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Full text of "D.E. Wagners Geschichte des Russischen Reiches, von den Ältesten bis auf die neuesten Zeiten : Neu Bearbeitet und bis zum Tilsiter frieden Fortgesetzt"

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Sn 


’ 


Y 


D» €, Wagners 


Geeſchichte 


— des 
ruſſiſchen Reiches, 
| on i GV 2 


den älteften Bis auf die neueſten Seiten, 


Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefeßt, 








Erſter Band 


—— — —— — 


. — — ERS ER NENNE NE NR AR nn - 


Sen 2 PH. Bauer. 


W\8 


V DK4O 
| vd. 


Sefchichte I 
| bes. ws 


ruſſiſchen Reiches. 


70861 





Borrede 


De: Berausgeber dieſer ruffiſchen Ge⸗ 


wdichte wuͤnſchte dem Publicum Wagners 
Werk abgekuͤrzt zu liefern. Der dieſe Ausga⸗ 
bemit dem Originale vergleicht, wird finden, 
daß fie fein Rachdruck ſey denn Wagners 
Styl ift für unfere Leſer zu ungenießbar 
als daß man das was er auftiſchte, ſo 
hingeben Eonnte, wie es ift. & fonderbar 
auch Wagners Rechtfertigung klingt, die 
er dem neunten Theile ſeiner Geſchichte des 
europaͤiſchen Nordens vorſetzt, und ſo fehr 
ihn auch die allgemeine deutfche Bibliothek. 
in Schuß nimmt; fo Bleibt doch alles, was 
er niederſchrieb, ein undeutfcher und ungras 
matifalifcher Galimathias, von dem ihn. 

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Ri. vor. ein Seht ‚made an. Krieg dei - Kette 
ponliſchen Königs, Mithridat. des Großen, die Masricten . 
Xboralanen oder Koralanen. den Römern und ihren —— | 
Unterthanen, den. Griechen, merkwuͤrdig, und. ‚der wohner ber 
griechiſche Erdbefdreibey GStrabo ſehet fie in.diestefiend. | 
noͤrdlichſten Felder gwifchen dem Zanais und Varv⸗ 
ſihenes, indem er nit weiß, ob jenſeits ihnen MY 
andere. Leute wohnen, Beym 8 igansiner. 3 obaum 
Zpeges findet man, daß die ehedem unter dem Rohr 
men der Tauroſkythen bekanuten Voͤlker zu feiner 
Zeit häufiger Rhos ‚genannt wurden; und hieraus 
läge ſich fließen, daß, die, vorher am Arares geſeſ⸗ 
fenen, Rhoſſen fi. in, Diefe Begeud außgebreitet, ‘oder - 
diefelbe.mit aaͤnzliche Verlaſſung ihres erſleren Wohn ⸗· 
ſihes eingenommen „und ſolchergeſtalt qus Vereini⸗ 
sung ber beyden Völker, Rhos ‚und Alanen , eines. 
unter dem Nahmen der Rporafanen entſtanden ſey. 
Ferner wird diefer Kporalanen uuter den Kaifern 
Otho, Hadrian, Marcus Karelius, und 
Sallien, wie auch unter dem gothiſchen Könige 


2. € Wagners 
Geſchichte 
— 
ruſſiſchen Reiches, 
den älteften bis auf die neueften Zeiten, 


Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefest, 








Erſter Band 


a ne 


u BE RN ——  — 
Wien, 1810. 


Ben ©. Ph. Bauer. 


v.\-?. 


Sefgicte 
| er 


ruffifhen Reiches. 





270861 





BT rede.“ 

9 er Herausgeber dieſer ruſſiſchen Ge⸗ 
ſchichte wuͤnſchte dem Yublicum Wagners 
Werk abgekuͤrzt zu liefern. Der dieſe Ausga⸗ 
bemit dem Originale vergleicht, wird finden, 
dat fie kein Roechdruck ſey: denn Wagners 
Styl ift für unfere Leſer zu ungenießbar/ 
als daß man das was er auftifchte, ſo 
hingeben konnte wie es ift. © fonderbar 
auch Wagners Kechtfertigung klingt, die 
er dem neunten Theile feiner Geſchichte des 
europaͤiſchen Nordens vorſetzt, und ſo ſehr 
ihn auch die allgemeine deutſche Bibliothek. 
in Schuß nimmt; fo bleibt doch alles, was 
er niederſchrieb, ein undeutſcher und ungra⸗ 
matikaliſcher Galimathias, von dem ihn 

Ya 


N, 


vo Borrede 

der Herausgeber wenigſtens in etwas 

| einigen fuchte, Diefe Befchichte follte eiger 

lich ganz ufngearbeitet werben; denn au 
über das Hiftorifche batder H erausgeber 

Manches am Herzen, das er in den Roten n 

hier und da leicht berüßren. konnte. Ma 


ches hat der Herausgeber anders als W 


ner geſagt, weil er einſab, daß ihn, ho 
er die Stelle wie fie war, gelaffen , n 
| mand berſtanden batte. Der Siferil 
glaube ic), bat doch kein Privilegium exc 
sivum die Sefer mit einem trocenen, unde 
ſchen und nungrammatikaliſchen Style 
| martern, da er bey den Alten fo ſcht 
Vorbilder findet, und wir nicht in d 
Zeitpuncte (eben, in dem wir gezwung 
wären, einen gefunden Kern in einer wur 
ſtichigen Schale zu vermaßren. 


[ . 
— — — — 
’ 7 


Einleitung 





Kur, vor Chriſti Geburt machte «in, Krieg des Kette 
pontifhen Königs, Mithridat. des Großen, die Rachtichten 
Khozalanen. oder Kozalanen den Römern und ipren Kubland u. 
Unterthanen, deu. Gricchen, merkwuͤrdig, uud der wohner bes 
griechiſche Erdbeſchreibe⸗ Strabo fepes fie in. die irefſend. 
nördlichen Feldex zwiſchen dem Taugis und Barb⸗ 

Ahenes , indem er nit weiß, ob jeuſeits ihnen woch 

andere Beute wohnen, Beym B izantiner Jo h auu 
Zzeges findet matj. daß die ehedem unter Dem Nab⸗ 

men der Zaurof£pthen, befannten Völker zu feiner 

Zeit Bäufiger Rhos ‚genannt wurden; und hieraus 

löst ſich fließen, daß, die. vorher am Arazes geſeſ⸗ 

fenen. Rhoffen ſich im, diefe Gegend ausgebreitet, der - 
diefeibe mit gaͤnzlicher Berlofung ihres mfleren Mole: ·⸗· 
ſihes eingenommen ‚ und. ſolchergeſtalt qus Vereini⸗ 

sung der beyden Völker, Rhos ‚und Alanen, eines. 

unter dem Nahmen ber Rhoralanen entflanden ſey. 

Ferner wird dieſer Fhoralanen uiter den Kaiſern 

Otho, Hadrian, Marcus Anrelius, und 
Gallien, wie auch unter dem gothiſchen Könige 


Einleitung, 7 


Roſſen oder Ruſſen in ihrem. vormahligem Lande ges 
Uieben, lehrot uns das bertiniſche Jahrbuch un 
w.den Frauken uud das nikoniſche unter. den 
Rufen. Das erſtere berichtet unter dem Jahre 839: : 
der griediſche Kalſer Th eogh zlus babe bey einer 
Geſandtſchaft, dje.er an den, deutſchen Kaiſer Lud⸗ 
wig den Frommen abfertigte, . ‚einige Leute mitges 
bit, die. nach ihrer Ausfage, zu einen Volke Nah⸗ 
mens Rhos geboͤrten, und ‚gan. ihrem Koͤnige, wel⸗ 
cher dem Ehrentitel Koatan führte, zur Unterhaltung 
bes guten; Bernehuens,on den „griehifhen Hef nr - 
* murdreg, loben. der. ‚tanansinnpelitanifpe Kai⸗ 
fer ſchriftlich den deutſchen Kaifen erfuchte, gedachteij 
Seuten allen Porfchub gu un... deinit, fie. durchs Be» 
bieth ‚des deutſchen: Kaifers wieder. in ihr Baterland, 
delangen moͤchten, weil die, Wege, durch welde Be 
nach. Goufiaufigopel gefommen ‚waren , ur „une, 
freundſchaftliche uud febr wilde, Völker singen, weh» 
wegen ber caufkantiuppolifauifche, Kaifer wünfhfe, £ 
auf einem ſicheren Rage war. Haufe gu ſchaffen. 
aber 2ud wig Grund zu haben meinte, in die Bar 
beit Diefer ihrer Ausſagen ein ‚Mißtrauen zu fegen 
und durch feine angsfiellge Hmterfuchung. entdeckt zu 
haber gzlaubte, daß. fin. Schweden waͤren, und unter 
dem ſchoͤnen Barmwande, als wenn fie in- einer freunde 
ſchaftlichen Abſrcht bepde -Raiferhöfe beſuchten, beude 
Reihe aus ſpaͤhen mallten;: fo haͤtte er. beihloßen‘, fie, 
fo lange. anzubalten, bis er vau der, Wahrheit ober 
Zalibeit ihren Avsſace volliges Licht erhielte. Dag 
mikomiſche Jabrbuch, welchas aber. wahrfheinlih 
viele Zuſügze zu dem wahren neforfhen Terte 
enthält, worenter vermuchlich dieſe Stelle gehört, 
die wahrſcheinlich aus dem malarifhen Stufen 
buche, wo fie ſteht, genommen worden, erzähle une 
ter dem unzechten Sabre 876, daß in dem Kriegs⸗ 


Einfeitung, - 9 
weiß , daß der. fianifche Voͤlkerſtamm füß- vom dußer- 


Ren Norden und Weſten von Europa, oſtwaͤrts über . 
den Ural bis an den Ob, tief. im Sibirien binein, » 


füdwärts bis an die Wolga und-das finnifhe Meer 


Sinumter erſt reckt habe, ollepthalben. aber, mit Aus 


wnhıne der einzigen Ungarn, in fpdteren. Zeiten von 
andern Voͤlkerſchaften unterjocht worden iſt; ‚fo {0 
mehr als wahrſcheinlich, dag der allergrößte: Theil 
der Einwohner, welche die Slaven hey ihrer Eiu⸗ 
wandernug hier fanden, aus Fintzen beſtand, und 
die Kette ihrer sufausmenhängenden Befgungen nur hier 
uud ‚ha Durch nehr kriegeriſche Völker von mendifcher 


und gochiſchrr Herkunft. unterbrochen wurde, Unge . 


fähe im der Bitte des fünften Jahrhunderts gründen 
te Rij, nebß feinen Brüdern Schtſchek (Sek) 
und Chorin nehf ihrer. Schweſter Zubed, die 
mit · viclen Slaven bierber. kamen,ſelhſt aber : viele 
feige night. gu, dieſem Wolke, ſondern etwa zu den 
‚Huunen. oder Amaten gehörten, am Dnjepr: die Stadt 
Kiew; andere Sladen ſehten fich am der. Wolchov. 


Hier. ward von ‚Ihnen am See Ylmen, ber. vorbes. 


Meift hieß, eine Stadt. Slowenff,, deren Gedaͤcht⸗ 


ni noch dee Ort Starogodiſcheſche aufbewahret, eut- 
wcher ſchon augetroffen, oder aufgebauet. Dieſe 


wurde darch Peſt und. Krieg zwep Mahl verwüſtet; 
tine geraume Zeit nochher legten die Slaven unweit 
derfelben eine andere an. bie ie Vowgorod ober Neu⸗ 
ſtadt hießen, weiche. Benennung mit old ein Bes 
weis. vom Daſeyn einer diiern Stadt angefehen wer⸗ 
den mtag. : Die geſchahe entweder ſchon vor Rus 
rits und feinen Brüder Ankunft, oder auf die Bere 
anfleltung diefes: Negenten.. Denn meines Erachtens 
haben die, welche das Grſtere behnupten; wenigfieng 


eben ſo wigtige Gründe für ſich, als die, welche dos 


vu zu beweifen fügen, 


v⸗ 


. Einfeitting. u 
fl in den hordifchen —— der Seal⸗ 
den amfkewährt, und ad’ Veänfelben dom ' Gars, 
Gnoreo, Lorfänd dd, adderh Sanirälern der 
Rachriciteä "dlierer fcheibtnabtfgier SEHEN 
in ihre Werke kingerrageh® Werben. 

860 \ermatiitich Rh de ya ih" — u Fi 860. 
‘Baren Bölferfraften in‘ Be und “beft freßeten ſich 

von diefer Laſt. Allein dieſe Veftcynng non. "eine, ne 
ausländischen Unterbihäuhg" veranlaßte einen "ange 6. 2 
betrenloſen Zufand ‚iu iveftgem pblöß das Hecht der .. 
Stärke galt, welches fogleich fo viel Üapeif' Riftete‘ . 
das hie alle darin uͤbereinſtimmten daß kein "atdereh \ 
Häffsmirtel jr Hebung, dieſer Krankheit vorhauden 

fer, als baß man ein ‚Dberfgupt” erwäßlte. Rab: 

dem mar Färäder berachſchlagte ob man ſolches aus 

ſeinem eigenen Mittel nehinen, Dder Inter den ‚Shot 

foren, zu Ric, oder ug ter dem, Wardgerk äuffur 

den follte; fo erkannte ia endlich die‘ Watãge 

weiche Ruflen hießen, für die angemeſſenſten. ar 
ſchmeichelte der Bortrag der Geſandtſchaft, die fie zu 
ihnen (gute! So Fautere & :: zunfer Sande m: groͤß, 
und hat an ae Ueberflußz 9 aber Keine Ord⸗ 
nung. darin, Kommt ale gu uns, ‚über. und‘ zu herr» 
ſWen nnd und'ju‘. befiged,", Aela deeſe —* 
fücdteten dd. fo, ichr. wor. Bernwilden. Lcbensant und 
den rauhen⸗ Suten dieſer Voͤlter, duß“eh vie Mühe 
koſtete, ehtz üich dach Binden s.amgnfabena. Leute unter 
ihrem Volle, Kurit, Sinus und Tremor, 
zur Annghine vrsfetsen entſchloͤſfen worauf das Ans 
feben , in welchem fie fanden, uebft der Hoffnung, 

von ihnen für diefen Dienft reichliche Belohnungen zu 
empfangen, eine große Menge ihrer Landsleute ber 

wog, an ihrem” Pünftigen Schickſale Theil gu neh» .g6n. 
men, und nebft ihnen im Sabre 862 das bisherige Rurik, Si⸗ 


Baterland mit der Gegend um Rowsorod gu vertau⸗ 5* ‚are 


* 


— 


* 


Erſter Abſchnitt. 
Vom Anfange des ruſſiſchen Reiches im’ J 
Jahre 862 bis zu deſſen Bezwingung durch 


die Tatarn im Jahre 1237. 


D. erſte Sorge der netten Oberhaͤupter, weld⸗ Mi Bd 
dr nowgorodiſchen Ruſſen zu ſich beriefen, ging dahin Aiften 


ihre Unterthanen zu beſſeren Sitten und einem... das ruſſiſche 


dentlichen Leben zu gewoͤhnen, und zugleich in var⸗ a 
zaglicheren Vertheidig ungsſtand mider die Anfaͤlle ded 
Feinde, welchen fie ſelbſt durch ihre Wehrlo ſigkeit hie 
Ubewindung Bisher erleichtert hatten, zu ſehen. Zu 
beyden Abfichten diente das Mittel, daß fie aus ifo 

sa Maͤlders in Städte zuſammengezogen; und dien 
ſe, fo viel Den Wardgern felbR ihre ſehr eingeſchraͤnk⸗ 

ten Kenntaifje in der buͤrgerlichen ſowohl as Kriegs⸗ 
bankunſt ne rgoͤunten, befeſtigt wurden. Deßwegen 
baute Ru zit Ladoga an einer zur Abwehr der aus 

der Oſtſee kommenden WWardges bequemen Gtelle , 
und ſchlag ſelbſt hier feinen Sit auf; Sineus 
aber wählte die Gegend am weißen See ober Belo⸗ 
ſero, und Truwor bie Gegend am Bade Ife, 
wo er Johan? erbanete, wodurch ber erfiere den Bis 
ermiern, der andere den Eſth⸗ und Liefländern die 
ferntre Benurubigung ihrer Unterſaſſen erſchwerte. 
Zwar mißfielen manchen Nowgoroden die neuen Ein- 
richtungen, und fie. meinten, ‚daß die, welche fie gu 
Iren Beſchirmern gewählt hätten, die von ihnen de 
sebene Gewalt mißbrauchten, und anf ihre Koflen 
de Waraͤger ju der Abficht beguͤuſtigten, als wol. 





des ruſſiſchen High. 1a 
xridhrig war, ermannte, mit den Staaten, die er 
breeitd beſaß. Dleg zog an der Spige eineszahle 


seien Heeres von Wardgern, Tſchuden und Glas 


ven zur Erweiterung feiner Herrfhaft aus, und . 


nahm Smolensk und Kiew im Shs 332 durd Lift 
einz er Ind wähmlih den Oskold und Dir als 
Landslente zu einem freundfchaftlichen., Sefpräge, 
und Tieß fie durch verborgene Bewaffuete töbten. 
Kiew beftimmte er zur Hauptßadst des nunmeh⸗ 
rigen Reiches, welches er noch ferner durch Krieg: 
wider die Chofaren und Unterwerfung der. Drewier, 
Sewerier und Radimisfihen vergrößerte. Allen die⸗ 


fen Orten legte er beſtimmte Steuern auf, wowon 
die, welche die Nowgoroder eilegten, aus .gop Gris 


wen befiand. (Griwe if ein ‚Wort, ‚welches ver⸗ 
muthlich mit dem bentfchen Bart gleichhedeusend if, 
das man von Gold⸗ und Silbergemicht braucht, 
indem es ein Gewicht anzeige. welch es fi nah 


883. 
J 


Seſchaffenhtit der Zeit und der abgemagenen Mater 


rie veränderte.) Die Auswanderung. der Ugern ober 
Madjaren (nad der Sdreibart Magparen) aus Afien 
nach Europa unterbrach eine... Weile. feine Siege, 


Bon ihnen verliefen 216000 Bewaffnete unter ihrem 


Haupte Almus im Jahre 384, ihr bigberiges ‚gar 
terland , ein neues gu fügen. Lange fanden fie ne 
der einen gehahnten Weg noch bewohnte: Drie, un 
mußten bloß von der Jagd und Fiſcherey leben, bis 


hie bey Susdal die ruffifche Grenze betraten. Von 


da rüdten fie, ohne Widerſtand angutzeffeg, bis Kiew 
vor. Allein hier ging ihnen Dieg, mit fieben ku⸗ 


mariſchen Herzogen (vielleicht Haͤuptexu einiger von 


ihm bezwungenen Chofaren) , die er zug. Verſtaͤrkung 


feiner eigenen Manuſchaft berbep: gerufen Haste, mit. 
bewedrter Hand anlaggen, uud es kam zu einer blu⸗ 


tigen Schlacht. Doch fugten die Dam, und zwatz⸗ 


884. . 


des ruſſiſchen Reichs. 17 
fien'aub god andere Pferde, wie duch. 3000 Mail 
Silbber und zoo. am Golde uͤberlieferte. Endlich er⸗ 
hielt dieſer eue Wirth und das beſtaͤndige Anhalten 
der bey Ihnen. verhatrenden ruſſiſchen Geißeln fo. viel 
bey ihnen, daß Me nach Befdtigumgides zwiſchen ih⸗ 
nen errichteten unverbruͤchlichen guten: Vernehmens, 
nach: einem. mon athlichen Verwerilen zu Halitſch durch 
den Wald Howos, durch welchen ihnen: 2000 halit⸗ 
ſchiſche Bogruſchuͤzer und 3000 Bauern den Way 
bahnen mußten, eiwa im Jahre 889 in Pangmnirn 
eiuruckten. F 

Doch erholte: ſich Den des. Kierbep gehabten 409. 
Berlaftes am: dem -confantinopolimmifhen Kaiſerthu⸗ Dieg untere 
we gur Sald. "Denn im. Jahre 904 ‚Bing er mit ſer⸗ Feldzug nach 
Her Reiterey Und: 2060 Fabrzeugen,im deren. jedes bel der ci 
er go Mann. eiafchiffte auf Eouffadtinppel los. Die nen ihm vor: 
Reiterey drang unter großen, Verheerungen, und nache theilhaften 
demſie viele Beute un⸗ Menſchen und Guͤtern machte, —— 
vdhne Hiaderniß bis zu dieſer Hauptſtadt des griechi⸗ ſchen Kaiſer⸗ 
Ichen Xeſches und Die. Fahrzergr gelangten, als fir — Be 
den -Eanat:gefperrt;faniden:, miteelſſt ulerlegter Ri 
der Kit eine aaa Winde glücklich andie Stadt. 
un harken die Ralfer Leo und Merander- um 
Herden, aubo Olecig ernauntq Abgordaete, Cork 
D brrelod ph, Weremund, Kulay vnd Ste 
BE: Tolgeniwit ihren gu ‚Eonfäntinnpel sabjufglie- 

Mar Var ihm Befagdten Speifenind Meine aber - 
weolse er Yefwrgeninit anachman nwdil er beforg- 
Birdafige veraiftee pn möchten. Mon:.ging unter 
adden Pigeney ediagungen eis: dig Mriechen Sole 
ewhe jedesırsffifhe Schiff a Ahrimen „iund Uber 
dieß den Städten Kiew, als deut ähern;des Orafe 
füren, Efcheraigäw , -Persiadlawı Molteſt, Bottom, 
Luberkh und den ithrigen,, in welchen: Sehensfürfien 
regierten, ein frenpwiltiges Geſcheuf wm; auch den 

Geſch. Rußl. ı. ‚Rod, 


— 


 defffhen Reich 19 
che, mit dem Tode am Orte des verühten Verbre⸗ 
chens buͤßen. Wofern aber der Thaͤter entwichen 
waͤre, und ein Vermögen hinterließe; fo ſollten von 
demſelben der naͤchſte Verwandte und die Frau des 


Erfhlagenen ben Theil bekommen, welden ihnen 


das Gefeg zuerkennt. Wer einen wund flüge oder 


hauete, follte fünf Pfund Silber nach ruſſiſchem Zus 
Be erlegen. Befäße er nicht fo viel, fo müffe er Alles, 


was er habe, fügar feine Unterhoſen Bergeden, und ei⸗ 
nen Eid nach feiner Religion ſchwoͤren, daß er nichts 
behalte. Der Todtſchlag eines auf der That etgriffe- 
sen Diedes ward für ſtraflos erklaͤret. Geſtohlene 
oder gerandte Suͤter follten, über das Geraubte oder 
Geſtohlene, dreyfach erftattet werden, Die beyder- 
‚ feitigen Untertbanen folten den Schiffen des aude⸗ 
zen Theiles, wenn ſolche verſchlagen würden, Schiffs 
bruch oder andere Noth litten, alle möglihe Huͤlfe 


Seifen, auch wenn fie einen Meuſchen als eine Ge .- - 


fangenen entweder in ihrem Lande ober anders 109 
anträfen, ausläfen, wofuͤr ihnen die Koflen vonden 


Herrn, dem derfelbe als Unterthan gehoͤrt, gu erftate 


ten wären. Entlaufene, Entführte, ober auch ſol⸗ 
&e , die: ſich ſelbſt verkauften, follten ohne Entgeld 
jurhdgegeben werden. Die Verlaffenfchaft der Ruf 
fen, mein einige in Griechenland in kaiſerlichen 


Dienften ſtuͤrben, ſollte ihren gefeglichen oder teſtg⸗ 


mentariſchen Erben eingebaͤndigt; aus Rußland eat 
wichine Mifferhäter aber nach erhobener Klage feſt⸗ 
gefrgt, und fo den Ruſſen Überliefere werben, \ 

ı Bald hernach ſtarb diefer Großfuͤrſt. Das gar 


un Er.) “ 


rn Yo 


se Bolk beweinte ihn, und zu Neſt or s Zeit fahe — * os. 


man noch feinen Grabpägel auf dem Berge Ss 
kowitza. 


Den Drewiern (bien fein Tod eine gute Gele, Igor wich gu 


denheit ih wieder unabhängig ju machen. Sie wei⸗ 
8a 


jew —* 


Rachfolger. 


l 


des ruffifhen Heihes, - Ki 
zur Vertheidigung ber Küften fortſchickte, wegen ih⸗ 


rer Unbrauchbarkeit zuruͤckblieben. Auf dieſe beruhe⸗ 


Se jegt- alle Hoffuung einiger Rettung. Der Kaiſer 
rüſtete ſich anfs eiligfie mach Möglichkeit aus, und 
verfahe fih mit dem griegifchen Feuer. Igor, der 
jedem diefer Schiffe faſt taufend entgegen flellen 
Fonnte, Dachte, als er fie auf fich aufegeln fahe, fo 
wenig daran, fie zu vermeiden, daB er befahl, fie 
eingufchließen, und ihnen fo die Möglichkeit des Eut⸗ 


kommens abzufcheiden.. Sie kamen alfo in die Mitte‘. 


der ruffifchen Schiffe, und konnten nun, da fie die 
Windſtille begünftigte, mit der größten Bequemlich⸗ 
keit ihr griechifches: Zener anbringen, und im Augen⸗ 


blicke über die ganze ruffifihe Flotte verbreiten. Wen . 


nige Bahrzeuge entkamen bloß darum, weil fie über 
die feichten Orte geben kounten, wohin fie bie groͤ⸗ 
Bern Schiffe zu: verfolgen nicht vermochten. Don 


den meiſten aber mußten bie Leute, um nicht zuvere 


Brennen, fib ins Meer flürgen. Denen hingegen, 
welche fi mittlerweile in Kleinafien mit Plündern 


and Berwuͤſten beſchaͤftigten, fügten gu Lande Bars. 


danes, Phokas und Johaun Kurfuas 
ſo viel Schaden zu, daß ſie, dem Schwerte derſel⸗ 


ben zu entgehen, ſich wieder einſchifften. In dieſem 


Zuſtande verharrten fie, bis ihre Lebensmittel aufs 


gezehret waren, Aber als fie, dadurch gezwungen, 


endlich die Heimfahrt zur See autraten, griff fie die 
griechiſche Flotte nochmahls an, und fügte ihnen in 
zwey Schlachten fo viel Schaden zu , daß von die 
fem fo zahlreichen Heere die allerwenigften ihr Vaters 
land wieder fahen , und biefe Burückgefommenen 
ihren gu Haufe gebliebenen Laudsleuten eine fo fuͤrch⸗ 
terlihe Vorflellung von den Wirkungen des: griecht» 
fhen Feuers machten, dab die vormahlige Begierde 
au ben griechiſchen Kriegen fehr erkaltete. Igor 


/ 


a2 Erfier Abſchnitt. Anfang 


tkraf zwar große Anftalten‘, ſich fir den in bief 
Fuge erlittenen Verluſt Durch einen andern gu entfd 
digen, indem er nicht nur von eigenen Unterthat 
ein zahlreicheres Heer fammelte , fondern and fre 
0 de Wardger und Petfchenegen dazu in Gold naf 
944. Doch. als er im Jahre 944 mit einem fo za 
Zer erriche reichen Heere von eigeneg Unterthanen und Sr: 
griechiſchen den an die Donau kam; und der griedifche Hof 
. Kaiferthume durch eine Geſandtſchaft erboth, ſeine Freundſch 
vn Sn noch um einen theuerern Preis, als er Oleg 
Sreunds Dafür bezahlt Hatte, zu erkaufen; auch zugleich 
en Petſchenegen durch reichlihe Geſchenke zu gewint 
teachtete; fo hielt er nach einer mit den Seini; 
sugeftellten Weberlegung rathſamer, bierein zu wi 

gen , als es auf den Krieg ankommen zu Lafl 

Nah dieſem Entfhluffe ließ er die Petfchenegen , 
Bulgoren, ald welche fo wohl jegt als im Ja 

941 fi als Freunde des griechifhen Reiches ben 

ſen, befriegen; und ſchloß mittels einer Geſaudtſch 

245. im Sabre 945 mit deu griedifhen Kaifern Ro mc 
Stephan und Lonfantiu einen Frieden, ! 

‚ fo lange dir Sonne ſcheint, und die Welt flieht, d 
fen ſollte. Su demſelben machte man zu den v 
mahligen Versrägeh noch mehrere Zufäge, Die ı 

- Afchen Geſandten zu Eonflantinopel nahmen’ den € 
(wur auf den Vertrag ben Griechen ab; und hi 
guf ging eine griechifche Geſandtſchaft zu Igor, ı 
demſelbeü ein. Gleiches zu begehren. Auf diefes ( 
ſuch beſtimmte Igor diefer Geſandtſchaft einen T 
an welchem er und feine Hofleunte, die gleich i 
Heiden waren, ia ihrer Gegenwart auf dem Huͤt 
wo Perun hand, ihre Gewehre, ‚Helme, Schil 
wie and) alles Geſchmeide und Metal von fi | 
‚sen, und fo nad ihrer Religion den Eid leiſtel 
Die getguften Rufen ober (denn fon bekaun 


! 


/ 


bes ruſſiſchen Reichee. ⸗ 


manche, beſonders viele Waraͤger, ſich zum Chriſten⸗ 
thume) thaten Ihn gleichfalls, im Beyſeyn der griechig 
ſchen Sefandten ihrer Hauptkirche, der. Kirche des 
5, Elias, bey dem Bade am Ende einer Einſtede 
ley in Ehofarin. Der Ertrag desjenigen, was 
JIgor und feine Soldaten mistelft diefes: Krieges 
und Friedensſchluſſes von den Griechen: befamen, 
muß, befonders wenn man feine Darauf verwendete 
Koſten berechuet , wohl ni beträchtlich geweſen 
ſeyn. 

Denn gleich nad den Krieg führten die Soldas Igor wird 
ten Beſchwerde gegen Igor, daß er nebſt ihnen an "or denDer: 
Kleidern und Waffen Roth liste, indes Sweneld ſchlagen. 
und deffen Leute ſich von dem mäfleten, was er ihnen 
darch eine unüberlegte Freygebigkeit geſchenkt hatte. | 
Daher verlangten fie, daB er für Ah. und fie aus 
eben der Quelle fhöpfen ſollte, welhe Swenel« 
Den und deſſen Mannfchaft ſo reichlich ernäbete, 
Igor gab ihnen Gehör, und ging mit einem hin 
reichenden Heere zu den Drewiern, und erpreßte: ein 
Aufebnliches von denfeldben. Ein fo gutes Gelingen 
erweckte die Begierde mehr vyn ihnen abzuhohlen, 
wovon er den groͤßern Theil für fi zu behalten 
dachte. Daher ſchickte er den größten heil feines 
Heeres mit dem, was fle durch diefes Mittel bekom⸗ 
men batten, nach Haufe, und: kehrte mir einer gerine 
gen Bededung zu den Drewiern ‚zuräd, eine neue 
Forderung an fie zu hun. Vergeblich bemühten fi 
dieſe, ide durch die Vorſtellung, daß fie fchon mehr 
als fie fündig wären, an ihn: Bezahlt hätten, von 
feinem Borfage abzuhringen; er beſtand auf feinen 
Borderung, anb reiste durch feine Habſucht die Dre 
wier fo fehr, daß fie den Entſchluß faßten, Igorn, 
deu fie. mit einem reißenden. Wölfe verglihen, mit Der 
waffneter Hand anzugteifen. Bor Korofien , der 


2 Erſter Abſchnitt. Anfang. 
Hauptiſtadt der. Drewier, fand diefer mit feinem kl 
gen Gefolge den Tod. „ 
Igers Wit. Ihre Befugniß zu biefer That ſchien ihnen 
hr bene. Leinem Hweifel unterworfen, daß fie ſolche ſelbſt 
eierung fürgen: die, welche in der genauefien Verbindung ı 
ihren mins dem getödteten Ig or landen, zu rechtfertigen me 
EEE sen, inden fie deffen Witwe, die Grobfuͤrainn £ 
toslav. ga, die wegen derUnmändigfeit ihres Sohnes S w 
t941a wy ben den griechiſchen Schriftſtellern Sphi 
doſtlab, mit Unterſtützung deſſen Pflegevagers 2 
moud und des Feldherrn Swenel die Regieru 
abernahm, ihren Zürich Ma lImis dem Lobfpenc 
daß die drewiſchen Fuͤrſten gefittete Herren ſey 
welche ihr Land durch den Ackerbau in den bluͤhet 
fen Zuſtand vnerfegt Bätten, indes ſich Igor ı 
ein. Wolf, der. alles raubes uud zerreißet, bewie 
babe, zum Gemahl anpriefen, Allein Olga li 
- zwep Geſandtſchaften, zuſammen 70 Menfchen, | 
- aad einander mis einem ſolchen Autrage zu, ihr | 
Ä men, Dinrichten, und den Drewiern zur Antwort m 
den, daß fie denfelben aunehme, und zur Boll; 
„hung der Heiratd zu ihnen fommen wolle, wobep 
nur dieſes von ihnen ausbedinge, daß:fie gegen il 
Aukunft eine. Menge Meih bereiten möchten, dan 
fie vor der Vermaͤhlung ifrem verfiorbenen Eheg 
ten auf deu Grabe ein flandesmäßiges Trisna od 
Todteumahl halten Föune Die Drewier fchöpft 
‚weder über Diefes Begehren noch. Über das Ausbi 
‚ ben ihrer beyden Geſandtſchaften Verdacht, weil O 
sa nur ein Keiged Gefolge mit ſich brachte, ur 
als fie ſich um ihre nad Kiew geſchickten Landele 
te erkundigten, ben. Befcheid eriheilte, daß dieſelb 
mis dem übrigen Gefolge nachkiueen. Die Drewi 
Liegen ih dag Getränf beym Trisaa fo gut fu 
Een, daß die wenigen Leute der Großfürfinn 50 


1 


des ruſſiſchen Reiches. 2 


trunkener Drewier erſchlagen konnten *). Im folgenden 
Jahre 946 unternahm fie seinen ordentlichen Feldzug 
zwider diefe Feinde, die ihr entgegenrüdten. Es mach⸗ 
ie der junge Großfuͤrſt Smwätoslam durd die 
Verwundung eines drewiſchen Pferdes den Anfang 
zur Schlacht, die feine Unterthanen fo tapfer fort« 
festen, dab die Drewier eine große Stiederlage em 
litten, das Feld raͤnmen, und ſich in ihre Städte 
verſchließen mußten. Die: Bezwingung der übrigen 
foßete weder viele Zeit noch Blut, und die Ucher« 
winder legten denſelben nath. der Uebergobe eine Scha⸗ 
Hung nad Gutbefinden auf, bey deren Lieferung 
fie die Bewohner ruhig leben, und ihre Acer 
bauen lieben, Nur Korofien vercheidigte ſich we⸗ 
gen des Bewußtſeyns, daß außer ihren Bewoh⸗ 
uern feine anderen Drewier an Igor Hand ange⸗ 
legt, und der bereits gehabten Erfahrung, wie ſchwer 
Diga diefe That geahndet, mit folder. Hart 
naͤckigkeit, daß nach einer Belagerung von einem 
ganzen Sabre Diga alle Hoffuung aufgab, fie durch 
ein anderes Mittel, ald Hunger, ſich unterwürfig zit 
machen, "Nach Verlauf diefer Zeit trug Olga ders 
felben einen Vergleich au, und die Einwohner erbo⸗ 
then fib, ihr gern nah Bermägen Honig und Pelze . 
werk zu geben, wenn fie nur verfichert ſeyn moͤch⸗ 
ten, daß fie ich wegen des Mordes an ihnen nicht: 
sähen wide._ OAg a erwiederse, fie, achte den Tod 
ihres Gemahles Dusch das dreymahlige Todtenopfer, 
fp fie ihm au Siew, durch die zwey drewiſchen Ser 
fandsfchaften, und hernach auf feinem Grabe mit 5000. 
Menſchen dargebracht, zur Genuͤge gerochen ; fie ber 
gehre alfo nichts weiter, als daß alle Dremier zur 


*) Wie Kann ein Giftoriter fo wider ale Wahrſcheinlichkeit 
In :: 1 1) 1) 7 


” € . ! 
’ Q 


26. Erfter Abſchnitt. Anfang 


vorigen Pflicht zurüͤckkehren möchten, unb weil 
wiſſe, daß die Korofdener Durch diefen Krieg 
arme wären, (o wolle fie ihnen fogar Zeit admı 
ſich gu erholen; und begehre daher gegeuwärtig { 
nichts von ihnen, ale daß jedes Haus g Sperl 

- und 3 Zauben liefere. Diefe Erflärung erfreuete 
Koroſteuner; unverzüglich uͤberſendeten fie die beg 
sen Vögel mit vielen Dankfagungen der Großfuͤrſt 
Diefe vertheilte folche unter ihr Heer mit dem 
fehle, jedem eine. angeslndete Lunte anzubinden, 

- fie fo in der Daͤmmerung fliegen zu laffen. Da 
alle diefe Bögel in diefem Suflande ihre vorigen. 
ſter wieder befuchten, gerieth die ganze Stadt in Br. 
und alle Sinmohner mußten, um nicht von den FI 
men verzehrt gu werden, heraus flüchten, ob fie fi 
ihren Feinden, ben Ruſſen, felbft in die Hände 
fen: Jegt wurden auf Diga’s Befehl die Vorne 
, . en und viele andere getödtet, audere als Leibe 
ne unter das ruffifche Heer vertheilt, die übri 

unter der Berbindlichkeit fehr ſchwerer Abgaben, 
‚son zwey Drittheile nah Kiew ,. ein Drischeill « 
nah Woſchegorod, Dlga’s Wohnfige, zu den 
fondern. Berwendungen diefer Großſürſtinn gellı 
werden mußten, in ihrer Heimath gelaffen. H 
anf Durchreifte fie mit: ihrem Sobge alle ihre ©ı 
een, und hinterließ allenthalben Deufuräpler if 
Veſuches durch Yulegung von Faͤhren und Brad 
Zuſammenziehung dee zerſtreuet wohnenden Leute 
Dörfer und Flecken, die fie bey diefer Belegen 
erbauete,.. neue Fiſchereyen und viele andere gute € 
richtungen zur Beförderung einer befferu Bevoͤlkerr 
Sittlichkeit und mehterer Drdbaung in den ©: 
Bungen. 

De te Im. Jahre 955 reife Olga nah Confi 
Ad su fon, tinopel, um fi san,en zu laſſen, wo fie vom grlı 


% 


des ruſſiſchen Reiches. 27 


(den Raifer, Eonfiantin VII. augefproden wur. flantinopel 
de, ihm zu ehelichen. Sie antwortete: als eine Hei. IF" 
dian könne fie feine Semahliun nicht ſeyn; fie bitte 
ihn alfo, zuförderft ihre Zaufe zu beforgen, und, 
wenn der Patriarch diefelbe verrichten würde, fie als 
Pathe aus. der Zaufe zu heben. Nachdem dieſes ge 
ſchahe, und fie den Nahmen der ehemahligen Mutter 
des erſten chriſtlichen Kaiſers Conſtantins des 
Großen, Helena, empfing; fo wies fie feinen Hei⸗ 
rathsantrag dadurch zuruͤck, daß jegt die chriſtlichen 
Rdigionsgefege eine Bermählung zwiſchen ihnen bey⸗ \ 
den, da er als Pathe ihr geifilicher Vater geworden 
ſey, unmöglich gemacht hätten. Ungeachtet diefer 
abſchlaͤgigen Antwort blieben Ol ga und Son ſt au⸗ 
sin doch Freunde; der Kaiſer gab ihr, als fie nach 
Haufe kehrte, reihlihe Geſchenke an Gold und Sils 
ber, verfchisdenen Eofibaren Zeugen und theuern Ge⸗ 
faͤßen, welche fie durch andere, nähmlich durch Leibe 
eigene ,; Wachs , Pelzwerl und Kriegsvoͤlker zu 
erwiedern verſprach. Als fie der Kaifer nah ide 
ser Rüdkunft an die Erfüllung ihres gegebeuen 
Berfprechens erinnern ließ, fertigte fie feine Se⸗ 
fandten mit bem Scherze ab: fie babe dad, was 
ihr der Kaiſer geneben, von demfelben als ihrem Pas . 
then empfangen, und erkenne fih daher aur auf den 
Ball zur Erwiederung verpflichtet, wenn fie den 
Kaifer aus der Taufe hübe, 

Ihrem Sohne redete fie baänfi zu, ihrem Bey⸗Ihre Bemü⸗ 
ſpiele in der Aunahme des Chriſtenthums nachzufol⸗ Man Free 
sen; aber dieſer lehnte ihr Geſuch alle Mahl durch Hegen inter. 
bie Entfäuldigung von fih ab, er würde ſich das thanen gun 
dur bey feinen Großen verdhrlih machen, ja es * 
koͤnne leicht geſchehen, daß alsdenn feine naͤchſten Ber» gen bleiben 
wandten und heſten Freunde ihn unwuͤrdig achteten, ſruchtlt. 
ferner für ihren Herso zu exleunen, Riqchts deßo we⸗ 


% 4 


28 Erfter Abſchnitt. Anfang 


niger beharrete fie, fo lange fie lebte, bey dem W 
fhe und der Hoffnung, ihren Sohn und deſſen 
terthanen zur Annahme des Chriſtenthums zu be 
950. gen, und bewarb fi dieferwegen im Jahre 960 
dem deutſchen Kaiſer Drto I. mittelſt einer Geſa 
ſchaft um Geiſtliche. Der fuͤr die Ausbreitung 
Chriſtenthums eifrige Ottto willfahrte ihr gern, 
ließ ſogleich einen Moͤnch, Libuatius, Jjum 
ſchofe von Rußlaud weihen. Aber Hindernifſſe 
zoͤgerten deſſen Abreife, and er ſtarb, ehe er ſolche au 
ten koaute, im folgenden Jahre. Dito Über 
- das durch feinen Tod erledigte Amt einem an 
Mönche Adelbert „ den er nad feiner Gott 
furcht und Freygebigkeit in den Angelegenheiten 
Religion nad Möglichkeit mit den Mitteln gu fru 
barer Ausrichtung feines Gefchäftes, deſſen Schn 
und Gefabren in Dentſchland befannt waren, | 
dahe. Doc als dieſer nach Rußland kam, fand 
bey jedermann fo großen Widerſtand, daß er fogl 
erkannte, daß alle feine Bemühungen vergeblich | 
wärden, und er bloß durch eine fihleunige Ruͤckl 
fein Leben- wider die Nachſtellungen der ‚Heiden 
halten koͤnne; er rettete auch dasfelbe mit gen 
Noth, ob er.gleich ſcurunig genug, naͤhmlich fd 
im Jahre 962, na Deutſchland zuruͤckging, im 

- &nige. feiner Gefaͤhrten auf diefem Wege erſchla 


/ 


u. 


— 


des ruſſiſchen Heiches, 89 


er ſein mannliches Alter, fo beſchloß er feine ganze. 
Seit mit Eroberungen zuzubringen; und damit er im 
den Ländern, wohin er fi wendete, allenthalben 


mit der größten Schnelligkeit fortkaͤme, Dratete er - 


felsf das Zleifh von Pferden, Ochſen uad andern 
Thieren, welches er aß, auf. Kohlen, bediente ſich 
zum Sclafa unter dem Blauen Himmel einer Pfer⸗ 


dedecke ßatt aller Unterbetten, und eines Sattels 
hatt des Korfküffend, und wollte fo weder Keſſel X 


anderes Gexaͤth, ja nit einmahl ein Belt ‚Haben, 
und jeder von feinen Rriegögefährten mußte von.i 

lernen, ſolches gu entbehren. Zuerſt wendete er Di 
im Jahre 964 an.die Dda nad. die Wolge, „wo . 

im Jahre 065 den Khakan oder Züsken der Choir 
sen überwaad, und deffen Stadr Beluweſch erober⸗ 
te, die Säfer und Kaoſoger befisgte, und. im Jahre 


966 bie Waͤtitſchen, welche bisher dan Ehofaren von 
jebem Pfluge eine Schagung erlegten, zur. Binspflig- 


tigkeit zwaug. Bey einer ſolchen Geſingung willlabr 
te ex dem Patricier Ealacpr, dem Sohne des Fürs 

ſten von Korſun, ohue Shwirrigtei, ‚als dieſer * 
im Rahmen des griechiſchan Kaiſers Nicenhor. ” 
erfuchte, das Land des Fuͤrſten von Bulgarien Petru 3 
anzugreifen, von welchem ſich der; gfiechiſche Haiſer 
aus dem Gruude. ‚beleidigt achtete, weil. Petrus 
ibm verfagte , fi. den in das griechiſche Reich drin⸗ 
genden Ungarn zu widerſeten, ebwohl P es 204 


964, 


| 965. 


966, 


dieſen Abfchlag: dur die ‚Kutfpuldigung, au red ifer⸗ 


tigen meinte, daß Man. ihn iq, eben ſolchem Falle 
wider eben diefelben Aeinde zu Coaß antinopel: bülfe 
108 gelafien, gab eben — —5 habe, iq 


uch Ni cephorus ihm nit verbrnfen nne J * 


Kan Ze Zur zu 


er ſich ſcheue, aufs. neue ſich in eben dielelben 1:7 zu 


sd 


" — 
are 
% 


sw Erſter Abſchnitt. Anfang 
tere, Iufammergejogen, aber biefer war im 2 
Bältuiffe der Weifhenegen ſo ſchwah, daß fie n 
die mindeſte Hoffunug haben konnto gegend 
Feinde etibas auszurichten. Gin Janguing weld 
feine Syahrung ir der Sprache der Petſchenegen 
Muth eiuflößte, zu verſuchen, od ver aus: ber St 
mitten durch die Petſchenegen als einer: der Ihri 
an der Dujepr kommen, mid durch Schreimnien 
den erwaͤhnten ruſfiſchen Voltern) dee jenſeits: des 
nannten Fluſſed mit ihren kleinen Fahrzragen 
aufhᷣlelten, gelangenkbante, und’ diefin Vorſag gl 
eg ausführte, oͤberbanchte denſelben dieſetrau 
x, Borhfehaft. als Breite nad die Weinigen 
ſes vernahmen, ſchiea es ihuen weniger grfaͤhrlich, 


| £ ei was wider die Werkhenegen zu verfahren; "als ſich 


- Burd, baß GE Durch Unterlaffung eines: ſolcheu V 
Ban AMftuͤtkes ihred Droßfuüeſten Mutien und. Kinder 
frindliche Gewalt gerathen ließen; Die Ahadung ih 
“in 2 Heren uzugichen, ; Sie ſchifften RG Win anbrech 
" Bein Tage ‚ein, und züchten unter Tmpeten 
uaten auf Bas petſthenegiſche Bayer‘ zus. die Kit! 
ker erhobea IE Wadraehmuug der Chlukuuft di 
Heher ein Fteudendeſiheey· "Die Prunheiegen:20 
ven nlinner alauben', daß die Rufen). weicht feit 
ger Ankauft vor Ihnen Bildudig geflohen: Waren, :i 
ſtch anterſtaͤnden ſw auzugreifen, fördern: wohdt 
‚ber Großfuͤrſt kommenaus: der Bulgared "zune !Cns 
Fe feider Hauptſtatt. In dieſem'grrihume erwa 
Ten ſie die Aukuuft vrr Euffen naicht eamahl, ſond 
verließen: ta dar geßßten Unorduumz Ipe Auger. P 
Tiech nehm an zeſchwinde die Ordpfürfine 
Yre Galel:iw feine: Fahrzeugre, um Arie Sicherl 
w beingen,. ansı Brucke; es moöchten die Wetfcheng 
Anen Irrchumꝰ mirten, uud ſeinen Muͤckweg fpen 
Nds diefe Höhen folgen: für eine:ifo gemife: A 
0 Bei 


= 


des ruſſiſchen Reihe. 33 


beit, daß ihr Fuͤrſt gegenwärtig alle feine Gebanten 
darauf richtete, wie er ben angefommenen Swdäto s⸗ 

law bewegen Bönnte, mit ihm ein Buͤndniß zu er⸗ 
richten. In diefer Abficht begab er ſich ohne Gefol⸗ 
ge zu Pretitfh, den er für Swaͤtoslaw 
hielt, und als diefen anredete. Da der zuffifche Heer⸗ 
führer aus defien.Rede den ihm vortheilbaften Irr⸗ 
thum des Petſchenegen erfuhr; fo Defefligte er ihn in 
demſelben durch den falſchen Bericht, daß er den 
Vortrab eines zahlreichen Heeres befehlige, womit 
Swäroslam ihm anf dem Fußr folge, und ver⸗ 
mochte hiermit den Petſchenegen, daß derſelbe ihm 
Freund ſchaft autrug, und, als Pretitſch ihm dies 
ſelbe zuſagte, ſein Pferd, ſeinen Saͤbel und Pfeile 
ſchenkte, welche Beſchenkung Pretit ſch mit einer 
Gegenverchrung feines Harniſches, Schildes und 
Schwertes erwiederte. Als die Kiemer dieſen Ein⸗ 
fall ber Petſchenegen dem mit feinen Eroberungen in 
Bulgarien befchaͤftigten Broßfürften meldeten, fo uͤber⸗ 
zengten fie ihn zugleich fo ſtark von der Nothwendigkeit 
feiner Rückkehr zu ihnen, daß er ſogleich fein Pferd 
beſtieg, und fein Heer nach Kiew. führte; von bier 
aber , nachdem er fi kaum die Zeit genommen, ſei⸗ 
ne Muster und Kinder gu begrüßen, wider die Pet 
ſchenegen aufbrach. Nachdem er diefelben in einer 
Feldſchlacht überwunden , ſchloß er mit ihnen einen 


Srieden, in weldem fie fih anfeifhig machten, ihn . 


zu fernerer Fortfegung feines Krieges wider den grie⸗ 
Bifchen Kaifer mit Hülfsvölfern zu unterflügen, mach⸗ 
te ex ſich fertig, .unverzüglih nad Bulgarien zurüd 
zu geben: Doch das inftändige Bitten feiner Mut- 
ter, fo lange wenigflens Bier zu bleiben, Bis er’ fie, 
die södtlich krank lag, su Grabe gebracht habe, hielt: 
ihn noch zu Haufe zurück. Nach ihrem Tode, der ſich 
drey Zage nah ihrer letzten Bitte an ihn im Jahre 

Bel. Rufl. 1. Band, & 


' 
. 


34 Erfter Abichnitt. Anfang 


969 ereignete, da man nad ihrem Verlangen 
Beforgung ihres Leichenbegdugniffes einem chrif 
ben Prieſter, den fie heimlich bey fich hielt, ledig! 
überließ , und ihr weder ein Zrisna hielt, un 
einen Grabhügel aufwarf, indem Swätrnsl« 
und deſſen geſammte Unterthanen, Ol g a's hohe? 
dienſte dergeſtalt ſchaͤhten, daß fie ihren Tod ı 
häufigen Thraͤnen beweinten, und ihr in allem diel 
Berlangen,, fo fehr dasfelbe wider ihre eigene D 
Pungsart in Religionsfahen ſtritt, Zolge leiſtet 

verharrte Swaͤtoslaw bis ins Jahr 970 in 
nen alten Staaten, weil er zur Vermeidung der | 
‚gelegenheiten , die feine erſte Entfernung denſel 
gerurfachte, noͤthig achtete, vorher ſolche Veranfi 
tangen in denfelben zu treffen, daß fie andy in ſei 

j Abweſenheit nicht nur wider Anfälle der Auswaͤ 
‚gen, fondern auch wider innerlihe Empoͤrungen 
nugſame Sicherheit erhielten. In diefer Abfiche 
fahl er feinen Unterthanen, während feiner Ent 
uung den Befehlen feiner Soͤhne, als feinen. eige 
zu gehorchen, und wies dem diteflen, Jaͤropo 
Kiew, and Oleg, das Land der Drewier zu ih 

Wohuſitzen an. Hierdurch Bielten ih die Nowgt 
der, welde in immerwäßrendem Sedächtnifie def 
sen, daß fie es geweſen, welche das Geſchlecht 
jepwüber fo weitläuftige Länder herrſcheuden Gi 
fürfen hierher Berufen hatten, und daher ſich als 
Werkmeiſter aller gluͤcklich ausgeſchlagenen Unter 
mungen der Großfuͤrſten anſahen, dergeſtalt beleid 
daß fie ihm bekannt machten, falls er ihnen kei 
eigenen Fuͤrſten gäbe, fle ſich ſelbſt einen wählen w 
den, . | 

Euůaͤtoslaw Nach diefer aemachten Einrichtung glaubte Sı 

kehri zu feis toslam für feine alten Staaten nichts befürd 


—— zu dürfen, wenn er flatt Kiew nun Perejaslam 


bes ruſſiſchen gtriches. 3 

ſeinem gewöhnlichen Aufenthalte erwaͤhlie. Auch erfor⸗ Vulgarlei 
berte die Beſchirmung diefer feiner uenen@roberung wir rät; wird 
der den neuen griechiſchen Kaifer, Zohan Zimifs pie " DBafen' 
ces; feine Gegenwart. Dein. biefar .thftete ſich, des griechi⸗ 
ifo Dicfelbe mitgewaffneter Hand abjunapunen, wade [ir Auh 
dem Swaͤtos law ſich geweigert hatte, dieſelbe sen, bieſel⸗ 
für Gelb, nach feines Reichsvorfahren Rlcepho⸗ late au vet⸗ 
rus Abſicht, wieder zu räumen. An der Spihe die 
nes anſehnlichen Heeres ging Swatos law uͤber 
den Aemus in Thracien bis an die Mauern von Adrice ' 
nopel, wo er fein Lager auffchlug. Ber griechiſche 
Feldherr Bardas Sclerus unterftank ſich nicht, 
mit feinen 12000 Hann ihm eine Schlacht zu lie⸗ 
fern, fondern hielt ach mit diefem Heere in Adriana 
pel auf, und erwättele fo eine gute Gelegenheit, ſei⸗ 

nen ſtaͤrkeen Feind durch eitte verſtellte Feigheit eins .. 

zuſchlaͤfern, und ſo zu hberwiaden. Er ſchien es daher 

sit gu achten, wenn derſelbe ihn durch tägliche Auf⸗ 
forderungen zum Gefechte, Berheerungen unter ſei⸗ 
nem Augeſichte, und Vorbeybringung des getnachten 
Raubes, als einen Zaghaften verſpottete. Sein Vor⸗ 
haben gelang; die Feinde geriethen in die größte St 
cherheit, zerſtreueten fich In Peine Haufen , vernach⸗ 
Idffigten bie Feldwachen, und bradten die Zeit im 
ihrem Lager mit Sechen und Zangen gu. Wie Bar⸗ 
das dieß ſahe, legte. er ſich mit ſeinem Heete in der 
Stile an ſolche Derter, wo es vor dem Feinde ver 
borgen wir, und ſchickte darauf den Patricier J o⸗ 
ann mit einem kleinen Haufen aus der Stadt, mit 
dem Befehle, wenn die Ruſſen auf ihn loskommen 
und ihn angteifen würden, Denfelben :den Küden 
zuzukehren, dann und warn abetr ſich wieber zum 
Gefechte umzuwenden, bis et fie auf den geaſtellten 
Hinterhalt lockte. Zum groͤßerem Vortheile für. die 
Sricchen Hatten ſich die Ruffen in drey Heere gethel⸗ 

Ca 


971. 


26 Erſter Abſchnitt. Anfang 
let ‚wovon das erſte Ruſſen und Balgaren, das aı 


dere Ungarn, und das dritte Petſchenegen ausmad 


ten, nad bloß das lette, als das naͤchſte, verfolg 


‚die rerſtelltſtuͤchtenden Griechen bis gu Ihrem Hinte 


balte, und als diefe nun nad dem habenden Befeh 
ſich zerſtreueten, und, fo ſchuell als ihre, Pferde Iaı 


fen konnten, nacheilten, ſetzte es ihnen, um fie d 


ſto leichter einzuholen, ohne Ordunng nad: Zw 
bemuͤhete es ſich, da gleich darauf die geſammte gri 
chiſche Macht in Schlachtordnung erſchien, ſich wi 
der zu fommeln, und derſelben zu widerfegen. Ab 
Bardas ließ ihnen nicht die Zeit dazu, fonde 
umringte es im Augenblide von allen Geiten,, wo 
anf es in kurzer Frift, bis auf. wenige, die ſich gu di 
beyden übrigen Heeren mit der Flucht reiteten , au 
gerieben ward. . Durch dieſe Verminderung bie 
Bardas das ruffifhe Heer für fo geſchwaͤcht, d 


er meinte, er dürfe num fiher demſelben eine Schlac 
liefern. Aber es Fam ihm auf dem Wege entgege 
und that durch feine Reiterey den Angriff. Die 


ward zwar zuruͤckgetrieben; aber fie zog fih auf il 
Fußvolk, und feßte fih dort. wieder, Das Gefe« 
dauerte fo lange fort, bis Bardas und def 
Bruder Conſtantin, zwey fowohl an Leibesgroͤ 
und Kraͤften als an Herzbaftigkeit vorzuͤgliche Kei 
de, welche durch den Tod des Hauptes des griech 


ſchen Heeres den Sieg zu verſchaffen dachten, ⸗ 
legt hatten. Denn dieſe maunhaften Thaten erregt: 
ein fo allgemeines Schrecken bey den Ruſſen, dag | 
 fogleih in voller Unordnung zu flüchten anfinge: 


Ein To guter Anfang erhöhete die Hoffuung des Kaifer 


die Ruffen aus Bulgarien gu vertreiben, und er felt 
Ä unternahm dieſes Geſchaͤft im Fruͤhlinge des Jahres 97 
mit einem großen Here, Bey dem erfien Berfud 


behielt Swäso slam einen Flügel für ſich, di 


des zuflifchen Neicyes. : - ey 
andern übergab er Icmorn, der von einer nie 
drigen Geburt, ehne partepifhe Gunſt feines Herrn, 
Bloß durch fein Verdienſt vom gemeinen Soldaten fo 
hoch hinanfgeſtiegen war, daß er, als Aa. äfler Ur⸗ 
theil der Würdigfte, wach Sphagels Tod deffen 
Hop bekleidete. Derfelbe fügte auch jegt den. Grie⸗ 
den, ſtheils durch feine Verfügungen, theils durch 
eigenhaͤndige NRicdermachung vieler von ihuen, Te großen 
Schaben zu, dab Auem as, ein Grieche, dafuͤr 
bie, daß von dem Schickſale dieſe⸗ einzigen Na 
nes das Schickſal Bender kriegenden Heerr abhaͤnge, 
‚and dieſerwegen ſein Leben. gegen Icmurg Leben 
wagte. Das Olck Keginfigtr die Kuͤhnbeit: des Grin 
‚ Gen. nr Derfelbe that einem fo;heftigen Saͤbelſtreich in 
die. ale Schulter Jomors, daß derfelbe den gan 
von Kopf mit weguabe; Mad diefer Tod zog unver» 
Füglich Die große Folge nach Ach, Bie-Anamas von 
demſtiber fih verſprochen hatte. Dern er verurfachte 
fogkeib die Zucht des ganzen suffifhen Herres, auf 
hoͤrten Die Sieger, wie ihre Gegner die ‚ganze fol- 
gende Macht über Ken. Berfüft diefes ihres Helden 
ein großes Klagegefhren- führten, : Bey : Enctleiduug 
der Eeßblagenen dieſes Tages srkaunten die Griechen 
als Ueberwinder verfihiedene Frauenzimmer, die in 
manulicher Zracht und mis ‚männlicher Zapferfeit wi⸗ 
der fie neßristen hatten. Doc dis dußerfe Verzweiß 
lung und & w.äro sl a w'g Ernuntermg floͤßten ſei⸗ 
wen ſo aft ſchan geſchlaganen Ruffen. nenen Mush in, 
Wenn wir auch die Schaude wicht achten würden, 
ſadee er, die wir uns durch die Flucht bey allen den 
Voͤlkern zuzögen, denen wir and durch fo viele Sie 
geiföchterlih gemacht haben; fo it doch Bier ung 
kein Def. zur Flucht Hbrig gelaffen,, .und mir mögen 
woden: ade nicht fa. muͤſſen wir fechten. Wir wol⸗ 
- In: daher. lieber fe Reben, und unfere Gebeine hier 


N 


nei, Biocpfainpfe grwiftfsen' then beyden 'Mit d 


a Crfler Abſchnitt, Anfang 


lafſen, als wine. ſchaͤndliche Flucht ergreifen d J 
werde euch mit gutem Beyfpiele vorgehen. Soll 
ih aber meinen Kopf verlieren, fo moͤtet ihr na 
euerm Belieben für euch forgen. - Allein alte fei 
Beute antworteten hierauf sit einem Munde: D 
dein Kepf Bleibt, foll duch der unfrige bleiben. Hi 
auf befabt-er, alle Thore von Drifire zu verfihließe 
damit. er den Ausgespgenen Feine Hoffnung ließe, fi 
durch den Rüdweg in die Stadt zu retten, ne d 
That befdmpften fie Ihre Begner fo tapfer; daß fi 
he gegen Mittag, da fit noch dazu die Laſt ihr 
ſchweren Waffes und der heiße Tag untledftele, 
weichen oiifingen. Allein bierauf rückte Ser ‚Kot 
mit feinen Hauspoͤlkern qus dem Bintertreffen 5: 
vor, und hielt mit dieſen die feindliipen Angriffe 
lange aug, vis die durch ihn Abgeloͤſten Yımih i 
auf einen ſolchen Fall von ihm in Bereitſchaft: geh 
venen Schläuche mit Waffer und: Wein ſich etfrif 
Gatten „ und wieder zu Ihren vorigen Plapen kam 
Doch auch hernach kaͤmpfte man noch mit Ungow 
heit bes Ausganges fort, und der Kaiſer mieinte, 
permerke, dieß komme daher, daß man auf ein 


engen von Hügeln umgebenen Orte ſchlug, als ww 


ber dem · ruſſiſchen Fuß dolke vortheilhaft war, u 
Die Ausbreitung der griechiſchen Reicezey binden 
Er befahl den Seinigen, mittelſt eines verſtellten 
rſckweichens die Feinde ihnen nah anf die Ebene 


Token: DE’ über""gleich’ befes geſchahe, fo wäh 


doch der Streit noch ihimer ‘fort, bis bepde He 
Ihre Erriattung fo ſtark empfanden, daß fie zu glotc 
Zeit fih auf einige Schritte von einander entfernt 
Dieſer ſo hartuaͤckige Widerſtand, den der Kaifer:! 
den Ruffen antraf, bewog ihn, den Sroßfürgen zu 


de fordern zu laſei es " beſſer, ei 


\ 


des ruflifchen Reiches. 39 
Streit, der hauptſaͤchlich ihre Parfonen angehe, durch 
eines oder des andern Tod bepzulegen, als zweyer 
Menfchen wegen fo viele Tauſende auf die Schlacht⸗ 
bank zu liefern ; befam aber zur Autwort; ee brau⸗ 
de keinen Rath feines Feindes; nud wenn der Sal 
fer feine Lebens 'übendrüffig. wäre; fo Ränderdam 
ſelben unzählige: Mittel zum Tode ‚offen, aus md» 
den Derfelbe nad feinem Belichen jedes andere Mb 
anslefen könnte. Da ſolchergeſtalt der Sroßfür dem 
Raifer abſchlug, auf diefe Art den Krieg:zu. endigedg 
fo kehrte er zu feinem erſten Vorhaben zuruck, dieſen 
Zweck noch Heute durch eine voͤlllge Nicberlage der 
Saffen gu errkichen, und geboth deßwehen dem B:a tr 
das, ſich mit einigen Kriegsvoͤlkern zwiſchen dom 
Scthlachtfelde und der Stadt zu fegen, damit er ie 
wen na ihrer Lchberwiadung die Brttung indie Stadt 
verwehre. Doch ihre Ueherwinbung fiel ihm ach 
ehr ſchwer. Zivar drang‘ Anemas. bis zur Perſan 
des Broßfürften durch, Aber der Hieh, den er auf 
deffen Haupt hat, traf nur den. Helm), und. wäsf 
ige vom Werbe herab. . Die Menge ber: Nuffeunum⸗ 
riugte jegt diefen tupfern Feind, und ſchichie demſel⸗ 
beu ſo vide Pfeile za, daß ſier durch feinen Zoh 
die Verwundung hres Kern raͤchteuut Allein dad 
uuigefommen war; glaubten De Kufſenn, "dab DAS 
gauze uͤbrige griechiſche Heer ihnen wit. widreſtchnn 
koͤnute, und von dieſem Gedanken:iangefeuent, Heide 
ben fie wirklich deſſen Angriffe ab. - Aberchet Kaiſer 
trat wieder an die Gpige der Sefnigen, ‚immb: brachte 
fie dur fein ZJureden und Veyſplol zur ;Gencterummk 
der Angriffe. Seht erklaͤrze fih endlich der Himmel 
felbt für die Griechen. Denn es erhob fih ein 
Sturmwind und Pahzregen, und fhrutee in die Ge- 
ſichter der Ruſſen, daß fie unterliegen mußten. Ra dh 
Berichtigung derZriedenshedingniffe dekan Swaͤtos⸗ 


| 


40 . Erfler Abſchniti. Anfang 

Tan vom. Kalfer anf. jeben Bann ein gewiſſes 3 
Bebensmittel , und faßte aus allem dieſem Betra 
des Kaifers ein ſo großes Vertrauen auf deffen « 
Denlungsart, daß er eine Umterredung mit bemfel 
Drgehrte, and, als ihm der Kaiſer bag gewillf 
wet. hatte, zu ihm kam, and die Witze an darſell 
bet, ihm durch fein Borwort fuͤr fich und fein H 
einen freyen Durchzug bey den: Petſchenegen aus 
widten.. Bimifces , welcher alles Maͤgliche 
Shus bereit mar, einen Feind von fo geprüfter | 
ferteit und Bermögen zu ſchaden in einen anfrid 
Geh Freund und freuen Bundesgenoffen zu verw 

Dein. verſprach Smwätoglamm:ddiis, mad in 
men Kräften. fiche, anzumenden, Die Petfehenegen h 
WM zu vermoͤgen, nud gab feinem Geſandten, deu 
sau: die Peefhenegen jegt abfertigte, um fie pa ein 
Briedensfcluffe mit dem grisifden Reiche.gu bei 
‚gen, deu, Auftrag, ſich hierwegen bep denſelben 
bdemuͤhen. Allein bie Petſchenegen hielten fh d 
über, daß Smwätoslam in feinem: Vertrage 
Zim i ſee sruichts zu ihrem Bortheile abgemacht haͤl 
Jo beiridigt ‚daß :fie alles. Andefe, was Zimife 
Bor ihnen begehtte, gleichſam ‚zus Vergeltung: da 
Hewilligten , daß derſelbe von Eisruͤckung diefes S 
ae8 in: ſeinem Vertrage mit ihnen abſtand, weil 
eh. entſchloſſen waren, an dieſem nach ihrer Reinn 
wenbrichigen ‚Bundesgenofien ich ſowohl zu raͤch 
als des Schadens Zu erholen, den er ihnen noch 
Ach Sedanfen durch einen ohne Ihre Einſchließuugt 
hen. Griechen getroffenen Br gufügte % in w 


‘ 


mn TE 


st N Cadrpn mus, Zumaras, Be.Bean "orisihee. bes m 
geniaͤnd. Keiferih. 2. XVI. ©. 133, 134, 155 

ORTE BT, 1 tr Gamml. uf & 
iD. E ©.4 438 454. —W * 


\ 


- bes ruſſiſchen Reiches. +8 


diem Borfage. fie von den Bulgaren, gegen weldie | 


ih Swäteslam in diefem letzten Feldzuge: brey 


manchen Selegenßriten (ehr hust ierwiefen hatte, Durch u 


die Benadrideisung, dafSwdtodlam Yile ma 


wigen Krkegslenten, aler:fehr großtu Schägen uud 


einer Menge: Bäfangener" nach —— uruccete 
mehr: bepaatt wurden. „open u Dur ee 
Dahh er waititen fie mit bewiſſran Ha Sn 


Swatetlan 
wird von den 


den Waſſer faͤllen des Dajepers auf‘ ibn; ‚ und vIn GIER Gerfpenes 
ſes Wein Bepelnmatßsivar. ,‚ warte Gwdkostamimgen über 
da erfahiene Woewode feines Bar, Swenielbin ne 
für Diefe WSalfeofaßtt. Anın Ummeg zu Lande zu mühe getödtet, 


Im. - Wein. der ‚Guogfürft "defolkte : diefen: Auren 
Karh nicht, und krfannte ya TER in begangenes 
Berfehen. Deun bey feinrr Ankbachtevbey der Waſ⸗ 
Terfällen. traf er bieſelben fo ſiſark von den Werfcher 
negen beſeht an ;:baß..er den! Winte kiber gu Velvbre 
reſche verbielden- Mußte ,. wo. Er :ül felche Buugers 
noth gericth, doß man. eiüen Pferdetopfe mie deinen 
Balben Beinen’ bezahlte; und als er xudlich im Fruͤt⸗ 
Umge 972 von dart foertzugehen wagte, fiel rmit 
feinen von Hunger entkraͤfteten und: dur Bewachung 


der Gefangenen and dev; Alsen: Belafleiin wisnigen 


Auffen den: Potſchruegen in Die Hände, bie bey Id 
vielen Wortheilen auf ihrer Seite gheich beyen clan 
Anfalle Des. SHegiYaoon Menigen.: -Bivar char Sms 
tos law alles, die Geinigin von ben ‚Bereits! ergeif⸗ 
fenen Flucht anfs..neue in dm Sneh hoen, Ulo 


lein : da! er. feine Perfon ſo it. Sofahr fügte iüber⸗ 


mannten ihn die umringenden Zeinde, und brachten 
ihu als einen Gefangenen w Ihrem Fuͤrſten Kur, 
der ihn töbsete, anf. feinen. Kar aingefoßten Hirn⸗ 
ſchaͤdel zur Zrintſchale aebrauchte, auf der folgende 
jedem Eroberer 'nlihlihe Warnung Fond: "Zrömdeg 
Bus ſuchteſt du und verkorfi hierlder . ‚dein. eigenes. 


„eo 


BR. Erſter Ahſchnitt. Aufanz 
Emeneld war ſo — ‚dab er fein Le 
vetiete:: ı. “ 
Shropoll re· ¶ Er köerbeaubie-diafe unglädtice Hadriht 3 
Bırac Seit sopelfen, bey welchem er ale ein alter feiı 
SEroßrater vnd Water auͤhlich gewefener Diener 
groͤßten Anfehen Kaud. Aber eben dirſe Vielguͤl 
keit Swenelds bey Jaͤropolken Jegte bdauſr 
| "gu Verberben Jaͤr opolks. Smässstam bi 
u ugs Meengſte gebothen, daß keiner van feinen S 
BG y re fee : Behdek)in Ausubung ihrer Gexcchtſame 
vn... 000 jedem Ju aeheilenden Fuͤrſtenthaͤmern Aüsın | 
— 7). Nichts deſto weniger. erfühnte ſich im Ja 
LEN 95m: Behr, Liu, s@ben. die Brı 
And Bimschen Rairſteuthums in Dinge Gebiethe 
jagte, Dieſes geſchahe eben zu einer Bet, als D | 
ih girichfalls auf Der. Jagd befand, :Oihes lieh 
vom: Borne Hieriher ifo ſehr bemaͤchtigen, daß er 
iße.gueilte, und ihn söbtefe.. Smenelda ‚empf 
dieſes ſo hoch, deß er nik: eher rußete,. bis er 
urn. Henn bemoger hatte, aus diefer Urſahe O 
gen mis Sriegsau überziehen. Bay; deſſen Auku 
ade: ihm Dkas. im Jabre 977. entgegen, ve 
Bis Scalacht, une word im Bedrängs der Fluͤcht 
ur una der Bröde den ladt Wruiſchai, mis mel 
ren An den Graben herabgrkänt.. Als Jaͤro p 
dileſes zreutige Ende. feat Bruders. vernahm 
805er uͤbrr deſſes Leibe baͤnſige Thranen; und ma 
" Biyeliher Swenciden heftige Vormürfe. Allein W 
dimit De be der Raus Bar 0 


\ nr" “ ®, „a ‘ 


* BiæAi Anis Bolönica Tom. 1. ad annım ı 
"972, 976 D Iußoe afire in fench Erzählungen 
v.. ‚den euffiiden. Bearbpubeiten, außte inienm :von fol 
. die Rede. ift, weiche —* mit beteeffen, eine woͤrt! 
Ueberſeßung ber ru en Jahrbücher und. verdient 

fp bier gleichen Blauben als fee 


bes rufiſchen Neiches. as 
über Diegs Tod für eine Verſtellung, und ſchrieb 
denfelßen Banptfäclich einer Begierde Zdärop its, 


durch Bertilgung feier Vruͤdere ich die Hecrſchaft 


über gäny Rußland gu Aarrben, zu. Er Habe dar 


Fre aus re. Bor einem gfrichen Scherfale Abe - 
das Meer. Gr op odt aber zoz wach feiner Quifer⸗ 


nung fein Fürſtenthacn Mewgnrod. an fh, und fepte 
Statthalter darüber, Ale nao Tamı Wladimir od 
Wlodinie.mit einer Begiritung von Waraͤgern zaruͤch 
ach fein Band wilder Anzıund ſchickte Sdropoik:s 
Beamte mit einer Kriegserähichng. an Ihren Speer. Die 
dieſem bevonſteheudan Kriege :werrbie Zrenndfipaftier 
ars warägifihen :Stoberkr!, N o.gnwmo ld, der: A 
die Herrſchaft über Polohzk ind kur erworben: hatte, 
für jeden’ Bruder ſchr wüichtigz beffin Sochten ao 
ne da ai ertheilte.gufrbie Fetrathswerbuag WI 
Dimtrs ige: Antworts’tfie welerdene Wiklavin. *) 
keiteswgegtih Dar Schuhe nsglepen: *'), Tonlucn une 
ſtche au FZiäropo Ikea meriwähltrh werben Doch 
ehe fie Diefem von lihrı.oängtzogengn. erduigäng Kr 
sefäßrt werden -fonute, beachte Whadiiir ini 
nem gahlteichen Heeredas Kanye Deßteeß iäilah ie 
ins unter-feine.Herskhlak; iiütdte diefen unhrki\ feinen 


beyden Söhnen, und noehigte sm Wrgmuhen, 


die Zahl ſeiner Gemahliaurn "zus uermehreh" Miu 
in der Wolluſt war en. ſo unerfänlid, bag a umpir 
den 5emahimnen, die er wor ſriner Kaufe. hatte; 
noch 300 Arh⸗wrider/ nähiilkh‘ Foo‘ in Wiſchegorod 
8oo in Beine, um son in Don nertuen, 


* 








*, Dieſen Ghimpadimen ab ne“ btebimien wegen | 


feiner Geburt von einer Slavinn. 


959 


eo Dan Behrand hefehe ned in -Rukiphh Pr Bra 


am Hoczeiltage ihrem ui fm ie ehr 
chen der Unterwürfigteit auen „und. de 
ihres Manag ausgichet” 


u 


44 Erſter Abſchnitt. Anfang 
und ohne Unterſchied ſowohl Maͤdchen, als auch 
der Willen der Aeltern ober anderer Angehörk 
imd feld Ehemaͤnnern eutriſſene Zeauen daru 
vufnahni. Da er abet; ſolchergeſtalt Ir deg Sein 
- Liefer .Leidenichaft sierh dem allerucheſfen SEI 
verfahr; fo erweichte dieſclbe wedre fd Herz, 
| that fie ihm in Wahrnehmung jedes Vortheiles d 
"32 pgene Maführung ſeiner Krtegsvöller feine Sta: 
an verthridigen und zu erweitern, den mindeſten 
träs,: Er Rand mit: Ansm fo zahlrrichen Heere 
seltk.in der Nähe vom. Klaw, und fepte ſich mit d 
{eben in eine aufgewerfeme Verſchauzunz gwif 
- BDorvgefhip und Kapltſch; daß Fdrop nik wı 
ar zu großer Ungleichheit. ber Mauuſchaft fein ; 
ws Vertranen bloß auf: die Stärke: Bar Wefeftig 
feine Haupiſtadt fegen:, und ſich In 'berfelßen ei 
‘ Kdloffen holten muſte. Dob:-liiludimir, :- 
cher din Seaͤrke und Wat eines Löwen. urid der 
‚tert eines: Fuchſes verknapſte, erfand ein Mii 
oh dahin pi: bringen, daß er lb dieſe Side 
verlieh ‚sinden en iS drupn [16 Jeinherrn BI 
Bar de die Vorſtelung „dB. ser bloß aas Natrieb 
er ſftiemaͤßtzes Brläferheitiug den gegenwaͤrt 
Krieg wiber Yuan olken. unternommen habe, d 
deſſtn Wagdiamamgrer seinem: gleiden Schicktale 
een Brabtr Dlesı getsoffen, zuvocksamen mi 
mr: Bind Fb von einem Brudermorder ei 
gleichen Tod alle Rugenblſtke zu: beſorgert habe 
eher txauaigen Madficht in die Zukuuft ihn W 
dimir, mean er zu ihm uͤbertreten möchte, 
feinen Vater ehren. und scale beiopngn wäre, 
feine Seite 308... .. | 
Säropoit'“ Biefet ml a g: r ol e en. ein fol 
verliert im Mißkrauen gegen Be‘ Tigu⸗ der‘ denfelben wahr 


Ser nen ergebenen Einwohner von Rieın ein, daß Derfelbe, 









des ruſſiſchen Neihes, “ 45 
Furcht von ihnen au Wlabimiren andgeliefers Bruder 
zu werden, heimlich aus Kiew nach Rodua ſich ber mis 
gab, worauf Riem WIladimirm die Thore Öffuete, Lcben. 
der entwichene Jaͤropolk hingegen in feinem, neuen 
Zuſtuchtsorte, welchen Wladim ir unverzüglich 
einſperrte, gar Bald. durch den Hunger genoͤthigt ward, 
von zwey Vorſchlaͤgen, dem einen des trenlofen Bud; 
zu feinem Bruder zu gehen ,. und ſich deſſen Willkuͤr 
ju überlaffen, dem andern eines gewifjen War aͤ ſch⸗ 
to, zu Den Petfpenegen zu flüchten, eine tramttige 
Wohl anzußellen Er entſchloß fih zu dem erſtern, 
and begab fih: nebſt Bluden zu Wladimir; 
Dieſen haste. Blud von feiner: änkunft in der Ab⸗ 
kt, daß er die Auflalten zu deſſen Ermordung in 
Bereitſchaft halten Eönnte , vorher. benachrichtige ; 
und auf dieſe Rachricht warteten zwey Wardger am 
der Thuͤr, die den Befehl ihn zu. .ermorden empfame - 
sen hatten, und, dba Blud gleich hinter feinem 
Heren vie Thür vor deſſen uͤbrigem Gefolge verſchloß, 
mit ihren Gchwertern ansfhhrtn. WBaräfıbto 
begab fih jegt zu Den Petſchenetzen, mittelſt ihrer 
Huͤlfe den Tod feines geliebten Herrn an Wladi⸗ 
mirn gu raͤchen, und machte fich wirklich fo furcht 
bar, daß Wladimir es für einen großen. Be 
winn hielt, als er nach Verlauf: einiger Jahre W 
raͤſch kon endlih durch vorsheilfaftes Anerbiethen 
bewog, nah Rußland zurück zu kommen, und ihm 
als feinem Großfuͤrflen zu huldigen. 

Dieſer Krieg zog Wladimirn noch eine Un⸗ Wlabdimir 
gelegeubeit zu. Denn feine waroͤtiſchen Huͤlfsvoller ne de 
begehrien für ihren Dienß bed der Einfhließung giien _ 
Kiews ein Löfegeld von jedem Kopfe der Einwohner, Ariegsdle 
näbmlib = Griwen für die Perſon. Der ſolane tt 
Wladimir verſprach, fie ſollten nad einer gewie 
fen Friſt, indem bie Kiewer den Betrag erfi dur 


Verldiedene 
* Voͤlker b be⸗ 


4Erſter Abſchnitt. Anfang 


ef. Begehren die Antwort gab: „wenn ed Goͤtt 
wären, We feinen Sohn. begehrem , ſo möchte ein 
won denſelben ihn abholen.’ Diefer verſpottende A 
Achlag brachte das Wolf fo -fehr auf, daß es u 
BGemalt in die Wohnung des Waraͤgers drang, u 
‚denfelben nebft feinen Sohne tadtee. - .@ 

* Sefandfihaften : verſchiedener Voͤlker wost 
Bafate, Wladimtien gu dewegen, daß er feiı 


müůhen fih Religion entfoge , und -Kıh zu der iWrigen beken 
Wladimir Ginige priefen ip die Dehre Wuhanebs an, Ant 


zu ihremXes 


ligions ge⸗ 


re riechen ihm, zum Judenthume uͤberzutreten, w 


genoffen zu der Andere zum Chriſtenthume. Lange wankte 


machen 


md wog Vortheil gegen Vortheil ab; er wollte 4 


‚.„ fange une die bequemere und feine Leidenfchaft 1 


} 


sänftigenbe Religion: waͤhlen, fand ‚aber bald ar 
In Dice etwas , das ihm nicht behagte. 

.- Man fagt > der griechiſche Philoſoph € o 

ken t:a-uud deſſen Bruder Methodias hi 

sen ſehr vieles beygetragen, daB Wladimir vor ı 


den anderen Religionen die griechifch » Griflige f 


nr und fein Bolt. wäßlte. 

Als Wladimirs Abgeorbneie , ‚die ee In v 
Abichene Länder ſchickte, um mit den verſchieden 
:Reigionslehren und Gebraͤuchen vertraut zu w 
ben‘, ans Eonflaptinopel, wo: fir zulegs waren, ; 


ruckkamen, brachten fie genaue Nachricht von alle 


‚was. fie gefehen und gehört hatten, Sie geſtand 
daß auf-fie, der griechiſch⸗ chriſtliche Gotlesdie 


»zu Confantinopel deu größten Eindrud gema 
‚bätte; es ſchien, fagten fie, als wäre in der © 
phienkirche die Herrlichkeit Gottes vom Himmel | 
: @xde herabgelummen ; unwilfürlich fegen ſie vor d 
„fer. auf das Angeſicht gefallen, am im Staube « 


Beben zu Können, 


des.rufflfeheh Meiches.- 49, 


In der allgemeinen Raͤthsverſammlung, inder 
die Abgeordneten ſprachen, wurde nun einſtimmig 
beſchloſſen, daß die griechiſche Religion um ſo mehr 
anzunehmen ſey, als fie die Großkuͤrſtina Olge; 
die weiſeſte unter den Menfchen, angenommen. hätte, 

Ob nun ſchon diefes Entfchlußes gemäß die 
Einführung der griechiſchen Religion außer ollen 
Zweifel fand, fo zoͤgerte han doch damit, weil man 


Mn Bu ie: 
Mer A EN... * 


2 


Wladimir 
entſchließt 
ſich, die grie⸗ 
chiſch⸗chriſt⸗ 
‚ide Reli⸗ 
n- anzu⸗ 
nebineh. 


diefe Religion von den Griechen nicht als eine Gunſt 


annehmen ,. ſondern von dieſen als eine Wohlthat 
ſich bezahlen laſſen wollte, 


In diefer Mbfiht ging Wladimir im Jahre 


988 mit einem Heere vor die Stadt Korſun, und 


belagerte fie: Aber die Einwohner vertheidigten fie 


g88. 


fo. tapfer, daß er nach einer langdaurenden Belage⸗ 
tung noch niht den mindeſten« Anfchein zur Erobe⸗ 


sung fahre. Daher freuete es ihn defio mehr, als 
ihm nach einer fo lang gedaurrten vergeblichen Bea 
mühung ein Korfuner, Anaſtaſtus, mittelſt eines 


in ‚fein Lager abgeſchickten Pfeiles entdeckte daß et | 


durch Ableitung der in feiner Gewalt babenden Quel⸗ 
len, aus welchen die Stadt ihr Waffer. bekomme, ein 
unfeblhares Mittel zur Erzwingung ber Uebergabe 


befipe. In der erfien Empfindung diefer Freude that 
er das Geluͤbde, wenn er durch dieſes angezeigte Mita 
tel die Stadt bekommen follte , id — die Tau⸗ 


fe zu empfangen. So bald ihm der ‚Wafiermangel 
die Stadt verfhafft Batte, ſchickte er eine Öefandes 
ſchaft nah Conſtautinopel, durch welche er den Kai⸗ 


fra Bafl und € o nſt antin angeigse, daß, wenn 
fie ibm ihre zwey Tage nad bein Tode ihres Bas 


lers, des Zaiſers Romanns, im Jahre 965 ger 


borue einzige unverbeirathete Schwefler Atına zur 
Gemahlion ‚geben, umd für. den ibr ‚gebüßrenden 


Brautfhap. ihm feine: jegt. gemachte Eroberung a 
D 


Geſch. Ruſl. ı, Band, 


50 | Erſter Abſchnitt. Anfang 


treten tohrden, er mit ihnen nicht bloß, Frieden, 
dern auch einen. engen Freundſqh aftsbund ſchl 
wöärde, widrigen Falles aber als ihr Feind, mi 
wen machtigen Heere fie in ihrer Hauptſtadt a 
hen, und alle Tritte feines Weges durch bie fd 
Uhren Berbeerungen begeichnen wolle. Die con 
. sinopolttanifchen Kaifer bifanden fich bey diefer 
derung in der Äußerfien Verlegenheit. Denn a 
diefem ruſſiſchen Kriege mußten fie wider einen ii 
- Eichen Feind kaͤmpfen, der ih gegeu ie empoͤrte 
fo gufen Fortgang hatte, daß fie Gefahr liete: 
möchte die Kaiferfrone ihnen entreißen,; ihnen 
gebrach es fo. wohl an Kriegsmannſchaft als 
Geld, diefelbe nad Erforderniß der gegenwaͤr 
Noth zu verſtaͤrken. Bey fo bewandten Umfid 
antivorteten' fie Wladimirn, daß ie ihm, 
. aater den‘ Bedingungen feinen Wänfhen gu will 
ren bereit feyen,, wenn er vor der Vermaͤhlung d 
die Zaufe fh zum Cheiſtenthume ‚wenden , 
ihnen mir einem mächtigen Heere wider ihre En 
ser zu Huͤlfe Pommen wollte. Wladimir erl 
te ſich, beydes einzugehen, und verlangte nur die‘ 
änderung in der Art der Erfüllung diefer. Gegen 
dernugen der Kaifer, daß diefe den Anfang. mit 
firedung der beyden Verbindlichkeiten machen, 
zuvoͤrderſt ihm ihre Schweſter zuführen follten, ! 
auf er, fo bald fie ihm dieſelbe uͤberbracht haben r 
"ben, fi saufen laffen wollte. Die Kälfer ließen 
dieſes gefallen, ob fie wohl-einfahen, daß fie dad! 
in Wladimir Wilür ſtellten, ob er fein ih 
gegebenes Wore wegen feiner Zaufe erfüllen, ı 
ein Heide verbleiben wollte, weil er nun and 
ein Heide ihre, feiner Gewalt uͤberlieferte, Schwi 
wider ihren Willen zur Heirath zwingen kon 
Die Prinzeſſinn, welche dieſes näher anging, — 


x 
® 


des ruſſiſchen Meiches. gı 
gerte ſich aufs Kefeigfte, Wladimita cher ihre Hand 
ga reichen, ale bis er das Chriſtenthum durch die Tau 
angenommen’ haben würde. Die beyden Kaifer, 
ihre Brüder, liefen fih dadurch nicht irre machen, 
hörten, weil es bie trantige Lage des Staates und 
deffen Iuteroffe zu fordern ſchien,, ihr Flehen nice, 
und wißigten in Wlabimirg Begehren. 

Anna ward mit.befitiiumen Herzes, in Begleitung Wladimir 
eines zahlreichen Hofſtaates, der Bifhöfe und übrigen empfängt 
Seiſtlidteit, die das Bekehruugsgeſchaͤlt forderte, und bewegt 
nach Korſuu geſchickt. Dort empfing Wladimir feine Unter: 
die Eaufe, md wurde nad diefer mit der Hein. reiben m 
zeſſiun getrauet. Gleich hetnach ging er mit feiner chun. 
ganzen Madt feinen nenen Schwägeen zu helfen, die - 
feine miegebrachten Lenie gar Belegung ihrer Schif⸗ 
fe gebrauchten, und, weil ihre Gegner nicht vermu⸗ 
tzeten, auf diefer Seite angegriffen zu werden, ds 
nen entſcheidenden und wenig keoſtenden Sieg über ' 
hie davon trugen *). Nach feier Küdfunfs räumte 
er Korſun den Griechen ‚wieder ein, und nahm nur 
die Sebeine des’ h. Clentens und deffen Südgers Phoͤ⸗ 

Ins, nebſt andere Heiligthuͤmern, Kiechengefäße, Geift« 
liche uad- einige Statuen gut Denkmahle feiner Eros 
berung mit ih nach Kiew. Kaum langte der in die⸗ 
fer Hauptſtadt au, fo ließ er alle Abbildungen ſei⸗ 
ner vorher ſo hoch verehrten Götter niederreißen und 
vernichten. Alsdann ließ er durch die ganze Stadt 
ausrufen , daß ale; die ſich folgenden Tages nicht 
zur Taafe am Fluffe Potſchajna einfleflen, für Un 
schorfame angeſehen werben follsen. Diefe Drohung 
iu Verbindung mit einem der Denfungsart des ges 
meinen Mannes angemeſſenen rnonte, dab daß die Tau- 


*) Elmacini hist, —* editionis Brpinianuk pP. 
212 el 313. 


52 Erſter Abſchnitt. Anfang 


fe deßwegen gut ſeyn mäffe, weil der Großfuͤrſt und 
Bojaren, die, ſo wie am Range alſo auch au Einſich 


über fie erhaben find-, ſich haͤtten taufen laſſen, bewi 


die Taufe von vielen Tauſeuden. Die Oberaufficht ü 
diefe neugepflanzte Kirche erhielt ein aus Griechenl 
gefchichter Sprer, Michael, unter dem Zitel ei 
Merropoliten in Kiew. Ban erbauete nun eine Kir 


zu Ehren des h. Bafılins, die aber nur von H 
. war, weil der Großfuͤrſt, als er der 5. Maria ı 


Reinerne aufbauen. wollte, ſich erfi Banmeifter « 


,, Griechenland verfpreiben mußte. Nach diefem 


feinem Wohnfige gemachten Anfauge verfpidte er 


fein weitläuftiges Land Geiſtliche, die Einwoh 
..  desfelben zu Ehriften gu bilden, erbauete ollenthall 
Kirchen, und errichtete im Jahre 992 zu Romgoi 
. einen ergbifchöflichen ‚sa Tſchornigow ‘aber, Wla 
mer und:Bjeljorod biſchoͤſliche Size. Das Lober 


wuͤrdigſte hierbey war, daß er auch für deg Unt 


richt der neuen Epriften forgte, und in diefer Abfi 


Schulen anlegte, wo Lefen, Schreiben und die Le 
füge des Chriſtenthums erlernt werden follten, u 
Die Aeltern, vorzüglich Standesperfonen, durch firen 
Befehle anbielt ;:ihre Kinder in dieſelbe zu ſchick 


Der Eifer Wladimirs-für die- Ausbreitung f 
nes neuongenommenen Glaubens erſtreckte fich fo we 


daß er fogar den Bulgaren einen Lehrer desſelbe 
Marcns, zuſchickte, der, ob er wohl wenige da 
unter belehren kounte, doch nicht ganz fruchtlos fei 


Arbeit anwendete, indem er viel: bulgarifhe Fuͤrſt 
bewog, fib u Wlad im ir n zu begeben, und taı 


fen gu laffen, Auch kam (dom im Jahre 988, da 
fih in Korſun aufpielt, ein petſchenegiſcher Fuͤrſt, M 
tigan, zu ihm, um durch die Zaufe zum Chriſte 
thume uͤberzutreten, und im Jahre 991 folgte ein a 


des ruſſiſchen Reiches. 53 


derer, Rusfchng, niefem Bayfpide feines Sande 
manned.’ 

Natuͤrclecher Weiſe waren alle Rinder des Gres. Wiladimie 
fürfen mit: unter den erſten Taäͤuflingen zu Sem, beſtimmt je⸗ 
Hher nur von. dreyen weiß man die Taufnabmen, kinen zur 
naͤhmlich daß Jaͤoslaw Georg, Boris an den von 
Romanus und Gljeb David genannt wur⸗ ber den 
den, da er doch vermuthlich ſchon jetzt bis auf eine Ländern. 
Tochter, Maria, die ihm die griechifche Prittzeſ⸗ 
kan Anna Romanmomwna nachher gebar, alle er⸗ 
zengt hatte, indem aus drůcklich gemeldet wird, daß er 
nach ſeiner Vermaͤhlung mit der griechiſchen Prin⸗ 
zeſſtun alle feine: Berbindungen mit den vorher gehab⸗ 
ten Grauen und Kebsweibern aufgehaben habe, und- 
enter dem. Jahre 988 die Nahmen aller zwölf Soͤß⸗ 
ne, ats bereits lebend, Angezeigt werden, worauf 
fogleih ein Bericht von Vertheiluug feines weitlaͤufti⸗ 
gen Gebiethes unter biefe feine Kinder uach dem damahls 
in. den allermeifien Landern uͤblichen Staatsrechte | 


folget. 

Ä Auch das Gemuͤth des. als Heiden ſehr rohen Wohlchacie 
und gewaltthaͤtigen Wladim ir s veraͤnderte ſich, Wirkungen 
nachdem er ein Chriſt geworden, und zwar fo fehr, me — 
daß er faſt auf der entgegengefegten Seite das rechte fienchums. 
Maß überfgritt, und wur blaß in Kriegsvorfaͤllen 

kb als den norigen Mann bewies, Er verfhaffte- 

feinem Reihe dur: Erbauung vieler. Städte, ‚wor - 

nehmlich außer des. fihon gelegentlich angeführten 
Bielgorod, au den andera an den Flüffen Defna; 

Wirt, Teubeſcha, Sula, Stugna ‚gelegenen Städ- 

ten, fowehl mehrere Bequemlichfeiten für den Nab⸗ 
rungsftend als größere Sicherheit wider die Einfälle 

der Nachbarn, beſonders der Perfchenegen. Denn 

diefes Volk, welches fa nur. von Berau bung anderer - 

oͤlker lebte. heun ruhigte unaufhoͤrlich fein Ge 


54 Erſter Abſchnitt. Anfang. 


bieth; Wieberlagen nd gluͤckliche Berrihtungen re 


sen es gleib ſtark zur Wiederholung feiner. Rau 


züe. Als Wladimir im Jahre 998 aus einı 
—* Feldzugt wider Die Chorwaten zerü 


Lehrte, und mit Diefem mitgebrachten Heere ein 
ſolchen Baubzug hemmen wollte; ſo begugnete er fi 


nem Feinde bey Dem Irubeſcha, fo daß dieſer Fl 


: Re mon sinonder treunte, Keiner von bryden u 
Aerſtand fich Deu lichergong über den Fluß ga w 


sen. Der priſchenegiſche Fuͤrſt aber char über } 


‚Bloß mis lauter Stimme Wiadimirn den A 


trag, einen Moun dem, den er fiellen wolle, eı 
argen gufegen, unter den Bedingaiffen, Daß , wofe 
Wladimirs Kämpfer den Petfheuegen uͤberwi 
de, Die Petſchenegen drey Jahrr Ach aller Feind 


Uigkeiten gegen Wladimirs. Länder enthalte 


mwofern hingegen der Petſchenege deuſelben übermwi 
tige, fie eine Then fo lange Zeit dieſelben frey vı 
heeren Sollten. Wladimir bemüihete fich biera 
anter:feinem ganzen Heere einen auszafinden, d 
freywillig fih zu Diefem Zweylampfe verſtaͤnde; 

faul oder allen in ſeinem Heere das Herj, old u 


‚ folgenden Tage die Petſchenegen ihren Vorfechter 


feutlich aufsretem ließen, aud fo jeder Ruſſe duı 
eigenen Augenſchein deſſen riefenmäßige Größe ı 
kauute. Dob als Wladimir ſchon feine Ho 


nung aufgegeben hatte, breitete ihm «in alı 


Mann, daß er, der mit via Soͤhnen dieſem Zel 
zuge beywohne, feinen jüngſten Sohn gu Haufe < 
Iaffen hätte, der non feiner Kindheit an nie v 
irgend einem bezwungen worden ſey, und ben 
ainmahl geſcholten hätte, als er ein eben in Haͤ 


den gehabtes Ochſenfell zerriß. Der Großfuͤrſt li 


dieſen herbey fordern, und befragte ihn, ob er fi 
die Itebernaßme des Kampfes mit denr Petiheneg 


des ruffifchen Meies ⸗ 


zutraue. De Juͤngling erwleberte: FZuͤrſt, ich ken⸗ 
ne meine Staͤrke nit , laß mich aber prüfen; 
bat man hier einen großen und arten Ochſend 


WBladimir geboth, einen Marken Stier zu brin⸗ 


gen, und mit einem glähenden Eifen zur Wuth anf 
zureizen. Als der Ochs in feinem Grimme Bey 
dem Sünglinge vorbey lief, faßte ihn derſelbe mit 
"der Hand an der Sitte, und riß ihm ein großes 


Sta® Zleifh heraus. Nah diefer: Prüfung ers 
kannte ihn Wladimir tüchtig, die Gbre ſeines 
Bolkes gegen den Peiſchenegen zu reiten. Diefer nad 


feine Landsleute lachten Anfangs , dab ein Juͤug⸗ 
Iing von gewöhnlicher Leibesgröße die Sache mit Ihe 
rem Miefen aufnahm. Aber bald verwandelte fi 
ihr Laden in Zraurigfeit, Denn als: nach sinigem 
Ringen der Ruffe feinen Seguer zwiſchens (star Ar⸗ 
men erſtickte; und iodt zur Erde warfe Yo erhuben 
fie ein eutfegliches Sehrul, und nahmen die Flucht, 
Da aber beode Heere, jedes zur Beſchiemuug fel- 
nes Verfechters wider unrebliches Derfodren,. unter 
Gewehre flanden, wurben fie guf der Stelle ver 
folgt, nnd erlitten großen Berluf. Wladimir 
belohnte den Urheber dieſes ihm verſchafften Sicges 
mit hohen Ehreuſtellen, zu welchen er deuſelben uch 
feinem Vater erhob, und legte an ber Stelle, wo 
dieſes vorging, Die Stadt Perejaslaw au. Im Jab⸗ 
te 996 weihete ber Großfuͤrſt die jeht volleudete Mär 
rienkirche zu Kiew Durch ein Gebeth, welches er dar⸗ 
in verrichtete, durch ein großes Oaſtmmahl, mit dem 


er feine Bbjaren und Haͤupter Der Reglieruag be 


wirthete, und durch reichliches Aſmoſen ay die Ar⸗ 


996. 


murh ein; begabte auch dieſe meine Kirche mit dem. - 


Sehenten aller feiner Einkünfte, mordder 'er eine 
ſchriftliche mit einem ſchweren Elite und der Ber 
finhung eines Jeden, der es wagen moͤchte, diefe 


36 Erſter Abſchnitt. Anfang 


feine Schenkung zu kraͤnken, befeſtigte Urkunde 

Die Kirche niederlegte. Bald darauf erdreiſteten f 
die Pecſchenegen, aufs neue Beute in feinem Lan 
zu ſuchen, und kamen vor Wahlen‘, wo ihn 
Wlademir mit einer weit geriugern Mannfc 
6b widerſetzte, in dieſer Schlacht aber von ig 
weit gräßrın Zahl übermannt und dergeſtalt eir 
ſchloſſen: ward, daß er ein Geluͤbde that, falls 

feine Perfon aus diefer Gefahr rettete, eine Kir: 
„der Verklaͤrung Chriſti, welcher Begebenheit € 
daͤchtuiß Dan dieſen Tag feperte, zu Waßlew zu ı 
bauen. Als er nun durch feine Verbergung un 
eine Brücke dieſen Feisden entwiſchte, die mit d 
in feinem Lager gefundenen Habſeligkeiten und a 
andern Diten des Ihnen offenfiefenden Land 
weogenawmenm Haube -ereihert in ihr Yand zuri 
gings «fo erfüllte er feln Geloͤbde, ſtellte auch nı 
Der Orundlegnag: dar Kirche sine große adhttägi 
Bafiguen:an; auch die Armen gingen nice leer, aı 
da ‚fe gan-Bripen empfingen. Ben feiner Rüdku: 
gu Riem bewirthets er wieher bier eine große Men 


Eeute am; Tage bes Himmelfahrt Mariens, und f 


Diefer Zait that er jährlich ein Gleiches. Diefe u 
ale: nockherigen Mildthaͤtigkeiten bewies er the 
amd. einer berpficheg Freunde, daB er nun lauter Ch 

ſten um -fichofahe,, ‚heile weil er aus der Bibel 
lernte, daß dns Ehrifenubum biefes von feinen 2 
Bruuern foxdere. Der Griedeushand ſeiner Unt 
Manen.ward weder durch die Ungarn, noch durch 
Bohlen oder Boͤhmen geſtoͤrt, weil er mit den 2 
herr ſcheru, dieſer drey Völker ein befländiges gui 
‚Bernehmen unterbielt, Allein non Raͤuberband 
mußten fie viel leiden. Denn diefe vermehrten | 
Jedr ſtark, weil Wiadimir indem Jrerthume far 

bap rin Fuͤrſt nqch den Sägen des Chrifienshyn 


/ 
. 


des ruſſiſchen Reiches. 57 


eine ſchwere Simde begehe, wenn er, außer im Krie⸗ 
ge, einigen Dienfchen das Leben nehme, und in dies 
fem Irrthume ein feyerliches Gelübde gethan Hatte, 
Beinen Miſſethaͤter mit dem Tode zu beſtrafen. Als 


iin aber die Geiſtlichkeit hierüber beſſer unterrichtete, 


änderte ex dieſe feine Eatſcheßung, und verſchaffte 
dar die Hinrichtung einiger Straßenraͤubet feinen 
ruhigen Uaterthanen' gar bald die vorige Sicherheit 
ihrer Perfonen und Güter wieder. Auch verſtaͤrkte 
er feine Kriegsmacht dadurch, daB er die, welde 
darunter aus eigenem Vermoͤgen fi nicht hinreie 
hend ausrüſten Fonnten, mic Waffen und Pferden 
vderſahe. Im Jahre 995 unternahm er ‘mit derſel⸗ 


ben einen Bug ind Land der Petſchenegen, in dem 


Gedanken, Durch dieſes Mistel eudlih einmapl fein 
Land von den Meberziefungen: diefed Volkes zu ber 


fteyen. Aber die Petſcheuegen bedienten ſich viel⸗ 


mehr der Nachricht, die fie von dieſer Eytfernung 
feiner Kriegemacht von Kiew empfingen, als: einer 
son ihm gegebenen günftiger Gelegenheit, die Nach⸗ 
barfchaft von Kiew, ohne einigen Widerfiand be 
fürchten zu dürfen, audzuplündern. Als» fie Bjel⸗ 
gorod einige Beit eingefperrt gehalten hatten, gebra⸗ 
sen die Lebenspittel den Einwohnern. Diefer Ran 
gel bewog- Diefelben zu dem Entfchluffe, zur Ver⸗ 
meidung des ſchrecklichen und ihnen allen ‚gewiflen 
Hungertodes, fi ‚lieber in die Gewait der Petſche⸗ 


negen zu überliefern, welche vermuthlich fie als. 


Selaven brauden, folglich ihnen das Leben nicht 
nehmen wärben. Aber ein alter Mann zog fie durch 
eine finureihe Erfindung aus diefer Noch, indem 

er fie überredete , die Uebergabe noch drey Tage an⸗ 
** zu laffen, uud mittlerweile allenthalben «le 
len noch übrigen Vorrath von Lebensmittel aufzu⸗ 


fügen, und zuſammen zu bringen. Hierauf ließ er. 


99%- 


Dann 3 
„ 


58 Erſter Abſchnitt. Anfang 


Faͤſſer in die Erde graben, und in das Eine duͤnt 
‚ungelodten Brey, in das andere Honig gießen, u 
machte verdeckte Röhren ,- mittelft welter man t 
Abgang, wenn man etwas aus diefen Faͤſſern h 
ausnahm, unvermerft erfegen konnte. Alsdanu 
gehrten die Staͤdter, daß die Petſchenegen gegen 
ihnen durch Geißeln aus ihrem Mittel gegebene 
cherheit Abgeordnete zu einer Unterhaublung in 
BStadt fenden moͤchten. Ob aber dieſe gleich zu d 


. fern Geſchaͤfte sehn Männer auserſahen, bie fie 


defonders Hug adhteten ; ſo waren diefelben d 


dumm genug, fi) von den Belagerten aufbinben 


Taffen , daß ihnen Hinreihende Gpeife und Gerr: 
aus der Erde bervorguelle, und fie diefelbe and ! 
etwäßnten Faͤſſern, die man gegen fie für Brun 
eusgab , nur ſchoͤpfen und foden dürften, 2 
Haͤupter ihres Heeres bewiefen fiih bey Vorzeigu 
des Mehlbredes und des aus dem aus der andı 
Grube genommenen Honige zubereiteten Merbes eb 
fo leichtgläubig, umd zogen aus Furcht, bey einem Ki 
gern Verweilen von der Macht des zurͤckkommend 
Sroß fuͤrſten überfallen zu werden, in ihr Land guri 
/ Endlich verbitterte ein haͤusliches Leiden 


Fledimirt lehten Tage des ruſſiſchen Broßfürften. Deun 


1003. 


Sohn Jaͤros law, welchem er das durch. U 


ſichelaws Tod im Jahre 1003 erledigte beſſ 
Nowgorod für Roſtow ertheilte, welches aun dei 
Bruder Boris erhielt, bewies ſich fo undankb 
daß er ihm die vorbehaltene jährliche Abgabe ı 
2000 Öriwen, moju die Bewöhner der Stadt 


eide Hälfte zufammengefchoffen, da die ‚audere u 


dein Einkonimen des Fürften bezahlt werden ſoll 
nicht ‚ablieferte. Diefe Beleidigung ersürnte 8 I 
dimirn fo fehr,. daß er die Straßen von Ki 
ing Gebisth des ungehorfomen Säroglems zı 


des ruſiſhen ceihes 39 


Buge cjues zablreichen Here, „mit weldem er den⸗ 
felben beſtrafen wollte, bequem machen ließ. Jaͤ⸗ 
ros law ſchickte über die See, Waroͤger zu feiner 
Berspeidigung herbey zu rufen, indeß eine Kranke 
beit, die Wiedimirn im Jahre 1015. zu Bere 
how uherſjet, den Ausbench eints fo unnatürlichn u, - 
Krieges heuumte: Die. Zuſammenziehung ber Kriegs 
macht Windimirs zu diefer Abſicht ſchaffte vick« 

‚ mehr deffen Unteribaneg. Den großen Mugen , daß er, . 
als Die Petſchenegen nach ‚ihres Gewobhnheit bey ih⸗ 
nen Beute fuchen wollsen, ihnen ſogleich Diefeibe un» 

ter Anführuug. feines Sohnes Boris surgegen fihie 
den konnte, Die, fo bald fie dieſes hörten, bag: 
Land rdumten, Bisslerweile beihloß der Sroßfuͤrſt 
au einer Krankheit am 15194 Bulind das Leben. 

Die Anweſeabden brachten, weil fie es mit den Swaͤ⸗ 
tepolfdem Sohne Wladimira *), hielten, and zu deſ⸗ Swaͤtopolt 
ſen Bortheile dieſes Abſter ben heimlich halten wollen, — — 
Wladimir Leiche, als den Icheudigen —* ermordet. 
in einem Schlitten nach Kiew, wo man ihn (doch ver ⸗ zwey Brüs 
muiblich er nad Verlauf einer ziemlichen Zeit) in der. 
einem marmornen Serge au die Seite feiner Aus 
na "*) mit fürflichen Gepränge, von allen feinen 
Unterthanen mit dem Beynahmen des Großen ber 
ehrt, und nog. Allen Demeint, in ber Marienkirche 
heerdigte, Denn wahrſcheinlich verhehlte Sm aͤ⸗ 
to polt fehr lange diefen Todesfall, weil er wuͤuſch⸗ 
je, vor der Bekanntwerdung desſelben fo viel von. ſei⸗ 
nen in ihren Landtheilen lebenden Brüdern in feine 
Gewalt zu bekommen, ala ihm möglich wäre, DB 
Smwätopolf gleih fh ſtellte, als wenn er für’ 
feinen. Eranfen Bater: auf. beffen WBerlangen die Res 


*) Wladimir hatte folgende Söhne: Wiſcheslaw Ißjastaw 
Aſtislaw Jaͤroslaw, Wſewolod und Swaͤtopolk und 
zwey Töchter von Rogneda . 
9) Ditmar, Merseb,:p. m, 104. 


) 
t 


0 Eifer Abſchnitt. Anfahg 


gierungsgefdäfte beforgte , wobey er durch Verthe 
lung veichlicder Geſthenke die Kiewer an Ab 3 
jichen trachtete; To empfing doch Boris auf di 
Nuͤckkehr von feinen: Kriegszuge die Britung von dei 
Zode feines Vaters, und machte am deni Fluſſe O 
4a Halt. Umſonſt redete man ihm jege zu, ſeit 
anterhabende Kriegsmacht geraden Weges nach Kie 
zu führen , :und ſich mittelſt derſelben der Perfe 
Smwätapelfs.und des großfäsfllidden Thron: 
zu bemädrigen. Denn ſelbſt zu Kiew waren d 
meiften Gemuͤther, angeachtet der gegenmärtig: 
Freundlichkeit und Freygebigkeit Swätopolke 
dieſem Boris ergeben, welder feiner fanften Si 


ten wegen aud von Wladimirn vorzuglih « 


liebt wurde. Boris bejeugte über dioſen Vortre 
Die hoͤchſte Verabſcheuung, und. erklaͤrte ſich d« 


durch feines Vaters Ted Swaͤtopolt, dis d 


élteſte Sohn, in deſſen Stelle gerreten ſey, und 
folglich desfelben als feinen Vater verehren, und vo 


demſelben als ei Sohn geliebt werden wmärbe. A 
eite fo. ensfiheidende Verneinung blieb. das Krieg: 


herr wicht: länger beyſammen, fondern zerſtreut 


fh in Die gewöhnlichen Aufenthaltsorte; B orig obı 


verblieb mit feinen Bedienten an eben dem Drii 


‚und. Swaͤtopoll lich ihm da durch: Abgeordne 


« 


die größten Sreundfihuftserbieikungen thun , da ı 
doch bey naͤchtlicher est heimlich in der Abficht na 
Wiſchegorod ging, um dort Meuchelmbrder aufzu 
bringen. Ben feiner Ankunft berief er Putſch 
und. die Bojaren won Wifchegored zu fi, und ei 
theilte denfelben, als fie auf feine Anfrage: ob ı 
auf ihre ihm zugefagte Treue bauen follte? di 


‚Verfiherubg getdan, daß fie auch ihr Leben fü 


ihn laſſen wollten, den Auftrag, in größser Stil 


die Ermordung des Poris zu beſorgen. Die Bi 


. des zuffifchen Reiches. | 9 


ſewichter, welche diefes niederträchtige Verbrechen 
übernahmrn, naheten fich während des Frühgottes⸗ 
dienſtes dem Gezelte des unſchuldigen Prinzen, der, 
da mon ibm von Ihrer Ankunft und derſelben Urſa⸗ 
de benachrichtigte, in feinem Gebethe fortführ, und 
fo nebft vielen Bedienten in feinem &egelte erſto⸗ 
chen wurde. Den Körper wickelte man ins Gezelt, 
und führte ihn nah Wifchegorod, Auf. dem Wege 
aber fpürte man noch Athem in ibm; Swdio« 
pol ſahe dieß, und feine Grauſamkeit erfiredite. 
ih fo weit, daB er ihm durch wen Waraͤger noch⸗ 
mabls das Herz durchſtechen lieg. Sljeb empfing 
die Nachricht von allem diefem zur Warnung, fi 
nad Moͤglichkeit vor einem gleichem Ungluͤcke zu bes 
wohren. Allein inzwifhen, als Bljeb mit lauten 
Klaggeſchrey und einem Thränenguffe feines Vaters 
Abfterben, feines Bruders Grmordung und die ihm 
felbfk drohende Lebensgefahr bejammerte, erſchieuen 
ſchon die ehrloſen Vollſtrecker brudermoͤrderiſcher Ab» 
fichten, beſtiegen mit gewaffneter Hand Gljebs 
Fahrzeug, deſſen Bediente ſogleich den Muth verlo⸗ 
sen, und das Schickſal ihres Herrn der Willkür 
dieſer Boͤſewichter uͤberließen. Ja alg einer derſel⸗ 
ben, Soraſer, den Befehl gab, ihm die Gurgel 
abzuſchneiden; fo verrichtete dieſes Gljebs eigener 
Koch mit einem Meſſer. Ein Bruder dieſer Umge⸗ 
kommenen, Swätoslam, glaubte durch die Flucht 
nach Ungern fein Zeben zu retten; allein man hol⸗ 
te iin unter Weges ein, und tödtete ihn auf der Stel⸗ 
le, wo man ibn antraf.- Sljebs Leichnam blieb 
Einige Zeit am Ufer liegen, bis man ihn fand, und 
gu feinem Bruder Boris in die Baftiliuskirche 
nach Wifchegored führte, Unter diefen Umſtaͤnden 
befand fib Jaͤroslaw zu Rowgorod in der aͤn⸗ 
herſten Verlegenheit, wie er ih wider Sw ds 


N y 


6. Erfler Abſchnitt. Anfang 


soltd Blutdurſt ſchüzen koöͤnne. Denu die vo 
ihm zur Vertheidigung in dem Kriege, mit dei 
ihn fein Vater bedrohete, berufenen Wardger, die 
auf den Kuhm ihrer Tapferkeit und die. Norhwendi, 
keit ihrer Hülfe trogenden Kriegsmaͤnner, kount 
unmoͤglich mit den mit nicht geringerem Stolze fi 
ihre Freyheiten eingenosmenen Nowgorodern in e 
ner Stadt lange in Einigkeit. leben; und hieran 
entftanden tägliche Streitigfeiten und Schlägeren: 
zwifchen beyden, bie zulegt die Nowgsroder inse 


| fommt die Waffen wider diefe Fremdlinge ergriffe 


and alle, die in — fich aufbrelten, toͤ 
teten. Körssiam, ber Deforgte, die Rowgorod 
möchten fid an feine Verſon wagen, Entferate fi 
von ihnen, ging id feinen Pallaſt nah Rakom, uı 
Heß ihnen ſagen, daß, dd. die von ihnen erſchlag 
nen Wardger num elumahl tobt ſeden, und er dur 
Fein Mittel fie wieder lebendig machen: koͤnne, ſeh 
lich wünfde, das gute Vernehmen mit den Nowg 
rodern wleder herzuſtellen, und ſich über die Wer 
hierzu gu gelangen, mit den Haduptern der ſtaͤdtiſch 
Regierung zu Nato zw unterredee. HS Me bief 
feinen Worten glaubten, und Ad bey ihm einfe 
sen, ließ er fie alle niedermachen. Ja dee folge 
den Nacht katigte bie oben bereits erwaͤhnte Boı 
ſchaft, durch weihe ihm feine ‚Schwerer fein 
Vaters To, Swätonetits. Herrſchaft 
Kiew, und deſſen gefährliche Auſchlaͤge wider fei 
geſammten Bruͤber meldete, bey ihn du, und I 
wog ihm, ganz entgenenfichende Mapregeku gu ergr 
fen. Dean des Morgens hernach erfäten er n 
srauersollenm &efichte und Vergießung vieler Thr 
an in der Berfanmlung der Rowgereder, uad ı 
dete fie mit ben Worten. an: Ach! liebſte Freund 
Wenn die geſteru von mir Erſchlagenen noch lebte 


⸗ 


des ruffifchen Reiches. 6 — | 


' Heute Pönnten fie mir fehr nüsen. Denn mein 
Vater iſt todt, Swaͤtopolk aber herrſcht gu 
Kiew, und hat ſchon einige feiner Brüder des Lee 
bens beraubt. Diefe Reuegeihen Jdroslams 
erweichten die Herzen aller Begenmärtigen in einem 
fo hohen Grade, daß fie mit einem Munde ihm den 
Troſt zuſprachen: „Fuͤrſt, find gleich unfere Brüder - 
„erſchlagen; fo leben wir doch noch, und koͤnnen für 
‚di fechten.“ 50 kounte Zäroslam außer tau⸗ 
(end Wardgeru, ein Heer von 40000 Einwohnern 
feines Fürſtenthums aufbringen, und diefes fchien, 
da er zumahl die Gerechtigkeit in dem Kriege wider 
einen Brudermörder, und der auch feinem Leben 
nachſtellte, auf feiner Seite gu haben glaubte, und 
dieferwegen zuverfihilih anf den Beyſtaud Gottes 
banete, ihm zahlreich genug zu feon, feinen Zeind 
in deſſen eigenem Lande aufzufüchen. Diefer, hin⸗ 
gegen verſtaͤrkte die zu feinen Befehlen fiehenden ruſ⸗ 
ſiſchen Kriegsooͤlker mit Petſchenegen, uud bevde _ 
Sürften begegneten im Sabre 1016 mit ihren fü Ber 7 1016, 
ſchaffenen Heeren einander bey Ljuberfh am Dujepr, 
fo daß dieſer Fluß die Scheidung zwiſchen ihnen 
machte. Sie befchaueten ih drey Monatpe lang in 
dieſer Stellung. 

Eine fo langwisige Hutäärigfeit 34 ro Slam 8 Smwätopoit 
und feiner Rowgoroder , die mit ihm in dem Vor⸗ feinem rue 
fage dieſen Kriegsgng unternahmen, ihm zu Kiew der Zäros- 
den großfürfllichen Ihron zu verfhaffen , ſchien dem lad Hi | 
Heeresführer Swdtopolto, Woilt ſſcheichwo R auper feinem 
oder Wolfſchwanz, der Verhoͤhaung werth; und er Lande. 
ritt manch mahl naͤher an den Fluß, und rufte ih⸗ 
nen zu: weßwegen fie mit ihrem Lahmen (3 d.c o 8⸗ 
law hatte einen Fehler au den Fuüßen) hierher 
oelommen fen? ob fie meinten, es ſey einerlen Ar⸗ 
beit, Kriegedienſte gu verrichten, oder ihre Head» 


4 Erſter Abſchuitt. Anfang 


. sierung gu pflegen? fie taugten doch "bloß zu gi 
merlenten, und möchten alfo nur kommen, ihnen a 
Baulente An’ Kiew u dienen, Dieſe Spoͤtterey 
erbitterten zuletzt die Nowgorode ſo, daß ſie ihre 
Foͤrſten andenteten, morgenden Tages ber, den Fl 
zu geben, und jeden, der nicht freywillig mitgeh 
wolle, hinüber zu fihlenpen , oder zu tödten. Di 
auf ertheilte Jaͤros law Befehl, dag fie noch b 
dunkler Nacht übergehen, und zur lnterfcheidu 
. alle ihre Köpfe mit weißen Zuͤchern umwinden fü 
ten (welches Unterſcheidungszeichen lauge bey ti 
ruffifchen Kriegsvoͤlkern iin Gebrauche verblieben il 
Bor Tages Anbruch wareri fie ſchon über deu Dnj: 
gelangt, und aus ihren Fahrzeugen ausgeßiegen, 

fie in eben dem Augenblide vom Ufer abfließen, ı 
Biermit ihre fefte Entſchloſſenheit, nicht wieder zur 
zu kehren, fondern entweder zu fiegen oder ſich 

Tode zu fechten, zu erfennen gaben. Da we 
Swaͤtopolk noch irgend einer in feinem He 
ih deſſen verſahe; fo hatte er dasſelbe zwiſchen zn 
Seen gelagert, ſelbſt ober die ganze Nacht du 
mit einigen Haͤuptern ſeiner Kriegsvoͤlker getrunk 
Nichts deſto minder ward die Ueberwindum | 
Nowgorodern einige Zeit durch tapfern Widerſt 
erſchwert, die. ihnen nah Aller Wahrſcheinlich 
nur deßwegen , weil fie ihre Gegner in ihrer Une 
nung überfielen , und die Petfchenegen , die ein 

dünnem Eife Belegter See von dem Im Gefechte 


„griffenen übrigen Here Swaͤropolks trenn 


weder auf Kähnen, noch. zu Fuß oder Pferde | 
über fommen, und Swätopolfen helfen Bo 
ten ,,. zu Theil ward. Der gefchlageie Swä 
polk wich endlich in die See auf das Ei; « 
vergrößerte dadurch feinen Verluſt, indem das 
unter der Menge Renſchen brach, daß er folg 

nu 


S 


des ruſſiſchen Reiches. 65 


aur einen ſehr geringen Theil feines Heeres übrig | 
behielt, und es faſt gang dur das Schwert der 


Seinde, im Wafler und durch die Gefangenen , die 
die Nowgoroder machten, einbüfte. Er fahe fi 
nun gezwungen, alle Hoffnung, mit eigenen Kräfe 
teu feinen Befieger vom Befibe von Kiew abzuhal⸗ 
ten, aufzugeben ; flüchtete daber zu feinem Schwie⸗ 
gervater Boleslam nah Pohlen, und überließ 
Säroslamwen. fein ganzes Land, woradf diefer in 
einem Alter von 38 Jahren den großfürftlihen Thron 


zu Kiew beſtieg. Doc bald noͤthigte ihn Boles⸗ 


law, denfelben im Zahre 1018 Smätonolfen 
aufs neue gu rdumen, und die Stadt Riem verlor 


theils durch einen 1017 entflandenen Brand, heile ı 


dur das pohlnifche Heer, einen großen Theil ihres 


Glazes. Zäroylamın jagte der glüdlihe Er 


folg dieſes Feldzugs Boles laws eine fo ge⸗ 


— 


woltige Furcht ein, Daß er ſich nicht einmahl gu 


Rowgorod vor ihm ficher duͤnkte, fondern über die 
See zu den Wardgern flüchten wollte. Allein bie 
Romgoroder kamen auf Antrieb ihres Poſadnik, der 
vornehmften obrigfeitlihen Perſon, Snätin, der 
In andern Abſchriften Neſters CE oufantin 
heiße, der Ausführung dieſes Vorſehes durch Zer⸗ 
ſchlagung aller Fahrzeuge zuvor, und (prachen ihm 
mit den Worten Much, zu, daß fie ſich noch traueten, 
nis Eolesliamn und Swaͤtopolken zu mel 
fen. Unverzüglich legten fie ſich eine gewiſſe Vich⸗ 


feuer‘, und über dieß vier Marder jedem Manne, 
jedem Aelteſten 5 Griwen und jedem Bojaren 80 ' 


Griwen auf, und befoldeten Hiermit die Wardger , 


die fie ſelbſt (fo weit: erfixechte fih entweder ihre 


Liche zu Idroslam oder Ihe Haß gegen Bo⸗ 


leslaw and Swaͤtopolf) jept zu fi berie 


fen. Auf dieſe Art brachte Jaͤroslaw in Ge⸗ 
Seit. Kufl, ı. Wand, & 


- 


u — ur 





66°  Erfler Abſchnitt. Anfang 


ſchwindigkeit ein fo zahlreiches Heer zuſammen, d 
er wieder einen. Feldzug zur Erlangung des grı 
fürſtlichen Thrones antreten fonnte , und Swät 
polk nicht einmahl wagen durfte, in Kiew feiı 
Angriff zu erwarten ,,. fondern zu den Petſchenet 
ih begab. Denn feine Beſchirmer, die Pohlen, b 
ten ihn verlaſſen, und nach den ruffiſchen Nacıri 


sen entfernte er ſich ſelbſt durch eben fo große I 


vernunft als Undantbarkeit. "Kaum: hatten fie i 
den großfürfilichen Thron wieder verſchafft, fo gla 
te er, auch ohne fie denfelber behaupten zu koͤnn 
er hielt dic Bergeltungen , die er ihnen für | 
ſchon geleifteten Dienf bezahlte‘, für ein weggem 
feed Geld, und den Unterhalt, den er ihnen in 
Orten, wo fie einquartirt lagen, reichen foll 
für eine widetrechtliche Erpreffung; feinen Ru 
aber allenehalben geheime Befehle ertheilte, alle P 
len zu töbten, und diefen Befehl vollzog ı 
an vieleh Orte. Er ſelbſt ſtellte fich beſtaͤt 
als ein aufrichtiger Freund ſeiner Helfer, und w 
te fie uͤberreden, daß alle dieſe Ermordungen w 
ſeinen. Willen sefädhen, und ihn ſo ſehr, als 
Fränften,, daß diefe bloß von der Heftigkeit des s 


ſes herrüßrten, den die Kuffen gegen fie als A 


23019 


»-länder begten, und er folglich, ich gegen eine 
pörung feiner Untertfanen und feine Wohlthaͤter 
gen die Gewaltfamfeiten eines ihnen an der $ 
weit Überlegenen- Volkes fiber. zu flellen, fein a 
res Mittel wiſſe, als daß das gefammte pohln 
Heer aufs gefchwinbefe zuruͤckgehe. Swaͤto p 


traueie fich nicht bey feiner zweyten Vertreibung 


‚Kiew, nochmahls bey Bolbeslaw Hülfe zu 
hen , foudern erſuchte Die Petſchenegen darüm. 2 
verfahen ihn im Sabre 1019 mit zahlreihen Kri 


voͤlkern, denen Jaͤros lawms Heer biym Olta 


des ruffifchen Heiches, 67 


auf der Stelle begegnete, wo Boris ermordet 
worden war. Diefen Umſtand achtete Jaͤr oslaw 

für ein gewiffes Borzeihen feines Sieges, und nach 
einem Purzen Gebethe desſelben, daß Gott hier das 
Blut eines unſchuldigen Abels an einem Kaine raͤ⸗ 
chen moͤchte, fing an einem Freytage mit dem Ans 
bruche des Tages das heftigſte Gefecht au, das je 

in. Rußland gewefen war, indem dag Blut der Er⸗ 
ſchlagenen über die Berge Herabfloß, und dreg Mahl 
der Sieg von einem Theile zum andern überging, 
bis er fi am Abende ganz fuͤr Jaͤras law erklaͤr⸗ 

te. Der überwundene Swaͤtopoll empfand fol 

de Mattigfeit in den Bliedern, daß er nicht zu 
Dferde. figen kounte, fondern auf feiner Zluht in 
einer Sänfte fortgetragen. werden mußte. Hierbey 
verfiel er in fole Verwirrung und Unruhe des Ges 
müths, daß er in der Einbildung, als wenn ihm, 
obgleich die Traͤger ihn gar bald in einen fihern Aufe 
enthalt gebracht hatten, Zeinde nachkaͤmen, feine 
Leute antrieb, mie. ihm immer weiter fort zu ges 
ben, ‚Bis fie ugch durchgelaufenem pohlnifhen Ge⸗ 
biethe zu der Wüfle gelangten, die damahls Pob⸗ 

len und Böhmen von einander ſchied, wo er fein 
Leben beſchloß. 

Säroslamw gab. oder Geßdtigte 1019 ein 1019. 
Geſetz buch, das wenigfiens das aͤlteſte aufbewahrte —*— 
von allen ruffifchen Geſetzbuͤchern iſt, und durch ſei⸗ (bes Kedt. 
“nen ganzen Juhalt entdedt, daß es mit den Of 
hen der nordiſchen und anderer deutſchen Bölfer aus 
einer Quelle gefloffen iſt. 

Gegen andere Seinde gluͤckte es 8 droslamn 1081, 
nicht immer fo, ald.gegen Swärpolt. Im Jah» ah Kite 
ve zogı unternahm Brätfstslam, der 1001 fg, 
feinem Baer AHjäglar Im Fuͤrſtenthume Pal- 
se? gefolgt wor , viericht w Anreizung einiger 


⸗ 


68 Erſter Abſchnitt. Anfang 


mit Jaroslaws Regierung mißvergnuůgter No: 
soder ‚ einen-Kriegsjug zur Eroberung dieſes 


thums. Da er aber bey feiner Ankunft erfuhr, 


er diefe Abſicht nicht erreichen koͤnne; fo woll 


wenigſtens die Frucht vom Mefer Unternehmung 


ernten, daß er viele Leute und eine Menge © 
dene daraus entführte. So fehr- er aber au 
mit denſelben in fein Land im Sicherheit zu g 
den ; fo begednete ihm doch Jaͤros law nahe 
von Kiew aus gethanenen fiebentägigen Zuge 


Fluſſe Sudomir, und zwang ihn nach einem 


tigen Kampfe, mit Zurücklaſſung aller Bente 
Befangenen als ein Gefchlagener nach feinem 
ſtenthume zurück zu gehen, wiewohl Järos 


“auch nach diefem über ihn erhaltenen Vortheile 


ber durch. Abtretung der Städte Swihaͤtſch 
Swidbjeſk feine Freundfihaft wieder erkaufen 
ihn zum Feinde haben wollte. Ein fo guter Aui 
dleſes Krieges fin Braͤtſchis law ermu 


den Fuͤrſten von Tmutarakan Mlislam,.g 


falls einen Verſuch zu thun, ob. er in Bekri 


 Säroslams eben fo glücklich ſeyn werde, d 


wider die Kafogen gewefen wor. Da’fh Jaͤ 
law ı024 in Romgorod aufbielt, meinte er, 


ſen Abweſenheit zur Einnapnre der großfürf 
\ Hauptfadt fih zu bedienen. Allein.ob er gleic 


GE Kriegsmacht durch Kofaren und Kafogen 


färkte; fo konnte er doch die Stadı Kiew ni 
ſelne Gewalt bringen, Tondern mußte mit dei 
maͤchtigung von Tſchernigow zufrieden ſeyn. 


rosla w bewatb ſich, wieder dieſen neuen Feit 
jfeinen gewöhnlichen. getreueſten Bundesgenvffen 
Waraͤgern, um Hülfe, und es erſchien eine 


‚Anzahl derfelden unter Jakunv oder nah A 
Setup Anführung. Mirjam ruͤcte den 


.. des. ruffifchen Reiches. 69 


diefen Waraͤgern wider ihn, anziehenden Jaͤr a s⸗ 
Tam entgegen, und traf bey Liftyina mit demfel- 
ben zufanmen, Mftiglam vereinigte, um den . 
Gieg davon. zu tragen, Klugheit und Tapferkeit, Im 
dieſer Abficht ſtellte er gegen Anbruch der Nacht fein 
Heer in die Bereitfhaft zur Schlacht, und zwar fo, 
dap er zur Schonung feiger Untertanen bloß Die 
Hülfsoölter an die Spige ſtellte, und diefen nicht 
eher, als. bis die Daukelheit ſchon fehe zugenommen 
Batte , und während einem anfgefliegenen ſtarken 
Doaner » und Regenwetter „ den Befehl zum An« 
griffe ertheilte. Durch. diefeg unvermutheten Anfall 
unter fo fihredlichen Umſtaͤnden fegte er Jaͤros⸗ 
lawg Heer in folhe Verwirrung, daß es, obwohl 
erſt nach einem unter den Hülfsnölkern M Bist aws 
angerichteten großen Blutvergießen, die Flucht er» 
griff, oßue daB Mfiislam genoͤthigt word, feine 
Ustertfanen in diefe Schlacht gu führen, oder den 
Gefahren einer folgenden auszufegen, Deun I as 
kun verlor fogar fein mit Gold geftidtes Gewand 
anf dem Schlachtfelde, und dur die erlittene Nie— 
derloge fo fehr allen Muth, daß, nachdem er mit. 
Säroslam in größter Eile bis nah Nowgorod 
zurückgegangen war, er übers Meer in fein Land. 
zurückkehrte. Und eben Darüber erfreuete ih Mid, - 
la mw bey diefem feinem Siege am, meiften,, daß ‘er 
fo fürchterlihe Zeinde, als die Wardger waren, 
bloß durch die Aufopferung des Lebens ausländis 
fher Huͤlfsvoͤlker, deren große Zahl ihm ſonſt leicht 
manche Ungelegenheit gemacht haben würde, aufge» 
trieben fahe. Doch in Anfehung feines nun aller 
Hoffnung , von ihm das Mindefte zu erzwingen, bes 
taubsen Bruders exftredte ſich feine Maͤßigung bie 
dahin, daß er demfelden algbald nah diefer ihm 
verfepten Nicderlage melden ließ, daß er nie begehrt 


10826, 


„vo Erſter Abſchnitt. Anfang 

Babe, oder je verlangen werde, feinem edit: 
er als der erfigeborne Bruder auf den’ groß 
chen Sig zu Kiew habe, Eintrag zu’ thun, fo 
menu derfelbe fih erkläre, ihm das Land, n 
er in diefem Kriege fchon unter feine Herefda 
bracht, zu überlaffen, feiner Ruͤckkehr, um d 
sierung zu Kiew zu führen, Feine Hinderung | 
Weg legen wolle. Allen noch ſchlug Jaͤro 
dieſes Erbiethen ans, und wollte lieber noch 
Verſuch thun, ob er mittel der Waffen ihm 
beffern Vergleich abnötfigen könnte, Fam ai 
dieſer Abfiht 1026 mit einem zahlreichen Heer 
Nowgorod wieder nah Kiew, wo fein Stati 
fo lange one Mſtislaws Störung für ih 
Regierung geführt hatte. Hierauf aber kam ei 
{den bepden zn Gorodez gu einem Friedensver 
in welchem fie den Dnjepr zur Grenzſcheidung 
nunmebrigen Staaten annahmen, daB folglic 
gegen Werten des Fluſſes gelegenen Länder X d 
Iawn, hie Öftlihen hingegen Mlislawn 
blieben , welcher diefelden von Tſchernigow au 
herrſchte. Nach diefem errichteten Vertrage 1 
Bielten tie ein befländiges gutes Beruehmen,, 
bepder Unterthanen lebten unter einem Herrn 
ſo glüͤcklich, ald unter dem andern. Deun M 


law, ber fich im Kriege ald einen tapfern © 
ten und guten Feldherrn bewies, beſaß ein ſeh 


tes Herz, und da er ſelbſt gutes Eſſen und gute 
traͤnk liebte, empfand er auch darin fein Bei 
gen, feihe Unterihanen eines gleih guten g 
sheilbaft zu machen, fammelte folglih vom | 
Einkünften nidt Schäge,, Tondern glaubte dag 
am befien angewendet, welches er an feine . 
mit reichliher Hand verfhenfte, wobey abe 
von ibm vorzüglich geliebte Soldatenſtand vor 


des ruſſiſchen Reiches. 71 


Dern bedacht wurde. Eben fo ſehr beſchaͤftigte ſich 
Jdros bawu mit Beförderung der Wohlfahrt feiner 
Unterthanen,, indem er viele neue Städte, und un. 
ser denfelben nad einem gluͤcklichen Feidzuge wider | 
die Leiten in Liefiand 1030 eine, die er von feinem 1030. 
Taufnahmen Jurjew nannte, erbauete. Im Jahre 1036° 1036. 
erhielt Jaͤro s la w durch den Tod feines Bruders 
Miislam alle feine, Länder. | Be 

Als der norwegiſche König Olaf fi nicht Särostan 
getrauete, fein Reich wider die vereinigte Macht ei⸗ DENT den 
ner Menge mißvergnügter Unterthanen mit der gqu⸗ ndrwegis 
zen Stärfe Knuds, des Beherrfhers von England, 83 Finis 
Dänemark und anderer weitlaͤuftigen Staaten laͤn⸗ Heiliaen . . 
ger zu behaupten ; fo begab er ſich mit feinem —— 
Sohne Magnus zu Säroslaw, ber ihm mit in been 
nur nuverzüglich fo viel. Land einrdumte, daB er Sohne zu 
davon fich und fein „anzes mitgebracdtes Gefolge PA 
gut unterhalten konute, fondern auch bey Wahr⸗ dies behuͤlf⸗ 
nehmung feiner tiefen Schwermuth das Anerbiethen lich. 
hat, damit er fi über den Verluſt feines norwe⸗ 
giſchen Reiches seöften möchte, ibm Kriegsoälfer 
zur Erwerbung eines andern durch die Eroberung 
der Bulgarey zu geben, wobep er zugleich feinen Ei⸗ 
fer in Berbreituug des Chriſtenihums zeigen könnte, 
Alle feine Leute, denen er diefes Erbiethen Jaͤ⸗ 
roslam.. zur Ueberlegung vortrug , widerriethen \ - 
ihm die Annahme desfelben , und drangen täglich im. 
ihn, fie in ihr Vaterland zurüß zu führen. Ice 
roslaws hatte in der Folge durch. feine Thätige 
keit uud Mitwirkung des Norwegen Carl. den 
Prinz Magnus zum norwegiſchen Th one verhol⸗ 
fen, der ihn von einer anfehnlichen Befa: Beh ben 
gleiset auch beflleg. . 

Umfonft erbothen fi Die Ruſſen nochmahls, 
ihm ſo viel Land und fo viele Einkünfte, als er 


| 


72 Crfler Abſchnitt. Anfang 


ſelbſt verlange, mit der doͤlligen Unabhaͤngigkelt un 
. Ehre eines berrfchenden- Königs bey ihnen auzuwe 
ſen, da es wegen der geringen Racht, die er 
Norwegen feinen Feinden entgegen fiellen koͤn 
‚Bein andered Anfeben babe, als wenn er felbfi 
iu derfelben Gewalt überliefern wollte. Olaf das 
ihnen für fo große Zeugnifie ihrer gang ausnehmen 
den Gemogenbeit gegen ihn , empfahl feinen Soft 
den er dep ihnen zurückließ, ihrem fernen Schug 
und empfing durch reichliche Verforgung mit alleı 
demjenigen, waser für feine Perfon und die 200 Leu 
se, mit denen er aus Rußland durch das. ſchwed 
ſche Bebieth den Weg zur Eroberung feines Reide 
- antrat, auf der Reife bedurfte, Beweife ihres forı 
dauernden Wohlwollens. Nachdem er in diefer fei 
ner Unternehmung bey Stiflekad eine Niederlage 
und zugleich deu Tod gefunden hatte; fo gewährt 
Säroslaw nihe sur feinem Bruder Haral 
und allen Norwegern, die fihb aus Widerwillen 
unter der Herrſchaft feines Beindes, des nunmeh 
rigen norwegiſchen Koͤnigs Sornd, zu leben, nac 
Rußland begaben, eine fihere Frebſtatt und Lebens 
nunterhalt: ſondern unterfagte allen im Lande un 
ter Svends Regierung .verharrenden Norwegern 
als insgefammt Theilnehmern an der Empörung ge 
gen ihren rechtmäßigen König, bey Lebengfirafe di 
Berretung feiner Reichſsgrenzen, und SHandelöge 
meinſchaft mit feinen Unterthanen, vollzog auch diı 
fe gedrobete Lebensftrafe an Verſchiedenen, die e 
wagten, wegen ihrer. Rabrungsgefchäfte in fein Lan 


= zu fommen, und ſchreckte dadurd eine Zeit lan 


jeden Norweger, fo fehr ihn auch die Nothwendig 
keit gu einer Reife nah Rußland, autrich , von de 
Unternehmung derfelden od. 


ı des ruſſiſchen Reiches. 73 


us gr fi im Jahre 1036, um melde Zeit 


1036. 
erfchiedene 


ihm ein Son, Wirfheslam, geboren ward, g, gebenpeis 
zu Romeorod ‚aufbielt , md daſelbſt ſeinen Sohn ten unter Jaͤ⸗ 
Wladimir zum "Fürften einfegte, wobey er defjen Forlams I 


nanmehrigen Unterthanen eine Urkunde über ihre 


gierung, 


Gerechtſame und Freyheiten ausfertigte; fo drangen-" 


die Petfchenegen vor Kiew. Auf diefe Nachricht eil⸗ 
te er mit einem zahlreichen Heere von Wardgern 
und Glaven der mothleidenden Stadt gu belfen. 


Nachdem er in derfelben angelangt war, ruͤckte er 
mis feiner ganzen Kriegsmacht den Feinden entgte 


gen, To daß er die Waraͤger in die Mitte, die Kies 
wer auf den rechten, und die Romgoreder auf-den lin« 
fen Slügel ſtellte. Die Perfchenegen fegten auf ihre 
Menge und Tapferkeit Bein geringeres Vertrauen, 
und dieferwegen erhielt Jaͤros law erfi Abends, 
nachdem von beyden Herren Häufig Blut gefloffen 


' 


war, den Sieg, und auf der Flucht kamen mehre⸗ 


re Seinde , die das Schwert nicht getödtet hatte, im 


Setomla und andern Zlüffen um. Auf dem Plage, 


wo dieſe Schlacht gefhahe, erbauete.er, als er in 
den folgenden Jahren Kiew erweiterte , die So⸗ 
phienkirche. Die Petſchenegen erlitten bald nad) dies 


fer Niederlage verfhiedene ſo wichtige Stöße durch 


die Griechen und Uzen, die fie fo entPräfteten , daß 


fie aufhörten, fürchterliche Feinde zu ſeyn. Ehen . 


fo glüdliche Feldzuͤge that Iäroslamw im Jahre 
1038 wider die Jaͤtwaͤgen, 1040 wider die Litthauer, 


042 gegen die Iamer, 1041 und 1043. mider die 


Maſovier, die hauptſaͤchlich durch feinen Beyſtand 


gezwungen wurden, den pohluiſchen Herzog Caſt⸗ 
mir, feinen Schweſtermann, für ihren Herrn auzu⸗ 


nehmen. Durch drey feiner Töchter trat er mit den 
Königen von Norwegen, Ungarn und. Frankreich in 


Verbindung, da ee Elifabeth an deu König E 


1054. 
Jaͤrosſaws 
Ipod. 


" Erfter Atſcinin. Anfang 


‚Harald IV. von Rorwigen, Nafafia od 


Anaftafie, an den König Andreas 1. als 
garn, und die dritte, Anna oder Agnes, 
den König Heinrid i. von Frankreich 
rathete. 

Nah den Streitigkeiten mit dem griechiſche 
Kaiferefume, die im Jahre 1043 anfiugen, ſchle 
Säroslam drep Jahre darauf, 1046 einen Fri 
den‘, und befefligte ſolchen durch die Bermäplu: 
feines Sohnes Wſewolod mit einer griechiſch 
Prinzeffinn, 

Im Jahre 1054. am sofen Febreer beſchlt 
Jär oslamw fein Leben, und hielt nor ſeine 


Tode an alle feine Soͤhne eine ruͤhrende € 


mahnung, daß fie, als Kinder eines Vater 
und einer Mutter (die bereits vor ihrem Gewahl 
1054. 'in die Ewigkeit gegangen war) , ſich lieben 
ihren nunmehrigen diteften Bruder IEjäslamw al 


‚feinen Stellvertreter in feinem väterlichen Rec 


und feiner vaͤterlichen Sorgfalt für ſie alle. väterlid 


Shre und Eindlichen Gehorfam erzeigen, und ve 


ficbert ſeyn foNten, daß fie Durch unverbruͤchliche Beol 


achtung diefes ſeines väterlichen Befehles fih di 


Wohlgefallens und aller Segnungen Gottes fähi 


machen, und im Stande bleiben würden, allen Feit 


den die Stirn zu biethen, durch Verlegung desft 


ben und ihre Zwiſtigkeiten hingegen ſich felbft au 


reiben, und das von ihren Vorfahren fo theuer ur 


ſchwer erworbene Land gu Grunde richten würde 
Zie Theilnug feiner Staaten unter fie made ı 
auf die Art, daß er JZEjdslamm den großfurf 
lichen Thron zu Kiew mit der Vorſchrift, wenn e 
uem feiner Brüder zu nahe gefhähe, dem Bele 
Digten fein gefränftes Recht wieder zu fchaffen 
Smwätoslawn Zfgernigew , Wfewolode 


des euffifchen Heide 75 


Perejaslaw, Ig o ru Wladigir and Wärfhes 
Iamn Swolexnsk beſthied. Sein Abſterben erfolgte 
zu Wiſchegrod, und vermuthlich war Bey demſelben 
von allen feinen Söhnen der einzige Wfemolo» 
gegenwärtig, indem ſich X6jdslam zn. Nowgo⸗ 
od, welches Zürfienthum alſo wohl ihm von ſei⸗ 
nem DBater nad feines aͤltern Bruders WI ads 
mirs Zode eingeräumt war, Smwäroslam hie- 
gegen zu Wladimir aufhielt. Doch bezeigte Wſe⸗ 
wolod fo wenig, als.einer von den dudern Soh- 
nen, Anfangs einige Unzufriedenheit über die Laͤu⸗ 
derthellung, indem Wfewolod, nachdem er ſei⸗ 
nes Vaters Leiche nach Kiew geffher, and dort im 
der Sophienkirche in einem marmornen Sarge bey⸗ 
gefegt Hatte, fi aus dieſer großfürfllichen Haupt⸗ 
ade nach dem Ihm zugerheilten Fürſtenthume Zfchers 
nigow begab , IE j ds lam aber zu Kiew eben fü 
ungehindert feine großfürftliche Regierung aufrat, / 
als die Übrigen von ipren Sürftenchümern Bett 
nahmen. _ 

Spjäslamn gibt Nefior den Kuhm, en 
er verbienet habe, den Thron eines fo wärdigen Re fürft, 
genten, als Jaͤro ſslaw war, zu erben. Deuner 
war fhön von. Befiht, großer Leibesgeftalt, ein 
ehrlicher Mann nah dem ganzen Umfange diefes | 
edeln Wortes. Im Jahre 1058 Überwand er die *038- 
Goläden, uud 1059 erledigte er, nebſt feinen Brh- - 7905 
dern Swätoslam und Wſewolod, Su 
dislamwn, ihren Batersbruder, aus dem Befängs» 
niffe zu Pleskow, in welches er auf gewiſſe Befchuls . 
digungen im Sabre 1036 von Täroslamır ge 
fegt worden war,' worauf berfelbe zu Kiew als ein 
Minh ins Klofter-ging, und fo im J. 1063 fein 
Lehen beſchloß. Im J. 1060 unternahm erin Ges 2060. 
ſellſchaft ſeines Bruders Swaͤtos law, und des 


1954. 


5 061, 


206° 


76 Erfier Abſchnitt. Anfang 


volotstiſchen Fürſten Wfeslam, welcher im‘ 
1044 in dieſem Fürſtenthume auf feinen Bat 
Brätfhtislamw gefolgt war, mit einem übera: 
zahlreichen Heere theils anf Schiffen, theils zu La 
de, die Türken, wider welche ſchon im J. 105 
der Fürſt von Perejaslaw einen gludlichen Winte 
feldgug gethan haste, in ihren Wohnfgen heimzufi 
hen. Mlein bloß die Rachricht von der Ankunft di 
fer großen Kriegesmacht jagte. die Türken aus ihrt 
Wohnfigen in die Wuͤſteneyen, wo die Noth, we 


“de fie dort ausſtehen mußten, nähmlid Kälte, Hu 


ger und Pe, eine große Menge wegraffte. D 
Polowzer fingen inzwifhen an, flatt der von dir 
fen Bolfe gedemüthigten .und aus einem Zheile if 
zes Landes vertriebenen Perfhenegen Einfähe i 
Rußland zu than, und zeigten fi als eben fo fürd 
terlihe Seinde. Im J. 1054 lieh fih zwar ih 
Dberhaupt, Bljufb, durd einen Vertrag, den maı 
mit ihm errichtete, bewegen, daß er, ohne das rufli 
ſche Gebieth zu. beſchaͤdigen, wieder heimging ; abe 
im $. 1061 kamen fie unter einem anderen Aufüh 
ser, Sok al, aufs neue dahin, und führten, nad 


einer Wfewoloden am sten Februar zugefüg 


ten Niederlage und angerichteten weitläuftigen Ver 
beerungen, viele Meuſchen und eine anfehalid: 
Beute mit fi hinweg. WS der Fuͤrſt von -Polots 
in das Fürſtenthum Nowgorod drang, und dii 
Hauptſtadt desfelben in Brand fiedte und ausplän 
derte, vereinigte wider dieſen Feind ih Ißbjaͤs— 
Iamw mit den Zürflen von Zfcdernigow und Pere: 
jaslam, und alle dreprüdten im 3. 1065 im ſtrong⸗ 
len Winter vor de Stadt Minſk, dep deren Ero: 
berung alle Männer getödter, die Weiber und Kius 
der hingegen zu Gefangenen genommen wurden. 
Später ließ der ihnen entgegenzieheade IE fe 6la w 


ri 


J 


des ruffifchen Heiches. “77 
am Fluſſe Nemiſa oder Nemona anf fie, and bepde 
Zheile lieferten einander am Zten März im tiefen . 
Schnee ein Treffen, in welchem bie Polowzer zwar 
viele Ruffen erlegten, zuletzt aber doch nebſt ihrem 
Sürften die Flucht ergreifen mußten. Diefe Nieder⸗ 
lage bewog Wfeslamen, daß er auf eine von 
feinen drey Ueberwindern an ihn ergangene&inladung, 
zur gütlihen Benlegung Ihrer Streitigfeit zu ihnen 
fommen, fi in einem Zahrzeuge am Dnjepr bey 
ihnen einflellte. Allein man hielt ihn fo wohl ale 
feine beyden Söhne fe, uud IHjdsIam führte 
fie als feine Gefangenen nah Kiew. J Bidstamw. 
bekam aber bald-Urfache zur Bereuung diefes W fess 
law ermwiefenen Eiddruches. 

Als die Polowzer im J. 1067 Rußland mit 1067. 
einem großen Schwarme überfhwenmten, und Jg. Die Kiewet 
jöslew, Swätosiow und Wfewolod fi en Dur 
denſelben beym Zluffe Olta entgegen ſtellten, wur. rung wider 
den diefe in ginem naͤchtlichen Gefechte von den Pos em 
lowzern gefihlagen, welche fi darauf, um mehr nen volotsk 
Beute zu machen‘, durchs Land zerfireneten. * ihren 

Diefe Zerſtreuung der Feinde hielten die Thron. 
Kiewer für ein unfehlbares Mittel, fie zu über 
winden, wenn fle diefelben in diefem Zuſtande noch⸗ 
mahls augriffen, und fendeten aus einer Rathsver⸗ 
fommfung, die fie auf dem Marfte zu Kiew anſtrll 
tem, Abgeordnete zu den in Kiew gegenwärtigen: Iß⸗ 
jädlam und Wſewolod, von denfefben Wölfen und 
Pferde zu begehren. allein Ißjdstaw (hing: ihnen 
dieg Verlangen abe umd fe legten?die Schuld ‚dies 
ſes Abſchlageus auf ven Wopwoden Kosmaͤtſch, 
den fie bald in feinem Haufe auffuthten. Als ſie die⸗ 
fen aber dort nicht fanden, theilten fie ſich in: zwey 
Haufen, wovon einer 'dem Gefängatffe, in welhem 
man den Ehren don Polotsk und. deffen Soöhne 


1069. 


/ 
J 


30 Erſter Abſchnitt. Anfang 


Ruffen durch die Flucbt nach Griechraland ficherter 
Hierauf erklaͤrten ofich Swaͤtoslaw und Wi 
wolod, ihren, Bruder Igjdslam dahin ja va 
mögen, daß er mit einem kleinen Gefolge nad) Ric 
komme, von ſeinem Groß füͤrſtenthume wieder Bei 
sp nehmen; wenn er ſich aber hierzu nicht bequeme 
ſollte, den Pohlen mit gewaffaeter Hand tie B 
maͤchtigung und Zugrunderichtung von Riem zu vei 
wahren: dadurch erfüllten frau das den Kiewer 


‚geleitete Verfprechen, indem fie eine Gefandtſcha 


mit einem folgen Auftrage im J. 1069 am Ybidı 
law abdfertigten. Diefer gab bei Berftellangen fe 
‚ner Brüder Gehör, und fegte mit dein Herzoge von Pol 
len und einer geringen Bedeckung deu Weg uadı Ah 
mit Boranfendung feines Sohnes Miti s law for 


damit er durch das Verhalten der Kiewer gegen ſe 
nen Sohn erfuͤhre, ob er auf ihre Worte, ihn al 


ihren Herrn aufnehmen zu wollen, ſicher baurn du: 
fe. Mfislaw, welcher ohne Bweifel von dei 


i Uebermaße der Bütigkeit feines. Vaters befürchtet 
daß derſelbe ſolche Über Feinde erſtrecken werde, we 


de nicht auders als durch ihren Tod die Begier! 
ihn weiter gu. ſchaden, verlieren: wärken,, eilte vi 
deſſen Ankunft ihn von diefer Gefahr zu ‚befgepen 


und da ihm. folglich die Püht gegen feinen: Bat 


nicht erlaubte, die zu ner. genauen Unterſuchung d 
Berfhuldung ‚oder Uuſchuld verdäditiger Perfon: 
erforderliche Zeit darauf. zu verwenden, ſo if ı 
fehr glaublich , daß unter den yo, die er ald Hau 
empödrer mit den Tode, ‚und audere, die er mirde 


| . Berlufte ihrer Augen beſtrafte, manche gu ſchwer, mei 


she auch wohl ganz unſchuldjg geluten haben. Die Ki 
wer. Überhaupt bemuͤheten fi Jept, ihren herann 
henden Herrn von der Aufrichtigkeit ihrer Reue üb 


| ine Empirung gu bezeugen, und. fh einen gaddi 


ges 


4 


: des ruſſiſchen Reiches. 3 


gen Zürflen zu erwerben, und zwar daduech, daß 


fie ifm go Werſte vor der Stadt untgegen gingen, 
und fo am sten Map in diefelbe feyerlich begleite 
ten. Jjd14w verfolgte feinen vor ihm gewi⸗ 
chenen Feind Wfeslaw durdifeinen Sohn M Ri 
Taw An deſſen eigenes Land, umd fehte nach Deffen 
Bertreibung ef MRisTawen, nah deſſen bald 
erfolgtem Tode aber deffen Bruder Owdtopolt 
als Fürſten zu Polotsk en. Im J. 1051 gelang 


es zwar Wfeslawn, dab er dur Suwaͤt - 


pyoltsBerjagung fein Erbland wieder befam, abe 
gleich darauf ward ervonZ4ärepokf, dem jünger 
Bruder Swaͤtopolks welcher ihn bey Wol otitſchut 
berwand,, aufs Neue gedemüthiget. Den gegen⸗ 
waͤrtig von Iß jdslaw zur Eefuͤllung feiner Bor 
Tesla w n gethanenen Zufage, demſelben feine Hül⸗ 
fe gu verguͤten, in verſchiedene Quartiere verlegten 


soluifhen Kriegsvoͤlkern ging es eben fo, wie ehr⸗ 


dem zu Bolesiows I. nad Swdroyolita 
Belien, indem die Ruffen, wo fe nur kannten, Kb 
son diefen beſchwerlichen Bdhen durch Ermordum 


sen befzeyeten, Ja Roſtow gab. eine Hungersnoth 


Betriegern Gelegenhelt, ſich der Leihigläabigkeit ein⸗ 


fäliger Lente zu ihrem Vorcheile ju bedienen, ine 


dem fie dieſelben übersedeten , daß bie Welber der 
Reichen 'biefen Hunger verurfachten, und durch zau⸗ 
beriſche Künſte ifre Leider mit Getreide, Fleisch, Fi⸗ 
ſthen, Marderfellen u. ſ. mw. aufüllten, und ſolcher 
Schalt das Volk bewegten, mit ihnen von einzu 


1071. 


Dorfe zum andern. zu zichen, wadı DIEfE permeinten -. 


Heren: gu erſchlagen, bis ein fuͤrſtlich er Beamter das 


durch, daß er den verführen Hanfen eines Beſſereny 


belehrte, und einige Betrieger mit der verdienten Eon - 


desſtrafe belegte , dieſem Umweſen eds Ende machte: 
Zu Nowgored erwarb gleichfalls eiwBettieger dur 
Geh. Rufl.1.Bond. 5 





se Erſter Abſchnitt. Anfang 


luͤgenhafte Wahrſagungen ſich einen fo zahlreich 
"Anhang, daß derſelbe den Bifhof Theodor, o 

ne fih durch defien Vorſtellungen, die er in feine 
Bifhöflihen Schmucke und mit dem Kreuze in d 

- Hand an ihn auf öffentlichem Markte that, im mi 

deſten rühren zu laffen, als einen Feind Bottes uı 

der Religion ıödten wollte. Allein Gljebs, di 

Behnes des Fhrfien von Tſchernigow, Klugheit nı 
Genenmwart des Geiſtes flillte eine durch eben fo wo 
überlegte als herzhafte That in einem Augenblic 

dieſen gefährlichen Wufrubr, indem derfelbe auf d 

nach feiner Zrage an ben Wahrſager, was er, dı 

Bürf, im. Sinne babe ‚gegebene Antwort deefe 

ben, der Fuͤrſt werde ein. großes Wunderwerk ver 

richten, unverzüglich demmfelben mit einem unter fel 

nem Kieide verborgen ‚gehaltenen Beile einen 1ödf 

lichen Streich verſehte, und hierdurch allen defien 
Anhaͤngern die Falſchheit feiner angemaßten Prophe 
zepungsgabe darthat. Die Einigkeit zwiſchen den 
Großfuͤrſten und deſſen Brüdern ward im J. 1075 

durch Swatoslaws ebrgeiziges Beſtreben ned 

dem großfürſtlichen Throne zu Kiew geſtoͤret. Die 

fem gelang es, feinen Bruder Wfewolod A 
überreden, Daß der Großfuͤrſt mis dem Fuͤrſten von 

Polotſk ein Boͤndniß gemacht babe, fie aus ihren 
Zürftenshämern zu vertreiben, deffen. Wirkungen: ſu 

aur durch Zuvorkommung disfer ihrer Feinde ven 

— mittel Jßjaslaws Entthronung vermeide 
koͤnaten. u | 4 
Siästem -— JIKHiäslam .widerfente fih ber Unternehmung 
| —— dieſer feiner Bruͤder nicht, fondern entwich, als Mm 
able ben Mb zu deſſen Ausführung Kiew naͤherten, wit dei 
Thron zdus feften Hoffnung aus Kiew und dem. ganzen vufjifhen 
mem, Nele, daß in Anfehung der großen Schaͤtze, wel« 
de er ans. demfelben wis fi wegführte, er noch 


\ 


des vuſſſchen Reiches. 33 


leiter, als das erſte Mahl geſchehen war, durch aus» 
laͤndiſche Hülfe den gerdumten großfhrhtihen Thron 
wieder befommen werde. Sept aber wendete er it 
feinen Schägen, die einen fehr Hohen Werth hatten, 


und aus goldenen und filbernen Gefäßen und koſtba⸗ 


rem Velzwerke befintiden, ſich zu dei deutfchen Sakfer 
HeinrigIV,, welden ihn der Markgraf Dedo von 


Meißen, der zweyte Gemabl der Bräfim Adele 


von Löwen, bie in:der.erfien Ehe mit Ott o von 
Orlamuͤnde nuter andern Töchtern Kuuigunden, 


die Semaßlinn eines rußifchen Fürſten, geboren hate 


te, 1075 zu Maynz vorſtellte. Da usa der Kai⸗ 


fer dadurch, daß er die Made des dentſchen Reichs 


zur Wiederherſtelnug Ißjdolaws nach Rufland führ⸗ 
te, nicht bloß vanj uͤbermaͤßige Reichthuͤmer gu ge⸗ 
winuen,, ſondern auch dieſes Reich dem deutſchen 


Ichenspflictig zu machen vermeinte, indem: If 


jdslaw ihm bie Lehenspflichtigkeit fo wohl feiner 
Pirfon ale feines Reiches antrug; fo brachte bloß 
das infdudige Anhalten des Propfies und nachmab⸗ 


ligen Biſchofes von Trier Burdiard es dahin, daß 


der Kaiſer vor Grgreifung gewaltſamer Maßregelu 
zu Shjiäslams Beſten erſt den gürlihen Weg 
zu verſuchen befhloß, und - eben dieſen Burchard mit 


dem Auftrage an den nun herrſchenden Geoßfuͤrſten ab⸗ 
fertigte, daß derfelde das Großfuͤrſtenthum Ißjaͤglawps 
sutwilig ränıhen, oder widrigen.Kalles ſich gefaßt ma⸗ 


hen ſollte, mit feinem. Schaden. zu lernen, was das 
Anfehen und die Waffen des deutſchen Reichs ver⸗ 


möchten, Dielisfade fo wohl der Vorbitte Burhards 
für den num herrſchenden Sroßfürſten, als daß ges 


rade er zum Geſandten armäblet ward, war ſei⸗ 
ne Schwägerfhafsimit dem, an den man ihn fette 
dete, weil derfelbe Burchards Saneher gur id 
hatte, 0; 

: 3 


1075: 


34 Erſter Abſchnitt. Anfang 
1073, Als Burchard dp Swaͤtoslawn, weih 
—e ſeit dem 22ſten März 2073 zu Kiew regierte, fei 
als Orop: Seſandtſchaft ablegte; fo meinte diefer, ob er il 
fürſt. gleich für feinen Herrn den Kaiſer, um. Deufelb: 
son Ergreifung kraͤftiger Maßregelu zu Ißjaͤslan 
Herftelung abzuhalten , fo viel an Geld, Silb 
und koftbaren Kleidern mitgeb, daß man fich fı 
, ner Zeit zu erinnere wußte, daß auf el Mehl ei 
folcher Ueberfluß und fo großer Sag hiervon ind 
dentfhen Staaten eingeführt worden , bard Bo 
geigung, und Lobpreifungen feiner unermeßlich au 
gehäuften Reichthümer bemfelben einen ſehr hohe 
Begriff von feiner Bermögenheit beygubringen. MI 
 Iein Burchard benahm ihm diefen ſtolzen Bebanfer 
| indem er zu ihm fagte: Diefes if fo viel als nichts 
\ Deun es liegt alles todt da ; es gibt aber koſtbare 
ve Schäge, die man erwerbeh kann. Das vo: 
Swaͤtoslawn Heinriden überfendete Sell 
kam demfelben bry fernen durch den Krieg wider di 
Sachſen gebabten großen Ausgaben ſehr zu Stat 
" gen; da er aber diefen Krieg wieder vorgunehmei 
entfchloffen war, fo haͤtte Swätoslam alles die 
6 Geld Schalten Runen, weil den Kaifer diefe ihı 
weit näher betreffende Angelegenheit fo Mark beſcaͤf 
tigte, daß es für ihn eine Unmöglichkeit war, ji 
gleicher Zeit Ißjaͤslawn mit Kriegsvölkern gu um 
. .. terflügen, der vermuchlich, um fi Freuude unte 
ben deutfchen Füͤrſten zu verfhaffen, bey feinem je 
Pigen Derweilen in Deutſchland feine Tochter Pras 
kewja, Gupraciaoder Praxedis, mit Hein 
rich en, einem Markgrafen von Brandenburg au 
- dem Hanfe der Grafen von Stade, werbeirarheit 
Die für den in Deutſchland fremden Nahmen einel 
andern, uähmlh Adelheid 'annafım, mad .nod 
dem Tode ihres erfien Gemahls, des Markgrafen 


des ruflifhen Neiches. ⸗ 8 
ben Kaifer Heinrich IV. zum zweyten Semahle er- 
erhielt. 

Da nun Jajdslaw, deſſen Sufland ſich due. 1076. 

dem Tod Smwätoslams, weiber am. 27. De mh. 
cember im J. 1076 erfolgte, nicht verbefferte, indem Brüder als 
deffen Brüder Wſewolod nun den großfürftk- Grobfürft, 
den Gig zu Rio einnadın, feine auf deutſche Hüh 
fe.gefegte Hoffnung fehlſchlagen ſahe; fo flug er 
kb zu dem Herzoge von Pohlen. Diefer aber fo 
wohl als feine Kriegslente bezahlten ihm die gro⸗ 
Sen Seſchonke, durch weiche er ihren Beyſtaud m 
erfanfen dachte, einige Beit mit lauter leeren Ber» 
fprechungen , weldes ihn bewog, feinen Sohn 
nah Rom zu ſchicken, und durch deufelben deu Papſt 
zu erfuchen, den Yohlen das Gewiſſen zu rühren, 
dab fie entweder ihre Ihm gegebenen Verheißungen 
erfühen, oder, wenn fie dieſes wicht thun wollten, 
wenigfiens die von ihm empfangenen Gelder ale 
ein ungerechtes Sat zurüdigeben möchten. Papſt Gre⸗ 
gor VIE. gewährte ihm diefen feinen gefuihten Vor⸗ 
ſpruch bey dem Herzoge von Bohlen deito lieber, 
als er für dieſe Gefaͤlligkeit von Ißjaͤslaw den Vor⸗ 
theil erwartete, :daß er das zuffifhe Reich für ein 
Lehen des roͤmiſchen Stahls mit Ableguug des Tren⸗ 
eides anerfeunen würde. 

Sulegt entſchloß ih doch im $. 1077 de voßl- 1077. 
niſche Herzog Miäslarn mit gemaffneter Hand fein Jewzieg 
Großfärfienthum wieder gu verfchaffen, und Wſewolod Iamn das 
ging ihnen, wie es fchien, im dee Abficht, ſich im Gnehtürfen 
Befipe desſelben wider ihre Unternehmung zu ver- " 
theidigen , mit einem Herre in Volhynien entgegen, 
ttaf aber einen Beraleih, durch welchen I6jd% 
law am sten Salins wieder als Großfäürft feledli⸗ 
chen Einzug in Kiew hielt. 


— 


De Broß⸗ 
fuͤrſt Ißjaͤs⸗ 
law kommt 
m fine 

Schlacht 


to 8. 


36 Erſter Abſchnitt. Anfang | 


Der Vergleich zwiſchen Ifjuslaw und Wfewolsd e 
regte in Rubland einen neuen Buͤrgerkrien. Denn ! 
nach demſelben Wſewolod das Fuͤrſtenthum Tſchernigo 
behielt, welches deep Soͤhne des verſtorbeuen Sw 


toslaws, Boris, Dleg ud Xoman, old e 


vaͤterliches Erbtheil anſahen; ihre -eigenen Kraͤf 
aber zu ſchwach erkamen, dasſelbb Wſewol 
ben zn entreißen; fo ſchlugen fie fih im. J. 107 


an die Polowzer, und führten diefeiben ins Tſche 


olgowifche. . Wſewolod Lieferte ihnen om a6ften A: 


guſt, am Fluſſe Soſchiza eine ungludlige Schlach 


‚aa welcher er zum Großfuͤrſten nach Kiew fluͤc 
Nkete, wogegen Oleg und Boris ſich als nunme 
rige Herten des von ihm verlafſenen Fuͤrſtenthum 
erklaͤrten. Ißjaͤs law troͤſtete den zu ihm kon 


menden durch dieſen Ungluüͤcksfall ganz muthloſen Bri 


der durch den liebevolleſten Empfang, mit Erinnerun 
nu die viel größern Leiden, die er, der Broßfürf 


ganz ohne Verſchuldung erdulden müffen, und übe: 
fanden Habe, und Die Verſichernug, daß ex Wſewolod 


ferueres Schidfal mit ihm theilen, uud ſogar ſei 


‚ Xeben für ihn zu Laffen bereit. fey. Nachdem ı 
‚hierauf fo viel Kriegsvoͤlker, als er auftreiben Fonns 


aeſammelt haste; fo gingen er, Wſewolod und d 
Für von Smolensk mit dem. Heere nach Tſche 


J nigow. Bep ihrer Ankunft befand fi Feiner vo 
den Soͤhnen Swaͤtoslaws in dem Fuͤrſtenthume 


aichts defto weniger vrrfagte die Hauptſtadt Di 


‚wofoden die Anfnahme. Daher mußte mon fie m 


Gewalt angreifen; und fon hatte. der Fuͤrſt vo 


- Smoleps? die oͤſtlichen Stadthore erbroden, w 
die Vorſtaͤdte eingenommen und verbrannt, daß d 


Einwohyer nur noch die innere. Stadt vertheidli 
sen, als die Nachricht von der Heranfunft ber Sm 
toslawitſchen, Dieg und Boris, die Angreifende 


des ruffifchen Reiches. 87 
bewog, die Belagerung aufzuheben, und mit ih⸗ 
ser gefammten Stärke den Feinden entgegen zu 
ziehen. Nun ging Olegs Rath am feinen Bruder 
dahin; daß da fie den vier Zürften nicht gewach⸗ 
fen feyen, flatt weiter zu einem Zreffen vorzu⸗ 
rüden , fie durch Abgeordnete um Beieden bitten 
ſoſſten. Allein Boris antwogtete ibm bierauf: Da 
magft thun was du willfi; ich will es mir ihnen 
allen anfuchmen. Boris genoß die Freude, daß 
Dieg feinem Willen nadhgab s’aber gu feinem -eiges 
nen Berderben. Denn als bald darauf beyde Hee⸗ 
se bey dem Dorfe Rima Nefhatina am 3. Octo⸗ 
bee zufammenftießen ; fo verlor. Boris gleich zu Aus 
fange des Gefechtes fein Leben, welches ungeach⸗ 
tet diefes Todes eines Heerführers, mit großen Bluse 
vergießen von beyden Seiten fortdauerte, bis die 
Großfürftlichen ihre Feinde zum Weichen zwingen 
kounten. Doch indem diefe nur noch zu ihrer Ver⸗ 
theidigung wider. die Gewalt der ihnen nabdrins 
genden Sieger Widerfiand. thaten; fo verſetzte je⸗ 
mand dem Großfürften von hinten mit einen Spie- 
Ge eine toͤd tliche Wunde. Nichts deſto weniger ſetz- 
ten die Ueberwinder nach diefem erlittenen Berlufte 
den Geſchlagenen noch immer fo Beftig su, daß. 
Dieg mit einem geringen Gefolge kaum entkam. 
US der Tod des Großfürften zu Kiew bekannt 
ward, begleiteten Die Einwohner die Teiche mir einem . 
folgen Geheale und Weinen, daß man davon den - 
Gefang der Priefker und Mönche nicht vernehmen 
Fonute, von Gorodez bis zu der Marienkirche in 
Kiew. 

Fun beſtieg Wſewolod den kiewſchen Thron, Wſewolob 
nud ſetzte feinen Sohn Wladimir nah Tſcherni⸗ —* ‚sum 
gow, Säropolfen, feines verfiorbenen RNeichs⸗ able den. 
vorfahren Sohn, aber nah Wladimir, und gab Thron. 


1079. 


1081. 


1083. 


88 Erſter Abſchnitt. Anfang 


Diefem Turow zur Zulage. Oleg hatte fi nad 
feiner Niederlage gu feinem über Zmutarefau regie 
senden Bruder Roman begeben, weicher im Jah 
ve 1079 aufs uene bie Polowzer zu des Broßfür 
hen Wſewolods Beſteeitung ias Gewehrbrachte 
Allein als dieſer ſich ihnen zu Perejaslam geruͤſte 
entgegen. ſtellte: fo erfolgte ein Friedensſchluß mi 
dan Polowzern, und eine folde Entzweyung zwi 
ſcheu den Polomzern und derfelben bisherigen Freun 


den, daß die Polowzer Romanen am zien Au 


auf dos Leben, deſſen Bruder Dieg aber fein: 
Frepheit nahmen, und der letßte als ein Befange 
ner Biber Die Grenze des rufſiſchen Gebieths ab 
geführt wurde. Dur diefe Veraͤndernug gewaut 
Wſewolob Zmutaralan, wohin  Rasibor: 
als feinen Statthalter fendete. Allein im Jahre 108: 
bemädtisten ſich bie Zürften David Igore 
wisth und Wolodar Rokisiamirfch die 
Fürſtenthams, wurden aber im Jahre 1088 wiede 
von Dleg, der feine Frepheit erlangt Hatte, ge 
zwungen, ſolches ihm zu uͤberlaſſen, nachdem fü 
in feine Gewalt gerathen waren, worauf er, bei 
feines Bruders Tod und feine Beleidigung durch 
Biarichtuag der Daran theiinehmenden Chofaren be 


‚Brofte,, fie wieder ihres Verhaftes entließ. David 


und Wolodar meinten ih dieſes Schadens auj 


—Zaͤropolts Koſten gu erhohlen, und bemachtigten 


fib mit Zuziehung Waſtlkos, als Jaͤropol! 
bey dem Großfuͤrſten dos Oſterfeſt feperte, im Jah⸗ 
ze 1034 des Landes diefes Fuͤrſten. Alleia 2B fe mo. 


lod feß‘r in der Sefhwindigfeit mittelſt Abſchickuss 
feines Schues Wladimir Färspollen wie 


der in fein Gigenthum. Jaͤropolk aber vergaß 


bald dieſe vom Großfürſten empfangene Wobhlthat, 


und ließ ſich durch boͤſe Xaͤthe verleiten, denſelben 


des euffifchen Rtiches. 89 


mis Krieg gu überziehen. Ein Rah Wſewolods 
verfprach deſem, feinen Sohn Wladimir, dem 


er das. Herr wider Säropolken zu führen üben 
gab, ohne die geringfie Mühe oder Befapr zum Ue⸗ 
berwinder zu mächen. Dieſer Rath naͤhmlich ging 
zu 3dropoltew, und berichtete biefem ein vom 


ihm erdichtetes Geheimniß, daß alle feine Rärhe und 


Heerführer wis Wſewd lvd im Verſtaͤndniſſe lebe 
ten, und bep-Ankunft des wladimirſchen Hee⸗ 
res dieſem ihren Herrn in die Hände ſpielen woll⸗ 
ten. Zäropolf glaubte ihm, und begab ſich. daher 
aus Furcht vor dieſer Verraͤtherey vor-der Ankunft 
des wladimirfhen Heeres mit Hinterlaffuug 
feiner Muster und Gemahliun zu Luzk aus Rußlaud 


nad Pohlen. Nach feiner Ensfernung wagte Luzb 


ſo wenig, als irgend ein Ort feines Fuürſtenthumes, 


Wladimirn die. Deffoung zu verfagen, des hier⸗ 


auf. Daviden germusblih ols feinem Statthalter 
das Land übergab, und Jdropolks Mutter und 
Tochter nad Kiew führte. Denn aus dem Erfolge 


diefer Begebenheit erheilet, dag der. Großfuͤrſt, der | 


höerbaups ein fo gütiger Herr wear, dab man wuß⸗ 


te, man Anne feine Guͤte mißbrauchen, gleich dey 


ſelnem Epıfchluffe zu dieſem Kriegszuge wider J de 


ropolken die Meinung gehegt, fo bald derſelbe 


wieder fih ihm unterwürfig erfanne , ihm nicht das 


Mindeſte von frinen domahligen Befiguagen zu ent⸗ 
ziehen. Als Jaͤro polk im Fahre 2086 mil die 


nigen pohlniſchen Kriegsvoͤlkern in dieſelben zurück⸗ 


kchrie, ſchickte ihm Wladimir Die Bothſchaft eut⸗ 
gegen, daß cr ihm fein Land ränme, und Ih mit 
feinem Zürkenıpume Tſchernigow begnäge. Aber Je 


ropolk genoß diefes wieder erlangte Gluͤck nur we⸗ 
uige Tage, indem ihn am 28ſten Rovember ein 
Eeuchelwmoͤrder ee 


» 


1086. 


90 Erſter Abfchnitt. Anfang 


| Wfewolod berief bey Herannahung feines Todei 
feinen Sohn Wladimir im Jahre 1093 zu fih nad 


, Kiew, und verfchied am sgten April in deſſen und 


feines Bruders Rofislaws Armen ”). Gleich 
nach feinem Tode aber ſchickte Wicdimir, melde 


das naͤhere Recht Swaͤropolks, des Sohnes dei 


Großfuͤrſten Ißbjaͤs law, auf den kiewſchen Thron 
onerfannte, indem desſelben Vater ſolchen vor fei 
nem Bater beberrfcht Hatte, zu diefen Zürften, und liel 
denfelben zu fich einladen, worauf er in fein eigene 
Fuͤrſtenthum Tſchernigow ging, Swaͤtopolk aber 
am a4ften April mit vielen Freudenbezeigungen vor 


den Kiewern als ihr .nunmehriger Großfaͤrſt bewill: 


kommt wurde. Eben damahls brachen die Polow— 
ger mit großer Macht in Rußland ein. Wie fie abrı 


Wiſewolods Abfterben, und daß Swaͤtopoll 


auf ihn gefolgt ſey, vernahmen; fo ſchickten fe au 
dieſen eine Geſandtſchaft, durch welche fre fich zu ei 
ner Sriedendunterbandlung erbothen. Swatopol!l 
bewies in einer: ſo wichtigen Angelegenheit fo groß 
Unklugheit, daß er ed nicht der Mühe werth hielt, die 
felbe mit den alten kiewſchen Rärhen zw überlegen, 


fondern aufs erfie Wort derer, die er mit fi ge 


bracht batte, Die polowzifchen Sefandten als Sefan: 


‚gene anhielt. Kaum aber belehrten ihn die Kbeln Folgen 


die ihm dieſes zuzogen, indem bie Polowzer anf die 


Nachricht, wie er gegen ihre Friedens geſandten ver: 
fahren, zu Feindſeligkeiten ſchritten, die Stadt Tort. 


ſchest berennten, und das offene Land weit und breii 


verwuͤſteten, wie ſchlecht er durch die Wahl diefed 


Mittels für fich geforgt ; fo befreyete er bie verhafteten 
Geſandten, und erflärte fi, daß er ihren Antrag 


®) Neues vetersburgiſches Journal, - 1783. Wand IH. Gi 
36 bis 128. 0 | 


des ruſſiſchen Reiches. 91 
zu einem Frieden anuehme. Run aber waren die 
Yolowger ſchon zu fehr erbittert, ibm denfelben auf 
eine ſolche mit. kleinen Geſchenken oder Berheißungen 
sergefelfchafsete Erklärung zu bewilligen, and wie 
er diefes erfuhr, verfiel er. auf eine neue Thorheit. 
Denn: ob gleich fein Staat durch vorherige Kriege 
und andere Unglüdsföle fi fo fehr an Manuſchaft 
erſchoͤpft befand, daß er aus dem ganzen Lande nur 
800 tüchtige Kıiegsleute zufammen ziehen konnte, fo 
wollte er Doch mit DieferHaudvoll dem ganzen Schwar- 
me der Polomzer die Stirn biethen, und eben die 
Kühe, welche ihn zur Verhaftung der polowziſchen 
Geſandten gereigt hatten, beſtaͤrkten ihn durch ihr 
Zureden in dieſer gleich unvernuüͤuftigen Eutſchließung, 
Zuletzt bewogen ihn do die Gründe, die Klügere 
dagegen anführgen,, nähmlich, daß er kaum mit gi» 
ner zehufachen Zahl feiner jegigen Krieger die Aus⸗ 
führung dieſes Vorhabens wagen dürfe, und das 
ber zutörderft darauf denfen mäfle, Wladimire 
um defien Beyſtand zu erſuchen. Wladimir war 
fogleich hierzu bereit, und ſchickte au feinen Brur 
der, Den Zürften Roſtislaw von Perejaslaw, daß 
derfeibe feine Kräfte mis den Seinigen zur Unterſtüͤ⸗ 
gung des Sroßfürften vereinigen möchte, Beyde Fuͤr⸗ 
hen traten mit ihren Heeren den Weg nah Kiew 

‚ und vereinigten fih mit dem Sroßfürften bey 
* Kloſter St. Michael. Weil fie aber vom Ver⸗ 
haͤltuiſſe ihrer Kräfte gegen die feindlichen ein rich⸗ 
tigeres Urtheil faͤllten, als der Großfürft und die 
Raͤthe, denen allein er Gehoͤr gab; fo wollten fie - 
denfelben. vermögen, noch ein Mahl zu verfuchen, ob 
er nicht die Polowger zum Frieden bewegen koͤnne, 
indem man nicht ohne die aͤußerſte Noch fih dazu 
entſchließen koͤnne, wider fie vorzuruͤcken, und fie 
angugieifen, Weil aber der Großfürft wußte, dab 


9: Erfter Abſchnitt. Anfang 

er nicht anders als durch Geſchenke den Frieden vol 
den Polowzern erlangen werde, und Beine geben wo 
se; fo weigerte er ih, Wladtmirk Worfchlag zu be 
folgen, Diefer aber meinte, ihn endlich Boch durch ve 
Mittel gu zwingen, - dab er darauf verharrie, 
feinen Kriegsvoͤlkern keinen Schritt näher gegen be 
Feind gu ıhun. Allein Swäropolt blieb unüber 
windlich, und dieſer Eigenfinz verurfachte, dal 
auch Bernünftige Wladimirn zuredeten, daß, di 
sum nur unter lauter Uebeln die Wahl getroffen wer 
den müffe, diefes als das ertiäglichfte anzuſehen fey 
daß das vereinigte Heer den Bug gegen bie Polow 
zer unternehme, und, wenn es ſich deuſelden meh: 
geuähert, nad. Bewandtniß "des Befindens entwe 
der den Friedrn oder-eine Schlaht wähle. Mai 
ruͤckte daher‘ bis Tripol vor, und kam an-dfe Stug 
na. Diefen Fluß fand man fo hoch augeſchwollen 
daß man den Kriegsrath sufommten berief, um mi 
demſelben zu überlegen , ob man nicht beſſer thue 
- jenfeits desfelben zu verbleiben, und dem Feind 
den Frieden anzutragen, ald mit fo vieler Beſchwer 
de im Gefichte des anf. der andern Geite ihrer war 
tenden jahlreichern Feindes anf benfelben los zu ge 
Sen. Allein auch jetzt mußten die Klügern der Mei 
nung des tollfühnen Sroßfürſten und feiner Gleich 
'gefianten nachgeben, und, da diefe durchaus a” 
. den Fluß zu schen und ‚au fechten verlangten, ti 
Unternehmen wagen, von welden fit ——ã— 
vorausſahen. Glädlich kamen ſfie, wiewohl mit gro 
Ber Beſchwerde, die ihnen die Höhe des Wafler: 
verurfacdhte , von den Polowzern naangefochten übt: 
den Flaß, und flellten fih am often Map zwifht 
den Wällen von Zripol dergeſtalt in Salachtord 
nung, dab Swatopolk den rechten Hügel, Wie 
dimir den Nun, and Forislam die Kin 


des ruſſiſchen Reichet. 93 
einnahm. Die Polowzer, welche ihnen dergeſtalt 
enigegenrüdten,, daß fie ihre Bogenfhügen. voran» 
ſchickten, ariffen zuerſt Swaͤtopolken an; und 
da dieſer mit allem feinem tapfern Widerfiande, den, 
er dat , die Seinigen nicht verhindern konnte, feld« 
flübtig zu werden, und dann zu feiner eigenen Ret⸗ 
tung ihnen folgen mußte, fo fiel Die ganze feindliche 
Staͤrke auf Wladimir und Roſtislaw, und uͤber⸗ 
wältigte fie fo, daß fie nach dem Verlufe ihrer Leu⸗ 
te auf “ihre Flucht denken mußten, Weil nun bey⸗ 
de Brüder gleich Swaͤſopolken ia "völliger. Rüflung 
waren „ fo ertrank Roſtislaw in der Stugne, als _ 
er durch diefeibe durchzukommen meinte, und Wla⸗ 
dimir entging Über feiner Bemühung, ihm zu zeiten, 
mit genauer Roth einem gleichen Tode. Rab dies _ 
fem Siege kehrten die Polowzer zu ihren vorigen 
Verrichtuugen, naͤhmlich ein Theil zum Beutemachen 
auf dem offeuſtehenden Lande, der andere zur Ben 
logerung vom Tortſchesk zurüd. Tortſchesk aber Der» 
mochten fie wegen des tapferu Widerhandes Der 
Torken oder Türfen, von welchen, da fie bier und 
in der umliegenden Gegend mohuten, Toriſchesk ſei⸗ 
zen Rahmen empfangen hatte, nicht zu erobern, und 
baßten vielmehr bey Ihren vergeblichen Angriffen. viele 
Lente ein. Allein mit-der Beit wurden die Lebens. 
mittel der Eingefchloffenen aufgezehrt, uud de ihnen 
so dazu das Waſſer abgeleitet ward, mußten fie 
dem Großflirften die berrübte Nachricht wiffen laffen, 
daß, werfen er ihnen nicht Lebensmittel zuſchicke, 
fie fich würdenergeben mürffen, Als die Lebensmittel, 
welche ihnen der Großfürft anf diefen Bericht fande . 
te, durch Die Beinde nicht hingebracht werden konu⸗ 
"ten, ach ihre Noth mit jedem Tage zu. Inzwi⸗ 
ſchen verherrte ein Theil der Polowzer die Gegend 
bwißpen Aiew uud Wiſchezgrod. Da sun diefes im 


9 Erſter Abſchnitt. Anfang 


Angeſichte des Großfuͤrſten geſchabe, und er ſtark genug 
zu ſeyn glaubte, es mit dieſem vont feindlichen Haupt 
beere abgefonderten und entfernten Zheile desfelben 
aufzunehmen ; fo fuchte er ihn am 2g3ſten Julius an 
der Schelane auf, erlitt aber Hier noch einen grö. 
Bern Verlüſt, als bey Zripol, indem er nur in Be⸗ 
Hleitung zweyer Menſchen zu Kiew wieder ankam. 
Die Anzeige dieſer Riederlage, welche Die Polowzei 
den Tortſcheskern thaten, und durch Vorſuͤhrung ih 
rer Gefangenen beglaubigten, erzwang von den ſchot 
Banz ausgehnngerten Bertpeidigern die Uebergabe 
morauf die Eroberer die Stadt in Brand ſieckten 
die Einwohner hingegen umter. fi vertheilten, und 
nebft ihren übrigen Gefangenen mit fich in ihre Hei 
math ſchleppten. So ſchwere Unglücksfaͤlle beugter 
den Eigenfinn Swaͤtopolks, daß er im Jahr 
1094 nicht nur bey den Polowzern deu Srieden ſuch 
: se, fondert au, um folden auf das geſchwindeſt 

und leidlichſte gu erlangen, ſich mit einer Tochter dei 
polomsifchen Fuͤrſten Zug o rehan vermäplte, di 
den Rahmen Helena empfing. Weil aber diefe 
Friedensſchluß blog Swatopolken und befla 
eigenes Land Kiew betraf, au die Polowzer unte 
der Herrſchaft verſchiedener Häupter Banden; fi 
führte um eben diefe Zelt der Fuͤrſt von Zmutara 
kon Dleg Polomser in das Zürſtenthum Tſcherni 
gow, und erzwang von dem durch die Schlacht bei 
Zripol ſehr geſchwaͤchten Wladimir die Burüdg ab 
dieſes Fuürſtenthums, aus weldem nun Wladimir i 
das ihm gelaffene Perejaslawiſche 308. Die Bewoh 
ner des tfhernigomwifhen Fürftenthums verfpürtei 
durch dieſen Friedensſchluß beyder Fuͤrſten keine Er 
leichterung in den Draugſalen, die fie vor demſelber 
von den Polowzern erlitten. Denn Oleg verfiattet 
ſouwohl aus Verendtfenn feiner Schwaͤche in Auſehun 


des ruffifchen Reihe. 9 


der Macht der Polowzer, als weil er ihre Freundſchaft 
auf künftige Vorfälle ſich erhalten wollte, daß die 
ſelben fortführen, die Tſchernigower, ob fie gleich nun 
feine Unterthanen -geworden waren, nach eigenem 
Sefallen zu mißhandeln. Zur Vermehrung des gro⸗ 
fen Unglüds, weldes durch diefe feindlichen Ueber- 
jiehungen im ruſſiſchen Sebiethe verurſacht wurde, 
befuchte dasfelbeam 20ſten Auguſt eine folde Menge 
Heuſchrecken, daß fie alles Gras und das auf dem’ 
Felde ſtehende Korn auffraßen. Im Sabre 1095 Fa» 
men, obgleich die Polowzer unter Dewgenitſcheus 
Anführung in einem Kriegszuge wider die Griechen 
einen beträchtlichen Berluft erlitten Batten, Doch zwey 
Fürſten derfelben , Itlar und Kitan, mit einer ſtar⸗ 
tea Begleitung und Perejaslaw, und bebroheten 
Wiedimirn mit Feind ſeligkriten, falls er nicht dieſel⸗ 
ben durch Beſchenkangen ablaufen wollte. Auf die⸗ 
fen Autrag trat Wladimir mit ihnen ſolchergeſtalt in 
Usterbaudlung, daß Kitan mit den meilten Polow⸗ 
jern gwifhen den Willen der Stadt ſtehen blieb, und 
Swaͤtoslaw, Wladimirs Sohn, demfelben zur Geis 
fel übergeben ward , Itlar aber mit den vornehn- 
fen Yolomzern ſich zu Wladimirn in die Stadt bes 
zab. Alsdann riethen ihm Slaͤwata, der in einer 
gewiſſen Augelegenheit vom Großkfüͤrſten an Wladi⸗ 
mirn geſchickt war, und Ratibor, alle dieſe Polow⸗ 
zer gu tödten. Wladimir verwarf Anfangs Dich 
Infanen, weil er, da er ihnen eidlih Sicherheit 
verſprochen Durch Verlegung dieſes Eides fih verfündi- . 
gen würde. Allein fie beuahmen ihm dieſe Bedenf- 
ligleit, indem fig ibn übestedeten, daß erden ſo oft 

ttenbrädig geworbeuen Zeinden die Areue zu halten 
gar nicht vezpflichter fep, ja im Begentheile, wenn. 
er diefe gute Belegenheit; fo viele Keinde des ruſſi⸗ 
fen Voſtes nad aller Eprifen überhaupt ohne die 


96 Erſter Abfchnitt. Anfang 
mindefte Gefahr ans der Welt zu ſchaffen, entgehe 
ließe , alles Unheil, daß fie noch fhnfıig, anricte 
und vieleicht ihm ſelbſt (dem fie nicht Beffer , als 
‚viel andern, denen fie ihre thenerſten Verpflichtut 
gen nicht gehalten, begegnen würden) zufügen möd 
‘sen, fich felbft zugufchreiben und zu verantworte 
haben würde. Jetzt lieh er in der Nahe durch Slaͤwat 
mit einigen Torken und andern feinen Dienſtmaͤuner 
die zwiſchen den Wällen Liegenden . überfallen 
nah Wegnahme feines Prinzen Swaͤtoslaw alle cı 
ſchlagen, den Tag darauf alle in der Stadt Be 
weilenden in ein elngeheiptes Zimmer zum Un 
Heiden und Frühftid einladen, darin eiufperren 
und durch eine oben Ins immer gemachte Deffnun 
am 20 Februar mit Pfeilen erfäteßen. Da. dergi 
ſtalt die in der Rachbarſchaft anweſenden Polowz 
vieler Haͤupter beranbt waren ; fü begehrten der Srof 
Shrek und Wladimir von: Oleg, derſelbe ſollte fi 
zu ihrer gaͤnzlichen VBertigung mit ‚ihnen verein 
gen, und führten bloß darum diefen ihren Vorſa 
nicht ganz ans, weil Dieg fein: ihnen gegebenes Bei 
fprechen , mit ihnen gemeinſchaftliche Sache zu m 
den ,. nicht erfuͤllte. Ob fie sun wohl demfelben 
als fie nadh ihrem wider bie Polowzer unternomm 
nen Zuge mit einer Menge Sefangenen nad ein 
großer Bente am’ Pferden, Kamehlen uud Vieh | 
ihre Staaten zurüdtehrt waren, Bber dieß fein Bei 
halten die ernfihaftefien Vorwürfe machten, un 
wiffen ließen, daß er durch fein anderes Mittel Ü 
ren dieferwegen gefaßten Unwillen ſtillen Anne, ol 
wenn er den in feiner Gewalt habenden Sohn di 
Stlar entweder feibft todtete, oder ihnen uͤberlieferte 
fo achtete er doch. ihren Unwillen fo gering, DA 
er ihnen ihre Borderung wegen Itlars Gehe Mm 
ausdrüdlihen Worten abfplug. Auc een ma 


7 


. 8 
. des ruſſiſchen Reiches. 97 


bald, daß bey allem dieſen den Polowzern zuge» 
fügten Schaden ihrer noch genug übrig blieben, die 
ruſſiſchen Staaten mit Vortheil anzugreifen. Ja 
eben dieſem Sommer belagerten fie die in der Ukrai⸗ 
ne gelegene Stadt Jurjew, und Smwätopolf fand 
fein anderes Mittel, den darin eingefchloffenen Leu» 
ten ihr ’L2eben und Freyheit zu erhalten, als daß 


er Denfelben den Abzug von diefer belagerten Stade 


bezahlte, worauf die Einbohner aus derfelben im... 


fiherere Orte fllichteten, für welche und andere, 
die aus einer gleichen Furcht vor den Polowzern ih⸗ 
re Wohnſihe verließen, der Großfürft auf dem Huͤ⸗ 
gel Wititſch eine neue Stadt erbauete, und von fi 


Swäropolifh oder Smätopolfsftadt nannte. Weil 


aun“der Großfärkt und Wladimir ans dem ganzen 
Betragen Diegs deutlich erkannten, daß fie nicht 
eher mis Sicherheit die Befreyung der ruffifchen Staa» 
ten pon des Polomzern unternehmen könnten, bis 
fie vooͤllige Gewißheit Hätten, daß Dieg mit ihnen 
Hand an dieß Werk legen, oder wenigftens ihnen 
dabey nicht hinderlich fallen werde; fo ließen fie 
demfelden 1096 ſahen, daß er zu ihnen nach Kiew 
konunen folte, damit fie mit Zugiehung der Bifchde 


fe, Aebte, Bojaren und Bolkshäupter Die beſten 


Waßregeln zur Wohlfahrt des ganzen ruflifchen 
Gtaatsförpers;, und zu deſſen Beſchuͤzung wider die 
Ungldäubigen treffen koͤnnten. Allein Dieg fertigte 
diefe Geſandtſchaft mit einer abſchlaͤgigen Antwort 
ad, und lich dem Großfürfien und Wladimirn mel« 


den: man werde nie von ihm erlangen, daß er fidh‘ 


vor Bischöfen, Arbten und geringen Leuten, die als 
Unserthanen bloß Befehle von ihren Kürften anuzu⸗ 
nchmen hätten, flellen, und von ihnen etwas vors 
ſchreiben laſſen werde; änderte auch dieſen Eutfhluf 
aicht, obſchon Swaͤtopolt und Wladimir ih auf 

Geld. Kupl. 1. Band, G 


⁊ 


1096. 





98 Erfter Abſchnitt. Anfang 
diefen Abſchlag andeuten ließen, daß fie darand, 
da er fih weder zur Vereinigung feiner Kräfte mit 
dein ihrigen zu einem Heerzuge wider die heiduifchen 
Polowzer noch zu der Einladung zu einer allgemeis 
nen Berathſchlagung in Kiew verfiehe, nothwendig 
fließen müßten, daß er den Polowgern wider fie 
beyſtehen wolle, und folglih, falls er bey feiner 
Berweigerung, nach Kiew su kommen, verharrie, ſelbſt 
Urheber ſey, daß fie. mit Anwendung gewaltfomer 
Mittel ihre, Sicherheit. von ihm zu erhalten ſuch⸗ 
ten. Jest gingen fie. mit einem Heere vor. feine 
Hauptſtadt Tſchernigow, und als er dieſelbe bev ih⸗ 
‚rem Herannahen am gien Way verlaſſen, und ſich 
nad. Starodub begeben haste, von Tſchernigow nad 
Starodud, und fepten ihm in diefem Zuflachtsorte 
fo hart zu, daß er nach einer Belagerung von 33 
Tagen zu ihnen heraus fommen und um Zrieden 
bitten mußte, den mon ihm auf die Bedingung ge 
‚ wöährte, daß er durch die Küffung des Krenzes bes 
ſchwor, unverzüglich zu feinem Bruder, dem Fuͤr⸗ 
ſten David von Smolensk, zu gehen, und hernach 
mit diefem ſich zu Kiew, als der diteflen Stadt im 
‚Reihe, in der über die allgemeinen Reichsangele⸗ 
genheiten Vernehmen gepflegt werden müͤſſe, zur all 
gemeinen Berathfehlagung einzuftellen. Mittlerweile 
daß diefe bepden Fürften die Dämpfung der Gefahr 
von einem innerlichen Feinde beſchaftigt Hielt, ber 
dienten ih die Polowger des Vortheils ihrer Ab⸗ 
weſenheit, indem Bonaͤk mit einem Haufen die gan 
30 Gegend um Kiew verwüſtete, und. den fürflichen 
Pallaſt zu Bereſtow einaͤſcherte, Kurd hingegen mit 
andern eben ſo in Perejaslaw hauſete, und om 2aſten 
Map die Vorſtaͤdte der Hauptſtadt dieſes Fuͤrſten⸗ 
thums abbrannte. Doch als Tugorkhan am Zuſten 
gerade auf die Hauptſtadt anrüdıe; fe eutſqloſſen 


des ruffifchen Heihes. - 99 
fich die Einwohner, im Vertranen anf ihre Zeflungse 
werke, fi in derfelben zu vertheidigen, und ihre 
Fürſten dur Benachrichtigung von ihrer Noch zu 
IprerBefrepung zu berufen, Swaͤto polk und Wla⸗ 
dimir gewährten fie auf die erfie Bothſchaft ihres 
Geſuches, und es gelang ihnen, daß fie, ohne von 
den Polomzern bemerit zu: werden, über den Dujepr 
kamen, und in die belagerte Stadt einrädten. Im 
. derfelben verweilten fie nur_fo lange, bis fie ihre 
Heer durch wehrhafte Männer aus den Einwohnern 
verflärfe hatten... Denn gleich darauf Bingen fie am 
ıgten Julius auf die jenfelt der Zrubefha ſtehen⸗ 
den Keinde zu, und ihre Kriegsleute bewieſen eine 
folhe Ungeduld, mit ihrem Feinde zufonimen zu ges 

raıhen,, daB fie ſtatt Wladimirs Befehl, von den 
Pferden abzufigen, und fih da, wo fie gegenwärtig 
waren, In Schlachtordnung ze flellen, in vollen 
Laufe durch dad Gewäfler ritten, und dur Ddiefen 
andermutheten herzhaften Angriff den Polowzern ein 
ſolches Schrecken einjagten, dag dieſelben, ſtatt fih 
zu widerſetzen, in groͤßter Unordnung die Flucht er⸗ 
griffen, auf welcher die Ruſſen fie verfolgten, und 
eine große Menge, und darunter auch den. Zürften 
Zugorkhan und deffen Sohn tödteten. Die Leich⸗ 
name diefer beyden Zürften beehrte Swaͤtopolk, 
in Erwaͤgung, daß einer ſein Schwiegervater und 
der andere fein Schwager war, mit einem ihrem 
Range und heidniſcher Landesweife gemäßen Begraͤb⸗ 
niffe,, indem er über fie in der Gegend von Bere 
flow einen hoben Erdhügel aufſchuͤtten ließ. Gleich 
den Tag nach diefem Siege kam Bond mit feinen 
Polowzern fo heimlih und unvermuthet vor Kiew 
en, daß wenig fehlte, daß fie in die Stadt eindran⸗ 
sen, und fih mis Aöbrennung der Vorftädte, einiger 
benachbarter Dörfer, wie auch Stephang: und des 

| 83 | 


Tau 
SE 


soo Erſter Abſchnitt. Anfang 
petſcheriſchen Kloſters, wo einige Moͤnche, die nicht 


geſchwind genug enttommen kounten, das Leben ein. 
Büßten, Degnügen. mußten. Dieg gab auch aufs 


neue Wladimirn fo. viel zu ſchaffen, daß derfelbe 
Swätopolfen zur Benutzung der ſchon über 


u die Polowger erhaltenen Vortheile keine Ünterflügung 


verleihen konnte. Denn als. Oleg aus Starodub 
ſid nach Smolensk begab, ſammelte er ein Kriegs⸗ 
beer , in der. Abficht, Ißjäslawn, des Fürflen von 


Zihernigow Sohn, aus Murom zu verjagen, und 


ſich durch diefes Land wenigfiens einiger Magen für 
Tſchernigow ſchadlos zu halten, weldhrs er, als man 
ihn zu Starodub in die Enge trieb, Wladimirn uͤber⸗ 


laſſen mußte. Dur bloße Vorſtellungen und Droh— 


ivorte lieb fih Ißjaͤslaw von ihm nicht bewegen, 
daß er ihm diefen Theil feiner Befigungen (demu 
Außer Murom befaß er auch Roflow und Susdal) 
zutwillig abtrat, Indem er fi darauf verließ, daß 


| “ Diegen mehrere Mannſchaft entgegen ſtellen fon» 


Da nun eine Sclacht ihren Streit entſcheiden 


mafie. ; To fiel diefelbe für Dieg glüdlih aus, in- 


dem Ißjaͤslaw darin am 6ten September umkam. 
Nach derfelben nahmen die Muromer Diegen mit 
Freuden auf. Diefer aber begnügte fi nicht mir dies 


fem Fuͤrſtenthume, ſondern nahm aud mit gewaffneter 


Hand Susdal, Roſtow und überhaupt alles weg, 
was der überwundene Ißjaͤslaw befeffen hatte, be 


segnete aber den Ünterfaffen der übrigen Länder nicht 


fo gelinde als den Muromern, indem er fi der Nei⸗ 
gung der Muronter verfihert Biele, auf die Zreue 


der KRofiower, Susdaler und Beloferer hingegen ein 


Mißtrauen fepte, und aus diefer Urſache glaubte, 
daß er fie bloß durch Shaͤrfe im Geborſam erhalten 
koͤnne. Durch diefen' feinen Sieg und bie ſchnelle 
Erweiterung ſeiger Erobrrungen machte al pp 


des ruſſiſchen Reiches. 2041 
fuechtbar, daß Mfiislam, ein, Bruder. des. ges 
bliebenen Ißfaͤslaw und, Fürft von Nomwgorod, ihm 
durch. eine Geſandtſchaft antrug, daß, wenn er ſei⸗ 
ne übrigen Eroberungen räumen, und fih ig die 
Grenzen de. 6 Fuͤrſtenthums Murom einfchränfen wer⸗ 
de, Mſtislaw die Vermittelung zwiſchen ihm und 
ſeinen Vater Wladimir übernehmen wolle, und gus 
te Hoffnung hege, ungeachtet des. Todes feines Brus 
der& feinen Vater gu einem Vergleihe. mit Dleg zu. 
zermögen, indem der Tod Ißjaͤslaws, als einjgewoͤhn⸗ 
licher Vorfall im. Kriege, Dlegen nicht. sur Laſt zu 
legen fen. Oleg aber gab diefem Borfhlaat. keinen. 
Beyfall, fondern. rüftete fi fpgar, auch Mſtislawu 
Nowgorod abzunehmen, Hier aber merkte er bald, 
daß er fi zu. unvorfichtig zu‘ dieſem Unternehmen, 
entſchloſſen habe, indem er durch dasſelbe einen ihm, 
überlegenen Gegner ſelbſt su. feiner Bekriegung an⸗ 
reite. Denn als die Nowgoroder, Sie Mitislaw 
zur Berathſchlagung uͤber das Verhalten, das ſie 
bey den jetzt erklaͤrten Abſichten Olegs gegen dieſen 
annehmen wollten, zuſammen berufen hatte, ihrem 
Fuͤrſten mit allen Kräften beyzuſtehen verſprachen, 
daß er denfeiden in den Ländern, deren er fih bes 
maͤchtigt hatte, anzugreifen im. Stande ſep, und 
dieſes wirklich leiſteten; fü hielt ſich Oleg. ſelbſt zu 
ſchwach, diefem auf ihn anrüdenden Heere Wider 
ſtand zu thun, und wich allenthaben bis nach Mu⸗ 
som demſelben and. Nichts deſto weniger wie 
derholte Mſtislaw in dem gegenwärtigen Zuflande 
Olegs demſelben feinen. erflen Friedendantrag, und. 
um ihu defio leichter zu bewegen, in feine Aufrich⸗ 
figfeit ein Vertrauen zu fegen, gab er feiner Zrien 


densbegierde den Bewegungsgrund , daß, er, den. 


in der großfürfilihen Stammiinie eine Stufe sies 
fer als Okleg ſtehe, dieſen als einen Vater vereh« 


/ 
1} 


v 


102 Erſter Abſchnitt. Anfang 


re. Oleg ſtellte ih, als wenn er Mfislamws An» 
‚trag annehme; dachte aber nur ihn einzufchläfern , 
und in feiner Sicherheit zu überwinden. In der That 
hegte Mſtislaw gar Peinen Verdacht, daß er nun 
fein Kriegsvolk in die Dörfer verlegte, auch nicht 
einmahl Wachen zur Einziehung der Nachrichten von 
etwaniger Herannahung des feindlichen Heeres aus 
ſtellte. Oleg ſtand wirklich mit ſeinem Heere bereits 
an dem Fluſſe Kiäsma, als Mſtislaw dep der Mit⸗ 
tagsmahlzeit in Susdal die erfie Nadricht von feiner 
Herankunft empfing. Weil aber Oleg doch die 
Staͤrke nicht kaunte, welche ihm Mſtislaw entgegen 
ftellen fönnte, wenn er weiter vorrüde, und ihn 
zu Susdal aufſuche; fo machte er mit feinen Kriege 
voͤlkern an der Klaͤsma Halt, and meinte, die Rach⸗ 
wicht, daß er mit feinem Heere anziehe, wuͤrde 
Mſtislawn dergeflalt erſchrecken, daß er davon laufen 
werde, Aber im Gegeutheile gewann Mſtislaw durch 
dieſe Bergögerung bes feindlichen Anzuges Zeit und Ge⸗ 
Vegenheit, feine verlegten Kriegsvoͤlker am fih zu sie 
ben, und als dieſes gefchehen war, betrachteten bey⸗ 
de Heere einander vier Tage, ohne daß weder eines 
noch das andere den Angriff thun wollte. Nachdem 
Mſtislawn von feinem Bater durh feinen Bruder 
Waͤtſchislaw Hülfsoslker unbemerkt zugeführt wa⸗ 
ren; fo erſchrak Oleg, welcher gleich den Tag nad 
der Ankunft derfelben Mfidlawn anzugreifen näher 
ruͤckte, hey Gewabrwerdung diefer friſchaugekomme⸗ 
nen Vermehrung ſeiner Feinde, die Mſtislaw einem 
gewiſſen Polowzer, Kuna, Kuman oder Kundjaͤ, 
zur Anführung gab, und auf den rechten Slügel 
ſtellte, chat Oleg Bloß, weil jetzt fein Zuruͤckge⸗ 
ben im Geſichte feines gerüſteten Feindes noch ge⸗ 
faͤhrlicher als das Wagſtuͤck eines Treffens war, den 
Angriff auf Mfislawn mit der verzweifeltſten 20 


des ruſſiſchen Neihes, 103 
pferkeit, die aber, wiewohl nach einem harten Ge⸗ 
fechte , doch nicht verhindern konnte, dab Mfislamn 
der Sieg gu Theil ward. Nach diefer Niederlage 
glaubse Oleg fo entkräftet zu ſeyn, daß er nirgends 
vor dem ihm verfolgenden Sieger fiher zu bleiben 
vermöge,, und eilte in diefen Gedanken mit Hirters 
loffung. feines Bruders Jaͤroslaw zu Murom nah 
Raͤſan oder Emntarafan ; und, als ihm Mſtislaw, 
dem Jaroslaw zu Marom - feinen Widerſtand that, 
auch dahin nachging, aus Raͤſan iveiter fort. Da 
Mſtislaw fih jetzt als Heren aller Staaten Dlegs 
ſahe, ließ er demſelben fagen, daß er diefelben bloß. 
als ein in Berwahruug babendes But betrachte, und 
wenn Oleg, wie er nicht zweifle,, feinen Rath hefol⸗ 
gen, und nicht aus Rußland weggehen, and fi an 
Auswärtige und Zeinde des ruffifhen Volkes wen⸗ 
deu, fondern feine Anverwandten, die ruffifhen Für⸗ 
ſten, erfuchen werde, ihm die mir Recht zukommen⸗ 
den Linder zu laffen,, bey feinem DBater Wladimir 
für ihn reden würde. Olch durfte nicht bereuen, 
daß er diefen Antrag Mſtislaws annahm , und fich 
nebſt feinen Bruder David 1697 zu einer allgemeb 1097. 
nen Berathfchlagung mit allen zuffifchenFürften, naͤhm⸗ 
ih dem Gioßfuͤrſten, Wladimir, David Yyores 
witſch und Wafilko Roſtislawitſch in Lubetſch eins 
ſteſlte. 

Ju dieſer Beraihſchlaguuß beſchloß man, daß Stiftung eis 
von nun an alle Fuͤrſten des ruſſiſchen Reiches in be⸗ na ale 
Rändigem guten Vernehmen leben, und zur Bes zuniihen 
ſchuͤzuug ihres gemeinfhaftliden Baterlandes ein, Fuͤrſten. 
onder wider die Polowzer und andere Auswärtige | 
getreulich Helfen ſollten. Zur Erhaltung diefer Freund⸗ 
ſchaftsverbindung fannte man Fein befferes Mittel, 
als daß jeder das Erbiheil feiner Vorfahren befigen, 
usd feiner den andern hierin. lören folte., So 


104 Erfier Abſchnitt. Anfang 


befiätigte man Swätopolfen Kiew, Wiabimire un! 

den Söhnen Smwätopolfs dad, was der Großfür| 
Wſewolod jedem unter ihnen gegeben hatte, Da 

‚vid Igorewitſchen Wolodimer, Waſilkon Terebowl 

und deſſen Bruder Wolodarnu Peremiſchel. Hierau 
beſchworen fie durch die Kreuzküſſunug, daß derjeni 

ge, welcher ſich gegen einen unter ihnen auflehne: 

würde, als ein Feind des heiligen Kreuzes, ihre 

aller und des ganzen ruſſiſchen Reiches angefehe 

werden follte. - Zn U | 

Bruch diefee . Diefe Vereinigung der ruffifhen Fuͤrſten wa 
—— denn aber kaum gefliftet, als fie einen harten: Stoß be 
%06 Bien, kam. Denn als David Isorewitſch mit den 
dung. Großfuͤrſten nach Kiew gegangen war, ließ fih De 
| vid von einigen feiner Hofleute aufbinden, dag Wla— 
dimir und Waſilko eine geheime Verbindung wide 

den Großfürften und den Fuürſten von. Wolodimen 
errichtet hätten, trachtete daher, dieſem vermeintli 

chen ſchaͤdlichen Vorhaben zunor zu kommer In 

dieſer Abſecht trug er dieſe Maͤhre dem Großfuͤrſten fi 

vor, als wenn fie fi auf die ſtaͤrkſten Beweisthuͤ 

mer gründe, und das Abſehen der bepden verbunde— 

nen Fürften nicht bloß auf die Länder, fondern ſo⸗ 

gar auf ihr Leben gehe. Er führte zur UnterYügung 

dieſes Vorbringens an, daß die Fuͤrſten aus dem 
roſtislawitſchiſchen Haufe bereits einen Bruder des 
Großfürften. Järopolfen, um durch deſſen Zod 

das Fürſtenthum Wolodimer zu «erlangen, durd 

einen Meuchelmörder aus der Welt geſchafft hätten, 

wie dieß aus der Flucht Diefes Meuchelmörders nad 
Peremifchel unter dem. Schuge eines. Noſtislawit⸗ 

ſchen deutlich erhelle. Swaͤtopoltk wankte langt, 

ob David ihn gegen Waſilkon, auf den als Ber 
betzern Wladimirs derfelde ale Schuld warf, durd 

eine Erdihtung aufzubringen denke, oder ob derſelbe 


des ruſſiſchen Reiches 105 
die Wahrheit rede. Endlich gelang es Daviden den, 
Großfürften aufmerkſamer zu mäden; uͤnd zwar 
bloß dadurch, weil Wafilfd, der dur Kiew reiſte, 
fig bis zur Nahmensfeyer des Sroßfürſten nicht 
aufhalten wollte. Wan hielt dieſes Wegeilen für 
eine offenbare Verahtung des Orvpflirften" nud 
für dem deutlichien Beweis eines zu. gewärtigenden 
feindlichen Angriffed, David bewegte jetzt den Groß 
fürften , daß dieſer Walflfon auf den steh Novem⸗ 
ber zu fich in den fürftlihen Pallaͤſt lub; duin ſich 
feiner Perſon bemädhtigen zu koͤnnen.“ Walfilko 
‘ward zwar gewarnt, diefe Einlabung ansunehmen ; 
weit er fih aber auf fein: gutes Sewiffen und die 
eidliche Verpflichtung aller ruffifchen Fütſten verließ, 
fo begab er ſich, ohne dieſer Warnung GSlauben; zu 
geben, in den fuͤrſtlichen Pallaſt, wo der Großfuͤrſt 
und der Für von Wolodimer einige Seit lang faſt 
als Summe um ihn waren, und die Verauſtaltung 
getroffen hatten, daß Ihm gleich’ nachdem fie ihn ver⸗ 
laſſen Hatten, Feſſeln angelegt wurden. Den Tag 
hernach trug der Großfuͤrſt dieſe Angelegenheit der 
Verſammlung ſeiner ordentlichen Raͤthe, naͤhmlich 
ſeinen Bojaren und der Buͤrgerſchoft von Kiew, vor, 
deren Meinung dahin zing, daR, da der Stoßfärft | 
für die Sicherheit feines Lebens forgen muͤſſe Was 
fllo als ein Nachſteller desſelben von ihm beftraft zu 
werden verdiene, indem; falls David Wafilkon 
fäfhlich angegeben hätte, und derfelbe unſchuldig lei⸗ 


den müßte, die Rache Gottes bloß Daviden als einen 


boßhaften Verleumder‘ treffen würde, nicht aber den - 
Sroßfürften , der nur um die Erhaltung feines & 
bens beforgt wäre, folglich auch ſchon beym Anſchei⸗ 
ne einer drohenden Gefahr auf Abwendung derſel⸗ 
ben denken’ müffe. Anders dachte hierüber die Geift- 
lichkeit wider. Wofilto zu verfügen. Der Broßfürft 


108 Erſter Abfchnitt. Anfang 
Der Erf: . Da nun Wladimir die Wittwe feines Bate 
fürft ſieht ob fie wohl feine Stiefmurter war, gleich feiner M 
—ãa ier ehrte, den geiſtlichen Stand überhaupt und die W 
heber von DE des Metropoliten, als des Haupts dieſes St 
Frag bed‘, Höhfbägte, die Wahrheit und Wichtigkeit 
fein Gürfien, Gründe, die ihm die Kiewer durch den Mund ih 
ıham zu Ben ihm im hoͤchſten Anfehen ſtehenden Perſonen v 
nehmen. trugen, Eingang in fein Herz fand; fo verfprad 
dem Oroßfürften auf die Bedingung den Frieden 
jugeſtehen, daß derfelbe felbft den Zürflen von A 

lodimer befriegen, und nicht eher Die wider ihn 

Hand genonrmenen Waffen ablegen follte, Bis 
denſelben in feine Sewalt gebracht, oder wenigſte 

aus ’feinem ganzen Fuͤrſteuthume vertrichen haben wi 

de; der Sroßfürft bequemte fich dieſem Friedensgeſe 

und befräftigte feine Verbindlichkeit zu desfelben Erf | 

lung dur das Kreuzfüffen. Da der Fuͤrſt von W 

lodimer diefen zwiſchen Wladimirn und dem Öro 

fürften geſchloſſenen Bund erfuhr; fo fegte ihn I 

Furcht vor der Macht fo Aderlegener Feinde in folı 
Unruhe, daß er in der Nacht den Geſchictſchreib 

Neſtor zu fich forderte, und ihm auftrug, ſogleich 

feinem Gefangenen, Waſilko, zu gehen, und demfi 

ben in Davids Nahınen anzubiethen, daß er, wer 
Wafilko es dahin bringe, dag Wladimir von de 
Vorhaben abfiehe, Daviden zu beftirgen, ibm fel 
Freyheit geben, und eine von den drep Städte 
Wſewoloſch, Terebowl oder Peremiſchel nah W 
ſilkos eigener Wahl zum Befige uͤberlaſſen woll 
Wafilko erklaͤrte ich’ auf Neſtors Bothſchaft: BP 
dimirn zu erſuchen, ſeinetwillen kein Blut zu ve 
gießen; er hoffe uͤbrigens, dieſes bey Wladimu 
auszuwirken, wenn David Kulmejen zu ihm (We 
Alto) ſchicken würde, damit er denfelben zur Ab! 
dung on Wladimiru brauchen koͤunr. Es mund 


I) 


[2 


des ruſſiſchen Reiches. 109 
Abe, fügte - er noch hinzu, dag David im. feine. 
andere Entſchaͤdigung antrage, als. Dtte, die ‚eute 
weder ihm, Waſilko, oder deffen naͤchſten Geſchlechs⸗ | 
verwandten als rechtmaͤßiges Eigenthum gehörten, 
und auch noch jegt nicht in Davids Gewalt fenen. 
Da David auf diefe Antwort, nit rathſam fand, 
dag Kulmej zur Untertedung mit: Wafılfo kaͤme, 


und dieſerwegen Waſilkon melden ließ, Kulmej fey . 
abweſend, ſchloß Wafilko ans dieſem Betragen Da⸗ 


vids gegen ihn, daß derfelbe nichts weniger als gen, 
fonnen fep , ihm ferner kein Uebel zuzufuͤgen, ſou⸗ 
dern daß er ihn vielmehr den Poplen, Wafılfos Tod⸗ 
feinden, zu überliefern denke. Hierüber drückte ſich 
der Unglüdliche gegen Neftor in folgenden Worten 
aus: Ich fürdte mid nicht, od. ich gleich weiß, die 
Pohlen werden fih für alles Böfe an mir räden. 
Ich Habe ihnen viel Böfes angerhan, und war Wil⸗ 
lens, ihnen noch mehr anzuthun, um Ruß land zu 
räden, Auch ich hatte mir vorgenommen, als ich 
Nachricht erhielt, daß die Berendier, Torken nnd 
Perfcheuegen, um unter meiner Anführuug Leute zu 
(uhen , zu mir fommen wollten, meinen, Brüdern, : 
den Fürfien Wladimir und David „ den Vortrag zu 
hun, daß ſe in ihrer Ruhe zu Haufe verbleiben, 
and mir ihre entbehrliche junge Maanfdoft geben moͤch⸗ 
ten; ich wollte Pohlen im Winter und Sommer durch⸗ 
ziehen und einnehmen, und ſolchergeſtalt mein Va⸗ 
terland an dieſem Feinde raͤchen. Wenn ich damit 
fertig geworden wäre; hätte ih die donaiſchen Bul- 
garen angegriffen, und nach ihrer: Ueberwindung in 
mein Land verpflangt; naher aber mir vom Groß⸗ 
fürften und Wladimirn Huͤlfs voͤlker zur Befriegung 
der Polowzer erbethen, alles in der Abficht, meinem. 
Vaterlande zu dienen, wenn ich gleid über, fo nuͤtz⸗ 
Uchen Unternehmungen mein Leben einbüßen fohte. 


110 Erſter Abfchnitt.. Anfang 
Ich ſchwoͤre bey Gott und feinem jüngfien Geri 


daß ich. nie das geringfte Böfe gegen Swaͤtopol 
David oder irgend einen meiner Brüder und Sta 
genoffen im Sinne gehabt habe, ob ich wohl ge 
daß ich mich durch die Leidenfchaft der Ehrgeiz: 


fehr beherrſchen ließ, und mich Bott für diefen 


nen Hodmuth gedemuͤthigt hat. Da David f 
Daß das Ungewitter, welches fi durch die Di 
redung des GSroßfürften und Wladimirs auf 
Haupt zuſammen zog, ihn nicht traf; fo verg 
das ihm durch Herannahung desfelben einge 
Schreden gar bald, und erdreiftete fi fogar, 
der Ötaaten feines Gefangenen zu bemädti 
Allein nun übernahm Wolodar, Wafıllos Bru 
die Beſchuͤtzung derfelben, und rüdte bis Buf 
vor. David getrante fih nicht, demfelben zu w 
ſtehen, fondern ſchloß fid in Buſchesk ein. Hier 
Togerte ihn Wolodar, und ließ ihn erinnern, 
er für ſich felbf am beften forgen würde, wen 
nicht weiter Boͤſes mir Boͤſem haͤufte, ſondern vielt 
darauf daͤchte, durch Wafilkos Befreyung fi 


‚demfelben und ihm, deſſen Bruder, auszuföh 


David erflärte bey feiner gegenwärtigen Schw 
ſich bereit, Wolodarn hierin zu willfahren, 
bemuͤhete fih, ob es ihm nicht gelingen möchte, 
fen zu bereden, Daß er wider feinen Willen, 

da er chen fo gut als Wafilko fid in des Groß 
ften Gewalt befunden, ‘und dieſer, wenn er fe 


Meinung uicht bengepflichter, ihn mit gleicher 5 


als den Bruder Wolodars behandelt haben wit 
alles thun mäffen, was man bey Waſilkos S 


‚gegenwärtig Auf feine (Davids) Rechnung ſchre 


Allein Wolodar fagte, er laſſe dieſe Entſchuldig 
auf ihrem Werthe oder Unwerthe berufen, in! 
die wahre Befgaffenheit Gott am beſten bekannt 


des ruſſi ſchen Reiches. ar. 


ob er wohl ſich nochmahls erBierhe; mit David bloß 
auf dDie-Bedingniffe, daß derſelbe ihm feinen Bru⸗ 
der überliefere,. und denfelben fein Land rubig befipen 
laffe, den Frieden einzugehen. David erfüllte Wolo⸗ 
dars Zorderungen, und bierauf begaben nach ges ° 
ſchloſſenem Frieden beyde Brüder fi in ihre Länder. 
Aber fo bald der Frühling berbey kam, unternah⸗ 
men fie einen Kriegszug wider David, der, als er. 
dieß ihr Vorhaben erfuhr, fib bloß innerhalb der 


Bauern feiner Hauptſtadt Wolodimer vor ihnen fiher 


achtete, daß ſie folglich, ohne von ihm gehindert zu 
werden , die Stadt Wſemoloſch angreifen und mit 
dem Spieße in der Hand erobern konnten, wobeh die 
Erbitterung wider David Wafilkon fo granfam 
machte, Daß er durch Anſteckung der Hdufer ale 
Menſchen heraustrieb, damit er fie alle durchs 
Schwert tödren könne. Allein Wolodimer ſchien 
ihnen zu ſtark, um zu verfuchen, ob fie fih der Ber 
fon Davids dur Bezwingung diefer Stadt bemach⸗ 
tigen Rönnten. Daher begnügten fie fih damit, daß 
fie diefe Stade einfchloffen, und den - Einwohnern 
meldeten, daß fie ihnen die Wahlgäben, durch Ueber: 
lieferung dreper Perfonen, Zuräf, Lafar und Wa⸗ 
ſfilko, auf deren fälfhlihe Berichte David. zum 
Boͤſen verführt wurde ‚ fi und ihrem Fuͤrſten den’ 
Srieden zu verfchaffen, oder fih ‚mit ihnen zu meffen. 
Die Einwohner her Stadt fanden diefed Begehren 
billig, und zeigten ihrem Fürſten an, daB, mes 
fern er fi weigern ſollte, diefe Leute in die Ge⸗ 
wolt der Belagerer zu überliefern, fie den Gegnern 
die Stadithore eröffnen würden, und er dadurch 
feine eigene Perfon einer Gefahr ausſetzen wuͤrde, 
die er durch derſelben Auslieferung vermeiden koͤnne. 
david Harte zwar ſchon vorher dieſe Leute nach Luzk 
sefender ; allein die Wolodimerer ſuchten fic dort auf, 


2 Eprſter Abſchnitt. Anfang 


‚worauf Zurdf weiter nach Kiew fiohe, Laſar aber 
und Wafıllo auderswo Sicherheit ſuchten! Weil diefe 
letztern unterDanids Gewalt blieben, fo noͤthigten 
ihn die Wolodimerer, folche den Belagerieen gu über 
geben, die, nachdem fie diefelben au Bäumen auf 
geheuft nnd mis Pfeilen erſchoſſen hatten, ihr den 
Wolodimerern ertheiltes Verſprechen hielten, die Be⸗ 
logeruug ihrer Stadt anfhoben, und Davids Se: 
bieth raͤumten. 
Allein gleich im folgenden Jahre 1098 betrat 
Da (m der. Großfuͤrſt mit feinem. Heere dasfelbe, in der Ab 
Ha bir ſicht, es Daviden abzunehmen, umd ſowohl der 
ſprechen. Großfürf als David bemüheten ich um Hülfe bey 
dem Herzoge von Pohlen. Diefer nahm von bepden 
Geld, gewährte aber weber dieſem nod jenem Hüls 
fe, fondern ließ fie ihren Streit mit einander aus⸗ 
machen. Diefer nahm dadurch das Ende, dag David 
1099. nach einer fiebeuwöcigen Einfperrung 1099 in Wo⸗ 
Iodimer Swätspolfes um die Erlaubniß, ihn aus 
ber Stadt zu offen, anſprach, und, als diefer ihm 
ſolche zugefagt, und bepde durch Küffen des Kreuzes 
mit einander Friede gemacht hatten, erſt nach Tſcher⸗ 
| wen und hernad zu den Pohlen ging. - 
Swärpft Us aber Sw &to pol dadurd fi als —* 
dm Del des von Dapib bisher beſeſſenen Landes faheı, ve 
Bafitton Leib in ihm die Begierde, auch den größten April 
den befien der Befigungen der Zürften Wolodar und Ba 
— filfo'an ſich zu ziehen, wozu er den Nedtögeund 
entreigen, -anführte, daß das. Land, welches er begehre, ein 
lat repptmäßiges Eigenthum feines Vaters Ibjaͤslaw 
fung vieles und feines Bruders Jaͤro polk gewefen, und von 
Unglüds für dieſen anf ihn exerbt ſey. Wafilfo und Wolodat 
Bi. erwiederten darauf, daß fie, die doch vom erſtge⸗ 
gebornen Sohue des Großfürften Jaͤroslaw ab’ 
ſtammten, einen weit geringern Zheil vou F Laͤn⸗ 
ein 


des zuffefchen Reiches. 113 
dern Des ruffifchen Reiches überlommen Härten, ats 
Irgeub nk eine Bine der jüngern Bräber Ihres 
Stammodaters, und dieſes Wenige ihnen durch Die 
heiligſten Me und Urfunden von- allen Stamm⸗ 
genoſſen, ſelbſt von Swadtopolks Water und 
Bruder, deſtaͤngt worden di. Wir werlangen, bes 
ſchloffen fie ihre Worteliung am ihn, joht nichts mehr 
von dir; wenn da ader min dem Deinen nicht zu⸗ 
frieden ſeyn, fondern ‚uns. unfers odteriisen Erbes - 
berauben willſt, fo fielen wirdieg dom Beriäte Sot⸗ 
tes auheim, er. gebe ed, wem er will. Wir mei 
den dir Bein Dorf geben, fondern bitkin, du wolleſt 
der Beriderung veines Voters und deines auf der 
Bärfienvorfommiung geacdenen Wortes eingedenk, 
uns, die wir dich mit niched beieidiget Haben, ſon⸗ 
dern als Gooßfuͤrſten und Aelteſten unferes Vaters 
ehren, uud jederzeit ehren werden, in Ruhe laſſen. 
Yen Sm ätsnatt.behartie auf (einen Vorha⸗ 
Den, umdb zwang Wolodarı und Waſttkon der 
Entſchluß ab, da ihre Demhrhtaung sichere wirkte, 
ſich nah Möglichkeit mit Entegenſtelung ihrer 
Kräfte bey des Yhrigen zu ſchuͤden. Da jegt bry⸗ 
de Heere auf dem Belde Xosſchie in Schlachtord⸗ 
aung näher an einander vadten, bed Wakilo 
im Augefichte beyder Parteyen ein Kranz im bie Ho⸗ 
Se, und ſprach: bey Käfſung bie Kreuzes bat 
wir SwitopoLt verſprochen, ‚uns zu fhüsyen 
und gu Tieben, und doch Hat er mich meines. Geſich⸗ 
‚tes beraubet, und will mich jegt auch meines Een 
Sep und meines Lebens berauben: Butt ſey Rich⸗ 
ter zwiſchen ans! Dieſes fibßte den Reiegenkikern, 
welche auf feiner Seite waren, fo viel Murh die, 
daß fie ſogleich unter Wolodars Seffıheung, obat 
die uͤberlegene Zahl des großfürftlichen Heeres in 
Betrachtung zu ziehen, mis der feſten Eutſchließang, 

Geſch. Aufl. 1. Band. 8 


A144 Erſter Abſchnitt. Aufang 


zu ſiegen oder zu Kerben, den Angriff thaten, und nad 
einem kurzen hihigen Gefechte ihrem. Gegentheile fo 
viel Volk niederhieben, daß er in größter Eile mit ſei⸗ 
‚nen Söhnen, Mſtislam uud Jaͤroslaw, und zwey au⸗ 
dern Fürſten, Jdros law und Swaͤtoſcha, 
ned Walpdimer fluͤchtete, und, meil er glaub 
die Ueberwinder würden. ihm dabin auf dem Buß 
nachfolgen, nachdem er feineg:Sohne Mſtislaw die 
Beſchuͤhung dieſer Stadt uͤbergehen, und: dem am 
dern, Jaͤroslaw, aufgetragen hatte, nach Ungarn zu 
gehen, und den König von Ungara, Kolomaun, 
am Hülfsoölfer zur Ueberziehung der Länder Wr 
ladars und Waſulkos zu bewegen, fcleuaig von 
Wolodimer nach Kiew ging. Geine Feinden achten 
+ fo. edel, daß fie, fo bald ale nur das großfuͤrſtliche 
Heer mit Berlaffung des Schlachtfeldes die Zlucht 
"ergriffen hatte, das Verfolgen mit deu Warten ver⸗ 
“ Aorpen. : Wir find nicht gefenimen fremde Sünder 
gu verbreren und Leute zu erfihlegen,- fonbern aut 
and und uafer Gebiet zu vertbridigen „und. de 
Goit bierin’uns geholfen hat, ſo find wir. nicht ge⸗ 
foanen unferu Zuß in ein fremder Gebieih zu ſe⸗ 
den. Bald berua führte Jaͤraslaw den König 
Kolenonn'mit-8000 Gtreisern, wie. Diugaf 
‚bie Zabl angibt „vor Peremiſchel; die Gräfe be 
Sefahr, melde nun Wolodaru und Waſilkon drohele, 
bewog dieſe, die Verbindung anzunehmen, welche 
Ahnen jegt:ibr bisheriger Feind David in der Abſicht 
:antrug, durch diefe Bereinigung. und die Freund⸗ 


ſchaft der Pohlen und Polowzer fich fein ihm vom 


. Großfünften entgogenes Fuͤrſteuthum wieder gu ver⸗ 
ſchaffen. Zuerſt verſuchten fie den König von Um 
-garn dur des beweglichſte Bitten und den Zuß 

fall, den, eine ruſſiſche Fuͤrſtinn, Lanka, (welder 

Rahme 5,9 den Rufen gar nicht vorkommt), ihm 


⸗⸗ 


< bes rnſſiſchen Reiches. 118 


Hat, von viren Feinden: abzuzichen: ‚Aber Kols— 
manız ſtieß Diefes vor ihm in Thraͤnen Puicende Brauen- 
Äämmen mit. dem Fuße von ſich, und mies es mit 
deu ſtolzen Worten ab ı Der König würde feinen Stand. 
entehbren , wenn er: fi darch das einen eines 
Weißes zur. Aenderung „feines gefaßten Entſchluſſes 
bewegen liche. Da ihnen dieß Kettungsmittel miß⸗ 
slüdte, machte ſich Dapid..auf den Weg zu den Por 
lowmzern, nen vor die ſen durch Bitten und Ocfchen- 
te Huͤlfarolker wider die Ungarn zu srlangen. Er 
hatte: feine. Reiſe noch nicht vollendet, als ihm ein 
polowgiſcher Heerfuͤhrer, Bo naͤk, begegnete, dee 
ihen caoch der Eutdecknus feines Verlaugens mis 
leiner aithabeuden Maunſchaft bis in die Nähe des 
unganifen ‚Lagers. folgte;  umd--unmweit deafelben 
feine Zeuge verharg; . Um Mitternachs begab er fich in 
den Wald, wnuad feines Landesgewohuhrit qus dem 
Bebenle der Woͤlfe die Maßregeln zu erforſchen, die er 
mider die Feinde ergreifen muͤßte. Die Beanutwortung, 
die er,anu dieſen wilden Thieren erhielt, als er durch 
Rachahmung ihres Geſchreyes fie bag aufforderte, ner» 
ſicherte Ihn des gewiſſen Sieges , wenn er. Die Un⸗ 
gern angreifen würde, De nun feine Laudslente 
„Blig..fo wie er dachten: .fo waren fie. auf die Au⸗ 
zeige dieſer gluͤcklichen Borbebeutung, fogleich Bereit, 
ihre Feinde, ungeachtet: dieſe in wugleih größerer 
Menge weren, ‚anzufallen. Doc bediente er fi 
der Kriegsliſt, daß er ‚nur mit dem dristen Theile 
feinen Stärke auf .fie losging, und heruach durch 
eine verſtellte Flucht fie ia Unorduung an ben Ort 
Ningog , wo ihrer die zwey übrigen Dritsheile ware 


teten... David erfocht ben söllfommften Sieg; 


vide. feiner Feinde erfoffen im der Save. und 

Wagrufch , oder verhuugerten in den Wäidere 

un) Behirgen, Nah einem ſolchen Siege nahm er 
H a 


‘ 


16 Etſter Abſchnitt. Anfang 


ohne einiges Hinderniß von Gujetesl und Ehen 
men Befid, und die Behagerung von Welodime 
vor. Er geiff dieſe Sadt iben fo heſtig an, ai 
fie Mitibtaw vertheidigte, derbey den unaufhör: 
kichen Beſtaͤrmungen tafner auf den Mauern war, 
Über‘ durch dieſes Wanſſicck von einem, Pfeilſchuſſ 
getösdiet wurde. Drey Tage verhehlte man: feine 
Tod. Da man ihn aber am vierten aflım Leiter 
in der Stadt eröffnen mußte; fo würden bierifrig 
ſten Anhänger des Großfärften, welche in der do 
ßerſten Noth von keiner Urbergabr wiſſen wollten, vol 
der weit groͤßern Wenge der Gegner zur abgenblid 
lichen Eröffuung der Stadtihore gezwungen wordt! 
ſeyn, wenn fie nit die Furcht daß der ergrimmti 


David keinem einzigen das Leben lafſen werde, du 


"Bin gebracht haͤtte; vor Musftuührung dieſes Entſchluſ 
feb den Sroßfüren um dieſelbe zu ditten. Die 
fer Abertrug ihre Befreyung "feinem Woywoder 
Yurdta, als David ohne die geringſte Beſorg 
6, von einemn Enffüge unseritniher augefallim J 
werden, lebte. Dein der gu. Eugk anwefende Fürl 
Swatoſtha hatte Im verfpreiien, daß de ihn wi 
der jede Huͤlfe SwätopoDts wartenmwehte. M 
ein dieſer Ueß die in dieſer Möriche bed pe vetwei 
Nlenden Leute ded David bey Parken Aukunſft ieh 
fetzen, und vereinigte feine rigene Matnuſchaft m 

"Sutätte. Der Entfog traf am sten Augen Davil 
— und Sen ganzes Heer in völliger Sicherheit. un! 
meiſten Theils bey der Mittaggrubes da die Belo 
gertew einen Aosfall thaten, mußten David und di 
Seinigen die Flucht nehmen. Doch David erhohlt! 
Mb durch die abermohlige Verbindung wit Bonaͤl 
bald, und vertrieb nicht nur Schwaͤtoſchen aus 
Euzk, fondern an den’ großfkeflichen Sarhelte 
ans Wolodimen. | | 


j | | 

bes ruſſ iſchen Seiches,. - nz 

Allein im folgenden Jahke ı 1oo'faub der ro. @witpett 

für BRittel, die diey Pürßen, Wladimir, Da—⸗ Sieht ih ob» 
vid and Dieg,. bepde Ichtere Gmäroslams, Goͤhne aus been 
in gerainuen , dab fie am ıolla Auguf bey Waͤtit⸗ fchlimmen 
ſchew winen zu ſeinen Borspeile geneihenden Eatwurf Drrdel 
zur Stilung dieſes iunerlichen Zwiſtes billigten. 
Als David Jgorewitſch indes Hoffnung durch 
dieſe drey Fuͤrſten eine gutha Vertuug zu erlangen, 
ſich au dem erwähuten Orte einfand, und als Mit⸗ 
slied Bes Fürſtenraths fi alederſehte, forderte ibn 
Wladimir uf, feine Beſchmerden anzubringen, und 
diefelhen ihrer Entfheidung zu überlofgn. David 
ulannte ſchon aus dieſem Bartrage tadimis, daß 
dieſe Gatſcheidung zu. feinem Nachtheile ausfallen 
würde, da er ben ſeinem Erſcheigen auf Diefer Bern 
gemwiang erwartet hatte, daß der Großfürſt ſich 
über Ihe wegen des Fürſteuthums Welodimer ben 
tlagen, ex aber dieſe Klage durch Darthnung ſeines 
Rechts auf dieſes Fuͤeſtenthuni widerlegen, uud vom 
dan Drty Zütften Vepaflichtung erhalten werde, De 
aun Dasid ſchwieg, ließen ihn alle -Fürften allein 
nit feinen Raͤthen ßtzen, beſtlegen ihre Pferde, und. 
onderten ſich non einasder, jeder zu einer befonn 
deren Berathſchlogung wit den Eleinigen, ab. Rach⸗ 
dem jeder die Seinigen vernommen, traten fie zur 
Seffung eines allgemeinen Schluſſes zuſemmen, deſ⸗ 
ſen Inhalt jeder durch Ubgearduste Daviden in fol 
‚genden Worten hinterbriugen ließ: Deine Brüder 
ſagen: Wir mollen dir nicht Wolodimer zum Befi⸗ 
ge geben, weil da uns ein Mefier in die Bruſt ge⸗ 
ſtochen Saft; aber auch dich nicht gefangen nehmen, 
oder dir feuft ein Reid zufügen; ſondern wir ver⸗ 
Iaugen, daß du dich von bier wegbegebeſt, und zw . 
Bufpest deinen Ste anfſchlageſt. Ueber Dieb gibt 
dir Swatopolt Daben und Tſchertorüsk, und 


118 Erſter Abſchnitt. Anfang 


” Wladimir und Oleg 200 Griwen. Weil nun David fd 


zu ſchwach fahe, fich dieſem Schluffe zw widerfegen ; fo 


‚unterwarf er fich demſelben. Doch vergrößerte: der 


Broßfürft (deſfen Sohne Jaͤrotlaw man das Für: 


flenthum Weolodimir zutheilte) feine Verſorguug mil 
Dorogobuſch. Wolodaru und Waſflkon bezeigten fid 


dieſe Fuͤrſten auch nicht ſonderlich geneigt, indem fü 
Wolodarn melden ließen, daß fe ihm. Peremifcel 


laſſen wollten, infAnfehung feines‘ Bradresraber di 


Verfiigung getroffen hätten, daß entweder er deufel: 
ben gu Peremifchel unterhalten; oder, wenn ihm dien 


ſes nit auſtehe, Waſilko zu ihnen Bonkıneu nad vor 


ihnen verforgt werden follte; fie übrigens nur in dei 


"gewiffen "Erwartung ftünden, daß Wolodar ihnen 


ihre in feiner Geivalt befindlichen Unterthanen zurbd: 
geben werde. Aber Wolodar und Waſilko weine 
sen ſich, diefen Forderungen Genuͤge zu leiſten. Eini 
nene Gefahr, mit der Jaͤroblaw Jdropolt 


| wirt dem: Großfuͤrſten droßte, eefitdte derfelbi 


4 191. 


tm Jahre: 1101 in der Geburt, indem er feine 


Orgner; der fich zuerſt ruͤſtete, in Bereflow gefan 
gen nahm, und in Zeffeln nach Kirw brachte. Di 
aber bier der Metropolis und die Aebte eine Für 
Bitte für ihn chaten ; fo ertheilte ihm der‘ Broßfürf 
Beym Grade der Heiligen. Boris und Bljel 
Die Freyheit, doch unter der Bedingung, daß er i 


Kiew bleiben feltte. Jaͤroslaw hielt das. Wort nicht 


wvelches er dieſerwegen gegeben batte, fonberis entwid 


tm Jahre 11202 aus diefer Stadt, mie dem Vorha 
ben, Zeindfeligfeiten wider Yen Bropfärften zu un 
fernebmen, 3dsoalamwer,cinGohn des Großfuͤr 
fien, bemaͤchtigte fich durch Lift.in Rura feiner wieder 


- nad führte ihn gefangen nach Kiew, wo er bald heruad 
in feiner Verhaftung ſtarb. Judeſſen flag Swaͤto 


polten fein Entwurf ſehl, durch dem er hoffte, daß fl 


des ruſſiſchen Heiches. - 119 


Sohn für Wolodimer Rowgorod, das Furſtehthum 
Mfisiaws , eines Sohnes Wladimirs erhalten 
kbuute. Denn obgleich Wladimir keine Unzuftieden⸗ 
heis ‚über dieſen Tauſch bezeigte, ſondern vielmehr, 
nachdem der Broßfürft ihm ſolchen vorgeſchlagen, ſei⸗ 
nen Sohn aus Nowgorod abforderte, fo ſchickten 
doch die Nowgoroder, als er ihnen die Urſache die⸗ 


ſer Abfordernug betaunt machte, zugleich mit Mfiid«. 
lawen and den Hofbedienten WWlahimitd Geſandte 


aus ibrem-Müttel, nach Kiew, die dem Grof fuͤrſten 
fegen follten, daß fie ihn, der fie im Jahre 1088 


ſelbſt werlaffen Hatte, kein Recht zunsfiduden, auf. 
ihr Sürftentäum Ahr ſich oder feinen Sohn Anſpruch 


zu madıen. "Senn dein Sohn zwey Köpfe bat, lau⸗ 
teten die ihren Abgeordaeten in den Mund gelegten 
Worte, ſo magſt du ihn ſchicken: Rgielawn bat uns 
Wſewolod gegeben, nad wir haben ihn zu unferm 
Zürken erzogen. Diele fo nachdrucksvolle Verwei⸗ 


gerung der Rowgoroder bewirkte nach langem Worte - 


wechfel mit dem Großfürfen, daß er ihnen nachgaßz, 
uud darein willigte, daß fie Mfislamn zum Sürften 


” 


gen Shrhen nlht befluchteten; $ ſo Befchloffen ı Kesierung , 
he im Jahre 1103 das Land der Polomjer mit —** 


Krieg gu überziehen. A Swaͤtopolk und 
Wladimir zu Dobolek hierüber ihre Heerfuͤhrer zu 
Rathe zogen; fo war die Meinung. der Großfuͤrſtli⸗ 
den, das: Frühjahr fen aus der Urſache aicht zum 
Rriegezuge tauglich , weil man die Pferde darpber 
serberben nud dem Landmann: dadurch um die 

te bringen würde Allein Wladimir erwiederte bier⸗ 
anf: Es wundert mich, daß ihr fuͤr die Pferde Sor⸗ 


Polow⸗ 
jern. 
1103. 


ge traget, wit weichen der Landınana ackert, und 


220. Erfber Abſchnitt. Anfang 

nicht daran denket, Daß, wenn der Bauer pr adern 
anfängt, ein Polowzer Tomun, ihn wit einem Pfei⸗ 
le erfchießt, fein Pierd wegnimmt,. in feine Woh⸗ 
wung gehet, und darans Weib, Kinder und alle 
. Habe mie fich wegführet. Eu dauert alfe nur fein 
Pferd, nicht aber er ſelbſi? Die Richtigkeit dieſer 
Antwort Wladimus leuchtete Swäsopolken fo 
hell ind Geſicht, dab er deffen Meinung Bepyfall gab. 
Nun ſchickte men, auch gu andern rufſiſchen Büspes 
Geſandie, dieſelben zur Theilnehntung an dieſem 
Feldzauge einzuladen. Oleg, Swceslawo Cohn, 
(dügie eine Kraukheit var, um ausbloibrn zu dir 
fon. Hingegen wohnten auier Swaͤte poll und 
Wiadimir der Bruder Olegs, Dasid der Zürf, 
David von Pelotsk Mſtislaw, Sohn des doroge⸗ 
bafſchiſchen Davids, Waͤtſcheslaw, Jaͤrepolks 
Sohn und Jaropoit, Wladimirs Sohn, demſelben 
bey. Bey Tortſchi meben der Jnſel Chortiſch war 
der allgemeine Sammelplag, und von dort aus er⸗ 
‚reichte man in völliger Öglachterdmung innerhalb 
vier Tagen Sutjen. Die Polowzer harten fh zwar 
auch in großer Anzahl zufammengezogen , doch 
ricth einer von fhren, Zütflen,, Ur aſoba, ſich 

am einen Frieben gu bemihen. Allein die Jün⸗ 
gern verfpotteten dieſen Eugen Rath eines erfahrenen 
Alten als einen Beweis feiner Feigheit. Ehe nun die 
Ruffen auf fio losgingen, hielten die Dürfen mit 
ihrem ganzen Heere: Gebethe, durch die he Mettund 
ferner Mutter Geluͤbde thaten, und. verfpragen, Al⸗ 
moſen zu geben, und die Klöfter mis allem: NRoͤthi⸗ 
gen zu verfehen. Ihr Wortrab begegnete jept dem 
polowzifchen, welchen man Altunopen, als dir 
nem Manne von: geprüfter vorzůglichet Topferkeit, 
übergeben hatte, und war fo gluͤcklich Altynopen mit 
feiner ganſen Maunſchaft fe nieder gu maden, daß 


J 


s 


‚des rufen Reiches. ran 


Erin einziger entraun. Do er ſchien Das noch übri⸗ 
ge polowziſchen Heer in den Augen der Ruffen wie. 
ein upabfehlider Wald. Aber als fir währnahmen, 

daß Die Leute, aus welchen es befiand, Fein. Hay: 
begeigten, fie angufallen , and fogar die Pferde nicht 
fort woſlten; foıfaßten fie Mash, fie anzugreifen, und: 
dieſes Naͤherrucken verurfechte eine allgemeines Aus⸗ 
reißen der Jeiade, denen nun die Ruffen chae die. 
windeie Gefahr and mit Berkuft ven fehr wenig: 
Leusen, indem fie bloß die Zlüchtiagewordenen vers, 
folgen, und niederhauen oder gefangen nehmendurften,: 
am 4m. April eine ſehr große Niederlage beybrach⸗ 
tm. Urnfoba, Kotſchii, Aunem Anrtok, 
Afdenegrap, Surbar, Jaroslaney und. 
deeyzehsa andere Zürfien verloren dahey ihr Leben. - 
Eiuer von. ihnen, Weldiufa, ward als eine. 
fongenge ger den Stoßfücſten gerührt, : uud erborh 

id ‚ feine Eriedigung mit einem großen Werthe an 
Geld, Silber, reden und anderem Biche ja erkan⸗ 

fen, .umd. ſchwor, fo lange er lebe, nichts Feindliches 
. wider Die Muffen gu unteruehmen: . Swäto polf 

fießte fein Schidfel in Wladimies Gutbefinden. : 
Diefer aber faͤllte ihm mit den Worten dad Tedes⸗ 
unheil: Wie oft habe ihr ſchon geſchworen, Ruß⸗ 
land nicht zu uͤberkriegen! Warnm lehret ihr nicht. 
euee Kinder, den Eid umwerbrüchlich zu halten, ſon⸗ 
bern wergiefet während dem Friedensſtande das Blut 
der Chriſten? Run ISomme das Bin anf bein 
Haupt. Es wurde. bie Mühe nad Koſten diefed Kriegs⸗ 

juges den Rufen durch eine ſehr reiche Beute au 
Pferden, Kamehlen, Schafen, auderem Viehe, 
und Schaͤtzen, welche die Polowzer durch ihrr unauf⸗ 

hoͤrlichen Streiferepen zuſammen gehäuft hatien, au 
gefangenes Vetſchenegen und Torken, und eudlich 

Durch Befreyung einer Menge ihrer Laudslente und. 


2206. 


as Erſter Abſchnitt. Anfang 


anderer, die als Selaben fo lange ben Ueberwun 
denen dienen ‚mußten, " überfihffig vergolten. 
Schon im Jahre 1106 erfähuten Ach die Po⸗ 


. Lowper aufs Mene, ins ruffifhe Sebicch zu kommen, 


und in ber Gegend von Saxjetſchesk Beute zu her 


Ion, die ihnen aber die großfhrklihen Heuerführer ab⸗ 
jasten, doch ſo, daß die, welche: fie gemacht hatten, 
wuidefgädigt eutfamien. - Bleib das Jahr Darauf, 
2.107, erſchienen fie unter Bondf, Scharukhan und 
audern Haͤuptern fo zahlreich um Lubne herum, 
daß, um fie beſiehen zu koͤnnen, ber Sroßfünft Wla⸗ 
dimirn, Oleg und ech einige andere Zärflen zu 


.Hälfe nahm, und nah der Bereinigung mit dieſen 
fie:über der Sula am ı aten auffuchte. Das Schlaht- 


geſchrey der Ruffen jagte den Polowzern felch ein 
Scechrecken ein, :deß. fie au keinen Widerſtaud dach⸗ 
sen, fondern ein: Theil darch ſchuelles Beßeigen if 
zer: Pierde, audere gu Fuße ansriffen , und ihr gan⸗ 
zes Lager zur Beute im Stichet ließen. . Der Groß 
fhrft fiattete für. diefen Sieg a Züge der Himmel⸗ 
gührt Mariend im petfegerifchen Kloſter Marien und 
Dem beiligen Thesdofus, zwepten Abte des petſche⸗ 
riſchen Kloſters feperlichen Dauk ab. Wan hielt die 


‚ Bölowger, ungeachtet dieſer ihnen bepgebrgchten Nie 


Derlage, nach für fo mächtige Beinde, daß man den 
Entſchluß faßte, ob fie. nicht durch eheliche Berbiudun. 
gen zwiſchen ben ruſſiſchen Fuͤrſten und deu Töchtern, 
ihrer Oberhaͤupter in aufrichtige Freunde verwandelt 
werden koͤnnten. In dieſer Abfit. begaben ſich Die 
Zuürſten Wiadimir und die beyden Swaͤtsslawltſchen, 
David und Dleg, zu zwey polowziſchen Fuͤrſten, die 
beyde Aepparheißen, und errichteten mit denſelben 


einen Vertrag, den fie durch Vermählung der Zoch⸗ 


tet des. einen Aeppa und Enkeliun O ſeneps mil 
8: vr oder 2 3u 2 ) Wiedimns Sohue, wie | 


des ruſſiſchen Meiches. 123 


der Tochter des andern Aeppa , Grigenews Enke⸗ 
lin, wit dem Digowitfhen Swäroslam; 
am ımten Januar im. Jahre a 208 recht dauerhaft zu 
maden meinten. Doch im. Jahre ı ro9 geſchahen 
wisber Feindfeligleiten , wobey fieb die Ruffen eini« 
ger Wohnſthze der Polowzer om Dan ‚bemächtigten, 
«Blei im. folgenden : Fruͤbjahre 1110 nuternahmen 
der Sroßfürf , Wladimir und Dasib einen wigebu⸗· 
Gen Kriegszug wider ſſe. 


Diefe Umftaͤnde erigken Wiadimien, im thätig- 


ken unter allen ruffifchen Fuͤrſten, an, ayömabig ale 
le feine Stammgenoſſen zur Heimfuchung diefer uns 
anfbörliden Feinde des gemeinſchaftlichen Baterlan« 
des im derfelben. eigenem Laude aufzufordern, und er 
überreßete den Broßfürfen,, die gwen Davide, 
die Olgowitſchen Wfewelod und Smätosisw, und 
den Swätoslowitfpen Jaͤroslam, daß fie ihm und: 
einigen- feluer. Soͤhnen, wie ah Rofislam, 
den Sohn Davibs des Igorewitſchen, im Fahre 


1111 im diefer Unternehmung Geſellſchaft leiReten: . 


Die Stadt des Fuürſten Scharukhan empfing fie als 


rı08 
1209 


1120 


Freunde, nad: brachte ihnen Brot nad Wen ent? 


gegen. Gugrew aber, wohin. fie'den Tag daraufr 
naͤhmlich am zgflen März, kamen, büßte feine Wi⸗ 
feglichleit dur feine Eindicherung , — mai 
ed im Angenblicke erobert hatte. Am agflen err 


ſchien sein polowgifihes ‚Heer, umd ward am Bade 


Degeja überwuaden. Der am syfen hoch ein ans 
dere6 weit zohlreicheres ihnen om Blaffe Salalz 


die Spige, erfuhr aber, wie wohl mach einem bare 


sen Kampfe, der den Rufſen viele Manufchaft koſte⸗ 
te, ein gleihes Schickſal, und nun beſchaͤftigten Die 
Heberwinder ſich damit, vier Tage tiefer in das Laud 
ihrer Feinde u gehen, und durch Die Beute, melde 
fe daraus an. Menſchen, Bich und Schaͤtzen abhol⸗ 


\ 


> J 


124 Erſter Abſchnitt, Anfang 


tea,’ bie Fruͤchte ihrer Siege fh zu verſchaffen. 


U ze 


Charakter u. 


in Swaͤ⸗ 
topolts LE 


Zwoͤſchen diefen polowziſchen Begebenheiten hatten 
manche ruffiſche FJuͤrſten auch mit andern Frinden zu 
Hhun, indem .unter audern Juͤrſt Jaͤroolaw Siraͤtos⸗ 
lawitfh von Raſan am Aten Mär; 1103 eine Nie 
derlage von den Morduauen erlitt, Jaͤroslau aber, 
der Sohn bes Großfkeften, Die Jaͤrwaͤgen zwey Mahl 
io ihrem Lande mit Vortheil bekreiegte. 

Die pe:fönlichen Eigenfihaften: des Sroßfhrften 
waren ſo bef&affen,. daß weder feine lintershanen un. 
ter ihm gluͤcktich leben konnten, noch er felbfi feinen 
Thron ohne Wladimir Frruudſchaft lauge behalten 
haͤtte. Man wußte ſonſt nichts zu feinem Lahe an⸗ 


| , | . gafkäven, als daß er gesa Biker las, ein fo ſtar⸗ 
kes Gedaͤchtaiß hatte, daß er vorlaͤugſt gelefene 


—4 


Gefchichten woͤrtlich  nehergäßlen. konnte, mit 
im Zrunfe Aunsſchweifungen beging, mad wegen 


feine: Rränklichfeit wenig uub.felten af, — Di 


gegen war ſchon fein dußerkiches Unfehen meuſchen⸗ 
fetndAb., und feine Feigheit erſtreckte ſich bis dabin, 


das er ohne Wladimirs und Anderer Zurchen fein 


| Wladimir 


II. wird 
Oroßfürk, 


Baterland und feinen eigenen Staat eben fo ruhig 
von den Polowgern haͤtte verherren faffen, als er die 
Unterihanen feines Großfuͤrſtenthums feiner GSelieb⸗ 
ten, bie zugleich feine erſte Rathgeberinn in allen 
Regierungs «und Staatsgeſchaͤften war, und von wel⸗ 
“ber er ſich nie, auch nur auf wine. karze Zeit, ohne 
Ahraͤnen entfernte, ſeinen Raͤthen nud fogar den 
Suden., die allen Handel und: Grwerbe an ſich riſſen, 
und dafır einen Theil ihres Raubes in die Schah⸗ 
kammer des Großfärfien abgaben, willig Preis gab. 
Kiew verlor. folglich nichts, ſondern geivann, als er im 
Fahre 11353 am ı6ten Aprill zu Wiſchegrod verſtarb. 

Mach der bigher zu Siem benbanteten Abron⸗ 
fohge fiel nach Swatopolls II. Zode dieß Brehfür- 


> Des rüffißgen,Meichen, :  am5 
ſtenthen dem ülle ſten ohne. des Meaffinßen Gehe 
tpulaw aubein. Aber die: Riemer: mwlischildinen. vom 





deu Nachſemmen Gwdtesiews zu Ihrem. Herm, 


und befürchsssen üßer::Dirf,' die. yallifnen zum: Diene 





fie Jaslaws und Spritapeils; IT. wider Die Gude | 


welawäfdhen speflihrten‘ Ringe - untgelten: zu unffen; 
Uns dieſer Urſache fan fiel der Sophienkiucht 





den Sirup üb, Wladimir anf ihren Try 


ga berufen; und’ weil der ſeibe ſich nicht fogleich eia⸗ 
ſteilte, fa ſtelen fie bber das Hnus Antatens, ‚Du 
man für deu reichſten Bann im gangen Lande Hicks 
aber zuglelch berhmidinte , Daß:set Auch Jeine Wine 
shleigbeis bey: Gimkeunpiäin Biefew Jü feinca. Capına 
fangen geist ‚und durch ein iſolthes dem. Gonanm 
Belle verderbinbes Melıtel ſith 46 große Meihihin 
mer erworbun Bdstk, und die Wähnungen:der Yu 
den. ber, nad; Hüsdrrten. ſie aus. Dieſe Renngtihun 
der graßen. Epbifterung Ber: Hieiwfden Mürgerkäuß 
bewegen bir. Großen, den brraits zu Weadim une 
Abgeoröerten aubarc unhgufibiden, am ihn gu Hi 


von, mans wine: nach Kitw quegommen, weil bleß 


felue Anduuft verwahren koͤnnr, daß wie ſchon Anger 
fangenen Pihederangen nicht den ghebrürklichen 
Palaſt, die-Rirchen uud Hide diem. Darnufil aug⸗ 
te er am zoften Mprill 19:3 zu Kirw am, we ma 
ihn mir Jeraden aud aller einem heerſcheudrea Bros 
fuͤr ſten gebäßprender Ehre aufnahm, und auf feinen 
ceſten Befehl va allen Gewaltchaͤtigkritru abfiunb; 
ceber durch den. Weg der Klage; die die Buͤrget ſchaft 
von Kiew. bey ihren wenen Landesherru über bie 
bisher ‚non den Judes vrlittene Schndirrumg- 1a 
wen gauzen Handelswefen uub allen übrigen Dies 
ven ihres Trwerbes aubrachte, bie Wertreibung allet 
Soden ans allen ruſſtſchen Loͤndern durch einen graße 


ſarſulichen uxtheiloſptach auszuwirken ih de ahere. 


1113. 


iss Erfler'thfipitt. Anfıne 
BIadtmee fugte ihnen: da bie Juden in auffier 


denen ‚Bürfenehimcen aufgenommen fepen > fo ge> 


bäßre ibm nicht; ohne vorherige Versthehlagung: 
air. deu uͤbrigen Dürfen: in: ben dießfalls non ben: 
vorigen Großfärften. geituhtin: Berfügungen. etwas 
zu :Aubern ;ter wolle mber: ungefdums :die. Fuͤrſen 


Aber dieſe Angelegenheit zufansmen berufen. - Diele 


arſchienen auf feine Eimlabung, und beſchloſſen, daß 
dio Judben nit aller "Hube aus Rußland: vestrichen 
weden Toten, auf welchen Beſchlaß uneerzüglie 
de Vollſtreckung folgte: Als die Polemjer Swaͤ⸗ 
topoͤlts Tod, und Dub. Wladimir zu Kigm nom 
aroßfätfttichen Khrone Beſiz genauen, “in Erfadı 


. Mau gebuacht hatten, erſchlenen ſte vor: RPerejaslaw, 


und verlangten; daß Diefas‘ Zürfientfenr, :über wel⸗ 
ches jeht des Großfuͤctten Wicdimirs Sohn 
Swadcoslaw regierte,: ihm die Feindſeligbeiten dur 
VDeſchrute abkaufta ſollte. Ale der: Jrſt haer von ſei⸗ 








J em Water benachrichtigte; ſo mathte dieſet bekannt, 


1214. 


daß et ſelbſt zu den’ Polowzerne gchen, um ihuen 


Deſchenke uͤberbriagen wolle. Wie die RAdlowzer die 
as. Hirten, meincen fie, : Wladim in. abe dies 


ſes nar vor, um fie: ſtcher zu machen, und ihnen 
eine harte Niederlage gu: verſchen, erwartacien daher 


Mae Ankunft nicht, ſondern räumen: -anfs. eiligfie 


das ruſſiſche Gebieth. Qleg, Swaͤtoslau⸗e Gohn, 
beſaß eine zu vorsheilfafte Meinung. von ; feinen eb 


- genen ‚Kräften, um ſich gu. füͤrcheen, einen Krieg 


Über. Aiew wider Wlabimien. anzufangen, Abe 
Deffen Sohn, Fuͤrſt Mfiislew , machte: mit feinen 
Mowgarodern und. Roſtowern diefe Sache fuͤr feinen 
Water aus, indem er Olegs Heer beßegte, gud. ihB 


Sierdurd nöthigte, fi mit Demfelben wicher in ſeis 


Rand zurhdl zu ziehen, .wo er bald darauf. 1114 


am 18008 Nuguſt fein Leben endigte. Im J. 2213 


) 


des ruſſiſchen Reiches. Ber 


uuterßen) ke. ber. Gürfl Sieb von Polotet duch 
einen. Einfall in Smoleusk, wo ex fi perſchiede⸗ 
nen Stäuye bemaͤchtigte, den Sroßfürßen zu befrie 


gen, heastmagtete deſſen Verlangen, mis ihm im 


Srieden zu leben ‚ mir flolgen Drohworsen:,. wurde 
aber doch durch die Gewalt der Waffen dazu gender 
thiges, denn ſobaſd Wladimir feine Zeiegkvoͤller in das 
Polorsfirhe führte, rfannte Gijeb fein Umermögen; 
ihm im Zelde; zu.widerfichen, und begnüͤgte ſich feige 
Staͤdte wider die Uebermacht dieſes Frindes zu 


vertheidiges. Darauf ließ der. Grobfuͤrſt durc ale 


ne Soͤhne ODrntesk augreifen, er ſelbſt aber -ging, 


mittlerweile als fie ſich mit der: Gimahme dieſer 


Stadt beſchaͤftigten, vor Rinsk, den Aufruthalt 
des polotstiſchen Furſten. Weil er aber. wahrnakm, 
Daß er ohne Anfopferung; des Lebens feiner Kricc 
nöller dieſen Ort nur dur Hunger in feine Bes 
welt zu. bekommen hoffen dürfte; fo machte er allg 
Beranfieltungen zu dieſem langweiligen Bezwin⸗ 
gengsmittel , und verſetzte hiedurch Gljeben in; ſol⸗ 
Ge Angh, daß er ihn um die Schliehung eines Jeich 
dens bitten ließ. Do nun Wladimiz die Schwie 
tigleiten, Minst zur Uebergabe zu nöshieen, beſſer 
als der darin eingefloffene Glieb kaunte, ertheil⸗ 
te er der Friedensgeſandtſchaft zwar die fehr. Sieden 
(dlagente Antwort, er werde eher: feinen Zeichen 
{hlieffen , noch Gljeben verzeihen bis man. Gljcben 
ſelba ‚and deſſen Raͤthe zu ihm bringen würde; übrie 
gens lies er den Geſandten zu verſtehen gehen, daß 
ide Herr ich um die Vermittlung der übrige Fuͤr⸗ 
Ken zu. feingr Befänftigung bemühen möchte, Blech 


befolgte diefen Rath, und aun erklärte ſich derx 
Sropfürfi gegen feine für biefen Beind fpredendeg 
Stammgenofien, in Anfehung ihres demſelben fin 


ro 
... » 


1116. 


1120. 


isB Erſter Abſchnitt. Aufang 

Ferebenobruch zu ver zeihen, und ſeine · aßgenounmenen 
Städte wieber einzuräumen, wenn er WIR in threr 
Aller Gegenwart vor ibm erſcheinen web ih vor ihen 
deniirhigen mwärbe. - Stich erfhite dich Werlangen 
des Großfärflen , und-eihielt ach einigen Verwei⸗ 
fen. Ben Brieben auf Die Urt, wie der Groſfuͤrſt ihm 


bdecnfelbon zuzugeſtehen verſprochen hatte, ward and 


nor :der Berabfchiebung von demſelben mit einem 
Gifimüble becker! Die Einwohner don Drutes! 
füdrie jegt der Soße des Sroßfuͤrſten Juͤropoll 
we ſich in iſein Land, umd erbauete für fie die 
Sn GSiheliu. Ehen dieſer Sat 2116 einen gluͤch⸗ 
Uichen info ins polowziſche ebieth, indem er id 
‚mo rer Staͤdte, Bali, Zſchewſchlujew u Su 
we, Yemdhiigte, und mt der reigenden LZochter 

eiaes · Zähnben -Kürften ; die er pr feiner Gemah⸗ 
ie Medhlee, und ximt Menge Gefaugener ka ſein 
Band Juruͤckkchetr. : Diefe' Sefangenen vermeheren di 
Werhtlerung in Rußland‘, Die auch Durch ‚die Tri» 
willige Aukunft vieler Vetſchenegen und Zorken, DE 
Ddev Broßkärkien wider die Polowzer, von Weide 
fie in einem zweytaͤgigen Treffen am- Don eine gro⸗ 
Be Riederlage erlitten hatien, Zuflucht fuchtmm, ſtor⸗ 
ken Zuwahhs erhielt, obgleich viele von dieſen Au 
Hnmilingen 1120 Die ihnen vom Sroßfürſten 0% 
Yewiefenen Wohrfige ; wiewohl zu ührent eigenen 
Derderben, vertichen, indem fie bey ihrem nachhe⸗ 
rigen berumfchweifenden Reben faſt alle für Hanger 





und Kälte in den Wuſteneyen umfamen. ben ſo 


verdient mathte fi eim anderer Sohn des Bronfhr 


J Ken, der Zürft von Nowgorod, um feik Land, it 
111% dem er rı14 Die Hauptſtadt feines Fuͤrſtenthums 


erweiterte , und durch den Bofabnif oder regieren” 


5 den Bürgermeiller zu Rowgorod, Yan, KXeboet 
| an 


des ruffifchen Reiches. 128 


an eine andere Stelle verlegte, und mit ſteinernen 


Feftuugs werken verfaß , 1116 Die Eſthen heimſuchte, 
and am dten März ſich ihrer Stadt Medweſchjä⸗ 
Golowa oder Ddenweh bemaͤchtigte. Weil aber ber 
Sroßfkeft: ihn als: feinen aͤlteſten Sohn zu feinen 


Apronfolger in Kiew befltihmte ; fo fand er es rath⸗ J 


ſamer, ihn näher zu fich kommen zu laffen, und 
ihm 1117 Belgorod au feinem Sitze auzuweiſen, 
fein bisheriges Färfteuchant RNowgorod aber ſeinem 
Sohne Wſewolod zn Abergeben. Die Romwporoder 
verpflichteten hb:ı118 gegen den Großfürften, als 
derfelbe zu Sasdal ihre Geſete beſtaͤtigte, Bloß aus 
feinen Nachkonmen Kürften anzunehmeün, und bie 
vom Großfhrhen Jaͤroslaw I: ihnen auferlegte Ab 
gabe den ditefen von feinen Erben, wenn gleich 
derfeibe nicht in Nowgorod ſich aufhielte, richtig ab⸗ 
zutragen. Jm J. 1107 bewegten den Großfuͤrſten 
verſchicdene wider den Zürfien zu Wolodimer Jaͤ⸗ 
eoslaw angıbrahte Klagen und ein wahrſcheinlicher 
Verdacht, Daß derfelbe arts: Bohlen wegen Erkdugung 
des Thrones von Kiew eine Werbindung eingehen 
wole, mit Busichung der Farſten David Swaͤtos⸗ 
lawiſch, Woledars, des blinden Wafillo- und Wſe⸗ 


73 Olgewitſch mit einem Heere is deſſen Laud 


gehen. Weil Jhroslam einerſeits fi zum Wider⸗ 
ande genen fo zahlreiche Feinde gu ſchwach, auderer⸗ 
"fdss. die Gründe, aus welchen ihn der Gropfürft 


feindliher Abſichten verdaͤchtig hielt, diefem: zu einet 


odBigeu Geiniß heit, daß Jaͤroslaw diefe Abficht wirk⸗ 
lich hege, anzuläaglid Tchienen ; fo Fam es, nad» 


dem des: Grobfuͤrſt :Ydroflamn zwey Monathe in 
deffen Hauptfiadt eingeſchloſſen gehalten, zu einem 


Vertrage, nach melden Jaͤrsslaw, ind Lager des 


Srosfürfien kam, fih vor idım deminhigte, und 
3. 


Geſch. Rußl. 1. Band. 


1116. 


1118 


1119. 


Be 
a80 Erſter Abſchnitt. Anfang 


nad einem empfangenen. Verweiſe von dieſem die 
Verßcherung der Fortdauer feiner Freundſchaft, 
wenn er mar ſolche nicht ſelbſt verſcherzen wuͤrde, 
grhiels, Als der Großfuͤrſt nach Kiew zuruͤcklehrte, 
peraahm ex neue Nachrichten von Jaͤroslams böfen 
Geßinuyngen, daß derfeibe naͤhmlich ſogar feine Ge⸗ 
linn, ‚eine großfuͤrßliche Eukelinn wesen ihres 
aler⸗ Mſtislaw, zu verſtoßen denke, die ihn ver 
anlaßten , denfelben nach. Kiew, um ſich wider die 
angehrachten ‚Befchuldigungen zu veramfmorken, zu 
berufen, Jaͤroslaw erklaͤrte ſich zu kommen, falls 


der Sroß fuͤrſt ihn vorher durch einen Eid verſicherte, 


Daß er ihm bey ſeinem Erſcheinen fein Leid zufügen 
mollte.. Der Groß fuͤrſt leiſtere dieſen Gid. Mittler 
‚weile ward Jaͤroslawn berichtet, daß Des Großfuͤrſt 
ihn aur durch dieſen Eid in feine Gewalt zu bekom⸗ 
men denke, und ihn ungeachtet desſeltzen im Kiew 
feſt halten . werde, Diefem Berichte trauend, ging 
Jaroslam ‚geraden Weges auch Poblen, und dath 
Boleslam IM. fi feine wider die ſchaͤdlichen 
Pinfipidge : Des Großfuͤrſten athunehmen. Der Groß 
fuͤrſt hetrachtete dieß Betragen als eine. offenbare 
Kriegserklaͤrnug Jaͤreslanms, Die ihn berechtigte, die, 
Velcheg Idraslam bey ſeiner Gniſernuug die Be 
wehrens. feines Fuͤrſtenthums übergeben hatte, zur 
Webernahe desſelben an Ihn aufzufordern, und, als 


- Aedieß. fein Begehren befolgt hatten, feinen Gods 


Roman; speils zu defien beſſerer Verſorgung, theils 
sa. Maͤrkeran Widerſtande wider bie Pohlen, ment 
Zaͤrdolam feinen Swed ben denſelben reihen moͤch⸗ 
ve, und, alz Roman am. ı5ttn Januar iıı9 ſtarb, 
deſſen Bruder Nadrei oder Andreas als Zuͤrſten zu 
Welodimer einzuſehen. Ju eben Diefem Jahre er⸗ 


lebte der Großfuͤrſt das Gluͤck, von einem gefaͤhrli⸗ 
gen Zeinde, dem Fuͤrſten Glieb von Poloist, md 


des ruffiſchen Reihen, | aan 


beffen Tod befreyet zu werden. Dieſer ereignete. ſich 
in feiner Gefaugenſchaft zu Kiew, die er ſich durch 
neue Beunruhigungen des Romgoredifegen und Gmos 
lenslifchen zuzog, indem dieſe feine Zeindfeligkeiten 
den Großfuͤrſten bewegten, feinen Sohne Mſticlaw 
aufzutragen, ihn mitsc des ſtarken Heeres, das 
der Sroßfürft. feiner Anführung anverirauete, als 
einen Gefangenen nach Kiew zu Bringen, welden 
Auftrag Rfisiamw , als er ben der Eroberung vom 
Minse Ghjebs Perſon in feine Gewalt bekam, auch 
zur Bollſtreckung brachte. Bor einem Kagriffe des 
Herzogs von Bohlen blirgte dem Großfuͤrſten die Ben» 
ge der Frinde, die er in: feinem eigenem Gebiethe 
ſchenen mußte, indem durch eben dieſes Mittel ſich der 
Fuͤvſt Wolodar wider denſelben fo gut gedeckt achte⸗ 
te, daß er meinte, denſelben ohne einige Beſorguiß 
durch Einfälle in fein Kand zum Zorne reizen zu 
koͤnnen. Boleslaw ſelbſt wählte fiatt einer offenba⸗ | 
ren Bekriegung diefes Feindes, um fih von dem 
Uebeln zu: befreyen, die derfelbe feinen. Unterthanen 
zufürgte, das Mittel, welches ihm Peter VBlosczo⸗ 
vicz vorſchlug, und ſelbſt auszuführen ſich erboth, du 
er: naͤhmlich als ein verſtellter Ueberlaͤufer ſich Wo⸗ 
lodars Perſon entweder auf der Jagd, wie der Le⸗ 
bensdefchreiber des Biſchofs Otto *) oder ben ber 
Zafel, wie Kadlubko melder"*y, Benrdditigte, und 
nach Pohlen führte. Wafllko ſchickte underzuͤglich au 
den Herzog von Pohlen, um mit ihm uͤber die Be⸗ 
freyang ſeines Bruders zu unterhaudrln. Boleslan 
forderte Zo0soo Mark Silbers, vereinigte ſich aber 
3 2. u 


*) Andrsae Vites S. Ottonis lib, II, c, 3, 4. 
.#*) Kadiubkg Kipa, @,.780 et yaı.. 


72183, 


138° Eier Abſchnitt. Anfang 


_ Über-s0000, von welchen man 12000 bar erlegtt, 


und für das Uebrige einen Sohn Wolodars ald 
Geißel dem Herzoge von Pohlen zuftellte, dem fein 
Bater nach feiner, Zuruͤckkunft in fein Fuͤrſtenthun 
Dusch Ueberfendung von 500 Gefäßen gricchiſcher 
Arbeit bald ausloͤſte. Wolodar mußte, ehe er fel 


ne Frepheit · wieder befam, befchwören, nicht nur 


ſelbſt keine ferneren Zeindfeligfeiten ‚wider die Pohlen 
auszuüben, oder - irgend einem Feinde: ihres Herzogs 


Beyſtand zu leiſten, fondern auch mit demfelben und 


dem ‚Könige Stephan von Ungarn zur Wiedereiuſe⸗ 
gung Jdroslams in Wolodimer gemeinſchaftliche Sache 
zu machen. Der allgemeine Sammelplag der Kriege 
völfer aller. diefer Bundesgenofien war Peremiſchel. 
Bon hier ging Jaͤroslaw 1229 mit 7000 Ungarn 
und Pohlen, lauter leichte Keitereg, voraus. Mit 
dem Übrigen Kriegsheere bemaͤchtigten fi Boleslaw 
und das. Oberhaupt der Ungarn der, befeftigien DV 
18: des Fürſtenthums, welches ſie flir Jaͤroslawn 
erobern wollten. Dasſelbe war beynahe ſchon HMM 
in ihren Händen, :ynd die Hauptſtadt Wlodimer 
der legte haltbare Plap, angegriffen, als ſich I6 


" xoslaw dur feine Hitze verleiten lief, den bey ei⸗ 


nem Ausfalle von ihm zuruüͤckgetriebenen Belagerten 
‚dis unter das Stadithor naczuſehen. Do dieſer 
Baht ſich bier verſtaͤrkte, von den Seinigen Bing" 
gen, die er Anfangs dieſes Gefechtes um fich hatte, 
wegen der Schleunigkeit, mit weilcher er die Pol 
ihm Fliehenden verfolgte, auf dem Wege viele zu 


rückblieben, und folglich aus, dirſer Urſache, und 


weil von ſeinen Lenten immer doch einige das Le⸗ 


ben einbuͤßten, der Vortheil der größeren Zahl al 


maͤhlich von ihm zu-den Ruſſen überging ;.. fo. fing" 
disfe an ihn zu hdermannen, und bemüheren NP, 
als fin Pferd ihn ahgeworfen parte ; feuer Perſon 


» 


— des ruſſiſchen Reiches. 133 
habhaft zu. werden. Zwar vereitelte die Tapferke 
der Pohlen nnd Ungarn dieſe Abfiht der Ruſſen, | 
indem fie bey allen Anfechtungen derſelben ihn zu 
ihrer Haupt macht in Sicherheit. braten. Aber er 
war bey diefem langwierigen Gefechte fo ‚hart ver- 
mundet worden, daß er nach einigen Zagen an diee ‘ 
fen Wunden flarb. Diefer Todesfall des Mannes, 
für den die. Angreifer Wolodimers die Waffen era 
griffen hatten, verurfadhte, daß es zwiſchen ihnen 
und Andrei zu einem Bertrage Fam, in welchem fi® 
verfprachen , ihn im Befige des Fuͤrſtenthums Wolo⸗ | 
dimer fernerbin nicht zu Aören. Im Jahre 1125. 4129 
am ı9ten May fiarb der Brogfürft Wladimir IL | 
in einem Alter von 73 Zahren, ein durch feine herr⸗ 
len Eigenſchaften bey feinen Unterthanen fehr be« 
liebter, und von allen Nachbarn horhvereßrter und 
zam Theil gefürdteter Fuͤrſt. Er war zwar Mein 
von Wuchs, aber von feſtem Gliederbau und fehr 
ſtark, und ift in allen feinen Kriegen nur ein Mahl, 
naͤhmlich bey Tripol, überwunden. worden ‚welcher 
Vorfall ihn, theils wegen des dadey erlittenen Ber- 
luſtes feines hochgeliebten Bruders, theild weil er 
wider feine eigene Einſicht auf des. Großfuͤrſten 
Swaͤtopolk driugendes Anhalten fich hier zu einer 
von. ihm vorausgsfehegen Niederlage ins Gefecht 
einlaffen mußte, die ganze übrige Zeit feines Lebens 
fo fchmerzte, daß er aiemahls dieſer Begebenheit er» 
wihaen, oder nor derfelben hören mochte, Er wuß⸗ 
te von keinem Stolze, bewies im Gluͤck und lin. 
glücke gleihe Mäßisung, war genen alle gnaͤdig 
und frepgebig, und bandhabte die. Gerechtigkeit nad. 
dem hefege dergeftalt, daß ex alle Mohl dem Ber: 
urtheilten die zuerfannte Strafe erleihterte, 

Miſt is law befiieg nah feines Vaters Tode —— 
1125 den großfuͤrſtlichen Thron in Riem, ohne daß beſteigt den 


5 


234 Erſter Abſchnitt. Anfaug 


grofuͤrſtli⸗ Swaͤtoslaws RNachkommen ihm das geriugſte in 
den Thron. den Weg legten, und die Größe feiner Eigenſchaf⸗ 


! 


a 


,127, 


ten war gu allgeniein anerkannt, als daß fie ſich die 
Heinfle Hoffaung hätten machen Finnen, durch Be 
fireitung desfelben wider ihn etwas auszurichten. 
Doc die Polowzer meinten, daß fie.nach dem Tode 


des ihnen fürchterlichen Wladimirs ihre bloß bey 


feiner Regierungszeit unterlaffenen Einfälle ins. rufe 
fifche Gebieth wieder unternehmen Pönnten. Sie j9 
gen ſich alfo aufs eiligfte dep ihren Fuͤrſten Barut⸗ 
ſchen und Kobran zu dieſem Borhaben zufammen, 
und baueten hierbey auf den Beyſtand der unter der 
Herrſchaft Jaͤropolks, Fürften von Perejaslaw und 


Bruders des neuen Sroßfürften, anſaͤſſigen Zürfen. 


Doch Jaͤropolk erfannte das Vorhaben diefes ein 
heimiſchen Zeindes, che der auswärtige zu deſſen 


. Unterfiigung. de war, unb trieb dieſe Zürken in 


derfelben Nacht in ihre Stadt zuruͤck. Als die Pos 
lowzer dieſes vernahmen, liefen fie den Gedanken, 
‚tiefer ind Ruſſiſche zu rüden, augenblidli fahren, 
und betraten deu Rüdweg in ihr Land. Jaͤropolk 


 fege ihnen bloß mit "feiner perrjaslawiſchen Mann 


ſchaft nach, und holte fie bey Stjena ein, wo fe 
ſich wider ihren Willen gegen ihn umwenden und in 
ein Gefecht einlaffen mußten, das daher auch un: 
gluͤcklich für fie ausfiek, indem fie fort insgeſammt 
theils durch die Waffen der Kuffen, theils im Waſſer 
umfamen. Bald hernach, im Sabre 1127, gab bey⸗ 
deu Brüdern die Vertreibung des Fuͤrſten Jaͤroslaw 
Swaͤtoslawitſch aus Zfchernigow eine gerechte Ur- 
ſache wider Wfewolod Olgowitſch, der. ſich Aſcher⸗ 
nigows durch dieſe Widerrechtlichkeit bemaͤchtigt hat⸗ 
te, die Waffen gu ergreifen, Diefer aber rief die 
VPolowzer zu Huͤlfe, die 7000 Mann ſtark anrüd- 


Des ruffifchen Reiches. 18 


ten, um ibm ſolche zu leiſten. Allein die Leute, wel⸗ 
de von ihnen an Wſewoloden zu Verabredung der 
Maßregeln, die fie in diefem Kriege gu: nehmen. haͤt⸗ 
sen, abgeſchickt wurden, fielen auf dem Ruͤckwege 
an der Lokna in die Haͤnde ber hierher von Käropoit 
geſtellten Mannſchaft. Da folglih das: polowzli⸗ 
ſche Heer vergeblich aufdie Nachrichten wartete, die 
es durch diefe Abgeordneten von ihrem Bundesge- 
noffen Wſewolod einzuziehen gedachte, und die wirfs 
liche Urfache ihres Ausbleidens nicht mußte; ſo hielt 
es dafuͤr, daß diefelbe in einer gefchehenen Ausſöh⸗ 
nung Wſewolods mit feinen Gegnern geflicht werben, 
muͤſſe, und beforgte, wenn es nicht zeitig ſich in 
Sicherheit begäbe, von der ueberlegenheit der Macht 
dieſer nun ausgeſoͤhnten Feinde eine gattzliche Nies 
derlage zu erleiden, und ſo konnte es nicht anders 
kommen, als daß dieſe vermeinten Helfer in ihe - 
Land zurüdgingen. Da nun Wſewolod bloß im 
Vertrauen auf ihre Unterfifgung den Krirg wider: 
Mſtislaw und Jaͤropolk nicht geſcheuet hatte; fo’ 
bemüßete er fich gleich nach‘ ihrer Entfernung durch 
gute Worte von diefen zu. erhalten , daß fie ihn im 
Befige des Jaͤroslawn entriffenen Flrſteutbam⸗ nicht 
ſtoͤren ‚möchten, Dur Geſchenke, die er reichlich 
unter bie Bojaren des Großfürften ausſtreuete, ges 
lang es ihm, daß der Broßfürft den ganzen. Soms 
mer In Unthätigfeit gubrachte. Die Vorſiellung, 
welche der verjagte Jaͤroslawm hierüber dem Große" 
fürfen machte, daß er ihm mähmlich bey dem hei⸗ 
ligen Krenze gefihworen, ihm durch Befriegung Wſe⸗ 
wolods fein Land wieder gu verfhaffen, ruͤhrte 
zwar den gewifſenhaften Großfuüͤrſten, daß er. end» 
lich, ungeachtet alles. Buredens feiner durch Wſe⸗ 
wolods Geld beſtocheuen Raͤthe und des Anerbies 
iheus Wſewolodse an. ihs ſelbſt, ihm das Abſtehen 


| 234 Erſter Abſchnitt. Anfang 


grobfuͤrkli. Swaͤtoslaws Nachkommen ihm das geriugſte in 
den Thron. den Weg legten, und die Geoͤße feiner Eigenſchaf⸗ 


1 


ten war gu allgeniein anerkannt, als daß fie ih die 
Heinfie Hoffnung hätten machen koͤnnen, durch Bes 
fireitung desfelben wider ihn etwas auszurichten. 
Doch die Polowzer meinten, daß fie.nach dem Tode 


des ihnen fürchterlihen Wladimirs ihre bloß bey 


feiner Regierungszeit unterlaffenen Einfälte ins: ruſ⸗ 
fifche Gebieth wieder unternehmen Pönnten. Sie j0- 
gen fih alfo aufs eiligfte Dep ihren Fuͤrſten Barut- 
fhen und Kobran zu dieſem Borhaben zufammen, 


und baueten hierbey auf den Beyfiand der unter der 


2.12%, 


Herrſchaft Jaͤropolks, FZürften von Perejaslaw und 


Bruders des neuen Großfuͤrſten, aufäffigen Türken. 


Doch Jaͤropolk erfannte das Vorhaben dieſes ein 
heimifchen Feindes, che der auswärtige zu deſſen 
Unterſtuͤzung ba war, unb frieb dieſe Zürfen in 
derfelben Nacht tu ipre Stadt zuräd. Als die Por 
lowzer dieſes vernahmen, ließen fie den Gedanken, 
‚tiefer ins Ruffifhe zu rüden, augenblicklich fahren, 
und betraten den Rüdweg tn ihr Land. Jaͤropolk 
fege ihnen bloß mit "feiner perrjaslawiſchen Mann» 
fhaft nah, und holte fie bey Stjena ein, wo fie 
fich wider ihren Willen gegen ihn umwenden imd in 
ein Gefecht einlaffen mußten, das daher auch un. 
gluͤcklich für fie ausfiel, indem fie faſt insgefammt 
theils durch die Waffen der Ruffen, theils im Waſſer 
umfamen. Bald hernach, im Sabre 1127, gab bey» 
deu Brüdern die Vertreibung des: Zürften Jaͤroslaw 
Swaͤtoslawitſch aus Zfchernigow eine gerechte Ur- 
fache wider Wſewolod Olgowitſch, der: ſich Aſcher⸗ 
nigows durch dieſe Widerrechtlichkeit bemaͤchtigt hat⸗ 


te, die Waffe zu ergreifen. Diefer aber rief die 
VPolowzer zu Huͤlfe, die 7000 Mann ſtark anrid- 


des zuffifchen Reiches. 1865 


ten, um ihm ſolche zu leiſten. Allein die Zeute, wel: 
de von ihnen an Wſewoloden zu Verabredung der 
Mafregeln, die fie im diefem Kriege zu: nehmen haͤt⸗ 
. ten, abgeſchickt wurden, fielen auf dem Ruͤtkwege 
an der Lokna in bie Hände ber hierher von Käropoit 
geſtellten Mannſchaft. Da folglih das: polowzl⸗ 
(de Heer vergeblih aufdie Nachrichten wartete, die 
e8 durch dieſe Abgeordneten von ihrem Bundesge- 
noffen Wſewolod einzuziehen gedachte, und die wirfs 
liche Urfache ihres Ausbleidens nicht mußte; ſo hielt 
es dafuͤr, daß diefelbe im einer geſchehenen Austöhs 
nung Wſewolods mit feinen Gegnern zeſucht werben, 
muͤſſe, und beforgte, wenn es nicht zeitig ſich in 
Sichetheit begäbe, von der Weberlegenheit der Macht 
diefer nun ausgeſoͤhnten Feinde eine gänztiche Nies 
derlage zu erleiden, und fo konnte es nicht anders 
kommen, als daß diefe vermeinten Helfer in ihr 
Land surfichgingen. Da nun Wſewolod bloß im 
Vertrauen auf ihre Unterfiigung. den Krieg wider: 
Mſtislaw und Jaͤropolk nicht geſchenet hatte; fo’ 
bemühete er ſich gleich nach‘ ihrer Entfernung durch 
gute Worte von dieſen zu, erhalten, daß fie ihn im 
Befige des Jaͤroslawn eritriffenen Fuͤrſtentbhuns niche. 
fören möchten, Dur Geſchenke, die er reichlich 
unter Die Bojazen des Großfuͤrſten ausſtreuete, ges 

lang es ihm, baß der Sroßflrft den ganzen. Som⸗ 
mer In Unthätigkeit gubrachte. Die Borfielung, 
welche der verjagte Jaͤroslam hieruͤber dem Groß⸗ 
fürſten machte, daß er ihm naͤhmlich bey dem hei⸗ 
ligen Krenze geſchworen, ihm durch Befriegung Wfe⸗ 
wolods ſein Land wieder zu verſchaffen, ruͤhrte 
war den gewiſſenhaften Großfuͤrſten, daß er end» 
lich, ungeachtet alles. Buredens feiner durch Wſte⸗ 
wolods Geld beſtochenen Raͤthe und des Anerbie⸗ 
ihens Wfewolods am. ihs ſelbſt, ihm das Abſtehen 


’ 


136 Erſter Abkchnitt. Anfang 
von Jaͤroslaws Sadı theuer zu bezahlen, den feſten 


Entſchluß faßte, nicht laͤnger in feiner Unihätigkeit 
zu verbarren, fondern Jaͤroslaws Beſtes mit allen 


Traͤften zu befördern. Aber jegt bediente fich Wſe⸗ 


wolöd eben diefer Gewiffenhaftigkeit des Großfuͤr⸗ 
ſten und. des Abtes des kiewſchen Andreaskloſters, 
Gregorius, der ſowohl beym verſtorbenen und jezzi⸗ 
gen Gropfuͤrſten als beym ganzen Volke fi den 
Ruf des ehrwuͤrdigſten Geiſtlichen erworben hatte, 
ihn von dieſem Vorſatze gänzlid abzuziehen. Dean 
als letzterer von feinem erfien Worte zum Großfuͤrſten: 
„Ich nehme diefe Sünde auf mich ; denn es iſt beſſer, 


feinen Eid zu brechen, old Chriſtenblut zu vergießen,“ 
nur eine ſchwache Wirkung merkte; fo verfammelte 
er die ganze Geiſtlichkeit, die, da eben Fein Metro⸗ 


polit war, gang non ihm abhing, und drang mit 


JX 


dieſer ſo ſtark in den Großfuͤrſten, Jaͤroslaws we⸗ 
gen das Schwert nicht zu zuͤcken, indem der ganze 
geifilihe Stand, der die Pflichten des Chriſtenthums 
am beiten kenne, und andere darin untermeifen 
müffe, die Sünde, von welcher der Großfuͤrſt meint, 
daß er fie durch Verlegung eines Eides begehen 
würde, auffich nehme, Dieß bewog den Grobfuͤrſſen, 
durch einen Friedensſchluß zu verſprechen, Wſewolodes 


im Beſihe des Fuͤrſtenthums Tſchernigown nicht zu 


ſtoͤren, daß folglich der ungluͤckliche Jaroslaw nur 


Vuͤrſt des ihm noch nicht entriffenen" Murom blie 


Doc beweinte der Großfürft diefe bewieſene Nacsie⸗ 
bigkeit, fo lange er lebte. Wider einen andern Krieg, 


‚der doch nicht gerechter als diefer war, machten ihm 


weder die Geiſligkeit noch feine Käthe Einwendungen. 
Dieſer betraf die polotskiſchen Zürften, welde fl 
nnaufhoͤrlich das ruſſiſche Reich bekriegten, weil Ne 
durch die Grauſamkeiten, welche Wladimir I. bey 
Eroberung dieſes Staates ihrer Vorfahren « on ihrem 


u / 


des ruſſiſchen Heiches, 137 


Geſchlechtsvater und deſſen Nachkommen veruͤbte, 
hierzu ein Recht erhalten zu haben vermeinten. "Die 
fer Zeind mußte in der That fehr mächtig fenn. 
Denn der Großfuͤrſt both zu dieſem Kriege drey ſei⸗ 

ner Brüder, Werfheslaw aus Turow, Andrei aus 
Wolodimer, und Wſewolod aus Gorodez, den 
Faͤro lawiiſchen Wetſcheslaw aus Lust, Wſewoloden 
Olgowitſch ans Tſchernigow, feinen Woywoden Iwan: 
Woitiſchitſch mit den Türken, und zwey feiner 





Söhne Ißjaͤslaw aus Kurs, und Roftislam aus: _ 


Smolensk, auf, die am 14ten Auguſt durch die ver⸗ 
ſchiedenen Wege, durch welche ſie ziehen mußten, 
das feindliche Gebieth betreten, und durch gleichzei⸗ 
tigen Angriff mehrerer Gegenden die Staͤrke der 
Polowger vertheilen ſollten: uͤber dieß ſollte ſein aͤlte⸗ 
ſter Sohn, der zuͤrſt von Nowgorod, aus dieſem 
Fuͤrſtenthume an einem andern Orte eiubrechen. 
Isjaͤslaw war einen Tag von der angefegten Zeit 
bereits vor Logoſchesk, und fo glücklich, daß die 
Einwoßner ih auf feine erfie Aufforderung ergaben. 
Er konnte daher, wie er hörte, dag die übrigen. 
bey ihrem Angriffe auf Ißjaͤslaw Widerfiand ame 
getroffen baͤtten, ihnen zu Huͤlſe gehen, und erlangte 
anf dieſem Zuge noch einen Vortheil, indem rin 


polowziſcher Zürft, Braͤtſcheslaw, der zw feinem Va 


ter gehen wollte, aber fib auf .allen Seiten von. 
rufifhen Kriegsvoͤlkern umringt fahe, in Erwaͤgung 
feiner Schwägerfchaft mit Shjäslam, fih ſelbſt in 
feine Gewalt lieferte. Als hierauf diefer Zürf 
den Ißjaͤslawern wie, auh den Logoſcheskern, 
welche Ißjaͤslaw mit ib führte, vorgeſtellt wur⸗ 
dem; fo ergaben fie ſich den Fuͤrſten von Turow auf | 
die Bedinguiffe,:daß fie ihr Leben, ihre Srepheit 
und Güter behielten, wurden aber in der folgenden , 
Nacht von zwey Heerführern der Fürſten von Wo⸗ 


133 Erfter Abſchnitt. Anfang 
Iodimer und Turow überfallen, und es föftete viele 
Muͤhe, daß man einem Theile der Menſchen das 
£chen und einige Güter retten fonute. Da nun au 
der Kür von Rowgorod Rektutſch an gegriffen hat⸗ 
te; fo. entichloffen fih die Polowzer, zur. Befänfti- 
gung des Broßfürfien den Fuͤrſten David und defien 
Söhne ihrer fürflichen "Würde zu entfegen, und 
‚als Befangene dem Geopfürften mit der Bitte, ihnen 
ſtatt ihrer Rognwolden zum Zürfen zu geben, zu 
überliefern, welches Geſuch der Großluͤrſt ihnen 
gewaͤhrte, die in feine Hdude gegebenen eutſchlen 
1129. Fäaͤrſten ‘aber 1129 mit Frauen und Kindern zu 
beffeter Bewahrung nach Couſtautinoprl ſchickte. Eben 
fo gut. ſchiag der Feldzug, den er feine Siän Wſe⸗ 
: 1150. wolod, Ißjäslem und Roſtislaw 1130 nach Ziefland 
thun Heß, und ein. anderer aus, in welchem er 
a1zı. 31591 in Litthauen eine ſehr beträchtliche Beute 

2132. machte. 

arten Große . Aſtislaw hinterließ bey ſeinem Abſterben, dad 
Afistoms fi om ı46en- April 1132 ‚ereignete, "einen eben fo 
Lod ruhmvollen Nahmen, als fein Vater. Denn ob er 
gleich Die Abgaben der Unterthanen erhoͤhete; fo be 
ſchwerte er fin doch nicht mehr, weil ee fie nach dem 
Vermoͤgensumfſtaͤnden eines jeden: einrichtete, und 
‚ die Volfsmenge durch Die vielen Anfömmlinge aus 
J vorſchiedenen fremden Voͤlberſchaften, die fir unter 
. feines Vaters: und feiner Regierung in Rußland nie: 
z= derließen, fehr angenommen hatte, beſonders durch 
U die Beloweſchen, welche theils als Anbaner der Laͤu⸗ 
| dereyen, theils als Kaufleute, den aͤltern Bewoh⸗ 
nern; deren Faulheit und Verſchwendung in. Ber 
‚ bindung init den innern und dußern Bedruͤckungen 
fie nicht auffonımen ließ, die Mittel. durch Anwen 
rung ihtes Fleißes zur Benupuns ber in- Händen 


des ruſſiſchen Meiches. 239 


habenden Bortheile ihre Umſtaͤnde zu verbeffern wie⸗ 
fen, and. fo an manden gute Nachohmer fanden, 

Der Sroßfürft Wladimir II. hatte feine Soöt⸗ Färopolt u. 

, den verſtorbenen Großfürſten Mſtislaw und a 
giroyolf, befbwören laſſen, daß Mſtislaw, wenn 
er den kiewſchen Thron beſtiege, Jaͤropolken Pere⸗ 
jaslaw einraͤumen, Jaͤropolk aber, wenn er nach 
Mſtislaws Tode Großfuͤrſt würde, fein Fuͤrſtenthum 
einem Sohne Mſtislaws geben ſollte. Rah dieſem 
Vertrage beſtieg nun Jaͤropolk IT. den großfüͤrſtli- 
den Thron, und übergab Perejaslaw dem Fuͤrſten 
von Rowgorod Wfewolod. Aber derfelbe blieb nur 
einen Bormittag im Beige von Perejaslaw ; denn 
am Kachmittage jagte ihn Jur ji, ein Bruder des 
jegigen Großfürften, heraus. Der Großfuͤrſt hielt 
feine Verpflichtung gegen die Nachkommenſchaft fei- 
nes Reihsvorfahren fo genau; daß er dieſen feinen 
Bruder nöthigte, nach einem achttaͤgigen Beſitze dieß 
Fürſtenthum Perejaslaw zu verlaſſen, und übergab 
dasfelbe Ißjaͤslawn, einem Sohne Mitislaws, der 
gegenwärtig Polotsk (oder vielmehr meines Erach⸗ 
tens Minsk, eines von den Fuͤrſtenthuͤmern, in wel 
de der polotskiſche Staat getheilt war) beſaß, der 
feinen Bruder Swaͤtopolk zu PolotsP ließ. Do 
die Polomzer vertrieben Swaͤtopolken, und beriefen 
Wafilkon Swaͤtoslawitſch zu ihrem Fuürſten. Diefe 
Widerfeglichkeiten verurſachten, daß der Großfuͤrſt 
urtheilte, es werde ihm gar zu fchwer fallen, wider 
Willen aller feiner Brüder einen Sohn feines Reichs⸗ 
vorfabren zum Fuͤrſten von Perejaslaw zu maden. - 
Daher gab er, in der Meinung, feine über fein Ber 
tragen in diefer Angelegenheit mißvergnügt gewor⸗ 
denen Brüder fo zufrieden zu fielen, daß fie nicht 
bloß mit ihm, ſondern auch mit den Söhnen feine 
Reichsvorgaͤngers in gusem Vernehmen lebten, ſei⸗ 


—4 


14 Erſter Abſchnitt. Anfang 


nem Bruder Wetſcheslaw Perejaslaw anf die Bes 
dingung , daß derſelbe dafür Ißjaͤslawn fein gegen, 
wärtiges Fürftentbum Turow abtreten .follte, wels 
chem der Großfuͤrſt noch Drontſchew und Pinesk zu 
Miusk, dem eigentlichen Landestheile Ißjaͤslaws, zu⸗ 
legte. Allein nur Mſtislaws Söhne bezeigten ſich 
bey dieſen vom Großfuͤrſten erwaͤhlten Maßregeln 
ruhig, Indem 1133 Ißjaͤslaw für den Großfuͤrſten 
von ſeinen Bruͤdern, dem Fuͤrſten von Nowgorod, 
die vertragsmaͤßige Steuer, und vom Fuͤrſten von 
Smolensk Geſchenke abholte, der neue Fuͤrſt von 
Perejaslaw hingegen fih (dom 1133 in Bewegung 
feste, Ibjaͤßlawn Turow zu entreißen, und 1134. 
ungeachtet. der Gegenermahnung des -Sroßfürften 
dieß Vorbaben ausführte. Der Großfuͤrſt willigte 
darein, daß 1135 fein, Bruder Georg für Roftow 
und Susdal, einen Theil des jegigen Fuͤrſtenthums 
Georgens, welchen Theil diefer dem Großfürken 
gab, Perejeslaw befipen dürfte. Dadurch aber wur⸗ 
den die Söhne Mfislams nicht nur wider die Bruͤ⸗ 
der des Großfuͤrſten, fondern aud wider deſſen 
‚ gene Perſon fo aufgebracht, daß fie ſich entſchloſ⸗ 
- fen, fiegu befriegen; und weil fie ihre eigenen’ Kräfte 
. zu einer folgen Unternehmung nicht für gewachſen 
hielten, fo riefen fie die Fürften aus der Linie des 
Groß fuͤtſten Swaͤtoslaws zu ihrem Beyſtande. Aber 
- dieſe Verbindung mißfiel den Nomgorodern, welche 
‚blog zu dem Ende fih harten bewegen laſſen, ihrem 
“ gürfien zu dieſem Feldzuge zu folgen, damit fie eine 
Ausſoͤhnung zwiſchen den Linien der Großfuͤrſten 
Wladimir II. und Mſtislaw ſtiften Fönnten. Sie 
nöthigten ihren Fuͤrſten, mit ihnen nah Haufe zu 
gehen, und an,den feindlihen Unternehmunge® ſei⸗ 
uer Bundesgenoſſen wider Wladimirs II. Söhne kei⸗ 
nen Theil zu nehmen. Bey der hierdurch erfolgten 


- 


des ruffifchen Reiches. 241 
Schwaͤchung diefer Partey befanden ſich der. Sroß⸗ 
fürft und deſſen Brüder ſtark genug, wider fie 
angriffsweife zu verfahren, und vor Tſchernigow zu 
ruͤcken, wiewohl fie nah einigem Verweilen vog 
wenigen Tagen wieder. zurädgingen. Allein: ihre! 
Gegner zogen die Polowzer antfih, nud darauf 
fonnten fie nicht nur die Peine Stadt Neſchatin 
weguchmen, und das platte Land’ meit und breif 
ausplündern- und verheeren, ſondern auch in dei: 
Nähe der großfuͤrſtlichen Hauptſtadt der. Macht die 
Stimm biethen ‚ die ihnen bier ihre Feindr entgegen. 
ſtellten. Beyde Heere ſahen einander acht Zunge an, 
weil weder dieſes noch jenes. den Angriff. wagen, 
wolite. Dieſes verurſachte einen Bertedg, durch weh. - 
hen der Großfürk ıgur Befriedigung feiner Gegner; 
Wolodimer Ißfaͤrlawn eribeilse. Um eler.den. jepk; 
gen Befiger von Wolodimer Andreea fhr' dieſen Uhr; 
trut zu entſchaͤdigen, erhlelt berfeibslperejastem;,; 
deſſen Beſther Sectgen der. Sroßfäuft:zur Bergär 
tung, daß er es an Andreas uͤberließ, Roſtow und 
Susdal zuruͤck gab. Der Zürk den Nawgorod en⸗ 
klaͤrte, daß er nun mit dem Broßfürften zufrieden: 
fey. Uber er. warb ſich unten. den Romgätodern Leırten 
die ihre. Mieblirger überredeten, daß bie in dem 
neulichen Feldzuge geſchehene Retirade:ikces Herbed 
nach Haufe, man moͤge dieſelbe nad fe..kemdntelt,. . 
ſowohl ein Bruch des. von ihnen den auflistamfchem. 
Rindern geleiſtetes: thanern Gides ‚nie auch eine 
JFarcht ſamkeit verbieie.,, uud. in beydan Betrachtun ⸗ 
gen die Ehre ihrer Send. :befhiupfe. Durch Dirfe 
Leute brachte gt. dahin, daß er mie einem, Heere 
Nomwgoroder gegen Ende des Jahres ins Gebieth 
des ZFürſten von Roſtow gehes konate. Allein am 
söhen Jauuar 1436 lam es bey dem Berge Sydam, 
in einer Schlacht, in welcher bryde ſtreitenden Sheile 


242 Erfer Ablchnitt. Anfang 


einauder stele Leute nichbermachten , und zuletzt ſich 
den Sieg zuſchrieben, obwohl die Nowgoroder we⸗ 
niger Anſprach auf denfelben machen konnten, als 

ihre Gegner, indem: die NRomgordder gleich nah 
dieſem Treffen wieder in ihr Laud gingen. Eben 
eine fo ſchlechte Nussichtung in dieſer Angelegenheit 
verurſachte einen Auffland der Nowgoroder gegen 
ihren Karten, den fie nebſt feiner Gemahliun 2 
Monathe und 4 Tage. im engen Verhafte hielten. 
Ste entließen ihn ‚duch nicht eher aus dieſer Ber: 
haftung, als bis Swaͤtoslaw Olgpwitſch, der jün 
gere Bruder des Fuͤrſten Wſewoled von Tſcherni⸗ 
gom, ben fie an feine Stelle zu ihrem Fuͤrſten be⸗ 
ziefen, bey. ihnen angelangt war. Wen dieſer Beil 
warb zu Newgoreb nichts fo gewöhnlich, als daf 
Die: Eiawohner utit ihren Fuͤrſten Wechfel teafen, 
indem ſie faſt ahne alle Berantofiung bes von ihnen 
Berufenen cutwrber beurlaubten, oder dar ihre 
fclechte Begeguung: Bewegten, daß er den Fuͤrſten⸗ 
fib: ſelſt verliet wwor die, welche (ah: feine Unteriha 
nen Kamen, durch dirſe Benennung ſeiner nur zu 
ſpotten fchienin; Inden ſte, Mare: von ihm fi re⸗ 
gieren gu lafſen, ſich des Wegimeats über. ihu au⸗ 
maßten. Deun die Nowgorobder wußten gar: gu: auf, 
das die Macht des Sroßfuͤrſten diyh. anaufpörlice 
. Berminberung der ihm unmittelbar gehorchenden 
Soudfhaft und durch die immer ſtaͤrber uͤberhaud 
nehmenden viden Uneinigleiten. und innerlichen Krie⸗ 
ge zwiſchen den ewfjikhen Zürken: taͤglich bergrüalt 
abnahm, daß fie fo wenig vom ihm zu befuͤrchten 
hatten, und vielmehr von ‚feider Grgenparteg unit 
- den vuffifchen Fürften und von den änperwandifhaft 
des Herrn, dem fie ſtatt des enflaffenen oder weg 

gegangenen mit dem Rahuen dpres Küurſten beleg⸗ 
| ven, aſordalmen Talls ſich — — verſpic⸗ 


des rufſiſchen Heise 143 


den Bauten. Sie ſcheinen ſogar zu eiuem Haupt⸗ 
grundfage ihrer Staatsklugheit angenommen zu ha⸗ 
ben, nie einem Fuͤrſten laugen Aufenthalt bey ſich 
zu verſtatten, Damit fie. ihm die Gelegenheit, ſich einen 
Anhang und durch beufelben mehreres Anfehen zu 
verfchaffen, abfepaitten. Seit dieſer Entfegung Wſe⸗ 
wolods bis-auf Yen Einbruch. der Zatarın in Ruß 
land gefchaben- in einem Zeitraume von 201 Jahren 
34 Beränderungen in: Diefem Kürfientbume, ob 
ſchon nicht eben fo viele Fuͤrſten dasſelhe beſaßen, 
indem verfdjiedene mehr als ein, Mahl dazu gelang« 
ten. Des ensfepte Wſewolod, dem nun fein Vet⸗ 
tes, der: Großfüͤrſt, Wiſchegrod zu feiner Verſor⸗ 
sung auwies, behielt ſowohl in der Heupifiedt 
Romaorod einige, ois in dem davon abhängisen 
Pleſkow ober Pſow wmehrese Sreunde, und zu Ples⸗ 
Tom vermochten dieſe fo niel, Daß er 1137. dort 
mit allen Breuden empfangen word, ‚Seine nach in 
der Hauptſtadt habende Marten bekam dadurh Muth, 
and pfinste mie ihm aber feine völlige Micderher« 

Rellung Unterhanblungen. Der uene Fuͤrſt Swaͤtoß⸗ 


kw hingegen. derief das Volb zuſammxrn, und be⸗ 


fragte Dasfeine, ob. eb, Anh ‚mis feiner Regie 
sang zufrießen ſty, ober. Tifemoloden wieder ben . 
schre. Die Autor! fid zu Swaͤtoslaws Bere 
guügen aus, aud, wur ide völlig :von-her Aufrich⸗ 
tigkrit ihrer Awuvedſichetaugen zu überführen, fiel 
te das DIR die firfnefir Unterſuchnug an, Wſe⸗ 
wolods Auchager auszukund ſchaften, durch wel⸗ 
che Vreranlaffung eine Menge Leute ins Defaͤng⸗ 
niß geworfen wurden, andere ans Furcht einergleie 
den Behandiung ;fih nach Pleskow begaden, fo ihre 
Hänfer der Auspluͤnderung Preis geben mußten, 
und andere wit Geldfirafen, die sufammen 1500 
Sriwen besrugen, belrgt wurden. : 34 dem dadurch 


/ 


ä 


Quelle der Macht und des Xeichthums dieſes 
tes, durch Hemmung der Zufuhr des Betreidd 


144 Erſter Abſchnitt. Anfang 


erlangten -Belde legte man noch den Bettag em 
alfgenieinen Steuer, und verwendete Dfefe große Sun 
me auf die Ausrüfung eines Heeres, mit welche 
Swaͤtoslaw, dem auch fein. Bruder Gljeb- mit fe 
nen Kurskern und mit Poleiwzern Huͤlfe leiſtet 
1138 gegen Pleskow auruͤckte, nachdem die Ei 
wohner dieſer Stadt uad die zu denſelbes uͤbergega 
genen Nowgoroder auf ſeine Nufforderung, den Zü 
fien Wfemolod nud deſſen Bruder Swaͤtopolk ni 
laͤnger zu Behalten, nicht nur eine abſchlaͤgige A: 
wort erhellt, ſondern fi au eidlich verbuud 
hatten, nad ihrer in Bemeinfchaft mit den. No 
porodern dem Großfürfen Wiadimir IL. gel 
ſteten Verpflichtung immer bey Zärfien von. feiı 
Machfommenſchaft zu verbleiben, ‚Allein bie Pl 
Tower hatten ihre Gegenmaßregein fo gut getroff 
und ale Eingänge mil Verhacken und Maunſch 
fo gut: verwahrt, daß Swaͤtoslawen unter de 
riegsoditern vice gebeime Feiade fich verbor 
bielten,, dis er bis Dabrowaa gekommen war, 
tathſam hiun - naıh Romgorod. umzufehnen. , 2 
hernach, tm am zaten Februat, ſtarb % 
wolod, Hr. mir Dem Dinifuaeneh.Bawılla oder 
briel hirß ‚und eine Stelle water den Heiligen 
hielt, Sein Tod änderte die Spalcung zwiſchen 
beyden Stauten Nowgorob und Pleslow nicht, 
deni der Tepiere feinen: Brubes: Swaͤtopolk zu # 
‚Sürften wählte. Da auch der: Fuͤrſt von Rofton 
feindlid wider Nomgorsd: in Auſehang Suuitod 
erflärtet To litt die Handlung von Rowgorode 





des Sahzes gar ſehr. Noch kam su diefen: 
quemligkeiten, die fie davon entpfanden, Daß | 
fen Swäroslam:.gu ‚ihrem Fürſten hatıen 


des ruſſiſchen Reiches. af 
Belaͤſigung, welche fie von ſeinen Hülfsooͤlkern aus. 
fanden. Daher beſchloſſen fie am 28ften Aprill in 
einer allgemeinen Rathsverſammlung, Swaͤtoslawn 
zu entlaſſen, an die Fürſten von Pleskow und Ro» 
Row Sefandie zur. Schließung eines Zriedens gi 
ſchicken, und vom fegtern (dem von Roſtow) ſich ſei⸗ 
nen Sohn Roſtislaw zum Zürften auszubitten. Als 
les dieſes kam zur Vollſtreckung, und Swaͤtoslaw 
hatte noch bey ſeiner Reiſe aus Nowgorod nach Smo⸗ 
lensk das Ungluͤck, von feinen Feinden aus der mitis⸗ 
lowifchen Linie. angefallen, und aller feiner Sachen 
beraubt zu. werden. Seine Stemmgenofien die Ol⸗ 
gowitfchen aber befchloffen wegen diefer Beleidigung 
am ganzen Haufe Wladimirs ihre Ahndung auszus. 
üben, wozu fie vieleicht der glüdliche Fortgaug noch 
weht aureiste, den fie in dem. kurz vorher unternom⸗ 
menen Ueberzuge des Zürften von Perejaslaw An⸗ 
dreas hatten, Denn. biefer konnte dasſelbe mit ſei⸗ 
nen alleinigen Kräften nicht wider ihre durch polow⸗ 
ziſde Hülfsoölfer noch mehr vergrößerte Macht be⸗ 
fkhügen, und verlieh es bey ihrer Ankunft, wiewohl 
die untergeordneten Obrigkeiten, zur Vergrößerung 
dee Plogen der Einwohner, im Widerfiande fort- 
fahren. Diefer Widerfland. erbitierte die Olgowit⸗ 
ſchen noch mehr, und konnte bey der gar zu großen 
Schwaͤche der Prrrjasiawer ihnen nichts nlgen. Die 
Olgowitſchen hatten auch Urſache zu eilen, wenu ih» 
uen ihre Abficht. Perejaslam den Wladimi owitſchen 
zu entziehen, nicht fo fehlfchlagen follte, wie im J. ı 136 
geſchehen war. . Denn damahls hatten fie gleichfalls - 
mis polowziſcher Verſtaͤrkung Perejaslaw angefallen, 
aber auf die Nachricht von der Heranrüdung des 
Großfuͤrſten ſich bis gegen die Quellen des Supoja 
jurüdigegogen. Weil aber der Großfuͤrſt ſich des 
Gieges gar zu feſt verfigers piels; fo empfing er ſtatt 

Geſch. Xußl. 2. Band. K 


2137 


. 2138. 


146 Erfter Abſchu. anfang 


desſelben, der ihm ſonſt nicht entgehen fonnte, einen 


beträchtlichen Berlufl. Dena da er den Angriff that, 


und die polowsifchen Huͤlfsvoͤlker der Olgowitſchen 
die Flucht ergriffen ; ſo ſehte der Kerndes großfürfllis 
den Heeres denfelben nah, da die Olgowitſchen 
noch mit gleichem Boriheile wider die Großfuͤrſili⸗ 
chen kaͤmpften. Diefes verurſachte, dag nun die Ol⸗ 


gowitſchen auf dem Schlachtfelde die Stärkeren 


wurden, und die Großfuͤrſtlichen dasfelbe ihnen über 
ließen. Da nun die, welche die Polowger verfolge 
hatten, in der Reinung, fih wieder an das\Hanpf« 
heer ihres Fuͤrſten zu fließen, dabin zuruͤckkehrten; 
fd geriethen fre zwiſchen zwey Feinde, indem‘ das 
olgowitſchiſche Heer von vorne, und bie ſich wieder 
ummwenbenden. Volowzer fie im Rüden anfielen, und 
diefen ganzen heil des großfürfilichen Heeres, der 
ans den tapferfien Kriegsmännern beflaud, eutwe⸗ 
der tödteten oder zu Gefangenen machten. 

Nah den Borfalle bey Supoja trug man ihnen 
die Ausföhrung an, und erreichte fie endlich, bo 
nicht eher, als fie Sripol eingenommen und Ehaljep in 


einen Steinhaufen verwandelt hatten, im J. 1137 am 


ı 2ten Januar feinen Zweck, indem fie ſich anf die vor⸗ 
theifhaften Friedensbedingungen, die man ihnen au⸗ 
both, bequemten, ia ihre Land zuruͤck zu gehen, und 
die Polowzer gleichfalls in derfelden Wohnfige jenfeitz 
des Don zu entlaffen. Doc fingen ſie im I. 1198 aufs 
neue an, erfi den Zürften von Perejaslaw, und bald 


darauf das gange Haus des Großfuͤrſten Wlad i⸗ 


mir zu bekriegen. Nun aber entſchloß ſich der 


Großfuͤrſt, da ihn die Erfahrung belehrte, daß Die 
Güte ben den Olgowitſchen nichts frudtete, alle 
feine Kräfte anzuwenden, ſie durch Schärfe zur Ru» 
be zu zwingen, und zog nicht nur von Allen. übri⸗ 
gen ruſſiſchen Gürften, die niht zu dra Stammge⸗ 


% . 


des ruſſiſchen Neiches. 149° 
aoffen feine? Bekrieger gehörten, ſelbſt von den Ha⸗ 
litſchern, ſondern auch aus Ungarn Verſtaͤrkungen 
an ſich, und betrat 1138 au der Spitze von 30000 
Mann das. Zfchernigowifhe. Doch war der Zürft 
von Tſchernigow zu ſtolz, als daB er.den Eutſchluß 
hätte fafjen ſollen, durch deu Frieden ſich fein Land 
. werhalten, fondern wollte lieber dasſelbe der Ue⸗ 
bermacht des Großfuͤrſten uͤberlaſſen, und zu den 
Bolowzern gehen, 'um ſich durch diefelben des ſelben 
Wiedereroberung za verfhaffen. Uber auf die Ge⸗ 
genvor ſtelluugen feiner Käthe gab er der Vernunft 
Gehör ; und fchidte zu dem Großfärften, um ibm 
feine- Friedensbegierde zu erklaͤren. Der Großfuͤrſt, 
der von feinem Zorne oder Grolle etwas wußte, 
währte ihm, gern ben Frieden, und genoß fo des 
Bergnägens, des größten, fe ihn nach feiney dus - 
her friedliebenden Gefinnung erfreuen Fonnte ‚ daß 
bey feinem Abſchiede aus'der Welt am ısten Be 
bruar 1139 die Ruhe zwiſchen ben verſchiedenen důr⸗ 1139. 
Senhäufern herrſchte. 
Naeh Säropolfs ode kam deffen Bruder Wſewolod 
Waͤtſchaͤslaw, von dem’ hinterlaffenen "Throne Befih —* 
junehmen, im I. ı 139 om aaflen Februar nach Kiew, 
und ward von dem Metropoliten und ſaͤmmtlichen \ 
Einwohnern als nunmehriger Landesherr empfang — |" 
Aber Die Nachlommenfhaft des Sroßflrſten wi 
tosl aw machte einen Bund, Praft welden fe 
ifn nöthigen wollten, benfelben einem aus ihrem 
Mittel, dem Fürften Wfewoldd Olgowitſch 
son Tſchernigow, zu räumen. Aber To viele Worbes 
teitungen brauchte es nicht einmahl, dieſes vont 
fhläfrigen Waͤtſcheslaw auszuwirken. Denn fo Hald 
nur Wſewolod bemfelben andeutete, Daß er ents 
weder mit ihm um Kiew kaͤmpfen oder nach feinem 
Bürkeuspuino Karo zurüdgehen follte, fo erklaͤrts 

83 





148 Erſter Abſchnitt. Anfang 


derfelbe ſich, nachdem der Metropolit das Mittler 
geſchaͤft zwiſchen Wfewolod umd ihm übernoms 
‚men, zu dem erflern.: — Als darauf beyde den 
Briedensihmur in die Hand des Metropoliten ge 
leiſtet hatten, bielt Wfewolod am sten Mär 
als Jaͤropolks Nachfolger zu Kiew feinen Einzug, 
da doch Watſcheslaw nach aller Wahrſcheinlichkeit 
erwarten konnte, daß die ganze Nachkommenſchaft 
Wladimirs II. ihres eigenen Voriheils wegen, und 
damit fih Die ſwaͤtoolawiſche Linie niht mit dem 
Oroßfurſtenthume aller Borgüge der Macht und des 
Binfehens, die defien Befip gab, bemaͤchtigen und zur 
Darum ihrer aller insgefamme bedienen mög 
im zur Behauptung. von Kiew Hülfe leiſten 
rde. Yu der That ging der Entwurf Wfewon 
lods und feiner Stammgenoſſen dahin, daß Wſe⸗ 
wolod gleich, fo bald er den kiewſchen Thron ber 
treten haben würde, fein bisheriges Fuͤrſtenthum 
Tſchernigow einem: von ihnen, Wladimir Davido⸗ 
witſch, uͤberlaſſen, fie aber den neuen Großfuͤrſten 
mit aller Macht unterſtuͤhen ſollten, dem wladimir⸗ 
ſchen Stamm eutweder alle feine Füͤrſtenthümer gu 
nehmen, oder wenigſtens den beſten Theil ſeiner Be⸗ 
figungen durch einen aufgedrungenen Vergleich abs 
zugoͤthigen, und. ihm ſolchergeſtalt die Kräfte zu 
entsieben, wenn er ‚glei die Begierde nach Kiew 
“behalte, diefelbe Durch wirkliche Beunruhigung der 
Swaͤtoslawitſchen auszulaſſen. Aber bloß die Webers 
laffung von .Zfchernigom an Wladimir Davidowitſch 
kam von diefem Entwurfe zur Wirklichkeit. Roſtis⸗ 
law ,. Sohn des Broßfürften Mſtislaw, lieh ſich 
. durch bloße Befehlsworte des neuen Großfärfien 
fo menis aus Smoleusk als der Bruder bie 
ſes Rofislams aus Wolodimir vertreiben, und das 
Her, welches Wſewolod wider din:anpfendete, 


i ——— vñ 


des ruſſiſchen Reiches 140 
aberfil auf Dem Wege ſolche Furcht, daß es bey 


Gorina ſich wieder. zuruͤckzog. Nach Perejaslaw ging 


Wſewolod ſelbſt in Begleitung ſeins Binderg 
Swaͤtoslaw, Fuͤrſten · von Kursk, und geboth den 
Zürſten Audreas, diefam Swaͤtoslaw Percjaslaw zu 
edumen, und dafuͤr deſſen Fuͤrſtenthum Tursk zu 
beziehen. Aber Yudreas ertheilte ihm, nachdem ee 
über dieſe Anforderung mit feinen Heerfuͤhrern zu 
Kathe gegangen war, die fe muthige als beſchride ⸗ 
ne Antwort: Sch will lieber im Lande meines Bar 
ters und Großvaters (terben, als über das Ffuͤrſteuthum 
Kurse regieren. Wenn du alfo nicht.zufrieden Bill, 
Bruder, daß du Rußland beherrſcheſt, fonbern milk 
auch dieß Gebieth Haben ,, und mich ermorden; fe 
nimm es durch meinen Tod ; denn ich werbe Ichen« 
dig miht aus meinen. Brengen. sehen. Ein Ber 
wandtenmord iſt eher in unferm Geſchlechte geſchehen; 
aber. Swaͤtopolk J., der feine Brüder Boris neh 

GOljeb,, um ihrer. Länder. habhaft gu werden, töhte 
te, bat fie nur kurze Seit überlebt, Bun machten 
beyde Parteyen diefen. Streit mit ihren Waffen aus; 


und der Sieg, fiel auf die gerechte Seite des Au» 


dreas, welder Durch feine Mißigung im Gebrauche 
desfelben fich eben fo würdig zeigte, Denfelben er⸗ 
balten zu haben, als vorher, Durch‘ feine muthige 
Eutſchließung und Tapferkeit denfelben zu verbieuen, - 
indem er dem gefhlagenen Wfewelod: nur «ine 
gewiffe Strede, naͤhmlich Bis. Korana, nachfepen . 
ließ, und gleich ben Tag nah feinem erfohtenen 
Siege "uit feinem Ueberwundenen Srieden- ſchloß. 
Gleich nah diefem wiederhergeſtellten innerlichen 
Srieden swifchen diefen beyden rafftfhen Zürkenbäur 
fern empfaud das ganze Reich die nene Freude, daß 
auch feine ſchaͤdlichſten ausmärtigen Zelode, die Vo⸗ 
Iowjer,, ihm felbft den Frieden autrugen, indem ih⸗ 


2140, 


150 Erſter Abſchnitt. Anfaug 


ve ſaͤmmtlichen Fuͤrſten denſelben zu Malotina, we 
der Großkürſt und der. Fürſt von Perejaslaw mit 
Denfelben dieſerwegen zuſammenlamen, ſchloffen. — 
Des Großfuͤrſt für feine Perſon aber gene das Vers 
anügen , daß die NRomgaisder fiatt ihres bisherigen 
Kürten Rofislam aufs nme feinen Beyder Swä- 
toslaw, der ſchon einmahl diefe Stelle befleidere, 
zu haben verlangten. Aber kanm war berfelbe ı 140 
zu ihnen gekommen, fo Begeigten fie (don ſolthen 
WBiderwillm gegen ihn, daß er «6 für das kleinſte 
Ungluͤck auſahe, in Begleitung ihres. Poſudniks und 
deffen Bruderd, zwey feluer Getreuen, heimlich aus 
ihrer: Stade gu eutweichen. Doch die Rowgoroder 
waren auf Diefe bepden vornehmen Witblirger wegen 
derſelben Anhdnglichfeit an einen von der Gemeine 
verworfeuen Fuͤrſten fo ergrimmt, daß fie dieſelden 
verfolgten, und, nachdem fie ſolche angetroffen, bey» 
naße sodt fhlugen, und in diefem Buflande ensPfeideren 
uud ind Waſſer warfen, Als aber diefe Unglüdliden 


eh weh gluͤcklich geuug waren, durd Schwim⸗ 


wen: dad Ufer gu erreichen, fo ſchenkten fie denſel⸗ 


ben endlich das Leben, nad ſchickten fir nach Bezah⸗ 


Kung einer großen Geldſtrafe über ihre Grenze. Do 


blirb die Partey des ſwaͤtsslawiſchen Haufes noch 


die ſtaͤrkſte, und brachte es dahin, daß man vom 
GSroßfuͤrſten, um ihn uͤber die Verſtoßusg feines 
Benders zu befduftigen , fiih feinen Sohn ausbitten 
foßte. Uber eben als ihre Dieferwegen an den Großfur⸗ 


ſten adgefertigte Sefandifhaft, die aus ihrem Bis 
Sbofe und vielen Häuptern der Negierung befand, 


mit der vom Großfürften erhaltenen Einwilligung 


auf dem Rüdwege nah Haufe begriffen war; fo 
bredachte man -fih zu Nowgorod, wo nun ein Por 


fadnit das Ruder führte, weicher wegen feiner Er⸗ 
gebenpeit fir das wladimirſche Haus unter Sme- 


des ruffifchen Reiches. | 151 


teslaws erfier Regierung flüchten wußte, und da⸗ 


mahls beym Zürften Beorg von Koflow und Gute - 


dal nicht bloß Aufnahme, fondern auch Rankesmda 
figen Unterhalt antraf. Weil man, aber doch bee 
Erweifung feiner Trene gegen das. wladimirſche Haus 
auch gern deu GBroßfürften zum Breunde hebalten. 
weite: fo Befhloh mau, GSwätopolfen, der zugleich 
des Beoßfürften Mſtislaws Sohn, und deu jept- 


segierenden Wſewolods Schwager war, zum . 


Bürften anzuuehmen. Der Großfuͤrſt ſtellte Ah Aufangs, 


als wenn. er damit zufrieden wäre, aber aur in 


der Abficht, den aeubeſtimmten Fuͤr ſten Swaͤtoslaw 
an ſich zu locken. Als derſelbe ſich auf feige Beru⸗ 
fung bey ihm einfand, hielt er ſowohl ihn als den 


nowgorodiſchen Biſchof und alle übrigen anowgoro-⸗ 


diſchen Geſaudten feſt. Da er aber wahrnahm, daß 
er durch dieſe Strenge verurſachte, daß die Now⸗ 
goroder auf einen ihm noch mehr mißfaͤligen Fuͤr⸗ 
Re ihre Abficht richteten; fo beſaun er ſich eines 
andern, umdverfprach feinem Schwager allen Bey» 


Rand , damit derſelbe ſtatt Roſtislaw den. nowgo⸗ 


redifihen Zuͤrſtenſtudl beſteigen koͤnne. Darauf ge⸗ 


langte Swätopoit auf denſelben, und ſchickte Re⸗ 


flislawn feinem Vater Georg zuruͤck; Dean Wſe⸗ 


wolod behielt immer ſowohl das Verlaugen, alt. 


De Hoffnung auf Koſtes aller Fuͤrſten des wledi⸗ 


mirfgen Hauſes feines empor zu bringen. Diele 
Abſichten offenbarte er aufs neue, als er ein Heer 


gegen Waͤtſcheslaw ſchickte, um feiner Forderuug 
an dieſen Fuͤrſten, daß er ihm Turow abtreten moͤch⸗ 
te, Rachdrud zu geben, uud daß er durch feinen 
Bruder gor dei Zärften won Susdal aufellen lieh. 


Dsgleib Wedrfheslaw bep Piefenn meuen- Begehren - 
Bfewolods ſich eben fo nahgiebig, ale vorher 
beym Großfürßenigume bewies, um 1248 and Au 


1242. 





153 Erſter Abſchnitt. Anfang 


vom, welches der Großfuͤrſt an feinen: Sohn € 
toslaw vergab, nach Perejaslam ging ; fo ließ 
m doch auch dieß eingetaufchte Fuͤrſtenthum fi 
Augenblick ruhig genießen, indem "gleich wach f 
Untunft in demfelben Igor dasſelbe bekriegte, 
aleiche Verherrungen und Auspländerungen w 
Georgens. Gebieth aurichtete. Doch - given : 
Sürfen des wladimirfchen: Hanfes nahmen fich 
fes Stammgenoſſen in feiner Bedrängnifß an, üı 
Sjdslew Mfistamirkh, kuͤrſt von Wolobimir, 
Perejaslaw ihm zu ‚Hülfe kam, deffen Bruder 
ſtislaw hingegen mit feinen Smoienskern' in J 
Gebieth ging, und vier Städte darin wegnahm 
Diefe Unterkügung, Waͤtſcheslaws bewirkte er fi 
Abzug Igors von Perejaslaw zur Veſchidung fi 
Eigenthums, und gleich hernach einen Zriedendfd 
in / welchem der Sohn des Großfürſten Swaͤto 
noch Wolodimir, der gegenwärtige Fuͤrſt von 
lodimir Ißjaͤslaw nach Perejaslaw, uub en 
Waͤtſcheslaw nad Turow werfegt wurden. Die] 
hälligteiten, die zwiſchen: einigen Fuͤrſten des 
dimirſchen Stammes ſelbſt manchmahl entſtaul 
kamen dem Sroßfürſten wohl zu Statten, ia 
ſolchergeſtalt eine Verbindung derſelben zum al 
meinen Zwecke, ſich Der Vergrößerung des jel 
gierenden großfuͤrſtlichen Hauſes darch Wermii 
sung der Macht des ihrigen zu widerſeßen, nich 
Stande kommen founse, fondern nielmehr ein ? 
wider das "allgemeine Beſte des ganzen Stam 
auf des Großfürſten Seite-srat, welcher Plug ge 
war, dieſen Vorcheil, den ihm die Gegenpa 
über ſich ſelbſt gab, nach aller Moͤglichkeit zu 
dugen ‚. nad den Zürfien der wladimirſchen Li 
die mis andern aus eben. Dem Haufe wegen di 
oder Kurt. Bonle | in a Mifvernefnen, vi 


des ruflifchen Reiches. 5 158 


den Merkmablen der größten Frrundfchaft Au beges⸗ 
neng. So gereichte es ihm zum großem Vortheile, 


daß die Fuͤrſten von Susdal und: Perejaslaw ſich 
1143 entzwepeten, indem der Zürft von Perejaslaw 


bewog, ſeine gegenwärtigen Sehunungen in Auſe⸗ 


J 1143. 
feine Brüder ,; die von Smolensk und Romwgered, 


bung. fowohl des Fürften von Susdal als des Großb⸗ 


fürfien anzunehmen, deſſen jegige Freundſchaft mit 


Ißjaͤslaw durch eine Eheverbindung zwifchen einer 
Tochter Ißjaͤslaws mit einem polotskiſchen Fuͤrſten 


Rognuwolde, Boris Sohn, da Swaͤtoslaw, der 
Sohn des Großfuͤrſten, die Tochter eines andern 


volotstiſchen Fuͤrſten Waßlko geheirathet hatte, und 


durch das Erſcheinen des Großfuͤrſten mit den vornehm⸗ 


ſten⸗Kiewern auf dieſer Hochzeit, die man 1144 
zu volotsk anſtellte, noch mehr. befeſtigt wurde. Dex 
Großfürft bediente fich fogleich ber gegenwärigen Ver⸗ 


feffung des wladimirſchen Stammes, da einige Für 


fien desfelben es mit ihm hielten‘, die übrigen ‚aber 


1144» 


ſich zu ſchwach erfannten, es mis ihm aufgunehmen, : - 
alle rufſſiſchen Fuͤrſten gu einem Kriege, den er wider 
den-Fürken Wladimir von Seinigrod-Halitſch zu 


auternehmen gefonnen wat, und wozu er aud ‚die 
Polowzer einladen lieh, aufzubiethen. —, Beyde 
Heere ſchied der Fluß Shret acht Tage lang.von eins 
ander... Nach Berlauf diefer Zeit. gab der Fürft von 
Halitſch durch Verlaffung der bisher befepten Ufer 
des Fluſſes dem Großfuͤrſten Gelegenheit, ohne et⸗ 
was ‚non ihm zu befuͤrchten uͤber dieſen Fluß zu 
ſezen, und nachdem der von ihm: zur Herbeybrin⸗ 
sung ‚der Polowzer an dieſelhen geſchickte Fuͤrſt Iß⸗ 


jaͤslaw Dadidowitſch mit den von dort geholten Hülfse J 


voͤlkern „mit denen er bereits zwey halitſchiſche 


Städte, uſchiza und Mikulin, erobert hatte, zu ihm 
geſtoßen wor, vos Seipigsod zu gehen: Diefe Noth 


134 Erſter Abſchnitt. Anfang 


der Hauptſtadt Wladimirs bradte denfelben 
mit feinem Heere ans dem Gebirge, welches 
ange wider die Ueberlegenheit des großfhr| 
Heeres bedeckt hielt. Allein er.erwählte. wied 
der Stadt in einer fumpfigen Gegend eine f 
theilhafte Stellung, bag and bier der ©r 
nicht wagen wollte, ihn anzugreifen. Er giı 
Peremiſchel und Halitfh zu, und wie bie | 
ſchaft Wladimirg diefen Bug der Feinde fahı 
rieth fie in Angft, daß, mittlerweile fie mit 
Fürfien bier Bänden , die Ruffen ihre Weihe 
Kinder aus Beremifchel und. Halitſch die duı 
Entferaung ihrer Vertheidiger unbedeckt wären, 
führen moͤchten. Doch Wladimirs Klugbeit 
ein Mittel, Ah auch aus dieſer Verlegenheit 
fonderlichen Verluſt heraus gu sieben. Denn ı 
Syorn , dem Bruder des Großfürſten, antı 
daß, folls ihn derſelbe mie dem Großfaͤrſten 
föhne, er ihm zur Vergeltung behülflich ſeyn 
nah feines Bruders Tode den Thron zu Ki 
behaupten, - Obgleich Wſewolod gar nid 
finut wor, Wladimirn einen erträglidden F 
. Jasugefichen, fo ließ er ſich bob durch das lan 
tige Anhalten feines Bruders und deſſen Bi 
Inng,, daß, wenn er den kiewſchen Thron ih: 
gedacht babe, er die jepigd Gelegenheit, ihm 
wichtigen Zreund zu erwerben, nicht aus der . 
laſſen müfle, dazu bewegen, indem Wfewi 
dedurch, Daß er bey feinem Friedeasvergleiche 
zur dem Fürflen von Halitſch die abgenomu 
Städte Wchija und Mikulin zurüdgab, fgudern 
bie 1200 Griwen , welche Wladimir bey dem 
den an ihn bejahlte, ohne das Windee dans 
 Dehalten , unter die Fuͤrſten auscheilte, die mit 
dieſem Beldynge bepmopnen, aller Wück affenb 


des ruſſiſchen Reiches. 155 
daß er bey dieſem Friedensſchluſſe mit Wladimirn 
aus keinem eigennüpigen Bewegungsgrunde haudel⸗ 
se. Doch dieſer Friede dauerte nicht lauge, und 
war Ing die Schuld, wenn Thurotz recht hat, 
nicht am Füuürſten von Halitſch, welchen neur 
Beleidigungen zwangen, Im Jahre 1146 die Waffen 1146. 
zu ergreifen. Es ſchien, als würde Diefer neue Krieg 
nicht ohne wirl Blutvergießen beygelegt werden, — 
Denn der König von Ungarn führte Wladimirn ein 
Heer zu, und hatte ſchon Prifuß erobert. der Groß⸗ 
fürft bingegen in Begleitung faft (dnmtliger ruffte 
ſcher Fuͤrſten deu Weg nah Halit‘H. bereits” ange 
treten , als eine ſchwere Krankheit, welche am ıflen 
Julius dieſen Fürſten ins Grob brachte, ihn 
anf eine unerwartete Art eudigte. 

Igor beflieg zwar nun nah dem wWillen und SHhstem I. 
der Ermenuung des fierbenden Wſewolod den Thron an, as 
gu Kiew, aber wider den Willen des Volkes, wel: nach feines 
ches feine Abneigung wider Igers Perſos öffentlich ? ruhen 2 
durch Borlegung. eines Idftigen Eides, durch den er be sem zu 
fid unter andern unangenehmen Dingen verpflichten ſacht, den 
mußte, Recht und Gerechtigkeit beffen, als -bisher be 
geſchehen, zu handhaben, und einige von feinem auf demſel⸗ 
Bruder neuauferlegte Steuera abzuſchaffen, insge⸗ ben. 
heim aber durch eine Einladung an den Furſten 
Iß jaͤs law von Perejaslaw, zu ihnen zu kommen, 
und Igors Platz einzunehmen, bezeigte. Da nun 
Iſjaͤs law dieſe Einladung ſogleich mit vieler Freu⸗ 
de annahm, Igor hingegen, ob et gleich den ihm von 
den Kiewern vorgefihriebenen Eid, da ihm bie 
Neuheit dieſer Zorderung dne gute Urſache ſich des⸗ | 
ſelben zu weigern barboth, geleiftet Hatte, die Steu⸗ 
ern nicht erließ, deren Erlaſſung er in dieſem Eid 
derſprochen hatte; ſo zeigte ih Faumı Ißjaͤslaw 
wit ciner Handvoll Leute, als von der weit ſtaͤrkers 


356: Erſter Abſchnitt. Anfang 
Manuſchaft, die ihm. Igor in "der Meinung 
ihm um das Sroßfärfienchum zu kaͤmpfen, en 
führte, die, allermeiſten Ihren Widerwillen, 
dieß Gefecht einzulafſen, Jgorn ins Geficht zu erl 
schen, und eine allgemeine Verwirrung und’ Tre 
verutſachten. Run Fonnte Igor nichts Befferes 

. als ‚in einer fchleunigen Zlucht feine Erhaltung: 
een, ward aber. nach vier: Tagen in einen ® 
ertäppt.,; und, vom neuen Großfüͤrſten Ißjaͤs 
welder am .ıgten: Auguß feinen feyerlichen 
im. Riem gehalten Batte, erſt nah Wodobieſch 
aber, weiter nad Perejaslaw geſchickt, und ai 
den Orten in einem Klofler als ein‘ Erfangen 
wacht. Die polowsifcden Fuͤrſten verficherten, | 

fe Jbjaͤslaws II, Threnbefeigung hörten 
ſelben ihrer Freundſchaft. "Hingegen der (d 


WMaͤtſcheslaw ließ ſich durch. Andere ‚verleiten 


näheren Recht auf Kiew "geltend zu machen, 
jeslawın ſtolz und veraͤchtlich zu halten‘, u 
nicht nur die Städte, Die ihm der werflorbene 
für obgesommen:;, fondern auch das Fuͤrſte 
Woledimer zu entreißen, und’ Wolodimer au 
Veiter Wladimir Andrjewirfh gu vergeben. 
— 36jds law nahm ihm durch feinen Brude 
ſtislaw unverzüglich nicht allein alle dieſe ge 
‚gen, fondern auch ſein eigenes Turow ab, 
nannte. feinen Sohn Jaͤroslaw zum —* 
TZurow. Doch Swaͤtoslam, ein. Bruder des | 
"Ben Jaors, war ein gefährfiderer Fejud. In 
Gebieth ſchickte IEjäslaw die beyden 2 
witſchen. Jbjaͤclaw und Wladimir, neb 
nem eigenen Sohne Mſtislaw. Als dieſe i 


BGegend von, Nowgorod⸗ Sewereky alles ver 


ten; fo ſuchte Swaͤteslaw, ‚der ſich ihrer 
nie gemadfen fode, bey ihnen um Bio a 


„des ruſſiſchen Reiches. '157 


fie aber von ihm begehkten, daß er ſich verpflichten 
ſollte, ſich nie auf einige Art feines: ungluͤcklichen 
Bruders annehmen zu wollen, erklaͤrte er ſich groß⸗ 
muͤthig, lieber alles Ungluͤck zu leiden, als um ei⸗ 
nen ſolchen Preis den ruhigen Beſiß feined Landes 
zu erhandeln. Seine: Unterthanen -bewiefen- ſich eine® 
folden Herrn würdig; -dean die Stadt Purmil 
wollte, fo heftig man fie augriff, and fo grope Bars 
fprechungen man ihr that, fib an. feinen andern, 
als au den Großfärften ergeben. Als diefer ihr Ders» 
langen erfüllte, leiſtete fie ihr Verfprechen, und bee 
Großfürft hielt alles, was fie ben der Uebergabe 
bedungen hatte. Nowgerod⸗GSewersky dachte nicht 
eher am die, Uebergabe, als bis die Einmohher ſich 
von ihrem Kürfien verlaffen fahen. Denn war «8 
ihuen eben fo. wenig zu verdenten., daß fie ſich Iß⸗ 
jösTamwn untermarfen. Es fehlte ihm euch nicht 
an mächtigen Zreunden , durch. deren Beyſtand er, 
falls er mur feine Freyheit rettete, hoffen konnte‘, . 


Gh wieder aufzubelfen, indem ihn Der Bürk von? 


Susdal, und mehrere Zürften- Präftig unterflüßten, 
Yjäslem. Dayidowirfh ging. auf. die erfle Rach⸗ 
riht von Swätoslams Abreife auch Nowgorod⸗Se⸗ 
versky, und daß derſelbe auf dem Wege nad. Sa 
ratſchew begriffen ſey, mit 14000 Mayn aufs ge⸗ 
ſchwindeſte fort, in der Reinung, ihn ehe er Karatſchew 
erreiche, einzuholen, und entweder mit allen Kriegs⸗ 
völkern , bie. er mit ſich führte, aufzareiben, oden 
doch feine Güter zu erbeuten, und: ihm feine‘ Ge⸗ 
mahlinn und feine Rinder abzunehmen. Allein Sad. 
toslam wendete fih und fülug ihn. Weil aber das 
ganze übrige großfürfiliche Heer den 14000 Mann neh“ 
ruͤccte; fo kounte Swaͤtoslaw feinen Sieg nicht 
durch Verfolgung der vor ihm flüchtig gewordenen ' 
kegugen,. fondern. mußte and Karaiſchew feinen" 


\ 


any. 


38 Erſter Abſchnitt. Anfang 


überlegenen Feinden uͤberlaſſen, und ſich dur 


Woldungen zu den Waͤtitſchen ziehen. Ru 


theilte der Großfuͤrſt das ganze Gebieth dei 
flüchteten mie einem Theile der darin gefur 
Schäge nuter feine. Bundesgenoſſen, das U 
dieſer Schäge aber nebſt dem ganzen Lande 

eiguete er ih zu. Diefer unglüdlihe Zürft 
nuu den Entſchluß, den Sroßfürften durch da 
fuchen,, ihm zu erlauben, in den Moͤnchsſtan 
ten zu dürfen, von der Berübung größerer G 
ihaten gegen feine Verſon abwendig zu machen 
da die Gewährung dieſes Geſuchs dem Groß] 
voͤllige Sicherheit verfchaffte, daß er von feine 
fprüchen auf Kiew weiter nichts befürchten duͤ 
ließ er diefe Einweihung zum Moͤnchsſtand 
sten Sinner 1147 dur den Biſchof von Perej 
Euphemius volzicehen, und Igor nah Kia 
Theodorkloſter bringen. Doch Swdtoslam ı 
fi durch. George und anderer Helfer ſtarkt 
ferkügung bald ‚ nachdem das großfärftliche 
das von ihm demſelben gerdumte Land verlaffe 
te, und fegte den Gtaaten der iſchernigowiſchen 
ſten oder bepder Dabidowitſchen Jbjdslar 
Wladimir fo hart zu, daß dieſelben nicht nu! 
Frieden bey ihm ſuchten, ſondern ſich auch in den 
trage, den fe nun mit ihm errichteten, fich | 
ſchig machten, fih zu fielen, als wenn fie noc 
Swaͤtoslaw als ihrem Feinde bedraͤngt wii 
und durch diefes Vorgeben den Großfuͤrſten zu 
reden, daß derſelbe in der Abſicht, mit ihnen 

Swaͤtoslaw zu Friegen, nach Ifchernigow: fo 
damit man Gelegenheit erhalte. fih feiner Perf 


bemädtigen. Der neue Metropolif Clemens 


mit den Kiewern dem Großfuͤrſten vor, daß ihn 
dem wladimirfhen Nöldmmlinge, Die Iren 


decs ruſſiſchen Heide 159 


Swidowitſchen immer verdächtig ſeyn müffe, und 

er daber nicht zu ihnen geben, fondern vielmehr auf 
eine Ausfößnung mit feinem Better Georg von Sus⸗ 
dal denken folte.. Die Kiewer fagten ihm ins Ges 
fibt,, daß, da die Davidowisfhen begehrten, ex 
folte mit ifnen-gur Befrieguug diefes feines Vetters 
als Helfer Gmätoslamd gemeinfhaftlide Sache 
machen, fie wegen ihrer Ergebenheit gegen das gan» 
je Haus Wlodimirs II. feinem Befehle, ihm wider 
diefen Zeind zu dienen, nicht gehorchen mwürben- 
Diefe Vorſtellungen vermochten doch fo viel über den 
Broßfürften, daß, ob er gleih anf eine nochmah⸗ 
lige. Befandtiaft der Davidowitfhen, durch feine Un⸗ 
terflügung ihr Land von dem gänzlichen Verderben 
u befrepen, mit den Kiewern , die ibm freywillig 
folgen wollten, mit Hinterloffung feines Bruders 
Wladimirs old Regimenssverwefers, nah Tſcherni⸗ 

gow aufbrach, er deym Supoja fieben blieb, wo ee 
von. Mljeben , den. er nach Tſchernigow geſchickt hatte, 
gewiffen Bericht von ber wahren Gefinuung der Davis 
dowitfchen einzuziehen, Licht hierüber erwarten wollte, 
Uljeb erfuhr ihr geheimes Buͤndniß mit den Feinden 
des Sroßfärften,, und theilte Diefem feine gemachte 
Eatdeckung mit. Diefes dewog den Groffürften den 
Davidowitſchen melden zu laſſen, daß fie, weil ee 
vernommen babe, daß fie mit feinen Beinden nicht 
nur Frieden, fondern auch ein Bündniß, ihn feines 
Lebens ober der Frepheit zu berauben, gemacht 
hätten , ihm nie verdenken Pönnten, daß er ichs 
eher gu ihnen Bomme, bis fie ihm eine eidliche Ver⸗ 
Aoerung ihrer beharrlichen Treue in deu mis ihm 
geireffenm Verbindungen gelsifiet haben würden, 
Diefer Gefandifdart answorteten fie nad einigem - 

Bedenken: fie wären zwar genoͤthigt geweſen, mit 
Smäwsiew Frieden zu fliehen, hätten fich abet 


$ 
> 


160 j ni Abſchnitt. aAnfang 


in demſelben zu weiter nichts verpflichtet, alı 
sefangenen Igor zur Frepheit und. zu feinem 
lande su verbelfen ;: wenn alfo der Großfuͤrſt 
fie gute Hoffnung begten, denſelben ſeiner 
genſchaft zu entledigen und in fein Fuͤrſtenthut 
der einsufepen ſich -entfchlöffe, fie nicht erm 
würden, ihre mit ihm eingegangenen Verbin! 
zu erfüllen, Vergebens ließ fie hierauf Ißj aͤ 
nachmahls erinnern, daß dieſe Forderung wit 


zwiſchen - ihnen - getroffene eidlihe Buͤndniß 


. . 
pP} 


und es wider die Billigleit Taufe, daß fie beg 
er ſollte Jgors Land zurüdgeben,, da fie di 
Bey der Theilang der beyden Brüdern abger 
uen Länder  überfommenen Beſitzungen 


 108lams behalten wollten. Jept. rief fei 


ſaudter Gott zum Räder wider die eidbr 


Davidowitſchen an, und warf die Urkund 
Eidſchwures ihnen hin. Der Großfürſt aber 


näher gegen Kiew zuruͤck, und ließ den Kien 


Verraͤtherey der Davidowitſchen als die Urfa 


zeigen, weßwrgen fie ihm aufs fhleunigf 
Tſchernigow zu: Huͤlfe kommen müßten, x 


- Pferd habe, zu Pferde, die übrigen aber aı 


nen. Wie die Kiewer diefes hörten, erklaͤ 


ſich ſich ſogleich wilig, Ipjäslowm gu H 


ziehen; hielten aber zu deſſen Befefigung a 
Throne für unumgänglich noͤthig, den ‚gro 
hen Sig ‚nicht eher. zu verlaffen, bis fie Ig 


toͤdtet hätten. Umſduſt wendete nun der 9 
Hit, Wladimir, Mihael, ein Bruder des 


fürflen ‚und andere Große, die alle unver 
Zreunde des Sroßfürften waren, Bitten- un 
ſtellungen ou; fie hiervon. abzuhalten, da Ige 
hin in To.guter ‚Verwahrung ſey, daß TE j. 


von demfelben nicht die mindefle Gefahr au | 


des ruffifchen Neiches. 161 
babe. Ja ald Wladimir und Micarl den Unglüd: 
lichen den Händen diefer Wüthenden entreißen wolls ' 


ten, und Wladimir denſelben mis feinem Rocke ber 
deckte, hörten fie nicht auf, auf ihn loszufchlagen, 


obne daranf zu achten, daß dieſe Streide größten 
Theils den Bruder ihres Großfürften trafen, Wla⸗ 


dimir brachte ihn in den Hof des Nallaftes feiner 
Wurter. Auch für diefen Pallaſt besgigten fie eben 
fo wenig Ehrerbiethung, als vorher für das Klofter, 
ans welchem fie Sgorn, eben als er die Meſſe au⸗ 


hörte, wegriffen. Denn da der Fürft Michael durch 
Vergreifung an feiner. Perfon auffer Stand gefept 
wor, Igorn weiter zu fhüsen; fo erbrachen fie das 


Thor, ſchleypten Igorn fort, erſchlugen ihn, legten 
ihn auf einen Wagen, mit welchem fie deu entfeelten 
Körper in die Unterfiads führten, wo fie denfelben 


von aller Kleidung entblößt auf den Markt warfen. 
Nun liegen fie fih endlich durch Wladimirs und 
anderer vornehmer großfürfiliher Getreuen Zureden 


bewegen , zu verflatten, das man ihm’ ein anfläne 


diges Begraͤbniß gäbe, wollten aber durchaus nicht. 


einräumen, daß fie ihn aus Antrieb eines befondern 
Haffes gegen feine Perfon umgebracht hätten, fon» 


dern ſchrieben diefe Gewaltthat bloß einer redrinde 
figen Treue zu, ihren Sroßfhrften wider die Ger 


- fahren zu bewahren, welche demfelben das fernere 


Leben Igors erwedt Hätte. Doch als der Metropolit 
am folgenden Tage die Leiche in der Simeonskirche 
beerdigte , und eben ein fhweres Donnermweifer ente 
Rand, deuteten fie diefed als ein Merkmahl des goͤtt⸗ 


lihen Zornes über die von ihnen. begangene That 
aus, uud bereueten fie mit Thraͤnenguͤſſen. Iß⸗ 


jäslam zeigte gleichfalls, fomohl aus Menſchlich⸗ 


keit, ald aus Beforgaiß , daß alle Fuͤrſten von der 
Berwandefgaft des Ermord eten dieſer Rordthat we⸗ 
Geſch. Rubl, a. Band, & 


a 


’ LE —— — — 


= 11 48. 


gen einen, unverföhnlihen Haß auf ihn merfen ı 
den, Öffentlih, daß er diefe That verabſcheue, 
die, größte, Betruͤbniß darüber empfigbe. 

Inm folgenden Beldzuge 1148 ging der, © 


64 Erfter Abſchnitt. Anfang 


u Sjästars furſt mit ſeinem Bruder, dem Fuͤrſten von S 
einen neuen leusk, wider die Staaten der tſchernigowiſchen 


Feind, 


A) 


fen ins Zeld, und machte verfcpiedene Eroberut 
darin, Hingegen bemaͤchtigte ſich Swaͤtos law 

gowitſch mittelſt des Beyſtandes, den ihm 

Fuͤrſt von Susdal dar ſeinen Sohn Gljeb 
ſchickte, des Fuͤrſtenthums Kursk. Is jaͤsl 
bemuͤhete ſich daher, Gljeben durch Verſprechung 
wiſſer Vortheile von dieſem ſeinem Feinde abzu 
ben, und Glieb war geneigs, feine Borfchläge 


zunehmen, als Ihn eine gemachte Hoffnung , dag 


durch Hülfe der. Perejaslamer Mſtislawn, den Se 
des Großfürften, welcher jrht Fuͤrſt von Perejast: 


‚wor, aus, diefem Fuͤrſteuthume vertreiben koͤnn 


auf andere Gedanken brachte. Allein die Zapferf 


and der Eifer, womit die Perejaslawer für Mi 


\ 


lawn fochten, als Gljeb nun jur Ausfuͤhrung ſein 
Vorhabens vor die Hauptſtadi dieſes Fuͤrſtenthun 
ruͤckte, belehrte ihn bald, daß dieſe Rachricht keint 
SGrund hate. Ja als er ſich bierauf eben fo eil 
„aus dem Gehblethe von Vercjaslaw entfernte, als ı 
darin augekommen war; fo ſetzte ihm der. Für 
Mſtislaw nah, und fügse ihm Im einem Gefecht 
bey Nofowa am Zluffe Ruda einigen Schaden zu 


Bald hernach belagerte ihn der Großfuͤrſt in Gorodez 
and fegte ihm fo heftig zu, daß er nach einer drep: 
taͤgigen Belagerung fürg, ratbfaiıge bielt, bay dem: 


faben um den Frieden atzuſuchen, dem ihm aud 
ber Großfuͤrſt gewaͤhrte. Ob er auch gleich nach dei 
Schließung desſelben den tſchernigewiſchen Zürfien 


aunzeiger ließ, daß er. fih,-an dieſem Frieden aus 


des ruſſithen Reiches. 163 


der Urſache, weil ihni derſelbe vom Großfuͤrſten 
abgedrungen worden ſey, nicht gebunden achte; fo 
ſchadete doch dem Großfuͤrſten dieſe Beharrung ſeines 
Feindes in der feindlichen Gefinnung nichts, und 
Gijeb ſelbſt verlor dadurch. Denn ein auderer Sohn 
des Fuürſten von Susdal, Roſtislaw, den fein Bas 
ter auf Die Nachricht von dem jetzigen ſchlechten Zu» 
Rande feiner Bundesgenoffen ihren gu Hülfe ſchickte, 
ſtellte feinem Heere vor, daß es wider die Vernunft 
ſey, zu denken, daß die tſchernigowiſchen Zürften . 
es je mit dein Fuͤrſten des wladimirſchen Haufes 
gut meinen folten, und er daher Flug handeln würs 
de, wenn er, ſtatt ihnen nah dem Befehle feines 
Vaters zur Unterdrüdung feines Stammgenoffen , 
des Sroßfürften, bepzuftchen, diefem feinen Beyſtand 
unter der Bedingung, daß er ihm denfelben mit eie . 
nem Stuͤcke Landes bezähle, antrage. Ißjaͤſsla w 
nahm dieſen Antrag Roſtislaws, indem er dabey 
eben fo ſeinen Vortheil fand, als Roſtislaw, mit 
Freuden an, und raͤumte ihm Buſchek, Gorodez 
und andere Städte ein, Denn da die tfchernigowis 
(den Zürften bloß darum noch im Kriege wider den 
Groß fuͤrſten verharreten, weil fie auf die Unterftügung 
hoffen, welche ihnen Rosſtislaw zuführen ſollte: fo 
hielten fie in dem Augenblicke, da fie ſahen, daß dieſe 
Hoffnung fehl ſchlug, beym Großfürſten um Fries 
den an, und erlangten folden auf die Verpflichtung, 


nie an einige Ahndung wegen der Abfegung und Er. 


mördung Igors za denken. Gljeben deutete der 
Groß fürſt nun an, daß, da er fih.ols ein fo auf⸗ 
nrichtiger Freund der tſchernigowiſchen Fuͤrſten erwies . 
fen, er von diefen die Vergeltung begehren Fönne, 
‚ von ihm aber ach nichts zu verfpredhen habe. Da 
hierdurch der Großfürft in die Berfaffung gelangte, 
deß ihm Fein Feind, außer dem Zürfen von Guss. 

L 2 


1149 


164 Erſter Abſchnitt. Anfang 


dal, übrig blieb; fo beſchloß er, mit dem Nowg 
dern, die bereits mit dem Zürften von Su 
Krieg führten ‚- ſich zur Ueberziehung dieſes Fei 
in deſſen eigenem Lande zu vereinigen. Die Ki 


bewiefen zwar darin einen anfcheinenden G 


ſam, Iß jaͤslawn wider alle feine Zeinde 
Unterfied zu dienen], daß fie auf feinen 2 
Georgs Gebieth feindlich zu behandeln, fich eı 
ten. Aber auf dem Zuge trugen fie Ißjaͤsle 
vor, daß die ſchlimme Beſchaffenheit der Wegı 
Pferde gelaͤhmt habe, und fie aus diefer Urfad 
nicht unterfänden, ſich mit einem Feinde einzulc 
fehrten folglib , ohne Georgen einigen Schadı 
thun, nad Haufe Die NRomgoroder , meld: 
Großfürft dep diefer Selegenbeit beſuchte, und 
feinen Bruder Smwätopoit , dem er eine q 
Verſorgung gab, feinen Sohn Jaͤroslaw zum 
fen annahmen, konnten allein nichts Erheb 
ausrichten, und die, ‚Größe ihrer Erbitterung 
gegen das arme Land an der Wolga auslaffen 
von fie eine große Strede durd Brennen, Ko 
Morden und Wegführung von 7000 Menſche 
heerien, Raum war der Großfürft aus | 
fruchtloſen Feldzuge 1149 nach Kiew zuruͤckg 
men; fo gaben einige feiner Zeute Roftiglamn 
orgs Sohn, bey ihm als einem Nachſteller 
großfürftlihen Würde an. SBjäslam hiel 
ſes Vorgeben nicht nur für völig gegründet, fo 
ward auch hierdurd fo fehr wider Roftislawn ı 
bradt, dag er ihm nicht aur die gegebenen © 
fondern Auch fein geſammtes Vermoͤgen, nebfl 
feinen Waffen und Pferden nehmen, alle fein 
te feffeln und zerftreuen , ihn ſelbſt abeı 
dreyen davon feinem Vater in einem Kahne | 
cen ließ. Diefes Verfahren Jbijaͤslaws geg 


des ruffifchen Reiches. "165 


nen Sohn Georgs unter ſolchen Umfänden fegte 
Georg Ißjaͤs lawin als gine offenbare Ungerech⸗ 
tigkeit und. Verlegung der einem jedem Stammge⸗ 
noſſen ſchuldigen Achtung zur Laft, und feine Un— 
tertbanen bezeigten ſich auf feinen Vortrag, den er 
an fie that, bereit, ihm mit allen Kräften in der 
Rache über diefe Beleidigung bepzuftehen. stud 
verſtaͤrkten ihn Polowzer und die beyden Swaͤtos⸗ 
lawe, wovon der eine des Großfüͤrſten Wſewolods I. 

Bruder und der andere eben desſelben Sohn war. 

Aber boch taͤuſchte er ſich durch die Hoffnung Ißjaͤslaw 
werde ſich nicht getrauen, ſich ihm zu widerſetzen, 

fondern ihm das Erbiethen entgegen ſchicken, alles 
einzugehen, was Georg von ihm begehren wiirde. 

In der Erwartung einer ſolchen Sefandtfchaft brachte 
er einen ganzen Monath in der Gegend von Bjelas 
weſcha unthätig zu. Nach erlangter Erfenntniß fete 


nes Jrethums richte er vor Perejadlam. Nun vers ' 


Iaugte der Großfuͤrſt die Kiewer ſollten die Waffen er⸗ 
greifen, um dieſen Feind von Perejaslaw wegzuſchla⸗ 
gen. Sie aber wendeten ein, es liege bloß am Großfuͤr⸗ 
fien, mit feinem Verter einen beyden gleich vortheilhaf⸗ 
ten und zutraͤglichen Frieden zu ſchlieſſen. Doch als 
der Großfuͤrſt ſagte, daß Georg durch ſeine Verei⸗ 
nigung mit den allen wladimirſchen Fuͤrſten gehäfe ' 
figen Olgowitſchen und den Polowjern, | Erbfeinden 
des sangen ruffifchen Reichs, überflüiffig offenbare, 

dag er dem Großfürften feinen billigen Frieden an« 
‚ders zugefichen werde, als went man ihn hierzu 
durch einen großen Sien, oder wenigftene durch Dar⸗ 
ſtellung eines maͤchtigen Heeres zwinge; ſo ließen 
fie ſich endlich uͤberreden, daB fie mit ihm nach Pe⸗ 
rejaslaw aufbrachen. Hier ſtieß der Fuͤrſt Ißjaͤslaw 
Davidowitſch gu ihm, und feine Mannſchaft über«. 
traf nun die gegenfeitige an der Zahl, Allein Ge⸗ 


13: 


— 


166 Erſter Abfchnitt: Anfang 


Georg Bielt muthig Stand, und ſtellte ſich il 
Schlachtordnung entgegen. Ißjaͤs la w en 

ſich, ihn anzugreifen, und ertheilte dem B 

von Perejaslam I der ihn mit thraͤnenden 

barh, zu verfuchen, ob er nicht feinen Better 

den Antrag eined guten Zriedend in feinen 7 
verwandeln koͤnne, eine abſchlaͤgige Antwort. 

fahen beyde Heere big gegen Abend einander aı 

Georg bey Anbruch desſelben das feinige 3 

“führte, folgte ihm der Großfürt auf dem 

nah, erlitt aber nach einem heftigen, jedoch 

kurz dauernden Gefechte eine fo große Niede 

daß er nur mit zwey Begleitern unterhalb K 

über den Dujepr flüchtete, auch zu Kiew, ı 
am 23ſten Auguſt anlangte, nicht verharren m 
fondern, was er in größter Eile von Schägei 
fommenbringen und fortſchaffen konnte, mit feine 
mabliun und Kindern gu ſich nahm, und fo 

Luzk sing. | 

Georg wird . Nach feiner Entfernung unterwarfen ſich fi 
—* ee son Perejoslam als. Kiew ihrem Neberwinder Se 
wundenen" der den großfürfifihen Sig zu Kiew ſich 
—— eignete, Perejaslaw aber feinem Sohne Kofi 
iarze eie ertheilte. Der gefluͤchtete Ißjaͤslaw erkaufte 
Großfuͤrſt, zwey pohlniſche Herzoge, Boleslaw IV, und $ 
— richen, auch ungariſche Huͤlfspoͤlker, um fein 
wieder auf lornes Großfuͤrſtenthum wieder gu erlangen. Ge 
den verores faßte den Entſchluß, Ißjaͤslawn aus aßen fe 
gelangt... . Vefigungen zu vertreiben, und trat daher mit 
nem Heere den Weg nah Luz :an.: Als die e 

- Haufen desfelben vor diefer Stadt ankamen, 
Wladimir, des Großfürften Ißjaͤslapw Bruder, 
"den Kriegsvoͤlkern herausgerüdt, ihnen die fer 
Anndherung zu verwehren. Allein Andreas, Geon 
Sohn, fiel ihn fo tapfer an, daß er ihm ı 


des maſiſchen Reiches. Wby 


kurzem Widerſt adr an, den A Ir dfe 
Stadt zu ergreifeh. Ritt der verleitete Andreas das 

uUchermuß feiner Herhhaftigkelt, daß er diefte Fluͤcht 
linge ſo eilig berfoltzte, daß er init zwey Bigleitern 
allenthalben uoh Beiden amtungen und angefallen 
word. Doch var er fo gluͤcklich, daß er weder 


* 


durch die Spieße, init welchen dieſe Feinde auf ihn 


zuſtießen, noch durch die Steinwuͤrfe und Pfeuſh aͤſſt, 
die man aus der Stadt ihm zuſchickte, beſchadigt 


ward, und auf ſrinem verwundeten Pferbe wieder 


gu ſeinem Heere gelangte. Dieſer Beweis einet batk 
nugewohnlichen Verachtumg ber prößteh Sefahr 
erwarb Min beym ganzen Heetr das hoͤchſte An⸗ 


ſehen. Nah einer dreywoͤch entlichen Bekagerung nd 


Ihigte der Waffermangel Ißjaͤslawen, den Fürfen 


von Halitſch zu erſachen, ihm zu dinen Vrrgleiche 


zu verheffra, den ihm Georg, Dip den OEegen 
reden feines Sohnes Roſtiskam and eindger mit ihm 
verbundenen Fuͤrſten, erſt auf viel⸗ Jrvveoche feie 
ned Sohnes Andreas, deſſen Berfiifiangen Durch 


feine kuͤrzlich einieftae Tapferkeit ein vorzkgliches 


Gericht erhielten, zu Pereſopniga anf die Art juges 
ſtand, daß jeder das Land, das er degemwihrtig 
beſaß, behalten, und von den gemälhten. Bauten 
das, was er für fein Eigenthum erkennen, und dar⸗ 
thun würde, zuruͤck nehmen ſollte. Georg ver 
meinte, er Mine ſich den beſtaͤndigen Boſitz des 
Sroßfuͤrſtenthums nicht beffer verſichern, ald. went 
er freywillig feinen älteren Brader Wuͤrſcheslaw zum: 
Mitregenten berief, weiler wohl wußte, daß ben der 


gemein befannten Sehürhsart desſelben diefer bloß 
die Ehre, Großfürf zu heiſſen, geinießen, und ihm al⸗ 


le Gewalt laffen würde, ME er äber dieſes Vor . 


haben. 1150 ausfuͤhrte, erklaͤrten ihm die fiewfchen 
Bojaren, daß fie einem fo föwayen Fuͤrſten das 


1150, 


66 Erſter Abſchnitt, Anfang 


Georg hielt muthig Siand, und ſtellte ſich ih 
Schlachtordnung entgegen. Ißjaͤs law ent 
fich, ihn anzugreifen, uad ertheilte dem B 
von Perejadlam I der. ihn mit thraͤnenden 
bach, zu verfuchen, ob er nicht feinen Better 
den Antrag eines guten Friedens in feinen 7 
verwandeln koͤnne, eine abſchlaͤgige Antwort. 
ſahen beyde Heere bis gegen Abend einander ar 
Georg bey Anbruch desfelben das feinige 3 
führte, folgte ihm der Großfürft auf dem 
nah, erlitt aber nach einem Beftigen „ jedod 
Furz dauernden Gefechte eine fo große Niedei 
daß er nur mit zwey Begleitern unterhalb K 
über den Dnjepr flüchtete, au zu Kiew, n 
am 23ſten Auguſt anlangte, nicht verharren w 
fondern, was er in größter Eile‘ von Schaͤtzen 
fammenbringen und fortfchaffen fonnte, mit feine 
maßlins und Kindern in id nahm, und fo 
Luzk ging. 
Georg wird . Nach feiner Entfernung unterwarfen fi fo 
—* sen Perejaslam als Kiew Ihrem Heberwinder Se 
wundenen’ der den großfürſtlichen Sitz zu Kiew ſich 
—— eignete,. Perejaslaw aber feinem Sohne Kofi 
unge Seit ertheilte. Der geflüchtet Ibjaͤslaw erfaufte 
Großfuͤrſt, zwey pohlnifhe Herzoge, Boleslaw IV. und $ 
— richen, auch ungariſche Huͤlfsvoͤlker, um fein 
wieder auf lornes Großfuͤrſtenthum wieder gu erlaugen. Ge 
ben verlore⸗ faßte den Entſchluß, Ißjaͤslawu aus ahlſen fe 
nen Thron 8 
gelangt... . efigungen zu vertreiben, und trat daher mit 
‚nem Heere den Weg nad Zusk an. Als die e 
- Haufen desfelben vor diefer Stadt anfamen, 
Wladimir, des Großfürften SEjäslarp Bruder, 
. "den Rriegsvölfern berausgerüdt, ihnen bie fer 
Annäherung zu verwehren. Allein Andreas, Be ot 


Sopn, fiel ihn fo tapfer an, daß er ihn ı 


de eu chen Steithes, | W⸗ 


kur zem Widerfihade gran, den oA in die 
Stadt zu ergreifen. Run hder verleitete Andreus bis 
uebermuß ſriner Herzhaftigkeit, daß er diefe Fluͤcht · 
Yinge ſo eilig berfolgte, daß er init zwey Bigleirern 
allenthalben von Feluden amtungen tnd angefallen 
ward. Doch War er To gluͤcklich, das er weder 
durch Die Spieße, init welchen dieſe Keinde auf. th 
gußießen, noch durch die Steinwürfe und Pfeilſchuͤſſe, 
die man aus der Grade ihm zuſchickte, beſchaͤdigt 


ward, and auf feinen verwundeten Pferde wieder 


gu feiner Heere gelangte. Dieſer Beweis einet han 
ungewwöhnligen. Berachtumg dir größten Sefaht 
erwarb Mn beym ganzen Heetr das hoͤchſte An⸗ 


ſehen. Nach einer dreywöthentlichen Belagernug nd 


Ihigte der Waffermangel Hiäslamen, den: Fürften 


von Halitſch gu erfachen, ihm ju einem Veryaleiche 


zu verhelfen, den ihm Georg, Bep den Segen⸗ 
reden feines Sohnes Roſtisban and einiger mit ihn 
verbundenen Fürſten, erſt auf viel⸗ Jaͤroroche ſen 
nes Sohnes Andreas, deſſei Vorſteſtangen durch 


feine kuͤrzlich bewicſene Tapferkeit ein ooizhglides 
Gericht hielten, gu Yerefopniga auf die Art me 


ſtand, daß jeder das Land, daB er gegenw aͤrtig 
beſaß, behalten, and von den gemalhtrn Beuten 
das, was er für fein Eigenthum erfenuen , ind dar⸗ 
thun würde, zuruͤck nehinen ſollte Georg vers 
meinte, er Fünde ſich den beſtaͤndigen Beſitz des 
Ssoßfüremedums nicht beffer verſichern, als wend 
er fregwilkig feinen diteren Brader Wilafdesiaw zum 
. Mitregeniten berief, weil er wohl. wußte, duß dep der 
allgemein befannten Serhürhsart Deöfelben dieſer bloß 
die Ebre, Großfuͤrſt gu heiſſen, geuießen, und ihar: al⸗ 


le Geiwalt laſſen würbe. WS er aber dieſes Vor⸗ 


haben. 1150 ausführte , erklaͤrten ihm die kiewſchen 
Bojaren, daß fie einem fo fhwayen Juͤrſten das 


1150, 


BE 1777 


168 Erſter Abſchnitt. Anfang 


‚Vermögen , fih auf. dem groß wirffichen Thro 


der die Verſuche des ehemahligen Großfuͤrſt 
‚jdslams zu behaunpten, nicht zutraueten, un 
dieſer Urſache, wofern Georg' nicht ohne 

Den regieren wolle, auch Georgen nicht 

behalten, fondern Ißjaͤslawn zuruͤck berufenen 
Obgleich hierauf Georg die WMitrege 
Waͤtſcheslaws wieder aufbob, und diefem 5 
dofür das Fuͤrſtenthum Wiſchegorod einraͤum 
luden doch die. Kiewer Ißjaͤslawn ein, fich 
zu ihrer Beherrſchung einzuſtellen; und obglei 
ſelbe nur mit einem Kleinen Gefolge aulam, fo 
doch Georg ihm weichen, » und: ſich it 
Söhnen nach Gorodez begeben. ..- 

» So bald. nun IEjdslam mieder zu 
auf deut. Throne faß, übergab er das Großf 
thum Öffentlich . Wätfheslamn, dem 
Bruder Georgs: dieſer aber nahm. - fegleid 
jäsTam.n zu ſeinem Sohne om, und eefldr: 
dab er demfelben nicht nur ale Gewalt, fi 


auch die Gemeinfipaft des großfkuͤrſtlichen Ehrı 


mens überlaffe, und aus diefer Urſache wird 


ſcheslaw, ob er gleich von nun an alle Ehrei 


gungen des. ditern Großfuͤrſten genoß, von de 


Aſchen Schriftſtellern nicht unter Die regie 


Großfuͤrſten gezaͤhlet. 

Im Jahre 1154 : erlebte Bid V 
Verdruß, daß die Rowgoroder feinen Sohn 
law nicht laͤnger zu "ihrem Fürſten haben w 
und an deffen Stelle einen Sohn. feines Br 
des Fürſten von Smolenzk, Roman, zu fü 
riefen. Dieſen Verdruß aber verſuͤßte das Bı 
gen, daß ſein Feind Georg, der wider i 
Auzuge begriffen war, durch eine große Worte 
welche fo wohl unter feiner Mannuſchaft als 


des ruſſiſchen Reiches. 169 
ſeinen Pferden einriß, und die geringe Anzahl der 
Polowzer, welche fih zur Verſtaͤrkung feiner Macht 
bey ihm einflellten, genöthigt ward, ohne etwas 
wider ihn zu unterneömen , fi in fein Land zurüd 
iu zieben. Nachdem er. Furz darauf das durch den 
Zod feines Bruders Smwärspolf erledigte Fuͤrſten⸗ 
tum Wolodimer oder Wolodimir in Volhynien ſei⸗ 
nem Sohne Jaͤroslaw gegeben hatte, ſtarb er am 
ıgten November, und Waͤtſcheslaw ernannte mit 
den Kiewern feinen Bruder Roſtislaw, Zärften von 
Smolensf, zu feinem Nachfolger, unter der Bedin- 
gung, daß er Waͤtſcheslawn eben die Ehre erzeigen 
ſollte, die derſelbe von feinem verſtorbenen Bruder 
Ißjdslaw genoſſen hatte. 

Ehe derſelbe dev ihnen anlangte, kam der Furſt Roſtislaw, 
Wiäslam Daoidowiiſch, und ließ in die Stade Bruder Str 
melden, daß man ihm erlauben möchte, den verſtor⸗ 5* deffen 
Denen Sroßfrften auf feinem Grabe im Theodor⸗ Nachfolger. 
fioger zu beweinen. Allein Waͤtſcheslaw und Mfis- 
law, der Sohn des verftorbenen Broßfürften, und 
"ihre Rärhe glaubten, daß er unter dieſem Vorwan⸗ 
de nur darum nad Kiew zu koͤmmen Herkangr, um 
Roſtislawn an der Nachfolge feines‘ Brudes zu vers 
Bindern , und fagten daher, daß es nicht dep ihnen: 
ſtehe, bey den gegenwärtigen bedenklichen Settldufs 
ten, da ihre neuer Großfürft noch nicht im Befige 
feiner Würde fey , ihn in: ihre Stadt zu laſ⸗ 
fen. Bald. hernach Fam Roſftislaw, nachdem er erſt 
eine Reife nahNomgorod, um fich der Zreundfchaft die» 
fe8 mächtigen Staates zu verfihera, gesban, und 
feinen Sohn Roman zu fih genommen, und an def 
fen Stelle einen andern Sohn, Mflislam, ale 
Zürften Binterloffen hatte, zu Kiew an, und ward 
mit allen Zeichen einer aufrichtigen Grgebenheit auf 
genommen, Kaum aber batte er feinen Thron ber 


* 


270 Erfter Abfchnitt. Anfang 
Riegen; fo empfing er zwey Äberans uuan; 
Nachrichten. Die eine überbrachte ihm, feinen al 
zu Nowgorod hinterlaſſenen Sohn Mfisla 
sen die Nowgoröber vertrieben, indem fie a 
Stelle fih von feinem Feinde Georgen einen 
Mſtislaw, zum Fuͤrſten ausbathen, uud dur 
Veränderung dffentlig von feiner Partey 
Seite feines Rebenwerbers um den großfin 
Thron, übersraten. Die andere fehlimme 
richt überbrahte ein Boche feines Botters, d 
ſten von Perejaslaw, welher von hm Hi 
gehrte, weil er mis eigenen Kräften der Mad 
. welder ihn Georg durch feinen Sohn Glj 
griff, nicht gewachſen war. DD gleich die 
voͤlker, welche er, unter Aufuͤhrung ſeines 
Seätosiem nad Perejaslaw ſchickte, mit P 
Vorteile Sch ihres Feinden widerfehzten, fi 


- te ihn Die Wachriht vom Abſterben des — * 





Woͤtſcheslaw, nach Kiew zuruͤck zu gehen, u 

Ausführung dieſer kriegeriſchen Unternehmun 
der dem Fürſten von Tſhernigow fo lanze 
föieben, bis. er.her Reiche feines Wetters die 
renden Ehrenbezeigungen erwieſen, and ander 
falten, die der Zodesfall dieſes Mittegente 
- 3 Riew nothmendie machte, geteoffen hätte. 
Xathſchlaͤge, welche ihn nun einige Kiewer | 
daß er beffer für feinen Vortheil forgen würde, 
er verſuche, ob er fig wicht mie dem Fuͤrſte 
VTTſcheenigow freundſchaftlich fegen koͤnue, blieb 
ihm unwieffam, ob wohl fein ferneres Verhal 
biefer Angelegenheit zeigte, daß er ebei fo. 
Ah dazu ſchickt, feine eigenen Entwürfe zu be 
Relligen , als von andern gegebene Rarhfeldg 
‚zunehmen. Dean in dem Augenblide, als ih 
große Menge Bolomzer ins Oeſicht kam, mit 


des ruffifchen Reiches. 71 
den Glijeb, George Sohn, das Heer feines‘ 


Seindes auf deſſen Herbwprufen vergröffert Hatte, er⸗ 
ſchral er fo fehr, daß ge deinfelben antragen lieh, 
daß, wenn er mis ihm Frieden machen wollte, er 
ihm Kiew und fein Better Mfislaw Perejaslam ab- 
treten würde. - Mſtislawn kraͤukte diefe Verſchen⸗ 
fung feines Eigentums durch einen Vetter, gegen 
den er fih beſtaͤndig als einen eifrigen Freund be⸗ 


wiefen hatte, fo fehr, daß er ihm darüber oͤffentli⸗ 


de Borwürfe machte, und gleih darauf dan Groß⸗ 
fürfen den Rüden wies, und mit allen feinen Triegs⸗ 
völfern " verließ. Diefe Schwaͤchung bewog das 
ganze übrige geoßfürklide Heer, eine glögliche Flut 
ju ergreifen. So gab Roſtislaw ſelbſt einem Zein- 
de, zu deffen Angriff er gekommen war, den Gieg 
über fih, in die Hände, ohne daß er darum zu kaͤm⸗ 
pfen brauchte. Denn die Polowzer fepten jegt den 
Fluͤchtigen nad, tödteten viele, und machten den 
Fuͤrſten Swaͤtoslaw Wſewoloditſch nebſt Andern zu 


Gefangenen. Roſtislaw getrauete ſich nicht eiumahl 


nach Kiew gu gehen, ſondern nahm den Weg über 
Eiuberfh in fein Fürſteuthum Smoleusk. Sein 
Sohn Swaͤtoslaw und der Fuͤrſt von Perejaslaw 
singen zwar nad Kiew, verweilten aber dort nicht 
longe ; and der letztere hielt nun nicht einmahl für moͤg⸗ 
lich ‚- Perejaslam zu behaupten, fondern nahm nur 
fine Gemahlinn aus dieſem Orte gu fi, und bes 


sab fih mir nach Luzk. Da nun die Kiewer keinen 


einzigen Zürften bey fich hatten, und befuͤrchteten, in 


dieſem berrenlofen Stande ein Raub "der Polowzer 


su werden; fo Inden fie JZEjäslamım zu ihrer Bes 


herrſchuns ein, und verlangten fonft nichts von ihm, 


als daß er nerbindere , daß die Polomwger feine Thaͤt⸗ 
lichkeiten in’ ihrem Gebiethe ausüben, möchten. 


® 


172 Erſter Abſchnitt. Anfang 
Ißjaͤtlaw Georg war nicht geſonnen, fo lange er I 
III befteigt irgend ſonſt einem den ruhigen Beſitz des ruſſi 
— * Zhrones zu verſtatten, ug machte ſich daher auf 
großfücftlie Weg nach Kiew, umfih an’ $jdslam 3 Stell 
den Shron. den Thron zu ſetzen. Ißjaͤsla w ſchickte ihw 
gegen, und ließ ihm ſagen, daß er nicht nach 
kiewſchen Throne getrachtet haͤtte, ſondern dur 
Kiewer darauf erhoben worden ſey, und ihn Ge 
gern raͤumen wollte, wenn uur derſelbe ſonſt 

| mehr ihm naͤhme. 

Georg wid . Georg verfprab ihm dieſes, und befi 
en biefes Verſprechen durch eine Heirath feines S 
Groffuͤrſt, Gljebs mit einer Tochter SBjäslams. Da e 
— endlich einmahl wieder feinen Zweck erreicht 
Zobe. M nm dritten Mahle den kiewſchen Thron be 
batte ; fo verforgte er feine Söhne mie Fuͤrſt 
. mern, indem er dem älteflen, Andreas, 
feinem eigenen Fürſtenthume Susdal, Wilde 
Borifen Turow, Gljeden Perejaslam und 
filkon Poruffe erteilte. Das Fuͤrſtenthum dı 
1155. gen, Poruſſe, erlist im naͤchſt folgenden Zahrı 
ſehr viel durch einen Weberfal der Polowze 
weil ihnen fein Widerſtaud gefhahe, nach an 
setem großen Schaden durch Feuer und S 
mit- einer ſehr großen Beute in größter Si 
den Ruͤckweg nach ihrem Lande antraten. 2 
fe dort anlangten, wurden fie bev der Na 
den Berendiern im tiefen Schlafe überfallen 
die mußten fich noch fehr glücklich ſchaͤtzen, 
Leben und Freyheit durch die Flucht retten € 
Denn alle Beute blieb zuräd, und nur ſehr 
Leute entfamen; die übrigen 'alle wurben | 
oder gefangen genommen. Doch bald erſchi 
weit zahlreicher wieder im ruſſiſchen Sebieth 
nun fanden fie die Gelegenheit niht, ohne | 


4 


. bes ruffifhen Neihes. 173 
fahren auszuſetzen, Beute zu erlangen, indem der 
Großfuͤrſt ihnen bep dem Zlecken Kanew ein fo flar« 
kes Heer entgegen ſetzte, daß fie die Befiegung des⸗ 
felben für fehr zweifelhaft achteten, und aus dieſer 
Urſache für eine Schlacht eine gütlihe Unterhande 
lung mit dem Großfürften wählten. Da nun dies 
fer wohl einfahe, daß er durch den größten Sieg 
über dieſes polowziſche Heer nichts gewinnen koͤnne, 
wenn er aber das Kürzere ziehen follte , nicht nur . 
die Polowzer alle Freyheit befämen , feine Staaten . 
weit und breit zu verheeren, foudern auch alle Sür- 
ſten, die bloß wegen feiner jegigen Uebermacht ſich 
fheueten, ihn wegen des Sroßfürftentfums zu bekrie⸗ 
gen, aufwädhen möchten; fo war er zufrieden, ih⸗ 
ren Abzug dur einige Geſchenke und die Be 
fteynug ihrer, bey dem kurz vorher erwähnten Vor⸗ 
falle in die Gewalt der Berendier gerathenen Bits 
brüder zu erlangen. Weil aber die Berendier ſich 
durhaus weigerten, diefe Gefangenen loszulafſen; 
fo befriedigte er die Polowzer durch deſto reichliche ⸗ 
re Beſcenkungen, daß fie ſich erklaͤrten, fuͤr dieß 
Mahl ohne Veruͤbung einiger Feindſeligkeiten nach 
ihren WBohnfigen zu geben, indem fie in der Hoff» 
nung lebten , der Großfuͤrſt werde die Befrepung ihrer 
Landsleute, Die wegen gewiffer Urfachen denfelben ges. 
genwaͤrtig zu leiſten unmöglich falle, gewiß bewerkflelli« 
gen, indem .fie fonft gegwungen werden würden, folde . 
mis den Waffen zu fuchen, und dieſerwegen jest den 
Srieden mit dem @roßfürften nicht abſchließen koͤnn⸗ 
tn. Da er nun fich wenigftend auf eine Zeitlang 
wider die Anfälle diefes auswärtigen Feindes Sicher⸗ 
heit verſchafft zu haben dachte; ſo ſchickte er ein 
Heer aus, Mſtislawn, den Sohu des Großfuͤrſten 
Ißjaͤslaw II. aus allen noch habenden Befigungen 
zu vertreiben; und weil dieſer verzweifelte ibm wie... 


1156. 


174 Erſter Abſchnitt. Anfang 


derſtehen zu koͤnnen, fo rdumte er Pereſopniza, 
nen jegigen Aufenthalt, old einen ganz wnhalt! 


ren Ort, und ſchraͤnkte ſich bloß auf die Behanptu 


von Luzk ein, in welchem feiner Meinung nad | 
Bruder Jaͤroslaw fo lange die Angriffe des geoßfür] 
chen Heeres würde abwehren koͤnnen, bis er feldfl « 
Pohlen eine mächtige Hülfe herbep führen Fön: 
Seine Wuͤuſche wurden erfüle. Denn die d 
Brüder Boles law, Mjecislaw und Heinrich, die 
mahls Pohlen beherrſchten, rückten niit ihm fo fi 


in Rußland ein, daB der Großfärfl den Ausganı 
. ned Krieges für mißlich achtete, und daher lieber 


ſelben durch einen Vergleich mit Mſtislawu beyie 
wollte, Mfislam aber trauete der Aufrichtigkeit d 
felben in der Haltung dieſes Friedens fo wenig, da 
zu feiner Beſchirmung wider einen Friedensbrud 
nen- anfehbulihen Theil der angelommenen pol 


ſchen Huͤlfovoͤlker bey ſich behielt. 


Sur Befeſtigung des großfaͤrſtlichen Zr: 


diente Georgen auch, daß im Jahre 1 15C 


vom conſtantinopolitaniſchen Patriartchen ernär 
ruſſiſcher Metropolit, Conſtantin, zu Kiew 
langte, welcher den verſtorbenen Fijaelan II. au 


Urſache, weil von ihn Clemens ohne Zuziehung 


conſtautinopolitaniſchen Patriarchen zum xuff: 
Metropoliten ernannt worden war, als den I 
ber einer Kirchenſpaltung nach feinem Tode verda 
te, den Metropoliten Clemens feiner Metropol 
fielle, und alle von demfelben in den Prieſterſtand 
genommenen ihrer geiſtlichen Würden entfepte, 


bis zur abgelegten, Bereuung Ihres durch die 


meinfchaft mit dieſem unrehtmäßigen Metrop: 
begangenen Verbrechens mit dem Kirhenbann 
legte. Die Polowzer vergögerren wirklich ihre‘ 
kuuft ins ruſſiſche Oebieih nit lange, und 6 


des ruffifchen Reiches 175 
beiten eine Gegend im refanifchen Fuͤrſtenthume, Bi. 
fraja Sosna, feindlih, wurden aber auf dem Rüd- - 
zuge, da fie nad ihrer Gewohnheit gar Feine, Vor⸗ 
fit anwandten, im Sthlafe überfallen, und mit 
Verluſt alles gemachten Raubes in ihr Land zurüde 
gejagt. Folglich hinderten fie den Broßfürften nicht, 
in Begleitung feiner Söhne und feines Schwiegers 
fobnes, des Fürften von Halitſch, einen Kriegszug 
wider den Fürften Mſtislaw zu thun. Diefer aber hatte 
ih durch Bepbehaltung vieler pohlnifher Krieges 
völfer im fo gute Begenverfaffung geſetzt, daß Georg, ” 
als er ihn in Wladimir belagerte, fo viele Leu⸗ 
te einbüßte, daß er fi erklaͤren mußte, einen guten 
Frieden zuzugeſtehen, falls ihm nur die Ehre erwie⸗ 
Ten. würde, darum angzuhalten, und als Viſtislaw 
dieſes nicht thun wollte, unverrichteter Sade heim» 
zuziehen gezwungen war. — 

Als ſich der Großfuͤrſt durch Die Vorbitte des Me⸗ 
tropoliten and der ganzen Geiſtlichkeit rühren ließ, 
einen in feiner Gefangenſchaft habenden Zürfien, 
Johann Berdfanit, als feinen Gefangenen an 
den vorigen Ort feiner Bewahrung Susdal zur uͤck 
zu ſenden; fo ſezten deufelben auf dem Wege einige hier» 
zu vom Fuͤrſten von Tſchernigow befehligte Soldaten in 
Freyheit, und Bald hernach erfuhr der Großfürſt, 
daß. die Fuͤrſten von Tſchernigow, Nowgorod-Severs⸗ 
und Smeoiensfrin einer Verbindung fländen, des 
un Abfihe dahin gebe, Ihn des Großfürftenthuing 
in berauben. Die Gefahr, welche ihm diefe Ver⸗ 
dindung drohete, verurſachte vermuthlich, daß er ſei⸗ 
nt Reife nach Susdal antrat, um feine beſte Stüge, 
finen direſten Sohn, Andreas, durdy feine Ge 
stnwert dahin zu bereden, Daß er wieder mit ua 
Kiem komnre, und ihn wider die Anfälle eines fo 
maͤchtiges Feiudes vertheidige. Auf dieſer Reife bee 


176 Erſter Abſchnitt. Anfang 


merfte er an beyden Seiten des Fluſſes M 
oder Moskau, mo derfelbe mit dem Neglinn 
Saußa zufammenfließt, und eine von Dieg 
naͤchſten Nachfolger Ruriks, erbauete Stadt 
kau geflanden haben ſoll, fehr ſchoͤne Dörfei 
- erfuhr, als er fih um den Eigenthuͤmer erfu 
daß diefelben einem vornehmen Susdaler, Ste 
Swanowig Kutfhlo, gehörten, von 
Frau man dem Großfürflen, einem großen . 
ber des Schönen Geſchlechts, eine fo reigende 
derung machte, daB er fogleih diefen Kutſch 
feiner Frau berufen ließ, bey ihm als Land: 
die Aufwartung abzulegen. . Allein Kutſchk 
gerte fich, diefem Befehle zu gehorchen, und ge 
 te.bey der Abfertigung, die er bierüber den 
fürſtlichen Abgeſchickten ertheilte, ſolche belei 
Worte, daß der Großfuͤrſt ihn als einen Bel 
der Majefdt einziehen, hinrichten und in eine 
werfen ließ. 

Die Gegend gefiel Georgen fo ſehr, dal 
der Stelle diefer angenehmen Dorfſchaften € 
zerne Stadt unter dem Nahmen Moskau 
und theils durch, Einwohner der eingehenden: 
theild durch andere aus feinem Zürftenthume 
ferte, und feinem Sohne Andreas auftrug, 
- Aufnahme diefer neuen. Stadt nah Möglid 
forgen. Kaum: war .er mit feinem Sohue 
zu Kiew angelommen; fo mußte” er fih 
reitſchaft fegen, wider feine Zeinde, die der S 
der Nowgoroder anfehalich verfiärkt hatte, i 
zu ziehen. Aber die Berhwerden des Alte 
‚die Bekuͤmmerniß über den Ausgang des ihn b 
henden ſchweren Krieges warfen ihn aufs Kranf 
worauf er innerhalb fünf Tagen am ızten | 
einem Alter von 66 Jahren fein Leben endigte. 


— 


— 


des ruſſiſchen Reiches. n 177 u 
. Die Kiewer Siegen gleich nach feinem Tode ih— Itzaelann 
ven Haß gegen ihn aus, indem fie feine Wohnung 11. wird 
piänderten,, die aus feinem Erbfärftenrhume Sus: vum itten 
dal dahin gezogenen Leute umbrachten, und den be» Großfüͤrft 


‚reits in der Nähe fichenden Fuͤrſten Ißjaͤßslawn Kiem | 


muß ab 
von Tſchernigow auf den Thron beriefen, melder Sasfelbe zum 


am ı9fen Map dur einen feperlichen Ginzug ſich Hventen 


anf denfelben fegte; ne an 
Gleich Anfangs behauptete IHjäslam III. auf es Ro: 
ftislaw wies 


Kiew nur eine ſehr kurze Zeit. Denn ale er, er wie erpäte, 
vorgab, im Jahre 1138 zum Beſten des Fuͤrſten 1158. 
Johann Berdlanik. einen Kriegdjug wider den gürs 
fen von Halitſch unternahm , und die meiſten feiner 
bisherigen Bundesgenoſſen, weil fie ſich weigerten, 

in diefem Kriege mit ihm gemeinſchaftliche Sache zu 
machen, mit ſeiner Ahndung drohte; ſo vereinigten 
ſich die Fuͤrſten Mſtislaw von Lugk und deſſen Bas 
tersbruder Wladimir mit ſeintin Feinde, und zo⸗ 
gen ihm mit ihrem Heere entgegen. SP jdslaw IM. 
jeigte nun zwar fo viel Mur, daß er fie zu Biel⸗ 
gorod auffuchte ‚indem er ſich mit dem Gedanken 
ſcheichelte, fie ſaͤmmilich In Diefer Stade einzu 
ſchließen, und durch Hunger zu überwältigen: Da 
hie aber, diefe feine Abſicht zu verhindern, ibm eine 
Golan geliefert Hatten ; ſo gab er, ob ſchon in derfele 
ben FeinTheil den Sieg erhalten hatte, uud ihm den 
Tag bernach der polomgifhe Für Baſchkarad 
12,000 Polowzer zuführte, alles füt verloren, und 
sing mit Abfertigung gefchwinder Bothen an feine 
Genahlion in Kiew, daß fie ſich aus dieſem Drie 
zu feinem Schwiegerſohne Gljeb nah Perejaslaw 
begeben ſollte, ats ein Fluͤſtling nach Some, und 
überließ dadurch -feinen Gegnern die Zrevheit, ſich 
Kiews ohne einigen Widerfiand zu bemächtigen, 
Diefe ſprachen Mſtislawn als einen oh Ißjaͤ⸗ 

veſa. Ru. 1. Band, 





m 


78 Erſter Abfchnitt. Anfang | 


 Taws 11: Kiew gu. Diefer sog alle in Riem Binterlaffee 


nen GSuͤter des flüchtigen SEj ds law III. ein, und 
zwang den Metropoliten Eonftantin, feine Stel» 
le dem von feinem Water ernannten Clemens aufs 


ne zu räumen. ' Weil er aber wohl woßte, daß. 


er bep der Menge ber Fuͤrſten, die. der großfürfili- 
den Würde wegen nad dem Befige von Kiem ſtreb⸗ 
ten, und der Vielheit der. Anhänger bes von ihm 
adgefegten Metropoliten nicht Tange zu Kiew unans 


gefochten regieren würde; fo hielt er es für von 


theilhafter, daß er durch dem: freywilligen Abtritt 
Kiews einen andern Fuͤrſten verpflichte, ihn in Hand⸗ 
habung der großfuͤrſtliches Gerechtſame nach aͤnßer⸗ 
ſten Kräften: zu unterftuͤtzen. Er wählte hierzu ſei⸗ 


nen Bester, den Fürſten von Swolensk, Roſtislaw, 


der es ſchon ein Mahl als. Großfuͤrſt beherrſcht hatte, 
man aber ſich bequemte, unter Mſtislaw zu ſtehen. Aber 
weit. ſchwerer fiel es Mftislamn, von ihm gu verlangen, 
daß er nicht Conſtantin, fondern feinen Clemens für 
den rechtmäßigen Metropoliten anfehen, uud bep dies 
fee Wuͤrde ſchuͤtzen follte, und Mſtislaw mußte ſich 
damit begnügen , daß Rofislam verſprach, feinem 


. von beyden den Maropoliteaftußl in Kiew befigen 
“zu laſſen. 


Spjdslam bemühere fh, das durch bie 
Waffen wieder zu gewinnen , was er dur Anwen 
Bung mehrerer Bedachtſamkeit wohl bitte behalten 
Finnen, und verfuchte mach erhaltener Verſtaͤrkung 
von den Polowzern, dem Swaͤtoslaw Olgowitſch 
Tſchernigow abzunehmen, ward aber von dieſem mit 
dem Bepfſtande der Fuͤrſten Swaͤtoslaw Wſewolo⸗ 
ditſch und Rurik Roſtislawitſch am Desna geſchla⸗ 
gen, und genoͤthigt, zuruͤck zu geben. 

So bald Ißjaͤolaw hoͤrte, daß Swaͤtoslaw Dir 


gowitſch mit feinen eigenen Kriegsvoͤlkern nod Im 


— 


— 


des ruſſiſchen Reiches. | 179 


Felde fiche und über dieß kronk geworden ſey, eilte 
er, ihn zu überfallen. Aber die von den Yordnzies 


henden Polowzerna augerichteten Verwuͤſtungen und 


ongesimdeten Doͤrfer verkuͤndigten ſein Vorhaben ſei⸗ 
nem Feinde, der feine Kriegsvoͤlker in Schlachtord⸗ 
nung fiellte, und die nicht weit entfernten Susdaler 
und Halitſcher an ſich z08. Hierauf rüdte Swaͤtoslaw 
ſeibſt vor, und jagte dur dieſe ſeine Borrüdung 
und Burädtreibung der Polowzer auf ihr. Haupt⸗ 
heer Ißjaͤslawn ſolche Furcht ein, daß er ſein Vor⸗ 
haben anfgab. Doch im folgenden Winter fiel Iß⸗ 


jaͤslaw in das Smolenskiſche, und erlangıe ud 


vom Großfürften Andreas durch eine Heitath 
zwiſchen feinem Bruderſohne Swaͤteslaw ua Mas 
rien, einer Tochter des Großfuͤrſten Andreas, 
Hülfe, zu deſſen Warten Mch. im Jahre 1160 von 
den bisherigen Freunden feines Gegners die. Now⸗ 
goroder uͤbertraten, die ihren Fuͤrſten Swaͤtoslaw 
serfioßen hatten, der fih glüdtih ſchaͤßen mußte, daß 
er feine Berfon wider die Wirkungen der ergrimm 


1160, 


ten Nomgoroder durch Eutweichnug nah — | 


in Sicherheit Braste. 


Zuletzt gewaun Ißj aͤs la w durch bite Sr u 


me fo große. Vortheile, daß Roſtislaw fein Leben 
und feine Freyheit nur dadurch erhalten fonuse, dag 
er fich aus Kiew noch hey Zeiten, und. che Iſſtj ͤs⸗ 
da fich diefer Stade mit Gewalt bemaͤchtigen 
tonnte , nach -Bijelgorod begab, indem. Ißjaüs La 
noch an eben. demſelben Tage Herr won Kiew ward, 


Als aber dieſer ibm nah Bjelgorod nahaing, fam ,-. 


MRislam, des Groptärten I iäslam Ill. Eafa, 


mit. einem Ifjdslaws negenwärtiger Staͤrke fo (che 


überlegenen Heere Roſtislawu zu Hülfe on. daß die 


be Itjaͤslawn befindlichen Berendier aus Vergweif⸗ 


tung, daß der. Here, dem fie jetzt dienten , feinen | 


Ms 


180 Erfter-Abfehnitt. Anfang 


Gegner Die Wage halten koͤnne, zu Mſtislawn über. 
. singen, and denfelben antrieben, ohne Verzug Iß⸗ 
jäslemwn anzugreifen, welcher, weil er fahe, dag ae 
durch feinen Widerfiand fein Unglüd vergrößern 
würde, fogleich die Flucht ergriff. Aber feine Fein⸗ 
de begnügten ſich nicht mit dem Vortheile, daß. er 
vor Ihnen wid, fondern folgten ihm anf dem Zus 
Ge nah, und diefe Verfolgung verurfadhte, daß fein 
Heer fih immer mehr zerfireuete ; und er in Be 
gleltung ſehr weniger Perſonen von einem flärfern 
feindlichen -Haufen eingeholt, und nad viden em⸗ 
Pfangenen fhweren Wunden ‚gefangen genommen 
ward. Es verlieh ihm in feinen letzten Athemuͤ⸗ 
gen einen ſchwachen Zroft, daß .feine Gieger, die 
Fuͤrſten Roſtislaw und Mſtislaw, in eben dem Au⸗ 
genblicke, als er vom Pferde fiel , anf dieſer Stel⸗ 
Te anlaugten, und fein Unglüd bedauerten. Dies 
fer Todesfall gab Roſtislawn Kiew wieder, und im 
Jahre 1461 bewilligte der Großfürk Andreas, 
daß fein Vetter Mſtislav Gmwäsoslarn , Koflis- 
laws Soßne, das duͤrſtenthum Nowgorod aufs 
neue räume, 

Inzwiſchen beſchaͤſtigte ſich der Großfuͤrſt An— 
dreas, den keine Furcht vor feindlichen Verdee⸗ 
rungen hinderte, feine. Winfche, den Wohlfiand 
feines Landes zu erhöhen, in Ausübung zu brin⸗ 

gen, indem er im Jahre 1158 mit der Vergroͤße⸗ 
sung und Derfhönerung des Giges feiner Het 

. (daft, der Stade Wladimir, den Anfang machte. 
1164. Im Jahre 1164 flarb Swaͤtoslaw Olgowiiſch 
lee als Fuͤrſt von Tſchernigow und Nowgorod⸗Severs⸗ 
dem neuen ki. Nah feinem Abſterben ward fein Sohn Oleg 
Pi von Swätoslam Wſewolodowitſch gegwungen , fiß 
* mie Nomwgorod· Severski zu begnͤgen, nnd diepm 
Adarigen abzutreten. Hingegen unternahm der 


des ruſſiſchen Reiches. 181 


Sroßfuͤrſt Audreas in eben dieſem Jahre einen. 


Feldzug wider die Bulgaren, in welchem er nicht 
nur einen großen Sieg über. ihren Zürflen, der nur 
mit wenigen Leuten dem Tode und der Gefangen» 
(daft entfam, erfocht, fondern. au verfhiedene 


Stgdte einaͤſcherte, unter welden eine. Srähimor 


- 


genannt wird. 
Andreas eignete fein ir dieſem Kriege ger 
habtes Gluͤck dem wunderthaͤtigen wladimir ſchen 


Marienbilde zu, welches er in allen Zeldgügen mit 


ſich führte. Er bewirkte diefermegen beym Metropo⸗ 
liten von Kiew, daß nah gehaltenem Einverſtaͤnd⸗ 
aiffe mie dem Patriarchen von Eonflantinopel und 


dem griedifhen Kaifer, welcher an eben dem Zar 


ge einen glei herrlichen Sieg über die Ungldubi« 
gen erfochten hatte, ein jaͤhrliches Daukfeſt in.allen 
ruſſiſchen und griedifhen Staaten auf den ıflen 
Auguſt eingeführt wurde, 

Am Jahre 1166 ſtard der Fuͤrſt Stwälsion 
von Wſchiſchtſche, und der Zürft Swaͤtoslaw Wſe⸗ 
woloditſch bemädtigte fi des ganzen von demfel- 
ben binterlafjenen Landes, welches er unter feinen | 
Bruder und feinen Sohn theilte, ohne. die Anfprüs 
he zu achten, die der Fürf von Nowgorod⸗ Severoki 
auf diefe Erbfhaft machte. Da nun foldergeflalt 
Gwätoslaw feine Degen darin ermwiefene. Bevor, 
theilung jeht mit einer neuen Beleidigung ver» 
srößerte, und Oleg Roſtislaws Schwiegerfohn war; 
fo verfuchte dieſer zufoͤrderſt durch guͤtliche Unterhand⸗ 
lungen mit Swaͤtoslawn, feinem Schwiegerſohne zu 
feinem Rechte zu verhelfen, und, als Swaͤtoslaw 
auf ſeine vielfaͤltige Vorſtellungen immer gleich un⸗ 
beweglich blieb, durch Zuſendung einiger Kriegsvoͤl⸗ 
- Ser Olegen zu verſtaͤrken, damit er fein Recht von 
feinem Gegner erzwingen könne. Dadurch brachte 


En 


166, 


Leßte Bege⸗ 


benheiten 
der Regie⸗ 
un Roſtis⸗ 

s übe 
Kim, 


183 Erſter Abſchnitt. Anfang. 


er es dahin, daß Swätoslam auf feine Vermittlung 
mit feinem Schwiegerſohne ſich betuhigte, und den, 
felben dur Abtretung von vier Städten befriedigte. 
Da nun diefer Krieg fo bald beygelegt ward; fo 
flug den Polompern ihre Hoffaung fehl, denfelden 
dazu zu augen, daß fie durch den Ueberfall einer 
griechiſchen Pflanzſtadt eine gute Beutein ihre Wohn« 
fige bringen Fönnten. Ehe ſie ihr Vorhaben zu bewerk⸗ 
ſtelligen vetmochten, konnte Roſtislaw einen Pohlen, 
Wladislaw, mit hinlaͤnglichen Kriegsvoͤlkern zur 
Beſchuͤzung dieſer Pflanzſtadt entbehren. Roſtislaw⸗ 
Sohn, Roman, dem er Smolensk abgetreten hatte, 
durfte fich mie feinem Hrere nur in Bewegung (een, 
feinem fehr bebrängten Zreunde, Wſeslawu, War 
ſilkos Sohn, ſein ganzes verlornes Land ‚wieder zu 
verſchaffen. Als unn beyde durch den Fluß abges 
fonderse Heere auf einander .fchoffen; fo entſtand um 
Mitternacht ein beftiges Gewitter, deſſen Beröfe 
Wſeslaws Feinde für Bewegungen des zu feiner 

Huͤlfe herankommenden Romans hielten, und, ohne 
- die Wahrheit oder Zalfchheit Diefer Meinung zu un 


tcerſuchen, davon liefen, fo daß Wſeslow ohne eini⸗ 


gen Widerſtand fih feines Laudes wieder bemädti- 
gen konnte. Roſtislam fand jegt bey den ruſſiſchen 
Bürften in fo hohem Aufehen, dag auf fein Verlan⸗ 
sen alle, die sr bey der Zunahme feiner Leibe 
ſchwaͤche nah Kiew verſchricb, fi mit ihren Kriege 
vpoͤlkern einſtellten, um nah feinem Wunſche noch 
vor feinem Tode feine Söhne in den von ihm zu 
getheilten Befigungen Fräftig zu-unserflügen und zu be⸗ 
feinen. Es erſchienen außer dreyen feiner eigenen 
Söhne Rurik, David und Mſtislaw, drey Soͤhne 
des Großfuͤrſten Ißjaͤslaiw II., nahmentlich Mit 
low, Jaͤroslaw und Jaͤropolk, ein Bruder des 
 jipigen Fuͤrſten pon Kiew Wlodimir, ein gleichnab ⸗ 


‘ 


des ruffifchen Reiches. 183 _ 

miger Sopn des Broßjürften Andreas, der Fürft 
Jaͤroslaw Wſewoloditſch, Gljeb, ein Sohn des 
Großfuͤrſten Georg, der Fuͤrſt Sljeb von Gprodey, 
und der Fürfi Johann Georgemwitfch, ein Enkel Jaͤros⸗ 
laws Spwaͤtopoltſchitſch, und Kriegavoͤller von dem. 
Sürften von Halitſch. Mit einem fo große Geſol⸗ 
ge von Fuͤrſten und einem fo auſehnlichen Heere 
ging er, nachdem er im Vorbeyzuge zu Tſchitſchersk 
feines Schwiegerſohns Oleg und gu Smolensk ſeines 
Sohnes Romans Ehrendezeigungen empfaugen und 
fi an den Beweiſen vergnügt hatte, welde die 
Unterthanen biefer Zürften von ihrer Auhaͤnglichkeit 
au fie gaben, nah Nowgorod, wo er von den 
Einwohnern gleichfalls reichliche Geſcheuke und einen _ 
fegerlihen Eid erhielt, feinen Sohn Smwätosiam - 
lebenslang zu ihrem Fürſten behalten zu wollen. 
Hierauf trat er den Ruͤckweg nad Kiew am, in der 
Hoffnung, diefen Sig feiner Herrfchaft noch lebend 
zu erreichen. Aber fo ſehr er auch dahin eilte,. fiber» 
raſchte ihn der Tod auf dem Wege im Dorfe Rogus 
jedina in Szaruſe, wo er am. 2ıfen Raͤrz 1167 1167. 
fein Zeben ſchloß. 
Dos Recht und die Suneigung der Kiener bes Rofislams 
fimmten nun Mſtislawn, des Broßfürfien Ißjaͤs⸗ ne 
law II. Sohn, bie Nachfolge in Kiew, welcher durch defien Ras 
feinen Neffen Wafilko Jaͤvropoltſchitſch ben Behg da toise Kar 
"von ergriff... Allein deffen Vatersbruder Wladimir ı * Ans 
errichtete mit einigen andern Fürſten eine Verbin, dreas von- 
Bung , ihm diefelbe zu entziehen, von welder einige Geiegenheit, 
getrene Kiewer Wafilkon bey deffen Ankunft benach⸗ ats Her 
richtigten, um Mfiislaron gu warnen, daß er fih in über un 
Begenverfoffung feben möchte. : Darauf verfiärkte ſcha 
Mſtislaw feine eigene Macht durch den Beytritt der 
Wfewolodow irfhen , der fuͤuf Regimenter Halltſcher, 
‚einiger litthauiſchen Kriegs voͤlker, wie auch der Be⸗ , 

Ä 1 . 3 


384 Erfter Abfchnitt, Anfang 

.sendier, Torfen und Kiewer. Sein Bruder Jaͤropolk 
ging. mit den Berendiern voraus, und ertappte 
WBlabimirn, der nun, als er fi außer Gtande 
ſahe, e3 wider eine ſolche überlegene Racht feines 
Gegners mit demfelben aufzunehmen, fein Heil in 
einer ſchleunigen Flucht fuchte, bey Zfchernoidub, 
Da aber die Bereudier, deren Herz au Wlabimirn 
hieng, ſich weigerten, denfelben anf feinen Befehl 
anzugreifen, mußte er den Zeind wider feinen Wil⸗ 
len nach Wiſchegorod gehen laſſen. Als Mſtislaw 
mil dem ganzen Übrigen Heere zu ihm geſtoßen war, 
füchte derfelbe Wladimirn zu Wiſchegorod auf, und 
ſtellte bie untreuen Berendier längs dem alle, wo 
fie die erfie Hige des Gefechtes mit feinen Keinden 
aushalten mußten, wodurch fie. bey dem tapfern 
Widerſtaude der Gegner ihre beſten Leute verloren. 
Um folgenden Tage fegte Mſtislaw den Streit wit 
leihen Ernſte fort, und uöthigte dadurch Wladi⸗ 
mirn, ihn um den Frieden und- einen Theil der 
dur Roſtislaws Tod erledigten Länder zu bitten. 
Da nun Mſtislaws Gegenwart zu Kiew jur Be 
feftigung feiner neuen Herrſchaft unumgdnglid noth⸗ 
iwendig war, und derfelbe auch wußte, daß der Groß» 
fürft Andreas die gegenwärtige Keindfeligfeit des 
bereits wider ihn im Kriege begriffenen Feiudes der 
augen und ihn als einen dadurch geſchwaͤchten Geg⸗ 
ner zugleich anfallen werde; fo erfuͤllte er Wladi⸗ 
mirs Begehren, und kam nach Berichtigung dieſer 
Angelegenheit am 19. Map nach Kiew, um dort 
ſeine Regierung anzutreten. Doch konnte er das 
Ungluͤck nicht vermeiden, daß Andreas Selegenheit 
bekam, ihm diefes Fuͤrſtenthum zu entreißen. Die 
erſte Beronlaffung, daß derfelbe wider ihn die Waffes 
“ ergriff, gab ein Zwiſt zwiſchen dem gu Rowgorod 
hereſchenden Zuͤrſten Smwätosiow und den Einwoh 


des ruffifchen Reichs. | 185) 
nera dieſes Fürſtenthums. Denn ‚ale mieſer Fürft 


fich nach Weliki Luki begab, und von dort den Nowe 


gorodern in der Abſicht, daß fie, um ihn zur Rüd- 
kehr gu bewegen, alles abfichen follten, was er an 
ihrem Betrogen gegen. ihn ausfegte, melden ließ, 
er wolle nicht länger ihr Zürft ſeyn; fo .verfammel« 
ten fie ſich unverzüglih vor einem: Marienbilde, 
und ſchwuren, Swäteslawu nicht länger für ihren 


Herrn zu erfennen, und nicht eher zu ruhen, bis 


er über die Grenzen ihres ganzen Fuͤrſtenthums ſeyn 
würde. Smwätoslaw ſahe ſich zu ſchwach, ſich zu We⸗ 


liki Luki wieder ſie zu halten, zog ſich daher, ohne ihren 


Angriff zu erwarten, nach den Uferu der Wolga, 
und forderte vom Großfuͤrſten Andreas und feinen 
eigenen Brüdern Romen und Mſtislaw Beyſtand, 
die Nowgoroder zu beswingen. Die Nomgoroder 


aber beriefen des Großfuͤrſten Mſtislaw Sohn auf : 


ihren Zürftenfiußl, Es vermehrten die zahlreichen 


Kriegsvoͤller, welche Swaͤtoslaw von dem Großfürs 


fen Andreas und aus Smoleunsk erhielt, und ihn 
in den Stand fepten, Novotorg und Weliki Luki 
einzunehmen und einzuäfhern, eine ziemliche Beit 
den NRowgorodern , die Nachricht von dieſer neuen 


Fürſtenwahl an Mfislow zu Überfenden. Endlich 
aber gelang es ihnen doch, fih den Weg zu er - 


oͤffnen, und einige Vorteile über Swaͤtoslaw zu 


gewinnen, der aber doch einen anfehnlichen Theil 


dieſes Zürfteurhums ıheild durch feine Kriegsvoͤlker, 


theils durch die Neigung der in dieſen Deriern woh⸗ 


nenden Zeute behauptete. Andreas entſchloͤß ſich 1168 
zu gleicher Zeit, gls er in dieſer Gegend einen Sohn 
Mſtislaws bekriegte,, den Vater in deffen. Wohn⸗ 


— 


fige Kiew angreifen zu laffen. Bu diefem Vorhaben . 


ermunterte ihn noch mehr der Abfall verschiedener 


bisberiger Yundesgenoffen Rſtislaws und vieler vor 


— 


‘ 
[4 « 


186. Erſter Apfchnitt. Anfang 


nehmen Kiewer, die, weil fie Mſtislaw begangener 
Ungerechtigkeiten wegen aus feinem Dienfle jagte, 
daran arbeiteten, Kiew einen andern Zürften za ge⸗ 
ben, indem fie ſolchergeſtalt ſich ſowohl an Mfis- 
Ion raͤchen, als wieder zu den verlornen Aemtern 
fommen konnten. 

So zahlreich auch das Heer mar, welches Rſtis⸗ 
Lawn mit allem Eruſte in Kiew angriff; fo verthei⸗ 
Digte ſich doch diefer mit. fo vieler Tapferkeit, und 
. die Treue der Einwohner unterfügte ihn fo redlich, 

‚daß man, obgleih die Belagerung ſchon drep Wo: 
den dauerte und Hungersnot) die Belagerten äng- 
fligte, die Gegenwehr fo lange mit dem anfängli- 
en Eifer fortfegte, bis eben die Verraͤther, welde 
durch ihre Ränfe die Bundesgenoffen des Zürften 
von Kiew zu feinen Finden gemacht hatten, den 
Belagereın den Rath zufchrieben, die Stadt an den 
feſteſten Stellen zu beſtuͤrmen; und wenn fie damit 
ale Mannfchaft der Vertheidiger zu derfelben Ber 
ſchühung hierher gegogen haben würden, ploͤtzlich fid 
der dadurch entbloͤßten ſchwaͤcheren Stellen.zu be: 
machtigen. Diefer Anfchlag ward am 8. März mit 
fo gutem Erfolge ins Werk geſtellt, daß der Fuͤrſt 
von Kiew Faum feine sigene Perfon in Sicherheit 
brachte, und mit feinem Bruder Jaͤropolk und we: 
uiger Ronnfchaft nach Wladimir in Bolbpnien eut⸗ 
Fam. Seine Semahlinn und fein Sohn fielen in der 
eroberten Stadt in die Gewalt der Feinde, welche 
ihrem Heere eine dreptägige Plünderung der gauzen 
Stadt verſtatteten, ‚die fich ſelbſt auf die Kirchen und 


Zloͤſter erſtreckte, die man von Vuͤchern, Bildern, 


Prieſterkleidern, dem Gottesdienſte gewidmeten Ge⸗ 
faͤßen und allem, was nur einigen Werth hatte, 
gänzlich entblößte. Nachdem diefe Ausplünderung 
geihrhen war : fo rdumten die Bandesperwandler 


des ruſſiſchen Ariches. 187 


das kiewſche Fuͤrſtenthum dein Zürflen; Sljeb von 
Perejaslam ein, welcher darauf Perejaslaw feinem 
Sohne Wladimir abtrat. Bepden gaben die Por 
lowzer 1170 einen Zuſopruch, indem fi «in fehr 
großes Heer derfelben nach Perejaslaw wandte, nud 
bey Peſotſchua lageite, da sin anderes nicht ſchwaͤ⸗ 
cheres auf der andern Seite des Dnjeprs auf Kiew 
den Weg einſchlug, und zu Korſun ſtehen blieb. 
Bende ließen Gljeben melden, daß fie mir Ihm, als 
aunmehrigeuf Fuͤrſten von Kiew, einen Frieden mar 
den wollten, damit ein Theil ſowohl als der ans 
dere fuͤr Zeindlichkeiten Sicherheit hätte. Gljeb nahm 
diefen Borfhlag an, und erklärte ſich, daß er nah 
ihrem Verlangen mit ihnen -in Unterhandlung freten 
wolle. Weil aber fein Sohn, der Zürfi von Pere⸗ 
jaslaw, ein gwölfjäßriges Rind war, fo achtete er 
der Klugheit gemäß, zufoͤrderſt das im Lande diefes 
anmündigen Fürften ſtehende yolowifche Heer durch 
Abfchliefung eines Vergleiches aus demfelben wege _ 
zubringen, und machte mit den zu Korfun Haltens 
den ab, daß fir hier feine Ruͤkkehr von ihren Landes 
leuten abwarten follten, Diefe kießen fih durch die 
Geſchenke, die er ihnen gab, zur Schlisgung eines 
Vertrages und Ruckkehr in ihre Land vermögen. 
Allein die zu Korſun hielten ihm ihr Wort nicht, - 
fondern rücten nach feinem Abgange nah Perejas⸗ 
law ins Kiewſche, und plünderten die Städte Polon- 
noj nad Semutſch uebfl einer Menge von Flecken 
und Dörfern, weil fie ich zuperfichtlich verſprachen, 
mit dem durch diefe Ylünderungen gefammelten gro» 
Ben Raube eher in ihren Wohnfigen zu feyn, ld 
Stjeb von Perejaslaw zurüdfommen werde. Aber 
fie beſchaͤftigten ſich noch mit ihren Piünderungen,, 
als ‚Bljeb auf dem Rüdwege von Perejaslaw zu 
Prrepetowa onlangte, und hier die Nachricht von 


176 Erſter Abſchnitt. Anfang 


merkte er an benden Seiten des Fluſſes Moskwa 
oder Moskau, wo derſelbe mit dem Reglinsa und 
Sanba zufammenfließt, und eine von Dieg, dem 
nähen Nachfolger Ruriks, erbauete Stadt Mos⸗ 
kau gefianden haben fol, fehr ſchoͤne Dörfer, und 
- erfuhr, als er ih um den Eigenthümer erfundigte, - 
daß diefelben einem voraehmen Susdaler, Stephan 
Jwanowitz Kutſchko, ‚gehörten, von defien 
Frau man dem Großfürftlen, einem großen Eiebha⸗ 
ber des ſchoͤuen Geſchlechts, eine ſo reitzende Schil⸗ 
derung machte. daß er ſogleich dieſen Kutſchko mit 
feiner Frau berufen ließ, bey ihm als Landeshertu 
die Aufwartung abzulegen. . Allein Kutſchko weis 
gerte fich, dDiefem Befehle zu gehorchen, und gebrauch⸗ 
 te.bey der Abfertigung, die er hierüber den groß- 
fürftlichen Abgeſchickten ertheilte, folge beleidigende 
Worte, daß der Großfürft ihn als einen Beleidiger 
der Majeftät einziehen, biurichten und in einen Teich 
werfen ließ. 

Die Gegend. gefiel Georgen ſo ſehr, daß er auf 
der Stelle dieſer angenehmen Dorfſchaften eine hoͤl⸗ 
zerne Stadt unter dem Nahmen Moskau aulegte, 
und theils durch, Einwohner der eingehenden Dörfer, 
theild Durch andere aus feinem Kürftenthume bevoͤl⸗ 
Berte, und feinem Sohne Andreas auftrug, für die 
- Aufaahme diefer neuen. Stadt nah Möglichkeit zu 
forgen. Kaum: war .er mit feinem Sobne wieder. 
zu Kiew angebommen; fo mubte” er fih in Bes 
reitſchaft frgen, wider feine Zeinde, die der Beytritt 
der Nowgoroder anfehalich verfiärkt hatte, ins Feld 
zu ziehen. Aber die Beſchwerden des Alters und 
die Befümmernig über den Ausgang des ihm bevorfie- 
henden ſchweren Krieges warfen ihn aufs Kranfendette, 
worauf er innerhalb fünf Tagen am ısten Map. in 
einem "Alter non 66 Jahren fein Leben endigte. 

WB Die 


des ruſſiſchen Reiches. 177 u 


. Die Kiewer Siegen gleich nach feinem Tode ih» Ibjaͤtlam⸗ 
ren Haß gegen ihn aus, indem fie feine Wohnung Il. wird 
plünderten,, die aus feinem Erbfuͤrſtenthume Sus⸗ —* ritten 
dal dahin gezugenen Leute umbrachten, und den bes Großfürft 
reise in der Nähe fichenden Zürfen Iß jaͤslaw ng Ken / 
von Tſchernigow auf den Thron beriefen, welcher dasfelbe zum 


om ıoten Map dur einen feperlihen Einzug ſich Kurnien 


anf denfelben fepte: u Miehle ‚räus 
Gleich Anfangs behauptete IBjdslam III. auf es Kos 


Kiew.nur eine fehr kurze Zeit. Denn als er, er wie fisfam, wie 


vorgab, im Jahre 1258 zum Bellen des Fürflen 1158. 
Johann Berdlanik einen Kriegsjug wider den Fürs 
len von Halitſch unternahm , nnd die meiften feiner 
bisherigen Bundesgenoffen,, weil fie ſich weigerten, 
in diefem Kriege mit ihm gemeinfgaftliche Sache zu 
machen, mit feiner- Ahadung drohte; ſo wereinigten 
fi die Zürften Mſtislaw won Lupl und deffen Ba» 
teröbruder Wladimir mit feinem Feinde, und zo⸗ 
gen ihm mit ihrem Heere entgegen. JB j ds law II, 
zeigte nun zwar fo viel Much, daß er fie gu Biel». 
gorod aufſuchte, indem er fih mit dem Gedauken 
ſameichelte, fie fömmilich In diefer Stadt einzu 
ſchließen, und durch Hunger zu Überwältigen Da 
fie aber, diefe feine Abſicht zu verhindern, ihm eine . 
Sctlacht geliefert hatten ; fo gab er , ob ſchon in derfele _ 
ben FeinTheilden Sieg erhalten hatte, und ihm dem 
Zag berna der polomgifhe Firft Baſchkarad 
12,000 Polowger zuführte, alles füt verloren, und 
sing mit Mbfertigurig gefchwinder Bothen an feine 
Genchliun in Kiew , daß fie ſich aus dieſem Drie 
zu feinem Schwiegerſohne Gljeb nad Perejaslaw 
begeben follte, als ein Flüftling nah Gome, und 
überließ dadurch feinen Gegnern die Zrevbeit, ſich 
Kiews ohne einigen Widerfiand zu bemaͤchtigen. 
Diele ſprachen Mkislawn- als. einen Gohn Ißaͤt⸗ 
Geſch. Xubl. Pe 7 Te Rn 


178 Erſter Abſchnitt. Anfang | 


laws IT. Kiew zu. Diefer sog alle in Kiew hinterlaſſe 
neh Guͤter des flüchtigen Ißjaslaw EIL ein, und 
zwang den Metropoliten Eonflantin, feine Stel» 
le dem von feinem Vater ernannten Efemens aufs 
neue zu rdumen. Weil er aber wohl mwaßte, daß 
er bep der Menge der Fuͤrſten, die. der großfuͤrſili⸗ 
hen Würde wegen nach dem Befige von Kiew ſireb⸗ 

‚tem, und der Bielheit der. Anhänger bes von ihm 
adgefegten Metropoliten nicht lange zu Kiew unan- 

gefochten regieren würde; fo hielt er es für von 
theilgafter, daß er durch deu: freywilligen Abtritt 
Kiews einen andern Fuͤrſten verpflichte, ihn in. Hand» 
habung der großfuͤrſtlichen Gerechtſame nad oaͤußer⸗ 
ſten Kräften: zu unterſtuͤtzen. Er waͤhlte hierzu ſei⸗ 

nen Vetter, den Fuͤrſten von Swolensk, Roſtislaw, 

der ed ſchon ein Mahl als. Großfuͤrſt beherrſcht hatte, 
mn aber fi bequemte, unter Mſtislaw gu ſtehen. Aber 
weit. fchwerer fiel es Mſtislawn, von ihm zu verlangen, 
daß er nicht Conſtantin, fondern feinen Elemens für 
den rechtmaͤßigen Metropoliten aufehen, uud bep dies 
fer Würde (dügen follte, und Mſtislaw mußte fh 
damit begnligen , daß Roſtislaw verfprach ., feinem 
von beyden den Merropolitenſtuhi in Kiew befigen 
"zu loffen. 

N SHjäslam bemühete ſich, das durch die 
Waffrn wieder gu gewinnen, was er durd Anwen» 
Bung mehrerer Bedachtſamkeit wohl bätte behalten 
koͤnnen, und verfuchte nach erhaltener Verſtaͤrkung 
von den Polowzern, dem Swaͤtoslaw Olgowitſch 

: Xfchernigow abzunehmen, ward aber von dieſem mit 
dem Bepflande der Kürfier Swaͤtoslaw Wſewolo⸗ 
ditſch und Rurif Roſtislawitſch am Desnag geſchla⸗ 
gen, und genoͤthigt, zuruͤck an gehen. 

So bald Ißjaͤslaw hoͤrte, daß Swätoslaw Ol⸗ 

8gowitſq mit feinen eigenen Kriegsvoͤlkern no im 


⸗ 


a 


des ruſſiſchen Reiches. 179 


Felde fiche und über dieg kronk geworden ſey, eilte 
er, ihn gu überfallen. Aber die pon deu voranzie⸗ 


Benden Polowzern angerichteten. Verwuͤſtungen und 


angesimbeten Doͤrfer verfimdigten ſein Vorhaben ſei⸗ 
nem Feinde, der feine Kriegsvoͤlker in Schlachtord⸗ 
nung ſtellte, und die nicht weit entfernten Susdaler 
und Halitſchor an ſich zog. Hierauf ruͤckte Swaͤtoslaw 
ſelbſt vor, und jagte durch dieſe feine Vorrückung 
und Zurůcktreibuug der Polowzer auf iht Haupt⸗ 
heer Ißjaͤslawn ſolche Furcht ein, daß er fein Vor⸗ 
haben aufgab. Doch im folgenden Winter fiel Iß⸗ 


jäslaw in das Smolenskiſche, und erlangte auch 


vom Großfürften Andreas duch einen Heitath 
zwifchen feinem Bruderſohne Smäteslan us Mas 
sien, einer Tochter des Großfhrfen Andreas, 
Hälfe, zu deffen Warten auch im Johre 1160 von 
den bisherigen Zreunden ‚feines Gegners die Noms 
goroder uͤbertraten, die ihren Kürfien. Swaͤtoslaw 
verſtoßen hatten, der ſich glüdfih ſchaͤßen mußte, daß 
er feine Perfon wider die Wirkungen der ergrimm⸗ 
tem Nomgoroder durch Entweichnus nah Smolenaf 
in Sicherheit dracte. 


Zuletzt gewann Ißjadsla w durch drtme Ehre - 


me fo große Vortheile, daß Roſilislaw fein Leben 


und feine Freyheit nur dadurch erhalten fonuse, daß 


er fh aus Kiew noch bey Beiten, und: che Iſj ds 
davw fi diefer Stade mit Gewaltbemaͤchtigen 
fonate , nach -Bjelgorod begab, indem. SHjdslaw 
nord an eben bemfelben Tage Herr non Kiew ward, 


Us aber dieſtr ibm nach Bjelgorod uahging, kam 


1160, 


Mſtislaw, des Großfuͤrſten TE jdslam Til. ohne, . 


mit. einem SEidslams negenwärtiger Staͤrke fo (che an 


überlegenen Heere Roſtislawu zu Huͤlfe on, daß die 


bey Iejdslamn befindlichen Berendier aus. Verzweiſ ⸗⸗ 
tung, daß der Sat, dem fie jene dienten, feinem 


Rs 


2164. 
Kiew räumt 
in der Folge 
Dem neuen 
Brof uͤr⸗ 
nenthume 
Wladimir 


le anlaugten, und fein Unglück bedauerten. 


180 Erſter Abſchnitt. Anfang. 
Gegner die Wage halten koͤnne, zu Mſtislawn i 


gingen, and denfelben antrieben, ohne Verzug 


jaͤslawn anzugreifen, welcher, weil ex. ſahe, da 


durch feinen Widerſtand fein Unglüd vergrö 


würde, fogleich die Flucht ergriff. Aber feine? 
de begnügten ſich nicht mit dem Bortheile, da 
vor ihnen wid, fondern folgten ihn auf dem 
Ge nach, und diefe Verfolgung verurfachte, daß 
Heer ſich Immer mehr jerfiteuete , und er ia 
gleitung ſehr weniger Perfonen von einem fidı 
feindlichen - Haufen eingeholt, und nad vielen 
pfangenen ſchweren Wunden ‚gefangen genom 


ward. Es :verlich ihm in feinen legten Arheı 


gen einen ſchwachen Zroft, daß .feine Sieger, 


Fuͤrſten Rofislew und Mſtislaw, in chen dem 


genblidte, als er vom Pferde fiel , auf diefer. € 


« 


fer Todesfall gab Roſtislawn Kiew wieder, und 


Jahre 1461 bewilligte der Großfürk Andre 


daß fin Vetter Mſtislaw Swaͤtoslawn, Ko 
laws Soßne, das Zurſtenthum Nowsgorod 


nene raͤume. 
Inzwiſchen Sefhäftigte fih der Srößfärf | | 


dreas, den Feine Zurcht vor feindlichen Der 


rungen Hinderte, feine Wuͤnſche, den Wohl 
feines Landes zu erhöhen, in Ausübung zu D 
gen, indem er im Jahre 1158 mit der Bergri 
sung und Verſchoͤnerung des Sitzes feiner H 
ſchaft, der Stadt Wladimir, den Anfang macht 
Im Jahre 1164 flarb Swaͤtoslaw Olgowi 
als Fuͤrſt von Tſchernigow und NRomwgorod»Gevi 
fi, Nach feinem Abflerben wurd fein Sohn & 
von Swätoslam Wfewolodomitfch grzwungen, 
mit Nowgorod⸗Severski zu begnügen, und diel 


den r Somus afgernigen abjntreten. - Hingegen unternahm 


bes ruffifchen Reiches. 181 


Sroßfuͤrſt Andreas in eben diefem Jahre einen. 


Feldzug wider die Bulgaren, in welchem er nicht 
nur einen großen Sieg über. ihren Fürften, der nur 
mit wenigen Leuten dem Tode und der Befangen- 
(haft entfam, erfocht, fondern. auch verſchiedene 


Staͤdte einaͤſcherte, unter welchen eine Braͤchim or 


genannt wird. 
Andreas eignete fin in diefem Kriege ger 
habtes Glück dem wunderthaͤtigen wladimirfhen 


Marienbilde zu, welches er in allen Feldzuͤgen mit 


fi führte. Er bewirkte dieſerwegen beym Metropo⸗ 
liten von Kiew, daß nah gehaltenem Einverſtaͤud⸗ 
niffe mit dem Patriarchen von Eonflantinopel und 
dem griehifhen Kaiſer, welher an eben dem Ta» 
ge einen gleich herrlichen Sieg über die Ungldubi« 
gen erfochten hatte, ein jährliche Dankfeſt in.allen 
enfifchen und griedifchen Staaten ef den ıflen 
Auguſt eingeführt wurde, 

Im Jahre 1166 ſtard der Fuͤrſt Shwälsslow 
von Wſchiſchtſche, und der Zürft Swaͤtoslaw Wſe⸗ 
woloditſch bemaͤchtigte ſich des ganzen von demſel⸗ 


ben hinterlaffenen Landes, welches er unter feinen w 


Bruder und feinen Sohn theilte, ohue die Anſpruͤ⸗ 
de zu achten, die der Zürft von Nowgorod⸗Severski 
auf dieſe Erbfhaft machte. Da aun ſolchergeſtalt 
Swaͤtoslaw feine Olegen darin erwieſene Bevor⸗ 
theilung jegt wit einer nenen Beleidigung ver» 
srößerte, und Dieg Roſtislaws Schwiegerfohn war; 
fo verfuchte dieſer zufoͤrderſt durch guͤtliche Unterhand⸗ 
lungen mit Swaͤtoslawn, feinem Schwiegerfohne zu 
feinem Rechte gu verhelfen, und „ als_Gmwätoslam 
auf feine vielfältige Vorſtellungen immer gleich uns 
beweglich blieb, durch Bufendung einiger Kriegs voͤl⸗ 


- Ber Diegen zu verſtaͤrken, damis er fein Recht vom 


feinem Gegner erzwingen könne, Dadurch brachte 


% 


1166. 
Lepte Bege⸗ 
benheiten 
der Regie⸗ 
rung Roſtis. 

s ube 
Kiew. 


133 Erſter Abſchnitt. Anfang, 


er es dahin, daß Swaͤtoslaw auf feine Verm 
mit feinem Schwiegerfoßne ſich betuhigte, ui 
felben durch Abtretung von vier Städten befr 
Da nun diefer Krieg fo bald bengelegt wa 
flug den Polomzern ihre Hoffnung fehl, de 
Dazu zu nugen, daß fie durch den Ueberfal 
griechiſchen Pflanzſtadt eine gute Beute in ihre 
fiße bringen Rönnten. Chr ſie ihr Vorhaben zu ! 
Reigen vetmochten, konute Roſtislaw einen P 
Wladislaw, mit himlaͤnglichen Kriegsvoͤlker 
Beſchuͤtzung dieſer Pflanzſtadt entbehren. Roſt! 
Sohn, Roman, dem er Swolensk abgetreten 
durfte fi mit feinem Heere nur in Bewegung 
feinem fehr bedrängten Zreunde, Wſeslawu 
ſilkos Sohn, ſein ganzes verlornes Land wiı 
verfhoffen. Als nun beyde durch den Fluß 
ſonderte Heere auf einander. fchoffen; fo entſta 
Mitternacht ein heftiges Gewitter , deffen 

Wſeslaws Feinde für Bewegungen des zu 
Hülfe herankommenden Romans hielten, und 
bie Wahrheit oder Falſchheit biefer Meinung 
terſuchen, davon liefen, fo daß Wſeslow ohı 
gen Widerſtand fih feines Landes wieder be 
gen konnte. Roſtislam fland jegt bey den rul 
Fuͤrſten in fo hohem Aufehen, dag auf fein V 
gen alle, die er bey der Zunahme feiner | 
ſchwaͤche nad Kiew verſchrieb, fi mit ihren 9 
poͤlkern einſtellten, um nah feinem Wunſch 
vor feinem Tode feine Söhne in den von il 
getheilten Befigungen £räftig zu-unterflügen und 
feſtigen. Es erſchienen anßer dreyen feiner € 
Soͤhne Rurik, David und Mſtislaw, drep | 
des Großfuͤrſten Ißjaͤslaiv II., nahmentlic ! 
low, Jaͤroſslaw und Jaͤropolk, ein Brude 
ijttzigen Zürßen pon Kiew Wladimir, ein glei 


4 


des ruſſiſchen Reiches. 183 
miger Sohn des Großfuͤrſten Andreas, der Fuͤrſt 
Jaͤroslaw Wſewoloditſch, Gljeb, ein Sohn des 
Groß fuͤrſten Georg, der Fuͤrſt Sljeb von Gorodez, 
und der Fürft Johann Georgemwitfch, ein Enkel Jaͤro⸗⸗ 
laws Swaͤtopoltſchitſch, und Kriegsvölßer von dem. 
Fürſten von Halitſch. Mit einem fo großen Geſol⸗ 
ge von Fuͤrſten und einem fo anſehnlichen Heere 
sing er, nachdem er im Vorbeyzuge zu Tſchitſchersk 
feines Schwiegerſohns Dliegund gu Smolensf feines 
Sohnes Romans Eprendezeigungen empfaugen und 
fi$ an den Beweiſen vergnügt hatte, welche die 
Unterthanen diefer Fuͤrſten von ihrer Auhaͤuglichkeit 
an fie gaben, nad Nowgorod, wo er non den 
Einwohnern gleichfalls zeichliche Geſcheuke und einen 
feperlihen Eid erhielt, feinen Sohn Smwätoslam - 
lebenslang zu ihrem Pürften behalten zu wollen. 
Hierauf trat er den Ruͤckweg nach Kiew au, in der 
Hoffaung, diefen Sig feiner Herrfchaft noch lebend 
zu erreichen. Aber fo fehr er auch dahin eilte, fiber» 
raſchte ihn der Tod auf dem Wege im Dorfe Rogu- 
jedina In Szaruſe, wo er am. zıflen Maͤrz 1167 1167. 

fein Leben ſchloß. — | 
\ Das Recht und die Suneigung der Kiewer bes Roftislams 
Rimmten ann Mſtislawn, des Großfuͤrſten Ipjde I Dan 


low II. Sohn, bie Nachfolge in Kiew, welcher Durch defien Rach⸗ 


feinen Neffen Wafilto Jaͤropoltſchitſch den Beſitz da» feier Fi 
von ergriff... Allein deſſen Vatersbruder Wladimir firften Uns 
errichtete mit einigen andern Fürften eine Verbin, dreas von- 
dung , ihn diefelbe zu eutzichen,, von welcher einige —— 
getrene Kiewer Wafilkon bey deſſen Ankunft benach⸗ als Ser 
richtigten, um Mſtislawn gu warnen, daß er fih in über Ken 
Begenverfaffung fepen möchte. : Darauf verfiärkte ® falten. 
Mſtislaw feine eigene Macht durch den Beptritt dee - 
Wſewolodow irfchen , der fiiuf Regimenter Halltſcher, 
einiger litthauiſchen Kriegsvoͤlker, wie auch der Be⸗ 


1 





154 Erfker Abſchnitt. Anfang 


‚sendier, Torken und Kiewer. Sein Bruder Jaͤropolk 
ing. mit den Berendiern voraus, und ertappte 
Wladimirn, der nun, als er fih außer Stande 
ſahe, es wider eine ſolche überlegene -Madt feines 
Gegners mis demfelben aufzunehmen, fein Heil in 
einer ſchleunigen Flucht füchte, bey Tfchernoidub. 
Da aber die Berendier, deren Herz an Wladimirn 
Bieng,, ſich weigerten, denfelben anf feinen Befehl 
anzugreifen, mußte er den Feind wider feinen Wil⸗ 
len nach Wiſchegorod gehen Taffen. Als Mſtislaw 
mit dem ganzen uͤbrigen Heere zu ihm geſtoßen war, 
ſuchte derſelbe Wladimirn zu Wiſchegorod auf, und 
ſtellte die untreuen Berendier laͤugs dem Walle, wo 
fie die erſte Hitze des Gefechtes mit feinen Feinden 
aushalsen mußten, wodard fie bey dem tapfern 
Widerſtaude ber Segner ihre beißen Leute verloren. 
Am folgenden Tage fegte Mſtislaw den Streit mit 
aleichem Ernſte fort, und noͤthigte dadurch Wladi⸗ 
mirn, ihn um den Krleden und einen Theil der 
durch Roſtislaws Tod erledigten Länder zu bitten. 
Da nun Midland Gegenwart zu Kiew zur Be 
fetigung feiner neuen Herrſchaft unumgänglich noth⸗ 
wendig war, und derſelbe auch wußte, daß der Groß⸗ 
fürft Andreas die gegenwärtige Keindfeligfeit des 
bereits wider ihn im Kriege begriffenen Zeindes bes 
augen und ihn als einen dadurch geſchwaͤchten Geg⸗ 
ner zugleich anfallen werde; fo erfüllte er Wladi⸗ 
mird Begehren, und kam nach Berichtigung diefer 
Angelegenheit am 19. Map nah Kiew, um dort 
feine Regierung anzutreten. Doch konnte er dag 
Unglüc nicht vermeiden, daß Andreas Gelegenheit 
bekam, ihm dieſes Fürftenchum gu entreißen. Die 
sefle Beranloffung, daß derfelbe wider ihn die Waffen 

“ ergriff, gab ein Zwiſt zwiſchen dem zu Nowgorod 
herſhenden Büren Swätoslow and den Einwoh⸗ 


des ruffifchen Reichs: | 185) 
nern dieſes Fürſtenthums. Denn als dieſer Fuͤrſt 


fich nach Weliki Luki begab, nnd von dort den Nowe . 


gorodern in der Abſicht, daß fie, um ihn zur Rüds 
kehr zu bewegen , alles abfiellen follten, was er an 
ihrem Betrogen gegen. ihn ausfegte, melden ließ, 
er wolle nicht länger ihr Zürft feyn.; fo.verfammel« 
ten fie fich unverzüglich vor einem - Marienbilde, 
und ſchwuren, Swäteslawn nicht länger für ihren 
Herrn zu erfeunen, und nicht eher zu .rußen, bis 
er über die Grenzen. ihres ganzen Fuͤrſtenthums ſeyn 
würde. Swaͤtoslaw fahe ſich zu ſchwach, ſich zu We⸗ 


liki Luki wieder fie zu halten, zog ſich daher, ohne ihren 


Angriff zu erwarten, nach den Ufern der Wolga, 
und forderte vom Großfuͤrſten Andreas und ſeinen 
eigenen Brüdern Romen und Mſtislaw Beyſtand, 
die Nomwgoroder zu bezwingen. Die Nowgoroder 


aber beriefen des Großfuͤrſten Mſtislav Sohn auf - 


ihren Fuͤrſtenſtuhl. Es vermehrten die zahlreichen 


Kriegsvoͤlker, welche Swaͤtoslaw von dem Großfuͤr⸗ 


ſten Andreas und aus Smolensk erhielt, und ihn 
in den Stand ſehten, Novotorg und Weliki Luki 
einzunehmen und einzuaͤſchern, eine ziemliche Zeit 
den Nowgorodern, die Nachricht von dieſer neuen 
Fürſtenwahl au Mſtislaw zu überſenden. Endlich 


aber gelang es ihnen doch, ſich den Weg zu er 


Öffnen , und einige Vortheile über Swaͤtoslaw zu 
gewinnen, der aber doch einen onfehnlichen Theil 
dieſes Fuͤrſtenthums theils Durch feine Kriegsvoͤlker, 
sheils durch die Neigung der in diefen Deriern mob» 
nenden Leute befauptete. Andreas entſchloß ſich 1168 
zu gleicher Zeit, als er in dieſer Gegend einen Sohn 
Mſtislaws bekriegte, den Vater in’ deſſen Wohn⸗ 


fide Kiew angreifen gu laſſen. Zu dieſem Vorhaben 


ermunterte ihn noch mehr der Abfall verſchiedener 


bisheriger Bundesgenoffen Rſtislams und vieler vor⸗ 





‘ 
! ‘ 


186. Erſter Apbſchnitt. Anfang 


nehmen. Kiewer, die, weil fie Mſtislaw begangenen 
Ungerechtigfeiten wegen aus feinem Dienfe jagle, 
daran arbeiteten, Kiew einen andern Fuͤrſten zu ger 
ben, indem fie folhergeflalt ſich ſowohl an Mfis: 
lawn raͤchen, als wieder zu den verlornen Aemtern 
kommen konnten. 

So zahlreich auch das Heer war, welches Arie 
Tamn mit allem Ernſte in Kiew angriff; fo verthei⸗ 
digte ſich doch diefer mit. fo vieler Zapferkelt, und 
die Treue der Einwohner unterfügte ihn fo redlid, 


| ‚daß man, obgleich die Belagerung ‚fchon drey Wo 
chen Dauert und Hungersnoth die Belagerten aͤng⸗ 
ftigte, die Gegenwehr fo lange mit dem anfaͤngli⸗ 


chen Eifer fortfegte, bis eben die Verraͤther, welche 
durch ihre Raͤnke die Bundesgenoffen des Fuͤrſten 
von Kiew zu feinen Flünden gemacht hatten, dem 
Belagerera den Rath sufihrieben, die Stadt an den 


feſteſten Stellen zu beſtuͤrmen; und menn fie damit 


olle Manuſchaft der Vertheidiger zu derfelben Be 
fhügung hierher gezogen haben rohrden , ploͤtlich fid 
Der dadurch entblößten ſchwaͤcheren Stellen. gu de 
maͤchtigen. Diefer Auſchlag ward am 8. März mit 
fo gutem Erfolge ins Werk geſtellt, daß der Fuͤrſt 
von Kiew kaum feine eigene Perfon in Sicherheit 
bradte, und mit feinem Bruder Jaͤropolk und we: 
uiger Rannfchaft nach Wladimir in Bolbpnien eut⸗ 
kam. Seine Semahliun und fein Sohn fielen in der 
eroberten Stadt in die Gewalt der Feinde, welde 
ihrem Heere eine dreytaͤgige Pluͤnderung der ganzen 
Stadt verſtatteten, die fich ſelbſt auf die Kirchen und 
Klöfter erſtreckte, die man von Büchern, Bildern, 
Sriefterfleidern, dem Gottesdienſte gewidmeten Gr 
fäßen und allem. was nur einigen Wert) hatte, 
gänzlich eutblöfte. Nachdem dieſe Ausplünderung 
geihehen war : fo rdumten die Bandesnerwandien 


des enffifchen Reiches. 187 
das kiewſche Fuͤrſtenthum dein Fuͤrſten / Gljeb von 
Perejaslaw ein, welcher darauf Perejaslaw feinem 
Sohne Wladimir abtrat. Beyden gaben die Po⸗ 
lowzer 1170 einen Zuſpruch, indem ſich «in ſehr 
großes Heer derſelben nach Perejaslaw wandte, und 
bey Peſotſchna lageite, da ein: anderes nicht ſchwaͤ⸗ 
cheres auf der andern Seite des Onjeprs auf Kiew 
den Weg einſchlug, und zu Korſuun fiehen blieb. 
Beyde ließen Gljeben melden, daß fie mit ihm, als 
nunmehrigent Fürfien von Kiew, einen Frieden Mar 
den wollten, damit ein Zheil ſowohl als der ans 
dere für Feindlichkeiten Sicherheit Hätte. Gljeb nahm 
diefen Borfhlag an, und erklärte fi, daß er no 
ihrem Verlangen mit ihnen -in Unterhandlung freten 
wolle. Weil aber fein Sohn, der Zürf von Pere⸗ 
jaslaw, ein zwölfjähriges Kind war, fo achtete er. 
der Klugbeit gemäß, zuförderfi das im Lande diefes 
unmündigen Fuͤrſten ſtehende yolomzifche Heer durch 
Abſchließung eines Bergleiches aus demfelben wege 
zubringen, und machte mit den zu Korfun Halten» 
den ab, daß fir hier feine Ruͤckkehr von ihren Lands» 
Ieuten abwarten follten, Diefe fteßen ſich durch die 
Geſchenke, die er ihnen gab, zur Schließung eines 
Vertrages und Ruͤckkehr in ihr Land vermögen. 
Aflein die zu Korſun hielten ihm ihe Wort nicht, 
fondern rüdten nad feinem Abgange nach Perejas⸗ 
law ins Kiewſche, und plünderten die Städte Polone 
noj und Semuͤtſch uebfl einer Menge von Fletken 
nad Dörfera, weil fie fich guperfichtlich verſprachen, 
mit dem durch diefe Plünderungen gefammelten gro» 
Gen Raube eher in ihren Wohnfigen zu ſeyn, als 
Stjeb von Perejaslaw zurädfommen werde. Aber 
fie beſchaͤftigten ſich noch mit ihren Piünderungen , 
old ‚Bljeb auf dem Ruͤckwege von Perejaslaw zu 
Perspetoma anlangte, und bier die Nachricht vog 


188 Erſter Abſchnitt. Anfang 


ihren Zeindfelgfeiten empfing. Auf diefe Rachricht 
fegte er fich fogleih in’ Bereitſchaft, feine geplagten 
Unterthanen aus diefer Bedraͤngniß gu reiten. Aber 
die Berendier fielen ibm in den Zügel feines Pfer⸗ 
Des , und bewirkten durch ihr Zureden, daß er 
ſich gefallen ließ, ehe er diefe Unternehmung erariff, 
mehrere Kriegsoölfer an fih zu sieben, und mittler⸗ 
weile einen feiner Brüder mit einem Theile feiner 
jegigen Maunſchaft abzuſchicken. Sein Bruder Rir 
chael bezeigte ſich willig, mit 100 Perejaslawern 
und 1500 Berendiern dieſen gefahrvollen Auftrag 
zu übernehmen. Die mit ihm vereinigten Beren⸗ 
Dier verbanden mit ihrem Buche eine fo klüge Bor 
ſicht, daß fie den erfien Haufen der Zeinde, der aus 
300 Maun beftand , von den übrigen abſchnitten, 
und ſo von allen Seiten umrangen, daß Fein einziger 
entwifchte, fondern einige wenige Todten audgenom» 
men, alle insgefammt gefangen wurden. Bon diefen 
vernahmen fie, daß die Macht der Polomger noeh‘ 

vooo Manun betrage, und ließen ſich durch Dielen 
Bericht nicht abhalten, ungeachtet einer fo über: 
großen. Ungleichheit, zu derfelben ‚Angriffe mweiter 
fortzuräden,, nachdem fie vorher durch Ermordung 
ihrer Gefangenen fi von der Gefahr befrepet hat⸗ 
ten, daß biefelben während dem Gefechte mit ihren 
Zondslenten fie angreifen möchten. Auf diefem Zu 
se ſtieß der voranzichende Woywode Wolodislaw 
auf einen mit großer Bente belaſteten Schwarm, 
und erſchlug die meiften davon. Aber auch nah 
Diefer anſehalichen Verminderung der Zeinde, welde 
die Ruffen zu bekämpfen Hatten, verblieben dieſel⸗ 
ben dod noch 900 Spieße ſtatk, indeß die Ruſſes 
nur 90 Gpieße zählten. Als aber der Fuͤrſt Ri⸗ 
chael mit den Perejaslawern den erfien Anfall thun 
. wollten; fo verwehrten ihm dieſen die Berendier 


eo 


des ruſſiſchen teiches. 189° 


aus der Urſache, weil, wenn. er mit der Mann 


ſchaft aufgerieben werden möchte, fie ohne Hoffuung 


der mindeſten Rettung verloren gehen müßten, wo⸗ 
gegen , wenn der Angriff der. Berendier ihnen miß⸗ 
linge, der Zürfl. mit den Perejaslawern , als dem 
Kern des ruflifhen Kriegsvolks, Diefelben wider 


eine gänzliche Niederlage deden könne. Doc obgleich 


Michael hierinn den Vorfielungen der Berendier 
nachgab: ſo kam es doc bald zu einem allgemeinen 
Treffen, in welchem bie Streiter beyder Parteyen 


fih mit einander vermengten,, uud der Fürft mit 
zwey Spießen in die Hüfte und dem dritten in den 


Arm verwundet ward, bis zulegt die Ruſſen dem 


Sieg erkaͤmpften, und außer den erſchlagenen Por 
lowzern 1500 derfelben zu Öefangenen. mathten | 


auch alle Beute wieder befamen. 
Der neue Fuͤrſt non Rowgorod, Koman, M Rise. 


\ 


Er —* in 


laws Sohn, behauptete, als er 1168 gleich nad einer ünter, 


feiner Aukunft die Gegenden uͤberzog, welche Swaͤ 
toslama noch für den Fuͤrſten von Nowgorod er⸗ 


nehmMung, 
wider Now⸗ 
gorod einen 


kannten, die Uecberlegenheit über den Feind , wel [che "großen 
her ihm die Einnahme und. Einäfherung: vieler Verluf. 
Dexter im Pleskowiſchen, Polots kiſchen und Tores 


peziſchen nicht verwehren konute, aus welchen vr 
eine reihe Beute und eine große Menge gefangener 
Leute in feine Haupiſtadt brachte. Auch braͤchte im 
Sabre 1169 der aus Nowgorod zur Eintreibung der 
Schatzung von den Unterihanen an der Divina mit 
400 oder zoo Mann ausgefaudte Danislam Laßuti⸗ 
mifh dem . Heere von. 7000 Manu, welches der 
Brogfür Andreas, unter deffen Herrſchaft fi diefe 
Abgefallenen begeben hatten , zu ihrer Unterflügung 
ihnen zuſchickte, und Danislawn bev Bjelofero be⸗ 
gegnete, mit einem kleinem Verluſte von 15 Mann 


eine große Niederlage bey, indem er 1300 Mau 


— 


1169. 


190 Erſter Abfehnitt. Anfang 


södtete, nach welchem Siege die Empoͤrer, welde 
Szawolotſchanen genannt werden, außer Gtonde 
waren, ihm bey Einforderung der fhuldigen Scha⸗ 


hung die mindefle Hinderniß zu verurſachen, wenn 


er nur nach der angerichteten Verheerung der Land: 
(haft fo viel, ald die Summe ſeyn follte, ans dem» 
ſelben hätte zufammen bringen koͤnuen. Allein def+ 
wegen brachtr er doch die ganze Schagung nad 


MNowoorod, indem er fich das Fehlende von deu unter 


1178, 


der Herrſchaft des Großfürften Andreas ſtehenden 
fusdalifhen Bauern erfeßen ließ. Nun brachte der 
Sroßfürft ein überaus zahlreiches Heer zur Be⸗ 


kriegung der Nowgoroder auf die Beine. Denn 


bey feinem Söhne Mſtislaw, den er zum Waführer 
erwäblte, befanden ſich der Zürk von Swolensk, 


deſſen Bruder, Mſtislaw, die polotskiſchen Fuͤrſten, 


die Söhne der Fürfien von Reſan und Murom und 


überhaupt 78 Berfonen vom fuͤrſtlichen Gebläte, 


Eine große Macht verheerte ı 170, ohne daß Ihr irgend» 
mo Widerfiand geſchahe, das ganze Land bis an die 
Mauern der Hauptſtadt Nowgorod, und unternahm 
darauf die Belagerung derfelben,- die Ke mit fo be 
tigen Angriffen führte, dag die Ginwohner verzwei⸗ 


 . felten, ungeachtet fie alle ihre Kräfte anftrengten, 


die Stadt erhalten zu können. Aber der Erzbiſchof 
Johann verfiherte fie durch Erzählung eines ihm 
erfchienenen Gefichtes, dag das in ihrer Marienkirche 
befindliche Hd der Mutter Boftes ihre Stadtmauern 
wider alle feindlihen Unternehmungen befchirmen 
würde. Diefes Wort des. Erzbifchors erweckte den 
bereits faft erflorbenen Muth der Einwohner. Sie 
fiellten. das mundershätige Bild auf die Meutt, 
und obgleich die feindlichen Kriegsvolker aufs def 
tigſte ſtuͤrmten, und ein Pfeilhagel anf die Belagerten 


\ 


des ruffifchen Reiches. 191 


fiel‘, fo wurben doch die Angreifer mit auſehnlichem 
Berlufte abgetrieben. Ä | 

Diefer gute Anfang der Erfüllung des Ber 
ſprechens des Erzbiſchofs floͤßte den Rowgorodern 
das hoͤchſte Vertrauen ein, daß fie nicht nur unter 
Bedecknug ibrer Befeſtigungen den Feinden immer 
gewachſen ſeyen, ſondern dieſelben aud, wenn fie 
ſolche ſelbſt angriffen, beſiegen müßten. Zi dieſer 
gewiſſen Ueberzeugung wagten fie haͤnfige Ausfälle, 
und kehrten alle Mahl nach guter Ausrichtung unbe⸗ 
fhädigt in die Stadt zuruͤck. In dem Maße aber, 
als ihnen dadurch der Muth wuchs, ſaak derfelbe 
bey ihren Begnern; und da noch Dazu bep einer 
langen Dauer des Feldzuges es einer fo großen Mens 
ge Menfchen on Rahrung zu gebrehen anſtug, fo 
hoben fie: plöglich die Belagerung auf, und eilten 
mit Der größten Geſchwindigkeit auq den ‚ganzen 
Romgorodifhen fort. Auf diefem Ruͤckwege buͤßten 
überaus viele durch Kälte. und Hunger. das Leben. 
ein; denn der Hunger plagte fie fo , daß fich der . 
Allergewiſſenhafteſte, wenn er ein Pferd hatte, nicht 
enthalten konnte, obgleich die Faſtenzeit den Ge⸗ 
nuß alles Fleiſches zur Suͤnde machte, durch Pfer⸗ 
defleiſch, welche Speiſe ein jeder Chriſt als ein 
Zeichen bes Uebertritts zum Heidenthume aͤuberſt 
verabſchenete, ſich vom Haugertode zu befreyen. © 


Nichts deſto weniger verwarfen fie ihren Kür Andere von 
ſten Roman, und begehrten für denfelben vom Groß, yemYndreng 


fürften Andreas den Sohn feines Bruders Roſtis⸗ den hier und 


law, Rurifen, zu ibrem Herrn, der am 4. Dciober , b 


feine Regierung antrat. Dadurch warb alfo Andreas Ien gehabten | 
für den unglädlichen Erfolg feines nowgorodiſchen Schaden. 


Krieges reichlich entſchaͤdiget, ſo wie ihm auch darin 
das Blüd diente, daß um eben dieſe HYeit der ebe⸗ 
mahlige Juͤeſt von Kiew, Mſtislam, in feiner jepigen 


198 Erfier Abſchnitt. Anfang“ _ 


Haupiſtadt Wiadimer in Volhynien ſtarb. Die 20. 
Mönzer hingegen legten ın72 während der Zeit, dag 
Gljeb zu Kiew frank lag, infeinen Lande einen feindli» 
hen Beſuch ab, uud madıen Ohne Wiberfand eine 
reihe Beute: 

Der krauke Gljeb F anf die erſte Nachricht 
dieſes Ueberfalls feine Berendiner nud Torken unter 
dem Fürften Michael uud dem Woywoden Wolo⸗ 
dislaw wieder fie aufbrechen, die bey diefem Vor⸗ 
falle gleihe Ehre. einlegten, Doch der Kranke ers 
frenete ſich Bierüber nicht lange, indem er bald nach 
der fiegreichen Rüdkehr feines Bruders am 6. Sep⸗ 
tember fein Leben beſchloß. Andreas befehligte fei- 
nen Sohn Mſtislaw nebſt den Söhnen der Zürflen 
von Reſan und Murom, bey der unbequemſten Wi⸗⸗ 
terszeit einen Feldzug gegen die Bulgaren zu unter⸗ 
nehmen. Aber ſowohl die Heerfuͤhrer als die dazu 
beſtimmte Mannfcdaft befolgten dirſen Befehl, bloß 
um fih nicht durch Öffenbaren Ungehorſam die Un⸗ 
gnade ihres Herrn zuzuziehen, weil fie wegen der 
Zeit, in welcher fie diefen Feldzug thun follten, ſo⸗ 
wohl eisen befchwerlihen Weg hatten, ald au ver⸗ 
zweifelten , etwas auszurichten. ‚Einige Kriegsvoͤl⸗ 
‘fer vergögerten ihre Ankunft gar fo lange, daß 
Mſtislaw, der fchon.einige Wochen, um das ganze 
Beer an fich gu ziehen, ſtill fichen mußte, endlich aber 
fir beffer erkannte, ohne diefe Husgeblicbenen den Feld⸗ 
zug gu unternehmen, als durch ferneres Berweilen 
Gelegenheit zu geben, daß die Bulgaren von. fci« 
nem Borbaben Nachricht ‚befämen, und — 
ſtalten machen Eönnten, da feine ganze. Hoffnung, eis 
nige Epre und Vortheile zu erlangen, darauf berube- 
se, daß er bie Bulgaren in völliger Sicherheit in 
ihren Wohnfigen überfallen moͤchte. Sein Wunf 
| sing im ' Gefüllung. Er ülterrafgte die Bulgeren fo 


ſoren 


des ruſſiſchen Reiches. | 195 
ſchaell, dag fie nicht eher erfuhren, daß die Ruffen 
Feindſeligkeiten ausübten ; bis ach diefe einer Stadt 
uud ſechs größer Sieden bemaͤchtigt hatten, bey 
deren Einnahme fie alle wehrhaften Maͤnner koͤdte⸗ 
ten, die Weiber und Kinder aber zu Gefangenen 
machten, und Mit ich wepführten. So bald die Bul- 
goren nur merken, wie unbetraͤchtlich die Zahl ihrer 


Zeinde fep , faßten fie den Entfchluß, diefelben ans. 


jufallen ; aber es dauerte boch To lange, «he fieihre 
Kriegsvöller aufammen braten, dag Mflisiem, 
der feinen Ruͤckweg befimöglichft beſchleunigte, als fid 
mit einem Heere von 6000 Maun ihm nadhfegten, id 
Sicherheit gelangte. Betraͤchtlicher war ber Nüpen 
des Großfuͤrſten, als die Nowgoroder, da fie ein 


Mißvergnügen auf ihren Fürften Rurik, der ihren 


Poſadnik Schiroblaw feines Amtes entfegt hatte, 
warfen, und ihn durch eine Empbrung don ſeineni 
Zürfienftufle vertrieben, Georgen, einen: leiblichen 
Sohn des Andreas, auf dbenfelben erhoben, Kiew 
ward von ihm unabhängig gemacht. Als der Kürft 
Koman diefes Fürſtenthum Michaeln, in Betrach⸗ 
tung, daß berfelbe darnach ſtrebte, und durch den 
sahlreichen Anhang, den ihm die unter der Regierung 
feines Bruders Gljebs zur Vertheidigung der Kirwer 
wider die Polowzer erwiefene Tapferkeit erwarb, 
ihn leicht davon verdraͤngen moͤchte, ohne Wider⸗ 
ſtand uͤberlaſſen hatte; fo kam der Fuͤrſt David von 
Wiſchegorod heimlich mit einem Heere nach Kiew, 
and fegte fih durch geheimen naͤchtlichen Ueberfall 
ia den Befig diefrs Fuüͤrſtenthums, wobey er fi 
au der Perfonen Wſewolods, eines Bruders des 
Sroßfürfen Andreas, und Jaͤropolks bemddtigte 
Jaͤroslaw ward vom Fuͤrſten von Tſchernigow, Snaͤ⸗ 


toslaw Wſewolodowiiſch, von dem er alle Freund⸗ 


ſchaft erwartete, 1173 ſo undermurhet za Kien uͤber⸗ 
Geſch. Rubl.ı. Band. 2]; 


I 


1375; 


194 Erfter Abſchnitt. Anfang 


fallen, daß er kaum ſeiner Gewalt entrann, und 
feinen ganzen Schatz, der fehr anfehulid war, feine 
Semahlinn, feinen jüngften Sohn, ſeine Kriegs⸗ 
mannſchaft, und feinen gefammten Hofftaat demfelben 
"überlaffen mußte. Doc verließ Swaͤtos law nad ei⸗ 
nem zwölftägigen Aufenthalte Kiew wieder, und 
führte alle feine Gefangenen und die gemadte reie 
de Beute mit fih in fein Land. Kiew hingegen 
blieb nun’ der Ahndung des wegen diefes Ueberfals 
pegen die Einwohner heraus aufgebrachten Jaͤros⸗ 
laws ausgeſtellt, welcher gleich wach Swaͤtoslaws 
Abzuge ganz frey hineinging , und da die Einwoh—⸗ 
rer auf feinen Vorwurf, daß fie Smwätoslamen 
wider ihn herbey gerufen hätten, folglich an ollem 
ſchuldig ſeyen, ihm allen erlitienen Schaden zu erſetzen, 
and alle von Swaͤtoslawn weggefuͤhrten Gefangenen 
zu befteyen, nichts zu ihrer Rechtfertigung vorzu⸗ 
bringen wußten; fo ſchaͤtzte er einen jeden, ohne 
Ausnahme der Hebte, Priefer, Mönche, Nonnen, 
der lateinifhen Chriſten und der fremden Kaufleute, 
nach feinem Belieben, und wer die ihm aufgelegte 
fhwere Schatzung nicht abtrug, ward fo lange ge 
fangen gehalten, bis er bezahle hatte. Weil er aber 
wohl erfannte, daß er nach einem fo harten Ber 
fahren, ſich nicht verfprechen dürfe, den kiewſchen 
Thron behaupten zu Pönnen; fo ließ er fi gefallen, 
dag der Fuͤrſt Roman, welcher vor ihm auf dem: 
felden geſeſſen hatte, denfelben wieder einnähme, und 
sing feinen Feind Swaͤtoslaw in defjen eigenem 
Lande zu befriegen, nad Tſchernigow. 

Er nahm aber bald wahr, daß er wenig von 
ihm werde gewinnen können, und bequemte fi de 
her zu dem Vergleiche, welden ihm Swaͤtoslaw 
antrug, der nad dieſem getroffenen Friedeusſchluſſt 
argriffsweiſe gegen Olegen verfuhr, und, nachdem 


«de ruſſiſchen Reiches. 195 

- er denſelben jur Räumung feines Landes genöthiget 

hatte, ihm in fein. Gebieth nachruͤckte, und dort fuͤr 

den ihm zugefuͤgten Schaden ein Gleiches vergalt. 

Roman trauete fi nicht zu, ohne den Schutz des 

Sroßfürften Andreas fid auf dem kiewſchen Fuͤrſten⸗ 

ſtuhle zu erhalten, und ließ ihn daher erſuchen, ihm zu 

verſtatten, daß er die Regierung dieſes Fürſtenthu⸗ 

mes uͤbernaͤhme. Der Großfürft verſchob feine Ant⸗ 

wort hierüber auf eine Berathſchlagung, die er üͤber 

diefe Sache mit andern Fuürſten anſtellen wollte, 

Bermuthlich ift diefe Antwort nicht erfolgt, weil der - 

Großfürſt Andreas 1174 in der Naht zwifigen dem 

29. und 30. Junius ermordet wurde, 
Mit der Ermordung des Großfünften Andreas Ermordung 

verhielt fi die Sache fo. Man fagt; daß die Groß, des&rokfürs 

fürflinn den erften Gedanken zur Ermordung ihres ſien Andreas 

Gemables gefaßt haͤtte, weil er aus überpannter .' _ 

- Religiofität allen ehelihen Umgang mit ihr aufgab, . .. 

und fie ſich dadurch geringgefhägt zu feyn glaubte, 

In den fuͤrchterlichen Bund des Fuͤrſtenmordes tra⸗ 

sen die Kutſchkowitſchen, dei Großfaͤrſtinn Brüder, 

von denen Andreas einen zum Zode verurtheilte, 

Sie konnten den Tod ihres Baters. Kutſchko nicht 

vergeſſen, den der Großfuͤrſt ebenfalls ermorden ließ. 

Es waren zwanzig Perſonen, welche den Words 

anſchlag im Haufe des großfuͤrſtlichen Haushofmeifters 

verabredeten. Ambal, der Haushofmeifter; übernahm 

das Geſchaͤft, dem Großfuͤrſten das Schwert des 

heiligen Boris, das er beſtaͤndig in feinem Sclafs 

jimmer bey der Hand hatte, heimlich wegzufdaffen, 

und die Großfuͤrſtinn, den Mördern das Schlafge⸗ 

mach zu Öffnen, und dieſelben ſelbſt hinein zu führen. 

Doch entweder muß fie dieß Verfprechen nicht haben 

halten können, oder es war die Thuͤr eines zum. 

Schlafgemache des Großfuͤrſten fahrenden Vorzim⸗ 

"Ra 


| 194 Erfter Abſchnitt. Anfang 


fallen, daß er kaum ſeiner Gewalt entrann, und 


feinen ganzen Schatz, der ſehr anſehnlich war, ſeine 
Gemahlinn, ſeinen juͤngſten Sohn, feine. Kkricco. 
mannſchaft, und ſeinen geſammten Hofſtaat demſelben 


“überlaffen mußte. Doch verließ Swaͤtos law nad ei⸗ 


nem zwoͤlftaͤgigen Aufenthalte Kiew wieder, und 
führte ale feine Gefangenen und die gemadte reis 
he Beute mit fih in fein Land. Kiew Bingegen 
blieb nun: der Ahndung des wegen dieſes Ueberfalls 
pegen die Einwohner überaus aufgebrachten Jaͤros⸗ 
laws ausgeſtellt, welder gleih nach Swaͤtoslaws 
Abzuge ganz frey hineinging, und da die Einwoh⸗ 
wrer auf feinen Vorwurf, daß fie Swaͤtoslawsn 


“ wider ihn herbey gerufen hätten, folglih an allem 


ſchuldig ſeyen, ihm allen erlitienen Schaden zu erſetzen, 
anch alle von Swaͤtoslawn weggefuͤhrten Gefangenen 


gu befrepen, nichts zu ihrer Rechifertigunẽ vorzu⸗ 
- bringen wußten; fo ſchaͤtzte er einen jeden, ohne 


Ausnahme der Aebte, Prieſter, Mönche, Nonnen, 
der lateiniſchen Chriſtn uͤnd der fremden Kaufleute, 
nach feinem Belieben, und wer die ihm aufgelegte 


ſchwere Schogung nit abtrug, ward fo lange ge 


fangen gehalten, bis er bezahle hatte, Weil er aber 
wohl erkannte, daß er nach einem fo harten Ber 
fahren, fih nicht‘ verſprechen dürfe, den kiewſchen 
Thron behaupten gu koͤnnen; fo ließ er fich gefallen, 
daß der Zürft Roman, welder vor ihm auf dem 
felben gefeifen hatte, denfelben wieder einndhme, umd 
sing feinen Feind Swaͤtoslaw in deffen eigenem 


Rande zu befriegen, nad Tſchernigow. 


Er nahm aber bald wahr, daß er wenig von 
ihm werde gewinnen fönnen, und bequeme fih da 


her zu dem WVergleihe, welden .ipm Swaͤtoslaw 
antrug, der nad diefem getroffenen Friedeusſchluſſt 


| argriffsmeife grgen Dfegen verfuhr, und, nachdem 


des ruſſiſchen Reiches. 195 4 
er denſelben zur Räumung feines Landes genöthiget 
hatte, ihm in fein. Gebieth nachruͤckte, und dort fuͤr 
den ihm zugefuͤgten Schaden ein Gleiches vergalt. 
Koman trauete fich nicht zu, ohne den Schutz des 
Sroßfürften Andreas ſich auf dem kiewſchen Fuͤrſten⸗ 
ſtuhle zu erhalten, und ließ ihn Daher erſuchen, ihm zu 
verſtatten, daß er die Regierung dieſes Fürſtenthu⸗ 
mes uͤbernaͤhme. Der Großfürſt verſchob feine Ant⸗ 
wort hieruͤber auf eine Berathſchlagung, die er uͤber 
dieſe Sache mit andern Fürften anſtellen wollte. 
Bermuthlich ift diefe Antwort nicht erfolgt, weil de — 
Großfüuͤrſt Andreas 1174 in der Nacht zwiſchen dem 
29. und go. Junius ermordet wurde, 

Mit der Ermordung des Großfünften Andreas Ermordung 
verhielt fih die Sache fo. Man fagt; daß die Groß- des&rokfürs 
fürflinn de erfien Gedanken zur Ermordung ihres ſlenandceet 
Gemables gefaßt haͤtte, weil er aus überfpannter -' _ 
- Religiofität allen ehelihen Umgang mit ihr aufgab,  ... 
und fie fi dadurch geringgefhägt zu ſeyn glaubte, 
In den fuͤrchterlichen Bund des Fuͤrſtenmordes tra⸗ 
ten die Kniſchkowitſchen, dei Großfuͤrſtinn Brüder, 
von denen Andreas einen zum Zode verurtheilte. 
“ Sie konnten den Tod ihres Vaters Kutſchko nicht 
vergeffen, den der Großfuͤrſt ebenfalls ermorden ließ. 
Es waren zwanzig Perſonen, welche den Mord⸗ 
anſchlag im Haufe des großfuͤrſtlichen Haushofmeiſters 
verabredeten. Ambal, der Haushofmeiſter, übernahm 
das Geſchaͤft, dem Gropfuͤrſten das Schwert des 
heiligen Boris, das er beſtaͤndig in ſeinem Schlaf⸗ 
zimmer bey der Hand hatte, heimlich wegzuſchaffen, 
und die Großfuͤrſtinn, den Moͤrdern das Schlafge⸗ 
mach zu Öffnen, und dieſelben ſelbſt hinein’ zu führen. 
Doch entweder muß fie dieß Verſprechen nit haben 
Balten koͤnnen, oder es war die Thuͤr eines zum. 
Sclafgemache des Großfürſt en fuͤhrenden Vorzim⸗ 

N 2 


196°  Erfter Abſchnitt. Anfang 

mers, die fie deu Mördern oͤffnete. Denn die ge— 

‚waltfame Erbrehung der Thüre des Sdlafgemads 

erregte einen ſolchen Laͤrmen, aß der Großfuͤrſt dar⸗ 

über erwachte, vom Bette auffprang, und nad ſei⸗ 

nem Schwerte griff. Dauer diefes nicht fand, ſtuͤrzte 

er zwar mit bloßen Händen auf die eindringenden 

Mörder, und warf bey feiner großen Leibesſtaͤrke 

einen ju Boden, aber die Abrigen verfegten ihm 

mit Schwertern und Säbela fo viele Wunden, daß 

er wie. todt niederfanf,, und ſeine Angreifer in der 

Meinung , daß fie ihn des Lebens beraubt hätten, 

das Schlafgemach verliefen. Er erhohlte ſich, und 

. war (dom bis in den naͤchſten Vorſaal gekommen, 

als ſein Aechzen ſeinen Nachſtellern verrieth, daß er 

naoch lebte, worauf fie zuruͤckgingen, und, nachdem 

einer ihm Yen rechten Arm abgehauen hatte, ihn mit 
vielen Stichen tödteten. 

ini wegen Auf die erfie Nachricht von feinem Sode ver⸗ 

folge. Fon: fammelten fi die Leute aus den von Ihm. behenrfh- 

ten Zürftenehämern Roſtow, Susdal und Petejas⸗ 

law, in der Abſicht, über die. Moßregeln gu rath⸗ 

flogen, die fie für die unglücklichen Folgen, die 

aus diefem Zodesfalle für fie, ensfpringen könnten, 

"am beften figerten. Denn fie. landen in großer 

Furcht, bey diefem berenlofen Suftande von Ihren 

Rachbarn, den Fürfien von Musom und Refau, an 

gefallen zu werden. Diefe Furcht verurſachte, daß 

fie defto leichter den Vorſchlag den ihnen die reſani⸗ 

(den Sefandten Dedilg und Boris gaben, ‚ihren ers 

ledigten Großfuͤrſtenthron mit einem der Söhne Ro⸗ 

| Rislaws, des Bruders des verfiorbenen. Großfuͤrſten, 

‚ zu befegen ; und fih dadurch die- Sreundfchaft des 

Fürſten von Refan zu erwerben, indem derfelbe eine 

Tochter Roſtislaws zur Gemahlinn hatte, Da nun 

über dieß Roſtislaw bep feinen Lebzeiten ſich ſo be 


! 


des ruffifchen Heiches. 197 
tragen hatte, daß fienfein Sedaͤchtniß noxh ehrten, 
und ſie auch hofften, die Soͤhne dieſes Herrn wuͤr⸗ 
den demſelben „ach ahmen; fo breiten fie dafür, daß _ 
fie die gegenwärtige Noth von der Verbindlichkeit, 
anf des Audreas einzigen ihn überlebenden Sohn, den 
Zürften Genrge von Nowgorod, oder auf Andreens' 
jüngere Brüder Michael und Wſewolod, welden 
legtern fie auf’ Verlangen ihres Vaters des Groß⸗ 
fürften Georg ſchon Treue zugeſchworen hatten, in ' 
Beſehung der durch Andreend Tod erledigten Kür. 
ſtenthümer einiges: Abfehen zu richten, aufs äller⸗ 
vollfommenfie frepfpredhe, indem fie. bey der weiten 
Entfernung aller diefer Fuͤrſten eher von den benach⸗ 
barten Zürflen von Reſan und Murom unterdrückt 
werden koͤnnten, als einer von jenen gu Ihrem Schutze 
anlangte. Sie fandten fogleih eine Geſandtſchaft 
on den Fürſten von Refan, Glieb, durch welche !fie 
demſelben meldeten, daB .fie fih einen voh feinen 
Schwaͤgetu, entweder Mſtislawn oder Jaͤropolken, 
zu ihrem Herrn wünſchten, und ſich ausbaͤthen, daß 
er mit dieſen Geſandten, die weiter von ihm nad 
Tſchernigow, dem gegenmärtigen Aufenthalte der 
neuerwäßlten Fuͤrſten, geben, und fe zur Beſitz⸗ 
nabme des Thrones einladen follten , andere Ge⸗ 
fondten mitſchicken möchte, ihrem DVortrage bey. den 
ernaunten Fürften dur feine Empfehlung mehr 
Rahdrud zu geben. Der Fürft von Refan fdüste ' 
alles, wos diefe Geſandtſchaft von ihm verlangte „ 
für einen Beweis einer großen Achtung gegen feine 
Perſon, willigte daher mit vieler Freude in ihr 
Begehren, and befeftigte fein Verſprechen, ihnen ım 
Allen beförderlih zu ſeyn, mit einem Eidſchwure. 
Wie die Gefandten der durd des Andreas Zod erle⸗ 
digten Staaten nach Tſchernigow kamen; fo- fan« 
den fie außer deu zwey Zürften, die fie zu ihren 


198 Erſter Abſchnitt. Anfang 


‚Herren beriefen, au Michaeln, den Bruder An 
dreens, dort, und dieſes verurfacdhte, dag Mſtis⸗ 
- Tao und Jaͤropolk mit diefem Michael einen Der: 
trag errichteten, daß ſowohl Michagel als deſſen 
Bruder Wſewolod in den gemeinſchaftlichen Beſiz 
der durch Andreens Tod erledigten Fuͤrſterthuͤmer 
aufgenommen werden, und zwey, naͤhmlich Michael, 
dem man den oberſten Rang ertheilte, uud Jaͤ⸗ 
ropolf, gegenwärtig mit den Geſandten abreifen, die 
übriaen beyden aber nachkommen folten. Allein wie 
die Roſtower hiervon hörten; fo verdroß fie es, 
das man ihgen durch dieſen Vertrag über die von 
ihnen erwählten Fuͤrſten noch zwey andere gegeben 
hatte. Sie ließen daher, als Michael und Jaͤropolk 
zn Mosfan angenommen waren, beyde oͤffentlich bit⸗ 
. ten, in diefem Orte fich zu verweilen, in der Stille aber 
Säropoifen einladen, ohne Michaeln etwas wiſſen 
zn laſſen, unverzüglich ſich zu ihnen zu begeben. 
Jaͤropolk willfahrte ihnen, und ward von ihnen mit 
alen Ebrenbezeigungen zu ihrem Fürften angeuom» 
men. Wie Wichael jahe, daß fein Gefährte Jaͤropoll 
aus Moskau gegangen war; ſo verließ er auch dieſe 
Stadt, und nahm feinen Weg nach Wladimir, woer, 
weil fie faſt von allen ihren Vertheidigern entbloͤßt war, 
ohne Widerſtand aufgenommen ward. Die Roſtower 
und Susdaler adhmen dieſe Begebenheit fo had auf, 
daß fie ſogleich mit Zeziehung ihrer Bundesgenoſſen, 
der Reſaner und Muromer, aufbrachen, nicht bloß 
in der Abficht, durch dieſe große Macht den ihnen 


. mißfäligen Michael aus Wladimir zu vertreiben, 


fondern auch die Bewohner diefer Stadt, die fie in 
Verdacht hatten, dog fie durch wii ge Aufnahme 
eines von den übrigen Städten vermworfenen Fürs 
. fin ihrer Stadt nach Andreens Tode den Vorzug 
aufs neue verſchaffen wollten, den die übrigen fo 


N 


des ruffifchen Reiches 19 


lange zu dem Range vor Wladimir berechtigten 
Staͤdte unter Andreas mit größtem Unwillen erdul» 


den mußten, durch gaͤnzliche Einaͤſcherung der Stadt J 


und durch Verſetzung aller Menſchen in den Stand 
der Leibeigenfchaft zu beſtrafen. Da ſie nun mit ſo 


gehaͤſſigen Gefinnungen gegen die Wladimirer dir 


Belagerung ihrer Stadt vornahmen; fo verwandel- 
ten’ fie das ganze Gebieth derfelben in eine Einoͤde. 
Die Stadt vertheidigten die Einwohner fo wohl, daß 
fie diefelbe ungeachtet einer 7 woͤchentlichen Belagerung 


nicht bezwingen fonnten. Doc endlich nöthigte die _ 


Wladimirer der große Hunger, ihren Belagerern 


eine Unterhandlung anzutragen. Sie zeigten fie felbft . 


Michaeln on, daß, fo gern fie auch wuͤnſchten, 


daß ſein mit Mſtislawn und Jaͤropolken über die 
Gemeinſchaft des Befiges der durch Andreeng Tod 
erledigten Länder errichteter Vertrag beftehen blicbe, 


indem fie mit den Perſonen aller vier Fürſten wohl zu⸗ 


frieden ſeyen, er ihnen nicht verdenken koͤnnte, daß ſie 
bey gegenwärtigen Umſtaͤuden ihn erſuchten, ſich von 


ihnen weg zu begeben, weil fie ſich der Macht des 
ganzen Übrigen Landes nicht widerfegen koͤnnten. 


Michael geſtand, daß fie recht hätten, ,-und er nicht t 


befugt ſey, zu verlangen, dag fie feinetwegen und: noch 
dazu, ohne daß er davon Nutzen babe, ſich ins ge⸗ 


wiſſe Verderben ſtuͤrzten, und gewann durch dieſe 


Nachgiebigkeit vollends ihre Herzen, daß ſie ihn mit 
thränenden Augen auf den Weg nah Tſcherni⸗ 
gow Degleiteten. Die Rache ihrer Gegner hatte die 


tapfer Gegenmwehr, die fie ihrer Abfiht entgegen. 


fegten,, fo abgefühlet, daß diefe fih das Erbierhen 
der Wladimirer gefallen ließen, dag fie fich nimmer, 


- 


mehr von ihnen als ihre Unterthanen behandeln laſſen 


wollten, fondern einen von beyden Soͤhnen Roſtis⸗ 


209 Erfter Abſchnitt. Anfang 

laws als ihren gürften iu die Stade- aufnehmen 
wärden.  . 

Und fo holten fie die Fuͤrſten OR stehe und 
Jaͤropolk mit großem Gepraͤnge in ihre Stadt, wo 
Jaͤropolk in der Marienkirche mit allen Keperliclei- 


J sen auf den Fürſtenthron erhoben ward, der sun 


75 


als Fuürſt die Regierung zu Wladimir führte, da fein 
Bruder Mſtislaw folde gu Roſtow verwaltete, doch 
fo, daß beyde in allen Regierungsgefchäften gemein: 
fbaftli Handeln ſollten. Doc diefe Fürften, wel: 
de noch junge Herren waren, gaben ihren Bojaren 
zu viel Gehör, die bloß auf ihre eigene Erhöhung 
und Bereicherung ihr Augenmerk richteten, und vw; 
diefer Urfache 1175 ihre Fuürſten verleiteten, ihrent⸗ 


wegen die übrigen Unterthbanen zu drüden, die 


Städte unter dem Rahmen, dag fis gewiſſe recht⸗ 
mäßige Auflagen von deuſelben ziehen follten, ihnen 
gleichfam zur wißfürliden Beraubung zu überlaſ⸗ 
fen, nud alle ihnen anftändigen Laͤndereyen den wahr 
ren Eigenthuͤmern um ein geringes Geld unter dem 
Borwande eines gefegmäßigen Kaufes zu entziehen. 
Die größte Schwere diefer Unterdruͤckungen aberbuo. 
traf die Wladimirer, indem die Großen, welche die 


‚ Urheber davon waren, die mißgänftigen Gefinnun- 


gen der ditern' Srädte Noſtow und Susdal gegen 


das ſchunelle Aufkommen dieſer neuen Stadt kannten, 


ud wohl wußten, daß dieſe, ſtatt ihr einige Huͤlfe, 
fie von gewaltſamen Erpreſſungen zu befrepen, zu 


Teilen, folche durch eine verſtellte Unwiſſenbeit oder 


durch das Borfhügen, daß die Klagen der Wla⸗ 
dimirer keinen Grund hätten, unter der Hapd be 
günftigen würden. In diefer Voransfegung erdreis 
ſteten fie ſich, ſogar det. Marienfirhe zu Wladimir 
die ihr nom Großfürflen Andreas guerfannten Laͤn⸗ 
derenen und @inkünfte zu entziehen, und. nad det 


t 


des ruſſiſchen Reiches. ser 
Bemaͤchtigung der Schlüffel zu ihrem Kircheuſchatze 
nad ihrem Gefallen das Silber und Gold aus der 
Kirche weggunehmen, Die Wladimirer oder ſchwie⸗ 
gen dazu nicht, ſondern da fie in der Ueberzeugung 
ſtauden, daß fie zwar Unterthanen, aber nicht Leibe 
eigene ihrer Fürſten, nad nur in fo fern an den deu⸗ 
felben geleifteten Treueid gebunden ſepen, als die 
Zürften die ihwen eidlich gegebene Verſicherung, fie 
bey allen Redten zu erhalten, unverbrüchlich hielten; 
fo brachten fie Anfangs ihre Beſchwerden über diefe of⸗ 
fenbaren Ungerechtigkeiten vor. Die Roſtower und Guss 
daler, und erſuchten diefe, nehſt ihnen die Abhelfung 
derfelben bey den Zürften zu bewirken. 

Michael, der für den großfürkligen Thron — ge 
ins Zeld zog, war fo glüdlih, ohne alles Blut⸗ Dberhank, 
vergießen ‚\ feine Gegner flichen zu ſehen, und die . 
Obergewalt über die ruffifhen Staaten zu behaupten, 

Sein erftes Werk bey feiner Thronbeſteigung war, der 
Marienkirche alle ihr gehörigen widerrechtlich eutzp⸗ 
gener Befihungen und Einkünfte zurück zu geben. 

| Bald darauf trugen ihm. auch die Susdaler 
freywillig unter Borfhüpung der Eutfduldigung, 

daß bloß ihre Bojaren fie bewogen hätten, gegen ihre 
Teigung zum Bortheile Mſtislaws wider ihn ins 

Held zu ziehen, und darauf auch die Roſtower bie 
Herrſchaft über ſich an. Ob er ſich aber glei be⸗ 
ſtrebte, durch eine guͤtige Behandlung dicfer neuen 
Untertanen die Herzen derfelben ih und feinem 
Bruder, als feinem nähflen Erben, den er mittler⸗ 
weile mit Perejaslam verforgte, auf immer zu ver 
fihern,, auch den Fuͤrſten von Refon aus zuſoͤhnen 
trachtete, fo offenbarsefich doch nach feinem Tode, der fi . 
am 20. Janius 3176 gu Gorodez au der Wolga 1176: 
ereiguese, Daß die Roſtower, ungeachtet ihrer feige | 


so2 Erſter Abſchnitt. Anfang 


boren Unterwürfigfeit unter Michaels Herrſchaft, 
ihren vorigen Fürſten ergeben blieben. 


Ns Mi- - Da die Wladimirer mit vielen Freuden W f es 
acid Tode woloden und deſſen Söhnen hüldigten mel» 


» behauptet 
fih defien 


er neue Fuͤrſt alle Theilnehmer an der Ermordung 


BruderWfes feines Bruders Andreas mit dem Zode beftrafen 


wolod wider 
feine Geg⸗ 


ließ fo holten die Bojaren von Roſtow unverzüglich 
Mfiislamn auf Nowsgorod zu fich, und meldeten 
ihm, daß die geſammten Einwohner ihres Fuͤrſten⸗ 
ihums, fo lange er lebe, nie einen andern Herrn 
erfennen würden. Go bald er auch hierauf nach 
Roſtow gefommen war, bewies ihm der Augen» 
fhein die Wahrheit des Ber vtes der; roſto⸗ 
wifchen Bojaren, indem die Roftower nicht nur ihm 
fogleih huldigten, fondern auch aufs beftigfie ans 
trieben, ſogleich an ihrer Spige die Wladimirer zu 
zwingen, gleich ihnen Wfemwoloden zu verſtoßen. 


—Wſewolod ſetzte fih nun war mit den auf ſei⸗ 


ner Seite chenden Wladimirern und Perejaslawern 
in Gegenverfaſſung, um Gewalt mit Gewalt vers 
treiben zu Binnen, that aber feinem  &eguer den 


"Antrag zu einem glrlichen Vergleiche, daß jeder 


wor ihnen über die Unterthanen, die ihn freywillig 
erwählt hätten, die Kegierung führen, die Sache 
wegen Susdal fo Tange unentfhieden laſſen, bis die 
Einwohner diefes Fürſtenthums ihre Wahl getrofs 
fen hätten, Mſtislew vorjegt mit feinem Heere nad 
Roſtow zurücgehen, und zu Roſtow der vollkom⸗ 
mene Friedensvergleich geſchloſſen werden ſollte. 
Wenn Mfislam gleich geneigt gewefen wäre, fich 
mit Wfemwoloden zu vergleichen; fo durfte er 
fich doch eine folde Sefinnung nicht merken laſſen, 
indem die Roſtower ihm ins Geficht fagten, daß, 
wenn er fih gleich mit Wfemwoloden vergleichen 
wollte, fie doch einen Vergleich nimmermehr geueh» 


des ruſſiſchen Reiches. 203 


migen würden, durch welchen die Wladimirer den 
Vortheil gewännen , dag man ihnen, die doch ſchul⸗ 
dig ſeyen ohne Widerrede allen Scluͤſſen der aͤl⸗ 
teren Staͤdte beyzutreten, die Freyheit, von denſel⸗ 
ſelben nach Belieben abzuweichen, zugeftände. Doch 
(deines Wfemwolod-noc die Hoffaung behalten zu 
haben, es werde ihm gelingen „, Mfislamn einen 
Vergleich annehnlih zu maden; ja Wf ewolod 
ſcheint gar gefinnt gewefen zu ſeyn, in diefer Ab | 
fit ſelbſt nah Roflow zu einer mündlichen Unter: 
handlung zu geben. Allein die Wladimirer waren 
der Meinung, dag Wfewol.od zu diefer Hoffuung, 
nicht den mindeften Grund habe, fondern kein an» 
derer Weg, ihn den Befitz des Fürftenthumd Wlas 
dimir zu fihern, und deffen Einwohnern ihre Ge⸗ 
rechrfame zu erhalten, vorhanden fen, als daß man mit - 
Miiislaw fhlage, und denfelben überwinde. Durch 

Dieb ihre Zureden lieb ih Wſewolod bemegen, 

zu Lieferung einer Shladt under den Nerljä gu ges 
ben, die uun am 27ſten Junius auf dem Felde bey 
Jurjew vor fih ging, da Wſewolod einen herr⸗ 
lichen Sieg ohne einigen Verluſt erfocht, ine 
dem er fehr viele Feinde tödtete, ‚noch mehrere. 
aber und darunter verſchiedene Bojaren und ans 
dere Vornehme zu Gefangenen madhte, und mil 
einer fehr anfehnlichen Beute, die er in den durch 
dieſe Niederlage von Vertheidigern entbloͤßten 
Schloͤſſern und Dörfern antraf, mit fih nah Wla⸗ 
dimir brachte. Mſtislaw getrauete fi jegt, ob 
ibn . glei ‚gegenwärtig. Wfemolod mit nad. 
Roſtow nachging, doch nicht in diefer Stadt zu - 
verharren, fondern begab ſich nach Nowgorod. — 
Die Einwohner dieſes Fürſtenthums bezeigten nicht 
die geringſte Luſt, ihm in ſeinem Streite mit 
Wſewolod befoͤrderlich zu ſeyn, da fie ihm 


2177. 


204 Erſter Abſchnitt. Anfang 


vielmehr darüber einen "Vorwurf: machten, daß 
er, obne fie zu befragen, denfelben übernommen . 
habe , und ihm Tagten , daB er, damit fe 
wolod fie nicht ſeinetwegen feindlich zu behandeln 


uUrſache babe, nebſt feinem Sohne, ihrem gegen: 


waͤrtigen Fürſten, ſie verlaſſen ſolle, worauf er 
den ihm von ihnen verfagten Beyfiand bey feinem 
Schwager, dem Zürflen von Refan , fuchte und 
erhielt, indem diefer mit einem Heere das Gebieth 
Wſewolods überzog, uud in dieſem Ueberfalle 


ſowohl die Stade Moskau als die umllegenden Die 


fer einäfherte, und von Wfew ol o d uaangeſochten 
in fein Land zurückging. 

als Wſfewolod auf dieſe Nachricht von 
dieſer Feindſeligkeit aufgebrochen war, ſich zu 
widerſezen: fo bekam er eine Bothſchaft von den 


Nomgorodern, die. den Auftrag hatte, zu melden, | 


daß fie Wfewolods Sohn Jaroslawn zu 
ihrem Fürften ernannt hätten, von ihm zu begeh⸗ 
ven, daß dr feinen Kriegszug wider den Zürften 
von Refan fo Lange verfchichen möchte, bis ihr 
Kriegsvoͤlker, die fie ihm hierzu geben wollten, ihn 


verſtaͤrkt haben würden. : Auf dieſem Kriegöuge 


empfing er 1177 die Nachricht, Daß fein Gegner 
durch einen andern Weg ins Wladimirfche einge 
ruͤckt ſey, und dort durch die bey ibm habenden 


Polomzer die ſchrecklichſten Gewaltthaͤtigkeiten und 


Verheerungen anrichte, auch ſogar der Kirchen nicht 
einmahl ſchöue, indem er nuter vielen: andern die 


vom Großfuͤrſten Andreas mit großen Koſtbarkeiten 


ausgeſchmuͤckte Kirche zu. Bogolubsk erbrechen und 


auspluͤndern laſſen. Dieſer Bericht verurſachte, dab 


Wfemwolod in fein Land zuruͤckkehrte. Er war auch 
fo glůcklich, daß er feinen Feind mit dem daraus 


gegogenen Ranbe noch darin antraf. ‘Das dünn! 





des ruſfiſchen Reichs. 205 


Eis auf dem Zluffe Kolakſcha, der beyde von einan⸗ 
der trennte, verwehrte zwar einen ganjen Monath 
ihr Zuſammenſtoßen. Als aber das Eis feſter wur⸗ 
de, ſandte Wſewolod am zoten Zebruar feineg 
Reffen Wladimir Gljebowitſch über deu Fluß 
welchem Gijeb feinen Schwager Mſtislaw entgegen 
ſtellte, feldft aber anf die andere Geite des Fluſſes 
gins, in der Abſicht, bier ſich mit Wfewoloden 
in eine Schlacht einzulaſſen. Als er aber fih dem» 
felben,, der anf dem Berge Prustowe fand, bis 
auf rinen Bogenfhuß genaͤhert harte, fühe er, daß 
anf der andern Seite des Fluſſes Mſtislaw die 
Flucht ergriffen Habe, und dieſes verurſachte, daß 
er, ſo ungern ers auch that, nach einem karzen 
Stillſtehen gleichfalls als ein Fluͤchtiger wegeilte. 
So ſiegte Wſewolod wieder, ohne daß ihm der 
Sieg ſchwer gemacht ward, bezeigte fih aber nad 
Diefem erlangten großen Vortheile durch fein Ver⸗ 
halten gegen. die Ueberwundenen würdig, benfelben 
esbalten zu haben. Denn er ließ feine Kriegsvoͤlker 
bloß die Volomzer, als lauter Räuber, niederhauen ; 
von allen übrigen Zeinden erhielt er fo vielen das 
Leben, als er bey dee. großen Erbitterung der Sei⸗ 
nigen ihrem Zorne entziehen konnte. Von der gro» 
Gen Menge diefer Gefangenen ließ er nur den Ge⸗ 
meinen oder folden, die durch ihre Verhetzungen 
oder große Gewaltthaten ihren Rang ſelbſt verun⸗ 
ehrt hatten, Feſſeln anlegen; dem Zürfen Gljeb, 
deffen Sohne Roman, und defien Schwager Mjligs 
law und vielen andeın hingegen begegnete er fo geline . 
de, daß er fie nur auf allen ihren Schritten bewa⸗ 
deu ließ. Mfiislams Bruder Jdropolf war zu Res 
fon, uad Wſewolod lieg ihn dort, ohne feinen 
Aufenchalt zu beunrupigen. Allein Wſewolods 
Warerthanen erregen den, dritten Zug nad, ber 


— 


1179 


1180. 


908 Erfter Abſchnitt. Anfang 


fe glaubten, daß er Wfewoloden nicht miß⸗ 
falle, naͤhmlich den Fuͤrſten Roman Roſtislawitſch 
von Smolensk; als aber dieſer bald nach feiner Ans 
Bunft zu Homgorod 1179 diefes Furſtenthum auf⸗ 
gab, deſſen Bruder Mſtislaw, der am iten Ro 
vemder zu ihnen kam, und, nachdem er die be 
nachbarten Tſchuden oder Eſthen, welche einige Zeit 
lang durch oͤftere @infälle ihnen betraͤchlichen Scha⸗ 
den gethan hatten, im ihren Wohnfigen durch Feuer 
und Schwert gezüchtige und bis an bie See ge 
jagt hatte, wo er noch in einem Gefechte vide er⸗ 
ſchlug, am 14ten Junius 1180 verſtarb, Wladi⸗ 

mirn, eben den Sohn des Fuͤrſten von Tſchernigon, 
welder Wfemwoloden im Kriege wider ben Zür 
Ren von Refan Huͤlfsvoͤlker zugeführt hatte, zu Ih 


‚ren Zürften wählten. Doc bald gerieth Wfewo 


Iod mit diefem feinem Sreunde, dem Zürften von 
Zſchernigow, über eine Angelegenheit, die "das 


Zurſtenthum Refan betraf, in Mißvernehmen. Da 
Füͤrſt Gljeb Hatte entweder in dem Aufſtande der 


Wladimirer, wie Diugog meint, durd die Hand 
derfelden gewaltfamer Weife , oder während feines 
Sefängniffes durch einen nathrlihen Tod fein Leben 
verloren ; fein Sohn Roman aber war aus feiner Ge⸗ 
fangeufhaft befreyet worden, und überfam durch den 
Tod feines Vaters einen Theil von deffen Zürften- 
thume, de die übrigen feinen vier Brüdern Wfe 
wolod, Wladimir, Igor und Swaͤtoslaw gehör 
ten. Diefen reiste fein Schwiegervater, der Fuͤrſt 
von Zfchernigom mit Verſprechung feiner Hülfe an, 
ch auf Koften feiner Brüder zu vergrößern. Da er 
nun noch dazu zwey Brüder, Igor und Sugͤtos⸗ 
Tam , auf feine Seite zog; fo drückte er die übrigen, 
Wfewolod und Wladimirn, fo hart, daß fie, nicht 
permögend id die Wagezu halten, fich zu den Große 
fuͤr⸗ 





des ruſſiſchen Reiches. 20) 


fürften Wfemwolod ſchlugen, deſſen Schup fe 
auch aus dem Grunde erwarten durften, weil Ro⸗ 
man demfelben einen Eid gelAftet , feine Brüder in 
ihren Landestheilen nicht zu beuttahigen, Der Große 
für? erfüllte ihre Bitte, kam mit. ihrem Heere gu 
ihrem Schuge an, machte in Kolomua Öljeben, e nen 
Sohn des Fuͤrſten von Tſchernigow, zum Gefange⸗ 
aen, und erfocht darch feinen Vortrab fiber den 
des. romanifhen Heeres ‚einen ſo . wichtigen 
Bortheil, daß Roman tiefer ind Land fluͤchte⸗ 
te, und, hachdem hierduf der Großfürſt auf ſeinem 
Borrhden auf die- Grade Refan, in welcher Romans 
Brüder und Bundesgenoſſen, Igor und Swaͤtos⸗ 
law, ſich aufbielsen ‚der Stadt Borifogljchst "Ad 
bemädhtige hatte, bey Demfelben Frieden ſuchte, und 
auf die Bedingung, daß er feinen von feinen Brü⸗ 
bern in ihren rechtmäßigen innthabenden Veſhungen 
kraͤnken ſollte, ‚anna. 

Doch der Fürft von Arderntgow, ver feine ai⸗ 
gene Stärke durch polowziſche Kriegsboͤlker nad die 
Untefiägung vergrößert fohe, die er von ben Now⸗ 
geraderu mittelſt ſeines Sohnes, Ihres: naummehrigen 
Zürften,, erhielt, untetſtand fh‘; nachdem bereiss 
fein Schwiegerſohn darch den erwähnten Vertrag 
ih wit dem Großfürßen verglichen hätte, mit den 
Rriegssöllern diefer feiner Buadechendffen das dir 
gene Land des GBroßfürken zu überptehen,- und ges 
laugte in’ demfelben nah Berwüflung aller Staͤdte 
und Dörfer an der Wolga bis auf 40 Werſte von’ 
Perejaslaw, wo Wſemolod, der koin Wiebhaber 
von blutigen Schlachten war, and im tollen feinen ' 
Kriegen licher den Weg ergriff, durd gut gewaͤhl⸗ 


te Stellungen feinen Zeinden Einhalt zu than, und 


fie zu ermüden;: obgleich feine Kriegsvoͤlker ihn zu 
‚Zieferung einer Shigt anfrieden, am Fluſſe Wilead 
Geſch auf 1. Band, D 


2is Erfter Abjchnitt. Anfang 


rienkirche, in welcher alle Koftbarkeiten mit im Rauch 

anfgingen , vergehrte, 
Berfchiedene Hingegen unternabm der Großfüͤrſt Swaͤtos⸗ 
Seien (dw von Kiew einen glüdlichen Kriegszug wider: die 
fchen einigen Polowzer. Ob aber wohl das Heer, mit welden 
ruſſiſchen er ins Land diefer Erbfeinde der ruſſiſchen Länder 
—— ging, ſehr zahlreich war, indem fich außer vielen 
zer. mit ihrer eigenen Mannfchaft dazu geſtoßenen Fürs 
ſten euch. Huͤlfsvoͤlker aus Halitſch, Wolodimir, 
Volhynien und Lußzk dabey befanden; fo erwarb fih 
doch der über den ruſſiſchen Vortrab, deu 2500 
Peresjaslawer und Berendier ausmachten, befch 
lende Wladimir, Gliebs Sohn, dilein die Ehre 
davon. - Dean er erkuͤhnte ſich mit dieſer Hand vol 
Aruse am zoften Julius das ‚ganze große Heer der 
- Yolonmer,, deffen Stärke einiger Maßen daraus ab» 
gegomuren werden. mag; daß 417 polowziſche Fürs 
Ren dabey waren, anzugreifen, und jagte darch ſei⸗ 
ve Herzbaftigkeit allen diefen Zeinden eine folde 
Furcht ein, daß fie nach einem ſehr Burgen Wider 
Bande —*8* die Zlucht ergriffen, auf welcher 
Dir Xuſſen 16 Fuͤrſten, nah dem koͤnigsbergiſchen 
Reſtor geca, nah dem Schtiherbatomo. aber gar 
yono- Mana zu Gefangenen machten. Diefer von 
Mladimirn in dieſem Feldzuge blog durch feinen 
Much fo leicht erworbene Ruhm zeigte die Fuͤrſten 
1186. von Nowgorod⸗ Severski im folgenden Jahre ‚186 
aleichfalls einen Heerzug gegen bie Polomzer zu 
unternehmen. Da es aber gar zu lange waͤhrte, 
ede Die Mannfchaft ans den entlegenfim Gegenden 
Berbeg kommen kouute: fo wagten fich die Polowet, 
welche bereits fih verfammtelt hatten, in Meinung, 
es ſey beffer, einige Gefahr zu laufen, als eine 
‚weitlduftige Strecke ihres Landes durd die Ruſſen 
frey ausplündern und verheeren zu laſſen, den Ruſſen 


des ruffifchen Reiches. 218 
eine Schlacht auzubiethen, wurden aber überwunden, 
worauf die Ruffen ihnen anf dem Zuße) bis nah 
den Wohnfigen, in melde zu kommen fie gedacht hat⸗ 
ten, nachfepten, und außer den Weibern und Kindern, 
Die dabey in ihre Hände fielen, fo viel Kriegsmaͤnner 
erfchlugen oder zu Befangenen machten, daß tiber 
aus wenige zu dem großen Here, welches ſich mitt 
lerweile on dem Don jufammtengegogen hatte, eunt⸗ 
rinnen fonnten, Beym Empfang diefer unglücklichen 
Zeitung beſchloſſen die Polowzer, aus melden die. 
ſes große Heer befiand , noch immer fo viel Bann 
fhaft, als nur möglih, an fih zu zießeh, den Rufe - 
fen nicht näher entgegen zu gehen, fondern hier zu 
verbleiben, und, wenn wun die Ruffen näher gegen 
fie anrüden würden, in den dürren Steppen durch 
berumfhwärmende Partehen fie unaufhoͤrlich anzu⸗ 
fallen. Bon dieſem unaufhoͤrlichen Streite, Durſt 
und der gewaltigen Hige waren im rufſiſchen Heere 
ſowohl die Menfchen als die Pferde ſchon ganz ab» 
gemattet, als fie den Fluß erreichten, wo die ganze 
Macht der Polowzer ſtand. Diefer Fluß war viel» 
Ieit der Don, wie Diugoß bey Erzählung dieſer 
Begebenheit fast. Da nun bey folden betrübten 
Umſtaͤnden den Ruffen nothwendig ſchon aller Rath 
finten mußte, fo fiegten die Polowzer ohne einige Mühe 
und Gefahr, und erfhlugen faſt alle Ruffen. Ei⸗ 
nem. vorüber reifenden Kanfmanne riefen fie gu: . 
er möchte mit der Bothſchaft zu feinem Brüdern 
gehen, daß die Polowzer bald zu denfelben Fommen 
würden, die bey ihnen in Befangenfhaft lebenden 
Landsleute abzuholen. Ä 

So viel Häufer. aber auch in Rußland diefes 
Unglück wegen des dabep erlittenen Verluſtes naher 
Berwandten beweinen mußten; fo kounte doch der 


N ‘ 
a0 Erſter Abſchnitt. Anfang 
Ah mit Berhacken verfhanzt‘ Batte, und dadurd 
feines Gegners Übfichten dergeſtalt vereitelte, daß 
derfelbe, ungeachtet: ſeine gowgoroder in einem glück 
Hohen Scharmügel mie den Vorpoſten des Groß⸗ 
. fürften 300 Mann erfhlagen hatten, nad einem 
zwryw oͤcheutlichen Anfıhauen "feines verfhanzten 
Feindes defien ganzes Gebierh raͤumte, und im 
Ruͤckwege! die Stade Omitrow einäfcherte. Bald 
nachher: war'er fo.glüdlih, im J.1182 zum Befige 
des Fuͤrſtenthums Kiem zuw:-gelangen, in welchem 
= Zaͤroslaw, der Sohn ded Sroß fuͤrſten Ißjaͤsſtum II. 
‚dein unmuttdbarer Bargänger gewrſen gu feyn, und 
dasſelbe gegen waͤrtig durch fein :Abfterben :erledigt 
zu haben (deine. Sein Sohn ver Fuͤrſt von Row⸗ 
gorod, fetzte iuzwiſchen, beſouders mittelſt Jaͤropolks 
der aufs; neue fein ehemähliges. Torſchok von den 
Nawgoroderneibekommen hatte, die Feindſeligkeiten 
wider die großfürflidien Unsexthanen au der Wol: 
9a fort. +,Diefe Feindſeligkriten bewogen den Groß⸗ 
fürſten, :vadcKorfod. gu geben, meldes er nach 
einer fünfwädentlihen Einſchließuug nicht anders als 
durch Hunger: bezwingen. fonnte.‘ Die Einwoh⸗ 
„wer führte. er mit ſich nach Wladimir, ‚gab ihnen 
aber bald. die Freyheit und: die Erlaubuiß, ihre 
Wohnſihe wieder zu beziehen. Vald darauf kam es 
zwiſchen den beyden Großfuͤrſten von Wladimir und 
Kiew an. ‚sam Briedenoppluffe und Freundſchafis. 
bunde. 
Der önk, . Dar. erlangte wi ew o1ad- von Swätst- 
ſacd Peod lawu zu dem Kriegszuge, den er: wider die Bul⸗ 
von Wiadi⸗ garen yun wollte, unser Anführung feines Sohnes 
—ã Wladimir, der vor kurzen des nowgorodiſchen Fuͤr⸗ 
Friede zu fus ſtenſtuhls entſetzt worden war, Hülfsoölfen Die 
dem Bulgaren hatten vor ihrer Hanptſtadt Verſchanzungen 
gemacht. Diefe beffürmte Spjäslam, Gljebs Bruders, 








4z \ 


des ruſſiſchen Heiches, 211 


des Großfuͤrſten Sohn, mit ſolcher Heftigkeit, daß er 
die Vertheidiger zwang, ſolche zu verlaſſen, und ſich in 


die Stadt zu ziehen, aber ſelbſt von einem Pfeilſchuſſe 
durch den Panzer unfer dem Herzen eine gefaͤhrliche 


Bunde empfing, an welcher er nachher auf einen 


ruffifchen Fahrzeuge ſtarb. Die Siadt blieb uner» 
obert, obgleich der Entſatz, den ihr ihre Landsleu⸗ 
te durch einen Angriff der - ruffifchen Fahrzenge zu 
leiten dachten, für die Unternehmer ſchlecht aus⸗ 
fiel. . Denn als die Ruffen‘ fih diefen Feinden , die 
ihre Macht aus den Städten Sobi, Kuld (einige 


Balten diefe beyden für eine einzige Stade Sobikul), 
Tſchelmata und Torſchesk geſammelt hatten, Kerze 


haft entgegen feßten ; fo trieben fre dieſelben in die 
Flucht, woben außer ben Erfchlagenen in "dent: Ges 
fehte und dem Nahfegen über 1000 Mana’ dur 
Umflürgung der Fahrzeuge, in welchen fie ſich -gu 
retten fnchten,, in der Wolga umkamen. :Dod) des 


ſchloß & few oLod.diefen’ Krieg mit Ehren; weil 


die Bulgaten, nachdem: er- gehn "Sage. feine Bela» 
gerung der großen Stade fortgeſeßt Hatte, den: Fries 
den bey ihm fuchten, und die Ruͤckgabe aller. in ih⸗ 
rem Lande: befindlicher grfangener Ruffen: beroinägd 
ten. "Das Regiment fAnes Schwagers aber miß- 
fiel den Rowgorodern fo ſehr, daß der Großfuͤrſt 
rathſam achtete, ſelbſt ihn zu befehlen, dasſelbe 
nieder zu legen, und zu ſyn zuruͤck zu kommen, wor⸗ 
auf die Nomgoroder ihre Augen auf das Gebluͤt 
der‘ Zürften don Smolensk richteten, und aus dem⸗ 
felben Mfisların zu ihrem Fuͤrſten wählten, Sıli 
J. 1185 om ızten Aprill erlit Wfemwotod einen 
großen Schaden, indem :eine Feuersbrunſt in ſei⸗ 
ner Baupiſtadt entſtand, die beynahe die ganze Stadt 
und in ihr 3° Kuchen af des Haupt « oder Ra 
89989 


1183, ' 


a0 Erſter Abſchnitt. Anfang 


ſich mit Bethacken verſchanzt' hatte, und dadurch 
feines Gegners Abſichten dergeſtalt vereitelte, daß 
derſelbe, ungeachtet: ſeine Rowgoroder in einem gluͤck⸗ 
lichen Scharmuͤtzel mit den Vorpoſten des Groß⸗ 
fürften soo Mann erſchlagen hatten, nad einem 
zweywoͤcheutlichen Anſchauen "feines verſchanzten 
Feindes deſſen ganzes Gebiech raͤnnite, und im 
Ruͤckwege! die Stade Omitrow einaͤſcherte. Bald 
nachher war er ſo glücklich, im J. 1182 zum Befige 
des Fuͤrſtenthums Kiew zu gelangen, in welchem 
Zaͤros law, der Sohn ded Sreß fͤrſten gßiaͤslaw II. 
‚dein unmittelbarer Vorgaͤuger geweſen gu ſeyn, und 
dasſelbe gegenwärtig durch fein Abſterben erledigt 
zu haben ſcheint. Sein Sohn der Fuͤrſt von Now: 
gorod, fetzte iuzwiſchen, beſouders mittelſt Jaͤropolls 
der aufs neue: fein ehemahliges Torſchok von den 
Nawgorodernibekommen batte , die Zeindfeligkeiten 
‚wider die großfuͤrſtlichen Unterthanen au der Wols 
9a fort, s;Diefe Beindfeligkeiten. bewogen den Brof- 
fuͤrſten, :vnt«Korfod gu gehen, welches er nach 
«einer fonfmähentlicen Einſchließung nicht anders als 
Ddurch Humger; bezwingen. konnte: Die Ginmoh 
„wer führte er mit ſich nach Wladimir, gab.ihten 
‚aber. bald. die-Frepheit und: die Erlaubniß , ihre 
‚Mohnfipesmieder. zu beziehen. ‚Bald darauf fam es 
Wwiſchem den beyden Großfuͤrſten von Wladimir und 
Kiew zu ‚rin Friedens ſchluſſe und Freuudſchaſts. 

bunde. 
Dr Oro, . Daher. erlangte Wiſewolod von Sollos⸗ 
did plod lawn zu dem Kriegszuge, den er. wider die Bul⸗ 
von Wladi⸗ garen hun wollte, unter Auführung ſeines Sohnes 
—A— Wladimir der vor Burgen des nowgorodiſchen Fuͤr⸗ 

garen 

Friede zu fur ſtenſtuhls entfegt worden war, Hülfsoölfer, Die 
Sen Bulgaren hatten vor ihrer Hauptſtadt Verſchanzungen 
gemacht. Diefe beffürmte Ißjaͤslaw, Bljebs Bruders, 


4z 


des rufen Heiches, sit 


des Sroßfürften Sohn, mit ſolcher Heftigkeit daß er 
die Vertheidiger zwang, ſolche zu verlaſſen, und ſich in 
die Stadt zu ziehen, aber ſelbſt von einem Pfeilſchuſſe 
durch den Pauzer unfer dem Herzen eine gefährliche 


Bunde empfing, an welcher er nachher auf eiden _ 
euffifchen Fahrzeuge ſtarb. Die Siadt blieb uner⸗ 


obert, obgleich der Entſatz, den ihr ihre Landsleu⸗ 
te durch einen Angriff der ruſſiſchen Fahrzeuge ju 
leiſten dachten, fuͤr die Unternehmer ſchlecht aus⸗ 
fiel. Denn als die Ruſſen ſich dieſen Feinden, die 
ifre Macht aus den Städten Sobi, Kuld (einige 


halten diefe beyden für ‚eine einzige Stadt Sobikul), 
Tſchelmata und Torſchesk gefammelt hatten, herz 


haft entgegen febten ; fo trieben fie dieſelben in die 


Flucht, woben außer den Erfchlagenen in "dent Ger 


fehte und dem Nachfegen über 1000 Mana dur 
Umftürzung der Fahrzeuge, in welden ſie ſich zu 
retten ſuchten, in der Wolga umkamen. VDoch be⸗ 
ſchloß Wſewolod dieſen Krieg mie Ehren; "weil 
die Bulgaren, nachdem er: zehn Tage ſeine Bela⸗ 
gerung der großen Stadt forigefeßt Hatte, deni &tics 
den bey ihm fuchten, und die Ruͤtkgabe aller in ihs 
em Lande: befindlicher Arfangener Buffen : bereinigt 
ten. "Das Regiment fAnes Schwagers aber miß⸗ 
fit den Nowgorodern fo -fehr, daß der Sropfärft 
rathſam achtete, ſelbſt ihr zu befehlen, dasfelde 
nieder zu legen, und zu thin‘ zuruͤck zu Fommen, wor» 
auf die Nomgoroder ihre Augen auf das Gebluͤt 
der: Fürften von Sinolensk richteten, und aus dent 
felben Mflislawn zu ihrem Fürften wählten. Sıki 
J. 1185 am ı5ten April erlitt Wſewolod einen 
‚großen Schaden, indem eine Feuersbrunſt in ſei⸗ 
ner Baupiſtadt entſtand, die beynahe die ganze Stadt 
uud in ihr 3. 2 Sirhen nebſ der Haupt « oder Ra 
\ D 2 . 


1185 


= sis‘ Erſter Abſchnitt. Anfang 


rienkirche, in welcher alle Koſtbarkeiten mit im Rauch 
aufgingen, verzehrte. 

Verfſchiedene Hingegen unternabm der Großfuͤrſt Swaͤtos⸗ 

—— (dw von Kiew einen glüdlihen Kriegszug wider: die 

een enigen Polowzer. Ob aber wohl das Heer, mit welchem 

ruffifhen er ind Land. diefer Erbfeinde der ruſſiſchen Länder. 

— ging, ſehr zahlreich war, indem fih außer vielen 

zer. mit Ihrer eigenen Mannſchaft dazu geſtoßenen Fuͤr⸗ 

fen auch Huͤlfsvoͤlker aus Halitſch, Wolodimir, 

Volhynien und Luzk dabey befanden; fo ermarb fi 

doch der über den ruffifhen Vortrab, deu 2500 

Pe ann and Berendier ausmachten, befeh⸗ 

ende Wladimir, Bljebs Sohu, dein die Ehre - 

davon. Dean er erBüßute fi mit diefer Hand voll 

| Srute am ;goften Julius das ganze große ‚Heer der 

— Polomger, deſſen Staͤrke einiger Maßen daraus ab⸗ 

genomuren werden Mag; daß 417 polowziſche Fürs 

ſten dabeh waren, anzugreifen, und jagte Durch ſei⸗ 

ve Herzbaftigkeit allen dieſen Feinden eine ſolche 

Zucht ein, daß fie nad einen ſehr Furzen Wider 

. Ayınde ſfaͤmmtlich die. Flucht ergriffen, auf welcher 

bil Rufien. 16 Zürsten, nach dem koͤnigsbergiſchen 

Meſtor geoo, nach dem. Soͤtſcherbatowo abet gar 

yova-Mana zu Gefangenen machten. Dieſer von 

Mladimirn in dieſem Feldzuge ‚bloß durch ſeinen 

Muth fo leicht erworbene Ruhm reizte die Fuͤrſten 

1186. von Rowgorod⸗ Severski im folgenden Jahre 1186 

gleichfalls einen Heerzug gegen die Polowzer zu 

unternehmen. Da es aber gar zu lange waͤhrte, 

ehe die Mannfchaft aus den entlegenfien Gegenden 

»  berbey kommen konnte: fo wagten ſich die Polowzer, 

welche bereits ſich verfamptelt hatten, in Meinung, 

‚es ſey beſſer, einige Gefahr zu laufen, ols eine . 

‚weitläuftige Strede ihres Landes durch die Kuffen 

frey auspländern und verbeeren zu laſſen, den Ruffen 





des rufſſchen Seien. | 213 


eine Schlacht anzubiethen, wurden aber uͤberwunden, 
worauf die Ruffen ihnen auf dem Fuße) bis nah 
den Wohnfigen, in welche zu kommen fie gedacht hat⸗ 
ten, nadhfegten, und außer den Weibern und Kinderm, 
die dabey in ihre Hände fielen, fo viel Kriegsmänner 
erfchlugen oder zu Gefangenen machten, daß fiber 
‚ aus wenige zu dem großen Here, welches fih mitt 
lerweile an dem Don sufommengegogen batte, eut⸗ 
rinnen Ponnten, Beym Empfang diefer unglüdlichen 
Beitung befchloffen die Polowzer, aus welchen dies 
ſes große Heer befand , noch immer fo viel Hante 
fhaft, als nur möglich, an fih zu zieheh, den Rufe : 
fen nicht näher entgegen zu gehen, fondern bier zu 
verbleiben, und, wenn nun die Ruſſen näher gegen 
fie aurüden würden, in den dürren Steppen durch 
berumfchwärmende Partehen fie unaufbörlih anzu⸗ 
fallen. Bon dieſem unaufhoͤrlichen Streite, Durft 
und der gewaltigen Hihe waren im ruffifhen Heere 
fowohl die Menſchen als die Pferde ſchon aanz abe 
gemattet, als fie den Fluß erreichten, wo die ganze 
Macht der Polowzer Rand, Diefer Fluß war diel⸗ 
Ieiht der Don, wie Dlugoß bey Erzaͤhlung dieſer 
Begebenheit ſagt. Da nun bey ſolchen betruͤbten 
Umſtaͤnden den Ruffen nothweadig ſchon aller Muth 
finken inußte, fo fiegten die Polowzer ohne einige Muͤhe 
und Gefahr, und erſchlugen fa alle KRuffen. Ei⸗ 
nem. vorüber seifenden Kanfmanne riefen fie gun: 
er möchte mit der Bothſchaft zu feinem Brüdern 
geben, daß die Polowzer bald zu denfelben kommen 
würden, die bey ihnen in Befangenfchaft- Iebenden 
Landsleute abzuholen. 
- So viel Häufer. aber auch in Rußland dieſes 
uUngluͤck wegen des dabep erlittenen Verluſtes naher 
Verwandten beweinen mußten; fo konute doch der 





% 


814 Erfter Abſchnitt. Anfang 


Groß fuͤrſt von Kiew noch cin fo Jahlreiches Sea | 
von eigenen Kriegsvölfern und, wehrhafter Mann» 


ſchaft feiner Bundesgenoffen, zuſammenziehen, daß 


er dasfelbe ſtark genug achtete, die Polomzer in 
ihren Wohnfigen aufzufuchen. Bey allem Praflen, 


. das fie von dem ben Ruffen zugefügten Schäden 


machten, wagten fie fich nicht , feine Ankunft die: 
feit3 des Dons zu erwarten, fondern gogen ſich, 
fo bald fie von derfelben hörten , in größter Ge: 
ſchwindigkeit über denfelben zuruͤck, und der Groß⸗ 
fürft von Kiew ließ darauf fein Heer wieder aus ein 


“ander geben. So bald aber die Polowzer von der 


Furcht befreyet waren, die ihnen dieſe Kriegsmacht 
erweckt hatte, kamen fie unvermuthet wieder ind 
zuffifche Gebierh , und nahmen alle Städte in der 
Sula ein. Bey Perejaslam aber trafen fie folde 
Gegenwehr an, dab fie fih den ganzen Tag ber 


—umſchlugen. Zulegt fingen‘ doch die Rufien on, 


durch die Menge ihrer Zeinde in Gefahr zu gera⸗ 


Shen, und ihre Niederlage würde vermuthlich vie 


Ueberwältiguug der Stadt Perejaslaw, deren Ber 
Sheidigung auf der Mitwirkung diefer jegt im Strei⸗ 
te wider einen Aberlegenen Feind verwidelten Bil 
kerſchaft beruhete, nach fih gezogen haben. Diele 


‚ Betrachtung und ein edler Eifer, feine nothleidenden 


Unterthanen zu retten, bewog den Fuͤrſten Wla— 
dimir, ihnen mit weniger Mannſchaft aus der Stadt 


zu Huͤlfe zu kommen. Aber die Anſtreugung aller 


feiner Tapferkeit hielt der zu überlegenen Macht 
der Polowzer nicht das Gleichgewicht, fondern er 
ward von denfelben auf allen -Seiten umrungen, 
und wuͤrde, da er ſchon mit Spießen drey Wunden 


‘empfangen. hatte, dem Tode oder der Gefangenſchaft 
wicht entgangen feyn, wenn. nicht die ſaͤmmtlichen 
- Einwohuer aus der Stadt einen Ausfall gethan, 


des ruffifchen Neiches. ° . _ ag 
and ihn den Händen der Zeinde entriffen hätten, , 
Da es aber der Polowzer Werk gar nie war, ſich 
mit befeſtigten Städten, deren Einwohner fo ent⸗ 
ſchloſſen ſchienen, fich in denfelben aufs. dußerfie: zu 
vertheidigen, abzugeben; fo benahm denfelben die 
fer Verſuch der Zapferkeit der Perejaslawer die 
Luft, ihre Stadt anzugreifen, und fie dachten in 
dieſem Feldzuge genug gewonnen zu haben, daß ſie 
in völliger Sicherheit eine auſehuliche Bente in ihre Ä 
Heimaih bradisen. Weil aber bald. darauf einer von , ., 
ihten vornehmfien Gefangenen, Zir Igor von >» 
Nowgorod⸗ Seversfi, ihnen entwifchte; fo. mußten," 
alle übrigen gefangenen Fürften es entgelten, indem 
fie zur befjeren Bewahrung geſchloſſen und. härter 
gehalten wurden. 

Dem Großfuͤrſten Wfe wolob, welcher durch: Der Groß: 

ausgefandte Kriegsvoͤlker die Bulgaren fürden Bruch fürſt Wſewo⸗ 
ihrer ihm in dem. neulichen Friedensvertrage geleis — 
ſteten Verſprechungen zuͤchtigte, gab die Ungeredp. mit dem Für⸗ 
tigkeit Romans, des Fuͤrſten von Reſan, aufs REHe (an — 
etwas zu ſchaffen. ‚Denn dieſer fand wieder Mittel, führen. 
zwey feiner Brüder, Igor und Wladimir, zu bere⸗ 
den, mit ihm. zue Unterdrüdung der andern benden, > 
Wſewolod und Smwätoslam gemeinfbaftlice Sache 
zu machen, wozu fie den Entwurf machten, daß ſie 
dieſelben verfiellter Weife zu einer freundfchaftlichen. 
Unterredung Iuden, um fi fo ihrer bemächtigen zu. 
können. are die Eingeladenen merkten ihre Ab⸗ 
ficht, und fegteh daher, ſtatt Ach zu diefer Unterres 
dung einzuſtellen, den haltbarſten Ort ihrer Befir 
tzungen, Pronsk, in beſſeren Bertheidigungsftand, 
und fpraden, 8 darauf Roman und defien Hel⸗ 
fer gu offenbaren Gewalt wider fie ſchritten, und 
nah der Bemädhtigung der ganzen umliegenden Ges . 


6 Erſter Abſchnitt. Anfaug 


gend Pronsk belagerten, den Sroßfuͤrſten wie 
wolod um Rettung an. 

Der Krieg mit dem Fuͤrſten von Refan eu⸗ 

digte fih erſt nach mehreren Verſuchen, die der Groß⸗ 
fuͤrſt Wſewolod zur Beylegung des Bruderzwi⸗ 

ſtes machte, mit der DVerhterung des reſaniſchen 
- Geäebiethes. 

Wfewolod Der Sroßfuͤrſt fe wolod befeſtigte inzwi⸗ 
—— ſchen fein hohes Anſehen in allen Staaten des rufe 
haupeung ſiſchen Reiches immer mehr. Dan als Swaͤtos⸗ 
des@roßfür: law ım Sabre 1194 durd fein Adfterben den groß. 
. —— fuͤrſtlichen Thron zu Kiew erledigte; fo beſtieg den 
deſſen Mit: ſelben Rurik. Zu dieſem ſchickte Wſewolod 
and, Bey⸗ Geſandte nah Kiew‘, welche von Ruriken das Ge⸗ 
Bus ſtaͤndniß abnabmen, daß er mit Genehmigung des 
Großſfuͤrſten Wfewalob, deffen Recht als Aelteſten 
des großfürfilihen Stammes er anerfenne, fih auf 

diefen großrürftlihen Thron geſetzet habe. Die Für- 
- Ren don Tſchernigom, aus deren Stamme der ver. 

ſtorbene Swaͤtoslaw gewefen war, ſahen es aber 
nicht gleichguͤltig an, daß ein Fürſt Aus einem au⸗ 
dern Stamme Kiew befam, und fie: ausfchloß, Die 
doch, das naͤchſte Recht zur Nachfolge in diefem Fuͤr⸗ 
ſtenthume zu haben vermeinten, und machten Aus 
ſtalten, diefen ihren Anfpruch mittelft der Waffen: 
geltend zu machen. De Großfuͤrſt Wſe w olod 

Dachte , es erfordere fo wohl feine Ehre old fein 

Stoatsnngen, dag’ er Ruriken helfe, um fih im 

Befige von Kiew zu erhalten. Er both daher au- 

Ger den unmittelbar unter feiner Herrſchaft ſtehen⸗ 

den Untertbanen die Rowgoroder auf, um die tſcher⸗ 

nigowiſchen Zürften zu zwingen, fi diefes Anfprus 
des zu begeben, mit einem zahlreichen Heere zu 
feinen eigenen Kriegsvoͤlkern zu ſtoßen. Die Now⸗ 

.goroder gehorchten; aber die Nachricht von ihrem 





des euffifchen Reiches. 17 


Aufbruche verurſachte, daß der Fuͤrſt von Zichernte 
gow, Jaͤroslaw, als Haupt der rurikiſchen Gegner, 
kb gegen Wſewoloden aͤußerte, daß er fich über 


dieſe Angelegenheit gütlich mit ihm fupen wolle, 


und Wſewolod, der aus diefer Erklärung Jaͤros⸗ 
laws Ab Hoffuung machte, ohne Schweriſtreich 


mit demſelbem zur Einigkeit gu kommen, ertheilte den 


nowgorodiſchen Kriegsvoͤlkern Befehl, wirder zurüd 
und aus einander zu geben, Allein da Jaͤroslaw 


vernahm, daß er für jezt von den Nowgeroderu 


nichts zu befürchten habe, und er auch im Kriege wie 
der die Smolensker als Verfechter der Sache Ru« 
rits verfhiedene Vortheile erlaugı hatte ; fo ſetzte er 
den Krieg mit allem Eifer fort. Diefes bemog ben 
Großfuͤrſten Wſewolod, im Jahre 1196 auft 
nene fo viele Kriegsvölker, als er nur erlangen konn⸗ 
te, sufammen gu ‚bringen, auch die Polowzer mit 


feinem Heere zu vereinigen, umd den Nowgorodern 


zn befehlen, daß fie ihre Kriegsmacht zuſammenzie⸗ 
ben , nud mit derfelben nah Luki gehen ſollten. 


Doch wollte der Großfuͤrſt Wſewolod, alt 


Xurik Kiew erlangte, nicht gang leer ausgehen, und 


ließ in diefee Geſtunung demſelben fogen, daB, da _ 


Rurik ſelbſt fein Recht, das er als Aelteſter dei 
großfürftlichen Stammes befige, anerfannt habe, ihm 
anftreitig vor allen andern, denen Ruril etwas von 
den kiewſchen Staaten, um fie megen fhrer billigen 
Forderungen zu befriedigen, gutwilig abgetreten ha⸗ 
be, fein Theil davon gebühre, und aus diefer Urfa« 
he Rurik ihm Torſchesk, Tripol, Rorfun, Bogns⸗ 
law und Kanew geben ſollte. Rurxik befand fich gu 
ſchwach, fih durch eine abſchlaͤgige Antwort Wfes 
wolods Unmillen zuzuziehen. Allein da derfelbe 
eben ſolche Orte von ihm haben wollte, Die Rurid 
(don feinem Schwiegerſohne Roman Mfiisfa- 


1197, 





N 


% 
* 


213 Erſter Abſchnitt. Anfang 


witſch und zwar unter der eidlichen Verſicherung 
abgetreten haste, diefelben bey Romans Lebzeiten aus 
feinerleg Urfache bemfelden mieder zu entziehen; fo 
verfuchte er, ob er nicht Wfemwoloden uͤderre⸗ 
den Pönnte, für dieſe Städte andere anzuneh⸗ 
men. Allein Wſewolod beharrese fo fehr auf dies 
fen Städten, daß er Rurifen mit Krieg bedrohete, 
falls er ihm dieſelben nicht ‚abtreten wollte. Ru 
rik, der jegt in der Klemme war, und den mächtigern 
Wfemwolod nicht beleidigen durfte, ' wollte mit 
feinem Schwiegerſohne einen Accord treffen, und 
ihm für die lebenslaͤnglich zugeſagten Städte ande 
re geben oder mit Geld vergüten ; allein dazu wol, 
te ih Roman nicht verfichen, und Tündigte feinem 
Schwiegervater den Krieg an. Eine beyderſeitige Aus⸗ 
föhnung ſtellte nachmahls die alte Freundfchaft wieder 
ber. Bon nun an wurde Rurik von verfchiedenen Geg⸗ 
‚ nern angegriffen, und oft aus Kiew verdrängt. 


Homan, Kur. Um diefe Seit vergrößerte fih der Schwieger 
riks Schwier ſohn des Sroßfürften von Kiew und Zürft von Wla⸗ 
gerfohn, dimir in -Wolhpnien, Roman, dur Erlangung 
Ger Macht des Fuͤrſtenchums Halitſch, welches ihn’ durch das 
en Anſe⸗ gihſterben des Fürſten Wladimirs zufiel. — Ber 


ſchiedene ruſſiſche Fuͤrſten wandten ſich an den Here 
zog non Krakau, Leßek, old Lehensherrn dieſes Fuͤr⸗ 
ſtenthums, um dasſelbe von ihm gu erhalten, ob⸗ 
gleich der erwaͤhnte Roman , welcher nad dem Er⸗ 
Idäuterer des Kadlubek ein Bruder, nach dem Din 
906 hingegen ein Bruderfohn des Verſtorbenen wat, 
als naͤchſter Verwandter das Recht: zur Nachfolge 
harte. Die Halitſcher felbft glaubten, bey gegen- 
wärtigen Zeitumfländen am beflen zu fahren, wenn 
der Herzog von Krafau ihr Fuͤrſtenthum Poplen eins 
verleibte, und viele pohlniſche Große (handen in den 

Gedanken, dag man die Gelegenheit, ein fo ber. 


2 








des ruſſiſchen Reiches 2109 


traͤchtliches Land mit pohluiſchen Staate voͤllig 
zu verknuͤpfen, nicht verabfäumen müffe. Aber end: 


lid uͤberwog die Betrachtung der Nahen Verwandt · 


ſchaft Romans mit Leßeken, der Schande, welche 
man fich zugichen würde, wein man ihn für To 
viele getreue Dienſte, die er Leßeken geleifter, feis 
nes Eigenthums berauben würde, und der Gurt, 
ihn durch eine folde Beleidigung fo aufzubringen, 
daß er, der bisher. ald ein guter Lehensmann den 


Pohlen fehr nuͤtzlich geweſen, nun fi in einen er⸗ 


grimmten und gefährlichen Feind verwandeln koͤnn⸗ 
se. Weil man übrigens ſowohl die Widerfeglich- 
keit anderer ruffifichen Fuͤrſten als den Haß der Ha» 
Iitfher gegen Roman Fannte, fo befchloß Leßek, die⸗ 
fen mit einem poh'niſchen Heere in den Befig von 


Halitſch zu fegen. So bald diefes Hrer den halit⸗ 


ſchiſchen Boden betrat, kamen ale Häupter der Ha⸗ 


litſcher Leßeken entgegen , und bathen 'ihn unter 


Berfprechung einer ewigen Treue und einer überaus 
reihen Schagung , fie unter feine unmittelbare Bes 
berrffung aufzunehmen. Als Leßek ihnen diefes 


% 


abfhlug, und darauf beharrete, daß fie Romanen 


für ihren Zürfien erfennen follten ; fo verfchloffen als 
le Städte dem pohluiſchen Heere die Thore, und 
mußten mit Gewalt bezwungen werden. -Rach der. 
Bemähtigung der näher gelegenen Städte erreich⸗ 


te dasfelbe endlich die Hauptftadt Halitfch, vor wiel- 


her fih ein fo großes Heer verfammelt hatte, daß 
es fich getrauete, die Pohlen zu einer Schlacht auf⸗ 
jufordern. So bald aber bdiefe Ruffen nur wahr 
nahmen, daß die Pohlen ihre Anſtalten zu einem 
Angriffe machten, fo zerfireueten fie fih augenblick 
lich, und bathen durch Abgeordnete Leßeken, ihnen. 
zu vergönnen,, daß fie ihm Zriedensvorfchläge vor⸗ 
tragen möchten. Leßik willigte darein, und nun 


er’ 


see  Erfker Abſchnitt. Anfang 


perfischten fie nochmahls, durch das Anerbiethen ei 
ner überaus anfehnlichen Aasun. an Bold, Sit. 

ber , Edelfieinen , koͤſtlichen Gefäßen, (dönen Klei⸗ 
dern und andern Koſtbarkeiten Leßeken zu bewegen, 
fie zu feinen unmittelbaren Unterthauen zu maden, 
und fuͤgten hinzu: wenn ihm diefes Anerbierhen zu 
greing ſchiene, fo möchte er es erhöhen, fie wollten 
alles gern geben JB wenn fie nur mit der Herrfchaft 
des von. ihnen mit größtem. Rechte verabſcheueten 
« Romans verfchont blieben, Aber alles half nichts, 

denn Leßek übergab Romanen deu Berg dieſes Fuͤr⸗ 
Benthumg, und empfing von ihm als feinen Lebens. 
manue ben Eid derTreu. Eine Beit lang ſtellte id Xo⸗ 
man zwar als ein guddiger Fuͤrſt, um dur diefe 
Beihen feiner Güte die, melde fih ſchon in fehr 
sahlreiher Menge aus Furcht vor feiner befann- 
sen Gemuͤthsart, und daß ihn die Ehrſucht zu Ges 
waltthaten, der Geldgeiz hingegen zu Raͤubereyen 
und Erpreffungen antreibe, und zwar zum Theil mit 
aller ihrer Habe eutferns Hatten, wieder herbey zu 
locken, in welder Ahficht er verſchiedenen dieſer 
Weggegangenen höhe und einträglihe Bedieaungen 
verheißen ließ, und diefe Verheißungen bey ihrer 
Ankunft wirklich erfüllte. Wie er dadurch feinen 
Zweck erreicht harte, uud fich Peiner eines Uebels 
verfabe, fo södtete er alle Reichen und Mächtigen durch 
vielerleg qualyolle Zodesarten. Daraus machte er 
ſich eine foldhe Ehre, dag er zum Spruͤchwort oͤf⸗ 
ters im Munde führte: Man kann den Honig nicht 
‚eher recht fiher genießen, als bis man den ganzen 
Bienenſchwarm erfticdt hat, und wenn das Gewürz 
(medien ſoll, muß es Fein gefloßen werden *). — 


9 Diugoss. P. 1. pP. 570-578. Kadlubko in Diug. 
PH, p. 789— 791, 809— 816. | 


des ruffifchen Reiches. 4221 
Seine Macht nahm dergeſtalt zu, daß Kurik1202 


die tſchernigowiſchen Fuͤrſten nah Kiew in der Abe 


fibt berief, Romanen durch Ueberziehung feines Fuͤr⸗ 
ſtenſhums Halitſch zuvor gu kommen, ehe er, der 
den Großfuͤrſten Wſewo lod zum Sreunde hatte, 
fie angreifen moͤchte. Doch Roman war had ges 
ſchwinder als ſie, indem er, als fie fih noch zu 
Kiew mit der Berathſchlagung beſchaͤftigten, mit ſei⸗ 
nen Kriegsvelkern den Weg nach diefer Stadt dns 
trat, und auf diefem Zuge durch die Einwohner 


aller Städte, die er auf diefem Wege berkihrte;, die. 


Berendier und Türken, die alle freywillig fich zu 


ihm ſchlugen, ſich verſtaͤrkt ſahe. Als er vor Kiew anu⸗ 


gekommen war, oͤffnete ihm die Bürgerfchaft das 
podoliſche Thor im kiewſchen Viertel, daß er ſich alſo 
dieſes Theiles der Stadt ohne Widerſtand bemaͤch⸗ 
digen konnte. Nun mußten bie in. der Oberſtadt 
ficb aufhaltenden Fürften -feinen Antrag annehmen, 


ich zu ihm zu begeben, uud nach geleifterent Fries 


denselde, dur den fie fih anheiſchig machen ſoll⸗ 
ten, die Verfügungen, welche er mit Einverſtäͤnd⸗ 
nis des Großfuͤrſten SITE wdlod mit Kiew trife 
fen würde, nicht zu ſtoͤren, Kiew dergeſtalt zu 

räumen , daß die Olgowitſchen in ihre —* 
ziehen, Rurik hingegen in ſein Eigenthum Wrur⸗ 


ſchai gehen ſollte, indem Roman die Regierung über 


Kiew Jugwarn, dem Sohne Jaͤroslaws, Eines 


Sohnes des Großfuͤrſten Ißbjaͤßslaws II. „boch mit 


der Abhängigkeit von Wſewoloden und Ro—⸗ 


man, der nad ‚einer wahrſcheinlichen Vermuthung | 


entweder gegenwärtig den großfuͤrſtlichen Titel ‘ans 
nahm , oder vorher ſchon angenommen hatte, uͤber⸗ 
lieferte. Darauf unternahm Roman einen Feldzug note 


der die Polomzer, aus welchem er eine auſchuliche 


Beute und viele durch ihn befrepete Epriften in fein 


- 


N 


1283 


1203. 


* 


—. Erſſer Abſchnitt. Anfang 


Land führse. Doch murden die Polowzer dadurch 
gar nicht geſchwaͤcht, da fie in ungeheuerer Menge 
gegen Ausgang diefes Jahres fh mit Kurifen und. 
den Olgowitfhen vereinigten, und mit denfelben 
vor Kiew rüdten, welcher Stadt fie fih am aten 
Januar 1203 mit Gewalt beihächtigten, und darauf 
ſowohl in derfelben als in der ganzen weitläuftigen 
Gegend, des ruſſiſchen Reiches, die theils das Haupt⸗ 
heer, theild ausgefendete polomsifche Partepen bes 
ſuchten, fo viel Unglüd anridteten , als ſeit Be⸗ 
kehrunug der Ruſſen nicht geſchehen war, "und bie alte 
Hauptſtadt des ruſſiſchen Reichs in dein klaͤglichſten 
Zuſtande verließen, indem fie nicht uuralle Haͤuſer 
und Kirchen auspluͤnderten, alte und’ ſchwache Leu» 
te, die fie nicht der Mühe werth Ichdsten. ju Se 
fangenen zu machen, toͤdteten oder verſtuͤnmelten, 


| and alle übrige Menſchen, "die fie zu benußen ver⸗ 


meinten, ohne Unterf&ied. des Standes, Geſchlechts 
und Alters , als Bojaren; Bürger, Plieſter, Moͤn⸗ 
che, Nonnen, Frauen ſogar Saͤuglinge, in die 
Selaverep mit ſich wegfuͤhrten, und vor ihrem Ab⸗ 
zuge die, ganze Stadt ausplünderten. Diefer von 
den. Polowjern in. Bereinigung. mir Kurifen und 


den Olgowiiſchen angerichtete große Schaden bewog 


Ronlanen, daß er dahin trachtete, Ruriken und die 
Olgowitſchen auch mit einigen Aufopferungen zur 


Errichtung eines Friedens ſchluſſes und aufrichtigen 


Freundſchaftsbundes mit ihm und dem Großfürften 


Wſewolod zu vermögen. Daher erboth er fich 


ſawohl gegen Rurik als gegen die Olgowitſchen, 


beyden als Vermittler einen guten Vergleih vom 


Großfürften Wſewolo d, dener ‚nad feinem Aus» 
drude als Vater und Herrn ehrte, auszuwirken, 
und zu verfhaffen, dag deifelbe Ruriken Kiew zu⸗ 


des ruſſiſchen Reiches, 229 


rckgaͤbe, welches er, da fie dieſen“ zu ihrem eigen 
nen Vortheile aereichenden Antrag genehmigten, 1204 
in Erfürnng Beachte. Nach diefer getroffenen Ver⸗ 
einigung leiftele. 1205 Rurik feinem ausgeſoͤhnten 
Feinde Roman MWefelfihaft in dem Kriegszage 
den derſelbe :mic: dem Fürften Jaͤroslaw und ver 
ſchiedenen andern Fuͤrſten wider die Polbwzer Uns 
ternahm, in welchem fie eine fehr große Beute mach⸗ 
ten, vud nisch nah Rußfand führten. Da abe 
nachher Rurik und Roman über gewiffe: Angelegen⸗ 
beiten fig zu :Bripol untertedeten, und Rurik ſolche 
Forderungen: machte, die Roman nit: zügefichen 
konnte, ſo verfielen beyde 008 -öner: freundſchaftli⸗ 
hen Berathſchlagung auf heftige Bormürfe, da ugs 
ter andern Roman Ruriken beſchuldigte, ba :er 
dur Herbeyrufung der Polowzer bee Urheber als 
led _des großen Unglücks ep‘: welches diefe-usgida- 


‚bigen "Feinde in Rußland: angerilhfer.: hätken:, dd‘ 


‚darauf fich deſſen Perſon bemächtigte, ihn nach KDiew 
führte, wo er ihn geeang ;' in den Moͤnchsſtand, 
feine Semabhlinn aber nebſt der: vorher au ihn, Ro⸗ 
man, verheirathet geweſenen und nun: verſtaßeren 
Tochter, in den Nonnenſtand zu treten, Roftislawa 
hingegen und Wladimirn, Ruriks Soͤhne, als feine 
Sefangenen mit ſich nah Hafitfih ihrte: Der@roßfürft 
WfemoLod beiruͤbte fi ſehr uͤber diefe vonRomanen 
an fo nahe mit ihm, Wſewolod, verbundenen Per: 


fonen verhdten Beleidigungen, wollte aber dod, eheer 


ihrentwegen. einen Krieg mit Tomanen anfinge, vor⸗ 
ber verſuchen, od er nicht durch? Vorfiellungen das 
bey ihm zu erlängen vermödte, was er in diefer Ane 
gelegenheit auszurichten begehrte. Roman fegte auf 


fein Anhalten beyde Söhne Ruriks in Frepheit und 


bewilligte, daß einer derfelben, Roſtislaw, WI fe 


1204. 


2 Erſter Abſchnitt. Anfang 


wolods Schwiegerſohn, ben Thron an Sim ‚bes 
Reigen Böunte ")., ln mi 
- , Bad. mahreres Streitigkeiten. mit dem yohlnie 
Ian Herzoge daßek, ward diefer gegwungen, Ro⸗ 
manen feindlich gu behasdeln; er gab ihm dem Nah⸗ 
men eines Vereäthers und Uebirläufers, dem a 
aicrö ſchuldig ſey. Diefer harte Votwurf kraͤnkte 
den Fürften Roman ſo, daß er ſchwur dieſe Belei⸗ 
DSizung nicht war au den Poblen, ſondern an. der 
geſammten lateiniſchen Kirche zu ahnden, und die 
selbe , fo weit er nur mit feinem Hece kommen Eins 
me, nicht nur in Yablen, fondera auch in dem ent 
Aedenen Deutſchland durch Schwert und Feuer audi 
erotten, und wenigſtens drey volle Jahre Verhee⸗ 
zungen in den Laͤndern der Lateinte anzurichten = 
, Nagderr Leßek erkannt hatte, daß er alle Ge⸗ 
handen zu einem Vergleiche mit: Reiten aufge⸗ 
dan wüfe, und beßbwegen augefangen hatte, Kriegs⸗ 
‚süßer. ge. Abtreibund der feindliche: ‚Einfälle der 
Säalitſcher de Melle, fo trieben: zwar dieſe Kriege» 
voͤlker dftensı.die eindrechtuden halicſchiſchen Par» 
wegen zuruͤck. ‚Allein dieſe Abtreibung einiger ſtrei⸗ 
Ramon NT “ ice 
s + Da der. vohlniſche Shheifeſteller Divgef- eieies von ‚ts 
fern Roman erzählt, das die ruſſiſchen Geſchichtſchrei⸗ 
">" ber nice berühren; fo feheinen mie die Begebenheiten, 
welche biefer Diva gufammendrandt,; ‚etwas verdad- 
tig zu fen, Warum ſollten die tuſſiſchen Hifioriter 
Roinans Thaten verſchweigen, da fie fi doch nicht 
ſcheuen, das Boſe und Gute, das Bü and Unglad 
‚ihrer Ration der Nachwelt aufzubecken? Golten fie 
eine fo wichtige Begebenheit, als unfireitig der Krieg 
mit Leßek, beim Pohlenherzoge, ift, vergeſſen, oder nur 
leicht ‚beruber haben? Die Gefchichte bleibt bis ms 
ſechzehnte Jahthuudert luͤckenhaft, und unterliegt einer 
fitengen hiſtoriſchen Eritik, 


. 


Der Herausgebet; 





des ruſſiſchen Reiches. 2236 
tenden‘ Parteyen rkonnten Romans Ab ſichten nicht 
vereiteln. Ben derſelbe zoz cin To maͤchtiges Heer 
zuſammen, un: Lublin durch eine Belagerung in 
eine Gewalt zu’ bringen, und verwäſtete die ganz - 
Setzend wert und breit. MB er über vor Lubliu 
einen ganzen Mohailh ch aufgehalien hatte, und, 
ungeachtet feiner -virfäliigen Utigeiffe, ſich von der 
Hoffnung diefe Heſtang zu gewinnen, noch weit ent» 
ferne ſahe; ſo Defam vr die Nachriche, daß Leßek 
und deffen Bruder Conrad zu Sanbomir alle maͤg⸗ 
lie Manntkhaft zummimen brädten, um im Stan- 
de zu ſeyn, ihnm Widerſtand thun zu können. Dieſe 
Nachricht verurſahte, daß er unverzüglich demſelben 
entgegen aufbrach, "ard nun alle Schritte, die er 
that, dur Raub; "Mord:umd Brand bezeichnete. 
Ju diefen Gedanken beſtürkte ihn die Ankunft einer 
großen pohlniſchen Geſandiſchaft, die aus den Bi⸗ 
fhöfen Won Krakau und Ploczk und verfchiedenen Vor⸗ 
nehmen weltlihen Standes befland; ludem fich die⸗ 
felbe erklärte , falls er billige Zriedensvorfäläge 
hun wolle, ihm ſolhe su bewilligen. Diefe Ge⸗ 
fondefhaft entließ er mit zweifelhaftem Beſcheide, 
danıit ihm ja nicht Leßek entwiſchen moͤchte. Denn 
auf der Meinung, daß die Pohlen ſich feheneten, 
ihm entgegen zu ziehen, verhartete er fo fefl, daß er. 
aufgehobene Pohlen, fogar Geiſtliche peinigte, um 
von ihnen za erfähren, mo er Leßeken mit feinse 
Kriegsmannſchaft antreffen Pönate Als ihm, da. 
er über die Welihfel gegangen, und bey Zavidoſt 
fein Zager aufgefchlanen harte‘, feine Kundſchafter 
und Borpoften ein Mabl uͤbers andere anzeigten, 
daß das vöblniſche Heer in Schlachto dnung, ihn 
anzugreifen, heran ruͤcke; fo lachte er alle Bothen 
ans, und daher geftaße es, daß dir Pohlen ibm 
am ıoten Imins fo. nahe rüdten, daß, als. ihre 

Geſch. Nuſl. 1. Barıd. P 


0 


. 


2.6 Erſter Abfehnitt. Anfang. 


Bogenſchuͤtzen ſchon ihre Nfeile den Ruffen zuſchid⸗ 
"sen, Roman auf. einem engen Plage in größter Ge⸗ 
ſchwindigkeit“ feine Kriegsvoͤlker gum Zreffen Bellen 
mußte. Doch obgleich die erfien Blieder der Ruf 
: fen von den Sohlen erlegt wurden; fo machte doch 
die Menge der-Ruffen und die Aufmerkſamkeit ihres 
‚Heerführers,, allenthalben , wo die. Seinigen Roth 
litten, fie durch frifhe Manutchaft - zu. verflärken, 
daß die Pohlen verzweifelten, anf eine andere Art 
Sieger zu merden, als daß fie Romanen toͤdteten. 
Das Belle für fie war, dab er in dem vorderſten 
Gliedern kämpfte, und Ab durch feine Kleidung und 
rRuͤſtung kenutlich machte. Die Bohlen wandten als 
fo ihren Hauptangriff gegen’ den Ort, wo er fol, 
und es gelang ihnen , die braveſtes Ruffen , melde 
feine Perſon wider ihre Angriffe hedeckten, nad der 
tapferſten Segenwehr fo. zu erlegen, daß, da er ſich 
jept ſchon allenthalben von Feinden umgeben: fohr, 
dabin traten mußte, wie er. durch Ergreifung der 
Flucht ihren Händen entfäme, Es gluͤckte ihm nah 
vielen Bemühungen, über Die Leichen feiner vor ihm 
gefallenen Befhüger aus dem Schlachtfelde zu kom⸗ 
men, und die Weichfel zu etreihen. Statt des Pfer⸗ 
des, das, durch viele empfangene Wunden wild 
geworden, alle Gewalt anwandte, feiner los gumer. 
den, und bisher mit ihm gelaufen war, uun aber 
umfiel, ergriff er eine alte Stute, mit welder et 
über den Fluß fepte ; aber jenfeitd desfelben ward 
er von den, den flüchtigen Ruffen bis auf die ans 
dere Seite, ja bis nah Wladimir in Volhynien 
nachfegenden. Pohlen nnerkannter Weife (indem er 
ſelbſt vermuthlich fih abſichtlich unkenntlich gemacht 
hatte) erſchlagen. — So bald die Ruſſen ihren 
Zürſten das Schlachtfeld verlaſſen ſaben, tif 
fen fie unverzuͤglich aus, und. liefen wie Blinde nad 








"des ruſſiſchen Reiches. 225 


Berzweifelte den Weg nach der Weichſel in ſo dicken | 
Haufen zu, daß fie einander in das Waſſer bineins - 
drängten, . Es entfamen von dieſem uͤberaus zahl⸗ 
reihen Heere ſehr wenige. Denn auch jenfeite 
des Fluſſes wurden noch viele von den dort woh⸗ 
nenden Landleuten getoͤdtet oder gefangen genom⸗ 

men. Auch erhielten die Pohlen im Lager oder beym | 
Ausziehen der Todten' eine ſolche Beute an Poll. 
‚ren Gefaͤßen, Gold, Silber, Kleidern, Pferden 

und Waffen, daß ſich viele davon bereiderten; fie 

ſchaͤtzten die in diefer Schlacht erwordene Ehre. und. 
Reichthuͤmer fo hoch, daß fie die Geſchichte derfele 

ben in Lieder verfaßten, die man noch zu Dlugoſ⸗ 

ſens Zeiten fang. Der Koöͤrper Romans ward Ans 

fange 'auf-Leßels Befehl zu Sandomir begraben, 

ſpaͤter aber den Rufſen ausgeliefert, welche ihn Les 

ßeken durch Befreyung aller gefangenen Pohlen und 
Bezahlung von 1000 Mark Silbers oder Gri⸗ 

wen abfauften, und banır zu Wladimir beerbigten.... 

Die Halitſcher huldigten gwar: feinem: Sehne. diamond, 
Daniel; allein Wſewolod & mw ätoslar die 1 
witſch Zfhermmoi, oder Ver Rothe, verei⸗ now, wird 
nigte ſich mit den ſmolenskiſchen Fuͤrſten, wie auch mit —B 
Rurifen, dieſes Fuͤrſtenthuuis fich zu bemädtigen. Rachtig, bag 
Bel Daniel ein Wiegenkind, und die Macht viel erden Groß⸗ 
zu ſchwach war, fih der fo vieler vereinigten ruſ- LÜrfen Don 
ſtſchen Fuͤrſten die. noch. durch polswziſche Kriegs: die Wage 
völfer verKärft wurden, zu widerſetzen; ſo zog vor balt, 
der Ankunft dieſes feindlichen Kriegsheeres die Kriegs» 
mannfhaff und die iibrigen Getrenen Romans mit 
ihrem jungen Herrn nah Wladimir in Volhynien. 

3 aber Leßek den Caſtellan Sulislam von 

Sandomir mit einem Heere nah Rußland fandte; 

fo‘ erfhredte bie Herannabung diefes dohluiſchen 

Heeres fo weil die ruſſiſchen Fuͤrſten, als auch die 
3 J. 


228‘. Erſter Abſchnitt. Anfang 


Halitſcher, und verurſachte, daß jene ſich zur Heim⸗ 
kehr in ihr Eigenthum anſchickten, dieſe hingegen 
dem Herzoge von Pohlen ihre Unterwuͤrfigkeit durch 
Annahme des Fuͤrſten, den er über fie ernennen 
werde, erflärten. Der poblnifhe Herzog geboth 
auf diefe Sefandefchaft den Halitſchern, daB fie den 
Fuͤrſten Jaͤroslaw von Perejaslaw zur Uebernahme 
ihres Fürſtenthums einladen ſollten Sie gehorch⸗ 
ten. Als aber dieſer Fuͤrſt ſeine Ankunft berzoͤger⸗ 
te, richteten fie ihre Sedanken von demfelben auf. 
den Fürfien Wladimir Igorewitſch, der-aufdie von 
ihnen. Biervon empfangene Borhfchaft insgeheim und 
obne feinen Vorſah den übrigen Fürften zu entde⸗ 
den, nah Halitfch ging, und den Befis dieſes Fürs 
ſtenthums ergriff, in welchem ihn auch weder feine 
mitverbundenen Fürſten, noch der Fürſt von Pere⸗ 
jaslaw, welcher, als er vernommen hatte, daß ein 
anderer ihm zuvor gekommen ſey, ſogleich in ſein 
Land zurüd ging. Der pohluifche Caſtellan dachte 
‘ gegenwärtig genug getban zu haben, daß er außer 
andern griechiſchen Gefangenen feinem Hergoge einen 
 gürften, Nabmens Swaͤtos law, und vier vors 
‚nehme Kriegsoberßen zuführte, die er auf defien Be 
fehl binrichtete. Der Fürſt von Tſchernigow hegte 
ſehr weitlaͤnftige Entwuͤrfe, die er gleich bey der 
Heimkehr nad Kiew zu offenbaren und auszuuͤben 
onfing, indem er mit Genehmigung verfchledener 
Fürſten, die ihn auf dem balitfchifchen Feldzuge bes 
gleitet hatten, Rurifen wegen des von bemfelben geleie 
ſteten Möndsgelübdes des Zürftenthrones. unfähig 
und verluflig erfldrie, fich fetb zum Sroßfärften von 
Kiew machte, und als eine Gunftbezeigung angefe» 
ben. wiffen wollte, daß er ihm und feinem Sohne 
Koftisla:o Die Freyheit vergännte, aus Kiew zuges 
ben, worauf Rurit fih nah Wrutſchai, Roſtislaw 


⁊ 


des ruſſiſchen Reiches. 229 


bingegen nach Wiſchegorod wandte. Daranf befahl 
er dem Fuͤrſten von Perrjaslam durch bine Geſandt⸗ 
ſchaft, dieſes Fuͤrſtenthum zu rdumen. Diefer wider 
feßte ſich, ungeachtet er den Grosfürften WW fe wo⸗ 
lod von. Wladimir zum Valer haste, dem :Willed 
des Fürſten von Tſchernigow nicht ; er: bath Kb nut 
eine cidliche ‚Berfihitung von demfelben aus, frey 
gu einem Vater gehen gu können, was der Fürft 
von Tſchernigow auch gewährte, und das durch feis 
aen Abzug erledigte” Fürftenthun feinem "eigenen 
Sohne Michael eripeilte.- Die durch diefe Gewalte 
thaten des Zürflen von Tſchernigow deleidigten Fürs 
ſten ließen demſelben die abgenommenen Länder nicht 
lange: wudig genießen. : Denn ‘im Jahre 1207 hatte 
kb Rurik durch Verbindungen mis andern Fuͤrſten 
wieder: #0 verſtaͤrkt, daß er ihn zwanzt, fo wohl Kiew 
als Perejastam zu röhwen, worauf er ſelbſt aufs 
neue die Regierung Über Kiew übernahm, in Per 
jaslaws aber feinen. Schar Wladimir "einfegte. :Der 
aus Kiew vertriedene Wſewolod zog zwar nanerzüge 
Thx midcelſt Verſtardungen von Fürſten feines 
Haufe und von’ polswiifdeh Kriegsvoͤlkern ein ſo | 
zahlreiches Heer zuſammen, daß er dasſelbe zur 

Wiedervertreibung Kurifs aus’ Kiew hinlaͤnglich ach⸗ 

tete, Allein ob ihm dieſer gleich nicht wehren konu⸗ 
te, bie ganze Nachbarſchaft um Kiew zu verheeren; fo 
mußte er dach von diefer Stadt nach einer dregmbchents 
. lichen Belagerung fruchtlos abziehen. - Doch kehrte 
ee bald vor dieftibe wieder zuruͤck, wo gegenwärtig 
Kurik feine Ankunft nicht erwartete, fondern ibm 
dur fein Entweichen nach Wrutſchai vergoͤnnte, ih 
des. erledigten Throns zu bemaͤchtigen. Inzwiſchen 
war: der Großfuͤrſt Wiſewobod von Wladimir 
eudli au mit feinen Kriegsrüſtungen zur Beſtrei⸗ 
fung dieſes mächtigen Gegners und. Widerſachers 


aa Erſter Abſchnitt. Anfang 


feines gefammten Hanfes ofertig geworden. Denn. 
fo wohl die. musomfchen als die refanfhrn. Zuͤrſten, 
wie auch die Nowgoroder, führten ihm zahlreiche 
Kriegsvoͤlker zu. Als er ober wit dieſem Hrere im 
Jahre 1208 an der Oka fland; fo berichteten ihm 
. Wljeb und Dleg, Wladimirswisfchen: vom Gebluͤte 
der Füͤrſten von Reſan, dab ihre Obelme ; audare 
reſaniſche Fuͤrſten, mis feinen Feinde Wſemolod dem 
Rothen ein gehelmes Verſtaͤndutß unterhielten, wor⸗ 
auf er dieſelben Über dieſe Verraͤtherey zur: Rede 
ſtellen ließ, und , ob fie gleich: ich durch die beilig- 
ften Eidſchwuͤre von diefer Beſchuldigung zu reinigen 
dachten, als überzeugt in Berhaft nehmen, aud Au- 
fange noeh Wladimir, hernach aber nach Berrow 
führen Heß, und darauf vor. Prousk rüdte, über 
welde Stadt damabhls Kir Mibael, cin Fuürſt 
vom reſanſchen Siamme und Schwiegerfehn Wſe⸗ 
wolods des Rothen, das Regiment führte, Dieſer 
Fuͤrſt flüchtete ſich zwar bey ber Hexannahung die; 
fes wladimirſchen Heeres zn feinem Schwiegewa⸗ 
ter qach Kiew; allein die. Einwohner vos Proust 
ernannten an feine. Stelle ſeinen Auberwandton Iß⸗ 
jaäslaw Wledimiramitfcd- zu ihrem. Zürs 
Ren, und befchloffen unser deſſen Anführung die Be 
logerung des wladimirſchen Heeres aufzuhalten. 
Nachdem dieſelbe zwey Wochen gedauert hatte, ver 

ſuchten die Reſauer, ſich dur die Wegnahme des 
Bepddes des wladimirſchen Heeres, fo ſich bey der 
Stadt Olgow auf einer Jaſel befand , zu befrepen. 
Doch der Broßfürt von Wladimir empfing Made 
sicht von diefem Vorhaben der, Refauer, und hatte 


“Darauf durch. Abfendung eines Theils des Belage⸗ 


rungsbeeres feine zur Bedeckung dieſes Gepaͤckes bin 
terlaffenen Kriegsboͤlker fo ſehr vermehrt, daß, als 
sun Die Reſaner zu deſſen Wegnahme berbepfamen, 








: des ruffifchen Meiches. 231 


fie gefchlagen und nach Wefan zu lichten genoͤthigt 


wurden. Dieſe Niederlage der Reſaner bewog die ° 
Pronsker, ſammt ihrem Zhrken bep dem Broßfüre 


ſten Gnade und Berzeibung: gu ſuchen, die er ihnen 
durch Ablegüng ihres Treueides und der Ueberliefe 
sung der Gemahlin des gefluͤchteten Färften Kie 
Michael widerfahren ließ. Diefe Mebergabe von 


Pronsk verfhaffte ihm die Freyheit, feine Waffen . 
zur Bezwingung der Stadt Refan anzuwenden. Al. 


- Sein die Einwohner dieſer Stadt. verzweifelten. fo 


ſehr, daß fie ſolche wider feine Swalt würden ver 


theidigen koͤnnen, daß fie‘ durch ihren Biſchof Ar- 
fenins fi. um die Verzeihnng ben ihm bewarben, 
nnd , als fie dieſelbe erhielten, zum feſteſten Bewei⸗ 


fe. ihrer Aufrichtigkeit bey der ihm jegs gegebenen. 
Berfiherung ihrer Ergebendeit, alle bey ihnen ha⸗ 


benden refanfhen- Fuͤrſten in Verhaft nahmen, uud 


- Bfewoloden zuſaudten, auch deſſen Sohn Jaͤros 
law auf fein Verlaugen für ihren Füͤrſten erkaun⸗ 
ten. Da nun auch Rurik diefe: Wertbeilung der 


Maht Wſewolods des Rothen genupt, und fi wie⸗ 
der des kiewſchen Throns bemaͤchtigt hatte ; fo glaube 
te der Grogfürft von Wladimir, Den bey der Un⸗ 
ternehmung dieſes Feldbzuges geſuchten Zweck er⸗ 


reicht zu haben, und: entlieh alle dazu .gebrandten 
Kriegsoölter in ihre Setmath.. Dabey brzeigte er J 


den ihm in demfelben:fehr nuͤtzlich gunschaen: New. 
goroderm durch reihe. @efihenke und. Benchinigung 


ihrer Geſuche feige Erkenutlichteit. Denn da.diefe 


fi über Verſchiedenes im Betragen feines: Sohnes, 
ihres gegenwärtigen Fuͤrſten Gonftautin, beſch wer⸗ 
ten, beſtaͤtigte er ihnen alle von vorigen Fuͤrſten ers 
baltenen Serechtfamen, vnd verſprach, ſtatt des ihnen 
miß faͤlligen Conſtantius, dem er durch das Fuͤrſt en⸗ 


thum Roſtow eine andere Berforgung gob, wenn ſie | 


32 Erſtoer Abſchnitt. Anfang 


ſelbſt in. vöBiger Frebbeit. ſid die aebuͤbreude Ber 
rechtigkeit für Die unter Cauſtantias Regierung ge⸗ 
ſchebhenen Eingriffe im ihre Rechte: und Erepheisen 
verſchafft, und alles ihnen Nachtbeilige in Ordauug 
gebracht. haben wuͤrden, ihren vorigen Fuͤrſten Swaͤ⸗ 
toslawm, wieder Me. Regierung ‚uber fie zu führen, 
guzufenden ;.behiele auch ihren Bopgbaud, Dmiteri 
Sırjelin, nebſt fieben anders ongefehenen Maͤn⸗ 


nern bey ſich ia Verwahrung; weit fie dieſelbeg als 


Mſtislaw 
Mſtis la⸗ 


witſch vers 
+ geeibe den 


Sohn des 
Großfuͤrſten 
Wſewolod, 
Swaͤtos⸗ 

faw, aus 
Nowgorod, 


Haupturheber aller der Dinge, warüber fie fh be⸗ 
klagten, aicht "unter ſich dulden mollten. 
HS darauf. Sw dio s14w. zu Nowſorod ae 


langte empfing ihn: die Bürgerfhaft- is, allen Zei⸗ 


ben einer .aufrichtigen. Ergebenheit, und bändigte ihm 


‚Die für ihn aufbetwahrsen Taͤfelchen getreu ein; cr 


hiugegen befriedigte fie ſogleich, als fie bey ihm an⸗ 
ſuchten, no: einige Perfonem als Mitgenoſſen der 
beftraften Verbrecher mit gleicher Strafe gu belegen, 

indem er: dieſelben zur fiheren. Verwehrung au ſei⸗ 


neh Barer ſchickte, und’ alles ir Bermögen eingier 


bean li,  . :. 

Nichts deſto weniger. wäßrte feine Kesirung 
über Nowgorod ‚nur. eine furge. Zeit: Dena,der - 
Fuͤrſt Mflsiew.. Mſtislawitſth, ein Enkel des im 


Sabre 1166 verſtorbeuen Großfuͤrſten Roſtislas von 


Kiew, bemaͤchtigte ſich der Stadt Torſchok, und 
ließ dareuf den: Nomgorodern anzeigen: er komme 
nicht als: Feind ie ihr Gebirth, ſondern in der Ab⸗ 
ſicht, fie wider die lauge ‚erittenen Bedrädungen 
ihrer Zürfien zu beſthützen, und ihre alten Rechte 


nnd DBerfaffungen wieder herzufiellen. Diefer: fein 


Autrag gefiel den Nowgorodern fo fehr, daß fie den 

Schluß machten, ihren jegigen Zürfen Swaͤtoslaw 
in dem erzbiſchoͤflichen Hofe feflgufegen., und Mflie» 
lown zu Ihrem Bürfien gu beruſen. Diefer Behte 





des ruſſiſchen Aeiches. 233 


ßch auf bicen Ruf gleich bey ihnen ein, und fegte 

ih unvergüglih in Kriegsuerfoffung,. um feinen Bes 

hs wider die vergnthlihen Werfuche zu handhaben, 

die Wſewolod mis gemaffneger Hand zur Befrepung 

ſrines nerhafteten Sohnes. und gu deffen Wieder⸗ 

berßellung auf deu nowaorobifchen Zürftenhubl mar , 

chen könnte, So fehr aber. auch Wfewalad-diefes 

in Thun münfdte; ſo mthigte ihn doch die Erwägung, 

daß, er. bep feinen. gegenwärtigen. imfäuden ſchlebte 

Hoffnung habe, durch Bekriegung der: Nowgptoder 

etwas quazurichten. Er hielt Daher nur alle in feinen 

Ländern ſich aufhaltenden Npwgoroder mit ihzen Guͤ⸗ 

fern uad Wagren in der Abſicht an; um die Erler 

digung feines ‚Sohnes von Mſtislawn und den Nom 

gorodern.fih zu verſchaffen, durch. welches Mittel er 

auch des geſuchten Zweck erhielt. Mſtislaw, der 

wegen dieſes Friedensſchluſſes und durch die Umſtaͤn⸗ 

de, welche des Großfürfien abhielten, ihn zu bekrie⸗ 

gen, vor einem feind lichen Angriffe desſelben ficher 

wor, ſuchte im. Jahre 1209 bey feinen neuen Ungtere 1209, 

thanen durch einen Feldzug wider einige. tichudiſche 

Boͤlkerſchaften, welche durg haͤufige Ueberfaͤlle den⸗ 

ſelben großen. Schaden zufügten, Ruhm und Liebe 

gu geminnen, welches ihm auch bey feiner doppelten 

Unternehmung, umd zwar durch eine wider die tſchudi-⸗· 

ſche Landſchaft Torna, wo er ‚viele Beute machte, und. 

durch Die andere wider Obempeh, “os feinem. Wun 

ſche gelang. | _ 
Kaum Batte ſich der Broßtürf Wſewolod ons Verfolze der ' 

Kefan wegbegeden; fo mahten die Einwohner diefer Degebenbeis 

Stadt mit einem Fuͤrſten ans dem Geblüte Derjenie y... Megie: 

nen, die ſie vor wenigen Tagen in des Sroßfärfken rung Wſe⸗ 

Gefomgrafipaft lieferten, nämlich mit Sljeb Ihe gern, 

j&slawitfch, einen Auſchlag, die Leute, weiche 

Wſewolod zur Bertgeidigung der Perfon feines So 


\ 


2 34 Erſter Abſchnitt. Anfang 


nes, ihres gegenwärtigen Fuͤrſten, bey ihnen gelafs 


fen Hatte, ſelbſt in diefes Gljeb Hände zu liefern. 
Ob ſchon der Großfuͤrſt dieſes ihm ſchaͤdliche Bor 
haben fruͤhzeitig genug erfuhr, und durch die Eindide 
zung der Stadt Reſan beſtrafte; fo hob doch bald 


' darauf der Tod Ruriks ſeinen Segner Wſewolod 


den Röthen‘ aufs nenue anf den kiewſchen Thron, 
und deffen Schwiegerſohn, der aus Pronst gefluͤch⸗ 
tete Kir Michael, verfprach , ſich mit dem nun dort 
regierenden Ißjaͤslaw Wladimiromitfh bey einem 
Einbruche, den derfelbe in die Staaten des wladi- 
mirfchen Broßfärffenthum thun wollte, gu vereinigen. 
Ißjaͤslaw verwüſtete im Vertrauen anf die Aukunft 
dieſes Bundesgenoffen die Gegend um Moskau, und 
Kir Michael war in der That im Wazuge gu ihm 
zn floßen , ald er vernahm, dag Brorg, ein Gohn 


des Großfürften von Wladimir, Ißjaͤſlawn in einer 


Schlacht am Fluffe Trosna überwunden, und durch 


dieſe Hiederlage geswungen habe, die großfuͤrfilichen 


2änder gu verlaffen. ' Aus den bisher erzaͤhlten Bes 


gebenheiten des Krieges der beyden Wſewolode er⸗ 


ae T 5 3 Pie 


hellet, daß zwar jeder dem andern Schaden genug 


- qufügte, aber fo wenig dadurd etwas für ſich 9% 


wann‘, daß ihn vielmehr der Abbruch, Den ihm -fein 
Zeind bar, ſchwaͤcher machte Diefe Betrachtung 
verurſachte vielleicht, daß bepde aufrichtig rine Aus⸗ 


-. Whnung mit einander wuͤnſchten, welche 28 few 


Lod der Roche durch Abfendung des kiewſchen Re 
tropoliten Matfet im Jahre 1221 van Wſewolod, 


De Sroßfürften von Wladimir, begehrte, und, als 


er fie erlangt hatte, durch die Bermäpluug feiner 


” * mit Georgen, einem Sohne feines bisheri⸗ 


gen Gegners, befeſtigte, und von deu ruſſiſchen Ger 


ſchichtſchreibern wegen des Vorzuges, den. das wi 


dimirſche Großfaͤrſteachum unter dem Bropfürken 


des ruſſiſchen Meiches, 2835 
Audrena's über alle ruſſiſchen Staaten erhalten hate - 
se, als der Anfang der rechtmäßigen Regierung, 
Wfewnilods des Nothen über Kiew angefehen“ 
wird. Audsrugen die Gpfundpeitsumfläude des Groß⸗ 
fuͤrſten oon Wladimir bey, demfelben die Geneigt⸗ 
Beit zu einem. Vergleiche mit dem Großfürften ven 
Kirw. einzufiögen ; dean diefelben waren fo, dab. ar. 
fühlte , fein £ebensende ſey nicht weit eutfernt. Dee 
wegen fandte er im Jahre 1212 an feinen Sohn ze12, 
Sonflantin, denſelben zu. ſich zu berufen, damit 
felber. ſagleich, wenn er, der Bater, fierben würde, 
den Befip des wladimirſchen Theones, als der aͤlte⸗ 
fie von feinen :noch lebenden. Söhnen, ergreifen, 
koͤnne, wagegen fein Bruder Georg fein bisheriges. 
Fürſtenthum Roſtow bekommen follte. . Allein Con⸗ 
flantig: meigerte ſich, dieſem Willen feines. Vatert. 
zu gehorchen, und vermeinte, derſelben zu, bewe⸗ 
gen, daß er ihm neben Wladimir auch Rtyſtow hin ·˖ 
terlaffen möchte. Drey Mahl verſuchte fein: Basen 
ihn von dieſer unbiligen Forderung ebzußriagen, 
and dabin zu; vermögen, daß er ſub zu ihm nach 
Wladimir begäbe, Wie er aber auf feinem Sin⸗ 
ne baharatez fo ging dieſe feine offenbare Nerle 
gung des vaͤterlichen Auſehens dem Großfuͤrßen (a 
naht, daß er in. Begenwart, feiner Meinten und alg 
ler Großen von Miladimir feimen juͤngern Byuden 
Bere Wladichüe sah, nad die. Unteribauen. na 
bey feinem.:Reben dieſem neuen: Bürken buldigen 
lief. Wenige Tags nachher orrſcheed cr am slen 
April in tinem Alter non 63, Jabren. 

Der nme Großfuͤrſt Seorg, ober nach —* Georg folgt 
hier. Mundart Jur je, trachtete Durch - Befrepung (einem Tates 
des won feinem Vater ſo lange in Berhaft gehalte⸗ In — 
nen refanfhen- Büren und. Eutlaſſung derſelben zur fienthume 
Winreriefiguehmung ihrer Gebinde ſich dicande, Lad 


1213. 


236° Erſter Abfchnitt. Anfang 


und gleich beym Anfangs feiner . großfürfilihen Res 
gierung Deu Nahmen eined gürigen Herrn gu erwer⸗ 
ben. Grubrauchte auch Freunde, inkem' fein. Bru« 
der Eonkantin ih fo gar nicht dee vderrlihen Ber 
fuͤgung gemaß, die Rats feiner Geor gen die vor⸗ 


urheuſte Stadt aus der Verlaſſenſchaft zuerkaunte, 


unterwärfig bewies, daß er virimehr Anflelt: machte, 
ein vermriates Vorrecht wider Georgen bush 
‚Yelriogung desielben durhgnfegen. Zwey ‚Brüder, 
GSwaͤtoslaw und Wladimir, harten ſrch zu ihm ger 
.ſchlagen. Wie aber Georg feinem vorbabeäden Au⸗ 
griffe zuvorkam, und in Geſellſchaft feiner Brüder, 


PZJaͤroolaws und Johann , wider ihn ins Held ging, 


und.unweit Kurjero gefommen war ; fſo ſchloß Con⸗ 
funtin' mit ihm Frieden, und beſchwor denfeldin. 
Swaͤtesbamw vrdeinigto: ſich hierauf gleichfalls win 
Der. mit: Oeergen. Allein Wladimir derharrete in 

feiner offenbaren Feindſchaft, uad bemüchtigte ſich 
dur Bin: gehbrigen Stadt Mosfau , und: von Con⸗ 
Rantearh merkte dor Sropfkrfl-, daß er nur:anf:cr 


‚ne beffete Selegeuheit warte ‚ihn in. Bemeinfhaft 


diefed Wladimirs anzufallen. "Daher glaubte er be⸗ 
vechtigt "gu ſeyn, ie Jahre 1213 durch aAdchmahli⸗ 
de Ucberziehung ſeines Fuͤrſtenthuins von ihm einen 
figern-' Frieden a” azwingen. In diefen Kriege 
ſandte Co uſtautin Kriegsvölker ab, welche nicht 
dire: die: Gegend im Koſtrom verwäfieten, ſondern 
Auch did Stade. ſelbſt a4Abbraanten. Hidgegen ver⸗ 
heerte Georg ſein Sebierh bis an den Fluß Itſcha, 
wo Conſtantin mit dem Hrere, mir dem derſelbe 


. fich ihm widerfegte, ihn traf, und mad einem 


Heinen Gefechts, ‚wort: er, naͤhmlich Conſtautin, 


einigen Schaden : litt, bey ihm’ Frieden ſuchte, den 
er auf- die Ate erdiche, daß er felnsut Bruder Georg 


in feRiee nun vorhabenden Unternehmung miber (fr | 


des ruſſiſchen Reiches. 237 | 


nen feindlichen Bruder Wladimir ‚begleiten muß, 
der ſich dadurch fo im. die Enge getrieben fahr, dag 
er Moskau Georgen abtrat, der ihm mit Genchmis 
Hung feines Bruders: Jaͤroslaw, dern das Fuͤrſten⸗ 
tham Perejaslaw gehörte, eine gewiſſe Theilnahme 
an der Regierung und den Einkünften des Fuͤrſten 
thums Pertjaslaw zuficherte. 

Waͤhrend dieſer imerlichen Kriege der Soͤh⸗ Mitten 
ne des Großfärften Wſewolod konnte der Fuͤrſt ne 
von Romgorod , unter allen ruffiſchen Fuͤrſten wirbe a. 
der Held feiner Zeit, feine Macht wider feine dur feine 
Grenznachbarn in ‚Liefland auwenden. Die naͤch⸗ en ode aan 
Re Veraulaffung aber gab Mſtislawn die von zuͤgliches An⸗ 
den Eihuden geſchehene Eroberung der Gtadt Icden —A 
Plackon, wegu ihnen die Abweſenbeit der meiden fhen Fir. 
wehrhaften Mannſchaft die ſchoͤnſte Bequemlichkeit ſten und bey 
verliehe, worauf fie die eingenommene Stadt. in harten Bil 
Brand fiedien, faft alle darin gefaudenen Leute. nieder⸗ tern, 
machten, und wenige Meuſchen, denen fie das. Raben 
ſchenkten, in ihre Heimath führten. Die Begierde diefen 
Berluf zu ahuden, trieb den Zürſten von Romgorod ou, 
in Begleitung der Fuͤrſten Wfewolod vom Pleskow, 
und David von Zoropes, eines Bruders des kurz 
juvor genannten Wladimir, diefe Tſchuden im ihrem: 
Lande zu befriegen, wo er in Aerew, d. i. Ger⸗ 
wen, und andern Gegenden große Berwüflungen ans 
richtete, bis er vor. ihre Stade Worobjein oder 
Warbole anlangte, von welcher gr die Unterwürfig« 
keit und die Erlegung einer Schagung erswang. Die 
gemachte Beute vertheilte er auf die Art, dog die 
Nowgoroder zwey heile, und die, ihm dienenden 
Edelleute den dritten bekamen. 

Aſtislaw achtete ſich ſtark genug, auch mit an⸗ 
dern Feinden, ſogar mit dem den verfiorbeuen 


Sropfürfen von Wladimir nit: ſchenenden Groß⸗ 


38 Erſter Abfchnitt.. Anfang 

fÜrften von Kiew fich zu meffen. Denn nachdem die- 

fer drey Fürften, Roſtislaw, Ißjaͤslaw und Mſtis⸗ 

law, die gleich nahe als dieſer Fuͤrſt von Rowgorod ib⸗ 

rem gemeinſchaftlichen Stammvater Rofiislam ange⸗ 

‚börten , aus den ihnen gehörigen von Kiew abhaͤn⸗ 

digen Staaten vertrieben Batte; fo hielt er ſich im 

2214 Sabre 1214 befugt, zur Ahndung diefer feinen Stam⸗ 

meövettern erwieſenen Beleidigung Wſewoloden 

‚In feinen Sto aten anzugreifen. Die Blrger von 

Wiſchegorod ſchlugen ſich zu ihm, und halfen 

ihm eine Schlacht wider ihre diederigen Herren, 

»Stammgenoſſen Wſewolods des Rothen, gewinnen, 

und dieſer ſelbſt getrauete fih nicht, ſich in Kiew 

wider ihn zu halten, ſondern entwich nach Tſcherni⸗ 

gow. Als er bald nachher in diefem feinem Erb⸗ 

fürfteirtgume mit Tode abgiug; fo verfuhr Mfiis- 

law als Hert in Vergebung dreder Fürſtenthümer, 

- indem er’ Mſtislawn, dem Sohne Romans und En» 

kel feines eigenen Großvaters Roſtislaws, in Kiew, 

Ingwarn, dem Sohne Jaͤroslaws und Enkel des 

Großfuͤrſten Iß jaͤsba w 6:11. in Zus, und Davi⸗ 

den, aus dem Stamme der iſchernigowiſchen Fuͤr⸗ 

fien in Tſchernigow einſehte. in folder Zuwachs 

feiner Macht floͤßte ihm den Muth ein, fonar einen’ 

Berfuh zu thun, ob er durch eine Reiſe zum Koͤ⸗ 

nige von Ungarn, Andreas II., diefen Monats 

chen uͤberreden koͤnnte, mit ihm in ein Buͤndniß zu 
treten, durch welches er Halirſch überfäme, 

. Milewer * Da König Andreas von den Salttfchern, 

| —ã welche ſich durch die ihnen zugeſandten ungariſchen 

Furt von Kriegsvoͤlker der Perſonen ihrer bisher geweſenen 

Deld 3U Zürften, der Igorewitſchen, bemädhtigten, and ſol⸗ 

che nebft ihren Gemahlituen und Sindern toͤdteten 

und aufhingen, das Verſprechen erhielt, feinem 

Sohne Kolomann fich unterwerfen zu wollen, und 


w 


des ruſſiſchen meiches. 239 


zugleich die oberkirchliche Gewalt: des Papſtes auf 
die Bedingung anzunebmen, daß alle ihre von den 
roͤmiſchen Gebraͤuchen abweichenden Kirhenfagungen " 
ungefränft blieben ; fo erhielt Mfislaw auf fein Ge⸗ 

fu eine ab ſchlaͤige Autwort, und der. König von - 
Ungarn sraf mit Leßeken, der nach der Schlacht bey 
Zavichoſt die oberherzogliche Würde über Pohlen 

aufs nene erlangt hatte, wegen der pohlaifhen Ans 
ſprüche auf Halitfh die Convention, daß Kolomaun 
Salomea, Leßeks des Weißen Schwelter, heirathen, 
und durch Geiflliche bepder Reiche die. Feyerlichkei⸗ 

ten feiner Krönung. verrichtet werden follten, Dies 

ſes geſchah, und Kolomann warb im Jahre. 1214 im. 
von dem ungarifhen  Erzbifchofe von Sran unter. 
dem Bepfionde. des poblniſchen Biſchofs von Kra⸗ 

kau uud anderer. ungariſchen und pohlniſchen Bi⸗ 
fihöfe mit einer goldenen Krone zum Könige von 
Halitſch und Laodimer , das iſt: Wladimir in 
Bolßpnien, gefröner *). Dach behielten ſich, ungeach⸗ . 
tet diefer ihm ertheilten Löniglichen Würde, ſowohl | 
die Ungarn als Pohlen gemiffe Gerechtſamen auf die 

ibm folchergeftals abgetretenen Laͤnder vor, und fein 
Bater Andreas wannte ſich auf gagher ‚König, 

von Halitſch und Laodimer. 

AS der, Zürft, von Nowgorod fich um Halitſch ats, 
bewarh, adhtesen fih im Jahre 1215 die Nomgo: am aus 
roder, welche von Peinem andern Zürften regiert Nowgorod 
ſebdn wollten, als welcher bloß ihre Angelegenheiten zeifen, eENENs 
betriebe, berechtigt, fih einen ‚andern Fuͤrſten zu Nomaoroder 
mählen. Ihre Wahl traf gegenwärtig den über Pe: Jaͤroslawn 
rejas law regierenden Bruder des Großfürften vom zum Farſten. 
Wladimir, Iſroslaw. Diefer neue Fuͤrſt rich⸗ 
tete feine ganze Aufmerffamkeit dahin, alle Männer 


*) Proy P- 204 Dlugost, p- 604. 


240 Erſter Abſchnitt. Anfang 


von: Anſehen, die ibm Verleuͤmder aus eigennuͤtzi⸗ 
gen Abfichten als feine geheimen Feinde und die nur 
auf rine bequeme Zeit warteten, Mſtislawn Row» 
gorod wieder zu verfikaffen, auſchwaͤrzten, unter dem 
VBorwaude riner vechtlichen Beflrafung zu unterdrü- 
. @en, und die Einwohner in Romwgorod lernten buld 
einfehen, das Jaroslaw einen folden Charakter ha⸗ 
be‘, daß man die größten Gewalttbaten. ſrey ausuͤ⸗ 
ben toͤnne, ohne eine Ahndung von ihm fürchten gu 
dürfen. So erdreiffeten fi die einen Theil der 
Stadt bewohnenden prenßifchen Kanflente, einen ges 
wien Eufirat' und deſſen Sohn Lugora zu 
ernrorden , nnd‘ die Körper der Erſchlagenen öffent: 
Nlich and Ufer der Wolchow zur Schau zu werfen. 
Diefe aıperifiheinltche Berlehung aller öffentlihen 
Sicherheit erregte bey Jaͤroslaw den dußerſten Ab» 
ſcheu, nicht wider dke Thaͤter, ſondern überhaupt 
wider alle Rowgoroder, aus der Urſacht weil er 

urtheilte, dab die Thäter Dielen. Fredel ute veräbt 
Baden würden, wenn fie nicht guwerfichtläch gewußt 
Härten, daß die RNowgdroder Ad völlig gleichgüeltig 
dabey verhalten würden. Gtatt daß vr alſo als 
Fuͤrſt zur Wirderherfiellung der dureh ein folches Vers 
brechen geſtoͤrren guten Ordnung in der Stadt Ans 
ſtalt madrm forte, gerierh er darüber in foldhes 
Schrecken, daß’ er ſeine eigene Verſon in Romgos 
rod unficher glaubte, und nah Zorfchof sog. . Waͤh⸗ 
send feines Aufenthaltes, zu Torſchok entſtand von 
ungewöhnliben noch vor dem Herbſt in der Som⸗ 
merszeit eingefallenen Zröften im gangen Fuͤrſten⸗ 
Thume ein allgemeiner Mißwachs an allen Arten des 
Getreides, folglich eine große Hungersnoth, indem 
bed der wenigen Bemeinfbaft, die damuhls zwi⸗ 
ſchen den verfchtedenen Ländern des ruſſiſchen Rei⸗ 
ches war, dieſem Rangel in Nowgorod durch Zu⸗ 
fuhr 


des ruffifchen Reiches, 241 
fuhr der Lebensmittel -ans andern Orten nicht abzu⸗ 
helfen war. Go galt eine Tonne Roden 10, 
eine Tonne Hafer 3 Griwen, und eine uhr 
Rüben eine Kopeike; die meiſten Menſchen mußres 
fich von Fichtenrinden und Lindenblaͤttern naͤhren, 
nud Aeltern ihre Kinder um eine gleinigkeit vers 
kaufen. Dergefieft verhungerten die Leite tauſend⸗ 
weiſe; noch mehr aber raffte eine bald nad dem 
Anfange diefer Hungersnoth ausbrechende Peſt weg, 
ſo zwar, daß die Todten zu ganzen Haufen mit 
weniger Erde überſchüttet wurden, und an vie⸗ 
len Orten auf Straßen, Gaſſen und Feldern gar 
unbegraben liegen blieben. Bey ſo klaͤglichen Um⸗ 
ſtaͤnden hielten die Nowgoroder die Gegeuwart ih⸗ 
res Fürſten unentbehrlih, und ſchickten zwey Ges 
ſandtſchaften ab, dieſe Gunſt von ihm zu erbitten. 
Er hingegen blieb bey feinem Vorfage, nie nad 
Nowgorod zu fommen, fo unbemweglich, daßer den» 
felben den Nowgorodern durch Zurückbehaltung ibs 
rer an ihn geſchickten Geſandten und Abholung feis 
ner in Nowgorod gelafjenen Gemahlinn deutlich ofe 
fendarte. Als fie die. dritte Geſandtſchaft mit der 
Botbſchaft an ihn abfertigten, daß, wenn er nicht 
zu ihnen käme, er fie gwinge und berechtige,, ihm 
afle Unterwürfigkeit aufzulünden, vermeinte er fie 
Dadurch wider ihren Willen von der Ausführung die» 
ſes Borfages abzuhalten, daß er auch dieſe Geſand⸗ 
sen bey fich behielt, und Mich der Perfonen aller indem 
torfhodifhen Gebiethe aufhaltenden Nowgoroder, 
die 2000 Köpfe ausmachten, in der Abficht verfichere 
te, dab ihm alle diefe Romgoroder zu Geißeln 
ig Anfehung ihrer Mitbürger dienen follten. ’ 

Da nun Mſtislaw Dep fo vielen und flarfen Sister 
Urfahen, durch welche Jaͤroslaw den Nomgorodern ar wiehee 
fich mißfaͤllig machte, in ihr Laud zuruckkehrte; fo — 

Geſch. Rubl. 2. Band. 9 | u 


. ’ .4 
242 Erſter Abſchnitt. Anfang 
muß aber war es ganz natürlich, daß fie denfelben am ı ıfen 
defwee , Februar im Sabre 1216 in ihrer Hauptfladt nicht 
ee nur als ihren Zürften uud Höchfterwiinfhien Befrener 
führen. von dem Joche eines Unterdrüders mit Zreuden 
12:16 aufnahmen, ſondern auch die Vorwürfe, die er in 
- der von ihm am fürfitichen Hofe angeftelten Volks⸗ 
verfammlung über ihre Untreue machte, geduldig 
und mit Beyfall anhörsen, und nach Endigung der . 
Kede ihm als ihrem Zürften vinen neuen Eid der 
Treue ſchwuren. Jaͤroslaw rüftete fi) nah Mög» 
lichkeit zur Vereitelung diefer ibm fchädlicheh Ent⸗ 
ſchluͤſſe, indem er befahl, alle Straßen nah wer 
und Torſchok durch Verhacke unzugdnglih zu ma⸗ 
chen, und, um auch den Waſſerweg abzuſchneiden, 
die Fahrt im Twerza zu verſchütten und den Fluß 
durch Schanzen zu verwahren; er ſchickte auch Bun» 
dert Nowgoroder, von deren Treue er kb volllom- 
men uͤberzengt hielt, in der Meinung nach Nowgorod, 
daß fiedie Nowgoroder verfuchen follten, ihre Gemäther 
von Mſtislaw abzulenken. Aber er irrte fich in den Ge⸗ 
danfen von den Befinnungen diefer Leute ; denn ſo bald 
fie ih außer feiner Gewalt befanden, Teifteten fie Mſtis⸗ 
lamn alle Dieufteder getreneften Unterthauen. Mſtis⸗ 
law. hingegen verfuchte mit eben fo ſchlechtem Erfol- 
ae, Jaͤroslawn mittelft Abfendung des Prieſters Georg 
ö und der Erinnerung, daß er ihn wegen defien Bere 
bindung mit feiner Zochter al& feinen Sohn liebe, 
. zür Befrepung der angebaltenen Nemgoroder und 
Räumung der zum nomwgorodifchen Gebiethe gehoͤri⸗ 
gen Laudfchaften zu vermögen. Denn bloß der 
geiftlihde Stand diefed Abgeordneten feines Schwie⸗ 
gervaters, werfchaffte demfelben die Freyheit der Rüde 
Fehr ; bingegen ließ er ale angehalteuen Mowgoroder 
auf dem Zelde hinter Torſchok perfammeln, dann 
feffeln, in verfiedenen Orten in Gefdngniffe fer 


er 
« 


des ruſſiſchen Reiches. 243 
gen, und ihre Güter wegnehmen und feinen Getreuen 
geben. Einige der geringſten von diefen Gefauge⸗ 
nen entmwifchten aus ihrer Berhaftung ; aber von dies 
. fen Entfommenen flarben die meiften Hungers auf 
dem Wege nah. Nomwgorod. Die Wenigen, mwel⸗ 
che fo gloͤcklich waren, dieſem Hungertode zu ent⸗ 
gehen, vermehrten bey ihrer Ankunft zu Nowgorod 
durch den Augenſchein ihres Elendes -und durch ihre, 
Erzählungen von Jaͤroslaws Härte die Erbitterung 
gegen diefen Fürften „und beförderten die Kriegser- 
klaͤrung und den ungefäumten Aufbruch. Mſtislaw 
eilte fo fehr, daß die Maunſchaft, mit welder er am 
1. März Rowgorod verließ, mit Inbeg riff der ihm vom 
Zürfien Wladimir von Pleskow jugeführten. Vers 
ſtaͤrkung nur 500 Streiter angegeben wird. Aber 
auf dem Zuge vermehrte ſich dieſelbe durch die Au⸗ 
kunft feiner Stammoettern und Bundesgenoſſen, der 
Fuͤrſten von Smolensk, des Wladimir Rurikowiiſch 
und Swaͤtoslaws, und andere Kriegsvoͤlker, daß ſein 
Heer auf 10000 Mann anwuchs. So bald er mit 
diefem Heete dag feindliche Gebieth betrat, bdewies 
er wider die damahlige Kriegsgewohnheit die Mix 
Bigung, daß er befahl, alle ‚ruhig lebenden Einwoh⸗ 
ner im Befitze ihres Eigenthum— zu laſſen, und ge⸗ 
wagn Hierdurd den großen Vortheil, daß niemand 
auf dem ganzen Wege, auf dem er wit feinem 
Heere zog, feinen Wohnfig verließ, und dasfels 
be allenthalben von den feindlichen Unterthanen 
reichlihen Unterhalt empfing. Sein Zug ging über 
Rfhew und Milislam » Gorodeg nah Szubtſchew, 
welches er nach geringem Widerflande einnahm. Nun 
aber (fand er in Zweifel, ob er den Weg nach Pe⸗ 
resjaslam einſchlagen, oder gerade auf Torſchok ge⸗ 
ben ſollte. Doch hatte Piel die Erwägung, 

| En Ep 


2440 Erſter Abfchrüitt. Anfang 
daß der Fürft von Roſtow nur geswungener Weiſe 
mit feinem Bruder Georg Frieden geſchloſſen habe, 

Säroslam aber in den Kriegen zwiſchen diefen bey 

den Brüdern die Sache Georgs flandhaft verthei- 

digt babe, fon vorher auf die Gedanken gebracht, 

Eonftantin zu einem Bündniffe wider Jaͤroslaw ein⸗ 

laden zu laffen , indem durh ein Bündnig mir ihm 
Conſtantin leicht den großen Vortheil erlangen koͤnn⸗ 

te, von feinem Bruder Georg die Räumung des 
Ä Großfuͤrſtenthums Wladimir zu erzwingen, 
Conftantin Da er aber noch die Autwort Conſtantins auf 
en islarg diefen Antrag erwarten mußte, um völige Ges 
Seite, hin wißheit zu haben, daß er auf alle Fälle auf feiner 
—— Seite wider Jaͤroslaw ſtehen werde, und überdieg 
Georg %:  Yurch einige in einem Beinen glüclien Gefechte mit 
rosſawn ga feindlichen Kriegsvölkern gemachten Gefangene Rund» 
Sie - ſchaft eingog, daß Jaͤroslaw fih nah Twer begeben 
babe, nahm er feinen Bug ldngs der Wolga, wo 
er feinen Befehl wegen Verſchonung des Landes 
aufhob, das ganze Land verwüflete, und Schoſcha 
und Dubna eindfcherte. Als er darauf von Eonflan» 
tin bey der Nachricht, daß derfelbe Mſtislaws Ans 
trag annehme, und fi mit feinen Kriegsvölfern 
bep deſſen Heere einftellen werde, den Rath erhielt, 

Perejaslam anzugreifen; fo nahm er dei Weg dort 

hin, auf welchem Eonflantin zu ihm ſtieß, worauf 

man dann fein Bedenfen trug, die Belagerung der 

Stadt Perejaslam vorzunehmen. 

Der Grogfürft Georg zog nun zur Hülfe Id 
roslows alle Leute, die nur Alters wegen zum Tre 
gen der Waffen taugten, aus Wladimir, Susdal, 

Murom, Gorodez und den übrigen unter feiner 

Serrfchaft iehenden Ländern sufammen, und erlangte 

dadurch ein fo zahlreiches Heer, dag Miflislam bey 


‚7° deſſen Heränrudung rathſam achtete, die De 


— — — — — 





des ruſſiſchen Reiches 245 


lagerung von Perejaslaw aufjubeben, und wit fü. 
nem Heere Georgen entgegen zu sieben. Als er nun 
"unweit demfelben bey Zurjew fland, jichse er eine 
Geſandtſchaft an ihn, ihm die Vorſtellung zu thün, 
dab er Feine Urſache habe, Mſtislawu und defſen 
Bundesgenoſſen in Ihrem, gerechten Kriege wieder 
ihren Feind Eintrag gu thun, da fie alle hetzlich 
wünfchten, mit ibm’ in. gutem Vernehuien zu leben. 
Aber diefe Geſandtſchaft erhielt - von Georgen zur 
Antwort: er koͤnne feinem Bruder feinen Berftand 
nicht entziehen. „Dirfe, Gefldrung des Großfuͤrſten | 

bemog Mfislomn, .npn Jaͤroslawu Den. Aufrag u 
thun, daß, wenn, er die den Nowgorodern gorente 
baltenen Landſchaflen fahren laſſen, und, alle gefage 
genen Nowgoroder in FZtepbeit ſeten prohte, Miig- 
law nad beffen Bundesgenoffen Bereit, fepen,, Frie⸗ 


den mit ihm zu ſchlleß en „und ihn in {eigen ‚Eite . 


ſtenthuͤme Perejotlaw nicht zu ſidren z. zum 
Mſtislaw und deſſen Helfer aus den. ‚folgen 3 Aus. 
drüden., in welchen Jarolaw ſeine 9 falägiar Ant 
wort auf biefen biligen, Beiedendan rag. abfaßte, 
überflüßig erkanuten, daß, die, Maͤßlaung, der he | 
fich ‚gegen diefe Zeinde ‚bedienten, nichts⸗ bep danfelo 
ben feuchte, ſondern ſie vißimehr in der ſchen ha⸗ 
benden Meinung, daß ihre Zeinde, ſich vor ipueg 
fürdteten, befläife; fo entſchloften ‚fe. fich ihnen 
dieſe Rolze Meinung. durch eine andere Befandfhaft 
gu benehmen, die außer den ‚Zorderungen,, von dem 
Broßfürften verlangte, derfelde ſollte Copfantinen, 
als feinem älteren Bruder, das Großfuͤrſtenthum 
Wladimir abtreten, und fh mit dem Fuͤrſtenthume 
Susdal begnügen. Obſqhon dergeſtalt auf beyden 
Seiten aller Auſchein verſchwunden war, obne eine 
Schlacht aus einander gu. kommen, und befonderg 
der Großfuͤrſt fich mie der Hoffnung eines unfehls 


246 Erſter Abſchnitt. Anfang 


baren, großen ‚Sieges ſchmeichelte; fo achtete derſelbe 
doch der. Lögdeit gemäß, um feine Bojaren nicht 
durch gar. u offenbare Beringfhägung zu erzürnen, ° 
zum Steine gine, Berathſchlagung mit ihnen anzu⸗ 
ſtellen ob er zu einer Schlacht ſich entſchließen, oder 
noch verfuchen follte, ob diefer Zwift durch einen 
Vergleich beygelegt weiden önuie. 

Alle Verſuche zur Beylegung dieſer Zwiſtigkeit 
liefen fruchtlos ab, ind’ der Krieg ward entfcie- 
den. Das Kriegedgthet helgte fih zu Mſtislaw und 
felnen Bundeögenoffen ; he € fiegten in einer entſchie⸗ 
denen Sélaͤchi. Die Nowgoroder‘i und E moleng. 
"fer welchẽ den erſten Auriff thaten, vermißten 
nur fuͤnf angefehene Männer und wenige gemeine 
Kriegsleute, von’ dem ganzen fiörigen Here würden 
nur 550 geloͤdtet. Hingegen zählten fie,9233 t todte 
Seladr auf. dert Sdlachifelde, die uͤngerechnet, wel⸗ 
che auf der Flucht in den Fluͤſſen ertraͤnken, oder in 
den Waͤldern an ihren Wunden ſtarben. Der Groß fuͤrſt 
Geors erreichte mit gewechfelten Pferden im bloßen 
Hemde ganz allein die Stadt Wladimir, Aus die 
fem Aufzuge nnd dem difenden Kitte ſchloſſen die 
ihn in der Gnrfetnung wahrnehmenden' Einwohner , 
er fen der Bothe welder Ihnen die froͤbliche Nach⸗ 
richt des fuͤr unfehlbar geachteten Sieges uͤberbraͤchte. 
Aber dieſe ihre kutze Freude verwandelte fich ploͤtzlich 
in die dußerfie "Traurigkeit und Verzweiflung, , al⸗ 
fie den Größfhiften erfähnten,: Ver die Stadtinnuern 
Befihtigte , und. die Staͤdt in den beſten Pertheidi⸗ 
gungsſtand zu ſeten befahl. Denn obgleid allmaͤh⸗ 
lich andere Fluͤchtlinge zu Wladimir aͤnlangten; ſo 
waren es do uͤberaus wenige, und alle nackt und 
nubewehrt oder gar verwundet. Daher Renten fie 
ibm vor, daß es eine Unmöglichkeit ſey, bey gunz⸗ 
licem Mangel aller Waffen und weßrhofter Bann» 


des ruſſiſchen Reiches. ⸗a⸗ 


ſchaft eine Aelagerung andinbalten, nnd ber Greß⸗ 
für gab ihnen dem Troſt, daß er bloß zum Scheine 
Anflalten mahe‘,, als wenn er Die Stadt vertheidi⸗ 
sen wollte, im Örunde aber blaß die Abſichtchabe, 
ſich ertraͤglichere Frigdensbedingungen auszuwirkin. 
Sa der That hatten ale Rlüchtlinge bloß der Mäßte 
gung der Sieger ihre Rettung zu verdanken.» Denn 
fo Bald dieſe fih. des Sieges vollkommen verſichert 
foben,, hielten fie alle ihre Kriegsahlfer‘-anf dem 
Kampfplape zufammen, ohse .nine soritese Merfol⸗ 
gung der "Feinde zu parfiatten, und beadherg. erſt 
den Zag darauf auf, um mit langſamen, Schritten 
vor Wladimir zu ‚aehra,. wo fie des Morgens ans 
onlangten. „Hier begnuͤgten fie ‚Eh .wit- ber Ein⸗ 
fhliegung der Stadt; und als in: den gwayrrfien 
Naͤchten. Zeusrährünfte in ‚deu. Stade. -enfBandee, 
und Die.erfierg die. Rowgoroder zur Beſſuͤrmung der 
Stadt uugen wollten, vermehrte es jhnen Mſtislaw; 
und ala die Smolensker ‚Pen Dam gndern Bauer um 
Erlaubniß, die Stadt anzugreifen anſuchten, ward. 
ihnen gleichfalls Einhalt neben: nn 

Sie durflen auf die Uebergabe nicht lauge war⸗ Georg wird 
ten; ‚denn bald darauf lich Georg Noise: ua! — 
deſſen Bundesgenoſſen Bitten, ſeinen Bruder Cogiſtane fienhum ” 
tin zur Berföhnung. zu bewegen, indem gr fich glücklich Wladimir 
genug. fhöpe, wenn man Ihm einen. freyen Abzug —— 
verſtatte, und ſich in Allem gaͤnzlich ihrem. Willen sin abzurre: 
überlaſſe. Seine Ueherwinder geſtattelau ihm, nach !'"- 
Nodiſon⸗Gorodep,edaß fie ibm ließen, ahzugehen, 
und darauf trat ex, nachdem er alle Fuͤrſten reiche. 
lich beſcheukt und das, Sroßfürfesshan Wladimir ;T n-.. 
feyerlich an feinen Bruder Conflgntin apgsseten hatte; - iii = © 
in Begleitung ſeiner Gemablinn, der Kinder, und Des, Bone 
Bifhofs Simon von Wladimir, der.ihg,in feanem. .: ". 
Ungläde. duch feine Geſellſchaft troͤſten wolle, une . 


v 





948 Erfter Abſchnitt. Anfang | 


virzüglich zu Waffer die Reife nad dem Orte feines 


kuͤnftigen Aufenthbabts ah. Der neue Sroßfürft Eon» 


flansis :hingegen brach gleich nach empfangener Hul⸗ 
Digung der Wladimirer mit feinen Bundesgenoſſen 
wider den Zönften Jaͤroslaw auf, welcher, auf fei- 
ner Flucht vier Pferde todt geritten, und auf. dem 
fünften zu Pertjaslaw angelangt war, wo er gleich 
ben feiner: Ankunft alle in feiner Gewalt habenden . 
Nowgeroder und Smolensker in enge unterisdifche 
Behäktniffe fo zufammenfperren-ließ, daß in der fürs 
jen Zeit, die bis zur Aukunft der verbindeten Fuͤr⸗ 
Ren verfloß, 55a Nowgoroder und 15 Smolensker, 
oder nach inem audern Verichte 313 Rowgoroder 
und 19 Smukensler darin verſtarben. 

Da ihm num die Geſchwindigkeit feiner Befie⸗ 
ger keine Jeit, ſich iu Vertheidigungs ſtand zu fehen, 
vergoͤnnte; for ſchickte er denfelben Geſandte entge⸗ 
gen, um einen--erträglichen Frieden von ihnen zu er⸗ 


- Bitten;. und als Re-ihm ſoichen sugeflanden hatten, 


kam er am A. Maͤrz ſelbſt zu ihnen, ſich durch ſeine 
Entſchuldigungen und reichliche Geſchenke, womit er 


. einen jeden "unter' ihnen Befchenfte , wieder in ihre 


Bunft. zu fepen. Aber obgleich der großmuͤthige Mſtis⸗ 
law ihn zer im Beſihe ſeines Erbfuͤrſtenthums 
ließ, fo wollte er doch feine Tochler fernern Riß⸗ 
handlunges, dit ſie waͤhrend dieſes Krieges von ihrem 
unbilligen Gemahle erleiden mußte, nicht aus geſetzt 


wiſſen, und nahm fe, obgleich bey gegenwoͤrtigen 


Für Miss . 


law Mfisla; 
witſch von 


Mowgorod 


erobert Ha⸗ 
if 


Umſtaͤnden Jaͤrbslaw ihn luſtändigſt' bath, ihn ihrer 
nicht zu derauben, mit ſich nach Nowgorod. """ 
Hier verblieb Mſtislaw nur kurze Zeit. Denn 
die Halitſcher wurden : der. Herrſchaft Ihres ungari⸗ 
(den Königs Kolomanns, bald überdrüßig ‚ wand⸗ 
sten fih däher au Mſtislaw und andere ruffifche Für⸗ 
ſten, um dur’ ihren Bepſtand non ber Herrſchaft 








des ruſſiſchen Reichs. 249 


dieſes ihnen mißfaͤlligen Regenten befreyet zu werden, 
mit dem. Verſprechen, an deſſen Stelle Mſtislawn 
für ihren Herrn anzunehmen. Diefes ihr Anerbierhen 
war Mſtislawn fo angenehm , daß er den Now⸗ 
gorodern fügte, er wolle dem Begehren der Ha 
litſcher zwar willfabren, aber nichts deſto weni⸗ 
ger eine unver andeclich⸗ Liche Für, feine getreuen 
-Nomwgoroder behalten. Ob ihm gleich nun die 
Sorgfalt für bie innern und auswärtigen Angele« 
genheit feines neuen Staates Halitſch die Nothwen⸗ 
digkeit auferlege, daß er nicht beſtaͤndig ih in 
Nowgorod aufhalte,'fo fen er doch bereit, allezeit, 
wenn die Umflände der Nomgoroder feine Gegen⸗ 
wart oder feine Unterfiügung erforderten, ihnen in 
allen Fällen bepzuſtehen. Go fehr ihm Die Now⸗ 
goroder anlagen, diefes Vorhaben aufzugeben , und 
batben, beftäudig die Regierung über fie zu führen, 
fo konnten fie ihn doch nicht vermögen, feine Abſicht 
anf Halitſch faßren zu laſſen, und ermäßlten daher 
einen andern Zürften, den Swaͤtoslaw Mfiislamwilfd , 

Mſtislaws treuen Gefährten in den legten Äricgbs 
unternehmungen ivieder Jaͤroslawn und Geotgen, 
um in ſeiner Abweſenheit die Regierung zu verwäls 
ten‘, gaben ihm auch drey 'von ihren Vornehmſten 
mit, theils zu Verficherung ihrer anverbruͤhlichen 
Zreue, theils dag Mſtislaw die nowgorodiſchen Ge⸗ 

ſchaͤfte mit Nowgorodern Überlegen und mittelſt ihrer 
Beyhuͤlfe beſorgen koͤnne. Ihn begleiteten auf die; 
fem halitſchiſchen Zuge drey Fuͤrſten , Blodiinir, 
der Sohn des ehemabligen Großfürſten von Kiew» 
Kurifs, zwey Roſtislawe, und ein’ zahlreiches Heer‘ 
Polowzer, mit welchem Volke er durch eine fih aus 
demfelben erwählte Gemahlinn in einer genauen. 
Verbindung land. Der glückliche Erfolg bezeichnete 
auch hier alle Schritte, die Mſtislaw mit feinem 


) 


‚250 Erfter abſchnitt Anfang 


‚Here that, indem kein einziger Ort in gang Halitſch, 
big auf die. Hauptſtadt gleiches Nahmens, von ihm 
unerobert blieb, und er auch bald vor dieſe geben 
und ihre Belagerung vornehmen konnte. . Kolomann 
ging noch, als es Zeit war, aus Halitfh , und ber 
warb fih perfönlich bey feinen Bekhigern, den Un: 
garn und Pohlen, um eine hinlänglihe Macht, um 
diefem fuͤrchterlichen Angreifer die Spitze biethen zu 
koͤnnen. Während der Belagerung ward. der oberfie 
Heerführer der Polowzer Miſſerwitſcha, nad einer 
andern Schreibart Miciewnica, durch die Bertheidiger 
- der Stadt ggtödtet. Diefen Ber luft ließen. feine Kriegs⸗ 
voͤlker die waffenlofen Bewohner des ganzen offenen 
Landes von Halitſch entgelten, indem fig, um den⸗ 
felben zw rächen, die ſchrecklichſten Verheerunged 
durch Raub und Brand aurichteten. Haliiſch ſelbſt 
ward dieß Mahl durch die Anfunft aweper Heere, 
eines ungariſchen unter den Befehlen eines ungari- 
ſchen Palatins, und eines pohluifchen unter Anfuͤh⸗ 
rung des Woywoden Nicolaus von Krakau, von 
einer gewaltſamen Eroberung defreyet. König Kolos 
mann blieb in der Stadt mit einer Henugfamen Ber 
ſabung des beſten Kriegspolks, welches aus ungarifchen 
und voblniſchen Truppen beſtand, oͤruͤck. ‚als dieſe 
Äh zur Schlacht wider den surücgelommegen Mflise 
law auſchickten. Sie ſtellten ſich ſo in Schiachtord⸗ 
nung, daß die. Pohlen den rechten, und die Ungarn 
und Halitſcher den linken Zluͤgel einnohmen. - Bey 
ihrem. Yuzuge flieg Mſtitzlaw auf eine Anhöhe, ihre 
Zabl und Anfalten mis eigenen Augen genqu zu un⸗ 
terſuchen, um fo dee, beſſer die Maßregein zu 
ihrer rderwindung nehmen zu können, Als er ſich 
aber dabey etwas lange verweilte, erinnerte ibn der 
FZuͤrſt Wladimir, daß fein Kriegsvolt‘ bierpon viele 
leicht eine folfche Auelegung machen und denken könn» 








x. 


‚des ruſſiſchen Reiches. 251 
te. daß der Feldberr feine Perfon zu einer Seit im 


Eicherheit Bringen wolle, als er feine Leute durch 
‚fein. Zureden, feine Anleitung und fein Bepfpiel zum 


tapfern Streite anfeuern follte, Maislaw verſchmäͤ⸗ 
hete nie. wohlgegründeten Kath, und. ging daher yon 


diefer Anhöhe an die Spige der Seinigen, denen er 
einen gewiffen Sieg ber ihre Feinde verfprad. Die 
Poblen bekamen Wladimirn und die beyden Roſtis⸗ 
lawe zu Segnern; zund als dieſelben von ihnen zu 
Ergreifung der Flucht gezwungen wurden, verließen 
fie das Schlachtfeld, um durch Verfolgung der ge⸗ 


ſchlagenen Ruſſen den uͤber fie. erhaltenen Vortheil 


zu behanpten. Nachher ſchienen auch die Ungarn.usd 
Halitſcher auf ihrem. Flügel die Oberhand Aber die 
mit ihnen. Ärdteyben Feinde, gu. gewinnen, und 
glaubten. ſchon fo feſt, nichtsz weiter von denſel⸗ 


ben befuͤrchten zu „dürfen „ daß ſie, um daſto 


beſſer .nadigufegen, ibre Schlachtordnung grenn⸗ 
ten. Aber an brach Mſtislaw, der ald ein Muger 
Held, feiney Entwurf zur Ueberwindung der. Zeindg 
auf Diefen- ‚Boxfafl arbaugt haste, ‚und, um ihnaus⸗ 
zuführen, die Seinigen zum Scheine als Zlüdrling 


ge zurůckwe chen ‚ließ, mis Den verſtect gehaltenen: 


— jervor, und ging ihnen auf den Rüde, 


morauf 48 ib. ‚ein Leichtes mar, ;fie- gänzlich. in 
Unordnung ‚BB. ‚bringen, Zugleich kehrten bepde Ro⸗ 


ſtislawe mit Ideen Kriegsnöffern anf das Schlachtz 


feld zurüd, und fielen den, Ungarn in die Seite, 
und vachdem nun der Yalatin. gie ein Kriegsgefäne 
gener in. feindliche Hände. gefallen. und jeder De 
der Entfommens uerfperrt war, ‚ergaben fih olle 4 
die von diefem Flügel noch das Leben erhalten hat⸗ 
ten, der Willkuͤr ihrer Sieger. 1rFW 

Als dieſe darauf mit einer Menge Gefangenen 
und erbeuteten Siarsgigen unter den Ahfıngen 


sr» Erſter Abfchnitt. Anfang 
ihrer gewöhnlichen Triumpplieden auf den Kampf, 


platz In der’ gewiffen Suwerficht zurfidkfehrten, dort 


‚Ihren andern Flügel‘ anzutreffen ; fo Tiefen fie den 
hier auf fie wartenden Rufen iu die Falle wurden 
umrungen, und faſt alle niedergehauen. Mſtislaw 
ſtellte Jegt die mit huen eroberte Hauptfabne In der 


Abſicht anf einem erhabenen Orte auf, um die noh ' 


im Nachſetzen der Rufſen begriffenen Parteven durch 
dieſes Kentzeichen der Anweſenheit ihres Heeres 
sletäfafis hierher zu locken, wo fie ein zleiches 
Schickfal mit ihren getöhteren Landsleuten 'erfuhren. 
Wegen dieſes Sieges erhoben Die Hufen Mislawn, 
dem fie ſchon laͤngſt den ehrenvollen Rahmen Ehre 
bri, der Große oder Zapfere, beylegten, mit fol⸗ 
henben Lobſpruche: Großes Licht und: Ueberwinder 
Mſtisiaw Miſis lawitſch! Dich hat Gott zur Erhoͤ⸗ 
hunßg ſeines Rahme“ als einen ſtarken Habicht aus⸗ 
zeſender, ſtarke und maͤchtige Feinde mir hren Wofe 
fen aufzureiben, welche fih ſchon den Sich und did 
Ju Aberröäftigen verfprachen, und mun Indgefammt 
von die,. Aferm erhabenen und euhmiuonde Herr, 
erniedrigt und gu Boden geworfen find: “Er ging 
fögleih vor Halitfſch, uns welchem Diie bey feiner 
Andikung die Pöhlen und Ungarır une KRuffen mit 
Beibern Wind’ Kinder; heils aus billigen Rißtrauen 


"dä: ihte Lreue theils um mit den ooträthigen Le 


Bendniktselk: Tänger ausreichen zu koͤnnen, ſortgeſchafft 


hatten. Der Palatin von U agarn und andere in der 


Gewalt Mſtislaws ſtehenden Landsleute ermäßnten fie 
felſt, ſich durch eine vergeblihe Gegenwehr nicht in 
den geiwviſſen Untergang zu ſtuͤrzen. Mſtislaw bes 
wies bey dieſem Vorfalle eben die Maͤßigung, die 
alle ſeine Handlungen in dem vorigen Kriege wider 
Jaͤroslaw und den Großfuͤrſten Georg begleitete 
und frönte. Devon, ob er ‚gleich durch gewaltfgmen 


des ruſſiſchen gkeichs. 253 


0 


Angriff dieſe Feſtung in uͤberaus kurzer Friſt ein⸗ 
nahm, ſo ſchoute er doch das Leben feiner darin ‚den 
findlichen Zeinde, ließ drey Mahl durch Rufen 
die Aufforderung zur Uebergabe ergehen, und ver⸗ 
richtete die zweyte ſelbſt. Auch nachdem diefe Verſuche 
gleich fruchtlos gewefen waren, enthielt er fich aller 
gemaltfamen Angriffe, und ſchloß bloß die Stadt 
ein, indem er fagse, daß er. nicht durch Gewalt ,, 
foodern bloß dur Stillſtehen fich ihrer bemaͤchtigen 
wolle. Dob Fam es durch Minen dahın, daß 
ser in der Nacht durch diefen gebahnten unterirdis 
fhen Weg unvermuthet in die Stadt gelangte, und 
durch den ſchnellen Ueberfall alle darin befindlichen 
Menſchen fo erſchreckte, daß fie insgeſammt dieſelbe 
verließen, und ohne Zweifel, weil Mſtislaw ihre 
Rettung nicht hindern wollte, fi indie verſchauzte 
Marienfirhe zogen. In .diefer ihrer dußerfien Noch 
bemuͤhte ih Mſtislaw nochmahls, fie durch fein Zure⸗ 
: Den zu bewegen, daß fie dur einen Vergleich mit ihm 
ihre Perfonen erhalten möchten, und begehrte deßwegen, 
eine. Unterredung mit dem Könige Kolomann. Als 
man ihm fogar dieſe verfagte , bewies er do die 
Großmuth, daß er den Eingefperrten, damit fie wicht 
vor Durſt verfhmachteten, ein Faß Waſſer fandıe. 
Endlich zwang fie der dußerfie Hunger, die. verſchauzte 
Kirche und ale ihre Perfonen der Gewalt Mſtislaws 
gu überliefera, der die Gefangenen ie verſchiedene 
entlegene Orte in Rußland, und befonders den’ 
König Kolomann nebſt deffen Gemahlinn nad For» 
ſchok ſchickte. Bermuchlih würde doch Mſtislaw bey 
dieſen fo wohl ausgerichteten Unternehmungen mehr 
Schwierigkeiten angetroffen haben, wenn nicht eben 
der König ven Ungarn mit einem ſehr zahlreichen 
Hesse feiner Unterthanen fih im gelobten Lande mis 
einem heiligen Kriege beſchaͤftigt Hätte, und vielleicht 


354 Erſter Abſchnitt. Anfang 


gab eben dieſe Entfernung des Koͤnigs von Ungarn 
den Halitſchern den Muth, Mſtislawu zu Kolomanns 
Vertreibung herbey zu rufen. Wie der Letztere die 
Nachrichen von allen diefen Begebenheiten empfing ; 
fo ſchmerzte ihn die Kränfung der Ehre feines Reihe 
faft höher als fein Verluſt, und kaum wollte eini⸗ 
ger Troſt daruͤber bey ihm haften. Seine Betruͤbniß 
vergrößerte ſich noch, als er auf die drohende Both⸗ 
ſchaft, mit welcher er einen feiner Broßenan Mflis- 
lawn fandte, derfelbe follte unverzüglich feinem Sohne, 
deffen Gemſahlinn und allen Gefangenen die Zrey» 
beit geben, font werde er ihn mit aller feiner Hee⸗ 
reskraft in feinen eigenen, ruffifchen Staaten befries 
gen, die des eben fo muthvollen als befheidenen 
Mſtislaws würdige Antwort empfing: der Sieg ſtehe 
weder in des Königs von Ungarn noch in Mſtislaws, 
fondern in Gottes Gewalt, und wenn der König 
kommen wollte, wuͤrde Mſtislaw ihn erwarten, in 
der Hoffnung, ihn unter dem göttlihen Beyſtan⸗ 
de zu überwinden. Da er aus Diefer Antwort 
Mſtislaws ſchließen konnte, dag durch Drohworte 
ſich nichts abzwingen laſſe, fo mußte er, um 
die Freyheit feines Sohnes zu bewirken, 2218 
nach dem Vorſchlage feiner Käthe, einen ganz ge: 
genſeitigen Weg einſchlagen, und durch eben den 
Jaroß, der feine Drohbothſchaft, an Mſtislaw über 
brachte, demſelben einen billigen Frieden anbiethen, 
welches Begehren des Königs feine Gemahlinn, Kos 
Iomanns Stiefmutter, mit einem überaus böflichen 
‚Brief an Mſtislawn begleitete. Weil aber Mitislamn 
das erfie Anerbiechen des Königs zu fchlebt ſchien: 
fo f&idte er den Geſandten mit einer abſchlaͤgigen 
Antwort zuruͤck, und traf auf den Fall, dag der 
König nunmehr die Waffen wider ihn ergreifen möchte, 
 Grgenanftalten in feinem erobersen Keiye, und 








des ruſſiſchen Reiches. 455 
reiſte zum Großfuͤrſten von Kiew, um mit dieſem 
Bundesgenoffen muͤndlich die Maßregeln, wie in 
diefem bevorfichenden Kriege ‚mit vereinigten Kraͤf⸗ 
ten den Ungars die Wage iu halten ſey, zu vers 
odreden. zu 
Nach vielen vergeblichen Unterhandlungen ging 1220. 
Ungarns König etwa im- Jaͤhre 1220 einen Ver— —— 
gleich mit Mſtislaw ein. Kolomaun, des Königs unter aewif⸗ 
Sohn, mußte Verzicht auf Halitſch thun, und der fen Bedin- 
König ſelbſt mittel eines. Eides verfprechen, daß Deine 
er die Verzichtleiſtung feines Sohnes nicht umfigßen von ". Ungarn 
wolle. Mfislam trat nachher, als er Kolomannen ” 
und ‘die in feiner Gewalt habenden Ungarn und 
Pohlen in driphen ſetzte, freywillig Halitſch dem Prins 
zen Audreas, Kolomauns Sohn, auf drey Jahre ab. 
Zu eben dieſer Zeit ſuchte der Pohlenherzog Zwiſchen | 
Leßek Mſtislaws Zreundfipaft zu erwerben, und Ken und. 
einen Frieden mit ihm zu fließen. Man fat, wird ateid- 
Leßeks Bermäßlung mit einer ruſſiſchen Prinzeffinn fals Friede 
habe den Frieden gegründet. | veſchloſſen. 
Swaͤtoslaw Wſewolod owitſch, den Mſtislaw 
den Nowgorodern in der Eigenſchaft eines Reichs⸗ 
verweſers zurückiieß, wurde im Jahre i2ı9 an den 
Fuͤrfſten Mſtislaw Romanowitſch nach Kiew ausßs- 
geliefer. 
In eben dieſem Kahre ward Wſewolod Mhiisla⸗ 
witſch, ein Sohn des Fuͤrſten Mfiidlam Romanowitfch 
von feinem Vater mit dem Begehren nad Nowgorod 
geſchickt, daß ihn die Nomgoroder für ihren 
Zürften annehmen möchten, welches auch geſchahe. 
Richt lange aber genoß dieſer Wſewolod das Ver 
gnuͤgen, Fuͤrſt von Nowgorod zu ſeyn; denn man 
hieß ihn bald wieder fortgehen. 
Wſewolod Iurjewirfg , ein Sohn des Sroß 
fürflen Georg, wurde: in dem eben erwähnten 


256 Erfter Abſchnitt. Anfang 


Jahre don den Nomgoroderr zum Fuͤrſten er⸗ 
bethen. Er kam, ward aber bald darauf gezwungen, 
fich wieder weg zu begeben, welches veranlaßte, daß die 
Nomgoroder einen von des Sroßfürften ‚Brüdern 
zum Zürften verlangten. Der Großfürf ſchickte ide 
nen im 3. ı220 feinen Bruder Jiroslam Wſewo⸗ 
lodowitſch: dieſer that in eben diefem Jahre rinen 
Feldzug gegen Joliwan (Raval), verheerte das ganze 
Land der Eſthen, und machte viele Gefangene, oh⸗ 

ne der Stadt Reval ſelbſt Schaden zu un. 
Georg bes Georg durfte nah feinem ge ſchehenen Abtritte 
fteigt nah des Großfürſtenthums an ſeinen Bruder Eonflan- 
nn tin, der außer diefem Nahınen auch den Nabmen 
Eonfiantind Demetrins als den eigentlichen Tgufaahmen führte, 

Ä I en und mit dem Bepuchmen der Weiſe beehrt ward, 
wiadimirs. Dicht lange warten, dasfelbe wieder zu überfommen. 
ſchen Thron. Denn Eonftantin befaß dasfelbe nur wenige Mona» 
the, old er an feinem Körper fpürte, daß er bald 
fterben muͤſſe. Aus diefer Urſache berief er Geor- 
2218. gen 1218 nad Wladimir zuruͤck, und übergab ihm 

\ den großfürfilichen Thron. 

Seorg er ⸗· Gleich im erfien Jahre der abermahligen Res 
Ahnen sierung. Georgs thaten die Polowzer einen 
Kegierungs- Verſuch auf das Fuͤrſtenthum Refan, und zwar. 
— auf Antrieb zweyer reſanſcher Zhrfien, der Brüder 
Gljeb und Eonflantin. Denn Gljeb, ein zu den 
abſcheulichſten Verbrechen aufgelegter Meunſch, indem 
er herrſchſuͤchtig, grauſam und geigig war *), über» 
sedete feinen Bruder Eonflontin, mit ihm darin 
gemeinſchaftliche Sache zu machen, daß fie ſich 
durch Ermordung der übrigen reſauſchen Fuͤrſten 

und 


Pr Diugess p. 608, 








‚des ruffifchen Reiches, " 257. 
und aller angefehenen reichen Kefaner der ganjen res 


ſanſchen Landfchaft und des geſammten Vermoͤgens 


der Einwohner bemaͤchtigen Fönnten: Das Mittel, 
defien fie ſich bedienten, um »Diefen ſchaͤndlichen 
Ziel zu erreichen, vergrößerte noch das Verbre⸗ 
deu. Dean fie Inden. alle. Fuͤrſten, worunter einer 
ihr Bruder and fechs andere nahe Verwandte wa⸗ 
sen , mit ihren Bojaren zu einer gemeiuſchaft⸗ 
lichen Berathſhlagung ein, und da alle His ‚auf den 
einzigen Fuͤrſten Igor Igorewitſch, der zu feinem. 
Blhde ſich verfpätete , ohne die geriugſte Beſorgniß 
erſchienen waren, und mit Ihnen das Mittagsmapl 
einnahmen, wurden fie von Gljeben und Eonflan- 
tin nebſt deren ‚Helfershelfern, ihren Ebelleuten und 
einigen Polomzern, ins geſammt getödter. Dieſe Graͤuel⸗ 
that bewaffnete alle rufſiſchen Fuͤrſten, deren Macht 
den Unmenfchen ein ſolches Schreien einjagte, daß 
fie ihr Barerland verließen, und ind Land der Po⸗ 
lower gingen, Als fie mittelſt dieſer Hülfe Re⸗ 
fan gu erobern dachten, verjagte fie nach einigen 
angesichteten Verbeerungen der Zürft Igor Jgore⸗ 
with. Georg demütbigte gefhwinde Die Bul 
‚garen, als fie bey Gelegenheit feines Vorhabens, 
die Jugren gu bezwingen, mit einem zahlreihen 
Heete aus ihren Wohnfigen am Fluſſe aufgebroden 
waren, und fidh feitwärts ind ruſſiſche Gebieth wand⸗ 
ten, wo «6 ihnen gelang, durch Plünderung des 
offenen Landes reiche Bente zu machen, auch fi ‚der 
Stadt Uhjug mie Liſt zu bemaͤchtigen, hingegen das 
Unglüͤck hatten, als fie hierauf Untſcha gagriffen, 
von den Einwohnern abgetrieben zu werden: Da 
une das vom diefen Feinden eroberte uſtjug unter 
Die Herrſchaft des roſtowſchen Fuͤrſten Waſilei ges 
hörte; fo ſuchte dieſer bed feinem Vatersbruder, Dem 
Großfürften Georg, Beyſtond, und die ſer ſandie 
Geſch. Nuſl. ı. Band. % 


258 Erſter Abſchnitt. Anfang 


im Jahre 1220 unter dem Befehle Swaͤtoslaws 
ein Heer aus Wladimirern, De ejaslawern und 
Muromern, das Land der Bulgaren zu uͤberziehen. 
-Der allgemeine Sammelplag war die Mündung 
des Oka. Die Maunſchaft fuhr auf ihren Kaͤhntu 
verſchiedene Mleine unbenanste bulgariſche Städte 
worüber , bis fie zu der Stade Oſchlaͤ oder Aſchla 
gelangte, wo ein zahlreiches bulgariſches Heer un⸗ 
ter der Anfuͤhrung ihres Fuͤrſter ſtand, welches aber 
nach der Abſchießung feiner Pfeile ſich ſchnell in die 
Stadt warf, die mach. damahliger Art eine ſtarke 
Feſtung war, indem fie mit einer doppelten höl- 
zeruen Wand, zwiſchen welher man den Raum mit 
Erde angefüllt hatte, verwahrt, und diefe allent⸗ 
halben mit doppelten Yalifaden umgeben war. Doch 
diefes hielt Swätoslawn vom. Angriffe nicht «ab, 
er wählte unverzüglich einen Theil feiner Kriegs⸗ 
völfer daju, von welchen. die vorderfien mit Ar 


ten und Zeuer anrädkten, Binter diefen aber Bogen⸗ 


ſchuͤhen und Sanzenträger folgten ; er. felbft fewerte 
an der Spitze fie an, und obgleich die Bulgaren 
nach Möglichkeit. ihm die Bemachtigung vermehren 
“wollten, fo ward doch in der Geſchwindigkeit durch 
Niederhauunng der Pallifaden der Weg zum Wale 
sebahnt, und darauf die Stadt angezündet. Jetzt 
mußten die Bulgaren nichts Befferes zu thun, als 
dag fie fih zum andern Thore hinaus flüchteten, — 
Allein das Kbrige Hrer Swätoslams mar rund um 


die Stade geſtellt, folglich. wurden auch hier viele 


eutweder getödtet oder gefangen genommen. Rab 
diefer am ızsten Junius gefcdehenen Eroberung 


ſchickte der Fuͤrſt die roſtowiſchen Kriegsvölker unter 
ihrem Heerführer Woislaw Dobrinitſch voraus, er . 


ſelbſt aber faiffte die Wolga hinauf. Als er an 
‚einen gewiffen Dt, Hadp genannt, Fam, traf er 
en | 








des ruffifchen Reiches. 255 
ein ſehr großes feindliches Heer an. Allein, wie, 
er den Seinigen befahl, auch unter das Bewehr 
zu treten, und die Trommeln, Trompeten und Sure. 
nen börenließ; fuhr er von denifelben wnangefochten 
vorbey, und nahm an der Mündung der Kama die 
Koftower wieder zu fih. Die Verrihtung des rufe 
fifhen Heeres in dieſem Feldzuge wider Die Bulgaren 
fiel fo nah Wunſch aus, daß der Anführer Swaͤtoslaw 


ſich dadurch große Ehre erwarb, und mit ällen dazu . 
gebrauchten Kriegsvoͤlkern die Geſchenke verdiente, mit 


welchen ihr Wohlverhalten belohnt wurde. Dieſe Vor⸗ 


theile floͤßten dem Großfürſten die Begierde. ein, 


noch einen Feldzug wider dieſen Feind zu unterneh⸗ 
men, und ſelbſt fein Heer in demſelben anzuführen. 


Aber als er bereits mit feinem Haupiheere zu dem 


unter Befehl des Fuͤrſten von Roſtow bis Gorodeg 


vorgerücten Bortrabe gefloßen war, ließ er fih end» 
lich durd Die dritte. Geſandtſchaft, welche die Bul⸗ 
garen zur Erlangung eines Friedens mit koſtbaren 
Geſchenken an ihn abfertigten, bewegen, ihnen ſel⸗ 
ben zu gewähren. Dergeſtalt konute Georg im 
J. ı221 in guter Ruhe an einem won der Natur 
mit vielen Boriheilen begabten Orte, dem Einfluffe 
der Oka und der Wölga, mo ehedem eine din vori⸗ 
gen Kriegen. dur die Ruſſen zerſtoͤrte bulgari- 
ſche Stade geftanden haben fol, eine neue er. 


bauen, melde er won ihrer Lage in Betrachtung des 
Laufes der Wolga Niſchnei-Nowgorod oder Nieder 


nowgorod nannte. ' . 


ira 


Jetzt kommt der für Rußland unglücliche Zeit: Erſtet aroe 


fer Etoß 
punct, naͤhmlich die Incurſion der Mongolen bder a —9— 


Tartaten. Diefe mit Macht zu verjagen, kamen die eruſſiſche 
Polowzer zu unſerm Helden Mſtislaw, und bathen Reich durch 


ihn, ſeine und anderer ruſſiſcher Fuͤrſten Krärte 


R 4 


eine don den 
Tartarn ers 
mit ven iprigen zu wereinigen. Die Barbaren un. littene Nie⸗ 


260 Erſter Abſchnitt Anfang ° " 


berlage em, fer der Anfuͤhrnng Ihres kriegeriſchen Khans Gen⸗ 


Hänge. 


ghiz oder Tſchengis machten fi durch ihre ſchnellen 

Eroberungen allenthalben, wo ſie in Europa hin 

Pamen, furchtbar. | J 
Zſchengis, Sohn des Tuſchi, war gegenwärtig In 


Kapifchaf eingerückt, um von bier aus die Greu- 


gen des feinem. Vater unterworfenen Reiches gu er» 
weitern. Zwey berühmte Zeldherren, Sudai Baha- 
dur und Tſchepe Novian, unterfiäigten ihn mit ihrer 


Kriegserfahrenheit und Tapferkeit. Ihre Wegweiter, 
die fie zu Schamachie nahmen, fie den kuͤrzeſten 


Weg nah Derbent zu führen, leiteten fie auf eis 
nen Weg, wo die Alanen, die auch. Dageflaner und 
Berg- Zfherfaffen heißen, nebſt den Kaptſchaken, 


oder dem Wolfe, das in ber ruſſiſchen Geſchichte 


anter Dem Nahmen Polowger befannt ift, in zahl⸗ 
reicher Menge und an einem vorteilhaften Orte ſich 
zufammengezogen hatten. Die Zartaren,. welde 


weder zurüdgehen wollten, noch den ſtaͤrkern Fein⸗ 
den ohne Gefahr den Rücken Fehren konnten, ers 


fanden das Mittel, fich von einem Theile ihrer Feine 
de zu entlebigen, daß fie an die Polowzer Geſchen⸗ 
fe fanden, und fie erinnern ließen,. daß, da fie ‚mit 
den Zartarı von einem Beblite entfproffen ſeyen, 
ed diefen ſehr wundere, fie jeht mit ihren alten 
Feinden wider fie, ihre Brüder, vereinigt gu fehen. 


Die Polowzer nahmen diefe Vorfelluugen an, und 


trennten fih von den Tfcherkaflen, die nun ein Raub 


der Tartarn wurden. Da nun diefe ganz zu Bruns 


de gerichtet waren, und die Tartarn dadurch den Po⸗ 
Tomgern- näher kamen; fo fingen fie an, dieſe aud 
als ein unterwürfiges Volk zu behandeln. Zu fpdt 
foben fie. jept erſt ihren Fehler ein, und verbanden 


ſich mit den Nogaiern; aber dieſes Bündnif war - 


zu ſchwach, die Menge der Tartarn aufzuhalten, als 








des ruffifchen Reiches. 261 


welche diefe Verbündeten bis an den Drjepr trier . 
ben. Da num der vornehmfle polowjiſche Fuͤrſt 
den unter den-Raffen in fo hohem Auſehen fichenden 
Mitislam zum Schwiegerſohne hatte; fo entfhlof - 
fen fih die Polowzer, durch deffen Vermittelung 
and reihe Geſchenke, wie auch durch Vorſtellung 
der eigenen Gefahr, welche die rufſſtfchen Staaten 


bedrohe, wenn diefelden rubig anfähen, daß die Yo» -- 


lowzer von den Tartarn gang unterdrüdt würden, 

eine große ruſſiſche Macht wider die Zartarn zu * 
rem Schutze ins Gewehr zu bringen. Ihre Hoff⸗ 
nung ‚ging in Erfüllung Auf Miſtislaws Verlau⸗ 
gen flellte der Großfuͤrſt von Kiew eine große Ver⸗ 
famnAuag der Zürften des füdlicpen Ruflands an, 
in welcher nah feinem Wunfce befchloffen wurde, 


I den Polowzern mis aller Macht, die fie aur aufs _ 


Bringen. koͤnuten, zu helfen, und fo den Zartarın üben 
die Grenze des ruſſiſchen Gebleiht entgegen zu. ges 
ben. In dieſer Abſicht erfuchten fe auch den GOroß⸗ 
fürften von Wladimir und die polswziſchen Fuͤrſten, 
daß ſie mis ihnen gemeinfchaftlihe Sache machen 
möchten, Schon hatten viele Fuüͤrſten oin ſehr zahlreiches 
Heer zu Szarub bey der waraͤgiſchen Juſel Wareſch⸗ 
koi im Dajepr zuſammen zefuüͤhrt, «SB eine tartariſche 
Befandtfihait bey denſeiben mit den Vortrage anlang« 
rt, daß die Tariarıı wider die. Ruffen keine feindlichen 
Gefinnungen heaten, ſendern bloß die Polomzer, als 
chemaßligevon ihnen abgefallene Quechte, wieder zum 
GSehorſam bringen wollten, und, da fie. wüßten, daß 
diefelden ‚oft in den rofſiſchen Linden großen Scha⸗ 
den angerichter hätten, den Buffen die ſchoͤuſte Ge⸗ 
legenheit gaͤben, fih nebſt Ihnen an: diefrur Volke gu 
rähen. Die Ruffen, ſagten fie, dürften nur alle, 
welde, um ihrenUeberwindern denTartarn gun sutgehen: 
zu ihnen; fliehen wurden, niederhauen, oder zu ihren 


260‘ Erfter Abſchnitt. Anfang 


berlage em; fer der Anführung ihres kriegeriſchen Khanus Ben: 


Hänge. 


ghiz oder Tſchengis machten fich durch ihre fchnellen 
Eroberungen allenthalben, wo fie in Europa hin» 
kamen, furchtbar. u 
Zſchengis, Sohn des Tuſchi, war gegenwärtig in 
Kaptſchak eingerückt, um von bier aus die Greu⸗ 
zen des feinem. Vater untermorfenen Reiches zu er⸗ 
weitern. Zwey beruüͤhmte Feldherren, Sudai Baha- 


dur und Tſcheye Novian, unterſtuͤßzten ihn mit ihrer 
Kriegserfahrenheit und Tapferkeit... Ihre Wegweiter, 
die fie zu Schamachie nahmen, fie den fürgeflen 


Weg nach Derbent zu führen, leiteten fie auf ei⸗ 


nen Weg, wo die Alanen, die auch Dageſtaner und 


Berg» Tſcherkaſſen heißen, nebſt den Kaptſchaken, 


oder dem Volke, das In ber ruſſiſchen Geſchichte 


unter dem Nahmen Polowzer befannt iſt, in zahle 


reicher Menge und an einem vorfheilhaften Orte ſich 


zufammengegogen haften. Die Zartaren , welche 


“ weder zurhdigehen wollten, noch den ſtaͤrkern Fein» 


den’ ohne Gefahr den Rüden Fehren konnten, er⸗ 
fanden das Mittel, fi von einem Theile ihrer Fein» 
de gu entlebigen, daß fie an die Volowzer Geſchen⸗ 
ke ſandten, und fie erinnern ließen, daß, da fie mit 
den Tartarn von: einem Gebluͤte entfproffen ſeyen, 
ed diefen ſehr wundere, fie jeht mit ihren älten 
Feinden wider fie, ihre Brüder, vereinigt gu ſehes. 


Die Polomger nahmen dieſe Vorſtelluugen an, und‘ 


trennten fi von den Tfcherfaffen, die nun ein Kaud 
der Tartorn wurden. Da nun diefe gang zu Grun⸗ 


j de gerichtet waren, und die Zartarn dadurch den Pos 


Tomgern- näher kamen; fo fingen fie an, diefe auf 
als ein unterwürfiges Volt zu behandeln. Su fpät 
fahen fie. jept erſt ihren Fehler ein, und verbanden 
ſich mit den Nogaiern; aber dieſes Bündnig war 
zu ſchwach, die Menge der Tartaru aufzuhalten, als 





des ruflifchen Meihes. 261: 
melde diefe Verbündeten bis an den Drrjepe triee - 
ben. Da nun der vornehmfle polowjiſche Zuͤrſt 
den unter den-Ruffen in fo hohem Anfehen fichenden 
Mſtislaw zum Schwiegerfohne hatte; fo entichlofe - 
fen fih die Polowzer, durch deſſen Vermittelung 
and reihe Geſchenke, wie aud durch Vorfiellung 
der eigenen Sefahr, welche die ruffifhen Staaten - 
bedrohe, wenn diefelden ruhig anfähen, daß die Yo, 
lowzer von den Tartarn ganz unterdrückt würden, 
eine große ruſſiſche Macht wider die Zartarı zu ih» 
rem Schupe ins Gewehr zu bringen. Ihre Hoff 
nung ‚ging in Erfüllung Auf Mſtislaws Verlau⸗ 
gen ſtellte der Großfuͤrſt von Kiew eine große Ver⸗ 
fomndung der Zürften bes fhdlichen Ruflands an, 
in welcher nah feine Wunſche befchloffen wurde, 


den Polowzern mit aller Macht, Die fie anr aufs _ 


bringen Eönnten, zu helfen, und fo den Zartarı über 
die Srenze des ruſſiſchen Gebiethe eutgegen zu. ge⸗ 
den. In dieſer Abſicht erſuchten ſie auch deu Groß⸗ 
fürſten von Wladimir und die polowziſchen Fuͤrſten, 
daß ſie mis ihnen gemeinſchaftliche Sache machen 
mwröchten, Schon hatten viele Fürſten oin ſehr zahlreiches 
Heer zu Szarub bey der waraͤgiſchen Jaſel Wareſch⸗ 
koi im Dujepr zuſammen zeführt, als eine tartariſche 
Befandtfhait bey denſelben mit dem Vortrage aulang⸗ 
re, daß die Tartarn wider die:Ruffen keine feindlichen 
Geiinnungen hegten, ſaudern bloß die Polomzer, als 
ehemahlige von ihnen abgefalleue Quechte, wirder zum 
BSehorſam bringen wollten, und, da he. whßren, daß 
dieſelben oft iu den roffiſchen Binden großen Scha⸗ 
den augerichtet haͤtten, den Rauſſen die ſchoͤuſte Ger 
legenheit gaͤben, ſich nebſt Ihnen an: dieſem Volke zu 
raͤchen. Die Ruſſen, ſagten fie, dürften nur alle, 
welche, um ihrenUeberwindern denartarn gun eutgehen⸗ 
zu ihnen; fliehen wuͤrden, niederhauen, oder gu ihren - 


, 


262 Erſter Abfchnitt. Anfang 


Scaven machen, und könnten ſich folchergeflalt noch 
über dieß einer reichen Beute, ohne einige Gefahr 
Dabey zu Iaufen, verfichert halten. Die Ruſſen ver 
wärfen nicht nur dieſen Borfhlag der Tartarn , fon« 
dern södtesen. auch fogar die Geſandten, welche ihn 
an fie uͤberbrachten, und zogen immer weiter deu 
Dnjepr herab. Auf dieſem Zuge erſchien eine an⸗ 
dere tartariſche Gefandtſchaft bey ihnen, welche ſag⸗ 
te, daß die Tartarn aus der Urſache, weil die Ruſ⸗ 
fen nicht uur wit Verwerfutzg ihres Friedensautrags 
fortführen, die Polowzer, als Feinde derfelben, wi. 
der fie zu fehügen, fonderm auch Die zu ihnen gekom⸗ 
menen tartarifhen Befandten ermordet hätten, ihnen 
felbft den Krieg -ankündiglen.- Doc der Kapfere 
Mſtislaw Mſtis lawitſch, der mit einem Theil der da 
litſchiſchen Lriegsod (fer han: in Diefes ruſſiſche Lager 
eingeruͤckt war, kam den Tartaru mit Ausuͤbung der 
erſten Feindl ichkeit zuvor, indem er über den Daipr 
ſetzte, uad- die unter dem Befehle eines Heerfühs 
rers, welchen Deguignes‘ Spemia Begh, Spifber 
batow aber. Gonjaͤbek nennt, ſtehenden tartariſchen 


J Völker fo über den Haufen warf, daB fie, um, mp 


nigſtens ihr Snupt vor feiner Gewalt -zu reiten, das⸗ 
felbe an einen. baguemem Dis in eine Grube vprficde 
sen. Allein dieſer Berfischte. ward non den Rufe 
gefunden und gefangen genoammen, worguf fü die 

Polowzer defien ‚Auslieferung. von. Miſtislamu erba⸗ 


then, ned ihn anverzuͤglich oͤdteten. Badınadiy 


ſtieß das halitſchiſche Hauntheer unter deu Belhher 
seo Jurjaͤ Domoretſchitſch und Derſchikreja Wlatis ⸗ 
lawitſch bey dem Fluſfe Chortitſch, zur ruſſiſchen 
Kriegsmarht, nachdem es auf Kaufend Vothen den 
—DDueſter herunter und von dort uͤber einen ſchmalen 
Strich bes ſchwarzen Meeres den Dujepr herauf ge⸗ 
ſchifft, nad. feine Borhe über die Waſſerfaͤlle ar 





des ruſſiſchen Reiches. 263 
ſchleppt hatte. Auch vergrößerte die Ankunft der 
Bauten , Bangalen und Wygalzen, Völker, melche 


die Furcht vor den Tartarn antsieh, bey dem zuffifben 
Heere Schug gu ſuchen, da dasfelbe zulegt Monoo 


. Menfchen und über zo Herten von ruſſiſchkuüͤrſtlichem 


Gebluͤte zaͤhlte. — Bu einer folden Zap ‚Auges 
wachſen, achtete ſich dasſelbe ſtark genug: guber 
den Dujepr in der Abficht zu gehen en Feind zu 
einer allgemeinen Schlacht aufzufordern. So batd es 
alfo Nachricht erhielt, daß tartariſche Kriegavoͤlber 
zu feiner Brobachtung herannaheten, befahl Milis> 
law Mſtislawitſch einigen jungen Fürften,ndiefelben 
anzugreifen, melden Befehl dieſe fo :.gus ausr ichte⸗ 

ten, daß fie die Tartarn (ehr weit zarück wisben, und. 

fo viel Vieh von ihnen erbeuteten,, daß das ganze j 
zuffifche Lager damir'angefüdt- ward, Nach dürfen 


Borfalle ſehten die Kuffen ihren Sug nad.dem Doa 


acht Tage fort, ohne einen Feind zu ſehen, bis fie 
an den Fluß Kalka, welcher unwen des Donſt ſſes 
ins afowifche Meer faͤllt, gelangten. Aber· auch; die 
diesſeits des Kalta ſtehrubrn Tartara wihrn ‚(wie 
wohl nach einem higigen Gefechte, worin Due: Ruf 
fen drey Männer von Auſehen verloren. Jetzt ie 
wen die Ruffen, ohne. angefochten zu werben, hiu⸗ 
ber, wobey Mſtislaw Mitislawitſch miN ieder den acht⸗ 
zehnjaͤhrigen Fuͤrſten Daniel dazu erwaͤhlte; daß er die 
erſten ruffiſchen Kriegsvoͤlber jenſeits:des Fluſſes 
führe. Aaͤum war dasıganze ruffiſche Herr: auf dar 
andern Seite, und hatte Dort fein: Lager aufge ſchla⸗ 
nen ; fd ruͤckte der polswziſche Zi dran mirPR- 
fowgern zur Aufſuch ungder Tartarn Heroör u, und 
Mſtiolaw folgte demſelben aufdem Fuß ⸗¶ nach· Nun 


aber begegnete ihnen eine ſolche Menge Tartarn, daß 


fie ſich genörhige ſahen, gu ihrem Hauptheere, zur 
ruͤck za gehen , wo Mſtislaw alsbald Auſtalt zu el 


4 


264 Erſter Abfchnitt, Anfang 


ner Schlacht machte, aber aus der Urfache, weil er 
ſich kuͤrzlich mit dem Großfürfen von Kiew über 
worfen hatte, uur einen Theil der im gangen zuffle 
ſche Lager befindlichen Manuſchaft in Dieb Zreffen 
fübtse, indeß der auf einem Felſen ſtehende Groß⸗ 
fürk: von. Kiew mit ollen unmittelbar vom ihm ab» 
hängenden Kriegsvoölkern, stwa 40000 Monn, un 
beweslich Reben, blieb. Daniel drang wieder zuerfl 
in den Feind, und focht ohns Empfiedung einer 
furg nach dem Anfange des Streites von einer Lau⸗ 
ze emp fangenen Wunde fg lange fort, bis ihn der 
Verluft aller Kraͤfte zwang, ich fort gu begeben. 
Die audern Fürften, als Waſilko, Mſtislaw Nemoi, 
weicher Daniels naher Berwandter. war, und Oleg, 
Bürk von Karsk, ließen es ihrer Seiss gleihfals 
nicht :au Tapferkeit -ermangeln; Aber die Polomzer, 
die ifr Fuͤrſt Jaͤrun ‚zugleich den Ungeiff anf die Tar⸗ 
Sara thun ließ, ergriffen nach einem kurzen Gefech⸗ 
te: die Flucht, und flürgten ſich mod dazu fo auf die 
ruſſiſchen Rögimenter , daß disfe dadurch in. Unord⸗ 


nung, grriethen. Diefen einigen Augenklid benutz⸗ 


Jen dis. Tartarn ungefäumt,: und fielen mit nuaufhalt⸗ 
Hasen. Wuth über Die Ruffen ber, die, da der Groß⸗ 
fürft pow Siem, flatt zu ihrer Unterſtühung herbey 
‚zu tommen, fein Lager verfhangte, und nun feine 


Abfihten darauf sinfchränkte, entweder miistelfl ſei⸗ 


ner Verſchanzungen fi in Denfelben fo lange su hal⸗ 
‚ten, bis die Tartarn abzoͤgen, oder durch biefe Ver⸗ 

theidigungsanſtalt rien guten Vergleich von ben 
Feiuden zu erhalten, in wenigen Augenblicken gaͤnz 
lich zerſtreuet waren. Mſtislaw Mſtislawitſch ſelbſt 
gab mun Alles. verloren, und dachte nur darauf, 
ſich und die geringe Anzahl der Lente, die nebſt ihm 
fo gluͤcklich waren, geſchwinde den Kalka zu erreichen, 
vor Dem Maslommen der die fluͤchtigen Ruſſen mit 


des ruffifchen Neiches, 265 
größter Geſchwindigkeit werfolgenden Tartarn gu be⸗ 
wahren. Er ließ alle vorhandene Bothe vernichten, 
ob-er gleich vorausfahe, daß er. dadurch allen übri⸗ 
gen Geſchlagenen das einzige Mittel, ih zu retten, 
benaͤhme. Diefe Urfache und die ungeheuere Un⸗ 
menfchlichleit Der Polowzer, welche, ſtatt den un⸗ 
gluͤcklichen Ruſſen aus Dankbarkeit, daß dieſelben 
ſich nicht une bloß ihretwegen in Gefahr bes 
geben hatten, ſondern and allein durch ihre 
Schuld is dieß Unglaͤck geriethen, zu ihrer Ent⸗ 
fommang befoͤrderlich zu ſeyn, alle, deren ſie 
babhaft werden kenmten, um, ſich ihrer Pferde uud 
ihrer Kleider zu bemädtigen, toͤdteten, verurfachte, 
dab von dem fo -gahlreichen ruffifchen Heere kaum 
10000 Rann ihr Vaterland wieder fahen. Unter denen, 
die entweder in der Schlacht oder bepm Nachfepen auf 
der Flucht das. Leben verloren, befanden fi Fuͤrſt 
Swaͤtoslaw von Kanewsk, Zürft Swaͤtoslaw .von 
Schumske, Fuͤrſt Mſtislaw Swaͤtoslawitſch von 
Zſchernigow nebſt feinem Sohne, dem braven Ale 
rander Popowitſch und über 70 andere nahmhafte 
Helden. — Der Großfürſt von Kiew erfuhr bald, 
daß er wenigßens eben fo gut für. fich geſorgt haben 
würde, wenn er verſucht haͤtte, ob er nicht dar 
Unterfügung feiner in -Unordnung gerarbenen md 
dieſerwegen woshleidenden Brüder. deufelben Zeit uud 
Bequemlichkeit vrrfhaffen koͤnne, ihre gebrochene 
Drdueng wieder herzuſtellen, und fo in Verejnigung 
mit ihm den Sieg 39 erfechten.! Denn, fo bald bie 
Zartonrt faben, Daß. die in der Schlacht wider ſie kaͤm⸗ 
pfenden Muffen voͤllig geſchlagen waren, ſonderten 
hie einen Theil ihrer Kriegsmacht zum Nachſeben die⸗ 
fer Fluͤchtigen ab, die übrigen hingegen waud« 
ten fi) unter den zwey Feldherren, Tſcherkhau und 
Tektaſch, gegen die Berfhangungen des Großfuͤr⸗ 


266 Erſter Abſchnitt. Anfang. 
fien von Kiew, welcher zwar drey Tage fang ihre 
- Angriffe tapfer abſchlug, nachdem aber mitilerweile 
der ſo lauge mit der Verfolgung der Geſchlagenen 
beſchaͤftigt geweſene Theil des tartariſchen Heeres zus 
ruͤckgekehrt war, und die Zahl feiner Streiter ver 
größerte, fi) und alle feine Leute einem tartarifchen 
Seldherzn, auf deffen eidliches Verſprechen, ihnen 
‚das Leben zu Jaffen, nnd für ein Löfegeld die Frey⸗ 
heit zu geben, in deſſen Gewalt überlieferte. Allein 
Faum hatte er das feinerfeits geleiftete Verſprechen 
dadurch, daß er fi mit feinem ganzen Heere in 
Die sartarifche Sefangenſchaft begab, zur Erfüllung 
gebracht; fo brachen: die Tartarn das ihrige, Indem 
fie gleich nah der Entwaffnung alle übrigen Ruſſen 
erfhlugen, dem Fürften Hingegen auf’ wenige Augen⸗ 
blicke das Leben zu einer ſchmerzlicheren und fdimpfe 
liheren Zodedart frifteten, Indem fie denfelben uns 
ter die-Breier legten, anf melde fie fih zur Hal 
tung ihres Siegesmahls ſetzten, und ſo unter tau⸗ 
ſend Verhöhnungen zu Tode quetſchtea. "Nach die⸗ 
fen Stege rücten die Zartarn ohne einigen Wider, 
fland immer tiefer in Rußland ein, indeß die Be⸗ 
wohuer aller Gegenden, wöhin diefe Ueberwinder 
ihren Zug richteten, kein anderes Rettungsmittel zu 
erſinnen wuͤßten, als daß fie ihnen unter Vorzeigung des 
Kreuzes und durch die ehrerbiethigften Uaterwerfungs⸗ 
zeiches, fie zur Barmherzigkeit zu bewegen, allenthalben 
Baufenmweife mir Vortragung des Kreuzes entgrgen giu⸗ 
gen "ohne zu erwägen, daß die Tartarir feine Chri⸗ 
fen waren," und folglid von feiner Ehrerbtethung 
gegen das Areuzzeichen mußten, und fie, da fie fonf 
vielleicht vor Ankunft ber Zartarın durch Fluͤchten ih⸗ 
nen haͤtten en gehen koͤnnen, ihnen ſelbſt zu ben 
| Ermordung in de vande liefen. 








des ruffifchen Reiches. 267 


Die Tartaren fanden jest ſchon nur 106 Wer: _ 
fie mehr von NRomgorod, Eehrten aber plöglich wie⸗ 
der um. Kein Schrififieller gibt die Urſache an, 
warum fie von. ihren gludlihen Unterneh» 
mungen abſtanden, und das ruſſiſche Gebieth ſo 
ſchnell verließen — Die Rufen ſaͤgen von die⸗ 
ſein Volke ZFolgendes: „Riemand weiß, wo es 
„serfam, niemand weiß, wo es geblieben iſt; es 
„kam, ſchlug und verſchwand, war boͤsartig und oe 
„grauſam wie die Teufel.“ Bielleiht war es den. ’ 
Barbaren har um die Plünderung zu (hun. Ban 
weiß ja, daß dieſes Voif hordenweife berumgog, . 
und vom Raube lebte. Die nomadiſchen Völker, 
wozu auch die Zartaren gehören, waren mehr bes 
dacht, ſich durch Raub zu naͤhren, als durch Er- 
oberungen zu vergroͤßern. Wir werden ſpaͤter die 
Gründe hoͤren, worum fih dieſe Nomaden bey ei» 
nem zweyten Einfälle in Rußland niederließen, und 
ſich nicht allein mit dem Raube begnügten, den fie . 
bep jeder Plünderung davon trugen, 

Der Kösig von Ungarn benugte das Unglüd, Der König. \ 
das Mſtislaw Difislamitfch traf, und hielt das N 
fen gegebege Wort nicht, vermöge welchem er dem yayams 
Prinzen Andreas, feinem Sohne, Niiislome Toch⸗ Ungluͤck, Sa⸗ 
ter jur Ehe geben ſollte. Nur auf digfe Bedingung — | 
hatte mufer Held Mſtislaw Halitſch dem Andreas ' 
fregmwillig abgetreten. Wie leicht mar es dem Kör 
nige, wortbrüdig zu werden, da ihn den heilige Bas 
ter eines Eides eutband, von dem ſich ein ehrlicher 
Kann entbinden laͤßt. Man ſuchte den Meineid da⸗ 
durd in ein milderes Licht zu fegen, daB man ſas⸗ 
te, Audreas und Mſtislaws Tochter waͤren minder⸗ 
jaͤbrig. Unfer Mſtislaw, der den Bundbruͤchigen 
dur die Waffen zur Erfuͤllung feines Verſprecheng 
nicht anholten Eomnie, mußte Halitſch in feines Berge 


268 Erfter Abſchnitt. Anfang 


ners Haͤnden ſehen, und getaͤnſcht eine Welt ver⸗ 
laſſen, in der er ſich den Ruhm eines Helen und 
Menſchen erworben hatte. 
Diekihaur Die durch den tartariſchen Ueberfall verurſachte 
a, Schwächung der Manuſchaft in vielen ruſſiſchen 
Dener zufis Ländern und die Unruhen im nowgorodiſchen Für 
fiber vand- ftenthume gaben den Lithauern Weranlaffung und 
(Waften Ermunserung , ihr Land durch Bekriegung nad Ein 
nahme der benachbarten ruffifchen Länder zu erwei⸗ 
— gern, Die Nomwgoroder fuhren fort mit ihren Zürs 
fien gu wechſeln, uad hatten den Samen der Un⸗ 
einigfeit ausgeſtreuet, weßwegen auch Jaͤroslaw Wſe⸗ 
wolodowitſch ich im Jahre 1227 nad Perejaslam be⸗ 
gab, und feine Söhne Fedor und Alexander Jaͤ⸗ 
roslawitſch als Statthalter In Nowgorod zuruͤckileß, 
denen er zwey angefehene Räthe, deu Fedor Dani 
lowitſch und Jaken Zhian, an die Seite fepte. 
Berfciedene Da man fih zu Nomgorod damit :tröflele, 
ea die daß die Ernte des folgenden Jahres den Brotman⸗ 
zuffifden gel erfegen würde, melden die nafſe Witterung deb 
Suver. abgewichenen Herbſtes verurſachte; ſo derdarben 
5712229, fruͤhzeitige Froͤſte die auf den Feldern flehen | 
de Hoffnung der Bewohner dieſes Landes und aus 
zwey fo unmittelbar auf einander folgenden Mil, 
jahren eütſtaud eine ſolche Hungersnoth, daß ein 
Brot acht Kiun, eine Tonne Rocken 20 bis go 
Griwen, der Weizen 40, und: der Hafer 13 PFri⸗ 
wen galt, und alle ſchrecklichen Ereigniſſe des Jahres 
1215 fith wiederholten‘, indem fogar das Gewuͤrn 
zum Rahrungsmittel diente, Asltern und Kinder, 
Schweſter und ‚Bender, Mann und Frau einan 
Der einen jeden Biſſen verfagten, die Menſchen 
fd zuſainmen ſchlugen, um mit Gewalt ei 
u ander den muͤhſam erfparten ‚wenigen Vorrath gu 
- ent jeißen. Auf eine ſolche Hungersnoth folge die 


% 


— 


des ruffifchen Reiches. 269 


Ver, die außer den vielen Zaufenden, die ſchon der 


Hungertod aufgerieben hatte, eine erſtaunliche Men⸗ 


:ge wegraffte, daß die Kranken ohne Wartung, die 
Leichen ohne Begraͤbniß blieben, und eine große An⸗ 
zahl Meufchen auswanderte, Diefes Elend vergroͤ⸗ 
Berte noch der Schaden, den ein am Zten Map 
1230 in der Mittagsftunde bemerktes Erdbeben au» 
richtete. 


die roſtowſchen, fusdalifchen, wladimirfhen, kiew⸗ 


Das Erbbeben traf nicht allein das uowgo⸗ 
rodiſche Gebieih, ſondern erſtreckte ſich auch über. 


ſchen und perejaslawſchen Staaten, fo wie de 


Hunger und das Sterben auch faſt ganz Rußland 


traf; in der Stadt Smolensk allein find 32000 
Todte in vier große Gruben eingefcharet. worden- 
Der Hungersnoth ſteuerten endlich zwey Grenzuach⸗ 
baru, die fonft oft mit den ruſſiſchen Ländern 
ſchwere Kriege führten, jest aber dusch die Zufuhr 


der Lebensmittel, die fie ihnen leiſteten, ihre gro⸗ 
ben Wohlthaͤter wurden, ob 28 wohl zu glauben 


it, daß nidt Menſchenliebe oder ein Verlangen, 
ſich durch diefen Dienſt die Erkenutlichkeit der. Rufe 
fen zu erwerben, fondern die reichlihe Bezahlung, 
welche fie fuͤr ihr Getreide hier befomen, der Haupt⸗ 
bewegungsgrund war, welche bepde dazu autrieb, 
fo häufige Lebensmittel zu Bringen, dag fie bald 
den bisherigen Mangel in ſolchen Ueberfluß verwan⸗ 
delten , und die Ruffen hierhider alle in den vorhe⸗ 
rigen Landplagen ausgeflandene Noth vergaßen. Den 
Komsgorodern naͤhmlich leifteten die Dentfchen,, die 
ſchon mit diefem Fuͤrſtenthume ein fbr betraͤchtliches 
Handelsverkehr trieben, den Ländern des Großfürs 


Ren von Wladimir hingegen die Bulgaren dieſen 


großen Dienſt. Die Bulgaren Hatten außer der 
guten Bezahlung, die fie für ihr Getreide erwar⸗ 


IPFeR 


‚270 Erſter Abſchnitt Anfang 


teten, noch einen beſondern Grund, welcher fie ber 
wog, eine ſolche Zufuhr dem Sroßfürften anzuhier 


then. Denn da die Tartarn ihre fiber die Polow⸗ 


ger durch die Waffen erhaltenen Bortheile immer 
weiter fortfegten , bis fie ſolche ans ihren Wohn⸗ 
figen vertrieben hatten, fo drang diefe Ungluͤcklichen 
ihre gegenwärtige Noth, die Bulgaren anzufallen, 
und als diefe ihnen ein Heer entgegen, flellten, er 
lite der Vortrab am Fluſſe Jaik von den Polomzern 
eine gänzliche Niederlage. Aus dieſer Urfache log 


‚den Bulgaren fehr daratı , den Großfürflen zum 


Freunde zu haben, damit fie nicht nur die Verfiche⸗ 
sung erbielten, daß derfelbe zu einer Zeit, da fie 
fih eines fo verzweifelten Volks, als nun bie Po⸗ 
lomzer waren, erwehren mußten, fie nicht anfallen 


möchte, fondern auch fih den Weg bahuten, von \ 


ihm entweder‘ wider eben diefen jegigen Feind, 
oder, wenn fie es wider diefen nicht bedürften, 


"wider die Zartarn, Hülfe zu erlangen. Ibr jepiged 


Freundſchaftsbuͤndniß mit dem Großfürften word 
auf ſechs Sahre errichtet. Der bulgarifhe Fuͤrſt 
that noch mehr, als wozu er fih durch den Vertrag 
anheifchig machte, indem ‘er den Großfuͤrſten mit 
30 Schiffsladungen an Getreide beſchenkte, wie⸗ 


wohl der Großfuͤrſt dieſes Geſchenk durch eine Ge⸗ 
genverehrung an Tüchern , ſeidenen Zeugen, Bro 


caden, Wallroßzaͤhnen und andern den Bulgarın 
(hägbaren Waaren erwiederte. Als die Bulgaren, da 
die Zartarn nach Unterjohung aller um das fafpb 


ſche Meer und den Ausflug der Wolga gelegenen 


Länder 1232 an fie gelangten, und fie gu Befriegen 
anfingen, beym Großfürften durd eine Geſandt⸗ 
ſchaft Hälfe ſuchten, und noch dazu alle feine Kriegs⸗ 
koſten zu bezahlen verſprachen; fo ſtellte der Groß⸗ 


fürf über dieß Verlangen der Bulgaren eine Vera 


des ruffifchen Reiches. 271 

ſchlagung mit andern Zürften an. Allein der Schluß. 
fil dahin aus, daß man ein fo maͤchtiges und 
ſtreitbares Volk, als die Tartaru fepen, nicht ges 
gen ſich aufreizen follte. 
| Dieruffiihen Fürften dachten nicht einmahl dars Die ruffis 
an, durch eine allgemeine Be: bindung zwifchen fich felbft Pen 
gegen einen tartarifhen Ueherfall Vorkehrungen zu fih immer 
treffen , fondern. gaben vielmehr dur die immer» ne —* 
‚dauernde Schelſucht zwiſchen ſich, die jeden noͤ⸗ Zwiſt und 
thigte, beſtaͤndig wider ſeine eigenen Stammgenoffen innerlige 
auf der Huth zu fliehen, und oft in innerlie Kriege riege. 
ausbrach, weit ohnmaͤchtigeren allgemeinen Feinden 
Gelegenheit, bald in dieſem, bald in jenem Fuͤr⸗ 
ſtenthume durch Streifzüge aroße Verheeruugen an⸗ 
zurichten. Dieſes thaten die Morduanen im Wla- 
dimir ſchen. Denn ob zwar der Großfürft 1226 und 
1228 durch den lebe:-fall der Wohnfige, diefer raͤu⸗ 
berifchen Nachbarn, vornehmlih des Aheiles, dem . 
die Purgaſowen inne hatten, ihnen großen Schaden . 
zugefügt haben fol; fo kamen fie doch bald wieder 
in fein Land, und obgleich die Bürger von Niſch⸗ 
nei-Romgorod allein ihnen gewachſen waren, und fie 
wegtrieben, fo konnten fie doch nicht hindern, daß fie 
unter. vielen andern VBerwüftungen das vor der Stads 
fichende Marieafloiter nicht einaͤſcherten. 

m J. 1232 befanden fi diefe räuberifchen | 
Nachbarn no fo maͤchtig, dab der Großfürfi, um. 
fie zu Haufe zu. befriegen, die Kıjagsvölfer feines 
Bruders Jaͤroslaw unter dem Befehle Fedors, des 
älteften Sohnes desfelben, die Fürfien von Reſau 
und Murom zu der Mannfchaft ſtoßen ließ, die er 
mit feinem Sohne Wiemolod daju, abfandte. Sein 
erwähnter Bruder Jaͤroslaw lebte nicht immer mit 
ihm in folder Einigkeit. ‚Denn faum war derfelbe 
nach feinem Weggehen ang Rowgorod zu Percjaslen 





— 


> 


272 Ehe Abſchnitt. Anfang 


angelanget; fo erregte er bey den Fürfien von Ro. 
ſtow und Faͤroslaw ein Mißvergnuͤgen wider den 
Großfuͤrſten. Allein Georg vereitelte 1229 ſei⸗ 


ne Abficht, indem er, fo bald er nur von diefer Auf⸗ 
besung feiner Bruderföhne hörte, diefelben zu ei⸗ 
nem Sreundfchaftsgefprähe nah Susdal einlud, 
and bed diefer Zuſammenkunft die vorige Freund⸗ 
ſchoft mit ihnen. wieder herſtellte. Georg liebte 
den Zrieden fo fehr, baß er auch 1230 ſein Anſe⸗ 


hen dep feinen Bruder verwandte, um die Waffen, 


welche er wegen Nowgorod gegen den Zürfen 


" Michael ergriffen hatte, nieder gu legen. Diefer Fuͤrſt 


Michael war fo wenig gefonnen, das Fuͤrſteuthum 
NRomgorod zu behalten, daß er vielmehr, da in ſei, 


nem Erbfuͤtſtenthume feine Gegenwart nicht lange 


entbehre werden konnte, nur fo lange, ale ee uolh⸗ 
wendig zu; Nowgorod verbleiben mußte, in dieſer 
Stadt verweilte, nnd bey feiner Abreiſe den Ueber⸗ 
reſt der Sefihäfte, die noch abgethan werden mußten, 
um den Zweck zn erfüllen, weßwegen ihm die 


Nopmgoroder die. fürftlihe Gewalt gaben, feinem 


Sohne Roſtislaͤw mit der Erklaͤrung an die Roms 
goroder Übertragen Batte, daß derſelbe die Regie⸗ 
rung nach den Geſetzen führen, und fo bald alles in 


Ordnung ſeyn würde, von ihm zu ſich nad Tſcer⸗ 
nigow abgefordert werden ſollte. Ba gleicher Zeit 
begehrte er durch eine Geſandtſchaft von Jaͤroslaw, 
dab derfelhe den Nomgorodern‘ das, was er vol 


ihrem Gebiethe noch beſaß, zurüdgeben , and mit 
denfelben fi vergleihen moͤchte. WHein biefer fere 
tigte nicht nur dieſe Geſandten, nachdem er fie ein 
Jahr bey fih ‚aufgehalten, mit der Antwort ad, 





er fen nicht geſonnen, die nowgorodiſchen Drie 
foßren zu laflen , oder auch ein Verſprechen gu lei⸗ 


| fen, mit den Nowgorodern Friede und Freund 


En aan 





\ 


det ruſſiſchen Sei 973 


(daft zu halten, fondern ruͤſtete ſich, auch Michaeln in 
deſſen Erblande anzugreifen. Aber derſelbe wuͤnſchte, 
daß er dieſen Krieg vermeiden koͤnnte, und ließ fi 
daher vom Großfürfien von Kiew, weicber diefem 
Kriege zuvorkommen wollte, leicht überreden | feine 
Geſandten mis dem Metropoliten Kiril, den der 
Groß fuͤrſt von Kiew dieſerwegen nach Wladimir 
ſandte, zu ſchicken, durch Vermittlung des Groß⸗ 
fuͤrſten von Wladimir Jaͤroslawn zur Schließung 
des Friedens zu vermögen, welcher fih auch endlich, 
dod „„vermuihli nicht freywillig, fondern weil 
er ſich zu ſchwach fahe, ohne Hülfe einiger Bundes» \ 
genofjen etwas wider den nun ihm zu ſtarken Mi« 
chael, auszurichten, und uͤberdieß das hohe Anſehen 
des Metropoliten, welches auch in weltliche Ge⸗ 
ſchaͤfte großen Einfluß Haste, ſchenen mußte, zum 
Bergleiche verfland. Die Nowgoroder verloren bald 


Die Zuneigung gegen Michael, und vereitelten dur - - 


Aufruhr, den bald diefer bald jener mächtige Buͤr⸗ 
ger erregte, alle guten Abfichten Michaels und feined 
Sohnes. Ja fie machten es fogar, daß fowohl 
Roſtis law, ihr jept regiereuder Fuͤrſt, als der Pos 
fadnit Neßdo, das Haupt der Bürgerfhaft, aus. 

Beforgniß für ihre eigenen Perfonen, fih nah Zors. - 
ſchok begaben. Durch ihre Entfernung fiel aller 

Zaum weg, welder biöher ihre Uebelgefinnten einis 


ger Maßen abgehalten hatte, ihre Wuth gegen Gut- 


geſinate auszulaſſen, und bald darauf ſahen alle, 
welche es mit ihnen hielten, und mit Verluſt ihrer 
Habe der Ermordung entginugen, fich gezwungen, 
bey Michaeln zu Tſchernigow Sicherheit zu ſuchen. 
Die zu Michaeln geflüchteten Nowgoroder bemädh- 
sigten fi durch Unterflügung , welde fie von dem 
Zürftes von Zſchernigow und dem Fuͤrſten Swaͤ⸗ 
tosſlaw, der 1218 eine kurze Zeit den nowsorodi⸗ 
Geh. Rußl. 1. Band. S 


. 


1 * 


274 Erſter Abſchnitt. Anfang 


ſchen Fuͤrſtenſtuhl beſeſſen hatte, erhielten, 1232 der 
. Stadt Pleskow, und machten auch in Nowgorod 
wider den Fuͤrſten Jaͤroslaw eine fo ſtarke Partep, 
daß derfelde, um feine Anhänger wider fie zu 
(dügen , von Perejaslaw nah Nomgorod fommen 
mußte. Hierauf gelang es demfelben zwar, dem zu 
Nomgorod wider ihn erregten Aufftand zu flillen, 
- und alle, die in'der Abficht, denfelben zu erregen 
und zu unterhalten, aus Pleskow nah Nowgorod 
gekommen warten, in Verhaft zu ziehen. Hingegen 
ſchlugen ihm die Pleskower fein Berlangeh , fih 
unter feinen Gchorfam zu begeben, und dieferwegen 
die von Tſchernigow zu ihnen gekommenen Rowgo» 
soder von fich zu ſchaffen, feinen Beamten Waͤt⸗ 
ſcheslaw aber der Gefangenſchaft zu entlaffen, nit 
nur gaͤnzlich ab, fondern forderten aud die Ent 
loffung. der unter Jaͤroslaws Gewalt fiehenden 
Zrauen der bey ihnen lebenden Romwgoroder, nebft 


* Ueberlieferung aller ihrer Güter, als den Preis, 


für welchen Jaͤroslaw feinen Beamten von ihnen aus⸗ 
loͤſen könnte. Allein Jaͤroslaw erzwang durch Hem⸗ 
mung aller Zufuhr des Salzes, welches die Ples⸗ 
Bower aus Nomgorod holten, die Befrepung feines 
Beamten, und die Pleskower felbfi änderten ihre 
Gefinnung fo, daß fie fi von Zäroslawan feinen 
aͤlteſten Sohn, Fedor, zu. ihrem Fürften ausbarhen, 
und, als derfelbe ihnen flatt feiner Georgen, ſei⸗ 


"ner Gemahlin, Zpeodofia, nah zuffifher Aus 


ſprache, Feodofia, Bruder , zufandte, ſolchen wils 
lig annahmen, und die ans. Tſchernigow zu ihnen 
angelommene Romgoroder felbft von ſich trieben, 
die zum Theil nun bey einigen von den vielen Staa 
ten, in die Liefland jene geheilt war, und alle 
Njemzi von den Ruffen mit dem Allgemeinen Rahmen 
belegt wurden, der im eingeſchaͤnkten Verſtande die 


des ruffifchen Keiches, | 275 


Deutſchen anzeigt, Zuflucht und ſogar Huͤlfe ſuch⸗ 
ten. Aus dieſer Urſache unternahm Jaͤroslaw 1234 
einen Kriegszug wider Liefland. Zwar ruͤckten die 
Odempeher und Doͤrpter aus ihren Feſtungen, und 
jagten feine zur Plünderung des platten. Landes 
ansgefonderten Kriegsvölfer in die Flucht. Als fie 
aber die Fluͤchtigen zu weit verfolgten, geriethen fie 
dem ihnen an der Zahl weit überlegenen ruffifchen 
Hauptheere in die Hände, und wurden nah Fur 


zem Widerſtande von denfelben fo gefchlagen , daB 
- fie our auf ihr Entkommen dachten, wobey noch 


viele, weil das Eis des Embah, bey dem Rufen , 


Omoſchiwa, einbrach, in diefem Fluſſe ertranken. 
Nach dieſer ihrer Niederlage blieb Jaͤroslaw auf 
dem Lande voͤlliger Herr, und kehrte mit reicher 
Beute zuruͤck. Bald nachher legten die Litthauer 
einen feindlichen Beſuch in dem nomgerodifchen Ge» 
biethe ab, wo fie zwar aus der Gegend von Tore 
ſchok von den Einwohnern diefer Stadt, zu wel. 
chen fi aud die wegen der Handlung bier auf 
baltenden Ausländer gefellten, entfernt wurden, aber 
doch den Weg nah Klin einſchlugen, wo fie fo 
gute Beute gemacht hatten, daß fie fhon auf dem 
Rückwege mit derfelben begriffen waren, als Jaͤ- 


roslaw fie bey Dubrowna im Gebiethe Toropeß 


einholte, und nach einem kleinen Gefechte nötbigte, 
alle Beute-und fogar ihr Gewehr fahren zu laffen, 
um fi durch die Waldungen zu reiten, Jaͤroslaw 


fand Mittel, auch andere ruſſiſche Fuͤrſten in fein. 


Jatereſſe wider Michaeln zu ziehen, und nad mei⸗ 
ver Bermuthung flanden Wladimir Rurilo 
witſch, Großfürft von Kiew, und der Für Das 


niel von Halitſch mit "Järoslam über den Krieg im 


Bernehmen, den fie 1235 wider Michaeln und den 
Fuͤrſten Härten von. Smolensk aufingen. Der 
. 63 | 


1135: 


— 


176 Erfter Abſchnitt. Anfang 


letztere ließ ſein Land vor dieß Mahl ſeinen Feinden 
über, und ging zu den Polowzern, ſich von if 
nen Trupven su verfhaffen, durch deren Ber: 
ftärfung er dasfelbe entweder behaupten, oder wenn 

es fchon in die Gewalt feiner Zeinde gerärken ſeyn 
möchte, wieder -gewinnen könnte. Allein obgleich 
durch feine Entfernung die ganze @ufl diefes Weber 
folles auf den einzigen Fürften von. Tſchernigow 
fiel; fo fchlug derfelbe doch den Zürften von Has 
ef, und vertheidigte feine Hauptſtadt wider die 
Angriffe der vereinigteg Kriegsmacht bepder Gegner 

fo gut, daß fie nach angerichteten Verwuͤſtungen bes 
andes daraus abzogen. Hierzu bewog fie auch die . 
Wiederkunft des Zürften von Smoleusk, welder 
die gefuchten Hülfävölfer von den Polowgern erlangt 
hatte. Denn nun beſaßen Midael und Ißjaͤſslaw 
eine ſolche Ueberlegenheit, dag fie ihren bepden 
Gegnern alle ihre Länder abnahmen, und. ihren 
überfommenen Gewinn dergefialt unter fidy theilten, 
dag Ißjaͤslaw das Großfuͤrſtenthum Kiew, Midael 
Halitſch, und die Polowzer die Perſonuen des Groß: 
fürften Wladimir, feiner Gemahlinn, und feiner 
Kinder, um diefelben mittelft des Löfegeldes, das 

fie für ihre Befreyung besahlen mußten, zu benugen, 
erhielten. Allein der Fürſt von Nowgorod fonnte 

ed nicht gelaffen anfehen, daß feine Feinde durd 
"die Eroberung der Länder feiner Bundesgenoffen fich 
‚ vergrößerten,, und bie Nomgoroder erzeigten fi 
willig, ihn auf dem Kriegszuge zu begleiten, durch 
1236. den er jihnen Kiew und Halitſch 1236 abüchmen 
wollte. Er erreichte dieſen Zweck nah Wunſche, 
und bald darauf Fehrte Wladimir aus feiner Ge 
fangenſchaft wieder zuruͤck, und beflieg aufs neue den 
Thron zu Kiew, fo wie Daniel den Fůͤrſtenſtohl 

zu Halitſch. 


v 








‘ 


de3 ruſſiſchen Reiches. 277 


Inzwiſchen hatte Batu, der Sohn und Nach, Der Orof: 
folger des Infhi, welcher 1223 den Ruffen die fir I 
große Niederlage am Kalka verfegt hatte, feine Er: einer 
oberung der Balgarey 1236 dur die: Einnahme —— 
der Hauptſtadt dieſes Reiches und eines an der tar Batu 
Miındung des Kama, gelegenen wichtigen Ortes, das Leben 
Schukotin, vollendet. Der jegige Sroßfhan Oktai ein. 
übergab jegt feinem Bruderfohne Batı ein Heer 
von 300000 Wann, um Rußland damit anzugreifen, 
Er wandte ih 1237 mit diefer Macht nicht zuerft 
gegen den Großfürften von Wladimir , fondern zog 
um deſſen Gebieth herum. durch Walber und Wis. 
fien on dem Don. Hier machte er mit Eroberung 
und Serflörung der Stadt Dnoßa den Anfang feiner 
Kriegsunternehmungen, und ſchickte darauf ein ges 
wiſſes Frauenzimmer, welches unter ſeiner Voͤlker 
ſchaft als eine Prieſterinn im hoher Ehre land, 
bey den Ruffen aber den Schimpfnahmen einer Here 
führt, und swep. ‚andere Gefandten mit dem Aufs 
trage an die Fürften von. Refan, fie folten ſich der 
Herrſchaft ihres Großkhans, als Herrn der Welt, 
unterwerfen, und von .allem, was fie befäßen, ey 
Füuͤrſten Bis auf den geringften Menſchen, wie auch 
von allem Viehe den Sehnten geben, Aber bie Bruͤ⸗ 
der Georg und Roman, Ingmwaremitfäen, ertheils 
ten nad gehaltener Berarhihlagung mit den Fürs 
flen von Murom und Pronsk die herzhafte Ant⸗ 
wort: ehe fie fih fo ſchimpflichen Friedensgefegen 
unterwuͤrfen, wollten" fie lieber erben, und fech⸗ 
tend ihr Leben hingeben; wenn ihnen dieſes von dem 
Tartarn genommen ſeyn würde, dann erſt ſollten 
ſich dieſe Herren ihrer Güter nennen dürfen. Nach 
dieſem Entſchluße warf fi Georg in die Stade 

Reſan; Roman hingegen ging nah Kolomna. Re⸗— 
- fan ward, mach einer fünfzehn oder fünftägigen 


- 





278 Erſter Abfchnitt. Anfang 
Belagerung (denn ‚das nikonifhe Jahrbuch gibt 
den öten, alle anderen den ı6ten December ale den 
erftien Zag der Belagerung an,) am zıftlen Des 
cember mit Sturm eingenommen, und der Zürft 

Georg fand bey feiner tapfern Gegenwehr einen ruͤhm⸗ 
Ulichen Tod. Die Grauſamkeit der wuͤthenden Tartarn 
ermordete alles durch die ausgeſuchteſten Martern, und 
eine Menge von Frauenzimmer wurde vorher ‚aufs - | 
viehiſchſte gefhändet. Nachdem diefes gefchehen war, 
verwandelten fie die Stadt in: einen Schutthaufen, 
und verweilten Feinen Augenblick, - dem UWeberrefte 
der ihnen noch. entgangenen Reſaner nah Kolomna 
nachzugehen, welde mittlerweile von Großfürften 





zu Wladimir, als er eine gleiche tartarifhe Ge⸗ 
“ fondifhaft, als zu den Zürften von Refan gekom⸗ 
men war, empfangen, feine erſten Gedanken gedns 
dert hatte, durch ein Hülfsheer unter Anführung 
des graßfürflichen Sohnes Wſewolod verſtaͤrkt wur: 
den. Nichts deſto weniger: blieb die Ungleichheit 
der Mannſchaft, und die Tartarn fonuten durch ihre 
Menge das ruffifhe Heer allenthalben umringen und | 
ensrefeh, weldes , ungeachtet es verzweifelt kaͤmpf⸗ 
‚ ig kurzem eine gaͤnzliche Niederlage erlitt, wo⸗ | 
| * der Fuͤrſt Roman und der zur An fuͤhruug de 
großfuͤrſtlichen Heeres dem Prinzen Wſewolod zuge⸗ 
ſellte Wopwode Jeremias Gljebowitſch umkamen, 
der Prinz Wſewolod ſelbſt mit ſehr Wenigen nad 
Wladimir entrann ; die meiſten andern aber, welche 
ſich noch jegt das Leben retteten, in die. nahe gele⸗ 
gene Feſtung Kolomna warfen,‘ dadurd dasſelbe 
hingegen nut auf wenige Augenblicke friſteten iu⸗ 
dem gleich nah dem erfochtenen Siege Kolomna 
angefallen und. erobert ward. „Jetzt fiel die tartas 
riſche Macht in dag Gebieth des Großfürfien: den 
erſten Anfall traf die Stadt Moskau, die fhon ei- 


/ 


An ua a. _ . 








des ruflifchen Reiches. 879 


ne anfehnliche. und volkreiche Stadt war, aber. zu 
ſchwach fih zum Widerfiande erfaunte, daher - durch 


. Schliegung eines. Vergleichs ihrem fonft unvermeid«- 


lichen lntergange suporfommen wollte. Doch der 


Zartar hielt ſein Wort nicht, ſondern machte alle 


Einwohner ensweder nieder oder zu Gefangenen , 
und verpandelte die Stadt in einen Afhenhaufen. 


Unter diefen Umfänden hielt der Großfürf 1298 


für das Bee, wenn er die Aufficht feiner Haupt⸗ 


ſtadt feinen zwey Söhnen, Wſewolod und Mſtis- 


law, und fehem beſten Heerführer, Peter Oslaͤd⸗ 


jdfpwirfh. übergäbe, felbft ‚aber heran ginge, um 


durch fein Anſehen deflo gewiffer und geſchwinder ein 
ſolches. Kriegsheer zuſammen zu bringen, an deſſen 


Spitze er vermoͤgend ſey, den Zartgrn eine. Geld» . 
ſchlacht zu liefern. Vorher berief er alle Anmwefenden 


in die Marienfirhe, wo er von dem gefammten 


Bolfe, und insbeſonder⸗ von feiner Gemaplinn, 


feinen Söhnen , dem. Viſchefe Mitrophan ou. den 


dort verbleibenden. Bojaren zinen. ſehr zühreuden 
Abſchied nadm. Die Berftärkuggen, .ghne welde 
Georg ib nicht geirauen durfte, den Zortara Win 


derſtand zn thun, vergögerten fo lange, Daß als gr 
nach feinem Webergange über die Wolga feine Bry- 


derfößne, naͤhmlich die Söhne des ‚Broßfürfen, - 


- Eonflantin an fih gezogen, und in feinem. am 
Zluffe Sita aufgefcplagenen Lager den Haupibefchl 
dem Feldherrn Schiroslaw Michallowitſch auver⸗ 
trauet hatte, ihm nur noch non feinem Bruder 
Spaͤtoslaw einige Kriegsvoͤlker zugefuͤhrt wurden, 
das tartariſche Heer nad vorhergegangener Erobe⸗ 


rung feines großfuͤrſtlichen Sitzes ſchon anf Ihe ans 
drang. Vor feiner Haupifadt erfchien ed am gien 


Februar, und gab, als es auf das goldene Thor 
onrüdte, und man zu ſchiehen anfing, «in Zeichen, 


1238- 


Züroslam 
befteigt nad 
feines Brus 


N. 
L 


280: Erfler Abſchnitt. Anfang 


mit biefen- Zeindfeligfeiten inne gu halten, "weit die 
Tortarn etwas vortragen wollten. Wie die Bela 
gerten hierin willfahrten, führten die Tartarn den 
großfuͤrſtlichen Sobr) Wiladimir, vor, und frag⸗ 
ten, ob der Großfuͤrſt ſich in Wiadimir — 
‚und ob die Wladimiret dieſen Sefängenen kennten. 
Der Anblid eines großfuͤrſtlichen ‚Sohnes in der 
Gewalt fo grauſamer Feinde und die‘ Wahrneh⸗ 
milug feines gang entſtellten Gefichtes bewog ſeine 


gegenwaͤrtigen Bruͤder, dem Volke zuzurufen, zur 


Befreyung ihres Bruders ‚einen Ausfall zu thun, 
"indem fie demfelben zu Gemuͤthe führten, daß, 
: went glrich dieſe Unternehmung mißlingen follte, es 


doch beſſer ſey, kaͤmpfend eines geſchwinden Todes 
zu ſterben, als lebendig in ‚die Hände diefes grau 


ſamen Zeindes zu fallen.’ "Allein der ihnen zugege- 
"bene ‘alte Feldberr verhinderte dieß Vorhaben, und 


die Klugheit geboth es zu aucerlaſſen, indem ed nad) 
allet Wahrſcheinlichkeit den utvermeidlichen Unter⸗ 
gang aller derer, dir es unternommen hätten, vers 


urſacht, und dadurd Wladimir faft aͤller feiner Ver⸗ 


theidiger beraubt haben wuͤrde; Wolodimir (die 
Stadt) Fam in die Hände des Zeindes, der alles 


aufs grauſamſte niedermachte und verheerte gIm 


Monath Februar hatte die Raͤuberhorde unzählige 
Dörfer und‘ 14 Städte vernichtet, Fuͤrſt Waßilei 
ward am Aten Mir als er fich der tartarifchen 
Sitte nicht unterziehen wollte ,. im: fchwintifchen 
Walde ermordet. Um dieſe Seit‘ geſchah 7) alfo ei⸗ 
gentlich, daß die Tartarn fo ploͤtzlich daß ruſſiſche 
Gebieth verließen. — SG habe dieſen Zeitpunct 
ſchon beruͤhrt. 

Nach dem Abzuge der Barbaren uͤbertrug Jaͤroslaw 
die Regierung über Mowgorod ſeinem nunmehrigen 


ders Georg ältefteg Sohne Alrrander, und reifte nad Wladimir, 


des ruſſiſchen Reiches. 281 


um von dem durch den Tod feines Bruders ‚Georg erle⸗ II. %ode den 
digten Großfuͤrſtenthume Befis zunehmen. Seine erfie großfürktlis 
Sorgfalt ging dahin, das zerflörte Wladimir wie, hen Thren. 
"der herzuſtellen. Er ließ die ſeit der Eroberung an 
allen Orten, wo Wenfdien getoͤdtet worden noch 
obne Begräbniß liegenden Koͤrper beerdigen, die 
Haͤuſer und Kirchen ausbeſſern oder nen erbauen, 

und berief theils die geflůchteten alten Einwohner, 
theild neue zu ihren Wohnungen. ‚Hierauf fEellte er eine 
allgemeine Berathſchlagung der noch übrigen Fuͤeſten 
1239 Susdal on feinen Bruder Smätoslam,' Star 
rodub an einen andern Bruder Johann, Roſtow an 
Boris, einen Sohn Waßlei welcher feigen Bru⸗ | 
der, den ‚ehemaßligen Großfuͤrſten Conſtautin zum 
Batır hatte, und Beloſero an Gljeb, Bruder die⸗ 

ſes Botis ‚und ließ faſt zu ehen der Zeit, den Koͤr⸗ 

per feines Vorgängers Georg aus Roſtow bey feio 

nen Reichsvorfahren mit Randesmägigem Gepraͤnge 
bepyſetzen. Doch vergaß er in diefem feinem neuen 
Zuſtande ſeiner alten Feindſchaft nit, ſondern 
überfiel unverſehens den Fuͤrſten sTichael"WBfeivolo« 
ditſch, gegen den er etnen alten Grol hatte, und 
führte bey Eroberung der Stadt Kamenez deffen Se 
maßlinn nebſt der in dieſem. Orte gemachten Beute 
nah Wladimir, Auf ein „Moft fondie i2gg Batu 

ein fö zahlreichen. Heer ins füdlihe Rußland, dag 

die Einwohner aus Schreden mehrern Theils id 
Süumpfe und Mälder, ja gar in andre Ränder flůch⸗ 
teten, und in den feften ‚Städten die allerwenigfien 
verbleiben wollten. Daher wurden Perejaslaw und 
viele andere-Städte faſt ohne Mühe eingenommen, 
geplündert und zerſtoͤrt. Fuͤrſt Mſtislaw Gljebo⸗ 
witſch, der fi damahls zu Tſchernigow ‚aufpielt, B 
getrauete ni, dem Zeinde ein Treffen zu liefern, abc d 


‚rg  Erfter Abſchnitt. Anfang 

olle Tapferkeit und Kunfi land in zu ſchwachem Ver⸗ 
— Hältniffe. gegen die Menge feines kriegeriſchen Fein⸗ 

A des ‚und bloß die Nähe der Stadt, in melde er 
u Äh, nachdem, er geſchlagen war, zog, erhielt ihm 

und den überwundenen Tſchernigewern noch das Le⸗ 
ben und die Frepheif. Weil er nun aus dieſem ge⸗ 
habten Ungluͤcke ſchloß, daß auch dig Stadt nicht 
‚Tange zu vertheidigen fey.; fo flüchtete. er IM aus 
derſelben, und fie ward wirklich bald nad feinen 

Abzuge erobert, wobey viele Einwohger getödtet, 
alle übrigen aber nebfl- dem Bifhofe, den man aber 

nur bis Gluchow führte, und dort in. Srepheit fegte, 

als Gefangene fortgeführt wurden. Zugleig Bejmang 
- ein anderer tartarifcher Sawarm die Morduanen, 
‚eroberte Murom, verwuůͤſtete das reſaniſche Fuͤrſten⸗ 
thum, und verbrannte die der wladimirſchen Haupt 
re gehörige Stadt Görahowen, nebſt verſchiede⸗ 
nen andern um den Klaͤsma. Diefe baldige Wieder: 
unft eines ſo ſchrecklichen und unwiderſtehlichen 
‚Beindes, agte den mehreſten ruſſiſchen kleinen Fuͤr⸗ 
fen eine ſolche Furcht ein, daß fie ihre Unterthanen 
bis auf befjete Zeit ſich ſelbſt überließen, und ıheils 
in Hohen, theils im Unggrn Sigerpeit für ihre 
Perfonen. fuchten. 
Dieſe Shwädung durch die tartariſchen ueber⸗ 
faue und die hieraus erfolgte große Verwirrung 
reichte den Litthauern eine" vortreffliche Gelegenbeit, 
ſich vieler zunaͤchſt ihnen gelegner ruſſiſcher Zürften- 
thuͤmer zu bemächtigen. 

1200, Um das Jahr. 1240 rüdte ein tartarifches Heer 
— ind Großfuͤrſtenthum Kiew ein, deffen Oberhaupt 
bi Mens u Khau, bey Koifhlon Magmet 
dere Orte oder Mengad, aus feinem Lager bey Defochna 
Fe einen Sefandten an den Großfürften Michael ab⸗ 
ae ‚fertigte, am diefem vorzuftellen, daß er unvermögend u 


> 








des ruffifchen Reiches. 283 


wäre, ſich den Truppen feines Khans zu widerſetzen. 
Mengu rieth ihm, denfelben für. feinen Oberherrn zu 
erkennen, wen. cr anders im Befige ſeines Landes 
beftätigt werden wolle. Allein Michael ertheilte ihm. 
eine abfchlägige. Antwort. Trotz dieſer Antwort lud 
Mengu unfern- Michael zu einer perfönlichen Unter 
redung ein, zu welcher diefer aber nicht erſchien. 
Mon fagt, er hätte die tartarifchen Abgeordneten 
ermorden loffen, und ſich nad Ungarn geflächter.: 
Kiew ergab. ſich nach feiner: Flucht. nicht, und 
Mengn mußte ſich damit begnügen, daß. er das 
offene Land rings herum verfeeren, und daraus 
Beute und Menfchen nad. feiner Horde bringen konn⸗ 
te. Rach feiner Ruͤckkehr kam Roſtislaw Mſtislawitſch 
aus dem ſmoleaskiſchen Fürfienkgmme nad Kiew, 
und führte dort die Regierung, ward aber nad einem 
ſehr Burgen Befige von Danigl,dem Sohne des 120% 
umgelomnenen Romans, vertrieben, welcher auf 
die Nachricht von der Herannohung, eines mächtigen 
tartarifhen Heeres ſich nach Ungarn ‚begab, und die 
Bertheidigung der Stadt einer gewifien vornehmen 
fiewfchen Amtsperſon, Rahmens Demetrius, 
übertrug *). Batu ſelbſt führte dieſes Heer, und Ur di 
Baidar, Birju Kaider, Bektſchai Bengn, 
KiutBatir, und Nadal Batir dienten ihm 
als Unserfeldherren. Das Kuarren der Wagen, das 
Sefhrey der Kamehle, das Tönen der Trompeten 
und anderer Kriegsmufif, das Wiehern der Roß⸗ 
herden und immerwaͤhrende Geſchrey einer unzaͤb⸗ 
ligen Menge wilder Krieger erfüllte die Stadt mit 
einem foldhen Lärm, daß einer den’ andern nicht ver⸗ 
fieden Ponnte, und, fo weit das Auge reichte, alles 


*) Yeterib. Journ. Th. III. S. 3— 18. 


In | 


284 Eifter Abſchnitt. Anfang 


enib herum mit Tartarn bedeckt war. Batu ließ 
durch einen Herold, den er in die’ Stadt ſchickte, 
die Einwöhner zur Uebergabe ermahnen; and zu⸗ 
gleich, wenn- fie dieſe feine Gnade verſchmaͤheten, 


mit dem ganzlichen Untergange Bedröhen. Sie be 


antiworteten diefen Borttag mit Verachtung, Schimpf« 


reden "und Verwuͤnſchungen, und 'vereitelten gehn 
Wochen lang alle Bemuͤhungen, welche die Tartam 


zu ihrer Eroberang anwandten, bis die Mauerbre- 
"her: bey der laͤdiſchen Pforte, wider welche fie ihre 


größte Macht richteten, eine fo ſtarke Oeffnung in 
die Stadtmauer gemacht hatten, daß die Tartarn 


dodurch hereindringen konnten. Die Kiewer verthei⸗ 


Digten dieſe Oeffnung fo lange, bis die Finſterniß 


der Nacht einbrach, und den Streit heinmte. I 


| zwiſchen batten zwar die Tartern die Mauern erſtie⸗ 


gen, aber die durch den langen Streit verurſachte 


Srniattaung und die Nachtzeit nötbigte fie, auf dem 


'gewonnenen- Nase Reben zu bleiben , und 'ſo erhiels 
Ren die Kiewer“ Prift; die Sophienfirce durd An⸗ 


"Pohüung eines neinen Walles zu ihrem letzten Sn 


Kuchtsorte recht feſt zu machen. Doc kaͤmpften fie 


udch bey Anbruch des Tages unter dem Commando 


Zes tapfern Demetrius an der borigen Stellt 
fo Tange ‚ bis derfelbe durch impfangene viele 


Wunden , und alte Anderen burch die Entkraͤf⸗ 


tung des Tongdanernden Gefechtes gezwungen wur⸗ 
den, fich in die Sophienkirche zu ziehen, welche waͤh⸗ 
rend der Zeit mit Kriegs: und Lebensbedü rfniffen reich⸗ 
fich verfeben morden war. Das Gewölbe der Kirche 
ward jegt durch die Laſt der dahin geſchafften Guͤter fo 
beſchwert, daß es einſtuͤrzte, und durch ſeinen Fall 
nicht nur ein Stüd der Kirchenmauer, fondern auch 
einen Theil der naͤchſten Feflungswerke zu Bo— 


dru warf. Diefer : Sufalk diente ben Zartarn, daß 


— 


des ruffifchen Reiches. 285 


fie one Widerſtaud eindrangen , und ſolchergeſtalt 
am 6. December die Erobzrung der Stadt volfen«. 
beten. Nah angerichteter Ylünderung, großem Blut⸗ 
vergießen und in Brand geſteckten vielen Gebäuden 
fipenkten fie dod einigen Einwohnern das Leben, und 
ließen fie durch tartarifche Statthalter regieren. Dar⸗ 
auf wendete fih.B a tn ugch Kolodaͤſchen, welche Stade 
er mit zwoͤlf Mauerbrechern lange vergebens beſtuͤrmte, 

bis fie ſich durch einen Vergleich ergab, den aber die 
treuloſen Tartarn nicht hielten, ſondern nach ihrer 
| Gewohnbeit die Menſchen ermordeten oder zu Scla⸗ 


‚ven machten, und die Gebäude zerſtoͤrten. Zept traf 


Kamenez, Wladimir in Volhynien, Halitſch und 
viele andere Städte diefer®egenden ein gleiches Schick⸗ | 
fol, und nur das einzige Kremenez blieb bey ſeinem 
tapfern Widerſtande undefiegt. Endlich gelang es 
dem tapfern Demetrins, der bey der Eroberung 
von Kiew gefangen ward, aber bald das Glüd ge- 
noß, daß ihn fein Ueberminder Batu zu feinem 
Freunde und Guͤnſtling aufnahm, denſelben zu uͤber⸗ 
reden, daß er fih ſelbſt ſchade, wenn er ſich ge⸗ 


geamärtig länger mit Rußland beſchaͤftigte, da alle 


dieſe Staaten ſchon fo geſchwaͤchet feyen, daß er 
fie alle durch eine einzige Aufforderung zur Unters 
würfigfeit bringen würde, und, wenn fie ja dieſel⸗ 
be doch verweigern follien, ohne Mühe bezwingen 
koͤnne, indem er dur diefen feinen langen unnöthis 
gen Aufenthalt in Rußland den Ungarn und Pohlen, 
zwey mächtigen Völkern, Zeit gäbe, fih wider ihn 
zu süßen, und wohl gar durd eine Verbindung 
mit Deutſchland ihm mit dem Kriege, womit er fie 


ju überziehen im Sinne führe, zuvor zu kommen. 


Batu eilte nun, Pohlen und Ungarn zu übers 
fallen, ehe diefe Reiche ihre gefammte Mat wider - 
ida zufammenzogen , und diefelbe durch Verſtaͤrkun⸗ 





21241. 


| 286 Erſter Abſchnitt. Anfang 


gen anderer Europaͤer ſo vergroͤßerten, daß fie es 
wagen konuten, die Tartarn in den Ländern, wel: 
de Ddiefelben bereitd befaßen, aufzufuchen. ‚Die 
fer Batu richtete in Pohlen und Ungarn große Ver: 
beerungen an;. alle Heete, die es wagten, ihm Wi⸗ 
derftand zu hun, ſchlug er, und zerſtoͤrte unzählige 
Feſtungen und Städte, wobey ihm die Ruffen 
Dienfte leiften mußten. Nur der Tod bes regieren: 
den Großkhans Dftai befrepte 1241 Europa von 
diefen Verwuͤſtern, indem derfelbe den aroßkhauiſchen 
Thron erledigte, und Batı mit feinem Heete auf 
dem allgemeinen. Reichstage zur Wahl und Huldir 
gung eined neuen Großkhans ſich einfinden mußte, 
Kaidan, ein abhaͤngiger Khan von Batu, begehrte 


vom neuen Herzoge von Nowogrodek durd Abge⸗ 


ordnete, daß er als gegenwaͤrtiger Befiger eines durch 


die tartariſchen Waffen eroberten Landes die tartari⸗ 


ſche Oberherrſchaft anerkennen, und zuförberfi die 
Schatzung desfelben: Aberliefern ſollte. Erdivil 
nahm dieſe Geſandtſchaft mit allen Zeichen der groͤß⸗ 

ten Hochſchaͤhung auf, und brachte es dadurd da: 
hin, daß fie auf keine ‚fhleunige Abfertigung beftand, 
indem feine Abſicht dahin ging, fie nice cher mit 
einer abfchlägigen Antwort zuruͤck zu fenden, bis 
er fich fo gut geruͤſtet fähe, daß er von Kaidans 
Macht nichts befürdten dürfe. Er zog nicht nut 
aus feinem ganzen Gebierhe die lithauiſchen Kriegs⸗ 
voͤlker zuſammen, und vereinigte dieſelben mit denen, 


= welhe ihm auf fein Verlangen Zivibund, Herzog 


von Lithauen, und fein jüngerer Bruder, Wikind, 
dem er das durch den Zod ihres Vaters ihm zuges 
fallene Somogitien abgetreten hatte, zufandten; 
fondern bemühere ſich auch befonders um die anf 
richtige Beyhülfe feiner ruffifchen Untershanen. Die 
ſen fiehte es mit gutem Erfolge vor, das’ er nicht ſo 





des ruſſiſchen Reiches 287 
ſehr ſeinetwegen als um ihrentwwillen din Tartarn die 
geforderte Schatzung abſchlage; denn die ganze Laſt 
derſelben müßte auf fie fallen, und er würde nichts 
dabey verlieren‘, wenn er dieſelbe von rem Ver⸗ 


mögen abtruͤge. 
Da nun alles in dem Stande war, den Tar⸗ 


tarn die Stirn’ bierhen zu koͤunen; fo *ertheilte er | 


der tarfarifhen Geſandtſchaft ein feperliches Gehör, 

überlieferte ihr mit gebietheriſchen Ausdrüden fiat 
der begehrten Schagung zwey Pfeile ald Zeichen des 
Krieges, und ließ fie dann mit langſamen Schritten 
ihrem Herrn an die Grenze zuführen. Diefer zeigte ſich 
bey fo Tanger Verzögerung der Antwort Erdivilg nicht 
fo gelaffen, als feine Befandten, fondern wie diefelbe 
niche fo gefchwinde, als er wollte, erfolgte ; fo ging er 
über dennjepr, flug fein Lager an der Mündung des 
Prjpetz auf, und ſchickte aus demfelben einen großen. 
Theil feiner Mannſchaft partepmweife auf Streifereyen 
aus. Erdivil zog durch verborgene Wege in den 
Waͤldern auf ihn zu. Als er fich ihm näherte, mad» 
te er fo lange Halt, bis er bey Aubruch des Tages 
mit einem eutfeglichen Zeldgefhrey und großem Ge». 
räufch fein Lager anfalen Fonnte. Anfangs wurden 
viele Tartarn im Schlafe getödter, nachher zogen fih 
zwar die Entferntern zufammen, und thaten nad. 

allen Kräften Widerfiand, wurden aber zulegt doch 
gefchlagen, und größten Theils fo wie die Streif. 
partenen entweder durchs Schwert aufgerieben, oder 
von den Strömen‘, über: die fie zurlid! mußten ,. 
verſchlungen. Diefe Unternehmung und der Sieg, 
welcher fie.trönte, verfchaffte Erdiviln den uͤberaus 
wichtigen Rugen, daß feine ruſſiſchen Unterthanen , 
ihn als einen natürlichen Landesherru verehrten und, 
liebten, Er war aud mit dem Befitze des von ihm 
sehifiien Herzogthums fo vollkommen azuftieben 


288 Erfter Abſchnitt. Aufang 


daß er Samogitien, als ihm dasſelbe durch den 
Tod feines Bruders zufiel., freywillig dem Herzoge 


von Litthauen uͤberließ. Er genoß dieſes Gluͤck nur’ 


eine kurze Zeit, indem er bald’ nad feinem Siege farb, 
Sein Sohn und Nachfolger Michael, oder Mingailo 


- tras in feine FZußflapfen, Denn als die Polowzer, 


‚deren Fürft,in einer Schlacht wider die Tartarı um: 
gekommen war, auf Zuredeh der unter ihnen iwoh⸗ 


genden Griechen eine Volksregierung eingeführt hat⸗ 


sten, welher go Perfonen vorſtanden, ſehr kriege⸗ 
riſch waren, und, nachdem es Ihnen gegen audere 
Nachbarn gelungen war, daß fie ſich diejelben unters 
würfig gemacht hatten, auch Mingailos Untertha⸗ 
nen anfielen; ſo ſetzte er ſich in die Verfaſſung, fie 
zu befriegen. Sie beſaßen zwar Muth genug, ihm 
entgegen zu gehen. Aber als fie unterhalb der Stadt 
Horodzier mit ihm zuſammen ſtießen, wurden ſie 
gleich bey ſeinem erſten Anfalle flüchtig, und an eben 
dem Tage bis an ihre Stadt verfolge, Nun war 
all ihr Much dergeſtalt in Zaghaftigkeit verwandelt, 

daß fie aicht einmahl in ihrer Stadt Mingailon Wir 
derſtand thaten, ſondern auf deſſen Aufforderung 
dieſelbe fih nebft ihm übergaden, welcher bey feinem 
Tode, der ihn im erfien Zahre feiner Regierung 
wegraffte, ſeinem ältefien Sohne Sfirmund Nowo⸗ 
gtodek, und dem jüngern Ginvilo feine neue Erobe⸗ 


rung Polotsk hinterließ. Skirinunden wollte Mfid-. 


law Romanowitſch Nowogrodek entreißen, 
Mſtislaw hatte ſchon in der Gegend um Brzeſt 
durch Verheerungen die Feindſeligkeiten angefangen, 
als Ihn die Nachricht von der Herankunft des Heeres, 
welches Sfirmund und Kukovoit anführten, bewog, 
afle abgeſonderten Parteyen zu feinem Heere zu be 
rufen, Beym Fluſſe Jafialda gefhahe die Sqlacht, 
id welcher 2 einem hitzigen Sefedte Nſtislaw eine 
| . ſo 





des ruſſiſchen Reiches. 289 


fo große Niederläge erlitt, daß er kaum durch die 


Flucht nach Luzko fein Leben retten Fonnte, Skir-⸗· 
mund aber feinen: Staat durd die Eroberung. von " 


pinsl und Turom erweiterte. Kukovoit konnte folglich 


feinen von Alter und Krankheit ganz entkraͤfteten 
Bater noch vor deffen Abſterben durch feine gluͤckli⸗ 
de Widerkunft, und die Ehre und Beute, die er 
in dieſem Feldzuge erworben hatte, erfreuen. Als 
er feinem Bater in der Regierung fiber Litthauen 
folgte, brachte er fein ganzes hbriges Leben in Frie⸗ 
den zu. Deſto leichter fiel es ihm, Skirmunden ſehr 
zahlreiche Kriegsvoͤlker zuzuſenden, als bey demſelben 
eine Geſandſchaft von Balakley, einem tartariſchen 
Khan, anlangte, ihn zur Unterthänigfeit und Scatz⸗ 
pflichtigkeit aufzufordern. 

Skirmuud achtete dieſen Feind ſo geringe, daß 
er defſen Geſandten, nachdem er fie bey einem großen 
Gaſtmahle aufs prächtigfte bewirthet hatte, Nafen 
und Ohren abfchneiden ließ, und mit der Antwort 
an ihren Herrn zurückfandte, daß alle tartärifchen Ge⸗ 
fandten, die mit einem ſolchen Antrage nach Litthauen 
kaͤmen, keine andere: Antwort empfangen ſollten. 
Balakley. rüdte zwar zur Ahndung Eines ſo großen 
Schimpfes. mit feiner Yanzen. aunterhabenden Macht 
in Skirmunds Laud ein, und Fam unter lauter Ver⸗ 
wüflungen bis Koidanova. Hier aber begegnete ihm 
Sfirmund, und nah einem hitzigen Streite wurs 
den die Zartern-in die Flucht getrieben; und Baia⸗ 
kley ſelbſt buͤßte fein Leben ein. 

. Der Sieger erwarb ſich, ale Fruͤchte dieſes Sie⸗ 
ges Mozyr, Starodub, Czernichow, Kataczoo und 
ganz Sewerien, welche neue Länder dr unter zwey 
Söhue, Lubart und Pifſemund, iheilte, da der 
jüngfie, Troynat, die alten nad feinem Tode bes 
Sommen follte. Im Herzogthume Polotsk folgte auf 

Geſch. Außl. ı. Band, T 


x 


90 Erſter Abſchnitt. Anfang 

Ginvilo, deſſen Sohn Boris, welcher zuerſt unter 
allen Fuͤrſten von litthauiſchem Gebluͤte den. ahriſt⸗ 
lichen Glauben annahm, und dadurch ſowohl als 
durch ſeine Eheverbindung mit einer Tochter des 
Fuͤrſten von Twer ein herzliches Wohlwollen ſeiner 
| Untertanen fi erwarb, auch ein gutes Vernehmen 
mit den benachbarten. ruffifhen Fuͤeſten fiftete, viele 
Gdriſtliche Kirchen erbaute „und durch die JInſchrift, 
die er anf einen im Gewaͤſſer der Dwina hervorra⸗ 
genden. Geld bey einem fünffachen Kreuge eingraben 
ließ: „Herr, erbarme dich deines Knechtes Boris, 
des Sohns Ginvilo!“ ein Deukmahl der ſpaͤres Nach⸗ 
welt hinterließ. 

Sein Nachfolger , Bafilius Rechwold, ward 
gleichfalls zu einem Kriege gezwungen, den er mit 
großer Ehre. endigte. Sein Feind. war. Pleskow, 
welches Polotsk einiges Land weggenommen hatte. 
.. Der Krieg zog fih zwar in die Länge, zulegt- abet 
ward der Herzog-von Polorst ein fo großer Sieger, 
daß er tgicht nur das ſtreitige Land wieder befum, 
fondern. auch der Stadt Pleskow eine jaͤheliche 
Schatzung auflegte. Im Herzogthume folgte ihm 
ein Sohn Gljeb, der in der Unmündigkeit ſtarb. 

Kukopoiten folgte fein Sohn Utenes, der ſei⸗ 
nem Vater auf feinem Grabhuͤgel eine Bildgäule aufs 
Bellen. und neben dieſem Grahhuͤgel einen Hain anlegen 
ließ. Bey diefem fuchte Troynat, der einige Jahre 
nach diefem Utenes durch feines Vaters Skirmund 
Tod Nowogrodek erbte, ‚Hülfgoblker, erhielt: aber, 
‚weil Utenes genug’mit feinem eigenen Kriege wider 
die Dentfchen in: Liefleud zu thun hatte ‚. ſehr unbe⸗ 
traͤchtliche. Hingegen fanden ſich feine Bruͤder, 
Lubart- und Piffemund ,. mit ihrer ganzen Staͤrke, 
ja auch ſogar drey ruſſiſche Herzoge, Smwätoslaw 
von Kiew, Simeon, und David. vom Lugk und: 


- r 
/ 








des ruſſiſchen Heide. ⸗9ꝛ 


Bolhynien ein. Als diefes ‚Heer beyſammen mar, 
fegte zwar Zropnat auf die Tapferfeit der Leute, 
woraus es befand, wegen des Wohlverhaltens ihrer 
Vaͤter gegen Balaklai ein gutes Vertrauen, aber die 
Zahl fland in feinem Berhätiniffe gegen den Feind. 
DoH diente ihm dabey zum Bortheile, daß berfelbe 


ſich durch Verſchickung vieler großer Haufen zu Ber 


heerungen felbft getheilet hatte. Er euntſchloß ſich da» 
ber, dieſen Umſtand zu benutzen, und mit Vermei⸗ 
dung aller Wege, wo er auf einige dieſer Haufen 
fioßen fonnte, aufs gefhwindefte gegen das Haupt⸗ 
Toger anzuziehen , welhes Kurdas im mozyriſchen 
Gebiethe am Zluffe Okuniowka aufgefhlagen hatte. 
Ob aun wohl dasfelbe wegen fo vieler abgefonderter 


Kriegsvoͤlker fi fehr geſchwaͤcht Hätte; fo ruͤckte er 


doc Troynaten ins freye Feld entgegen ‚. und, fo 
bald beyde zufammen gefommen waren, ging ſo⸗ 
gleich das Treffen an. 

Als bepde Theile mit der aͤuß erſten Erbitteraug | 
firitten,, ward die Schlacht langwierig und blutig, 


His es doch den Litthauern gelang, die tartarifhe ' 


Schlohtorduung durchzubrechen. Diefer Augenblie 


‚gab ifnen_den völigen Sieg. Denn num dachten die 


Tartarn an feinen weitern Widerftand, fondern. bloß 
an die Rettung durch die Flucht, die doch nur we⸗ 
nigen half, indem fie wegen der im Rüden haben, 
den Zlüffe entweder in der Gewalt der Litthauer 
bleiben mußten, oder in denfelben ertranfen, Doch 
foftete diefer Sieg Troynats Michaela, dem Züt. 
fien von Druha, Andreen, einem Anverwandten des 
regierenden Fuͤrſten von Luzk, und beyden Brüs 
dern Zroynats das Leben, welcher von ihrem Tode 
den Bortheil zog, daß er ihre Länder mit feinem - 
Herzogthume verknüpfen konnte. Bald hernach ſtarb 
er, und hatte feinen Sofa Algimuud zum Nach⸗ 
1 2 


298°“ Erſter Abſchnitt. Anfang 


folger, der gleichfalls kurz, aber ruhiger als fein Va⸗ 
ger zegierte. Kurz vor feinem Tode mußte er den 
Herzog David von Luzk, welder auf ein Stud Lan 
des, das Algimund als zu Podlahien gehörig 
beſaß, Auſpruch machte, mit gewaffneter Hand zu⸗ 
ruͤckweiſen. Doch damit war dieſe Sache nicht ab⸗ 
gemacht, ſondern dieſer Auſpruch des Fuͤrſten von 
Luzk auf ein Stud von Podlachien war eine Folge 
einer zwiſchen verſchiedenen ruſſiſchen Fuͤrſten ge⸗ 
troffenen Verbindung, den Litthauern alle von Ruf 
land abgeriffenen Länder zu entziehen.. Diefer ge 
faͤhrliche Krieg traf Ringolden, Algimunds 
Nachfolger, der zum Bormunde des fehr ‚jungen 
Spintaroha (Utend Sohn) ernannt wurde. 
Ringold Haste durch die Annabme des Titels eines 
Grobfuͤrſten oder Herzogs verurfacht, daß verſchie— 
dene ruſſiſche Fuͤrſten, die noch fo lange die Furcht 
vor der Macht und dem kriegeriſchen Geiſte der 
- Zitthauer zuruͤckhielt, fie durch ihren Angriff wider fich 
aufzjureigen, diefe Bedenklichfeit fahren ließen, ‚und 
auf Einladung Swaͤtoslaws, Großfürſten von Kiew, 
fib dazu verflanden, ihn zu feinem Kriege,. mit dem 
er Ringolden überziehen wollte, nad allen Kräften 
zu unterflügen, Swätoslam überredete fie , dab die 
Annahme diefes neuen Titels, beſonders bep, einem 
Kingold ,„ der fih nichts daraus ‚gemacht babe, ‚fel- 
nen nahen Anvberwand ten ‚nd Mündel feines Ei⸗ 
genthums zu berauben, fonnenkiar offenhare, daß 
er, ein Auslaͤnder, ‚Heide und Barbar ganz Rußland 
ſich unterwuͤrfig zu machen gedenfe, Unter dieſen 


Bundesgenoſſen Swaͤtoslaws waren Leo, der Fuͤrſt 


von Wladimir, und Demetrius, Fuͤrſt von Druha. 
Auch ſchickte ihm Kurdas einige tauſend Zarfara. 
‚Mit sinem fo ſtarken Heere ging Swaͤtoblaw gera⸗ 
‚de den Weg auf Nowogiddet zu, und verheerete 








des ruffifhen Heiches, 208 
alleüthalben, außer wo ihn der Nemen hinderte, 
alles mit Feuer und Schwert, bis ihm bey Mobilna 
Rıngold mit feinem Herre Begegnetr, wo ed zu‘ einem 
Treffen kam, weldes bald nad angebrochenem Ta⸗ 
ge anfing, und. bis an den Abend mit no zwrifel⸗ 
haftem Ausgange waͤhrte, da endlich die alte ver» 
ſuchte litthauiſche Kriegsmannfchaft ae Kräfte an⸗ 
ſtrengte, und den Feind zu weichen noͤthigte anch, 
nachdem derſelbe die Flucht ergriffen, fich ſeines gan⸗ 
zen Lagers bemaͤchtigte. Das Schickfal der bornehm⸗ 
fie Huͤupter des ruffiſchen Heeres iſt ungewiß 
indem rinige Nachrichten wollen, daß fie entkom⸗ 
men, andere, daß fie unerfäunt mit andern erfolar 
gen wörden {even 
Ringold beſchloß zu wowogroder an einer Krank⸗ 
beit fein Leben. Sein Abfterben gab Spintarohan 
Belegenhält, zu verfuchin ; db er nicht zum Befitze 
des ihm unbilliger Weiſe entzogenen Zitthauens ges 
langen fönnte, und es würde ihm an Freuuden nicht. 
gefehlt haben , wofern er fib nur gemeldet hätte. 
Aber. Jugend oder Weiclichkeit (vielleicht beyde Ur⸗ 
ſachen zuſammen) hielten: ihn zuruͤck, und er war 
vergnuͤgt, daß: er vor kurzem durch Samogitien 
verforgt worden war. Alfo ward Mendog, Ringolds 
Sohn, Herr aller von demſelben befeffenen Länder. 
Diefer ſchaffte alle ‚Anverwandten , auf welde er 
den mindeſten Verdacht warf, durchs Schwert oder 
durch Bift aus der Welt, ſchonte aber doch das 
Leben ſeiner Neffen. 
Von dieſen Anfaͤllen der Tartarn und giethauer 
durfte zwar Nowgorod nicht ſo viel als andere theils 
näher gelegene theils ſchwaͤchere ruſſiſche Fuͤrſtenthͤ⸗ 
mer befuͤrchten; war aber doch nicht ganz dafuͤr be⸗ 
frepet, und hatte drey andere ſtreitbare Nachbaru, 
naͤhmlich die Dänen, Schweden und die Staaten 


294 Erfter Abſchnitt. Anfang 
der deutſchen Pflanzungen in Lieflagd , wenn man 
“ gleich die Tſchuden oder eingehormen Einwohner von 
Lief⸗ und Efihland. nicht mit rechnet, welche durch 
die häufigen Kriege mit allen diefen Völkern allmaͤh⸗ 
lich theils unterwürfig gemacht, tbeils aufgerieben 
wurden. Der Sroßfuͤrſt Jaͤroslaw harte dasſelbe 
ſeinem aͤlteſten Sohne Alexander, der alle Fuͤrſten 
feiner Zeit an Schönheit, Leibesſtaͤrke, Verſtand, 
Tapferkeit, Großmuch, Maͤßigkeit, Demuth und 
allen andern chriſtlichen Tugenden übertraf, überges 
ben. Derſelbe vermählte ſich 1239 gu Toropez mit 
einer Tochter des Zürften Braͤtſchislaw von Polotsk. 
Bald darauf hielt er mit feiner neyen Bemapliun 
unter großem Frohlocken feiner Unterthauen deu feper- 
lichen Einzug zu Nomgerod ; und: empfing eine 
Geſandſchaft vom liefländifchen Ordensmeifter, defien 
Gefaudter Andreas Alexanders hohe Eigenſchaften bey 
feiner Rüdkunft bey den Seinigen nach Verdieuſt 
und Wahrheit rühmte. | 

Nachdem der Großmeiſter foldes vernommen, 
vielleicht auch gehört, wie die Tartara von der ans 
dern Seite einige Sabre ber das ruſſiſche Reid 
mit Contributionen beſchweret and entkraͤftet hatten, 
wurde er theild von Mißgunſt, theild von Hoffaung, 
wegen ber damahligen Schwäche des ruffifhen Reichs, 
verleitet, einen Verſuch zu thun, ob nicht der übrige 
Theil von Rußland dem Kitterorden anheimfallen, 
und der Zürft Alerauder nach Eroberung der Kefis 
denzſtadt Nowgorod zum Kriegägefangenen fönnte 

gemacht werden. 

Es kam wirklich eine Rarfe Armee zu Wafler 
auf der Rewa bey dem Fluſſe Ifchora an, welche 
ihre erſte Abficht auf die Stadt Ladoga gerigtet 
harte. Zu derfelben ſtieß noch der König von Schwer 
den mis einer gleichfalls flarken Mannſchaft, und 











4 


= des ruſſiſchen Neiches. 295 


fertigte von dort: aus Gefandten an den Zheflen 
ua Rowgorod ab, welche des Königed wegen die 
Ankündigung des Kriegs hun follten. Ä 

Der Fuͤrſt Alerander ging jept nach verrichte⸗ 
ger Andacht in der Kirche der heil. Sophia gu Now⸗ 
gorod, und nach empfangenem Segen von dem Erz 
Bifhofe Spiridien, dem Zeinde muthig entgegen. Er 
unterſtaud fih nicht, wegen gu befürdhtender nähe 
‚ven Anrüdung der vereinigten feindlichen Truppen, 
den Sroßfürfien feinen Vater von dieſem Feldzuge 
vorher zu benachrichtigen, och Häülfsodlker von dem. 
felben zu erwarten. 

Das Gefechte währte von 6 Uhr Morgens bis 
gegen den Abend, mitslermeile von beyden Seiten 
das Blut wie ein Strom dahin floß. Bey An- 
bruch der Racht mußten die Schweden und deut. 
. ſchen Ritter dem Zärften Alexander endlich das Feld 
raͤnmen, und der König ſelbſt wurde yon des Für 
fin eigener Hand im Gefichte verwunde. Man 
füllte drey Fahrzeuge mit feindlichen Leichen an , 
welche man ins Meer verſenkte; yon den Now⸗ 
gorodern aber bleiben nur 20 Mann. 

Es wurden bey dieſer Action 6 Lapfere Hel» 
den von des Füͤrſten Alexanders Armee. beruͤhmt. 
Der erſte, Nahmens Gabriel Dlchäfch, fah einen 
koͤniglichen Prinzen von fern, ritt auf denfelben gu, 
fihrgte ihn ins Waſſer, und machte auch einen 
feindlichen Wopmwoden , Rahmens Spiridion , nebft 
zwey Biſchofen nieder. Der andere, Sbislaw Jaku⸗ 
nowiſch, von Nowgorod, brachte zu allgemeiner 
Verwunderung mit einer Axt viele um das Leben. 
Der dritte, Jacob Polzanim, Alexauders Jäger, 
rannte mit einem Gchwerte unter die "feindliche 
Armee, und zeiste einen großen Heldenmuth. Der 
wierte, Mpſcha von Nowgorod, hatte ein Heined Com⸗ 


206 Erſter Abſchuutt. Mufang 


mando, und griff damit die feindlichen: Schiffe an, 
yon. welden er-deep-gänjlich vertichtete. Derfünfte, 
Saba, gebrauchte die Liſt, ein großes koͤmglithes 
Gezelt unten zu coupiren , daß es den Feinden über 
die Köpfe. fiel, und fie fehr erſchreckte. Der ſechſte, 
Ratmir, ſchlug fih mis der Fauſt tapferherum, 
wurde aber. ſo von dem Zeinde, umrungen, daß er 
van,pielen Wunden auf dem Plage. blieb. 

Nachdem nun der Fuͤrſt wis den Seinigen 
glüctig wieder zu Nowgorod angelangt war, ſo 
eutfkand.-gleich, darauf in dieſer Stadt ein Tumult, 
welcher ihn zwang, derſeiben ſeine Gegenwart zu 
entziehen, ‚gend, mis. feiner ganzen Familie gu dem 
Gropfürgen feinem Water. 9 Pere jdelaw in 
reifen. °) 

In. „diefem Jahre geſchab —9 daß die Ritter 
aus Liefland- einen, neuen Einfall thaten.. De Fuͤrſt 
Jaͤroslaw Wladimiritſch, ein Cal des Fuͤrſten Ruriks 
von Kiew; welcher nebſt etlichen Vornehmen qus der 
tartariſchen Gefangenſchaft nad Litthauen fluͤchtetr, 
war zu der Zeit ein Bundesgenoſſe des Ritterordeng. 
Ste wollten zuerſt ihr Heil ‚gegen die ruſſiſche Stadt 
Isborsk oder Fſehurq verfucgen, und. hatıen das Gluͤck, 
dieſelbe ohne Schwierigkeit. gu, arobern. So vigl mau 
auch vpn Pleskow der Stadt zu. Hülfe zu kammen 
gedachte, fo, wurde doc alles zur ickgeſchlager. Ples⸗ 
kow ſelbſt wurde zuletzt vom Feinde augegriffen, Pie 
Stadt in. Brand. „Sehens; ohne. Der. Bostsahäufer 
gu ſchonen, mad was nicht durch das Schwyrt nme 
kam, wurde in, die Gefaugenſchaft geführt. 
Weil nun .der Ritterorden bey dieſer Exrpedi⸗ 
Kon, wegen des vorgedochien iaherlicher Risver⸗ 


Diefe Erpebition erwarb Aicrandern den. chiruellen 
Beynahmen Newſky' fie ging an der Newa vor, 
daher die Benennung diewnſt v. 


: des ruſſiſchen Reiches. 87 


ſtaͤndniffes in Rußland vun Nowgorod aus, feiten 
Widerfiand "gefunden hatte ;: fa: wurde. er Yadurd 
am fsolrl aͤhner genncht ae herannahendem wis⸗ 
ter: vom neuein Ängwräden.:  . °- : 
7 Dr. Stadt Roporik als rin Dymdinengut: vs 
Fuͤrſten Alexander wurde neBflianders Orten erobert: 
und mit räterlicher Garniſon Beſeßt. Ja uEiedireäis 
ten: ſich die Siteifereyen des Ordens ve gso Werſte 
von. Nowgorod seo ſe nur hie kamen, müßte alles 
Eontribution erlegen. Die Tſchuden oder Finnen hate 
sen. den Riltera Daben nicht geriuge Hülfe erwieien. 
Zuletzt Kießru auch bis Mitthauer noch zu den vori⸗ 
gen, da denn die von Rowgocod wegen Ton ans. 
Hefangener: Berennung ie Stadt in- die größte 
Belbrgung gefept wurden: ° EEE 

. Diefes: war, was fie antrieb , den Großfärften 
Särssiew durch Deputirte zu erſuchen, daß er ihnen 
den Finſten Alrrander zus Grlͤſung zuräd ſchicken 
möchte, :: Der Großfuͤrſt aber fandte ihnen anſtatt 
deſſesn, deu Prinzen Andreas, wonit fie aicht zuftie⸗ 
den waren, und zum zweyten ⸗Mahle den Gr 
Spkibien, nebſt noch andern Prießerm. - © 
’ . Die Stabdt war bereits wirktich belagert, und 
au⸗ Merde⸗ von der vikieriiihen Armer weggetrie⸗ 
ben, daß frin einziges zum Ackerbau oder Pfluge 
mehr vorhanden war, als der: Großfuͤrſt dem Fle⸗ 
ben der Deputirten endlich Gehbr gab, Koporik 
wurde bald ‚wieder elugenounmen‘, von "Grund. aus 
geſchleift, und bie Begend mit einer neuen Colonie 
befegt. Der. ſiegende Alczander aber zog unter vie⸗ 
lem Zrohfoden feines Volks nach Perejaͤslaw und 
von da nah Nomgorod zuruͤck. 

Als darauf die Ritserlihen zum dritten Mahle 
wieder kamen , die Stadt Pleslow abermahls ero⸗ 


»08. Erſter Abſchnitt. Anfang 


berten, und nad medergemachter ruffiſchen Gar⸗ 
nifon alles mit ihren eigenen Beſatzungen verfahen, 
fo zeg der Zürfi Alrzander nach nersihtelem Ge⸗ 
befhe in der Kirche der Heiligen Gonbie. im Jahre 
1243. mit ‚feinem Sruder Andreas, welcher einige 
. Hülfsoölfer des ‚Water: .Idroslew anfühete, von 
neuem in folder Geſchwindigkeit gegen fe aus, daß 
ehe die Kitterlichen von feinem Aumarſche Nachricht 
hatten, die Stadt bereits belagert u ae wieder 
erobert wurde. Ä 

Es murden damahls viele von ben Rittern 
und Tſchuden zu Kriegégefangenen gemacht, und 
fonft auch audere ven dem Ritterorden in Aeflaud 
eroberte Plaͤhe ihnen meggenommen und: geſchleift. 
Bey dem Ruͤckmarſche ſehten die Ritterlichen dem 
Fuürſten Alexauder wieder nah, nud ed: war auf dem 
Sfhudifchen oder Peipusfee, wo beyde Armeen einan- 
der trafen. Der Fuͤrſt Alexander ſtellte ſich zuerſt, 
als wollte er- die Flucht nehmen; nachdem er aber 
die Seinigen aufd . neue aufgemuntent. und vorher 
gu Bott ein eifriges Gebeth gethan, kehrte er More 


gens mit Aufgang der Sonne auf ein Mahl gegen . 


den Zeind zuräd, und that den Uingröf.. Da entfiand 
aber nun ein fo heftiges Metzeln, daß das Bis von 
Blute gefärbt wurde: so Ritter wurden in die Ges 
fangenfdaft nad Rußland geführt, zou aber blieben 
anf der Waßlſtatt, außer den Tſchuden, von welchen 
auch eine ‚große Menge den Lob fand. : Der. Bürfl 
Alcxander ‚hielt hierauf in die Stadt Plosfow einen 
trinmphirenden Einzug, und enpfing von feinen Un⸗ 
terthanen unter frohlockendem Zurufen zum erſten 
Mahle den Zitel eines Großfürften 





— u un EEE EEE / ER / ER ER ER nn 
. . 1 . u . 


x 


Sabatı 


des ein Bandes Der Befichte d des rufißen Ä 
eiches. 


* 
— 





u Einleitumg.n- | 
Aelteſte Nachrichten. Rußland und feine Bewohner bes 
treffend 5—9. Stiftung des ruffifchen Reichs 10.Rurik, 
Säneus und Zrumor- nehmen: die‘ Regierung an 11: 
die Rhorolauen neben mit Ontold und Dir wider Conſtanti⸗ 
nopel ı=. 


Erfer Abſanitt 


Bom Anfange des ruſſiſchen Reiches im Jahre 862 
bis gu deſſen Bezwingung durch die Tartarn 
im Jahre 12977 Oo - 


Kperit und deſſen Brüder fiften bar euflifche Reich 13. 
Er wird alleiniger Beherrſcher; führt die Lehen ein ; verſtat⸗ 
tet Ditold und Dis den Abzug; Oskold und Dirwerden Ha: 
sen von Kiew; ihr unglüdlicher Verzug; Rurik's Tod 14. 
Dieg folgt ihm in der Regirrung; erweitert feine Herrſchaft; 


laͤßt Oskold und Dir tödten; ex wird von den eingewander- 


tem Ugern befiege 15. Vergleich mit den Ugern 16. Oleg's 
Feldzug nach Conftantinopel; Bergleich mit den beyden grie⸗ 
chiſchen Kaifern Leo und Alerander 17. Erneuerter Tractat 
mit den griehifhen Hof 18. Dieg’s Tod 29. 3g0r folst 
ihm ın der Regierung ; die Drewier widerfegen ſich; er beßegt 
fie ; Feldzug twiber das griechiſche Reid; Greuel und Ber- 
wüllungen 20. Igors Schiffe werden durch das griechiſche 
Teuer zerſtoͤrt 21. Er fließt mit dem griechiſchen Kaiſerthu⸗ 
me einen Frieden und Freundſchaftsvertrag 22. Igor wird 
® 


u Inbalt 


von den Drewiern erſchlagen 23. Igor⸗ Witwe, Olga, 
führe die Regierung für ihren minderjährigen Sohn Swaͤtos⸗ 
Yaw ; fie laßt die Geſandten der Drewier binrichten 24. Zeld: 
zug wider die Trewier; Niederlage derfelben 25. Beftrafung 
der Koreftener; ‚Verbrennung ber Stadt durch Tauben und 
Sperlinge 26. Olga laͤßt fi gu Eonflantinopel taufen, und 
empfängt den Rahmen H etena; fie weifet ben Heitathsan⸗ 
exag Confisutin VI. ab; vergebliche Wemicheng Hrem Soh⸗ 
we Gmätoslaw gur Annahme der Taufe zu bewegen 27. 
Swäroslam zieht auf Eroberungen aus ; befiegt den Fürs 
fen der Chofaren, Bir Yıler „uud Rofoger 24, Er rüdt in 
Bulgarien ein, und erobert auf Bo Städte 30. Wegen feind⸗ 
licher Anfälle feines eigenen Landes wird er genöthiget feine 
‘ Eroberungen zu unterbreden 31. Diga’s Tod 34. Swaͤtoe⸗ 
law kehrt zu feinen Eroberungen nach Bulgarien zuruͤck 35. 
Gem Heer. wird gefchlagen 39. Er wird gezwungen feine 
Krobreungen zu verlafen 40. Er mird won. ben Petfchene 
gen überwunden, gefangen und getödtet 41. . Jeropolk, 
fein Nachfolger, regiert eine Turze Zeit 43. Er verliert im 
Kriege wider feinen Bruder Wladimir Reich und geben 45. 
Wladimir brfeigt den Spron und: verabfchiedet : feine wa: 
raͤgiſchen Kriegsvoͤlker 45. Bemühung verſchiedener Zölter 
ihn zu Ihrem Religionsgenoffen zu machen 48. Ihm wird die 
groͤechiſch⸗chriſtliche Religion vorzüglich angerühmt 49. Er em⸗ 
pfaͤngt die Taufe und bewegt feine Unterthanen ein Gleiches 
zu thun 51. Ländervercheilung an feine Söhne; wohlthaͤtige 
Wirkung der Annahme des Chriſtenthums 59. Wladimirs 
Tod 38. Sein Sohn Swaͤtopol folge ihm in der Re⸗ 
dietrung, und ließ zwey Brüder ermorden 59. Er wird son 
fernen Bruder Jaͤros law befiege, und‘ ftirbt außer feinem 
Lande 63, Aelteſtes nowgorodiſches Recht 67. Ariege Jaͤ⸗ 
Erpslaws 68. Er nimmt Den vettriebenen norwetiſhen König, 
Olaf den Helligen auf, und iſt feinem Sohne bebütkih 11 
Verſchiedene Begebenheiten unter Jaͤroslaws Regierung 73. 
Sein Tod 74. Ifjästaw J. wird Großfürſt 75. Die 
Kicewer feßen durch eine Empörung wider Ihjäslam den Fürs 
fien von Polotsk, Wſeslaw, auf ihren Thron 77, Ipiäs 
law wird wieder auf den Shron gefegt 80. Er muß gum 
zweyten Mahle den Thron räumen pe. Er wendet ſich zu dem 
deutſchen Kaifgr Heineih IV. und trug ibm die Lehenspfüch⸗ 
tigkeit an 83. Smäroslaw regiert als Großfuͤrſt 84- 





Inhalt. 


Wleweolod 1. folgt feinem. Bruder als Großfürſt; er 
tritt Ißjaͤßlawn das Oroßfürſtenchum wieder ab 35, Er 
kommt in einer Schlacht um; Wſewolod beſteigt zum. zwey⸗ 
ten Mahle den Thron 87. Deſſen Tod; Swätopoölk II. 
regiert als Srobfürk 90. Wird von den Polowzern geſchla⸗ 
gen 93. Er verliert nochmahls eine Sclacht 94. Stiftung 
einer Vereinigung aller ruſſiſchen Fürſten 103. Bruch diefer 
Mersinizung dur Wafilko's Geſichtsblendung 104 Waſilko 
Kader ſoͤhnen fi) mit dem Großfürften aus 106, Der 
Sroßfüͤrſt ſieht fich gezwungen, dem. Urheber non Waplto’ $ 
Blendung fein, Furſtenthum wieder zu ‚nehmen 108. Der 
Großfürſt hält fein Verſprechen 11,3. Switopoit. ſucht Wo⸗ 
isdera und Waſilkon ber beſten She ihrer Länder zu ent» 
reißen, weichen die Beranlaffung vieles Unslücks fir ihn iß 
222. Gr nerliert die Schlacht; Edelmuth feiner Feinde 144. 
Zaxik gewiant die Schlacht mider die Ugarn. 115. David 
muß die Flucht vehmen 116. Gmätsyoif ziehe fih ohne 
Rachtheil aus dieſem fchlimmen. Handel 117. Berfdisdme - 
Kriege unter feiner ‚Kogierung , befgnders mit den Palow zern 

129. Die Polowzer verlieren die Schlacht 121. Charakter 
und Tod SGpätopeits I. 124. W-ladimir If, wid zum 
..©roßfürften ermählt; das Volk plündert den reichſien Mann; 
der heue Großfürſt tritt die Regierung an 125. Die Juden 
werden aus Rußland vertrieben 126. Wiadimiss II. Tod 133. 
ein Sohn Mfislam befleigt ‚den Thron 133. Er 
feblägt die Polowzer 134. Sein Tod ‚298, Jaropolt u 
folgt ihm in der Regieruns 139. Er verliert eine Schlacht 
346. Sein Tod; fein Bruder, Wſewolod IA. befieige 
den Thron 147. Er verliert eine Schladt und fchließt Frie⸗ 
den 149. 3a or befteigt wider Willen des Volks den Ihron 
zu Kiew. 155. Er, flüchtet ih, und wird gefangen genom⸗ 
men 156. 3fjäslam I. wird Großfuͤrſt 156. Er. ero⸗ 
dert und. dertheilet Igors Länder, 158. Igor ‚tritt in den 
Moͤnchsſtand 158. Er wird, erſchlagen 161. Ißlaͤslaw II. 

Petommt einen neuen Feind 162. Er leidet von feinem Vets 
ter Georg eine große Niederlage 166. Georg wird aufeine 
Burze Zeit Großfuͤrß 166. Er mu$ den Thron wieder verlaffen ; 
Ißjaslaw beſteigt den Thron wieder 169. Sein Tod 169. 
Nofiislam, Bruder Itjaͤslaw II. wird deſſen Nachfolger 
169. Seine Feigheit veranlaßt die Flucht ſeines Heeres 171. 
3Hjaslam LIU, beſteigt auf eine kutze Zeit den großfürſt⸗ 


N, 
\ Inhalt. 


lichen Thron; er verlaͤßt ſolchen i72. Georg wird zum drit⸗ 
ten Mahle Großfuͤrſt und bfeibt es bis gu feinem Tode 17e 
Urfache zur Befeſtigung des Thrones 174. Verbindung wis 
der ihm 175. Er laͤßt Moskau bauen; fein Tod 176. 3; 
jäslam III. wird wieder Sroffürft von ‘Kiew, muß aber den 
Thron zum wweyten Mahle räumen ı77. Roſtizlaw wird 


zum zweyten Mahl Großfürft 178. Kiew räumt in ber Fols 


ge dem neuen Großfuͤrſtenthume Wladimir den Vorzug ein 
180. Lepte Vegebenheiten der Regierung Roſtislaws über 


Kiew 181. Sein Tod; die Unruhen über deffen Nachfolge ge: 


ben dem Groffürften Andreus von Wladimir Gelegenheit über 
Kiew zu ſchalten 189. Er leider in einer Unternehmung wi: 
dee Nomgorod einen fehr großen Verkuſt 89. Andere Bor: 
theile.erfepen dem Andreas den hier und da bey andern Ver: 
fällen gehabten Schaden 193. Miſtislaw, chemahliger Fuͤrſt 


von Kiew flirbt ı9e. Rurik wird vertrieben, und Georg, 


Andreens ‚Soßn, Fürfi zu Rowgorod; er macht Kiew unab⸗ 
hängig 193. Ermordung bes Großfürfien Andreas 195. 
Krieg wegen dee Thronfolge 196. Michael gewinne bie 
Hberhand und beftelge den Thron; er ſtirbt 201. Rach Mi- 
chaels Tode behauptet fi deſſen Bruder, W fewolod, wi⸗ 
der feine Gegner zo. Er beſtegt Mfiislawn 203. De 
"Fürft von Refan fälle in fein Land; und fiedt Moskau in 
Brand; die Nomgorober wählen feinen Sohn zu ihrem Re⸗ 
‚genten 204. Wſewolod ſiegt nochmahls 205. eine Unter: 
thanen empören fi 206. Der Großfürft Wſewolod von 
Wladimir noͤthigt die Bulgaren Friede zu furken 210. Oro⸗ 
Be Zeuersbrunft 211. Verſchiedene Zeindfeligkeiten zwiſchen 
“einigen ruffifhen Fürften und den- Polowzern ara. Gluͤcklin 
eher Kriegszug wider die Polowzet 212. "Niederlage der Ruf 
fen 213. Der Großfürft Wſewolod wird gegwungen mit dem 
Fürſten von Reſan Krieg zu führen 215. Ce leiſtet Kuriten 
zur Behauptung des Großfürſtenthums Kiew: wider deſſen 
Milbewerber Beyſtand 216; Roman, Ruriks Schwieger⸗ 
ſohn gelangt zu großer Macht und Anſehen 218. Romans 
Feldzug wider die Polowzer 2e1. Die Polowjer richten gi): 
Ges Unglüd an. 222. Rurik wird gezwungen in den Moͤncht— 
ſtand zu treten 223. Roman wird des polniſchen Herzos⸗ 
Leßek Feind 224. Unglückliche Folgen davon; Roman wird 
erſchlagen 226. Wſewolod, Fuüͤrſt von Tſchernigow, wird 
nad Roinans Tode fo maͤchtig, dab er den Großfürſten von 


Juhalt. 


Wlabimir die Wage hält 227. Mſtislaw Miislawitſch ver⸗ 


treibt ben Sohn des Großfuͤrſten Wſewolod, Swätosiaw, aus 
Homgorod 42. Verſolg ber Beg ebenheiten unter ber Regies 
zung Wfewolod gu Wlabimie 233. Sein Tos; Weorg 
folgt feinem Water Wfewolod im Gioßfürſtenthume ⸗ Wladimit 
235. Mfisiew Miſtislawitſch erwirbt fi durch feine großen 
Thaten ein vorzuͤgliches Anſehen unter allen ruſſiſchen Firften, 
und bey Aen benachbarten Böfkern 237. Mſtislaw erreicht 
feine Abſicht, Fuͤrſt von Halitſch au werden 235. Als Mitis⸗ 
law aus Nowgorod reifet, ernennen die Rowgoroder Jaͤros⸗ 
lawn zum Fuͤrſten 239. Mißwachs, Bungersnoth und Peſt 
340. Miſislaw Wird wieder Fuͤrſt von Rowzorod, muß aber 
deßwegen mit’ Jaͤroslaw Krieg führen 242. Conftantin tritt 
auf Mfitlews Seite, hingegen kommt ber Eroffürft Georg, 
Jaͤroslawn zn Bülfe 234. Mitislam fiegt 246. Georg wird 


gezwungen, das Großfürſtenthum Wladimir feinen Bruder 


Conſtantin abzutreten 247. Fürft Mfislew Miſutlawitſch 
son Nowaorod erobert Halitſch 248. Mſtislaws' vollkomme⸗ 
‚nme Gieg; er erwirbt ſich der Nahmen des Großen «52. 
Beweife feiner Großmuth 253. Mſtislaw tritt Halisfch auf 
drey Jahre ab; Friede zwiſchen Pohlen und Rußland 255. 
Georg befteige nach einer Burgen Aegierung Eonftantins zum 
zweyten Mahl den wladimirfhen Thron; er erwirbt ſich in 
feinen erfien Regierungsjahren großen Ruhm 256. Abſcheu⸗ 
licher Mord 257. Gluͤcklicher Feldzug 259. Erſter großer 
Stoß, den das ganze ruſſiſche Reich durch cine von den Tar⸗ 
tarn eslittene Miederlage empfängt 359. Die Tartarn ents 
Iedigen fi der Polowzer 260. Die ruſſiſchen Zürflen rü⸗ 
fien fi$ wider die Tartarn 261. Die Gefanbten der Zars 
tarn werden getoͤdtet; Gieg der Ruſſen 262. Verluſt der 
Auffen 264. Zreulofigkeit dee Polowzer 265. Braufamkeit 
der Tartarn 256. Der König von Ungarn benußt Milis⸗ 
laws Unglüf 267. Die Litthauer bemächtigen fich verſchiede⸗ 
ner ruſſiſcher Länder; verſchiedene Unglücksfaͤlle treffen die 
ruffifchen Länder268. Hungersnoth und Erdbeben 369, Die 
Tartarn vertreiben die Polowzer 270. Die ruflifchen Fürften 
ſchwaͤchen fi) immer mehr und mehr durch Zwiſt und innerliche 
Kriege 271. Der Broßfürft Georg II. baßt in einer Schlacht wis 
der den Tartar Baru das Leben ein 277. Fürſt Georg's 
Tod; Sraufamkeit der Tartarı ; gänzliche Niederlage ber Nufs 
fen; Zürft Romans Sod 278. Mostau‘s Einnahme und Eins 


N 


Inhalt. 


aſcherung durch die Zartarn 279. Fürfl Waßlei wirb er⸗ 
mordet: Jaͤros (am beſteigt nach feines Bi Georq II. 
Tode den, gakfürſtlichen Tbron; Abermahliger Einfall der 
Zartarn 28x, i Batır zerſtoͤrt Kiew und viele abbere Orte im 
füdlichen Ruſland a32. Batu rihtet in Pohlen und Ungarn 
grobe Verheerungen an 286. Der neue HSerzog non Now⸗ 
gorobet, Erdivil, ſchlaͤgt die Tartarn 287; /Sein Tod; bie 
Polowzer führen eine Volkoregierung rin. gas. Gchändung 
der tartarifchen GOeſandten sy. Bor i ninnt den chrifili⸗ 
den Glauben an 290. Die Tartarn werden von den Lit: 
thauern gefchlagen 371. Großfürſt Alerpanders, von 
Nowgorod hohe Eigenſchaften 294. Der Großmeifter von . 
Liefland in Verbindung mit dem Könige von Schweden wer⸗ 
den von ihm gefchlagen a95. Tumult in Rowgorod; Reuech 
Einfall der deutſchen Mitte. 296. Wiepanbers zweyter 
Sieg über die deutſchen Ritter 297. Dritter Sieg Alezan⸗ 


’ 








Rustand. 2.B._S 242. 





er Pl 5 


RE Fe» — SER EL % (a c x u & leben 
du — — meene Kegerun A angre. 172 —* — 


D. €, Wagners 
| Se fdhi te 


des 


ruffifden Reiches 


von 
den älteften Bis auf die neueſten Zeiten, 


Neu bearbeitet und bis zum Tilfiter Frieden fortgefegt. 








3weyter Band. 


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Bey 8 Ph Sauer. 





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36eytet ANbſcaitt 


Von der unterjochung des euffifßen 
Reiches durch die Zattaren Bid zur Abſchuͤtte⸗ 
lung diefes Koches durch Iwan I. Wafiljes 
witfch, welcher im J. 2468 auf den großs 
fuͤrſtlichen Thron gelangie... “ 


\ 


Pas 


| Au Batu glaubte, Kublend ſo aerrmuchigt und Ban; u 
geſchwaͤcht zu haben, daß deſſen Veherrſchet es für fand. muß 
eine Wohlthat erkennen werde, wenn er ihm antra- —F der Obet. 
ge, auf gewiſſe Bedingungen den Beſiß feines Lan: ber — | 
des zu laffen , fd fandte er zu dem Großfuͤrſten J de Anterwerfen, 
roslaw eine Geſandtſchaft, die demſelben Pefahl, 
perſoͤnlich in der Horde zu erſcheinen, und dort zu 
vernehmen, was für Geſetze ihm fein Sieger aufs 
erlegen werde. JaFros law unterfiand ſich nicht, 
dieſem Wefehle den Gehorſam zu verſagen, fondern 
begab fich nebft feinem Sohne Eonfiautin: init reichen 
Geſcheuken ins Hoflager des Khaus von. Kaptſchak, 
welcher ihn als Großfuͤrſten unter der Anerkennung 
der oberherrliden Macht des Khans von Kaptſchak, 
und des Lchensheern diefes Khaus, bes Großttans 
beſtaͤtigte. — Hingegen empfing der Sroßfürk bald 
wieder einen Befehl, fih nebft allen ruffifhen Fürs  . N 
Ren wegen ber Wahl eines neuen Großkhans bey 
Hut einzuftellen, und keiner anterfing fih, dieſem 
Befehle de Befolgung nicht zu leiſten. 
43 


Fürft Mi: 


chael wird 


4Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
Sogar Michael, der ehedem, als er über Kiew 


auf'Baru’s und Zfchernigom regierte, tartarifche Geſandten toͤd⸗ 
5 ge sen ließ, und dieſerwegen am allerwenigſten eine 


toͤdt 


* 


gute Aufnahme von Batu erwarten durfte, ließ fih, . 
Durch die Berichte von Batu’s feeundfchaftlichem Bes 
fragen gegen anders. ruffifche Zünften bewegen, zur 


Ver fſicherung feiner Herrſchaft uͤber Tſchernigow zu 


demfelben zu gehen. Er begab ſich in Begleitung 
des Fürften von Room und. ſeines getreuellen Bo⸗ 
jaren Zedor, mit gefegnetem Brot und Weine ver 


ſehen, zu Batu. Daſelhſt führten ibn einige ta:ta 


riſche Hofbediente und Prieſter zum feyerliden Ber 


‚ böre zu ihrem Heren. als fie an die ‚Reinigungd- 


feuer und das onfgeftete Bild gelangt waren, wolls . 
te Michael fih zur Beobachtung der gewoͤhnlichen 
Gebraͤuche ganz und gar wücht bequemen, indem er 
mit deutlichen Worten heraus ſagte, daß er als 
Chriſt dieſer Forderung als. einer Todſuͤnde und of 


fenbaren Abgoͤtterey ſich unmöglich willfährig erzti⸗ 
gen koͤnne. RS Batun dieſes gemeldet ward, über 
‚trug er einem vornehmen Tartar, Eldeg, Vorſtel⸗ 


lungen, Vorheißungen und Drofungen anzuwenden, 


- dem ruffifhen Zürften, welchem es lieber Gutes 


als Böfes erweifen wollte, zur Beränderung feines 
Entfchlufjes zu überreden, Allein obgleich der Zürfl 


. von Roftow fi gleichfalls nach allen Kräften ihn 


zu überreden beſtrebte; fo verharrete Michael doch 
ſtandhaft bey ſeinem Vorſatze, und fein getrener 
Fedor dachte fo wie er. Da nun nad der Dors 
fielungsart des. Khans der Bewegungsgrund Ri 
chaels zu feiner Verweigerung fein Gewiſſenstrieb, 
indem alle anderen zuffifhen Fuͤrſten, od fie gleich 
Chriſten blieben, dieſe Gebraͤuche als etwas, was 
die Religion nichts angehe, beobachteten, foadern 


ein Eigenfinn uad Sqchmaͤlerung des dem Khan 











des ruſſiſchen Keiches. . 5 


gebilreiden Geborfams.- ‘war; fo fprad Derfee Das 
Zi esurcheil.üher. Iiniaus.: zu welbem Krb: der Fuͤrſt 
Burg den Genuf des Abendmahls, Yurd. Gingey 
und Berhen zubereitet, In diefer andächtigen Be⸗ 
ſchaͤftigung trafen. ihn die zur feiner Hinrlcheusg ar · 
gefandten Zürtarn; Mile Martern? diei fie: ihn am 
baten. erpreßten: nicht eiamahl eine Mäge aus :feii 
Wem Munde, ſondern er Airb unter allen: ihren De 
wigärdgen in völliger®emäthörune, biaundaich sin adger 
fallart Ehrift, Doman, Ihn’enrhauptese, Sein Freund 
und Begleiter Fedor ſahe alles dieſes, und beſtaͤrker ſei⸗ 
wen Herrn in ſeiner Refignation. Die Tartarn meinten, 
daß DaB Anſchauen Genualen und dei: gewalsfamen 
Mudes. Mihaels. ahfreinen, und das. ‚Unerbiethen 
fein ‚Echehung Yung roiffiihen: Fuͤrſten duch 
ESeteilung des Forſtenthums Tfdrekaliganic-anf Der 
wadern ‚Seite. wädtigunenug maͤren, "ihn: dadin 
zu bringen, baß ser. fſelbſt das;i thuen, was Fk 
ſeinem Herrn fo eifrig widerrathen hatte. Alkıia 
Dedor· wies. noch bin den vorigen Abſcheu gegen 
bleſen Antrag, und wuürb-baher. bald. der. Rabfole:: - 
ger Michaels in der Märter und der imlbauptung, 
die er gleich ihm erlitt. , Die Körper. warden von 
kinfgen Freunden aufgehoben und nad; Windimir 
geführt. Sein Tochterfohn. aber undſ alle :auderen 
am Hoflager des. Batu anmefenden: Fuͤrſten entgin⸗ 
sen durch ihre Willfaͤhrigkeit gegen. dieſe tartariſche 
Forderung einem gleichen Schickſale, and wurden 
nad einem Burgen Kafenthalte entläffen, | 

Nur ‚der Großfuͤrſt mußte anf feinen Befehl 
eine. Reife zur geldenen Hoıde (zum Dberkhan) un Der Greb⸗ 
ternehmen. Zuraling, welde'nach dem Tode Ih {int Br 
res Gemahls Dftai die Regentſchaft in. derfelben 
führte, war bereits durch einen Fedor JIwanowitſch 


I) 


m 


6 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
wider ihn eingenommen worden. Dieſes komileier 
im J. 1246 leicht aus dee Raltfinnigkeit der Re 
gentinn bey feinem Empfauge wahrnehmen. Doch 
wohnte er nebſt andern -unterwärfigen Fuͤrſten der 
fsyerlihden Wahl. und Zhrrabefleigung: ihres Som 
ned Gajuk bey, und erhitit vun demfelben die Frey⸗ 
heit, aach Hanſe zu gehen. Allein auf, dem Wegt 
farb er, fieben Tage nah einer Gafterey ‚welcher 
er auf Einladung der Butter dieſes Großkhau bep⸗ 
wohnte. An feinem Körper will mau Giftflecken der 
— mrrkt baden, woraus. man ſchließt, daß er durth Tu⸗ 
| rakina vergiftet worden fen. Mon neun. She 


und drey Löͤchtern überlebten::ihe ſechs Soͤhne und 


zwey. Löchter.ns In Aufehungi feiner. Füͤrſtenthinnct 
haite ar: DIE. Vortheiluug gem acht, daß Alerauder 
Nowgorod, Audress Susdal, Conftautin Habicſh 
und Faͤroslaw Twer bekommen fohkte, : Mac) ſeinen 
Abſterben nahm jeder vn dem Ab defimmun Bär 

ſtenthume Befitz. 
Swaͤtotlaw· Alexander aber reife 24 Wladimir, wo: @ 
und Andreas mit feinem Baterbeuder Swaͤtoslac der nad feims 
ande a Vaters Tode nach alter Sitte den grobfoͤrſtlichen 
‚Sroßfurs Thron ringenommen hatte, ben Vergleich ſchloß, daß 
—3 — Riemand im ruhigen Beſitze der ihm durch Erbſchaft 
fireisig. ‚ zugefallenen Furſtenthuͤmer geſtoͤrl werden fodte. — 
Sein Bruder Andreas entſchloß ſich zur Reiſe nach 
der Horde, und in ber That lief jeder ruffiſche Fürk 
Gefahr, fein Fuͤrſtenthum zu verlieren, wenn et bey 
| Erlangung deöfelben dieſe Shuldigkeit nicht beob» 
achtete. Doch wies. es ſich in der Folge, daß An- 
0 dreas dieſe Reife vielleicht noch werfhoben haben 
0 würde ,. wenn ihn nicht die Hanptabſicht dazu 
angetrieben hätte, feinen Better Swaͤtoslaw von 
Wladimir zu:verdrängen, Denn ſowohl Swaͤtos⸗ 
kom als Al⸗xander blieben in Nobland, um hoffe 


N 





. des ruſſiſchen Reiches. 7 
sch POUR vielleicht Andreas deſſen Eerandfipaft ei» 


Wersbie der andere zubetlaͤſſig achtele, auswirken 


Möchte, daß fie diefer unangenehmen Keife überher 
ben blieben. Alexander überfandte. fie feine Perfon 
bey dirfer Gelegenhkit einen auſehnlichen Vorrath 


Silber an den Khan, und bath ſich bon demſelben 


die Beftehung der Chriſten ans, die berſelbe God 
in der Gefangenſchaft hielt. Alexander mußte ſich 


Doch Har Bald gü dieſer Reife verſtehen, indem ihn 
Batu durch Aue Geſaundtfchaft dazu aufforderte, Er 


N 


fieß- ihm fagen , daß er fein Nichterſcheinen als eine: 


Benrfch maͤhuug dbetrachten, und durch Bekriegung 


ſerned Jurſterahnins aähnden müſſe; wenn er aber | 
ihÄ die ſchuldige Erd erwieſe, mit der Hochſchͤ.- 


Yang; die Wan ihm wiegen des vielen von ihm ge 


bett, Khmtiäien zoll, aufgenomfien werden fo» . 


"Bar erfüifte fein Verſprechen, als ſich Alexan⸗ 
be: Sunorrzhiglich bey ihm einſtellte, Indem er ihm 
auf ſeine Vorſtellnug, daß ihm feine Religion nicht 


erlande;, baß er ſich und feine für den Khan mitge 


Brasil Geſchenke mfetriſt eines Durchgrhens zwiſchen 
zwed Feuck burch die kartariſchen Prieſter ober Wahrſa⸗ 


her reintzen laſſe, oder fih vor dem Sonienbilde buͤcke, 


verſtattete, ohne dieſe Gebraͤnche beobachten zu duͤr⸗ 
fen‘; vor ihm fu erſcheinen, und fand ein foldes 
Wohlgefalien an: feiner Peiſon und feinem ganjen 
Wagen, daß er zu ihm fagte, er fehe nun ſelbſt, 
daß’ Hlerander alles uͤbertreffe, was das Gerücht 
zu feiner Ehre gemälder hätte. — Batu fandte 
jept -Nerandern nebſt feinem Bruder Andreas 
mit ’einer fo güten Empfehlung an "die Haupt: 


horde des Großkhans, daß er. von demfelben: 


mit vieler Höflichkeit alles , was er verlangte, nah» 
mentlich die Anerkennung feiner großfärftlichen Wuͤr⸗ 
de und GSerechtſame, Andteas aber Wiadimir als 


4 


8 | Zwepter Abfchnitt, Geſchichte | 


ein Fuͤrſtenchum erhielt. Beyde Brüber Fehrgen im 


&: 12.19, in ihr Vaterland, ‚surüd., - mo Swärgilag 


umgeadret feines Widerfigebeng. Wladimir an. Ja⸗ 


dreas abtreten mußte, der zu ſeiner Befeftigung in 
dieſer neuen Herrſchaft ſich mit dem moͤchtigen Bes 
„berrfcher uͤber Kiew, Dauiel Romangwpitſch, durch 


eine Heirqth mit einer, DH: dieles Damel. aufs 


engie,. verbaud. 3 1231 
Daniel wird Dieſer Fuͤrſt brachte es rehin, —* Tar⸗ 


im füdticen. tarn ihm Kiew. räymten, und Ranpm..gpr, erg 


N 
| Gehe män mässtig, Stadt ihres Gebiethes waͤblten. Kaum batten er. U 
- und wird wieder feßen Zuß in Rußland gefaßt, fo. fing. ECHT) 


von einem 


päpftlichen und zwar vermuthlich upch vor dem Rahrtrs 6qno— 


Zegaten zum durch Ueberziehung ſeiner Rachbaru ga eineng a aus ⸗ 


* gebrgitgteren Lande zu ſtreben. „Debipegen,fabe, io 


ton, König Beſa IV. von Ungaru genoͤthigt, ſeſne⸗ 


Des Königs von Ungarn) Schwiegerfphu, Roſtis. 


lawn, Fuͤrſten non Halitſch, mit sahlreichen.ungarie 

. fen Kriegävölfern zu. unterflügen, ‚ damit, peyſclbe 

ihm die Wage halten könnte, Roſtislaw mußte, un— 
geachtet diefer erhaltenen nuggrifchen Verhärkung, 

bey des Feſtung Iroslo wider eine gemaltig, uberle 

gene Zahl Rufen kämpfen. Dog fi erfelbe, ben 

| einer nachberigen Schlacht, zu der ihn Daniel ud. 
0 shigte, mod größere Gefahr, Es —* ibm, is 
dieſer Verlegenheit die. Tapferkeit eines ‚vornehattn 

Ungarg vortrefflihe Dieuſte. Diefer drang. gen 

— allein in die ruffifche Schlachtordnung, und brachte 

. aus derfelben einen angefehenen Mann, deu er mit 

feiner Lanze oom Pferde geworfen hatte: als einen 

| Befangenen ju feinem Herrn Roſtislaw, welcher die 
‘ ſem Gefangenen das Haupt abzuhauen befaßt. Spoͤ⸗ 
‚ ser, als er nebſt dieſem Fuͤrſten fich tief unter die 
Feinde begeben hatte, und dem Fürfen fein Pferd 
—eilegt worden war, flieg diefen brave Manu unver 





N 


des ruſſeſchen Meiches, 9 2 


—8 von: ſeinem N ferde ab,: and perfohe damit 


den. Fürſten, ranute auch fo zu Zuße- in: die Biken 
Hapfen der Zeinde,:um ſeinem Herrn die. Retung 
su, erleiggenn de Mit den Herzogen von Krafay 
Beleslam..und Ganıgd ‚von, Maſovien Ichig er da⸗ 

I8..im,.,fe: gutem Vernehmegg, daß fein Bruder; 
Juͤrſt Woaßlt auf dhr-Rrerfangen Dip Zranatfcanere 
moͤnche -Zodans dePtanp. Kor pYni,yndB.ce 
nediet, · welche der Papl..Anuocase. IV; 
als Geſachien au den. Sroßfkon fandse, ald: er fi 
eben: ben, Camanden befand „auf feiner Kückfehrnad 
Haufe, mit. fh nahm, ‚une ihngu. alle Defdrdemnng 
au ihres. feruenge Reife b18 a; ‚Riem leiſtete ⸗ wie 
bl Dagich auch obas disfe Juͤrſprache gemig dies 


Seo: näpülichen,„Gefanhip ale Örfälligfeis:mrojeien, 


baban würde ‚» geil er fich durch alle erſiunhich/ We⸗ 
ge der Gunſt des Papſichun verſichern trachtete. &x 
Hatte dieſg Geſandten bey ihre uckkunt⸗ vom Org 
Ihan nraͤchtg hewirthet, und .bafaudie mit ihnen ga⸗ 
fyidt ‚ade, Papſte auzugelgen „daß er bereits fing 
kirchliche Veuca⸗burtein gan bie roͤmiſche Rn als 
Rutter efanuschätte 7.1 un. | 
"ah obua Die geſochte —ES 
Herres won. Poblen erhalten zu haben, uͤberwoltigte 
Denis ;in groͤßter Serhmindigfeit die Staͤdte Slo⸗ 
oim, Wolkovisko und Mfeibow, und richteie feinen 
Weg anf Nowogrodek zu, ohne daß Meudog felbit 
Boffte,. daß ihm die Eroberung dieſer Stadt feblſchla⸗ 
gen würde. Diefe Ueberlegenheit des Feindes jag⸗ 
te ihm ſolches Schrecken ein, daß er eine Geſandt⸗ 
ſchaft, um deu Frieden zu erbitten, an ihn abfertig⸗ 
fe, uud zur Vaſiherau, daß er dieſen Frieden, ſo 


*} Pray p. 253. 
9) Carpini G. ser 1 


so  Swenter Abſchnitt. Geſchichte 
ſchwer ihm au die Bedingungen fallen: wärben, 
kreulich halten wollte, dieſen Geſandzen feinen ei 
genen Sohn Wopfſtelko als Seißel mic 
dab: Auein Daniel gufwortete: ex ſeh nicht deß⸗ 
wegen it ſeinem Heere hierher gekonimen, um ſich 
bie ſchoͤnſte Zeit zu wichtigen Rriegsderriätungeh 
durch Anhörung der Briebendvorfihläge feines Fein⸗ 
des rauben zu Fafleh.: Die Gefehe, auf weiße & 
demſelben den Frieden zuzugeſtehen denke," würde 
hie das Anerbiergen feines Zeindes., fondern be 
Erfolg feiner affen in der folgender Zeit dieſes 
Felbzuges beſtimmen. NA diefer Eitldrung fdide 
te et Din Sohn des fittchaufſchen Sroßher zogs nach 
Sloniin, die’ uͤbtigen Geſundten aber Ad Wolke 
biſstb mie der Erflächng, Dap’fie hier To lange ver⸗ 
harren follten, bis eh fein fiearefes. Sec hlerhee 
ſuuueberwinterung führen, «und ſolchergeſtalt Mußehe 
ben werde; wöfern: Mendog dot etwas don: feinen 
tuſſeſchen Ländern Ahıttg vbehalten baden moͤchtt hier⸗ 
Aber mit ihnen Unterhandtunt zu pflegen: Bey ſol⸗ 
der Sefinunng:Dunizld ruer es Wenvog Für ein Glack 
ſchaͤzen, daß dieſer fein Feind, nachdem er hoc el 
ne erbgANGteLE Landes verwuͤſtet nad verſchieden⸗ 
. Dester eugenommen ‚hatte, wegen Eiubruch des 
Winters von der Unternehmung der Belagerung von 
Nowogrodek ſelbſt abfland, und, weil die Zartara 
Anftalten zu feiner. Befriegung machten, nach Gadi⸗ 
gung dieſes Zehdjuges mit den litihanuiſchen Geſaud⸗ 
ten auf die Bedingung : deu Frieden abmachte; dab 
ihm alles in dieſem Zeldjuge Gemonnene verblich. 
Diefe tartariſche Feindſchaft und den Nutzen, weh 
chen er daburd der gangen Chriſtenheit nerfhaffte, 
wenn er die Waffen wider diefen allgemrinen Zeind 
‚führte, gebrauchte Daniel als einen ſtarken Bewes— 
grund, dem damahls in ‚vorn anweſender päpf® 





des xuſſiſchen Atiches. 13 


Achen Bean Dpife dabin zu vermoͤgen, daß 
derſelbe iha ya ruſſiſchen Koͤnige kroͤnen moͤchte, 


Mr erBisitz-ungeadtet aller Gegenvorſtellungen. her 


vobleiſchen Birhöfe ,. vornehmlich des Biihofg 


VDrandotho vnn Srofau, Bd46,:Dpifo N F na 
Drohiesin.: feinem. Damabligen. Bige, obne Zmelz 
feh, teril: Riem nod.in. einem feht Ahlehten doſtan⸗ 


Be: war; kam umd dort in Gegenwart aller. „eineg 


ewffifßhen. Großen feine- Salbung und. Srönung DEtg 
richtete, md now. neuen Könige den, Gib abyahm, 


er ‚denfehbe unit Mepbehalsung. dos geſaͤuerten Bros ur 


neh hm. Aben gnabir und opener Verſchiedenhaitetz 


ir Birhengebrhugen, nebf offen ſeinen Untexspaneg 
fi als ‚ein. gehozfamer Sohn des Papfles. zeigen u : 


werde: Die Pohlen hegrigeen über diefe Ertheilung 
der Königfichen Wuͤrde durch den Vapſt ein ſolches 


Mißserguifgen.; hof. fie, Ra Aenfelbe um eben. diefg 
Zeit auch Mendogen diefelbe: üßer, iutbauen und 
Wladimirn uͤber Molosk zugeſtand, ſolches einer 


Gitelkeit, var: vuͤpſtlicht Auſehen widerrechtlich zu 


schöhen ‚und ‚ben dentſchen Tatſern, welde behqup⸗ 


Neten, daß dieſen Bee ihnen vcyzmoͤge ihrer Kais 
ſer uſtrnde, uiht oben dem Papſte, gabuͤhre, ins Ge⸗ 
ſicht zw trogen, zuſchräeben. Der. Popſt achtete die⸗ 
ſes Wifvergnügrn der Vohlen nicht, und würde ger 
wiß gerw:auch. dene Großfürflen Alerander ein Glei⸗ 
des erwleſeu haben, weun er. um diefen Preis von, 
demſelben hätte erlangen koͤnnen, dab er gleih Das 
sicht nd mit der aömifchrn Kirche vereinigt Hätte. 
Man weiß nicht, ob der Damablige Papſt In⸗ 
noeenz IV, eine Vereinigung. der griechiſchen mit der. 
sömifhen Kirche.wirktich geſacht habe. Nur ſo viel 
iR gewiß, daß der Großfuͤrſt Alexander dem paͤpſt⸗ 
lichen Legaten alles rund abgeſchlagen habe, was 


berfelbe ip Nohmen des Oberhauptes her katheli⸗ 


ser in. 


12 Zwehter Abichnitt: Geſchichte 


ihn: Kiehhe ven Ibm verlangke. Rab. exiflirt no 


ein: Brief des vVapſtes Innocenʒ t i T. vom ıgtıa 
Janıidr 1248, den’ er “an Alerander -feprieb, In 
dieſen fuhr: der. Banden. Groß fuͤrſten, don er 
den: Ehel Lines Herzogs von: Gusdalagibt, zu: be 
wegen, daß er Sant: feinen. Untersbhuen sur rd 
niſchenn Kirche Abertrete, Arad. ihm' (denn Babſte) den 


chuldigen · Sehorſam —2 Der : Blei if. merk⸗ 


wuͤrdin, und verdient in der Sriaffamnıitlung Jane 
eng EV. im V. Buche nachgeleſer gu werden. 


Die Zartarn" Inzwiſchen ſthalteten die. Tarsarır: nach ihrer 


legen den 


 WNuflen- im: 


Älter Sewöhnheis utfe'den ruſſiſchen Freſtenthuͤmers 


mer mehr mb Veit’ Berfonen "Der regierenden Fuͤrſten. : Dem 


kaſten auf. 


‘ 


Batu verurthaͤltẽ im Jahre 1246 den Fuüͤrſten An⸗ 


dreas auf. die bloße Beſchuidiznug, daß derſelbe 


tartariſche Pferde außerhalb Landes: verkuuft babe, 
jum: Tode, und’ zwang auch einer hrtariſcheu Sitte, 
deffen! Winde und. Bruder einander zu heirathts, 
indem ‘er dem Letztein “asf · Peine unsere Art fein Ge⸗ 
fuch um die Nachfolge Im Fuͤrſteuthume ſeines Bru⸗ 
ders’ -vergöumen. wöhte *). Allgemach ſcheinen ft 
finmer? auf hene-EAtıvdufe: defommen zu Zen, ihre 
Sberherrſchaft über die ruffifchen Zürfen beſſer zu 

benntzen; ruſſütſche Fuͤrſten ſelbſt gaben ihnfu derch 
ihre Unein gkeit od mehrere Vortheile an die Hand, 
und erfdeilten ihnen unterricht den fie zum Schw 
den des gemeinfhaftlichen. Baterlandeg du; Aushbung 
brachten. . So gingen der ehemahlige Zuͤrſt, von 
Wladimir Swaͤtoslaw umnd verfchiedene andere.tuß 
ſtſche Fuͤrſten freywillig bloß in der Affe par Horde 
Sartaks, um dur Klagen wider. ihre Geſchlechts⸗ 


‚genofien fi bie Shrfanspimer, die die, Melde 


N . 
.d 24 


9 Cain, e, ‚365 


des ruſſiſchen Heipese. 13 
fie anklazten, Defaßen, andguwirken. Wahrſcheinlich 


kam es bloß von dem Licht⸗, dag fie‘ den Tartarn 


verliehen, bes, daß dieſelben ſich nun nicht. ferner mit 
den Geſcheuken befriedigen Laffen , wollten, die ih⸗ 
nen fo lange von den ruſſiſchen Fürſten ſtatt der 
Abgaben, die fie von denſelben als eine mit ihrer 


Obergewalt verfaüpfte Gerechtſame forderten, gelice 


fert worden waren, fondern jedem Fuͤrſten die Er⸗ 
legung einer gereiffen Schatzung vorſchrieben. In 
dieſer Abſicht wurden im Jahre 1252 ſowohl der 
Großfuͤrſt als deſſen Brader Andreas zu Sara 
tak berufen. Alerander, unterwarf fich der Noth⸗ 
wendigkeit, und wagte lieber die Gefahr, ſeine Per⸗ 
fon in die Gewalt, eines rohen Volkes zu liefern, als 


x 
’ 


1882. 2 


daß er. durch RNiotbefolsuog dieſes zartgriſchen Bes: - 


fehle fi den. gewiffen Verluſt feines. Fuͤrſtenthumes 


und feinen Unterthauen und Landsieuten alle Uebel 


eines Heberfalles mit einem tartariſchen Heere zuge⸗ 


zogen haͤtte. Andreas Hingegen, welcher die Jagd 


mehr als die Regierungsgefbäite- liebie ‚perfagte 
Sartaken den Gehorſam, und verurſachte dadurd, 
daß derfelbe ein zahlreiches Heer unter Stewrink, 


Kot um. Alabus abſchicu feinen: nghorſoi 


zu ahnden. 


Dieſes Heer F am ısten Jolius ben Wiladi⸗ | 
Mir über die Kläsına, und ob wohl Andreas Muth gen. 


ung befaß, es hier anzugreifen, fo erlitt ex doch ei⸗ 
ne fo große, ‚Niederlage, daß er kaum durch die Flucht 


fein Leben und feine Freyheit retten kounte. Auf 


Derfelden fuchte er Anfangs in den Mauern, von 


Nowgorod Zuflucht; aber diefe Stadt perfhlog ihm 


aus Furcht, die Tartarn durch feine Aufnahme zu 
erbittern, die Thore. Jetzt wandte. er fih nach Ples⸗ 


kow, mo er nur ſo lange verweilte, bis feine Gemah⸗ = 


ünu bep ihm angelangt war, Bald darauf begab 


\ 4 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 

er ſich mit derſelben nach Reval, und 'von dort ind 
Königreich Schweden vder Dänemark, wo erin eis. 

ner Schlacht für die Sache feines Befhligers flrei« 

end fein Leben‘ verlor. Das tartarifhe Herr rich» 

tete ia. dem von ihm verlaffenen Khrftenrhume Gas: 

dat ‘die ſchrecklichſten Verheerungen an, und ſchlipp⸗ 

te eine große Menge Menſchen mit rn in die Scla⸗ 

verey fort. Man Fanıı fich leicht vorftellen, daß bey 

fotchen Umftdnden Alerander aller feiner Geſchitk⸗ 

lichkeit und der guten Reinung, welche die Tartarn 

don ihm hegten, bedurfte, um es dahin zu Bringen, 

daß Sartak den wider feinehi Bruder Andreas ges 

" faßten unwillen nicht auf ihn erſtrecke; es gelaug 

Ah, daß er deufelden befänftigee, 

id en, " Alezander ward von Gartaf zum Herr 
fürft von des Zürſtenthums Wladimir erflärt, und erwäßlte, 
Miedimie, da er nun aus der Horde in fein Vaterland zuräd« 
kehrte mit Uebertragung der Reglerung über Row⸗ 

orod an feinen aͤlteſten Sohn Waſilei Wlabimir zu 

Auen gewoͤhnlichen Aufenthalte, um durch ſeine Ge⸗ 

genivart deſto beſſer die Aufnahme dieſer Stadt und 

aller durch die haͤuſtgen Ueberfaͤlle der Tartarn gang 

vetobeten Städte und Fuͤrſtenthuͤmer zu beſotgen, 

| das ihm fo wohl zu Statten kam, daß gleid gu 
“253 Anfang bes Hahres 1253 der Tob Smätssiaws des 
khemahligen Fuͤrſten über Wladimir, ihn von al⸗ 

Ten Hinderniffen befrepere, bie derfelbe aus Begierde, 

diefes- ehedem Defeffene Fuͤrſtenthum wieder zu 56 

Jommen, ihm Hätte in deti Weg legen Finnen. Aber 

die unruhige Gemuͤthsart der Nowgoroder unter⸗ 

brach bald dieſe ihm fo angenehmen als dem gan⸗ 

zen ruffifchen Reihe hoͤchſt nuͤtzlichen Beſchaͤftigun⸗ 

gen. Sea Sohn ahmie zu KRomgorod durch Ab. 

treibung der Keindfeligkeiten der Grenznachbarn der 
Aanfaki feines Vaters ang, | indent er sr —X 


des ruſſiſchen Heiches. 


Untelts feinen Regierung die Litthauer, als fie aus 
hemfelben gie. anfehnlihe Beute und eige- Menge 
Menſchen entführen wollten, bey Zoropez einhohlee, 
und ‚He nöthigte, wis Zuruͤcklaſſung aller Beute und. 
aller Orfangmmen in ihre Heimath zu eilen; auch 
bald nadber der Stadt Pleskow wider bie: Dents 
fen, welde die gene Gegend warheert, die Vor⸗ 


fädse abgebranut Hatten, nnd die Stade ſeibſt ein. 


serhloffen Bielten, zu Hülfe ging, und fo in Bereis 


nigung mis den Pleskowern diefe Feinde ndthigte, 


in ihr Land zuruͤck zu sehen, wohin ihnen bie Now⸗ 
gerader: und Pleskower über die Rarra nachruͤckten, 


and dert vielen Schaden zufuͤgten, bis bie Deut 
wen um Feichen bep ihnen anfassen, der ihnen zu⸗ 


geſtauden ward. 

MDas gute Werſtdndaiß zwiſchen dieſem Fuͤrſten 
und feinen Unterthquen dauerte nur- kurze Zeit. Denn 
im Jahre 12354 nahmen. Die Pleafower und im 
Jahre 1235 die Nowgoroder den Fuͤrſſen van Zwer 
Zirosiow zu ihrem Herrn an. Diefe Berfaflung 
feines Sohnes hemag den GSroßfuͤrſten, in Beglei⸗ 
fung der Kriegsvoͤlket einigre . anderen. Zuͤrſren mit 
einem harten Heere aus Wladimir nah Romgorob 
anfgabrechen. Auf diefem Zuge ſtieß, als er zu Zora 
{hot anlangte, fein vertriebener Sohn’ nit feinen 
GSetreuen zu ibm. Der neue Fuͤrſt Jaͤros law aber 
gerieth hierüber in ein ſo großes Schrecken, daß er 
aus Nowsorod heimlih wegging. Die Buͤrgerſchaft 
faßte jegt den Schluß, durch den Erzbiſchof Dale 
mata und den Ipfägfi Klima den. Großfürſten 
au Bitten, allen Einwohnern ohne Ausnahme eine 
gänzliche Vergeſſenheit des Vorgefallenen, uud der 
ganzen Stadt die Aufrestbaltung ihrer ſaͤmmtlichen 
Gerechtſamen zuzugeſtehen, widrigen Falls ſie fuͤr 
vi Raue Bosch, die repheuen der, Siadt und 


1254, J 


1285. 





16. Zwedter Abſchnitt. Geſchichte 
die Sicherheit eines jeden Buͤrgers bid:anf den letz⸗ 
sen Blutstropfen fü ſtreiten gefinnt? Waren. De 
Großfuͤrſt beſtand zwar Aufas anf" Vie Wüsliefes 
fung: des Poſadniks Ananiäf, Wie aber die, 
‚ Romwgoroder , ungeachtet er fie ſbon diey Tage laͤng 
Öelagerte, Iteber das Allerdußerſte abwarten woll⸗ 
ten; fo fondte er den Zürften Bord" Wafı ljewitſch 
don Roſtow mit. den Bedenten In die Siadt, daß 
er allen Einwohngrä eine völlige Vergeſſenheit ‘vers 
fpreche, und weiter nichts begehre, als daß für Ana- 
nias ein anderer Pofadnif ernannt werde, Diele 
feine Erklaͤrung Nellte die Nomgoroder zn Zrieben, 
‚und fie holten darauf, nachdem fe’ fein Verlangen 
durch Abdankung des Wiranide erfüllt batten, den 
©roßfürften mit den gewöhnlicher Feperlichhetten 
und lauten Frendengeſchrey in ihre Stadt ein, wis 
Derfegten Ach: auch nicht, als er bey feiner Ruͤckrri⸗ 
fe nach Wladimir aufd neue feinem Sohne Wafıtet 
bie Regierung über fie anvertrauete, Befonders da er 
dadurch, daß er zwey vornehme Nowgoroder, als 
Bevollmaͤchtigte des nowgorodiſchen Staates "mit 
nah Wladimir nahm, ihnen bewies, daß er ihren 
Beſchwerden, die fie etwa übe das. Yetragen ſei⸗ 
nes Sohnes bey ihm anbringen wuͤrden, offenes Ohr 
und gerechte Entfcheidung zu gewähren allezeit bereit 
2256. fey. Alexander machte fih im Jahre 1256 fer 
ner um die Rowgoroder durch einen Feldzug gegen 
die Jdmen, den er bloß mit feinen eigenen Kriegse 
völfern unternahm, und worin er viele Sefangene 
und große Beute machte, und gleich da-auf in Bere 
einigung mit der Kriegsmacht der Romgoroder dur 
einen anderh wider die Dänen und tſchudiſchen Voͤl⸗ 
kerſchaften verdient, aus welchem er, ob er gleich 
denfelben durch unwegſame Gegenden und ſtuſtere 
Walder hun mußte, nach der Verheeruug der gan⸗ 

jen 





des ruſſiſchen dtelches. 
gas Gertäfe große Schaͤte nah Momsorod 


Dee: im Jahre 18:55 ſich ereignende Tod Batus aber 


zog ihm und allen ruſſiſchen Fuͤrſten ſo mohl ols den 
gefammten Bewdhnern der unter dem dantarifhen 


- Sorge iebeuben: auffigchen: Bänder nene Ungelegonhein 


sen” und. Bergrößerunn ber. Kchon habenden fe m. 


Dein obgleich der Feſt von Roſtow aͤn Derfagnub: 
wite übebgen untershänigen ruſſiſchen Fuͤnſten Busch Ser 


fandten bey Ulawtſch melchem  Berfai ober Burga, 
Yun Bruder und. Nachfolger Batu's, Die Beforgung 


der 'rüffbpchen Sugelegrußeittn übertrug ,. fo wohl ihe 


rr gewöhnliche Unterthänigfeitähezeigung buy Dein. Au⸗ 
soiste der Replerung eines jeden neudn. Khaus abs 
gefottet, als ihre Schaͤhnug abgetragen harten ; fo 
entboih doch Ulawtſcht im Jahre 1257 ſo wohl des 
Guoßfürften. als . alle ‚Übrigen Härten in. Preſen gu 
46) und. fiarfanden:.ule zaihfam ; ſich ber Vefol⸗ 
wuang. dieſes Brfehles zu eutziehen. Eben fo. wenig 
regten fie ſich, ald die Tartarn gewiſſe Männer aus 
Hure eigenen Mittel dazu ernannten, daß diefelben 
an allen ruffiihen. Fürftesgämern die Meifchen zaͤß⸗ 
en, : auf. jeden Kopf cine gewiſſe Steuer legen, und 
Dieſelbe ſeloſt einmreiben follten. „Niemand war, au⸗ 
Fer dar. ruffiſchen Geiſtlichkeit, derfelden Angehoͤrigen 
und allen gnstesdienftlichen Bedienten und Einkuͤuf⸗ 


Sea, die nach einem Freyheitsbriefe, den jeder neue, 


Khan beſtaͤrigte und were hielt, von dieſen Aufs 


Jagen ausgefhloffen. Der allgemeine Nahme dieſer 


tartariſchen Beamten dieß Baskak; ihre Anzahl aber 


war zur Vergrößerung des — * welches dieſe 


uene Beſchwerde den ruſſiſchen Ländern ſchon an fich 
verurfachte, ſehr groß, indem man Auffeher über je: 


de.10,000, jede 1000, jede 100, jede so nnd jede. 


10 Köpfe beſtellte, Die vom der Babl.der unter ihrer 


Aufficht fiebenden Perfouen beſondere zoo führ- 
Geſch. Rupl. =. Band. 


. 1891: 


2258. 


Zuweyter Abſchaitt. Geſchichte 


som. DE aber fon diefe Zählung der Leute in ben 


Fuͤrſtenthuͤnern Susdal, Marom und Refan gang 
ruhig geſchahe, fo mußte doch der: Großfuͤrſt im Jahre 
1258&.die zweyte Reife zu Ulawtſchi unternehmen, 


und dieß Wahl kehrte wir ihm und. andere saffie 


\ 


ſchen Fuͤrſten Gljeb, ein: Bruder des Fuͤrſten vom 


: KRoflem, nach einem Aufenthalte von einigen Jah⸗ 


ren unter den Tartarn, bey. welchen er durch, feine 
Heirath mis einer Fuͤrſtiuu ans der großen Hord⸗ 
6ch beſonders bellebt gemacht hatte, in fein Vaters 
land zuruͤck. Gleich bep biefen Rädfunfe betrof A l e- 
randern die faſt mit unüberwinbliches Schwie- 
rigkeiten verkuuͤpfte Beſorgung, die Kopfſteuer 
in Fuͤrſtenthume Nowgorod zu bewerkſtelligen. Denn 
als den Rowgoroders die Ankunft der zu dieſer Aue 
gelegenheit verordueten Tartarn angedeutet. ward, 
riethen zwar die Vernuͤnftigſten, ſich eniweder hier» 


ia nach dem Willen des Khans zu bequemen, oder 


ibn durch ein auſehnliches Geſchenk dahin zu. ner 


‚mögen ; daß ex ſelbſt von: dieſem Begehren :ahfiche. 


Allein die Zahl der Unmweifen, welche weder za dem 
Einen nod zum Andern fi verſtehen wollten, über» 
traf diefe Vernuͤnftigen gar ſehr, und ſelbſt der Für 


Waßilei beſtaͤrkte dieſelben in diefen Gedauken. Gie 


gingen fo weit, daß fie durch einen blutigen Yufe 
fand. ifre anders denkenden Ritbhrger zwingen woll⸗ 
sen, in der offenbaren Widerfeglichfeit gemeinfchafte 
lich zu handeln, und dem Poſadnik Michael nebſt 
mehreren angefehenen Bürgern das Leben raukten. 
Die ſchrecklichen Zolgen , welche aus diefer Wider⸗ 


ſpenſtigkeit gegen den. Befehl des Khans entfpringen 
‚mußten, bewogen Alezandern, auf den erfien 


Bericht non dieſer nowgorodiſchen Unruße ih pu 
entſchließen, felbft mit den tartarifchen Baskafen nad 
Bewer zu schen, Sein Sehr befuͤrchtete, daß 


/ 


des ruſſiſchen Aeiches. ag 
fein In diefer Angelegenheit beobachtetes Beiraa. 
gen mit ſcharfer Ahndung angeſehen wuͤrde; er verließ 
daher vor der Ankuaft des Vaters Nowgored, und 
sing nah Pleskow. Nun bragte es das Anfchen 
des Broßfürften und feine weile Behaudluug der Ge⸗ 
müther dahin, daß ſich die Nowgoroder bequemten, 
mittelſt eines anfehnlichen Geſcheuks vom Khane bie. 
Erlafiuag der Kopffieuer abzukaufen, wobey fich der 
Groffürft fo edelmürhig zeigte, daß er die von dem 
Nowgorodern zuſammengebrachten Gchäge durch ei⸗ 
ne anſechnliche Zulage aus feinem Eigenthume ver⸗ 
groͤßerte, Die tartariſchen Beamten hingegen in An» 
fehung der Höflihkeiten, die er ihnen ergeigte, und 
der reichlihen Beſcheukuggen, die fie.für ihre 
Yerfonen von ihm empfingen, ihm dad Verſprechet 
leiſteten, diefe Sache ihrem Khane von.der beten 
Seite vorgutragen, Rachdem er aber durch dieſe 
PFiuge. Mäffigung fo wohl die innere Ruhe zu Nqw⸗ 
gorod hergeſtellet als die Tartarn einiger- Maßen des 
feiedigt haste, hielt er nach Entferuung der tartarie 
fhen Beamten für ein hoͤchſt aothwendiges Geſchaͤft, 
Yurd genaue Nachforſchung des Urheber des letzten 
Aufftandes und ſcharfe Beſtrafnug derſelben, Fünftie 
gen gefahroollen Folgen vorzubeugen. Er faud, daß 
die Schuld an den böfen Räthen feines Sohnes liege, . 
darum mußten einige diefe Schuld mit dem Tode, an _ 
dere durch den Verluſt ihrer Angen, Ohren, Nofen 
und Hände büßen, Auch wollte er feinen Sohn War 
ſilei nicht Länger zu Nowgorod ober Pleskow laſſen, 
foudern ließ denfelben ua einen Ort im Fürſten, 
thume Wladimir führen, und übertrug an deſſen 
Stelle feinem Sohne Demetrius die. Regierung über 
Romgorod. Kaum hatte ſich diefes dem ganzen Fürs 
ſtenthume Romwgorod den Untergang drohende Unge- 
witter in etwas verzogen; fo vn von. einer au⸗ 
2 


— 


/ 
ao Zwedter Abſchnitt. Geſchichte 


dern Seite ein neues aus, indem bie Litthaner, 
welche fih durch Verheerung des Fuͤrſteuthum⸗ Sino⸗ 
keusk den Weg nach Torſchok bahnten, den now⸗ 
gorodiſchen HAfsvolkern unter den Mauern von 
Torſchok eitie Niederlage beybrachten, welche fie in den 
Stand fehte, : ohne Hinderniß zu: befärchten, das ganze 
Aomgorodifche Gebieth zu verheeren und gu pluͤndern. 
SE die Nowgoroder Die Nachricht, daß kin 
zroßes tartardfihes Heer in Litchuuen eingebrungen - 
fen , ohne ihr Zuthun ganz unvermuthet von diefer 
andern Gefahr befreyete, indem biefe Nachricht die 
Lierhaͤner antrieb, aufs ſchleunigſte aus Nowgorod 
jur Huͤlfe ihres bedrängten Baterlandes fortzurilen; 
fo tilgte die Nachbarſchaft eines tartariſchen Heeres, 

Auch weit mehr aber die Anzeige, daß die Tartarn 
wirklich im Akzuge feven, den Ungehorſam, bei. die 
- Nordgeroder gegen’ ihre Baskaken bewiefen Hatten, 

mit Feuer und Schwerß zu⸗deſtrafen, alles Mer 
anfıgen ‚ fo fie ſonſt uͤber einen ſo ſchleunigen: Abzug 
eines ihnen äberlegerien liethautſchen Heeres. und die 
Schwaͤchung der Macht eiñes ihnen fo ſthaͤdlichen 
Srenznachbars durch die Tarlarn empfunden : haben 
würden. Diefe Uhfldnde verurſachten, daß. ſie uns 
verzüglich Geſandte mit großen Geſcheuken und dem 


Auftrage an den Khan abfertigten, daß fie deaſel⸗ 


ben demfrhign mm Wergeifung Bären, und ſich 
gaͤnzlich feinem Willen in Anſehung der Kopfſtener 
unterwerfen wollten. Hkerauf fandte der. Khan for 
gzleich zwey vornehme Zartarn, Verkal und Kaſa⸗ 
iſchik,“welche zur Juͤhrung der Oberauiffiht:Über dies 

te6 Sefhäht- beftändig tn Mäßland' Bleiben fotkten, 
und. Dieferiwegen ihre Zranen-, Kinder and ihr gan» 
366 Befinde mit ſich dahin brachten. Zufoͤrderſt kamen 
fie 1259 nah Wladimir, welchen Ort als die 
Hauptſtadt der geſammten raffifchen Staaten fie ju 


® 
\ 





des ruſſiſchen Reiches. ⸗ 


ihrem gewoͤhnlichen Aufenthalte erwaͤhlten, und von 
dort gingen ‚fie in Geſellſchaft des Großfuͤrſten und 
unter Bedeckung tartariſcher Kriegsvoͤlker nach Row⸗ 
gorod. Im Vertrauen auf ihre Macht und. die aus 
der demuthsbollen Geſandtſchaft der Nowgoroder her⸗ 
vorblidtende Furcht der Einwohner dieſes Fuͤrſten⸗ 
ums vor den Wirkungen der Ungnade des Khans, 
vermeinten fie nichts zu wagen, wenn fie bey ihrer 
Verrichtung nicht die mindefie Schonung beobadıtes 
ten. Allein fie erfuhren gleih Anfangs , daB fie fich 
in der Gemuͤthsart der Homgorodor gewaltig geirrt 
hatten; und fingen an: gelinder zu verfahren , zu« 
gleich :aber den Großfürften um ruffifche Kriegsvoͤl⸗ 
ker gu ihrem Schuge zu erfuchen. Ob fie aber glei 
dieſe erhielten, fo. rotteten ih Doch die Nowgoroder, 
welche auch jegt nah ihrer Gewohnheit im Augeu⸗ 
blicke von einem ANeußerſten zum. andern., von der 
Murblohgfeit zur Verwegenheit übergingen , in der 
Abſicht zufammen,die weitere Zählung der Einwohr 
ner mit Gewalt zu verhindern; die Tartarn hingegen 
machten ifre Anfialten, unter einer verſtellten Flucht 
fie unvermuthet anzufallen. Altein der Großfuͤrſt srat 
ins Mittel, indem er die Tartarn aus der innere 
Stadt, worin fidh die. Nowgoroder verſammelten, 
und durch ihre Menge inander ſelbſt draͤngten, 
folglich, wenn's zum Ausbruche der Thaͤtlichkeiten ge 
kommen wäre, ein: großes Blutvergießen hätte er 
folgen müſſen, wach. einer .freyern Gegend führte, 
und, aachdem er. ſolchergeſtalt beyde gleich erbitterte 
Theile von einander gefsndert , jebem fo viel zure⸗ 
Dete, daß er endlich die RNowgoroder dahin brachte, 
Daß fie die Zählung und Schatzung dergeflalt zuga⸗ 
ben; daß behdes von ihren eigenen Obrigkeiten ohne 
Die Tartarn geſchehen ſollte, die Zartarn hingegen durch 
den Augenſchein der Gefahr, welche ihre Perſoner 


‚es Swepter Abſchnitt. Geſchichte 


‚ Siefen, wenn: fie hierin nicht nachgaͤben, zu ein » 
ſtillſchweigenden Benchmigung diefes Begehrens der 


Nowgotoder bewog. | _ 
Als aber nun die nomgorodifchen Bojaren die- 


| fe6 Geſchaͤft zu bewerkſtelligen anfingen ; fo kam es 


| ‚dem Volke vor, als wenn dieſe es nicht, aufrichtig 


1261. 


mit ihm meinten, und ſelbſt in der Abſicht die Sa⸗ 


che dahin geſpielt hätten, daß fie dieſes Seſchaͤft in 
ihre Hände bekaͤmen, um die ganze Laſt auf dem 
gemeinen: Mann zu werfen. Diefe Sefinnung be 
nugte der Großfürft, ohne Widerfegligfeit der Now⸗ 
goroder dieſe ſchwere Angelegenheit gang nach dem 


Berlangen der Tartarn auszuführen, indem-er uun 


feld mit den tartarifchen Beamten durch alle Straßen 
ber Stadt rist, und die Bufriedenpeis genoß, daf 


die .NRomgoroder fowohl wider das: Ausfchreiben der 


Häufer, ald wider die Schegung, fo wie fie jedem 


‚von den Tartaru mit Benchmiguug des Sroßfürften 


auferlegt ward, nichts einwandten. Ob ſchon der⸗ 
geſtalt diefes wichtige Befchäft der Kopffleuer in allen 


‚unter. der Tartarifchen Herrſchaft ſtehenden ruffifgen 
- Rändern ausgeführte ward; fo-machten fich doch bie 


Baskaken, unter welchen fd wiele abgefallene Epri- 


Sen befanden, durch ihre Erprefiungen und-Bemalb 
... Shätigkeiten gar bald fo ſehr verhaßt, daß, als 1260 


in. der Haupthorbe dem neuen Khan Kublai Die Em⸗ 
pörung feines Bruders Arigbbuga zu thun gab, 
nad 126ı Rogaja, ein berühmter Heerführer 
des Khans von. Kaptſchak, von demfelben abſiel, 

und alle am ſchwarzen Meere gelegenen Läubder, über 
welche er für ihn als Stalthalter regierte, ann als 
ein unabhängiger Herr benupse, folglich feinem eher 
meahligen Beherrſcher Die Wage halten konnte, eini⸗ 


ge ruſſiſche Fuͤrſten ihren Unterthauen den: Befehl 


ertheilten, dieſe Blutgel und überhaupt alle Zartarı, 





des ruffifchen Reiches. 23 
Hof die ausgenommen, welge zur chriſtlichen Relie 
„ sion: übertreten würden, zu tödien. Go wurden 
Koflew, Wladimir, Susdal, Jaͤroalaw und Pere⸗ 
jadlaw und viele audere Staͤdte von dieſem Raub⸗ 
gefindel gaͤnzlich frey. Beſonders waren die Jaͤros⸗ 
lawer wider einen ehemahligen ruſſiſchen Moͤnch 
Simon, welcher die chriſtliche Religion mit der Lehre 
Mohameds verwechſelt hatte, ſe aufgebracht, daß 
fie ihn in Stuͤcken hieben, und fo den Hunden zum 
Fraße vorwarfen. Rach einer ſolchen That mußte es 
dem Oroßfürften. und allen. ruſſiſchen Zürflen fehr 
Sedenflih vorfommen, daß fie gleich darauf. einen 
Befehl von Berkai emipfidgen, daß fie, und zwar 
jeder 'mit einer vorgefchrichenen Zahl Kriegsnölfen 
in der Horde erfheinen:follten, um deu Khan auf 
feinen vorhabrnden Zeld;ägen zu begleiten. Alepan⸗ 
ber: war fo gluͤcklich, daß, ald er nach dieſem ergangen 
uen Befehle zu Berkai reifte, nicht allein ihm kein 
Leid geſchahe, ſondern er auch, wiewohl erſt nach 
ziuenh: ſaſt jährigen Aufeathalie bewirkte, daß Berkai 
bewilligte, daß Fein ruſſiſcher Fuͤrſt wider feinen 
Willen angehalten werden follte, den Tartarn in 
ihren Kriegen zu dienen: Bor feiner Reife nach der 
Horde haste er, nach einem mit dem Könige Men⸗ 
dog von Bitihauen uud dem Fürſten Tropnat non 
Samogitien geſchloſſenen Bunde, ſeinem Bruder 
Jaroslaw, feinem Sohne Demetrius und dem Fuͤrſten 
Towtamil aufgetragen, daß während der Zeit, als 
ſeine Bandeszeaoſſen von andern Seiten in Liefland 
einfielen, und fo die Macht der Deutfhen und Dünen 
theilten, daß ken: Beinde geringerer Widerftand 
geihan werden könute, Dörpt ansngreifen. Doch | 
als Mendog 1263 in Biefland eintuͤckte, waren fie " 126%, 
noch aicht da, und dieß erregte bey Mendogen Bere 
dacht, als wenn fie gar wegbieiben würden, und 


« 


24 3Zwehter Abſchuitt. Geſchichte 


folglich: der Feind iu; mit einer Starke, der er ſich 
nicht gewachſen hielt, angreifen möchte. Ja dieſer 
Beſorgniß trat er bald den Kückweg nach Licthauen 
‚an, und' erfi nach feiner Entfernung aus Ziefland 
Jangten die :Buffen vor Dörpt au. Diefes zog die 
Ungelegenbeit der Ruffen wach fih, daß der Mefle 
von Lieflaudb mis einem zahlreicheren Heere, als 
wenn der Litchauifche König noch im Lande geweſer 
wäre, sum Eutſatze des von ihaen belagerten Schloſſes 
“ge Dit (die Stadt war mit ſtuͤrmender Hand 
Bereits erobert werben) erſcheinen konnte, daffen 
Unkuaft die Ruffen nice erwarten wollten. Da 
Großfürk warb während feinem Verweilen in dr 
Horde krank, und trat in dieſer Krankheit ben Wu 
nach Haufe au. Aber als er zu Gorodez mplangie, 
and wahrwahm-, daß das Ende feines‘ Lebens her⸗ 
annahe, Iteh et ſich inden Moͤuchsſtand aufnehmen, 
‚und nahm von den Seinigen einen rührenden Ab 
ſchied. Er ließ ſelbſt Die Niedrigſten vor fein Sterbe⸗ 
bette fordern, und ‚gab am 14. Ropenkır feinen 
Sa auf. 

Dieſer meitwärbige Mann wurde von ben 
Ruffen fo verehrt, daf ihn ihreKirchr in: die Behl 
ber Heiligen fegte. Were ber Große ließ ihm It 
Ehren ein praͤchtiges Ktofler an der Rrwa erbauen, 
und die greße Regenstinn Gutharina II. ſtiſtete naltt 
feinem Rabınen einen Ritterorden. Nah Alcgander 
Newskys Tode behielt Daniel den Rönigseitel, ob 
er {don zur griechifchen Kirche wieder gerüdtchtit 

& farb ungefäße im Jahre 1264. 
Der Großfuͤrſt Wegauber ſcheint, ungeaihtet ſei⸗ 


| i. Ri wer großen Verdienſte um die Nawgoroder, von det: 
wich > One felben. nie herzlich geliebt gewefen. gu ſeyn. Das 


fo bald mitdeffen Tode die Forcht vor ihm aufldt" 
æ, sıhlärten ke feinen Gohu-Demetrins, unter DM 


x 





7 


[4 


3° ‚068 ruflifchen Meiches, 5 Ber 


ermande feiner Jugend, des Suͤrſtenthums ver 
‚Kia, und ‚beriefen den Yrudız deperflorkenen Großr 
fuͤrſten Jaͤroslow, Fuͤrſtas von Twer, der jest 
deu, Guoßfuͤrſtenthron gm. Wiadimir eiauahm und 
bieruͤber die Beſtaͤtigung ber Tartarn erhielt, an ſeine 
Satella Joͤraslam verſtand ſich dazu, den, Nomgo⸗ 
radern eidlich· gu verfprachen, daß er alle Verlehon / 
gen ihrer yon feinegs Vater boſchmorenen Gerechtſamen 
abſtellen, außer der Stadt Nomgprod und ohne den 
Poſadnik Barum ‚Rowgoroder. sichten, weder für ſich 

noch die. Seinen ‚unter keinerley Borwande Linde 


repen im-Nomgeradifchen begpeh, auf dem beusfheg 


Hofe zu Rewgarod nicht anders als durch noregorxo⸗ 
diſche Buͤrger: handels, die. ihm zuſtehende Jagd 


Sifcheren, Zoͤlle und alle anderen Gerechtſamen nicht 


über die Vorſchrift der alten daruͤber geſchloſſenen 
Verträge qusdehnen, und überhaupt alle newgereg 
diſchen Zreyheiten und Gorechtſamen auftecht erhalten 
wolle... Ws er feinen feperlichen Einzug gu Now⸗ 


gprod. bern hatte, befefligge er ðas Band zwie 


ſchen ihm und diefen feinen Unserthanen noch. mehr 


Dadurch, daß er fih mit der Tochter eines angefe⸗ 


bengn Nowanroders.nermählse. Weil, er aber nicht ' 


unmer zu Nomgorod ſich aufhalten Eonnte; fo frpte 
er den Demerius, eben den, an deſſen Stelle ihn 
die Newgaroder waͤhlten, als feinen Statzhaltet, 
damit ex in feiner Abweſenheit der Wegierung vor⸗ 
ſtehe. Als Demetrius oder Dmitri zur digenen Rn 


sierung über Jaͤroslaw gelangte, ſetten bie Roma, 
goroder, den Zarje Anbrewitifh, einen Wrun 


den des Großfünfien Alerander, on, beffien Steha, 
Diefer Jurje oder Georg —* 1966 einen 
Feldzug gegen Liefland, duech den das platte Laud 
(darf mitgenommen, aber Beine Stadt erobert wur⸗ 


1 1266, 
\ 
‘ . 


bs, Zu dieſem Jahre Som ans Litthauen des Bär | 


⁊ 


26 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


Domant nach Pleskow. Denſelben gu verjagen, 
richte Jaͤroslaw mit einem zahlreichen Heere gegen 
Nowgorod, ließ ſich aber von den Nowgoroders 
erbitten, daß er feine Truppen wieder zuruͤckſchickte. 
Im Jahre 1268 thaten die Nowgoroder, auf-die 
Auſtiftung des deutfchen -Ritterordens, ‚mit Huͤlfe 
der Plesfower , die Domant anfühttes; rintı' Feld⸗ 


hug gegen. Roliman (Heval), in welchem am 28. 
Februar unweit Rakamor (Wefenberg) Kine blutige 


Schlacht zum Vortheile der Rufjen vorfiel. I 
Jahre 2269 rückte ein’ Heer von dem deutſchen Rit⸗ 


erorden vor Pleskow. Als aber die Machridt einlief, 


Jarorſaw⸗ 
II. Regie⸗ 
. zung. 


daß der Zürft Jarje von: Nowgorod der Sladt jur 
Hilfe im Anzuge ’fey; fo eilte alles Volk nah 
Liefland zuruͤck. Eine große Unelnfgkeit uud Enpd- 
zung der Ginwohner zu Rowgorod mötbigte ihn 1270 
aus der - Städt zugehen. Darauf ſchickten die Row. 


goroder Abgeorbnere an den Zürften Denitrin Alexau⸗ 
drowitſch nach Perejaslaw, mit der Bitte, er wolle 


die Regierung Aber ſich nehmen, erhielten aber eine 
abſchlaͤgige Antwort. Dr 
Ms Jaroslaw IL. nach Nowgorod kam und 
in einer Rede an die Vollsverſammlung das ſo 
umſouſt verfprigte Bint fo vieler ihrer: Bürger, De 
er mit dem Rahmen feitier Brüder beehrte, bemitlei⸗ 
dkte und erflärte, daß er nicht ambin koͤune, einist 
ängefehene aowgorodiſche Bojaren wiegen der großen 
Berfhutung; daß fie, die doch ſelbſt dadurch, daß 
„Me aufs ſtaͤrkſte vorher auf den Krieg draugen, Un⸗ 
heber des vergoffnen: Bluſes fo vieler tapfern Mia 
er ‚geworden‘, ann: ſich dem lobenswuͤrdigen Eiſer 
der Wohlgefiunten widerſetzten, welche dieſes Blut 
an den Feinden gu raͤchen begehrten, durch Einzie⸗ 
Bing Ihrer Güter gu befirafen. Allein alle Rowgo⸗ 
Kodes, ſo ſehr fie der Partehgeiſt. in audern Grades 











..:de8 ruffifchen Reiches. u: 2 


‚trennte, ſtimmten darin uͤberrin, daß man, in kei⸗ 


nem Kalle dem Fuͤrſten geflatten müfle, einige Büro : 


ger zu verurtheilen. Dieſerwegen vereinigten fie fh 
alle, dem Großkuͤrſten vorzuſtellen, daß er durch fein 
gefaͤlltes Urtheil über: einige nowgorodiſche Bejaren 
ihre von ihm thener beſchworeuen Gerechtſamen ver⸗ 
letze. ‚Allein der. Großfuͤrſt nahm eine ſalcheEriantruss 
ſo uͤbel auf, daß er ſogleich die Stadt erzuͤrut ver⸗ 
ließ, und durch kein Bitten der Vuͤrgeeſchaft dem 
gen werden fonnte, darin zu bleihen. 

Als er ſchon bis Broniz gelommen war, r 
er dem Borfrage des Erzbiſchofs und anderer Ge⸗ 
fandten , welche mau ihm nachſchickte, Gehör, und 
ging mit denfelben nach Nowgorod zurüd, wa man. 
ihm die Gefälligkeit erwies, anf feine Empfehlung 
Katiborm zum Tyſaͤtzki zu wählen. Jetzt machte man 

gemieiuſchaftlich die größten Anfalten gu Erneuerung 
des Krieges wider die Liefldnder , und bald laugte 
eim ſehr zahlreiches Heer nicht nur von großfürkit- 
den Ruffen, ſondern auch von Tartarn, welche unter 
den Beichlen des Broßbasfalen von XBledimie 
Amrayan und deſſen Eidam Aidar fianden, im now⸗ 
gotodiſchen Sebicthe an. Als aber hierauf die Lieflän- 
der unnerzbglich eine Geſaudtſchaft mis großen Ge⸗ 
ſchenken ſowohl für den Großfuͤrſt en als. den tartatin 
ſchen Groß⸗Baskaken nah Rowgorod ſchickten, un 
die Friedensvorſchlaͤge, die ihnen der Sroßfüͤrſt var⸗ 
legte , genehmigten ; fo ſchloß derſelbe mit den Deut⸗ 
fden den Frieden, und wollte die Gegenwart der 
wladimirſchen und der tartarifchen Kriegsvoͤlker dazu 
verwenden, bie Nowgoroder zu zwingen, ihm mehrere 
Gewalt einzuräumen, : Allein die Nowgoroder wie 
derſetzten ih fo männlich, dag er. bald nad Goro⸗ 
diſchtſche Nächten mußte, wohin ihm Ratibor und 
andere ſeiner Anhänger folgten, und ſolchergeſtalt 


23 Zwegpter Abſchnitt. Geſchichte 
zwar ihr Leben retteten, welches der mit ihnen 
gleichgeſinute Iwanko durch die Hände des aufge 
brachten Volles verlor, aber Ihre Haͤuſer und Guͤter 
der Ylünderung Öberlaffen mußten. Darauf ward 
in einem dur Die Oeurmglode zuſamm enberufr⸗ 
nen großen Volksrathe der Schluß abgefaßt, dem 
Broßfärfen ſchetftlich den Gehorſam aufzufüädigen. 
Die eigenen Worte des Abſagebriefes lauten ſo: „Wat 
um hof du, Bär, Unrtcht, und hältſt vice 
Habichte und Bolten F Du Haft und den Wolchon 
und audere Grwaͤſſer (worin fie Die Fiſcherey be 
foßen) nebſt verſchiedenen andern Sefaͤllen genom- 
men, und hält viele Yagdhımde. Du haſt dem 
Aleyei Mortkin feinen ‚Hof uud von Ailits Hat: 
weew, Roman Boldurew und Warfolomei Alexee⸗ 
witſch viel Silber genommen, die Deutfchen, we: 
che bey und wohnten, von und getrieben, und dich 
vieler andern Vergehungen fhuldig gemacht. Wir 
koͤnuen deine Gewaltehärtgkeiten nicht Länger leiden; 
sche: alfo mit. Gatem von uns; mir werden und 
fibon einen Zärflen verfchaffen.” Nun half es dem 
Sroßfürften nicht, daß er feinen Sohn Swaͤtoslaw 
nnd feinen Tyſaͤgki Andreas Wratislawitſch om bie 
Volksverſammlung ſickte, und durch feine Abge⸗ 
ordneten verfprechen ließ, ſich nis mehe am ihren 
Rechten zu vergreifen, ind alles, was fe vorſchrei⸗ | 
. Ben würden, zu beſchworen. .Denw er erhielt die 
shangenefme Antwort, baß er, wenn de nicht bald 
ans ihren Grengen weiche, mit Gewalt daraus ver⸗ 
trieben werben ſollte. Weil: er fih nun zu (mid 
befand , ſich dieſer Drehung zu widerfegen ; fe ol“ 
er, doch mar in Ber: Abſicht, in fein Großfürſten⸗ 
thum zuruͤck, um von bore ein gahlteides „Die 
Ruffen und Tartarn nach Nowgorod zu Führen, und 
Dadurch von den Momgerodern die Uncerwuͤrſitkeit 





des zuffifchen Neiches. a9 


zu ergwingen. , Weil aber entweder der Großbas⸗ 
kaken Gewalt nicht fo mait: ging; ſich ohne Befehl 
des Khans iu die innerlichen Unruhen des ruſſiſchen 
Reichs zu miſchen, oder die tartarifche Kriegamacht, 
welche nater ihnen fand, dem. Sroßfürften nicht 
zahlreich genng ſchien, um noch ibrer Vereinigung 
wit feinen Wladimirern fein Vorhaben wider Now⸗ 
gorod ousguführen ; fo ſendte er den geweſenen ip 
fägfi von. Romgorod , Ratibor ; an den Khan. pan 
Kaptſchal, weider feit 265 Mangu Almur, ſeines 
Verfahren ;:Riarlai, jimgpree" Bruder war, wel 
ber in der von eben dieſem feinem Vorfahtan au 
der Welga erbaueten und. ſchon unser dem Ssifgen 
fee sro: un welfreiih grwordenen Stadt ‚Sargi 
die Wegierang Fährte, Diefer ‚Wotibor überrehete 
den. Khaw;,:der Broßfürfl und. die Auhaͤnger desſel⸗ 
ben ſeyen bloß ‚darum von deu Nowgoroders vez⸗ 
trieben sgerden, weil fe den Tartarn getreu genen 
wären,. und- auf die Cinteribung- der fchuldigen 
Kopffieuer gedrungen bitten. Dadurch brachte es 
Ratibor, beym Khau dahin, daß er einem anfehaliı 
den: Heere Zamarn befahl, ‚anfzubrcchen, und ig pn 
meinfhafßt mit dem Großfuͤrſten das empörteNnwgarob 
zu vekriegen. Doch Fuͤrſt Waſlei von Koſtroma, Brua 
der des Meoßfärften, begab fir mit einer nowgo⸗ 
wöifben Geſandtſchaft zum Khan, und dieſe fanden 
mit ihrem Berichte, daß die Nowgoroder bloß wer 
sen. der nom Großfuͤrſten in ihre Rechte gemachten 
Eingriffe, und ohne daß fie je Daran gedacht, den 
Zartarn etwas von ihren Schuldigkeiten zu entsichen, 
dem Großfürfien ihren Gehorſam aufgefagt hätten, 
fo, guten Glauben, dab die wider Nowgorod (dom - 
im Anzuge begriffenen Tartarn Gegenbefehle erhielten, 
und der Khan die Parteplofigkeit ia diefer Angsle 
genpeit wählte, „Ob aber glei dean Großfürften dar - 


30 Zwenter Ahfehnitt. Geſchichte 
dutch eine große und feiner Meinung Nah ſchon ge - 
wiſſe Verſtaͤrkung entzozen ward; ſo verſuchte er 


doch, ob er auch ohne dieſelbe feine Sache avsrich⸗ 
ten konne, und rückte mit einem zahlrrichen Here 


bis nahe vor. Romwgorsd. Doch er ford’ das ganze 


Nowgorodiſche und veffen Bundesgenpffen, die ples⸗ 
koiber, Ladogaer, Karelier, Ingermanalander ja 
fogar die zum Beyſtandre geforderten deutf@rn Hilfs 
volter in Waffen, die: Stadt ſelbſt durch neur Werke 
beſſer befeſtigt, mit einer Menge tapferer Vertheidi⸗ 
Ber’, Kriegsbedürfniſſen und Lebensmitteln reihlid 
berſchen, und entſchloſſen, das Aeußeiſie: zu wagen 
und auszuſtehen. Diefe ſtarken Gegenruͤſtungen verur⸗ 
fachten, daß er die Hoffunug, vom Yan Nomgord⸗ 
dern durch Krieg ſeine Wiederaufnahme yn ethalten, 
gany-fahren ließ, und, am doch zu felaun:Bwrde 
sh: gelaugen, den We ‚wählte, daß er den Now 
gorodern wiſſen ließ, er berene alle Teimecbegangentn - 
Fehler, wolle ale ihre Beſchwerden abſtellen, ſich 
better betragen, und ihnen. dieſes Verſpteches dur 
feinen Bid and die Buͤrgſchaft aller rufſtſchen Fuͤr⸗ 
ffen verſichern. Die Nowgoroder erwiederten, feine 
Kriegsruſtung gegen fie habe ihren Haß gegen ihn 
noch vermehret, nnd fie‘ faͤmmtlich wollten lieber wit 
Ehren für ihre Stadt und riner für den andern ſter⸗ 
ben, als ſich ihm ‚ergeben. Noch bliub dem’ Groß⸗ 
faͤrſten ein Mittel uͤbrig, und dieſes fruchtele. © 
Bath nähmlih den Metropoliten in Kirw, als geiſt⸗ 
lchen Bater des gefammten ruſſiſchen Weges, Friede 
sind Rühe zwiſchen ihm und feinen Kindern zu ſtiften. 
Der Ketropolit gewaͤhrte des Großfuͤrſten Verlaugen, 
und ſchrieb unter audern in dieſen Ansdruͤcken an 
die Nowgoroder: Zuͤrchtet Bott, und ehret bie Fuͤt⸗ 
flen ;' fuͤhret Seinen ünnligen Krieg, und vergießet 
ht vergeben But z dean ale Sünden mad Ber 














® 


des ruſſiſchen Reiches. 31 


ſchuld augen follen auf Reue vergeben werden. Der 
Sroßfuͤrſt that Unrecht gegen euch, aber ex. berenet 
alles, Hittet Vergebung, und will ſich künftig 
befier bevagen ns ih bin: Bürge für ihn, und 


Bitte duch, ihn mit Ehre und Wuͤrde aufzunehmen. 


Diefe: Green des Metropolisen, bie er zugleich 


zit Jer Droßung verband, falls fie wider fein Ver⸗ 
muthen und Hoffen diefen feinen in Gottes orte. 
gegründeten, Vorfielungen das Gehör verfagen foll- 


Sen, die ihm von Gott anvertrauete Schluͤſſelgewalt 


wider fie anzuwenden, und fie von der Gemeinſchaft 


der Kirche auszuſchließen, veränderte die Gefinnung 


Der Nomgoroder,. und bewog fie, den Antrag einer 


andern Gefandtſchaft des Großfuͤrſten zu bewilligen, 
und ihn wieder für ihren Fuͤrſten zu erkeunen. Doch 
ging er nach einem kurzen Verweilen in Nowgorod 
mit uebertragung der Statthalterſchaft an ſeinen 
Anfäpfi Andreas Wratislawitſch nah Wladimir zu⸗ 
rück. Auqh bier bließ er nur eine kurze Zeit, weil 


ein Befehl des Lzans ihn f feinen Bruder Wafilei, 


Demetrius, ‚den Sohn des Großfuͤrſten Alerqu⸗ 
der, und Lerſchiedene andere Börfen zu demfelben 
berief. 

Diefer Großfuͤrſt fam von feiner Reife [7 
ſchwach zuruͤck, daß er mit Hinterlaffung zweyer 
Toͤchter und dreyer Söhne, Swaͤtoslaw, Andreas 
und Michael , von melden der legte er nach dem 


Tode feines Baters auf die Welt Tom, noch während 


Der Reife 1271 verflarb, worauf er zu Twer, von 
wvelcher Stadt er den Sepnabmen Twerski füßeet, 


beerdigt ward, und im Fuͤrſtentbume Twer feinen 


dlteflen. Sohn Smwärslaw, im Großkuͤrſtenthume 
Wladimir hingegen feinen juͤngſten uud noch einzie 
gen übrigen Bruder, Wafilei, zum Naqhfolger 
bekam. 


N 


2 





Waſileis 


Zweyter Aſthnitt. Geſchichte 
Die Nachfolge im Farfienthuiee Nowddro be⸗ 


Wrhete 'yaßete auf Der Wobt dei Rowgoroder. Daher be 


de R 
rung. 


warb fi anßer dem: neuen Großfärftch'audg. der 
Fuͤrſt Demetrius, veichet num za Wereiadhid'reglerte, 
burch eine Seſandtfchaͤft Dderuit. - Für’ den Grdßfuͤr⸗ 
ſten ſprach das‘. neue Verdieuſt, wage’ ſtich der⸗ 
ſelbe durch bie bloß we: ihrem Beſten zum Khau uns 
ternommene Reife: nd 'die hlͤckliche Berrtchtung 
erworben hatte, daß er huen hierdurch did Befreyang 


von dein feindlichen Ueberfalle eines tartariſchen Heered 


I verſdaffte. Hingegen fchien ihnen’ eben diefe Viel⸗ 


Zuͤltigkeit des Großfuüͤrſten bey den Taͤrtarn in Ver⸗ 
bindung imit der eigenen großfuͤrſilichen Macdht für 
ihre Frephelt gefährlih. Weil fie aber ſchwer baran 
Bingen, einen ſo "mächtiger Werber durch öffenbäreh 


| Abſchlagen feines Begehrens gu erzuͤrnen, ſo verſb⸗ 
derten ſie die Fuͤrſterwahl. Endlich erfidrtin’ fe 
‚Kb doch für Demetrinz; welcher glucklich bey ihnen 


anfangte, und der Behg diefes Zurſteuthums auttat, 
obgleich der Großfärfl auf die erſtẽ Sachricht, daß 
die Rowgoroder mit gintanſetzung ſeider Verſon 
Demetrias erwaͤhlt haͤnrn; feinen Feldheren Gimeon 
abfertigte, dieſen auf feinem Hinwege nach Nowge⸗ 
rod aufzufaugen. 'Dena er faßte nun’ den Lutſchlußz, 
die Rowgoroder durch ‚Krieg. gu’ " zwingen‘, ihn 


ren Fuͤrſten zu eikennen. Sein Belbpere Simeon 


mußte in Diefer. abficht von einer GSeise ins Norge | 
vobifhe riiden, "und alles‘, wohin er kam, verwuͤ⸗ 
eh; während Beh: Oroßfärft ſelbſt duf eiuer ander 
‚Seite dof gleiche Art verfuhr · 


Nadbdem dieſer ſich det bey ſeiner Einnahme 
faſt ganz abgebraniten Stadt Torſchok duch eine 


gute Befagung olrfichtre hatte vergrößerte der Groß⸗ 
baskake mit tarenifden Völkern fein Heer, and mil 
einem andern, welches gleichfalls ſowohl and Zartare 
, als 


bes ruffiichen Reiches, 38 


als Anffen beſtand, fiel Fuͤrſt Swaͤtoslaw von 


Zwer In eine andere Gegend bes Nowgorodiſchen. 


Dieſe Feindſeligkeiten ſo vieler Heere verurſachten, 
daß nicht nur der Ackerbau im Nowgorodiſchen ganz 
aufboͤrte, ſondern auch der Handel in Verfall und 


ſogar die Stadt in Gefahr einer Hungersnoth ger 
rind Demetrius, der nach feiner Gemüthsart den 


Krieg nicht lichte, gab durch Aufbiethung aller wehr- 
haften. Mannfhaft im Nomgorodifchen zwar den 
Anfchein von fih, als wenn er fib aufs Aeußerſte 
wider die Berfuche des Sroßfürften,, ihm Nowgo⸗ 
zod zu entreißen, in deffen Befise zu behaupten ge» 


denfe. Seine.wahre Meinung aber ging dahin, wo⸗ 


fern er durch diefe Kriegsanflalten den Großfürften 
nicht bewegen follte, vom Kriege abzuſtehen, demfels 
ben Rowgorod. nicht länger zu beſtreiten. Mit einer 
folgen Eutſchließung wurde dem Großfürften durch 
eine Geſandtſchaft vorgetragen, derfelbe moͤchte fein 
nem Anfprude auf Nomgorod eutſagen, und nad 
Rüdgabe aller den Nowgorodern it diefer feiner un« 
rehtmäßigen Krlegsunternehmung entzogenen Beute 
und Meufihen ſich in fein Land begeben. Als nun 


der Großfürft zwar diefen Geſandten mit allen er⸗ 


finnlichen Sreundfchoftsbezeigungen begeguete, aber 
auf ihr Anbringen den Beſcheid ertheilte, daß. er 
den Rewgorodern alles, - was fie verlangten, gern 
bewilligen wolle, wenn fie nur guförderft ihu zum 
Zürften angenommen haben würden; fo aͤnderten die 
Nowgoroder ihre bisherigen Gedanken, und eine ſtarke 
Partep erklaͤrte fih , denfelben zum Fürften anzu» 
nehmen. Ws Demetrius diefes hoͤrte, that er nicht 
das Mindefte weiter, (ich dem Beſihe von Nomgo- 
rod zu erhalten, fondern entfagte demfelden, und 
sing nah Perejaslaw zurüd ; und da folchergeflals 


das einzige Hinderniß aufhörte, weine uoch dem 


Geſch. Rußl. 2. Band, 


1275. 


34 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


Großfuͤrſten die Erlangung von Romgsrod erſchwe⸗ 
ren möchte, fo erfolgte, dab man denſelben einmuͤ⸗ 
thig zum Fürſten von Nomgorod.erwäßlte, und, als 
er nun perfönlih nad NRomgorod Fam, daſelbſt mit 
allen Zeichen der größten Freude empfing. Im erflen 
Jahre feiner Regierung, naͤhmlich 1272, thaten die 
liefländifhen Ritter erſt Durch einen fireifenden Haus 
fen von 300 Mann einen Einfall ind Pleskowiſche, 
und, nachdem die Pleskower diefe Streifpartey 
mit Verluft zurücdgetrieben hatten, mit einem gan» 
zen Heere unter eigener Anführung des Meifters von 
Liefiand theild zu Lande theild zu Waſſer einen An 
griff auf die Stadt Pleskow. Die gefuchte Hülfe 


von Nowgorod Iangte nicht fo bald an, als die Ples⸗ 
kower wünfchten und ihrer bedurften. Doc Domant 


wagte, auch ohne fie dem überlegenen Feinde ins 


Feld entgegen zu. rüden, und deufelben anzugreifen, 
führte auch fein Borbaben mit fo gutem Erfolge 


aus, daß er deu Meifter verwundete, fein Heer aber 
in die Zucht trieb, big ins lieflaͤndiſche Gebieth 
verfolgte, und aus demfelben nach angerichteten 
Verwüſtungen unbefhddigt Plestom wieder er⸗ 
reichte. 

Diefer Großfuͤrſt genoß die großfuͤrſliche 
Hoheit nur kurze Zeit, imdem er im zoſten Jahre 
ſeines Lebens dasſelbe auf eben die Art, wie ſeine 
zwey Vorfahren, endigte. Denn im Jahre 1275 berief 


der Khan ihn nebſt andern ruſſiſchen Fuͤrſten zu ſich 


wobey die Begleitung zu einem Heerzuge wider die 
Pohlen zur einzigen Urſache angegeben. ward, aber 
wohl nur eine Nebenabfiht war, unter welcher be 
Khan die Hauptfache verbarg, Er wollte naͤhmlich 
eine neue Zählung der Menfchen in Rußland und die 
Erhöhung der Kopfftener vornehmen, und hielt für 
rathſam, daß diefes in Abm efenpeit der Zurſten um 








des ruffifchen Reiches. - 35 
eines Anfehnlichen Theiles der Kriegsmannichaft ge⸗ 
ſchaͤhe, damit es dem Volke bey. voshabender Wider. 
feplichleit gegen die Vermehrung feiner Laſt fo wohl an 
Häuptern als binlänglichen Kriegsboͤlkern gebräce, 
und ungleich die Gegenwart der Zürften und fo vie⸗ 
ler eigener naher Auverwandten bey den Tartarıı 
das Volk abhielte, etwas zu thun, mas das Keben 
dieſer ihrer Tieben Unterpfäuder der Erditterusg der 
Zartarn ausſetzte. Ju der That ging diefe Erhoͤ⸗ 
bung der Kopffieuer ohne die mindelle Bewegung 
vor fih, und der Großfuͤrſt ward im Jahre 1276 2276. 
nah einem jährigen Aufenthalte nah Haufe entlafe 
fen, verfiarb aber bald darauf gu Koſtroma. 

Dimitri Alexandrowitſchkam nach dem Dimitri. 
Zode des Großfürfien Wafilei in der großfürft- Pe 
lichen Würde wieder nach Nowgorod, und shat ei. Großfürft s 
nen Feldzug gegen Karelien, durch den das Be enrung. | 
Land verheeret wurde. Da die großfuͤrſtliche Eerb⸗ befleht in eis 
folge gu Wladimir auf ihn fiel, fo fonnte er ſich nem unaufs . 
nicht immer in Nowgorod aufhalten, fondern ver⸗ — 
lebte die meiſte Zeit zu VPerejaslaw. Im Jahre feinen Bru⸗ 
1280 bauete er die Stadt Koporie von Steinen. Im der Bahr, 
Sahre 1251 fam er, weil ihn fein Bruder Andrei Lab. 
vertrieb, mit einem Heere nach Nowgorod, verheer⸗ 
te das flache Land, machte Frieden und zog zurück. 

Andrei, der im Jahre 1232 Fürſt von Now⸗ 
gorod wurde, vertrieb feinen Bruder, unfera Dimi- 1sge, 
tik, don der großfürftlichen Kegterung uͤber Wladie 
“ mir. Da die beyben Brüder in einem fieten Kanıpfe 
lebten; fo mußte Nomgorod bald bes Einen bald 
des Andern Oberberrfchaft erkennen. | 

Dimitri fam Im Jahre 1284, nabdem er „ng, 
mit feinem Bruder Frieden gemacht haste, wieder 
jur Regierung von Nowgorod. Ein Jahr darauf 
fuͤhrte Andrei einen tartariſchen Fuͤrſten dahin, wel⸗ 

C a 


36 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


cher die Stadt dem Khane unterwerfen wollte, Bey⸗ 

de wurden von Dimitri und feinen Bundesgenofen 

iu die Flucht gejagt. 

Dimitri ſtarb zu Wolok Lamskoi im Jahre 
1294. 1294, nachdem er erleben mußte, dag man ihm 

die Regierung von Wladimir und Nowgorod entriß. 
Des Groß Da die Habſucht und andere fihlechte Eigen. 
— An- ſchaften. des neuen Sroßfürken Andreas I. ſchon 
gierung: unter der Regierung feines Bruders uͤberfluͤſſig of⸗ 
fenbaret waren; fo ſchloſſen verfchiedene Fuͤrſten eis 
j nen Bund, fih deſſen, gegen welchen derfelbe et» 
was Widerrechtliches unternehmen möchte, mit ver 
einten Kräften anzunehmen. Er brachte über diefen 
Bund bey dem Ehane, zu dem er gleich nach Antritt 
. feiner Regierung mit feiner jungen Gemahlinn reif’te, 
die Befhwerde an, indem er ihn als eine ſtrafbare 
Widerſpenſtigkeit gegen die ihm auvertrauete Ge 
walt darſtellte. Tochtagu that ihm den Gefallen, 
daß er dieſe Angelegenheit ſo beurtheilte, als der 
Großfürſt ihm ſolche vorſtellte, und fandte mit dem⸗ 
ſelben einen feiner-Öroßen, Aler Newruja, 
nah Rußland, mit dem Beichle, die ruſſiſchen Fuͤr⸗ 
fien zur Erfüllung ihrer Pflicht gegen den ihnen som 
Khan vorgefegten Großfuͤrſten anzupalten. . Bor dem 
Richterſtuhle dieſes tartariſchen Geſandten ſtellten 
ſich der Fuͤrſt Michael von Twer, Fuͤrſt Daniel von 
Moskau. und die Bürger von Verejädlam , deren 
Fuͤrſt fih bey der Horde aufhielt. Als fie aber, 
fiatt daB fie, wie der Großfuͤrſt umd der tartariſche 
Geſandte hoffen, ihr bisheriges Betragen gegen den 
Großfuͤrſten entſchuldigt und fi zu aller Unter 

.,  mwäürfigfeit gegen fein rechtmaͤßiges Anfehen erbothen 
haben ſollten, Gegenbeſchuldigungen wider den Groß⸗ 
fürften vortrugen, und der Großfuͤrſt darauf im 
Vertrauen auf den Schuß des tartarifchen. Geſand⸗ 





des ruſſiſchen geiches. 197 


ten in einem fehr hohes Zone mit ihnen ſprach; fo 
flieg ihr Unwille zu einer Tolden Höhe, daB fie, oh⸗ 
ne die übel Folgen zu berechnen „ fogar in Wladi⸗ 
mir, dem Sitze des Großfürften, ſich ſelbſt durch 
die Waffen Recht zu verfchaffen ſuchten. Doc der 
Biſchof Simeon von Wladimir brachte es durch ſein 
Zureden und das Auſehen feiner kirchlichen Wärde 
bey beyden Theilen dahin, daß fie ihre Streitigkei⸗ 
ten durch einen Vertrag beylegten, und ſolchen 
durch einen beyderſeitigen Eid bekraͤftigten. An⸗ 
dreas hielt dieſen Bertrag nicht. Denn unter dem 
Vorwande, daß der Fürſt von Perejaslaw denſciben | 
nicht befchworen habe, ſchloß er ihn vom Vertrage 
ans, und ruͤckte unverzüglich gegen fein Fuͤrſten⸗ 
ihum an. Allein die Zürften von Twer und Moss 
kan ſtellten ſich ihm anf dem Wege mit einem fo. 
ſtarken Heere entgegen, daß fie ihm Die Erneuerung 
des Vertrages abnoͤthigten. Den Rewgorodtrn hat⸗ 
te er feinen Sohn Boris zum Fürften gegeben, un» 
ser welchem fie einen beflähdigen Fleinen- Arieg mit 
ifren Grenznachbarn, den Liefländern und Schwer 
ben, führten. Im Kriege mit den leyten aber fied 
len auch mandes Mahl wichtige Dinge vor. Nach den 
zuffifchen Berichten entfland dieſer Krieg mis dem. 
Schweden daher ‚. weil diefelben in. diefer Ben 
gend die Ruffen, um ihnen ein Städ. Land abzus 
gewinnen, anfielen., Allein. der aͤlteſte Seſchicht⸗ 
fhreiber Erih Dlaffon macht dagegen den Muf« 
ſen, und Kareliern den Bormurf, daß fie während 
der Beit, da eine große Hungersnorh ihr Reich 
plagte, und eine Peſt dasſelbe entvoͤlkerte, wicht nur 
die ihnen zunddfl Hegenden Linder‘, Finnlaud 
und Tawaſthland, ſondern auch Die tiefer im ſchwedi⸗ 
ſchen Gebiethe liegenden Gegenden durch immerwaͤh⸗ 
rende Streifereyen geplagt haben. Die Grauſam⸗ 


\ 


38 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


keit dee Karelier erſtreckte ſich fo weit, daß fie-die 
‚Leute, weiche in ihre Hände. fielen, lebendig zu (din. 
den, auszuweiden und durch andere Martern zu To» 
‚de zu qudien pflegten. Doch erteilte König Bir 
ger von Schweden unter dem Alten März im 
‚Sabre 12095 auf Fürbitte des römifchen Königs 
ber deutſchen Hanfe, die ein beſtaͤndiges Comtoir 
zu Nowgorod hielt, die Handelsfrepheit während 
des Krieges, wenn fie. nur den Nowgorodern feine 
WBoffen, Fein Eifen und feinen Stahl zuführten, 
Diefer Krieg endigte ih im Jahre 1301 damit, 
daß die Schweden wieder in die Grenze, die fie 
während des Krieges dur Eroberungen erweiterten, 
eingefchränft wurden, Die Nowgoroder aber ergrif⸗ 
fen, ums fih wider ähnliche Vorfälle mit eben die 
fem Feinde beffer gu verwahren, die Maßregeln, daß 
fie nah glüdticher Beendigung dieſes Krieges ihre 
Stadt mit einer Keinernen Mauer umgaben, und au 
den König Erich VI. von Dänemark eine Ge 
ſandtſchaft zur Errichtung einer Allianz fandten. Als 
der Großfürft, der im legten: Feldzuge felbft mit 
feinen Kricgsvölkern nach Nowgorod Fam, diefelben 
mit der nowgorodiſchen Kriegesmacht vereinigt hatte, 
vor Landskron ging, und nachdem er diefe neue 
ſchwediſche Feſtung einnahm, in fein Land zurͤd⸗ 
kam; fo wurde eine neue Zufammenkunft der Zürs 
fen zu Dimitrem. gehalten. Bald darauf flarb der 
Fuͤrſt von Perejaslam, und befchied nebft feiner gan⸗ 
zen übrigen DBerlaffenfchaft fein Land dem Fuͤrſten 
von Wosfau, der, obgleich der Broßfärk bereits 
durch feine. Beamten den Befis davon ergriffen hatte, 
bey feiner Ankunft durch die Bephülfe der Perejasla⸗ 
iver fich deöfelben ohne Mühe verficherte, und aufs 
neue mit dem Fürften von Twer dahin vereinigte, 
| fs einander gegen den Sropfüren, wenn fie auf 


/ 


des ruſſiſchen Reiches. 39 
die Tartarn zu Huͤlfe aurufen, oder gar dieſe fich 
für den Großfürflen erklaͤren ſollten, zu vertheidi⸗ 
gen. Dieſes Buͤndniß verſtaͤrkte der nachmahlige 
Veptritt der Nowgoroder. Der Großfürſt that 
jetzt eine Reife nach Kaptſchak, wo er fid ein gang 
zes Jahr aufhielt. Er Fam aber im Jahre 1304 fo Ä 
krauf zurück, daß er auf der Rüuͤckreiſe nah Goro 
dez mit Hinterkaſſung eines einzigen Sohnrs Wie 

chael fein Leben beſchloß. Doch vergaß er nicht, 

Fur; vor feinem Zode fi die Moͤnchskleidung anle⸗ 

gen zu laſſen, indem er in den feften Gedanken 

Gand, daB ihn dieſe Handlung von allen feinen ſchwue 
zen Verbrechen reinigen, und die 2pür zur Selig. 

keit unfehlbar öffnen würde, 

Da NAndreens einziger noch üdriger Bruder Michael, 
Danidl, Fürf: von Moskau und Perejaslaw, noch Furt ieh 
vor demfelben, nähmlich im Jahre 1303 aus der Sroßfärft, 
Welt gegangen war; fo Tchien nach der bisher ben muß aber 
der ˖ Nadfolge im Großfürſtenthume beobachteten en den 
Drdiung dasfelbe dem Fuüͤrſten von Ewer Michael Zürſten 
zu gebühren, dem es auch feine vorzuͤgliche Macht Georg von 


Moskau ims 


unter den ruſſiſchen Zärften, feine Verdienſte, die alle ner auffeis * 


gemeine Buneigung des Volkes und die Stimme ner Huth 
der wladimirfhen Bojaren , die gleich nach dem Ad, ſeyn. 
ſterben Andreens nah Twer gingen, Mihaeln 
‚als. ihrem nummehrigen Herrn die Anfwartung zu 
machen, und demfelben in Beforgung der großfuͤrſt⸗ 
lichen Regierungsgefchäfte gi dienen, zueigneten. Doch 
befiritt Georg, Daniels aͤlteſter Sohn und Nadia 
folger unter dem Nahmen fein Recht, dag ihm die 
Regierung aus dem Grumde yufomme, weil erig 
das Recht und die Stelle feines Baters getreten 
fey, und diefer ohne Zweifel Michaeln in Erlans 
gung des Großfürſteuthums vorgegangen feyn wür- 

de. Weil aber weder Diefer Rechtsgrund Georgs 


> 


4 


‚350. 


0 Bwepter Abfehnitt. Gefchichte. 
geachtet ward, noch deſſen Macht hiarcichte, Ni 


‚doeclu das Großfürſtenthum zu entreißen ; fo er: 


griff Georg das einzige ihm übrige Mittel feinen 
Zweck zu erreichen, indem er Müch ageln vortıug, 
ihren beyderfeitigen Auſpruch auf das Großfürſten⸗ 
thum durch ihren Oberbrrru,, den Khan, entſchelden 
zu loffen. Allein auch dieß Mittel ſchlug ihm -fehl, 
Deun obwohl Michael die Annahme dieſes Vor⸗ 
fhlages feines Gegners nicht ablehnen durfte, und 
fi folglich nebſt demfelben vor dem Khan ſtellen 
mußte, fo ertheilte doch diefer im Jahre 1305 Mi⸗ 
haeceln feine Belästigung, Während dieſer Abwe⸗ 
fenbeit bepder Zürfien machten die Leute Georgs 
einen Verſuch, fih der Stadt Wladimir, Michaels 
Leute hingegen einen, fh der Stadt Twer zu bes 
mädtigen ; aber beyde Berfuche liefen fruchtlos ab. 
Ob wohl nun Michael, als er nad einer ad: 
monathlichen Abmwefenheit wieder nad Rußlaud Fam, 
wicht nur den Beſitz des Großfürſtenthums erarif, 
fondern aub non den Nowgorodern, melde den 
Statthalter , den ex ihnen vor feiner Reife zum Khan 
gufandte, nicht annahmen, als ihr Für erkannt 
ward; ſo konute fih Doch der ehrfüchtige. Georg 
wicht dazu entfchließen, durch. Anerkennung feines 


Rechtes Ich mit ihm auszufähnen, und folglich dauer 


se der Krieg zwifchen ihnen, Doch ohne erhebliche Vor⸗ 
fälle, fort, Während desſelben zwang Georg durd die 


‚Härte, womit er ſeinen leiblihen Brüdern begegne« 


se, ob fie gleich bey feinem Aufenthalte bey, dem Kha⸗ 


ne feine Angelegenheiten nah befier Möglichkeit be 
ſorgt hatten, diefelben , daß fie auf einige Zeit ihre 


Zuflucht wach Twer nehmen, und. bey einem in of⸗ 
fenbarem Kriege mit ihrem Bruder ſtehenden Zeinde 


wider denfelben Schug fuchen mußten. Obſchon der 
13 jeptregierende Khan im Jahre 1313 verſtarb; fo 


N 


+ 











pre 


x 


des rufen. Heiches. El, 


begeigte doch Usher, der ald ein dregehujäßriger 
Prinz das Reich feined Waters erbte, oder die Re⸗ 
sierung, die wegen der Minderjdhrigkeit ihres Herrn 
den Geſchaͤften vorſtand, fih gegen Michael: chen 
fo geneigt und Georgs Abſichten eben ſo zuwider. 
Der Letztere dachte von der Abweſenheit des Groß⸗ 


‚fürften, als derfelbe nad der Horde gegangen war, 


fi der Gewogenheit der neuen - Regierung durch 
feine Aufwartung, minMide Untersehungen und 
mitgedrachte Geſchenke gu verſichern, Nugen zu zie⸗ 
ben. Die Rowgoroder naͤhmlich lebten unter dem 
Säuge des Großfüͤrſten einige Jahre glücklich und 
zufrieden. Im Jahre 1311 unternahmen fie gar un⸗ 
te Anfhhrung des Fürflen Demetrins Romanowitſch, 
der vermuthlich als Michaeks Statthalter die Res 
sierung bey ihnen verwaltete, mit: vielen kleinen 
Fahrzeugen eine Landung in das Gebieth der Deuts 
fhen in 2iefland. Dean fieliefen nach Unsfegelung 


des dänifiben Efihlandes zuförderfi in den Haudels 


fiuß. ein, den man für die Aa hält, an deſſen Uferr 
fie alle Wohnungen: verwäüßleten, und die Einwohner 
theils winbrachten,, theils gefangen nahmen, Weil 
fich die Liefläuder dieſes Einfalles nicht verfohen, fo 
hielten fie um Frieden an. Wein bie Ruffen woll⸗ 
ten fib diefer günftigen Gelegenheit weiter bedienen; 
und befuchten ferner die Gegenden an den Fluͤffrn 
Pernan und Kegala auf gleiche Weile, Als ſie aber 
vernahmen, daß der Ritter Conrad Bundermark mie 


‚ Kriegsvöltern wider fie augiehe; ſo rasen fie mit gue. - 
ter Beute, die fie mit fehr geringem Verluſte er⸗ 


Fauft hatten, den Rüdweg au. Allein da fi im 
Jahre 1313 eine Hungersunoth dußerte, ſchrieben fie 
Diefelbe der übeln Regierung ihres jegigen Fuͤrſten 


u, nad ernannten dieferwegen nebſt Vertreibung fein 


ner Beamten den Zürften von Moskau, der nach 
/ Ä J 


— 


1314 


42 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


aller Wahrſcheinlichkeit ben dieſem Aufſtande Die 
Hand im Spiele hatte, an feine Stelle. Georg 
fandte ihnen fogleich den Fuͤrſten Fedor von Rſchew 


mit einigen Kriegsvoͤllern, verlangte aber ,. daß fie 


vor feiner Ankunft die Aufrichtigkeit ihrer jetzigen Ge⸗ 
finnung durch eine Zeindfeligfeit gegen das Gebieth 
des Großfürflen darthun möchten. Sie nuternah⸗ 
men darauf einen Feldzug gegen Twer. Aber Des 


‚ metrius, ein Sohn des Großfürften, hielt fie ſechs 


Wochen an der Wolga auf, wo fie die Heranna⸗ 
bung des Winters und eine Empörung der Kar 
Her umzukehren noͤthigte. Ahr neuer Zuͤrſt Georg 
ſtellte fi, nach Erfuͤllung dieſer ihnen vorgeſchriebe⸗ 
nen. Bedingung im Jahre 1314 bey ihnen din, 
Der Großfuͤrſt erlangte in feiner Angelegenheit 


_ wider Georgen und bie Nowgoroder won Khaue, 


daß derfelbe Georgen vor ſich lud, uund dem Groß⸗ 
fuͤrſten bey feiner Abreiſe tartariſche Kriegsvoͤlker zur 


‚ VBefteafung der abtruͤnnigen Nowgoroder mitgab. 


Mies ael zog hierauf: mis feiner durch dieſe Tarta⸗ 
ren verfärkten Kriegesmacht auf Torſchok zu, mo 


Fuͤrſt Aſonaßi oder Athanaſias, ein Bruder Georgs, 


und Fürſt Fedor von Rſchew zwar mit Moslauern 


. and Nomgorodern ſich ihm in den Weg ſtellten, aber 


nach einem hipigen Zreffen eine völige Niederlage 


mpfingen., die fie zwang, ſich mach Torfihof ga were 


fen. Darauf unternafm der Sieger die Belagerung 


von Torſchok, und da er den Kern der ganzen now» 
gorodifchen Bürgerfchaft in diefew Stadt eingeſperrt 
hielt, legte er diefer Manuſchaft bey Der Unterhand⸗ 


- lung über die Vebergabe von: Torſchok und ihren Ab» 


zug nach Romgorod dis Forderung vor, daß dabey 
zugleich der völlige Friedens » und Unstermärfigfeits 
vertrag der Stadt Nowgorod abgefchloffen werden 
muͤſſe, und ſchrieb als Sieger und ‚als ein durch 


— 





| 








des ruſſiſchen Reichs. "23 
Aufruhr feiner Unterfhanen belefigter Hear den Now⸗ 
gorodern fehr unangenehme Gefebe vor, deren An- 
nahme fie doch wegen der Größe ihrer jetzigen Bes 
Drängnig nicht verweigern durften. Die ‚größte 
Schwierigkeit war, daß der Großfürfi durchaus af 
der Ueberlieferung ‘der bryden Zürften Afonaßi und 
Fedor befand. Doch verglich man ſich zuletzt der⸗ 
geſtalt, daß die Zürften zwar ih die Hände des 
Großfuͤrſten kommen, aber nebft den :&deln Notv: 
gorods, die fih gleichem Sıhidfale unterwerfen 
mußten, bey erfolgter Vollſtreckung des Friedens— 
vertrages von den Nomwgprodern gegen ein Löfegelb 
von 5000 Griwen Silber‘ ihre Frekyheit erhälten 
ſollten. Rach vieler Uebergabe wird vom. Groß⸗ 
fürften Torſchok geſchleift, ‘von den Nowgorodern 
hingegen der ihnen von demfelben zugeſandte Statt: 
halter Michael Kleinentjewirfh angenommen ‚ und 
der von den in Torſchok eingefchloffen geweſe⸗ 
nen Ihrigen geſchloſſene Friedensvertrag geneh⸗ 
migt, und von ihrer Seite ausgeführt. "Da 
hiervon die Befreyung der Gefangenen abhing, die 
der Großfärft nach Twer gefande hatte; fo wurden, 
gleih nachher biefelben ihres Berhafts entledigt. 
Die Nomwgoroder aber hegten nicht den Gedanken 
ein ſo hartes Joch, als ihnen nach ihrer Meinung 
der Großfuͤrſt auferlegte, lange zu tragen, fondern 
ſchickten heimlich Geſandten nad) der Horde, um fich 
von dors Hülfe zu verfhaffen. Doc‘ dieſe Abge⸗ 
ordueten fielen ausgeſtellten Kundſchaftern des Groß⸗ 
fırften in die Hände, und wurden nach Twer ge 
führt. Unter diefen Umftänden bliebes für die Rom» 
goroder ein erträglicheres Uebel , einen neuen Krieg 
wider den maͤchtigeren Großfürften zu wagen, ale 
fih entwoffnet dem Willen eines nach fo frifcher 
Ausföhnung aufs neue durch ihren Meineid zum ges 





x 


44 Bwepter Abſchnitt. Geſchichte 


‚rechten Borne gereigten Herra zu übergeben, Gie 
‚trieben daher feinen Statthalter von fih , und ruͤd⸗ 
ten unter Anführung des Fürſten Afonaßi ihm ent» 
genen. Ben dieſem Treffen erfocht der Großfuͤrſt 
abermahls einen vollkommenen Sieg, welchen er aber 
mit Verluſt fo vielee Maugſchaft erfaufte, daß er ihn 
nicht benugen kounte, fondern fein Leer nah Twer 
zurüͤckführen mußte. Hu Anfang.des folgenden Jah⸗ 
res 1315 nahm er wieder mit einer fo großen Macht 
‚einen. Kriegszug wider dieß abgefallene. Fuͤrſtenthum 
vor, daß die Nowgoroder fein anderes Rettung 
mittel auszufinnen wußten, als eine feperliche Ueber⸗ 
gabe ihrer Stadt in den Schutz der Mutter Gottes, 
deren, wunderthätige Beſchirmung fie ſchon in vielen. 
äbnlidien Norden erfahren zu baden. glaubsen. Als. 
es ſich darauf ereignete, daß der Broßfürft, ohne et⸗ 
was wider fie vorzunehmen, wider nad, Zwer ging; 
fo hieß diefes bey ihnen ein neues von de Mutter 
Gottes zu ihrem Beſien gewirktes Wunder, ob wohl 
audere in den Gedanken fanden, daß der Mangıl, 
den dab Heer des Großfürken auf feinem Zuge 
durch Wälder nnd gang verheerte Gegenden lit, 
und die zu wichtigen Kriegs internehmungen unbe» 
quame Jahrszeit des fpäten Herbſtes hinlaͤngliche 
Beweggruͤnde waren, die Bezwingung dieſer uaru⸗ 
higen Unterthanen auf eine ihm günfligere Zeit iu 
verfparen, Die Nowgoroder kamen feinen neuen 
Thaͤtlichkeiten dadurch zuyor , daB fie gleich nach die. 
ſem fruchtlos abgslaufenen Zeldzuge des Großfuͤr⸗ 
‚fen ipren Erzbiſchof und andere Geſandten nad 
Twer ſchickten, und ſich mittelſt derſelben zu allen 
Friedensvorſchriften des Broßfürfien verſtanden, wor⸗ 
"unter auch dieſe war, daß fie ihre. Gefangenen mit 
23000 filberaen Rubeln (melde Münze hier zuerſt 
vorkoumt) ausloſen wollten⸗ Unter dieſen fuͤr den 


[4 


des ruffifchen Heide. 4 


Sroßfürften glädlihen Begebenbeiten in Rußland 


zog fich beym Hofe des Khaus ein ſchreckliches Un⸗ 


gewitter uͤber ihn zuſammen. Denn Georg, welcher 


ſo wohl den Willen als die Hoffnung ihn zu ſtuͤrzen 


beſtaͤndig behielt, wußte es waͤhrend feines zweyjaͤh⸗ 


rigen Aufenthaltes beym Khan dayin zu bringen, daß 


er mit defien Genehmigung feine Schweſter heira⸗ 
thete, die dep ihrer Annahme der hrifllichen Reli 


gion in der Tänfe den Nahmen Agafta empfing, : 


und in Unfehung diefer Heirath die Ernennung zur 


groß fuͤrſtlichen Würde erlangte, welcher den gebüh- . 


. sender Nachdruck zu verleihen, ihn fein Schwager 
barch ein. tartarifhed Heer, Ddeffen Befehlshaber 


Kamgadi und Aftrabal er zugleich zu feinen Geſand⸗ 


ten erklärte, in fein Vaterland begleiten ließ, Doc 


sv 


Michael entſchloß fich, zur Erhaltung feiner Würs 
de das Weußerfie zu thun, umd Georg erfuhr bey : 


feiner Ankunft zu Koſtroma, daß Michael fub 
durch die Kriegsvölker verfhiedener ruffifcher * 
ſten verſtaͤrkt habe, und den feſten Vorſatz hege, fh 


mit gewaffneter Hand im Beſitze des Groß fuͤrſteu⸗ 


thums wiher Georgen zu behaupten, Weil fi nun 


Georg zu ſchwach erkannte, ihm die Stirn zu bier 


then; fo ſchickte er Michaeln, der zum Kriege ge 
ruͤſtet gegenihn anrüdte, Gefandten entgegen, durch 
welche er, um deu ihm. jegt nothwendigen Frieden 
zu erlangen , der großfärftlihen Würde entfagte. 
Gleich nachher aber errichtete er mit dem Zürften 
Michael von Gorodez und Susdal, dem Sohne des 
Sroßfürften Aadreas II. und den Rowgotodern 
ein Buͤndniß wider diefen Feind, um deffen Aus⸗ 
föhnung er .fich ſelbſt beworben Batte, und machte 


mis ihnen folgenden Entwurf zum befchloffenen Krie⸗ 


ge, daß die Gusdaler nah Koſtroma und die Now⸗ 
gosoder aach Torſchok gingen, Georg felbft aber über 


*= 1317. 


% 


10. Zwepter Abſchnitt. Geſchichte 


Roſtow, Perejaslaw, Dimitrew amd Klin, wo er 


ſein Heer noch mehr vergrößerte, ‚und gegen das tweri⸗ 


ſche Fuͤrſtenthum anrüdte. Hier zog er acht Werſte 
vor Twer, ſeine ganze Maͤcht zuſammen, und ver⸗ 
heerte das Land des Großfuͤrſten; getrauete ſich aber 
nis, die Stadt, wer, in welcher ih Michael 
aufhielt „anzugreifen, fondern begnuͤgte ſich damit, 
zu verſuchen, ob. Michael durch die. Venpeerungen, 
welche dieß demſelben überlegene Krirgsheer im deſ⸗ 
ſen ganzem Gebierh gurichtete , und durch tartariſche 
Geſandten vermocht werden Fönnte, ihın das Groß⸗ 


fuͤnſtenthum abzutreten. Als er auf dieſe Weiſe 


fruchtlos fünf Wochen vor Twer zubrachte; fo brach 
ex..von dort auf, und ging an der Wolga zuruͤck. 
Auf diefem Wege erſchien ihm am 22ſten December 
in Jahre 1317 unvermuthet 40 Werſte von Zwer 
ein großfürflliches Heer, und griff ihn fo heftig an, 
dag er nad langer verzweifelter -Gegenmehr das 
Feld räumen, ſelbſt nah Nowgorod fluͤchten, und 
einen großen Theil feines Heeres nebſt feiner Ges 
mlahlinn der Willkuͤr des Siegers überlaffen mußte: 
Kawgadi zog ih, wie ih der ' Sieg: für feinen 
Heind erllärte, mit den tantarifchen Kriegsvoͤlkern 
in feine Wagenburg; am folgenden Morgen aber 
ließ er den Großfuͤrſten durch einige feiner: Leute 
um Gnade und Frieden bitten. Auf dieſe Friedens⸗ 
bothſchaft that der Großfuͤrſt unverzuͤglich allen fer⸗ 
neren Feindſeligkeiten gegen. die Tartaren Einhalt, 
und empfing den zu, ihm, kammenden Kawgadi mit 
aller Höflichkeit und Ehrerbiethung, der von feiner 
Seite erflärte: .er habe feinen Befehl vom ‚Khan ger 


dabt, wider deu Großfürſten zu reiten, und werde 


feine Vergehung, wenn fie ihm non. feinem: Herrn 
vergeben würde, durch alle in feinen Kräften ſtehen⸗ 
Ben Dienficifungen gegen eigen ſo gropuuthigen 


% 


1 


des ruſſiſchen Reiche. 47 


ueberwinder auszutilgen ſuchen. Da ſolchergeſtalt 


Kamgadi und feine Tartaren die Frepheit etlaugten, 


und ohne die mindeſte Krqaͤnkung mit vielen Ehren 
entlaffen wurden ; fo verblieb die Gemahlinn Beorgs 


in der Gewalt des Großfürften, und fiarb bald 


nachher in diefem Zuſtande. Ungeachtet dieſes ge⸗ 


habten großen Verluſtes ſezte Georg den Krieg doch: 


fort, und ſtellte durch ſtarke Unteriügung der Now⸗ 
gorader wieder ein ſtarkes Heer ink Feld, welchem 


der Großfürft bey der Wolga entgegen rüdte, Doch 


kam es nun gu feiner Schlacht, fondern bepde Fürs 


fien machten mit einander ab, die Entſcheidung ih⸗ 
rer Streitigkeiten vor dem Throne des Khans zu | 


" ſuchen. 
- Mißeel bemuͤhte adh zwar darauf, durch 


Abfeadung feines jüngfien dreyzehnjaͤhrigen Sohnes 


Eonftansin, feinem’ ®egner Georg bey dem Khane 


zuvor zu fommen, und dur ein ſolches Zeichen. 


des Vertrauens das wider ihn aufgebrachte Gomuͤth 


bes Shans ‚zu befänftigen. Allein. als Georg bey 
demfelben anlam, und Kamgadi alle Befchuldigun« 


gen, womit berfelbe den Großfürften belaſtete, bes 


kraͤftigte; fo erreichte Udbeld Zora wider den Groß. 
fürfßen einen ſolchen Brad, daß er Conſtantinen ine 
Sefängniß werfen und dort Hungers ſterben laſſen 


wollte. Aber eben dieſe Perfonen, welche ihn durch 


die Beſchuldigungen, die fie wider den Vater vor⸗ 
brachten, bewogen hatten, ein fo firenges -Urtheif 
gegen den Sohn zu fällen, wirkten durch die Bor- 
ftelung, daß der Khan dadurch nicht Michaels Ber- 


breden beftrafen, fondern denfelben warnen wür⸗ 
de, fih der Gewalt des Khans umd folglich auch 


feiner Strafe zu entziehen, einen Widerruf dieſes 


Entſchluſſes und einen wiederholten Befehl an den 


Großfuͤrſten aus, unvorzäglih vor dem Khaue gu 


Fi 


- 


1319. 


48, Zweyter Abfehnitt. Geſchichte 


erfheinen. Mitslermeile ſchickte ſich Michael zu dieſer 
Reiſe, die er auf keine Weiſe vermeiden konnte, 
onf eine folde Art an, daß er alle feine Angelegen⸗ 


‚heiten vorher in Ordnung brachte, da er wohl ver: 


muthete, daß feine Feinde alles Mögliche anwen⸗ 
den würden, ihn zu vernichten. Er fegte feinen 
legten Willen auf, beſchied feinen Kindern ihre Erb⸗ 


theile, forgte füt feine Fuͤrſtentihuͤmer, und bewarb 


fid um die Freundſchaft der. Nowgoroder durch Ve⸗ 
freyung ihrer Gefangenen. 

Jetzt brach er von Twer auf, und traf in 
Wladimir den tartarifgen Geſandten, welcher ihm 


den Befehl feines Herrn verfündigte, und zugleich 


berichtete, daß erin der Horde in fehr übelm Kaufe 


ſtehe, und man fon ein ſtarkes Heer wider ihn 


zufammen ziehe. Auf eine fo ſchlimme Nachricht 
gaben ihm feine Bojaren den Rath, Lieber noch einen 
Sohn abzuſchicken, als fi ſelbſt auf die ihm ſchon 


beſtimmte Schlachtbank zu liefern. Seine Söhne 


ſtritten jetzt am die Ehre, durch Aufopferung ihres 


Lebens das ihres theuern Vaters zu erkaufen, um 


bathen ihn mit Thraͤnen, hierzu einen von ihnen zu 
erwaͤhlen. Allein Michael vorwarf dieſen Vorſchlag, 
weil er für unverautwortlich achtete, einen feiner . 
Söhne ſtatt feiner ‚in den gewiſſen Tod zu ſchicken, 
uud in der That war fein perſoͤnliches Erſcheinen 
vor dem Khaue jetzt zwar überaus gefaͤhrlich, aber 
doch das einzige Mittel, wo einiger Schein eine 
ſchwachen Möglichkeit fi. zeigte, nicht nur ſein Le 
ben, fondern auch feine. großfürfliche Würde fih u 
erhalten. Am 5, September 1319 fam er am Don 
on, wo ihn fein Sohn Eonflantin und einige arte 
sifche Befehlshaber empfingen, und nach dem Hof 
lager, das fi damahls in der Probe dieſes Fluſſet 
deſand, beol⸗ ierten. | 

0 Ds 








des ruſſiſchen Reiches. 49 


Da es hierauf faſt zwey Monathe waͤhrte, ehe Der Geob⸗ 
man eine Unterſuchnng über feine Sache anſtellte, ——— 
ſo bemuͤhete er ſich durch Ausfpendung reicher Ger Horde ven: 
ſchenke Zreunde unter den Großen zu verſchaffen. #tbeilt und 
Aber feine Gegner vereitelten alle feine Hoffnungen hin gerichtet. 
durch die Wichtigkeit der Dinge, die fie ihm vor⸗ 
warfen, nad deren Wahrheit gu erhärten fie alle 
ihre Geſchicklichkeit und die guͤnſtige Meinung, auf 
bothen , welche der Khan und Die übrigen Großen 
von ihrer Aufrichtigkeit und Eifer für das allgemeine 
Beſte Batten, 

Dieß deutete (dom dem Groß fuͤrſten den aller⸗ 
übelften Ausgang an, daß Kawgadi einer der Vor⸗ 
nebmften unter den in feiner Angelegenheit niederge 
fepten Richtern war. In der That nahmen Die Ride 
ter alle Klagen, die Georg‘ wider den Broßfürften ' 
vorbradte, bloß auf deffen Ausfage als völlig era 
mwiefene Wahrheiten, Michaels Widerlegungen Pine 
gegen für lauter Erdigtungen und Ausflüchte an, 
und fo konnte es nicht ‚fehlen, fie mußten in ihrem 
Berichte, den fie von der durch fie gefchehenen Unters 
: fuchung an den Khan abfiatteren, dem Großfärſten 
das Todesurtheil fällen. 

mar befablder Khan, diefe Angelegenpeit noch 
- ein Mahl Vorzuuchmen, Jeden Punct aufs genauefte 

durchzuforſchen, und in einer fo wichtigen Sache 
nicht eher, als mach ſehr reiflicher Erwägung aller 
Umfidade, ein Endurtheil zu fällen. Doc diefe 
Gerechtigkeitsliebe des Khaus ſchaffte Nichaeln nie. 
den geringfien Nutzen, indem Kawgadi dur eine 
wohlausgefonnene Rebe, in welcher er neben deu 
Lobſpruchen, die er dieferwegen dem Khane gab, 
zugleich fo viel Wahrſcheinliches von feinem Eifer - 
fr die Ehre und den Nutzen feines Herrn vorbrach⸗ 
te, daß er depfelben bewog, ihn, der fih doch bee 

Geſch. Ruſl. 3, Band. D» 


50. Swepter Abſchnitt. Geſchichte 


veits durch alle feine Handlungen als einen nad 
dem Untergange Michaels dürftenden Feind erwie⸗ 
fen haette, zum Borfiger dieſes audern Gerichtes zu 
ernennen , and einzuräumen, dab Michaels Berge 


hungen ſchon faſt erwiefen feyen, und er aus dieſer 


Urfache gefeffelt vor dieß neue Gericht geführt wer 
den ſollte. Bor bdemfelben trug Anfangs Georg. 
feine Befchwerden Aber. den Großfürften vor ,. und 
dieſer versheidigte ſich alsdann über dieſe Vorwürfe. 
Weil aber diefes Sachen waren, weldhe bloß Anger 
Iegenheiten zweyer ruſſiſcher Fürften betrafen; fo 


blieben die Richter dabey ziemlich gelaffen. Run aber 
"erzählte Kawgadi ſolche Sachen, die die für die 


Gerechtſame ihres Khaus und das allgemeine Beſte 
ihres Volkes eiferuden Tartarn aufs hoͤchſte erbitter⸗ 


: sen: naͤhmlich Michael habe dem Befehle, vor dem 


Khan zu erfheinen, den Gehorſam verfagt; vice 
für den Khan erhobene Gefälle behalten; .in frem- 
de Länder fluͤchten wollen, feine Schäge. nah Kom 

zum Papſte, diefem bey den Tartarn wegen feine 
Bielglltigkeit bep der ganzen. katholiſchen Chriſten⸗ 


heit verhaßtefien Keinde, vorausgeſchickt; die Schwer 


fier des Khans vergifter; ein tartarifches. Heer anges 


| driffen, viele davon erfchlagen, and ihn ſelbſt gefau⸗ 
gen genommen. Bergebens verantwortete fi der 


Unglüdfiche: fein jegiges frepmwiliges Exfcheinen in 
der Horde und die großen Summen, die er von 
erhobenen tartorifchen Gefaͤllen und an reihen Be 
ſchenken häufig nach der Horde uͤbermacht, redeten 
überftäffig für feine Unfhuld in Anfehung der erfen 

diefer Rlagpuncte; Gott und fein Gewiſſen reöstfer- 
tigten ihn, zum Tode der Schwefler des Khaus 
nichts bepgetragen gu haben; Kawgadi ſelbſt werde 
geſtehen, daß er mit / Widerwillen gegen ihn geſtrit⸗ 
ten, und ihm nachher ale einige holuigien und 


Ehre erwiefen habe, Vergebens führte er Georgen 
ihre nahe Verwandtſchaft, Dutsfreundſchaft und 
das gute Vernehmen zwiſchen ihm und Georgs 


Vater, wie auch die vielen von ihm jenem erwire 


fenen guten -Dienfte zu Gemuͤthe. Vergebens berief 
er fih anf das eigene Bewußtſeyn Georgs, daß der» 
felbe. ſelbſt der Urheber aller der Händel fen , wegen 
welcher er ihn ſo hart anklagte. Vergebens flehte er 
endlich die Gerechtigkeit und Gnade ſeiner Nichter 
an. Denn Kawgadi fprang bey den lehten Worten 


dieſer Vertheidigungsrede mit dem Ausrufe: Keine 
Gnade, fondern den Tod haft du verdient! von feis. 
nem Sitze auf, und die geſammten Richter zrigten 


dem Khan an, daß Richaeln feine Verbrechen aller 
Gnade und Barmherzigkeit unwuͤrdig machten, und 
bewirkten dadurch die Beſtaͤtigung ihres Aber ibn 
ausgeſprochenen Todesurtheils, weldes fie folgenden 
Tags nad tartarifhem Gebrauche ihm anfündigten, 
Run trieben fie alle feine Freunde und Bedienten 
von ihm, uͤberlieferten ihn im Nahmen der fieben 
großen tartariſchen Fuͤrſten fieben Waͤchtern, legten 
ihm eine große Kette um den Hals, ‘und banden 
ihm die Hände auf den Rüden. Bey dem gleich 
nachher erfolgten Aufbruche der ganzen Horde zu 
einer großen Jagd des Khans in’ den Gegenden um 
den Terek ſchleypte man den Ungllidlichen fünf und 
zwanzig Tage lang als den nemeinften Verbrecher 
mit fchweren Ketten beladen mie fort. Später führte 
ihn Kamaadi vor das verfammelte Volk, und berich⸗ 
tete demfelben feine Verſchuldungen und bie große 
Gnade des Khans, welcher ihm vor der Vollfires 
dung des Ursheils einige Freyheit vergoͤnnen wollte, 


fih zu feinem Zode vorzubereiten. Zur Befolgung 
dieſes Befehles des Khans, erleihterse man feine 
Zeſſeln, und vergdante feinem Bohne, feinen Freuns 


Ds 


bes ruſſiſchen Reiches. 51 


— 


d, 


i 


52 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


den, Bedienten und Geiſtlichen den Zutritt zu ihm. 
So gelangte er mit der Horde in die Gegend von 


Derpent., und fiärkte fih durch die Unterredungen 


mit den Seinigen, den tröfßlichen Zuſpruch feiner 
Prieſterſchaft, und durch Bethen und Lefung der Bibel 
in feinem Elende. Am 22. November benachrichtige 


ihn einer feiner Leute, daß Fürſt Georg und Kam 


gadi mit einer großen Menge Volks fich feiner Hätte 


moheten. Er aber fandte auf diefe ſchlimme Nachricht 


ſogleich feinen Sohn zu einer von den Gemahliunen 
des Khans, die feine Sache nad Möglichkeit immer 
vertheidigte, um fie zu bitten, auch jegt ihre Bes 
mühungen zur Erhaltung feines Lebens anzumenden, 
‚ oder wenigflens feinen Sohn vom Tode zu befrepen. 
Georg und Kawgadi fliegen in einiger Entfernung 
von feiner Hütte von ihren Pferden, und uͤbertru⸗ 


gen einem Theile ihrer Begleiter feine Hinrichtung. 


Diefe traten mit Geraͤuſch ia die Hätte, fingen 
noch tartarifchem Gebrauche die Bolfisedung des 
Todesurtheils mit Schlägen und Martern an, und 
befefiigten ihn mit der um feinen Hals gelegien Latte 
an die Wand der Hütte, Als aber die Wand von 
der Schwere diefer Laſt einflürzte, und der Große 


fuͤrſt auffprang, gingen die Schläge und Marten 


wieder an, bis endlich ein gewiffer Romane; mit 
den Worten: Du biſt ein Mann, trink diefen guten 
Kelch, dur einen Meſſerſtich in feine Seite feinem 
Leben und zugleich feinen ausgeſtandenen Qualen 
ein ‚Ende machte. Darauf plündersen fie die ganze 
Hütte, und führten die von ihnen mißhandelten 
Freunde des Sroßfürften zu Georgen und Kawgadl, 
die anf den ihnen von den Vollſtreckern ihres Ber 
fehles abgeflatteten Bericht nun auch in die Hütte 
. gingen, und den blutigen Körper nadt auf der Erde 

liegen fahen. Georg betrachtete denfelben ohne einie 


L "y 





N 


des ruffifchen Meiches, - 53 


ges Zeichen ded Mitleidens. — Allein Kamgadi 

konute bey einem fo unmenſchlichen Betragen nicht 

ungerührt bleiben, fondern befirafte ihn dieſerwegen 

Durch die Worte, die er mie grimmiger Geberde 

ausſprach: Wie kannſt du den Leichnam deines dltern 

Bruders nadt vor bir liegen fehen? &eorg erſchrak 

über dieſe Anrede, befahl den todten Körper zu bedecken, 

und erbath fich die Erlaubniß, denfelden in fein Va⸗ 

terland zur Beerdigung abzufübren. So flarb dies 

fer tapfere und tugendhafte Zärft im 46ften Jahre 

feines Alters mie Hinterlaffung der Söhne, Dimitri, 

Alexander, Conflantin und Wafılei, und einer Zoch» 

ter Zeobora. *) ” Ä u 
Run erlangte Georg, Fürft von Moskau, den _ 1380. 

Zweck, den er durch fo verabfchenensmwürdige Wege Bora DI. 

fuchte, indem er 1320 vom Khan das Groß fürſten⸗ II. großfüͤrfi⸗ 

thum Wladimir und gleich daranf durch die Wahl lie Jesie- 

der Nowgoroder auch das Zürfienfhum Nowgorod En 

erhielt. Er würde vieleicht durch einen natürlichen 

Tod, ohne die Strafe feiner Verbrechen auf diefer 

Welt zu empfangen, dieſelbe verlaffen haben, wenn 

er nicht die Söhne feines durch fein Anfliften geſtuͤrz⸗ 

ten und graufamer Weiſe getödteten Vorgängers 

mit gleicher Ungerechtigkeit verfolge hätte. Dean 

Durch feine Bedrüdungen zwang er den dlteflen dere . . 

ſelden, Dimitri, nad der Horde zu geben, fih den 

Schutz des Khans zu verfhaffen,, und zugleich von 

demfelben auszuwirken, daß er ihn anſtatt feines 

Widerſachers zum Broßfürften erklaͤrte. Zwar 

folgte ibm Georg III, mit ſehr reichen Geſchenken 

auf dem Fuße nad. Allein Dimitri Bruder, 

Alerander , überfiel ihn auf dem Weiße bey Nifch- 

neinowgorod, zwaug ihn mit Zurücklaſſung feines 


”) Peterb, Journal Th. 6. S 30 —49: 


— 


54 Zueyter Abſchnitt. Gelchichte 


Alerander 
II. wird 
Großfuͤrft. 


ganzes: Oepaͤckes nach den noͤrdlichen Gegenden von 
Rußland zu fliehen, und verurſachte dadurch, def 
der Khan Dimitris. Verlangen erfüllte. Als aber 


nach diefen Begebenheiten Dimitri und Georg 1326 
zu gleicher Zeit fih in der Horde aufdielten; fo 


tödtete Dimitri Georgen, und ward Dieferwegen 


auf Befehl Des Khans hingerichtet. 


Nach Dimitri Tode warben ben ber kartari. 
(den ‚Horde um das erledigte Großfuͤrſteuthum Ale⸗ 
zander, Dimitris, und Iwan, Georgs Bruder; Der 
Erſtere erhielt «8. 
Inzwiſchen As antiete fih Iwan mit der Ver⸗ 
groͤßerung nud Verſchoͤnerung der Haupiſtadt feines. 
Fuͤrſterthums Moskan, welches der Metropolit Peter 


> Padursch einen neuen Glanz verlieh, dag er, da Wla⸗ 


31% 


bimir unter andern deßwegen immer mehr in Ab. 
nahme gerieth, weil die Großfürften ſich gewoͤhnten, 
ihre meiſte Zeis in der Hauptſtadt ihres Erblandes 


‚Hof gu halten , feinen Sig dahin verlegte. 


Iwan durfte guf die Erfanguug des Großfuͤr⸗ 


fienchums nicht Lange harren. Bald wa der Thronbe⸗ | 


ſteigung Alcxanders II. kam Iſchelkhan, im Jahre 1327 


als tartariſcher Großgeſandter mic einem Gefolge, das 


ein kleines Heer vorſtellte, zu demſelben nad Zwer. 
Alexander empfing dieſe Gaͤſte mit aller Ehrerbiethig⸗ 


keit und Freundſchaft, and raͤumte ihnen ſogar das 
Gaus ſeines Vaters ein. Aber Tſchelkhan und feine 


Tartarn vergalten ihm and feinen Uaterthanen dieſe 
Hoͤflichkeiten mit dem groͤbſten Stolze und offenba⸗ 
zehn Beleidigungen. Alexander konute dieſes nicht 
Rilfgmweigend ertragen, und machte Tſchelkhauen 


Vorſtelluuges, die aber diefer ald Berlegungen der 


ibm grbäßrenden pre betrachtete, und durch Schud- 
hungen und Drohworte beantwortete. Wierander 
glaubte, ſihere Beweiſe za haben daß Aſchathan 





des ruffifchen Reiches. 55 


nur den Tag der Entfihlafung der 5. Jungfrau, das 
erfieruffifhe geh, erwarte, um in der folgenden Nabe ., 
darauf feine Drohungen ansjuführen, ‚ein. großes 
Biutbad unter den Einmohnern der Stadt anzu - 
riesen, "nad nad einer Auspluͤnderung die ganie 
Stadt in einen Aſchenhaufen zu verwandeln. Br, 
entfchloß ſich daher, dieſen Zelnden zuvor zu kom⸗ 
‚men, ließ alle Einwohner heimlich mit Waffen ver⸗ 
fehen, und eröffnete ihnen das Vorhaben der Zar 
tern, daß fie nähmlich alle rufifhen Zürften und 
wehrbaften ‚Männer, die nicht ihr Leben wölr.der 
YAuuabıne der muhamedaniſchen Lehre erfaufen wohh 
ten‘, ausrotten würden, worauf Tſchellhau das 
Oroßfürkenthum, andere tartarifhe Großen aber 
die Abrigen Bürkentblimer erhalten follten. Er fühnte 
fie: weit :fehhen Morgen des genannten Zefles vor 
Die Wohnung des tartariſchen Befandten, Weildie 
fer eben denfelben Tag zum Ungriffe der Twerer 
beſtimmt hatte; fo traf man ihn und fein ganzes 
Gefolge In wehrhaftem Stande, und da num beyde 
Theile nur durch der Geguer gaͤuzliche Vertilgaug 
fih nicht bloß den Sieg, fondern fogar Die Erhab 
tung ihres eigenen Lebens gun verfhaffen Dahtan. fo 
dauerte das Gefecht den gungen Tag, da ben den 
Tartarn die beſtaͤndige Hebung in den offen and 
kriegeriſchher Sinn den Bortheil erſeßte, den die 
ſtaͤrkere Zahl ber Twerer über fe haite. Als eod 
lich der Mangel an Streitern, ben beyde kaͤmpſende 
Parteyen erlitten, die Geringern aa dar Zahl am 
:meiften ſchwaͤchte, und idee Gegner unaufboͤrlich 
feiſche —* gegen fie. fuͤhren kounten, ſie hin⸗ 
. gegen ungbgeloͤſt in einem immerwaͤhrenden Gefechte 
verbleiben and folglich Juletzt alle Kraft verlieren 
mußten; fo zog fich Tſchellhan am ſpaͤten Abend in 
' feine Wohnung such, welche der: Gretfurn anzün 


56° Zweyter Abichnitt. Geſchichte 
den ließ, wodurch TIſchelkhau und alle feine. Tar⸗ 
tarn im Fener umkamen. Damit aber begnügten ſich 
die Twerer nicht, ſondern fie töbteten über dieß alle 
in ihrer Stadt befindlichen Tartarn, obwohl viele ber» 
-felben laͤngſt vor Tſchelkhan der Handlung und an 
derer Utſachen wegen bey Ihnen ſich anfäflig semaät 
batten, 
ey Jwaus Ankunft in der Horde, wohie er 
PBofchligt wurde, verſprach ihm der Khau das Groß⸗ 
fürſtenthum zur Vergeltung für den Dieuſt, daß er 
mit Meyhuͤlfe eines tartariſchen Heeres : unter fünf 
Haͤnptern, welches ihm den Khan mitgab;, :Aleran- 
dern, wenn er ihm nicht toͤdteu oder lebendig in 
tartarifihe Hände liefern koͤnnte, wenigſtens ans 
den Grenzen von gang Rußland vertreiben folk. 
Su Rußland. vereinigten ſich Fürſt Wldsanden von 
Sasdal ned andern raffifhen Fuͤrſten mit Iwand 
Kriegdvoͤllern, und zogen fih bey Moskan imein Het 
zuſammen, welches die Kriegsunternehmungen der 
Tortare wider das Zürflentfum Zwer deckte. Diefe 
: nahmen Twer, Kafıhin uud andere Städte ohne fon- 
derlichen Widerſtand ein, und verheerten das ganze Fuͤr⸗ 
ſtenthum mis Jeuer und Schwert. Denn obwohlälgen 
der den Tod nicht ſcheurte, fo hielt er doch für beſſer, 
fen Lehen durch ein zeitiges Eatweichen zu erhalten, 
und dasſelbe anf eine andere Selegenheis zu fparen, 
wo et dasſelbe mit der Hoffnung , fi und feinem 
Baterlaude zu nüpen, in Gefahr fegen koͤnne. Er 
aing kt feier Gemahlinn und Kindern wach Pleskow, 
mo. die Einwohner fo viel Sroßmuth und Kuͤhnheit 
beſaßen, daß fie ihm nie‘ nur Schutz verliehen, 
ſondern ihn. fogar zu Ihrem Fuͤrſten annahmen. Eine 
Menge’ feiner Untertbanen that ein Gleiches, und 
verließ ihre Wohnfige, in Hoffnung, wenn diefed 
Ungewitter ihre Grenzen verlaſſen haben würde, die 


‚ bes ruſſiſchen· Ariches. 37 


ſelben wieder zu bezichen, und fo war faſt niemand 
im ganzen Ginfientbume übrig geblichen, der einige 
Gegendoehr hun mochte, . Bach hiefer :Verbeerung - 
des Zwecriſchen ſchickten ſich die Tartarıı zu einer 
‚gleichen: Unternehmung: gegen: Romgerod .an.,- wo..fie 
eine weit betraͤchtlichere Beute zu erlangen verfichert 
‚waren, Allein Bid ruſſiſchen Furſten thaten den Ngwu⸗ 
goradern den Vorſchlag, Diefer bevorfiaheuden tartus 
‚zifchen. Berbeerung durch Entſagung ihres Gehor⸗ 
fen gegen den Großfürſten und Bezahlung von 
:2609 Griwen, die fie uch audern Geſchenken den 
Zartarn lieſers follten,. vorzuheugen. Die Now⸗ 
‚sorsder Bequenten fih zu bebdem,..und nahmen, 
da ihre Beharrlichkeit bey Alezandern dieſent; nichts 
helfen kounte, vorläufig. die Beamten. des Fuͤrſten 
von Moskau mit der Erklaͤnung an, daß ſie denſel- 
ben wicht eher zu ihrem Zürftan annehmen fännten, 
eis bis er vom Khan das Graßfurfienchum, erlangt 
haben würde. Sie. entheilten auch ihrem Geſandten, 
der zugleich mit dem Zürften. von Moskan und Com 
fiantin, Dem Bruder des; Großfürften, nad. der 
‚Horde ging, nebR ben.ihre eigenen Ungelegenbeisen 
betveffeuden Aufträgen die. Worſchrift, das. Geſuch 
des Fürfien von Moskan in Anfehung des. Großfuͤr⸗ 
flen und Zürfienthums wa Vermoͤgen gu unten 


en. a Pe | Fi . * 
Der Khau erfüllte alle dieſe Wuͤnſche, Indem 1320. 
"er 1328 dem Fuͤrſten vor Moskau das Aroßfürften- —— 
thum nebſt dem. Fuͤrſtenthume Rowgorod, Conſtau⸗ Khan abge⸗ 
tinen hingegen Twer zugeſtond, wobey er aber far ſebt, und 
wohl dieſem neuen Fuͤrſten won Twer als den Now⸗Fint von 
gorodern nachbrädlich einſchaͤrfte, nebſt allen rufe Iwan an 
(den Fuͤrſten dem neuen Großfuͤrſten Iwan mit ee 
aller ihrer Macht im Kriege wider Alezandern zu füchen erhps 


Bienen, und nicht sher zu ruhen, bis derfelbe ent. ben. 


Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
weder lebendig ober todt in die Hände des Khane 
‚geliefert, oder wenigſteus aus Pleſkow verteichen 
ſeyn würde. Nichts deſto, weniger verblichen die 
Pleskowor ſtandhaft dabey, fi flir das Wohl die 
ſes nugluͤcklichen Fuͤrſten aufjuopfern. Hingegen 


ſcheuete Iwan, fo ſehr er wuͤnſchte, daß Wlegandır 


nie wider auffomme, überhaupt jeden Krieg. 
Daher verfuchteer durch Geſandten, die er an 
Alexandern abfertigte, denſelben zu uͤberreden, ſich 
freywillig in der Horde vor dem Richterßehle dei 
Ahans zu ſtellen. Dom: dieſes Zumuthen war, be⸗ 
ſondere nah dem traurigen Schickſale, welches 
Alex auders Vater In der Horde betroffen hatte, 


gar pa ſonderbar, als daß Alegander ſich dazu Wr 


Banden Haben ſollte. Run konnte Iwan aicht umhin, 
befonders da ein tartatifcher Geſaudter nochmahls 
dinen. Befehl feines Herrs an deu Sroßfuͤrſten ud 
die gefammten ruffifchen Zärften uüͤberbrachte, us 
verzüglich den Krieg wiber Alexaudern vorzuuehmen, 
und lauf die Ziegsmacht von ganz Rupland wider den 
felben aufzablethen. Die Furcht vor ben Tarfatt 
vermochte fo viel, daß niemand fidh unterfland, 
dieſem Befehle den’ Gehoeſam zu verſagen, und ſe⸗ 
gar beyde Bruͤder Alexauders ſtellten ſich in Jwaus 
Lager ein.: Aber den Ußermeifien fehlte der Wille, 
ihm wider Alexpandern und die Pleskower wirkliche 
Dienſte zu leiſten. Faſt jeder ſchuͤßte vor, daß der 
Befannte Much und Die Kriegserfahrenheit Alesan 
ders in Verbindung mit ber ſtarken Ergebenheit der 
Pelskower gegen. ihn, die leicht Listhauer, Deutſche 
und Schweden wider fie zu Huͤlfe rufen und dis 
der Herefchaft der Nowgoroder unterworfenen Karte, 
ller und Jugrer an fich ziehen Fönnten, diefen Arie 


= Gehe mißlih und für die Angreifer gefährlich mach⸗ 


ten; beſenders wandten bie Ropogoroder ein, Dei Ä 


“ 





des ruffifchen Heiches. 0 
da diefe Beforgniffe fie vorzuglich ongiagen, and fie . 
erſt neuli an der Jugra einen aufebnlichen Berlof 


erlitten hätten, und ſtuͤndlich wider einen Anfall der 
Deutfgen , die in Doͤrpt einen vornehmen Nowge⸗ 


roder erſchlagen hatten, auf ihrer Huch ſtehen muͤßfß 


ten, nur einen geringen Theil ihrer Kriegsmannſchaft 
dem Großfuͤrſten zu dieſem Kriege hergeben koͤna⸗ 


ten. Dieſes bewog Jwanen, aufs neue zu verſu⸗ 


dien, ob fein ſchon ein Mahl Alerandern gemachter 
Vortrag dieß Mahl beffer gluͤcken werde, und we 
gebrauchte, um demſelben mehr Rachdrud zu Dee 
ſchaffen, nun außer einem feiner Bojaren und Dem 
nomgorodifchen Tnfägfi Awram den Erzbifchof von 
Momwgorod Moiſei zu der Geſandtſchaft, Die Alerans 
dern zur Annahme desfelben überreden follten. Des 
Erzbiſchofs Borkellung machten auf das Gemuͤth des 
herbaften nnd fein Baterlaud und die Religion lieben⸗ 
den Alexanders einen folden Eindruck, daß er fidh 
nach dem Sinne der. Abgeordneten des Großfürfen - 
erklärte, Aber auf die dringende Bitte der Ples— 
Tower, fie, die ihn als ihren Vater lieben, wie _ 
zu verlaffen, oder ihrer Redlichkeit die Schande au⸗ 
zuthun, daß’ er aus Mißtrauen gegen ſie in den 
gewiſſen Zod gehe, aͤnderte er dieſen Vorſah, und 
ſchickte die Geſaudten mit einer abſchlaͤgigen Autwort 
an Jwan zuruͤck. Folglich ſollte nun dieſer zn Jeind 
ſeligkeiten wider die Pleskower ſchreiten. Aber die 

vorher erzaͤhlten Urſachen erregten in ihm die ge⸗ 

rechte Beſorguiß, daß er durch dieſes Mittel wenig 
ausrichten, ja wohl gar ſich ſelbſt Schaden zuziehen 
würde, Er begnuͤgte ſich daher guförderfi damit, 

daß er mit feiner großen Kriegg macht gegen Yledtow 
auehdte, in der Hoffaung, Daß vielleicht das Schrecken 
über die Gefahr, womit er'num die Pleskower bee 
drohete, dieſelben bewegen möchte, fi nach feinem 


Go Smenter Abſchnitt. Geſchichte 
"Sinne zu bequemen. Da auch dieſe Hoffnung fehl⸗ 
ſchlug; fo hätte er doch, fo ungern er es that, es 
gum Kriege kommen laffen müfjen, wenn ihm. nicht 
‘der Aufenthalt des Fürzli aus Griecheuland gekom⸗ 
‚ Men neuen Metropoliten Zeognift iu feinem: Lager 
einen Weg gewiefen Hätte, der ihm ans feiner ge⸗ 
genwärtigen Verlegenheit heraus half. Diefer Re 
tropolit befiritt nun Die Zeinde Iwans mit geifli« 
Ken Waffen, und belegte fomohl Alerandern als all 
feine Beſchuͤzer, unter dem Vorwande, als wenn 
fie aus einem unverantwortlichen Eigenfinne und aus 
’eigennhgigen Abfichten die ganze ruſſiſche Kirche der 
Wuth der mächtigen Tartarn Preis gäben, mit dem 
Banufluhe. Die Pleskower zweifelten zwar gicht 
an der Kreft dieſes Ausfpruches. Weil ſie aber In 
den Gedanken ſtanden, denſelben durch Eriheilung 
eines deſſern Unterrichtes von ihrer Sache dahin jzu 
bewegen, daß er diefes wider fie gefäflte Urtheil 
aufhebe; fo fiegte doch ihre Zuneigung für Alerau⸗ 
dern und die Ehre, ihm munter allen Umfländen 
ihr Wort zu halten. Als nun diefer ſelbſt befürd- 
tete, daß dieſe Gruͤnde zu ſchwach ſeyen,* um nicht 
durch die Furcht, fich ſeinetwegen in die ewige Bar 
dammniß zu ſtuͤrzen, entkräfter zu werden; fo er⸗ 
Härte er ihnen, wie er nicht zugeben koͤnne, dab 
fie feinerwegen von der Semeinſchaft der Kirche aus⸗ 
serbloffen blieben, und begab fih, nachdem er ihnen 
den ihm geleiſteten Eid erlaffen "hatte, unter allge 
meinen Klagen, Weinen und Bitten, fo bald es Ih 
nen ‘gelingen follte, das Hinderniß, welches nun ihre 
Vereinigung trennte, weggerdumt zu haben, wave 
zuͤglich wieder zu ihnen zu kommen, zu den Deu 
ſchen nach Liefland. Er zog während biefes Aufe 
 enthaltes im Auslande durch feinen perſonlichen Um⸗ 
garg ſowohl dieſe Deutſchen als viele titthauiſcht 











des ruſſiſchen Reiches. 6% 


Zürfien,, uud fogar ihr Oberhaupt, den mächtigen 
König Sedimin, auf feine Seite. Ob nun zwar. 
Sean wohl-viel lieber geſehen Hätte, daß Alexan⸗ 
der entweder das Leben verloren hätte, oder leben⸗ 
dig in die Hände der Zartafı gekommen wäre, fo 
mußte er ſich doch in Anfehung der gegenwärtigen 
Umſtaͤnde freuen, die Eutfernung Alexanders aus 
Pleskow bewirkt zu haben, und widerfegte ſich da⸗ 
ber nicht , daß der Metropolit die Pleskower von 
dem Bonne entledigte; ja er ſchloß fogar mit den⸗ 
ſelben Frieden: dieſe hingegen ſchickten im zweyten 
Jahre nach der freywilligen Verbannung ihres 
Zürfien eine anfehnlihe Geſandtſchaft an denſel⸗ 
ben, ihn wieder zu ſich zu berufen. Um ſich aber 
wider die Wirkungen eines abermahligen Bannflus - 
des zu verfichern, flatteten fie durch eine andere 
Geſandtſchaft dem Wetropoliten Feogniſt, der fich 
gegenwaͤrtig zu Wladimir in Volhynien aufdielt, 
wo der. Einfluß des in Mosfgu Hof haltenden Große 
fuͤrſten nicht ſo fehr auf ihn wirken Eonnte, Bericht 
von ihrem Vorhaben ab, und verlangten zugleich, 
da fie das durch denfelben wider fie gefällte Bann. 
urtheil hauptſaͤchlich der Klage zuſchrieben, durch 
welche fi der Erzbiſchof von Nowgorod Über ihren 
Ungehorfam, auf fein, ihres geifilihen Vorgefegten, 
Berlangen, Alexauders Sache zu verlaffen, beſchwert 
hatte , von defjen Gerichtsbarkeit durch Zugeſtehung 
eines elgguen bloß vom Metropoliten unmittelbar 
abhängigen Biſchofs befrepet zu werden. Bepderlep 
Begehren unterKügten die litthauiſchen Fuͤrſten durch 
ihre Zürfprade. Ungeachtet diefer Fürſprecher bes 
wiligte Feogniſt den Plestomern den eigenen Bir 
(hof nicht; doch ließ er fih, vermurblih durch ihr. 
Bureden und Alexanders eigene Gegenwart zu Wlar 
dimir, bewegen, zu erklaͤren, daß er der Wiederkunft 


x 


x 
> 


62 Imenter Abſchnitt. Geſchichte 
Aleranders nad Pleskow und deſſen Aufenthalte ia 
dieſer Stadt nicht entgegen ſeyn wolle. 

Eine zwiſchen Iwan ˖ und deu Nowgorodern 
entſt andene Streitigkeit verurſochte, daß die Now⸗ 
goroder dabey gang ruhig blieben, der Großfuͤrſt 
Bingegen fi nicht getrauete, den Ple⸗towern aufs 
neue die Entfernung Alexanders zuzumuthen. Doc 
fand er noͤthig, bey fo bewandten Umſtaͤnden in 
Geſellſchaft des Fuͤrſten Conſtantin von Twer nad 
der Horde zu reiſen, wo vermuthlich beyde (unge⸗ 
achtet jeder aus ganz andern Bewegurfahen) zu 


. einem Zwede "arbeiteten, daß fie die Tartarn überres 


beten, den ruffifhen Fuͤrſien einen nochmahligen 


Heerzug, um Alcxaudern aus Pleskow zu vertrei⸗ 


ben, aufzutragen. Dieſer bemühete ſich nun, durch 


alle erſtunlichen Wege ſich der Gewogenheit der Row 
goroder zu verfihern, die mit feinem Gegaer Iwan 
wegen einer Abgabe, die das kamiſche Silber hieß, 
ib fo entzweyet hatten ; daß hieraus «in offenbarer 
Krieg entfprang. Smwanen ſchien in diefem Kriege 


der Umſtand günflig, daß er erfuhr, die Litthauer 


Bätten den netien Bifchof don Nowgorod Grigorii, 
den die Nowgoroder, welche von den Litthauern 
nichts Feindliches beforgten, in Begleitung ihrer ans 
gefehenften Bürger dem gegeumwärtig in dem unter 


| Kitthanifher Herrſchaft ſtehenden volbpnifchen Wla⸗ 


dimir lebenden Metropoliten zur Einſegnuug zuſand⸗ 
ten, mit allen Begleitern angehalten, und wollten 
dieſelben nicht auders loslaſſen, als wenn ſie Nari⸗ 
munden, einem Sohne Gedimins, die Staͤdte La⸗ 


doga, und Oreſchek, nebſt Karelien und der Haͤlfte 
vonu Koporien cwonaiten. Denn auf die Radricht, 


y 
1331. 


daß die maͤchtigen Litthauer ich als Beinde feiner 
Feinde erklaͤrt hätten, bemädtigte er fih 1331 der 
Städte Torſchok und Befhiie ober Briparen ⸗ werd 


q 


\) 








des ruſſiſchen Heike. 63 


mit dem ganzen gu dieſen bepden Orten gehörigen. 
Gebiethe und hand auch im Begriffe, den Nowgorodern 
noih mehr abzunehmen ‚als der Berkpt, die Now⸗ 
goroder hätten das von ihrem Erzbiſchofe und Mit⸗ 
bürger-in der Sefangenfchaft geleitete Verſprechen 
nad derſelben Freylaſſung beſtaͤtigt, und Narimun⸗ 
den das verlangte Gebieih unter den ihnen zuge 
fiandenen Bedingniffen bewilligt, feine Unterneh» 
mungen hemmte. Unter diefen Umſtaͤnden machte 
fih Alexander vielleiht Huffaung , die Nowgoroder 
dahin zu vermögen, daß fie entweder wider won, 
als einen gemeinſchaftlichen Feiud, mit ihm ein 
Buͤndniß errichten, oder gar ihn an defien Stelle 
zum Fuͤrſten erwählen. würden, Allein die Nowgoro⸗ 
der shaten Feines von bepden,. obgleich ihr. Erzbi⸗ 
ſchof auf Alexanders Einladung wach Pleskow kam, 
dort Alexanders nengebornen Prinzen aus der Taufe 
zu heben, und dadurd mit Aleranderg in eine geiſt⸗ 
| * Verwaudtſchaft trat. Swan befreyete ſich von 
der Sefahr, mit welcher ihm die zwiſchen den Now⸗ 
gorodern und den Litthauern getroffene Verbindung 
droßete, durch Die Vermaͤhlung feines fiebenjäßrigen. 
Erbpriugen Simeon mit einer Enkelinn Gediming, 
und- fing aufs neue Die Verbeerungen ihres Gebie⸗ 
thes an, womit er immer.näher gegen ihre Haupte 
ſtadt vorrüdte, und fie ſo aͤngſtigte, daß fie aufs 
demuͤthigſte den Frieden bey ihm ſuchten, und ihn 
zue Bührung des Kegierung in ihre Stadt luden, 
worauf fie aber eine abfdlägige Aatwort erhielten. 
Zu ihrem Gluͤcke berief unvermuthet ein tartariſcher 
Geſandter den Großfärften nad der Horde, und ob 
er wohl nach einem kurzen Aufenthalte zurückkehrte, 
fo ſchloß er doch ‚gleich nachher den den Nowgoro⸗ 
dern vorher verweigerten Frieden. Alszander aber . 
entſchloß fh aun , vermuthlich nf aus der Horde 


U 
64 Zweyter Abfehnitt. Gefchichte 
Befommene günflige Nachrichten, ſich durch Abſen⸗ 
dung feines Sohnes Fedor um die Gnade des Khaus 
zu bewerben, und Fedor kehrte bald in Begleitung 
eines tartarifchen Geſandten zuruͤck, welcher Aleran- 
dern verfiherte, daß der Khau alles Bergangene 
ihm voͤllig verziehen habe. Da diefe Vergebung bes 
Khans ſowohl niit einer Erlaubnig , dag Alerander 
fein Erbfürflenihum Twer wieder in Befig nehmen, 
als mis einem fichern Geleite, daß derfelbe ficher 
nach der Horde Fommen könne, verfulnfet war; 
fo famen diefe Umſtaͤnde Iwauen ſo bedenklich vor, 
daß er auf die Nachricht, die er davon empfing, 
unverzüglich nad der Horde eilte, um -Werandern 
zuvor zu kommen. Er kehrte cher nach Moskau 
zuruͤck, als fein Gegner beym Khan anlangte, dem 
derfelbe ohne ein Zeichen der Furcht bliden zu 
Iaffen , mit einer edeln Freymuͤthigkeit feine Auf⸗ 
wartung machte, und, nachdem er feing Entfchuldt- 
- gungen über die Sehe mit Tfhelfhan vorgetragen 
hatte, feine Rede mil‘ den Worten befchloß : er 
komme, fein Haupt in die Hände des Ezars zu lie 
fern, auf deffen gerechtem Ausfpruche fein Leben oder 
Tod ‚berufe. Der Khan aber verficherte ihn noch» 
mahls einer gaͤnzlichen Vergeffenheit aller vergange- 
nen Dinge, begegnete ihm mit aller Achtung und 
Freundſchaſt, und ließ ihm durch zwey Geſandten, 
Kundjuf and Ambdal, nah Zwer begleiten. 
"Raum aber ſchien er nun jur Ruhe wieder gekom⸗ 
‚men zu feon, und hatte feine Gemahlina, feine 
Kinder, und verfchiedene Ausländer, deren Brauch⸗ 
barkeit in Geſchaͤften er bep feinem Aufenthalte außer» 
Halb Rußland fennen lernte, und die er Diefermegen 
zu Gefährten feiner weiteren Schidfale in feinen 
Dienfi zog, aus Pleskow zu Ah nah Twer beru⸗ 
fen; ſo nn verſchiedene von den alten tweriſchen 
Bo⸗ 





des ruſſiſchen Reiches. 65 
Bojaren zum Großfürftien über, und diefſer Leber» 
gang veranlaßte, Daß der Großfuͤrſt Alcrandern-ges 
faͤhrliche Abfihten gegen ſich Schuld gab, Aleranı 
ber hingegen diefen Vorwurf auf den Gropfürften 
zur ſcheb. Wenn man aus dei, was man von 
‘der Gemuͤthsbeſchaffenheit hapber Sürfen weiß, und 
den Umftänden, in’ weichen fi jept der eine und 
der andere befanden, Schluͤſſe sieben darf; fo. fland 
das größere Recht wohl auf Wlefanders Geite. 
Alexander fandte jege mit ber von ihm ‚gurlichgehens 
ven tartarifhen Sefandefihaft ſeinen Sohn Fedor 
"zum. Khan, der Großfürft aber ging bald nachher 
mis feinen beyden aͤlteſten Söhnen Simson und 
Swan dahin Man darf wohl glauben, daß Iwan 
fich fein Sewiflen daraus gemacht babe, Aleganderu 
das Todesurtheil zu bereiten. 

Sein Son erfuhr wenigfiens durch die guten \ 
Sreunde, die am Hofe feine Partey. bielten, daß alle 
die Zreundfchaft, die man Ihm jetzt ergeigte, und 
die friedliche Einladung nach der Horde, die nun 
ein Fortarifcher Geſandter an feinen Vater uͤberbrach⸗ 
te, bloß dahin abziele, daß er ſich weder in feinem 
Fuͤrſtenthume in wehrhaften Stand fegen noch bep 
Ausländern. Schutz Tuben koͤnne, und daB, wenn 
derſelbe in den Horde erfcheinen Tote, er. nie fein 
Baterland wieder fehen würde, Diefes, zeigte Fedot 
feinem Bater an; aber dieſem flenen die Folgen, 
wenn er der Einladung des: Khans nicht wachkäme, 
fo große unvermeidliche Uebel, daß er denfelben die 
Aufopferung feines eigenen Lebens durch perfönliches 
Erſcheinen vor dem Khan vorzog. Go. trat er unter - 
den Thränen und lautem Klaggeſchrey feiner Brin 
der , Rinder und: fdmmilicher Einwohner von Twer 
dieſe gefahrsolle Heife an. Doch geuoß er in die 
fem unglüde noch den arß, daß dıe Berfien von 

Geſch. Rußl. 2. Wind. 


Pr 


66 Zwepter Abfchnitt. Gefchichte 
Jaͤroslaw and Belofero in der. Wbficht, feine Sache 


wider den Großfürfien zu unterfiägen, gleichfels 
nach ber Horde gingen. Den Fürſten von Zdrosiaw 


. wollte der jept auf dem Ruͤckwege begriffene Groß» 


1939. 


fürft dur einen Haufen. von 500 Reitern aufhe⸗ 
ben ; erzeichte aber dieſen Ze nicht, indem ſich 
derfelbe gluͤcklich durch dieß Kriegsvolk durchſchlug. 


Er befüuͤrchtete fo ſehr, daß es, ungeachtet ˖alle Wahr⸗ 


ſcheinlichkeit dawider ſtritt, Alexandern gluͤcken 
möchte, den Khan zu beſaͤuftigen, daß er, nachdem 
Alezander feinen Weg angetreten batte , feine eben 
wit ihm aus der Horde auf des ruflifchen Orc 
angelommenen Söhne dahin zurüdfaudte, und ihnen 
feinen einzigen noch übrigen Sohn, ihten jüngfen 
Bruder Andreas zugeſellte. 

Alesander vernahm gleih bey feiner Ankunft 
fowohl von ſeinen Sohne als allen feinen tartari⸗ 
ſchen Freunden, dab feine Sache ſehr ſchlecht Rebe, 
and das ungnddige Bezeigen des Khans, als er 
fild vor. deſſen Throne ſtellte, ungeachtet er es weder 


au CEhrerbiethung, noch an Reihtfertigungen wider 


die gegen ide angebrachten Klagen, oder an reihen 
GSeſchenken fehlen ließ, beſtaͤtigte Diefe ſchlimmen Rad. 
sichten. Doch eine Ezariap verſprach, noch alles 
Mögliche zu. feiner Rettung zu thun. Nun brachte 
er einen ganzen Monath unter einer aͤußerſt ſchwa⸗ 
chen Hoffaung gu, und bereitete. ſich daher dieſe 
ganze Zeit über durch Gebeiß und andere geißlide 
Vebungen gu feinem Tode. 

Aut 26. October 1399 ließ ibm der Khan ans 
 Bhndigen,. daß fein Todesurtheil gefällig fep, und 
nach deep Tagen vollſtreckt werden ſollte. An dies 
fen ihm beflimmten Zodestage that er mod fein 
Aeußerſtes, durch Bitten au feine Beſchuͤherinn ud 
eigenes Herumreiten zu allen feinen Breunden, ſich 


/ | 


*2 des ruſſiſchen Reiches. 67 
das-Leben zu erhalten. Als ihm aber alle ſagten, 


daß feine Hoffnung für ihn übrig ſey, kehrte er in 


fein: Grzelt, nahm von ſeinem Sohne feinen Bojaren 
und Bedienten Abſchied, und empfing mit ihnen das 


Abendmahl. Kaum war diefes gefchehen, fo eröffnen : 


ten ihm einige feiner Lente, die mit Klaggeſchrey 
und Thränen ins Gezelt liefen, die Ankunft: feiner 


Mörder, denen er nebſt feinem Sohne enfgegen ging, 


worauf ende getödtet wurden, nnd. nach vollbrach⸗ 
ter Enfhäuptung auf dem Zelde liegen Blicken. Bey 
. dem ſchrecklichen Anblide der Ermordung ihres ger 
Uebten Herrn und bey der Gewahrwerdung, daß 
deſſen Sohn ein gleiches: Schidffal traf, von: deſſen 


Zodesurthrile fie Peine Nachricht empfangen batten, 
waren alle Bedienten geflihter; nachdem aber bie 


Furcht, in den Untergang diefer Zürfien mit vermis 
delt zu werden, aufgehört hatte, kamen einige das 
von zuruͤck, und nahınen die Leichname, um fie 
nad Twer zu führen, wo .fle vom Biſchofe Fedor 
in der Kirche zur Verklärung Eprifii beerdiget war» 
den. Nach feiner leyten Zurückkunft aus der Hor⸗ 
de wollte ih Iwan mit der gewöhnlichen Schatzung 
der Nowgoroder nicht begnügen ;. fondern begerte 
fie doppelt, unter dem Vorwande, daß er. die ge 


woͤhnliche Scagung ganz om den Khan abarben 


müffen, 

Als Ach’ die Nowgoroder hiergu nicht verfichen 
wollten; fo nab er durch Wegnahme fdner Bros 
ten aus Nowgorod zu erkennen, daß er ſie durch 


die Waffen dazu zwingen wolle. -Doch kam es nicht 


zum sirflichen Kriege, indem er bald’ nachher, 


naͤhmlich am gı. März 1340 farb, nachden er. 
kurz vor feinem Abſterhen fich in den Moͤnchsſtand 


aufnehmen ließ. Er führte den Bevnahmen Kalitn 
„on dem Geldbeutel, den er beRändig bey fich Iryg-, 
| € 3 


1340, 


68 Zueyter Abſchnitt. Geſchichte 


um allen Armen, die ihn auſprachen, Almofen reis 
hen gu koͤnnen. Seit: ihm blieb das Sroßfürften 
thum beſtaͤndig mit; dem Zoͤeſtenthume Moslan ver⸗ 
einigt. 


Simeons des Sobald ſein alteſter Sohn Si meo a, der den 


Stolzen 
großfuͤrftli⸗ 
che Regie⸗ 


runs 


Beynahmen Gordiiri oder der Stolze ſuͤhrt, ohne 
daß man die Urſache dieſes Beynahmens anzugeben 
weiß, zu Riſchneinowgorod, welches Fuſtenthum 
ſchon zu Moskan gehörte, das Abſterben feines Va⸗ 


ters erfuhr, begab er ſich nach Moskau, um mit feinem 


Bruͤdern uͤber die Mittel, das Broßfürfienchum bey 
ihrem Kaufe. gu erhalten, eine Unterradung gu hal⸗ 
ten, worauf er nebſt ihnen zum Khane ging, der 


ihm vor feinen Mitwerbern den Vorzug ertheilte, 


Doch mußte Simeon geſchehen laſſen, dag feine 
Brüder zu Theilnchmern der großfürſtlichen Winde 
und Gerechtſamen erfldrt wurden ; ſchloß aber. zu Ver⸗ 
meidung der Schwächung der moskauiſchen Mobt, 
die fonft ans ber Regierung dreper Herren zu beſor⸗ 
gen war, mit ibenfelden beym Grabe ihres Barerd 


einen Vertrag, ber von ihnen allen beſchworen wur 


de; daß er allein’ die eigentliche Regierung führen, 
ia allen wichtigen Vorfaͤllen aber feine. Brüder zu 
Btathe sichen,, und nichts ohne ihr Borwißen und 


| ohne Fire -Benchmigung thun ſollte. 


. Nomgored fänmte nach feiner Gewohnheit, die 


. fen uenen Großfärften für feinen Fuͤrſten zu erfene 


uen. Er aber fandte nichts deko weniger feige Be⸗ 


amten nah Zorfhot, ‚die: die Einwohner ſo be⸗ 


ſchwerten ‚ daß dieſelben über das Betragen birfer 
eroßfärfilichen Beamten bin den Rowgorodern Klage 


anbradten, Huf diefe Klage ernannten die Rowgo⸗ 


roder zwey Geſandtſchaften, von welchen die eine 
dem Großfuͤrſten vorſtellte, Daß er noch nicht Fuͤrſt 


von Howgorod ſey, und durch ein ſolches Verfahren 








des ruſſiſchen Reiches. 9 


ſich bey feinen Wählern verfaßt made, bie anders 
ober nad Torſchok ging, und dort alle großfuͤrſt⸗ 
lichen Beamten fett nahm, fefjelte, und fo be⸗ 
wahrte. Nach diefem Vorfalle erfuchten die. Tor⸗ 
fihofer die Nowmgoroder um kraͤftige Unterflügung, . 
fie wider die Ahndung des beleidigten Großfärs 
en zu fhügen. — Mein obwohl die Regie 
zung zu Nowgorod die Billigkeit diefer Forderung 
dere Zorfchofer anerkannte, o ward fie ihnen doch 
von der Volksderſammlung gänzlich abgeſchlagen. 
Diefe Unbilligkeit brachte die. Torſchoker wider die 
Nowgoroder fo auf, daß fie die großfuͤrſtlichen Bes 
amten nach - einem monathlichen Verhaft in Freyheit 
festen, und die nowgorodiſchen Gefandten und 
Obrigkeiten von ſich jagten , und ſogar die Häufer 
und Güter aller bey ihnen aufäfligen Nowgoroder 
plünderten. 

—Dieſe Umſtaͤnde gaben dem Sroöfkrfen eine 
ſcheinbare Urſache, andere ruffifche Zürften zur. Be» 
kriegung der Nowgoroder aufzubietben. Die Fuͤrſten 
von Gusdal, Jaͤroslaw und Roſtow fließen hierauf. 
mit ihren Kriegsvölfern zu dem Heere, welches ex feld 
dazu anfgebracht Harte. Die Nowgoroder rüdten 
ind Zeld ihm entgegen. Weil aber beyde Theile 
nur die Abficht bey dieſen Kriegsanftelten Hatten, 
bloß durch Borzeigung ihrer Waffen von dem andern 
Theile einen beffern Vergleich firh zu bewirken, fo: 
Fam es‘ zu Peinen Zeindfeligkeiten , fonbern die 
Nowgoroder ſchickten ihren Ergbifchof an den den 
Großfürften auf feinem Feldzuge begleitenden Mo⸗ 
tropoliten, mit der Bitte, einen Friedensvermittler 
zwiſchen dem Großfürſten und ihnen, abzugeben, 
woräuf Man fi folgendergeftält vereinigte , daß 
die Nomgoroder den Sroßfürften für ihren Fuͤrſten 
erfannsten, and demfelben von allen ihren @änderepen 


zu Zweyter Abſchnitt.Geſchichte 

eine gewifje Abgabe unter dem Nahmen die ſchwarze 
Steuer, für Torſchok aber befonders taufend Rubel 
bewilligteu, der Großfürkt hingegen alle ‚alten Rechte 
und Freyheiten der Nowgoroder befdtigte. Um diele 
Seit waren die Plesfpwer: in einen Kriog mit den 
lieflaͤndiſchen Ordensrittern verwickelt. Denn der 
Bau einer neuen Feſtung Marienburg, welche die 
‚Ritter anlegen, ſchien ihnen fo. ſchaͤdlich, dab fie 
diefelbe, ehe fie noch fertig ward , zerfiörten. Allein 
die Pleskower ſelbſt achteten ihre eigenen Kräfte ger 
gen dieſen Feind zu ſchwach. Als es aber auf die 
Frage anfom, welche Macht man um Hülfe anrufen 
folte, theilten fie fih in zwey Parsepen, deren eine 
den Bepflaad der Nowgoroder, die andere den des 
Beherrſchers von Litthauen Digerd für den zutraͤg⸗ 
lichſten achtete. Anfangs, behielt die, erße die Obere 
band, und bradite es dahin, daB man durd eine 
Sefandifhaft von Nowgorod Hülfsnölker begehrte, 
und obſchon die Nowgoroder vor kurzem eine große 
innerliche Zerrüttung erlitten hatten , ſo ertheillen 
fie doch ſogleich einer auſehnlichen Rıiegsmads Be 
fehl zum Aufbruce. Jauzwiſchen aber hatte die 
litthauiſche Partep die Pleskower dergeſtalt umge: 
ſtimmet, dab eine andere Sefandefpaft nach Now⸗ 
gorod abging, die Anlangung der nomgorodiſchen 
Kriegsvoͤlker zurück au halten, Olgerd Diagegen um 
feinen Schut augeſprochen ward. | 
-  Digerd und fein Bruder Kepſtut erfüllten 
dieß Geſuch der Pleskower, und fuͤhrten ſelbſt das 
Heer an, womit fie ihnen Hülfe leiſteten. Als aber 


die Pleskower wahrnahmen, daß ſie ſich damit be⸗ 


gnuͤgten, nach gemachten guten Kriegsauſtalten ſich 
‚an. einen fo gelegenen Ort zu ſetzen, daß die Lieflaͤn⸗ 
der weder ſich getrauten, fie anzugreifen, noch wei 
ser vordriugen konuten, und nichts zum Eutſatze des 


\ 








des ruſſiſchen Heihes. . zu 


von den Lieflaͤndern belagerten Isbork vornahmen; 
ſo murrten ſie wider die Untpäsigkeit dDiefer ihrer 
Beſchuͤtzer. 


NIS fie aber faben, daß diefes ihr Berbalten 
die gute Wirkung nach ſich zog, daß die 2iefländer 


ſich durch die langwierige Dauer der Belagerung von 
Isbork fo entkraͤfteten, daß fie ohne einige wichtige 
Verrichtung in ihr Laub zurücdgehen mußten; fo 
änderten fie ihre böfe Meinung von Olgerden,, ba» 
then ihn, die chriftliche Religion anzunehmen , "und 
fie dadurd) in den Stand zu fegen, ſich eines fols 


hen Beſchuͤhers durch Annahme desfelben zu ihrem - 


Zürften auf immer zu verfihern. Wein Olgerd, 
‚der weder die Religion feiner Väter verlaffen, noch 
fih zu einem befländigen Aufenthalte zu Pleskow, 
welches vermuthlich eine Hauptbedingung war, wel« 
die die Plestower von’ ihrem. Zürften verlangten, 
verfieben wollte, empfahl ihnen flott feiner einen 
feiner Söhne, der beyden Bedingnifjen ein Genuͤge 
leiſtete, und in der Zaufe den Rahmen Andreas 
empfing. 

Doch ernenerten die pleskower bey dieſer Ans 
nahme eines litthauiſchen Zürften 1342 ihre alte 
Berbindung mit Nomwgored vermittelt eines Frie⸗ 


dens » und Freundſchaftsbuͤndniſſes. Die ruffifhe 
Kirche erlitt, ale nah Usbeks Tode deffen Sohn 
Dſchanibek nah der Ermordung zweyer Brüder, _ 


die ihm die Nachfolge freitig machten, Khan von 
Kaptſchak ward, eine harte Anfechtung, welche die 
Ruffen den underſoͤhnlichen Hafle, den dieſer Khan ge⸗ 
gen die chriſtliche Religion Begte, und ihn zur Ber» 
folgung derfelben antrieb, feine Glaubensgenoſſen 
hingegen einem Iöbraswärdigen Eifer , der. moha⸗ 
medanifchen Religion neue Belenner zu verfchaffen, 
zu fipreiden, da doch nach Anzeige der Sade ſelbſt 


s f 


1342, 


1348. 


Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


der Khan unter dem ſchoͤnklingenden Nahmen, das 
Beſte ſeiner Religion zu befoͤrdern, bloß eine Ver⸗ 
mehrung feiner Einkünfte ſuchte. 

Als die ruſſiſchen Fuͤrſten nebſt dem Metropo⸗ 


liten Feogniſt ihm die gewöhnlide Aufwartung bey 


feiner Zhronbefleigung machten; fo erhielten die 
Fuͤrſten ohne Schwierigkeit ihre Beſtaͤtigungsbriefe 
nad dem alten Zuße; Dingegen verlangte Dfihanibel 
von der Kirche und ihren Dienern eine jährliche 


Schqtzung, ließ fih aber zuleßt dieſe Neuerung 


durch ein Geſchenk von 600 Rubelg„ahlaufen, und 


bemsgen, den ganzen alten Jarlik (Guohrubrief) zu 


genehmigen. Nach dieſer glüdlic absgeſchlagenes 
Berrihtung hielt der Metropolit 1343 in Moskau 
eine Kicchenverfammlung , in welcher man feſtſeßte, 


daqß das Jahr in Rußland nicht, wie bisher gefchabe, 


mit dem Zrühlinge oder ı. März, ſondern mit dem 
Herbie oder 1. September angehen follte. 

Im Sabre 1344 mußte der Großfuͤrſt wieder 
zum Khan reifen, 'und febte fid immer fefler in 
deifen Gewogenheit Diefes gute Vernehmen mit 
den Tartarn, und die anf diefen Großfürfien von 
feinem Boter ererbte Sefinnung, den langen Frieden 
für das beſte Mittel, feinen Staat in mehrere Aufs 
nahme zu bringen, auzufehen , verurſachte, daß ſo⸗ 
wohl die Bevoͤlkerung in demselben als der Vermoͤ⸗ 
gensftand der Einwohner ſichtlich anwuchs. 

j Simeon fonnte fhon ruſſiſche Rünfier bey 
deu Kirchen nnd andern öffentlichen Gebduden, die 
er in Moskau aufführte, gebrauchen; man lernte uns 
ter ihm zu Moskau Glocken gießen; die Semaͤblde 


| in den Kirchen waren befjer ald vorher. . 


Im Fürſtruthume Refan hatte Fürfl Swan 
Krotopol ſchon unter dem vorigen Großfuͤrſten den 
Fuͤrſten von Pronsk Alexauder Richailowitſch im 


No. 


des ruffifchen Reiches, 7% 
Jahte 1354 auf deffen Reife nach der Horde berau⸗ 
bet und ermordet, und darauf mit tartariſcher Hülfe 
große Sraufomfeiten veruͤbet. Allein Sdroslaw, ein, 
Sohn des Ermordeten , fluͤchtete im die Horde, mo 
er fi dergeflalt die Berwogenheit Oſchanibeks erwarb, 
daß derfelbe, als er den Thron beftiegen hatte, im. 
Jahre 1343 ihn in Begleitung eitzes tartarifhen 
Heeres, welches Kundjuk anführte, zur Belriegung 
des Moͤrders feines Vaters nah Rußland, fandte, 
worauf Iwan feine Fürftenthümer und bald darauf: 
fein Leben verlor, Jaͤroslaw aber von den Tartarn 
als Zürft in die nach einem langwierigen Widerſtan⸗ 
de von ihnen eroberte, and, weil-fie fait alle Ein⸗ 
wohner theil6 tödteten, theild ald Gefangene fort: 
führten ; gang. serwällete Stadt Refan eingefegt: - 
ward. Die Pleskower unternahmen rinen Heeres⸗ 
zug nach Liefland, um den Bau der ihnen zu nahe an». 
gelegten nenen Drdensfelungen Frauenburg und 
Moriendurg zu zerſtoͤren, und aͤngſtigten die Beſa⸗ 
gung von Marienburg durch Anrichtung eines gro⸗ 
Ben Rauches und Dampfes; aber doch vertheidigte. 
fich diefelbe, und in einem Audfalle, deſſen gluͤck⸗ 
lichen Ausſchlaz die ruſſiſchen Nachrichten dem uͤbelu 
Verhalten des pleskowiſchrn Poſadniks Daniel zus 
ſchreiben, der ohne Noth die Flucht. ergriff, wurden 
83 Ruſſen erſchlagen, worauf die übrigen nach Haufe 
gingen, und Arnold von. Vietingshof zum erſten 
Conmthur nah Marienburg gefept ward. Doc ſet⸗ 
ten die Pleskower, ungeachtet der. ſchlechten Verrich⸗ 
tung in dieſer Unternehmung, den Krieg fort, und 
der Meier und der ganze Drben in Kiefland harten 
genug zu thun, ihre. feindlichen Aufaͤlle zu vereiteln, 
Am Fuͤrſtrathume Zwer befriegten die Brüder und- 
ein Sohn des Broßfürfen Alexauders II. Rah⸗ 
mens Wſewolpd, einander die ganze Regieruagszeit 


Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
des Großfürfen Simeon uͤber, und dadarhfam 


- Die vor kurzem fo wichtige Fürſtenthum ganz 


herab. Auch daB das Rothreußen unter pohluifdhe 
Herrſchaft gerieth, kam dem Broßfürften zu State 
‚ten ; indem die Pohlen bem weifen, ihuen von den 
Beherrſchern Litthauens in Anſehung der griechiſchen 
Chriſten gegebenen Beyſpiele nicht folgten, ſondern 
fie dadurch zur Annahme der katholiſchen Religion 
zu bewegen dachten, daß fie die, welche zu diefer 
übergingen , vor denen, die bey ihrer alten Religion 
bebarrten , bey allen Borfallenheiten: begunfligten. 
Deun da der Verſuch der eifsigen Griechen, vers 
mittelft des Khans von Kaptſchak Kriegsoälker die⸗ 
fer neuen befhwerlihen Herrn entledigt zu werden, 
mißlungen war, fo wanderten fie haufenweiſe in die 
Laͤnder, wo ſie dergleichen Vedranoniß nicht befuͤrch⸗ 
ten durften. 

Bey dem Kriege, wednd Olgerd und. Keys 
ut dem ihnen von ihrem Bater vorgegogenen Bru⸗ 
der Jawnut die Oberherrſchaft über Litthausn nah⸗ 
men, entwih Jawtzut aus der Gefangenſchaft, in 
welcher ihn diefe Brüder hielten, zum Großfürften 
Simeon, wo er freundfhaftlih aufgenommen 
ward, und zur chriſtlichen Religion fid bekannte, 
Narimund hingegen, weicher auf Jawnuts Geite 
geſtanden war, zum Khan von Kaptfhaf, Olgerd 

betrachtete die Aufnahme diefes von ihm des Thro⸗ 
nes entfeßten. Bruders als eine binlängliche Urſache, 
Die ihin der Großfuͤrſt gab, ihn zu beiriegen, und 
war wohl zufrieden , Diefelbe erlangt: zu haben, weil 
er nur einen gutes Bormand. begedrte, den Große 
fürften tin Land abzugewinnen. Doc hielt ex für 
rathſam, dieſes fein. Vorhaben nad nicht auszu⸗ 
führen, ſondern vorerſt unter dem Vorwande, 

daß der Poſadnik von: Rowmgorod Emwflafli' Owo⸗ 








! 


des ruſſiſchen Hehe. 7 


—8 geſchimyft habe, ſich bloß wider ‚die 

Nowsoroder feindlich zu erklaͤren. Nah der Ver⸗ 
wuͤſtung des nowgorodiſchen Gebiethes und Grobe 
rung der Städte Schulona, Ladoga und Porchow, 
wovon er letztere auf z0o Rubel brandſchatzte, for⸗ 
derte er. die Rowgoroder ins freye Feld zur Schlacht 
aus. Dieſe zogen dazu aus, wurden.ader ploͤtzlich 

von einem ſolchen Schrecken überfallen, daß ſie ei⸗ 
Ugſt in ihre Hauptſtadt zuruͤckflohen, und in einer 
durch, ihre Stusmglode zuſammen berufenen Volfs- 
verfammiung: ihrea Poſaduik toͤdteten. Doch würde 


ihnen die: Urſache, daß fie durch die Befrafung des 


Manuxäcs, deſſen Betragen Olgerd als einen gerechten Be⸗ 
weggrund, fie mit Krieg anzugreifen, angefuͤhrt 
hatte, demſelben voͤllig Genuͤge geleiftes hätten, 
wohl kaum den Frieden von ihm verſchafft haben, 
wenn nicht ein ſchwerer Krieg, den Olgerd mit dem 
deutſchen Orden fuͤhrte, und worin derſelbe im J. 
1346 und 1347 in zwey Niederlagen 40,000 Mann 
einbüßte, denfelben gendthige Hätte, ihm ſolchen zur. 
zugeſtehen. Nach Endigung diefes Krieges befuchte. 
der Großfuͤrſt zum erfien Mahle Nowgorod, kehrte 
aber nach einem uyr drepwoͤchentlichen Aufenthalte, 
in welchem ex einige Verfügungen zur Erhaltung des 
Ruheſtandes traf, nad Moskau zuruͤck, hon wel⸗ 
chem Orte er bald nachher eine Keife zum Khane 
mochte, vermuthlich um Olgerden zuvor zu fommen, 
von welchem er ſchon gehoͤrt hatte, daß er, um in 
feinem vorhabenden Kriege wider. den Großfuͤrſten, 
befonders gegenwärtig nach einer fo großen Schwaͤ⸗ 
bung. der litthauiſchen Macht durch den deutſchen 
Orden recht fiber zu gehen, ihm Bergehungen wi⸗ 
der den Khan Schuld zu geben, und durch diefes 
Mittel auszuwirken denke, daß ihm ein tartarifhes 
Heer wider den Oroßfürfien zu Hülfe ſtehe. Er 


| 


»6 Zweyter Abſchnitt. Gefchichte 
empfing vom Khan die beſten Verficherungen,, daß ihm 
Olgerds Beſchuldigungen nicht ſchaden ſollten. Kichts 
deſto weniger achtete er noͤthig, da er bald nad ſei⸗ 
ner Ruͤckkunft erfuhr, daB feine Beſorgniß eingetrof: 
fen fey, und Dlgerd feinen Bruder Korndloder Ko⸗ 
riath mit andern kitthauifchen Herren an dem Khan 
geſchicket habe, die ihm aufs heftigſte vetklagten, ei⸗ 
nige Bojaren anden Khan absufertigen, um die Falſch⸗ 
heit diefer Klagen Dadurch gu entkraͤften, daß vielmeht 
-- Digerd durch die Zeindfeligfeiten, mis denen er die 
dem Khan unterwürfigen ruffifhen Länder uͤberfal⸗ 
In, ſich am Khane vergriffen habe, und richtete 
mittelft dieſer Vorſtellung fo. viel aus, daß der Khan 
nicht nur Olgerds Begehren gang abſchlug, fondern 
auch die Banze litthauiſche Geſandtſchaft den mos⸗ 
kauiſchen Bojaren überlieferte, die fie zu ihrem 
Herrn, dem Großfuͤrſten, fuͤhrten. 
Dre Brob⸗ Dieſer erlangte die erwuͤnſchte Nachricht hier⸗ 
—— von zu Torſchok, wo er an der Spitze feines Hit 
Fürft von res fland, mit welchem er den Rowgorodern gu ‚Hils 
ee fe aufgebrogen war. Denn dieſe wurden som Kb 
den Kcieg. nige Magnus von Schweden und Norwegen, ald 
fie auf fein Begehren, die Fatholifche Religion an 
zunehmen, ſich Bedenkzelt ausbathen, mit einem fo 
mächtigen Hrere angegriffen, daB fie demfelben mit 
ihren eigenen Rräften Einhalt zu thun nicht vermoch⸗ 
ten. In einer Gegend gewann. Luka Anziferom ei⸗ 
nen Vortheil über einige ſchwediſche Kriegspoͤllker; 
Hingegen eroberte das Hauptheer in kurzer Zeit die 
ftarfe Feſtung Orechowez durch die Uneinigkeit der Eins 
wohner und ihrer litehanifchen Befehlshaber. Die Leh⸗ 
teren ſandte der König unbeſchaͤdigt in ihr Vaterlaud. 
Wer aber von den Erſtern nis die Huldigung an den 
König und das Berfprechen, ſich zur roͤmiſchen Kirche 
zu wenden, leiftete, word. getͤdiet Die nowgorodi⸗ 











des ruſſiſchen Reiches. I 77 | 


[de Beſahung erhielt auf die Art, daß fie ihre 
. 2andsleute bemagen wollte, innerhalb zwey Mona 


then allen Anforderungen des-Rönigs ein Genüge zu 


Ieiften , den Abzug nach Nomgorod; doch behielt 


Maguns den Poſadnik Awram und eilf andere Be⸗ - 


fehlshaber als Geißel zurück, und führte fie mis fi 
nach Schweden. So fiand diefe Angelegeupeit, als 
der, Srogfürk auf Empfang folder Nachrichten fein 
Heer zu Torſchok feinem Bruder Johann mit dem 


Befehle ‚übergab, in - Bereinigung wit den nomgos : 


rodiſchen Kriess voͤlkern Orcchoweʒ zu eutſehen. Als 
aber Johann mit dieſem groß fuͤrſilichen Heere in Now⸗ 
gorod aukam, hoͤrte er, daß Orechowez ſich ſchon in 
feindlichen Händen befinde, und ging, ob ihn gleich 
die Nowgoroder ſehr bathen, nebſt ihnen vor die eben 
von den Feinden genommene Feſtung zu gehen, mit der 
Entſchuldigung, dab Ach feine Verhaltungsbefehle 
aur auf deu Entfag von Orechowez erſtreckten, mit 
demſelben zu dem Großfuͤrſten zuruͤck. Dieſe ſeine 
Berweiggrung zwang die Nowgoroder, den Plesko⸗ 


wern alles zu bewilligen, was dieſe von ihnen als 
den ‚Preis verlangten, won fie den Bepſtaud der 


Plestawer zu diefer Unternehmung erkaufen ſollten. 
Die Rowgoroder geſtanden ihnen nähmlich zu, dog 
alle Abhängigkeit. der Stade Pleskow non Nowgo⸗ 
zod,ydie ohnehin ſchon wenig bedeutete, gänzlich 


aufhören, und Pleskow als eine ihugere Schweſter : J . 


and Bundesgenpffinn von Rowgorod behandelt, auch 
die geiftliche Gerichtsbarkeit des nowgorodiſchen Erz⸗ 
biſchofs über Pleskow in Pleskow ſelbſt durch einen 
plestowifchen Z’ürger dermaltet werden ſollte. Ungeach⸗ 
set dieſes theuers Preiſes, den die Nowgoroder deu 
Pleskowern fuͤr ihren Beyſtand zur Wiedererobe⸗ 
zung von Orechowez bezahlten, danerte dieſen doch 


die Zeit fo lauge, daß fie am heilen Mittage mit 


Ps 


8 Zwenter Abſchnitt. Gefchichte 


| elingendem Spiele nad Plesfom aufbrachen. Doch 


die Nowgoroder ließen zum Erſatze der ihnen dos 
durch abgehenden Mannſchaft frifte Kriegsvoͤlker 
aus Nowgorod kommen, und da endlich die unauf—⸗ 


| Börlichen Angriffe neo dein Hunger einen großen 


Ueberrefte 
ber Regie⸗ 
zung Si⸗ 
meons. 


1335. 


Theil der Vertheidiger der Feſtung aufgerieben und 
den Ueberreſt zur ferneren Widerſetzlichkeit untang- 
Lich gemacht hatten, ſchütteten fie um die Feftungs⸗ 
werke einen hohen Wal auf, hber welden fie herein 
drangen, und darauf an verſchiedenen Orten Feuer 
anlegten; die wenigen Schweden aber, die nach der 
dabey angeftellsen Niedermehrlung um’ ade bar 
then, zu Kriegsgefangenen machten, mioben ſich die 
Nomgoroder auch darüber freueten, daß fe bie Eh⸗ 
ze diefer wichtigen Eroberung ie niemanden theil⸗ 
ten, und diefelbe nur nenn nowgorodiſchen Buͤr⸗ 
gern das Leben koſtete. Doc mag hiermit wohl be 


Reben, daß an andern Orten die Schweden nidt 
nur wider großfuͤrſtliche Kriegsvoͤlker, fondern and 


wider Tartarn und Litthauer, die dieſen Huͤlfe Id: 
fieten, Fämpfen mußten, und biefe mittelſt ihrer gro⸗ 
Ben Ueberlegenheit den Schweden ſolchen Schaden 
zufügten, daB Magnus den Frieden durch Abtritt ei⸗ 
nes anfehnlichen Stu Landes erfaufen mußte 
Die Klagen , welche zwey ruſſiſche Fuͤrſten, 
Iwan Iwanowitſch und deſſen Oheim Conſtantin 
Wafiljewitſch im Jahre 1348 beym Khan widerden 
Großfürften anbrachten, (deinen zwar demſelben 
nichts geſchadet zu haben‘; mögen aber doch wohl 
eine Miturſache geweſen ſeoͤn, warum er im Jah⸗ 


re 1350 nad der Horde reiſete, mo zu eben 


der Zeit fich der Sofn des Sheften Couſtantin 
Wafiljewitſch, Andreas, die Beſtaͤtigung über ſein 
vaͤterliches Erbtheil Susdal; Niſchnei nowgorod und 
Gorodez holte. Die unter dem Ropmen des ſchwar⸗ 


— 


des ruſſiſchen Reiches. 9 


zen Todes ats China, wo. fie (men fagı’s) 13 Mils 
lionen Menſchen wegraffte, im Sabre 1348 nach 


Kapiſchak*) und in verſchiedene europaͤiſche Länder 


gekommene Seuche zeigte fir ia ben ruſſiſchen Stoas 


‚sen im Jahre 1352 im Frühliijge zuerſt in Pleskow, 


wo man fie.als eine Strafe der Sünden betrachtes 
se, zu dern Abwendung geiflliche Mittel mehr als 
die Kun und Wiffenfchaft der Aerzte helfen müßs 


‚ten. Daher vermengten fi die Gefunden mit den 


Kranfen zum Geheih in den Kirchen; aber bald 
blieben kaum fe viel Befunde: übrig, dab fie die 
große Anzahl der Verſtorbenen unser die Erde brius 
gen konnten, Jetzt ſchickte man zum Ersbifchofe von 
Nomgorod, um durch feine Gegenwart und vielvermä- 
gendes Gebeth diefer Plage zu ſteuern. Er wills 
fabrte dieſer Bitte, und —— fein Gebeih⸗ hit 
den Einwohnern, ward aber bald. ſelbſt angeſteckt, 
und ſtarb auf: der - Rüdreife. Sein entfeclter, Köre 
per und fein Gefolge brachten die Seuche nach Nom⸗ 
gorod, wa. fie yon Mariens Himmelfahrt bis Oßern 
fortwäthese.. Alsdann verbreitete ſie ſich faſt durch 
alle Gegenden des noͤrdlichen und. ſuͤdlichen Ruß⸗ 

lands; und in Sluchow, Beloſero and verſchiede⸗ 
nen andern Städten, blieb fein einziger Menſch übrig, 
Obwobhl die ruſſiſchen Jahr buͤcher nicht mit ausdruck⸗ 
lichen Worten ſagen, daß dieſe Krankheit auch zu 
Moskau verſpuͤrt worden ſey, fo laͤßt fich dieſes doch 
aus allen Umſtaͤnden ſchließen, und vermuthlich rühr- 
sen die kurz auf einander gefolgten Todesfälle, der 


"Metropoliten, der großfuͤrſtlichen Kinder, des Groß⸗ 


fürfen ſelbſt, welcher am 26ſten April im Jahre 
1353 in feinem ſechs und drepfigken. Lebentiabrs 


‘ 2 
”) Aptſchtkow ©. z2, 33. Degusos ©, 383 


„+ 


80 Jweyter Abſchnitt Geſchichte 


Kegierung : 
des Groß⸗ 
fürften 
Iwan, 


‚farb, und des sroßfürfliden Bruders Andreas non 
ihr ber. 

Ob gleich nun nah dem Soe des Groß fuͤr⸗ 
fen Sim evm und: deſſen Bruder Andreas ihr eid- 
siger fie. uͤberlebender BrudereJ m an wegen ber yon 

dem Khan erhaltenen Mitbelehnung nichts von irgend 
‚einem Mitwerber ums Groß fuͤrſtenthumm zu beſor⸗ 
gen zu haben ſchien; fo machte ihm doch der Furſt 
rConſtantin von Susdel und RNefchneinowgorod; ein 
'Urenfel des -Großfürften Alerander ik; "von deſſen 
"Sohn Andreas, dasfelbe ſtreitig, und wär, da er 
von den Nowgorodern, die auch zu ſeinem Beten eb 
‚nen Sefondten an die Horde ſchickten, alle Unterfiügung 
genoß, nicht abgendigt, diefen Streit un- den Thron 
mittel der Woffen auszumachen. Da Iis an ſich 
uf den Richter ſpruch des Khaus berief; fo mußte 
fich Conſtautin dieſes gefallen laſſen, und Oſchani⸗ 


bek entſchied Die Sache für Iwau. Weik er 


836% 


fi eben zu einem Feldzuge nach Perſien 'änfsidte; 
fo errichtete et zuglrich einen Vertrag zwiſthen dem 
Sroßfürfien und’zwifdien beffen "Bkitwerder und den 
Nomwgorodern welcher die Folgen nad fh zog, daS 
Eonfiantin kurg vor -feinem im Jahrr- 1355 erfolg⸗ 
sen Tode den: Sroßfärften un: ſeine Freundſchaft 
und Bersäfuäg feiner Kinder bath Me Nomwgoro- 
der aber nach Conſtantins Tode’ eh Bioßfünfen m. 
ihrem Fürſten wählten." 

Inzwiſchen wär Oſchanibek aus vala nit 
Sieg: gekrönt nach der ‚Horde zuiid gefohimen. Sei⸗ 
ne Freude hietliber !aber ſchwaͤchte gar ſehr das Miß⸗ 
dergnügen über eſne Augenfrankhreit feiner liebſten 
Bemaflinn Tadula. Weil alle: natüͤclichen Hei⸗ 
lungsmittel nichts ausrichteten; fo verfieler auf den 
Gedanken, durch einen Befandten, den. er aach Mos⸗ 

kau (Site, untere Vedrohuus ſeiner ſchaͤrfſten dar 
dung 





des.zuffifchen Heiches. 83 


dung den Meteopoliten Alerei unverzüglich nach der 


Horde gu fordern, damit derfelbe durch fein Gebeth 


feine Semahlinn von diefer Krankheit befreye, Hau 
wußte zu Moskau nit, ob nicht diefer Befehl bloß 
ein Borwand fey, non der ruflifhen Kirche Gelb 
zu erpreffen; aber Alexei durfte fich Boch nicht unge⸗ 
horſam zeigen. — Er ging alfo mach der Horde, 
that feine Gebethe über Taidula, und fie ward ge⸗ 
fund *). Diefe Taidula bekam Hold nachher die Res 
sierung über die Horde, weil Oſchauibek ſtarb, defe 


fen Sohn und Nachfolger Birdibek aber ſich in Per⸗ 


ſten befand, und dort noch fo viel noͤthige Geſchaͤfte 
hatte, daß fie ihn hinderten, auf bie Nachricht von 
feines Vaters und Vorgängers Tode nach der Horde 


zu fommen. Doc gingen die meiften ruffifchen Fürs 


ften, fo bald fie Oſchanibeks Tod erfuhren, im Jah⸗ 
re 1358 nach der Horde,. und der Fuͤrſt Wafilei 
Mihailowitfh van Twer, der wegen der mit feinem 
Neffen, Zürfien WBfemolod Aterandromirfch Habenden 


— 


Streitigkeit ſich auf den Rath des Metropoliten mit 


dem Großfuͤrſten näher vereinigt hatte, that dieſe 
Reife in deſſen Sefelfchaft, "und. hatte ihn zus 


gleih vermocht, feinem Gegner den Weg dur das 


moslanife Gebieth gu vermehren, weldes diefen 


söthigte, einen viellängern durch die litthauiſchen und 
pohin.fchen Länder zu thun, daß er erſt lange nad 
Waſileis Rückkehr in der Horde anlangte, Allein 


die Abwefenheit des regierenden Khaus verurfachte, 


daß die Regierung in der Horde die Enderfidrun« 
gen auf alle Auſuchungen der ruſſiſchen Zürften feir 


dem Outhefinden bey feinen Wiederkehr heimſtellte, 


*), Here Daniel Eraft Fr Berfafier des Geſchichte 
des europaͤiſchen Rorden!! 


Geſch. Außl. 2. Band. F 


ge Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


und, nachdem fie einige vorläufige Einrichtuns . 


gen getroffen hatte, He insgeſammt bald beur⸗ 
Iaubte. — Aus diefer Urſache wagte der ſonſt fo 
übermäßig bedachtſame Großfuͤrſt Swan ſich de 
Anforderung eines in Reſan befindlichen tartariſchen 
Heerführers, Mohamed Khodgia oder Momar Cho⸗ 
‚fa , der ein Stud feines moskauiſchen Gebiethes 
zum Fuürſtenthume Refan ziehen wollte, mit gewaff⸗ 
neter Hand zu widerfegen, und mar ſo zluͤcklich, 
dog Mohamed, mwelder einen Liebling des Khaus 
zum Zeinde hatte, auf deffen Auſtiften nach der Hor⸗ 
de zurüchbennfen ward, wo gr diefen Liebling ums 
brachte, und. daftır mit dem Tode beſtraft ward. Des 
Großfuͤrſten Bundesgenofſe, der Fuͤrſt von Twer, 
welcher inzwiſchen in einem Feldzutze wider die Lit⸗ 
thauer Rſchew und andere von. ihnen eroberte Der 
ter wieder an fein Zürftentfum brachte, genoß in 
feiner Angelegenheit gleiches Gluͤck in der Horde, 
indem Ddiefelbe zwey von ihm abgeordnete Bojaren 
fejnen Neffen Wſewolod überlieferte, Er bezeigte ſich 
aber dieſes Gluͤckes hoͤchſt nuwuͤrdig, indem er die⸗ 
fer Gefangenen in feinem Ungluͤcke ſehr hart behan⸗ 
delte, und alle Unterthanen ſo ſehr belaſtete, daß 
viele der rechtſchaffenſten Buͤrger aus Twer meggin- 
gen, und der . Metropolit alles Anfehen und die 
ſtaͤrkſten Vorkellungen anwenden mußte, den Biſchof 
von Twer dahin zu vermögen, ‚daß berfelbe zu feb 
ner verlaffenen Herde zurück kehrte. 

Da um diefe Zeit Birdibek, ich durch feine 
Ausfhweifungen den Tod zuzog, und mis ihm die 
Nachkommenſchaft des Mangu⸗ timur erloſch; fo ent⸗ 
ſtanden unter den kaptſchakiſchen Zartara die groͤß⸗ 
ten Unordnunged und Derwirrungen, indem bald in 
der Haupthorde verfhiedene Mitwerber einander den 
Thron ſtreitig machten, fo zwar, daß mander Khan, 


des ruſſiſchen Reiches⸗ 83 
ber fih Faum auf den Thron gefegt hatie, auch 
fhon wieder adgefeht und getoͤdtet waͤrd, folg« 
lich bald in mehr als einer Gegend dbhäugige Khane 
un) Heerführer von dem in der Haupthorde die Herte 
febaft führenden Khan adfielen, und entweder fir 
ſich ſelbſt oder unter. dem Nahmen eines von ihnen 
erwählsen Schattenbildes, dem feine Herkunft aus 


khaniſchem Geblüte in den Augen des großen Hau⸗ 
fens einen Vorzug gab, dem derfelbe feinem Mans 
ne aus einem auderu Geſchlechte zugeſtehen wollte, 


fich der hoͤchſten Gewalt anmaßten. 


Dieſe innerlihen Kriege entkräfteten die den Fred Dinis 


ruffifhen Zürften fuͤrchterliche Macht der Fapticafie 


tei befireiten - 
einander. die 


fen Zartaren ſo fehr, daß das Anfehen der Hanpt- gopfüeftt 


Horde, innerhalb- wenig Jahren immer tiefer herab» 


ſank, und Die regierenden Hauptlpane, ja manchmahl 


gar Tartarn die ruffifhen Fuͤrſten um Beyſtand wis 
der andere Zartarn auſprechen mußten. Folalich 
nahm Urus, welcher nad einer überaus kurzen Zwi⸗ 
fehenregterung des Askulpg auf Birdibek folgte, alle 


- bey feinem ‚Regierungsantritte in der Horde vers - 


fammelten suffifden Zürften mit befonderer Freund⸗ 
(haft und Höflichkeit auf, und ſchob die Vergebung 


der durch das am ızgten November 1358 im ggflen, 


Lebensjahre erfolgte Abfterben Jwans erledigten 
großfuͤrſtlichen Würde auf eine bequemere Zeit. 
Nachdem Chidir oder Keder nah einer eiwa 
Jaͤhrigen Regierung den Urus beſiegt und ums Les 
ben_gebradt hatte; fo both Dderfelbe im 3. 1360 


das Großfuͤrſtenthum dem ſusdalſchen Fuͤrſten Au⸗ 


dreas Conſtantiuowitſch an, und als folder ed ſich 
verbath, ertheilte er es deffen jüngerem Bruder 


Diitri, der nach feiner Berlaffung der Horde am 


22/ten Aug. 1360 als Großfuͤrſt die Stadt Moskau in 
Befis nahm. Die Romwgoroder, welche die feit eis _ 


sa 


rde. 


34 Zwryter Abfchnitt. Gefchichte 


niger Zeit angenommene vorzuͤgliche Ergehenheit ge, 
gen daſ ſusdaliſche Haus beſtaͤndig beybehalten hat⸗ 
ten, erkannten gleichfalls auf das Anfuchen des 
weuen Großfürften denfelben gern für ihren Fuͤrften. 
Inzwiſchen verurfachte die Rache, welche die Zartarın 
für die Plünderungen. und Ermordungen, melde 
eine ruffifhe Räuberrotte in Schukotin nud andern 
: Orten an vielen Tartarn verübte, an den unter un« 
mittelbarer tarsarifcher Herrſchaft wohnenden Ruffen - 
fich verfhaffte , eine Reife der ruſſiſchen Zürften 
wach der Horde, und darauf erfolgte der Schluß, 
deß fie nebſt drey Ehanifchen Bevollmaͤchtigten über 
diefe Angelegenpeit einen Zürfientag in Koſtroma 
Baften möchten, auf welhem man fo gute Maßre- 
geln verabredere, daß die Räuber in Burger Zeit auf⸗ 
gefangen, und zu ihrer Beſtrafung nach der Horde 
geſchickt wurden. Der junge Dmnitri Iwauowitſch 
unternahm bald hernach in Begleitung einiger treuen 
„Bojaren feines verſtorbenen Vaters gleichfalls eine 
Reiſe nach der Horde, um zu ſehen, ob es möglich ſey, 
feine Beſchwerden wegen des einem andern ertheil« 
ten Großfürftenthumg anzubringen... Da er aber 
wahrsahm., daß fein Gegner ih der Gunſt Chidirs 
zu feſt ſtehe, verſchwieg er dieſes Anliegen, und 
gab ihm, als feinem Oberberrn perfönlich aufzuwar⸗ 
ten, fuͤr die einzige Urſache feiner gegenwaͤrtigen 
Ankunft bey ihm an, und als noch dazu Unruhen 
in der Horde entſtanden, eilte er aufs geſchwindeſte 
nach Haufe, da eben der Großfürſt, um ſich ſei⸗ 
nem Auſuchen perfönlid zur widerfegen, mit feinem 
Brüder Andreas und den Zürften von Jaͤroslaw 
und Roſtow nach der Horde gingen. Diefe kamen 
zu einer Zeit an, da eben Chidirs älsefier Soße 
Temir Ehofa'oder Khödgka feinem Vater das Leben 
geraubt hatte, aber durch dieſen Vatermord einen 


des ruſſiſchen Heihes. 85 
fo allgemeinen Abſchen wiber fich erregte, daß, aus 
Ger feinen Mitverbrechern, ihm, faſt ale Tartarn 
den Schorſaw verſagten, worauf ed sinem in grg⸗ 
Bem Anfehen fichenden Heerführer Mamai , drum 
. ser dem Vorwande, ihn für feinen Vatermord zu be⸗ 

ſtrafen, die Waffen ergriff, gar nicht ſchwer fick, 
ihn vom Throne zu jagen, und er auf ſeiner Flucht 
jeuſeits der Wolga auch das Leben einbüßte. Bo 
dieſer Perwirrung in der Horde mußten die ruſſiſchen 
Fuͤrſten nichts beſſeres zu thun, als auf das ſchleu⸗ 
nigſte die. Horde zu verlaſſen. Aber nur der Groß⸗ 
fürft erreichte unandefochten fein Vaterland. Dennfein . 
Bruder mußte einen ihn aus Raubſucht anfallenden 
Haufen Zortorh jurücfchlagen, und die roſtowſchen 
Zürften wurden gezwungen, ihr. Leben durch den 
Verlug aller mis fih geführten Guͤter zu erkaufen. 
Der Tod des Temir Ehpfa endigte die jegige Unrue 
be in der Horde nicht, fondern veranlaßte vielmehr _ 
die Wergrößerung derſelben. Mamai raͤhmlich sah 
einem gewiffen Amdula den Nahmen eines harrſchen⸗ 
den Ahaus, unter welchen er Die wirkliche Regie ı 
zung - führen wollte, und: nahm dieſerwegen einen 
Kriegszug über die Wolga gegen Kildibel vor, der 
fih in dafiger Gegend die Wuͤrde als herrſchender 
Khan yon Kaptſchak zueignete. — Obwohl Kildim 
bet bald umkam, fo ſtellten doch verfchiedtne tarta⸗ 
sifche Großen in einer zu Sarai gehaltenen Verſamm⸗ 
Iung dem Khane des Mamai einen Bruder Chidirs, 
Amurath, entgegen, der auch dieſes Auſehen bort 
behauptete, aber feinem Gegner nicht vermehren konnte, 
fid in der großen wolgiſchen Horde zu erhalten, in⸗ 
dem in einem immerwäßrenden Kriege diefer..bry» 
den Khane Feiner den andern überwältigen. Eonnte, 
woraus noch die der ganzen kaptſchakiſchen Macht ' 
ſhdduiden Zolgen eatfprangen, daß am große Huu⸗ 


1362. 


N 


860 Bwenter Abſchnitt. Gefchichte 
gersnoth viele Zanfende aufrieb,. und während der 
Seit, daß. diefe bepde darum kaͤmpften, wer von ih« 


‚nen als regierender Khan von allen Unterthanen er» 


Fannt werden follte, fowohl Abulat Zemir ald To⸗ 


gai keinem von beyden die fernere Unterthänigfeit . 


erwieſen. Sa Rußland fehlte gleichfalls wenig dar 
an, dab der Zwiſt zwifchen dem Großfürften und 
Dmitri Iwanowitſch zu einem offenbaren Kriege 
ausbrach. Doch. fanden beyde für rathſam, zu 
fördern zu verſuchen, wie weit fie Durch einen Aus⸗ 
ſpruch des Khan Amurath ihren gweck erreichen 
möchten. Jeder ſandte im J. 1302 Geſandte an 
denſelben ab. Als derſelbe aber den Ausſpruch für 
Dmitri Iwanowitſch that; fo mußte diefer doch zu 
den Waffen greifen, um fi das ihm vom Khane 
zuerfannte Recht non feinem Gegner gu nerfchaffen, 
waben ſowohl dieſer Dmitri Iwanowitſch, als deſ⸗ 
gen noch jüngerer Better Wladimir Andreewitſch, 


ein Kind von neun Jahren, ungeachtet ihrer Min⸗ 


berjäßrigkeit, mit ins Feld gingen. Weil aber Dani: 
sei Conſtantinowitſch fib gu ſchwach befand, de 


Macht; die num wider ihn zog, fih entgegen zu fir 


gen; fo zog er fidh bey Herannabung derfelben eis 
ligſt aus Perejaslaw nah Wladimir, und von dert 
in fein Erbland Susdal zurück, daß folglich Dmitri 
Iwanowitſch, ohne von Ihm. aufgehalten zu werden, 
nicht nur von Moskau, ſondern auch von allem, 
was das eigentliche Broßfürftenshum Wladimir aus 


machte, den Befis ergriff. Bald nachdem dieſes 
geſchehen war, kamen Geſandte vom Khan Awdu⸗ 


la bey dieſem neuen Großfuͤrſten an, die demſelben, 
obgleich dieſer Großfüͤrſt ſich bey ihm um das Großfuͤr⸗ 


. ſtenthum nicht gemeldet hatte, feinen Beſtaͤtigungsbrief 


darüber überbrachten. — Weil Dmitri’ Iwauno⸗ 
witſch dafuͤr hielt, daß dieſer Beſtaͤtigungsbrieſ 


r 





des Fuffifchen Aeiches. 85 


7 Un nicht ſchaden, deſſen Bermeigerung bin -· 
gegen den Amurathen vollkommen die. Wage halten. 
den Awdula zu Feindſeligkeiten wider ihn reifen 

würde; fo nahm er denſelben mit aller dem Beſtͤ. 
tigungäbriefe eines rechtmäßigen Khans gebührenden 
Achtung an: Dieſes Vorfalls bediente fih Dmitri 
Iwanodvitſch, in einer. perfönlichen Reife, Die er zu 
Amnrarh anternahne,. den: Großfürften -anzullagen., 
ald wenn. derfelbe mit. Awdula ein den GSerechtſa⸗ 
men Amnraths nachtheiliges Verſtaͤndniß errechtet 
Habe. Er erlangte hierdurch, daß. Amurath Ken Groß⸗ 
fätfien. des Großfuͤrſtenthums verluftig: erffätte, und 
feinem. Anfläger einen Großbothſchafter Jlaͤt uab 
3o Tartarn, mebll..feigem Ernennungsbriefe zum - 
Großfürften und einem Befehle an alle ruffiſchen Fürs 
Ren‘, ihn als den rechtmäßigen Großfürſten zu eh— 
ren, bro feiner Rückteiſe in. fein Vaterland mitgab. 
Darauf nehm nun’ zwar der Zuürſt von. Suddal im 
%. 1963 wieder vonder, Stadt Wiadimirund dent: 1364 
übrigen großfürſtlichen Gebiethe Befitz. Allein Diiie 7.7: 
tri Jwanowitſch. brachte bald. nebft: feinem Bruder: 
Iwan und. feinem Vetter Wladimir Audrermitſch ein: 
fo: zahlreiche Heer wider ihn zuſammen, Daß er, 
da er feine eigene. Moct.zu fhmad erkannte, nad. 
feinem Etbfuͤrſtenthume Susdal flühtere Aber auch 
dahin verfolgte ihn Dmitri Iwanowitſch, ja, als. er 
ſich zu feinem aͤltern Bruder Andreas nach Niſch⸗ 
neinowgoroͤd begab. „ rückte der Großfuͤrſt ihm 
unverzüglich nad, und dr zwang Durch diefe.- ut 
ermwirdete Thaͤtigkeit, daß fein Gegner Frieden bey 
ihm ſuchte, deu-er ihm auf die Bedingung gewaͤhr⸗ 
te, daß er auf das Großfuͤrſtenthum Verzicht: that, 

nad fein Erbfuͤrſteuthum wieder bekam. 

Nah der Demürhigung dieſes Widerſachers Dwierigwa 


nowitſch er. 


legte Dmitri Jwanomitſch die Waffen noch aicht ing! von 


— 


88 Frorpker — Geſchichte 


ſeinen Seas aus den Haͤuden, und wollte dieſes aicht cher then, 


ner die. Ver⸗ 
zichtlerftung 
auf das 
Großfürs 
Rentbum. 


1364; 


bis er olleaZürften, die ihm Gelegenheit zu Bes 
ſchwerdes gegeben hatten, gleichfalls uͤberwunden 
Baben whrbde. Der Fuͤrſt von Refan lie es nick 
aufs Aeußerſte ankommen, und’erlamgte einen: guten 
Frieden; hingegen Dimitri Iwanowitſch vom Halitſch 
und Iwan Zedorowitfch von Starodub eusflohen 
aus ihren Fürfienshümern nach Rifſchneinawgorod. 
Hierauf lebte ganz Rußland in Ruhe, außer daf 
Die tweriſchen Zürften ihre kleinen Kriege fortſeß⸗ 
ten, und die Nowgoroder die Wohnſitze ber dwi⸗ 
niſchen Voͤlker bis gegen ben Oby vermieten. Al⸗ 
lein im Jahre 1364 ſtoͤrte 'eine Peſt, die von de 
tartarifchen Brenze in Rußland eindraug, dieſe 
Gluͤckſeligkeit gar fer. Deun diefes Uebel verbreis 
tete ſich über Niſchneinowgorod „Reſan, Peräcjas⸗ 
law, Moskaun, Wladimir, Susdal, Mosıhaist, 


= wer, Koflom und eidlich bie Zorkhof und. Ples⸗ 


3365. 


tom, währte fall volle drep Jahre, und wuͤthett 
befonders in beim fehr heißen Sommer 1365 fo befr 


tig, daß in menden: Orten nicht ein Menſch übrig 


blieb, und viele Fuͤrſten und Fuͤrſtianen davon weg⸗ 
gerafft wurden.. Ein folder Tob traf Alexandra, 
die Butter des Broßfärkten , die als Nonne Maris 
genannt ſeyn wollte, deu einzigen Bruder des Groß⸗ 
fürften, und den Fuͤrſten Andreas von Niſchneinow⸗ 
gorod. Die Nachfolge des letztzenanuten gebührte 
dem Fuͤrſten von Susdal, als dem aͤlteſten Bruder. 
des Verſtorbenen, der dieferwegen ohne Schwierig 
Feit mittelft Abfendung feines Sohnes nah der Hor⸗ 
de den Beſtaͤtigungsbrief gu erhalten dachte. Allein 


“fein jüngerer Bruder Boris. kam ihm nicht nur mit 


der Befipnehmung zuvor, fonbern erfaufte guch durch 
feine Freunde die Genehmigung des Khans, welder 
Den Sürften vos Susdal für deu Abſchlag dieſes 


' % 





\ 


des ruſſiſchen Reiches. 89 

Geſuchs damit befriebigen wollte , daß er einen Ge⸗ 
fandten au ihn abfertigte; welcher ihm einen neuen 
Beſtaͤtigungabrief anf das Großfuüͤrſtenthum über - 
brachte. Allein der Züri von Susdal wußte gar 

zu gut, daß Omitri Iwanowüſch im Groß fuͤr ſten⸗ 
thume feſt ige, und der Verſuch, dieſen khauiſchen 
Briff gelteud gu machen, ihm die offenbare Feindſcbalt 
desſelben gugiehen wuͤrde, da doch eine geuaue Verei⸗ 
nigung mit ihm das beſte, ja vieleicht das einzige 
Mittel wäre, ihm zu feinem auf Nifhueisuwgorod; 
welches ihm fein Bruder wichs freywillig abtretes 
wollte, habendem Rechte auch wider Willen des 


Khans zu verhelfen. Auf ſein Verlangen verſprach 


ihm Der Großfärft dieſes. Aufange verfuchte auch 
diefer, Niſchneinowgorod von Boris ohne Anwen 
dungıder Waffen zu erhalten, und fandte den Abt 
Sergei als einen großfüͤrſtlichen Geſaudten zu ihm: 
* ber weder der geiſtliche Stand dieſes Mannes no 
deffen ganze Beredtſamkeit und die Wichtigkeit. der 
Gruͤnde, womit derfelbe feinen Vortrag unterſtutz⸗ 
ir, * nicht das. Auſchen und: bie Zurcht vor der 
Macht des Großfuͤrſten, ja nicht einmohl dar Ban. 
ſtrahl, den hernach Sergei nad der ihm vom Mer 
tropoliten Alexei ertheilten Gewalt wider Boris und 
alle deffen Untertbauen und Anhänger ergeben ließ, 
halfen bey Boris eher, als bis fein Bruder ein durch 
großfürkliche Kriegsvoͤlker vergrößertes Heer wider 
ihn führte, Denn alsdann ging er ihm demüthig 
entgegen, und rdumte ihm , für die. Abtretung dei: 
geringern Fuͤrſtenthuins Sorodez, Nifhneinomgerod: 
ein, Segen Eude des Jahres 1365 fiel.Zogai, 
der, ſich damahls mit der Horde, die er unabhaͤu⸗ 
‚ sig befebligte, in der naruſchazkiſchen Gegend aufs 
hielt, fo unvermuiher in das Fuürſteuthum Reſan, 
daß der Fuͤrſt ihm feine Hauptſtadt zum Raube uͤber⸗ 


. 1 ⸗ 
90 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 

laſſen und nach entferntern Gegenden feines Be 
bieths fluͤchten mußte, wo er in der Geſchwindigkeit 
Mannſchaft ſammelte, "womit er die abziehenden 
mit Bente- befhwerten Zartaren eben ſo unverſehens 
. angriff, und nach einem verzweifelten Gefechte bis 

„auf wenige, Die durch. die Flucht. enstamen, toͤdtete. 
Bey diefer allgemeinen unter den kaptſchakiſchen Tar⸗ 
tarn herrfhenden Berwirrung erdreiſtete ac eine 
Dartey Nowgoroder, nichrern Theil junge Leute, oh⸗ 
ne ihr Vorhaben der Regierung vorzutragen, bey 
denfelben Beute zu holen. Siefuhren in 200 Kaͤh⸗ 
ven die Wolga berab ‚ drangen unvermuthet in die 
Stadt Rifhneinowgorod, wo fie nit aur alle tar 
tarifchen und anderen Fremde, fondern auch viele ruf 
ſeſche Kanfleute erfiblugen und. plündersen, vermi 
Reten hernach die bulgarifhen Wohnſitze an der Ku 
‚ na, und gingen’ bana, als wenn fie alles wohl one 
gerichtet: haͤtten, mit großer Beute nad. Rowgorod 
zuruͤck. Der Beoßfürft aber nahm diefe Verlegung 
feines Auſehens, das ihm ſowohl als Großfuͤrſten 
wie auch als. Zürfen non Nowgorod zukam, ſo 
hoch auf, doß cr deßwegen 1366 feinen Staathelter 
und übrigen Beamten aus Romgarod. edforderte, 
und fih an den gaugen nomgorodifchen Staat halten 
wollte; Tieß. au. erfi nach Verlauf eines Jahres 
durch wiederholte Bitten und deutliche Darthuung, 
Daß der Staat an diefer Bergehung junger unbe 
fonnuener Leute einen Theil genommen babe, ſich 
wieder befänftigen. Derfelbe hatte jegt- feine Macht 
durch die genaue Vereinigung, ia welcher er mit 
- feinem ehemahligen Mitwerber , dem Fuͤrſten von 
Susdal lebte, deſſen Tochter Eudozia feine Gemah⸗ 
. Unn \regrd , fehr vergrößert, und umgab feinen 
Mohnfip den Kremi in Moskau mit einer ſtarken 
Mauer. Dadurch) ſahe er ſich in dem Stande, ig! 








‚des ruſſiſchen Neiches. 92 


nur als Schiedsrichter in den Streitigkeiten und in⸗ 
nerlichen Kriegen der ruffifchen Fuüͤrſten feine gefaͤll⸗ 
ten Ausſpruche zu vollfireden, und durch dieſes 
Mittel ſowohl fein Land als feine großfürftliche Ges 
walt immer mehr zu erweitern, fondern au den 
Tartarn felbft die Stirn zu blethen. Simeon, 

Fuͤrſt von Dorogobuſch, beſchied ſein Sürftenthum. 
dem Fürften Michael Alexqudrowitſch von Twer, ob 
er gleich an ſeinem Bruder, Jeremias Conſtantino⸗ 
witſch, einen natuͤrlichen Erben hatte. Dieſer fing. 


wegen dieſer Angelegenheit nedit feinem Bunbesge-. 


noffen,, dem Fuͤrſten Waflet Michailowitſch von Kar . 
(din, einen Krieg wider den Zürften von Twer an, 
ließ fih aber bald bewegen, die Sache dem Erkennt. 

niffe des Metropoliten zu übergeben. Der Metro » 


poltt übertrug diefes Geſchaͤft dem Bifchofe von 


Twer nnd andern Geifilihen, die zum Vortheile 
Michaels entſchieden. Alſein die Gegner desfelben 
blieben nur ſo lauge bey dieſem Urtheile, bis fie 
erfuhren, daß der Großfuͤrſt ſich ihrer anzunehmen 
bereit fey. Run ging Michael zwar nad Litthauen,; 
fih an ſeinem Schwager Olgerd einen eben fo maͤch⸗ 
tigen Helfer zu verfhaffen.. Aber dadurch ließen 
fi meder der Großfürft noch die Fuͤrſten Jeremias 
und Wafılei abhalten, in ihren‘ Verfahren fortzu⸗ 


fahren. Zufoͤrderſt brachten dieſe Zürflen. ihre ges’ — 


weſenen Richter von Twer nach Moskau, wo der 
Metropolis dieſen Rechtshatdel vor den Augen des 
Großfuͤrſten nochmahls uͤherfahe, und vermuthlich 
fiel aus eben der Urfache, warum der Biſchof von 


Zwer dem Zärften von Tier in feiner Stadt in al 


lem Recht gab, gegenmwärlig das Urtheil des Mes 
tropoliten ganz wider den Fuͤrſten von Twer aus, 
So. bald diefes geſchehen war, verfiärkte der Groß⸗ 
fürft die Kriegsmacht der Zürften mit Hülfsvoͤlkern, 


n 
[4 


> 


1367. 


* - 


⸗ 


90 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


sub fie führten dieß Heer vor Twer. Allein die 
Einwohner wollten von Feiner Uebergabe etwas hoͤ⸗ 
ren, und einen Sturm durften die Belagerer deßwe⸗ 
gen nicht thun, weil fi ihre beyden Gemahliunen 


in der Stadt befanden. Aus dieſen Urſachen dauer⸗ 
te ihre Belagerung vor Twer fo lange, big fie die | 


Nachricht, dag Michael mit einem zahlreichen li. 
shauifhen Heere auruͤcke, zur Aufhebung derfelben 
‚ nöthigte, Ja gegenmättig bewarben fie ſelbſt 46 
bep ibrem Gegner um einen Vergleich, Der ihnen 
Denfelben unverzüglich .auf ſolche Bedinguiſſe ge 
währte, da auch der Grogfürft durch Berittelung 
des Zürflen von Laſchin beytrat. Der Großfürf 


bekam durch diefen Friedensſchluß freye Hände, ale 
- feine Macht zur Unterfügung feines Schwiegerva⸗ 
- ter6 anzuwenden, deſſen Gebieth Abulat Zemir, 


entweder aus eigenem Antriebe und bloß aus Raub: 
ſucht, oder auf Befehl des Khaus Amurath, wel 


« er den Zürften von Susdal dafuͤr beſtrafen wol. 


te, daß er nicht nur feinem Bruder das deinfelben 
von Amurathen ertheilte Rifhnrinongorod entjo⸗ 


gen, ſoudern auch Dmitri Jwanowitſch, 


dem er die großfuͤrſtliche Würde uehmen ſollte, das 
genaueſte Verſtaͤndniß errichtet hatte, im J. 1367 
überfiel und auspluͤnderte. Durch die Verſtaͤrkung 
welche der Fuͤrſt von Susdal, mit dem auch der 
Fuͤrſt von Gorodez gemeinſchaftlich verfußr, vom 
Großfürften erlangte, vergrößerte er fein bereits ha⸗ 
bendes Heer fa Sehr, daß er den abzlehenden Zar 
tarn entgegen gehen Tonute, wobey er ben Vortheil 
‚hatte, daß er fie,.chen als fie ich mit dem Ueber⸗ 
gange üher den Fluß Pijang befhäftigten, under 
muthet angeiff, und ihnen eine fo grobe Niederla⸗ 
ge bepbracte, dag Abulat Temir nur mit ſeht 
‚ Wenigen a die Flucht entkam. Unterdeſſen ‚glaube 








. des ruflifchen Reichs. 93° 
te Fuͤrſt Jeremias, vom Fiirften von Ev neue 
Urſachen erlanpt gu haben, daß er Über ibn Bes 
(werden beym Großfuͤrſten anbringen’ inne. Dies 
fer, dem Michael wegen. feiner Denkungsart und 
Berbiadung mit Litthauen allein bey Ausführung 
feines Entwürfe im Wege ſtand, hörte ihn mit der 
größten Theilnahme an, und. bediente fi der Ges 
Tegenheit, den Zürften von Twer zu ſich nah Mod 
fon einzuladen, wo alle Streitigkeiten durch münde 
liche Unterredungen am gefchwindeften beygelegt 
werden Fönnten. Michael trug im Vertrauen auf 
die Sicherheit, die er durch den‘ nenlichen Friedens⸗ 
vertrag zu haben meinte, Fein Bedenken, auf diefe 
Einladung nah Roskau zu kommen. Allein nad 
einigen zum Schein angeflehten Sufammenfänften, 
bey welchen ſich der Betropolit als ein ganz vom 
dem Willen des Großfuͤrſten abhängiger Mann ber 
trug, nahm der GSroßfüͤrſt Michaeln und deffen Boe⸗ 
jaren in Verhaft, und entließ ihn nicht eher aus 
demſelben, bis er die ſtreitige Erbſchaft ihm und 
dem Zürften Jeremias abpetreten, und hierüber ei⸗ 
nen ewigenZrieden beſchworen Batte. So bald aber 
Michael in fein Land zurückgekommen war, erflärte 
er diefen ihm abgedrungenen Frieden für nichtig, und. 
begab fich nach Litthauen, um nach feiner Sewohnheit 
feinen Schwager Olgerd um Huͤlfe anzuſprechen. 
Diefer brachte nun in größter Eile ein Hrer zuſame 
men, und brach nad geſchehener Vereinigung mit 
den Zürften von Smolensk und Brinst im fpdten,, 
Herbfie im 3. 1968 in Rußland ein, ehe man von. 1368. 
feinem Aufbruche in Moskau hörte. So Fonnte er, 
nad Bemaͤchtigung der Orenzflädte, und nad) einer dem 
Pleinen ihm entgegen gefhidten Heere des Oroßfärften 
bepgedrachten Riederlage und Verffeerung des groß⸗ 
fürfllihen Gebieihes vor den Zhoren von Mosfas 


— 


4% w 


564 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


mit den, Großfuͤrſten einen Frieden ſchließen, durch 


welchen derſelbe ale Michaeln abgedruugenen 


Rechte wieder gab, und eine Menge Gefangene 
und eine reihe Beute mit fih nad. Litthauen füh 


ven lief. Kaum aber war Olgerd dort wieder. ans 


gelangt, als er mit andern Feinden fo viel zu thun 
fand, daß der Großfuͤrſt mit völliger Gewißheit et⸗ 


kaunte, daß er, wenn et die ruſſiſchen Fuͤrſten, ſei⸗ 


ne Bundeögenoffen, angreifen wollte, denfelben Feine 


Huͤlfe leiſten könne. Der Großfuͤrſt pluͤnderte zuförderh 


die Laͤndereyen der Fuͤrſten von Smoleusk und Braͤusk 


aus, und ruͤckte nachher in Twer ein, wo er fi) 


der Sıödte Subzow und Mikulin bemaͤchtigte, dard 
Auspluͤuderung und Abbrennung der Doͤrfer un 


Zlecken große Verheerungen anrichtete, uud. mit ei⸗ 


ner Menge Gefangenen nah Moskau zuruͤck ging. 


Michael war auf die erfie Nachricht vom Anzug. 


dieſes Heeres nad Litthauen entwichen. Wie | 


aber wahrnahm, daß Olgerds eigene Angelegenhei⸗ 


‚ten denifelben nicht erlaubten, ihm gegenwärtig bey⸗ 
“ zuftchen, fo wandte er fih an bie doniſche Horde, 


wo der Temink oder Feldherr Mamai nod mit un 
beſchraͤnkter Bewalt herrſchte, indeß er einem Sul 


ton, Mamat, den keeren Zitel eines vegienenden 


ahens genießen ließ. 

Ungeachtet der oͤftern und ſchweren Siege, 
welche der Großfuͤrſt Omitri mit feinem Gegatt, 
den Fuͤrſten Michael Alerondromitfe von Twer, ge 


- führt hatte, behauptete er fih doch wider alle Ver⸗ 


Einige feind⸗ 


liche Unter⸗ 
nehmungen 


ſuche desſelben, obſchon dem Letztern ſowohl die 


Tartarn als Litthauer Huͤlfe leiſteten. 
Mamai ertheilte einem maͤchtigen zartoriſher 
und durch feine Rieſengeſtalt und Heldenthaten ber 


der. Tartarn :ÜhRiten Heerführer, Arapſcha, ohne Schwierigkeit 


gegen ben 


‚die lgeſuchte Erlaubniß, Roßlard zu perwüßen. a 


a en — — 


ö— Js — — — — — —— 








b .® 


des ruſſiſchen Neichs. 95 


Fuͤrſt von Niſchneinowgorod erfuhr dieß Vorhaben, Großfuͤrſten 
und meldete es dem Großfuͤrſten mit dem Erſachen, mißlingen, 
da der erſte Sturm vermuthlich ſein Gebieth als ein 


Grenzland treffen werde, ihm zu Huͤlfe zu kommen. 
Der Großfürſt gewaͤhrte ihm aufs eiligſte feinen 
Wünſch, und wie er mit einem ſtarken Heere, das 


theild aus feinen eigenen, theils aus anderer Zür« 


ſten Kriegsvoͤlkern beftand, im Jahre 1377 bep ihm 


zu Riſchneinowgorod ankam, fo hoͤrte man, daß 


Arapſchas Ankunft noch nicht ſo bald erfolgen wer⸗ 
de. Dieſe noch weite Entfernung des Feindes bes 
wog den Sroßfürften, fi) wieder nach feiner Haupts 
ſtadt zu begeben. Der Bürft von. Sasdal aber 
übergab die gefammte nun zum Schuge feines Lan» 


des zufammen gefommene Kriegesmacht zweyen file 
uer Söhne, Simeon und Iwan, die mit derfelben | 


über den Piana gehen und dort ihren Feind erwar⸗ 
ten ſollten. Allein als diefe Anführer hörten, daß 


ihr Feind noch weit von ihnen entfernt ſey, überlies 
Gen fie fih allen Arten von Verguügungen, und ih⸗ 


re Kriegsvoͤlker ahmten ihrem Benfpiele nach, war⸗ 
fen ihre Gewehre, welche zu führen ihnen eine un« 
nüge Beldfigung gu ſeyn dünfte, anf offene Fuhr⸗ 
wagen zufammen, und ein Theil ſchwaͤrmte zerſtreuet 


auf den Zeldern herum , die übrigen legten ſich ber 


+ 


- 


rauſcht nieder, und fröhnten dem Schlafe. Bondies 


. fen Sußande des ruſſiſchen Heeres erhielt Arapſcha 
Durch die in diefr Gegend wohnenden- Morduanen 
Kundfchaft, und eilte mit einem ungleich Fleineren 


Heere herbep, welches auch die Bereinigung ber Rote. 


Duanen mit ihm nicht viel größer machte. Doch da 
Die Ruffen unbewaffnet, zerſtreuet und größten Theils 
berauſcht waren, fo wurden diefelben,, da er fid une 
verfchens von fünf Seiten angriff, faſt ohne Wider 


1377. - 


Rand entweder niedergemadt, oder in Yen Plane u 


» 
‘ 





9 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


getrieben, wo noch eine große Menge erſoff. Beyde 
Anführer. buͤßten bey dieſem uuglädliden Vorfalle 
ihr Leben ein; Simeon durch das Schwert ber Fei⸗ 
de, Iwan im Waſſer. Diefe Niederlage rieb faſt 
ale die Vertheidiger auf, durch welche der Fuͤrſt 
von Susdal fein niſchneinowgorodiſches Gebieth wi« 


. der die Gewalt der Zartarın fügen Fonute: fluͤch⸗ 


tete fich daher eilig aus Niſchneinowgorod nach Gus⸗ 
dal, und die meiften qudern Einwohner diefer Stadt 
waren gleichfalls nur auf die Rettung ihrer Perſo⸗ 
‚nen durh eine ſchnelle Zlucht bedacht, worauf 
Arapſcha aur sten Auguſt nach der mouſchenlreren Stadt 
kam, fie sinäfcherte, und nach der Plünderung det 
Segeuden um die Sura mie reicher, Beate uud vie 
len Gefangenen nad der doniſchen Horde zaruͤck ging. 
Bas er aber noch übrig ließ, raubten die Mordua 
nen; kamen aber nicht fo gluͤcklich nach Haufe, Denn 
fo bald der. Zärft von Gusdal vernommen hatte, 
daß die Turtarn fein Fuͤrſtenthum Niſchn einowgorod 
geräumt hatten, kam er in Geſellſchaft feines Beu⸗ 
ders Boris zurück, welcher, da Schmerz und Br 
fürgung dem Fürften von Sugdal nicht erlaubte, ei 
was“ vorzunehmen, alle wehrhafte Maunſchaft jut 
Verfolgung der im Abzuge begriffenen Morduanen 
aufboth, und, nachdem er fie beym Uebergange des 
Piang eingeholt und viele getoͤdtet hatte, in dem 
Fluß jagte, ſolchergeſtalt aber den größsen Theil ih⸗ 
ser Gefaugenen und übrigen Beute wieder erlangle. 
Nach feiner Rückkunft übergab fein Bruder feinem 
Sohne Wafilei und ihm theilo die eigenen, theils vom 
Großfuͤrſten und andern Bundesgenoſſen empfange⸗ 
nen Kriegesvoͤlker zum Ueberfalle der Wohnfihe Dit 
Morduanen. Ste brachten aus dieſem Heerzuge, ia 
dem fieeine große Menge Morduanen getoͤdtet, und 
ihr ganzes Land verheeret hatten ‚. eine anfehnliät 
Beute 











des ruſſtſchen Reiches. 97 


Beute und diele Gefangene zu ihm, von welden Pr. 


verſchiedene der Vornehmſten nach der damahligen 


Sitte, wo man das Recht zu haben meinte, auch 


Gefangenen oder Ergebeneti obn ſolchen Seinden, die 
man nicht als’ gefittete Feinde, ſondern als Räuber 
betrachtete , zus Strafe fuͤr ihre Raͤuberthaten das 
Leben zu nehtnen, zu Riſchueinowgbrod hin richten 
Nließ. Allein Mamai's Feindſchaft gegen den Groß⸗ 
fürſten und deſſen Buüdesgenöffen dänipfte die ih⸗ 


nen non Arapſcha und den Morduanen iugefügten . 


Uebel fo wenig , daß er vielmeht deu Ueberfall des 


morduanifchen Gebicides fü wohl dei Großfuüͤtſten 


als deſſen Schwiegerödter zu einem hend Verbre⸗ 
chen wider die Gerechtſamen dei tartariſchen Ober⸗ 
herrſchaft anrechnete, und als ein ſolches an bepden. 
ahnden wollte. Die Kriegsviiket, welche er nach. 
Riſch nein owgorod abfettigte, trafen dieſe Stadt ganz. 
leer, weil bie Einwohnet ſich Auf die Juſels und die 
andere Seite der Wolga begeben hatten. Der Fuͤrſt 
Dmimi kam zwat auf diefe betruͤbte Nachricht ſchleu⸗ 
nig aus Torope; dahin, aber die kutze Seit hatte, 


ihm nicht vergoͤnnt, Eine genugfame Ktiegemdane ' 


(haft, diefem tartariſchen Heert Widerfiaud zu shun, 
aufzubringen: Daher kouute a kein anderes Mit 
tel zur Rettung det Stadt voñ ihrem gänzlichen Un⸗ 
tergange anwenbei, als daß er ſich erboth, Line bez 


traͤchtliche Brandſchatzaug für ihre Schönniig. uch | 
legen. Doch die Tartärn fhlugeli dieſelbe aus, ver- 
mandelten Die Städt aufs .heue in einen Schutthau⸗ 


fsa, und kehrten nach Kusplündriung und Verwü⸗ 


flaug der ganzen Ürigebung imit ihtet Beute und: 


ihren Gefangenen glücklich zuruck. Aber dem Heete 
welches Begitſch durch das reſauiſche Fürſtenthum, 
das er beyn Durchtzuge mit Mord en und Breumnen 


mißhändelte, ins oprür lie Gebieih fuͤhrte, ge⸗ 
® 


Bed. Rußi. 5: Banb. 


— 


— 





98 Zyweyter Abſchnitt. Geſchichte | 
lang fein Vorhaben nicht; denn es traf den Gioſ⸗ 


fuͤrſten in guter Bereitſchaft, welcher mit einer zahle 


weichen Kriegsmannſchaft den Fluß Woſcha fo wohl 
deckte, daß die Tartarn, ob fie gleich uͤber große 
Ströme duch Schwimmen: zu fommen gewohnt was 
zen, fich vergebens befirebten, auf. die andere Seite 
Diefes Waſſers zu geben. | 

Als er genaue Kundſchaft von de Schaf 


heit dieſes tartariſchen Heeres, eingezogen hatte, ur⸗ 
sbeilte er, daß, wenn es zur Schlacht kaͤme, der 


Sieg ihm zufallen muͤſſe, und räumte in der Abficht, 
die Zartarn dur eine verfiehte Flucht über den 


Siluß zu loden, frepwillig die Ufer desſelben. Die 


Zartarn aber Dacten, daß er fi wirklich wicht ge 


| | traue, fi mit ihnen einzulaffen, und fielen daher, 


nachdem fie am -ı tem Auguſt eiligft über den Fluß 
gefegt waren, mit größter Hige iusgeſammt die 
Mitte der ruffifchen Schlachtordbunng ‘an, die dar 


- Großfürft ſelbſt anführte; fanden aber hier une 


warteten Widerfland. Nachher wurden fie don beyden 
Zlügeln des ruſſiſchen Heeres, wovon einen der 


Okolnitſchei Timofei, den andern hingegen Fuͤrſt Da⸗ 


alla von Pronsf befehligse, in diefen unbedeckten Sei 
ten angefallen , uud geriethen dadurch in folge Um 
ordnung, daß fie vermuthli alle würden aufgeri« 
ben worden feyn, wenn nicht der Anbruch der Racht 
den Ruffen verwehret Hätte, ſogleich ſich ‚ihres er⸗ 
fochtenen Bortheils zu bedienen. - Während der 
Nacht entfernten fie ſich, und ließen, um deflo beſ⸗ 
fer fort zu fommen, alles. Sepdd im Stiche, wel⸗ 
ches den Rufen zu Theil ward, die ihre Verfol⸗ 


gung wegen eines am folgeuden Tage aufgeſtiegenen 


Nebels erfi dann beginnen fonuten, wie die Zartara 


ſchon einen zu weiten Vorſprung gewonnen hatten. 


Mamai empfand eben fo viel Zorn. als Unwillen über 





des ruffifchen Reiches. 99 
den angloͤckliben Ausſchlag dieſes auf ſeinen Befehl 
wider die großfuͤrſtlichen Länder unternommenen 
Rriegeözuge.. Weil er aber auch aus eben dieſem 
Borfalle erfuhr, daB er, ohne ein fehr zahlreiches 
. Heer, durch Unternehninng eines neuen Feldzuges 
wider die großfärftlichen Länder weder Bortheil aoch 
Epre erwerben könne, fondern nur Schande habe; fo 
übteler die Rache, welche er nicht aufſchieben wollse, uns 
vergüglih an dem durch oͤftere Ucherfälle sduzlidh 
außer Bertheidigungsftand gefegten Fuͤrſten von 
Refan aus, ungeachtet alles, was bisher geſchehen 
war, davon zeugte, daß derfelbe in feiner Abneigung 
gegen den Großfürſten beſtaͤndig beharrete. Oleg 
hatte Faum Zeit genug, feine Perfon durch die Flucht 
über den Oka zu fihern; das Verderben feines Lan⸗ 
des aber ward durch dieſe Verheerung fo vollendet, 
Daß ex dasſelbe bey feiner Ruͤckkunft nen anbauen 
und mit andern Einwohnern bevölfern mußte. 

Bald darauf zog Mamat feinen Khan Mamat 
in Verdacht, als wenn derfelbe damit umgehe, durch 
feine &rmordung ſich der Gewalt zu bemädtigen, 
die Mamai unter dem Nahmen diefes Khans befag,. 
und hielt dieſes für eine hinlaͤngliche Urſache, denfels 
ben aus der Welt zu ſchaffen, worauf er den kha⸗ 
aifhen Rahmen keinem andern ertheilte, ſondern 
fh einen Regenten der Horde. hieß, 

Sein erſtes Sefhäft in diefer neuen Wuͤrde | 
befand in der Verfammlung eines großen Rathes, 
dem er vortrug, daß aus dem ganzen bisherigen 
Betragen des Großfuͤrſten erhelle, wie derſelbe fh 
der tartarifhen Herrfhaft zu entziehen und gu eis 
nem unabhängigen Hertn aller ruſſiſchen Länder su 
miachen gedenke, and. bereits feine Macht fon fo. 
vergrößert habe, daß er als Beim Leicht zu überwältie 
„gender Zeind angefehen werden muͤſſe, fondern nur, 


ı 00 _ Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


wenn die Horde ihre eigenen Kräfte durch Buͤub⸗ 
niffe mit andern Mächten und Werbungen jgeld- 
and beutebegieriger Ausländer vergrößere ! üben’ 
wunden werden koͤnne. Diefer Vortrag erhielt den 
Beyfall und die Genehmigung aller Slieder, die 
Mamai zu diefer Berathſchlagung zog; man geneh⸗ 
migte ſogar, einen auſehnlichen Theil des‘ khauiſchen 
Schatzes dazu auzuwenden, von Tſcherkafſen und ans 
dern tartariſchen Bolkern, ja Armeniern und‘ Frans 
Ten Manuſchaft auwerben. Herner beſchloß mar, al 
Je ruſfiſchen Fuͤrſten, die nut dem mindeſten Verdacht 
‚gäben, als wenn fie irgend eiten tärtarifchen Bes 
fehl zu befolgen Bedenken truͤgen, auszurotten, und 
alle dadurch erledigten Länder unmittelbarer tartärle 
fer Herrſchaft zu unterwerfen. Kaum war diefer 
Entwurf beſchloffen, ſo fing Mamai auch on Auſtal⸗ 
ien zur Ahsfüßrung zu machen, und ruͤckte mit ſei⸗ 
ner Horde immer näher gegen die ruſſiſchen Gren⸗ 
zen, bie er fich im der Gegend von Woroneſch las 
gerte. 

Als der Fuͤrſt von Reſan dieſe großen Zuruͤ⸗ 
ſtungen Mamais zu einem ruffiſchen Feldzuge hör 
te, gerieth er in die groͤßte Verlegenheit. Zwar 
haßte er den Großfuͤrſten, aber er wußte auch, daß 
fo wohl Mamais Ahſichten bey dieſem Heerzuge ſich 
viel weiter erſtreckten. Er hielt folglich: für das 
Zutraͤglichſte, jedem der bepden Gegner, fo lange es 

ſeyn Fonute, damit gu ſchmeicheln, als wenn er auf 
feiner Seite ſtehe, und inzwifchen ſich um eine Der: 

- bindung wit einer dritten Mache zu bemüͤhen, die 
ſtark genug fey, ihn gegen den, der von bepden die 
Oberhand gewinnen möchte, welcher nach feiner Ber 
muthung der Zartar ſeyn wiirde, zu befihägen 
- Diefe Macht konnte Feine andere als die litthauifche 
ſeyn, die noch dazu darin mit ihm einen gemein. 








des ruſſiſchen Reiches. 401 


ſchaftlichen Staaisnutzen hatte, daß der Beherrſcher 


von Litthauen weder dem Großfuͤrſten noch den Tar⸗ 
tarn einen Zuwachs, ſondern vielmehr ſo wohl die 
ſem als jenen eine Verkleinerung wͤuſchte. 


Der Großfuͤrſt wandte ſich m Anſchung Der Groß⸗ 


der (9 graßen Kriegsräftung Mamals au Kpprion, 


fuͤrſt will lies 
ber Krieg als 


Meteopolisgn pon Moskau und Kiew, mit. der Ans den Frieden 


frage: was er bey gegenwärtigen Umſtaͤnden gu thun zu hu theuen er, 


babe? Die Autmwert desſelben fiel dabin- aus : 

‚daß der Großfuͤrſt, falls er heſorgte, daß er 
Der Staͤrke des tartariſchen Kriegsheeres nicht ge⸗ 
wachſen fen, ſuchen moͤchte, ob er.den Khan durch 


eine Seſandtſchaft und reiche Geſchenke befänftigen 
Sinne. Jetzt befragte er den GSroßfuͤrſten, ob ihn 


fin Gewiffen. feine Vorwürfe mache, daß er zu 
dieſem gefäßrlichen Kriege Urſache ‚gegeben. habe ? 
and als derfelbe erwicderse „ daß ihn lein Bewiffen 


son. Diefer Verſchulduug frey ſpreche, ermunterte er. 


ihn ‚mit biblifhen Spruͤchen, fi als ein Fuͤrſt, 
der für die Erhaltung der. Kirche zu kämpfen ger 
greungen fen ,. auf dern adstlihen Bepſtaud zuver ſicht⸗ 
lich gu verlaſſen. Dieſe geiſtlichen Ermuntetungen 
Kaͤrkten den Großfuͤrſten in feinem Egtwurfe, wenn 
es ihm nicht gluͤcken follte, durch ertraͤgliche Mittel 
ſeinen Feind dahin zu vermögen, ihm den Frieden 
zuzugeſtehen, demſelben herzhaft die Stirn zu bie⸗ 
then. Er ſandte Boihſchafter ea alle ruſſiſchen Für⸗ 
‚fen ob, um jeden unser ihnen durch tzachdruͤcliche 


Vorſtellung der underaeidlichen Gefahr dahin zu ber 


avegen, dab Nie mit fa Hielen Kriegs völkern, als 
jeder. mit Anſtrengung aller Kroöfte aufzubringen 
vermoͤchte, ſich aufs eiligfie bey ihm einſtellten. — 


Diefe Borfielung fand far allenthalben guten Ein- 


song. Nicht nur fein. Vetter Wladimir, der ſich 


jegt zu Boromöf aufhlelt, fondern auch Michael, 


-_ 
= 


102 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte 

Fuͤrſt von Twer, vergaß bey dieſen Vorfaͤllen alle 
feine ehedem mit dem Großfürſten gehabten Strei⸗ 
sigfeiten,, und feine Kriegsvoͤlker trafen, da außer 
dem genannten Vetter des Großfürften noch Fein 


BVuͤrſt mie feiner Kriegß mannſchaft das großfuͤrſtliche 


J zung begnüͤgt Kästen, ſandte auch unverzuͤglich einen 


Heer verſtaͤrkt Hatte, unter dem Befehle des Zuͤrſten 
von Eholm , Johaun Wſewoloditſch, eines Neffen 
des Fürſten von: Twer, bey demſelben ein. Ramai 
hörte won diefen großen Rüftungen des Großfuͤrſten, 
und dieſe Rachrihr ließ ihn befuͤrchten, er möchte 
vieleicht von demſelben cher angegriffen werden, als 
er fein Heer. bepfammen haͤtte. Um nun Seit zu 

gewinnen, und den Großfuͤrſten durch die Hoffnung, 
Daß er nicht gang abgeneigt ſey, fich mit ihm zu verglei⸗ 
chen, abzuhalten, daß er ihm mie den Feindſeligkei⸗ 
ten nicht zuvorkaͤme, ſchickte er einen Geſaudten ar 
deuſelben, mit dem VBortrage, daß er nur deßwegen 
ſich zum Kriege wider den Sroßfürſten anſchicken 
muͤſſe, weil bDerfelbe ih feiner Pflicht edtzo⸗ 
gen babe, und eine weit kleinere Schahung an die 
- Horde abtrage, ald an bie Khane ODſchauibek ud 
Usbek erlegt worden ſey. Der Großfüeft erwieder⸗ 
te darauf, Daß die ehemahlige Schatzung durqh 
neuere Vertraͤge auf den gegenwaͤrtigen Fuß herab⸗ 
gefegt worden, und ſchon ſeit vielen Jahren die 
. Rhane, ja Mamai ſelbſt fich mit der erniederien She 


-angefehenen Manu von vorzuglichem Verdienſte, 
Sacharii Tjutſchew, mit betraͤchtlichen Geſcheulen 
“an den Khan ab, deuſelben ſeiner Beharrlichkeit im 
Gehorſam gegen ihn zu verſichern, und durch Bor 
weiſuug des Inhalts der zwiſchen ihnen beſtehenden 
Verträge. und der Verringerung des Bermögenk 
ſtandes der ruſſiſchen Länder dahin zu bewegm, 
dog Mamoi fi der FZorderuas der Höheren Ode 





des ruſfiſchen Reiches. 103 - 


sung begaͤbe Da diefer ruſſiſche Gefandte dur 
das refanifche Fuͤrſtenthum nach der Horde reiſte; 
fo gelangten bie geheimen Verbindungen des Fuͤr⸗ 
ſten von Refan und des Beherefhers non Litthauen 


mit Mamai zu feiner Wiffenfhaft, und er unter 


ließ nicht, Togleich durch einen geheimen Borken. fele 
sem Herrn diefe wichtige Nachricht mitzutheilen, 
und Jeiftete Demfelben hiermit einen fehr erheblichen 
Dienft, weil der Großfuͤrſt noch nicht den minde⸗ 
fien Verdacht geſchoͤpft hatte, als wenn der Fuͤrft 
von Refan «6 nicht aufrichtig mis ihm meinte, und 
aus dieſem guten Vertrauen auf Olegs Zrenmdfhaft 
fih um feine anderen Nachrichten von Mamais Au⸗ 
Kalten bekümmerte, da er in den Gedauken ſtand, 
dog der Für non Refan hierfür: genüglich forge, und 


ibm alles aufridtig augeige. In der Rede, die die . 


fer xuſſiſche Seſandte bey feinem öffentlichen Gehör 
:an den Khan hielt, fprach er won feinem Herrn in 
fo hohen Ausdrüden, daß Mamai fih fo erzürnte, 
daß er einen Schub auszog, und folden dem Ge⸗ 
fandten mit einem verdchtlichen- Blide und den Wor⸗ 
sen zuwarf: das wäre ein Geſchenk für ihn, fo er 
noch immer als ein Zeichen einer Bade anzunch» 
men babe. Aber dieſe veraͤchtliche Begegnung brach⸗ 
te den Ruffen nicht aus feiner Faſſung, ſondern er 
antwortete Mamai mit einer folden Würde und 
Beſcheidenheit, daß derfelbe die großfürflichen Ges 
ſchenke, die er zuvor nicht des Anuſchauens würdig⸗ 
te, anzunehmen befahl. Er vertheilte ſie aber auf 
der Stelle an die gegenwärtigen Kriegslente, und 
fagte: fie ſollten fih dafür Peisfchen kaufen, weil 
er bald. alles Sold und Silber des Disitri in feinen 
Haͤnden haben, ganz Rußland feinen getreuen Dig 
nern austheilen, und diefem Dmitri zum Hüther gis 
ner Herde von Kamehlen beftellen werde, Solche 


a04 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


Schmaͤhungen konnte Sacharii aicht fſtillſchweigend 
auhoͤren, ſondern erwiederte darauf: die Schichſale 
der Reihe berubeten auf dem Wöfllen des Allmaͤch⸗ 
- "tigen ; fein hr und Vaterland aber verdienten eine fol: 
te Beratung nice. Die Zartarn wollten dieſe 
Dreifigkeit, die bey ihnen eine hoͤchſt ſtraͤfliche Ver⸗ 
-wegenheit und Beringfhägung der Majepde ihres 
Khang hieß, auf der Stelle durch Ermordung did 
Boltbſchafters abuden. Allein bey Mamai verurfad: 
fe fie eine ſo große Hochſchaͤzung gegen diefen Ron, 
Daß er nicht nur den Geinigen alle Vergreifung an 
"feiner Perſon unterfagte, ſondern fogar demſelben den 
Untrag that, deu Sroßfuͤrſten gu verlaſſen, und in 
‚feinen Dienm zu kreten, wofuͤr er ihm ‚eine eintrög 
liche Herrſchaft in Rußland geben wollte, Gade- 
ri}, den wohl einſabe, daß bloß eine Verſtellung ihn 
jet retten muͤſſe, dankte Mamai für die hohe Glüd⸗ 
ſeligkeit, Die er ihm dadurch erzeigen wolle, daß er 
ihn in feinen Dienſt gufgunchmen ſich erbiadhe, und ver— 
ſprach, wenn er, wie es feine Ehre erfordere, fi 
des ihm von feinem jegigeg Herrn dem Großfuͤrſten 


ufgetragenen Gefhäftes. durch Weberbringung de 


Antwort des KHans an denfelben entledige haben 
‚würde, unverzuͤglich zuruͤck zu Fehren , um der Vor⸗ 
teile ſich fähig zu machen, die Ihm der guädiet 
Wide ‚eines fo maͤchtigen Heren, wie Mamai (9, 
zuwenden wolle; Mamai war mit biefer Erklärung 
vollfommen zufrieden, gab Tjutſchewen fein Anl 
wortſchreiben an den Großfürften zur Beſtellung, 
und fieß ihn nebſt einer großen tartgriſchen Gefand 


ſſſhaft, bep welder- vier feiner vornebmſten Bedien⸗ 


ten, fein Kämmerer, fein Geheimſchreiber, fein Stab 
meiſter nnd fein Oberhofmeiſter, die oberfien Stel 
bekleideten, in fein Vaterland abgehen, In 
+ blefem Schreiben ghat der Khan, der ſich dem Eh⸗ 








bdes ruffiſchen Reiches. 205 7 
rennahmen eines Koͤnigs des Morgenlandes beyleg⸗ 


‚se, dem Großfuͤrſten, den er als feinen Unterthan 
behandelte, zu. wiſſen, da derſelbe tartariſche Länder 


regiere, erfordere feine Pflicht, dag er durch perfün» 


liches Erfcheinen dem Khaue feine interthänigkeit er⸗ 
weife; wenn er dieß nicht: bald.ıhue, fo werde. dieſer 
Ungehorſam ſowohl au dem ihm anvertraueten Lan» 
de durch gaͤnzliche Verwuͤſtung, als an ihm ſelbſt 
mit verwirkter harten Strafe geahndet: merden, — 


So Hald aber Tjutſchew die ruſſiſche Grenze erreich⸗ 


se, benachrichtigte ey durch geheime Abfertigung ei⸗ 
nes Mannes aus feinem Gefolge den Braßfürften 
von allem, was er zu feiner Wiſſenſchaft zu bria- 
gen für noͤthig erachtete, und begehrte zugleich, 


ibm eiligſt einen Haufen Kriegsvoͤlker zuzuſchicken. 
NIS nach dieſem feinem Verlangen 300 Ma on» 


kamen, fo erregte die Wahrnehmung fo vieler Bes 
 waffneter bey den bey Zhutſchew beſindlichen Zar⸗ 
Sara feinen Verdacht, ſondern fie hielten dieſelhen 


für eine Ehrruwace, durch welche der Großfuͤrſt fie 


einholen Taffe, -erfgunten aber fogleich ihren Irrthum, 
da fih auf Tjutſchews Befehl dieſe Maunſchaft ib: 


rer aller bemädtigte, und Zjusfhew das Schreiben 


des Khaus au den Sroßfürfien in Städe zerriß, 
wobey er einen der Geringſten aus ihrem Mittel 


— 


mit dem Auftrage an Mamai die Frepheit ertheil⸗ 


te, demfelben dieſe Stuͤcke feines Briefes zu ‚übers 


bringen, und in Tjutſchews Rahmen zu melden, - 


derſelbe Habe fo vielen Stolz und- dummen Hoch⸗ 


muth gu ihm bemerkt, daß er hieraus leicht den Sue 
halt feines Schreien erräthen Fonnte, und dadurch 
bewogen worden ſey, dasfelbe, che er es feinem 


Herrn zuftellte durchzuleſen. — Nachdem er er⸗ | 
fahren, daß feine Vermutung mit der Sache voll» 
kemmen Äbereiofimme; fo geige er Ramai, wis 


106 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
ein treuer Diener des Großfürſten ſich ben derglei⸗ 


. den Belhimpfungen feines Harn verhalten muͤſſe, 


oben er ihm dasfelbe zuruͤck ſende. 


Der Grob As der Großfürft den Hordenregenten 


fürft erficht 


am Don uͤber 


‚Hama in ſeinem eigenem Gebiethe aufgefucht 


"die Tartarır hatte, ward zur Säladt alles veranflaltet,. — 
einen hertli Denn in Der dritten Tagenfunde, oder nach un⸗ 


"ben Sieg. 


ferer Rechnung etwa um adt Uhr, gab zwar ſo⸗ 
wohl. das ruſſiſche Heer. durch Trompetenflö- 
be ale das tartarifche das Zeichen zum Angriffe; 
‚aber die: Dicke des Rebels hiuderte beyde, (näher vor 
zuruͤcken, uud feinen Feind gemahr zu ‚werden. Un⸗ 


. terdeffen vitt bee Großfürk auf abgemwechfelten Pfer⸗ 


‚den im ganzen Heere herum, nud begab kb zu 
Dem Sauptheere, um au der Spitze feiner tapfer 
ſten Krieger mit demfelben alle bevorfichenden Ger 
fahren ju heilen. Zwar umrangen ihn feine Zür- 
‚Wen und angefehenften Heerführer, und bathen ihn 


| iehentlich, in einiger Ensfernung der Schlacht zu 


zuſchauen, weil die Rettung des ganzen Baterlau- 
Des auf feiner Perſon beruße, und. fein Tod fogar 
den Sieg in eine große Niederlage verwandeln wuͤr⸗ 
de. Dee Großfürſt aber, ob er wohl dieſe Erinue⸗ 
"zung der Seinigen als ein Merkmahl ihrer beſonde⸗ 
‚sen Zuneigung ſchaͤtzte, wollte fie doch aus den 
‚wightigen Gründen nicht ‚befolgen, . weil es frine 


. pflicht fordere, daß er, der die aräßte Ehre in ſei⸗ 


‚nem Lande genieße, bey einer für Rußland eutſchei⸗ 
denden Angelegenheit fich mit mehr als ein aude⸗ 
zer Ruffe ſchone, andy fein Bepfpiel den Muth der 


Seinigen beleben, feine Abweſenheit aber vermin⸗ 


dera würde, Kaum erlangte man mit genaner Noth 
fo viel, daß er alles, was Ihn während der Schlacht 
den Zortarın fenntlicdh machen könnte, ablegte, und 
‚einen von feinen Waffentraͤgern, Richael Andree⸗ 


bs 


‘ 





« 6“ 


“des ruffifchen Reiches. 307 


with Brenka, feine großfürfttiche Kleidung gab, 
auch die große ſchwarze Sahne vor diefem falfchen 
Stoffürften ertragen ließ. Als er darauf das 
Kreuz, welches er gemöhulich in feinem Buſen trug, 
hervorzog, und fih mit Gebethe zum Streite berei⸗ 
tete, fam eine in diefenm, Augenblide angenehme 
GSeſandtſchaft des Abts Sergii. bey ihm. an, melde 
ihm von dieſem Manne gefegnetes Brot und ein 
Schreiben überreichte, worin er ibn und fein Heer 
zum tapfern Streite für Gottes Sache mit. Ber 
fprehung des Dimmlifhen Benfiaudbes ermunterte. 
Bieſe wichtige Nachricht ließ der Großfürſt unter 
‚ das ganze Heer verbreiten, und ertfeilte darauf 
fogleih feinem Vortrabe Befehl, fi dem feindlichen, 
Der unter der Anführung eines tartarifhen Fürften 
Telaͤka herbey Fam, gleichfalls zu nähern, Die 
Stärke des tartarifchen Heeres ſchaͤßt eine Nachricht 
auf 800,000 Mann; eine audere aber erhoͤhet Me 
Bis auf ı,200,000 Mann, ‚und berichtet, daß Die 
bepdergeitigen Hrere zufammen einen Kaum von 90 
Werften eingenommen haben. 
Mamai bewies. fich nicht fo kuͤhn, als der Sr 
fürſt, indem ex feine Perfon nicht in die Befahr der 
Schlaͤcht wagen wollte, ſondern mit drey Zürften id 
an einem erbabenen Orte aufhielt, wo er beyde 
Heere und den guößten Theil des Schlachtfeldes 
überfchauen fonnte, wogegen der Oroßfuͤrſt ſich for‘ 
gar unter Die Streiter des Vortrabes miſchte. Rap 
-den Heinen Gefechten zwiſchen dem bepderfeitigen 
Vortrabe kehrte der Großfürſt an feine Stelle zus 
züd ; fein Kriegsbeer aber blieb unbeweglich ſtehen, 
und erwartete in diefem Stande deu Angriff der 
Zeinde, die ſich ann auf dem knlikowiſchen Zelde 
auöbreiteten , uad ihre beyden Ziügel weit Über die 
ruſſiſchen ausdehuten. Doch in dem Nugendlide, 


! N 


108 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


als die Ruſſen glaubten, daß die Tartaru den An 
ariff voruchnen würden, fprengte ein Rieſe und bes 
rühmter Ritter, _Temir Marſa, hervor, und 
forderte einen ruffifhen Ritter zum 'Bmepkampfe 
auf. Allen bey feiner furchtbaeen Rüflung und fel- 
nem grimmigen Anfehen begeigte ein Sinziger, da 


. Mich Pereswet, Luſt zur Annahme dieſer Aus 


* 


forderung.. Diefer Kellte ſich nach exhaltener Erlaub- 
niß des roffürften in feiner Moͤnchekleidung ohne 
Helm und Panzer, nur wit einem greßen ſchweren 
Spieße bewaffnet, gegen Ahn, und als beyde unter 
dem Yufmunterungsgefhrene ihrer Heere auf ciuen⸗ 
Ber trafen, durchſtieß jeder feinen Beguer mit ſeiner 
Lanze fa wohl, daß beyde todt zur Erde fielen. 


Der. Husgang dieſes Zweykampfs ergheilte gleihfem 


das Zeichen zum allgemeinen Treffen, wo der Groß⸗ 
Fürft den Geinigen die Lofung gah: „Brüder, Golt 
M 'unfere Zufſucht und Stärke; die das game 
Heer mit dem lauten Rufe; ‚Mit uns iſt Sort, beant⸗ 
wostete, und. auf ben ‚eutgegenlommenben Feind ji: 
eilte, worauf beyde Heere im .-Angenblide haudge⸗ 
wein: murden. Das ſtarke Vorbringen beyder Hee⸗ 
te verengte den Kaum des. Schlerhifeldes fa feht, 


da Diele von der ungebeuern Menge der Menſchen 


uud Pferde "erdrüde und gertrgten warden, andere 
Bingegen, die einen Feind vor fih durchſtochen hat 
sen, ehe. fie ihre Laugen ausziehen founten, von-bis 


‚den vqu einem ändern eine cödtlihe Wunde empfin⸗ 


gen... Seh im Anfange der Schlacht fielen weit 
mehrere Tartarn als Ruffen, und der Großfürf, der 


- ib Immer im heftigften Gefechte befand, fenerle 


dur feine Anführung und fein Bepfpiel die Herr 
Baftigkeit der Seinigen noch mehr oh. Als ein Pferd 


 auter ihm getödtet war, beflieg ex ein anderes, und 


Jümpfte fo Iauge, bis er von der Menge der Shih - 





4 


des ruſſiſchen Heißes, E 109 


ge unb Stoͤße, die auf feinen. Panzer trafen, ſo 
eutkraͤftet ward, Daß er fich nicht länger zu Pferde, 
haften konnte, fondern abſteigen, und, ohne einige 


Begleiter um. fih zu haben, zu Fußr das Schlacht _ - 


feld verlaffen mußte. Weil die Tartarn an der Zahl 
die Ruffen um Vieles üdertrafen, ſchickten jene uns 
aufbörlich friſche Mannſchaft in deu Streit, won 
gen die Kurffen immer mehr adnahiten; und doch dem 
ganzen Schtwarme ihrer. Feinde widerſtehen mußten: 
So bald Wladimir dieſes wahrnahm, woll⸗ 
te er mit dem Hinterhalte ſeinen bedraͤngten Brür 
dern zu Huͤlfe eilen.“ Boy Omitri, welcher eine. 
eben ſo große Herzhaftigkeit beſaß; aber ihn an Kriegs⸗ 
erfahtenheit übertraf, wehrte ihm dieſes und andern 
Gleichgefunten mit den Worten: „es ſey nad nicht 
Gottes Wille, und dieß erkenne er aus der Widrig⸗ 
keit Des Windes, um deſſes gluͤckliche Wendung fie 
alle bethen müßten. Seine Vorſtellungen fanden Ges’ 
hör , und der ganze Hinterhalt verblieb fo lange auf‘ 
feiner. Stelle , bis. Dmitti ale tattariſchen Kriegse - 
völfer ins Zreffen ügen geſehen, und wahrgenom⸗ 
men: hätte, daß fie alle den Hinterhalt vorbey wa⸗ 
seit, anch der erſt widrige Wind aufhoͤrte. Sept rich 
er lant: „die Beit iſt gekoumen, und Gott hilft ung I" 
Diefer gang unverutntheit Aufall, den der: ruſſiſche 
Hinterhalt in die Seiten und den Rüden der Tars 
tarn hät, vetaͤnderte in. einem Augendlicke Diegange 
Geſtalt der Schlacht. Die Ruſſen verfolgten fie bis 
an. den Strom Meiſcha, in welchem noch eine Diem 
ge Tärtatn ertrank. Nachdem aber Fuͤrſt las 
dimir wieder aufs Schlachtfeld zuruͤdgekehrt war, 
und durch den Trompetenſchall das im Verfolgen 
der: Feinde gerfirenete Heer zu ſeinen Ständen zu⸗ 
tudgernfen hatte; fo verminderte die Bemerkung 
der getingen Zahl der Sieger und der Verluſt dee 


4 


112 Zweyter Abfehnitt. Geſchichte 


und-nun nach defien Entferuung ſich gern dem Groß⸗ 
fürfien unterwerfen wollten. Folglich gelangte der 
ſelbe, ohne ein Hrer zu gebtanchen, zum Beßte 
des Fuͤrſtenthums Reſau, und ließ es durch Beam⸗ 
sen, die er dahin ſchickte, regieren. Dieſer Sieg 
ber Mamai kam zwar deu Urberwinderü fehe theuer 
zu ftehen ; aber fie fhägten doch den Gewiun, den fie 
dadurch erlangten, indem fie naͤhmlich nicht nur ihr 
Vaterland von einer gaͤnzlichen Verheetung durch 
die wilden Tartarız befreyeten, ſondern auch erfuh⸗ 
ren, daß biefer ihnen bisher fü fuͤrchterliche Feind, 
vor deffen bloßen Nahmen fie erzitterten, dutch eine 
ungleich ſchwaͤchere Zahl tapfeter Sireiter überwun⸗ 
den werden koͤnne, ſo ſeht Ha, daß fie (6 wohl dem 
Großfihrſten als deſſen Better Wladimir *) den Eh 
tennahtsien Dom si beylegten, bie Umſtaͤnde des. 
felben dur muͤndliche Erzählungen duf die ſpaͤteſte 
Nachkommenſchaft dergeftalt fortpflanzten, daß, mit 
Ausnahme der Schlacht bey Pultawa und der Vor 
fälle neueſter Zeiten, noch heutiges Tages in Ruf: 
land, befonbers in deu Gegenden ant Don, von kei⸗ 
tier Rriegsbegedeußeit fo viel als von dei. Siege 
fiber Mamai geſprochen wird, 

Coktamiſch - Kaumt hatte Toktamiſch, Khau jü- Sara, alte 

ht den ebertähligen - kaptſchakiſchen Länder erobert, und 

fen. Das Reich der doniſchen Hörde mit dem woigiſchen 
vereiniät: ſo forderte er durch einen Geſandteii, 
Rahmens Auchsſaͤ, fo wohl: von dem Großfuͤrſten 
als allen Übrigen ruſſiſchen Fuͤrſten den Abtrag der 
Gefaͤlle, die fie an die dotiſche Horde zu liefern 
- pflegte, da fie feit einiger. Zeit mit der wolgifchen 
Horde ir keiner ſonderlichen Verbindung ſtauden. So 

— wohl 


9) Aicharbe heutige obbone ven: —X &, 135; 














des ruſſiſchen Reiches. 113 


mobi: der. Großfuͤrſt als bie übrigen Fuͤrſten erleg- 
ten ſogleich die Schatzung, und erwiefen den Ges ' 
ſandten alle gebraͤnchlichen Ehrenbejeigungen; ja, 
der Großfüͤrſt fandte hinwieder eine Bothſchaft au 
Zoktamifh ab, denfelben feiner Ergebenheit zu ver⸗ 
fidern. Nichts deſto weniger entſchloß fih Tokta⸗ 
miſch, ohne daß man eine Veranlaffung angegeben: 
findet, durch welche der Sroßfärft ſich deſſen Unbil⸗ 
len zugezogen habe, im Jahre 1382 zu einem Heere 
zuge wider Rußland. Damit er aber dem Große 
fürften Feine Gelegenheit gäbe , Gegenanflalten zu 
. machen, warnte er ihn durch feine Bedrohung oder 
Kriegserflärung , fordern fandte Kriegsvoͤlker indie 
Bulgarep mit dem. Auftrage ab, alle in dortigen 
Gegenden: der Handlung wegen oder aus andern 
Urſachen ih aufhaltenden Ruffen zu töbten „ihre Has 
be wegzunehmen, und ihre Fahrzeuge, um deſto ges 
fhmwinder fein Heer über. die Wolga zu feßen, an 
einen gewiffen Ort zuſammen zu führen. Alles 
dieſes gluͤckte ihm nach Wunſche. Aber doch erhielt 


| der Großfuͤrſt durch die geheimen Kundſchafter, die 


er befidudig in der Horde bielt, Nachricht von ſei⸗ 
nem Vorhaben, und forderte deßwegen die übrigen 
zuffifhen Zürften auf, ihn mit -gleihem Eifer wie 
der diefen tartarifhen Einfall zu unterflügen, als 
fie wider Mamai gethan hatten. Allein dieß Mahl 
traf er nicht gleiche Willfaͤhrigkeit dep ihnen an, 
ſahe fih daher gezwungen, Zoftamifhen den Weg 
sch Moskau frey zu laffen und ih nah Koſtroma 
zu begeben, wo er mittlerweile Zoftamifchen eutwe, 
der eine. Niederlage bepzubringen, oder zu einer 
ſchimpflichen gefhwinden Verlaffung des ganzen rufe 
ſiſchen Gebietes zu noͤthigen, ein hinreichendes 
Heer aufzubringen zuverlaͤſſig hoffte. Sein Schwie⸗ 


gervater hielt es bey ſolcher Bewandsniß der Um⸗ 
Geſch. Rußl. 2. Band. 





14 Zwepter Abſchnitt. Gefchichte 


fiäude für eine wuvernünftige Raferep ,. einem fo 
zahlreichen Heere der roheſten Feinde gu trogen, und 
fi und fein ganzes Land ohne den mindeſten Nu⸗ 
pen für den Großfürften in das unfehlbare und 
äußerfie Berderben zu flürzen, Daher beſchloß er, 
Ad durch alle. Merkmahle der tieffien und anfelde 
tigften Unterwärfipfeit um die Gewogenheit des 
Khans zu bewerben, und ſchickte demſelben (tue bey⸗ 
den Söhne, Wafılei: und Simeon, mit einem klei⸗ 
nen Gefolge entgegen , die Toktamiſchen nicht eher 
old au den Grenzen des Fürſteuthums Reſan eins 
holten, und anf deffen Befehl bey feinem Heere 
verbleiben, und demſelben nach Moskau folgen muß⸗ 
ten. Oleg hingegen that, ob er gleich mit dem Groß⸗ 
fürften Zrieden und ein Buͤnduiß geſchloſſen, und der 
Großfuͤrſt ihm ſein Fuͤrſtenthum wieder eingeräumt 
hatte, freowillig und aus heftiger Begierde alles 
.Moͤgliche zum Schaden des Großfürften beyzutta⸗ 
gen, Toktamiſchen alle erfinnlihe Beförderung zu 
feinem Vorhaben, indem er demfelben zum Wegwei⸗ 
fer ouf feinem Zuge diente, woben er die Vorſict 
“bewies, daß er fie um fein Land herum an die Ola 
führte, wo ex ihnen einen bequemen Uebergang zeig 
se, nach welchem fie Serpuchow, als die erfie groß⸗ 
fürftlide Stadt, die fie antrafen, nad kurzer Ge 
genwehr uͤberwaltigten und zerſtoͤrten. Hierauf ver⸗ 
fuhren ſie gegen ale Oerter und. Wohnſtaͤtten, durch 
welche fie weiter fortzogen, auf. gleiche Weiſe, und 
langten om 28ſten Anguf vor Moskau an. Dahin 
war kurz zuvor der Metropolit von einer nad Kiew 
gemachten Amtsreiſe zuruͤkgekehtt. Diefer Geiflliche, 


welcher vor dem Kriegszguge wider - Mamai andern 


ſo viel von der oorzuͤglichen Gluͤckſeligkeit vorſchwaß⸗ 
te, welche die Märtererfrone begleitete, die alle, die 
Dusch die Hände des ungläubigen Tartaru ihr Le⸗ 





s 


des ruſfiſchen Reiches. a1: 
ben verloͤren, im Himmel empfingen, ließ ſich jetzt 


von der Todesfurcht fo Äberwältigen , daß er nicht 


bloß darauf dachte, -wie et durch Die gefhwindefte - 


Entfernung aus .einer Stadt entkaͤme, welcher eine 


tartariſche Belagerung bevorfland , fondern auch ſei⸗ 


nen Vorſah, aus Moskan zu flüchten, fo wenig geheim 


hielt, daß er, einen: anſehnlichen Theile der Bewoh⸗ 


ner ein gleiges Schreden, in die Hände der Tar⸗ 
torn zu fallen, einflößte, und. fie bewog, daß fie 


gleihfald Moskau verlaffen wollten. Diefes errege 


te bey den Webrigen, die die größere oder dach we⸗ 
nigſtens wegen . ihres Muthes betraͤchtlichere Zahl 
ausmachten, ſolchen Widermillen gegen fie, dag fie 
nicht nur ihnen durch allenthalben ausgeftellte Wa⸗ 
chen das Weggehen aus der, Stadt vermehrten, ſou⸗ 
dern auch alle fonflige Hogſchaͤtzuug, die die Wuͤrde 


des Metropoliten jeder Perſon gab, die dieſes ehr⸗ 


wuͤrdige Amt bekleidete, in naͤnzliche Vergeſſenheit 


ſtellten, und, bey allen feinen Abmahnungen und Bes 


drohungen mit feiner geiftlichen Gewalt, weder ihm 
den Ausgang dus der Stadt jugeffanden , noch fich 
der Beſchimpfungen uud Gewaltthaten wider die 
enthielten, die gleich ihm Moskau zu verlaffen be⸗ 
gehrten. Zulett brachte er es zwar dahin, daß man 
ihm und andern. Gleichgeſtanten die, Entfernung aus 
der Stadt erlaubte; aber der poͤbel begnuͤgte ſich 
bey!diefer Gelegenheit nicht damit, daß er die Aus⸗ 
giebenden blog ſchmaͤhete, fondern beraubte auch uers 
fhiedene darunter befindlichen Bojaren. Da aber 
nah aller Wahrſcheinlichkeit diefer Abzug die Stadt 
nicht ‚von allen Zaghuften reinigte, ſondern vermuth⸗ 
lich noch die ſtaͤrkſte Anzahl darin blieb, und auch 
ſchon die Unordnung ‚und Verwirrung, die durch 


Beranlaffung diefes Abzuges in der Stadt entftand, 
die Hoffnung, die Stadt zu erhalten, fehr zweifel⸗ 


9. 


= 


« -_ 


— 


126: Zweyter Abſchnitt. Geſchichte. 
haft machte, indem dieſelbe auf der Einigkeit und Folg⸗ 
ſamkeit gegen die Befehle der Vorgeſetzten beruhete; 
fo fand die Sroßfürftinn mit ihren Kindern dep län, 
gerem Verbleiben in einer; fo jerrüttetem Orte feine 
Sicherheit, und ging mit denfelben nach Perejas⸗ 
Löw. Nachher dauerte auch die Verwirrung immer 
fort, bis Ufel, ein Fürft aus litthauiſchem Gebluͤ⸗ 
„ Digerds Enkel, ankam, und nad Uebernahme 
* Oberbefehlshaberſchaft dieſelbe in etwas hemm⸗ 
te. Doch da dieſer ploͤtzliche uebergang der Menge von 


der adußerſten Verzagtheit zu einer muthigen Ent⸗ 


ſchließung bloß durch die Ankunft eines Heerfuͤhrers 
von bekannter Faͤhigkeit und deſſen Zuſpruch, daß 


‚man ſich von der Gefahr eine falſche Vorſtellung made, 


veranlaßt worden war; fo dauerte derſelbe nicht lan 
ge, und verſchwand, als ſich nur der erfie Haufen 
der Tartarn zeigte. Denn obglei die Zahl diefer 
Feinde, die nun ankamen, ſo ſchwach war, daß die⸗ 
ſelben fib aus Bewußtſeyn, daß fie nichts ausrich⸗ 
ten koͤnnten, keiner Feindſeligkeit unterfingen, ſondern 
nur das aufden Mauern ſtehende Volk nach dem Groß⸗ 
fuͤrſten fragten, und, nachdem fievon demſelben ver⸗ 
nommen hatten, daß derſelbe fich nicht in der Stadt 


- befinde, ‚von fern um die Mauern herumritten; fo 


erfhflte doc die Gegenwart diefer ohnmaͤchtigen und 
unthärigen Feinde die Meiften-von denen, auf wel⸗ 
die die Berrheidigung von Moskau ankam, mit ei: 
‚nem fo gewaitigen Schreden, daß fie ſich nichts an: 


. dirk vorſtellten, als daß fie unfehlbar des Märterer: 


todes durch die Hände diefer. Tartarn erben wuͤr⸗ 
den, und in diefer Einbildung nicht das Mindeſte, 
fie von der Einnahme der Stadt abzuhalten, ferner 
thun , fondern dafür durch Faſten, Bethen und den 
Genuß des Abendmahles fich zu einem feligen Tode 
vorbereiten wollten. Bey folder Befcpaffenpeit der 





‚ des ruſſiſchen Reiches. . 217 


Umſtaͤnde mußten. Uſtei und die Wenigen, die bey 
Dem Anplide diefer tartariſchen Vorvoͤlker noch fande 
. haft.werhligben., zu einem andern Mittel ibre Zus 
finds nehmen, das gemeine Volk zu belaben, indem 
fie aus den Häufern der Bornehmen Branntwein- 
auf die, Straßen bringen; ließen, und, Preis ‚gaben. 
Dieſer Verſuch übermand hey den allermeiften ole - 
andaͤchtigen: Ensfchlüffe ; und da fie ſich einen Vauſch 
getruzten hatten, liefen fit 
Streitplaͤhe, und forderten ibre Gegner mit fp vie⸗ 
Ien Schimpfreden und ‚andern Verfpottungen zum 
Gefechte auf, daß Diefelßen- gereigt wucden, diefe 
Böbelfprage, nachzuahmen, und, ob fie. ſchon bep 
„Bolten. Blute ihr Unvermoͤgen, die Mauern erfleiggn 
zu kongen, vollkoumen erfannten, jegt von Raſerey 
ringenommen veratbliche ‚Anfälle auf. diefelden thas 
ten; und fich dadurch nad größeren, Verhöhnungen 
der Vexibeidiger ausſegten. ui - 
Do gleich den Tag darguf. ward die Saite 
‚senfldgfter. ‚Denn ‚ag demſelben füßrte Toltamiſch 
ſelbſt fein gagzes Heer pgr die Stadt auf die Plaͤtze 
der von den Einmohnern ſelbſt verbraunten Slobo⸗ 
Pen, und. ordnete: underzůglich den Angriff, bep wels 
chem die Tartarn durch ihre Menge und Erfahcung 
beit im Pfeilſchießben ſehr viele Ruſſen wbeils erlegten, 
zheils verwundeten. Wil he ober , "da fie. houpt⸗ 
ſaͤchlich durch das Unpermwibete ihres Heerzuges den 
Großfuͤrſten zu aberwindetz dachten, weder Mauer⸗ 
brecher no andere Belqutruhgs. und Beſtuͤrmungs⸗ 
werkzenge mit ſich genommen, hatten, fo wurden 
ihre Angriffe durch dem Gebrauch, welchen bie Ruſſen 
von ihren Maſchinen mahten, durch welche ſie auf 
eine. anſehnliche Weite theils Pfeife, theils große 
Steine auf fie abſchoſſen, und durch Begießungen mit 
fiedendem Waſſer fo.nachdrudlih abgeſchlagen, daß, 


\ 


“ 


100 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
ZJegt vertheilte Tohtamiſch fein. Here in ver⸗ 
ſchiedene Haufen, um auf ein Mahl in vielen anderu 
Gegenden gleiche Verwuͤſtungen anzurichten. Ein glei⸗ 
ches Schickfal traf die ganze Nachbarſchaft von Wladi⸗ 
mir, mit Ausnahme der Stadt, imgleichen Perejablaw, 
welher Art mis folder Goſchwindigkeit Kberfallen 
ward, daß die Großfuͤrſtinn, welche ſich noch darin aufe 
- hielt, nebſt Ihren Rindern kaum aus demſelben entkom⸗ 
men konnte, und da ihnen die Tarsara auf dem Buße 
nachſetzten, für ein großes Sluͤck rechnen mußte‘, 
daß fie gr ihrem Gemahle und Vater nad Koffroma 
in Sicherheit gelangten, ‚obgleich faſt alle Einwohner 
von Perejaslaw badurh, daß fie fich in Fahrzengen 


auf den Perejaslamwifchen See flüchtete, ihre Leben _ 


retteten, wie auch die Staͤdte Sıwenigorod , Jur⸗ 
jew, Mofhaist, Borowek, Rafa und Dmitriw. 
Toktamiſch Rand im Bögriffe, in eigener Pers 
fon eben To mit dem Fuͤrſtenthume Zwer zu ver⸗ 
fahren. Allein Fart Michael wandte dieſes Unge⸗ 
witter durch eine GSefandtfihaft, Die Toktamiſchen 
anſehnliche Geſchenke und die ſtaͤrkſten Verſichernn⸗ 
gen von einer unverbrüchlichen Ergebenheit des Fuür⸗ 
ſten von Twer, uͤberbrachto) Sad ügur rechten Zeit 
von feinem Lande ab, und erhlelt Dadurch. zugleich 
vom Khan'die zroͤßten Merkmahle einer wahren 
Zimeigung für ſeine Perſon. Doch die Nieder⸗ 
lage, welche dir Betten des Großfuͤrſten Wladi⸗ 
mit einem dieſer verwuͤſtenden Haufen. bepbrachte, 
als derſelbe in der Gegend von. Wolok, bey melden 
Stadt Wladimir einige Kriegsodlker zuſammengezo⸗ 
gen hatte, ſich bey ſeinem Berwühungsaeihäfte dere 
ſtrenet hatte, befreyete Rußland für. dieß Mahl von 
Toktamiſchen. Denn da Vladimir den. Zluͤchtigen 


- des von ihm gefchlagenen Haufens eine Strecke lang 


nachſetzte, jagte er dieſen ein ſolches Schrecken ein, 





— — — — — — — — — —— — 


des ruſſiſchen Reiches.  -ımı 
daß ftie vermeinten, es kaͤme huen ein fo zahltei— 


des Heer, das ſich getraue, vo mir Toktamiſchens 


gamzer Staͤrke aufzunehmen, auf dem Fuße bis 
zum tartariſchen Hauptlager nad Dieſer falſche 
Bericht fand... bey Tokramiſchen ſo gtoßen Slau- 
ben, daß er, chue die Wahrheit davon welter: zu 


unterſachen, unverzüglich feinen Ruͤckweg antrat. 
Er nahm denſelben über Koldınna , welches ausge 


plündert and ringedfchert ward Yarıh das Zürfien- 
ıhum Refon, welches er, obme'daß der Dienft; wel⸗ 


chen ihm Oleg bey dem Zuge ad Moskau gelftit 


o 


hatte, zu deſſen Wortheile ſprach ‚eben fo feindlich 


:ald 348 großfuͤrſtliche Gebirtz brhanvelten uud Hiermit 


Olegen für dier Sicherheit:feiuet eigenen’ Verſon bei 
forget machte, :weldhes denTelken nuch bewog, fo haws 
ige fein Fuͤrſtenthum gu verfaffeni:uls dasatartari- 
ſche Heer: in demſelben dvenoxile:wärbai: 1! " 

. Dem :Schwirgervater des’ Sroßfürfien bewdes 
Zoktamiſch während-feines. Aufenthaltes: im’ Fuͤrſten⸗ 
thume Refan die: Fortdauer feiner Gewogenheit dar 


durch, daß er ihm durch feinen Feldherrn und Shwas /⸗ 


ger Schichomat, den-er als Teiuen: Befandzen od 
ihn bevollmächligte , feinen Soha Simeon zerku 
fandte, als er deffen Bruder Wafſilel mit ſich nafın. 
Seine nunmehrige Entfernung gab dem Großfüͤcſtra 
die Freppeit ; nach Moskau zu gehen, wo. nach 
feiner Aukunft, da die ‚grauenivollen Gegeüſtäude 
die fih 'nun hier feinem. Grefichte vorſtellten, vom 
ibm mir häufigen Thraͤnen augefhaudt worden ˖ warbn) 
fein erfies Geſchaͤft ſeyn leß, die noch uabegrabtu 
liegenden Leichen aufs ſchleanigſte unter die Erde zü 
bringen, zu welchem Zwecke er für jede achtzig Röc 
per einen Rubel zu zahlen verfptadh. Die -Erfühung 
Diefes Verſprechens toflete ihm 300 Rubel, wa 
fotglih warden daurch feine Verauſtaltung 24060 


122 Zwepter Abſchnitt. Geſchichte 
Menſchen, die bey der Einnahme von Neotlan ihr 
Leben eingebüßt hauen, begraben. -- 

. ine, wider. Toktemiſchen —æãſ — 
Kriegavoͤlker führte: aun der Großfuͤrſt nad. kurzem 
Verweilen in feiner yerödelen Hanptfiedt in dus 
Fuͤrſtenthum Refan, an weldiem nud deſſet Fuͤrſten, 
den ‚gegenwärtig die Nachticht von. Hrerannehungdic 
ſes andern Feindes ˖ bewog, wieder - aus ıbemfelben 


‚33 flichten, und in Vegleitung weniger: Bojarn 
Don zuverlaͤſſiger Treue ſich in die Steppe zu bege ⸗ 


ben, ex deu der Tortarnhorde gelrifieten Vorſchub 
Hit ſolchen Berwäßungen rädele, daß fie gegm 
das von den Zartaru demfelben gugefügte lichen 
keine Verzleichung kamen. Bey. feines. Wiederkuuſt 
nach ‚Moskau. ließ sr dan Metropoliten Kyptian vos 
Zoer nade Moskaa berufen, wo er, nach deſſen 
Ankunft eine gerichtliche Unterſuchnag feines De 
tragerßs dep: der DBerlaffung von Moskau an 
Belte, und ihm bey dieſer Unterſuchnng fe grohe 
Beweiſe ſeines aͤußerſten Unwillens fiber ſeine bey 
dieſer Vorfallenheit bewieſene Nuthloßgkeit gab, 
daß Kyoprian ſich nicht getrauete, den gaͤnzlichen 
Ausgang dieſer Unteyſuchung abzuwarten, fonderh 
vor. ihrer Beendigung in der Stille 2, Kiew 
sing. 

Nach feiner- Entfemung erfolgte. der Au 
fpenc des Großflrfien: .Rpprians ganzes Verhal⸗ 
ten ben diefer Angelegenhelt zeuge von einer boßhaf 
sen Berloffung feiner Kirche, und made denfelben 
feiner Würde verluftig, zu welcher nun der Orb 
für Piminen, der vormahls dieſem Kpprian wei 
&en: mußte, berief. So wurden‘ aufs neue die 
durch dieſes Kyprians Annahme zum Mescopolites 
bee Kirche des ruffiſchen Reichs mit demſelben var 
einigten euffüigen Gemeinden | ig Pohlen und Sir 


des ruffifchen Neiches. i⸗ 


ibanen getrennt ‚ indem diefe : fortführen, din vom 
Groͤßfuͤrſten ſeiner Wuͤrde vetluſtig erfiärten Ryprian 
als ihr Oberhaupt zu verehren  - :" - 
Die Verſuche, welche Fuͤrſt Michael von Lwer 
anwandte, bey der gegenwärtigen Erbitteruug Zokta⸗ 
miſchens wider Dmitri ſich vom: Khane bie groß⸗ 
fuͤrſtliche Wuͤrde und deſſen Unterfiligung, fie Omitrin 
zu entreißen, aus zuwirken, verutfaten daß ſich Omitri 
genoͤthig fahe, zur Vereitlung diefer ihm ſchaͤdſichen 
Abficht des Fuͤrſten von Lwer gleichfalls durch Un⸗ 
terwuͤrfigkeitfich um die Ausſoͤhnung mit dem Khane 
zn bemuͤhen, und dieſenwegen ſeinen aͤlteſten Sohn 
Wafilei, dem er feine weiſeſten Bojaren zu Rath⸗ 
gebern mitgab, mit fo reichlichen Geſchenken, daß 
dieſelben das, was der Khan von Michaela empfan⸗ 


gen und erwarten Fonnte, uͤberwiegen moͤchtei, wor⸗ 


unter 8000. Pf. Silber: genannt werden, :am- 30 ., 
April 1333 auf der Kläsmaeinihiffen Ieß, um 
am Hofe dis Ahans eine‘ Beſtätigung det groß⸗ 


fürſtlichen Wuͤrde feines Vaters zu fuchen, wildes 


dieſem Unterhändler nach Wunſche glüdte, indem 
Toktamiſch vinen vorachmen Tartar, Auradſch, 
bevolluiaͤchtigte, als. fein Geſandter nach Mosfan 
zu geben, und dort mit den gewöhnlichen Gebraͤu— 
den Dmitein im Großfuͤrſtenthume zu beftaͤtigen, 
für welches Merkmahl der. Gnade des Khans der 
Prinz des Oroßfürften als ein Geißel in der Horde 
bebaften ward, Inzwiſchen bemerkte der Schwieger- _ 
vater des Großflirſten, der Fürft von Susdal und 
Niſchneinswgorod, welcher im ein und ſechzigſten 
Jahre feines Alters lebte, eine ſolche Abnahme 
ſeiner Kraͤfte, daß er urtheilte, ſein Tod ſey nicht 
weit entfernt. Dieſe Umſtaͤnde bewogen denfelben-, 
auch feines jüngern Sohn zu Toktamiſchen zu ſenden, 
mn den Khan durch dieſes neue Zeichen ſelner uns 


x 


Y 


24 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


veränderten Ergebenheit Pr vermögen, daß er dem 


Anhallen feinen Bruders Boris, Fuͤrſten vor Sorodg, 
welcher bey feinem uummehrigen perfönlichen Auf: 
‚enthalse In der Horde daran arbeitete, nach Dmitris 
‚Zone zum Nachfolger in deſſen Fuͤrſtenthuͤmern ur 
sonnt. werden, nicht willfahre, foudern dieſe Länder 
‚den feiner Nachkommeunſchaft laſſe. Sein Wunfd 
aber ſchlug ihm fehl, indem der-Khan, nachdem 
bald nach Der Abreiſe des. Prinzen defieg Vater am 
5. Yumius 1383 verſterber war, dem Fuürſten von 
Goroden diadurch dieſen Todesfall erledigen beyden 
‚Zürßenihämer zuerkannte, die beyden Soͤhne des 


Verſtorhenen aber aur mit einem flaudegmäßign 


Unterhalte mittelſt Lint aͤglicher Sänderepm in den: 
ſelhen bedachte. 
Innerlicher. BY ebes dieſem Jahre kom Yatrilil,. Zürft von 
— Swenigorod in. Volhynien, nach Großnowgorod, 
rimundiſche und bewarb ſich bey, daeſer Stadt um Oreſchek un 
——— vu die uͤhrigen, Läubenepen, : die ehedem fein Vater 
* Narimund von ihr..erhalten hatte. Die. Nomgore 
der erfüllten ſein Verlangru. Allein die ihm. ange 
wieſenen Unterthanen. bezeigten gleich - zu Aufang 
feiner. Regierung Miſvergnügen, ihn. zum Hera 
erhalten gu haben, und brachten ihre Beſchwerden 


über ihn Yu Nowgorod an. Hierauf ward er zut 


Vergntwortung berufen, und als er erſchienen war, 
erklaͤrte ſich 1384 bie ſlapiſche Ecke, eines von den 
füuf Quaxrtieren der Stadt, welbes: sr durch Ge 
ſchenke gewann , zu feinem Vortheile, deep ander 
Quart e:e hingegen, naͤhmlich die nerewiſche, Tudinl: 
ſche aud ſagorodiſche oder worſtaͤdt ſche Cote, vergriffen 

die Parzey der Oreſcheker, und.bepde Theile bezeig⸗ 
ten fo viele Hihe und Staudhaftigkeit, die einmahl 
erwaͤhlte Partey aufs dußerſte zu behaupten, dab 
eine Zeit Lang, alle Verſuche, welche die Bewohuet 


3 





.“ 


cbes maſſichen bteichec 


des fünften Stadttheils Plotnitſchie ober Zimmer⸗ 
manusece, die in der Abſicht ſich mm keinem der ſtrei⸗ 
tigen Theile geſchlagen hatten... um durch birſe 122 
teplofigfeit deſto leichten jeden von beyden zut Nach⸗ 
giebigkeit zu vermögen ‚: und‘ den friedliebenden: Tye - 
fögfot Efin anwandten, die Einigkeit herymMelien , 
fruchtlos adliefen, und jeder Theil zwey Worhen täge ' 
U, Die Vertheidiger der Oroſcheker anf dem Iaros- 
lawshofe, dem. gewöhnlichen Berfammlungsorte der 
ganzen Buͤrgerſchaft, das ſlaviſche Stadtthen hin⸗ 
gegen bey der Sophienkirche, beſondere Berathſchla⸗⸗ 
gungen anſtellten, die auf nichts abzielten, als: den 
Seheutpeil durch die Sewaltder Waffen zu zwiugen, 
fich ſolchen Ausfpruch in diefer Angelegenheitgefällen 
zu laffen, wie er darin getroffen hatte. Ja, da⸗Eſp 
in eigener Perfon fit in der Verfammlung des ſla⸗ 
vifhen Stadttheiles einfand, um diefes zur Verſoͤh⸗ 
nung gu überreden, fo vergriff man fidh ‚an feiner: 
Perfon, und kaum vermochte der Biyſtand, den 
ihm die Bewohner der Zimmermannsecke und einige 
Bernünftige der Tlavifchen Ecke leiſteten, ihm das 
Leben: reiten. Am 9. Februar machten die Ver⸗ 
theidiger der Oreſcheker alle Anftalten zum wirklichen: 
Angriffe der flavifhen Ede. Doch da fie wahrnah⸗ 
men, daß diefe ſich mit gleichem Eifer zur Gegen⸗ 
wehr rüfteten, und über dieß den Fluß zu ihrer Ber 
sheidigung hatten, und Hierzu noch die Beſorgniß 
Fam, daß fi die Simmermannsede des Theiles 
annehmen würde, welcher durch wirkliche Feindfelig» 
keiten alle ihre Bemühungen, den innerlichen Frieden 
zu erhalten, vereiteln wollte; fo gaben, ehe es zum 
Gefechte kam, bepde Theile den Vorſtellungen Ge⸗ 
hoͤr, welche ihnen die Zimmermannsecke auch noch 
gegenwaͤrtig machte, und die ganze Stadt endigte 
durh einen allgemeinen Volksſchluß dieſe Sache der⸗ 


ı28 Zweyter Abfchmitt. Geſchichte 

fuchte, ain von feinem Vriter dem Könige von Yohlen, 
deu Beſch von Litthauen zu erzwingen. Diefer er⸗ 
kanute den Sohn des. Großfürften; aud weil ihm 
wegen feiner auf Litthauen habenden Abſichten eine Ber- 


bindung mit demſelben, als vermuthlichem VBeherrſcher 


des rufſiſchen Reiches, zum großen Vortheile gereich⸗ 
te, und er über dieß feine einzige Tochteriuakkafia nicht 
beffer als durch eine Bermäßlung anbringen konnte, fo 
erwies er deinfelben alle erfiunlide Höflichkeit und 
Zeenundichaft, behielt ihn aber: fo lange unter Dem 
Scheine, die nothwendigen Anflalten beforgen zu. 
‚möüffen , Damit fein ongenchmer Gaſt mit größerer 
Sicherheit und Bequemlichkeit in fein Baterland ge 
langen mödte, in feiner Gewalt, Dis er ibm bie 
größten Berfiherungen gegeben hatte, Daß er nad 
feiner Rüdkunft in Rußland feine Tochter zu feiner 
Gemahlinu abholen laſſen wollen. Darauf ver 
forgte ihn Vitold aufs reichlichſte mit allen Erfor- 
derniſſen zu feines ferneren Reife, die er über Polotsk 
nahm , wo er von den Bojaren feines Baters einge 
holet ward. 

Ob aber wohl Vitold feine Tochter ihm anfge⸗ 
nöthigt Hatte: fo erfüllte er doch das demſelben ge⸗ 
gebene Verſprechen, weil er, da Vitold wirklich ‚zum 
Befipe von Litthauern gelangte, eben-fo viele Rech⸗ 
‚nung als diefer bey Vollziehung folder Heirath fand. 


Zwiſchen dem Großfürften und feinem Vetter Wla⸗ 


dimir , der mit demfelben fo lange in der eugſten 
Zreundfchaft gelebt, und ihm In allen feinen Krie 
gen die treuefien und nüglichiien Dienſte geleiftet 
hatte, waren vor Rüdkunft des Prinzen Wafilei 
Mißhaͤlligkeiten entfianden, die fo weis gingen,: daß 
Wladimir mit feinem ganzen Haufe ih nah Omitrew 
. begab, der Großfürft: hingegen fih ber Bojaren 
feines. Vetters bemaͤchtigte und dieſelben ou verſchie⸗ 
des 








N 


des ruſſiſchen Meiches, ° an 


denen Orten in Harte Gefangenſchaft halten ließ. 


Bald nach Waſileis Aukwuft aber legten beyde Fuͤr⸗ 
ſten ihren Zwiſt durch einen in Gegenwart des Mes. 


Iropoliten Pimin von. beyden befchwornen Vertrag‘: 


dergeſtalt Bey; daß Windimir verſprach, den Groß⸗ 


fürfien als feinen Vater, deſſen aͤlteſten Sohn, Was- 

filet,. cds feinen älteren Bruder, Seprgen, als feinen 
Bruder, und, die übrigen Söhne des Großfliefien 
ols feine jüngeren Brüder anzufehen. Beyde Fuͤr⸗ 
fien verpflichteten‘ fi wechſeitig, daß fie und ihre 
Erben in unverdrichlicher Frrundſchaft leben wöllten, - 


mad ein Theil ohne den andern nichts unternehmen, ı 
fendern jeder die. in dieſem Vergleiche eh ge⸗ 
machten Befpungen und Rechte ſchuten und bewahren, 


Bte.: 
Eine Geſandiſchaft des miſhen Papſtes bee: 
ebete. bald nach diefer Begebenheit den Hofdes Groß⸗ 


fürſten; abes weder der: Nahme des Gefaudren noch 
ſein Auftrag wird gemeldet. Da Toktamiſch gegen⸗ 
waͤrtig Peine Mittel fand, durch Unternehmang wirk⸗ 
licher Feindſeligkeiten den Wachsthum des Auſehens 


und der Macht des Großfärften zu hindern; fo dent 


mühete er fih wenigſtens, die noch Beftändig forte 
danernde Scheelſucht des ‚Zürften von Twer, welchet 
durch häufige Verbindungen mit: den fitthauiſchen / 


Fuͤrſten das, was ihm an rigeten Kräften, dem 


Großfuͤrſten die Wage gu halten, fehlte, zu erſeßen 


fich beſtrebte, nicht  erlöfchen’ zu laſſen, and daher 


Pam: es vermuthlich, daß er demſelben gleich nach 


Der Flucht des großfuͤrſtlichen Prinzen durch einen 
tartariſchen Geſandten feinen Sohn Alexander frey⸗ 


/ 


willig neh Twer zuruͤck ſchickte. Uuch raͤchte er die 


Freundſchafts verbindung des Fuͤrſten von Reſan mit 
dem Großfuͤrſten im J. 1388 durch einen Ueberfall des 


reſauiſchen Juͤrſtenthums, den er fo ploͤßlich that, 
3 


Geſch. Rußl. 2. Band, 


1388. 


* 


Zweyter Abſchoitt. Geſchichte 


dab Dies. lanm durch die Blut entwiſchte, fein 
Gebieth aber nugehindert gedklindkert und verheert, 
und groͤße Beute daraus nad: het Horde gebränt 
wurde: Int folgenden Jahre. veruͤbte er ein Gleidpet. 
Hiugegen konme er nicht veewehten, daß die Söhne 
Des Schwiegervaters des Großfuͤrſten durch die Huͤlfe 
des Großtuͤrſten zum Befſitze der Fuͤrſtenthuͤmer ihres 
Vaters gelangten, welches Geſchaͤft die Neigung 
der. Einwohner dieſer Fürſtenthümer ihnen erleich⸗ 
terie. Denn da fie fich auf dieſe Unterſtühung ver 
laſſen konnten, arbeitete Waſilei Kirdaͤka, waͤhrend 
der Zeit, daß ſein Bruder zu Hanfe feine Auſtalten 
hierzu machte, am Hofe des. Khans daran, deſſen 
Genchmighag zu ihrem Vorhaben zu erhälten. Die 
ſes noͤthigte ihren Gegner Boris, aleichfalls dahin 
zu zehen, um-Mafileis Bemühnngen - zu overeiteln. 
Als Waßlei Kirdaͤka dieſes ſahe, waͤhlte er einen 
andern Weg, feine Abficht zu brwerkſtelligen, inbrm 
er gleich nach Ankunft ſeines Bruders in der Stite 
die Reiſe nach ſeinem Vaterl aade autrat, in Hoffnun, 
waͤhrend der Abweſenheit des Fuͤrſten Boris ſich 


— ,. neh feinem. Bruder in Geſcheindigkeit der Fuͤrften⸗ 


chümer, die derfelbe jetzt befaß:,. bemaͤchtigen zu 
koͤnnen. Aber zu ſeinem Unglnde begegürte ihm ein 
ans Rußland kommender tartariſcher Gefändter, det 
ihn als einen. Fluͤchtling mit Sewalt aad der Horde 
zerückſühr«e. 
Dieſer uUmſtand: lenkte die ganze Gunſt des 
tartariſchen Hofes auf die Seite des Fuͤrſten Boris, 
Indem derſelbe Wafileis Entweichung durch harte 
Begegnungen defiräfte, deſſen Vetter hingegen mit 
der Verficherung, dag er ihn beym Beſitze der Für 
ſtenthumer kraͤfeigſt unterügen wolle, dahin zuruͤch⸗ 
ſaudte. Da derſelbe die Unzuverlaͤfſigkeit ſolcher 
Verfprehungen und den Wankelmuth des tartari⸗ 


des rufiſchen Beide gr 


ſchen Hofes kaunte, und wußte, wie viel daran 
Ttege, daß man, wenn ein Gegner An demfelben zu 
feinem Nagtpeile arbeite, fich gleichfals an demſel⸗ 


ben befinde; fo ſchickte er 1387 feinen Sohn Iwan _ 
nad der Horde, und nun nahin dieſe Angelegenheit 


die Wendung, daß Toktamiſch beyde Bringen mie 
der Berficherung feiner Sewogenfeit: an ihre Verſender 
entließ. Nach bepder Khdfchr in Ihe. Vaterland 
fingen Waftlei und Simon niit eigenen und groß« 
fuͤrſtlichen Kriegsvoͤlkern den Krieg wider ihren 
Vetter mit ſo zluͤcklichein Fortgange ah, daß fie den 
Zürften Boris ia feiner Haupiſtadt Niſchneinowgorod 
Defagern konnten, und dadar von deinfelden 'erhid. 


ten, daß er mit ihnen einen Friedensſchluß errich⸗ 


ate, in welchem er ihnen die durch ihres Vaters 


Tod erhältenen Fuͤrſteuthuͤmer abtrat, und ſich nur 


die bey deſſen Lebzeiten gehabten Laͤndereyen vorbe⸗ 
Hielt. Kurz vor ſeinem Tode, den dem Großfüͤr⸗ 
ſten ſeine von den vielen feit der fruͤheſten Jugend 
ausgeſtandenen Befchwerden und Semürhsbefinm- 
meruiffen herruͤhtende Kraftlofigkeit ankuͤndigte, er» 
lebte er noch das Wifvergnügen, daß 1387 elıre 
Seuche, melde in der Stadt Smolensk die Ein⸗ 


wohner dergeſtalt mitnahm, daß nur 5 oder ı6 


Menſchen übrig - blieben, vie nach Verſchließung 


Der Thorr die Stadt Teer ſtehen ließen, fih über 
das nördliche Rußland verbreitete, den ganzen Som». 
mer durh in Pleskow und Nomgorod andielt, und 


eine größe Menge Menfchen megraffte. Kurz vor 


feinem Tode, welcher am 19. May 13939 erfolgte, 


verfertigte er fein zweptes Teſtament, ivorin er ſei⸗ 
ner Nachkommenſchaft aufs nachdruͤcklichſte und ruͤh⸗ 
vendfte die Fortfegung und Vollendung des während 


feiner ganzen Regierung dor Augen gehabten und- 
wach aller Möglichkeit‘ beforgten Gutwurfes ver Bes 


32 


| 





132 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


frenung des Vateilands von dem ſchimpflichen und 
drüdenden Joche der Zartarn einfchärfte, und ihr alg 
ein hierzu unumgänglich nothwendiges Mittel die von 
ibm ſelbſt bey aller Gelegenheit forgfältig beobachtete 
Erhaltung eines bruͤderlichen Vernehmens unter allen. 


tuffifchen Sürften und Ergreifung gemeinfchaftlicher . 


Maßregeln wider. den ihnen allen gleich laͤſtigen 
Feind empfahl. 

De Grote, Seiu Sobn und Nachfolget Wafilei erlangte 

fürſten Wa⸗ bey Autritt ſeiner Regierung die Ehre, daß er fih 

—5 — auf eine von Toktamiſch erlangte Erlaubniß am 

rung. 15. Auguſt 1389 gu Wladimir kroͤuen laſſen konn» 

te, da dieſer Gebrauch von ſeinen Vorgaͤngern, die 

unter tartariſcher Herrſchaft regierten, entweder 

auf ein ausdrüudliches Verboth oder aus einer wohl⸗ 

gegrüßdeten Scheu unterlaffen worden war. Die 

Beränderungen , welde der Krieg zwiſchen Tokta⸗ 

mifch und Tamerlan unter den Tartarn nad fi 308, 

verurfachten, daß zwar einige Verwüftungen in den” 

unter Wafileis Hertſchaft ſtehenden Staaten ange⸗ 

richtet wurden, gaben ihm aber auch Gelegenheit, 

mittelſt verſcicdener Verbindungen, die er biswei⸗ 

len mit feinem Schwiegervater, bisweilen. mis 

® einigen tartarifchen Khanen, die fi ſelbſt der 

Macht anderer gegen fie feindlid gefunfen Tartarn 

wit gewachſen fahen, bedeutende Eroberungen von 

den Tartorn zu machen. Im Jahre 1391 thaten 

viele Nowgoroder und Uftjuger, melde nah Ge 

wohnheit dergleichen Ueberfaͤlle als ein gutes Be⸗ 

reicherungsmittel auszuüben pflegten, die Waͤtka 

herunter einen Kriegszug, von den Tartarn Beute 

zu bolen, plünderten die Städte Schufotin und 

Jarsk oder Arsk, und Echrten auf der Wolga mit 

1392. großer Beute zuruck. Im Jahre 1392 verhand fi 

\ der. krimmiſche Khan Hadgikerai mis dem Großfuͤr⸗ 


— — 








u det euffifchen Reiches. rg 


-fien zur Bekriegung des Cjars der goldenen Horde, 


Selet Sultan, und in dem Zeldzuge „den. beyde 


darauf wider diefen Feind unternahmen, ſchickte 
Hadgiferat feine Manuſchaft zu Lande, der Groß⸗ 
fürft Hingegen gu Woffer auf Bothen ins feindliche 
Gebieth. Hingegen vergaßen die kaſaniſchen oder bul⸗ 
garifhen Tartarn der Abhängigkeit, in welcher fie ges 
gen den zuffifchen Sroßfürfien ſtanden, indem fie unter 


Anführung Gentais, des Sohnes ihres Czars, in 


Bereinigung mit dem fusdalifhen Fürften, Simron 
Dmitriewitſch, eirem Mutterbruder des Großfuͤrſten, 
vor Niſchneinowgorod gingen. Nach einer dreytaͤ⸗ 


gigen Belagerung öffneten die Einwohner ihnen auf 


die Verſicherung, daß fik ihnen Fein Leid zufügen 
wollten, ‚Die. Thore. Allein ungeachtet dieſes Berfpres 
chens plünderten fie Die Stadt aus, And toͤdteten 
eine Menge Leute; die. übrigen aber führten fie mit 
fib in die Sefangenfchaft fort. Darauf vermweilten 
fie 14 Tage mit Ausübung ihrer gemößnlichen Feind» 
feligleiten in diofee Gegend, und nur die Nachricht 
von der Heramnahung eines großfürklichen Herres 


bemog fie, diefelbe wieder zu verlaffen. Allein diefer 


Meineid Fam ihnen, theuer zu ſtehen. Denn der 
Großfürft fand ſich daritber fo fehr beleidigt, daß er 
1396 feinem Bruder Georg ein zahlreiches Heer 
übergab, ſolche an ihnen zu rächen, welcher in Zeit vor 
drey Monathen Kafän, Bulgar, Schukotin, Krement⸗ 
ſchuk umd verfhiedene andere bulgariſche Städte an’ 
der Wolga beswang und gaͤnzlich gerflörte, den Czar 
vor Kaſan nebſt deffen Gemahlinnen tödtete, und 
Das ganze Land dem Großfuͤrſten nuterwuͤrfig made 
te, auch viele Schäge, die er in diefem Kriegszuge 
erbeutet Hatte, mit fih nach Haufe brachte. Durch. 
diefe Begebenheiten empfing die goldene Horde einen 
fo großen Stoß, daß fie von den am Jaik herum⸗ 


% 
‘ 


296. 


& 
F EEE 


® 


* 54 Bwepter Abſchnitt. Geſchichte 


ſchweifenden Wagniten bald hernach ganz über dem, 
Saufen geworfen. werden Fonnte, und ob fie fidh, 
glei wieder in etwas erhohlte, nie wieder vum ver⸗ 
lornen Auſehen gelangte, 

Die Stadt Kafan blieb vierzig Jahre lang uns 
bewohnt. Faſt zu eben diefer Seit, da. die ruſſi ſchen 
Kriegsvoͤlker dieſe Tartarn bedraͤngten, richteten au⸗ 
dere Tartaru, naͤhmlich das tamerlaniſche Heer, 
welches Toktamiſchen überwunden haste, und dieſen 
fuͤchtig gewordenen Gegner bis nach Rußland verfolgte, 
in ihrem eigenen Gebiethe große Berwüflungen au. 
Denn verfhiedene Haufen desfelben uerheerten auf 


‚ein Mabl.viele Städte und Gegenden, unter welden 


die Städte Moskau, Kazafı und Elez nahmhaft 
gemacht werden. Die überaus reihe. Beute, wel⸗ 
de dadurch den Kriegsleuten Zamerigus an ganzen 
Gtüden gegofjenen Goldes und Silbers, vortreffli- 
chem Pelzwerk und andern Scägen zu Theil. ward, 
erweckte demſelben ein, Verlangen, mit feiner gee 
ſammten Macht einen Kriegszug zur gaͤnzlichen Be 
zwingung des ganzen ruſſiſchen Reiches zu, ugtertgeh⸗ 
men. Als er aber im ſtreugſten Winter durch die 
kaͤlteſten Gegenden frin Heer nad Rußland führte, 
raffte der Froſt fo, giele Leute weg, daß er fich ge⸗ 
noͤthigt fahe, für. dieg Map fin Vorhaben aufzuge⸗ 
ben, und wieder umgufehren. Da er nachher fib 
zur Eroberung von Judien und anderen morgenlän« 
difcher Länder wandte, in weldhen er noch ungleich 
größere Reichthuͤmer antraf, und welche er mit weit 
leichterer Mühe ‚einzunehmen hoffen koönnte, fo uns 
terblieb die Ausführung feines feindlichen Vorha⸗ 


beus wider Kußland. gar. 


Dos Buͤndniß, weldes der von Zamterlan fd» 
ner Herrſchaft eutſetzte Toktamiſch mit dem Schwie⸗ 
gervater des Großfuͤrſten errichtete, brachte gleich⸗ 





* 


Ve xuſſiſchen RXeiches.35 
(als dem Großfürfien den Nachtheil nicht, den er 
achabt haben würde, wenn Toftamifcken: und Sitol⸗ 


den Mad sie Geſchaͤft, das, ſie ve imoͤge dieſes Bünde. 


niſſea muitruahmen, und deſſen gluͤckliche Ausführung 


Ihnen He Wegezu den andern bahnen wußle, mähme 


lich die -MWiedereinfegung Tektamiſchens, gelungen 


wine. Denn Tollamiſch ver pflichtete ſich wenn- ex 
da Mitolds Beyſtand die ehedem⸗beherrſchten Lars 
„tara ſich yaterwinfig.. gemadht. haben winde, ihn mit 
den darch ihn wieder erlampten, tartariſchen «Herten 
in ßen Keiegen, die Vitold wider Mosian,: Twer, 
Nowgmod, Pleskow und. Deuſſchlandn waruntxe 
hier bloß die ‚der. Harrſchaft Ar deutſchen Arne 


— 
X 


untermorfenen Länder; Qrenßen und Lieflandor au | 


venfsben-find,: führen. iulöchte, gu..uhterßügen.. Va 
Vitold ein: ſehr Friegerifhen: Fürk: und vn Branı« 
nachbar feines Schwiegerſohus war; fo fongte:e& 


nicht ‚fehlen, ihre Freund ſchaft mußie oft-Aune,Rrien 


96; die fie'amit einanden. führten, unterbrochen werd 
dem. Db-fealfe wohl iR Y; 1 598in.fa gutem Verde 
men lebten, daß Vitold bey Oelegenheit wet: Arirger 
zugs, den er had Smolensk und Reſau that, ben 
feinem Schwiegerſohne zu Kolomna einen Beſuch ahn 
legte, und. von dembelben prächtig. bewirthet Sud 


reichlich beſchenkt ward 3.fo dachte doch Vitold ſchon 


im J. 1400, wie aus dieſem ſeinem Buudniffe mik 
Zolsamifch erheilet, einen Srirg-;mit feinem Schwie⸗ 
gerſohne Anzufnagen, in ;weidhen: Vitold Toktami⸗ 
ſchens tart ariſche Kricgspoͤller augen wollte: 

Allein im J. 1408 traf das ruſſiſche Reich ein 
ſchweres Ungewitter. Deun Idila oder Edigei, der 
Feldherr eines tartariſchen Khans, Pulad ‚Sultan , 


deffen Macht aus der Zerirämmerung der toffami. 


ſchiſchen eatſtand, und. durch gaͤnſliche Vernichtuug 
derſelben in dem großen Siege, den dieſer Silg 


136 Zweyter Abſchnitt. Gefchichte 
über Vitolden, den -Befcbiiger Zoktamifchens, erfoch⸗ 
sen hatte, und dur die vor eben ihm gefihehene 
Vernichtung Dir goldenen Horde fich fehr erhoben 
hatte, rüdte damabls mit einem fo zahlreichen: Heer 
vor die Hauptſtadt des Sroßfürſten, daß derſelbe 
aus Furcht, daß er bey Einnahme derſelben in die 

Hand ‚diefss Zeindes . fallen moöͤchte, aus derfellen 
eutwid. Doch verblieb eine fo ſtarke Zahl tapferer 
Mannfcbaft und erfahrnes Anführer darin, daß die 
ſelbe 20 Tage lang alle Anfälle vereitelte, Mittler: 
weile forderte Idikn den Fürſten nom Twer, Iwan 
Mic olowitſch auf, iäi mit feinen Kriegsvoͤlkern zu 
verfiärken , und dieſer Fuͤrſt ſcheuete dir Mat die⸗ 
fes tartariſchen Feldherrn fo ſchr, Daß er ſich nicht 
unterſtand, demſelbon den Sehorſam zu verweigern, 
fondern wirklich mit beiaen Brere deu Weg I ihm 
auttat. 

As er aber bie Men gezogen war, ging. er 
in fein Land zurüd: Inzwiſchen vernahm Spile, 
daß. in-feiner Heimath "große. Unruhen entflanden 
fenen, ‚die füine ſchleunige Ruͤckkehr nothwendig mad 
sen. . Ditfe Nachricht bewog ihn, für.die Anna). 
me einer Summe von: 3000 Kubeln, welche ihm 
Bier Stads Moskan ‚bezahlte, Die Belggerung derſel⸗ 
ben aufzußeben, und wieder nad Haufe zu ‚gehen, 
nachdem er in Rußland wert und breit Die größten 
Berwüuͤſtungen angerichtet, die Städte Perejaslaw, 
Furjew und Dmitrew uebſt einer Menge. geringerer 
Städte und Flecken ausgepländert und ausgebrannt, 
" fobne Berherrungen bis “an die ımerifchen Grenzen 
erſtreckt, und fo viele Gefangene. gemacht hatte, daß 
ieder feiner Tartarn 40 Menfchen zu feinem Theile 
erhielt und mit fortſchleppte. 

Im Jahre 1410 that ein ‚anderes tattariſdes | 
Heer einen Einfol in Rußland, und brauute in 





des ruſſiſchen Neiches. 19 


Vereinigung mit einigen ruffifchen ariegsvdikern dr "m 


Stabt Wladimir ab. Im Zahre'igıd' ader befreyet 
ein Friedensſchluß, deu der Khan dieſer Tartarn, 


Pulad, welcher vermuthlich eben der Selet iſt, den. 
der Großfuͤrſt 1392 in Semeinſchaft mit dem Khan 


Hadgikeral angriff, die -ruffifchen‘ Länder von den 
Feindſeligkeiten der Unterthanen -diefes "Yulod, und 


daradf machten der Großfuͤrſt "und der regierende 
Zürft von Twer demſelden in der Horde ‚pre Hufe 


wartting *)- 

Die Nowgoroder erfannten dieſen weglei 
gleich bey Untritt feiner großfinlichen Negierung 
durch Abgeordnete, die fie an Du ſandten, fü 
ihren Herin, wogegen er ihnen "naih Gewohabeit 
die Erhaltung ihrer BD epheiten verfprad‘ "nel 
1393 meigerten fie ſich der Erlegung der SHögilng, 
die er von ihnen begebrte; wurden aber mit Ge⸗ 


walt zum Abtrage derfelben‘ gezwungen, ° "Im Jahre 


1398 entſtand eine neue Mißhelligkeir, die aus 
zwey Urſachen herruͤhrte. Die Nowgoroder weiger⸗ 
ten ſich, das Verlangen bes Großfuͤrſten, ‚mit den 
lieftaͤndiſchen Ordensrittern zu brechen, zu bewilligen, 
der Großfuͤrſt hingegen entzog bie Gegend an der 
Dwina’ der Herrſchaft der Nowgoroder, und wollte 
diefelbe feinem Großfürftentfume einverleiben.” Hier⸗ 
fiber kam es zum Rriege, der durch einen Frie- 
deusſchluß bepgelegt ward, nach welchem die ganze 
übrige Lebenszeit Wafileis darch das gute Verneh- 
men zwiſchen ihm und den Nomwgorodern forte 
dauerte, 

Im Sabre 1392 Fam (ängs der Newa rin Heer 
von Schweden ins Nomgorodifge. Lugwen ben zog mit 


| 2) Kptfätom ©. 30-4, 60, 62. Deguignes ; 3 s. — 
a40oi — 408. 


1392. 


136  Smwenter Abſchnitt. Geſchichte 
über Bitolden, den -Befchliger Toktamiſchens, erfoch« 
sen hatte, und durch. die von eben ihm gefibehene 


Bernidhtung: Dir noldenen- Horde fih ſehr erhoben 
Hatte, rüdte damabls mit einem fo zahlreſchen: Heere 


vor. bie. Haupsftadt des Broßfürſten, daß derſelbe 


aus Furcht, dab er bey Einnahme derſelben in bie 
Haud,diefss Feindes fallen möchte, aus derſelben 
eutwich. Doch verbiieb eine fo flarle Zahl tapferer 
:  Mannfchäft und erfahrner Anflihrer darin, daß die 
ſelbe 20 Tage lang alle Anfälle vereitelte, :: Mittler: 
. weile forderte Idiku den Fuüͤrſten non Twer, Iwan 
Micholowitſch, auf, ihn Mit feinen Kriegsvoͤlkern zu 
verflfaͤrken, und diefer Fürſt ſcheuete dir Macht die⸗ 
ſes tartariſchen Feldherrnſo ſchr, DaB er fſich nicht 
unterſtand, demſelben den Sehorſam zu verweigern, 
ſondern wirtlich it Kine Hrete den Weg au im 
autat. 
Als er aber bie Bor gezogen war, ging er 
in-gein Land zuruck. Inzwiſchen vernahm Idikn, 
daß. in-feiner Heimath große Unruhen emſtauden 
fenen, did feine ſchleunige Ruͤckkehr nothwendig mach⸗ 
sen. . Dieſe Nachricht bewog ibn, für die Aunah⸗ 
me: Auer: - Summe von: 9000 Kubeln, welche ihm 
die Stadt Moskau bezahlte, Die Belggerung derſel⸗ 
ben aufgußeben, und wieder nach Haufe gu geben, 
nachdem cr in Rußland wert und breit Die größten 
Bermölnngen angerichtet, die Städte Yarejaslam, 
Jurjew und Dmitrew nebſt einer Menge geringeres 
Staͤdte und Flecken ausgepluͤndert und ausgebraunt, 
* fohne. Verherrungen bis “an die iweriſchen Grenzen 
erſtreckt, und fo viele Gefangene gemacht hatte , daß 
ieder feiner Tartarn 40 Menfchen zu feinem Theile 
erhielt und mit foriſchleppte. 
Im Sabre 1410 that ein -auderes tartariſche⸗ 
Heer einen Einfall in Rußland, und brauute in 





des ruſſiſchen Neiches. 13 


Verelnigurg mit einigen ruffiſchen Rriegsudlfern di 


Stadt Wladimir ab. Im Jahre igıd' ade befreyet 
ein Friedensſchluß, deu der Khan dieſer Tartarn, 
wulad, welcher vermuthlich eben der Selet iſt, den 


der Großfuͤrſte 392, ig Semeinſchaft mit dem Khan . 


Hadgikeral angriff,, die ‘ruffifchen' Länder von den 
Zeindfefigkeiten der- Untertganen -diefes vPuͤlad, und 


daradf machten der Großfhrfl "und''der regierende - 


Sürft von Twer demſelden in der Horde ‚pre Hufe 
wartiinh: ”)- “ 

Die Nowgoroder ataunten dieſen af 
gleich bey Untritt feiner großfuͤrſtiichen Regierung 
durd Abgeordnete, die fie an ihn Tandien, für 
ihren Herrn, wogegen er ihnen naib -Sewohahke 
die Erhaltung ihrer ey heiten verſprach! "gie 
1393 weigerken fie der Erlegung der Sgdbuns/ 
die er von ihnen Begedtte‘; wurden aber mit Ge 
walt zum Abtrage derfelben“ gezwuüngen. Im Jahre 


1393 entſtand eine neue Mißhelligfeit, die aus 


zwey Urfachen berräßrie. Bie Nomwgoroder weiger- 
ten fi, das Verlangen des Großfürken‘, mit den 
Ttefläudifchen Ordensrittern zu brechen, zu” bewilligen, 
der Großfürft hingegen entzog bie Gegend an der 
Dwina’ der Herrſchaft der Nowgoroder, und wollte 
diefelbe feinem Großfürftienthume einverleiben.” Hiers 
fiber kam es zum Rriege, der durch einen Frie⸗ 
deusſchluß beygelegt ward, nach welchem die ganze 
übrige Lebenszeit Wafileis darch das gute Verued- 
men zwiſchen ibm und den Nomwgorodern forte 
dauerte. 

Jin Jahre 1392 Fam längs der Newa ein Heer 
von Schweden in$ Nowgorodiſche. kagwende den zog mit 


). Rotſcton ©. 38-41, 60, 6. Dean; Be 
405 


« 


1392. 


140% 


1496, 


138. Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
Einwohrern feiner, Stadt demſelben entgegen, (ls 
es zutuͤck, und machte viele Gefangene, Gleich darauf 


begab er hd zuruͤck no Litrhauen.. 
Als die Nowgoroder nach ihrer Gewohnheit den 


| von Vitolden aus ſeinem bisher beſeſſenen Fuͤrſtentha⸗ 


me Sm olengE vertriebenen Zürften. Georg, hebſt defen 
Sofng Fedor, im 3. 140% willig auſnahmen, uaddcu 
felben bie Einkünfte von 14 Städten, nähmlic Rufe, 
Ladogg, Oreſchek, Zwersti, Korelski, Koporic, Tor⸗ 
ſchok, Wolol, -Lamskoi , Porchow, Wiſchegorod, 
Jana, küfetor und Koſchlin⸗Gorode; zů feinen 
ſtanbe maͤß igen uaterholte anwieſen, fig euf Virolds 
Bedrohung, daß. er diefe Verforgung ‚die fie feinem 
Seinde gegeben, als eine Peleidignug anfähe, und 
dur, Krieg au ihnen. rächen werde, dieſen ‚ihren 
Gaſt 406 wieder verab chiedeten, ſuchte er beyn 
Großfurſin su Mogkau Aufenthalt und ſtardes— 
mäptigen ‚Unterhalt‘, den gr..eheu fo. warig als bey 
den Powgorodern und vermutplih aus gleider Un 
ſache fand, und. folglie fih zu einem Hero von 
fremder, Voͤlterſchalt oh Religion, dem KZoͤuige 
Sigmund‘ von Ungarn, werden mut, der ihn in 
ſeinen Dienſt nahm. 

in, merkwuͤrdiger umſtand in ber nowgorddi⸗ 
ſchen Geſchichte iſt die Einfuͤhruug gepraͤgter Geld⸗ 
muͤnzen. Dan war worker ‚gewohut, in gan} Rufe 


land den Werth der ‚Waaren - nach Marderfellen, 
‚oder nach den Stüden. derfalben, die mon Mor 
vanute, zu befimmen. Die Barder wurden de 


durch feltener, Man fing an ſich der Oprläppchen von 
Eichhoͤruchen als Scheidbemünge zu ‚bedienen, Im 
Jahre 1411. kamen wegen des ſtarken Handels mil 
den Hanfeeflödten auch ausländifhe Muͤnzſorten zu 
Nowgorod in Umlauf, worunser die pohluifhen 
Orofhen und die deutſchen Schillinge, bie man 





damaple arg, Airtuga oder —*89 nanute., Die. 
vornehmſten waren. Moskau und Twer hatten (dom 
gorher ihre, Münzen, welche. Die. Aartariſche Regie 
zung einführte; fie waren Anfangs bloß mit tartarı 
riſcher, fpäser auf einer Seile mit. tartnrifheriom? 
ber andery mit zuffifcher, uud zulgpt «bloß mis ruſſi⸗ 
ſcher ueberſchrift verſehen. Mau nannte ſie Desk, 
von dem tartaxiſchen Worte Tanan (Beichen) , mei 
Se nachmahls⸗s, als der Ritter St Georg mit der 
Lanze darauf. geprägt wusde, ‚den Rahsten Kopeila 

hielten. Denga aber blieh zum Theil, als eine. ollges 
21 Benennung für allerley Arten von Muͤnzſorten. 
zum Theile einer ſolchen eigen, die den halben Thr# 
eines Kopeifen, ausmachte. ‚Romgsrod, um nicht das 
Auſehen zu haben; dag es aus den Tartaren uns 
terthaͤnig fey, wollte fih nicht des moskauiſchen und 
twerifhen Münzen im Handel bedienen, lich daber 
24450 felbft Geld prägen, Diefem Bepfpiele. falgtz 


1424 die Stadt Pleskow. Die Artugen, oder di⸗ 


deutſchen Scillinge, mit welches man 9 Jahre gu 


Nomwgorod Hapdelte, wurden dem auskindifhen J 


Kaufleuten für Waaren zurück geseben. 
Im Jahre 1409 leiſtete dieſer Großfuͤrſt Watilek 
feinem Schweflesmanne, den Fürſten Fedor vog 


Refon, Hülfe wider deffen Stammpetter, ben Be 


Ken Iwan Wiadimirowitſch non Pronsk. Fedotß 
war 1402 durch den Tod ſeines Vaterz zum Bas 


fige des Fuͤrſtenthums gelangt, unnd regierte dasien 
be nach der in eigener Perſon in de Herde abgehol⸗ 


sen Beftätigung ruhig, bis der Fuͤrſt von Ppronst 


nachdem er fh ein- Heer Zarsoru verſchafft hatie 


2499 einen Verſuch that, demſelben fein kand a“ 
entseißen. | 

: Diefer feindliche Ueberfall traf Bedorn fo 9— 
vermather, daß er, in Ermanglung einer kraͤftigen 


140% 


1423, 


5 1434, ' 


[4 


Waſileis 
Bafıljes . 


witſch des 


Dunkeln Re⸗ 


gierung. 


N 


3490 Zwepier Abſchnitt Geſchichte 

Segenwehr, fein Laud vehlafſſen mußte. — X. 
Tein nur ein Theil desfelben war erobert, als er 
Ah ſchon na erlangten großfürftlihen Kriegsnäl: 


Bern im Stande fahe, feinem Feinde: entgegen zu 
süden, aub deniſelben am 1: Zunins eine Schlacht 


zu liefern. . Ka Diefer erfitt zwar Fedor eine völlige 
Riederlage; "fein Feind -aber hielt doch im Anfe: 
Jung der Unterlähung, welde die großfürfllige 
Macht Fedorn leiſtete, rathſam, mit demfelben auf 
die Met Brieben gu machen, daß jeder von ihnen 
dasjenige, waß' er damahls in wirklichem Beſtze 
hatte, behalten: fſollte. Die letzten Jahre des Le— 
dens dieſes Sroßfuͤrſten kroͤnken noch gluͤckliche Er⸗ 
folge wider die ZTartarn. Denn 1423 bemaͤchtigte 
fib zwar - ber.-tartarifche Czar Barak der Grat 
Ddujew , ward aber bald von dem Zürflen (vn 
Ddujew) Georg Romanowiif$ umd dem mienosll 
ſchen Woywoden Srigorei Protasjewitſch überfallen, 
und ‚mie großem Verluſte herausgeſchlagen. Dieſes 
Ungluͤck wollte der Czar Kudaidat oder Kundıt 
1424 verbeſſern, und ruͤckte deßwegen mit einem 
ſehr zahlreichen Heere wieder vor Odujew. Allein 
da Vitold hiervon hoͤrte, ſchickte er unverzuͤglich gleich⸗ 
falls ein ſehr ſtarkes Heer, feinen Schwlegerſohne 
beyzuſtehen, welches nach geſchehener Bereinigung mil 
dem ruſſtſchen, uͤber welches Georg Romanowitſch 
den Oberbefehl führte; einen ſehr großen Sieg uͤber 


die Tartarn erfocht, daß kaum der Czar durch die 


Flucht entfllehen konnte; zwey feiner Gemahlingaen 


“fielen in die Haͤnde der Ueberwinder, und eine wurde 


an den Großfuͤrſten, die audere au Vitold überfendtl. 

Sleich nach dem Abſterben Waſtleis Dar 
triewitſch, welches am 3. Bebruar 1425 
erfolgte, - wußte ſchon ein jeder, daß deffen Yrur 
der, der Fuͤrſt von Suͤenisorod, ‚Georg Gq e⸗ 





des suffifienSleihes. - 148 


mdäfc, flott des Sohyes.des- Verſtorbenen Ach auf: 
den großfürſtlichen Thron zu ſehtn gedenke,. Da. 


ober. Georg wegen ſeiner gewaltſfamen Gemutbsart 


in ſchlechtem Rufe fand, Wenlei.am.Bojaren, 
Iwan Dmitriemitſch einen fehr gefihicdten und ges 


treuen Staatsbedienten beſaß, und die Mutter und. 
Vormuͤuderinn des jungen Broßfärften on ihrem 


noch lebenden; Vater Vilold einen. maͤchtigen Beſchuͤ— 
ger hatte; fo getrauete ſich damabls Georg micht, 
feinen Vorſatz auszufuͤhren, und wagte nicht einmahl, 
als ihn der Metropolit Photjus bey Anzeige des 
Abſterbens ſeines Bruders, des Großfuͤrſten, nach 
Moskau einlud, in dieſe Haupiſtadt zu kommen, 
aus Furcht, daß man ihn wegen Ruchtbarkeil feiner. 


Abſicht auf das Großfuͤrſtenthum zu Moslen feſt 


halten möchte. Da ar aber im. Jahre 1488 feine 
Macht durd Beerbung feines fiaberlos mit Tode abe 
gehenden Bruders Peter. Dmitsiewitfh, Firxſten 
von Dmitrem ‚vergrößert, der Sroßfuͤrſt hingegen 
bald hernach im Jahre 1490 durch dag Abſterben 
feines mütterlichen Großvaters Vitold eine; maͤch⸗ 
tige Stüge eingebüßt, haste, auch im Jabre 2498 
‚ der Für Andreas von Moſchaisk verfiarb, welcher 
aus Liebe zum Frieden ſich gie bereden ließ, in dem: 


ehrgeigigen Entmurfe feines Bruders wider ihrem - 


Brudersfohn Demfelben zu helfen; fo ergriff Georg 
im Jahre 1490 die Waffen, und bekriegte den Große: 
fürften. Allein nachdem die Zeindfeligkeiten nur ei⸗ 
ne kurze Zeit gedauert hatten , fo. mußte fih Georg. 
gefallen laſſen, diefen Streig über das Großfuͤrſten⸗ 
tum dem Khan Ulumachmet, Sohn und. Nadfol⸗ 
ger des Sultans Pulad, zur Entfheidung heimzu⸗ 


ſtellen, und dieſerwegen ſich nehſt dem Großfürſten 


in die Horde begeben. — Nun hatte zwar Georg 
einen bey Ulumachmet vielgeltenden Rath guf feiner 


1428 \ 


1438, D= 


she: Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


Seite, wilder: Georgen dergeſtalt Bas Wort rede⸗ 
te, daß Ulumachniet' demſelben das Großfuͤrſtenthum 
gufprechen wollte. Allein die Geſchicklichkeit des groß 
fuͤrſtlichen Staatsbediciiten, Jwan Dmitriewitſch, 
und dag man Ulumachincten auführke, daß bey ihm 
die von ihm ſelbſt Waſtle in ertheilte Beſtaͤtigung 
des GSroßfürſtenthums alles uͤberwlegen miſſe, wid 
mon zu George Vortheil vorbringen kbune, duder 
ten dieſe Sefinnung Ulumachmets, und bewogen den⸗ 
ſelben fuͤr Wafilei ju ſprechen, worauf Georg nah 
uſr machmets Befehl zur Erkennung feiner Unterwauͤr⸗ 
figfeit das Pferd führen mußte; dad Waftlei als 
Großfürk ritt. Weil aber gleich nachher der großfürk: 
Uche Staatsbediente Iwan bie Beleidituitg empfing, 
daß man ihm das Wortbrach, daß der Großfuͤrſt zut 
Vergelinug der Bemihungen Ihans, Waflein die 
Beſtaͤtigung des Großfuͤrſtenthums von Ulumachmet zu 
verſchaffen, Iwans Tochter heirathen ſollte; fo überzog 
derſelde aufs neue deh Großfürſten mit Krleg, und 
dicß Mahl glückte es ihm, daß er nicht mar am 3. 

Wpril im Jahre 1453 einen großen Sieg Über den⸗ 
feiben gewann, fohdern auh bald daranf fih 
yar der Perſon Waßleis deinädtigte, und den 
given noͤthigen fonute , daß er Georgen das 
Sroͤßfuͤrſtenthum abtrat, und fich damit begnügen 
"außte, daß Georg'ihm und- feiner Mutter die Stadt 
Kolomna unter Abhängigkeit von ihm als Sr 
zum Unterhalte anwies. Allein da ‚Georg gleich, ſo 
bold er den Thron beſtieg, feiner gewaltthaͤtigen Ge⸗ 
muüthsart voͤllig fregen Lanf ließ, und wen er 
ftir in Verdacht zog, dag er das Großfuͤrſtenthum 
Wafllein lieber gönne, hart befirafte, ja viele Vor 
- viehme bloß aus diefer Urfache zum Zode verurtheil: 

sef-überdem die Gewalt, welche er einem Lieblinge, 
ven Bojaren Sinicon Morofom, einräumen, ein ul 


’ 











E 4 


¶des ewſiſchen lei 


gemeines Murren verurfadtes fo ſtleg (don. fäſt feit 


dem erſten Tage ſeiurer Throndeſteigung die "Made 
feines abgeſchten Bruderſohnes daurch Verminderung 
der ſeinigen, Indem alle mik Georgs Reglerung 
Mißvergnuͤgten fich gu Waſilein aus Kolomnaͤ bega⸗ 
ben, Ja, es dauerte nicht fange, fo. toͤdteten George 
bepde aͤlteſten Söhne, Wufle Kofſoi und Dimitrt 
Schemaͤka, ſeinen Liebling Moroſow in den großs 
fürſtlichen Vorzimmern, and entflohen/ weil ſie be⸗ 
ſorgten, daß ihr Vater dieſe Thaͤt an Ihnen” beſtra⸗ 
fen moͤchte , nach Kofroma, Dieſe Verlaffung 
Georgs von ſeinen eigenen Söhnen bewog dient 
felben, nuverzuůglich Abgeordnete an Wafılei- mit 
dem Anträge: zu fenden, daß er bemſelben das Stoß 
fürftenshum wiedet abtreteh wollte. Da Mafılet 
diefen Antrag annahm, : räumte ex demfelben: der 


großfuͤrſtlichen Sig zu Mösfen-nedR- allen großfärfte. 


lichen Ländern, und erhickt sur Vergeltung Die Stade‘. 
Belofern zur Vermehrung feiner vorigen: Beſihungen 

nebſt einem Verſprechen Waͤſtleis, daß er Georgs 
Söhne nicht in feinen Schutz nehmen wolle Ja 
Ba fiteh trieb Die: arur Freundſchuft Fo weit, daß 
tr eim Hör wider. Georgs Soͤhne ausſchickte, Wel 
ches aber das Ungluͤck hatte, geſchlagen und milden’ 
Feldherrn gefängen zu werden: Doch: Greorg erwie⸗ 
derte dieſes Freundſchaftszeichen ſchlecht, indem et 


nach geſchehener Ausſoͤhnung mit ſeinen Kindern in 


Gemeinſchaft mit ihnen aufs neue gegen den‘ Broßr: 
fürften ins Feld 308, ‚der wilder eine: fo große Nie⸗ 


derlage erlise, daß er: Moskau Georgen uͤberlaſſen 


mußte, welcher auch Waſi leis Mutter und Ge⸗ 
mahlinn in feine. Sewalt dekam, und beydr zu ſich« 
rer Bewahrung nah Swenigorod ſandte. Dei’ 
flüchtigen Großfuͤrſten aber ließ er durch ein Heer, 
welches ſeine bepden juͤngſten Söhne, Dimitri Sche⸗ 





144 3weyter Abfchuitt. Geſchichte 


maͤka und Dimitri Kroßnoi, befehligten, auf dem 
Fuße nachſetzen und dieſes verurſachte, dab Wea fie 
lei die Stadt Großnowgorod, die er nach dem 
Berlufte der. Schlacht zu feinem Suflubtsorte waͤhl⸗ 
te, nicht ſicher genug achtete, ſondern ſich nach der 


Horde begeben wollte. Als er aber bis Niſchnei⸗ 


nowgorod gekommen war, empfing ey von dem bey⸗ 
den ihn bekriegenden Söhnen Georgs die zu Wla⸗ 
dimir ſtanden, als fie vernahmen, daß ihr Vater 


im ZJabre 1434 am sten Julins zu Moskau. vers 


Borben ſey, und ihr aͤlteſter Bruder, Waſtlei 
Kofi ot, dufelbft die großfürfifihe Regierung, ange» 
ıreten habe, die Bothſchaft, daß he'feibft ihm zur 
Wiedererlangung des Groß fuͤrſtenthums befoͤrderlich 
ſeyn wollten. So gelangte derſelbe aufs neue zum 
Großfuͤrſtenthume, indem fein jeziger Gegner Wins 
filei ihm dasſelbe räumen mußte, nachdem er aut 
einen Monath die Ehre hatte, dasfelbe zu genießen. 
Er begab fi zwar nah Nomgorod, in der Hoffaung, 
dieſen Staat auf feine. Seite zu ziehen, Da ec 
aber fand, daß ‚die. Einwohner als getrene Unter» 


thanen des Woflei Wafljgwirfh, deffen Sa⸗ 


che wider ihn vertheidigen ‚wollten, fo konute er 
‚bier weiter nichts thun, als daß er bey feiner Ent« 
" fernung aus ihrem Gebiethe fi ‘für bie Ergeben 
beit ,. die fie. feinem Gegner erwiefen, durch Verwoͤ⸗ 
(kung ihrer Laͤndereyen raͤchte Waflei Warfl: 
zewitſch aber belohnte die Dienfie der Brüder 
Waßileis Koſſoi dadurch, dag er ˖ die Städte Ug⸗ 
litſch und: Rſchewa an Dimitri Schemaͤka, und das 
ihm von den Nomwgorodern zugeſtandene Beſchezkoi 


Werch an Dimitri Kroßnoi abtrat, die Treue der. 


Nomgoroder aber dur Burüdgabe der Staͤdte 
Lamskoi, Wolok und Wologda, wobey fih die Row⸗ 

gesoder. verpfiihreren auf nichts von dem, was der 
| Groß⸗ 


des ruſſiſchen Reiches. 45 
Croßfhrh nah Erfüllung diefes Verirdges mit ih 


nen in feinem Beftpe. behielt, Auſpruch zu ahen: 


Als aber die Rowgoroder im Jahre 143% in Ans 


fehung der abgetreteuen Staͤdte auf eine! Grenz⸗ 


ſcheidnug draugen, und der Großfuͤrſt diefeibe 


verſchob; fo ward dieſes bisherige gute Vernehmen | 


geſtoͤrt, und als fie darauf zu offenbaren | Wider⸗ 


ſpeuſtigkeiten und Votenthaltung der gewoͤhnlichen 


Gefaͤlle fortſchritten, uͤberzog er fie mit Krieg, und 


rinfte im Jahre 1441 mit einem Hoere vor die 


Stadt, wodurch er ſie zwang, von ihm die Aufhe⸗ 


1437: 


1441. 


Gung der Seindfeligkeiten mit: 8000 Nudeln zu er . 


Banfen.: Diefe Vorfaͤlle kehrten die Freundfihaftliche 
Geſtunung der Mamgoroder gegen den Großfürften: 


dergeſtalt um, daß ſolches allen: Gegnern desfelben. 


die Hoffnung einfloͤßte, die Rowgoroder zu einem 


gänjlichen und immerwaͤhrenden Abſalle vom Groß⸗ 


fürften zu vermögen: : Denn zufoͤrderſt verurſachte 


diefes Mißverguugen der Nowgoroder, der mit dem 
Großfürften eine ſichtbar zunehmende Verſtaͤrkung ihrer 


Verknuͤpfung mit Litthauen und baldige Bergeffung-der 


ten von Bitolden sugefügten Uebel; welcher, wenn 


e Selb haben wollte, ode einige ihm von den . | 


Newgorodern zum Kriege ‘gegebene Urſache durch 
Zeindfeligkeiten dasfelbe bey ihnen ſuchte. So hatte 


derfelbe im Jahre 1414, nachdem ex die. Pleskower 


nach einer langwierigen und tapferu Vertheidigung 


ihrer Stadt gezwungen batte, von ihm dur Abe 
tretung eines anfehnlihen Landes, worüber er ci» 


wen. Zürften feines Geblited, Georg zum: Statt⸗ 


halter fegte, wie auch einer. jährlichen Abgabe’ von 


. Silber, Pferden und Pelgwerke den Frieden zu er . 


Enufen, durch Krieg auch von den Rowgorodern 
ein zewiſſe Gebieth, das er Simon Lugwen zur 
Bewahrung übergab , und ein gewiſſes beſtimmtes 


Geſqh. Ruh; Band 34 


* 


* . ' 


146 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte 
jährliches Geſchenk erpreſſet, im Jahre 1428 aber 
aus chen der Urſache einen, Kriegszug wider Rom 
gorod untersommen. Doch weil Diefes im Som⸗ 
mer gefchahe; fo glaubten die Romgoroder für dief 
Mahl nichts befürchten gu dürfen, indem er fein 
Heer. anf rinen Weg führen mußte, den ſelbſt eins 
zelne Reifende bldß zur Wintersgeit, wenn von der 
Airengen Kälte die Suͤmpfe zugefroren find, huulöns 
nen. Deßwegen fpotteten fie bep Erhaltung der Rad: 
richt dieſes Ucherfalles ; fie dürften ſich dieſerwegen in 
ihrem Methbrauen nicht Körenlaffen. Dean obwohl 
Diefer ſalimme Weg darch eine große Wahdung, 
Czarniloß, eine gange Zagreife dauerte; fo über 
wond doch Vitold dieſe in Gedanken der Romgs⸗ 
zoder unhberfeigliche Schwierigkeit; indem er 10,000 
Menſchen unter Bedeckung des ihnen im kriegeri⸗ 
ſcher Ordnung uachfolgenden übrigen Heeres Hol 
fällen, und mit diefem gefällten Holze die Weoräfe 
- belegen ließ, über dieſe hölzernen Bruͤcken er fein 
nefammtes Heer gluͤchlich über die unmegfamn 
Stellen heruͤber brachte, und ohne einige Hiuder⸗ 
niß won Geiten der Nowgoroder bis Porchow ge 
Jangte, welcher Ort bep den pohlnifchen- Schriftfiel⸗ 
lern Opozka heißt. Ju diefer Feſtung lag beſtaͤn⸗ 
dig eine Beſahung von gooo Reiten. Diefer Um 
fland. aber. hielt Vitölden nicht ab, fie-gu belagern, 
‚ Indem er fi fell verfichert hielt, daß, meenn fie aleich 
feiner Gewalt widerfichen möchte, doch der Hun⸗ 
ger die Uebergabe ergmingen muͤßte. Zolglih lid 
er nach geſchehener Einſchließung nad erfolgtem Ge⸗ 
brauche der Belagerungswerkzenge und des Gelbe 
des einen ganzen Tag durh mit feinem ganjeı 
Heere beflürmen, Allein die Nomgoroder, denen 
Diefer unvermuthete Erfolg des Kriegtzugs Vitolds 
—Schrecken einjagte, Tamen der gewaltſamen Grobe 


‘ 


des ruſſiſchen Reiches. 1 47 


rung durch Bitte um einen Waffeuſtiilſtand, und 
als ihnen Bitdld ſolchen gewaͤhrt Hatte, durch Ab» 


ordnung einer Friedensgeſandtſchaft zuvor, die ie 


ihrem Erzbiſchofe und 14 Worftehern ihrer Regie . 
rung übertengen, Diefe Geſandtſchaft empfing Vi⸗ 
told auf einem Zhrone figend, und ließ fie durch ei⸗ 
ne lange Gaſſe ſeines auf beyden Seiten in Ord⸗ 
nung geftellten zahlreichen Heeres vor fih kommen, 
Nachdem fieifm darauf mit Niederwerfung auf die 
Erde ihre Verehrung bezeigt hatten, erflärte fie fih, 
daß die Nowgoroder ihm nicht nur glles Laud, was 
er von ihnen verlangte, einräumen, fondern über 
dieß feine Guade durch ein reichiches Geſchenk er⸗ 
kaufen wollten. Weil nun die unter ihm dienenden 
litthauiſchen Ruſſen dieß Begehren ihrer Landes⸗ und 
Glaubensgenofſen durch ihre Fuͤrſprache unterfiüge 

ten, und er zugleich überlegte, daß, wenn es ihm 
fogar gelingen follte, daß Nowgorod mit ſtuͤrmen⸗ 
der Hand eingenommen würde, alle darin befindli⸗ 
ben Schaͤze nicht ihm zufallen, fondern als eine 
Beute unter feine Kriegsleute zertheilet werden, wr⸗ 


den; fo geſtand er den Naiögorodern auf die Sa 


dEngungen den Frieden zu, daß fie 10,000 Rubel 
am ihn zahlen, und für die Menfchen und Pferde in 
Porchow, die er ſchon ſo gut als in ſeinen Haͤnden 
Habe, noch Über dieß ein Loͤſegeld von 3000 Rubeln 
erlegen, auch zo Zobelpelze und eine gleiche Anzahl 
von auderem koſtbaren Futter, und 300 Purpurklei⸗ 
der ihm geben ſollten. Da fie nun alles dieſes nach 
drey Tagen ihn einhaͤndigten; ſo vollſtreckte er ſei⸗ 
nerſeits gleichfalls durch Räumung ihres Gebiethes 
den’ gefchloffenen Vertrag. _ Später aber erreichte‘ 
die Freundſchaft zwiſchen den“ Nowgorodern und 
den Großherzogen von Litthauen ſolche Hoͤhe daß 

der Vroßetuos Sigmund im Johre 1433 mit ij⸗ 
Ze 83 


. — 


448 gmepter Abſchnitt. Gelchihte 


nen einen Frichens⸗ und Freundſchaftsvertrag ſchloß 
der Großfuͤrſt Caſimir aber ſich ſogar mit der Hoff. 
nung; ſchmeichelte, fie gu vermögen, daß fie, um ſei⸗ 


ned Schutzes "wider den Großfürſten zu genießen, . 


ibn zu ihrem Herrn annehmen würden. Allein als 


. er ihnen im Sabre 1443 diefen Antrag that, lehn⸗ 


sen fie ſolchen mit Hoͤflichkeit ab. Dean nun hetrſch⸗ 
te bey den Nowgorodern ein folcher Haß wider den 
Sroßfuͤrſten, daß. fie die Abfihten des Zürfien 
Dmitri, als derfelbe die Fußftapfen feines „Waters 


. Georg und diteften Bruders Wafilei Koſſoi betrat, 


nad) Möglichfeit befoͤrderten. Im Jahre 1437 fe 
se derfelbe fi noch als ein getreuer Unterthan des 
Stoßfürften in eben dem Maße, daß der Großfuͤrſt 
ihn zum Haupte des Heeres erwaͤhlte, welches aus 


20, ooo großfuͤrſtlichen und eben fo vielen tweri⸗ 


ſchen und reſaniſchen Kriegsleuten beſtand, und Uln- 
machmeten qus dem ruſſiſchen Gebiethe fortbringen 


ſollte. Denn der große Krieger Idiku, deſſen Macht 


zulegt fo hoch ſtieg, daß der jlngfie von feineg 30 
mit 9 Frauen ergeugten Söhnen ein Heer von 1000 
Aretbaren Männern unter feinem Befehle gehabt ha⸗ 

ben ſoll, vertrieb ungefähr im Jahre 1432 Ulumach⸗ 


meten aus feinem Reiche, daß derfelbe nebſt feinen 
Frauen -und Kindern und einer Hand voll Leuten 


kaum durch die Flucht feinen Händen entwiſchte. 
Dieſer Vertriebene ſandte, nachdem über die Wol⸗ 
ga gegangen war, nad verſchiedene Steppen durchir⸗ 
ret hatte, Abgeordnete an den Großfuͤrſten, deufel- 
ben nebft der Erinnerung an feine Wohlthaten, zu 


bitten, da er ihn nicht. nur bepm Großfürßenthume 
-wider. Georgen. geſchuͤtzt, ſondern auch fo lan⸗ 


ge diefer Großfuͤrſt regiert, und folglich ganzer zehn 


Jabre, von demfelben feine Schatzung ſich bezahlen 


ichen ihm erlauben moͤcte, innerhalb den aͤuſer⸗ 


mn 





» 


bes euflifchen Heihes, 249 


flen Orenzen des ruſſiſchen Reiches eine kurze Zeit 
zu verbleiben, um fſich von den ausgeſtandenen Bes 
ſchwerden in etwas erhoßlen und feine nun zer 


fireueten Leute an fich ziehen zu koͤnnen; er wolle, | 


fo bald er nur eine nicht ganz unberrätlice Manns 
(Haft gefammelt haben würde, um Zeindfeligkeiten -. 
wider feinen Vertreiber anfangen zu Pdunen, une 
verziiglich dieſen Aufenthalt wieder räumen, und aus 
demfelben in fein altes Gebieth ziehen. Dieſes Ge⸗ 


ſach Ulumachmets oder Mahomeds erwedtd Anfangs 


dem Großfuͤrſten nicht deu mindeſten Verdacht; ſon⸗ 


„dern Derfelbe freutte fich vielmehr, daß er bey dem 


gegenwärtigen Bedrängniffe Ulnmachmet3 demfelben 
die in deſſen glüdlihem Zuftande empfangenen gro 


ben Freundſchaftszeichen erwiedern konnte. In dies 
fer Sefinnung überfandte er demfelben Geſchenke, 


ließ ihn auf der. Grenze mit Ehrenbezeigungen ems . 
pfaugen, und wies ihm die Gegend bey Belew zum 
Aufenthalte an. Als aber daranf Ulnmachmer, fih 
im Winter wider feindliche Anfälle zu ſchuͤtzen, un« 
fern der verddeten Stadt Kafan auf der bergigen 
Seite: des Wolga von großen Eisfpollen, die er. 
durh aufgeworfenen Schnee und Begießung mit 
Waſſer mit einander ſtaͤrker verbaud, ſich eine Ver⸗ 
ſchanzung machte; ſo gab man dieſer Sache die Aus⸗ 
legung, als wenn er damit anzeige, dag er Ruß⸗ 
land zu feinem beſtaͤndigen Aufenthalte: zu erwäß- 
Ien, und die Mannſchaft, die fih allmaͤhlich zu ihm 
ſammelte, durch feindliche. Ueberfaͤlle ins ruſſiſche 
Gebieth ga unterhalten gebenke. Dieſer Verdacht 
fand im Gemuͤthe des Großfuͤrſten Eingang, und 
Daher fam es, daß derfelbe ihm andenten ließ, un» 
verzüglich mit allen feinen Lenten iiber die Greuze 
zu geben. Auf die Anfinnen fandte Ulumachmet 
einen Abgeordueten an den Großfürfien, ihn dur 


Zwepter Abfchnitt. Geſchichte 


Vorſtellung der Haͤrte ſeines Begehrens, indem 
die Befolgung desſelben ihn mis allen den Geis 
nigen bey jepigem Winter ins gewiſſe Verder⸗ 
ben flürgen würde, von feinem Borfage abzulenten. 
Allein der Broßsürft verbarrete fo feſt bey demfel« 
ben, daß er nach dieſer zührenden Bitte Ulumad» 
mes ibm noch zwey Bothſchaften fapdte, die ihm 
fagten, daß er, wenn er nicht gleich weggehe,, mit 
Gewalt zum Abzuge gezwungen werden ſollte. — 
Es / half ihn auch nichts, daß er nun nochmahls 

an den Großfürften ſchickte, und bey Wiederho⸗ 
lung der Urſachen, die ihm einen fo fchleunigen 
Abzug zur - Unmöglichkeit machten, die Verfi⸗ 
derung geben ließ, daß er nicht nur fein Verſpre⸗ 

hen, das großfürfilide Land ohne Zufügung des 
mindeſten Schadens zu räumen, aufs eheſte volljie 
ben, fondern auch, wenn er wieder zum Befitze fei- 
nes Reichs gefommen feya würde, einen beſtaͤndj⸗ 
gen Srieden-mit Rußland unterhalten wolle, vermoͤ⸗ 
ge welchen er und alle feine Nachkommen, Kinder 
und Kindesfinder nicht die mindefle Abgabe oder 
Steuer von Rußland fordern foliten, über weldes 
Verfprechen er. dem Großfürften. eine ſchriftliche Ur⸗ 
Funde auszuſtellen, und diefelbe durch Weberliefes 
zung feiner Söhne in den Dienft des Großfürften 
zur fiherfien Bürgfchoft der Zreue ihres Vaters aufs 
fiärkiie gu befeftigen ſich erbiethe. Allein ungeach⸗ 
tet diefer rüßrenden und wichtigen Vorftellungen er⸗ 
theilte der Großfuͤrſt Dmitrin, feinem Zeldherrn, 
Befehl, fo bald er mit feinen 4000 Rank bey dem 
Drte des jegigen Aufenthaltes Ulumachmets aulan« 
gen würde, denfelben, wofern er nicht ohne Zwangs⸗ 
. mittel weichen wollte, mit Gewalt uͤber die ruſſi⸗ 
ſchen Grenze zu treiben, Bey Auruͤckung dieſes Hee⸗ 
ses ſaudte Ulumachmet, deſſen gauze Ranuuſchaft aus 





des euffifhen Aeichet. 15% 


3008 Köpfen befand, worunter nicht mehr als 2000 
mit Gewehr verfchen waren, am sten December 


1437 einen Abgeordneten an Dmitrin, der dieſen 
fleheutlich bath, ihm nur bis. auf den andern Tag 


Friſt zum Abzuge zu verſtatten. Allein ſelhſt dieſe 


geringe Sefälligleit verweigerte ihm Dmitri, und 


veranſtaltete Dagegen alles zu einem unverzäglichen 
Angriffe. — Da fib ſolchergeſtalt Uumachmes 
num in der dußerfien Bedrängniß fahe, ſiel er vor 
der Thuͤr einer verwüßeten chriſtlichen Kirche in der 
nun jerſtoͤrt Tiegenden Stadt ‚Rafan auf die Erde, 
und bethete unter Heulen und Weinen zum Gott. 


der Chriſten am deſſen Hülfe, und daß derſelbe in- 


dieſer Sade zwiſchen ibm und dem- Broßfürften. 
Richter ſeya möchte, weicher ibn, der ihm eine fols 


de Menge Beweife ‚feiner aufrihtigen und herzli⸗ 


chen Zreundfchaft gegeben, jept , da ihn ein widri⸗ 
ges Scickſal von feiner ehemahligen Gluͤckshoͤhe her⸗ 
abgeſtuͤrzt Habe, gänzlich zu unterdräden ſuche. Nah 
Berrichtung diefes Gebethes zog er ſich mit allen 
feinen Leuten iu ſeine von Eis verfertigte Verſchan⸗ 
zung. Allein da er bey den Aufällen der ruſſiſchen 
Kriegsvolker weinen gar zu. großer "Ungleichheit der 
Zahl fih in derfelden nur wenige Augenblide zu 
vertheidigen vermodte; fü raͤumte er fie bald wieder, 
umd bath nochmahls den großfürfllihen Zeldheren, 


unter Verſicherung feiner fortdauernden Freund⸗ 


fdaftsgefinnungen für das ruffifhe Reid und Die 


Derfon des Sroffürften, um Erbarmen. Da aber - 


Dmitri unerbittlich blieb, entſchloß er ſich, wenige 


ſtens nicht ungerdht umzulommen, und rang. 


im dieſer Verzweiflung mit folder wuüͤthenden 
- Zopferkeit in das ruffifhe Heer, daß er dasſelbe 
in Unordaung brachte, und ein ſolches Blut 


vergießen anridtete,,- da kaum der Zeldhery 


1437 


132 Zweyter Abfchnitt. Gefchichte 

derr und fünf Wopwoden mit feht wenigen andern, 
die fih on den Ufer der. Zläffe und in Wäldern 
verfiedten, ihr Loben retten, und dem Großfürfen 
die traurige Nachricht der Niederlage feines zahlrei⸗ 
den Heeres melden konnten. Ulumachmet hingegen 
verwandelte gegenwärtig feine bisherige Freundſcheft 
für den Sroßfürften und die Ruffen in die heftigfe . 
Feindſchaft. — Da fein gehabtes Gluͤck verurſachte, 
daß von allen tartarifchen , theils durch vorher erlit- 
gene Ungluͤcksfaͤlle getreunten, theils noch in ihrer 


Bluͤthe beſtehenden Voͤlkerſchaften ihm eine Menge 


Leute zufloſſen, worunter ihn die Ueberbleibſel der 


rhemahligen Bewohner des kaſauiſchen Reiches er 
ſuchten, ihre ehemahligen WBohupläge zu feinem 
neuen Sitze zu wählen; fo erbauete er zufoͤrderſ 


unweit der Stelle des alten Kaſans eine neue hi. 
gerne Stadt unter dem vorigen Rahmen, die er 


aber uugleich feſter machte, zur Haupiſftadt feinet 


1439. 


neuen Reiches, und ließ alsdann durch haͤufige Ein 


faͤlle ins ruſſiſche Gebieth an den Bewohnern vor 


Rußland feine Erbitterung fo aus, daß kein tarle 
eifcher Cjar ſeit Batu's Tode denfelben fo vielen 


Schaden zugefügt haben fol. Im Jahre 1459 den 


zten Sunius kam er bis vor Moskau, nud ob Ihm 
wohl fein Vorhaben , dieſe Hauptſtadt in feine Gewalt 


‚zu bekommen, fehl flug, fo brannte er doch bey 


zehutaͤgigem Verweilen vor derfelben die Vorſtaͤdte 
ab, und fchleppte aus der ganzen Umgebung eine 


Menge Befongene fort, Auf dem Rüdwege mıf 
te die wehrlofe Stodt Kolomaa alle feine Wuth em⸗ 


pfiuden, indem er bie meiſten Einwohner toͤdtete, 


und die Stadt einaͤſcherte. 


Dieſes Unglüd des Großfuͤrſten ermunterte ner 
mutblih den Zürflen Omitri Schemaͤka, weil er 
Weisse, daß dadurch fo wohl die Bags des Groſ ⸗ 





des ruſſiſchen Beides. 153 
fuͤrſten einen harten Stoß erlitten, als auch die 
Liebe und Achtung feiner Unterthauen gu ihm abge⸗ 
nommen habe, zu verfuchen,, ob er ihm das Große 
fuͤrſtenthum entreißen koͤnne. Zwar fahe er ſich im 
im Jahre »440, als der Srogfürft bey Bemerlung „,4., 
diefer feiner Abſnht ihm mie den Zeindfeligkeiten zu⸗ | 
vor kam, gezwungen, ſich nach Befchegkoi zu entfer⸗ 
nen. Allein bald nachher fabe er fich im Stande, 
als Angreifer zu handeln, und an der Spitze eines 
Heeres vor der Hauptſtadt Moskan zu erſcheinen. 
Weil er aber doch fpürte, Na er bey gegeuwaͤrti⸗ 
gen Umſtaͤnden fein Vorhaben ſchwerlich werde aus⸗ 
führen können; fo föhnte er ſich zum Scheine durc 
einen Vertrag mit dem Großfürſten aus, und. bes 
fchloß, bis zu mehrerer Begünfiigung einer Fimftigen 
Beit die Bekriegung desfelben anſtehen zulaffen, und 
ſchloß in Betrachtung der mißlihen Vorfälle in einem. | 
folden Kriege im 3. 1442 eine Verbindung milden 144s,. 
Howgorodera, worin fich biefelben verpflichteten, | 
ide anf fein Begehren In ihre Stadt aufzunehmen, _ 
und wider den Großfürften zu befhügen. Diele 
ſehulich erwünfcte Gelegenheit, wider den Groß⸗ 
fürften loszubrechen, ereignetefich im 3. 1445 mittelſt 
einer abermahligen Niederlage, die der Großfuͤrft 
von “einem tartarifhen Heere unter Anführung 
zweper Söhne Ulumachmets, Mamotiak und Zufup 
erlitt, Denn diefe erfochten durch einen nuvermu 
thesen Ueberfall des Heeres , mit welchem ihnen der - 
Grogfürft entgegenrüdte, am ten Julius 1445 uach 
‚einer blutigen Schlacht einen großen. Sieg, ben 
welchem der Großfuͤrſt und ein Fuͤrſt von Moſchaisk, 
Michael Andrewitſch, deſſeu Brader Iwan ſtark 
verwundet durch die Flucht eutkam, in ihre Gefau⸗ 
geuſchaft geriethen und nach Kaſan gefuͤhrt wurden. 
Doch bey allen rechtmaͤßigrn Urſachen, die Ulumach⸗ 


I) 
x 


154 Zweyter Abfchnitt. Geſchichte 
met je feinen jetzigen Haſſe gegen den Großfür⸗ 


fien hatte, ließ derſelbe, da er ibn in fee 


ne Gewalt bekam, fih diefen Haß zu Feiner Bes 
leidigung oder Belhimpfung der Berfon diefed un⸗ 


gluͤcklichen Feindes verleiten ,„ fondern behandelte 


denſelben mehr wie einen Gaſt als wie einen ver⸗ 
.. haßten Zeind, indem er demfelben alle ſtandesmaͤ⸗ 


hige Ehre ergeigte, ja ihn öfter an feine Tafel j0g, 
uud fi des über ihn erlangten großen Vortheils 
nur dazu bediente, daß er ihn feine Freyheit nach 
einer drepmonathliden Befangenfbaft mit einen 


reichen Loͤſegeld erkaufen ließ, welches der Groß⸗ 


fuͤrſt aus freywilligen Beytraͤgen ſeiner Unterthanen 
(denn er warb vom denſelben überaus geliebt) ber 


zahlte. Diefe- Sefaugenſchaft und Erledigung dei 


Großfuͤrſten gab dem Fürften Dmitri Shemäts, 
der auch den Fürfien von Moſchaisk Iwaun beweg, 


ihm ia feiner vorhabenden Belriegung des Sroffüt 


1446 


ſten beyzuſtehen, Gelegenheit, daß er, um ben 
Großfuͤrſten verhaßt zu machen, ausbreitete, det 
Großfuͤrſt habe dem Khane zu feinem Loͤſegelde gan 


 Rupland mit allen, abgetheilten Furſtenth uͤmern, 


bloß mit Ausnahme des fich ſelbn vorbehaltenen 


J Twer, verſprochen. 


In dieſem Kriege gelang ed den verbundenen 


- gürften,, daß fie ſich nicht nur der Stadt Moskac, 


fondern auch nachher dee Perſon des Großfürſten 
in dem Dreyeinigkeitskloſter oder auf ruſſiſch Troiz⸗ 
koimonaſtir, feinem aun erwaͤhlten Bufluchtsorte, 
welches fie dur die in Frachtwagen verfiedte 
Manuſchaft einnahmen, bemäctigten, worauf fe 
im, um nad ihrer Meinung ihm alle Hoffuung. 


iu rauben, mittelft der. Liebe: des nach immer ihm 
ergeben Dleidenden- Volkes den Thron je wieder pu 


beheigen, am’ 26ten Gebrner 1446 vet N 





des ruſſiſchen Reiches. 158. 


Augen andftechen ließen, wiewohl er doch einen ge⸗ 


singen Gebrauch feines Gefichtes Be, welches 
veraulaßte, ibm den Bepnapnien Te „das ik, 


der Fuſtere oder Dunkle zu geben. * auch in 
dieſem Zuſtande Waſil eis achtete ſich Sch em aͤ⸗ 
ka beym Befige des Großfuͤrſtenthums fo unficher, 


daß er dem Geblendeten weder in Freyheit fegen noch 


zu Moskau behalten wollte, fondern ſchickte ihn als. | 
einen Gefangenen nach Uslitſch. Er irrte ſich in 
dieſer feiner Vorſtellung von der Bermögenheit des. 


geblendeten Wafıleis nicht, Denn als er ihn 
im J. 1447 des Verhaftes entließ, und ihm ver- 
gönnte, uach Wologda zu gehen, dort wie ein ab» 


1447. 


haͤngiger Zürft zu regieren, ging Wofılei uah 


einem Enrzen Aufenthalte zu Wologda nad Beloſe⸗ 
ro and von dort nach Twer, und bald verſammel⸗ 
sen ſich fo viele getrene Untertjanen zu ihm, daß 


er den 17ten Februar 1448 aufs neue zu Moskau 
die großfürftliche Regierung antreten, und im J. 
1450 am 27flen Sinner Schemaͤkan bey Galitſch 
u fo entfheidende Niederlage beybringen konn⸗ 


‚ daß dieſer : fogar feine eigenthümlichen Länder, 


8 und bey ſeinen Bundesgenoſſen, den Now⸗ 


gorodern, Aufenthalt und Beyſtand wider Wa ſi⸗ 
Tein ſuchen mußte. Zwar wurden oft Unterhands 
Imngen zwiſchen dem Sroßfürfien und ſeinen bepden 


Gegnern ongeflellg , ja fogar Sriedensverträge zwi⸗ 


ſchen ihnen errichtet. Allein diefe Vereinigungen 


waren von Seite ber Geguer des Großfuͤrſten nie 
ernfllig gemeint, und aus diefer Urſache von fehr 
kurzer Dauer. Die Nomgoroder ließen ſich von 


Schemaͤkan um deſto cher zur Ergreifung der 


Waffen wider den Großfürften bereden, weil fie 


durch diefen Weg Uftjug, und was fonR der Große 
fürft von Ihrem vormahligen Gebiethe au der Dwiua 


\ 


245% 


1453- 


156 Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 
gegenwärtig inne hatte, fich wieder gugueignen dad» 


sen. Allein das Kriegsheer, welches der Großfuͤrſt 


im. J. 1453 zur DVertheidigung biefer Ländereyen 


ſandte, vereitelte den Berfuk , den damahls She 


mäfe mit’ nomwgorodifchen Kriegsvoͤlkern darauf 
machte, und im folgenden Jahre 1453 beſchloß She 
mata zu Nowgorod fein nuruhiges Leben. Dieſer 
fein Tod verſchaffte dem Großfuͤrſten Gelegenheit, 
um feine gange Stärke, die er bisher größten Theils 
wider Schemäfa gebrauchte, gegen, feinen andere 
‚Beind, den Fuͤrſten Iwan von Moſchaisk, anzuwen⸗ 


den, der auch von feinem Schwager, dem Fuͤrfien 


Boris Nleganksomwitfch von wer, Der Iwans Schwe⸗ 
fa Anoflafia zur Gemaptinn hatte, bülflos gelaſen 
wurde. 

Nah der Bezwingung dieſer beyden Widerſahher 


wollte der Groß fuͤrſt auch an den Nowgorodern die ihm 


erwieſenen Beleidigungen ahnden, und üuͤberzog fi 


1456. 


1460. 


im J. 1456 mit einem ſo zahlreichen Heere, daß 
fie ihn durch demüthiges Bezeigen und Geſchenke zu 
beſaͤnftigen ſuchten, indem fie ihm ihren Erzbiſchof 
nebſt den angeſeheuſten Perſonen weltlichen Standes 


mit einem Geſchenke von 10000 Rubeln bis 130 


Werſte entgegen ſchickten. Hiermit ſtillten fie ſeinen 
Born, und von dieſer Ausſoͤhnung am daufrte das 
freundfchaftlihe Bernehmen während der ganzen 
übrigen Lebenszeit dieſes Großfürften, welde Ge⸗ 
finnung die Stadt im J. 1460, als der Großfürf 
nebſt feinen Sößnen eine bloße Beſuchsreiſe zu ihr 
that, durch Die prächtigfte Aufnahme offenbarte. — 
Sm‘. 1452 ſandte Sid⸗Achmet einen Czarewitſchen 


. oder Prinzen feines Gebluͤtes, Maſowſcha, mit er 


nem ſehr zahlreichen Heere unvermuthet ins Rufe 
ſche, welches daher ungehindert großen Schaden 
axrichtete, und ſogar die Voridet don Roskau in 





bes ruſſiſchen Reiches. 357 


Brand fiedte. Hingegen. mißlangen zwey andere 


Uebergüge eben diefer Horde. Denn im 9. 1456 
wurden ihre Kriegänälfer, als. fie über die Ola ge 
gangen waren, von bem Großfuͤrſten geſd lagen und 
zerſireuet; im J. 1460 aber erlitten fie nad einem 
gleigmäßigen Uebergange über die Oka von dem 
älteften Sohne des Großfuͤrſten ‚Iwan eine eroße 
Niederlage. Ä 

Der tapfere und edelmuͤthige Stifter des neuen 
kaſaniſchen Reihe, Ulumachmer, überlebte feinen. 
großen fusdalifchen Sieg nicht. lange, und ward 
bald hernach, nebſt feinem jungften. Sohne Infup,' 
von feinem ältefien Sohre, der bey Rytſchkow Me 
motaik und bep Herberſtein Schelealk heißt, 
einem Meſſer ermordet. Ein Sohn des —* 
ten, Kaſim, begab fi darauf. mis einem, Hanfen 


Freunde und Anhänger zum Großfuͤrſten, der ihn 


nebſt allen feinen Leüten in feinen Dieuſt nahm, 
und ihm die Stadt Gorodez an der Oka mit ihrer 
Umgebung einränmte, daß er als ein vom Groß⸗ 
fisrfien abhaͤngiger Fuͤrſt unter dem Nahmen des 
bey feiner Voͤlkerſchaft gewoͤhnlichen Titels Khan 
und Czar von. dieſer Stadt, die nun den Nahmen 
Kafınow empfing, davon feinen Unterhalt haben 


ſollte. Schelealk farb nah vielen wider ruſſiſche 
Länder verübten Feindfeligkeiten, ohne Söhue_ zu 


Binserlaffen ; feine Witwe, die Sultane Nur, aber 
ftand in folhem Anfehen,. daß mittelft einer Vers 
mählung mit ihr ein gewiſſer Ibrahim fih den Be 
fig des kaſaniſchen Reichs verfiherte, 

Der Tod des Großfürfien ereignete ſich zu 
Moskan am 27ſten März 1463. Er beſchied in feir 
nem letzten Willen feinem ältefien Sopue, Iwan, 
das Großfuͤrſtenihum, dem zwepten, MBeorg, de 


Städte Dmitrem, Roſoist und Serpudow dem 


S . 


Dr 


8468, | u 


NE 


46. 


60Zweyter Abſchnitt. Geſchichte 


Ger Zhaͤtigkeit beylegen muß ). Die Erreichung 
dieſer feiner Abſichten warb ihm durch die gänfligen 
Seitumfläude , durch die Borarbeitung feiner Reichs» 
vorfahren, bie ſchon durch manche über die Tartarn 
erfochtene Siege ein Großes zur Schwächung ihre 
Macht gethon, and die Greuzen des Broßfürflen- 
thums durch Einverleibung verfciedener Zürften- 
thämer , indem unter andern fein Großuater, Wa» 
filet Dmitriewicſch, die Fürſtenthͤmer Gusdal, 
Rifhneinomgorod und Prousk an dasfelbe brach⸗ 
ge , «einen guten Grund gelegt a morauf er 
weiter bauen founte, am meiſten aber. vielleicht dur 
feine . Den ungsart erleichtert, nach welcher ihm alle 
Mittel, die ihn zu feindm Side führten, rechtmd. 
Big ſchienen. Das Sonderbarfte dabey if, daß er 
ſehr ſelten feine Heere anführte, auch meißen Theile 
naͤchtlicher Weile in ſolchem Uebermaße zu trinken 
pflegte , daß er daruͤber gemeiniglich bey er Tafel 
einfchlief , welches dem Zürften von ber Moldau 
Stephan, welcher durch Kriegsthaten, die et mider 


.. fe: m Macht ihm ſehr überlegenen Nachbar ausüb- 


se, fich den Beynahmen des Großen erwarb, zu dem 
Urtheile Gelegenheit gab : biefer tuſſiſche Großfuͤrſt 
erweitere feine Herrſchaft im Stillſihen und im 
Schlafen, da er hingegen die Waffen nie ablege, 
mid doch kaum fein Land fich nuvermindert erhal 


‚sen koͤnne. Die beyden erſten Herre, die dieſer 
Großfuͤrſt nach Kaſan ſandte, verrichteten keine ſon⸗ 


derlichen Thaten. Deun dem erſtern, welches im 
J. 1468 dem gum-Sroßfärfien übergetxetenen tarta⸗ 
riſchen Czarewitſchen Kafılm und dem ruſſiſchen Kür 
ſten Iwan Striga Obolenstoi amertrauet war, 
miß⸗ 


Y Sammi; eufifcher deſdi⸗, 6h. V. 6. 453. 





\ 


des ruſſiſchen Reichs. 161 


miſgluͤckte fein Vorhaben, mittel Auffangen aller 

auf der Wolga befindlichen kaſanſchen Fahrzeuge, 
ihre Zeinde ganz unbereitet anzufällen, dur die 
Unvorſichtigkeit eines Befehlshabers der ruſſiſchen 
Kriegsvoͤller, der mit ſolchem Gefchrene gegen die 
tartariſchen Fahrzeuge anruͤckte, daß er die darin 
exiſtirenden Tartaru durch dieß Lärmen von feinem 
Vorhaben zu zeitig benachrichtigte, daß fie nach der 
Stadt ſchiffen Fonnten , worauf Ibrahim mit einer 
ſolchen Macht die Wolga verwahrte, Daß das ruſ⸗ 
fifhe Heer, ohne etwas weiter zu unternehmen, 
feinen Rüdweg nad Haufe nahm. Die Kaſanet 
aber verübten gleich nach dieſer Fruchtlofen ruffifchen 
Unternehmung wider ide Gebietk, Einfälle in ruf 
fifche Länder; und ob fie gleich nad Verheerung dee 
Zandfhaft Galitſch von Striga Obolenskoi eine Nies 
Derlage erlitten , fo flreiften fie doch nad berfelben 
in Ufjug und Wiaͤtka, und fügten den Bewohnern 
Diefer Gegenden aroßen Schaden zu. Diefes bewog 
den Srogfürften, im 3. 1469 wieder einen Zelds 
zug mider Kaſan thun zu loffen, und er .ertheilte 
Dieb Mahl zweyen feiner Brüder, Georg und Ans 
Dreas , den Oberbefehl über das Kriegsheer, wel 
ches er hierzu beſtimmte, und das theils zu Waffer 
auf der Wolga, theils zu Lande ging. - Ehe aber 
dieſes Hehe vor Kaſan anlangte, ‚hatten ſchon die 
Ufjuger fih über Kama diefer tartarifchen Haupt⸗ 
Hads genähert, aber auch aach Abdrennung der bes 
nachbarten Orte zuruͤckbegeben, uad waren fo un⸗ 
glücklich, auf dieſem Xuͤckwege bey Niſchneindow⸗ 
gorod geſchlagen zu werden. Den großfuͤrſtlichen 
Kriegsvoͤlkern gluͤckte es eben fo ſchlecht. Denn ob⸗ 
gleich beyde Heere zuſammenſtießen, und in einer 
folgen Stille bis ganz nahe vor die Stadt gelaug⸗ 


‚ten, daß die Einwohner von ihrer Anmut nicht dir 
Bed. Rußl. 3. Band. EN 





1470. 


163 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


mindeſte Vermuthung hegten; ſo zogen ſich doch die 
ruſſiſchen Kriegsvolker auf den Befehl eines ihrer 
Heerführer,, ohue einen Angriff vorgenommen zu ha⸗ 
ben, auf eine Strecke von der Stadt zuruck. Dur 
Berabfänmung diefer günfligen Gelegenheit gewan- 
nen die Kafaner Beit, ſich in Gegenverfaffung zu 
fegen,, und fügten gleich folgenden Zages am zeften 
Map dur einen Angriff der zuffifhen Fahrzeuge 
in einem bintigen Gefechte Diefem Theile der ruſſi⸗ 
ſchen Macht ſo großen Verluſt zu, daß er voͤllig ge⸗ 
ſchlagen war, ehe die Brüder des Großfüͤrſten, fo 

fchr fie auch eilten, diefen-Rorhleidenden wis * 
Landheere zur Hülfe za kommen, aulangen kounten, 
und dieſerwegen mit Verluſt ſehr vieler Leute nad 
Haufe umkehren mußten. Allein im J. 1470 ge 
ang eben diefen zuffifchen Heerführern ihr Vorha⸗ 
ben. Denn obwohl die Kafaner ihnen, die wieder 


ein doppeltes Heer, naͤhmlich eins zu Lande und eins 


zu Waffer wider fie führten, entgegen rüdten, und 
lange tapfer wider fie fochten; fo. wurden fie doch 
zulegt zur Flucht gezwungen, und die Ruffen ver» 
folgten fie auf derfelben in ihre Hauptſtadt mit 
folder Hige, daß einer von den tartarifihen Kriegs. 
haͤuptern im Gedränuge unkam. Diefer Vortheil 
brach den Muth Ibrahims fo ſehr, daB er bey bie 
fen ruſſiſchen Feldherren nm Zrieden auſuchte, den 
er auf die Bedingung erhielt, daß er als ein der 
Dberberrfhaft des Sroßfürften unterworfener Fuͤrſt 
Über‘ fein Reich regieren ſollte. Doch ungeachtet 
dieſes Verſprechens Ibrahims ſehten die Kaſauer if 
re gewöhnlichen Streifereyen in den ruſſiſchen Liu 
dern fort, und der Großfürft konnte einige Jab⸗ 
ve nichts Erhebliches unternehmen, fein Gebieth wi 
der diefelben zu befhligen, ober gauz davon. zn bes 
freyen, weil wichtigere Nugelogenheiten vorſiclen, 





des ruſſiſchen Reiches. 168 
welche nes Wunſche zu beendigen er feine ganze 
Macht gebrauchte, Denn zufoͤrderſt mußte er eilen, 
das Fuͤrſtenthum Nowgorod feiner Herrfchaft unter 
würfig zu machen, weil dieſer Staat ſchon auf dem 
Sprunge ſtand, ſich zaͤnzlich von dem. ruffifchen 
Staatskoͤrper zu treunen, und auf gleiche Bedin- 
gungen, wie die Großfürſten bisher den Vortheil, 


für Zürften von Nowgorod erfannt zu werden, era 


Faufen mußten, die-Könige von Pohlen, als Groß⸗ 
herzoge von Litthauen, zu ihren Behersfchern auzuneh⸗ 


men, indem die Nowgoroder bey dieſer Veraͤnde⸗ 


rung mehrere Sicherheit der Erhaltung der ihnen 


am Herzen liegenden beſtehenden jegigen Regierungs⸗ 


verfaffung autrafen. Das voruchmfie Werkzeug 


war ein Frauenzimmer, Marfa , die daher ums . 


ter dem Beynahmen Pofadaisa bekannt if, weil 


fie mit einem nowgorodiſchen Poſadnik, Ifaac Bor - 
rezki, einem der nomwgorodifchen Abgefandsen, dur 


welche im J. 1428 bey der Belagerung von Por⸗ 


chow der Zriede mit Vitold gefchloffen ward, vera 


maͤhlt gewefen war, Diefe Witwe hatte den Ente 
surf gemacht, durch ihr großes Aufehen ‚in Row 
gworob den Uebertritt dieſes Staates zum Litthauifchen 
Staatskoͤrper zu bewirken, und fi mit einem its 
shanifhen Herrn zu vermäßlen, woben fie fich‘ nach 
aller Wahrſcheinlichkeit bedung, daß diefer ihr kuͤnf⸗ 


. tiger Ehegatte als litthauiſcher Statthalter die Res - 


sierung zu Nowgorod führen folltee Es war : mit 
Diefer Sache ſchon fo weit gefommen, daß die Stadt 
zwey Abgeordnete mic den Bedingungen, auf welche 
fie ih unter pohlnifhe Herrſchaft begeben. wollten, 


an den König Eafımir von Bohlen gefchidt hatte, . 
Als der Sroßfürft diefes veraghn, fchicte er im ' 


3%. 1471 einen Edelmann nah Nowgorod, durch 


den er die Einwohner von ihrem Vorhaben abmah⸗ 
- j Ä 


29 


2471. 


164 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 

nen und aller Gnade von ihm werfihern ließ 
wenn fie in ihrem ihm ſchuldigen Behorfam ver: 
harren würden. Aber dieſen großfürfklichen Abgeord⸗ 
neten fertigten fie mit einer veraͤchtlichen Antwort 
ab. Wollte alſo der Großfuͤrſt fie beym ruſſiſchen 
Reiche erhalten; fo blieb ihm Fein anderer Weg 
übrig, als fie durch Krieg dazu gu zwingen; denn 
auh der Grfolg einer Kriegserklaͤrung floͤßte 
ihnen Feine anderen Gedanken ein. — Die dw 
mahlige Macht dieſes Staates erhellet daraus, daß 
der Großfürfi drey zahlreiche Heere auf 'erſchiede⸗ 
nen Wegen in beffen Gebieth rücken ließ. Denn 
Wafılei Fedrowitſch Obraſez, deffen Kriegserfahren⸗ 
heit der Großfuͤrſt ſchon in andern Feldzuͤgen be 
währt befunden hatte, mußte nach der Dwina ge⸗ 
hen, die Bölker von Ufjug, Wologda und Wiaͤtke 
zum Einfalle in den nördlichen heil des Nowgoro⸗ 
diſchen zuſammen zu ziehen. Fuͤrſt Danilo Dats 
triewitſch Cholmskoi and der Bojar Fedor Davi- 
dowitſth führten ein anderes Heer nad den am Jl⸗ 
menfee liegenden Gegenden. : Mit dem dritten brad 
der Großfürft, welcher wider feine ſonſtige Gewohn⸗ 
heit dieß Mahl mit ins Feid zog, am zoflen Junius 
von Moskau auf, und fam am 2aſten gu Wolol 
Lamskoi, den zoften aber zu Torſchok an. Ein 
großer Vortheil für die großfuͤrſtlichen Heere.war, 
daß, da gewöhnlicher Maßen kein feindlihes Her 
zur Sommerszeit an die Stadt gelangen konnte, 
weil ihre Suͤmpfe ihr (zur Schugwehr dienten, es 
dieſen Sommer gar nicht geregnet hatte, und aleRord- 
fie ausgetrocknet waren, daß alfo nirgends der Zug 
der großfürftlichen Kriegsvoͤlker Hinderniß fand, die 
allenthalben fih ar sbreiteten, und mie erbisterte 
Zeinde das Land und die Menfcpen behandelten. — 





.. des: rüffifchen Neiches. 165 


Dirk empfindliche - Wirkung, des aroßfuͤrſtli⸗ 
chen Zorues bewog die. Nowgoroder, Abgeordnete 
an ihn zu ſenden, und ſich durch diefelben zu. aller 
ſchuldigen Unkätwürfigfeit zu erbiethen. Sie mein» 
ten es aber nit aufdchtig, fondern gedachten dur 
dieſe ſcheinbare Unterwerfung entweder die. göuzliche 
Burüdziehung der großfürfifichen Heere aus ihrem” 
Gebieihe ‚oder wenigſtens einen Waffenſtillſtand zu 
erlangen, um mittel dieſes Waffenſtillſtandes Zeit 
zu gewinnen, hinreichende Kriegsvoͤlker wider die 
aroßfuͤrſtliche Macht ins Feld zu führen. Aber der 


Großfuͤrſt ließ fih durch zwey dergleichen Gefandt⸗ u 


fhaften wicht bereden, die in Händen habenden Vor⸗ 
theile fahren zu laſſen. Folglich deruhete der Aus⸗ 
gang dieſer Sache blog auf der Entſcheidung des 
Schwertes, und dieſe fiel auf die Seite des Große | | 
fuͤrſten. Denn die Nowgorpder verloren, ‚gegeu Da 
Heer des Fuͤrſten Danilo zwey Schlachten ,- wovon 
die zweyte und voruehmſte am 14. Julius des. Mor 
gend beym Fluſſe Schelona geliefert ward. 
Ob wohl damapls die Nowgoroder mit einge 
den Großfuͤrſtlichen weit überlegenen : ‚Ranafhaft 
theils zu Waſſer, theild zu Lande deufelhen. enter 
gen kamen, und bloß im Landheere ſich z0000 Rei⸗ 
ter befanden ; fo. that doc ‚der großfünftliche, Zeh 


herr den Angriff, und erfocht einen fehr großen Sich | 


bep welchem ibm. außer der Menge erfülogener 
Reinde, die das Schlachtfeld bedeckten, 1700 als 
. Gefangene in die Haͤnde geriethen, die er zum Groß⸗ 
fürften fandte, welcher, da die Abſchrift des Unter⸗ 
werfungsvertrags mit Litthauen, die man bey den 
Erfchlagenen fand, gleichfalls in’ feine Hände ge 
sieh; dadarp einen unlaͤugbaren Beweis von der 
‚Berfhuldung feiner . Befangenen. erhielt, und die 
ſelbe an dem älteflen Sohge ber Marfa, Duitrk, 


166 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


mit dem Zode befirafte, die übrigen aber nad ver, 
fhiedenen Städten feines Reiches in Sefängniffe 
vertheilte, 

Nach diefem Giege faben bie Sotwgoroder, da 
auch die Plestower gleich bey Ankunft der groß⸗ 
fürftlihen Heere in diefe Gegenden ſich zur Eutſa⸗ 
gung aller Verbindung mit Romgorod und zu Boll 
ſtreckung allee Befehle des Großfuͤrſten bereitwillig 
erflärt hatten, vorjegt feine Möglichkeit, durch wei⸗ 
tern Widerſtand das Mindeſte auszurichten. Das 

her erwieſen fie jegt dem Sroßfuͤrſten die Ehre, daß 
ihm der Erzbiſchof nebſt allen Bornehmen geiſtlichen 
und weltlichen Standes entgegen gingen, und ihn fuß⸗ 
faͤllig um die Aufnahme in feine Guade und Erhal⸗ 
tung ihrer Gerechtſamen anflcheten. Der Groß» 
fürft gewährte ihnen ihr Geſuch, und ertheilts, 


nachdem wan eine neue Urkunde von den großfürf: 


lichen Rechten und Einkunften nerfaßt und beſchwo⸗ 
ren, und die Stadt einen vom Broßfärften ernann« 
ten Statthalter angenommen hatte, aflen feines 
Kriegsvoͤlkern Befehl zur Räumung des nowgoro⸗ 
Difchen Gebiethes, wie er denn felbft ſchon om ı. 
September wieder in Moskau eintraf. Nach all 
Vermuthung trugen zu der Nadgiebigkeit bes Groß⸗ 
fuͤrſten, daß er ſich zu dieſen Frirdensbedingungen 
bequenite, die Vorditten der bey dieſem Feldzuge 
den Großfuͤrſten begleitenden Brüder desſelben, wie 
auch aller audern gegenwärtigen Fuͤrſten und Großen, 
die die Nowgoroder gewiß durch reiche Geſchenke 
hierzu vermochten, wie aud das Anfehen, web 
ches die boͤchſte geißliche Würde dem Metropoliten 
gab, etwas bey. 

Auf den Rath ſeiner GSemahlinn Sophia ge⸗ 
ſchabe es, daß der Großfuͤrſt bey Ankunft der Ab⸗ 
geordneten der goldenen Horde ſich bettlaͤgerig ſtellte, 


* 





des ruſſichen Reicht. 107. 


und durch dieſes Mittel, ohne den Khan um Uns 

willen gu reigen, die GrniebrigungSvermin,, die bey 
Empfang. diefer Abgeordneten fonft von ihm gefore 
dest worden wäre. Eben fie erſann den Weg, von 
dem Khan felbft zu erlangen, daß feine ‚Leute, die 
fih beſtaͤndig in einer gewiſſen Wohnung zu Moss 
kau aufhielten, wg fie alle Handlungen des. Groß⸗ 
fuͤrſten beobachten und davon ihren Khau benach⸗ 
richtigen konnten, damit derſelbe nad Bewandtniß 
derſelben ſeine Maßregeln ergreife, aus Moskau 
wegkamen, weil ſie ſich unter dem Vorwande eines 
ihr erfchienenen goͤttlichen Geſichts, in. welchem 


ihr. befohlen fep, auf dieſer Stelle eine Kirche dem , 


Beiligen Nicolaus zu erbauen, und mit bem Ver⸗ 
ſprechen, anderswo eine neue Wohnung zum Aufe 
eutholteder Tartarn aufzuführen, ihre Wohnung auge 
bath. Deun nachdem fie die Bewilligung des Khans 
hierzu erlangt hätte; fo wurde die Erbauung neuer 
Wohnungen für die Tartarn fo lange verzögert, daß 
Ge, gegen Erfolgung eines offenbaren Bruches gänzs 
lich unterblieb. Denn endlich merkte. der Kban Sid» 
Achmet, wohin der. Sroßfuͤrſt ziele, und alle Erge⸗ 
benbeitsverſicherungen, die ihm der Graßfuͤrſt durch 
ſeine Gefandten beſtaͤndig ertheilte, und die Fuͤr⸗ 
ſprache der vom Großfuͤrſten durch reiche. Geſchenke 
gewonnenen tartariſchen Großen, durch welche es ders. 
. felbe dahin brachte, daß der Khan fih gefallen ließ, 
doß der Groffürft den. Abtrag der gewöhnlichen 
Schagung unter allerhand Entfhuldigungen von einer 
Zeit zur andern verfhoß, und fi. fo lange mit den 
Geſchenken, die ihm der Großfürft, um diefen Aufe 
(dub zu erlangen, überfandie, befriedigte, verloren 
bep demfelben die bisher gehobten guten Wirkungen, 
Eine Hanpturfache aber, worum der Khan ſich fo 
lange mit den Enıfguldigungen des Gropfuͤrſten aba 


147% 


168 Dritter Abfchnitt. Seſchichte 


fveifen ließ, lag darin, daß er wider guy mädtie 
RNachbarn, den König von Yohlen und den krimmi⸗ 
fen Ahan, unaufhörli auf der Hurb ficken muftr, 
Daher beſchloß er, nahbem er endlich den Vorſej 
gefaßt haste, den Sroßfürfien dahin euzmbalten, def 
er ihn in' allen Stücken die vorige Unterthäuigkit 
leiſte; mit dem Könige von Poblen widt nur einen 
Sriedensurrtrag, fonderu auch ein Bäudniß zu ſchlichen 
vermöge deſſen Diefer erforderlichen Falls feine Kriege 
macht, mit weldher er den Großfürfien angreifen 
würde, mit Hülfsoölfern verſtaͤrken moͤchte, and 
zweifelte uiht an der Wilfährigkeit des Königs, 
weil diefer glei ibn den Wahsthum des Broffür 
ſten nah allen Kräften zu hindern Urfade hette. 
Nachdem er diefe Angelegenheit mit dem Könige 
von Pohlen in Richrigkeit gebracht Hatte; fandte ft 
1473 eine GSeſandtſchaft nach Moskau, welde dem 
Groß fuͤrſten ein Basma oder einen, fhriftlidgen mit 


dem bas Bildniß des Khans vorſtellenden Siegel be⸗ 


Iräftigten Befehl überbrachte, in welchem der Khan 
geboth, daß der Sroßfürf nicht nur die ganze Gum 
me der von den ſchuldig gebliebenen Jahren aufge 
Taufenen Schagung unverzüglich bezahlen, fonders 
auch perfönlich bey ihm in der Horde erfcheinen ſollte. 
Allein der Großfürft verachtete dieſen Befehl, warf 
ihn anf die Erde umd trat ihn mit Süßen, lich 


auch die gange tartarifche Geſqndtſchaft bis anf 


einen einzigen Mann niedermachen, den-er wit eine? 


abſchlaͤgigen und fdimpflihen Antwort an feinen 


Herrn zuruͤckſandte. Hierüber gerierh Achmet in den 
dußerfien Grimm, und that mit aller wehrhafter 
Bannfchaft, die er qufbringen konnte, einen Ze 
zug nach Rußland, 

Seine erfie Kriegsverrichtung war Die Eroberung 
der Stadt Alexſin, die er, als ihm die Bewohuer 





des ruffifchen Reiches. 10 
auf feine Aufforderung die freywillige Uebergabe ver» 
ſagten, in Brand ſareckte, bey welcher Einaͤſcherung 
der Gebaͤnde das Feuer zugleich die meiſten Ein⸗ 
wohner verzehrte. Die ganze Umgebung empfand 
nicht weniger die ſchrecklichſten Wirkungen ſeines 
Zornes. Darauf eilte er aufs geſchwmindeſte nah 
der Ocka, damit er cher über dieſen Fluß Fine‘, 
als ein ruffifches: Heer filh zur Vertheidigudg desſel⸗ 
ben einfinden möchte. Aber dieß langte doch noch 
frühe genug an, fih feinem vorbabenden Webers 
songe zu widerfegen, und da überdieß eine Seuche 
fi unter feinen Leuten dußerte, To faheer ſich ge 
zwüngen, wieder nach Haufe zu geben. Ungeachtet 
diefer jegt gehabten unglüdlichen Verrichtung glaube 
er fih doch noch im Stande, mittelfl einer anfehn?. 
lichen Verſtaͤrkung, die er fih vom Könige vor Pohlen 
verſprach, ſein Vorhaben zu bewerkſtelligen. In 
dieſer Abſicht zog er aufs mente 1477 alle zum Ge 
brauche der Waffen tüchtigen Leute aus ſeiner Horde 
heraus, und begab ſich mit ihnen an den Fluß Ugra, 
wo derfelbe die Grenze zwiſchen dem litthauiſchen und 
ruffifhen Gebiethe machte, als dem fuͤglichſten Orte; 
wo die poblniſchen Kriegsvoͤller ſich mit ihm ver; 
einigen koͤnuten. 

- Der Großfürft aber forgte durch erfegung | 
guter Befapungen tr alle Städte an der Dia fir 
die Sicherheit derſelben gegen die Anfälle, die er auf 
„diefelben tum möchte, und ging felb mir einem 
Here ihm an die Ugra entgegen. Run fielen haͤu⸗ 
fige Gefechte vor; aber dabey kam der Khan in fei⸗ 
ner Berrihtung feinen Schritt weiter. Bielmehr 
onnte der Sroßfürft, da er fohe, daß ber Khan Petr 
ne Hülfsoölker aus Litthauen erhielt, und hörte, daß 
der Khan ſeine Horde ganz von Vertheidigern ent⸗ 
bie hatte, ein Heer unter. Befehl des in feinem 


. 9 


He Dritter Abfıpeitt: Gefihte 


Dienſte ſtehenden Czarg Urdowlet Boredezli und eines 


ruſſiſchen Feldherru, des Zürfien Gwosden Sweni⸗ 
gorodsti, zu Waſſer nach der Horde ſchicken, wei: 
des darin ein großes Blatbad und eine ſchredlich 
Verheerung antichtete, ja fie vielleicht ganz aufge 
sieben Baben würde, wenn nicht der Czar von einem 
feiner Murſen, Oblaß, beredet worden wäre, von 
dem. ferueru Angriffe abzußchen,, und mit der ge⸗ 
machten reichen Bente abzuziehen. Irzwiſchen «m 
pfiog Ahmet von dieſem Aufalle der Ruſſen auf 
feiner Heimath Rachricht, und eilte auf diefen dur 
richt fogleich mit feiner gauzen Macht von der Ugre 
zu ihrer Rettung. Ehe er aber mod anfom, bio 
den die uogaifhen Zartarn in dieſelbe, gerflörten 
elle darin noch befindlichen Wohnungen, und führten 
die Weiber mit fort, . 

Jehyt ſetzten fie über die Wolga, und zerſtrent. 
ten, da fie ihn auf feinem Wege unvermurhtt on 
griffen, fein.ganzes Heer. Achmet ſelbſt büßte 17 
Diefer Gelegenheit, entweder durch die Hände ſeines 
Schwagers, Kantimir⸗ Murſa, oder durch eigene Enl 
leibung fein Zehen ein. So erreichte die goldene Horde, 
die in einem Beitraume yon bepnahegoo Jahren die 
ruſſiſchen Länder bedrängt und mit dem uͤbermuͤthiglen 
Stolze beherrſcht hatte, ihre ‚völlige Endſchaft, it 
dem fie ſeit dieſer Zeit nie wieder errichtet worden 
iR, Ihre Serftörumg vermehrte die. Kräfte der krim⸗ 


miſchen und kaſaniſchen Tartarn, welche durd fr. 








hen Zuwachs fuͤrchterlichere Feinde für das ruſiſcht 


Reid wurden, Doch nicht nur bey dieſem Vorfale 


ſchaffte das Stilfigen des Koͤnigs von Pohlen den 


Großfuͤrſten Boriheil, fondern dasſelbe diente DB 
auch dazu, daß er immer mehr-feine Gewalt übt 


Nowgorod ausdehnte, bis er es dahin brachte, daß 
dieſer Staat ihm voͤllig untermorfen ward, Deus 





 bes’ruffifchen Meiches. "irn 


nachdem im Feldzuge des Jahres 1471 die poßlni- 
ſche Partey zu Rowgorod durch die Menge Anhaͤn⸗ 
ger, welche damahls theils im Kriege, theils als 


Verbrecher das Leben verloren oder in großfuͤrſtliche | 


Städte zur Verwahrung abaeführe wurden, "wie 
auch dur die Meinmärhigkeit, welche die non ge⸗ 


habte Erfahrung von der Untpätigfeit des Königs j 


von Pohlen nnd bie Empfindung der Macht des Groß» 
fürften bey vielen verurfächte ; fehr geſchwaͤchet wor⸗ 
den war; fo: erhoben fidh eben in dem Maße die, 
welche es dort mit dem Broßfürften hielten. Da⸗ 
duch kam es fo weit, daß: derfelbe bey. der Reife, 


Die er 1475 unter dem "Rahmen dines bloßen ge 


gang und Ermeiterung feiner ſchon in Nowgorod er- 


woͤhnlichen Beſuches, in der Baus zur Befeſti 


längten Wacht dahin that, do Werſte vor der Stadt 
vom Erzbifch ofe und dem im nomgorodifchen Dienfte 
fiehenden Fürften Waſilei Wafiljewitſch Schuiskoi 
Blednoi oder der Blaſſe, welcher ala Feldherr ihre 


Kriegsvoͤlker wider das Heer Wafllel Obrafes'an« 


geführe Hatte, am 18. November bewillkommet, 
und während feinem ganzen Aufenthafte, ‚der: bie 
zum 26. Jänner 1476 dauerte, zu taͤgli ben präß: 


tigen Gafleteyen bald von biefem bald von. jenem 


eingeladen, und bep allen dieſen Gaſtmahlen mit 
Euſtbarkeiten ergezt, und mit reichen Geſchenken 
die ihm beynahe jeder nur etwas bemittelte Eiamoh- 
ner brachte, begabet wurde, wiewohl die Geſchenke 
nach aller Vermuthung wohl nicht bey allen ganz 


7 


feepwillig waren, fondern von den Mehreſten aus 


Furcht gegeben wurden. So kam es auch den Abs 
fihten, die feinem Vorhaben entgegenftehende Partey 
durch Fortſchaffung derer , die wegen ihrer Reid» 
thümer oder Stellen bey der Regierung das meifie 


‘ 





172 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


Gewicht kb ibm 'mit Nachdruck zu widerſetzen be⸗ 
ſaßen, zu 'entkraͤften vortrefflich zu Statten, daß 
bey ſeiner Anmefenpeit. uomgorodifche Bürger ſelbſt 
über awey Soͤhne der Rarfa, Fedor und Andreas 
und eine Menge anderer Amtsperſonen wegen an 
Geringeren veruͤbter Bedrüdungen. ſchwere Klagen 
anbrachten. Denn dadurch erlangte er Geicgenheit, 
mittelſt eines richterlichen Ausſpruch es viele ihm ge⸗ 
faͤbrliche Perſonen zur Abfũhruns in Dr Beföagnife 
zu verursheilen. 
| Andere empfingen gleiches urtheil au⸗ der Ur⸗ 
ſache, weil fie noch wegen Uebergabe der Stadt an 
Pohlen einen Briefwechſel nuterhielten. Eutweder 
. möflen die Verſchuldungen derer, die aus dieſen Ur⸗ 
ſachen ihre Strafe empfingen, manden ſonſt gut 
großfuͤrſtlich Sefinntennids in die Augen geleuchtet, 
oder diefe die geheimen Abfidisen erkannt haben, die 
der Großfürft dabey führte, daß er unter andern 
verſchiedenen Urfachen eine große Zahl der angefehen: 
fien Perſouen qus Rowgorod nahm. Denn der Erz⸗ 
bifhof begleitere den Sroßfürften nur wegen der 
Hoffuung sad Moskau, durch ungufbörliches Bite 
‚ten bey. demſelben diefen Sefangenen ihre Frey⸗ 
heit ausgumirlen. Aber. er bemuͤhete ſich bey dem 
ſtaatsklugen Herra vergeblich. Durch ein fol 
ches Betragen des -Sroßfürflen wurde gegeumärtig 
der Frepheitsgeiſt der Rowgoroder ſchon fo tief ges 
demuͤthigt, daß im Februar 1477 verfchiedene 
Bürger aus ihrer Stadt von ſelbſt nah Moskau 
Tamen, um dort gegen Mitbürger Klagen anzubris- 
gen, oder fich fiber die gegen fie geführte Klagen zu 
verantworten. 
Die aͤbꝛeordueten,/ elche der Erzbiſchof und 
Die ganze Stadt im März dieſes Jahres 1477 nad 
Moskau fandten, belegten in ihren Bittfpriften den 


> 


des ruſſiſchen Reiches. 138 
Großfuͤrſten mit dem Titel Goſſudar, da vorher die 
Nowgoroder Beinen Großfürfien anders als Goſpo⸗ 
din betitelt Hatten. Vielleicht laͤßt fih der Unterſchied 
diefer Benennungen im Dentſchen durch die Worte 
Herr und Gebierhender Herr anzeigen. Auch diefen 
Umftand benugte der Großfuͤrſt unverzüglich, indem 
er gleich darauf Abgeordniete nad Nowgorod ſchickte, 
von der Stadt eine Erklaͤrung zu fordern, ob ſie 
ihn als ihren Goſſudar erkeune. Die Stadt aber‘ 
gab die Antwort, daß fie ihren Abgeordneten Feinen 
Befohl gegeben, diefen Titel zu brauchen. Als dies 
ſes Gefhäft in Nomgorod Hetrieben ward, und das 
Anbringen der großfürflichen Abgeordneten aufs 
nene die Aufmerkſamkeit der Bürger erregte, ſorg⸗ 
faͤltigzu wachen, daß feiner aus ihrem Mittel dem 
Großfürften,, der Dinge, die fie für unbedeutende . 
Kleinigkeiten nicht achteten, zu Wichtigkeiten erhebe, 
und Fr benugen wiſſe, etwas einräume, deffen fidh 
der Srogfürft zu ihrem Nachtheile bedienen möchte; 
fo berlefen fie, als fie hörten, einer von ihnen has 
be’dem Großfürften, als einem Goffudar, im Nah⸗ 
men der Stadt gehuldigt, die Volksverſammlung 
zufammen, und obgleich diefer ſich Dadurch zu retten 
dachte, daß er fagte, er Habe nicht im Nahmen der 
Stadt, fondern bloß für feine Perfon dem Großfuͤr⸗ 
ſten unter dem Titel Goſſudar den Eid der Treue geleio 
fiet, fo tödteten fie ihn doch, und nahmen noch zwey 
andere der vornehmſten Bürger gefangen „die von 
Moskau zurück kamen, und im Haufe des Erzbi⸗ 
ſchofes Schup wider fie ſuchten. Hierauf fam es 
zu einem offenbaren Aufflande, und der Entwurf, 
fih unter pohlnifche Herrfihaft zu begeben, ward aufs 
neue Öffentlih in Vorſchlag gebracht. Auf dieſe 
Nachricht eilte der Großfuͤrſt, dieſe Empörung zu 
daͤmpfen und. aufs ſchleunigſte zu beſtrafen, und 


“ 


! 


— 


ı 


176 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 
ertheilt, uud, ale fie fich nun in Ihrer, Anrede des 


Wortes GSoſſudar bedienten,, den gefuchten Geleits. 


brief gegeben Batte; ſo redete die Geſandtſchaft, 
velche fich am 23. einſtellte und außer dem Er 
biſchofe aus fünf Poſadniken und fünf Schitii Ljudl 
oder angefehenen Leuten, (fo Bießen die, aus deren 
Mittel man gemeiniglich die Bojeren oder Stadt 
räche wählte) beſtand, ihn als ihren Gofſudar an. 
Diefe that den Bojaren , die der. Großfürft zur Un⸗ 
serredung mit ihnen benannte, folgende Vorträge, 
Der Großfuͤrſt möchte ſich der Stadt erbarmen, ſei⸗ 


nen Bora gegen die freyen Einwohner derſelben ab⸗ 
legen, und alle Feindfeligkeiten aufheben. Derſelbe 


möchte geruhen, die bey feiner vorigen Aumwefendeit 
nad Moskau in die Gefangenfhaft geführten Bür- 


ger ihrer Berbaftung zu befreyen, die Stadt alle’ 


vier Jahre befuchen, um dort die Rechtspflege aus 
zuüben, da dieſe zu den Seiten, daß er nicht je 
Nowgorod fey , vorfallendeg Rechtshaͤndel vom 
sroßfürklihen Statthalter mit Zugiehung des ſiͤd⸗ 
Rtiſchen Pofadnifs abgeurtheilt, und die Streitio 
chen, welche dieſe nicht entfcheiden koͤnnten, dem 
Ausfpruche des Großfürften bey deffen naͤchſtkuͤnfti⸗ 
ger Ueberkunft vorbehalten bleiben ſollten. Die 
Stade wollte jährlih 1000 Rubel als. cine Schatzung 
an den Sroßfürften bezahlen. Der Großfuͤrſt moͤchte 
Feine Rowgoroder nach Moskau vor Gericht fordern, 
auch feinem Statthalter gebiechen, ſich meder in 
Sachen, die vor den Erzbifchof gehörten, zu mifhen, 
noch den niedern flädtifchen Gerichtsbarkeiten Ein 
trag. zu thun. Uebrigens ließen ſie es darauf ab 


kommen, was Bott dem Großfuͤrſten ins Herz le⸗ 


gen werde;-fie wollten alles tun, was in ihrem 
Vermögen fiebe, 
Auf 


⁊ 








des ruffifchen Reiches. 177 


Huf diefen Vortrag ertheilten die großfuͤrſmi⸗ 
hen Unterhändler folgende Antwort: Die Stadt 
babe im vorigen Winter durch ihre Abgeordneten 


dem Großfürften den Zitel Goſſudar gegeben, auf 
nachheriges Befragen der an fie gefchidkten ‚große 


fürfttichen Bojaren aber geldugner, hierzu ‚ihren Abs 
geordneten Vollmacht ertheilt zu haben: diefes koͤn⸗ 
ne der Großfürft nicht anders anfehen, als ob man. 
ihn einer Unwahrheit befhuldigen wollte; über dieß 


habe die Stadt viel Ungehorſam und Halsſtarrig⸗ 


keit gegen die großfuͤrſtlichen Befehle bewieſen, und, 
da er lange anf Ihre Befferung gewartet, und ofier⸗ 
Ermahnnugen deßhalb an fie ergehen laſſen, in ihrer 


Widerſpenſtigkeit verharrt und fi fo aufgefuͤhret, 
als wenn das ruffifhe Reich fie nichts angehe, und 


ihn dur ihr Betragen genöthiget, fie endlich 
feine Ahndung empfinden zu laſſen. Von den nad 
Moskau in die Gefangenſchaft geführten Nomgoro⸗ 
dern wife ber Erzbifchof und bie ganze Stade, daß 
diefelben auf viele von der ganzen Stadt gegen fie er⸗ 
hobene Beſchwerden zur Todesſtrafe verurtheilt, und 
auf Vorbitte bes Erzbiſchofs mit der Gefangene 
fchaft- begnadige worden fepen. Folglich fey das 
Geſuch, dergleichen Verbrechern die Freyheit zu ges 


ben, nicht der Weg, fih die Gnade des Großfür⸗ 


ſten zu erwerben. Weberhaupt müfje die Stadt aus 
dere Vorſchlaͤge thun, die von ber Beſchaffenheit 


feun müßten, daß fie fi davon eine beffere Rufe 


nahme verfprecdhen Bönne 

Auf eine folde Antwort mußten nun bie läd» 
tiſchen Abgeordneten nichts anderes zu thun, als 
daß fie ſich die Erlaubniß zur Schefehr nach der 
Stadt, um mit ihren Abfendern fernere Kathſchlaͤge 
hber dieſe Nngelegenbeit zu pflegen, auswirkten. 


Nach diefen Berathſchlagungen kamen fie mis Der Aut⸗e 2 u 


Geſq. Aufl. 2. Band. M 


* 


I 
® 


178 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 


wort wieder: fie wollten alles auf die großfürfilis 
che Guade ankommen laſſen; erhielten aber darauf _ 
den unangenehmen Beſcheid, fie hästen die Gnade 
nicht anders zu hoffen, als wenn fie felb die Bes 
dingungen, unter welden fie fi unterwerfen woll⸗ 
ten, genauer anzeigen würden. Bun uͤberbrachten 
fe nah ans der Stadt geholten neuen Berkaltungs- 
befehlen die Erklärung : fie geflägden, ihren nad 
Mostau Abgeordneten den Befehl gegeben zu Haben, 
den Großfürften Goſſudar zu betiteln, und bäthen 
um Verzeihung, daß fie diefen Befehl nachher, aus 
Furcht vor den Folgen diefes Titels, verlaͤugnet hät, 
ten. Die Bedingungen ihrer Unterwerfung wößten 
fie nicht vorzuſchlagen, ſondern wünfdten, daß der 
Großfuͤrſt folde ihnen eröffnen moͤchte. Auf eine 
folde Erklärung gaben endlich Die Broßfürfilichen 
die Anforderung ihres Herrn im folgenden Ausdrüs 
cken zu erkennen: Weil nun die Stadt ihre Berge 
hung erkenne, und bie Befimmung der Art ihrer 
Unterwörfigleit dem Großfürßen heimfielle; fo er» 
klaͤre derfelbe,, daß er über Nowgorod auf gleiche 
Weile wie über Moskan zu berrfchen verlange. 
Daraus erhellte, dag der Großfuͤrſt der Stadt den 
Zrieden anf keine andere Weife zugefichen wplite, 


“als dag alle Regierungsgefihdfte und Beforgung der 


Einkünfte bloß. von ihm abhinge, und alle Einmis 
ſchung ſtaͤdtiſcher Obrigkeiten und. der Volksver⸗ 
ſammlung aufhören follte. Diefe Veränderung der 
ganzen nowgorodiſchen Verfaſſung konnten diefe Ab⸗ 
geowduesen ohne vorherige Ueberlegung mit der gan» 
zen Stadt unmöglih bewilligen, und bathen ſich 
daher aus, daß fie dieſen großfürfiliden Vortrag 
der Stadt überbringen dürften. Dieß Geſuch ge» 

wäülkte ihnen. der Großfuͤrſt, beRimmse ihnen aber 
wur eine dreptägige Friſt, mis der Autwort der 


des ruflifchen Reiches. 179 


Stadt wieder zu kommen. Sie fiellten fih aber 
noch vor Verlauf der gefegten Zeit ein, und brach⸗ 
ten gegenwärtig aus jedem der. fünf Rädtifchen Quar⸗ 
tiere einen Buͤrger der unterſten Ordnung mit, daß 
stefer Theil des Volkes. durch die bey der Unter⸗ 


handlung gegenwärtigen Perſonen ihres Mittels eis . 
nen unverdäctigen Beweis von der Redlichfeit der - 


sorachmern ſtaͤdtiſchen Abgeordneten haben möchte. 


Die Vorſchlaͤge, die fie nun überbrachten, enthiels . 


ten die Beſtimmungen, wie kuͤnftig bey ihnen die 


Kegierung verwaltet, und in welhem Maße und - 


ua welchen Sefepen, und durch was für Beamten 
die Hebung der großfürfilichen Einfünfte geſchehen 


follte. Weil aber nad diefen Beſtimmungen das. 


nowgorodiſche Volt mehreren Einfluß in die Regi⸗ 
wmentsverwaltung nad die Hebung der herrſchafill. 
den Befälle behalten würde, als ihm der Groß» 
fuͤrſt zu laſſen gedachte ; fo verwarf er den gan⸗ 
zen Vortrag, und beantwortete denſelben mit blo⸗ 
Ger Wiederholung feines erſten Begehrens, dag die 


Romgoroder fih der Herrfchaft: des Großfuͤrſten 


auf eben die Weiſe, wie ſolche Moskau und das 
übrige Rußland erkenne, das iſt, ohne alle Ein- 


(dränfung, unterwerfen folten. Daranf erwieders 
ten fie: ihre jegt Üübergebene Erfldrungen wegen der 


Kegierung und der Abgaben ſeyen nicht dahin ges 
meint, den großfürfllihen Rechten Grenzen zu fer 
gen, fondern sührsen Daher, weil fie von der Res 
gierungsform und Abgabenanftalten zu Moskau und 


den übrigen, ruſſiſchen Gtädten Peine eigentlihe 


Kenutniß hätten. Diefe ihre Nacgiebigfeit bewog 
den Sroßfürften, ihnen ſtuͤckweiſe zu eröffnen, weis 
be Einrihtungen nah feinem Verlangen in Aufes 
Hung bepder Städe theils verbleiben, theild geändert 
werden ſollten. — Zufoͤrderſt follte alles, was 
no. 4 53 


— 


180 Dritter Abfehnitt, Geſchichte 


Die bisherigen unzaͤhli gen Empoͤrnugen der Nowgo⸗ 


roder wider die Großfürſten, und die unaufhoͤrlichen 
innerlichen Unruhen und Gewaltthaten verurſacht 


mund ernährt habe, folglich die Sturmglocke und die 


Aemter der ſtaͤdtiſchen Poſadnike und Tyſaͤtzky auf 
ewig abgefchafft werden.- .Die Eintheifung des Lan 
Des in Kirchfpiele und Woloſte ſollte auf die Art, 
wie es in Modlau gehalten würbe, beftchen. Was 
davon dem Broßfürften zufomme, ſollte fein ſeyn. 
Des Eigenthumes der Privarperfonen werde fih der 
Großfürft nicht anmaßen. Der Großfürft erkläre 
ih , daß er niemanden zur Verlaffung feiner Hr: 
math zwingen, Feinen ans Nowgorod nach Moslau 
vor Bericht fordern, auch zu feinen Kriegszuͤgen 
wider die Tartarn Feine nomgorodifhen Kriegsoll: 
Ber begehren. wolle. Alles diefes genehmigten die 
Staͤdtiſchen, und begehrten nur, daß der Sroßfaͤrt 
ihnen fein Verſprechen ſchrifllich befräftigen nnd 
darauf einen Eid leiſten möchte. Allein fogar dief 


ward ihnen abgefchlagen ; und als fie nun den Bor 


flag taten, daß fich der großfürftliche Statthalter 
‚gegen die Stadt eidlih verbinden möchte, ward 
auch diefes verneinet, und fie erhielten Feine ande 
ve Bürsfhaft für die Erfüllung der großfürflicen 


. VBerfprehungen ald das Wort des Großfürſten. Dar 


auf trat man über die Befimmung der Laͤndereyen, 


- welche die Nomgoroder dem Großfürften abtreten 


ſollten, in Unterhandlung. Sie erborhen fi: zur 
Eiurdumung von 10 theils dem, Erzbifchofe, theils 


einigen Klöflern zuſtaͤndigen Woloften, wie auch det 


Städte Welikie Luki und Rſchewn Puftaia oder Sa 
wolotfhie und des ganzen Landes um Zorfhol. 


‚ Der Großfüͤrſt aber verlangte die Hälfte von allen 


Woloſten des nomwgorodifchen Gebieths; und auch 
dieſes bewiligien die Nomgoroder, und barpen aur 











des ruſſiſchen Reiches, 28 | 


um eine Ausnahme von diefem allgemeinen Gefege 
sum Bellen der armen Klöfter, welche wegen des 
geringen Ertreses ihrer Gruͤnde nichts entbehren 
koͤnnten. 

Kun begeheie der Großfuͤrſt ein genaues Bere’ 
geihniß aller Woloſte, nach deffen Uederlieferung er 
vom Erzdifhofe nur 10 Wolofle, von den Laͤnde⸗ 
reyen der ſechs begüterten Kloͤſter aber, naͤhmlich 
Georg, Mariaͤ Berfündigung, Arkaſch, Antonii, 


Nicolai im nerewiſchen und Michael im vorſtaͤdti⸗ 


ſchen Viertheil, die Haͤlfte, und uͤber dieß das Laud 
um Torſchok und ſechs dem Fuͤrſten Wafilei dem 


Blaſſen gehörigen Dorfſchaften, der bey dem jett 
‚ gefchehenen gänzlichen Untergange des nowgorodi⸗ 


fen Staates fih in den Dienſt des Großfürften 
1, 77 | , 
Am zogen Kam der Großfuͤrſt ſelbſt in die Stadt, 


kehrte aber no eben denfelben Tag nad Paoferie 


gucügl, wo er auch fafl die ganze übrige Zeit, bis er 
saaen Ende des Februars zurück ging, verblieben gu 
ſeyn ſcheint. Bey dieſer Gelegenheit nahm der Groß⸗ 


fuͤrſte den ganzen erzbiſchoͤflichen Schag weg, wel⸗ 


der: nuſchaͤhbare Reichthuͤmer enthielt, indem er 
feit Einfuͤhrung des Eprißensfums von ‚jedem Bir 
ſchofe vergrößert werben. war, ‚Ferner verurtheilte 
er drey Bundert der. angefepenften und, reichſten Buͤr⸗ 
ger zum Tode, und zog unter Diefem, Nahmen afle 
ihre Habe. sum BVeſten feiner Shaptamuer ein. 
Endlich mußte ihm die gange Stadt, und jeder Ein» 


wohner zwey Oriheilen alle feiner peweslihen Süs 


ter bbᷣeeben. . 


Der Grabifßof. ‚Shenabilns Beine ib wäß. 
rend der ganzen Belt diefer Zwiſtigkeiten des Groß» 


« fürfleg mit den Romger gorodern- gegen bepde Theile fo 


vorfichtig, dab er bepber Gunſt und Vertrauen 


183 Dritter Abfchnitt. Geſchichte 
bchielt. Uber bald nachher gerieth er bey dem Er. 
fin in Verdacht, als wenn ar die Schmälerumg 
feines Anſehens und die Verminderung feiner Gin- 
Bünfte-, die ibm bey dieſer Beränderung mit 
Rowgorod zugefügt wurden, nit sle.dekltig er⸗ 
“trage, fondern, um fih an demfelben gu rd- 
Gen, Unigläge made, Romgorod nater pohlui⸗ 
fde Herrſchaft zu bringen, und, um fi deſto leich- 
ter die pohlaifde Hülfe zu verſchaffen, dieſelbe um 
den Preis erfaufen wolle, daß die nowgerodifde 
Kirche die geiftlihde Gewalt des Papfles anerkennen 
foßte. Der Großfürfi aber eilte, fo bald er davon 
hörte, unverzuͤglich ſelbſt nach Rowgorod, welde 
Stadt er aber jegt von allen, auf deren Gekunung 
oder Auſehen er einiges Mißtranen zu fegen Urſa⸗ 
che haben konnte, fo gereinigt traf, daß er Teinm 
einzigen ald Mitſchuldigen des Vorhabens, das dem 
“Erzbifhofe bepgemeffen wurde, zur Verantwortung 
oder Strafe zog, fondern ich bloß an bie Perſen 
des Erzbifhofs hielt, den er unter dem Rahmen 
dieſer Berfuldung (fie mag nun wahr ober nunge- 
gruudet geweſen feyn) feiner Würde entfegte, nnd 
als einen gemeinen Mönh nach Moskau in das 
Klofter Zfhudow ſchickte ”). 

| De Jwan durch diefe Mittel die Rowgoro⸗ 
der dergeRglt gedemürhigt und gefhwädt hatze, daß 
er fi ihrer verfiyert hielt, gewann er frepere 
Hände, nun” anch wider die Kaſaner mit Nachdruck 
Krieg führe zu koͤnnen. Gin Feldzug, den fein Heer⸗ 
"führer ; Wahlei Fedrowitfch Dbrafe;, 
wider fie that, zog die gute Wirkung nach ſich, deß 
der Adam von Kaſau fandie m Moskau (did» 


9 Semi. Fufl, Beie. 3). v. . 4 2479. Diugon. 
P° 588,585. Horberst. y 5 — 2 


des ruſſiſchen Seien, 183 


fe, um z einen Frieden anzuhalten, der ſodann auf 
ſolche Bedingungen geſchloſſen ward, daß der Groß⸗ 
fuͤrſt verſchiedene Bortheile dadurch erbielt. Bon 
den Pohlen und Litthauern durfte er, fo Tange der 
König Kofımir fie beherrſchte, nicht die mindeſte Ab⸗ 


Haltung im allen feinen Unternehmungen befuͤrchten. 


Denn ob fon fo. wohl der Großfürft' als zwey ſei⸗ 


ner Brüder, bie als abgetpeilte Zürften Land und 


* Leute Hatten, verfhiedene Zeindfeligfeiten wider die 
angrenzenden Lithauifhen Länder ausgeübt hatten; 
fo ſahe Kafımir doch Diefe Beleidigungen mit fo gleich» 


gültigem Blicke an, daß er im Jahre 1499 mit ihm 


auf nachtheilige Bedingungen einen Waffenftilftand 


auf eine beſtimmte Zahl an Jahren abſchloß. Aa 
als der Broßfürf, da fich die Unterthauen feines 
Schmwagers, des FZürften von Twer, Michael, im 
Sabre 1486 widersißren Herrn empörten, uud fi 


an ihn wandten, in zigener Perſon ein maͤchtiges 
Kriegsbeer nach Twer geführet, nnd fi ſolcher Ge- 


ſtalt dieſes Fuͤrſtenthums bemaͤchtigt, und dasfelbe 
mir feinem Großfuͤrſteuthume verknüpft hatte; fo 
empfing der aus ſeinem Lande vertriebene Fuͤrſt Mio 
chael, als er in Litthauen Aufenthalt und Hülfe ſuch⸗ 
te, vom Könige die Antwort, daß ihm fein no 
nicht adgelaufener Stillſſtand mit dem Großfuͤrſten 


nicht erlaube, weder denfelben, um Michaela fein: 


verlorenes Färftenthum wieder zu verſchaffen, die 
Waffen zu ergreifen. 

Mitten unter dieſen Vorfallen empfing der 

Großfürft von Zeit zu Heit aus Nowgoerod Rach⸗ 

sichten, daß die Einwohner noch immer ſich nad ih⸗ 

ser verlorenen Berfaffung fehnten, und  Beweguns- 

gen machten, fi diefelbe wieder zu verfihaffen. 


Dieſer Umfand verurſachte, daß er’ in verſchiede 


) 


1486. 


“ 


— 


184 Dritter Abfehnitt Gefdichte 


nen Jahren eine Menge Rowgoroder in andere an 
feine unumfchrändte Gewalt gewöhnte Städte und 
Gegenden verpflanste, und die durch ihren Abzug 
erledigten Piäge mit andern Unterthauen befepte, 
von denen er überzeugt zu ſeyn vermeinte, daß fie in 
ihren vorigen Wohnfigen die Neigung gu einem 
blinden Gehorfam gegen jeden Willen ihres Beherr⸗ 
(ders von ihren Vorvaͤtetrn ererbt hätten. In dem 
Jahren 1485, 1487 und 1489 gefchehen dergleichen 
Berpflanguugen. Zu mehrerer Verfiderung wider 
die Auflebuungen diefer Stade, die nah fo vielen 
erhaltenen Beweiſen von Verzeihnug, deunoch i. J. 1488 
einen Aufſtand erregte, in welchem ihr großfürkli. 
cher Statthalter, Jacob Sachariitſch in Lebensge⸗ 
fahr war, ließ er im Jahre 1490 die verfallenen 
Manern des dortigen Kremis oder der Feſtung der 
Stadt aufs neue von Steinen aufführen, wozu a 
zwey Dritiheile der Koften, den dritten aber ber Erj- 
bifhof Gennadius trug. Diefer Bau. warb fo 
dauerhaft aufgeführt, daß er gleih andern fleiner- 
nen Gebäuden , die auf feinen Befehl gemacht wur: 
den, noch jegt unbeſchaͤdigt ſtehet, wie ibm denn 
auch die Stadt Moblan, welche er. ſehr exweiterte 
und ſchmuͤckte, ipre noch gegenwärtige Otfalı und 
Pracht verdanft. Er fperte aber auch Feine Koſten, 
durch reiche Befoldungen geſchickte Meiſter in alter: 
ley Arbeiten aus fremden Ländern , voruchulich 
aus Italien, in fein Reich zu ziehen, unter wel- 
hen der Bologneſer Ariſt oteles berühmt iſt, 
welcher im Jahre 1475 als Baumeiſter, Muͤnzmei⸗ 
ſter und Stuückgießer in feinen Dienſt trat. Dar 
Unterricht, den dieſe Ausländer feinen Unterthauen 
in der Sanckgießerey und im Gebrauche des Geſchñüͤ⸗ 
geb ertheilten, Fam. ihm in allen feinen Kriegen gut 








des ruſſiſchen Neiches. 185 
go Stetten, wie man denn finder, daß in deu 


Feldzuge, den er. dur den Fürſten Iwan Waflljer 


witſch Bulgak mit moslauifhen Kriegsvoͤlkern, zu 
welchen auch nomgorodifhe unter Anführung ihrer 
Damahligen Statthalter Wafılet Fedrom' ih Schuis- 
hoi uud Iwan Simoniew , und plı...mwifihe nuter 


dem plestowifhen Statthalter Wafiiei Wafiljewitſch 


Schuiskoi, fließen, wider Liefland im Jahre 1481 
hun ließ, Fellin fo wohl mit geobem als Fleinem 
Geſchuͤtze beſchoſſen, und nachdem die Stadt bald 


mit lürmender Hand genommen worden, dem Schloß 


fe fo heftig -zugefegt ward, daß der liefloͤndiſche Ber 
fehlshaber die Aufhebung der Belagerung durch 2000 
Rudel erkaufte. So wurden auch damahls eine 
‚Menge Öefangener, 50 Bloden und eine ſehr rei⸗ 
che Beute aus Liefland nach Rußland gefuͤhrt. Doch 
gelaͤug es ihm nicht, in dem darauf im Jahre 1483 
erfolgten Waffenſtillſtande ſich einiges Land von 
Eieſtand zu bedingen, und eben fo wenig konnte er 


durch den faft unaufhärkihen Krieg, ben er wider 


das ihm benachbarte ſhwediſche Gebieth führte, ſei⸗ 
ne Grenzen auf dieſer Seite erweitern , da er doch 


son Zeit zn Zeit große Strecken Landes durch feige: 


litthaniſchen Kriege on fh brabte, und in den mit 


dem Koͤnige von Pohlen geſchloſſenen Waffenſtill⸗ 


ſtaͤnden behielt, wie wohl die Urſache, warum es 
ihm wider Pahlen fo gluͤckte, nicht in einer wirkli⸗ 


‚hen Ueberlegenheit ſeiner Kriegsmacht, fondern ei⸗ 


nes Thrils in dem großen Vortheile, den ihm feine 


Unumſchraͤnktheit über diefen Nachbar gab, mo der Kds 


nig ohne Buziefung des ganzen Adels nichts Wig⸗ 
tiges auternehmen konute, noch weit mehr aber dar⸗ 
: ia liegt, daß Feiner von den drey Fuͤrſten, Rafi- 


wir, Johann Albrecht und Alez auder, die mäpzend 


Fan 


ı86 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 


der Regierung diefes Großfürſten über Pohlen und 
Eitthauen herrſchten, einige ernftlide Vorkehrun⸗ 
gen machten, die Schmaͤlerungen, die ihr Gebieth 
durch den Sroßfürſten litte, zu hindern oder zu 
ahunden. 

Daher durfte die Beforgnig eines etwanigen 
feindlichen Aufalles von Pohlen Iwanen nie ab- 
Balten, wenn er für zutraͤglich achtete, die Tartatu 
zu bekriegen. Hierju gab ihm die innerliche Spal⸗ 
fung, die unter den Soͤhnen des Khaus Ibrah im 
von Kaſan entſtand, eine vortheilhafte Gelegenheit. 
Denn dieſer hatte vor feiner Heirath mie Nur, mit 
‘einer ondern Gemahlinn, Batmafla ‚(einen Soße, 
at-Khan, deffen Rahme in Aleg oder Alcgama ver- 
‚Rünimele wird, erzeugte, welcher als der Erfigebor- 
ne na Ibrahims Tode deffen Thron beflieg. Aber 
deſſen Halbbruͤder von Nur, Mahßomed Amin und 
Abdallattf, bie auf das große Anfehen baueten, 
‚weldies ihre Mutter Nur unter den Tartarn befaf, 
‚waren damit unzufrieden ; und bemüheten fich beym 
Großfuͤrſten um Huͤlfe, ihr Borhaben wider Ali 
‚auszuführen. Jwian gewährte ihnen gern ihr Ge⸗ 
Such, und fhidte im Jahre 1487’ ein ruffiſches Heer 
“ühter ‘Anführung der ‚Sürflen Daniel Obolenskoi 
"and Simeon Rarulomsti wider Kafan ans; dieſe 
"Epronsveränderung zu bewerkſtelligru“ ‚Ali ſtellte 
fih zur Gegenwehr, und z0g mit einem kaſaniſcheu 
Heere biefem ruffifchen entgegen. Bepde begegneten 
einander Kep dem Fluſſe Swäag, und:-&6 kam dort 
"zu einem higigen Treffen , in welchem die Re 
ſauer eine fo große Niederlage erlitten, daß nur ein 
geringer Hanfen fih dard die Flucht in die Stadt 
Kafan rettet konnte, indem die. Steger die GSeſchla⸗ 
genen mit: folder Gelchwindigkeie: verfoftei ,i daß 
die Kafaner Peine Zeis harten, khre Thore zuzuſchlie⸗ 


des ruſſiſchen Reiches. | 187 


'gen, fondern die Ruffen, in deren Hände Ali⸗Khau 
fon gerathen war , mir diefem Gefangenen am 
gten Julius in die Stadt: eingingen‘, und fich Ders 


ſelben bemädtißten. Darauf erhielt Mahomed Ania 


das Fofanifche Reich, doch mit Auerkennung der Ober» 


herrſchaft des: Srößfürfen. Deſſen Gegner Allader 
"wurde nebſt feiner Mutter, "einer -Semahliun, uud 


zweyen -Brhidern, Kodaikuls (Kudaigul) und Mes 


Iendar der Meniktair , naıh Noskau geführet, von 


"wegen Ali'nebfi feiner Semahlinn nad Wologda, 
Deffen Mutter aber mit : den beyden übrigen Söe - 


nen nah Beköfere nom Großfürten verſchickt wur⸗ 


den. Ali und Meniktair, nebſt ihrer Mutter Bat⸗ 


maſſa, verſtarben in dieſem Zuſtaude, Kodaikulu 
aber erlangte durch Annahme des Chriſtenthums, 
da er in der Taufe den Nahmen Prter empfing, ſei⸗ 


ne Freyheit, und vom folgenden Sroßfürften dee 


Schweſter Gudexia zur Gemabliun. 
Im Jahre 1489 fandte der: Großfürſt den 


"gärften Daniel Schtſchenid und Gregori Morofow 
mit einde großen Macht nah Wiatka, welde alle 
Städte dieſes Landes einnahmen, und die Einwoh⸗ 


ner zn Chriſten machten, die vornehmſten aber nis 
Frauen und Kindern nah Modkan führten. Dar 


auf vertheilte der Sroßfhrft die Haupter der Wide- 


ſchauen ta Borowska und Krenensfa, wo er ihndn 


Zändereyen -anwies ; die Kaufleute ſaudte et Äh 


Ditrew ;‘tartarifche ihm dienſtbare Fuͤrſten hinge⸗ 
gen nad Wiaͤtka. Dieſe Erobernugen oerurſachten, 


daß der Großfürſt im. Jahre 1490 ſo wohl Witi⸗ 


ka als Balgarien in ſeiuen großfürſuichen ziel 


fepte. 
Sur Jahre 1494 ließ er alle je —* 
aufhaltenden deutfhen Kaufleute, 49 an Der Bo, 


. sefangen fegen, und nahm alle den haufiſches Kauf- 


\ — 


1 489: 


188 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 

lentes gehoͤrige Guͤter weg. Bon dieſem Werfaßeen 
gab er folgende Urſachen au. Die redaliſchen Kauf⸗ 
leute haͤtten den aowgorodifhen Kaufleuten viel Un⸗ 
recht ‚zugefügt ; die Obrigkeit zu Renal habe ruſſiſche 


; Kanfleute und großfärftliche Unterthauen, ohne bier 


Uber ein Vernehmen mit ihm, ihren natuͤrlichen Herrn 
gepflegt zu haben, and ohne vorbhergegangene Un⸗ 
serfuchung, im Keſſel gefosten; die Dentſchen Hätten 
großfürfilichen an verfchiebene. egropaͤiſche Höfe. vers 
ſchickten Gefandten ſchimpflich begegnet; und eben 
die jegt gu. Nowgotod ig Verhaft gezpgrgen Kaufe 
leute hätten vorher Sexerdubereyen ‚getrieben. ‘ 

Am meiſten erbitterte iön eine genalfhe Bege⸗ 
‚benheit, die mag ihm mit folger RPeruuſtaltung der 


‚ wahren Umfiänbe. hinterbrachte, daß er in. feinem, 


Eifer den Stob, daran er ging, zerbrach, und 
santer. Bähnefnirrfhen fein Gefcht, zum Himmel 
erhob und in Die. Worte ausbrach: Bott, raͤche 
uud suchte du meine Sache! Der wirkliche Ba: 
lauf beſtand darin; Dir revalſche Obrigkeit hatte 
‚einen: Ruffen, welcher in ihrer Stadt falfge Schil⸗ 
liuge münzte, su: Tode fieden, ud einen andern 
Ruſſen, der über einer unnatürlichen Riſſethat mit 
einer Stute ertappt ward, verbrennen lafen. — 
‚Auf beyde Verbrechen Kanden nach zegalfihen ‚Rehte 
Milde Strafen. — Audern Ruſſen aber. ünften 


‚ie zu firenge, und fie führten darüber gu Reval 


Beſchwerde, befamen aber zur Autwort: wann bie 
Mevaler den Großfuͤrſten ſelbſt über ein folches graͤuli⸗ 


thes Verbrechen ertappten, fo wuͤrden ſie ihn wie 


eigen Hund verbreugen. Diefe Sache ward dem 
Groß fuͤrſten mit für ihn fo beleidigenden Veraͤude⸗ 


ungen geruldet, daß er die in Rowgorod ſich auf⸗ 


dhaltenden hauß ſchen. Kaußeute entkleiden, und mit 


eiſernen Feſſeln an den Züßen in, ungefunde Thurm⸗ 








.- des ruffifchen Reiches. 189 


sefängniffe werfen ließ, und ſich gegen die liefländi- 
ſchen Stände :-erborh, diefelben zu befreyen, und 
alle eingezogenen hanfiſchen Guͤter zuruͤck zu geben, 
wenn man ihm die Revaler, die fi fo grob gegen 


dad Leber “feiner Untertfanet und feiner eigenen - 
großfuͤrftlichen Ehre vergangen Härten, ausliefern 
mirdenz; im "Zalle der Nichtauslieferung hiügegen 


ſich aufs fhredlihfie an ganz Lieflond zu raͤchen 
drohete. Allein die gefanimselr Stände bes lieflaͤn⸗ 


diſchen Staates‘ verpflichteten fidh gegen einander, 
daß fie Neber die aͤußerſte Noth erdulden, als ſich 


in ſolche Dienſtbarkeit des Sroßfärften begeben 


wollten. Ob aber gleich dieſe begehrte Ueberliefe⸗ 
rung nicht erfolgte; ſo bewirkten doc die Befandte 


(haften, welche der litthauiſche Großherzog und 
Schwiegerſohn des Großfürften, Wleronder, der 
Heermeifter von Liefland, und der haufifche Bund 


in dieſer Angelegenheit an den Großfürften ſchickten, 
im April des Jahres 1496 die Befreyung der vers 
hafteten Kaufleute. Bon den Bütern aber gab der 


Großfuͤrſt aichts zuruͤck, und das hanfiſche Com⸗ 
toir gu Mowgorob ward and ‚ich wieder herge⸗ 
ſtellt. 

DER hanfiſche Bund bemuͤhete fich mittelſt ei 
ner ——— Geſandtſchaft, die im Jahre 1498 


nad Lieflaud Ying, mit Zuziehung ber Städte Dörpt 
Reval ttıd Riga, wie auch des lieflaͤndiſchen Or⸗ 


dens, diefe Sadie mit dem Großfürften dergeſtalt 


ab zumachen‘; daß diefes erwähnte Eomtoir wiedie 


im dörigen Schwung kaͤme. Diefe Geſandiſchaft 


fiüg abi Hlerüber mit den Großfürfilien Untere 


haudlungen an; aber während derfelben vernahm fie, 
dog fi ein rufſiſches Heer in der Nacbarſchaft zus 
ſammen ziehe, welches fie vermuthen ließ, die Ruffen 
wollten fie hintergehen, und og verfiel Brennde 


1496. 


1498. 


190 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


ſchaftsunterhaudlungen fich bier aufhalten, damit fie 
ich mitseh ihrer Kriegsvolker ihrer Yerfonen bemdcti- 
gen könnten, und-jog daher, ohne etwas abgefchloffen 
zu haben, nach Haufe. Aus diefer Urſache unterblich 
die Wiedererrichtung des banfıfden Comtoirs, nad 
Die deutfhen Kaufleute behielten zu Rowgered wur 

zwey Haͤuſer, naͤhmlich das deuntſche und der ©» 
then Haus. 

Die letzten Jahre der Regierung dieſes Groß⸗ 
fürfien verbitterten ihm theils haͤusliche Verdrieß⸗ 
Jichfeiten , theils mancher Unglüdsfel in feinen 
Rriegsunterucehuinngen. Im Jahre 1490 am Sten 
Maͤrz verſtarb fein ditefiee Sohn, Iwan, der ein- 
zige, den. er im feiner erſten Ehe mis der tweriſchen 
Prinzeſſiun erzeugt hatte, mit Hinterlaffung einer 
Witwe, Helena, der Tochter Stephaus des Sro⸗ 

ben, Wopwoden von der Wallachey, und eine 
Prinzen, Demetrius. Diefem Enkel Iwan s ge 
buͤhrte num die Thronfolge. Allein Sophia, die je⸗ 
ige Gemablinn Iwaus, fprah wit ſolchem Nach⸗ 
drucke fir Waſilein, deu aͤlteſten unter ihren Göß- 
nen, deren fie noch vier, Georg, Dmiti, Simeon 
und Andreas, Hatte, daß ber Vater diefem feinen 
Thron zudachte. Doc ereignete fih auf eine kurze 
Beit in dieſer Gefinnung des Großfuͤrſten eine Ver⸗ 
änderung. Denn da derfelbe durch verfhiedene 
Vorfälle auf den Argwohn gerieth, als wenn feis 
- nem Leben nachgeflellet wuͤrde, fo ward fein Ge⸗ 
muth vorbereitet, den Nachrichten, welde man ihm 
wider feinen Sohn Wafllei und deffen Mutter vor 
brachte, leicht Slauben beyzumeſſen. Denn als man 
Wafılein. beſchuldigte, derfelbe habe, wie mau ihm 
meldete, der Großfuͤrſt wolle feinen Enkel, denjun- 
gen Dimitri, zum Thronfolger erflären, fich des 
-  geoßfürflihen Schages, den man damahls zu Wo⸗ 








des ruſſiſchen Reiches. 191 
logda und Beloſero verwahrte, bemaͤchtigen wollen, 


fo verfiel,nebft Wafilei auch deffen Mutter in Un». 
gnade. Wafilei ward iu Verhaft gezogen, diejeni⸗ 


gen aber, welche der Groß fuͤrſt ſchuldig hielt, daß 


fie ihm die Nachrichten, die ihn wider feinen Vater 
aufbrahten, zugebracht, oder ihm, darüber mit | 


Rath an die Hand gegangen wäre, mußten dieß 
Berbrehen im December 1407 mit Verluſt ihres 
Lebens büßen. Diefe Umflände veranlaßten, daß 
der Großfuͤrſt fih eutſchloß, feinem Enkel das Erb⸗ 
folgerecht durch eine feperliche Handlung zu verfi⸗ 
dern, und denfelben am 4ten Februar 1498 in der 


moskauiſchen Hauptkirche Marieus Himmelfahrt: 


durch den Metropoliten Simon zum Broßfürften zu 
kroͤnen. Alkein es währte nicht viel Über ein Jahr, 


fo gab der Großfuͤrſt ſo wohl der Großfürfiiun 
Sophia ihr voriges Anfehen, als ihrem Sohne War . 
filei feine Gnade wieder. Daraus erfolgte zufoͤr⸗ 


derft, dag er diefen Sohn am zılen März 1499 
‚zum Großfürfien über Nomwgorod und Pleskow, 
nachher aber, nachdem er am zıten April im 
Jahre 1502 feinen Enkel Dmitri und deffen Mut. 
ter gefaͤnglich einziehen ‚und einen Befehl ausges 
ben ließ, wodurd er fie aus dem Öffentlihen Kir 
cheugebethe ausfihloß, und ihnen den großfürftlichen 


Titel nahm, am ı4ten April zum Großfürften von 


Wolodimer, Moskau und ganz Rußland ernannte”), 

Auch erweckte Kafan gegen das Lebensende dies 
ſes Sroßfürften ihm oft Mißvergnügen. . Denn die 
Abhängigkeit Mahomed » Amins von: feinen Befchs 
len diente Mamuken Schibani, der wider diefen 


Khan im Jahte 1494 fih empörte, n einem guten 


“ 


*), Samml. zufl. Geſch. we V. G. —E 


2498. 


1499 


a 59%. 


192. Dritter Abſchnitt. Geſchichte 

Vorwande, ſeine Vartey gu Kafan wider denfelben 
zu vergrößern. Zwar unterflügte der Großfücf, auf 
die Nachricht, die er von diefer Empörung der Ka- 
faner,, die ihn eben fo als Mahomed - Auıkı anging, 


empfing, durch ein ruffifihes Heer, welches Simeon 


Ratulowski uah Kafan führte, Mahomed-Amins 
Anſehen, daß die Furcht vor den ruſſiſchen Kriegs⸗ 
voͤlkern die Uebelgeſinnten im Faume hielt. So bald 
fich aber dieſe Beſchuͤzer Mahomed⸗ Amins wegbe⸗ 
geben hatten, offenbarten fie ihre Feindſchaft mit ſol⸗ 
dem Nachdrucke, daB Mahomed⸗ Amin fid nicht ges 
trauete,. zu Kaſan zu bleiben, fondern fih zum 
Großfuͤrſten begab. Seine Entweihung gab im 
Jahre 1495 feinem Gegner Mamuk Gelegenheit, 
fi jum Herren der Stadt Kafan zu machen, dieer 
‚mit Gewalt eroberte und ausplünderte. Hierauf 
ging er vor Jaroisk. Aber die vornehmften Kaſa⸗ 
ner, welche dieſen Bug mit ihm thaten, zogen ſich 
unvermerkt nach der Stade. hin, ermunterten das 
Volt, zu den Waffen zu greifen und Mamuken die 
Stadt zu fperren, den Großfürften aber um Verzei⸗ 
bung ihres Abfolls und um Hhlfe wider Mamuken uns 
ter dein Verfprechen ihrer Rücdkehr zum Gehorfam, 
wenn er ihnen nur nicht den bey ihnen durch fei- 
ne ‚ausfchweiferide Lebensart verhaßten Mahomed⸗ 
Amin zum Khane gebe , erfüchen zu laſſen. Der 
Sroßfüuͤrſt ernannte nun Abdalatifen, Mahomed⸗ 
Amins Bruder, sum Khane, und diefe Nachricht des 
wog Mamnken sum Küdzuge, auf welhem er mit 
Tode abging. Au feine Stelle trat fein Bruder 
Wezalaf, und verfuhr ihm Jahre 1499 angreifungs⸗ 
weife wider Abdallatifen, wurde aber gleichſqlis, da 
ein ruffifhes Heer zu Abdallatifs Unterflügung au 
kam, gejwungen, zurid gu meiden. Das Ber 
anägen, . diefe guten Nachrichten dem Großfuͤr⸗ 


ſten 


N 
j 





Er ruffifegen Reicher. u 193 = 


fien verurſachte, vergrößerte der erwuͤnfchte Erfolg. 
einer andern Unternehmung , dieum eben diefe Beit- 
- andere feiner Kriegsvoͤlker in Geſellſchaft der Uſtju⸗ 
ger, Owinaer, Wirfhager und Widrfhanen gegen 
Uchorien audführeen, indem fie diefes Land ohne 
Muͤhe überwältigten, und der Herrſchaft des Bros 
fuͤrſten unterwuͤrfig machten, die jugoriſchen Fuͤrſten 
aber nach Moskan brachten. Allein das gute Ber 
nchmen zwiſchen dem Großfürften and dem nun⸗ 
mehrigen Khane von Kaſan banerte kurz. Dennim 
Sabre 1502 ward derfelbe ald ein Abtränniger vom 
Großfürften abgefept ; und Mahomed » Amin anfei 
ne Stelle wieder nah Kaſan geſchickt. Zu viefem 
begab fich feine Mutter Rur, da fie nah dem Abe 
fierben ihres dritten Semahls, des frimmifchen Ahans 
. Mengheliferai , von dem fie Feine Kinder hatte, ihr 
Leben bey ihrem Sohne zu beſchließen wünſchte. 
Der Großfürft vermeinte fo wohl durch die Hoͤflich⸗ 
keiten, die er Diefer Muster Mabomed - Amin auf 
ihrer Durthreife durch fein Gebieth erzeigte, als auch 
Dadurch, daß er ihm auf fein Anhalten die Ver⸗ 
mählung mit der noch an ihrem Verweiſungsorte 
Wologda in großfärfilihen Sewahrſam lebenden 
Witwe feines Halbbruders Ali gewährte, denſel⸗ 
ben in der Ergebenheit gegen das ruſſiſche Reich zu 
befeftigen. . Aber eben diefe Heirath verurfachte, daß 
Mohomed-Amin- gegen den Großfürken meineidig 
ward. Denn diefes Frauenzimmer, ließ weder iha 
rem Gemahle noch den vornehmſten Kafanern mit 
unaufhoͤrlichem Zureden einige Ruhe, bis fie dieſel⸗ 
ben auf ihre Vorſtellungen, daß die Abhängigkeit 
vom Großfürſten fo wohl Mahomed⸗ Aminen und 
das ganze kafaniſche Reih bey allen mahomedanis 
ſchen Bölfern entehre, als auch Mabomed⸗ Amins 
Sicherheit ſelbſt Gefahr bringe, bewog, am Johan⸗ 
Goſch. Ruſl. 2. Band, N 





1504. 


1505. 


194. Dritter Abfchnitt. Gefchichte 


neötage im Jahre 1504, zu einer Zeit, da fh nicht 
nur aus allen ruffifhen Ländern , fondern auch aus 
der Fremde eine fehr ‚große Menge Kaufleute zum 
Sahrma: fie miß ihren Waaren eingefunden hatte, 
alle gegenwärtigen Ehriften, Männer, Weiber und 
Kinder umgubringen,, und alle ihre Güter theils 


an fih zu ziehen, theils feinen Tartarn Preis zuge 


ben. Wit diefem den Ruſſen gugefügten großen 
Schaden begnügte fi Mehomed - Amin nicht, fon 
dern that, nachdem’ er fih durch 20,000 Nogaler, 
die ihm fein Schwager, ein nogaiſcher Wurfe, j 
führte, um Jahre 1505 fo unvermuther einen Ein 
fol ins Ruſſiſche, daß nirgends Anflalten gegen 


feine Zeindfeligkeiten gemacht waren, und er alleat 
halben, wo er hinkam, ungehinders morden, rau⸗ 


ben und brennen konnte. Diefer wehrlofe Zuſtand 


der rufjifchen. Orte floͤßte ihm den Muth ein, def 


er vor die Stade Niſchneinowgorod ging, und nd 


Bemaͤchtigung der Vorſtaͤdte zo Tage lang die Stodt 
anfiel. Der Befehlshaber diefer Stade, Thabar 
Simsfoi, hatte nur wenige Leute, mit denen er dit 
unaufbörlichen Angriffe einer fo zahlreichen Rast 
obtreiben konnte. Aber zu großem Gluͤcke ſaß hier 
eine Anzahl litthauiſcher Schügen , die ein uf 
fifcher Feldherr, Fuͤrſt Daniel Schtfchenidtem, ir 


einem glüdliden ‚Zeldzuge zu Gefangenen matt, 


verhaftet, die nad einem Berichte go, nad) eine 
andern Angabe aber 300 Köpfe ausmachten. Diet 


- bewehrte der Befehlshaber, um fie wider die Zar 


tarn zu gebrauchen, und fie bewiefen fo große 3% 
pferkeit und Geſchicklichkeit, dag man die Abtei: 
bung aller feindlichen Anfälle bloß diefer Hand vol 
Ausländer verdaukte. Vermuthlich aber würden ft 
doch endlich übermannt worden, und die Gradi in 
Die Gewalt der Tartarn gerathen ſeyn, wenn niht 


\ % 


des ruſſiſchen Reiches. 195 


einer von dieſen Schügen bey. Bemerkung, daß Mar 
homed⸗ Amin wit feinem Schwager hinter einer 
Kirche fiche, einen Schuß gethan hätte, wodurch die 
Kugel dem Murfen durch die Bruſt ging, und dem⸗ 
felben das Leben nahm. — Die Nogaier ergriffen 


nun, da fie ihr Haupt ſolchergeſtalt umkommen far 


ben , das Gewehr wider die Kafaner,, und es Fam 
zwiſchen dieſen beyden Heeren zu einer offenbaren 
Schlacht, die Vielen das Leben Eoftete. Mahomed⸗ 


Amin brachte es mit vieler Mühe dahin, dag die‘ 


wirklichen Seindfeligkeisen aufbörten. Weil aber 
der Haß verblieb, fo. mußte er beforgen, daß der⸗ 
felbe.bey der mindeſten MWeranlaffung in neue Ges 
waltthätigleiten aus brechen, und feine gefammte 
Macht durch diefen innerlichen Krieg vernichtet wers 


den wuͤrde. Dirſes Uebel zu. vermeiden, hob erdie 


Belagerung auf, und führte feine Kriegsvoͤlker im 
fein Land zuruͤck; langte auch, ohne von ruſſiſchen 


Kriegsvoͤlkern beunruhigt zu ſeyn, in demfelben an, 


Denn: ob: wohl nun "der Großfürf ein Heer von 
100,000 Mann zufammen ziehen Tief, fo hatte doch 
die Haͤupter desſelben ein foldes Schreden einge 
nommen, Daß fie nicht wagen, Das mindefle mider 
Mahomed » Amin za unternehmen, fondern mit ei- 
ven. fo großen Heere bey Murom file lagen, und 
selaffen aufahen, daß die Kafaner in ihrem Angefiche 
te eine Menge Otte plünderten. und abbrannten. 
Die litthauiſchen Schhgen wurden für ihren geleiſte⸗ 
sen Dienſt non ihrer Gefangenſchaft freygeſprochen, 
und mis GSeſchenken in ihe Vaterland zuruͤckgeſchickt. 
Swan aber mußte die Ahndung diefes kaſaniſchen 
Adfalles feinem Nachfolger überlaffen.. Denn ders 
felbe verſiarb am a7ſten Dmober 1505 ” als er 
3 


m. Apıförtem: &..10+73 und. 118. Deguigens. ©. 453, 
454. Herberflein &. 367. 


1505 


196° Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


merfte, daß es mis ihm zum Tode gehe, ließ er feis 

nen im Verhafte habenden Enkel Dmitri in Frepheit 

fegen, und vor fein Bert kommen, wo. er gegen 

denfelben erklaͤrte: er babe Unrecht gethan, ihm ſei⸗ 

nes Erbrechtes und ſeiner Freyheit zu berauben; er 

möchte ihm dieſe Bergehung verzeihen, und fich ſei⸗ 

nes Rechtes bedienen. Als aber Dimitri darauf aus 

dem Zimmer feines Großvaters gegangen war, ließ 

An WBafllei fogleih wieder feſt women, und ins 
Gefaͤngniß bringen. 

Regierung Der od Iwan Waßlzewitfo I. floß⸗ 

—æ te Anfangs dem Könige von Pohlen Alexauder Hoff⸗ 

filei Iwano, nung ein, mittelſt innerlicher Unruhen, welche eis 

witſch. nige Auhaͤnger feines Enkels Dmitri: und die ei⸗ 

genen Brüder des neuen Großfürſten Waflei 

JIwauo ſwitſch im ruſſiſchen Reiche erregen wärs 

den, und der Angriffe der Kaſauer auf ruffiſche 

Ränder mit Vortheil diefen neuen Großfärften ber 

kriegen zu Pönnen, und er kom, um die Anflalten 

gur Befriegung desfelben zu treffen, nach Litthauen; 

erfuhr. aber, daß er ſich in diefer Hoffnung geirrt ha⸗ 

be, indem Niemand Ab in Rußland wider Wa fir 

Leis Befleigung des. Ehrones regte, welcher DOmi⸗ 

trin in. fo guter. Verwahrung hielt , daß derfelbe 

in diefem Zuſtande am 14ten Febraar 1509 fein Le⸗ 

ben befehließen mußte. Daher aͤnderte Alexander 

feine Gedanken, und ſchraͤnkte feine Abſicht darauf 

-ein, ob er von dem neuen Großfuͤrſten auf beffere 

Bedingungen Frieden erhalten Pönne, als ihm de 

verſtorbene Iwan Denfelben zugeſtehen wollte. Die 

fen Zweck erhielt er, indem der eigene Vortheil des 

ueuen Sroßfürften erforderte, fi durch einen Frie⸗ 

densfhluß mit Pohlen völlige Sicherheit zu verſchaf⸗ 

fen, daß er von diefem Nachbar Feine Zeindfelig- 

keit befürchten bürfe, . weil ihn die. Kaſaner mittel 











\ 


. / | | 
des ruffifchen Reiches. 197 


der Unterflüßungen , die ihnen andere tartariſche 
Voͤlkerſchaften leiſteten, genug befihäftigten. Da 
sun dem Großflirften fo viel daran lag, feine Sache 
mit den Rafanern :aufs fehleunigfie auszumachen; 
fo fammelte er gleich beym Antritte feiner Regie 


sung im 3. 1506 ein fehr zahlreiches Heer, wel⸗ 


des man 100,000 Mann ſtark angibt, daß es un⸗ 
ter dem Befehle feines Bruders Dmitri Schemiak 
oder Schilka diefe Zeinde in ihrem Lande anfallen 
ſollte. Da aber diefe ruſſiſchen Kriegsnölker theils 
zu Lande, theils zu Waſſer gingen; ſo uͤberſiel Mu⸗ 
hamed⸗-Amin zuerſt die auf den Kähnen, welche 
von der zu Lande anruͤckenden Reiterey nicht un« 

"terfihgt werden konnten, und es bahnte ihm der 
hier gewonnene Gieg den Weg, das ruffifche Land» 
heer gleichfalls mit Bortheil anzugreifen. Durch 


diefe bepden Unglädsfälle wurde dasſelbe gend“ . 


thigt, fich mit Verluft vieler Manufhaft aus dem 
Kaſaniſchen wegzubegeben. — Doch bald ward 
ein anderes gleich zahlreiches Heer dahin geſandt, 


und dieſes beguͤnſtigte der Umſtand, daß bie Kaſa⸗ 


ner fich feiner Ankunft nicht verſahen, und. daher 
an einem mohamedanifipen Zefttage unter aufge» 
ſchlagenen Gezelten fon insgeſammt mir ihren Weis 
hern und Kindern fih, ohne etwas Zeindliges zu 
beforgen, ergepten, daß fie folglih von den Ruſſen 
in voller Sicherheit. überfallen wurden, bie eine 
große Menge tödteten, Die uͤbrigen aber zwangen. 
in ſolcher Unordunng und Verwirrung in Die Stadt 
zu fluͤchten, daß viele im Gedränge umlamen, und 
die Ruffen, wenn fie diefen Umſtand gehörig bes 
nugt hätten, mit ihnen in die Stadt hätten kom⸗ 
men koͤnnen. Aber da ihre fluͤchtigen Feinde ihnen 
viele Sachen von Werthe und eine Menge Eſſen 


und Erinfen hinterließen; fo ergaben ſie ſich dem 


1506. 


200 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


Mittel vom pohluifhen Gebiethe Land an ſich zu 
ziehen, als Idnger einen offenbaren Krieg fortzuſe⸗ 
gen, in welchem er fabe, daß wegen befferer Kriegs⸗ 
verfaffung bey den Bohlen und Vorzuͤglichkeit ihrer 
"  Heenführer der Vorteil auf der ‚Seite feiner Geg⸗ 
ner war 

Eine gleiche Urfade, naͤhmlich daß: er mußte, 
nie er Im Kriege wider die krimmiſchen Tartarn nichts 
gersinnen könne, fie hingegen durch unaufhörliche 


xEinfaͤlle feinem Gebieihe immer Schaden gufügten, 


bewog ihn, fich bey ihnen gleichfalls um den Frie⸗ 

den ju bemüßen, den auch Conſtantin Zabolowski 
bey ihrem Khan abmachte, und im J. 1509 mit 
krimmiſchen Gefandten, die den gefchloffenen Bertrag 
mitbrachten, nah Moskau zuruͤcktam. Diefe Kries 
ge Wafleis verfhafften dem Sürften Wa filei 
Semecziz von Nowgorod⸗Severskoi eine erwuͤnſchte 
Gelegenheit, das ganze Fuͤrſtenthum Severien, wor⸗ 
in außer ibm ein anderer Wafilei das Fürſtenthum 
Starodub und Dimitri dag Fürftentdum Potiwlo un« 
ser großfürftliher Oberherrſchaft beſaß, an fich zu 


bringen. . Denn nachdem er, da er ein fo guter 


Kriegsmann war, daß er durch die Kriegsthaten 
‚wider die Zartara, Die. eiuen gleichfam unaufbörs- 
. Vichen Krieg wider das Fuͤrſtenthum Severien führ- 
ten, feinen Rahmen diefen Feinden fürchterlich mac 
te, mit feinen alleinigen Kräften das Land des Fürs 
fien von Starodub gemonnen hatte; fo bediente er 
fi des Vertrauens, welches der Großfuͤrſt in ihn 
fegte, fih zum Herrn von Potiwlo zu machen. Er 
mußte, wenn er jemanden, der feinen ehrgeizigen 
Entwürfen im Wege ſtand, wegfchaffen wollte, dem 
Großfürfen mit folder Wahrſcheinlichkeit Beſchul⸗ 
Digungen wider dergleichen Perfonen vorzubringen, 
das berfelbe bereite einen leiblichen Bruder , 














\ 


des ruſſiſchen Reiches. won. 


wie auch den Zürfien von Korfita auf die Angebun⸗ 
gen dieſes Zürfien von Nowgorod-⸗ Severskoi ihrer 

Zürfenshlimer nnd. ihrer Frepheit beraubt hatte, 
worauf bepde in ihren Befängniffen nit ohne Ver⸗ 
dacht, daß ihr Tod durch grinalifame Mittel beſchleu⸗ 
nigt worden fep, ihr Leben endiaten.. 

Der Heermeiſter von Lieflaud, Walther von 
Plettenberg, trachtete fo ſehr darnach, Wafilein nicht 
die mindeſte Beranlaſſung zum Bruche der zwiſchen 
ihunen jepg beſtehenden Freuudſchaft zu geben, daß 
er. der Regierung und Geifllichkeit gu Pleskow, als 
diefelben ihn erfüchten , fie wider das Volk zu ſchuͤ⸗ 
gen, Feine Hülfe gewähren wollte. Als die Pleskower 
Beine auswärtige Unterflügungerhielten ; fo gereichte 
diefer inmerliche Zwiſt zum Bortheile des Großfuͤr⸗ 
Ren, der fo gluͤcklich war, Ddiefelbe wieder zur: 
Pflicht und Ordnung zurüd zu führen. 

Den mit dem frimmifhen Khaue gefchloffenen 
Sriedengvertrag hielt der Großfärft aufrichtig, weil 
fein Vortheil dieſes erforderte; allein der Erimmis 
ſche Khan fand einen größern dabey, wenn er den 
felben brach. Da es eine allgemeine Gewohnheit 
der tartariſchen Voͤlker if, ſich durch feinen Fries 
densvertrag die Hände binden zu laffen, wenn «8 
ihnen zutraͤglich duͤnkt, gleib nad Unterzeichnung 
Desfelben das Sebierh ihres Bundesgenoffen zu über» 
Hehen, und fie. nicht einmahl eine Rechtfertigung. 
eines fo offenbaren Wortbruches nöthig adten; fo , 
lieh der Khan ohne Angabe einiger. Urſache 1512 
durch zwey feiner Söhne, Ahmed und Burnas, 
einen Einfall ins ruffifche Gebieth thun, die fo lange 
darin Verwühungen aurichteten, bis. ruſſiſche Kriegs⸗ 
völfer herbey lamen; fein aͤlteſter Sohn Mahmud 
aber. ward dieß Mahl dur die Nachricht, de 


202 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 
ruffifhe Kriegsvoͤller das Zürfientkum Refan uͤber⸗ 
ſchwemmten, vom Weberfalle desfelben abgehalten. 
Allein im folgenden Jabre 1513 beſchaͤdigte 
doch fein Bruder Burnas basfelbe, ob er wohl die 
Hahntfiadt Refan vergeblich belagerte. Bon diefen 
tartariſchen Ueberfaͤllen glaubte der Großfürf, def 
fie auf Antrieb des Königs von Bohlen geſchaͤhen. 
Da die Tartarn nach Ihrer Gewohnheit ſich, fo bald 
fie aur wahrnahmen , daß das Land, welches fe, 
weil es ohne Bertheidiger war, ohne Widerfand 
auspländern konnten, Beſchützer erlangte, eben fo 
geſchwiude wieder in ihre Heimath begaben, als ihr 
Ueberfall desſelben gefchehen war; ſo hinderten fie 
1514 den Großfürften nicht, mit einem zahlreichen 
Heere, worunter eine Menge Dentſcher und Ste 
liäner dienten, einen Feldzug in Litthauen gu thus, 
und auf des ihn hierbep begleitenden Glinskis An 
trieb die Belagerung der flarfen Feſtung Smolensk 
ja unternehmen. Doch wäre diefelbe bey aller Ge⸗ 
walt , die er wider fie anwandte, unerobert geblie 
ben, wofern nicht Glinski einige vom Adel fomoil 
als von den Befehlshabern der befoldeten Rannfaaft, 
theils durch feine alte Belanntfchaft , theils durch 
Berfpredhungen und Gefchenfe, zur Webergabe ge 
neigt gemacht hätte, :von dieſen aber faſt allen uͤbri⸗ 
gen Bertheidigern der Feſtung ein fo ſchreckliches BIN 
des Unglfics vorgemahlet worden wäre, meldes fit 
alle bey der gewaltfamen Erobernng, die wegen der 
Moht, mit welder die Ruffen fie angriffen, unver 
meidlich ſey, ‚treffen müffe, Daß die ganze Befagung 
einen Aufſtand wider ihren oberſten Befehlshaber 
Solohub erregte, und demſelben den Tod drohett, 
wenn er nicht den Vergleid; der Uebergabe ſchließen 
werde. Bep diefer Ueberlieferung Batte der Sropfürf 
auch noch den Vortheil, daß, ob er wohl der Dr 


* 


des ruffifchen Reiches. 203 


Tagung fein Berfprechen wegen bes freuen Abzuges 
nicht brach, doch die allermeiften Befehlshaber, wel⸗ 
de ans Bewußtſeyn ihrer Verſchuldung ben biefer 
Uebergabe firb fheneten, ſich in die Gewalt der Pohlen 
gu begeben, in feinen Dienft übertraten, und auch 
ihre unterhabende Mannfchaft durch Einfiöfung des 
Furcht, daß die Pohlen fie diefe Uebergabe entgels 
ten loffen wärbeh‘, hierzu überredeten, Der Gewinn 
Diefer Zeflung fam dem Großfürften fo theuer zu 
fliehen, daß er fagte, er könne für das, was ihm 
die Einnahme koſte, zwey dergleichen neu erbauen. 
Weil er aber Glinskin feine Verheißung, ihm diefe 
Stadt nebfi dem ganzen dazu gehörigen Fuͤrſten⸗ 
thume unter Vorbehalt feines oberberrlihen Rechts 
eingurdumen, nicht erfuͤllte, fo eutſchloß fich dieſer 
ſich um feine Ansföhnung mit dem Könige von Pohlen 
gu bewerben. " 

Bey verſchiedenen angehaltenen Unterhäüdlern 
geriethen unldäugbare Beweife bes jegigen Verſtaͤnd⸗ 
niffes Gliuskis mis: Pohlen in die Hände des 
Sroßfürften, der auf diefe Beugniffe Glinskin feſt 
nehmen, und vor fih nah Smolensko, mo er ba» 
mahls im Lager fand, führen ließ. Hier empfing 
er ihn mit der Aurede: Treuloſer, du ſollſt nach 
deiner Berfhuldung beflraft werden.” Glinskin 
hingegen verließ bey dieſer Doobung fein Much 
wicht, ſondern er erwisderte auf den Verwurf des 
Sroßfürften unefchroden: ‚Mein Sewiſſen gibt mir 
das Zeugaiß, daß ich das Verbrechen der Zreulor 
figfeit,, deſſen du mich beſchuldigſt, nicht begangen. 
Habe. Denn wenn du nicht deine Treue mir gebro⸗ 
. den, und dein Wort gehalten haͤtteſt; fo würden du 
in allen Stüden den getreueſten Diener an mir gehabt 
haben. Aber da id fahe, das du mic Treu und Olau-⸗ 


# . 


204 „Dritter Abfehnitt. Geſchichte 


ben ein Spiel triebeſt, und mic anfjoeft; fo faͤllt 
es mir hart', daß. ich das, was ich gegen Di vor» 
gehabt, mit ausführen konnte. Den Tod habe ih 
allezeit verachtet, und werde ihn geru leiden, wenn 
ih auch ſonſt keine Urſache hätte, daß er mir will 
Jommen wäre, als dep er mih des. Schmergens 
- Überbebt,, dein Angefiht, Tpranı , ferner ſehen zu 
muͤſſen.“ Diefe edle Dreiſtigkeit behielt er au, 
ols er auf-Befehl des Sroßfürften. nah Wiasma 
abgeführt ward, wo ihm in Gegenwart aller Leute 
ſchwere Ketten: angelegt werden folten. 

Bald nad Glinskis Entfernung von dem ruſſi⸗ 
fhen Heere in eitthauen erlitt daſſelbe am 8. Sep⸗ 
tember bey Orßa am Duepr vom litthauiſchen Feld⸗ 
herru Conftantin Oſtrowski eine große Niederlage, 
ob ſchon der krimmiſche Khan ſein. dem Koͤnige von 
Pohlen gegebenes Wort, die pohlniſchen Kriegsvoͤl⸗ 
ker, die faum die Hälfte der ruſſiſchen ausmachten, 
mit einer großen Zahl feiner Tartaru fu verſtaͤrken, 
nicht erfüllte, fondera fid mit feinem Heere unweit 
Dem pohinifchen Lager feste, und bis dieſes Treffen 
geliefert worden war , fo oft die Pohlen begehrten, 
daß er zu ihnen floßen follte, unter allerhand Bor» 
waͤnden diefe Vereinigung ablehnte. | 

. Se treulos ſich aber auch die. krimmiſchen Tar⸗ 
fare ſowohl gegen den. Großfuͤrſten als den Kö« 
nig von Pohlen betrugen; fo bewog Doch der Bor 
heil, den er jedem dieſer bepden Friegführenden 
Fuͤrſten ſchaffte, wenn fein Gegner einen großen 
heil feiner Kriegsmacht zur Bedeckung feiner Laͤu⸗ 
ber wider:die Tartarn anwenden mußte, fſowohl einen 
als den andern, ihnen zu fchmeieln,, uud fie mit 
reichen Geſchenken an ſich zu ziehen. Als im Jahre 
1516 au den neuen Khan Mahomed, weiber 1515 

. feinem Bater Mengheli gefolget war, vom Könige 











des ruffifchen Reiches. 205 


non Pohlen Geld mit dem Erſuchen geſchickt wurde, 
daß derſelbe bey Anbruch des Frühlings, wenn er 


bey Opocza ins ruffiſche Gebienh gehen wuͤrde, auf 


einer andern Seite dasfelbe anfallen ſollte, und der 
Khan diefes zu thun verſprochen hatte; der Groß⸗ 


fürft aber. von diefer Verabredung des Kbans mis 


feinem Zeinde, dem Könige von Pohlen, Nachricht 
empfing ; fo ſchickte derfelbe ungrſaͤnmt an deu Khan, 
und ließ. demfelben die Vorfielung thun, daß, da 
der Sroßfuͤrſt feinen zum Angriffe feiner Bänder mie 


4 


dem Könige „gemachten Entwurf in Erfahrung ges 


bracht, derfefbe die wöthigen Vorkehrungen zur Ver⸗ 
eitlung desfelben nicht unterlaffen, und folglich der 


Khan, wenn er auf ber Ausführung desfelben ber 


ſtehe, ſtatt der gefuchten Beute fi Schläge holen 
werde ; und daß es daher deſſen Vortheil’erforbere, 
nicht die großfürflichen Laͤnder, fondern Litthauen 
zu überziehen, welches Land wegen des eben ges 
troffenen Bündniffes nichts von ihm befkrchte, und 
alles Kriegsvolk zur Befriegung der ruſſiſchen Grenz⸗ 
lander fortgeſchickt Haben würde. 

Der Khan fchien diefen euffifchen Vorfclag zu 
begnehmigen, und ſchickte ſogleich feine Seſandten 
zum Großfürſten, den Vertrag hierüber mis demſel⸗ 
Den abzuſchließen, oder vielmehr das Geld, welches 
ihm der Großfürft fire den Dienſt, welchen derfelbe 


begehrte, bezahlen ſollte, geſchwinde in Empfang zu 


nehmen. . Darauf verdiente er dasfelbe dur einen 


Einbruch, Ben er in Podolien und das pohlnifche Ruß» 


fand unternahm , und der ihm, ob gleich. Bier und 
da einige feiner Parteyen Niederlagen erlitten, fo 


nah Wunſche glüdte, daß er, nach angerichteten: 


ſchrecklichen Berheerungen und Niedermeplungen vie 
ler taufend Menfpeh, ohne die übrige Beute 50,000, 


2519. 


o 
! 


sog Dritter Abſchnitt. Befchichte . 


ſahen. Doch ſchreckte fie dieß nicht ab, 1518 auf 
einer andern Seite ins großfürflige Gebieth einzu 
fallen , wo fie. aber gleichfalls gefchlagen wurden. 
Diefe benden fehlechten Ausfchläge ihrer Unternehmun 
gen auf großfürfiliche Länder verurſachten vielleicht, 
daß der Khan den Befaudten, welche der Großrärf 
1519: an ibn ſchickte, ihn gu vermögen, durch einen 
Einbruch in Poblen die Kriegsunternehmungen des 
rufſiſchen Heeres in Litchauen zu erleichtern, Gehoͤr 
verlieh, und dieß Verſprechen durch Verwuͤſtung de 
Woywodſchaften Lemberg, Belcz und Lablin In 
Werk richtete. 

So lange der Großfüͤrſt den durch einen Wels 


| fenkißfiond geendigten Krieg wider Pohlen führte, 


war es demfelben wicht moͤglich fo viele Kriegsroͤl⸗ 


‚ter nach Kafan gu ſchicken, daß er vermunbenfm 
te, diefelben würden hinreichen, Die bey Aatrin kr 
ner Regterung von den Kafanern empfangene Schw 


an raͤchen, und dem Khan dieſes Reiches der ruſſ⸗ 


ſchen Herrſchaft wieder unterthänig zu machen. Run 


aber nahm er dieſe Angelegenheit vor , uad fand! | 


‚ein fo zublreidhes Heer theils zu Waffer, cheils zu 


Lande nach Kaſan, daß Mabomed » Amin urtheille, 
er muͤſſe die aͤußerſte Borficht mit der größten Manns⸗ 
kraft veebinden, wenn er desfelben Abſicht wereitde 


wol. Denn dieß rufifche Kriegsheer beftand aus 


159,000 Mans, und hatte 40 Wopwoben oder Felb⸗ 
herren. u 
. Da gu Waffer Ankoinmenden foerrten die kaſan⸗ 
ſchen Tſcheremiſſen Durch in den engen Pöffen und 
deu mit Inſeln befepten Benenden der Wolga ein 


geſenkte viele Balken und Steine fo den Weg, dal 


die Fahrgsuge auf einander getrieben, und dadurch 
zertroͤmmert wurden. Darauf überfieien fie dit 
Tſcheremiſſen von allen Seiten, und ſchoſſen pri ſie; 

u 





des ruſſiſchen Reiches. - 200 
‚ Über bieß Tiefen fie große Balken und Steine von: 
den hohen Ufern auf fie herab. Ga ging ein: Zeil 
der ruſſiſchen Zahrzeuge zu. Orunde, die übrigen 
warden mit der daranf befindlihen Mannfchaft und: 
Ladung von den Zfiheremiffen genommen , die auch 
vieles von der Ladung der untergegängenen Schiffe, 
befonders Kanonen nnd Kugeln, aus dem Fluſſe zogen. 
Auf diefe Ars ſollen 30,000 Ruffen theild ‚von deu 
Tſcheremiſſen getoͤdtet worden ſeyn, theils in der 
Wolga den Tod gefunden haben. Das Landheer 
barste folglich vergeblih beym Fluſſe Swijag auf 
die Ankunft dieſer Bothe, und während der Zeit 
feines unthätigen Aufenthaltes an diefem Orte fonu« 
ten die Kafaner ſich zufammenzichen, und es dort: 
aufſuchen. Jetzt forhten fie drey Tage mit einander; 
zulegt aber wurden doch die Rafauer vonden Ruffen . 
überwunden, und bis an die Wolga verfolgt-, in 
welchem Ziuffe nuch eine Menge von denen, welde 
(ib durch diefen Weg vor dem Schwerte der ihnen 
siacheilenden Rufen zu retten mreinten, umkamen. 
Bit diefen Ertrunkenen fol der Verluſt, den. fie er⸗ 
litten, 42,000: Mann beiragen haben. Aber auch 
von denen , die noch dem Tode entgingen , gelangte 
nur ein Theil mit dem Khane nah Kafan; der 
Reſt zerſtreuete fich im den Waͤldern. Doch getraue⸗ 
ten ſich die Sieger nicht, ihnen bis nach Kafan nach⸗ 
zugehen, und die Belagerung diefer Stadt anzuſtel⸗ 
len, -weil das Geſchuͤtz und das uͤbrige zum Augriffe 
der Stade erforderliche Seräthefih auf den Bothen 
befand. Daher blieben fie an ihrer gegenmärsig’« 
Stelle ſtehen, und ſchickten nur Parteyen zu Vers 
heerung des offuen Landes aus. “Endlich erhielten 
fie Durch einige enttommene Bothe, die mit eine 
Hand voll vor Hunger ausgezehrter Leute bey ihnen 

aukamen, den Bericht von der gaͤuzlichen Vernich⸗ 

Geſch. Aufl, 2. Band. D 


210 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


tung der zu Wafler gegangenen Kriegsmacht. Weil 
fie nun durch dieſes Uuglud nicht nur alles ſchwere 
Geſchuͤtz und alle übrigen zum gewaltfamen Angriffe 
eines feften Platzes gehörigen Erforderniffe, fondern 
auch ihren ganzen Kriegs« und. Mundvorrath verlorea 
hatten, indem das Wenige, was dieſes Laudheer 
von beyden mituahm, bey ihrem langwierigen Auf⸗ 
enthalte an dieſer Stelle bereits aufgegangen mar; 


fo fanden die Feldherren in einem hierauf augeſtel- 


ten Kriegs rathe, daß fie das Vorhaben der Erobe⸗ 
rung von Kaſan aufgeben, und nur darauf denken 
müßten, wie fie aufs geſchwindeſte das großfuͤrſtliche 
Gebieth erreichten. Sie traten daher unverzüglih 
ihren Ruͤckweg an, erlitten aber auf demfelben vom 
Hunger und andern lingelegenheiten fo große Roth, 
daß noch auf Diefem Wege eine fchr große Reg 
aufgerieben ward. Dergeflals kehrte von dieſen 
mädtigen und mit allen Dingen su einer wichtigen 
Unternefmung wohl verfehenen Heere ein geringes 
Veberbleipfel ia dem erbaͤrmlichſten Suflande zuräd, 
welches dem Großfürßen fo zu Herzen ging, daß 
es in einigen Zagen feinen hierüber. empfundenen 
Schmerz nit überwinden konnte. 

Dieſer wurde gemindert als bald hernach 
Mahomed⸗ Amin ihm das frepwillig. anboth, mad 
er durch einen unglüdlihen Kriegszug nicht erzwin⸗ 
gen konnte. Deun denſelben uͤberfiel eine unheilbare 
Krankpeit. Weil er: nun beforgte, der ‚Broßfürk 
muochte ihn in diefem Zuflande, der es ihm zur Un⸗ 
wöglichfeit machte, den mindeflen Widerſtand zu 
hun, aufs nene überfallen, und über dieß feine 
Bruder Ubdalatif, welchen der Großfuͤrſt gefangen 
hielt, zum Nachfolger zu haben wuͤnſchte; fo fhidtt 
er eine Geſandtſchaft an den Großfuͤrſten, welcher 





des ruflifcgen Reiches. 211 


er goo von feinen beflen Pferden nebſt (ehr vielem 
mit Gold und Silber geſchmuͤckten Pferdegeſchirr 
zum Geſchenke nebft einem fehr demuͤthigen Schrei⸗ 
ben. an deuſelben mitgab. — Denn er erklaͤrte 
darin: Gott beſtrafe duch feine gegenwaͤrtige 
"Krankheit (er ward von Würmern vergehrt, und 
ſtank fo. heftig, daß es vor Geſtank niemand bey 
ihm aushalten Fonnte) feine gegen das ruffifhe 
Reich, deffen Großfürft Iwan ihn erzogen und zum 
Könige über Kaſan gemacht habe, auf Verführung 
feiner Semahlinn ermwiefene Undankbarkeit. Er bath 
den Sroßfuͤrſten, ihm alle ſowohl gegen feinen Va⸗ 
ter als ihn ſelbſt Begangenen Uebelthaten gu verzeiden, 
eine gleiche Vergebung feinem Bruder Abdallatif zu 
gewähren, and denfelben nad feinem -Zode zum Khan 
hder Rafan zu fegen; und damit er dieſes defio eher 
erlange,, meldete er zugleich, daß die Kafaner. auf 
fein Sureden fich entfchloffen Hätten, unter den Ge⸗ 
horfam des Sroßfürften zuruͤck zu ehren, und feinen 
Khan ohne Zuſtimmung bes ruſſiſchen Hofes zu 
waͤhlen. 

Der Sroßfuͤrſt bewilligte ſein Gefuch, und 
ertheilte dem gefangenen Abdallatif die Freyheit. 
Aber dieſer verſtarb vor feinem kranken Bruder, 
den feine Gemahlinn entiveder aus bloßem Verdruß, 
daß fi mit Mahomed⸗ Amins Tode ihre Herrfchaft 
endigte, oder auch zugleih aus Furcht, daß fie nach 
dem Tode ihres Gemahles in ruffifihe Gefangenſchaft 
überliefert werden wuͤrde, durch heimlich zu fich ger 
nommenes Bift ind Grab begleitete. Die Kofanee 
erfüllten Bey feinem Tode ihr dem Groäfürften gee 
gebenes Verſprechen, indem fie demfelben den Tod 
ihres Beherrſchers anzeigten, und denfelben bathen, 
innen an deſſen Stelle den aus dem Gebluͤte des 

| 2 8 


2ıs Dritter Abfchnitt. Geſchichte 


Stifters ihres Reichs Ulumachmet abſtammenden 
Shih» Alei Alejqrowitſch, der jetzt als Juͤrſt von 
Kafim unter der Herrſchaft und im Dieuſte des 
Großfuͤrſten lebte, zum Kban zu geben. Dieſer aber 
wor kaum bey ihnen augekommen; fo bejzeigten fe 
auch ſchon ein Mißfallen, ihn zum Herrn zu haben, 
Schon feine Leibesgefialt erregte ihren Widerwillen 
gegen feine Perſon. Denn er hatte faſt gar keinen 
Bart; feine Gefichtsbildung gli mehr einem Wär 
be als einem Manne, und fein Wauſt fehlen ihnen 
ein Beweis, daß er feinen Körper: mehr pflege, 
als nad ihrer Denfungsart einem anne geplemie 
Doch dos machte ihnen feine. Herrſchaft gang unleid- 
lich, daß er einen moskauiſchen Wopwoden, Kar 
‚900, mit einer ſtarken Anzahl ruffifcher Kriegsleute 
und anderen Ruffen, wie auch einige taufend Au 
laͤnder, die nicht Ruffen, ſondern vermuthlich Zar 
tara von andern Voͤlkerſchaften waren, mitbradte, 
nichts ohne Zuziehung des gedachten Wopwoden vor 
nahm, und Key allen Vorfällen die Ruffen undäbıls 
gen Ausländer den eingebornen Kafanern vorzog, 
und vor biefen fein Vertrauen: zumandse; je fi 
nicht. die mindefle Mühe gab, die Gemärher der 
Kafaner zu gewinnen, fondern fich darauf. verlich, 
daß er ungeachtet des allgemeinen Haſſes, den dieft 
wider ihn hegten, mitielft der Macht des Greßfür 
fien der Furcht der Kafaner vor diefem feinem de 
ſchuͤher, der Unterhögung , die ex von den mitge 
brachten Ruſſen und übrigen Sreunden erhielt, und 
der Parten, die‘ er wegen feiner mit einer Witwe 
feines Borfahren, Mabomed - Amin ,. getroffenen 
Heirath und des Bruders: dieför Frau muter deu 
Kaſanern hatte; fi im Befige des kaſauiſches Ihrer 
nes behaupten werde. Da nun ohne dieß die Kaſauer 
fich nicht aus frepem Willen und wahrer Zuneigung, 


% 


des ruffifchen Reiches. zig 

fondern durch Zureden ihres verfiorbenen Königs 
und andere Bewegurfachen dazu verfianden batlen, 
die Oberherrſchaft des Großfuͤrſten anzuerkennen ; 
(0 konnte es nicht fehlen, daß, wie.fie jetzt wahr. 
nahmen, daß derfelbe die Oberherrſchaft weiter aus⸗ 
dehnte, als fie ſich damahls vorſtellten, da fie ihm 
dieſelbe zugeſtanden, und dem ihnen gegebenen Khau 
. einen Woywoden zum Mitregenten zutheilte, fie gar 

bald bereneten,, fi dem Großfürfien unteuworfen 
zu haben. Anfangs verfuchten fie zu wiederholten 
Mahlen ihren gegenwärtigen Khan hierin auf ihre 
Seitz zu ziehen, indem fie ihm vorflellten , daß er 
fid. wenn er ſich in dieſer Hauptangelegenheit und 
andern Stücken, durch die er ſelbſt feine Untertha⸗ 
nen: mit feiner Regierang mißvergnuͤgt made, nad 
dem Sinne derfelben bequemen wolle, der Liebe 
Derfelben verfihern, ‚und fo fi den Beſitz feines 
Reisys auf immer befekigen , hingegen, wenn er 
in feinem bisherigen Betragen fortfahre, und die 
Abhängigkeit vom-Großfürften nicht aufgeben wolle, 
ein allgemeiner Aufftand erfolgen, und ihn vom 
Throne ſtuͤrzen werde, ja vielleidt ‚gar das Leben 
often koͤnne. Wie aber Schich » Alet diefen Neben 
. Tein Gehör gab, ja nad wie vor .‚denfelben bey 
allen Belegendeiten fih als einen dem Willen des 
Großfürften ganz gehorfanen Diener zeigte, und _ 
gar verfhiedene Kaſaner, die ihn zum Abfalle vom 
S:oßfürften zu überreden fuchten, am Leben beflrafe 
te ; foentfchloffen fie ich, einen allgemeinen Aufftand 
ju erregen, und den Khan von.der Krimm durch 
Abgeordnete zu erfuchen, ihnen Beyſtand zu leiſten, 
damit fie ſowohl von der Herrſchaft des. Broßfürften 
als von Schi» Alei befreyet würden, und, damit 
Diefes Geſuch ihnen deſto Leichter gewährt werde, einen 
Bruder des Frimmifgen Khans, Sahib - Kerai, zu 


. 3531. 


214 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


ihrem Khan anzunehmen. Darauf führte im J. 1521 
Mahomeb » Kerai diefen neuen König in Begleitung 
von 80,000 Zartarn in fein‘ Reich ein ; und als der» 
felbe bey den Kafanern anlangte, ergriffen fie das 
Gewehr wider Schich - Alei und alle deffen Auhaͤu⸗ 
ger, bemäcdhtigten ſich aller Haabe, und tödteten 
Die Leute, daß 1000 Ruffen, die im Dienfte des 
Wopwoden flanden, auf 5000 andere Ausländer, 
die Shih» Ali nah Kaſan gezogen hatte, und 
über dieß alle zu Kafan fih aufhaltenden Chri⸗ 
fien in diefem Blutbade umkamen. Das Leben 
Schich⸗ Aleis ward bloß durch Die Barmherzigkeit 


‚des neuen Königs gerettet, der ihn in -Betradptung 


ihres gemeinfhaftlichen Urfprungs von den Faptfcha- 


kiſchen Khans erhalten. wollte, uud feine Barm⸗ 
hergigkeit erſtreckte er auch über die Perfon des ruffi⸗ 
Shen Woywoden. Die Gemüther der Kafaner aber 


waren gegen bepde fo erbittert, daß er feinen andern 


Weg wußte, zu verhindern, daß fie von ihnen nicht 


ermordet würden, als daß er fie heimlich durch einen 
Nogater, der. in feinem Dienfte fiand, aus der Stadt 


forttbringen, uud fo in der Stille bis an einen Ort, we 


fie von der Wuth der aufgebrachten Kaſauer nichts 
mehr befürchten: durften, begleiten ließ. 

Sept mußte Shih > Alei einige Tage gu Fu 
in ſolchem Elende herumirren, daß er vor Hunger 
und Bloͤße faſt verſchmachtete. Eudlich traf er au 
der Wolza ruſſiſche Fiſcher, die ans Kaſan anf den 
Sifhfong andgegangen waren. Diefen erzählte er 
das traurige Schickſal, welches ihn und alle Ruffen 
in Kaſan betroffen habe, worauf fie fogleich ihr 
ſaͤmmtliches Getaͤth verbraunten, und fi mit ihm 
nah dem ruffifchen Bebiethe wandten. Da aber der 
wenige Lebensvorrath, den fie auf diefer Reife hate 


ten, und welcher bloß aus dem von ihnen gefonger 


des ruffifchen Reiches. FE 215 


nen Fiſchen befiand, unter Weges bald aufgegehrt war, 

und fie gur Stilung ihres Hungers nichts anderes 

als Aeſer und Beeren antrafen; fo erfranftn 
und ſtarben viele, ehe fie beiwohnute Gegenden des , 
ruffifhen Gebiethes erreichten. Sci » Alei ward Ä 
auf diefe ansgeftandene große Beſchwerde und Noch, 

fo bald er nur die ruſſiſche Srenze betrat, erquickt, 
indem ihn dort-die vom Sroßfürften, den das, was 

zu Kaſan vorgefallen war, fo fehr betruͤbte, daß er 

in einigen Tagen nit aus feinen Bimmern ging, 
und dieß Ungluͤck nebft feinem ganzen Hofe unter Vers 
gießung häufiger Thränen betrauerte, ihm mit Ers 
frifhungen und Lebensmitteln eutgegengefandten vor⸗ 
nehmen Hofbedienten bereits erwarteten. — Noch 
mehr aber richtete ihn in feinem bejammerns- 
würdigen Suflaude der Empfang zu Moskau auf. 
Denn es holten ihn auf Befehl des Großfuͤrſten alle 
Fürſten, Bojaren und Übrigen Standesperfonen in 
diefe Hauptſtadt, und der Großfüͤrſt kam ihm an 

der Treppe feines Palaſtes eutgegen, kuͤßte ibn, 
rühmte feine Treue, uud bezeugte ihm feine Freude, 
daß er dem Blutbade, welches fo viele Zaufende ges 
treuer Unterthanen betroffen babe, bey deren Erwaͤh⸗ 
‚aung fi der Sroßfürft der Thrdnen nicht ermehren 
konnte, glädli entgangen war. Doc aus diefer 
kaſaniſchen Staatsveränderung entfprangen noch groͤ⸗ 

Bere Unglüdsfäle ſowohl Für den Broßfürften als 
einen ſehr aufehnlihen Zell feiner weitläuftigen 
Staaten. . 

Der krimmiſche Khan Mahomed⸗ Keral verwä Das \epte 
ſtete jept einen großen heil des rnffifchen Reiches, und — 
zwey gegen die Kaſaner unternommene Feldzüge des kommt unter 
Sroßfürften Tiefen fruchtlos ab. Das Vorhaben desſel⸗ * Din 
ben wider ben Fuͤrſten von Sewerien, Warlei Semepig, Groptür. 
gelang beſſer. Diefer ward beſchuldigt, als wenn er ſich fen. 


216 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


der Abhängigfeit vom Großfürfen entziehen und. unter 
pohlaiſche Herrſchaft begeben wollte Es hieß, der 
Sroßfürſt habe von diefer feiner Abficht einen ſon⸗ 
menllaren Beweid aufzuzeigen gehabt, indem rin 
Brief, den Semepig dieferwegen an den König von 
Pohlen gefchrieben, und dem Befehlshaber über Kiew 
zur Beſtellung an den König Üüberfendet, von dies 
fem. eröffnet, und alsdann dem Großfürften zuge 
ſchickt worden fey. Wenigſtens verfohe firh der Fuͤrſt 
von Sewerien nichts Gutes, indem er, als der 
Großfuͤrſt ihn jeht zu fih berief, auf Feine andere 
Art, als wenn ihm der Grogfürft einen Gicherheits- 
brief gäbe, uud denſelben Durch feinen eigenen und 
des Metropoliten Eidfhwur befräftigte, erfcheinen 
wollte. Als ihm aber der Großfürft hierin will« 
fahrte, trug er kein Bedenken, fih am ı9. April 
1523 bey ihm in Moskau einzufinden, wo. er an 
faugs gnädig aufgenommen ward, ja au Ge⸗ 
ſchenke zum Beweiſe feiner gegen ihn fortdaueru» 
den Gnade empfing, aberfam dritten Tage her⸗ 
nad ins Gefaͤugniß geworfen, und darin fell ge- 
halten ward. Doch glaubten viele, fein einziges 
Verbrechen beftehe darin, daß er noch der einzige 
Fuͤrſt im ganzen ‚ruffifchen Reiche war , welcher ein 
eigenthuͤmliches anfehnliches Fuͤrſtenthum befaß, wel⸗ 
ches Waſtlei feinem Großfuͤrſtenthume einverleiben 
wollte. Wenigſtens war ein Narr ſo dreiſt, durch 
eine finnbildliche Handlung dieſes bey der Ankunft 
des Fürften zu Moskau öffentlich anzuzeigen, indem 
er Befen uud Spaten berumtrug, und auf Befra⸗ 
gen, wogu-er diefe Geraͤthſchaft brauchen wollte, die 
. Nutwort enthellte: das Reich des Großfürften fey 
noch nicht ganz gereinigt, nun aber fep endlich Die rechte 
Seit. gelommen, in welcher aller no enter Unrath 
- . nusgefeget werden könne, 








des ruſſiſchen Reiches. 217 


Yu Anſehung der Kaſaner erfuhr der Groß⸗ Veehaͤltniß 
fuͤrſt ſehr bald, daß die Verficherungen, die fie fei- Ne ne. 
nem Heerführer gegeben hatten, ſich durch die Ge⸗ parn descufs 
ſandiſchaft, welche fie an den Broßfürften zu ſchicken ſiſchen Reis 
verfprachen, folhergeftalt zu erflären, daß der Groß⸗ ten Jah 
für mit ihnen zufrieden ſeyn würde, in leeren Wor⸗ ren der Kes 
ten beflünden, ob fich wohl bald nachher der Tod Geoßrärten | 
des Frimmifhen Khans Mahomed » Kerai ereignete, Waſiiei 
uud bay diefer Gelegenheit die Macht der krimmiſchen Iwano⸗ 
Tartarn einen harten Stoß bekam, daß folglich witſch · 
Rafan in ferneren Bekriegungen bes Großfuͤrſten ſich 
die bisher von den krimmiſchen Tartarn genoſſene 
große Unterſtütnung nicht weiter verſprechen durfte. 

: Denn als Mahomed⸗ Kerot im Jduner 1524 
mit einem fehr ‚zahlreichen Heere Frimmiſcher und 
nogaifcher. Zartarı in das Königreich Aſtrachan ein⸗ 
gebrochen, und, weil der Beherrſcher desfelben fi 
zu ſchwach erfannte, fih in feiner Hauptſtadt wider 
ibn zu halten, nad daher aus herfelben geflüchtet 
at, fi der Stade Aſtrachau bemaͤchtigt hatte, und , 
in derfelben aufhielt; fo ließ, ein nogaifcher Murfe , 
Agis, feinen Bruder Mamai, der mit feinen Kriegs⸗ 
völfern Mahomed⸗ Kerata in diefem Feldzuge be⸗ 
gleitete, heimlich warnen, daß er ſich ja wohl vor⸗ 
feden möchte, damit er nicht die Macht eines den 
Nogaiern ſchon jegt überlegenen Nachbars, und der 
noch dazu dafiir befannt fey, Daß er feine Verträge 
oder audere Zreundfchaftsnerbindungen achte, ſon⸗ 
dern alles an filh reiße, wovon er fehe, daß er es 
überwältigen möge, zu feinem eigenen Untergange 
noh mehr vergrößere. 

Diefe Warnung fand bey Mamei Eingang, und 
er ließ feinen Bruber zuruͤck melden, derfelbe möchte 
auf einen gewiffen Tag, den Ihm Mamai beſtimm⸗ 
te, ale Mannſchaft die er nur aufbringen koͤnnte, 


218 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 
nach Aftrahan führen, und fib darauf verlaffen, 


dag Mamai Mittel finden werde, ihm ohne ſonderliche 


Schwierigfeiten anzutreffen, Mahomed » Kerain, als 
welher num feinen feindlichen Anfall befürchte, und 
fi daher mir feinem ganzen Heere einer völligen Gi⸗ 
cherheit ergeben habe, mit allem deſſen Kricgevolle 
zu verderben. Um dieß zu bewerkfielligen ; uͤberre 
dete Mamai den krimmifchen Khan, daß feine Ronn- 
haft dur den Aufenthalt in den Haͤuſern von 
Aſtrachan fih zu einem weichlichen Leben gewöͤhne, und 
der Khan, um dieß Uebel zu verhischen, mit derfelben 
aus der Stadt ziehen, und nach tartarifcher Wir 
fe unter‘ blauem Himmel, unter Gezelten leben müfk. 

: Der Khan defolgte diefen Rath Mamais, um 
Agis ruͤckte mit feinen Nogaiern, ganz von ihm un 
bemerkt, gegen dieß fein Lager an, worauf Ramai 
feine in Bereitfchaft habenden Kriegsvoͤlker mit feinem 
Bruder vereinigte, und nebft ihm über die Erimml 
ſchen Tartarn herfiel. Mahomed⸗Kerai ſaß eben bey 
der Tafel, gewann aber doch Friſt, gi Pferde za 
ſteigen, einen Theil der Selnigen zu fommeln, un) 
zum Widerfiande anzuflihren. Doch diefes frugte 
te weites nichts, als daß den Nogatern ihr Sid 
mehr Leute koſtete. Deun Mahomed⸗ Kerai vet: 
Ior durch einen Pfeilſchuß fein Leben; deffen fünf 
und zwanzig jähriger Sohu, Bathie- Sulten, 
kam gleichfalls um, und das krim miſche Heer erlitt 
einen ſolchen Berluft, daß nicht nur der König von 
Aſtrachan ungehindert ich wieder in den Befig feinch 
Reihe ſetzte, ſondern auch die Rogaier die gefhla 
genen Kriegsoölker Mahomed » Kerais. über den Don 
verfolgten, und. fogar. einen Verſuch thaten, ob fie 


die Feſtung Przecop erobern Tönuten. Jetzt ernannlt 


der tuͤrkiſche Kaiſer den Seadet⸗Kerat zum Raq⸗ 
folger Rahomeds. | 








des ruffifchen Reiches, 219 
Aber dieſer neue Khan glich gar nicht ſeinem 


Vorgänger, und eben daraus, weil er den Tartarn 


nicht wild genug war, wie auch weil er am ‚türkis | 
Then Hofe manches Audere angenommen hatte; was 


mit.den Gitten dee Tartarn nicht übereinſtimmte, 
entfprang ein großes Mißvergnügen feiner Unterthas 
nen, daraus aber Parteyen und innerliche Kriege, 
und folglich gegenwärtig die Nachbaru der Krimm 


weit.weniger von ihr befürchten durften. Auch zwang 
der. Großfürft die Kafaner dadurch nicht, daß er ſei⸗ 


nen. Unterthauen allen Handelsverkehr mit‘ Kaſan 
unterfagte, und den berühmten Markt, weßwegen 
die Ruffen Häufig Katan zu befnchen pflegten , nach 
Niſchneinowgorod verlegte, ob er wohl dachte, ‚daß 
er allein dadurch, daß nun die Kaſauer Fein Sal 
‘haben würden, welches fie bloß. durch die Zufuhr 
aus Rußland erbielten, fie in ſolche Berlegenheit 
bringen würde, daß fie fich zu einem foldhen Frie⸗ 
den, als er begehrte, verfichen müßten. Endlich vers 
einige man ſich zwar über einen Zrieden, in welchem 


Saffa-Kerai von dem Großfürſten in feinem Reihe. 


beRdtigt ward, und demſelben Unterwürfigfeit an« 
oelobte. Aber auch nach diefem Zriedensfchluffe 
gab er dem Großfürften bäufige Urſachen zu Be⸗ 
fhmerben, und im 3. 1529 verging er fich fo fehr gegen 
den Großfürfkten, daß er feinen Geſandten öffentlich 
mißhandelte. Diefes bewog den Großfuͤrſten, 1530 
ein Heer, weldes go Woymwoden anführen, wider 


ibn abzufertigen. Gaffa» Kerai aber machte die 


Bertheidigungsanflelten, daß er durch feine Tſchere⸗ 
miffen und Wotjaken beym Fluſſe Bulak um die 
Borfiadt und laͤngs dem arskiſchen Felde bis Kafan 
einen Oſtrog (d. i. ein rund herum iu Palliſaden ein» 
gefchlofienes Bollwerk) anlegen, und rund herum 


Graben ziehen ließ, wo fi bie Tſcheremiſſen und. 


1529. 


153% 


220 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 


20,000 Rogaier, bie noch mehr die Hoffnung de. 
Beute, die fie von den Ruffen zu machen meinten, 
"als der Sold, den ihnen der Khan von Kafan reich⸗ 
se, jeht in feinen Kriegsdieuſt gelockt hatte, aufhal⸗ 
ten ſollten. Gr that auch mit ſeinen Leuten dem ruſſi⸗ 
fen Heere fo guten Widerfland, daß, ob es wohl 
fo anf die Stadt als auf den Oſtrog ohne Aufhören 
Heftige Anfälle that, doch in langer Zeit nichts aus⸗ 
gerichtet ward. Einmahl aber verſahen es bie Kaſa⸗ 
ner darin, daß fie, weil fie glaubten, die Rufen 
feyen dur die Arbeiten fo vieler vergeblider An 
griffe fo abgematter, daß fie einige Zeit nichts wide 
fie ungeruchmen fönnten, ſich ſaͤmmtlich aus dem 
Oſtrog in ihre Gezelte begaben, und gegen die Rad 
ih in denfelben fhlafen legten, im Oſtrog aber nut 
eine Wache verblieb. Als die Ruffen dieß erfahre, 
erbothen ſich gehn junge und beherzte Männer je 
: der verwegenen Unternehmmug, den Oſtrog atjü- 
fielen. Diefe nahmen Zeuer, Theer, Schwefel um 
‚einen Sad mit Pulver, ſchlichen ſich am die Pal 
faden , beſtrichen diefelben mit Theer and Schwe⸗ 
fel, und legten das Feuer au, waren aud fo glüd- 
lich, dieß alles, ohne daß ein Kafaner das min 
deſte merkte, zu bewerkſtelligen. — Sun Ratte 
einer von ihnen dem: ruſſiſch en Heere Bericht von 
ihrer Berrihtung ab, und hierauf kieß der Khrk 
man Owtſchin am 16, Julius noch vor Aubruch 
des Tages, und da die Kafaner moch in tiefen 
- Schlafe lagen, zum Aufbruhe blafen, fiellte fein 
Heer in Drdnung , that einen heftigen Angriff auf 
den Oſtrog, zerfhlug die Pforten und eröffnete ſich 
dadurch den Eingang in denfelden. Run enfland 
ein ſchreckliches Blutvergießen, und wer nicht durcht 
Schwert der Ruffen fiel, ward von demfelben ind - 
‚Heuer geworfen, daß man den Berluf der Kaſaner 

















des ruſſiſchen Reiches. 221 


auf 50;000 Umgekommene rechnet. Unter denſelben 
wer auch der berühmte Aſtalif oder Atnl, der da⸗ 
mahlige größte Held der Kaſauer, ein Maun von 
einer Riefenhöhe, der ‚eine ſolche Stärke beſaß 
daß er mit ſeinem Saͤbel einen Kriegsmaun mitien 

son einander Bauen konnte, und welcher fih durch 
den erkaunlichen Schaden, den er den Ruffen zu⸗ 
gefügt , denfelben fo fürchterlich geihadht hatte, daß 
es auch der beherzteſte Ruffe nicht wagen wollte, 
ih mit ihm in Streit. einzulaffen , ja ganze Hate 
fen vor ibm allein die Flucht ergriffen. Doc. 
fiel eine fo große Menge Kafaner nicht ganz ohne 
Gegenwehr, foudern diefer Vortheil Foftete auch den 
Ruffen viele Leute, wie daraus erbellet ; daß beym 
erfien Anlauf Fuͤrſt Ofip Dorogobuſchki mit einem 
Spieße erfiohen ward, auch Fürſt Fedor Lopata 
am dritten Tage at feiner, Wunde ſtarb. Doc ſtand 


ihr Verluſt gegen den kaſauſchen in einem.-fo .gerin- 


gen Berbältuiffe, daß es ihnen ein leichtes geweſen 
wäre, die Stadt, die noch: dazu offen ſtand, einzu⸗ 
nehmen. Allein der bloße Nahwme der Kafaner und 
der uͤbrigen mit deuſelben verbundenen tartariſchen 
Boͤlkerſchaften jagte den Müffen ein fo gewaltiges 
Schreien ein, daf weder Befehlshaber noch Solda⸗ 
ten zu finden waren, welde es wagen wollten, Hier 
in Beſatzung zu verbleiben, und dieſe allgemeine 

Verzagtheit der Rufen kam dieß Mahl den Kaſa- 
nern vortrefflih zu Gtatten, and erhielt Gaffa- 
Kerain auf dem kaſanſchen Throne. Denn als nun 
ein Murſe, Bulak,: ins rufftfche Lager ging, durch 
einen Vertrag den Abzug der ruffifhen Kriegsmacht, 
Vie es in ihrer Gewalt hatte, das Tafanfıbe Reich 
in eine der unmittelbaren Hersfchaft des Großfuͤrſten 
nnterworfene Landſchaft zu verwandeln, gu bewies 
Ben; fo erlangte er denfelben auf folgende Bedin« 


- 


232 Dritter Abfchnitt. Geſchichte 


gungen, daß die Kafaner eine dreyjaͤhrige Schapung 
für ihr Reich erlegten, und aufs neue angelobten, 
nie vonder Dberherrfchaft des Broßfürften adtrün ig 
zu werden, und Beinen Khan ohne‘ Bewilligung des 
Großfürften auf ihren Thron zu erheben. Aber der 
Großfuͤrſt vermuthete, daß diefer Friedensſchluß um 
den Kaſanern burch- vieles Geld, das’ fie En den 
Zuͤrſten Iwan Belsky, den oberfien Feldherrn des 
vor ihrer Stadt geflandenen Heeres, und die andern 
Generale erlegt hätten, erkauft worden fen, und 
ſtellte hierüͤber eine Unterſuchung an, die fo ausfiel, 
daß er über Iwan Belsky das Todesurtheil fälle, 
und nur durch: die Borbitte des Metropoliten und 
des Abts des Sergiikloſters, Porphorius, ſich be⸗ 
wegen ließ, demſelben die Todesſtrafe gu erlfien, 
und dahin zu verändern, daß er ihn feines Stans 
des und feines ſaͤmmtlichen Vermögens veriuflig ft: 
Härte, über dieß als einen Uebelthaͤier an Händen 
nd Füßen in Eifen fihlagen, und ins Sefängalf 
werfen ließ, wo er in diefem Zuſtande fünf Jahıt 
zubrachte. Doch ‚genehmigte er den von ihnen mit 
- den Rafanern gemachten Vertrag. In diefer Abſit 
nahm er 2551 zu Moskau die Gefandsen auf, die 
hier im Nahmen ihres Abans uud aller defjen Un 
terthanen ihm den Treueid ſchworen, und fand 

hieranf einen Abgeordneten, Iwan Waßleiwitſh 
Polew, nah Kafan, dieſen Treueid vom: Khan oh⸗ 
zunehmen. Doc dieſer hielt es entchrend, daß der 
Großfuͤrſt dieſes Geſchaͤft nicht einem Maune von 
einem böhern Range aufgetragen habe, und mollt 
den Treueid nicht anders leiten, als wenn der Groß⸗ 
fuͤrſt einen vornehmern Geſandten zur. Abnahme bi 
ſelben nad Kaſan geſchickt haben würde, Dit de 
gehren bes Saffa-Kerat ward den in Moskau befind» 
- Uden kaſan fen Geſandten als ein Beweis von 











des ruffifchen Reiches. 223 


ſchlechter Treue vorgehalten, die ihr. Khan und fie 

gegen die neulich mit dem Großfuͤrſten getroffene 

Verbindung bezeigten. Diefe aber wollten diefen. 
Borwurf dadurch von ſich ablehnen, daß fie .fagten: 

Saffa⸗ Kerai fep dur ein zu Kafan erfchollenes 
Gerücht, daß der Großfuͤrſt ein neues Heer aus⸗ 
rufe, ihn vom Throne zu vertreiben, wider den 
Groß fuͤrſten aufgereigt worden, und fie linden in 
der Vermuthung, daß hierauf die, krimmiſchen und 
uogeifchen Tartarn bey ihm Oehl in Zeuer gegoffen, 
und duch Verſprechung ihres Beyſtandes ihn noch 
mehr aufgemuntert haͤtten, daß er völlig entfchloffen 
worden, dem Großfürften den Gehorſam zu verſa⸗ 
gen, nad fih als deſſen offenbarer Feind aufzufüh- 
sen; fie. naͤhmen aber an biefem Verfahren Saffa⸗ 
Rerais feinen Zheil, fondern ſeyen vielmehr erboͤ⸗ 
thig, wenn der Großfürft denfelben nicht auf dem: 
ihrone dulden wollte, das Ihrige hierzu bepzutra⸗ 
gen, und, wenn der Öroßfürft den Vorſchlag geneh⸗ 
mige, Shih = Alein mit ihnen nah Wafıleigorod 
geben zu laffen, die Zfcheremiffen und Nogaier dahin 
zu vermögen, die Abſicht des Broßfürften, einen dem 
Sroßfürften angenehmen Khan über Kafan zu fegen, 
zu befördern. Der Großfürfi wußte nicht, was er. 
von diefer Erklärung der kaſanſchen Geſandten den 
Een follte; ob fie naͤhmlich ihm damit Bloß zum 
Munde redeten, damit er, da fir in feiner Gewalt 
waren, nicht dag Betragen des Saffa-Kerai an ihnen 
ahnden möchte, oder ob fie das Verſprechen, das 
fie ihm thaten, ernſtlich meinten, und, wenn ed ihnen 
Eraft damit wäre, ob fie das Vermögen beſaͤßen, 


dasſelbe zu erfüllen. Damit er alfo das ihm noͤthige | 


Licht hierüber befdme, ‚fragte er fie, ob diefer Vor⸗ 
ſchlag von den Häuptern der Kafaner herfomme, 
Darxanf erwiederte fie: daß, ob fie wohl von deuſel⸗ 


224 Dritter Abfchnitt. Geſchichte 


ben hierzu Feinen Auftrag erhalten hätten, doch feſt 
glaubten, daß diefelben zu diefer Sache mitwirken 
würden , weil viele voruchme Kafaner Anverwandte 
hätten, die zu Niſchneinowgorod in ruffifcher Gefan⸗ 
genſchaft lebten. Diefes überführte den Großfärften, 
daß der Entwurf der kaſauſchen Sefandten auf gutem 
Grunde berufe, er genehmigte daher benfelben, 
und fandte fie in Shih. Aldis Geſellſchaft nah 
Moafileigorod. Die Aufführung der Kafaner in An 
ſehung Saffa » Kerals, als diefer dadnurch, daß er 
dem großfürftlichen Geſandien, Iwan Polew, das 
Leben nehmen laffen wollte, ganz deutlich feine üble 
Gefinnung gegen den Großfürften offenbarte , befid- 
figte die Wahrheit der Ausfagen der kaſauſchen Ge⸗ 
fandten. Denn als Gaffa» Kerat fein Vorhaben 
wider das Leben Polews auszuführen fuchte, widerfep- 
ten fih die Kafaner demfelben, und nöthigten ihn ‚mit 
den krimmiſchen Tartarn, die ihm dienten, und an⸗ 
dern Anhaͤngern, daß es uͤberhaupt eine Zahl von 
etwa 10,000 Mann ausmachte, nach der Krimm zu 
entweichen, und ſchickten hierauf Abgeordnete an den 
Orogfürften, die demſelben im Nahmen des ganzen 
kaſanſchen Reichs eine beſtaͤndige treue Ergebenheit 
verſprachen, und ſich einen funfzehnjaͤhrigen Bruder 
Schich⸗Aleis, Tſchin⸗-Alei oder Enalei, zum Khan 
ausbathen, welcher auch zu Waſileigorod den Zreueid 
an die großfuͤrſtlichen Bevollmaͤchtigten leiſtete, und 
nachher bey feiner Anfunft zu Kafan uebſt dem ihm vom 
Großfürften zur Führung feiner Regierung zugeord- | 
neten ruffifhen Wopivoden,, Fürſten Wafilei Pen: 
kow, willig aufgenommen ward, Schi Mei aber 
erbielt 1533 zur Entfibädigung,, daß er das Reich 
Kaſan feinem jüngern Bruder überlieg, vom Groß» 
fürfen Koßgre und Serpuchow. Doc bald darauf 
verfiel er, weil er über die befondern Gnadenbejei⸗ 
| j gun: 





des zuffifchen NHeiehes, - 223 


gungen des Großfuͤrſten gegeit den neuen Khan von 


Kafan ; als welchem derſelbe alle etbenteten Waffen 
inthek gab‘, und jur Bermdßlung mit ber Zochter 
eines nogaiſchen Murſen feine Einwilligung gewaͤhr 
te, einige Reden führte, die ein Mißvergnügen Aber 
den Großfürften zu verrathen und Vorbothen eines 
vorhabenden Abfalls von demſelben fu ſeyn fehienen, 
in Ungnade, und waͤrd nad Beloſero verwieſen, 
wo man alle feine Handlungen genau beobachtete, 
Doch der aus Kaſan vertrichene Saffä⸗Kerai leble 
da der Hoffuung, durch die Kriegsvoölker der hits 
miſchen und andern tartariſchen Vollterſchaften ſich 
wieder den Befñitz von Kaſan zu verſchaffen, und 
bauece auch dabey auf den Wankeltinth der Kaſa⸗ 


ner, die Zuneigung, die viele Kaſaner noch zu “hm -- 


hegten, und gegenwaͤrtig nur aus Futchte (da fie'nun 


nicht ſtark genug waren, diefelbe Sfenttih an Lag 


zu legen) fih durch Aenfernngen große Gefahr 
zuzuziehen, verſteckt hielten, wie auch darauf, daß 
die Ergebenheit der Kaſaner gegen die Ruſſen immer 
ettni erzwungenes Wert bleiben werde, Bir Errei⸗ 
Hung dieſer Abficht ſtiftete er init einem tartariſchen 
Fuͤrſten am Jaik, Juſup, durch feine Vermäh⸗ 
lung mit Sumbek, einer Tochter dieſes Juſaps, 
einem Frauenzimmer von außerordentlicher Schoͤn⸗ 
heit und ausnehmender Klugheit, eine genane Freund⸗ 


ſchaft. Da er aber dieß Vorhaben vorjegt noch nich 
ausführen konute, ſuchte er wenigſtens, nach Moͤg⸗ F 


lichkeit ſich wegen feiner Vertreibung aus Kaſan om 
Den Ruſſen zu rächen, vergeſellſchaftete Aslan Kerain, 


Migvergnügen über Seadet- Kerais Regierung einen 

andern Khane deſſen Herrſchaft zuzuwenden trachtete, 

und welcher bereits 1528 einen Einfall ins großfuͤrſt⸗ 
.Geſch. Rußl. =, Band, 9 


u, d‘. 
sun sı nl 


ug 


einem Prinzen vorm Gebluͤte der Frimmifchen Khan, BE 
der fih am die Spige einer Patteo fegte, die aus 





2:6 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 
liche Gebieth gethas, im J. 1533 anf einem andern, 
der mit 30,000 Reitern unternommen ward, is 
welchem Zeldjuge fe Reſan abbrannten und rise 
große Strede Landes verheerten, au 15 Meilen 
son der Hanptfiadt Moslan am der Ode ein ihnen 
au Stärke gleiches ruſſiſches Heer nad) einem bluti⸗ 
gen Gefechte überwanden und in die Flucht ſchlu⸗ 
gen. Hingegen bemüheten Gh die aſtrachauiſchen 
Zartarn, beſtaͤndig ein gutes Bernehmen und Han- 
delsverkche mit dieſem Gsoßfürfen zu unterhalten, 
in welcher Abſicht 1532 ihr Känig Kaſim und 1535 
deſſen Rachfolger Abdel Rhamaun Geſandtſchaften au 
ihn abſchickten. 
Bahlei . Fu Diefea: Zuſtande befanden. fih die Angela 
See nennt genheiten des sufifgen Reiches wit feinen tartari- 
6 Eiar fen Nacpbgen bey dem Abſterben dieſes Großfuͤr⸗ 
und Dane fien, welcher in deu legten Jahren feiner Regierung 
—— aufiug, fi Czar und Beherrſcher aller Kuffen zu 
ſchreiben, wobey die ruſſiſchen Dolmetſcher ihrer 
on andere Höfe abgefertigten Geſandtſchaften in der 
lateiniſchen Ueberfegung der in rufſiſcher Sprache abs 
gefaßten Schreiben ihres Herren, die zugleich mit 
der ruſſiſchen Urkunde uͤbergeben mard, das Wort 
Czar durch Kaiſer uͤberſezten. 
Iwan Wa⸗ Gleich nad feinem Abſterben, welches i. J. 1533 
ar ats erfolgte , führte der Metropolis Die beyden Prinzen 
ein Drepjäß- Georg und Andreas in das Borzimmer, und. ließ 
— fie dem neuen, Großſuͤrſten Iwan Waſilje⸗ 
eg mo, witfh I, und der Regentian huldigen, weiches 
durch das nachher auch von den Bojaren und, dem übrigen 
is in de Adel geſchahe. Mittlerweile entzog ſich Kaſan wieder 
ten —* der ruſſiſchen Oberherrſchaft. 
grraͤth. Da nach dem Tode feiner Mutter keine Perſon 
von großfuͤrſtlichem Gebluͤte oder ſonſt ein Mann, 
deffen Bfeben über alle anderen Anıtsperfonen adge 








des ruflifchen Reiches. 227 
mein anerfannt werden konnte, während feiner Mir 
derjährigfeit die Regentfchaft fiber das Reich uͤber⸗ 
nahm; fo gerieth dasſelbe, von dem Abſterben 
ſeiner Mutter an, in einen faſt herrenloſen Züſtand, 
indem ein jeder Bojar befehlen, und Feiner gehors 
hen wollte, auch faft niemand dep Verwaltung der 
Geſchaͤfte, die ihm von Amts wegen oblagen, den Nutzen 
des Großfuͤrſten uud dag allgemeine Beſte, ſondern 
bloß die Befriedigung feiner eigenen Leidenſchaften 
ſich zur Vorſchrift wählte, und die einem Monarchen 
au in feinem unmündigen Alter gebührende Ehr⸗ 
furcht offenbar und häufig beleidigt ward. 

Hiervon liefert bloß die Geſchichte zweyer Jahre, 
der Jahre 1542 und 1543, eine Menge Beyſpiele. 1542 und 
Damahls ließen die Bojaren einen Liebling des 5430 
- Großfürften hinrichten; einen andern überficlen fie 
im großfürftlihen Pallaſte, und mißhandelten ihn 
fhrediih, Den Metropoliten, Daniel, fegten fie 
ab; deffen Nachfolger, Joaſaph, war in einem 
nächtlichen Aufruhr in Lebensgefahr, und fand kaum 
im Zimmer des Sroßfürften Sicherheit, dem dritten, 
Makarii, ward in einem neuen Aufftande der Man 
tel zerriſſen. Es gereichte daher zum allgemeinen 
Beften, daß der junge Großfuͤrſt, fobald er nur die 
zarteften KindHeitsjahre uüͤberſtiegen hatte, ſich ſtark 
genug fühlte, fein gefräuftes Anfehen zu handhaben, 
und durch Anwendung der In diefen Umſtaͤnden noth⸗ 
wendigen Schärfe diefem Unbeile zu fleuern. Denn 
(don 1543 fing er an, durch die Beflrafung der 
Urheber und Zheilnehmer folder ben allgemeinen Kür 
heſtand Aödrender und feine Tandesherrliche Gerecht⸗ 
ſame groͤblich beleidigenden Verbrechen Andere nach 
Möglichkeit abzuſchrecken. 

Swan erklärte in einer großen Rathsverſamm⸗ Er nennt ih 


lung, zu welcher er den Raropollen und alle Bo⸗ ie cin, 
2 


238 Dritter Abfchnitt. Geſchichte 


Aeich me; jgren berief, daß, da er ſich mun zu vermählen 
slüd denke, er feine Ausldnderinn, fondern eine Ruf 
fun heirathen wolle, und madhdem feine Entfchlief 
fuug von allen Segenmärtigen mis großem Beyfal⸗ 
le aufgenommen war, daß er vor feiner Vermaͤh⸗ 
lung, nach dem Benfpiele des Großfürſten Wladi⸗ 
mir Monomach nud anderer feiner Xeichsvorfahren, 
durch eine feyerliche Krönung mit den aus Conſtan-⸗ 
tinopel von Wladimir überfandten Reichskleinodien, 
wofern der Metropolit feinen Segeu gu diefer Hand» 
lung gäbe, und die Bojaren diefelbe gut fänden, die 
egarifhe Würde oͤffentlich aunehmen wolle. Hierauf 
1547. erfolgte fogleih zu Anfange des Jahres 1547 zu 
Moskau die Vollziehung beyder Eutfhließungen, 
indem der Metropolit Makarii am ı6ten Jaͤnner 
die Krönung, und om gien Februar die Trauung 
mit Anaflafia, Tochter eines vornchuen Staats: 
mannes und Bojaren, Roman Zurjewitfch , aus 
dem Haufe Sacharii, verrichtete. Gegen dad ges 
meine Volk aber bewies er auf feinen Reifen, die 
er in verfchiedene Gegenden that, um durd feinen 
eigenen Augenfchein die richtigfte und vollkommenſte 
Erkundigung von dem Zuſtande derfelben einzuzie⸗ 
ben, und nah Maßgabe desfelben ihr Beſtes zu 
beforgen,, ſich als einen fo guddigen und freygebi⸗ 
gen Zürften, daß allenthalben die Leute häufig zu | 
fommenlicfen, um ihn mit den größten Freudenbe- 
jeigungen zu empfangen, indem fie wußten, daß ih⸗ 
nen feine Ankunft mehr als die reicheſte Ernte ein 
trage, indem er die geringen Geſchenke, welche fie 
ihm von ihren Laudfrüchten brachten, mit fehr frey⸗ 
gebiger Hand an Geld weit über den Werth deripm | 
gereihten Gaben erwiederte, und ſich über dieß zu 
vertraulihen Geſpraͤchen mit ihnen herabließ. Auf 
diefen feinen Reifen bemerkte ex mit vielen Schmer⸗ 


des ruffifchen Reiches. 229 


zen im refanifchen Gebiete und den nördlichen Ges 
genden eine Menge trauriger Spuren von den Ders 
wüfungen , weldhe die Erimmifchen Zartarn in Ga» 
ich, Uſtzug, Widtka, Permien und vielen nie 
drigen Ländern von denen, welde die Kafaner an» 
gerichtet, und wie dur die unaufbörliden Webers 
fälle diefer räuberifchen Feinde eine Menge ehedem 
bewohnt gewefener Orte jegt veroͤdet Tagen. Diefes 
- beflärkse ihn in dem bereits gefoßten Vorſatze, uns 
verzuͤglich alle feine Kräfte zum Angriffe auf Kafan 
anzuwenden, und die Waffen nicht eher nieder zu le» 
g:n, bis. diefe Nachbarn, die, unter allen, feinen 
Zändern den mehreften Schaden zufligten, da fie 
doch am mehreften deſſen weit überlegene Stärke 
hätten ſcheuen ſollen, von ihm in einen ſolchen 
Stand verfegt worden wären, daß ihnen alles Ver: 
mögen, fich je wider die ruffifhe Herrſchaft aufzu- 
lebaen, oder den angrenzenden ruffifhen Untertha. 
nen. Schaden zugufügen,, benommen feyn würde, 
Ein Rebenantrieb, diefe Angelegenheit unverzüglich 

vorzunehmen und mit dußerfiem Eifer zu betreiben, 
war die Betrachtung , daß er vor gänzlicher Demuͤ⸗ 
thigung diefer feinem Reiche laͤſtigen Feinde feinen 
Kriegmwider irgendeinen andern Nachbar mit wahr⸗ 
fheinliher Hoffaung etwas Wichtiges wider benfels 
ben auszurichten, vornehmen Fonnte, indem er bes 
ſtaͤndig einen großen heil feiner Kriegsmacht zur - 
Bedeckung der den Kaſanern offen ſtehenden Gegen⸗ 
den ſeines Reiches in demſelben zurücklaſſen muß» 
se’), Das Vorhaben, die Tartarn und Unglaͤu- 
bigen zu bekriegen, diente dieſem Czar als ein 
Hauptbeweggrund, vom roͤmiſchen Kaifer Earl V. 


*) Rytſchkow ©. 98. 


230 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 


Die Erlaubuiß aussumwirken , dab den Leuten, welde 
der Geſandte, den Iwan an Carln abfertigte, Jo⸗ 
bann Schlitte, für fein Land auwarb, der Weg, 
dahin zu fommen , nit vegwehrt werden möchte, 
und zwar um deflo mehr, da er zur Bergeltung für 
die Sefälligkeit,, die er in diefem Falle von Carlu 
erwartete, fih zu verfhhiedenen Carla fehr angeneh- 
men Dingen darboth. Denn er bezeugte in dem 
Syreben , welbes fein Sefandter dem Kai: 
fer auf dem Reichstage zu Augsburg Übergad:. er 
fertige gleich zu Anfange feiner Regierung dieſen 
Befandten au denfelben debwegen ob ‚weil er nicht 
aur die zwifcden feinem Vater und Reichsvorfahren 
Wafılein und zwiſchen den Kaifern Marimiliar und 
dieſem Earl beflaudene Zreundfchaft fortzufegen, fon: 
dern noch eine engere Berbindung mit dem deutſchen 
Reiche zur Bekriegung der Türken, und mittel ei⸗ 
ner Gleichheit in der Religion, die er durch die Ab- 
ordnung einiger Bevollmächtigten auf eine freye all- 
gemeine oder Rationallirhenverfammlung, die in 
Deutihland gehalten werden würde, zu befördern 
gefiuns fey, zu ſtiften deuke. — In Betrachtung 
feiner Freundſchaftsneigung, Die er gegen den 
Kaifer und das deutſche Reich hege, hoffe er, wer» 
de der Kaifer dieſem ruſſiſchen Geſandten gern ver⸗ 
gönnen, Gottesgelehrte, welche dem Czar und def: 
fen Unterthauen von den Lehren und Gebraͤuchen ber 
lateiniſchen Kirche Unterricht geben, und fo in Ruf- 
land den Weg zur Beſchickung der Kirdenverfamm- 
lung und zu Der Vereinigung bepder Kirchen bahnen 
möchten, Redtsverfiändige und Staatskundige, dir 
neulih feiner Herrſchaft unterwärfig gemachten 1 


ben Völker gefitteter zu mahen, Baumeifter zur Er 


bauung von Kirchen und Zeflungen wider bie Grenz;⸗ 
beſchaͤdigungen der Tartarn und unglaͤubigen Voͤlker, 


des ruſſiſchen Reiches. az 


Waffenſchmiede, Panzermacher, Stüdgießer, Mah⸗ 
Ier und Bildhauer, und ſouſt allerley Künſtler und 
. Handwerker anzunehmen und. ins ruſſiſche Reich’ führ 
zen zu koͤnnen. Er wolle zum Beweife feiner Freund⸗ 
ſchaftsneigung gegen das deutfche Reich ein großes 
Capital im Wechfelhaufe der ‚reihen augsburgiſchen 
Kaufleute, der Zugger, zu Antwerpen auf 20 Jah⸗ 


re niederlegen , von beffen Renten jährlich einige _ 


Zonnen Goldes vom Kaifer zum Türkenfriege ange» 
wendet werden möchten. Der Kaifer beantwortete 
dieß Schreiben unter dem gıflen Jaͤnner 1348 ders 
geftalt, daß er dad Geſuch des Ezars bewilligte, 
Daher brachte Schlitte durch die Hoffaung des 
Gluͤcks, welches dergleichen Leute, als der Ezar in 
fein Land zu ziehen begehrte, allda zu finden ſich ver» 
fpraden,; auf 300 Menſchen zufammen, die er mit fair 
ferlihen Päfjen nach Luͤbeck fandte, um von dort zu 
Schiffe nah Rußland abzugeben. Aber ſowohl der 
Kath zu Lübe und die Liefländer fahen diefes uns. 
gern; die Lübecker nähmlich landen in den Gedan⸗ 
Een, doch noch endlich, ungeachtet der Widerſetzlich⸗ 
Feit der Liefländer , die bey gefchehenem Untergange 
des haufiſchen Comtoirs zu NRowgorod den unmit⸗ 
telbaren Umſatz der deutſchen und rufſiſchen Waaren 
bloß ihren Handelsſtaͤdten, Riga, Doͤrpt und Re⸗ 
val zuzueignen trachteten, das Comtoir zu Nowgo⸗ 
rod wieder herzuſtellen, und waren alſo in dem 
Stüde mit den Lieflaͤndern einſtimmig, daß Feine 
Ausländer, welche den Ruffen Unterricht geben Fönnz 
ten, das in ihren Lande ſelbſt zu verfertigen und zu 
haben, was fie nun den Deutſchen ablaufen, nah 
Rußland fommen möchten. Die Liefänder aber ur⸗ 
theilien noch über dieß, daB der Czar, fo bald er 
ſich nur durch Unterjohung der Kafaner den Dorn . 
aus dem: Zuße gezogen haben würde, er das von 


3733 Tritr Iuheitt. Seichichte 

fine Reichsvoe faheen Itas serfiäte Uuteruemen, 
Liefer: ja oben, aıtzıfılren faden , und ihm 
hierin de: Diesi, den je dir Emilinder, dir m 
im feın Land zichen weite, Iriten kdansen, vorterf: 
Es gu Statien Isumn würde Rn dieſen Be 
weggrunden Kidım die Libeiier birfe Leute als fe 
ia year Etadt aulamen, en, uud rrdeten am fai- 
ſerlichen Hoje due Sprache mit den Eichäaders, um 
den Widcıraf der Schlitten sus Bandenen Begäsfi- 
gung ausinwirten, indem fie den Ejar als carı 
Zend des Grißiien Rahmens ſchider?en, der in 
dıcfer ganzen Sache tückiſch mad arglifig handle, 
uud auf feine Weife von Dertſchlond kb mirlie 
terricht uud Waffen , Die er bio zur Unterdrudung 
getscuer Uaterthanen des dentſchen Reichs zu gebra⸗⸗ 
den dente, verfchen werden mäfie Hierdarch er⸗ 
hielien fie ihren Zweck beym Kaiſer, machten ſich 
aber auch beym Czar noch mehr verhaßt, daß er die⸗ 
fe Störung ſeines Borhabens, fo bald ſich dazu für 
ihn vortheilhafte Selegenhbeit zeigen möchte, au if 
uen zu ahuden beſchloß ”), vorjegt aber alle ande 
sen Angelegenheiten fo lange bey Seite zu fegen, bis 
er fein Borhaben wider Kafan vollſtreckt haben wär: 
De, wozu ihn auch piele voruchme Kafaner, dic ma: 
ser Saffa⸗ZKerai nicht fichen wollten, aud Diefermes 
sen ins ruſſiſche Gebieth gingen, nebſt Dem größten 
. Ahelle der Bergifcheremiffen , die gleichfalls aus der 
Urſache GSaffe » Kerain nicht zum Herrn zu ha⸗ 
ben verlangten , weil er ben feiner Wiederknaft 
sah Kaſan sben die Brundfäge des Regiments be» 
. folgte, die er ehedem ausgehbt hatte, nud feine mit 
aebrachten Krimmer nud Rogaier allein für feine 
Getreuen achtete, und fig daher uͤber die Eingebor; 


") Chytreei Saxonia p. 40y, 508. 


des ruſſiſchen Reiches. 233 


uen erhob, und von. ihrem Vermögen verforgte,- aufs 
untersten. - Ehe aber dieſes gefcheben fonute, er⸗ 
regte das Volk zu Moskau im 3. 1547 bey Veran⸗ 
laſſaug einer großen Seuersbrunft, worin 1700 Pers 
fonen männlihen Geſchlechts ihr Leben einbüßten, 
auf Anfliften des Beichtvaterd des Ezars und vie⸗ 
ler Großen, die dem glinskiſchen Haufe das hohe 
Anſehen mißgoͤnnten, in welchem dasfelbe gegenwaͤr⸗ 
Sig lebte, und den leichtglaͤubigen und unwiſſendes 
Poͤbel überredeten , die Fürſtinn Anna Glinski habe 
durch ein Zauberſtuͤck dieſes Fener angezuͤndet und 
unterhalten, einen Aufſtand, in dem es einen Fuͤr- 
fen Glinski in der Kirche ermordete, und die Auge 
Hieferung der Anverwandten desfelben von dem Czar 
zu ergwingen trachtete, welcher aber fein gekraͤuktes 
Anſehen und das Leben diefer Befhuldigten durch 
firenge Beſtrafung der Empörer rettete. 

Czar Iwan war fo glüdlih, Kafan wieder gu 
grobern, und fein Reih auch Durch Einverleibung 
des mindermäcdtigen Aſtrachan zu erweitern, 

In den letzten Jahren der Kriege, die der Iwan Wd: 
Szar wider diefe Tartarn führte, waren dieſelben ra 
Schon fo ſehr entkraͤftet, daß der Czar nicht befuͤrch⸗ deutfden 
sen durfte, als wenn der Krieg wider fie ihn ab⸗ MR 
halten Fönute, andere mährge Zeinde mit Nach⸗ Aarıng und 
drug zu demüthigen, weldes fo wohl die Vorfälle und begün: 
eines Kriegs beweiſen, deu er vom Jahre 1554 an 5% m 
wider Schweden führte, und im Jahre 1557 durch 
einen Friedensſchluß, der auf den -Zuß der vorigen 
Verträge auf 40 Jahre errichtet ward, endigte, ale 
die Bemühungen, welche nicht nur die Liefländer, - 
deren Macht im Verhaͤltniſſe zu der zuffifchen das 
durch fehr verringert war, daß bie czariſche fhon 
feit mehr als hundert Jahren beſtaͤudig fich vergroͤ⸗ 

Bert hatte, wenn glei die Schwaͤchung nicht gewe⸗ 


ngländer, 


“tur 


234 Dritter Abſchnitt. Sefchichte 


fen wäre , die den Lieflaͤudern ihre eigenen innerli⸗ 
“en Uneinigfeiten verurfachten,, fondern auch der 
an Nacht dem Czar gewiß gewwachfene König von 
Pohlen fi gaben, um von ihm die Verlängerung 
ihres mis ihm fefigefichten Friedensſtandes anszu⸗ 
wirten. 

Doch ſcheint er wirfli geneigt gewefen gu feyn, 
mit allen chriſtlichen Mächten befiäudig Frieden und 
ein gutes Vernehmen zu unterhalten, wofern nicht 
das Betragen fo wohl der Schweden als der Lief. 
Iduder und Pohlen gegen ihn fo beſchaffen geweſen 
wäre, daß er urtheilte, als wenn fie ihm veraͤchtlich 
und beleidigend begegneten. Wenigſt ens that er 
noch im Jahre 1556 dem Kaifer Ferdinand J. und 
allen auf dem deutfchen Reichstage verfammielten 
Ständen einen Antrag, aus deffen ganzem Inhalte 
hervorleuchtet, daß kein verſtelltes Weſen, fondern 
die Sprache der Aufrichtigfeit darin herrfche. Denn 
er ſchickte eine Sefandifchaft, die Ferdinanden eben 
das, was er bey deſſen Reichsvorfahren und Bru⸗ 
der Catl angebracht hatte, vortragen, und, damit 
er feinen Zweck erreihen möchte, denfelben dar 
folgende Gruͤnde empfehlen mußte: Er und feine 
Unterthanen wären wahrhafte Epriften, indem fie die 
Bibel, die Meffe, die evangeliſchen und epiffolifchen 
Aeste, das niednifche Glaub ensbekenntniß und die 
Laufe hätten, und folglich gefchehe ihnen gewiß Un⸗ 
zeht, wenn man fie bloß ans der Urfache, weil fie 
das Abendmahl nah der Einfegung Chriſti unter 
bepderlev Geſtalt empfingen ; für Unchriſten achte. 
Seine Reichsvorfahren hätten vor -ı40 Jahren den 
Biſchof Georg non Nowgorod mit fünf andern rufe 
fiſchen Bifhöfen auf die Koſtuiher Kirchenverfamm- 
Iung geſchickt, und fein Vater Waſilei Babe fo wohl 
mit dem Kaifer Morimilian, als den Paͤpſten 














des ruſſiſchen Hei. 235 


Adrian VI und Clemens VII Unterhandlun: 


gen über, die Vereinigung ihrer Kirchen angeſtellet, 
und dazu befonders einen Geſandten, Demetrius 
Xomanowitſch, nah Rom gefandt*). Von ihm und 
feinem Vater ſeyen viele. tartarifche Voͤlkerſchaften, 
wie aud die Permier, Jugrer , Kondorer, Lucomo« 
rier, Tſcheremiſſen und Lappen, nicht fo fehr fel- 
ner Heerſchaft, als Chriſto, unterwürfig gemacht, 
und in gang Moskau fehe man auch nicht das al⸗ 
lerkleinſte Kind ohne das auf feiner Bruft haͤugende 
Bild des Gekreuzigten. Er wolle beſtaͤndig einen 
Sefandten in Deutfhland halten, und das chedem 
zu einem Türkenkriege angebothene Geld gegen ei» 
aen Empfangfchein auf dem fuggerifhen Haudels⸗ 
baufe zu Antwerpen niederlegen, und innerhalb zwan⸗ 
zig Jahren nicht zur verlangen, auch wenn es 
zum wirflihen Bruce wider den Türken komme, 
mit einigen taufend Rufien auf feine Koflen dem. 
deutſchen Reihe Hülfe leiten. Denn er hege eine 
ganz vorzügliche Neigung zu den Deutſchen, weil 
fie in der ganzen Welt wegen ihrer Redlichkeit, Tas 
pferkeit und Zreue hoch berühmt wären, und noch 
dazu von ihm als Blutsfreunde und Nachbarn, da 
ihre uralten Stammfige in Skythien jegt gu feinem 
Reihe gehoͤrten, betrachtet würden: Denn fonfl 
koͤunte er aus Stalien, Fronfreih und andern Lin» 
dern genug Künftler, Kriegsverſtaͤndige und geſchick⸗ 
te Leute befommen. Hätte man doch zum.Behufe 
eines Krieges wider einen gemeinfhaftlichen Zeind, 
den Zürfen, zweyen mohamedauiſchen Königen, 
nähmlich dem Sultan von Aegypten uud dem Ks 
nige von Perfien, Geſchuͤtz und Leute zuge ſandt; wie 


*) F. Jovius de Moseovitarum legatione in seript, re- 
sum, Maoscov, p, 120, 181, - 


256: Dritter Abfchnitt. Geſchichte 


koͤnute man denn ihm, einem Micchriſten, dieſe Ge⸗ 
faͤlligkeit verweigern ? Er verlange auch Fein zahl⸗ 
reiches Heer, ſondern nur ein Regiment Fußknechte 
und zwey Geſchwader Reiter, aus: Deutſchland zu 
führen, welcher er ſich gegen kein einziges chriſt⸗ 
liches Volk, ſondern bloß dazu bedienen wollte, bey 
feinen eingebornen Unterthanen mehr Licht und bef- 
fere Sitten einzuführen, wie auch feine Länder wi- 
der Die Anfälle feiner und der ganzen Ehriftenheit 
Erbfeinde, der Zürfen und Zartarn, zu vertheidi⸗ 
gen, oder aud dieſe Störer des Ruheſtaudes der ge- 
fammten Chriftenheit auf ihrem eigenen Grund und 
Boden anzugreifen. Denn er fen fo feft entſchloſſen, 
mit allen feinen hriftlihen Nachbarn, naͤhmlich Poh⸗ 
Ien, Litthauen, Schweden nud Lieflaud, wofern dieſe 
ſelbſt ſich freundfchaftlich gegen ihn betragen wollten, 
beftändig ein gutes Beruchnien zu pflegen, daß er 
als Buͤrgen für die Feſthaltung dieſes Verſprechens 
25 Herren von fuͤrſtlichem Gebluͤte nach Dentſchland 
ſenden wolle. Ueber dieß liege Deutſchlaud nnd der 
ganzen lateinifhen Kirche wenigftens eben fo fehr 
als ihm daran, daß endlich rine Einigkeit in der 
Religion zu Stande komme, weil man aus derdurd 
die innerlihen Streitigkeiten der chriſtlichen Gemein» 
den erleichterten Unterdrückung der morgenländi» 
ſchen Kirchen in Paldfiina, Syrien, Aegypten und 
Chaldaͤa, wie auch der griechiſchen in Kleinafien, 
Thracien und Macedonien wahrnehmen koͤnne, 
welch ein Schidfal bey Fortdauer diefer Kirchen⸗ 
ſpaltung die Reihe erwarte, welche zur lateiniſchen 
Kirche gehören , da bereits eines von diefen, naͤhm⸗ 
lich Ungarn, (don beynahe ganz von.den Türken 
überwältigt fep. Er verſpreche, auch die Armenier 


- . bDurd fein Anmahnen und fein Beyſpiel einzuladen, 


ſich zu der kirchlichen Vereinigung, die durch eiut 


— 
>) 
. 


des ruffiſcher Neiches. 237. 


Kirchenverſammlung gefldrt! werdes würde," willig 
finden zu laſſen, und er felbft wolle, bis eine Kir⸗ 
chenverſammlung diefes heilfame Wert bewerkſtelli⸗ 
ge, nach dem DBenfpiele des im deutfchen Reiche 
neulich. geflifteten (paſſauiſchen und augsburgiſchen) 
Religiongfriedens der lateinifhen Kirche bey allen 
| Gelegenheiten Beweife feines aufrichtigen Wohlwol⸗ 

lens geben, und treulich dazu helfen, dag das ge» 
woltfamer Weife durch die Tuͤrken von der Chri⸗ 
fienheit abgeriffene conflantinopolitanifhe Kaiſer⸗ 
thum aus diefen raͤuberiſchen Händen erloͤſet wer- 
den.möge *). 

Ob-nun glei die Liefländer auch dieß Mahl 
dem Kaifer den Ezar-auf das haͤßlichſte ſchilderten, 
und erweistich gu machen fih bemüheten, daß der⸗ 
ſelbe im diefer ganzen Angelegenheit hinterliflig ver- 
fahre, und bloß deBwegen Kriegsmannfbaft uud in 
‚ allerley Wiſſenſchaften und Künfien erfahrene Leute 
aus: Deutſchland in fein Reid: zu ziehen trachte, 


weil er aus bloßer Erobernugsfucht Liefland zu. bes. | 


friegen und ihm unterwürfig zu machen vorhabe7 
ſo erkennt doch ein jeder felbſt aus den eigenen 
Berichten der Liefländer von ‚den Beranloffungen 
dieſes Krieges, daß der. Ezarwirkli von den Lief⸗ 
Iändern beleidigt worden, und: folglich, da er fen“ 
Recht in der Güte von ihnen nicht erlangen konn⸗ 
te, berechtigt geweſen, dasfelbe durch die Waffen zu 
ſuchen, und ſelbſt der hanſiſche Bund erwiederte dem 
Heermeißter, als. derfelbe im Jahre 1557 begehrte, 


die Banfifhen Städte ſollten ſich der Fahrt nach 


Nußlaud enthalten, weil hierdurch der Czar mit 
Mitteln verfehen würde, den Liefländern mit meh⸗ 


#) Neugebauer p. 593, 595: 


1 557- 














Dre Kar 


erhält durch 


die Erobe⸗ 
zung von 
Narva eis 
nen fchr 
wohlgelege: 
nen Hans 
delsplap, 
und erwei⸗ 
tert feine 
Staaten. 


233 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 


rerem Nachdrude gu fchaden, dieß Begehren: mit 
dem Bormurfe, die Liefländer Hätten fih durch ihre 
Eigennuͤtzigkeit dDiefen Krieg felbft zugezogen *). Der 
Epar rechtfertigte auch ſelbſt die Bekriegung der Lief⸗ 
Länder gegen den. Kaifer Ferdinand I, 

Die Engländer , die der Czar Iwan naͤchſt 
den Deutfchen am meiften fhägte, kamen dur eis 
nen neu entdeckten Weg auf der See zu ihm, und 
erhielten, außer dem ausſchließlichen Rechte Waaren 
in fein: Land zu bringen, nud aus demfelden su 
führen , ‚viele Merkmahle feiner Gunf. und Hoch⸗ 
ſchaͤzung. 
um eben dieſe Zeit erhielt der Czar an der von 
ihm in Liefland eroberten Stade Narva einen ſehr 
guten Handelsmarft. Denn nachdem er den Lüs 
beckern die Freyheit, dahin zu handeln, verfiattet 
hatte, weldes ihre Abgeordneter, Johann Wag⸗ 
ner, ben ihm fuchte; fo folgten den Lübelern ger 
bald die Hamburger , andere hanfiſchen Städte, Aut⸗ 
werner, Brabander‘, Holduder und Engländer, 
Schotten und Franzoſen, die fo ſtarke Zufuhre lie 
ferten, daß für die Fracht vide.ı00 Laſten Saly 
liegen blieben, und man zu Rarva- viele auslaͤndi⸗ 
fhe Waaren wohlfeiler. einhandeln konnte, als an 
den Drien ſelbſt, wohen folche auf diefen Handels. 
plag gebracht wurden, indem Franz Renſtaͤdt 
an diefem Orte von den..Ruffen ein Pfaud Unzen⸗ 
gold, welches ın Deutſchland mit 25 Thalern bes 
zahlet war, für 10 Thaler, ganze Ballen von den 


ſchoͤnſten Damaſten, die Brabander Elle gu ı Thas 


ler, da fie für keine zwey Thaler eingekauft war, 
englifhe Tuͤcher, die fon 45 Thaler koſteten, für 
go bis 96 Thaler einkaufte. Ja maunchmahl galt 


Tebrand ©. 257. 














des ruſſiſchen Heiches, : 239 


die Laſt Salz aur ‚einen Thaler, Zu diefem faſt un« 
glaublichen Weberfiuffe ausländifcher Waaren trug 
. die ungemeine Höflichkeit ein Oroßes bey, welche die 
ruffifchen Beamten an diefem Drte allen: auslaͤudi⸗ 
fhen Kauflenten erwiefen, wie denn der Statthal⸗ 
ter die deutſchen Bactore alle Wochen en Mahl 
aufs befte bewirthete. 

Der thaͤtige Czar erweiterte feine Staaten 
Durch. die benden Kabardepen, und wählte fih aus 
dem Geſchlechte der kabadiniſchen Fürften feine zwey⸗ 
te Gemahliun. Er war es, der dan den Ruſſen damahls 
befannten Theil von Sibirien ſich zinsbar machte, 
‚und der englifhen Handlungsgefellfchaft erlaubte, 
durch fein, Reid Waaren nad PVerfien führen. zu 
Dürfen. Auch fchloß er mit Eliſabeth, der Koͤnigiun 
von England; ein Freundſchaftsbuͤndniß. 

+. In der That hatte der Czar überfläffige Urfa- 

che, zu befürchten, daß er nicht im ruhigen Befitze 
feines. Reiches ſterben werde, Es leuchtet in die Au- 
gen, daß. immer eine ſtarke uud von märhtigen Haͤup⸗ 
tern unter den allervornehmſten Ruffen,, ja feinen. 
nähen Anverwandten unterflügte: arten feiner ei⸗ 
genen; Untertfanen mit feiner Regierang mißvergnuͤgt 
geweien, und zum: wenigſten einige. unter dieſen 
Mißvergnuͤgten ſich nihenme"au den König von Poh⸗ 
len ; fondern fogar an den Khan der Krimm geſchla⸗ 
gen, und denſelben ihre Beybülfe verſprochen haben, 
wem fie mit ihren Heeren in Rusland eindringen 
wollten. 

Es ereignete fich im J. 1567, daß Woledimer 
Andreewitſch, nebſt dem Schwager des Czars, Mi⸗ 
chael Temrnukowitſch, uud des Czars Stiefbruder 
aus großem Haſſe wider dem. Czar grionnen wa⸗ 
ren , am vom Könige von Pohlen Beyſtand wi⸗ 
der ihn zu erlangen, einen großen Theil des ruſſi⸗ 


d 


293 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


rerem Rachdrucke zu ſchaden, dieß Begehren: mit 
dem Vorwurfe, die Liefläuder hätten fich durch ihre 
Eigennuͤtzigkeit diefen Krieg ſelbſt zugezogen *). Der 
Czar rechtfertigte auch feld die Bekriegung der Lief⸗ 

laͤnder gegen den. Kaiſer Ferdinand I. 
Die Engländer , die der Czar Iwan uddft 
den Deutfhen am meiften ſchaͤtzte, kamen dur eis 
nen neu entdediten Weg auf der See zu ibm, und 
erhielten , außer dem ausſchließlichen Rechte Waaren 
in fein- Land zu dringen, aud aus demfelden zu 
führen , ‚viele Merkmahle feiner Guuſt und Hoch⸗ 

ſchaͤzung. 

Der Sat Unm eben diefe Zeit erhielt der Cjar an der von 
bee ihm in Liefland eroberten: Stade Narva einen fehr 
rung von ' guten Handelsmarkt. Denn nachdem er den Lüs 
Narsa eis heckern die Freyheit, dahin zu handeln, verſtattet 
IH batte, weldhes ihre Abgeordneter ; Johann Wag- 
nen Sans wer; ben ihm ſuchte; fo folgten. den Luͤbeckern gar 
——— bald die Hamburger, andere hanfiſchen Städte, Ant 
tert feine werper, Brabander,, Hollaͤnder und Engländer, 
‚Staaten. Schotten und Franzoſen, die fo ſtarke Zafuhre lie 
ferten, dab fir die Fracht viede.ı00 Laſten Sal 
Itegen blieben, und man zu Rarva viele ausldndt- 
ſche Waaren wohlfeiler. einhaudeln konnte, als an 
den Orten ſelbſt, woher folche auf diefen Handels⸗ 
plagßt gebracht wurden‘, indem Frauz Renfiäde 
an diefem Orte von den..Ruffen ein Pfand Unzen⸗ 
gold, welches ın Deutfchland mit ı5 Thalern bes 
gohlet war, für 10 Thaler, ganze Ballen von den 
ſchoͤuſten Damaften , die Brabander Elle gu ı Khas 
ler, da fie für Leine zwey Thaler eingekauft war, 
englifhe Tücher, die font 45 Thaler Eofleten, für 
30 bis 36 Thaler einkaufte. Ja manchmahl galt 


*) Willebrand ©, 257. 














des ruffiſchen Reiches. 239 


die Laſt Salz nur einen Thaler, Zu dieſem faſt un⸗ 
glaublichen Ueberfluſſe auslaͤndiſcher Waaren trug 
. die ungemeine Hoͤflichkeit ein Großes bey, welche die 
zuffifhen Beamten an diefem Orte allen: auslaͤndi⸗ 
fhen Kauflenten erwiefen, wie denn der Statthal- 
ter die deutfchen Bactore alle Wochen sen Mahl 
aufs befte bewirthete. 

Der thätige Czar erweiterte feine Staaten 
durch die benden Kabardeyen, und wählte fi aus 
dem Geſchlechte der Fabadinifchen Fuͤrſten feine zwey⸗ 
te Gemahlinn. Er war es, der dan den Ruſſen damahls 
befannten Theil von Sibirien ſich ziusbar machte, 
‚und ‚der englifhen Handlungsgefelfchaft erlaubte, 
dur fein, Reid Waaren nah Berken führen, gu 
dürfen. Auch ſchloß er mit Eliſabeth, der Königiun , 
von England; ein Freundfhaftsbhudaiß. 

Su ber That hatte der Czar überfläffige Urfa- 
de, zu befürchten, daß er nicht im ruhigen Befitze 
feines. Reiches ſterben werde, Es leuchtet in die Au⸗ 
gen, daß. immer eine ſtarke uud vom maͤchtigen Haͤup⸗ 
tern unter den allervornehmſten Ruſſen, ja feinen. 
nähen Anvetwandten unterflügte Partey feiner ei⸗ 
genen; Unterthauen mit feiner Regierang miß vergnuͤgt 
geweſen, und zum: wenigſten einige. unter dieſen 
Mißdergnuͤgten ſich nicht mrꝰ au den. König von Poh⸗ 
len, ſondern fogar an den Khan der Krimm geſchla⸗ 
gen, und denfelben ihre Beyhuͤlfe verfprochen haben, : 
wem fie mit ihren Heeren in Rußland eindringen 
wollten. 

Es ereignete fih im |. ı 567, daß Wolodimer 
Andreewitſch, nebſt dem Schwager. des Czars, Mi⸗ 
chael Temrnkowitſch, und des Czars Stiefbruder 
aus großem Haſſe wider den. Czar gefonnen wa⸗ 
ren , am vom Könige von Pohlen Beyſtand wis 
der ihn zu erlangen, einen großen Theil des ruſſi⸗ 


d 


240 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


(deu Reichs Pohlen ga übergeben. — Diefes An: 
erbiechen vermochte den König von Pohlen, im Dr. 
tober 1567 ein überaus zahlreiches Heer in der Ab⸗ 
fit zufammen zu ziehen, mittelſt feines Verftaͤnd⸗ 
niſſes mit dieſen Ruffen einen großen Theil von 


Außland gang Felt feiner Herrfchaft unterwür. 


fig zu machen. — Uber der GStiefbruder det 
Ezars ward durch die Unruhe, welde ihm Die Straf⸗ 
barfeit und Mißlichkeit diefer Unternehmung wider 
feinen Herrn erregte ‚bewogen, alles , was er dw 
von wußte, demfelben zu eröffnen, worauf im J. 
1568 ein fehr firenges Urtheil erging, indem de 
Ezar nicht nur alle und jede, die er als Mitverwi⸗ 
ckelte in diefem Verbrechen ſchuldig erkannte edır 
ſchuldig zu ſeyn glaubte, durch macuigfallige 
martervolle Todesarten mit allen ihren Audver⸗ 
wandten, geſauimten Handgenoffen, Bedienten und 
Untertfanen, ohne das weibliche Geſchlecht um 
das zarteſte Alter ber Kindheit von dleſem al» 
genteinen Bluturtheile ausjunchmen, "aussortete, jt 
alle ihre Häufer und Wohnungen anzünden und der 
Erde gleich machen ließ, fondern auch einen Blut⸗ 
rath von 300 Männern erwählte, die er vo Rob 
kau aus allenthalden im dad gangr Reich mit dem 
Auftrage, alle, welde fie:als Theilnehmer und Rit⸗ 
wiffer au diefem Verbrechen ſchuldig achtetem , ohne 
fernere Anfrage, mit allem , was fir auf ir⸗ 
gend eine Art anging, zu vertilgen, dusfandte, mo 
bey ihnen eine zahlreiche Mannſchaft von feinen Opril⸗ 
ſchuiki, die theils aus: einem Uebermaße der Erge⸗ 

beubeit für die Erhaltung ihres Herru, theils am 
fich nicht ſelbſt durch Gelindigkeit als Beennde und 
Mitfſchuldige fo ſtrafwuͤrbiger Verbrecher verdaͤctiz 
zu machen, die mehreſten aber wohl aus nad ver 
werfliherem Antriebe, naͤhmlich bey diefer eier Bu 

. 6 


1 





| des ruflifchen Reiches, 241 


legenbeit Leute, die fie haßten, aus der Welt zu 
ſchaffen, oder fih durch die Guͤter der Hingerichte⸗ 
ten zu. bereichern, die ihnen ertheilten harten Befeh⸗ 
le nit nur aufs genaueſte zu befolgen, fondern gar 
zu überfchreiten geneigt waren, als Vollfireder feio 
ner Befehle mitgab , da dann an viden Orten fos . 
gar die Hunde und Katzen getoͤdtet, und die Ge⸗ 
waͤſſer und Zeihe, damit ale darin vorhandenen 
Siſche umkommen follten, vergiftet wurden *). Ä 
Unter JIwans Regierung wurden zwey Kriege: 
heere von Tartarn und Thrken, die durch die Vereini⸗ 
gung des Dons mit der Wolga der thikifchen Kriegs» 
machst einen Weg zu Wafler nach Perfien zu kom⸗ 
men Öffen follten, durch den Widerfiend , den ihnen 
der Ezar entgegen fepte, am der Ausführung ihres 
Vorhabens gehindert. 

Gegen Ende des Jahres empfing der Ezar Verſchiebene 
wieder entweder eine wirklich gepräudete oder er. Verbundene 
dichtete, doch mit folden Umfiänden ausgeſchmuͤckte er Fehie 
Nachricht, dab die Nomgoroder, Pleskower und des Czars 
Einwohner vieler anderer Drte feines Reiches ins: —— 
geſammt nit nur an dem im J. 1568 entdeckten ja feibf Uns 
und befireften Hochverrathe Theil genommen haͤt⸗ ken mis 
sen, fondern and noch jegt die Gedanken hegten, befiraft. \ - 
ih an den König von Pohlen zu ergeben. Diefe 
Nachricht verurfachte, daß er mis Borausfhidung 
eines Heeres feiner Opritſchniki in Begleitung feie 
nes Erbpringen Iwan felbfi nad Nowgorod ging, and 
da er am. ıosen Jaͤnner 1570 auf dein Wege war, 

Dem Bottesdienfle in der dortigen Sophienficche bey» 
guwohnen, dem Erzbifchofe Pimen, welcher ihm 
anf der Brüde der Wolchow mis dem Kreuze ent⸗ 


*).Bon dieſem ſchauderhaften Bluturtheide fagen die heis 
miſchen Geſchichtſchreiber nichts. Zu 
Veſch. Aufl. =, Band, 





242 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 
gegen kom, den Vorwurf machte: „Verraͤther, du 
haft Fein Kreuz, fondern Waffen, mit welden du 
mich und meine Regierung angreifk,. in Händen. 
Du haſt dich mit den ungetrenen Einwohnern dieſer 
Stadt vereinigt, ſolche an unſern Feind, den Koͤ⸗ 
nig von Pohlen, gu verrathen. Du nenuefl di ei⸗ 
nen Hirten und Lehrer der Gemeine, biſt aber ein 
Wolf, ein Räuber uud Mörder, ein DBerräther und 
Beleidiger unferer Majeſtaͤt.“ Jetzt befahl Ihm dee 
Car, nah der Sophienfirche zu geben, umd den 
Gottesdieuſt abzuwarten. Rach vollendeter Religions: 
Abung aber ging er mit einem großen Gefolge is 
das Haus des Erzbiſchofes, welcher ein großes 
Gaſtmahl zu feiner Bewirchung amngefieht hatte, 
Waͤhrend diefer Mahlzeit ließ er alle Kirchen in der 
Stadt durch ausgeſchickte Haufen feiner Kriegsvoͤl⸗ 
Ber durchſuchen, um die mehreſten Koſtbarkeiten dar, 
aus in feinen Schag zu bringen, und die Seifli 
hen als Mitſchuldige des Verbrechens ihres Oben 
hauptes söbten zu laſſen, auch den Erzbiſchof auf 
ein von ihm gegebenes Beihen in Verhaft nehmen, 
der nachher (nachdem er nad Horſeys Ausſage fin 
Berbrechen geftanden ) nach Alexaudrowna Globe 
da abgeführt, entweihet, and zur Strafe in ce 
Klofter gegeben wurde, wo er nicht lange hernach 
fein Leben endigte. Nah Guaginms kamen bey 
dieſer Gelegenheit 2770 angefehene Männer ums ter 
ben, ohne die Geringern, die Weiber und Kinder, 
deren Zahl fi noch viel Höher belief, aber nit be 
ſtimmt werden Faun, 
Es find andere Umfiäude vorhanden, woraus 
. erhellet, daß der Czar in allen diefen Verurtheiluns 
gen nichts anderes getban habe, als wovon er ge 
glaubt, daß es die Gerechtigkeit und. die Sorgfalt 
für feine Perfon und zur Verhinderung, daß niht 





des ruffifchen Heihed, 243 
ganze Länder ſich von dem ruſſiſchen Keichskärper ' 
Iosreißen und die Macht eines Grenznachbars ver: 
ſtaͤrken möchte, erfordere. Denn verſchiedene, die 
der Erzbifchof von Rowgorod als Mitſchuldige fei« 
nes Verbrechens angab, erhielten, da fie fußfällig 
um Verzeihung flebeten, nad einem ſcharfen Ver⸗ 
meife vöRige Beguadigung. Am ıgten Februar ließ 
gr von den übriggebliebenen Rowgorodern aus jeder 
Straße den Bornehmfien vor ſich kommen, uud ers 
Märte fih gegen fie: da nun fein Born vorüber 
und feine Rache geſtillt ſey, jeder in ſeinem Hauſe 
ficher und ruhig wohnen, ihm getreu feyn, und um 
eine gefegnete Regierung zu Bott für ihn bethen 
foßte *).. Nach Narva fandte er 500 Opritſchniki 
mit dem ausdrädlichen Befehle, Einem Ausländer 
oder auch Ruſſen das geriugſte Leid guguffigen, ber 
fich nicht feld dadurch ſtrafbar made, ‚daß er an 
dem Verbrechen der Rowgoroder dadurd Theil neh⸗ 
me, daß er dem Befehle, den dieſe Vollſtrecker des 
Urtheilsſpruches ihres Herrn Dey. ihrer Ankunft in 
allen Straßen der Stadt ausrnfen ließen, fih uns 
geborfam erweife. Diefer Befehl enthielt, daß ale 
am Verbrechen der Nowgoroder theilnehmenden Now⸗ 
goroder., Die fi der Handlung wegen damabls im 
Narva anfbielten., getödtet, und alte ihre dort has 
beuden Büter verbrannt oder ind Wafler geworfen 
werden, und die, welche einen folchen Berurtheil- 
ten zu verbergen, oder einige nowgorodiſche Güter 
zu verhehlen ober fich zugueignen füchen möchten, 
gleichfalls am Leben beſtraft werden follten. Es 
ward auch in der That kein einziger auf irgend eie 
rw 


i 


#) Euaginu: pP. 290298; Senat. tuſ—. Geld. 3. V. 
©. 613-—520, 


4 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


ne Urt gekränkt. Bon Nowgored giug er mit feis 
nem Heere nach Pleskow. Da ihm aber die Ein 
wohner entgegen gingen, und ihm alle Kennzeichen 
einer wahren Ergebenheit erwiefen, indem fie fag- 
ten, daß für feine Unterthanen und Kuchte wä- 
ren , und allen. Berfüguugen, bie es ibm ge 
fallen möchte, über ihre Perfonen nad ihre Güter 
zu treffen, geru unterwerfen wärben; fo erließ er 
allen veruchmen Perfonen die ihnen ſchon zuerlaunte 
Todesfirafe, und nahm gar Feinem einzigen Weltli⸗ 
chen das Leben, fondern feine Rache esfiredte ſich 
zur dahin , daß er erlihen Reichen den größsen 
Theil ihres Vermögens nahm, und einige Mönde 
binrichtete, auf den Kirhenfhag der beyden vor⸗ 
nehmſten Kirchen und die Glocken von allen Kirchen 
ih zueiguete, uud mit ich wegführte. Nah Her 
ſerps Berichte wirkte auch das fehr viel zum Befſten 

ber Pleskower, daß Milula Sweat, ein Neun, der 
in der ganzen Gegend im hohen Rufe ſtand, ihn 
entgegen kam, nud nad einer harten Straforedigt 
über die zu Rowgorod augerichteten Blutſcenen 
drohete, daß, falls er durch die geringfle Ungerech⸗ 
tigkeit irgend einen Pleskower beſchaͤdigen würde, 
er augenblidlich dafür dieRache Gottes und der Engel, 
deren Befhügung Bott die Stadt Pleskow ander 
‚fohlen, empfinden, und durd einen Blitzſtrahl er⸗ 
ſchlagen werben würde. Diefe Rede machte dedurd 
noch einen größern Eindrud auf das Herz dei 
sure, daß eben, wie Mikula fie hielt, der Him⸗ 
mel fehr truͤbe und neblid war, welden Umſtaud 
Mikula nupte, indem er dieß als einen Beweis am 

‚führte, daß Gore Kb ſchon rüfe, die dur ihn dem 
Cauar angefündigte Strafe, falls derfelbe feine War: 
nung verachte, unverzüglih zu vollſtrecken. — 
Wenigstens hörte der Czar Rikulas Rede mis vieler 


\ 


des ruſſiſchen Meches.. 245 


Rüßrung an , und: bath ihn nad Endigung 


derfelben, zu Bott für ihn zu bethen. Die Twe⸗ 
ver hingegen, auf welche Stadt er nun feinen Zug 
richtete, wurden eben fo hart als die Nowgoroder 
behandelt, und auch 500 Litthauer und pohlnifdge 
Ruſſen, welde im 3. 1563 bey der Eroberung von 
Polots in feine Hände gerathen, und gu Twer fo 
Iange in Verwahrung gehalten. ‚waren, nebfl 19 tar⸗ 
sarifhen Marfen, die gleichfalls in ihrem Kriege wie 
der den Ejar dasfelde Schickſal gehabt, in dieſem 
Blutgerichte uͤber Twer mit aufgerieben. Die 19 
Tartarn aber ſetzten ſich bey Ankunft der. Mann⸗ 
ſchaft, die fie toͤdten ſollte, zur Wehr, nahmen mit 
ihren Meffern dem Haupte berfelben Maluta Sku⸗ 


ratow und vier anderm das Leben, und zwangen 


Die übrigen, ohne Verrichtung ihres Auftrags ihren 
Aufenthalt gu verlaffen. Daher ſandte der Czar 


500 Mann, die teils mit Feuergewehr, tbeils mit 


Pfeilen fo lange aus der’ Entfernung gegen fie ſtrit⸗ 
ten, bis alle Tartarn erlegt waren. Bey. feiner 
Ankunft in Moskau flellte er gleichfals mehr als 


ein Mahl Bluturtheile an, die vielen Menfchen das 


Leben koſteten. Das ſchaͤrfeſte erging am Jacobitage 
oder den 24ſten Julius, da er auf dem Markte ı8 
Galgen, aufrichten und eine Menge Barterwirke 
geuge herbepbringen lie. Diefer ſchreckensvolle Au« 
blick erregte Anfangs in der Stadt ein fo allgemei⸗ 
nes Schrecken, daß Niemand ſich erdreiſtete, fi 
auf dem Markte oder in den Straßen ſehen zu laſ⸗ 
fen, ſondern'ein jeder Mich tu feiner Wohnung oder 
andern Schlupfwinkeln verborgen hielt. Aber wie 
der Czar diefes bemerkte, ritt er durch die gange 
Stadt, nnd rief mit lauter Stimme allen Einwoh⸗ 
nern zu, daß fie von ihm nichts befuͤrchten dürften, 
fondern frey hervor kommen und auſch auen Fönnıen, 


246 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 


wie er anf öffentlichem Markte die gerechte Strafe 
über die Erzböfewidhter, die nicht nur ihm nachdem 
Reihe und Leben geſtauden, fondern au alle Ein 


wohner des ruſſiſchen Reichs in das aͤußerſte inglid 
zu flürgen vorgehabt, und der Willkuͤr nicht mu 


des Königs van Yohlen, fondern auch der ungläu 
bigen Zürfen und Krimmer überlaffen wollen, erge⸗ 
ben laſſe, — Diefe Berfiheruug fand folge 


N 
| 


Glauben, daß die Menfchen nicht nurin großen Hau | 
fen anf den Markt hineilten, fonderu auch, dader 


felbe durch ihre Menge bald angefüllt war, die Dider 
Der Häufer befliegen, dem bevorſtehenden Blutgeriätt 
hepgumohnen, Da nun der Czar diefes Belt vn 
ſammelt fahe, that er au dasfelbe die Frage: Thu 
ich recht daran , daß ich dieſe Meineidigen nad Br: 
raͤcher befrafe? Deun es waren fchon auf zoo Ri 
ner, meiſten Theils vom hödften Adel umd den 
-voruehmfien Bedienungen , als überwiefene Berbre 
der unter Begleitung bewaffneter Manſchaft anf 


den Markt gebracht. Auf diefe Anfrage eiſchol 


ein lautes Geſchrey aller Zuſchauer: „Es lebe un 
fer Czar, und die Hochverräther muͤſſen den verdiin 
sen Kohn ihrer Mifferhaten empfangen.” Hierauf 
erklaͤrte der Czar, um zu zeigen, daß er, fo viel 
nur bep ihm fiehe, lieber Gnade erzeige, als nad 
der firengen Gerechtigkeit verfahre, 180 von denm, 
die bereits da ſtanden, um das über fie gefälte 2% 
desurtheil an ihnen vollzogen gu werden, von alıt 
Strafe entledige, uud auf freyen Fuß fiele, Hi 
nach aber erfolgten die Hinrichtungen, wobey an den 
esarifhen Kanzler Iwan Michalawitſch Wiskowatsli 
der Anfang gemacht wurde, deſſen Verbrechen ein 
Scheimfchreiber des Czars der ganzen Menge au 
fuͤbrlich anzeigte, und das darin befiand, daß er 
fowohl den Koͤnin yon Pohlen als den shrfilde 


des ruffifchen Reiches. | 247 


Kaifer und den Kahn der Krimm angefliftet habe, 
mit ihren Heeren in die zuffifhen Läuder einzufal⸗ 
Ien, und diefen Reichsfeinden verfprochen, ihnen ſo⸗ 
gar die Hauptfladt des. ganzen Reiches, Moskau, zu 
überliefern. 

Im Jahre 1571 richtete Mißwach, eine anfle 1571. 
dende Seuche und ein Ueberfall der krimmiſchen 
Zartaren einen beträchtlihen Theil der ruſſiſchen 
Staaten zu Grunde, nad: verbreitete ſelbſt in Mos⸗ 


Fau großes Elend. 

Nach dem Abzoge der Zartarnı ſtellte der Czar Der Czar er: 
feine Hauptſtadt aus ihrer Verwäflung, im gerin: Menge Fe 
geren Umfange, aber weit prädtiger wieder her, Rungen und 
wie man denn auch zu feinen Ruhme anfgegeichuet Sieden, vers 
finder, daß er während feiner Regierung über 100 Eroberun; 
Schloͤſſer und Feſtungen aufgeführt, und beynahe Sen and fei | 
200 Flecken in vorher ganz unbewohnt gewefenen gehen, 
Srgenden angelegt und mit Einwohnern bevölkert 
bat, indem die. Bollsmenge feiner Staaten durch 
die vielen tauſend Menfchen, die er in allen Kriegs 
gügen wider feine Nachbarn, Liefland, Vohlen und 
Schweden, in fein Reich führte, fehr anfehnlich ver» 
mehrt ward, und er immer aus England Mathema⸗ 
tifer, Steinmegen, Maurer and alle anderen Kuͤnſt⸗ 
lee und Handwerker , die er bedurfte, auch Aerzte 
und Apotheker erlangen fonnute 

Man fagt, der’ Cjzar Jwan Hätte mit der 
Königinn Elifaberh einer Heirath wegen unterhan⸗ 
delt, wovon bie englifhen Geſchichtſchreiber nichts 
fogen ; auch fagt man , daß der Czar diefes Gerücht 
beautzt hätte, um alle feine Untertbanen zu einem nenen 
Eid der Treue zu verpflichten. 

Seine Testen Kriege mit Pohlen und Schwe⸗ 
den verurfachten nicht nur den Berluft aller Länder, 
fo er feit feiner’ ganzen Regierung diefen Nachbarn 


x 


Der Ejer ers 
theilt dem 
yapftlichen 
LegatenPofs 
fevin feine 
Abferti⸗ 
sung. 


48 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 


abgenommen , fonderu auch alles deffen, was er in 
Lieſtand an ſich gebracht hatte. Er verlor bey bie 
fer Selegenheit auch einige ältere Behpungen feist 
Reichs, und fühlte Die Abnahme der Beröllerung. 
Alle dieſe Unaluͤcksfaͤlle vermehrte das Märkke Leid⸗ 
weien des Czars, welches dadurch veranlaft ward, 
Daß er im einer Anfwallung des Zorus feinen 
Boffnungsvollen Thronerben einem fo derben Schlag 
verfegte, Daß derſelbe nach wenigen Zagen vet: 
fied. Man gibt verfhiedene Gründe an, wide 
den Ezar zum Borue reisten, ohne die wahre Ur 
ſache zu wifien. 

Im J. 1582 that der pärfiliße Legat Poffevin den 
Czar nad feinen zu dem Unterhandlungen mit ihm er⸗ 
nannten Räshen folgende Vorträge. Da der König von 
Pohlen mit dem Cjar eine brüderliche Liebe nn 
Freundſchaft zu unterhalten und die Wohlfahrt des 
ruſſiſchen Reichs zu befördern wänfche ; fo wolle derfe: 
be den zuffifhen Kaufleuten in Pohlen den freyer 
Handel. geflatten, und verſpreche ſich vom Eye, 
Daß derfelbe den pohlnifchen Kanfleusen ein Gleiches 
ermweifen,, auch mit dem Könige einen gemeinſchaft⸗ 
lichen Krieg wider die Erimmifchen Zartars, die ſo⸗ 
wohl das eine als das andere Reich als zinsbate 
Länder behandelten , und ‚in beyden durch ihre Ein 
fälle großen Schaden aurichteten, unternehmen, 
auch über Huswecfelung der beyderfeitigen Gefan⸗ 
genen und Borbeugung aller Eünftigen Mißhaͤllig⸗ 
keiten gwifchen beyden Reichen ein gutes Vera 
men pflegen werde. Der Ezar möchte einen oder 
mehrere Oefandten an den Papfi nah Rom ſchicen, 
um ein Freundſchaftsbuͤndniß zwiſchen allen rifll 
hen Flirſten und andere heilſame Dinge gu beſor⸗ 
dern; das Schreiben des Papſtes, woräber die 6 
sarhihlagung wegen der Kriegspändel mis Pohler 


des ruffifchen Reiches. Es 249 


ansgefegt worden fey, durchlefen und beantworten; 
den Bitten des Papfies, ſich mit feinem Geſand⸗ 
ten wenigſtens einmahl allein gu unterreden, um, . 
wegen des anf ber florentinifhen Kirchenverſamm⸗ 
Nlung gefchlofienen Religionsvereinigung in Abficht 
auf das ruff ſche Reich etwas. abzumadh, ferner 
einige junge Leute, die ruſſiſch Tefen und fchreiben 
fönnten, nah Rom zu ſchicken, willfahren, welche 
jungen Ruffen mis andern aus den Morgenländern 
nah Rom gefhidten Leuten in dem alten wahren. 
erichifhen Glauben unterrichtet und wieder nad 
Rußland zurüdgefhict werden follten, damit man . 
auch in Rom die ruffifche Sprache verftehen lernte, 
und kuͤnftig wicht noͤthig härte, immer durch Dol⸗ 
metſcher mit einander Unterbandlungen zu pflegen s 
dem Gefandten einen ſchriftlichen Zrepheitsbrief für 
die venetianifchen und anderen Kaufleute, daß dies 
. felben ſicher nah Rußland kommen, dort Handlung 
treiben, auch roͤmiſche Geiſtliche mitbringen dürfe 
sen, wie auch Abſchriften des: Friedensvertrages mit 
Kohlen, und der nah Rom gefandten Schreiben 
wegen der dan Venetianera zugeflandenen Durchrei⸗ 
fe ihrer Geſandten nah Perfien, eine Vorſchrift, 
mit Schweden Sriedenshandlung anzuſtellen, und 
einen freundfchaftlihen czariſchen Brief und Gegen⸗ 
beglaubigungsfchreiben au. den König von Pohlen 


ertheilen; auch dem Papſte die Gefäligkeit erwein 


fen, daß Feinen deutſchen Iutherifhen Magiftern, die. 
weder die Mutter Gottes noch andere Heilige eh⸗ 
sen, fondern nur rechtglaͤnbigen roͤmiſchen Geiftli» 
den der ‚Aufenthalt in feinem Reiche verfiattet wuͤr⸗ 
de. Allein Poflevin erhielt auf die meiſten dieſer 
feiner Geſuche unbefriedigende Antworten, indem 
der Czar ihm auf diefelben erklaͤren ließ: Er lobe 
bie chriſtliche Geßunung des Königs von Pohlen, 


250 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 


die derfelbe fo wohl darin, daß er dem ruſſiſchen 
Keihe Gutes göune, als auch dadurch zeige, daß 
er mittelit einer Verbindung beyder Reiche wider 
die Tartarn fowohl dem einen als dem andern Si: 
cherheit wider. die Ungldubigen zu verfchaffen mün- 
ſche. Ader für jetzt Eönne der Ezar diefe Verbin 
dung nicht eingehen, indem fih ruſſiſche Geſandten 
zur Errichtung eines Friedengvertrages in der Krimm 
aufblelten, deren Berichte der Czar abwarten muͤſe, 
unm nach denfelden feine ferneren Maßregeln indie 
fer Angelegenheit zu wählen. Doc ſey der Eat 
nicht entgegen, mofern der König zu einer Berhandlung 
in diefer Sache Geſandten nach Rußland fchiden will 
te. Sefandten zur Bewirkung einer allgemeinen Babin 
dung wider den Türken koͤnne der Ezar aus der Urfahe 
gegenwärtig nicht abfertigen, weiler ſchon diefermegen 
verſchiedene Geſandten und Bothen an den Kalfer ge 
ſchickt, derfelbe aber fein Verſprechen, diefe An 
- gelegenheit durch Verfendungen an den czariſchen 
Hof zu betreiben, noch nicht erfuͤllt habe. Folglih 
möchte zufoͤrderſt der Papfi dieſe Sache bey andırı 
chriſtlichen Mächten berichtigen, und wenn aldbam 
der Kaifer und andere Verbundene durch Gefandien 
Den Beptritt des Czars fuchen würden, fo follte ih⸗ 
nen derfelbe nicht verfagt werden. Doch wolle der 
Czar, um den Papſt zu überzeugen, daß er ihm nach 
Möglihfeit Gefaͤlligkeiten zu erweiſen geſonnen ſey, 
Poſſepinen einen Geſandten an denſelben abgehen 
laſſen. Das Geſuch, ein Religionsgeſpraͤch mit Poſ⸗ 
ſevinen zu Halten, wolle er gleichfalls aus Achtung 
für den Papſt und deſſen Legaten, doch fo, it 
sefiehen , dag nebſt dem Eyar einige zuffifhe Rd 
the diefer Unterredung beywohnen möchten, wiewohl 
er’lieber fähe, daß der Gefandte von dieſem Begeh⸗ 
sen abſtuͤnde, weil doch vermuthlich jeder von ihnen 




















des tuſſiſchen Reiches. = 


feine Religion mit Unterdrückung der Religion des 
andern erheben würde, und nicht abzufehen ſey, da 
dadurch etwas Fruchtbringendes ausgerichtet werden. 
würde, fondern vielmehr beforgt werden müßte, daß 
Erbitterung, Hader und Zeindfchaft eutſtehen moͤch⸗ 
ten, die das: gute Vernehmen fidrten , in welchem 
doch bepde Theile mit einander zn fichen gegenwär- 
tig begehrten. Leute zum Unterrichte in der latei⸗ 
nifhen Sprache nah Rom zu fenden, laſſe ſich für 
jept nicht bewerkſtelligen, weil Zeit erfordert werde, 
folße, die Ach dazu ſchickten, ausfindig zu machen. 
Die Benetianer follten, wenn fie der Handlung we⸗ 
gen Rußland beſuchen wollten, alle Zrepheit genie⸗ 
Sen, au den römifchen Geiſtlichen, wenn fie einis 
ge mitbrächten, weder Der Eintritt gemeigert, noch 
bey ihrem Aufenthalte etwas in den Weg gelegt 
werden; nur müßten fie weder ihre Religion unter 
den Ruffen ouszubreiten, noch römifhe Kirchen zu 
Bauen verſuchen. Die verlangten Abfchriften und 
Schreiben ſolle der Gefandte erhalten. Auch wolle 
der Czar der Fürfprache, die der Papſt und des 
Geſandte für den König von Schweden einlegten, 
fo viel einräumen, daß er ſelbſt die Friedensbitte 
Des Königs von Schweden anhören, und alddanıt 
feinen Befehl ergehen. laffen wolle, daß ber König 
mit dem czarifden Erbreiche Großnowgorod einen 
billigen Frieden fchließen könne, in welcher Abſicht 
der Czar dem Befandsen, falls derfelbe es verlan- 
ge, einen Geleitsbrief für die ſchwediſchen Geſaud⸗ 
sen mitzugeben bereit fey. Was den Vortrag wer 
gen den Lutheranern betreffe, fo lebten,im ruſſiſchen 
Reihe vide Leute von verſchiedenen Religionen, al⸗ 
Fe nad ihrer Weiſe, ohne daß fie daran bädhten, 
Daß fie ihre Neligionsbegriffe den Ruſſen bepbrin» 
geu wollten, und wens fie fih ja deſſen nnterfans 





sen mbdten, fo fehle ei mie an Mistehe, Difeälh- 


Jeit des Yarlis, els Gtublerben der Apofkd Yetras 
und Yanins, zu erfeuuen, und dag Die Reinigfelt 
des Glaubens su Arm geſucht werden mife , wie 
Diefes ſelbſt die ganze griechiſche Kirdhe auf der fie 
sentinifden Kird euscerfammlung gefianden babe, weit 
Iäuftig geredet hatte; fo widerſprach der Czar dark 
Qinfüsrung der Sründe, welcher fi die griechiſchen 
Glaubensgesoſſen zur Bcheuptung ihrer Sache wis 
der die roͤmiſche Kirche bedienen, den von Poſſeri⸗ 
wen vorgebrahten Sägen, und verblieb dabey, daß 
der griechiſche und roͤmiſche Glaube fo fehr von ein⸗ 
ander abgehe, daß beyde auf Feine Weiſe zu ver 
einigen ſeyen, und der Yapft ſich mit Unrecht mit 
Dem Rahınen eines Racfolgers der Apoſtel Yeters 
und Pauls rühme, da er durch feine Handlungen 
ſelbſt das Gegentheil bezeuge , indem, fih auf einem 
Throne tragen, den Pantoffel Füffen, und das Heilige 
Rreug auffeinen Pantoffel fegen laffen , lauter Stolg 
und feine apofkolifche Demush und Frömmigkeit of 
feubare. Weil er aber doch fehr wünfdte, daß die 
ſes Geſpraͤch anf eine freundſchaftliche Weiſe be 
ſchloſſen werden moͤchte, fo erinuerte er Poſſevinen, 
was er ihm ja vorher geſagt hatte, daß es ihm 
unangenehm falle, von dieſer Angelegenheit mit ihm 
ya schen, weil es dabey nicht ohne Streit abgehen 











des ruffifchen Reiches. 953 


körne, und Aug darauf an, durch Merkntafle feiner 
Bertraulichleit and freundfhaftlihe Reden von am 
dern Dingen ihm die Verdrieplichfeit aus den Ges 
danken zu dringen, die ihm die vom Eyar vorge 
brachten WBiderlegungen feiner Säge verurfacht hate . 
ten. Er verminderte auch nicht die bisher Poffeni« 
nen erwiefenen Höflichkeiten, und entließ denfelben 
mit Zugebung zwever Geſandten, die er an den 
VPapft abfertigte, und mit: Briefen au denfelben, die 
öftereihifchen Fürften, den Doge von Benedig und 
den König von Bohlen, ‚wie auch Geleitsſchreiben 





fo wohl für eine ſchwediſche Geſandtſchaft nad Mose .. 


Fau, als eine venetiauiſche, die durch KNußland nach 
Dem Königreiche Perfien reifen follte. Dem Papfk 
a.sberſaundte er gugleih ein Geſchenk von 40 Zobeln 
und Yoffenin mußte das, was er für fi empfing, 
Behalten, ungeachtet er fich deffen ſtark weigerte, 
und es unter Aufuͤhrung der Urſache, daß ſein Ge⸗ 
Kübde der Armuth Dadurch verlegt werde, durchaus zu⸗ 
ruͤcklaſſen wollte. ‚Denn er habe ans keinem Antriebe 
nach zeitlichen Vortheilen, fondern bloß aus ſchul⸗ 
Diger Chriſtenpflicht und aufrichtiger Ergebendeit, 
dem Großfuͤrſten nügliche Dienfte zu leiten, Diele. - 
Keife uud alles andere, . worin. er bie Aufträge des 
Papſtes, des Sroßfärften und anderer Hohen Häupe 
ser der Chriſteuheit nach aller Möglichkeit zu bee 
werkſtelligen beſtrebt gewefen, übernommen, und aus 
Diefer Urfache auch nicht gugelaffen, dab Kaufleute, 
ungeachtet diefe ihn darum gar fehr gebethen, mit 
ihm nach Rußland gefommen feyen ”). 
So bert ich aber der Czar gleich gegen Poſſe⸗ 
vin ſtellte, wit dem Könige von. EAweder auf -fol« 


®) Possevinus in republiea Hosvrine. Lugd, Bat.. 
1630, p. 244247. 


254 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 

he Bedingungen, als dieſer vermeinte, daß bey den 
Vortheilen, die er in den letzten Jahren ſeines Krie⸗ 
ges wider ihn erhalten hatte, ihm nicht abgeſchlagen 
werden koͤnnte, Frieden zu ſchließen; fü nötbigten 
ihn die Umſtaͤnde, im Jahre 1583ſich zu einem 
dDeeyjährigen Waffenſtillſtande, durch melden die 
Schweden im Berge alles bes Landes verblieben, das 
fie ihm abgenommen hatten, zu bequemen, 

Das Petersburger Journal und Camdenus fpre- 
hen von einem Heiratheprojecte des Czars mit MR as 
rien Haflings, ber Schweſter des Orafenvon 
Huntingbon. Es laͤßt Ach nicht beſtimamen, in 

wie weit dieſe Sage wahr iſt. | 

Der Esar hatte den Borfag, eine Rieberlage au 


empören ſich· den Kaſanern zu rächen, die fich wider ihn im Fahre 


1583 empört hatten. Um die Empörer zu bewegen, ihre 
Kriegs macht aus einander gehen zu laffen, und fid 
in ihre Wobnpläge zu zerſtreuen, ſchloß er, im Dcto- 


ber mit ihnen einen weifkellten Frieden, durch wel⸗ 


den er ihnen eine allgemeine Bergebung und Ber: 


geſſenheit verſprach. Dein fine Abſicht war, durch 


ein ſehr zahlreiches Heer, welches er gleich nach die⸗ 
ſem Friedeusſchluſſe unter dem Nahmen ſich deſſen 
zu einem Feldzuge wider die Schweden zu bedieuen, 
anf die Beine brachte , fie unwerichens zu uͤberfallen, 


und folchergeftalt für ihre Empörung gur Strafe zu 


stehen. Aber feine wahre Meinung vom Gebrauche 
dieſes Heeres konnte doch gicht fo lauge, als er wünfd- 
te and: zu einem unfſchlbar⸗ gluͤcklichen Ausſchlage 
feines Vorhabens erfordert wurde, verborgen blei⸗ 
ben. Denun mau mußte ja ſehen, daß es, wie es 
fertig war, feiner Weg gegen die ſchwediſche 
Grenze, ſondern nach Kafan einſchlug, und die Urs 
ſache, die er nun anführte, warum er es nach Ka⸗ 
fon ſchickie (naͤhmlich daß es, weil Kaſau uab die 


Be 


[4 














des zuffifchen Heiches. 255 


ganze Nachbarſchaft viele Jahre durch Ucherfälle der 

Frimmifhen Zortara und innerlide Empörungen 

fehr gelitten, Mannſchaft, Kriegsoorrath und Les 

bensmitlel zum Erfage deſſen, mas. es eingebüße, 

dahin überbringen follte), war nicht hinlaͤnglich, den 

Bug eines fo zahlreichen Heeres nothwendig zu mas. 

hen. Folglich zogen fih die Kafaner gegen die An- _ 

Funft desfelben aus allen Orten ‚wieder zufammen, 

und fielen die mit ihren . Pferden von den Befchwer- 

den eines fü langen Weges im rauhem Winter und 

tiefem Schnee ganz ermüdeten Ruffen, da fie hin⸗ 

gegen mit Schlittſchuhen verfehen waren, an, und . 

toͤdteten einige tanfend von ihnen *), | 
Hingegen genoß er noch kurz vor feinem Tode Rußland bat 

das Vergnägen, daß ein großer Zheil des gang En- h un Eibir 

sopa an Größe uͤbertreffenden Sibiriens feinem Reis rien einen 

be unterwürfig gemacht ward. Das vornehmfte.grofen Zu: 

Werkzeug dem er diefe. Eroberung verdaukte, war —5— u“ 

Jermak (Hermolans) Timofeew, Attaman 

oder Haupt eines Haufens von 7000 bonifchen Ko⸗ 

ſaken, einer Urt Leute,’ die von ihrem Wohufige am. 

Zluffe Don und ihrer Lebensart diefe Benennung 

führen, indem fie deu Krieg oder eigentlich das 5%. 

len einer guten Beute, wo und auf welche Weife 

fie nur folhe erlangen Eonuten, für ein rechtmaͤßi⸗ 

ges, ja das beſte Ermwerbsmittel anfaben, und in 

dieſer Abſicht bald als leichtbewaffnete Kriegsvoͤlker 

Diefem Czar⸗für Sold in feinen. Kriegen wider aus» 

waͤrtige Feinde dienten, bald. die Reiſegeſellſchaften 

oder Karavanen, die mit Koufmanndwgaren: aus 

der Bucharey und Perfien nah Rußland reifeten, 

oder and Rußland in die genannten Länder gingen, 

anfielen, alle Beenden an der Wolga and der kas⸗ 


”) CAytraus p. 19P,- 191. 


256 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


pifhen See durchfreiften, die Schifffahrt fo wohl 
auf der Wolga als der Faspifchen See unfiher mad: 
sen, ja felbft an den Seſchenken ſich vergriffen, wel⸗ 
&e der Ezar durch feine Sefandifchaften au den Kb: 
nig von Perfien ſchickte. Dieſe ihre unaufbörlichen 
Käubereyen nötbigten den Ejar, am ıflen Dectober 
im Sabre 1577 den Stolnit Iwan Muraſchkin mit 
einer ſtarken Macht zu Waffer und zu Lande wider. 
fie auszufenden *). Diefem glüdte fein Auftrag 
nah dem Wunſche feines Ezars, indem er alle diefe 
| Räuber theils tödtete, theils zerſtreuete. Jermak 
aber, welcher nicht nur den Nahmen eines großen, 
fondern auch eines tugendhaften Mannes verdient 
haben würde, wenn er nicht unter: einemrohen Bol- 
fe, und welches, nad Art aller ungebildeten Fleinen 
Geſellſchaften von Menfchen, das ganze übrige menſch⸗ 
liche Sefchlecht für lauter Feinde hielte, bie man 
ohne Berlegung einiger Pflicht berauben und toͤd⸗ 
sen Pönne, geboren und anfgewadhfen wäre, ver 
nahm kaum, daß eine ruſſiſche Kriegsmacht, wel 
her zu widerſtehen, die Staͤrke der Koſaken gicht 
hinreichte, im Anguge wider fie ſey, als er and 
ſchon Anſtalt machte, fih mit feinem ganzen Hau⸗ 
fen wider die Gewatt, die das ruffifche Heer wider 
ihn anwenden kounte, in Sicherheit gu bringen, und 
om 28ſten Auguft mie 6000 Mann die Flucht längs 
‚der Kama aftrat, und zu Orelgorodok, einem im 
Sabre ı 564 von den Stroganows an diefem Zinffe 
erbaueten Städtchen, mit ihnen glüdlih anlangte. 
Diefer Ort war gegeuwaͤrlig der Hanptfiß des firo- 
ganowiſchen Haufes, deffen vorige Befigungen de 
Eyar im Jahre 1568 durch Die Gegend um den 

Zſchuſſowaia, und im Sabre 1574 durch die Gegend 
| des 


*) Saal. zuß, Geld. Th. IV. G. 383,384 394-396 








des ruſſiſchen Reiches. 23 
bes Eeobol in Sibirien erweitert hatte. Mari 
Seroganben, Auikas Gukect von deſſen zwrytem Sohtn 
Jacob, wohnte num: gi: Dr, welchroücheils aus 
Menſcheuliebe, und :weil: ers als ein‘ ſehre beguter⸗ 
ter: Mau: thun Bunte, theils weil. Jermak ao 
ſtacke genag war, fols:Mojim feimii. frekndkbaftr 
Then Goſuchen hide: Statt gegeben; dieſe Unwill⸗ 
faͤhrigtenn durch Moͤrd / Naub unb Brandezu ahn⸗ 
den ; 96 mie aller ſeider Mannſchaft anfaahen, uud 
urit BAR Werhbürftigen Uaterhalte deepflugte."den.fie 
Dos nicht ganz unten serlaagien, Yoneru- durch 
frevwilige: Neberuahne der beſchworlichſten Taadarr 
beiten, die ihnen, als lauter geſunden nad ſtarken 
Deännelh: wicht fauer aAnkamen abverdirutenHiet 
vrbielten’ fie ſolche Nachrichten von dam beuachbar⸗ 
barten Sibirien, Die ihnen Begierde einfiößtin)diefes 
Band zu einer Fundgrube zu waͤhlen, aud welcher Me 
nach ihrer alten Lebensart:uiit dewaffneter Hand ſich 
auſchuliche Beute Holen mwoRten. "Dir Alteſten Ra 
richten von der’ Geſchichte dies Raudam, die auch 
mur anf muͤndlichen Ueberlirfetangen drt Eingebor⸗ 
nen berühen, de an! erſt danıt, As Sibtrien 
fcon der ruffiſchen Heerſchaft iervicig gemacht 
wer; die Schriften verfaßt bat, ſteigen nicht höher 
lg: Ya die Seiten’ des berihmten tartariſch en Ero⸗ 
"Derers Tſchengis⸗ Khau hbinauf, als welcher einem 
8gewiſſen Talbuga, Der nah einigen jan Sobn Wie 
wipfe, "aus der Horde -Kafarfhia Hier der thirgiſt 
we Koſaken, deren Wohnfihe nach Wirfdiedenheit 
der "Feten an: vrrſthitdenen · Orten, aud welt jur 
He Sſchengis aut Eibirien water, hach andern 
Hingegen der Soha eine⸗ rariariſs v Rhaus 
Di wär, der "wi: Aufſe Iſcim vachek dh den 
Fetiſch faͤnr, Tee: Homptſib Harte? Ay: in dem 
Rind mit Te An Efcheg Bukibn, Arehi Li 

Befib. Nusl.⸗. Bank 


— 


a58 Dritter Abſchtitt. Geſchichte 

einbäßte, die Herrſchaft daruͤber, doch als einem ven 
Ihm abhaͤugenden Regenten; ertheilte. Dieſer Tal, 
duga waͤhlio ſech die Gegend, we der Beh Tuͤmen⸗ 
Fu in Die. Tura faͤlß, und welche Tuͤmen beißt, zu 
feinem. Hoſſager, welchem er. gun Ehre feines Wohl⸗ 
thaͤters den Nehmen. Aſchenedin, woreus nachher 
Tſcheugitara entſtand, beplepte.:. ‚Einer ven den Kb: 
koͤmuilingen: bie®t: Taibiga, Machmet, wählte für 
Tſchengid in gu mahrerer Sicherheit wider die Kaſa⸗ 
ner, welche neck Uebersyiahung und. Ermordung ſei⸗ 


. 200 Qroſaters Mar Sch deſſen Reichs bemaͤch ti⸗ 


get harten; deſſen .fig durch; diafen Machmet weicher 
zutfegt worden waren, ine Hoͤhe am Ößlichen har 
den. Ufern: des Irriſch zum „Hauntfige ſeiner Regie 
zung, welcher Ont eben der if, der ugter dem Nah⸗ 
wusen :hihle ; den man von ihm dem ganzen Lande 


Veplegte, brkannt geworben. iſt, welcher aber nigt 


eder Bahia, den er unter deu. Tartarn führte, ‚fon- 
dern von ‘den: Permiern oder Sirjaͤnen ihm gege⸗ 
ben warden ‘za Senn ſcheint. Die, Etzkel dieſes Maqh⸗ 
wet, Jediger und Begbplat, baſaßen in brüberliger 
Ginigfoit die Herrſchaft über: das von ihren Vor⸗ 
-fahren auf ſie ererbte Reich, als Kutſchun, ‚der.mitt 
Aere Sohndes damahls über die große: Vycharey 
berrſcheuden Kbans Murtefa,- fie.mie Srieg; über 
ges, und, madheunfie im biefem Kriege umgekom⸗ 

men Warner entweder des ‚sangen von.: diefen 
Soden Beüdern hefeffenen, Reit, pder dach Aines 


‚großen, Ähehlee deg ſelben bemaͤhtigte. Oenn, es jſt yuge 


wiß, ob alletz das Land, dag man nun. undet. demt Nabe 
men. Sibirieg begreift, den Aepdep Bruͤdern gehoͤrt, 
und ob alles, mas. fie als Dbmbemen-cıfonnte,nad 


Ä rem Fode, Kutfhumen ugtgemfzfig. geworden ſey. 


Diefer, Exaberer, mar in Map omedangg,.. and 
f ei # —— feiner. „Pialigion „ daß @ 
ar zz ER BE 


Tartabey in der Abſicht in dieß Land giugen, weil 


* 


N 


“ 


s 
[4 


wandeh wollte. In dirſem Stuͤcke aber traf ei 


>: des ruffffchen Meiches, 259 


alle feiüt neiren Unteirhänen in Mabömedaner ver- - -: 


Bey ihnen, die ſchon in Vörgangenen Zeiten verſchi 


dene Mahomedauer getoͤdtet hatten die nis“ dee 
ſie hofften, daß die Bemeinfchaft der ‚Herkunft und 
Ber Sprach? die Einwohner: geneigt machen werde‘, 
die Religion, zuwelcher fie fih nun befannten-; non 


r . 


ihaen anjunchmen, fo großen Widerſtand An daß 


er ben feinem Vater um eine Verftärkung an Manns ". 
ſchaft anſuchte, obſchon er glaubte, daß ſie ſeinen 
Befehlen hierin eben ſo ſchleunigen und’ willigen Ge} . 


horſam leiſten würden, mir welchem fie alle ſeid 
ne anderen. neuen Elnrichtungen, fogar eine ihnen 


auferlegte Schatzung, befolgten. * En e 
> Diefe Tandte Int ſolche unter Anfährung feines, 


aͤlteſten Sohnes Achmet⸗Kerat, der Darauf ben feinem 
jüngeren Bruder verblich und fine zemeinſchaftli⸗ 


be Regierung mit demſelben über deſſen erobertes 


Reich Sibirien führte, Bis er durch Meuchelmoͤr⸗ 


. der, weile fein Schwiegetoater "ein Fürf in ‚der 


ten, gar mit Verkuft ihres Lebens beſtraft wurden, 


fe blieben doc felbfl in der Näpe des’ Ehanifchen 
Hoflagers vielf bey’ ihrer alten Religion, üny” in, 
eine erwaß weite Catfetnüng von“ Bemfelben „_ gr= 
frectte ih Dietes Dirt" der Keligionsänderung, wat, 
68° an Ainfomiebantfiben Beiftihen fehlte, daß die 
vorhamdenen alle in der Nahe Beſchaͤftigung genug, 
autrafen, gar hide. FE Er Baar 
’ NR: 


R > 


1575 


% 


1 0) 


' | a 
260 ° Dritter Abſchnitt. Geſchichte 

In diefem Zuſtande befand ſich des Reich Sibe⸗ 
rien, als Jermal im Sommer 1578 ſeinen erſten 
Kriegazug dahin antrat, auf welchem cs aber, weil 
er weder feld genugfame Kundſchaft des Laudes, 
noch erfahrene Wegweifer hatte, ‚ale “er kaum eine 
Zagreife anf dem Tſchuſſowaia Hefahren war, ſtatt 
daß er auf dieſem Fluſſe hätte verbleiben follen, am 
26. September zur Rechten in deg Splwa einfhlug, 
uud, da er dieſen unsechten Weg immer fortfegte, 
Feine bewohnten Orte erreichte, fondern durch Her» 
ennohung des Winters ih „gegwungen fahe, au der 
Stelle, wo er damahls war, ein Winserlager au⸗ 
zulegen, des den Nahmen Jermakowo Goredifds 


iſche empfing. Aus demfelhen.fhidte er eine Par 


sep von 300 Mann aus, die wogulifhe Wohnfige 
autraf, aus welchen fie fo reiche Beute mitbrachte, 
dab diefer Vorfall fie und alle ihre Mitgenoffen in 
dem Borfage befiärkts,. ihre Unfernehmung ungeachtet 
aller der großen Schwierigkeiten, die ſie bey Ausfuͤh⸗ 
zung derſelben ſchon angetroffen harten und ferner au⸗ 
treffen. möchten, nicht aufgugeben. Damis aber Zermal 
nichts verabfäumen möchte, was er als Mittel, ſich de 
nen glüdlichen Ausgang dieſes Vorhabens zu verſchaf⸗ 


‚fen auſahe, ließ er in diefem Winterlager ein Berhhaus 


erbauen, welches am. 9. Map 1579, als an dem 
dem Gedaͤchtniſſe des heiligen Nikolaus gewidmeten 
Feſttage eingeweihet, und mit dem Rahmen dieſes 
Heiligen befegt wurde, trug für ordentliche Abware 
tung des Gottesdieuſtes, dem drey Prieſter und ein 

Mönch, der fein Kloſter verlaffen hatte, vorflanden, 
die boͤchſte Sorgfalt, und. beſtrafte nicht uur alle 
Kriegäverbreihen, als Ungehorfom gegen feine Bes 
felöhgber, und das Ansreißen, fondern au die Hure 


rey und alle audere Unfenfchheit, indem bie, die üb 


feigergefal vergingen, in mit Saud augefuͤllten 


4 








des euffifchen Reiches.  abı 
Kleibungen auf einige Zeit ins: Waffer geſtellet, und 
Deep Tage in ſchweren Ketten gefeffelt gehalten wur⸗ 
Deu. Weil aber, ohne fi mie mehrerern. Lebende 
und Kriegsbrdürfniffen.verforge gu. haben, dicht fort» 
zukommen war; fo entſchloß ſich Jermak mit aller 
feiner Mannſchaft, die ohne die Leute, weldge Dat 
Bisherige Winterlager zu ihrem befläudigen Bohn» 
fipe wählten; noch aus ‘s000 Mann beſtand, zu 
Stroganow zurk zu gehen, und entweder in Güte 
oder darch Zwangsmittel von bemfelben zu erlangen, 
Daß er fie mitden gu Ihrem Vorhaben anentbehrlichen 
Erforderniſſen verfehe. 
Stroganow Thüste in der Zhat Anfangs vor, 
DE es fein Vermögen überfleige, eine: fo große Men⸗ 
ge Meuſchen zu einer weiten Reife und noch dazu fo 
wreichlich, als fie nah Ihrem Anſchlage verforgt ſeyn 
- wollten, mit Lebens und Ariegsvorrathe Auszurüften, 
Als fe aber droheten, falls er ihnen nicht willfahre, 
ibn und fein ganzes Hans ouszurotten, und aller 
‚Teiner Habe fi zu bemaͤchtigen; ſo kam es zu einem, 
Bergleihe, vermoͤge welchen Stroganow ihnen Krieger" 
md Lebensmittel In dem Maße, als fie fi bier: 
über vereinigten‘, und bieranter drey Kanonen, alle ' 
Arten von Zeldurufit nad -für . jede hundert, Nenn 
eine mit einem heiligen Bilde bemahlte Fahne, wie 
anch gute Wegweifer, lieferte, fie hingegen ihm eine 


Vertreibung guflellsen ‚daß fie, wenn fie mit ver 


cher Beute zuruͤck kͤmen, ihn. fir allen ihrentwegen 
sehadten Aufwand ſchadlos halten wollten. | 

So fhieden He am 12. Junius als Leute, die 
vollflommen mit ihm verguügt waren, von ibm, 
indem. fie iusgeſammt nochmahls beym Weggehen 
Hm mundlich verſprachen, daß; wem ihnen, wie 
fie zuverſichtlich hofften, Gott gluͤcklich und mit reis 
cher Beute zurüd helfe, fie ihm wicht nur den Werth 


) 
282 Dritter AbſchnittGeſchichte 
altes deffen, mas fie von Ihm empfangen hatten, 
erſtatten, fondern auch über dirß: ſich dankbar erwei⸗ 
fen , wru fie aber ungluͤcklich fepn- und umkommen 
follten ‚feige Bitte im ewigen Lehen erkennen muͤr⸗ 
den. Go:fing nun Zermaf feinen Zug nach Sibi⸗ 
sien nicht nach der Art eines. Hanptes von einem zahl⸗ 
seichen Haufen Ruͤuber, ſondern ols der Frldherr 
wines Heeres an, das, ob céſchon klein war, doch 
aus lauter zu den wichtigſten: Unternehmungen ſowohl 
geſchickten und feſt eutſchloſſenos, als mit deu noth⸗ 
wendigen Erfordernifſen verſehenes, und an eine gu 
se Ordnung und genaue Maan cuucht gewoͤhuten Krie 
gern beſtaud. ur 
Wirklich traf er. an Lo ishem. Soritte, auf 
velchem er von einem Fluſſe in den andern peeiter 
durch lauter Wuͤßeneyen untt anmegſame Gegenden 
vorwärts -fam:, mo als fehr ſparfam gerfiremerg 
Wohnfitze angetroffen wurden; Die aus axmſeliges 
Hütten oder Gezelten befiandem , deren Bewahuer 
. durch die feindlide Behandlung von den erſten, die 
dieſen nenen Gaͤſten vorkamen gor bald die Bohr 
ihrer Anfunfe erfuhren, und ſich ſo zahlreich, als 
es ihnen moͤglich war ‚an. vortbeilheften Orten zu⸗ 
ſammenzegen, um nah allem. ihren Kräften dahin zu 
trachten, wis Be biefe-unangenshuen Säfte entweder 
- 'gur Raͤumung ihres Landes bewegen oder indgefamm 
‚anfreiben, moͤchten, faſt auuberſteigliche Hinderniffe 
an, bie er doch alle Mahl bald: Hark Muth, bald durch 
feine Klugheit in Erfinnung‘fofher Mittel, die, ber 
fonders da er ein Mann - war, der gar. keine Sde 
‚  genbeit gehabt, feine natürlichen Faͤhigkeiren durch 
den. Unserricht von geſchickten: Maͤnnern oder eigene 
Erfahrungen auszubilden ,. bloß durch angefrengir 
Berißeöträfte uͤberwand, ſo: daß biefe Kriegsuuter⸗ 











des ruſſiſchen Reiches. - 63 
nehmung wenigen non dinen. , die in den. "Sen 
ſchichtsbͤchern ‚einen hochberühmten Nahmen serwore 


Den haben, naibgeſezt zu werben: verdient. Obwohl 


Dies Jermaken den Sieg uͤber meit zahlreichere Heere 


Der Völker, wider die fein Bug gerichtet. wor ,. Sehr, 


erleichterte, daß ihnen das Schießgewehr völlig ua⸗ 
bekanunt war, indem bloß der. Knall des Puls 
ihnen ein :foles Schrecken einjagte, daß fie, fo 


baldeſie denſelben hoͤrten, flͤchtig wurden. Schon 


zn eiſten Winterlager, weiches er 1579 bezeg, hatte 
er Hou den 5000 Mann, mit welchen er zulegt. 
Setroganownnga verließ, nur. 9000; und als cr am. 
1. Maß1480 aus. Hefe. Winterlager aufbrach, 
vont dieſen gooo nur. noch 1036 uͤbrig. Nun .ges 


langie er am 1. Augufl-nad Tuͤmen, und beimdche 


tigite ſih dieſes Ortes ohne Widerſtand, worauf er 
Kid nach den ausgeſtandenen Rüpfelljfeiren ; weil 
die Umgebang fehr angenehm iſt, und von Tartarn 
bewohne war, die ſtarken Ackerban und Viehzucht 
trieben zu erhobfen Gelegenhrit hatte, Jetzt begaun 
er Pie ah: mehr. als win Ruuber, der. bloß 
zu feiner’ Vereicherung Leute anfaͤllt uhd gan) aus⸗ 
pländirt;:föndern als ein Eroberer zu bandeln, iz⸗ 


dem ed den Parteyen, wellbeiek gus feinem jetzt ge⸗ 


waͤhltru Winterläzer ausſchite, den Befẽbl er⸗ 


tcheflie; allrathalben wohin fie kamen, deu Lenten 


freundſuftia su begrünen, und ſich ihre gine Nei⸗ 
gung badurch zu erwerben, daß fie, wenn fie. thaen 
nach einer billigen Shäsing: des Vermögens, weis - 
ches fie beſaßen, Lebensihitteh: und Pelzwerke -ablien 


ferten, ſie im ruhigen Beſihe alles Uebrigen laſſen, 


und Ihnen die Verſicherung ertheilen follsen, daß, 
- falls fie ih In ihren Wohnungen ruhig hielten, und _ 
die ihren auferlegten billigen Abgaben abtragen nr 
den, fid aiht die seringfle Bränfung » von ibn und 


3508. 


265 _ Dritter Abſchnitt. Ghefchichte 
den Sıulgen befſirchten dürften: :@ihe dieſer Mar⸗ 
teen traf bey einem Zarıdan. bder Lehensnaun Rute 
fhums, einen Beamten des Khans, Rahmens Kutu⸗ 
gai, welder von ben Unterthauen des Tardans die 
gewöhnliche Schagung einforderte, nad feinem Herrn 
überbringen ſollte. Diefen führten fie an den uf 
. enthalt ihres. Hauptes, welbes ihm mit allen Hoch 
ach tungs zeich en begeanete, fünf feiner been Schuͤtzen 
aus: Kugelbuchſen in feiner "Gegenwart warb einem 
Ziele fchießen ließ, ſich um die feinen Khan , deſſen 
Baus; und das: Land, welches derfelbe ‚beheirfchte, 
angehenden Umſtaͤnde bey ihm erkundigte, und mit 
dem Yuftsage an den Khan, daß er Willens gewe⸗ 


: fen, deisfelben als einen Breund feine Aufwertung: zu 


machen, weil ihn. aber bie zu ſthuelle Herankruft 
des Winters. vor Beendigung Diefer Reife übereilet, 
Eünftinen Fruͤhling nach Rußland zuruͤckgehen werde, 
sad mit vielen Geſchenken und Grüßen an ben Khan, 
deffeu Gemahlinnen, Pringen und vornehmſte Mur⸗ 
fen an deſſen Hof aucuüdeiſen ließ. 

Jermak hegte bey allem dieſem die Wr, 
Rurfhumen- dabin zu verleiten ‚daß derſelbe nichts 
Feindliches von ihm befuͤrchten, und folglich alle 
Vorkehrungen, ſich ihm zu widerſetzen, unterlaſſen 
ſollte, damit er unverſehens von ihm überfallen und 
überwältigt werben möchte, Allein Kutſchum trauete 
den Berficherungen nicht, die er ihm fewohl von 
ſeiner Freundſchaft als Zuruͤckzehung neh. Rußland 


mielden ließ, ſondern vielncehr jagte ihm alles, 


was ihm Kutugai von dieſen Fremdlingen erzaͤhlte, 
haupifaͤchlich, daß er fuͤnf von ihnen mit unſicht⸗ 
bares Pfeilen ſchießen geſehen, ein ſo gewaltiges 
Schrecken ein, daß er in alle Gegenden feiner Herr⸗ 
ſchaft feinen Unterthanen Befehle gufaudte, daß fie 

nad aller Möglichkeit ſowohl die gelegenen Drie 











des ruflifchen. Reiches = 


in den Flüffen und auf dem Lande beftens bewah⸗ 
zen aud verſperren, als aud au denfelben, um die 
fen Sremdlingen das weitere Forikommen zu dere 
wehren, zuſammen ziehen ſollten. Ex befragte auch ſei⸗ 
ne Wahrſager über dieſe Augelegenheit, die ihn durch 


ihre Antwort in den Gedanken, die er ſich ſelbſt 


von dieſer Sache gemacht hatte, befehigten ; indem 
fie fagten, daB dem Lande von Jermak ein großes 
Unglüd bevorſtehe. 

Alg die Kofafen am 9. May 2 581 aus ihrem 
bisherigen Winterlager Tuͤmen auf die Tura fi 
einfhifften, mußten fie., bis fie die Mündung. des 
Zamda erreichten, drey heftige Angriffe aus ſtehen 


Deren jeder einige Tage fort dquerte, che es ihnen 


gelang, ihre Zeinde zur Ergreifung der Flucht zu 
noͤthigen. 
Da nun Sermal gegenwärtigfaum. 1006 Mann 


zu Helfern feiner Untergehmungen beſaß, und feige | 


Eeute von ihren aus Pezmien mitgenommenen Weg» 
weifern erfuhren, daß, wenn man diefen Fluß aufs 
waͤrts gehe, über das jugorifche Gebirge ein ge⸗ 
woͤhnlicher Weg nah Rußland ſey; fo überlegten 
fie acht Tage lang, ob fie durch diefen Wes nach 
Rußland zuruͤckgehey, oder tiefer in Sibirien ein» 
‚ dringen follten. Doc die Mehrheit der Stimmen 
genehmigte das legtere, und darauf trat man am 8. 
Suliüs die Fabrt nah der Hauptſtadt Sibir an, 
war aber. gar nicht weit darauf gekominen, als fidh 


(don am 16. Julius der Prinz Memerkul, ein wahrer 


Anverwandier Kutſchums, mit einem fo großen 
Schwarme Zastarn zeigte, daß das Treffen fünf 
Tage dauerte ; und die Menge der Erſchlagenen den 
Zeinden inderlich fiel, daß he uͤber dieſelben mit 
ihren Pferden nit fortkommen konnten, Nachdem 
dieſer am 21. endlich gewichen war, traf gerne 


1581. 


268 | Dritter Abſchnitt. Geſchichte 

am 26. Aulins bey der Muͤndung bes Turba wieder 
eilt’ großes feindliche® Heer, das aber im Gefechte 
wett weniger Stand hielt. Hierauf bemog ihm die 
Nachricht, daB im Wohnfige eines vornehmen Tars 
tars, Karatſcha, nicht nur viele Lebensmittel, fon- 
dern auch große Reichthümer fegen, feinen Weg'pes 
en diefen Ort su wenden, deffen er ih am 1. 
Auguſt gluͤcklich Beindiftigte , wofelbft ‘er einen 
ungeheueren Schaß an Bold, Silber, Perlen und 
Edelſteinen darin traf, unb andh vieles Getreide, 
Bteh und Honig vorfand, weiches''hles ihm und 
feinen Leuten vortrefflih zu Nuge kam, und fie 
zu fernerer Ausführung ihres Borfages, Kutfhums 
Hauptſtadt In ihre Gewalt zu bringen, aufs ſtaͤrk⸗ 
fie, autrieb. 

Doch befand Jermak gut, dieſe wihtige Hüter 
nehmung nicht eher anzutreten, bis er fich hier durch 
ein’ vierfigtägiges ‚ofen den görtliden Bepſtand 
dazu erbethen Härte. Folglich ſchiffte er ſich erſt am 
14. September mit feiner noch habenden Mann⸗ 
ſchaft,“ bie vermuthlich aus 545 Koſaken beſtaud, 
. von dieſem Orte auf feine Fahrzeuge ein, hatte aber 
wegen der ihm an der Ründung - des Tobol auflauern⸗ 
deu Tartarn viele Mühe, bis er den Irtiſch erreichte, 
au deffen Ufer er bey dem Wohnfige eines Murfen, 
Ai, landete , welchen Ort er in der Abſicht ein⸗ 
nahm, daß er ihm vorjetzt zum Standlager dienen 
follte. Doch da nun dieſe Koſaken das Biel ſchon 
por Augen liegen ſahen, weßmwegen fie alle ihre bis» 
ber ausgeflgndenen Beſchwerden und Arbeiten über 
uömmen hatten; fo erregte die Betrachtung, daß ihre 
Zabl ſchon auf ein Zehntheil der Manufhaft ger 
ſchmolzen fey, mit "weichem fie diefen Zug antra« 
sen, und dag fie mit dieſen Zehntheile ihrer vor 


B 


gt 


des ruſſiſchen Reiches. 267 


mabligen Macht noch eine Gefahr, welche alle bisher 
mit fo graßen Schwierigkeiten und Verluſte ihrer 
Rriegsaefährten uͤberſtiegene übertraf, überwinden 
müßten, indam naͤhmlich der Beherrfcher von Sibirien 
ſelbſt alle feine Kriegsmacht zur Bedrddung feiner - 
Hanpifiadt ver ſammelt und über dieß alle Zugänge zu 
derfelben nad ‚den beſten Einſichten, die er. beſaß, 
verwahss hatte, bey ſehr vielen sin Verlangen, Ratt 
ihr Vorhaben forszufegen, unverzuͤglich den Wes 
nah Rußland. anzutreten. 

Allein Jermak führte ihnen hingegen zu Ge⸗ 
—* es würde die aͤnßerſte Zaghaftigkeit ſeyn, 
und ihrer aller. nufehlbares Verderben bewirken, 
wenn man, nachdem man (dom fo viele Hinder« 
niffe, wele die Natur ſelbſt ihnen in den Weg 
gelegt ,. aͤharſtanden, unter unauthözlichen Gefechten 
mit zahlreicher; feindlichen, Hoeren fo weit gekom⸗ 
men ſep/ daß man nur noch eine Schlacht zu liefern. har 
Be, um durch Groberuug eines weitläuftigen Rei⸗ 
ches dem Baserlande einen ‚ewig rähmlihen Dienft 
zu erweifep, man auf:eine Rucht Denfen wolle, auf 
welder fie alle, ehe fie die zuflifhe Brenge erreihen 
Könnten, von Hunger, Froſt und andern Belchwera 
lichkeiten durch einen ſchaͤndlichen, Iaugfamen und. 
peinlichen Apd umkommen müßten, da, mens fie 
auf ihrem Vorhaben behastten, nur dasfelbe aufs 
übelie angfiele, es ihuen ſywobl ruüͤhmlicher als 
geträglicher: ſehn würde, im ©treite wider die, Un⸗ 
släubigen zu: follen, und Daafeihen. ihren Tod bene, 
au erfaufen. . 

‚Das biefe. Ermohnung: Sermals und ne⸗ 
Zureden derer, die in dieſer Augelegenheit ſo wie 
derfelpe dachte, ließen ſich alle Andersgefinuten um. 
leuten, und es word ein rinmüthiger Schluß ab- 
arfaßt, ale Gedasken der Ruͤgkehr fahren zu laſſen, 


/ 


268 Dritter Abfchnitt. Geſchicht 
und licher mit eben der Herzhaftigkeit, wie bis⸗ 
Ber gefheben, feinen Feind meiter bin aufzuſuchen 
Nach diefer Entfchließung brach Jermak von dieſem 
Orte auf, md" vegegnete am ı. October dem Haupts 
Deere, mit welchem Rusfchum ihn in feinem Stand⸗ 
‚lager angreifen wollte, Beil aber Kutſchum «aber 
feiner Menge noch den Bortheildes Dries, wo dieß 
Gefecht vorging, befaß; fd ward für die Mahl 
nichts eutſcheiden, fondern da beyde heile faben, 
Daß Feiner gegen den andern etwas ausrichten 
Fonnte, ging Jermak in fein Standlager zurück, 
und Kutſchum getrauete fih nicht, ihn zu verfol⸗ 
sen, weil er hierdurch den Vortheil, den ihm der 
. gegenwärtige Ort gab, verloren ‚haben würde. Aber 
Ser Mangel an- Lebensmitteln noͤthigte die Koſaken, 
baſd nach diefer nichtseutſcheidenden Schlacht aufs nene 
ihren Seind aufzufuden, und nun kam ed am 23. 
Oetober, wie es fiheint‘) an’ der Skelle der vorigen 
Schlacht zu einem Hanpttreffen, im welchem die Koſa⸗ 
Ben. einm fo volllommenen Sieg erfochten, daß ihnen 
kanm Kufbum' und Mamettal entkamen, und die 
Stadt Sihir erreiäten. - Ja au in dieſer Bieten 
fie ſich nicht wicht ‘Acer, fondern raͤumten Diefelbe 
gar bald, worauf Termat am 26. oßne Wiberſtand 
in dieſelde riüzog, und den Entſchluß faßte; vor jetzt 
" Darin feine Wohnung: aufgufhlagen. Man berichtet, 
Daß Kutſchum in diefer legten Schlacht zwey Kano⸗ 
nen auf der Landede Zfſchuwaſch pflanzen ließ, die 
den Koſalen nicht den mindeſten Schaden jugefügt, 
und von ihm bep feiner Verlaſſung der Stadt in den 
Irtiſch verſenkt fworden waͤren. Da aber fouſt weder 
grobes noch kleines Schießgewehr unter feinen Leuten 
befindlich, ſondern vichnehr ihm und allen den Sei⸗ 
nigen, wie aus dem Siäreden erhelle, das ihm ber 
Bericht utugais von dem, was derſelbe bey 


: des ruſſiſchen Reiches. 269 
Jermak ſahe, einjagte, voͤllig unbekaunt war; fo 
kann man, wenn dieſe Begebenheit von den Kano⸗ 
nen ihre Richtigkeit haben follte, nicht anders den⸗ 
Tan, als daß er dieſelben enswader von einigen 
zum kalauiſchen Reiche gehorigen Tartarn, die ſolche 
von den Ruſſen erbeutet (denn man trifft Spuren 
ou, daß er mis einigen kaſaniſchen Murfen Gemein 
ſchaft unterhalten), ober durch degend einen andern 
Weg erhalten, von ihrem Gebrauche aber nicht ben 
mindeſten Ungerricht befefien babe, aus welcher Uns 
ſache es ibm aud.unmöglic fiel, den Koſaken damit 
. einigen Schaben zuzufuͤgen, wiewohl man aus Liebe 
zum IWunderbaren ihre Unfhäbligfeit nicht dieſer 
ganz natürlichen Urſache, fondern einer veirsehuns 
der Koſaken zuſchrieb. | 
Wenige Tage nad dem Eingnge in Sibir 
ſchmeckte Jermak ſchon die Erßlinge der Fruͤchte von 
feinem Siege. über Kutſchum, indem ang verſchie⸗ 
denen Gegenden die Bewohner gu ihm famen, uud 
dur Ueberbringung von Lebensmitteln und Pelz⸗ 
werfen, wie auch Leiſtung des Huldigungseides au 
feinen Czar, den er jedem (denn man wird fih erin« 
nern, daß ein geringer Theil der Sibirier Maho⸗ 
medaner, der größte Ueberreſt aber Heiden waren) 
nach feinen Gebraͤuchen auferlsgte, fh feiner Sun 
zu verfihern trachteten, denen immer mehrere nach⸗ 
folgten. Nun hielt endlich Jermak ſowohl noͤthig 
als nüglih , einen Abgeordneten, Iwan Kolzow, 
wit 50 Kofalen und der von den Umsershanen , die 
fhon dur ihm; der Herrſchaft feines Herrn unter⸗ 
wuͤrfig gemacht waren, bereits empfangenen Schagung 
nehfl: einem Beriht an den Car nad Moskau, air 
—8 meil.er ann nis zweifeln durfte, dei; 
da er das Werkzeng geworden, durch welches fin 
Herr. zum Defige eines fa weitlaͤuftigen Sande; ge | 





270 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


langte, er nit nur’ mil allen feinen Mitgenoffen 
eine völlige Vergebung ‚aller, ihrer in ihrem alten 
Baterlande am Don begangenen Verbrechen, fon» 
dern auch nebſt ihnen insgeſammt Merkmobi⸗ einer 
beſoudern Snabde ſeines Czars erhalten werde. 
Die Aakunft der Abgeordneten Jermaks ers 
freute den Czar um deſto hoͤher, welt derfelbe Purz 
zuvor don feinem. Befeblshaber zu Dſcherdin die erſte 
Nachricht von Jermaks Unternehmung auf Sibirien 
erhalten hatte, welche man ihm aber ganz kfalſch 
borſtellttre naͤhmlich, als wenn die Stroganows 
dieſe Koſaken freywillig nit allen Erforderniſſen da⸗ 
zu verſehen, die Koſaken aber dierbey fo wenig eini⸗ 
gen Nutzen für das Reich ihres Herru geſucht und 
no! minder demſelben geſchafft Hätten, daB fie 
durch ihre Ranbfucht fowohl Wogulen, die ſchatz⸗ 
pflichtige Unterthanen des Czars wären, zur Smpoͤ⸗ 
rung und zu feindlichen Aufaͤllen der rufftſchen Wohn⸗ 
fitze in Permien, als and den maͤchtigen Khan von 
. Sibirien zur Ueberziehung ber benadhbarten roffl- 
Then Befipungen anfgereigt hätten. Auf einen fols 
chen Bericht erfolgte am 16. November 1582 ein 
fehr ſcharfer Brief dia Ezars an die Gtroganems, 
daß fie dergleichen Raubgefiude nicht unt aufgenom⸗ 
men, ſondern ſogar zu ſolchen Unternehmungen, aus 
welchen dem Reiche großer Schaden erwwachſen Fönn- 
te, Ausgeräfter hätten, wofür fie, falls daraus Un» 
wi .entftinde, gebührend Geflrafer- werden ſollten, 
womit ein Befehl verfahpfe wurde, daB fie die Ko 
faken ans Siberien zurückziehen und anhalten follten, 
die Grenzen zu vertheibigen,. wicht aber durch ihre 
Berwegendeit und Raubbegierde dem Reiche mehrere 
Sände. auf den Hals zu : ziehe. Wie aber Bald 
nach Ausfertigung dieſes ⸗Swhreibens Jermaks Ab⸗ 
geerdarte den Cjar won eihtr gang eitgegenfchenden 


— 





"des rufſiſchen Reiches. 271. 
wahren Befhoffenseht der fbirifhen Sache untgs 


richteten: fo Rellte ex über die angenehme Nahridtia 


der Hauptlishe zu Moskau ein Dankfeſt an, hefä« 
ſtigte die ‚Hanze Geſellſchaft Koſaken, die ihn ſolche 


uͤberhrachten, waͤhrend der gangen Zeit ihtes Aufente 


haltes in Moskau, und ſchickte ſie an ihr Haupt mit 
Bedenken, ſowohl fuͤr Jermak, ‚die. aus zwey koſi⸗ 
baren Harniſchen, einem filbernen Trinkgeſchitre, 


einem Pelze, den ‚der Ezar. ſelbſi getragen hatte, und, 
einem Stüd Laden befianden, als für alle defien 
Mitgenoſſen; wovon jeder Mann. Geld uud ein Std .- 
. Laden. anpflag,,, and einem’ fehr gnddigen Schtel⸗ 


ben zurüd, worin er. fie nich nur der völligen Ver⸗ 
zeihung aller äbrer: Verbrechen verſicherte, fpnbern 
aud ihre dem Reiche. erwiefenen Dienfte bob ruͤhmie, 


und. mit vorzuͤglichen Gnadenbezeigungen zu. vgtgel⸗ 
ten. verſprach. Wahrſcheinlich begleiteten dieſe Koſa⸗ | 


den, als fie gu ihren Brüdern zurücgingen, eine 
Menge Leute, die an dem Gewinne, det nad. Ihrer 
Berhreidungin dem sen eroberten Lande zu machen 
mar, Theil nehmen wollten, und vergrößerte. ‚die 
Macht der. Eroberer. Die erſte Verfidrkung aber, 
welche fie numittelbar vom - -Ejas - empfingen ,. war 
vermuthlich ‚dig, mit melher auf. deſſen Befehl der 
Zuͤrſt Simeon Diinitriewitſch Bolchowekoi, den er 


⸗ 


um, Woywoden oder Statthalter dieſer neuen Erober . 


zung ermwäßlte, om 10. Map. 1583 von Moskau 


zu Woffer „abgeifle ,. welder. 500 Rriegsleute nah 


Sibirien führte, und feine Fahrt ſe ſebr beſchleu⸗ 
nigte, daß er ſchon am. 2. November. desſelben 
Jabres in ‚der Stadt Sibir enlengte. Gleich bep 
feine ‚Ankunft genoß derfelbe das Vergnügen, zu 
feben, daß Jermak nach Abfendung feiner Abge⸗ 
orbueten an den Cjar defjen Gebietb in dem nenero- 
Dertein-2ande, theils werl Immer mehrere Gegeäden 


“0m 


. 278 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


kb freywillig unterwarfen, theils durch gluͤckiche 
Borifegang des Krieges wider Ratichum and’ andere 
Sibirier, die noch fo wenig geneig Ewaren, fi der 
Serrichaft diefer Anslaͤnder unterthaͤnig zu machen, 
daß fie vielmehr noch die Hoffnung hegten, diefelben 


mit Gewalt aufzuteiben, ſehr anſehulich erweitert, 


und durch eintn cberfau Ah am 20. Robember 
1582 der Perſon der, Prinzen Mametiknl, eines Seln- 


‚des, der deu Ruſſen viel zu ſchaffen machte, bemaͤch⸗ 


mans as 


’ eiswi 
Tod. 


tiget hatte *). 

Do lag oteleiäht dem Cjar die Vewerkfieli⸗ 
gung ſeiner engliſchen Heirath weit mehr als der 
Zuwachs eines ſo großen Landes gu’ feinem Reiche am 
Herzen, weil er nad Horfeps Bericht foger Wahr: 
fager und Sanberer jur Wegraͤumung der Hinder⸗ 
niffe dieſer Heirath gebrauden wollte, ob ihn wohl 
eine gleich ſchmerzliche als gefährithe Krankheit, 


naͤhmlich das Schwellen feines Körpers, belihete, 


daß fein Tod nicht weit entfernt ſeyn kbunte Aber 
hiervon wollte er fo wenig wiſſen, daß, als die 
Wahrfager ihm denfelben angedeutet, und, um de 
io cher ihn von der Wahrheit ihrer Ausſage 
zu überführen, ſich anf einen dam ahls erſcheinenden 
Kometen beriefen, ja gar den Tag. an welchem der» 
felbe ih auch wirklich ereignete, beſtimmt Haben fol 
len, er ihnen mit dem Scheiterhaufen drohete, falls 
ſie nicht davon zu ſchwatzen aufhörten. Allein jzu⸗ 
lege ſcheint er doch gedacht zu baben daß es we⸗ 
nigſtens nicht ſchaden koͤnne wenn er ‘ein Teſtament 
machte. Daher ermahnte er 1584’ in einer. großen 
Kathsverfammland feinen Sohn Fedor zu ein 


. ftommen und weiſen meideserweitung, und aa 


„ 


a 7 Eemni. euf. Bei. 55. vi. «ur 


356 165-—169, 174187. 


/ 


2 des ruffifchen Reiches. 273 
nete and Bewußtſeyn, daß diefer fein Throufolger 
fowohl an Seiftesgaben ſchwach, ald von einer miß⸗ 
lihen Geſundheit war, daß er nichts in Regie 
rungsgeſchaͤften ohne die Fuͤrſten Iwan Fedoro⸗ 
witſch Schuiskoi und Iwan Fedorowitſch Mſtis⸗ 

lawskoi, wie auch der Bojaren Nikita Romano- 
witſch Jurjew und Bogdan Jacowlewitſch Belskoi, 
dem er insbeſondere die Vormundſchaft und Erzie⸗ 
bung des in der zarteſten Kludheit lebenden Deme⸗ 
eins. übertrug, vornehmen ſollte. Diefen allen gab 
ee die Erinnerung, fie folten fi fein Bepfpiel und 
den ſchlechten Ausgang, den zulegt feine vieljährigen 

Kriege mit Pohlen und Schweden genommen, jur 
WBaritung dienen laffen, daß ſie nach aͤußerſter Moͤg⸗ 
lichkeit alle Kriege mit chriſtlichen Maͤchten vermei⸗ 
"den follten, und mit denſelben insgefammt ih einem 
beſtaͤndigen Frieden: und gutem Vernehmen zu leben 
ſich beſtrebten. Er Demühete ſich auch un, fo viel 
gegenwärtig in feinen Kräften land, die Uebel, die 
diefe feine Kriege verurſachet hatten, aut zu machen, 
indem er allen Unterthanen feines Keiches, damit 

fie ih Hon dem erfchöpften Buftande, in welchen fie 
durch feine Kriege gerarhen, erhohlen möchten, Auf 
sehn Jahre gewiſſe Abgaben erließ, und in Anfehung 
der Gefangenen, die er in dieſen Kriegen aus frem» 
den Ländern in fein Reich geführt hatte, den Befehl 
ertheiltz, daß fie näch ihrem Belieben "in demſelbetn 
verbleiben, oder auch weggehen koͤnuten. Nach CEhy⸗ 
traͤus ließ er ſich vor feinen Tode zum Moͤnche 
ſcheren. Aber dieſes ſcheint mit dem, was Horſey 
von feinem Tode berichtet, nicht beſtehen zu koͤnnen, 
Denn nad deſſen Ausſage ließ er. ſich gegen fein Les 
bensende alle Tage auf einem Stuhle in feine Schatz. 
kammer tragen, und nahm jwep Lage vor feinem Ad. 


ſterben diefen Horſey dahin mit, in deffen Gegenwart er 
Geſch. Aufl: ⸗. Band. & | 


Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


ſich mit der ungebeuren Menge feineSchäge, indem fein: 
Schatzkammer die Reichthuͤmer aller anderen europäi- 

ſchen Faͤrſten Äbertraf, und in Befichtigung der@deifei 
ne ergögte, und vou der Befchaffenheit der verſchlede⸗ 


. nen Arten der Steine fehr ausführlid ſprach. Kur, 


vor feinem Zode ließ er fih ein von den Aerzten 
ihn vorgefihriebenes Bad bereiten, und. alsdann den 
MWahrfagern , welche ihm angedeutet, daß er diefen 


Zug fierben würde, durch feinen Bünftling Belt: 
koi melden, daß er fie bald für ihr lügenhaftes Ge 


ſchwaͤtz werde’ befirafen Tönnen, indem er heute, ol 
an dem Tage, den fie zu feinem Tode befimmien, 
nicht nur lebe, fondern auch Befferung feiner 96 
ſundheit fpüre,, worauf ibm Belskoi die Antwort 
von ihnen Überbrachte, daß dieſer Tag noch nice zu 
Ende fey. , Gleich nachher ging der Czar ins Bad, 


and verbarrte vier Stunden darin. Darauf Ik 
. er fi ins Bett, richtete ſich aber bald wieder auf, 


and ließ ein Schachbret bringen, auf welchem er 


mit feiner Hand die Steine zurecht fegte, und In für 


ner Sglafkleidung ſpielte. Aber waͤhrend den 
Spielen fiel er ploͤtzlich zuruͤck, und ſtarb während 
dem Gebrauche der Kraftwaſſer, mit denen man 
ihn, um ihn beym Leben zu erhalten, beſtrich. Die 


Sammlung rufſiſcher Geſchichte gibt aus guten 


Quellen den 18. oder 19. März, auslaͤndiſche Ge⸗ 
ſchichtſchreiber, die ſich aber auf eben fo glaubwir- 
dige Gewaͤhrsmaͤnner berufen, theild den 26. theils 


den 28. März als feinen Sterbetag au. Doch alle 


dieſe verſchiedenen Bezeichnungen find, wenn man If 
zecht erklaͤrt, gleich gegruͤndet. Dean die.ruffifgen 
Serhictfhreider schnen nah bem-alten Kalender, 
die Pohlen. aber, wie auch damahls, wiewopl aut 


auf eine kurze Zeit, die Schweden nad dem neu 
gregorianifgen, welcher 10 Tage mepr zählte, un) 





des ruffifchen Reichs. 276 
Heidenſtein berichtet, daß das Abſterben nicht ſo⸗ 
gleich verlautbaret, ſondern eiwas verhehlt wor⸗ 


den ſey. Sobald es bekannt gemacht ward, erhob 


fi eine allgemeine Jammerklage, weil ein jeder 


aus dem großen Saufen ſich einen fhlimmern Sue _ 
fiand des Reiches anter der folgenden Rıgierung | 


vorfellte. N 


⸗⸗ 


GSieich nach feinem Tode entſtanden unter den Fedor bes 


Köthen, dic er feinem. Sohne Fedor zu Mitregenten 


zugeordnet hatte, ſolche Zwiſtigkeiten, woraus leicht zu gen * 


ſbin den 


n, aber 


merken war, daß dieſe Regierung nicht Tange Be⸗ mager 


ſtand haben werde. Zudem duͤnkten fi andere, die 8* den 


oris bringe 


hiebey hintangefegt waren, zu gut, von Männern , größtenZheil 


die fie als ihres Gleichen oder noch unter fih zu 
fenn.fhäpten, Befehle ertheilen zu laſſen. Am lau 
teften bezeigten Simeon, welcher als ehemahliger 
Khan von Kafan beitdudig den Ehrennahmen Czar 


bepbehalten Hatte, und hierneben von Zwer, wel⸗ 


ches ganze Land ihm der verfiordene Swan zu feiner 
-fiaudesmäßigen Berforgung mis Borbehalt: feiner 
oberherrlihen Rechte eingeräumt hatte , den Titel 


Broßfürft von Twer führte, fein Mißvergnuͤgen, daß 


er von der Theilnehmung an der Regentfhaft aus⸗ 


dee Regie: 
tung an fi, 


geſchloſſen warı Aus diefen Umfänden fihöpfte dia " 


flauer Mann, Boris Fedrowitſch Godunow, Hoffe. 
nung, daß es ihn, ob er ſchon jegt noch nicht eine Wuͤr⸗ 


de bekleidete, die ihm ein vorzugliches Anſehen ers 
theilte, duch den Bloͤdſtun des jungen Czars nud 
die daraus entfpringenden Gewalt der Sentaplind 
desfelben, Irene oder Arina, einer Schweſter dieſes 
Boris, gelingen werde; alle diefe Regenten zu ver» 
drängen, und fi allein in Ihre Stellen and Ruder 


der Staatsgeſchaͤfte zu bringen, Der gefaͤhrlichſte 


Gegner hierbep fchien ihm Belskoi gu ſeyu. Daher 


verhetzte er, der ſich gegen dieſeñ Belskoi flellte, ala 


Sa , 


276 Dritter Abfchnitt. Gefchichte 
wenn er deffen Freund fen, die übrigen Regent 
in der Stile gegen ihn, und fand um deſto leichte 
bey ihnen Eingang, weil Belskoi, der, da er der 
erſte Sünfling Iwand war, ſich die Rechnung ge 
macht hatte, daß derfelde ihm allein die Beforgung 
der Regierungsverwaltung uübertragen würde, fei 
nen Unwillen,, daß er diefelbe mir Mehreren theilen, 
jo die legte Stelle unter ihnen einnehmen folte, fo 
ſtark ausbrechen ließ, daß er alle jbm vorfigenden 
Kegenten als feine Untergebenen behandelte. Die 
fe Gezaͤnk ging fo weit, daß, als Leo Sapieha, 
welchen der König von Bohlen als Gefandten nah 
Moskau ſchickte, auf feine Erklärung, dag, obwohl 
fein Geſchaͤft fbm nur an den während feiner Hr 
Bunft verfiorbenen Xwan aufgetragen fey, er fd 
- doch nicht weigere,, bey” der nenen Regierung Gehör 
gun nehmen , in der Rathsverfammlung erſchienen 
war, in feiner Gegenwart die übrigen Raͤthe mil 
Belskoi fo zerfielen, dab fie die Saͤbel gegen einan⸗ 
der zudten, und in diefem Gefechte 20 RMenſchen 
getödtet wurden. Doch es dauerte nicht lange, ſo 
zogen Belskois Gegner den Poͤbel zu Moskau durh 
das Borgeben auf ihre Seite, als wenn Belsloi 
den verfiorbenen Czar durch Sife hingericheet habe, 
und jetzt gefinnt fey , Fedorn und alle Bojaren, die 
es mit diefem ihrem Herrn treu meinten, gleihfalt 
aus der Welt zu fhaffen, und fo lange unter dem 
Nahmeitr feines Mündels Demetrius die Regierung 
vw führen, bis er feine Gewalt fo befeſtigt fehe, dab 
er fi fogar Die czariſche Krone auffegen koͤnne, do 
er denn auch den Demetrius in die Emigfeit fh 
den, und fo den ganzen ruffıfhen Regentenſtamm 
nertilgen werde. Da diefes der Poͤbel glaubte, 308 
er gerwaffnet gegen das Schloß, und drofete, Be 
walt zu brauchen, wenn Man nit dard Belskoi⸗ 


des ruffifchen Meiches. 277 


Tod dem Leben ihrer rechtmaͤßigen Herren Sich er⸗ 
beit verfchaffen werde. Hierouf begaben fi zwey 
 Regierungsvorficher ,„ nähmlih der Fuͤrſt Iwan 
Mſtislawskoi und Nikita Aurjew, mis zwey Gen 
heimfchreibern vom Schlofje in den Haufen des Volks, 
uud verficherte demfelben im Nahmen des Ezars, 
daß es, wenn es fi ruhig halsen und fein Geſuch 
dem Befinden des Czars heimſtellen wolle, alle ge 
rechte Befriedigung erhalten follte, und darauf er 
- ging die Entſchließung, dab diefer gefährliche Aufs 
lauf nicht anders als durch Belskois Vermeifung zu 
Rillen ſey, dem man Nifchneinowgorod zum Orte 
feiner Verbannung vorfhrieb. Boris aber that 
durch Erlangung der Würde eines Bojaren und 
Konnuſchei oder geheimen Raths und Oberſtallmei⸗ 
fiers,, die ihm fein Schmefiermann gleich beym Au⸗ 
sritte ‚feiner Regierung ertheilte, fon einen großen 
Schritt weiter zur Erreihung feiner hohen Adficht, 
und bald vergrößerte dDiefer Schwager feine Ein⸗ 
. tünfte fo fehr, daß fi diefelben nah der Samm- 
lung ruffifher Geſchichte jährlich ‚auf 9370p Rubel 
‚beliefen ”). 

Weil die Rränftigteti des Czars vermuthen 
ließ, daß derſelbe nicht lauge leben werde, und kei⸗ 
ne Kinder von demſelben do waren, wie wohl die 
Meißen die Urfache dieſer Kinderlofigkeit feines Ehe⸗ 
ſtandes nicht dem Czar, fondern einer Unfruchtbar⸗ 
keit feiner Gemahlinn zufcrieben, weßwegen man 
demfelben au oft anlag, ſich non Ihr fcheiden zu 


*) Wenn man aber die einzelnen Poſten, aus welchen bie: 
fe Hauptfumme erwachfen fol, zufammen rechnet, fo 
kommt noch mehr Geld , nähınlih 104500 Rubel her⸗ 
‚aus, und dann find die Einkünfte der Landfchaft Waga 
und der ſehr einträglichen Lehensgüter, als von wels 
chen der Ertrag nicht zu Geld angeſchlagen J noch 
nicht einmahl mitgezählt, 


- 


N 


78 Dritter Abſchnitt. Geſchichte 


laſſen, und durch Heirathung einer andern dem Reis 
de Hoffnung zu geben, von ihm Erben zu befommen; 
fo eilte Boris fehr, ale Perfonen aus dem Wege 
zu ſchaffen, die ihn bey Ereignung des Todes Fe⸗ 
dors von dem Throne ausfchließen Fönnten. 

In diefer Abficht wurden febr bald viele Perſo⸗ 
‘nen, die unter dem verforbenen Ezar in vorzüglis 
chem Anfehen lebten, unter dem Borwande, als 
wena fie mit Hochverrath gegen den Ezar umge 
sangen ‚in weit entlegene Orte verwiefen, und be 
fonders traf diefes Schidfal das ganze nogaifche 
Geſchlecht, welches wegen der Mutter des Prinzen 
Demetrius nah aller Wahrfcheinlichkeit bey einem 
unbrerbten Tode Fedors ſich der Rechte diefes feines 
Bruders angenommen haben würde. Diefe Ezarian 
follte e8 noch als eine befoudere Suade anfehen, daß 
man ihr erläubte, ihre Brüder und einige andere Ver⸗ 
wandten mit nach Uglitfch zu nehmen, da man ihr 
auferlegte, mit ihrem Prinzen nach diefer Stade zu 
sieben, deren, @infünfte man ihr nnd ifrem Sohne 
zum Unterbalte anmwies, 

So. leiftete ihm auch der englifäe Gefandte 
Bomes den Dienft, daß er eine Großfürfinn, 
vermuthlihß Marten, die Witwe des tm Jahre 
1583 verflorbenen ehemahligen lieflaͤndiſchen Koͤnigs 
Magnus, die zu Pilten, Riga oder ſonſt einem un⸗ 
ter pobinifcher Herrfdaft ſtehenden Orte in Liefland 
"außerhalb feiner Gewalt fih aufpielt, dahin zu bes 
wegen, daß fie auf große Berfprecdumgen von einer 
anfehnliten Berforgung in Rußland fich heimlich aus 
ihrer gegenwärtigen Sicherheit. mit ihrer einzigen, 
im Jahre 1384 gebornen Tochter ins ruſſiſche Ge 
bieth begab, wo fie gleih bey ihrer Ankunft zu 
Mostau, unser Verwuͤnſchung des englifhen Ge⸗ 
fandsen, der fie in dieß Unglück geflürgt, ia ein Klo» 








des ruſſiſchen gleiches 279 


ſter zu “gehen gezwungen ward, ihre Tochter aber 
Im Jahre 1588, und, Toie man glaubt, durch eis 
nen »em: Boris veranfälteten Tod verſtarb. 

Aber ungeachtet dieſes Dienſtes, den Bewes Der Beandel 
Borifen leiſtete; konate Bowes doch nicht von" mid alı 
ihm erlangen , daß er die unter Fedors Nahmen als Ten Natio⸗ 
- In: Völkern Ohne Unterfchied ertheilte Freyheit, durch "EP Fröfnel, 
den von. der englifden Handelsgeſellſchaft entdeckten 
und fo lange von Ihr allein benutzten Weg in Ruß 5 
land Handlung zu treiben, widerrufen, oder uch 
diefe Handelsgefelifchaft von den Abgaben, die von 
min an alle, welche diefe Handlung genießen woll⸗ 
ren, erlegen follten , befreyet ‚hätte, fondern ruffi» 
ſcher Seits begehrte man vielmehr von der Koͤnigiun 
von England, daß diefelbe Beinen von ihren Unter 
thanen hindern follte ‚neben der Handelsgeſellſchaft 
ach Rußland Handelsfahtt en zu unteruchmen, und 
{Agie ; Voß man bloß aus Hochachtung für die Koͤ⸗ 
aigien mit dieſer Handelsgeſellfchaft, aus welcher 
ehe Blteder ſich Jehr ſchlecht und betruüglich gegen 
u 273 Rifffeh aufgefuͤhrt hätten, nicht nach. Werdienſt 
vorfähre;, fondern ihr doch vor allen andern Hans 
delnden gewiſſe Vorzuͤge, inud hieruuter auch deu. 
gewaͤhre, daß fie wur: die Hälfte von: den allben auf⸗ 
-dlegten Zöllen bezahlen ſollte. Weil aber doch Bo» 
wes nach der Keiſe, Die er nun in ſeinWaterland 
ſhat; zuin zwepten Mahle als engliſcher Qeſandter 
ach Nußland fan, und bey ſolcher Wiederbunſt in 
großee Vorraulichteib mit Boris ichte, ſo weiß 
ich nicht, ob die Eryähleng: glaublich ſep / daß er 
Hp fehner erflern Abfahrt. Dix Ruſſen, welcht: Zo⸗ 
Bund anderes Pelgwert;; als czariſche Befihenke, 
theils für feine Röntgen, theils für ipir, uͤberbrach⸗ 
ven, mit den Worten, ‚weder er noch viel‘ weniger 
feine Rönigian beduͤrften folder Katzenfelle und- 


330 Dritter Abſchnitt. Seſchichte 


mit bleßem Degen vom Schiffe abgetrieben haͤtte. 
Wenigſtens bewies die Königien ſich fo ſorgfaäͤltig, 
die Freundſchaft des gegenwärtigen ruſſiſchen Hofes 


zu erbalsen , daß fie den Birfauf eines Buches das 


Boris be: 


Hegidins Fletcher, der nah Bowes als englifher 


* Gefandter Ruslaud befuchte, von dieſem Reiche dru- 


den lieh, weil Manches darin vorkam, was mau in 
Xußland übel aufnehmen fonnte, unterfagen lich. 
Iuzwifhen befeſtigte und erhoͤhete Boris fein 


, mädtigt ih Anfehen bey. ‚allen Verſuchen, die men machte, ihn 


Inmer mehr 


und mebr 


desfelben gu berauben , indem er dem blöden Ezar 


der Regies voeſpiegelte, daß alle Entwürfe, durch welche man 


rung. 


1585. 


ihn vom Regimenssruder ‚entfernt wiffen wollte, dar⸗ 
auf abzielten, dem Czar einen fo geireurn und für die 
sehtmäßige czariſche Gewalt eifrig gefinnten Sioais- 
bedienten zu eutziehen. 

Im J. 1585 regte fich eine ſebr aablerise veried 
wider ihn, au deren Spitze faſt alle wegen ihres 
vornehmen Herkommens im hoͤchſten Anſehen ſtehen⸗ 


den Herren ſtanden, die an Des gemeinen Volke ia der 


Haupiſtadt und einem Theile Des Heeres eine mächtige 
Unserkügung befoßen, nageachtet Boris alle moͤgli⸗ 
en Künfie brouchte, da er (han die meiſten; Be 
diennagen am Hoſe, im geheimen Rathe, Ben Ge⸗ 
sihtsftuben ‚und, dem Heere mit feinen Ergebenen 


‚befepe hatte, .aush den großen Haufen durch Wohl⸗ 


hosen jun gewinnen, wohln das gehdts, daß er bry 
Gedaes. Krönung den legten Willen feines Veters 
Iwan wegen: Erleffung verſchiedeuer Auflagen und 


Befteyung der Brfongegem phllfiredte, 'wonen er dat 


Berdienn nit dem guten Bemüsbe des Czauß, fon 
bern feinem Rathe zufibrich, und zwar um, Dehp meßt, 
weil es⸗ mit zu feinem Entwürfe gehörte, Federn 
als einen ſtreagen Fürflen abzuſchildern, damit er al⸗ 
fe Bluturiheile und Berbenyungen , die auf Boris 


des ruffifchen. Reiches. 281 


„ Cingeben . und zu deffen Nutzen geſchaben, einer Un- 
beweglichkeit Fedore, auf: feine Fürbitte diefen 
Berursheilten Gnade zu ergeigen, zuſchreilen, nad 
alle Milderuugen, die auf die. erſterü Urtheile er⸗ 
folgten, ‚bey den Begnadigten und ihren Verwand⸗ 
ten fi zum Verdienſt anrerhnen konnte. So made 
te er es mit den Theilnehmern diefer großen Ver⸗ 
bindung. gu feinen Sturze. Denn Fuͤrſt Iwan Fe⸗ 
drowitfſch, Mſtialawskoi, das Haupt derfelben, wur 
de mach dem entfernten Beloſero, doch unter dem 

Scheine ‚; ald wenn er freywillig den Moͤnchs ſtand 
erwaͤhlt haͤtte, ins kirillowiſche Kloſter geſchickt, 
und eine Menge der Theilnehmer dieſes Vorhabens 
in amdere „entlegene Orte „des. Reiches verwiefen. 
Allein Rikita Romanowitſch Jurjew, der auch dazu 
gehoͤrte, cwar als ein. Musterbeuder. des Czars, und 
DE Fuͤrſten Schuisfoi gleichfalls durch ihr: hohes 
Herkommen Ihre Würden. uud: allgemein. erfau 
te Verdienfle fo maͤchtig, daß Boris es nicht mar 
gen durfte, ſich offenbar au ihnen zu vergreifen, 
fondernfih gefallen ließ, dag der Metropolit Dies 
nyſius das GSeſchaͤft einen Verſoͤhnung zwifchen ihm 
und den. Bürfien Schuisfoi übernahm. Do kanm 
war. \bhefe Ver ſoͤhnung geibehen, fü ereignete ſich 
ein Vorfall, aus melchem Diefe erſcehen konnten, daß 
Wefe Antfoͤhnung auf Baris:: Seite ein verſtellies 
Werk ſey. Denn als fis. vom Metropoliten. nad 
‚den großen: Saäle de& czariſchen Pallafled ‚gingen, 
berichtete: Fuͤrſt Iwan Petrowmitſch Schniskoi ben 
"auf dem „Safplape verfamurdten, Kauflenten biefe 
Verföhnung als: eise fo wohl. für ihn, ale fie, die 
in dieſem Zwiſte mit Boris einen großen Eifer für 
Die Abfichten dieſes Fuͤrſten bewieſen hatten, hoͤchſt 
angenehme Nenigkeit. Aber zwep Kaufleute traten 
hervor und ſagten: „Ihr. habt euch verſoͤhnt, aber 


298 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 
unfere Köpfe werden es entgehen, und: du, Fuͤrſt, 
mit und. Dean de irreſt gar fehr, wenn du glaubſt, 
daß es Boris mit. die aufrichtig meint.” — Die: 
fe bepden feenmärhigen Kaufleute wurden in der 
folgenden Nacht aus ihren. Häufern geholt, und ei⸗ 
ne undardidringlihe Dunkelheit bededite ihre, fer- 
‚neren Scidfale. Nikita Romanowitſch aber verfic 
bald in eine folge Krankheit, daB en: ſprachlos zu 
Berte liegen mußte, fokglich Boris: Aichts weiter 
von ihm beforgen durſte, und fein. Leben dauerte 
auch aur noch eine: kurze Zeit, indem er dasfelbe 
am 'asflen April im Jahre 1586 endigte. Viel⸗ 
.  deit verurſachte dieſe Bemerkung des: Unlauterkeir 
Boris bey der Verfähnung mit: bes Fuͤrſten Schuis: 
koi, daß diefe im Zahre 1586 einem neuen Au⸗ 
ſchlage, ihn feiner Vielguüͤltigkeit beym Egar : zu ber 
rauben, beytraten, wozu man Die. Ehefheidung Be 
dors von feiner Schweſter als ein Mittel wählte, 
womit man um deſte Feichter durchzudringen hoffte, 
‚weil der verfiorbede Zw an in feinem. Ichten Wil» 
len verordnet Hatte, daß, wofern imnethalb zwey 
Jahren keine Erben aus dieſer Ehe: arkeugt wuͤrden, 


ber. ganze geheime: Rath dirſe. Eheſcheidznge bewir⸗ 


‚tem ſollte. Diefe Sache war ſchon fü weihgebradt, 
dab man dem .Ejer eine Bittſchrift: abarreichte, im 
welcher man ihn im Nahmen des gauzenn Volls 
um dieſe Eheſcheidung beih, und ein anderen, vor⸗ 
achmes Frauenzimmer zus neuen Czäriun vorfhlag. 
be World wußte den ‚Mriropoliten,:teffen Stimm 
me in tiefer "Angebögenheit ‚. weil nicht nur diefelbe - 

eine Sewiffensfache betraf, fondern vorzüglich vie 
galt, fo umzulenken, daß derfelbe unter dem Bor⸗ 
wande, daß, da man, well der Prim Demetrius 
lebe, wenn glei Fedor kinderlos flürbe, einen ge 
wiffen Thronerben befipe, Fein dringender Nothfall de 


4 


des rurffifchen Keiches. 483 


ſey, welcher die Scheidung der jegigen Ehe Z edors | 
recdhtfertige, von den DBertheidigern der Ehefcheidung 
auf feine Seite übertrat, und fogar darein willigte, 
dag der beflimmten Braut der NRonnenftand aufges 
. drungen ward, Nun machte dieſe Eheſcheidungs⸗ 
ſache alle, welche ſich durch Betreibung derfelben 
als Boris Gegner bloß, gegeben hatten, ungluͤcklich, 

der es für ſeine Sicherhelt hoͤchſt ſchaͤdlich ahtete, wenn 
er nicht aufs ſchleunigſte den Fuͤrſten Iwan Petro⸗ 
witſch Schuiskoi, den Zürften Andreas Iwanowitſch 
Schuiskoi und Petern Golowin aus der Welt ſchaffte. 

Da mar aber mit dem Rechtshandel, den man in der 
Abſicht anfing, um fie ald Verbrecher unter dem 
Scheine der Gerechtigkeit hinrichten zu koͤnnen, ob 
aan wohl theils Anfläger und Zeugen wider fie er: 
Faufte, theils verſchledene Perfonen peinigte‘, damit 
man Von ſolchen durch die Marter nachtheilige Aus⸗ 
fagen wider dieſe fuͤrchterlichen Gegner Boris er 
preßte, durchaus nicht fortkommen konnte; ſo blieb 
nur dieß Mittel Abrig, daß fie aus der Hauptſtadt 
in gewiſſe ihnen angewiefenen Drte verwitfen, und 
Auf Boris Befehl ermordet wurden. Eine Menge 
anderer ' Werfonen von geringerem Ainfehen mußte 
durch Tinen gleihen Weg aus der Welt geben, und 
nur fieben Angefehene Kaufleute verloren darch ei» 
nen otdentfichen Urtheitsfpruch ihr Leben, Di ader 
die: Wuth Boris täglich mehrere Menſchen traf; 
fo erdreifleten ſich der Metropolit und der Erzbiſchof 
von Rrutigi, dem Czar den Mißbrauch, melden der⸗ 
‚felde von dem ihm eingerdumten Anfchen made, 
aufs deutlichfte und ruͤhrenbſte vorsuftellen. Aber 
Boris hielt das Gemuͤth Fedors ſo in feinen 
Feſſeln, daß derfelbe nicht nur feiner Redyifertigung 
über die Klagen, die zwey megen ihrer hoͤchſten 
geifllichen Würden von Zedor überaus gejchägte 


234 Dritter Abſchnitt. Gefchichte 


Männer wider ihn aubrachten, fondern auch dus 
Beſchuldigungen, die nun Boris ihnen beymaß, fo 


völligen Glauben ertheilte, dag dieſe beyden Haͤup⸗ 


ter der Geiſtlichkeit ihrer Wuͤrde entſetzt und in 

gewiſſe Kloͤſter im Nowgorodiſchen geſteckt wurden. 

Die Stelle des entſetzten Metropoliten erhielt der 
Erzbiſchof von Roſtow, Hiob, welcher im Jahre 
2589 zum erſten Patriarchen von Moskau erhoben 

ward. 

Boris faͤhrt Wie dieſes ſich ereignete, "war Boris ſei⸗ 
ale nem großen Ziele fhon um Vieles wieder näher ge: 
- benden Per: ru. Denn im Jahre 588 uͤbertrug Zed or ihm, 
fonen fort: ob er gleih in dem. aus 31 Perfonen beftchenden 
— geheimen Rathe, indem in demſelben die Borzüge 
flaltet fogae der Geburt den Rang, der Glieder beſtimmten, aut 
—— den ſiebzehnten Plag bekleidete, fo wohl die czari. 
einigen Er: ſche Schatzkammer, die font immer unter dem ei⸗ 
ben Fedor. genen Siegel der Beherrfcher des ruffiihen Reichs 
‚1588. verwahrt geweien war, als aud die Abmachung 
aller minderwictigen Geſchaͤfte, und behielt fih als 

&;ar bloß das vor, daß Boris die wichtigen Ange- 
Jegenheiten, ihm. vortragen ſollte. Doch fo lauge De» 

metrins lebte, lag ihm ein unüberwindlicher Stein 

dei Auſtoßes im Wege, nad Fedors Ableben 

den Fhbron; u beſteigen. Zwar war Demetrius noch 

in den. erften, Knabenjahren und Fedor noch nidt 

sodt. Ader wenn diefer farb, und wer ‚mußte, 

‚wie, ‚bald er fierben werde? fo mußte Demetrius 

M nid mehr am Leben ſeyn. Sa, hätte er nicht noch 

' bap Lchzeiten Fedors in Sicherheit wider al 
Gewalt des Boris gebracht werden tönnen? Ueber 

| dieß offgnbarte derfelbe ſchon in frinen Kiuderjah⸗ 

sen im Spiele, daß er Boris and deffen Freunde 

für feine Brößten Feinde erfenne,. indem er im Wio- 

ter auf dem Eiſe und Schaee Menſchengeſtaglten ver: 


a 








‚des ruffifchen Reiches. 285 
fertigen ließ, und jedem diefer Schneebilder den 
Nahmen eines ruffifhen Herren beylegte, alsdann 
aber vinen nad dem andern niederfäbelte, und fich 
Dabey der Worte bediente: So will ich es mit ih» 
nen maden, wenn id Ezar werde. Man will Be» 
weiſe haben, daß ſo wohl ihm als ſeiner Mutter 
mit Gift nachgeſtellt worden, und eine Waͤrterinn, 





Da fie von einer ‚Fir ihren Prinzen zuberelteten Speis- 


fe gegeffen , ſogleich geſtorben ſey. Doch es iſt auch 
ſehr moͤglich, daß, da man einmahl wußte, daß 
Boris Fein Verbrechen unterließ, wenn er ed nuͤtz⸗ 
lich zu ſeyn erachtete, viele Dinge ihm zugefchrieben 
wurden ,,.an die er nicht gedachte ; aber mehrere 
Sengniffe beftätigen, daB ein Vertrauter des Boris 


: fi gegen denfelben im Jahre 1591 erbothen, Meu 


chelmoͤrder wider den Prinzen zu beftellen. Die er» 
Men, denen er den Antrag that, eine fo ſchaͤndli⸗ 
be That anszuführen , wiefen ihn zwar mit deut- 
licher Erflärung ihrer Verabſcheuung eines fo 
ſchweren und entfeglichen Verbrechens ab. Allein 
der dritte, ein Diak, Michael. Bitjaͤgowski, ver- 
ſorach auf das erfie Wort des Bertrauten Boris 
alle Willfaͤhrigkeit. Diefem gab man nun, um 
ihm &elegenheit zur Verübung des Mencdelmordes 
gu verfhaffen, einen Befehl, daß er das Verhalten 
der Mutter. des Demetrius unterfuhen, und nad 
Maßgabe des Befunde desfelben, Veränderung gu 
uglitſch treffen follte. Ben feiner Ankunft an dies 
fem Orte machte er damit den Anfang, daß er der 
Cjariun ihre Einkünfte befhnitt, und den Umgang 
mit idren Brhdernund andern Getreuen einſchraͤnkte. 
Bey allem diefem aber fiel ed ihm doch ſchwer, feinem 
Schlachtopfer beyzukommen, indem die Mutter es 
nit aus den Augen lieg. Doc da fie eiumahl am 
ı sten Map Mittagsruhe hielt, lockte die Wärterina des 


286 Dritter Abſchaitt Seſchichte 
Griugen, welge men neh iheen Gabe Bien 
fi in die ſtrafbare Verbindung gezogen hatte, ihe 
unter dem Borwande eines Gpides in den Sei, 
wo er von ihrem Sohne die fe Wunde rapfıy, 
uud alsdann von den übrigen Böfewidter (die 
ganze Rotte befand wenigſtens ans zwölf Palo 
nen) mit viden Wunden gu Tode gemartert ma. 
Der Glödner von der mahe gelegenen Hauptlrdt 
bemerkte dieſe Schandthat, und lief ſogleich fin 
Thorm, umdurd Läutung der Starmgloce die gun 
Stad wider die Mörder anfzubicthen, die ker. 
den Einwohnern der Stadt, theils ned imsahıll 
Verfelben,, theils (dem anf dem Wege nah Re⸗⸗ 
an, erſchlagen oder gefieinigt wurden. Bir 
Bericht, den man ans Uglitſch mad dem, weinen 
dort von dieſer Sache geſchen, an den Cjar ia 
se, in deſſen Hände gefommen ; fo wärbe drklit 
ihn wenigfiens aufmerkſam gemacht und vi 
loßt haben, daß er Rachforſchungen über die mu‘ 
eigentlihe Bewandinig und die Antriebe zu driE® 
mordung feines Bruders und vermuchligen Ihrer 
erben angefellt Härte. Aber dagegen war Boris 
volllommen gedeckt, indem jedes Schreiben, das U 
den Ezar lautete, au Boris abgegeben werden must. 
Diefer foßte alfo jegt flast des von Uglitſch afım 
menen Berichtes einen gong andern ab, derbead! 
des Bruders des Ezars einer ſchweren Krankheit, in 
welcher derſelbe entweder in einer Verwirrung des 
Berfiandes oder aus: Unvorfichrigfeit in fein eigenes 
Meſſer gefallen, und der Achtlofigkeit feiner Kr 
ter und Mutterbrüder , die der Schuldigleit ver 
geflen hätten, die ihnen gegen. dem Prinzen zuladı 
zuſchrieb. Doch diefer Bericht wirkte in Zedon 
Gemuͤthe nicht alles das, was er nah Boris Ge⸗ 
danken und Gatwutſe wirken ſollte, indem der Ezet, 








des ruſſiſchen gReiches. 287 


Bart Boris Rathe bepzupflichten , nicht nur. Ab⸗ 
geordnete nah Uglitfch fandte, um die ganze Be⸗ 
wandemiß diefes Todes zu unterfuchen, und die ſtan⸗ 
desmaͤßige Beerdigung der Leiche zu beforgen, fondern 
ſelhſt dDieferwegen eine Reife nach Uglitſchthun wollte, 
worauf Boris kein anderes Mittel, zu verhuͤthen, 
daß der Czar zu Uglitſch Boris nachtheillge Eröffe 
nungen erhalten möchte, zu ergreifen. mußte, als 
daß er denfelben mach Uglitſch begleitete. Aber wie 
fie bereits im Drepeinigfeitöflofter waren, verdndere 
ten die Nachrichten, die fie von vielen in Moskau 
ausgebrochenen großen Zeuersbrunften erhielten, die⸗ 
fen ihren Borfag, und bewogen fie zus Rückkehr in. 
ihre Hauptſtadt. Die üble Meinung, die men ia 
Rußlaud won Boris. hegte, offenbarte ſich auq bey 
dieſer Veranlaſſung, indem man ihm oͤffentlich nach⸗ 
redete, er habe das Feuer ſelbſt angelegt, indem 
er durch dieſes Mittel ſowohl die Reife Fedors 
sach Uglitſch vüdgingig machen, ald die Hufmerk« 
famfeit der Moska uer von dem Zodesfalle des Prins 
zen anf ihre eigene Rosh wenden, und fie endlich 
dadurch, daß er ihnen Ihre abgebrannten Haͤu⸗ 
fer aus dem rzarifhen Shape fihöner wieder - 
herſtellte, verbindlich machen wollte. Er hingegen 
Srachtete, einen ihn fo ſchaͤdlichen Verdacht dadurd 
zu vertilgen, daß er ausfprengte, dieſes Feuer rühre 
von einer Mordhrennerey der Uglitſcher, an welcher 
vielleicht die Mutter des Demetrius und ihre Bruͤ⸗ 
der Theil genommen hätten, ber, als welche dieſen 
Weg -erwählten,, ihm und dem Ezar das Leben zu 
randen,, damit fie wider die Strafe, die fie- wegen 
ihrer Verſchuldung bey dem Tode des Prinzen ver: 
dient hätten, geſichert würden, und fünf Soldaten, 
die man wegen diefer Seueröbrünfte gefaͤnglich ein« 
308, thaten auf der Marterb auk eine Ausſage, die. 





288 Dritter Abſchnitt. Gefi chichte 


mit dem, was Boris geglaubt wiffen wollte, über 


m 


einftiminte. Die Abgeordneten, die man nun nad 
uUglitſch fandte, waren Männer, auf welche Boris 


fih ganz vollkommen verlaffen konnte, naͤhmlich der 


Fürſt Wafilei Iwanowitſch Saustei welcher, um 


dem trautigen Schickſale zu entgehen, das feinen 


Bater , den unglüdlichen Iwan Petrowitſch, betrof: 
fen hatte, ſich aufs hoͤchſte beſtrebte, in allen Stuͤ⸗ 
den ſich nach dem Willen des Mörders desſelben 
zu bequemen, und der Okolnitſchei Andrei Petrom 


‚Sin Aletſchnin, eben der, deſſen fi Boris zur An⸗ 
werbung der Meuchelmoͤrder wider die Perfon des 
getoͤdteten Prinzen bedient hatte, und dem folglich 


am ſeiner eigenen Erhaltung willen am meiſten dar 
an lag, daß in der Üdterfuchung nicht das Gering: 
fie herauskaͤme, woraus Fedor einigem Verdaht 
ſchoͤpfen koͤnnte daß es mit dem Tode feines. Bru⸗ 


ders anders zugegangen, als er von Voris gehoͤt 


hatte. Ob alſo zwar niemand in: Uglitſch aufge 


fnnden werden mochte, Der in dieſer Sache einad 


wider - fein Bemußtfenn ‚und die wahrhafte de 


wandtniß der Begebenheit ansfagte : fo Fonnte doch 


Diefe Aufrichtigfeit der Uglitfcher in der Haupl⸗ 
ſache keine Veränderung bewirken, indem diefe Un⸗ 
terfucher ihren Bericht am den Ezar nidt nad 
ber Ausſage diefer underwerflichen Augenzeugen, 
fondern nach dem Gutbefinden Poris abfaßten. Sit 
mußten vielmehr ihre Redlichkeit und die an dei 


„ Mördern ihres Erbfürfien veruͤbte rechtmaͤtige dr 
ſtrafung als ſchwere Verbrechen büßen, indem dr 
ris gar zu viel daran lag, ihnen alien. insgefamm 


den Mund zu ftopfen, daß ‘fie nie Geſegenheit bel⸗ 
ai vor Fed or gu kommen. Defwegen ward die 
Mutter des Bringen wegen ihrer in Bewahrung el⸗ 


‚nes Thronerben bewieſenen Unaqht ſamkeit in ein 


weit 














des ruſſiſchen Heiches, — 


weit Ghgelegenes fbledhtes dem 5. Nicolaus jenfeits 
Belofero gewidmetes Kloſter verfhict, wo man fie 
zwang, unter dem Nahmen Martha den Nonuen⸗ 
fchleyer zu wählen. Ihre Brüder mußten unter 
gleidem Borwande an verſchiedene armfelige Orte 
wandern, wo die Roth, die fie da fanden, den mei⸗ 
lien das Leben raubte. Eine Menge Bewohner von 
Ugliefh, die fih nicht nur in aufruͤhriſchen Re: 
ben wider Boris, diefen treueften Staatsbebienten 
ihres Herrn, vergangen, fondern fogar durch boß⸗ 

Bofte Ermordung verſchiedener Perfonen, die dei 

Ezar zu wihtigen Verrichtungen nach ihrer Stade 
sefandt hatte, und viel unfhuldiges Blut vergoffen, 
mußten theils die Zodesfirafe leiden, theild die in 
Sibirien neu angelegte Stadt Pelim bevölfern. 

Boris vermochte, ungeachtet er fo wohl den Berg dir 
Tod des Prinzen mit häufigen Thraͤnen verſtellter Begebenbeis 
Weiſe beweinte, als aud fi) gegen die abgebrann: — 
ten Moskauer mit dem Gelde des Czars hoͤchſt freyge⸗ Fedors. 
big bewies, den Theil der Hauptſtadt, der jeht Bjelgorod 
beißt, mit einer Mauer unmgab, und hierin dem 
Benfpiele Zwans, Fedors Vaters, nahahmte, der - 
Kitaigorod in eine Mauer eingefhoffen und wider 
die räuberifgen Ueberfälle der Krimmer in Verthei⸗ 
Digungsfiand geſetzt hatte, das Gerücht, welches ihn 
der Veranflaltung des gewaltfamen Todes des De⸗ 
metrius befhuldigte, doch nicht zw unterdrüden, 
Aber alle Beſchuldigungen fhadeten ihm nicht, fone _ 
dern erbitterten ihn nur noch mehr, und verurs 
fachten, daß er fcharfe Unterfuhungen über dos 
ganze Land ergeben ließ, die immer einer Menge 
Leute theild das Leben Fofleten, theils ſchweres und 
longwieriges Gefaͤngniß zugogen. Ben dieſen Bes 
Frafungen erregte auch der ebemaßlige kaſaniſche Khan 
Simeon den Verdacht des Boris, daß er ihm 

Geld. Kufl. =. Band. 4 


— 


3595. 


3598: 


306 Dritter Abſchnitt. Gefchichte ıc. 


onfänglid Twer nahm , auf fein Landgut Kuſchaͤlino 
eine Wache feste, und ihn nachher gar des Geſichtes 
beraubte. Inzwiſchen fegte der krimmiſche Khan 
jährlich feine Einbruͤche ins ruſſiſche Gebieth fort, 
bis im Jahre 1595 ein Friedensſchluß mit ihm er- 
folgte. Ehe aber derfelbe zu Stande gefommen war, 
fandse. er‘ eine Gefandifchaft an den gleichfalls in 
einem Kriege wider die Zürken begriffenen Kaifer 
Rudolph, um mit demfelben über den bereits von 
verfchiedenen Ezaren den deutſchen Kaiſern anges 
priefenen Entwurf einer großen Verbindung aller 
chriſtlichen Mächte wider die Pforte eine Unter 
handlung zu pflegen, empfing aber vom Kaifer zur 
Antwort, daß eine ſolche Verbindung zwar fehr zu 
wünfhen, aber kaum zu hoffen fey. Nach dieſem 
Friedensſchluſſe Ichte der Czar Fedor nicht ange mehr, 
indem er am ten Januar im Jahre 1598 um zwep 
Uhr nad Mitternacht fiurb, mwoben das Vorur⸗ 
theil, dag Nichts in Rußland, ohne Boris Beranlaf 
fung vorgehe, oder von ihm berrühre, bey Manche 
den Argwohn erregte, ald wenn er von diefem durch 
eine Vergiftung aus der. Welt gefchaffer worben fey. 


nbalt— 
des zweyten Bandes der Geſchichte des 
ruſſiſchen Reichs. 





Zweyter Abſchnitt. 


Bon der Unterjochung des ruſſiſchen Reichs durch die 
Tartarn bis zur Abſchuͤttelung dieſes Joches 
durch Iwan Waftljewitfch I, welcher im 
Jahre 1462 auf ben großfuͤrſtlichen Thron ge 

laugte. | | 

Ga Rußland muß fich det Herrſchaft der Tartatn unterwderfen, 

Seite 3. Fürft Michael und fein treuer Bojce Fedor werden 

auf Batu's Befehl gerödtet; dee Großfürfi Ikrostam muß 

zur Wahl des Oberkhans reifen 5. Sein Tod; Swaͤtoslaw 
und Anireas machen einander das Großfürſtenthum Wladimir 

fireitig 6. Swoͤtolaw muß den Thron an Andreas abtreten z 


Daniel wird im füblihen Rußland ſehr maͤchtig 8. Er wird 
i .. 


Inhalt. 

zum ruffiſchen Könige gekroͤnt 132. Die Taxtarn legen den 
Rufſen immer mehr Laften auf 12. Der Großfüͤrſt Ale ran⸗ 
der unterwirft ſich noch mehr; fein Bruder Andreas hingegen 
nicht; er wird geſchlagen 13. Alerzander J. wird Großfürſt 
von Wladimir 14. Baͤtu's Tod; die Zartarn belegen die Ruſſen 
mit einer Kopffieuer 17. Alerxanders I. kluge Mäfigung; 
Beſtrafung der Urheber des Aufruhrs 19. NMeud Unruhen wes 
gen der Kopffteuer 21. Alerander I. wird Mönd und 
Richt ; Ehre nad feinem Eode 24. Qäroslamw II wird 
Großfuͤrfi 25. Seine Regierung 26. Die Nowgoroder indie 
‚gen ihm den Gehorfam auf 23. Er zieht mit einem Heere 
vor Nowgorod 30. Der Metropolit von Kiew beruhigt die 
Nowgoroder; fein Tod; Waflei wird Großfuͤrſt 31. De 
mettius wird Fuͤrſt zu Nowgorod ge. Er entſagt der Regie⸗ 
rung wieder 33. Waſilei wird gewählt; fein Todz Dmitri 
' Aleran dro witſch wird Großfürfi; fein Bruder Andrei 
vertreibt ihn ; D mitei komme wieder zur Regierung 35. 
Sein Tod 3 des Großfürften Andreas II. Hegierung 36. 
Boris Kriege mit den Liefländern und Schweden 37. Grau⸗ 
famteiten der-Karelier 38. Der Großfuͤrſt laͤßt fih die Moͤnchs⸗ 
kleidung anlegen und ftirbt; Michael Fuͤrſt von Twer wird 
Grobfuͤrſt 39. Die Nomgoroder vertreiben die Beamten, und 
wählen G eorg, Züuͤrſten von Moskau, zu ihrem Großfuͤrſten 4:. 
"Sein Heer wich geſchlagen 48. Michael demüthigt die Row⸗ 
goroder 143». Gr ſchlaͤgt fe abermahls; ; ſilberne Rubel kom⸗ 
men zuerſt vor 4. Georg heirathet des Tartarkhans Schwe⸗ 
ſter, und wird von ſolchem zum Sroßfürften ernannt; entfagt der 
Würde 45. Er macht dennoch neue Bündniſſe und zieht mit 
ſeinem Seere wider den Großfürſten; wird geſchlagen und ſeine 
Semahlinn gefangen 46. Coetmüchiges Vetragen der Söhne 


Inhalt. 
Michaels; der Großfürft Mich aell reiſet zum Sartarkhan 48. 
Midas Leiden 51 Sein marternoler Tod ze. Georgs 
JIE and Dmitri's IL. großfürftliche Regierungen 53. Dmitri 
södtet Georgen; der Khan He Dmitri hinrichten; Al e⸗ 
gander II. wird Gtoßfürſt 54. Gefecht wiſchen dem Groß⸗ 
fürſten und dem Großgeſandten des Khans 55. Ermordung der 
Tartarn in Tier; üble Folgen davon ; Alerander fludter 
ſich nach Pleskow 56. Die Mowgoroder müffen ſich von ihm 
Iosfagen; Al erander Il. wird vom Khan abgefept ‚und 
der Fuͤrſt von Moskau, JIwan, an feine Stelle zum Großfuͤr⸗ 
ften erhoben 57. Berderblice Anfıpläge wider Alerandern 58. 
Anhaͤnglichkeit und Liebe der Pleskawer 59. Alerander und 
feine Befchügee werben mit dem Banufluche belegt; er geht 
nah Lieland 60. Kommt auf Verlangen wieder nah Ples⸗ 
kow 62. Er bewirbt ih um die Gnade des Khans, und erhäf, 
folche ; tartarifche Befandten begleiten ihn nad Twer 64. Erbe: 
gibt fich felhft zum Khan 65. Der Khan läßt ihn und feinen Sohn 
enthaupten ; Iwan wird Mönd und flirhe 67. Sein Sohn, &i: 
meon der&rolze, wird Großfürft ven Rowgorod 68 Die | 
lieländifchen Ordensritter legen die Keflung Marienhurg an 70. 
: Reue Zeitrechnung in Rußland 72. Digerd3 Krieg mit dem deut. 
ſchen Orden 75. Der Großfürſt Simeon führt als Fürf von 
Btomwgorod mit Schweden Arieg 76. Magnus, König von Schwe⸗ 
den und Noswegen, muß Frieden machen 78. Anſteckende Krank⸗ 
heit; des Sroßfürfien Tod 79. Regierung des Broßfürfien Iwan 
80. Sein Tod. Zwey Dmitri befireiten einander die großfürfts 
liche Würbegs. Dmitri Jwano wi tſch erzwingt von ſeinem 
Gegner’ bie Verzichtleiſtung auf das Großfüͤrſtenthum; dreyjaͤh⸗ 
rige Peſt 88. Vergroͤßerung feiner Macht gr. Einige feind⸗ 
liche Unternehmungen «: Sartorn gegen den Oropfürfen mißlin: 


Inhalt. 
gen 95. Machläffigkeit dee Kuffen 95. Sie verlieren deßhalb 
die Echlacht; rächen ſich wieder 96. Verwüſtung der Tartarn 
97. Der Großfürft fchlägt fie 98, . Sie rächen fih an Dleg, 
Fürften von Kefan 99. Der Großfuͤrft wil Tieber Krieg, als den 


„ Frieden gu theuer erfaufen 01. Uebermuth bes Khans Mas 


mai 103. Der Khan nimmt den Königstitel an 105. Kampf 
gwifchen einem tartariſchen Rieſen und einem ruſſiſchen Moͤnche 
208. Der Großfuͤrſt ecficht am Bon über bie Tartarn einen herr⸗ 
lihen Sieg 109. &r gelangt zum Befise des Fürftenthums 
Kefan ıı2. Der Khan Toktamiſch bekriegt den Sroffürften; 
113. Der Metropolit verlaͤßt aus Furcht Moskau; Unordnung 
und Verwirrung deßhalb 115. Auch bie Großfürſtinn reiſet 


mit ihren Kindern ab 116. Die Tartarn erobern Moskau, 


morden die Einwohner, unt zerſtoͤren die Stadt 119. Der Groß: 
fürft fege den Metropoliten ab , und wählt einen andern 125. 
Innerliher Swift, welchen die- narimundifehe Erbſchaft zu Now⸗ 
gorod deranlaßt 124. Die Nowgoroder verſagen dem Großfuͤr- 
fien den Gehorſam 126. Er bringt ſie zum Gehorſam; ſein 


Ältefter Sohn Wafilei entfernt ſich heimlich aus der Horde 127. 


Geſandtſchaft des Papftes ray. Schreckliche Seuche; des Groß⸗ 


J fürften Tod ı31. Sein Sohn Waſilei Dmitriwitſchtrite 


die Regierung an 132. Abfall der bulgariſchen Tartarn; Georg 
macht fie dem: Großfürſten unterwuͤrfig 133. Tamerlans Ein⸗ 
fol 134. Der tartariſche Feldherr Idiku belagert mit einem 
Heere Moskau 136. Die Einführung gepraͤgter Geldmünzen 
im Nowgorodiſchen 138. Aeltere ruffiihe Müngen 139. Der 
Sroffurft iſt in feinen legten Jahren noch glücklich durch Siege 
über die Tartarn; fein Tod; Wahle’s Waſtljewit fd 
des Duhkeln Regierung 140. Wird von Georg befiegt, und 
muß, ihm das Großfürftenthum abtreten®& 42. Er kommt wie: 


/ 


Inhalt. 


ber zum Beſitze desſelben; wird gefchlagen und flüchtet 143: j 
Er gelangt wieder aufs neue zum Sroßfürftenegume 144. Mifs 
trauen und Undankbarkeit des Großfuͤrſten gegen den Khan Ulus 
machmet 149. Daraus entſpringender Nachtheil 152. Aber⸗ 
mahlige VRNiederlage durch die Tartarn 153. Großmuth des 
| Khans 154. Die ruſſiſchen Fuͤrften nehmen den Großfürſſen 
— gefangen, und laſſen ihm die Augen ausſtechen; er tritt aufs 
neue die Regierung an 155. Er bezwingt feine Widerſacher 
und zuͤchtiget die Nowgoroder 156. Der tapfere und edelmuͤ⸗ 
thige Khan Ulumachmet wird von. feinem Sohne ermordet; Tod 
| bes Großfürfien 157. Rang des Patriarchen 158. 


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Inhalt. 


Dritter Abſchnitt. 


Von der Wiederherſtellung des Glanzes des ruſſi⸗ 
ſchen Reichs durch J wan Wa ſftljewitſchJ. 
bis zur Erloͤſchung des rurikſchen Regentenſtam⸗ 
mis, welche veranlaßte, daß es den in dieſem 
Seitraume e.langten Flor aufs neue verlor. Bom 
ayfien März 1462 big zum zten Januar 1598. 


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Regierung des Großfuͤrfien $ wan Wafljewiefhlisg | 
Der erſte Feldzug wider die Tartarn mißglüct 160. Zweyter 
Keldzug wider Kafan 161. Er wird. gefchlagen 162. Dritter 
Feldzug; er fchläge die Kafaner ; Ihraim erkennt die Dberherts 
{haft bes Großfürften an 162, Die Momgoroder wolen ih uns 
ter pohlnifche Herrfchaft begeben 163« Der Broffurft geht mit 
drey Heeren nach Momgorob 164. Siege des Großfürſten 165. 
Die Nowgoroder unterwerfen ſich ſeiner Herrſchaft 166. Die 
Geſandten des Khans Sid⸗Achmet werden mit Lift aus Mostau 
entfernt 167. Der Großfuͤrſt laͤßt die tartariſchen Geſandten 
ni edermachen 168. Feldzug des Khans wider den Großfürſten 


169. Blutbad in der goldenen Horde; Achmets od 170. 


Nowgorods völige Unterwerfung ı71. Die Nomgoroder em: 
yören fih abermals 173. Der Großfürſt Fündige den Row⸗ 
gorodern den Krieg an, und führe feine Armee dahin 174. Die 
Pleskower unterwerfen ſich, und geben ihm ben Titel Czar 


175. Die Nowgorod!r fhiden Geſandte an ihn 176. Sie 


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Inhalt. 
geben ihm endlich den Litel Sof udar (acblethender Serr) 


178. Harte Bedingungen 179. Der Sroßfürf begibt 5 


felbA in die Stadt 181. Abfepung des Erzbiſchofs; Feldzug 
wider die Kafaner 182. Vortheilhafter Friede; Waffenſtill⸗ 
fiand mit den Pohlen und Litthauern ; der Großfürft bemaͤch⸗ 
tigt ſich Twers 183. Er ſchwaͤcht bie Noivgoroder; befeftigt die 
Stadt, nnd zieht fremde Kunftler in feine Staaten 184. Feldzug 
wider Liefland; befländiger fruchtlofer Krieg wider Schweden 


185. Er ſchickt eine Armee wider Kafan und fiegt 186. Alt 


Khan wird gefangen, und die Ruſſen bemächtigen fih der Stadt; 
"der neue Khan erkennt die Oberherrſchaft des Großfürften an; 
er erobert Wiätka, und nimmt dasfelbe nebft Bulgarien in feinen 


großfuͤrſtlichen Titel auf; er laßt die | deutfhen Kaufleute in | 


Mowgorod verhaften ı8y. Erbitterung wider Keval 188. Er 
{dit ein Heer nah Kafan ; die Kafaner bitten um Vergeihung, 
"und erhalten Abdalatifen von, ihm zu ihrem Khane 192. Er 
unterwirft ſich Uchorien; er fest ben Khan von, Kaſan ab und 
Muhameb: Amin an feine Stelle 193. Diefer wird meineidig; 
ermordet die rufiifchen ‚Kaufleute, und thut einen Einfall in das 
euffifche Gebieth 194. Des Großfürſten Tod 195. Regierung 
des Sroßfuͤrflen Waſilei Iwanso witſch; Friede mit Poh⸗ 
len 196. Sein erſtes Heer wider Kaſan iſt nicht gludlih ı9y. 


Das zweyte wird voͤllig gefehlagen 198. Die Zartarn fallen in 


das ruffifche Gebieth ein, und werden gefchlagen 159. Friede mit 
dem Khan 200. Abermahliger Einfall det Tartarn 201. Ein 
zuffifches Heer ruͤckt in Litthauen ein, und erobert Die Feſtung 
Smolensko 202. Die Ruſſen werben von den Litthauern ges 


ſchlagen 204. Der neue Khan Muhamed faͤllt auf Veran⸗ 


laſſung des Großfürſten in Podolien und pohlniſch Rußland ein, 
und richtet ſchreckliche Gerwuͤftungen an 205, Zawterifcher Eins 


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fal in Aufland 206. Die Ruſſen werben beſtegt; bie Tartarn 
werben in der rufſiſchen Landſchaft Tula geſchlagen 207. Aber: 
mahliger ungluͤclicher Einfall; die Tartarn richten Verwüſtun⸗ 
gen in Pohlen an. Bleuer Feldzug ders Greßfürften wider den 
Khan 208. Vernichtung der vuffifden Fahrzeuge; dreytaͤgige 
Schlacht; die Ruſſen fliegen: 209. Außerordentliche Krankheit 
des Khaus; er unterwirft fih und fein Land dem Großfürfſten; 
fein und feines Nachfolgers Tod 211. Schich Alei Alejarowitſch 
wird Ahan; Unzufriedenheit bee Kaſaner e12. Sahib⸗Cerai 
erhält die Regierung; die Tartarn tödten bie NRuffen und ale 
anderen Ausländer 214. Des unglüudlicden Khans Ankunft is 
Moskau; das leßte ruffifche Erbfuͤrfienthum kommt unter bie 
Herrfchaft des Großfärften 215. Verhaͤltniß der tartariſchen 
Machbarn des rufjifchen Reichs in’ den lepten Jahren der Regie 
zung des Großfuͤrſten 217. Der Großfuͤrſt ſchliebt Friede mit 
den Kaſanern, und beſtätigt den Khan Saffa⸗Kerai in feiner 

Würde; der Großfuͤrft ifl zezwungen ein Heer wider ihn zu 
ſchicken 219. Schreckliches Blutbad und großer Verluſt der Tar⸗ 
tarn 220. Tod des berühmten Astalek; Verzagtheit der Ruſ⸗ 
fen 221. Friede mit den Tartaren; fie unterwerfen 'fih aufs 
neue 222. Die Kafaner vertreiben ihren Khan und erhalten 
Zins Mlei zu ihrem Kegenten 224. Waſtlei Iwan: 
witſſch nenne fih Czar und Beherrſcher aller Ruſſen; fein 
Tod; Iwan Waſſiljew itſch II. erlangt als ein dreylaͤh⸗ 
riges Kind die Thranfolge; Kafan entzieht ſich der vuffilden 
Oberherrſchaft 226.. Gchredliche Unordnung und Verwirrung; 
Iwan beflraft die Urheber; nennt ſich Ezar, und ſucht fein 
Land zu beglüden 227. Er wird zu Moskau gekrönt und ven 
mählt ih e28. Schickt einen Geſandten an Kaifer Earl V. 
nach Augsburg 230, Zieht mit Genehmigung des Kaifers an 


Inhalt. 

300 Künſtler in fein Reich 231. Die Lübecker Halten dieſe Leute 
an 232. Große Seuersbrunft und Aufruhr in Moskau; won 
beftraft die Empoͤrer; er erobert Kaſan wieder, und erweitert ſein 
Reich durch Aſtrachan 233. Er erzeigt der deutſchen Nation feine 
beſondere Achtung 235. Beguͤnfligt die Englaͤnder; der Czar er⸗ 
bäle durch. die Eroberung yon Narva einen fehr wahl gelegenen 
Handelsplag ‚und erweitert feine Staaten 238. Er ſchließt ein 
Freundſchaftsbündniß mit England 239. Verſchwoͤrung wider 
ihn.) Harte Ahndung 240. Verſchiedene Verbundene zum Um⸗ 
fluese des Throns; ſelbſt Unſchuldige werden mit dem Tode 
beſtraft 241. Große Ginrichtungen in Moskau' 246. Der 
E;ar erbauet eine Menge Feſtungen und Flecken, verliert aber 
riele Eroberungen und feinen Ehronerben 247. Er ertheilt dem 
päpfilichen Legaten feine Abfertigung 248. Drevjähriger Waf⸗ 
kenftillſtand mit Schweden; verftehter Friede mit den Kafanern 
254. Die Kafaner treiben die Rufen zuruͤck; Rußland vergrös | 
fert ih durch Sibirien 255. Sonderbare Art die Unkeuſchheit | 
zu befirafen 260. Fünftägiges Treffen in Eibirien 265. Der j 
Kofalenanführer Jermak überwindet die Tartarn 268. Lepte 
Befhaftigungen des Ejars 273, Gein Tod 274. Sein Sohn 
Fedor beſteigt den Ihren, aber deſſen Schwager Boris bringt bald 
den größten Theil ber Regierung an fi 27 5: Der Handel nad 
Archangel wird allen Nationen eröffnet 279. "Boris bemaͤchtigt 
fid immer mehr und mehr der Regierung des biödfinnigen Fe⸗ 
dors 280. Gr fährt fort, alle ibm im Wege ſtehenden Perſo⸗ 
nen fort zu ſchaffen 234. Laßt den einzigen Thronerben, Demez 
trius, morden 284. 


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