gelingen
erweckte die Begierde mehr vyn ihnen abzuhohlen,
wovon er den groͤßern Theil für fi zu behalten
dachte. Daher ſchickte er den größten heil feines
Heeres mit dem, was fle durch diefes Mittel bekom⸗
men batten, nach Haufe, und: kehrte mir einer gerine
gen Bededung zu den Drewiern ‚zuräd, eine neue
Forderung an fie zu hun. Vergeblich bemühten fi
dieſe, ide durch die Vorſtellung, daß fie fchon mehr
als fie fündig wären, an ihn: Bezahlt hätten, von
feinem Borfage abzuhringen; er beſtand auf feinen
Borderung, anb reiste durch feine Habſucht die Dre
wier fo fehr, daß fie den Entſchluß faßten, Igorn,
deu fie. mit einem reißenden. Wölfe verglihen, mit Der
waffneter Hand anzugteifen. Bor Korofien , der
2 Erſter Abſchnitt. Anfang.
Hauptiſtadt der. Drewier, fand diefer mit feinem kl
gen Gefolge den Tod. „
Igers Wit. Ihre Befugniß zu biefer That ſchien ihnen
hr bene. Leinem Hweifel unterworfen, daß fie ſolche ſelbſt
eierung fürgen: die, welche in der genauefien Verbindung ı
ihren mins dem getödteten Ig or landen, zu rechtfertigen me
EEE sen, inden fie deffen Witwe, die Grobfuͤrainn £
toslav. ga, die wegen derUnmändigfeit ihres Sohnes S w
t941a wy ben den griechiſchen Schriftſtellern Sphi
doſtlab, mit Unterſtützung deſſen Pflegevagers 2
moud und des Feldherrn Swenel die Regieru
abernahm, ihren Zürich Ma lImis dem Lobfpenc
daß die drewiſchen Fuͤrſten gefittete Herren ſey
welche ihr Land durch den Ackerbau in den bluͤhet
fen Zuſtand vnerfegt Bätten, indes ſich Igor ı
ein. Wolf, der. alles raubes uud zerreißet, bewie
babe, zum Gemahl anpriefen, Allein Olga li
- zwep Geſandtſchaften, zuſammen 70 Menfchen, |
- aad einander mis einem ſolchen Autrage zu, ihr |
Ä men, Dinrichten, und den Drewiern zur Antwort m
den, daß fie denfelben aunehme, und zur Boll;
„hung der Heiratd zu ihnen fommen wolle, wobep
nur dieſes von ihnen ausbedinge, daß:fie gegen il
Aukunft eine. Menge Meih bereiten möchten, dan
fie vor der Vermaͤhlung ifrem verfiorbenen Eheg
ten auf deu Grabe ein flandesmäßiges Trisna od
Todteumahl halten Föune Die Drewier fchöpft
‚weder über Diefes Begehren noch. Über das Ausbi
‚ ben ihrer beyden Geſandtſchaften Verdacht, weil O
sa nur ein Keiged Gefolge mit ſich brachte, ur
als fie ſich um ihre nad Kiew geſchickten Landele
te erkundigten, ben. Befcheid eriheilte, daß dieſelb
mis dem übrigen Gefolge nachkiueen. Die Drewi
Liegen ih dag Getränf beym Trisaa fo gut fu
Een, daß die wenigen Leute der Großfürfinn 50
1
des ruſſiſchen Reiches. 2
trunkener Drewier erſchlagen konnten *). Im folgenden
Jahre 946 unternahm fie seinen ordentlichen Feldzug
zwider diefe Feinde, die ihr entgegenrüdten. Es mach⸗
ie der junge Großfuͤrſt Smwätoslam durd die
Verwundung eines drewiſchen Pferdes den Anfang
zur Schlacht, die feine Unterthanen fo tapfer fort«
festen, dab die Drewier eine große Stiederlage em
litten, das Feld raͤnmen, und ſich in ihre Städte
verſchließen mußten. Die: Bezwingung der übrigen
foßete weder viele Zeit noch Blut, und die Ucher«
winder legten denſelben nath. der Uebergobe eine Scha⸗
Hung nad Gutbefinden auf, bey deren Lieferung
fie die Bewohner ruhig leben, und ihre Acer
bauen lieben, Nur Korofien vercheidigte ſich we⸗
gen des Bewußtſeyns, daß außer ihren Bewoh⸗
uern feine anderen Drewier an Igor Hand ange⸗
legt, und der bereits gehabten Erfahrung, wie ſchwer
Diga diefe That geahndet, mit folder. Hart
naͤckigkeit, daß nach einer Belagerung von einem
ganzen Sabre Diga alle Hoffuung aufgab, fie durch
ein anderes Mittel, ald Hunger, ſich unterwürfig zit
machen, "Nach Verlauf diefer Zeit trug Olga ders
felben einen Vergleich au, und die Einwohner erbo⸗
then fib, ihr gern nah Bermägen Honig und Pelze .
werk zu geben, wenn fie nur verfichert ſeyn moͤch⸗
ten, daß fie ich wegen des Mordes an ihnen nicht:
sähen wide._ OAg a erwiederse, fie, achte den Tod
ihres Gemahles Dusch das dreymahlige Todtenopfer,
fp fie ihm au Siew, durch die zwey drewiſchen Ser
fandsfchaften, und hernach auf feinem Grabe mit 5000.
Menſchen dargebracht, zur Genuͤge gerochen ; fie ber
gehre alfo nichts weiter, als daß alle Dremier zur
*) Wie Kann ein Giftoriter fo wider ale Wahrſcheinlichkeit
In :: 1 1) 1) 7
” € . !
’ Q
26. Erfter Abſchnitt. Anfang
vorigen Pflicht zurüͤckkehren möchten, unb weil
wiſſe, daß die Korofdener Durch diefen Krieg
arme wären, (o wolle fie ihnen fogar Zeit admı
ſich gu erholen; und begehre daher gegeuwärtig {
nichts von ihnen, ale daß jedes Haus g Sperl
- und 3 Zauben liefere. Diefe Erflärung erfreuete
Koroſteuner; unverzüglich uͤberſendeten fie die beg
sen Vögel mit vielen Dankfagungen der Großfuͤrſt
Diefe vertheilte folche unter ihr Heer mit dem
fehle, jedem eine. angeslndete Lunte anzubinden,
- fie fo in der Daͤmmerung fliegen zu laffen. Da
alle diefe Bögel in diefem Suflande ihre vorigen.
ſter wieder befuchten, gerieth die ganze Stadt in Br.
und alle Sinmohner mußten, um nicht von den FI
men verzehrt gu werden, heraus flüchten, ob fie fi
ihren Feinden, ben Ruſſen, felbft in die Hände
fen: Jegt wurden auf Diga’s Befehl die Vorne
, . en und viele andere getödtet, audere als Leibe
ne unter das ruffifche Heer vertheilt, die übri
unter der Berbindlichkeit fehr ſchwerer Abgaben,
‚son zwey Drittheile nah Kiew ,. ein Drischeill «
nah Woſchegorod, Dlga’s Wohnfige, zu den
fondern. Berwendungen diefer Großſürſtinn gellı
werden mußten, in ihrer Heimath gelaffen. H
anf Durchreifte fie mit: ihrem Sobge alle ihre ©ı
een, und hinterließ allenthalben Deufuräpler if
Veſuches durch Yulegung von Faͤhren und Brad
Zuſammenziehung dee zerſtreuet wohnenden Leute
Dörfer und Flecken, die fie bey diefer Belegen
erbauete,.. neue Fiſchereyen und viele andere gute €
richtungen zur Beförderung einer befferu Bevoͤlkerr
Sittlichkeit und mehterer Drdbaung in den ©:
Bungen.
De te Im. Jahre 955 reife Olga nah Confi
Ad su fon, tinopel, um fi san,en zu laſſen, wo fie vom grlı
%
des ruſſiſchen Reiches. 27
(den Raifer, Eonfiantin VII. augefproden wur. flantinopel
de, ihm zu ehelichen. Sie antwortete: als eine Hei. IF"
dian könne fie feine Semahliun nicht ſeyn; fie bitte
ihn alfo, zuförderft ihre Zaufe zu beforgen, und,
wenn der Patriarch diefelbe verrichten würde, fie als
Pathe aus. der Zaufe zu heben. Nachdem dieſes ge
ſchahe, und fie den Nahmen der ehemahligen Mutter
des erſten chriſtlichen Kaiſers Conſtantins des
Großen, Helena, empfing; fo wies fie feinen Hei⸗
rathsantrag dadurch zuruͤck, daß jegt die chriſtlichen
Rdigionsgefege eine Bermählung zwiſchen ihnen bey⸗ \
den, da er als Pathe ihr geifilicher Vater geworden
ſey, unmöglich gemacht hätten. Ungeachtet diefer
abſchlaͤgigen Antwort blieben Ol ga und Son ſt au⸗
sin doch Freunde; der Kaiſer gab ihr, als fie nach
Haufe kehrte, reihlihe Geſchenke an Gold und Sils
ber, verfchisdenen Eofibaren Zeugen und theuern Ge⸗
faͤßen, welche fie durch andere, nähmlich durch Leibe
eigene ,; Wachs , Pelzwerl und Kriegsvoͤlker zu
erwiedern verſprach. Als fie der Kaifer nah ide
ser Rüdkunft an die Erfüllung ihres gegebeuen
Berfprechens erinnern ließ, fertigte fie feine Se⸗
fandten mit bem Scherze ab: fie babe dad, was
ihr der Kaiſer geneben, von demfelben als ihrem Pas .
then empfangen, und erkenne fih daher aur auf den
Ball zur Erwiederung verpflichtet, wenn fie den
Kaifer aus der Taufe hübe,
Ihrem Sohne redete fie baänfi zu, ihrem Bey⸗Ihre Bemü⸗
ſpiele in der Aunahme des Chriſtenthums nachzufol⸗ Man Free
sen; aber dieſer lehnte ihr Geſuch alle Mahl durch Hegen inter.
bie Entfäuldigung von fih ab, er würde ſich das thanen gun
dur bey feinen Großen verdhrlih machen, ja es *
koͤnne leicht geſchehen, daß alsdenn feine naͤchſten Ber» gen bleiben
wandten und heſten Freunde ihn unwuͤrdig achteten, ſruchtlt.
ferner für ihren Herso zu exleunen, Riqchts deßo we⸗
% 4
28 Erfter Abſchnitt. Anfang
niger beharrete fie, fo lange fie lebte, bey dem W
fhe und der Hoffnung, ihren Sohn und deſſen
terthanen zur Annahme des Chriſtenthums zu be
950. gen, und bewarb fi dieferwegen im Jahre 960
dem deutſchen Kaiſer Drto I. mittelſt einer Geſa
ſchaft um Geiſtliche. Der fuͤr die Ausbreitung
Chriſtenthums eifrige Ottto willfahrte ihr gern,
ließ ſogleich einen Moͤnch, Libuatius, Jjum
ſchofe von Rußlaud weihen. Aber Hindernifſſe
zoͤgerten deſſen Abreife, and er ſtarb, ehe er ſolche au
ten koaute, im folgenden Jahre. Dito Über
- das durch feinen Tod erledigte Amt einem an
Mönche Adelbert „ den er nad feiner Gott
furcht und Freygebigkeit in den Angelegenheiten
Religion nad Möglichkeit mit den Mitteln gu fru
barer Ausrichtung feines Gefchäftes, deſſen Schn
und Gefabren in Dentſchland befannt waren, |
dahe. Doc als dieſer nach Rußland kam, fand
bey jedermann fo großen Widerſtand, daß er fogl
erkannte, daß alle feine Bemühungen vergeblich |
wärden, und er bloß durch eine fihleunige Ruͤckl
fein Leben- wider die Nachſtellungen der ‚Heiden
halten koͤnne; er rettete auch dasfelbe mit gen
Noth, ob er.gleich ſcurunig genug, naͤhmlich fd
im Jahre 962, na Deutſchland zuruͤckging, im
- &nige. feiner Gefaͤhrten auf diefem Wege erſchla
/
u.
—
des ruſſiſchen Heiches, 89
er ſein mannliches Alter, fo beſchloß er feine ganze.
Seit mit Eroberungen zuzubringen; und damit er im
den Ländern, wohin er fi wendete, allenthalben
mit der größten Schnelligkeit fortkaͤme, Dratete er -
felsf das Zleifh von Pferden, Ochſen uad andern
Thieren, welches er aß, auf. Kohlen, bediente ſich
zum Sclafa unter dem Blauen Himmel einer Pfer⸗
dedecke ßatt aller Unterbetten, und eines Sattels
hatt des Korfküffend, und wollte fo weder Keſſel X
anderes Gexaͤth, ja nit einmahl ein Belt ‚Haben,
und jeder von feinen Rriegögefährten mußte von.i
lernen, ſolches gu entbehren. Zuerſt wendete er Di
im Jahre 964 an.die Dda nad. die Wolge, „wo .
im Jahre 065 den Khakan oder Züsken der Choir
sen überwaad, und deffen Stadr Beluweſch erober⸗
te, die Säfer und Kaoſoger befisgte, und. im Jahre
966 bie Waͤtitſchen, welche bisher dan Ehofaren von
jebem Pfluge eine Schagung erlegten, zur. Binspflig-
tigkeit zwaug. Bey einer ſolchen Geſingung willlabr
te ex dem Patricier Ealacpr, dem Sohne des Fürs
ſten von Korſun, ohue Shwirrigtei, ‚als dieſer *
im Rahmen des griechiſchan Kaiſers Nicenhor. ”
erfuchte, das Land des Fuͤrſten von Bulgarien Petru 3
anzugreifen, von welchem ſich der; gfiechiſche Haiſer
aus dem Gruude. ‚beleidigt achtete, weil. Petrus
ibm verfagte , fi. den in das griechiſche Reich drin⸗
genden Ungarn zu widerſeten, ebwohl P es 204
964,
| 965.
966,
dieſen Abfchlag: dur die ‚Kutfpuldigung, au red ifer⸗
tigen meinte, daß Man. ihn iq, eben ſolchem Falle
wider eben diefelben Aeinde zu Coaß antinopel: bülfe
108 gelafien, gab eben — —5 habe, iq
uch Ni cephorus ihm nit verbrnfen nne J *
Kan Ze Zur zu
er ſich ſcheue, aufs. neue ſich in eben dielelben 1:7 zu
sd
" —
are
%
sw Erſter Abſchnitt. Anfang
tere, Iufammergejogen, aber biefer war im 2
Bältuiffe der Weifhenegen ſo ſchwah, daß fie n
die mindeſte Hoffunug haben konnto gegend
Feinde etibas auszurichten. Gin Janguing weld
feine Syahrung ir der Sprache der Petſchenegen
Muth eiuflößte, zu verſuchen, od ver aus: ber St
mitten durch die Petſchenegen als einer: der Ihri
an der Dujepr kommen, mid durch Schreimnien
den erwaͤhnten ruſfiſchen Voltern) dee jenſeits: des
nannten Fluſſed mit ihren kleinen Fahrzragen
aufhᷣlelten, gelangenkbante, und’ diefin Vorſag gl
eg ausführte, oͤberbanchte denſelben dieſetrau
x, Borhfehaft. als Breite nad die Weinigen
ſes vernahmen, ſchiea es ihuen weniger grfaͤhrlich,
| £ ei was wider die Werkhenegen zu verfahren; "als ſich
- Burd, baß GE Durch Unterlaffung eines: ſolcheu V
Ban AMftuͤtkes ihred Droßfuüeſten Mutien und. Kinder
frindliche Gewalt gerathen ließen; Die Ahadung ih
“in 2 Heren uzugichen, ; Sie ſchifften RG Win anbrech
" Bein Tage ‚ein, und züchten unter Tmpeten
uaten auf Bas petſthenegiſche Bayer‘ zus. die Kit!
ker erhobea IE Wadraehmuug der Chlukuuft di
Heher ein Fteudendeſiheey· "Die Prunheiegen:20
ven nlinner alauben', daß die Rufen). weicht feit
ger Ankauft vor Ihnen Bildudig geflohen: Waren, :i
ſtch anterſtaͤnden ſw auzugreifen, fördern: wohdt
‚ber Großfuͤrſt kommenaus: der Bulgared "zune !Cns
Fe feider Hauptſtatt. In dieſem'grrihume erwa
Ten ſie die Aukuuft vrr Euffen naicht eamahl, ſond
verließen: ta dar geßßten Unorduumz Ipe Auger. P
Tiech nehm an zeſchwinde die Ordpfürfine
Yre Galel:iw feine: Fahrzeugre, um Arie Sicherl
w beingen,. ansı Brucke; es moöchten die Wetfcheng
Anen Irrchumꝰ mirten, uud ſeinen Muͤckweg fpen
Nds diefe Höhen folgen: für eine:ifo gemife: A
0 Bei
=
des ruſſiſchen Reihe. 33
beit, daß ihr Fuͤrſt gegenwärtig alle feine Gebanten
darauf richtete, wie er ben angefommenen Swdäto s⸗
law bewegen Bönnte, mit ihm ein Buͤndniß zu er⸗
richten. In diefer Abficht begab er ſich ohne Gefol⸗
ge zu Pretitfh, den er für Swaͤtoslaw
hielt, und als diefen anredete. Da der zuffifche Heer⸗
führer aus defien.Rede den ihm vortheilbaften Irr⸗
thum des Petſchenegen erfuhr; fo Defefligte er ihn in
demſelben durch den falſchen Bericht, daß er den
Vortrab eines zahlreichen Heeres befehlige, womit
Swäroslam ihm anf dem Fußr folge, und ver⸗
mochte hiermit den Petſchenegen, daß derſelbe ihm
Freund ſchaft autrug, und, als Pretitſch ihm dies
ſelbe zuſagte, ſein Pferd, ſeinen Saͤbel und Pfeile
ſchenkte, welche Beſchenkung Pretit ſch mit einer
Gegenverchrung feines Harniſches, Schildes und
Schwertes erwiederte. Als die Kiemer dieſen Ein⸗
fall ber Petſchenegen dem mit feinen Eroberungen in
Bulgarien befchaͤftigten Broßfürften meldeten, fo uͤber⸗
zengten fie ihn zugleich fo ſtark von der Nothwendigkeit
feiner Rückkehr zu ihnen, daß er ſogleich fein Pferd
beſtieg, und fein Heer nach Kiew. führte; von bier
aber , nachdem er fi kaum die Zeit genommen, ſei⸗
ne Muster und Kinder gu begrüßen, wider die Pet
ſchenegen aufbrach. Nachdem er diefelben in einer
Feldſchlacht überwunden , ſchloß er mit ihnen einen
Srieden, in weldem fie fih anfeifhig machten, ihn .
zu fernerer Fortfegung feines Krieges wider den grie⸗
Bifchen Kaifer mit Hülfsvölfern zu unterflügen, mach⸗
te ex ſich fertig, .unverzüglih nad Bulgarien zurüd
zu geben: Doch das inftändige Bitten feiner Mut-
ter, fo lange wenigflens Bier zu bleiben, Bis er’ fie,
die södtlich krank lag, su Grabe gebracht habe, hielt:
ihn noch zu Haufe zurück. Nach ihrem Tode, der ſich
drey Zage nah ihrer letzten Bitte an ihn im Jahre
Bel. Rufl. 1. Band, &
'
.
34 Erfter Abichnitt. Anfang
969 ereignete, da man nad ihrem Verlangen
Beforgung ihres Leichenbegdugniffes einem chrif
ben Prieſter, den fie heimlich bey fich hielt, ledig!
überließ , und ihr weder ein Zrisna hielt, un
einen Grabhügel aufwarf, indem Swätrnsl«
und deſſen geſammte Unterthanen, Ol g a's hohe?
dienſte dergeſtalt ſchaͤhten, daß fie ihren Tod ı
häufigen Thraͤnen beweinten, und ihr in allem diel
Berlangen,, fo fehr dasfelbe wider ihre eigene D
Pungsart in Religionsfahen ſtritt, Zolge leiſtet
verharrte Swaͤtoslaw bis ins Jahr 970 in
nen alten Staaten, weil er zur Vermeidung der |
‚gelegenheiten , die feine erſte Entfernung denſel
gerurfachte, noͤthig achtete, vorher ſolche Veranfi
tangen in denfelben zu treffen, daß fie andy in ſei
j Abweſenheit nicht nur wider Anfälle der Auswaͤ
‚gen, fondern auch wider innerlihe Empoͤrungen
nugſame Sicherheit erhielten. In diefer Abfiche
fahl er feinen Unterthanen, während feiner Ent
uung den Befehlen feiner Soͤhne, als feinen. eige
zu gehorchen, und wies dem diteflen, Jaͤropo
Kiew, and Oleg, das Land der Drewier zu ih
Wohuſitzen an. Hierdurch Bielten ih die Nowgt
der, welde in immerwäßrendem Sedächtnifie def
sen, daß fie es geweſen, welche das Geſchlecht
jepwüber fo weitläuftige Länder herrſcheuden Gi
fürfen hierher Berufen hatten, und daher ſich als
Werkmeiſter aller gluͤcklich ausgeſchlagenen Unter
mungen der Großfuͤrſten anſahen, dergeſtalt beleid
daß fie ihm bekannt machten, falls er ihnen kei
eigenen Fuͤrſten gäbe, fle ſich ſelbſt einen wählen w
den, . |
Euůaͤtoslaw Nach diefer aemachten Einrichtung glaubte Sı
kehri zu feis toslam für feine alten Staaten nichts befürd
—— zu dürfen, wenn er flatt Kiew nun Perejaslam
bes ruſſiſchen gtriches. 3
ſeinem gewöhnlichen Aufenthalte erwaͤhlie. Auch erfor⸗ Vulgarlei
berte die Beſchirmung diefer feiner uenen@roberung wir rät; wird
der den neuen griechiſchen Kaifer, Zohan Zimifs pie " DBafen'
ces; feine Gegenwart. Dein. biefar .thftete ſich, des griechi⸗
ifo Dicfelbe mitgewaffneter Hand abjunapunen, wade [ir Auh
dem Swaͤtos law ſich geweigert hatte, dieſelbe sen, bieſel⸗
für Gelb, nach feines Reichsvorfahren Rlcepho⸗ late au vet⸗
rus Abſicht, wieder zu räumen. An der Spihe die
nes anſehnlichen Heeres ging Swatos law uͤber
den Aemus in Thracien bis an die Mauern von Adrice '
nopel, wo er fein Lager auffchlug. Ber griechiſche
Feldherr Bardas Sclerus unterftank ſich nicht,
mit feinen 12000 Hann ihm eine Schlacht zu lie⸗
fern, fondern hielt ach mit diefem Heere in Adriana
pel auf, und erwättele fo eine gute Gelegenheit, ſei⸗
nen ſtaͤrkeen Feind durch eitte verſtellte Feigheit eins ..
zuſchlaͤfern, und ſo zu hberwiaden. Er ſchien es daher
sit gu achten, wenn derſelbe ihn durch tägliche Auf⸗
forderungen zum Gefechte, Berheerungen unter ſei⸗
nem Augeſichte, und Vorbeybringung des getnachten
Raubes, als einen Zaghaften verſpottete. Sein Vor⸗
haben gelang; die Feinde geriethen in die größte St
cherheit, zerſtreueten fich In Peine Haufen , vernach⸗
Idffigten bie Feldwachen, und bradten die Zeit im
ihrem Lager mit Sechen und Zangen gu. Wie Bar⸗
das dieß ſahe, legte. er ſich mit ſeinem Heete in der
Stile an ſolche Derter, wo es vor dem Feinde ver
borgen wir, und ſchickte darauf den Patricier J o⸗
ann mit einem kleinen Haufen aus der Stadt, mit
dem Befehle, wenn die Ruſſen auf ihn loskommen
und ihn angteifen würden, Denfelben :den Küden
zuzukehren, dann und warn abetr ſich wieber zum
Gefechte umzuwenden, bis et fie auf den geaſtellten
Hinterhalt lockte. Zum groͤßerem Vortheile für. die
Sricchen Hatten ſich die Ruffen in drey Heere gethel⸗
Ca
971.
26 Erſter Abſchnitt. Anfang
let ‚wovon das erſte Ruſſen und Balgaren, das aı
dere Ungarn, und das dritte Petſchenegen ausmad
ten, nad bloß das lette, als das naͤchſte, verfolg
‚die rerſtelltſtuͤchtenden Griechen bis gu Ihrem Hinte
balte, und als diefe nun nad dem habenden Befeh
ſich zerſtreueten, und, fo ſchuell als ihre, Pferde Iaı
fen konnten, nacheilten, ſetzte es ihnen, um fie d
ſto leichter einzuholen, ohne Ordunng nad: Zw
bemuͤhete es ſich, da gleich darauf die geſammte gri
chiſche Macht in Schlachtordnung erſchien, ſich wi
der zu fommeln, und derſelben zu widerfegen. Ab
Bardas ließ ihnen nicht die Zeit dazu, fonde
umringte es im Augenblide von allen Geiten,, wo
anf es in kurzer Frift, bis auf. wenige, die ſich gu di
beyden übrigen Heeren mit der Flucht reiteten , au
gerieben ward. . Durch dieſe Verminderung bie
Bardas das ruffifhe Heer für fo geſchwaͤcht, d
er meinte, er dürfe num fiher demſelben eine Schlac
liefern. Aber es Fam ihm auf dem Wege entgege
und that durch feine Reiterey den Angriff. Die
ward zwar zuruͤckgetrieben; aber fie zog fih auf il
Fußvolk, und feßte fih dort. wieder, Das Gefe«
dauerte fo lange fort, bis Bardas und def
Bruder Conſtantin, zwey fowohl an Leibesgroͤ
und Kraͤften als an Herzbaftigkeit vorzuͤgliche Kei
de, welche durch den Tod des Hauptes des griech
ſchen Heeres den Sieg zu verſchaffen dachten, ⸗
legt hatten. Denn dieſe maunhaften Thaten erregt:
ein fo allgemeines Schrecken bey den Ruſſen, dag |
fogleih in voller Unordnung zu flüchten anfinge:
Ein To guter Anfang erhöhete die Hoffuung des Kaifer
die Ruffen aus Bulgarien gu vertreiben, und er felt
Ä unternahm dieſes Geſchaͤft im Fruͤhlinge des Jahres 97
mit einem großen Here, Bey dem erfien Berfud
behielt Swäso slam einen Flügel für ſich, di
des zuflifchen Neicyes. : - ey
andern übergab er Icmorn, der von einer nie
drigen Geburt, ehne partepifhe Gunſt feines Herrn,
Bloß durch fein Verdienſt vom gemeinen Soldaten fo
hoch hinanfgeſtiegen war, daß er, als Aa. äfler Ur⸗
theil der Würdigfte, wach Sphagels Tod deffen
Hop bekleidete. Derfelbe fügte auch jegt den. Grie⸗
den, ſtheils durch feine Verfügungen, theils durch
eigenhaͤndige NRicdermachung vieler von ihuen, Te großen
Schaben zu, dab Auem as, ein Grieche, dafuͤr
bie, daß von dem Schickſale dieſe⸗ einzigen Na
nes das Schickſal Bender kriegenden Heerr abhaͤnge,
‚and dieſerwegen ſein Leben. gegen Icmurg Leben
wagte. Das Olck Keginfigtr die Kuͤhnbeit: des Grin
‚ Gen. nr Derfelbe that einem fo;heftigen Saͤbelſtreich in
die. ale Schulter Jomors, daß derfelbe den gan
von Kopf mit weguabe; Mad diefer Tod zog unver»
Füglich Die große Folge nach Ach, Bie-Anamas von
demſtiber fih verſprochen hatte. Dern er verurfachte
fogkeib die Zucht des ganzen suffifhen Herres, auf
hoͤrten Die Sieger, wie ihre Gegner die ‚ganze fol-
gende Macht über Ken. Berfüft diefes ihres Helden
ein großes Klagegefhren- führten, : Bey : Enctleiduug
der Eeßblagenen dieſes Tages srkaunten die Griechen
als Ueberwinder verfihiedene Frauenzimmer, die in
manulicher Zracht und mis ‚männlicher Zapferfeit wi⸗
der fie neßristen hatten. Doc dis dußerfe Verzweiß
lung und & w.äro sl a w'g Ernuntermg floͤßten ſei⸗
wen ſo aft ſchan geſchlaganen Ruffen. nenen Mush in,
Wenn wir auch die Schaude wicht achten würden,
ſadee er, die wir uns durch die Flucht bey allen den
Voͤlkern zuzögen, denen wir and durch fo viele Sie
geiföchterlih gemacht haben; fo it doch Bier ung
kein Def. zur Flucht Hbrig gelaffen,, .und mir mögen
woden: ade nicht fa. muͤſſen wir fechten. Wir wol⸗
- In: daher. lieber fe Reben, und unfere Gebeine hier
N
nei, Biocpfainpfe grwiftfsen' then beyden 'Mit d
a Crfler Abſchnitt, Anfang
lafſen, als wine. ſchaͤndliche Flucht ergreifen d J
werde euch mit gutem Beyfpiele vorgehen. Soll
ih aber meinen Kopf verlieren, fo moͤtet ihr na
euerm Belieben für euch forgen. - Allein alte fei
Beute antworteten hierauf sit einem Munde: D
dein Kepf Bleibt, foll duch der unfrige bleiben. Hi
auf befabt-er, alle Thore von Drifire zu verfihließe
damit. er den Ausgespgenen Feine Hoffnung ließe, fi
durch den Rüdweg in die Stadt zu retten, ne d
That befdmpften fie Ihre Begner fo tapfer; daß fi
he gegen Mittag, da fit noch dazu die Laſt ihr
ſchweren Waffes und der heiße Tag untledftele,
weichen oiifingen. Allein bierauf rückte Ser ‚Kot
mit feinen Hauspoͤlkern qus dem Bintertreffen 5:
vor, und hielt mit dieſen die feindliipen Angriffe
lange aug, vis die durch ihn Abgeloͤſten Yımih i
auf einen ſolchen Fall von ihm in Bereitſchaft: geh
venen Schläuche mit Waffer und: Wein ſich etfrif
Gatten „ und wieder zu Ihren vorigen Plapen kam
Doch auch hernach kaͤmpfte man noch mit Ungow
heit bes Ausganges fort, und der Kaiſer mieinte,
permerke, dieß komme daher, daß man auf ein
engen von Hügeln umgebenen Orte ſchlug, als ww
ber dem · ruſſiſchen Fuß dolke vortheilhaft war, u
Die Ausbreitung der griechiſchen Reicezey binden
Er befahl den Seinigen, mittelſt eines verſtellten
rſckweichens die Feinde ihnen nah anf die Ebene
Token: DE’ über""gleich’ befes geſchahe, fo wäh
doch der Streit noch ihimer ‘fort, bis bepde He
Ihre Erriattung fo ſtark empfanden, daß fie zu glotc
Zeit fih auf einige Schritte von einander entfernt
Dieſer ſo hartuaͤckige Widerſtand, den der Kaifer:!
den Ruffen antraf, bewog ihn, den Sroßfürgen zu
de fordern zu laſei es " beſſer, ei
\
des ruflifchen Reiches. 39
Streit, der hauptſaͤchlich ihre Parfonen angehe, durch
eines oder des andern Tod bepzulegen, als zweyer
Menfchen wegen fo viele Tauſende auf die Schlacht⸗
bank zu liefern ; befam aber zur Autwort; ee brau⸗
de keinen Rath feines Feindes; nud wenn der Sal
fer feine Lebens 'übendrüffig. wäre; fo Ränderdam
ſelben unzählige: Mittel zum Tode ‚offen, aus md»
den Derfelbe nad feinem Belichen jedes andere Mb
anslefen könnte. Da ſolchergeſtalt der Sroßfür dem
Raifer abſchlug, auf diefe Art den Krieg:zu. endigedg
fo kehrte er zu feinem erſten Vorhaben zuruck, dieſen
Zweck noch Heute durch eine voͤlllge Nicberlage der
Saffen gu errkichen, und geboth deßwehen dem B:a tr
das, ſich mit einigen Kriegsvoͤlkern zwiſchen dom
Scthlachtfelde und der Stadt zu fegen, damit er ie
wen na ihrer Lchberwiadung die Brttung indie Stadt
verwehre. Doch ihre Ueherwinbung fiel ihm ach
ehr ſchwer. Zivar drang‘ Anemas. bis zur Perſan
des Broßfürften durch, Aber der Hieh, den er auf
deffen Haupt hat, traf nur den. Helm), und. wäsf
ige vom Werbe herab. . Die Menge ber: Nuffeunum⸗
riugte jegt diefen tupfern Feind, und ſchichie demſel⸗
beu ſo vide Pfeile za, daß ſier durch feinen Zoh
die Verwundung hres Kern raͤchteuut Allein dad
uuigefommen war; glaubten De Kufſenn, "dab DAS
gauze uͤbrige griechiſche Heer ihnen wit. widreſtchnn
koͤnute, und von dieſem Gedanken:iangefeuent, Heide
ben fie wirklich deſſen Angriffe ab. - Aberchet Kaiſer
trat wieder an die Gpige der Sefnigen, ‚immb: brachte
fie dur fein ZJureden und Veyſplol zur ;Gencterummk
der Angriffe. Seht erklaͤrze fih endlich der Himmel
felbt für die Griechen. Denn es erhob fih ein
Sturmwind und Pahzregen, und fhrutee in die Ge-
ſichter der Ruſſen, daß fie unterliegen mußten. Ra dh
Berichtigung derZriedenshedingniffe dekan Swaͤtos⸗
|
40 . Erfler Abſchniti. Anfang
Tan vom. Kalfer anf. jeben Bann ein gewiſſes 3
Bebensmittel , und faßte aus allem dieſem Betra
des Kaifers ein ſo großes Vertrauen auf deffen «
Denlungsart, daß er eine Umterredung mit bemfel
Drgehrte, and, als ihm der Kaiſer bag gewillf
wet. hatte, zu ihm kam, and die Witze an darſell
bet, ihm durch fein Borwort fuͤr fich und fein H
einen freyen Durchzug bey den: Petſchenegen aus
widten.. Bimifces , welcher alles Maͤgliche
Shus bereit mar, einen Feind von fo geprüfter |
ferteit und Bermögen zu ſchaden in einen anfrid
Geh Freund und freuen Bundesgenoffen zu verw
Dein. verſprach Smwätoglamm:ddiis, mad in
men Kräften. fiche, anzumenden, Die Petfehenegen h
WM zu vermoͤgen, nud gab feinem Geſandten, deu
sau: die Peefhenegen jegt abfertigte, um fie pa ein
Briedensfcluffe mit dem grisifden Reiche.gu bei
‚gen, deu, Auftrag, ſich hierwegen bep denſelben
bdemuͤhen. Allein bie Petſchenegen hielten fh d
über, daß Smwätoslam in feinem: Vertrage
Zim i ſee sruichts zu ihrem Bortheile abgemacht haͤl
Jo beiridigt ‚daß :fie alles. Andefe, was Zimife
Bor ihnen begehtte, gleichſam ‚zus Vergeltung: da
Hewilligten , daß derſelbe von Eisruͤckung diefes S
ae8 in: ſeinem Vertrage mit ihnen abſtand, weil
eh. entſchloſſen waren, an dieſem nach ihrer Reinn
wenbrichigen ‚Bundesgenofien ich ſowohl zu raͤch
als des Schadens Zu erholen, den er ihnen noch
Ach Sedanfen durch einen ohne Ihre Einſchließuugt
hen. Griechen getroffenen Br gufügte % in w
‘
mn TE
st N Cadrpn mus, Zumaras, Be.Bean "orisihee. bes m
geniaͤnd. Keiferih. 2. XVI. ©. 133, 134, 155
ORTE BT, 1 tr Gamml. uf &
iD. E ©.4 438 454. —W *
\
- bes ruſſiſchen Reiches. +8
diem Borfage. fie von den Bulgaren, gegen weldie |
ih Swäteslam in diefem letzten Feldzuge: brey
manchen Selegenßriten (ehr hust ierwiefen hatte, Durch u
die Benadrideisung, dafSwdtodlam Yile ma
wigen Krkegslenten, aler:fehr großtu Schägen uud
einer Menge: Bäfangener" nach —— uruccete
mehr: bepaatt wurden. „open u Dur ee
Dahh er waititen fie mit bewiſſran Ha Sn
Swatetlan
wird von den
den Waſſer faͤllen des Dajepers auf‘ ibn; ‚ und vIn GIER Gerfpenes
ſes Wein Bepelnmatßsivar. ,‚ warte Gwdkostamimgen über
da erfahiene Woewode feines Bar, Swenielbin ne
für Diefe WSalfeofaßtt. Anın Ummeg zu Lande zu mühe getödtet,
Im. - Wein. der ‚Guogfürft "defolkte : diefen: Auren
Karh nicht, und krfannte ya TER in begangenes
Berfehen. Deun bey feinrr Ankbachtevbey der Waſ⸗
Terfällen. traf er bieſelben fo ſiſark von den Werfcher
negen beſeht an ;:baß..er den! Winte kiber gu Velvbre
reſche verbielden- Mußte ,. wo. Er :ül felche Buugers
noth gericth, doß man. eiüen Pferdetopfe mie deinen
Balben Beinen’ bezahlte; und als er xudlich im Fruͤt⸗
Umge 972 von dart foertzugehen wagte, fiel rmit
feinen von Hunger entkraͤfteten und: dur Bewachung
der Gefangenen and dev; Alsen: Belafleiin wisnigen
Auffen den: Potſchruegen in Die Hände, bie bey Id
vielen Wortheilen auf ihrer Seite gheich beyen clan
Anfalle Des. SHegiYaoon Menigen.: -Bivar char Sms
tos law alles, die Geinigin von ben ‚Bereits! ergeif⸗
fenen Flucht anfs..neue in dm Sneh hoen, Ulo
lein : da! er. feine Perfon ſo it. Sofahr fügte iüber⸗
mannten ihn die umringenden Zeinde, und brachten
ihu als einen Gefangenen w Ihrem Fuͤrſten Kur,
der ihn töbsete, anf. feinen. Kar aingefoßten Hirn⸗
ſchaͤdel zur Zrintſchale aebrauchte, auf der folgende
jedem Eroberer 'nlihlihe Warnung Fond: "Zrömdeg
Bus ſuchteſt du und verkorfi hierlder . ‚dein. eigenes.
„eo
BR. Erſter Ahſchnitt. Aufanz
Emeneld war ſo — ‚dab er fein Le
vetiete:: ı. “
Shropoll re· ¶ Er köerbeaubie-diafe unglädtice Hadriht 3
Bırac Seit sopelfen, bey welchem er ale ein alter feiı
SEroßrater vnd Water auͤhlich gewefener Diener
groͤßten Anfehen Kaud. Aber eben dirſe Vielguͤl
keit Swenelds bey Jaͤropolken Jegte bdauſr
| "gu Verberben Jaͤr opolks. Smässstam bi
u ugs Meengſte gebothen, daß keiner van feinen S
BG y re fee : Behdek)in Ausubung ihrer Gexcchtſame
vn... 000 jedem Ju aeheilenden Fuͤrſtenthaͤmern Aüsın |
— 7). Nichts deſto weniger. erfühnte ſich im Ja
LEN 95m: Behr, Liu, s@ben. die Brı
And Bimschen Rairſteuthums in Dinge Gebiethe
jagte, Dieſes geſchahe eben zu einer Bet, als D |
ih girichfalls auf Der. Jagd befand, :Oihes lieh
vom: Borne Hieriher ifo ſehr bemaͤchtigen, daß er
iße.gueilte, und ihn söbtefe.. Smenelda ‚empf
dieſes ſo hoch, deß er nik: eher rußete,. bis er
urn. Henn bemoger hatte, aus diefer Urſahe O
gen mis Sriegsau überziehen. Bay; deſſen Auku
ade: ihm Dkas. im Jabre 977. entgegen, ve
Bis Scalacht, une word im Bedrängs der Fluͤcht
ur una der Bröde den ladt Wruiſchai, mis mel
ren An den Graben herabgrkänt.. Als Jaͤro p
dileſes zreutige Ende. feat Bruders. vernahm
805er uͤbrr deſſes Leibe baͤnſige Thranen; und ma
" Biyeliher Swenciden heftige Vormürfe. Allein W
dimit De be der Raus Bar 0
\ nr" “ ®, „a ‘
* BiæAi Anis Bolönica Tom. 1. ad annım ı
"972, 976 D Iußoe afire in fench Erzählungen
v.. ‚den euffiiden. Bearbpubeiten, außte inienm :von fol
. die Rede. ift, weiche —* mit beteeffen, eine woͤrt!
Ueberſeßung ber ru en Jahrbücher und. verdient
fp bier gleichen Blauben als fee
bes rufiſchen Neiches. as
über Diegs Tod für eine Verſtellung, und ſchrieb
denfelßen Banptfäclich einer Begierde Zdärop its,
durch Bertilgung feier Vruͤdere ich die Hecrſchaft
über gäny Rußland gu Aarrben, zu. Er Habe dar
Fre aus re. Bor einem gfrichen Scherfale Abe -
das Meer. Gr op odt aber zoz wach feiner Quifer⸗
nung fein Fürſtenthacn Mewgnrod. an fh, und fepte
Statthalter darüber, Ale nao Tamı Wladimir od
Wlodinie.mit einer Begiritung von Waraͤgern zaruͤch
ach fein Band wilder Anzıund ſchickte Sdropoik:s
Beamte mit einer Kriegserähichng. an Ihren Speer. Die
dieſem bevonſteheudan Kriege :werrbie Zrenndfipaftier
ars warägifihen :Stoberkr!, N o.gnwmo ld, der: A
die Herrſchaft über Polohzk ind kur erworben: hatte,
für jeden’ Bruder ſchr wüichtigz beffin Sochten ao
ne da ai ertheilte.gufrbie Fetrathswerbuag WI
Dimtrs ige: Antworts’tfie welerdene Wiklavin. *)
keiteswgegtih Dar Schuhe nsglepen: *'), Tonlucn une
ſtche au FZiäropo Ikea meriwähltrh werben Doch
ehe fie Diefem von lihrı.oängtzogengn. erduigäng Kr
sefäßrt werden -fonute, beachte Whadiiir ini
nem gahlteichen Heeredas Kanye Deßteeß iäilah ie
ins unter-feine.Herskhlak; iiütdte diefen unhrki\ feinen
beyden Söhnen, und noehigte sm Wrgmuhen,
die Zahl ſeiner Gemahliaurn "zus uermehreh" Miu
in der Wolluſt war en. ſo unerfänlid, bag a umpir
den 5emahimnen, die er wor ſriner Kaufe. hatte;
noch 300 Arh⸗wrider/ nähiilkh‘ Foo‘ in Wiſchegorod
8oo in Beine, um son in Don nertuen,
*
*, Dieſen Ghimpadimen ab ne“ btebimien wegen |
feiner Geburt von einer Slavinn.
959
eo Dan Behrand hefehe ned in -Rukiphh Pr Bra
am Hoczeiltage ihrem ui fm ie ehr
chen der Unterwürfigteit auen „und. de
ihres Manag ausgichet”
u
44 Erſter Abſchnitt. Anfang
und ohne Unterſchied ſowohl Maͤdchen, als auch
der Willen der Aeltern ober anderer Angehörk
imd feld Ehemaͤnnern eutriſſene Zeauen daru
vufnahni. Da er abet; ſolchergeſtalt Ir deg Sein
- Liefer .Leidenichaft sierh dem allerucheſfen SEI
verfahr; fo erweichte dieſclbe wedre fd Herz,
| that fie ihm in Wahrnehmung jedes Vortheiles d
"32 pgene Maführung ſeiner Krtegsvöller feine Sta:
an verthridigen und zu erweitern, den mindeſten
träs,: Er Rand mit: Ansm fo zahlrrichen Heere
seltk.in der Nähe vom. Klaw, und fepte ſich mit d
{eben in eine aufgewerfeme Verſchauzunz gwif
- BDorvgefhip und Kapltſch; daß Fdrop nik wı
ar zu großer Ungleichheit. ber Mauuſchaft fein ;
ws Vertranen bloß auf: die Stärke: Bar Wefeftig
feine Haupiſtadt fegen:, und ſich In 'berfelßen ei
‘ Kdloffen holten muſte. Dob:-liiludimir, :-
cher din Seaͤrke und Wat eines Löwen. urid der
‚tert eines: Fuchſes verknapſte, erfand ein Mii
oh dahin pi: bringen, daß er lb dieſe Side
verlieh ‚sinden en iS drupn [16 Jeinherrn BI
Bar de die Vorſtelung „dB. ser bloß aas Natrieb
er ſftiemaͤßtzes Brläferheitiug den gegenwaͤrt
Krieg wiber Yuan olken. unternommen habe, d
deſſtn Wagdiamamgrer seinem: gleiden Schicktale
een Brabtr Dlesı getsoffen, zuvocksamen mi
mr: Bind Fb von einem Brudermorder ei
gleichen Tod alle Rugenblſtke zu: beſorgert habe
eher txauaigen Madficht in die Zukuuft ihn W
dimir, mean er zu ihm uͤbertreten möchte,
feinen Vater ehren. und scale beiopngn wäre,
feine Seite 308... .. |
Säropoit'“ Biefet ml a g: r ol e en. ein fol
verliert im Mißkrauen gegen Be‘ Tigu⸗ der‘ denfelben wahr
Ser nen ergebenen Einwohner von Rieın ein, daß Derfelbe,
des ruſſiſchen Neihes, “ 45
Furcht von ihnen au Wlabimiren andgeliefers Bruder
zu werden, heimlich aus Kiew nach Rodua ſich ber mis
gab, worauf Riem WIladimirm die Thore Öffuete, Lcben.
der entwichene Jaͤropolk hingegen in feinem, neuen
Zuſtuchtsorte, welchen Wladim ir unverzüglich
einſperrte, gar Bald. durch den Hunger genoͤthigt ward,
von zwey Vorſchlaͤgen, dem einen des trenlofen Bud;
zu feinem Bruder zu gehen ,. und ſich deſſen Willkuͤr
ju überlaffen, dem andern eines gewifjen War aͤ ſch⸗
to, zu Den Petfpenegen zu flüchten, eine tramttige
Wohl anzußellen Er entſchloß fih zu dem erſtern,
and begab fih: nebſt Bluden zu Wladimir;
Dieſen haste. Blud von feiner: änkunft in der Ab⸗
kt, daß er die Auflalten zu deſſen Ermordung in
Bereitſchaft halten Eönnte , vorher. benachrichtige ;
und auf dieſe Rachricht warteten zwey Wardger am
der Thuͤr, die den Befehl ihn zu. .ermorden empfame -
sen hatten, und, dba Blud gleich hinter feinem
Heren vie Thür vor deſſen uͤbrigem Gefolge verſchloß,
mit ihren Gchwertern ansfhhrtn. WBaräfıbto
begab fih jegt zu Den Petſchenetzen, mittelſt ihrer
Huͤlfe den Tod feines geliebten Herrn an Wladi⸗
mirn gu raͤchen, und machte fich wirklich fo furcht
bar, daß Wladimir es für einen großen. Be
winn hielt, als er nach Verlauf: einiger Jahre W
raͤſch kon endlih durch vorsheilfaftes Anerbiethen
bewog, nah Rußland zurück zu kommen, und ihm
als feinem Großfuͤrflen zu huldigen.
Dieſer Krieg zog Wladimirn noch eine Un⸗ Wlabdimir
gelegeubeit zu. Denn feine waroͤtiſchen Huͤlfsvoller ne de
begehrien für ihren Dienß bed der Einfhließung giien _
Kiews ein Löfegeld von jedem Kopfe der Einwohner, Ariegsdle
näbmlib = Griwen für die Perſon. Der ſolane tt
Wladimir verſprach, fie ſollten nad einer gewie
fen Friſt, indem bie Kiewer den Betrag erfi dur
Verldiedene
* Voͤlker b be⸗
4Erſter Abſchnitt. Anfang
ef. Begehren die Antwort gab: „wenn ed Goͤtt
wären, We feinen Sohn. begehrem , ſo möchte ein
won denſelben ihn abholen.’ Diefer verſpottende A
Achlag brachte das Wolf fo -fehr auf, daß es u
BGemalt in die Wohnung des Waraͤgers drang, u
‚denfelben nebft feinen Sohne tadtee. - .@
* Sefandfihaften : verſchiedener Voͤlker wost
Bafate, Wladimtien gu dewegen, daß er feiı
müůhen fih Religion entfoge , und -Kıh zu der iWrigen beken
Wladimir Ginige priefen ip die Dehre Wuhanebs an, Ant
zu ihremXes
ligions ge⸗
re riechen ihm, zum Judenthume uͤberzutreten, w
genoffen zu der Andere zum Chriſtenthume. Lange wankte
machen
md wog Vortheil gegen Vortheil ab; er wollte 4
‚.„ fange une die bequemere und feine Leidenfchaft 1
}
sänftigenbe Religion: waͤhlen, fand ‚aber bald ar
In Dice etwas , das ihm nicht behagte.
.- Man fagt > der griechiſche Philoſoph € o
ken t:a-uud deſſen Bruder Methodias hi
sen ſehr vieles beygetragen, daB Wladimir vor ı
den anderen Religionen die griechifch » Griflige f
nr und fein Bolt. wäßlte.
Als Wladimirs Abgeorbneie , ‚die ee In v
Abichene Länder ſchickte, um mit den verſchieden
:Reigionslehren und Gebraͤuchen vertraut zu w
ben‘, ans Eonflaptinopel, wo: fir zulegs waren, ;
ruckkamen, brachten fie genaue Nachricht von alle
‚was. fie gefehen und gehört hatten, Sie geſtand
daß auf-fie, der griechiſch⸗ chriſtliche Gotlesdie
»zu Confantinopel deu größten Eindrud gema
‚bätte; es ſchien, fagten fie, als wäre in der ©
phienkirche die Herrlichkeit Gottes vom Himmel |
: @xde herabgelummen ; unwilfürlich fegen ſie vor d
„fer. auf das Angeſicht gefallen, am im Staube «
Beben zu Können,
des.rufflfeheh Meiches.- 49,
In der allgemeinen Raͤthsverſammlung, inder
die Abgeordneten ſprachen, wurde nun einſtimmig
beſchloſſen, daß die griechiſche Religion um ſo mehr
anzunehmen ſey, als fie die Großkuͤrſtina Olge;
die weiſeſte unter den Menfchen, angenommen. hätte,
Ob nun ſchon diefes Entfchlußes gemäß die
Einführung der griechiſchen Religion außer ollen
Zweifel fand, fo zoͤgerte han doch damit, weil man
Mn Bu ie:
Mer A EN... *
2
Wladimir
entſchließt
ſich, die grie⸗
chiſch⸗chriſt⸗
‚ide Reli⸗
n- anzu⸗
nebineh.
diefe Religion von den Griechen nicht als eine Gunſt
annehmen ,. ſondern von dieſen als eine Wohlthat
ſich bezahlen laſſen wollte,
In diefer Mbfiht ging Wladimir im Jahre
988 mit einem Heere vor die Stadt Korſun, und
belagerte fie: Aber die Einwohner vertheidigten fie
g88.
fo. tapfer, daß er nach einer langdaurenden Belage⸗
tung noch niht den mindeſten« Anfchein zur Erobe⸗
sung fahre. Daher freuete es ihn defio mehr, als
ihm nach einer fo lang gedaurrten vergeblichen Bea
mühung ein Korfuner, Anaſtaſtus, mittelſt eines
in ‚fein Lager abgeſchickten Pfeiles entdeckte daß et |
durch Ableitung der in feiner Gewalt babenden Quel⸗
len, aus welchen die Stadt ihr Waffer. bekomme, ein
unfeblhares Mittel zur Erzwingung ber Uebergabe
befipe. In der erfien Empfindung diefer Freude that
er das Geluͤbde, wenn er durch dieſes angezeigte Mita
tel die Stadt bekommen follte , id — die Tau⸗
fe zu empfangen. So bald ihm der ‚Wafiermangel
die Stadt verfhafft Batte, ſchickte er eine Öefandes
ſchaft nah Conſtautinopel, durch welche er den Kai⸗
fra Bafl und € o nſt antin angeigse, daß, wenn
fie ibm ihre zwey Tage nad bein Tode ihres Bas
lers, des Zaiſers Romanns, im Jahre 965 ger
borue einzige unverbeirathete Schwefler Atına zur
Gemahlion ‚geben, umd für. den ibr ‚gebüßrenden
Brautfhap. ihm feine: jegt. gemachte Eroberung a
D
Geſch. Ruſl. ı, Band,
50 | Erſter Abſchnitt. Anfang
treten tohrden, er mit ihnen nicht bloß, Frieden,
dern auch einen. engen Freundſqh aftsbund ſchl
wöärde, widrigen Falles aber als ihr Feind, mi
wen machtigen Heere fie in ihrer Hauptſtadt a
hen, und alle Tritte feines Weges durch bie fd
Uhren Berbeerungen begeichnen wolle. Die con
. sinopolttanifchen Kaifer bifanden fich bey diefer
derung in der Äußerfien Verlegenheit. Denn a
diefem ruſſiſchen Kriege mußten fie wider einen ii
- Eichen Feind kaͤmpfen, der ih gegeu ie empoͤrte
fo gufen Fortgang hatte, daß fie Gefahr liete:
möchte die Kaiferfrone ihnen entreißen,; ihnen
gebrach es fo. wohl an Kriegsmannſchaft als
Geld, diefelbe nad Erforderniß der gegenwaͤr
Noth zu verſtaͤrken. Bey fo bewandten Umfid
antivorteten' fie Wladimirn, daß ie ihm,
. aater den‘ Bedingungen feinen Wänfhen gu will
ren bereit feyen,, wenn er vor der Vermaͤhlung d
die Zaufe fh zum Cheiſtenthume ‚wenden ,
ihnen mir einem mächtigen Heere wider ihre En
ser zu Huͤlfe Pommen wollte. Wladimir erl
te ſich, beydes einzugehen, und verlangte nur die‘
änderung in der Art der Erfüllung diefer. Gegen
dernugen der Kaifer, daß diefe den Anfang. mit
firedung der beyden Verbindlichkeiten machen,
zuvoͤrderſt ihm ihre Schweſter zuführen follten, !
auf er, fo bald fie ihm dieſelbe uͤberbracht haben r
"ben, fi saufen laffen wollte. Die Kälfer ließen
dieſes gefallen, ob fie wohl-einfahen, daß fie dad!
in Wladimir Wilür ſtellten, ob er fein ih
gegebenes Wore wegen feiner Zaufe erfüllen, ı
ein Heide verbleiben wollte, weil er nun and
ein Heide ihre, feiner Gewalt uͤberlieferte, Schwi
wider ihren Willen zur Heirath zwingen kon
Die Prinzeſſinn, welche dieſes näher anging, —
x
®
des ruſſiſchen Meiches. gı
gerte ſich aufs Kefeigfte, Wladimita cher ihre Hand
ga reichen, ale bis er das Chriſtenthum durch die Tau
angenommen’ haben würde. Die beyden Kaifer,
ihre Brüder, liefen fih dadurch nicht irre machen,
hörten, weil es bie trantige Lage des Staates und
deffen Iuteroffe zu fordern ſchien,, ihr Flehen nice,
und wißigten in Wlabimirg Begehren.
Anna ward mit.befitiiumen Herzes, in Begleitung Wladimir
eines zahlreichen Hofſtaates, der Bifhöfe und übrigen empfängt
Seiſtlidteit, die das Bekehruugsgeſchaͤlt forderte, und bewegt
nach Korſuu geſchickt. Dort empfing Wladimir feine Unter:
die Eaufe, md wurde nad diefer mit der Hein. reiben m
zeſſiun getrauet. Gleich hetnach ging er mit feiner chun.
ganzen Madt feinen nenen Schwägeen zu helfen, die -
feine miegebrachten Lenie gar Belegung ihrer Schif⸗
fe gebrauchten, und, weil ihre Gegner nicht vermu⸗
tzeten, auf diefer Seite angegriffen zu werden, ds
nen entſcheidenden und wenig keoſtenden Sieg über '
hie davon trugen *). Nach feier Küdfunfs räumte
er Korſun den Griechen ‚wieder ein, und nahm nur
die Sebeine des’ h. Clentens und deffen Südgers Phoͤ⸗
Ins, nebſt andere Heiligthuͤmern, Kiechengefäße, Geift«
liche uad- einige Statuen gut Denkmahle feiner Eros
berung mit ih nach Kiew. Kaum langte der in die⸗
fer Hauptſtadt au, fo ließ er alle Abbildungen ſei⸗
ner vorher ſo hoch verehrten Götter niederreißen und
vernichten. Alsdann ließ er durch die ganze Stadt
ausrufen , daß ale; die ſich folgenden Tages nicht
zur Taafe am Fluffe Potſchajna einfleflen, für Un
schorfame angeſehen werben follsen. Diefe Drohung
iu Verbindung mit einem der Denfungsart des ges
meinen Mannes angemeſſenen rnonte, dab daß die Tau-
*) Elmacini hist, —* editionis Brpinianuk pP.
212 el 313.
52 Erſter Abſchnitt. Anfang
fe deßwegen gut ſeyn mäffe, weil der Großfuͤrſt und
Bojaren, die, ſo wie am Range alſo auch au Einſich
über fie erhaben find-, ſich haͤtten taufen laſſen, bewi
die Taufe von vielen Tauſeuden. Die Oberaufficht ü
diefe neugepflanzte Kirche erhielt ein aus Griechenl
gefchichter Sprer, Michael, unter dem Zitel ei
Merropoliten in Kiew. Ban erbauete nun eine Kir
zu Ehren des h. Bafılins, die aber nur von H
. war, weil der Großfuͤrſt, als er der 5. Maria ı
Reinerne aufbauen. wollte, ſich erfi Banmeifter «
,, Griechenland verfpreiben mußte. Nach diefem
feinem Wohnfige gemachten Anfauge verfpidte er
fein weitläuftiges Land Geiſtliche, die Einwoh
.. desfelben zu Ehriften gu bilden, erbauete ollenthall
Kirchen, und errichtete im Jahre 992 zu Romgoi
. einen ergbifchöflichen ‚sa Tſchornigow ‘aber, Wla
mer und:Bjeljorod biſchoͤſliche Size. Das Lober
wuͤrdigſte hierbey war, daß er auch für deg Unt
richt der neuen Epriften forgte, und in diefer Abfi
Schulen anlegte, wo Lefen, Schreiben und die Le
füge des Chriſtenthums erlernt werden follten, u
Die Aeltern, vorzüglich Standesperfonen, durch firen
Befehle anbielt ;:ihre Kinder in dieſelbe zu ſchick
Der Eifer Wladimirs-für die- Ausbreitung f
nes neuongenommenen Glaubens erſtreckte fich fo we
daß er fogar den Bulgaren einen Lehrer desſelbe
Marcns, zuſchickte, der, ob er wohl wenige da
unter belehren kounte, doch nicht ganz fruchtlos fei
Arbeit anwendete, indem er viel: bulgarifhe Fuͤrſt
bewog, fib u Wlad im ir n zu begeben, und taı
fen gu laffen, Auch kam (dom im Jahre 988, da
fih in Korſun aufpielt, ein petſchenegiſcher Fuͤrſt, M
tigan, zu ihm, um durch die Zaufe zum Chriſte
thume uͤberzutreten, und im Jahre 991 folgte ein a
des ruſſiſchen Reiches. 53
derer, Rusfchng, niefem Bayfpide feines Sande
manned.’
Natuͤrclecher Weiſe waren alle Rinder des Gres. Wiladimie
fürfen mit: unter den erſten Taäͤuflingen zu Sem, beſtimmt je⸗
Hher nur von. dreyen weiß man die Taufnabmen, kinen zur
naͤhmlich daß Jaͤoslaw Georg, Boris an den von
Romanus und Gljeb David genannt wur⸗ ber den
den, da er doch vermuthlich ſchon jetzt bis auf eine Ländern.
Tochter, Maria, die ihm die griechifche Prittzeſ⸗
kan Anna Romanmomwna nachher gebar, alle er⸗
zengt hatte, indem aus drůcklich gemeldet wird, daß er
nach ſeiner Vermaͤhlung mit der griechiſchen Prin⸗
zeſſtun alle feine: Berbindungen mit den vorher gehab⸗
ten Grauen und Kebsweibern aufgehaben habe, und-
enter dem. Jahre 988 die Nahmen aller zwölf Soͤß⸗
ne, ats bereits lebend, Angezeigt werden, worauf
fogleih ein Bericht von Vertheiluug feines weitlaͤufti⸗
gen Gebiethes unter biefe feine Kinder uach dem damahls
in. den allermeifien Landern uͤblichen Staatsrechte |
folget.
Ä Auch das Gemuͤth des. als Heiden ſehr rohen Wohlchacie
und gewaltthaͤtigen Wladim ir s veraͤnderte ſich, Wirkungen
nachdem er ein Chriſt geworden, und zwar fo fehr, me —
daß er faſt auf der entgegengefegten Seite das rechte fienchums.
Maß überfgritt, und wur blaß in Kriegsvorfaͤllen
kb als den norigen Mann bewies, Er verfhaffte-
feinem Reihe dur: Erbauung vieler. Städte, ‚wor -
nehmlich außer des. fihon gelegentlich angeführten
Bielgorod, au den andera an den Flüffen Defna;
Wirt, Teubeſcha, Sula, Stugna ‚gelegenen Städ-
ten, fowehl mehrere Bequemlichfeiten für den Nab⸗
rungsftend als größere Sicherheit wider die Einfälle
der Nachbarn, beſonders der Perfchenegen. Denn
diefes Volk, welches fa nur. von Berau bung anderer -
oͤlker lebte. heun ruhigte unaufhoͤrlich fein Ge
54 Erſter Abſchnitt. Anfang.
bieth; Wieberlagen nd gluͤckliche Berrihtungen re
sen es gleib ſtark zur Wiederholung feiner. Rau
züe. Als Wladimir im Jahre 998 aus einı
—* Feldzugt wider Die Chorwaten zerü
Lehrte, und mit Diefem mitgebrachten Heere ein
ſolchen Baubzug hemmen wollte; ſo begugnete er fi
nem Feinde bey Dem Irubeſcha, fo daß dieſer Fl
: Re mon sinonder treunte, Keiner von bryden u
Aerſtand fich Deu lichergong über den Fluß ga w
sen. Der priſchenegiſche Fuͤrſt aber char über }
‚Bloß mis lauter Stimme Wiadimirn den A
trag, einen Moun dem, den er fiellen wolle, eı
argen gufegen, unter den Bedingaiffen, Daß , wofe
Wladimirs Kämpfer den Petfheuegen uͤberwi
de, Die Petſchenegen drey Jahrr Ach aller Feind
Uigkeiten gegen Wladimirs. Länder enthalte
mwofern hingegen der Petſchenege deuſelben übermwi
tige, fie eine Then fo lange Zeit dieſelben frey vı
heeren Sollten. Wladimir bemüihete fich biera
anter:feinem ganzen Heere einen auszafinden, d
freywillig fih zu Diefem Zweylampfe verſtaͤnde;
faul oder allen in ſeinem Heere das Herj, old u
‚ folgenden Tage die Petſchenegen ihren Vorfechter
feutlich aufsretem ließen, aud fo jeder Ruſſe duı
eigenen Augenſchein deſſen riefenmäßige Größe ı
kauute. Dob als Wladimir ſchon feine Ho
nung aufgegeben hatte, breitete ihm «in alı
Mann, daß er, der mit via Soͤhnen dieſem Zel
zuge beywohne, feinen jüngſten Sohn gu Haufe <
Iaffen hätte, der non feiner Kindheit an nie v
irgend einem bezwungen worden ſey, und ben
ainmahl geſcholten hätte, als er ein eben in Haͤ
den gehabtes Ochſenfell zerriß. Der Großfuͤrſt li
dieſen herbey fordern, und befragte ihn, ob er fi
die Itebernaßme des Kampfes mit denr Petiheneg
des ruffifchen Meies ⸗
zutraue. De Juͤngling erwleberte: FZuͤrſt, ich ken⸗
ne meine Staͤrke nit , laß mich aber prüfen;
bat man hier einen großen und arten Ochſend
WBladimir geboth, einen Marken Stier zu brin⸗
gen, und mit einem glähenden Eifen zur Wuth anf
zureizen. Als der Ochs in feinem Grimme Bey
dem Sünglinge vorbey lief, faßte ihn derſelbe mit
"der Hand an der Sitte, und riß ihm ein großes
Sta® Zleifh heraus. Nah diefer: Prüfung ers
kannte ihn Wladimir tüchtig, die Gbre ſeines
Bolkes gegen den Peiſchenegen zu reiten. Diefer nad
feine Landsleute lachten Anfangs , dab ein Juͤug⸗
Iing von gewöhnlicher Leibesgröße die Sache mit Ihe
rem Miefen aufnahm. Aber bald verwandelte fi
ihr Laden in Zraurigfeit, Denn als: nach sinigem
Ringen der Ruffe feinen Seguer zwiſchens (star Ar⸗
men erſtickte; und iodt zur Erde warfe Yo erhuben
fie ein eutfegliches Sehrul, und nahmen die Flucht,
Da aber beode Heere, jedes zur Beſchiemuug fel-
nes Verfechters wider unrebliches Derfodren,. unter
Gewehre flanden, wurben fie guf der Stelle ver
folgt, nnd erlitten großen Berluf. Wladimir
belohnte den Urheber dieſes ihm verſchafften Sicges
mit hohen Ehreuſtellen, zu welchen er deuſelben uch
feinem Vater erhob, und legte an ber Stelle, wo
dieſes vorging, Die Stadt Perejaslaw au. Im Jab⸗
te 996 weihete ber Großfuͤrſt die jeht volleudete Mär
rienkirche zu Kiew Durch ein Gebeth, welches er dar⸗
in verrichtete, durch ein großes Oaſtmmahl, mit dem
er feine Bbjaren und Haͤupter Der Reglieruag be
wirthete, und durch reichliches Aſmoſen ay die Ar⸗
996.
murh ein; begabte auch dieſe meine Kirche mit dem. -
Sehenten aller feiner Einkünfte, mordder 'er eine
ſchriftliche mit einem ſchweren Elite und der Ber
finhung eines Jeden, der es wagen moͤchte, diefe
36 Erſter Abſchnitt. Anfang
feine Schenkung zu kraͤnken, befeſtigte Urkunde
Die Kirche niederlegte. Bald darauf erdreiſteten f
die Pecſchenegen, aufs neue Beute in feinem Lan
zu ſuchen, und kamen vor Wahlen‘, wo ihn
Wlademir mit einer weit geriugern Mannfc
6b widerſetzte, in dieſer Schlacht aber von ig
weit gräßrın Zahl übermannt und dergeſtalt eir
ſchloſſen: ward, daß er ein Geluͤbde that, falls
feine Perfon aus diefer Gefahr rettete, eine Kir:
„der Verklaͤrung Chriſti, welcher Begebenheit €
daͤchtuiß Dan dieſen Tag feperte, zu Waßlew zu ı
bauen. Als er nun durch feine Verbergung un
eine Brücke dieſen Feisden entwiſchte, die mit d
in feinem Lager gefundenen Habſeligkeiten und a
andern Diten des Ihnen offenfiefenden Land
weogenawmenm Haube -ereihert in ihr Yand zuri
gings «fo erfüllte er feln Geloͤbde, ſtellte auch nı
Der Orundlegnag: dar Kirche sine große adhttägi
Bafiguen:an; auch die Armen gingen nice leer, aı
da ‚fe gan-Bripen empfingen. Ben feiner Rüdku:
gu Riem bewirthets er wieher bier eine große Men
Eeute am; Tage bes Himmelfahrt Mariens, und f
Diefer Zait that er jährlich ein Gleiches. Diefe u
ale: nockherigen Mildthaͤtigkeiten bewies er the
amd. einer berpficheg Freunde, daB er nun lauter Ch
ſten um -fichofahe,, ‚heile weil er aus der Bibel
lernte, daß dns Ehrifenubum biefes von feinen 2
Bruuern foxdere. Der Griedeushand ſeiner Unt
Manen.ward weder durch die Ungarn, noch durch
Bohlen oder Boͤhmen geſtoͤrt, weil er mit den 2
herr ſcheru, dieſer drey Völker ein befländiges gui
‚Bernehmen unterbielt, Allein non Raͤuberband
mußten fie viel leiden. Denn diefe vermehrten |
Jedr ſtark, weil Wiadimir indem Jrerthume far
bap rin Fuͤrſt nqch den Sägen des Chrifienshyn
/
.
des ruſſiſchen Reiches. 57
eine ſchwere Simde begehe, wenn er, außer im Krie⸗
ge, einigen Dienfchen das Leben nehme, und in dies
fem Irrthume ein feyerliches Gelübde gethan Hatte,
Beinen Miſſethaͤter mit dem Tode zu beſtrafen. Als
iin aber die Geiſtlichkeit hierüber beſſer unterrichtete,
änderte ex dieſe feine Eatſcheßung, und verſchaffte
dar die Hinrichtung einiger Straßenraͤubet feinen
ruhigen Uaterthanen' gar bald die vorige Sicherheit
ihrer Perfonen und Güter wieder. Auch verſtaͤrkte
er feine Kriegsmacht dadurch, daB er die, welde
darunter aus eigenem Vermoͤgen fi nicht hinreie
hend ausrüſten Fonnten, mic Waffen und Pferden
vderſahe. Im Jahre 995 unternahm er ‘mit derſel⸗
ben einen Bug ind Land der Petſchenegen, in dem
Gedanken, Durch dieſes Mistel eudlih einmapl fein
Land von den Meberziefungen: diefed Volkes zu ber
fteyen. Aber die Petſcheuegen bedienten ſich viel⸗
mehr der Nachricht, die fie von dieſer Eytfernung
feiner Kriegemacht von Kiew empfingen, als: einer
son ihm gegebenen günftiger Gelegenheit, die Nach⸗
barfchaft von Kiew, ohne einigen Widerfiand be
fürchten zu dürfen, audzuplündern. Als» fie Bjel⸗
gorod einige Beit eingefperrt gehalten hatten, gebra⸗
sen die Lebenspittel den Einwohnern. Diefer Ran
gel bewog- Diefelben zu dem Entfchluffe, zur Ver⸗
meidung des ſchrecklichen und ihnen allen ‚gewiflen
Hungertodes, fi ‚lieber in die Gewait der Petſche⸗
negen zu überliefern, welche vermuthlich fie als.
Selaven brauden, folglich ihnen das Leben nicht
nehmen wärben. Aber ein alter Mann zog fie durch
eine finureihe Erfindung aus diefer Noch, indem
er fie überredete , die Uebergabe noch drey Tage an⸗
** zu laffen, uud mittlerweile allenthalben «le
len noch übrigen Vorrath von Lebensmittel aufzu⸗
fügen, und zuſammen zu bringen. Hierauf ließ er.
99%-
Dann 3
„
58 Erſter Abſchnitt. Anfang
Faͤſſer in die Erde graben, und in das Eine duͤnt
‚ungelodten Brey, in das andere Honig gießen, u
machte verdeckte Röhren ,- mittelft welter man t
Abgang, wenn man etwas aus diefen Faͤſſern h
ausnahm, unvermerft erfegen konnte. Alsdanu
gehrten die Staͤdter, daß die Petſchenegen gegen
ihnen durch Geißeln aus ihrem Mittel gegebene
cherheit Abgeordnete zu einer Unterhaublung in
BStadt fenden moͤchten. Ob aber dieſe gleich zu d
. fern Geſchaͤfte sehn Männer auserſahen, bie fie
defonders Hug adhteten ; ſo waren diefelben d
dumm genug, fi) von den Belagerten aufbinben
Taffen , daß ihnen Hinreihende Gpeife und Gerr:
aus der Erde bervorguelle, und fie diefelbe and !
etwäßnten Faͤſſern, die man gegen fie für Brun
eusgab , nur ſchoͤpfen und foden dürften, 2
Haͤupter ihres Heeres bewiefen fiih bey Vorzeigu
des Mehlbredes und des aus dem aus der andı
Grube genommenen Honige zubereiteten Merbes eb
fo leichtgläubig, umd zogen aus Furcht, bey einem Ki
gern Verweilen von der Macht des zurͤckkommend
Sroß fuͤrſten überfallen zu werden, in ihr Land guri
/ Endlich verbitterte ein haͤusliches Leiden
Fledimirt lehten Tage des ruſſiſchen Broßfürften. Deun
1003.
Sohn Jaͤros law, welchem er das durch. U
ſichelaws Tod im Jahre 1003 erledigte beſſ
Nowgorod für Roſtow ertheilte, welches aun dei
Bruder Boris erhielt, bewies ſich fo undankb
daß er ihm die vorbehaltene jährliche Abgabe ı
2000 Öriwen, moju die Bewöhner der Stadt
eide Hälfte zufammengefchoffen, da die ‚audere u
dein Einkonimen des Fürften bezahlt werden ſoll
nicht ‚ablieferte. Diefe Beleidigung ersürnte 8 I
dimirn fo fehr,. daß er die Straßen von Ki
ing Gebisth des ungehorfomen Säroglems zı
des ruſiſhen ceihes 39
Buge cjues zablreichen Here, „mit weldem er den⸗
felben beſtrafen wollte, bequem machen ließ. Jaͤ⸗
ros law ſchickte über die See, Waroͤger zu feiner
Berspeidigung herbey zu rufen, indeß eine Kranke
beit, die Wiedimirn im Jahre 1015. zu Bere
how uherſjet, den Ausbench eints fo unnatürlichn u, -
Krieges heuumte: Die. Zuſammenziehung ber Kriegs
macht Windimirs zu diefer Abſicht ſchaffte vick«
‚ mehr deffen Unteribaneg. Den großen Mugen , daß er, .
als Die Petſchenegen nach ‚ihres Gewobhnheit bey ih⸗
nen Beute fuchen wollsen, ihnen ſogleich Diefeibe un»
ter Anführuug. feines Sohnes Boris surgegen fihie
den konnte, Die, fo bald fie dieſes hörten, bag:
Land rdumten, Bisslerweile beihloß der Sroßfuͤrſt
au einer Krankheit am 15194 Bulind das Leben.
Die Anweſeabden brachten, weil fie es mit den Swaͤ⸗
tepolfdem Sohne Wladimira *), hielten, and zu deſ⸗ Swaͤtopolt
ſen Bortheile dieſes Abſter ben heimlich halten wollen, — —
Wladimir Leiche, als den Icheudigen —* ermordet.
in einem Schlitten nach Kiew, wo man ihn (doch ver ⸗ zwey Brüs
muiblich er nad Verlauf einer ziemlichen Zeit) in der.
einem marmornen Serge au die Seite feiner Aus
na "*) mit fürflichen Gepränge, von allen feinen
Unterthanen mit dem Beynahmen des Großen ber
ehrt, und nog. Allen Demeint, in ber Marienkirche
heerdigte, Denn wahrſcheinlich verhehlte Sm aͤ⸗
to polt fehr lange diefen Todesfall, weil er wuͤuſch⸗
je, vor der Bekanntwerdung desſelben fo viel von. ſei⸗
nen in ihren Landtheilen lebenden Brüdern in feine
Gewalt zu bekommen, ala ihm möglich wäre, DB
Smwätopolf gleih fh ſtellte, als wenn er für’
feinen. Eranfen Bater: auf. beffen WBerlangen die Res
*) Wladimir hatte folgende Söhne: Wiſcheslaw Ißjastaw
Aſtislaw Jaͤroslaw, Wſewolod und Swaͤtopolk und
zwey Töchter von Rogneda .
9) Ditmar, Merseb,:p. m, 104.
)
t
0 Eifer Abſchnitt. Anfahg
gierungsgefdäfte beforgte , wobey er durch Verthe
lung veichlicder Geſthenke die Kiewer an Ab 3
jichen trachtete; To empfing doch Boris auf di
Nuͤckkehr von feinen: Kriegszuge die Britung von dei
Zode feines Vaters, und machte am deni Fluſſe O
4a Halt. Umſonſt redete man ihm jege zu, ſeit
anterhabende Kriegsmacht geraden Weges nach Kie
zu führen , :und ſich mittelſt derſelben der Perfe
Smwätapelfs.und des großfäsfllidden Thron:
zu bemädrigen. Denn ſelbſt zu Kiew waren d
meiften Gemuͤther, angeachtet der gegenmärtig:
Freundlichkeit und Freygebigkeit Swätopolke
dieſem Boris ergeben, welder feiner fanften Si
ten wegen aud von Wladimirn vorzuglih «
liebt wurde. Boris bejeugte über dioſen Vortre
Die hoͤchſte Verabſcheuung, und. erklaͤrte ſich d«
durch feines Vaters Ted Swaͤtopolt, dis d
élteſte Sohn, in deſſen Stelle gerreten ſey, und
folglich desfelben als feinen Vater verehren, und vo
demſelben als ei Sohn geliebt werden wmärbe. A
eite fo. ensfiheidende Verneinung blieb. das Krieg:
herr wicht: länger beyſammen, fondern zerſtreut
fh in Die gewöhnlichen Aufenthaltsorte; B orig obı
verblieb mit feinen Bedienten an eben dem Drii
‚und. Swaͤtopoll lich ihm da durch: Abgeordne
«
die größten Sreundfihuftserbieikungen thun , da ı
doch bey naͤchtlicher est heimlich in der Abficht na
Wiſchegorod ging, um dort Meuchelmbrder aufzu
bringen. Ben feiner Ankunft berief er Putſch
und. die Bojaren won Wifchegored zu fi, und ei
theilte denfelben, als fie auf feine Anfrage: ob ı
auf ihre ihm zugefagte Treue bauen follte? di
‚Verfiherubg getdan, daß fie auch ihr Leben fü
ihn laſſen wollten, den Auftrag, in größser Stil
die Ermordung des Poris zu beſorgen. Die Bi
. des zuffifchen Reiches. | 9
ſewichter, welche diefes niederträchtige Verbrechen
übernahmrn, naheten fich während des Frühgottes⸗
dienſtes dem Gezelte des unſchuldigen Prinzen, der,
da mon ibm von Ihrer Ankunft und derſelben Urſa⸗
de benachrichtigte, in feinem Gebethe fortführ, und
fo nebft vielen Bedienten in feinem &egelte erſto⸗
chen wurde. Den Körper wickelte man ins Gezelt,
und führte ihn nah Wifchegorod, Auf. dem Wege
aber fpürte man noch Athem in ibm; Swdio«
pol ſahe dieß, und feine Grauſamkeit erfiredite.
ih fo weit, daB er ihm durch wen Waraͤger noch⸗
mabls das Herz durchſtechen lieg. Sljeb empfing
die Nachricht von allem diefem zur Warnung, fi
nad Moͤglichkeit vor einem gleichem Ungluͤcke zu bes
wohren. Allein inzwifhen, als Bljeb mit lauten
Klaggeſchrey und einem Thränenguffe feines Vaters
Abfterben, feines Bruders Grmordung und die ihm
felbfk drohende Lebensgefahr bejammerte, erſchieuen
ſchon die ehrloſen Vollſtrecker brudermoͤrderiſcher Ab»
fichten, beſtiegen mit gewaffneter Hand Gljebs
Fahrzeug, deſſen Bediente ſogleich den Muth verlo⸗
sen, und das Schickſal ihres Herrn der Willkür
dieſer Boͤſewichter uͤberließen. Ja alg einer derſel⸗
ben, Soraſer, den Befehl gab, ihm die Gurgel
abzuſchneiden; fo verrichtete dieſes Gljebs eigener
Koch mit einem Meſſer. Ein Bruder dieſer Umge⸗
kommenen, Swätoslam, glaubte durch die Flucht
nach Ungern fein Zeben zu retten; allein man hol⸗
te iin unter Weges ein, und tödtete ihn auf der Stel⸗
le, wo man ibn antraf.- Sljebs Leichnam blieb
Einige Zeit am Ufer liegen, bis man ihn fand, und
gu feinem Bruder Boris in die Baftiliuskirche
nach Wifchegored führte, Unter diefen Umſtaͤnden
befand fib Jaͤroslaw zu Rowgorod in der aͤn⸗
herſten Verlegenheit, wie er ih wider Sw ds
N y
6. Erfler Abſchnitt. Anfang
soltd Blutdurſt ſchüzen koöͤnne. Denu die vo
ihm zur Vertheidigung in dem Kriege, mit dei
ihn fein Vater bedrohete, berufenen Wardger, die
auf den Kuhm ihrer Tapferkeit und die. Norhwendi,
keit ihrer Hülfe trogenden Kriegsmaͤnner, kount
unmoͤglich mit den mit nicht geringerem Stolze fi
ihre Freyheiten eingenosmenen Nowgorodern in e
ner Stadt lange in Einigkeit. leben; und hieran
entftanden tägliche Streitigfeiten und Schlägeren:
zwifchen beyden, bie zulegt die Nowgsroder inse
| fommt die Waffen wider diefe Fremdlinge ergriffe
and alle, die in — fich aufbrelten, toͤ
teten. Körssiam, ber Deforgte, die Rowgorod
möchten fid an feine Verſon wagen, Entferate fi
von ihnen, ging id feinen Pallaſt nah Rakom, uı
Heß ihnen ſagen, daß, dd. die von ihnen erſchlag
nen Wardger num elumahl tobt ſeden, und er dur
Fein Mittel fie wieder lebendig machen: koͤnne, ſeh
lich wünfde, das gute Vernehmen mit den Nowg
rodern wleder herzuſtellen, und ſich über die Wer
hierzu gu gelangen, mit den Haduptern der ſtaͤdtiſch
Regierung zu Nato zw unterredee. HS Me bief
feinen Worten glaubten, und Ad bey ihm einfe
sen, ließ er fie alle niedermachen. Ja dee folge
den Nacht katigte bie oben bereits erwaͤhnte Boı
ſchaft, durch weihe ihm feine ‚Schwerer fein
Vaters To, Swätonetits. Herrſchaft
Kiew, und deſſen gefährliche Auſchlaͤge wider fei
geſammten Bruͤber meldete, bey ihn du, und I
wog ihm, ganz entgenenfichende Mapregeku gu ergr
fen. Dean des Morgens hernach erfäten er n
srauersollenm &efichte und Vergießung vieler Thr
an in der Berfanmlung der Rowgereder, uad ı
dete fie mit ben Worten. an: Ach! liebſte Freund
Wenn die geſteru von mir Erſchlagenen noch lebte
⸗
des ruffifchen Reiches. 6 — |
' Heute Pönnten fie mir fehr nüsen. Denn mein
Vater iſt todt, Swaͤtopolk aber herrſcht gu
Kiew, und hat ſchon einige feiner Brüder des Lee
bens beraubt. Diefe Reuegeihen Jdroslams
erweichten die Herzen aller Begenmärtigen in einem
fo hohen Grade, daß fie mit einem Munde ihm den
Troſt zuſprachen: „Fuͤrſt, find gleich unfere Brüder -
„erſchlagen; fo leben wir doch noch, und koͤnnen für
‚di fechten.“ 50 kounte Zäroslam außer tau⸗
(end Wardgeru, ein Heer von 40000 Einwohnern
feines Fürſtenthums aufbringen, und diefes fchien,
da er zumahl die Gerechtigkeit in dem Kriege wider
einen Brudermörder, und der auch feinem Leben
nachſtellte, auf feiner Seite gu haben glaubte, und
dieferwegen zuverfihilih anf den Beyſtaud Gottes
banete, ihm zahlreich genug zu feon, feinen Zeind
in deſſen eigenem Lande aufzufüchen. Diefer, hin⸗
gegen verſtaͤrkte die zu feinen Befehlen fiehenden ruſ⸗
ſiſchen Kriegsooͤlker mit Petſchenegen, uud bevde _
Sürften begegneten im Sabre 1016 mit ihren fü Ber 7 1016,
ſchaffenen Heeren einander bey Ljuberfh am Dujepr,
fo daß dieſer Fluß die Scheidung zwiſchen ihnen
machte. Sie befchaueten ih drey Monatpe lang in
dieſer Stellung.
Eine fo langwisige Hutäärigfeit 34 ro Slam 8 Smwätopoit
und feiner Rowgoroder , die mit ihm in dem Vor⸗ feinem rue
fage dieſen Kriegsgng unternahmen, ihm zu Kiew der Zäros-
den großfürfllichen Ihron zu verfhaffen , ſchien dem lad Hi |
Heeresführer Swdtopolto, Woilt ſſcheichwo R auper feinem
oder Wolfſchwanz, der Verhoͤhaung werth; und er Lande.
ritt manch mahl naͤher an den Fluß, und rufte ih⸗
nen zu: weßwegen fie mit ihrem Lahmen (3 d.c o 8⸗
law hatte einen Fehler au den Fuüßen) hierher
oelommen fen? ob fie meinten, es ſey einerlen Ar⸗
beit, Kriegedienſte gu verrichten, oder ihre Head»
4 Erſter Abſchuitt. Anfang
. sierung gu pflegen? fie taugten doch "bloß zu gi
merlenten, und möchten alfo nur kommen, ihnen a
Baulente An’ Kiew u dienen, Dieſe Spoͤtterey
erbitterten zuletzt die Nowgorode ſo, daß ſie ihre
Foͤrſten andenteten, morgenden Tages ber, den Fl
zu geben, und jeden, der nicht freywillig mitgeh
wolle, hinüber zu fihlenpen , oder zu tödten. Di
auf ertheilte Jaͤros law Befehl, dag fie noch b
dunkler Nacht übergehen, und zur lnterfcheidu
. alle ihre Köpfe mit weißen Zuͤchern umwinden fü
ten (welches Unterſcheidungszeichen lauge bey ti
ruffifchen Kriegsvoͤlkern iin Gebrauche verblieben il
Bor Tages Anbruch wareri fie ſchon über deu Dnj:
gelangt, und aus ihren Fahrzeugen ausgeßiegen,
fie in eben dem Augenblide vom Ufer abfließen, ı
Biermit ihre fefte Entſchloſſenheit, nicht wieder zur
zu kehren, fondern entweder zu fiegen oder ſich
Tode zu fechten, zu erfennen gaben. Da we
Swaͤtopolk noch irgend einer in feinem He
ih deſſen verſahe; fo hatte er dasſelbe zwiſchen zn
Seen gelagert, ſelbſt ober die ganze Nacht du
mit einigen Haͤuptern ſeiner Kriegsvoͤlker getrunk
Nichts deſto minder ward die Ueberwindum |
Nowgorodern einige Zeit durch tapfern Widerſt
erſchwert, die. ihnen nah Aller Wahrſcheinlich
nur deßwegen , weil fie ihre Gegner in ihrer Une
nung überfielen , und die Petfchenegen , die ein
dünnem Eife Belegter See von dem Im Gefechte
„griffenen übrigen Here Swaͤropolks trenn
weder auf Kähnen, noch. zu Fuß oder Pferde |
über fommen, und Swätopolfen helfen Bo
ten ,,. zu Theil ward. Der gefchlageie Swä
polk wich endlich in die See auf das Ei; «
vergrößerte dadurch feinen Verluſt, indem das
unter der Menge Renſchen brach, daß er folg
nu
S
des ruſſiſchen Reiches. 65
aur einen ſehr geringen Theil feines Heeres übrig |
behielt, und es faſt gang dur das Schwert der
Seinde, im Wafler und durch die Gefangenen , die
die Nowgoroder machten, einbüfte. Er fahe fi
nun gezwungen, alle Hoffnung, mit eigenen Kräfe
teu feinen Befieger vom Befibe von Kiew abzuhal⸗
ten, aufzugeben ; flüchtete daber zu feinem Schwie⸗
gervater Boleslam nah Pohlen, und überließ
Säroslamwen. fein ganzes Land, woradf diefer in
einem Alter von 38 Jahren den großfürftlihen Thron
zu Kiew beſtieg. Doc bald noͤthigte ihn Boles⸗
law, denfelben im Zahre 1018 Smätonolfen
aufs neue gu rdumen, und die Stadt Riem verlor
theils durch einen 1017 entflandenen Brand, heile ı
dur das pohlnifche Heer, einen großen Theil ihres
Glazes. Zäroylamın jagte der glüdlihe Er
folg dieſes Feldzugs Boles laws eine fo ge⸗
—
woltige Furcht ein, Daß er ſich nicht einmahl gu
Rowgorod vor ihm ficher duͤnkte, fondern über die
See zu den Wardgern flüchten wollte. Allein bie
Romgoroder kamen auf Antrieb ihres Poſadnik, der
vornehmften obrigfeitlihen Perſon, Snätin, der
In andern Abſchriften Neſters CE oufantin
heiße, der Ausführung dieſes Vorſehes durch Zer⸗
ſchlagung aller Fahrzeuge zuvor, und (prachen ihm
mit den Worten Much, zu, daß fie ſich noch traueten,
nis Eolesliamn und Swaͤtopolken zu mel
fen. Unverzüglich legten fie ſich eine gewiſſe Vich⸗
feuer‘, und über dieß vier Marder jedem Manne,
jedem Aelteſten 5 Griwen und jedem Bojaren 80 '
Griwen auf, und befoldeten Hiermit die Wardger ,
die fie ſelbſt (fo weit: erfixechte fih entweder ihre
Liche zu Idroslam oder Ihe Haß gegen Bo⸗
leslaw and Swaͤtopolf) jept zu fi berie
fen. Auf dieſe Art brachte Jaͤroslaw in Ge⸗
Seit. Kufl, ı. Wand, &
-
u — ur
66° Erfler Abſchnitt. Anfang
ſchwindigkeit ein fo zahlreiches Heer zuſammen, d
er wieder einen. Feldzug zur Erlangung des grı
fürſtlichen Thrones antreten fonnte , und Swät
polk nicht einmahl wagen durfte, in Kiew feiı
Angriff zu erwarten ,,. fondern zu den Petſchenet
ih begab. Denn feine Beſchirmer, die Pohlen, b
ten ihn verlaſſen, und nach den ruffiſchen Nacıri
sen entfernte er ſich ſelbſt durch eben fo große I
vernunft als Undantbarkeit. "Kaum: hatten fie i
den großfürfilichen Thron wieder verſchafft, fo gla
te er, auch ohne fie denfelber behaupten zu koͤnn
er hielt dic Bergeltungen , die er ihnen für |
ſchon geleifteten Dienf bezahlte‘, für ein weggem
feed Geld, und den Unterhalt, den er ihnen in
Orten, wo fie einquartirt lagen, reichen foll
für eine widetrechtliche Erpreffung; feinen Ru
aber allenehalben geheime Befehle ertheilte, alle P
len zu töbten, und diefen Befehl vollzog ı
an vieleh Orte. Er ſelbſt ſtellte fich beſtaͤt
als ein aufrichtiger Freund ſeiner Helfer, und w
te fie uͤberreden, daß alle dieſe Ermordungen w
ſeinen. Willen sefädhen, und ihn ſo ſehr, als
Fränften,, daß diefe bloß von der Heftigkeit des s
ſes herrüßrten, den die Kuffen gegen fie als A
23019
»-länder begten, und er folglich, ich gegen eine
pörung feiner Untertfanen und feine Wohlthaͤter
gen die Gewaltfamfeiten eines ihnen an der $
weit Überlegenen- Volkes fiber. zu flellen, fein a
res Mittel wiſſe, als daß das gefammte pohln
Heer aufs gefchwinbefe zuruͤckgehe. Swaͤto p
traueie fich nicht bey feiner zweyten Vertreibung
‚Kiew, nochmahls bey Bolbeslaw Hülfe zu
hen , foudern erſuchte Die Petſchenegen darüm. 2
verfahen ihn im Sabre 1019 mit zahlreihen Kri
voͤlkern, denen Jaͤros lawms Heer biym Olta
des ruffifchen Heiches, 67
auf der Stelle begegnete, wo Boris ermordet
worden war. Diefen Umſtand achtete Jaͤr oslaw
für ein gewiffes Borzeihen feines Sieges, und nach
einem Purzen Gebethe desſelben, daß Gott hier das
Blut eines unſchuldigen Abels an einem Kaine raͤ⸗
chen moͤchte, fing an einem Freytage mit dem Ans
bruche des Tages das heftigſte Gefecht au, das je
in. Rußland gewefen war, indem dag Blut der Er⸗
ſchlagenen über die Berge Herabfloß, und dreg Mahl
der Sieg von einem Theile zum andern überging,
bis er fi am Abende ganz fuͤr Jaͤras law erklaͤr⸗
te. Der überwundene Swaͤtopoll empfand fol
de Mattigfeit in den Bliedern, daß er nicht zu
Dferde. figen kounte, fondern auf feiner Zluht in
einer Sänfte fortgetragen. werden mußte. Hierbey
verfiel er in fole Verwirrung und Unruhe des Ges
müths, daß er in der Einbildung, als wenn ihm,
obgleich die Traͤger ihn gar bald in einen fihern Aufe
enthalt gebracht hatten, Zeinde nachkaͤmen, feine
Leute antrieb, mie. ihm immer weiter fort zu ges
ben, ‚Bis fie ugch durchgelaufenem pohlnifhen Ge⸗
biethe zu der Wüfle gelangten, die damahls Pob⸗
len und Böhmen von einander ſchied, wo er fein
Leben beſchloß.
Säroslamw gab. oder Geßdtigte 1019 ein 1019.
Geſetz buch, das wenigfiens das aͤlteſte aufbewahrte —*—
von allen ruffifchen Geſetzbuͤchern iſt, und durch ſei⸗ (bes Kedt.
“nen ganzen Juhalt entdedt, daß es mit den Of
hen der nordiſchen und anderer deutſchen Bölfer aus
einer Quelle gefloffen iſt.
Gegen andere Seinde gluͤckte es 8 droslamn 1081,
nicht immer fo, ald.gegen Swärpolt. Im Jah» ah Kite
ve zogı unternahm Brätfstslam, der 1001 fg,
feinem Baer AHjäglar Im Fuͤrſtenthume Pal-
se? gefolgt wor , viericht w Anreizung einiger
⸗
68 Erſter Abſchnitt. Anfang
mit Jaroslaws Regierung mißvergnuůgter No:
soder ‚ einen-Kriegsjug zur Eroberung dieſes
thums. Da er aber bey feiner Ankunft erfuhr,
er diefe Abſicht nicht erreichen koͤnne; fo woll
wenigſtens die Frucht vom Mefer Unternehmung
ernten, daß er viele Leute und eine Menge ©
dene daraus entführte. So fehr- er aber au
mit denſelben in fein Land im Sicherheit zu g
den ; fo begednete ihm doch Jaͤros law nahe
von Kiew aus gethanenen fiebentägigen Zuge
Fluſſe Sudomir, und zwang ihn nach einem
tigen Kampfe, mit Zurücklaſſung aller Bente
Befangenen als ein Gefchlagener nach feinem
ſtenthume zurück zu gehen, wiewohl Järos
“auch nach diefem über ihn erhaltenen Vortheile
ber durch. Abtretung der Städte Swihaͤtſch
Swidbjeſk feine Freundfihaft wieder erkaufen
ihn zum Feinde haben wollte. Ein fo guter Aui
dleſes Krieges fin Braͤtſchis law ermu
den Fuͤrſten von Tmutarakan Mlislam,.g
falls einen Verſuch zu thun, ob. er in Bekri
Säroslams eben fo glücklich ſeyn werde, d
wider die Kafogen gewefen wor. Da’fh Jaͤ
law ı024 in Romgorod aufbielt, meinte er,
ſen Abweſenheit zur Einnapnre der großfürf
\ Hauptfadt fih zu bedienen. Allein.ob er gleic
GE Kriegsmacht durch Kofaren und Kafogen
färkte; fo konnte er doch die Stadı Kiew ni
ſelne Gewalt bringen, Tondern mußte mit dei
maͤchtigung von Tſchernigow zufrieden ſeyn.
rosla w bewatb ſich, wieder dieſen neuen Feit
jfeinen gewöhnlichen. getreueſten Bundesgenvffen
Waraͤgern, um Hülfe, und es erſchien eine
‚Anzahl derfelden unter Jakunv oder nah A
Setup Anführung. Mirjam ruͤcte den
.. des. ruffifchen Reiches. 69
diefen Waraͤgern wider ihn, anziehenden Jaͤr a s⸗
Tam entgegen, und traf bey Liftyina mit demfel-
ben zufanmen, Mftiglam vereinigte, um den .
Gieg davon. zu tragen, Klugheit und Tapferkeit, Im
dieſer Abficht ſtellte er gegen Anbruch der Nacht fein
Heer in die Bereitfhaft zur Schlacht, und zwar fo,
dap er zur Schonung feiger Untertanen bloß Die
Hülfsoölter an die Spige ſtellte, und diefen nicht
eher, als. bis die Daukelheit ſchon fehe zugenommen
Batte , und während einem anfgefliegenen ſtarken
Doaner » und Regenwetter „ den Befehl zum An«
griffe ertheilte. Durch. diefeg unvermutheten Anfall
unter fo fihredlichen Umſtaͤnden fegte er Jaͤros⸗
lawg Heer in folhe Verwirrung, daß es, obwohl
erſt nach einem unter den Hülfsnölkern M Bist aws
angerichteten großen Blutvergießen, die Flucht er»
griff, oßue daB Mfiislam genoͤthigt word, feine
Ustertfanen in diefe Schlacht gu führen, oder den
Gefahren einer folgenden auszufegen, Deun I as
kun verlor fogar fein mit Gold geftidtes Gewand
anf dem Schlachtfelde, und dur die erlittene Nie—
derloge fo fehr allen Muth, daß, nachdem er mit.
Säroslam in größter Eile bis nah Nowgorod
zurückgegangen war, er übers Meer in fein Land.
zurückkehrte. Und eben Darüber erfreuete ih Mid, -
la mw bey diefem feinem Siege am, meiften,, daß ‘er
fo fürchterlihe Zeinde, als die Wardger waren,
bloß durch die Aufopferung des Lebens ausländis
fher Huͤlfsvoͤlker, deren große Zahl ihm ſonſt leicht
manche Ungelegenheit gemacht haben würde, aufge»
trieben fahe. Doch in Anfehung feines nun aller
Hoffnung , von ihm das Mindefte zu erzwingen, bes
taubsen Bruders exftredte ſich feine Maͤßigung bie
dahin, daß er demfelden algbald nah diefer ihm
verfepten Nicderlage melden ließ, daß er nie begehrt
10826,
„vo Erſter Abſchnitt. Anfang
Babe, oder je verlangen werde, feinem edit:
er als der erfigeborne Bruder auf den’ groß
chen Sig zu Kiew habe, Eintrag zu’ thun, fo
menu derfelbe fih erkläre, ihm das Land, n
er in diefem Kriege fchon unter feine Herefda
bracht, zu überlaffen, feiner Ruͤckkehr, um d
sierung zu Kiew zu führen, Feine Hinderung |
Weg legen wolle. Allen noch ſchlug Jaͤro
dieſes Erbiethen ans, und wollte lieber noch
Verſuch thun, ob er mittel der Waffen ihm
beffern Vergleich abnötfigen könnte, Fam ai
dieſer Abfiht 1026 mit einem zahlreichen Heer
Nowgorod wieder nah Kiew, wo fein Stati
fo lange one Mſtislaws Störung für ih
Regierung geführt hatte. Hierauf aber kam ei
{den bepden zn Gorodez gu einem Friedensver
in welchem fie den Dnjepr zur Grenzſcheidung
nunmebrigen Staaten annahmen, daB folglic
gegen Werten des Fluſſes gelegenen Länder X d
Iawn, hie Öftlihen hingegen Mlislawn
blieben , welcher diefelden von Tſchernigow au
herrſchte. Nach diefem errichteten Vertrage 1
Bielten tie ein befländiges gutes Beruehmen,,
bepder Unterthanen lebten unter einem Herrn
ſo glüͤcklich, ald unter dem andern. Deun M
law, ber fich im Kriege ald einen tapfern ©
ten und guten Feldherrn bewies, beſaß ein ſeh
tes Herz, und da er ſelbſt gutes Eſſen und gute
traͤnk liebte, empfand er auch darin fein Bei
gen, feihe Unterihanen eines gleih guten g
sheilbaft zu machen, fammelte folglih vom |
Einkünften nidt Schäge,, Tondern glaubte dag
am befien angewendet, welches er an feine .
mit reichliher Hand verfhenfte, wobey abe
von ibm vorzüglich geliebte Soldatenſtand vor
des ruſſiſchen Reiches. 71
Dern bedacht wurde. Eben fo ſehr beſchaͤftigte ſich
Jdros bawu mit Beförderung der Wohlfahrt feiner
Unterthanen,, indem er viele neue Städte, und un.
ser denfelben nad einem gluͤcklichen Feidzuge wider |
die Leiten in Liefiand 1030 eine, die er von feinem 1030.
Taufnahmen Jurjew nannte, erbauete. Im Jahre 1036° 1036.
erhielt Jaͤro s la w durch den Tod feines Bruders
Miislam alle feine, Länder. | Be
Als der norwegiſche König Olaf fi nicht Särostan
getrauete, fein Reich wider die vereinigte Macht ei⸗ DENT den
ner Menge mißvergnügter Unterthanen mit der gqu⸗ ndrwegis
zen Stärfe Knuds, des Beherrfhers von England, 83 Finis
Dänemark und anderer weitlaͤuftigen Staaten laͤn⸗ Heiliaen . .
ger zu behaupten ; fo begab er ſich mit feinem ——
Sohne Magnus zu Säroslaw, ber ihm mit in been
nur nuverzüglich fo viel. Land einrdumte, daB er Sohne zu
davon fich und fein „anzes mitgebracdtes Gefolge PA
gut unterhalten konute, fondern auch bey Wahr⸗ dies behuͤlf⸗
nehmung feiner tiefen Schwermuth das Anerbiethen lich.
hat, damit er fi über den Verluſt feines norwe⸗
giſchen Reiches seöften möchte, ibm Kriegsoälfer
zur Erwerbung eines andern durch die Eroberung
der Bulgarey zu geben, wobep er zugleich feinen Ei⸗
fer in Berbreituug des Chriſtenihums zeigen könnte,
Alle feine Leute, denen er diefes Erbiethen Jaͤ⸗
roslam.. zur Ueberlegung vortrug , widerriethen \ -
ihm die Annahme desfelben , und drangen täglich im.
ihn, fie in ihr Vaterland zurüß zu führen. Ice
roslaws hatte in der Folge durch. feine Thätige
keit uud Mitwirkung des Norwegen Carl. den
Prinz Magnus zum norwegiſchen Th one verhol⸗
fen, der ihn von einer anfehnlichen Befa: Beh ben
gleiset auch beflleg. .
Umfonft erbothen fi Die Ruſſen nochmahls,
ihm ſo viel Land und fo viele Einkünfte, als er
|
72 Crfler Abſchnitt. Anfang
ſelbſt verlange, mit der doͤlligen Unabhaͤngigkelt un
. Ehre eines berrfchenden- Königs bey ihnen auzuwe
ſen, da es wegen der geringen Racht, die er
Norwegen feinen Feinden entgegen fiellen koͤn
‚Bein andered Anfeben babe, als wenn er felbfi
iu derfelben Gewalt überliefern wollte. Olaf das
ihnen für fo große Zeugnifie ihrer gang ausnehmen
den Gemogenbeit gegen ihn , empfahl feinen Soft
den er dep ihnen zurückließ, ihrem fernen Schug
und empfing durch reichliche Verforgung mit alleı
demjenigen, waser für feine Perfon und die 200 Leu
se, mit denen er aus Rußland durch das. ſchwed
ſche Bebieth den Weg zur Eroberung feines Reide
- antrat, auf der Reife bedurfte, Beweife ihres forı
dauernden Wohlwollens. Nachdem er in diefer fei
ner Unternehmung bey Stiflekad eine Niederlage
und zugleich deu Tod gefunden hatte; fo gewährt
Säroslaw nihe sur feinem Bruder Haral
und allen Norwegern, die fihb aus Widerwillen
unter der Herrſchaft feines Beindes, des nunmeh
rigen norwegiſchen Koͤnigs Sornd, zu leben, nac
Rußland begaben, eine fihere Frebſtatt und Lebens
nunterhalt: ſondern unterfagte allen im Lande un
ter Svends Regierung .verharrenden Norwegern
als insgefammt Theilnehmern an der Empörung ge
gen ihren rechtmäßigen König, bey Lebengfirafe di
Berretung feiner Reichſsgrenzen, und SHandelöge
meinſchaft mit feinen Unterthanen, vollzog auch diı
fe gedrobete Lebensftrafe an Verſchiedenen, die e
wagten, wegen ihrer. Rabrungsgefchäfte in fein Lan
= zu fommen, und ſchreckte dadurd eine Zeit lan
jeden Norweger, fo fehr ihn auch die Nothwendig
keit gu einer Reife nah Rußland, autrich , von de
Unternehmung derfelden od.
ı des ruſſiſchen Reiches. 73
us gr fi im Jahre 1036, um melde Zeit
1036.
erfchiedene
ihm ein Son, Wirfheslam, geboren ward, g, gebenpeis
zu Romeorod ‚aufbielt , md daſelbſt ſeinen Sohn ten unter Jaͤ⸗
Wladimir zum "Fürften einfegte, wobey er defjen Forlams I
nanmehrigen Unterthanen eine Urkunde über ihre
gierung,
Gerechtſame und Freyheiten ausfertigte; fo drangen-"
die Petfchenegen vor Kiew. Auf diefe Nachricht eil⸗
te er mit einem zahlreichen Heere von Wardgern
und Glaven der mothleidenden Stadt gu belfen.
Nachdem er in derfelben angelangt war, ruͤckte er
mis feiner ganzen Kriegsmacht den Feinden entgte
gen, To daß er die Waraͤger in die Mitte, die Kies
wer auf den rechten, und die Romgoreder auf-den lin«
fen Slügel ſtellte. Die Perfchenegen fegten auf ihre
Menge und Tapferkeit Bein geringeres Vertrauen,
und dieferwegen erhielt Jaͤros law erfi Abends,
nachdem von beyden Herren Häufig Blut gefloffen
'
war, den Sieg, und auf der Flucht kamen mehre⸗
re Seinde , die das Schwert nicht getödtet hatte, im
Setomla und andern Zlüffen um. Auf dem Plage,
wo dieſe Schlacht gefhahe, erbauete.er, als er in
den folgenden Jahren Kiew erweiterte , die So⸗
phienkirche. Die Petſchenegen erlitten bald nad) dies
fer Niederlage verfhiedene ſo wichtige Stöße durch
die Griechen und Uzen, die fie fo entPräfteten , daß
fie aufhörten, fürchterliche Feinde zu ſeyn. Ehen .
fo glüdliche Feldzuͤge that Iäroslamw im Jahre
1038 wider die Jaͤtwaͤgen, 1040 wider die Litthauer,
042 gegen die Iamer, 1041 und 1043. mider die
Maſovier, die hauptſaͤchlich durch feinen Beyſtand
gezwungen wurden, den pohluiſchen Herzog Caſt⸗
mir, feinen Schweſtermann, für ihren Herrn auzu⸗
nehmen. Durch drey feiner Töchter trat er mit den
Königen von Norwegen, Ungarn und. Frankreich in
Verbindung, da ee Elifabeth an deu König E
1054.
Jaͤrosſaws
Ipod.
" Erfter Atſcinin. Anfang
‚Harald IV. von Rorwigen, Nafafia od
Anaftafie, an den König Andreas 1. als
garn, und die dritte, Anna oder Agnes,
den König Heinrid i. von Frankreich
rathete.
Nah den Streitigkeiten mit dem griechiſche
Kaiferefume, die im Jahre 1043 anfiugen, ſchle
Säroslam drep Jahre darauf, 1046 einen Fri
den‘, und befefligte ſolchen durch die Bermäplu:
feines Sohnes Wſewolod mit einer griechiſch
Prinzeffinn,
Im Jahre 1054. am sofen Febreer beſchlt
Jär oslamw fein Leben, und hielt nor ſeine
Tode an alle feine Soͤhne eine ruͤhrende €
mahnung, daß fie, als Kinder eines Vater
und einer Mutter (die bereits vor ihrem Gewahl
1054. 'in die Ewigkeit gegangen war) , ſich lieben
ihren nunmehrigen diteften Bruder IEjäslamw al
‚feinen Stellvertreter in feinem väterlichen Rec
und feiner vaͤterlichen Sorgfalt für ſie alle. väterlid
Shre und Eindlichen Gehorfam erzeigen, und ve
ficbert ſeyn foNten, daß fie Durch unverbruͤchliche Beol
achtung diefes ſeines väterlichen Befehles fih di
Wohlgefallens und aller Segnungen Gottes fähi
machen, und im Stande bleiben würden, allen Feit
den die Stirn zu biethen, durch Verlegung desft
ben und ihre Zwiſtigkeiten hingegen ſich felbft au
reiben, und das von ihren Vorfahren fo theuer ur
ſchwer erworbene Land gu Grunde richten würde
Zie Theilnug feiner Staaten unter fie made ı
auf die Art, daß er JZEjdslamm den großfurf
lichen Thron zu Kiew mit der Vorſchrift, wenn e
uem feiner Brüder zu nahe gefhähe, dem Bele
Digten fein gefränftes Recht wieder zu fchaffen
Smwätoslawn Zfgernigew , Wfewolode
des euffifchen Heide 75
Perejaslaw, Ig o ru Wladigir and Wärfhes
Iamn Swolexnsk beſthied. Sein Abſterben erfolgte
zu Wiſchegrod, und vermuthlich war Bey demſelben
von allen feinen Söhnen der einzige Wfemolo»
gegenwärtig, indem ſich X6jdslam zn. Nowgo⸗
od, welches Zürfienthum alſo wohl ihm von ſei⸗
nem DBater nad feines aͤltern Bruders WI ads
mirs Zode eingeräumt war, Smwäroslam hie-
gegen zu Wladimir aufhielt. Doch bezeigte Wſe⸗
wolod fo wenig, als.einer von den dudern Soh-
nen, Anfangs einige Unzufriedenheit über die Laͤu⸗
derthellung, indem Wfewolod, nachdem er ſei⸗
nes Vaters Leiche nach Kiew geffher, and dort im
der Sophienkirche in einem marmornen Sarge bey⸗
gefegt Hatte, fi aus dieſer großfürfllichen Haupt⸗
ade nach dem Ihm zugerheilten Fürſtenthume Zfchers
nigow begab , IE j ds lam aber zu Kiew eben fü
ungehindert feine großfürftliche Regierung aufrat, /
als die Übrigen von ipren Sürftenchümern Bett
nahmen. _
Spjäslamn gibt Nefior den Kuhm, en
er verbienet habe, den Thron eines fo wärdigen Re fürft,
genten, als Jaͤro ſslaw war, zu erben. Deuner
war fhön von. Befiht, großer Leibesgeftalt, ein
ehrlicher Mann nah dem ganzen Umfange diefes |
edeln Wortes. Im Jahre 1058 Überwand er die *038-
Goläden, uud 1059 erledigte er, nebſt feinen Brh- - 7905
dern Swätoslam und Wſewolod, Su
dislamwn, ihren Batersbruder, aus dem Befängs»
niffe zu Pleskow, in welches er auf gewiſſe Befchuls .
digungen im Sabre 1036 von Täroslamır ge
fegt worden war,' worauf berfelbe zu Kiew als ein
Minh ins Klofter-ging, und fo im J. 1063 fein
Lehen beſchloß. Im J. 1060 unternahm erin Ges 2060.
ſellſchaft ſeines Bruders Swaͤtos law, und des
1954.
5 061,
206°
76 Erfier Abſchnitt. Anfang
volotstiſchen Fürſten Wfeslam, welcher im‘
1044 in dieſem Fürſtenthume auf feinen Bat
Brätfhtislamw gefolgt war, mit einem übera:
zahlreichen Heere theils anf Schiffen, theils zu La
de, die Türken, wider welche ſchon im J. 105
der Fürſt von Perejaslaw einen gludlichen Winte
feldgug gethan haste, in ihren Wohnfgen heimzufi
hen. Mlein bloß die Rachricht von der Ankunft di
fer großen Kriegesmacht jagte. die Türken aus ihrt
Wohnfigen in die Wuͤſteneyen, wo die Noth, we
“de fie dort ausſtehen mußten, nähmlid Kälte, Hu
ger und Pe, eine große Menge wegraffte. D
Polowzer fingen inzwifhen an, flatt der von dir
fen Bolfe gedemüthigten .und aus einem Zheile if
zes Landes vertriebenen Perfhenegen Einfähe i
Rußland zu than, und zeigten fi als eben fo fürd
terlihe Seinde. Im J. 1054 lieh fih zwar ih
Dberhaupt, Bljufb, durd einen Vertrag, den maı
mit ihm errichtete, bewegen, daß er, ohne das rufli
ſche Gebieth zu. beſchaͤdigen, wieder heimging ; abe
im $. 1061 kamen fie unter einem anderen Aufüh
ser, Sok al, aufs neue dahin, und führten, nad
einer Wfewoloden am sten Februar zugefüg
ten Niederlage und angerichteten weitläuftigen Ver
beerungen, viele Meuſchen und eine anfehalid:
Beute mit fi hinweg. WS der Fuͤrſt von -Polots
in das Fürſtenthum Nowgorod drang, und dii
Hauptſtadt desfelben in Brand fiedte und ausplän
derte, vereinigte wider dieſen Feind ih Ißbjaͤs—
Iamw mit den Zürflen von Zfcdernigow und Pere:
jaslam, und alle dreprüdten im 3. 1065 im ſtrong⸗
len Winter vor de Stadt Minſk, dep deren Ero:
berung alle Männer getödter, die Weiber und Kius
der hingegen zu Gefangenen genommen wurden.
Später ließ der ihnen entgegenzieheade IE fe 6la w
ri
J
des ruffifchen Heiches. “77
am Fluſſe Nemiſa oder Nemona anf fie, and bepde
Zheile lieferten einander am Zten März im tiefen .
Schnee ein Treffen, in welchem bie Polowzer zwar
viele Ruffen erlegten, zuletzt aber doch nebſt ihrem
Sürften die Flucht ergreifen mußten. Diefe Nieder⸗
lage bewog Wfeslamen, daß er auf eine von
feinen drey Ueberwindern an ihn ergangene&inladung,
zur gütlihen Benlegung Ihrer Streitigfeit zu ihnen
fommen, fi in einem Zahrzeuge am Dnjepr bey
ihnen einflellte. Allein man hielt ihn fo wohl ale
feine beyden Söhne fe, uud IHjdsIam führte
fie als feine Gefangenen nah Kiew. J Bidstamw.
bekam aber bald-Urfache zur Bereuung diefes W fess
law ermwiefenen Eiddruches.
Als die Polowzer im J. 1067 Rußland mit 1067.
einem großen Schwarme überfhwenmten, und Jg. Die Kiewet
jöslew, Swätosiow und Wfewolod fi en Dur
denſelben beym Zluffe Olta entgegen ſtellten, wur. rung wider
den diefe in ginem naͤchtlichen Gefechte von den Pos em
lowzern gefihlagen, welche fi darauf, um mehr nen volotsk
Beute zu machen‘, durchs Land zerfireneten. * ihren
Diefe Zerſtreuung der Feinde hielten die Thron.
Kiewer für ein unfehlbares Mittel, fie zu über
winden, wenn fle diefelben in diefem Zuſtande noch⸗
mahls augriffen, und fendeten aus einer Rathsver⸗
fommfung, die fie auf dem Marfte zu Kiew anſtrll
tem, Abgeordnete zu den in Kiew gegenwärtigen: Iß⸗
jädlam und Wſewolod, von denfefben Wölfen und
Pferde zu begehren. allein Ißjdstaw (hing: ihnen
dieg Verlangen abe umd fe legten?die Schuld ‚dies
ſes Abſchlageus auf ven Wopwoden Kosmaͤtſch,
den fie bald in feinem Haufe auffuthten. Als ſie die⸗
fen aber dort nicht fanden, theilten fie ſich in: zwey
Haufen, wovon einer 'dem Gefängatffe, in welhem
man den Ehren don Polotsk und. deffen Soöhne
1069.
/
J
30 Erſter Abſchnitt. Anfang
Ruffen durch die Flucbt nach Griechraland ficherter
Hierauf erklaͤrten ofich Swaͤtoslaw und Wi
wolod, ihren, Bruder Igjdslam dahin ja va
mögen, daß er mit einem kleinen Gefolge nad) Ric
komme, von ſeinem Groß füͤrſtenthume wieder Bei
sp nehmen; wenn er ſich aber hierzu nicht bequeme
ſollte, den Pohlen mit gewaffaeter Hand tie B
maͤchtigung und Zugrunderichtung von Riem zu vei
wahren: dadurch erfüllten frau das den Kiewer
‚geleitete Verfprechen, indem fie eine Gefandtſcha
mit einem folgen Auftrage im J. 1069 am Ybidı
law abdfertigten. Diefer gab bei Berftellangen fe
‚ner Brüder Gehör, und fegte mit dein Herzoge von Pol
len und einer geringen Bedeckung deu Weg uadı Ah
mit Boranfendung feines Sohnes Miti s law for
damit er durch das Verhalten der Kiewer gegen ſe
nen Sohn erfuͤhre, ob er auf ihre Worte, ihn al
ihren Herrn aufnehmen zu wollen, ſicher baurn du:
fe. Mfislaw, welcher ohne Bweifel von dei
i Uebermaße der Bütigkeit feines. Vaters befürchtet
daß derſelbe ſolche Über Feinde erſtrecken werde, we
de nicht auders als durch ihren Tod die Begier!
ihn weiter gu. ſchaden, verlieren: wärken,, eilte vi
deſſen Ankunft ihn von diefer Gefahr zu ‚befgepen
und da ihm. folglich die Püht gegen feinen: Bat
nicht erlaubte, die zu ner. genauen Unterſuchung d
Berfhuldung ‚oder Uuſchuld verdäditiger Perfon:
erforderliche Zeit darauf. zu verwenden, ſo if ı
fehr glaublich , daß unter den yo, die er ald Hau
empödrer mit den Tode, ‚und audere, die er mirde
| . Berlufte ihrer Augen beſtrafte, manche gu ſchwer, mei
she auch wohl ganz unſchuldjg geluten haben. Die Ki
wer. Überhaupt bemuͤheten fi Jept, ihren herann
henden Herrn von der Aufrichtigkeit ihrer Reue üb
| ine Empirung gu bezeugen, und. fh einen gaddi
ges
4
: des ruſſiſchen Reiches. 3
gen Zürflen zu erwerben, und zwar daduech, daß
fie ifm go Werſte vor der Stadt untgegen gingen,
und fo am sten Map in diefelbe feyerlich begleite
ten. Jjd14w verfolgte feinen vor ihm gewi⸗
chenen Feind Wfeslaw durdifeinen Sohn M Ri
Taw An deſſen eigenes Land, umd fehte nach Deffen
Bertreibung ef MRisTawen, nah deſſen bald
erfolgtem Tode aber deffen Bruder Owdtopolt
als Fürſten zu Polotsk en. Im J. 1051 gelang
es zwar Wfeslawn, dab er dur Suwaͤt -
pyoltsBerjagung fein Erbland wieder befam, abe
gleich darauf ward ervonZ4ärepokf, dem jünger
Bruder Swaͤtopolks welcher ihn bey Wol otitſchut
berwand,, aufs Neue gedemüthiget. Den gegen⸗
waͤrtig von Iß jdslaw zur Eefuͤllung feiner Bor
Tesla w n gethanenen Zufage, demſelben feine Hül⸗
fe gu verguͤten, in verſchiedene Quartiere verlegten
soluifhen Kriegsvoͤlkern ging es eben fo, wie ehr⸗
dem zu Bolesiows I. nad Swdroyolita
Belien, indem die Ruffen, wo fe nur kannten, Kb
son diefen beſchwerlichen Bdhen durch Ermordum
sen befzeyeten, Ja Roſtow gab. eine Hungersnoth
Betriegern Gelegenhelt, ſich der Leihigläabigkeit ein⸗
fäliger Lente zu ihrem Vorcheile ju bedienen, ine
dem fie dieſelben übersedeten , daß bie Welber der
Reichen 'biefen Hunger verurfachten, und durch zau⸗
beriſche Künſte ifre Leider mit Getreide, Fleisch, Fi⸗
ſthen, Marderfellen u. ſ. mw. aufüllten, und ſolcher
Schalt das Volk bewegten, mit ihnen von einzu
1071.
Dorfe zum andern. zu zichen, wadı DIEfE permeinten -.
Heren: gu erſchlagen, bis ein fuͤrſtlich er Beamter das
durch, daß er den verführen Hanfen eines Beſſereny
belehrte, und einige Betrieger mit der verdienten Eon -
desſtrafe belegte , dieſem Umweſen eds Ende machte:
Zu Nowgored erwarb gleichfalls eiwBettieger dur
Geh. Rufl.1.Bond. 5
se Erſter Abſchnitt. Anfang
luͤgenhafte Wahrſagungen ſich einen fo zahlreich
"Anhang, daß derſelbe den Bifhof Theodor, o
ne fih durch defien Vorſtellungen, die er in feine
Bifhöflihen Schmucke und mit dem Kreuze in d
- Hand an ihn auf öffentlichem Markte that, im mi
deſten rühren zu laffen, als einen Feind Bottes uı
der Religion ıödten wollte. Allein Gljebs, di
Behnes des Fhrfien von Tſchernigow, Klugheit nı
Genenmwart des Geiſtes flillte eine durch eben fo wo
überlegte als herzhafte That in einem Augenblic
dieſen gefährlichen Wufrubr, indem derfelbe auf d
nach feiner Zrage an ben Wahrſager, was er, dı
Bürf, im. Sinne babe ‚gegebene Antwort deefe
ben, der Fuͤrſt werde ein. großes Wunderwerk ver
richten, unverzüglich demmfelben mit einem unter fel
nem Kieide verborgen ‚gehaltenen Beile einen 1ödf
lichen Streich verſehte, und hierdurch allen defien
Anhaͤngern die Falſchheit feiner angemaßten Prophe
zepungsgabe darthat. Die Einigkeit zwiſchen den
Großfuͤrſten und deſſen Brüdern ward im J. 1075
durch Swatoslaws ebrgeiziges Beſtreben ned
dem großfürſtlichen Throne zu Kiew geſtoͤret. Die
fem gelang es, feinen Bruder Wfewolod A
überreden, Daß der Großfuͤrſt mis dem Fuͤrſten von
Polotſk ein Boͤndniß gemacht babe, fie aus ihren
Zürftenshämern zu vertreiben, deffen. Wirkungen: ſu
aur durch Zuvorkommung disfer ihrer Feinde ven
— mittel Jßjaslaws Entthronung vermeide
koͤnaten. u | 4
Siästem -— JIKHiäslam .widerfente fih ber Unternehmung
| —— dieſer feiner Bruͤder nicht, fondern entwich, als Mm
able ben Mb zu deſſen Ausführung Kiew naͤherten, wit dei
Thron zdus feften Hoffnung aus Kiew und dem. ganzen vufjifhen
mem, Nele, daß in Anfehung der großen Schaͤtze, wel«
de er ans. demfelben wis fi wegführte, er noch
\
des vuſſſchen Reiches. 33
leiter, als das erſte Mahl geſchehen war, durch aus»
laͤndiſche Hülfe den gerdumten großfhrhtihen Thron
wieder befommen werde. Sept aber wendete er it
feinen Schägen, die einen fehr Hohen Werth hatten,
und aus goldenen und filbernen Gefäßen und koſtba⸗
rem Velzwerke befintiden, ſich zu dei deutfchen Sakfer
HeinrigIV,, welden ihn der Markgraf Dedo von
Meißen, der zweyte Gemabl der Bräfim Adele
von Löwen, bie in:der.erfien Ehe mit Ott o von
Orlamuͤnde nuter andern Töchtern Kuuigunden,
die Semaßlinn eines rußifchen Fürſten, geboren hate
te, 1075 zu Maynz vorſtellte. Da usa der Kai⸗
fer dadurch, daß er die Made des dentſchen Reichs
zur Wiederherſtelnug Ißjdolaws nach Rufland führ⸗
te, nicht bloß vanj uͤbermaͤßige Reichthuͤmer gu ge⸗
winuen,, ſondern auch dieſes Reich dem deutſchen
Ichenspflictig zu machen vermeinte, indem: If
jdslaw ihm bie Lehenspflichtigkeit fo wohl feiner
Pirfon ale feines Reiches antrug; fo brachte bloß
das infdudige Anhalten des Propfies und nachmab⸗
ligen Biſchofes von Trier Burdiard es dahin, daß
der Kaiſer vor Grgreifung gewaltſamer Maßregelu
zu Shjiäslams Beſten erſt den gürlihen Weg
zu verſuchen befhloß, und - eben dieſen Burchard mit
dem Auftrage an den nun herrſchenden Geoßfuͤrſten ab⸗
fertigte, daß derfelde das Großfuͤrſtenthum Ißjaͤglawps
sutwilig ränıhen, oder widrigen.Kalles ſich gefaßt ma⸗
hen ſollte, mit feinem. Schaden. zu lernen, was das
Anfehen und die Waffen des deutſchen Reichs ver⸗
möchten, Dielisfade fo wohl der Vorbitte Burhards
für den num herrſchenden Sroßfürſten, als daß ges
rade er zum Geſandten armäblet ward, war ſei⸗
ne Schwägerfhafsimit dem, an den man ihn fette
dete, weil derfelbe Burchards Saneher gur id
hatte, 0;
: 3
1075:
34 Erſter Abſchnitt. Anfang
1073, Als Burchard dp Swaͤtoslawn, weih
—e ſeit dem 22ſten März 2073 zu Kiew regierte, fei
als Orop: Seſandtſchaft ablegte; fo meinte diefer, ob er il
fürſt. gleich für feinen Herrn den Kaiſer, um. Deufelb:
son Ergreifung kraͤftiger Maßregelu zu Ißjaͤslan
Herftelung abzuhalten , fo viel an Geld, Silb
und koftbaren Kleidern mitgeb, daß man fich fı
, ner Zeit zu erinnere wußte, daß auf el Mehl ei
folcher Ueberfluß und fo großer Sag hiervon ind
dentfhen Staaten eingeführt worden , bard Bo
geigung, und Lobpreifungen feiner unermeßlich au
gehäuften Reichthümer bemfelben einen ſehr hohe
Begriff von feiner Bermögenheit beygubringen. MI
Iein Burchard benahm ihm diefen ſtolzen Bebanfer
| indem er zu ihm fagte: Diefes if fo viel als nichts
\ Deun es liegt alles todt da ; es gibt aber koſtbare
ve Schäge, die man erwerbeh kann. Das vo:
Swaͤtoslawn Heinriden überfendete Sell
kam demfelben bry fernen durch den Krieg wider di
Sachſen gebabten großen Ausgaben ſehr zu Stat
" gen; da er aber diefen Krieg wieder vorgunehmei
entfchloffen war, fo haͤtte Swätoslam alles die
6 Geld Schalten Runen, weil den Kaifer diefe ihı
weit näher betreffende Angelegenheit fo Mark beſcaͤf
tigte, daß es für ihn eine Unmöglichkeit war, ji
gleicher Zeit Ißjaͤslawn mit Kriegsvölkern gu um
. .. terflügen, der vermuchlich, um fi Freuude unte
ben deutfchen Füͤrſten zu verfhaffen, bey feinem je
Pigen Derweilen in Deutſchland feine Tochter Pras
kewja, Gupraciaoder Praxedis, mit Hein
rich en, einem Markgrafen von Brandenburg au
- dem Hanfe der Grafen von Stade, werbeirarheit
Die für den in Deutſchland fremden Nahmen einel
andern, uähmlh Adelheid 'annafım, mad .nod
dem Tode ihres erfien Gemahls, des Markgrafen
des ruflifhen Neiches. ⸗ 8
ben Kaifer Heinrich IV. zum zweyten Semahle er-
erhielt.
Da nun Jajdslaw, deſſen Sufland ſich due. 1076.
dem Tod Smwätoslams, weiber am. 27. De mh.
cember im J. 1076 erfolgte, nicht verbefferte, indem Brüder als
deffen Brüder Wſewolod nun den großfürftk- Grobfürft,
den Gig zu Rio einnadın, feine auf deutſche Hüh
fe.gefegte Hoffnung fehlſchlagen ſahe; fo flug er
kb zu dem Herzoge von Pohlen. Diefer aber fo
wohl als feine Kriegslente bezahlten ihm die gro⸗
Sen Seſchonke, durch weiche er ihren Beyſtaud m
erfanfen dachte, einige Beit mit lauter leeren Ber»
fprechungen , weldes ihn bewog, feinen Sohn
nah Rom zu ſchicken, und durch deufelben deu Papſt
zu erfuchen, den Yohlen das Gewiſſen zu rühren,
dab fie entweder ihre Ihm gegebenen Verheißungen
erfühen, oder, wenn fie dieſes wicht thun wollten,
wenigfiens die von ihm empfangenen Gelder ale
ein ungerechtes Sat zurüdigeben möchten. Papſt Gre⸗
gor VIE. gewährte ihm diefen feinen gefuihten Vor⸗
ſpruch bey dem Herzoge von Bohlen deito lieber,
als er für dieſe Gefaͤlligkeit von Ißjaͤslaw den Vor⸗
theil erwartete, :daß er das zuffifhe Reich für ein
Lehen des roͤmiſchen Stahls mit Ableguug des Tren⸗
eides anerfeunen würde.
Sulegt entſchloß ih doch im $. 1077 de voßl- 1077.
niſche Herzog Miäslarn mit gemaffneter Hand fein Jewzieg
Großfärfienthum wieder gu verfchaffen, und Wſewolod Iamn das
ging ihnen, wie es fchien, im dee Abficht, ſich im Gnehtürfen
Befipe desſelben wider ihre Unternehmung zu ver- "
theidigen , mit einem Herre in Volhynien entgegen,
ttaf aber einen Beraleih, durch welchen I6jd%
law am sten Salins wieder als Großfäürft feledli⸗
chen Einzug in Kiew hielt.
—
De Broß⸗
fuͤrſt Ißjaͤs⸗
law kommt
m fine
Schlacht
to 8.
36 Erſter Abſchnitt. Anfang |
Der Vergleich zwiſchen Ifjuslaw und Wfewolsd e
regte in Rubland einen neuen Buͤrgerkrien. Denn !
nach demſelben Wſewolod das Fuͤrſtenthum Tſchernigo
behielt, welches deep Soͤhne des verſtorbeuen Sw
toslaws, Boris, Dleg ud Xoman, old e
vaͤterliches Erbtheil anſahen; ihre -eigenen Kraͤf
aber zu ſchwach erkamen, dasſelbb Wſewol
ben zn entreißen; fo ſchlugen fie fih im. J. 107
an die Polowzer, und führten diefeiben ins Tſche
olgowifche. . Wſewolod Lieferte ihnen om a6ften A:
guſt, am Fluſſe Soſchiza eine ungludlige Schlach
‚aa welcher er zum Großfuͤrſten nach Kiew fluͤc
Nkete, wogegen Oleg und Boris ſich als nunme
rige Herten des von ihm verlafſenen Fuͤrſtenthum
erklaͤrten. Ißjaͤs law troͤſtete den zu ihm kon
menden durch dieſen Ungluüͤcksfall ganz muthloſen Bri
der durch den liebevolleſten Empfang, mit Erinnerun
nu die viel größern Leiden, die er, der Broßfürf
ganz ohne Verſchuldung erdulden müffen, und übe:
fanden Habe, und Die Verſichernug, daß ex Wſewolod
ferueres Schidfal mit ihm theilen, uud ſogar ſei
‚ Xeben für ihn zu Laffen bereit. fey. Nachdem ı
‚hierauf fo viel Kriegsvoͤlker, als er auftreiben Fonns
aeſammelt haste; fo gingen er, Wſewolod und d
Für von Smolensk mit dem. Heere nach Tſche
J nigow. Bep ihrer Ankunft befand fi Feiner vo
den Soͤhnen Swaͤtoslaws in dem Fuͤrſtenthume
aichts defto weniger vrrfagte die Hauptſtadt Di
‚wofoden die Anfnahme. Daher mußte mon fie m
Gewalt angreifen; und fon hatte. der Fuͤrſt vo
- Smoleps? die oͤſtlichen Stadthore erbroden, w
die Vorſtaͤdte eingenommen und verbrannt, daß d
Einwohyer nur noch die innere. Stadt vertheidli
sen, als die Nachricht von der Heranfunft ber Sm
toslawitſchen, Dieg und Boris, die Angreifende
des ruffifchen Reiches. 87
bewog, die Belagerung aufzuheben, und mit ih⸗
ser gefammten Stärke den Feinden entgegen zu
ziehen. Nun ging Olegs Rath am feinen Bruder
dahin; daß da fie den vier Zürften nicht gewach⸗
fen feyen, flatt weiter zu einem Zreffen vorzu⸗
rüden , fie durch Abgeordnete um Beieden bitten
ſoſſten. Allein Boris antwogtete ibm bierauf: Da
magft thun was du willfi; ich will es mir ihnen
allen anfuchmen. Boris genoß die Freude, daß
Dieg feinem Willen nadhgab s’aber gu feinem -eiges
nen Berderben. Denn als bald darauf beyde Hee⸗
se bey dem Dorfe Rima Nefhatina am 3. Octo⸗
bee zufammenftießen ; fo verlor. Boris gleich zu Aus
fange des Gefechtes fein Leben, welches ungeach⸗
tet diefes Todes eines Heerführers, mit großen Bluse
vergießen von beyden Seiten fortdauerte, bis die
Großfürftlichen ihre Feinde zum Weichen zwingen
kounten. Doch indem diefe nur noch zu ihrer Ver⸗
theidigung wider. die Gewalt der ihnen nabdrins
genden Sieger Widerfiand. thaten; fo verſetzte je⸗
mand dem Großfürften von hinten mit einen Spie-
Ge eine toͤd tliche Wunde. Nichts deſto weniger ſetz-
ten die Ueberwinder nach diefem erlittenen Berlufte
den Geſchlagenen noch immer fo Beftig su, daß.
Dieg mit einem geringen Gefolge kaum entkam.
US der Tod des Großfürften zu Kiew bekannt
ward, begleiteten Die Einwohner die Teiche mir einem .
folgen Geheale und Weinen, daß man davon den -
Gefang der Priefker und Mönche nicht vernehmen
Fonute, von Gorodez bis zu der Marienkirche in
Kiew.
Fun beſtieg Wſewolod den kiewſchen Thron, Wſewolob
nud ſetzte feinen Sohn Wladimir nah Tſcherni⸗ —* ‚sum
gow, Säropolfen, feines verfiorbenen RNeichs⸗ able den.
vorfahren Sohn, aber nah Wladimir, und gab Thron.
1079.
1081.
1083.
88 Erſter Abſchnitt. Anfang
Diefem Turow zur Zulage. Oleg hatte fi nad
feiner Niederlage gu feinem über Zmutarefau regie
senden Bruder Roman begeben, weicher im Jah
ve 1079 aufs uene bie Polowzer zu des Broßfür
hen Wſewolods Beſteeitung ias Gewehrbrachte
Allein als dieſer ſich ihnen zu Perejaslam geruͤſte
entgegen. ſtellte: fo erfolgte ein Friedensſchluß mi
dan Polowzern, und eine folde Entzweyung zwi
ſcheu den Polomzern und derfelben bisherigen Freun
den, daß die Polowzer Romanen am zien Au
auf dos Leben, deſſen Bruder Dieg aber fein:
Frepheit nahmen, und der letßte als ein Befange
ner Biber Die Grenze des rufſiſchen Gebieths ab
geführt wurde. Dur diefe Veraͤndernug gewaut
Wſewolob Zmutaralan, wohin Rasibor:
als feinen Statthalter fendete. Allein im Jahre 108:
bemädtisten ſich bie Zürften David Igore
wisth und Wolodar Rokisiamirfch die
Fürſtenthams, wurden aber im Jahre 1088 wiede
von Dleg, der feine Frepheit erlangt Hatte, ge
zwungen, ſolches ihm zu uͤberlaſſen, nachdem fü
in feine Gewalt gerathen waren, worauf er, bei
feines Bruders Tod und feine Beleidigung durch
Biarichtuag der Daran theiinehmenden Chofaren be
‚Brofte,, fie wieder ihres Verhaftes entließ. David
und Wolodar meinten ih dieſes Schadens auj
—Zaͤropolts Koſten gu erhohlen, und bemachtigten
fib mit Zuziehung Waſtlkos, als Jaͤropol!
bey dem Großfuͤrſten dos Oſterfeſt feperte, im Jah⸗
ze 1034 des Landes diefes Fuͤrſten. Alleia 2B fe mo.
lod feß‘r in der Sefhwindigfeit mittelſt Abſchickuss
feines Schues Wladimir Färspollen wie
der in fein Gigenthum. Jaͤropolk aber vergaß
bald dieſe vom Großfürſten empfangene Wobhlthat,
und ließ ſich durch boͤſe Xaͤthe verleiten, denſelben
des euffifchen Rtiches. 89
mis Krieg gu überziehen. Ein Rah Wſewolods
verfprach deſem, feinen Sohn Wladimir, dem
er das. Herr wider Säropolken zu führen üben
gab, ohne die geringfie Mühe oder Befapr zum Ue⸗
berwinder zu mächen. Dieſer Rath naͤhmlich ging
zu 3dropoltew, und berichtete biefem ein vom
ihm erdichtetes Geheimniß, daß alle feine Rärhe und
Heerführer wis Wſewd lvd im Verſtaͤndniſſe lebe
ten, und bep-Ankunft des wladimirſchen Hee⸗
res dieſem ihren Herrn in die Hände ſpielen woll⸗
ten. Zäropolf glaubte ihm, und begab ſich. daher
aus Furcht vor dieſer Verraͤtherey vor-der Ankunft
des wladimirfhen Heeres mit Hinterlaffuug
feiner Muster und Gemahliun zu Luzk aus Rußlaud
nad Pohlen. Nach feiner Ensfernung wagte Luzb
ſo wenig, als irgend ein Ort feines Fuürſtenthumes,
Wladimirn die. Deffoung zu verfagen, des hier⸗
auf. Daviden germusblih ols feinem Statthalter
das Land übergab, und Jdropolks Mutter und
Tochter nad Kiew führte. Denn aus dem Erfolge
diefer Begebenheit erheilet, dag der. Großfuͤrſt, der |
höerbaups ein fo gütiger Herr wear, dab man wuß⸗
te, man Anne feine Guͤte mißbrauchen, gleich dey
ſelnem Epıfchluffe zu dieſem Kriegszuge wider J de
ropolken die Meinung gehegt, fo bald derſelbe
wieder fih ihm unterwürfig erfanne , ihm nicht das
Mindeſte von frinen domahligen Befiguagen zu ent⸗
ziehen. Als Jaͤro polk im Fahre 2086 mil die
nigen pohlniſchen Kriegsvoͤlkern in dieſelben zurück⸗
kchrie, ſchickte ihm Wladimir Die Bothſchaft eut⸗
gegen, daß cr ihm fein Land ränme, und Ih mit
feinem Zürkenıpume Tſchernigow begnäge. Aber Je
ropolk genoß diefes wieder erlangte Gluͤck nur we⸗
uige Tage, indem ihn am 28ſten Rovember ein
Eeuchelwmoͤrder ee
»
1086.
90 Erſter Abfchnitt. Anfang
| Wfewolod berief bey Herannahung feines Todei
feinen Sohn Wladimir im Jahre 1093 zu fih nad
, Kiew, und verfchied am sgten April in deſſen und
feines Bruders Rofislaws Armen ”). Gleich
nach feinem Tode aber ſchickte Wicdimir, melde
das naͤhere Recht Swaͤropolks, des Sohnes dei
Großfuͤrſten Ißbjaͤs law, auf den kiewſchen Thron
onerfannte, indem desſelben Vater ſolchen vor fei
nem Bater beberrfcht Hatte, zu diefen Zürften, und liel
denfelben zu fich einladen, worauf er in fein eigene
Fuͤrſtenthum Tſchernigow ging, Swaͤtopolk aber
am a4ften April mit vielen Freudenbezeigungen vor
den Kiewern als ihr .nunmehriger Großfaͤrſt bewill:
kommt wurde. Eben damahls brachen die Polow—
ger mit großer Macht in Rußland ein. Wie fie abrı
Wiſewolods Abfterben, und daß Swaͤtopoll
auf ihn gefolgt ſey, vernahmen; fo ſchickten fe au
dieſen eine Geſandtſchaft, durch welche fre fich zu ei
ner Sriedendunterbandlung erbothen. Swatopol!l
bewies in einer: ſo wichtigen Angelegenheit fo groß
Unklugheit, daß er ed nicht der Mühe werth hielt, die
felbe mit den alten kiewſchen Rärhen zw überlegen,
fondern aufs erfie Wort derer, die er mit fi ge
bracht batte, Die polowzifchen Sefandten als Sefan:
‚gene anhielt. Kaum aber belehrten ihn die Kbeln Folgen
die ihm dieſes zuzogen, indem bie Polowzer anf die
Nachricht, wie er gegen ihre Friedens geſandten ver:
fahren, zu Feindſeligkeiten ſchritten, die Stadt Tort.
ſchest berennten, und das offene Land weit und breii
verwuͤſteten, wie ſchlecht er durch die Wahl diefed
Mittels für fich geforgt ; fo befreyete er bie verhafteten
Geſandten, und erflärte fi, daß er ihren Antrag
®) Neues vetersburgiſches Journal, - 1783. Wand IH. Gi
36 bis 128. 0 |
des ruſſiſchen Reiches. 91
zu einem Frieden anuehme. Run aber waren die
Yolowger ſchon zu fehr erbittert, ibm denfelben auf
eine ſolche mit. kleinen Geſchenken oder Berheißungen
sergefelfchafsete Erklärung zu bewilligen, and wie
er diefes erfuhr, verfiel er. auf eine neue Thorheit.
Denn: ob gleich fein Staat durch vorherige Kriege
und andere Unglüdsföle fi fo fehr an Manuſchaft
erſchoͤpft befand, daß er aus dem ganzen Lande nur
800 tüchtige Kıiegsleute zufammen ziehen konnte, fo
wollte er Doch mit DieferHaudvoll dem ganzen Schwar-
me der Polomzer die Stirn biethen, und eben die
Kühe, welche ihn zur Verhaftung der polowziſchen
Geſandten gereigt hatten, beſtaͤrkten ihn durch ihr
Zureden in dieſer gleich unvernuüͤuftigen Eutſchließung,
Zuletzt bewogen ihn do die Gründe, die Klügere
dagegen anführgen,, nähmlich, daß er kaum mit gi»
ner zehufachen Zahl feiner jegigen Krieger die Aus⸗
führung dieſes Vorhabens wagen dürfe, und das
ber zutörderft darauf denfen mäfle, Wladimire
um defien Beyſtand zu erſuchen. Wladimir war
fogleich hierzu bereit, und ſchickte au feinen Brur
der, Den Zürften Roſtislaw von Perejaslaw, daß
derfeibe feine Kräfte mis den Seinigen zur Unterſtüͤ⸗
gung des Sroßfürften vereinigen möchte, Beyde Fuͤr⸗
hen traten mit ihren Heeren den Weg nah Kiew
‚ und vereinigten fih mit dem Sroßfürften bey
* Kloſter St. Michael. Weil fie aber vom Ver⸗
haͤltuiſſe ihrer Kräfte gegen die feindlichen ein rich⸗
tigeres Urtheil faͤllten, als der Großfürft und die
Raͤthe, denen allein er Gehoͤr gab; fo wollten fie -
denfelben. vermögen, noch ein Mahl zu verfuchen, ob
er nicht die Polowger zum Frieden bewegen koͤnne,
indem man nicht ohne die aͤußerſte Noch fih dazu
entſchließen koͤnne, wider fie vorzuruͤcken, und fie
angugieifen, Weil aber der Großfürft wußte, dab
9: Erfter Abſchnitt. Anfang
er nicht anders als durch Geſchenke den Frieden vol
den Polowzern erlangen werde, und Beine geben wo
se; fo weigerte er ih, Wladtmirk Worfchlag zu be
folgen, Diefer aber meinte, ihn endlich Boch durch ve
Mittel gu zwingen, - dab er darauf verharrie,
feinen Kriegsvoͤlkern keinen Schritt näher gegen be
Feind gu ıhun. Allein Swäropolt blieb unüber
windlich, und dieſer Eigenfinz verurfachte, dal
auch Bernünftige Wladimirn zuredeten, daß, di
sum nur unter lauter Uebeln die Wahl getroffen wer
den müffe, diefes als das ertiäglichfte anzuſehen fey
daß das vereinigte Heer den Bug gegen bie Polow
zer unternehme, und, wenn es ſich deuſelden meh:
geuähert, nad. Bewandtniß "des Befindens entwe
der den Friedrn oder-eine Schlaht wähle. Mai
ruͤckte daher‘ bis Tripol vor, und kam an-dfe Stug
na. Diefen Fluß fand man fo hoch augeſchwollen
daß man den Kriegsrath sufommten berief, um mi
demſelben zu überlegen , ob man nicht beſſer thue
- jenfeits desfelben zu verbleiben, und dem Feind
den Frieden anzutragen, ald mit fo vieler Beſchwer
de im Gefichte des anf. der andern Geite ihrer war
tenden jahlreichern Feindes anf benfelben los zu ge
Sen. Allein auch jetzt mußten die Klügern der Mei
nung des tollfühnen Sroßfürſten und feiner Gleich
'gefianten nachgeben, und, da diefe durchaus a”
. den Fluß zu schen und ‚au fechten verlangten, ti
Unternehmen wagen, von welden fit ——ã—
vorausſahen. Glädlich kamen ſfie, wiewohl mit gro
Ber Beſchwerde, die ihnen die Höhe des Wafler:
verurfacdhte , von den Polowzern naangefochten übt:
den Flaß, und flellten fih am often Map zwifht
den Wällen von Zripol dergeſtalt in Salachtord
nung, dab Swatopolk den rechten Hügel, Wie
dimir den Nun, and Forislam die Kin
des ruſſiſchen Reichet. 93
einnahm. Die Polowzer, welche ihnen dergeſtalt
enigegenrüdten,, daß fie ihre Bogenfhügen. voran»
ſchickten, ariffen zuerſt Swaͤtopolken an; und
da dieſer mit allem feinem tapfern Widerfiande, den,
er dat , die Seinigen nicht verhindern konnte, feld«
flübtig zu werden, und dann zu feiner eigenen Ret⸗
tung ihnen folgen mußte, fo fiel Die ganze feindliche
Staͤrke auf Wladimir und Roſtislaw, und uͤber⸗
wältigte fie fo, daß fie nach dem Verlufe ihrer Leu⸗
te auf “ihre Flucht denken mußten, Weil nun bey⸗
de Brüder gleich Swaͤſopolken ia "völliger. Rüflung
waren „ fo ertrank Roſtislaw in der Stugne, als _
er durch diefeibe durchzukommen meinte, und Wla⸗
dimir entging Über feiner Bemühung, ihm zu zeiten,
mit genauer Roth einem gleichen Tode. Rab dies _
fem Siege kehrten die Polowzer zu ihren vorigen
Verrichtuugen, naͤhmlich ein Theil zum Beutemachen
auf dem offeuſtehenden Lande, der andere zur Ben
logerung vom Tortſchesk zurüd. Tortſchesk aber Der»
mochten fie wegen des tapferu Widerhandes Der
Torken oder Türfen, von welchen, da fie bier und
in der umliegenden Gegend mohuten, Toriſchesk ſei⸗
zen Rahmen empfangen hatte, nicht zu erobern, und
baßten vielmehr bey Ihren vergeblichen Angriffen. viele
Lente ein. Allein mit-der Beit wurden die Lebens.
mittel der Eingefchloffenen aufgezehrt, uud de ihnen
so dazu das Waſſer abgeleitet ward, mußten fie
dem Großflirften die berrübte Nachricht wiffen laffen,
daß, werfen er ihnen nicht Lebensmittel zuſchicke,
fie fich würdenergeben mürffen, Als die Lebensmittel,
welche ihnen der Großfürft anf diefen Bericht fande .
te, durch Die Beinde nicht hingebracht werden konu⸗
"ten, ach ihre Noth mit jedem Tage zu. Inzwi⸗
ſchen verherrte ein Theil der Polowzer die Gegend
bwißpen Aiew uud Wiſchezgrod. Da sun diefes im
9 Erſter Abſchnitt. Anfang
Angeſichte des Großfuͤrſten geſchabe, und er ſtark genug
zu ſeyn glaubte, es mit dieſem vont feindlichen Haupt
beere abgefonderten und entfernten Zheile desfelben
aufzunehmen ; fo fuchte er ihn am 2g3ſten Julius an
der Schelane auf, erlitt aber Hier noch einen grö.
Bern Verlüſt, als bey Zripol, indem er nur in Be⸗
Hleitung zweyer Menſchen zu Kiew wieder ankam.
Die Anzeige dieſer Riederlage, welche Die Polowzei
den Tortſcheskern thaten, und durch Vorſuͤhrung ih
rer Gefangenen beglaubigten, erzwang von den ſchot
Banz ausgehnngerten Bertpeidigern die Uebergabe
morauf die Eroberer die Stadt in Brand ſieckten
die Einwohner hingegen umter. fi vertheilten, und
nebft ihren übrigen Gefangenen mit fich in ihre Hei
math ſchleppten. So ſchwere Unglücksfaͤlle beugter
den Eigenfinn Swaͤtopolks, daß er im Jahr
1094 nicht nur bey den Polowzern deu Srieden ſuch
: se, fondert au, um folden auf das geſchwindeſt
und leidlichſte gu erlangen, ſich mit einer Tochter dei
polomsifchen Fuͤrſten Zug o rehan vermäplte, di
den Rahmen Helena empfing. Weil aber diefe
Friedensſchluß blog Swatopolken und befla
eigenes Land Kiew betraf, au die Polowzer unte
der Herrſchaft verſchiedener Häupter Banden; fi
führte um eben diefe Zelt der Fuͤrſt von Zmutara
kon Dleg Polomser in das Zürſtenthum Tſcherni
gow, und erzwang von dem durch die Schlacht bei
Zripol ſehr geſchwaͤchten Wladimir die Burüdg ab
dieſes Fuürſtenthums, aus weldem nun Wladimir i
das ihm gelaffene Perejaslawiſche 308. Die Bewoh
ner des tfhernigomwifhen Fürftenthums verfpürtei
durch dieſen Friedensſchluß beyder Fuͤrſten keine Er
leichterung in den Draugſalen, die fie vor demſelber
von den Polowzern erlitten. Denn Oleg verfiattet
ſouwohl aus Verendtfenn feiner Schwaͤche in Auſehun
des ruffifchen Reihe. 9
der Macht der Polowzer, als weil er ihre Freundſchaft
auf künftige Vorfälle ſich erhalten wollte, daß die
ſelben fortführen, die Tſchernigower, ob fie gleich nun
feine Unterthanen -geworden waren, nach eigenem
Sefallen zu mißhandeln. Zur Vermehrung des gro⸗
fen Unglüds, weldes durch diefe feindlichen Ueber-
jiehungen im ruſſiſchen Sebiethe verurſacht wurde,
befuchte dasfelbeam 20ſten Auguſt eine folde Menge
Heuſchrecken, daß fie alles Gras und das auf dem’
Felde ſtehende Korn auffraßen. Im Sabre 1095 Fa»
men, obgleich die Polowzer unter Dewgenitſcheus
Anführung in einem Kriegszuge wider die Griechen
einen beträchtlichen Berluft erlitten Batten, Doch zwey
Fürſten derfelben , Itlar und Kitan, mit einer ſtar⸗
tea Begleitung und Perejaslaw, und bebroheten
Wiedimirn mit Feind ſeligkriten, falls er nicht dieſel⸗
ben durch Beſchenkangen ablaufen wollte. Auf die⸗
fen Autrag trat Wladimir mit ihnen ſolchergeſtalt in
Usterbaudlung, daß Kitan mit den meilten Polow⸗
jern gwifhen den Willen der Stadt ſtehen blieb, und
Swaͤtoslaw, Wladimirs Sohn, demfelben zur Geis
fel übergeben ward , Itlar aber mit den vornehn-
fen Yolomzern ſich zu Wladimirn in die Stadt bes
zab. Alsdann riethen ihm Slaͤwata, der in einer
gewiſſen Augelegenheit vom Großkfüͤrſten an Wladi⸗
mirn geſchickt war, und Ratibor, alle dieſe Polow⸗
zer gu tödten. Wladimir verwarf Anfangs Dich
Infanen, weil er, da er ihnen eidlih Sicherheit
verſprochen Durch Verlegung dieſes Eides fih verfündi- .
gen würde. Allein fie beuahmen ihm dieſe Bedenf-
ligleit, indem fig ibn übestedeten, daß erden ſo oft
ttenbrädig geworbeuen Zeinden die Areue zu halten
gar nicht vezpflichter fep, ja im Begentheile, wenn.
er diefe gute Belegenheit; fo viele Keinde des ruſſi⸗
fen Voſtes nad aller Eprifen überhaupt ohne die
96 Erſter Abfchnitt. Anfang
mindefte Gefahr ans der Welt zu ſchaffen, entgehe
ließe , alles Unheil, daß fie noch fhnfıig, anricte
und vieleicht ihm ſelbſt (dem fie nicht Beffer , als
‚viel andern, denen fie ihre thenerſten Verpflichtut
gen nicht gehalten, begegnen würden) zufügen möd
‘sen, fich felbft zugufchreiben und zu verantworte
haben würde. Jetzt lieh er in der Nahe durch Slaͤwat
mit einigen Torken und andern feinen Dienſtmaͤuner
die zwiſchen den Wällen Liegenden . überfallen
nah Wegnahme feines Prinzen Swaͤtoslaw alle cı
ſchlagen, den Tag darauf alle in der Stadt Be
weilenden in ein elngeheiptes Zimmer zum Un
Heiden und Frühftid einladen, darin eiufperren
und durch eine oben Ins immer gemachte Deffnun
am 20 Februar mit Pfeilen erfäteßen. Da. dergi
ſtalt die in der Rachbarſchaft anweſenden Polowz
vieler Haͤupter beranbt waren ; fü begehrten der Srof
Shrek und Wladimir von: Oleg, derſelbe ſollte fi
zu ihrer gaͤnzlichen VBertigung mit ‚ihnen verein
gen, und führten bloß darum diefen ihren Vorſa
nicht ganz ans, weil Dieg fein: ihnen gegebenes Bei
fprechen , mit ihnen gemeinſchaftliche Sache zu m
den ,. nicht erfuͤllte. Ob fie sun wohl demfelben
als fie nadh ihrem wider bie Polowzer unternomm
nen Zuge mit einer Menge Sefangenen nad ein
großer Bente am’ Pferden, Kamehlen uud Vieh |
ihre Staaten zurüdtehrt waren, Bber dieß fein Bei
halten die ernfihaftefien Vorwürfe machten, un
wiffen ließen, daß er durch fein anderes Mittel Ü
ren dieferwegen gefaßten Unwillen ſtillen Anne, ol
wenn er den in feiner Gewalt habenden Sohn di
Stlar entweder feibft todtete, oder ihnen uͤberlieferte
fo achtete er doch. ihren Unwillen fo gering, DA
er ihnen ihre Borderung wegen Itlars Gehe Mm
ausdrüdlihen Worten abfplug. Auc een ma
7
. 8
. des ruſſiſchen Reiches. 97
bald, daß bey allem dieſen den Polowzern zuge»
fügten Schaden ihrer noch genug übrig blieben, die
ruſſiſchen Staaten mit Vortheil anzugreifen. Ja
eben dieſem Sommer belagerten fie die in der Ukrai⸗
ne gelegene Stadt Jurjew, und Smwätopolf fand
fein anderes Mittel, den darin eingefchloffenen Leu»
ten ihr ’L2eben und Freyheit zu erhalten, als daß
er Denfelben den Abzug von diefer belagerten Stade
bezahlte, worauf die Einbohner aus derfelben im...
fiherere Orte fllichteten, für welche und andere,
die aus einer gleichen Furcht vor den Polowzern ih⸗
re Wohnſihe verließen, der Großfürft auf dem Huͤ⸗
gel Wititſch eine neue Stadt erbauete, und von fi
Swäropolifh oder Smätopolfsftadt nannte. Weil
aun“der Großfärkt und Wladimir ans dem ganzen
Betragen Diegs deutlich erkannten, daß fie nicht
eher mis Sicherheit die Befreyung der ruffifchen Staa»
ten pon des Polomzern unternehmen könnten, bis
fie vooͤllige Gewißheit Hätten, daß Dieg mit ihnen
Hand an dieß Werk legen, oder wenigftens ihnen
dabey nicht hinderlich fallen werde; fo ließen fie
demfelden 1096 ſahen, daß er zu ihnen nach Kiew
konunen folte, damit fie mit Zugiehung der Bifchde
fe, Aebte, Bojaren und Bolkshäupter Die beſten
Waßregeln zur Wohlfahrt des ganzen ruflifchen
Gtaatsförpers;, und zu deſſen Beſchuͤzung wider die
Ungldäubigen treffen koͤnnten. Allein Dieg fertigte
diefe Geſandtſchaft mit einer abſchlaͤgigen Antwort
ad, und lich dem Großfürfien und Wladimirn mel«
den: man werde nie von ihm erlangen, daß er fidh‘
vor Bischöfen, Arbten und geringen Leuten, die als
Unserthanen bloß Befehle von ihren Kürften anuzu⸗
nchmen hätten, flellen, und von ihnen etwas vors
ſchreiben laſſen werde; änderte auch dieſen Eutfhluf
aicht, obſchon Swaͤtopolt und Wladimir ih auf
Geld. Kupl. 1. Band, G
⁊
1096.
98 Erfter Abſchnitt. Anfang
diefen Abſchlag andeuten ließen, daß fie darand,
da er fih weder zur Vereinigung feiner Kräfte mit
dein ihrigen zu einem Heerzuge wider die heiduifchen
Polowzer noch zu der Einladung zu einer allgemeis
nen Berathſchlagung in Kiew verfiehe, nothwendig
fließen müßten, daß er den Polowgern wider fie
beyſtehen wolle, und folglih, falls er bey feiner
Berweigerung, nach Kiew su kommen, verharrie, ſelbſt
Urheber ſey, daß fie. mit Anwendung gewaltfomer
Mittel ihre, Sicherheit. von ihm zu erhalten ſuch⸗
ten. Jest gingen fie. mit einem Heere vor. feine
Hauptſtadt Tſchernigow, und als er dieſelbe bev ih⸗
‚rem Herannahen am gien Way verlaſſen, und ſich
nad. Starodub begeben haste, von Tſchernigow nad
Starodud, und fepten ihm in diefem Zuflachtsorte
fo hart zu, daß er nach einer Belagerung von 33
Tagen zu ihnen heraus fommen und um Zrieden
bitten mußte, den mon ihm auf die Bedingung ge
‚ wöährte, daß er durch die Küffung des Krenzes bes
ſchwor, unverzüglich zu feinem Bruder, dem Fuͤr⸗
ſten David von Smolensk, zu gehen, und hernach
mit diefem ſich zu Kiew, als der diteflen Stadt im
‚Reihe, in der über die allgemeinen Reichsangele⸗
genheiten Vernehmen gepflegt werden müͤſſe, zur all
gemeinen Berathfehlagung einzuftellen. Mittlerweile
daß diefe bepden Fürften die Dämpfung der Gefahr
von einem innerlichen Feinde beſchaftigt Hielt, ber
dienten ih die Polowger des Vortheils ihrer Ab⸗
weſenheit, indem Bonaͤk mit einem Haufen die gan
30 Gegend um Kiew verwüſtete, und. den fürflichen
Pallaſt zu Bereſtow einaͤſcherte, Kurd hingegen mit
andern eben ſo in Perejaslaw hauſete, und om 2aſten
Map die Vorſtaͤdte der Hauptſtadt dieſes Fuͤrſten⸗
thums abbrannte. Doch als Tugorkhan am Zuſten
gerade auf die Hauptſtadt anrüdıe; fe eutſqloſſen
des ruffifchen Heihes. - 99
fich die Einwohner, im Vertranen anf ihre Zeflungse
werke, fi in derfelben zu vertheidigen, und ihre
Fürſten dur Benachrichtigung von ihrer Noch zu
IprerBefrepung zu berufen, Swaͤto polk und Wla⸗
dimir gewährten fie auf die erfie Bothſchaft ihres
Geſuches, und es gelang ihnen, daß fie, ohne von
den Polomzern bemerit zu: werden, über den Dujepr
kamen, und in die belagerte Stadt einrädten. Im
. derfelben verweilten fie nur_fo lange, bis fie ihre
Heer durch wehrhafte Männer aus den Einwohnern
verflärfe hatten... Denn gleich darauf Bingen fie am
ıgten Julius auf die jenfelt der Zrubefha ſtehen⸗
den Keinde zu, und ihre Kriegsleute bewieſen eine
folhe Ungeduld, mit ihrem Feinde zufonimen zu ges
raıhen,, daB fie ſtatt Wladimirs Befehl, von den
Pferden abzufigen, und fih da, wo fie gegenwärtig
waren, In Schlachtordnung ze flellen, in vollen
Laufe durch dad Gewäfler ritten, und dur Ddiefen
andermutheten herzhaften Angriff den Polowzern ein
ſolches Schrecken einjagten, dag dieſelben, ſtatt fih
zu widerſetzen, in groͤßter Unordnung die Flucht er⸗
griffen, auf welcher die Ruſſen fie verfolgten, und
eine große Menge, und darunter auch den. Zürften
Zugorkhan und deffen Sohn tödteten. Die Leich⸗
name diefer beyden Zürften beehrte Swaͤtopolk,
in Erwaͤgung, daß einer ſein Schwiegervater und
der andere fein Schwager war, mit einem ihrem
Range und heidniſcher Landesweife gemäßen Begraͤb⸗
niffe,, indem er über fie in der Gegend von Bere
flow einen hoben Erdhügel aufſchuͤtten ließ. Gleich
den Tag nach diefem Siege kam Bond mit feinen
Polowzern fo heimlih und unvermuthet vor Kiew
en, daß wenig fehlte, daß fie in die Stadt eindran⸗
sen, und fih mis Aöbrennung der Vorftädte, einiger
benachbarter Dörfer, wie auch Stephang: und des
| 83 |
Tau
SE
soo Erſter Abſchnitt. Anfang
petſcheriſchen Kloſters, wo einige Moͤnche, die nicht
geſchwind genug enttommen kounten, das Leben ein.
Büßten, Degnügen. mußten. Dieg gab auch aufs
neue Wladimirn fo. viel zu ſchaffen, daß derfelbe
Swätopolfen zur Benutzung der ſchon über
u die Polowger erhaltenen Vortheile keine Ünterflügung
verleihen konnte. Denn als. Oleg aus Starodub
ſid nach Smolensk begab, ſammelte er ein Kriegs⸗
beer , in der. Abficht, Ißjäslawn, des Fürflen von
Zihernigow Sohn, aus Murom zu verjagen, und
ſich durch diefes Land wenigfiens einiger Magen für
Tſchernigow ſchadlos zu halten, weldhrs er, als man
ihn zu Starodub in die Enge trieb, Wladimirn uͤber⸗
laſſen mußte. Dur bloße Vorſtellungen und Droh—
ivorte lieb fih Ißjaͤslaw von ihm nicht bewegen,
daß er ihm diefen Theil feiner Befigungen (demu
Außer Murom befaß er auch Roflow und Susdal)
zutwillig abtrat, Indem er fi darauf verließ, daß
| “ Diegen mehrere Mannſchaft entgegen ſtellen fon»
Da nun eine Sclacht ihren Streit entſcheiden
mafie. ; To fiel diefelbe für Dieg glüdlih aus, in-
dem Ißjaͤslaw darin am 6ten September umkam.
Nach derfelben nahmen die Muromer Diegen mit
Freuden auf. Diefer aber begnügte fi nicht mir dies
fem Fuͤrſtenthume, ſondern nahm aud mit gewaffneter
Hand Susdal, Roſtow und überhaupt alles weg,
was der überwundene Ißjaͤslaw befeffen hatte, be
segnete aber den Ünterfaffen der übrigen Länder nicht
fo gelinde als den Muromern, indem er fi der Nei⸗
gung der Muronter verfihert Biele, auf die Zreue
der KRofiower, Susdaler und Beloferer hingegen ein
Mißtrauen fepte, und aus diefer Urſache glaubte,
daß er fie bloß durch Shaͤrfe im Geborſam erhalten
koͤnne. Durch diefen' feinen Sieg und bie ſchnelle
Erweiterung ſeiger Erobrrungen machte al pp
des ruſſiſchen Reiches. 2041
fuechtbar, daß Mfiislam, ein, Bruder. des. ges
bliebenen Ißfaͤslaw und, Fürft von Nomwgorod, ihm
durch. eine Geſandtſchaft antrug, daß, wenn er ſei⸗
ne übrigen Eroberungen räumen, und fih ig die
Grenzen de. 6 Fuͤrſtenthums Murom einfchränfen wer⸗
de, Mſtislaw die Vermittelung zwiſchen ihm und
ſeinen Vater Wladimir übernehmen wolle, und gus
te Hoffnung hege, ungeachtet des. Todes feines Brus
der& feinen Vater gu einem Vergleihe. mit Dleg zu.
zermögen, indem der Tod Ißjaͤslaws, als einjgewoͤhn⸗
licher Vorfall im. Kriege, Dlegen nicht. sur Laſt zu
legen fen. Oleg aber gab diefem Borfhlaat. keinen.
Beyfall, fondern. rüftete fi fpgar, auch Mſtislawu
Nowgorod abzunehmen, Hier aber merkte er bald,
daß er fi zu. unvorfichtig zu‘ dieſem Unternehmen,
entſchloſſen habe, indem er durch dasſelbe einen ihm,
überlegenen Gegner ſelbſt su. feiner Bekriegung an⸗
reite. Denn als die Nowgoroder, Sie Mitislaw
zur Berathſchlagung uͤber das Verhalten, das ſie
bey den jetzt erklaͤrten Abſichten Olegs gegen dieſen
annehmen wollten, zuſammen berufen hatte, ihrem
Fuͤrſten mit allen Kräften beyzuſtehen verſprachen,
daß er denfeiden in den Ländern, deren er fih bes
maͤchtigt hatte, anzugreifen im. Stande ſep, und
dieſes wirklich leiſteten; fü hielt ſich Oleg. ſelbſt zu
ſchwach, diefem auf ihn anrüdenden Heere Wider
ſtand zu thun, und wich allenthaben bis nach Mu⸗
som demſelben and. Nichts deſto weniger wie
derholte Mſtislaw in dem gegenwärtigen Zuflande
Olegs demſelben feinen. erflen Friedendantrag, und.
um ihu defio leichter zu bewegen, in feine Aufrich⸗
figfeit ein Vertrauen zu fegen, gab er feiner Zrien
densbegierde den Bewegungsgrund , daß, er, den.
in der großfürfilihen Stammiinie eine Stufe sies
fer als Okleg ſtehe, dieſen als einen Vater vereh«
/
1}
v
102 Erſter Abſchnitt. Anfang
re. Oleg ſtellte ih, als wenn er Mfislamws An»
‚trag annehme; dachte aber nur ihn einzufchläfern ,
und in feiner Sicherheit zu überwinden. In der That
hegte Mſtislaw gar Peinen Verdacht, daß er nun
fein Kriegsvolk in die Dörfer verlegte, auch nicht
einmahl Wachen zur Einziehung der Nachrichten von
etwaniger Herannahung des feindlichen Heeres aus
ſtellte. Oleg ſtand wirklich mit ſeinem Heere bereits
an dem Fluſſe Kiäsma, als Mſtislaw dep der Mit⸗
tagsmahlzeit in Susdal die erfie Nadricht von feiner
Herankunft empfing. Weil aber Oleg doch die
Staͤrke nicht kaunte, welche ihm Mſtislaw entgegen
ftellen fönnte, wenn er weiter vorrüde, und ihn
zu Susdal aufſuche; fo machte er mit feinen Kriege
voͤlkern an der Klaͤsma Halt, and meinte, die Rach⸗
wicht, daß er mit feinem Heere anziehe, wuͤrde
Mſtislawn dergeflalt erſchrecken, daß er davon laufen
werde, Aber im Gegeutheile gewann Mſtislaw durch
dieſe Bergögerung bes feindlichen Anzuges Zeit und Ge⸗
Vegenheit, feine verlegten Kriegsvoͤlker am fih zu sie
ben, und als dieſes gefchehen war, betrachteten bey⸗
de Heere einander vier Tage, ohne daß weder eines
noch das andere den Angriff thun wollte. Nachdem
Mſtislawn von feinem Bater durh feinen Bruder
Waͤtſchislaw Hülfsoslker unbemerkt zugeführt wa⸗
ren; fo erſchrak Oleg, welcher gleich den Tag nad
der Ankunft derfelben Mfidlawn anzugreifen näher
ruͤckte, hey Gewabrwerdung diefer friſchaugekomme⸗
nen Vermehrung ſeiner Feinde, die Mſtislaw einem
gewiſſen Polowzer, Kuna, Kuman oder Kundjaͤ,
zur Anführung gab, und auf den rechten Slügel
ſtellte, chat Oleg Bloß, weil jetzt fein Zuruͤckge⸗
ben im Geſichte feines gerüſteten Feindes noch ge⸗
faͤhrlicher als das Wagſtuͤck eines Treffens war, den
Angriff auf Mfislawn mit der verzweifeltſten 20
des ruſſiſchen Neihes, 103
pferkeit, die aber, wiewohl nach einem harten Ge⸗
fechte , doch nicht verhindern konnte, dab Mfislamn
der Sieg gu Theil ward. Nach diefer Niederlage
glaubse Oleg fo entkräftet zu ſeyn, daß er nirgends
vor dem ihm verfolgenden Sieger fiher zu bleiben
vermöge,, und eilte in diefen Gedanken mit Hirters
loffung. feines Bruders Jaͤroslaw zu Murom nah
Raͤſan oder Emntarafan ; und, als ihm Mſtislaw,
dem Jaroslaw zu Marom - feinen Widerſtand that,
auch dahin nachging, aus Raͤſan iveiter fort. Da
Mſtislaw fih jetzt als Heren aller Staaten Dlegs
ſahe, ließ er demſelben fagen, daß er diefelben bloß.
als ein in Berwahruug babendes But betrachte, und
wenn Oleg, wie er nicht zweifle,, feinen Rath hefol⸗
gen, und nicht aus Rußland weggehen, and fi an
Auswärtige und Zeinde des ruffifhen Volkes wen⸗
deu, fondern feine Anverwandten, die ruffifhen Für⸗
ſten, erfuchen werde, ihm die mir Recht zukommen⸗
den Linder zu laffen,, bey feinem DBater Wladimir
für ihn reden würde. Olch durfte nicht bereuen,
daß er diefen Antrag Mſtislaws annahm , und fich
nebſt feinen Bruder David 1697 zu einer allgemeb 1097.
nen Berathfchlagung mit allen zuffifchenFürften, naͤhm⸗
ih dem Gioßfuͤrſten, Wladimir, David Yyores
witſch und Wafilko Roſtislawitſch in Lubetſch eins
ſteſlte.
Ju dieſer Beraihſchlaguuß beſchloß man, daß Stiftung eis
von nun an alle Fuͤrſten des ruſſiſchen Reiches in be⸗ na ale
Rändigem guten Vernehmen leben, und zur Bes zuniihen
ſchuͤzuug ihres gemeinfhaftliden Baterlandes ein, Fuͤrſten.
onder wider die Polowzer und andere Auswärtige |
getreulich Helfen ſollten. Zur Erhaltung diefer Freund⸗
ſchaftsverbindung fannte man Fein befferes Mittel,
als daß jeder das Erbiheil feiner Vorfahren befigen,
usd feiner den andern hierin. lören folte., So
104 Erfier Abſchnitt. Anfang
befiätigte man Swätopolfen Kiew, Wiabimire un!
den Söhnen Smwätopolfs dad, was der Großfür|
Wſewolod jedem unter ihnen gegeben hatte, Da
‚vid Igorewitſchen Wolodimer, Waſilkon Terebowl
und deſſen Bruder Wolodarnu Peremiſchel. Hierau
beſchworen fie durch die Kreuzküſſunug, daß derjeni
ge, welcher ſich gegen einen unter ihnen auflehne:
würde, als ein Feind des heiligen Kreuzes, ihre
aller und des ganzen ruſſiſchen Reiches angefehe
werden follte. - Zn U |
Bruch diefee . Diefe Vereinigung der ruffifhen Fuͤrſten wa
—— denn aber kaum gefliftet, als fie einen harten: Stoß be
%06 Bien, kam. Denn als David Isorewitſch mit den
dung. Großfuͤrſten nach Kiew gegangen war, ließ fih De
| vid von einigen feiner Hofleute aufbinden, dag Wla—
dimir und Waſilko eine geheime Verbindung wide
den Großfürften und den Fuürſten von. Wolodimen
errichtet hätten, trachtete daher, dieſem vermeintli
chen ſchaͤdlichen Vorhaben zunor zu kommer In
dieſer Abſecht trug er dieſe Maͤhre dem Großfuͤrſten fi
vor, als wenn fie fi auf die ſtaͤrkſten Beweisthuͤ
mer gründe, und das Abſehen der bepden verbunde—
nen Fürften nicht bloß auf die Länder, fondern ſo⸗
gar auf ihr Leben gehe. Er führte zur UnterYügung
dieſes Vorbringens an, daß die Fuͤrſten aus dem
roſtislawitſchiſchen Haufe bereits einen Bruder des
Großfürften. Järopolfen, um durch deſſen Zod
das Fürſtenthum Wolodimer zu «erlangen, durd
einen Meuchelmörder aus der Welt geſchafft hätten,
wie dieß aus der Flucht Diefes Meuchelmörders nad
Peremifchel unter dem. Schuge eines. Noſtislawit⸗
ſchen deutlich erhelle. Swaͤtopoltk wankte langt,
ob David ihn gegen Waſilkon, auf den als Ber
betzern Wladimirs derfelde ale Schuld warf, durd
eine Erdihtung aufzubringen denke, oder ob derſelbe
des ruſſiſchen Reiches 105
die Wahrheit rede. Endlich gelang es Daviden den,
Großfürften aufmerkſamer zu mäden; uͤnd zwar
bloß dadurch, weil Wafilfd, der dur Kiew reiſte,
fig bis zur Nahmensfeyer des Sroßfürſten nicht
aufhalten wollte. Wan hielt dieſes Wegeilen für
eine offenbare Verahtung des Orvpflirften" nud
für dem deutlichien Beweis eines zu. gewärtigenden
feindlichen Angriffed, David bewegte jetzt den Groß
fürften , daß dieſer Walflfon auf den steh Novem⸗
ber zu fich in den fürftlihen Pallaͤſt lub; duin ſich
feiner Perſon bemädhtigen zu koͤnnen.“ Walfilko
‘ward zwar gewarnt, diefe Einlabung ansunehmen ;
weit er fih aber auf fein: gutes Sewiffen und die
eidliche Verpflichtung aller ruffifchen Fütſten verließ,
fo begab er ſich, ohne dieſer Warnung GSlauben; zu
geben, in den fuͤrſtlichen Pallaſt, wo der Großfuͤrſt
und der Für von Wolodimer einige Seit lang faſt
als Summe um ihn waren, und die Verauſtaltung
getroffen hatten, daß Ihm gleich’ nachdem fie ihn ver⸗
laſſen Hatten, Feſſeln angelegt wurden. Den Tag
hernach trug der Großfuͤrſt dieſe Angelegenheit der
Verſammlung ſeiner ordentlichen Raͤthe, naͤhmlich
ſeinen Bojaren und der Buͤrgerſchoft von Kiew, vor,
deren Meinung dahin zing, daR, da der Stoßfärft |
für die Sicherheit feines Lebens forgen muͤſſe Was
fllo als ein Nachſteller desſelben von ihm beftraft zu
werden verdiene, indem; falls David Wafilkon
fäfhlich angegeben hätte, und derfelbe unſchuldig lei⸗
den müßte, die Rache Gottes bloß Daviden als einen
boßhaften Verleumder‘ treffen würde, nicht aber den -
Sroßfürften , der nur um die Erhaltung feines &
bens beforgt wäre, folglich auch ſchon beym Anſchei⸗
ne einer drohenden Gefahr auf Abwendung derſel⸗
ben denken’ müffe. Anders dachte hierüber die Geift-
lichkeit wider. Wofilto zu verfügen. Der Broßfürft
108 Erſter Abfchnitt. Anfang
Der Erf: . Da nun Wladimir die Wittwe feines Bate
fürft ſieht ob fie wohl feine Stiefmurter war, gleich feiner M
—ãa ier ehrte, den geiſtlichen Stand überhaupt und die W
heber von DE des Metropoliten, als des Haupts dieſes St
Frag bed‘, Höhfbägte, die Wahrheit und Wichtigkeit
fein Gürfien, Gründe, die ihm die Kiewer durch den Mund ih
ıham zu Ben ihm im hoͤchſten Anfehen ſtehenden Perſonen v
nehmen. trugen, Eingang in fein Herz fand; fo verfprad
dem Oroßfürften auf die Bedingung den Frieden
jugeſtehen, daß derfelbe felbft den Zürflen von A
lodimer befriegen, und nicht eher Die wider ihn
Hand genonrmenen Waffen ablegen follte, Bis
denſelben in feine Sewalt gebracht, oder wenigſte
aus ’feinem ganzen Fuͤrſteuthume vertrichen haben wi
de; der Sroßfürft bequemte fich dieſem Friedensgeſe
und befräftigte feine Verbindlichkeit zu desfelben Erf |
lung dur das Kreuzfüffen. Da der Fuͤrſt von W
lodimer diefen zwiſchen Wladimirn und dem Öro
fürften geſchloſſenen Bund erfuhr; fo fegte ihn I
Furcht vor der Macht fo Aderlegener Feinde in folı
Unruhe, daß er in der Nacht den Geſchictſchreib
Neſtor zu fich forderte, und ihm auftrug, ſogleich
feinem Gefangenen, Waſilko, zu gehen, und demfi
ben in Davids Nahınen anzubiethen, daß er, wer
Wafilko es dahin bringe, dag Wladimir von de
Vorhaben abfiehe, Daviden zu beftirgen, ibm fel
Freyheit geben, und eine von den drep Städte
Wſewoloſch, Terebowl oder Peremiſchel nah W
ſilkos eigener Wahl zum Befige uͤberlaſſen woll
Wafilko erklaͤrte ich’ auf Neſtors Bothſchaft: BP
dimirn zu erſuchen, ſeinetwillen kein Blut zu ve
gießen; er hoffe uͤbrigens, dieſes bey Wladimu
auszuwirken, wenn David Kulmejen zu ihm (We
Alto) ſchicken würde, damit er denfelben zur Ab!
dung on Wladimiru brauchen koͤunr. Es mund
I)
[2
des ruſſiſchen Reiches. 109
Abe, fügte - er noch hinzu, dag David im. feine.
andere Entſchaͤdigung antrage, als. Dtte, die ‚eute
weder ihm, Waſilko, oder deffen naͤchſten Geſchlechs⸗ |
verwandten als rechtmaͤßiges Eigenthum gehörten,
und auch noch jegt nicht in Davids Gewalt fenen.
Da David auf diefe Antwort, nit rathſam fand,
dag Kulmej zur Untertedung mit: Wafılfo kaͤme,
und dieſerwegen Waſilkon melden ließ, Kulmej fey .
abweſend, ſchloß Wafilko ans dieſem Betragen Da⸗
vids gegen ihn, daß derfelbe nichts weniger als gen,
fonnen fep , ihm ferner kein Uebel zuzufuͤgen, ſou⸗
dern daß er ihn vielmehr den Poplen, Wafılfos Tod⸗
feinden, zu überliefern denke. Hierüber drückte ſich
der Unglüdliche gegen Neftor in folgenden Worten
aus: Ich fürdte mid nicht, od. ich gleich weiß, die
Pohlen werden fih für alles Böfe an mir räden.
Ich Habe ihnen viel Böfes angerhan, und war Wil⸗
lens, ihnen noch mehr anzuthun, um Ruß land zu
räden, Auch ich hatte mir vorgenommen, als ich
Nachricht erhielt, daß die Berendier, Torken nnd
Perfcheuegen, um unter meiner Anführuug Leute zu
(uhen , zu mir fommen wollten, meinen, Brüdern, :
den Fürfien Wladimir und David „ den Vortrag zu
hun, daß ſe in ihrer Ruhe zu Haufe verbleiben,
and mir ihre entbehrliche junge Maanfdoft geben moͤch⸗
ten; ich wollte Pohlen im Winter und Sommer durch⸗
ziehen und einnehmen, und ſolchergeſtalt mein Va⸗
terland an dieſem Feinde raͤchen. Wenn ich damit
fertig geworden wäre; hätte ih die donaiſchen Bul-
garen angegriffen, und nach ihrer: Ueberwindung in
mein Land verpflangt; naher aber mir vom Groß⸗
fürften und Wladimirn Huͤlfs voͤlker zur Befriegung
der Polowzer erbethen, alles in der Abficht, meinem.
Vaterlande zu dienen, wenn ich gleid über, fo nuͤtz⸗
Uchen Unternehmungen mein Leben einbüßen fohte.
110 Erſter Abfchnitt.. Anfang
Ich ſchwoͤre bey Gott und feinem jüngfien Geri
daß ich. nie das geringfte Böfe gegen Swaͤtopol
David oder irgend einen meiner Brüder und Sta
genoffen im Sinne gehabt habe, ob ich wohl ge
daß ich mich durch die Leidenfchaft der Ehrgeiz:
fehr beherrſchen ließ, und mich Bott für diefen
nen Hodmuth gedemuͤthigt hat. Da David f
Daß das Ungewitter, welches fi durch die Di
redung des GSroßfürften und Wladimirs auf
Haupt zuſammen zog, ihn nicht traf; fo verg
das ihm durch Herannahung desfelben einge
Schreden gar bald, und erdreiftete fi fogar,
der Ötaaten feines Gefangenen zu bemädti
Allein nun übernahm Wolodar, Wafıllos Bru
die Beſchuͤtzung derfelben, und rüdte bis Buf
vor. David getrante fih nicht, demfelben zu w
ſtehen, fondern ſchloß fid in Buſchesk ein. Hier
Togerte ihn Wolodar, und ließ ihn erinnern,
er für ſich felbf am beften forgen würde, wen
nicht weiter Boͤſes mir Boͤſem haͤufte, ſondern vielt
darauf daͤchte, durch Wafilkos Befreyung fi
‚demfelben und ihm, deſſen Bruder, auszuföh
David erflärte bey feiner gegenwärtigen Schw
ſich bereit, Wolodarn hierin zu willfahren,
bemuͤhete fih, ob es ihm nicht gelingen möchte,
fen zu bereden, Daß er wider feinen Willen,
da er chen fo gut als Wafilko fid in des Groß
ften Gewalt befunden, ‘und dieſer, wenn er fe
Meinung uicht bengepflichter, ihn mit gleicher 5
als den Bruder Wolodars behandelt haben wit
alles thun mäffen, was man bey Waſilkos S
‚gegenwärtig Auf feine (Davids) Rechnung ſchre
Allein Wolodar fagte, er laſſe dieſe Entſchuldig
auf ihrem Werthe oder Unwerthe berufen, in!
die wahre Befgaffenheit Gott am beſten bekannt
des ruſſi ſchen Reiches. ar.
ob er wohl ſich nochmahls erBierhe; mit David bloß
auf dDie-Bedingniffe, daß derſelbe ihm feinen Bru⸗
der überliefere,. und denfelben fein Land rubig befipen
laffe, den Frieden einzugehen. David erfüllte Wolo⸗
dars Zorderungen, und bierauf begaben nach ges °
ſchloſſenem Frieden beyde Brüder fi in ihre Länder.
Aber fo bald der Frühling berbey kam, unternah⸗
men fie einen Kriegszug wider David, der, als er.
dieß ihr Vorhaben erfuhr, fib bloß innerhalb der
Bauern feiner Hauptſtadt Wolodimer vor ihnen fiher
achtete, daß ſie folglich, ohne von ihm gehindert zu
werden , die Stadt Wſemoloſch angreifen und mit
dem Spieße in der Hand erobern konnten, wobeh die
Erbitterung wider David Wafilkon fo granfam
machte, Daß er durch Anſteckung der Hdufer ale
Menſchen heraustrieb, damit er fie alle durchs
Schwert tödren könne. Allein Wolodimer ſchien
ihnen zu ſtark, um zu verfuchen, ob fie fih der Ber
fon Davids dur Bezwingung diefer Stadt bemach⸗
tigen Rönnten. Daher begnügten fie fih damit, daß
fie diefe Stade einfchloffen, und den - Einwohnern
meldeten, daß fie ihnen die Wahlgäben, durch Ueber:
lieferung dreper Perfonen, Zuräf, Lafar und Wa⸗
ſfilko, auf deren fälfhlihe Berichte David. zum
Boͤſen verführt wurde ‚ fi und ihrem Fuͤrſten den’
Srieden zu verfchaffen, oder fih ‚mit ihnen zu meffen.
Die Einwohner her Stadt fanden diefed Begehren
billig, und zeigten ihrem Fürſten an, daB, mes
fern er fi weigern ſollte, diefe Leute in die Ge⸗
wolt der Belagerer zu überliefern, fie den Gegnern
die Stadithore eröffnen würden, und er dadurch
feine eigene Perfon einer Gefahr ausſetzen wuͤrde,
die er durch derſelben Auslieferung vermeiden koͤnne.
david Harte zwar ſchon vorher dieſe Leute nach Luzk
sefender ; allein die Wolodimerer ſuchten fic dort auf,
2 Eprſter Abſchnitt. Anfang
‚worauf Zurdf weiter nach Kiew fiohe, Laſar aber
und Wafıllo auderswo Sicherheit ſuchten! Weil diefe
letztern unterDanids Gewalt blieben, fo noͤthigten
ihn die Wolodimerer, folche den Belagerieen gu über
geben, die, nachdem fie diefelben au Bäumen auf
geheuft nnd mis Pfeilen erſchoſſen hatten, ihr den
Wolodimerern ertheiltes Verſprechen hielten, die Be⸗
logeruug ihrer Stadt anfhoben, und Davids Se:
bieth raͤumten.
Allein gleich im folgenden Jahre 1098 betrat
Da (m der. Großfuͤrſt mit feinem. Heere dasfelbe, in der Ab
Ha bir ſicht, es Daviden abzunehmen, umd ſowohl der
ſprechen. Großfürf als David bemüheten ich um Hülfe bey
dem Herzoge von Pohlen. Diefer nahm von bepden
Geld, gewährte aber weber dieſem nod jenem Hüls
fe, fondern ließ fie ihren Streit mit einander aus⸗
machen. Diefer nahm dadurch das Ende, dag David
1099. nach einer fiebeuwöcigen Einfperrung 1099 in Wo⸗
Iodimer Swätspolfes um die Erlaubniß, ihn aus
ber Stadt zu offen, anſprach, und, als diefer ihm
ſolche zugefagt, und bepde durch Küffen des Kreuzes
mit einander Friede gemacht hatten, erſt nach Tſcher⸗
| wen und hernad zu den Pohlen ging. -
Swärpft Us aber Sw &to pol dadurd fi als —*
dm Del des von Dapib bisher beſeſſenen Landes faheı, ve
Bafitton Leib in ihm die Begierde, auch den größten April
den befien der Befigungen der Zürften Wolodar und Ba
— filfo'an ſich zu ziehen, wozu er den Nedtögeund
entreigen, -anführte, daß das. Land, welches er begehre, ein
lat repptmäßiges Eigenthum feines Vaters Ibjaͤslaw
fung vieles und feines Bruders Jaͤro polk gewefen, und von
Unglüds für dieſen anf ihn exerbt ſey. Wafilfo und Wolodat
Bi. erwiederten darauf, daß fie, die doch vom erſtge⸗
gebornen Sohue des Großfürften Jaͤroslaw ab’
ſtammten, einen weit geringern Zheil vou F Laͤn⸗
ein
des zuffefchen Reiches. 113
dern Des ruffifchen Reiches überlommen Härten, ats
Irgeub nk eine Bine der jüngern Bräber Ihres
Stammodaters, und dieſes Wenige ihnen durch Die
heiligſten Me und Urfunden von- allen Stamm⸗
genoſſen, ſelbſt von Swadtopolks Water und
Bruder, deſtaͤngt worden di. Wir werlangen, bes
ſchloffen fie ihre Worteliung am ihn, joht nichts mehr
von dir; wenn da ader min dem Deinen nicht zu⸗
frieden ſeyn, fondern ‚uns. unfers odteriisen Erbes -
berauben willſt, fo fielen wirdieg dom Beriäte Sot⸗
tes auheim, er. gebe ed, wem er will. Wir mei
den dir Bein Dorf geben, fondern bitkin, du wolleſt
der Beriderung veines Voters und deines auf der
Bärfienvorfommiung geacdenen Wortes eingedenk,
uns, die wir dich mit niched beieidiget Haben, ſon⸗
dern als Gooßfuͤrſten und Aelteſten unferes Vaters
ehren, uud jederzeit ehren werden, in Ruhe laſſen.
Yen Sm ätsnatt.behartie auf (einen Vorha⸗
Den, umdb zwang Wolodarı und Waſttkon der
Entſchluß ab, da ihre Demhrhtaung sichere wirkte,
ſich nah Möglichkeit mit Entegenſtelung ihrer
Kräfte bey des Yhrigen zu ſchuͤden. Da jegt bry⸗
de Heere auf dem Belde Xosſchie in Schlachtord⸗
aung näher an einander vadten, bed Wakilo
im Augefichte beyder Parteyen ein Kranz im bie Ho⸗
Se, und ſprach: bey Käfſung bie Kreuzes bat
wir SwitopoLt verſprochen, ‚uns zu fhüsyen
und gu Tieben, und doch Hat er mich meines. Geſich⸗
‚tes beraubet, und will mich jegt auch meines Een
Sep und meines Lebens berauben: Butt ſey Rich⸗
ter zwiſchen ans! Dieſes fibßte den Reiegenkikern,
welche auf feiner Seite waren, fo viel Murh die,
daß fie ſogleich unter Wolodars Seffıheung, obat
die uͤberlegene Zahl des großfürftlichen Heeres in
Betrachtung zu ziehen, mis der feſten Eutſchließang,
Geſch. Aufl. 1. Band. 8
A144 Erſter Abſchnitt. Aufang
zu ſiegen oder zu Kerben, den Angriff thaten, und nad
einem kurzen hihigen Gefechte ihrem. Gegentheile fo
viel Volk niederhieben, daß er in größter Eile mit ſei⸗
‚nen Söhnen, Mſtislam uud Jaͤroslaw, und zwey au⸗
dern Fürſten, Jdros law und Swaͤtoſcha,
ned Walpdimer fluͤchtete, und, meil er glaub
die Ueberwinder würden. ihm dabin auf dem Buß
nachfolgen, nachdem er feineg:Sohne Mſtislaw die
Beſchuͤhung dieſer Stadt uͤbergehen, und: dem am
dern, Jaͤroslaw, aufgetragen hatte, nach Ungarn zu
gehen, und den König von Ungara, Kolomaun,
am Hülfsoölfer zur Ueberziehung der Länder Wr
ladars und Waſulkos zu bewegen, fcleuaig von
Wolodimer nach Kiew ging. Geine Feinden achten
+ fo. edel, daß fie, fo bald ale nur das großfuͤrſtliche
Heer mit Berlaffung des Schlachtfeldes die Zlucht
"ergriffen hatte, das Verfolgen mit deu Warten ver⸗
“ Aorpen. : Wir find nicht gefenimen fremde Sünder
gu verbreren und Leute zu erfihlegen,- fonbern aut
and und uafer Gebiet zu vertbridigen „und. de
Goit bierin’uns geholfen hat, ſo find wir. nicht ge⸗
foanen unferu Zuß in ein fremder Gebieih zu ſe⸗
den. Bald berua führte Jaͤraslaw den König
Kolenonn'mit-8000 Gtreisern, wie. Diugaf
‚bie Zabl angibt „vor Peremiſchel; die Gräfe be
Sefahr, melde nun Wolodaru und Waſilkon drohele,
bewog dieſe, die Verbindung anzunehmen, welche
Ahnen jegt:ibr bisheriger Feind David in der Abſicht
:antrug, durch diefe Bereinigung. und die Freund⸗
ſchaft der Pohlen und Polowzer fich fein ihm vom
. Großfünften entgogenes Fuͤrſteuthum wieder gu ver⸗
ſchaffen. Zuerſt verſuchten fie den König von Um
-garn dur des beweglichſte Bitten und den Zuß
fall, den, eine ruſſiſche Fuͤrſtinn, Lanka, (welder
Rahme 5,9 den Rufen gar nicht vorkommt), ihm
⸗⸗
< bes rnſſiſchen Reiches. 118
Hat, von viren Feinden: abzuzichen: ‚Aber Kols—
manız ſtieß Diefes vor ihm in Thraͤnen Puicende Brauen-
Äämmen mit. dem Fuße von ſich, und mies es mit
deu ſtolzen Worten ab ı Der König würde feinen Stand.
entehbren , wenn er: fi darch das einen eines
Weißes zur. Aenderung „feines gefaßten Entſchluſſes
bewegen liche. Da ihnen dieß Kettungsmittel miß⸗
slüdte, machte ſich Dapid..auf den Weg zu den Por
lowmzern, nen vor die ſen durch Bitten und Ocfchen-
te Huͤlfarolker wider die Ungarn zu srlangen. Er
hatte: feine. Reiſe noch nicht vollendet, als ihm ein
polowgiſcher Heerfuͤhrer, Bo naͤk, begegnete, dee
ihen caoch der Eutdecknus feines Verlaugens mis
leiner aithabeuden Maunſchaft bis in die Nähe des
unganifen ‚Lagers. folgte; umd--unmweit deafelben
feine Zeuge verharg; . Um Mitternachs begab er fich in
den Wald, wnuad feines Landesgewohuhrit qus dem
Bebenle der Woͤlfe die Maßregeln zu erforſchen, die er
mider die Feinde ergreifen muͤßte. Die Beanutwortung,
die er,anu dieſen wilden Thieren erhielt, als er durch
Rachahmung ihres Geſchreyes fie bag aufforderte, ner»
ſicherte Ihn des gewiſſen Sieges , wenn er. Die Un⸗
gern angreifen würde, De nun feine Laudslente
„Blig..fo wie er dachten: .fo waren fie. auf die Au⸗
zeige dieſer gluͤcklichen Borbebeutung, fogleich Bereit,
ihre Feinde, ungeachtet: dieſe in wugleih größerer
Menge weren, ‚anzufallen. Doc bediente er fi
der Kriegsliſt, daß er ‚nur mit dem dristen Theile
feinen Stärke auf .fie losging, und heruach durch
eine verſtellte Flucht fie ia Unorduung an ben Ort
Ningog , wo ihrer die zwey übrigen Dritsheile ware
teten... David erfocht ben söllfommften Sieg;
vide. feiner Feinde erfoffen im der Save. und
Wagrufch , oder verhuugerten in den Wäidere
un) Behirgen, Nah einem ſolchen Siege nahm er
H a
‘
16 Etſter Abſchnitt. Anfang
ohne einiges Hinderniß von Gujetesl und Ehen
men Befid, und die Behagerung von Welodime
vor. Er geiff dieſe Sadt iben fo heſtig an, ai
fie Mitibtaw vertheidigte, derbey den unaufhör:
kichen Beſtaͤrmungen tafner auf den Mauern war,
Über‘ durch dieſes Wanſſicck von einem, Pfeilſchuſſ
getösdiet wurde. Drey Tage verhehlte man: feine
Tod. Da man ihn aber am vierten aflım Leiter
in der Stadt eröffnen mußte; fo würden bierifrig
ſten Anhänger des Großfärften, welche in der do
ßerſten Noth von keiner Urbergabr wiſſen wollten, vol
der weit groͤßern Wenge der Gegner zur abgenblid
lichen Eröffuung der Stadtihore gezwungen wordt!
ſeyn, wenn fie nit die Furcht daß der ergrimmti
David keinem einzigen das Leben lafſen werde, du
"Bin gebracht haͤtte; vor Musftuührung dieſes Entſchluſ
feb den Sroßfüren um dieſelbe zu ditten. Die
fer Abertrug ihre Befreyung "feinem Woywoder
Yurdta, als David ohne die geringſte Beſorg
6, von einemn Enffüge unseritniher augefallim J
werden, lebte. Dein der gu. Eugk anwefende Fürl
Swatoſtha hatte Im verfpreiien, daß de ihn wi
der jede Huͤlfe SwätopoDts wartenmwehte. M
ein dieſer Ueß die in dieſer Möriche bed pe vetwei
Nlenden Leute ded David bey Parken Aukunſft ieh
fetzen, und vereinigte feine rigene Matnuſchaft m
"Sutätte. Der Entfog traf am sten Augen Davil
— und Sen ganzes Heer in völliger Sicherheit. un!
meiſten Theils bey der Mittaggrubes da die Belo
gertew einen Aosfall thaten, mußten David und di
Seinigen die Flucht nehmen. Doch David erhohlt!
Mb durch die abermohlige Verbindung wit Bonaͤl
bald, und vertrieb nicht nur Schwaͤtoſchen aus
Euzk, fondern an den’ großfkeflichen Sarhelte
ans Wolodimen. | |
j | |
bes ruſſ iſchen Seiches,. - nz
Allein im folgenden Jahke ı 1oo'faub der ro. @witpett
für BRittel, die diey Pürßen, Wladimir, Da—⸗ Sieht ih ob»
vid and Dieg,. bepde Ichtere Gmäroslams, Goͤhne aus been
in gerainuen , dab fie am ıolla Auguf bey Waͤtit⸗ fchlimmen
ſchew winen zu ſeinen Borspeile geneihenden Eatwurf Drrdel
zur Stilung dieſes iunerlichen Zwiſtes billigten.
Als David Jgorewitſch indes Hoffnung durch
dieſe drey Fuͤrſten eine gutha Vertuug zu erlangen,
ſich au dem erwähuten Orte einfand, und als Mit⸗
slied Bes Fürſtenraths fi alederſehte, forderte ibn
Wladimir uf, feine Beſchmerden anzubringen, und
diefelhen ihrer Entfheidung zu überlofgn. David
ulannte ſchon aus dieſem Bartrage tadimis, daß
dieſe Gatſcheidung zu. feinem Nachtheile ausfallen
würde, da er ben ſeinem Erſcheigen auf Diefer Bern
gemwiang erwartet hatte, daß der Großfürſt ſich
über Ihe wegen des Fürſteuthums Welodimer ben
tlagen, ex aber dieſe Klage durch Darthnung ſeines
Rechts auf dieſes Fuͤeſtenthuni widerlegen, uud vom
dan Drty Zütften Vepaflichtung erhalten werde, De
aun Dasid ſchwieg, ließen ihn alle -Fürften allein
nit feinen Raͤthen ßtzen, beſtlegen ihre Pferde, und.
onderten ſich non einasder, jeder zu einer befonn
deren Berathſchlogung wit den Eleinigen, ab. Rach⸗
dem jeder die Seinigen vernommen, traten fie zur
Seffung eines allgemeinen Schluſſes zuſemmen, deſ⸗
ſen Inhalt jeder durch Ubgearduste Daviden in fol
‚genden Worten hinterbriugen ließ: Deine Brüder
ſagen: Wir mollen dir nicht Wolodimer zum Befi⸗
ge geben, weil da uns ein Mefier in die Bruſt ge⸗
ſtochen Saft; aber auch dich nicht gefangen nehmen,
oder dir feuft ein Reid zufügen; ſondern wir ver⸗
Iaugen, daß du dich von bier wegbegebeſt, und zw .
Bufpest deinen Ste anfſchlageſt. Ueber Dieb gibt
dir Swatopolt Daben und Tſchertorüsk, und
118 Erſter Abſchnitt. Anfang
” Wladimir und Oleg 200 Griwen. Weil nun David fd
zu ſchwach fahe, fich dieſem Schluffe zw widerfegen ; fo
‚unterwarf er fich demſelben. Doch vergrößerte: der
Broßfürft (deſfen Sohne Jaͤrotlaw man das Für:
flenthum Weolodimir zutheilte) feine Verſorguug mil
Dorogobuſch. Wolodaru und Waſflkon bezeigten fid
dieſe Fuͤrſten auch nicht ſonderlich geneigt, indem fü
Wolodarn melden ließen, daß fe ihm. Peremifcel
laſſen wollten, infAnfehung feines‘ Bradresraber di
Verfiigung getroffen hätten, daß entweder er deufel:
ben gu Peremifchel unterhalten; oder, wenn ihm dien
ſes nit auſtehe, Waſilko zu ihnen Bonkıneu nad vor
ihnen verforgt werden follte; fie übrigens nur in dei
"gewiffen "Erwartung ftünden, daß Wolodar ihnen
ihre in feiner Geivalt befindlichen Unterthanen zurbd:
geben werde. Aber Wolodar und Waſilko weine
sen ſich, diefen Forderungen Genuͤge zu leiſten. Eini
nene Gefahr, mit der Jaͤroblaw Jdropolt
| wirt dem: Großfuͤrſten droßte, eefitdte derfelbi
4 191.
tm Jahre: 1101 in der Geburt, indem er feine
Orgner; der fich zuerſt ruͤſtete, in Bereflow gefan
gen nahm, und in Zeffeln nach Kirw brachte. Di
aber bier der Metropolis und die Aebte eine Für
Bitte für ihn chaten ; fo ertheilte ihm der‘ Broßfürf
Beym Grade der Heiligen. Boris und Bljel
Die Freyheit, doch unter der Bedingung, daß er i
Kiew bleiben feltte. Jaͤroslaw hielt das. Wort nicht
wvelches er dieſerwegen gegeben batte, fonberis entwid
tm Jahre 11202 aus diefer Stadt, mie dem Vorha
ben, Zeindfeligfeiten wider Yen Bropfärften zu un
fernebmen, 3dsoalamwer,cinGohn des Großfuͤr
fien, bemaͤchtigte fich durch Lift.in Rura feiner wieder
- nad führte ihn gefangen nach Kiew, wo er bald heruad
in feiner Verhaftung ſtarb. Judeſſen flag Swaͤto
polten fein Entwurf ſehl, durch dem er hoffte, daß fl
des ruſſiſchen Heiches. - 119
Sohn für Wolodimer Rowgorod, das Furſtehthum
Mfisiaws , eines Sohnes Wladimirs erhalten
kbuute. Denn obgleich Wladimir keine Unzuftieden⸗
heis ‚über dieſen Tauſch bezeigte, ſondern vielmehr,
nachdem der Broßfürft ihm ſolchen vorgeſchlagen, ſei⸗
nen Sohn aus Nowgorod abforderte, fo ſchickten
doch die Nowgoroder, als er ihnen die Urſache die⸗
ſer Abfordernug betaunt machte, zugleich mit Mfiid«.
lawen and den Hofbedienten WWlahimitd Geſandte
aus ibrem-Müttel, nach Kiew, die dem Grof fuͤrſten
fegen follten, daß fie ihn, der fie im Jahre 1088
ſelbſt werlaffen Hatte, kein Recht zunsfiduden, auf.
ihr Sürftentäum Ahr ſich oder feinen Sohn Anſpruch
zu madıen. "Senn dein Sohn zwey Köpfe bat, lau⸗
teten die ihren Abgeordaeten in den Mund gelegten
Worte, ſo magſt du ihn ſchicken: Rgielawn bat uns
Wſewolod gegeben, nad wir haben ihn zu unferm
Zürken erzogen. Diele fo nachdrucksvolle Verwei⸗
gerung der Rowgoroder bewirkte nach langem Worte -
wechfel mit dem Großfürfen, daß er ihnen nachgaßz,
uud darein willigte, daß fie Mfislamn zum Sürften
”
gen Shrhen nlht befluchteten; $ ſo Befchloffen ı Kesierung ,
he im Jahre 1103 das Land der Polomjer mit —**
Krieg gu überziehen. A Swaͤtopolk und
Wladimir zu Dobolek hierüber ihre Heerfuͤhrer zu
Rathe zogen; fo war die Meinung. der Großfuͤrſtli⸗
den, das: Frühjahr fen aus der Urſache aicht zum
Rriegezuge tauglich , weil man die Pferde darpber
serberben nud dem Landmann: dadurch um die
te bringen würde Allein Wladimir erwiederte bier⸗
anf: Es wundert mich, daß ihr fuͤr die Pferde Sor⸗
Polow⸗
jern.
1103.
ge traget, wit weichen der Landınana ackert, und
220. Erfber Abſchnitt. Anfang
nicht daran denket, Daß, wenn der Bauer pr adern
anfängt, ein Polowzer Tomun, ihn wit einem Pfei⸗
le erfchießt, fein Pierd wegnimmt,. in feine Woh⸗
wung gehet, und darans Weib, Kinder und alle
. Habe mie fich wegführet. Eu dauert alfe nur fein
Pferd, nicht aber er ſelbſi? Die Richtigkeit dieſer
Antwort Wladimus leuchtete Swäsopolken fo
hell ind Geſicht, dab er deffen Meinung Bepyfall gab.
Nun ſchickte men, auch gu andern rufſiſchen Büspes
Geſandie, dieſelben zur Theilnehntung an dieſem
Feldzauge einzuladen. Oleg, Swceslawo Cohn,
(dügie eine Kraukheit var, um ausbloibrn zu dir
fon. Hingegen wohnten auier Swaͤte poll und
Wiadimir der Bruder Olegs, Dasid der Zürf,
David von Pelotsk Mſtislaw, Sohn des doroge⸗
bafſchiſchen Davids, Waͤtſcheslaw, Jaͤrepolks
Sohn und Jaropoit, Wladimirs Sohn, demſelben
bey. Bey Tortſchi meben der Jnſel Chortiſch war
der allgemeine Sammelplag, und von dort aus er⸗
‚reichte man in völliger Öglachterdmung innerhalb
vier Tagen Sutjen. Die Polowzer harten fh zwar
auch in großer Anzahl zufammengezogen , doch
ricth einer von fhren, Zütflen,, Ur aſoba, ſich
am einen Frieben gu bemihen. Allein die Jün⸗
gern verfpotteten dieſen Eugen Rath eines erfahrenen
Alten als einen Beweis feiner Feigheit. Ehe nun die
Ruffen auf fio losgingen, hielten die Dürfen mit
ihrem ganzen Heere: Gebethe, durch die he Mettund
ferner Mutter Geluͤbde thaten, und. verfpragen, Al⸗
moſen zu geben, und die Klöfter mis allem: NRoͤthi⸗
gen zu verfehen. Ihr Wortrab begegnete jept dem
polowzifchen, welchen man Altunopen, als dir
nem Manne von: geprüfter vorzůglichet Topferkeit,
übergeben hatte, und war fo gluͤcklich Altynopen mit
feiner ganſen Maunſchaft fe nieder gu maden, daß
J
s
‚des rufen Reiches. ran
Erin einziger entraun. Do er ſchien Das noch übri⸗
ge polowziſchen Heer in den Augen der Ruffen wie.
ein upabfehlider Wald. Aber als fir währnahmen,
daß Die Leute, aus welchen es befiand, Fein. Hay:
begeigten, fie angufallen , and fogar die Pferde nicht
fort woſlten; foıfaßten fie Mash, fie anzugreifen, und:
dieſes Naͤherrucken verurfechte eine allgemeines Aus⸗
reißen der Jeiade, denen nun die Ruffen chae die.
windeie Gefahr and mit Berkuft ven fehr wenig:
Leusen, indem fie bloß die Zlüchtiagewordenen vers,
folgen, und niederhauen oder gefangen nehmendurften,:
am 4m. April eine ſehr große Niederlage beybrach⸗
tm. Urnfoba, Kotſchii, Aunem Anrtok,
Afdenegrap, Surbar, Jaroslaney und.
deeyzehsa andere Zürfien verloren dahey ihr Leben. -
Eiuer von. ihnen, Weldiufa, ward als eine.
fongenge ger den Stoßfücſten gerührt, : uud erborh
id ‚ feine Eriedigung mit einem großen Werthe an
Geld, Silber, reden und anderem Biche ja erkan⸗
fen, .umd. ſchwor, fo lange er lebe, nichts Feindliches
. wider Die Muffen gu unteruehmen: . Swäto polf
fießte fein Schidfel in Wladimies Gutbefinden. :
Diefer aber faͤllte ihm mit den Worten dad Tedes⸗
unheil: Wie oft habe ihr ſchon geſchworen, Ruß⸗
land nicht zu uͤberkriegen! Warnm lehret ihr nicht.
euee Kinder, den Eid umwerbrüchlich zu halten, ſon⸗
bern wergiefet während dem Friedensſtande das Blut
der Chriſten? Run ISomme das Bin anf bein
Haupt. Es wurde. bie Mühe nad Koſten diefed Kriegs⸗
juges den Rufen durch eine ſehr reiche Beute au
Pferden, Kamehlen, Schafen, auderem Viehe,
und Schaͤtzen, welche die Polowzer durch ihrr unauf⸗
hoͤrlichen Streiferepen zuſammen gehäuft hatien, au
gefangenes Vetſchenegen und Torken, und eudlich
Durch Befreyung einer Menge ihrer Laudslente und.
2206.
as Erſter Abſchnitt. Anfang
anderer, die als Selaben fo lange ben Ueberwun
denen dienen ‚mußten, " überfihffig vergolten.
Schon im Jahre 1106 erfähuten Ach die Po⸗
. Lowper aufs Mene, ins ruffifhe Sebicch zu kommen,
und in ber Gegend von Saxjetſchesk Beute zu her
Ion, die ihnen aber die großfhrklihen Heuerführer ab⸗
jasten, doch ſo, daß die, welche: fie gemacht hatten,
wuidefgädigt eutfamien. - Bleib das Jahr Darauf,
2.107, erſchienen fie unter Bondf, Scharukhan und
audern Haͤuptern fo zahlreich um Lubne herum,
daß, um fie beſiehen zu koͤnnen, ber Sroßfünft Wla⸗
dimirn, Oleg und ech einige andere Zärflen zu
.Hälfe nahm, und nah der Bereinigung mit dieſen
fie:über der Sula am ı aten auffuchte. Das Schlaht-
geſchrey der Ruffen jagte den Polowzern felch ein
Scechrecken ein, :deß. fie au keinen Widerſtaud dach⸗
sen, fondern ein: Theil darch ſchuelles Beßeigen if
zer: Pierde, audere gu Fuße ansriffen , und ihr gan⸗
zes Lager zur Beute im Stichet ließen. . Der Groß
fhrft fiattete für. diefen Sieg a Züge der Himmel⸗
gührt Mariend im petfegerifchen Kloſter Marien und
Dem beiligen Thesdofus, zwepten Abte des petſche⸗
riſchen Kloſters feperlichen Dauk ab. Wan hielt die
‚ Bölowger, ungeachtet dieſer ihnen bepgebrgchten Nie
Derlage, nach für fo mächtige Beinde, daß man den
Entſchluß faßte, ob fie. nicht durch eheliche Berbiudun.
gen zwiſchen ben ruſſiſchen Fuͤrſten und deu Töchtern,
ihrer Oberhaͤupter in aufrichtige Freunde verwandelt
werden koͤnnten. In dieſer Abfit. begaben ſich Die
Zuürſten Wiadimir und die beyden Swaͤtsslawltſchen,
David und Dleg, zu zwey polowziſchen Fuͤrſten, die
beyde Aepparheißen, und errichteten mit denſelben
einen Vertrag, den fie durch Vermählung der Zoch⸗
tet des. einen Aeppa und Enkeliun O ſeneps mil
8: vr oder 2 3u 2 ) Wiedimns Sohue, wie |
des ruſſiſchen Meiches. 123
der Tochter des andern Aeppa , Grigenews Enke⸗
lin, wit dem Digowitfhen Swäroslam;
am ımten Januar im. Jahre a 208 recht dauerhaft zu
maden meinten. Doch im. Jahre ı ro9 geſchahen
wisber Feindfeligleiten , wobey fieb die Ruffen eini«
ger Wohnſthze der Polowzer om Dan ‚bemächtigten,
«Blei im. folgenden : Fruͤbjahre 1110 nuternahmen
der Sroßfürf , Wladimir und Dasib einen wigebu⸗·
Gen Kriegszug wider ſſe.
Diefe Umftaͤnde erigken Wiadimien, im thätig-
ken unter allen ruffifchen Fuͤrſten, an, ayömabig ale
le feine Stammgenoſſen zur Heimfuchung diefer uns
anfbörliden Feinde des gemeinſchaftlichen Baterlan«
des im derfelben. eigenem Laude aufzufordern, und er
überreßete den Broßfürfen,, die gwen Davide,
die Olgowitſchen Wfewelod und Smätosisw, und
den Swätoslowitfpen Jaͤroslam, daß fie ihm und:
einigen- feluer. Soͤhnen, wie ah Rofislam,
den Sohn Davibs des Igorewitſchen, im Fahre
1111 im diefer Unternehmung Geſellſchaft leiReten: .
Die Stadt des Fuürſten Scharukhan empfing fie als
rı08
1209
1120
Freunde, nad: brachte ihnen Brot nad Wen ent?
gegen. Gugrew aber, wohin. fie'den Tag daraufr
naͤhmlich am zgflen März, kamen, büßte feine Wi⸗
feglichleit dur feine Eindicherung , — mai
ed im Angenblicke erobert hatte. Am agflen err
ſchien sein polowgifihes ‚Heer, umd ward am Bade
Degeja überwuaden. Der am syfen hoch ein ans
dere6 weit zohlreicheres ihnen om Blaffe Salalz
die Spige, erfuhr aber, wie wohl mach einem bare
sen Kampfe, der den Rufſen viele Manufchaft koſte⸗
te, ein gleihes Schickſal, und nun beſchaͤftigten Die
Heberwinder ſich damit, vier Tage tiefer in das Laud
ihrer Feinde u gehen, und durch Die Beute, melde
fe daraus an. Menſchen, Bich und Schaͤtzen abhol⸗
\
> J
124 Erſter Abſchnitt, Anfang
tea,’ bie Fruͤchte ihrer Siege fh zu verſchaffen.
U ze
Charakter u.
in Swaͤ⸗
topolts LE
Zwoͤſchen diefen polowziſchen Begebenheiten hatten
manche ruffiſche FJuͤrſten auch mit andern Frinden zu
Hhun, indem .unter audern Juͤrſt Jaͤroolaw Siraͤtos⸗
lawitfh von Raſan am Aten Mär; 1103 eine Nie
derlage von den Morduauen erlitt, Jaͤroslau aber,
der Sohn bes Großfkeften, Die Jaͤrwaͤgen zwey Mahl
io ihrem Lande mit Vortheil bekreiegte.
Die pe:fönlichen Eigenfihaften: des Sroßfhrften
waren ſo bef&affen,. daß weder feine lintershanen un.
ter ihm gluͤcktich leben konnten, noch er felbfi feinen
Thron ohne Wladimir Frruudſchaft lauge behalten
haͤtte. Man wußte ſonſt nichts zu feinem Lahe an⸗
| , | . gafkäven, als daß er gesa Biker las, ein fo ſtar⸗
kes Gedaͤchtaiß hatte, daß er vorlaͤugſt gelefene
—4
Gefchichten woͤrtlich nehergäßlen. konnte, mit
im Zrunfe Aunsſchweifungen beging, mad wegen
feine: Rränklichfeit wenig uub.felten af, — Di
gegen war ſchon fein dußerkiches Unfehen meuſchen⸗
fetndAb., und feine Feigheit erſtreckte ſich bis dabin,
das er ohne Wladimirs und Anderer Zurchen fein
| Wladimir
II. wird
Oroßfürk,
Baterland und feinen eigenen Staat eben fo ruhig
von den Polowgern haͤtte verherren faffen, als er die
Unterihanen feines Großfuͤrſtenthums feiner GSelieb⸗
ten, bie zugleich feine erſte Rathgeberinn in allen
Regierungs «und Staatsgeſchaͤften war, und von wel⸗
“ber er ſich nie, auch nur auf wine. karze Zeit, ohne
Ahraͤnen entfernte, ſeinen Raͤthen nud fogar den
Suden., die allen Handel und: Grwerbe an ſich riſſen,
und dafır einen Theil ihres Raubes in die Schah⸗
kammer des Großfärfien abgaben, willig Preis gab.
Kiew verlor. folglich nichts, ſondern geivann, als er im
Fahre 11353 am ı6ten Aprill zu Wiſchegrod verſtarb.
Mach der bigher zu Siem benbanteten Abron⸗
fohge fiel nach Swatopolls II. Zode dieß Brehfür-
> Des rüffißgen,Meichen, : am5
ſtenthen dem ülle ſten ohne. des Meaffinßen Gehe
tpulaw aubein. Aber die: Riemer: mwlischildinen. vom
deu Nachſemmen Gwdtesiews zu Ihrem. Herm,
und befürchsssen üßer::Dirf,' die. yallifnen zum: Diene
fie Jaslaws und Spritapeils; IT. wider Die Gude |
welawäfdhen speflihrten‘ Ringe - untgelten: zu unffen;
Uns dieſer Urſache fan fiel der Sophienkiucht
den Sirup üb, Wladimir anf ihren Try
ga berufen; und’ weil der ſeibe ſich nicht fogleich eia⸗
ſteilte, fa ſtelen fie bber das Hnus Antatens, ‚Du
man für deu reichſten Bann im gangen Lande Hicks
aber zuglelch berhmidinte , Daß:set Auch Jeine Wine
shleigbeis bey: Gimkeunpiäin Biefew Jü feinca. Capına
fangen geist ‚und durch ein iſolthes dem. Gonanm
Belle verderbinbes Melıtel ſith 46 große Meihihin
mer erworbun Bdstk, und die Wähnungen:der Yu
den. ber, nad; Hüsdrrten. ſie aus. Dieſe Renngtihun
der graßen. Epbifterung Ber: Hieiwfden Mürgerkäuß
bewegen bir. Großen, den brraits zu Weadim une
Abgeoröerten aubarc unhgufibiden, am ihn gu Hi
von, mans wine: nach Kitw quegommen, weil bleß
felue Anduuft verwahren koͤnnr, daß wie ſchon Anger
fangenen Pihederangen nicht den ghebrürklichen
Palaſt, die-Rirchen uud Hide diem. Darnufil aug⸗
te er am zoften Mprill 19:3 zu Kirw am, we ma
ihn mir Jeraden aud aller einem heerſcheudrea Bros
fuͤr ſten gebäßprender Ehre aufnahm, und auf feinen
ceſten Befehl va allen Gewaltchaͤtigkritru abfiunb;
ceber durch den. Weg der Klage; die die Buͤrget ſchaft
von Kiew. bey ihren wenen Landesherru über bie
bisher ‚non den Judes vrlittene Schndirrumg- 1a
wen gauzen Handelswefen uub allen übrigen Dies
ven ihres Trwerbes aubrachte, bie Wertreibung allet
Soden ans allen ruſſtſchen Loͤndern durch einen graße
ſarſulichen uxtheiloſptach auszuwirken ih de ahere.
1113.
iss Erfler'thfipitt. Anfıne
BIadtmee fugte ihnen: da bie Juden in auffier
denen ‚Bürfenehimcen aufgenommen fepen > fo ge>
bäßre ibm nicht; ohne vorherige Versthehlagung:
air. deu uͤbrigen Dürfen: in: ben dießfalls non ben:
vorigen Großfärften. geituhtin: Berfügungen. etwas
zu :Aubern ;ter wolle mber: ungefdums :die. Fuͤrſen
Aber dieſe Angelegenheit zufansmen berufen. - Diele
arſchienen auf feine Eimlabung, und beſchloſſen, daß
dio Judben nit aller "Hube aus Rußland: vestrichen
weden Toten, auf welchen Beſchlaß uneerzüglie
de Vollſtreckung folgte: Als die Polemjer Swaͤ⸗
topoͤlts Tod, und Dub. Wladimir zu Kigm nom
aroßfätfttichen Khrone Beſiz genauen, “in Erfadı
. Mau gebuacht hatten, erſchlenen ſte vor: RPerejaslaw,
und verlangten; daß Diefas‘ Zürfientfenr, :über wel⸗
ches jeht des Großfuͤctten Wicdimirs Sohn
Swadcoslaw regierte,: ihm die Feindſeligbeiten dur
VDeſchrute abkaufta ſollte. Ale der: Jrſt haer von ſei⸗
J em Water benachrichtigte; ſo mathte dieſet bekannt,
1214.
daß et ſelbſt zu den’ Polowzerne gchen, um ihuen
Deſchenke uͤberbriagen wolle. Wie die RAdlowzer die
as. Hirten, meincen fie, : Wladim in. abe dies
ſes nar vor, um fie: ſtcher zu machen, und ihnen
eine harte Niederlage gu: verſchen, erwartacien daher
Mae Ankunft nicht, ſondern räumen: -anfs. eiligfie
das ruſſiſche Gebieth. Qleg, Swaͤtoslau⸗e Gohn,
beſaß eine zu vorsheilfafte Meinung. von ; feinen eb
- genen ‚Kräften, um ſich gu. füͤrcheen, einen Krieg
Über. Aiew wider Wlabimien. anzufangen, Abe
Deffen Sohn, Fuͤrſt Mfiislew , machte: mit feinen
Mowgarodern und. Roſtowern diefe Sache fuͤr feinen
Water aus, indem er Olegs Heer beßegte, gud. ihB
Sierdurd nöthigte, fi mit Demfelben wicher in ſeis
Rand zurhdl zu ziehen, .wo er bald darauf. 1114
am 18008 Nuguſt fein Leben endigte. Im J. 2213
)
des ruſſiſchen Reiches. Ber
uuterßen) ke. ber. Gürfl Sieb von Polotet duch
einen. Einfall in Smoleusk, wo ex fi perſchiede⸗
nen Stäuye bemaͤchtigte, den Sroßfürßen zu befrie
gen, heastmagtete deſſen Verlangen, mis ihm im
Srieden zu leben ‚ mir flolgen Drohworsen:,. wurde
aber doch durch die Gewalt der Waffen dazu gender
thiges, denn ſobaſd Wladimir feine Zeiegkvoͤller in das
Polorsfirhe führte, rfannte Gijeb fein Umermögen;
ihm im Zelde; zu.widerfichen, und begnüͤgte ſich feige
Staͤdte wider die Uebermacht dieſes Frindes zu
vertheidiges. Darauf ließ der. Grobfuͤrſt durc ale
ne Soͤhne ODrntesk augreifen, er ſelbſt aber -ging,
mittlerweile als fie ſich mit der: Gimahme dieſer
Stadt beſchaͤftigten, vor Rinsk, den Aufruthalt
des polotstiſchen Furſten. Weil er aber. wahrnakm,
Daß er ohne Anfopferung; des Lebens feiner Kricc
nöller dieſen Ort nur dur Hunger in feine Bes
welt zu. bekommen hoffen dürfte; fo machte er allg
Beranfieltungen zu dieſem langweiligen Bezwin⸗
gengsmittel , und verſetzte hiedurch Gljeben in; ſol⸗
Ge Angh, daß er ihn um die Schliehung eines Jeich
dens bitten ließ. Do nun Wladimiz die Schwie
tigleiten, Minst zur Uebergabe zu nöshieen, beſſer
als der darin eingefloffene Glieb kaunte, ertheil⸗
te er der Friedensgeſandtſchaft zwar die fehr. Sieden
(dlagente Antwort, er werde eher: feinen Zeichen
{hlieffen , noch Gljeben verzeihen bis man. Gljcben
ſelba ‚and deſſen Raͤthe zu ihm bringen würde; übrie
gens lies er den Geſandten zu verſtehen gehen, daß
ide Herr ich um die Vermittlung der übrige Fuͤr⸗
Ken zu. feingr Befänftigung bemühen möchte, Blech
befolgte diefen Rath, und aun erklärte ſich derx
Sropfürfi gegen feine für biefen Beind fpredendeg
Stammgenofien, in Anfehung ihres demſelben fin
ro
... »
1116.
1120.
isB Erſter Abſchnitt. Aufang
Ferebenobruch zu ver zeihen, und ſeine · aßgenounmenen
Städte wieber einzuräumen, wenn er WIR in threr
Aller Gegenwart vor ibm erſcheinen web ih vor ihen
deniirhigen mwärbe. - Stich erfhite dich Werlangen
des Großfärflen , und-eihielt ach einigen Verwei⸗
fen. Ben Brieben auf Die Urt, wie der Groſfuͤrſt ihm
bdecnfelbon zuzugeſtehen verſprochen hatte, ward and
nor :der Berabfchiebung von demſelben mit einem
Gifimüble becker! Die Einwohner don Drutes!
füdrie jegt der Soße des Sroßfuͤrſten Juͤropoll
we ſich in iſein Land, umd erbauete für fie die
Sn GSiheliu. Ehen dieſer Sat 2116 einen gluͤch⸗
Uichen info ins polowziſche ebieth, indem er id
‚mo rer Staͤdte, Bali, Zſchewſchlujew u Su
we, Yemdhiigte, und mt der reigenden LZochter
eiaes · Zähnben -Kürften ; die er pr feiner Gemah⸗
ie Medhlee, und ximt Menge Gefaugener ka ſein
Band Juruͤckkchetr. : Diefe' Sefangenen vermeheren di
Werhtlerung in Rußland‘, Die auch Durch ‚die Tri»
willige Aukunft vieler Vetſchenegen und Zorken, DE
Ddev Broßkärkien wider die Polowzer, von Weide
fie in einem zweytaͤgigen Treffen am- Don eine gro⸗
Be Riederlage erlitten hatien, Zuflucht fuchtmm, ſtor⸗
ken Zuwahhs erhielt, obgleich viele von dieſen Au
Hnmilingen 1120 Die ihnen vom Sroßfürſten 0%
Yewiefenen Wohrfige ; wiewohl zu ührent eigenen
Derderben, vertichen, indem fie bey ihrem nachhe⸗
rigen berumfchweifenden Reben faſt alle für Hanger
und Kälte in den Wuſteneyen umfamen. ben ſo
verdient mathte fi eim anderer Sohn des Bronfhr
J Ken, der Zürft von Nowgorod, um feik Land, it
111% dem er rı14 Die Hauptſtadt feines Fuͤrſtenthums
erweiterte , und durch den Bofabnif oder regieren”
5 den Bürgermeiller zu Rowgorod, Yan, KXeboet
| an
des ruffifchen Reiches. 128
an eine andere Stelle verlegte, und mit ſteinernen
Feftuugs werken verfaß , 1116 Die Eſthen heimſuchte,
and am dten März ſich ihrer Stadt Medweſchjä⸗
Golowa oder Ddenweh bemaͤchtigte. Weil aber ber
Sroßfkeft: ihn als: feinen aͤlteſten Sohn zu feinen
Apronfolger in Kiew befltihmte ; fo fand er es rath⸗ J
ſamer, ihn näher zu fich kommen zu laffen, und
ihm 1117 Belgorod au feinem Sitze auzuweiſen,
fein bisheriges Färfteuchant RNowgorod aber ſeinem
Sohne Wſewolod zn Abergeben. Die Romwporoder
verpflichteten hb:ı118 gegen den Großfürften, als
derfelbe zu Sasdal ihre Geſete beſtaͤtigte, Bloß aus
feinen Nachkonmen Kürften anzunehmeün, und bie
vom Großfhrhen Jaͤroslaw I: ihnen auferlegte Ab
gabe den ditefen von feinen Erben, wenn gleich
derfeibe nicht in Nowgorod ſich aufhielte, richtig ab⸗
zutragen. Jm J. 1107 bewegten den Großfuͤrſten
verſchicdene wider den Zürfien zu Wolodimer Jaͤ⸗
eoslaw angıbrahte Klagen und ein wahrſcheinlicher
Verdacht, Daß derfelbe arts: Bohlen wegen Erkdugung
des Thrones von Kiew eine Werbindung eingehen
wole, mit Busichung der Farſten David Swaͤtos⸗
lawiſch, Woledars, des blinden Wafillo- und Wſe⸗
73 Olgewitſch mit einem Heere is deſſen Laud
gehen. Weil Jhroslam einerſeits fi zum Wider⸗
ande genen fo zahlreiche Feinde gu ſchwach, auderer⸗
"fdss. die Gründe, aus welchen ihn der Gropfürft
feindliher Abſichten verdaͤchtig hielt, diefem: zu einet
odBigeu Geiniß heit, daß Jaͤroslaw diefe Abficht wirk⸗
lich hege, anzuläaglid Tchienen ; fo Fam es, nad»
dem des: Grobfuͤrſt :Ydroflamn zwey Monathe in
deffen Hauptfiadt eingeſchloſſen gehalten, zu einem
Vertrage, nach melden Jaͤrsslaw, ind Lager des
Srosfürfien kam, fih vor idım deminhigte, und
3.
Geſch. Rußl. 1. Band.
1116.
1118
1119.
Be
a80 Erſter Abſchnitt. Anfang
nad einem empfangenen. Verweiſe von dieſem die
Verßcherung der Fortdauer feiner Freundſchaft,
wenn er mar ſolche nicht ſelbſt verſcherzen wuͤrde,
grhiels, Als der Großfuͤrſt nach Kiew zuruͤcklehrte,
peraahm ex neue Nachrichten von Jaͤroslams böfen
Geßinuyngen, daß derfeibe naͤhmlich ſogar feine Ge⸗
linn, ‚eine großfuͤrßliche Eukelinn wesen ihres
aler⸗ Mſtislaw, zu verſtoßen denke, die ihn ver
anlaßten , denfelben nach. Kiew, um ſich wider die
angehrachten ‚Befchuldigungen zu veramfmorken, zu
berufen, Jaͤroslaw erklaͤrte ſich zu kommen, falls
der Sroß fuͤrſt ihn vorher durch einen Eid verſicherte,
Daß er ihm bey ſeinem Erſcheinen fein Leid zufügen
mollte.. Der Groß fuͤrſt leiſtere dieſen Gid. Mittler
‚weile ward Jaͤroslawn berichtet, daß Des Großfuͤrſt
ihn aur durch dieſen Eid in feine Gewalt zu bekom⸗
men denke, und ihn ungeachtet desſeltzen im Kiew
feſt halten . werde, Diefem Berichte trauend, ging
Jaroslam ‚geraden Weges auch Poblen, und dath
Boleslam IM. fi feine wider die ſchaͤdlichen
Pinfipidge : Des Großfuͤrſten athunehmen. Der Groß
fuͤrſt hetrachtete dieß Betragen als eine. offenbare
Kriegserklaͤrnug Jaͤreslanms, Die ihn berechtigte, die,
Velcheg Idraslam bey ſeiner Gniſernuug die Be
wehrens. feines Fuͤrſtenthums übergeben hatte, zur
Webernahe desſelben an Ihn aufzufordern, und, als
- Aedieß. fein Begehren befolgt hatten, feinen Gods
Roman; speils zu defien beſſerer Verſorgung, theils
sa. Maͤrkeran Widerſtande wider bie Pohlen, ment
Zaͤrdolam feinen Swed ben denſelben reihen moͤch⸗
ve, und, alz Roman am. ı5ttn Januar iıı9 ſtarb,
deſſen Bruder Nadrei oder Andreas als Zuͤrſten zu
Welodimer einzuſehen. Ju eben Diefem Jahre er⸗
lebte der Großfuͤrſt das Gluͤck, von einem gefaͤhrli⸗
gen Zeinde, dem Fuͤrſten Glieb von Poloist, md
des ruffiſchen Reihen, | aan
beffen Tod befreyet zu werden. Dieſer ereignete. ſich
in feiner Gefaugenſchaft zu Kiew, die er ſich durch
neue Beunruhigungen des Romgoredifegen und Gmos
lenslifchen zuzog, indem dieſe feine Zeindfeligkeiten
den Großfuͤrſten bewegten, feinen Sohne Mſticlaw
aufzutragen, ihn mitsc des ſtarken Heeres, das
der Sroßfürft. feiner Anführung anverirauete, als
einen Gefangenen nach Kiew zu Bringen, welden
Auftrag Rfisiamw , als er ben der Eroberung vom
Minse Ghjebs Perſon in feine Gewalt bekam, auch
zur Bollſtreckung brachte. Bor einem Kagriffe des
Herzogs von Bohlen blirgte dem Großfuͤrſten die Ben»
ge der Frinde, die er in: feinem eigenem Gebiethe
ſchenen mußte, indem durch eben dieſes Mittel ſich der
Fuͤvſt Wolodar wider denſelben fo gut gedeckt achte⸗
te, daß er meinte, denſelben ohne einige Beſorguiß
durch Einfälle in fein Kand zum Zorne reizen zu
koͤnnen. Boleslaw ſelbſt wählte fiatt einer offenba⸗ |
ren Bekriegung diefes Feindes, um fih von dem
Uebeln zu: befreyen, die derfelbe feinen. Unterthanen
zufürgte, das Mittel, welches ihm Peter VBlosczo⸗
vicz vorſchlug, und ſelbſt auszuführen ſich erboth, du
er: naͤhmlich als ein verſtellter Ueberlaͤufer ſich Wo⸗
lodars Perſon entweder auf der Jagd, wie der Le⸗
bensdefchreiber des Biſchofs Otto *) oder ben ber
Zafel, wie Kadlubko melder"*y, Benrdditigte, und
nach Pohlen führte. Wafllko ſchickte underzuͤglich au
den Herzog von Pohlen, um mit ihm uͤber die Be⸗
freyang ſeines Bruders zu unterhaudrln. Boleslan
forderte Zo0soo Mark Silbers, vereinigte ſich aber
3 2. u
*) Andrsae Vites S. Ottonis lib, II, c, 3, 4.
.#*) Kadiubkg Kipa, @,.780 et yaı..
72183,
138° Eier Abſchnitt. Anfang
_ Über-s0000, von welchen man 12000 bar erlegtt,
und für das Uebrige einen Sohn Wolodars ald
Geißel dem Herzoge von Pohlen zuftellte, dem fein
Bater nach feiner, Zuruͤckkunft in fein Fuͤrſtenthun
Dusch Ueberfendung von 500 Gefäßen gricchiſcher
Arbeit bald ausloͤſte. Wolodar mußte, ehe er fel
ne Frepheit · wieder befam, befchwören, nicht nur
ſelbſt keine ferneren Zeindfeligfeiten ‚wider die Pohlen
auszuüben, oder - irgend einem Feinde: ihres Herzogs
Beyſtand zu leiſten, fondern auch mit demfelben und
dem ‚Könige Stephan von Ungarn zur Wiedereiuſe⸗
gung Jdroslams in Wolodimer gemeinſchaftliche Sache
zu machen. Der allgemeine Sammelplag der Kriege
völfer aller. diefer Bundesgenofien war Peremiſchel.
Bon hier ging Jaͤroslaw 1229 mit 7000 Ungarn
und Pohlen, lauter leichte Keitereg, voraus. Mit
dem Übrigen Kriegsheere bemaͤchtigten fi Boleslaw
und das. Oberhaupt der Ungarn der, befeftigien DV
18: des Fürſtenthums, welches ſie flir Jaͤroslawn
erobern wollten. Dasſelbe war beynahe ſchon HMM
in ihren Händen, :ynd die Hauptſtadt Wlodimer
der legte haltbare Plap, angegriffen, als ſich I6
" xoslaw dur feine Hitze verleiten lief, den bey ei⸗
nem Ausfalle von ihm zuruüͤckgetriebenen Belagerten
‚dis unter das Stadithor naczuſehen. Do dieſer
Baht ſich bier verſtaͤrkte, von den Seinigen Bing"
gen, die er Anfangs dieſes Gefechtes um fich hatte,
wegen der Schleunigkeit, mit weilcher er die Pol
ihm Fliehenden verfolgte, auf dem Wege viele zu
rückblieben, und folglich aus, dirſer Urſache, und
weil von ſeinen Lenten immer doch einige das Le⸗
ben einbuͤßten, der Vortheil der größeren Zahl al
maͤhlich von ihm zu-den Ruſſen überging ;.. fo. fing"
disfe an ihn zu hdermannen, und bemüheren NP,
als fin Pferd ihn ahgeworfen parte ; feuer Perſon
»
— des ruſſiſchen Reiches. 133
habhaft zu. werden. Zwar vereitelte die Tapferke
der Pohlen nnd Ungarn dieſe Abfiht der Ruſſen, |
indem fie bey allen Anfechtungen derſelben ihn zu
ihrer Haupt macht in Sicherheit. braten. Aber er
war bey diefem langwierigen Gefechte fo ‚hart ver-
mundet worden, daß er nach einigen Zagen an diee ‘
fen Wunden flarb. Diefer Todesfall des Mannes,
für den die. Angreifer Wolodimers die Waffen era
griffen hatten, verurfadhte, daß es zwiſchen ihnen
und Andrei zu einem Bertrage Fam, in welchem fi®
verfprachen , ihn im Befige des Fuͤrſtenthums Wolo⸗ |
dimer fernerbin nicht zu Aören. Im Jahre 1125. 4129
am ı9ten May fiarb der Brogfürft Wladimir IL |
in einem Alter von 73 Zahren, ein durch feine herr⸗
len Eigenſchaften bey feinen Unterthanen fehr be«
liebter, und von allen Nachbarn horhvereßrter und
zam Theil gefürdteter Fuͤrſt. Er war zwar Mein
von Wuchs, aber von feſtem Gliederbau und fehr
ſtark, und ift in allen feinen Kriegen nur ein Mahl,
naͤhmlich bey Tripol, überwunden. worden ‚welcher
Vorfall ihn, theils wegen des dadey erlittenen Ber-
luſtes feines hochgeliebten Bruders, theild weil er
wider feine eigene Einſicht auf des. Großfuͤrſten
Swaͤtopolk driugendes Anhalten fich hier zu einer
von. ihm vorausgsfehegen Niederlage ins Gefecht
einlaffen mußte, die ganze übrige Zeit feines Lebens
fo fchmerzte, daß er aiemahls dieſer Begebenheit er»
wihaen, oder nor derfelben hören mochte, Er wuß⸗
te von keinem Stolze, bewies im Gluͤck und lin.
glücke gleihe Mäßisung, war genen alle gnaͤdig
und frepgebig, und bandhabte die. Gerechtigkeit nad.
dem hefege dergeftalt, daß ex alle Mohl dem Ber:
urtheilten die zuerfannte Strafe erleihterte,
Miſt is law befiieg nah feines Vaters Tode ——
1125 den großfuͤrſtlichen Thron in Riem, ohne daß beſteigt den
5
234 Erſter Abſchnitt. Anfaug
grofuͤrſtli⸗ Swaͤtoslaws RNachkommen ihm das geriugſte in
den Thron. den Weg legten, und die Größe feiner Eigenſchaf⸗
!
a
,127,
ten war gu allgeniein anerkannt, als daß fie ſich die
Heinfle Hoffaung hätten machen Finnen, durch Be
fireitung desfelben wider ihn etwas auszurichten.
Doc die Polowzer meinten, daß fie.nach dem Tode
des ihnen fürchterlichen Wladimirs ihre bloß bey
feiner Regierungszeit unterlaffenen Einfälle ins. rufe
fifche Gebieth wieder unternehmen Pönnten. Sie j9
gen ſich alfo aufs eiligfte dep ihren Fuͤrſten Barut⸗
ſchen und Kobran zu dieſem Borhaben zufammen,
und baueten hierbey auf den Beyſtand der unter der
Herrſchaft Jaͤropolks, Fürften von Perejaslaw und
Bruders des neuen Sroßfürften, anſaͤſſigen Zürfen.
Doch Jaͤropolk erfannte das Vorhaben diefes ein
heimiſchen Zeindes, che der auswärtige zu deſſen
. Unterfiigung. de war, unb trieb dieſe Zürken in
derfelben Nacht in ihre Stadt zuruͤck. Als die Pos
lowzer dieſes vernahmen, liefen fie den Gedanken,
‚tiefer ind Ruſſiſche zu rüden, augenblidli fahren,
und betraten deu Rüdweg in ihr Land. Jaͤropolk
fege ihnen bloß mit "feiner perrjaslawiſchen Mann
ſchaft nach, und holte fie bey Stjena ein, wo fe
ſich wider ihren Willen gegen ihn umwenden und in
ein Gefecht einlaffen mußten, das daher auch un:
gluͤcklich für fie ausfiek, indem fie fort insgeſammt
theils durch die Waffen der Kuffen, theils im Waſſer
umfamen. Bald hernach, im Sabre 1127, gab bey⸗
deu Brüdern die Vertreibung des Fuͤrſten Jaͤroslaw
Swaͤtoslawitſch aus Zfchernigow eine gerechte Ur-
ſache wider Wfewolod Olgowitſch, der. ſich Aſcher⸗
nigows durch dieſe Widerrechtlichkeit bemaͤchtigt hat⸗
te, die Waffen gu ergreifen, Diefer aber rief die
VPolowzer zu Huͤlfe, die 7000 Mann ſtark anrüd-
Des ruffifchen Reiches. 18
ten, um ibm ſolche zu leiſten. Allein die Leute, wel⸗
de von ihnen an Wſewoloden zu Verabredung der
Maßregeln, die fie in diefem Kriege gu: nehmen. haͤt⸗
sen, abgeſchickt wurden, fielen auf dem Ruͤckwege
an der Lokna in die Haͤnde ber hierher von Käropoit
geſtellten Mannſchaft. Da folglih das: polowzli⸗
ſche Heer vergeblich aufdie Nachrichten wartete, die
es durch diefe Abgeordneten von ihrem Bundesge-
noffen Wſewolod einzuziehen gedachte, und die wirfs
liche Urfache ihres Ausbleidens nicht mußte; ſo hielt
es dafuͤr, daß diefelbe in einer gefchehenen Ausſöh⸗
nung Wſewolods mit feinen Gegnern geflicht werben,
muͤſſe, und beforgte, wenn es nicht zeitig ſich in
Sicherheit begäbe, von der ueberlegenheit der Macht
dieſer nun ausgeſoͤhnten Feinde eine gattzliche Nies
derlage zu erleiden, und ſo konnte es nicht anders
kommen, als daß dieſe vermeinten Helfer in ihe -
Land zurüdgingen. Da nun Wſewolod bloß im
Vertrauen auf ihre Unterfifgung den Krirg wider:
Mſtislaw und Jaͤropolk nicht geſcheuet hatte; fo’
bemüßete er fich gleich nach‘ ihrer Entfernung durch
gute Worte von diefen zu. erhalten , daß fie ihn im
Befige des Jaͤroslawn entriffenen Flrſteutbam⸗ nicht
ſtoͤren ‚möchten, Dur Geſchenke, die er reichlich
unter bie Bojaren des Großfürften ausſtreuete, ges
lang es ihm, daß der Broßfürft den ganzen. Soms
mer In Unthätigfeit gubrachte. Die Vorſiellung,
welche der verjagte Jaͤroslawm hierüber dem Große"
fürfen machte, daß er ihm mähmlich bey dem hei⸗
ligen Krenze gefihworen, ihm durch Befriegung Wſe⸗
wolods fein Land wieder gu verfhaffen, ruͤhrte
zwar den gewifſenhaften Großfuüͤrſten, daß er. end»
lich, ungeachtet alles. Buredens feiner durch Wſe⸗
wolods Geld beſtocheuen Raͤthe und des Anerbies
iheus Wſewolodse an. ihs ſelbſt, ihm das Abſtehen
| 234 Erſter Abſchnitt. Anfang
grobfuͤrkli. Swaͤtoslaws Nachkommen ihm das geriugſte in
den Thron. den Weg legten, und die Geoͤße feiner Eigenſchaf⸗
1
ten war gu allgeniein anerkannt, als daß fie ih die
Heinfie Hoffnung hätten machen koͤnnen, durch Bes
fireitung desfelben wider ihn etwas auszurichten.
Doch die Polowzer meinten, daß fie.nach dem Tode
des ihnen fürchterlihen Wladimirs ihre bloß bey
feiner Regierungszeit unterlaffenen Einfälte ins: ruſ⸗
fifche Gebieth wieder unternehmen Pönnten. Sie j0-
gen fih alfo aufs eiligfte Dep ihren Fuͤrſten Barut-
fhen und Kobran zu dieſem Borhaben zufammen,
und baueten hierbey auf den Beyfiand der unter der
2.12%,
Herrſchaft Jaͤropolks, FZürften von Perejaslaw und
Bruders des neuen Großfuͤrſten, aufäffigen Türken.
Doch Jaͤropolk erfannte das Vorhaben dieſes ein
heimifchen Feindes, che der auswärtige zu deſſen
Unterſtuͤzung ba war, unb frieb dieſe Zürfen in
derfelben Nacht tu ipre Stadt zuräd. Als die Por
lowzer dieſes vernahmen, ließen fie den Gedanken,
‚tiefer ins Ruffifhe zu rüden, augenblicklich fahren,
und betraten den Rüdweg tn ihr Land. Jaͤropolk
fege ihnen bloß mit "feiner perrjaslawiſchen Mann»
fhaft nah, und holte fie bey Stjena ein, wo fie
fich wider ihren Willen gegen ihn umwenden imd in
ein Gefecht einlaffen mußten, das daher auch un.
gluͤcklich für fie ausfiel, indem fie faſt insgefammt
theils durch die Waffen der Ruffen, theils im Waſſer
umfamen. Bald hernach, im Sabre 1127, gab bey»
deu Brüdern die Vertreibung des: Zürften Jaͤroslaw
Swaͤtoslawitſch aus Zfchernigow eine gerechte Ur-
fache wider Wſewolod Olgowitſch, der: ſich Aſcher⸗
nigows durch dieſe Widerrechtlichkeit bemaͤchtigt hat⸗
te, die Waffe zu ergreifen. Diefer aber rief die
VPolowzer zu Huͤlfe, die 7000 Mann ſtark anrid-
des zuffifchen Reiches. 1865
ten, um ihm ſolche zu leiſten. Allein die Zeute, wel:
de von ihnen an Wſewoloden zu Verabredung der
Mafregeln, die fie im diefem Kriege zu: nehmen haͤt⸗
. ten, abgeſchickt wurden, fielen auf dem Ruͤtkwege
an der Lokna in bie Hände ber hierher von Käropoit
geſtellten Mannſchaft. Da folglih das: polowzl⸗
(de Heer vergeblih aufdie Nachrichten wartete, die
e8 durch dieſe Abgeordneten von ihrem Bundesge-
noffen Wſewolod einzuziehen gedachte, und die wirfs
liche Urfache ihres Ausbleidens nicht mußte; ſo hielt
es dafuͤr, daß diefelbe im einer geſchehenen Austöhs
nung Wſewolods mit feinen Gegnern zeſucht werben,
muͤſſe, und beforgte, wenn es nicht zeitig ſich in
Sichetheit begäbe, von der Weberlegenheit der Macht
diefer nun ausgeſoͤhnten Feinde eine gänztiche Nies
derlage zu erleiden, und fo konnte es nicht anders
kommen, als daß diefe vermeinten Helfer in ihr
Land surfichgingen. Da nun Wſewolod bloß im
Vertrauen auf ihre Unterfiigung. den Krieg wider:
Mſtislaw und Jaͤropolk nicht geſchenet hatte; fo’
bemühete er ſich gleich nach‘ ihrer Entfernung durch
gute Worte von dieſen zu, erhalten, daß fie ihn im
Befige des Jaͤroslawn eritriffenen Fuͤrſtentbhuns niche.
fören möchten, Dur Geſchenke, die er reichlich
unter Die Bojazen des Großfuͤrſten ausſtreuete, ges
lang es ihm, baß der Sroßflrft den ganzen. Som⸗
mer In Unthätigkeit gubrachte. Die Borfielung,
welche der verjagte Jaͤroslam hieruͤber dem Groß⸗
fürſten machte, daß er ihm naͤhmlich bey dem hei⸗
ligen Krenze geſchworen, ihm durch Befriegung Wfe⸗
wolods ſein Land wieder zu verſchaffen, ruͤhrte
war den gewiſſenhaften Großfuͤrſten, daß er end»
lich, ungeachtet alles. Buredens feiner durch Wſte⸗
wolods Geld beſtochenen Raͤthe und des Anerbie⸗
ihens Wfewolods am. ihs ſelbſt, ihm das Abſtehen
’
136 Erſter Abkchnitt. Anfang
von Jaͤroslaws Sadı theuer zu bezahlen, den feſten
Entſchluß faßte, nicht laͤnger in feiner Unihätigkeit
zu verbarren, fondern Jaͤroslaws Beſtes mit allen
Traͤften zu befördern. Aber jegt bediente fich Wſe⸗
wolöd eben diefer Gewiffenhaftigkeit des Großfuͤr⸗
ſten und. des Abtes des kiewſchen Andreaskloſters,
Gregorius, der ſowohl beym verſtorbenen und jezzi⸗
gen Gropfuͤrſten als beym ganzen Volke fi den
Ruf des ehrwuͤrdigſten Geiſtlichen erworben hatte,
ihn von dieſem Vorſatze gänzlid abzuziehen. Dean
als letzterer von feinem erfien Worte zum Großfuͤrſten:
„Ich nehme diefe Sünde auf mich ; denn es iſt beſſer,
feinen Eid zu brechen, old Chriſtenblut zu vergießen,“
nur eine ſchwache Wirkung merkte; fo verfammelte
er die ganze Geiſtlichkeit, die, da eben Fein Metro⸗
polit war, gang non ihm abhing, und drang mit
JX
dieſer ſo ſtark in den Großfuͤrſten, Jaͤroslaws we⸗
gen das Schwert nicht zu zuͤcken, indem der ganze
geifilihe Stand, der die Pflichten des Chriſtenthums
am beiten kenne, und andere darin untermeifen
müffe, die Sünde, von welcher der Großfuͤrſt meint,
daß er fie durch Verlegung eines Eides begehen
würde, auffich nehme, Dieß bewog den Grobfuͤrſſen,
durch einen Friedensſchluß zu verſprechen, Wſewolodes
im Beſihe des Fuͤrſtenthums Tſchernigown nicht zu
ſtoͤren, daß folglich der ungluͤckliche Jaroslaw nur
Vuͤrſt des ihm noch nicht entriffenen" Murom blie
Doc beweinte der Großfürft diefe bewieſene Nacsie⸗
bigkeit, fo lange er lebte. Wider einen andern Krieg,
‚der doch nicht gerechter als diefer war, machten ihm
weder die Geiſligkeit noch feine Käthe Einwendungen.
Dieſer betraf die polotskiſchen Zürften, welde fl
nnaufhoͤrlich das ruſſiſche Reich bekriegten, weil Ne
durch die Grauſamkeiten, welche Wladimir I. bey
Eroberung dieſes Staates ihrer Vorfahren « on ihrem
u /
des ruſſiſchen Heiches, 137
Geſchlechtsvater und deſſen Nachkommen veruͤbte,
hierzu ein Recht erhalten zu haben vermeinten. "Die
fer Zeind mußte in der That fehr mächtig fenn.
Denn der Großfuͤrſt both zu dieſem Kriege drey ſei⸗
ner Brüder, Werfheslaw aus Turow, Andrei aus
Wolodimer, und Wſewolod aus Gorodez, den
Faͤro lawiiſchen Wetſcheslaw aus Lust, Wſewoloden
Olgowitſch ans Tſchernigow, feinen Woywoden Iwan:
Woitiſchitſch mit den Türken, und zwey feiner
Söhne Ißjaͤslaw aus Kurs, und Roftislam aus: _
Smolensk, auf, die am 14ten Auguſt durch die ver⸗
ſchiedenen Wege, durch welche ſie ziehen mußten,
das feindliche Gebieth betreten, und durch gleichzei⸗
tigen Angriff mehrerer Gegenden die Staͤrke der
Polowger vertheilen ſollten: uͤber dieß ſollte ſein aͤlte⸗
ſter Sohn, der zuͤrſt von Nowgorod, aus dieſem
Fuͤrſtenthume an einem andern Orte eiubrechen.
Isjaͤslaw war einen Tag von der angefegten Zeit
bereits vor Logoſchesk, und fo glücklich, daß die
Einwoßner ih auf feine erfie Aufforderung ergaben.
Er konnte daher, wie er hörte, dag die übrigen.
bey ihrem Angriffe auf Ißjaͤslaw Widerfiand ame
getroffen baͤtten, ihnen zu Huͤlſe gehen, und erlangte
anf dieſem Zuge noch einen Vortheil, indem rin
polowziſcher Zürft, Braͤtſcheslaw, der zw feinem Va
ter gehen wollte, aber fib auf .allen Seiten von.
rufifhen Kriegsvoͤlkern umringt fahe, in Erwaͤgung
feiner Schwägerfchaft mit Shjäslam, fih ſelbſt in
feine Gewalt lieferte. Als hierauf diefer Zürf
den Ißjaͤslawern wie, auh den Logoſcheskern,
welche Ißjaͤslaw mit ib führte, vorgeſtellt wur⸗
dem; fo ergaben fie ſich den Fuͤrſten von Turow auf |
die Bedinguiffe,:daß fie ihr Leben, ihre Srepheit
und Güter behielten, wurden aber in der folgenden ,
Nacht von zwey Heerführern der Fürſten von Wo⸗
133 Erfter Abſchnitt. Anfang
Iodimer und Turow überfallen, und es föftete viele
Muͤhe, daß man einem Theile der Menſchen das
£chen und einige Güter retten fonute. Da nun au
der Kür von Rowgorod Rektutſch an gegriffen hat⸗
te; fo. entichloffen fih die Polowzer, zur. Befänfti-
gung des Broßfürfien den Fuͤrſten David und defien
Söhne ihrer fürflichen "Würde zu entfegen, und
‚als Befangene dem Geopfürften mit der Bitte, ihnen
ſtatt ihrer Rognwolden zum Zürfen zu geben, zu
überliefern, welches Geſuch der Großluͤrſt ihnen
gewaͤhrte, die in feine Hdude gegebenen eutſchlen
1129. Fäaͤrſten ‘aber 1129 mit Frauen und Kindern zu
beffeter Bewahrung nach Couſtautinoprl ſchickte. Eben
fo gut. ſchiag der Feldzug, den er feine Siän Wſe⸗
: 1150. wolod, Ißjäslem und Roſtislaw 1130 nach Ziefland
thun Heß, und ein. anderer aus, in welchem er
a1zı. 31591 in Litthauen eine ſehr beträchtliche Beute
2132. machte.
arten Große . Aſtislaw hinterließ bey ſeinem Abſterben, dad
Afistoms fi om ı46en- April 1132 ‚ereignete, "einen eben fo
Lod ruhmvollen Nahmen, als fein Vater. Denn ob er
gleich Die Abgaben der Unterthanen erhoͤhete; fo be
ſchwerte er fin doch nicht mehr, weil ee fie nach dem
Vermoͤgensumfſtaͤnden eines jeden: einrichtete, und
‚ die Volfsmenge durch Die vielen Anfömmlinge aus
J vorſchiedenen fremden Voͤlberſchaften, die fir unter
. feines Vaters: und feiner Regierung in Rußland nie:
z= derließen, fehr angenommen hatte, beſonders durch
U die Beloweſchen, welche theils als Anbaner der Laͤu⸗
| dereyen, theils als Kaufleute, den aͤltern Bewoh⸗
nern; deren Faulheit und Verſchwendung in. Ber
‚ bindung init den innern und dußern Bedruͤckungen
fie nicht auffonımen ließ, die Mittel. durch Anwen
rung ihtes Fleißes zur Benupuns ber in- Händen
des ruſſiſchen Meiches. 239
habenden Bortheile ihre Umſtaͤnde zu verbeffern wie⸗
fen, and. fo an manden gute Nachohmer fanden,
Der Sroßfürft Wladimir II. hatte feine Soöt⸗ Färopolt u.
, den verſtorbenen Großfürſten Mſtislaw und a
giroyolf, befbwören laſſen, daß Mſtislaw, wenn
er den kiewſchen Thron beſtiege, Jaͤropolken Pere⸗
jaslaw einraͤumen, Jaͤropolk aber, wenn er nach
Mſtislaws Tode Großfuͤrſt würde, fein Fuͤrſtenthum
einem Sohne Mſtislaws geben ſollte. Rah dieſem
Vertrage beſtieg nun Jaͤropolk IT. den großfüͤrſtli-
den Thron, und übergab Perejaslaw dem Fuͤrſten
von Rowgorod Wfewolod. Aber derfelbe blieb nur
einen Bormittag im Beige von Perejaslaw ; denn
am Kachmittage jagte ihn Jur ji, ein Bruder des
jegigen Großfürften, heraus. Der Großfuͤrſt hielt
feine Verpflichtung gegen die Nachkommenſchaft fei-
nes Reihsvorfahren fo genau; daß er dieſen feinen
Bruder nöthigte, nach einem achttaͤgigen Beſitze dieß
Fürſtenthum Perejaslaw zu verlaſſen, und übergab
dasfelbe Ißjaͤslawn, einem Sohne Mitislaws, der
gegenwärtig Polotsk (oder vielmehr meines Erach⸗
tens Minsk, eines von den Fuͤrſtenthuͤmern, in wel
de der polotskiſche Staat getheilt war) beſaß, der
feinen Bruder Swaͤtopolk zu PolotsP ließ. Do
die Polomzer vertrieben Swaͤtopolken, und beriefen
Wafilkon Swaͤtoslawitſch zu ihrem Fuürſten. Diefe
Widerfeglichkeiten verurſachten, daß der Großfuͤrſt
urtheilte, es werde ihm gar zu fchwer fallen, wider
Willen aller feiner Brüder einen Sohn feines Reichs⸗
vorfabren zum Fuͤrſten von Perejaslaw zu maden. -
Daher gab er, in der Meinung, feine über fein Ber
tragen in diefer Angelegenheit mißvergnügt gewor⸗
denen Brüder fo zufrieden zu fielen, daß fie nicht
bloß mit ihm, ſondern auch mit den Söhnen feine
Reichsvorgaͤngers in gusem Vernehmen lebten, ſei⸗
—4
14 Erſter Abſchnitt. Anfang
nem Bruder Wetſcheslaw Perejaslaw anf die Bes
dingung , daß derſelbe dafür Ißjaͤslawn fein gegen,
wärtiges Fürftentbum Turow abtreten .follte, wels
chem der Großfuͤrſt noch Drontſchew und Pinesk zu
Miusk, dem eigentlichen Landestheile Ißjaͤslaws, zu⸗
legte. Allein nur Mſtislaws Söhne bezeigten ſich
bey dieſen vom Großfuͤrſten erwaͤhlten Maßregeln
ruhig, Indem 1133 Ißjaͤslaw für den Großfuͤrſten
von ſeinen Bruͤdern, dem Fuͤrſten von Nowgorod,
die vertragsmaͤßige Steuer, und vom Fuͤrſten von
Smolensk Geſchenke abholte, der neue Fuͤrſt von
Perejaslaw hingegen fih (dom 1133 in Bewegung
feste, Ibjaͤßlawn Turow zu entreißen, und 1134.
ungeachtet. der Gegenermahnung des -Sroßfürften
dieß Vorbaben ausführte. Der Großfuͤrſt willigte
darein, daß 1135 fein, Bruder Georg für Roftow
und Susdal, einen Theil des jegigen Fuͤrſtenthums
Georgens, welchen Theil diefer dem Großfürken
gab, Perejeslaw befipen dürfte. Dadurch aber wur⸗
den die Söhne Mfislams nicht nur wider die Bruͤ⸗
der des Großfuͤrſten, fondern aud wider deſſen
‚ gene Perſon fo aufgebracht, daß fie ſich entſchloſ⸗
- fen, fiegu befriegen; und weil fie ihre eigenen’ Kräfte
. zu einer folgen Unternehmung nicht für gewachſen
hielten, fo riefen fie die Fürften aus der Linie des
Groß fuͤtſten Swaͤtoslaws zu ihrem Beyſtande. Aber
- dieſe Verbindung mißfiel den Nomgorodern, welche
‚blog zu dem Ende fih harten bewegen laſſen, ihrem
“ gürfien zu dieſem Feldzuge zu folgen, damit fie eine
Ausſoͤhnung zwiſchen den Linien der Großfuͤrſten
Wladimir II. und Mſtislaw ſtiften Fönnten. Sie
nöthigten ihren Fuͤrſten, mit ihnen nah Haufe zu
gehen, und an,den feindlihen Unternehmunge® ſei⸗
uer Bundesgenoſſen wider Wladimirs II. Söhne kei⸗
nen Theil zu nehmen. Bey der hierdurch erfolgten
-
des ruffifchen Reiches. 241
Schwaͤchung diefer Partey befanden ſich der. Sroß⸗
fürft und deſſen Brüder ſtark genug, wider fie
angriffsweife zu verfahren, und vor Tſchernigow zu
ruͤcken, wiewohl fie nah einigem Verweilen vog
wenigen Tagen wieder. zurädgingen. Allein: ihre!
Gegner zogen die Polowzer antfih, nud darauf
fonnten fie nicht nur die Peine Stadt Neſchatin
weguchmen, und das platte Land’ meit und breif
ausplündern- und verheeren, ſondern auch in dei:
Nähe der großfuͤrſtlichen Hauptſtadt der. Macht die
Stimm biethen ‚ die ihnen bier ihre Feindr entgegen.
ſtellten. Beyde Heere ſahen einander acht Zunge an,
weil weder dieſes noch jenes. den Angriff. wagen,
wolite. Dieſes verurſachte einen Bertedg, durch weh. -
hen der Großfürk ıgur Befriedigung feiner Gegner;
Wolodimer Ißfaͤrlawn eribeilse. Um eler.den. jepk;
gen Befiger von Wolodimer Andreea fhr' dieſen Uhr;
trut zu entſchaͤdigen, erhlelt berfeibslperejastem;,;
deſſen Beſther Sectgen der. Sroßfäuft:zur Bergär
tung, daß er es an Andreas uͤberließ, Roſtow und
Susdal zuruͤck gab. Der Zürk den Nawgorod en⸗
klaͤrte, daß er nun mit dem Broßfürften zufrieden:
fey. Uber er. warb ſich unten. den Romgätodern Leırten
die ihre. Mieblirger überredeten, daß bie in dem
neulichen Feldzuge geſchehene Retirade:ikces Herbed
nach Haufe, man moͤge dieſelbe nad fe..kemdntelt,. .
ſowohl ein Bruch des. von ihnen den auflistamfchem.
Rindern geleiſtetes: thanern Gides ‚nie auch eine
JFarcht ſamkeit verbieie.,, uud. in beydan Betrachtun ⸗
gen die Ehre ihrer Send. :befhiupfe. Durch Dirfe
Leute brachte gt. dahin, daß er mie einem, Heere
Nomwgoroder gegen Ende des Jahres ins Gebieth
des ZFürſten von Roſtow gehes konate. Allein am
söhen Jauuar 1436 lam es bey dem Berge Sydam,
in einer Schlacht, in welcher bryde ſtreitenden Sheile
242 Erfer Ablchnitt. Anfang
einauder stele Leute nichbermachten , und zuletzt ſich
den Sieg zuſchrieben, obwohl die Nowgoroder we⸗
niger Anſprach auf denfelben machen konnten, als
ihre Gegner, indem: die NRomgordder gleich nah
dieſem Treffen wieder in ihr Laud gingen. Eben
eine fo ſchlechte Nussichtung in dieſer Angelegenheit
verurſachte einen Auffland der Nowgoroder gegen
ihren Karten, den fie nebſt feiner Gemahliun 2
Monathe und 4 Tage. im engen Verhafte hielten.
Ste entließen ihn ‚duch nicht eher aus dieſer Ber:
haftung, als bis Swaͤtoslaw Olgpwitſch, der jün
gere Bruder des Fuͤrſten Wſewoled von Tſcherni⸗
gom, ben fie an feine Stelle zu ihrem Fuͤrſten be⸗
ziefen, bey. ihnen angelangt war. Wen dieſer Beil
warb zu Newgoreb nichts fo gewöhnlich, als daf
Die: Eiawohner utit ihren Fuͤrſten Wechfel teafen,
indem ſie faſt ahne alle Berantofiung bes von ihnen
Berufenen cutwrber beurlaubten, oder dar ihre
fclechte Begeguung: Bewegten, daß er den Fuͤrſten⸗
fib: ſelſt verliet wwor die, welche (ah: feine Unteriha
nen Kamen, durch dirſe Benennung ſeiner nur zu
ſpotten fchienin; Inden ſte, Mare: von ihm fi re⸗
gieren gu lafſen, ſich des Wegimeats über. ihu au⸗
maßten. Deun die Nowgorobder wußten gar: gu: auf,
das die Macht des Sroßfuͤrſten diyh. anaufpörlice
. Berminberung der ihm unmittelbar gehorchenden
Soudfhaft und durch die immer ſtaͤrber uͤberhaud
nehmenden viden Uneinigleiten. und innerlichen Krie⸗
ge zwiſchen den ewfjikhen Zürken: taͤglich bergrüalt
abnahm, daß fie fo wenig vom ihm zu befuͤrchten
hatten, und vielmehr von ‚feider Grgenparteg unit
- den vuffifchen Fürften und von den änperwandifhaft
des Herrn, dem fie ſtatt des enflaffenen oder weg
gegangenen mit dem Rahuen dpres Küurſten beleg⸗
| ven, aſordalmen Talls ſich — — verſpic⸗
des rufſiſchen Heise 143
den Bauten. Sie ſcheinen ſogar zu eiuem Haupt⸗
grundfage ihrer Staatsklugheit angenommen zu ha⸗
ben, nie einem Fuͤrſten laugen Aufenthalt bey ſich
zu verſtatten, Damit fie. ihm die Gelegenheit, ſich einen
Anhang und durch beufelben mehreres Anfehen zu
verfchaffen, abfepaitten. Seit dieſer Entfegung Wſe⸗
wolods bis-auf Yen Einbruch. der Zatarın in Ruß
land gefchaben- in einem Zeitraume von 201 Jahren
34 Beränderungen in: Diefem Kürfientbume, ob
ſchon nicht eben fo viele Fuͤrſten dasſelhe beſaßen,
indem verfdjiedene mehr als ein, Mahl dazu gelang«
ten. Des ensfepte Wſewolod, dem nun fein Vet⸗
tes, der: Großfüͤrſt, Wiſchegrod zu feiner Verſor⸗
sung auwies, behielt ſowohl in der Heupifiedt
Romaorod einige, ois in dem davon abhängisen
Pleſkow ober Pſow wmehrese Sreunde, und zu Ples⸗
Tom vermochten dieſe fo niel, Daß er 1137. dort
mit allen Breuden empfangen word, ‚Seine nach in
der Hauptſtadt habende Marten bekam dadurh Muth,
and pfinste mie ihm aber feine völlige Micderher«
Rellung Unterhanblungen. Der uene Fuͤrſt Swaͤtoß⸗
kw hingegen. derief das Volb zuſammxrn, und be⸗
fragte Dasfeine, ob. eb, Anh ‚mis feiner Regie
sang zufrießen ſty, ober. Tifemoloden wieder ben .
schre. Die Autor! fid zu Swaͤtoslaws Bere
guügen aus, aud, wur ide völlig :von-her Aufrich⸗
tigkrit ihrer Awuvedſichetaugen zu überführen, fiel
te das DIR die firfnefir Unterſuchnug an, Wſe⸗
wolods Auchager auszukund ſchaften, durch wel⸗
che Vreranlaffung eine Menge Leute ins Defaͤng⸗
niß geworfen wurden, andere ans Furcht einergleie
den Behandiung ;fih nach Pleskow begaden, fo ihre
Hänfer der Auspluͤnderung Preis geben mußten,
und andere wit Geldfirafen, die sufammen 1500
Sriwen besrugen, belrgt wurden. : 34 dem dadurch
/
ä
Quelle der Macht und des Xeichthums dieſes
tes, durch Hemmung der Zufuhr des Betreidd
144 Erſter Abſchnitt. Anfang
erlangten -Belde legte man noch den Bettag em
alfgenieinen Steuer, und verwendete Dfefe große Sun
me auf die Ausrüfung eines Heeres, mit welche
Swaͤtoslaw, dem auch fein. Bruder Gljeb- mit fe
nen Kurskern und mit Poleiwzern Huͤlfe leiſtet
1138 gegen Pleskow auruͤckte, nachdem die Ei
wohner dieſer Stadt uad die zu denſelbes uͤbergega
genen Nowgoroder auf ſeine Nufforderung, den Zü
fien Wfemolod nud deſſen Bruder Swaͤtopolk ni
laͤnger zu Behalten, nicht nur eine abſchlaͤgige A:
wort erhellt, ſondern fi au eidlich verbuud
hatten, nad ihrer in Bemeinfchaft mit den. No
porodern dem Großfürfen Wiadimir IL. gel
ſteten Verpflichtung immer bey Zärfien von. feiı
Machfommenſchaft zu verbleiben, ‚Allein bie Pl
Tower hatten ihre Gegenmaßregein fo gut getroff
und ale Eingänge mil Verhacken und Maunſch
fo gut: verwahrt, daß Swaͤtoslawen unter de
riegsoditern vice gebeime Feiade fich verbor
bielten,, dis er bis Dabrowaa gekommen war,
tathſam hiun - naıh Romgorod. umzufehnen. , 2
hernach, tm am zaten Februat, ſtarb %
wolod, Hr. mir Dem Dinifuaeneh.Bawılla oder
briel hirß ‚und eine Stelle water den Heiligen
hielt, Sein Tod änderte die Spalcung zwiſchen
beyden Stauten Nowgorob und Pleslow nicht,
deni der Tepiere feinen: Brubes: Swaͤtopolk zu #
‚Sürften wählte. Da auch der: Fuͤrſt von Rofton
feindlid wider Nomgorsd: in Auſehang Suuitod
erflärtet To litt die Handlung von Rowgorode
des Sahzes gar ſehr. Noch kam su diefen:
quemligkeiten, die fie davon entpfanden, Daß |
fen Swäroslam:.gu ‚ihrem Fürſten hatıen
des ruſſiſchen Reiches. af
Belaͤſigung, welche fie von ſeinen Hülfsooͤlkern aus.
fanden. Daher beſchloſſen fie am 28ften Aprill in
einer allgemeinen Rathsverſammlung, Swaͤtoslawn
zu entlaſſen, an die Fürſten von Pleskow und Ro»
Row Sefandie zur. Schließung eines Zriedens gi
ſchicken, und vom fegtern (dem von Roſtow) ſich ſei⸗
nen Sohn Roſtislaw zum Zürften auszubitten. Als
les dieſes kam zur Vollſtreckung, und Swaͤtoslaw
hatte noch bey ſeiner Reiſe aus Nowgorod nach Smo⸗
lensk das Ungluͤck, von feinen Feinden aus der mitis⸗
lowifchen Linie. angefallen, und aller feiner Sachen
beraubt zu. werden. Seine Stemmgenofien die Ol⸗
gowitfchen aber befchloffen wegen diefer Beleidigung
am ganzen Haufe Wladimirs ihre Ahndung auszus.
üben, wozu fie vieleicht der glüdliche Fortgaug noch
weht aureiste, den fie in dem. kurz vorher unternom⸗
menen Ueberzuge des Zürften von Perejaslaw An⸗
dreas hatten, Denn. biefer konnte dasſelbe mit ſei⸗
nen alleinigen Kräften nicht wider ihre durch polow⸗
ziſde Hülfsoölfer noch mehr vergrößerte Macht be⸗
fkhügen, und verlieh es bey ihrer Ankunft, wiewohl
die untergeordneten Obrigkeiten, zur Vergrößerung
dee Plogen der Einwohner, im Widerfiande fort-
fahren. Diefer Widerfland. erbitierte die Olgowit⸗
ſchen noch mehr, und konnte bey der gar zu großen
Schwaͤche der Prrrjasiawer ihnen nichts nlgen. Die
Olgowitſchen hatten auch Urſache zu eilen, wenu ih»
uen ihre Abficht. Perejaslam den Wladimi owitſchen
zu entziehen, nicht fo fehlfchlagen follte, wie im J. ı 136
geſchehen war. . Denn damahls hatten fie gleichfalls -
mis polowziſcher Verſtaͤrkung Perejaslaw angefallen,
aber auf die Nachricht von der Heranrüdung des
Großfuͤrſten ſich bis gegen die Quellen des Supoja
jurüdigegogen. Weil aber der Großfuͤrſt ſich des
Gieges gar zu feſt verfigers piels; fo empfing er ſtatt
Geſch. Xußl. 2. Band. K
2137
. 2138.
146 Erfter Abſchu. anfang
desſelben, der ihm ſonſt nicht entgehen fonnte, einen
beträchtlichen Berlufl. Dena da er den Angriff that,
und die polowsifchen Huͤlfsvoͤlker der Olgowitſchen
die Flucht ergriffen ; ſo ſehte der Kerndes großfürfllis
den Heeres denfelben nah, da die Olgowitſchen
noch mit gleichem Boriheile wider die Großfuͤrſili⸗
chen kaͤmpften. Diefes verurſachte, dag nun die Ol⸗
gowitſchen auf dem Schlachtfelde die Stärkeren
wurden, und die Großfuͤrſtlichen dasfelbe ihnen über
ließen. Da nun die, welche die Polowger verfolge
hatten, in der Reinung, fih wieder an das\Hanpf«
heer ihres Fuͤrſten zu fließen, dabin zuruͤckkehrten;
fd geriethen fre zwiſchen zwey Feinde, indem‘ das
olgowitſchiſche Heer von vorne, und bie ſich wieder
ummwenbenden. Volowzer fie im Rüden anfielen, und
diefen ganzen heil des großfürfilichen Heeres, der
ans den tapferfien Kriegsmännern beflaud, eutwe⸗
der tödteten oder zu Gefangenen machten.
Nah den Borfalle bey Supoja trug man ihnen
die Ausföhrung an, und erreichte fie endlich, bo
nicht eher, als fie Sripol eingenommen und Ehaljep in
einen Steinhaufen verwandelt hatten, im J. 1137 am
ı 2ten Januar feinen Zweck, indem fie ſich anf die vor⸗
theifhaften Friedensbedingungen, die man ihnen au⸗
both, bequemten, ia ihre Land zuruͤck zu gehen, und
die Polowzer gleichfalls in derfelden Wohnfige jenfeitz
des Don zu entlaffen. Doc fingen ſie im I. 1198 aufs
neue an, erfi den Zürften von Perejaslaw, und bald
darauf das gange Haus des Großfuͤrſten Wlad i⸗
mir zu bekriegen. Nun aber entſchloß ſich der
Großfuͤrſt, da ihn die Erfahrung belehrte, daß Die
Güte ben den Olgowitſchen nichts frudtete, alle
feine Kräfte anzuwenden, ſie durch Schärfe zur Ru»
be zu zwingen, und zog nicht nur von Allen. übri⸗
gen ruſſiſchen Gürften, die niht zu dra Stammge⸗
% .
des ruſſiſchen Neiches. 149°
aoffen feine? Bekrieger gehörten, ſelbſt von den Ha⸗
litſchern, ſondern auch aus Ungarn Verſtaͤrkungen
an ſich, und betrat 1138 au der Spitze von 30000
Mann das. Zfchernigowifhe. Doch war der Zürft
von Tſchernigow zu ſtolz, als daB er.den Eutſchluß
hätte fafjen ſollen, durch deu Frieden ſich fein Land
. werhalten, fondern wollte lieber dasſelbe der Ue⸗
bermacht des Großfuͤrſten uͤberlaſſen, und zu den
Bolowzern gehen, 'um ſich durch diefelben des ſelben
Wiedereroberung za verfhaffen. Uber auf die Ge⸗
genvor ſtelluugen feiner Käthe gab er der Vernunft
Gehör ; und fchidte zu dem Großfärften, um ibm
feine- Friedensbegierde zu erklaͤren. Der Großfuͤrſt,
der von feinem Zorne oder Grolle etwas wußte,
währte ihm, gern ben Frieden, und genoß fo des
Bergnägens, des größten, fe ihn nach feiney dus -
her friedliebenden Gefinnung erfreuen Fonnte ‚ daß
bey feinem Abſchiede aus'der Welt am ısten Be
bruar 1139 die Ruhe zwiſchen ben verſchiedenen důr⸗ 1139.
Senhäufern herrſchte.
Naeh Säropolfs ode kam deffen Bruder Wſewolod
Waͤtſchaͤslaw, von dem’ hinterlaffenen "Throne Befih —*
junehmen, im I. ı 139 om aaflen Februar nach Kiew,
und ward von dem Metropoliten und ſaͤmmtlichen \
Einwohnern als nunmehriger Landesherr empfang — |"
Aber Die Nachlommenfhaft des Sroßflrſten wi
tosl aw machte einen Bund, Praft welden fe
ifn nöthigen wollten, benfelben einem aus ihrem
Mittel, dem Fürften Wfewoldd Olgowitſch
son Tſchernigow, zu räumen. Aber To viele Worbes
teitungen brauchte es nicht einmahl, dieſes vont
fhläfrigen Waͤtſcheslaw auszuwirken. Denn fo Hald
nur Wſewolod bemfelben andeutete, Daß er ents
weder mit ihm um Kiew kaͤmpfen oder nach feinem
Bürkeuspuino Karo zurüdgehen follte, fo erklaͤrts
83
148 Erſter Abſchnitt. Anfang
derfelbe ſich, nachdem der Metropolit das Mittler
geſchaͤft zwiſchen Wfewolod umd ihm übernoms
‚men, zu dem erflern.: — Als darauf beyde den
Briedensihmur in die Hand des Metropoliten ge
leiſtet hatten, bielt Wfewolod am sten Mär
als Jaͤropolks Nachfolger zu Kiew feinen Einzug,
da doch Watſcheslaw nach aller Wahrſcheinlichkeit
erwarten konnte, daß die ganze Nachkommenſchaft
Wladimirs II. ihres eigenen Voriheils wegen, und
damit fih Die ſwaͤtoolawiſche Linie niht mit dem
Oroßfurſtenthume aller Borgüge der Macht und des
Binfehens, die defien Befip gab, bemaͤchtigen und zur
Darum ihrer aller insgefamme bedienen mög
im zur Behauptung. von Kiew Hülfe leiſten
rde. Yu der That ging der Entwurf Wfewon
lods und feiner Stammgenoſſen dahin, daß Wſe⸗
wolod gleich, fo bald er den kiewſchen Thron ber
treten haben würde, fein bisheriges Fuͤrſtenthum
Tſchernigow einem: von ihnen, Wladimir Davido⸗
witſch, uͤberlaſſen, fie aber den neuen Großfuͤrſten
mit aller Macht unterſtuͤhen ſollten, dem wladimir⸗
ſchen Stamm eutweder alle feine Füͤrſtenthümer gu
nehmen, oder wenigſtens den beſten Theil ſeiner Be⸗
figungen durch einen aufgedrungenen Vergleich abs
zugoͤthigen, und. ihm ſolchergeſtalt die Kräfte zu
entsieben, wenn er ‚glei die Begierde nach Kiew
“behalte, diefelbe Durch wirkliche Beunruhigung der
Swaͤtoslawitſchen auszulaſſen. Aber bloß die Webers
laffung von .Zfchernigom an Wladimir Davidowitſch
kam von diefem Entwurfe zur Wirklichkeit. Roſtis⸗
law ,. Sohn des Broßfürften Mſtislaw, lieh ſich
. durch bloße Befehlsworte des neuen Großfärfien
fo menis aus Smoleusk als der Bruder bie
ſes Rofislams aus Wolodimir vertreiben, und das
Her, welches Wſewolod wider din:anpfendete,
i ——— vñ
des ruſſiſchen Reiches 140
aberfil auf Dem Wege ſolche Furcht, daß es bey
Gorina ſich wieder. zuruͤckzog. Nach Perejaslaw ging
Wſewolod ſelbſt in Begleitung ſeins Binderg
Swaͤtoslaw, Fuͤrſten · von Kursk, und geboth den
Zürſten Audreas, diefam Swaͤtoslaw Percjaslaw zu
edumen, und dafuͤr deſſen Fuͤrſtenthum Tursk zu
beziehen. Aber Yudreas ertheilte ihm, nachdem ee
über dieſe Anforderung mit feinen Heerfuͤhrern zu
Kathe gegangen war, die fe muthige als beſchride ⸗
ne Antwort: Sch will lieber im Lande meines Bar
ters und Großvaters (terben, als über das Ffuͤrſteuthum
Kurse regieren. Wenn du alfo nicht.zufrieden Bill,
Bruder, daß du Rußland beherrſcheſt, fonbern milk
auch dieß Gebieth Haben ,, und mich ermorden; fe
nimm es durch meinen Tod ; denn ich werbe Ichen«
dig miht aus meinen. Brengen. sehen. Ein Ber
wandtenmord iſt eher in unferm Geſchlechte geſchehen;
aber. Swaͤtopolk J., der feine Brüder Boris neh
GOljeb,, um ihrer. Länder. habhaft gu werden, töhte
te, bat fie nur kurze Seit überlebt, Bun machten
beyde Parteyen diefen. Streit mit ihren Waffen aus;
und der Sieg, fiel auf die gerechte Seite des Au»
dreas, welder Durch feine Mißigung im Gebrauche
desfelben fich eben fo würdig zeigte, Denfelben er⸗
balten zu haben, als vorher, Durch‘ feine muthige
Eutſchließung und Tapferkeit denfelben zu verbieuen, -
indem er dem gefhlagenen Wfewelod: nur «ine
gewiffe Strede, naͤhmlich Bis. Korana, nachfepen .
ließ, und gleich ben Tag nah feinem erfohtenen
Siege "uit feinem Ueberwundenen Srieden- ſchloß.
Gleich nah diefem wiederhergeſtellten innerlichen
Srieden swifchen diefen beyden rafftfhen Zürkenbäur
fern empfaud das ganze Reich die nene Freude, daß
auch feine ſchaͤdlichſten ausmärtigen Zelode, die Vo⸗
Iowjer,, ihm felbft den Frieden autrugen, indem ih⸗
2140,
150 Erſter Abſchnitt. Anfaug
ve ſaͤmmtlichen Fuͤrſten denſelben zu Malotina, we
der Großkürſt und der. Fürſt von Perejaslaw mit
Denfelben dieſerwegen zuſammenlamen, ſchloffen. —
Des Großfuͤrſt für feine Perſon aber gene das Vers
anügen , daß die NRomgaisder fiatt ihres bisherigen
Kürten Rofislam aufs nme feinen Beyder Swä-
toslaw, der ſchon einmahl diefe Stelle befleidere,
zu haben verlangten. Aber kanm war berfelbe ı 140
zu ihnen gekommen, fo Begeigten fie (don ſolthen
WBiderwillm gegen ihn, daß er «6 für das kleinſte
Ungluͤck auſahe, in Begleitung ihres. Poſudniks und
deffen Bruderd, zwey feluer Getreuen, heimlich aus
ihrer: Stade gu eutweichen. Doch die Rowgoroder
waren auf Diefe bepden vornehmen Witblirger wegen
derſelben Anhdnglichfeit an einen von der Gemeine
verworfeuen Fuͤrſten fo ergrimmt, daß fie dieſelden
verfolgten, und, nachdem fie ſolche angetroffen, bey»
naße sodt fhlugen, und in diefem Buflande ensPfeideren
uud ind Waſſer warfen, Als aber diefe Unglüdliden
eh weh gluͤcklich geuug waren, durd Schwim⸗
wen: dad Ufer gu erreichen, fo ſchenkten fie denſel⸗
ben endlich das Leben, nad ſchickten fir nach Bezah⸗
Kung einer großen Geldſtrafe über ihre Grenze. Do
blirb die Partey des ſwaͤtsslawiſchen Haufes noch
die ſtaͤrkſte, und brachte es dahin, daß man vom
GSroßfuͤrſten, um ihn uͤber die Verſtoßusg feines
Benders zu befduftigen , fiih feinen Sohn ausbitten
foßte. Uber eben als ihre Dieferwegen an den Großfur⸗
ſten adgefertigte Sefandifhaft, die aus ihrem Bis
Sbofe und vielen Häuptern der Negierung befand,
mit der vom Großfürften erhaltenen Einwilligung
auf dem Rüdwege nah Haufe begriffen war; fo
bredachte man -fih zu Nowgorod, wo nun ein Por
fadnit das Ruder führte, weicher wegen feiner Er⸗
gebenpeit fir das wladimirſche Haus unter Sme-
des ruffifchen Reiches. | 151
teslaws erfier Regierung flüchten wußte, und da⸗
mahls beym Zürften Beorg von Koflow und Gute -
dal nicht bloß Aufnahme, fondern auch Rankesmda
figen Unterhalt antraf. Weil man, aber doch bee
Erweifung feiner Trene gegen das. wladimirſche Haus
auch gern deu GBroßfürften zum Breunde hebalten.
weite: fo Befhloh mau, GSwätopolfen, der zugleich
des Beoßfürften Mſtislaws Sohn, und deu jept-
segierenden Wſewolods Schwager war, zum .
Bürften anzuuehmen. Der Großfuͤrſt ſtellte Ah Aufangs,
als wenn. er damit zufrieden wäre, aber aur in
der Abficht, den aeubeſtimmten Fuͤr ſten Swaͤtoslaw
an ſich zu locken. Als derſelbe ſich auf feige Beru⸗
fung bey ihm einfand, hielt er ſowohl ihn als den
nowgorodiſchen Biſchof und alle übrigen anowgoro-⸗
diſchen Geſaudten feſt. Da er aber wahrnahm, daß
er durch dieſe Strenge verurſachte, daß die Now⸗
goroder auf einen ihm noch mehr mißfaͤligen Fuͤr⸗
Re ihre Abficht richteten; fo beſaun er ſich eines
andern, umdverfprach feinem Schwager allen Bey»
Rand , damit derſelbe ſtatt Roſtislaw den. nowgo⸗
redifihen Zuͤrſtenſtudl beſteigen koͤnne. Darauf ge⸗
langte Swätopoit auf denſelben, und ſchickte Re⸗
flislawn feinem Vater Georg zuruͤck; Dean Wſe⸗
wolod behielt immer ſowohl das Verlaugen, alt.
De Hoffnung auf Koſtes aller Fuͤrſten des wledi⸗
mirfgen Hauſes feines empor zu bringen. Diele
Abſichten offenbarte er aufs neue, als er ein Heer
gegen Waͤtſcheslaw ſchickte, um feiner Forderuug
an dieſen Fuͤrſten, daß er ihm Turow abtreten moͤch⸗
te, Rachdrud zu geben, uud daß er durch feinen
Bruder gor dei Zärften won Susdal aufellen lieh.
Dsgleib Wedrfheslaw bep Piefenn meuen- Begehren -
Bfewolods ſich eben fo nahgiebig, ale vorher
beym Großfürßenigume bewies, um 1248 and Au
1242.
153 Erſter Abſchnitt. Anfang
vom, welches der Großfuͤrſt an feinen: Sohn €
toslaw vergab, nach Perejaslam ging ; fo ließ
m doch auch dieß eingetaufchte Fuͤrſtenthum fi
Augenblick ruhig genießen, indem "gleich wach f
Untunft in demfelben Igor dasſelbe bekriegte,
aleiche Verherrungen und Auspländerungen w
Georgens. Gebieth aurichtete. Doch - given :
Sürfen des wladimirfchen: Hanfes nahmen fich
fes Stammgenoſſen in feiner Bedrängnifß an, üı
Sjdslew Mfistamirkh, kuͤrſt von Wolobimir,
Perejaslaw ihm zu ‚Hülfe kam, deffen Bruder
ſtislaw hingegen mit feinen Smoienskern' in J
Gebieth ging, und vier Städte darin wegnahm
Diefe Unterkügung, Waͤtſcheslaws bewirkte er fi
Abzug Igors von Perejaslaw zur Veſchidung fi
Eigenthums, und gleich hernach einen Zriedendfd
in / welchem der Sohn des Großfürſten Swaͤto
noch Wolodimir, der gegenwärtige Fuͤrſt von
lodimir Ißjaͤslaw nach Perejaslaw, uub en
Waͤtſcheslaw nad Turow werfegt wurden. Die]
hälligteiten, die zwiſchen: einigen Fuͤrſten des
dimirſchen Stammes ſelbſt manchmahl entſtaul
kamen dem Sroßfürſten wohl zu Statten, ia
ſolchergeſtalt eine Verbindung derſelben zum al
meinen Zwecke, ſich Der Vergrößerung des jel
gierenden großfuͤrſtlichen Hauſes darch Wermii
sung der Macht des ihrigen zu widerſeßen, nich
Stande kommen founse, fondern nielmehr ein ?
wider das "allgemeine Beſte des ganzen Stam
auf des Großfürſten Seite-srat, welcher Plug ge
war, dieſen Vorcheil, den ihm die Gegenpa
über ſich ſelbſt gab, nach aller Moͤglichkeit zu
dugen ‚. nad den Zürfien der wladimirſchen Li
die mis andern aus eben. Dem Haufe wegen di
oder Kurt. Bonle | in a Mifvernefnen, vi
des ruflifchen Reiches. 5 158
den Merkmablen der größten Frrundfchaft Au beges⸗
neng. So gereichte es ihm zum großem Vortheile,
daß die Fuͤrſten von Susdal und: Perejaslaw ſich
1143 entzwepeten, indem der Zürft von Perejaslaw
bewog, ſeine gegenwärtigen Sehunungen in Auſe⸗
J 1143.
feine Brüder ,; die von Smolensk und Romwgered,
bung. fowohl des Fürften von Susdal als des Großb⸗
fürfien anzunehmen, deſſen jegige Freundſchaft mit
Ißjaͤslaw durch eine Eheverbindung zwifchen einer
Tochter Ißjaͤslaws mit einem polotskiſchen Fuͤrſten
Rognuwolde, Boris Sohn, da Swaͤtoslaw, der
Sohn des Großfuͤrſten, die Tochter eines andern
volotstiſchen Fuͤrſten Waßlko geheirathet hatte, und
durch das Erſcheinen des Großfuͤrſten mit den vornehm⸗
ſten⸗Kiewern auf dieſer Hochzeit, die man 1144
zu volotsk anſtellte, noch mehr. befeſtigt wurde. Dex
Großfürft bediente fich fogleich ber gegenwärigen Ver⸗
feffung des wladimirſchen Stammes, da einige Für
fien desfelben es mit ihm hielten‘, die übrigen ‚aber
1144»
ſich zu ſchwach erfannten, es mis ihm aufgunehmen, : -
alle rufſſiſchen Fuͤrſten gu einem Kriege, den er wider
den-Fürken Wladimir von Seinigrod-Halitſch zu
auternehmen gefonnen wat, und wozu er aud ‚die
Polowzer einladen lieh, aufzubiethen. —, Beyde
Heere ſchied der Fluß Shret acht Tage lang.von eins
ander... Nach Berlauf diefer Zeit. gab der Fürft von
Halitſch durch Verlaffung der bisher befepten Ufer
des Fluſſes dem Großfuͤrſten Gelegenheit, ohne et⸗
was ‚non ihm zu befuͤrchten uͤber dieſen Fluß zu
ſezen, und nachdem der von ihm: zur Herbeybrin⸗
sung ‚der Polowzer an dieſelhen geſchickte Fuͤrſt Iß⸗
jaͤslaw Dadidowitſch mit den von dort geholten Hülfse J
voͤlkern „mit denen er bereits zwey halitſchiſche
Städte, uſchiza und Mikulin, erobert hatte, zu ihm
geſtoßen wor, vos Seipigsod zu gehen: Diefe Noth
134 Erſter Abſchnitt. Anfang
der Hauptſtadt Wladimirs bradte denfelben
mit feinem Heere ans dem Gebirge, welches
ange wider die Ueberlegenheit des großfhr|
Heeres bedeckt hielt. Allein er.erwählte. wied
der Stadt in einer fumpfigen Gegend eine f
theilhafte Stellung, bag and bier der ©r
nicht wagen wollte, ihn anzugreifen. Er giı
Peremiſchel und Halitfh zu, und wie bie |
ſchaft Wladimirg diefen Bug der Feinde fahı
rieth fie in Angft, daß, mittlerweile fie mit
Fürfien bier Bänden , die Ruffen ihre Weihe
Kinder aus Beremifchel und. Halitſch die duı
Entferaung ihrer Vertheidiger unbedeckt wären,
führen moͤchten. Doch Wladimirs Klugbeit
ein Mittel, Ah auch aus dieſer Verlegenheit
fonderlichen Verluſt heraus gu sieben. Denn ı
Syorn , dem Bruder des Großfürſten, antı
daß, folls ihn derſelbe mie dem Großfaͤrſten
föhne, er ihm zur Vergeltung behülflich ſeyn
nah feines Bruders Tode den Thron zu Ki
behaupten, - Obgleich Wſewolod gar nid
finut wor, Wladimirn einen erträglidden F
. Jasugefichen, fo ließ er ſich bob durch das lan
tige Anhalten feines Bruders und deſſen Bi
Inng,, daß, wenn er den kiewſchen Thron ih:
gedacht babe, er die jepigd Gelegenheit, ihm
wichtigen Zreund zu erwerben, nicht aus der .
laſſen müfle, dazu bewegen, indem Wfewi
dedurch, Daß er bey feinem Friedeasvergleiche
zur dem Fürflen von Halitſch die abgenomu
Städte Wchija und Mikulin zurüdgab, fgudern
bie 1200 Griwen , welche Wladimir bey dem
den an ihn bejahlte, ohne das Windee dans
Dehalten , unter die Fuͤrſten auscheilte, die mit
dieſem Beldynge bepmopnen, aller Wück affenb
des ruſſiſchen Reiches. 155
daß er bey dieſem Friedensſchluſſe mit Wladimirn
aus keinem eigennüpigen Bewegungsgrunde haudel⸗
se. Doch dieſer Friede dauerte nicht lauge, und
war Ing die Schuld, wenn Thurotz recht hat,
nicht am Füuürſten von Halitſch, welchen neur
Beleidigungen zwangen, Im Jahre 1146 die Waffen 1146.
zu ergreifen. Es ſchien, als würde Diefer neue Krieg
nicht ohne wirl Blutvergießen beygelegt werden, —
Denn der König von Ungarn führte Wladimirn ein
Heer zu, und hatte ſchon Prifuß erobert. der Groß⸗
fürft bingegen in Begleitung faft (dnmtliger ruffte
ſcher Fuͤrſten deu Weg nah Halit‘H. bereits” ange
treten , als eine ſchwere Krankheit, welche am ıflen
Julius dieſen Fürſten ins Grob brachte, ihn
anf eine unerwartete Art eudigte.
Igor beflieg zwar nun nah dem wWillen und SHhstem I.
der Ermenuung des fierbenden Wſewolod den Thron an, as
gu Kiew, aber wider den Willen des Volkes, wel: nach feines
ches feine Abneigung wider Igers Perſos öffentlich ? ruhen 2
durch Borlegung. eines Idftigen Eides, durch den er be sem zu
fid unter andern unangenehmen Dingen verpflichten ſacht, den
mußte, Recht und Gerechtigkeit beffen, als -bisher be
geſchehen, zu handhaben, und einige von feinem auf demſel⸗
Bruder neuauferlegte Steuera abzuſchaffen, insge⸗ ben.
heim aber durch eine Einladung an den Furſten
Iß jaͤs law von Perejaslaw, zu ihnen zu kommen,
und Igors Platz einzunehmen, bezeigte. Da nun
Iſjaͤs law dieſe Einladung ſogleich mit vieler Freu⸗
de annahm, Igor hingegen, ob et gleich den ihm von
den Kiewern vorgefihriebenen Eid, da ihm bie
Neuheit dieſer Zorderung dne gute Urſache ſich des⸗ |
ſelben zu weigern barboth, geleiftet Hatte, die Steu⸗
ern nicht erließ, deren Erlaſſung er in dieſem Eid
derſprochen hatte; ſo zeigte ih Faumı Ißjaͤslaw
wit ciner Handvoll Leute, als von der weit ſtaͤrkers
356: Erſter Abſchnitt. Anfang
Manuſchaft, die ihm. Igor in "der Meinung
ihm um das Sroßfärfienchum zu kaͤmpfen, en
führte, die, allermeiſten Ihren Widerwillen,
dieß Gefecht einzulafſen, Jgorn ins Geficht zu erl
schen, und eine allgemeine Verwirrung und’ Tre
verutſachten. Run Fonnte Igor nichts Befferes
. als ‚in einer fchleunigen Zlucht feine Erhaltung:
een, ward aber. nach vier: Tagen in einen ®
ertäppt.,; und, vom neuen Großfüͤrſten Ißjaͤs
welder am .ıgten: Auguß feinen feyerlichen
im. Riem gehalten Batte, erſt nah Wodobieſch
aber, weiter nad Perejaslaw geſchickt, und ai
den Orten in einem Klofler als ein‘ Erfangen
wacht. Die polowsifcden Fuͤrſten verficherten, |
fe Jbjaͤslaws II, Threnbefeigung hörten
ſelben ihrer Freundſchaft. "Hingegen der (d
WMaͤtſcheslaw ließ ſich durch. Andere ‚verleiten
näheren Recht auf Kiew "geltend zu machen,
jeslawın ſtolz und veraͤchtlich zu halten‘, u
nicht nur die Städte, Die ihm der werflorbene
für obgesommen:;, fondern auch das Fuͤrſte
Woledimer zu entreißen, und’ Wolodimer au
Veiter Wladimir Andrjewirfh gu vergeben.
— 36jds law nahm ihm durch feinen Brude
ſtislaw unverzüglich nicht allein alle dieſe ge
‚gen, fondern auch ſein eigenes Turow ab,
nannte. feinen Sohn Jaͤroslaw zum —*
TZurow. Doch Swaͤtoslam, ein. Bruder des |
"Ben Jaors, war ein gefährfiderer Fejud. In
Gebieth ſchickte IEjäslaw die beyden 2
witſchen. Jbjaͤclaw und Wladimir, neb
nem eigenen Sohne Mſtislaw. Als dieſe i
BGegend von, Nowgorod⸗ Sewereky alles ver
ten; fo ſuchte Swaͤteslaw, ‚der ſich ihrer
nie gemadfen fode, bey ihnen um Bio a
„des ruſſiſchen Reiches. '157
fie aber von ihm begehkten, daß er ſich verpflichten
ſollte, ſich nie auf einige Art feines: ungluͤcklichen
Bruders annehmen zu wollen, erklaͤrte er ſich groß⸗
muͤthig, lieber alles Ungluͤck zu leiden, als um ei⸗
nen ſolchen Preis den ruhigen Beſiß feined Landes
zu erhandeln. Seine: Unterthanen -bewiefen- ſich eine®
folden Herrn würdig; -dean die Stadt Purmil
wollte, fo heftig man fie augriff, and fo grope Bars
fprechungen man ihr that, fib an. feinen andern,
als au den Großfärften ergeben. Als diefer ihr Ders»
langen erfüllte, leiſtete fie ihr Verfprechen, und bee
Großfürft hielt alles, was fie ben der Uebergabe
bedungen hatte. Nowgerod⸗GSewersky dachte nicht
eher am die, Uebergabe, als bis die Einmohher ſich
von ihrem Kürfien verlaffen fahen. Denn war «8
ihuen eben fo. wenig zu verdenten., daß fie ſich Iß⸗
jösTamwn untermarfen. Es fehlte ihm euch nicht
an mächtigen Zreunden , durch. deren Beyſtand er,
falls er mur feine Freyheit rettete, hoffen konnte‘, .
Gh wieder aufzubelfen, indem ihn Der Bürk von?
Susdal, und mehrere Zürften- Präftig unterflüßten,
Yjäslem. Dayidowirfh ging. auf. die erfle Rach⸗
riht von Swätoslams Abreife auch Nowgorod⸗Se⸗
versky, und daß derſelbe auf dem Wege nad. Sa
ratſchew begriffen ſey, mit 14000 Mayn aufs ge⸗
ſchwindeſte fort, in der Reinung, ihn ehe er Karatſchew
erreiche, einzuholen, und entweder mit allen Kriegs⸗
völkern , bie. er mit ſich führte, aufzareiben, oden
doch feine Güter zu erbeuten, und: ihm feine‘ Ge⸗
mahlinn und feine Rinder abzunehmen. Allein Sad.
toslam wendete fih und fülug ihn. Weil aber das
ganze übrige großfürfiliche Heer den 14000 Mann neh“
ruͤccte; fo kounte Swaͤtoslaw feinen Sieg nicht
durch Verfolgung der vor ihm flüchtig gewordenen '
kegugen,. fondern. mußte and Karaiſchew feinen"
\
any.
38 Erſter Abſchnitt. Anfang
überlegenen Feinden uͤberlaſſen, und ſich dur
Woldungen zu den Waͤtitſchen ziehen. Ru
theilte der Großfuͤrſt das ganze Gebieth dei
flüchteten mie einem Theile der darin gefur
Schäge nuter feine. Bundesgenoſſen, das U
dieſer Schäge aber nebſt dem ganzen Lande
eiguete er ih zu. Diefer unglüdlihe Zürft
nuu den Entſchluß, den Sroßfürften durch da
fuchen,, ihm zu erlauben, in den Moͤnchsſtan
ten zu dürfen, von der Berübung größerer G
ihaten gegen feine Verſon abwendig zu machen
da die Gewährung dieſes Geſuchs dem Groß]
voͤllige Sicherheit verfchaffte, daß er von feine
fprüchen auf Kiew weiter nichts befürchten duͤ
ließ er diefe Einweihung zum Moͤnchsſtand
sten Sinner 1147 dur den Biſchof von Perej
Euphemius volzicehen, und Igor nah Kia
Theodorkloſter bringen. Doch Swdtoslam ı
fi durch. George und anderer Helfer ſtarkt
ferkügung bald ‚ nachdem das großfärftliche
das von ihm demſelben gerdumte Land verlaffe
te, und fegte den Gtaaten der iſchernigowiſchen
ſten oder bepder Dabidowitſchen Jbjdslar
Wladimir fo hart zu, daß dieſelben nicht nu!
Frieden bey ihm ſuchten, ſondern ſich auch in den
trage, den fe nun mit ihm errichteten, fich |
ſchig machten, fih zu fielen, als wenn fie noc
Swaͤtoslaw als ihrem Feinde bedraͤngt wii
und durch diefes Vorgeben den Großfuͤrſten zu
reden, daß derſelbe in der Abſicht, mit ihnen
Swaͤtoslaw zu Friegen, nach Ifchernigow: fo
damit man Gelegenheit erhalte. fih feiner Perf
bemädtigen. Der neue Metropolif Clemens
mit den Kiewern dem Großfuͤrſten vor, daß ihn
dem wladimirfhen Nöldmmlinge, Die Iren
decs ruſſiſchen Heide 159
Swidowitſchen immer verdächtig ſeyn müffe, und
er daber nicht zu ihnen geben, fondern vielmehr auf
eine Ausfößnung mit feinem Better Georg von Sus⸗
dal denken folte.. Die Kiewer fagten ihm ins Ges
fibt,, daß, da die Davidowisfhen begehrten, ex
folte mit ifnen-gur Befrieguug diefes feines Vetters
als Helfer Gmätoslamd gemeinfhaftlide Sache
machen, fie wegen ihrer Ergebenheit gegen das gan»
je Haus Wlodimirs II. feinem Befehle, ihm wider
diefen Zeind zu dienen, nicht gehorchen mwürben-
Diefe Vorſtellungen vermochten doch fo viel über den
Broßfürften, daß, ob er gleih anf eine nochmah⸗
lige. Befandtiaft der Davidowitfhen, durch feine Un⸗
terflügung ihr Land von dem gänzlichen Verderben
u befrepen, mit den Kiewern , die ibm freywillig
folgen wollten, mit Hinterloffung feines Bruders
Wladimirs old Regimenssverwefers, nah Tſcherni⸗
gow aufbrach, er deym Supoja fieben blieb, wo ee
von. Mljeben , den. er nach Tſchernigow geſchickt hatte,
gewiffen Bericht von ber wahren Gefinuung der Davis
dowitfchen einzuziehen, Licht hierüber erwarten wollte,
Uljeb erfuhr ihr geheimes Buͤndniß mit den Feinden
des Sroßfärften,, und theilte Diefem feine gemachte
Eatdeckung mit. Diefes dewog den Groffürften den
Davidowitſchen melden zu laſſen, daß fie, weil ee
vernommen babe, daß fie mit feinen Beinden nicht
nur Frieden, fondern auch ein Bündniß, ihn feines
Lebens ober der Frepheit zu berauben, gemacht
hätten , ihm nie verdenken Pönnten, daß er ichs
eher gu ihnen Bomme, bis fie ihm eine eidliche Ver⸗
Aoerung ihrer beharrlichen Treue in deu mis ihm
geireffenm Verbindungen gelsifiet haben würden,
Diefer Gefandifdart answorteten fie nad einigem -
Bedenken: fie wären zwar genoͤthigt geweſen, mit
Smäwsiew Frieden zu fliehen, hätten fich abet
$
>
160 j ni Abſchnitt. aAnfang
in demſelben zu weiter nichts verpflichtet, alı
sefangenen Igor zur Frepheit und. zu feinem
lande su verbelfen ;: wenn alfo der Großfuͤrſt
fie gute Hoffnung begten, denſelben ſeiner
genſchaft zu entledigen und in fein Fuͤrſtenthut
der einsufepen ſich -entfchlöffe, fie nicht erm
würden, ihre mit ihm eingegangenen Verbin!
zu erfüllen, Vergebens ließ fie hierauf Ißj aͤ
nachmahls erinnern, daß dieſe Forderung wit
zwiſchen - ihnen - getroffene eidlihe Buͤndniß
. .
pP}
und es wider die Billigleit Taufe, daß fie beg
er ſollte Jgors Land zurüdgeben,, da fie di
Bey der Theilang der beyden Brüdern abger
uen Länder überfommenen Beſitzungen
108lams behalten wollten. Jept. rief fei
ſaudter Gott zum Räder wider die eidbr
Davidowitſchen an, und warf die Urkund
Eidſchwures ihnen hin. Der Großfürſt aber
näher gegen Kiew zuruͤck, und ließ den Kien
Verraͤtherey der Davidowitſchen als die Urfa
zeigen, weßwrgen fie ihm aufs fhleunigf
Tſchernigow zu: Huͤlfe kommen müßten, x
- Pferd habe, zu Pferde, die übrigen aber aı
nen. Wie die Kiewer diefes hörten, erklaͤ
ſich ſich ſogleich wilig, Ipjäslowm gu H
ziehen; hielten aber zu deſſen Befefigung a
Throne für unumgänglich noͤthig, den ‚gro
hen Sig ‚nicht eher. zu verlaffen, bis fie Ig
toͤdtet hätten. Umſduſt wendete nun der 9
Hit, Wladimir, Mihael, ein Bruder des
fürflen ‚und andere Große, die alle unver
Zreunde des Sroßfürften waren, Bitten- un
ſtellungen ou; fie hiervon. abzuhalten, da Ige
hin in To.guter ‚Verwahrung ſey, daß TE j.
von demfelben nicht die mindefle Gefahr au |
des ruffifchen Neiches. 161
babe. Ja ald Wladimir und Micarl den Unglüd:
lichen den Händen diefer Wüthenden entreißen wolls '
ten, und Wladimir denſelben mis feinem Rocke ber
deckte, hörten fie nicht auf, auf ihn loszufchlagen,
obne daranf zu achten, daß dieſe Streide größten
Theils den Bruder ihres Großfürften trafen, Wla⸗
dimir brachte ihn in den Hof des Nallaftes feiner
Wurter. Auch für diefen Pallaſt besgigten fie eben
fo wenig Ehrerbiethung, als vorher für das Klofter,
ans welchem fie Sgorn, eben als er die Meſſe au⸗
hörte, wegriffen. Denn da der Fürft Michael durch
Vergreifung an feiner. Perfon auffer Stand gefept
wor, Igorn weiter zu fhüsen; fo erbrachen fie das
Thor, ſchleypten Igorn fort, erſchlugen ihn, legten
ihn auf einen Wagen, mit welchem fie deu entfeelten
Körper in die Unterfiads führten, wo fie denfelben
von aller Kleidung entblößt auf den Markt warfen.
Nun liegen fie fih endlich durch Wladimirs und
anderer vornehmer großfürfiliher Getreuen Zureden
bewegen , zu verflatten, das man ihm’ ein anfläne
diges Begraͤbniß gäbe, wollten aber durchaus nicht.
einräumen, daß fie ihn aus Antrieb eines befondern
Haffes gegen feine Perfon umgebracht hätten, fon»
dern ſchrieben diefe Gewaltthat bloß einer redrinde
figen Treue zu, ihren Sroßfhrften wider die Ger
- fahren zu bewahren, welche demfelben das fernere
Leben Igors erwedt Hätte. Doch als der Metropolit
am folgenden Tage die Leiche in der Simeonskirche
beerdigte , und eben ein fhweres Donnermweifer ente
Rand, deuteten fie diefed als ein Merkmahl des goͤtt⸗
lihen Zornes über die von ihnen. begangene That
aus, uud bereueten fie mit Thraͤnenguͤſſen. Iß⸗
jäslam zeigte gleichfalls, fomohl aus Menſchlich⸗
keit, ald aus Beforgaiß , daß alle Fuͤrſten von der
Berwandefgaft des Ermord eten dieſer Rordthat we⸗
Geſch. Rubl, a. Band, &
a
’ LE —— — —
= 11 48.
gen einen, unverföhnlihen Haß auf ihn merfen ı
den, Öffentlih, daß er diefe That verabſcheue,
die, größte, Betruͤbniß darüber empfigbe.
Inm folgenden Beldzuge 1148 ging der, ©
64 Erfter Abſchnitt. Anfang
u Sjästars furſt mit ſeinem Bruder, dem Fuͤrſten von S
einen neuen leusk, wider die Staaten der tſchernigowiſchen
Feind,
A)
fen ins Zeld, und machte verfcpiedene Eroberut
darin, Hingegen bemaͤchtigte ſich Swaͤtos law
gowitſch mittelſt des Beyſtandes, den ihm
Fuͤrſt von Susdal dar ſeinen Sohn Gljeb
ſchickte, des Fuͤrſtenthums Kursk. Is jaͤsl
bemuͤhete ſich daher, Gljeben durch Verſprechung
wiſſer Vortheile von dieſem ſeinem Feinde abzu
ben, und Glieb war geneigs, feine Borfchläge
zunehmen, als Ihn eine gemachte Hoffnung , dag
durch Hülfe der. Perejaslamer Mſtislawn, den Se
des Großfürften, welcher jrht Fuͤrſt von Perejast:
‚wor, aus, diefem Fuͤrſteuthume vertreiben koͤnn
auf andere Gedanken brachte. Allein die Zapferf
and der Eifer, womit die Perejaslawer für Mi
\
lawn fochten, als Gljeb nun jur Ausfuͤhrung ſein
Vorhabens vor die Hauptſtadi dieſes Fuͤrſtenthun
ruͤckte, belehrte ihn bald, daß dieſe Rachricht keint
SGrund hate. Ja als er ſich bierauf eben fo eil
„aus dem Gehblethe von Vercjaslaw entfernte, als ı
darin augekommen war; fo ſetzte ihm der. Für
Mſtislaw nah, und fügse ihm Im einem Gefecht
bey Nofowa am Zluffe Ruda einigen Schaden zu
Bald hernach belagerte ihn der Großfuͤrſt in Gorodez
and fegte ihm fo heftig zu, daß er nach einer drep:
taͤgigen Belagerung fürg, ratbfaiıge bielt, bay dem:
faben um den Frieden atzuſuchen, dem ihm aud
ber Großfuͤrſt gewaͤhrte. Ob er auch gleich nach dei
Schließung desſelben den tſchernigewiſchen Zürfien
aunzeiger ließ, daß er. fih,-an dieſem Frieden aus
des ruſſithen Reiches. 163
der Urſache, weil ihni derſelbe vom Großfuͤrſten
abgedrungen worden ſey, nicht gebunden achte; fo
ſchadete doch dem Großfuͤrſten dieſe Beharrung ſeines
Feindes in der feindlichen Gefinnung nichts, und
Gijeb ſelbſt verlor dadurch. Denn ein auderer Sohn
des Fuürſten von Susdal, Roſtislaw, den fein Bas
ter auf Die Nachricht von dem jetzigen ſchlechten Zu»
Rande feiner Bundesgenoffen ihren gu Hülfe ſchickte,
ſtellte feinem Heere vor, daß es wider die Vernunft
ſey, zu denken, daß die tſchernigowiſchen Zürften .
es je mit dein Fuͤrſten des wladimirſchen Haufes
gut meinen folten, und er daher Flug handeln würs
de, wenn er, ſtatt ihnen nah dem Befehle feines
Vaters zur Unterdrüdung feines Stammgenoffen ,
des Sroßfürften, bepzuftchen, diefem feinen Beyſtand
unter der Bedingung, daß er ihm denfelben mit eie .
nem Stuͤcke Landes bezähle, antrage. Ißjaͤſsla w
nahm dieſen Antrag Roſtislaws, indem er dabey
eben fo ſeinen Vortheil fand, als Roſtislaw, mit
Freuden an, und raͤumte ihm Buſchek, Gorodez
und andere Städte ein, Denn da die tfchernigowis
(den Zürften bloß darum noch im Kriege wider den
Groß fuͤrſten verharreten, weil fie auf die Unterftügung
hoffen, welche ihnen Rosſtislaw zuführen ſollte: fo
hielten fie in dem Augenblicke, da fie ſahen, daß dieſe
Hoffnung fehl ſchlug, beym Großfürſten um Fries
den an, und erlangten folden auf die Verpflichtung,
nie an einige Ahndung wegen der Abfegung und Er.
mördung Igors za denken. Gljeben deutete der
Groß fürſt nun an, daß, da er fih.ols ein fo auf⸗
nrichtiger Freund der tſchernigowiſchen Fuͤrſten erwies .
fen, er von diefen die Vergeltung begehren Fönne,
‚ von ihm aber ach nichts zu verfpredhen habe. Da
hierdurch der Großfürft in die Berfaffung gelangte,
deß ihm Fein Feind, außer dem Zürfen von Guss.
L 2
1149
164 Erſter Abſchnitt. Anfang
dal, übrig blieb; fo beſchloß er, mit dem Nowg
dern, die bereits mit dem Zürften von Su
Krieg führten ‚- ſich zur Ueberziehung dieſes Fei
in deſſen eigenem Lande zu vereinigen. Die Ki
bewiefen zwar darin einen anfcheinenden G
ſam, Iß jaͤslawn wider alle feine Zeinde
Unterfied zu dienen], daß fie auf feinen 2
Georgs Gebieth feindlich zu behandeln, fich eı
ten. Aber auf dem Zuge trugen fie Ißjaͤsle
vor, daß die ſchlimme Beſchaffenheit der Wegı
Pferde gelaͤhmt habe, und fie aus diefer Urfad
nicht unterfänden, ſich mit einem Feinde einzulc
fehrten folglib , ohne Georgen einigen Schadı
thun, nad Haufe Die NRomgoroder , meld:
Großfürft dep diefer Selegenbeit beſuchte, und
feinen Bruder Smwätopoit , dem er eine q
Verſorgung gab, feinen Sohn Jaͤroslaw zum
fen annahmen, konnten allein nichts Erheb
ausrichten, und die, ‚Größe ihrer Erbitterung
gegen das arme Land an der Wolga auslaffen
von fie eine große Strede durd Brennen, Ko
Morden und Wegführung von 7000 Menſche
heerien, Raum war der Großfürft aus |
fruchtloſen Feldzuge 1149 nach Kiew zuruͤckg
men; fo gaben einige feiner Zeute Roftiglamn
orgs Sohn, bey ihm als einem Nachſteller
großfürftlihen Würde an. SBjäslam hiel
ſes Vorgeben nicht nur für völig gegründet, fo
ward auch hierdurd fo fehr wider Roftislawn ı
bradt, dag er ihm nicht aur die gegebenen ©
fondern Auch fein geſammtes Vermoͤgen, nebfl
feinen Waffen und Pferden nehmen, alle fein
te feffeln und zerftreuen , ihn ſelbſt abeı
dreyen davon feinem Vater in einem Kahne |
cen ließ. Diefes Verfahren Jbijaͤslaws geg
des ruffifchen Reiches. "165
nen Sohn Georgs unter ſolchen Umfänden fegte
Georg Ißjaͤs lawin als gine offenbare Ungerech⸗
tigkeit und. Verlegung der einem jedem Stammge⸗
noſſen ſchuldigen Achtung zur Laft, und feine Un—
tertbanen bezeigten ſich auf feinen Vortrag, den er
an fie that, bereit, ihm mit allen Kräften in der
Rache über diefe Beleidigung bepzuftehen. stud
verſtaͤrkten ihn Polowzer und die beyden Swaͤtos⸗
lawe, wovon der eine des Großfüͤrſten Wſewolods I.
Bruder und der andere eben desſelben Sohn war.
Aber boch taͤuſchte er ſich durch die Hoffnung Ißjaͤslaw
werde ſich nicht getrauen, ſich ihm zu widerſetzen,
fondern ihm das Erbiethen entgegen ſchicken, alles
einzugehen, was Georg von ihm begehren wiirde.
In der Erwartung einer ſolchen Sefandtfchaft brachte
er einen ganzen Monath in der Gegend von Bjelas
weſcha unthätig zu. Nach erlangter Erfenntniß fete
nes Jrethums richte er vor Perejadlam. Nun vers '
Iaugte der Großfuͤrſt die Kiewer ſollten die Waffen er⸗
greifen, um dieſen Feind von Perejaslaw wegzuſchla⸗
gen. Sie aber wendeten ein, es liege bloß am Großfuͤr⸗
fien, mit feinem Verter einen beyden gleich vortheilhaf⸗
ten und zutraͤglichen Frieden zu ſchlieſſen. Doch als
der Großfuͤrſt ſagte, daß Georg durch ſeine Verei⸗
nigung mit den allen wladimirſchen Fuͤrſten gehäfe '
figen Olgowitſchen und den Polowjern, | Erbfeinden
des sangen ruffifchen Reichs, überflüiffig offenbare,
dag er dem Großfürften feinen billigen Frieden an«
‚ders zugefichen werde, als went man ihn hierzu
durch einen großen Sien, oder wenigftene durch Dar⸗
ſtellung eines maͤchtigen Heeres zwinge; ſo ließen
fie ſich endlich uͤberreden, daB fie mit ihm nach Pe⸗
rejaslaw aufbrachen. Hier ſtieß der Fuͤrſt Ißjaͤslaw
Davidowitſch gu ihm, und feine Mannſchaft über«.
traf nun die gegenfeitige an der Zahl, Allein Ge⸗
13:
—
166 Erſter Abfchnitt: Anfang
Georg Bielt muthig Stand, und ſtellte ſich il
Schlachtordnung entgegen. Ißjaͤs la w en
ſich, ihn anzugreifen, und ertheilte dem B
von Perejaslam I der ihn mit thraͤnenden
barh, zu verfuchen, ob er nicht feinen Better
den Antrag eined guten Zriedend in feinen 7
verwandeln koͤnne, eine abſchlaͤgige Antwort.
fahen beyde Heere big gegen Abend einander aı
Georg bey Anbruch desſelben das feinige 3
“führte, folgte ihm der Großfürt auf dem
nah, erlitt aber nach einem heftigen, jedoch
kurz dauernden Gefechte eine fo große Niede
daß er nur mit zwey Begleitern unterhalb K
über den Dujepr flüchtete, auch zu Kiew, ı
am 23ſten Auguſt anlangte, nicht verharren m
fondern, was er in größter Eile von Schägei
fommenbringen und fortſchaffen konnte, mit feine
mabliun und Kindern gu ſich nahm, und fo
Luzk sing. |
Georg wird . Nach feiner Entfernung unterwarfen ſich fi
—* ee son Perejoslam als. Kiew ihrem Neberwinder Se
wundenen" der den großfürfifihen Sig zu Kiew ſich
—— eignete, Perejaslaw aber feinem Sohne Kofi
iarze eie ertheilte. Der gefluͤchtete Ißjaͤslaw erkaufte
Großfuͤrſt, zwey pohlniſche Herzoge, Boleslaw IV, und $
— richen, auch ungariſche Huͤlfspoͤlker, um fein
wieder auf lornes Großfuͤrſtenthum wieder gu erlangen. Ge
den verores faßte den Entſchluß, Ißjaͤslawn aus aßen fe
gelangt... . Vefigungen zu vertreiben, und trat daher mit
nem Heere den Weg nah Luz :an.: Als die e
- Haufen desfelben vor diefer Stadt ankamen,
Wladimir, des Großfürften Ißjaͤslapw Bruder,
"den Kriegsvoͤlkern herausgerüdt, ihnen die fer
Anndherung zu verwehren. Allein Andreas, Geon
Sohn, fiel ihn fo tapfer an, daß er ihm ı
des maſiſchen Reiches. Wby
kurzem Widerſt adr an, den A Ir dfe
Stadt zu ergreifeh. Ritt der verleitete Andreas das
uUchermuß feiner Herhhaftigkelt, daß er diefte Fluͤcht
linge ſo eilig berfoltzte, daß er init zwey Bigleitern
allenthalben uoh Beiden amtungen und angefallen
word. Doch var er fo gluͤcklich, daß er weder
*
durch die Spieße, init welchen dieſe Feinde auf ihn
zuſtießen, noch durch die Steinwuͤrfe und Pfeuſh aͤſſt,
die man aus der Stadt ihm zuſchickte, beſchadigt
ward, und auf ſrinem verwundeten Pferbe wieder
gu ſeinem Heere gelangte. Dieſer Beweis einet batk
nugewohnlichen Verachtumg ber prößteh Sefahr
erwarb Min beym ganzen Heetr das hoͤchſte An⸗
ſehen. Nah einer dreywoͤch entlichen Bekagerung nd
Ihigte der Waffermangel Ißjaͤslawen, den Fürfen
von Halitſch zu erſachen, ihm zu dinen Vrrgleiche
zu verheffra, den ihm Georg, Dip den OEegen
reden feines Sohnes Roſtiskam and eindger mit ihm
verbundenen Fuͤrſten, erſt auf viel⸗ Jrvveoche feie
ned Sohnes Andreas, deſſen Berfiifiangen Durch
feine kuͤrzlich einieftae Tapferkeit ein vorzkgliches
Gericht erhielten, zu Pereſopniga anf die Art juges
ſtand, daß jeder das Land, das er degemwihrtig
beſaß, behalten, und von den gemälhten. Bauten
das, was er für fein Eigenthum erkennen, und dar⸗
thun würde, zuruͤck nehmen ſollte. Georg ver
meinte, er Mine ſich den beſtaͤndigen Boſitz des
Sroßfuͤrſtenthums nicht beffer verſichern, ald. went
er freywillig feinen älteren Brader Wuͤrſcheslaw zum:
Mitregenten berief, weiler wohl wußte, daß ben der
gemein befannten Sehürhsart desſelben diefer bloß
die Ehre, Großfürf zu heiſſen, geinießen, und ihm al⸗
le Gewalt laffen würde, ME er äber dieſes Vor .
haben. 1150 ausfuͤhrte, erklaͤrten ihm die fiewfchen
Bojaren, daß fie einem fo föwayen Fuͤrſten das
1150,
66 Erſter Abſchnitt, Anfang
Georg hielt muthig Siand, und ſtellte ſich ih
Schlachtordnung entgegen. Ißjaͤs law ent
fich, ihn anzugreifen, uad ertheilte dem B
von Perejadlam I der. ihn mit thraͤnenden
bach, zu verfuchen, ob er nicht feinen Better
den Antrag eines guten Friedens in feinen 7
verwandeln koͤnne, eine abſchlaͤgige Antwort.
ſahen beyde Heere bis gegen Abend einander ar
Georg bey Anbruch desfelben das feinige 3
führte, folgte ihm der Großfürft auf dem
nah, erlitt aber nach einem Beftigen „ jedod
Furz dauernden Gefechte eine fo große Niedei
daß er nur mit zwey Begleitern unterhalb K
über den Dnjepr flüchtete, au zu Kiew, n
am 23ſten Auguſt anlangte, nicht verharren w
fondern, was er in größter Eile‘ von Schaͤtzen
fammenbringen und fortfchaffen fonnte, mit feine
maßlins und Kindern in id nahm, und fo
Luzk ging.
Georg wird . Nach feiner Entfernung unterwarfen fi fo
—* sen Perejaslam als Kiew Ihrem Heberwinder Se
wundenen’ der den großfürſtlichen Sitz zu Kiew ſich
—— eignete,. Perejaslaw aber feinem Sohne Kofi
unge Seit ertheilte. Der geflüchtet Ibjaͤslaw erfaufte
Großfuͤrſt, zwey pohlnifhe Herzoge, Boleslaw IV. und $
— richen, auch ungariſche Huͤlfsvoͤlker, um fein
wieder auf lornes Großfuͤrſtenthum wieder gu erlaugen. Ge
ben verlore⸗ faßte den Entſchluß, Ißjaͤslawu aus ahlſen fe
nen Thron 8
gelangt... . efigungen zu vertreiben, und trat daher mit
‚nem Heere den Weg nad Zusk an. Als die e
- Haufen desfelben vor diefer Stadt anfamen,
Wladimir, des Großfürften SEjäslarp Bruder,
. "den Rriegsvölfern berausgerüdt, ihnen bie fer
Annäherung zu verwehren. Allein Andreas, Be ot
Sopn, fiel ihn fo tapfer an, daß er ihn ı
de eu chen Steithes, | W⸗
kur zem Widerfihade gran, den oA in die
Stadt zu ergreifen. Run hder verleitete Andreus bis
uebermuß ſriner Herzhaftigkeit, daß er diefe Fluͤcht ·
Yinge ſo eilig berfolgte, daß er init zwey Bigleirern
allenthalben von Feluden amtungen tnd angefallen
ward. Doch War er To gluͤcklich, das er weder
durch Die Spieße, init welchen dieſe Keinde auf. th
gußießen, noch durch die Steinwürfe und Pfeilſchuͤſſe,
die man aus der Grade ihm zuſchickte, beſchaͤdigt
ward, and auf feinen verwundeten Pferde wieder
gu feiner Heere gelangte. Dieſer Beweis einet han
ungewwöhnligen. Berachtumg dir größten Sefaht
erwarb Mn beym ganzen Heetr das hoͤchſte An⸗
ſehen. Nach einer dreywöthentlichen Belagernug nd
Ihigte der Waffermangel Hiäslamen, den: Fürften
von Halitſch gu erfachen, ihm ju einem Veryaleiche
zu verhelfen, den ihm Georg, Bep den Segen⸗
reden feines Sohnes Roſtisban and einiger mit ihn
verbundenen Fürſten, erſt auf viel⸗ Jaͤroroche ſen
nes Sohnes Andreas, deſſei Vorſteſtangen durch
feine kuͤrzlich bewicſene Tapferkeit ein ooizhglides
Gericht hielten, gu Yerefopniga auf die Art me
ſtand, daß jeder das Land, daB er gegenw aͤrtig
beſaß, behalten, and von den gemalhtrn Beuten
das, was er für fein Eigenthum erfenuen , ind dar⸗
thun würde, zuruͤck nehinen ſollte Georg vers
meinte, er Fünde ſich den beſtaͤndigen Beſitz des
Ssoßfüremedums nicht beffer verſichern, als wend
er fregwilkig feinen diteren Brader Wilafdesiaw zum
. Mitregeniten berief, weil er wohl. wußte, duß dep der
allgemein befannten Serhürhsart Deöfelben dieſer bloß
die Ebre, Großfuͤrſt gu heiſſen, geuießen, und ihar: al⸗
le Geiwalt laſſen würbe. WS er aber dieſes Vor⸗
haben. 1150 ausführte , erklaͤrten ihm die kiewſchen
Bojaren, daß fie einem fo fhwayen Juͤrſten das
1150,
BE 1777
168 Erſter Abſchnitt. Anfang
‚Vermögen , fih auf. dem groß wirffichen Thro
der die Verſuche des ehemahligen Großfuͤrſt
‚jdslams zu behaunpten, nicht zutraueten, un
dieſer Urſache, wofern Georg' nicht ohne
Den regieren wolle, auch Georgen nicht
behalten, fondern Ißjaͤslawn zuruͤck berufenen
Obgleich hierauf Georg die WMitrege
Waͤtſcheslaws wieder aufbob, und diefem 5
dofür das Fuͤrſtenthum Wiſchegorod einraͤum
luden doch die. Kiewer Ißjaͤslawn ein, fich
zu ihrer Beherrſchung einzuſtellen; und obglei
ſelbe nur mit einem Kleinen Gefolge aulam, fo
doch Georg ihm weichen, » und: ſich it
Söhnen nach Gorodez begeben. ..-
» So bald. nun IEjdslam mieder zu
auf deut. Throne faß, übergab er das Großf
thum Öffentlich . Wätfheslamn, dem
Bruder Georgs: dieſer aber nahm. - fegleid
jäsTam.n zu ſeinem Sohne om, und eefldr:
dab er demfelben nicht nur ale Gewalt, fi
auch die Gemeinfipaft des großfkuͤrſtlichen Ehrı
mens überlaffe, und aus diefer Urſache wird
ſcheslaw, ob er gleich von nun an alle Ehrei
gungen des. ditern Großfuͤrſten genoß, von de
Aſchen Schriftſtellern nicht unter Die regie
Großfuͤrſten gezaͤhlet.
Im Jahre 1154 : erlebte Bid V
Verdruß, daß die Rowgoroder feinen Sohn
law nicht laͤnger zu "ihrem Fürſten haben w
und an deffen Stelle einen Sohn. feines Br
des Fürſten von Smolenzk, Roman, zu fü
riefen. Dieſen Verdruß aber verſuͤßte das Bı
gen, daß ſein Feind Georg, der wider i
Auzuge begriffen war, durch eine große Worte
welche fo wohl unter feiner Mannuſchaft als
des ruſſiſchen Reiches. 169
ſeinen Pferden einriß, und die geringe Anzahl der
Polowzer, welche fih zur Verſtaͤrkung feiner Macht
bey ihm einflellten, genöthigt ward, ohne etwas
wider ihn zu unterneömen , fi in fein Land zurüd
iu zieben. Nachdem er. Furz darauf das durch den
Zod feines Bruders Smwärspolf erledigte Fuͤrſten⸗
tum Wolodimer oder Wolodimir in Volhynien ſei⸗
nem Sohne Jaͤroslaw gegeben hatte, ſtarb er am
ıgten November, und Waͤtſcheslaw ernannte mit
den Kiewern feinen Bruder Roſtislaw, Zärften von
Smolensf, zu feinem Nachfolger, unter der Bedin-
gung, daß er Waͤtſcheslawn eben die Ehre erzeigen
ſollte, die derſelbe von feinem verſtorbenen Bruder
Ißjdslaw genoſſen hatte.
Ehe derſelbe dev ihnen anlangte, kam der Furſt Roſtislaw,
Wiäslam Daoidowiiſch, und ließ in die Stade Bruder Str
melden, daß man ihm erlauben möchte, den verſtor⸗ 5* deffen
Denen Sroßfrften auf feinem Grabe im Theodor⸗ Nachfolger.
fioger zu beweinen. Allein Waͤtſcheslaw und Mfis-
law, der Sohn des verftorbenen Broßfürften, und
"ihre Rärhe glaubten, daß er unter dieſem Vorwan⸗
de nur darum nad Kiew zu koͤmmen Herkangr, um
Roſtislawn an der Nachfolge feines‘ Brudes zu vers
Bindern , und fagten daher, daß es nicht dep ihnen:
ſtehe, bey den gegenwärtigen bedenklichen Settldufs
ten, da ihre neuer Großfürft noch nicht im Befige
feiner Würde fey , ihn in: ihre Stadt zu laſ⸗
fen. Bald. hernach Fam Roſftislaw, nachdem er erſt
eine Reife nahNomgorod, um fich der Zreundfchaft die»
fe8 mächtigen Staates zu verfihera, gesban, und
feinen Sohn Roman zu fih genommen, und an def
fen Stelle einen andern Sohn, Mflislam, ale
Zürften Binterloffen hatte, zu Kiew an, und ward
mit allen Zeichen einer aufrichtigen Grgebenheit auf
genommen, Kaum aber batte er feinen Thron ber
*
270 Erfter Abfchnitt. Anfang
Riegen; fo empfing er zwey Äberans uuan;
Nachrichten. Die eine überbrachte ihm, feinen al
zu Nowgorod hinterlaſſenen Sohn Mfisla
sen die Nowgoröber vertrieben, indem fie a
Stelle fih von feinem Feinde Georgen einen
Mſtislaw, zum Fuͤrſten ausbathen, uud dur
Veränderung dffentlig von feiner Partey
Seite feines Rebenwerbers um den großfin
Thron, übersraten. Die andere fehlimme
richt überbrahte ein Boche feines Botters, d
ſten von Perejaslaw, welher von hm Hi
gehrte, weil er mis eigenen Kräften der Mad
. welder ihn Georg durch feinen Sohn Glj
griff, nicht gewachſen war. DD gleich die
voͤlker, welche er, unter Aufuͤhrung ſeines
Seätosiem nad Perejaslaw ſchickte, mit P
Vorteile Sch ihres Feinden widerfehzten, fi
- te ihn Die Wachriht vom Abſterben des — *
Woͤtſcheslaw, nach Kiew zuruͤck zu gehen, u
Ausführung dieſer kriegeriſchen Unternehmun
der dem Fürſten von Tſhernigow fo lanze
föieben, bis. er.her Reiche feines Wetters die
renden Ehrenbezeigungen erwieſen, and ander
falten, die der Zodesfall dieſes Mittegente
- 3 Riew nothmendie machte, geteoffen hätte.
Xathſchlaͤge, welche ihn nun einige Kiewer |
daß er beffer für feinen Vortheil forgen würde,
er verſuche, ob er fig wicht mie dem Fuͤrſte
VTTſcheenigow freundſchaftlich fegen koͤnue, blieb
ihm unwieffam, ob wohl fein ferneres Verhal
biefer Angelegenheit zeigte, daß er ebei fo.
Ah dazu ſchickt, feine eigenen Entwürfe zu be
Relligen , als von andern gegebene Rarhfeldg
‚zunehmen. Dean in dem Augenblide, als ih
große Menge Bolomzer ins Oeſicht kam, mit
des ruffifchen Reiches. 71
den Glijeb, George Sohn, das Heer feines‘
Seindes auf deſſen Herbwprufen vergröffert Hatte, er⸗
ſchral er fo fehr, daß ge deinfelben antragen lieh,
daß, wenn er mis ihm Frieden machen wollte, er
ihm Kiew und fein Better Mfislaw Perejaslam ab-
treten würde. - Mſtislawn kraͤukte diefe Verſchen⸗
fung feines Eigentums durch einen Vetter, gegen
den er fih beſtaͤndig als einen eifrigen Freund be⸗
wiefen hatte, fo fehr, daß er ihm darüber oͤffentli⸗
de Borwürfe machte, und gleih darauf dan Groß⸗
fürfen den Rüden wies, und mit allen feinen Triegs⸗
völfern " verließ. Diefe Schwaͤchung bewog das
ganze übrige geoßfürklide Heer, eine glögliche Flut
ju ergreifen. So gab Roſtislaw ſelbſt einem Zein-
de, zu deffen Angriff er gekommen war, den Gieg
über fih, in die Hände, ohne daß er darum zu kaͤm⸗
pfen brauchte. Denn die Polowzer fepten jegt den
Fluͤchtigen nad, tödteten viele, und machten den
Fuͤrſten Swaͤtoslaw Wſewoloditſch nebſt Andern zu
Gefangenen. Roſtislaw getrauete ſich nicht eiumahl
nach Kiew gu gehen, ſondern nahm den Weg über
Eiuberfh in fein Fürſteuthum Smoleusk. Sein
Sohn Swaͤtoslaw und der Fuͤrſt von Perejaslaw
singen zwar nad Kiew, verweilten aber dort nicht
longe ; and der letztere hielt nun nicht einmahl für moͤg⸗
lich ‚- Perejaslam zu behaupten, fondern nahm nur
fine Gemahlinn aus dieſem Orte gu fi, und bes
sab fih mir nach Luzk. Da nun die Kiewer keinen
einzigen Zürften bey fich hatten, und befuͤrchteten, in
dieſem berrenlofen Stande ein Raub "der Polowzer
su werden; fo Inden fie JZEjäslamım zu ihrer Bes
herrſchuns ein, und verlangten fonft nichts von ihm,
als daß er nerbindere , daß die Polomwger feine Thaͤt⸗
lichkeiten in’ ihrem Gebiethe ausüben, möchten.
®
172 Erſter Abſchnitt. Anfang
Ißjaͤtlaw Georg war nicht geſonnen, fo lange er I
III befteigt irgend ſonſt einem den ruhigen Beſitz des ruſſi
— * Zhrones zu verſtatten, ug machte ſich daher auf
großfücftlie Weg nach Kiew, umfih an’ $jdslam 3 Stell
den Shron. den Thron zu ſetzen. Ißjaͤsla w ſchickte ihw
gegen, und ließ ihm ſagen, daß er nicht nach
kiewſchen Throne getrachtet haͤtte, ſondern dur
Kiewer darauf erhoben worden ſey, und ihn Ge
gern raͤumen wollte, wenn uur derſelbe ſonſt
| mehr ihm naͤhme.
Georg wid . Georg verfprab ihm dieſes, und befi
en biefes Verſprechen durch eine Heirath feines S
Groffuͤrſt, Gljebs mit einer Tochter SBjäslams. Da e
— endlich einmahl wieder feinen Zweck erreicht
Zobe. M nm dritten Mahle den kiewſchen Thron be
batte ; fo verforgte er feine Söhne mie Fuͤrſt
. mern, indem er dem älteflen, Andreas,
feinem eigenen Fürſtenthume Susdal, Wilde
Borifen Turow, Gljeden Perejaslam und
filkon Poruffe erteilte. Das Fuͤrſtenthum dı
1155. gen, Poruſſe, erlist im naͤchſt folgenden Zahrı
ſehr viel durch einen Weberfal der Polowze
weil ihnen fein Widerſtaud gefhahe, nach an
setem großen Schaden durch Feuer und S
mit- einer ſehr großen Beute in größter Si
den Ruͤckweg nach ihrem Lande antraten. 2
fe dort anlangten, wurden fie bev der Na
den Berendiern im tiefen Schlafe überfallen
die mußten fich noch fehr glücklich ſchaͤtzen,
Leben und Freyheit durch die Flucht retten €
Denn alle Beute blieb zuräd, und nur ſehr
Leute entfamen; die übrigen 'alle wurben |
oder gefangen genommen. Doch bald erſchi
weit zahlreicher wieder im ruſſiſchen Sebieth
nun fanden fie die Gelegenheit niht, ohne |
4
. bes ruffifhen Neihes. 173
fahren auszuſetzen, Beute zu erlangen, indem der
Großfuͤrſt ihnen bep dem Zlecken Kanew ein fo flar«
kes Heer entgegen ſetzte, daß fie die Befiegung des⸗
felben für fehr zweifelhaft achteten, und aus dieſer
Urſache für eine Schlacht eine gütlihe Unterhande
lung mit dem Großfürften wählten. Da nun dies
fer wohl einfahe, daß er durch den größten Sieg
über dieſes polowziſche Heer nichts gewinnen koͤnne,
wenn er aber das Kürzere ziehen follte , nicht nur .
die Polowzer alle Freyheit befämen , feine Staaten .
weit und breit zu verheeren, foudern auch alle Sür-
ſten, die bloß wegen feiner jegigen Uebermacht ſich
fheueten, ihn wegen des Sroßfürftentfums zu bekrie⸗
gen, aufwädhen möchten; fo war er zufrieden, ih⸗
ren Abzug dur einige Geſchenke und die Be
fteynug ihrer, bey dem kurz vorher erwähnten Vor⸗
falle in die Gewalt der Berendier gerathenen Bits
brüder zu erlangen. Weil aber die Berendier ſich
durhaus weigerten, diefe Gefangenen loszulafſen;
fo befriedigte er die Polowzer durch deſto reichliche ⸗
re Beſcenkungen, daß fie ſich erklaͤrten, fuͤr dieß
Mahl ohne Veruͤbung einiger Feindſeligkeiten nach
ihren WBohnfigen zu geben, indem fie in der Hoff»
nung lebten , der Großfuͤrſt werde die Befrepung ihrer
Landsleute, Die wegen gewiffer Urfachen denfelben ges.
genwaͤrtig zu leiſten unmöglich falle, gewiß bewerkflelli«
gen, indem .fie fonft gegwungen werden würden, folde .
mis den Waffen zu fuchen, und dieſerwegen jest den
Srieden mit dem @roßfürften nicht abſchließen koͤnn⸗
tn. Da er nun fich wenigftend auf eine Zeitlang
wider die Anfälle diefes auswärtigen Feindes Sicher⸗
heit verſchafft zu haben dachte; ſo ſchickte er ein
Heer aus, Mſtislawn, den Sohu des Großfuͤrſten
Ißjaͤslaw II. aus allen noch habenden Befigungen
zu vertreiben; und weil dieſer verzweifelte ibm wie...
1156.
174 Erſter Abſchnitt. Anfang
derſtehen zu koͤnnen, fo rdumte er Pereſopniza,
nen jegigen Aufenthalt, old einen ganz wnhalt!
ren Ort, und ſchraͤnkte ſich bloß auf die Behanptu
von Luzk ein, in welchem feiner Meinung nad |
Bruder Jaͤroslaw fo lange die Angriffe des geoßfür]
chen Heeres würde abwehren koͤnnen, bis er feldfl «
Pohlen eine mächtige Hülfe herbep führen Fön:
Seine Wuͤuſche wurden erfüle. Denn die d
Brüder Boles law, Mjecislaw und Heinrich, die
mahls Pohlen beherrſchten, rückten niit ihm fo fi
in Rußland ein, daB der Großfärfl den Ausganı
. ned Krieges für mißlich achtete, und daher lieber
ſelben durch einen Vergleich mit Mſtislawu beyie
wollte, Mfislam aber trauete der Aufrichtigkeit d
felben in der Haltung dieſes Friedens fo wenig, da
zu feiner Beſchirmung wider einen Friedensbrud
nen- anfehbulihen Theil der angelommenen pol
ſchen Huͤlfovoͤlker bey ſich behielt.
Sur Befeſtigung des großfaͤrſtlichen Zr:
diente Georgen auch, daß im Jahre 1 15C
vom conſtantinopolitaniſchen Patriartchen ernär
ruſſiſcher Metropolit, Conſtantin, zu Kiew
langte, welcher den verſtorbenen Fijaelan II. au
Urſache, weil von ihn Clemens ohne Zuziehung
conſtautinopolitaniſchen Patriarchen zum xuff:
Metropoliten ernannt worden war, als den I
ber einer Kirchenſpaltung nach feinem Tode verda
te, den Metropoliten Clemens feiner Metropol
fielle, und alle von demfelben in den Prieſterſtand
genommenen ihrer geiſtlichen Würden entfepte,
bis zur abgelegten, Bereuung Ihres durch die
meinfchaft mit dieſem unrehtmäßigen Metrop:
begangenen Verbrechens mit dem Kirhenbann
legte. Die Polowzer vergögerren wirklich ihre‘
kuuft ins ruſſiſche Oebieih nit lange, und 6
des ruffifchen Reiches 175
beiten eine Gegend im refanifchen Fuͤrſtenthume, Bi.
fraja Sosna, feindlih, wurden aber auf dem Rüd- -
zuge, da fie nad ihrer Gewohnheit gar Feine, Vor⸗
fit anwandten, im Sthlafe überfallen, und mit
Verluſt alles gemachten Raubes in ihr Land zurüde
gejagt. Folglich hinderten fie den Broßfürften nicht,
in Begleitung feiner Söhne und feines Schwiegers
fobnes, des Fürften von Halitſch, einen Kriegszug
wider den Fürften Mſtislaw zu thun. Diefer aber hatte
ih durch Bepbehaltung vieler pohlnifher Krieges
völfer im fo gute Begenverfaffung geſetzt, daß Georg, ”
als er ihn in Wladimir belagerte, fo viele Leu⸗
te einbüßte, daß er fi erklaͤren mußte, einen guten
Frieden zuzugeſtehen, falls ihm nur die Ehre erwie⸗
Ten. würde, darum angzuhalten, und als Viſtislaw
dieſes nicht thun wollte, unverrichteter Sade heim»
zuziehen gezwungen war. —
Als ſich der Großfuͤrſt durch Die Vorbitte des Me⸗
tropoliten and der ganzen Geiſtlichkeit rühren ließ,
einen in feiner Gefangenſchaft habenden Zürfien,
Johann Berdfanit, als feinen Gefangenen an
den vorigen Ort feiner Bewahrung Susdal zur uͤck
zu ſenden; fo ſezten deufelben auf dem Wege einige hier»
zu vom Fuͤrſten von Tſchernigow befehligte Soldaten in
Freyheit, und Bald hernach erfuhr der Großfürſt,
daß. die Fuͤrſten von Tſchernigow, Nowgorod-Severs⸗
und Smeoiensfrin einer Verbindung fländen, des
un Abfihe dahin gebe, Ihn des Großfürftenthuing
in berauben. Die Gefahr, welche ihm diefe Ver⸗
dindung drohete, verurſachte vermuthlich, daß er ſei⸗
nt Reife nach Susdal antrat, um feine beſte Stüge,
finen direſten Sohn, Andreas, durdy feine Ge
stnwert dahin zu bereden, Daß er wieder mit ua
Kiem komnre, und ihn wider die Anfälle eines fo
maͤchtiges Feiudes vertheidige. Auf dieſer Reife bee
176 Erſter Abſchnitt. Anfang
merfte er an beyden Seiten des Fluſſes M
oder Moskau, mo derfelbe mit dem Neglinn
Saußa zufammenfließt, und eine von Dieg
naͤchſten Nachfolger Ruriks, erbauete Stadt
kau geflanden haben ſoll, fehr ſchoͤne Dörfei
- erfuhr, als er fih um den Eigenthuͤmer erfu
daß diefelben einem vornehmen Susdaler, Ste
Swanowig Kutfhlo, gehörten, von
Frau man dem Großfürflen, einem großen .
ber des Schönen Geſchlechts, eine fo reigende
derung machte, daB er fogleih diefen Kutſch
feiner Frau berufen ließ, bey ihm als Land:
die Aufwartung abzulegen. . Allein Kutſchk
gerte fich, diefem Befehle zu gehorchen, und ge
te.bey der Abfertigung, die er bierüber den
fürſtlichen Abgeſchickten ertheilte, ſolche belei
Worte, daß der Großfuͤrſt ihn als einen Bel
der Majefdt einziehen, hinrichten und in eine
werfen ließ.
Die Gegend gefiel Georgen fo ſehr, dal
der Stelle diefer angenehmen Dorfſchaften €
zerne Stadt unter dem Nahmen Moskau
und theils durch, Einwohner der eingehenden:
theild durch andere aus feinem Zürftenthume
ferte, und feinem Sohne Andreas auftrug,
- Aufnahme diefer neuen. Stadt nah Möglid
forgen. Kaum: war .er mit feinem Sohue
zu Kiew angelommen; fo mußte” er fih
reitſchaft fegen, wider feine Zeinde, die der S
der Nowgoroder anfehalich verfiärkt hatte, i
zu ziehen. Aber die Berhwerden des Alte
‚die Bekuͤmmerniß über den Ausgang des ihn b
henden ſchweren Krieges warfen ihn aufs Kranf
worauf er innerhalb fünf Tagen am ızten |
einem Alter von 66 Jahren fein Leben endigte.
—
—
des ruſſiſchen Reiches. n 177 u
. Die Kiewer Siegen gleich nach feinem Tode ih— Itzaelann
ven Haß gegen ihn aus, indem fie feine Wohnung 11. wird
piänderten,, die aus feinem Erbfärftenrhume Sus: vum itten
dal dahin gezogenen Leute umbrachten, und den be» Großfüͤrft
‚reits in der Nähe fichenden Fuͤrſten Ißjaͤßslawn Kiem |
muß ab
von Tſchernigow auf den Thron beriefen, melder Sasfelbe zum
am ı9fen Map dur einen feperlichen Ginzug ſich Hventen
anf denfelben fegte; ne an
Gleich Anfangs behauptete IHjäslam III. auf es Ro:
ftislaw wies
Kiew nur eine ſehr kurze Zeit. Denn ale er, er wie erpäte,
vorgab, im Jahre 1138 zum Beſten des Fuͤrſten 1158.
Johann Berdlanik. einen Kriegdjug wider den gürs
fen von Halitſch unternahm , und die meiſten feiner
bisherigen Bundesgenoſſen, weil fie ſich weigerten,
in diefem Kriege mit ihm gemeinſchaftliche Sache zu
machen, mit ſeiner Ahndung drohte; ſo vereinigten
ſich die Fuͤrſten Mſtislaw von Lugk und deſſen Bas
tersbruder Wladimir mit ſeintin Feinde, und zo⸗
gen ihm mit ihrem Heere entgegen. SP jdslaw IM.
jeigte nun zwar fo viel Mur, daß er fie zu Biel⸗
gorod auffuchte ‚indem er ſich mit dem Gedanken
ſcheichelte, fie ſaͤmmilich In Diefer Stade einzu
ſchließen, und durch Hunger zu überwältigen: Da
hie aber, diefe feine Abſicht zu verhindern, ibm eine
Golan geliefert Hatten ; ſo gab er, ob ſchon in derfele
ben FeinTheil den Sieg erhalten hatte, uud ihm den
Tag bernach der polomgifhe Für Baſchkarad
12,000 Polowzer zuführte, alles füt verloren, und
sing mit Abfertigung gefchwinder Bothen an feine
Genahlion in Kiew, daß fie ſich aus dieſem Drie
zu feinem Schwiegerſohne Gljeb nah Perejaslaw
begeben ſollte, ats ein Fluͤſtling nach Some, und
überließ dadurch -feinen Gegnern die Zrevheit, ſich
Kiews ohne einigen Widerfiand zu bemächtigen,
Diefe ſprachen Mſtislawn als einen oh Ißjaͤ⸗
veſa. Ru. 1. Band,
m
78 Erſter Abfchnitt. Anfang |
Taws 11: Kiew gu. Diefer sog alle in Riem Binterlaffee
nen GSuͤter des flüchtigen SEj ds law III. ein, und
zwang den Metropoliten Eonftantin, feine Stel»
le dem von feinem Water ernannten Clemens aufs
ne zu räumen. ' Weil er aber wohl woßte, daß.
er bep der Menge ber Fuͤrſten, die. der großfürfili-
den Würde wegen nad dem Befige von Kiem ſtreb⸗
ten, und der Vielheit der. Anhänger bes von ihm
adgefegten Metropoliten nicht Tange zu Kiew unans
gefochten regieren würde; fo hielt er es für von
theilhafter, daß er durch dem: freywilligen Abtritt
Kiews einen andern Fuͤrſten verpflichte, ihn in Hand⸗
habung der großfuͤrſtliches Gerechtſame nach aͤnßer⸗
ſten Kräften: zu unterftuͤtzen. Er wählte hierzu ſei⸗
nen Bester, den Fürſten von Swolensk, Roſtislaw,
der es ſchon ein Mahl als. Großfuͤrſt beherrſcht hatte,
man aber ſich bequemte, unter Mſtislaw zu ſtehen. Aber
weit. ſchwerer fiel es Mftislamn, von ihm gu verlangen,
daß er nicht Conſtantin, fondern feinen Clemens für
den rechtmäßigen Metropoliten anfehen, uud bep dies
fee Wuͤrde ſchuͤtzen follte, und Mſtislaw mußte ſich
damit begnügen , daß Rofislam verſprach, feinem
. von beyden den Maropoliteaftußl in Kiew befigen
“zu laſſen.
Spjdslam bemühere fh, das durch bie
Waffen wieder zu gewinnen , was er dur Anwen
Bung mehrerer Bedachtſamkeit wohl bitte behalten
Finnen, und verfuchte mach erhaltener Verſtaͤrkung
von den Polowzern, dem Swaͤtoslaw Olgowitſch
Tſchernigow abzunehmen, ward aber von dieſem mit
dem Bepfſtande der Fuͤrſten Swaͤtoslaw Wſewolo⸗
ditſch und Rurik Roſtislawitſch am Desna geſchla⸗
gen, und genoͤthigt, zuruͤck zu geben.
So bald Ißjaͤolaw hoͤrte, daß Swaͤtoslaw Dir
gowitſch mit feinen eigenen Kriegsvoͤlkern nod Im
—
—
des ruſſiſchen Reiches. | 179
Felde fiche und über dieß kronk geworden ſey, eilte
er, ihn zu überfallen. Aber die von den Yordnzies
henden Polowzerna augerichteten Verwuͤſtungen und
ongesimdeten Doͤrfer verkuͤndigten ſein Vorhaben ſei⸗
nem Feinde, der feine Kriegsvoͤlker in Schlachtord⸗
nung fiellte, und die nicht weit entfernten Susdaler
und Halitſcher an ſich z08. Hierauf rüdte Swaͤtoslaw
ſeibſt vor, und jagte dur dieſe ſeine Borrüdung
und Burädtreibung der Polowzer auf ihr. Haupt⸗
heer Ißjaͤslawn ſolche Furcht ein, daß er ſein Vor⸗
haben anfgab. Doch im folgenden Winter fiel Iß⸗
jaͤslaw in das Smolenskiſche, und erlangıe ud
vom Großfürften Andreas durch eine Heitath
zwiſchen feinem Bruderſohne Swaͤteslaw ua Mas
rien, einer Tochter des Großfuͤrſten Andreas,
Hülfe, zu deſſen Warten Mch. im Jahre 1160 von
den bisherigen Freunden feines Gegners die. Now⸗
goroder uͤbertraten, die ihren Fuͤrſten Swaͤtoslaw
serfioßen hatten, der fih glüdtih ſchaͤßen mußte, daß
er feine Berfon wider die Wirkungen der ergrimm
1160,
ten Nomgoroder durch Eutweichnug nah — |
in Sicherheit Braste.
Zuletzt gewaun Ißj aͤs la w durch bite Sr u
me fo große. Vortheile, daß Roſtislaw fein Leben
und feine Freyheit nur dadurch erhalten fonuse, dag
er fich aus Kiew noch hey Zeiten, und. che Iſſtj ͤs⸗
da fich diefer Stade mit Gewalt bemaͤchtigen
tonnte , nach -Bijelgorod begab, indem. Ißjaüs La
noch an eben. demſelben Tage Herr won Kiew ward,
Als aber dieſer ibm nah Bjelgorod nahaing, fam ,-.
MRislam, des Groptärten I iäslam Ill. Eafa,
mit. einem Ifjdslaws negenwärtiger Staͤrke fo (che
überlegenen Heere Roſtislawu zu Hülfe on. daß die
be Itjaͤslawn befindlichen Berendier aus Vergweif⸗
tung, daß der. Here, dem fie jetzt dienten , feinen |
Ms
180 Erfter-Abfehnitt. Anfang
Gegner Die Wage halten koͤnne, zu Mſtislawn über.
. singen, and denfelben antrieben, ohne Verzug Iß⸗
jäslemwn anzugreifen, welcher, weil er fahe, dag ae
durch feinen Widerfiand fein Unglüd vergrößern
würde, fogleich die Flucht ergriff. Aber feine Fein⸗
de begnügten ſich nicht mit dem Vortheile, daß. er
vor Ihnen wid, fondern folgten ihm anf dem Zus
Ge nah, und diefe Verfolgung verurfadhte, daß fein
Heer fih immer mehr zerfireuete ; und er in Be
gleltung ſehr weniger Perſonen von einem flärfern
feindlichen -Haufen eingeholt, und nad viden em⸗
Pfangenen fhweren Wunden ‚gefangen genommen
ward. Es verlieh ihm in feinen letzten Athemuͤ⸗
gen einen ſchwachen Zroft, daß .feine Gieger, die
Fuͤrſten Roſtislaw und Mſtislaw, in eben dem Au⸗
genblicke, als er vom Pferde fiel , anf dieſer Stel⸗
Te anlaugten, und fein Unglüd bedauerten. Dies
fer Todesfall gab Roſtislawn Kiew wieder, und im
Jahre 1461 bewilligte der Großfürk Andreas,
daß fein Vetter Mſtislav Gmwäsoslarn , Koflis-
laws Soßne, das duͤrſtenthum Nowgorod aufs
neue räume,
Inzwiſchen beſchaͤſtigte ſich der Großfuͤrſt An—
dreas, den keine Furcht vor feindlichen Verdee⸗
rungen hinderte, feine. Winfche, den Wohlfiand
feines Landes zu erhöhen, in Ausübung zu brin⸗
gen, indem er im Jahre 1158 mit der Vergroͤße⸗
sung und Derfhönerung des Giges feiner Het
. (daft, der Stade Wladimir, den Anfang machte.
1164. Im Jahre 1164 flarb Swaͤtoslaw Olgowiiſch
lee als Fuͤrſt von Tſchernigow und Nowgorod⸗Severs⸗
dem neuen ki. Nah feinem Abſterben ward fein Sohn Oleg
Pi von Swätoslam Wſewolodowitſch gegwungen , fiß
* mie Nomwgorod· Severski zu begnͤgen, nnd diepm
Adarigen abzutreten. Hingegen unternahm der
des ruſſiſchen Reiches. 181
Sroßfuͤrſt Audreas in eben dieſem Jahre einen.
Feldzug wider die Bulgaren, in welchem er nicht
nur einen großen Sieg über. ihren Zürflen, der nur
mit wenigen Leuten dem Tode und der Gefangen»
(daft entfam, erfocht, fondern. au verfhiedene
Stgdte einaͤſcherte, unter welden eine. Srähimor
-
genannt wird.
Andreas eignete fein ir dieſem Kriege ger
habtes Gluͤck dem wunderthaͤtigen wladimir ſchen
Marienbilde zu, welches er in allen Zeldgügen mit
ſich führte. Er bewirkte diefermegen beym Metropo⸗
liten von Kiew, daß nah gehaltenem Einverſtaͤnd⸗
aiffe mie dem Patriarchen von Eonflantinopel und
dem griedifhen Kaifer, welcher an eben dem Zar
ge einen glei herrlichen Sieg über die Ungldubi«
gen erfochten hatte, ein jaͤhrliches Daukfeſt in.allen
ruſſiſchen und griedifhen Staaten auf den ıflen
Auguſt eingeführt wurde,
Am Jahre 1166 ſtard der Fuͤrſt Stwälsion
von Wſchiſchtſche, und der Zürft Swaͤtoslaw Wſe⸗
woloditſch bemädtigte fi des ganzen von demfel-
ben binterlafjenen Landes, welches er unter feinen |
Bruder und feinen Sohn theilte, ohne. die Anfprüs
he zu achten, die der Fürf von Nowgorod⸗ Severoki
auf diefe Erbfhaft machte. Da nun foldergeflalt
Gwätoslaw feine Degen darin ermwiefene. Bevor,
theilung jeht mit einer neuen Beleidigung ver»
srößerte, und Oleg Roſtislaws Schwiegerfohn war;
fo verfuchte dieſer zufoͤrderſt durch guͤtliche Unterhand⸗
lungen mit Swaͤtoslawn, feinem Schwiegerſohne zu
feinem Rechte zu verhelfen, und, als Swaͤtoslaw
auf ſeine vielfaͤltige Vorſtellungen immer gleich un⸗
beweglich blieb, durch Zuſendung einiger Kriegsvoͤl⸗
- Ser Olegen zu verſtaͤrken, damit er fein Recht von
feinem Gegner erzwingen könne. Dadurch brachte
En
166,
Leßte Bege⸗
benheiten
der Regie⸗
un Roſtis⸗
s übe
Kim,
183 Erſter Abſchnitt. Anfang.
er es dahin, daß Swätoslam auf feine Vermittlung
mit feinem Schwiegerſohne ſich betuhigte, und den,
felben dur Abtretung von vier Städten befriedigte.
Da nun diefer Krieg fo bald beygelegt ward; fo
flug den Polompern ihre Hoffaung fehl, denfelden
dazu zu augen, daß fie durch den Ueberfall einer
griechiſchen Pflanzſtadt eine gute Beutein ihre Wohn«
fige bringen Fönnten. Ehe ſie ihr Vorhaben zu bewerk⸗
ſtelligen vetmochten, konnte Roſtislaw einen Pohlen,
Wladislaw, mit hinlaͤnglichen Kriegsvoͤlkern zur
Beſchuͤzung dieſer Pflanzſtadt entbehren. Roſtislaw⸗
Sohn, Roman, dem er Smolensk abgetreten hatte,
durfte fich mie feinem Hrere nur in Bewegung (een,
feinem fehr bebrängten Zreunde, Wſeslawu, War
ſilkos Sohn, ſein ganzes verlornes Land ‚wieder zu
verſchaffen. Als unn beyde durch den Fluß abges
fonderse Heere auf einander .fchoffen; fo entſtand um
Mitternacht ein beftiges Gewitter, deſſen Beröfe
Wſeslaws Feinde für Bewegungen des zu feiner
Huͤlfe herankommenden Romans hielten, und, ohne
- die Wahrheit oder Zalfchheit Diefer Meinung zu un
tcerſuchen, davon liefen, fo daß Wſeslow ohne eini⸗
gen Widerſtand fih feines Laudes wieder bemädti-
gen konnte. Roſtislam fand jegt bey den ruſſiſchen
Bürften in fo hohem Aufehen, dag auf fein Verlan⸗
sen alle, die sr bey der Zunahme feiner Leibe
ſchwaͤche nah Kiew verſchricb, fi mit ihren Kriege
vpoͤlkern einſtellten, um nah feinem Wunſche noch
vor feinem Tode feine Söhne in den von ihm zu
getheilten Befigungen Fräftig zu-unserflügen und zu be⸗
feinen. Es erſchienen außer dreyen feiner eigenen
Söhne Rurik, David und Mſtislaw, drey Soͤhne
des Großfuͤrſten Ißjaͤslaiw II., nahmentlich Mit
low, Jaͤroslaw und Jaͤropolk, ein Bruder des
jipigen Fuͤrſten pon Kiew Wlodimir, ein gleichnab ⸗
‘
des ruffifchen Reiches. 183 _
miger Sopn des Broßjürften Andreas, der Fürft
Jaͤroslaw Wſewoloditſch, Gljeb, ein Sohn des
Großfuͤrſten Georg, der Fuͤrſt Sljeb von Gprodey,
und der Fürfi Johann Georgemwitfch, ein Enkel Jaͤros⸗
laws Spwaͤtopoltſchitſch, und Kriegavoͤller von dem.
Sürften von Halitſch. Mit einem fo große Geſol⸗
ge von Fuͤrſten und einem fo auſehnlichen Heere
ging er, nachdem er im Vorbeyzuge zu Tſchitſchersk
feines Schwiegerſohns Oleg und gu Smolensk ſeines
Sohnes Romans Ehrendezeigungen empfaugen und
fi an den Beweiſen vergnügt hatte, welde die
Unterthanen biefer Zürften von ihrer Auhaͤnglichkeit
au fie gaben, nah Nowgorod, wo er von den
Einwohnern gleichfalls reichliche Geſcheuke und einen _
fegerlihen Eid erhielt, feinen Sohn Smwätosiam -
lebenslang zu ihrem Fürſten behalten zu wollen.
Hierauf trat er den Ruͤckweg nad Kiew am, in der
Hoffnung, diefen Sig feiner Herrfchaft noch lebend
zu erreichen. Aber fo ſehr er auch dahin eilte,. fiber»
raſchte ihn der Tod auf dem Wege im Dorfe Rogus
jedina in Szaruſe, wo er am. 2ıfen Raͤrz 1167 1167.
fein Zeben ſchloß.
Dos Recht und die Suneigung der Kiener bes Rofislams
fimmten nun Mſtislawn, des Broßfürfien Ißjaͤs⸗ ne
law II. Sohn, bie Nachfolge in Kiew, welcher durch defien Ras
feinen Neffen Wafilko Jaͤvropoltſchitſch ben Behg da toise Kar
"von ergriff... Allein deffen Vatersbruder Wladimir ı * Ans
errichtete mit einigen andern Fürſten eine Verbin, dreas von-
Bung , ihm diefelbe zu entziehen, von welder einige Geiegenheit,
getrene Kiewer Wafilkon bey deffen Ankunft benach⸗ ats Her
richtigten, um Mfiislaron gu warnen, daß er fih in über un
Begenverfoffung feben möchte. : Darauf verfiärkte ſcha
Mſtislaw feine eigene Macht durch den Beytritt der
Wfewolodow irfhen , der fuͤuf Regimenter Halltſcher,
‚einiger litthauiſchen Kriegs voͤlker, wie auch der Be⸗ ,
Ä 1 . 3
384 Erfter Abfchnitt, Anfang
.sendier, Torfen und Kiewer. Sein Bruder Jaͤropolk
ging. mit den Berendiern voraus, und ertappte
WBlabimirn, der nun, als er fi außer Gtande
ſahe, e3 wider eine ſolche überlegene Racht feines
Gegners mit demfelben aufzunehmen, fein Heil in
einer ſchleunigen Flucht fuchte, bey Zfchernoidub,
Da aber die Bereudier, deren Herz au Wlabimirn
hieng, ſich weigerten, denfelben anf feinen Befehl
anzugreifen, mußte er den Zeind wider feinen Wil⸗
len nach Wiſchegorod gehen laſſen. Als Mſtislaw
mil dem ganzen Übrigen Heere zu ihm geſtoßen war,
füchte derfelbe Wladimirn zu Wiſchegorod auf, und
ſtellte bie untreuen Berendier längs dem alle, wo
fie die erfie Hige des Gefechtes mit feinen Keinden
aushalten mußten, wodurch fie. bey dem tapfern
Widerſtaude der Gegner ihre beſten Leute verloren.
Um folgenden Tage fegte Mſtislaw den Streit wit
leihen Ernſte fort, und uöthigte dadurch Wladi⸗
mirn, ihn um den Frieden und- einen Theil der
dur Roſtislaws Tod erledigten Länder zu bitten.
Da nun Mſtislaws Gegenwart zu Kiew jur Be
feftigung feiner neuen Herrſchaft unumgdnglid noth⸗
iwendig war, und derfelbe auch wußte, daß der Groß»
fürft Andreas die gegenwärtige Keindfeligfeit des
bereits wider ihn im Kriege begriffenen Feiudes der
augen und ihn als einen dadurch geſchwaͤchten Geg⸗
ner zugleich anfallen werde; fo erfuͤllte er Wladi⸗
mirs Begehren, und kam nach Berichtigung dieſer
Angelegenheit am 19. Map nach Kiew, um dort
ſeine Regierung anzutreten. Doch konnte er das
Ungluͤck nicht vermeiden, daß Andreas Selegenheit
bekam, ihm diefes Fuͤrſtenthum zu entreißen. Die
erſte Beronlaffung, daß derfelbe wider ihn die Waffes
“ ergriff, gab ein Zwiſt zwiſchen dem gu Rowgorod
hereſchenden Zuͤrſten Smwätosiow und den Einwoh
des ruffifchen Reichs. | 185)
nera dieſes Fürſtenthums. Denn ‚ale mieſer Fürft
fich nach Weliki Luki begab, und von dort den Nowe
gorodern in der Abſicht, daß fie, um ihn zur Rüd-
kehr gu bewegen, alles abfichen follten, was er an
ihrem Betrogen gegen. ihn ausfegte, melden ließ,
er wolle nicht länger ihr Zürft ſeyn; fo .verfammel«
ten fie ſich unverzüglih vor einem: Marienbilde,
und ſchwuren, Swäteslawu nicht länger für ihren
Herrn zu erfennen, und nicht eher zu ruhen, bis
er über die Grenzen ihres ganzen Fuͤrſtenthums ſeyn
würde. Smwätoslaw ſahe ſich zu ſchwach, ſich zu We⸗
liki Luki wieder ſie zu halten, zog ſich daher, ohne ihren
Angriff zu erwarten, nach den Uferu der Wolga,
und forderte vom Großfuͤrſten Andreas und feinen
eigenen Brüdern Romen und Mſtislaw Beyſtand,
die Nowgoroder zu beswingen. Die Nomgoroder
aber beriefen des Großfuͤrſten Mſtislaw Sohn auf :
ihren Zürftenfiußl, Es vermehrten die zahlreichen
Kriegsvoͤller, welche Swaͤtoslaw von dem Großfürs
fen Andreas und aus Smoleunsk erhielt, und ihn
in den Stand fepten, Novotorg und Weliki Luki
einzunehmen und einzuäfhern, eine ziemliche Beit
den NRowgorodern , die Nachricht von dieſer neuen
Fürſtenwahl an Mfislow zu Überfenden. Endlich
aber gelang es ihnen doch, fih den Weg zu er -
oͤffnen, und einige Vorteile über Swaͤtoslaw zu
gewinnen, der aber doch einen anfehnlichen Theil
dieſes Zürfteurhums ıheild durch feine Kriegsvoͤlker,
theils durch die Neigung der in dieſen Deriern woh⸗
nenden Zeute behauptete. Andreas entſchloͤß ſich 1168
zu gleicher Zeit, gls er in dieſer Gegend einen Sohn
Mſtislaws bekriegte,, den Vater in deffen. Wohn⸗
—
fige Kiew angreifen zu laffen. Bu diefem Vorhaben .
ermunterte ihn noch mehr der Abfall verschiedener
bisberiger Yundesgenoffen Rſtislaws und vieler vor
—
‘
[4 «
186. Erſter Apfchnitt. Anfang
nehmen Kiewer, die, weil fie Mſtislaw begangener
Ungerechtigkeiten wegen aus feinem Dienfle jagte,
daran arbeiteten, Kiew einen andern Zürften za ge⸗
ben, indem fie ſolchergeſtalt ſich ſowohl an Mfis-
Ion raͤchen, als wieder zu den verlornen Aemtern
fommen konnten.
So zahlreich auch das Heer mar, welches Rſtis⸗
Lawn mit allem Eruſte in Kiew angriff; fo verthei⸗
Digte ſich doch diefer mit. fo vieler Tapferkeit, und
. die Treue der Einwohner unterfügte ihn fo redlich,
‚daß man, obgleih die Belagerung ſchon drep Wo:
den dauerte und Hungersnot) die Belagerten äng-
fligte, die Gegenwehr fo lange mit dem anfängli-
en Eifer fortfegte, bis eben die Verraͤther, welde
durch ihre Ränfe die Bundesgenoffen des Zürften
von Kiew zu feinen Finden gemacht hatten, den
Belagereın den Rath zufchrieben, die Stadt an den
feſteſten Stellen zu beſtuͤrmen; und wenn fie damit
ale Mannfchaft der Vertheidiger zu derfelben Ber
ſchühung hierher gegogen haben würden, ploͤtzlich fid
der dadurch entbloͤßten ſchwaͤcheren Stellen.zu be:
machtigen. Diefer Anfchlag ward am 8. März mit
fo gutem Erfolge ins Werk geſtellt, daß der Fuͤrſt
von Kiew Faum feine sigene Perfon in Sicherheit
brachte, und mit feinem Bruder Jaͤropolk und we:
uiger Ronnfchaft nach Wladimir in Bolbpnien eut⸗
Fam. Seine Semahlinn und fein Sohn fielen in der
eroberten Stadt in die Gewalt der Feinde, welche
ihrem Heere eine dreptägige Plünderung der gauzen
Stadt verſtatteten, ‚die fich ſelbſt auf die Kirchen und
Zloͤſter erſtreckte, die man von Vuͤchern, Bildern,
Prieſterkleidern, dem Gottesdienſte gewidmeten Ge⸗
faͤßen und allem, was nur einigen Werth hatte,
gänzlich entblößte. Nachdem diefe Ausplünderung
geihrhen war : fo rdumten die Bandesperwandler
des ruſſiſchen Ariches. 187
das kiewſche Fuͤrſtenthum dein Zürflen; Sljeb von
Perejaslam ein, welcher darauf Perejaslaw feinem
Sohne Wladimir abtrat. Bepden gaben die Por
lowzer 1170 einen Zuſopruch, indem fi «in fehr
großes Heer derfelben nach Perejaslaw wandte, nud
bey Peſotſchua lageite, da sin anderes nicht ſchwaͤ⸗
cheres auf der andern Seite des Dnjeprs auf Kiew
den Weg einſchlug, und zu Korſun ſtehen blieb.
Bende ließen Gljeben melden, daß fie mir Ihm, als
aunmehrigeuf Fuͤrſten von Kiew, einen Frieden mar
den wollten, damit ein Theil ſowohl als der ans
dere fuͤr Zeindlichkeiten Sicherheit hätte. Gljeb nahm
diefen Borfhlag an, und erklärte ſich, daß er nah
ihrem Verlangen mit ihnen -in Unterhandlung freten
wolle. Weil aber fein Sohn, der Zürfi von Pere⸗
jaslaw, ein gwölfjäßriges Rind war, fo achtete er
der Klugheit gemäß, zufoͤrderſt das im Lande diefes
anmündigen Fürften ſtehende yolowifche Heer durch
Abfchliefung eines Vergleiches aus demfelben wege _
zubringen, und machte mit den zu Korfun Haltens
den ab, daß fir hier feine Ruͤkkehr von ihren Landes
leuten abwarten follten, Diefe kießen fih durch die
Geſchenke, die er ihnen gab, zur Schlisgung eines
Vertrages und Ruckkehr in ihre Land vermögen.
Allein die zu Korſun hielten ihm ihr Wort nicht, -
fondern rücten nach feinem Abgange nah Perejas⸗
law ins Kiewſche, und plünderten die Städte Polon-
noj nad Semutſch uebfl einer Menge von Flecken
und Dörfern, weil fie ich zuperfichtlich verſprachen,
mit dem durch diefe Ylünderungen gefammelten gro»
Ben Raube eher in ihren Wohnfigen zu feyn, ld
Stjeb von Perejaslaw zurüdfommen werde. Aber
fie beſchaͤftigten ſich noch mit ihren Piünderungen,,
als ‚Bljeb auf dem Rüdwege von Perejaslaw zu
Prrepetowa onlangte, und hier die Nachricht von
176 Erſter Abſchnitt. Anfang
merkte er an benden Seiten des Fluſſes Moskwa
oder Moskau, wo derſelbe mit dem Reglinsa und
Sanba zufammenfließt, und eine von Dieg, dem
nähen Nachfolger Ruriks, erbauete Stadt Mos⸗
kau gefianden haben fol, fehr ſchoͤne Dörfer, und
- erfuhr, als er ih um den Eigenthümer erfundigte, -
daß diefelben einem voraehmen Susdaler, Stephan
Jwanowitz Kutſchko, ‚gehörten, von defien
Frau man dem Großfürftlen, einem großen Eiebha⸗
ber des ſchoͤuen Geſchlechts, eine ſo reitzende Schil⸗
derung machte. daß er ſogleich dieſen Kutſchko mit
feiner Frau berufen ließ, bey ihm als Landeshertu
die Aufwartung abzulegen. . Allein Kutſchko weis
gerte fich, dDiefem Befehle zu gehorchen, und gebrauch⸗
te.bey der Abfertigung, die er hierüber den groß-
fürftlichen Abgeſchickten ertheilte, folge beleidigende
Worte, daß der Großfürft ihn als einen Beleidiger
der Majeftät einziehen, biurichten und in einen Teich
werfen ließ.
Die Gegend. gefiel Georgen ſo ſehr, daß er auf
der Stelle dieſer angenehmen Dorfſchaften eine hoͤl⸗
zerne Stadt unter dem Nahmen Moskau aulegte,
und theils durch, Einwohner der eingehenden Dörfer,
theild Durch andere aus feinem Kürftenthume bevoͤl⸗
Berte, und feinem Sohne Andreas auftrug, für die
- Aufaahme diefer neuen. Stadt nah Möglichkeit zu
forgen. Kaum: war .er mit feinem Sobne wieder.
zu Kiew angebommen; fo mubte” er fih in Bes
reitſchaft frgen, wider feine Zeinde, die der Beytritt
der Nowgoroder anfehalich verfiärkt hatte, ins Feld
zu ziehen. Aber die Beſchwerden des Alters und
die Befümmernig über den Ausgang des ihm bevorfie-
henden ſchweren Krieges warfen ihn aufs Kranfendette,
worauf er innerhalb fünf Tagen am ısten Map. in
einem "Alter non 66 Jahren fein Leben endigte.
WB Die
des ruſſiſchen Reiches. 177 u
. Die Kiewer Siegen gleich nach feinem Tode ih» Ibjaͤtlam⸗
ren Haß gegen ihn aus, indem fie feine Wohnung Il. wird
plünderten,, die aus feinem Erbfuͤrſtenthume Sus⸗ —* ritten
dal dahin gezugenen Leute umbrachten, und den bes Großfürft
reise in der Nähe fichenden Zürfen Iß jaͤslaw ng Ken /
von Tſchernigow auf den Thron beriefen, welcher dasfelbe zum
om ıoten Map dur einen feperlihen Einzug ſich Kurnien
anf denfelben fepte: u Miehle ‚räus
Gleich Anfangs behauptete IBjdslam III. auf es Kos
Kiew.nur eine fehr kurze Zeit. Denn als er, er wie fisfam, wie
vorgab, im Jahre 1258 zum Bellen des Fürflen 1158.
Johann Berdlanik einen Kriegsjug wider den Fürs
len von Halitſch unternahm , nnd die meiften feiner
bisherigen Bundesgenoffen,, weil fie ſich weigerten,
in diefem Kriege mit ihm gemeinfgaftliche Sache zu
machen, mit feiner- Ahadung drohte; ſo wereinigten
fi die Zürften Mſtislaw won Lupl und deffen Ba»
teröbruder Wladimir mit feinem Feinde, und zo⸗
gen ihm mit ihrem Heere entgegen. JB j ds law II,
zeigte nun zwar fo viel Much, daß er fie gu Biel».
gorod aufſuchte, indem er fih mit dem Gedauken
ſameichelte, fie fömmilich In diefer Stadt einzu
ſchließen, und durch Hunger zu Überwältigen Da
fie aber, diefe feine Abſicht zu verhindern, ihm eine .
Sctlacht geliefert hatten ; fo gab er , ob ſchon in derfele _
ben FeinTheilden Sieg erhalten hatte, und ihm dem
Zag berna der polomgifhe Firft Baſchkarad
12,000 Polowger zuführte, alles füt verloren, und
sing mit Mbfertigurig gefchwinder Bothen an feine
Genchliun in Kiew , daß fie ſich aus dieſem Drie
zu feinem Schwiegerſohne Gljeb nad Perejaslaw
begeben follte, als ein Flüftling nah Gome, und
überließ dadurch feinen Gegnern die Zrevbeit, ſich
Kiews ohne einigen Widerfiand zu bemaͤchtigen.
Diele ſprachen Mkislawn- als. einen Gohn Ißaͤt⸗
Geſch. Xubl. Pe 7 Te Rn
178 Erſter Abſchnitt. Anfang |
laws IT. Kiew zu. Diefer sog alle in Kiew hinterlaſſe
neh Guͤter des flüchtigen Ißjaslaw EIL ein, und
zwang den Metropoliten Eonflantin, feine Stel»
le dem von feinem Vater ernannten Efemens aufs
neue zu rdumen. Weil er aber wohl mwaßte, daß
er bep der Menge der Fuͤrſten, die. der großfuͤrſili⸗
hen Würde wegen nach dem Befige von Kiew ſireb⸗
‚tem, und der Bielheit der. Anhänger bes von ihm
adgefegten Metropoliten nicht lange zu Kiew unan-
gefochten regieren würde; fo hielt er es für von
theilgafter, daß er durch deu: freywilligen Abtritt
Kiews einen andern Fuͤrſten verpflichte, ihn in. Hand»
habung der großfuͤrſtlichen Gerechtſame nad oaͤußer⸗
ſten Kräften: zu unterſtuͤtzen. Er waͤhlte hierzu ſei⸗
nen Vetter, den Fuͤrſten von Swolensk, Roſtislaw,
der ed ſchon ein Mahl als. Großfuͤrſt beherrſcht hatte,
mn aber fi bequemte, unter Mſtislaw gu ſtehen. Aber
weit. fchwerer fiel es Mſtislawn, von ihm zu verlangen,
daß er nicht Conſtantin, fondern feinen Elemens für
den rechtmaͤßigen Metropoliten aufehen, uud bep dies
fer Würde (dügen follte, und Mſtislaw mußte fh
damit begnligen , daß Roſtislaw verfprach ., feinem
von beyden den Merropolitenſtuhi in Kiew befigen
"zu loffen.
N SHjäslam bemühete ſich, das durch die
Waffrn wieder gu gewinnen, was er durd Anwen»
Bung mehrerer Bedachtſamkeit wohl bätte behalten
koͤnnen, und verfuchte nach erhaltener Verſtaͤrkung
von den Polowzern, dem Swaͤtoslaw Olgowitſch
: Xfchernigow abzunehmen, ward aber von dieſem mit
dem Bepflande der Kürfier Swaͤtoslaw Wſewolo⸗
ditſch und Rurif Roſtislawitſch am Desnag geſchla⸗
gen, und genoͤthigt, zuruͤck an gehen.
So bald Ißjaͤslaw hoͤrte, daß Swätoslaw Ol⸗
8gowitſq mit feinen eigenen Kriegsvoͤlkern no im
⸗
a
des ruſſiſchen Reiches. 179
Felde fiche und über dieg kronk geworden ſey, eilte
er, ihn gu überfallen. Aber die pon deu voranzie⸗
Benden Polowzern angerichteten. Verwuͤſtungen und
angesimbeten Doͤrfer verfimdigten ſein Vorhaben ſei⸗
nem Feinde, der feine Kriegsvoͤlker in Schlachtord⸗
nung ſtellte, und die nicht weit entfernten Susdaler
und Halitſchor an ſich zog. Hierauf ruͤckte Swaͤtoslaw
ſelbſt vor, und jagte durch dieſe feine Vorrückung
und Zurůcktreibuug der Polowzer auf iht Haupt⸗
heer Ißjaͤslawn ſolche Furcht ein, daß er fein Vor⸗
haben aufgab. Doch im folgenden Winter fiel Iß⸗
jäslaw in das Smolenskiſche, und erlangte auch
vom Großfürften Andreas duch einen Heitath
zwifchen feinem Bruderſohne Smäteslan us Mas
sien, einer Tochter des Großfhrfen Andreas,
Hälfe, zu deffen Warten auch im Johre 1160 von
den bisherigen Zreunden ‚feines Gegners die Noms
goroder uͤbertraten, die ihren Kürfien. Swaͤtoslaw
verſtoßen hatten, der ſich glüdfih ſchaͤßen mußte, daß
er feine Perfon wider die Wirkungen der ergrimm⸗
tem Nomgoroder durch Entweichnus nah Smolenaf
in Sicherheit dracte.
Zuletzt gewann Ißjadsla w durch drtme Ehre -
me fo große Vortheile, daß Roſilislaw fein Leben
und feine Freyheit nur dadurch erhalten fonuse, daß
er fh aus Kiew noch bey Beiten, und: che Iſj ds
davw fi diefer Stade mit Gewaltbemaͤchtigen
fonate , nach -Bjelgorod begab, indem. SHjdslaw
nord an eben bemfelben Tage Herr non Kiew ward,
Us aber dieſtr ibm nach Bjelgorod uahging, kam
1160,
Mſtislaw, des Großfuͤrſten TE jdslam Til. ohne, .
mit. einem SEidslams negenwärtiger Staͤrke fo (che an
überlegenen Heere Roſtislawu zu Huͤlfe on, daß die
bey Iejdslamn befindlichen Berendier aus. Verzweiſ ⸗⸗
tung, daß der Sat, dem fie jene dienten, feinem
Rs
2164.
Kiew räumt
in der Folge
Dem neuen
Brof uͤr⸗
nenthume
Wladimir
le anlaugten, und fein Unglück bedauerten.
180 Erſter Abſchnitt. Anfang.
Gegner die Wage halten koͤnne, zu Mſtislawn i
gingen, and denfelben antrieben, ohne Verzug
jaͤslawn anzugreifen, welcher, weil ex. ſahe, da
durch feinen Widerſtand fein Unglüd vergrö
würde, fogleich die Flucht ergriff. Aber feine?
de begnügten ſich nicht mit dem Bortheile, da
vor ihnen wid, fondern folgten ihn auf dem
Ge nach, und diefe Verfolgung verurfachte, daß
Heer ſich Immer mehr jerfiteuete , und er ia
gleitung ſehr weniger Perfonen von einem fidı
feindlichen - Haufen eingeholt, und nad vielen
pfangenen ſchweren Wunden ‚gefangen genom
ward. Es :verlich ihm in feinen legten Arheı
gen einen ſchwachen Zroft, daß .feine Sieger,
Fuͤrſten Rofislew und Mſtislaw, in chen dem
genblidte, als er vom Pferde fiel , auf diefer. €
«
fer Todesfall gab Roſtislawn Kiew wieder, und
Jahre 1461 bewilligte der Großfürk Andre
daß fin Vetter Mſtislaw Swaͤtoslawn, Ko
laws Soßne, das Zurſtenthum Nowsgorod
nene raͤume.
Inzwiſchen Sefhäftigte fih der Srößfärf | |
dreas, den Feine Zurcht vor feindlichen Der
rungen Hinderte, feine Wuͤnſche, den Wohl
feines Landes zu erhöhen, in Ausübung zu D
gen, indem er im Jahre 1158 mit der Bergri
sung und Verſchoͤnerung des Sitzes feiner H
ſchaft, der Stadt Wladimir, den Anfang macht
Im Jahre 1164 flarb Swaͤtoslaw Olgowi
als Fuͤrſt von Tſchernigow und NRomwgorod»Gevi
fi, Nach feinem Abflerben wurd fein Sohn &
von Swätoslam Wfewolodomitfch grzwungen,
mit Nowgorod⸗Severski zu begnügen, und diel
den r Somus afgernigen abjntreten. - Hingegen unternahm
bes ruffifchen Reiches. 181
Sroßfuͤrſt Andreas in eben diefem Jahre einen.
Feldzug wider die Bulgaren, in welchem er nicht
nur einen großen Sieg über. ihren Fürften, der nur
mit wenigen Leuten dem Tode und der Befangen-
(haft entfam, erfocht, fondern. auch verſchiedene
Staͤdte einaͤſcherte, unter welchen eine Braͤchim or
genannt wird.
Andreas eignete fin in diefem Kriege ger
habtes Glück dem wunderthaͤtigen wladimirfhen
Marienbilde zu, welches er in allen Feldzuͤgen mit
fi führte. Er bewirkte dieſerwegen beym Metropo⸗
liten von Kiew, daß nah gehaltenem Einverſtaͤud⸗
niffe mit dem Patriarchen von Eonflantinopel und
dem griehifhen Kaiſer, welher an eben dem Ta»
ge einen gleich herrlichen Sieg über die Ungldubi«
gen erfochten hatte, ein jährliche Dankfeſt in.allen
enfifchen und griedifchen Staaten ef den ıflen
Auguſt eingeführt wurde,
Im Jahre 1166 ſtard der Fuͤrſt Shwälsslow
von Wſchiſchtſche, und der Zürft Swaͤtoslaw Wſe⸗
woloditſch bemaͤchtigte ſich des ganzen von demſel⸗
ben hinterlaffenen Landes, welches er unter feinen w
Bruder und feinen Sohn theilte, ohue die Anſpruͤ⸗
de zu achten, die der Zürft von Nowgorod⸗Severski
auf dieſe Erbfhaft machte. Da aun ſolchergeſtalt
Swaͤtoslaw feine Olegen darin erwieſene Bevor⸗
theilung jegt wit einer nenen Beleidigung ver»
srößerte, und Dieg Roſtislaws Schwiegerfohn war;
fo verfuchte dieſer zufoͤrderſt durch guͤtliche Unterhand⸗
lungen mit Swaͤtoslawn, feinem Schwiegerfohne zu
feinem Rechte gu verhelfen, und „ als_Gmwätoslam
auf feine vielfältige Vorſtellungen immer gleich uns
beweglich blieb, durch Bufendung einiger Kriegs voͤl⸗
- Ber Diegen zu verſtaͤrken, damis er fein Recht vom
feinem Gegner erzwingen könne, Dadurch brachte
%
1166.
Lepte Bege⸗
benheiten
der Regie⸗
rung Roſtis.
s ube
Kiew.
133 Erſter Abſchnitt. Anfang,
er es dahin, daß Swaͤtoslaw auf feine Verm
mit feinem Schwiegerfoßne ſich betuhigte, ui
felben durch Abtretung von vier Städten befr
Da nun diefer Krieg fo bald bengelegt wa
flug den Polomzern ihre Hoffnung fehl, de
Dazu zu nugen, daß fie durch den Ueberfal
griechiſchen Pflanzſtadt eine gute Beute in ihre
fiße bringen Rönnten. Chr ſie ihr Vorhaben zu !
Reigen vetmochten, konute Roſtislaw einen P
Wladislaw, mit himlaͤnglichen Kriegsvoͤlker
Beſchuͤtzung dieſer Pflanzſtadt entbehren. Roſt!
Sohn, Roman, dem er Swolensk abgetreten
durfte fi mit feinem Heere nur in Bewegung
feinem fehr bedrängten Zreunde, Wſeslawu
ſilkos Sohn, ſein ganzes verlornes Land wiı
verfhoffen. Als nun beyde durch den Fluß
ſonderte Heere auf einander. fchoffen; fo entſta
Mitternacht ein heftiges Gewitter , deffen
Wſeslaws Feinde für Bewegungen des zu
Hülfe herankommenden Romans hielten, und
bie Wahrheit oder Falſchheit biefer Meinung
terſuchen, davon liefen, fo daß Wſeslow ohı
gen Widerſtand fih feines Landes wieder be
gen konnte. Roſtislam fland jegt bey den rul
Fuͤrſten in fo hohem Aufehen, dag auf fein V
gen alle, die er bey der Zunahme feiner |
ſchwaͤche nad Kiew verſchrieb, fi mit ihren 9
poͤlkern einſtellten, um nah feinem Wunſch
vor feinem Tode feine Söhne in den von il
getheilten Befigungen £räftig zu-unterflügen und
feſtigen. Es erſchienen anßer dreyen feiner €
Soͤhne Rurik, David und Mſtislaw, drep |
des Großfuͤrſten Ißjaͤslaiv II., nahmentlic !
low, Jaͤroſslaw und Jaͤropolk, ein Brude
ijttzigen Zürßen pon Kiew Wladimir, ein glei
4
des ruſſiſchen Reiches. 183
miger Sohn des Großfuͤrſten Andreas, der Fuͤrſt
Jaͤroslaw Wſewoloditſch, Gljeb, ein Sohn des
Groß fuͤrſten Georg, der Fuͤrſt Sljeb von Gorodez,
und der Fürft Johann Georgemwitfch, ein Enkel Jaͤro⸗⸗
laws Swaͤtopoltſchitſch, und Kriegsvölßer von dem.
Fürſten von Halitſch. Mit einem fo großen Geſol⸗
ge von Fuͤrſten und einem fo anſehnlichen Heere
sing er, nachdem er im Vorbeyzuge zu Tſchitſchersk
feines Schwiegerſohns Dliegund gu Smolensf feines
Sohnes Romans Eprendezeigungen empfaugen und
fi$ an den Beweiſen vergnügt hatte, welche die
Unterthanen diefer Fuͤrſten von ihrer Auhaͤuglichkeit
an fie gaben, nad Nowgorod, wo er non den
Einwohnern gleichfalls zeichliche Geſcheuke und einen
feperlihen Eid erhielt, feinen Sohn Smwätoslam -
lebenslang zu ihrem Pürften behalten zu wollen.
Hierauf trat er den Ruͤckweg nach Kiew au, in der
Hoffaung, diefen Sig feiner Herrfchaft noch lebend
zu erreichen. Aber fo fehr er auch dahin eilte, fiber»
raſchte ihn der Tod auf dem Wege im Dorfe Rogu-
jedina In Szaruſe, wo er am. zıflen Maͤrz 1167 1167.
fein Leben ſchloß. — |
\ Das Recht und die Suneigung der Kiewer bes Roftislams
Rimmten ann Mſtislawn, des Großfuͤrſten Ipjde I Dan
low II. Sohn, bie Nachfolge in Kiew, welcher Durch defien Rach⸗
feinen Neffen Wafilto Jaͤropoltſchitſch den Beſitz da» feier Fi
von ergriff... Allein deſſen Vatersbruder Wladimir firften Uns
errichtete mit einigen andern Fürften eine Verbin, dreas von-
dung , ihn diefelbe zu eutzichen,, von welcher einige ——
getrene Kiewer Wafilkon bey deſſen Ankunft benach⸗ als Ser
richtigten, um Mſtislawn gu warnen, daß er fih in über Ken
Begenverfaffung fepen möchte. : Darauf verfiärkte ® falten.
Mſtislaw feine eigene Macht durch den Beptritt dee -
Wſewolodow irfchen , der fiiuf Regimenter Halltſcher,
einiger litthauiſchen Kriegsvoͤlker, wie auch der Be⸗
1
154 Erfker Abſchnitt. Anfang
‚sendier, Torken und Kiewer. Sein Bruder Jaͤropolk
ing. mit den Berendiern voraus, und ertappte
Wladimirn, der nun, als er fih außer Stande
ſahe, es wider eine ſolche überlegene -Madt feines
Gegners mis demfelben aufzunehmen, fein Heil in
einer ſchleunigen Flucht füchte, bey Tfchernoidub.
Da aber die Berendier, deren Herz an Wladimirn
Bieng,, ſich weigerten, denfelben anf feinen Befehl
anzugreifen, mußte er den Feind wider feinen Wil⸗
len nach Wiſchegorod gehen Taffen. Als Mſtislaw
mit dem ganzen uͤbrigen Heere zu ihm geſtoßen war,
ſuchte derſelbe Wladimirn zu Wiſchegorod auf, und
ſtellte die untreuen Berendier laͤugs dem Walle, wo
fie die erſte Hitze des Gefechtes mit feinen Feinden
aushalsen mußten, wodard fie bey dem tapfern
Widerſtaude ber Segner ihre beißen Leute verloren.
Am folgenden Tage fegte Mſtislaw den Streit mit
aleichem Ernſte fort, und noͤthigte dadurch Wladi⸗
mirn, ihn um den Krleden und einen Theil der
durch Roſtislaws Tod erledigten Länder zu bitten.
Da nun Midland Gegenwart zu Kiew zur Be
fetigung feiner neuen Herrſchaft unumgänglich noth⸗
wendig war, und derſelbe auch wußte, daß der Groß⸗
fürft Andreas die gegenwärtige Keindfeligfeit des
bereits wider ihn im Kriege begriffenen Zeindes bes
augen und ihn als einen dadurch geſchwaͤchten Geg⸗
ner zugleich anfallen werde; fo erfüllte er Wladi⸗
mird Begehren, und kam nach Berichtigung diefer
Angelegenheit am 19. Map nah Kiew, um dort
feine Regierung anzutreten. Doch konnte er dag
Unglüc nicht vermeiden, daß Andreas Gelegenheit
bekam, ihm dieſes Fürftenchum gu entreißen. Die
sefle Beranloffung, daß derfelbe wider ihn die Waffen
“ ergriff, gab ein Zwiſt zwiſchen dem zu Nowgorod
herſhenden Büren Swätoslow and den Einwoh⸗
des ruffifchen Reichs: | 185)
nern dieſes Fürſtenthums. Denn als dieſer Fuͤrſt
fich nach Weliki Luki begab, nnd von dort den Nowe .
gorodern in der Abſicht, daß fie, um ihn zur Rüds
kehr zu bewegen , alles abfiellen follten, was er an
ihrem Betrogen gegen. ihn ausfegte, melden ließ,
er wolle nicht länger ihr Zürft feyn.; fo.verfammel«
ten fie fich unverzüglich vor einem - Marienbilde,
und ſchwuren, Swäteslawn nicht länger für ihren
Herrn zu erfeunen, und nicht eher zu .rußen, bis
er über die Grenzen. ihres ganzen Fuͤrſtenthums ſeyn
würde. Swaͤtoslaw fahe ſich zu ſchwach, ſich zu We⸗
liki Luki wieder fie zu halten, zog ſich daher, ohne ihren
Angriff zu erwarten, nach den Ufern der Wolga,
und forderte vom Großfuͤrſten Andreas und ſeinen
eigenen Brüdern Romen und Mſtislaw Beyſtand,
die Nomwgoroder zu bezwingen. Die Nowgoroder
aber beriefen des Großfuͤrſten Mſtislav Sohn auf -
ihren Fuͤrſtenſtuhl. Es vermehrten die zahlreichen
Kriegsvoͤlker, welche Swaͤtoslaw von dem Großfuͤr⸗
ſten Andreas und aus Smolensk erhielt, und ihn
in den Stand ſehten, Novotorg und Weliki Luki
einzunehmen und einzuaͤſchern, eine ziemliche Zeit
den Nowgorodern, die Nachricht von dieſer neuen
Fürſtenwahl au Mſtislaw zu überſenden. Endlich
aber gelang es ihnen doch, ſich den Weg zu er
Öffnen , und einige Vortheile über Swaͤtoslaw zu
gewinnen, der aber doch einen onfehnlichen Theil
dieſes Fuͤrſtenthums theils Durch feine Kriegsvoͤlker,
sheils durch die Neigung der in diefen Deriern mob»
nenden Leute befauptete. Andreas entſchloß ſich 1168
zu gleicher Zeit, als er in dieſer Gegend einen Sohn
Mſtislaws bekriegte, den Vater in’ deſſen Wohn⸗
fide Kiew angreifen gu laſſen. Zu dieſem Vorhaben
ermunterte ihn noch mehr der Abfall verſchiedener
bisheriger Bundesgenoffen Rſtislams und vieler vor⸗
‘
! ‘
186. Erſter Apbſchnitt. Anfang
nehmen. Kiewer, die, weil fie Mſtislaw begangenen
Ungerechtigfeiten wegen aus feinem Dienfe jagle,
daran arbeiteten, Kiew einen andern Fuͤrſten zu ger
ben, indem fie folhergeflalt ſich ſowohl an Mfis:
lawn raͤchen, als wieder zu den verlornen Aemtern
kommen konnten.
So zahlreich auch das Heer war, welches Arie
Tamn mit allem Ernſte in Kiew angriff; fo verthei⸗
digte ſich doch diefer mit. fo vieler Zapferkelt, und
die Treue der Einwohner unterfügte ihn fo redlid,
| ‚daß man, obgleich die Belagerung ‚fchon drey Wo
chen Dauert und Hungersnoth die Belagerten aͤng⸗
ftigte, die Gegenwehr fo lange mit dem anfaͤngli⸗
chen Eifer fortfegte, bis eben die Verraͤther, welche
durch ihre Raͤnke die Bundesgenoffen des Fuͤrſten
von Kiew zu feinen Flünden gemacht hatten, dem
Belagerera den Rath sufihrieben, die Stadt an den
feſteſten Stellen zu beſtuͤrmen; und menn fie damit
olle Manuſchaft der Vertheidiger zu derfelben Be
fhügung hierher gezogen haben rohrden , ploͤtlich fid
Der dadurch entblößten ſchwaͤcheren Stellen. gu de
maͤchtigen. Diefer Auſchlag ward am 8. März mit
fo gutem Erfolge ins Werk geſtellt, daß der Fuͤrſt
von Kiew kaum feine eigene Perfon in Sicherheit
bradte, und mit feinem Bruder Jaͤropolk und we:
uiger Rannfchaft nach Wladimir in Bolbpnien eut⸗
kam. Seine Semahliun und fein Sohn fielen in der
eroberten Stadt in die Gewalt der Feinde, welde
ihrem Heere eine dreytaͤgige Pluͤnderung der ganzen
Stadt verſtatteten, die fich ſelbſt auf die Kirchen und
Klöfter erſtreckte, die man von Büchern, Bildern,
Sriefterfleidern, dem Gottesdienſte gewidmeten Gr
fäßen und allem. was nur einigen Wert) hatte,
gänzlich eutblöfte. Nachdem dieſe Ausplünderung
geihehen war : fo rdumten die Bandesnerwandien
des enffifchen Reiches. 187
das kiewſche Fuͤrſtenthum dein Fuͤrſten / Gljeb von
Perejaslaw ein, welcher darauf Perejaslaw feinem
Sohne Wladimir abtrat. Beyden gaben die Po⸗
lowzer 1170 einen Zuſpruch, indem ſich «in ſehr
großes Heer derſelben nach Perejaslaw wandte, und
bey Peſotſchna lageite, da ein: anderes nicht ſchwaͤ⸗
cheres auf der andern Seite des Onjeprs auf Kiew
den Weg einſchlug, und zu Korſuun fiehen blieb.
Beyde ließen Gljeben melden, daß fie mit ihm, als
nunmehrigent Fürfien von Kiew, einen Frieden Mar
den wollten, damit ein Zheil ſowohl als der ans
dere für Feindlichkeiten Sicherheit Hätte. Gljeb nahm
diefen Borfhlag an, und erklärte fi, daß er no
ihrem Verlangen mit ihnen -in Unterhandlung freten
wolle. Weil aber fein Sohn, der Zürf von Pere⸗
jaslaw, ein zwölfjähriges Kind war, fo achtete er.
der Klugbeit gemäß, zuförderfi das im Lande diefes
unmündigen Fuͤrſten ſtehende yolomzifche Heer durch
Abſchließung eines Bergleiches aus demfelben wege
zubringen, und machte mit den zu Korfun Halten»
den ab, daß fir hier feine Ruͤckkehr von ihren Lands»
Ieuten abwarten follten, Diefe fteßen ſich durch die
Geſchenke, die er ihnen gab, zur Schließung eines
Vertrages und Ruͤckkehr in ihr Land vermögen.
Aflein die zu Korſun hielten ihm ihe Wort nicht,
fondern rüdten nad feinem Abgange nach Perejas⸗
law ins Kiewſche, und plünderten die Städte Polone
noj und Semuͤtſch uebfl einer Menge von Fletken
nad Dörfera, weil fie fich guperfichtlich verſprachen,
mit dem durch diefe Plünderungen gefammelten gro»
Gen Raube eher in ihren Wohnfigen zu ſeyn, als
Stjeb von Perejaslaw zurädfommen werde. Aber
fie beſchaͤftigten ſich noch mit ihren Piünderungen ,
old ‚Bljeb auf dem Ruͤckwege von Perejaslaw zu
Perspetoma anlangte, und bier die Nachricht vog
188 Erſter Abſchnitt. Anfang
ihren Zeindfelgfeiten empfing. Auf diefe Rachricht
fegte er fich fogleih in’ Bereitſchaft, feine geplagten
Unterthanen aus diefer Bedraͤngniß gu reiten. Aber
die Berendier fielen ibm in den Zügel feines Pfer⸗
Des , und bewirkten durch ihr Zureden, daß er
ſich gefallen ließ, ehe er diefe Unternehmung erariff,
mehrere Kriegsoölfer an fih zu sieben, und mittler⸗
weile einen feiner Brüder mit einem Theile feiner
jegigen Maunſchaft abzuſchicken. Sein Bruder Rir
chael bezeigte ſich willig, mit 100 Perejaslawern
und 1500 Berendiern dieſen gefahrvollen Auftrag
zu übernehmen. Die mit ihm vereinigten Beren⸗
Dier verbanden mit ihrem Buche eine fo klüge Bor
ſicht, daß fie den erfien Haufen der Zeinde, der aus
300 Maun beftand , von den übrigen abſchnitten,
und ſo von allen Seiten umrangen, daß Fein einziger
entwifchte, fondern einige wenige Todten audgenom»
men, alle insgefammt gefangen wurden. Bon diefen
vernahmen fie, daß die Macht der Polomger noeh‘
vooo Manun betrage, und ließen ſich durch Dielen
Bericht nicht abhalten, ungeachtet einer fo über:
großen. Ungleichheit, zu derfelben ‚Angriffe mweiter
fortzuräden,, nachdem fie vorher durch Ermordung
ihrer Gefangenen fi von der Gefahr befrepet hat⸗
ten, daß biefelben während dem Gefechte mit ihren
Zondslenten fie angreifen möchten. Auf diefem Zu
se ſtieß der voranzichende Woywode Wolodislaw
auf einen mit großer Bente belaſteten Schwarm,
und erſchlug die meiften davon. Aber auch nah
Diefer anſehalichen Verminderung der Zeinde, welde
die Ruffen zu bekämpfen Hatten, verblieben dieſel⸗
ben dod noch 900 Spieße ſtatk, indeß die Ruſſes
nur 90 Gpieße zählten. Als aber der Fuͤrſt Ri⸗
chael mit den Perejaslawern den erfien Anfall thun
. wollten; fo verwehrten ihm dieſen die Berendier
eo
des ruſſiſchen teiches. 189°
aus der Urſache, weil, wenn. er mit der Mann
ſchaft aufgerieben werden möchte, fie ohne Hoffuung
der mindeſten Rettung verloren gehen müßten, wo⸗
gegen , wenn der Angriff der. Berendier ihnen miß⸗
linge, der Zürfl. mit den Perejaslawern , als dem
Kern des ruflifhen Kriegsvolks, Diefelben wider
eine gänzliche Niederlage deden könne. Doc obgleich
Michael hierinn den Vorfielungen der Berendier
nachgab: ſo kam es doc bald zu einem allgemeinen
Treffen, in welchem bie Streiter beyder Parteyen
fih mit einander vermengten,, uud der Fürft mit
zwey Spießen in die Hüfte und dem dritten in den
Arm verwundet ward, bis zulegt die Ruſſen dem
Sieg erkaͤmpften, und außer den erſchlagenen Por
lowzern 1500 derfelben zu Öefangenen. mathten |
auch alle Beute wieder befamen.
Der neue Fuͤrſt non Rowgorod, Koman, M Rise.
\
Er —* in
laws Sohn, behauptete, als er 1168 gleich nad einer ünter,
feiner Aukunft die Gegenden uͤberzog, welche Swaͤ
toslama noch für den Fuͤrſten von Nowgorod er⸗
nehmMung,
wider Now⸗
gorod einen
kannten, die Uecberlegenheit über den Feind , wel [che "großen
her ihm die Einnahme und. Einäfherung: vieler Verluf.
Dexter im Pleskowiſchen, Polots kiſchen und Tores
peziſchen nicht verwehren konute, aus welchen vr
eine reihe Beute und eine große Menge gefangener
Leute in feine Haupiſtadt brachte. Auch braͤchte im
Sabre 1169 der aus Nowgorod zur Eintreibung der
Schatzung von den Unterihanen an der Divina mit
400 oder zoo Mann ausgefaudte Danislam Laßuti⸗
mifh dem . Heere von. 7000 Manu, welches der
Brogfür Andreas, unter deffen Herrſchaft fi diefe
Abgefallenen begeben hatten , zu ihrer Unterflügung
ihnen zuſchickte, und Danislawn bev Bjelofero be⸗
gegnete, mit einem kleinem Verluſte von 15 Mann
eine große Niederlage bey, indem er 1300 Mau
—
1169.
190 Erſter Abfehnitt. Anfang
södtete, nach welchem Siege die Empoͤrer, welde
Szawolotſchanen genannt werden, außer Gtonde
waren, ihm bey Einforderung der fhuldigen Scha⸗
hung die mindefle Hinderniß zu verurſachen, wenn
er nur nach der angerichteten Verheerung der Land:
(haft fo viel, ald die Summe ſeyn follte, ans dem»
ſelben hätte zufammen bringen koͤnuen. Allein def+
wegen brachtr er doch die ganze Schagung nad
MNowoorod, indem er fich das Fehlende von deu unter
1178,
der Herrſchaft des Großfürften Andreas ſtehenden
fusdalifhen Bauern erfeßen ließ. Nun brachte der
Sroßfürft ein überaus zahlreiches Heer zur Be⸗
kriegung der Nowgoroder auf die Beine. Denn
bey feinem Söhne Mſtislaw, den er zum Waführer
erwäblte, befanden ſich der Zürk von Swolensk,
deſſen Bruder, Mſtislaw, die polotskiſchen Fuͤrſten,
die Söhne der Fürfien von Reſan und Murom und
überhaupt 78 Berfonen vom fuͤrſtlichen Gebläte,
Eine große Macht verheerte ı 170, ohne daß Ihr irgend»
mo Widerfiand geſchahe, das ganze Land bis an die
Mauern der Hauptſtadt Nowgorod, und unternahm
darauf die Belagerung derfelben,- die Ke mit fo be
tigen Angriffen führte, dag die Ginwohner verzwei⸗
. felten, ungeachtet fie alle ihre Kräfte anftrengten,
die Stadt erhalten zu können. Aber der Erzbiſchof
Johann verfiherte fie durch Erzählung eines ihm
erfchienenen Gefichtes, dag das in ihrer Marienkirche
befindliche Hd der Mutter Boftes ihre Stadtmauern
wider alle feindlihen Unternehmungen befchirmen
würde. Diefes Wort des. Erzbifchors erweckte den
bereits faft erflorbenen Muth der Einwohner. Sie
fiellten. das mundershätige Bild auf die Meutt,
und obgleich die feindlichen Kriegsvolker aufs def
tigſte ſtuͤrmten, und ein Pfeilhagel anf die Belagerten
\
des ruffifchen Reiches. 191
fiel‘, fo wurben doch die Angreifer mit auſehnlichem
Berlufte abgetrieben. Ä |
Diefer gute Anfang der Erfüllung des Ber
ſprechens des Erzbiſchofs floͤßte den Rowgorodern
das hoͤchſte Vertrauen ein, daß fie nicht nur unter
Bedecknug ibrer Befeſtigungen den Feinden immer
gewachſen ſeyen, ſondern dieſelben aud, wenn fie
ſolche ſelbſt angriffen, beſiegen müßten. Zi dieſer
gewiſſen Ueberzeugung wagten fie haͤnfige Ausfälle,
und kehrten alle Mahl nach guter Ausrichtung unbe⸗
fhädigt in die Stadt zuruͤck. In dem Maße aber,
als ihnen dadurch der Muth wuchs, ſaak derfelbe
bey ihren Begnern; und da noch Dazu bep einer
langen Dauer des Feldzuges es einer fo großen Mens
ge Menfchen on Rahrung zu gebrehen anſtug, fo
hoben fie: plöglich die Belagerung auf, und eilten
mit Der größten Geſchwindigkeit auq den ‚ganzen
Romgorodifhen fort. Auf diefem Ruͤckwege buͤßten
überaus viele durch Kälte. und Hunger. das Leben.
ein; denn der Hunger plagte fie fo , daß fich der .
Allergewiſſenhafteſte, wenn er ein Pferd hatte, nicht
enthalten konnte, obgleich die Faſtenzeit den Ge⸗
nuß alles Fleiſches zur Suͤnde machte, durch Pfer⸗
defleiſch, welche Speiſe ein jeder Chriſt als ein
Zeichen bes Uebertritts zum Heidenthume aͤuberſt
verabſchenete, ſich vom Haugertode zu befreyen. ©
Nichts deſto weniger verwarfen fie ihren Kür Andere von
ſten Roman, und begehrten für denfelben vom Groß, yemYndreng
fürften Andreas den Sohn feines Bruders Roſtis⸗ den hier und
law, Rurifen, zu ibrem Herrn, der am 4. Dciober , b
feine Regierung antrat. Dadurch warb alfo Andreas Ien gehabten |
für den unglädlichen Erfolg feines nowgorodiſchen Schaden.
Krieges reichlich entſchaͤdiget, ſo wie ihm auch darin
das Blüd diente, daß um eben dieſe HYeit der ebe⸗
mahlige Juͤeſt von Kiew, Mſtislam, in feiner jepigen
198 Erfier Abſchnitt. Anfang“ _
Haupiſtadt Wiadimer in Volhynien ſtarb. Die 20.
Mönzer hingegen legten ın72 während der Zeit, dag
Gljeb zu Kiew frank lag, infeinen Lande einen feindli»
hen Beſuch ab, uud madıen Ohne Wiberfand eine
reihe Beute:
Der krauke Gljeb F anf die erſte Nachricht
dieſes Ueberfalls feine Berendiner nud Torken unter
dem Fürften Michael uud dem Woywoden Wolo⸗
dislaw wieder fie aufbrechen, die bey diefem Vor⸗
falle gleihe Ehre. einlegten, Doch der Kranke ers
frenete ſich Bierüber nicht lange, indem er bald nach
der fiegreichen Rüdkehr feines Bruders am 6. Sep⸗
tember fein Leben beſchloß. Andreas befehligte fei-
nen Sohn Mſtislaw nebſt den Söhnen der Zürflen
von Reſan und Murom, bey der unbequemſten Wi⸗⸗
terszeit einen Feldzug gegen die Bulgaren zu unter⸗
nehmen. Aber ſowohl die Heerfuͤhrer als die dazu
beſtimmte Mannfcdaft befolgten dirſen Befehl, bloß
um fih nicht durch Öffenbaren Ungehorſam die Un⸗
gnade ihres Herrn zuzuziehen, weil fie wegen der
Zeit, in welcher fie diefen Feldzug thun follten, ſo⸗
wohl eisen befchwerlihen Weg hatten, ald au ver⸗
zweifelten , etwas auszurichten. ‚Einige Kriegsvoͤl⸗
‘fer vergögerten ihre Ankunft gar fo lange, daß
Mſtislaw, der fchon.einige Wochen, um das ganze
Beer an fich gu ziehen, ſtill fichen mußte, endlich aber
fir beffer erkannte, ohne diefe Husgeblicbenen den Feld⸗
zug gu unternehmen, als durch ferneres Berweilen
Gelegenheit zu geben, daß die Bulgaren von. fci«
nem Borbaben Nachricht ‚befämen, und —
ſtalten machen Eönnten, da feine ganze. Hoffnung, eis
nige Epre und Vortheile zu erlangen, darauf berube-
se, daß er bie Bulgaren in völliger Sicherheit in
ihren Wohnfigen überfallen moͤchte. Sein Wunf
| sing im ' Gefüllung. Er ülterrafgte die Bulgeren fo
ſoren
des ruſſiſchen Reiches. | 195
ſchaell, dag fie nicht eher erfuhren, daß die Ruffen
Feindſeligkeiten ausübten ; bis ach diefe einer Stadt
uud ſechs größer Sieden bemaͤchtigt hatten, bey
deren Einnahme fie alle wehrhaften Maͤnner koͤdte⸗
ten, die Weiber und Kinder aber zu Gefangenen
machten, und Mit ich wepführten. So bald die Bul-
goren nur merken, wie unbetraͤchtlich die Zahl ihrer
Zeinde fep , faßten fie den Entfchluß, diefelben ans.
jufallen ; aber es dauerte boch To lange, «he fieihre
Kriegsvöller aufammen braten, dag Mflisiem,
der feinen Ruͤckweg befimöglichft beſchleunigte, als fid
mit einem Heere von 6000 Maun ihm nadhfegten, id
Sicherheit gelangte. Betraͤchtlicher war ber Nüpen
des Großfuͤrſten, als die Nowgoroder, da fie ein
Mißvergnügen auf ihren Fürften Rurik, der ihren
Poſadnik Schiroblaw feines Amtes entfegt hatte,
warfen, und ihn durch eine Empbrung don ſeineni
Zürfienftufle vertrieben, Georgen, einen: leiblichen
Sohn des Andreas, auf dbenfelben erhoben, Kiew
ward von ihm unabhängig gemacht. Als der Kürft
Koman diefes Fürſtenthum Michaeln, in Betrach⸗
tung, daß berfelbe darnach ſtrebte, und durch den
sahlreichen Anhang, den ihm die unter der Regierung
feines Bruders Gljebs zur Vertheidigung der Kirwer
wider die Polowzer erwiefene Tapferkeit erwarb,
ihn leicht davon verdraͤngen moͤchte, ohne Wider⸗
ſtand uͤberlaſſen hatte; fo kam der Fuͤrſt David von
Wiſchegorod heimlich mit einem Heere nach Kiew,
and fegte fih durch geheimen naͤchtlichen Ueberfall
ia den Befig diefrs Fuüͤrſtenthums, wobey er fi
au der Perfonen Wſewolods, eines Bruders des
Sroßfürfen Andreas, und Jaͤropolks bemddtigte
Jaͤroslaw ward vom Fuͤrſten von Tſchernigow, Snaͤ⸗
toslaw Wſewolodowiiſch, von dem er alle Freund⸗
ſchaft erwartete, 1173 ſo undermurhet za Kien uͤber⸗
Geſch. Rubl.ı. Band. 2];
I
1375;
194 Erfter Abſchnitt. Anfang
fallen, daß er kaum ſeiner Gewalt entrann, und
feinen ganzen Schatz, der fehr anfehulid war, feine
Semahlinn, feinen jüngften Sohn, ſeine Kriegs⸗
mannſchaft, und feinen gefammten Hofftaat demfelben
"überlaffen mußte. Doc verließ Swaͤtos law nad ei⸗
nem zwölftägigen Aufenthalte Kiew wieder, und
führte alle feine Gefangenen und die gemadte reie
de Beute mit fih in fein Land. Kiew hingegen
blieb nun’ der Ahndung des wegen diefes Ueberfals
pegen die Einwohner heraus aufgebrachten Jaͤros⸗
laws ausgeſtellt, welcher gleich wach Swaͤtoslaws
Abzuge ganz frey hineinging , und da die Einwoh—⸗
rer auf feinen Vorwurf, daß fie Smwätoslamen
wider ihn herbey gerufen hätten, folglich an ollem
ſchuldig ſeyen, ihm allen erlitienen Schaden zu erſetzen,
and alle von Swaͤtoslawn weggefuͤhrten Gefangenen
zu befteyen, nichts zu ihrer Rechtfertigung vorzu⸗
bringen wußten; fo ſchaͤtzte er einen jeden, ohne
Ausnahme der Hebte, Priefer, Mönche, Nonnen,
der lateinifhen Chriſten und der fremden Kaufleute,
nach feinem Belieben, und wer die ihm aufgelegte
fhwere Schatzung nicht abtrug, ward fo lange ge
fangen gehalten, bis er bezahle hatte. Weil er aber
wohl erfannte, daß er nach einem fo harten Ber
fahren, ſich nicht verfprechen dürfe, den kiewſchen
Thron behaupten zu Pönnen; fo ließ er fi gefallen,
dag der Fuͤrſt Roman, welcher vor ihm auf dem:
felden geſeſſen hatte, denfelben wieder einnähme, und
sing feinen Feind Swaͤtoslaw in defjen eigenem
Lande zu befriegen, nad Tſchernigow.
Er nahm aber bald wahr, daß er wenig von
ihm werde gewinnen können, und bequemte fi de
her zu dem Vergleiche, welden ihm Swaͤtoslaw
antrug, der nad dieſem getroffenen Friedeusſchluſſt
argriffsweiſe gegen Olegen verfuhr, und, nachdem
«de ruſſiſchen Reiches. 195
- er denſelben jur Räumung feines Landes genöthiget
hatte, ihm in fein. Gebieth nachruͤckte, und dort fuͤr
den ihm zugefuͤgten Schaden ein Gleiches vergalt.
Roman trauete fi nicht zu, ohne den Schutz des
Sroßfürften Andreas fid auf dem kiewſchen Fuͤrſten⸗
ſtuhle zu erhalten, und ließ ihn daher erſuchen, ihm zu
verſtatten, daß er die Regierung dieſes Fürſtenthu⸗
mes uͤbernaͤhme. Der Großfürft verſchob feine Ant⸗
wort hierüber auf eine Berathſchlagung, die er üͤber
diefe Sache mit andern Fuürſten anſtellen wollte,
Bermuthlich ift diefe Antwort nicht erfolgt, weil der -
Großfürſt Andreas 1174 in der Naht zwifigen dem
29. und 30. Junius ermordet wurde,
Mit der Ermordung des Großfünften Andreas Ermordung
verhielt fi die Sache fo. Man fagt; daß die Groß, des&rokfürs
fürflinn den erften Gedanken zur Ermordung ihres ſien Andreas
Gemables gefaßt haͤtte, weil er aus überpannter .' _
- Religiofität allen ehelihen Umgang mit ihr aufgab, . ..
und fie ſich dadurch geringgefhägt zu feyn glaubte,
In den fuͤrchterlichen Bund des Fuͤrſtenmordes tra⸗
sen die Kutſchkowitſchen, dei Großfaͤrſtinn Brüder,
von denen Andreas einen zum Zode verurtheilte,
Sie konnten den Tod ihres Baters. Kutſchko nicht
vergeſſen, den der Großfuͤrſt ebenfalls ermorden ließ.
Es waren zwanzig Perſonen, welche den Words
anſchlag im Haufe des großfuͤrſtlichen Haushofmeifters
verabredeten. Ambal, der Haushofmeifter; übernahm
das Geſchaͤft, dem Großfuͤrſten das Schwert des
heiligen Boris, das er beſtaͤndig in feinem Sclafs
jimmer bey der Hand hatte, heimlich wegzufdaffen,
und die Großfuͤrſtinn, den Mördern das Schlafge⸗
mach zu Öffnen, und dieſelben ſelbſt hinein zu führen.
Doch entweder muß fie dieß Verfprechen nicht haben
halten können, oder es war die Thuͤr eines zum.
Schlafgemache des Großfuͤrſten fahrenden Vorzim⸗
"Ra
| 194 Erfter Abſchnitt. Anfang
fallen, daß er kaum ſeiner Gewalt entrann, und
feinen ganzen Schatz, der ſehr anſehnlich war, ſeine
Gemahlinn, ſeinen juͤngſten Sohn, feine. Kkricco.
mannſchaft, und ſeinen geſammten Hofſtaat demſelben
“überlaffen mußte. Doch verließ Swaͤtos law nad ei⸗
nem zwoͤlftaͤgigen Aufenthalte Kiew wieder, und
führte ale feine Gefangenen und die gemadte reis
he Beute mit fih in fein Land. Kiew Bingegen
blieb nun: der Ahndung des wegen dieſes Ueberfalls
pegen die Einwohner überaus aufgebrachten Jaͤros⸗
laws ausgeſtellt, welder gleih nach Swaͤtoslaws
Abzuge ganz frey hineinging, und da die Einwoh⸗
wrer auf feinen Vorwurf, daß fie Swaͤtoslawsn
“ wider ihn herbey gerufen hätten, folglih an allem
ſchuldig ſeyen, ihm allen erlitienen Schaden zu erſetzen,
anch alle von Swaͤtoslawn weggefuͤhrten Gefangenen
gu befrepen, nichts zu ihrer Rechifertigunẽ vorzu⸗
- bringen wußten; fo ſchaͤtzte er einen jeden, ohne
Ausnahme der Aebte, Prieſter, Mönche, Nonnen,
der lateiniſchen Chriſtn uͤnd der fremden Kaufleute,
nach feinem Belieben, und wer die ihm aufgelegte
ſchwere Schogung nit abtrug, ward fo lange ge
fangen gehalten, bis er bezahle hatte, Weil er aber
wohl erkannte, daß er nach einem fo harten Ber
fahren, fih nicht‘ verſprechen dürfe, den kiewſchen
Thron behaupten gu koͤnnen; fo ließ er fich gefallen,
daß der Zürft Roman, welder vor ihm auf dem
felben gefeifen hatte, denfelben wieder einndhme, umd
sing feinen Feind Swaͤtoslaw in deffen eigenem
Rande zu befriegen, nad Tſchernigow.
Er nahm aber bald wahr, daß er wenig von
ihm werde gewinnen fönnen, und bequeme fih da
her zu dem WVergleihe, welden .ipm Swaͤtoslaw
antrug, der nad diefem getroffenen Friedeusſchluſſt
| argriffsmeife grgen Dfegen verfuhr, und, nachdem
des ruſſiſchen Reiches. 195 4
er denſelben zur Räumung feines Landes genöthiget
hatte, ihm in fein. Gebieth nachruͤckte, und dort fuͤr
den ihm zugefuͤgten Schaden ein Gleiches vergalt.
Koman trauete fich nicht zu, ohne den Schutz des
Sroßfürften Andreas ſich auf dem kiewſchen Fuͤrſten⸗
ſtuhle zu erhalten, und ließ ihn Daher erſuchen, ihm zu
verſtatten, daß er die Regierung dieſes Fürſtenthu⸗
mes uͤbernaͤhme. Der Großfürſt verſchob feine Ant⸗
wort hieruͤber auf eine Berathſchlagung, die er uͤber
dieſe Sache mit andern Fürften anſtellen wollte.
Bermuthlich ift diefe Antwort nicht erfolgt, weil de —
Großfüuͤrſt Andreas 1174 in der Nacht zwiſchen dem
29. und go. Junius ermordet wurde,
Mit der Ermordung des Großfünften Andreas Ermordung
verhielt fih die Sache fo. Man fagt; daß die Groß- des&rokfürs
fürflinn de erfien Gedanken zur Ermordung ihres ſlenandceet
Gemables gefaßt haͤtte, weil er aus überfpannter -' _
- Religiofität allen ehelihen Umgang mit ihr aufgab, ...
und fie fi dadurch geringgefhägt zu ſeyn glaubte,
In den fuͤrchterlichen Bund des Fuͤrſtenmordes tra⸗
ten die Kniſchkowitſchen, dei Großfuͤrſtinn Brüder,
von denen Andreas einen zum Zode verurtheilte.
“ Sie konnten den Tod ihres Vaters Kutſchko nicht
vergeffen, den der Großfuͤrſt ebenfalls ermorden ließ.
Es waren zwanzig Perſonen, welche den Mord⸗
anſchlag im Haufe des großfuͤrſtlichen Haushofmeiſters
verabredeten. Ambal, der Haushofmeiſter, übernahm
das Geſchaͤft, dem Gropfuͤrſten das Schwert des
heiligen Boris, das er beſtaͤndig in ſeinem Schlaf⸗
zimmer bey der Hand hatte, heimlich wegzuſchaffen,
und die Großfuͤrſtinn, den Moͤrdern das Schlafge⸗
mach zu Öffnen, und dieſelben ſelbſt hinein’ zu führen.
Doch entweder muß fie dieß Verſprechen nit haben
Balten koͤnnen, oder es war die Thuͤr eines zum.
Sclafgemache des Großfürſt en fuͤhrenden Vorzim⸗
N 2
196° Erfter Abſchnitt. Anfang
mers, die fie deu Mördern oͤffnete. Denn die ge—
‚waltfame Erbrehung der Thüre des Sdlafgemads
erregte einen ſolchen Laͤrmen, aß der Großfuͤrſt dar⸗
über erwachte, vom Bette auffprang, und nad ſei⸗
nem Schwerte griff. Dauer diefes nicht fand, ſtuͤrzte
er zwar mit bloßen Händen auf die eindringenden
Mörder, und warf bey feiner großen Leibesſtaͤrke
einen ju Boden, aber die Abrigen verfegten ihm
mit Schwertern und Säbela fo viele Wunden, daß
er wie. todt niederfanf,, und ſeine Angreifer in der
Meinung , daß fie ihn des Lebens beraubt hätten,
das Schlafgemach verliefen. Er erhohlte ſich, und
. war (dom bis in den naͤchſten Vorſaal gekommen,
als ſein Aechzen ſeinen Nachſtellern verrieth, daß er
naoch lebte, worauf fie zuruͤckgingen, und, nachdem
einer ihm Yen rechten Arm abgehauen hatte, ihn mit
vielen Stichen tödteten.
ini wegen Auf die erfie Nachricht von feinem Sode ver⸗
folge. Fon: fammelten fi die Leute aus den von Ihm. behenrfh-
ten Zürftenehämern Roſtow, Susdal und Petejas⸗
law, in der Abſicht, über die. Moßregeln gu rath⸗
flogen, die fie für die unglücklichen Folgen, die
aus diefem Zodesfalle für fie, ensfpringen könnten,
"am beften figerten. Denn fie. landen in großer
Furcht, bey diefem berenlofen Suftande von Ihren
Rachbarn, den Fürfien von Musom und Refau, an
gefallen zu werden. Diefe Furcht verurſachte, daß
fie defto leichter den Vorſchlag den ihnen die reſani⸗
(den Sefandten Dedilg und Boris gaben, ‚ihren ers
ledigten Großfuͤrſtenthron mit einem der Söhne Ro⸗
| Rislaws, des Bruders des verfiorbenen. Großfuͤrſten,
‚ zu befegen ; und fih dadurch die- Sreundfchaft des
Fürſten von Refan zu erwerben, indem derfelbe eine
Tochter Roſtislaws zur Gemahlinn hatte, Da nun
über dieß Roſtislaw bep feinen Lebzeiten ſich ſo be
!
des ruffifchen Heiches. 197
tragen hatte, daß fienfein Sedaͤchtniß noxh ehrten,
und ſie auch hofften, die Soͤhne dieſes Herrn wuͤr⸗
den demſelben „ach ahmen; fo breiten fie dafür, daß _
fie die gegenwärtige Noth von der Verbindlichkeit,
anf des Audreas einzigen ihn überlebenden Sohn, den
Zürften Genrge von Nowgorod, oder auf Andreens'
jüngere Brüder Michael und Wſewolod, welden
legtern fie auf’ Verlangen ihres Vaters des Groß⸗
fürften Georg ſchon Treue zugeſchworen hatten, in '
Beſehung der durch Andreend Tod erledigten Kür.
ſtenthümer einiges: Abfehen zu richten, aufs äller⸗
vollfommenfie frepfpredhe, indem fie. bey der weiten
Entfernung aller diefer Fuͤrſten eher von den benach⸗
barten Zürflen von Reſan und Murom unterdrückt
werden koͤnnten, als einer von jenen gu Ihrem Schutze
anlangte. Sie fandten fogleih eine Geſandtſchaft
on den Fürſten von Refan, Glieb, durch welche !fie
demſelben meldeten, daB .fie fih einen voh feinen
Schwaͤgetu, entweder Mſtislawn oder Jaͤropolken,
zu ihrem Herrn wünſchten, und ſich ausbaͤthen, daß
er mit dieſen Geſandten, die weiter von ihm nad
Tſchernigow, dem gegenmärtigen Aufenthalte der
neuerwäßlten Fuͤrſten, geben, und fe zur Beſitz⸗
nabme des Thrones einladen follten , andere Ge⸗
fondten mitſchicken möchte, ihrem DVortrage bey. den
ernaunten Fürften dur feine Empfehlung mehr
Rahdrud zu geben. Der Fürft von Refan fdüste '
alles, wos diefe Geſandtſchaft von ihm verlangte „
für einen Beweis einer großen Achtung gegen feine
Perſon, willigte daher mit vieler Freude in ihr
Begehren, and befeftigte fein Verſprechen, ihnen ım
Allen beförderlih zu ſeyn, mit einem Eidſchwure.
Wie die Gefandten der durd des Andreas Zod erle⸗
digten Staaten nach Tſchernigow kamen; fo- fan«
den fie außer deu zwey Zürften, die fie zu ihren
198 Erſter Abſchnitt. Anfang
‚Herren beriefen, au Michaeln, den Bruder An
dreens, dort, und dieſes verurfacdhte, dag Mſtis⸗
- Tao und Jaͤropolk mit diefem Michael einen Der:
trag errichteten, daß ſowohl Michagel als deſſen
Bruder Wſewolod in den gemeinſchaftlichen Beſiz
der durch Andreens Tod erledigten Fuͤrſterthuͤmer
aufgenommen werden, und zwey, naͤhmlich Michael,
dem man den oberſten Rang ertheilte, uud Jaͤ⸗
ropolf, gegenwärtig mit den Geſandten abreifen, die
übriaen beyden aber nachkommen folten. Allein wie
die Roſtower hiervon hörten; fo verdroß fie es,
das man ihgen durch dieſen Vertrag über die von
ihnen erwählten Fuͤrſten noch zwey andere gegeben
hatte. Sie ließen daher, als Michael und Jaͤropolk
zn Mosfan angenommen waren, beyde oͤffentlich bit⸗
. ten, in diefem Orte fich zu verweilen, in der Stille aber
Säropoifen einladen, ohne Michaeln etwas wiſſen
zn laſſen, unverzüglich ſich zu ihnen zu begeben.
Jaͤropolk willfahrte ihnen, und ward von ihnen mit
alen Ebrenbezeigungen zu ihrem Fürften angeuom»
men. Wie Wichael jahe, daß fein Gefährte Jaͤropoll
aus Moskau gegangen war; ſo verließ er auch dieſe
Stadt, und nahm feinen Weg nach Wladimir, woer,
weil fie faſt von allen ihren Vertheidigern entbloͤßt war,
ohne Widerſtand aufgenommen ward. Die Roſtower
und Susdaler adhmen dieſe Begebenheit fo had auf,
daß fie ſogleich mit Zeziehung ihrer Bundesgenoſſen,
der Reſaner und Muromer, aufbrachen, nicht bloß
in der Abficht, durch dieſe große Macht den ihnen
. mißfäligen Michael aus Wladimir zu vertreiben,
fondern auch die Bewohner diefer Stadt, die fie in
Verdacht hatten, dog fie durch wii ge Aufnahme
eines von den übrigen Städten vermworfenen Fürs
. fin ihrer Stadt nach Andreens Tode den Vorzug
aufs neue verſchaffen wollten, den die übrigen fo
N
des ruffifchen Reiches 19
lange zu dem Range vor Wladimir berechtigten
Staͤdte unter Andreas mit größtem Unwillen erdul»
den mußten, durch gaͤnzliche Einaͤſcherung der Stadt J
und durch Verſetzung aller Menſchen in den Stand
der Leibeigenfchaft zu beſtrafen. Da ſie nun mit ſo
gehaͤſſigen Gefinnungen gegen die Wladimirer dir
Belagerung ihrer Stadt vornahmen; fo verwandel-
ten’ fie das ganze Gebieth derfelben in eine Einoͤde.
Die Stadt vertheidigten die Einwohner fo wohl, daß
fie diefelbe ungeachtet einer 7 woͤchentlichen Belagerung
nicht bezwingen fonnten. Doc endlich nöthigte die _
Wladimirer der große Hunger, ihren Belagerern
eine Unterhandlung anzutragen. Sie zeigten fie felbft .
Michaeln on, daß, fo gern fie auch wuͤnſchten,
daß ſein mit Mſtislawn und Jaͤropolken über die
Gemeinſchaft des Befiges der durch Andreeng Tod
erledigten Länder errichteter Vertrag beftehen blicbe,
indem fie mit den Perſonen aller vier Fürſten wohl zu⸗
frieden ſeyen, er ihnen nicht verdenken koͤnnte, daß ſie
bey gegenwärtigen Umſtaͤuden ihn erſuchten, ſich von
ihnen weg zu begeben, weil fie ſich der Macht des
ganzen Übrigen Landes nicht widerfegen koͤnnten.
Michael geſtand, daß fie recht hätten, ,-und er nicht t
befugt ſey, zu verlangen, dag fie feinetwegen und: noch
dazu, ohne daß er davon Nutzen babe, ſich ins ge⸗
wiſſe Verderben ſtuͤrzten, und gewann durch dieſe
Nachgiebigkeit vollends ihre Herzen, daß ſie ihn mit
thränenden Augen auf den Weg nah Tſcherni⸗
gow Degleiteten. Die Rache ihrer Gegner hatte die
tapfer Gegenmwehr, die fie ihrer Abfiht entgegen.
fegten,, fo abgefühlet, daß diefe fih das Erbierhen
der Wladimirer gefallen ließen, dag fie fich nimmer,
-
mehr von ihnen als ihre Unterthanen behandeln laſſen
wollten, fondern einen von beyden Soͤhnen Roſtis⸗
209 Erfter Abſchnitt. Anfang
laws als ihren gürften iu die Stade- aufnehmen
wärden. .
Und fo holten fie die Fuͤrſten OR stehe und
Jaͤropolk mit großem Gepraͤnge in ihre Stadt, wo
Jaͤropolk in der Marienkirche mit allen Keperliclei-
J sen auf den Fürſtenthron erhoben ward, der sun
75
als Fuürſt die Regierung zu Wladimir führte, da fein
Bruder Mſtislaw folde gu Roſtow verwaltete, doch
fo, daß beyde in allen Regierungsgefchäften gemein:
fbaftli Handeln ſollten. Doc diefe Fürften, wel:
de noch junge Herren waren, gaben ihren Bojaren
zu viel Gehör, die bloß auf ihre eigene Erhöhung
und Bereicherung ihr Augenmerk richteten, und vw;
diefer Urfache 1175 ihre Fuürſten verleiteten, ihrent⸗
wegen die übrigen Unterthbanen zu drüden, die
Städte unter dem Rahmen, dag fis gewiſſe recht⸗
mäßige Auflagen von deuſelben ziehen follten, ihnen
gleichfam zur wißfürliden Beraubung zu überlaſ⸗
fen, nud alle ihnen anftändigen Laͤndereyen den wahr
ren Eigenthuͤmern um ein geringes Geld unter dem
Borwande eines gefegmäßigen Kaufes zu entziehen.
Die größte Schwere diefer Unterdruͤckungen aberbuo.
traf die Wladimirer, indem die Großen, welche die
‚ Urheber davon waren, die mißgänftigen Gefinnun-
gen der ditern' Srädte Noſtow und Susdal gegen
das ſchunelle Aufkommen dieſer neuen Stadt kannten,
ud wohl wußten, daß dieſe, ſtatt ihr einige Huͤlfe,
fie von gewaltſamen Erpreſſungen zu befrepen, zu
Teilen, folche durch eine verſtellte Unwiſſenbeit oder
durch das Borfhügen, daß die Klagen der Wla⸗
dimirer keinen Grund hätten, unter der Hapd be
günftigen würden. In diefer Voransfegung erdreis
ſteten fie ſich, ſogar det. Marienfirhe zu Wladimir
die ihr nom Großfürflen Andreas guerfannten Laͤn⸗
derenen und @inkünfte zu entziehen, und. nad det
t
des ruſſiſchen Reiches. ser
Bemaͤchtigung der Schlüffel zu ihrem Kircheuſchatze
nad ihrem Gefallen das Silber und Gold aus der
Kirche weggunehmen, Die Wladimirer oder ſchwie⸗
gen dazu nicht, ſondern da fie in der Ueberzeugung
ſtauden, daß fie zwar Unterthanen, aber nicht Leibe
eigene ihrer Fürſten, nad nur in fo fern an den deu⸗
felben geleifteten Treueid gebunden ſepen, als die
Zürften die ihwen eidlich gegebene Verſicherung, fie
bey allen Redten zu erhalten, unverbrüchlich hielten;
fo brachten fie Anfangs ihre Beſchwerden über diefe of⸗
fenbaren Ungerechtigkeiten vor. Die Roſtower und Guss
daler, und erſuchten diefe, nehſt ihnen die Abhelfung
derfelben bey den Zürften zu bewirken.
Michael, der für den großfürkligen Thron — ge
ins Zeld zog, war fo glüdlih, ohne alles Blut⸗ Dberhank,
vergießen ‚\ feine Gegner flichen zu ſehen, und die .
Obergewalt über die ruffifhen Staaten zu behaupten,
Sein erftes Werk bey feiner Thronbeſteigung war, der
Marienkirche alle ihr gehörigen widerrechtlich eutzp⸗
gener Befihungen und Einkünfte zurück zu geben.
| Bald darauf trugen ihm. auch die Susdaler
freywillig unter Borfhüpung der Eutfduldigung,
daß bloß ihre Bojaren fie bewogen hätten, gegen ihre
Teigung zum Bortheile Mſtislaws wider ihn ins
Held zu ziehen, und darauf auch die Roſtower bie
Herrſchaft über ſich an. Ob er ſich aber glei be⸗
ſtrebte, durch eine guͤtige Behandlung dicfer neuen
Untertanen die Herzen derfelben ih und feinem
Bruder, als feinem nähflen Erben, den er mittler⸗
weile mit Perejaslam verforgte, auf immer zu ver
fihern,, auch den Fuͤrſten von Refon aus zuſoͤhnen
trachtete, fo offenbarsefich doch nach feinem Tode, der fi .
am 20. Janius 3176 gu Gorodez au der Wolga 1176:
ereiguese, Daß die Roſtower, ungeachtet ihrer feige |
so2 Erſter Abſchnitt. Anfang
boren Unterwürfigfeit unter Michaels Herrſchaft,
ihren vorigen Fürſten ergeben blieben.
Ns Mi- - Da die Wladimirer mit vielen Freuden W f es
acid Tode woloden und deſſen Söhnen hüldigten mel»
» behauptet
fih defien
er neue Fuͤrſt alle Theilnehmer an der Ermordung
BruderWfes feines Bruders Andreas mit dem Zode beftrafen
wolod wider
feine Geg⸗
ließ fo holten die Bojaren von Roſtow unverzüglich
Mfiislamn auf Nowsgorod zu fich, und meldeten
ihm, daß die geſammten Einwohner ihres Fuͤrſten⸗
ihums, fo lange er lebe, nie einen andern Herrn
erfennen würden. Go bald er auch hierauf nach
Roſtow gefommen war, bewies ihm der Augen»
fhein die Wahrheit des Ber vtes der; roſto⸗
wifchen Bojaren, indem die Roftower nicht nur ihm
fogleih huldigten, fondern auch aufs beftigfie ans
trieben, ſogleich an ihrer Spige die Wladimirer zu
zwingen, gleich ihnen Wfemwoloden zu verſtoßen.
—Wſewolod ſetzte fih nun war mit den auf ſei⸗
ner Seite chenden Wladimirern und Perejaslawern
in Gegenverfaſſung, um Gewalt mit Gewalt vers
treiben zu Binnen, that aber feinem &eguer den
"Antrag zu einem glrlichen Vergleiche, daß jeder
wor ihnen über die Unterthanen, die ihn freywillig
erwählt hätten, die Kegierung führen, die Sache
wegen Susdal fo Tange unentfhieden laſſen, bis die
Einwohner diefes Fürſtenthums ihre Wahl getrofs
fen hätten, Mſtislew vorjegt mit feinem Heere nad
Roſtow zurücgehen, und zu Roſtow der vollkom⸗
mene Friedensvergleich geſchloſſen werden ſollte.
Wenn Mfislam gleich geneigt gewefen wäre, fich
mit Wfemwoloden zu vergleichen; fo durfte er
fich doch eine folde Sefinnung nicht merken laſſen,
indem die Roſtower ihm ins Geficht fagten, daß,
wenn er fih gleich mit Wfemwoloden vergleichen
wollte, fie doch einen Vergleich nimmermehr geueh»
des ruſſiſchen Reiches. 203
migen würden, durch welchen die Wladimirer den
Vortheil gewännen , dag man ihnen, die doch ſchul⸗
dig ſeyen ohne Widerrede allen Scluͤſſen der aͤl⸗
teren Staͤdte beyzutreten, die Freyheit, von denſel⸗
ſelben nach Belieben abzuweichen, zugeftände. Doch
(deines Wfemwolod-noc die Hoffaung behalten zu
haben, es werde ihm gelingen „, Mfislamn einen
Vergleich annehnlih zu maden; ja Wf ewolod
ſcheint gar gefinnt gewefen zu ſeyn, in diefer Ab |
fit ſelbſt nah Roflow zu einer mündlichen Unter:
handlung zu geben. Allein die Wladimirer waren
der Meinung, dag Wfewol.od zu diefer Hoffuung,
nicht den mindeften Grund habe, fondern kein an»
derer Weg, ihn den Befitz des Fürftenthumd Wlas
dimir zu fihern, und deffen Einwohnern ihre Ge⸗
rechrfame zu erhalten, vorhanden fen, als daß man mit -
Miiislaw fhlage, und denfelben überwinde. Durch
Dieb ihre Zureden lieb ih Wſewolod bemegen,
zu Lieferung einer Shladt under den Nerljä gu ges
ben, die uun am 27ſten Junius auf dem Felde bey
Jurjew vor fih ging, da Wſewolod einen herr⸗
lichen Sieg ohne einigen Verluſt erfocht, ine
dem er fehr viele Feinde tödtete, ‚noch mehrere.
aber und darunter verſchiedene Bojaren und ans
dere Vornehme zu Gefangenen madhte, und mil
einer fehr anfehnlichen Beute, die er in den durch
dieſe Niederlage von Vertheidigern entbloͤßten
Schloͤſſern und Dörfern antraf, mit fih nah Wla⸗
dimir brachte. Mſtislaw getrauete fi jegt, ob
ibn . glei ‚gegenwärtig. Wfemolod mit nad.
Roſtow nachging, doch nicht in diefer Stadt zu -
verharren, fondern begab ſich nach Nowgorod. —
Die Einwohner dieſes Fürſtenthums bezeigten nicht
die geringſte Luſt, ihm in ſeinem Streite mit
Wſewolod befoͤrderlich zu ſeyn, da fie ihm
2177.
204 Erſter Abſchnitt. Anfang
vielmehr darüber einen "Vorwurf: machten, daß
er, obne fie zu befragen, denfelben übernommen .
habe , und ihm Tagten , daB er, damit fe
wolod fie nicht ſeinetwegen feindlich zu behandeln
uUrſache babe, nebſt feinem Sohne, ihrem gegen:
waͤrtigen Fürſten, ſie verlaſſen ſolle, worauf er
den ihm von ihnen verfagten Beyfiand bey feinem
Schwager, dem Zürflen von Refan , fuchte und
erhielt, indem diefer mit einem Heere das Gebieth
Wſewolods überzog, uud in dieſem Ueberfalle
ſowohl die Stade Moskau als die umllegenden Die
fer einäfherte, und von Wfew ol o d uaangeſochten
in fein Land zurückging.
als Wſfewolod auf dieſe Nachricht von
dieſer Feindſeligkeit aufgebrochen war, ſich zu
widerſezen: fo bekam er eine Bothſchaft von den
Nomgorodern, die. den Auftrag hatte, zu melden, |
daß fie Wfewolods Sohn Jaroslawn zu
ihrem Fürften ernannt hätten, von ihm zu begeh⸗
ven, daß dr feinen Kriegszug wider den Zürften
von Refan fo Lange verfchichen möchte, bis ihr
Kriegsvoͤlker, die fie ihm hierzu geben wollten, ihn
verſtaͤrkt haben würden. : Auf dieſem Kriegöuge
empfing er 1177 die Nachricht, Daß fein Gegner
durch einen andern Weg ins Wladimirfche einge
ruͤckt ſey, und dort durch die bey ibm habenden
Polomzer die ſchrecklichſten Gewaltthaͤtigkeiten und
Verheerungen anrichte, auch ſogar der Kirchen nicht
einmahl ſchöue, indem er nuter vielen: andern die
vom Großfuͤrſten Andreas mit großen Koſtbarkeiten
ausgeſchmuͤckte Kirche zu. Bogolubsk erbrechen und
auspluͤndern laſſen. Dieſer Bericht verurſachte, dab
Wfemwolod in fein Land zuruͤckkehrte. Er war auch
fo glůcklich, daß er feinen Feind mit dem daraus
gegogenen Ranbe noch darin antraf. ‘Das dünn!
des ruſfiſchen Reichs. 205
Eis auf dem Zluffe Kolakſcha, der beyde von einan⸗
der trennte, verwehrte zwar einen ganjen Monath
ihr Zuſammenſtoßen. Als aber das Eis feſter wur⸗
de, ſandte Wſewolod am zoten Zebruar feineg
Reffen Wladimir Gljebowitſch über deu Fluß
welchem Gijeb feinen Schwager Mſtislaw entgegen
ſtellte, feldft aber anf die andere Geite des Fluſſes
gins, in der Abſicht, bier ſich mit Wfewoloden
in eine Schlacht einzulaſſen. Als er aber fih dem»
felben,, der anf dem Berge Prustowe fand, bis
auf rinen Bogenfhuß genaͤhert harte, fühe er, daß
anf der andern Seite des Fluſſes Mſtislaw die
Flucht ergriffen Habe, und dieſes verurſachte, daß
er, ſo ungern ers auch that, nach einem karzen
Stillſtehen gleichfalls als ein Fluͤchtiger wegeilte.
So ſiegte Wſewolod wieder, ohne daß ihm der
Sieg ſchwer gemacht ward, bezeigte fih aber nad
Diefem erlangten großen Vortheile durch fein Ver⸗
halten gegen. die Ueberwundenen würdig, benfelben
esbalten zu haben. Denn er ließ feine Kriegsvoͤlker
bloß die Volomzer, als lauter Räuber, niederhauen ;
von allen übrigen Zeinden erhielt er fo vielen das
Leben, als er bey dee. großen Erbitterung der Sei⸗
nigen ihrem Zorne entziehen konnte. Von der gro»
Gen Menge diefer Gefangenen ließ er nur den Ge⸗
meinen oder folden, die durch ihre Verhetzungen
oder große Gewaltthaten ihren Rang ſelbſt verun⸗
ehrt hatten, Feſſeln anlegen; dem Zürfen Gljeb,
deffen Sohne Roman, und defien Schwager Mjligs
law und vielen andeın hingegen begegnete er fo geline .
de, daß er fie nur auf allen ihren Schritten bewa⸗
deu ließ. Mfiislams Bruder Jdropolf war zu Res
fon, uad Wſewolod lieg ihn dort, ohne feinen
Aufenchalt zu beunrupigen. Allein Wſewolods
Warerthanen erregen den, dritten Zug nad, ber
—
1179
1180.
908 Erfter Abſchnitt. Anfang
fe glaubten, daß er Wfewoloden nicht miß⸗
falle, naͤhmlich den Fuͤrſten Roman Roſtislawitſch
von Smolensk; als aber dieſer bald nach feiner Ans
Bunft zu Homgorod 1179 diefes Furſtenthum auf⸗
gab, deſſen Bruder Mſtislaw, der am iten Ro
vemder zu ihnen kam, und, nachdem er die be
nachbarten Tſchuden oder Eſthen, welche einige Zeit
lang durch oͤftere @infälle ihnen betraͤchlichen Scha⸗
den gethan hatten, im ihren Wohnfigen durch Feuer
und Schwert gezüchtige und bis an bie See ge
jagt hatte, wo er noch in einem Gefechte vide er⸗
ſchlug, am 14ten Junius 1180 verſtarb, Wladi⸗
mirn, eben den Sohn des Fuͤrſten von Tſchernigon,
welder Wfemwoloden im Kriege wider ben Zür
Ren von Refan Huͤlfsvoͤlker zugeführt hatte, zu Ih
‚ren Zürften wählten. Doc bald gerieth Wfewo
Iod mit diefem feinem Sreunde, dem Zürften von
Zſchernigow, über eine Angelegenheit, die "das
Zurſtenthum Refan betraf, in Mißvernehmen. Da
Füͤrſt Gljeb Hatte entweder in dem Aufſtande der
Wladimirer, wie Diugog meint, durd die Hand
derfelden gewaltfamer Weife , oder während feines
Sefängniffes durch einen nathrlihen Tod fein Leben
verloren ; fein Sohn Roman aber war aus feiner Ge⸗
fangeufhaft befreyet worden, und überfam durch den
Tod feines Vaters einen Theil von deffen Zürften-
thume, de die übrigen feinen vier Brüdern Wfe
wolod, Wladimir, Igor und Swaͤtoslaw gehör
ten. Diefen reiste fein Schwiegervater, der Fuͤrſt
von Zfchernigom mit Verſprechung feiner Hülfe an,
ch auf Koften feiner Brüder zu vergrößern. Da er
nun noch dazu zwey Brüder, Igor und Sugͤtos⸗
Tam , auf feine Seite zog; fo drückte er die übrigen,
Wfewolod und Wladimirn, fo hart, daß fie, nicht
permögend id die Wagezu halten, fich zu den Große
fuͤr⸗
des ruſſiſchen Reiches. 20)
fürften Wfemwolod ſchlugen, deſſen Schup fe
auch aus dem Grunde erwarten durften, weil Ro⸗
man demfelben einen Eid gelAftet , feine Brüder in
ihren Landestheilen nicht zu beuttahigen, Der Große
für? erfüllte ihre Bitte, kam mit. ihrem Heere gu
ihrem Schuge an, machte in Kolomua Öljeben, e nen
Sohn des Fuͤrſten von Tſchernigow, zum Gefange⸗
aen, und erfocht darch feinen Vortrab fiber den
des. romanifhen Heeres ‚einen ſo . wichtigen
Bortheil, daß Roman tiefer ind Land fluͤchte⸗
te, und, hachdem hierduf der Großfürſt auf ſeinem
Borrhden auf die- Grade Refan, in welcher Romans
Brüder und Bundesgenoſſen, Igor und Swaͤtos⸗
law, ſich aufbielsen ‚der Stadt Borifogljchst "Ad
bemädhtige hatte, bey Demfelben Frieden ſuchte, und
auf die Bedingung, daß er feinen von feinen Brü⸗
bern in ihren rechtmäßigen innthabenden Veſhungen
kraͤnken ſollte, ‚anna.
Doch der Fürft von Arderntgow, ver feine ai⸗
gene Stärke durch polowziſche Kriegsboͤlker nad die
Untefiägung vergrößert fohe, die er von ben Now⸗
geraderu mittelſt ſeines Sohnes, Ihres: naummehrigen
Zürften,, erhielt, untetſtand fh‘; nachdem bereiss
fein Schwiegerſohn darch den erwähnten Vertrag
ih wit dem Großfürßen verglichen hätte, mit den
Rriegssöllern diefer feiner Buadechendffen das dir
gene Land des GBroßfürken zu überptehen,- und ges
laugte in’ demfelben nah Berwüflung aller Staͤdte
und Dörfer an der Wolga bis auf 40 Werſte von’
Perejaslaw, wo Wſemolod, der koin Wiebhaber
von blutigen Schlachten war, and im tollen feinen '
Kriegen licher den Weg ergriff, durd gut gewaͤhl⸗
te Stellungen feinen Zeinden Einhalt zu than, und
fie zu ermüden;: obgleich feine Kriegsvoͤlker ihn zu
‚Zieferung einer Shigt anfrieden, am Fluſſe Wilead
Geſch auf 1. Band, D
2is Erfter Abjchnitt. Anfang
rienkirche, in welcher alle Koftbarkeiten mit im Rauch
anfgingen , vergehrte,
Berfchiedene Hingegen unternabm der Großfüͤrſt Swaͤtos⸗
Seien (dw von Kiew einen glüdlichen Kriegszug wider: die
fchen einigen Polowzer. Ob aber wohl das Heer, mit welden
ruſſiſchen er ins Land diefer Erbfeinde der ruſſiſchen Länder
—— ging, ſehr zahlreich war, indem fich außer vielen
zer. mit ihrer eigenen Mannfchaft dazu geſtoßenen Fürs
ſten euch. Huͤlfsvoͤlker aus Halitſch, Wolodimir,
Volhynien und Lußzk dabey befanden; fo erwarb fih
doch der über den ruſſiſchen Vortrab, deu 2500
Peresjaslawer und Berendier ausmachten, befch
lende Wladimir, Gliebs Sohn, dilein die Ehre
davon. - Dean er erkuͤhnte ſich mit dieſer Hand vol
Aruse am zoften Julius das ‚ganze große Heer der
- Yolonmer,, deffen Stärke einiger Maßen daraus ab»
gegomuren werden. mag; daß 417 polowziſche Fürs
Ren dabey waren, anzugreifen, und jagte darch ſei⸗
ve Herzbaftigkeit allen diefen Zeinden eine folde
Furcht ein, daß fie nach einem ſehr Burgen Wider
Bande —*8* die Zlucht ergriffen, auf welcher
Dir Xuſſen 16 Fuͤrſten, nah dem koͤnigsbergiſchen
Reſtor geca, nah dem Schtiherbatomo. aber gar
yono- Mana zu Gefangenen machten. Diefer von
Mladimirn in dieſem Feldzuge blog durch feinen
Much fo leicht erworbene Ruhm zeigte die Fuͤrſten
1186. von Nowgorod⸗ Severski im folgenden Jahre ‚186
aleichfalls einen Heerzug gegen bie Polomzer zu
unternehmen. Da es aber gar zu lange waͤhrte,
ede Die Mannfchaft ans den entlegenfim Gegenden
Berbeg kommen kouute: fo wagten fich die Polowet,
welche bereits fih verfammtelt hatten, in Meinung,
es ſey beffer, einige Gefahr zu laufen, als eine
‚weitlduftige Strecke ihres Landes durd die Ruſſen
frey ausplündern und verheeren zu laſſen, den Ruſſen
des ruffifchen Reiches. 218
eine Schlacht auzubiethen, wurden aber überwunden,
worauf die Ruffen ihnen anf dem Zuße) bis nah
den Wohnfigen, in melde zu kommen fie gedacht hat⸗
ten, nachfepten, und außer den Weibern und Kindern,
Die dabey in ihre Hände fielen, fo viel Kriegsmaͤnner
erfchlugen oder zu Befangenen machten, daß tiber
aus wenige zu dem großen Here, welches ſich mitt
lerweile on dem Don jufammtengegogen hatte, eunt⸗
rinnen fonnten, Beym Empfang diefer unglücklichen
Zeitung beſchloſſen die Polowzer, aus melden die.
ſes große Heer befiand , noch immer fo viel Bann
fhaft, als nur möglih, an fih zu zießeh, den Rufe -
fen nicht näher entgegen zu gehen, fondern hier zu
verbleiben, und, wenn wun die Ruffen näher gegen
fie anrüden würden, in den dürren Steppen durch
berumfhwärmende Partehen fie unaufhoͤrlich anzu⸗
fallen. Bon dieſem unaufhoͤrlichen Streite, Durſt
und der gewaltigen Hige waren im rufſiſchen Heere
ſowohl die Menfchen als die Pferde ſchon ganz ab»
gemattet, als fie den Fluß erreichten, wo die ganze
Macht der Polowzer ſtand. Diefer Fluß war viel»
Ieit der Don, wie Diugoß bey Erzählung dieſer
Begebenheit fast. Da nun bey folden betrübten
Umſtaͤnden den Ruffen nothwendig ſchon aller Rath
finten mußte, fo fiegten die Polowzer ohne einige Mühe
und Gefahr, und erfhlugen faſt alle Ruffen. Ei⸗
nem. vorüber reifenden Kanfmanne riefen fie gu: .
er möchte mit der Bothſchaft zu feinem Brüdern
gehen, daß die Polowzer bald zu denfelben Fommen
würden, die bey ihnen in Befangenfhaft lebenden
Landsleute abzuholen. Ä
So viel Häufer. aber auch in Rußland diefes
Unglück wegen des dabep erlittenen Verluſtes naher
Berwandten beweinen mußten; fo kounte doch der
N ‘
a0 Erſter Abſchnitt. Anfang
Ah mit Berhacken verfhanzt‘ Batte, und dadurd
feines Gegners Übfichten dergeſtalt vereitelte, daß
derfelbe, ungeachtet: ſeine gowgoroder in einem glück
Hohen Scharmügel mie den Vorpoſten des Groß⸗
. fürften 300 Mann erfhlagen hatten, nad einem
zwryw oͤcheutlichen Anfıhauen "feines verfhanzten
Feindes defien ganzes Gebierh raͤumte, und im
Ruͤckwege! die Stade Omitrow einäfcherte. Bald
nachher: war'er fo.glüdlih, im J.1182 zum Befige
des Fuͤrſtenthums Kiem zuw:-gelangen, in welchem
= Zaͤroslaw, der Sohn ded Sroß fuͤrſten Ißjaͤsſtum II.
‚dein unmuttdbarer Bargänger gewrſen gu feyn, und
dasſelbe gegen waͤrtig durch fein :Abfterben :erledigt
zu haben (deine. Sein Sohn ver Fuͤrſt von Row⸗
gorod, fetzte iuzwiſchen, beſouders mittelſt Jaͤropolks
der aufs; neue fein ehemähliges. Torſchok von den
Nawgoroderneibekommen hatte, die Feindſeligkeiten
wider die großfürflidien Unsexthanen au der Wol:
9a fort. +,Diefe Feindſeligkriten bewogen den Groß⸗
fürſten, :vadcKorfod. gu geben, meldes er nach
einer fünfwädentlihen Einſchließuug nicht anders als
durch Hunger: bezwingen. fonnte.‘ Die Einwoh⸗
„wer führte. er mit ſich nach Wladimir, ‚gab ihnen
aber bald. die Freyheit und: die Erlaubuiß, ihre
Wohnſihe wieder zu beziehen. Vald darauf kam es
zwiſchen den beyden Großfuͤrſten von Wladimir und
Kiew an. ‚sam Briedenoppluffe und Freundſchafis.
bunde.
Der önk, . Dar. erlangte wi ew o1ad- von Swätst-
ſacd Peod lawu zu dem Kriegszuge, den er: wider die Bul⸗
von Wiadi⸗ garen yun wollte, unser Anführung feines Sohnes
—ã Wladimir, der vor kurzen des nowgorodiſchen Fuͤr⸗
Friede zu fus ſtenſtuhls entſetzt worden war, Hülfsoölfen Die
dem Bulgaren hatten vor ihrer Hanptſtadt Verſchanzungen
gemacht. Diefe beffürmte Spjäslam, Gljebs Bruders,
4z \
des ruſſiſchen Heiches, 211
des Großfuͤrſten Sohn, mit ſolcher Heftigkeit, daß er
die Vertheidiger zwang, ſolche zu verlaſſen, und ſich in
die Stadt zu ziehen, aber ſelbſt von einem Pfeilſchuſſe
durch den Panzer unfer dem Herzen eine gefaͤhrliche
Bunde empfing, an welcher er nachher auf einen
ruffifchen Fahrzeuge ſtarb. Die Siadt blieb uner»
obert, obgleich der Entſatz, den ihr ihre Landsleu⸗
te durch einen Angriff der - ruffifchen Fahrzenge zu
leiten dachten, für die Unternehmer ſchlecht aus⸗
fiel. . Denn als die Ruffen‘ fih diefen Feinden , die
ihre Macht aus den Städten Sobi, Kuld (einige
Balten diefe beyden für eine einzige Stade Sobikul),
Tſchelmata und Torſchesk geſammelt hatten, Kerze
haft entgegen feßten ; fo trieben fre dieſelben in die
Flucht, woben außer ben Erfchlagenen in "dent: Ges
fehte und dem Nahfegen über 1000 Mana’ dur
Umflürgung der Fahrzeuge, in welchen fie ſich -gu
retten fnchten,, in der Wolga umkamen. :Dod) des
ſchloß & few oLod.diefen’ Krieg mit Ehren; weil
die Bulgaten, nachdem: er- gehn "Sage. feine Bela»
gerung der großen Stade fortgeſeßt Hatte, den: Fries
den bey ihm fuchten, und die Ruͤckgabe aller. in ih⸗
rem Lande: befindlicher grfangener Ruffen: beroinägd
ten. "Das Regiment fAnes Schwagers aber miß-
fiel den Rowgorodern fo ſehr, daß der Großfuͤrſt
rathſam achtete, ſelbſt ihn zu befehlen, dasſelbe
nieder zu legen, und zu ſyn zuruͤck zu kommen, wor⸗
auf die Nomgoroder ihre Augen auf das Gebluͤt
der‘ Zürften don Smolensk richteten, und aus dem⸗
felben Mfisların zu ihrem Fuͤrſten wählten, Sıli
J. 1185 om ızten Aprill erlit Wfemwotod einen
großen Schaden, indem :eine Feuersbrunſt in ſei⸗
ner Baupiſtadt entſtand, die beynahe die ganze Stadt
und in ihr 3° Kuchen af des Haupt « oder Ra
89989
1183, '
a0 Erſter Abſchnitt. Anfang
ſich mit Bethacken verſchanzt' hatte, und dadurch
feines Gegners Abſichten dergeſtalt vereitelte, daß
derſelbe, ungeachtet: ſeine Rowgoroder in einem gluͤck⸗
lichen Scharmuͤtzel mit den Vorpoſten des Groß⸗
fürften soo Mann erſchlagen hatten, nad einem
zweywoͤcheutlichen Anſchauen "feines verſchanzten
Feindes deſſen ganzes Gebiech raͤnnite, und im
Ruͤckwege! die Stade Omitrow einaͤſcherte. Bald
nachher war er ſo glücklich, im J. 1182 zum Befige
des Fuͤrſtenthums Kiew zu gelangen, in welchem
Zaͤros law, der Sohn ded Sreß fͤrſten gßiaͤslaw II.
‚dein unmittelbarer Vorgaͤuger geweſen gu ſeyn, und
dasſelbe gegenwärtig durch fein Abſterben erledigt
zu haben ſcheint. Sein Sohn der Fuͤrſt von Now:
gorod, fetzte iuzwiſchen, beſouders mittelſt Jaͤropolls
der aufs neue: fein ehemahliges Torſchok von den
Nawgorodernibekommen batte , die Zeindfeligkeiten
‚wider die großfuͤrſtlichen Unterthanen au der Wols
9a fort, s;Diefe Beindfeligkeiten. bewogen den Brof-
fuͤrſten, :vnt«Korfod gu gehen, welches er nach
«einer fonfmähentlicen Einſchließung nicht anders als
Ddurch Humger; bezwingen. konnte: Die Ginmoh
„wer führte er mit ſich nach Wladimir, gab.ihten
‚aber. bald. die-Frepheit und: die Erlaubniß , ihre
‚Mohnfipesmieder. zu beziehen. ‚Bald darauf fam es
Wwiſchem den beyden Großfuͤrſten von Wladimir und
Kiew zu ‚rin Friedens ſchluſſe und Freuudſchaſts.
bunde.
Dr Oro, . Daher. erlangte Wiſewolod von Sollos⸗
did plod lawn zu dem Kriegszuge, den er. wider die Bul⸗
von Wladi⸗ garen hun wollte, unter Auführung ſeines Sohnes
—A— Wladimir der vor Burgen des nowgorodiſchen Fuͤr⸗
garen
Friede zu fur ſtenſtuhls entfegt worden war, Hülfsoölfer, Die
Sen Bulgaren hatten vor ihrer Hauptſtadt Verſchanzungen
gemacht. Diefe beffürmte Ißjaͤslaw, Bljebs Bruders,
4z
des rufen Heiches, sit
des Sroßfürften Sohn, mit ſolcher Heftigkeit daß er
die Vertheidiger zwang, ſolche zu verlaſſen, und ſich in
die Stadt zu ziehen, aber ſelbſt von einem Pfeilſchuſſe
durch den Pauzer unfer dem Herzen eine gefährliche
Bunde empfing, an welcher er nachher auf eiden _
euffifchen Fahrzeuge ſtarb. Die Siadt blieb uner⸗
obert, obgleich der Entſatz, den ihr ihre Landsleu⸗
te durch einen Angriff der ruſſiſchen Fahrzeuge ju
leiſten dachten, fuͤr die Unternehmer ſchlecht aus⸗
fiel. Denn als die Ruſſen ſich dieſen Feinden, die
ifre Macht aus den Städten Sobi, Kuld (einige
halten diefe beyden für ‚eine einzige Stadt Sobikul),
Tſchelmata und Torſchesk gefammelt hatten, herz
haft entgegen febten ; fo trieben fie dieſelben in die
Flucht, woben außer den Erfchlagenen in "dent Ger
fehte und dem Nachfegen über 1000 Mana dur
Umftürzung der Fahrzeuge, in welden ſie ſich zu
retten ſuchten, in der Wolga umkamen. VDoch be⸗
ſchloß Wſewolod dieſen Krieg mie Ehren; "weil
die Bulgaren, nachdem er: zehn Tage ſeine Bela⸗
gerung der großen Stadt forigefeßt Hatte, deni &tics
den bey ihm fuchten, und die Ruͤtkgabe aller in ihs
em Lande: befindlicher Arfangener Buffen : bereinigt
ten. "Das Regiment fAnes Schwagers aber miß⸗
fit den Nowgorodern fo -fehr, daß der Sropfärft
rathſam achtete, ſelbſt ihr zu befehlen, dasfelde
nieder zu legen, und zu thin‘ zuruͤck zu Fommen, wor»
auf die Nomgoroder ihre Augen auf das Gebluͤt
der: Fürften von Sinolensk richteten, und aus dent
felben Mflislawn zu ihrem Fürften wählten. Sıki
J. 1185 am ı5ten April erlitt Wſewolod einen
‚großen Schaden, indem eine Feuersbrunſt in ſei⸗
ner Baupiſtadt entſtand, die beynahe die ganze Stadt
uud in ihr 3. 2 Sirhen nebſ der Haupt « oder Ra
\ D 2 .
1185
= sis‘ Erſter Abſchnitt. Anfang
rienkirche, in welcher alle Koſtbarkeiten mit im Rauch
aufgingen, verzehrte.
Verfſchiedene Hingegen unternabm der Großfuͤrſt Swaͤtos⸗
—— (dw von Kiew einen glüdlihen Kriegszug wider: die
een enigen Polowzer. Ob aber wohl das Heer, mit welchem
ruffifhen er ind Land. diefer Erbfeinde der ruſſiſchen Länder.
— ging, ſehr zahlreich war, indem fih außer vielen
zer. mit Ihrer eigenen Mannſchaft dazu geſtoßenen Fuͤr⸗
fen auch Huͤlfsvoͤlker aus Halitſch, Wolodimir,
Volhynien und Luzk dabey befanden; fo ermarb fi
doch der über den ruffifhen Vortrab, deu 2500
Pe ann and Berendier ausmachten, befeh⸗
ende Wladimir, Bljebs Sohu, dein die Ehre -
davon. Dean er erBüßute fi mit diefer Hand voll
| Srute am ;goften Julius das ganze große ‚Heer der
— Polomger, deſſen Staͤrke einiger Maßen daraus ab⸗
genomuren werden Mag; daß 417 polowziſche Fürs
ſten dabeh waren, anzugreifen, und jagte Durch ſei⸗
ve Herzbaftigkeit allen dieſen Feinden eine ſolche
Zucht ein, daß fie nad einen ſehr Furzen Wider
. Ayınde ſfaͤmmtlich die. Flucht ergriffen, auf welcher
bil Rufien. 16 Zürsten, nach dem koͤnigsbergiſchen
Meſtor geoo, nach dem. Soͤtſcherbatowo abet gar
yova-Mana zu Gefangenen machten. Dieſer von
Mladimirn in dieſem Feldzuge ‚bloß durch ſeinen
Muth fo leicht erworbene Ruhm reizte die Fuͤrſten
1186. von Rowgorod⸗ Severski im folgenden Jahre 1186
gleichfalls einen Heerzug gegen die Polowzer zu
unternehmen. Da es aber gar zu lange waͤhrte,
ehe die Mannfchaft aus den entlegenfien Gegenden
» berbey kommen konnte: fo wagten ſich die Polowzer,
welche bereits ſich verfamptelt hatten, in Meinung,
‚es ſey beſſer, einige Gefahr zu laufen, ols eine .
‚weitläuftige Strede ihres Landes durch die Kuffen
frey auspländern und verbeeren zu laſſen, den Ruffen
des rufſſchen Seien. | 213
eine Schlacht anzubiethen, wurden aber uͤberwunden,
worauf die Ruffen ihnen auf dem Fuße) bis nah
den Wohnfigen, in welche zu kommen fie gedacht hat⸗
ten, nadhfegten, und außer den Weibern und Kinderm,
die dabey in ihre Hände fielen, fo viel Kriegsmänner
erfchlugen oder zu Gefangenen machten, daß fiber
‚ aus wenige zu dem großen Here, welches fih mitt
lerweile an dem Don sufommengegogen batte, eut⸗
rinnen Ponnten, Beym Empfang diefer unglüdlichen
Beitung befchloffen die Polowzer, aus welchen dies
ſes große Heer befand , noch immer fo viel Hante
fhaft, als nur möglich, an fih zu zieheh, den Rufe :
fen nicht näher entgegen zu gehen, fondern bier zu
verbleiben, und, wenn nun die Ruſſen näher gegen
fie aurüden würden, in den dürren Steppen durch
berumfchwärmende Partehen fie unaufbörlih anzu⸗
fallen. Bon dieſem unaufhoͤrlichen Streite, Durft
und der gewaltigen Hihe waren im ruffifhen Heere
fowohl die Menſchen als die Pferde ſchon aanz abe
gemattet, als fie den Fluß erreichten, wo die ganze
Macht der Polowzer Rand, Diefer Fluß war diel⸗
Ieiht der Don, wie Dlugoß bey Erzaͤhlung dieſer
Begebenheit ſagt. Da nun bey ſolchen betruͤbten
Umſtaͤnden den Ruffen nothweadig ſchon aller Muth
finken inußte, fo fiegten die Polowzer ohne einige Muͤhe
und Gefahr, und erſchlugen fa alle KRuffen. Ei⸗
nem. vorüber seifenden Kanfmanne riefen fie gun:
er möchte mit der Bothſchaft zu feinem Brüdern
geben, daß die Polowzer bald zu denfelben kommen
würden, die bey ihnen in Befangenfchaft- Iebenden
Landsleute abzuholen.
- So viel Häufer. aber auch in Rußland dieſes
uUngluͤck wegen des dabep erlittenen Verluſtes naher
Verwandten beweinen mußten; fo konute doch der
%
814 Erfter Abſchnitt. Anfang
Groß fuͤrſt von Kiew noch cin fo Jahlreiches Sea |
von eigenen Kriegsvölfern und, wehrhafter Mann»
ſchaft feiner Bundesgenoffen, zuſammenziehen, daß
er dasfelbe ſtark genug achtete, die Polomzer in
ihren Wohnfigen aufzufuchen. Bey allem Praflen,
. das fie von dem ben Ruffen zugefügten Schäden
machten, wagten fie fich nicht , feine Ankunft die:
feit3 des Dons zu erwarten, fondern gogen ſich,
fo bald fie von derfelben hörten , in größter Ge:
ſchwindigkeit über denfelben zuruͤck, und der Groß⸗
fürft von Kiew ließ darauf fein Heer wieder aus ein
“ander geben. So bald aber die Polowzer von der
Furcht befreyet waren, die ihnen dieſe Kriegsmacht
erweckt hatte, kamen fie unvermuthet wieder ind
zuffifche Gebierh , und nahmen alle Städte in der
Sula ein. Bey Perejaslam aber trafen fie folde
Gegenwehr an, dab fie fih den ganzen Tag ber
—umſchlugen. Zulegt fingen‘ doch die Rufien on,
durch die Menge ihrer Zeinde in Gefahr zu gera⸗
Shen, und ihre Niederlage würde vermuthlich vie
Ueberwältiguug der Stadt Perejaslaw, deren Ber
Sheidigung auf der Mitwirkung diefer jegt im Strei⸗
te wider einen Aberlegenen Feind verwidelten Bil
kerſchaft beruhete, nach fih gezogen haben. Diele
‚ Betrachtung und ein edler Eifer, feine nothleidenden
Unterthanen zu retten, bewog den Fuͤrſten Wla—
dimir, ihnen mit weniger Mannſchaft aus der Stadt
zu Huͤlfe zu kommen. Aber die Anſtreugung aller
feiner Tapferkeit hielt der zu überlegenen Macht
der Polowzer nicht das Gleichgewicht, fondern er
ward von denfelben auf allen -Seiten umrungen,
und wuͤrde, da er ſchon mit Spießen drey Wunden
‘empfangen. hatte, dem Tode oder der Gefangenſchaft
wicht entgangen feyn, wenn. nicht die ſaͤmmtlichen
- Einwohuer aus der Stadt einen Ausfall gethan,
des ruffifchen Neiches. ° . _ ag
and ihn den Händen der Zeinde entriffen hätten, ,
Da es aber der Polowzer Werk gar nie war, ſich
mit befeſtigten Städten, deren Einwohner fo ent⸗
ſchloſſen ſchienen, fich in denfelben aufs. dußerfie: zu
vertheidigen, abzugeben; fo benahm denfelben die
fer Verſuch der Zapferkeit der Perejaslawer die
Luft, ihre Stadt anzugreifen, und fie dachten in
dieſem Feldzuge genug gewonnen zu haben, daß ſie
in völliger Sicherheit eine auſehuliche Bente in ihre Ä
Heimaih bradisen. Weil aber bald. darauf einer von , .,
ihten vornehmfien Gefangenen, Zir Igor von >»
Nowgorod⸗ Seversfi, ihnen entwifchte; fo. mußten,"
alle übrigen gefangenen Fürften es entgelten, indem
fie zur befjeren Bewahrung geſchloſſen und. härter
gehalten wurden.
Dem Großfuͤrſten Wfe wolob, welcher durch: Der Groß:
ausgefandte Kriegsvoͤlker die Bulgaren fürden Bruch fürſt Wſewo⸗
ihrer ihm in dem. neulichen Friedensvertrage geleis —
ſteten Verſprechungen zuͤchtigte, gab die Ungeredp. mit dem Für⸗
tigkeit Romans, des Fuͤrſten von Reſan, aufs REHe (an —
etwas zu ſchaffen. ‚Denn dieſer fand wieder Mittel, führen.
zwey feiner Brüder, Igor und Wladimir, zu bere⸗
den, mit ihm. zue Unterdrüdung der andern benden, >
Wſewolod und Smwätoslam gemeinfbaftlice Sache
zu machen, wozu fie den Entwurf machten, daß ſie
dieſelben verfiellter Weife zu einer freundfchaftlichen.
Unterredung Iuden, um fi fo ihrer bemächtigen zu.
können. are die Eingeladenen merkten ihre Ab⸗
ficht, und fegteh daher, ſtatt Ach zu diefer Unterres
dung einzuſtellen, den haltbarſten Ort ihrer Befir
tzungen, Pronsk, in beſſeren Bertheidigungsftand,
und fpraden, 8 darauf Roman und defien Hel⸗
fer gu offenbaren Gewalt wider fie ſchritten, und
nah der Bemädhtigung der ganzen umliegenden Ges .
6 Erſter Abſchnitt. Anfaug
gend Pronsk belagerten, den Sroßfuͤrſten wie
wolod um Rettung an.
Der Krieg mit dem Fuͤrſten von Refan eu⸗
digte fih erſt nach mehreren Verſuchen, die der Groß⸗
fuͤrſt Wſewolod zur Beylegung des Bruderzwi⸗
ſtes machte, mit der DVerhterung des reſaniſchen
- Geäebiethes.
Wfewolod Der Sroßfuͤrſt fe wolod befeſtigte inzwi⸗
—— ſchen fein hohes Anſehen in allen Staaten des rufe
haupeung ſiſchen Reiches immer mehr. Dan als Swaͤtos⸗
des@roßfür: law ım Sabre 1194 durd fein Adfterben den groß.
. —— fuͤrſtlichen Thron zu Kiew erledigte; fo beſtieg den
deſſen Mit: ſelben Rurik. Zu dieſem ſchickte Wſewolod
and, Bey⸗ Geſandte nah Kiew‘, welche von Ruriken das Ge⸗
Bus ſtaͤndniß abnabmen, daß er mit Genehmigung des
Großſfuͤrſten Wfewalob, deffen Recht als Aelteſten
des großfürfilihen Stammes er anerfenne, fih auf
diefen großrürftlihen Thron geſetzet habe. Die Für-
- Ren don Tſchernigom, aus deren Stamme der ver.
ſtorbene Swaͤtoslaw gewefen war, ſahen es aber
nicht gleichguͤltig an, daß ein Fürſt Aus einem au⸗
dern Stamme Kiew befam, und fie: ausfchloß, Die
doch, das naͤchſte Recht zur Nachfolge in diefem Fuͤr⸗
ſtenthume zu haben vermeinten, und machten Aus
ſtalten, diefen ihren Anfpruch mittelft der Waffen:
geltend zu machen. De Großfuͤrſt Wſe w olod
Dachte , es erfordere fo wohl feine Ehre old fein
Stoatsnngen, dag’ er Ruriken helfe, um fih im
Befige von Kiew zu erhalten. Er both daher au-
Ger den unmittelbar unter feiner Herrſchaft ſtehen⸗
den Untertbanen die Rowgoroder auf, um die tſcher⸗
nigowiſchen Zürften zu zwingen, fi diefes Anfprus
des zu begeben, mit einem zahlreichen Heere zu
feinen eigenen Kriegsvoͤlkern zu ſtoßen. Die Now⸗
.goroder gehorchten; aber die Nachricht von ihrem
des euffifchen Reiches. 17
Aufbruche verurſachte, daß der Fuͤrſt von Zichernte
gow, Jaͤroslaw, als Haupt der rurikiſchen Gegner,
kb gegen Wſewoloden aͤußerte, daß er fich über
dieſe Angelegenheit gütlich mit ihm fupen wolle,
und Wſewolod, der aus diefer Erklärung Jaͤros⸗
laws Ab Hoffuung machte, ohne Schweriſtreich
mit demſelbem zur Einigkeit gu kommen, ertheilte den
nowgorodiſchen Kriegsvoͤlkern Befehl, wirder zurüd
und aus einander zu geben, Allein da Jaͤroslaw
vernahm, daß er für jezt von den Nowgeroderu
nichts zu befürchten habe, und er auch im Kriege wie
der die Smolensker als Verfechter der Sache Ru«
rits verfhiedene Vortheile erlaugı hatte ; fo ſetzte er
den Krieg mit allem Eifer fort. Diefes bemog ben
Großfuͤrſten Wſewolod, im Jahre 1196 auft
nene fo viele Kriegsvölker, als er nur erlangen konn⸗
te, sufammen gu ‚bringen, auch die Polowzer mit
feinem Heere zu vereinigen, umd den Nowgorodern
zn befehlen, daß fie ihre Kriegsmacht zuſammenzie⸗
ben , nud mit derfelben nah Luki gehen ſollten.
Doch wollte der Großfuͤrſt Wſewolod, alt
Xurik Kiew erlangte, nicht gang leer ausgehen, und
ließ in diefee Geſtunung demſelben fogen, daB, da _
Rurik ſelbſt fein Recht, das er als Aelteſter dei
großfürftlichen Stammes befige, anerfannt habe, ihm
anftreitig vor allen andern, denen Ruril etwas von
den kiewſchen Staaten, um fie megen fhrer billigen
Forderungen zu befriedigen, gutwilig abgetreten ha⸗
be, fein Theil davon gebühre, und aus diefer Urfa«
he Rurik ihm Torſchesk, Tripol, Rorfun, Bogns⸗
law und Kanew geben ſollte. Rurxik befand fich gu
ſchwach, fih durch eine abſchlaͤgige Antwort Wfes
wolods Unmillen zuzuziehen. Allein da derfelbe
eben ſolche Orte von ihm haben wollte, Die Rurid
(don feinem Schwiegerſohne Roman Mfiisfa-
1197,
N
%
*
213 Erſter Abſchnitt. Anfang
witſch und zwar unter der eidlichen Verſicherung
abgetreten haste, diefelben bey Romans Lebzeiten aus
feinerleg Urfache bemfelden mieder zu entziehen; fo
verfuchte er, ob er nicht Wfemwoloden uͤderre⸗
den Pönnte, für dieſe Städte andere anzuneh⸗
men. Allein Wſewolod beharrese fo fehr auf dies
fen Städten, daß er Rurifen mit Krieg bedrohete,
falls er ihm dieſelben nicht ‚abtreten wollte. Ru
rik, der jegt in der Klemme war, und den mächtigern
Wfemwolod nicht beleidigen durfte, ' wollte mit
feinem Schwiegerſohne einen Accord treffen, und
ihm für die lebenslaͤnglich zugeſagten Städte ande
re geben oder mit Geld vergüten ; allein dazu wol,
te ih Roman nicht verfichen, und Tündigte feinem
Schwiegervater den Krieg an. Eine beyderſeitige Aus⸗
föhnung ſtellte nachmahls die alte Freundfchaft wieder
ber. Bon nun an wurde Rurik von verfchiedenen Geg⸗
‚ nern angegriffen, und oft aus Kiew verdrängt.
Homan, Kur. Um diefe Seit vergrößerte fih der Schwieger
riks Schwier ſohn des Sroßfürften von Kiew und Zürft von Wla⸗
gerfohn, dimir in -Wolhpnien, Roman, dur Erlangung
Ger Macht des Fuͤrſtenchums Halitſch, welches ihn’ durch das
en Anſe⸗ gihſterben des Fürſten Wladimirs zufiel. — Ber
ſchiedene ruſſiſche Fuͤrſten wandten ſich an den Here
zog non Krakau, Leßek, old Lehensherrn dieſes Fuͤr⸗
ſtenthums, um dasſelbe von ihm gu erhalten, ob⸗
gleich der erwaͤhnte Roman , welcher nad dem Er⸗
Idäuterer des Kadlubek ein Bruder, nach dem Din
906 hingegen ein Bruderfohn des Verſtorbenen wat,
als naͤchſter Verwandter das Recht: zur Nachfolge
harte. Die Halitſcher felbft glaubten, bey gegen-
wärtigen Zeitumfländen am beflen zu fahren, wenn
der Herzog von Krafau ihr Fuͤrſtenthum Poplen eins
verleibte, und viele pohlniſche Große (handen in den
Gedanken, dag man die Gelegenheit, ein fo ber.
2
des ruſſiſchen Reiches 2109
traͤchtliches Land mit pohluiſchen Staate voͤllig
zu verknuͤpfen, nicht verabfäumen müffe. Aber end:
lid uͤberwog die Betrachtung der Nahen Verwandt ·
ſchaft Romans mit Leßeken, der Schande, welche
man fich zugichen würde, wein man ihn für To
viele getreue Dienſte, die er Leßeken geleifter, feis
nes Eigenthums berauben würde, und der Gurt,
ihn durch eine folde Beleidigung fo aufzubringen,
daß er, der bisher. ald ein guter Lehensmann den
Pohlen fehr nuͤtzlich geweſen, nun fi in einen er⸗
grimmten und gefährlichen Feind verwandeln koͤnn⸗
se. Weil man übrigens ſowohl die Widerfeglich-
keit anderer ruffifichen Fuͤrſten als den Haß der Ha»
Iitfher gegen Roman Fannte, fo befchloß Leßek, die⸗
fen mit einem poh'niſchen Heere in den Befig von
Halitſch zu fegen. So bald diefes Hrer den halit⸗
ſchiſchen Boden betrat, kamen ale Häupter der Ha⸗
litſcher Leßeken entgegen , und bathen 'ihn unter
Berfprechung einer ewigen Treue und einer überaus
reihen Schagung , fie unter feine unmittelbare Bes
berrffung aufzunehmen. Als Leßek ihnen diefes
%
abfhlug, und darauf beharrete, daß fie Romanen
für ihren Zürfien erfennen follten ; fo verfchloffen als
le Städte dem pohluiſchen Heere die Thore, und
mußten mit Gewalt bezwungen werden. -Rach der.
Bemähtigung der näher gelegenen Städte erreich⸗
te dasfelbe endlich die Hauptftadt Halitfch, vor wiel-
her fih ein fo großes Heer verfammelt hatte, daß
es fich getrauete, die Pohlen zu einer Schlacht auf⸗
jufordern. So bald aber bdiefe Ruffen nur wahr
nahmen, daß die Pohlen ihre Anſtalten zu einem
Angriffe machten, fo zerfireueten fie fih augenblick
lich, und bathen durch Abgeordnete Leßeken, ihnen.
zu vergönnen,, daß fie ihm Zriedensvorfchläge vor⸗
tragen möchten. Leßik willigte darein, und nun
er’
see Erfker Abſchnitt. Anfang
perfischten fie nochmahls, durch das Anerbiethen ei
ner überaus anfehnlichen Aasun. an Bold, Sit.
ber , Edelfieinen , koͤſtlichen Gefäßen, (dönen Klei⸗
dern und andern Koſtbarkeiten Leßeken zu bewegen,
fie zu feinen unmittelbaren Unterthauen zu maden,
und fuͤgten hinzu: wenn ihm diefes Anerbierhen zu
greing ſchiene, fo möchte er es erhöhen, fie wollten
alles gern geben JB wenn fie nur mit der Herrfchaft
des von. ihnen mit größtem. Rechte verabſcheueten
« Romans verfchont blieben, Aber alles half nichts,
denn Leßek übergab Romanen deu Berg dieſes Fuͤr⸗
Benthumg, und empfing von ihm als feinen Lebens.
manue ben Eid derTreu. Eine Beit lang ſtellte id Xo⸗
man zwar als ein guddiger Fuͤrſt, um dur diefe
Beihen feiner Güte die, melde fih ſchon in fehr
sahlreiher Menge aus Furcht vor feiner befann-
sen Gemuͤthsart, und daß ihn die Ehrſucht zu Ges
waltthaten, der Geldgeiz hingegen zu Raͤubereyen
und Erpreffungen antreibe, und zwar zum Theil mit
aller ihrer Habe eutferns Hatten, wieder herbey zu
locken, in welder Ahficht er verſchiedenen dieſer
Weggegangenen höhe und einträglihe Bedieaungen
verheißen ließ, und diefe Verheißungen bey ihrer
Ankunft wirklich erfüllte. Wie er dadurch feinen
Zweck erreicht harte, uud fich Peiner eines Uebels
verfabe, fo södtete er alle Reichen und Mächtigen durch
vielerleg qualyolle Zodesarten. Daraus machte er
ſich eine foldhe Ehre, dag er zum Spruͤchwort oͤf⸗
ters im Munde führte: Man kann den Honig nicht
‚eher recht fiher genießen, als bis man den ganzen
Bienenſchwarm erfticdt hat, und wenn das Gewürz
(medien ſoll, muß es Fein gefloßen werden *). —
9 Diugoss. P. 1. pP. 570-578. Kadlubko in Diug.
PH, p. 789— 791, 809— 816. |
des ruffifchen Reiches. 4221
Seine Macht nahm dergeſtalt zu, daß Kurik1202
die tſchernigowiſchen Fuͤrſten nah Kiew in der Abe
fibt berief, Romanen durch Ueberziehung feines Fuͤr⸗
ſtenſhums Halitſch zuvor gu kommen, ehe er, der
den Großfuͤrſten Wſewo lod zum Sreunde hatte,
fie angreifen moͤchte. Doch Roman war had ges
ſchwinder als ſie, indem er, als fie fih noch zu
Kiew mit der Berathſchlagung beſchaͤftigten, mit ſei⸗
nen Kriegsvelkern den Weg nach diefer Stadt dns
trat, und auf diefem Zuge durch die Einwohner
aller Städte, die er auf diefem Wege berkihrte;, die.
Berendier und Türken, die alle freywillig fich zu
ihm ſchlugen, ſich verſtaͤrkt ſahe. Als er vor Kiew anu⸗
gekommen war, oͤffnete ihm die Bürgerfchaft das
podoliſche Thor im kiewſchen Viertel, daß er ſich alſo
dieſes Theiles der Stadt ohne Widerſtand bemaͤch⸗
digen konnte. Nun mußten bie in. der Oberſtadt
ficb aufhaltenden Fürften -feinen Antrag annehmen,
ich zu ihm zu begeben, uud nach geleifterent Fries
denselde, dur den fie fih anheiſchig machen ſoll⸗
ten, die Verfügungen, welche er mit Einverſtäͤnd⸗
nis des Großfuͤrſten SITE wdlod mit Kiew trife
fen würde, nicht zu ſtoͤren, Kiew dergeſtalt zu
räumen , daß die Olgowitſchen in ihre —*
ziehen, Rurik hingegen in ſein Eigenthum Wrur⸗
ſchai gehen ſollte, indem Roman die Regierung über
Kiew Jugwarn, dem Sohne Jaͤroslaws, Eines
Sohnes des Großfuͤrſten Ißbjaͤßslaws II. „boch mit
der Abhängigkeit von Wſewoloden und Ro—⸗
man, der nad ‚einer wahrſcheinlichen Vermuthung |
entweder gegenwärtig den großfuͤrſtlichen Titel ‘ans
nahm , oder vorher ſchon angenommen hatte, uͤber⸗
lieferte. Darauf unternahm Roman einen Feldzug note
der die Polomzer, aus welchem er eine auſchuliche
Beute und viele durch ihn befrepete Epriften in fein
-
N
1283
1203.
*
—. Erſſer Abſchnitt. Anfang
Land führse. Doch murden die Polowzer dadurch
gar nicht geſchwaͤcht, da fie in ungeheuerer Menge
gegen Ausgang diefes Jahres fh mit Kurifen und.
den Olgowitfhen vereinigten, und mit denfelben
vor Kiew rüdten, welcher Stadt fie fih am aten
Januar 1203 mit Gewalt beihächtigten, und darauf
ſowohl in derfelben als in der ganzen weitläuftigen
Gegend, des ruſſiſchen Reiches, die theils das Haupt⸗
heer, theild ausgefendete polomsifche Partepen bes
ſuchten, fo viel Unglüd anridteten , als ſeit Be⸗
kehrunug der Ruſſen nicht geſchehen war, "und bie alte
Hauptſtadt des ruſſiſchen Reichs in dein klaͤglichſten
Zuſtande verließen, indem fie nicht uuralle Haͤuſer
und Kirchen auspluͤnderten, alte und’ ſchwache Leu»
te, die fie nicht der Mühe werth Ichdsten. ju Se
fangenen zu machen, toͤdteten oder verſtuͤnmelten,
| and alle übrige Menſchen, "die fie zu benußen ver⸗
meinten, ohne Unterf&ied. des Standes, Geſchlechts
und Alters , als Bojaren; Bürger, Plieſter, Moͤn⸗
che, Nonnen, Frauen ſogar Saͤuglinge, in die
Selaverep mit ſich wegfuͤhrten, und vor ihrem Ab⸗
zuge die, ganze Stadt ausplünderten. Diefer von
den. Polowjern in. Bereinigung. mir Kurifen und
den Olgowiiſchen angerichtete große Schaden bewog
Ronlanen, daß er dahin trachtete, Ruriken und die
Olgowitſchen auch mit einigen Aufopferungen zur
Errichtung eines Friedens ſchluſſes und aufrichtigen
Freundſchaftsbundes mit ihm und dem Großfürften
Wſewolod zu vermögen. Daher erboth er fich
ſawohl gegen Rurik als gegen die Olgowitſchen,
beyden als Vermittler einen guten Vergleih vom
Großfürften Wſewolo d, dener ‚nad feinem Aus»
drude als Vater und Herrn ehrte, auszuwirken,
und zu verfhaffen, dag deifelbe Ruriken Kiew zu⸗
des ruſſiſchen Reiches, 229
rckgaͤbe, welches er, da fie dieſen“ zu ihrem eigen
nen Vortheile aereichenden Antrag genehmigten, 1204
in Erfürnng Beachte. Nach diefer getroffenen Ver⸗
einigung leiftele. 1205 Rurik feinem ausgeſoͤhnten
Feinde Roman MWefelfihaft in dem Kriegszage
den derſelbe :mic: dem Fürften Jaͤroslaw und ver
ſchiedenen andern Fuͤrſten wider die Polbwzer Uns
ternahm, in welchem fie eine fehr große Beute mach⸗
ten, vud nisch nah Rußfand führten. Da abe
nachher Rurik und Roman über gewiffe: Angelegen⸗
beiten fig zu :Bripol untertedeten, und Rurik ſolche
Forderungen: machte, die Roman nit: zügefichen
konnte, ſo verfielen beyde 008 -öner: freundſchaftli⸗
hen Berathſchlagung auf heftige Bormürfe, da ugs
ter andern Roman Ruriken beſchuldigte, ba :er
dur Herbeyrufung der Polowzer bee Urheber als
led _des großen Unglücks ep‘: welches diefe-usgida-
‚bigen "Feinde in Rußland: angerilhfer.: hätken:, dd‘
‚darauf fich deſſen Perſon bemächtigte, ihn nach KDiew
führte, wo er ihn geeang ;' in den Moͤnchsſtand,
feine Semabhlinn aber nebſt der: vorher au ihn, Ro⸗
man, verheirathet geweſenen und nun: verſtaßeren
Tochter, in den Nonnenſtand zu treten, Roftislawa
hingegen und Wladimirn, Ruriks Soͤhne, als feine
Sefangenen mit ſich nah Hafitfih ihrte: Der@roßfürft
WfemoLod beiruͤbte fi ſehr uͤber diefe vonRomanen
an fo nahe mit ihm, Wſewolod, verbundenen Per:
fonen verhdten Beleidigungen, wollte aber dod, eheer
ihrentwegen. einen Krieg mit Tomanen anfinge, vor⸗
ber verſuchen, od er nicht durch? Vorfiellungen das
bey ihm zu erlängen vermödte, was er in diefer Ane
gelegenheit auszurichten begehrte. Roman fegte auf
fein Anhalten beyde Söhne Ruriks in Frepheit und
bewilligte, daß einer derfelben, Roſtislaw, WI fe
1204.
2 Erſter Abſchnitt. Anfang
wolods Schwiegerſohn, ben Thron an Sim ‚bes
Reigen Böunte ")., ln mi
- , Bad. mahreres Streitigkeiten. mit dem yohlnie
Ian Herzoge daßek, ward diefer gegwungen, Ro⸗
manen feindlich gu behasdeln; er gab ihm dem Nah⸗
men eines Vereäthers und Uebirläufers, dem a
aicrö ſchuldig ſey. Diefer harte Votwurf kraͤnkte
den Fürften Roman ſo, daß er ſchwur dieſe Belei⸗
DSizung nicht war au den Poblen, ſondern an. der
geſammten lateiniſchen Kirche zu ahnden, und die
selbe , fo weit er nur mit feinem Hece kommen Eins
me, nicht nur in Yablen, fondera auch in dem ent
Aedenen Deutſchland durch Schwert und Feuer audi
erotten, und wenigſtens drey volle Jahre Verhee⸗
zungen in den Laͤndern der Lateinte anzurichten =
, Nagderr Leßek erkannt hatte, daß er alle Ge⸗
handen zu einem Vergleiche mit: Reiten aufge⸗
dan wüfe, und beßbwegen augefangen hatte, Kriegs⸗
‚süßer. ge. Abtreibund der feindliche: ‚Einfälle der
Säalitſcher de Melle, fo trieben: zwar dieſe Kriege»
voͤlker dftensı.die eindrechtuden halicſchiſchen Par»
wegen zuruͤck. ‚Allein dieſe Abtreibung einiger ſtrei⸗
Ramon NT “ ice
s + Da der. vohlniſche Shheifeſteller Divgef- eieies von ‚ts
fern Roman erzählt, das die ruſſiſchen Geſchichtſchrei⸗
">" ber nice berühren; fo feheinen mie die Begebenheiten,
welche biefer Diva gufammendrandt,; ‚etwas verdad-
tig zu fen, Warum ſollten die tuſſiſchen Hifioriter
Roinans Thaten verſchweigen, da fie fi doch nicht
ſcheuen, das Boſe und Gute, das Bü and Unglad
‚ihrer Ration der Nachwelt aufzubecken? Golten fie
eine fo wichtige Begebenheit, als unfireitig der Krieg
mit Leßek, beim Pohlenherzoge, ift, vergeſſen, oder nur
leicht ‚beruber haben? Die Gefchichte bleibt bis ms
ſechzehnte Jahthuudert luͤckenhaft, und unterliegt einer
fitengen hiſtoriſchen Eritik,
.
Der Herausgebet;
des ruſſiſchen Reiches. 2236
tenden‘ Parteyen rkonnten Romans Ab ſichten nicht
vereiteln. Ben derſelbe zoz cin To maͤchtiges Heer
zuſammen, un: Lublin durch eine Belagerung in
eine Gewalt zu’ bringen, und verwäſtete die ganz -
Setzend wert und breit. MB er über vor Lubliu
einen ganzen Mohailh ch aufgehalien hatte, und,
ungeachtet feiner -virfäliigen Utigeiffe, ſich von der
Hoffnung diefe Heſtang zu gewinnen, noch weit ent»
ferne ſahe; ſo Defam vr die Nachriche, daß Leßek
und deffen Bruder Conrad zu Sanbomir alle maͤg⸗
lie Manntkhaft zummimen brädten, um im Stan-
de zu ſeyn, ihnm Widerſtand thun zu können. Dieſe
Nachricht verurſahte, daß er unverzüglich demſelben
entgegen aufbrach, "ard nun alle Schritte, die er
that, dur Raub; "Mord:umd Brand bezeichnete.
Ju diefen Gedanken beſtürkte ihn die Ankunft einer
großen pohlniſchen Geſandiſchaft, die aus den Bi⸗
fhöfen Won Krakau und Ploczk und verfchiedenen Vor⸗
nehmen weltlihen Standes befland; ludem fich die⸗
felbe erklärte , falls er billige Zriedensvorfäläge
hun wolle, ihm ſolhe su bewilligen. Diefe Ge⸗
fondefhaft entließ er mit zweifelhaftem Beſcheide,
danıit ihm ja nicht Leßek entwiſchen moͤchte. Denn
auf der Meinung, daß die Pohlen ſich feheneten,
ihm entgegen zu ziehen, verhartete er fo fefl, daß er.
aufgehobene Pohlen, fogar Geiſtliche peinigte, um
von ihnen za erfähren, mo er Leßeken mit feinse
Kriegsmannſchaft antreffen Pönate Als ihm, da.
er über die Welihfel gegangen, und bey Zavidoſt
fein Zager aufgefchlanen harte‘, feine Kundſchafter
und Borpoften ein Mabl uͤbers andere anzeigten,
daß das vöblniſche Heer in Schlachto dnung, ihn
anzugreifen, heran ruͤcke; fo lachte er alle Bothen
ans, und daher geftaße es, daß dir Pohlen ibm
am ıoten Imins fo. nahe rüdten, daß, als. ihre
Geſch. Nuſl. 1. Barıd. P
0
.
2.6 Erſter Abfehnitt. Anfang.
Bogenſchuͤtzen ſchon ihre Nfeile den Ruffen zuſchid⸗
"sen, Roman auf. einem engen Plage in größter Ge⸗
ſchwindigkeit“ feine Kriegsvoͤlker gum Zreffen Bellen
mußte. Doch obgleich die erfien Blieder der Ruf
: fen von den Sohlen erlegt wurden; fo machte doch
die Menge der-Ruffen und die Aufmerkſamkeit ihres
‚Heerführers,, allenthalben , wo die. Seinigen Roth
litten, fie durch frifhe Manutchaft - zu. verflärken,
daß die Pohlen verzweifelten, anf eine andere Art
Sieger zu merden, als daß fie Romanen toͤdteten.
Das Belle für fie war, dab er in dem vorderſten
Gliedern kämpfte, und Ab durch feine Kleidung und
rRuͤſtung kenutlich machte. Die Bohlen wandten als
fo ihren Hauptangriff gegen’ den Ort, wo er fol,
und es gelang ihnen , die braveſtes Ruffen , melde
feine Perſon wider ihre Angriffe hedeckten, nad der
tapferſten Segenwehr fo. zu erlegen, daß, da er ſich
jept ſchon allenthalben von Feinden umgeben: fohr,
dabin traten mußte, wie er. durch Ergreifung der
Flucht ihren Händen entfäme, Es gluͤckte ihm nah
vielen Bemühungen, über Die Leichen feiner vor ihm
gefallenen Befhüger aus dem Schlachtfelde zu kom⸗
men, und die Weichfel zu etreihen. Statt des Pfer⸗
des, das, durch viele empfangene Wunden wild
geworden, alle Gewalt anwandte, feiner los gumer.
den, und bisher mit ihm gelaufen war, uun aber
umfiel, ergriff er eine alte Stute, mit welder et
über den Fluß fepte ; aber jenfeitd desfelben ward
er von den, den flüchtigen Ruffen bis auf die ans
dere Seite, ja bis nah Wladimir in Volhynien
nachfegenden. Pohlen nnerkannter Weife (indem er
ſelbſt vermuthlich fih abſichtlich unkenntlich gemacht
hatte) erſchlagen. — So bald die Ruſſen ihren
Zürſten das Schlachtfeld verlaſſen ſaben, tif
fen fie unverzuͤglich aus, und. liefen wie Blinde nad
"des ruſſiſchen Reiches. 225
Berzweifelte den Weg nach der Weichſel in ſo dicken |
Haufen zu, daß fie einander in das Waſſer bineins -
drängten, . Es entfamen von dieſem uͤberaus zahl⸗
reihen Heere ſehr wenige. Denn auch jenfeite
des Fluſſes wurden noch viele von den dort woh⸗
nenden Landleuten getoͤdtet oder gefangen genom⸗
men. Auch erhielten die Pohlen im Lager oder beym |
Ausziehen der Todten' eine ſolche Beute an Poll.
‚ren Gefaͤßen, Gold, Silber, Kleidern, Pferden
und Waffen, daß ſich viele davon bereiderten; fie
ſchaͤtzten die in diefer Schlacht erwordene Ehre. und.
Reichthuͤmer fo hoch, daß fie die Geſchichte derfele
ben in Lieder verfaßten, die man noch zu Dlugoſ⸗
ſens Zeiten fang. Der Koöͤrper Romans ward Ans
fange 'auf-Leßels Befehl zu Sandomir begraben,
ſpaͤter aber den Rufſen ausgeliefert, welche ihn Les
ßeken durch Befreyung aller gefangenen Pohlen und
Bezahlung von 1000 Mark Silbers oder Gri⸗
wen abfauften, und banır zu Wladimir beerbigten....
Die Halitſcher huldigten gwar: feinem: Sehne. diamond,
Daniel; allein Wſewolod & mw ätoslar die 1
witſch Zfhermmoi, oder Ver Rothe, verei⸗ now, wird
nigte ſich mit den ſmolenskiſchen Fuͤrſten, wie auch mit —B
Rurifen, dieſes Fuͤrſtenthuuis fich zu bemädtigen. Rachtig, bag
Bel Daniel ein Wiegenkind, und die Macht viel erden Groß⸗
zu ſchwach war, fih der fo vieler vereinigten ruſ- LÜrfen Don
ſtſchen Fuͤrſten die. noch. durch polswziſche Kriegs: die Wage
völfer verKärft wurden, zu widerſetzen; ſo zog vor balt,
der Ankunft dieſes feindlichen Kriegsheeres die Kriegs»
mannfhaff und die iibrigen Getrenen Romans mit
ihrem jungen Herrn nah Wladimir in Volhynien.
3 aber Leßek den Caſtellan Sulislam von
Sandomir mit einem Heere nah Rußland fandte;
fo‘ erfhredte bie Herannabung diefes dohluiſchen
Heeres fo weil die ruſſiſchen Fuͤrſten, als auch die
3 J.
228‘. Erſter Abſchnitt. Anfang
Halitſcher, und verurſachte, daß jene ſich zur Heim⸗
kehr in ihr Eigenthum anſchickten, dieſe hingegen
dem Herzoge von Pohlen ihre Unterwuͤrfigkeit durch
Annahme des Fuͤrſten, den er über fie ernennen
werde, erflärten. Der poblnifhe Herzog geboth
auf diefe Sefandefchaft den Halitſchern, daB fie den
Fuͤrſten Jaͤroslaw von Perejaslaw zur Uebernahme
ihres Fürſtenthums einladen ſollten Sie gehorch⸗
ten. Als aber dieſer Fuͤrſt ſeine Ankunft berzoͤger⸗
te, richteten fie ihre Sedanken von demfelben auf.
den Fürfien Wladimir Igorewitſch, der-aufdie von
ihnen. Biervon empfangene Borhfchaft insgeheim und
obne feinen Vorſah den übrigen Fürften zu entde⸗
den, nah Halitfch ging, und den Befis dieſes Fürs
ſtenthums ergriff, in welchem ihn auch weder feine
mitverbundenen Fürſten, noch der Fürſt von Pere⸗
jaslaw, welcher, als er vernommen hatte, daß ein
anderer ihm zuvor gekommen ſey, ſogleich in ſein
Land zurüd ging. Der pohluifche Caſtellan dachte
‘ gegenwärtig genug getban zu haben, daß er außer
andern griechiſchen Gefangenen feinem Hergoge einen
gürften, Nabmens Swaͤtos law, und vier vors
‚nehme Kriegsoberßen zuführte, die er auf defien Be
fehl binrichtete. Der Fürſt von Tſchernigow hegte
ſehr weitlaͤnftige Entwuͤrfe, die er gleich bey der
Heimkehr nad Kiew zu offenbaren und auszuuͤben
onfing, indem er mit Genehmigung verfchledener
Fürſten, die ihn auf dem balitfchifchen Feldzuge bes
gleitet hatten, Rurifen wegen des von bemfelben geleie
ſteten Möndsgelübdes des Zürftenthrones. unfähig
und verluflig erfldrie, fich fetb zum Sroßfärften von
Kiew machte, und als eine Gunftbezeigung angefe»
ben. wiffen wollte, daß er ihm und feinem Sohne
Koftisla:o Die Freyheit vergännte, aus Kiew zuges
ben, worauf Rurit fih nah Wrutſchai, Roſtislaw
⁊
des ruſſiſchen Reiches. 229
bingegen nach Wiſchegorod wandte. Daranf befahl
er dem Fuͤrſten von Perrjaslam durch bine Geſandt⸗
ſchaft, dieſes Fuͤrſtenthum zu rdumen. Diefer wider
feßte ſich, ungeachtet er den Grosfürften WW fe wo⸗
lod von. Wladimir zum Valer haste, dem :Willed
des Fürſten von Tſchernigow nicht ; er: bath Kb nut
eine cidliche ‚Berfihitung von demfelben aus, frey
gu einem Vater gehen gu können, was der Fürft
von Tſchernigow auch gewährte, und das durch feis
aen Abzug erledigte” Fürftenthun feinem "eigenen
Sohne Michael eripeilte.- Die durch diefe Gewalte
thaten des Zürflen von Tſchernigow deleidigten Fürs
ſten ließen demſelben die abgenommenen Länder nicht
lange: wudig genießen. : Denn ‘im Jahre 1207 hatte
kb Rurik durch Verbindungen mis andern Fuͤrſten
wieder: #0 verſtaͤrkt, daß er ihn zwanzt, fo wohl Kiew
als Perejastam zu röhwen, worauf er ſelbſt aufs
neue die Regierung Über Kiew übernahm, in Per
jaslaws aber feinen. Schar Wladimir "einfegte. :Der
aus Kiew vertriedene Wſewolod zog zwar nanerzüge
Thx midcelſt Verſtardungen von Fürſten feines
Haufe und von’ polswiifdeh Kriegsvoͤlkern ein ſo |
zahlreiches Heer zuſammen, daß er dasſelbe zur
Wiedervertreibung Kurifs aus’ Kiew hinlaͤnglich ach⸗
tete, Allein ob ihm dieſer gleich nicht wehren konu⸗
te, bie ganze Nachbarſchaft um Kiew zu verheeren; fo
mußte er dach von diefer Stadt nach einer dregmbchents
. lichen Belagerung fruchtlos abziehen. - Doch kehrte
ee bald vor dieftibe wieder zuruͤck, wo gegenwärtig
Kurik feine Ankunft nicht erwartete, fondern ibm
dur fein Entweichen nach Wrutſchai vergoͤnnte, ih
des. erledigten Throns zu bemaͤchtigen. Inzwiſchen
war: der Großfuͤrſt Wiſewobod von Wladimir
eudli au mit feinen Kriegsrüſtungen zur Beſtrei⸗
fung dieſes mächtigen Gegners und. Widerſachers
aa Erſter Abſchnitt. Anfang
feines gefammten Hanfes ofertig geworden. Denn.
fo wohl die. musomfchen als die refanfhrn. Zuͤrſten,
wie auch die Nowgoroder, führten ihm zahlreiche
Kriegsvoͤlker zu. Als er ober wit dieſem Hrere im
Jahre 1208 an der Oka fland; fo berichteten ihm
. Wljeb und Dleg, Wladimirswisfchen: vom Gebluͤte
der Füͤrſten von Reſan, dab ihre Obelme ; audare
reſaniſche Fuͤrſten, mis feinen Feinde Wſemolod dem
Rothen ein gehelmes Verſtaͤndutß unterhielten, wor⸗
auf er dieſelben Über dieſe Verraͤtherey zur: Rede
ſtellen ließ, und , ob fie gleich: ich durch die beilig-
ften Eidſchwuͤre von diefer Beſchuldigung zu reinigen
dachten, als überzeugt in Berhaft nehmen, aud Au-
fange noeh Wladimir, hernach aber nach Berrow
führen Heß, und darauf vor. Prousk rüdte, über
welde Stadt damabhls Kir Mibael, cin Fuürſt
vom reſanſchen Siamme und Schwiegerfehn Wſe⸗
wolods des Rothen, das Regiment führte, Dieſer
Fuͤrſt flüchtete ſich zwar bey ber Hexannahung die;
fes wladimirſchen Heeres zn feinem Schwiegewa⸗
ter qach Kiew; allein die. Einwohner vos Proust
ernannten an feine. Stelle ſeinen Auberwandton Iß⸗
jaäslaw Wledimiramitfcd- zu ihrem. Zürs
Ren, und befchloffen unser deſſen Anführung die Be
logerung des wladimirſchen Heeres aufzuhalten.
Nachdem dieſelbe zwey Wochen gedauert hatte, ver
ſuchten die Reſauer, ſich dur die Wegnahme des
Bepddes des wladimirſchen Heeres, fo ſich bey der
Stadt Olgow auf einer Jaſel befand , zu befrepen.
Doch der Broßfürt von Wladimir empfing Made
sicht von diefem Vorhaben der, Refauer, und hatte
“Darauf durch. Abfendung eines Theils des Belage⸗
rungsbeeres feine zur Bedeckung dieſes Gepaͤckes bin
terlaffenen Kriegsboͤlker fo ſehr vermehrt, daß, als
sun Die Reſaner zu deſſen Wegnahme berbepfamen,
: des ruffifchen Meiches. 231
fie gefchlagen und nach Wefan zu lichten genoͤthigt
wurden. Dieſe Niederlage der Reſaner bewog die °
Pronsker, ſammt ihrem Zhrken bep dem Broßfüre
ſten Gnade und Berzeibung: gu ſuchen, die er ihnen
durch Ablegüng ihres Treueides und der Ueberliefe
sung der Gemahlin des gefluͤchteten Färften Kie
Michael widerfahren ließ. Diefe Mebergabe von
Pronsk verfhaffte ihm die Freyheit, feine Waffen .
zur Bezwingung der Stadt Refan anzuwenden. Al.
- Sein die Einwohner dieſer Stadt. verzweifelten. fo
ſehr, daß fie ſolche wider feine Swalt würden ver
theidigen koͤnnen, daß fie‘ durch ihren Biſchof Ar-
fenins fi. um die Verzeihnng ben ihm bewarben,
nnd , als fie dieſelbe erhielten, zum feſteſten Bewei⸗
fe. ihrer Aufrichtigkeit bey der ihm jegs gegebenen.
Berfiherung ihrer Ergebendeit, alle bey ihnen ha⸗
benden refanfhen- Fuͤrſten in Verhaft nahmen, uud
- Bfewoloden zuſaudten, auch deſſen Sohn Jaͤros
law auf fein Verlaugen für ihren Füͤrſten erkaun⸗
ten. Da nun auch Rurik diefe: Wertbeilung der
Maht Wſewolods des Rothen genupt, und fi wie⸗
der des kiewſchen Throns bemaͤchtigt hatte ; fo glaube
te der Grogfürft von Wladimir, Den bey der Un⸗
ternehmung dieſes Feldbzuges geſuchten Zweck er⸗
reicht zu haben, und: entlieh alle dazu .gebrandten
Kriegsoölter in ihre Setmath.. Dabey brzeigte er J
den ihm in demfelben:fehr nuͤtzlich gunschaen: New.
goroderm durch reihe. @efihenke und. Benchinigung
ihrer Geſuche feige Erkenutlichteit. Denn da.diefe
fi über Verſchiedenes im Betragen feines: Sohnes,
ihres gegenwärtigen Fuͤrſten Gonftautin, beſch wer⸗
ten, beſtaͤtigte er ihnen alle von vorigen Fuͤrſten ers
baltenen Serechtfamen, vnd verſprach, ſtatt des ihnen
miß faͤlligen Conſtantius, dem er durch das Fuͤrſt en⸗
thum Roſtow eine andere Berforgung gob, wenn ſie |
32 Erſtoer Abſchnitt. Anfang
ſelbſt in. vöBiger Frebbeit. ſid die aebuͤbreude Ber
rechtigkeit für Die unter Cauſtantias Regierung ge⸗
ſchebhenen Eingriffe im ihre Rechte: und Erepheisen
verſchafft, und alles ihnen Nachtbeilige in Ordauug
gebracht. haben wuͤrden, ihren vorigen Fuͤrſten Swaͤ⸗
toslawm, wieder Me. Regierung ‚uber fie zu führen,
guzufenden ;.behiele auch ihren Bopgbaud, Dmiteri
Sırjelin, nebſt fieben anders ongefehenen Maͤn⸗
nern bey ſich ia Verwahrung; weit fie dieſelbeg als
Mſtislaw
Mſtis la⸗
witſch vers
+ geeibe den
Sohn des
Großfuͤrſten
Wſewolod,
Swaͤtos⸗
faw, aus
Nowgorod,
Haupturheber aller der Dinge, warüber fie fh be⸗
klagten, aicht "unter ſich dulden mollten.
HS darauf. Sw dio s14w. zu Nowſorod ae
langte empfing ihn: die Bürgerfhaft- is, allen Zei⸗
ben einer .aufrichtigen. Ergebenheit, und bändigte ihm
‚Die für ihn aufbetwahrsen Taͤfelchen getreu ein; cr
hiugegen befriedigte fie ſogleich, als fie bey ihm an⸗
ſuchten, no: einige Perfonem als Mitgenoſſen der
beftraften Verbrecher mit gleicher Strafe gu belegen,
indem er: dieſelben zur fiheren. Verwehrung au ſei⸗
neh Barer ſchickte, und’ alles ir Bermögen eingier
bean li, . :.
Nichts deſto weniger. wäßrte feine Kesirung
über Nowgorod ‚nur. eine furge. Zeit: Dena,der -
Fuͤrſt Mflsiew.. Mſtislawitſth, ein Enkel des im
Sabre 1166 verſtorbeuen Großfuͤrſten Roſtislas von
Kiew, bemaͤchtigte ſich der Stadt Torſchok, und
ließ dareuf den: Nomgorodern anzeigen: er komme
nicht als: Feind ie ihr Gebirth, ſondern in der Ab⸗
ſicht, fie wider die lauge ‚erittenen Bedrädungen
ihrer Zürfien zu beſthützen, und ihre alten Rechte
nnd DBerfaffungen wieder herzufiellen. Diefer: fein
Autrag gefiel den Nowgorodern fo fehr, daß fie den
Schluß machten, ihren jegigen Zürfen Swaͤtoslaw
in dem erzbiſchoͤflichen Hofe feflgufegen., und Mflie»
lown zu Ihrem Bürfien gu beruſen. Diefer Behte
des ruſſiſchen Aeiches. 233
ßch auf bicen Ruf gleich bey ihnen ein, und fegte
ih unvergüglih in Kriegsuerfoffung,. um feinen Bes
hs wider die vergnthlihen Werfuche zu handhaben,
die Wſewolod mis gemaffneger Hand zur Befrepung
ſrines nerhafteten Sohnes. und gu deffen Wieder⸗
berßellung auf deu nowaorobifchen Zürftenhubl mar ,
chen könnte, So fehr aber. auch Wfewalad-diefes
in Thun münfdte; ſo mthigte ihn doch die Erwägung,
daß, er. bep feinen. gegenwärtigen. imfäuden ſchlebte
Hoffnung habe, durch Bekriegung der: Nowgptoder
etwas quazurichten. Er hielt Daher nur alle in feinen
Ländern ſich aufhaltenden Npwgoroder mit ihzen Guͤ⸗
fern uad Wagren in der Abſicht an; um die Erler
digung feines ‚Sohnes von Mſtislawn und den Nom
gorodern.fih zu verſchaffen, durch. welches Mittel er
auch des geſuchten Zweck erhielt. Mſtislaw, der
wegen dieſes Friedensſchluſſes und durch die Umſtaͤn⸗
de, welche des Großfürfien abhielten, ihn zu bekrie⸗
gen, vor einem feind lichen Angriffe desſelben ficher
wor, ſuchte im. Jahre 1209 bey feinen neuen Ungtere 1209,
thanen durch einen Feldzug wider einige. tichudiſche
Boͤlkerſchaften, welche durg haͤufige Ueberfaͤlle den⸗
ſelben großen. Schaden zufügten, Ruhm und Liebe
gu geminnen, welches ihm auch bey feiner doppelten
Unternehmung, umd zwar durch eine wider die tſchudi-⸗·
ſche Landſchaft Torna, wo er ‚viele Beute machte, und.
durch Die andere wider Obempeh, “os feinem. Wun
ſche gelang. | _
Kaum Batte ſich der Broßtürf Wſewolod ons Verfolze der '
Kefan wegbegeden; fo mahten die Einwohner diefer Degebenbeis
Stadt mit einem Fuͤrſten ans dem Geblüte Derjenie y... Megie:
nen, die ſie vor wenigen Tagen in des Sroßfärfken rung Wſe⸗
Gefomgrafipaft lieferten, nämlich mit Sljeb Ihe gern,
j&slawitfch, einen Auſchlag, die Leute, weiche
Wſewolod zur Bertgeidigung der Perfon feines So
\
2 34 Erſter Abſchnitt. Anfang
nes, ihres gegenwärtigen Fuͤrſten, bey ihnen gelafs
fen Hatte, ſelbſt in diefes Gljeb Hände zu liefern.
Ob ſchon der Großfuͤrſt dieſes ihm ſchaͤdliche Bor
haben fruͤhzeitig genug erfuhr, und durch die Eindide
zung der Stadt Reſan beſtrafte; fo hob doch bald
' darauf der Tod Ruriks ſeinen Segner Wſewolod
den Röthen‘ aufs nenue anf den kiewſchen Thron,
und deffen Schwiegerſohn, der aus Pronst gefluͤch⸗
tete Kir Michael, verfprach , ſich mit dem nun dort
regierenden Ißjaͤslaw Wladimiromitfh bey einem
Einbruche, den derfelbe in die Staaten des wladi-
mirfchen Broßfärffenthum thun wollte, gu vereinigen.
Ißjaͤslaw verwüſtete im Vertrauen anf die Aukunft
dieſes Bundesgenoffen die Gegend um Moskau, und
Kir Michael war in der That im Wazuge gu ihm
zn floßen , ald er vernahm, dag Brorg, ein Gohn
des Großfürften von Wladimir, Ißjaͤſlawn in einer
Schlacht am Fluffe Trosna überwunden, und durch
dieſe Hiederlage geswungen habe, die großfuͤrfilichen
2änder gu verlaffen. ' Aus den bisher erzaͤhlten Bes
gebenheiten des Krieges der beyden Wſewolode er⸗
ae T 5 3 Pie
hellet, daß zwar jeder dem andern Schaden genug
- qufügte, aber fo wenig dadurd etwas für ſich 9%
wann‘, daß ihn vielmehr der Abbruch, Den ihm -fein
Zeind bar, ſchwaͤcher machte Diefe Betrachtung
verurſachte vielleicht, daß bepde aufrichtig rine Aus⸗
-. Whnung mit einander wuͤnſchten, welche 28 few
Lod der Roche durch Abfendung des kiewſchen Re
tropoliten Matfet im Jahre 1221 van Wſewolod,
De Sroßfürften von Wladimir, begehrte, und, als
er fie erlangt hatte, durch die Bermäpluug feiner
” * mit Georgen, einem Sohne feines bisheri⸗
gen Gegners, befeſtigte, und von deu ruſſiſchen Ger
ſchichtſchreibern wegen des Vorzuges, den. das wi
dimirſche Großfaͤrſteachum unter dem Bropfürken
des ruſſiſchen Meiches, 2835
Audrena's über alle ruſſiſchen Staaten erhalten hate -
se, als der Anfang der rechtmäßigen Regierung,
Wfewnilods des Nothen über Kiew angefehen“
wird. Audsrugen die Gpfundpeitsumfläude des Groß⸗
fuͤrſten oon Wladimir bey, demfelben die Geneigt⸗
Beit zu einem. Vergleiche mit dem Großfürften ven
Kirw. einzufiögen ; dean diefelben waren fo, dab. ar.
fühlte , fein £ebensende ſey nicht weit eutfernt. Dee
wegen fandte er im Jahre 1212 an feinen Sohn ze12,
Sonflantin, denſelben zu. ſich zu berufen, damit
felber. ſagleich, wenn er, der Bater, fierben würde,
den Befip des wladimirſchen Theones, als der aͤlte⸗
fie von feinen :noch lebenden. Söhnen, ergreifen,
koͤnne, wagegen fein Bruder Georg fein bisheriges.
Fürſtenthum Roſtow bekommen follte. . Allein Con⸗
flantig: meigerte ſich, dieſem Willen feines. Vatert.
zu gehorchen, und vermeinte, derſelben zu, bewe⸗
gen, daß er ihm neben Wladimir auch Rtyſtow hin ·˖
terlaffen möchte. Drey Mahl verſuchte fein: Basen
ihn von dieſer unbiligen Forderung ebzußriagen,
and dabin zu; vermögen, daß er ſub zu ihm nach
Wladimir begäbe, Wie er aber auf feinem Sin⸗
ne baharatez fo ging dieſe feine offenbare Nerle
gung des vaͤterlichen Auſehens dem Großfuͤrßen (a
naht, daß er in. Begenwart, feiner Meinten und alg
ler Großen von Miladimir feimen juͤngern Byuden
Bere Wladichüe sah, nad die. Unteribauen. na
bey feinem.:Reben dieſem neuen: Bürken buldigen
lief. Wenige Tags nachher orrſcheed cr am slen
April in tinem Alter non 63, Jabren.
Der nme Großfuͤrſt Seorg, ober nach —* Georg folgt
hier. Mundart Jur je, trachtete Durch - Befrepung (einem Tates
des won feinem Vater ſo lange in Berhaft gehalte⸗ In —
nen refanfhen- Büren und. Eutlaſſung derſelben zur fienthume
Winreriefiguehmung ihrer Gebinde ſich dicande, Lad
1213.
236° Erſter Abfchnitt. Anfang
und gleich beym Anfangs feiner . großfürfilihen Res
gierung Deu Nahmen eined gürigen Herrn gu erwer⸗
ben. Grubrauchte auch Freunde, inkem' fein. Bru«
der Eonkantin ih fo gar nicht dee vderrlihen Ber
fuͤgung gemaß, die Rats feiner Geor gen die vor⸗
urheuſte Stadt aus der Verlaſſenſchaft zuerkaunte,
unterwärfig bewies, daß er virimehr Anflelt: machte,
ein vermriates Vorrecht wider Georgen bush
‚Yelriogung desielben durhgnfegen. Zwey ‚Brüder,
GSwaͤtoslaw und Wladimir, harten ſrch zu ihm ger
.ſchlagen. Wie aber Georg feinem vorbabeäden Au⸗
griffe zuvorkam, und in Geſellſchaft feiner Brüder,
PZJaͤroolaws und Johann , wider ihn ins Held ging,
und.unweit Kurjero gefommen war ; fſo ſchloß Con⸗
funtin' mit ihm Frieden, und beſchwor denfeldin.
Swaͤtesbamw vrdeinigto: ſich hierauf gleichfalls win
Der. mit: Oeergen. Allein Wladimir derharrete in
feiner offenbaren Feindſchaft, uad bemüchtigte ſich
dur Bin: gehbrigen Stadt Mosfau , und: von Con⸗
Rantearh merkte dor Sropfkrfl-, daß er nur:anf:cr
‚ne beffete Selegeuheit warte ‚ihn in. Bemeinfhaft
diefed Wladimirs anzufallen. "Daher glaubte er be⸗
vechtigt "gu ſeyn, ie Jahre 1213 durch aAdchmahli⸗
de Ucberziehung ſeines Fuͤrſtenthuins von ihm einen
figern-' Frieden a” azwingen. In diefen Kriege
ſandte Co uſtautin Kriegsvölker ab, welche nicht
dire: die: Gegend im Koſtrom verwäfieten, ſondern
Auch did Stade. ſelbſt a4Abbraanten. Hidgegen ver⸗
heerte Georg ſein Sebierh bis an den Fluß Itſcha,
wo Conſtantin mit dem Hrere, mir dem derſelbe
. fich ihm widerfegte, ihn traf, und mad einem
Heinen Gefechts, ‚wort: er, naͤhmlich Conſtautin,
einigen Schaden : litt, bey ihm’ Frieden ſuchte, den
er auf- die Ate erdiche, daß er felnsut Bruder Georg
in feRiee nun vorhabenden Unternehmung miber (fr |
des ruſſiſchen Reiches. 237 |
nen feindlichen Bruder Wladimir ‚begleiten muß,
der ſich dadurch fo im. die Enge getrieben fahr, dag
er Moskau Georgen abtrat, der ihm mit Genchmis
Hung feines Bruders: Jaͤroslaw, dern das Fuͤrſten⸗
tham Perejaslaw gehörte, eine gewiſſe Theilnahme
an der Regierung und den Einkünften des Fuͤrſten
thums Pertjaslaw zuficherte.
Waͤhrend dieſer imerlichen Kriege der Soͤh⸗ Mitten
ne des Großfärften Wſewolod konnte der Fuͤrſt ne
von Romgorod , unter allen ruffiſchen Fuͤrſten wirbe a.
der Held feiner Zeit, feine Macht wider feine dur feine
Grenznachbarn in ‚Liefland auwenden. Die naͤch⸗ en ode aan
Re Veraulaffung aber gab Mſtislawn die von zuͤgliches An⸗
den Eihuden geſchehene Eroberung der Gtadt Icden —A
Plackon, wegu ihnen die Abweſenbeit der meiden fhen Fir.
wehrhaften Mannſchaft die ſchoͤnſte Bequemlichkeit ſten und bey
verliehe, worauf fie die eingenommene Stadt. in harten Bil
Brand fiedien, faft alle darin gefaudenen Leute. nieder⸗ tern,
machten, und wenige Meuſchen, denen fie das. Raben
ſchenkten, in ihre Heimath führten. Die Begierde diefen
Berluf zu ahuden, trieb den Zürſten von Romgorod ou,
in Begleitung der Fuͤrſten Wfewolod vom Pleskow,
und David von Zoropes, eines Bruders des kurz
juvor genannten Wladimir, diefe Tſchuden im ihrem:
Lande zu befriegen, wo er in Aerew, d. i. Ger⸗
wen, und andern Gegenden große Berwüflungen ans
richtete, bis er vor. ihre Stade Worobjein oder
Warbole anlangte, von welcher gr die Unterwürfig«
keit und die Erlegung einer Schagung erswang. Die
gemachte Beute vertheilte er auf die Art, dog die
Nowgoroder zwey heile, und die, ihm dienenden
Edelleute den dritten bekamen.
Aſtislaw achtete ſich ſtark genug, auch mit an⸗
dern Feinden, ſogar mit dem den verfiorbeuen
Sropfürfen von Wladimir nit: ſchenenden Groß⸗
38 Erſter Abfchnitt.. Anfang
fÜrften von Kiew fich zu meffen. Denn nachdem die-
fer drey Fürften, Roſtislaw, Ißjaͤslaw und Mſtis⸗
law, die gleich nahe als dieſer Fuͤrſt von Rowgorod ib⸗
rem gemeinſchaftlichen Stammvater Rofiislam ange⸗
‚börten , aus den ihnen gehörigen von Kiew abhaͤn⸗
digen Staaten vertrieben Batte; fo hielt er ſich im
2214 Sabre 1214 befugt, zur Ahndung diefer feinen Stam⸗
meövettern erwieſenen Beleidigung Wſewoloden
‚In feinen Sto aten anzugreifen. Die Blrger von
Wiſchegorod ſchlugen ſich zu ihm, und halfen
ihm eine Schlacht wider ihre diederigen Herren,
»Stammgenoſſen Wſewolods des Rothen, gewinnen,
und dieſer ſelbſt getrauete fih nicht, ſich in Kiew
wider ihn zu halten, ſondern entwich nach Tſcherni⸗
gow. Als er bald nachher in diefem feinem Erb⸗
fürfteirtgume mit Tode abgiug; fo verfuhr Mfiis-
law als Hert in Vergebung dreder Fürſtenthümer,
- indem er’ Mſtislawn, dem Sohne Romans und En»
kel feines eigenen Großvaters Roſtislaws, in Kiew,
Ingwarn, dem Sohne Jaͤroslaws und Enkel des
Großfuͤrſten Iß jaͤsba w 6:11. in Zus, und Davi⸗
den, aus dem Stamme der iſchernigowiſchen Fuͤr⸗
fien in Tſchernigow einſehte. in folder Zuwachs
feiner Macht floͤßte ihm den Muth ein, fonar einen’
Berfuh zu thun, ob er durch eine Reiſe zum Koͤ⸗
nige von Ungarn, Andreas II., diefen Monats
chen uͤberreden koͤnnte, mit ihm in ein Buͤndniß zu
treten, durch welches er Halirſch überfäme,
. Milewer * Da König Andreas von den Salttfchern,
| —ã welche ſich durch die ihnen zugeſandten ungariſchen
Furt von Kriegsvoͤlker der Perſonen ihrer bisher geweſenen
Deld 3U Zürften, der Igorewitſchen, bemädhtigten, and ſol⸗
che nebft ihren Gemahlituen und Sindern toͤdteten
und aufhingen, das Verſprechen erhielt, feinem
Sohne Kolomann fich unterwerfen zu wollen, und
w
des ruſſiſchen meiches. 239
zugleich die oberkirchliche Gewalt: des Papſtes auf
die Bedingung anzunebmen, daß alle ihre von den
roͤmiſchen Gebraͤuchen abweichenden Kirhenfagungen "
ungefränft blieben ; fo erhielt Mfislaw auf fein Ge⸗
fu eine ab ſchlaͤige Autwort, und der. König von -
Ungarn sraf mit Leßeken, der nach der Schlacht bey
Zavichoſt die oberherzogliche Würde über Pohlen
aufs nene erlangt hatte, wegen der pohlaifhen Ans
ſprüche auf Halitfh die Convention, daß Kolomaun
Salomea, Leßeks des Weißen Schwelter, heirathen,
und durch Geiflliche bepder Reiche die. Feyerlichkei⸗
ten feiner Krönung. verrichtet werden follten, Dies
ſes geſchah, und Kolomann warb im Jahre. 1214 im.
von dem ungarifhen Erzbifchofe von Sran unter.
dem Bepfionde. des poblniſchen Biſchofs von Kra⸗
kau uud anderer. ungariſchen und pohlniſchen Bi⸗
fihöfe mit einer goldenen Krone zum Könige von
Halitſch und Laodimer , das iſt: Wladimir in
Bolßpnien, gefröner *). Dach behielten ſich, ungeach⸗ .
tet diefer ihm ertheilten Löniglichen Würde, ſowohl |
die Ungarn als Pohlen gemiffe Gerechtſamen auf die
ibm folchergeftals abgetretenen Laͤnder vor, und fein
Bater Andreas wannte ſich auf gagher ‚König,
von Halitſch und Laodimer.
AS der, Zürft, von Nowgorod fich um Halitſch ats,
bewarh, adhtesen fih im Jahre 1215 die Nomgo: am aus
roder, welche von Peinem andern Zürften regiert Nowgorod
ſebdn wollten, als welcher bloß ihre Angelegenheiten zeifen, eENENs
betriebe, berechtigt, fih einen ‚andern Fuͤrſten zu Nomaoroder
mählen. Ihre Wahl traf gegenwärtig den über Pe: Jaͤroslawn
rejas law regierenden Bruder des Großfürften vom zum Farſten.
Wladimir, Iſroslaw. Diefer neue Fuͤrſt rich⸗
tete feine ganze Aufmerffamkeit dahin, alle Männer
*) Proy P- 204 Dlugost, p- 604.
240 Erſter Abſchnitt. Anfang
von: Anſehen, die ibm Verleuͤmder aus eigennuͤtzi⸗
gen Abfichten als feine geheimen Feinde und die nur
auf rine bequeme Zeit warteten, Mſtislawn Row»
gorod wieder zu verfikaffen, auſchwaͤrzten, unter dem
VBorwaude riner vechtlichen Beflrafung zu unterdrü-
. @en, und die Einwohner in Romwgorod lernten buld
einfehen, das Jaroslaw einen folden Charakter ha⸗
be‘, daß man die größten Gewalttbaten. ſrey ausuͤ⸗
ben toͤnne, ohne eine Ahndung von ihm fürchten gu
dürfen. So erdreiffeten fi die einen Theil der
Stadt bewohnenden prenßifchen Kanflente, einen ges
wien Eufirat' und deſſen Sohn Lugora zu
ernrorden , nnd‘ die Körper der Erſchlagenen öffent:
Nlich and Ufer der Wolchow zur Schau zu werfen.
Diefe aıperifiheinltche Berlehung aller öffentlihen
Sicherheit erregte bey Jaͤroslaw den dußerſten Ab»
ſcheu, nicht wider dke Thaͤter, ſondern überhaupt
wider alle Rowgoroder, aus der Urſacht weil er
urtheilte, dab die Thäter Dielen. Fredel ute veräbt
Baden würden, wenn fie nicht guwerfichtläch gewußt
Härten, daß die RNowgdroder Ad völlig gleichgüeltig
dabey verhalten würden. Gtatt daß vr alſo als
Fuͤrſt zur Wirderherfiellung der dureh ein folches Vers
brechen geſtoͤrren guten Ordnung in der Stadt Ans
ſtalt madrm forte, gerierh er darüber in foldhes
Schrecken, daß’ er ſeine eigene Verſon in Romgos
rod unficher glaubte, und nah Zorfchof sog. . Waͤh⸗
send feines Aufenthaltes, zu Torſchok entſtand von
ungewöhnliben noch vor dem Herbſt in der Som⸗
merszeit eingefallenen Zröften im gangen Fuͤrſten⸗
Thume ein allgemeiner Mißwachs an allen Arten des
Getreides, folglich eine große Hungersnoth, indem
bed der wenigen Bemeinfbaft, die damuhls zwi⸗
ſchen den verfchtedenen Ländern des ruſſiſchen Rei⸗
ches war, dieſem Rangel in Nowgorod durch Zu⸗
fuhr
des ruffifchen Reiches, 241
fuhr der Lebensmittel -ans andern Orten nicht abzu⸗
helfen war. Go galt eine Tonne Roden 10,
eine Tonne Hafer 3 Griwen, und eine uhr
Rüben eine Kopeike; die meiſten Menſchen mußres
fich von Fichtenrinden und Lindenblaͤttern naͤhren,
nud Aeltern ihre Kinder um eine gleinigkeit vers
kaufen. Dergefieft verhungerten die Leite tauſend⸗
weiſe; noch mehr aber raffte eine bald nad dem
Anfange diefer Hungersnoth ausbrechende Peſt weg,
ſo zwar, daß die Todten zu ganzen Haufen mit
weniger Erde überſchüttet wurden, und an vie⸗
len Orten auf Straßen, Gaſſen und Feldern gar
unbegraben liegen blieben. Bey ſo klaͤglichen Um⸗
ſtaͤnden hielten die Nowgoroder die Gegeuwart ih⸗
res Fürſten unentbehrlih, und ſchickten zwey Ges
ſandtſchaften ab, dieſe Gunſt von ihm zu erbitten.
Er hingegen blieb bey feinem Vorfage, nie nad
Nowgorod zu fommen, fo unbemweglich, daßer den»
felben den Nowgorodern durch Zurückbehaltung ibs
rer an ihn geſchickten Geſandten und Abholung feis
ner in Nowgorod gelafjenen Gemahlinn deutlich ofe
fendarte. Als fie die. dritte Geſandtſchaft mit der
Botbſchaft an ihn abfertigten, daß, wenn er nicht
zu ihnen käme, er fie gwinge und berechtige,, ihm
afle Unterwürfigkeit aufzulünden, vermeinte er fie
Dadurch wider ihren Willen von der Ausführung die»
ſes Borfages abzuhalten, daß er auch dieſe Geſand⸗
sen bey fich behielt, und Mich der Perfonen aller indem
torfhodifhen Gebiethe aufhaltenden Nowgoroder,
die 2000 Köpfe ausmachten, in der Abficht verfichere
te, dab ihm alle diefe Romgoroder zu Geißeln
ig Anfehung ihrer Mitbürger dienen follten. ’
Da nun Mſtislaw Dep fo vielen und flarfen Sister
Urfahen, durch welche Jaͤroslaw den Nomgorodern ar wiehee
fich mißfaͤllig machte, in ihr Laud zuruckkehrte; fo —
Geſch. Rubl. 2. Band. 9 | u
. ’ .4
242 Erſter Abſchnitt. Anfang
muß aber war es ganz natürlich, daß fie denfelben am ı ıfen
defwee , Februar im Sabre 1216 in ihrer Hauptfladt nicht
ee nur als ihren Zürften uud Höchfterwiinfhien Befrener
führen. von dem Joche eines Unterdrüders mit Zreuden
12:16 aufnahmen, ſondern auch die Vorwürfe, die er in
- der von ihm am fürfitichen Hofe angeftelten Volks⸗
verfammlung über ihre Untreue machte, geduldig
und mit Beyfall anhörsen, und nach Endigung der .
Kede ihm als ihrem Zürften vinen neuen Eid der
Treue ſchwuren. Jaͤroslaw rüftete fi) nah Mög»
lichkeit zur Vereitelung diefer ibm fchädlicheh Ent⸗
ſchluͤſſe, indem er befahl, alle Straßen nah wer
und Torſchok durch Verhacke unzugdnglih zu ma⸗
chen, und, um auch den Waſſerweg abzuſchneiden,
die Fahrt im Twerza zu verſchütten und den Fluß
durch Schanzen zu verwahren; er ſchickte auch Bun»
dert Nowgoroder, von deren Treue er kb volllom-
men uͤberzengt hielt, in der Meinung nach Nowgorod,
daß fiedie Nowgoroder verfuchen follten, ihre Gemäther
von Mſtislaw abzulenken. Aber er irrte fich in den Ge⸗
danfen von den Befinnungen diefer Leute ; denn ſo bald
fie ih außer feiner Gewalt befanden, Teifteten fie Mſtis⸗
lamn alle Dieufteder getreneften Unterthauen. Mſtis⸗
law. hingegen verfuchte mit eben fo ſchlechtem Erfol-
ae, Jaͤroslawn mittelft Abfendung des Prieſters Georg
ö und der Erinnerung, daß er ihn wegen defien Bere
bindung mit feiner Zochter al& feinen Sohn liebe,
. zür Befrepung der angebaltenen Nemgoroder und
Räumung der zum nomwgorodifchen Gebiethe gehoͤri⸗
gen Laudfchaften zu vermögen. Denn bloß der
geiftlihde Stand diefed Abgeordneten feines Schwie⸗
gervaters, werfchaffte demfelben die Freyheit der Rüde
Fehr ; bingegen ließ er ale angehalteuen Mowgoroder
auf dem Zelde hinter Torſchok perfammeln, dann
feffeln, in verfiedenen Orten in Gefdngniffe fer
er
«
des ruſſiſchen Reiches. 243
gen, und ihre Güter wegnehmen und feinen Getreuen
geben. Einige der geringſten von diefen Gefauge⸗
nen entmwifchten aus ihrer Berhaftung ; aber von dies
. fen Entfommenen flarben die meiften Hungers auf
dem Wege nah. Nomwgorod. Die Wenigen, mwel⸗
che fo gloͤcklich waren, dieſem Hungertode zu ent⸗
gehen, vermehrten bey ihrer Ankunft zu Nowgorod
durch den Augenſchein ihres Elendes -und durch ihre,
Erzählungen von Jaͤroslaws Härte die Erbitterung
gegen diefen Fürften „und beförderten die Kriegser-
klaͤrung und den ungefäumten Aufbruch. Mſtislaw
eilte fo fehr, daß die Maunſchaft, mit welder er am
1. März Rowgorod verließ, mit Inbeg riff der ihm vom
Zürfien Wladimir von Pleskow jugeführten. Vers
ſtaͤrkung nur 500 Streiter angegeben wird. Aber
auf dem Zuge vermehrte ſich dieſelbe durch die Au⸗
kunft feiner Stammoettern und Bundesgenoſſen, der
Fuͤrſten von Smolensk, des Wladimir Rurikowiiſch
und Swaͤtoslaws, und andere Kriegsvoͤlker, daß ſein
Heer auf 10000 Mann anwuchs. So bald er mit
diefem Heete dag feindliche Gebieth betrat, bdewies
er wider die damahlige Kriegsgewohnheit die Mix
Bigung, daß er befahl, alle ‚ruhig lebenden Einwoh⸗
ner im Befitze ihres Eigenthum— zu laſſen, und ge⸗
wagn Hierdurd den großen Vortheil, daß niemand
auf dem ganzen Wege, auf dem er wit feinem
Heere zog, feinen Wohnfig verließ, und dasfels
be allenthalben von den feindlichen Unterthanen
reichlihen Unterhalt empfing. Sein Zug ging über
Rfhew und Milislam » Gorodeg nah Szubtſchew,
welches er nach geringem Widerflande einnahm. Nun
aber (fand er in Zweifel, ob er den Weg nach Pe⸗
resjaslam einſchlagen, oder gerade auf Torſchok ge⸗
ben ſollte. Doch hatte Piel die Erwägung,
| En Ep
2440 Erſter Abfchrüitt. Anfang
daß der Fürft von Roſtow nur geswungener Weiſe
mit feinem Bruder Georg Frieden geſchloſſen habe,
Säroslam aber in den Kriegen zwiſchen diefen bey
den Brüdern die Sache Georgs flandhaft verthei-
digt babe, fon vorher auf die Gedanken gebracht,
Eonftantin zu einem Bündniffe wider Jaͤroslaw ein⸗
laden zu laffen , indem durh ein Bündnig mir ihm
Conſtantin leicht den großen Vortheil erlangen koͤnn⸗
te, von feinem Bruder Georg die Räumung des
Ä Großfuͤrſtenthums Wladimir zu erzwingen,
Conftantin Da er aber noch die Autwort Conſtantins auf
en islarg diefen Antrag erwarten mußte, um völige Ges
Seite, hin wißheit zu haben, daß er auf alle Fälle auf feiner
—— Seite wider Jaͤroslaw ſtehen werde, und überdieg
Georg %: Yurch einige in einem Beinen glüclien Gefechte mit
rosſawn ga feindlichen Kriegsvölkern gemachten Gefangene Rund»
Sie - ſchaft eingog, daß Jaͤroslaw fih nah Twer begeben
babe, nahm er feinen Bug ldngs der Wolga, wo
er feinen Befehl wegen Verſchonung des Landes
aufhob, das ganze Land verwüflete, und Schoſcha
und Dubna eindfcherte. Als er darauf von Eonflan»
tin bey der Nachricht, daß derfelbe Mſtislaws Ans
trag annehme, und fi mit feinen Kriegsvölfern
bep deſſen Heere einftellen werde, den Rath erhielt,
Perejaslam anzugreifen; fo nahm er dei Weg dort
hin, auf welchem Eonflantin zu ihm ſtieß, worauf
man dann fein Bedenfen trug, die Belagerung der
Stadt Perejaslam vorzunehmen.
Der Grogfürft Georg zog nun zur Hülfe Id
roslows alle Leute, die nur Alters wegen zum Tre
gen der Waffen taugten, aus Wladimir, Susdal,
Murom, Gorodez und den übrigen unter feiner
Serrfchaft iehenden Ländern sufammen, und erlangte
dadurch ein fo zahlreiches Heer, dag Miflislam bey
‚7° deſſen Heränrudung rathſam achtete, die De
— — — — —
des ruſſiſchen Reiches 245
lagerung von Perejaslaw aufjubeben, und wit fü.
nem Heere Georgen entgegen zu sieben. Als er nun
"unweit demfelben bey Zurjew fland, jichse er eine
Geſandtſchaft an ihn, ihm die Vorſtellung zu thün,
dab er Feine Urſache habe, Mſtislawu und defſen
Bundesgenoſſen in Ihrem, gerechten Kriege wieder
ihren Feind Eintrag gu thun, da fie alle hetzlich
wünfchten, mit ibm’ in. gutem Vernehuien zu leben.
Aber diefe Geſandtſchaft erhielt - von Georgen zur
Antwort: er koͤnne feinem Bruder feinen Berftand
nicht entziehen. „Dirfe, Gefldrung des Großfuͤrſten |
bemog Mfislomn, .npn Jaͤroslawu Den. Aufrag u
thun, daß, wenn, er die den Nowgorodern gorente
baltenen Landſchaflen fahren laſſen, und, alle gefage
genen Nowgoroder in FZtepbeit ſeten prohte, Miig-
law nad beffen Bundesgenoffen Bereit, fepen,, Frie⸗
den mit ihm zu ſchlleß en „und ihn in {eigen ‚Eite .
ſtenthuͤme Perejotlaw nicht zu ſidren z. zum
Mſtislaw und deſſen Helfer aus den. ‚folgen 3 Aus.
drüden., in welchen Jarolaw ſeine 9 falägiar Ant
wort auf biefen biligen, Beiedendan rag. abfaßte,
überflüßig erkanuten, daß, die, Maͤßlaung, der he |
fich ‚gegen diefe Zeinde ‚bedienten, nichts⸗ bep danfelo
ben feuchte, ſondern ſie vißimehr in der ſchen ha⸗
benden Meinung, daß ihre Zeinde, ſich vor ipueg
fürdteten, befläife; fo entſchloften ‚fe. fich ihnen
dieſe Rolze Meinung. durch eine andere Befandfhaft
gu benehmen, die außer den ‚Zorderungen,, von dem
Broßfürften verlangte, derfelde ſollte Copfantinen,
als feinem älteren Bruder, das Großfuͤrſtenthum
Wladimir abtreten, und fh mit dem Fuͤrſtenthume
Susdal begnügen. Obſqhon dergeſtalt auf beyden
Seiten aller Auſchein verſchwunden war, obne eine
Schlacht aus einander gu. kommen, und befonderg
der Großfuͤrſt fich mie der Hoffnung eines unfehls
246 Erſter Abſchnitt. Anfang
baren, großen ‚Sieges ſchmeichelte; fo achtete derſelbe
doch der. Lögdeit gemäß, um feine Bojaren nicht
durch gar. u offenbare Beringfhägung zu erzürnen, °
zum Steine gine, Berathſchlagung mit ihnen anzu⸗
ſtellen ob er zu einer Schlacht ſich entſchließen, oder
noch verfuchen follte, ob diefer Zwift durch einen
Vergleich beygelegt weiden önuie.
Alle Verſuche zur Beylegung dieſer Zwiſtigkeit
liefen fruchtlos ab, ind’ der Krieg ward entfcie-
den. Das Kriegedgthet helgte fih zu Mſtislaw und
felnen Bundeögenoffen ; he € fiegten in einer entſchie⸗
denen Sélaͤchi. Die Nowgoroder‘i und E moleng.
"fer welchẽ den erſten Auriff thaten, vermißten
nur fuͤnf angefehene Männer und wenige gemeine
Kriegsleute, von’ dem ganzen fiörigen Here würden
nur 550 geloͤdtet. Hingegen zählten fie,9233 t todte
Seladr auf. dert Sdlachifelde, die uͤngerechnet, wel⸗
che auf der Flucht in den Fluͤſſen ertraͤnken, oder in
den Waͤldern an ihren Wunden ſtarben. Der Groß fuͤrſt
Geors erreichte mit gewechfelten Pferden im bloßen
Hemde ganz allein die Stadt Wladimir, Aus die
fem Aufzuge nnd dem difenden Kitte ſchloſſen die
ihn in der Gnrfetnung wahrnehmenden' Einwohner ,
er fen der Bothe welder Ihnen die froͤbliche Nach⸗
richt des fuͤr unfehlbar geachteten Sieges uͤberbraͤchte.
Aber dieſe ihre kutze Freude verwandelte fich ploͤtzlich
in die dußerfie "Traurigkeit und Verzweiflung, , al⸗
fie den Größfhiften erfähnten,: Ver die Stadtinnuern
Befihtigte , und. die Staͤdt in den beſten Pertheidi⸗
gungsſtand zu ſeten befahl. Denn obgleid allmaͤh⸗
lich andere Fluͤchtlinge zu Wladimir aͤnlangten; ſo
waren es do uͤberaus wenige, und alle nackt und
nubewehrt oder gar verwundet. Daher Renten fie
ibm vor, daß es eine Unmöglichkeit ſey, bey gunz⸗
licem Mangel aller Waffen und weßrhofter Bann»
des ruſſiſchen Reiches. ⸗a⸗
ſchaft eine Aelagerung andinbalten, nnd ber Greß⸗
für gab ihnen dem Troſt, daß er bloß zum Scheine
Anflalten mahe‘,, als wenn er Die Stadt vertheidi⸗
sen wollte, im Örunde aber blaß die Abſichtchabe,
ſich ertraͤglichere Frigdensbedingungen auszuwirkin.
Sa der That hatten ale Rlüchtlinge bloß der Mäßte
gung der Sieger ihre Rettung zu verdanken.» Denn
fo Bald dieſe fih. des Sieges vollkommen verſichert
foben,, hielten fie alle ihre Kriegsahlfer‘-anf dem
Kampfplape zufammen, ohse .nine soritese Merfol⸗
gung der "Feinde zu parfiatten, und beadherg. erſt
den Zag darauf auf, um mit langſamen, Schritten
vor Wladimir zu ‚aehra,. wo fie des Morgens ans
onlangten. „Hier begnuͤgten fie ‚Eh .wit- ber Ein⸗
fhliegung der Stadt; und als in: den gwayrrfien
Naͤchten. Zeusrährünfte in ‚deu. Stade. -enfBandee,
und Die.erfierg die. Rowgoroder zur Beſſuͤrmung der
Stadt uugen wollten, vermehrte es jhnen Mſtislaw;
und ala die Smolensker ‚Pen Dam gndern Bauer um
Erlaubniß, die Stadt anzugreifen anſuchten, ward.
ihnen gleichfalls Einhalt neben: nn
Sie durflen auf die Uebergabe nicht lauge war⸗ Georg wird
ten; ‚denn bald darauf lich Georg Noise: ua! —
deſſen Bundesgenoſſen Bitten, ſeinen Bruder Cogiſtane fienhum ”
tin zur Berföhnung. zu bewegen, indem gr fich glücklich Wladimir
genug. fhöpe, wenn man Ihm einen. freyen Abzug ——
verſtatte, und ſich in Allem gaͤnzlich ihrem. Willen sin abzurre:
überlaſſe. Seine Ueherwinder geſtattelau ihm, nach !'"-
Nodiſon⸗Gorodep,edaß fie ibm ließen, ahzugehen,
und darauf trat ex, nachdem er alle Fuͤrſten reiche.
lich beſcheukt und das, Sroßfürfesshan Wladimir ;T n-..
feyerlich an feinen Bruder Conflgntin apgsseten hatte; - iii = ©
in Begleitung ſeiner Gemablinn, der Kinder, und Des, Bone
Bifhofs Simon von Wladimir, der.ihg,in feanem. .: ".
Ungläde. duch feine Geſellſchaft troͤſten wolle, une .
v
948 Erfter Abſchnitt. Anfang |
virzüglich zu Waffer die Reife nad dem Orte feines
kuͤnftigen Aufenthbabts ah. Der neue Sroßfürft Eon»
flansis :hingegen brach gleich nach empfangener Hul⸗
Digung der Wladimirer mit feinen Bundesgenoſſen
wider den Zönften Jaͤroslaw auf, welcher, auf fei-
ner Flucht vier Pferde todt geritten, und auf. dem
fünften zu Pertjaslaw angelangt war, wo er gleich
ben feiner: Ankunft alle in feiner Gewalt habenden .
Nowgeroder und Smolensker in enge unterisdifche
Behäktniffe fo zufammenfperren-ließ, daß in der fürs
jen Zeit, die bis zur Aukunft der verbindeten Fuͤr⸗
Ren verfloß, 55a Nowgoroder und 15 Smolensker,
oder nach inem audern Verichte 313 Rowgoroder
und 19 Smukensler darin verſtarben.
Da ihm num die Geſchwindigkeit feiner Befie⸗
ger keine Jeit, ſich iu Vertheidigungs ſtand zu fehen,
vergoͤnnte; for ſchickte er denfelben Geſandte entge⸗
gen, um einen--erträglichen Frieden von ihnen zu er⸗
- Bitten;. und als Re-ihm ſoichen sugeflanden hatten,
kam er am A. Maͤrz ſelbſt zu ihnen, ſich durch ſeine
Entſchuldigungen und reichliche Geſchenke, womit er
. einen jeden "unter' ihnen Befchenfte , wieder in ihre
Bunft. zu fepen. Aber obgleich der großmuͤthige Mſtis⸗
law ihn zer im Beſihe ſeines Erbfuͤrſtenthums
ließ, fo wollte er doch feine Tochler fernern Riß⸗
handlunges, dit ſie waͤhrend dieſes Krieges von ihrem
unbilligen Gemahle erleiden mußte, nicht aus geſetzt
wiſſen, und nahm fe, obgleich bey gegenwoͤrtigen
Für Miss .
law Mfisla;
witſch von
Mowgorod
erobert Ha⸗
if
Umſtaͤnden Jaͤrbslaw ihn luſtändigſt' bath, ihn ihrer
nicht zu derauben, mit ſich nach Nowgorod. """
Hier verblieb Mſtislaw nur kurze Zeit. Denn
die Halitſcher wurden : der. Herrſchaft Ihres ungari⸗
(den Königs Kolomanns, bald überdrüßig ‚ wand⸗
sten fih däher au Mſtislaw und andere ruffifche Für⸗
ſten, um dur’ ihren Bepſtand non ber Herrſchaft
des ruſſiſchen Reichs. 249
dieſes ihnen mißfaͤlligen Regenten befreyet zu werden,
mit dem. Verſprechen, an deſſen Stelle Mſtislawn
für ihren Herrn anzunehmen. Diefes ihr Anerbierhen
war Mſtislawn fo angenehm , daß er den Now⸗
gorodern fügte, er wolle dem Begehren der Ha
litſcher zwar willfabren, aber nichts deſto weni⸗
ger eine unver andeclich⸗ Liche Für, feine getreuen
-Nomwgoroder behalten. Ob ihm gleich nun die
Sorgfalt für bie innern und auswärtigen Angele«
genheit feines neuen Staates Halitſch die Nothwen⸗
digkeit auferlege, daß er nicht beſtaͤndig ih in
Nowgorod aufhalte,'fo fen er doch bereit, allezeit,
wenn die Umflände der Nomgoroder feine Gegen⸗
wart oder feine Unterfiügung erforderten, ihnen in
allen Fällen bepzuſtehen. Go fehr ihm Die Now⸗
goroder anlagen, diefes Vorhaben aufzugeben , und
batben, beftäudig die Regierung über fie zu führen,
fo konnten fie ihn doch nicht vermögen, feine Abſicht
anf Halitſch faßren zu laſſen, und ermäßlten daher
einen andern Zürften, den Swaͤtoslaw Mfiislamwilfd ,
Mſtislaws treuen Gefährten in den legten Äricgbs
unternehmungen ivieder Jaͤroslawn und Geotgen,
um in ſeiner Abweſenheit die Regierung zu verwäls
ten‘, gaben ihm auch drey 'von ihren Vornehmſten
mit, theils zu Verficherung ihrer anverbruͤhlichen
Zreue, theils dag Mſtislaw die nowgorodiſchen Ge⸗
ſchaͤfte mit Nowgorodern Überlegen und mittelſt ihrer
Beyhuͤlfe beſorgen koͤnne. Ihn begleiteten auf die;
fem halitſchiſchen Zuge drey Fuͤrſten , Blodiinir,
der Sohn des ehemabligen Großfürſten von Kiew»
Kurifs, zwey Roſtislawe, und ein’ zahlreiches Heer‘
Polowzer, mit welchem Volke er durch eine fih aus
demfelben erwählte Gemahlinn in einer genauen.
Verbindung land. Der glückliche Erfolg bezeichnete
auch hier alle Schritte, die Mſtislaw mit feinem
)
‚250 Erfter abſchnitt Anfang
‚Here that, indem kein einziger Ort in gang Halitſch,
big auf die. Hauptſtadt gleiches Nahmens, von ihm
unerobert blieb, und er auch bald vor dieſe geben
und ihre Belagerung vornehmen konnte. . Kolomann
ging noch, als es Zeit war, aus Halitfh , und ber
warb fih perfönlich bey feinen Bekhigern, den Un:
garn und Pohlen, um eine hinlänglihe Macht, um
diefem fuͤrchterlichen Angreifer die Spitze biethen zu
koͤnnen. Während der Belagerung ward. der oberfie
Heerführer der Polowzer Miſſerwitſcha, nad einer
andern Schreibart Miciewnica, durch die Bertheidiger
- der Stadt ggtödtet. Diefen Ber luft ließen. feine Kriegs⸗
voͤlker die waffenlofen Bewohner des ganzen offenen
Landes von Halitſch entgelten, indem fig, um den⸗
felben zw rächen, die ſchrecklichſten Verheerunged
durch Raub und Brand aurichteten. Haliiſch ſelbſt
ward dieß Mahl durch die Anfunft aweper Heere,
eines ungariſchen unter den Befehlen eines ungari-
ſchen Palatins, und eines pohluifchen unter Anfuͤh⸗
rung des Woywoden Nicolaus von Krakau, von
einer gewaltſamen Eroberung defreyet. König Kolos
mann blieb in der Stadt mit einer Henugfamen Ber
ſabung des beſten Kriegspolks, welches aus ungarifchen
und voblniſchen Truppen beſtand, oͤruͤck. ‚als dieſe
Äh zur Schlacht wider den surücgelommegen Mflise
law auſchickten. Sie ſtellten ſich ſo in Schiachtord⸗
nung, daß die. Pohlen den rechten, und die Ungarn
und Halitſcher den linken Zluͤgel einnohmen. - Bey
ihrem. Yuzuge flieg Mſtitzlaw auf eine Anhöhe, ihre
Zabl und Anfalten mis eigenen Augen genqu zu un⸗
terſuchen, um fo dee, beſſer die Maßregein zu
ihrer rderwindung nehmen zu können, Als er ſich
aber dabey etwas lange verweilte, erinnerte ibn der
FZuͤrſt Wladimir, daß fein Kriegsvolt‘ bierpon viele
leicht eine folfche Auelegung machen und denken könn»
x.
‚des ruſſiſchen Reiches. 251
te. daß der Feldberr feine Perfon zu einer Seit im
Eicherheit Bringen wolle, als er feine Leute durch
‚fein. Zureden, feine Anleitung und fein Bepfpiel zum
tapfern Streite anfeuern follte, Maislaw verſchmäͤ⸗
hete nie. wohlgegründeten Kath, und. ging daher yon
diefer Anhöhe an die Spige der Seinigen, denen er
einen gewiffen Sieg ber ihre Feinde verfprad. Die
Poblen bekamen Wladimirn und die beyden Roſtis⸗
lawe zu Segnern; zund als dieſelben von ihnen zu
Ergreifung der Flucht gezwungen wurden, verließen
fie das Schlachtfeld, um durch Verfolgung der ge⸗
ſchlagenen Ruſſen den uͤber fie. erhaltenen Vortheil
zu behanpten. Nachher ſchienen auch die Ungarn.usd
Halitſcher auf ihrem. Flügel die Oberhand Aber die
mit ihnen. Ärdteyben Feinde, gu. gewinnen, und
glaubten. ſchon fo feſt, nichtsz weiter von denſel⸗
ben befuͤrchten zu „dürfen „ daß ſie, um daſto
beſſer .nadigufegen, ibre Schlachtordnung grenn⸗
ten. Aber an brach Mſtislaw, der ald ein Muger
Held, feiney Entwurf zur Ueberwindung der. Zeindg
auf Diefen- ‚Boxfafl arbaugt haste, ‚und, um ihnaus⸗
zuführen, die Seinigen zum Scheine als Zlüdrling
ge zurůckwe chen ‚ließ, mis Den verſtect gehaltenen:
— jervor, und ging ihnen auf den Rüde,
morauf 48 ib. ‚ein Leichtes mar, ;fie- gänzlich. in
Unordnung ‚BB. ‚bringen, Zugleich kehrten bepde Ro⸗
ſtislawe mit Ideen Kriegsnöffern anf das Schlachtz
feld zurüd, und fielen den, Ungarn in die Seite,
und vachdem nun der Yalatin. gie ein Kriegsgefäne
gener in. feindliche Hände. gefallen. und jeder De
der Entfommens uerfperrt war, ‚ergaben fih olle 4
die von diefem Flügel noch das Leben erhalten hat⸗
ten, der Willkuͤr ihrer Sieger. 1rFW
Als dieſe darauf mit einer Menge Gefangenen
und erbeuteten Siarsgigen unter den Ahfıngen
sr» Erſter Abfchnitt. Anfang
ihrer gewöhnlichen Triumpplieden auf den Kampf,
platz In der’ gewiffen Suwerficht zurfidkfehrten, dort
‚Ihren andern Flügel‘ anzutreffen ; fo Tiefen fie den
hier auf fie wartenden Rufen iu die Falle wurden
umrungen, und faſt alle niedergehauen. Mſtislaw
ſtellte Jegt die mit huen eroberte Hauptfabne In der
Abſicht anf einem erhabenen Orte auf, um die noh '
im Nachſetzen der Rufſen begriffenen Parteven durch
dieſes Kentzeichen der Anweſenheit ihres Heeres
sletäfafis hierher zu locken, wo fie ein zleiches
Schickfal mit ihren getöhteren Landsleuten 'erfuhren.
Wegen dieſes Sieges erhoben Die Hufen Mislawn,
dem fie ſchon laͤngſt den ehrenvollen Rahmen Ehre
bri, der Große oder Zapfere, beylegten, mit fol⸗
henben Lobſpruche: Großes Licht und: Ueberwinder
Mſtisiaw Miſis lawitſch! Dich hat Gott zur Erhoͤ⸗
hunßg ſeines Rahme“ als einen ſtarken Habicht aus⸗
zeſender, ſtarke und maͤchtige Feinde mir hren Wofe
fen aufzureiben, welche fih ſchon den Sich und did
Ju Aberröäftigen verfprachen, und mun Indgefammt
von die,. Aferm erhabenen und euhmiuonde Herr,
erniedrigt und gu Boden geworfen find: “Er ging
fögleih vor Halitfſch, uns welchem Diie bey feiner
Andikung die Pöhlen und Ungarır une KRuffen mit
Beibern Wind’ Kinder; heils aus billigen Rißtrauen
"dä: ihte Lreue theils um mit den ooträthigen Le
Bendniktselk: Tänger ausreichen zu koͤnnen, ſortgeſchafft
hatten. Der Palatin von U agarn und andere in der
Gewalt Mſtislaws ſtehenden Landsleute ermäßnten fie
felſt, ſich durch eine vergeblihe Gegenwehr nicht in
den geiwviſſen Untergang zu ſtuͤrzen. Mſtislaw bes
wies bey dieſem Vorfalle eben die Maͤßigung, die
alle ſeine Handlungen in dem vorigen Kriege wider
Jaͤroslaw und den Großfuͤrſten Georg begleitete
und frönte. Devon, ob er ‚gleich durch gewaltfgmen
des ruſſiſchen gkeichs. 253
0
Angriff dieſe Feſtung in uͤberaus kurzer Friſt ein⸗
nahm, ſo ſchoute er doch das Leben feiner darin ‚den
findlichen Zeinde, ließ drey Mahl durch Rufen
die Aufforderung zur Uebergabe ergehen, und ver⸗
richtete die zweyte ſelbſt. Auch nachdem diefe Verſuche
gleich fruchtlos gewefen waren, enthielt er fich aller
gemaltfamen Angriffe, und ſchloß bloß die Stadt
ein, indem er fagse, daß er. nicht durch Gewalt ,,
foodern bloß dur Stillſtehen fich ihrer bemaͤchtigen
wolle. Dob Fam es durch Minen dahın, daß
ser in der Nacht durch diefen gebahnten unterirdis
fhen Weg unvermuthet in die Stadt gelangte, und
durch den ſchnellen Ueberfall alle darin befindlichen
Menſchen fo erſchreckte, daß fie insgeſammt dieſelbe
verließen, und ohne Zweifel, weil Mſtislaw ihre
Rettung nicht hindern wollte, fi indie verſchauzte
Marienfirhe zogen. In .diefer ihrer dußerfien Noch
bemuͤhte ih Mſtislaw nochmahls, fie durch fein Zure⸗
: Den zu bewegen, daß fie dur einen Vergleich mit ihm
ihre Perfonen erhalten möchten, und begehrte deßwegen,
eine. Unterredung mit dem Könige Kolomann. Als
man ihm fogar dieſe verfagte , bewies er do die
Großmuth, daß er den Eingefperrten, damit fie wicht
vor Durſt verfhmachteten, ein Faß Waſſer fandıe.
Endlich zwang fie der dußerfie Hunger, die. verſchauzte
Kirche und ale ihre Perfonen der Gewalt Mſtislaws
gu überliefera, der die Gefangenen ie verſchiedene
entlegene Orte in Rußland, und befonders den’
König Kolomann nebſt deffen Gemahlinn nad For»
ſchok ſchickte. Bermuchlih würde doch Mſtislaw bey
dieſen fo wohl ausgerichteten Unternehmungen mehr
Schwierigkeiten angetroffen haben, wenn nicht eben
der König ven Ungarn mit einem ſehr zahlreichen
Hesse feiner Unterthanen fih im gelobten Lande mis
einem heiligen Kriege beſchaͤftigt Hätte, und vielleicht
354 Erſter Abſchnitt. Anfang
gab eben dieſe Entfernung des Koͤnigs von Ungarn
den Halitſchern den Muth, Mſtislawu zu Kolomanns
Vertreibung herbey zu rufen. Wie der Letztere die
Nachrichen von allen diefen Begebenheiten empfing ;
fo ſchmerzte ihn die Kränfung der Ehre feines Reihe
faft höher als fein Verluſt, und kaum wollte eini⸗
ger Troſt daruͤber bey ihm haften. Seine Betruͤbniß
vergrößerte ſich noch, als er auf die drohende Both⸗
ſchaft, mit welcher er einen feiner Broßenan Mflis-
lawn fandte, derfelbe follte unverzüglich feinem Sohne,
deffen Gemſahlinn und allen Gefangenen die Zrey»
beit geben, font werde er ihn mit aller feiner Hee⸗
reskraft in feinen eigenen, ruffifchen Staaten befries
gen, die des eben fo muthvollen als befheidenen
Mſtislaws würdige Antwort empfing: der Sieg ſtehe
weder in des Königs von Ungarn noch in Mſtislaws,
fondern in Gottes Gewalt, und wenn der König
kommen wollte, wuͤrde Mſtislaw ihn erwarten, in
der Hoffnung, ihn unter dem göttlihen Beyſtan⸗
de zu überwinden. Da er aus Diefer Antwort
Mſtislaws ſchließen konnte, dag durch Drohworte
ſich nichts abzwingen laſſe, fo mußte er, um
die Freyheit feines Sohnes zu bewirken, 2218
nach dem Vorſchlage feiner Käthe, einen ganz ge:
genſeitigen Weg einſchlagen, und durch eben den
Jaroß, der feine Drohbothſchaft, an Mſtislaw über
brachte, demſelben einen billigen Frieden anbiethen,
welches Begehren des Königs feine Gemahlinn, Kos
Iomanns Stiefmutter, mit einem überaus böflichen
‚Brief an Mſtislawn begleitete. Weil aber Mitislamn
das erfie Anerbiechen des Königs zu fchlebt ſchien:
fo f&idte er den Geſandten mit einer abſchlaͤgigen
Antwort zuruͤck, und traf auf den Fall, dag der
König nunmehr die Waffen wider ihn ergreifen möchte,
Grgenanftalten in feinem erobersen Keiye, und
des ruſſiſchen Reiches. 455
reiſte zum Großfuͤrſten von Kiew, um mit dieſem
Bundesgenoffen muͤndlich die Maßregeln, wie in
diefem bevorfichenden Kriege ‚mit vereinigten Kraͤf⸗
ten den Ungars die Wage iu halten ſey, zu vers
odreden. zu
Nach vielen vergeblichen Unterhandlungen ging 1220.
Ungarns König etwa im- Jaͤhre 1220 einen Ver— ——
gleich mit Mſtislaw ein. Kolomaun, des Königs unter aewif⸗
Sohn, mußte Verzicht auf Halitſch thun, und der fen Bedin-
König ſelbſt mittel eines. Eides verfprechen, daß Deine
er die Verzichtleiſtung feines Sohnes nicht umfigßen von ". Ungarn
wolle. Mfislam trat nachher, als er Kolomannen ”
und ‘die in feiner Gewalt habenden Ungarn und
Pohlen in driphen ſetzte, freywillig Halitſch dem Prins
zen Audreas, Kolomauns Sohn, auf drey Jahre ab.
Zu eben dieſer Zeit ſuchte der Pohlenherzog Zwiſchen |
Leßek Mſtislaws Zreundfipaft zu erwerben, und Ken und.
einen Frieden mit ihm zu fließen. Man fat, wird ateid-
Leßeks Bermäßlung mit einer ruſſiſchen Prinzeffinn fals Friede
habe den Frieden gegründet. | veſchloſſen.
Swaͤtoslaw Wſewolod owitſch, den Mſtislaw
den Nowgorodern in der Eigenſchaft eines Reichs⸗
verweſers zurückiieß, wurde im Jahre i2ı9 an den
Fuͤrfſten Mſtislaw Romanowitſch nach Kiew ausßs-
geliefer.
In eben dieſem Kahre ward Wſewolod Mhiisla⸗
witſch, ein Sohn des Fuͤrſten Mfiidlam Romanowitfch
von feinem Vater mit dem Begehren nad Nowgorod
geſchickt, daß ihn die Nomgoroder für ihren
Zürften annehmen möchten, welches auch geſchahe.
Richt lange aber genoß dieſer Wſewolod das Ver
gnuͤgen, Fuͤrſt von Nowgorod zu ſeyn; denn man
hieß ihn bald wieder fortgehen.
Wſewolod Iurjewirfg , ein Sohn des Sroß
fürflen Georg, wurde: in dem eben erwähnten
256 Erfter Abſchnitt. Anfang
Jahre don den Nomgoroderr zum Fuͤrſten er⸗
bethen. Er kam, ward aber bald darauf gezwungen,
fich wieder weg zu begeben, welches veranlaßte, daß die
Nomgoroder einen von des Sroßfürften ‚Brüdern
zum Zürften verlangten. Der Großfürf ſchickte ide
nen im 3. ı220 feinen Bruder Jiroslam Wſewo⸗
lodowitſch: dieſer that in eben diefem Jahre rinen
Feldzug gegen Joliwan (Raval), verheerte das ganze
Land der Eſthen, und machte viele Gefangene, oh⸗
ne der Stadt Reval ſelbſt Schaden zu un.
Georg bes Georg durfte nah feinem ge ſchehenen Abtritte
fteigt nah des Großfürſtenthums an ſeinen Bruder Eonflan-
nn tin, der außer diefem Nahınen auch den Nabmen
Eonfiantind Demetrins als den eigentlichen Tgufaahmen führte,
Ä I en und mit dem Bepuchmen der Weiſe beehrt ward,
wiadimirs. Dicht lange warten, dasfelbe wieder zu überfommen.
ſchen Thron. Denn Eonftantin befaß dasfelbe nur wenige Mona»
the, old er an feinem Körper fpürte, daß er bald
fterben muͤſſe. Aus diefer Urſache berief er Geor-
2218. gen 1218 nad Wladimir zuruͤck, und übergab ihm
\ den großfürfilichen Thron.
Seorg er ⸗· Gleich im erfien Jahre der abermahligen Res
Ahnen sierung. Georgs thaten die Polowzer einen
Kegierungs- Verſuch auf das Fuͤrſtenthum Refan, und zwar.
— auf Antrieb zweyer reſanſcher Zhrfien, der Brüder
Gljeb und Eonflantin. Denn Gljeb, ein zu den
abſcheulichſten Verbrechen aufgelegter Meunſch, indem
er herrſchſuͤchtig, grauſam und geigig war *), über»
sedete feinen Bruder Eonflontin, mit ihm darin
gemeinſchaftliche Sache zu machen, daß fie ſich
durch Ermordung der übrigen reſauſchen Fuͤrſten
und
Pr Diugess p. 608,
‚des ruffifchen Reiches, " 257.
und aller angefehenen reichen Kefaner der ganjen res
ſanſchen Landfchaft und des geſammten Vermoͤgens
der Einwohner bemaͤchtigen Fönnten: Das Mittel,
defien fie ſich bedienten, um »Diefen ſchaͤndlichen
Ziel zu erreichen, vergrößerte noch das Verbre⸗
deu. Dean fie Inden. alle. Fuͤrſten, worunter einer
ihr Bruder and fechs andere nahe Verwandte wa⸗
sen , mit ihren Bojaren zu einer gemeiuſchaft⸗
lichen Berathſhlagung ein, und da alle His ‚auf den
einzigen Fuͤrſten Igor Igorewitſch, der zu feinem.
Blhde ſich verfpätete , ohne die geriugſte Beſorgniß
erſchienen waren, und mit Ihnen das Mittagsmapl
einnahmen, wurden fie von Gljeben und Eonflan-
tin nebſt deren ‚Helfershelfern, ihren Ebelleuten und
einigen Polomzern, ins geſammt getödter. Dieſe Graͤuel⸗
that bewaffnete alle rufſiſchen Fuͤrſten, deren Macht
den Unmenfchen ein ſolches Schreien einjagte, daß
fie ihr Barerland verließen, und ind Land der Po⸗
lower gingen, Als fie mittelſt dieſer Hülfe Re⸗
fan gu erobern dachten, verjagte fie nach einigen
angesichteten Verbeerungen der Zürft Igor Jgore⸗
with. Georg demütbigte gefhwinde Die Bul
‚garen, als fie bey Gelegenheit feines Vorhabens,
die Jugren gu bezwingen, mit einem zahlreihen
Heete aus ihren Wohnfigen am Fluſſe aufgebroden
waren, und fidh feitwärts ind ruſſiſche Gebieth wand⸗
ten, wo «6 ihnen gelang, durch Plünderung des
offenen Landes reiche Bente zu machen, auch fi ‚der
Stadt Uhjug mie Liſt zu bemaͤchtigen, hingegen das
Unglüͤck hatten, als fie hierauf Untſcha gagriffen,
von den Einwohnern abgetrieben zu werden: Da
une das vom diefen Feinden eroberte uſtjug unter
Die Herrſchaft des roſtowſchen Fuͤrſten Waſilei ges
hörte; fo ſuchte dieſer bed feinem Vatersbruder, Dem
Großfürften Georg, Beyſtond, und die ſer ſandie
Geſch. Nuſl. ı. Band. %
258 Erſter Abſchnitt. Anfang
im Jahre 1220 unter dem Befehle Swaͤtoslaws
ein Heer aus Wladimirern, De ejaslawern und
Muromern, das Land der Bulgaren zu uͤberziehen.
-Der allgemeine Sammelplag war die Mündung
des Oka. Die Maunſchaft fuhr auf ihren Kaͤhntu
verſchiedene Mleine unbenanste bulgariſche Städte
worüber , bis fie zu der Stade Oſchlaͤ oder Aſchla
gelangte, wo ein zahlreiches bulgariſches Heer un⸗
ter der Anfuͤhrung ihres Fuͤrſter ſtand, welches aber
nach der Abſchießung feiner Pfeile ſich ſchnell in die
Stadt warf, die mach. damahliger Art eine ſtarke
Feſtung war, indem fie mit einer doppelten höl-
zeruen Wand, zwiſchen welher man den Raum mit
Erde angefüllt hatte, verwahrt, und diefe allent⸗
halben mit doppelten Yalifaden umgeben war. Doch
diefes hielt Swätoslawn vom. Angriffe nicht «ab,
er wählte unverzüglich einen Theil feiner Kriegs⸗
völfer daju, von welchen. die vorderfien mit Ar
ten und Zeuer anrädkten, Binter diefen aber Bogen⸗
ſchuͤhen und Sanzenträger folgten ; er. felbft fewerte
an der Spitze fie an, und obgleich die Bulgaren
nach Möglichkeit. ihm die Bemachtigung vermehren
“wollten, fo ward doch in der Geſchwindigkeit durch
Niederhauunng der Pallifaden der Weg zum Wale
sebahnt, und darauf die Stadt angezündet. Jetzt
mußten die Bulgaren nichts Befferes zu thun, als
dag fie fih zum andern Thore hinaus flüchteten, —
Allein das Kbrige Hrer Swätoslams mar rund um
die Stade geſtellt, folglich. wurden auch hier viele
eutweder getödtet oder gefangen genommen. Rab
diefer am ızsten Junius gefcdehenen Eroberung
ſchickte der Fuͤrſt die roſtowiſchen Kriegsvölker unter
ihrem Heerführer Woislaw Dobrinitſch voraus, er .
ſelbſt aber faiffte die Wolga hinauf. Als er an
‚einen gewiffen Dt, Hadp genannt, Fam, traf er
en |
des ruffifchen Reiches. 255
ein ſehr großes feindliches Heer an. Allein, wie,
er den Seinigen befahl, auch unter das Bewehr
zu treten, und die Trommeln, Trompeten und Sure.
nen börenließ; fuhr er von denifelben wnangefochten
vorbey, und nahm an der Mündung der Kama die
Koftower wieder zu fih. Die Verrihtung des rufe
fifhen Heeres in dieſem Feldzuge wider Die Bulgaren
fiel fo nah Wunſch aus, daß der Anführer Swaͤtoslaw
ſich dadurch große Ehre erwarb, und mit ällen dazu .
gebrauchten Kriegsvoͤlkern die Geſchenke verdiente, mit
welchen ihr Wohlverhalten belohnt wurde. Dieſe Vor⸗
theile floͤßten dem Großfürſten die Begierde. ein,
noch einen Feldzug wider dieſen Feind zu unterneh⸗
men, und ſelbſt fein Heer in demſelben anzuführen.
Aber als er bereits mit feinem Haupiheere zu dem
unter Befehl des Fuͤrſten von Roſtow bis Gorodeg
vorgerücten Bortrabe gefloßen war, ließ er fih end»
lich durd Die dritte. Geſandtſchaft, welche die Bul⸗
garen zur Erlangung eines Friedens mit koſtbaren
Geſchenken an ihn abfertigten, bewegen, ihnen ſel⸗
ben zu gewähren. Dergeſtalt konute Georg im
J. ı221 in guter Ruhe an einem won der Natur
mit vielen Boriheilen begabten Orte, dem Einfluffe
der Oka und der Wölga, mo ehedem eine din vori⸗
gen Kriegen. dur die Ruſſen zerſtoͤrte bulgari-
ſche Stade geftanden haben fol, eine neue er.
bauen, melde er won ihrer Lage in Betrachtung des
Laufes der Wolga Niſchnei-Nowgorod oder Nieder
nowgorod nannte. ' .
ira
Jetzt kommt der für Rußland unglücliche Zeit: Erſtet aroe
fer Etoß
punct, naͤhmlich die Incurſion der Mongolen bder a —9—
Tartaten. Diefe mit Macht zu verjagen, kamen die eruſſiſche
Polowzer zu unſerm Helden Mſtislaw, und bathen Reich durch
ihn, ſeine und anderer ruſſiſcher Fuͤrſten Krärte
R 4
eine don den
Tartarn ers
mit ven iprigen zu wereinigen. Die Barbaren un. littene Nie⸗
260 Erſter Abſchnitt Anfang ° "
berlage em, fer der Anfuͤhrnng Ihres kriegeriſchen Khans Gen⸗
Hänge.
ghiz oder Tſchengis machten fi durch ihre ſchnellen
Eroberungen allenthalben, wo ſie in Europa hin
Pamen, furchtbar. | J
Zſchengis, Sohn des Tuſchi, war gegenwärtig In
Kapifchaf eingerückt, um von bier aus die Greu-
gen des feinem. Vater unterworfenen Reiches gu er»
weitern. Zwey berühmte Zeldherren, Sudai Baha-
dur und Tſchepe Novian, unterfiäigten ihn mit ihrer
Kriegserfahrenheit und Tapferkeit. Ihre Wegweiter,
die fie zu Schamachie nahmen, fie den kuͤrzeſten
Weg nah Derbent zu führen, leiteten fie auf eis
nen Weg, wo die Alanen, die auch. Dageflaner und
Berg- Zfherfaffen heißen, nebſt den Kaptſchaken,
oder dem Wolfe, das in ber ruſſiſchen Geſchichte
anter Dem Nahmen Polowger befannt ift, in zahl⸗
reicher Menge und an einem vorteilhaften Orte ſich
zufammengezogen hatten. Die Zartaren,. welde
weder zurüdgehen wollten, noch den ſtaͤrkern Fein⸗
den ohne Gefahr den Rücken Fehren konnten, ers
fanden das Mittel, fich von einem Theile ihrer Feine
de zu entlebigen, daß fie an die Polowzer Geſchen⸗
fe fanden, und fie erinnern ließen,. daß, da fie ‚mit
den Zartarı von einem Beblite entfproffen ſeyen,
ed diefen ſehr wundere, fie jeht mit ihren alten
Feinden wider fie, ihre Brüder, vereinigt gu fehen.
Die Polowzer nahmen diefe Vorfelluugen an, und
trennten fih von den Tfcherkaflen, die nun ein Raub
der Tartarn wurden. Da nun diefe ganz zu Bruns
de gerichtet waren, und die Tartarn dadurch den Po⸗
Tomgern- näher kamen; fo fingen fie an, dieſe aud
als ein unterwürfiges Volk zu behandeln. Zu fpdt
foben fie. jept erſt ihren Fehler ein, und verbanden
ſich mit den Nogaiern; aber dieſes Bündnif war -
zu ſchwach, die Menge der Tartarn aufzuhalten, als
des ruffifchen Reiches. 261
welche diefe Verbündeten bis an den Drjepr trier .
ben. Da num der vornehmfle polowjiſche Fuͤrſt
den unter den-Raffen in fo hohem Auſehen fichenden
Mitislam zum Schwiegerſohne hatte; fo entfhlof -
fen fih die Polowzer, durch deffen Vermittelung
and reihe Geſchenke, wie auch durch Vorſtellung
der eigenen Gefahr, welche die rufſſtfchen Staaten
bedrohe, wenn diefelden rubig anfähen, daß die Yo» --
lowzer von den Tartarn gang unterdrüdt würden,
eine große ruſſiſche Macht wider die Zartarn zu *
rem Schutze ins Gewehr zu bringen. Ihre Hoff⸗
nung ‚ging in Erfüllung Auf Miſtislaws Verlau⸗
gen flellte der Großfuͤrſt von Kiew eine große Ver⸗
famnAuag der Zürften des füdlicpen Ruflands an,
in welcher nah feinem Wunfce befchloffen wurde,
I den Polowzern mis aller Macht, die fie aur aufs _
Bringen. koͤnuten, zu helfen, und fo den Zartarın üben
die Grenze des ruſſiſchen Gebleiht entgegen zu. ges
ben. In dieſer Abſicht erfuchten fe auch den GOroß⸗
fürften von Wladimir und die polswziſchen Fuͤrſten,
daß ſie mis ihnen gemeinfchaftlihe Sache machen
möchten, Schon hatten viele Fuüͤrſten oin ſehr zahlreiches
Heer zu Szarub bey der waraͤgiſchen Juſel Wareſch⸗
koi im Dajepr zuſammen zefuüͤhrt, «SB eine tartariſche
Befandtfihait bey denſeiben mit den Vortrage anlang«
rt, daß die Tariarıı wider die. Ruffen keine feindlichen
Gefinnungen heaten, ſendern bloß die Polomzer, als
chemaßligevon ihnen abgefallene Quechte, wieder zum
GSehorſam bringen wollten, und, da fie. wüßten, daß
diefelden ‚oft in den rofſiſchen Linden großen Scha⸗
den angerichter hätten, den Buffen die ſchoͤuſte Ge⸗
legenheit gaͤben, fih nebſt Ihnen an: diefrur Volke gu
rähen. Die Ruffen, ſagten fie, dürften nur alle,
welde, um ihrenUeberwindern denTartarn gun sutgehen:
zu ihnen; fliehen wurden, niederhauen, oder zu ihren
260‘ Erfter Abſchnitt. Anfang
berlage em; fer der Anführung ihres kriegeriſchen Khanus Ben:
Hänge.
ghiz oder Tſchengis machten fich durch ihre fchnellen
Eroberungen allenthalben, wo fie in Europa hin»
kamen, furchtbar. u
Zſchengis, Sohn des Tuſchi, war gegenwärtig in
Kaptſchak eingerückt, um von bier aus die Greu⸗
zen des feinem. Vater untermorfenen Reiches zu er⸗
weitern. Zwey beruüͤhmte Feldherren, Sudai Baha-
dur und Tſcheye Novian, unterſtuͤßzten ihn mit ihrer
Kriegserfahrenheit und Tapferkeit... Ihre Wegweiter,
die fie zu Schamachie nahmen, fie den fürgeflen
Weg nach Derbent zu führen, leiteten fie auf ei⸗
nen Weg, wo die Alanen, die auch Dageſtaner und
Berg» Tſcherkaſſen heißen, nebſt den Kaptſchaken,
oder dem Volke, das In ber ruſſiſchen Geſchichte
unter dem Nahmen Polowzer befannt iſt, in zahle
reicher Menge und an einem vorfheilhaften Orte ſich
zufammengegogen haften. Die Zartaren , welche
“ weder zurhdigehen wollten, noch den ſtaͤrkern Fein»
den’ ohne Gefahr den Rüden Fehren konnten, er⸗
fanden das Mittel, fi von einem Theile ihrer Fein»
de gu entlebigen, daß fie an die Volowzer Geſchen⸗
ke ſandten, und fie erinnern ließen, daß, da fie mit
den Tartarn von: einem Gebluͤte entfproffen ſeyen,
ed diefen ſehr wundere, fie jeht mit ihren älten
Feinden wider fie, ihre Brüder, vereinigt gu ſehes.
Die Polomger nahmen dieſe Vorſtelluugen an, und‘
trennten fi von den Tfcherfaffen, die nun ein Kaud
der Tartorn wurden. Da nun diefe gang zu Grun⸗
j de gerichtet waren, und die Zartarn dadurch den Pos
Tomgern- näher kamen; fo fingen fie an, diefe auf
als ein unterwürfiges Volt zu behandeln. Su fpät
fahen fie. jept erſt ihren Fehler ein, und verbanden
ſich mit den Nogaiern; aber dieſes Bündnig war
zu ſchwach, die Menge der Tartaru aufzuhalten, als
des ruflifchen Meihes. 261:
melde diefe Verbündeten bis an den Drrjepe triee -
ben. Da nun der vornehmfle polowjiſche Zuͤrſt
den unter den-Ruffen in fo hohem Anfehen fichenden
Mſtislaw zum Schwiegerfohne hatte; fo entichlofe -
fen fih die Polowzer, durch deſſen Vermittelung
and reihe Geſchenke, wie aud durch Vorfiellung
der eigenen Sefahr, welche die ruffifhen Staaten -
bedrohe, wenn diefelden ruhig anfähen, daß die Yo,
lowzer von den Tartarn ganz unterdrückt würden,
eine große ruſſiſche Macht wider die Zartarı zu ih»
rem Schupe ins Gewehr zu bringen. Ihre Hoff
nung ‚ging in Erfüllung Auf Mſtislaws Verlau⸗
gen ſtellte der Großfuͤrſt von Kiew eine große Ver⸗
fomndung der Zürften bes fhdlichen Ruflands an,
in welcher nah feine Wunſche befchloffen wurde,
den Polowzern mit aller Macht, Die fie anr aufs _
bringen Eönnten, zu helfen, und fo den Zartarı über
die Srenze des ruſſiſchen Gebiethe eutgegen zu. ge⸗
den. In dieſer Abſicht erſuchten ſie auch deu Groß⸗
fürſten von Wladimir und die polowziſchen Fuͤrſten,
daß ſie mis ihnen gemeinſchaftliche Sache machen
mwröchten, Schon hatten viele Fürſten oin ſehr zahlreiches
Heer zu Szarub bey der waraͤgiſchen Jaſel Wareſch⸗
koi im Dujepr zuſammen zeführt, als eine tartariſche
Befandtfhait bey denſelben mit dem Vortrage aulang⸗
re, daß die Tartarn wider die:Ruffen keine feindlichen
Geiinnungen hegten, ſaudern bloß die Polomzer, als
ehemahlige von ihnen abgefalleue Quechte, wirder zum
BSehorſam bringen wollten, und, da he. whßren, daß
dieſelben oft iu den roffiſchen Binden großen Scha⸗
den augerichtet haͤtten, den Rauſſen die ſchoͤuſte Ger
legenheit gaͤben, ſich nebſt Ihnen an: dieſem Volke zu
raͤchen. Die Ruſſen, ſagten fie, dürften nur alle,
welche, um ihrenUeberwindern denartarn gun eutgehen⸗
zu ihnen; fliehen wuͤrden, niederhauen, oder gu ihren -
,
262 Erſter Abfchnitt. Anfang
Scaven machen, und könnten ſich folchergeflalt noch
über dieß einer reichen Beute, ohne einige Gefahr
Dabey zu Iaufen, verfichert halten. Die Ruſſen ver
wärfen nicht nur dieſen Borfhlag der Tartarn , fon«
dern södtesen. auch fogar die Geſandten, welche ihn
an fie uͤberbrachten, und zogen immer weiter deu
Dnjepr herab. Auf dieſem Zuge erſchien eine an⸗
dere tartariſche Gefandtſchaft bey ihnen, welche ſag⸗
te, daß die Tartarn aus der Urſache, weil die Ruſ⸗
fen nicht uur wit Verwerfutzg ihres Friedensautrags
fortführen, die Polowzer, als Feinde derfelben, wi.
der fie zu fehügen, fonderm auch Die zu ihnen gekom⸗
menen tartarifhen Befandten ermordet hätten, ihnen
felbft den Krieg -ankündiglen.- Doc der Kapfere
Mſtislaw Mſtis lawitſch, der mit einem Theil der da
litſchiſchen Lriegsod (fer han: in Diefes ruſſiſche Lager
eingeruͤckt war, kam den Tartaru mit Ausuͤbung der
erſten Feindl ichkeit zuvor, indem er über den Daipr
ſetzte, uad- die unter dem Befehle eines Heerfühs
rers, welchen Deguignes‘ Spemia Begh, Spifber
batow aber. Gonjaͤbek nennt, ſtehenden tartariſchen
J Völker fo über den Haufen warf, daB fie, um, mp
nigſtens ihr Snupt vor feiner Gewalt -zu reiten, das⸗
felbe an einen. baguemem Dis in eine Grube vprficde
sen. Allein dieſer Berfischte. ward non den Rufe
gefunden und gefangen genoammen, worguf fü die
Polowzer defien ‚Auslieferung. von. Miſtislamu erba⸗
then, ned ihn anverzuͤglich oͤdteten. Badınadiy
ſtieß das halitſchiſche Hauntheer unter deu Belhher
seo Jurjaͤ Domoretſchitſch und Derſchikreja Wlatis ⸗
lawitſch bey dem Fluſfe Chortitſch, zur ruſſiſchen
Kriegsmarht, nachdem es auf Kaufend Vothen den
—DDueſter herunter und von dort uͤber einen ſchmalen
Strich bes ſchwarzen Meeres den Dujepr herauf ge⸗
ſchifft, nad. feine Borhe über die Waſſerfaͤlle ar
des ruſſiſchen Reiches. 263
ſchleppt hatte. Auch vergrößerte die Ankunft der
Bauten , Bangalen und Wygalzen, Völker, melche
die Furcht vor den Tartarn antsieh, bey dem zuffifben
Heere Schug gu ſuchen, da dasfelbe zulegt Monoo
. Menfchen und über zo Herten von ruſſiſchkuüͤrſtlichem
Gebluͤte zaͤhlte. — Bu einer folden Zap ‚Auges
wachſen, achtete ſich dasſelbe ſtark genug: guber
den Dujepr in der Abficht zu gehen en Feind zu
einer allgemeinen Schlacht aufzufordern. So batd es
alfo Nachricht erhielt, daß tartariſche Kriegavoͤlber
zu feiner Brobachtung herannaheten, befahl Milis>
law Mſtislawitſch einigen jungen Fürften,ndiefelben
anzugreifen, melden Befehl dieſe fo :.gus ausr ichte⸗
ten, daß fie die Tartarn (ehr weit zarück wisben, und.
fo viel Vieh von ihnen erbeuteten,, daß das ganze j
zuffifche Lager damir'angefüdt- ward, Nach dürfen
Borfalle ſehten die Kuffen ihren Sug nad.dem Doa
acht Tage fort, ohne einen Feind zu ſehen, bis fie
an den Fluß Kalka, welcher unwen des Donſt ſſes
ins afowifche Meer faͤllt, gelangten. Aber· auch; die
diesſeits des Kalta ſtehrubrn Tartara wihrn ‚(wie
wohl nach einem higigen Gefechte, worin Due: Ruf
fen drey Männer von Auſehen verloren. Jetzt ie
wen die Ruffen, ohne. angefochten zu werben, hiu⸗
ber, wobey Mſtislaw Mitislawitſch miN ieder den acht⸗
zehnjaͤhrigen Fuͤrſten Daniel dazu erwaͤhlte; daß er die
erſten ruffiſchen Kriegsvoͤlber jenſeits:des Fluſſes
führe. Aaͤum war dasıganze ruffiſche Herr: auf dar
andern Seite, und hatte Dort fein: Lager aufge ſchla⸗
nen ; fd ruͤckte der polswziſche Zi dran mirPR-
fowgern zur Aufſuch ungder Tartarn Heroör u, und
Mſtiolaw folgte demſelben aufdem Fuß ⸗¶ nach· Nun
aber begegnete ihnen eine ſolche Menge Tartarn, daß
fie ſich genörhige ſahen, gu ihrem Hauptheere, zur
ruͤck za gehen , wo Mſtislaw alsbald Auſtalt zu el
4
264 Erſter Abfchnitt, Anfang
ner Schlacht machte, aber aus der Urfache, weil er
ſich kuͤrzlich mit dem Großfürfen von Kiew über
worfen hatte, uur einen Theil der im gangen zuffle
ſche Lager befindlichen Manuſchaft in Dieb Zreffen
fübtse, indeß der auf einem Felſen ſtehende Groß⸗
fürk: von. Kiew mit ollen unmittelbar vom ihm ab»
hängenden Kriegsvoölkern, stwa 40000 Monn, un
beweslich Reben, blieb. Daniel drang wieder zuerfl
in den Feind, und focht ohns Empfiedung einer
furg nach dem Anfange des Streites von einer Lau⸗
ze emp fangenen Wunde fg lange fort, bis ihn der
Verluft aller Kraͤfte zwang, ich fort gu begeben.
Die audern Fürften, als Waſilko, Mſtislaw Nemoi,
weicher Daniels naher Berwandter. war, und Oleg,
Bürk von Karsk, ließen es ihrer Seiss gleihfals
nicht :au Tapferkeit -ermangeln; Aber die Polomzer,
die ifr Fuͤrſt Jaͤrun ‚zugleich den Ungeiff anf die Tar⸗
Sara thun ließ, ergriffen nach einem kurzen Gefech⸗
te: die Flucht, und flürgten ſich mod dazu fo auf die
ruſſiſchen Rögimenter , daß disfe dadurch in. Unord⸗
nung, grriethen. Diefen einigen Augenklid benutz⸗
Jen dis. Tartarn ungefäumt,: und fielen mit nuaufhalt⸗
Hasen. Wuth über Die Ruffen ber, die, da der Groß⸗
fürft pow Siem, flatt zu ihrer Unterſtühung herbey
‚zu tommen, fein Lager verfhangte, und nun feine
Abfihten darauf sinfchränkte, entweder miistelfl ſei⸗
ner Verſchanzungen fi in Denfelben fo lange su hal⸗
‚ten, bis die Tartarn abzoͤgen, oder durch biefe Ver⸗
theidigungsanſtalt rien guten Vergleich von ben
Feiuden zu erhalten, in wenigen Augenblicken gaͤnz
lich zerſtreuet waren. Mſtislaw Mſtislawitſch ſelbſt
gab mun Alles. verloren, und dachte nur darauf,
ſich und die geringe Anzahl der Lente, die nebſt ihm
fo gluͤcklich waren, geſchwinde den Kalka zu erreichen,
vor Dem Maslommen der die fluͤchtigen Ruſſen mit
des ruffifchen Neiches, 265
größter Geſchwindigkeit werfolgenden Tartarn gu be⸗
wahren. Er ließ alle vorhandene Bothe vernichten,
ob-er gleich vorausfahe, daß er. dadurch allen übri⸗
gen Geſchlagenen das einzige Mittel, ih zu retten,
benaͤhme. Diefe Urfache und die ungeheuere Un⸗
menfchlichleit Der Polowzer, welche, ſtatt den un⸗
gluͤcklichen Ruſſen aus Dankbarkeit, daß dieſelben
ſich nicht une bloß ihretwegen in Gefahr bes
geben hatten, ſondern and allein durch ihre
Schuld is dieß Unglaͤck geriethen, zu ihrer Ent⸗
fommang befoͤrderlich zu ſeyn, alle, deren ſie
babhaft werden kenmten, um, ſich ihrer Pferde uud
ihrer Kleider zu bemädtigen, toͤdteten, verurfachte,
dab von dem fo -gahlreichen ruffifchen Heere kaum
10000 Rann ihr Vaterland wieder fahen. Unter denen,
die entweder in der Schlacht oder bepm Nachfepen auf
der Flucht das. Leben verloren, befanden fi Fuͤrſt
Swaͤtoslaw von Kanewsk, Zürft Swaͤtoslaw .von
Schumske, Fuͤrſt Mſtislaw Swaͤtoslawitſch von
Zſchernigow nebſt feinem Sohne, dem braven Ale
rander Popowitſch und über 70 andere nahmhafte
Helden. — Der Großfürſt von Kiew erfuhr bald,
daß er wenigßens eben fo gut für. fich geſorgt haben
würde, wenn er verſucht haͤtte, ob er nicht dar
Unterfügung feiner in -Unordnung gerarbenen md
dieſerwegen woshleidenden Brüder. deufelben Zeit uud
Bequemlichkeit vrrfhaffen koͤnne, ihre gebrochene
Drdueng wieder herzuſtellen, und fo in Verejnigung
mit ihm den Sieg 39 erfechten.! Denn, fo bald bie
Zartonrt faben, Daß. die in der Schlacht wider ſie kaͤm⸗
pfenden Muffen voͤllig geſchlagen waren, ſonderten
hie einen Theil ihrer Kriegsmacht zum Nachſeben die⸗
fer Fluͤchtigen ab, die übrigen hingegen waud«
ten fi) unter den zwey Feldherren, Tſcherkhau und
Tektaſch, gegen die Berfhangungen des Großfuͤr⸗
266 Erſter Abſchnitt. Anfang.
fien von Kiew, welcher zwar drey Tage fang ihre
- Angriffe tapfer abſchlug, nachdem aber mitilerweile
der ſo lauge mit der Verfolgung der Geſchlagenen
beſchaͤftigt geweſene Theil des tartariſchen Heeres zus
ruͤckgekehrt war, und die Zahl feiner Streiter ver
größerte, fi) und alle feine Leute einem tartarifchen
Seldherzn, auf deffen eidliches Verſprechen, ihnen
‚das Leben zu Jaffen, nnd für ein Löfegeld die Frey⸗
heit zu geben, in deſſen Gewalt überlieferte. Allein
Faum hatte er das feinerfeits geleiftete Verſprechen
dadurch, daß er fi mit feinem ganzen Heere in
Die sartarifche Sefangenſchaft begab, zur Erfüllung
gebracht; fo brachen: die Tartarn das ihrige, Indem
fie gleich nah der Entwaffnung alle übrigen Ruſſen
erfhlugen, dem Fürften Hingegen auf’ wenige Augen⸗
blicke das Leben zu einer ſchmerzlicheren und fdimpfe
liheren Zodedart frifteten, Indem fie denfelben uns
ter die-Breier legten, anf melde fie fih zur Hal
tung ihres Siegesmahls ſetzten, und ſo unter tau⸗
ſend Verhöhnungen zu Tode quetſchtea. "Nach die⸗
fen Stege rücten die Zartarn ohne einigen Wider,
fland immer tiefer in Rußland ein, indeß die Be⸗
wohuer aller Gegenden, wöhin diefe Ueberwinder
ihren Zug richteten, kein anderes Rettungsmittel zu
erſinnen wuͤßten, als daß fie ihnen unter Vorzeigung des
Kreuzes und durch die ehrerbiethigften Uaterwerfungs⸗
zeiches, fie zur Barmherzigkeit zu bewegen, allenthalben
Baufenmweife mir Vortragung des Kreuzes entgrgen giu⸗
gen "ohne zu erwägen, daß die Tartarir feine Chri⸗
fen waren," und folglid von feiner Ehrerbtethung
gegen das Areuzzeichen mußten, und fie, da fie fonf
vielleicht vor Ankunft ber Zartarın durch Fluͤchten ih⸗
nen haͤtten en gehen koͤnnen, ihnen ſelbſt zu ben
| Ermordung in de vande liefen.
des ruffifchen Reiches. 267
Die Tartaren fanden jest ſchon nur 106 Wer: _
fie mehr von NRomgorod, Eehrten aber plöglich wie⸗
der um. Kein Schrififieller gibt die Urſache an,
warum fie von. ihren gludlihen Unterneh»
mungen abſtanden, und das ruſſiſche Gebieth ſo
ſchnell verließen — Die Rufen ſaͤgen von die⸗
ſein Volke ZFolgendes: „Riemand weiß, wo es
„serfam, niemand weiß, wo es geblieben iſt; es
„kam, ſchlug und verſchwand, war boͤsartig und oe
„grauſam wie die Teufel.“ Bielleiht war es den. ’
Barbaren har um die Plünderung zu (hun. Ban
weiß ja, daß dieſes Voif hordenweife berumgog, .
und vom Raube lebte. Die nomadiſchen Völker,
wozu auch die Zartaren gehören, waren mehr bes
dacht, ſich durch Raub zu naͤhren, als durch Er-
oberungen zu vergroͤßern. Wir werden ſpaͤter die
Gründe hoͤren, worum fih dieſe Nomaden bey ei»
nem zweyten Einfälle in Rußland niederließen, und
ſich nicht allein mit dem Raube begnügten, den fie .
bep jeder Plünderung davon trugen,
Der Kösig von Ungarn benugte das Unglüd, Der König. \
das Mſtislaw Difislamitfch traf, und hielt das N
fen gegebege Wort nicht, vermöge welchem er dem yayams
Prinzen Andreas, feinem Sohne, Niiislome Toch⸗ Ungluͤck, Sa⸗
ter jur Ehe geben ſollte. Nur auf digfe Bedingung — |
hatte mufer Held Mſtislaw Halitſch dem Andreas '
fregmwillig abgetreten. Wie leicht mar es dem Kör
nige, wortbrüdig zu werden, da ihn den heilige Bas
ter eines Eides eutband, von dem ſich ein ehrlicher
Kann entbinden laͤßt. Man ſuchte den Meineid da⸗
durd in ein milderes Licht zu fegen, daB man ſas⸗
te, Audreas und Mſtislaws Tochter waͤren minder⸗
jaͤbrig. Unfer Mſtislaw, der den Bundbruͤchigen
dur die Waffen zur Erfuͤllung feines Verſprecheng
nicht anholten Eomnie, mußte Halitſch in feines Berge
268 Erfter Abſchnitt. Anfang
ners Haͤnden ſehen, und getaͤnſcht eine Welt ver⸗
laſſen, in der er ſich den Ruhm eines Helen und
Menſchen erworben hatte.
Diekihaur Die durch den tartariſchen Ueberfall verurſachte
a, Schwächung der Manuſchaft in vielen ruſſiſchen
Dener zufis Ländern und die Unruhen im nowgorodiſchen Für
fiber vand- ftenthume gaben den Lithauern Weranlaffung und
(Waften Ermunserung , ihr Land durch Bekriegung nad Ein
nahme der benachbarten ruffifchen Länder zu erwei⸗
— gern, Die Nomwgoroder fuhren fort mit ihren Zürs
fien gu wechſeln, uad hatten den Samen der Un⸗
einigfeit ausgeſtreuet, weßwegen auch Jaͤroslaw Wſe⸗
wolodowitſch ich im Jahre 1227 nad Perejaslam be⸗
gab, und feine Söhne Fedor und Alexander Jaͤ⸗
roslawitſch als Statthalter In Nowgorod zuruͤckileß,
denen er zwey angefehene Räthe, deu Fedor Dani
lowitſch und Jaken Zhian, an die Seite fepte.
Berfciedene Da man fih zu Nomgorod damit :tröflele,
ea die daß die Ernte des folgenden Jahres den Brotman⸗
zuffifden gel erfegen würde, melden die nafſe Witterung deb
Suver. abgewichenen Herbſtes verurſachte; ſo derdarben
5712229, fruͤhzeitige Froͤſte die auf den Feldern flehen |
de Hoffnung der Bewohner dieſes Landes und aus
zwey fo unmittelbar auf einander folgenden Mil,
jahren eütſtaud eine ſolche Hungersnoth, daß ein
Brot acht Kiun, eine Tonne Rocken 20 bis go
Griwen, der Weizen 40, und: der Hafer 13 PFri⸗
wen galt, und alle ſchrecklichen Ereigniſſe des Jahres
1215 fith wiederholten‘, indem fogar das Gewuͤrn
zum Rahrungsmittel diente, Asltern und Kinder,
Schweſter und ‚Bender, Mann und Frau einan
Der einen jeden Biſſen verfagten, die Menſchen
fd zuſainmen ſchlugen, um mit Gewalt ei
u ander den muͤhſam erfparten ‚wenigen Vorrath gu
- ent jeißen. Auf eine ſolche Hungersnoth folge die
%
—
des ruffifchen Reiches. 269
Ver, die außer den vielen Zaufenden, die ſchon der
Hungertod aufgerieben hatte, eine erſtaunliche Men⸗
:ge wegraffte, daß die Kranken ohne Wartung, die
Leichen ohne Begraͤbniß blieben, und eine große An⸗
zahl Meufchen auswanderte, Diefes Elend vergroͤ⸗
Berte noch der Schaden, den ein am Zten Map
1230 in der Mittagsftunde bemerktes Erdbeben au»
richtete.
die roſtowſchen, fusdalifchen, wladimirfhen, kiew⸗
Das Erbbeben traf nicht allein das uowgo⸗
rodiſche Gebieih, ſondern erſtreckte ſich auch über.
ſchen und perejaslawſchen Staaten, fo wie de
Hunger und das Sterben auch faſt ganz Rußland
traf; in der Stadt Smolensk allein find 32000
Todte in vier große Gruben eingefcharet. worden-
Der Hungersnoth ſteuerten endlich zwey Grenzuach⸗
baru, die fonft oft mit den ruſſiſchen Ländern
ſchwere Kriege führten, jest aber dusch die Zufuhr
der Lebensmittel, die fie ihnen leiſteten, ihre gro⸗
ben Wohlthaͤter wurden, ob 28 wohl zu glauben
it, daß nidt Menſchenliebe oder ein Verlangen,
ſich durch diefen Dienſt die Erkenutlichkeit der. Rufe
fen zu erwerben, fondern die reichlihe Bezahlung,
welche fie fuͤr ihr Getreide hier befomen, der Haupt⸗
bewegungsgrund war, welche bepde dazu autrieb,
fo häufige Lebensmittel zu Bringen, dag fie bald
den bisherigen Mangel in ſolchen Ueberfluß verwan⸗
delten , und die Ruffen hierhider alle in den vorhe⸗
rigen Landplagen ausgeflandene Noth vergaßen. Den
Komsgorodern naͤhmlich leifteten die Dentfchen,, die
ſchon mit diefem Fuͤrſtenthume ein fbr betraͤchtliches
Handelsverkehr trieben, den Ländern des Großfürs
Ren von Wladimir hingegen die Bulgaren dieſen
großen Dienſt. Die Bulgaren Hatten außer der
guten Bezahlung, die fie für ihr Getreide erwar⸗
IPFeR
‚270 Erſter Abſchnitt Anfang
teten, noch einen beſondern Grund, welcher fie ber
wog, eine ſolche Zufuhr dem Sroßfürften anzuhier
then. Denn da die Tartarn ihre fiber die Polow⸗
ger durch die Waffen erhaltenen Bortheile immer
weiter fortfegten , bis fie ſolche ans ihren Wohn⸗
figen vertrieben hatten, fo drang diefe Ungluͤcklichen
ihre gegenwärtige Noth, die Bulgaren anzufallen,
und als diefe ihnen ein Heer entgegen, flellten, er
lite der Vortrab am Fluſſe Jaik von den Polomzern
eine gänzliche Niederlage. Aus dieſer Urfache log
‚den Bulgaren fehr daratı , den Großfürflen zum
Freunde zu haben, damit fie nicht nur die Verfiche⸗
sung erbielten, daß derfelbe zu einer Zeit, da fie
fih eines fo verzweifelten Volks, als nun bie Po⸗
lomzer waren, erwehren mußten, fie nicht anfallen
möchte, fondern auch fih den Weg bahuten, von \
ihm entweder‘ wider eben diefen jegigen Feind,
oder, wenn fie es wider diefen nicht bedürften,
"wider die Zartarn, Hülfe zu erlangen. Ibr jepiged
Freundſchaftsbuͤndniß mit dem Großfürften word
auf ſechs Sahre errichtet. Der bulgarifhe Fuͤrſt
that noch mehr, als wozu er fih durch den Vertrag
anheifchig machte, indem ‘er den Großfuͤrſten mit
30 Schiffsladungen an Getreide beſchenkte, wie⸗
wohl der Großfuͤrſt dieſes Geſchenk durch eine Ge⸗
genverehrung an Tüchern , ſeidenen Zeugen, Bro
caden, Wallroßzaͤhnen und andern den Bulgarın
(hägbaren Waaren erwiederte. Als die Bulgaren, da
die Zartarn nach Unterjohung aller um das fafpb
ſche Meer und den Ausflug der Wolga gelegenen
Länder 1232 an fie gelangten, und fie gu Befriegen
anfingen, beym Großfürften durd eine Geſandt⸗
ſchaft Hälfe ſuchten, und noch dazu alle feine Kriegs⸗
koſten zu bezahlen verſprachen; fo ſtellte der Groß⸗
fürf über dieß Verlangen der Bulgaren eine Vera
des ruffifchen Reiches. 271
ſchlagung mit andern Zürften an. Allein der Schluß.
fil dahin aus, daß man ein fo maͤchtiges und
ſtreitbares Volk, als die Tartaru fepen, nicht ges
gen ſich aufreizen follte.
| Dieruffiihen Fürften dachten nicht einmahl dars Die ruffis
an, durch eine allgemeine Be: bindung zwifchen fich felbft Pen
gegen einen tartarifhen Ueherfall Vorkehrungen zu fih immer
treffen , fondern. gaben vielmehr dur die immer» ne —*
‚dauernde Schelſucht zwiſchen ſich, die jeden noͤ⸗ Zwiſt und
thigte, beſtaͤndig wider ſeine eigenen Stammgenoffen innerlige
auf der Huth zu fliehen, und oft in innerlie Kriege riege.
ausbrach, weit ohnmaͤchtigeren allgemeinen Feinden
Gelegenheit, bald in dieſem, bald in jenem Fuͤr⸗
ſtenthume durch Streifzüge aroße Verheeruugen an⸗
zurichten. Dieſes thaten die Morduanen im Wla-
dimir ſchen. Denn ob zwar der Großfürft 1226 und
1228 durch den lebe:-fall der Wohnfige, diefer raͤu⸗
berifchen Nachbarn, vornehmlih des Aheiles, dem .
die Purgaſowen inne hatten, ihnen großen Schaden .
zugefügt haben fol; fo kamen fie doch bald wieder
in fein Land, und obgleich die Bürger von Niſch⸗
nei-Romgorod allein ihnen gewachſen waren, und fie
wegtrieben, fo konnten fie doch nicht hindern, daß fie
unter. vielen andern VBerwüftungen das vor der Stads
fichende Marieafloiter nicht einaͤſcherten.
m J. 1232 befanden fi diefe räuberifchen |
Nachbarn no fo maͤchtig, dab der Großfürfi, um.
fie zu Haufe zu. befriegen, die Kıjagsvölfer feines
Bruders Jaͤroslaw unter dem Befehle Fedors, des
älteften Sohnes desfelben, die Fürfien von Reſau
und Murom zu der Mannfchaft ſtoßen ließ, die er
mit feinem Sohne Wiemolod daju, abfandte. Sein
erwähnter Bruder Jaͤroslaw lebte nicht immer mit
ihm in folder Einigkeit. ‚Denn faum war derfelbe
nach feinem Weggehen ang Rowgorod zu Percjaslen
—
>
272 Ehe Abſchnitt. Anfang
angelanget; fo erregte er bey den Fürfien von Ro.
ſtow und Faͤroslaw ein Mißvergnuͤgen wider den
Großfuͤrſten. Allein Georg vereitelte 1229 ſei⸗
ne Abficht, indem er, fo bald er nur von diefer Auf⸗
besung feiner Bruderföhne hörte, diefelben zu ei⸗
nem Sreundfchaftsgefprähe nah Susdal einlud,
and bed diefer Zuſammenkunft die vorige Freund⸗
ſchoft mit ihnen. wieder herſtellte. Georg liebte
den Zrieden fo fehr, baß er auch 1230 ſein Anſe⸗
hen dep feinen Bruder verwandte, um die Waffen,
welche er wegen Nowgorod gegen den Zürfen
" Michael ergriffen hatte, nieder gu legen. Diefer Fuͤrſt
Michael war fo wenig gefonnen, das Fuͤrſteuthum
NRomgorod zu behalten, daß er vielmehr, da in ſei,
nem Erbfuͤtſtenthume feine Gegenwart nicht lange
entbehre werden konnte, nur fo lange, ale ee uolh⸗
wendig zu; Nowgorod verbleiben mußte, in dieſer
Stadt verweilte, nnd bey feiner Abreiſe den Ueber⸗
reſt der Sefihäfte, die noch abgethan werden mußten,
um den Zweck zn erfüllen, weßwegen ihm die
Nopmgoroder die. fürftlihe Gewalt gaben, feinem
Sohne Roſtislaͤw mit der Erklaͤrung an die Roms
goroder Übertragen Batte, daß derſelbe die Regie⸗
rung nach den Geſetzen führen, und fo bald alles in
Ordnung ſeyn würde, von ihm zu ſich nad Tſcer⸗
nigow abgefordert werden ſollte. Ba gleicher Zeit
begehrte er durch eine Geſandtſchaft von Jaͤroslaw,
dab derfelhe den Nomgorodern‘ das, was er vol
ihrem Gebiethe noch beſaß, zurüdgeben , and mit
denfelben fi vergleihen moͤchte. WHein biefer fere
tigte nicht nur dieſe Geſandten, nachdem er fie ein
Jahr bey fih ‚aufgehalten, mit der Antwort ad,
er fen nicht geſonnen, die nowgorodiſchen Drie
foßren zu laflen , oder auch ein Verſprechen gu lei⸗
| fen, mit den Nowgorodern Friede und Freund
En aan
\
det ruſſiſchen Sei 973
(daft zu halten, fondern ruͤſtete ſich, auch Michaeln in
deſſen Erblande anzugreifen. Aber derſelbe wuͤnſchte,
daß er dieſen Krieg vermeiden koͤnnte, und ließ fi
daher vom Großfürfien von Kiew, weicber diefem
Kriege zuvorkommen wollte, leicht überreden | feine
Geſandten mis dem Metropoliten Kiril, den der
Groß fuͤrſt von Kiew dieſerwegen nach Wladimir
ſandte, zu ſchicken, durch Vermittlung des Groß⸗
fuͤrſten von Wladimir Jaͤroslawn zur Schließung
des Friedens zu vermögen, welcher fih auch endlich,
dod „„vermuihli nicht freywillig, fondern weil
er ſich zu ſchwach fahe, ohne Hülfe einiger Bundes» \
genofjen etwas wider den nun ihm zu ſtarken Mi«
chael, auszurichten, und uͤberdieß das hohe Anſehen
des Metropoliten, welches auch in weltliche Ge⸗
ſchaͤfte großen Einfluß Haste, ſchenen mußte, zum
Bergleiche verfland. Die Nowgoroder verloren bald
Die Zuneigung gegen Michael, und vereitelten dur - -
Aufruhr, den bald diefer bald jener mächtige Buͤr⸗
ger erregte, alle guten Abfichten Michaels und feined
Sohnes. Ja fie machten es fogar, daß fowohl
Roſtis law, ihr jept regiereuder Fuͤrſt, als der Pos
fadnit Neßdo, das Haupt der Bürgerfhaft, aus.
Beforgniß für ihre eigenen Perfonen, fih nah Zors. -
ſchok begaben. Durch ihre Entfernung fiel aller
Zaum weg, welder biöher ihre Uebelgefinnten einis
ger Maßen abgehalten hatte, ihre Wuth gegen Gut-
geſinate auszulaſſen, und bald darauf ſahen alle,
welche es mit ihnen hielten, und mit Verluſt ihrer
Habe der Ermordung entginugen, fich gezwungen,
bey Michaeln zu Tſchernigow Sicherheit zu ſuchen.
Die zu Michaeln geflüchteten Nowgoroder bemädh-
sigten fi durch Unterflügung , welde fie von dem
Zürftes von Zſchernigow und dem Fuͤrſten Swaͤ⸗
tosſlaw, der 1218 eine kurze Zeit den nowsorodi⸗
Geh. Rußl. 1. Band. S
.
1 *
274 Erſter Abſchnitt. Anfang
ſchen Fuͤrſtenſtuhl beſeſſen hatte, erhielten, 1232 der
. Stadt Pleskow, und machten auch in Nowgorod
wider den Fuͤrſten Jaͤroslaw eine fo ſtarke Partep,
daß derfelde, um feine Anhänger wider fie zu
(dügen , von Perejaslaw nah Nomgorod fommen
mußte. Hierauf gelang es demfelben zwar, dem zu
Nomgorod wider ihn erregten Aufftand zu flillen,
- und alle, die in'der Abficht, denfelben zu erregen
und zu unterhalten, aus Pleskow nah Nowgorod
gekommen warten, in Verhaft zu ziehen. Hingegen
ſchlugen ihm die Pleskower fein Berlangeh , fih
unter feinen Gchorfam zu begeben, und dieferwegen
die von Tſchernigow zu ihnen gekommenen Rowgo»
soder von fich zu ſchaffen, feinen Beamten Waͤt⸗
ſcheslaw aber der Gefangenſchaft zu entlaffen, nit
nur gaͤnzlich ab, fondern forderten aud die Ent
loffung. der unter Jaͤroslaws Gewalt fiehenden
Zrauen der bey ihnen lebenden Romwgoroder, nebft
* Ueberlieferung aller ihrer Güter, als den Preis,
für welchen Jaͤroslaw feinen Beamten von ihnen aus⸗
loͤſen könnte. Allein Jaͤroslaw erzwang durch Hem⸗
mung aller Zufuhr des Salzes, welches die Ples⸗
Bower aus Nomgorod holten, die Befrepung feines
Beamten, und die Pleskower felbfi änderten ihre
Gefinnung fo, daß fie fi von Zäroslawan feinen
aͤlteſten Sohn, Fedor, zu. ihrem Fürften ausbarhen,
und, als derfelbe ihnen flatt feiner Georgen, ſei⸗
"ner Gemahlin, Zpeodofia, nah zuffifher Aus
ſprache, Feodofia, Bruder , zufandte, ſolchen wils
lig annahmen, und die ans. Tſchernigow zu ihnen
angelommene Romgoroder felbft von ſich trieben,
die zum Theil nun bey einigen von den vielen Staa
ten, in die Liefland jene geheilt war, und alle
Njemzi von den Ruffen mit dem Allgemeinen Rahmen
belegt wurden, der im eingeſchaͤnkten Verſtande die
des ruffifchen Keiches, | 275
Deutſchen anzeigt, Zuflucht und ſogar Huͤlfe ſuch⸗
ten. Aus dieſer Urſache unternahm Jaͤroslaw 1234
einen Kriegszug wider Liefland. Zwar ruͤckten die
Odempeher und Doͤrpter aus ihren Feſtungen, und
jagten feine zur Plünderung des platten. Landes
ansgefonderten Kriegsvölfer in die Flucht. Als fie
aber die Fluͤchtigen zu weit verfolgten, geriethen fie
dem ihnen an der Zahl weit überlegenen ruffifchen
Hauptheere in die Hände, und wurden nah Fur
zem Widerſtande von denfelben fo gefchlagen , daB
- fie our auf ihr Entkommen dachten, wobey noch
viele, weil das Eis des Embah, bey dem Rufen ,
Omoſchiwa, einbrach, in diefem Fluſſe ertranken.
Nach dieſer ihrer Niederlage blieb Jaͤroslaw auf
dem Lande voͤlliger Herr, und kehrte mit reicher
Beute zuruͤck. Bald nachher legten die Litthauer
einen feindlichen Beſuch in dem nomgerodifchen Ge»
biethe ab, wo fie zwar aus der Gegend von Tore
ſchok von den Einwohnern diefer Stadt, zu wel.
chen fi aud die wegen der Handlung bier auf
baltenden Ausländer gefellten, entfernt wurden, aber
doch den Weg nah Klin einſchlugen, wo fie fo
gute Beute gemacht hatten, daß fie fhon auf dem
Rückwege mit derfelben begriffen waren, als Jaͤ-
roslaw fie bey Dubrowna im Gebiethe Toropeß
einholte, und nach einem kleinen Gefechte nötbigte,
alle Beute-und fogar ihr Gewehr fahren zu laffen,
um fi durch die Waldungen zu reiten, Jaͤroslaw
fand Mittel, auch andere ruſſiſche Fuͤrſten in fein.
Jatereſſe wider Michaeln zu ziehen, und nad mei⸗
ver Bermuthung flanden Wladimir Rurilo
witſch, Großfürft von Kiew, und der Für Das
niel von Halitſch mit "Järoslam über den Krieg im
Bernehmen, den fie 1235 wider Michaeln und den
Fuͤrſten Härten von. Smolensk aufingen. Der
. 63 |
1135:
—
176 Erfter Abſchnitt. Anfang
letztere ließ ſein Land vor dieß Mahl ſeinen Feinden
über, und ging zu den Polowzern, ſich von if
nen Trupven su verfhaffen, durch deren Ber:
ftärfung er dasfelbe entweder behaupten, oder wenn
es fchon in die Gewalt feiner Zeinde gerärken ſeyn
möchte, wieder -gewinnen könnte. Allein obgleich
durch feine Entfernung die ganze @ufl diefes Weber
folles auf den einzigen Fürften von. Tſchernigow
fiel; fo fchlug derfelbe doch den Zürften von Has
ef, und vertheidigte feine Hauptſtadt wider die
Angriffe der vereinigteg Kriegsmacht bepder Gegner
fo gut, daß fie nach angerichteten Verwuͤſtungen bes
andes daraus abzogen. Hierzu bewog fie auch die .
Wiederkunft des Zürften von Smoleusk, welder
die gefuchten Hülfävölfer von den Polowgern erlangt
hatte. Denn nun beſaßen Midael und Ißjaͤſslaw
eine ſolche Ueberlegenheit, dag fie ihren bepden
Gegnern alle ihre Länder abnahmen, und. ihren
überfommenen Gewinn dergefialt unter fidy theilten,
dag Ißjaͤslaw das Großfuͤrſtenthum Kiew, Midael
Halitſch, und die Polowzer die Perſonuen des Groß:
fürften Wladimir, feiner Gemahlinn, und feiner
Kinder, um diefelben mittelft des Löfegeldes, das
fie für ihre Befreyung besahlen mußten, zu benugen,
erhielten. Allein der Fürſt von Nowgorod fonnte
ed nicht gelaffen anfehen, daß feine Feinde durd
"die Eroberung der Länder feiner Bundesgenoffen fich
‚ vergrößerten,, und bie Nomgoroder erzeigten fi
willig, ihn auf dem Kriegszuge zu begleiten, durch
1236. den er jihnen Kiew und Halitſch 1236 abüchmen
wollte. Er erreichte dieſen Zweck nah Wunſche,
und bald darauf Fehrte Wladimir aus feiner Ge
fangenſchaft wieder zuruͤck, und beflieg aufs neue den
Thron zu Kiew, fo wie Daniel den Fůͤrſtenſtohl
zu Halitſch.
v
‘
de3 ruſſiſchen Reiches. 277
Inzwiſchen hatte Batu, der Sohn und Nach, Der Orof:
folger des Infhi, welcher 1223 den Ruffen die fir I
große Niederlage am Kalka verfegt hatte, feine Er: einer
oberung der Balgarey 1236 dur die: Einnahme ——
der Hauptſtadt dieſes Reiches und eines an der tar Batu
Miındung des Kama, gelegenen wichtigen Ortes, das Leben
Schukotin, vollendet. Der jegige Sroßfhan Oktai ein.
übergab jegt feinem Bruderfohne Batı ein Heer
von 300000 Wann, um Rußland damit anzugreifen,
Er wandte ih 1237 mit diefer Macht nicht zuerft
gegen den Großfürften von Wladimir , fondern zog
um deſſen Gebieth herum. durch Walber und Wis.
fien on dem Don. Hier machte er mit Eroberung
und Serflörung der Stadt Dnoßa den Anfang feiner
Kriegsunternehmungen, und ſchickte darauf ein ges
wiſſes Frauenzimmer, welches unter ſeiner Voͤlker
ſchaft als eine Prieſterinn im hoher Ehre land,
bey den Ruffen aber den Schimpfnahmen einer Here
führt, und swep. ‚andere Gefandten mit dem Aufs
trage an die Fürften von. Refan, fie folten ſich der
Herrſchaft ihres Großkhans, als Herrn der Welt,
unterwerfen, und von .allem, was fie befäßen, ey
Füuͤrſten Bis auf den geringften Menſchen, wie auch
von allem Viehe den Sehnten geben, Aber bie Bruͤ⸗
der Georg und Roman, Ingmwaremitfäen, ertheils
ten nad gehaltener Berarhihlagung mit den Fürs
flen von Murom und Pronsk die herzhafte Ant⸗
wort: ehe fie fih fo ſchimpflichen Friedensgefegen
unterwuͤrfen, wollten" fie lieber erben, und fech⸗
tend ihr Leben hingeben; wenn ihnen dieſes von dem
Tartarn genommen ſeyn würde, dann erſt ſollten
ſich dieſe Herren ihrer Güter nennen dürfen. Nach
dieſem Entſchluße warf fi Georg in die Stade
Reſan; Roman hingegen ging nah Kolomna. Re⸗—
- fan ward, mach einer fünfzehn oder fünftägigen
-
278 Erſter Abfchnitt. Anfang
Belagerung (denn ‚das nikonifhe Jahrbuch gibt
den öten, alle anderen den ı6ten December ale den
erftien Zag der Belagerung an,) am zıftlen Des
cember mit Sturm eingenommen, und der Zürft
Georg fand bey feiner tapfern Gegenwehr einen ruͤhm⸗
Ulichen Tod. Die Grauſamkeit der wuͤthenden Tartarn
ermordete alles durch die ausgeſuchteſten Martern, und
eine Menge von Frauenzimmer wurde vorher ‚aufs - |
viehiſchſte gefhändet. Nachdem diefes gefchehen war,
verwandelten fie die Stadt in: einen Schutthaufen,
und verweilten Feinen Augenblick, - dem UWeberrefte
der ihnen noch. entgangenen Reſaner nah Kolomna
nachzugehen, welde mittlerweile von Großfürften
zu Wladimir, als er eine gleiche tartarifhe Ge⸗
“ fondifhaft, als zu den Zürften von Refan gekom⸗
men war, empfangen, feine erſten Gedanken gedns
dert hatte, durch ein Hülfsheer unter Anführung
des graßfürflichen Sohnes Wſewolod verſtaͤrkt wur:
den. Nichts deſto weniger: blieb die Ungleichheit
der Mannſchaft, und die Tartarn fonuten durch ihre
Menge das ruffifhe Heer allenthalben umringen und |
ensrefeh, weldes , ungeachtet es verzweifelt kaͤmpf⸗
‚ ig kurzem eine gaͤnzliche Niederlage erlitt, wo⸗ |
| * der Fuͤrſt Roman und der zur An fuͤhruug de
großfuͤrſtlichen Heeres dem Prinzen Wſewolod zuge⸗
ſellte Wopwode Jeremias Gljebowitſch umkamen,
der Prinz Wſewolod ſelbſt mit ſehr Wenigen nad
Wladimir entrann ; die meiſten andern aber, welche
ſich noch jegt das Leben retteten, in die. nahe gele⸗
gene Feſtung Kolomna warfen,‘ dadurd dasſelbe
hingegen nut auf wenige Augenblicke friſteten iu⸗
dem gleich nah dem erfochtenen Siege Kolomna
angefallen und. erobert ward. „Jetzt fiel die tartas
riſche Macht in dag Gebieth des Großfürfien: den
erſten Anfall traf die Stadt Moskau, die fhon ei-
/
An ua a. _ .
des ruflifchen Reiches. 879
ne anfehnliche. und volkreiche Stadt war, aber. zu
ſchwach fih zum Widerfiande erfaunte, daher - durch
. Schliegung eines. Vergleichs ihrem fonft unvermeid«-
lichen lntergange suporfommen wollte. Doch der
Zartar hielt ſein Wort nicht, ſondern machte alle
Einwohner ensweder nieder oder zu Gefangenen ,
und verpandelte die Stadt in einen Afhenhaufen.
Unter diefen Umfänden hielt der Großfürf 1298
für das Bee, wenn er die Aufficht feiner Haupt⸗
ſtadt feinen zwey Söhnen, Wſewolod und Mſtis-
law, und fehem beſten Heerführer, Peter Oslaͤd⸗
jdfpwirfh. übergäbe, felbft ‚aber heran ginge, um
durch fein Anſehen deflo gewiffer und geſchwinder ein
ſolches. Kriegsheer zuſammen zu bringen, an deſſen
Spitze er vermoͤgend ſey, den Zartgrn eine. Geld» .
ſchlacht zu liefern. Vorher berief er alle Anmwefenden
in die Marienfirhe, wo er von dem gefammten
Bolfe, und insbeſonder⸗ von feiner Gemaplinn,
feinen Söhnen , dem. Viſchefe Mitrophan ou. den
dort verbleibenden. Bojaren zinen. ſehr zühreuden
Abſchied nadm. Die Berftärkuggen, .ghne welde
Georg ib nicht geirauen durfte, den Zortara Win
derſtand zn thun, vergögerten fo lange, Daß als gr
nach feinem Webergange über die Wolga feine Bry-
derfößne, naͤhmlich die Söhne des ‚Broßfürfen, -
- Eonflantin an fih gezogen, und in feinem. am
Zluffe Sita aufgefcplagenen Lager den Haupibefchl
dem Feldherrn Schiroslaw Michallowitſch auver⸗
trauet hatte, ihm nur noch non feinem Bruder
Spaͤtoslaw einige Kriegsvoͤlker zugefuͤhrt wurden,
das tartariſche Heer nad vorhergegangener Erobe⸗
rung feines großfuͤrſtlichen Sitzes ſchon anf Ihe ans
drang. Vor feiner Haupifadt erfchien ed am gien
Februar, und gab, als es auf das goldene Thor
onrüdte, und man zu ſchiehen anfing, «in Zeichen,
1238-
Züroslam
befteigt nad
feines Brus
N.
L
280: Erfler Abſchnitt. Anfang
mit biefen- Zeindfeligfeiten inne gu halten, "weit die
Tortarn etwas vortragen wollten. Wie die Bela
gerten hierin willfahrten, führten die Tartarn den
großfuͤrſtlichen Sobr) Wiladimir, vor, und frag⸗
ten, ob der Großfuͤrſt ſich in Wiadimir —
‚und ob die Wladimiret dieſen Sefängenen kennten.
Der Anblid eines großfuͤrſtlichen ‚Sohnes in der
Gewalt fo grauſamer Feinde und die‘ Wahrneh⸗
milug feines gang entſtellten Gefichtes bewog ſeine
gegenwaͤrtigen Bruͤder, dem Volke zuzurufen, zur
Befreyung ihres Bruders ‚einen Ausfall zu thun,
"indem fie demfelben zu Gemuͤthe führten, daß,
: went glrich dieſe Unternehmung mißlingen follte, es
doch beſſer ſey, kaͤmpfend eines geſchwinden Todes
zu ſterben, als lebendig in ‚die Hände diefes grau
ſamen Zeindes zu fallen.’ "Allein der ihnen zugege-
"bene ‘alte Feldberr verhinderte dieß Vorhaben, und
die Klugheit geboth es zu aucerlaſſen, indem ed nad)
allet Wahrſcheinlichkeit den utvermeidlichen Unter⸗
gang aller derer, dir es unternommen hätten, vers
urſacht, und dadurd Wladimir faft aͤller feiner Ver⸗
theidiger beraubt haben wuͤrde; Wolodimir (die
Stadt) Fam in die Hände des Zeindes, der alles
aufs grauſamſte niedermachte und verheerte gIm
Monath Februar hatte die Raͤuberhorde unzählige
Dörfer und‘ 14 Städte vernichtet, Fuͤrſt Waßilei
ward am Aten Mir als er fich der tartarifchen
Sitte nicht unterziehen wollte ,. im: fchwintifchen
Walde ermordet. Um dieſe Seit‘ geſchah 7) alfo ei⸗
gentlich, daß die Tartarn fo ploͤtzlich daß ruſſiſche
Gebieth verließen. — SG habe dieſen Zeitpunct
ſchon beruͤhrt.
Nach dem Abzuge der Barbaren uͤbertrug Jaͤroslaw
die Regierung über Mowgorod ſeinem nunmehrigen
ders Georg ältefteg Sohne Alrrander, und reifte nad Wladimir,
des ruſſiſchen Reiches. 281
um von dem durch den Tod feines Bruders ‚Georg erle⸗ II. %ode den
digten Großfuͤrſtenthume Befis zunehmen. Seine erfie großfürktlis
Sorgfalt ging dahin, das zerflörte Wladimir wie, hen Thren.
"der herzuſtellen. Er ließ die ſeit der Eroberung an
allen Orten, wo Wenfdien getoͤdtet worden noch
obne Begräbniß liegenden Koͤrper beerdigen, die
Haͤuſer und Kirchen ausbeſſern oder nen erbauen,
und berief theils die geflůchteten alten Einwohner,
theild neue zu ihren Wohnungen. ‚Hierauf fEellte er eine
allgemeine Berathſchlagung der noch übrigen Fuͤeſten
1239 Susdal on feinen Bruder Smätoslam,' Star
rodub an einen andern Bruder Johann, Roſtow an
Boris, einen Sohn Waßlei welcher feigen Bru⸗ |
der, den ‚ehemaßligen Großfuͤrſten Conſtautin zum
Batır hatte, und Beloſero an Gljeb, Bruder die⸗
ſes Botis ‚und ließ faſt zu ehen der Zeit, den Koͤr⸗
per feines Vorgängers Georg aus Roſtow bey feio
nen Reichsvorfahren mit Randesmägigem Gepraͤnge
bepyſetzen. Doch vergaß er in diefem feinem neuen
Zuſtande ſeiner alten Feindſchaft nit, ſondern
überfiel unverſehens den Fuͤrſten sTichael"WBfeivolo«
ditſch, gegen den er etnen alten Grol hatte, und
führte bey Eroberung der Stadt Kamenez deffen Se
maßlinn nebſt der in dieſem. Orte gemachten Beute
nah Wladimir, Auf ein „Moft fondie i2gg Batu
ein fö zahlreichen. Heer ins füdlihe Rußland, dag
die Einwohner aus Schreden mehrern Theils id
Süumpfe und Mälder, ja gar in andre Ränder flůch⸗
teten, und in den feften ‚Städten die allerwenigfien
verbleiben wollten. Daher wurden Perejaslaw und
viele andere-Städte faſt ohne Mühe eingenommen,
geplündert und zerſtoͤrt. Fuͤrſt Mſtislaw Gljebo⸗
witſch, der fi damahls zu Tſchernigow ‚aufpielt, B
getrauete ni, dem Zeinde ein Treffen zu liefern, abc d
‚rg Erfter Abſchnitt. Anfang
olle Tapferkeit und Kunfi land in zu ſchwachem Ver⸗
— Hältniffe. gegen die Menge feines kriegeriſchen Fein⸗
A des ‚und bloß die Nähe der Stadt, in melde er
u Äh, nachdem, er geſchlagen war, zog, erhielt ihm
und den überwundenen Tſchernigewern noch das Le⸗
ben und die Frepheif. Weil er nun aus dieſem ge⸗
habten Ungluͤcke ſchloß, daß auch dig Stadt nicht
‚Tange zu vertheidigen fey.; fo flüchtete. er IM aus
derſelben, und fie ward wirklich bald nad feinen
Abzuge erobert, wobey viele Einwohger getödtet,
alle übrigen aber nebfl- dem Bifhofe, den man aber
nur bis Gluchow führte, und dort in. Srepheit fegte,
als Gefangene fortgeführt wurden. Zugleig Bejmang
- ein anderer tartarifcher Sawarm die Morduanen,
‚eroberte Murom, verwuůͤſtete das reſaniſche Fuͤrſten⸗
thum, und verbrannte die der wladimirſchen Haupt
re gehörige Stadt Görahowen, nebſt verſchiede⸗
nen andern um den Klaͤsma. Diefe baldige Wieder:
unft eines ſo ſchrecklichen und unwiderſtehlichen
‚Beindes, agte den mehreſten ruſſiſchen kleinen Fuͤr⸗
fen eine ſolche Furcht ein, daß fie ihre Unterthanen
bis auf befjete Zeit ſich ſelbſt überließen, und ıheils
in Hohen, theils im Unggrn Sigerpeit für ihre
Perfonen. fuchten.
Dieſe Shwädung durch die tartariſchen ueber⸗
faue und die hieraus erfolgte große Verwirrung
reichte den Litthauern eine" vortreffliche Gelegenbeit,
ſich vieler zunaͤchſt ihnen gelegner ruſſiſcher Zürften-
thuͤmer zu bemächtigen.
1200, Um das Jahr. 1240 rüdte ein tartarifches Heer
— ind Großfuͤrſtenthum Kiew ein, deffen Oberhaupt
bi Mens u Khau, bey Koifhlon Magmet
dere Orte oder Mengad, aus feinem Lager bey Defochna
Fe einen Sefandten an den Großfürften Michael ab⸗
ae ‚fertigte, am diefem vorzuftellen, daß er unvermögend u
>
des ruffifchen Reiches. 283
wäre, ſich den Truppen feines Khans zu widerſetzen.
Mengu rieth ihm, denfelben für. feinen Oberherrn zu
erkennen, wen. cr anders im Befige ſeines Landes
beftätigt werden wolle. Allein Michael ertheilte ihm.
eine abfchlägige. Antwort. Trotz dieſer Antwort lud
Mengu unfern- Michael zu einer perfönlichen Unter
redung ein, zu welcher diefer aber nicht erſchien.
Mon fagt, er hätte die tartarifchen Abgeordneten
ermorden loffen, und ſich nad Ungarn geflächter.:
Kiew ergab. ſich nach feiner: Flucht. nicht, und
Mengn mußte ſich damit begnügen, daß. er das
offene Land rings herum verfeeren, und daraus
Beute und Menfchen nad. feiner Horde bringen konn⸗
te. Rach feiner Ruͤckkehr kam Roſtislaw Mſtislawitſch
aus dem ſmoleaskiſchen Fürfienkgmme nad Kiew,
und führte dort die Regierung, ward aber nad einem
ſehr Burgen Befige von Danigl,dem Sohne des 120%
umgelomnenen Romans, vertrieben, welcher auf
die Nachricht von der Herannohung, eines mächtigen
tartarifhen Heeres ſich nach Ungarn ‚begab, und die
Bertheidigung der Stadt einer gewifien vornehmen
fiewfchen Amtsperſon, Rahmens Demetrius,
übertrug *). Batu ſelbſt führte dieſes Heer, und Ur di
Baidar, Birju Kaider, Bektſchai Bengn,
KiutBatir, und Nadal Batir dienten ihm
als Unserfeldherren. Das Kuarren der Wagen, das
Sefhrey der Kamehle, das Tönen der Trompeten
und anderer Kriegsmufif, das Wiehern der Roß⸗
herden und immerwaͤhrende Geſchrey einer unzaͤb⸗
ligen Menge wilder Krieger erfüllte die Stadt mit
einem foldhen Lärm, daß einer den’ andern nicht ver⸗
fieden Ponnte, und, fo weit das Auge reichte, alles
*) Yeterib. Journ. Th. III. S. 3— 18.
In |
284 Eifter Abſchnitt. Anfang
enib herum mit Tartarn bedeckt war. Batu ließ
durch einen Herold, den er in die’ Stadt ſchickte,
die Einwöhner zur Uebergabe ermahnen; and zu⸗
gleich, wenn- fie dieſe feine Gnade verſchmaͤheten,
mit dem ganzlichen Untergange Bedröhen. Sie be
antiworteten diefen Borttag mit Verachtung, Schimpf«
reden "und Verwuͤnſchungen, und 'vereitelten gehn
Wochen lang alle Bemuͤhungen, welche die Tartam
zu ihrer Eroberang anwandten, bis die Mauerbre-
"her: bey der laͤdiſchen Pforte, wider welche fie ihre
größte Macht richteten, eine fo ſtarke Oeffnung in
die Stadtmauer gemacht hatten, daß die Tartarn
dodurch hereindringen konnten. Die Kiewer verthei⸗
Digten dieſe Oeffnung fo lange, bis die Finſterniß
der Nacht einbrach, und den Streit heinmte. I
| zwiſchen batten zwar die Tartern die Mauern erſtie⸗
gen, aber die durch den langen Streit verurſachte
Srniattaung und die Nachtzeit nötbigte fie, auf dem
'gewonnenen- Nase Reben zu bleiben , und 'ſo erhiels
Ren die Kiewer“ Prift; die Sophienfirce durd An⸗
"Pohüung eines neinen Walles zu ihrem letzten Sn
Kuchtsorte recht feſt zu machen. Doc kaͤmpften fie
udch bey Anbruch des Tages unter dem Commando
Zes tapfern Demetrius an der borigen Stellt
fo Tange ‚ bis derfelbe durch impfangene viele
Wunden , und alte Anderen burch die Entkraͤf⸗
tung des Tongdanernden Gefechtes gezwungen wur⸗
den, fich in die Sophienkirche zu ziehen, welche waͤh⸗
rend der Zeit mit Kriegs: und Lebensbedü rfniffen reich⸗
fich verfeben morden war. Das Gewölbe der Kirche
ward jegt durch die Laſt der dahin geſchafften Guͤter fo
beſchwert, daß es einſtuͤrzte, und durch ſeinen Fall
nicht nur ein Stüd der Kirchenmauer, fondern auch
einen Theil der naͤchſten Feflungswerke zu Bo—
dru warf. Diefer : Sufalk diente ben Zartarn, daß
—
des ruffifchen Reiches. 285
fie one Widerſtaud eindrangen , und ſolchergeſtalt
am 6. December die Erobzrung der Stadt volfen«.
beten. Nah angerichteter Ylünderung, großem Blut⸗
vergießen und in Brand geſteckten vielen Gebäuden
fipenkten fie dod einigen Einwohnern das Leben, und
ließen fie durch tartarifche Statthalter regieren. Dar⸗
auf wendete fih.B a tn ugch Kolodaͤſchen, welche Stade
er mit zwoͤlf Mauerbrechern lange vergebens beſtuͤrmte,
bis fie ſich durch einen Vergleich ergab, den aber die
treuloſen Tartarn nicht hielten, ſondern nach ihrer
| Gewohnbeit die Menſchen ermordeten oder zu Scla⸗
‚ven machten, und die Gebäude zerſtoͤrten. Zept traf
Kamenez, Wladimir in Volhynien, Halitſch und
viele andere Städte diefer®egenden ein gleiches Schick⸗ |
fol, und nur das einzige Kremenez blieb bey ſeinem
tapfern Widerſtande undefiegt. Endlich gelang es
dem tapfern Demetrins, der bey der Eroberung
von Kiew gefangen ward, aber bald das Glüd ge-
noß, daß ihn fein Ueberminder Batu zu feinem
Freunde und Guͤnſtling aufnahm, denſelben zu uͤber⸗
reden, daß er fih ſelbſt ſchade, wenn er ſich ge⸗
geamärtig länger mit Rußland beſchaͤftigte, da alle
dieſe Staaten ſchon fo geſchwaͤchet feyen, daß er
fie alle durch eine einzige Aufforderung zur Unters
würfigfeit bringen würde, und, wenn fie ja dieſel⸗
be doch verweigern follien, ohne Mühe bezwingen
koͤnne, indem er dur diefen feinen langen unnöthis
gen Aufenthalt in Rußland den Ungarn und Pohlen,
zwey mächtigen Völkern, Zeit gäbe, fih wider ihn
zu süßen, und wohl gar durd eine Verbindung
mit Deutſchland ihm mit dem Kriege, womit er fie
ju überziehen im Sinne führe, zuvor zu kommen.
Batu eilte nun, Pohlen und Ungarn zu übers
fallen, ehe diefe Reiche ihre gefammte Mat wider -
ida zufammenzogen , und diefelbe durch Verſtaͤrkun⸗
21241.
| 286 Erſter Abſchnitt. Anfang
gen anderer Europaͤer ſo vergroͤßerten, daß fie es
wagen konuten, die Tartarn in den Ländern, wel:
de Ddiefelben bereitd befaßen, aufzufuchen. ‚Die
fer Batu richtete in Pohlen und Ungarn große Ver:
beerungen an;. alle Heete, die es wagten, ihm Wi⸗
derftand zu hun, ſchlug er, und zerſtoͤrte unzählige
Feſtungen und Städte, wobey ihm die Ruffen
Dienfte leiften mußten. Nur der Tod bes regieren:
den Großkhans Dftai befrepte 1241 Europa von
diefen Verwuͤſtern, indem derfelbe den aroßkhauiſchen
Thron erledigte, und Batı mit feinem Heete auf
dem allgemeinen. Reichstage zur Wahl und Huldir
gung eined neuen Großkhans ſich einfinden mußte,
Kaidan, ein abhaͤngiger Khan von Batu, begehrte
vom neuen Herzoge von Nowogrodek durd Abge⸗
ordnete, daß er als gegenwaͤrtiger Befiger eines durch
die tartariſchen Waffen eroberten Landes die tartari⸗
ſche Oberherrſchaft anerkennen, und zuförberfi die
Schatzung desfelben: Aberliefern ſollte. Erdivil
nahm dieſe Geſandtſchaft mit allen Zeichen der groͤß⸗
ten Hochſchaͤhung auf, und brachte es dadurd da:
hin, daß fie auf keine ‚fhleunige Abfertigung beftand,
indem feine Abſicht dahin ging, fie nice cher mit
einer abfchlägigen Antwort zuruͤck zu fenden, bis
er fich fo gut geruͤſtet fähe, daß er von Kaidans
Macht nichts befürdten dürfe. Er zog nicht nut
aus feinem ganzen Gebierhe die lithauiſchen Kriegs⸗
voͤlker zuſammen, und vereinigte dieſelben mit denen,
= welhe ihm auf fein Verlangen Zivibund, Herzog
von Lithauen, und fein jüngerer Bruder, Wikind,
dem er das durch den Zod ihres Vaters ihm zuges
fallene Somogitien abgetreten hatte, zufandten;
fondern bemühere ſich auch befonders um die anf
richtige Beyhülfe feiner ruffifchen Untershanen. Die
ſen fiehte es mit gutem Erfolge vor, das’ er nicht ſo
des ruſſiſchen Reiches 287
ſehr ſeinetwegen als um ihrentwwillen din Tartarn die
geforderte Schatzung abſchlage; denn die ganze Laſt
derſelben müßte auf fie fallen, und er würde nichts
dabey verlieren‘, wenn er dieſelbe von rem Ver⸗
mögen abtruͤge.
Da nun alles in dem Stande war, den Tar⸗
tarn die Stirn’ bierhen zu koͤunen; fo *ertheilte er |
der tarfarifhen Geſandtſchaft ein feperliches Gehör,
überlieferte ihr mit gebietheriſchen Ausdrüden fiat
der begehrten Schagung zwey Pfeile ald Zeichen des
Krieges, und ließ fie dann mit langſamen Schritten
ihrem Herrn an die Grenze zuführen. Diefer zeigte ſich
bey fo Tanger Verzögerung der Antwort Erdivilg nicht
fo gelaffen, als feine Befandten, fondern wie diefelbe
niche fo gefchwinde, als er wollte, erfolgte ; fo ging er
über dennjepr, flug fein Lager an der Mündung des
Prjpetz auf, und ſchickte aus demfelben einen großen.
Theil feiner Mannſchaft partepmweife auf Streifereyen
aus. Erdivil zog durch verborgene Wege in den
Waͤldern auf ihn zu. Als er fich ihm näherte, mad»
te er fo lange Halt, bis er bey Aubruch des Tages
mit einem eutfeglichen Zeldgefhrey und großem Ge».
räufch fein Lager anfalen Fonnte. Anfangs wurden
viele Tartarn im Schlafe getödter, nachher zogen fih
zwar die Entferntern zufammen, und thaten nad.
allen Kräften Widerfiand, wurden aber zulegt doch
gefchlagen, und größten Theils fo wie die Streif.
partenen entweder durchs Schwert aufgerieben, oder
von den Strömen‘, über: die fie zurlid! mußten ,.
verſchlungen. Diefe Unternehmung und der Sieg,
welcher fie.trönte, verfchaffte Erdiviln den uͤberaus
wichtigen Rugen, daß feine ruſſiſchen Unterthanen ,
ihn als einen natürlichen Landesherru verehrten und,
liebten, Er war aud mit dem Befitze des von ihm
sehifiien Herzogthums fo vollkommen azuftieben
288 Erfter Abſchnitt. Aufang
daß er Samogitien, als ihm dasſelbe durch den
Tod feines Bruders zufiel., freywillig dem Herzoge
von Litthauen uͤberließ. Er genoß dieſes Gluͤck nur’
eine kurze Zeit, indem er bald’ nad feinem Siege farb,
Sein Sohn und Nachfolger Michael, oder Mingailo
- tras in feine FZußflapfen, Denn als die Polowzer,
‚deren Fürft,in einer Schlacht wider die Tartarı um:
gekommen war, auf Zuredeh der unter ihnen iwoh⸗
genden Griechen eine Volksregierung eingeführt hat⸗
sten, welher go Perfonen vorſtanden, ſehr kriege⸗
riſch waren, und, nachdem es Ihnen gegen audere
Nachbarn gelungen war, daß fie ſich diejelben unters
würfig gemacht hatten, auch Mingailos Untertha⸗
nen anfielen; ſo ſetzte er ſich in die Verfaſſung, fie
zu befriegen. Sie beſaßen zwar Muth genug, ihm
entgegen zu gehen. Aber als fie unterhalb der Stadt
Horodzier mit ihm zuſammen ſtießen, wurden ſie
gleich bey ſeinem erſten Anfalle flüchtig, und an eben
dem Tage bis an ihre Stadt verfolge, Nun war
all ihr Much dergeſtalt in Zaghaftigkeit verwandelt,
daß fie aicht einmahl in ihrer Stadt Mingailon Wir
derſtand thaten, ſondern auf deſſen Aufforderung
dieſelbe fih nebft ihm übergaden, welcher bey feinem
Tode, der ihn im erfien Zahre feiner Regierung
wegraffte, ſeinem ältefien Sohne Sfirmund Nowo⸗
gtodek, und dem jüngern Ginvilo feine neue Erobe⸗
rung Polotsk hinterließ. Skirinunden wollte Mfid-.
law Romanowitſch Nowogrodek entreißen,
Mſtislaw hatte ſchon in der Gegend um Brzeſt
durch Verheerungen die Feindſeligkeiten angefangen,
als Ihn die Nachricht von der Herankunft des Heeres,
welches Sfirmund und Kukovoit anführten, bewog,
afle abgeſonderten Parteyen zu feinem Heere zu be
rufen, Beym Fluſſe Jafialda gefhahe die Sqlacht,
id welcher 2 einem hitzigen Sefedte Nſtislaw eine
| . ſo
des ruſſiſchen Reiches. 289
fo große Niederläge erlitt, daß er kaum durch die
Flucht nach Luzko fein Leben retten Fonnte, Skir-⸗·
mund aber feinen: Staat durd die Eroberung. von "
pinsl und Turom erweiterte. Kukovoit konnte folglich
feinen von Alter und Krankheit ganz entkraͤfteten
Bater noch vor deffen Abſterben durch feine gluͤckli⸗
de Widerkunft, und die Ehre und Beute, die er
in dieſem Feldzuge erworben hatte, erfreuen. Als
er feinem Bater in der Regierung fiber Litthauen
folgte, brachte er fein ganzes hbriges Leben in Frie⸗
den zu. Deſto leichter fiel es ihm, Skirmunden ſehr
zahlreiche Kriegsvoͤlker zuzuſenden, als bey demſelben
eine Geſandſchaft von Balakley, einem tartariſchen
Khan, anlangte, ihn zur Unterthänigfeit und Scatz⸗
pflichtigkeit aufzufordern.
Skirmuud achtete dieſen Feind ſo geringe, daß
er defſen Geſandten, nachdem er fie bey einem großen
Gaſtmahle aufs prächtigfte bewirthet hatte, Nafen
und Ohren abfchneiden ließ, und mit der Antwort
an ihren Herrn zurückfandte, daß alle tartärifchen Ge⸗
fandten, die mit einem ſolchen Antrage nach Litthauen
kaͤmen, keine andere: Antwort empfangen ſollten.
Balakley. rüdte zwar zur Ahndung Eines ſo großen
Schimpfes. mit feiner Yanzen. aunterhabenden Macht
in Skirmunds Laud ein, und Fam unter lauter Ver⸗
wüflungen bis Koidanova. Hier aber begegnete ihm
Sfirmund, und nah einem hitzigen Streite wurs
den die Zartern-in die Flucht getrieben; und Baia⸗
kley ſelbſt buͤßte fein Leben ein.
. Der Sieger erwarb ſich, ale Fruͤchte dieſes Sie⸗
ges Mozyr, Starodub, Czernichow, Kataczoo und
ganz Sewerien, welche neue Länder dr unter zwey
Söhue, Lubart und Pifſemund, iheilte, da der
jüngfie, Troynat, die alten nad feinem Tode bes
Sommen follte. Im Herzogthume Polotsk folgte auf
Geſch. Außl. ı. Band, T
x
90 Erſter Abſchnitt. Anfang
Ginvilo, deſſen Sohn Boris, welcher zuerſt unter
allen Fuͤrſten von litthauiſchem Gebluͤte den. ahriſt⸗
lichen Glauben annahm, und dadurch ſowohl als
durch ſeine Eheverbindung mit einer Tochter des
Fuͤrſten von Twer ein herzliches Wohlwollen ſeiner
| Untertanen fi erwarb, auch ein gutes Vernehmen
mit den benachbarten. ruffifhen Fuͤeſten fiftete, viele
Gdriſtliche Kirchen erbaute „und durch die JInſchrift,
die er anf einen im Gewaͤſſer der Dwina hervorra⸗
genden. Geld bey einem fünffachen Kreuge eingraben
ließ: „Herr, erbarme dich deines Knechtes Boris,
des Sohns Ginvilo!“ ein Deukmahl der ſpaͤres Nach⸗
welt hinterließ.
Sein Nachfolger , Bafilius Rechwold, ward
gleichfalls zu einem Kriege gezwungen, den er mit
großer Ehre. endigte. Sein Feind. war. Pleskow,
welches Polotsk einiges Land weggenommen hatte.
.. Der Krieg zog fih zwar in die Länge, zulegt- abet
ward der Herzog-von Polorst ein fo großer Sieger,
daß er tgicht nur das ſtreitige Land wieder befum,
fondern. auch der Stadt Pleskow eine jaͤheliche
Schatzung auflegte. Im Herzogthume folgte ihm
ein Sohn Gljeb, der in der Unmündigkeit ſtarb.
Kukopoiten folgte fein Sohn Utenes, der ſei⸗
nem Vater auf feinem Grabhuͤgel eine Bildgäule aufs
Bellen. und neben dieſem Grahhuͤgel einen Hain anlegen
ließ. Bey diefem fuchte Troynat, der einige Jahre
nach diefem Utenes durch feines Vaters Skirmund
Tod Nowogrodek erbte, ‚Hülfgoblker, erhielt: aber,
‚weil Utenes genug’mit feinem eigenen Kriege wider
die Dentfchen in: Liefleud zu thun hatte ‚. ſehr unbe⸗
traͤchtliche. Hingegen fanden ſich feine Bruͤder,
Lubart- und Piffemund ,. mit ihrer ganzen Staͤrke,
ja auch ſogar drey ruſſiſche Herzoge, Smwätoslaw
von Kiew, Simeon, und David. vom Lugk und:
- r
/
des ruſſiſchen Heide. ⸗9ꝛ
Bolhynien ein. Als diefes ‚Heer beyſammen mar,
fegte zwar Zropnat auf die Tapferfeit der Leute,
woraus es befand, wegen des Wohlverhaltens ihrer
Vaͤter gegen Balaklai ein gutes Vertrauen, aber die
Zahl fland in feinem Berhätiniffe gegen den Feind.
DoH diente ihm dabey zum Bortheile, daß berfelbe
ſich durch Verſchickung vieler großer Haufen zu Ber
heerungen felbft getheilet hatte. Er euntſchloß ſich da»
ber, dieſen Umſtand zu benutzen, und mit Vermei⸗
dung aller Wege, wo er auf einige dieſer Haufen
fioßen fonnte, aufs gefhwindefte gegen das Haupt⸗
Toger anzuziehen , welhes Kurdas im mozyriſchen
Gebiethe am Zluffe Okuniowka aufgefhlagen hatte.
Ob aun wohl dasfelbe wegen fo vieler abgefonderter
Kriegsvoͤlker fi fehr geſchwaͤcht Hätte; fo ruͤckte er
doc Troynaten ins freye Feld entgegen ‚. und, fo
bald beyde zufammen gefommen waren, ging ſo⸗
gleich das Treffen an.
Als bepde Theile mit der aͤuß erſten Erbitteraug |
firitten,, ward die Schlacht langwierig und blutig,
His es doch den Litthauern gelang, die tartarifhe '
Schlohtorduung durchzubrechen. Diefer Augenblie
‚gab ifnen_den völigen Sieg. Denn num dachten die
Tartarn an feinen weitern Widerftand, fondern. bloß
an die Rettung durch die Flucht, die doch nur we⸗
nigen half, indem fie wegen der im Rüden haben,
den Zlüffe entweder in der Gewalt der Litthauer
bleiben mußten, oder in denfelben ertranfen, Doch
foftete diefer Sieg Troynats Michaela, dem Züt.
fien von Druha, Andreen, einem Anverwandten des
regierenden Fuͤrſten von Luzk, und beyden Brüs
dern Zroynats das Leben, welcher von ihrem Tode
den Bortheil zog, daß er ihre Länder mit feinem -
Herzogthume verknüpfen konnte. Bald hernach ſtarb
er, und hatte feinen Sofa Algimuud zum Nach⸗
1 2
298°“ Erſter Abſchnitt. Anfang
folger, der gleichfalls kurz, aber ruhiger als fein Va⸗
ger zegierte. Kurz vor feinem Tode mußte er den
Herzog David von Luzk, welder auf ein Stud Lan
des, das Algimund als zu Podlahien gehörig
beſaß, Auſpruch machte, mit gewaffneter Hand zu⸗
ruͤckweiſen. Doch damit war dieſe Sache nicht ab⸗
gemacht, ſondern dieſer Auſpruch des Fuͤrſten von
Luzk auf ein Stud von Podlachien war eine Folge
einer zwiſchen verſchiedenen ruſſiſchen Fuͤrſten ge⸗
troffenen Verbindung, den Litthauern alle von Ruf
land abgeriffenen Länder zu entziehen.. Diefer ge
faͤhrliche Krieg traf Ringolden, Algimunds
Nachfolger, der zum Bormunde des fehr ‚jungen
Spintaroha (Utend Sohn) ernannt wurde.
Ringold Haste durch die Annabme des Titels eines
Grobfuͤrſten oder Herzogs verurfacht, daß verſchie—
dene ruſſiſche Fuͤrſten, die noch fo lange die Furcht
vor der Macht und dem kriegeriſchen Geiſte der
- Zitthauer zuruͤckhielt, fie durch ihren Angriff wider fich
aufzjureigen, diefe Bedenklichfeit fahren ließen, ‚und
auf Einladung Swaͤtoslaws, Großfürſten von Kiew,
fib dazu verflanden, ihn zu feinem Kriege,. mit dem
er Ringolden überziehen wollte, nad allen Kräften
zu unterflügen, Swätoslam überredete fie , dab die
Annahme diefes neuen Titels, beſonders bep, einem
Kingold ,„ der fih nichts daraus ‚gemacht babe, ‚fel-
nen nahen Anvberwand ten ‚nd Mündel feines Ei⸗
genthums zu berauben, fonnenkiar offenhare, daß
er, ein Auslaͤnder, ‚Heide und Barbar ganz Rußland
ſich unterwuͤrfig zu machen gedenfe, Unter dieſen
Bundesgenoſſen Swaͤtoslaws waren Leo, der Fuͤrſt
von Wladimir, und Demetrius, Fuͤrſt von Druha.
Auch ſchickte ihm Kurdas einige tauſend Zarfara.
‚Mit sinem fo ſtarken Heere ging Swaͤtoblaw gera⸗
‚de den Weg auf Nowogiddet zu, und verheerete
des ruffifhen Heiches, 208
alleüthalben, außer wo ihn der Nemen hinderte,
alles mit Feuer und Schwert, bis ihm bey Mobilna
Rıngold mit feinem Herre Begegnetr, wo ed zu‘ einem
Treffen kam, weldes bald nad angebrochenem Ta⸗
ge anfing, und. bis an den Abend mit no zwrifel⸗
haftem Ausgange waͤhrte, da endlich die alte ver»
ſuchte litthauiſche Kriegsmannfchaft ae Kräfte an⸗
ſtrengte, und den Feind zu weichen noͤthigte anch,
nachdem derſelbe die Flucht ergriffen, fich ſeines gan⸗
zen Lagers bemaͤchtigte. Das Schickfal der bornehm⸗
fie Huͤupter des ruffiſchen Heeres iſt ungewiß
indem rinige Nachrichten wollen, daß fie entkom⸗
men, andere, daß fie unerfäunt mit andern erfolar
gen wörden {even
Ringold beſchloß zu wowogroder an einer Krank⸗
beit fein Leben. Sein Abfterben gab Spintarohan
Belegenhält, zu verfuchin ; db er nicht zum Befitze
des ihm unbilliger Weiſe entzogenen Zitthauens ges
langen fönnte, und es würde ihm an Freuuden nicht.
gefehlt haben , wofern er fib nur gemeldet hätte.
Aber. Jugend oder Weiclichkeit (vielleicht beyde Ur⸗
ſachen zuſammen) hielten: ihn zuruͤck, und er war
vergnuͤgt, daß: er vor kurzem durch Samogitien
verforgt worden war. Alfo ward Mendog, Ringolds
Sohn, Herr aller von demſelben befeffenen Länder.
Diefer ſchaffte alle ‚Anverwandten , auf welde er
den mindeſten Verdacht warf, durchs Schwert oder
durch Bift aus der Welt, ſchonte aber doch das
Leben ſeiner Neffen.
Von dieſen Anfaͤllen der Tartarn und giethauer
durfte zwar Nowgorod nicht ſo viel als andere theils
näher gelegene theils ſchwaͤchere ruſſiſche Fuͤrſtenthͤ⸗
mer befuͤrchten; war aber doch nicht ganz dafuͤr be⸗
frepet, und hatte drey andere ſtreitbare Nachbaru,
naͤhmlich die Dänen, Schweden und die Staaten
294 Erfter Abſchnitt. Anfang
der deutſchen Pflanzungen in Lieflagd , wenn man
“ gleich die Tſchuden oder eingehormen Einwohner von
Lief⸗ und Efihland. nicht mit rechnet, welche durch
die häufigen Kriege mit allen diefen Völkern allmaͤh⸗
lich theils unterwürfig gemacht, tbeils aufgerieben
wurden. Der Sroßfuͤrſt Jaͤroslaw harte dasſelbe
ſeinem aͤlteſten Sohne Alexander, der alle Fuͤrſten
feiner Zeit an Schönheit, Leibesſtaͤrke, Verſtand,
Tapferkeit, Großmuch, Maͤßigkeit, Demuth und
allen andern chriſtlichen Tugenden übertraf, überges
ben. Derſelbe vermählte ſich 1239 gu Toropez mit
einer Tochter des Zürften Braͤtſchislaw von Polotsk.
Bald darauf hielt er mit feiner neyen Bemapliun
unter großem Frohlocken feiner Unterthauen deu feper-
lichen Einzug zu Nomgerod ; und: empfing eine
Geſandſchaft vom liefländifchen Ordensmeifter, defien
Gefaudter Andreas Alexanders hohe Eigenſchaften bey
feiner Rüdkunft bey den Seinigen nach Verdieuſt
und Wahrheit rühmte. |
Nachdem der Großmeiſter foldes vernommen,
vielleicht auch gehört, wie die Tartara von der ans
dern Seite einige Sabre ber das ruſſiſche Reid
mit Contributionen beſchweret and entkraͤftet hatten,
wurde er theild von Mißgunſt, theild von Hoffaung,
wegen ber damahligen Schwäche des ruffifhen Reichs,
verleitet, einen Verſuch zu thun, ob nicht der übrige
Theil von Rußland dem Kitterorden anheimfallen,
und der Zürft Alerauder nach Eroberung der Kefis
denzſtadt Nowgorod zum Kriegägefangenen fönnte
gemacht werden.
Es kam wirklich eine Rarfe Armee zu Wafler
auf der Rewa bey dem Fluſſe Ifchora an, welche
ihre erſte Abficht auf die Stadt Ladoga gerigtet
harte. Zu derfelben ſtieß noch der König von Schwer
den mis einer gleichfalls flarken Mannſchaft, und
4
= des ruſſiſchen Neiches. 295
fertigte von dort: aus Gefandten an den Zheflen
ua Rowgorod ab, welche des Königed wegen die
Ankündigung des Kriegs hun follten. Ä
Der Fuͤrſt Alerander ging jept nach verrichte⸗
ger Andacht in der Kirche der heil. Sophia gu Now⸗
gorod, und nach empfangenem Segen von dem Erz
Bifhofe Spiridien, dem Zeinde muthig entgegen. Er
unterſtaud fih nicht, wegen gu befürdhtender nähe
‚ven Anrüdung der vereinigten feindlichen Truppen,
den Sroßfürfien feinen Vater von dieſem Feldzuge
vorher zu benachrichtigen, och Häülfsodlker von dem.
felben zu erwarten.
Das Gefechte währte von 6 Uhr Morgens bis
gegen den Abend, mitslermeile von beyden Seiten
das Blut wie ein Strom dahin floß. Bey An-
bruch der Racht mußten die Schweden und deut.
. ſchen Ritter dem Zärften Alexander endlich das Feld
raͤnmen, und der König ſelbſt wurde yon des Für
fin eigener Hand im Gefichte verwunde. Man
füllte drey Fahrzeuge mit feindlichen Leichen an ,
welche man ins Meer verſenkte; yon den Now⸗
gorodern aber bleiben nur 20 Mann.
Es wurden bey dieſer Action 6 Lapfere Hel»
den von des Füͤrſten Alexanders Armee. beruͤhmt.
Der erſte, Nahmens Gabriel Dlchäfch, fah einen
koͤniglichen Prinzen von fern, ritt auf denfelben gu,
fihrgte ihn ins Waſſer, und machte auch einen
feindlichen Wopmwoden , Rahmens Spiridion , nebft
zwey Biſchofen nieder. Der andere, Sbislaw Jaku⸗
nowiſch, von Nowgorod, brachte zu allgemeiner
Verwunderung mit einer Axt viele um das Leben.
Der dritte, Jacob Polzanim, Alexauders Jäger,
rannte mit einem Gchwerte unter die "feindliche
Armee, und zeiste einen großen Heldenmuth. Der
wierte, Mpſcha von Nowgorod, hatte ein Heined Com⸗
206 Erſter Abſchuutt. Mufang
mando, und griff damit die feindlichen: Schiffe an,
yon. welden er-deep-gänjlich vertichtete. Derfünfte,
Saba, gebrauchte die Liſt, ein großes koͤmglithes
Gezelt unten zu coupiren , daß es den Feinden über
die Köpfe. fiel, und fie fehr erſchreckte. Der ſechſte,
Ratmir, ſchlug fih mis der Fauſt tapferherum,
wurde aber. ſo von dem Zeinde, umrungen, daß er
van,pielen Wunden auf dem Plage. blieb.
Nachdem nun der Fuͤrſt wis den Seinigen
glüctig wieder zu Nowgorod angelangt war, ſo
eutfkand.-gleich, darauf in dieſer Stadt ein Tumult,
welcher ihn zwang, derſeiben ſeine Gegenwart zu
entziehen, ‚gend, mis. feiner ganzen Familie gu dem
Gropfürgen feinem Water. 9 Pere jdelaw in
reifen. °)
In. „diefem Jahre geſchab —9 daß die Ritter
aus Liefland- einen, neuen Einfall thaten.. De Fuͤrſt
Jaͤroslaw Wladimiritſch, ein Cal des Fuͤrſten Ruriks
von Kiew; welcher nebſt etlichen Vornehmen qus der
tartariſchen Gefangenſchaft nad Litthauen fluͤchtetr,
war zu der Zeit ein Bundesgenoſſe des Ritterordeng.
Ste wollten zuerſt ihr Heil ‚gegen die ruſſiſche Stadt
Isborsk oder Fſehurq verfucgen, und. hatıen das Gluͤck,
dieſelbe ohne Schwierigkeit. gu, arobern. So vigl mau
auch vpn Pleskow der Stadt zu. Hülfe zu kammen
gedachte, fo, wurde doc alles zur ickgeſchlager. Ples⸗
kow ſelbſt wurde zuletzt vom Feinde augegriffen, Pie
Stadt in. Brand. „Sehens; ohne. Der. Bostsahäufer
gu ſchonen, mad was nicht durch das Schwyrt nme
kam, wurde in, die Gefaugenſchaft geführt.
Weil nun .der Ritterorden bey dieſer Exrpedi⸗
Kon, wegen des vorgedochien iaherlicher Risver⸗
Diefe Erpebition erwarb Aicrandern den. chiruellen
Beynahmen Newſky' fie ging an der Newa vor,
daher die Benennung diewnſt v.
: des ruſſiſchen Reiches. 87
ſtaͤndniffes in Rußland vun Nowgorod aus, feiten
Widerfiand "gefunden hatte ;: fa: wurde. er Yadurd
am fsolrl aͤhner genncht ae herannahendem wis⸗
ter: vom neuein Ängwräden.: . °- :
7 Dr. Stadt Roporik als rin Dymdinengut: vs
Fuͤrſten Alexander wurde neBflianders Orten erobert:
und mit räterlicher Garniſon Beſeßt. Ja uEiedireäis
ten: ſich die Siteifereyen des Ordens ve gso Werſte
von. Nowgorod seo ſe nur hie kamen, müßte alles
Eontribution erlegen. Die Tſchuden oder Finnen hate
sen. den Riltera Daben nicht geriuge Hülfe erwieien.
Zuletzt Kießru auch bis Mitthauer noch zu den vori⸗
gen, da denn die von Rowgocod wegen Ton ans.
Hefangener: Berennung ie Stadt in- die größte
Belbrgung gefept wurden: ° EEE
. Diefes: war, was fie antrieb , den Großfärften
Särssiew durch Deputirte zu erſuchen, daß er ihnen
den Finſten Alrrander zus Grlͤſung zuräd ſchicken
möchte, :: Der Großfuͤrſt aber fandte ihnen anſtatt
deſſesn, deu Prinzen Andreas, wonit fie aicht zuftie⸗
den waren, und zum zweyten ⸗Mahle den Gr
Spkibien, nebſt noch andern Prießerm. - ©
’ . Die Stabdt war bereits wirktich belagert, und
au⸗ Merde⸗ von der vikieriiihen Armer weggetrie⸗
ben, daß frin einziges zum Ackerbau oder Pfluge
mehr vorhanden war, als der: Großfuͤrſt dem Fle⸗
ben der Deputirten endlich Gehbr gab, Koporik
wurde bald ‚wieder elugenounmen‘, von "Grund. aus
geſchleift, und bie Begend mit einer neuen Colonie
befegt. Der. ſiegende Alczander aber zog unter vie⸗
lem Zrohfoden feines Volks nach Perejaͤslaw und
von da nah Nomgorod zuruͤck.
Als darauf die Ritserlihen zum dritten Mahle
wieder kamen , die Stadt Pleslow abermahls ero⸗
»08. Erſter Abſchnitt. Anfang
berten, und nad medergemachter ruffiſchen Gar⸗
nifon alles mit ihren eigenen Beſatzungen verfahen,
fo zeg der Zürfi Alrzander nach nersihtelem Ge⸗
befhe in der Kirche der Heiligen Gonbie. im Jahre
1243. mit ‚feinem Sruder Andreas, welcher einige
. Hülfsoölfer des ‚Water: .Idroslew anfühete, von
neuem in folder Geſchwindigkeit gegen fe aus, daß
ehe die Kitterlichen von feinem Aumarſche Nachricht
hatten, die Stadt bereits belagert u ae wieder
erobert wurde. Ä
Es murden damahls viele von ben Rittern
und Tſchuden zu Kriegégefangenen gemacht, und
fonft auch audere ven dem Ritterorden in Aeflaud
eroberte Plaͤhe ihnen meggenommen und: geſchleift.
Bey dem Ruͤckmarſche ſehten die Ritterlichen dem
Fuürſten Alexauder wieder nah, nud ed: war auf dem
Sfhudifchen oder Peipusfee, wo beyde Armeen einan-
der trafen. Der Fuͤrſt Alexander ſtellte ſich zuerſt,
als wollte er- die Flucht nehmen; nachdem er aber
die Seinigen aufd . neue aufgemuntent. und vorher
gu Bott ein eifriges Gebeth gethan, kehrte er More
gens mit Aufgang der Sonne auf ein Mahl gegen .
den Zeind zuräd, und that den Uingröf.. Da entfiand
aber nun ein fo heftiges Metzeln, daß das Bis von
Blute gefärbt wurde: so Ritter wurden in die Ges
fangenfdaft nad Rußland geführt, zou aber blieben
anf der Waßlſtatt, außer den Tſchuden, von welchen
auch eine ‚große Menge den Lob fand. : Der. Bürfl
Alcxander ‚hielt hierauf in die Stadt Plosfow einen
trinmphirenden Einzug, und enpfing von feinen Un⸗
terthanen unter frohlockendem Zurufen zum erſten
Mahle den Zitel eines Großfürften
— u un EEE EEE / ER / ER ER ER nn
. . 1 . u .
x
Sabatı
des ein Bandes Der Befichte d des rufißen Ä
eiches.
*
—
u Einleitumg.n- |
Aelteſte Nachrichten. Rußland und feine Bewohner bes
treffend 5—9. Stiftung des ruffifchen Reichs 10.Rurik,
Säneus und Zrumor- nehmen: die‘ Regierung an 11:
die Rhorolauen neben mit Ontold und Dir wider Conſtanti⸗
nopel ı=.
Erfer Abſanitt
Bom Anfange des ruſſiſchen Reiches im Jahre 862
bis gu deſſen Bezwingung durch die Tartarn
im Jahre 12977 Oo -
Kperit und deſſen Brüder fiften bar euflifche Reich 13.
Er wird alleiniger Beherrſcher; führt die Lehen ein ; verſtat⸗
tet Ditold und Dis den Abzug; Oskold und Dirwerden Ha:
sen von Kiew; ihr unglüdlicher Verzug; Rurik's Tod 14.
Dieg folgt ihm in der Regirrung; erweitert feine Herrſchaft;
laͤßt Oskold und Dir tödten; ex wird von den eingewander-
tem Ugern befiege 15. Vergleich mit den Ugern 16. Oleg's
Feldzug nach Conftantinopel; Bergleich mit den beyden grie⸗
chiſchen Kaifern Leo und Alerander 17. Erneuerter Tractat
mit den griehifhen Hof 18. Dieg’s Tod 29. 3g0r folst
ihm ın der Regierung ; die Drewier widerfegen ſich; er beßegt
fie ; Feldzug twiber das griechiſche Reid; Greuel und Ber-
wüllungen 20. Igors Schiffe werden durch das griechiſche
Teuer zerſtoͤrt 21. Er fließt mit dem griechiſchen Kaiſerthu⸗
me einen Frieden und Freundſchaftsvertrag 22. Igor wird
®
u Inbalt
von den Drewiern erſchlagen 23. Igor⸗ Witwe, Olga,
führe die Regierung für ihren minderjährigen Sohn Swaͤtos⸗
Yaw ; fie laßt die Geſandten der Drewier binrichten 24. Zeld:
zug wider die Trewier; Niederlage derfelben 25. Beftrafung
der Koreftener; ‚Verbrennung ber Stadt durch Tauben und
Sperlinge 26. Olga laͤßt fi gu Eonflantinopel taufen, und
empfängt den Rahmen H etena; fie weifet ben Heitathsan⸗
exag Confisutin VI. ab; vergebliche Wemicheng Hrem Soh⸗
we Gmätoslaw gur Annahme der Taufe zu bewegen 27.
Swäroslam zieht auf Eroberungen aus ; befiegt den Fürs
fen der Chofaren, Bir Yıler „uud Rofoger 24, Er rüdt in
Bulgarien ein, und erobert auf Bo Städte 30. Wegen feind⸗
licher Anfälle feines eigenen Landes wird er genöthiget feine
‘ Eroberungen zu unterbreden 31. Diga’s Tod 34. Swaͤtoe⸗
law kehrt zu feinen Eroberungen nach Bulgarien zuruͤck 35.
Gem Heer. wird gefchlagen 39. Er wird gezwungen feine
Krobreungen zu verlafen 40. Er mird won. ben Petfchene
gen überwunden, gefangen und getödtet 41. . Jeropolk,
fein Nachfolger, regiert eine Turze Zeit 43. Er verliert im
Kriege wider feinen Bruder Wladimir Reich und geben 45.
Wladimir brfeigt den Spron und: verabfchiedet : feine wa:
raͤgiſchen Kriegsvoͤlker 45. Bemühung verſchiedener Zölter
ihn zu Ihrem Religionsgenoffen zu machen 48. Ihm wird die
groͤechiſch⸗chriſtliche Religion vorzüglich angerühmt 49. Er em⸗
pfaͤngt die Taufe und bewegt feine Unterthanen ein Gleiches
zu thun 51. Ländervercheilung an feine Söhne; wohlthaͤtige
Wirkung der Annahme des Chriſtenthums 59. Wladimirs
Tod 38. Sein Sohn Swaͤtopol folge ihm in der Re⸗
dietrung, und ließ zwey Brüder ermorden 59. Er wird son
fernen Bruder Jaͤros law befiege, und‘ ftirbt außer feinem
Lande 63, Aelteſtes nowgorodiſches Recht 67. Ariege Jaͤ⸗
Erpslaws 68. Er nimmt Den vettriebenen norwetiſhen König,
Olaf den Helligen auf, und iſt feinem Sohne bebütkih 11
Verſchiedene Begebenheiten unter Jaͤroslaws Regierung 73.
Sein Tod 74. Ifjästaw J. wird Großfürſt 75. Die
Kicewer feßen durch eine Empörung wider Ihjäslam den Fürs
fien von Polotsk, Wſeslaw, auf ihren Thron 77, Ipiäs
law wird wieder auf den Shron gefegt 80. Er muß gum
zweyten Mahle den Thron räumen pe. Er wendet ſich zu dem
deutſchen Kaifgr Heineih IV. und trug ibm die Lehenspfüch⸗
tigkeit an 83. Smäroslaw regiert als Großfuͤrſt 84-
Inhalt.
Wleweolod 1. folgt feinem. Bruder als Großfürſt; er
tritt Ißjaͤßlawn das Oroßfürſtenchum wieder ab 35, Er
kommt in einer Schlacht um; Wſewolod beſteigt zum. zwey⸗
ten Mahle den Thron 87. Deſſen Tod; Swätopoölk II.
regiert als Srobfürk 90. Wird von den Polowzern geſchla⸗
gen 93. Er verliert nochmahls eine Sclacht 94. Stiftung
einer Vereinigung aller ruſſiſchen Fürſten 103. Bruch diefer
Mersinizung dur Wafilko's Geſichtsblendung 104 Waſilko
Kader ſoͤhnen fi) mit dem Großfürften aus 106, Der
Sroßfüͤrſt ſieht fich gezwungen, dem. Urheber non Waplto’ $
Blendung fein, Furſtenthum wieder zu ‚nehmen 108. Der
Großfürſt hält fein Verſprechen 11,3. Switopoit. ſucht Wo⸗
isdera und Waſilkon ber beſten She ihrer Länder zu ent»
reißen, weichen die Beranlaffung vieles Unslücks fir ihn iß
222. Gr nerliert die Schlacht; Edelmuth feiner Feinde 144.
Zaxik gewiant die Schlacht mider die Ugarn. 115. David
muß die Flucht vehmen 116. Gmätsyoif ziehe fih ohne
Rachtheil aus dieſem fchlimmen. Handel 117. Berfdisdme -
Kriege unter feiner ‚Kogierung , befgnders mit den Palow zern
129. Die Polowzer verlieren die Schlacht 121. Charakter
und Tod SGpätopeits I. 124. W-ladimir If, wid zum
..©roßfürften ermählt; das Volk plündert den reichſien Mann;
der heue Großfürſt tritt die Regierung an 125. Die Juden
werden aus Rußland vertrieben 126. Wiadimiss II. Tod 133.
ein Sohn Mfislam befleigt ‚den Thron 133. Er
feblägt die Polowzer 134. Sein Tod ‚298, Jaropolt u
folgt ihm in der Regieruns 139. Er verliert eine Schlacht
346. Sein Tod; fein Bruder, Wſewolod IA. befieige
den Thron 147. Er verliert eine Schladt und fchließt Frie⸗
den 149. 3a or befteigt wider Willen des Volks den Ihron
zu Kiew. 155. Er, flüchtet ih, und wird gefangen genom⸗
men 156. 3fjäslam I. wird Großfuͤrſt 156. Er. ero⸗
dert und. dertheilet Igors Länder, 158. Igor ‚tritt in den
Moͤnchsſtand 158. Er wird, erſchlagen 161. Ißlaͤslaw II.
Petommt einen neuen Feind 162. Er leidet von feinem Vets
ter Georg eine große Niederlage 166. Georg wird aufeine
Burze Zeit Großfuͤrß 166. Er mu$ den Thron wieder verlaffen ;
Ißjaslaw beſteigt den Thron wieder 169. Sein Tod 169.
Nofiislam, Bruder Itjaͤslaw II. wird deſſen Nachfolger
169. Seine Feigheit veranlaßt die Flucht ſeines Heeres 171.
3Hjaslam LIU, beſteigt auf eine kutze Zeit den großfürſt⸗
N,
\ Inhalt.
lichen Thron; er verlaͤßt ſolchen i72. Georg wird zum drit⸗
ten Mahle Großfuͤrſt und bfeibt es bis gu feinem Tode 17e
Urfache zur Befeſtigung des Thrones 174. Verbindung wis
der ihm 175. Er laͤßt Moskau bauen; fein Tod 176. 3;
jäslam III. wird wieder Sroffürft von ‘Kiew, muß aber den
Thron zum wweyten Mahle räumen ı77. Roſtizlaw wird
zum zweyten Mahl Großfürft 178. Kiew räumt in ber Fols
ge dem neuen Großfuͤrſtenthume Wladimir den Vorzug ein
180. Lepte Vegebenheiten der Regierung Roſtislaws über
Kiew 181. Sein Tod; die Unruhen über deffen Nachfolge ge:
ben dem Groffürften Andreus von Wladimir Gelegenheit über
Kiew zu ſchalten 189. Er leider in einer Unternehmung wi:
dee Nomgorod einen fehr großen Verkuſt 89. Andere Bor:
theile.erfepen dem Andreas den hier und da bey andern Ver:
fällen gehabten Schaden 193. Miſtislaw, chemahliger Fuͤrſt
von Kiew flirbt ı9e. Rurik wird vertrieben, und Georg,
Andreens ‚Soßn, Fürfi zu Rowgorod; er macht Kiew unab⸗
hängig 193. Ermordung bes Großfürfien Andreas 195.
Krieg wegen dee Thronfolge 196. Michael gewinne bie
Hberhand und beftelge den Thron; er ſtirbt 201. Rach Mi-
chaels Tode behauptet fi deſſen Bruder, W fewolod, wi⸗
der feine Gegner zo. Er beſtegt Mfiislawn 203. De
"Fürft von Refan fälle in fein Land; und fiedt Moskau in
Brand; die Nomgorober wählen feinen Sohn zu ihrem Re⸗
‚genten 204. Wſewolod ſiegt nochmahls 205. eine Unter:
thanen empören fi 206. Der Großfürft Wſewolod von
Wladimir noͤthigt die Bulgaren Friede zu furken 210. Oro⸗
Be Zeuersbrunft 211. Verſchiedene Zeindfeligkeiten zwiſchen
“einigen ruffifhen Fürften und den- Polowzern ara. Gluͤcklin
eher Kriegszug wider die Polowzet 212. "Niederlage der Ruf
fen 213. Der Großfürft Wſewolod wird gegwungen mit dem
Fürſten von Reſan Krieg zu führen 215. Ce leiſtet Kuriten
zur Behauptung des Großfürſtenthums Kiew: wider deſſen
Milbewerber Beyſtand 216; Roman, Ruriks Schwieger⸗
ſohn gelangt zu großer Macht und Anſehen 218. Romans
Feldzug wider die Polowzer 2e1. Die Polowjer richten gi):
Ges Unglüd an. 222. Rurik wird gezwungen in den Moͤncht—
ſtand zu treten 223. Roman wird des polniſchen Herzos⸗
Leßek Feind 224. Unglückliche Folgen davon; Roman wird
erſchlagen 226. Wſewolod, Fuüͤrſt von Tſchernigow, wird
nad Roinans Tode fo maͤchtig, dab er den Großfürſten von
Juhalt.
Wlabimir die Wage hält 227. Mſtislaw Miislawitſch ver⸗
treibt ben Sohn des Großfuͤrſten Wſewolod, Swätosiaw, aus
Homgorod 42. Verſolg ber Beg ebenheiten unter ber Regies
zung Wfewolod gu Wlabimie 233. Sein Tos; Weorg
folgt feinem Water Wfewolod im Gioßfürſtenthume ⸗ Wladimit
235. Mfisiew Miſtislawitſch erwirbt fi durch feine großen
Thaten ein vorzuͤgliches Anſehen unter allen ruſſiſchen Firften,
und bey Aen benachbarten Böfkern 237. Mſtislaw erreicht
feine Abſicht, Fuͤrſt von Halitſch au werden 235. Als Mitis⸗
law aus Nowgorod reifet, ernennen die Rowgoroder Jaͤros⸗
lawn zum Fuͤrſten 239. Mißwachs, Bungersnoth und Peſt
340. Miſislaw Wird wieder Fuͤrſt von Rowzorod, muß aber
deßwegen mit’ Jaͤroslaw Krieg führen 242. Conftantin tritt
auf Mfitlews Seite, hingegen kommt ber Eroffürft Georg,
Jaͤroslawn zn Bülfe 234. Mitislam fiegt 246. Georg wird
gezwungen, das Großfürſtenthum Wladimir feinen Bruder
Conſtantin abzutreten 247. Fürft Mfislew Miſutlawitſch
son Nowaorod erobert Halitſch 248. Mſtislaws' vollkomme⸗
‚nme Gieg; er erwirbt ſich der Nahmen des Großen «52.
Beweife feiner Großmuth 253. Mſtislaw tritt Halisfch auf
drey Jahre ab; Friede zwiſchen Pohlen und Rußland 255.
Georg befteige nach einer Burgen Aegierung Eonftantins zum
zweyten Mahl den wladimirfhen Thron; er erwirbt ſich in
feinen erfien Regierungsjahren großen Ruhm 256. Abſcheu⸗
licher Mord 257. Gluͤcklicher Feldzug 259. Erſter großer
Stoß, den das ganze ruſſiſche Reich durch cine von den Tar⸗
tarn eslittene Miederlage empfängt 359. Die Tartarn ents
Iedigen fi der Polowzer 260. Die ruſſiſchen Zürflen rü⸗
fien fi$ wider die Tartarn 261. Die Gefanbten der Zars
tarn werden getoͤdtet; Gieg der Ruſſen 262. Verluſt der
Auffen 264. Zreulofigkeit dee Polowzer 265. Braufamkeit
der Tartarn 256. Der König von Ungarn benußt Milis⸗
laws Unglüf 267. Die Litthauer bemächtigen fich verſchiede⸗
ner ruſſiſcher Länder; verſchiedene Unglücksfaͤlle treffen die
ruffifchen Länder268. Hungersnoth und Erdbeben 369, Die
Tartarn vertreiben die Polowzer 270. Die ruflifchen Fürften
ſchwaͤchen fi) immer mehr und mehr durch Zwiſt und innerliche
Kriege 271. Der Broßfürft Georg II. baßt in einer Schlacht wis
der den Tartar Baru das Leben ein 277. Fürſt Georg's
Tod; Sraufamkeit der Tartarı ; gänzliche Niederlage ber Nufs
fen; Zürft Romans Sod 278. Mostau‘s Einnahme und Eins
N
Inhalt.
aſcherung durch die Zartarn 279. Fürfl Waßlei wirb er⸗
mordet: Jaͤros (am beſteigt nach feines Bi Georq II.
Tode den, gakfürſtlichen Tbron; Abermahliger Einfall der
Zartarn 28x, i Batır zerſtoͤrt Kiew und viele abbere Orte im
füdlichen Ruſland a32. Batu rihtet in Pohlen und Ungarn
grobe Verheerungen an 286. Der neue HSerzog non Now⸗
gorobet, Erdivil, ſchlaͤgt die Tartarn 287; /Sein Tod; bie
Polowzer führen eine Volkoregierung rin. gas. Gchändung
der tartarifchen GOeſandten sy. Bor i ninnt den chrifili⸗
den Glauben an 290. Die Tartarn werden von den Lit:
thauern gefchlagen 371. Großfürſt Alerpanders, von
Nowgorod hohe Eigenſchaften 294. Der Großmeifter von .
Liefland in Verbindung mit dem Könige von Schweden wer⸗
den von ihm gefchlagen a95. Tumult in Rowgorod; Reuech
Einfall der deutſchen Mitte. 296. Wiepanbers zweyter
Sieg über die deutſchen Ritter 297. Dritter Sieg Alezan⸗
’
Rustand. 2.B._S 242.
er Pl 5
RE Fe» — SER EL % (a c x u & leben
du — — meene Kegerun A angre. 172 —* —
D. €, Wagners
| Se fdhi te
des
ruffifden Reiches
von
den älteften Bis auf die neueſten Zeiten,
Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefegt.
3weyter Band.
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36eytet ANbſcaitt
Von der unterjochung des euffifßen
Reiches durch die Zattaren Bid zur Abſchuͤtte⸗
lung diefes Koches durch Iwan I. Wafiljes
witfch, welcher im J. 2468 auf den großs
fuͤrſtlichen Thron gelangie... “
\
Pas
| Au Batu glaubte, Kublend ſo aerrmuchigt und Ban; u
geſchwaͤcht zu haben, daß deſſen Veherrſchet es für fand. muß
eine Wohlthat erkennen werde, wenn er ihm antra- —F der Obet.
ge, auf gewiſſe Bedingungen den Beſiß feines Lan: ber — |
des zu laffen , fd fandte er zu dem Großfuͤrſten J de Anterwerfen,
roslaw eine Geſandtſchaft, die demſelben Pefahl,
perſoͤnlich in der Horde zu erſcheinen, und dort zu
vernehmen, was für Geſetze ihm fein Sieger aufs
erlegen werde. JaFros law unterfiand ſich nicht,
dieſem Wefehle den Gehorſam zu verſagen, fondern
begab fich nebft feinem Sohne Eonfiautin: init reichen
Geſcheuken ins Hoflager des Khaus von. Kaptſchak,
welcher ihn als Großfuͤrſten unter der Anerkennung
der oberherrliden Macht des Khans von Kaptſchak,
und des Lchensheern diefes Khaus, bes Großttans
beſtaͤtigte. — Hingegen empfing der Sroßfürk bald
wieder einen Befehl, fih nebft allen ruffifhen Fürs . N
Ren wegen ber Wahl eines neuen Großkhans bey
Hut einzuftellen, und keiner anterfing fih, dieſem
Befehle de Befolgung nicht zu leiſten.
43
Fürft Mi:
chael wird
4Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Sogar Michael, der ehedem, als er über Kiew
auf'Baru’s und Zfchernigom regierte, tartarifche Geſandten toͤd⸗
5 ge sen ließ, und dieſerwegen am allerwenigſten eine
toͤdt
*
gute Aufnahme von Batu erwarten durfte, ließ fih, .
Durch die Berichte von Batu’s feeundfchaftlichem Bes
fragen gegen anders. ruffifche Zünften bewegen, zur
Ver fſicherung feiner Herrſchaft uͤber Tſchernigow zu
demfelben zu gehen. Er begab ſich in Begleitung
des Fürften von Room und. ſeines getreuellen Bo⸗
jaren Zedor, mit gefegnetem Brot und Weine ver
ſehen, zu Batu. Daſelhſt führten ibn einige ta:ta
riſche Hofbediente und Prieſter zum feyerliden Ber
‚ böre zu ihrem Heren. als fie an die ‚Reinigungd-
feuer und das onfgeftete Bild gelangt waren, wolls .
te Michael fih zur Beobachtung der gewoͤhnlichen
Gebraͤuche ganz und gar wücht bequemen, indem er
mit deutlichen Worten heraus ſagte, daß er als
Chriſt dieſer Forderung als. einer Todſuͤnde und of
fenbaren Abgoͤtterey ſich unmöglich willfährig erzti⸗
gen koͤnne. RS Batun dieſes gemeldet ward, über
‚trug er einem vornehmen Tartar, Eldeg, Vorſtel⸗
lungen, Vorheißungen und Drofungen anzuwenden,
- dem ruffifhen Zürften, welchem es lieber Gutes
als Böfes erweifen wollte, zur Beränderung feines
Entfchlufjes zu überreden, Allein obgleich der Zürfl
. von Roftow fi gleichfalls nach allen Kräften ihn
zu überreden beſtrebte; fo verharrete Michael doch
ſtandhaft bey ſeinem Vorſatze, und fein getrener
Fedor dachte fo wie er. Da nun nad der Dors
fielungsart des. Khans der Bewegungsgrund Ri
chaels zu feiner Verweigerung fein Gewiſſenstrieb,
indem alle anderen zuffifhen Fuͤrſten, od fie gleich
Chriſten blieben, dieſe Gebraͤuche als etwas, was
die Religion nichts angehe, beobachteten, foadern
ein Eigenfinn uad Sqchmaͤlerung des dem Khan
des ruſſiſchen Keiches. . 5
gebilreiden Geborfams.- ‘war; fo fprad Derfee Das
Zi esurcheil.üher. Iiniaus.: zu welbem Krb: der Fuͤrſt
Burg den Genuf des Abendmahls, Yurd. Gingey
und Berhen zubereitet, In diefer andächtigen Be⸗
ſchaͤftigung trafen. ihn die zur feiner Hinrlcheusg ar ·
gefandten Zürtarn; Mile Martern? diei fie: ihn am
baten. erpreßten: nicht eiamahl eine Mäge aus :feii
Wem Munde, ſondern er Airb unter allen: ihren De
wigärdgen in völliger®emäthörune, biaundaich sin adger
fallart Ehrift, Doman, Ihn’enrhauptese, Sein Freund
und Begleiter Fedor ſahe alles dieſes, und beſtaͤrker ſei⸗
wen Herrn in ſeiner Refignation. Die Tartarn meinten,
daß DaB Anſchauen Genualen und dei: gewalsfamen
Mudes. Mihaels. ahfreinen, und das. ‚Unerbiethen
fein ‚Echehung Yung roiffiihen: Fuͤrſten duch
ESeteilung des Forſtenthums Tfdrekaliganic-anf Der
wadern ‚Seite. wädtigunenug maͤren, "ihn: dadin
zu bringen, baß ser. fſelbſt das;i thuen, was Fk
ſeinem Herrn fo eifrig widerrathen hatte. Alkıia
Dedor· wies. noch bin den vorigen Abſcheu gegen
bleſen Antrag, und wuürb-baher. bald. der. Rabfole:: -
ger Michaels in der Märter und der imlbauptung,
die er gleich ihm erlitt. , Die Körper. warden von
kinfgen Freunden aufgehoben und nad; Windimir
geführt. Sein Tochterfohn. aber undſ alle :auderen
am Hoflager des. Batu anmefenden: Fuͤrſten entgin⸗
sen durch ihre Willfaͤhrigkeit gegen. dieſe tartariſche
Forderung einem gleichen Schickſale, and wurden
nad einem Burgen Kafenthalte entläffen, |
Nur ‚der Großfuͤrſt mußte anf feinen Befehl
eine. Reife zur geldenen Hoıde (zum Dberkhan) un Der Greb⸗
ternehmen. Zuraling, welde'nach dem Tode Ih {int Br
res Gemahls Dftai die Regentſchaft in. derfelben
führte, war bereits durch einen Fedor JIwanowitſch
I)
m
6 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
wider ihn eingenommen worden. Dieſes komileier
im J. 1246 leicht aus dee Raltfinnigkeit der Re
gentinn bey feinem Empfauge wahrnehmen. Doch
wohnte er nebſt andern -unterwärfigen Fuͤrſten der
fsyerlihden Wahl. und Zhrrabefleigung: ihres Som
ned Gajuk bey, und erhitit vun demfelben die Frey⸗
heit, aach Hanſe zu gehen. Allein auf, dem Wegt
farb er, fieben Tage nah einer Gafterey ‚welcher
er auf Einladung der Butter dieſes Großkhau bep⸗
wohnte. An feinem Körper will mau Giftflecken der
— mrrkt baden, woraus. man ſchließt, daß er durth Tu⸗
| rakina vergiftet worden fen. Mon neun. She
und drey Löͤchtern überlebten::ihe ſechs Soͤhne und
zwey. Löchter.ns In Aufehungi feiner. Füͤrſtenthinnct
haite ar: DIE. Vortheiluug gem acht, daß Alerauder
Nowgorod, Audress Susdal, Conftautin Habicſh
und Faͤroslaw Twer bekommen fohkte, : Mac) ſeinen
Abſterben nahm jeder vn dem Ab defimmun Bär
ſtenthume Befitz.
Swaͤtotlaw· Alexander aber reife 24 Wladimir, wo: @
und Andreas mit feinem Baterbeuder Swaͤtoslac der nad feims
ande a Vaters Tode nach alter Sitte den grobfoͤrſtlichen
‚Sroßfurs Thron ringenommen hatte, ben Vergleich ſchloß, daß
—3 — Riemand im ruhigen Beſitze der ihm durch Erbſchaft
fireisig. ‚ zugefallenen Furſtenthuͤmer geſtoͤrl werden fodte. —
Sein Bruder Andreas entſchloß ſich zur Reiſe nach
der Horde, und in ber That lief jeder ruffiſche Fürk
Gefahr, fein Fuͤrſtenthum zu verlieren, wenn et bey
| Erlangung deöfelben dieſe Shuldigkeit nicht beob»
achtete. Doch wies. es ſich in der Folge, daß An-
0 dreas dieſe Reife vielleicht noch werfhoben haben
0 würde ,. wenn ihn nicht die Hanptabſicht dazu
angetrieben hätte, feinen Better Swaͤtoslaw von
Wladimir zu:verdrängen, Denn ſowohl Swaͤtos⸗
kom als Al⸗xander blieben in Nobland, um hoffe
N
. des ruſſiſchen Reiches. 7
sch POUR vielleicht Andreas deſſen Eerandfipaft ei»
Wersbie der andere zubetlaͤſſig achtele, auswirken
Möchte, daß fie diefer unangenehmen Keife überher
ben blieben. Alexander überfandte. fie feine Perfon
bey dirfer Gelegenhkit einen auſehnlichen Vorrath
Silber an den Khan, und bath ſich bon demſelben
die Beftehung der Chriſten ans, die berſelbe God
in der Gefangenſchaft hielt. Alexander mußte ſich
Doch Har Bald gü dieſer Reife verſtehen, indem ihn
Batu durch Aue Geſaundtfchaft dazu aufforderte, Er
N
fieß- ihm fagen , daß er fein Nichterſcheinen als eine:
Benrfch maͤhuug dbetrachten, und durch Bekriegung
ſerned Jurſterahnins aähnden müſſe; wenn er aber |
ihÄ die ſchuldige Erd erwieſe, mit der Hochſchͤ.-
Yang; die Wan ihm wiegen des vielen von ihm ge
bett, Khmtiäien zoll, aufgenomfien werden fo» .
"Bar erfüifte fein Verſprechen, als ſich Alexan⸗
be: Sunorrzhiglich bey ihm einſtellte, Indem er ihm
auf ſeine Vorſtellnug, daß ihm feine Religion nicht
erlande;, baß er ſich und feine für den Khan mitge
Brasil Geſchenke mfetriſt eines Durchgrhens zwiſchen
zwed Feuck burch die kartariſchen Prieſter ober Wahrſa⸗
her reintzen laſſe, oder fih vor dem Sonienbilde buͤcke,
verſtattete, ohne dieſe Gebraͤnche beobachten zu duͤr⸗
fen‘; vor ihm fu erſcheinen, und fand ein foldes
Wohlgefalien an: feiner Peiſon und feinem ganjen
Wagen, daß er zu ihm fagte, er fehe nun ſelbſt,
daß’ Hlerander alles uͤbertreffe, was das Gerücht
zu feiner Ehre gemälder hätte. — Batu fandte
jept -Nerandern nebſt feinem Bruder Andreas
mit ’einer fo güten Empfehlung an "die Haupt:
horde des Großkhans, daß er. von demfelben:
mit vieler Höflichkeit alles , was er verlangte, nah»
mentlich die Anerkennung feiner großfärftlichen Wuͤr⸗
de und GSerechtſame, Andteas aber Wiadimir als
4
8 | Zwepter Abfchnitt, Geſchichte |
ein Fuͤrſtenchum erhielt. Beyde Brüber Fehrgen im
&: 12.19, in ihr Vaterland, ‚surüd., - mo Swärgilag
umgeadret feines Widerfigebeng. Wladimir an. Ja⸗
dreas abtreten mußte, der zu ſeiner Befeftigung in
dieſer neuen Herrſchaft ſich mit dem moͤchtigen Bes
„berrfcher uͤber Kiew, Dauiel Romangwpitſch, durch
eine Heirqth mit einer, DH: dieles Damel. aufs
engie,. verbaud. 3 1231
Daniel wird Dieſer Fuͤrſt brachte es rehin, —* Tar⸗
im füdticen. tarn ihm Kiew. räymten, und Ranpm..gpr, erg
N
| Gehe män mässtig, Stadt ihres Gebiethes waͤblten. Kaum batten er. U
- und wird wieder feßen Zuß in Rußland gefaßt, fo. fing. ECHT)
von einem
päpftlichen und zwar vermuthlich upch vor dem Rahrtrs 6qno—
Zegaten zum durch Ueberziehung ſeiner Rachbaru ga eineng a aus ⸗
* gebrgitgteren Lande zu ſtreben. „Debipegen,fabe, io
ton, König Beſa IV. von Ungaru genoͤthigt, ſeſne⸗
Des Königs von Ungarn) Schwiegerfphu, Roſtis.
lawn, Fuͤrſten non Halitſch, mit sahlreichen.ungarie
. fen Kriegävölfern zu. unterflügen, ‚ damit, peyſclbe
ihm die Wage halten könnte, Roſtislaw mußte, un—
geachtet diefer erhaltenen nuggrifchen Verhärkung,
bey des Feſtung Iroslo wider eine gemaltig, uberle
gene Zahl Rufen kämpfen. Dog fi erfelbe, ben
| einer nachberigen Schlacht, zu der ihn Daniel ud.
0 shigte, mod größere Gefahr, Es —* ibm, is
dieſer Verlegenheit die. Tapferkeit eines ‚vornehattn
Ungarg vortrefflihe Dieuſte. Diefer drang. gen
— allein in die ruffifche Schlachtordnung, und brachte
. aus derfelben einen angefehenen Mann, deu er mit
feiner Lanze oom Pferde geworfen hatte: als einen
| Befangenen ju feinem Herrn Roſtislaw, welcher die
‘ ſem Gefangenen das Haupt abzuhauen befaßt. Spoͤ⸗
‚ ser, als er nebſt dieſem Fuͤrſten fich tief unter die
Feinde begeben hatte, und dem Fürfen fein Pferd
—eilegt worden war, flieg diefen brave Manu unver
N
des ruſſeſchen Meiches, 9 2
—8 von: ſeinem N ferde ab,: and perfohe damit
den. Fürſten, ranute auch fo zu Zuße- in: die Biken
Hapfen der Zeinde,:um ſeinem Herrn die. Retung
su, erleiggenn de Mit den Herzogen von Krafay
Beleslam..und Ganıgd ‚von, Maſovien Ichig er da⸗
I8..im,.,fe: gutem Vernehmegg, daß fein Bruder;
Juͤrſt Woaßlt auf dhr-Rrerfangen Dip Zranatfcanere
moͤnche -Zodans dePtanp. Kor pYni,yndB.ce
nediet, · welche der Papl..Anuocase. IV;
als Geſachien au den. Sroßfkon fandse, ald: er fi
eben: ben, Camanden befand „auf feiner Kückfehrnad
Haufe, mit. fh nahm, ‚une ihngu. alle Defdrdemnng
au ihres. feruenge Reife b18 a; ‚Riem leiſtete ⸗ wie
bl Dagich auch obas disfe Juͤrſprache gemig dies
Seo: näpülichen,„Gefanhip ale Örfälligfeis:mrojeien,
baban würde ‚» geil er fich durch alle erſiunhich/ We⸗
ge der Gunſt des Papſichun verſichern trachtete. &x
Hatte dieſg Geſandten bey ihre uckkunt⸗ vom Org
Ihan nraͤchtg hewirthet, und .bafaudie mit ihnen ga⸗
fyidt ‚ade, Papſte auzugelgen „daß er bereits fing
kirchliche Veuca⸗burtein gan bie roͤmiſche Rn als
Rutter efanuschätte 7.1 un. |
"ah obua Die geſochte —ES
Herres won. Poblen erhalten zu haben, uͤberwoltigte
Denis ;in groͤßter Serhmindigfeit die Staͤdte Slo⸗
oim, Wolkovisko und Mfeibow, und richteie feinen
Weg anf Nowogrodek zu, ohne daß Meudog felbit
Boffte,. daß ihm die Eroberung dieſer Stadt feblſchla⸗
gen würde. Diefe Ueberlegenheit des Feindes jag⸗
te ihm ſolches Schrecken ein, daß er eine Geſandt⸗
ſchaft, um deu Frieden zu erbitten, an ihn abfertig⸗
fe, uud zur Vaſiherau, daß er dieſen Frieden, ſo
*} Pray p. 253.
9) Carpini G. ser 1
so Swenter Abſchnitt. Geſchichte
ſchwer ihm au die Bedingungen fallen: wärben,
kreulich halten wollte, dieſen Geſandzen feinen ei
genen Sohn Wopfſtelko als Seißel mic
dab: Auein Daniel gufwortete: ex ſeh nicht deß⸗
wegen it ſeinem Heere hierher gekonimen, um ſich
bie ſchoͤnſte Zeit zu wichtigen Rriegsderriätungeh
durch Anhörung der Briebendvorfihläge feines Fein⸗
des rauben zu Fafleh.: Die Gefehe, auf weiße &
demſelben den Frieden zuzugeſtehen denke," würde
hie das Anerbiergen feines Zeindes., fondern be
Erfolg feiner affen in der folgender Zeit dieſes
Felbzuges beſtimmen. NA diefer Eitldrung fdide
te et Din Sohn des fittchaufſchen Sroßher zogs nach
Sloniin, die’ uͤbtigen Geſundten aber Ad Wolke
biſstb mie der Erflächng, Dap’fie hier To lange ver⸗
harren follten, bis eh fein fiearefes. Sec hlerhee
ſuuueberwinterung führen, «und ſolchergeſtalt Mußehe
ben werde; wöfern: Mendog dot etwas don: feinen
tuſſeſchen Ländern Ahıttg vbehalten baden moͤchtt hier⸗
Aber mit ihnen Unterhandtunt zu pflegen: Bey ſol⸗
der Sefinunng:Dunizld ruer es Wenvog Für ein Glack
ſchaͤzen, daß dieſer fein Feind, nachdem er hoc el
ne erbgANGteLE Landes verwuͤſtet nad verſchieden⸗
. Dester eugenommen ‚hatte, wegen Eiubruch des
Winters von der Unternehmung der Belagerung von
Nowogrodek ſelbſt abfland, und, weil die Zartara
Anftalten zu feiner. Befriegung machten, nach Gadi⸗
gung dieſes Zehdjuges mit den litihanuiſchen Geſaud⸗
ten auf die Bedingung : deu Frieden abmachte; dab
ihm alles in dieſem Zeldjuge Gemonnene verblich.
Diefe tartariſche Feindſchaft und den Nutzen, weh
chen er daburd der gangen Chriſtenheit nerfhaffte,
wenn er die Waffen wider diefen allgemrinen Zeind
‚führte, gebrauchte Daniel als einen ſtarken Bewes—
grund, dem damahls in ‚vorn anweſender päpf®
des xuſſiſchen Atiches. 13
Achen Bean Dpife dabin zu vermoͤgen, daß
derſelbe iha ya ruſſiſchen Koͤnige kroͤnen moͤchte,
Mr erBisitz-ungeadtet aller Gegenvorſtellungen. her
vobleiſchen Birhöfe ,. vornehmlich des Biihofg
VDrandotho vnn Srofau, Bd46,:Dpifo N F na
Drohiesin.: feinem. Damabligen. Bige, obne Zmelz
feh, teril: Riem nod.in. einem feht Ahlehten doſtan⸗
Be: war; kam umd dort in Gegenwart aller. „eineg
ewffifßhen. Großen feine- Salbung und. Srönung DEtg
richtete, md now. neuen Könige den, Gib abyahm,
er ‚denfehbe unit Mepbehalsung. dos geſaͤuerten Bros ur
neh hm. Aben gnabir und opener Verſchiedenhaitetz
ir Birhengebrhugen, nebf offen ſeinen Untexspaneg
fi als ‚ein. gehozfamer Sohn des Papfles. zeigen u :
werde: Die Pohlen hegrigeen über diefe Ertheilung
der Königfichen Wuͤrde durch den Vapſt ein ſolches
Mißserguifgen.; hof. fie, Ra Aenfelbe um eben. diefg
Zeit auch Mendogen diefelbe: üßer, iutbauen und
Wladimirn uͤber Molosk zugeſtand, ſolches einer
Gitelkeit, var: vuͤpſtlicht Auſehen widerrechtlich zu
schöhen ‚und ‚ben dentſchen Tatſern, welde behqup⸗
Neten, daß dieſen Bee ihnen vcyzmoͤge ihrer Kais
ſer uſtrnde, uiht oben dem Papſte, gabuͤhre, ins Ge⸗
ſicht zw trogen, zuſchräeben. Der. Popſt achtete die⸗
ſes Wifvergnügrn der Vohlen nicht, und würde ger
wiß gerw:auch. dene Großfürflen Alerander ein Glei⸗
des erwleſeu haben, weun er. um diefen Preis von,
demſelben hätte erlangen koͤnnen, dab er gleih Das
sicht nd mit der aömifchrn Kirche vereinigt Hätte.
Man weiß nicht, ob der Damablige Papſt In⸗
noeenz IV, eine Vereinigung. der griechiſchen mit der.
sömifhen Kirche.wirktich geſacht habe. Nur ſo viel
iR gewiß, daß der Großfuͤrſt Alexander dem paͤpſt⸗
lichen Legaten alles rund abgeſchlagen habe, was
berfelbe ip Nohmen des Oberhauptes her katheli⸗
ser in.
12 Zwehter Abichnitt: Geſchichte
ihn: Kiehhe ven Ibm verlangke. Rab. exiflirt no
ein: Brief des vVapſtes Innocenʒ t i T. vom ıgtıa
Janıidr 1248, den’ er “an Alerander -feprieb, In
dieſen fuhr: der. Banden. Groß fuͤrſten, don er
den: Ehel Lines Herzogs von: Gusdalagibt, zu: be
wegen, daß er Sant: feinen. Untersbhuen sur rd
niſchenn Kirche Abertrete, Arad. ihm' (denn Babſte) den
chuldigen · Sehorſam —2 Der : Blei if. merk⸗
wuͤrdin, und verdient in der Sriaffamnıitlung Jane
eng EV. im V. Buche nachgeleſer gu werden.
Die Zartarn" Inzwiſchen ſthalteten die. Tarsarır: nach ihrer
legen den
WNuflen- im:
Älter Sewöhnheis utfe'den ruſſiſchen Freſtenthuͤmers
mer mehr mb Veit’ Berfonen "Der regierenden Fuͤrſten. : Dem
kaſten auf.
‘
Batu verurthaͤltẽ im Jahre 1246 den Fuüͤrſten An⸗
dreas auf. die bloße Beſchuidiznug, daß derſelbe
tartariſche Pferde außerhalb Landes: verkuuft babe,
jum: Tode, und’ zwang auch einer hrtariſcheu Sitte,
deffen! Winde und. Bruder einander zu heirathts,
indem ‘er dem Letztein “asf · Peine unsere Art fein Ge⸗
fuch um die Nachfolge Im Fuͤrſteuthume ſeines Bru⸗
ders’ -vergöumen. wöhte *). Allgemach ſcheinen ft
finmer? auf hene-EAtıvdufe: defommen zu Zen, ihre
Sberherrſchaft über die ruffifchen Zürfen beſſer zu
benntzen; ruſſütſche Fuͤrſten ſelbſt gaben ihnfu derch
ihre Unein gkeit od mehrere Vortheile an die Hand,
und erfdeilten ihnen unterricht den fie zum Schw
den des gemeinfhaftlichen. Baterlandeg du; Aushbung
brachten. . So gingen der ehemahlige Zuͤrſt, von
Wladimir Swaͤtoslaw umnd verfchiedene andere.tuß
ſtſche Fuͤrſten freywillig bloß in der Affe par Horde
Sartaks, um dur Klagen wider. ihre Geſchlechts⸗
‚genofien fi bie Shrfanspimer, die die, Melde
N .
.d 24
9 Cain, e, ‚365
des ruſſiſchen Heipese. 13
fie anklazten, Defaßen, andguwirken. Wahrſcheinlich
kam es bloß von dem Licht⸗, dag fie‘ den Tartarn
verliehen, bes, daß dieſelben ſich nun nicht. ferner mit
den Geſcheuken befriedigen Laffen , wollten, die ih⸗
nen fo lange von den ruſſiſchen Fürſten ſtatt der
Abgaben, die fie von denſelben als eine mit ihrer
Obergewalt verfaüpfte Gerechtſame forderten, gelice
fert worden waren, fondern jedem Fuͤrſten die Er⸗
legung einer gereiffen Schatzung vorſchrieben. In
dieſer Abſicht wurden im Jahre 1252 ſowohl der
Großfuͤrſt als deſſen Brader Andreas zu Sara
tak berufen. Alerander, unterwarf fich der Noth⸗
wendigkeit, und wagte lieber die Gefahr, ſeine Per⸗
fon in die Gewalt, eines rohen Volkes zu liefern, als
x
’
1882. 2
daß er. durch RNiotbefolsuog dieſes zartgriſchen Bes: -
fehle fi den. gewiffen Verluſt feines. Fuͤrſtenthumes
und feinen Unterthauen und Landsieuten alle Uebel
eines Heberfalles mit einem tartariſchen Heere zuge⸗
zogen haͤtte. Andreas Hingegen, welcher die Jagd
mehr als die Regierungsgefbäite- liebie ‚perfagte
Sartaken den Gehorſam, und verurſachte dadurd,
daß derfelbe ein zahlreiches Heer unter Stewrink,
Kot um. Alabus abſchicu feinen: nghorſoi
zu ahnden.
Dieſes Heer F am ısten Jolius ben Wiladi⸗ |
Mir über die Kläsına, und ob wohl Andreas Muth gen.
ung befaß, es hier anzugreifen, fo erlitt ex doch ei⸗
ne fo große, ‚Niederlage, daß er kaum durch die Flucht
fein Leben und feine Freyheit retten kounte. Auf
Derfelden fuchte er Anfangs in den Mauern, von
Nowgorod Zuflucht; aber diefe Stadt perfhlog ihm
aus Furcht, die Tartarn durch feine Aufnahme zu
erbittern, die Thore. Jetzt wandte. er fih nach Ples⸗
kow, mo er nur ſo lange verweilte, bis feine Gemah⸗ =
ünu bep ihm angelangt war, Bald darauf begab
\ 4 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
er ſich mit derſelben nach Reval, und 'von dort ind
Königreich Schweden vder Dänemark, wo erin eis.
ner Schlacht für die Sache feines Befhligers flrei«
end fein Leben‘ verlor. Das tartarifhe Herr rich»
tete ia. dem von ihm verlaffenen Khrftenrhume Gas:
dat ‘die ſchrecklichſten Verheerungen an, und ſchlipp⸗
te eine große Menge Menſchen mit rn in die Scla⸗
verey fort. Man Fanıı fich leicht vorftellen, daß bey
fotchen Umftdnden Alerander aller feiner Geſchitk⸗
lichkeit und der guten Reinung, welche die Tartarn
don ihm hegten, bedurfte, um es dahin zu Bringen,
daß Sartak den wider feinehi Bruder Andreas ges
" faßten unwillen nicht auf ihn erſtrecke; es gelaug
Ah, daß er deufelden befänftigee,
id en, " Alezander ward von Gartaf zum Herr
fürft von des Zürſtenthums Wladimir erflärt, und erwäßlte,
Miedimie, da er nun aus der Horde in fein Vaterland zuräd«
kehrte mit Uebertragung der Reglerung über Row⸗
orod an feinen aͤlteſten Sohn Waſilei Wlabimir zu
Auen gewoͤhnlichen Aufenthalte, um durch ſeine Ge⸗
genivart deſto beſſer die Aufnahme dieſer Stadt und
aller durch die haͤuſtgen Ueberfaͤlle der Tartarn gang
vetobeten Städte und Fuͤrſtenthuͤmer zu beſotgen,
| das ihm fo wohl zu Statten kam, daß gleid gu
“253 Anfang bes Hahres 1253 der Tob Smätssiaws des
khemahligen Fuͤrſten über Wladimir, ihn von al⸗
Ten Hinderniffen befrepere, bie derfelbe aus Begierde,
diefes- ehedem Defeffene Fuͤrſtenthum wieder zu 56
Jommen, ihm Hätte in deti Weg legen Finnen. Aber
die unruhige Gemuͤthsart der Nowgoroder unter⸗
brach bald dieſe ihm fo angenehmen als dem gan⸗
zen ruffifchen Reihe hoͤchſt nuͤtzlichen Beſchaͤftigun⸗
gen. Sea Sohn ahmie zu KRomgorod durch Ab.
treibung der Keindfeligkeiten der Grenznachbarn der
Aanfaki feines Vaters ang, | indent er sr —X
des ruſſiſchen Heiches.
Untelts feinen Regierung die Litthauer, als fie aus
hemfelben gie. anfehnlihe Beute und eige- Menge
Menſchen entführen wollten, bey Zoropez einhohlee,
und ‚He nöthigte, wis Zuruͤcklaſſung aller Beute und.
aller Orfangmmen in ihre Heimath zu eilen; auch
bald nadber der Stadt Pleskow wider bie: Dents
fen, welde die gene Gegend warheert, die Vor⸗
fädse abgebranut Hatten, nnd die Stade ſeibſt ein.
serhloffen Bielten, zu Hülfe ging, und fo in Bereis
nigung mis den Pleskowern diefe Feinde ndthigte,
in ihr Land zuruͤck zu sehen, wohin ihnen bie Now⸗
gerader: und Pleskower über die Rarra nachruͤckten,
and dert vielen Schaden zufuͤgten, bis bie Deut
wen um Feichen bep ihnen anfassen, der ihnen zu⸗
geſtauden ward.
MDas gute Werſtdndaiß zwiſchen dieſem Fuͤrſten
und feinen Unterthquen dauerte nur- kurze Zeit. Denn
im Jahre 12354 nahmen. Die Pleafower und im
Jahre 1235 die Nowgoroder den Fuͤrſſen van Zwer
Zirosiow zu ihrem Herrn an. Diefe Berfaflung
feines Sohnes hemag den GSroßfuͤrſten, in Beglei⸗
fung der Kriegsvoͤlket einigre . anderen. Zuͤrſren mit
einem harten Heere aus Wladimir nah Romgorob
anfgabrechen. Auf diefem Zuge ſtieß, als er zu Zora
{hot anlangte, fein vertriebener Sohn’ nit feinen
GSetreuen zu ibm. Der neue Fuͤrſt Jaͤros law aber
gerieth hierüber in ein ſo großes Schrecken, daß er
aus Nowsorod heimlih wegging. Die Buͤrgerſchaft
faßte jegt den Schluß, durch den Erzbiſchof Dale
mata und den Ipfägfi Klima den. Großfürſten
au Bitten, allen Einwohnern ohne Ausnahme eine
gänzliche Vergeſſenheit des Vorgefallenen, uud der
ganzen Stadt die Aufrestbaltung ihrer ſaͤmmtlichen
Gerechtſamen zuzugeſtehen, widrigen Falls ſie fuͤr
vi Raue Bosch, die repheuen der, Siadt und
1254, J
1285.
16. Zwedter Abſchnitt. Geſchichte
die Sicherheit eines jeden Buͤrgers bid:anf den letz⸗
sen Blutstropfen fü ſtreiten gefinnt? Waren. De
Großfuͤrſt beſtand zwar Aufas anf" Vie Wüsliefes
fung: des Poſadniks Ananiäf, Wie aber die,
‚ Romwgoroder , ungeachtet er fie ſbon diey Tage laͤng
Öelagerte, Iteber das Allerdußerſte abwarten woll⸗
ten; fo fondte er den Zürften Bord" Wafı ljewitſch
don Roſtow mit. den Bedenten In die Siadt, daß
er allen Einwohngrä eine völlige Vergeſſenheit ‘vers
fpreche, und weiter nichts begehre, als daß für Ana-
nias ein anderer Pofadnif ernannt werde, Diele
feine Erklaͤrung Nellte die Nomgoroder zn Zrieben,
‚und fie holten darauf, nachdem fe’ fein Verlangen
durch Abdankung des Wiranide erfüllt batten, den
©roßfürften mit den gewöhnlicher Feperlichhetten
und lauten Frendengeſchrey in ihre Stadt ein, wis
Derfegten Ach: auch nicht, als er bey feiner Ruͤckrri⸗
fe nach Wladimir aufd neue feinem Sohne Wafıtet
bie Regierung über fie anvertrauete, Befonders da er
dadurch, daß er zwey vornehme Nowgoroder, als
Bevollmaͤchtigte des nowgorodiſchen Staates "mit
nah Wladimir nahm, ihnen bewies, daß er ihren
Beſchwerden, die fie etwa übe das. Yetragen ſei⸗
nes Sohnes bey ihm anbringen wuͤrden, offenes Ohr
und gerechte Entfcheidung zu gewähren allezeit bereit
2256. fey. Alexander machte fih im Jahre 1256 fer
ner um die Rowgoroder durch einen Feldzug gegen
die Jdmen, den er bloß mit feinen eigenen Kriegse
völfern unternahm, und worin er viele Sefangene
und große Beute machte, und gleich da-auf in Bere
einigung mit der Kriegsmacht der Romgoroder dur
einen anderh wider die Dänen und tſchudiſchen Voͤl⸗
kerſchaften verdient, aus welchem er, ob er gleich
denfelben durch unwegſame Gegenden und ſtuſtere
Walder hun mußte, nach der Verheeruug der gan⸗
jen
des ruſſiſchen dtelches.
gas Gertäfe große Schaͤte nah Momsorod
Dee: im Jahre 18:55 ſich ereignende Tod Batus aber
zog ihm und allen ruſſiſchen Fuͤrſten ſo mohl ols den
gefammten Bewdhnern der unter dem dantarifhen
- Sorge iebeuben: auffigchen: Bänder nene Ungelegonhein
sen” und. Bergrößerunn ber. Kchon habenden fe m.
Dein obgleich der Feſt von Roſtow aͤn Derfagnub:
wite übebgen untershänigen ruſſiſchen Fuͤnſten Busch Ser
fandten bey Ulawtſch melchem Berfai ober Burga,
Yun Bruder und. Nachfolger Batu's, Die Beforgung
der 'rüffbpchen Sugelegrußeittn übertrug ,. fo wohl ihe
rr gewöhnliche Unterthänigfeitähezeigung buy Dein. Au⸗
soiste der Replerung eines jeden neudn. Khaus abs
gefottet, als ihre Schaͤhnug abgetragen harten ; fo
entboih doch Ulawtſcht im Jahre 1257 ſo wohl des
Guoßfürften. als . alle ‚Übrigen Härten in. Preſen gu
46) und. fiarfanden:.ule zaihfam ; ſich ber Vefol⸗
wuang. dieſes Brfehles zu eutziehen. Eben fo. wenig
regten fie ſich, ald die Tartarn gewiſſe Männer aus
Hure eigenen Mittel dazu ernannten, daß diefelben
an allen ruffiihen. Fürftesgämern die Meifchen zaͤß⸗
en, : auf. jeden Kopf cine gewiſſe Steuer legen, und
Dieſelbe ſeloſt einmreiben follten. „Niemand war, au⸗
Fer dar. ruffiſchen Geiſtlichkeit, derfelden Angehoͤrigen
und allen gnstesdienftlichen Bedienten und Einkuͤuf⸗
Sea, die nach einem Freyheitsbriefe, den jeder neue,
Khan beſtaͤrigte und were hielt, von dieſen Aufs
Jagen ausgefhloffen. Der allgemeine Nahme dieſer
tartariſchen Beamten dieß Baskak; ihre Anzahl aber
war zur Vergrößerung des — * welches dieſe
uene Beſchwerde den ruſſiſchen Ländern ſchon an fich
verurfachte, ſehr groß, indem man Auffeher über je:
de.10,000, jede 1000, jede 100, jede so nnd jede.
10 Köpfe beſtellte, Die vom der Babl.der unter ihrer
Aufficht fiebenden Perfouen beſondere zoo führ-
Geſch. Rupl. =. Band.
. 1891:
2258.
Zuweyter Abſchaitt. Geſchichte
som. DE aber fon diefe Zählung der Leute in ben
Fuͤrſtenthuͤnern Susdal, Marom und Refan gang
ruhig geſchahe, fo mußte doch der: Großfuͤrſt im Jahre
1258&.die zweyte Reife zu Ulawtſchi unternehmen,
und dieß Wahl kehrte wir ihm und. andere saffie
\
ſchen Fuͤrſten Gljeb, ein: Bruder des Fuͤrſten vom
: KRoflem, nach einem Aufenthalte von einigen Jah⸗
ren unter den Tartarn, bey. welchen er durch, feine
Heirath mis einer Fuͤrſtiuu ans der großen Hord⸗
6ch beſonders bellebt gemacht hatte, in fein Vaters
land zuruͤck. Gleich bep biefen Rädfunfe betrof A l e-
randern die faſt mit unüberwinbliches Schwie-
rigkeiten verkuuͤpfte Beſorgung, die Kopfſteuer
in Fuͤrſtenthume Nowgorod zu bewerkſtelligen. Denn
als den Rowgoroders die Ankunft der zu dieſer Aue
gelegenheit verordueten Tartarn angedeutet. ward,
riethen zwar die Vernuͤnftigſten, ſich eniweder hier»
ia nach dem Willen des Khans zu bequemen, oder
ibn durch ein auſehnliches Geſchenk dahin zu. ner
‚mögen ; daß ex ſelbſt von: dieſem Begehren :ahfiche.
Allein die Zahl der Unmweifen, welche weder za dem
Einen nod zum Andern fi verſtehen wollten, über»
traf diefe Vernuͤnftigen gar ſehr, und ſelbſt der Für
Waßilei beſtaͤrkte dieſelben in diefen Gedauken. Gie
gingen fo weit, daß fie durch einen blutigen Yufe
fand. ifre anders denkenden Ritbhrger zwingen woll⸗
sen, in der offenbaren Widerfeglichfeit gemeinfchafte
lich zu handeln, und dem Poſadnik Michael nebſt
mehreren angefehenen Bürgern das Leben raukten.
Die ſchrecklichen Zolgen , welche aus diefer Wider⸗
ſpenſtigkeit gegen den. Befehl des Khans entfpringen
‚mußten, bewogen Alezandern, auf den erfien
Bericht non dieſer nowgorodiſchen Unruße ih pu
entſchließen, felbft mit den tartarifchen Baskafen nad
Bewer zu schen, Sein Sehr befuͤrchtete, daß
/
des ruſſiſchen Aeiches. ag
fein In diefer Angelegenheit beobachtetes Beiraa.
gen mit ſcharfer Ahndung angeſehen wuͤrde; er verließ
daher vor der Ankuaft des Vaters Nowgored, und
sing nah Pleskow. Nun bragte es das Anfchen
des Broßfürften und feine weile Behaudluug der Ge⸗
müther dahin, daß ſich die Nowgoroder bequemten,
mittelſt eines anfehnlichen Geſcheuks vom Khane bie.
Erlafiuag der Kopffieuer abzukaufen, wobey fich der
Groffürft fo edelmürhig zeigte, daß er die von dem
Nowgorodern zuſammengebrachten Gchäge durch ei⸗
ne anſechnliche Zulage aus feinem Eigenthume ver⸗
groͤßerte, Die tartariſchen Beamten hingegen in An»
fehung der Höflihkeiten, die er ihnen ergeigte, und
der reichlihen Beſcheukuggen, die fie.für ihre
Yerfonen von ihm empfingen, ihm dad Verſprechet
leiſteten, diefe Sache ihrem Khane von.der beten
Seite vorgutragen, Rachdem er aber durch dieſe
PFiuge. Mäffigung fo wohl die innere Ruhe zu Nqw⸗
gorod hergeſtellet als die Tartarn einiger- Maßen des
feiedigt haste, hielt er nach Entferuung der tartarie
fhen Beamten für ein hoͤchſt aothwendiges Geſchaͤft,
Yurd genaue Nachforſchung des Urheber des letzten
Aufftandes und ſcharfe Beſtrafnug derſelben, Fünftie
gen gefahroollen Folgen vorzubeugen. Er faud, daß
die Schuld an den böfen Räthen feines Sohnes liege, .
darum mußten einige diefe Schuld mit dem Tode, an _
dere durch den Verluſt ihrer Angen, Ohren, Nofen
und Hände büßen, Auch wollte er feinen Sohn War
ſilei nicht Länger zu Nowgorod ober Pleskow laſſen,
foudern ließ denfelben ua einen Ort im Fürſten,
thume Wladimir führen, und übertrug an deſſen
Stelle feinem Sohne Demetrius die. Regierung über
Romgorod. Kaum hatte ſich diefes dem ganzen Fürs
ſtenthume Romwgorod den Untergang drohende Unge-
witter in etwas verzogen; fo vn von. einer au⸗
2
—
/
ao Zwedter Abſchnitt. Geſchichte
dern Seite ein neues aus, indem bie Litthaner,
welche fih durch Verheerung des Fuͤrſteuthum⸗ Sino⸗
keusk den Weg nach Torſchok bahnten, den now⸗
gorodiſchen HAfsvolkern unter den Mauern von
Torſchok eitie Niederlage beybrachten, welche fie in den
Stand fehte, : ohne Hinderniß zu: befärchten, das ganze
Aomgorodifche Gebieth zu verheeren und gu pluͤndern.
SE die Nowgoroder Die Nachricht, daß kin
zroßes tartardfihes Heer in Litchuuen eingebrungen -
fen , ohne ihr Zuthun ganz unvermuthet von diefer
andern Gefahr befreyete, indem biefe Nachricht die
Lierhaͤner antrieb, aufs ſchleunigſte aus Nowgorod
jur Huͤlfe ihres bedrängten Baterlandes fortzurilen;
fo tilgte die Nachbarſchaft eines tartariſchen Heeres,
Auch weit mehr aber die Anzeige, daß die Tartarn
wirklich im Akzuge feven, den Ungehorſam, bei. die
- Nordgeroder gegen’ ihre Baskaken bewiefen Hatten,
mit Feuer und Schwerß zu⸗deſtrafen, alles Mer
anfıgen ‚ fo fie ſonſt uͤber einen ſo ſchleunigen: Abzug
eines ihnen äberlegerien liethautſchen Heeres. und die
Schwaͤchung der Macht eiñes ihnen fo ſthaͤdlichen
Srenznachbars durch die Tarlarn empfunden : haben
würden. Diefe Uhfldnde verurſachten, daß. ſie uns
verzüglich Geſandte mit großen Geſcheuken und dem
Auftrage an den Khan abfertigten, daß fie deaſel⸗
ben demfrhign mm Wergeifung Bären, und ſich
gaͤnzlich feinem Willen in Anſehung der Kopfſtener
unterwerfen wollten. Hkerauf fandte der. Khan for
gzleich zwey vornehme Zartarn, Verkal und Kaſa⸗
iſchik,“welche zur Juͤhrung der Oberauiffiht:Über dies
te6 Sefhäht- beftändig tn Mäßland' Bleiben fotkten,
und. Dieferiwegen ihre Zranen-, Kinder and ihr gan»
366 Befinde mit ſich dahin brachten. Zufoͤrderſt kamen
fie 1259 nah Wladimir, welchen Ort als die
Hauptſtadt der geſammten raffifchen Staaten fie ju
®
\
des ruſſiſchen Reiches. ⸗
ihrem gewoͤhnlichen Aufenthalte erwaͤhlten, und von
dort gingen ‚fie in Geſellſchaft des Großfuͤrſten und
unter Bedeckung tartariſcher Kriegsvoͤlker nach Row⸗
gorod. Im Vertrauen auf ihre Macht und. die aus
der demuthsbollen Geſandtſchaft der Nowgoroder her⸗
vorblidtende Furcht der Einwohner dieſes Fuͤrſten⸗
ums vor den Wirkungen der Ungnade des Khans,
vermeinten fie nichts zu wagen, wenn fie bey ihrer
Verrichtung nicht die mindefie Schonung beobadıtes
ten. Allein fie erfuhren gleih Anfangs , daB fie fich
in der Gemuͤthsart der Homgorodor gewaltig geirrt
hatten; und fingen an: gelinder zu verfahren , zu«
gleich :aber den Großfürften um ruffifche Kriegsvoͤl⸗
ker gu ihrem Schuge zu erfuchen. Ob fie aber glei
dieſe erhielten, fo. rotteten ih Doch die Nowgoroder,
welche auch jegt nah ihrer Gewohnheit im Augeu⸗
blicke von einem ANeußerſten zum. andern., von der
Murblohgfeit zur Verwegenheit übergingen , in der
Abſicht zufammen,die weitere Zählung der Einwohr
ner mit Gewalt zu verhindern; die Tartarn hingegen
machten ifre Anfialten, unter einer verſtellten Flucht
fie unvermuthet anzufallen. Altein der Großfuͤrſt srat
ins Mittel, indem er die Tartarn aus der innere
Stadt, worin fidh die. Nowgoroder verſammelten,
und durch ihre Menge inander ſelbſt draͤngten,
folglich, wenn's zum Ausbruche der Thaͤtlichkeiten ge
kommen wäre, ein: großes Blutvergießen hätte er
folgen müſſen, wach. einer .freyern Gegend führte,
und, aachdem er. ſolchergeſtalt beyde gleich erbitterte
Theile von einander gefsndert , jebem fo viel zure⸗
Dete, daß er endlich die RNowgoroder dahin brachte,
Daß fie die Zählung und Schatzung dergeflalt zuga⸗
ben; daß behdes von ihren eigenen Obrigkeiten ohne
Die Tartarn geſchehen ſollte, die Zartarn hingegen durch
den Augenſchein der Gefahr, welche ihre Perſoner
‚es Swepter Abſchnitt. Geſchichte
‚ Siefen, wenn: fie hierin nicht nachgaͤben, zu ein »
ſtillſchweigenden Benchmigung diefes Begehrens der
Nowgotoder bewog. | _
Als aber nun die nomgorodifchen Bojaren die-
| fe6 Geſchaͤft zu bewerkſtelligen anfingen ; fo kam es
| ‚dem Volke vor, als wenn dieſe es nicht, aufrichtig
1261.
mit ihm meinten, und ſelbſt in der Abſicht die Sa⸗
che dahin geſpielt hätten, daß fie dieſes Seſchaͤft in
ihre Hände bekaͤmen, um die ganze Laſt auf dem
gemeinen: Mann zu werfen. Diefe Sefinnung be
nugte der Großfürft, ohne Widerfegligfeit der Now⸗
goroder dieſe ſchwere Angelegenheit gang nach dem
Berlangen der Tartarn auszuführen, indem-er uun
feld mit den tartarifchen Beamten durch alle Straßen
ber Stadt rist, und die Bufriedenpeis genoß, daf
die .NRomgoroder fowohl wider das: Ausfchreiben der
Häufer, ald wider die Schegung, fo wie fie jedem
‚von den Tartaru mit Benchmiguug des Sroßfürften
auferlegt ward, nichts einwandten. Ob ſchon der⸗
geſtalt diefes wichtige Befchäft der Kopffleuer in allen
‚unter. der Tartarifchen Herrſchaft ſtehenden ruffifgen
- Rändern ausgeführte ward; fo-machten fich doch bie
Baskaken, unter welchen fd wiele abgefallene Epri-
Sen befanden, durch ihre Erprefiungen und-Bemalb
... Shätigkeiten gar bald fo ſehr verhaßt, daß, als 1260
in. der Haupthorbe dem neuen Khan Kublai Die Em⸗
pörung feines Bruders Arigbbuga zu thun gab,
nad 126ı Rogaja, ein berühmter Heerführer
des Khans von. Kaptſchak, von demfelben abſiel,
und alle am ſchwarzen Meere gelegenen Läubder, über
welche er für ihn als Stalthalter regierte, ann als
ein unabhängiger Herr benupse, folglich feinem eher
meahligen Beherrſcher Die Wage halten konnte, eini⸗
ge ruſſiſche Fuͤrſten ihren Unterthauen den: Befehl
ertheilten, dieſe Blutgel und überhaupt alle Zartarı,
des ruffifchen Reiches. 23
Hof die ausgenommen, welge zur chriſtlichen Relie
„ sion: übertreten würden, zu tödien. Go wurden
Koflew, Wladimir, Susdal, Jaͤroalaw und Pere⸗
jadlaw und viele audere Staͤdte von dieſem Raub⸗
gefindel gaͤnzlich frey. Beſonders waren die Jaͤros⸗
lawer wider einen ehemahligen ruſſiſchen Moͤnch
Simon, welcher die chriſtliche Religion mit der Lehre
Mohameds verwechſelt hatte, ſe aufgebracht, daß
fie ihn in Stuͤcken hieben, und fo den Hunden zum
Fraße vorwarfen. Rach einer ſolchen That mußte es
dem Oroßfürften. und allen. ruſſiſchen Zürflen fehr
Sedenflih vorfommen, daß fie gleich darauf. einen
Befehl von Berkai emipfidgen, daß fie, und zwar
jeder 'mit einer vorgefchrichenen Zahl Kriegsnölfen
in der Horde erfheinen:follten, um deu Khan auf
feinen vorhabrnden Zeld;ägen zu begleiten. Alepan⸗
ber: war fo gluͤcklich, daß, ald er nach dieſem ergangen
uen Befehle zu Berkai reifte, nicht allein ihm kein
Leid geſchahe, ſondern er auch, wiewohl erſt nach
ziuenh: ſaſt jährigen Aufeathalie bewirkte, daß Berkai
bewilligte, daß Fein ruſſiſcher Fuͤrſt wider feinen
Willen angehalten werden follte, den Tartarn in
ihren Kriegen zu dienen: Bor feiner Reife nach der
Horde haste er, nach einem mit dem Könige Men⸗
dog von Bitihauen uud dem Fürſten Tropnat non
Samogitien geſchloſſenen Bunde, ſeinem Bruder
Jaroslaw, feinem Sohne Demetrius und dem Fuͤrſten
Towtamil aufgetragen, daß während der Zeit, als
ſeine Bandeszeaoſſen von andern Seiten in Liefland
einfielen, und fo die Macht der Deutfhen und Dünen
theilten, daß ken: Beinde geringerer Widerftand
geihan werden könute, Dörpt ansngreifen. Doch |
als Mendog 1263 in Biefland eintuͤckte, waren fie " 126%,
noch aicht da, und dieß erregte bey Mendogen Bere
dacht, als wenn fie gar wegbieiben würden, und
«
24 3Zwehter Abſchuitt. Geſchichte
folglich: der Feind iu; mit einer Starke, der er ſich
nicht gewachſen hielt, angreifen möchte. Ja dieſer
Beſorgniß trat er bald den Kückweg nach Licthauen
‚an, und' erfi nach feiner Entfernung aus Ziefland
Jangten die :Buffen vor Dörpt au. Diefes zog die
Ungelegenbeit der Ruffen wach fih, daß der Mefle
von Lieflaudb mis einem zahlreicheren Heere, als
wenn der Litchauifche König noch im Lande geweſer
wäre, sum Eutſatze des von ihaen belagerten Schloſſes
“ge Dit (die Stadt war mit ſtuͤrmender Hand
Bereits erobert werben) erſcheinen konnte, daffen
Unkuaft die Ruffen nice erwarten wollten. Da
Großfürk warb während feinem Verweilen in dr
Horde krank, und trat in dieſer Krankheit ben Wu
nach Haufe au. Aber als er zu Gorodez mplangie,
and wahrwahm-, daß das Ende feines‘ Lebens her⸗
annahe, Iteh et ſich inden Moͤuchsſtand aufnehmen,
‚und nahm von den Seinigen einen rührenden Ab
ſchied. Er ließ ſelbſt Die Niedrigſten vor fein Sterbe⸗
bette fordern, und ‚gab am 14. Ropenkır feinen
Sa auf.
Dieſer meitwärbige Mann wurde von ben
Ruffen fo verehrt, daf ihn ihreKirchr in: die Behl
ber Heiligen fegte. Were ber Große ließ ihm It
Ehren ein praͤchtiges Ktofler an der Rrwa erbauen,
und die greße Regenstinn Gutharina II. ſtiſtete naltt
feinem Rabınen einen Ritterorden. Nah Alcgander
Newskys Tode behielt Daniel den Rönigseitel, ob
er {don zur griechifchen Kirche wieder gerüdtchtit
& farb ungefäße im Jahre 1264.
Der Großfuͤrſt Wegauber ſcheint, ungeaihtet ſei⸗
| i. Ri wer großen Verdienſte um die Nawgoroder, von det:
wich > One felben. nie herzlich geliebt gewefen. gu ſeyn. Das
fo bald mitdeffen Tode die Forcht vor ihm aufldt"
æ, sıhlärten ke feinen Gohu-Demetrins, unter DM
x
7
[4
3° ‚068 ruflifchen Meiches, 5 Ber
ermande feiner Jugend, des Suͤrſtenthums ver
‚Kia, und ‚beriefen den Yrudız deperflorkenen Großr
fuͤrſten Jaͤroslow, Fuͤrſtas von Twer, der jest
deu, Guoßfuͤrſtenthron gm. Wiadimir eiauahm und
bieruͤber die Beſtaͤtigung ber Tartarn erhielt, an ſeine
Satella Joͤraslam verſtand ſich dazu, den, Nomgo⸗
radern eidlich· gu verfprachen, daß er alle Verlehon /
gen ihrer yon feinegs Vater boſchmorenen Gerechtſamen
abſtellen, außer der Stadt Nomgprod und ohne den
Poſadnik Barum ‚Rowgoroder. sichten, weder für ſich
noch die. Seinen ‚unter keinerley Borwande Linde
repen im-Nomgeradifchen begpeh, auf dem beusfheg
Hofe zu Rewgarod nicht anders als durch noregorxo⸗
diſche Buͤrger: handels, die. ihm zuſtehende Jagd
Sifcheren, Zoͤlle und alle anderen Gerechtſamen nicht
über die Vorſchrift der alten daruͤber geſchloſſenen
Verträge qusdehnen, und überhaupt alle newgereg
diſchen Zreyheiten und Gorechtſamen auftecht erhalten
wolle... Ws er feinen feperlichen Einzug gu Now⸗
gprod. bern hatte, befefligge er ðas Band zwie
ſchen ihm und diefen feinen Unserthanen noch. mehr
Dadurch, daß er fih mit der Tochter eines angefe⸗
bengn Nowanroders.nermählse. Weil, er aber nicht '
unmer zu Nomgorod ſich aufhalten Eonnte; fo frpte
er den Demerius, eben den, an deſſen Stelle ihn
die Newgaroder waͤhlten, als feinen Statzhaltet,
damit ex in feiner Abweſenheit der Wegierung vor⸗
ſtehe. Als Demetrius oder Dmitri zur digenen Rn
sierung über Jaͤroslaw gelangte, ſetten bie Roma,
goroder, den Zarje Anbrewitifh, einen Wrun
den des Großfünfien Alerander, on, beffien Steha,
Diefer Jurje oder Georg —* 1966 einen
Feldzug gegen Liefland, duech den das platte Laud
(darf mitgenommen, aber Beine Stadt erobert wur⸗
1 1266,
\
‘ .
bs, Zu dieſem Jahre Som ans Litthauen des Bär |
⁊
26 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Domant nach Pleskow. Denſelben gu verjagen,
richte Jaͤroslaw mit einem zahlreichen Heere gegen
Nowgorod, ließ ſich aber von den Nowgoroders
erbitten, daß er feine Truppen wieder zuruͤckſchickte.
Im Jahre 1268 thaten die Nowgoroder, auf-die
Auſtiftung des deutfchen -Ritterordens, ‚mit Huͤlfe
der Plesfower , die Domant anfühttes; rintı' Feld⸗
hug gegen. Roliman (Heval), in welchem am 28.
Februar unweit Rakamor (Wefenberg) Kine blutige
Schlacht zum Vortheile der Rufjen vorfiel. I
Jahre 2269 rückte ein’ Heer von dem deutſchen Rit⸗
erorden vor Pleskow. Als aber die Machridt einlief,
Jarorſaw⸗
II. Regie⸗
. zung.
daß der Zürft Jarje von: Nowgorod der Sladt jur
Hilfe im Anzuge ’fey; fo eilte alles Volk nah
Liefland zuruͤck. Eine große Unelnfgkeit uud Enpd-
zung der Ginwohner zu Rowgorod mötbigte ihn 1270
aus der - Städt zugehen. Darauf ſchickten die Row.
goroder Abgeorbnere an den Zürften Denitrin Alexau⸗
drowitſch nach Perejaslaw, mit der Bitte, er wolle
die Regierung Aber ſich nehmen, erhielten aber eine
abſchlaͤgige Antwort. Dr
Ms Jaroslaw IL. nach Nowgorod kam und
in einer Rede an die Vollsverſammlung das ſo
umſouſt verfprigte Bint fo vieler ihrer: Bürger, De
er mit dem Rahmen feitier Brüder beehrte, bemitlei⸗
dkte und erflärte, daß er nicht ambin koͤune, einist
ängefehene aowgorodiſche Bojaren wiegen der großen
Berfhutung; daß fie, die doch ſelbſt dadurch, daß
„Me aufs ſtaͤrkſte vorher auf den Krieg draugen, Un⸗
heber des vergoffnen: Bluſes fo vieler tapfern Mia
er ‚geworden‘, ann: ſich dem lobenswuͤrdigen Eiſer
der Wohlgefiunten widerſetzten, welche dieſes Blut
an den Feinden gu raͤchen begehrten, durch Einzie⸗
Bing Ihrer Güter gu befirafen. Allein alle Rowgo⸗
Kodes, ſo ſehr fie der Partehgeiſt. in audern Grades
..:de8 ruffifchen Reiches. u: 2
‚trennte, ſtimmten darin uͤberrin, daß man, in kei⸗
nem Kalle dem Fuͤrſten geflatten müfle, einige Büro :
ger zu verurtheilen. Dieſerwegen vereinigten fie fh
alle, dem Großkuͤrſten vorzuſtellen, daß er durch fein
gefaͤlltes Urtheil über: einige nowgorodiſche Bejaren
ihre von ihm thener beſchworeuen Gerechtſamen ver⸗
letze. ‚Allein der. Großfuͤrſt nahm eine ſalcheEriantruss
ſo uͤbel auf, daß er ſogleich die Stadt erzuͤrut ver⸗
ließ, und durch kein Bitten der Vuͤrgeeſchaft dem
gen werden fonnte, darin zu bleihen.
Als er ſchon bis Broniz gelommen war, r
er dem Borfrage des Erzbiſchofs und anderer Ge⸗
fandten , welche mau ihm nachſchickte, Gehör, und
ging mit denfelben nach Nowgorod zurüd, wa man.
ihm die Gefälligkeit erwies, anf feine Empfehlung
Katiborm zum Tyſaͤtzki zu wählen. Jetzt machte man
gemieiuſchaftlich die größten Anfalten gu Erneuerung
des Krieges wider die Liefldnder , und bald laugte
eim ſehr zahlreiches Heer nicht nur von großfürkit-
den Ruffen, ſondern auch von Tartarn, welche unter
den Beichlen des Broßbasfalen von XBledimie
Amrayan und deſſen Eidam Aidar fianden, im now⸗
gotodiſchen Sebicthe an. Als aber hierauf die Lieflän-
der unnerzbglich eine Geſaudtſchaft mis großen Ge⸗
ſchenken ſowohl für den Großfuͤrſt en als. den tartatin
ſchen Groß⸗Baskaken nah Rowgorod ſchickten, un
die Friedensvorſchlaͤge, die ihnen der Sroßfüͤrſt var⸗
legte , genehmigten ; fo ſchloß derſelbe mit den Deut⸗
fden den Frieden, und wollte die Gegenwart der
wladimirſchen und der tartarifchen Kriegsvoͤlker dazu
verwenden, bie Nowgoroder zu zwingen, ihm mehrere
Gewalt einzuräumen, : Allein die Nowgoroder wie
derſetzten ih fo männlich, dag er. bald nad Goro⸗
diſchtſche Nächten mußte, wohin ihm Ratibor und
andere ſeiner Anhänger folgten, und ſolchergeſtalt
23 Zwegpter Abſchnitt. Geſchichte
zwar ihr Leben retteten, welches der mit ihnen
gleichgeſinute Iwanko durch die Hände des aufge
brachten Volles verlor, aber Ihre Haͤuſer und Guͤter
der Ylünderung Öberlaffen mußten. Darauf ward
in einem dur Die Oeurmglode zuſamm enberufr⸗
nen großen Volksrathe der Schluß abgefaßt, dem
Broßfärfen ſchetftlich den Gehorſam aufzufüädigen.
Die eigenen Worte des Abſagebriefes lauten ſo: „Wat
um hof du, Bär, Unrtcht, und hältſt vice
Habichte und Bolten F Du Haft und den Wolchon
und audere Grwaͤſſer (worin fie Die Fiſcherey be
foßen) nebſt verſchiedenen andern Sefaͤllen genom-
men, und hält viele Yagdhımde. Du haſt dem
Aleyei Mortkin feinen ‚Hof uud von Ailits Hat:
weew, Roman Boldurew und Warfolomei Alexee⸗
witſch viel Silber genommen, die Deutfchen, we:
che bey und wohnten, von und getrieben, und dich
vieler andern Vergehungen fhuldig gemacht. Wir
koͤnuen deine Gewaltehärtgkeiten nicht Länger leiden;
sche: alfo mit. Gatem von uns; mir werden und
fibon einen Zärflen verfchaffen.” Nun half es dem
Sroßfürften nicht, daß er feinen Sohn Swaͤtoslaw
nnd feinen Tyſaͤgki Andreas Wratislawitſch om bie
Volksverſammlung ſickte, und durch feine Abge⸗
ordneten verfprechen ließ, ſich nis mehe am ihren
Rechten zu vergreifen, ind alles, was fe vorſchrei⸗ |
. Ben würden, zu beſchworen. .Denw er erhielt die
shangenefme Antwort, baß er, wenn de nicht bald
ans ihren Grengen weiche, mit Gewalt daraus ver⸗
trieben werben ſollte. Weil: er fih nun zu (mid
befand , ſich dieſer Drehung zu widerfegen ; fe ol“
er, doch mar in Ber: Abſicht, in fein Großfürſten⸗
thum zuruͤck, um von bore ein gahlteides „Die
Ruffen und Tartarn nach Nowgorod zu Führen, und
Dadurch von den Momgerodern die Uncerwuͤrſitkeit
des zuffifchen Neiches. a9
zu ergwingen. , Weil aber entweder der Großbas⸗
kaken Gewalt nicht fo mait: ging; ſich ohne Befehl
des Khans iu die innerlichen Unruhen des ruſſiſchen
Reichs zu miſchen, oder die tartarifche Kriegamacht,
welche nater ihnen fand, dem. Sroßfürften nicht
zahlreich genng ſchien, um noch ibrer Vereinigung
wit feinen Wladimirern fein Vorhaben wider Now⸗
gorod ousguführen ; fo ſendte er den geweſenen ip
fägfi von. Romgorod , Ratibor ; an den Khan. pan
Kaptſchal, weider feit 265 Mangu Almur, ſeines
Verfahren ;:Riarlai, jimgpree" Bruder war, wel
ber in der von eben dieſem feinem Vorfahtan au
der Welga erbaueten und. ſchon unser dem Ssifgen
fee sro: un welfreiih grwordenen Stadt ‚Sargi
die Wegierang Fährte, Diefer ‚Wotibor überrehete
den. Khaw;,:der Broßfürfl und. die Auhaͤnger desſel⸗
ben ſeyen bloß ‚darum von deu Nowgoroders vez⸗
trieben sgerden, weil fe den Tartarn getreu genen
wären,. und- auf die Cinteribung- der fchuldigen
Kopffieuer gedrungen bitten. Dadurch brachte es
Ratibor, beym Khau dahin, daß er einem anfehaliı
den: Heere Zamarn befahl, ‚anfzubrcchen, und ig pn
meinfhafßt mit dem Großfuͤrſten das empörteNnwgarob
zu vekriegen. Doch Fuͤrſt Waſlei von Koſtroma, Brua
der des Meoßfärften, begab fir mit einer nowgo⸗
wöifben Geſandtſchaft zum Khan, und dieſe fanden
mit ihrem Berichte, daß die Nowgoroder bloß wer
sen. der nom Großfuͤrſten in ihre Rechte gemachten
Eingriffe, und ohne daß fie je Daran gedacht, den
Zartarn etwas von ihren Schuldigkeiten zu entsichen,
dem Großfürfien ihren Gehorſam aufgefagt hätten,
fo, guten Glauben, dab die wider Nowgorod (dom -
im Anzuge begriffenen Tartarn Gegenbefehle erhielten,
und der Khan die Parteplofigkeit ia diefer Angsle
genpeit wählte, „Ob aber glei dean Großfürften dar -
30 Zwenter Ahfehnitt. Geſchichte
dutch eine große und feiner Meinung Nah ſchon ge -
wiſſe Verſtaͤrkung entzozen ward; ſo verſuchte er
doch, ob er auch ohne dieſelbe feine Sache avsrich⸗
ten konne, und rückte mit einem zahlrrichen Here
bis nahe vor. Romwgorsd. Doch er ford’ das ganze
Nowgorodiſche und veffen Bundesgenpffen, die ples⸗
koiber, Ladogaer, Karelier, Ingermanalander ja
fogar die zum Beyſtandre geforderten deutf@rn Hilfs
volter in Waffen, die: Stadt ſelbſt durch neur Werke
beſſer befeſtigt, mit einer Menge tapferer Vertheidi⸗
Ber’, Kriegsbedürfniſſen und Lebensmitteln reihlid
berſchen, und entſchloſſen, das Aeußeiſie: zu wagen
und auszuſtehen. Diefe ſtarken Gegenruͤſtungen verur⸗
fachten, daß er die Hoffunug, vom Yan Nomgord⸗
dern durch Krieg ſeine Wiederaufnahme yn ethalten,
gany-fahren ließ, und, am doch zu felaun:Bwrde
sh: gelaugen, den We ‚wählte, daß er den Now
gorodern wiſſen ließ, er berene alle Teimecbegangentn -
Fehler, wolle ale ihre Beſchwerden abſtellen, ſich
better betragen, und ihnen. dieſes Verſpteches dur
feinen Bid and die Buͤrgſchaft aller rufſtſchen Fuͤr⸗
ffen verſichern. Die Nowgoroder erwiederten, feine
Kriegsruſtung gegen fie habe ihren Haß gegen ihn
noch vermehret, nnd fie‘ faͤmmtlich wollten lieber wit
Ehren für ihre Stadt und riner für den andern ſter⸗
ben, als ſich ihm ‚ergeben. Noch bliub dem’ Groß⸗
faͤrſten ein Mittel uͤbrig, und dieſes fruchtele. ©
Bath nähmlih den Metropoliten in Kirw, als geiſt⸗
lchen Bater des gefammten ruſſiſchen Weges, Friede
sind Rühe zwiſchen ihm und feinen Kindern zu ſtiften.
Der Ketropolit gewaͤhrte des Großfuͤrſten Verlaugen,
und ſchrieb unter audern in dieſen Ansdruͤcken an
die Nowgoroder: Zuͤrchtet Bott, und ehret bie Fuͤt⸗
flen ;' fuͤhret Seinen ünnligen Krieg, und vergießet
ht vergeben But z dean ale Sünden mad Ber
®
des ruſſiſchen Reiches. 31
ſchuld augen follen auf Reue vergeben werden. Der
Sroßfuͤrſt that Unrecht gegen euch, aber ex. berenet
alles, Hittet Vergebung, und will ſich künftig
befier bevagen ns ih bin: Bürge für ihn, und
Bitte duch, ihn mit Ehre und Wuͤrde aufzunehmen.
Diefe: Green des Metropolisen, bie er zugleich
zit Jer Droßung verband, falls fie wider fein Ver⸗
muthen und Hoffen diefen feinen in Gottes orte.
gegründeten, Vorfielungen das Gehör verfagen foll-
Sen, die ihm von Gott anvertrauete Schluͤſſelgewalt
wider fie anzuwenden, und fie von der Gemeinſchaft
der Kirche auszuſchließen, veränderte die Gefinnung
Der Nomgoroder,. und bewog fie, den Antrag einer
andern Gefandtſchaft des Großfuͤrſten zu bewilligen,
und ihn wieder für ihren Fuͤrſten zu erkeunen. Doch
ging er nach einem kurzen Verweilen in Nowgorod
mit uebertragung der Statthalterſchaft an ſeinen
Anfäpfi Andreas Wratislawitſch nah Wladimir zu⸗
rück. Auqh bier bließ er nur eine kurze Zeit, weil
ein Befehl des Lzans ihn f feinen Bruder Wafilei,
Demetrius, ‚den Sohn des Großfuͤrſten Alerqu⸗
der, und Lerſchiedene andere Börfen zu demfelben
berief.
Diefer Großfuͤrſt fam von feiner Reife [7
ſchwach zuruͤck, daß er mit Hinterlaffung zweyer
Toͤchter und dreyer Söhne, Swaͤtoslaw, Andreas
und Michael , von melden der legte er nach dem
Tode feines Baters auf die Welt Tom, noch während
Der Reife 1271 verflarb, worauf er zu Twer, von
wvelcher Stadt er den Sepnabmen Twerski füßeet,
beerdigt ward, und im Fuͤrſtentbume Twer feinen
dlteflen. Sohn Smwärslaw, im Großkuͤrſtenthume
Wladimir hingegen feinen juͤngſten uud noch einzie
gen übrigen Bruder, Wafilei, zum Naqhfolger
bekam.
N
2
Waſileis
Zweyter Aſthnitt. Geſchichte
Die Nachfolge im Farfienthuiee Nowddro be⸗
Wrhete 'yaßete auf Der Wobt dei Rowgoroder. Daher be
de R
rung.
warb fi anßer dem: neuen Großfärftch'audg. der
Fuͤrſt Demetrius, veichet num za Wereiadhid'reglerte,
burch eine Seſandtfchaͤft Dderuit. - Für’ den Grdßfuͤr⸗
ſten ſprach das‘. neue Verdieuſt, wage’ ſtich der⸗
ſelbe durch bie bloß we: ihrem Beſten zum Khau uns
ternommene Reife: nd 'die hlͤckliche Berrtchtung
erworben hatte, daß er huen hierdurch did Befreyang
von dein feindlichen Ueberfalle eines tartariſchen Heered
I verſdaffte. Hingegen fchien ihnen’ eben diefe Viel⸗
Zuͤltigkeit des Großfuüͤrſten bey den Taͤrtarn in Ver⸗
bindung imit der eigenen großfuͤrſilichen Macdht für
ihre Frephelt gefährlih. Weil fie aber ſchwer baran
Bingen, einen ſo "mächtiger Werber durch öffenbäreh
| Abſchlagen feines Begehrens gu erzuͤrnen, ſo verſb⸗
derten ſie die Fuͤrſterwahl. Endlich erfidrtin’ fe
‚Kb doch für Demetrinz; welcher glucklich bey ihnen
anfangte, und der Behg diefes Zurſteuthums auttat,
obgleich der Großfärfl auf die erſtẽ Sachricht, daß
die Rowgoroder mit gintanſetzung ſeider Verſon
Demetrias erwaͤhlt haͤnrn; feinen Feldheren Gimeon
abfertigte, dieſen auf feinem Hinwege nach Nowge⸗
rod aufzufaugen. 'Dena er faßte nun’ den Lutſchlußz,
die Rowgoroder durch ‚Krieg. gu’ " zwingen‘, ihn
ren Fuͤrſten zu eikennen. Sein Belbpere Simeon
mußte in Diefer. abficht von einer GSeise ins Norge |
vobifhe riiden, "und alles‘, wohin er kam, verwuͤ⸗
eh; während Beh: Oroßfärft ſelbſt duf eiuer ander
‚Seite dof gleiche Art verfuhr ·
Nadbdem dieſer ſich det bey ſeiner Einnahme
faſt ganz abgebraniten Stadt Torſchok duch eine
gute Befagung olrfichtre hatte vergrößerte der Groß⸗
baskake mit tarenifden Völkern fein Heer, and mil
einem andern, welches gleichfalls ſowohl and Zartare
, als
bes ruffiichen Reiches, 38
als Anffen beſtand, fiel Fuͤrſt Swaͤtoslaw von
Zwer In eine andere Gegend bes Nowgorodiſchen.
Dieſe Feindſeligkeiten ſo vieler Heere verurſachten,
daß nicht nur der Ackerbau im Nowgorodiſchen ganz
aufboͤrte, ſondern auch der Handel in Verfall und
ſogar die Stadt in Gefahr einer Hungersnoth ger
rind Demetrius, der nach feiner Gemüthsart den
Krieg nicht lichte, gab durch Aufbiethung aller wehr-
haften. Mannfhaft im Nomgorodifchen zwar den
Anfchein von fih, als wenn er fib aufs Aeußerſte
wider die Berfuche des Sroßfürften,, ihm Nowgo⸗
zod zu entreißen, in deffen Befise zu behaupten ge»
denfe. Seine.wahre Meinung aber ging dahin, wo⸗
fern er durch diefe Kriegsanflalten den Großfürften
nicht bewegen follte, vom Kriege abzuſtehen, demfels
ben Rowgorod. nicht länger zu beſtreiten. Mit einer
folgen Eutſchließung wurde dem Großfürften durch
eine Geſandtſchaft vorgetragen, derfelbe moͤchte fein
nem Anfprude auf Nomgorod eutſagen, und nad
Rüdgabe aller den Nowgorodern it diefer feiner un«
rehtmäßigen Krlegsunternehmung entzogenen Beute
und Meufihen ſich in fein Land begeben. Als nun
der Großfürft zwar diefen Geſandten mit allen er⸗
finnlichen Sreundfchoftsbezeigungen begeguete, aber
auf ihr Anbringen den Beſcheid ertheilte, daß. er
den Rewgorodern alles, - was fie verlangten, gern
bewilligen wolle, wenn fie nur guförderft ihu zum
Zürften angenommen haben würden; fo aͤnderten die
Nowgoroder ihre bisherigen Gedanken, und eine ſtarke
Partep erklaͤrte fih , denfelben zum Fürften anzu»
nehmen. Ws Demetrius diefes hoͤrte, that er nicht
das Mindefte weiter, (ich dem Beſihe von Nomgo-
rod zu erhalten, fondern entfagte demfelden, und
sing nah Perejaslaw zurüd ; und da folchergeflals
das einzige Hinderniß aufhörte, weine uoch dem
Geſch. Rußl. 2. Band,
1275.
34 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Großfuͤrſten die Erlangung von Romgsrod erſchwe⸗
ren möchte, fo erfolgte, dab man denſelben einmuͤ⸗
thig zum Fürſten von Nomgorod.erwäßlte, und, als
er nun perfönlih nad NRomgorod Fam, daſelbſt mit
allen Zeichen der größten Freude empfing. Im erflen
Jahre feiner Regierung, naͤhmlich 1272, thaten die
liefländifhen Ritter erſt Durch einen fireifenden Haus
fen von 300 Mann einen Einfall ind Pleskowiſche,
und, nachdem die Pleskower diefe Streifpartey
mit Verluft zurücdgetrieben hatten, mit einem gan»
zen Heere unter eigener Anführung des Meifters von
Liefiand theild zu Lande theild zu Waſſer einen An
griff auf die Stadt Pleskow. Die gefuchte Hülfe
von Nowgorod Iangte nicht fo bald an, als die Ples⸗
kower wünfchten und ihrer bedurften. Doc Domant
wagte, auch ohne fie dem überlegenen Feinde ins
Feld entgegen zu. rüden, und deufelben anzugreifen,
führte auch fein Borbaben mit fo gutem Erfolge
aus, daß er deu Meifter verwundete, fein Heer aber
in die Zucht trieb, big ins lieflaͤndiſche Gebieth
verfolgte, und aus demfelben nach angerichteten
Verwüſtungen unbefhddigt Plestom wieder er⸗
reichte.
Diefer Großfuͤrſt genoß die großfuͤrſliche
Hoheit nur kurze Zeit, imdem er im zoſten Jahre
ſeines Lebens dasſelbe auf eben die Art, wie ſeine
zwey Vorfahren, endigte. Denn im Jahre 1275 berief
der Khan ihn nebſt andern ruſſiſchen Fuͤrſten zu ſich
wobey die Begleitung zu einem Heerzuge wider die
Pohlen zur einzigen Urſache angegeben. ward, aber
wohl nur eine Nebenabfiht war, unter welcher be
Khan die Hauptfache verbarg, Er wollte naͤhmlich
eine neue Zählung der Menfchen in Rußland und die
Erhöhung der Kopfftener vornehmen, und hielt für
rathſam, daß diefes in Abm efenpeit der Zurſten um
des ruffifchen Reiches. - 35
eines Anfehnlichen Theiles der Kriegsmannichaft ge⸗
ſchaͤhe, damit es dem Volke bey. voshabender Wider.
feplichleit gegen die Vermehrung feiner Laſt fo wohl an
Häuptern als binlänglichen Kriegsboͤlkern gebräce,
und ungleich die Gegenwart der Zürften und fo vie⸗
ler eigener naher Auverwandten bey den Tartarıı
das Volk abhielte, etwas zu thun, mas das Keben
dieſer ihrer Tieben Unterpfäuder der Erditterusg der
Zartarn ausſetzte. Ju der That ging diefe Erhoͤ⸗
bung der Kopffieuer ohne die mindelle Bewegung
vor fih, und der Großfuͤrſt ward im Jahre 1276 2276.
nah einem jährigen Aufenthalte nah Haufe entlafe
fen, verfiarb aber bald darauf gu Koſtroma.
Dimitri Alexandrowitſchkam nach dem Dimitri.
Zode des Großfürfien Wafilei in der großfürft- Pe
lichen Würde wieder nach Nowgorod, und shat ei. Großfürft s
nen Feldzug gegen Karelien, durch den das Be enrung. |
Land verheeret wurde. Da die großfuͤrſtliche Eerb⸗ befleht in eis
folge gu Wladimir auf ihn fiel, fo fonnte er ſich nem unaufs .
nicht immer in Nowgorod aufhalten, fondern ver⸗ —
lebte die meiſte Zeit zu VPerejaslaw. Im Jahre feinen Bru⸗
1280 bauete er die Stadt Koporie von Steinen. Im der Bahr,
Sahre 1251 fam er, weil ihn fein Bruder Andrei Lab.
vertrieb, mit einem Heere nach Nowgorod, verheer⸗
te das flache Land, machte Frieden und zog zurück.
Andrei, der im Jahre 1232 Fürſt von Now⸗
gorod wurde, vertrieb feinen Bruder, unfera Dimi- 1sge,
tik, don der großfürftlichen Kegterung uͤber Wladie
“ mir. Da die beyben Brüder in einem fieten Kanıpfe
lebten; fo mußte Nomgorod bald bes Einen bald
des Andern Oberberrfchaft erkennen. |
Dimitri fam Im Jahre 1284, nabdem er „ng,
mit feinem Bruder Frieden gemacht haste, wieder
jur Regierung von Nowgorod. Ein Jahr darauf
fuͤhrte Andrei einen tartariſchen Fuͤrſten dahin, wel⸗
C a
36 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
cher die Stadt dem Khane unterwerfen wollte, Bey⸗
de wurden von Dimitri und feinen Bundesgenofen
iu die Flucht gejagt.
Dimitri ſtarb zu Wolok Lamskoi im Jahre
1294. 1294, nachdem er erleben mußte, dag man ihm
die Regierung von Wladimir und Nowgorod entriß.
Des Groß Da die Habſucht und andere fihlechte Eigen.
— An- ſchaften. des neuen Sroßfürken Andreas I. ſchon
gierung: unter der Regierung feines Bruders uͤberfluͤſſig of⸗
fenbaret waren; fo ſchloſſen verfchiedene Fuͤrſten eis
j nen Bund, fih deſſen, gegen welchen derfelbe et»
was Widerrechtliches unternehmen möchte, mit ver
einten Kräften anzunehmen. Er brachte über diefen
Bund bey dem Ehane, zu dem er gleich nach Antritt
. feiner Regierung mit feiner jungen Gemahlinn reif’te,
die Befhwerde an, indem er ihn als eine ſtrafbare
Widerſpenſtigkeit gegen die ihm auvertrauete Ge
walt darſtellte. Tochtagu that ihm den Gefallen,
daß er dieſe Angelegenheit ſo beurtheilte, als der
Großfürſt ihm ſolche vorſtellte, und fandte mit dem⸗
ſelben einen feiner-Öroßen, Aler Newruja,
nah Rußland, mit dem Beichle, die ruſſiſchen Fuͤr⸗
fien zur Erfüllung ihrer Pflicht gegen den ihnen som
Khan vorgefegten Großfuͤrſten anzupalten. . Bor dem
Richterſtuhle dieſes tartariſchen Geſandten ſtellten
ſich der Fuͤrſt Michael von Twer, Fuͤrſt Daniel von
Moskau. und die Bürger von Verejädlam , deren
Fuͤrſt fih bey der Horde aufhielt. Als fie aber,
fiatt daB fie, wie der Großfuͤrſt umd der tartariſche
Geſandte hoffen, ihr bisheriges Betragen gegen den
Großfuͤrſten entſchuldigt und fi zu aller Unter
., mwäürfigfeit gegen fein rechtmaͤßiges Anfehen erbothen
haben ſollten, Gegenbeſchuldigungen wider den Groß⸗
fürften vortrugen, und der Großfuͤrſt darauf im
Vertrauen auf den Schuß des tartarifchen. Geſand⸗
des ruſſiſchen geiches. 197
ten in einem fehr hohes Zone mit ihnen ſprach; fo
flieg ihr Unwille zu einer Tolden Höhe, daB fie, oh⸗
ne die übel Folgen zu berechnen „ fogar in Wladi⸗
mir, dem Sitze des Großfürften, ſich ſelbſt durch
die Waffen Recht zu verfchaffen ſuchten. Doc der
Biſchof Simeon von Wladimir brachte es durch ſein
Zureden und das Auſehen feiner kirchlichen Wärde
bey beyden Theilen dahin, daß fie ihre Streitigkei⸗
ten durch einen Vertrag beylegten, und ſolchen
durch einen beyderſeitigen Eid bekraͤftigten. An⸗
dreas hielt dieſen Bertrag nicht. Denn unter dem
Vorwande, daß der Fürſt von Perejaslaw denſciben |
nicht befchworen habe, ſchloß er ihn vom Vertrage
ans, und ruͤckte unverzüglich gegen fein Fuͤrſten⸗
ihum an. Allein die Zürften von Twer und Moss
kan ſtellten ſich ihm anf dem Wege mit einem fo.
ſtarken Heere entgegen, daß fie ihm Die Erneuerung
des Vertrages abnoͤthigten. Den Rewgorodtrn hat⸗
te er feinen Sohn Boris zum Fürften gegeben, un»
ser welchem fie einen beflähdigen Fleinen- Arieg mit
ifren Grenznachbarn, den Liefländern und Schwer
ben, führten. Im Kriege mit den leyten aber fied
len auch mandes Mahl wichtige Dinge vor. Nach den
zuffifchen Berichten entfland dieſer Krieg mis dem.
Schweden daher ‚. weil diefelben in. diefer Ben
gend die Ruffen, um ihnen ein Städ. Land abzus
gewinnen, anfielen., Allein. der aͤlteſte Seſchicht⸗
fhreiber Erih Dlaffon macht dagegen den Muf«
ſen, und Kareliern den Bormurf, daß fie während
der Beit, da eine große Hungersnorh ihr Reich
plagte, und eine Peſt dasſelbe entvoͤlkerte, wicht nur
die ihnen zunddfl Hegenden Linder‘, Finnlaud
und Tawaſthland, ſondern auch Die tiefer im ſchwedi⸗
ſchen Gebiethe liegenden Gegenden durch immerwaͤh⸗
rende Streifereyen geplagt haben. Die Grauſam⸗
\
38 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
keit dee Karelier erſtreckte ſich fo weit, daß fie-die
‚Leute, weiche in ihre Hände. fielen, lebendig zu (din.
den, auszuweiden und durch andere Martern zu To»
‚de zu qudien pflegten. Doch erteilte König Bir
ger von Schweden unter dem Alten März im
‚Sabre 12095 auf Fürbitte des römifchen Königs
ber deutſchen Hanfe, die ein beſtaͤndiges Comtoir
zu Nowgorod hielt, die Handelsfrepheit während
des Krieges, wenn fie. nur den Nowgorodern feine
WBoffen, Fein Eifen und feinen Stahl zuführten,
Diefer Krieg endigte ih im Jahre 1301 damit,
daß die Schweden wieder in die Grenze, die fie
während des Krieges dur Eroberungen erweiterten,
eingefchränft wurden, Die Nowgoroder aber ergrif⸗
fen, ums fih wider ähnliche Vorfälle mit eben die
fem Feinde beffer gu verwahren, die Maßregeln, daß
fie nah glüdticher Beendigung dieſes Krieges ihre
Stadt mit einer Keinernen Mauer umgaben, und au
den König Erich VI. von Dänemark eine Ge
ſandtſchaft zur Errichtung einer Allianz fandten. Als
der Großfürft, der im legten: Feldzuge felbft mit
feinen Kricgsvölkern nach Nowgorod Fam, diefelben
mit der nowgorodiſchen Kriegesmacht vereinigt hatte,
vor Landskron ging, und nachdem er diefe neue
ſchwediſche Feſtung einnahm, in fein Land zurͤd⸗
kam; fo wurde eine neue Zufammenkunft der Zürs
fen zu Dimitrem. gehalten. Bald darauf flarb der
Fuͤrſt von Perejaslam, und befchied nebft feiner gan⸗
zen übrigen DBerlaffenfchaft fein Land dem Fuͤrſten
von Wosfau, der, obgleich der Broßfärk bereits
durch feine. Beamten den Befis davon ergriffen hatte,
bey feiner Ankunft durch die Bephülfe der Perejasla⸗
iver fich deöfelben ohne Mühe verficherte, und aufs
neue mit dem Fürften von Twer dahin vereinigte,
| fs einander gegen den Sropfüren, wenn fie auf
/
des ruſſiſchen Reiches. 39
die Tartarn zu Huͤlfe aurufen, oder gar dieſe fich
für den Großfürflen erklaͤren ſollten, zu vertheidi⸗
gen. Dieſes Buͤndniß verſtaͤrkte der nachmahlige
Veptritt der Nowgoroder. Der Großfürſt that
jetzt eine Reife nach Kaptſchak, wo er fid ein gang
zes Jahr aufhielt. Er Fam aber im Jahre 1304 fo Ä
krauf zurück, daß er auf der Rüuͤckreiſe nah Goro
dez mit Hinterkaſſung eines einzigen Sohnrs Wie
chael fein Leben beſchloß. Doch vergaß er nicht,
Fur; vor feinem Zode fi die Moͤnchskleidung anle⸗
gen zu laſſen, indem er in den feften Gedanken
Gand, daB ihn dieſe Handlung von allen feinen ſchwue
zen Verbrechen reinigen, und die 2pür zur Selig.
keit unfehlbar öffnen würde,
Da NAndreens einziger noch üdriger Bruder Michael,
Danidl, Fürf: von Moskau und Perejaslaw, noch Furt ieh
vor demfelben, nähmlich im Jahre 1303 aus der Sroßfärft,
Welt gegangen war; fo Tchien nach der bisher ben muß aber
der ˖ Nadfolge im Großfürſtenthume beobachteten en den
Drdiung dasfelbe dem Fuüͤrſten von Ewer Michael Zürſten
zu gebühren, dem es auch feine vorzuͤgliche Macht Georg von
Moskau ims
unter den ruſſiſchen Zärften, feine Verdienſte, die alle ner auffeis *
gemeine Buneigung des Volkes und die Stimme ner Huth
der wladimirfhen Bojaren , die gleich nach dem Ad, ſeyn.
ſterben Andreens nah Twer gingen, Mihaeln
‚als. ihrem nummehrigen Herrn die Anfwartung zu
machen, und demfelben in Beforgung der großfuͤrſt⸗
lichen Regierungsgefchäfte gi dienen, zueigneten. Doch
befiritt Georg, Daniels aͤlteſter Sohn und Nadia
folger unter dem Nahmen fein Recht, dag ihm die
Regierung aus dem Grumde yufomme, weil erig
das Recht und die Stelle feines Baters getreten
fey, und diefer ohne Zweifel Michaeln in Erlans
gung des Großfürſteuthums vorgegangen feyn wür-
de. Weil aber weder Diefer Rechtsgrund Georgs
>
4
‚350.
0 Bwepter Abfehnitt. Gefchichte.
geachtet ward, noch deſſen Macht hiarcichte, Ni
‚doeclu das Großfürſtenthum zu entreißen ; fo er:
griff Georg das einzige ihm übrige Mittel feinen
Zweck zu erreichen, indem er Müch ageln vortıug,
ihren beyderfeitigen Auſpruch auf das Großfürſten⸗
thum durch ihren Oberbrrru,, den Khan, entſchelden
zu loffen. Allein auch dieß Mittel ſchlug ihm -fehl,
Deun obwohl Michael die Annahme dieſes Vor⸗
fhlages feines Gegners nicht ablehnen durfte, und
fi folglich nebſt demfelben vor dem Khan ſtellen
mußte, fo ertheilte doch diefer im Jahre 1305 Mi⸗
haeceln feine Belästigung, Während dieſer Abwe⸗
fenbeit bepder Zürfien machten die Leute Georgs
einen Verſuch, fih der Stadt Wladimir, Michaels
Leute hingegen einen, fh der Stadt Twer zu bes
mädtigen ; aber beyde Berfuche liefen fruchtlos ab.
Ob wohl nun Michael, als er nad einer ad:
monathlichen Abmwefenheit wieder nad Rußlaud Fam,
wicht nur den Beſitz des Großfürſtenthums erarif,
fondern aub non den Nowgorodern, melde den
Statthalter , den ex ihnen vor feiner Reife zum Khan
gufandte, nicht annahmen, als ihr Für erkannt
ward; ſo konute fih Doch der ehrfüchtige. Georg
wicht dazu entfchließen, durch. Anerkennung feines
Rechtes Ich mit ihm auszufähnen, und folglich dauer
se der Krieg zwifchen ihnen, Doch ohne erhebliche Vor⸗
fälle, fort, Während desſelben zwang Georg durd die
‚Härte, womit er ſeinen leiblihen Brüdern begegne«
se, ob fie gleich bey feinem Aufenthalte bey, dem Kha⸗
ne feine Angelegenheiten nah befier Möglichkeit be
ſorgt hatten, diefelben , daß fie auf einige Zeit ihre
Zuflucht wach Twer nehmen, und. bey einem in of⸗
fenbarem Kriege mit ihrem Bruder ſtehenden Zeinde
wider denfelben Schug fuchen mußten. Obſchon der
13 jeptregierende Khan im Jahre 1313 verſtarb; fo
N
+
pre
x
des rufen. Heiches. El,
begeigte doch Usher, der ald ein dregehujäßriger
Prinz das Reich feined Waters erbte, oder die Re⸗
sierung, die wegen der Minderjdhrigkeit ihres Herrn
den Geſchaͤften vorſtand, fih gegen Michael: chen
fo geneigt und Georgs Abſichten eben ſo zuwider.
Der Letztere dachte von der Abweſenheit des Groß⸗
‚fürften, als derfelbe nad der Horde gegangen war,
fi der Gewogenheit der neuen - Regierung durch
feine Aufwartung, minMide Untersehungen und
mitgedrachte Geſchenke gu verſichern, Nugen zu zie⸗
ben. Die Rowgoroder naͤhmlich lebten unter dem
Säuge des Großfüͤrſten einige Jahre glücklich und
zufrieden. Im Jahre 1311 unternahmen fie gar un⸗
te Anfhhrung des Fürflen Demetrins Romanowitſch,
der vermuthlich als Michaeks Statthalter die Res
sierung bey ihnen verwaltete, mit: vielen kleinen
Fahrzeugen eine Landung in das Gebieth der Deuts
fhen in 2iefland. Dean fieliefen nach Unsfegelung
des dänifiben Efihlandes zuförderfi in den Haudels
fiuß. ein, den man für die Aa hält, an deſſen Uferr
fie alle Wohnungen: verwäüßleten, und die Einwohner
theils winbrachten,, theils gefangen nahmen, Weil
fich die Liefläuder dieſes Einfalles nicht verfohen, fo
hielten fie um Frieden an. Wein bie Ruffen woll⸗
ten fib diefer günftigen Gelegenheit weiter bedienen;
und befuchten ferner die Gegenden an den Fluͤffrn
Pernan und Kegala auf gleiche Weile, Als ſie aber
vernahmen, daß der Ritter Conrad Bundermark mie
‚ Kriegsvöltern wider fie augiehe; ſo rasen fie mit gue. -
ter Beute, die fie mit fehr geringem Verluſte er⸗
Fauft hatten, den Rüdweg au. Allein da fi im
Jahre 1313 eine Hungersunoth dußerte, ſchrieben fie
Diefelbe der übeln Regierung ihres jegigen Fuͤrſten
u, nad ernannten dieferwegen nebſt Vertreibung fein
ner Beamten den Zürften von Moskau, der nach
/ Ä J
—
1314
42 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
aller Wahrſcheinlichkeit ben dieſem Aufſtande Die
Hand im Spiele hatte, an feine Stelle. Georg
fandte ihnen fogleich den Fuͤrſten Fedor von Rſchew
mit einigen Kriegsvoͤllern, verlangte aber ,. daß fie
vor feiner Ankunft die Aufrichtigkeit ihrer jetzigen Ge⸗
finnung durch eine Zeindfeligfeit gegen das Gebieth
des Großfürflen darthun möchten. Sie nuternah⸗
men darauf einen Feldzug gegen Twer. Aber Des
‚ metrius, ein Sohn des Großfürften, hielt fie ſechs
Wochen an der Wolga auf, wo fie die Heranna⸗
bung des Winters und eine Empörung der Kar
Her umzukehren noͤthigte. Ahr neuer Zuͤrſt Georg
ſtellte fi, nach Erfuͤllung dieſer ihnen vorgeſchriebe⸗
nen. Bedingung im Jahre 1314 bey ihnen din,
Der Großfuͤrſt erlangte in feiner Angelegenheit
_ wider Georgen und bie Nowgoroder won Khaue,
daß derfelbe Georgen vor ſich lud, uund dem Groß⸗
fuͤrſten bey feiner Abreiſe tartariſche Kriegsvoͤlker zur
‚ VBefteafung der abtruͤnnigen Nowgoroder mitgab.
Mies ael zog hierauf: mis feiner durch dieſe Tarta⸗
ren verfärkten Kriegesmacht auf Torſchok zu, mo
Fuͤrſt Aſonaßi oder Athanaſias, ein Bruder Georgs,
und Fürſt Fedor von Rſchew zwar mit Moslauern
. and Nomgorodern ſich ihm in den Weg ſtellten, aber
nach einem hipigen Zreffen eine völige Niederlage
mpfingen., die fie zwang, ſich mach Torfihof ga were
fen. Darauf unternafm der Sieger die Belagerung
von Torſchok, und da er den Kern der ganzen now»
gorodifchen Bürgerfchaft in diefew Stadt eingeſperrt
hielt, legte er diefer Manuſchaft bey Der Unterhand⸗
- lung über die Vebergabe von: Torſchok und ihren Ab»
zug nach Romgorod dis Forderung vor, daß dabey
zugleich der völlige Friedens » und Unstermärfigfeits
vertrag der Stadt Nowgorod abgefchloffen werden
muͤſſe, und ſchrieb als Sieger und ‚als ein durch
—
|
des ruſſiſchen Reichs. "23
Aufruhr feiner Unterfhanen belefigter Hear den Now⸗
gorodern fehr unangenehme Gefebe vor, deren An-
nahme fie doch wegen der Größe ihrer jetzigen Bes
Drängnig nicht verweigern durften. Die ‚größte
Schwierigkeit war, daß der Großfürfi durchaus af
der Ueberlieferung ‘der bryden Zürften Afonaßi und
Fedor befand. Doch verglich man ſich zuletzt der⸗
geſtalt, daß die Zürften zwar ih die Hände des
Großfuͤrſten kommen, aber nebft den :&deln Notv:
gorods, die fih gleichem Sıhidfale unterwerfen
mußten, bey erfolgter Vollſtreckung des Friedens—
vertrages von den Nomwgprodern gegen ein Löfegelb
von 5000 Griwen Silber‘ ihre Frekyheit erhälten
ſollten. Rach vieler Uebergabe wird vom. Groß⸗
fürften Torſchok geſchleift, ‘von den Nowgorodern
hingegen der ihnen von demfelben zugeſandte Statt:
halter Michael Kleinentjewirfh angenommen ‚ und
der von den in Torſchok eingefchloffen geweſe⸗
nen Ihrigen geſchloſſene Friedensvertrag geneh⸗
migt, und von ihrer Seite ausgeführt. "Da
hiervon die Befreyung der Gefangenen abhing, die
der Großfärft nach Twer gefande hatte; fo wurden,
gleih nachher biefelben ihres Berhafts entledigt.
Die Nomwgoroder aber hegten nicht den Gedanken
ein ſo hartes Joch, als ihnen nach ihrer Meinung
der Großfuͤrſt auferlegte, lange zu tragen, fondern
ſchickten heimlich Geſandten nad) der Horde, um fich
von dors Hülfe zu verfhaffen. Doc‘ dieſe Abge⸗
ordueten fielen ausgeſtellten Kundſchaftern des Groß⸗
fırften in die Hände, und wurden nach Twer ge
führt. Unter diefen Umftänden bliebes für die Rom»
goroder ein erträglicheres Uebel , einen neuen Krieg
wider den maͤchtigeren Großfürften zu wagen, ale
fih entwoffnet dem Willen eines nach fo frifcher
Ausföhnung aufs neue durch ihren Meineid zum ges
x
44 Bwepter Abſchnitt. Geſchichte
‚rechten Borne gereigten Herra zu übergeben, Gie
‚trieben daher feinen Statthalter von fih , und ruͤd⸗
ten unter Anführung des Fürſten Afonaßi ihm ent»
genen. Ben dieſem Treffen erfocht der Großfuͤrſt
abermahls einen vollkommenen Sieg, welchen er aber
mit Verluſt fo vielee Maugſchaft erfaufte, daß er ihn
nicht benugen kounte, fondern fein Leer nah Twer
zurüͤckführen mußte. Hu Anfang.des folgenden Jah⸗
res 1315 nahm er wieder mit einer fo großen Macht
‚einen. Kriegszug wider dieß abgefallene. Fuͤrſtenthum
vor, daß die Nowgoroder fein anderes Rettung
mittel auszufinnen wußten, als eine feperliche Ueber⸗
gabe ihrer Stadt in den Schutz der Mutter Gottes,
deren, wunderthätige Beſchirmung fie ſchon in vielen.
äbnlidien Norden erfahren zu baden. glaubsen. Als.
es ſich darauf ereignete, daß der Broßfürft, ohne et⸗
was wider fie vorzunehmen, wider nad, Zwer ging;
fo hieß diefes bey ihnen ein neues von de Mutter
Gottes zu ihrem Beſien gewirktes Wunder, ob wohl
audere in den Gedanken fanden, daß der Mangıl,
den dab Heer des Großfürken auf feinem Zuge
durch Wälder nnd gang verheerte Gegenden lit,
und die zu wichtigen Kriegs internehmungen unbe»
quame Jahrszeit des fpäten Herbſtes hinlaͤngliche
Beweggruͤnde waren, die Bezwingung dieſer uaru⸗
higen Unterthanen auf eine ihm günfligere Zeit iu
verfparen, Die Nowgoroder kamen feinen neuen
Thaͤtlichkeiten dadurch zuyor , daB fie gleich nach die.
ſem fruchtlos abgslaufenen Zeldzuge des Großfuͤr⸗
‚fen ipren Erzbiſchof und andere Geſandten nad
Twer ſchickten, und ſich mittelſt derſelben zu allen
Friedensvorſchriften des Broßfürfien verſtanden, wor⸗
"unter auch dieſe war, daß fie ihre. Gefangenen mit
23000 filberaen Rubeln (melde Münze hier zuerſt
vorkoumt) ausloſen wollten⸗ Unter dieſen fuͤr den
[4
des ruffifchen Heide. 4
Sroßfürften glädlihen Begebenbeiten in Rußland
zog fich beym Hofe des Khaus ein ſchreckliches Un⸗
gewitter uͤber ihn zuſammen. Denn Georg, welcher
ſo wohl den Willen als die Hoffnung ihn zu ſtuͤrzen
beſtaͤndig behielt, wußte es waͤhrend feines zweyjaͤh⸗
rigen Aufenthaltes beym Khan dayin zu bringen, daß
er mit defien Genehmigung feine Schweſter heira⸗
thete, die dep ihrer Annahme der hrifllichen Reli
gion in der Tänfe den Nahmen Agafta empfing, :
und in Unfehung diefer Heirath die Ernennung zur
groß fuͤrſtlichen Würde erlangte, welcher den gebüh- .
. sender Nachdruck zu verleihen, ihn fein Schwager
barch ein. tartarifhed Heer, Ddeffen Befehlshaber
Kamgadi und Aftrabal er zugleich zu feinen Geſand⸗
ten erklärte, in fein Vaterland begleiten ließ, Doc
sv
Michael entſchloß fich, zur Erhaltung feiner Würs
de das Weußerfie zu thun, umd Georg erfuhr bey :
feiner Ankunft zu Koſtroma, daß Michael fub
durch die Kriegsvölker verfhiedener ruffifcher *
ſten verſtaͤrkt habe, und den feſten Vorſatz hege, fh
mit gewaffneter Hand im Beſitze des Groß fuͤrſteu⸗
thums wiher Georgen zu behaupten, Weil fi nun
Georg zu ſchwach erkannte, ihm die Stirn zu bier
then; fo ſchickte er Michaeln, der zum Kriege ge
ruͤſtet gegenihn anrüdte, Gefandten entgegen, durch
welche er, um deu ihm. jegt nothwendigen Frieden
zu erlangen , der großfärftlihen Würde entfagte.
Gleich nachher aber errichtete er mit dem Zürften
Michael von Gorodez und Susdal, dem Sohne des
Sroßfürften Aadreas II. und den Rowgotodern
ein Buͤndniß wider diefen Feind, um deffen Aus⸗
föhnung er .fich ſelbſt beworben Batte, und machte
mis ihnen folgenden Entwurf zum befchloffenen Krie⸗
ge, daß die Gusdaler nah Koſtroma und die Now⸗
gosoder aach Torſchok gingen, Georg felbft aber über
*= 1317.
%
10. Zwepter Abſchnitt. Geſchichte
Roſtow, Perejaslaw, Dimitrew amd Klin, wo er
ſein Heer noch mehr vergrößerte, ‚und gegen das tweri⸗
ſche Fuͤrſtenthum anrüdte. Hier zog er acht Werſte
vor Twer, ſeine ganze Maͤcht zuſammen, und ver⸗
heerte das Land des Großfuͤrſten; getrauete ſich aber
nis, die Stadt, wer, in welcher ih Michael
aufhielt „anzugreifen, fondern begnuͤgte ſich damit,
zu verſuchen, ob. Michael durch die. Venpeerungen,
welche dieß demſelben überlegene Krirgsheer im deſ⸗
ſen ganzem Gebierh gurichtete , und durch tartariſche
Geſandten vermocht werden Fönnte, ihın das Groß⸗
fuͤnſtenthum abzutreten. Als er auf dieſe Weiſe
fruchtlos fünf Wochen vor Twer zubrachte; fo brach
ex..von dort auf, und ging an der Wolga zuruͤck.
Auf diefem Wege erſchien ihm am 22ſten December
in Jahre 1317 unvermuthet 40 Werſte von Zwer
ein großfürflliches Heer, und griff ihn fo heftig an,
dag er nad langer verzweifelter -Gegenmehr das
Feld räumen, ſelbſt nah Nowgorod fluͤchten, und
einen großen Theil feines Heeres nebſt feiner Ges
mlahlinn der Willkuͤr des Siegers überlaffen mußte:
Kawgadi zog ih, wie ih der ' Sieg: für feinen
Heind erllärte, mit den tantarifchen Kriegsvoͤlkern
in feine Wagenburg; am folgenden Morgen aber
ließ er den Großfuͤrſten durch einige feiner: Leute
um Gnade und Frieden bitten. Auf dieſe Friedens⸗
bothſchaft that der Großfuͤrſt unverzuͤglich allen fer⸗
neren Feindſeligkeiten gegen. die Tartaren Einhalt,
und empfing den zu, ihm, kammenden Kawgadi mit
aller Höflichkeit und Ehrerbiethung, der von feiner
Seite erflärte: .er habe feinen Befehl vom ‚Khan ger
dabt, wider deu Großfürſten zu reiten, und werde
feine Vergehung, wenn fie ihm non. feinem: Herrn
vergeben würde, durch alle in feinen Kräften ſtehen⸗
Ben Dienficifungen gegen eigen ſo gropuuthigen
%
1
des ruſſiſchen Reiche. 47
ueberwinder auszutilgen ſuchen. Da ſolchergeſtalt
Kamgadi und feine Tartaren die Frepheit etlaugten,
und ohne die mindeſte Krqaͤnkung mit vielen Ehren
entlaffen wurden ; fo verblieb die Gemahlinn Beorgs
in der Gewalt des Großfürften, und fiarb bald
nachher in diefem Zuſtande. Ungeachtet dieſes ge⸗
habten großen Verluſtes ſezte Georg den Krieg doch:
fort, und ſtellte durch ſtarke Unteriügung der Now⸗
gorader wieder ein ſtarkes Heer ink Feld, welchem
der Großfürft bey der Wolga entgegen rüdte, Doch
kam es nun gu feiner Schlacht, fondern bepde Fürs
fien machten mit einander ab, die Entſcheidung ih⸗
rer Streitigkeiten vor dem Throne des Khans zu |
" ſuchen.
- Mißeel bemuͤhte adh zwar darauf, durch
Abfeadung feines jüngfien dreyzehnjaͤhrigen Sohnes
Eonftansin, feinem’ ®egner Georg bey dem Khane
zuvor zu fommen, und dur ein ſolches Zeichen.
des Vertrauens das wider ihn aufgebrachte Gomuͤth
bes Shans ‚zu befänftigen. Allein. als Georg bey
demfelben anlam, und Kamgadi alle Befchuldigun«
gen, womit berfelbe den Großfürften belaſtete, bes
kraͤftigte; fo erreichte Udbeld Zora wider den Groß.
fürfßen einen ſolchen Brad, daß er Conſtantinen ine
Sefängniß werfen und dort Hungers ſterben laſſen
wollte. Aber eben dieſe Perfonen, welche ihn durch
die Beſchuldigungen, die fie wider den Vater vor⸗
brachten, bewogen hatten, ein fo firenges -Urtheif
gegen den Sohn zu fällen, wirkten durch die Bor-
ftelung, daß der Khan dadurch nicht Michaels Ber-
breden beftrafen, fondern denfelben warnen wür⸗
de, fih der Gewalt des Khans umd folglich auch
feiner Strafe zu entziehen, einen Widerruf dieſes
Entſchluſſes und einen wiederholten Befehl an den
Großfuͤrſten aus, unvorzäglih vor dem Khaue gu
Fi
-
1319.
48, Zweyter Abfehnitt. Geſchichte
erfheinen. Mitslermeile ſchickte ſich Michael zu dieſer
Reiſe, die er auf keine Weiſe vermeiden konnte,
onf eine folde Art an, daß er alle feine Angelegen⸗
‚heiten vorher in Ordnung brachte, da er wohl ver:
muthete, daß feine Feinde alles Mögliche anwen⸗
den würden, ihn zu vernichten. Er fegte feinen
legten Willen auf, beſchied feinen Kindern ihre Erb⸗
theile, forgte füt feine Fuͤrſtentihuͤmer, und bewarb
fid um die Freundſchaft der. Nowgoroder durch Ve⸗
freyung ihrer Gefangenen.
Jetzt brach er von Twer auf, und traf in
Wladimir den tartarifgen Geſandten, welcher ihm
den Befehl feines Herrn verfündigte, und zugleich
berichtete, daß erin der Horde in fehr übelm Kaufe
ſtehe, und man fon ein ſtarkes Heer wider ihn
zufammen ziehe. Auf eine fo ſchlimme Nachricht
gaben ihm feine Bojaren den Rath, Lieber noch einen
Sohn abzuſchicken, als fi ſelbſt auf die ihm ſchon
beſtimmte Schlachtbank zu liefern. Seine Söhne
ſtritten jetzt am die Ehre, durch Aufopferung ihres
Lebens das ihres theuern Vaters zu erkaufen, um
bathen ihn mit Thraͤnen, hierzu einen von ihnen zu
erwaͤhlen. Allein Michael vorwarf dieſen Vorſchlag,
weil er für unverautwortlich achtete, einen feiner .
Söhne ſtatt feiner ‚in den gewiſſen Tod zu ſchicken,
uud in der That war fein perſoͤnliches Erſcheinen
vor dem Khaue jetzt zwar überaus gefaͤhrlich, aber
doch das einzige Mittel, wo einiger Schein eine
ſchwachen Möglichkeit fi. zeigte, nicht nur ſein Le
ben, fondern auch feine. großfürfliche Würde fih u
erhalten. Am 5, September 1319 fam er am Don
on, wo ihn fein Sohn Eonflantin und einige arte
sifche Befehlshaber empfingen, und nach dem Hof
lager, das fi damahls in der Probe dieſes Fluſſet
deſand, beol⸗ ierten. |
0 Ds
des ruſſiſchen Reiches. 49
Da es hierauf faſt zwey Monathe waͤhrte, ehe Der Geob⸗
man eine Unterſuchnng über feine Sache anſtellte, ———
ſo bemuͤhete er ſich durch Ausfpendung reicher Ger Horde ven:
ſchenke Zreunde unter den Großen zu verſchaffen. #tbeilt und
Aber feine Gegner vereitelten alle feine Hoffnungen hin gerichtet.
durch die Wichtigkeit der Dinge, die fie ihm vor⸗
warfen, nad deren Wahrheit gu erhärten fie alle
ihre Geſchicklichkeit und die guͤnſtige Meinung, auf
bothen , welche der Khan und Die übrigen Großen
von ihrer Aufrichtigkeit und Eifer für das allgemeine
Beſte Batten,
Dieß deutete (dom dem Groß fuͤrſten den aller⸗
übelften Ausgang an, daß Kawgadi einer der Vor⸗
nebmften unter den in feiner Angelegenheit niederge
fepten Richtern war. In der That nahmen Die Ride
ter alle Klagen, die Georg‘ wider den Broßfürften '
vorbradte, bloß auf deffen Ausfage als völlig era
mwiefene Wahrheiten, Michaels Widerlegungen Pine
gegen für lauter Erdigtungen und Ausflüchte an,
und fo konnte es nicht ‚fehlen, fie mußten in ihrem
Berichte, den fie von der durch fie gefchehenen Unters
: fuchung an den Khan abfiatteren, dem Großfärſten
das Todesurtheil fällen.
mar befablder Khan, diefe Angelegenpeit noch
- ein Mahl Vorzuuchmen, Jeden Punct aufs genauefte
durchzuforſchen, und in einer fo wichtigen Sache
nicht eher, als mach ſehr reiflicher Erwägung aller
Umfidade, ein Endurtheil zu fällen. Doc diefe
Gerechtigkeitsliebe des Khaus ſchaffte Nichaeln nie.
den geringfien Nutzen, indem Kawgadi dur eine
wohlausgefonnene Rebe, in welcher er neben deu
Lobſpruchen, die er dieferwegen dem Khane gab,
zugleich fo viel Wahrſcheinliches von feinem Eifer -
fr die Ehre und den Nutzen feines Herrn vorbrach⸗
te, daß er depfelben bewog, ihn, der fih doch bee
Geſch. Ruſl. 3, Band. D»
50. Swepter Abſchnitt. Geſchichte
veits durch alle feine Handlungen als einen nad
dem Untergange Michaels dürftenden Feind erwie⸗
fen haette, zum Borfiger dieſes audern Gerichtes zu
ernennen , and einzuräumen, dab Michaels Berge
hungen ſchon faſt erwiefen feyen, und er aus dieſer
Urfache gefeffelt vor dieß neue Gericht geführt wer
den ſollte. Bor bdemfelben trug Anfangs Georg.
feine Befchwerden Aber. den Großfürften vor ,. und
dieſer versheidigte ſich alsdann über dieſe Vorwürfe.
Weil aber diefes Sachen waren, weldhe bloß Anger
Iegenheiten zweyer ruſſiſcher Fürften betrafen; fo
blieben die Richter dabey ziemlich gelaffen. Run aber
"erzählte Kawgadi ſolche Sachen, die die für die
Gerechtſame ihres Khaus und das allgemeine Beſte
ihres Volkes eiferuden Tartarn aufs hoͤchſte erbitter⸗
: sen: naͤhmlich Michael habe dem Befehle, vor dem
Khan zu erfheinen, den Gehorſam verfagt; vice
für den Khan erhobene Gefälle behalten; .in frem-
de Länder fluͤchten wollen, feine Schäge. nah Kom
zum Papſte, diefem bey den Tartarn wegen feine
Bielglltigkeit bep der ganzen. katholiſchen Chriſten⸗
heit verhaßtefien Keinde, vorausgeſchickt; die Schwer
fier des Khans vergifter; ein tartarifches. Heer anges
| driffen, viele davon erfchlagen, and ihn ſelbſt gefau⸗
gen genommen. Bergebens verantwortete fi der
Unglüdfiche: fein jegiges frepmwiliges Exfcheinen in
der Horde und die großen Summen, die er von
erhobenen tartorifchen Gefaͤllen und an reihen Be
ſchenken häufig nach der Horde uͤbermacht, redeten
überftäffig für feine Unfhuld in Anfehung der erfen
diefer Rlagpuncte; Gott und fein Gewiſſen reöstfer-
tigten ihn, zum Tode der Schwefler des Khaus
nichts bepgetragen gu haben; Kawgadi ſelbſt werde
geſtehen, daß er mit / Widerwillen gegen ihn geſtrit⸗
ten, und ihm nachher ale einige holuigien und
Ehre erwiefen habe, Vergebens führte er Georgen
ihre nahe Verwandtſchaft, Dutsfreundſchaft und
das gute Vernehmen zwiſchen ihm und Georgs
Vater, wie auch die vielen von ihm jenem erwire
fenen guten -Dienfte zu Gemuͤthe. Vergebens berief
er fih anf das eigene Bewußtſeyn Georgs, daß der»
felbe. ſelbſt der Urheber aller der Händel fen , wegen
welcher er ihn ſo hart anklagte. Vergebens flehte er
endlich die Gerechtigkeit und Gnade ſeiner Nichter
an. Denn Kawgadi fprang bey den lehten Worten
dieſer Vertheidigungsrede mit dem Ausrufe: Keine
Gnade, fondern den Tod haft du verdient! von feis.
nem Sitze auf, und die geſammten Richter zrigten
dem Khan an, daß Richaeln feine Verbrechen aller
Gnade und Barmherzigkeit unwuͤrdig machten, und
bewirkten dadurch die Beſtaͤtigung ihres Aber ibn
ausgeſprochenen Todesurtheils, weldes fie folgenden
Tags nad tartarifhem Gebrauche ihm anfündigten,
Run trieben fie alle feine Freunde und Bedienten
von ihm, uͤberlieferten ihn im Nahmen der fieben
großen tartariſchen Fuͤrſten fieben Waͤchtern, legten
ihm eine große Kette um den Hals, ‘und banden
ihm die Hände auf den Rüden. Bey dem gleich
nachher erfolgten Aufbruche der ganzen Horde zu
einer großen Jagd des Khans in’ den Gegenden um
den Terek ſchleypte man den Ungllidlichen fünf und
zwanzig Tage lang als den nemeinften Verbrecher
mit fchweren Ketten beladen mie fort. Später führte
ihn Kamaadi vor das verfammelte Volk, und berich⸗
tete demfelben feine Verſchuldungen und bie große
Gnade des Khans, welcher ihm vor der Vollfires
dung des Ursheils einige Freyheit vergoͤnnen wollte,
fih zu feinem Zode vorzubereiten. Zur Befolgung
dieſes Befehles des Khans, erleihterse man feine
Zeſſeln, und vergdante feinem Bohne, feinen Freuns
Ds
bes ruſſiſchen Reiches. 51
—
d,
i
52 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
den, Bedienten und Geiſtlichen den Zutritt zu ihm.
So gelangte er mit der Horde in die Gegend von
Derpent., und fiärkte fih durch die Unterredungen
mit den Seinigen, den tröfßlichen Zuſpruch feiner
Prieſterſchaft, und durch Bethen und Lefung der Bibel
in feinem Elende. Am 22. November benachrichtige
ihn einer feiner Leute, daß Fürſt Georg und Kam
gadi mit einer großen Menge Volks fich feiner Hätte
moheten. Er aber fandte auf diefe ſchlimme Nachricht
ſogleich feinen Sohn zu einer von den Gemahliunen
des Khans, die feine Sache nad Möglichkeit immer
vertheidigte, um fie zu bitten, auch jegt ihre Bes
mühungen zur Erhaltung feines Lebens anzumenden,
‚ oder wenigflens feinen Sohn vom Tode zu befrepen.
Georg und Kawgadi fliegen in einiger Entfernung
von feiner Hütte von ihren Pferden, und uͤbertru⸗
gen einem Theile ihrer Begleiter feine Hinrichtung.
Diefe traten mit Geraͤuſch ia die Hätte, fingen
noch tartarifchem Gebrauche die Bolfisedung des
Todesurtheils mit Schlägen und Martern an, und
befefiigten ihn mit der um feinen Hals gelegien Latte
an die Wand der Hütte, Als aber die Wand von
der Schwere diefer Laſt einflürzte, und der Große
fuͤrſt auffprang, gingen die Schläge und Marten
wieder an, bis endlich ein gewiffer Romane; mit
den Worten: Du biſt ein Mann, trink diefen guten
Kelch, dur einen Meſſerſtich in feine Seite feinem
Leben und zugleich feinen ausgeſtandenen Qualen
ein ‚Ende machte. Darauf plündersen fie die ganze
Hütte, und führten die von ihnen mißhandelten
Freunde des Sroßfürften zu Georgen und Kawgadl,
die anf den ihnen von den Vollſtreckern ihres Ber
fehles abgeflatteten Bericht nun auch in die Hütte
. gingen, und den blutigen Körper nadt auf der Erde
liegen fahen. Georg betrachtete denfelben ohne einie
L "y
N
des ruffifchen Meiches, - 53
ges Zeichen ded Mitleidens. — Allein Kamgadi
konute bey einem fo unmenſchlichen Betragen nicht
ungerührt bleiben, fondern befirafte ihn dieſerwegen
Durch die Worte, die er mie grimmiger Geberde
ausſprach: Wie kannſt du den Leichnam deines dltern
Bruders nadt vor bir liegen fehen? &eorg erſchrak
über dieſe Anrede, befahl den todten Körper zu bedecken,
und erbath fich die Erlaubniß, denfelden in fein Va⸗
terland zur Beerdigung abzufübren. So flarb dies
fer tapfere und tugendhafte Zärft im 46ften Jahre
feines Alters mie Hinterlaffung der Söhne, Dimitri,
Alexander, Conflantin und Wafılei, und einer Zoch»
ter Zeobora. *) ” Ä u
Run erlangte Georg, Fürft von Moskau, den _ 1380.
Zweck, den er durch fo verabfchenensmwürdige Wege Bora DI.
fuchte, indem er 1320 vom Khan das Groß fürſten⸗ II. großfüͤrfi⸗
thum Wladimir und gleich daranf durch die Wahl lie Jesie-
der Nowgoroder auch das Zürfienfhum Nowgorod En
erhielt. Er würde vieleicht durch einen natürlichen
Tod, ohne die Strafe feiner Verbrechen auf diefer
Welt zu empfangen, dieſelbe verlaffen haben, wenn
er nicht die Söhne feines durch fein Anfliften geſtuͤrz⸗
ten und graufamer Weiſe getödteten Vorgängers
mit gleicher Ungerechtigkeit verfolge hätte. Dean
Durch feine Bedrüdungen zwang er den dlteflen dere . .
ſelden, Dimitri, nad der Horde zu geben, fih den
Schutz des Khans zu verfhaffen,, und zugleich von
demfelben auszuwirken, daß er ihn anſtatt feines
Widerſachers zum Broßfürften erklaͤrte. Zwar
folgte ibm Georg III, mit ſehr reichen Geſchenken
auf dem Fuße nad. Allein Dimitri Bruder,
Alerander , überfiel ihn auf dem Weiße bey Nifch-
neinowgorod, zwaug ihn mit Zurücklaſſung feines
”) Peterb, Journal Th. 6. S 30 —49:
—
54 Zueyter Abſchnitt. Gelchichte
Alerander
II. wird
Großfuͤrft.
ganzes: Oepaͤckes nach den noͤrdlichen Gegenden von
Rußland zu fliehen, und verurſachte dadurch, def
der Khan Dimitris. Verlangen erfüllte. Als aber
nach diefen Begebenheiten Dimitri und Georg 1326
zu gleicher Zeit fih in der Horde aufdielten; fo
tödtete Dimitri Georgen, und ward Dieferwegen
auf Befehl Des Khans hingerichtet.
Nach Dimitri Tode warben ben ber kartari.
(den ‚Horde um das erledigte Großfuͤrſteuthum Ale⸗
zander, Dimitris, und Iwan, Georgs Bruder; Der
Erſtere erhielt «8.
Inzwiſchen As antiete fih Iwan mit der Ver⸗
groͤßerung nud Verſchoͤnerung der Haupiſtadt feines.
Fuͤrſterthums Moskan, welches der Metropolit Peter
> Padursch einen neuen Glanz verlieh, dag er, da Wla⸗
31%
bimir unter andern deßwegen immer mehr in Ab.
nahme gerieth, weil die Großfürften ſich gewoͤhnten,
ihre meiſte Zeis in der Hauptſtadt ihres Erblandes
‚Hof gu halten , feinen Sig dahin verlegte.
Iwan durfte guf die Erfanguug des Großfuͤr⸗
fienchums nicht Lange harren. Bald wa der Thronbe⸗ |
ſteigung Alcxanders II. kam Iſchelkhan, im Jahre 1327
als tartariſcher Großgeſandter mic einem Gefolge, das
ein kleines Heer vorſtellte, zu demſelben nad Zwer.
Alexander empfing dieſe Gaͤſte mit aller Ehrerbiethig⸗
keit und Freundſchaft, and raͤumte ihnen ſogar das
Gaus ſeines Vaters ein. Aber Tſchelkhan und feine
Tartarn vergalten ihm and feinen Uaterthanen dieſe
Hoͤflichkeiten mit dem groͤbſten Stolze und offenba⸗
zehn Beleidigungen. Alexander konute dieſes nicht
Rilfgmweigend ertragen, und machte Tſchelkhauen
Vorſtelluuges, die aber diefer ald Berlegungen der
ibm grbäßrenden pre betrachtete, und durch Schud-
hungen und Drohworte beantwortete. Wierander
glaubte, ſihere Beweiſe za haben daß Aſchathan
des ruffifchen Reiches. 55
nur den Tag der Entfihlafung der 5. Jungfrau, das
erfieruffifhe geh, erwarte, um in der folgenden Nabe .,
darauf feine Drohungen ansjuführen, ‚ein. großes
Biutbad unter den Einmohnern der Stadt anzu -
riesen, "nad nad einer Auspluͤnderung die ganie
Stadt in einen Aſchenhaufen zu verwandeln. Br,
entfchloß ſich daher, dieſen Zelnden zuvor zu kom⸗
‚men, ließ alle Einwohner heimlich mit Waffen ver⸗
fehen, und eröffnete ihnen das Vorhaben der Zar
tern, daß fie nähmlich alle rufifhen Zürften und
wehrbaften ‚Männer, die nicht ihr Leben wölr.der
YAuuabıne der muhamedaniſchen Lehre erfaufen wohh
ten‘, ausrotten würden, worauf Tſchellhau das
Oroßfürkenthum, andere tartarifhe Großen aber
die Abrigen Bürkentblimer erhalten follten. Er fühnte
fie: weit :fehhen Morgen des genannten Zefles vor
Die Wohnung des tartariſchen Befandten, Weildie
fer eben denfelben Tag zum Ungriffe der Twerer
beſtimmt hatte; fo traf man ihn und fein ganzes
Gefolge In wehrhaftem Stande, und da num beyde
Theile nur durch der Geguer gaͤuzliche Vertilgaug
fih nicht bloß den Sieg, fondern fogar Die Erhab
tung ihres eigenen Lebens gun verfhaffen Dahtan. fo
dauerte das Gefecht den gungen Tag, da ben den
Tartarn die beſtaͤndige Hebung in den offen and
kriegeriſchher Sinn den Bortheil erſeßte, den die
ſtaͤrkere Zahl ber Twerer über fe haite. Als eod
lich der Mangel an Streitern, ben beyde kaͤmpſende
Parteyen erlitten, die Geringern aa dar Zahl am
:meiften ſchwaͤchte, und idee Gegner unaufboͤrlich
feiſche —* gegen fie. fuͤhren kounten, ſie hin⸗
. gegen ungbgeloͤſt in einem immerwaͤhrenden Gefechte
verbleiben and folglich Juletzt alle Kraft verlieren
mußten; fo zog fich Tſchellhan am ſpaͤten Abend in
' feine Wohnung such, welche der: Gretfurn anzün
56° Zweyter Abichnitt. Geſchichte
den ließ, wodurch TIſchelkhau und alle feine. Tar⸗
tarn im Fener umkamen. Damit aber begnügten ſich
die Twerer nicht, ſondern fie töbteten über dieß alle
in ihrer Stadt befindlichen Tartarn, obwohl viele ber»
-felben laͤngſt vor Tſchelkhan der Handlung und an
derer Utſachen wegen bey Ihnen ſich anfäflig semaät
batten,
ey Jwaus Ankunft in der Horde, wohie er
PBofchligt wurde, verſprach ihm der Khau das Groß⸗
fürſtenthum zur Vergeltung für den Dieuſt, daß er
mit Meyhuͤlfe eines tartariſchen Heeres : unter fünf
Haͤnptern, welches ihm den Khan mitgab;, :Aleran-
dern, wenn er ihm nicht toͤdteu oder lebendig in
tartarifihe Hände liefern koͤnnte, wenigſtens ans
den Grenzen von gang Rußland vertreiben folk.
Su Rußland. vereinigten ſich Fürſt Wldsanden von
Sasdal ned andern raffifhen Fuͤrſten mit Iwand
Kriegdvoͤllern, und zogen fih bey Moskan imein Het
zuſammen, welches die Kriegsunternehmungen der
Tortare wider das Zürflentfum Zwer deckte. Diefe
: nahmen Twer, Kafıhin uud andere Städte ohne fon-
derlichen Widerſtand ein, und verheerten das ganze Fuͤr⸗
ſtenthum mis Jeuer und Schwert. Denn obwohlälgen
der den Tod nicht ſcheurte, fo hielt er doch für beſſer,
fen Lehen durch ein zeitiges Eatweichen zu erhalten,
und dasſelbe anf eine andere Selegenheis zu fparen,
wo et dasſelbe mit der Hoffnung , fi und feinem
Baterlaude zu nüpen, in Gefahr fegen koͤnne. Er
aing kt feier Gemahlinn und Kindern wach Pleskow,
mo. die Einwohner fo viel Sroßmuth und Kuͤhnheit
beſaßen, daß fie ihm nie‘ nur Schutz verliehen,
ſondern ihn. fogar zu Ihrem Fuͤrſten annahmen. Eine
Menge’ feiner Untertbanen that ein Gleiches, und
verließ ihre Wohnfige, in Hoffnung, wenn diefed
Ungewitter ihre Grenzen verlaſſen haben würde, die
‚ bes ruſſiſchen· Ariches. 37
ſelben wieder zu bezichen, und fo war faſt niemand
im ganzen Ginfientbume übrig geblichen, der einige
Gegendoehr hun mochte, . Bach hiefer :Verbeerung -
des Zwecriſchen ſchickten ſich die Tartarıı zu einer
‚gleichen: Unternehmung: gegen: Romgerod .an.,- wo..fie
eine weit betraͤchtlichere Beute zu erlangen verfichert
‚waren, Allein Bid ruſſiſchen Furſten thaten den Ngwu⸗
goradern den Vorſchlag, Diefer bevorfiaheuden tartus
‚zifchen. Berbeerung durch Entſagung ihres Gehor⸗
fen gegen den Großfürſten und Bezahlung von
:2609 Griwen, die fie uch audern Geſchenken den
Zartarn lieſers follten,. vorzuheugen. Die Now⸗
‚sorsder Bequenten fih zu bebdem,..und nahmen,
da ihre Beharrlichkeit bey Alezandern dieſent; nichts
helfen kounte, vorläufig. die Beamten. des Fuͤrſten
von Moskau mit der Erklaͤnung an, daß ſie denſel-
ben wicht eher zu ihrem Zürftan annehmen fännten,
eis bis er vom Khan das Graßfurfienchum, erlangt
haben würde. Sie. entheilten auch ihrem Geſandten,
der zugleich mit dem Zürften. von Moskan und Com
fiantin, Dem Bruder des; Großfürften, nad. der
‚Horde ging, nebR ben.ihre eigenen Ungelegenbeisen
betveffeuden Aufträgen die. Worſchrift, das. Geſuch
des Fürfien von Moskan in Anfehung des. Großfuͤr⸗
flen und Zürfienthums wa Vermoͤgen gu unten
en. a Pe | Fi . *
Der Khau erfüllte alle dieſe Wuͤnſche, Indem 1320.
"er 1328 dem Fuͤrſten vor Moskau das Aroßfürften- ——
thum nebſt dem. Fuͤrſtenthume Rowgorod, Conſtau⸗ Khan abge⸗
tinen hingegen Twer zugeſtond, wobey er aber far ſebt, und
wohl dieſem neuen Fuͤrſten won Twer als den Now⸗Fint von
gorodern nachbrädlich einſchaͤrfte, nebſt allen rufe Iwan an
(den Fuͤrſten dem neuen Großfuͤrſten Iwan mit ee
aller ihrer Macht im Kriege wider Alezandern zu füchen erhps
Bienen, und nicht sher zu ruhen, bis derfelbe ent. ben.
Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
weder lebendig ober todt in die Hände des Khane
‚geliefert, oder wenigſteus aus Pleſkow verteichen
ſeyn würde. Nichts deſto, weniger verblichen die
Pleskowor ſtandhaft dabey, fi flir das Wohl die
ſes nugluͤcklichen Fuͤrſten aufjuopfern. Hingegen
ſcheuete Iwan, fo ſehr er wuͤnſchte, daß Wlegandır
nie wider auffomme, überhaupt jeden Krieg.
Daher verfuchteer durch Geſandten, die er an
Alexandern abfertigte, denſelben zu uͤberreden, ſich
freywillig in der Horde vor dem Richterßehle dei
Ahans zu ſtellen. Dom: dieſes Zumuthen war, be⸗
ſondere nah dem traurigen Schickſale, welches
Alex auders Vater In der Horde betroffen hatte,
gar pa ſonderbar, als daß Alegander ſich dazu Wr
Banden Haben ſollte. Run konnte Iwan aicht umhin,
befonders da ein tartatifcher Geſaudter nochmahls
dinen. Befehl feines Herrs an deu Sroßfuͤrſten ud
die gefammten ruffifchen Zärften uüͤberbrachte, us
verzüglich den Krieg wiber Alexaudern vorzuuehmen,
und lauf die Ziegsmacht von ganz Rupland wider den
felben aufzablethen. Die Furcht vor ben Tarfatt
vermochte fo viel, daß niemand fidh unterfland,
dieſem Befehle den’ Gehoeſam zu verſagen, und ſe⸗
gar beyde Bruͤder Alexauders ſtellten ſich in Jwaus
Lager ein.: Aber den Ußermeifien fehlte der Wille,
ihm wider Alexpandern und die Pleskower wirkliche
Dienſte zu leiſten. Faſt jeder ſchuͤßte vor, daß der
Befannte Much und Die Kriegserfahrenheit Alesan
ders in Verbindung mit ber ſtarken Ergebenheit der
Pelskower gegen. ihn, die leicht Listhauer, Deutſche
und Schweden wider fie zu Huͤlfe rufen und dis
der Herefchaft der Nowgoroder unterworfenen Karte,
ller und Jugrer an fich ziehen Fönnten, diefen Arie
= Gehe mißlih und für die Angreifer gefährlich mach⸗
ten; beſenders wandten bie Ropogoroder ein, Dei Ä
“
des ruffifchen Heiches. 0
da diefe Beforgniffe fie vorzuglich ongiagen, and fie .
erſt neuli an der Jugra einen aufebnlichen Berlof
erlitten hätten, und ſtuͤndlich wider einen Anfall der
Deutfgen , die in Doͤrpt einen vornehmen Nowge⸗
roder erſchlagen hatten, auf ihrer Huch ſtehen muͤßfß
ten, nur einen geringen Theil ihrer Kriegsmannſchaft
dem Großfuͤrſten zu dieſem Kriege hergeben koͤna⸗
ten. Dieſes bewog Jwanen, aufs neue zu verſu⸗
dien, ob fein ſchon ein Mahl Alerandern gemachter
Vortrag dieß Mahl beffer gluͤcken werde, und we
gebrauchte, um demſelben mehr Rachdrud zu Dee
ſchaffen, nun außer einem feiner Bojaren und Dem
nomgorodifchen Tnfägfi Awram den Erzbifchof von
Momwgorod Moiſei zu der Geſandtſchaft, Die Alerans
dern zur Annahme desfelben überreden follten. Des
Erzbiſchofs Borkellung machten auf das Gemuͤth des
herbaften nnd fein Baterlaud und die Religion lieben⸗
den Alexanders einen folden Eindruck, daß er fidh
nach dem Sinne der. Abgeordneten des Großfürfen -
erklärte, Aber auf die dringende Bitte der Ples—
Tower, fie, die ihn als ihren Vater lieben, wie _
zu verlaffen, oder ihrer Redlichkeit die Schande au⸗
zuthun, daß’ er aus Mißtrauen gegen ſie in den
gewiſſen Zod gehe, aͤnderte er dieſen Vorſah, und
ſchickte die Geſaudten mit einer abſchlaͤgigen Autwort
an Jwan zuruͤck. Folglich ſollte nun dieſer zn Jeind
ſeligkeiten wider die Pleskower ſchreiten. Aber die
vorher erzaͤhlten Urſachen erregten in ihm die ge⸗
rechte Beſorguiß, daß er durch dieſes Mittel wenig
ausrichten, ja wohl gar ſich ſelbſt Schaden zuziehen
würde, Er begnuͤgte ſich daher guförderfi damit,
daß er mit feiner großen Kriegg macht gegen Yledtow
auehdte, in der Hoffaung, Daß vielleicht das Schrecken
über die Gefahr, womit er'num die Pleskower bee
drohete, dieſelben bewegen möchte, fi nach feinem
Go Smenter Abſchnitt. Geſchichte
"Sinne zu bequemen. Da auch dieſe Hoffnung fehl⸗
ſchlug; fo hätte er doch, fo ungern er es that, es
gum Kriege kommen laffen müfjen, wenn ihm. nicht
‘der Aufenthalt des Fürzli aus Griecheuland gekom⸗
‚ Men neuen Metropoliten Zeognift iu feinem: Lager
einen Weg gewiefen Hätte, der ihm ans feiner ge⸗
genwärtigen Verlegenheit heraus half. Diefer Re
tropolit befiritt nun Die Zeinde Iwans mit geifli«
Ken Waffen, und belegte fomohl Alerandern als all
feine Beſchuͤzer, unter dem Vorwande, als wenn
fie aus einem unverantwortlichen Eigenfinne und aus
’eigennhgigen Abfichten die ganze ruſſiſche Kirche der
Wuth der mächtigen Tartarn Preis gäben, mit dem
Banufluhe. Die Pleskower zweifelten zwar gicht
an der Kreft dieſes Ausfpruches. Weil ſie aber In
den Gedanken ſtanden, denſelben durch Eriheilung
eines deſſern Unterrichtes von ihrer Sache dahin jzu
bewegen, daß er diefes wider fie gefäflte Urtheil
aufhebe; fo fiegte doch ihre Zuneigung für Alerau⸗
dern und die Ehre, ihm munter allen Umfländen
ihr Wort zu halten. Als nun diefer ſelbſt befürd-
tete, daß dieſe Gruͤnde zu ſchwach ſeyen,* um nicht
durch die Furcht, fich ſeinetwegen in die ewige Bar
dammniß zu ſtuͤrzen, entkräfter zu werden; fo er⸗
Härte er ihnen, wie er nicht zugeben koͤnne, dab
fie feinerwegen von der Semeinſchaft der Kirche aus⸗
serbloffen blieben, und begab fih, nachdem er ihnen
den ihm geleiſteten Eid erlaffen "hatte, unter allge
meinen Klagen, Weinen und Bitten, fo bald es Ih
nen ‘gelingen follte, das Hinderniß, welches nun ihre
Vereinigung trennte, weggerdumt zu haben, wave
zuͤglich wieder zu ihnen zu kommen, zu den Deu
ſchen nach Liefland. Er zog während biefes Aufe
enthaltes im Auslande durch feinen perſonlichen Um⸗
garg ſowohl dieſe Deutſchen als viele titthauiſcht
des ruſſiſchen Reiches. 6%
Zürfien,, uud fogar ihr Oberhaupt, den mächtigen
König Sedimin, auf feine Seite. Ob nun zwar.
Sean wohl-viel lieber geſehen Hätte, daß Alexan⸗
der entweder das Leben verloren hätte, oder leben⸗
dig in die Hände der Zartafı gekommen wäre, fo
mußte er ſich doch in Anfehung der gegenwärtigen
Umſtaͤnde freuen, die Eutfernung Alexanders aus
Pleskow bewirkt zu haben, und widerfegte ſich da⸗
ber nicht , daß der Metropolit die Pleskower von
dem Bonne entledigte; ja er ſchloß fogar mit den⸗
ſelben Frieden: dieſe hingegen ſchickten im zweyten
Jahre nach der freywilligen Verbannung ihres
Zürfien eine anfehnlihe Geſandtſchaft an denſel⸗
ben, ihn wieder zu ſich zu berufen. Um ſich aber
wider die Wirkungen eines abermahligen Bannflus -
des zu verfichern, flatteten fie durch eine andere
Geſandtſchaft dem Wetropoliten Feogniſt, der fich
gegenwaͤrtig zu Wladimir in Volhynien aufdielt,
wo der. Einfluß des in Mosfgu Hof haltenden Große
fuͤrſten nicht ſo fehr auf ihn wirken Eonnte, Bericht
von ihrem Vorhaben ab, und verlangten zugleich,
da fie das durch denfelben wider fie gefällte Bann.
urtheil hauptſaͤchlich der Klage zuſchrieben, durch
welche fi der Erzbiſchof von Nowgorod Über ihren
Ungehorfam, auf fein, ihres geifilihen Vorgefegten,
Berlangen, Alexauders Sache zu verlaffen, beſchwert
hatte , von defjen Gerichtsbarkeit durch Zugeſtehung
eines elgguen bloß vom Metropoliten unmittelbar
abhängigen Biſchofs befrepet zu werden. Bepderlep
Begehren unterKügten die litthauiſchen Fuͤrſten durch
ihre Zürfprade. Ungeachtet diefer Fürſprecher bes
wiligte Feogniſt den Plestomern den eigenen Bir
(hof nicht; doch ließ er fih, vermurblih durch ihr.
Bureden und Alexanders eigene Gegenwart zu Wlar
dimir, bewegen, zu erklaͤren, daß er der Wiederkunft
x
x
>
62 Imenter Abſchnitt. Geſchichte
Aleranders nad Pleskow und deſſen Aufenthalte ia
dieſer Stadt nicht entgegen ſeyn wolle.
Eine zwiſchen Iwan ˖ und deu Nowgorodern
entſt andene Streitigkeit verurſochte, daß die Now⸗
goroder dabey gang ruhig blieben, der Großfuͤrſt
Bingegen fi nicht getrauete, den Ple⸗towern aufs
neue die Entfernung Alexanders zuzumuthen. Doc
fand er noͤthig, bey fo bewandten Umſtaͤnden in
Geſellſchaft des Fuͤrſten Conſtantin von Twer nad
der Horde zu reiſen, wo vermuthlich beyde (unge⸗
achtet jeder aus ganz andern Bewegurfahen) zu
. einem Zwede "arbeiteten, daß fie die Tartarn überres
beten, den ruffifhen Fuͤrſien einen nochmahligen
Heerzug, um Alcxaudern aus Pleskow zu vertrei⸗
ben, aufzutragen. Dieſer bemühete ſich nun, durch
alle erſtunlichen Wege ſich der Gewogenheit der Row
goroder zu verfihern, die mit feinem Gegaer Iwan
wegen einer Abgabe, die das kamiſche Silber hieß,
ib fo entzweyet hatten ; daß hieraus «in offenbarer
Krieg entfprang. Smwanen ſchien in diefem Kriege
der Umſtand günflig, daß er erfuhr, die Litthauer
Bätten den netien Bifchof don Nowgorod Grigorii,
den die Nowgoroder, welche von den Litthauern
nichts Feindliches beforgten, in Begleitung ihrer ans
gefehenften Bürger dem gegeumwärtig in dem unter
| Kitthanifher Herrſchaft ſtehenden volbpnifchen Wla⸗
dimir lebenden Metropoliten zur Einſegnuug zuſand⸗
ten, mit allen Begleitern angehalten, und wollten
dieſelben nicht auders loslaſſen, als wenn ſie Nari⸗
munden, einem Sohne Gedimins, die Staͤdte La⸗
doga, und Oreſchek, nebſt Karelien und der Haͤlfte
vonu Koporien cwonaiten. Denn auf die Radricht,
y
1331.
daß die maͤchtigen Litthauer ich als Beinde feiner
Feinde erklaͤrt hätten, bemädtigte er fih 1331 der
Städte Torſchok und Befhiie ober Briparen ⸗ werd
q
\)
des ruſſiſchen Heike. 63
mit dem ganzen gu dieſen bepden Orten gehörigen.
Gebiethe und hand auch im Begriffe, den Nowgorodern
noih mehr abzunehmen ‚als der Berkpt, die Now⸗
goroder hätten das von ihrem Erzbiſchofe und Mit⸗
bürger-in der Sefangenfchaft geleitete Verſprechen
nad derſelben Freylaſſung beſtaͤtigt, und Narimun⸗
den das verlangte Gebieih unter den ihnen zuge
fiandenen Bedingniffen bewilligt, feine Unterneh»
mungen hemmte. Unter diefen Umſtaͤnden machte
fih Alexander vielleiht Huffaung , die Nowgoroder
dahin zu vermögen, daß fie entweder wider won,
als einen gemeinſchaftlichen Feiud, mit ihm ein
Buͤndniß errichten, oder gar ihn an defien Stelle
zum Fuͤrſten erwählen. würden, Allein die Nowgoro⸗
der shaten Feines von bepden,. obgleich ihr. Erzbi⸗
ſchof auf Alexanders Einladung wach Pleskow kam,
dort Alexanders nengebornen Prinzen aus der Taufe
zu heben, und dadurd mit Aleranderg in eine geiſt⸗
| * Verwaudtſchaft trat. Swan befreyete ſich von
der Sefahr, mit welcher ihm die zwiſchen den Now⸗
gorodern und den Litthauern getroffene Verbindung
droßete, durch Die Vermaͤhlung feines fiebenjäßrigen.
Erbpriugen Simeon mit einer Enkelinn Gediming,
und- fing aufs neue Die Verbeerungen ihres Gebie⸗
thes an, womit er immer.näher gegen ihre Haupte
ſtadt vorrüdte, und fie ſo aͤngſtigte, daß fie aufs
demuͤthigſte den Frieden bey ihm ſuchten, und ihn
zue Bührung des Kegierung in ihre Stadt luden,
worauf fie aber eine abfdlägige Aatwort erhielten.
Zu ihrem Gluͤcke berief unvermuthet ein tartariſcher
Geſandter den Großfärften nad der Horde, und ob
er wohl nach einem kurzen Aufenthalte zurückkehrte,
fo ſchloß er doch ‚gleich nachher den den Nowgoro⸗
dern vorher verweigerten Frieden. Alszander aber .
entſchloß fh aun , vermuthlich nf aus der Horde
U
64 Zweyter Abfehnitt. Gefchichte
Befommene günflige Nachrichten, ſich durch Abſen⸗
dung feines Sohnes Fedor um die Gnade des Khaus
zu bewerben, und Fedor kehrte bald in Begleitung
eines tartarifchen Geſandten zuruͤck, welcher Aleran-
dern verfiherte, daß der Khau alles Bergangene
ihm voͤllig verziehen habe. Da diefe Vergebung bes
Khans ſowohl niit einer Erlaubnig , dag Alerander
fein Erbfürflenihum Twer wieder in Befig nehmen,
als mis einem fichern Geleite, daß derfelbe ficher
nach der Horde Fommen könne, verfulnfet war;
fo famen diefe Umſtaͤnde Iwauen ſo bedenklich vor,
daß er auf die Nachricht, die er davon empfing,
unverzüglich nad der Horde eilte, um -Werandern
zuvor zu kommen. Er kehrte cher nach Moskau
zuruͤck, als fein Gegner beym Khan anlangte, dem
derfelbe ohne ein Zeichen der Furcht bliden zu
Iaffen , mit einer edeln Freymuͤthigkeit feine Auf⸗
wartung machte, und, nachdem er feing Entfchuldt-
- gungen über die Sehe mit Tfhelfhan vorgetragen
hatte, feine Rede mil‘ den Worten befchloß : er
komme, fein Haupt in die Hände des Ezars zu lie
fern, auf deffen gerechtem Ausfpruche fein Leben oder
Tod ‚berufe. Der Khan aber verficherte ihn noch»
mahls einer gaͤnzlichen Vergeffenheit aller vergange-
nen Dinge, begegnete ihm mit aller Achtung und
Freundſchaſt, und ließ ihm durch zwey Geſandten,
Kundjuf and Ambdal, nah Zwer begleiten.
"Raum aber ſchien er nun jur Ruhe wieder gekom⸗
‚men zu feon, und hatte feine Gemahlina, feine
Kinder, und verfchiedene Ausländer, deren Brauch⸗
barkeit in Geſchaͤften er bep feinem Aufenthalte außer»
Halb Rußland fennen lernte, und die er Diefermegen
zu Gefährten feiner weiteren Schidfale in feinen
Dienfi zog, aus Pleskow zu Ah nah Twer beru⸗
fen; ſo nn verſchiedene von den alten tweriſchen
Bo⸗
des ruſſiſchen Reiches. 65
Bojaren zum Großfürftien über, und diefſer Leber»
gang veranlaßte, Daß der Großfuͤrſt Alcrandern-ges
faͤhrliche Abfihten gegen ſich Schuld gab, Aleranı
ber hingegen diefen Vorwurf auf den Gropfürften
zur ſcheb. Wenn man aus dei, was man von
‘der Gemuͤthsbeſchaffenheit hapber Sürfen weiß, und
den Umftänden, in’ weichen fi jept der eine und
der andere befanden, Schluͤſſe sieben darf; fo. fland
das größere Recht wohl auf Wlefanders Geite.
Alexander fandte jege mit ber von ihm ‚gurlichgehens
ven tartarifhen Sefandefihaft ſeinen Sohn Fedor
"zum. Khan, der Großfürft aber ging bald nachher
mis feinen beyden aͤlteſten Söhnen Simson und
Swan dahin Man darf wohl glauben, daß Iwan
fich fein Sewiflen daraus gemacht babe, Aleganderu
das Todesurtheil zu bereiten.
Sein Son erfuhr wenigfiens durch die guten \
Sreunde, die am Hofe feine Partey. bielten, daß alle
die Zreundfchaft, die man Ihm jetzt ergeigte, und
die friedliche Einladung nach der Horde, die nun
ein Fortarifcher Geſandter an feinen Vater uͤberbrach⸗
te, bloß dahin abziele, daß er ſich weder in feinem
Fuͤrſtenthume in wehrhaften Stand fegen noch bep
Ausländern. Schutz Tuben koͤnne, und daB, wenn
derſelbe in den Horde erfcheinen Tote, er. nie fein
Baterland wieder fehen würde, Diefes, zeigte Fedot
feinem Bater an; aber dieſem flenen die Folgen,
wenn er der Einladung des: Khans nicht wachkäme,
fo große unvermeidliche Uebel, daß er denfelben die
Aufopferung feines eigenen Lebens durch perfönliches
Erſcheinen vor dem Khan vorzog. Go. trat er unter -
den Thränen und lautem Klaggeſchrey feiner Brin
der , Rinder und: fdmmilicher Einwohner von Twer
dieſe gefahrsolle Heife an. Doch geuoß er in die
fem unglüde noch den arß, daß dıe Berfien von
Geſch. Rußl. 2. Wind.
Pr
66 Zwepter Abfchnitt. Gefchichte
Jaͤroslaw and Belofero in der. Wbficht, feine Sache
wider den Großfürfien zu unterfiägen, gleichfels
nach ber Horde gingen. Den Fürſten von Zdrosiaw
. wollte der jept auf dem Ruͤckwege begriffene Groß»
1939.
fürft dur einen Haufen. von 500 Reitern aufhe⸗
ben ; erzeichte aber dieſen Ze nicht, indem ſich
derfelbe gluͤcklich durch dieß Kriegsvolk durchſchlug.
Er befüuͤrchtete fo ſehr, daß es, ungeachtet ˖alle Wahr⸗
ſcheinlichkeit dawider ſtritt, Alexandern gluͤcken
möchte, den Khan zu beſaͤuftigen, daß er, nachdem
Alezander feinen Weg angetreten batte , feine eben
wit ihm aus der Horde auf des ruflifchen Orc
angelommenen Söhne dahin zurüdfaudte, und ihnen
feinen einzigen noch übrigen Sohn, ihten jüngfen
Bruder Andreas zugeſellte.
Alesander vernahm gleih bey feiner Ankunft
fowohl von ſeinen Sohne als allen feinen tartari⸗
ſchen Freunden, dab feine Sache ſehr ſchlecht Rebe,
and das ungnddige Bezeigen des Khans, als er
fild vor. deſſen Throne ſtellte, ungeachtet er es weder
au CEhrerbiethung, noch an Reihtfertigungen wider
die gegen ide angebrachten Klagen, oder an reihen
GSeſchenken fehlen ließ, beſtaͤtigte Diefe ſchlimmen Rad.
sichten. Doch eine Ezariap verſprach, noch alles
Mögliche zu. feiner Rettung zu thun. Nun brachte
er einen ganzen Monath unter einer aͤußerſt ſchwa⸗
chen Hoffaung gu, und bereitete. ſich daher dieſe
ganze Zeit über durch Gebeiß und andere geißlide
Vebungen gu feinem Tode.
Aut 26. October 1399 ließ ibm der Khan ans
Bhndigen,. daß fein Todesurtheil gefällig fep, und
nach deep Tagen vollſtreckt werden ſollte. An dies
fen ihm beflimmten Zodestage that er mod fein
Aeußerſtes, durch Bitten au feine Beſchuͤherinn ud
eigenes Herumreiten zu allen feinen Breunden, ſich
/ |
*2 des ruſſiſchen Reiches. 67
das-Leben zu erhalten. Als ihm aber alle ſagten,
daß feine Hoffnung für ihn übrig ſey, kehrte er in
fein: Grzelt, nahm von ſeinem Sohne feinen Bojaren
und Bedienten Abſchied, und empfing mit ihnen das
Abendmahl. Kaum war diefes gefchehen, fo eröffnen :
ten ihm einige feiner Lente, die mit Klaggeſchrey
und Thränen ins Gezelt liefen, die Ankunft: feiner
Mörder, denen er nebſt feinem Sohne enfgegen ging,
worauf ende getödtet wurden, nnd. nach vollbrach⸗
ter Enfhäuptung auf dem Zelde liegen Blicken. Bey
. dem ſchrecklichen Anblide der Ermordung ihres ger
Uebten Herrn und bey der Gewahrwerdung, daß
deſſen Sohn ein gleiches: Schidffal traf, von: deſſen
Zodesurthrile fie Peine Nachricht empfangen batten,
waren alle Bedienten geflihter; nachdem aber bie
Furcht, in den Untergang diefer Zürfien mit vermis
delt zu werden, aufgehört hatte, kamen einige das
von zuruͤck, und nahınen die Leichname, um fie
nad Twer zu führen, wo .fle vom Biſchofe Fedor
in der Kirche zur Verklärung Eprifii beerdiget war»
den. Nach feiner leyten Zurückkunft aus der Hor⸗
de wollte ih Iwan mit der gewöhnlichen Schatzung
der Nowgoroder nicht begnügen ;. fondern begerte
fie doppelt, unter dem Vorwande, daß er. die ge
woͤhnliche Scagung ganz om den Khan abarben
müffen,
Als Ach’ die Nowgoroder hiergu nicht verfichen
wollten; fo nab er durch Wegnahme fdner Bros
ten aus Nowgorod zu erkennen, daß er ſie durch
die Waffen dazu zwingen wolle. -Doch kam es nicht
zum sirflichen Kriege, indem er bald’ nachher,
naͤhmlich am gı. März 1340 farb, nachden er.
kurz vor feinem Abſterhen fich in den Moͤnchsſtand
aufnehmen ließ. Er führte den Bevnahmen Kalitn
„on dem Geldbeutel, den er beRändig bey fich Iryg-,
| € 3
1340,
68 Zueyter Abſchnitt. Geſchichte
um allen Armen, die ihn auſprachen, Almofen reis
hen gu koͤnnen. Seit: ihm blieb das Sroßfürften
thum beſtaͤndig mit; dem Zoͤeſtenthume Moslan ver⸗
einigt.
Simeons des Sobald ſein alteſter Sohn Si meo a, der den
Stolzen
großfuͤrftli⸗
che Regie⸗
runs
Beynahmen Gordiiri oder der Stolze ſuͤhrt, ohne
daß man die Urſache dieſes Beynahmens anzugeben
weiß, zu Riſchneinowgorod, welches Fuſtenthum
ſchon zu Moskan gehörte, das Abſterben feines Va⸗
ters erfuhr, begab er ſich nach Moskau, um mit feinem
Bruͤdern uͤber die Mittel, das Broßfürfienchum bey
ihrem Kaufe. gu erhalten, eine Unterradung gu hal⸗
ten, worauf er nebſt ihnen zum Khane ging, der
ihm vor feinen Mitwerbern den Vorzug ertheilte,
Doch mußte Simeon geſchehen laſſen, dag feine
Brüder zu Theilnchmern der großfürſtlichen Winde
und Gerechtſamen erfldrt wurden ; ſchloß aber. zu Ver⸗
meidung der Schwächung der moskauiſchen Mobt,
die fonft ans ber Regierung dreper Herren zu beſor⸗
gen war, mit ibenfelden beym Grabe ihres Barerd
einen Vertrag, ber von ihnen allen beſchworen wur
de; daß er allein’ die eigentliche Regierung führen,
ia allen wichtigen Vorfaͤllen aber feine. Brüder zu
Btathe sichen,, und nichts ohne ihr Borwißen und
| ohne Fire -Benchmigung thun ſollte.
. Nomgored fänmte nach feiner Gewohnheit, die
. fen uenen Großfärften für feinen Fuͤrſten zu erfene
uen. Er aber fandte nichts deko weniger feige Be⸗
amten nah Zorfhot, ‚die: die Einwohner ſo be⸗
ſchwerten ‚ daß dieſelben über das Betragen birfer
eroßfärfilichen Beamten bin den Rowgorodern Klage
anbradten, Huf diefe Klage ernannten die Rowgo⸗
roder zwey Geſandtſchaften, von welchen die eine
dem Großfuͤrſten vorſtellte, Daß er noch nicht Fuͤrſt
von Howgorod ſey, und durch ein ſolches Verfahren
des ruſſiſchen Reiches. 9
ſich bey feinen Wählern verfaßt made, bie anders
ober nad Torſchok ging, und dort alle großfuͤrſt⸗
lichen Beamten fett nahm, fefjelte, und fo be⸗
wahrte. Nach diefem Vorfalle erfuchten die. Tor⸗
fihofer die Nowmgoroder um kraͤftige Unterflügung, .
fie wider die Ahndung des beleidigten Großfärs
en zu fhügen. — Mein obwohl die Regie
zung zu Nowgorod die Billigkeit diefer Forderung
dere Zorfchofer anerkannte, o ward fie ihnen doch
von der Volksderſammlung gänzlich abgeſchlagen.
Diefe Unbilligkeit brachte die. Torſchoker wider die
Nowgoroder fo auf, daß fie die großfuͤrſtlichen Bes
amten nach - einem monathlichen Verhaft in Freyheit
festen, und die nowgorodiſchen Gefandten und
Obrigkeiten von ſich jagten , und ſogar die Häufer
und Güter aller bey ihnen aufäfligen Nowgoroder
plünderten.
—Dieſe Umſtaͤnde gaben dem Sroöfkrfen eine
ſcheinbare Urſache, andere ruffifche Zürften zur. Be»
kriegung der Nowgoroder aufzubietben. Die Fuͤrſten
von Gusdal, Jaͤroslaw und Roſtow fließen hierauf.
mit ihren Kriegsvölfern zu dem Heere, welches ex feld
dazu anfgebracht Harte. Die Nowgoroder rüdten
ind Zeld ihm entgegen. Weil aber beyde Theile
nur die Abficht bey dieſen Kriegsanftelten Hatten,
bloß durch Borzeigung ihrer Waffen von dem andern
Theile einen beffern Vergleich firh zu bewirken, fo:
Fam es‘ zu Peinen Zeindfeligkeiten , fonbern die
Nowgoroder ſchickten ihren Ergbifchof an den den
Großfürften auf feinem Feldzuge begleitenden Mo⸗
tropoliten, mit der Bitte, einen Friedensvermittler
zwiſchen dem Großfürſten und ihnen, abzugeben,
woräuf Man fi folgendergeftält vereinigte , daß
die Nomgoroder den Sroßfürften für ihren Fuͤrſten
erfannsten, and demfelben von allen ihren @änderepen
zu Zweyter Abſchnitt.Geſchichte
eine gewifje Abgabe unter dem Nahmen die ſchwarze
Steuer, für Torſchok aber befonders taufend Rubel
bewilligteu, der Großfürkt hingegen alle ‚alten Rechte
und Freyheiten der Nowgoroder befdtigte. Um diele
Seit waren die Plesfpwer: in einen Kriog mit den
lieflaͤndiſchen Ordensrittern verwickelt. Denn der
Bau einer neuen Feſtung Marienburg, welche die
‚Ritter anlegen, ſchien ihnen fo. ſchaͤdlich, dab fie
diefelbe, ehe fie noch fertig ward , zerfiörten. Allein
die Pleskower ſelbſt achteten ihre eigenen Kräfte ger
gen dieſen Feind zu ſchwach. Als es aber auf die
Frage anfom, welche Macht man um Hülfe anrufen
folte, theilten fie fih in zwey Parsepen, deren eine
den Bepflaad der Nowgoroder, die andere den des
Beherrſchers von Litthauen Digerd für den zutraͤg⸗
lichſten achtete. Anfangs, behielt die, erße die Obere
band, und bradite es dahin, daB man durd eine
Sefandifhaft von Nowgorod Hülfsnölker begehrte,
und obſchon die Nowgoroder vor kurzem eine große
innerliche Zerrüttung erlitten hatten , ſo ertheillen
fie doch ſogleich einer auſehnlichen Rıiegsmads Be
fehl zum Aufbruce. Jauzwiſchen aber hatte die
litthauiſche Partep die Pleskower dergeſtalt umge:
ſtimmet, dab eine andere Sefandefpaft nach Now⸗
gorod abging, die Anlangung der nomgorodiſchen
Kriegsvoͤlker zurück au halten, Olgerd Diagegen um
feinen Schut augeſprochen ward. |
- Digerd und fein Bruder Kepſtut erfüllten
dieß Geſuch der Pleskower, und fuͤhrten ſelbſt das
Heer an, womit fie ihnen Hülfe leiſteten. Als aber
die Pleskower wahrnahmen, daß ſie ſich damit be⸗
gnuͤgten, nach gemachten guten Kriegsauſtalten ſich
‚an. einen fo gelegenen Ort zu ſetzen, daß die Lieflaͤn⸗
der weder ſich getrauten, fie anzugreifen, noch wei
ser vordriugen konuten, und nichts zum Eutſatze des
\
des ruſſiſchen Heihes. . zu
von den Lieflaͤndern belagerten Isbork vornahmen;
ſo murrten ſie wider die Untpäsigkeit dDiefer ihrer
Beſchuͤtzer.
NIS fie aber faben, daß diefes ihr Berbalten
die gute Wirkung nach ſich zog, daß die 2iefländer
ſich durch die langwierige Dauer der Belagerung von
Isbork fo entkraͤfteten, daß fie ohne einige wichtige
Verrichtung in ihr Laub zurücdgehen mußten; fo
änderten fie ihre böfe Meinung von Olgerden,, ba»
then ihn, die chriftliche Religion anzunehmen , "und
fie dadurd) in den Stand zu fegen, ſich eines fols
hen Beſchuͤhers durch Annahme desfelben zu ihrem -
Zürften auf immer zu verfihern. Wein Olgerd,
‚der weder die Religion feiner Väter verlaffen, noch
fih zu einem befländigen Aufenthalte zu Pleskow,
welches vermuthlich eine Hauptbedingung war, wel«
die die Plestower von’ ihrem. Zürften verlangten,
verfieben wollte, empfahl ihnen flott feiner einen
feiner Söhne, der beyden Bedingnifjen ein Genuͤge
leiſtete, und in der Zaufe den Rahmen Andreas
empfing.
Doch ernenerten die pleskower bey dieſer Ans
nahme eines litthauiſchen Zürften 1342 ihre alte
Berbindung mit Nomwgored vermittelt eines Frie⸗
dens » und Freundſchaftsbuͤndniſſes. Die ruffifhe
Kirche erlitt, ale nah Usbeks Tode deffen Sohn
Dſchanibek nah der Ermordung zweyer Brüder, _
die ihm die Nachfolge freitig machten, Khan von
Kaptſchak ward, eine harte Anfechtung, welche die
Ruffen den underſoͤhnlichen Hafle, den dieſer Khan ge⸗
gen die chriſtliche Religion Begte, und ihn zur Ber»
folgung derfelben antrieb, feine Glaubensgenoſſen
hingegen einem Iöbraswärdigen Eifer , der. moha⸗
medanifchen Religion neue Belenner zu verfchaffen,
zu fipreiden, da doch nach Anzeige der Sade ſelbſt
s f
1342,
1348.
Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
der Khan unter dem ſchoͤnklingenden Nahmen, das
Beſte ſeiner Religion zu befoͤrdern, bloß eine Ver⸗
mehrung feiner Einkünfte ſuchte.
Als die ruſſiſchen Fuͤrſten nebſt dem Metropo⸗
liten Feogniſt ihm die gewöhnlide Aufwartung bey
feiner Zhronbefleigung machten; fo erhielten die
Fuͤrſten ohne Schwierigkeit ihre Beſtaͤtigungsbriefe
nad dem alten Zuße; Dingegen verlangte Dfihanibel
von der Kirche und ihren Dienern eine jährliche
Schqtzung, ließ fih aber zuleßt dieſe Neuerung
durch ein Geſchenk von 600 Rubelg„ahlaufen, und
bemsgen, den ganzen alten Jarlik (Guohrubrief) zu
genehmigen. Nach dieſer glüdlic absgeſchlagenes
Berrihtung hielt der Metropolit 1343 in Moskau
eine Kicchenverfammlung , in welcher man feſtſeßte,
daqß das Jahr in Rußland nicht, wie bisher gefchabe,
mit dem Zrühlinge oder ı. März, ſondern mit dem
Herbie oder 1. September angehen follte.
Im Sabre 1344 mußte der Großfuͤrſt wieder
zum Khan reifen, 'und febte fid immer fefler in
deifen Gewogenheit Diefes gute Vernehmen mit
den Tartarn, und die anf diefen Großfürfien von
feinem Boter ererbte Sefinnung, den langen Frieden
für das beſte Mittel, feinen Staat in mehrere Aufs
nahme zu bringen, auzufehen , verurſachte, daß ſo⸗
wohl die Bevoͤlkerung in demselben als der Vermoͤ⸗
gensftand der Einwohner ſichtlich anwuchs.
j Simeon fonnte fhon ruſſiſche Rünfier bey
deu Kirchen nnd andern öffentlichen Gebduden, die
er in Moskau aufführte, gebrauchen; man lernte uns
ter ihm zu Moskau Glocken gießen; die Semaͤblde
| in den Kirchen waren befjer ald vorher. .
Im Fürſtruthume Refan hatte Fürfl Swan
Krotopol ſchon unter dem vorigen Großfuͤrſten den
Fuͤrſten von Pronsk Alexauder Richailowitſch im
No.
des ruffifchen Reiches, 7%
Jahte 1354 auf deffen Reife nach der Horde berau⸗
bet und ermordet, und darauf mit tartariſcher Hülfe
große Sraufomfeiten veruͤbet. Allein Sdroslaw, ein,
Sohn des Ermordeten , fluͤchtete im die Horde, mo
er fi dergeflalt die Berwogenheit Oſchanibeks erwarb,
daß derfelbe, als er den Thron beftiegen hatte, im.
Jahre 1343 ihn in Begleitung eitzes tartarifhen
Heeres, welches Kundjuk anführte, zur Belriegung
des Moͤrders feines Vaters nah Rußland, fandte,
worauf Iwan feine Fürftenthümer und bald darauf:
fein Leben verlor, Jaͤroslaw aber von den Tartarn
als Zürft in die nach einem langwierigen Widerſtan⸗
de von ihnen eroberte, and, weil-fie fait alle Ein⸗
wohner theil6 tödteten, theild ald Gefangene fort:
führten ; gang. serwällete Stadt Refan eingefegt: -
ward. Die Pleskower unternahmen rinen Heeres⸗
zug nach Liefland, um den Bau der ihnen zu nahe an».
gelegten nenen Drdensfelungen Frauenburg und
Moriendurg zu zerſtoͤren, und aͤngſtigten die Beſa⸗
gung von Marienburg durch Anrichtung eines gro⸗
Ben Rauches und Dampfes; aber doch vertheidigte.
fich diefelbe, und in einem Audfalle, deſſen gluͤck⸗
lichen Ausſchlaz die ruſſiſchen Nachrichten dem uͤbelu
Verhalten des pleskowiſchrn Poſadniks Daniel zus
ſchreiben, der ohne Noth die Flucht. ergriff, wurden
83 Ruſſen erſchlagen, worauf die übrigen nach Haufe
gingen, und Arnold von. Vietingshof zum erſten
Conmthur nah Marienburg gefept ward. Doc ſet⸗
ten die Pleskower, ungeachtet der. ſchlechten Verrich⸗
tung in dieſer Unternehmung, den Krieg fort, und
der Meier und der ganze Drben in Kiefland harten
genug zu thun, ihre. feindlichen Aufaͤlle zu vereiteln,
Am Fuͤrſtrathume Zwer befriegten die Brüder und-
ein Sohn des Broßfürfen Alexauders II. Rah⸗
mens Wſewolpd, einander die ganze Regieruagszeit
Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
des Großfürfen Simeon uͤber, und dadarhfam
- Die vor kurzem fo wichtige Fürſtenthum ganz
herab. Auch daB das Rothreußen unter pohluifdhe
Herrſchaft gerieth, kam dem Broßfürften zu State
‚ten ; indem die Pohlen bem weifen, ihuen von den
Beherrſchern Litthauens in Anſehung der griechiſchen
Chriſten gegebenen Beyſpiele nicht folgten, ſondern
fie dadurch zur Annahme der katholiſchen Religion
zu bewegen dachten, daß fie die, welche zu diefer
übergingen , vor denen, die bey ihrer alten Religion
bebarrten , bey allen Borfallenheiten: begunfligten.
Deun da der Verſuch der eifsigen Griechen, vers
mittelft des Khans von Kaptſchak Kriegsoälker die⸗
fer neuen befhwerlihen Herrn entledigt zu werden,
mißlungen war, fo wanderten fie haufenweiſe in die
Laͤnder, wo ſie dergleichen Vedranoniß nicht befuͤrch⸗
ten durften.
Bey dem Kriege, wednd Olgerd und. Keys
ut dem ihnen von ihrem Bater vorgegogenen Bru⸗
der Jawnut die Oberherrſchaft über Litthausn nah⸗
men, entwih Jawtzut aus der Gefangenſchaft, in
welcher ihn diefe Brüder hielten, zum Großfürften
Simeon, wo er freundfhaftlih aufgenommen
ward, und zur chriſtlichen Religion fid bekannte,
Narimund hingegen, weicher auf Jawnuts Geite
geſtanden war, zum Khan von Kaptfhaf, Olgerd
betrachtete die Aufnahme diefes von ihm des Thro⸗
nes entfeßten. Bruders als eine binlängliche Urſache,
Die ihin der Großfuͤrſt gab, ihn zu beiriegen, und
war wohl zufrieden , Diefelbe erlangt: zu haben, weil
er nur einen gutes Bormand. begedrte, den Große
fürften tin Land abzugewinnen. Doc hielt ex für
rathſam, dieſes fein. Vorhaben nad nicht auszu⸗
führen, ſondern vorerſt unter dem Vorwande,
daß der Poſadnik von: Rowmgorod Emwflafli' Owo⸗
!
des ruſſiſchen Hehe. 7
—8 geſchimyft habe, ſich bloß wider ‚die
Nowsoroder feindlich zu erklaͤren. Nah der Ver⸗
wuͤſtung des nowgorodiſchen Gebiethes und Grobe
rung der Städte Schulona, Ladoga und Porchow,
wovon er letztere auf z0o Rubel brandſchatzte, for⸗
derte er. die Rowgoroder ins freye Feld zur Schlacht
aus. Dieſe zogen dazu aus, wurden.ader ploͤtzlich
von einem ſolchen Schrecken überfallen, daß ſie ei⸗
Ugſt in ihre Hauptſtadt zuruͤckflohen, und in einer
durch, ihre Stusmglode zuſammen berufenen Volfs-
verfammiung: ihrea Poſaduik toͤdteten. Doch würde
ihnen die: Urſache, daß fie durch die Befrafung des
Manuxäcs, deſſen Betragen Olgerd als einen gerechten Be⸗
weggrund, fie mit Krieg anzugreifen, angefuͤhrt
hatte, demſelben voͤllig Genuͤge geleiftes hätten,
wohl kaum den Frieden von ihm verſchafft haben,
wenn nicht ein ſchwerer Krieg, den Olgerd mit dem
deutſchen Orden fuͤhrte, und worin derſelbe im J.
1346 und 1347 in zwey Niederlagen 40,000 Mann
einbüßte, denfelben gendthige Hätte, ihm ſolchen zur.
zugeſtehen. Nach Endigung diefes Krieges befuchte.
der Großfuͤrſt zum erfien Mahle Nowgorod, kehrte
aber nach einem uyr drepwoͤchentlichen Aufenthalte,
in welchem ex einige Verfügungen zur Erhaltung des
Ruheſtandes traf, nad Moskau zuruͤck, hon wel⸗
chem Orte er bald nachher eine Keife zum Khane
mochte, vermuthlich um Olgerden zuvor zu fommen,
von welchem er ſchon gehoͤrt hatte, daß er, um in
feinem vorhabenden Kriege wider. den Großfuͤrſten,
befonders gegenwärtig nach einer fo großen Schwaͤ⸗
bung. der litthauiſchen Macht durch den deutſchen
Orden recht fiber zu gehen, ihm Bergehungen wi⸗
der den Khan Schuld zu geben, und durch diefes
Mittel auszuwirken denke, daß ihm ein tartarifhes
Heer wider den Oroßfürfien zu Hülfe ſtehe. Er
|
»6 Zweyter Abſchnitt. Gefchichte
empfing vom Khan die beſten Verficherungen,, daß ihm
Olgerds Beſchuldigungen nicht ſchaden ſollten. Kichts
deſto weniger achtete er noͤthig, da er bald nad ſei⸗
ner Ruͤckkunft erfuhr, daB feine Beſorgniß eingetrof:
fen fey, und Dlgerd feinen Bruder Korndloder Ko⸗
riath mit andern kitthauifchen Herren an dem Khan
geſchicket habe, die ihm aufs heftigſte vetklagten, ei⸗
nige Bojaren anden Khan absufertigen, um die Falſch⸗
heit diefer Klagen Dadurch gu entkraͤften, daß vielmeht
-- Digerd durch die Zeindfeligfeiten, mis denen er die
dem Khan unterwürfigen ruffifhen Länder uͤberfal⸗
In, ſich am Khane vergriffen habe, und richtete
mittelft dieſer Vorſtellung fo. viel aus, daß der Khan
nicht nur Olgerds Begehren gang abſchlug, fondern
auch die Banze litthauiſche Geſandtſchaft den mos⸗
kauiſchen Bojaren überlieferte, die fie zu ihrem
Herrn, dem Großfuͤrſten, fuͤhrten.
Dre Brob⸗ Dieſer erlangte die erwuͤnſchte Nachricht hier⸗
—— von zu Torſchok, wo er an der Spitze feines Hit
Fürft von res fland, mit welchem er den Rowgorodern gu ‚Hils
ee fe aufgebrogen war. Denn dieſe wurden som Kb
den Kcieg. nige Magnus von Schweden und Norwegen, ald
fie auf fein Begehren, die Fatholifche Religion an
zunehmen, ſich Bedenkzelt ausbathen, mit einem fo
mächtigen Hrere angegriffen, daB fie demfelben mit
ihren eigenen Rräften Einhalt zu thun nicht vermoch⸗
ten. In einer Gegend gewann. Luka Anziferom ei⸗
nen Vortheil über einige ſchwediſche Kriegspoͤllker;
Hingegen eroberte das Hauptheer in kurzer Zeit die
ftarfe Feſtung Orechowez durch die Uneinigkeit der Eins
wohner und ihrer litehanifchen Befehlshaber. Die Leh⸗
teren ſandte der König unbeſchaͤdigt in ihr Vaterlaud.
Wer aber von den Erſtern nis die Huldigung an den
König und das Berfprechen, ſich zur roͤmiſchen Kirche
zu wenden, leiftete, word. getͤdiet Die nowgorodi⸗
des ruſſiſchen Reiches. I 77 |
[de Beſahung erhielt auf die Art, daß fie ihre
. 2andsleute bemagen wollte, innerhalb zwey Mona
then allen Anforderungen des-Rönigs ein Genüge zu
Ieiften , den Abzug nach Nomgorod; doch behielt
Maguns den Poſadnik Awram und eilf andere Be⸗ -
fehlshaber als Geißel zurück, und führte fie mis fi
nach Schweden. So fiand diefe Angelegeupeit, als
der, Srogfürk auf Empfang folder Nachrichten fein
Heer zu Torſchok feinem Bruder Johann mit dem
Befehle ‚übergab, in - Bereinigung wit den nomgos :
rodiſchen Kriess voͤlkern Orcchoweʒ zu eutſehen. Als
aber Johann mit dieſem groß fuͤrſilichen Heere in Now⸗
gorod aukam, hoͤrte er, daß Orechowez ſich ſchon in
feindlichen Händen befinde, und ging, ob ihn gleich
die Nowgoroder ſehr bathen, nebſt ihnen vor die eben
von den Feinden genommene Feſtung zu gehen, mit der
Entſchuldigung, dab Ach feine Verhaltungsbefehle
aur auf deu Entfag von Orechowez erſtreckten, mit
demſelben zu dem Großfuͤrſten zuruͤck. Dieſe ſeine
Berweiggrung zwang die Nowgoroder, den Plesko⸗
wern alles zu bewilligen, was dieſe von ihnen als
den ‚Preis verlangten, won fie den Bepſtaud der
Plestawer zu diefer Unternehmung erkaufen ſollten.
Die Rowgoroder geſtanden ihnen nähmlich zu, dog
alle Abhängigkeit. der Stade Pleskow non Nowgo⸗
zod,ydie ohnehin ſchon wenig bedeutete, gänzlich
aufhören, und Pleskow als eine ihugere Schweſter : J .
and Bundesgenpffinn von Rowgorod behandelt, auch
die geiftliche Gerichtsbarkeit des nowgorodiſchen Erz⸗
biſchofs über Pleskow in Pleskow ſelbſt durch einen
plestowifchen Z’ürger dermaltet werden ſollte. Ungeach⸗
set dieſes theuers Preiſes, den die Nowgoroder deu
Pleskowern fuͤr ihren Beyſtand zur Wiedererobe⸗
zung von Orechowez bezahlten, danerte dieſen doch
die Zeit fo lauge, daß fie am heilen Mittage mit
Ps
8 Zwenter Abſchnitt. Gefchichte
| elingendem Spiele nad Plesfom aufbrachen. Doch
die Nowgoroder ließen zum Erſatze der ihnen dos
durch abgehenden Mannſchaft frifte Kriegsvoͤlker
aus Nowgorod kommen, und da endlich die unauf—⸗
| Börlichen Angriffe neo dein Hunger einen großen
Ueberrefte
ber Regie⸗
zung Si⸗
meons.
1335.
Theil der Vertheidiger der Feſtung aufgerieben und
den Ueberreſt zur ferneren Widerſetzlichkeit untang-
Lich gemacht hatten, ſchütteten fie um die Feftungs⸗
werke einen hohen Wal auf, hber welden fie herein
drangen, und darauf an verſchiedenen Orten Feuer
anlegten; die wenigen Schweden aber, die nach der
dabey angeftellsen Niedermehrlung um’ ade bar
then, zu Kriegsgefangenen machten, mioben ſich die
Nomgoroder auch darüber freueten, daß fe bie Eh⸗
ze diefer wichtigen Eroberung ie niemanden theil⸗
ten, und diefelbe nur nenn nowgorodiſchen Buͤr⸗
gern das Leben koſtete. Doc mag hiermit wohl be
Reben, daß an andern Orten die Schweden nidt
nur wider großfuͤrſtliche Kriegsvoͤlker, fondern and
wider Tartarn und Litthauer, die dieſen Huͤlfe Id:
fieten, Fämpfen mußten, und biefe mittelſt ihrer gro⸗
Ben Ueberlegenheit den Schweden ſolchen Schaden
zufügten, daB Magnus den Frieden durch Abtritt ei⸗
nes anfehnlichen Stu Landes erfaufen mußte
Die Klagen , welche zwey ruſſiſche Fuͤrſten,
Iwan Iwanowitſch und deſſen Oheim Conſtantin
Wafiljewitſch im Jahre 1348 beym Khan widerden
Großfürften anbrachten, (deinen zwar demſelben
nichts geſchadet zu haben‘; mögen aber doch wohl
eine Miturſache geweſen ſeoͤn, warum er im Jah⸗
re 1350 nad der Horde reiſete, mo zu eben
der Zeit fich der Sofn des Sheften Couſtantin
Wafiljewitſch, Andreas, die Beſtaͤtigung über ſein
vaͤterliches Erbtheil Susdal; Niſchnei nowgorod und
Gorodez holte. Die unter dem Ropmen des ſchwar⸗
—
des ruſſiſchen Reiches. 9
zen Todes ats China, wo. fie (men fagı’s) 13 Mils
lionen Menſchen wegraffte, im Sabre 1348 nach
Kapiſchak*) und in verſchiedene europaͤiſche Länder
gekommene Seuche zeigte fir ia ben ruſſiſchen Stoas
‚sen im Jahre 1352 im Frühliijge zuerſt in Pleskow,
wo man fie.als eine Strafe der Sünden betrachtes
se, zu dern Abwendung geiflliche Mittel mehr als
die Kun und Wiffenfchaft der Aerzte helfen müßs
‚ten. Daher vermengten fi die Gefunden mit den
Kranfen zum Geheih in den Kirchen; aber bald
blieben kaum fe viel Befunde: übrig, dab fie die
große Anzahl der Verſtorbenen unser die Erde brius
gen konnten, Jetzt ſchickte man zum Ersbifchofe von
Nomgorod, um durch feine Gegenwart und vielvermä-
gendes Gebeth diefer Plage zu ſteuern. Er wills
fabrte dieſer Bitte, und —— fein Gebeih⸗ hit
den Einwohnern, ward aber bald. ſelbſt angeſteckt,
und ſtarb auf: der - Rüdreife. Sein entfeclter, Köre
per und fein Gefolge brachten die Seuche nach Nom⸗
gorod, wa. fie yon Mariens Himmelfahrt bis Oßern
fortwäthese.. Alsdann verbreitete ſie ſich faſt durch
alle Gegenden des noͤrdlichen und. ſuͤdlichen Ruß⸗
lands; und in Sluchow, Beloſero and verſchiede⸗
nen andern Städten, blieb fein einziger Menſch übrig,
Obwobhl die ruſſiſchen Jahr buͤcher nicht mit ausdruck⸗
lichen Worten ſagen, daß dieſe Krankheit auch zu
Moskau verſpuͤrt worden ſey, fo laͤßt fich dieſes doch
aus allen Umſtaͤnden ſchließen, und vermuthlich rühr-
sen die kurz auf einander gefolgten Todesfälle, der
"Metropoliten, der großfuͤrſtlichen Kinder, des Groß⸗
fürfen ſelbſt, welcher am 26ſten April im Jahre
1353 in feinem ſechs und drepfigken. Lebentiabrs
‘ 2
”) Aptſchtkow ©. z2, 33. Degusos ©, 383
„+
80 Jweyter Abſchnitt Geſchichte
Kegierung :
des Groß⸗
fürften
Iwan,
‚farb, und des sroßfürfliden Bruders Andreas non
ihr ber.
Ob gleich nun nah dem Soe des Groß fuͤr⸗
fen Sim evm und: deſſen Bruder Andreas ihr eid-
siger fie. uͤberlebender BrudereJ m an wegen ber yon
dem Khan erhaltenen Mitbelehnung nichts von irgend
‚einem Mitwerber ums Groß fuͤrſtenthumm zu beſor⸗
gen zu haben ſchien; fo machte ihm doch der Furſt
rConſtantin von Susdel und RNefchneinowgorod; ein
'Urenfel des -Großfürften Alerander ik; "von deſſen
"Sohn Andreas, dasfelbe ſtreitig, und wär, da er
von den Nowgorodern, die auch zu ſeinem Beten eb
‚nen Sefondten an die Horde ſchickten, alle Unterfiügung
genoß, nicht abgendigt, diefen Streit un- den Thron
mittel der Woffen auszumachen. Da Iis an ſich
uf den Richter ſpruch des Khaus berief; fo mußte
fich Conſtautin dieſes gefallen laſſen, und Oſchani⸗
bek entſchied Die Sache für Iwau. Weik er
836%
fi eben zu einem Feldzuge nach Perſien 'änfsidte;
fo errichtete et zuglrich einen Vertrag zwiſthen dem
Sroßfürfien und’zwifdien beffen "Bkitwerder und den
Nomwgorodern welcher die Folgen nad fh zog, daS
Eonfiantin kurg vor -feinem im Jahrr- 1355 erfolg⸗
sen Tode den: Sroßfärften un: ſeine Freundſchaft
und Bersäfuäg feiner Kinder bath Me Nomwgoro-
der aber nach Conſtantins Tode’ eh Bioßfünfen m.
ihrem Fürſten wählten."
Inzwiſchen wär Oſchanibek aus vala nit
Sieg: gekrönt nach der ‚Horde zuiid gefohimen. Sei⸗
ne Freude hietliber !aber ſchwaͤchte gar ſehr das Miß⸗
dergnügen über eſne Augenfrankhreit feiner liebſten
Bemaflinn Tadula. Weil alle: natüͤclichen Hei⸗
lungsmittel nichts ausrichteten; fo verfieler auf den
Gedanken, durch einen Befandten, den. er aach Mos⸗
kau (Site, untere Vedrohuus ſeiner ſchaͤrfſten dar
dung
des.zuffifchen Heiches. 83
dung den Meteopoliten Alerei unverzüglich nach der
Horde gu fordern, damit derfelbe durch fein Gebeth
feine Semahlinn von diefer Krankheit befreye, Hau
wußte zu Moskau nit, ob nicht diefer Befehl bloß
ein Borwand fey, non der ruflifhen Kirche Gelb
zu erpreffen; aber Alexei durfte fich Boch nicht unge⸗
horſam zeigen. — Er ging alfo mach der Horde,
that feine Gebethe über Taidula, und fie ward ge⸗
fund *). Diefe Taidula bekam Hold nachher die Res
sierung über die Horde, weil Oſchauibek ſtarb, defe
fen Sohn und Nachfolger Birdibek aber ſich in Per⸗
ſten befand, und dort noch fo viel noͤthige Geſchaͤfte
hatte, daß fie ihn hinderten, auf bie Nachricht von
feines Vaters und Vorgängers Tode nach der Horde
zu fommen. Doc gingen die meiften ruffifchen Fürs
ften, fo bald fie Oſchanibeks Tod erfuhren, im Jah⸗
re 1358 nach der Horde,. und der Fuͤrſt Wafilei
Mihailowitfh van Twer, der wegen der mit feinem
Neffen, Zürfien WBfemolod Aterandromirfch Habenden
—
Streitigkeit ſich auf den Rath des Metropoliten mit
dem Großfuͤrſten näher vereinigt hatte, that dieſe
Reife in deſſen Sefelfchaft, "und. hatte ihn zus
gleih vermocht, feinem Gegner den Weg dur das
moslanife Gebieth gu vermehren, weldes diefen
söthigte, einen viellängern durch die litthauiſchen und
pohin.fchen Länder zu thun, daß er erſt lange nad
Waſileis Rückkehr in der Horde anlangte, Allein
die Abwefenheit des regierenden Khaus verurfachte,
daß die Regierung in der Horde die Enderfidrun«
gen auf alle Auſuchungen der ruſſiſchen Zürften feir
dem Outhefinden bey feinen Wiederkehr heimſtellte,
*), Here Daniel Eraft Fr Berfafier des Geſchichte
des europaͤiſchen Rorden!!
Geſch. Außl. 2. Band. F
ge Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
und, nachdem fie einige vorläufige Einrichtuns .
gen getroffen hatte, He insgeſammt bald beur⸗
Iaubte. — Aus diefer Urſache wagte der ſonſt fo
übermäßig bedachtſame Großfuͤrſt Swan ſich de
Anforderung eines in Reſan befindlichen tartariſchen
Heerführers, Mohamed Khodgia oder Momar Cho⸗
‚fa , der ein Stud feines moskauiſchen Gebiethes
zum Fuürſtenthume Refan ziehen wollte, mit gewaff⸗
neter Hand zu widerfegen, und mar ſo zluͤcklich,
dog Mohamed, mwelder einen Liebling des Khaus
zum Zeinde hatte, auf deffen Auſtiften nach der Hor⸗
de zurüchbennfen ward, wo gr diefen Liebling ums
brachte, und. daftır mit dem Tode beſtraft ward. Des
Großfuͤrſten Bundesgenofſe, der Fuͤrſt von Twer,
welcher inzwiſchen in einem Feldzutze wider die Lit⸗
thauer Rſchew und andere von. ihnen eroberte Der
ter wieder an fein Zürftentfum brachte, genoß in
feiner Angelegenheit gleiches Gluͤck in der Horde,
indem Ddiefelbe zwey von ihm abgeordnete Bojaren
fejnen Neffen Wſewolod überlieferte, Er bezeigte ſich
aber dieſes Gluͤckes hoͤchſt nuwuͤrdig, indem er die⸗
fer Gefangenen in feinem Ungluͤcke ſehr hart behan⸗
delte, und alle Unterthanen ſo ſehr belaſtete, daß
viele der rechtſchaffenſten Buͤrger aus Twer meggin-
gen, und der . Metropolit alles Anfehen und die
ſtaͤrkſten Vorkellungen anwenden mußte, den Biſchof
von Twer dahin zu vermögen, ‚daß berfelbe zu feb
ner verlaffenen Herde zurück kehrte.
Da um diefe Zeit Birdibek, ich durch feine
Ausfhweifungen den Tod zuzog, und mis ihm die
Nachkommenſchaft des Mangu⸗ timur erloſch; fo ent⸗
ſtanden unter den kaptſchakiſchen Zartara die groͤß⸗
ten Unordnunged und Derwirrungen, indem bald in
der Haupthorde verfhiedene Mitwerber einander den
Thron ſtreitig machten, fo zwar, daß mander Khan,
des ruſſiſchen Reiches⸗ 83
ber fih Faum auf den Thron gefegt hatie, auch
fhon wieder adgefeht und getoͤdtet waͤrd, folg«
lich bald in mehr als einer Gegend dbhäugige Khane
un) Heerführer von dem in der Haupthorde die Herte
febaft führenden Khan adfielen, und entweder fir
ſich ſelbſt oder unter. dem Nahmen eines von ihnen
erwählsen Schattenbildes, dem feine Herkunft aus
khaniſchem Geblüte in den Augen des großen Hau⸗
fens einen Vorzug gab, dem derfelbe feinem Mans
ne aus einem auderu Geſchlechte zugeſtehen wollte,
fich der hoͤchſten Gewalt anmaßten.
Dieſe innerlihen Kriege entkräfteten die den Fred Dinis
ruffifhen Zürften fuͤrchterliche Macht der Fapticafie
tei befireiten -
einander. die
fen Zartaren ſo fehr, daß das Anfehen der Hanpt- gopfüeftt
Horde, innerhalb- wenig Jahren immer tiefer herab»
ſank, und Die regierenden Hauptlpane, ja manchmahl
gar Tartarn die ruffifhen Fuͤrſten um Beyſtand wis
der andere Zartarn auſprechen mußten. Folalich
nahm Urus, welcher nad einer überaus kurzen Zwi⸗
fehenregterung des Askulpg auf Birdibek folgte, alle
- bey feinem ‚Regierungsantritte in der Horde vers -
fammelten suffifden Zürften mit befonderer Freund⸗
(haft und Höflichkeit auf, und ſchob die Vergebung
der durch das am ızgten November 1358 im ggflen,
Lebensjahre erfolgte Abfterben Jwans erledigten
großfuͤrſtlichen Würde auf eine bequemere Zeit.
Nachdem Chidir oder Keder nah einer eiwa
Jaͤhrigen Regierung den Urus beſiegt und ums Les
ben_gebradt hatte; fo both Dderfelbe im 3. 1360
das Großfuͤrſtenthum dem ſusdalſchen Fuͤrſten Au⸗
dreas Conſtantiuowitſch an, und als folder ed ſich
verbath, ertheilte er es deffen jüngerem Bruder
Diitri, der nach feiner Berlaffung der Horde am
22/ten Aug. 1360 als Großfuͤrſt die Stadt Moskau in
Befis nahm. Die Romwgoroder, welche die feit eis _
sa
rde.
34 Zwryter Abfchnitt. Gefchichte
niger Zeit angenommene vorzuͤgliche Ergehenheit ge,
gen daſ ſusdaliſche Haus beſtaͤndig beybehalten hat⸗
ten, erkannten gleichfalls auf das Anfuchen des
weuen Großfürften denfelben gern für ihren Fuͤrften.
Inzwiſchen verurfachte die Rache, welche die Zartarın
für die Plünderungen. und Ermordungen, melde
eine ruffifhe Räuberrotte in Schukotin nud andern
: Orten an vielen Tartarn verübte, an den unter un«
mittelbarer tarsarifcher Herrſchaft wohnenden Ruffen -
fich verfhaffte , eine Reife der ruſſiſchen Zürften
wach der Horde, und darauf erfolgte der Schluß,
deß fie nebſt drey Ehanifchen Bevollmaͤchtigten über
diefe Angelegenpeit einen Zürfientag in Koſtroma
Baften möchten, auf welhem man fo gute Maßre-
geln verabredere, daß die Räuber in Burger Zeit auf⸗
gefangen, und zu ihrer Beſtrafung nach der Horde
geſchickt wurden. Der junge Dmnitri Iwauowitſch
unternahm bald hernach in Begleitung einiger treuen
„Bojaren feines verſtorbenen Vaters gleichfalls eine
Reiſe nach der Horde, um zu ſehen, ob es möglich ſey,
feine Beſchwerden wegen des einem andern ertheil«
ten Großfürftenthumg anzubringen... Da er aber
wahrsahm., daß fein Gegner ih der Gunſt Chidirs
zu feſt ſtehe, verſchwieg er dieſes Anliegen, und
gab ihm, als feinem Oberberrn perfönlich aufzuwar⸗
ten, fuͤr die einzige Urſache feiner gegenwaͤrtigen
Ankunft bey ihm an, und als noch dazu Unruhen
in der Horde entſtanden, eilte er aufs geſchwindeſte
nach Haufe, da eben der Großfürſt, um ſich ſei⸗
nem Auſuchen perfönlid zur widerfegen, mit feinem
Brüder Andreas und den Zürften von Jaͤroslaw
und Roſtow nach der Horde gingen. Diefe kamen
zu einer Zeit an, da eben Chidirs älsefier Soße
Temir Ehofa'oder Khödgka feinem Vater das Leben
geraubt hatte, aber durch dieſen Vatermord einen
des ruſſiſchen Heihes. 85
fo allgemeinen Abſchen wiber fich erregte, daß, aus
Ger feinen Mitverbrechern, ihm, faſt ale Tartarn
den Schorſaw verſagten, worauf ed sinem in grg⸗
Bem Anfehen fichenden Heerführer Mamai , drum
. ser dem Vorwande, ihn für feinen Vatermord zu be⸗
ſtrafen, die Waffen ergriff, gar nicht ſchwer fick,
ihn vom Throne zu jagen, und er auf ſeiner Flucht
jeuſeits der Wolga auch das Leben einbüßte. Bo
dieſer Perwirrung in der Horde mußten die ruſſiſchen
Fuͤrſten nichts beſſeres zu thun, als auf das ſchleu⸗
nigſte die. Horde zu verlaſſen. Aber nur der Groß⸗
fürft erreichte unandefochten fein Vaterland. Dennfein .
Bruder mußte einen ihn aus Raubſucht anfallenden
Haufen Zortorh jurücfchlagen, und die roſtowſchen
Zürften wurden gezwungen, ihr. Leben durch den
Verlug aller mis fih geführten Guͤter zu erkaufen.
Der Tod des Temir Ehpfa endigte die jegige Unrue
be in der Horde nicht, fondern veranlaßte vielmehr _
die Wergrößerung derſelben. Mamai raͤhmlich sah
einem gewiffen Amdula den Nahmen eines harrſchen⸗
den Ahaus, unter welchen er Die wirkliche Regie ı
zung - führen wollte, und: nahm dieſerwegen einen
Kriegszug über die Wolga gegen Kildibel vor, der
fih in dafiger Gegend die Wuͤrde als herrſchender
Khan yon Kaptſchak zueignete. — Obwohl Kildim
bet bald umkam, fo ſtellten doch verfchiedtne tarta⸗
sifche Großen in einer zu Sarai gehaltenen Verſamm⸗
Iung dem Khane des Mamai einen Bruder Chidirs,
Amurath, entgegen, der auch dieſes Auſehen bort
behauptete, aber feinem Gegner nicht vermehren konnte,
fid in der großen wolgiſchen Horde zu erhalten, in⸗
dem in einem immerwäßrenden Kriege diefer..bry»
den Khane Feiner den andern überwältigen. Eonnte,
woraus noch die der ganzen kaptſchakiſchen Macht '
ſhdduiden Zolgen eatfprangen, daß am große Huu⸗
1362.
N
860 Bwenter Abſchnitt. Gefchichte
gersnoth viele Zanfende aufrieb,. und während der
Seit, daß. diefe bepde darum kaͤmpften, wer von ih«
‚nen als regierender Khan von allen Unterthanen er»
Fannt werden follte, fowohl Abulat Zemir ald To⸗
gai keinem von beyden die fernere Unterthänigfeit .
erwieſen. Sa Rußland fehlte gleichfalls wenig dar
an, dab der Zwiſt zwifchen dem Großfürften und
Dmitri Iwanowitſch zu einem offenbaren Kriege
ausbrach. Doch. fanden beyde für rathſam, zu
fördern zu verſuchen, wie weit fie Durch einen Aus⸗
ſpruch des Khan Amurath ihren gweck erreichen
möchten. Jeder ſandte im J. 1302 Geſandte an
denſelben ab. Als derſelbe aber den Ausſpruch für
Dmitri Iwanowitſch that; fo mußte diefer doch zu
den Waffen greifen, um fi das ihm vom Khane
zuerfannte Recht non feinem Gegner gu nerfchaffen,
waben ſowohl dieſer Dmitri Iwanowitſch, als deſ⸗
gen noch jüngerer Better Wladimir Andreewitſch,
ein Kind von neun Jahren, ungeachtet ihrer Min⸗
berjäßrigkeit, mit ins Feld gingen. Weil aber Dani:
sei Conſtantinowitſch fib gu ſchwach befand, de
Macht; die num wider ihn zog, fih entgegen zu fir
gen; fo zog er fidh bey Herannabung derfelben eis
ligſt aus Perejaslaw nah Wladimir, und von dert
in fein Erbland Susdal zurück, daß folglich Dmitri
Iwanowitſch, ohne von Ihm. aufgehalten zu werden,
nicht nur von Moskau, ſondern auch von allem,
was das eigentliche Broßfürftenshum Wladimir aus
machte, den Befis ergriff. Bald nachdem dieſes
geſchehen war, kamen Geſandte vom Khan Awdu⸗
la bey dieſem neuen Großfuͤrſten an, die demſelben,
obgleich dieſer Großfüͤrſt ſich bey ihm um das Großfuͤr⸗
. ſtenthum nicht gemeldet hatte, feinen Beſtaͤtigungsbrief
darüber überbrachten. — Weil Dmitri’ Iwauno⸗
witſch dafuͤr hielt, daß dieſer Beſtaͤtigungsbrieſ
r
des Fuffifchen Aeiches. 85
7 Un nicht ſchaden, deſſen Bermeigerung bin -·
gegen den Amurathen vollkommen die. Wage halten.
den Awdula zu Feindſeligkeiten wider ihn reifen
würde; fo nahm er denſelben mit aller dem Beſtͤ.
tigungäbriefe eines rechtmäßigen Khans gebührenden
Achtung an: Dieſes Vorfalls bediente fih Dmitri
Iwanodvitſch, in einer. perfönlichen Reife, Die er zu
Amnrarh anternahne,. den: Großfürften -anzullagen.,
ald wenn. derfelbe mit. Awdula ein den GSerechtſa⸗
men Amnraths nachtheiliges Verſtaͤndniß errechtet
Habe. Er erlangte hierdurch, daß. Amurath Ken Groß⸗
fätfien. des Großfuͤrſtenthums verluftig: erffätte, und
feinem. Anfläger einen Großbothſchafter Jlaͤt uab
3o Tartarn, mebll..feigem Ernennungsbriefe zum -
Großfürften und einem Befehle an alle ruffiſchen Fürs
Ren‘, ihn als den rechtmäßigen Großfürſten zu eh—
ren, bro feiner Rückteiſe in. fein Vaterland mitgab.
Darauf nehm nun’ zwar der Zuürſt von. Suddal im
%. 1963 wieder vonder, Stadt Wiadimirund dent: 1364
übrigen großfürſtlichen Gebiethe Befitz. Allein Diiie 7.7:
tri Jwanowitſch. brachte bald. nebft: feinem Bruder:
Iwan und. feinem Vetter Wladimir Audrermitſch ein:
fo: zahlreiche Heer wider ihn zuſammen, Daß er,
da er feine eigene. Moct.zu fhmad erkannte, nad.
feinem Etbfuͤrſtenthume Susdal flühtere Aber auch
dahin verfolgte ihn Dmitri Iwanowitſch, ja, als. er
ſich zu feinem aͤltern Bruder Andreas nach Niſch⸗
neinowgoroͤd begab. „ rückte der Großfuͤrſt ihm
unverzüglich nad, und dr zwang Durch diefe.- ut
ermwirdete Thaͤtigkeit, daß fein Gegner Frieden bey
ihm ſuchte, deu-er ihm auf die Bedingung gewaͤhr⸗
te, daß er auf das Großfuͤrſtenthum Verzicht: that,
nad fein Erbfuͤrſteuthum wieder bekam.
Nah der Demürhigung dieſes Widerſachers Dwierigwa
nowitſch er.
legte Dmitri Jwanomitſch die Waffen noch aicht ing! von
—
88 Frorpker — Geſchichte
ſeinen Seas aus den Haͤuden, und wollte dieſes aicht cher then,
ner die. Ver⸗
zichtlerftung
auf das
Großfürs
Rentbum.
1364;
bis er olleaZürften, die ihm Gelegenheit zu Bes
ſchwerdes gegeben hatten, gleichfalls uͤberwunden
Baben whrbde. Der Fuͤrſt von Refan lie es nick
aufs Aeußerſte ankommen, und’erlamgte einen: guten
Frieden; hingegen Dimitri Iwanowitſch vom Halitſch
und Iwan Zedorowitfch von Starodub eusflohen
aus ihren Fürfienshümern nach Rifſchneinawgorod.
Hierauf lebte ganz Rußland in Ruhe, außer daf
Die tweriſchen Zürften ihre kleinen Kriege fortſeß⸗
ten, und die Nowgoroder die Wohnſitze ber dwi⸗
niſchen Voͤlker bis gegen ben Oby vermieten. Al⸗
lein im Jahre 1364 ſtoͤrte 'eine Peſt, die von de
tartarifchen Brenze in Rußland eindraug, dieſe
Gluͤckſeligkeit gar fer. Deun diefes Uebel verbreis
tete ſich über Niſchneinowgorod „Reſan, Peräcjas⸗
law, Moskaun, Wladimir, Susdal, Mosıhaist,
= wer, Koflom und eidlich bie Zorkhof und. Ples⸗
3365.
tom, währte fall volle drep Jahre, und wuͤthett
befonders in beim fehr heißen Sommer 1365 fo befr
tig, daß in menden: Orten nicht ein Menſch übrig
blieb, und viele Fuͤrſten und Fuͤrſtianen davon weg⸗
gerafft wurden.. Ein folder Tob traf Alexandra,
die Butter des Broßfärkten , die als Nonne Maris
genannt ſeyn wollte, deu einzigen Bruder des Groß⸗
fürften, und den Fuͤrſten Andreas von Niſchneinow⸗
gorod. Die Nachfolge des letztzenanuten gebührte
dem Fuͤrſten von Susdal, als dem aͤlteſten Bruder.
des Verſtorbenen, der dieferwegen ohne Schwierig
Feit mittelft Abfendung feines Sohnes nah der Hor⸗
de den Beſtaͤtigungsbrief gu erhalten dachte. Allein
“fein jüngerer Bruder Boris. kam ihm nicht nur mit
der Befipnehmung zuvor, fonbern erfaufte guch durch
feine Freunde die Genehmigung des Khans, welder
Den Sürften vos Susdal für deu Abſchlag dieſes
' %
\
des ruſſiſchen Reiches. 89
Geſuchs damit befriebigen wollte , daß er einen Ge⸗
fandten au ihn abfertigte; welcher ihm einen neuen
Beſtaͤtigungabrief anf das Großfuüͤrſtenthum über -
brachte. Allein der Züri von Susdal wußte gar
zu gut, daß Omitri Iwanowüſch im Groß fuͤr ſten⸗
thume feſt ige, und der Verſuch, dieſen khauiſchen
Briff gelteud gu machen, ihm die offenbare Feindſcbalt
desſelben gugiehen wuͤrde, da doch eine geuaue Verei⸗
nigung mit ihm das beſte, ja vieleicht das einzige
Mittel wäre, ihm zu feinem auf Nifhueisuwgorod;
welches ihm fein Bruder wichs freywillig abtretes
wollte, habendem Rechte auch wider Willen des
Khans zu verhelfen. Auf ſein Verlangen verſprach
ihm Der Großfärft dieſes. Aufange verfuchte auch
diefer, Niſchneinowgorod von Boris ohne Anwen
dungıder Waffen zu erhalten, und fandte den Abt
Sergei als einen großfüͤrſtlichen Geſaudten zu ihm:
* ber weder der geiſtliche Stand dieſes Mannes no
deffen ganze Beredtſamkeit und die Wichtigkeit. der
Gruͤnde, womit derfelbe feinen Vortrag unterſtutz⸗
ir, * nicht das. Auſchen und: bie Zurcht vor der
Macht des Großfuͤrſten, ja nicht einmohl dar Ban.
ſtrahl, den hernach Sergei nad der ihm vom Mer
tropoliten Alexei ertheilten Gewalt wider Boris und
alle deffen Untertbauen und Anhänger ergeben ließ,
halfen bey Boris eher, als bis fein Bruder ein durch
großfürkliche Kriegsvoͤlker vergrößertes Heer wider
ihn führte, Denn alsdann ging er ihm demüthig
entgegen, und rdumte ihm , für die. Abtretung dei:
geringern Fuͤrſtenthuins Sorodez, Nifhneinomgerod:
ein, Segen Eude des Jahres 1365 fiel.Zogai,
der, ſich damahls mit der Horde, die er unabhaͤu⸗
‚ sig befebligte, in der naruſchazkiſchen Gegend aufs
hielt, fo unvermuiher in das Fuürſteuthum Reſan,
daß der Fuͤrſt ihm feine Hauptſtadt zum Raube uͤber⸗
. 1 ⸗
90 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
laſſen und nach entferntern Gegenden feines Be
bieths fluͤchten mußte, wo er in der Geſchwindigkeit
Mannſchaft ſammelte, "womit er die abziehenden
mit Bente- befhwerten Zartaren eben ſo unverſehens
. angriff, und nach einem verzweifelten Gefechte bis
„auf wenige, Die durch. die Flucht. enstamen, toͤdtete.
Bey diefer allgemeinen unter den kaptſchakiſchen Tar⸗
tarn herrfhenden Berwirrung erdreiſtete ac eine
Dartey Nowgoroder, nichrern Theil junge Leute, oh⸗
ne ihr Vorhaben der Regierung vorzutragen, bey
denfelben Beute zu holen. Siefuhren in 200 Kaͤh⸗
ven die Wolga berab ‚ drangen unvermuthet in die
Stadt Rifhneinowgorod, wo fie nit aur alle tar
tarifchen und anderen Fremde, fondern auch viele ruf
ſeſche Kanfleute erfiblugen und. plündersen, vermi
Reten hernach die bulgarifhen Wohnſitze an der Ku
‚ na, und gingen’ bana, als wenn fie alles wohl one
gerichtet: haͤtten, mit großer Beute nad. Rowgorod
zuruͤck. Der Beoßfürft aber nahm diefe Verlegung
feines Auſehens, das ihm ſowohl als Großfuͤrſten
wie auch als. Zürfen non Nowgorod zukam, ſo
hoch auf, doß cr deßwegen 1366 feinen Staathelter
und übrigen Beamten aus Romgarod. edforderte,
und fih an den gaugen nomgorodifchen Staat halten
wollte; Tieß. au. erfi nach Verlauf eines Jahres
durch wiederholte Bitten und deutliche Darthuung,
Daß der Staat an diefer Bergehung junger unbe
fonnuener Leute einen Theil genommen babe, ſich
wieder befänftigen. Derfelbe hatte jegt- feine Macht
durch die genaue Vereinigung, ia welcher er mit
- feinem ehemahligen Mitwerber , dem Fuͤrſten von
Susdal lebte, deſſen Tochter Eudozia feine Gemah⸗
. Unn \regrd , fehr vergrößert, und umgab feinen
Mohnfip den Kremi in Moskau mit einer ſtarken
Mauer. Dadurch) ſahe er ſich in dem Stande, ig!
‚des ruſſiſchen Neiches. 92
nur als Schiedsrichter in den Streitigkeiten und in⸗
nerlichen Kriegen der ruffifchen Fuüͤrſten feine gefaͤll⸗
ten Ausſpruche zu vollfireden, und durch dieſes
Mittel ſowohl fein Land als feine großfürftliche Ges
walt immer mehr zu erweitern, fondern au den
Tartarn felbft die Stirn zu blethen. Simeon,
Fuͤrſt von Dorogobuſch, beſchied ſein Sürftenthum.
dem Fürften Michael Alexqudrowitſch von Twer, ob
er gleich an ſeinem Bruder, Jeremias Conſtantino⸗
witſch, einen natuͤrlichen Erben hatte. Dieſer fing.
wegen dieſer Angelegenheit nedit feinem Bunbesge-.
noffen,, dem Fuͤrſten Waflet Michailowitſch von Kar .
(din, einen Krieg wider den Zürften von Twer an,
ließ fih aber bald bewegen, die Sache dem Erkennt.
niffe des Metropoliten zu übergeben. Der Metro »
poltt übertrug diefes Geſchaͤft dem Bifchofe von
Twer nnd andern Geifilihen, die zum Vortheile
Michaels entſchieden. Alſein die Gegner desfelben
blieben nur ſo lauge bey dieſem Urtheile, bis fie
erfuhren, daß der Großfuͤrſt ſich ihrer anzunehmen
bereit fey. Run ging Michael zwar nad Litthauen,;
fih an ſeinem Schwager Olgerd einen eben fo maͤch⸗
tigen Helfer zu verfhaffen.. Aber dadurch ließen
fi meder der Großfürft noch die Fuͤrſten Jeremias
und Wafılei abhalten, in ihren‘ Verfahren fortzu⸗
fahren. Zufoͤrderſt brachten dieſe Zürflen. ihre ges’ —
weſenen Richter von Twer nach Moskau, wo der
Metropolis dieſen Rechtshatdel vor den Augen des
Großfuͤrſten nochmahls uͤherfahe, und vermuthlich
fiel aus eben der Urfache, warum der Biſchof von
Zwer dem Zärften von Tier in feiner Stadt in al
lem Recht gab, gegenmwärlig das Urtheil des Mes
tropoliten ganz wider den Fuͤrſten von Twer aus,
So. bald diefes geſchehen war, verfiärkte der Groß⸗
fürft die Kriegsmacht der Zürften mit Hülfsvoͤlkern,
n
[4
>
1367.
* -
⸗
90 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
sub fie führten dieß Heer vor Twer. Allein die
Einwohner wollten von Feiner Uebergabe etwas hoͤ⸗
ren, und einen Sturm durften die Belagerer deßwe⸗
gen nicht thun, weil fi ihre beyden Gemahliunen
in der Stadt befanden. Aus dieſen Urſachen dauer⸗
te ihre Belagerung vor Twer fo lange, big fie die |
Nachricht, dag Michael mit einem zahlreichen li.
shauifhen Heere auruͤcke, zur Aufhebung derfelben
‚ nöthigte, Ja gegenmättig bewarben fie ſelbſt 46
bep ibrem Gegner um einen Vergleich, Der ihnen
Denfelben unverzüglich .auf ſolche Bedinguiſſe ge
währte, da auch der Grogfürft durch Berittelung
des Zürflen von Laſchin beytrat. Der Großfürf
bekam durch diefen Friedensſchluß freye Hände, ale
- feine Macht zur Unterfügung feines Schwiegerva⸗
- ter6 anzuwenden, deſſen Gebieth Abulat Zemir,
entweder aus eigenem Antriebe und bloß aus Raub:
ſucht, oder auf Befehl des Khaus Amurath, wel
« er den Zürften von Susdal dafuͤr beſtrafen wol.
te, daß er nicht nur feinem Bruder das deinfelben
von Amurathen ertheilte Rifhnrinongorod entjo⸗
gen, ſoudern auch Dmitri Jwanowitſch,
dem er die großfuͤrſtliche Würde uehmen ſollte, das
genaueſte Verſtaͤndniß errichtet hatte, im J. 1367
überfiel und auspluͤnderte. Durch die Verſtaͤrkung
welche der Fuͤrſt von Susdal, mit dem auch der
Fuͤrſt von Gorodez gemeinſchaftlich verfußr, vom
Großfürften erlangte, vergrößerte er fein bereits ha⸗
bendes Heer fa Sehr, daß er den abzlehenden Zar
tarn entgegen gehen Tonute, wobey er ben Vortheil
‚hatte, daß er fie,.chen als fie ich mit dem Ueber⸗
gange üher den Fluß Pijang befhäftigten, under
muthet angeiff, und ihnen eine fo grobe Niederla⸗
ge bepbracte, dag Abulat Temir nur mit ſeht
‚ Wenigen a die Flucht entkam. Unterdeſſen ‚glaube
. des ruflifchen Reichs. 93°
te Fuͤrſt Jeremias, vom Fiirften von Ev neue
Urſachen erlanpt gu haben, daß er Über ibn Bes
(werden beym Großfuͤrſten anbringen’ inne. Dies
fer, dem Michael wegen. feiner Denkungsart und
Berbiadung mit Litthauen allein bey Ausführung
feines Entwürfe im Wege ſtand, hörte ihn mit der
größten Theilnahme an, und. bediente fi der Ges
Tegenheit, den Zürften von Twer zu ſich nah Mod
fon einzuladen, wo alle Streitigkeiten durch münde
liche Unterredungen am gefchwindeften beygelegt
werden Fönnten. Michael trug im Vertrauen auf
die Sicherheit, die er durch den‘ nenlichen Friedens⸗
vertrag zu haben meinte, Fein Bedenken, auf diefe
Einladung nah Roskau zu kommen. Allein nad
einigen zum Schein angeflehten Sufammenfänften,
bey welchen ſich der Betropolit als ein ganz vom
dem Willen des Großfuͤrſten abhängiger Mann ber
trug, nahm der GSroßfüͤrſt Michaeln und deffen Boe⸗
jaren in Verhaft, und entließ ihn nicht eher aus
demſelben, bis er die ſtreitige Erbſchaft ihm und
dem Zürften Jeremias abpetreten, und hierüber ei⸗
nen ewigenZrieden beſchworen Batte. So bald aber
Michael in fein Land zurückgekommen war, erflärte
er diefen ihm abgedrungenen Frieden für nichtig, und.
begab fich nach Litthauen, um nach feiner Sewohnheit
feinen Schwager Olgerd um Huͤlfe anzuſprechen.
Diefer brachte nun in größter Eile ein Hrer zuſame
men, und brach nad geſchehener Vereinigung mit
den Zürften von Smolensk und Brinst im fpdten,,
Herbfie im 3. 1968 in Rußland ein, ehe man von. 1368.
feinem Aufbruche in Moskau hörte. So Fonnte er,
nad Bemaͤchtigung der Orenzflädte, und nad) einer dem
Pleinen ihm entgegen gefhidten Heere des Oroßfärften
bepgedrachten Riederlage und Verffeerung des groß⸗
fürfllihen Gebieihes vor den Zhoren von Mosfas
—
4% w
564 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
mit den, Großfuͤrſten einen Frieden ſchließen, durch
welchen derſelbe ale Michaeln abgedruugenen
Rechte wieder gab, und eine Menge Gefangene
und eine reihe Beute mit fih nad. Litthauen füh
ven lief. Kaum aber war Olgerd dort wieder. ans
gelangt, als er mit andern Feinden fo viel zu thun
fand, daß der Großfuͤrſt mit völliger Gewißheit et⸗
kaunte, daß er, wenn et die ruſſiſchen Fuͤrſten, ſei⸗
ne Bundeögenoffen, angreifen wollte, denfelben Feine
Huͤlfe leiſten könne. Der Großfuͤrſt pluͤnderte zuförderh
die Laͤndereyen der Fuͤrſten von Smoleusk und Braͤusk
aus, und ruͤckte nachher in Twer ein, wo er fi)
der Sıödte Subzow und Mikulin bemaͤchtigte, dard
Auspluͤuderung und Abbrennung der Doͤrfer un
Zlecken große Verheerungen anrichtete, uud. mit ei⸗
ner Menge Gefangenen nah Moskau zuruͤck ging.
Michael war auf die erfie Nachricht vom Anzug.
dieſes Heeres nad Litthauen entwichen. Wie |
aber wahrnahm, daß Olgerds eigene Angelegenhei⸗
‚ten denifelben nicht erlaubten, ihm gegenwärtig bey⸗
“ zuftchen, fo wandte er fih an bie doniſche Horde,
wo der Temink oder Feldherr Mamai nod mit un
beſchraͤnkter Bewalt herrſchte, indeß er einem Sul
ton, Mamat, den keeren Zitel eines vegienenden
ahens genießen ließ.
Ungeachtet der oͤftern und ſchweren Siege,
welche der Großfuͤrſt Omitri mit feinem Gegatt,
den Fuͤrſten Michael Alerondromitfe von Twer, ge
- führt hatte, behauptete er fih doch wider alle Ver⸗
Einige feind⸗
liche Unter⸗
nehmungen
ſuche desſelben, obſchon dem Letztern ſowohl die
Tartarn als Litthauer Huͤlfe leiſteten.
Mamai ertheilte einem maͤchtigen zartoriſher
und durch feine Rieſengeſtalt und Heldenthaten ber
der. Tartarn :ÜhRiten Heerführer, Arapſcha, ohne Schwierigkeit
gegen ben
‚die lgeſuchte Erlaubniß, Roßlard zu perwüßen. a
a en — —
ö— Js — — — — — ——
b .®
des ruſſiſchen Neichs. 95
Fuͤrſt von Niſchneinowgorod erfuhr dieß Vorhaben, Großfuͤrſten
und meldete es dem Großfuͤrſten mit dem Erſachen, mißlingen,
da der erſte Sturm vermuthlich ſein Gebieth als ein
Grenzland treffen werde, ihm zu Huͤlfe zu kommen.
Der Großfürſt gewaͤhrte ihm aufs eiligſte feinen
Wünſch, und wie er mit einem ſtarken Heere, das
theild aus feinen eigenen, theils aus anderer Zür«
ſten Kriegsvoͤlkern beftand, im Jahre 1377 bep ihm
zu Riſchneinowgorod ankam, fo hoͤrte man, daß
Arapſchas Ankunft noch nicht ſo bald erfolgen wer⸗
de. Dieſe noch weite Entfernung des Feindes bes
wog den Sroßfürften, fi) wieder nach feiner Haupts
ſtadt zu begeben. Der Bürft von. Sasdal aber
übergab die gefammte nun zum Schuge feines Lan»
des zufammen gefommene Kriegesmacht zweyen file
uer Söhne, Simeon und Iwan, die mit derfelben |
über den Piana gehen und dort ihren Feind erwar⸗
ten ſollten. Allein als diefe Anführer hörten, daß
ihr Feind noch weit von ihnen entfernt ſey, überlies
Gen fie fih allen Arten von Verguügungen, und ih⸗
re Kriegsvoͤlker ahmten ihrem Benfpiele nach, war⸗
fen ihre Gewehre, welche zu führen ihnen eine un«
nüge Beldfigung gu ſeyn dünfte, anf offene Fuhr⸗
wagen zufammen, und ein Theil ſchwaͤrmte zerſtreuet
auf den Zeldern herum , die übrigen legten ſich ber
+
-
rauſcht nieder, und fröhnten dem Schlafe. Bondies
. fen Sußande des ruſſiſchen Heeres erhielt Arapſcha
Durch die in diefr Gegend wohnenden- Morduanen
Kundfchaft, und eilte mit einem ungleich Fleineren
Heere herbep, welches auch die Bereinigung ber Rote.
Duanen mit ihm nicht viel größer machte. Doch da
Die Ruffen unbewaffnet, zerſtreuet und größten Theils
berauſcht waren, fo wurden diefelben,, da er fid une
verfchens von fünf Seiten angriff, faſt ohne Wider
1377. -
Rand entweder niedergemadt, oder in Yen Plane u
»
‘
9 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
getrieben, wo noch eine große Menge erſoff. Beyde
Anführer. buͤßten bey dieſem uuglädliden Vorfalle
ihr Leben ein; Simeon durch das Schwert ber Fei⸗
de, Iwan im Waſſer. Diefe Niederlage rieb faſt
ale die Vertheidiger auf, durch welche der Fuͤrſt
von Susdal fein niſchneinowgorodiſches Gebieth wi«
. der die Gewalt der Zartarın fügen Fonute: fluͤch⸗
tete fich daher eilig aus Niſchneinowgorod nach Gus⸗
dal, und die meiften qudern Einwohner diefer Stadt
waren gleichfalls nur auf die Rettung ihrer Perſo⸗
‚nen durh eine ſchnelle Zlucht bedacht, worauf
Arapſcha aur sten Auguſt nach der mouſchenlreren Stadt
kam, fie sinäfcherte, und nach der Plünderung det
Segeuden um die Sura mie reicher, Beate uud vie
len Gefangenen nad der doniſchen Horde zaruͤck ging.
Bas er aber noch übrig ließ, raubten die Mordua
nen; kamen aber nicht fo gluͤcklich nach Haufe, Denn
fo bald der. Zärft von Gusdal vernommen hatte,
daß die Turtarn fein Fuͤrſtenthum Niſchn einowgorod
geräumt hatten, kam er in Geſellſchaft feines Beu⸗
ders Boris zurück, welcher, da Schmerz und Br
fürgung dem Fürften von Sugdal nicht erlaubte, ei
was“ vorzunehmen, alle wehrhafte Maunſchaft jut
Verfolgung der im Abzuge begriffenen Morduanen
aufboth, und, nachdem er fie beym Uebergange des
Piang eingeholt und viele getoͤdtet hatte, in dem
Fluß jagte, ſolchergeſtalt aber den größsen Theil ih⸗
ser Gefaugenen und übrigen Beute wieder erlangle.
Nach feiner Rückkunft übergab fein Bruder feinem
Sohne Wafilei und ihm theilo die eigenen, theils vom
Großfuͤrſten und andern Bundesgenoſſen empfange⸗
nen Kriegesvoͤlker zum Ueberfalle der Wohnfihe Dit
Morduanen. Ste brachten aus dieſem Heerzuge, ia
dem fieeine große Menge Morduanen getoͤdtet, und
ihr ganzes Land verheeret hatten ‚. eine anfehnliät
Beute
des ruſſtſchen Reiches. 97
Beute und diele Gefangene zu ihm, von welden Pr.
verſchiedene der Vornehmſten nach der damahligen
Sitte, wo man das Recht zu haben meinte, auch
Gefangenen oder Ergebeneti obn ſolchen Seinden, die
man nicht als’ gefittete Feinde, ſondern als Räuber
betrachtete , zus Strafe fuͤr ihre Raͤuberthaten das
Leben zu nehtnen, zu Riſchueinowgbrod hin richten
Nließ. Allein Mamai's Feindſchaft gegen den Groß⸗
fürſten und deſſen Buüdesgenöffen dänipfte die ih⸗
nen non Arapſcha und den Morduanen iugefügten .
Uebel fo wenig , daß er vielmeht deu Ueberfall des
morduanifchen Gebicides fü wohl dei Großfuüͤtſten
als deſſen Schwiegerödter zu einem hend Verbre⸗
chen wider die Gerechtſamen dei tartariſchen Ober⸗
herrſchaft anrechnete, und als ein ſolches an bepden.
ahnden wollte. Die Kriegsviiket, welche er nach.
Riſch nein owgorod abfettigte, trafen dieſe Stadt ganz.
leer, weil bie Einwohnet ſich Auf die Juſels und die
andere Seite der Wolga begeben hatten. Der Fuͤrſt
Dmimi kam zwat auf diefe betruͤbte Nachricht ſchleu⸗
nig aus Torope; dahin, aber die kutze Seit hatte,
ihm nicht vergoͤnnt, Eine genugfame Ktiegemdane '
(haft, diefem tartariſchen Heert Widerfiaud zu shun,
aufzubringen: Daher kouute a kein anderes Mit
tel zur Rettung det Stadt voñ ihrem gänzlichen Un⸗
tergange anwenbei, als daß er ſich erboth, Line bez
traͤchtliche Brandſchatzaug für ihre Schönniig. uch |
legen. Doch die Tartärn fhlugeli dieſelbe aus, ver-
mandelten Die Städt aufs .heue in einen Schutthau⸗
fsa, und kehrten nach Kusplündriung und Verwü⸗
flaug der ganzen Ürigebung imit ihtet Beute und:
ihren Gefangenen glücklich zuruck. Aber dem Heete
welches Begitſch durch das reſauiſche Fürſtenthum,
das er beyn Durchtzuge mit Mord en und Breumnen
mißhändelte, ins oprür lie Gebieih fuͤhrte, ge⸗
®
Bed. Rußi. 5: Banb.
—
—
98 Zyweyter Abſchnitt. Geſchichte |
lang fein Vorhaben nicht; denn es traf den Gioſ⸗
fuͤrſten in guter Bereitſchaft, welcher mit einer zahle
weichen Kriegsmannſchaft den Fluß Woſcha fo wohl
deckte, daß die Tartarn, ob fie gleich uͤber große
Ströme duch Schwimmen: zu fommen gewohnt was
zen, fich vergebens befirebten, auf. die andere Seite
Diefes Waſſers zu geben. |
Als er genaue Kundſchaft von de Schaf
heit dieſes tartariſchen Heeres, eingezogen hatte, ur⸗
sbeilte er, daß, wenn es zur Schlacht kaͤme, der
Sieg ihm zufallen muͤſſe, und räumte in der Abficht,
die Zartarn dur eine verfiehte Flucht über den
Siluß zu loden, frepwillig die Ufer desſelben. Die
Zartarn aber Dacten, daß er fi wirklich wicht ge
| | traue, fi mit ihnen einzulaffen, und fielen daher,
nachdem fie am -ı tem Auguſt eiligft über den Fluß
gefegt waren, mit größter Hige iusgeſammt die
Mitte der ruffifchen Schlachtordbunng ‘an, die dar
- Großfürft ſelbſt anführte; fanden aber hier une
warteten Widerfland. Nachher wurden fie don beyden
Zlügeln des ruſſiſchen Heeres, wovon einen der
Okolnitſchei Timofei, den andern hingegen Fuͤrſt Da⸗
alla von Pronsf befehligse, in diefen unbedeckten Sei
ten angefallen , uud geriethen dadurch in folge Um
ordnung, daß fie vermuthli alle würden aufgeri«
ben worden feyn, wenn nicht der Anbruch der Racht
den Ruffen verwehret Hätte, ſogleich ſich ‚ihres er⸗
fochtenen Bortheils zu bedienen. - Während der
Nacht entfernten fie ſich, und ließen, um deflo beſ⸗
fer fort zu fommen, alles. Sepdd im Stiche, wel⸗
ches den Rufen zu Theil ward, die ihre Verfol⸗
gung wegen eines am folgeuden Tage aufgeſtiegenen
Nebels erfi dann beginnen fonuten, wie die Zartara
ſchon einen zu weiten Vorſprung gewonnen hatten.
Mamai empfand eben fo viel Zorn. als Unwillen über
des ruffifchen Reiches. 99
den angloͤckliben Ausſchlag dieſes auf ſeinen Befehl
wider die großfuͤrſtlichen Länder unternommenen
Rriegeözuge.. Weil er aber auch aus eben dieſem
Borfalle erfuhr, daB er, ohne ein fehr zahlreiches
. Heer, durch Unternehninng eines neuen Feldzuges
wider die großfärftlichen Länder weder Bortheil aoch
Epre erwerben könne, fondern nur Schande habe; fo
übteler die Rache, welche er nicht aufſchieben wollse, uns
vergüglih an dem durch oͤftere Ucherfälle sduzlidh
außer Bertheidigungsftand gefegten Fuͤrſten von
Refan aus, ungeachtet alles, was bisher geſchehen
war, davon zeugte, daß derfelbe in feiner Abneigung
gegen den Großfürſten beſtaͤndig beharrete. Oleg
hatte Faum Zeit genug, feine Perfon durch die Flucht
über den Oka zu fihern; das Verderben feines Lan⸗
des aber ward durch dieſe Verheerung fo vollendet,
Daß ex dasſelbe bey feiner Ruͤckkunft nen anbauen
und mit andern Einwohnern bevölfern mußte.
Bald darauf zog Mamat feinen Khan Mamat
in Verdacht, als wenn derfelbe damit umgehe, durch
feine &rmordung ſich der Gewalt zu bemädtigen,
die Mamai unter dem Nahmen diefes Khans befag,.
und hielt dieſes für eine hinlaͤngliche Urſache, denfels
ben aus der Welt zu ſchaffen, worauf er den kha⸗
aifhen Rahmen keinem andern ertheilte, ſondern
fh einen Regenten der Horde. hieß,
Sein erſtes Sefhäft in diefer neuen Wuͤrde |
befand in der Verfammlung eines großen Rathes,
dem er vortrug, daß aus dem ganzen bisherigen
Betragen des Großfuͤrſten erhelle, wie derſelbe fh
der tartarifhen Herrfhaft zu entziehen und gu eis
nem unabhängigen Hertn aller ruſſiſchen Länder su
miachen gedenke, and. bereits feine Macht fon fo.
vergrößert habe, daß er als Beim Leicht zu überwältie
„gender Zeind angefehen werden muͤſſe, fondern nur,
ı 00 _ Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
wenn die Horde ihre eigenen Kräfte durch Buͤub⸗
niffe mit andern Mächten und Werbungen jgeld-
and beutebegieriger Ausländer vergrößere ! üben’
wunden werden koͤnne. Diefer Vortrag erhielt den
Beyfall und die Genehmigung aller Slieder, die
Mamai zu diefer Berathſchlagung zog; man geneh⸗
migte ſogar, einen auſehnlichen Theil des‘ khauiſchen
Schatzes dazu auzuwenden, von Tſcherkafſen und ans
dern tartariſchen Bolkern, ja Armeniern und‘ Frans
Ten Manuſchaft auwerben. Herner beſchloß mar, al
Je ruſfiſchen Fuͤrſten, die nut dem mindeſten Verdacht
‚gäben, als wenn fie irgend eiten tärtarifchen Bes
fehl zu befolgen Bedenken truͤgen, auszurotten, und
alle dadurch erledigten Länder unmittelbarer tartärle
fer Herrſchaft zu unterwerfen. Kaum war diefer
Entwurf beſchloffen, ſo fing Mamai auch on Auſtal⸗
ien zur Ahsfüßrung zu machen, und ruͤckte mit ſei⸗
ner Horde immer näher gegen die ruſſiſchen Gren⸗
zen, bie er fich im der Gegend von Woroneſch las
gerte.
Als der Fuͤrſt von Reſan dieſe großen Zuruͤ⸗
ſtungen Mamais zu einem ruffiſchen Feldzuge hör
te, gerieth er in die groͤßte Verlegenheit. Zwar
haßte er den Großfuͤrſten, aber er wußte auch, daß
fo wohl Mamais Ahſichten bey dieſem Heerzuge ſich
viel weiter erſtreckten. Er hielt folglich: für das
Zutraͤglichſte, jedem der bepden Gegner, fo lange es
ſeyn Fonute, damit gu ſchmeicheln, als wenn er auf
feiner Seite ſtehe, und inzwifchen ſich um eine Der:
- bindung wit einer dritten Mache zu bemüͤhen, die
ſtark genug fey, ihn gegen den, der von bepden die
Oberhand gewinnen möchte, welcher nach feiner Ber
muthung der Zartar ſeyn wiirde, zu befihägen
- Diefe Macht konnte Feine andere als die litthauifche
ſeyn, die noch dazu darin mit ihm einen gemein.
des ruſſiſchen Reiches. 401
ſchaftlichen Staaisnutzen hatte, daß der Beherrſcher
von Litthauen weder dem Großfuͤrſten noch den Tar⸗
tarn einen Zuwachs, ſondern vielmehr ſo wohl die
ſem als jenen eine Verkleinerung wͤuſchte.
Der Großfuͤrſt wandte ſich m Anſchung Der Groß⸗
der (9 graßen Kriegsräftung Mamals au Kpprion,
fuͤrſt will lies
ber Krieg als
Meteopolisgn pon Moskau und Kiew, mit. der Ans den Frieden
frage: was er bey gegenwärtigen Umſtaͤnden gu thun zu hu theuen er,
babe? Die Autmwert desſelben fiel dabin- aus :
‚daß der Großfuͤrſt, falls er heſorgte, daß er
Der Staͤrke des tartariſchen Kriegsheeres nicht ge⸗
wachſen fen, ſuchen moͤchte, ob er.den Khan durch
eine Seſandtſchaft und reiche Geſchenke befänftigen
Sinne. Jetzt befragte er den GSroßfuͤrſten, ob ihn
fin Gewiffen. feine Vorwürfe mache, daß er zu
dieſem gefäßrlichen Kriege Urſache ‚gegeben. habe ?
and als derfelbe erwicderse „ daß ihn lein Bewiffen
son. Diefer Verſchulduug frey ſpreche, ermunterte er.
ihn ‚mit biblifhen Spruͤchen, fi als ein Fuͤrſt,
der für die Erhaltung der. Kirche zu kämpfen ger
greungen fen ,. auf dern adstlihen Bepſtaud zuver ſicht⸗
lich gu verlaſſen. Dieſe geiſtlichen Ermuntetungen
Kaͤrkten den Großfuͤrſten in feinem Egtwurfe, wenn
es ihm nicht gluͤcken follte, durch ertraͤgliche Mittel
ſeinen Feind dahin zu vermögen, ihm den Frieden
zuzugeſtehen, demſelben herzhaft die Stirn zu bie⸗
then. Er ſandte Boihſchafter ea alle ruſſiſchen Für⸗
‚fen ob, um jeden unser ihnen durch tzachdruͤcliche
Vorſtellung der underaeidlichen Gefahr dahin zu ber
avegen, dab Nie mit fa Hielen Kriegs völkern, als
jeder. mit Anſtrengung aller Kroöfte aufzubringen
vermoͤchte, ſich aufs eiligfie bey ihm einſtellten. —
Diefe Borfielung fand far allenthalben guten Ein-
song. Nicht nur fein. Vetter Wladimir, der ſich
jegt zu Boromöf aufhlelt, fondern auch Michael,
-_
=
102 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte
Fuͤrſt von Twer, vergaß bey dieſen Vorfaͤllen alle
feine ehedem mit dem Großfürſten gehabten Strei⸗
sigfeiten,, und feine Kriegsvoͤlker trafen, da außer
dem genannten Vetter des Großfürften noch Fein
BVuͤrſt mie feiner Kriegß mannſchaft das großfuͤrſtliche
J zung begnüͤgt Kästen, ſandte auch unverzuͤglich einen
Heer verſtaͤrkt Hatte, unter dem Befehle des Zuͤrſten
von Eholm , Johaun Wſewoloditſch, eines Neffen
des Fürſten von: Twer, bey demſelben ein. Ramai
hörte won diefen großen Rüftungen des Großfuͤrſten,
und dieſe Rachrihr ließ ihn befuͤrchten, er möchte
vieleicht von demſelben cher angegriffen werden, als
er fein Heer. bepfammen haͤtte. Um nun Seit zu
gewinnen, und den Großfuͤrſten durch die Hoffnung,
Daß er nicht gang abgeneigt ſey, fich mit ihm zu verglei⸗
chen, abzuhalten, daß er ihm mie den Feindſeligkei⸗
ten nicht zuvorkaͤme, ſchickte er einen Geſaudten ar
deuſelben, mit dem VBortrage, daß er nur deßwegen
ſich zum Kriege wider den Sroßfürſten anſchicken
muͤſſe, weil bDerfelbe ih feiner Pflicht edtzo⸗
gen babe, und eine weit kleinere Schahung an die
- Horde abtrage, ald an bie Khane ODſchauibek ud
Usbek erlegt worden ſey. Der Großfüeft erwieder⸗
te darauf, Daß die ehemahlige Schatzung durqh
neuere Vertraͤge auf den gegenwaͤrtigen Fuß herab⸗
gefegt worden, und ſchon ſeit vielen Jahren die
. Rhane, ja Mamai ſelbſt fich mit der erniederien She
-angefehenen Manu von vorzuglichem Verdienſte,
Sacharii Tjutſchew, mit betraͤchtlichen Geſcheulen
“an den Khan ab, deuſelben ſeiner Beharrlichkeit im
Gehorſam gegen ihn zu verſichern, und durch Bor
weiſuug des Inhalts der zwiſchen ihnen beſtehenden
Verträge. und der Verringerung des Bermögenk
ſtandes der ruſſiſchen Länder dahin zu bewegm,
dog Mamoi fi der FZorderuas der Höheren Ode
des ruſfiſchen Reiches. 103 -
sung begaͤbe Da diefer ruſſiſche Gefandte dur
das refanifche Fuͤrſtenthum nach der Horde reiſte;
fo gelangten bie geheimen Verbindungen des Fuͤr⸗
ſten von Refan und des Beherefhers non Litthauen
mit Mamai zu feiner Wiffenfhaft, und er unter
ließ nicht, Togleich durch einen geheimen Borken. fele
sem Herrn diefe wichtige Nachricht mitzutheilen,
und Jeiftete Demfelben hiermit einen fehr erheblichen
Dienft, weil der Großfuͤrſt noch nicht den minde⸗
fien Verdacht geſchoͤpft hatte, als wenn der Fuͤrft
von Refan «6 nicht aufrichtig mis ihm meinte, und
aus dieſem guten Vertrauen auf Olegs Zrenmdfhaft
fih um feine anderen Nachrichten von Mamais Au⸗
Kalten bekümmerte, da er in den Gedauken ſtand,
dog der Für non Refan hierfür: genüglich forge, und
ibm alles aufridtig augeige. In der Rede, die die .
fer xuſſiſche Seſandte bey feinem öffentlichen Gehör
:an den Khan hielt, fprach er won feinem Herrn in
fo hohen Ausdrüden, daß Mamai fih fo erzürnte,
daß er einen Schub auszog, und folden dem Ge⸗
fandten mit einem verdchtlichen- Blide und den Wor⸗
sen zuwarf: das wäre ein Geſchenk für ihn, fo er
noch immer als ein Zeichen einer Bade anzunch»
men babe. Aber dieſe veraͤchtliche Begegnung brach⸗
te den Ruffen nicht aus feiner Faſſung, ſondern er
antwortete Mamai mit einer folden Würde und
Beſcheidenheit, daß derfelbe die großfürflichen Ges
ſchenke, die er zuvor nicht des Anuſchauens würdig⸗
te, anzunehmen befahl. Er vertheilte ſie aber auf
der Stelle an die gegenwärtigen Kriegslente, und
fagte: fie ſollten fih dafür Peisfchen kaufen, weil
er bald. alles Sold und Silber des Disitri in feinen
Haͤnden haben, ganz Rußland feinen getreuen Dig
nern austheilen, und diefem Dmitri zum Hüther gis
ner Herde von Kamehlen beftellen werde, Solche
a04 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Schmaͤhungen konnte Sacharii aicht fſtillſchweigend
auhoͤren, ſondern erwiederte darauf: die Schichſale
der Reihe berubeten auf dem Wöfllen des Allmaͤch⸗
- "tigen ; fein hr und Vaterland aber verdienten eine fol:
te Beratung nice. Die Zartarn wollten dieſe
Dreifigkeit, die bey ihnen eine hoͤchſt ſtraͤfliche Ver⸗
-wegenheit und Beringfhägung der Majepde ihres
Khang hieß, auf der Stelle durch Ermordung did
Boltbſchafters abuden. Allein bey Mamai verurfad:
fe fie eine ſo große Hochſchaͤzung gegen diefen Ron,
Daß er nicht nur den Geinigen alle Vergreifung an
"feiner Perſon unterfagte, ſondern fogar demſelben den
Untrag that, deu Sroßfuͤrſten gu verlaſſen, und in
‚feinen Dienm zu kreten, wofuͤr er ihm ‚eine eintrög
liche Herrſchaft in Rußland geben wollte, Gade-
ri}, den wohl einſabe, daß bloß eine Verſtellung ihn
jet retten muͤſſe, dankte Mamai für die hohe Glüd⸗
ſeligkeit, Die er ihm dadurch erzeigen wolle, daß er
ihn in feinen Dienſt gufgunchmen ſich erbiadhe, und ver—
ſprach, wenn er, wie es feine Ehre erfordere, fi
des ihm von feinem jegigeg Herrn dem Großfuͤrſten
ufgetragenen Gefhäftes. durch Weberbringung de
Antwort des KHans an denfelben entledige haben
‚würde, unverzuͤglich zuruͤck zu Fehren , um der Vor⸗
teile ſich fähig zu machen, die Ihm der guädiet
Wide ‚eines fo maͤchtigen Heren, wie Mamai (9,
zuwenden wolle; Mamai war mit biefer Erklärung
vollfommen zufrieden, gab Tjutſchewen fein Anl
wortſchreiben an den Großfürften zur Beſtellung,
und fieß ihn nebſt einer großen tartgriſchen Gefand
ſſſhaft, bep welder- vier feiner vornebmſten Bedien⸗
ten, fein Kämmerer, fein Geheimſchreiber, fein Stab
meiſter nnd fein Oberhofmeiſter, die oberfien Stel
bekleideten, in fein Vaterland abgehen, In
+ blefem Schreiben ghat der Khan, der ſich dem Eh⸗
bdes ruffiſchen Reiches. 205 7
rennahmen eines Koͤnigs des Morgenlandes beyleg⸗
‚se, dem Großfuͤrſten, den er als feinen Unterthan
behandelte, zu. wiſſen, da derſelbe tartariſche Länder
regiere, erfordere feine Pflicht, dag er durch perfün»
liches Erfcheinen dem Khaue feine interthänigkeit er⸗
weife; wenn er dieß nicht: bald.ıhue, fo werde. dieſer
Ungehorſam ſowohl au dem ihm anvertraueten Lan»
de durch gaͤnzliche Verwuͤſtung, als an ihm ſelbſt
mit verwirkter harten Strafe geahndet: merden, —
So Hald aber Tjutſchew die ruſſiſche Grenze erreich⸗
se, benachrichtigte ey durch geheime Abfertigung ei⸗
nes Mannes aus feinem Gefolge den Braßfürften
von allem, was er zu feiner Wiſſenſchaft zu bria-
gen für noͤthig erachtete, und begehrte zugleich,
ibm eiligſt einen Haufen Kriegsvoͤlker zuzuſchicken.
NIS nach dieſem feinem Verlangen 300 Ma on»
kamen, fo erregte die Wahrnehmung fo vieler Bes
waffneter bey den bey Zhutſchew beſindlichen Zar⸗
Sara feinen Verdacht, ſondern fie hielten dieſelhen
für eine Ehrruwace, durch welche der Großfuͤrſt fie
einholen Taffe, -erfgunten aber fogleich ihren Irrthum,
da fih auf Tjutſchews Befehl dieſe Maunſchaft ib:
rer aller bemädtigte, und Zjusfhew das Schreiben
des Khaus au den Sroßfürfien in Städe zerriß,
wobey er einen der Geringſten aus ihrem Mittel
—
mit dem Auftrage an Mamai die Frepheit ertheil⸗
te, demfelben dieſe Stuͤcke feines Briefes zu ‚übers
bringen, und in Tjutſchews Rahmen zu melden, -
derſelbe Habe fo vielen Stolz und- dummen Hoch⸗
muth gu ihm bemerkt, daß er hieraus leicht den Sue
halt feines Schreien erräthen Fonnte, und dadurch
bewogen worden ſey, dasfelbe, che er es feinem
Herrn zuftellte durchzuleſen. — Nachdem er er⸗ |
fahren, daß feine Vermutung mit der Sache voll»
kemmen Äbereiofimme; fo geige er Ramai, wis
106 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
ein treuer Diener des Großfürſten ſich ben derglei⸗
. den Belhimpfungen feines Harn verhalten muͤſſe,
oben er ihm dasfelbe zuruͤck ſende.
Der Grob As der Großfürft den Hordenregenten
fürft erficht
am Don uͤber
‚Hama in ſeinem eigenem Gebiethe aufgefucht
"die Tartarır hatte, ward zur Säladt alles veranflaltet,. —
einen hertli Denn in Der dritten Tagenfunde, oder nach un⸗
"ben Sieg.
ferer Rechnung etwa um adt Uhr, gab zwar ſo⸗
wohl. das ruſſiſche Heer. durch Trompetenflö-
be ale das tartarifche das Zeichen zum Angriffe;
‚aber die: Dicke des Rebels hiuderte beyde, (näher vor
zuruͤcken, uud feinen Feind gemahr zu ‚werden. Un⸗
. terdeffen vitt bee Großfürk auf abgemwechfelten Pfer⸗
‚den im ganzen Heere herum, nud begab kb zu
Dem Sauptheere, um au der Spitze feiner tapfer
ſten Krieger mit demfelben alle bevorfichenden Ger
fahren ju heilen. Zwar umrangen ihn feine Zür-
‚Wen und angefehenften Heerführer, und bathen ihn
| iehentlich, in einiger Ensfernung der Schlacht zu
zuſchauen, weil die Rettung des ganzen Baterlau-
Des auf feiner Perſon beruße, und. fein Tod fogar
den Sieg in eine große Niederlage verwandeln wuͤr⸗
de. Dee Großfürſt aber, ob er wohl dieſe Erinue⸗
"zung der Seinigen als ein Merkmahl ihrer beſonde⸗
‚sen Zuneigung ſchaͤtzte, wollte fie doch aus den
‚wightigen Gründen nicht ‚befolgen, . weil es frine
. pflicht fordere, daß er, der die aräßte Ehre in ſei⸗
‚nem Lande genieße, bey einer für Rußland eutſchei⸗
denden Angelegenheit fich mit mehr als ein aude⸗
zer Ruffe ſchone, andy fein Bepfpiel den Muth der
Seinigen beleben, feine Abweſenheit aber vermin⸗
dera würde, Kaum erlangte man mit genaner Noth
fo viel, daß er alles, was Ihn während der Schlacht
den Zortarın fenntlicdh machen könnte, ablegte, und
‚einen von feinen Waffentraͤgern, Richael Andree⸗
bs
‘
« 6“
“des ruffifchen Reiches. 307
with Brenka, feine großfürfttiche Kleidung gab,
auch die große ſchwarze Sahne vor diefem falfchen
Stoffürften ertragen ließ. Als er darauf das
Kreuz, welches er gemöhulich in feinem Buſen trug,
hervorzog, und fih mit Gebethe zum Streite berei⸗
tete, fam eine in diefenm, Augenblide angenehme
GSeſandtſchaft des Abts Sergii. bey ihm. an, melde
ihm von dieſem Manne gefegnetes Brot und ein
Schreiben überreichte, worin er ibn und fein Heer
zum tapfern Streite für Gottes Sache mit. Ber
fprehung des Dimmlifhen Benfiaudbes ermunterte.
Bieſe wichtige Nachricht ließ der Großfürſt unter
‚ das ganze Heer verbreiten, und ertfeilte darauf
fogleih feinem Vortrabe Befehl, fi dem feindlichen,
Der unter der Anführung eines tartarifhen Fürften
Telaͤka herbey Fam, gleichfalls zu nähern, Die
Stärke des tartarifchen Heeres ſchaͤßt eine Nachricht
auf 800,000 Mann; eine audere aber erhoͤhet Me
Bis auf ı,200,000 Mann, ‚und berichtet, daß Die
bepdergeitigen Hrere zufammen einen Kaum von 90
Werften eingenommen haben.
Mamai bewies. fich nicht fo kuͤhn, als der Sr
fürſt, indem ex feine Perfon nicht in die Befahr der
Schlaͤcht wagen wollte, ſondern mit drey Zürften id
an einem erbabenen Orte aufhielt, wo er beyde
Heere und den guößten Theil des Schlachtfeldes
überfchauen fonnte, wogegen der Oroßfuͤrſt ſich for‘
gar unter Die Streiter des Vortrabes miſchte. Rap
-den Heinen Gefechten zwiſchen dem bepderfeitigen
Vortrabe kehrte der Großfürſt an feine Stelle zus
züd ; fein Kriegsbeer aber blieb unbeweglich ſtehen,
und erwartete in diefem Stande deu Angriff der
Zeinde, die ſich ann auf dem knlikowiſchen Zelde
auöbreiteten , uad ihre beyden Ziügel weit Über die
ruſſiſchen ausdehuten. Doch in dem Nugendlide,
! N
108 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
als die Ruſſen glaubten, daß die Tartaru den An
ariff voruchnen würden, fprengte ein Rieſe und bes
rühmter Ritter, _Temir Marſa, hervor, und
forderte einen ruffifhen Ritter zum 'Bmepkampfe
auf. Allen bey feiner furchtbaeen Rüflung und fel-
nem grimmigen Anfehen begeigte ein Sinziger, da
. Mich Pereswet, Luſt zur Annahme dieſer Aus
*
forderung.. Diefer Kellte ſich nach exhaltener Erlaub-
niß des roffürften in feiner Moͤnchekleidung ohne
Helm und Panzer, nur wit einem greßen ſchweren
Spieße bewaffnet, gegen Ahn, und als beyde unter
dem Yufmunterungsgefhrene ihrer Heere auf ciuen⸗
Ber trafen, durchſtieß jeder feinen Beguer mit ſeiner
Lanze fa wohl, daß beyde todt zur Erde fielen.
Der. Husgang dieſes Zweykampfs ergheilte gleihfem
das Zeichen zum allgemeinen Treffen, wo der Groß⸗
Fürft den Geinigen die Lofung gah: „Brüder, Golt
M 'unfere Zufſucht und Stärke; die das game
Heer mit dem lauten Rufe; ‚Mit uns iſt Sort, beant⸗
wostete, und. auf ben ‚eutgegenlommenben Feind ji:
eilte, worauf beyde Heere im .-Angenblide haudge⸗
wein: murden. Das ſtarke Vorbringen beyder Hee⸗
te verengte den Kaum des. Schlerhifeldes fa feht,
da Diele von der ungebeuern Menge der Menſchen
uud Pferde "erdrüde und gertrgten warden, andere
Bingegen, die einen Feind vor fih durchſtochen hat
sen, ehe. fie ihre Laugen ausziehen founten, von-bis
‚den vqu einem ändern eine cödtlihe Wunde empfin⸗
gen... Seh im Anfange der Schlacht fielen weit
mehrere Tartarn als Ruffen, und der Großfürf, der
- ib Immer im heftigften Gefechte befand, fenerle
dur feine Anführung und fein Bepfpiel die Herr
Baftigkeit der Seinigen noch mehr oh. Als ein Pferd
auter ihm getödtet war, beflieg ex ein anderes, und
Jümpfte fo Iauge, bis er von der Menge der Shih -
4
des ruſſiſchen Heißes, E 109
ge unb Stoͤße, die auf feinen. Panzer trafen, ſo
eutkraͤftet ward, Daß er fich nicht länger zu Pferde,
haften konnte, fondern abſteigen, und, ohne einige
Begleiter um. fih zu haben, zu Fußr das Schlacht _ -
feld verlaffen mußte. Weil die Tartarn an der Zahl
die Ruffen um Vieles üdertrafen, ſchickten jene uns
aufbörlich friſche Mannſchaft in deu Streit, won
gen die Kurffen immer mehr adnahiten; und doch dem
ganzen Schtwarme ihrer. Feinde widerſtehen mußten:
So bald Wladimir dieſes wahrnahm, woll⸗
te er mit dem Hinterhalte ſeinen bedraͤngten Brür
dern zu Huͤlfe eilen.“ Boy Omitri, welcher eine.
eben ſo große Herzhaftigkeit beſaß; aber ihn an Kriegs⸗
erfahtenheit übertraf, wehrte ihm dieſes und andern
Gleichgefunten mit den Worten: „es ſey nad nicht
Gottes Wille, und dieß erkenne er aus der Widrig⸗
keit Des Windes, um deſſes gluͤckliche Wendung fie
alle bethen müßten. Seine Vorſtellungen fanden Ges’
hör , und der ganze Hinterhalt verblieb fo lange auf‘
feiner. Stelle , bis. Dmitti ale tattariſchen Kriegse -
völfer ins Zreffen ügen geſehen, und wahrgenom⸗
men: hätte, daß fie alle den Hinterhalt vorbey wa⸗
seit, anch der erſt widrige Wind aufhoͤrte. Sept rich
er lant: „die Beit iſt gekoumen, und Gott hilft ung I"
Diefer gang unverutntheit Aufall, den der: ruſſiſche
Hinterhalt in die Seiten und den Rüden der Tars
tarn hät, vetaͤnderte in. einem Augendlicke Diegange
Geſtalt der Schlacht. Die Ruſſen verfolgten fie bis
an. den Strom Meiſcha, in welchem noch eine Diem
ge Tärtatn ertrank. Nachdem aber Fuͤrſt las
dimir wieder aufs Schlachtfeld zuruͤdgekehrt war,
und durch den Trompetenſchall das im Verfolgen
der: Feinde gerfirenete Heer zu ſeinen Ständen zu⸗
tudgernfen hatte; fo verminderte die Bemerkung
der getingen Zahl der Sieger und der Verluſt dee
4
112 Zweyter Abfehnitt. Geſchichte
und-nun nach defien Entferuung ſich gern dem Groß⸗
fürfien unterwerfen wollten. Folglich gelangte der
ſelbe, ohne ein Hrer zu gebtanchen, zum Beßte
des Fuͤrſtenthums Reſau, und ließ es durch Beam⸗
sen, die er dahin ſchickte, regieren. Dieſer Sieg
ber Mamai kam zwar deu Urberwinderü fehe theuer
zu ftehen ; aber fie fhägten doch den Gewiun, den fie
dadurch erlangten, indem fie naͤhmlich nicht nur ihr
Vaterland von einer gaͤnzlichen Verheetung durch
die wilden Tartarız befreyeten, ſondern auch erfuh⸗
ren, daß biefer ihnen bisher fü fuͤrchterliche Feind,
vor deffen bloßen Nahmen fie erzitterten, dutch eine
ungleich ſchwaͤchere Zahl tapfeter Sireiter überwun⸗
den werden koͤnne, ſo ſeht Ha, daß fie (6 wohl dem
Großfihrſten als deſſen Better Wladimir *) den Eh
tennahtsien Dom si beylegten, bie Umſtaͤnde des.
felben dur muͤndliche Erzählungen duf die ſpaͤteſte
Nachkommenſchaft dergeftalt fortpflanzten, daß, mit
Ausnahme der Schlacht bey Pultawa und der Vor
fälle neueſter Zeiten, noch heutiges Tages in Ruf:
land, befonbers in deu Gegenden ant Don, von kei⸗
tier Rriegsbegedeußeit fo viel als von dei. Siege
fiber Mamai geſprochen wird,
Coktamiſch - Kaumt hatte Toktamiſch, Khau jü- Sara, alte
ht den ebertähligen - kaptſchakiſchen Länder erobert, und
fen. Das Reich der doniſchen Hörde mit dem woigiſchen
vereiniät: ſo forderte er durch einen Geſandteii,
Rahmens Auchsſaͤ, fo wohl: von dem Großfuͤrſten
als allen Übrigen ruſſiſchen Fuͤrſten den Abtrag der
Gefaͤlle, die fie an die dotiſche Horde zu liefern
- pflegte, da fie feit einiger. Zeit mit der wolgifchen
Horde ir keiner ſonderlichen Verbindung ſtauden. So
— wohl
9) Aicharbe heutige obbone ven: —X &, 135;
des ruſſiſchen Reiches. 113
mobi: der. Großfuͤrſt als bie übrigen Fuͤrſten erleg-
ten ſogleich die Schatzung, und erwiefen den Ges '
ſandten alle gebraͤnchlichen Ehrenbejeigungen; ja,
der Großfüͤrſt fandte hinwieder eine Bothſchaft au
Zoktamifh ab, denfelben feiner Ergebenheit zu ver⸗
fidern. Nichts deſto weniger entſchloß fih Tokta⸗
miſch, ohne daß man eine Veranlaffung angegeben:
findet, durch welche der Sroßfärft ſich deſſen Unbil⸗
len zugezogen habe, im Jahre 1382 zu einem Heere
zuge wider Rußland. Damit er aber dem Große
fürften Feine Gelegenheit gäbe , Gegenanflalten zu
. machen, warnte er ihn durch feine Bedrohung oder
Kriegserflärung , fordern fandte Kriegsvoͤlker indie
Bulgarep mit dem. Auftrage ab, alle in dortigen
Gegenden: der Handlung wegen oder aus andern
Urſachen ih aufhaltenden Ruffen zu töbten „ihre Has
be wegzunehmen, und ihre Fahrzeuge, um deſto ges
fhmwinder fein Heer über. die Wolga zu feßen, an
einen gewiffen Ort zuſammen zu führen. Alles
dieſes gluͤckte ihm nach Wunſche. Aber doch erhielt
| der Großfuͤrſt durch die geheimen Kundſchafter, die
er befidudig in der Horde bielt, Nachricht von ſei⸗
nem Vorhaben, und forderte deßwegen die übrigen
zuffifhen Zürften auf, ihn mit -gleihem Eifer wie
der diefen tartarifhen Einfall zu unterflügen, als
fie wider Mamai gethan hatten. Allein dieß Mahl
traf er nicht gleiche Willfaͤhrigkeit dep ihnen an,
ſahe fih daher gezwungen, Zoftamifhen den Weg
sch Moskau frey zu laffen und ih nah Koſtroma
zu begeben, wo er mittlerweile Zoftamifchen eutwe,
der eine. Niederlage bepzubringen, oder zu einer
ſchimpflichen gefhwinden Verlaffung des ganzen rufe
ſiſchen Gebietes zu noͤthigen, ein hinreichendes
Heer aufzubringen zuverlaͤſſig hoffte. Sein Schwie⸗
gervater hielt es bey ſolcher Bewandsniß der Um⸗
Geſch. Rußl. 2. Band.
14 Zwepter Abſchnitt. Gefchichte
fiäude für eine wuvernünftige Raferep ,. einem fo
zahlreichen Heere der roheſten Feinde gu trogen, und
fi und fein ganzes Land ohne den mindeſten Nu⸗
pen für den Großfürften in das unfehlbare und
äußerfie Berderben zu flürzen, Daher beſchloß er,
Ad durch alle. Merkmahle der tieffien und anfelde
tigften Unterwärfipfeit um die Gewogenheit des
Khans zu bewerben, und ſchickte demſelben (tue bey⸗
den Söhne, Wafılei: und Simeon, mit einem klei⸗
nen Gefolge entgegen , die Toktamiſchen nicht eher
old au den Grenzen des Fürſteuthums Reſan eins
holten, und anf deffen Befehl bey feinem Heere
verbleiben, und demſelben nach Moskau folgen muß⸗
ten. Oleg hingegen that, ob er gleich mit dem Groß⸗
fürften Zrieden und ein Buͤnduiß geſchloſſen, und der
Großfuͤrſt ihm ſein Fuͤrſtenthum wieder eingeräumt
hatte, freowillig und aus heftiger Begierde alles
.Moͤgliche zum Schaden des Großfürften beyzutta⸗
gen, Toktamiſchen alle erfinnlihe Beförderung zu
feinem Vorhaben, indem er demfelben zum Wegwei⸗
fer ouf feinem Zuge diente, woben er die Vorſict
“bewies, daß er fie um fein Land herum an die Ola
führte, wo ex ihnen einen bequemen Uebergang zeig
se, nach welchem fie Serpuchow, als die erfie groß⸗
fürftlide Stadt, die fie antrafen, nad kurzer Ge
genwehr uͤberwaltigten und zerſtoͤrten. Hierauf ver⸗
fuhren ſie gegen ale Oerter und. Wohnſtaͤtten, durch
welche fie weiter fortzogen, auf. gleiche Weiſe, und
langten om 28ſten Anguf vor Moskau an. Dahin
war kurz zuvor der Metropolit von einer nad Kiew
gemachten Amtsreiſe zuruͤkgekehtt. Diefer Geiflliche,
welcher vor dem Kriegszguge wider - Mamai andern
ſo viel von der oorzuͤglichen Gluͤckſeligkeit vorſchwaß⸗
te, welche die Märtererfrone begleitete, die alle, die
Dusch die Hände des ungläubigen Tartaru ihr Le⸗
s
des ruſfiſchen Reiches. a1:
ben verloͤren, im Himmel empfingen, ließ ſich jetzt
von der Todesfurcht fo Äberwältigen , daß er nicht
bloß darauf dachte, -wie et durch Die gefhwindefte -
Entfernung aus .einer Stadt entkaͤme, welcher eine
tartariſche Belagerung bevorfland , fondern auch ſei⸗
nen Vorſah, aus Moskan zu flüchten, fo wenig geheim
hielt, daß er, einen: anſehnlichen Theile der Bewoh⸗
ner ein gleiges Schreden, in die Hände der Tar⸗
torn zu fallen, einflößte, und. fie bewog, daß fie
gleihfald Moskau verlaffen wollten. Diefes errege
te bey den Webrigen, die die größere oder dach we⸗
nigſtens wegen . ihres Muthes betraͤchtlichere Zahl
ausmachten, ſolchen Widermillen gegen fie, dag fie
nicht nur ihnen durch allenthalben ausgeftellte Wa⸗
chen das Weggehen aus der, Stadt vermehrten, ſou⸗
dern auch alle fonflige Hogſchaͤtzuug, die die Wuͤrde
des Metropoliten jeder Perſon gab, die dieſes ehr⸗
wuͤrdige Amt bekleidete, in naͤnzliche Vergeſſenheit
ſtellten, und, bey allen feinen Abmahnungen und Bes
drohungen mit feiner geiftlichen Gewalt, weder ihm
den Ausgang dus der Stadt jugeffanden , noch fich
der Beſchimpfungen uud Gewaltthaten wider die
enthielten, die gleich ihm Moskau zu verlaffen be⸗
gehrten. Zulett brachte er es zwar dahin, daß man
ihm und andern. Gleichgeſtanten die, Entfernung aus
der Stadt erlaubte; aber der poͤbel begnuͤgte ſich
bey!diefer Gelegenheit nicht damit, daß er die Aus⸗
giebenden blog ſchmaͤhete, fondern beraubte auch uers
fhiedene darunter befindlichen Bojaren. Da aber
nah aller Wahrſcheinlichkeit diefer Abzug die Stadt
nicht ‚von allen Zaghuften reinigte, ſondern vermuth⸗
lich noch die ſtaͤrkſte Anzahl darin blieb, und auch
ſchon die Unordnung ‚und Verwirrung, die durch
Beranlaffung diefes Abzuges in der Stadt entftand,
die Hoffnung, die Stadt zu erhalten, fehr zweifel⸗
9.
=
« -_
—
126: Zweyter Abſchnitt. Geſchichte.
haft machte, indem dieſelbe auf der Einigkeit und Folg⸗
ſamkeit gegen die Befehle der Vorgeſetzten beruhete;
fo fand die Sroßfürftinn mit ihren Kindern dep län,
gerem Verbleiben in einer; fo jerrüttetem Orte feine
Sicherheit, und ging mit denfelben nach Perejas⸗
Löw. Nachher dauerte auch die Verwirrung immer
fort, bis Ufel, ein Fürft aus litthauiſchem Gebluͤ⸗
„ Digerds Enkel, ankam, und nad Uebernahme
* Oberbefehlshaberſchaft dieſelbe in etwas hemm⸗
te. Doch da dieſer ploͤtzliche uebergang der Menge von
der adußerſten Verzagtheit zu einer muthigen Ent⸗
ſchließung bloß durch die Ankunft eines Heerfuͤhrers
von bekannter Faͤhigkeit und deſſen Zuſpruch, daß
‚man ſich von der Gefahr eine falſche Vorſtellung made,
veranlaßt worden war; fo dauerte derſelbe nicht lan
ge, und verſchwand, als ſich nur der erfie Haufen
der Tartarn zeigte. Denn obglei die Zahl diefer
Feinde, die nun ankamen, ſo ſchwach war, daß die⸗
ſelben fib aus Bewußtſeyn, daß fie nichts ausrich⸗
ten koͤnnten, keiner Feindſeligkeit unterfingen, ſondern
nur das aufden Mauern ſtehende Volk nach dem Groß⸗
fuͤrſten fragten, und, nachdem fievon demſelben ver⸗
nommen hatten, daß derſelbe fich nicht in der Stadt
- befinde, ‚von fern um die Mauern herumritten; fo
erfhflte doc die Gegenwart diefer ohnmaͤchtigen und
unthärigen Feinde die Meiften-von denen, auf wel⸗
die die Berrheidigung von Moskau ankam, mit ei:
‚nem fo gewaitigen Schreden, daß fie ſich nichts an:
. dirk vorſtellten, als daß fie unfehlbar des Märterer:
todes durch die Hände diefer. Tartarn erben wuͤr⸗
den, und in diefer Einbildung nicht das Mindeſte,
fie von der Einnahme der Stadt abzuhalten, ferner
thun , fondern dafür durch Faſten, Bethen und den
Genuß des Abendmahles fich zu einem feligen Tode
vorbereiten wollten. Bey folder Befcpaffenpeit der
‚ des ruſſiſchen Reiches. . 217
Umſtaͤnde mußten. Uſtei und die Wenigen, die bey
Dem Anplide diefer tartariſchen Vorvoͤlker noch fande
. haft.werhligben., zu einem andern Mittel ibre Zus
finds nehmen, das gemeine Volk zu belaben, indem
fie aus den Häufern der Bornehmen Branntwein-
auf die, Straßen bringen; ließen, und, Preis ‚gaben.
Dieſer Verſuch übermand hey den allermeiften ole -
andaͤchtigen: Ensfchlüffe ; und da fie ſich einen Vauſch
getruzten hatten, liefen fit
Streitplaͤhe, und forderten ibre Gegner mit fp vie⸗
Ien Schimpfreden und ‚andern Verfpottungen zum
Gefechte auf, daß Diefelßen- gereigt wucden, diefe
Böbelfprage, nachzuahmen, und, ob fie. ſchon bep
„Bolten. Blute ihr Unvermoͤgen, die Mauern erfleiggn
zu kongen, vollkoumen erfannten, jegt von Raſerey
ringenommen veratbliche ‚Anfälle auf. diefelden thas
ten; und fich dadurch nad größeren, Verhöhnungen
der Vexibeidiger ausſegten. ui -
Do gleich den Tag darguf. ward die Saite
‚senfldgfter. ‚Denn ‚ag demſelben füßrte Toltamiſch
ſelbſt fein gagzes Heer pgr die Stadt auf die Plaͤtze
der von den Einmohnern ſelbſt verbraunten Slobo⸗
Pen, und. ordnete: underzůglich den Angriff, bep wels
chem die Tartarn durch ihre Menge und Erfahcung
beit im Pfeilſchießben ſehr viele Ruſſen wbeils erlegten,
zheils verwundeten. Wil he ober , "da fie. houpt⸗
ſaͤchlich durch das Unpermwibete ihres Heerzuges den
Großfuͤrſten zu aberwindetz dachten, weder Mauer⸗
brecher no andere Belqutruhgs. und Beſtuͤrmungs⸗
werkzenge mit ſich genommen, hatten, fo wurden
ihre Angriffe durch dem Gebrauch, welchen bie Ruſſen
von ihren Maſchinen mahten, durch welche ſie auf
eine. anſehnliche Weite theils Pfeife, theils große
Steine auf fie abſchoſſen, und durch Begießungen mit
fiedendem Waſſer fo.nachdrudlih abgeſchlagen, daß,
\
“
100 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
ZJegt vertheilte Tohtamiſch fein. Here in ver⸗
ſchiedene Haufen, um auf ein Mahl in vielen anderu
Gegenden gleiche Verwuͤſtungen anzurichten. Ein glei⸗
ches Schickfal traf die ganze Nachbarſchaft von Wladi⸗
mir, mit Ausnahme der Stadt, imgleichen Perejablaw,
welher Art mis folder Goſchwindigkeit Kberfallen
ward, daß die Großfuͤrſtinn, welche ſich noch darin aufe
- hielt, nebſt Ihren Rindern kaum aus demſelben entkom⸗
men konnte, und da ihnen die Tarsara auf dem Buße
nachſetzten, für ein großes Sluͤck rechnen mußte‘,
daß fie gr ihrem Gemahle und Vater nad Koffroma
in Sicherheit gelangten, ‚obgleich faſt alle Einwohner
von Perejaslaw badurh, daß fie fich in Fahrzengen
auf den Perejaslamwifchen See flüchtete, ihre Leben _
retteten, wie auch die Staͤdte Sıwenigorod , Jur⸗
jew, Mofhaist, Borowek, Rafa und Dmitriw.
Toktamiſch Rand im Bögriffe, in eigener Pers
fon eben To mit dem Fuͤrſtenthume Zwer zu ver⸗
fahren. Allein Fart Michael wandte dieſes Unge⸗
witter durch eine GSefandtfihaft, Die Toktamiſchen
anſehnliche Geſchenke und die ſtaͤrkſten Verſichernn⸗
gen von einer unverbrüchlichen Ergebenheit des Fuür⸗
ſten von Twer, uͤberbrachto) Sad ügur rechten Zeit
von feinem Lande ab, und erhlelt Dadurch. zugleich
vom Khan'die zroͤßten Merkmahle einer wahren
Zimeigung für ſeine Perſon. Doch die Nieder⸗
lage, welche dir Betten des Großfuͤrſten Wladi⸗
mit einem dieſer verwuͤſtenden Haufen. bepbrachte,
als derſelbe in der Gegend von. Wolok, bey melden
Stadt Wladimir einige Kriegsodlker zuſammengezo⸗
gen hatte, ſich bey ſeinem Berwühungsaeihäfte dere
ſtrenet hatte, befreyete Rußland für. dieß Mahl von
Toktamiſchen. Denn da Vladimir den. Zluͤchtigen
- des von ihm gefchlagenen Haufens eine Strecke lang
nachſetzte, jagte er dieſen ein ſolches Schrecken ein,
— — — — — — — — — —— —
des ruſſiſchen Reiches. -ımı
daß ftie vermeinten, es kaͤme huen ein fo zahltei—
des Heer, das ſich getraue, vo mir Toktamiſchens
gamzer Staͤrke aufzunehmen, auf dem Fuße bis
zum tartariſchen Hauptlager nad Dieſer falſche
Bericht fand... bey Tokramiſchen ſo gtoßen Slau-
ben, daß er, chue die Wahrheit davon welter: zu
unterſachen, unverzüglich feinen Ruͤckweg antrat.
Er nahm denſelben über Koldınna , welches ausge
plündert and ringedfchert ward Yarıh das Zürfien-
ıhum Refon, welches er, obme'daß der Dienft; wel⸗
chen ihm Oleg bey dem Zuge ad Moskau gelftit
o
hatte, zu deſſen Wortheile ſprach ‚eben fo feindlich
:ald 348 großfuͤrſtliche Gebirtz brhanvelten uud Hiermit
Olegen für dier Sicherheit:feiuet eigenen’ Verſon bei
forget machte, :weldhes denTelken nuch bewog, fo haws
ige fein Fuͤrſtenthum gu verfaffeni:uls dasatartari-
ſche Heer: in demſelben dvenoxile:wärbai: 1! "
. Dem :Schwirgervater des’ Sroßfürfien bewdes
Zoktamiſch während-feines. Aufenthaltes: im’ Fuͤrſten⸗
thume Refan die: Fortdauer feiner Gewogenheit dar
durch, daß er ihm durch feinen Feldherrn und Shwas /⸗
ger Schichomat, den-er als Teiuen: Befandzen od
ihn bevollmächligte , feinen Soha Simeon zerku
fandte, als er deffen Bruder Wafſilel mit ſich nafın.
Seine nunmehrige Entfernung gab dem Großfüͤcſtra
die Freppeit ; nach Moskau zu gehen, wo. nach
feiner Aukunft, da die ‚grauenivollen Gegeüſtäude
die fih 'nun hier feinem. Grefichte vorſtellten, vom
ibm mir häufigen Thraͤnen augefhaudt worden ˖ warbn)
fein erfies Geſchaͤft ſeyn leß, die noch uabegrabtu
liegenden Leichen aufs ſchleanigſte unter die Erde zü
bringen, zu welchem Zwecke er für jede achtzig Röc
per einen Rubel zu zahlen verfptadh. Die -Erfühung
Diefes Verſprechens toflete ihm 300 Rubel, wa
fotglih warden daurch feine Verauſtaltung 24060
122 Zwepter Abſchnitt. Geſchichte
Menſchen, die bey der Einnahme von Neotlan ihr
Leben eingebüßt hauen, begraben. --
. ine, wider. Toktemiſchen —æãſ —
Kriegavoͤlker führte: aun der Großfuͤrſt nad. kurzem
Verweilen in feiner yerödelen Hanptfiedt in dus
Fuͤrſtenthum Refan, an weldiem nud deſſet Fuͤrſten,
den ‚gegenwärtig die Nachticht von. Hrerannehungdic
ſes andern Feindes ˖ bewog, wieder - aus ıbemfelben
‚33 flichten, und in Vegleitung weniger: Bojarn
Don zuverlaͤſſiger Treue ſich in die Steppe zu bege ⸗
ben, ex deu der Tortarnhorde gelrifieten Vorſchub
Hit ſolchen Berwäßungen rädele, daß fie gegm
das von den Zartaru demfelben gugefügte lichen
keine Verzleichung kamen. Bey. feines. Wiederkuuſt
nach ‚Moskau. ließ sr dan Metropoliten Kyptian vos
Zoer nade Moskaa berufen, wo er, nach deſſen
Ankunft eine gerichtliche Unterſuchnag feines De
tragerßs dep: der DBerlaffung von Moskau an
Belte, und ihm bey dieſer Unterſuchnng fe grohe
Beweiſe ſeines aͤußerſten Unwillens fiber ſeine bey
dieſer Vorfallenheit bewieſene Nuthloßgkeit gab,
daß Kyoprian ſich nicht getrauete, den gaͤnzlichen
Ausgang dieſer Unteyſuchung abzuwarten, fonderh
vor. ihrer Beendigung in der Stille 2, Kiew
sing.
Nach feiner- Entfemung erfolgte. der Au
fpenc des Großflrfien: .Rpprians ganzes Verhal⸗
ten ben diefer Angelegenhelt zeuge von einer boßhaf
sen Berloffung feiner Kirche, und made denfelben
feiner Würde verluftig, zu welcher nun der Orb
für Piminen, der vormahls dieſem Kpprian wei
&en: mußte, berief. So wurden‘ aufs neue die
durch dieſes Kyprians Annahme zum Mescopolites
bee Kirche des ruffiſchen Reichs mit demſelben var
einigten euffüigen Gemeinden | ig Pohlen und Sir
des ruffifchen Neiches. i⸗
ibanen getrennt ‚ indem diefe : fortführen, din vom
Groͤßfuͤrſten ſeiner Wuͤrde vetluſtig erfiärten Ryprian
als ihr Oberhaupt zu verehren - :" -
Die Verſuche, welche Fuͤrſt Michael von Lwer
anwandte, bey der gegenwärtigen Erbitteruug Zokta⸗
miſchens wider Dmitri ſich vom: Khane bie groß⸗
fuͤrſtliche Wuͤrde und deſſen Unterfiligung, fie Omitrin
zu entreißen, aus zuwirken, verutfaten daß ſich Omitri
genoͤthig fahe, zur Vereitlung diefer ihm ſchaͤdſichen
Abficht des Fuͤrſten von Lwer gleichfalls durch Un⸗
terwuͤrfigkeitfich um die Ausſoͤhnung mit dem Khane
zn bemuͤhen, und dieſenwegen ſeinen aͤlteſten Sohn
Wafilei, dem er feine weiſeſten Bojaren zu Rath⸗
gebern mitgab, mit fo reichlichen Geſchenken, daß
dieſelben das, was der Khan von Michaela empfan⸗
gen und erwarten Fonnte, uͤberwiegen moͤchtei, wor⸗
unter 8000. Pf. Silber: genannt werden, :am- 30 .,
April 1333 auf der Kläsmaeinihiffen Ieß, um
am Hofe dis Ahans eine‘ Beſtätigung det groß⸗
fürſtlichen Wuͤrde feines Vaters zu fuchen, wildes
dieſem Unterhändler nach Wunſche glüdte, indem
Toktamiſch vinen vorachmen Tartar, Auradſch,
bevolluiaͤchtigte, als. fein Geſandter nach Mosfan
zu geben, und dort mit den gewöhnlichen Gebraͤu—
den Dmitein im Großfuͤrſtenthume zu beftaͤtigen,
für welches Merkmahl der. Gnade des Khans der
Prinz des Oroßfürften als ein Geißel in der Horde
bebaften ward, Inzwiſchen bemerkte der Schwieger- _
vater des Großflirſten, der Fürft von Susdal und
Niſchneinswgorod, welcher im ein und ſechzigſten
Jahre feines Alters lebte, eine ſolche Abnahme
ſeiner Kraͤfte, daß er urtheilte, ſein Tod ſey nicht
weit entfernt. Dieſe Umſtaͤnde bewogen denfelben-,
auch feines jüngern Sohn zu Toktamiſchen zu ſenden,
mn den Khan durch dieſes neue Zeichen ſelner uns
x
Y
24 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
veränderten Ergebenheit Pr vermögen, daß er dem
Anhallen feinen Bruders Boris, Fuͤrſten vor Sorodg,
welcher bey feinem uummehrigen perfönlichen Auf:
‚enthalse In der Horde daran arbeitete, nach Dmitris
‚Zone zum Nachfolger in deſſen Fuͤrſtenthuͤmern ur
sonnt. werden, nicht willfahre, foudern dieſe Länder
‚den feiner Nachkommeunſchaft laſſe. Sein Wunfd
aber ſchlug ihm fehl, indem der-Khan, nachdem
bald nach Der Abreiſe des. Prinzen defieg Vater am
5. Yumius 1383 verſterber war, dem Fuürſten von
Goroden diadurch dieſen Todesfall erledigen beyden
‚Zürßenihämer zuerkannte, die beyden Soͤhne des
Verſtorhenen aber aur mit einem flaudegmäßign
Unterhalte mittelſt Lint aͤglicher Sänderepm in den:
ſelhen bedachte.
Innerlicher. BY ebes dieſem Jahre kom Yatrilil,. Zürft von
— Swenigorod in. Volhynien, nach Großnowgorod,
rimundiſche und bewarb ſich bey, daeſer Stadt um Oreſchek un
——— vu die uͤhrigen, Läubenepen, : die ehedem fein Vater
* Narimund von ihr..erhalten hatte. Die. Nomgore
der erfüllten ſein Verlangru. Allein die ihm. ange
wieſenen Unterthanen. bezeigten gleich - zu Aufang
feiner. Regierung Miſvergnügen, ihn. zum Hera
erhalten gu haben, und brachten ihre Beſchwerden
über ihn Yu Nowgorod an. Hierauf ward er zut
Vergntwortung berufen, und als er erſchienen war,
erklaͤrte ſich 1384 bie ſlapiſche Ecke, eines von den
füuf Quaxrtieren der Stadt, welbes: sr durch Ge
ſchenke gewann , zu feinem Vortheile, deep ander
Quart e:e hingegen, naͤhmlich die nerewiſche, Tudinl:
ſche aud ſagorodiſche oder worſtaͤdt ſche Cote, vergriffen
die Parzey der Oreſcheker, und.bepde Theile bezeig⸗
ten fo viele Hihe und Staudhaftigkeit, die einmahl
erwaͤhlte Partey aufs dußerſte zu behaupten, dab
eine Zeit Lang, alle Verſuche, welche die Bewohuet
3
.“
cbes maſſichen bteichec
des fünften Stadttheils Plotnitſchie ober Zimmer⸗
manusece, die in der Abſicht ſich mm keinem der ſtrei⸗
tigen Theile geſchlagen hatten... um durch birſe 122
teplofigfeit deſto leichten jeden von beyden zut Nach⸗
giebigkeit zu vermögen ‚: und‘ den friedliebenden: Tye -
fögfot Efin anwandten, die Einigkeit herymMelien ,
fruchtlos adliefen, und jeder Theil zwey Worhen täge '
U, Die Vertheidiger der Oroſcheker anf dem Iaros-
lawshofe, dem. gewöhnlichen Berfammlungsorte der
ganzen Buͤrgerſchaft, das ſlaviſche Stadtthen hin⸗
gegen bey der Sophienkirche, beſondere Berathſchla⸗⸗
gungen anſtellten, die auf nichts abzielten, als: den
Seheutpeil durch die Sewaltder Waffen zu zwiugen,
fich ſolchen Ausfpruch in diefer Angelegenheitgefällen
zu laffen, wie er darin getroffen hatte. Ja, da⸗Eſp
in eigener Perfon fit in der Verfammlung des ſla⸗
vifhen Stadttheiles einfand, um diefes zur Verſoͤh⸗
nung gu überreden, fo vergriff man fidh ‚an feiner:
Perfon, und kaum vermochte der Biyſtand, den
ihm die Bewohner der Zimmermannsecke und einige
Bernünftige der Tlavifchen Ecke leiſteten, ihm das
Leben: reiten. Am 9. Februar machten die Ver⸗
theidiger der Oreſcheker alle Anftalten zum wirklichen:
Angriffe der flavifhen Ede. Doch da fie wahrnah⸗
men, daß diefe ſich mit gleichem Eifer zur Gegen⸗
wehr rüfteten, und über dieß den Fluß zu ihrer Ber
sheidigung hatten, und Hierzu noch die Beſorgniß
Fam, daß fi die Simmermannsede des Theiles
annehmen würde, welcher durch wirkliche Feindfelig»
keiten alle ihre Bemühungen, den innerlichen Frieden
zu erhalten, vereiteln wollte; fo gaben, ehe es zum
Gefechte kam, bepde Theile den Vorſtellungen Ge⸗
hoͤr, welche ihnen die Zimmermannsecke auch noch
gegenwaͤrtig machte, und die ganze Stadt endigte
durh einen allgemeinen Volksſchluß dieſe Sache der⸗
ı28 Zweyter Abfchmitt. Geſchichte
fuchte, ain von feinem Vriter dem Könige von Yohlen,
deu Beſch von Litthauen zu erzwingen. Diefer er⸗
kanute den Sohn des. Großfürften; aud weil ihm
wegen feiner auf Litthauen habenden Abſichten eine Ber-
bindung mit demſelben, als vermuthlichem VBeherrſcher
des rufſiſchen Reiches, zum großen Vortheile gereich⸗
te, und er über dieß feine einzige Tochteriuakkafia nicht
beffer als durch eine Bermäßlung anbringen konnte, fo
erwies er deinfelben alle erfiunlide Höflichkeit und
Zeenundichaft, behielt ihn aber: fo lange unter Dem
Scheine, die nothwendigen Anflalten beforgen zu.
‚möüffen , Damit fein ongenchmer Gaſt mit größerer
Sicherheit und Bequemlichkeit in fein Baterland ge
langen mödte, in feiner Gewalt, Dis er ibm bie
größten Berfiherungen gegeben hatte, Daß er nad
feiner Rüdkunft in Rußland feine Tochter zu feiner
Gemahlinu abholen laſſen wollen. Darauf ver
forgte ihn Vitold aufs reichlichſte mit allen Erfor-
derniſſen zu feines ferneren Reife, die er über Polotsk
nahm , wo er von den Bojaren feines Baters einge
holet ward.
Ob aber wohl Vitold feine Tochter ihm anfge⸗
nöthigt Hatte: fo erfüllte er doch das demſelben ge⸗
gebene Verſprechen, weil er, da Vitold wirklich ‚zum
Befipe von Litthauern gelangte, eben-fo viele Rech⸗
‚nung als diefer bey Vollziehung folder Heirath fand.
Zwiſchen dem Großfürften und feinem Vetter Wla⸗
dimir , der mit demfelben fo lange in der eugſten
Zreundfchaft gelebt, und ihm In allen feinen Krie
gen die treuefien und nüglichiien Dienſte geleiftet
hatte, waren vor Rüdkunft des Prinzen Wafilei
Mißhaͤlligkeiten entfianden, die fo weis gingen,: daß
Wladimir mit feinem ganzen Haufe ih nah Omitrew
. begab, der Großfürft: hingegen fih ber Bojaren
feines. Vetters bemaͤchtigte und dieſelben ou verſchie⸗
des
N
des ruſſiſchen Meiches, ° an
denen Orten in Harte Gefangenſchaft halten ließ.
Bald nach Waſileis Aukwuft aber legten beyde Fuͤr⸗
ſten ihren Zwiſt durch einen in Gegenwart des Mes.
Iropoliten Pimin von. beyden befchwornen Vertrag‘:
dergeſtalt Bey; daß Windimir verſprach, den Groß⸗
fürfien als feinen Vater, deſſen aͤlteſten Sohn, Was-
filet,. cds feinen älteren Bruder, Seprgen, als feinen
Bruder, und, die übrigen Söhne des Großfliefien
ols feine jüngeren Brüder anzufehen. Beyde Fuͤr⸗
fien verpflichteten‘ fi wechſeitig, daß fie und ihre
Erben in unverdrichlicher Frrundſchaft leben wöllten, -
mad ein Theil ohne den andern nichts unternehmen, ı
fendern jeder die. in dieſem Vergleiche eh ge⸗
machten Befpungen und Rechte ſchuten und bewahren,
Bte.:
Eine Geſandiſchaft des miſhen Papſtes bee:
ebete. bald nach diefer Begebenheit den Hofdes Groß⸗
fürſten; abes weder der: Nahme des Gefaudren noch
ſein Auftrag wird gemeldet. Da Toktamiſch gegen⸗
waͤrtig Peine Mittel fand, durch Unternehmang wirk⸗
licher Feindſeligkeiten den Wachsthum des Auſehens
und der Macht des Großfärften zu hindern; fo dent
mühete er fih wenigſtens, die noch Beftändig forte
danernde Scheelſucht des ‚Zürften von Twer, welchet
durch häufige Verbindungen mit: den fitthauiſchen /
Fuͤrſten das, was ihm an rigeten Kräften, dem
Großfuͤrſten die Wage gu halten, fehlte, zu erſeßen
fich beſtrebte, nicht erlöfchen’ zu laſſen, and daher
Pam: es vermuthlich, daß er demſelben gleich nach
Der Flucht des großfuͤrſtlichen Prinzen durch einen
tartariſchen Geſandten feinen Sohn Alexander frey⸗
/
willig neh Twer zuruͤck ſchickte. Uuch raͤchte er die
Freundſchafts verbindung des Fuͤrſten von Reſan mit
dem Großfuͤrſten im J. 1388 durch einen Ueberfall des
reſauiſchen Juͤrſtenthums, den er fo ploͤßlich that,
3
Geſch. Rußl. 2. Band,
1388.
*
Zweyter Abſchoitt. Geſchichte
dab Dies. lanm durch die Blut entwiſchte, fein
Gebieth aber nugehindert gedklindkert und verheert,
und groͤße Beute daraus nad: het Horde gebränt
wurde: Int folgenden Jahre. veruͤbte er ein Gleidpet.
Hiugegen konme er nicht veewehten, daß die Söhne
Des Schwiegervaters des Großfuͤrſten durch die Huͤlfe
des Großtuͤrſten zum Befſitze der Fuͤrſtenthuͤmer ihres
Vaters gelangten, welches Geſchaͤft die Neigung
der. Einwohner dieſer Fürſtenthümer ihnen erleich⸗
terie. Denn da fie fich auf dieſe Unterſtühung ver
laſſen konnten, arbeitete Waſilei Kirdaͤka, waͤhrend
der Zeit, daß ſein Bruder zu Hanfe feine Auſtalten
hierzu machte, am Hofe des. Khans daran, deſſen
Genchmighag zu ihrem Vorhaben zu erhälten. Die
ſes noͤthigte ihren Gegner Boris, aleichfalls dahin
zu zehen, um-Mafileis Bemühnngen - zu overeiteln.
Als Waßlei Kirdaͤka dieſes ſahe, waͤhlte er einen
andern Weg, feine Abficht zu brwerkſtelligen, inbrm
er gleich nach Ankunft ſeines Bruders in der Stite
die Reiſe nach ſeinem Vaterl aade autrat, in Hoffnun,
waͤhrend der Abweſenheit des Fuͤrſten Boris ſich
— ,. neh feinem. Bruder in Geſcheindigkeit der Fuͤrften⸗
chümer, die derfelbe jetzt befaß:,. bemaͤchtigen zu
koͤnnen. Aber zu ſeinem Unglnde begegürte ihm ein
ans Rußland kommender tartariſcher Gefändter, det
ihn als einen. Fluͤchtling mit Sewalt aad der Horde
zerückſühr«e.
Dieſer uUmſtand: lenkte die ganze Gunſt des
tartariſchen Hofes auf die Seite des Fuͤrſten Boris,
Indem derſelbe Wafileis Entweichung durch harte
Begegnungen defiräfte, deſſen Vetter hingegen mit
der Verficherung, dag er ihn beym Beſitze der Für
ſtenthumer kraͤfeigſt unterügen wolle, dahin zuruͤch⸗
ſaudte. Da derſelbe die Unzuverlaͤfſigkeit ſolcher
Verfprehungen und den Wankelmuth des tartari⸗
des rufiſchen Beide gr
ſchen Hofes kaunte, und wußte, wie viel daran
Ttege, daß man, wenn ein Gegner An demfelben zu
feinem Nagtpeile arbeite, fich gleichfals an demſel⸗
ben befinde; fo ſchickte er 1387 feinen Sohn Iwan _
nad der Horde, und nun nahin dieſe Angelegenheit
die Wendung, daß Toktamiſch beyde Bringen mie
der Berficherung feiner Sewogenfeit: an ihre Verſender
entließ. Nach bepder Khdfchr in Ihe. Vaterland
fingen Waftlei und Simon niit eigenen und groß«
fuͤrſtlichen Kriegsvoͤlkern den Krieg wider ihren
Vetter mit ſo zluͤcklichein Fortgange ah, daß fie den
Zürften Boris ia feiner Haupiſtadt Niſchneinowgorod
Defagern konnten, und dadar von deinfelden 'erhid.
ten, daß er mit ihnen einen Friedensſchluß errich⸗
ate, in welchem er ihnen die durch ihres Vaters
Tod erhältenen Fuͤrſteuthuͤmer abtrat, und ſich nur
die bey deſſen Lebzeiten gehabten Laͤndereyen vorbe⸗
Hielt. Kurz vor ſeinem Tode, den dem Großfüͤr⸗
ſten ſeine von den vielen feit der fruͤheſten Jugend
ausgeſtandenen Befchwerden und Semürhsbefinm-
meruiffen herruͤhtende Kraftlofigkeit ankuͤndigte, er»
lebte er noch das Wifvergnügen, daß 1387 elıre
Seuche, melde in der Stadt Smolensk die Ein⸗
wohner dergeſtalt mitnahm, daß nur 5 oder ı6
Menſchen übrig - blieben, vie nach Verſchließung
Der Thorr die Stadt Teer ſtehen ließen, fih über
das nördliche Rußland verbreitete, den ganzen Som».
mer durh in Pleskow und Nomgorod andielt, und
eine größe Menge Menfchen megraffte. Kurz vor
feinem Tode, welcher am 19. May 13939 erfolgte,
verfertigte er fein zweptes Teſtament, ivorin er ſei⸗
ner Nachkommenſchaft aufs nachdruͤcklichſte und ruͤh⸗
vendfte die Fortfegung und Vollendung des während
feiner ganzen Regierung dor Augen gehabten und-
wach aller Möglichkeit‘ beforgten Gutwurfes ver Bes
32
|
132 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
frenung des Vateilands von dem ſchimpflichen und
drüdenden Joche der Zartarn einfchärfte, und ihr alg
ein hierzu unumgänglich nothwendiges Mittel die von
ibm ſelbſt bey aller Gelegenheit forgfältig beobachtete
Erhaltung eines bruͤderlichen Vernehmens unter allen.
tuffifchen Sürften und Ergreifung gemeinfchaftlicher .
Maßregeln wider. den ihnen allen gleich laͤſtigen
Feind empfahl.
De Grote, Seiu Sobn und Nachfolget Wafilei erlangte
fürſten Wa⸗ bey Autritt ſeiner Regierung die Ehre, daß er fih
—5 — auf eine von Toktamiſch erlangte Erlaubniß am
rung. 15. Auguſt 1389 gu Wladimir kroͤuen laſſen konn»
te, da dieſer Gebrauch von ſeinen Vorgaͤngern, die
unter tartariſcher Herrſchaft regierten, entweder
auf ein ausdrüudliches Verboth oder aus einer wohl⸗
gegrüßdeten Scheu unterlaffen worden war. Die
Beränderungen , welde der Krieg zwiſchen Tokta⸗
mifch und Tamerlan unter den Tartarn nad fi 308,
verurfachten, daß zwar einige Verwüftungen in den”
unter Wafileis Hertſchaft ſtehenden Staaten ange⸗
richtet wurden, gaben ihm aber auch Gelegenheit,
mittelſt verſcicdener Verbindungen, die er biswei⸗
len mit feinem Schwiegervater, bisweilen. mis
® einigen tartarifchen Khanen, die fi ſelbſt der
Macht anderer gegen fie feindlid gefunfen Tartarn
wit gewachſen fahen, bedeutende Eroberungen von
den Tartorn zu machen. Im Jahre 1391 thaten
viele Nowgoroder und Uftjuger, melde nah Ge
wohnheit dergleichen Ueberfaͤlle als ein gutes Be⸗
reicherungsmittel auszuüben pflegten, die Waͤtka
herunter einen Kriegszug, von den Tartarn Beute
zu bolen, plünderten die Städte Schufotin und
Jarsk oder Arsk, und Echrten auf der Wolga mit
1392. großer Beute zuruck. Im Jahre 1392 verhand fi
\ der. krimmiſche Khan Hadgikerai mis dem Großfuͤr⸗
— —
u det euffifchen Reiches. rg
-fien zur Bekriegung des Cjars der goldenen Horde,
Selet Sultan, und in dem Zeldzuge „den. beyde
darauf wider diefen Feind unternahmen, ſchickte
Hadgiferat feine Manuſchaft zu Lande, der Groß⸗
fürft Hingegen gu Woffer auf Bothen ins feindliche
Gebieth. Hingegen vergaßen die kaſaniſchen oder bul⸗
garifhen Tartarn der Abhängigkeit, in welcher fie ges
gen den zuffifchen Sroßfürfien ſtanden, indem fie unter
Anführung Gentais, des Sohnes ihres Czars, in
Bereinigung mit dem fusdalifhen Fürften, Simron
Dmitriewitſch, eirem Mutterbruder des Großfuͤrſten,
vor Niſchneinowgorod gingen. Nach einer dreytaͤ⸗
gigen Belagerung öffneten die Einwohner ihnen auf
die Verſicherung, daß fik ihnen Fein Leid zufügen
wollten, ‚Die. Thore. Allein ungeachtet dieſes Berfpres
chens plünderten fie Die Stadt aus, And toͤdteten
eine Menge Leute; die. übrigen aber führten fie mit
fib in die Sefangenfchaft fort. Darauf vermweilten
fie 14 Tage mit Ausübung ihrer gemößnlichen Feind»
feligleiten in diofee Gegend, und nur die Nachricht
von der Heramnahung eines großfürklichen Herres
bemog fie, diefelbe wieder zu verlaffen. Allein diefer
Meineid Fam ihnen, theuer zu ſtehen. Denn der
Großfürft fand ſich daritber fo fehr beleidigt, daß er
1396 feinem Bruder Georg ein zahlreiches Heer
übergab, ſolche an ihnen zu rächen, welcher in Zeit vor
drey Monathen Kafän, Bulgar, Schukotin, Krement⸗
ſchuk umd verfhiedene andere bulgariſche Städte an’
der Wolga beswang und gaͤnzlich gerflörte, den Czar
vor Kaſan nebſt deffen Gemahlinnen tödtete, und
Das ganze Land dem Großfuͤrſten nuterwuͤrfig made
te, auch viele Schäge, die er in diefem Kriegszuge
erbeutet Hatte, mit fih nach Haufe brachte. Durch.
diefe Begebenheiten empfing die goldene Horde einen
fo großen Stoß, daß fie von den am Jaik herum⸗
%
‘
296.
&
F EEE
®
* 54 Bwepter Abſchnitt. Geſchichte
ſchweifenden Wagniten bald hernach ganz über dem,
Saufen geworfen. werden Fonnte, und ob fie fidh,
glei wieder in etwas erhohlte, nie wieder vum ver⸗
lornen Auſehen gelangte,
Die Stadt Kafan blieb vierzig Jahre lang uns
bewohnt. Faſt zu eben diefer Seit, da. die ruſſi ſchen
Kriegsvoͤlker dieſe Tartarn bedraͤngten, richteten au⸗
dere Tartaru, naͤhmlich das tamerlaniſche Heer,
welches Toktamiſchen überwunden haste, und dieſen
fuͤchtig gewordenen Gegner bis nach Rußland verfolgte,
in ihrem eigenen Gebiethe große Berwüflungen au.
Denn verfhiedene Haufen desfelben uerheerten auf
‚ein Mabl.viele Städte und Gegenden, unter welden
die Städte Moskau, Kazafı und Elez nahmhaft
gemacht werden. Die überaus reihe. Beute, wel⸗
de dadurch den Kriegsleuten Zamerigus an ganzen
Gtüden gegofjenen Goldes und Silbers, vortreffli-
chem Pelzwerk und andern Scägen zu Theil. ward,
erweckte demſelben ein, Verlangen, mit feiner gee
ſammten Macht einen Kriegszug zur gaͤnzlichen Be
zwingung des ganzen ruſſiſchen Reiches zu, ugtertgeh⸗
men. Als er aber im ſtreugſten Winter durch die
kaͤlteſten Gegenden frin Heer nad Rußland führte,
raffte der Froſt fo, giele Leute weg, daß er fich ge⸗
noͤthigt fahe, für. dieg Map fin Vorhaben aufzuge⸗
ben, und wieder umgufehren. Da er nachher fib
zur Eroberung von Judien und anderen morgenlän«
difcher Länder wandte, in weldhen er noch ungleich
größere Reichthuͤmer antraf, und welche er mit weit
leichterer Mühe ‚einzunehmen hoffen koönnte, fo uns
terblieb die Ausführung feines feindlichen Vorha⸗
beus wider Kußland. gar.
Dos Buͤndniß, weldes der von Zamterlan fd»
ner Herrſchaft eutſetzte Toktamiſch mit dem Schwie⸗
gervater des Großfuͤrſten errichtete, brachte gleich⸗
*
Ve xuſſiſchen RXeiches.35
(als dem Großfürfien den Nachtheil nicht, den er
achabt haben würde, wenn Toftamifcken: und Sitol⸗
den Mad sie Geſchaͤft, das, ſie ve imoͤge dieſes Bünde.
niſſea muitruahmen, und deſſen gluͤckliche Ausführung
Ihnen He Wegezu den andern bahnen wußle, mähme
lich die -MWiedereinfegung Tektamiſchens, gelungen
wine. Denn Tollamiſch ver pflichtete ſich wenn- ex
da Mitolds Beyſtand die ehedem⸗beherrſchten Lars
„tara ſich yaterwinfig.. gemadht. haben winde, ihn mit
den darch ihn wieder erlampten, tartariſchen «Herten
in ßen Keiegen, die Vitold wider Mosian,: Twer,
Nowgmod, Pleskow und. Deuſſchlandn waruntxe
hier bloß die ‚der. Harrſchaft Ar deutſchen Arne
—
X
untermorfenen Länder; Qrenßen und Lieflandor au |
venfsben-find,: führen. iulöchte, gu..uhterßügen.. Va
Vitold ein: ſehr Friegerifhen: Fürk: und vn Branı«
nachbar feines Schwiegerſohus war; fo fongte:e&
nicht ‚fehlen, ihre Freund ſchaft mußie oft-Aune,Rrien
96; die fie'amit einanden. führten, unterbrochen werd
dem. Db-fealfe wohl iR Y; 1 598in.fa gutem Verde
men lebten, daß Vitold bey Oelegenheit wet: Arirger
zugs, den er had Smolensk und Reſau that, ben
feinem Schwiegerſohne zu Kolomna einen Beſuch ahn
legte, und. von dembelben prächtig. bewirthet Sud
reichlich beſchenkt ward 3.fo dachte doch Vitold ſchon
im J. 1400, wie aus dieſem ſeinem Buudniffe mik
Zolsamifch erheilet, einen Srirg-;mit feinem Schwie⸗
gerſohne Anzufnagen, in ;weidhen: Vitold Toktami⸗
ſchens tart ariſche Kricgspoͤller augen wollte:
Allein im J. 1408 traf das ruſſiſche Reich ein
ſchweres Ungewitter. Deun Idila oder Edigei, der
Feldherr eines tartariſchen Khans, Pulad ‚Sultan ,
deffen Macht aus der Zerirämmerung der toffami.
ſchiſchen eatſtand, und. durch gaͤnſliche Vernichtuug
derſelben in dem großen Siege, den dieſer Silg
136 Zweyter Abſchnitt. Gefchichte
über Vitolden, den -Befcbiiger Zoktamifchens, erfoch⸗
sen hatte, und dur die vor eben ihm gefihehene
Vernichtung Dir goldenen Horde fich fehr erhoben
hatte, rüdte damabls mit einem fo zahlreichen: Heer
vor die Hauptſtadt des Sroßfürſten, daß derſelbe
aus Furcht, daß er bey Einnahme derſelben in die
Hand ‚diefss Zeindes . fallen moöͤchte, aus derfellen
eutwid. Doch verblieb eine fo ſtarke Zahl tapferer
Mannfcbaft und erfahrnes Anführer darin, daß die
ſelbe 20 Tage lang alle Anfälle vereitelte, Mittler:
weile forderte Idikn den Fürſten nom Twer, Iwan
Mic olowitſch auf, iäi mit feinen Kriegsvoͤlkern zu
verfiärken , und dieſer Fuͤrſt ſcheuete dir Mat die⸗
fes tartariſchen Feldherrn fo ſchr, Daß er ſich nicht
unterſtand, demſelbon den Sehorſam zu verweigern,
fondern wirklich mit beiaen Brere deu Weg I ihm
auttat.
As er aber bie Men gezogen war, ging. er
in fein Land zurüd: Inzwiſchen vernahm Spile,
daß. in-feiner Heimath "große. Unruhen entflanden
fenen, ‚die füine ſchleunige Ruͤckkehr nothwendig mad
sen. . Ditfe Nachricht bewog ihn, für.die Anna).
me einer Summe von: 3000 Kubeln, welche ihm
Bier Stads Moskan ‚bezahlte, Die Belggerung derſel⸗
ben aufzußeben, und wieder nad Haufe zu ‚gehen,
nachdem er in Rußland wert und breit Die größten
Berwüuͤſtungen angerichtet, die Städte Perejaslaw,
Furjew und Dmitrew uebſt einer Menge. geringerer
Städte und Flecken ausgepländert und ausgebrannt,
" fobne Berherrungen bis “an die ımerifchen Grenzen
erſtreckt, und fo viele Gefangene. gemacht hatte, daß
ieder feiner Tartarn 40 Menfchen zu feinem Theile
erhielt und mit fortſchleppte.
Im Jahre 1410 that ein ‚anderes tattariſdes |
Heer einen Einfol in Rußland, und brauute in
des ruſſiſchen Neiches. 19
Vereinigung mit einigen ruffifchen ariegsvdikern dr "m
Stabt Wladimir ab. Im Zahre'igıd' ader befreyet
ein Friedensſchluß, deu der Khan dieſer Tartarn,
Pulad, welcher vermuthlich eben der Selet iſt, den.
der Großfuͤrſt 1392 in Semeinſchaft mit dem Khan
Hadgikeral angriff, die -ruffifchen‘ Länder von den
Feindſeligkeiten der Unterthanen -diefes "Yulod, und
daradf machten der Großfuͤrſt "und der regierende
Zürft von Twer demſelden in der Horde ‚pre Hufe
wartting *)-
Die Nowgoroder erfannten dieſen weglei
gleich bey Untritt feiner großfinlichen Negierung
durch Abgeordnete, die fie an Du ſandten, fü
ihren Herin, wogegen er ihnen "naih Gewohabeit
die Erhaltung ihrer BD epheiten verfprad‘ "nel
1393 meigerten fie ſich der Erlegung der SHögilng,
die er von ihnen begebrte; wurden aber mit Ge⸗
walt zum Abtrage derfelben‘ gezwungen, ° "Im Jahre
1398 entſtand eine neue Mißhelligkeir, die aus
zwey Urſachen herruͤhrte. Die Nowgoroder weiger⸗
ten ſich, das Verlangen bes Großfuͤrſten, ‚mit den
lieftaͤndiſchen Ordensrittern zu brechen, zu bewilligen,
der Großfuͤrſt hingegen entzog bie Gegend an der
Dwina’ der Herrſchaft der Nowgoroder, und wollte
diefelbe feinem Großfürftentfume einverleiben.” Hier⸗
fiber kam es zum Rriege, der durch einen Frie-
deusſchluß bepgelegt ward, nach welchem die ganze
übrige Lebenszeit Wafileis darch das gute Verneh-
men zwiſchen ihm und den Nomwgorodern forte
dauerte,
Im Sabre 1392 Fam (ängs der Newa rin Heer
von Schweden ins Nomgorodifge. Lugwen ben zog mit
| 2) Kptfätom ©. 30-4, 60, 62. Deguignes ; 3 s. —
a40oi — 408.
1392.
136 Smwenter Abſchnitt. Geſchichte
über Bitolden, den -Befchliger Toktamiſchens, erfoch«
sen hatte, und durch. die von eben ihm gefibehene
Bernidhtung: Dir noldenen- Horde fih ſehr erhoben
Hatte, rüdte damabls mit einem fo zahlreſchen: Heere
vor. bie. Haupsftadt des Broßfürſten, daß derſelbe
aus Furcht, dab er bey Einnahme derſelben in bie
Haud,diefss Feindes fallen möchte, aus derſelben
eutwich. Doch verbiieb eine fo flarle Zahl tapferer
: Mannfchäft und erfahrner Anflihrer darin, daß die
ſelbe 20 Tage lang alle Anfälle vereitelte, :: Mittler:
. weile forderte Idiku den Fuüͤrſten non Twer, Iwan
Micholowitſch, auf, ihn Mit feinen Kriegsvoͤlkern zu
verflfaͤrken, und diefer Fürſt ſcheuete dir Macht die⸗
ſes tartariſchen Feldherrnſo ſchr, DaB er fſich nicht
unterſtand, demſelben den Sehorſam zu verweigern,
ſondern wirtlich it Kine Hrete den Weg au im
autat.
Als er aber bie Bor gezogen war, ging er
in-gein Land zuruck. Inzwiſchen vernahm Idikn,
daß. in-feiner Heimath große Unruhen emſtauden
fenen, did feine ſchleunige Ruͤckkehr nothwendig mach⸗
sen. . Dieſe Nachricht bewog ibn, für die Aunah⸗
me: Auer: - Summe von: 9000 Kubeln, welche ihm
die Stadt Moskau bezahlte, Die Belggerung derſel⸗
ben aufgußeben, und wieder nach Haufe gu geben,
nachdem cr in Rußland wert und breit Die größten
Bermölnngen angerichtet, die Städte Yarejaslam,
Jurjew und Dmitrew nebſt einer Menge geringeres
Staͤdte und Flecken ausgepluͤndert und ausgebraunt,
* fohne. Verherrungen bis “an die iweriſchen Grenzen
erſtreckt, und fo viele Gefangene gemacht hatte , daß
ieder feiner Tartarn 40 Menfchen zu feinem Theile
erhielt und mit foriſchleppte.
Im Sabre 1410 that ein -auderes tartariſche⸗
Heer einen Einfall in Rußland, und brauute in
des ruſſiſchen Neiches. 13
Verelnigurg mit einigen ruffiſchen Rriegsudlfern di
Stadt Wladimir ab. Im Jahre igıd' ade befreyet
ein Friedensſchluß, deu der Khan dieſer Tartarn,
wulad, welcher vermuthlich eben der Selet iſt, den
der Großfuͤrſte 392, ig Semeinſchaft mit dem Khan .
Hadgikeral angriff,, die ‘ruffifchen' Länder von den
Zeindfefigkeiten der- Untertganen -diefes vPuͤlad, und
daradf machten der Großfhrfl "und''der regierende -
Sürft von Twer demſelden in der Horde ‚pre Hufe
wartiinh: ”)- “
Die Nowgoroder ataunten dieſen af
gleich bey Untritt feiner großfuͤrſtiichen Regierung
durd Abgeordnete, die fie an ihn Tandien, für
ihren Herrn, wogegen er ihnen naib -Sewohahke
die Erhaltung ihrer ey heiten verſprach! "gie
1393 weigerken fie der Erlegung der Sgdbuns/
die er von ihnen Begedtte‘; wurden aber mit Ge
walt zum Abtrage derfelben“ gezwuüngen. Im Jahre
1393 entſtand eine neue Mißhelligfeit, die aus
zwey Urfachen berräßrie. Bie Nomwgoroder weiger-
ten fi, das Verlangen des Großfürken‘, mit den
Ttefläudifchen Ordensrittern zu brechen, zu” bewilligen,
der Großfürft hingegen entzog bie Gegend an der
Dwina’ der Herrſchaft der Nowgoroder, und wollte
diefelbe feinem Großfürftienthume einverleiben.” Hiers
fiber kam es zum Rriege, der durch einen Frie⸗
deusſchluß beygelegt ward, nach welchem die ganze
übrige Lebenszeit Wafileis darch das gute Verued-
men zwiſchen ibm und den Nomwgorodern forte
dauerte.
Jin Jahre 1392 Fam längs der Newa ein Heer
von Schweden in$ Nowgorodiſche. kagwende den zog mit
). Rotſcton ©. 38-41, 60, 6. Dean; Be
405
«
1392.
140%
1496,
138. Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Einwohrern feiner, Stadt demſelben entgegen, (ls
es zutuͤck, und machte viele Gefangene, Gleich darauf
begab er hd zuruͤck no Litrhauen..
Als die Nowgoroder nach ihrer Gewohnheit den
| von Vitolden aus ſeinem bisher beſeſſenen Fuͤrſtentha⸗
me Sm olengE vertriebenen Zürften. Georg, hebſt defen
Sofng Fedor, im 3. 140% willig auſnahmen, uaddcu
felben bie Einkünfte von 14 Städten, nähmlic Rufe,
Ladogg, Oreſchek, Zwersti, Korelski, Koporic, Tor⸗
ſchok, Wolol, -Lamskoi , Porchow, Wiſchegorod,
Jana, küfetor und Koſchlin⸗Gorode; zů feinen
ſtanbe maͤß igen uaterholte anwieſen, fig euf Virolds
Bedrohung, daß. er diefe Verforgung ‚die fie feinem
Seinde gegeben, als eine Peleidignug anfähe, und
dur, Krieg au ihnen. rächen werde, dieſen ‚ihren
Gaſt 406 wieder verab chiedeten, ſuchte er beyn
Großfurſin su Mogkau Aufenthalt und ſtardes—
mäptigen ‚Unterhalt‘, den gr..eheu fo. warig als bey
den Powgorodern und vermutplih aus gleider Un
ſache fand, und. folglie fih zu einem Hero von
fremder, Voͤlterſchalt oh Religion, dem KZoͤuige
Sigmund‘ von Ungarn, werden mut, der ihn in
ſeinen Dienſt nahm.
in, merkwuͤrdiger umſtand in ber nowgorddi⸗
ſchen Geſchichte iſt die Einfuͤhruug gepraͤgter Geld⸗
muͤnzen. Dan war worker ‚gewohut, in gan} Rufe
land den Werth der ‚Waaren - nach Marderfellen,
‚oder nach den Stüden. derfalben, die mon Mor
vanute, zu befimmen. Die Barder wurden de
durch feltener, Man fing an ſich der Oprläppchen von
Eichhoͤruchen als Scheidbemünge zu ‚bedienen, Im
Jahre 1411. kamen wegen des ſtarken Handels mil
den Hanfeeflödten auch ausländifhe Muͤnzſorten zu
Nowgorod in Umlauf, worunser die pohluifhen
Orofhen und die deutſchen Schillinge, bie man
damaple arg, Airtuga oder —*89 nanute., Die.
vornehmſten waren. Moskau und Twer hatten (dom
gorher ihre, Münzen, welche. Die. Aartariſche Regie
zung einführte; fie waren Anfangs bloß mit tartarı
riſcher, fpäser auf einer Seile mit. tartnrifheriom?
ber andery mit zuffifcher, uud zulgpt «bloß mis ruſſi⸗
ſcher ueberſchrift verſehen. Mau nannte ſie Desk,
von dem tartaxiſchen Worte Tanan (Beichen) , mei
Se nachmahls⸗s, als der Ritter St Georg mit der
Lanze darauf. geprägt wusde, ‚den Rahsten Kopeila
hielten. Denga aber blieh zum Theil, als eine. ollges
21 Benennung für allerley Arten von Muͤnzſorten.
zum Theile einer ſolchen eigen, die den halben Thr#
eines Kopeifen, ausmachte. ‚Romgsrod, um nicht das
Auſehen zu haben; dag es aus den Tartaren uns
terthaͤnig fey, wollte fih nicht des moskauiſchen und
twerifhen Münzen im Handel bedienen, lich daber
24450 felbft Geld prägen, Diefem Bepfpiele. falgtz
1424 die Stadt Pleskow. Die Artugen, oder di⸗
deutſchen Scillinge, mit welches man 9 Jahre gu
Nomwgorod Hapdelte, wurden dem auskindifhen J
Kaufleuten für Waaren zurück geseben.
Im Jahre 1409 leiſtete dieſer Großfuͤrſt Watilek
feinem Schweflesmanne, den Fürſten Fedor vog
Refon, Hülfe wider deffen Stammpetter, ben Be
Ken Iwan Wiadimirowitſch non Pronsk. Fedotß
war 1402 durch den Tod ſeines Vaterz zum Bas
fige des Fuͤrſtenthums gelangt, unnd regierte dasien
be nach der in eigener Perſon in de Herde abgehol⸗
sen Beftätigung ruhig, bis der Fuͤrſt von Ppronst
nachdem er fh ein- Heer Zarsoru verſchafft hatie
2499 einen Verſuch that, demſelben fein kand a“
entseißen. |
: Diefer feindliche Ueberfall traf Bedorn fo 9—
vermather, daß er, in Ermanglung einer kraͤftigen
140%
1423,
5 1434, '
[4
Waſileis
Bafıljes .
witſch des
Dunkeln Re⸗
gierung.
N
3490 Zwepier Abſchnitt Geſchichte
Segenwehr, fein Laud vehlafſſen mußte. — X.
Tein nur ein Theil desfelben war erobert, als er
Ah ſchon na erlangten großfürftlihen Kriegsnäl:
Bern im Stande fahe, feinem Feinde: entgegen zu
süden, aub deniſelben am 1: Zunins eine Schlacht
zu liefern. . Ka Diefer erfitt zwar Fedor eine völlige
Riederlage; "fein Feind -aber hielt doch im Anfe:
Jung der Unterlähung, welde die großfürfllige
Macht Fedorn leiſtete, rathſam, mit demfelben auf
die Met Brieben gu machen, daß jeder von ihnen
dasjenige, waß' er damahls in wirklichem Beſtze
hatte, behalten: fſollte. Die letzten Jahre des Le—
dens dieſes Sroßfuͤrſten kroͤnken noch gluͤckliche Er⸗
folge wider die ZTartarn. Denn 1423 bemaͤchtigte
fib zwar - ber.-tartarifche Czar Barak der Grat
Ddujew , ward aber bald von dem Zürflen (vn
Ddujew) Georg Romanowiif$ umd dem mienosll
ſchen Woywoden Srigorei Protasjewitſch überfallen,
und ‚mie großem Verluſte herausgeſchlagen. Dieſes
Ungluͤck wollte der Czar Kudaidat oder Kundıt
1424 verbeſſern, und ruͤckte deßwegen mit einem
ſehr zahlreichen Heere wieder vor Odujew. Allein
da Vitold hiervon hoͤrte, ſchickte er unverzuͤglich gleich⸗
falls ein ſehr ſtarkes Heer, feinen Schwlegerſohne
beyzuſtehen, welches nach geſchehener Bereinigung mil
dem ruſſtſchen, uͤber welches Georg Romanowitſch
den Oberbefehl führte; einen ſehr großen Sieg uͤber
die Tartarn erfocht, daß kaum der Czar durch die
Flucht entfllehen konnte; zwey feiner Gemahlingaen
“fielen in die Haͤnde der Ueberwinder, und eine wurde
an den Großfuͤrſten, die audere au Vitold überfendtl.
Sleich nach dem Abſterben Waſtleis Dar
triewitſch, welches am 3. Bebruar 1425
erfolgte, - wußte ſchon ein jeder, daß deffen Yrur
der, der Fuͤrſt von Suͤenisorod, ‚Georg Gq e⸗
des suffifienSleihes. - 148
mdäfc, flott des Sohyes.des- Verſtorbenen Ach auf:
den großfürſtlichen Thron zu ſehtn gedenke,. Da.
ober. Georg wegen ſeiner gewaltſfamen Gemutbsart
in ſchlechtem Rufe fand, Wenlei.am.Bojaren,
Iwan Dmitriemitſch einen fehr gefihicdten und ges
treuen Staatsbedienten beſaß, und die Mutter und.
Vormuͤuderinn des jungen Broßfärften on ihrem
noch lebenden; Vater Vilold einen. maͤchtigen Beſchuͤ—
ger hatte; fo getrauete ſich damabls Georg micht,
feinen Vorſatz auszufuͤhren, und wagte nicht einmahl,
als ihn der Metropolit Photjus bey Anzeige des
Abſterbens ſeines Bruders, des Großfuͤrſten, nach
Moskau einlud, in dieſe Haupiſtadt zu kommen,
aus Furcht, daß man ihn wegen Ruchtbarkeil feiner.
Abſicht auf das Großfuͤrſtenthum zu Moslen feſt
halten möchte. Da ar aber im. Jahre 1488 feine
Macht durd Beerbung feines fiaberlos mit Tode abe
gehenden Bruders Peter. Dmitsiewitfh, Firxſten
von Dmitrem ‚vergrößert, der Sroßfuͤrſt hingegen
bald hernach im Jahre 1490 durch dag Abſterben
feines mütterlichen Großvaters Vitold eine; maͤch⸗
tige Stüge eingebüßt, haste, auch im Jabre 2498
‚ der Für Andreas von Moſchaisk verfiarb, welcher
aus Liebe zum Frieden ſich gie bereden ließ, in dem:
ehrgeigigen Entmurfe feines Bruders wider ihrem -
Brudersfohn Demfelben zu helfen; fo ergriff Georg
im Jahre 1490 die Waffen, und bekriegte den Große:
fürften. Allein nachdem die Zeindfeligkeiten nur ei⸗
ne kurze Zeit gedauert hatten , fo. mußte fih Georg.
gefallen laſſen, diefen Streig über das Großfuͤrſten⸗
tum dem Khan Ulumachmet, Sohn und. Nadfol⸗
ger des Sultans Pulad, zur Entfheidung heimzu⸗
ſtellen, und dieſerwegen ſich nehſt dem Großfürſten
in die Horde begeben. — Nun hatte zwar Georg
einen bey Ulumachmet vielgeltenden Rath guf feiner
1428 \
1438, D=
she: Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Seite, wilder: Georgen dergeſtalt Bas Wort rede⸗
te, daß Ulumachniet' demſelben das Großfuͤrſtenthum
gufprechen wollte. Allein die Geſchicklichkeit des groß
fuͤrſtlichen Staatsbediciiten, Jwan Dmitriewitſch,
und dag man Ulumachincten auführke, daß bey ihm
die von ihm ſelbſt Waſtle in ertheilte Beſtaͤtigung
des GSroßfürſtenthums alles uͤberwlegen miſſe, wid
mon zu George Vortheil vorbringen kbune, duder
ten dieſe Sefinnung Ulumachmets, und bewogen den⸗
ſelben fuͤr Wafilei ju ſprechen, worauf Georg nah
uſr machmets Befehl zur Erkennung feiner Unterwauͤr⸗
figfeit das Pferd führen mußte; dad Waftlei als
Großfürk ritt. Weil aber gleich nachher der großfürk:
Uche Staatsbediente Iwan bie Beleidituitg empfing,
daß man ihm das Wortbrach, daß der Großfuͤrſt zut
Vergelinug der Bemihungen Ihans, Waflein die
Beſtaͤtigung des Großfuͤrſtenthums von Ulumachmet zu
verſchaffen, Iwans Tochter heirathen ſollte; fo überzog
derſelde aufs neue deh Großfürſten mit Krleg, und
dicß Mahl glückte es ihm, daß er nicht mar am 3.
Wpril im Jahre 1453 einen großen Sieg Über den⸗
feiben gewann, fohdern auh bald daranf fih
yar der Perſon Waßleis deinädtigte, und den
given noͤthigen fonute , daß er Georgen das
Sroͤßfuͤrſtenthum abtrat, und fich damit begnügen
"außte, daß Georg'ihm und- feiner Mutter die Stadt
Kolomna unter Abhängigkeit von ihm als Sr
zum Unterhalte anwies. Allein da ‚Georg gleich, ſo
bold er den Thron beſtieg, feiner gewaltthaͤtigen Ge⸗
muüthsart voͤllig fregen Lanf ließ, und wen er
ftir in Verdacht zog, dag er das Großfuͤrſtenthum
Wafllein lieber gönne, hart befirafte, ja viele Vor
- viehme bloß aus diefer Urfache zum Zode verurtheil:
sef-überdem die Gewalt, welche er einem Lieblinge,
ven Bojaren Sinicon Morofom, einräumen, ein ul
’
E 4
¶des ewſiſchen lei
gemeines Murren verurfadtes fo ſtleg (don. fäſt feit
dem erſten Tage ſeiurer Throndeſteigung die "Made
feines abgeſchten Bruderſohnes daurch Verminderung
der ſeinigen, Indem alle mik Georgs Reglerung
Mißvergnuͤgten fich gu Waſilein aus Kolomnaͤ bega⸗
ben, Ja, es dauerte nicht fange, fo. toͤdteten George
bepde aͤlteſten Söhne, Wufle Kofſoi und Dimitrt
Schemaͤka, ſeinen Liebling Moroſow in den großs
fürſtlichen Vorzimmern, and entflohen/ weil ſie be⸗
ſorgten, daß ihr Vater dieſe Thaͤt an Ihnen” beſtra⸗
fen moͤchte , nach Kofroma, Dieſe Verlaffung
Georgs von ſeinen eigenen Söhnen bewog dient
felben, nuverzuůglich Abgeordnete an Wafılei- mit
dem Anträge: zu fenden, daß er bemſelben das Stoß
fürftenshum wiedet abtreteh wollte. Da Mafılet
diefen Antrag annahm, : räumte ex demfelben: der
großfuͤrſtlichen Sig zu Mösfen-nedR- allen großfärfte.
lichen Ländern, und erhickt sur Vergeltung Die Stade‘.
Belofern zur Vermehrung feiner vorigen: Beſihungen
nebſt einem Verſprechen Waͤſtleis, daß er Georgs
Söhne nicht in feinen Schutz nehmen wolle Ja
Ba fiteh trieb Die: arur Freundſchuft Fo weit, daß
tr eim Hör wider. Georgs Soͤhne ausſchickte, Wel
ches aber das Ungluͤck hatte, geſchlagen und milden’
Feldherrn gefängen zu werden: Doch: Greorg erwie⸗
derte dieſes Freundſchaftszeichen ſchlecht, indem et
nach geſchehener Ausſoͤhnung mit ſeinen Kindern in
Gemeinſchaft mit ihnen aufs neue gegen den‘ Broßr:
fürften ins Feld 308, ‚der wilder eine: fo große Nie⸗
derlage erlise, daß er: Moskau Georgen uͤberlaſſen
mußte, welcher auch Waſi leis Mutter und Ge⸗
mahlinn in feine. Sewalt dekam, und beydr zu ſich«
rer Bewahrung nah Swenigorod ſandte. Dei’
flüchtigen Großfuͤrſten aber ließ er durch ein Heer,
welches ſeine bepden juͤngſten Söhne, Dimitri Sche⸗
144 3weyter Abfchuitt. Geſchichte
maͤka und Dimitri Kroßnoi, befehligten, auf dem
Fuße nachſetzen und dieſes verurſachte, dab Wea fie
lei die Stadt Großnowgorod, die er nach dem
Berlufte der. Schlacht zu feinem Suflubtsorte waͤhl⸗
te, nicht ſicher genug achtete, ſondern ſich nach der
Horde begeben wollte. Als er aber bis Niſchnei⸗
nowgorod gekommen war, empfing ey von dem bey⸗
den ihn bekriegenden Söhnen Georgs die zu Wla⸗
dimir ſtanden, als fie vernahmen, daß ihr Vater
im ZJabre 1434 am sten Julins zu Moskau. vers
Borben ſey, und ihr aͤlteſter Bruder, Waſtlei
Kofi ot, dufelbft die großfürfifihe Regierung, ange»
ıreten habe, die Bothſchaft, daß he'feibft ihm zur
Wiedererlangung des Groß fuͤrſtenthums befoͤrderlich
ſeyn wollten. So gelangte derſelbe aufs neue zum
Großfuͤrſtenthume, indem fein jeziger Gegner Wins
filei ihm dasſelbe räumen mußte, nachdem er aut
einen Monath die Ehre hatte, dasfelbe zu genießen.
Er begab fi zwar nah Nomgorod, in der Hoffaung,
dieſen Staat auf feine. Seite zu ziehen, Da ec
aber fand, daß ‚die. Einwohner als getrene Unter»
thanen des Woflei Wafljgwirfh, deffen Sa⸗
che wider ihn vertheidigen ‚wollten, fo konute er
‚bier weiter nichts thun, als daß er bey feiner Ent«
" fernung aus ihrem Gebiethe fi ‘für bie Ergeben
beit ,. die fie. feinem Gegner erwiefen, durch Verwoͤ⸗
(kung ihrer Laͤndereyen raͤchte Waflei Warfl:
zewitſch aber belohnte die Dienfie der Brüder
Waßileis Koſſoi dadurch, dag er ˖ die Städte Ug⸗
litſch und: Rſchewa an Dimitri Schemaͤka, und das
ihm von den Nomwgorodern zugeſtandene Beſchezkoi
Werch an Dimitri Kroßnoi abtrat, die Treue der.
Nomgoroder aber dur Burüdgabe der Staͤdte
Lamskoi, Wolok und Wologda, wobey fih die Row⸗
gesoder. verpfiihreren auf nichts von dem, was der
| Groß⸗
des ruſſiſchen Reiches. 45
Croßfhrh nah Erfüllung diefes Verirdges mit ih
nen in feinem Beftpe. behielt, Auſpruch zu ahen:
Als aber die Rowgoroder im Jahre 143% in Ans
fehung der abgetreteuen Staͤdte auf eine! Grenz⸗
ſcheidnug draugen, und der Großfuͤrſt diefeibe
verſchob; fo ward dieſes bisherige gute Vernehmen |
geſtoͤrt, und als fie darauf zu offenbaren | Wider⸗
ſpeuſtigkeiten und Votenthaltung der gewoͤhnlichen
Gefaͤlle fortſchritten, uͤberzog er fie mit Krieg, und
rinfte im Jahre 1441 mit einem Hoere vor die
Stadt, wodurch er ſie zwang, von ihm die Aufhe⸗
1437:
1441.
Gung der Seindfeligkeiten mit: 8000 Nudeln zu er .
Banfen.: Diefe Vorfaͤlle kehrten die Freundfihaftliche
Geſtunung der Mamgoroder gegen den Großfürften:
dergeſtalt um, daß ſolches allen: Gegnern desfelben.
die Hoffnung einfloͤßte, die Rowgoroder zu einem
gänjlichen und immerwaͤhrenden Abſalle vom Groß⸗
fürften zu vermögen: : Denn zufoͤrderſt verurſachte
diefes Mißverguugen der Nowgoroder, der mit dem
Großfürften eine ſichtbar zunehmende Verſtaͤrkung ihrer
Verknuͤpfung mit Litthauen und baldige Bergeffung-der
ten von Bitolden sugefügten Uebel; welcher, wenn
e Selb haben wollte, ode einige ihm von den . |
Newgorodern zum Kriege ‘gegebene Urſache durch
Zeindfeligkeiten dasfelbe bey ihnen ſuchte. So hatte
derfelbe im Jahre 1414, nachdem ex die. Pleskower
nach einer langwierigen und tapferu Vertheidigung
ihrer Stadt gezwungen batte, von ihm dur Abe
tretung eines anfehnlihen Landes, worüber er ci»
wen. Zürften feines Geblited, Georg zum: Statt⸗
halter fegte, wie auch einer. jährlichen Abgabe’ von
. Silber, Pferden und Pelgwerke den Frieden zu er .
Enufen, durch Krieg auch von den Rowgorodern
ein zewiſſe Gebieth, das er Simon Lugwen zur
Bewahrung übergab , und ein gewiſſes beſtimmtes
Geſqh. Ruh; Band 34
*
* . '
146 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte
jährliches Geſchenk erpreſſet, im Jahre 1428 aber
aus chen der Urſache einen, Kriegszug wider Rom
gorod untersommen. Doch weil Diefes im Som⸗
mer gefchahe; fo glaubten die Romgoroder für dief
Mahl nichts befürchten gu dürfen, indem er fein
Heer. anf rinen Weg führen mußte, den ſelbſt eins
zelne Reifende bldß zur Wintersgeit, wenn von der
Airengen Kälte die Suͤmpfe zugefroren find, huulöns
nen. Deßwegen fpotteten fie bep Erhaltung der Rad:
richt dieſes Ucherfalles ; fie dürften ſich dieſerwegen in
ihrem Methbrauen nicht Körenlaffen. Dean obwohl
Diefer ſalimme Weg darch eine große Wahdung,
Czarniloß, eine gange Zagreife dauerte; fo über
wond doch Vitold dieſe in Gedanken der Romgs⸗
zoder unhberfeigliche Schwierigkeit; indem er 10,000
Menſchen unter Bedeckung des ihnen im kriegeri⸗
ſcher Ordnung uachfolgenden übrigen Heeres Hol
fällen, und mit diefem gefällten Holze die Weoräfe
- belegen ließ, über dieſe hölzernen Bruͤcken er fein
nefammtes Heer gluͤchlich über die unmegfamn
Stellen heruͤber brachte, und ohne einige Hiuder⸗
niß won Geiten der Nowgoroder bis Porchow ge
Jangte, welcher Ort bep den pohlnifchen- Schriftfiel⸗
lern Opozka heißt. Ju diefer Feſtung lag beſtaͤn⸗
dig eine Beſahung von gooo Reiten. Diefer Um
fland. aber. hielt Vitölden nicht ab, fie-gu belagern,
‚ Indem er fi fell verfichert hielt, daß, meenn fie aleich
feiner Gewalt widerfichen möchte, doch der Hun⸗
ger die Uebergabe ergmingen muͤßte. Zolglih lid
er nach geſchehener Einſchließung nad erfolgtem Ge⸗
brauche der Belagerungswerkzenge und des Gelbe
des einen ganzen Tag durh mit feinem ganjeı
Heere beflürmen, Allein die Nomgoroder, denen
Diefer unvermuthete Erfolg des Kriegtzugs Vitolds
—Schrecken einjagte, Tamen der gewaltſamen Grobe
‘
des ruſſiſchen Reiches. 1 47
rung durch Bitte um einen Waffeuſtiilſtand, und
als ihnen Bitdld ſolchen gewaͤhrt Hatte, durch Ab»
ordnung einer Friedensgeſandtſchaft zuvor, die ie
ihrem Erzbiſchofe und 14 Worftehern ihrer Regie .
rung übertengen, Diefe Geſandtſchaft empfing Vi⸗
told auf einem Zhrone figend, und ließ fie durch ei⸗
ne lange Gaſſe ſeines auf beyden Seiten in Ord⸗
nung geftellten zahlreichen Heeres vor fih kommen,
Nachdem fieifm darauf mit Niederwerfung auf die
Erde ihre Verehrung bezeigt hatten, erflärte fie fih,
daß die Nowgoroder ihm nicht nur glles Laud, was
er von ihnen verlangte, einräumen, fondern über
dieß feine Guade durch ein reichiches Geſchenk er⸗
kaufen wollten. Weil nun die unter ihm dienenden
litthauiſchen Ruſſen dieß Begehren ihrer Landes⸗ und
Glaubensgenofſen durch ihre Fuͤrſprache unterfiüge
ten, und er zugleich überlegte, daß, wenn es ihm
fogar gelingen follte, daß Nowgorod mit ſtuͤrmen⸗
der Hand eingenommen würde, alle darin befindli⸗
ben Schaͤze nicht ihm zufallen, fondern als eine
Beute unter feine Kriegsleute zertheilet werden, wr⸗
den; fo geſtand er den Naiögorodern auf die Sa
dEngungen den Frieden zu, daß fie 10,000 Rubel
am ihn zahlen, und für die Menfchen und Pferde in
Porchow, die er ſchon ſo gut als in ſeinen Haͤnden
Habe, noch Über dieß ein Loͤſegeld von 3000 Rubeln
erlegen, auch zo Zobelpelze und eine gleiche Anzahl
von auderem koſtbaren Futter, und 300 Purpurklei⸗
der ihm geben ſollten. Da fie nun alles dieſes nach
drey Tagen ihn einhaͤndigten; ſo vollſtreckte er ſei⸗
nerſeits gleichfalls durch Räumung ihres Gebiethes
den’ gefchloffenen Vertrag. _ Später aber erreichte‘
die Freundſchaft zwiſchen den“ Nowgorodern und
den Großherzogen von Litthauen ſolche Hoͤhe daß
der Vroßetuos Sigmund im Johre 1433 mit ij⸗
Ze 83
. —
448 gmepter Abſchnitt. Gelchihte
nen einen Frichens⸗ und Freundſchaftsvertrag ſchloß
der Großfuͤrſt Caſimir aber ſich ſogar mit der Hoff.
nung; ſchmeichelte, fie gu vermögen, daß fie, um ſei⸗
ned Schutzes "wider den Großfürſten zu genießen, .
ibn zu ihrem Herrn annehmen würden. Allein als
. er ihnen im Sabre 1443 diefen Antrag that, lehn⸗
sen fie ſolchen mit Hoͤflichkeit ab. Dean nun hetrſch⸗
te bey den Nowgorodern ein folcher Haß wider den
Sroßfuͤrſten, daß. fie die Abfihten des Zürfien
Dmitri, als derfelbe die Fußftapfen feines „Waters
. Georg und diteften Bruders Wafilei Koſſoi betrat,
nad) Möglichfeit befoͤrderten. Im Jahre 1437 fe
se derfelbe fi noch als ein getreuer Unterthan des
Stoßfürften in eben dem Maße, daß der Großfuͤrſt
ihn zum Haupte des Heeres erwaͤhlte, welches aus
20, ooo großfuͤrſtlichen und eben fo vielen tweri⸗
ſchen und reſaniſchen Kriegsleuten beſtand, und Uln-
machmeten qus dem ruſſiſchen Gebiethe fortbringen
ſollte. Denn der große Krieger Idiku, deſſen Macht
zulegt fo hoch ſtieg, daß der jlngfie von feineg 30
mit 9 Frauen ergeugten Söhnen ein Heer von 1000
Aretbaren Männern unter feinem Befehle gehabt ha⸗
ben ſoll, vertrieb ungefähr im Jahre 1432 Ulumach⸗
meten aus feinem Reiche, daß derfelbe nebſt feinen
Frauen -und Kindern und einer Hand voll Leuten
kaum durch die Flucht feinen Händen entwiſchte.
Dieſer Vertriebene ſandte, nachdem über die Wol⸗
ga gegangen war, nad verſchiedene Steppen durchir⸗
ret hatte, Abgeordnete an den Großfuͤrſten, deufel-
ben nebft der Erinnerung an feine Wohlthaten, zu
bitten, da er ihn nicht. nur bepm Großfürßenthume
-wider. Georgen. geſchuͤtzt, ſondern auch fo lan⸗
ge diefer Großfuͤrſt regiert, und folglich ganzer zehn
Jabre, von demfelben feine Schatzung ſich bezahlen
ichen ihm erlauben moͤcte, innerhalb den aͤuſer⸗
mn
»
bes euflifchen Heihes, 249
flen Orenzen des ruſſiſchen Reiches eine kurze Zeit
zu verbleiben, um fſich von den ausgeſtandenen Bes
ſchwerden in etwas erhoßlen und feine nun zer
fireueten Leute an fich ziehen zu koͤnnen; er wolle, |
fo bald er nur eine nicht ganz unberrätlice Manns
(Haft gefammelt haben würde, um Zeindfeligkeiten -.
wider feinen Vertreiber anfangen zu Pdunen, une
verziiglich dieſen Aufenthalt wieder räumen, und aus
demfelben in fein altes Gebieth ziehen. Dieſes Ge⸗
ſach Ulumachmets oder Mahomeds erwedtd Anfangs
dem Großfuͤrſten nicht deu mindeſten Verdacht; ſon⸗
„dern Derfelbe freutte fich vielmehr, daß er bey dem
gegenwärtigen Bedrängniffe Ulnmachmet3 demfelben
die in deſſen glüdlihem Zuftande empfangenen gro
ben Freundſchaftszeichen erwiedern konnte. In dies
fer Sefinnung überfandte er demfelben Geſchenke,
ließ ihn auf der. Grenze mit Ehrenbezeigungen ems .
pfaugen, und wies ihm die Gegend bey Belew zum
Aufenthalte an. Als aber daranf Ulnmachmer, fih
im Winter wider feindliche Anfälle zu ſchuͤtzen, un«
fern der verddeten Stadt Kafan auf der bergigen
Seite: des Wolga von großen Eisfpollen, die er.
durh aufgeworfenen Schnee und Begießung mit
Waſſer mit einander ſtaͤrker verbaud, ſich eine Ver⸗
ſchanzung machte; ſo gab man dieſer Sache die Aus⸗
legung, als wenn er damit anzeige, dag er Ruß⸗
land zu feinem beſtaͤndigen Aufenthalte: zu erwäß-
Ien, und die Mannſchaft, die fih allmaͤhlich zu ihm
ſammelte, durch feindliche. Ueberfaͤlle ins ruſſiſche
Gebieth ga unterhalten gebenke. Dieſer Verdacht
fand im Gemuͤthe des Großfuͤrſten Eingang, und
Daher fam es, daß derfelbe ihm andenten ließ, un»
verzüglich mit allen feinen Lenten iiber die Greuze
zu geben. Auf die Anfinnen fandte Ulumachmet
einen Abgeordueten an den Großfürfien, ihn dur
Zwepter Abfchnitt. Geſchichte
Vorſtellung der Haͤrte ſeines Begehrens, indem
die Befolgung desſelben ihn mis allen den Geis
nigen bey jepigem Winter ins gewiſſe Verder⸗
ben flürgen würde, von feinem Borfage abzulenten.
Allein der Broßsürft verbarrete fo feſt bey demfel«
ben, daß er nach dieſer zührenden Bitte Ulumad»
mes ibm noch zwey Bothſchaften fapdte, die ihm
fagten, daß er, wenn er nicht gleich weggehe,, mit
Gewalt zum Abzuge gezwungen werden ſollte. —
Es / half ihn auch nichts, daß er nun nochmahls
an den Großfürften ſchickte, und bey Wiederho⸗
lung der Urſachen, die ihm einen fo fchleunigen
Abzug zur - Unmöglichkeit machten, die Verfi⸗
derung geben ließ, daß er nicht nur fein Verſpre⸗
hen, das großfürfilide Land ohne Zufügung des
mindeſten Schadens zu räumen, aufs eheſte volljie
ben, fondern auch, wenn er wieder zum Befitze fei-
nes Reichs gefommen feya würde, einen beſtaͤndj⸗
gen Srieden-mit Rußland unterhalten wolle, vermoͤ⸗
ge welchen er und alle feine Nachkommen, Kinder
und Kindesfinder nicht die mindefle Abgabe oder
Steuer von Rußland fordern foliten, über weldes
Verfprechen er. dem Großfürften. eine ſchriftliche Ur⸗
Funde auszuſtellen, und diefelbe durch Weberliefes
zung feiner Söhne in den Dienft des Großfürften
zur fiherfien Bürgfchoft der Zreue ihres Vaters aufs
fiärkiie gu befeftigen ſich erbiethe. Allein ungeach⸗
tet diefer rüßrenden und wichtigen Vorftellungen er⸗
theilte der Großfuͤrſt Dmitrin, feinem Zeldherrn,
Befehl, fo bald er mit feinen 4000 Rank bey dem
Drte des jegigen Aufenthaltes Ulumachmets aulan«
gen würde, denfelben, wofern er nicht ohne Zwangs⸗
. mittel weichen wollte, mit Gewalt uͤber die ruſſi⸗
ſchen Grenze zu treiben, Bey Auruͤckung dieſes Hee⸗
ses ſaudte Ulumachmet, deſſen gauze Ranuuſchaft aus
des euffifhen Aeichet. 15%
3008 Köpfen befand, worunter nicht mehr als 2000
mit Gewehr verfchen waren, am sten December
1437 einen Abgeordneten an Dmitrin, der dieſen
fleheutlich bath, ihm nur bis. auf den andern Tag
Friſt zum Abzuge zu verſtatten. Allein ſelhſt dieſe
geringe Sefälligleit verweigerte ihm Dmitri, und
veranſtaltete Dagegen alles zu einem unverzäglichen
Angriffe. — Da fib ſolchergeſtalt Uumachmes
num in der dußerfien Bedrängniß fahe, ſiel er vor
der Thuͤr einer verwüßeten chriſtlichen Kirche in der
nun jerſtoͤrt Tiegenden Stadt ‚Rafan auf die Erde,
und bethete unter Heulen und Weinen zum Gott.
der Chriſten am deſſen Hülfe, und daß derſelbe in-
dieſer Sade zwiſchen ibm und dem- Broßfürften.
Richter ſeya möchte, weicher ibn, der ihm eine fols
de Menge Beweife ‚feiner aufrihtigen und herzli⸗
chen Zreundfchaft gegeben, jept , da ihn ein widri⸗
ges Scickſal von feiner ehemahligen Gluͤckshoͤhe her⸗
abgeſtuͤrzt Habe, gänzlich zu unterdräden ſuche. Nah
Berrichtung diefes Gebethes zog er ſich mit allen
feinen Leuten iu ſeine von Eis verfertigte Verſchan⸗
zung. Allein da er bey den Aufällen der ruſſiſchen
Kriegsvolker weinen gar zu. großer "Ungleichheit der
Zahl fih in derfelden nur wenige Augenblide zu
vertheidigen vermodte; fü raͤumte er fie bald wieder,
umd bath nochmahls den großfürfllihen Zeldheren,
unter Verſicherung feiner fortdauernden Freund⸗
fdaftsgefinnungen für das ruffifhe Reid und Die
Derfon des Sroffürften, um Erbarmen. Da aber -
Dmitri unerbittlich blieb, entſchloß er ſich, wenige
ſtens nicht ungerdht umzulommen, und rang.
im dieſer Verzweiflung mit folder wuüͤthenden
- Zopferkeit in das ruffifhe Heer, daß er dasſelbe
in Unordaung brachte, und ein ſolches Blut
vergießen anridtete,,- da kaum der Zeldhery
1437
132 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte
derr und fünf Wopwoden mit feht wenigen andern,
die fih on den Ufer der. Zläffe und in Wäldern
verfiedten, ihr Loben retten, und dem Großfürfen
die traurige Nachricht der Niederlage feines zahlrei⸗
den Heeres melden konnten. Ulumachmet hingegen
verwandelte gegenwärtig feine bisherige Freundſcheft
für den Sroßfürften und die Ruffen in die heftigfe .
Feindſchaft. — Da fein gehabtes Gluͤck verurſachte,
daß von allen tartarifchen , theils durch vorher erlit-
gene Ungluͤcksfaͤlle getreunten, theils noch in ihrer
Bluͤthe beſtehenden Voͤlkerſchaften ihm eine Menge
Leute zufloſſen, worunter ihn die Ueberbleibſel der
rhemahligen Bewohner des kaſauiſchen Reiches er
ſuchten, ihre ehemahligen WBohupläge zu feinem
neuen Sitze zu wählen; fo erbauete er zufoͤrderſ
unweit der Stelle des alten Kaſans eine neue hi.
gerne Stadt unter dem vorigen Rahmen, die er
aber uugleich feſter machte, zur Haupiſftadt feinet
1439.
neuen Reiches, und ließ alsdann durch haͤufige Ein
faͤlle ins ruſſiſche Gebieth an den Bewohnern vor
Rußland feine Erbitterung fo aus, daß kein tarle
eifcher Cjar ſeit Batu's Tode denfelben fo vielen
Schaden zugefügt haben fol. Im Jahre 1459 den
zten Sunius kam er bis vor Moskau, nud ob Ihm
wohl fein Vorhaben , dieſe Hauptſtadt in feine Gewalt
‚zu bekommen, fehl flug, fo brannte er doch bey
zehutaͤgigem Verweilen vor derfelben die Vorſtaͤdte
ab, und fchleppte aus der ganzen Umgebung eine
Menge Befongene fort, Auf dem Rüdwege mıf
te die wehrlofe Stodt Kolomaa alle feine Wuth em⸗
pfiuden, indem er bie meiſten Einwohner toͤdtete,
und die Stadt einaͤſcherte.
Dieſes Unglüd des Großfuͤrſten ermunterte ner
mutblih den Zürflen Omitri Schemaͤka, weil er
Weisse, daß dadurch fo wohl die Bags des Groſ ⸗
des ruſſiſchen Beides. 153
fuͤrſten einen harten Stoß erlitten, als auch die
Liebe und Achtung feiner Unterthauen gu ihm abge⸗
nommen habe, zu verfuchen,, ob er ihm das Große
fuͤrſtenthum entreißen koͤnne. Zwar fahe er ſich im
im Jahre »440, als der Srogfürft bey Bemerlung „,4.,
diefer feiner Abſnht ihm mie den Zeindfeligkeiten zu⸗ |
vor kam, gezwungen, ſich nach Befchegkoi zu entfer⸗
nen. Allein bald nachher fabe er fich im Stande,
als Angreifer zu handeln, und an der Spitze eines
Heeres vor der Hauptſtadt Moskan zu erſcheinen.
Weil er aber doch fpürte, Na er bey gegeuwaͤrti⸗
gen Umſtaͤnden fein Vorhaben ſchwerlich werde aus⸗
führen können; fo föhnte er ſich zum Scheine durc
einen Vertrag mit dem Großfürſten aus, und. bes
fchloß, bis zu mehrerer Begünfiigung einer Fimftigen
Beit die Bekriegung desfelben anſtehen zulaffen, und
ſchloß in Betrachtung der mißlihen Vorfälle in einem. |
folden Kriege im 3. 1442 eine Verbindung milden 144s,.
Howgorodera, worin fich biefelben verpflichteten, |
ide anf fein Begehren In ihre Stadt aufzunehmen, _
und wider den Großfürften zu befhügen. Diele
ſehulich erwünfcte Gelegenheit, wider den Groß⸗
fürften loszubrechen, ereignetefich im 3. 1445 mittelſt
einer abermahligen Niederlage, die der Großfuͤrft
von “einem tartarifhen Heere unter Anführung
zweper Söhne Ulumachmets, Mamotiak und Zufup
erlitt, Denn diefe erfochten durch einen nuvermu
thesen Ueberfall des Heeres , mit welchem ihnen der -
Grogfürft entgegenrüdte, am ten Julius 1445 uach
‚einer blutigen Schlacht einen großen. Sieg, ben
welchem der Großfuͤrſt und ein Fuͤrſt von Moſchaisk,
Michael Andrewitſch, deſſeu Brader Iwan ſtark
verwundet durch die Flucht eutkam, in ihre Gefau⸗
geuſchaft geriethen und nach Kaſan gefuͤhrt wurden.
Doch bey allen rechtmaͤßigrn Urſachen, die Ulumach⸗
I)
x
154 Zweyter Abfchnitt. Geſchichte
met je feinen jetzigen Haſſe gegen den Großfür⸗
fien hatte, ließ derſelbe, da er ibn in fee
ne Gewalt bekam, fih diefen Haß zu Feiner Bes
leidigung oder Belhimpfung der Berfon diefed un⸗
gluͤcklichen Feindes verleiten ,„ fondern behandelte
denſelben mehr wie einen Gaſt als wie einen ver⸗
.. haßten Zeind, indem er demfelben alle ſtandesmaͤ⸗
hige Ehre ergeigte, ja ihn öfter an feine Tafel j0g,
uud fi des über ihn erlangten großen Vortheils
nur dazu bediente, daß er ihn feine Freyheit nach
einer drepmonathliden Befangenfbaft mit einen
reichen Loͤſegeld erkaufen ließ, welches der Groß⸗
fuͤrſt aus freywilligen Beytraͤgen ſeiner Unterthanen
(denn er warb vom denſelben überaus geliebt) ber
zahlte. Diefe- Sefaugenſchaft und Erledigung dei
Großfuͤrſten gab dem Fürften Dmitri Shemäts,
der auch den Fürfien von Moſchaisk Iwaun beweg,
ihm ia feiner vorhabenden Belriegung des Sroffüt
1446
ſten beyzuſtehen, Gelegenheit, daß er, um ben
Großfuͤrſten verhaßt zu machen, ausbreitete, det
Großfuͤrſt habe dem Khane zu feinem Loͤſegelde gan
Rupland mit allen, abgetheilten Furſtenth uͤmern,
bloß mit Ausnahme des fich ſelbn vorbehaltenen
J Twer, verſprochen.
In dieſem Kriege gelang ed den verbundenen
- gürften,, daß fie ſich nicht nur der Stadt Moskac,
fondern auch nachher dee Perſon des Großfürſten
in dem Dreyeinigkeitskloſter oder auf ruſſiſch Troiz⸗
koimonaſtir, feinem aun erwaͤhlten Bufluchtsorte,
welches fie dur die in Frachtwagen verfiedte
Manuſchaft einnahmen, bemäctigten, worauf fe
im, um nad ihrer Meinung ihm alle Hoffuung.
iu rauben, mittelft der. Liebe: des nach immer ihm
ergeben Dleidenden- Volkes den Thron je wieder pu
beheigen, am’ 26ten Gebrner 1446 vet N
des ruſſiſchen Reiches. 158.
Augen andftechen ließen, wiewohl er doch einen ge⸗
singen Gebrauch feines Gefichtes Be, welches
veraulaßte, ibm den Bepnapnien Te „das ik,
der Fuſtere oder Dunkle zu geben. * auch in
dieſem Zuſtande Waſil eis achtete ſich Sch em aͤ⸗
ka beym Befige des Großfuͤrſtenthums fo unficher,
daß er dem Geblendeten weder in Freyheit fegen noch
zu Moskau behalten wollte, fondern ſchickte ihn als. |
einen Gefangenen nach Uslitſch. Er irrte ſich in
dieſer feiner Vorſtellung von der Bermögenheit des.
geblendeten Wafıleis nicht, Denn als er ihn
im J. 1447 des Verhaftes entließ, und ihm ver-
gönnte, uach Wologda zu gehen, dort wie ein ab»
1447.
haͤngiger Zürft zu regieren, ging Wofılei uah
einem Enrzen Aufenthalte zu Wologda nad Beloſe⸗
ro and von dort nach Twer, und bald verſammel⸗
sen ſich fo viele getrene Untertjanen zu ihm, daß
er den 17ten Februar 1448 aufs neue zu Moskau
die großfürftliche Regierung antreten, und im J.
1450 am 27flen Sinner Schemaͤkan bey Galitſch
u fo entfheidende Niederlage beybringen konn⸗
‚ daß dieſer : fogar feine eigenthümlichen Länder,
8 und bey ſeinen Bundesgenoſſen, den Now⸗
gorodern, Aufenthalt und Beyſtand wider Wa ſi⸗
Tein ſuchen mußte. Zwar wurden oft Unterhands
Imngen zwiſchen dem Sroßfürfien und ſeinen bepden
Gegnern ongeflellg , ja fogar Sriedensverträge zwi⸗
ſchen ihnen errichtet. Allein diefe Vereinigungen
waren von Seite ber Geguer des Großfuͤrſten nie
ernfllig gemeint, und aus diefer Urſache von fehr
kurzer Dauer. Die Nomgoroder ließen ſich von
Schemaͤkan um deſto cher zur Ergreifung der
Waffen wider den Großfürften bereden, weil fie
durch diefen Weg Uftjug, und was fonR der Große
fürft von Ihrem vormahligen Gebiethe au der Dwiua
\
245%
1453-
156 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
gegenwärtig inne hatte, fich wieder gugueignen dad»
sen. Allein das Kriegsheer, welches der Großfuͤrſt
im. J. 1453 zur DVertheidigung biefer Ländereyen
ſandte, vereitelte den Berfuk , den damahls She
mäfe mit’ nomwgorodifchen Kriegsvoͤlkern darauf
machte, und im folgenden Jahre 1453 beſchloß She
mata zu Nowgorod fein nuruhiges Leben. Dieſer
fein Tod verſchaffte dem Großfuͤrſten Gelegenheit,
um feine gange Stärke, die er bisher größten Theils
wider Schemäfa gebrauchte, gegen, feinen andere
‚Beind, den Fuͤrſten Iwan von Moſchaisk, anzuwen⸗
den, der auch von feinem Schwager, dem Fuͤrfien
Boris Nleganksomwitfch von wer, Der Iwans Schwe⸗
fa Anoflafia zur Gemaptinn hatte, bülflos gelaſen
wurde.
Nah der Bezwingung dieſer beyden Widerſahher
wollte der Groß fuͤrſt auch an den Nowgorodern die ihm
erwieſenen Beleidigungen ahnden, und üuͤberzog fi
1456.
1460.
im J. 1456 mit einem ſo zahlreichen Heere, daß
fie ihn durch demüthiges Bezeigen und Geſchenke zu
beſaͤnftigen ſuchten, indem fie ihm ihren Erzbiſchof
nebſt den angeſeheuſten Perſonen weltlichen Standes
mit einem Geſchenke von 10000 Rubeln bis 130
Werſte entgegen ſchickten. Hiermit ſtillten fie ſeinen
Born, und von dieſer Ausſoͤhnung am daufrte das
freundfchaftlihe Bernehmen während der ganzen
übrigen Lebenszeit dieſes Großfürften, welde Ge⸗
finnung die Stadt im J. 1460, als der Großfürf
nebſt feinen Sößnen eine bloße Beſuchsreiſe zu ihr
that, durch Die prächtigfte Aufnahme offenbarte. —
Sm‘. 1452 ſandte Sid⸗Achmet einen Czarewitſchen
. oder Prinzen feines Gebluͤtes, Maſowſcha, mit er
nem ſehr zahlreichen Heere unvermuthet ins Rufe
ſche, welches daher ungehindert großen Schaden
axrichtete, und ſogar die Voridet don Roskau in
bes ruſſiſchen Reiches. 357
Brand fiedte. Hingegen. mißlangen zwey andere
Uebergüge eben diefer Horde. Denn im 9. 1456
wurden ihre Kriegänälfer, als. fie über die Ola ge
gangen waren, von bem Großfuͤrſten geſd lagen und
zerſireuet; im J. 1460 aber erlitten fie nad einem
gleigmäßigen Uebergange über die Oka von dem
älteften Sohne des Großfuͤrſten ‚Iwan eine eroße
Niederlage. Ä
Der tapfere und edelmuͤthige Stifter des neuen
kaſaniſchen Reihe, Ulumachmer, überlebte feinen.
großen fusdalifchen Sieg nicht. lange, und ward
bald hernach, nebſt feinem jungften. Sohne Infup,'
von feinem ältefien Sohre, der bey Rytſchkow Me
motaik und bep Herberſtein Schelealk heißt,
einem Meſſer ermordet. Ein Sohn des —*
ten, Kaſim, begab fi darauf. mis einem, Hanfen
Freunde und Anhänger zum Großfuͤrſten, der ihn
nebſt allen feinen Leüten in feinen Dieuſt nahm,
und ihm die Stadt Gorodez an der Oka mit ihrer
Umgebung einränmte, daß er als ein vom Groß⸗
fisrfien abhaͤngiger Fuͤrſt unter dem Nahmen des
bey feiner Voͤlkerſchaft gewoͤhnlichen Titels Khan
und Czar von. dieſer Stadt, die nun den Nahmen
Kafınow empfing, davon feinen Unterhalt haben
ſollte. Schelealk farb nah vielen wider ruſſiſche
Länder verübten Feindfeligkeiten, ohne Söhue_ zu
Binserlaffen ; feine Witwe, die Sultane Nur, aber
ftand in folhem Anfehen,. daß mittelft einer Vers
mählung mit ihr ein gewiſſer Ibrahim fih den Be
fig des kaſaniſchen Reichs verfiherte,
Der Tod des Großfürfien ereignete ſich zu
Moskan am 27ſten März 1463. Er beſchied in feir
nem letzten Willen feinem ältefien Sopue, Iwan,
das Großfuͤrſtenihum, dem zwepten, MBeorg, de
Städte Dmitrem, Roſoist und Serpudow dem
S .
Dr
8468, | u
NE
46.
60Zweyter Abſchnitt. Geſchichte
Ger Zhaͤtigkeit beylegen muß ). Die Erreichung
dieſer feiner Abſichten warb ihm durch die gänfligen
Seitumfläude , durch die Borarbeitung feiner Reichs»
vorfahren, bie ſchon durch manche über die Tartarn
erfochtene Siege ein Großes zur Schwächung ihre
Macht gethon, and die Greuzen des Broßfürflen-
thums durch Einverleibung verfciedener Zürften-
thämer , indem unter andern fein Großuater, Wa»
filet Dmitriewicſch, die Fürſtenthͤmer Gusdal,
Rifhneinomgorod und Prousk an dasfelbe brach⸗
ge , «einen guten Grund gelegt a morauf er
weiter bauen founte, am meiſten aber. vielleicht dur
feine . Den ungsart erleichtert, nach welcher ihm alle
Mittel, die ihn zu feindm Side führten, rechtmd.
Big ſchienen. Das Sonderbarfte dabey if, daß er
ſehr ſelten feine Heere anführte, auch meißen Theile
naͤchtlicher Weile in ſolchem Uebermaße zu trinken
pflegte , daß er daruͤber gemeiniglich bey er Tafel
einfchlief , welches dem Zürften von ber Moldau
Stephan, welcher durch Kriegsthaten, die et mider
.. fe: m Macht ihm ſehr überlegenen Nachbar ausüb-
se, fich den Beynahmen des Großen erwarb, zu dem
Urtheile Gelegenheit gab : biefer tuſſiſche Großfuͤrſt
erweitere feine Herrſchaft im Stillſihen und im
Schlafen, da er hingegen die Waffen nie ablege,
mid doch kaum fein Land fich nuvermindert erhal
‚sen koͤnne. Die beyden erſten Herre, die dieſer
Großfuͤrſt nach Kaſan ſandte, verrichteten keine ſon⸗
derlichen Thaten. Deun dem erſtern, welches im
J. 1468 dem gum-Sroßfärfien übergetxetenen tarta⸗
riſchen Czarewitſchen Kafılm und dem ruſſiſchen Kür
ſten Iwan Striga Obolenstoi amertrauet war,
miß⸗
Y Sammi; eufifcher deſdi⸗, 6h. V. 6. 453.
\
des ruſſiſchen Reichs. 161
miſgluͤckte fein Vorhaben, mittel Auffangen aller
auf der Wolga befindlichen kaſanſchen Fahrzeuge,
ihre Zeinde ganz unbereitet anzufällen, dur die
Unvorſichtigkeit eines Befehlshabers der ruſſiſchen
Kriegsvoͤller, der mit ſolchem Gefchrene gegen die
tartariſchen Fahrzeuge anruͤckte, daß er die darin
exiſtirenden Tartaru durch dieß Lärmen von feinem
Vorhaben zu zeitig benachrichtigte, daß fie nach der
Stadt ſchiffen Fonnten , worauf Ibrahim mit einer
ſolchen Macht die Wolga verwahrte, Daß das ruſ⸗
fifhe Heer, ohne etwas weiter zu unternehmen,
feinen Rüdweg nad Haufe nahm. Die Kaſanet
aber verübten gleich nach dieſer Fruchtlofen ruffifchen
Unternehmung wider ide Gebietk, Einfälle in ruf
fifche Länder; und ob fie gleich nad Verheerung dee
Zandfhaft Galitſch von Striga Obolenskoi eine Nies
Derlage erlitten , fo flreiften fie doch nad berfelben
in Ufjug und Wiaͤtka, und fügten den Bewohnern
Diefer Gegenden aroßen Schaden zu. Diefes bewog
den Srogfürften, im 3. 1469 wieder einen Zelds
zug mider Kaſan thun zu loffen, und er .ertheilte
Dieb Mahl zweyen feiner Brüder, Georg und Ans
Dreas , den Oberbefehl über das Kriegsheer, wel
ches er hierzu beſtimmte, und das theils zu Waffer
auf der Wolga, theils zu Lande ging. - Ehe aber
dieſes Hehe vor Kaſan anlangte, ‚hatten ſchon die
Ufjuger fih über Kama diefer tartarifchen Haupt⸗
Hads genähert, aber auch aach Abdrennung der bes
nachbarten Orte zuruͤckbegeben, uad waren fo un⸗
glücklich, auf dieſem Xuͤckwege bey Niſchneindow⸗
gorod geſchlagen zu werden. Den großfuͤrſtlichen
Kriegsvoͤlkern gluͤckte es eben fo ſchlecht. Denn ob⸗
gleich beyde Heere zuſammenſtießen, und in einer
folgen Stille bis ganz nahe vor die Stadt gelaug⸗
‚ten, daß die Einwohner von ihrer Anmut nicht dir
Bed. Rußl. 3. Band. EN
1470.
163 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
mindeſte Vermuthung hegten; ſo zogen ſich doch die
ruſſiſchen Kriegsvolker auf den Befehl eines ihrer
Heerführer,, ohue einen Angriff vorgenommen zu ha⸗
ben, auf eine Strecke von der Stadt zuruck. Dur
Berabfänmung diefer günfligen Gelegenheit gewan-
nen die Kafaner Beit, ſich in Gegenverfaffung zu
fegen,, und fügten gleich folgenden Zages am zeften
Map dur einen Angriff der zuffifhen Fahrzeuge
in einem bintigen Gefechte Diefem Theile der ruſſi⸗
ſchen Macht ſo großen Verluſt zu, daß er voͤllig ge⸗
ſchlagen war, ehe die Brüder des Großfüͤrſten, fo
fchr fie auch eilten, diefen-Rorhleidenden wis *
Landheere zur Hülfe za kommen, aulangen kounten,
und dieſerwegen mit Verluſt ſehr vieler Leute nad
Haufe umkehren mußten. Allein im J. 1470 ge
ang eben diefen zuffifchen Heerführern ihr Vorha⸗
ben. Denn obwohl die Kafaner ihnen, die wieder
ein doppeltes Heer, naͤhmlich eins zu Lande und eins
zu Waffer wider fie führten, entgegen rüdten, und
lange tapfer wider fie fochten; fo. wurden fie doch
zulegt zur Flucht gezwungen, und die Ruffen ver»
folgten fie auf derfelben in ihre Hauptſtadt mit
folder Hige, daß einer von den tartarifihen Kriegs.
haͤuptern im Gedränuge unkam. Diefer Vortheil
brach den Muth Ibrahims fo ſehr, daB er bey bie
fen ruſſiſchen Feldherren nm Zrieden auſuchte, den
er auf die Bedingung erhielt, daß er als ein der
Dberberrfhaft des Sroßfürften unterworfener Fuͤrſt
Über‘ fein Reich regieren ſollte. Doch ungeachtet
dieſes Verſprechens Ibrahims ſehten die Kaſauer if
re gewöhnlichen Streifereyen in den ruſſiſchen Liu
dern fort, und der Großfürft konnte einige Jab⸗
ve nichts Erhebliches unternehmen, fein Gebieth wi
der diefelben zu befhligen, ober gauz davon. zn bes
freyen, weil wichtigere Nugelogenheiten vorſiclen,
des ruſſiſchen Reiches. 168
welche nes Wunſche zu beendigen er feine ganze
Macht gebrauchte, Denn zufoͤrderſt mußte er eilen,
das Fuͤrſtenthum Nowgorod feiner Herrfchaft unter
würfig zu machen, weil dieſer Staat ſchon auf dem
Sprunge ſtand, ſich zaͤnzlich von dem. ruffifchen
Staatskoͤrper zu treunen, und auf gleiche Bedin-
gungen, wie die Großfürſten bisher den Vortheil,
für Zürften von Nowgorod erfannt zu werden, era
Faufen mußten, die-Könige von Pohlen, als Groß⸗
herzoge von Litthauen, zu ihren Behersfchern auzuneh⸗
men, indem die Nowgoroder bey dieſer Veraͤnde⸗
rung mehrere Sicherheit der Erhaltung der ihnen
am Herzen liegenden beſtehenden jegigen Regierungs⸗
verfaffung autrafen. Das voruchmfie Werkzeug
war ein Frauenzimmer, Marfa , die daher ums .
ter dem Beynahmen Pofadaisa bekannt if, weil
fie mit einem nowgorodiſchen Poſadnik, Ifaac Bor -
rezki, einem der nomwgorodifchen Abgefandsen, dur
welche im J. 1428 bey der Belagerung von Por⸗
chow der Zriede mit Vitold gefchloffen ward, vera
maͤhlt gewefen war, Diefe Witwe hatte den Ente
surf gemacht, durch ihr großes Aufehen ‚in Row
gworob den Uebertritt dieſes Staates zum Litthauifchen
Staatskoͤrper zu bewirken, und fi mit einem its
shanifhen Herrn zu vermäßlen, woben fie fich‘ nach
aller Wahrſcheinlichkeit bedung, daß diefer ihr kuͤnf⸗
. tiger Ehegatte als litthauiſcher Statthalter die Res -
sierung zu Nowgorod führen folltee Es war : mit
Diefer Sache ſchon fo weit gefommen, daß die Stadt
zwey Abgeordnete mic den Bedingungen, auf welche
fie ih unter pohlnifhe Herrſchaft begeben. wollten,
an den König Eafımir von Bohlen gefchidt hatte, .
Als der Sroßfürft diefes veraghn, fchicte er im '
3%. 1471 einen Edelmann nah Nowgorod, durch
den er die Einwohner von ihrem Vorhaben abmah⸗
- j Ä
29
2471.
164 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
nen und aller Gnade von ihm werfihern ließ
wenn fie in ihrem ihm ſchuldigen Behorfam ver:
harren würden. Aber dieſen großfürfklichen Abgeord⸗
neten fertigten fie mit einer veraͤchtlichen Antwort
ab. Wollte alſo der Großfuͤrſt fie beym ruſſiſchen
Reiche erhalten; fo blieb ihm Fein anderer Weg
übrig, als fie durch Krieg dazu gu zwingen; denn
auh der Grfolg einer Kriegserklaͤrung floͤßte
ihnen Feine anderen Gedanken ein. — Die dw
mahlige Macht dieſes Staates erhellet daraus, daß
der Großfürfi drey zahlreiche Heere auf 'erſchiede⸗
nen Wegen in beffen Gebieth rücken ließ. Denn
Wafılei Fedrowitſch Obraſez, deffen Kriegserfahren⸗
heit der Großfuͤrſt ſchon in andern Feldzuͤgen be
währt befunden hatte, mußte nach der Dwina ge⸗
hen, die Bölker von Ufjug, Wologda und Wiaͤtke
zum Einfalle in den nördlichen heil des Nowgoro⸗
diſchen zuſammen zu ziehen. Fuͤrſt Danilo Dats
triewitſch Cholmskoi and der Bojar Fedor Davi-
dowitſth führten ein anderes Heer nad den am Jl⸗
menfee liegenden Gegenden. : Mit dem dritten brad
der Großfürft, welcher wider feine ſonſtige Gewohn⸗
heit dieß Mahl mit ins Feid zog, am zoflen Junius
von Moskau auf, und fam am 2aſten gu Wolol
Lamskoi, den zoften aber zu Torſchok an. Ein
großer Vortheil für die großfuͤrſtlichen Heere.war,
daß, da gewöhnlicher Maßen kein feindlihes Her
zur Sommerszeit an die Stadt gelangen konnte,
weil ihre Suͤmpfe ihr (zur Schugwehr dienten, es
dieſen Sommer gar nicht geregnet hatte, und aleRord-
fie ausgetrocknet waren, daß alfo nirgends der Zug
der großfürftlichen Kriegsvoͤlker Hinderniß fand, die
allenthalben fih ar sbreiteten, und mie erbisterte
Zeinde das Land und die Menfcpen behandelten. —
.. des: rüffifchen Neiches. 165
Dirk empfindliche - Wirkung, des aroßfuͤrſtli⸗
chen Zorues bewog die. Nowgoroder, Abgeordnete
an ihn zu ſenden, und ſich durch diefelben zu. aller
ſchuldigen Unkätwürfigfeit zu erbiethen. Sie mein»
ten es aber nit aufdchtig, fondern gedachten dur
dieſe ſcheinbare Unterwerfung entweder die. göuzliche
Burüdziehung der großfürfifichen Heere aus ihrem”
Gebieihe ‚oder wenigſtens einen Waffenſtillſtand zu
erlangen, um mittel dieſes Waffenſtillſtandes Zeit
zu gewinnen, hinreichende Kriegsvoͤlker wider die
aroßfuͤrſtliche Macht ins Feld zu führen. Aber der
Großfuͤrſt ließ fih durch zwey dergleichen Gefandt⸗ u
fhaften wicht bereden, die in Händen habenden Vor⸗
theile fahren zu laſſen. Folglich deruhete der Aus⸗
gang dieſer Sache blog auf der Entſcheidung des
Schwertes, und dieſe fiel auf die Seite des Große | |
fuͤrſten. Denn die Nowgorpder verloren, ‚gegeu Da
Heer des Fuͤrſten Danilo zwey Schlachten ,- wovon
die zweyte und voruehmſte am 14. Julius des. Mor
gend beym Fluſſe Schelona geliefert ward.
Ob wohl damapls die Nowgoroder mit einge
den Großfuͤrſtlichen weit überlegenen : ‚Ranafhaft
theils zu Waſſer, theild zu Lande deufelhen. enter
gen kamen, und bloß im Landheere ſich z0000 Rei⸗
ter befanden ; fo. that doc ‚der großfünftliche, Zeh
herr den Angriff, und erfocht einen fehr großen Sich |
bep welchem ibm. außer der Menge erfülogener
Reinde, die das Schlachtfeld bedeckten, 1700 als
. Gefangene in die Haͤnde geriethen, die er zum Groß⸗
fürften fandte, welcher, da die Abſchrift des Unter⸗
werfungsvertrags mit Litthauen, die man bey den
Erfchlagenen fand, gleichfalls in’ feine Hände ge
sieh; dadarp einen unlaͤugbaren Beweis von der
‚Berfhuldung feiner . Befangenen. erhielt, und die
ſelbe an dem älteflen Sohge ber Marfa, Duitrk,
166 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
mit dem Zode befirafte, die übrigen aber nad ver,
fhiedenen Städten feines Reiches in Sefängniffe
vertheilte,
Nach diefem Giege faben bie Sotwgoroder, da
auch die Plestower gleich bey Ankunft der groß⸗
fürftlihen Heere in diefe Gegenden ſich zur Eutſa⸗
gung aller Verbindung mit Romgorod und zu Boll
ſtreckung allee Befehle des Großfuͤrſten bereitwillig
erflärt hatten, vorjegt feine Möglichkeit, durch wei⸗
tern Widerſtand das Mindeſte auszurichten. Das
her erwieſen fie jegt dem Sroßfuͤrſten die Ehre, daß
ihm der Erzbiſchof nebſt allen Bornehmen geiſtlichen
und weltlichen Standes entgegen gingen, und ihn fuß⸗
faͤllig um die Aufnahme in feine Guade und Erhal⸗
tung ihrer Gerechtſamen anflcheten. Der Groß»
fürft gewährte ihnen ihr Geſuch, und ertheilts,
nachdem wan eine neue Urkunde von den großfürf:
lichen Rechten und Einkunften nerfaßt und beſchwo⸗
ren, und die Stadt einen vom Broßfärften ernann«
ten Statthalter angenommen hatte, aflen feines
Kriegsvoͤlkern Befehl zur Räumung des nowgoro⸗
Difchen Gebiethes, wie er denn felbft ſchon om ı.
September wieder in Moskau eintraf. Nach all
Vermuthung trugen zu der Nadgiebigkeit bes Groß⸗
fuͤrſten, daß er ſich zu dieſen Frirdensbedingungen
bequenite, die Vorditten der bey dieſem Feldzuge
den Großfuͤrſten begleitenden Brüder desſelben, wie
auch aller audern gegenwärtigen Fuͤrſten und Großen,
die die Nowgoroder gewiß durch reiche Geſchenke
hierzu vermochten, wie aud das Anfehen, web
ches die boͤchſte geißliche Würde dem Metropoliten
gab, etwas bey.
Auf den Rath ſeiner GSemahlinn Sophia ge⸗
ſchabe es, daß der Großfuͤrſt bey Ankunft der Ab⸗
geordneten der goldenen Horde ſich bettlaͤgerig ſtellte,
*
des ruſſichen Reicht. 107.
und durch dieſes Mittel, ohne den Khan um Uns
willen gu reigen, die GrniebrigungSvermin,, die bey
Empfang. diefer Abgeordneten fonft von ihm gefore
dest worden wäre. Eben fie erſann den Weg, von
dem Khan felbft zu erlangen, daß feine ‚Leute, die
fih beſtaͤndig in einer gewiſſen Wohnung zu Moss
kau aufhielten, wg fie alle Handlungen des. Groß⸗
fuͤrſten beobachten und davon ihren Khau benach⸗
richtigen konnten, damit derſelbe nad Bewandtniß
derſelben ſeine Maßregeln ergreife, aus Moskau
wegkamen, weil ſie ſich unter dem Vorwande eines
ihr erfchienenen goͤttlichen Geſichts, in. welchem
ihr. befohlen fep, auf dieſer Stelle eine Kirche dem ,
Beiligen Nicolaus zu erbauen, und mit bem Ver⸗
ſprechen, anderswo eine neue Wohnung zum Aufe
eutholteder Tartarn aufzuführen, ihre Wohnung auge
bath. Deun nachdem fie die Bewilligung des Khans
hierzu erlangt hätte; fo wurde die Erbauung neuer
Wohnungen für die Tartarn fo lange verzögert, daß
Ge, gegen Erfolgung eines offenbaren Bruches gänzs
lich unterblieb. Denn endlich merkte. der Kban Sid»
Achmet, wohin der. Sroßfuͤrſt ziele, und alle Erge⸗
benbeitsverſicherungen, die ihm der Graßfuͤrſt durch
ſeine Gefandten beſtaͤndig ertheilte, und die Fuͤr⸗
ſprache der vom Großfuͤrſten durch reiche. Geſchenke
gewonnenen tartariſchen Großen, durch welche es ders.
. felbe dahin brachte, daß der Khan fih gefallen ließ,
doß der Groffürft den. Abtrag der gewöhnlichen
Schagung unter allerhand Entfhuldigungen von einer
Zeit zur andern verfhoß, und fi. fo lange mit den
Geſchenken, die ihm der Großfürft, um diefen Aufe
(dub zu erlangen, überfandie, befriedigte, verloren
bep demfelben die bisher gehobten guten Wirkungen,
Eine Hanpturfache aber, worum der Khan ſich fo
lange mit den Enıfguldigungen des Gropfuͤrſten aba
147%
168 Dritter Abfchnitt. Seſchichte
fveifen ließ, lag darin, daß er wider guy mädtie
RNachbarn, den König von Yohlen und den krimmi⸗
fen Ahan, unaufhörli auf der Hurb ficken muftr,
Daher beſchloß er, nahbem er endlich den Vorſej
gefaßt haste, den Sroßfürfien dahin euzmbalten, def
er ihn in' allen Stücken die vorige Unterthäuigkit
leiſte; mit dem Könige von Poblen widt nur einen
Sriedensurrtrag, fonderu auch ein Bäudniß zu ſchlichen
vermöge deſſen Diefer erforderlichen Falls feine Kriege
macht, mit weldher er den Großfürfien angreifen
würde, mit Hülfsoölfern verſtaͤrken moͤchte, and
zweifelte uiht an der Wilfährigkeit des Königs,
weil diefer glei ibn den Wahsthum des Broffür
ſten nah allen Kräften zu hindern Urfade hette.
Nachdem er diefe Angelegenheit mit dem Könige
von Pohlen in Richrigkeit gebracht Hatte; fandte ft
1473 eine GSeſandtſchaft nach Moskau, welde dem
Groß fuͤrſten ein Basma oder einen, fhriftlidgen mit
dem bas Bildniß des Khans vorſtellenden Siegel be⸗
Iräftigten Befehl überbrachte, in welchem der Khan
geboth, daß der Sroßfürf nicht nur die ganze Gum
me der von den ſchuldig gebliebenen Jahren aufge
Taufenen Schagung unverzüglich bezahlen, fonders
auch perfönlich bey ihm in der Horde erfcheinen ſollte.
Allein der Großfürft verachtete dieſen Befehl, warf
ihn anf die Erde umd trat ihn mit Süßen, lich
auch die gange tartarifche Geſqndtſchaft bis anf
einen einzigen Mann niedermachen, den-er wit eine?
abſchlaͤgigen und fdimpflihen Antwort an feinen
Herrn zuruͤckſandte. Hierüber gerierh Achmet in den
dußerfien Grimm, und that mit aller wehrhafter
Bannfchaft, die er qufbringen konnte, einen Ze
zug nach Rußland,
Seine erfie Kriegsverrichtung war Die Eroberung
der Stadt Alexſin, die er, als ihm die Bewohuer
des ruffifchen Reiches. 10
auf feine Aufforderung die freywillige Uebergabe ver»
ſagten, in Brand ſareckte, bey welcher Einaͤſcherung
der Gebaͤnde das Feuer zugleich die meiſten Ein⸗
wohner verzehrte. Die ganze Umgebung empfand
nicht weniger die ſchrecklichſten Wirkungen ſeines
Zornes. Darauf eilte er aufs geſchwmindeſte nah
der Ocka, damit er cher über dieſen Fluß Fine‘,
als ein ruffifches: Heer filh zur Vertheidigudg desſel⸗
ben einfinden möchte. Aber dieß langte doch noch
frühe genug an, fih feinem vorbabenden Webers
songe zu widerfegen, und da überdieß eine Seuche
fi unter feinen Leuten dußerte, To faheer ſich ge
zwüngen, wieder nach Haufe zu geben. Ungeachtet
diefer jegt gehabten unglüdlichen Verrichtung glaube
er fih doch noch im Stande, mittelfl einer anfehn?.
lichen Verſtaͤrkung, die er fih vom Könige vor Pohlen
verſprach, ſein Vorhaben zu bewerkſtelligen. In
dieſer Abſicht zog er aufs mente 1477 alle zum Ge
brauche der Waffen tüchtigen Leute aus ſeiner Horde
heraus, und begab ſich mit ihnen an den Fluß Ugra,
wo derfelbe die Grenze zwiſchen dem litthauiſchen und
ruffifhen Gebiethe machte, als dem fuͤglichſten Orte;
wo die poblniſchen Kriegsvoͤller ſich mit ihm ver;
einigen koͤnuten.
- Der Großfürft aber forgte durch erfegung |
guter Befapungen tr alle Städte an der Dia fir
die Sicherheit derſelben gegen die Anfälle, die er auf
„diefelben tum möchte, und ging felb mir einem
Here ihm an die Ugra entgegen. Run fielen haͤu⸗
fige Gefechte vor; aber dabey kam der Khan in fei⸗
ner Berrihtung feinen Schritt weiter. Bielmehr
onnte der Sroßfürft, da er fohe, daß ber Khan Petr
ne Hülfsoölker aus Litthauen erhielt, und hörte, daß
der Khan ſeine Horde ganz von Vertheidigern ent⸗
bie hatte, ein Heer unter. Befehl des in feinem
. 9
He Dritter Abfıpeitt: Gefihte
Dienſte ſtehenden Czarg Urdowlet Boredezli und eines
ruſſiſchen Feldherru, des Zürfien Gwosden Sweni⸗
gorodsti, zu Waſſer nach der Horde ſchicken, wei:
des darin ein großes Blatbad und eine ſchredlich
Verheerung antichtete, ja fie vielleicht ganz aufge
sieben Baben würde, wenn nicht der Czar von einem
feiner Murſen, Oblaß, beredet worden wäre, von
dem. ferueru Angriffe abzußchen,, und mit der ge⸗
machten reichen Bente abzuziehen. Irzwiſchen «m
pfiog Ahmet von dieſem Aufalle der Ruſſen auf
feiner Heimath Rachricht, und eilte auf diefen dur
richt fogleich mit feiner gauzen Macht von der Ugre
zu ihrer Rettung. Ehe er aber mod anfom, bio
den die uogaifhen Zartarn in dieſelbe, gerflörten
elle darin noch befindlichen Wohnungen, und führten
die Weiber mit fort, .
Jehyt ſetzten fie über die Wolga, und zerſtrent.
ten, da fie ihn auf feinem Wege unvermurhtt on
griffen, fein.ganzes Heer. Achmet ſelbſt büßte 17
Diefer Gelegenheit, entweder durch die Hände ſeines
Schwagers, Kantimir⸗ Murſa, oder durch eigene Enl
leibung fein Zehen ein. So erreichte die goldene Horde,
die in einem Beitraume yon bepnahegoo Jahren die
ruſſiſchen Länder bedrängt und mit dem uͤbermuͤthiglen
Stolze beherrſcht hatte, ihre ‚völlige Endſchaft, it
dem fie ſeit dieſer Zeit nie wieder errichtet worden
iR, Ihre Serftörumg vermehrte die. Kräfte der krim⸗
miſchen und kaſaniſchen Tartarn, welche durd fr.
hen Zuwachs fuͤrchterlichere Feinde für das ruſiſcht
Reid wurden, Doch nicht nur bey dieſem Vorfale
ſchaffte das Stilfigen des Koͤnigs von Pohlen den
Großfuͤrſten Boriheil, fondern dasſelbe diente DB
auch dazu, daß er immer mehr-feine Gewalt übt
Nowgorod ausdehnte, bis er es dahin brachte, daß
dieſer Staat ihm voͤllig untermorfen ward, Deus
bes’ruffifchen Meiches. "irn
nachdem im Feldzuge des Jahres 1471 die poßlni-
ſche Partey zu Rowgorod durch die Menge Anhaͤn⸗
ger, welche damahls theils im Kriege, theils als
Verbrecher das Leben verloren oder in großfuͤrſtliche |
Städte zur Verwahrung abaeführe wurden, "wie
auch dur die Meinmärhigkeit, welche die non ge⸗
habte Erfahrung von der Untpätigfeit des Königs j
von Pohlen nnd bie Empfindung der Macht des Groß»
fürften bey vielen verurfächte ; fehr geſchwaͤchet wor⸗
den war; fo: erhoben fidh eben in dem Maße die,
welche es dort mit dem Broßfürften hielten. Da⸗
duch kam es fo weit, daß: derfelbe bey. der Reife,
Die er 1475 unter dem "Rahmen dines bloßen ge
gang und Ermeiterung feiner ſchon in Nowgorod er-
woͤhnlichen Beſuches, in der Baus zur Befeſti
längten Wacht dahin that, do Werſte vor der Stadt
vom Erzbifch ofe und dem im nomgorodifchen Dienfte
fiehenden Fürften Waſilei Wafiljewitſch Schuiskoi
Blednoi oder der Blaſſe, welcher ala Feldherr ihre
Kriegsvoͤlker wider das Heer Wafllel Obrafes'an«
geführe Hatte, am 18. November bewillkommet,
und während feinem ganzen Aufenthafte, ‚der: bie
zum 26. Jänner 1476 dauerte, zu taͤgli ben präß:
tigen Gafleteyen bald von biefem bald von. jenem
eingeladen, und bep allen dieſen Gaſtmahlen mit
Euſtbarkeiten ergezt, und mit reichen Geſchenken
die ihm beynahe jeder nur etwas bemittelte Eiamoh-
ner brachte, begabet wurde, wiewohl die Geſchenke
nach aller Vermuthung wohl nicht bey allen ganz
7
feepwillig waren, fondern von den Mehreſten aus
Furcht gegeben wurden. So kam es auch den Abs
fihten, die feinem Vorhaben entgegenftehende Partey
durch Fortſchaffung derer , die wegen ihrer Reid»
thümer oder Stellen bey der Regierung das meifie
‘
172 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
Gewicht kb ibm 'mit Nachdruck zu widerſetzen be⸗
ſaßen, zu 'entkraͤften vortrefflich zu Statten, daß
bey ſeiner Anmefenpeit. uomgorodifche Bürger ſelbſt
über awey Soͤhne der Rarfa, Fedor und Andreas
und eine Menge anderer Amtsperſonen wegen an
Geringeren veruͤbter Bedrüdungen. ſchwere Klagen
anbrachten. Denn dadurch erlangte er Geicgenheit,
mittelſt eines richterlichen Ausſpruch es viele ihm ge⸗
faͤbrliche Perſonen zur Abfũhruns in Dr Beföagnife
zu verursheilen.
| Andere empfingen gleiches urtheil au⸗ der Ur⸗
ſache, weil fie noch wegen Uebergabe der Stadt an
Pohlen einen Briefwechſel nuterhielten. Eutweder
. möflen die Verſchuldungen derer, die aus dieſen Ur⸗
ſachen ihre Strafe empfingen, manden ſonſt gut
großfuͤrſtlich Sefinntennids in die Augen geleuchtet,
oder diefe die geheimen Abfidisen erkannt haben, die
der Großfürft dabey führte, daß er unter andern
verſchiedenen Urfachen eine große Zahl der angefehen:
fien Perſouen qus Rowgorod nahm. Denn der Erz⸗
bifhof begleitere den Sroßfürften nur wegen der
Hoffuung sad Moskau, durch ungufbörliches Bite
‚ten bey. demſelben diefen Sefangenen ihre Frey⸗
heit ausgumirlen. Aber. er bemuͤhete ſich bey dem
ſtaatsklugen Herra vergeblich. Durch ein fol
ches Betragen des -Sroßfürflen wurde gegeumärtig
der Frepheitsgeiſt der Rowgoroder ſchon fo tief ges
demuͤthigt, daß im Februar 1477 verfchiedene
Bürger aus ihrer Stadt von ſelbſt nah Moskau
Tamen, um dort gegen Mitbürger Klagen anzubris-
gen, oder fich fiber die gegen fie geführte Klagen zu
verantworten.
Die aͤbꝛeordueten,/ elche der Erzbiſchof und
Die ganze Stadt im März dieſes Jahres 1477 nad
Moskau fandten, belegten in ihren Bittfpriften den
>
des ruſſiſchen Reiches. 138
Großfuͤrſten mit dem Titel Goſſudar, da vorher die
Nowgoroder Beinen Großfürfien anders als Goſpo⸗
din betitelt Hatten. Vielleicht laͤßt fih der Unterſchied
diefer Benennungen im Dentſchen durch die Worte
Herr und Gebierhender Herr anzeigen. Auch diefen
Umftand benugte der Großfuͤrſt unverzüglich, indem
er gleich darauf Abgeordniete nad Nowgorod ſchickte,
von der Stadt eine Erklaͤrung zu fordern, ob ſie
ihn als ihren Goſſudar erkeune. Die Stadt aber‘
gab die Antwort, daß fie ihren Abgeordneten Feinen
Befohl gegeben, diefen Titel zu brauchen. Als dies
ſes Gefhäft in Nomgorod Hetrieben ward, und das
Anbringen der großfürflichen Abgeordneten aufs
nene die Aufmerkſamkeit der Bürger erregte, ſorg⸗
faͤltigzu wachen, daß feiner aus ihrem Mittel dem
Großfürften,, der Dinge, die fie für unbedeutende .
Kleinigkeiten nicht achteten, zu Wichtigkeiten erhebe,
und Fr benugen wiſſe, etwas einräume, deffen fidh
der Srogfürft zu ihrem Nachtheile bedienen möchte;
fo berlefen fie, als fie hörten, einer von ihnen has
be’dem Großfürften, als einem Goffudar, im Nah⸗
men der Stadt gehuldigt, die Volksverſammlung
zufammen, und obgleich diefer ſich Dadurch zu retten
dachte, daß er fagte, er Habe nicht im Nahmen der
Stadt, fondern bloß für feine Perfon dem Großfuͤr⸗
ſten unter dem Titel Goſſudar den Eid der Treue geleio
fiet, fo tödteten fie ihn doch, und nahmen noch zwey
andere der vornehmſten Bürger gefangen „die von
Moskau zurück kamen, und im Haufe des Erzbi⸗
ſchofes Schup wider fie ſuchten. Hierauf fam es
zu einem offenbaren Aufflande, und der Entwurf,
fih unter pohlnifche Herrfihaft zu begeben, ward aufs
neue Öffentlih in Vorſchlag gebracht. Auf dieſe
Nachricht eilte der Großfuͤrſt, dieſe Empörung zu
daͤmpfen und. aufs ſchleunigſte zu beſtrafen, und
“
!
—
ı
176 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
ertheilt, uud, ale fie fich nun in Ihrer, Anrede des
Wortes GSoſſudar bedienten,, den gefuchten Geleits.
brief gegeben Batte; ſo redete die Geſandtſchaft,
velche fich am 23. einſtellte und außer dem Er
biſchofe aus fünf Poſadniken und fünf Schitii Ljudl
oder angefehenen Leuten, (fo Bießen die, aus deren
Mittel man gemeiniglich die Bojeren oder Stadt
räche wählte) beſtand, ihn als ihren Gofſudar an.
Diefe that den Bojaren , die der. Großfürft zur Un⸗
serredung mit ihnen benannte, folgende Vorträge,
Der Großfuͤrſt möchte ſich der Stadt erbarmen, ſei⸗
nen Bora gegen die freyen Einwohner derſelben ab⸗
legen, und alle Feindfeligkeiten aufheben. Derſelbe
möchte geruhen, die bey feiner vorigen Aumwefendeit
nad Moskau in die Gefangenfhaft geführten Bür-
ger ihrer Berbaftung zu befreyen, die Stadt alle’
vier Jahre befuchen, um dort die Rechtspflege aus
zuüben, da dieſe zu den Seiten, daß er nicht je
Nowgorod fey , vorfallendeg Rechtshaͤndel vom
sroßfürklihen Statthalter mit Zugiehung des ſiͤd⸗
Rtiſchen Pofadnifs abgeurtheilt, und die Streitio
chen, welche dieſe nicht entfcheiden koͤnnten, dem
Ausfpruche des Großfürften bey deffen naͤchſtkuͤnfti⸗
ger Ueberkunft vorbehalten bleiben ſollten. Die
Stade wollte jährlih 1000 Rubel als. cine Schatzung
an den Sroßfürften bezahlen. Der Großfuͤrſt moͤchte
Feine Rowgoroder nach Moskau vor Gericht fordern,
auch feinem Statthalter gebiechen, ſich meder in
Sachen, die vor den Erzbifchof gehörten, zu mifhen,
noch den niedern flädtifchen Gerichtsbarkeiten Ein
trag. zu thun. Uebrigens ließen ſie es darauf ab
kommen, was Bott dem Großfuͤrſten ins Herz le⸗
gen werde;-fie wollten alles tun, was in ihrem
Vermögen fiebe,
Auf
⁊
des ruffifchen Reiches. 177
Huf diefen Vortrag ertheilten die großfuͤrſmi⸗
hen Unterhändler folgende Antwort: Die Stadt
babe im vorigen Winter durch ihre Abgeordneten
dem Großfürften den Zitel Goſſudar gegeben, auf
nachheriges Befragen der an fie gefchidkten ‚große
fürfttichen Bojaren aber geldugner, hierzu ‚ihren Abs
geordneten Vollmacht ertheilt zu haben: diefes koͤn⸗
ne der Großfürft nicht anders anfehen, als ob man.
ihn einer Unwahrheit befhuldigen wollte; über dieß
habe die Stadt viel Ungehorſam und Halsſtarrig⸗
keit gegen die großfuͤrſtlichen Befehle bewieſen, und,
da er lange anf Ihre Befferung gewartet, und ofier⸗
Ermahnnugen deßhalb an fie ergehen laſſen, in ihrer
Widerſpenſtigkeit verharrt und fi fo aufgefuͤhret,
als wenn das ruffifhe Reich fie nichts angehe, und
ihn dur ihr Betragen genöthiget, fie endlich
feine Ahndung empfinden zu laſſen. Von den nad
Moskau in die Gefangenſchaft geführten Nomgoro⸗
dern wife ber Erzbifchof und bie ganze Stade, daß
diefelben auf viele von der ganzen Stadt gegen fie er⸗
hobene Beſchwerden zur Todesſtrafe verurtheilt, und
auf Vorbitte bes Erzbiſchofs mit der Gefangene
fchaft- begnadige worden fepen. Folglich fey das
Geſuch, dergleichen Verbrechern die Freyheit zu ges
ben, nicht der Weg, fih die Gnade des Großfür⸗
ſten zu erwerben. Weberhaupt müfje die Stadt aus
dere Vorſchlaͤge thun, die von ber Beſchaffenheit
feun müßten, daß fie fi davon eine beffere Rufe
nahme verfprecdhen Bönne
Auf eine folde Antwort mußten nun bie läd»
tiſchen Abgeordneten nichts anderes zu thun, als
daß fie ſich die Erlaubniß zur Schefehr nach der
Stadt, um mit ihren Abfendern fernere Kathſchlaͤge
hber dieſe Nngelegenbeit zu pflegen, auswirkten.
Nach diefen Berathſchlagungen kamen fie mis Der Aut⸗e 2 u
Geſq. Aufl. 2. Band. M
*
I
®
178 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
wort wieder: fie wollten alles auf die großfürfilis
che Guade ankommen laſſen; erhielten aber darauf _
den unangenehmen Beſcheid, fie hästen die Gnade
nicht anders zu hoffen, als wenn fie felb die Bes
dingungen, unter welden fie fi unterwerfen woll⸗
ten, genauer anzeigen würden. Bun uͤberbrachten
fe nah ans der Stadt geholten neuen Berkaltungs-
befehlen die Erklärung : fie geflägden, ihren nad
Mostau Abgeordneten den Befehl gegeben zu Haben,
den Großfürften Goſſudar zu betiteln, und bäthen
um Verzeihung, daß fie diefen Befehl nachher, aus
Furcht vor den Folgen diefes Titels, verlaͤugnet hät,
ten. Die Bedingungen ihrer Unterwerfung wößten
fie nicht vorzuſchlagen, ſondern wünfdten, daß der
Großfuͤrſt folde ihnen eröffnen moͤchte. Auf eine
folde Erklärung gaben endlich Die Broßfürfilichen
die Anforderung ihres Herrn im folgenden Ausdrüs
cken zu erkennen: Weil nun die Stadt ihre Berge
hung erkenne, und bie Befimmung der Art ihrer
Unterwörfigleit dem Großfürßen heimfielle; fo er»
klaͤre derfelbe,, daß er über Nowgorod auf gleiche
Weile wie über Moskan zu berrfchen verlange.
Daraus erhellte, dag der Großfuͤrſt der Stadt den
Zrieden anf keine andere Weife zugefichen wplite,
“als dag alle Regierungsgefihdfte und Beforgung der
Einkünfte bloß. von ihm abhinge, und alle Einmis
ſchung ſtaͤdtiſcher Obrigkeiten und. der Volksver⸗
ſammlung aufhören follte. Diefe Veränderung der
ganzen nowgorodiſchen Verfaſſung konnten diefe Ab⸗
geowduesen ohne vorherige Ueberlegung mit der gan»
zen Stadt unmöglih bewilligen, und bathen ſich
daher aus, daß fie dieſen großfürfiliden Vortrag
der Stadt überbringen dürften. Dieß Geſuch ge»
wäülkte ihnen. der Großfuͤrſt, beRimmse ihnen aber
wur eine dreptägige Friſt, mis der Autwort der
des ruflifchen Reiches. 179
Stadt wieder zu kommen. Sie fiellten fih aber
noch vor Verlauf der gefegten Zeit ein, und brach⸗
ten gegenwärtig aus jedem der. fünf Rädtifchen Quar⸗
tiere einen Buͤrger der unterſten Ordnung mit, daß
stefer Theil des Volkes. durch die bey der Unter⸗
handlung gegenwärtigen Perſonen ihres Mittels eis .
nen unverdäctigen Beweis von der Redlichfeit der -
sorachmern ſtaͤdtiſchen Abgeordneten haben möchte.
Die Vorſchlaͤge, die fie nun überbrachten, enthiels .
ten die Beſtimmungen, wie kuͤnftig bey ihnen die
Kegierung verwaltet, und in welhem Maße und -
ua welchen Sefepen, und durch was für Beamten
die Hebung der großfürfilichen Einfünfte geſchehen
follte. Weil aber nad diefen Beſtimmungen das.
nowgorodiſche Volt mehreren Einfluß in die Regi⸗
wmentsverwaltung nad die Hebung der herrſchafill.
den Befälle behalten würde, als ihm der Groß»
fuͤrſt zu laſſen gedachte ; fo verwarf er den gan⸗
zen Vortrag, und beantwortete denſelben mit blo⸗
Ger Wiederholung feines erſten Begehrens, dag die
Romgoroder fih der Herrfchaft: des Großfuͤrſten
auf eben die Weiſe, wie ſolche Moskau und das
übrige Rußland erkenne, das iſt, ohne alle Ein-
(dränfung, unterwerfen folten. Daranf erwieders
ten fie: ihre jegt Üübergebene Erfldrungen wegen der
Kegierung und der Abgaben ſeyen nicht dahin ges
meint, den großfürfllihen Rechten Grenzen zu fer
gen, fondern sührsen Daher, weil fie von der Res
gierungsform und Abgabenanftalten zu Moskau und
den übrigen, ruſſiſchen Gtädten Peine eigentlihe
Kenutniß hätten. Diefe ihre Nacgiebigfeit bewog
den Sroßfürften, ihnen ſtuͤckweiſe zu eröffnen, weis
be Einrihtungen nah feinem Verlangen in Aufes
Hung bepder Städe theils verbleiben, theild geändert
werden ſollten. — Zufoͤrderſt follte alles, was
no. 4 53
—
180 Dritter Abfehnitt, Geſchichte
Die bisherigen unzaͤhli gen Empoͤrnugen der Nowgo⸗
roder wider die Großfürſten, und die unaufhoͤrlichen
innerlichen Unruhen und Gewaltthaten verurſacht
mund ernährt habe, folglich die Sturmglocke und die
Aemter der ſtaͤdtiſchen Poſadnike und Tyſaͤtzky auf
ewig abgefchafft werden.- .Die Eintheifung des Lan
Des in Kirchfpiele und Woloſte ſollte auf die Art,
wie es in Modlau gehalten würbe, beftchen. Was
davon dem Broßfürften zufomme, ſollte fein ſeyn.
Des Eigenthumes der Privarperfonen werde fih der
Großfürft nicht anmaßen. Der Großfürft erkläre
ih , daß er niemanden zur Verlaffung feiner Hr:
math zwingen, Feinen ans Nowgorod nach Moslau
vor Bericht fordern, auch zu feinen Kriegszuͤgen
wider die Tartarn Feine nomgorodifhen Kriegsoll:
Ber begehren. wolle. Alles diefes genehmigten die
Staͤdtiſchen, und begehrten nur, daß der Sroßfaͤrt
ihnen fein Verſprechen ſchrifllich befräftigen nnd
darauf einen Eid leiſten möchte. Allein fogar dief
ward ihnen abgefchlagen ; und als fie nun den Bor
flag taten, daß fich der großfürftliche Statthalter
‚gegen die Stadt eidlih verbinden möchte, ward
auch diefes verneinet, und fie erhielten Feine ande
ve Bürsfhaft für die Erfüllung der großfürflicen
. VBerfprehungen ald das Wort des Großfürſten. Dar
auf trat man über die Befimmung der Laͤndereyen,
- welche die Nomgoroder dem Großfürften abtreten
ſollten, in Unterhandlung. Sie erborhen fi: zur
Eiurdumung von 10 theils dem, Erzbifchofe, theils
einigen Klöflern zuſtaͤndigen Woloften, wie auch det
Städte Welikie Luki und Rſchewn Puftaia oder Sa
wolotfhie und des ganzen Landes um Zorfhol.
‚ Der Großfüͤrſt aber verlangte die Hälfte von allen
Woloſten des nomwgorodifchen Gebieths; und auch
dieſes bewiligien die Nomgoroder, und barpen aur
des ruſſiſchen Reiches, 28 |
um eine Ausnahme von diefem allgemeinen Gefege
sum Bellen der armen Klöfter, welche wegen des
geringen Ertreses ihrer Gruͤnde nichts entbehren
koͤnnten.
Kun begeheie der Großfuͤrſt ein genaues Bere’
geihniß aller Woloſte, nach deffen Uederlieferung er
vom Erzdifhofe nur 10 Wolofle, von den Laͤnde⸗
reyen der ſechs begüterten Kloͤſter aber, naͤhmlich
Georg, Mariaͤ Berfündigung, Arkaſch, Antonii,
Nicolai im nerewiſchen und Michael im vorſtaͤdti⸗
ſchen Viertheil, die Haͤlfte, und uͤber dieß das Laud
um Torſchok und ſechs dem Fuͤrſten Wafilei dem
Blaſſen gehörigen Dorfſchaften, der bey dem jett
‚ gefchehenen gänzlichen Untergange des nowgorodi⸗
fen Staates fih in den Dienſt des Großfürften
1, 77 | ,
Am zogen Kam der Großfuͤrſt ſelbſt in die Stadt,
kehrte aber no eben denfelben Tag nad Paoferie
gucügl, wo er auch fafl die ganze übrige Zeit, bis er
saaen Ende des Februars zurück ging, verblieben gu
ſeyn ſcheint. Bey dieſer Gelegenheit nahm der Groß⸗
fuͤrſte den ganzen erzbiſchoͤflichen Schag weg, wel⸗
der: nuſchaͤhbare Reichthuͤmer enthielt, indem er
feit Einfuͤhrung des Eprißensfums von ‚jedem Bir
ſchofe vergrößert werben. war, ‚Ferner verurtheilte
er drey Bundert der. angefepenften und, reichſten Buͤr⸗
ger zum Tode, und zog unter Diefem, Nahmen afle
ihre Habe. sum BVeſten feiner Shaptamuer ein.
Endlich mußte ihm die gange Stadt, und jeder Ein»
wohner zwey Oriheilen alle feiner peweslihen Süs
ter bbᷣeeben. .
Der Grabifßof. ‚Shenabilns Beine ib wäß.
rend der ganzen Belt diefer Zwiſtigkeiten des Groß»
« fürfleg mit den Romger gorodern- gegen bepde Theile fo
vorfichtig, dab er bepber Gunſt und Vertrauen
183 Dritter Abfchnitt. Geſchichte
bchielt. Uber bald nachher gerieth er bey dem Er.
fin in Verdacht, als wenn ar die Schmälerumg
feines Anſehens und die Verminderung feiner Gin-
Bünfte-, die ibm bey dieſer Beränderung mit
Rowgorod zugefügt wurden, nit sle.dekltig er⸗
“trage, fondern, um fih an demfelben gu rd-
Gen, Unigläge made, Romgorod nater pohlui⸗
fde Herrſchaft zu bringen, und, um fi deſto leich-
ter die pohlaifde Hülfe zu verſchaffen, dieſelbe um
den Preis erfaufen wolle, daß die nowgerodifde
Kirche die geiftlihde Gewalt des Papfles anerkennen
foßte. Der Großfürfi aber eilte, fo bald er davon
hörte, unverzuͤglich ſelbſt nach Rowgorod, welde
Stadt er aber jegt von allen, auf deren Gekunung
oder Auſehen er einiges Mißtranen zu fegen Urſa⸗
che haben konnte, fo gereinigt traf, daß er Teinm
einzigen ald Mitſchuldigen des Vorhabens, das dem
“Erzbifhofe bepgemeffen wurde, zur Verantwortung
oder Strafe zog, fondern ich bloß an bie Perſen
des Erzbifhofs hielt, den er unter dem Rahmen
dieſer Berfuldung (fie mag nun wahr ober nunge-
gruudet geweſen feyn) feiner Würde entfegte, nnd
als einen gemeinen Mönh nach Moskau in das
Klofter Zfhudow ſchickte ”).
| De Jwan durch diefe Mittel die Rowgoro⸗
der dergeRglt gedemürhigt und gefhwädt hatze, daß
er fi ihrer verfiyert hielt, gewann er frepere
Hände, nun” anch wider die Kaſaner mit Nachdruck
Krieg führe zu koͤnnen. Gin Feldzug, den fein Heer⸗
"führer ; Wahlei Fedrowitfch Dbrafe;,
wider fie that, zog die gute Wirkung nach ſich, deß
der Adam von Kaſau fandie m Moskau (did»
9 Semi. Fufl, Beie. 3). v. . 4 2479. Diugon.
P° 588,585. Horberst. y 5 — 2
des ruſſiſchen Seien, 183
fe, um z einen Frieden anzuhalten, der ſodann auf
ſolche Bedingungen geſchloſſen ward, daß der Groß⸗
fuͤrſt verſchiedene Bortheile dadurch erbielt. Bon
den Pohlen und Litthauern durfte er, fo Tange der
König Kofımir fie beherrſchte, nicht die mindeſte Ab⸗
Haltung im allen feinen Unternehmungen befuͤrchten.
Denn ob fon fo. wohl der Großfürft' als zwey ſei⸗
ner Brüder, bie als abgetpeilte Zürften Land und
* Leute Hatten, verfhiedene Zeindfeligfeiten wider die
angrenzenden Lithauifhen Länder ausgeübt hatten;
fo ſahe Kafımir doch Diefe Beleidigungen mit fo gleich»
gültigem Blicke an, daß er im Jahre 1499 mit ihm
auf nachtheilige Bedingungen einen Waffenftilftand
auf eine beſtimmte Zahl an Jahren abſchloß. Aa
als der Broßfürf, da fich die Unterthauen feines
Schmwagers, des FZürften von Twer, Michael, im
Sabre 1486 widersißren Herrn empörten, uud fi
an ihn wandten, in zigener Perſon ein maͤchtiges
Kriegsbeer nach Twer geführet, nnd fi ſolcher Ge-
ſtalt dieſes Fuͤrſtenthums bemaͤchtigt, und dasfelbe
mir feinem Großfuͤrſteuthume verknüpft hatte; fo
empfing der aus ſeinem Lande vertriebene Fuͤrſt Mio
chael, als er in Litthauen Aufenthalt und Hülfe ſuch⸗
te, vom Könige die Antwort, daß ihm fein no
nicht adgelaufener Stillſſtand mit dem Großfuͤrſten
nicht erlaube, weder denfelben, um Michaela fein:
verlorenes Färftenthum wieder zu verſchaffen, die
Waffen zu ergreifen.
Mitten unter dieſen Vorfallen empfing der
Großfürft von Zeit zu Heit aus Nowgoerod Rach⸗
sichten, daß die Einwohner noch immer ſich nad ih⸗
ser verlorenen Berfaffung fehnten, und Beweguns-
gen machten, fi diefelbe wieder zu verfihaffen.
Dieſer Umfand verurſachte, daß er’ in verſchiede
)
1486.
“
—
184 Dritter Abfehnitt Gefdichte
nen Jahren eine Menge Rowgoroder in andere an
feine unumfchrändte Gewalt gewöhnte Städte und
Gegenden verpflanste, und die durch ihren Abzug
erledigten Piäge mit andern Unterthauen befepte,
von denen er überzeugt zu ſeyn vermeinte, daß fie in
ihren vorigen Wohnfigen die Neigung gu einem
blinden Gehorfam gegen jeden Willen ihres Beherr⸗
(ders von ihren Vorvaͤtetrn ererbt hätten. In dem
Jahren 1485, 1487 und 1489 gefchehen dergleichen
Berpflanguugen. Zu mehrerer Verfiderung wider
die Auflebuungen diefer Stade, die nah fo vielen
erhaltenen Beweiſen von Verzeihnug, deunoch i. J. 1488
einen Aufſtand erregte, in welchem ihr großfürkli.
cher Statthalter, Jacob Sachariitſch in Lebensge⸗
fahr war, ließ er im Jahre 1490 die verfallenen
Manern des dortigen Kremis oder der Feſtung der
Stadt aufs neue von Steinen aufführen, wozu a
zwey Dritiheile der Koften, den dritten aber ber Erj-
bifhof Gennadius trug. Diefer Bau. warb fo
dauerhaft aufgeführt, daß er gleih andern fleiner-
nen Gebäuden , die auf feinen Befehl gemacht wur:
den, noch jegt unbeſchaͤdigt ſtehet, wie ibm denn
auch die Stadt Moblan, welche er. ſehr exweiterte
und ſchmuͤckte, ipre noch gegenwärtige Otfalı und
Pracht verdanft. Er fperte aber auch Feine Koſten,
durch reiche Befoldungen geſchickte Meiſter in alter:
ley Arbeiten aus fremden Ländern , voruchulich
aus Italien, in fein Reich zu ziehen, unter wel-
hen der Bologneſer Ariſt oteles berühmt iſt,
welcher im Jahre 1475 als Baumeiſter, Muͤnzmei⸗
ſter und Stuückgießer in feinen Dienſt trat. Dar
Unterricht, den dieſe Ausländer feinen Unterthauen
in der Sanckgießerey und im Gebrauche des Geſchñüͤ⸗
geb ertheilten, Fam. ihm in allen feinen Kriegen gut
des ruſſiſchen Neiches. 185
go Stetten, wie man denn finder, daß in deu
Feldzuge, den er. dur den Fürſten Iwan Waflljer
witſch Bulgak mit moslauifhen Kriegsvoͤlkern, zu
welchen auch nomgorodifhe unter Anführung ihrer
Damahligen Statthalter Wafılet Fedrom' ih Schuis-
hoi uud Iwan Simoniew , und plı...mwifihe nuter
dem plestowifhen Statthalter Wafiiei Wafiljewitſch
Schuiskoi, fließen, wider Liefland im Jahre 1481
hun ließ, Fellin fo wohl mit geobem als Fleinem
Geſchuͤtze beſchoſſen, und nachdem die Stadt bald
mit lürmender Hand genommen worden, dem Schloß
fe fo heftig -zugefegt ward, daß der liefloͤndiſche Ber
fehlshaber die Aufhebung der Belagerung durch 2000
Rudel erkaufte. So wurden auch damahls eine
‚Menge Öefangener, 50 Bloden und eine ſehr rei⸗
che Beute aus Liefland nach Rußland gefuͤhrt. Doch
gelaͤug es ihm nicht, in dem darauf im Jahre 1483
erfolgten Waffenſtillſtande ſich einiges Land von
Eieſtand zu bedingen, und eben fo wenig konnte er
durch den faft unaufhärkihen Krieg, ben er wider
das ihm benachbarte ſhwediſche Gebieth führte, ſei⸗
ne Grenzen auf dieſer Seite erweitern , da er doch
son Zeit zn Zeit große Strecken Landes durch feige:
litthaniſchen Kriege on fh brabte, und in den mit
dem Koͤnige von Pohlen geſchloſſenen Waffenſtill⸗
ſtaͤnden behielt, wie wohl die Urſache, warum es
ihm wider Pahlen fo gluͤckte, nicht in einer wirkli⸗
‚hen Ueberlegenheit ſeiner Kriegsmacht, fondern ei⸗
nes Thrils in dem großen Vortheile, den ihm feine
Unumſchraͤnktheit über diefen Nachbar gab, mo der Kds
nig ohne Buziefung des ganzen Adels nichts Wig⸗
tiges auternehmen konute, noch weit mehr aber dar⸗
: ia liegt, daß Feiner von den drey Fuͤrſten, Rafi-
wir, Johann Albrecht und Alez auder, die mäpzend
Fan
ı86 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
der Regierung diefes Großfürſten über Pohlen und
Eitthauen herrſchten, einige ernftlide Vorkehrun⸗
gen machten, die Schmaͤlerungen, die ihr Gebieth
durch den Sroßfürſten litte, zu hindern oder zu
ahunden.
Daher durfte die Beforgnig eines etwanigen
feindlichen Aufalles von Pohlen Iwanen nie ab-
Balten, wenn er für zutraͤglich achtete, die Tartatu
zu bekriegen. Hierju gab ihm die innerliche Spal⸗
fung, die unter den Soͤhnen des Khaus Ibrah im
von Kaſan entſtand, eine vortheilhafte Gelegenheit.
Denn dieſer hatte vor feiner Heirath mie Nur, mit
‘einer ondern Gemahlinn, Batmafla ‚(einen Soße,
at-Khan, deffen Rahme in Aleg oder Alcgama ver-
‚Rünimele wird, erzeugte, welcher als der Erfigebor-
ne na Ibrahims Tode deffen Thron beflieg. Aber
deſſen Halbbruͤder von Nur, Mahßomed Amin und
Abdallattf, bie auf das große Anfehen baueten,
‚weldies ihre Mutter Nur unter den Tartarn befaf,
‚waren damit unzufrieden ; und bemüheten fich beym
Großfuͤrſten um Huͤlfe, ihr Borhaben wider Ali
‚auszuführen. Jwian gewährte ihnen gern ihr Ge⸗
Such, und fhidte im Jahre 1487’ ein ruffiſches Heer
“ühter ‘Anführung der ‚Sürflen Daniel Obolenskoi
"and Simeon Rarulomsti wider Kafan ans; dieſe
"Epronsveränderung zu bewerkſtelligru“ ‚Ali ſtellte
fih zur Gegenwehr, und z0g mit einem kaſaniſcheu
Heere biefem ruffifchen entgegen. Bepde begegneten
einander Kep dem Fluſſe Swäag, und:-&6 kam dort
"zu einem higigen Treffen , in welchem die Re
ſauer eine fo große Niederlage erlitten, daß nur ein
geringer Hanfen fih dard die Flucht in die Stadt
Kafan rettet konnte, indem die. Steger die GSeſchla⸗
genen mit: folder Gelchwindigkeie: verfoftei ,i daß
die Kafaner Peine Zeis harten, khre Thore zuzuſchlie⸗
des ruſſiſchen Reiches. | 187
'gen, fondern die Ruffen, in deren Hände Ali⸗Khau
fon gerathen war , mir diefem Gefangenen am
gten Julius in die Stadt: eingingen‘, und fich Ders
ſelben bemädtißten. Darauf erhielt Mahomed Ania
das Fofanifche Reich, doch mit Auerkennung der Ober»
herrſchaft des: Srößfürfen. Deſſen Gegner Allader
"wurde nebſt feiner Mutter, "einer -Semahliun, uud
zweyen -Brhidern, Kodaikuls (Kudaigul) und Mes
Iendar der Meniktair , naıh Noskau geführet, von
"wegen Ali'nebfi feiner Semahlinn nad Wologda,
Deffen Mutter aber mit : den beyden übrigen Söe -
nen nah Beköfere nom Großfürten verſchickt wur⸗
den. Ali und Meniktair, nebſt ihrer Mutter Bat⸗
maſſa, verſtarben in dieſem Zuſtaude, Kodaikulu
aber erlangte durch Annahme des Chriſtenthums,
da er in der Taufe den Nahmen Prter empfing, ſei⸗
ne Freyheit, und vom folgenden Sroßfürften dee
Schweſter Gudexia zur Gemabliun.
Im Jahre 1489 fandte der: Großfürſt den
"gärften Daniel Schtſchenid und Gregori Morofow
mit einde großen Macht nah Wiatka, welde alle
Städte dieſes Landes einnahmen, und die Einwoh⸗
ner zn Chriſten machten, die vornehmſten aber nis
Frauen und Kindern nah Modkan führten. Dar
auf vertheilte der Sroßfhrft die Haupter der Wide-
ſchauen ta Borowska und Krenensfa, wo er ihndn
Zändereyen -anwies ; die Kaufleute ſaudte et Äh
Ditrew ;‘tartarifche ihm dienſtbare Fuͤrſten hinge⸗
gen nad Wiaͤtka. Dieſe Erobernugen oerurſachten,
daß der Großfürſt im. Jahre 1490 ſo wohl Witi⸗
ka als Balgarien in ſeiuen großfürſuichen ziel
fepte.
Sur Jahre 1494 ließ er alle je —*
aufhaltenden deutfhen Kaufleute, 49 an Der Bo,
. sefangen fegen, und nahm alle den haufiſches Kauf-
\ —
1 489:
188 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
lentes gehoͤrige Guͤter weg. Bon dieſem Werfaßeen
gab er folgende Urſachen au. Die redaliſchen Kauf⸗
leute haͤtten den aowgorodifhen Kaufleuten viel Un⸗
recht ‚zugefügt ; die Obrigkeit zu Renal habe ruſſiſche
; Kanfleute und großfärftliche Unterthauen, ohne bier
Uber ein Vernehmen mit ihm, ihren natuͤrlichen Herrn
gepflegt zu haben, and ohne vorbhergegangene Un⸗
serfuchung, im Keſſel gefosten; die Dentſchen Hätten
großfürfilichen an verfchiebene. egropaͤiſche Höfe. vers
ſchickten Gefandten ſchimpflich begegnet; und eben
die jegt gu. Nowgotod ig Verhaft gezpgrgen Kaufe
leute hätten vorher Sexerdubereyen ‚getrieben. ‘
Am meiſten erbitterte iön eine genalfhe Bege⸗
‚benheit, die mag ihm mit folger RPeruuſtaltung der
‚ wahren Umfiänbe. hinterbrachte, daß er in. feinem,
Eifer den Stob, daran er ging, zerbrach, und
santer. Bähnefnirrfhen fein Gefcht, zum Himmel
erhob und in Die. Worte ausbrach: Bott, raͤche
uud suchte du meine Sache! Der wirkliche Ba:
lauf beſtand darin; Dir revalſche Obrigkeit hatte
‚einen: Ruffen, welcher in ihrer Stadt falfge Schil⸗
liuge münzte, su: Tode fieden, ud einen andern
Ruſſen, der über einer unnatürlichen Riſſethat mit
einer Stute ertappt ward, verbrennen lafen. —
‚Auf beyde Verbrechen Kanden nach zegalfihen ‚Rehte
Milde Strafen. — Audern Ruſſen aber. ünften
‚ie zu firenge, und fie führten darüber gu Reval
Beſchwerde, befamen aber zur Autwort: wann bie
Mevaler den Großfuͤrſten ſelbſt über ein folches graͤuli⸗
thes Verbrechen ertappten, fo wuͤrden ſie ihn wie
eigen Hund verbreugen. Diefe Sache ward dem
Groß fuͤrſten mit für ihn fo beleidigenden Veraͤude⸗
ungen geruldet, daß er die in Rowgorod ſich auf⸗
dhaltenden hauß ſchen. Kaußeute entkleiden, und mit
eiſernen Feſſeln an den Züßen in, ungefunde Thurm⸗
.- des ruffifchen Reiches. 189
sefängniffe werfen ließ, und ſich gegen die liefländi-
ſchen Stände :-erborh, diefelben zu befreyen, und
alle eingezogenen hanfiſchen Guͤter zuruͤck zu geben,
wenn man ihm die Revaler, die fi fo grob gegen
dad Leber “feiner Untertfanet und feiner eigenen -
großfuͤrftlichen Ehre vergangen Härten, ausliefern
mirdenz; im "Zalle der Nichtauslieferung hiügegen
ſich aufs fhredlihfie an ganz Lieflond zu raͤchen
drohete. Allein die gefanimselr Stände bes lieflaͤn⸗
diſchen Staates‘ verpflichteten fidh gegen einander,
daß fie Neber die aͤußerſte Noth erdulden, als ſich
in ſolche Dienſtbarkeit des Sroßfärften begeben
wollten. Ob aber gleich dieſe begehrte Ueberliefe⸗
rung nicht erfolgte; ſo bewirkten doc die Befandte
(haften, welche der litthauiſche Großherzog und
Schwiegerſohn des Großfürften, Wleronder, der
Heermeifter von Liefland, und der haufifche Bund
in dieſer Angelegenheit an den Großfürften ſchickten,
im April des Jahres 1496 die Befreyung der vers
hafteten Kaufleute. Bon den Bütern aber gab der
Großfuͤrſt aichts zuruͤck, und das hanfiſche Com⸗
toir gu Mowgorob ward and ‚ich wieder herge⸗
ſtellt.
DER hanfiſche Bund bemuͤhete fich mittelſt ei
ner ——— Geſandtſchaft, die im Jahre 1498
nad Lieflaud Ying, mit Zuziehung ber Städte Dörpt
Reval ttıd Riga, wie auch des lieflaͤndiſchen Or⸗
dens, diefe Sadie mit dem Großfürften dergeſtalt
ab zumachen‘; daß diefes erwähnte Eomtoir wiedie
im dörigen Schwung kaͤme. Diefe Geſandiſchaft
fiüg abi Hlerüber mit den Großfürfilien Untere
haudlungen an; aber während derfelben vernahm fie,
dog fi ein rufſiſches Heer in der Nacbarſchaft zus
ſammen ziehe, welches fie vermuthen ließ, die Ruffen
wollten fie hintergehen, und og verfiel Brennde
1496.
1498.
190 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
ſchaftsunterhaudlungen fich bier aufhalten, damit fie
ich mitseh ihrer Kriegsvolker ihrer Yerfonen bemdcti-
gen könnten, und-jog daher, ohne etwas abgefchloffen
zu haben, nach Haufe. Aus diefer Urſache unterblich
die Wiedererrichtung des banfıfden Comtoirs, nad
Die deutfhen Kaufleute behielten zu Rowgered wur
zwey Haͤuſer, naͤhmlich das deuntſche und der ©»
then Haus.
Die letzten Jahre der Regierung dieſes Groß⸗
fürfien verbitterten ihm theils haͤusliche Verdrieß⸗
Jichfeiten , theils mancher Unglüdsfel in feinen
Rriegsunterucehuinngen. Im Jahre 1490 am Sten
Maͤrz verſtarb fein ditefiee Sohn, Iwan, der ein-
zige, den. er im feiner erſten Ehe mis der tweriſchen
Prinzeſſiun erzeugt hatte, mit Hinterlaffung einer
Witwe, Helena, der Tochter Stephaus des Sro⸗
ben, Wopwoden von der Wallachey, und eine
Prinzen, Demetrius. Diefem Enkel Iwan s ge
buͤhrte num die Thronfolge. Allein Sophia, die je⸗
ige Gemablinn Iwaus, fprah wit ſolchem Nach⸗
drucke fir Waſilein, deu aͤlteſten unter ihren Göß-
nen, deren fie noch vier, Georg, Dmiti, Simeon
und Andreas, Hatte, daß ber Vater diefem feinen
Thron zudachte. Doc ereignete fih auf eine kurze
Beit in dieſer Gefinnung des Großfuͤrſten eine Ver⸗
änderung. Denn da derfelbe durch verfhiedene
Vorfälle auf den Argwohn gerieth, als wenn feis
- nem Leben nachgeflellet wuͤrde, fo ward fein Ge⸗
muth vorbereitet, den Nachrichten, welde man ihm
wider feinen Sohn Wafllei und deffen Mutter vor
brachte, leicht Slauben beyzumeſſen. Denn als man
Wafılein. beſchuldigte, derfelbe habe, wie mau ihm
meldete, der Großfuͤrſt wolle feinen Enkel, denjun-
gen Dimitri, zum Thronfolger erflären, fich des
- geoßfürflihen Schages, den man damahls zu Wo⸗
des ruſſiſchen Reiches. 191
logda und Beloſero verwahrte, bemaͤchtigen wollen,
fo verfiel,nebft Wafilei auch deffen Mutter in Un».
gnade. Wafilei ward iu Verhaft gezogen, diejeni⸗
gen aber, welche der Groß fuͤrſt ſchuldig hielt, daß
fie ihm die Nachrichten, die ihn wider feinen Vater
aufbrahten, zugebracht, oder ihm, darüber mit |
Rath an die Hand gegangen wäre, mußten dieß
Berbrehen im December 1407 mit Verluſt ihres
Lebens büßen. Diefe Umflände veranlaßten, daß
der Großfuͤrſt fih eutſchloß, feinem Enkel das Erb⸗
folgerecht durch eine feperliche Handlung zu verfi⸗
dern, und denfelben am 4ten Februar 1498 in der
moskauiſchen Hauptkirche Marieus Himmelfahrt:
durch den Metropoliten Simon zum Broßfürften zu
kroͤnen. Alkein es währte nicht viel Über ein Jahr,
fo gab der Großfuͤrſt ſo wohl der Großfürfiiun
Sophia ihr voriges Anfehen, als ihrem Sohne War .
filei feine Gnade wieder. Daraus erfolgte zufoͤr⸗
derft, dag er diefen Sohn am zılen März 1499
‚zum Großfürfien über Nomwgorod und Pleskow,
nachher aber, nachdem er am zıten April im
Jahre 1502 feinen Enkel Dmitri und deffen Mut.
ter gefaͤnglich einziehen ‚und einen Befehl ausges
ben ließ, wodurd er fie aus dem Öffentlihen Kir
cheugebethe ausfihloß, und ihnen den großfürftlichen
Titel nahm, am ı4ten April zum Großfürften von
Wolodimer, Moskau und ganz Rußland ernannte”),
Auch erweckte Kafan gegen das Lebensende dies
ſes Sroßfürften ihm oft Mißvergnügen. . Denn die
Abhängigkeit Mahomed » Amins von: feinen Befchs
len diente Mamuken Schibani, der wider diefen
Khan im Jahte 1494 fih empörte, n einem guten
“
*), Samml. zufl. Geſch. we V. G. —E
2498.
1499
a 59%.
192. Dritter Abſchnitt. Geſchichte
Vorwande, ſeine Vartey gu Kafan wider denfelben
zu vergrößern. Zwar unterflügte der Großfücf, auf
die Nachricht, die er von diefer Empörung der Ka-
faner,, die ihn eben fo als Mahomed - Auıkı anging,
empfing, durch ein ruffifihes Heer, welches Simeon
Ratulowski uah Kafan führte, Mahomed-Amins
Anſehen, daß die Furcht vor den ruſſiſchen Kriegs⸗
voͤlkern die Uebelgeſinnten im Faume hielt. So bald
fich aber dieſe Beſchuͤzer Mahomed⸗ Amins wegbe⸗
geben hatten, offenbarten fie ihre Feindſchaft mit ſol⸗
dem Nachdrucke, daB Mahomed⸗ Amin fid nicht ges
trauete,. zu Kaſan zu bleiben, fondern fih zum
Großfuͤrſten begab. Seine Entweihung gab im
Jahre 1495 feinem Gegner Mamuk Gelegenheit,
fi jum Herren der Stadt Kafan zu machen, dieer
‚mit Gewalt eroberte und ausplünderte. Hierauf
ging er vor Jaroisk. Aber die vornehmften Kaſa⸗
ner, welche dieſen Bug mit ihm thaten, zogen ſich
unvermerkt nach der Stade. hin, ermunterten das
Volt, zu den Waffen zu greifen und Mamuken die
Stadt zu fperren, den Großfürften aber um Verzei⸗
bung ihres Abfolls und um Hhlfe wider Mamuken uns
ter dein Verfprechen ihrer Rücdkehr zum Gehorfam,
wenn er ihnen nur nicht den bey ihnen durch fei-
ne ‚ausfchweiferide Lebensart verhaßten Mahomed⸗
Amin zum Khane gebe , erfüchen zu laſſen. Der
Sroßfüuͤrſt ernannte nun Abdalatifen, Mahomed⸗
Amins Bruder, sum Khane, und diefe Nachricht des
wog Mamnken sum Küdzuge, auf welhem er mit
Tode abging. Au feine Stelle trat fein Bruder
Wezalaf, und verfuhr ihm Jahre 1499 angreifungs⸗
weife wider Abdallatifen, wurde aber gleichſqlis, da
ein ruffifhes Heer zu Abdallatifs Unterflügung au
kam, gejwungen, zurid gu meiden. Das Ber
anägen, . diefe guten Nachrichten dem Großfuͤr⸗
ſten
N
j
Er ruffifegen Reicher. u 193 =
fien verurſachte, vergrößerte der erwuͤnfchte Erfolg.
einer andern Unternehmung , dieum eben diefe Beit-
- andere feiner Kriegsvoͤlker in Geſellſchaft der Uſtju⸗
ger, Owinaer, Wirfhager und Widrfhanen gegen
Uchorien audführeen, indem fie diefes Land ohne
Muͤhe überwältigten, und der Herrſchaft des Bros
fuͤrſten unterwuͤrfig machten, die jugoriſchen Fuͤrſten
aber nach Moskan brachten. Allein das gute Ber
nchmen zwiſchen dem Großfürften and dem nun⸗
mehrigen Khane von Kaſan banerte kurz. Dennim
Sabre 1502 ward derfelbe ald ein Abtränniger vom
Großfürften abgefept ; und Mahomed » Amin anfei
ne Stelle wieder nah Kaſan geſchickt. Zu viefem
begab fich feine Mutter Rur, da fie nah dem Abe
fierben ihres dritten Semahls, des frimmifchen Ahans
. Mengheliferai , von dem fie Feine Kinder hatte, ihr
Leben bey ihrem Sohne zu beſchließen wünſchte.
Der Großfürft vermeinte fo wohl durch die Hoͤflich⸗
keiten, die er Diefer Muster Mabomed - Amin auf
ihrer Durthreife durch fein Gebieth erzeigte, als auch
Dadurch, daß er ihm auf fein Anhalten die Ver⸗
mählung mit der noch an ihrem Verweiſungsorte
Wologda in großfärfilihen Sewahrſam lebenden
Witwe feines Halbbruders Ali gewährte, denſel⸗
ben in der Ergebenheit gegen das ruſſiſche Reich zu
befeftigen. . Aber eben diefe Heirath verurfachte, daß
Mohomed-Amin- gegen den Großfürken meineidig
ward. Denn diefes Frauenzimmer, ließ weder iha
rem Gemahle noch den vornehmſten Kafanern mit
unaufhoͤrlichem Zureden einige Ruhe, bis fie dieſel⸗
ben auf ihre Vorſtellungen, daß die Abhängigkeit
vom Großfürſten fo wohl Mahomed⸗ Aminen und
das ganze kafaniſche Reih bey allen mahomedanis
ſchen Bölfern entehre, als auch Mabomed⸗ Amins
Sicherheit ſelbſt Gefahr bringe, bewog, am Johan⸗
Goſch. Ruſl. 2. Band, N
1504.
1505.
194. Dritter Abfchnitt. Gefchichte
neötage im Jahre 1504, zu einer Zeit, da fh nicht
nur aus allen ruffifhen Ländern , fondern auch aus
der Fremde eine fehr ‚große Menge Kaufleute zum
Sahrma: fie miß ihren Waaren eingefunden hatte,
alle gegenwärtigen Ehriften, Männer, Weiber und
Kinder umgubringen,, und alle ihre Güter theils
an fih zu ziehen, theils feinen Tartarn Preis zuge
ben. Wit diefem den Ruſſen gugefügten großen
Schaden begnügte fi Mehomed - Amin nicht, fon
dern that, nachdem’ er fih durch 20,000 Nogaler,
die ihm fein Schwager, ein nogaiſcher Wurfe, j
führte, um Jahre 1505 fo unvermuther einen Ein
fol ins Ruſſiſche, daß nirgends Anflalten gegen
feine Zeindfeligkeiten gemacht waren, und er alleat
halben, wo er hinkam, ungehinders morden, rau⸗
ben und brennen konnte. Diefer wehrlofe Zuſtand
der rufjifchen. Orte floͤßte ihm den Muth ein, def
er vor die Stade Niſchneinowgorod ging, und nd
Bemaͤchtigung der Vorſtaͤdte zo Tage lang die Stodt
anfiel. Der Befehlshaber diefer Stade, Thabar
Simsfoi, hatte nur wenige Leute, mit denen er dit
unaufbörlichen Angriffe einer fo zahlreichen Rast
obtreiben konnte. Aber zu großem Gluͤcke ſaß hier
eine Anzahl litthauiſcher Schügen , die ein uf
fifcher Feldherr, Fuͤrſt Daniel Schtfchenidtem, ir
einem glüdliden ‚Zeldzuge zu Gefangenen matt,
verhaftet, die nad einem Berichte go, nad) eine
andern Angabe aber 300 Köpfe ausmachten. Diet
- bewehrte der Befehlshaber, um fie wider die Zar
tarn zu gebrauchen, und fie bewiefen fo große 3%
pferkeit und Geſchicklichkeit, dag man die Abtei:
bung aller feindlichen Anfälle bloß diefer Hand vol
Ausländer verdaukte. Vermuthlich aber würden ft
doch endlich übermannt worden, und die Gradi in
Die Gewalt der Tartarn gerathen ſeyn, wenn niht
\ %
des ruſſiſchen Reiches. 195
einer von dieſen Schügen bey. Bemerkung, daß Mar
homed⸗ Amin wit feinem Schwager hinter einer
Kirche fiche, einen Schuß gethan hätte, wodurch die
Kugel dem Murfen durch die Bruſt ging, und dem⸗
felben das Leben nahm. — Die Nogaier ergriffen
nun, da fie ihr Haupt ſolchergeſtalt umkommen far
ben , das Gewehr wider die Kafaner,, und es Fam
zwiſchen dieſen beyden Heeren zu einer offenbaren
Schlacht, die Vielen das Leben Eoftete. Mahomed⸗
Amin brachte es mit vieler Mühe dahin, dag die‘
wirklichen Seindfeligkeisen aufbörten. Weil aber
der Haß verblieb, fo. mußte er beforgen, daß der⸗
felbe.bey der mindeſten MWeranlaffung in neue Ges
waltthätigleiten aus brechen, und feine gefammte
Macht durch diefen innerlichen Krieg vernichtet wers
den wuͤrde. Dirſes Uebel zu. vermeiden, hob erdie
Belagerung auf, und führte feine Kriegsvoͤlker im
fein Land zuruͤck; langte auch, ohne von ruſſiſchen
Kriegsvoͤlkern beunruhigt zu ſeyn, in demfelben an,
Denn: ob: wohl nun "der Großfürf ein Heer von
100,000 Mann zufammen ziehen Tief, fo hatte doch
die Haͤupter desſelben ein foldes Schreden einge
nommen, Daß fie nicht wagen, Das mindefle mider
Mahomed » Amin za unternehmen, fondern mit ei-
ven. fo großen Heere bey Murom file lagen, und
selaffen aufahen, daß die Kafaner in ihrem Angefiche
te eine Menge Otte plünderten. und abbrannten.
Die litthauiſchen Schhgen wurden für ihren geleiſte⸗
sen Dienſt non ihrer Gefangenſchaft freygeſprochen,
und mis GSeſchenken in ihe Vaterland zuruͤckgeſchickt.
Swan aber mußte die Ahndung diefes kaſaniſchen
Adfalles feinem Nachfolger überlaffen.. Denn ders
felbe verſiarb am a7ſten Dmober 1505 ” als er
3
m. Apıförtem: &..10+73 und. 118. Deguigens. ©. 453,
454. Herberflein &. 367.
1505
196° Dritter Abſchnitt. Geſchichte
merfte, daß es mis ihm zum Tode gehe, ließ er feis
nen im Verhafte habenden Enkel Dmitri in Frepheit
fegen, und vor fein Bert kommen, wo. er gegen
denfelben erklaͤrte: er babe Unrecht gethan, ihm ſei⸗
nes Erbrechtes und ſeiner Freyheit zu berauben; er
möchte ihm dieſe Bergehung verzeihen, und fich ſei⸗
nes Rechtes bedienen. Als aber Dimitri darauf aus
dem Zimmer feines Großvaters gegangen war, ließ
An WBafllei fogleih wieder feſt women, und ins
Gefaͤngniß bringen.
Regierung Der od Iwan Waßlzewitfo I. floß⸗
—æ te Anfangs dem Könige von Pohlen Alexauder Hoff⸗
filei Iwano, nung ein, mittelſt innerlicher Unruhen, welche eis
witſch. nige Auhaͤnger feines Enkels Dmitri: und die ei⸗
genen Brüder des neuen Großfürſten Waflei
JIwauo ſwitſch im ruſſiſchen Reiche erregen wärs
den, und der Angriffe der Kaſauer auf ruffiſche
Ränder mit Vortheil diefen neuen Großfärften ber
kriegen zu Pönnen, und er kom, um die Anflalten
gur Befriegung desfelben zu treffen, nach Litthauen;
erfuhr. aber, daß er ſich in diefer Hoffnung geirrt ha⸗
be, indem Niemand Ab in Rußland wider Wa fir
Leis Befleigung des. Ehrones regte, welcher DOmi⸗
trin in. fo guter. Verwahrung hielt , daß derfelbe
in diefem Zuſtande am 14ten Febraar 1509 fein Le⸗
ben befehließen mußte. Daher aͤnderte Alexander
feine Gedanken, und ſchraͤnkte feine Abſicht darauf
-ein, ob er von dem neuen Großfuͤrſten auf beffere
Bedingungen Frieden erhalten Pönne, als ihm de
verſtorbene Iwan Denfelben zugeſtehen wollte. Die
fen Zweck erhielt er, indem der eigene Vortheil des
ueuen Sroßfürften erforderte, fi durch einen Frie⸗
densfhluß mit Pohlen völlige Sicherheit zu verſchaf⸗
fen, daß er von diefem Nachbar Feine Zeindfelig-
keit befürchten bürfe, . weil ihn die. Kaſaner mittel
\
. / | |
des ruffifchen Reiches. 197
der Unterflüßungen , die ihnen andere tartariſche
Voͤlkerſchaften leiſteten, genug befihäftigten. Da
sun dem Großflirften fo viel daran lag, feine Sache
mit den Rafanern :aufs fehleunigfie auszumachen;
fo fammelte er gleich beym Antritte feiner Regie
sung im 3. 1506 ein fehr zahlreiches Heer, wel⸗
des man 100,000 Mann ſtark angibt, daß es un⸗
ter dem Befehle feines Bruders Dmitri Schemiak
oder Schilka diefe Zeinde in ihrem Lande anfallen
ſollte. Da aber diefe ruſſiſchen Kriegsnölker theils
zu Lande, theils zu Waſſer gingen; ſo uͤberſiel Mu⸗
hamed⸗-Amin zuerſt die auf den Kähnen, welche
von der zu Lande anruͤckenden Reiterey nicht un«
"terfihgt werden konnten, und es bahnte ihm der
hier gewonnene Gieg den Weg, das ruffifche Land»
heer gleichfalls mit Bortheil anzugreifen. Durch
diefe bepden Unglädsfälle wurde dasſelbe gend“ .
thigt, fich mit Verluft vieler Manufhaft aus dem
Kaſaniſchen wegzubegeben. — Doch bald ward
ein anderes gleich zahlreiches Heer dahin geſandt,
und dieſes beguͤnſtigte der Umſtand, daß bie Kaſa⸗
ner fich feiner Ankunft nicht verſahen, und. daher
an einem mohamedanifipen Zefttage unter aufge»
ſchlagenen Gezelten fon insgeſammt mir ihren Weis
hern und Kindern fih, ohne etwas Zeindliges zu
beforgen, ergepten, daß fie folglih von den Ruſſen
in voller Sicherheit. überfallen wurden, bie eine
große Menge tödteten, Die uͤbrigen aber zwangen.
in ſolcher Unordunng und Verwirrung in Die Stadt
zu fluͤchten, daß viele im Gedränge umlamen, und
die Ruffen, wenn fie diefen Umſtand gehörig bes
nugt hätten, mit ihnen in die Stadt hätten kom⸗
men koͤnnen. Aber da ihre fluͤchtigen Feinde ihnen
viele Sachen von Werthe und eine Menge Eſſen
und Erinfen hinterließen; fo ergaben ſie ſich dem
1506.
200 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
Mittel vom pohluifhen Gebiethe Land an ſich zu
ziehen, als Idnger einen offenbaren Krieg fortzuſe⸗
gen, in welchem er fabe, daß wegen befferer Kriegs⸗
verfaffung bey den Bohlen und Vorzuͤglichkeit ihrer
" Heenführer der Vorteil auf der ‚Seite feiner Geg⸗
ner war
Eine gleiche Urfade, naͤhmlich daß: er mußte,
nie er Im Kriege wider die krimmiſchen Tartarn nichts
gersinnen könne, fie hingegen durch unaufhörliche
xEinfaͤlle feinem Gebieihe immer Schaden gufügten,
bewog ihn, fich bey ihnen gleichfalls um den Frie⸗
den ju bemüßen, den auch Conſtantin Zabolowski
bey ihrem Khan abmachte, und im J. 1509 mit
krimmiſchen Gefandten, die den gefchloffenen Bertrag
mitbrachten, nah Moskau zuruͤcktam. Diefe Kries
ge Wafleis verfhafften dem Sürften Wa filei
Semecziz von Nowgorod⸗Severskoi eine erwuͤnſchte
Gelegenheit, das ganze Fuͤrſtenthum Severien, wor⸗
in außer ibm ein anderer Wafilei das Fürſtenthum
Starodub und Dimitri dag Fürftentdum Potiwlo un«
ser großfürftliher Oberherrſchaft beſaß, an fich zu
bringen. . Denn nachdem er, da er ein fo guter
Kriegsmann war, daß er durch die Kriegsthaten
‚wider die Zartara, Die. eiuen gleichfam unaufbörs-
. Vichen Krieg wider das Fuͤrſtenthum Severien führ-
ten, feinen Rahmen diefen Feinden fürchterlich mac
te, mit feinen alleinigen Kräften das Land des Fürs
fien von Starodub gemonnen hatte; fo bediente er
fi des Vertrauens, welches der Großfuͤrſt in ihn
fegte, fih zum Herrn von Potiwlo zu machen. Er
mußte, wenn er jemanden, der feinen ehrgeizigen
Entwürfen im Wege ſtand, wegfchaffen wollte, dem
Großfürfen mit folder Wahrſcheinlichkeit Beſchul⸗
Digungen wider dergleichen Perfonen vorzubringen,
das berfelbe bereite einen leiblichen Bruder ,
\
des ruſſiſchen Reiches. won.
wie auch den Zürfien von Korfita auf die Angebun⸗
gen dieſes Zürfien von Nowgorod-⸗ Severskoi ihrer
Zürfenshlimer nnd. ihrer Frepheit beraubt hatte,
worauf bepde in ihren Befängniffen nit ohne Ver⸗
dacht, daß ihr Tod durch grinalifame Mittel beſchleu⸗
nigt worden fep, ihr Leben endiaten..
Der Heermeiſter von Lieflaud, Walther von
Plettenberg, trachtete fo ſehr darnach, Wafilein nicht
die mindeſte Beranlaſſung zum Bruche der zwiſchen
ihunen jepg beſtehenden Freuudſchaft zu geben, daß
er. der Regierung und Geifllichkeit gu Pleskow, als
diefelben ihn erfüchten , fie wider das Volk zu ſchuͤ⸗
gen, Feine Hülfe gewähren wollte. Als die Pleskower
Beine auswärtige Unterflügungerhielten ; fo gereichte
diefer inmerliche Zwiſt zum Bortheile des Großfuͤr⸗
Ren, der fo gluͤcklich war, Ddiefelbe wieder zur:
Pflicht und Ordnung zurüd zu führen.
Den mit dem frimmifhen Khaue gefchloffenen
Sriedengvertrag hielt der Großfärft aufrichtig, weil
fein Vortheil dieſes erforderte; allein der Erimmis
ſche Khan fand einen größern dabey, wenn er den
felben brach. Da es eine allgemeine Gewohnheit
der tartariſchen Voͤlker if, ſich durch feinen Fries
densvertrag die Hände binden zu laffen, wenn «8
ihnen zutraͤglich duͤnkt, gleib nad Unterzeichnung
Desfelben das Sebierh ihres Bundesgenoffen zu über»
Hehen, und fie. nicht einmahl eine Rechtfertigung.
eines fo offenbaren Wortbruches nöthig adten; fo ,
lieh der Khan ohne Angabe einiger. Urſache 1512
durch zwey feiner Söhne, Ahmed und Burnas,
einen Einfall ins ruffifche Gebieth thun, die fo lange
darin Verwühungen aurichteten, bis. ruſſiſche Kriegs⸗
völfer herbey lamen; fein aͤlteſter Sohn Mahmud
aber. ward dieß Mahl dur die Nachricht, de
202 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
ruffifhe Kriegsvoͤller das Zürfientkum Refan uͤber⸗
ſchwemmten, vom Weberfalle desfelben abgehalten.
Allein im folgenden Jabre 1513 beſchaͤdigte
doch fein Bruder Burnas basfelbe, ob er wohl die
Hahntfiadt Refan vergeblich belagerte. Bon diefen
tartariſchen Ueberfaͤllen glaubte der Großfürf, def
fie auf Antrieb des Königs von Bohlen geſchaͤhen.
Da die Tartarn nach Ihrer Gewohnheit ſich, fo bald
fie aur wahrnahmen , daß das Land, welches fe,
weil es ohne Bertheidiger war, ohne Widerfand
auspländern konnten, Beſchützer erlangte, eben fo
geſchwiude wieder in ihre Heimath begaben, als ihr
Ueberfall desſelben gefchehen war; ſo hinderten fie
1514 den Großfürften nicht, mit einem zahlreichen
Heere, worunter eine Menge Dentſcher und Ste
liäner dienten, einen Feldzug in Litthauen gu thus,
und auf des ihn hierbep begleitenden Glinskis An
trieb die Belagerung der flarfen Feſtung Smolensk
ja unternehmen. Doch wäre diefelbe bey aller Ge⸗
walt , die er wider fie anwandte, unerobert geblie
ben, wofern nicht Glinski einige vom Adel fomoil
als von den Befehlshabern der befoldeten Rannfaaft,
theils durch feine alte Belanntfchaft , theils durch
Berfpredhungen und Gefchenfe, zur Webergabe ge
neigt gemacht hätte, :von dieſen aber faſt allen uͤbri⸗
gen Bertheidigern der Feſtung ein fo ſchreckliches BIN
des Unglfics vorgemahlet worden wäre, meldes fit
alle bey der gewaltfamen Erobernng, die wegen der
Moht, mit welder die Ruffen fie angriffen, unver
meidlich ſey, ‚treffen müffe, Daß die ganze Befagung
einen Aufſtand wider ihren oberſten Befehlshaber
Solohub erregte, und demſelben den Tod drohett,
wenn er nicht den Vergleid; der Uebergabe ſchließen
werde. Bep diefer Ueberlieferung Batte der Sropfürf
auch noch den Vortheil, daß, ob er wohl der Dr
*
des ruffifchen Reiches. 203
Tagung fein Berfprechen wegen bes freuen Abzuges
nicht brach, doch die allermeiften Befehlshaber, wel⸗
de ans Bewußtſeyn ihrer Verſchuldung ben biefer
Uebergabe firb fheneten, ſich in die Gewalt der Pohlen
gu begeben, in feinen Dienft übertraten, und auch
ihre unterhabende Mannfchaft durch Einfiöfung des
Furcht, daß die Pohlen fie diefe Uebergabe entgels
ten loffen wärbeh‘, hierzu überredeten, Der Gewinn
Diefer Zeflung fam dem Großfürften fo theuer zu
fliehen, daß er fagte, er könne für das, was ihm
die Einnahme koſte, zwey dergleichen neu erbauen.
Weil er aber Glinskin feine Verheißung, ihm diefe
Stadt nebfi dem ganzen dazu gehörigen Fuͤrſten⸗
thume unter Vorbehalt feines oberberrlihen Rechts
eingurdumen, nicht erfuͤllte, fo eutſchloß fich dieſer
ſich um feine Ansföhnung mit dem Könige von Pohlen
gu bewerben. "
Bey verſchiedenen angehaltenen Unterhäüdlern
geriethen unldäugbare Beweife bes jegigen Verſtaͤnd⸗
niffes Gliuskis mis: Pohlen in die Hände des
Sroßfürften, der auf diefe Beugniffe Glinskin feſt
nehmen, und vor fih nah Smolensko, mo er ba»
mahls im Lager fand, führen ließ. Hier empfing
er ihn mit der Aurede: Treuloſer, du ſollſt nach
deiner Berfhuldung beflraft werden.” Glinskin
hingegen verließ bey dieſer Doobung fein Much
wicht, ſondern er erwisderte auf den Verwurf des
Sroßfürften unefchroden: ‚Mein Sewiſſen gibt mir
das Zeugaiß, daß ich das Verbrechen der Zreulor
figfeit,, deſſen du mich beſchuldigſt, nicht begangen.
Habe. Denn wenn du nicht deine Treue mir gebro⸗
. den, und dein Wort gehalten haͤtteſt; fo würden du
in allen Stüden den getreueſten Diener an mir gehabt
haben. Aber da id fahe, das du mic Treu und Olau-⸗
# .
204 „Dritter Abfehnitt. Geſchichte
ben ein Spiel triebeſt, und mic anfjoeft; fo faͤllt
es mir hart', daß. ich das, was ich gegen Di vor»
gehabt, mit ausführen konnte. Den Tod habe ih
allezeit verachtet, und werde ihn geru leiden, wenn
ih auch ſonſt keine Urſache hätte, daß er mir will
Jommen wäre, als dep er mih des. Schmergens
- Überbebt,, dein Angefiht, Tpranı , ferner ſehen zu
muͤſſen.“ Diefe edle Dreiſtigkeit behielt er au,
ols er auf-Befehl des Sroßfürften. nah Wiasma
abgeführt ward, wo ihm in Gegenwart aller Leute
ſchwere Ketten: angelegt werden folten.
Bald nad Glinskis Entfernung von dem ruſſi⸗
fhen Heere in eitthauen erlitt daſſelbe am 8. Sep⸗
tember bey Orßa am Duepr vom litthauiſchen Feld⸗
herru Conftantin Oſtrowski eine große Niederlage,
ob ſchon der krimmiſche Khan ſein. dem Koͤnige von
Pohlen gegebenes Wort, die pohlniſchen Kriegsvoͤl⸗
ker, die faum die Hälfte der ruſſiſchen ausmachten,
mit einer großen Zahl feiner Tartaru fu verſtaͤrken,
nicht erfüllte, fondera fid mit feinem Heere unweit
Dem pohinifchen Lager feste, und bis dieſes Treffen
geliefert worden war , fo oft die Pohlen begehrten,
daß er zu ihnen floßen follte, unter allerhand Bor»
waͤnden diefe Vereinigung ablehnte. |
. Se treulos ſich aber auch die. krimmiſchen Tar⸗
fare ſowohl gegen den. Großfuͤrſten als den Kö«
nig von Pohlen betrugen; fo bewog Doch der Bor
heil, den er jedem dieſer bepden Friegführenden
Fuͤrſten ſchaffte, wenn fein Gegner einen großen
heil feiner Kriegsmacht zur Bedeckung feiner Laͤu⸗
ber wider:die Tartarn anwenden mußte, fſowohl einen
als den andern, ihnen zu fchmeieln,, uud fie mit
reichen Geſchenken an ſich zu ziehen. Als im Jahre
1516 au den neuen Khan Mahomed, weiber 1515
. feinem Bater Mengheli gefolget war, vom Könige
des ruffifchen Reiches. 205
non Pohlen Geld mit dem Erſuchen geſchickt wurde,
daß derſelbe bey Anbruch des Frühlings, wenn er
bey Opocza ins ruffiſche Gebienh gehen wuͤrde, auf
einer andern Seite dasfelbe anfallen ſollte, und der
Khan diefes zu thun verſprochen hatte; der Groß⸗
fürft aber. von diefer Verabredung des Kbans mis
feinem Zeinde, dem Könige von Pohlen, Nachricht
empfing ; fo ſchickte derfelbe ungrſaͤnmt an deu Khan,
und ließ. demfelben die Vorfielung thun, daß, da
der Sroßfuͤrſt feinen zum Angriffe feiner Bänder mie
4
dem Könige „gemachten Entwurf in Erfahrung ges
bracht, derfefbe die wöthigen Vorkehrungen zur Ver⸗
eitlung desfelben nicht unterlaffen, und folglich der
Khan, wenn er auf ber Ausführung desfelben ber
ſtehe, ſtatt der gefuchten Beute fi Schläge holen
werde ; und daß es daher deſſen Vortheil’erforbere,
nicht die großfürflichen Laͤnder, fondern Litthauen
zu überziehen, welches Land wegen des eben ges
troffenen Bündniffes nichts von ihm befkrchte, und
alles Kriegsvolk zur Befriegung der ruſſiſchen Grenz⸗
lander fortgeſchickt Haben würde.
Der Khan fchien diefen euffifchen Vorfclag zu
begnehmigen, und ſchickte ſogleich feine Seſandten
zum Großfürſten, den Vertrag hierüber mis demſel⸗
Den abzuſchließen, oder vielmehr das Geld, welches
ihm der Großfürft fire den Dienſt, welchen derfelbe
begehrte, bezahlen ſollte, geſchwinde in Empfang zu
nehmen. . Darauf verdiente er dasfelbe dur einen
Einbruch, Ben er in Podolien und das pohlnifche Ruß»
fand unternahm , und der ihm, ob gleich. Bier und
da einige feiner Parteyen Niederlagen erlitten, fo
nah Wunſche glüdte, daß er, nach angerichteten:
ſchrecklichen Berheerungen und Niedermeplungen vie
ler taufend Menfpeh, ohne die übrige Beute 50,000,
2519.
o
!
sog Dritter Abſchnitt. Befchichte .
ſahen. Doch ſchreckte fie dieß nicht ab, 1518 auf
einer andern Seite ins großfürflige Gebieth einzu
fallen , wo fie. aber gleichfalls gefchlagen wurden.
Diefe benden fehlechten Ausfchläge ihrer Unternehmun
gen auf großfürfiliche Länder verurſachten vielleicht,
daß der Khan den Befaudten, welche der Großrärf
1519: an ibn ſchickte, ihn gu vermögen, durch einen
Einbruch in Poblen die Kriegsunternehmungen des
rufſiſchen Heeres in Litchauen zu erleichtern, Gehoͤr
verlieh, und dieß Verſprechen durch Verwuͤſtung de
Woywodſchaften Lemberg, Belcz und Lablin In
Werk richtete.
So lange der Großfüͤrſt den durch einen Wels
| fenkißfiond geendigten Krieg wider Pohlen führte,
war es demfelben wicht moͤglich fo viele Kriegsroͤl⸗
‚ter nach Kafan gu ſchicken, daß er vermunbenfm
te, diefelben würden hinreichen, Die bey Aatrin kr
ner Regterung von den Kafanern empfangene Schw
an raͤchen, und dem Khan dieſes Reiches der ruſſ⸗
ſchen Herrſchaft wieder unterthänig zu machen. Run
aber nahm er dieſe Angelegenheit vor , uad fand! |
‚ein fo zublreidhes Heer theils zu Waffer, cheils zu
Lande nach Kaſan, daß Mabomed » Amin urtheille,
er muͤſſe die aͤußerſte Borficht mit der größten Manns⸗
kraft veebinden, wenn er desfelben Abſicht wereitde
wol. Denn dieß rufifche Kriegsheer beftand aus
159,000 Mans, und hatte 40 Wopwoben oder Felb⸗
herren. u
. Da gu Waffer Ankoinmenden foerrten die kaſan⸗
ſchen Tſcheremiſſen Durch in den engen Pöffen und
deu mit Inſeln befepten Benenden der Wolga ein
geſenkte viele Balken und Steine fo den Weg, dal
die Fahrgsuge auf einander getrieben, und dadurch
zertroͤmmert wurden. Darauf überfieien fie dit
Tſcheremiſſen von allen Seiten, und ſchoſſen pri ſie;
u
des ruſſiſchen Reiches. - 200
‚ Über bieß Tiefen fie große Balken und Steine von:
den hohen Ufern auf fie herab. Ga ging ein: Zeil
der ruſſiſchen Zahrzeuge zu. Orunde, die übrigen
warden mit der daranf befindlihen Mannfchaft und:
Ladung von den Zfiheremiffen genommen , die auch
vieles von der Ladung der untergegängenen Schiffe,
befonders Kanonen nnd Kugeln, aus dem Fluſſe zogen.
Auf diefe Ars ſollen 30,000 Ruffen theild ‚von deu
Tſcheremiſſen getoͤdtet worden ſeyn, theils in der
Wolga den Tod gefunden haben. Das Landheer
barste folglich vergeblih beym Fluſſe Swijag auf
die Ankunft dieſer Bothe, und während der Zeit
feines unthätigen Aufenthaltes an diefem Orte fonu«
ten die Kafaner ſich zufammenzichen, und es dort:
aufſuchen. Jetzt forhten fie drey Tage mit einander;
zulegt aber wurden doch die Rafauer vonden Ruffen .
überwunden, und bis an die Wolga verfolgt-, in
welchem Ziuffe nuch eine Menge von denen, welde
(ib durch diefen Weg vor dem Schwerte der ihnen
siacheilenden Rufen zu retten mreinten, umkamen.
Bit diefen Ertrunkenen fol der Verluſt, den. fie er⸗
litten, 42,000: Mann beiragen haben. Aber auch
von denen , die noch dem Tode entgingen , gelangte
nur ein Theil mit dem Khane nah Kafan; der
Reſt zerſtreuete fich im den Waͤldern. Doch getraue⸗
ten ſich die Sieger nicht, ihnen bis nach Kafan nach⸗
zugehen, und die Belagerung diefer Stadt anzuſtel⸗
len, -weil das Geſchuͤtz und das uͤbrige zum Augriffe
der Stade erforderliche Seräthefih auf den Bothen
befand. Daher blieben fie an ihrer gegenmärsig’«
Stelle ſtehen, und ſchickten nur Parteyen zu Vers
heerung des offuen Landes aus. “Endlich erhielten
fie Durch einige enttommene Bothe, die mit eine
Hand voll vor Hunger ausgezehrter Leute bey ihnen
aukamen, den Bericht von der gaͤuzlichen Vernich⸗
Geſch. Aufl, 2. Band. D
210 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
tung der zu Wafler gegangenen Kriegsmacht. Weil
fie nun durch dieſes Uuglud nicht nur alles ſchwere
Geſchuͤtz und alle übrigen zum gewaltfamen Angriffe
eines feften Platzes gehörigen Erforderniffe, fondern
auch ihren ganzen Kriegs« und. Mundvorrath verlorea
hatten, indem das Wenige, was dieſes Laudheer
von beyden mituahm, bey ihrem langwierigen Auf⸗
enthalte an dieſer Stelle bereits aufgegangen mar;
fo fanden die Feldherren in einem hierauf augeſtel-
ten Kriegs rathe, daß fie das Vorhaben der Erobe⸗
rung von Kaſan aufgeben, und nur darauf denken
müßten, wie fie aufs geſchwindeſte das großfuͤrſtliche
Gebieth erreichten. Sie traten daher unverzüglih
ihren Ruͤckweg an, erlitten aber auf demfelben vom
Hunger und andern lingelegenheiten fo große Roth,
daß noch auf Diefem Wege eine fchr große Reg
aufgerieben ward. Dergeflals kehrte von dieſen
mädtigen und mit allen Dingen su einer wichtigen
Unternefmung wohl verfehenen Heere ein geringes
Veberbleipfel ia dem erbaͤrmlichſten Suflande zuräd,
welches dem Großfürßen fo zu Herzen ging, daß
es in einigen Zagen feinen hierüber. empfundenen
Schmerz nit überwinden konnte.
Dieſer wurde gemindert als bald hernach
Mahomed⸗ Amin ihm das frepwillig. anboth, mad
er durch einen unglüdlihen Kriegszug nicht erzwin⸗
gen konnte. Deun denſelben uͤberfiel eine unheilbare
Krankpeit. Weil er: nun beforgte, der ‚Broßfürk
muochte ihn in diefem Zuflande, der es ihm zur Un⸗
wöglichfeit machte, den mindeflen Widerſtand zu
hun, aufs nene überfallen, und über dieß feine
Bruder Ubdalatif, welchen der Großfuͤrſt gefangen
hielt, zum Nachfolger zu haben wuͤnſchte; fo fhidtt
er eine Geſandtſchaft an den Großfuͤrſten, welcher
des ruflifcgen Reiches. 211
er goo von feinen beflen Pferden nebſt (ehr vielem
mit Gold und Silber geſchmuͤckten Pferdegeſchirr
zum Geſchenke nebft einem fehr demuͤthigen Schrei⸗
ben. an deuſelben mitgab. — Denn er erklaͤrte
darin: Gott beſtrafe duch feine gegenwaͤrtige
"Krankheit (er ward von Würmern vergehrt, und
ſtank fo. heftig, daß es vor Geſtank niemand bey
ihm aushalten Fonnte) feine gegen das ruffifhe
Reich, deffen Großfürft Iwan ihn erzogen und zum
Könige über Kaſan gemacht habe, auf Verführung
feiner Semahlinn ermwiefene Undankbarkeit. Er bath
den Sroßfuͤrſten, ihm alle ſowohl gegen feinen Va⸗
ter als ihn ſelbſt Begangenen Uebelthaten gu verzeiden,
eine gleiche Vergebung feinem Bruder Abdallatif zu
gewähren, and denfelben nad feinem -Zode zum Khan
hder Rafan zu fegen; und damit er dieſes defio eher
erlange,, meldete er zugleich, daß die Kafaner. auf
fein Sureden fich entfchloffen Hätten, unter den Ge⸗
horfam des Sroßfürften zuruͤck zu ehren, und feinen
Khan ohne Zuſtimmung bes ruſſiſchen Hofes zu
waͤhlen.
Der Sroßfuͤrſt bewilligte ſein Gefuch, und
ertheilte dem gefangenen Abdallatif die Freyheit.
Aber dieſer verſtarb vor feinem kranken Bruder,
den feine Gemahlinn entiveder aus bloßem Verdruß,
daß fi mit Mahomed⸗ Amins Tode ihre Herrfchaft
endigte, oder auch zugleih aus Furcht, daß fie nach
dem Tode ihres Gemahles in ruffifihe Gefangenſchaft
überliefert werden wuͤrde, durch heimlich zu fich ger
nommenes Bift ind Grab begleitete. Die Kofanee
erfüllten Bey feinem Tode ihr dem Groäfürften gee
gebenes Verſprechen, indem fie demfelben den Tod
ihres Beherrſchers anzeigten, und denfelben bathen,
innen an deſſen Stelle den aus dem Gebluͤte des
| 2 8
2ıs Dritter Abfchnitt. Geſchichte
Stifters ihres Reichs Ulumachmet abſtammenden
Shih» Alei Alejqrowitſch, der jetzt als Juͤrſt von
Kafim unter der Herrſchaft und im Dieuſte des
Großfuͤrſten lebte, zum Kban zu geben. Dieſer aber
wor kaum bey ihnen augekommen; fo bejzeigten fe
auch ſchon ein Mißfallen, ihn zum Herrn zu haben,
Schon feine Leibesgefialt erregte ihren Widerwillen
gegen feine Perſon. Denn er hatte faſt gar keinen
Bart; feine Gefichtsbildung gli mehr einem Wär
be als einem Manne, und fein Wauſt fehlen ihnen
ein Beweis, daß er feinen Körper: mehr pflege,
als nad ihrer Denfungsart einem anne geplemie
Doch dos machte ihnen feine. Herrſchaft gang unleid-
lich, daß er einen moskauiſchen Wopwoden, Kar
‚900, mit einer ſtarken Anzahl ruffifcher Kriegsleute
und anderen Ruffen, wie auch einige taufend Au
laͤnder, die nicht Ruffen, ſondern vermuthlich Zar
tara von andern Voͤlkerſchaften waren, mitbradte,
nichts ohne Zuziehung des gedachten Wopwoden vor
nahm, und Key allen Vorfällen die Ruffen undäbıls
gen Ausländer den eingebornen Kafanern vorzog,
und vor biefen fein Vertrauen: zumandse; je fi
nicht. die mindefle Mühe gab, die Gemärher der
Kafaner zu gewinnen, fondern fich darauf. verlich,
daß er ungeachtet des allgemeinen Haſſes, den dieft
wider ihn hegten, mitielft der Macht des Greßfür
fien der Furcht der Kafaner vor diefem feinem de
ſchuͤher, der Unterhögung , die ex von den mitge
brachten Ruſſen und übrigen Sreunden erhielt, und
der Parten, die‘ er wegen feiner mit einer Witwe
feines Borfahren, Mabomed - Amin ,. getroffenen
Heirath und des Bruders: dieför Frau muter deu
Kaſanern hatte; fi im Befige des kaſauiſches Ihrer
nes behaupten werde. Da nun ohne dieß die Kaſauer
fich nicht aus frepem Willen und wahrer Zuneigung,
%
des ruffifchen Reiches. zig
fondern durch Zureden ihres verfiorbenen Königs
und andere Bewegurfachen dazu verfianden batlen,
die Oberherrſchaft des Großfuͤrſten anzuerkennen ;
(0 konnte es nicht fehlen, daß, wie.fie jetzt wahr.
nahmen, daß derfelbe die Oberherrſchaft weiter aus⸗
dehnte, als fie ſich damahls vorſtellten, da fie ihm
dieſelbe zugeſtanden, und dem ihnen gegebenen Khau
. einen Woywoden zum Mitregenten zutheilte, fie gar
bald bereneten,, fi dem Großfürfien unteuworfen
zu haben. Anfangs verfuchten fie zu wiederholten
Mahlen ihren gegenwärtigen Khan hierin auf ihre
Seitz zu ziehen, indem fie ihm vorflellten , daß er
fid. wenn er ſich in dieſer Hauptangelegenheit und
andern Stücken, durch die er ſelbſt feine Untertha⸗
nen: mit feiner Regierang mißvergnuͤgt made, nad
dem Sinne derfelben bequemen wolle, der Liebe
Derfelben verfihern, ‚und fo fi den Beſitz feines
Reisys auf immer befekigen , hingegen, wenn er
in feinem bisherigen Betragen fortfahre, und die
Abhängigkeit vom-Großfürften nicht aufgeben wolle,
ein allgemeiner Aufftand erfolgen, und ihn vom
Throne ſtuͤrzen werde, ja vielleidt ‚gar das Leben
often koͤnne. Wie aber Schich » Alet diefen Neben
. Tein Gehör gab, ja nad wie vor .‚denfelben bey
allen Belegendeiten fih als einen dem Willen des
Großfürften ganz gehorfanen Diener zeigte, und _
gar verfhiedene Kaſaner, die ihn zum Abfalle vom
S:oßfürften zu überreden fuchten, am Leben beflrafe
te ; foentfchloffen fie ich, einen allgemeinen Aufftand
ju erregen, und den Khan von.der Krimm durch
Abgeordnete zu erfuchen, ihnen Beyſtand zu leiſten,
damit fie ſowohl von der Herrſchaft des. Broßfürften
als von Schi» Alei befreyet würden, und, damit
Diefes Geſuch ihnen deſto Leichter gewährt werde, einen
Bruder des Frimmifgen Khans, Sahib - Kerai, zu
. 3531.
214 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
ihrem Khan anzunehmen. Darauf führte im J. 1521
Mahomeb » Kerai diefen neuen König in Begleitung
von 80,000 Zartarn in fein‘ Reich ein ; und als der»
felbe bey den Kafanern anlangte, ergriffen fie das
Gewehr wider Schich - Alei und alle deffen Auhaͤu⸗
ger, bemäcdhtigten ſich aller Haabe, und tödteten
Die Leute, daß 1000 Ruffen, die im Dienfte des
Wopwoden flanden, auf 5000 andere Ausländer,
die Shih» Ali nah Kaſan gezogen hatte, und
über dieß alle zu Kafan fih aufhaltenden Chri⸗
fien in diefem Blutbade umkamen. Das Leben
Schich⸗ Aleis ward bloß durch Die Barmherzigkeit
‚des neuen Königs gerettet, der ihn in -Betradptung
ihres gemeinfhaftlichen Urfprungs von den Faptfcha-
kiſchen Khans erhalten. wollte, uud feine Barm⸗
hergigkeit erſtreckte er auch über die Perfon des ruffi⸗
Shen Woywoden. Die Gemüther der Kafaner aber
waren gegen bepde fo erbittert, daß er feinen andern
Weg wußte, zu verhindern, daß fie von ihnen nicht
ermordet würden, als daß er fie heimlich durch einen
Nogater, der. in feinem Dienfte fiand, aus der Stadt
forttbringen, uud fo in der Stille bis an einen Ort, we
fie von der Wuth der aufgebrachten Kaſauer nichts
mehr befürchten: durften, begleiten ließ.
Sept mußte Shih > Alei einige Tage gu Fu
in ſolchem Elende herumirren, daß er vor Hunger
und Bloͤße faſt verſchmachtete. Eudlich traf er au
der Wolza ruſſiſche Fiſcher, die ans Kaſan anf den
Sifhfong andgegangen waren. Diefen erzählte er
das traurige Schickſal, welches ihn und alle Ruffen
in Kaſan betroffen habe, worauf fie fogleich ihr
ſaͤmmtliches Getaͤth verbraunten, und fi mit ihm
nah dem ruffifchen Bebiethe wandten. Da aber der
wenige Lebensvorrath, den fie auf diefer Reife hate
ten, und welcher bloß aus dem von ihnen gefonger
des ruffifchen Reiches. FE 215
nen Fiſchen befiand, unter Weges bald aufgegehrt war,
und fie gur Stilung ihres Hungers nichts anderes
als Aeſer und Beeren antrafen; fo erfranftn
und ſtarben viele, ehe fie beiwohnute Gegenden des ,
ruffifhen Gebiethes erreichten. Sci » Alei ward Ä
auf diefe ansgeftandene große Beſchwerde und Noch,
fo bald er nur die ruſſiſche Srenze betrat, erquickt,
indem ihn dort-die vom Sroßfürften, den das, was
zu Kaſan vorgefallen war, fo fehr betruͤbte, daß er
in einigen Tagen nit aus feinen Bimmern ging,
und dieß Ungluͤck nebft feinem ganzen Hofe unter Vers
gießung häufiger Thränen betrauerte, ihm mit Ers
frifhungen und Lebensmitteln eutgegengefandten vor⸗
nehmen Hofbedienten bereits erwarteten. — Noch
mehr aber richtete ihn in feinem bejammerns-
würdigen Suflaude der Empfang zu Moskau auf.
Denn es holten ihn auf Befehl des Großfuͤrſten alle
Fürſten, Bojaren und Übrigen Standesperfonen in
diefe Hauptſtadt, und der Großfüͤrſt kam ihm an
der Treppe feines Palaſtes eutgegen, kuͤßte ibn,
rühmte feine Treue, uud bezeugte ihm feine Freude,
daß er dem Blutbade, welches fo viele Zaufende ges
treuer Unterthanen betroffen babe, bey deren Erwaͤh⸗
‚aung fi der Sroßfürft der Thrdnen nicht ermehren
konnte, glädli entgangen war. Doc aus diefer
kaſaniſchen Staatsveränderung entfprangen noch groͤ⸗
Bere Unglüdsfäle ſowohl Für den Broßfürften als
einen ſehr aufehnlihen Zell feiner weitläuftigen
Staaten. .
Der krimmiſche Khan Mahomed⸗ Keral verwä Das \epte
ſtete jept einen großen heil des rnffifchen Reiches, und —
zwey gegen die Kaſaner unternommene Feldzüge des kommt unter
Sroßfürften Tiefen fruchtlos ab. Das Vorhaben desſel⸗ * Din
ben wider ben Fuͤrſten von Sewerien, Warlei Semepig, Groptür.
gelang beſſer. Diefer ward beſchuldigt, als wenn er ſich fen.
216 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
der Abhängigfeit vom Großfürfen entziehen und. unter
pohlaiſche Herrſchaft begeben wollte Es hieß, der
Sroßfürſt habe von diefer feiner Abficht einen ſon⸗
menllaren Beweid aufzuzeigen gehabt, indem rin
Brief, den Semepig dieferwegen an den König von
Pohlen gefchrieben, und dem Befehlshaber über Kiew
zur Beſtellung an den König Üüberfendet, von dies
fem. eröffnet, und alsdann dem Großfürften zuge
ſchickt worden fey. Wenigſtens verfohe firh der Fuͤrſt
von Sewerien nichts Gutes, indem er, als der
Großfuͤrſt ihn jeht zu fih berief, auf Feine andere
Art, als wenn ihm der Grogfürft einen Gicherheits-
brief gäbe, uud denſelben Durch feinen eigenen und
des Metropoliten Eidfhwur befräftigte, erfcheinen
wollte. Als ihm aber der Großfürft hierin will«
fahrte, trug er kein Bedenken, fih am ı9. April
1523 bey ihm in Moskau einzufinden, wo. er an
faugs gnädig aufgenommen ward, ja au Ge⸗
ſchenke zum Beweiſe feiner gegen ihn fortdaueru»
den Gnade empfing, aberfam dritten Tage her⸗
nad ins Gefaͤugniß geworfen, und darin fell ge-
halten ward. Doch glaubten viele, fein einziges
Verbrechen beftehe darin, daß er noch der einzige
Fuͤrſt im ganzen ‚ruffifchen Reiche war , welcher ein
eigenthuͤmliches anfehnliches Fuͤrſtenthum befaß, wel⸗
ches Waſtlei feinem Großfuͤrſtenthume einverleiben
wollte. Wenigſtens war ein Narr ſo dreiſt, durch
eine finnbildliche Handlung dieſes bey der Ankunft
des Fürften zu Moskau öffentlich anzuzeigen, indem
er Befen uud Spaten berumtrug, und auf Befra⸗
gen, wogu-er diefe Geraͤthſchaft brauchen wollte, die
. Nutwort enthellte: das Reich des Großfürften fey
noch nicht ganz gereinigt, nun aber fep endlich Die rechte
Seit. gelommen, in welcher aller no enter Unrath
- . nusgefeget werden könne,
des ruſſiſchen Reiches. 217
Yu Anſehung der Kaſaner erfuhr der Groß⸗ Veehaͤltniß
fuͤrſt ſehr bald, daß die Verficherungen, die fie fei- Ne ne.
nem Heerführer gegeben hatten, ſich durch die Ge⸗ parn descufs
ſandiſchaft, welche fie an den Broßfürften zu ſchicken ſiſchen Reis
verfprachen, folhergeftalt zu erflären, daß der Groß⸗ ten Jah
für mit ihnen zufrieden ſeyn würde, in leeren Wor⸗ ren der Kes
ten beflünden, ob fich wohl bald nachher der Tod Geoßrärten |
des Frimmifhen Khans Mahomed » Kerai ereignete, Waſiiei
uud bay diefer Gelegenheit die Macht der krimmiſchen Iwano⸗
Tartarn einen harten Stoß bekam, daß folglich witſch ·
Rafan in ferneren Bekriegungen bes Großfuͤrſten ſich
die bisher von den krimmiſchen Tartarn genoſſene
große Unterſtütnung nicht weiter verſprechen durfte.
: Denn als Mahomed⸗ Kerot im Jduner 1524
mit einem fehr ‚zahlreichen Heere Frimmiſcher und
nogaifcher. Zartarı in das Königreich Aſtrachan ein⸗
gebrochen, und, weil der Beherrſcher desfelben fi
zu ſchwach erfannte, fih in feiner Hauptſtadt wider
ibn zu halten, nad daher aus herfelben geflüchtet
at, fi der Stade Aſtrachau bemaͤchtigt hatte, und ,
in derfelben aufhielt; fo ließ, ein nogaifcher Murfe ,
Agis, feinen Bruder Mamai, der mit feinen Kriegs⸗
völfern Mahomed⸗ Kerata in diefem Feldzuge be⸗
gleitete, heimlich warnen, daß er ſich ja wohl vor⸗
feden möchte, damit er nicht die Macht eines den
Nogaiern ſchon jegt überlegenen Nachbars, und der
noch dazu dafiir befannt fey, Daß er feine Verträge
oder audere Zreundfchaftsnerbindungen achte, ſon⸗
dern alles an filh reiße, wovon er fehe, daß er es
überwältigen möge, zu feinem eigenen Untergange
noh mehr vergrößere.
Diefe Warnung fand bey Mamei Eingang, und
er ließ feinen Bruber zuruͤck melden, derfelbe möchte
auf einen gewiffen Tag, den Ihm Mamai beſtimm⸗
te, ale Mannſchaft die er nur aufbringen koͤnnte,
218 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
nach Aftrahan führen, und fib darauf verlaffen,
dag Mamai Mittel finden werde, ihm ohne ſonderliche
Schwierigfeiten anzutreffen, Mahomed » Kerain, als
welher num feinen feindlichen Anfall befürchte, und
fi daher mir feinem ganzen Heere einer völligen Gi⸗
cherheit ergeben habe, mit allem deſſen Kricgevolle
zu verderben. Um dieß zu bewerkfielligen ; uͤberre
dete Mamai den krimmifchen Khan, daß feine Ronn-
haft dur den Aufenthalt in den Haͤuſern von
Aſtrachan fih zu einem weichlichen Leben gewöͤhne, und
der Khan, um dieß Uebel zu verhischen, mit derfelben
aus der Stadt ziehen, und nach tartarifcher Wir
fe unter‘ blauem Himmel, unter Gezelten leben müfk.
: Der Khan defolgte diefen Rath Mamais, um
Agis ruͤckte mit feinen Nogaiern, ganz von ihm un
bemerkt, gegen dieß fein Lager an, worauf Ramai
feine in Bereitfchaft habenden Kriegsvoͤlker mit feinem
Bruder vereinigte, und nebft ihm über die Erimml
ſchen Tartarn herfiel. Mahomed⸗Kerai ſaß eben bey
der Tafel, gewann aber doch Friſt, gi Pferde za
ſteigen, einen Theil der Selnigen zu fommeln, un)
zum Widerfiande anzuflihren. Doch diefes frugte
te weites nichts, als daß den Nogatern ihr Sid
mehr Leute koſtete. Deun Mahomed⸗ Kerai vet:
Ior durch einen Pfeilſchuß fein Leben; deffen fünf
und zwanzig jähriger Sohu, Bathie- Sulten,
kam gleichfalls um, und das krim miſche Heer erlitt
einen ſolchen Berluft, daß nicht nur der König von
Aſtrachan ungehindert ich wieder in den Befig feinch
Reihe ſetzte, ſondern auch die Rogaier die gefhla
genen Kriegsoölker Mahomed » Kerais. über den Don
verfolgten, und. fogar. einen Verſuch thaten, ob fie
die Feſtung Przecop erobern Tönuten. Jetzt ernannlt
der tuͤrkiſche Kaiſer den Seadet⸗Kerat zum Raq⸗
folger Rahomeds. |
des ruffifchen Reiches, 219
Aber dieſer neue Khan glich gar nicht ſeinem
Vorgänger, und eben daraus, weil er den Tartarn
nicht wild genug war, wie auch weil er am ‚türkis |
Then Hofe manches Audere angenommen hatte; was
mit.den Gitten dee Tartarn nicht übereinſtimmte,
entfprang ein großes Mißvergnügen feiner Unterthas
nen, daraus aber Parteyen und innerliche Kriege,
und folglich gegenwärtig die Nachbaru der Krimm
weit.weniger von ihr befürchten durften. Auch zwang
der. Großfürft die Kafaner dadurch nicht, daß er ſei⸗
nen. Unterthauen allen Handelsverkehr mit‘ Kaſan
unterfagte, und den berühmten Markt, weßwegen
die Ruffen Häufig Katan zu befnchen pflegten , nach
Niſchneinowgorod verlegte, ob er wohl dachte, ‚daß
er allein dadurch, daß nun die Kaſauer Fein Sal
‘haben würden, welches fie bloß. durch die Zufuhr
aus Rußland erbielten, fie in ſolche Berlegenheit
bringen würde, daß fie fich zu einem foldhen Frie⸗
den, als er begehrte, verfichen müßten. Endlich vers
einige man ſich zwar über einen Zrieden, in welchem
Saffa-Kerai von dem Großfürſten in feinem Reihe.
beRdtigt ward, und demſelben Unterwürfigfeit an«
oelobte. Aber auch nach diefem Zriedensfchluffe
gab er dem Großfürften bäufige Urſachen zu Be⸗
fhmerben, und im 3. 1529 verging er fich fo fehr gegen
den Großfürfkten, daß er feinen Geſandten öffentlich
mißhandelte. Diefes bewog den Großfuͤrſten, 1530
ein Heer, weldes go Woymwoden anführen, wider
ibn abzufertigen. Gaffa» Kerai aber machte die
Bertheidigungsanflelten, daß er durch feine Tſchere⸗
miffen und Wotjaken beym Fluſſe Bulak um die
Borfiadt und laͤngs dem arskiſchen Felde bis Kafan
einen Oſtrog (d. i. ein rund herum iu Palliſaden ein»
gefchlofienes Bollwerk) anlegen, und rund herum
Graben ziehen ließ, wo fi bie Tſcheremiſſen und.
1529.
153%
220 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
20,000 Rogaier, bie noch mehr die Hoffnung de.
Beute, die fie von den Ruffen zu machen meinten,
"als der Sold, den ihnen der Khan von Kafan reich⸗
se, jeht in feinen Kriegsdieuſt gelockt hatte, aufhal⸗
ten ſollten. Gr that auch mit ſeinen Leuten dem ruſſi⸗
fen Heere fo guten Widerfland, daß, ob es wohl
fo anf die Stadt als auf den Oſtrog ohne Aufhören
Heftige Anfälle that, doch in langer Zeit nichts aus⸗
gerichtet ward. Einmahl aber verſahen es bie Kaſa⸗
ner darin, daß fie, weil fie glaubten, die Rufen
feyen dur die Arbeiten fo vieler vergeblider An
griffe fo abgematter, daß fie einige Zeit nichts wide
fie ungeruchmen fönnten, ſich ſaͤmmtlich aus dem
Oſtrog in ihre Gezelte begaben, und gegen die Rad
ih in denfelben fhlafen legten, im Oſtrog aber nut
eine Wache verblieb. Als die Ruffen dieß erfahre,
erbothen ſich gehn junge und beherzte Männer je
: der verwegenen Unternehmmug, den Oſtrog atjü-
fielen. Diefe nahmen Zeuer, Theer, Schwefel um
‚einen Sad mit Pulver, ſchlichen ſich am die Pal
faden , beſtrichen diefelben mit Theer and Schwe⸗
fel, und legten das Feuer au, waren aud fo glüd-
lich, dieß alles, ohne daß ein Kafaner das min
deſte merkte, zu bewerkſtelligen. — Sun Ratte
einer von ihnen dem: ruſſiſch en Heere Bericht von
ihrer Berrihtung ab, und hierauf kieß der Khrk
man Owtſchin am 16, Julius noch vor Aubruch
des Tages, und da die Kafaner moch in tiefen
- Schlafe lagen, zum Aufbruhe blafen, fiellte fein
Heer in Drdnung , that einen heftigen Angriff auf
den Oſtrog, zerfhlug die Pforten und eröffnete ſich
dadurch den Eingang in denfelden. Run enfland
ein ſchreckliches Blutvergießen, und wer nicht durcht
Schwert der Ruffen fiel, ward von demfelben ind -
‚Heuer geworfen, daß man den Berluf der Kaſaner
des ruſſiſchen Reiches. 221
auf 50;000 Umgekommene rechnet. Unter denſelben
wer auch der berühmte Aſtalif oder Atnl, der da⸗
mahlige größte Held der Kaſauer, ein Maun von
einer Riefenhöhe, der ‚eine ſolche Stärke beſaß
daß er mit ſeinem Saͤbel einen Kriegsmaun mitien
son einander Bauen konnte, und welcher fih durch
den erkaunlichen Schaden, den er den Ruffen zu⸗
gefügt , denfelben fo fürchterlich geihadht hatte, daß
es auch der beherzteſte Ruffe nicht wagen wollte,
ih mit ihm in Streit. einzulaffen , ja ganze Hate
fen vor ibm allein die Flucht ergriffen. Doc.
fiel eine fo große Menge Kafaner nicht ganz ohne
Gegenwehr, foudern diefer Vortheil Foftete auch den
Ruffen viele Leute, wie daraus erbellet ; daß beym
erfien Anlauf Fuͤrſt Ofip Dorogobuſchki mit einem
Spieße erfiohen ward, auch Fürſt Fedor Lopata
am dritten Tage at feiner, Wunde ſtarb. Doc ſtand
ihr Verluſt gegen den kaſauſchen in einem.-fo .gerin-
gen Berbältuiffe, daß es ihnen ein leichtes geweſen
wäre, die Stadt, die noch: dazu offen ſtand, einzu⸗
nehmen. Allein der bloße Nahwme der Kafaner und
der uͤbrigen mit deuſelben verbundenen tartariſchen
Boͤlkerſchaften jagte den Müffen ein fo gewaltiges
Schreien ein, daf weder Befehlshaber noch Solda⸗
ten zu finden waren, welde es wagen wollten, Hier
in Beſatzung zu verbleiben, und dieſe allgemeine
Verzagtheit der Rufen kam dieß Mahl den Kaſa-
nern vortrefflih zu Gtatten, and erhielt Gaffa-
Kerain auf dem kaſanſchen Throne. Denn als nun
ein Murſe, Bulak,: ins rufftfche Lager ging, durch
einen Vertrag den Abzug der ruffifhen Kriegsmacht,
Vie es in ihrer Gewalt hatte, das Tafanfıbe Reich
in eine der unmittelbaren Hersfchaft des Großfuͤrſten
nnterworfene Landſchaft zu verwandeln, gu bewies
Ben; fo erlangte er denfelben auf folgende Bedin«
-
232 Dritter Abfchnitt. Geſchichte
gungen, daß die Kafaner eine dreyjaͤhrige Schapung
für ihr Reich erlegten, und aufs neue angelobten,
nie vonder Dberherrfchaft des Broßfürften adtrün ig
zu werden, und Beinen Khan ohne‘ Bewilligung des
Großfürften auf ihren Thron zu erheben. Aber der
Großfuͤrſt vermuthete, daß diefer Friedensſchluß um
den Kaſanern burch- vieles Geld, das’ fie En den
Zuͤrſten Iwan Belsky, den oberfien Feldherrn des
vor ihrer Stadt geflandenen Heeres, und die andern
Generale erlegt hätten, erkauft worden fen, und
ſtellte hierüͤber eine Unterſuchung an, die fo ausfiel,
daß er über Iwan Belsky das Todesurtheil fälle,
und nur durch: die Borbitte des Metropoliten und
des Abts des Sergiikloſters, Porphorius, ſich be⸗
wegen ließ, demſelben die Todesſtrafe gu erlfien,
und dahin zu verändern, daß er ihn feines Stans
des und feines ſaͤmmtlichen Vermögens veriuflig ft:
Härte, über dieß als einen Uebelthaͤier an Händen
nd Füßen in Eifen fihlagen, und ins Sefängalf
werfen ließ, wo er in diefem Zuſtande fünf Jahıt
zubrachte. Doch ‚genehmigte er den von ihnen mit
- den Rafanern gemachten Vertrag. In diefer Abſit
nahm er 2551 zu Moskau die Gefandsen auf, die
hier im Nahmen ihres Abans uud aller defjen Un
terthanen ihm den Treueid ſchworen, und fand
hieranf einen Abgeordneten, Iwan Waßleiwitſh
Polew, nah Kafan, dieſen Treueid vom: Khan oh⸗
zunehmen. Doc dieſer hielt es entchrend, daß der
Großfuͤrſt dieſes Geſchaͤft nicht einem Maune von
einem böhern Range aufgetragen habe, und mollt
den Treueid nicht anders leiten, als wenn der Groß⸗
fuͤrſt einen vornehmern Geſandten zur. Abnahme bi
ſelben nad Kaſan geſchickt haben würde, Dit de
gehren bes Saffa-Kerat ward den in Moskau befind»
- Uden kaſan fen Geſandten als ein Beweis von
des ruffifchen Reiches. 223
ſchlechter Treue vorgehalten, die ihr. Khan und fie
gegen die neulich mit dem Großfuͤrſten getroffene
Verbindung bezeigten. Diefe aber wollten diefen.
Borwurf dadurch von ſich ablehnen, daß fie .fagten:
Saffa⸗ Kerai fep dur ein zu Kafan erfchollenes
Gerücht, daß der Großfuͤrſt ein neues Heer aus⸗
rufe, ihn vom Throne zu vertreiben, wider den
Groß fuͤrſten aufgereigt worden, und fie linden in
der Vermuthung, daß hierauf die, krimmiſchen und
uogeifchen Tartarn bey ihm Oehl in Zeuer gegoffen,
und duch Verſprechung ihres Beyſtandes ihn noch
mehr aufgemuntert haͤtten, daß er völlig entfchloffen
worden, dem Großfürften den Gehorſam zu verſa⸗
gen, nad fih als deſſen offenbarer Feind aufzufüh-
sen; fie. naͤhmen aber an biefem Verfahren Saffa⸗
Rerais feinen Zheil, fondern ſeyen vielmehr erboͤ⸗
thig, wenn der Großfürft denfelben nicht auf dem:
ihrone dulden wollte, das Ihrige hierzu bepzutra⸗
gen, und, wenn der Öroßfürft den Vorſchlag geneh⸗
mige, Shih = Alein mit ihnen nah Wafıleigorod
geben zu laffen, die Zfcheremiffen und Nogaier dahin
zu vermögen, die Abſicht des Broßfürften, einen dem
Sroßfürften angenehmen Khan über Kafan zu fegen,
zu befördern. Der Großfürfi wußte nicht, was er.
von diefer Erklärung der kaſanſchen Geſandten den
Een follte; ob fie naͤhmlich ihm damit Bloß zum
Munde redeten, damit er, da fir in feiner Gewalt
waren, nicht dag Betragen des Saffa-Kerai an ihnen
ahnden möchte, oder ob fie das Verſprechen, das
fie ihm thaten, ernſtlich meinten, und, wenn ed ihnen
Eraft damit wäre, ob fie das Vermögen beſaͤßen,
dasſelbe zu erfüllen. Damit er alfo das ihm noͤthige |
Licht hierüber befdme, ‚fragte er fie, ob diefer Vor⸗
ſchlag von den Häuptern der Kafaner herfomme,
Darxanf erwiederte fie: daß, ob fie wohl von deuſel⸗
224 Dritter Abfchnitt. Geſchichte
ben hierzu Feinen Auftrag erhalten hätten, doch feſt
glaubten, daß diefelben zu diefer Sache mitwirken
würden , weil viele voruchme Kafaner Anverwandte
hätten, die zu Niſchneinowgorod in ruffifcher Gefan⸗
genſchaft lebten. Diefes überführte den Großfärften,
daß der Entwurf der kaſauſchen Sefandten auf gutem
Grunde berufe, er genehmigte daher benfelben,
und fandte fie in Shih. Aldis Geſellſchaft nah
Moafileigorod. Die Aufführung der Kafaner in An
ſehung Saffa » Kerals, als diefer dadnurch, daß er
dem großfürftlichen Geſandien, Iwan Polew, das
Leben nehmen laffen wollte, ganz deutlich feine üble
Gefinnung gegen den Großfürften offenbarte , befid-
figte die Wahrheit der Ausfagen der kaſauſchen Ge⸗
fandten. Denn als Gaffa» Kerat fein Vorhaben
wider das Leben Polews auszuführen fuchte, widerfep-
ten fih die Kafaner demfelben, und nöthigten ihn ‚mit
den krimmiſchen Tartarn, die ihm dienten, und an⸗
dern Anhaͤngern, daß es uͤberhaupt eine Zahl von
etwa 10,000 Mann ausmachte, nach der Krimm zu
entweichen, und ſchickten hierauf Abgeordnete an den
Orogfürften, die demſelben im Nahmen des ganzen
kaſanſchen Reichs eine beſtaͤndige treue Ergebenheit
verſprachen, und ſich einen funfzehnjaͤhrigen Bruder
Schich⸗Aleis, Tſchin⸗-Alei oder Enalei, zum Khan
ausbathen, welcher auch zu Waſileigorod den Zreueid
an die großfuͤrſtlichen Bevollmaͤchtigten leiſtete, und
nachher bey feiner Anfunft zu Kafan uebſt dem ihm vom
Großfürften zur Führung feiner Regierung zugeord- |
neten ruffifhen Wopivoden,, Fürſten Wafilei Pen:
kow, willig aufgenommen ward, Schi Mei aber
erbielt 1533 zur Entfibädigung,, daß er das Reich
Kaſan feinem jüngern Bruder überlieg, vom Groß»
fürfen Koßgre und Serpuchow. Doc bald darauf
verfiel er, weil er über die befondern Gnadenbejei⸗
| j gun:
des zuffifchen NHeiehes, - 223
gungen des Großfuͤrſten gegeit den neuen Khan von
Kafan ; als welchem derſelbe alle etbenteten Waffen
inthek gab‘, und jur Bermdßlung mit ber Zochter
eines nogaiſchen Murſen feine Einwilligung gewaͤhr
te, einige Reden führte, die ein Mißvergnügen Aber
den Großfürften zu verrathen und Vorbothen eines
vorhabenden Abfalls von demſelben fu ſeyn fehienen,
in Ungnade, und waͤrd nad Beloſero verwieſen,
wo man alle feine Handlungen genau beobachtete,
Doch der aus Kaſan vertrichene Saffä⸗Kerai leble
da der Hoffuung, durch die Kriegsvoölker der hits
miſchen und andern tartariſchen Vollterſchaften ſich
wieder den Befñitz von Kaſan zu verſchaffen, und
bauece auch dabey auf den Wankeltinth der Kaſa⸗
ner, die Zuneigung, die viele Kaſaner noch zu “hm --
hegten, und gegenwaͤrtig nur aus Futchte (da fie'nun
nicht ſtark genug waren, diefelbe Sfenttih an Lag
zu legen) fih durch Aenfernngen große Gefahr
zuzuziehen, verſteckt hielten, wie auch darauf, daß
die Ergebenheit der Kaſaner gegen die Ruſſen immer
ettni erzwungenes Wert bleiben werde, Bir Errei⸗
Hung dieſer Abficht ſtiftete er init einem tartariſchen
Fuͤrſten am Jaik, Juſup, durch feine Vermäh⸗
lung mit Sumbek, einer Tochter dieſes Juſaps,
einem Frauenzimmer von außerordentlicher Schoͤn⸗
heit und ausnehmender Klugheit, eine genane Freund⸗
ſchaft. Da er aber dieß Vorhaben vorjegt noch nich
ausführen konute, ſuchte er wenigſtens, nach Moͤg⸗ F
lichkeit ſich wegen feiner Vertreibung aus Kaſan om
Den Ruſſen zu rächen, vergeſellſchaftete Aslan Kerain,
Migvergnügen über Seadet- Kerais Regierung einen
andern Khane deſſen Herrſchaft zuzuwenden trachtete,
und welcher bereits 1528 einen Einfall ins großfuͤrſt⸗
.Geſch. Rußl. =, Band, 9
u, d‘.
sun sı nl
ug
einem Prinzen vorm Gebluͤte der Frimmifchen Khan, BE
der fih am die Spige einer Patteo fegte, die aus
2:6 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
liche Gebieth gethas, im J. 1533 anf einem andern,
der mit 30,000 Reitern unternommen ward, is
welchem Zeldjuge fe Reſan abbrannten und rise
große Strede Landes verheerten, au 15 Meilen
son der Hanptfiadt Moslan am der Ode ein ihnen
au Stärke gleiches ruſſiſches Heer nad) einem bluti⸗
gen Gefechte überwanden und in die Flucht ſchlu⸗
gen. Hingegen bemüheten Gh die aſtrachauiſchen
Zartarn, beſtaͤndig ein gutes Bernehmen und Han-
delsverkche mit dieſem Gsoßfürfen zu unterhalten,
in welcher Abſicht 1532 ihr Känig Kaſim und 1535
deſſen Rachfolger Abdel Rhamaun Geſandtſchaften au
ihn abſchickten.
Bahlei . Fu Diefea: Zuſtande befanden. fih die Angela
See nennt genheiten des sufifgen Reiches wit feinen tartari-
6 Eiar fen Nacpbgen bey dem Abſterben dieſes Großfuͤr⸗
und Dane fien, welcher in deu legten Jahren feiner Regierung
—— aufiug, fi Czar und Beherrſcher aller Kuffen zu
ſchreiben, wobey die ruſſiſchen Dolmetſcher ihrer
on andere Höfe abgefertigten Geſandtſchaften in der
lateiniſchen Ueberfegung der in rufſiſcher Sprache abs
gefaßten Schreiben ihres Herren, die zugleich mit
der ruſſiſchen Urkunde uͤbergeben mard, das Wort
Czar durch Kaiſer uͤberſezten.
Iwan Wa⸗ Gleich nad feinem Abſterben, welches i. J. 1533
ar ats erfolgte , führte der Metropolis Die beyden Prinzen
ein Drepjäß- Georg und Andreas in das Borzimmer, und. ließ
— fie dem neuen, Großſuͤrſten Iwan Waſilje⸗
eg mo, witfh I, und der Regentian huldigen, weiches
durch das nachher auch von den Bojaren und, dem übrigen
is in de Adel geſchahe. Mittlerweile entzog ſich Kaſan wieder
ten —* der ruſſiſchen Oberherrſchaft.
grraͤth. Da nach dem Tode feiner Mutter keine Perſon
von großfuͤrſtlichem Gebluͤte oder ſonſt ein Mann,
deffen Bfeben über alle anderen Anıtsperfonen adge
des ruflifchen Reiches. 227
mein anerfannt werden konnte, während feiner Mir
derjährigfeit die Regentfchaft fiber das Reich uͤber⸗
nahm; fo gerieth dasſelbe, von dem Abſterben
ſeiner Mutter an, in einen faſt herrenloſen Züſtand,
indem ein jeder Bojar befehlen, und Feiner gehors
hen wollte, auch faft niemand dep Verwaltung der
Geſchaͤfte, die ihm von Amts wegen oblagen, den Nutzen
des Großfuͤrſten uud dag allgemeine Beſte, ſondern
bloß die Befriedigung feiner eigenen Leidenſchaften
ſich zur Vorſchrift wählte, und die einem Monarchen
au in feinem unmündigen Alter gebührende Ehr⸗
furcht offenbar und häufig beleidigt ward.
Hiervon liefert bloß die Geſchichte zweyer Jahre,
der Jahre 1542 und 1543, eine Menge Beyſpiele. 1542 und
Damahls ließen die Bojaren einen Liebling des 5430
- Großfürften hinrichten; einen andern überficlen fie
im großfürftlihen Pallaſte, und mißhandelten ihn
fhrediih, Den Metropoliten, Daniel, fegten fie
ab; deffen Nachfolger, Joaſaph, war in einem
nächtlichen Aufruhr in Lebensgefahr, und fand kaum
im Zimmer des Sroßfürften Sicherheit, dem dritten,
Makarii, ward in einem neuen Aufftande der Man
tel zerriſſen. Es gereichte daher zum allgemeinen
Beften, daß der junge Großfuͤrſt, fobald er nur die
zarteften KindHeitsjahre uüͤberſtiegen hatte, ſich ſtark
genug fühlte, fein gefräuftes Anfehen zu handhaben,
und durch Anwendung der In diefen Umſtaͤnden noth⸗
wendigen Schärfe diefem Unbeile zu fleuern. Denn
(don 1543 fing er an, durch die Beflrafung der
Urheber und Zheilnehmer folder ben allgemeinen Kür
heſtand Aödrender und feine Tandesherrliche Gerecht⸗
ſame groͤblich beleidigenden Verbrechen Andere nach
Möglichkeit abzuſchrecken.
Swan erklärte in einer großen Rathsverſamm⸗ Er nennt ih
lung, zu welcher er den Raropollen und alle Bo⸗ ie cin,
2
238 Dritter Abfchnitt. Geſchichte
Aeich me; jgren berief, daß, da er ſich mun zu vermählen
slüd denke, er feine Ausldnderinn, fondern eine Ruf
fun heirathen wolle, und madhdem feine Entfchlief
fuug von allen Segenmärtigen mis großem Beyfal⸗
le aufgenommen war, daß er vor feiner Vermaͤh⸗
lung, nach dem Benfpiele des Großfürſten Wladi⸗
mir Monomach nud anderer feiner Xeichsvorfahren,
durch eine feyerliche Krönung mit den aus Conſtan-⸗
tinopel von Wladimir überfandten Reichskleinodien,
wofern der Metropolit feinen Segeu gu diefer Hand»
lung gäbe, und die Bojaren diefelbe gut fänden, die
egarifhe Würde oͤffentlich aunehmen wolle. Hierauf
1547. erfolgte fogleih zu Anfange des Jahres 1547 zu
Moskau die Vollziehung beyder Eutfhließungen,
indem der Metropolit Makarii am ı6ten Jaͤnner
die Krönung, und om gien Februar die Trauung
mit Anaflafia, Tochter eines vornchuen Staats:
mannes und Bojaren, Roman Zurjewitfch , aus
dem Haufe Sacharii, verrichtete. Gegen dad ges
meine Volk aber bewies er auf feinen Reifen, die
er in verfchiedene Gegenden that, um durd feinen
eigenen Augenfchein die richtigfte und vollkommenſte
Erkundigung von dem Zuſtande derfelben einzuzie⸗
ben, und nah Maßgabe desfelben ihr Beſtes zu
beforgen,, ſich als einen fo guddigen und freygebi⸗
gen Zürften, daß allenthalben die Leute häufig zu |
fommenlicfen, um ihn mit den größten Freudenbe-
jeigungen zu empfangen, indem fie wußten, daß ih⸗
nen feine Ankunft mehr als die reicheſte Ernte ein
trage, indem er die geringen Geſchenke, welche fie
ihm von ihren Laudfrüchten brachten, mit fehr frey⸗
gebiger Hand an Geld weit über den Werth deripm |
gereihten Gaben erwiederte, und ſich über dieß zu
vertraulihen Geſpraͤchen mit ihnen herabließ. Auf
diefen feinen Reifen bemerkte ex mit vielen Schmer⸗
des ruffifchen Reiches. 229
zen im refanifchen Gebiete und den nördlichen Ges
genden eine Menge trauriger Spuren von den Ders
wüfungen , weldhe die Erimmifchen Zartarn in Ga»
ich, Uſtzug, Widtka, Permien und vielen nie
drigen Ländern von denen, welde die Kafaner an»
gerichtet, und wie dur die unaufbörliden Webers
fälle diefer räuberifchen Feinde eine Menge ehedem
bewohnt gewefener Orte jegt veroͤdet Tagen. Diefes
- beflärkse ihn in dem bereits gefoßten Vorſatze, uns
verzuͤglich alle feine Kräfte zum Angriffe auf Kafan
anzuwenden, und die Waffen nicht eher nieder zu le»
g:n, bis. diefe Nachbarn, die, unter allen, feinen
Zändern den mehreften Schaden zufligten, da fie
doch am mehreften deſſen weit überlegene Stärke
hätten ſcheuen ſollen, von ihm in einen ſolchen
Stand verfegt worden wären, daß ihnen alles Ver:
mögen, fich je wider die ruffifhe Herrſchaft aufzu-
lebaen, oder den angrenzenden ruffifhen Untertha.
nen. Schaden zugufügen,, benommen feyn würde,
Ein Rebenantrieb, diefe Angelegenheit unverzüglich
vorzunehmen und mit dußerfiem Eifer zu betreiben,
war die Betrachtung , daß er vor gänzlicher Demuͤ⸗
thigung diefer feinem Reiche laͤſtigen Feinde feinen
Kriegmwider irgendeinen andern Nachbar mit wahr⸗
fheinliher Hoffaung etwas Wichtiges wider benfels
ben auszurichten, vornehmen Fonnte, indem er bes
ſtaͤndig einen großen heil feiner Kriegsmacht zur -
Bedeckung der den Kaſanern offen ſtehenden Gegen⸗
den ſeines Reiches in demſelben zurücklaſſen muß»
se’), Das Vorhaben, die Tartarn und Unglaͤu-
bigen zu bekriegen, diente dieſem Czar als ein
Hauptbeweggrund, vom roͤmiſchen Kaifer Earl V.
*) Rytſchkow ©. 98.
230 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
Die Erlaubuiß aussumwirken , dab den Leuten, welde
der Geſandte, den Iwan an Carln abfertigte, Jo⸗
bann Schlitte, für fein Land auwarb, der Weg,
dahin zu fommen , nit vegwehrt werden möchte,
und zwar um deflo mehr, da er zur Bergeltung für
die Sefälligkeit,, die er in diefem Falle von Carlu
erwartete, fih zu verfhhiedenen Carla fehr angeneh-
men Dingen darboth. Denn er bezeugte in dem
Syreben , welbes fein Sefandter dem Kai:
fer auf dem Reichstage zu Augsburg Übergad:. er
fertige gleich zu Anfange feiner Regierung dieſen
Befandten au denfelben debwegen ob ‚weil er nicht
aur die zwifcden feinem Vater und Reichsvorfahren
Wafılein und zwiſchen den Kaifern Marimiliar und
dieſem Earl beflaudene Zreundfchaft fortzufegen, fon:
dern noch eine engere Berbindung mit dem deutſchen
Reiche zur Bekriegung der Türken, und mittel ei⸗
ner Gleichheit in der Religion, die er durch die Ab-
ordnung einiger Bevollmächtigten auf eine freye all-
gemeine oder Rationallirhenverfammlung, die in
Deutihland gehalten werden würde, zu befördern
gefiuns fey, zu ſtiften deuke. — In Betrachtung
feiner Freundſchaftsneigung, Die er gegen den
Kaifer und das deutſche Reich hege, hoffe er, wer»
de der Kaifer dieſem ruſſiſchen Geſandten gern ver⸗
gönnen, Gottesgelehrte, welche dem Czar und def:
fen Unterthauen von den Lehren und Gebraͤuchen ber
lateiniſchen Kirche Unterricht geben, und fo in Ruf-
land den Weg zur Beſchickung der Kirdenverfamm-
lung und zu Der Vereinigung bepder Kirchen bahnen
möchten, Redtsverfiändige und Staatskundige, dir
neulih feiner Herrſchaft unterwärfig gemachten 1
ben Völker gefitteter zu mahen, Baumeifter zur Er
bauung von Kirchen und Zeflungen wider bie Grenz;⸗
beſchaͤdigungen der Tartarn und unglaͤubigen Voͤlker,
des ruſſiſchen Reiches. az
Waffenſchmiede, Panzermacher, Stüdgießer, Mah⸗
Ier und Bildhauer, und ſouſt allerley Künſtler und
. Handwerker anzunehmen und. ins ruſſiſche Reich’ führ
zen zu koͤnnen. Er wolle zum Beweife feiner Freund⸗
ſchaftsneigung gegen das deutfche Reich ein großes
Capital im Wechfelhaufe der ‚reihen augsburgiſchen
Kaufleute, der Zugger, zu Antwerpen auf 20 Jah⸗
re niederlegen , von beffen Renten jährlich einige _
Zonnen Goldes vom Kaifer zum Türkenfriege ange»
wendet werden möchten. Der Kaifer beantwortete
dieß Schreiben unter dem gıflen Jaͤnner 1348 ders
geftalt, daß er dad Geſuch des Ezars bewilligte,
Daher brachte Schlitte durch die Hoffaung des
Gluͤcks, welches dergleichen Leute, als der Ezar in
fein Land zu ziehen begehrte, allda zu finden ſich ver»
fpraden,; auf 300 Menſchen zufammen, die er mit fair
ferlihen Päfjen nach Luͤbeck fandte, um von dort zu
Schiffe nah Rußland abzugeben. Aber ſowohl der
Kath zu Lübe und die Liefländer fahen diefes uns.
gern; die Lübecker nähmlich landen in den Gedan⸗
Een, doch noch endlich, ungeachtet der Widerſetzlich⸗
Feit der Liefländer , die bey gefchehenem Untergange
des haufiſchen Comtoirs zu NRowgorod den unmit⸗
telbaren Umſatz der deutſchen und rufſiſchen Waaren
bloß ihren Handelsſtaͤdten, Riga, Doͤrpt und Re⸗
val zuzueignen trachteten, das Comtoir zu Nowgo⸗
rod wieder herzuſtellen, und waren alſo in dem
Stüde mit den Lieflaͤndern einſtimmig, daß Feine
Ausländer, welche den Ruffen Unterricht geben Fönnz
ten, das in ihren Lande ſelbſt zu verfertigen und zu
haben, was fie nun den Deutſchen ablaufen, nah
Rußland fommen möchten. Die Liefänder aber ur⸗
theilien noch über dieß, daB der Czar, fo bald er
ſich nur durch Unterjohung der Kafaner den Dorn .
aus dem: Zuße gezogen haben würde, er das von
3733 Tritr Iuheitt. Seichichte
fine Reichsvoe faheen Itas serfiäte Uuteruemen,
Liefer: ja oben, aıtzıfılren faden , und ihm
hierin de: Diesi, den je dir Emilinder, dir m
im feın Land zichen weite, Iriten kdansen, vorterf:
Es gu Statien Isumn würde Rn dieſen Be
weggrunden Kidım die Libeiier birfe Leute als fe
ia year Etadt aulamen, en, uud rrdeten am fai-
ſerlichen Hoje due Sprache mit den Eichäaders, um
den Widcıraf der Schlitten sus Bandenen Begäsfi-
gung ausinwirten, indem fie den Ejar als carı
Zend des Grißiien Rahmens ſchider?en, der in
dıcfer ganzen Sache tückiſch mad arglifig handle,
uud auf feine Weife von Dertſchlond kb mirlie
terricht uud Waffen , Die er bio zur Unterdrudung
getscuer Uaterthanen des dentſchen Reichs zu gebra⸗⸗
den dente, verfchen werden mäfie Hierdarch er⸗
hielien fie ihren Zweck beym Kaiſer, machten ſich
aber auch beym Czar noch mehr verhaßt, daß er die⸗
fe Störung ſeines Borhabens, fo bald ſich dazu für
ihn vortheilhafte Selegenhbeit zeigen möchte, au if
uen zu ahuden beſchloß ”), vorjegt aber alle ande
sen Angelegenheiten fo lange bey Seite zu fegen, bis
er fein Borhaben wider Kafan vollſtreckt haben wär:
De, wozu ihn auch piele voruchme Kafaner, dic ma:
ser Saffa⸗ZKerai nicht fichen wollten, aud Diefermes
sen ins ruſſiſche Gebieth gingen, nebſt Dem größten
. Ahelle der Bergifcheremiffen , die gleichfalls aus der
Urſache GSaffe » Kerain nicht zum Herrn zu ha⸗
ben verlangten , weil er ben feiner Wiederknaft
sah Kaſan sben die Brundfäge des Regiments be»
. folgte, die er ehedem ausgehbt hatte, nud feine mit
aebrachten Krimmer nud Rogaier allein für feine
Getreuen achtete, und fig daher uͤber die Eingebor;
") Chytreei Saxonia p. 40y, 508.
des ruſſiſchen Reiches. 233
uen erhob, und von. ihrem Vermögen verforgte,- aufs
untersten. - Ehe aber dieſes gefcheben fonute, er⸗
regte das Volk zu Moskau im 3. 1547 bey Veran⸗
laſſaug einer großen Seuersbrunft, worin 1700 Pers
fonen männlihen Geſchlechts ihr Leben einbüßten,
auf Anfliften des Beichtvaterd des Ezars und vie⸗
ler Großen, die dem glinskiſchen Haufe das hohe
Anſehen mißgoͤnnten, in welchem dasfelbe gegenwaͤr⸗
Sig lebte, und den leichtglaͤubigen und unwiſſendes
Poͤbel überredeten , die Fürſtinn Anna Glinski habe
durch ein Zauberſtuͤck dieſes Fener angezuͤndet und
unterhalten, einen Aufſtand, in dem es einen Fuͤr-
fen Glinski in der Kirche ermordete, und die Auge
Hieferung der Anverwandten desfelben von dem Czar
zu ergwingen trachtete, welcher aber fein gekraͤuktes
Anſehen und das Leben diefer Befhuldigten durch
firenge Beſtrafung der Empörer rettete.
Czar Iwan war fo glüdlih, Kafan wieder gu
grobern, und fein Reih auch Durch Einverleibung
des mindermäcdtigen Aſtrachan zu erweitern,
In den letzten Jahren der Kriege, die der Iwan Wd:
Szar wider diefe Tartarn führte, waren dieſelben ra
Schon fo ſehr entkraͤftet, daß der Czar nicht befuͤrch⸗ deutfden
sen durfte, als wenn der Krieg wider fie ihn ab⸗ MR
halten Fönute, andere mährge Zeinde mit Nach⸗ Aarıng und
drug zu demüthigen, weldes fo wohl die Vorfälle und begün:
eines Kriegs beweiſen, deu er vom Jahre 1554 an 5% m
wider Schweden führte, und im Jahre 1557 durch
einen Friedensſchluß, der auf den -Zuß der vorigen
Verträge auf 40 Jahre errichtet ward, endigte, ale
die Bemühungen, welche nicht nur die Liefländer, -
deren Macht im Verhaͤltniſſe zu der zuffifchen das
durch fehr verringert war, daß bie czariſche fhon
feit mehr als hundert Jahren beſtaͤudig fich vergroͤ⸗
Bert hatte, wenn glei die Schwaͤchung nicht gewe⸗
ngländer,
“tur
234 Dritter Abſchnitt. Sefchichte
fen wäre , die den Lieflaͤudern ihre eigenen innerli⸗
“en Uneinigfeiten verurfachten,, fondern auch der
an Nacht dem Czar gewiß gewwachfene König von
Pohlen fi gaben, um von ihm die Verlängerung
ihres mis ihm fefigefichten Friedensſtandes anszu⸗
wirten.
Doch ſcheint er wirfli geneigt gewefen gu feyn,
mit allen chriſtlichen Mächten befiäudig Frieden und
ein gutes Vernehmen zu unterhalten, wofern nicht
das Betragen fo wohl der Schweden als der Lief.
Iduder und Pohlen gegen ihn fo beſchaffen geweſen
wäre, daß er urtheilte, als wenn fie ihm veraͤchtlich
und beleidigend begegneten. Wenigſt ens that er
noch im Jahre 1556 dem Kaifer Ferdinand J. und
allen auf dem deutfchen Reichstage verfammielten
Ständen einen Antrag, aus deffen ganzem Inhalte
hervorleuchtet, daß kein verſtelltes Weſen, fondern
die Sprache der Aufrichtigfeit darin herrfche. Denn
er ſchickte eine Sefandifchaft, die Ferdinanden eben
das, was er bey deſſen Reichsvorfahren und Bru⸗
der Catl angebracht hatte, vortragen, und, damit
er feinen Zweck erreihen möchte, denfelben dar
folgende Gruͤnde empfehlen mußte: Er und feine
Unterthanen wären wahrhafte Epriften, indem fie die
Bibel, die Meffe, die evangeliſchen und epiffolifchen
Aeste, das niednifche Glaub ensbekenntniß und die
Laufe hätten, und folglich gefchehe ihnen gewiß Un⸗
zeht, wenn man fie bloß ans der Urfache, weil fie
das Abendmahl nah der Einfegung Chriſti unter
bepderlev Geſtalt empfingen ; für Unchriſten achte.
Seine Reichsvorfahren hätten vor -ı40 Jahren den
Biſchof Georg non Nowgorod mit fünf andern rufe
fiſchen Bifhöfen auf die Koſtuiher Kirchenverfamm-
Iung geſchickt, und fein Vater Waſilei Babe fo wohl
mit dem Kaifer Morimilian, als den Paͤpſten
des ruſſiſchen Hei. 235
Adrian VI und Clemens VII Unterhandlun:
gen über, die Vereinigung ihrer Kirchen angeſtellet,
und dazu befonders einen Geſandten, Demetrius
Xomanowitſch, nah Rom gefandt*). Von ihm und
feinem Vater ſeyen viele. tartarifche Voͤlkerſchaften,
wie aud die Permier, Jugrer , Kondorer, Lucomo«
rier, Tſcheremiſſen und Lappen, nicht fo fehr fel-
ner Heerſchaft, als Chriſto, unterwürfig gemacht,
und in gang Moskau fehe man auch nicht das al⸗
lerkleinſte Kind ohne das auf feiner Bruft haͤugende
Bild des Gekreuzigten. Er wolle beſtaͤndig einen
Sefandten in Deutfhland halten, und das chedem
zu einem Türkenkriege angebothene Geld gegen ei»
aen Empfangfchein auf dem fuggerifhen Haudels⸗
baufe zu Antwerpen niederlegen, und innerhalb zwan⸗
zig Jahren nicht zur verlangen, auch wenn es
zum wirflihen Bruce wider den Türken komme,
mit einigen taufend Rufien auf feine Koflen dem.
deutſchen Reihe Hülfe leiten. Denn er hege eine
ganz vorzügliche Neigung zu den Deutſchen, weil
fie in der ganzen Welt wegen ihrer Redlichkeit, Tas
pferkeit und Zreue hoch berühmt wären, und noch
dazu von ihm als Blutsfreunde und Nachbarn, da
ihre uralten Stammfige in Skythien jegt gu feinem
Reihe gehoͤrten, betrachtet würden: Denn fonfl
koͤunte er aus Stalien, Fronfreih und andern Lin»
dern genug Künftler, Kriegsverſtaͤndige und geſchick⸗
te Leute befommen. Hätte man doch zum.Behufe
eines Krieges wider einen gemeinfhaftlichen Zeind,
den Zürfen, zweyen mohamedauiſchen Königen,
nähmlich dem Sultan von Aegypten uud dem Ks
nige von Perfien, Geſchuͤtz und Leute zuge ſandt; wie
*) F. Jovius de Moseovitarum legatione in seript, re-
sum, Maoscov, p, 120, 181, -
256: Dritter Abfchnitt. Geſchichte
koͤnute man denn ihm, einem Micchriſten, dieſe Ge⸗
faͤlligkeit verweigern ? Er verlange auch Fein zahl⸗
reiches Heer, ſondern nur ein Regiment Fußknechte
und zwey Geſchwader Reiter, aus: Deutſchland zu
führen, welcher er ſich gegen kein einziges chriſt⸗
liches Volk, ſondern bloß dazu bedienen wollte, bey
feinen eingebornen Unterthanen mehr Licht und bef-
fere Sitten einzuführen, wie auch feine Länder wi-
der Die Anfälle feiner und der ganzen Ehriftenheit
Erbfeinde, der Zürfen und Zartarn, zu vertheidi⸗
gen, oder aud dieſe Störer des Ruheſtaudes der ge-
fammten Chriftenheit auf ihrem eigenen Grund und
Boden anzugreifen. Denn er fen fo feft entſchloſſen,
mit allen feinen hriftlihen Nachbarn, naͤhmlich Poh⸗
Ien, Litthauen, Schweden nud Lieflaud, wofern dieſe
ſelbſt ſich freundfchaftlich gegen ihn betragen wollten,
beftändig ein gutes Beruchnien zu pflegen, daß er
als Buͤrgen für die Feſthaltung dieſes Verſprechens
25 Herren von fuͤrſtlichem Gebluͤte nach Dentſchland
ſenden wolle. Ueber dieß liege Deutſchlaud nnd der
ganzen lateinifhen Kirche wenigftens eben fo fehr
als ihm daran, daß endlich rine Einigkeit in der
Religion zu Stande komme, weil man aus derdurd
die innerlihen Streitigkeiten der chriſtlichen Gemein»
den erleichterten Unterdrückung der morgenländi»
ſchen Kirchen in Paldfiina, Syrien, Aegypten und
Chaldaͤa, wie auch der griechiſchen in Kleinafien,
Thracien und Macedonien wahrnehmen koͤnne,
welch ein Schidfal bey Fortdauer diefer Kirchen⸗
ſpaltung die Reihe erwarte, welche zur lateiniſchen
Kirche gehören , da bereits eines von diefen, naͤhm⸗
lich Ungarn, (don beynahe ganz von.den Türken
überwältigt fep. Er verſpreche, auch die Armenier
- . bDurd fein Anmahnen und fein Beyſpiel einzuladen,
ſich zu der kirchlichen Vereinigung, die durch eiut
—
>)
.
des ruffiſcher Neiches. 237.
Kirchenverſammlung gefldrt! werdes würde," willig
finden zu laſſen, und er felbft wolle, bis eine Kir⸗
chenverſammlung diefes heilfame Wert bewerkſtelli⸗
ge, nach dem DBenfpiele des im deutfchen Reiche
neulich. geflifteten (paſſauiſchen und augsburgiſchen)
Religiongfriedens der lateinifhen Kirche bey allen
| Gelegenheiten Beweife feines aufrichtigen Wohlwol⸗
lens geben, und treulich dazu helfen, dag das ge»
woltfamer Weife durch die Tuͤrken von der Chri⸗
fienheit abgeriffene conflantinopolitanifhe Kaiſer⸗
thum aus diefen raͤuberiſchen Händen erloͤſet wer-
den.möge *).
Ob-nun glei die Liefländer auch dieß Mahl
dem Kaifer den Ezar-auf das haͤßlichſte ſchilderten,
und erweistich gu machen fih bemüheten, daß der⸗
ſelbe im diefer ganzen Angelegenheit hinterliflig ver-
fahre, und bloß deBwegen Kriegsmannfbaft uud in
‚ allerley Wiſſenſchaften und Künfien erfahrene Leute
aus: Deutſchland in fein Reid: zu ziehen trachte,
weil er aus bloßer Erobernugsfucht Liefland zu. bes. |
friegen und ihm unterwürfig zu machen vorhabe7
ſo erkennt doch ein jeder felbſt aus den eigenen
Berichten der Liefländer von ‚den Beranloffungen
dieſes Krieges, daß der. Ezarwirkli von den Lief⸗
Iändern beleidigt worden, und: folglich, da er fen“
Recht in der Güte von ihnen nicht erlangen konn⸗
te, berechtigt geweſen, dasfelbe durch die Waffen zu
ſuchen, und ſelbſt der hanſiſche Bund erwiederte dem
Heermeißter, als. derfelbe im Jahre 1557 begehrte,
die Banfifhen Städte ſollten ſich der Fahrt nach
Nußlaud enthalten, weil hierdurch der Czar mit
Mitteln verfehen würde, den Liefländern mit meh⸗
#) Neugebauer p. 593, 595:
1 557-
Dre Kar
erhält durch
die Erobe⸗
zung von
Narva eis
nen fchr
wohlgelege:
nen Hans
delsplap,
und erwei⸗
tert feine
Staaten.
233 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
rerem Nachdrude gu fchaden, dieß Begehren: mit
dem Bormurfe, die Liefländer Hätten fih durch ihre
Eigennuͤtzigkeit dDiefen Krieg felbft zugezogen *). Der
Epar rechtfertigte auch ſelbſt die Bekriegung der Lief⸗
Länder gegen den. Kaifer Ferdinand I,
Die Engländer , die der Czar Iwan naͤchſt
den Deutfchen am meiften fhägte, kamen dur eis
nen neu entdeckten Weg auf der See zu ihm, und
erhielten, außer dem ausſchließlichen Rechte Waaren
in fein: Land zu bringen, nud aus demfelden su
führen , ‚viele Merkmahle feiner Gunf. und Hoch⸗
ſchaͤzung.
um eben dieſe Zeit erhielt der Czar an der von
ihm in Liefland eroberten Stade Narva einen ſehr
guten Handelsmarft. Denn nachdem er den Lüs
beckern die Freyheit, dahin zu handeln, verfiattet
hatte, weldes ihre Abgeordneter, Johann Wag⸗
ner, ben ihm fuchte; fo folgten den Lübelern ger
bald die Hamburger , andere hanfiſchen Städte, Aut⸗
werner, Brabander‘, Holduder und Engländer,
Schotten und Franzoſen, die fo ſtarke Zufuhre lie
ferten, daß für die Fracht vide.ı00 Laſten Saly
liegen blieben, und man zu Rarva- viele auslaͤndi⸗
fhe Waaren wohlfeiler. einhandeln konnte, als an
den Drien ſelbſt, wohen folche auf diefen Handels.
plag gebracht wurden, indem Franz Renſtaͤdt
an diefem Orte von den..Ruffen ein Pfaud Unzen⸗
gold, welches ın Deutſchland mit 25 Thalern bes
zahlet war, für 10 Thaler, ganze Ballen von den
ſchoͤnſten Damaſten, die Brabander Elle gu ı Thas
ler, da fie für keine zwey Thaler eingekauft war,
englifhe Tuͤcher, die fon 45 Thaler koſteten, für
go bis 96 Thaler einkaufte. Ja maunchmahl galt
Tebrand ©. 257.
des ruſſiſchen Heiches, : 239
die Laſt Salz aur ‚einen Thaler, Zu diefem faſt un«
glaublichen Weberfiuffe ausländifcher Waaren trug
. die ungemeine Höflichkeit ein Oroßes bey, welche die
ruffifchen Beamten an diefem Drte allen: auslaͤudi⸗
fhen Kauflenten erwiefen, wie denn der Statthal⸗
ter die deutſchen Bactore alle Wochen en Mahl
aufs befte bewirthete.
Der thaͤtige Czar erweiterte feine Staaten
Durch. die benden Kabardepen, und wählte fih aus
dem Geſchlechte der kabadiniſchen Fürften feine zwey⸗
te Gemahliun. Er war es, der dan den Ruſſen damahls
befannten Theil von Sibirien ſich zinsbar machte,
‚und der englifhen Handlungsgefellfchaft erlaubte,
durch fein, Reid Waaren nad PVerfien führen. zu
Dürfen. Auch fchloß er mit Eliſabeth, der Koͤnigiun
von England; ein Freundſchaftsbuͤndniß.
+. In der That hatte der Czar überfläffige Urfa-
che, zu befürchten, daß er nicht im ruhigen Befitze
feines. Reiches ſterben werde, Es leuchtet in die Au-
gen, daß. immer eine ſtarke uud von märhtigen Haͤup⸗
tern unter den allervornehmſten Ruffen,, ja feinen.
nähen Anverwandten unterflügte: arten feiner ei⸗
genen; Untertfanen mit feiner Regierang mißvergnuͤgt
geweien, und zum: wenigſten einige. unter dieſen
Mißvergnuͤgten ſich nihenme"au den König von Poh⸗
len ; fondern fogar an den Khan der Krimm geſchla⸗
gen, und denſelben ihre Beybülfe verſprochen haben,
wem fie mit ihren Heeren in Rusland eindringen
wollten.
Es ereignete fich im J. 1567, daß Woledimer
Andreewitſch, nebſt dem Schwager des Czars, Mi⸗
chael Temrnukowitſch, uud des Czars Stiefbruder
aus großem Haſſe wider dem. Czar grionnen wa⸗
ren , am vom Könige von Pohlen Beyſtand wi⸗
der ihn zu erlangen, einen großen Theil des ruſſi⸗
d
293 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
rerem Rachdrucke zu ſchaden, dieß Begehren: mit
dem Vorwurfe, die Liefläuder hätten fich durch ihre
Eigennuͤtzigkeit diefen Krieg ſelbſt zugezogen *). Der
Czar rechtfertigte auch feld die Bekriegung der Lief⸗
laͤnder gegen den. Kaiſer Ferdinand I.
Die Engländer , die der Czar Iwan uddft
den Deutfhen am meiften ſchaͤtzte, kamen dur eis
nen neu entdediten Weg auf der See zu ibm, und
erhielten , außer dem ausſchließlichen Rechte Waaren
in fein- Land zu dringen, aud aus demfelden zu
führen , ‚viele Merkmahle feiner Guuſt und Hoch⸗
ſchaͤzung.
Der Sat Unm eben diefe Zeit erhielt der Cjar an der von
bee ihm in Liefland eroberten: Stade Narva einen fehr
rung von ' guten Handelsmarkt. Denn nachdem er den Lüs
Narsa eis heckern die Freyheit, dahin zu handeln, verſtattet
IH batte, weldhes ihre Abgeordneter ; Johann Wag-
nen Sans wer; ben ihm ſuchte; fo folgten. den Luͤbeckern gar
——— bald die Hamburger, andere hanfiſchen Städte, Ant
tert feine werper, Brabander,, Hollaͤnder und Engländer,
‚Staaten. Schotten und Franzoſen, die fo ſtarke Zafuhre lie
ferten, dab fir die Fracht viede.ı00 Laſten Sal
Itegen blieben, und man zu Rarva viele ausldndt-
ſche Waaren wohlfeiler. einhaudeln konnte, als an
den Orten ſelbſt, woher folche auf diefen Handels⸗
plagßt gebracht wurden‘, indem Frauz Renfiäde
an diefem Orte von den..Ruffen ein Pfand Unzen⸗
gold, welches ın Deutfchland mit ı5 Thalern bes
gohlet war, für 10 Thaler, ganze Ballen von den
ſchoͤuſten Damaften , die Brabander Elle gu ı Khas
ler, da fie für Leine zwey Thaler eingekauft war,
englifhe Tücher, die font 45 Thaler Eofleten, für
30 bis 36 Thaler einkaufte. Ja manchmahl galt
*) Willebrand ©, 257.
des ruffiſchen Reiches. 239
die Laſt Salz nur einen Thaler, Zu dieſem faſt un⸗
glaublichen Ueberfluſſe auslaͤndiſcher Waaren trug
. die ungemeine Hoͤflichkeit ein Großes bey, welche die
zuffifhen Beamten an diefem Orte allen: auslaͤndi⸗
fhen Kauflenten erwiefen, wie denn der Statthal-
ter die deutfchen Bactore alle Wochen sen Mahl
aufs befte bewirthete.
Der thätige Czar erweiterte feine Staaten
durch die benden Kabardeyen, und wählte fi aus
dem Geſchlechte der Fabadinifchen Fuͤrſten feine zwey⸗
te Gemahlinn. Er war es, der dan den Ruſſen damahls
befannten Theil von Sibirien ſich ziusbar machte,
‚und ‚der englifhen Handlungsgefelfchaft erlaubte,
dur fein, Reid Waaren nah Berken führen, gu
dürfen. Auch ſchloß er mit Eliſabeth, der Königiun ,
von England; ein Freundfhaftsbhudaiß.
Su ber That hatte der Czar überfläffige Urfa-
de, zu befürchten, daß er nicht im ruhigen Befitze
feines. Reiches ſterben werde, Es leuchtet in die Au⸗
gen, daß. immer eine ſtarke uud vom maͤchtigen Haͤup⸗
tern unter den allervornehmſten Ruſſen, ja feinen.
nähen Anvetwandten unterflügte Partey feiner ei⸗
genen; Unterthauen mit feiner Regierang miß vergnuͤgt
geweſen, und zum: wenigſten einige. unter dieſen
Mißdergnuͤgten ſich nicht mrꝰ au den. König von Poh⸗
len, ſondern fogar an den Khan der Krimm geſchla⸗
gen, und denfelben ihre Beyhuͤlfe verfprochen haben, :
wem fie mit ihren Heeren in Rußland eindringen
wollten.
Es ereignete fih im |. ı 567, daß Wolodimer
Andreewitſch, nebſt dem Schwager. des Czars, Mi⸗
chael Temrnkowitſch, und des Czars Stiefbruder
aus großem Haſſe wider den. Czar gefonnen wa⸗
ren , am vom Könige von Pohlen Beyſtand wis
der ihn zu erlangen, einen großen Theil des ruſſi⸗
d
240 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
(deu Reichs Pohlen ga übergeben. — Diefes An:
erbiechen vermochte den König von Pohlen, im Dr.
tober 1567 ein überaus zahlreiches Heer in der Ab⸗
fit zufammen zu ziehen, mittelſt feines Verftaͤnd⸗
niſſes mit dieſen Ruffen einen großen Theil von
Außland gang Felt feiner Herrfchaft unterwür.
fig zu machen. — Uber der GStiefbruder det
Ezars ward durch die Unruhe, welde ihm Die Straf⸗
barfeit und Mißlichkeit diefer Unternehmung wider
feinen Herrn erregte ‚bewogen, alles , was er dw
von wußte, demfelben zu eröffnen, worauf im J.
1568 ein fehr firenges Urtheil erging, indem de
Ezar nicht nur alle und jede, die er als Mitverwi⸗
ckelte in diefem Verbrechen ſchuldig erkannte edır
ſchuldig zu ſeyn glaubte, durch macuigfallige
martervolle Todesarten mit allen ihren Audver⸗
wandten, geſauimten Handgenoffen, Bedienten und
Untertfanen, ohne das weibliche Geſchlecht um
das zarteſte Alter ber Kindheit von dleſem al»
genteinen Bluturtheile ausjunchmen, "aussortete, jt
alle ihre Häufer und Wohnungen anzünden und der
Erde gleich machen ließ, fondern auch einen Blut⸗
rath von 300 Männern erwählte, die er vo Rob
kau aus allenthalden im dad gangr Reich mit dem
Auftrage, alle, welde fie:als Theilnehmer und Rit⸗
wiffer au diefem Verbrechen ſchuldig achtetem , ohne
fernere Anfrage, mit allem , was fir auf ir⸗
gend eine Art anging, zu vertilgen, dusfandte, mo
bey ihnen eine zahlreiche Mannſchaft von feinen Opril⸗
ſchuiki, die theils aus: einem Uebermaße der Erge⸗
beubeit für die Erhaltung ihres Herru, theils am
fich nicht ſelbſt durch Gelindigkeit als Beennde und
Mitfſchuldige fo ſtrafwuͤrbiger Verbrecher verdaͤctiz
zu machen, die mehreſten aber wohl aus nad ver
werfliherem Antriebe, naͤhmlich bey diefer eier Bu
. 6
1
| des ruflifchen Reiches, 241
legenbeit Leute, die fie haßten, aus der Welt zu
ſchaffen, oder fih durch die Guͤter der Hingerichte⸗
ten zu. bereichern, die ihnen ertheilten harten Befeh⸗
le nit nur aufs genaueſte zu befolgen, fondern gar
zu überfchreiten geneigt waren, als Vollfireder feio
ner Befehle mitgab , da dann an viden Orten fos .
gar die Hunde und Katzen getoͤdtet, und die Ge⸗
waͤſſer und Zeihe, damit ale darin vorhandenen
Siſche umkommen follten, vergiftet wurden *). Ä
Unter JIwans Regierung wurden zwey Kriege:
heere von Tartarn und Thrken, die durch die Vereini⸗
gung des Dons mit der Wolga der thikifchen Kriegs»
machst einen Weg zu Wafler nach Perfien zu kom⸗
men Öffen follten, durch den Widerfiend , den ihnen
der Ezar entgegen fepte, am der Ausführung ihres
Vorhabens gehindert.
Gegen Ende des Jahres empfing der Ezar Verſchiebene
wieder entweder eine wirklich gepräudete oder er. Verbundene
dichtete, doch mit folden Umfiänden ausgeſchmuͤckte er Fehie
Nachricht, dab die Nomgoroder, Pleskower und des Czars
Einwohner vieler anderer Drte feines Reiches ins: ——
geſammt nit nur an dem im J. 1568 entdeckten ja feibf Uns
und befireften Hochverrathe Theil genommen haͤt⸗ ken mis
sen, fondern and noch jegt die Gedanken hegten, befiraft. \ -
ih an den König von Pohlen zu ergeben. Diefe
Nachricht verurfachte, daß er mis Borausfhidung
eines Heeres feiner Opritſchniki in Begleitung feie
nes Erbpringen Iwan felbfi nad Nowgorod ging, and
da er am. ıosen Jaͤnner 1570 auf dein Wege war,
Dem Bottesdienfle in der dortigen Sophienficche bey»
guwohnen, dem Erzbifchofe Pimen, welcher ihm
anf der Brüde der Wolchow mis dem Kreuze ent⸗
*).Bon dieſem ſchauderhaften Bluturtheide fagen die heis
miſchen Geſchichtſchreiber nichts. Zu
Veſch. Aufl. =, Band,
242 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
gegen kom, den Vorwurf machte: „Verraͤther, du
haft Fein Kreuz, fondern Waffen, mit welden du
mich und meine Regierung angreifk,. in Händen.
Du haſt dich mit den ungetrenen Einwohnern dieſer
Stadt vereinigt, ſolche an unſern Feind, den Koͤ⸗
nig von Pohlen, gu verrathen. Du nenuefl di ei⸗
nen Hirten und Lehrer der Gemeine, biſt aber ein
Wolf, ein Räuber uud Mörder, ein DBerräther und
Beleidiger unferer Majeſtaͤt.“ Jetzt befahl Ihm dee
Car, nah der Sophienfirche zu geben, umd den
Gottesdieuſt abzuwarten. Rach vollendeter Religions:
Abung aber ging er mit einem großen Gefolge is
das Haus des Erzbiſchofes, welcher ein großes
Gaſtmahl zu feiner Bewirchung amngefieht hatte,
Waͤhrend diefer Mahlzeit ließ er alle Kirchen in der
Stadt durch ausgeſchickte Haufen feiner Kriegsvoͤl⸗
Ber durchſuchen, um die mehreſten Koſtbarkeiten dar,
aus in feinen Schag zu bringen, und die Seifli
hen als Mitſchuldige des Verbrechens ihres Oben
hauptes söbten zu laſſen, auch den Erzbiſchof auf
ein von ihm gegebenes Beihen in Verhaft nehmen,
der nachher (nachdem er nad Horſeys Ausſage fin
Berbrechen geftanden ) nach Alexaudrowna Globe
da abgeführt, entweihet, and zur Strafe in ce
Klofter gegeben wurde, wo er nicht lange hernach
fein Leben endigte. Nah Guaginms kamen bey
dieſer Gelegenheit 2770 angefehene Männer ums ter
ben, ohne die Geringern, die Weiber und Kinder,
deren Zahl fi noch viel Höher belief, aber nit be
ſtimmt werden Faun,
Es find andere Umfiäude vorhanden, woraus
. erhellet, daß der Czar in allen diefen Verurtheiluns
gen nichts anderes getban habe, als wovon er ge
glaubt, daß es die Gerechtigkeit und. die Sorgfalt
für feine Perfon und zur Verhinderung, daß niht
des ruffifchen Heihed, 243
ganze Länder ſich von dem ruſſiſchen Keichskärper '
Iosreißen und die Macht eines Grenznachbars ver:
ſtaͤrken möchte, erfordere. Denn verſchiedene, die
der Erzbifchof von Rowgorod als Mitſchuldige fei«
nes Verbrechens angab, erhielten, da fie fußfällig
um Verzeihung flebeten, nad einem ſcharfen Ver⸗
meife vöRige Beguadigung. Am ıgten Februar ließ
gr von den übriggebliebenen Rowgorodern aus jeder
Straße den Bornehmfien vor ſich kommen, uud ers
Märte fih gegen fie: da nun fein Born vorüber
und feine Rache geſtillt ſey, jeder in ſeinem Hauſe
ficher und ruhig wohnen, ihm getreu feyn, und um
eine gefegnete Regierung zu Bott für ihn bethen
foßte *).. Nach Narva fandte er 500 Opritſchniki
mit dem ausdrädlichen Befehle, Einem Ausländer
oder auch Ruſſen das geriugſte Leid guguffigen, ber
fich nicht feld dadurch ſtrafbar made, ‚daß er an
dem Verbrechen der Rowgoroder dadurd Theil neh⸗
me, daß er dem Befehle, den dieſe Vollſtrecker des
Urtheilsſpruches ihres Herrn Dey. ihrer Ankunft in
allen Straßen der Stadt ausrnfen ließen, fih uns
geborfam erweife. Diefer Befehl enthielt, daß ale
am Verbrechen der Nowgoroder theilnehmenden Now⸗
goroder., Die fi der Handlung wegen damabls im
Narva anfbielten., getödtet, und alte ihre dort has
beuden Büter verbrannt oder ind Wafler geworfen
werden, und die, welche einen folchen Berurtheil-
ten zu verbergen, oder einige nowgorodiſche Güter
zu verhehlen ober fich zugueignen füchen möchten,
gleichfalls am Leben beſtraft werden follten. Es
ward auch in der That kein einziger auf irgend eie
rw
i
#) Euaginu: pP. 290298; Senat. tuſ—. Geld. 3. V.
©. 613-—520,
4 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
ne Urt gekränkt. Bon Nowgored giug er mit feis
nem Heere nach Pleskow. Da ihm aber die Ein
wohner entgegen gingen, und ihm alle Kennzeichen
einer wahren Ergebenheit erwiefen, indem fie fag-
ten, daß für feine Unterthanen und Kuchte wä-
ren , und allen. Berfüguugen, bie es ibm ge
fallen möchte, über ihre Perfonen nad ihre Güter
zu treffen, geru unterwerfen wärben; fo erließ er
allen veruchmen Perfonen die ihnen ſchon zuerlaunte
Todesfirafe, und nahm gar Feinem einzigen Weltli⸗
chen das Leben, fondern feine Rache esfiredte ſich
zur dahin , daß er erlihen Reichen den größsen
Theil ihres Vermögens nahm, und einige Mönde
binrichtete, auf den Kirhenfhag der beyden vor⸗
nehmſten Kirchen und die Glocken von allen Kirchen
ih zueiguete, uud mit ich wegführte. Nah Her
ſerps Berichte wirkte auch das fehr viel zum Befſten
ber Pleskower, daß Milula Sweat, ein Neun, der
in der ganzen Gegend im hohen Rufe ſtand, ihn
entgegen kam, nud nad einer harten Straforedigt
über die zu Rowgorod augerichteten Blutſcenen
drohete, daß, falls er durch die geringfle Ungerech⸗
tigkeit irgend einen Pleskower beſchaͤdigen würde,
er augenblidlich dafür dieRache Gottes und der Engel,
deren Befhügung Bott die Stadt Pleskow ander
‚fohlen, empfinden, und durd einen Blitzſtrahl er⸗
ſchlagen werben würde. Diefe Rede machte dedurd
noch einen größern Eindrud auf das Herz dei
sure, daß eben, wie Mikula fie hielt, der Him⸗
mel fehr truͤbe und neblid war, welden Umſtaud
Mikula nupte, indem er dieß als einen Beweis am
‚führte, daß Gore Kb ſchon rüfe, die dur ihn dem
Cauar angefündigte Strafe, falls derfelbe feine War:
nung verachte, unverzüglih zu vollſtrecken. —
Wenigstens hörte der Czar Rikulas Rede mis vieler
\
des ruſſiſchen Meches.. 245
Rüßrung an , und: bath ihn nad Endigung
derfelben, zu Bott für ihn zu bethen. Die Twe⸗
ver hingegen, auf welche Stadt er nun feinen Zug
richtete, wurden eben fo hart als die Nowgoroder
behandelt, und auch 500 Litthauer und pohlnifdge
Ruſſen, welde im 3. 1563 bey der Eroberung von
Polots in feine Hände gerathen, und gu Twer fo
Iange in Verwahrung gehalten. ‚waren, nebfl 19 tar⸗
sarifhen Marfen, die gleichfalls in ihrem Kriege wie
der den Ejar dasfelde Schickſal gehabt, in dieſem
Blutgerichte uͤber Twer mit aufgerieben. Die 19
Tartarn aber ſetzten ſich bey Ankunft der. Mann⸗
ſchaft, die fie toͤdten ſollte, zur Wehr, nahmen mit
ihren Meffern dem Haupte berfelben Maluta Sku⸗
ratow und vier anderm das Leben, und zwangen
Die übrigen, ohne Verrichtung ihres Auftrags ihren
Aufenthalt gu verlaffen. Daher ſandte der Czar
500 Mann, die teils mit Feuergewehr, tbeils mit
Pfeilen fo lange aus der’ Entfernung gegen fie ſtrit⸗
ten, bis alle Tartarn erlegt waren. Bey. feiner
Ankunft in Moskau flellte er gleichfals mehr als
ein Mahl Bluturtheile an, die vielen Menfchen das
Leben koſteten. Das ſchaͤrfeſte erging am Jacobitage
oder den 24ſten Julius, da er auf dem Markte ı8
Galgen, aufrichten und eine Menge Barterwirke
geuge herbepbringen lie. Diefer ſchreckensvolle Au«
blick erregte Anfangs in der Stadt ein fo allgemei⸗
nes Schrecken, daß Niemand ſich erdreiſtete, fi
auf dem Markte oder in den Straßen ſehen zu laſ⸗
fen, ſondern'ein jeder Mich tu feiner Wohnung oder
andern Schlupfwinkeln verborgen hielt. Aber wie
der Czar diefes bemerkte, ritt er durch die gange
Stadt, nnd rief mit lauter Stimme allen Einwoh⸗
nern zu, daß fie von ihm nichts befuͤrchten dürften,
fondern frey hervor kommen und auſch auen Fönnıen,
246 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
wie er anf öffentlichem Markte die gerechte Strafe
über die Erzböfewidhter, die nicht nur ihm nachdem
Reihe und Leben geſtauden, fondern au alle Ein
wohner des ruſſiſchen Reichs in das aͤußerſte inglid
zu flürgen vorgehabt, und der Willkuͤr nicht mu
des Königs van Yohlen, fondern auch der ungläu
bigen Zürfen und Krimmer überlaffen wollen, erge⸗
ben laſſe, — Diefe Berfiheruug fand folge
N
|
Glauben, daß die Menfchen nicht nurin großen Hau |
fen anf den Markt hineilten, fonderu auch, dader
felbe durch ihre Menge bald angefüllt war, die Dider
Der Häufer befliegen, dem bevorſtehenden Blutgeriätt
hepgumohnen, Da nun der Czar diefes Belt vn
ſammelt fahe, that er au dasfelbe die Frage: Thu
ich recht daran , daß ich dieſe Meineidigen nad Br:
raͤcher befrafe? Deun es waren fchon auf zoo Ri
ner, meiſten Theils vom hödften Adel umd den
-voruehmfien Bedienungen , als überwiefene Berbre
der unter Begleitung bewaffneter Manſchaft anf
den Markt gebracht. Auf diefe Anfrage eiſchol
ein lautes Geſchrey aller Zuſchauer: „Es lebe un
fer Czar, und die Hochverräther muͤſſen den verdiin
sen Kohn ihrer Mifferhaten empfangen.” Hierauf
erklaͤrte der Czar, um zu zeigen, daß er, fo viel
nur bep ihm fiehe, lieber Gnade erzeige, als nad
der firengen Gerechtigkeit verfahre, 180 von denm,
die bereits da ſtanden, um das über fie gefälte 2%
desurtheil an ihnen vollzogen gu werden, von alıt
Strafe entledige, uud auf freyen Fuß fiele, Hi
nach aber erfolgten die Hinrichtungen, wobey an den
esarifhen Kanzler Iwan Michalawitſch Wiskowatsli
der Anfang gemacht wurde, deſſen Verbrechen ein
Scheimfchreiber des Czars der ganzen Menge au
fuͤbrlich anzeigte, und das darin befiand, daß er
fowohl den Koͤnin yon Pohlen als den shrfilde
des ruffifchen Reiches. | 247
Kaifer und den Kahn der Krimm angefliftet habe,
mit ihren Heeren in die zuffifhen Läuder einzufal⸗
Ien, und diefen Reichsfeinden verfprochen, ihnen ſo⸗
gar die Hauptfladt des. ganzen Reiches, Moskau, zu
überliefern.
Im Jahre 1571 richtete Mißwach, eine anfle 1571.
dende Seuche und ein Ueberfall der krimmiſchen
Zartaren einen beträchtlihen Theil der ruſſiſchen
Staaten zu Grunde, nad: verbreitete ſelbſt in Mos⸗
Fau großes Elend.
Nach dem Abzoge der Zartarnı ſtellte der Czar Der Czar er:
feine Hauptſtadt aus ihrer Verwäflung, im gerin: Menge Fe
geren Umfange, aber weit prädtiger wieder her, Rungen und
wie man denn auch zu feinen Ruhme anfgegeichuet Sieden, vers
finder, daß er während feiner Regierung über 100 Eroberun;
Schloͤſſer und Feſtungen aufgeführt, und beynahe Sen and fei |
200 Flecken in vorher ganz unbewohnt gewefenen gehen,
Srgenden angelegt und mit Einwohnern bevölkert
bat, indem die. Bollsmenge feiner Staaten durch
die vielen tauſend Menfchen, die er in allen Kriegs
gügen wider feine Nachbarn, Liefland, Vohlen und
Schweden, in fein Reich führte, fehr anfehnlich ver»
mehrt ward, und er immer aus England Mathema⸗
tifer, Steinmegen, Maurer and alle anderen Kuͤnſt⸗
lee und Handwerker , die er bedurfte, auch Aerzte
und Apotheker erlangen fonnute
Man fagt, der’ Cjzar Jwan Hätte mit der
Königinn Elifaberh einer Heirath wegen unterhan⸗
delt, wovon bie englifhen Geſchichtſchreiber nichts
fogen ; auch fagt man , daß der Czar diefes Gerücht
beautzt hätte, um alle feine Untertbanen zu einem nenen
Eid der Treue zu verpflichten.
Seine Testen Kriege mit Pohlen und Schwe⸗
den verurfachten nicht nur den Berluft aller Länder,
fo er feit feiner’ ganzen Regierung diefen Nachbarn
x
Der Ejer ers
theilt dem
yapftlichen
LegatenPofs
fevin feine
Abferti⸗
sung.
48 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
abgenommen , fonderu auch alles deffen, was er in
Lieſtand an ſich gebracht hatte. Er verlor bey bie
fer Selegenheit auch einige ältere Behpungen feist
Reichs, und fühlte Die Abnahme der Beröllerung.
Alle dieſe Unaluͤcksfaͤlle vermehrte das Märkke Leid⸗
weien des Czars, welches dadurch veranlaft ward,
Daß er im einer Anfwallung des Zorus feinen
Boffnungsvollen Thronerben einem fo derben Schlag
verfegte, Daß derſelbe nach wenigen Zagen vet:
fied. Man gibt verfhiedene Gründe an, wide
den Ezar zum Borue reisten, ohne die wahre Ur
ſache zu wifien.
Im J. 1582 that der pärfiliße Legat Poffevin den
Czar nad feinen zu dem Unterhandlungen mit ihm er⸗
nannten Räshen folgende Vorträge. Da der König von
Pohlen mit dem Cjar eine brüderliche Liebe nn
Freundſchaft zu unterhalten und die Wohlfahrt des
ruſſiſchen Reichs zu befördern wänfche ; fo wolle derfe:
be den zuffifhen Kaufleuten in Pohlen den freyer
Handel. geflatten, und verſpreche ſich vom Eye,
Daß derfelbe den pohlnifchen Kanfleusen ein Gleiches
ermweifen,, auch mit dem Könige einen gemeinſchaft⸗
lichen Krieg wider die Erimmifchen Zartars, die ſo⸗
wohl das eine als das andere Reich als zinsbate
Länder behandelten , und ‚in beyden durch ihre Ein
fälle großen Schaden aurichteten, unternehmen,
auch über Huswecfelung der beyderfeitigen Gefan⸗
genen und Borbeugung aller Eünftigen Mißhaͤllig⸗
keiten gwifchen beyden Reichen ein gutes Vera
men pflegen werde. Der Ezar möchte einen oder
mehrere Oefandten an den Papfi nah Rom ſchicen,
um ein Freundſchaftsbuͤndniß zwiſchen allen rifll
hen Flirſten und andere heilſame Dinge gu beſor⸗
dern; das Schreiben des Papſtes, woräber die 6
sarhihlagung wegen der Kriegspändel mis Pohler
des ruffifchen Reiches. Es 249
ansgefegt worden fey, durchlefen und beantworten;
den Bitten des Papfies, ſich mit feinem Geſand⸗
ten wenigſtens einmahl allein gu unterreden, um, .
wegen des anf ber florentinifhen Kirchenverſamm⸗
Nlung gefchlofienen Religionsvereinigung in Abficht
auf das ruff ſche Reich etwas. abzumadh, ferner
einige junge Leute, die ruſſiſch Tefen und fchreiben
fönnten, nah Rom zu ſchicken, willfahren, welche
jungen Ruffen mis andern aus den Morgenländern
nah Rom gefhidten Leuten in dem alten wahren.
erichifhen Glauben unterrichtet und wieder nad
Rußland zurüdgefhict werden follten, damit man .
auch in Rom die ruffifche Sprache verftehen lernte,
und kuͤnftig wicht noͤthig härte, immer durch Dol⸗
metſcher mit einander Unterbandlungen zu pflegen s
dem Gefandten einen ſchriftlichen Zrepheitsbrief für
die venetianifchen und anderen Kaufleute, daß dies
. felben ſicher nah Rußland kommen, dort Handlung
treiben, auch roͤmiſche Geiſtliche mitbringen dürfe
sen, wie auch Abſchriften des: Friedensvertrages mit
Kohlen, und der nah Rom gefandten Schreiben
wegen der dan Venetianera zugeflandenen Durchrei⸗
fe ihrer Geſandten nah Perfien, eine Vorſchrift,
mit Schweden Sriedenshandlung anzuſtellen, und
einen freundfchaftlihen czariſchen Brief und Gegen⸗
beglaubigungsfchreiben au. den König von Pohlen
ertheilen; auch dem Papſte die Gefäligkeit erwein
fen, daß Feinen deutſchen Iutherifhen Magiftern, die.
weder die Mutter Gottes noch andere Heilige eh⸗
sen, fondern nur rechtglaͤnbigen roͤmiſchen Geiftli»
den der ‚Aufenthalt in feinem Reiche verfiattet wuͤr⸗
de. Allein Poflevin erhielt auf die meiſten dieſer
feiner Geſuche unbefriedigende Antworten, indem
der Czar ihm auf diefelben erklaͤren ließ: Er lobe
bie chriſtliche Geßunung des Königs von Pohlen,
250 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
die derfelbe fo wohl darin, daß er dem ruſſiſchen
Keihe Gutes göune, als auch dadurch zeige, daß
er mittelit einer Verbindung beyder Reiche wider
die Tartarn fowohl dem einen als dem andern Si:
cherheit wider. die Ungldubigen zu verfchaffen mün-
ſche. Ader für jetzt Eönne der Ezar diefe Verbin
dung nicht eingehen, indem fih ruſſiſche Geſandten
zur Errichtung eines Friedengvertrages in der Krimm
aufblelten, deren Berichte der Czar abwarten muͤſe,
unm nach denfelden feine ferneren Maßregeln indie
fer Angelegenheit zu wählen. Doc ſey der Eat
nicht entgegen, mofern der König zu einer Berhandlung
in diefer Sache Geſandten nach Rußland fchiden will
te. Sefandten zur Bewirkung einer allgemeinen Babin
dung wider den Türken koͤnne der Ezar aus der Urfahe
gegenwärtig nicht abfertigen, weiler ſchon diefermegen
verſchiedene Geſandten und Bothen an den Kalfer ge
ſchickt, derfelbe aber fein Verſprechen, diefe An
- gelegenheit durch Verfendungen an den czariſchen
Hof zu betreiben, noch nicht erfuͤllt habe. Folglih
möchte zufoͤrderſt der Papfi dieſe Sache bey andırı
chriſtlichen Mächten berichtigen, und wenn aldbam
der Kaifer und andere Verbundene durch Gefandien
Den Beptritt des Czars fuchen würden, fo follte ih⸗
nen derfelbe nicht verfagt werden. Doch wolle der
Czar, um den Papſt zu überzeugen, daß er ihm nach
Möglihfeit Gefaͤlligkeiten zu erweiſen geſonnen ſey,
Poſſepinen einen Geſandten an denſelben abgehen
laſſen. Das Geſuch, ein Religionsgeſpraͤch mit Poſ⸗
ſevinen zu Halten, wolle er gleichfalls aus Achtung
für den Papſt und deſſen Legaten, doch fo, it
sefiehen , dag nebſt dem Eyar einige zuffifhe Rd
the diefer Unterredung beywohnen möchten, wiewohl
er’lieber fähe, daß der Gefandte von dieſem Begeh⸗
sen abſtuͤnde, weil doch vermuthlich jeder von ihnen
des tuſſiſchen Reiches. =
feine Religion mit Unterdrückung der Religion des
andern erheben würde, und nicht abzufehen ſey, da
dadurch etwas Fruchtbringendes ausgerichtet werden.
würde, fondern vielmehr beforgt werden müßte, daß
Erbitterung, Hader und Zeindfchaft eutſtehen moͤch⸗
ten, die das: gute Vernehmen fidrten , in welchem
doch bepde Theile mit einander zn fichen gegenwär-
tig begehrten. Leute zum Unterrichte in der latei⸗
nifhen Sprache nah Rom zu fenden, laſſe ſich für
jept nicht bewerkſtelligen, weil Zeit erfordert werde,
folße, die Ach dazu ſchickten, ausfindig zu machen.
Die Benetianer follten, wenn fie der Handlung we⸗
gen Rußland beſuchen wollten, alle Zrepheit genie⸗
Sen, au den römifchen Geiſtlichen, wenn fie einis
ge mitbrächten, weder Der Eintritt gemeigert, noch
bey ihrem Aufenthalte etwas in den Weg gelegt
werden; nur müßten fie weder ihre Religion unter
den Ruffen ouszubreiten, noch römifhe Kirchen zu
Bauen verſuchen. Die verlangten Abfchriften und
Schreiben ſolle der Gefandte erhalten. Auch wolle
der Czar der Fürfprache, die der Papſt und des
Geſandte für den König von Schweden einlegten,
fo viel einräumen, daß er ſelbſt die Friedensbitte
Des Königs von Schweden anhören, und alddanıt
feinen Befehl ergehen. laffen wolle, daß ber König
mit dem czarifden Erbreiche Großnowgorod einen
billigen Frieden fchließen könne, in welcher Abſicht
der Czar dem Befandsen, falls derfelbe es verlan-
ge, einen Geleitsbrief für die ſchwediſchen Geſaud⸗
sen mitzugeben bereit fey. Was den Vortrag wer
gen den Lutheranern betreffe, fo lebten,im ruſſiſchen
Reihe vide Leute von verſchiedenen Religionen, al⸗
Fe nad ihrer Weiſe, ohne daß fie daran bädhten,
Daß fie ihre Neligionsbegriffe den Ruſſen bepbrin»
geu wollten, und wens fie fih ja deſſen nnterfans
sen mbdten, fo fehle ei mie an Mistehe, Difeälh-
Jeit des Yarlis, els Gtublerben der Apofkd Yetras
und Yanins, zu erfeuuen, und dag Die Reinigfelt
des Glaubens su Arm geſucht werden mife , wie
Diefes ſelbſt die ganze griechiſche Kirdhe auf der fie
sentinifden Kird euscerfammlung gefianden babe, weit
Iäuftig geredet hatte; fo widerſprach der Czar dark
Qinfüsrung der Sründe, welcher fi die griechiſchen
Glaubensgesoſſen zur Bcheuptung ihrer Sache wis
der die roͤmiſche Kirche bedienen, den von Poſſeri⸗
wen vorgebrahten Sägen, und verblieb dabey, daß
der griechiſche und roͤmiſche Glaube fo fehr von ein⸗
ander abgehe, daß beyde auf Feine Weiſe zu ver
einigen ſeyen, und der Yapft ſich mit Unrecht mit
Dem Rahınen eines Racfolgers der Apoſtel Yeters
und Pauls rühme, da er durch feine Handlungen
ſelbſt das Gegentheil bezeuge , indem, fih auf einem
Throne tragen, den Pantoffel Füffen, und das Heilige
Rreug auffeinen Pantoffel fegen laffen , lauter Stolg
und feine apofkolifche Demush und Frömmigkeit of
feubare. Weil er aber doch fehr wünfdte, daß die
ſes Geſpraͤch anf eine freundſchaftliche Weiſe be
ſchloſſen werden moͤchte, fo erinuerte er Poſſevinen,
was er ihm ja vorher geſagt hatte, daß es ihm
unangenehm falle, von dieſer Angelegenheit mit ihm
ya schen, weil es dabey nicht ohne Streit abgehen
des ruffifchen Reiches. 953
körne, und Aug darauf an, durch Merkntafle feiner
Bertraulichleit and freundfhaftlihe Reden von am
dern Dingen ihm die Verdrieplichfeit aus den Ges
danken zu dringen, die ihm die vom Eyar vorge
brachten WBiderlegungen feiner Säge verurfacht hate .
ten. Er verminderte auch nicht die bisher Poffeni«
nen erwiefenen Höflichkeiten, und entließ denfelben
mit Zugebung zwever Geſandten, die er an den
VPapft abfertigte, und mit: Briefen au denfelben, die
öftereihifchen Fürften, den Doge von Benedig und
den König von Bohlen, ‚wie auch Geleitsſchreiben
fo wohl für eine ſchwediſche Geſandtſchaft nad Mose ..
Fau, als eine venetiauiſche, die durch KNußland nach
Dem Königreiche Perfien reifen follte. Dem Papfk
a.sberſaundte er gugleih ein Geſchenk von 40 Zobeln
und Yoffenin mußte das, was er für fi empfing,
Behalten, ungeachtet er fich deffen ſtark weigerte,
und es unter Aufuͤhrung der Urſache, daß ſein Ge⸗
Kübde der Armuth Dadurch verlegt werde, durchaus zu⸗
ruͤcklaſſen wollte. ‚Denn er habe ans keinem Antriebe
nach zeitlichen Vortheilen, fondern bloß aus ſchul⸗
Diger Chriſtenpflicht und aufrichtiger Ergebendeit,
dem Großfuͤrſten nügliche Dienfte zu leiten, Diele. -
Keife uud alles andere, . worin. er bie Aufträge des
Papſtes, des Sroßfärften und anderer Hohen Häupe
ser der Chriſteuheit nach aller Möglichkeit zu bee
werkſtelligen beſtrebt gewefen, übernommen, und aus
Diefer Urfache auch nicht gugelaffen, dab Kaufleute,
ungeachtet diefe ihn darum gar fehr gebethen, mit
ihm nach Rußland gefommen feyen ”).
So bert ich aber der Czar gleich gegen Poſſe⸗
vin ſtellte, wit dem Könige von. EAweder auf -fol«
®) Possevinus in republiea Hosvrine. Lugd, Bat..
1630, p. 244247.
254 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
he Bedingungen, als dieſer vermeinte, daß bey den
Vortheilen, die er in den letzten Jahren ſeines Krie⸗
ges wider ihn erhalten hatte, ihm nicht abgeſchlagen
werden koͤnnte, Frieden zu ſchließen; fü nötbigten
ihn die Umſtaͤnde, im Jahre 1583ſich zu einem
dDeeyjährigen Waffenſtillſtande, durch melden die
Schweden im Berge alles bes Landes verblieben, das
fie ihm abgenommen hatten, zu bequemen,
Das Petersburger Journal und Camdenus fpre-
hen von einem Heiratheprojecte des Czars mit MR as
rien Haflings, ber Schweſter des Orafenvon
Huntingbon. Es laͤßt Ach nicht beſtimamen, in
wie weit dieſe Sage wahr iſt. |
Der Esar hatte den Borfag, eine Rieberlage au
empören ſich· den Kaſanern zu rächen, die fich wider ihn im Fahre
1583 empört hatten. Um die Empörer zu bewegen, ihre
Kriegs macht aus einander gehen zu laffen, und fid
in ihre Wobnpläge zu zerſtreuen, ſchloß er, im Dcto-
ber mit ihnen einen weifkellten Frieden, durch wel⸗
den er ihnen eine allgemeine Bergebung und Ber:
geſſenheit verſprach. Dein fine Abſicht war, durch
ein ſehr zahlreiches Heer, welches er gleich nach die⸗
ſem Friedeusſchluſſe unter dem Nahmen ſich deſſen
zu einem Feldzuge wider die Schweden zu bedieuen,
anf die Beine brachte , fie unwerichens zu uͤberfallen,
und folchergeftalt für ihre Empörung gur Strafe zu
stehen. Aber feine wahre Meinung vom Gebrauche
dieſes Heeres konnte doch gicht fo lauge, als er wünfd-
te and: zu einem unfſchlbar⸗ gluͤcklichen Ausſchlage
feines Vorhabens erfordert wurde, verborgen blei⸗
ben. Denun mau mußte ja ſehen, daß es, wie es
fertig war, feiner Weg gegen die ſchwediſche
Grenze, ſondern nach Kafan einſchlug, und die Urs
ſache, die er nun anführte, warum er es nach Ka⸗
fon ſchickie (naͤhmlich daß es, weil Kaſau uab die
Be
[4
des zuffifchen Heiches. 255
ganze Nachbarſchaft viele Jahre durch Ucherfälle der
Frimmifhen Zortara und innerlide Empörungen
fehr gelitten, Mannſchaft, Kriegsoorrath und Les
bensmitlel zum Erfage deſſen, mas. es eingebüße,
dahin überbringen follte), war nicht hinlaͤnglich, den
Bug eines fo zahlreichen Heeres nothwendig zu mas.
hen. Folglich zogen fih die Kafaner gegen die An- _
Funft desfelben aus allen Orten ‚wieder zufammen,
und fielen die mit ihren . Pferden von den Befchwer-
den eines fü langen Weges im rauhem Winter und
tiefem Schnee ganz ermüdeten Ruffen, da fie hin⸗
gegen mit Schlittſchuhen verfehen waren, an, und .
toͤdteten einige tanfend von ihnen *), |
Hingegen genoß er noch kurz vor feinem Tode Rußland bat
das Vergnägen, daß ein großer Zheil des gang En- h un Eibir
sopa an Größe uͤbertreffenden Sibiriens feinem Reis rien einen
be unterwürfig gemacht ward. Das vornehmfte.grofen Zu:
Werkzeug dem er diefe. Eroberung verdaukte, war —5— u“
Jermak (Hermolans) Timofeew, Attaman
oder Haupt eines Haufens von 7000 bonifchen Ko⸗
ſaken, einer Urt Leute,’ die von ihrem Wohufige am.
Zluffe Don und ihrer Lebensart diefe Benennung
führen, indem fie deu Krieg oder eigentlich das 5%.
len einer guten Beute, wo und auf welche Weife
fie nur folhe erlangen Eonuten, für ein rechtmaͤßi⸗
ges, ja das beſte Ermwerbsmittel anfaben, und in
dieſer Abſicht bald als leichtbewaffnete Kriegsvoͤlker
Diefem Czar⸗für Sold in feinen. Kriegen wider aus»
waͤrtige Feinde dienten, bald. die Reiſegeſellſchaften
oder Karavanen, die mit Koufmanndwgaren: aus
der Bucharey und Perfien nah Rußland reifeten,
oder and Rußland in die genannten Länder gingen,
anfielen, alle Beenden an der Wolga and der kas⸗
”) CAytraus p. 19P,- 191.
256 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
pifhen See durchfreiften, die Schifffahrt fo wohl
auf der Wolga als der Faspifchen See unfiher mad:
sen, ja felbft an den Seſchenken ſich vergriffen, wel⸗
&e der Ezar durch feine Sefandifchaften au den Kb:
nig von Perfien ſchickte. Dieſe ihre unaufbörlichen
Käubereyen nötbigten den Ejar, am ıflen Dectober
im Sabre 1577 den Stolnit Iwan Muraſchkin mit
einer ſtarken Macht zu Waffer und zu Lande wider.
fie auszufenden *). Diefem glüdte fein Auftrag
nah dem Wunſche feines Ezars, indem er alle diefe
| Räuber theils tödtete, theils zerſtreuete. Jermak
aber, welcher nicht nur den Nahmen eines großen,
fondern auch eines tugendhaften Mannes verdient
haben würde, wenn er nicht unter: einemrohen Bol-
fe, und welches, nad Art aller ungebildeten Fleinen
Geſellſchaften von Menfchen, das ganze übrige menſch⸗
liche Sefchlecht für lauter Feinde hielte, bie man
ohne Berlegung einiger Pflicht berauben und toͤd⸗
sen Pönne, geboren und anfgewadhfen wäre, ver
nahm kaum, daß eine ruſſiſche Kriegsmacht, wel
her zu widerſtehen, die Staͤrke der Koſaken gicht
hinreichte, im Anguge wider fie ſey, als er and
ſchon Anſtalt machte, fih mit feinem ganzen Hau⸗
fen wider die Gewatt, die das ruffifche Heer wider
ihn anwenden kounte, in Sicherheit gu bringen, und
om 28ſten Auguft mie 6000 Mann die Flucht längs
‚der Kama aftrat, und zu Orelgorodok, einem im
Sabre ı 564 von den Stroganows an diefem Zinffe
erbaueten Städtchen, mit ihnen glüdlih anlangte.
Diefer Ort war gegeuwaͤrlig der Hanptfiß des firo-
ganowiſchen Haufes, deffen vorige Befigungen de
Eyar im Jahre 1568 durch Die Gegend um den
Zſchuſſowaia, und im Sabre 1574 durch die Gegend
| des
*) Saal. zuß, Geld. Th. IV. G. 383,384 394-396
des ruſſiſchen Reiches. 23
bes Eeobol in Sibirien erweitert hatte. Mari
Seroganben, Auikas Gukect von deſſen zwrytem Sohtn
Jacob, wohnte num: gi: Dr, welchroücheils aus
Menſcheuliebe, und :weil: ers als ein‘ ſehre beguter⸗
ter: Mau: thun Bunte, theils weil. Jermak ao
ſtacke genag war, fols:Mojim feimii. frekndkbaftr
Then Goſuchen hide: Statt gegeben; dieſe Unwill⸗
faͤhrigtenn durch Moͤrd / Naub unb Brandezu ahn⸗
den ; 96 mie aller ſeider Mannſchaft anfaahen, uud
urit BAR Werhbürftigen Uaterhalte deepflugte."den.fie
Dos nicht ganz unten serlaagien, Yoneru- durch
frevwilige: Neberuahne der beſchworlichſten Taadarr
beiten, die ihnen, als lauter geſunden nad ſtarken
Deännelh: wicht fauer aAnkamen abverdirutenHiet
vrbielten’ fie ſolche Nachrichten von dam beuachbar⸗
barten Sibirien, Die ihnen Begierde einfiößtin)diefes
Band zu einer Fundgrube zu waͤhlen, aud welcher Me
nach ihrer alten Lebensart:uiit dewaffneter Hand ſich
auſchuliche Beute Holen mwoRten. "Dir Alteſten Ra
richten von der’ Geſchichte dies Raudam, die auch
mur anf muͤndlichen Ueberlirfetangen drt Eingebor⸗
nen berühen, de an! erſt danıt, As Sibtrien
fcon der ruffiſchen Heerſchaft iervicig gemacht
wer; die Schriften verfaßt bat, ſteigen nicht höher
lg: Ya die Seiten’ des berihmten tartariſch en Ero⸗
"Derers Tſchengis⸗ Khau hbinauf, als welcher einem
8gewiſſen Talbuga, Der nah einigen jan Sobn Wie
wipfe, "aus der Horde -Kafarfhia Hier der thirgiſt
we Koſaken, deren Wohnfihe nach Wirfdiedenheit
der "Feten an: vrrſthitdenen · Orten, aud welt jur
He Sſchengis aut Eibirien water, hach andern
Hingegen der Soha eine⸗ rariariſs v Rhaus
Di wär, der "wi: Aufſe Iſcim vachek dh den
Fetiſch faͤnr, Tee: Homptſib Harte? Ay: in dem
Rind mit Te An Efcheg Bukibn, Arehi Li
Befib. Nusl.⸗. Bank
—
a58 Dritter Abſchtitt. Geſchichte
einbäßte, die Herrſchaft daruͤber, doch als einem ven
Ihm abhaͤugenden Regenten; ertheilte. Dieſer Tal,
duga waͤhlio ſech die Gegend, we der Beh Tuͤmen⸗
Fu in Die. Tura faͤlß, und welche Tuͤmen beißt, zu
feinem. Hoſſager, welchem er. gun Ehre feines Wohl⸗
thaͤters den Nehmen. Aſchenedin, woreus nachher
Tſcheugitara entſtand, beplepte.:. ‚Einer ven den Kb:
koͤmuilingen: bie®t: Taibiga, Machmet, wählte für
Tſchengid in gu mahrerer Sicherheit wider die Kaſa⸗
ner, welche neck Uebersyiahung und. Ermordung ſei⸗
. 200 Qroſaters Mar Sch deſſen Reichs bemaͤch ti⸗
get harten; deſſen .fig durch; diafen Machmet weicher
zutfegt worden waren, ine Hoͤhe am Ößlichen har
den. Ufern: des Irriſch zum „Hauntfige ſeiner Regie
zung, welcher Ont eben der if, der ugter dem Nah⸗
wusen :hihle ; den man von ihm dem ganzen Lande
Veplegte, brkannt geworben. iſt, welcher aber nigt
eder Bahia, den er unter deu. Tartarn führte, ‚fon-
dern von ‘den: Permiern oder Sirjaͤnen ihm gege⸗
ben warden ‘za Senn ſcheint. Die, Etzkel dieſes Maqh⸗
wet, Jediger und Begbplat, baſaßen in brüberliger
Ginigfoit die Herrſchaft über: das von ihren Vor⸗
-fahren auf ſie ererbte Reich, als Kutſchun, ‚der.mitt
Aere Sohndes damahls über die große: Vycharey
berrſcheuden Kbans Murtefa,- fie.mie Srieg; über
ges, und, madheunfie im biefem Kriege umgekom⸗
men Warner entweder des ‚sangen von.: diefen
Soden Beüdern hefeffenen, Reit, pder dach Aines
‚großen, Ähehlee deg ſelben bemaͤhtigte. Oenn, es jſt yuge
wiß, ob alletz das Land, dag man nun. undet. demt Nabe
men. Sibirieg begreift, den Aepdep Bruͤdern gehoͤrt,
und ob alles, mas. fie als Dbmbemen-cıfonnte,nad
Ä rem Fode, Kutfhumen ugtgemfzfig. geworden ſey.
Diefer, Exaberer, mar in Map omedangg,.. and
f ei # —— feiner. „Pialigion „ daß @
ar zz ER BE
Tartabey in der Abſicht in dieß Land giugen, weil
*
N
“
s
[4
wandeh wollte. In dirſem Stuͤcke aber traf ei
>: des ruffffchen Meiches, 259
alle feiüt neiren Unteirhänen in Mabömedaner ver- - -:
Bey ihnen, die ſchon in Vörgangenen Zeiten verſchi
dene Mahomedauer getoͤdtet hatten die nis“ dee
ſie hofften, daß die Bemeinfchaft der ‚Herkunft und
Ber Sprach? die Einwohner: geneigt machen werde‘,
die Religion, zuwelcher fie fih nun befannten-; non
r .
ihaen anjunchmen, fo großen Widerſtand An daß
er ben feinem Vater um eine Verftärkung an Manns ".
ſchaft anſuchte, obſchon er glaubte, daß ſie ſeinen
Befehlen hierin eben ſo ſchleunigen und’ willigen Ge} .
horſam leiſten würden, mir welchem fie alle ſeid
ne anderen. neuen Elnrichtungen, fogar eine ihnen
auferlegte Schatzung, befolgten. * En e
> Diefe Tandte Int ſolche unter Anfährung feines,
aͤlteſten Sohnes Achmet⸗Kerat, der Darauf ben feinem
jüngeren Bruder verblich und fine zemeinſchaftli⸗
be Regierung mit demſelben über deſſen erobertes
Reich Sibirien führte, Bis er durch Meuchelmoͤr⸗
. der, weile fein Schwiegetoater "ein Fürf in ‚der
ten, gar mit Verkuft ihres Lebens beſtraft wurden,
fe blieben doc felbfl in der Näpe des’ Ehanifchen
Hoflagers vielf bey’ ihrer alten Religion, üny” in,
eine erwaß weite Catfetnüng von“ Bemfelben „_ gr=
frectte ih Dietes Dirt" der Keligionsänderung, wat,
68° an Ainfomiebantfiben Beiftihen fehlte, daß die
vorhamdenen alle in der Nahe Beſchaͤftigung genug,
autrafen, gar hide. FE Er Baar
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1575
%
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260 ° Dritter Abſchnitt. Geſchichte
In diefem Zuſtande befand ſich des Reich Sibe⸗
rien, als Jermal im Sommer 1578 ſeinen erſten
Kriegazug dahin antrat, auf welchem cs aber, weil
er weder feld genugfame Kundſchaft des Laudes,
noch erfahrene Wegweifer hatte, ‚ale “er kaum eine
Zagreife anf dem Tſchuſſowaia Hefahren war, ſtatt
daß er auf dieſem Fluſſe hätte verbleiben follen, am
26. September zur Rechten in deg Splwa einfhlug,
uud, da er dieſen unsechten Weg immer fortfegte,
Feine bewohnten Orte erreichte, fondern durch Her»
ennohung des Winters ih „gegwungen fahe, au der
Stelle, wo er damahls war, ein Winserlager au⸗
zulegen, des den Nahmen Jermakowo Goredifds
iſche empfing. Aus demfelhen.fhidte er eine Par
sep von 300 Mann aus, die wogulifhe Wohnfige
autraf, aus welchen fie fo reiche Beute mitbrachte,
dab diefer Vorfall fie und alle ihre Mitgenoffen in
dem Borfage befiärkts,. ihre Unfernehmung ungeachtet
aller der großen Schwierigkeiten, die ſie bey Ausfuͤh⸗
zung derſelben ſchon angetroffen harten und ferner au⸗
treffen. möchten, nicht aufgugeben. Damis aber Zermal
nichts verabfäumen möchte, was er als Mittel, ſich de
nen glüdlichen Ausgang dieſes Vorhabens zu verſchaf⸗
‚fen auſahe, ließ er in diefem Winterlager ein Berhhaus
erbauen, welches am. 9. Map 1579, als an dem
dem Gedaͤchtniſſe des heiligen Nikolaus gewidmeten
Feſttage eingeweihet, und mit dem Rahmen dieſes
Heiligen befegt wurde, trug für ordentliche Abware
tung des Gottesdieuſtes, dem drey Prieſter und ein
Mönch, der fein Kloſter verlaffen hatte, vorflanden,
die boͤchſte Sorgfalt, und. beſtrafte nicht uur alle
Kriegäverbreihen, als Ungehorfom gegen feine Bes
felöhgber, und das Ansreißen, fondern au die Hure
rey und alle audere Unfenfchheit, indem bie, die üb
feigergefal vergingen, in mit Saud augefuͤllten
4
des euffifchen Reiches. abı
Kleibungen auf einige Zeit ins: Waffer geſtellet, und
Deep Tage in ſchweren Ketten gefeffelt gehalten wur⸗
Deu. Weil aber, ohne fi mie mehrerern. Lebende
und Kriegsbrdürfniffen.verforge gu. haben, dicht fort»
zukommen war; fo entſchloß ſich Jermak mit aller
feiner Mannſchaft, die ohne die Leute, weldge Dat
Bisherige Winterlager zu ihrem befläudigen Bohn»
fipe wählten; noch aus ‘s000 Mann beſtand, zu
Stroganow zurk zu gehen, und entweder in Güte
oder darch Zwangsmittel von bemfelben zu erlangen,
Daß er fie mitden gu Ihrem Vorhaben anentbehrlichen
Erforderniſſen verfehe.
Stroganow Thüste in der Zhat Anfangs vor,
DE es fein Vermögen überfleige, eine: fo große Men⸗
ge Meuſchen zu einer weiten Reife und noch dazu fo
wreichlich, als fie nah Ihrem Anſchlage verforgt ſeyn
- wollten, mit Lebens und Ariegsvorrathe Auszurüften,
Als fe aber droheten, falls er ihnen nicht willfahre,
ibn und fein ganzes Hans ouszurotten, und aller
‚Teiner Habe fi zu bemaͤchtigen; ſo kam es zu einem,
Bergleihe, vermoͤge welchen Stroganow ihnen Krieger"
md Lebensmittel In dem Maße, als fie fi bier:
über vereinigten‘, und bieranter drey Kanonen, alle '
Arten von Zeldurufit nad -für . jede hundert, Nenn
eine mit einem heiligen Bilde bemahlte Fahne, wie
anch gute Wegweifer, lieferte, fie hingegen ihm eine
Vertreibung guflellsen ‚daß fie, wenn fie mit ver
cher Beute zuruͤck kͤmen, ihn. fir allen ihrentwegen
sehadten Aufwand ſchadlos halten wollten. |
So fhieden He am 12. Junius als Leute, die
vollflommen mit ihm verguügt waren, von ibm,
indem. fie iusgeſammt nochmahls beym Weggehen
Hm mundlich verſprachen, daß; wem ihnen, wie
fie zuverſichtlich hofften, Gott gluͤcklich und mit reis
cher Beute zurüd helfe, fie ihm wicht nur den Werth
)
282 Dritter AbſchnittGeſchichte
altes deffen, mas fie von Ihm empfangen hatten,
erſtatten, fondern auch über dirß: ſich dankbar erwei⸗
fen , wru fie aber ungluͤcklich fepn- und umkommen
follten ‚feige Bitte im ewigen Lehen erkennen muͤr⸗
den. Go:fing nun Zermaf feinen Zug nach Sibi⸗
sien nicht nach der Art eines. Hanptes von einem zahl⸗
seichen Haufen Ruͤuber, ſondern ols der Frldherr
wines Heeres an, das, ob céſchon klein war, doch
aus lauter zu den wichtigſten: Unternehmungen ſowohl
geſchickten und feſt eutſchloſſenos, als mit deu noth⸗
wendigen Erfordernifſen verſehenes, und an eine gu
se Ordnung und genaue Maan cuucht gewoͤhuten Krie
gern beſtaud. ur
Wirklich traf er. an Lo ishem. Soritte, auf
velchem er von einem Fluſſe in den andern peeiter
durch lauter Wuͤßeneyen untt anmegſame Gegenden
vorwärts -fam:, mo als fehr ſparfam gerfiremerg
Wohnfitze angetroffen wurden; Die aus axmſeliges
Hütten oder Gezelten befiandem , deren Bewahuer
. durch die feindlide Behandlung von den erſten, die
dieſen nenen Gaͤſten vorkamen gor bald die Bohr
ihrer Anfunfe erfuhren, und ſich ſo zahlreich, als
es ihnen moͤglich war ‚an. vortbeilheften Orten zu⸗
ſammenzegen, um nah allem. ihren Kräften dahin zu
trachten, wis Be biefe-unangenshuen Säfte entweder
- 'gur Raͤumung ihres Landes bewegen oder indgefamm
‚anfreiben, moͤchten, faſt auuberſteigliche Hinderniffe
an, bie er doch alle Mahl bald: Hark Muth, bald durch
feine Klugheit in Erfinnung‘fofher Mittel, die, ber
fonders da er ein Mann - war, der gar. keine Sde
‚ genbeit gehabt, feine natürlichen Faͤhigkeiren durch
den. Unserricht von geſchickten: Maͤnnern oder eigene
Erfahrungen auszubilden ,. bloß durch angefrengir
Berißeöträfte uͤberwand, ſo: daß biefe Kriegsuuter⸗
des ruſſiſchen Reiches. - 63
nehmung wenigen non dinen. , die in den. "Sen
ſchichtsbͤchern ‚einen hochberühmten Nahmen serwore
Den haben, naibgeſezt zu werben: verdient. Obwohl
Dies Jermaken den Sieg uͤber meit zahlreichere Heere
Der Völker, wider die fein Bug gerichtet. wor ,. Sehr,
erleichterte, daß ihnen das Schießgewehr völlig ua⸗
bekanunt war, indem bloß der. Knall des Puls
ihnen ein :foles Schrecken einjagte, daß fie, fo
baldeſie denſelben hoͤrten, flͤchtig wurden. Schon
zn eiſten Winterlager, weiches er 1579 bezeg, hatte
er Hou den 5000 Mann, mit welchen er zulegt.
Setroganownnga verließ, nur. 9000; und als cr am.
1. Maß1480 aus. Hefe. Winterlager aufbrach,
vont dieſen gooo nur. noch 1036 uͤbrig. Nun .ges
langie er am 1. Augufl-nad Tuͤmen, und beimdche
tigite ſih dieſes Ortes ohne Widerſtand, worauf er
Kid nach den ausgeſtandenen Rüpfelljfeiren ; weil
die Umgebang fehr angenehm iſt, und von Tartarn
bewohne war, die ſtarken Ackerban und Viehzucht
trieben zu erhobfen Gelegenhrit hatte, Jetzt begaun
er Pie ah: mehr. als win Ruuber, der. bloß
zu feiner’ Vereicherung Leute anfaͤllt uhd gan) aus⸗
pländirt;:föndern als ein Eroberer zu bandeln, iz⸗
dem ed den Parteyen, wellbeiek gus feinem jetzt ge⸗
waͤhltru Winterläzer ausſchite, den Befẽbl er⸗
tcheflie; allrathalben wohin fie kamen, deu Lenten
freundſuftia su begrünen, und ſich ihre gine Nei⸗
gung badurch zu erwerben, daß fie, wenn fie. thaen
nach einer billigen Shäsing: des Vermögens, weis -
ches fie beſaßen, Lebensihitteh: und Pelzwerke -ablien
ferten, ſie im ruhigen Beſihe alles Uebrigen laſſen,
und Ihnen die Verſicherung ertheilen follsen, daß,
- falls fie ih In ihren Wohnungen ruhig hielten, und _
die ihren auferlegten billigen Abgaben abtragen nr
den, fid aiht die seringfle Bränfung » von ibn und
3508.
265 _ Dritter Abſchnitt. Ghefchichte
den Sıulgen befſirchten dürften: :@ihe dieſer Mar⸗
teen traf bey einem Zarıdan. bder Lehensnaun Rute
fhums, einen Beamten des Khans, Rahmens Kutu⸗
gai, welder von ben Unterthauen des Tardans die
gewöhnliche Schagung einforderte, nad feinem Herrn
überbringen ſollte. Diefen führten fie an den uf
. enthalt ihres. Hauptes, welbes ihm mit allen Hoch
ach tungs zeich en begeanete, fünf feiner been Schuͤtzen
aus: Kugelbuchſen in feiner "Gegenwart warb einem
Ziele fchießen ließ, ſich um die feinen Khan , deſſen
Baus; und das: Land, welches derfelbe ‚beheirfchte,
angehenden Umſtaͤnde bey ihm erkundigte, und mit
dem Yuftsage an den Khan, daß er Willens gewe⸗
: fen, deisfelben als einen Breund feine Aufwertung: zu
machen, weil ihn. aber bie zu ſthuelle Herankruft
des Winters. vor Beendigung Diefer Reife übereilet,
Eünftinen Fruͤhling nach Rußland zuruͤckgehen werde,
sad mit vielen Geſchenken und Grüßen an ben Khan,
deffeu Gemahlinnen, Pringen und vornehmſte Mur⸗
fen an deſſen Hof aucuüdeiſen ließ.
Jermak hegte bey allem dieſem die Wr,
Rurfhumen- dabin zu verleiten ‚daß derſelbe nichts
Feindliches von ihm befuͤrchten, und folglich alle
Vorkehrungen, ſich ihm zu widerſetzen, unterlaſſen
ſollte, damit er unverſehens von ihm überfallen und
überwältigt werben möchte, Allein Kutſchum trauete
den Berficherungen nicht, die er ihm fewohl von
ſeiner Freundſchaft als Zuruͤckzehung neh. Rußland
mielden ließ, ſondern vielncehr jagte ihm alles,
was ihm Kutugai von dieſen Fremdlingen erzaͤhlte,
haupifaͤchlich, daß er fuͤnf von ihnen mit unſicht⸗
bares Pfeilen ſchießen geſehen, ein ſo gewaltiges
Schrecken ein, daß er in alle Gegenden feiner Herr⸗
ſchaft feinen Unterthanen Befehle gufaudte, daß fie
nad aller Möglichkeit ſowohl die gelegenen Drie
des ruflifchen. Reiches =
in den Flüffen und auf dem Lande beftens bewah⸗
zen aud verſperren, als aud au denfelben, um die
fen Sremdlingen das weitere Forikommen zu dere
wehren, zuſammen ziehen ſollten. Ex befragte auch ſei⸗
ne Wahrſager über dieſe Augelegenheit, die ihn durch
ihre Antwort in den Gedanken, die er ſich ſelbſt
von dieſer Sache gemacht hatte, befehigten ; indem
fie fagten, daB dem Lande von Jermak ein großes
Unglüd bevorſtehe.
Alg die Kofafen am 9. May 2 581 aus ihrem
bisherigen Winterlager Tuͤmen auf die Tura fi
einfhifften, mußten fie., bis fie die Mündung. des
Zamda erreichten, drey heftige Angriffe aus ſtehen
Deren jeder einige Tage fort dquerte, che es ihnen
gelang, ihre Zeinde zur Ergreifung der Flucht zu
noͤthigen.
Da nun Sermal gegenwärtigfaum. 1006 Mann
zu Helfern feiner Untergehmungen beſaß, und feige |
Eeute von ihren aus Pezmien mitgenommenen Weg»
weifern erfuhren, daß, wenn man diefen Fluß aufs
waͤrts gehe, über das jugorifche Gebirge ein ge⸗
woͤhnlicher Weg nah Rußland ſey; fo überlegten
fie acht Tage lang, ob fie durch diefen Wes nach
Rußland zuruͤckgehey, oder tiefer in Sibirien ein»
‚ dringen follten. Doc die Mehrheit der Stimmen
genehmigte das legtere, und darauf trat man am 8.
Suliüs die Fabrt nah der Hauptſtadt Sibir an,
war aber. gar nicht weit darauf gekominen, als fidh
(don am 16. Julius der Prinz Memerkul, ein wahrer
Anverwandier Kutſchums, mit einem fo großen
Schwarme Zastarn zeigte, daß das Treffen fünf
Tage dauerte ; und die Menge der Erſchlagenen den
Zeinden inderlich fiel, daß he uͤber dieſelben mit
ihren Pferden nit fortkommen konnten, Nachdem
dieſer am 21. endlich gewichen war, traf gerne
1581.
268 | Dritter Abſchnitt. Geſchichte
am 26. Aulins bey der Muͤndung bes Turba wieder
eilt’ großes feindliche® Heer, das aber im Gefechte
wett weniger Stand hielt. Hierauf bemog ihm die
Nachricht, daB im Wohnfige eines vornehmen Tars
tars, Karatſcha, nicht nur viele Lebensmittel, fon-
dern auch große Reichthümer fegen, feinen Weg'pes
en diefen Ort su wenden, deffen er ih am 1.
Auguſt gluͤcklich Beindiftigte , wofelbft ‘er einen
ungeheueren Schaß an Bold, Silber, Perlen und
Edelſteinen darin traf, unb andh vieles Getreide,
Bteh und Honig vorfand, weiches''hles ihm und
feinen Leuten vortrefflih zu Nuge kam, und fie
zu fernerer Ausführung ihres Borfages, Kutfhums
Hauptſtadt In ihre Gewalt zu bringen, aufs ſtaͤrk⸗
fie, autrieb.
Doch befand Jermak gut, dieſe wihtige Hüter
nehmung nicht eher anzutreten, bis er fich hier durch
ein’ vierfigtägiges ‚ofen den görtliden Bepſtand
dazu erbethen Härte. Folglich ſchiffte er ſich erſt am
14. September mit feiner noch habenden Mann⸗
ſchaft,“ bie vermuthlich aus 545 Koſaken beſtaud,
. von dieſem Orte auf feine Fahrzeuge ein, hatte aber
wegen der ihm an der Ründung - des Tobol auflauern⸗
deu Tartarn viele Mühe, bis er den Irtiſch erreichte,
au deffen Ufer er bey dem Wohnfige eines Murfen,
Ai, landete , welchen Ort er in der Abſicht ein⸗
nahm, daß er ihm vorjetzt zum Standlager dienen
follte. Doch da nun dieſe Koſaken das Biel ſchon
por Augen liegen ſahen, weßmwegen fie alle ihre bis»
ber ausgeflgndenen Beſchwerden und Arbeiten über
uömmen hatten; fo erregte die Betrachtung, daß ihre
Zabl ſchon auf ein Zehntheil der Manufhaft ger
ſchmolzen fey, mit "weichem fie diefen Zug antra«
sen, und dag fie mit dieſen Zehntheile ihrer vor
B
gt
des ruſſiſchen Reiches. 267
mabligen Macht noch eine Gefahr, welche alle bisher
mit fo graßen Schwierigkeiten und Verluſte ihrer
Rriegsaefährten uͤberſtiegene übertraf, überwinden
müßten, indam naͤhmlich der Beherrfcher von Sibirien
ſelbſt alle feine Kriegsmacht zur Bedrddung feiner -
Hanpifiadt ver ſammelt und über dieß alle Zugänge zu
derfelben nad ‚den beſten Einſichten, die er. beſaß,
verwahss hatte, bey ſehr vielen sin Verlangen, Ratt
ihr Vorhaben forszufegen, unverzuͤglich den Wes
nah Rußland. anzutreten.
Allein Jermak führte ihnen hingegen zu Ge⸗
—* es würde die aͤnßerſte Zaghaftigkeit ſeyn,
und ihrer aller. nufehlbares Verderben bewirken,
wenn man, nachdem man (dom fo viele Hinder«
niffe, wele die Natur ſelbſt ihnen in den Weg
gelegt ,. aͤharſtanden, unter unauthözlichen Gefechten
mit zahlreicher; feindlichen, Hoeren fo weit gekom⸗
men ſep/ daß man nur noch eine Schlacht zu liefern. har
Be, um durch Groberuug eines weitläuftigen Rei⸗
ches dem Baserlande einen ‚ewig rähmlihen Dienft
zu erweifep, man auf:eine Rucht Denfen wolle, auf
welder fie alle, ehe fie die zuflifhe Brenge erreihen
Könnten, von Hunger, Froſt und andern Belchwera
lichkeiten durch einen ſchaͤndlichen, Iaugfamen und.
peinlichen Apd umkommen müßten, da, mens fie
auf ihrem Vorhaben behastten, nur dasfelbe aufs
übelie angfiele, es ihuen ſywobl ruüͤhmlicher als
geträglicher: ſehn würde, im ©treite wider die, Un⸗
släubigen zu: follen, und Daafeihen. ihren Tod bene,
au erfaufen. .
‚Das biefe. Ermohnung: Sermals und ne⸗
Zureden derer, die in dieſer Augelegenheit ſo wie
derfelpe dachte, ließen ſich alle Andersgefinuten um.
leuten, und es word ein rinmüthiger Schluß ab-
arfaßt, ale Gedasken der Ruͤgkehr fahren zu laſſen,
/
268 Dritter Abfchnitt. Geſchicht
und licher mit eben der Herzhaftigkeit, wie bis⸗
Ber gefheben, feinen Feind meiter bin aufzuſuchen
Nach diefer Entfchließung brach Jermak von dieſem
Orte auf, md" vegegnete am ı. October dem Haupts
Deere, mit welchem Rusfchum ihn in feinem Stand⸗
‚lager angreifen wollte, Beil aber Kutſchum «aber
feiner Menge noch den Bortheildes Dries, wo dieß
Gefecht vorging, befaß; fd ward für die Mahl
nichts eutſcheiden, fondern da beyde heile faben,
Daß Feiner gegen den andern etwas ausrichten
Fonnte, ging Jermak in fein Standlager zurück,
und Kutſchum getrauete fih nicht, ihn zu verfol⸗
sen, weil er hierdurch den Vortheil, den ihm der
. gegenwärtige Ort gab, verloren ‚haben würde. Aber
Ser Mangel an- Lebensmitteln noͤthigte die Koſaken,
baſd nach diefer nichtseutſcheidenden Schlacht aufs nene
ihren Seind aufzufuden, und nun kam ed am 23.
Oetober, wie es fiheint‘) an’ der Skelle der vorigen
Schlacht zu einem Hanpttreffen, im welchem die Koſa⸗
Ben. einm fo volllommenen Sieg erfochten, daß ihnen
kanm Kufbum' und Mamettal entkamen, und die
Stadt Sihir erreiäten. - Ja au in dieſer Bieten
fie ſich nicht wicht ‘Acer, fondern raͤumten Diefelbe
gar bald, worauf Termat am 26. oßne Wiberſtand
in dieſelde riüzog, und den Entſchluß faßte; vor jetzt
" Darin feine Wohnung: aufgufhlagen. Man berichtet,
Daß Kutſchum in diefer legten Schlacht zwey Kano⸗
nen auf der Landede Zfſchuwaſch pflanzen ließ, die
den Koſalen nicht den mindeſten Schaden jugefügt,
und von ihm bep feiner Verlaſſung der Stadt in den
Irtiſch verſenkt fworden waͤren. Da aber fouſt weder
grobes noch kleines Schießgewehr unter feinen Leuten
befindlich, ſondern vichnehr ihm und allen den Sei⸗
nigen, wie aus dem Siäreden erhelle, das ihm ber
Bericht utugais von dem, was derſelbe bey
: des ruſſiſchen Reiches. 269
Jermak ſahe, einjagte, voͤllig unbekaunt war; fo
kann man, wenn dieſe Begebenheit von den Kano⸗
nen ihre Richtigkeit haben follte, nicht anders den⸗
Tan, als daß er dieſelben enswader von einigen
zum kalauiſchen Reiche gehorigen Tartarn, die ſolche
von den Ruſſen erbeutet (denn man trifft Spuren
ou, daß er mis einigen kaſaniſchen Murfen Gemein
ſchaft unterhalten), ober durch degend einen andern
Weg erhalten, von ihrem Gebrauche aber nicht ben
mindeſten Ungerricht befefien babe, aus welcher Uns
ſache es ibm aud.unmöglic fiel, den Koſaken damit
. einigen Schaben zuzufuͤgen, wiewohl man aus Liebe
zum IWunderbaren ihre Unfhäbligfeit nicht dieſer
ganz natürlichen Urſache, fondern einer veirsehuns
der Koſaken zuſchrieb. |
Wenige Tage nad dem Eingnge in Sibir
ſchmeckte Jermak ſchon die Erßlinge der Fruͤchte von
feinem Siege. über Kutſchum, indem ang verſchie⸗
denen Gegenden die Bewohner gu ihm famen, uud
dur Ueberbringung von Lebensmitteln und Pelz⸗
werfen, wie auch Leiſtung des Huldigungseides au
feinen Czar, den er jedem (denn man wird fih erin«
nern, daß ein geringer Theil der Sibirier Maho⸗
medaner, der größte Ueberreſt aber Heiden waren)
nach feinen Gebraͤuchen auferlsgte, fh feiner Sun
zu verfihern trachteten, denen immer mehrere nach⸗
folgten. Nun hielt endlich Jermak ſowohl noͤthig
als nüglih , einen Abgeordneten, Iwan Kolzow,
wit 50 Kofalen und der von den Umsershanen , die
fhon dur ihm; der Herrſchaft feines Herrn unter⸗
wuͤrfig gemacht waren, bereits empfangenen Schagung
nehfl: einem Beriht an den Car nad Moskau, air
—8 meil.er ann nis zweifeln durfte, dei;
da er das Werkzeng geworden, durch welches fin
Herr. zum Defige eines fa weitlaͤuftigen Sande; ge |
270 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
langte, er nit nur’ mil allen feinen Mitgenoffen
eine völlige Vergebung ‚aller, ihrer in ihrem alten
Baterlande am Don begangenen Verbrechen, fon»
dern auch nebſt ihnen insgeſammt Merkmobi⸗ einer
beſoudern Snabde ſeines Czars erhalten werde.
Die Aakunft der Abgeordneten Jermaks ers
freute den Czar um deſto hoͤher, welt derfelbe Purz
zuvor don feinem. Befeblshaber zu Dſcherdin die erſte
Nachricht von Jermaks Unternehmung auf Sibirien
erhalten hatte, welche man ihm aber ganz kfalſch
borſtellttre naͤhmlich, als wenn die Stroganows
dieſe Koſaken freywillig nit allen Erforderniſſen da⸗
zu verſehen, die Koſaken aber dierbey fo wenig eini⸗
gen Nutzen für das Reich ihres Herru geſucht und
no! minder demſelben geſchafft Hätten, daB fie
durch ihre Ranbfucht fowohl Wogulen, die ſchatz⸗
pflichtige Unterthanen des Czars wären, zur Smpoͤ⸗
rung und zu feindlichen Aufaͤllen der rufftſchen Wohn⸗
fitze in Permien, als and den maͤchtigen Khan von
. Sibirien zur Ueberziehung ber benadhbarten roffl-
Then Befipungen anfgereigt hätten. Auf einen fols
chen Bericht erfolgte am 16. November 1582 ein
fehr ſcharfer Brief dia Ezars an die Gtroganems,
daß fie dergleichen Raubgefiude nicht unt aufgenom⸗
men, ſondern ſogar zu ſolchen Unternehmungen, aus
welchen dem Reiche großer Schaden erwwachſen Fönn-
te, Ausgeräfter hätten, wofür fie, falls daraus Un»
wi .entftinde, gebührend Geflrafer- werden ſollten,
womit ein Befehl verfahpfe wurde, daB fie die Ko
faken ans Siberien zurückziehen und anhalten follten,
die Grenzen zu vertheibigen,. wicht aber durch ihre
Berwegendeit und Raubbegierde dem Reiche mehrere
Sände. auf den Hals zu : ziehe. Wie aber Bald
nach Ausfertigung dieſes ⸗Swhreibens Jermaks Ab⸗
geerdarte den Cjar won eihtr gang eitgegenfchenden
—
"des rufſiſchen Reiches. 271.
wahren Befhoffenseht der fbirifhen Sache untgs
richteten: fo Rellte ex über die angenehme Nahridtia
der Hauptlishe zu Moskau ein Dankfeſt an, hefä«
ſtigte die ‚Hanze Geſellſchaft Koſaken, die ihn ſolche
uͤberhrachten, waͤhrend der gangen Zeit ihtes Aufente
haltes in Moskau, und ſchickte ſie an ihr Haupt mit
Bedenken, ſowohl fuͤr Jermak, ‚die. aus zwey koſi⸗
baren Harniſchen, einem filbernen Trinkgeſchitre,
einem Pelze, den ‚der Ezar. ſelbſi getragen hatte, und,
einem Stüd Laden befianden, als für alle defien
Mitgenoſſen; wovon jeder Mann. Geld uud ein Std .-
. Laden. anpflag,,, and einem’ fehr gnddigen Schtel⸗
ben zurüd, worin er. fie nich nur der völligen Ver⸗
zeihung aller äbrer: Verbrechen verſicherte, fpnbern
aud ihre dem Reiche. erwiefenen Dienfte bob ruͤhmie,
und. mit vorzuͤglichen Gnadenbezeigungen zu. vgtgel⸗
ten. verſprach. Wahrſcheinlich begleiteten dieſe Koſa⸗ |
den, als fie gu ihren Brüdern zurücgingen, eine
Menge Leute, die an dem Gewinne, det nad. Ihrer
Berhreidungin dem sen eroberten Lande zu machen
mar, Theil nehmen wollten, und vergrößerte. ‚die
Macht der. Eroberer. Die erſte Verfidrkung aber,
welche fie numittelbar vom - -Ejas - empfingen ,. war
vermuthlich ‚dig, mit melher auf. deſſen Befehl der
Zuͤrſt Simeon Diinitriewitſch Bolchowekoi, den er
⸗
um, Woywoden oder Statthalter dieſer neuen Erober .
zung ermwäßlte, om 10. Map. 1583 von Moskau
zu Woffer „abgeifle ,. welder. 500 Rriegsleute nah
Sibirien führte, und feine Fahrt ſe ſebr beſchleu⸗
nigte, daß er ſchon am. 2. November. desſelben
Jabres in ‚der Stadt Sibir enlengte. Gleich bep
feine ‚Ankunft genoß derfelbe das Vergnügen, zu
feben, daß Jermak nach Abfendung feiner Abge⸗
orbueten an den Cjar defjen Gebietb in dem nenero-
Dertein-2ande, theils werl Immer mehrere Gegeäden
“0m
. 278 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
kb freywillig unterwarfen, theils durch gluͤckiche
Borifegang des Krieges wider Ratichum and’ andere
Sibirier, die noch fo wenig geneig Ewaren, fi der
Serrichaft diefer Anslaͤnder unterthaͤnig zu machen,
daß fie vielmehr noch die Hoffnung hegten, diefelben
mit Gewalt aufzuteiben, ſehr anſehulich erweitert,
und durch eintn cberfau Ah am 20. Robember
1582 der Perſon der, Prinzen Mametiknl, eines Seln-
‚des, der deu Ruſſen viel zu ſchaffen machte, bemaͤch⸗
mans as
’ eiswi
Tod.
tiget hatte *).
Do lag oteleiäht dem Cjar die Vewerkfieli⸗
gung ſeiner engliſchen Heirath weit mehr als der
Zuwachs eines ſo großen Landes gu’ feinem Reiche am
Herzen, weil er nad Horfeps Bericht foger Wahr:
fager und Sanberer jur Wegraͤumung der Hinder⸗
niffe dieſer Heirath gebrauden wollte, ob ihn wohl
eine gleich ſchmerzliche als gefährithe Krankheit,
naͤhmlich das Schwellen feines Körpers, belihete,
daß fein Tod nicht weit entfernt ſeyn kbunte Aber
hiervon wollte er fo wenig wiſſen, daß, als die
Wahrfager ihm denfelben angedeutet, und, um de
io cher ihn von der Wahrheit ihrer Ausſage
zu überführen, ſich anf einen dam ahls erſcheinenden
Kometen beriefen, ja gar den Tag. an welchem der»
felbe ih auch wirklich ereignete, beſtimmt Haben fol
len, er ihnen mit dem Scheiterhaufen drohete, falls
ſie nicht davon zu ſchwatzen aufhörten. Allein jzu⸗
lege ſcheint er doch gedacht zu baben daß es we⸗
nigſtens nicht ſchaden koͤnne wenn er ‘ein Teſtament
machte. Daher ermahnte er 1584’ in einer. großen
Kathsverfammland feinen Sohn Fedor zu ein
. ftommen und weiſen meideserweitung, und aa
„
a 7 Eemni. euf. Bei. 55. vi. «ur
356 165-—169, 174187.
/
2 des ruffifchen Reiches. 273
nete and Bewußtſeyn, daß diefer fein Throufolger
fowohl an Seiftesgaben ſchwach, ald von einer miß⸗
lihen Geſundheit war, daß er nichts in Regie
rungsgeſchaͤften ohne die Fuͤrſten Iwan Fedoro⸗
witſch Schuiskoi und Iwan Fedorowitſch Mſtis⸗
lawskoi, wie auch der Bojaren Nikita Romano-
witſch Jurjew und Bogdan Jacowlewitſch Belskoi,
dem er insbeſondere die Vormundſchaft und Erzie⸗
bung des in der zarteſten Kludheit lebenden Deme⸗
eins. übertrug, vornehmen ſollte. Diefen allen gab
ee die Erinnerung, fie folten fi fein Bepfpiel und
den ſchlechten Ausgang, den zulegt feine vieljährigen
Kriege mit Pohlen und Schweden genommen, jur
WBaritung dienen laffen, daß ſie nach aͤußerſter Moͤg⸗
lichkeit alle Kriege mit chriſtlichen Maͤchten vermei⸗
"den follten, und mit denſelben insgefammt ih einem
beſtaͤndigen Frieden: und gutem Vernehmen zu leben
ſich beſtrebten. Er Demühete ſich auch un, fo viel
gegenwärtig in feinen Kräften land, die Uebel, die
diefe feine Kriege verurſachet hatten, aut zu machen,
indem er allen Unterthanen feines Keiches, damit
fie ih Hon dem erfchöpften Buftande, in welchen fie
durch feine Kriege gerarhen, erhohlen möchten, Auf
sehn Jahre gewiſſe Abgaben erließ, und in Anfehung
der Gefangenen, die er in dieſen Kriegen aus frem»
den Ländern in fein Reich geführt hatte, den Befehl
ertheiltz, daß fie näch ihrem Belieben "in demſelbetn
verbleiben, oder auch weggehen koͤnuten. Nach CEhy⸗
traͤus ließ er ſich vor feinen Tode zum Moͤnche
ſcheren. Aber dieſes ſcheint mit dem, was Horſey
von feinem Tode berichtet, nicht beſtehen zu koͤnnen,
Denn nad deſſen Ausſage ließ er. ſich gegen fein Les
bensende alle Tage auf einem Stuhle in feine Schatz.
kammer tragen, und nahm jwep Lage vor feinem Ad.
ſterben diefen Horſey dahin mit, in deffen Gegenwart er
Geſch. Aufl: ⸗. Band. & |
Dritter Abſchnitt. Geſchichte
ſich mit der ungebeuren Menge feineSchäge, indem fein:
Schatzkammer die Reichthuͤmer aller anderen europäi-
ſchen Faͤrſten Äbertraf, und in Befichtigung der@deifei
ne ergögte, und vou der Befchaffenheit der verſchlede⸗
. nen Arten der Steine fehr ausführlid ſprach. Kur,
vor feinem Zode ließ er fih ein von den Aerzten
ihn vorgefihriebenes Bad bereiten, und. alsdann den
MWahrfagern , welche ihm angedeutet, daß er diefen
Zug fierben würde, durch feinen Bünftling Belt:
koi melden, daß er fie bald für ihr lügenhaftes Ge
ſchwaͤtz werde’ befirafen Tönnen, indem er heute, ol
an dem Tage, den fie zu feinem Tode befimmien,
nicht nur lebe, fondern auch Befferung feiner 96
ſundheit fpüre,, worauf ibm Belskoi die Antwort
von ihnen Überbrachte, daß dieſer Tag noch nice zu
Ende fey. , Gleich nachher ging der Czar ins Bad,
and verbarrte vier Stunden darin. Darauf Ik
. er fi ins Bett, richtete ſich aber bald wieder auf,
and ließ ein Schachbret bringen, auf welchem er
mit feiner Hand die Steine zurecht fegte, und In für
ner Sglafkleidung ſpielte. Aber waͤhrend den
Spielen fiel er ploͤtzlich zuruͤck, und ſtarb während
dem Gebrauche der Kraftwaſſer, mit denen man
ihn, um ihn beym Leben zu erhalten, beſtrich. Die
Sammlung rufſiſcher Geſchichte gibt aus guten
Quellen den 18. oder 19. März, auslaͤndiſche Ge⸗
ſchichtſchreiber, die ſich aber auf eben fo glaubwir-
dige Gewaͤhrsmaͤnner berufen, theild den 26. theils
den 28. März als feinen Sterbetag au. Doch alle
dieſe verſchiedenen Bezeichnungen find, wenn man If
zecht erklaͤrt, gleich gegruͤndet. Dean die.ruffifgen
Serhictfhreider schnen nah bem-alten Kalender,
die Pohlen. aber, wie auch damahls, wiewopl aut
auf eine kurze Zeit, die Schweden nad dem neu
gregorianifgen, welcher 10 Tage mepr zählte, un)
des ruffifchen Reichs. 276
Heidenſtein berichtet, daß das Abſterben nicht ſo⸗
gleich verlautbaret, ſondern eiwas verhehlt wor⸗
den ſey. Sobald es bekannt gemacht ward, erhob
fi eine allgemeine Jammerklage, weil ein jeder
aus dem großen Saufen ſich einen fhlimmern Sue _
fiand des Reiches anter der folgenden Rıgierung |
vorfellte. N
⸗⸗
GSieich nach feinem Tode entſtanden unter den Fedor bes
Köthen, dic er feinem. Sohne Fedor zu Mitregenten
zugeordnet hatte, ſolche Zwiſtigkeiten, woraus leicht zu gen *
ſbin den
n, aber
merken war, daß dieſe Regierung nicht Tange Be⸗ mager
ſtand haben werde. Zudem duͤnkten fi andere, die 8* den
oris bringe
hiebey hintangefegt waren, zu gut, von Männern , größtenZheil
die fie als ihres Gleichen oder noch unter fih zu
fenn.fhäpten, Befehle ertheilen zu laſſen. Am lau
teften bezeigten Simeon, welcher als ehemahliger
Khan von Kafan beitdudig den Ehrennahmen Czar
bepbehalten Hatte, und hierneben von Zwer, wel⸗
ches ganze Land ihm der verfiordene Swan zu feiner
-fiaudesmäßigen Berforgung mis Borbehalt: feiner
oberherrlihen Rechte eingeräumt hatte , den Titel
Broßfürft von Twer führte, fein Mißvergnuͤgen, daß
er von der Theilnehmung an der Regentfhaft aus⸗
dee Regie:
tung an fi,
geſchloſſen warı Aus diefen Umfänden fihöpfte dia "
flauer Mann, Boris Fedrowitſch Godunow, Hoffe.
nung, daß es ihn, ob er ſchon jegt noch nicht eine Wuͤr⸗
de bekleidete, die ihm ein vorzugliches Anſehen ers
theilte, duch den Bloͤdſtun des jungen Czars nud
die daraus entfpringenden Gewalt der Sentaplind
desfelben, Irene oder Arina, einer Schweſter dieſes
Boris, gelingen werde; alle diefe Regenten zu ver»
drängen, und fi allein in Ihre Stellen and Ruder
der Staatsgeſchaͤfte zu bringen, Der gefaͤhrlichſte
Gegner hierbep fchien ihm Belskoi gu ſeyu. Daher
verhetzte er, der ſich gegen dieſeñ Belskoi flellte, ala
Sa ,
276 Dritter Abfchnitt. Gefchichte
wenn er deffen Freund fen, die übrigen Regent
in der Stile gegen ihn, und fand um deſto leichte
bey ihnen Eingang, weil Belskoi, der, da er der
erſte Sünfling Iwand war, ſich die Rechnung ge
macht hatte, daß derfelde ihm allein die Beforgung
der Regierungsverwaltung uübertragen würde, fei
nen Unwillen,, daß er diefelbe mir Mehreren theilen,
jo die legte Stelle unter ihnen einnehmen folte, fo
ſtark ausbrechen ließ, daß er alle jbm vorfigenden
Kegenten als feine Untergebenen behandelte. Die
fe Gezaͤnk ging fo weit, daß, als Leo Sapieha,
welchen der König von Bohlen als Gefandten nah
Moskau ſchickte, auf feine Erklärung, dag, obwohl
fein Geſchaͤft fbm nur an den während feiner Hr
Bunft verfiorbenen Xwan aufgetragen fey, er fd
- doch nicht weigere,, bey” der nenen Regierung Gehör
gun nehmen , in der Rathsverfammlung erſchienen
war, in feiner Gegenwart die übrigen Raͤthe mil
Belskoi fo zerfielen, dab fie die Saͤbel gegen einan⸗
der zudten, und in diefem Gefechte 20 RMenſchen
getödtet wurden. Doch es dauerte nicht lange, ſo
zogen Belskois Gegner den Poͤbel zu Moskau durh
das Borgeben auf ihre Seite, als wenn Belsloi
den verfiorbenen Czar durch Sife hingericheet habe,
und jetzt gefinnt fey , Fedorn und alle Bojaren, die
es mit diefem ihrem Herrn treu meinten, gleihfalt
aus der Welt zu fhaffen, und fo lange unter dem
Nahmeitr feines Mündels Demetrius die Regierung
vw führen, bis er feine Gewalt fo befeſtigt fehe, dab
er fi fogar Die czariſche Krone auffegen koͤnne, do
er denn auch den Demetrius in die Emigfeit fh
den, und fo den ganzen ruffıfhen Regentenſtamm
nertilgen werde. Da diefes der Poͤbel glaubte, 308
er gerwaffnet gegen das Schloß, und drofete, Be
walt zu brauchen, wenn Man nit dard Belskoi⸗
des ruffifchen Meiches. 277
Tod dem Leben ihrer rechtmaͤßigen Herren Sich er⸗
beit verfchaffen werde. Hierouf begaben fi zwey
Regierungsvorficher ,„ nähmlih der Fuͤrſt Iwan
Mſtislawskoi und Nikita Aurjew, mis zwey Gen
heimfchreibern vom Schlofje in den Haufen des Volks,
uud verficherte demfelben im Nahmen des Ezars,
daß es, wenn es fi ruhig halsen und fein Geſuch
dem Befinden des Czars heimſtellen wolle, alle ge
rechte Befriedigung erhalten follte, und darauf er
- ging die Entſchließung, dab diefer gefährliche Aufs
lauf nicht anders als durch Belskois Vermeifung zu
Rillen ſey, dem man Nifchneinowgorod zum Orte
feiner Verbannung vorfhrieb. Boris aber that
durch Erlangung der Würde eines Bojaren und
Konnuſchei oder geheimen Raths und Oberſtallmei⸗
fiers,, die ihm fein Schmefiermann gleich beym Au⸗
sritte ‚feiner Regierung ertheilte, fon einen großen
Schritt weiter zur Erreihung feiner hohen Adficht,
und bald vergrößerte dDiefer Schwager feine Ein⸗
. tünfte fo fehr, daß fi diefelben nah der Samm-
lung ruffifher Geſchichte jährlich ‚auf 9370p Rubel
‚beliefen ”).
Weil die Rränftigteti des Czars vermuthen
ließ, daß derſelbe nicht lauge leben werde, und kei⸗
ne Kinder von demſelben do waren, wie wohl die
Meißen die Urfache dieſer Kinderlofigkeit feines Ehe⸗
ſtandes nicht dem Czar, fondern einer Unfruchtbar⸗
keit feiner Gemahlinn zufcrieben, weßwegen man
demfelben au oft anlag, ſich non Ihr fcheiden zu
*) Wenn man aber die einzelnen Poſten, aus welchen bie:
fe Hauptfumme erwachfen fol, zufammen rechnet, fo
kommt noch mehr Geld , nähınlih 104500 Rubel her⸗
‚aus, und dann find die Einkünfte der Landfchaft Waga
und der ſehr einträglichen Lehensgüter, als von wels
chen der Ertrag nicht zu Geld angeſchlagen J noch
nicht einmahl mitgezählt,
-
N
78 Dritter Abſchnitt. Geſchichte
laſſen, und durch Heirathung einer andern dem Reis
de Hoffnung zu geben, von ihm Erben zu befommen;
fo eilte Boris fehr, ale Perfonen aus dem Wege
zu ſchaffen, die ihn bey Ereignung des Todes Fe⸗
dors von dem Throne ausfchließen Fönnten.
In diefer Abficht wurden febr bald viele Perſo⸗
‘nen, die unter dem verforbenen Ezar in vorzüglis
chem Anfehen lebten, unter dem Borwande, als
wena fie mit Hochverrath gegen den Ezar umge
sangen ‚in weit entlegene Orte verwiefen, und be
fonders traf diefes Schidfal das ganze nogaifche
Geſchlecht, welches wegen der Mutter des Prinzen
Demetrius nah aller Wahrfcheinlichkeit bey einem
unbrerbten Tode Fedors ſich der Rechte diefes feines
Bruders angenommen haben würde. Diefe Ezarian
follte e8 noch als eine befoudere Suade anfehen, daß
man ihr erläubte, ihre Brüder und einige andere Ver⸗
wandten mit nach Uglitfch zu nehmen, da man ihr
auferlegte, mit ihrem Prinzen nach diefer Stade zu
sieben, deren, @infünfte man ihr nnd ifrem Sohne
zum Unterbalte anmwies,
So. leiftete ihm auch der englifäe Gefandte
Bomes den Dienft, daß er eine Großfürfinn,
vermuthlihß Marten, die Witwe des tm Jahre
1583 verflorbenen ehemahligen lieflaͤndiſchen Koͤnigs
Magnus, die zu Pilten, Riga oder ſonſt einem un⸗
ter pobinifcher Herrfdaft ſtehenden Orte in Liefland
"außerhalb feiner Gewalt fih aufpielt, dahin zu bes
wegen, daß fie auf große Berfprecdumgen von einer
anfehnliten Berforgung in Rußland fich heimlich aus
ihrer gegenwärtigen Sicherheit. mit ihrer einzigen,
im Jahre 1384 gebornen Tochter ins ruſſiſche Ge
bieth begab, wo fie gleih bey ihrer Ankunft zu
Mostau, unser Verwuͤnſchung des englifhen Ge⸗
fandsen, der fie in dieß Unglück geflürgt, ia ein Klo»
des ruſſiſchen gleiches 279
ſter zu “gehen gezwungen ward, ihre Tochter aber
Im Jahre 1588, und, Toie man glaubt, durch eis
nen »em: Boris veranfälteten Tod verſtarb.
Aber ungeachtet dieſes Dienſtes, den Bewes Der Beandel
Borifen leiſtete; konate Bowes doch nicht von" mid alı
ihm erlangen , daß er die unter Fedors Nahmen als Ten Natio⸗
- In: Völkern Ohne Unterfchied ertheilte Freyheit, durch "EP Fröfnel,
den von. der englifden Handelsgeſellſchaft entdeckten
und fo lange von Ihr allein benutzten Weg in Ruß 5
land Handlung zu treiben, widerrufen, oder uch
diefe Handelsgefelifchaft von den Abgaben, die von
min an alle, welche diefe Handlung genießen woll⸗
ren, erlegen follten , befreyet ‚hätte, fondern ruffi»
ſcher Seits begehrte man vielmehr von der Koͤnigiun
von England, daß diefelbe Beinen von ihren Unter
thanen hindern follte ‚neben der Handelsgeſellſchaft
ach Rußland Handelsfahtt en zu unteruchmen, und
{Agie ; Voß man bloß aus Hochachtung für die Koͤ⸗
aigien mit dieſer Handelsgeſellfchaft, aus welcher
ehe Blteder ſich Jehr ſchlecht und betruüglich gegen
u 273 Rifffeh aufgefuͤhrt hätten, nicht nach. Werdienſt
vorfähre;, fondern ihr doch vor allen andern Hans
delnden gewiſſe Vorzuͤge, inud hieruuter auch deu.
gewaͤhre, daß fie wur: die Hälfte von: den allben auf⸗
-dlegten Zöllen bezahlen ſollte. Weil aber doch Bo»
wes nach der Keiſe, Die er nun in ſeinWaterland
ſhat; zuin zwepten Mahle als engliſcher Qeſandter
ach Nußland fan, und bey ſolcher Wiederbunſt in
großee Vorraulichteib mit Boris ichte, ſo weiß
ich nicht, ob die Eryähleng: glaublich ſep / daß er
Hp fehner erflern Abfahrt. Dix Ruſſen, welcht: Zo⸗
Bund anderes Pelgwert;; als czariſche Befihenke,
theils für feine Röntgen, theils für ipir, uͤberbrach⸗
ven, mit den Worten, ‚weder er noch viel‘ weniger
feine Rönigian beduͤrften folder Katzenfelle und-
330 Dritter Abſchnitt. Seſchichte
mit bleßem Degen vom Schiffe abgetrieben haͤtte.
Wenigſtens bewies die Königien ſich fo ſorgfaäͤltig,
die Freundſchaft des gegenwärtigen ruſſiſchen Hofes
zu erbalsen , daß fie den Birfauf eines Buches das
Boris be:
Hegidins Fletcher, der nah Bowes als englifher
* Gefandter Ruslaud befuchte, von dieſem Reiche dru-
den lieh, weil Manches darin vorkam, was mau in
Xußland übel aufnehmen fonnte, unterfagen lich.
Iuzwifhen befeſtigte und erhoͤhete Boris fein
, mädtigt ih Anfehen bey. ‚allen Verſuchen, die men machte, ihn
Inmer mehr
und mebr
desfelben gu berauben , indem er dem blöden Ezar
der Regies voeſpiegelte, daß alle Entwürfe, durch welche man
rung.
1585.
ihn vom Regimenssruder ‚entfernt wiffen wollte, dar⸗
auf abzielten, dem Czar einen fo geireurn und für die
sehtmäßige czariſche Gewalt eifrig gefinnten Sioais-
bedienten zu eutziehen.
Im J. 1585 regte fich eine ſebr aablerise veried
wider ihn, au deren Spitze faſt alle wegen ihres
vornehmen Herkommens im hoͤchſten Anſehen ſtehen⸗
den Herren ſtanden, die an Des gemeinen Volke ia der
Haupiſtadt und einem Theile Des Heeres eine mächtige
Unserkügung befoßen, nageachtet Boris alle moͤgli⸗
en Künfie brouchte, da er (han die meiſten; Be
diennagen am Hoſe, im geheimen Rathe, Ben Ge⸗
sihtsftuben ‚und, dem Heere mit feinen Ergebenen
‚befepe hatte, .aush den großen Haufen durch Wohl⸗
hosen jun gewinnen, wohln das gehdts, daß er bry
Gedaes. Krönung den legten Willen feines Veters
Iwan wegen: Erleffung verſchiedeuer Auflagen und
Befteyung der Brfongegem phllfiredte, 'wonen er dat
Berdienn nit dem guten Bemüsbe des Czauß, fon
bern feinem Rathe zufibrich, und zwar um, Dehp meßt,
weil es⸗ mit zu feinem Entwürfe gehörte, Federn
als einen ſtreagen Fürflen abzuſchildern, damit er al⸗
fe Bluturiheile und Berbenyungen , die auf Boris
des ruffifchen. Reiches. 281
„ Cingeben . und zu deffen Nutzen geſchaben, einer Un-
beweglichkeit Fedore, auf: feine Fürbitte diefen
Berursheilten Gnade zu ergeigen, zuſchreilen, nad
alle Milderuugen, die auf die. erſterü Urtheile er⸗
folgten, ‚bey den Begnadigten und ihren Verwand⸗
ten fi zum Verdienſt anrerhnen konnte. So made
te er es mit den Theilnehmern diefer großen Ver⸗
bindung. gu feinen Sturze. Denn Fuͤrſt Iwan Fe⸗
drowitfſch, Mſtialawskoi, das Haupt derfelben, wur
de mach dem entfernten Beloſero, doch unter dem
Scheine ‚; ald wenn er freywillig den Moͤnchs ſtand
erwaͤhlt haͤtte, ins kirillowiſche Kloſter geſchickt,
und eine Menge der Theilnehmer dieſes Vorhabens
in amdere „entlegene Orte „des. Reiches verwiefen.
Allein Rikita Romanowitſch Jurjew, der auch dazu
gehoͤrte, cwar als ein. Musterbeuder. des Czars, und
DE Fuͤrſten Schuisfoi gleichfalls durch ihr: hohes
Herkommen Ihre Würden. uud: allgemein. erfau
te Verdienfle fo maͤchtig, daß Boris es nicht mar
gen durfte, ſich offenbar au ihnen zu vergreifen,
fondernfih gefallen ließ, dag der Metropolit Dies
nyſius das GSeſchaͤft einen Verſoͤhnung zwifchen ihm
und den. Bürfien Schuisfoi übernahm. Do kanm
war. \bhefe Ver ſoͤhnung geibehen, fü ereignete ſich
ein Vorfall, aus melchem Diefe erſcehen konnten, daß
Wefe Antfoͤhnung auf Baris:: Seite ein verſtellies
Werk ſey. Denn als fis. vom Metropoliten. nad
‚den großen: Saäle de& czariſchen Pallafled ‚gingen,
berichtete: Fuͤrſt Iwan Petrowmitſch Schniskoi ben
"auf dem „Safplape verfamurdten, Kauflenten biefe
Verföhnung als: eise fo wohl. für ihn, ale fie, die
in dieſem Zwiſte mit Boris einen großen Eifer für
Die Abfichten dieſes Fuͤrſten bewieſen hatten, hoͤchſt
angenehme Nenigkeit. Aber zwep Kaufleute traten
hervor und ſagten: „Ihr. habt euch verſoͤhnt, aber
298 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
unfere Köpfe werden es entgehen, und: du, Fuͤrſt,
mit und. Dean de irreſt gar fehr, wenn du glaubſt,
daß es Boris mit. die aufrichtig meint.” — Die:
fe bepden feenmärhigen Kaufleute wurden in der
folgenden Nacht aus ihren. Häufern geholt, und ei⸗
ne undardidringlihe Dunkelheit bededite ihre, fer-
‚neren Scidfale. Nikita Romanowitſch aber verfic
bald in eine folge Krankheit, daB en: ſprachlos zu
Berte liegen mußte, fokglich Boris: Aichts weiter
von ihm beforgen durſte, und fein. Leben dauerte
auch aur noch eine: kurze Zeit, indem er dasfelbe
am 'asflen April im Jahre 1586 endigte. Viel⸗
. deit verurſachte dieſe Bemerkung des: Unlauterkeir
Boris bey der Verfähnung mit: bes Fuͤrſten Schuis:
koi, daß diefe im Zahre 1586 einem neuen Au⸗
ſchlage, ihn feiner Vielguüͤltigkeit beym Egar : zu ber
rauben, beytraten, wozu man Die. Ehefheidung Be
dors von feiner Schweſter als ein Mittel wählte,
womit man um deſte Feichter durchzudringen hoffte,
‚weil der verfiorbede Zw an in feinem. Ichten Wil»
len verordnet Hatte, daß, wofern imnethalb zwey
Jahren keine Erben aus dieſer Ehe: arkeugt wuͤrden,
ber. ganze geheime: Rath dirſe. Eheſcheidznge bewir⸗
‚tem ſollte. Diefe Sache war ſchon fü weihgebradt,
dab man dem .Ejer eine Bittſchrift: abarreichte, im
welcher man ihn im Nahmen des gauzenn Volls
um dieſe Eheſcheidung beih, und ein anderen, vor⸗
achmes Frauenzimmer zus neuen Czäriun vorfhlag.
be World wußte den ‚Mriropoliten,:teffen Stimm
me in tiefer "Angebögenheit ‚. weil nicht nur diefelbe -
eine Sewiffensfache betraf, fondern vorzüglich vie
galt, fo umzulenken, daß derfelbe unter dem Bor⸗
wande, daß, da man, well der Prim Demetrius
lebe, wenn glei Fedor kinderlos flürbe, einen ge
wiffen Thronerben befipe, Fein dringender Nothfall de
4
des rurffifchen Keiches. 483
ſey, welcher die Scheidung der jegigen Ehe Z edors |
recdhtfertige, von den DBertheidigern der Ehefcheidung
auf feine Seite übertrat, und fogar darein willigte,
dag der beflimmten Braut der NRonnenftand aufges
. drungen ward, Nun machte dieſe Eheſcheidungs⸗
ſache alle, welche ſich durch Betreibung derfelben
als Boris Gegner bloß, gegeben hatten, ungluͤcklich,
der es für ſeine Sicherhelt hoͤchſt ſchaͤdlich ahtete, wenn
er nicht aufs ſchleunigſte den Fuͤrſten Iwan Petro⸗
witſch Schuiskoi, den Zürften Andreas Iwanowitſch
Schuiskoi und Petern Golowin aus der Welt ſchaffte.
Da mar aber mit dem Rechtshandel, den man in der
Abſicht anfing, um fie ald Verbrecher unter dem
Scheine der Gerechtigkeit hinrichten zu koͤnnen, ob
aan wohl theils Anfläger und Zeugen wider fie er:
Faufte, theils verſchledene Perfonen peinigte‘, damit
man Von ſolchen durch die Marter nachtheilige Aus⸗
fagen wider dieſe fuͤrchterlichen Gegner Boris er
preßte, durchaus nicht fortkommen konnte; ſo blieb
nur dieß Mittel Abrig, daß fie aus der Hauptſtadt
in gewiſſe ihnen angewiefenen Drte verwitfen, und
Auf Boris Befehl ermordet wurden. Eine Menge
anderer ' Werfonen von geringerem Ainfehen mußte
durch Tinen gleihen Weg aus der Welt geben, und
nur fieben Angefehene Kaufleute verloren darch ei»
nen otdentfichen Urtheitsfpruch ihr Leben, Di ader
die: Wuth Boris täglich mehrere Menſchen traf;
fo erdreifleten ſich der Metropolit und der Erzbiſchof
von Rrutigi, dem Czar den Mißbrauch, melden der⸗
‚felde von dem ihm eingerdumten Anfchen made,
aufs deutlichfte und ruͤhrenbſte vorsuftellen. Aber
Boris hielt das Gemuͤth Fedors ſo in feinen
Feſſeln, daß derfelbe nicht nur feiner Redyifertigung
über die Klagen, die zwey megen ihrer hoͤchſten
geifllichen Würden von Zedor überaus gejchägte
234 Dritter Abſchnitt. Gefchichte
Männer wider ihn aubrachten, fondern auch dus
Beſchuldigungen, die nun Boris ihnen beymaß, fo
völligen Glauben ertheilte, dag dieſe beyden Haͤup⸗
ter der Geiſtlichkeit ihrer Wuͤrde entſetzt und in
gewiſſe Kloͤſter im Nowgorodiſchen geſteckt wurden.
Die Stelle des entſetzten Metropoliten erhielt der
Erzbiſchof von Roſtow, Hiob, welcher im Jahre
2589 zum erſten Patriarchen von Moskau erhoben
ward.
Boris faͤhrt Wie dieſes ſich ereignete, "war Boris ſei⸗
ale nem großen Ziele fhon um Vieles wieder näher ge:
- benden Per: ru. Denn im Jahre 588 uͤbertrug Zed or ihm,
fonen fort: ob er gleih in dem. aus 31 Perfonen beftchenden
— geheimen Rathe, indem in demſelben die Borzüge
flaltet fogae der Geburt den Rang, der Glieder beſtimmten, aut
—— den ſiebzehnten Plag bekleidete, fo wohl die czari.
einigen Er: ſche Schatzkammer, die font immer unter dem ei⸗
ben Fedor. genen Siegel der Beherrfcher des ruffiihen Reichs
‚1588. verwahrt geweien war, als aud die Abmachung
aller minderwictigen Geſchaͤfte, und behielt fih als
&;ar bloß das vor, daß Boris die wichtigen Ange-
Jegenheiten, ihm. vortragen ſollte. Doch fo lauge De»
metrins lebte, lag ihm ein unüberwindlicher Stein
dei Auſtoßes im Wege, nad Fedors Ableben
den Fhbron; u beſteigen. Zwar war Demetrius noch
in den. erften, Knabenjahren und Fedor noch nidt
sodt. Ader wenn diefer farb, und wer ‚mußte,
‚wie, ‚bald er fierben werde? fo mußte Demetrius
M nid mehr am Leben ſeyn. Sa, hätte er nicht noch
' bap Lchzeiten Fedors in Sicherheit wider al
Gewalt des Boris gebracht werden tönnen? Ueber
| dieß offgnbarte derfelbe ſchon in frinen Kiuderjah⸗
sen im Spiele, daß er Boris and deffen Freunde
für feine Brößten Feinde erfenne,. indem er im Wio-
ter auf dem Eiſe und Schaee Menſchengeſtaglten ver:
a
‚des ruffifchen Reiches. 285
fertigen ließ, und jedem diefer Schneebilder den
Nahmen eines ruffifhen Herren beylegte, alsdann
aber vinen nad dem andern niederfäbelte, und fich
Dabey der Worte bediente: So will ich es mit ih»
nen maden, wenn id Ezar werde. Man will Be»
weiſe haben, daß ſo wohl ihm als ſeiner Mutter
mit Gift nachgeſtellt worden, und eine Waͤrterinn,
Da fie von einer ‚Fir ihren Prinzen zuberelteten Speis-
fe gegeffen , ſogleich geſtorben ſey. Doch es iſt auch
ſehr moͤglich, daß, da man einmahl wußte, daß
Boris Fein Verbrechen unterließ, wenn er ed nuͤtz⸗
lich zu ſeyn erachtete, viele Dinge ihm zugefchrieben
wurden ,,.an die er nicht gedachte ; aber mehrere
Sengniffe beftätigen, daB ein Vertrauter des Boris
: fi gegen denfelben im Jahre 1591 erbothen, Meu
chelmoͤrder wider den Prinzen zu beftellen. Die er»
Men, denen er den Antrag that, eine fo ſchaͤndli⸗
be That anszuführen , wiefen ihn zwar mit deut-
licher Erflärung ihrer Verabſcheuung eines fo
ſchweren und entfeglichen Verbrechens ab. Allein
der dritte, ein Diak, Michael. Bitjaͤgowski, ver-
ſorach auf das erfie Wort des Bertrauten Boris
alle Willfaͤhrigkeit. Diefem gab man nun, um
ihm &elegenheit zur Verübung des Mencdelmordes
gu verfhaffen, einen Befehl, daß er das Verhalten
der Mutter. des Demetrius unterfuhen, und nad
Maßgabe des Befunde desfelben, Veränderung gu
uglitſch treffen follte. Ben feiner Ankunft an dies
fem Orte machte er damit den Anfang, daß er der
Cjariun ihre Einkünfte befhnitt, und den Umgang
mit idren Brhdernund andern Getreuen einſchraͤnkte.
Bey allem diefem aber fiel ed ihm doch ſchwer, feinem
Schlachtopfer beyzukommen, indem die Mutter es
nit aus den Augen lieg. Doc da fie eiumahl am
ı sten Map Mittagsruhe hielt, lockte die Wärterina des
286 Dritter Abſchaitt Seſchichte
Griugen, welge men neh iheen Gabe Bien
fi in die ſtrafbare Verbindung gezogen hatte, ihe
unter dem Borwande eines Gpides in den Sei,
wo er von ihrem Sohne die fe Wunde rapfıy,
uud alsdann von den übrigen Böfewidter (die
ganze Rotte befand wenigſtens ans zwölf Palo
nen) mit viden Wunden gu Tode gemartert ma.
Der Glödner von der mahe gelegenen Hauptlrdt
bemerkte dieſe Schandthat, und lief ſogleich fin
Thorm, umdurd Läutung der Starmgloce die gun
Stad wider die Mörder anfzubicthen, die ker.
den Einwohnern der Stadt, theils ned imsahıll
Verfelben,, theils (dem anf dem Wege nah Re⸗⸗
an, erſchlagen oder gefieinigt wurden. Bir
Bericht, den man ans Uglitſch mad dem, weinen
dort von dieſer Sache geſchen, an den Cjar ia
se, in deſſen Hände gefommen ; fo wärbe drklit
ihn wenigfiens aufmerkſam gemacht und vi
loßt haben, daß er Rachforſchungen über die mu‘
eigentlihe Bewandinig und die Antriebe zu driE®
mordung feines Bruders und vermuchligen Ihrer
erben angefellt Härte. Aber dagegen war Boris
volllommen gedeckt, indem jedes Schreiben, das U
den Ezar lautete, au Boris abgegeben werden must.
Diefer foßte alfo jegt flast des von Uglitſch afım
menen Berichtes einen gong andern ab, derbead!
des Bruders des Ezars einer ſchweren Krankheit, in
welcher derſelbe entweder in einer Verwirrung des
Berfiandes oder aus: Unvorfichrigfeit in fein eigenes
Meſſer gefallen, und der Achtlofigkeit feiner Kr
ter und Mutterbrüder , die der Schuldigleit ver
geflen hätten, die ihnen gegen. dem Prinzen zuladı
zuſchrieb. Doch diefer Bericht wirkte in Zedon
Gemuͤthe nicht alles das, was er nah Boris Ge⸗
danken und Gatwutſe wirken ſollte, indem der Ezet,
des ruſſiſchen gReiches. 287
Bart Boris Rathe bepzupflichten , nicht nur. Ab⸗
geordnete nah Uglitfch fandte, um die ganze Be⸗
wandemiß diefes Todes zu unterfuchen, und die ſtan⸗
desmaͤßige Beerdigung der Leiche zu beforgen, fondern
ſelhſt dDieferwegen eine Reife nach Uglitſchthun wollte,
worauf Boris kein anderes Mittel, zu verhuͤthen,
daß der Czar zu Uglitſch Boris nachtheillge Eröffe
nungen erhalten möchte, zu ergreifen. mußte, als
daß er denfelben mach Uglitſch begleitete. Aber wie
fie bereits im Drepeinigfeitöflofter waren, verdndere
ten die Nachrichten, die fie von vielen in Moskau
ausgebrochenen großen Zeuersbrunften erhielten, die⸗
fen ihren Borfag, und bewogen fie zus Rückkehr in.
ihre Hauptſtadt. Die üble Meinung, die men ia
Rußlaud won Boris. hegte, offenbarte ſich auq bey
dieſer Veranlaſſung, indem man ihm oͤffentlich nach⸗
redete, er habe das Feuer ſelbſt angelegt, indem
er durch dieſes Mittel ſowohl die Reife Fedors
sach Uglitſch vüdgingig machen, ald die Hufmerk«
famfeit der Moska uer von dem Zodesfalle des Prins
zen anf ihre eigene Rosh wenden, und fie endlich
dadurch, daß er ihnen Ihre abgebrannten Haͤu⸗
fer aus dem rzarifhen Shape fihöner wieder -
herſtellte, verbindlich machen wollte. Er hingegen
Srachtete, einen ihn fo ſchaͤdlichen Verdacht dadurd
zu vertilgen, daß er ausfprengte, dieſes Feuer rühre
von einer Mordhrennerey der Uglitſcher, an welcher
vielleicht die Mutter des Demetrius und ihre Bruͤ⸗
der Theil genommen hätten, ber, als welche dieſen
Weg -erwählten,, ihm und dem Ezar das Leben zu
randen,, damit fie wider die Strafe, die fie- wegen
ihrer Verſchuldung bey dem Tode des Prinzen ver:
dient hätten, geſichert würden, und fünf Soldaten,
die man wegen diefer Seueröbrünfte gefaͤnglich ein«
308, thaten auf der Marterb auk eine Ausſage, die.
288 Dritter Abſchnitt. Gefi chichte
mit dem, was Boris geglaubt wiffen wollte, über
m
einftiminte. Die Abgeordneten, die man nun nad
uUglitſch fandte, waren Männer, auf welche Boris
fih ganz vollkommen verlaffen konnte, naͤhmlich der
Fürſt Wafilei Iwanowitſch Saustei welcher, um
dem trautigen Schickſale zu entgehen, das feinen
Bater , den unglüdlichen Iwan Petrowitſch, betrof:
fen hatte, ſich aufs hoͤchſte beſtrebte, in allen Stuͤ⸗
den ſich nach dem Willen des Mörders desſelben
zu bequemen, und der Okolnitſchei Andrei Petrom
‚Sin Aletſchnin, eben der, deſſen fi Boris zur An⸗
werbung der Meuchelmoͤrder wider die Perfon des
getoͤdteten Prinzen bedient hatte, und dem folglich
am ſeiner eigenen Erhaltung willen am meiſten dar
an lag, daß in der Üdterfuchung nicht das Gering:
fie herauskaͤme, woraus Fedor einigem Verdaht
ſchoͤpfen koͤnnte daß es mit dem Tode feines. Bru⸗
ders anders zugegangen, als er von Voris gehoͤt
hatte. Ob alſo zwar niemand in: Uglitſch aufge
fnnden werden mochte, Der in dieſer Sache einad
wider - fein Bemußtfenn ‚und die wahrhafte de
wandtniß der Begebenheit ansfagte : fo Fonnte doch
Diefe Aufrichtigfeit der Uglitfcher in der Haupl⸗
ſache keine Veränderung bewirken, indem diefe Un⸗
terfucher ihren Bericht am den Ezar nidt nad
ber Ausſage diefer underwerflichen Augenzeugen,
fondern nach dem Gutbefinden Poris abfaßten. Sit
mußten vielmehr ihre Redlichkeit und die an dei
„ Mördern ihres Erbfürfien veruͤbte rechtmaͤtige dr
ſtrafung als ſchwere Verbrechen büßen, indem dr
ris gar zu viel daran lag, ihnen alien. insgefamm
den Mund zu ftopfen, daß ‘fie nie Geſegenheit bel⸗
ai vor Fed or gu kommen. Defwegen ward die
Mutter des Bringen wegen ihrer in Bewahrung el⸗
‚nes Thronerben bewieſenen Unaqht ſamkeit in ein
weit
des ruſſiſchen Heiches, —
weit Ghgelegenes fbledhtes dem 5. Nicolaus jenfeits
Belofero gewidmetes Kloſter verfhict, wo man fie
zwang, unter dem Nahmen Martha den Nonuen⸗
fchleyer zu wählen. Ihre Brüder mußten unter
gleidem Borwande an verſchiedene armfelige Orte
wandern, wo die Roth, die fie da fanden, den mei⸗
lien das Leben raubte. Eine Menge Bewohner von
Ugliefh, die fih nicht nur in aufruͤhriſchen Re:
ben wider Boris, diefen treueften Staatsbebienten
ihres Herrn, vergangen, fondern fogar durch boß⸗
Bofte Ermordung verſchiedener Perfonen, die dei
Ezar zu wihtigen Verrichtungen nach ihrer Stade
sefandt hatte, und viel unfhuldiges Blut vergoffen,
mußten theils die Zodesfirafe leiden, theild die in
Sibirien neu angelegte Stadt Pelim bevölfern.
Boris vermochte, ungeachtet er fo wohl den Berg dir
Tod des Prinzen mit häufigen Thraͤnen verſtellter Begebenbeis
Weiſe beweinte, als aud fi) gegen die abgebrann: —
ten Moskauer mit dem Gelde des Czars hoͤchſt freyge⸗ Fedors.
big bewies, den Theil der Hauptſtadt, der jeht Bjelgorod
beißt, mit einer Mauer unmgab, und hierin dem
Benfpiele Zwans, Fedors Vaters, nahahmte, der -
Kitaigorod in eine Mauer eingefhoffen und wider
die räuberifgen Ueberfälle der Krimmer in Verthei⸗
Digungsfiand geſetzt hatte, das Gerücht, welches ihn
der Veranflaltung des gewaltfamen Todes des De⸗
metrius befhuldigte, doch nicht zw unterdrüden,
Aber alle Beſchuldigungen fhadeten ihm nicht, fone _
dern erbitterten ihn nur noch mehr, und verurs
fachten, daß er fcharfe Unterfuhungen über dos
ganze Land ergeben ließ, die immer einer Menge
Leute theild das Leben Fofleten, theils ſchweres und
longwieriges Gefaͤngniß zugogen. Ben dieſen Bes
Frafungen erregte auch der ebemaßlige kaſaniſche Khan
Simeon den Verdacht des Boris, daß er ihm
Geld. Kufl. =. Band. 4
—
3595.
3598:
306 Dritter Abſchnitt. Gefchichte ıc.
onfänglid Twer nahm , auf fein Landgut Kuſchaͤlino
eine Wache feste, und ihn nachher gar des Geſichtes
beraubte. Inzwiſchen fegte der krimmiſche Khan
jährlich feine Einbruͤche ins ruſſiſche Gebieth fort,
bis im Jahre 1595 ein Friedensſchluß mit ihm er-
folgte. Ehe aber derfelbe zu Stande gefommen war,
fandse. er‘ eine Gefandifchaft an den gleichfalls in
einem Kriege wider die Zürken begriffenen Kaifer
Rudolph, um mit demfelben über den bereits von
verfchiedenen Ezaren den deutſchen Kaiſern anges
priefenen Entwurf einer großen Verbindung aller
chriſtlichen Mächte wider die Pforte eine Unter
handlung zu pflegen, empfing aber vom Kaifer zur
Antwort, daß eine ſolche Verbindung zwar fehr zu
wünfhen, aber kaum zu hoffen fey. Nach dieſem
Friedensſchluſſe Ichte der Czar Fedor nicht ange mehr,
indem er am ten Januar im Jahre 1598 um zwep
Uhr nad Mitternacht fiurb, mwoben das Vorur⸗
theil, dag Nichts in Rußland, ohne Boris Beranlaf
fung vorgehe, oder von ihm berrühre, bey Manche
den Argwohn erregte, ald wenn er von diefem durch
eine Vergiftung aus der. Welt gefchaffer worben fey.
nbalt—
des zweyten Bandes der Geſchichte des
ruſſiſchen Reichs.
Zweyter Abſchnitt.
Bon der Unterjochung des ruſſiſchen Reichs durch die
Tartarn bis zur Abſchuͤttelung dieſes Joches
durch Iwan Waftljewitfch I, welcher im
Jahre 1462 auf ben großfuͤrſtlichen Thron ge
laugte. | |
Ga Rußland muß fich det Herrſchaft der Tartatn unterwderfen,
Seite 3. Fürft Michael und fein treuer Bojce Fedor werden
auf Batu's Befehl gerödtet; dee Großfürfi Ikrostam muß
zur Wahl des Oberkhans reifen 5. Sein Tod; Swaͤtoslaw
und Anireas machen einander das Großfürſtenthum Wladimir
fireitig 6. Swoͤtolaw muß den Thron an Andreas abtreten z
Daniel wird im füblihen Rußland ſehr maͤchtig 8. Er wird
i ..
Inhalt.
zum ruffiſchen Könige gekroͤnt 132. Die Taxtarn legen den
Rufſen immer mehr Laften auf 12. Der Großfüͤrſt Ale ran⸗
der unterwirft ſich noch mehr; fein Bruder Andreas hingegen
nicht; er wird geſchlagen 13. Alerzander J. wird Großfürſt
von Wladimir 14. Baͤtu's Tod; die Zartarn belegen die Ruſſen
mit einer Kopffieuer 17. Alerxanders I. kluge Mäfigung;
Beſtrafung der Urheber des Aufruhrs 19. NMeud Unruhen wes
gen der Kopffteuer 21. Alerander I. wird Mönd und
Richt ; Ehre nad feinem Eode 24. Qäroslamw II wird
Großfuͤrfi 25. Seine Regierung 26. Die Nowgoroder indie
‚gen ihm den Gehorfam auf 23. Er zieht mit einem Heere
vor Nowgorod 30. Der Metropolit von Kiew beruhigt die
Nowgoroder; fein Tod; Waflei wird Großfuͤrſt 31. De
mettius wird Fuͤrſt zu Nowgorod ge. Er entſagt der Regie⸗
rung wieder 33. Waſilei wird gewählt; fein Todz Dmitri
' Aleran dro witſch wird Großfürfi; fein Bruder Andrei
vertreibt ihn ; D mitei komme wieder zur Regierung 35.
Sein Tod 3 des Großfürften Andreas II. Hegierung 36.
Boris Kriege mit den Liefländern und Schweden 37. Grau⸗
famteiten der-Karelier 38. Der Großfuͤrſt laͤßt fih die Moͤnchs⸗
kleidung anlegen und ftirbt; Michael Fuͤrſt von Twer wird
Grobfuͤrſt 39. Die Nomgoroder vertreiben die Beamten, und
wählen G eorg, Züuͤrſten von Moskau, zu ihrem Großfuͤrſten 4:.
"Sein Heer wich geſchlagen 48. Michael demüthigt die Row⸗
goroder 143». Gr ſchlaͤgt fe abermahls; ; ſilberne Rubel kom⸗
men zuerſt vor 4. Georg heirathet des Tartarkhans Schwe⸗
ſter, und wird von ſolchem zum Sroßfürften ernannt; entfagt der
Würde 45. Er macht dennoch neue Bündniſſe und zieht mit
ſeinem Seere wider den Großfürſten; wird geſchlagen und ſeine
Semahlinn gefangen 46. Coetmüchiges Vetragen der Söhne
Inhalt.
Michaels; der Großfürft Mich aell reiſet zum Sartarkhan 48.
Midas Leiden 51 Sein marternoler Tod ze. Georgs
JIE and Dmitri's IL. großfürftliche Regierungen 53. Dmitri
södtet Georgen; der Khan He Dmitri hinrichten; Al e⸗
gander II. wird Gtoßfürſt 54. Gefecht wiſchen dem Groß⸗
fürſten und dem Großgeſandten des Khans 55. Ermordung der
Tartarn in Tier; üble Folgen davon ; Alerander fludter
ſich nach Pleskow 56. Die Mowgoroder müffen ſich von ihm
Iosfagen; Al erander Il. wird vom Khan abgefept ‚und
der Fuͤrſt von Moskau, JIwan, an feine Stelle zum Großfuͤr⸗
ften erhoben 57. Berderblice Anfıpläge wider Alerandern 58.
Anhaͤnglichkeit und Liebe der Pleskawer 59. Alerander und
feine Befchügee werben mit dem Banufluche belegt; er geht
nah Lieland 60. Kommt auf Verlangen wieder nah Ples⸗
kow 62. Er bewirbt ih um die Gnade des Khans, und erhäf,
folche ; tartarifche Befandten begleiten ihn nad Twer 64. Erbe:
gibt fich felhft zum Khan 65. Der Khan läßt ihn und feinen Sohn
enthaupten ; Iwan wird Mönd und flirhe 67. Sein Sohn, &i:
meon der&rolze, wird Großfürft ven Rowgorod 68 Die |
lieländifchen Ordensritter legen die Keflung Marienhurg an 70.
: Reue Zeitrechnung in Rußland 72. Digerd3 Krieg mit dem deut.
ſchen Orden 75. Der Großfürſt Simeon führt als Fürf von
Btomwgorod mit Schweden Arieg 76. Magnus, König von Schwe⸗
den und Noswegen, muß Frieden machen 78. Anſteckende Krank⸗
heit; des Sroßfürfien Tod 79. Regierung des Broßfürfien Iwan
80. Sein Tod. Zwey Dmitri befireiten einander die großfürfts
liche Würbegs. Dmitri Jwano wi tſch erzwingt von ſeinem
Gegner’ bie Verzichtleiſtung auf das Großfüͤrſtenthum; dreyjaͤh⸗
rige Peſt 88. Vergroͤßerung feiner Macht gr. Einige feind⸗
liche Unternehmungen «: Sartorn gegen den Oropfürfen mißlin:
Inhalt.
gen 95. Machläffigkeit dee Kuffen 95. Sie verlieren deßhalb
die Echlacht; rächen ſich wieder 96. Verwüſtung der Tartarn
97. Der Großfürft fchlägt fie 98, . Sie rächen fih an Dleg,
Fürften von Kefan 99. Der Großfuͤrft wil Tieber Krieg, als den
„ Frieden gu theuer erfaufen 01. Uebermuth bes Khans Mas
mai 103. Der Khan nimmt den Königstitel an 105. Kampf
gwifchen einem tartariſchen Rieſen und einem ruſſiſchen Moͤnche
208. Der Großfuͤrſt ecficht am Bon über bie Tartarn einen herr⸗
lihen Sieg 109. &r gelangt zum Befise des Fürftenthums
Kefan ıı2. Der Khan Toktamiſch bekriegt den Sroffürften;
113. Der Metropolit verlaͤßt aus Furcht Moskau; Unordnung
und Verwirrung deßhalb 115. Auch bie Großfürſtinn reiſet
mit ihren Kindern ab 116. Die Tartarn erobern Moskau,
morden die Einwohner, unt zerſtoͤren die Stadt 119. Der Groß:
fürft fege den Metropoliten ab , und wählt einen andern 125.
Innerliher Swift, welchen die- narimundifehe Erbſchaft zu Now⸗
gorod deranlaßt 124. Die Nowgoroder verſagen dem Großfuͤr-
fien den Gehorſam 126. Er bringt ſie zum Gehorſam; ſein
Ältefter Sohn Wafilei entfernt ſich heimlich aus der Horde 127.
Geſandtſchaft des Papftes ray. Schreckliche Seuche; des Groß⸗
J fürften Tod ı31. Sein Sohn Waſilei Dmitriwitſchtrite
die Regierung an 132. Abfall der bulgariſchen Tartarn; Georg
macht fie dem: Großfürſten unterwuͤrfig 133. Tamerlans Ein⸗
fol 134. Der tartariſche Feldherr Idiku belagert mit einem
Heere Moskau 136. Die Einführung gepraͤgter Geldmünzen
im Nowgorodiſchen 138. Aeltere ruffiihe Müngen 139. Der
Sroffurft iſt in feinen legten Jahren noch glücklich durch Siege
über die Tartarn; fein Tod; Wahle’s Waſtljewit fd
des Duhkeln Regierung 140. Wird von Georg befiegt, und
muß, ihm das Großfürftenthum abtreten®& 42. Er kommt wie:
/
Inhalt.
ber zum Beſitze desſelben; wird gefchlagen und flüchtet 143: j
Er gelangt wieder aufs neue zum Sroßfürftenegume 144. Mifs
trauen und Undankbarkeit des Großfuͤrſten gegen den Khan Ulus
machmet 149. Daraus entſpringender Nachtheil 152. Aber⸗
mahlige VRNiederlage durch die Tartarn 153. Großmuth des
| Khans 154. Die ruſſiſchen Fuͤrften nehmen den Großfürſſen
— gefangen, und laſſen ihm die Augen ausſtechen; er tritt aufs
neue die Regierung an 155. Er bezwingt feine Widerſacher
und zuͤchtiget die Nowgoroder 156. Der tapfere und edelmuͤ⸗
thige Khan Ulumachmet wird von. feinem Sohne ermordet; Tod
| bes Großfürfien 157. Rang des Patriarchen 158.
— öçç--
“
Inhalt.
Dritter Abſchnitt.
Von der Wiederherſtellung des Glanzes des ruſſi⸗
ſchen Reichs durch J wan Wa ſftljewitſchJ.
bis zur Erloͤſchung des rurikſchen Regentenſtam⸗
mis, welche veranlaßte, daß es den in dieſem
Seitraume e.langten Flor aufs neue verlor. Bom
ayfien März 1462 big zum zten Januar 1598.
t
Regierung des Großfuͤrfien $ wan Wafljewiefhlisg |
Der erſte Feldzug wider die Tartarn mißglüct 160. Zweyter
Keldzug wider Kafan 161. Er wird. gefchlagen 162. Dritter
Feldzug; er fchläge die Kafaner ; Ihraim erkennt die Dberherts
{haft bes Großfürften an 162, Die Momgoroder wolen ih uns
ter pohlnifche Herrfchaft begeben 163« Der Broffurft geht mit
drey Heeren nach Momgorob 164. Siege des Großfürſten 165.
Die Nowgoroder unterwerfen ſich ſeiner Herrſchaft 166. Die
Geſandten des Khans Sid⸗Achmet werden mit Lift aus Mostau
entfernt 167. Der Großfuͤrſt laͤßt die tartariſchen Geſandten
ni edermachen 168. Feldzug des Khans wider den Großfürſten
169. Blutbad in der goldenen Horde; Achmets od 170.
Nowgorods völige Unterwerfung ı71. Die Nomgoroder em:
yören fih abermals 173. Der Großfürſt Fündige den Row⸗
gorodern den Krieg an, und führe feine Armee dahin 174. Die
Pleskower unterwerfen ſich, und geben ihm ben Titel Czar
175. Die Nowgorod!r fhiden Geſandte an ihn 176. Sie
! “
J
Inhalt.
geben ihm endlich den Litel Sof udar (acblethender Serr)
178. Harte Bedingungen 179. Der Sroßfürf begibt 5
felbA in die Stadt 181. Abfepung des Erzbiſchofs; Feldzug
wider die Kafaner 182. Vortheilhafter Friede; Waffenſtill⸗
fiand mit den Pohlen und Litthauern ; der Großfürft bemaͤch⸗
tigt ſich Twers 183. Er ſchwaͤcht bie Noivgoroder; befeftigt die
Stadt, nnd zieht fremde Kunftler in feine Staaten 184. Feldzug
wider Liefland; befländiger fruchtlofer Krieg wider Schweden
185. Er ſchickt eine Armee wider Kafan und fiegt 186. Alt
Khan wird gefangen, und die Ruſſen bemächtigen fih der Stadt;
"der neue Khan erkennt die Oberherrſchaft des Großfürften an;
er erobert Wiätka, und nimmt dasfelbe nebft Bulgarien in feinen
großfuͤrſtlichen Titel auf; er laßt die | deutfhen Kaufleute in |
Mowgorod verhaften ı8y. Erbitterung wider Keval 188. Er
{dit ein Heer nah Kafan ; die Kafaner bitten um Vergeihung,
"und erhalten Abdalatifen von, ihm zu ihrem Khane 192. Er
unterwirft ſich Uchorien; er fest ben Khan von, Kaſan ab und
Muhameb: Amin an feine Stelle 193. Diefer wird meineidig;
ermordet die rufiifchen ‚Kaufleute, und thut einen Einfall in das
euffifche Gebieth 194. Des Großfürſten Tod 195. Regierung
des Sroßfuͤrflen Waſilei Iwanso witſch; Friede mit Poh⸗
len 196. Sein erſtes Heer wider Kaſan iſt nicht gludlih ı9y.
Das zweyte wird voͤllig gefehlagen 198. Die Zartarn fallen in
das ruffifche Gebieth ein, und werden gefchlagen 159. Friede mit
dem Khan 200. Abermahliger Einfall det Tartarn 201. Ein
zuffifches Heer ruͤckt in Litthauen ein, und erobert Die Feſtung
Smolensko 202. Die Ruſſen werben von den Litthauern ges
ſchlagen 204. Der neue Khan Muhamed faͤllt auf Veran⸗
laſſung des Großfürſten in Podolien und pohlniſch Rußland ein,
und richtet ſchreckliche Gerwuͤftungen an 205, Zawterifcher Eins
v
n
J. halt.
fal in Aufland 206. Die Ruſſen werben beſtegt; bie Tartarn
werben in der rufſiſchen Landſchaft Tula geſchlagen 207. Aber:
mahliger ungluͤclicher Einfall; die Tartarn richten Verwüſtun⸗
gen in Pohlen an. Bleuer Feldzug ders Greßfürften wider den
Khan 208. Vernichtung der vuffifden Fahrzeuge; dreytaͤgige
Schlacht; die Ruſſen fliegen: 209. Außerordentliche Krankheit
des Khaus; er unterwirft fih und fein Land dem Großfürfſten;
fein und feines Nachfolgers Tod 211. Schich Alei Alejarowitſch
wird Ahan; Unzufriedenheit bee Kaſaner e12. Sahib⸗Cerai
erhält die Regierung; die Tartarn tödten bie NRuffen und ale
anderen Ausländer 214. Des unglüudlicden Khans Ankunft is
Moskau; das leßte ruffifche Erbfuͤrfienthum kommt unter bie
Herrfchaft des Großfärften 215. Verhaͤltniß der tartariſchen
Machbarn des rufjifchen Reichs in’ den lepten Jahren der Regie
zung des Großfuͤrſten 217. Der Großfuͤrſt ſchliebt Friede mit
den Kaſanern, und beſtätigt den Khan Saffa⸗Kerai in feiner
Würde; der Großfuͤrft ifl zezwungen ein Heer wider ihn zu
ſchicken 219. Schreckliches Blutbad und großer Verluſt der Tar⸗
tarn 220. Tod des berühmten Astalek; Verzagtheit der Ruſ⸗
fen 221. Friede mit den Tartaren; fie unterwerfen 'fih aufs
neue 222. Die Kafaner vertreiben ihren Khan und erhalten
Zins Mlei zu ihrem Kegenten 224. Waſtlei Iwan:
witſſch nenne fih Czar und Beherrſcher aller Ruſſen; fein
Tod; Iwan Waſſiljew itſch II. erlangt als ein dreylaͤh⸗
riges Kind die Thranfolge; Kafan entzieht ſich der vuffilden
Oberherrſchaft 226.. Gchredliche Unordnung und Verwirrung;
Iwan beflraft die Urheber; nennt ſich Ezar, und ſucht fein
Land zu beglüden 227. Er wird zu Moskau gekrönt und ven
mählt ih e28. Schickt einen Geſandten an Kaifer Earl V.
nach Augsburg 230, Zieht mit Genehmigung des Kaifers an
Inhalt.
300 Künſtler in fein Reich 231. Die Lübecker Halten dieſe Leute
an 232. Große Seuersbrunft und Aufruhr in Moskau; won
beftraft die Empoͤrer; er erobert Kaſan wieder, und erweitert ſein
Reich durch Aſtrachan 233. Er erzeigt der deutſchen Nation feine
beſondere Achtung 235. Beguͤnfligt die Englaͤnder; der Czar er⸗
bäle durch. die Eroberung yon Narva einen fehr wahl gelegenen
Handelsplag ‚und erweitert feine Staaten 238. Er ſchließt ein
Freundſchaftsbündniß mit England 239. Verſchwoͤrung wider
ihn.) Harte Ahndung 240. Verſchiedene Verbundene zum Um⸗
fluese des Throns; ſelbſt Unſchuldige werden mit dem Tode
beſtraft 241. Große Ginrichtungen in Moskau' 246. Der
E;ar erbauet eine Menge Feſtungen und Flecken, verliert aber
riele Eroberungen und feinen Ehronerben 247. Er ertheilt dem
päpfilichen Legaten feine Abfertigung 248. Drevjähriger Waf⸗
kenftillſtand mit Schweden; verftehter Friede mit den Kafanern
254. Die Kafaner treiben die Rufen zuruͤck; Rußland vergrös |
fert ih durch Sibirien 255. Sonderbare Art die Unkeuſchheit |
zu befirafen 260. Fünftägiges Treffen in Eibirien 265. Der j
Kofalenanführer Jermak überwindet die Tartarn 268. Lepte
Befhaftigungen des Ejars 273, Gein Tod 274. Sein Sohn
Fedor beſteigt den Ihren, aber deſſen Schwager Boris bringt bald
den größten Theil ber Regierung an fi 27 5: Der Handel nad
Archangel wird allen Nationen eröffnet 279. "Boris bemaͤchtigt
fid immer mehr und mehr der Regierung des biödfinnigen Fe⸗
dors 280. Gr fährt fort, alle ibm im Wege ſtehenden Perſo⸗
nen fort zu ſchaffen 234. Laßt den einzigen Thronerben, Demez
trius, morden 284.
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