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Schaer, Alfred
Die altdeutschen fechter
und spielleute
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Die altdeutschen
Fechter und Spielleute.
Ein
Beitrag zur deutschen Cultiirgeschiclite.
Tnaugural-Dissertation
der
hohen philosophischen Facultät
der
Kaiser Wilhelms-Universität Strassburg
zur Erlangung der Doctorwürde
vorgelegt von
Alfred Sehaer
aus Zürich.
Strassburg
Verlag von Karl J. Trübner
1901.
Von der Facultät genehmigt am 3. März 1900.
Meinen lieben Eltern.
DD
HO]
EINLEITUNG.
Die Anregung zur Behandlung des vorliegenden Stoffes
verdanke ich meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof.
Dr. Ernst Martin, der schon bei verschiedenen Gelegen-
heiten auf die eigenartigen Zusammenhänge hingewiesen
hat, welche zwischen den beiden Berufsarten der Fechter
und Kämpen einerseits, der Spielleute und fahrenden Dichter
und Sänger andererseits, sowohl bei ihren Kunstausdrücken
als in ihrer Lebensweise bestehen. Eben diese teilweise
merkwürdigen Übereinstimmungen in Lebensverhältnissen
und Existenzbedingungen sind es, welche den Hauptgegen-
stand unserer Abhandlung zu bilden haben. Diese auffällige,
auf den ersten Blick vielleicht etwas wunderbar erscheinende
Gleichartigkeit der Verhältnisse glaube ich auf einen Pa-
rallelismus in der historischen Anlage, Entwicklung und end-
gültigen Gestaltung dieser beiden Vertreter der niedrigeren
Volksklassen zurückführen zu dürfen, wie aus meiner wei-
teren Darstellung dieses geschichtlichen Vorganges hervor-
gehen soll. Den ersten Hinweis auf diese gegenseitigen
Beziehungen, die zu gewissen Zeiten geradezu den Charakter
einer Wechselwirkung angenommen haben, finde ich in
W. WackernageLs Geschichte der deutschen Litteratur,
wo in der zweiten, von Prof. E. Martin besorgten Aus-
gabe (Basel 1879), in Band I, pag. 323, Anm. 7 (§ 74) und
ebenda pag. 389 (§ 84) im Text, bereits davon die Rede
ist. Später hat dann Prof. Martin in einem Vortrage:
Die Meistersänger von Strassburg (gedruckt Strassburg 1882)
neuerdings auf diese Thatsache aufmerksam gemacht: es
sei mir gestattet, die betreffende Stelle hier in ihrem Wort-
laute anzuführen. Nachdem der Verfasser davon gesprochen,
— 6 —
dass sich die Meistersänger bei der Bildimg ihrer Schulen
vielfach an die alten Einrichtungen und äusseren Formen
der Disputationen und Streitgespräche der Gelehrten anzu-
schliessen pflegten, fährt er pag. 9/10 folgendermassen fort:
«Neben diesen Ausdrücken begegnen jedoch
«andere, welche auf eine frühere Verbindung hin-
«weisen, in welcher die S p i e 1 1 e u t e zusammen
«standen mit den Fechtern. Schon im frühen Mittel-
« alter begegnen wir dieser für uns widerwärtigen Menschen-
« Masse, Leuten, welche ihr Leben für Geld hingaben und
«bereit sein mussten, auf Befehl ihres Herrn mit jedem
« beliebigen anzubinden. Natürlich waren sie in der Begel
< nur mit dem Fechtunterricht betraut, welcher in ritter-
« liehen Kreisen nie fehlte. Nun finden wir i n d e r
«Liederdichtung auch der älteren Zeit Vergleiche
«aus dem Fechterwesen. Es ist die Rede vom
«Schild* und vom Schwert' des Gesanges. Eine
«besonders künstliche Wendung wird mit einem
«Schirmschlag", einem Fechthieb verglichen. Und
«hieraus erklärt sich wohl auch ein Ausdruck für
«Meisterlied, welcher sonst rätselhaft ist. Ein
«durchaus untadelhaftes neues Lied wird Bar" ge-
«nannt. In älterer Form begegnet Barant". Dies
< ist nun nichts anders als ein Parierhieb: es wird
«also das Meisterlied mit einem vollkommen ge-
lungenen Schlag des Fechters verglichen.»
Diese Anschauung vertritt auch 0. Plate in seinem
Aufsatze: Die Kunstausdrücke der Meistersinger, in den
Strassburger Studien, Band III, (Strassburg 1888) pag.
147 ff., besonders was den letzten Punkt, die Deutung dieser
und einiger ähnlicher Ausdrücke anbelangt. Weitere Hin-
weise auf diese Dinge zu geben, bot sich meinem verehrten
Lehrer in seinen Vorlesungen und Seminarübungen oft noch
willkommene Gelegenheit, wodurch in mir das Interesse für
diese Fragen bereits stark geweckt wurde. Meine Absicht,
das Studium dieser Verhältnisse einmal genauer zu betreiben,
bestärkte der Umstand, dass die philosophische Facultät
der Universität für das Studienjahr 1897/98 eine diesbezüg-
liche Preisfrage stellte. Die Aufgabe war formuliert wie folgt:
«Die altdeutschen Fechter und ihr Verhältnis
«zu den Spielleuten. Zu sammeln sind die Zeug-
«nisse aus den historischen und poetischen Quellen,
«von denen die letzteren vielfach eine merkwürdige
«Vorliebe für Figuren und Formeln des Fechter-
« wesens bezeugen, während die Geschichte der
«Fechter und der Spielleute, namentlich in ihrem
« schulmässigen Endergebnisse, eine engere Ver-
« wandtschaft erkennen lässt.»
Auf Grundlage der damals eingelieferten Vorunter-
suchung über diesen Gegenstand, die sich allerdings ledig-
lich auf eine gedrängte Übersicht der hauptsächlich in
Betracht kommenden Punkte, sowie auf eine Angabe und
Zusammenstellung des bisher gesammelten Quellen- und
Beweismaterials beschränkt hatte, ist meine jetzige Dar-
stellung durchweg aufgebaut. Manches der früher nur kurz
angedeuteten Resultate soll nun hier seine Erweiterung und
ausführlichere Begründung erhalten. Freilich ist auch jetzt,
bei der inzwischen zu einer so äusserst reichen und fast
unübersehbaren Fülle angewachsenen und im Verlaufe der
Untersuchung sich stets noch vermehrenden Masse des zu
behandelnden Stoffes wieder darauf hinzuweisen, dass ich
mich, um die für eine derartige Arbeit nun einmal gesteckten
Grenzen nicht allzusehr zu überschreiten, zu einer gewissen
Beschränkung meiner Auseinandersetzungen genötigt sah.
So ist denn von vorneherein auf eine geschichtliche Gesamt -
entwieklung dieser Zustände, besonders aber auf eine ge-
nauere Darstellung ihrer frühesten Anfänge und eventuellen
Beziehungen derselben zu den Verhältnissen des griechischen
und römischen Altertumes, da diese Zusammenhänge ohnehin
für uns noch ziemlich dunkel und unsicher sein dürften,
an dieser Stelle und vorläufig wenigstens noch Verzicht
geleistet worden. Auch hatte sich unter solchen Umständen
— 8 —
meine Abhandlung besonders auf die deutsehen Verhält-
nisse zu beschränken, und nur, wo grössere Lücken aus-
zufüllen oder allgemeinere Beziehungen herzustellen waren,
oder wo für die Erklärung und Feststellung gewisser That-
sachen das hier zur Verfügung stehende Beweismaterial
mir nicht auszureichen schien, habe ich auch ausser-
deutsches Gebiet in die Betrachtung einbezogen und Beleg-
stellen anführen müssen, die den Geschichtsquellen und
Litteraturen fremdsprachlicher Nationen angehören. Dass
bei dieser Einschränkung des Stoffes auf das unumgäng-
lich notwendige Mass auch zahlreiche, im Laufe der Unter-
suchung sich uns aufdrängende, oft ganz interessante Einzel-
fragen aus dem engeren Rahmen der vorliegenden Abhand-
lung herausfallen mussten und darum hier keine eingehendere
Berücksichtigung mehr erfahren, sondern höchstens an-
deutungsweise an den betreffenden Stellen gestreift werden
konnten, liegt ja wohl auf der Hand. Aber gerade aus
diesen Gründen wünschte ich hier schon darauf hinzuweisen,
dass mir eine spätere, weitergehende Bearbeitung des zahl-
reich vorhandenen und weit ausgedehnten Materials sehr
angelegen sein wird, und dass ich mich mit der Absicht
trage, dasselbe nach endgültigem Abschlüsse der Samm-
lungen und Vorstudien dereinst zur Abfassung einer all-
gemeinen Geschichte der fahrenden Leute oder wenigstens
zu einer Anzahl historischer Ergänzungsstudien über diesen
Gegenstand zu verwerten. Was nun die Einteilung des
hier zu behandelnden Stoffes anbelangt, so war zunächst in
einem ersten und zweiten Teile kurz die Vorgeschichte der
Kämpen und Fechter einerseits, der Spielleute, Sänger,
Dichter, Gaukler und übrigen Fahrenden andererseits und
ihre weitere historische Entwicklung bis zum Ausgange des
Mittelalters zu geben; es waren ferner ihre Lebensverhält-
nisse und Einrichtungen bis zu den schulmässigen End-
ergebnissen und bis zur- Bildung von Vereinigungen und
Brüderschaften, die teilweise bereits an der Schwelle der
Neuzeit zu linden sind, zu verfolgen. Dabei konnte der
— 9 —
Verfasser sich aber, besonders für den zweiten Teil, der
schon einen ziemlichen Reichtum an verschiedenen guten
Abhandlungen aufweist, hier wohl so knapp und kurz als
irgend möglich fassen und nur das Wichtigste, was für
unsere besonderen Zwecke von Bedeutung war, hervor-
zuheben versuchen. Alles Weitere, was von Einzelfragen
noch zu erörtern von Interesse wäre, streife ich nur flüchtig,
um damit um so mehr Raum für die Behandlung des dritten
Teiles, den eigentlichen Hauptgegenstand unserer Unter-
suchung, zu gewinnen. Dieser dritte Teil wird sich mit
dem gegenseitigen Verhältnisse der beiden genannten Volks-
klassen, ihren Wechselbeziehungen, Beeinflussungen und
Übereinstimmungen in Lebensweise und Standeseinrichtungen,
in socialer und rechtlicher Stellung, wie in Berufs- und
Kunstsprache, kurz gesagt mit der Thatsache eines ent-
wicklungsgeschichtlichen Parallelismus zu befassen
haben, wie er zwischen den Kämpen und Spielleuten,
den Fechtschulen und Meistersingerschulen, den
F e c h t e r g e s e 1 1 s c h a f t e n , P f e i f f e r b r ü d e r s c h a f t e n ,
Sänger- und Spruchsprechervereinigungen auf dem
ganzen weiten Umkreise dieses Gebietes besteht. Hieran
soll sich dann ein als Anhang zu behandelnder vierter und
letzter Teil anschliessen, in den die grösseren Belegstücke
und im Zusammenhang citierten Stellen verwiesen werden
mögen, um auf diese Weise den fortlaufenden Text mög-
lichst von störenden und unangenehmen Unterbrechungen
zu befreien.
Indem ich diese Einleitung beschliesse, möge es mir
gestattet sein, zur Rechtfertigung des methodischen Ver-
fahrens dieser Untersuchung und der Principien, die mich
bei der Behandlung meines Gegenstandes geleitet haben,
noch ein kurzes Wort beizufügen. Wenn einer der Alt-
meister unserer deutschen Sprachwissenschaft, Professor
Dr. Moritz Heyne, im Vorworte seines soeben erschienenen
grösseren Sammelwerkes: Fünf Bücher deutscher Hausalter-
tümer, von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum
— 10 —
16. Jahrhundert, erster Band: Wohnung, Leipzig 1899, in
dieser Hinsicht eine Mahnung und einen Wunsch speciell
an die jüngeren Vertreter der germanistischen Wissenschaft
gerichtet hat, so habe ich diesem Umstände wenigstens die
frohe Zuversicht zu verdanken, dass sich mein auf diesen
culturgeschichtlichen Gegenstand gelenktes Interesse, zum
mindesten in den Augen des erwähnten Gelehrten und der
seine Ansicht teilenden Fachgenossen, als auf dem richtigen
Wege der Forschung befindlich erweisen möchte. Der Ver-
fasser des angeführten Lehrbuches äussert sich nämlich im
Vorworte folgendermassen: «Die deutschen Philologen
«haben vorzugsweise in jüngerer Zeit ihre Teil-
« nähme der sprachlichen und litteraturhistorischen
«Forschung so ausschliesslich zugewendet, dass
< für das Gebiet, das hier betreten wird, ihrerseits
«wenig Interesse waltete. Was darin geforscht
«und vorgelegt ist, haben überwiegend Historiker,
«Kunsthistoriker, Nationalökonomen, Bau- und
«Kriegstechniker zustande gebracht. Der deutsche
«Philolog aber soll sich seine Stelle gerade in
«dieser Forschung nicht nehmen lassen, denn nur
«er ist imstande, eines der wichtigsten Zeugnisse
«methodisch zu verwerten: nur ihm sagt die
«Sprache, und nicht zum wenigsten nach der ety-
«mologischen Seite hin, was sie den anderen For-
«schern, wie man oft sieht, hartnäckig verweigert.
«Die Darstellung auch äusseren deutschen Lebens
«von einem Germanisten und mit den germanist-
«ischen Mitteln ist eine Notwendigkeit, und er
«müsste sogar hier an die erste Stelle rücken.»
Soweit das Programm, das Prof. Heyne für unsere Dis-
ciplin aufgestellt hat; und gewiss ist dieser erneute und
energische Hinweis auf ein weites, noch allzuwenig be-
bautes Arbeitsfeld sehr zu begrüssen und wird hoffentlich
auch reiche und erfreuliche Früchte im Laufe der nächsten
Jahre zeitigen. Jedenfalls aber wird er dazu beitragen,
— 11 —
dass die Germanistik in einer Zeit, wo das Interesse für
solche Fragen durch die rege Thätigkeit, welche die zahl-
reichen Vereine für Volkskunde und geschichtliche Alter-
tümer überall entfalten, wieder bedeutend gehoben und
gesteigert worden ist, sich das culturgeschichtliche Gebiet
in seinem ganzen Umfange nicht wird streitig machen und
entfremden lassen wollen. Und so ist denn die gute Aus-
sicht vorhanden, dass, wie es ja nur billig und äusserst
wünschenswert erscheint, auf der frisch vorgezeichneten
Bahn nunmehr wieder rüstige Fortschritte gemacht werden,
und dass die germanistische Forschung ihre Studien auf
diesem Gebiete weit kräftiger und nachhaltiger aufnehmen
und betreiben wird, als es bisher, besonders in den letzten
Zeiten des Überwiegens anderer, litterarisch-kritischer und
sprachwissenschaftlich-dialektischer Interessen, der Fall sein
konnte. Wie sehr man aber Grund hat, die Bedeutung
und Bichtigkeit des Heyne 'sehen Postulates für die zeit-
gemässe Bestätigung der deutschen Philologie in diesen
Nachbardisciplinen anzuerkennen und hervorzuheben, das
ist mir bei der vorliegenden Untersuchung noch besonders
zum Bewusstsein gekommen. Denn in der That hat der
Verfasser auch gerade für diese Arbeit eine Beihe
der wichtigsten Aufschlüsse über gewisse Zusammenhänge
und Beziehungen zwischen den Gegenständen derselben,
neben den zwar keineswegs bedeutungslosen und gering-
zuschätzenden historischen und rechtlichen Quellen, doch
speciell den litterarischen, und unter diesen wieder in erster
Linie den poetischen Denkmälern zu verdanken gehabt.
Der Hauptanteil jedoch an der Erkenntnis und Erklärungs-
möglichkeit bestimmter Beobachtungen und Ergebnisse muss
entschieden der sorgfältigen Berücksichtigung der sprach-
lichen Verhüll nisse zugesprochen werden, wie diese in Per-
sonennamen, Ortsnamen, Strassenbezeichnungen, Berufs- und
Kunstausdrücken u. s. f. zum Ausdrucke kommen und in
unserem Falle besondere Beachtung verdienten. Diese
beiden letztgenannten Disciplinen aber, die Litteratur und
— 12 —
die Sprache, dürften ja wohl dem gutgeschulten Philologen,
er mag nun die classischen oder die modernen Fächer
bearbeiten, für alle seine Forschungen — auch die cultur-
geschichtlichen mit inbegriffen, und für diese gerade in
erhöhtem Masse — zu einer gründlichen Behandlung des
Stoffes am notwendigsten, aber auch als sein eigentliches
Arbeitsgebiet am vertrautesten, das heisst am leichtesten
und vollständigsten zugänglich und verständlich sein.
Zu dieser neubetonten Auffassung der Dinge, die ja für
unsere germanistische Wissenschaft eine erfreuliche Er-
weiterung des philologisch-kritischen Wirkungskreises be-
deutet und ihr auf diesem frisch zu erschliessenden, weiten
eulturgeschichtlichen Gebiete noch eine Fülle schönster Er-
folge und Resultate in Aussicht stellt, wünschte der Ver-
fasser mit vorliegender Abhandlung seinen bescheidenen
Beitrag beigesteuert zu haben.
I. Teil.
Die Kämpen und Fechter.
Seit den Tagen der Brüder Grimm, L. Uhland's und
G. Freytag's ist schon oft wieder auf die altbekannte That-
sache hingedeutet worden, wie sehr Kampf und Streit das
eigentliche durchgängige Leitmotiv des gesamten ger-
manischen Gultur- und Geisteslebens bilden, ein Hinweis,
der auch für unsere Betrachtung notwendig den Ausgangs-
punkt abgeben musste. Die beiden ältesten Zeugnisse für
die Freude der Germanen am Kampfspiel und die eifrige
Pflege desselben einerseits, und für die systematische Ver-
wendung des Zweikampfes als Gottesurteil und zu Rechts-
entscheidungen andererseits, sind wohl die beiden bekannten
Stellen aus Tacitus Germania. Die erste lautet Germania.
Kapitel 10: «est et alia observatio auspiciorum, qua
«gravium bellorum eventus explorant. eius gentis,
«cum qua bellum est, captivum quoquo modo inter-
« ceptum cum electo popularium suorum, patriis
«quemque armis committunt: victoria huius vel
«illius pro praeiudicio accipitur»; sie darf wohl als
frühester Beleg für das Kampforakel gelten, das nachher
nach vielfachen Erweiterungen und Umgestaltungen in den
verschiedenen Formen des Gottesurteils ein so beliebtes und
häufig angewendetes Beweismittel der altdeutschen Gerichts-
barkeit geworden ist. Unsere zweite Stelle befindet sich
im Kapitel 24 und hat folgenden Wortlaut: «genus
« spectaculorum unum atque in omni coetu idem.
« nudi iuvenes, quibus id ludicrum est, inter gla-
«diosse atque infestas frameas saltu iaciunt. exer-
«citatio artem paravit, ars decorem, non in quae-
«stum tarnen aut mercedem: quamvis audacis las-
— 14 —
* civiae pretium est voluptas spectantium» ; diese
Schilderung ist die älteste Nachrieht, die wir über das
ursprünglich wohl aus Cultusgebräuchen hervorgegangene
Kampfspiel der germanischen Jugend besitzen. Die Annahme
einer religiösen Bedeutung dieser ersten Waffentänze, die
auch Professor Schweizer-Sidler in seiner Ausgabe der
Germania (Halle 1874, pag. 48) im Anschluss an Müllen-
hof f's Äusserungen darüber (vgl. seinen Aufsatz über den
Schwerttanz in den Festgaben für Homeyer, Berlin 1871) ver-
tritt, darf wohl umsomehr gerechtfertigt erscheinen, als wir
ja soeben auch die rechtliche Institution des Ordalzw^ei-
kampfes ausder mythologischen Anschauung des Kampforakels
und der göttlichen Hilfe in der Feldschlacht wie im Einzel-
kampfe (vgl. Tac. Germania, Kapitel 7, wto es heisst: « deum
adesse bellantibus credunt ») ableiten konnten. Ausserdem
ist es ja bekannt genug, dass man eine ganze Beihe von Er-
scheinungen und Gebräuchen im Culturleben der alten Völker,
wie den Tanz, die lyrische Poesie, die Musik, das Schau-
spiel und manches andere noch, hinsichtlich ihrer Entstehung
und ersten Ausbildung vielfach auf das religiöse und mytho-
logische Gebiet des Cultus und Ritus zurückzuführen hat.
So werden denn diese bei Tacitus als eine «Belustigung
und ein Schauspiel», aber auch als «Hebung und Kunst >
bezeichneten Waffentänze, wie sie damals schon allen ger-
manischen Völkerstämmen, die er kannte, gemeinsam waren,
als Vorläufer der späteren Kampfspiele und ritterlichen
Übungen betrachtet werden müssen, wie sie die deutschen
Höfe des Mittelalters in so grosser Fülle aufzuweisen haben.
Gleichzeitig bilden sie aber auch als ihr erstes Auftreten
den Beweis für das frühe Vorhandensein der im späteren
Mittelalter und bis in die Neuzeit hinein von den Zünften
und Handwerksgilden wieder neuaufgenommenen Schwert-
tänze, die freilich als letztes, abschliessendes Glied in der
Entwicklung kriegerischer Spiele seit ihren ersten An-
fängen keine geschlossene Kette erkennen lassen, und viel-
mehr auf eine grosse und klaffende, noch unausgefüllte
— 15 —
Lücke zwischen den beiden, mehrere Jahrhunderte ausein-
anderliegenden Anfangs- und Endstadien derselben hinweisen.
Vielleicht ist nun allerdings Aussicht vorhanden, wenn auch
nicht diese Lücke völlig zu schliessen, so doch ihren
bedeutenden Umfang auf ein weit geringeres Mass herab-
zusetzen, falls wir nämlich berechtigt sind, das Fechter-
und Fechtschulwesen, das allerdings mit der Abhaltung der
Schwerttänze in einem engeren Zusammenhange zu stehen
scheint, worauf ich später noch einmal im Einzelnen zurück-
zukommen habe (vgl. pag. 81 ff.), als eine der fehlen-
den Übergangsstufen in die Entwicklungsreihe einzuschieben,
die sich dann schon über einen ganz beträchtlichen Zeit-
raum erstrecken würde.
Doch haben wir uns zunächst noch mit den Anfängen der
Geschichte des deutschen Kämpen- und Fechterwesens etwas
näher zu befassen, wenn mir auch ein erschöpfendes Ein-
gehen auf diese Fragen für die jetzige Behandlung des
Gegenstandes noch versagt ist. Sehr wahrscheinlich, wenn
auch bis jetzt nicht durch bestimmte Zeugnisse zu belegen,
muss auch für diese Verhältnisse des germanischen Lebens
ein engerer Zusammenhang — oder doch zum mindesten
eine kräftige Beeinflussung von dieser Seite — mit der
antiken Cultur angenommen werden; für unsere besonderen
Interessen kämen hier speciell die spätgriechische und
spätrömische Cultur, die üppigen und ausgelassen-rohen
Zeiten jener bekannten entsetzlichen Tierhetzen und grau-
samen Gladiatorenkämpfe in Betracht, zu welchen nur
allzu oft von den übermütigen Herrschern und Siegern ger-
manische Sklaven oder Kriegsgefangene verwendet wurden,
um der schaulustigen Menge, zum niedrigsten und schmach-
vollsten Dienste gezwungen, eine willkommene Unterhaltung
zu bieten. Unter solchen Umständen ist es sehr wohl denk-
bar, dass manche der auf fremdem Boden mitangesehenen
üblen Belustigungen und schlechten Gewohnheiten, wie die
Tierhetzen und Tierkämpfe, vielleicht auch die Zweikämpfe von
Menschen unter sich oder mit Tieren allmälig durch wandernde
16 —
Künstler oder Spielleute auf deutsches Gebiet übertrage» worden
sind, wie wohl auch die Kriegsfahrten der deutschen Fürsten
und Ritter im Zeitalter der Kreuzzüge nach den südlichen
Ländern dort die Pflege der obenerwähnten Lustbarkeiten
und Kampfschauspiele durch diese zur Folge gehabt haben. Bei
ihrer Rückkehr in die Heimat mögen solche Gewohnheiten
auch begierig übernommen und an den eigenen Höfen
eifrig nachgeahmt und betrieben worden sein. Ausser
diesen nur in vereinzelten Fällen nachweisbaren Vermächt-
nissen der alten Zeit, die allerdings auch ein Erbstück von
recht zweifelhaftem Werte darstellen, hat nun aber das
Mittelalter in seiner Blütezeit noch zwei Erscheinungen von
echt germanisch urwüchsiger Natur aufzuweisen; wir meinen
den höfischen Fechtmeister, den ritterlichen Erzieher
und Berater des jungen Adels in jeder Art der kriegerischen
Tüchtigkeit, und den Kämpen, den Berufsfechter nie-
drigeren Standes, der die Rechte der Könige und Fürsten,
der Unmündigen und Altersschwachen, wie auch der Frauen,
in Rechtsstreitigkeiten, bei Anfechtungen ihrer Würden und
Rechte, oder bei schweren Anschuldigungen von Verbrechen
durch das Gottesurteil des gesetzlichen Zweikampfes ver-
treten, schützen oder wenigstens entscheiden musste. Zahl-
reiche Gesetze,, Erlasse und Vorschriften geben die näheren
Bestimmungen, in welchen Fällen der gerichtliche Zwei-
kampf einzutreten hat, und wie sich die Kämpfer dabei zu
verhalten haben, ferner welche Örtlichkeiten und Tages-
zeiten dafür zu wählen, welche Ausrüstungen und Waffen
von den Gegnern zu tragen sind. Für die Einzelheiten
über diese Verhältnisse ist auf die ausführlichen Artikel in
Du Gange 's Glossarium mediae et infimae latinitatis zu den
Worten « campiones » und » duellum » zu verweisen, wo
eine grosse Anzahl der betreffenden Gesetze aufgezählt
werden und sich aus verschiedenen Edikten und Ordon-
nanzen über die verschiedensten, in Betracht kommenden
Punkte grössere Auszüge und Belegstellen finden, die hier
alle wiederzugeben zwecklos sein würde, um so mehr da diese
— 17 —
Dinge doch noch allzuweit vom eigentlichen Kernpunkte
unserer Untersuchung abliegen. Ich will mich also hier
damit begnügen, einige wenige Beispiele als Belege der je-
weiligen Erörterungen zu geben.
Dafür, dass selbst die Völkerschlacht als ein Gottes-
urteil in. grossem Massstabe angesehen wurde, gibt eine
Stelle aus den Annal. Mettens. ad. a. 743 (Pertz 1, 328)
einen interessanten Beleg, indem in derselben die Schlacht als
ein «Judicium dei, quod subire non distulimus » bezeichnet
wird. Einer ähnlichen Auffassung wird man es zuzuschreiben
haben, wenn die sich schlagfertig gegenüberstehenden Heere
der Vandalen und Alemannen aus ihrer Mitte einzelne
Kämpfer auswählten und den Streit durch deren Zwei-
kampf zum Austrag bringen liessen. Diesen Vorfall erzählt
uns Gregor von Tours II, 2 wie folgt : « nee multo post scan-
« dalum inter utrumque oritur populum, qaoniam propinqui
« sibi erant, cumque ad bellum armati procederent ac jam-
« jamque in conflictu parati essent, ait Alamannorum rex :
'< quousque bellum super eunetum populum commovetur?
« ne pereant quaeso populi utriusque phalangae, sed pro-
xcedant duo de nostris cum armis bellicis et ipsi
inter se confligant. tunc ille, cuius puer vicerit,
^regionem sine certamine obtinebit. ad haec eunetus
« consensit populus, ne universa multitudo in ore gladii
« rueret. confligentibus vero pueris pars Vanda-
« lorum vieta suceubuit, interfectoque puero placi-
« tum egrediendi Transimundus spopondit. » Wie bei
den Franken die Fürsten der streitenden Parteien selbst
durch ihren eigenen Kampf entscheiden sollen, erzählt Aga-
thias I, 2 : « ibövre«; bi ö.\Xr\\ovc, ^Kcrrepuuöev r\ -nX^Qvq, aüxiKa tö
XaXeTrcuvov aTToßaX6vTe<; ec, ö|aoqppoaüvr|v |aexaxujpoöai, Kai xoü^
« f\feixövaq KeXeüouai biKri f^äWov xä d|ucpißo\a biaKpivr|-
« aaaQai, eibi \\r\, |aovou^ eKeivou^äYiwvi^eaBai». Von einem
Kampfurteil zwischen Sachsen und Slaven berichtet Wippo
(Pistor. 3, 479): « dicebant pagani, a Saxonibus pacem pri-
« mitus confundi, id per dnellum, si caesar praeeiperet,
2
— 18 —
«probari. econtra Saxones ad refellendos paganos simi-
«liter singulare certamen, quamvis injuste conten-
» deren!, imperatori spondebant. Imperator hanc rem
«duello dijudicari inter eos permisit; statim duo
« pugiles congressi sunt, uterque a suis electus
« postremo christianus a pagano vulneratus ceeidit. »
Unter den verschiedensten Verliältnissen also, bald mehr
durch gerichtliche Bestimmungen festgesetzt, bald mehr auf
freier Uebereinkunft der beiden streitenden Parteien be-
ruhend, erweist sich das Kampfurteil weit verbreitet und
häufig angewendet, so dass die Annahme, es werde sich
schon frühzeitig eine Art von Berufsfechtern gebildet haben,
die sich zum Austrage solcher Streitfragen anwerben und be-
zahlen Hessen, gewiss sehr gerechtfertigt erscheint. Auf einige
weitere Fälle der gesetzlichen oder sonstigen Anwendung
des Kampf urteils mag hier noch kurz hingewiesen werden.
Osenbrüggen, Rechtsgeschichtliche Studien, pag. 163, ver-
weist auf die lex Alam. Hloth. XLIV, nach welcher Stelle
ein Freier, der einen andern freien Mann eines unbewiesenen
todeswürdigen Verbrechens beschuldigt, seine Behauptung
durch gerichtlichen Zweikampf erhärten muss. J. Grimm,
Deutsche Rechtsaltertümer3, Göttingen 1881, pag. 927 — 930
und pag. 471/2 (die Neuausgabe, von Heusler besorgt, ist
mir noch nicht zugänglich gewesen), erwähnt neben den
übrigen, bereits von dort entlehnten Stellen von darauf
bezüglichen gesetzlichen Bestimmungen noch die lex Angli-
orum et Werinorum 16, lex Alam. 56. 84, lex Bajuv. 11, 5.
16, 2. 17, 2, ferner die lex Roth. 164. 165. 166. 198, dann
(pag.866/7) die lex Rip. 32, 4. 51 (pag. 904/5), lex Rip. 59, 4.
lex Burg. 8, 2. Sodann berichtet er von einem Falle strei-
tiger Erbfolge, der im Jahre 941 unter Otto I durch ein
Gottesurteil dieser Art entschieden wurde. Die beiden
(pag. 471/2) dazu angeführten Stellen besagen folgendes:
« Rex autem meliori consilio usus noluit viros nobiles ac
«senes populi inhoneste tractari, sed magis rem inter
«gladiatores discerni jussit. vicit igitur pars, qui
— 19 —
« filios filiorura computabant inter filios, et firmatum est, ut
« aequaliter cum patruis hereditatem dividerent pacto sem-
«piterno». Witich, corb. p. m. 25. «Ex regis Ottonis om-
«niumque principura sententia cognitio veritatis com-
«missa est gladiatorio judicio, cessitque victoria
«his qui censebant, fratrum filios debere cum patruis here-
« ditare. » Sigeb. gembl. ad a. 942. Von einem weiteren
bezeichnenden Vorfalle aus dem Jahre 1095 gibt er uns nach
Ritz I, 56, Kenntnis: « Nulla melior visa est sententia, quam
< ut. per judiciarium campum super hoc fieret exa-
«minatio; sie deinde statuto die et collata utrimque magna
« populorum affluentia, nobis et ipsis praesentibus advocatis,
«duo ex utraque parte homines ad hoc praeelecti,
«ut fieri solet, aggressi sunt singulariter et noster
«homo propitiante deo victor factus est.» In der
gleichen Urkunde heisst es a. a. 0. weiter, dass der «Gis-
«lebertus campio, qui posuit quasi in mortem ani-
«mam suam pro nostra fidelitate», Ländereien zur
Belohnung für seine mit Gottes Hilfe den Sieg bewirkende
Tapferkeit empfangen hat. Einen ähnlichen Fall der Ent-
scheidung von Rechtstreitigkeiten durch ein Kampfurteil
finde ich bei Schannat, Hist. Wormat. nr. 51 verzeichnet:
« Si quis contenderit super agris, vineis, peeunia,
« ut devitentur perjuria, duo eligantur ad pugnam,
«et duello litem deeidant». Eine Stelle, die auch
wegen der darin bezeichneten Ausrüstung der Kämpfer,
wozu Sachsenspiegel I, 63, und die entsprechenden Be-
stimmungen des Schwabenspiegels zu vergleichen sind, von
weiterem Interesse ist, entnimmt Grimm a. a. 0., pag. 878/9,
dem Bacharacher Blutrechte, das dem 14. Jahrhundert an-
gehört; sie lautet dort: «sehe er nu denselben man in
« unses herren gerichte, er wulde in ansprechen umb den
« schaich und umb den mort. jehe er is ime, er neme is
«mit Urkunde na des lands rechte, leukent er is ime, er
«wulde is in beherten mit sime libe uf sinen lip,
* in sime einfaren rocke, mit sime roiden Schilde,
2*
— 20 —
«mit sime eichinkolben, mit sime wissem vilze,
«mit sime ufgebunden lniote, mit alle deme daz
«man zu kampe begeret, dass ein Franke den andern
« sal durch reicht eins schaichs und eins mordes gichtig
machen».
Wurden nun aber Frauen in solche schwere Rechts-
fälle verwickelt, so war es doppelt nötig, dass diese sich
einen Verfechter und Vorkämpfer ihrer Unschuld anwerben
konnten, falls nicht männliche Verwandte oder, was aller-
dings nicht allzuhäufig vorgekommen sein wird, gar sie
selbst in eigener Person sich zu dem gerichtlichen Kampfe
stellten, der im letzteren Falle dann ganz besondere Formen
annahm, um das schwächere Geschlecht wenigstens einiger-
massen mit dem männlichen Gegner auf ein Niveau gleicher
Chancen zu stellen. Von einem solchen Zweikampfe zu
Gunsten einer Frau berichtet schon Paulus Diaconus IV, 49:
«haec (i. e. Gundiberga regina) cum de crimine adulterii
«apud virum accusata fuisset, proprius ejus servus,
«Carellus nomine, a rege expetiit, ut cum eo, qui
«reginae crimen ingesserat, pro castitate suae do-
«minae, monomachia dimicaret. qui dum cum erimi-
«natore illo singulare certamen iniisset, eum cuncto
«populo astante superavit, regina vero post hoc
«factum ad dignitatem pristinam rediit. > Über die
bereits oben erwähnte besondere Form des Zweikampfes
zwischen Mann und Frau, wie sie erst im späteren Mittel-
alter sich ausgebildet hat, vergleiche man Majer's Geschichte
der Ordalien, pag. 270 — 274 das Nähere. (Dort ist auf die
vom Augsburger Stadtrecht vom Jahre 1270 pag. 55 für
diesen Fall vorgesehene Kampfform und auf eine Variation
derselben bei Ruprecht von Freysing II, 51 hingewiesen,
wozu auch Osenbrüggen,Rechtsgesch.Studienpag.235 — 237
nachzusehen ist.) Einen solchen Kampf zwischen beiden
Geschlechtern sieht auch das Stadtrechtbuch von München
aus dem Jahre 1347, Art. 188 (von der notnunft) vor,
wobei auf Codd. ad prooem. cit. cf. Lrb. 5G. F. Str. 39.
— 21 —
Rrb. I, 135. Schwbsp. 354. Str. v. Augsb. 112 verwiesen
ist (s. Fr. Auer, das Stadtrecht von München pag. 72/73).
Darauf, dass die Frau sich durch einen Kämpfer vertreten
lassen könne, weist schon das bereits genannte Augsburger
Stadtrecht von 1276 hin, wo es pag. 69 heisst: «so sol si
«einen kempfen an ir stat nemen»; und wahrscheinlich
ist auch die etwas unklare Stelle im Codex des Jus pro-
vinciale Alemannicum cap. 229 (Ed. Scherz 1727) so zu
verstehen, welche lautet: «Sprich et ain Fraue ain Man
«an umb die sach da kämpfe umb ertailt wirt, Und
«hat der ainen mage von dez wegen diu clag hergat, der
«im alz nahen ist daz er ez durch reht tun sol. Und
«kumpt ez darzu daz ain kämpf darumb ertailt wirt,
«will denn diu fraue so stelt sie wol» (nämlich «einen
kempfen»?). Davon, dass ein solcher Zweikampf zwischen
Mann und Frau persönlich, also ohne Vertretung der
letzteren durch einen für sie kämpfenden Mann, wirklich
stattgefunden hat, geben zwei Stellen Zeugnis: in den sog.
Annales Colmarienses majores heisst es zum Jahre 1288:
«In civitate Bernensi mulier vir um vicisse noscitur
«in duello,» und zum gleichen Jahre in den Annales Ber-
nenses: «In Berna fuit duellum inter vir um et rau-
«lierem in octava Innocentium sedmulier praevaluit.»
(Vgl. Pertz. Mon. Germ. hist. XVII, 215, 271.) Dengleichen
Fall erzählt zum Überfluss noch etwas ausführlicher
Justinger in seiner Berner Chronik pag. 38: «Da man zalt
«von Gottes Geburt 1288 Jare nach Wienachten an dem
«achtenden Tage der Kindelein, beschach ein Kampf zu
«Bern, an der Matten, da nu die Mure unten am Kilchhofe
«stat und kämpfte ein Frow und ein Mann mit ein-
«andern und gewann die Frow den Kampf,» und nach
ihm geben noch andere Chroniken das Ereignis wieder, das
durch diese verschiedenen Berichte wenigstens als genugsam
belegt gelten kann. Von der Anwendung des Zweikampfes
als Gottesurteil zur Entscheidung eines Streites zwischen zwei
Männern aus Glarus im Jahre 1423 berichtet Tschudi, wo-
— 22 —
ruber Johann von Müllers Geschichte der schweizerischen
Eidgenossenschaft III. 1, 2. (pag. 309, 310) zu vergleichen
ist. Da wir hier gerade schweizerische Verhältnisse mit
für diese Fragen in Betracht gezogen haben, möge noch
auf einiges Weitere verwiesen werden, so zunächst auf die
von Friedrich II. im Jahre 1218 der Stadt Bern ausgestellte
Handfeste, von welcher sich (nach Ed. G. Walther citirt)
die Artikel 30, 31 (zu diesem verweist A. Zeerleder bei
Behandlung dieser Urkunde in der Berner Jubiläumsschrift
von 1891, auf den Art. 22 des Stiftungsbriefes von Frei-
burg i. B.) und 32 (Hoc est autem «ins duelli ) mit dem
Zweikampf befassen. Doch weist Zeerleder a. a. 0. in der
Anmerkung zu Artikel 32 der Berner Handfeste von 1218
darauf hin, dass bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahr-
hunderts in einzelnen Stadtrechten andererseits wieder
Bestimmungen vorliegen, welche die Abschaffung des ge-
richtlichen Zweikampfes bezweckten; so enthalten beispiels-
weise solche Stellen die Urkunde Friedrich II. für Nürnberg
vom Jahre 1219, ein Privileg des gleichen Herrschers für
Begensburg von 1230, eine Verordnung für Münden von
1246, und ein Privilegium Budolfs von Habsburg für die
Bürger von Frankfurt (vgl. dazu Gengier, Stadtrechtsalter-
tümer, 322. § 3; 373. § 1: 303; 113). Ferner gehört hierher
Artikel 104 der Handfeste von Freiburg i. U. vom Jahre
1249 ('s. Lehr, la Handfeste de Fribourg dans LUechtland)
folgenden Inhaltes: «Nullus burgensis duellum faciet,
«si noluerit; si autem aliquis fuerit qui dicat burgensi: ego
«te per corpus meum probabo (hier ist wohl ein «contra»
«zu ergänzen) corpus tuum (,ich bewise mit minem
«libe an dinen lib', lautet die alte Uebersetzung dieser
«Bechtsformel), talis tenetur Uli cui dixerit emendare tribus
«libris et Sculteto similiter.» Endlich sei noch erwähnt,
dass nach dem ältesten Batsbüchlein von Luzern aus dem
Jahre 1373 die «Gotteshausleute» daselbst nach altem Her-
kommen vomKampfurteilbefreitwaren und dasselbe auch selbst
nicht in Anwendung brachten (vgl. Segesser, Luzernische
— 23 —
Rechtsgeschichte II, 617). Damit mag die Betrachtung dieser
rechtlichen Bestimmungen abgeschlossen sein. Es ist nun-
mehr zu verfolgen, wie sich diese Verhältnisse in der zeit-
genössischen Litteratur widergespiegelt haben und wie sie
zu poetischen Darstellungen grösseren Umfanges oder zu
kleineren Episoden verwendet worden sind. Zunächst sollen
allerdings noch einige Worte einer Erscheinung gewidmet
werden, deren Auftreten uns freilich nur für ausserdeutsche,
französische und englische Verhältnisse bezeugt ist, die aber
im engsten Zusammenhange mit unserem Gegenstande steht
und darum sehr wohl in den Rahmen dieser Untersuchung
einbezogen werden darf; ich meine die Institution des
«campio regis» des sog. Königsfechters,» der die Rechte
seines gekrönten Herrschers an dessen Hofe, besonders bei
den Krönungsfeierlichkeiten, gegen Anfechtung und Wider-
spruch mit der blanken Waffe zu verteidigen hatte, was
oft zu einer bloss ceremoniellen, weil althergebrachten Her-
ausforderung eines vermeintlichen Gegners Veranlassung
gab, der in Wirklichkeit gar nicht vorhanden war. Die
ehrwürdige Sitte forderte auch da gebieterisch ihr Recht,
wo gar kein Grund mehr für ihr Inkrafttreten vorlag, weil
ihre Voraussetzung, die Einsprache gegen die Rechtmässigkeit
der königlichen Rechte und Würden von irgend einer Seite,
schon längst in Wegfall gekommen war. Einige Nachrichten
über Vorkommen und Verlauf dieser Ceremonie, deren
Vertreter doch eine Art von Hofamt mit officiellem Titel
innegehabt zu haben scheint und jedenfalls als die kräftigste
Stütze des Kronrechts sehr angesehen war, wie uns die-
selben aus Frankreich und England überliefert sind, mögen
hier nach DuCange's Glossarium m. e. i. 1. (Niort 1883)
tom. II. pag. 65c, 66a Platz finden. Daselbst heisst es
zunächst: «Charta Henrici I. Regis Anglorum in Monast.
Angl. tom. 2. pag. 973 subscribitur a «Roberto de Ba-
jocis campione Regis.» Ita autem appellatur in Anglia
Miles*, qui coronato Rege, dum ille mensae cum
proceribus accumbit, ad monomachiam provocat,
— 24 —
quotquot Regem illum esse negant»: quam quidem
ceremoniam ita describit Thomas Walsinghamus, ubi agit
de coronatione Ricardi II. pag. 102: «Interea praeparavit
«se quidam Miles Dominus Joannes cognomento Dimmock,
«qui clamabat se habere jus ad defendendum jura Regis
«illo die, et etiamsi opus esset duello confligendum,
«si aliquis praesumeret affirmare Regem non habere
«jus in regno Angliae.» Ferner: Froissarts 4. vol. cap.
114 ubi de inauguratione et coronatione Henrici Lanea-
strensis: «En la moitie de ce disner vint un Chevalier,
«qui se nommoit Diureth, tout arme, monte sur un cheval
«tout eouvert de mailles de vermeil, Chevalier et cheval, et
«estoit arme pour gage de bataille, et avoit un Chevalier
«devant lui, qui portoit sa lance, et avoit ledit Chevalier a
«son coste l'espee toute nue, et sa clague ä l'autre coste;
«et bailla ledit Chevalier un libelle au Roy, qui fut leu;
«lequel libelle contenoit, que s'il estoit Chevalier,
«Escuier, ou Gentilhomme, qui vousist dire ne main-
«tenir, que le Roy Henry ne fust vray Roy, il estoit
«tout prest de le combattre present leRoy, quand il
»plairoit au Roy assigner journee: et la fit le Roy crier par
«un heraud d*armes par six lieux en ladite ville, et aussi
«en la sale.» Endlich noch: Thomas Milles lib. de Nobil.
Polit. vel Civili pag. 109 describens ceremoniam coro-
nationis Edwardi VI. Regis Angliae: «Post secundum fer-
«culorum apparatum, Regius Agonista (Dimmocus cogno-
«mine) eques auratus undique armatus, equo insidens bellico,
«pannis aureis phalerato, paluclato feciali comitatus ingressus
«est, qui primo gressu glomerante superbo ad regem se
«contulit ipsumque summa observantia adoratus est. Deinde
«equum concitando ovantem quater per aulam clangente tuba
«ad duellum provocavit, si quis nimirum Edwardum
«ejus nominis VI. Angliae, Franciae, et Hiberniae
«verum, indubitatum, legitimumque Regem negaret:
«totiesque ehirothecam militarem arrham projecit
«humi, quam quum nemo attolleret, fecialis ipsi
— 25 —
«reddidit.» Dazu hat der Herausgeber und Bearbeiter des
Wörterbuches noch folgendes Weitere zu bemerken : Videtur
autem miles ille «patriam» repraesentare, quia', inquit
Bracton. lib. 3. tract. 2. cap. 21. § 11: Rex non pugnat,
nee alium habet Campionem, quam patriam". Id
porro muneris Marmionorum familiae competiit, a qua
per filiam in Dimocorum gentem in agro Lincolniensi tran-
siisse scribit Camdenus in Descript. Staffordensis Comitatus".
Im Anschlüsse hieran mögen nach Du Gange tom. VI. sp.
559a, b noch zwei Zeugnisse erwähnt sein, die sich daselbst
für die Verwendung des gerichtlichen Zweikampfes finden,
ferner eine Stelle, die meine Annahme eines Fechterstandes,
der sich für Geld zum Austrage von Streitigkeiten herbei-
liess, zu bestätigen scheint. Für Letzteres kann man sich
auf die sub voce <pugü' stehende Angabe eines jmgil con-
dueticius', qui pro alio certamen et duellum sus-
cipiebat, in Libert. Clarimont. ann. 1248. tom. 5. Ordinal.
reg. Franc, pag. 600. art. 6 berufen; für Ersteres auf die
Belege zu pugü'=campio, in Foris Bigorrensibus art. 20.
Tabular. S. Germani Paris, sub Hugone: «Godefridus quidam
«de saneto Germano Pugilem suum Robertum et suos
«obsides coram assistente multitudine nobis exhibuit.
«Godefridus vero de Braviler neque pugilem, neque ob-
«sides suos exhibuit, nee ea die comparuerunt in Curia
«nostra, propter quod ei diximus, ipsum deeidisse a causa;»
und zu pugilare'=duello contendere, Guibertus lib. 3 de
«vita sua cap. 14: «Is contradatis vadibus bello eura
«pugilaturus impetiit.»
Wohl am besten, teilweise mit fast wörtlicher Ver-
wendung der üblichen Rechtsformeln ist der gerichtliche
Zweikampf litterarisch verwendet auf dem Gebiete der Tier-
fabel, von den Verfassern der Gedichte «Van den vos
Reinaerde» (Ausgabe v. E. Martin) und «Reineke Vos»
(Ausgabe von Fr. Prien, Halle 1887). Ich gebe hier die
betreffenden Stellen, welche deutlich den engen Anschluss
an die bestehenden Bräuche und Redewendungen erkennen
— 26 —
lassen, im Auszuge wieder. So heisst es zunächst in
Reinaert II. (Ed. Martin) v. 6740 ff.:
«mer ic tie u hier voor hem allen,
«dat ghi een verrader ende een moorder sijt.
«ic salt u doen lien in een crijt
«op enen dach, lijf teghen lijf:
«ende dus coomt ten einde onse kijf.
«siet hier, ic biede u den hantscoe!
«ic wil daer voor sterven of brenghen toe.
«die recht heeft, het sei wel bliken.»
Dazu führt Prof. Martin in der Anmerkung die folgenden
beiden weiteren Belege an; erstens eine Stelle aus Froissart
bei Du Gange, lautend: «je di que tu es faux mauvais et
«traistre: tout ce je prouveray mon corps contre le tien,
«et voici mon gage!» Zweitens einen Ausdruck aus einer
Ordonnanz Philipps des Schönen von Frankreich vom Jahre
1306: «ce luy monstreray je aujourdhui par mon corps
«contre le sien.» Ferner Reinaert II. v. 6916 ff.:
«die wolf swoer voor, dat die vos
«een moorder was ende een verrader,
«ende argher niet wesen mochte noch quader:
«dat soudi op hem marken vvaer.
«Reinaert die vos swoer daer naer,
«dat hijt looch als een vuul katijf:
«dat soudi waer raaken op sijn lijf.»
Cxanz ähnlich lauten die entsprechenden Stellen in
Reineke Vos, so B. IV. c. 5. v. 6102 f.:
«Ik wyl myt yw slan eynen kamp.
«Hebbe gy dan recht, dat vynde gy wol».
(Vgl. v. 100 «De recht lieft, schal wol richtich blyuen.»)
Ferner B. IV. cap. 5. v. 6120 ff.:
«Wy wyllen kempen vmme olt vnde nye.
«1k essche yw to kampe to desser tyd,
«Ik spreke, dat gy eyn vorreder vnde morder syd.
«Ik wyl myt yw kempen lyff vmme lyff,
«Sus mach eyns endygen vnse ky II'.
«De vthbuth den kamp, dat is dat recht,
«Eynen hantschen deme anderen (o donde plecht;
«Den hebbe gy hir, nemet to yw!»
— 27 —
Am Schlüsse von Buch IV cap. 5 steht ('olgende Prosa-
Erläuterung über das Kampfurteil (vgl. pag. 213.):
«Oldynges was yd eyne wyse, dat etlyke eddelynge
«vaken eyn yegen den anderen plach to kempen, dar vele
«van steyt in der ystorien van den Romeren vnde anderen
«böken vnde kroniken; vnde ane orloff des konnynges efte
«heren des landes so moste nemant kempen efte vechten
«lyff oinme lyff. Denne, wan de here efte konnynck des
«landes den kamp beorlouede, so mosten de twey gan in
«gevencknysse, edder borgen setten, den ghesatteden dach
«to kampe to komen. Dyt sulue menet de lerer hir, dat
Reynke vnde Ysegrym borgen satten. Vnde denne in der
- myddeltyd twysschen deme dage des kampes heft eyn yslyk
«bi synen vrunden ghewest, de em trostlik weren vnde en
«vrimodich makeden, vnde dar hadden se denne welke
«vechters, dede vorvaren weren in sodanen dyngen;
«desse lereden de kempers, wo se syk scholden
«h ebben. Dyt menet de dychter hir na in deine capittel.»
Und endlich noch die Stelle B. IV, cap. 7. v. 6269 ff.:
«He swor, dat Reynke were eyn vorreder,
«Eyn deff, eyn morder, eyn mysdeder,
«Eyn ebreker vnde eyn valsch ketyff.
«,Dyt gylt vns beyden lyff vmme lyff.'»
Aber auch in die Dichtung der deutschen Heldensage
sind solche Anklänge an den gerichtlichen Zweikampf
und das Gottesurteil in zahlreichen Wendungen eingedrungen,
und oft sind derartige Situationen mit Vorliebe geschildert
und breit und weitläufig ausgemalt worden, so besonders,
wenn es sich um ritterliche Zweikämpfe handelte, die von
den Rittern selbst in eigener Person ausgefochten wurden,
um die angegriffene Ehre ihrer Dame zu schützen und ihre
Unschuld böswilligen Vorwürfen oder Verrätereien gegenüber
durch einen glänzenden Sieg über den Gegner offenkundig
zu erweisen. Solchen Darstellungen begegnet man in der
Ritterdichtung des ganzen Mittelalters so häufig, dass es
hier zu weit führen würde, auch nur eine Übersicht über
— 28 —
die gesamten Stellen zu geben: ich muss mich daher für
jetzt begnügen, auf einige der naheliegendsten Angaben
solcher Verhältnisse als Beispiele kurz zu verweisen.
So führt Benecke in seinem Wörterbuche zu Hartmann
von Aue's Iwein (2. Ausgabe von Wilken. Göttingen 1874)
manche Ausdrücke dieses Gedichtes an, die entschieden
eine Auffassung des Kampfes unter dem Gesichtspunkte
des rechtlichen Ordals an den betreffenden Stellen erkennen
lassen, wenn auch die weiteren Formen desselben vom
Dichter nicht ausführlicher angewendet worden sind. Als
Belege dafür mögen folgende Wendungen gelten, die am
erwähnten Orte sich finden: «ir kempfe wurde sigehaft.
253. si was ir kempfen harte vrö. 210. daz gotes gnade
und gebot ir kempfen erte. 199. der ir kempfen über-
strite. 213. si vuor ir kempfen suochen. 213. ich schiet
äne kempfen dan. 158. sol si kempfen hän. 193. ich
vinde kempfen. 210. 212. daz si den kempfen bringe
dar. 222. si suochte einen kempfen. 211. du muost mir
min erbeteil län oder einen kempfen hän. 210. er wollde
in kempfen. 181. 255. daz die besten gesellen ein ander
kempfen wellen. 255. ze sehenne ein vehten von zwein
so guoten knehten. 254. vür eine vrouw e n vehten , st riten.
155. 193. 278. 218. ein kämpf ist gesprochen zwischen in
beiden über sehs wochen. 222. 213. er muoz ime vierzec
tage kampfes biten. 213. sich mit kämpfe loesen. 158.
mit kämpfe unschuldec werden. 202. der man den er
an mit kämpfe vor gerihte sprach. 202. 156. sich
mit kämpfe wem. 154. durch einen kempfen. 209.
einem den kämpf geheizen. 251. einen kämpf bestän.
165. 250. heiz den kämpf läzen sin. 267. wider sinen
kampfgenöz. 269. sinen kampfgesellen üf den sämen
v eilen. 259. an der kampfstat vinden. 252. manec
kampfwise man sach diesen kämpf an. 265. die zwene
kämpf wi sen träten zesamene. 261. wartet min morgen
vruo; ich kume ze guoter kampfzit. 163. 252. daz ein
kempfe dri man. 164». Ähnliche Stellen, die entweder
— 29 —
schon in den verwendeten Ausdrücken, oder doch in der
Art und Weise, wie der Kampf in seinem Verlaufe geschildert
wird, nach dem vorbildlichen Muster des gerichtlichen
Zweikampfes gebildet sind, auch wenn es sich um blosse
Privatstreitigkeiten oder Turnierfehden handelt, finden sich
noch häufig. So mögen, um beispielsweise aus der grossen
Fülle derselben noch einige herauszugreifen, etwa noch
die folgenden hier erwähnt werden, ohne dass ich sie jedoch
im Wortlaute anzuführen für nötig erachtete, da sie meistens
genügend bekannt oder doch leicht nachzuschlagen sind.
Ganz besonders ist an dieser Stelle, was die Kampfausdrücke
anbelangt, auf Wilhelm Grimm 's treffliche Sammlung unter
dem Titel: «Deutsche Wörter für Krieg», in dessen Kleineren
Schriften (Ausgabe von G. Hinrichs. Berlin 1883), im
Band III, pag. 516 ff. publiciert, hinzuweisen, der ich einige
für unseren Zweck wichtige Zeugnisse im Folgenden ent-
nommen habe (vgl. besonders pag. 535 ff. a. a. 0.). Dar-
nach erscheint das ahd. «kemphjo, kemfo » bereits einige
Male in den ältesten Glossen, wo es durch das lat. gladiator,
athleta' wiedergegeben ist. Dem entspricht der Umstand,
dass die Schlettstädter Glossen (vgl. Haupt's Zeitschrift V,
346) das Wort ein wie1 Zweikampf, durch die Begriffe
«ludicrum» und «speetaculum» erklären. Dass bereits in
althochdeutscher Zeit verschiedene Arten von Kämpen unter-
schieden wurden, beweist das Vorkommen der Ausdrücke:
«füstkempho, knuttilkempfo und swertkempfo» im
Sprachschatze jener Glossenlitteratur. Neben zahlreichen
anderen von Grimm in grosser Vollzähligkeit angeführten
Stellen will ich hier nur noch einige derjenigen er-
wähnen, die durch ihre ausführliche Schilderung der Ver-
hältnisse oder durch bemerkenswerte sprachliche Wen-
dungen und stehend gewordene Ausdrücke von besonderem
Werte sind. So wären etwa zu vergleichen : Tristan
(Ausgabe von Massmann), pag. 332, 37 — 40. 333, 1 — 19.
Biterolf v. 12'949— 12959. Wolfdietrich D. VII. 168, 1,
2. 170, 2, 3. 175, 4. 176, 2. 177,3, 4. 178, 4. 183, 1.
— 30 —
187, 1, 2. 188, 4. 192, 2, 3. 199, 3, 4 (Variante nach
a, e.). 205, 2.
Die in Konrad von Würzburg's Gedieht «Engelhart
und Engeltrüt» und im Lohengrin geschilderten Kampf-
episoden zwischen den Helden Ritschier von England und
Dietrich von Bern einerseits und zwischen dem Gralritter
Lohengrin und seinem Gegner Graf Telramund andererseits
zeigen — vielleicht unter dem Einflüsse ihrer romanischen
Vorbilder und der christlich-kirchlichen Richtung ihrer Ent-
stehungszeit entsprechend — den ausgesprochenen Charakter
des Gottesurteils und wahren auch in ihrer Darstellung
genau die Formen des gerichtlichen Zweikampfes mit allen
seinen festgefügten, durch alte Tradition gut erhaltenen
rechtlichen Gebräuchen und sprachlichen Ausdrücken. Zur
Bekräftigung dieser Behauptung mögen aus den beiden
Gedichten etwa die nachstehend angeführten Stellen als
die bezeichnendsten verglichen werden. Engelhart (Ausgabe
Haupt-Joseph), v. 4003-4029.4034-4051. 4088-4093.'
4108-4117. 4119/21. 4128—4133. 4160/1. 4444-4447.
4462/3. 4476/7. 4526-4529. 4656-4663. 4666-4669.
4672-4675. 4710/11. 4745-4749. 4756/7.4806/7. 4828-4832.
4848/9. 4872/3. 4902/3. 4954—4961. Lohengrin (Ausgabe
Rückert). v. 251/2. 264/5. 349—353. 378. 506-508.
511/12. 575/6. 590. 688. 819/20. 830. 864-868. 886—888.
1246—1248. 1914/5. 1997—2000. 2135—2138. 2167.
2201—2205. 2237—2246. 7157/8. 7167/8. Schilderungen
ganz ähnlicher Art, die mit den früher erwähnten eine bis auf
die gleichen Ausdrücke gehende Uebereinstimmung zeigen,
finden sich noch in zahlreichen anderen Werken dieses und
des späteren Zeitraumes höfischer Dichtung. So ist etwa
noch auf die gleichartigen Verhältnisse im Schwanritter
Konrad"s von Würzburg und auf das von zahlreichen
Kampfschilderungen durchsetzte Gedicht von Reinfried von
Braunschweig (Ausgabe: Bibl. d. Stuttg. Litt.-Ver. Bd. GIX)
hinzuweisen. Ähnliche Auffassungen vom Kampfwesen und
selbst vom Turnier als einer Art gerichtlicher Entscheidung
— 31 —
unter göttlichem Beistande zu Gunsten in Anspruch genom-
mener Rechte und Ehren finden sich noch bei vielen Dichtern
ritterlicher Epen und auch in den verschiedenen Rechts-
büchern hat sich diese Anschauung lange erhalten. Für
die betreffenden Redensarten und Ausdrücke ist dabei wieder
die reichhaltige Sammlung des erwähnten Grimmschen
Aufsatzes (Kl. Sehr. III, besonders pag. 539 — 543) nach-
zusehen, wo sich unter anderen noch folgende deutliche
und bezeichnende Stellen finden: Wilhelm v. Orlens v. 11303.
sich veile geben mit sinem kämpfe in einen strit.
Ferner im Apollonius, wo ein gerichtlicher Zweikampf
zwischen einer Jungfrau und einem Manne geschildert wird,
v. 20'017: ich wil ez hiute bringen mit kämpfe üf
sinen veigen lip. Im Schwabensp. 187,8 heisst es: got
muoz ez under in scheiden mit kämpfe; und ebenda
404,45: einen versten mit kämpfe, d. h. für eines andern
Recht kämpfend eintreten (vgl. auch 404, 48). Die damit
meist übereinstimmenden Wendungen des Sachsenspiegels
hat Home y er in seiner Ausgabe I, 340 zusammengestellt.
Ich will hier noch erwähnen, dass in dem Gedichte van
Bere Wisselauwe (vgl. Quellen und Forschungen, Heft
Nr. 65, Strassburg 1889, pag. 66 ff.) das zottige Ungetüm
an zahlreichen Stellen mit dem respectvollen Namen eines
«kempen» bezeichnet wird, gleichsam als der gefürchtete
Vorkämpfer Gernots, seines Herrn und Führers. Im Übrigen
ist noch auf eine längere Schilderung eines Zweikampfes
zwischen gemieteten, im Solde ihrer streitenden Herren
stehenden Kämpen zu verweisen, die zwar einen etwas
komischen Charakter hat, manche Einzelheiten aber doch
recht genau und ausführlich wiedergibt, welche aber wegen
ihrer Ausdehnung notgedrungen in den Anhang gestellt
werden musste. Diese Episode, ein Ereignis aus dem Jahre
1236, das bei einer Fehde zwischen Herzog Heinrich von
Brabant und dem Bischöfe von Lüttich sich abspielte, isi
mir in zwei, nicht allzusehr von einander abweichenden
Überlieferungen zugänglich gewesen. Die eine, etwas um-
— 32 —
fangreichere und wie mir, nach der Sprache zu schliessen,
scheint ältere Aufzeichnung, findet sich abgedruckt im
Spiegel Historiaal, of Rym-Spiegel, zynde de nederlandsche
Rym-Chronyk, van Lodewyk van Velthem, Priester, voor
ruym 400 Jaaren in Dichtmaat gebracht. Uitgegeven en
met noodige verklaaringen opgeheldert, door Isaac le Long.
T'Amsterdam, 1727, pag. 38—42 (I. Boek, cap. 28—30).
Die zweite, kürzere und jüngere Fassung steht (nach einer
Papierhandschrift vom Ende des 14. oder Anfang des
15. Jahrhunderts, die das 4. Buch der «Brabant'schen Yeesten»
enthielt und früher Eigentum der Abtei von Affligem war,
dann als Geschenk an das Reichsarchiv in Brüssel über-
ging) nebst drei interessanten Abbildungen dazu, die den
Miniaturen der erwähnten Handschrift entnommen sind, im
Belgisch Museum voor de nederduitsche Tael-en-Letterkunde
en de Geschieclenis des Vaderlands, uitgegeven noor
J. F. Willems, Deel I. (Te Gent, 1837), pag. 26—32 abge-
druckt. Neben dieser Aufzeichnung soll sich, wie Willems
(a. a. 0., pag. 32) mitteilt, nur noch eine Darstellung dieses
Vorfalles vorfinden, nämlich in einer anderen Abschrift der
Brabant'schen Yeesten>, die von Hein van Damme für die
Stadt Brüssel im Jahre 1444 angefertigt worden war, in
welcher dem betreffenden Ereignisse die Blätter LXXVIII
und LXXIX gewidmet sind. Das ist, was an dieser Stelle
noch über die Ueberlieferung des äusserst wertvollen und
erheiternden, sittengeschichtlich nicht unwichtigen Zeugnisses
für die weite Verbreitung des sogenannten «kampflichen
gruozes» und die oft auch ergötzlichen Situationen, die
seine Anwendung etwa mit sich brachte, noch kurz anzu-
führen war.
Nunmehr verlassen wir das mehr religiöse und recht-
liche Gebiet der Kämpen, um zu den Fechtern überzugehen,
worunter zunächst die höfischen Fechtmeister und Ver-
treter ritterlicher Waffenübungen, später dann auch ihre
entarteten Ausläufer, die Klopffechter einerseits und die
bürgerlichen, handvverksmässigen Berufs- und Gelegenheits-
— 33 —
fechter der Fechtergesellschaften andererseits, bis herab
zu den vagierenden Seiltänzer- und Gauklerbanden und den
von Ort zu Ort wandernden und «fechtenden», d. h. bettelnden
Handwerksburschen, zu verstehen sind. Zunächst mögen
einige Stellen das Auftreten von Fechtmeistern an den
ritterlichen Höfen des Mittelalters und die sorgfältige Pflege
des edlen Waffenspieles daselbst, sei es zur heiteren Er-
götzung bei Festlichkeiten oder zur wehrhaften Erziehung
für den kriegerischen Ernstfall, belegen. Denn als Kunst
wurde der Gebrauch der Waffen von dem tüchtigen Manne
stets angesehen und gehandhabt, mag es friedliches Spiel
gewesen sein oder bitteren Ernst gegolten haben. Zur Be-
zeichnung speciell der Thätigkeiten der Fechtkims t stehen
in vielen unserer Quellen (vgl. die weiter unten angeführten
Zeugnisse) die Ausdrücke «fechten» und «schirmen» neben-
einander, ursprünglich wohl so gebraucht, dass das erstere
die Angriffshiebe und die Kunstformen der Offensive, das
letztere dagegen die Parierhiebe und die Abwehr- und Ver-
teidigungskunst, die Defensive, bezeichnete, wie es auch in
der Grandbedeutung der Worte selbst schon liegt, indem
«fechten» ein eifriges, rühriges und hastiges Bewegen der
Hände in der Luft, und zwar sowohl mit als ohne Waffe
(vgl. die Ausdrücke fuchteln» und «Fuchtel», die auch
hierher gehören, sowie das Schweiz, dialektische «fechten»
= eine Arbeit hastig und unruhig verrichten, sich mit
etwas eilen),1) «schirmen» aber ein kühlüberlegtes, bedäch-
tiges und besonnenes Schützen und sich Decken in sich
schliesst. Doch hat «schirmen» die Bedeutung beider Seiten
der Fechtkunst in sich vereinigt und wird, wie später
«fechten», im allgemeinen Sinne für das Ausüben kriegerischer
Kunst verwendet. Es haben also davon abgeleitete Aus-
i) Grimm und Klugestellen in ihren Wörterbüchern «fechten»
(ahd. fehtan, mhd. vehten, ae. feohtan, ne. fight); etymologisch zum
mnd. vechten ai'r. ihn-hta
lateinischen jpugnus, pugna, pugnare, pugil1, was möglich, aber nicht
erwiesen ist.
3
- 34 —
drücke, wie «Schirmmeister, Schirmschild, Schirmschlag.
Schirmschwert, Schirmknabe, Schirmwaffe* etc. vollständig
den umfassenderen Sinn von «Fechtmeister» u. s. f. Zu
bemerken ist noch, dass beide Ausdrücke, wie übrigens
auch alle anderen auf verwandte kriegerische Leistungen
bezüglichen, ohne Unterschied sowohl zur Bezeichnung der
blossen erzieherischen Übung oder des zur Unterhaltung
veranstalteten ritterlichen Spieles, als auch bei der Schilde-
rung des eigentlichen Kampfes und ernsthaften Streites auf
Tod und Leben, z. B. bei Darstellung von Zweikämpfen
oder von grösseren Schlachtscenen, ganz in gleicher Weise,
und oft der eine für den anderen stehend, verwendet werden,
eben weil der Unterschied zwischen Scherz und Ernst im
Kampfspiel (vgl. z. B. den Übergang vom Scheingefechte
zum ernsthaften Wettstreit in Kudrun 366, 1, 2 mit der
Formel: «läz äne vride sin unser beider schirmen», und die
Anmerkung zu dieser Stelle [Ausgabe v. Martin, pag. 84])
für das germanische Volksbewusstsein, das allen Äusse-
rungen seiner urwüchsigen Kraft das gleiche, warme und
rege Interesse entgegenbrachte, ein so überaus geringer
war. Wenn wir daher in unseren Kampfschilderungen
verschiedene Ausdrücke für die gleiche Sache gebraucht
und dieselben häufig wechseln sehen, so ist das mehr einem
Bedürfnis nach poetischer Variation der Darstellung zuzu-
schreiben, als dass den formalen, sprachlichen Unterschieden
auch tiefergehende, inhaltliche Sinnesdifferenzen entsprechen
würden. Eben das häufige Streben nach Variation im Ausdruck
zur Erleichterung breiter und wiederholender Ausführung
dieser besonders interessanten Partien der Erzählung, wie
überhaupt die ganze Fülle des Wortschatzes der Sprache auf
dem Gebiete kriegerischer Bethätigung, — ein Reichtum, der
durch Übernahme einer grossen Anzahl von Fremdworten
unter dem Einflüsse romanischer Cultur und Sitte noch sehr
erheblich erhöht worden ist, — können uns deutlich beweisen,
wie sehr das Kampfmotiv im Mittelpunkte des Interesses
und des ganzen geistigen Lebens der germanischen Völker-
35 —
schaften gestanden hat. Und ein weiterer beredter Zeuge
des mächtigen und tiefgehenden Einflusses, den dieses teils
auf mythologischer Anschauung, teils auf historischen Ver-
hältnissen (Völkerwanderung, Christianisierung, Kreuzzügen,
Kriegsfahrten etc.) beruhende Übergewicht einer kriege-
rischen Weltauffassung auf das gesamte deutsche Cultur-
und Sprachleben ausgeübt hat, ist der grosse Bestand von
kräftigen, naiv-sinnlichen, im Volksbewusstsein von heute
noch tiefeingewurzelten Redewendungen und sprachlichen
Ausdrücken, von Formeln und Sprichwörtern, die gerade in
den niederen, das Alte am zähesten festhaltenden Volks-
schichten noch am weitesten verbreitet und am besten er-
halten sind und welche alle noch mehr oder weniger deutlich
erkennbar dem grossen Gebiete des Kampflebens entstammen
oder doch in Anlehnung an jenen kriegerischen Gedanken-
kreis verwendet, umgedeutet oder gar neugebildet worden
sind. Nun aber zurück zum «Fechten und Schirmen» der
ritterlichen Jugend und der tüchtigen Helden an den Höfen der
Fürsten oder auf den Turnierplätzen der Städte, wie es in
den Zeiten des deutschen Mittelalters in Scherz und Ernst
so eifrig gepflegt und so häufig in den Zeugnissen der
Heldensage und anderen Ritterdichtungen dargestellt worden
ist. Die ausführliche Schilderung eines heiteren Fechter-
kampfes, die sog. Fechtprobe zwischen den Helden Wate
und Hagen, wie sie uns das Kudrunlied bietet, gebe ich in
den Beilagen (vgl. dort Nr. I) wieder in Anbetracht ihrer
grösseren Ausdehnung und verweise hier nur noch auf
mehrere, kleinere Stellen, wo von diesen Künsten oder
auch ihrer ernsthaften Anwendung die Rede ist, ohne in-
dessen hier, wie gleich bemerkt sein mag, den Gegenstand
etwa schon erschöpfend behandeln zu wollen; denn dazu
bedürfte es noch eines viel umfassenderen Materiales, als
es mir bis heute zu Gebote stand. Zunächst die Zeugnisse
dafür, dass das Fechten ein Hauptbestandteil in der höfischen
Erziehung junger Ritter, neben der auch in anderen Künsten
geforderten Tüchtigkeit und Ausbildung, war, weshalb solche
3*
— 36 —
Waffenübungen und Ritterspiele auch bei keinem grösseren
Hoffeste unter den üblichen Kurzweilen und Unterhaltungen
fehlen durften. Dafür geben folgende Stellen eine Anzahl
Belege :
«Ninus leirti sini man
«aribeiti lidan,
«in gewefinin ritin.
«daz si vreisin gidorstin irbitin,
«schiezin unti schirmin;» Annolied v. 139 — 143.
«und hiez in leren schirmen.» Lanzelet v. 279.
«vehten, rennen, springen,
«loufen, schirmen, ringen,
«zabeln unde kugelspil,
«rotten, gigen, harpfen vil,
«und kräm allerhande
«von alder weite lande,
«daz vint man tegeliches da,
«mer dan iender anderswä:
«des ist der turnei dar geleit.» Lanz. v. 2675 — 2683.
«Aller hande riterspil
«Lerten in die riter vil,
«ßuhurdieren, unde stechen,
«Diu starchen sper zebrechen,
«Schirmen, unde schiezzen.» Wigalois v. 1254—1258.
«Dise furnierten da,
«So schirmten die anderswä.
«Si sähen buhurdieren.
«Die knappen tiostieren,
«Tanzen, unde singen,
«Schiezzen, unde springen;
«Als ich iu nu sagen wil,
«Aller hande riterspil
«Was da äne mäze vil.» Wigalois v. 2648 — 2656.
«schirmen mit den schilden und schiezen manegen Schaft.»
Nib. 307, 2—3.
«wol schirmen, starke ringen,
«wol loufen, sere springen,
«dar zuo schiezen den schaft,
«daz tete er wol nach siner kraft.» Tristan v. 2111 — 2114.
«swä er die schirmmeister vant
«mit Schilde und buckelaeren,
«er hiez im ie bewaeren
«die kunst bescheidenliche.
— 37 —
«den jungen kunic riche
«ein meister lerte uz Irlant,
«daz diu kunst des heldes hant
«über alle schirmaere truoc:
«daz zuo was er starc genuoc.
«vil eilenthafte stuont sin muot.» Biterolf v. 2134 — 2143.
«er schütte ez als ein schirmswert. Bit. v. 2171.
«der vil starke küene man
«truoc dem getwerge haz.
«eins schirmslages er niht vergaz,
«den lerte in meister Hildebrant.» Laurin v. 1476 — 1479.
«sin zühte meister Schyron
«lert in behendekeite vil:
«schächzabel, schirmen, seitenspil
«und singen mit dem munde,
«daz muoste er gar von gründe
«biz üf ein ende kunnen.» Trojanischer Krieg v. 6162 — 6167.
«buhurt unde riterschaft,
«schermen, springen, schiezen den schaft.
«loufen unde ringen,
«herpfen, rotten, singen:» Otte's Eraklius v. 2665 — 2668.
«Man lert die jungen fürsten manic ritterspil:
«schirmen unde vehten und schiezen zuo dem zil,
«springen nach der wite und schüten wol den schaft,
«üf satele rehte sitzen: des wurdens dicke sigehaft.
«Man lert die jungen fürsten die schilte rehte tragen,
«mit scharpfen geren schiezen durch halsberc und durch kragen,
«swä man in herten stürmen gen vinden solte stän,
«ir helme ze rehte binden lerte man die jungen man.
«Man lert sie wie sie solten werfen wol den stein
«daz sie den pris behielten: ir kraft was niht klein» Wolfdietr.
D. III, 3—5, 2.
«dö wart geturnieret von rittern mit dem swert.
«stechen vor schoenen frouwen vant man dö genuoc,» Wolfd.
D. VIII, 339, 2—3.
«üf dem velde über al
«vant man kurzwile vil
«und aller hande ritterspil:
«tanzen, bühurtieren,
«dise tjostieren,
«jene loufen, dise springen,
«schirmen unde ringen,
«dise würfen den stein,
— 38 —
«so wurden jene des enein,
«daz si schuzzen den schaft.» Garel v. 10' 435 — lO'ii i.
«man vant da vreuden vollen gelt.
«swie der man wolte leben,
«diu wal was im wol gegeben.
«wolt er buhurdieren,
«tanzen, tjostieren,
«loufen oder springen,
«den stein werfen oder ringen,
«schermen, den schaft schiezen,
«swen des niht wolt verdriezen,
«daz er horte seitspil,
«des was äne mäze vil.
«swaz der man gerne sach
«nach sinem willen daz geschach
«ze vreuden, als er gerte.» Garel v. 20'134 — 20'147.
«ge schermen und gefechtin.» Ritterspiegel v. 271K.
«schirmen, ringen, tanzen und springen.» Fastnachtspiele
266, 16.
«ich haisz ritter Fridereich
«und bab im lant zu Markandeich
«mit schirmen gewunnen ritterschaft.
«mein schirmschleg die haben kraft.» Fastnachtsp, 363,11 — 14.
«ich zerhaw im seine brünne
«mit ainem schirmenschlag.» Hildebrandslied. (Uhland,
Volksl.2. 250.).
«dar sach men schermen unde vechten.» Reineke Vos. II,
1. v. 3301.
Nunmehr mögen noch eine Anzahl Stellen hier ange-
führt werden zum Belege dafür, dass die gleichen Aus-
drücke des «Fechtens» und «Schirmen s>, wie sie bei den
harmloseren Uebungen und Spielen erscheinen, auch da
auftreten, wo es sich um ernsthaften Streit der einzelnen
Helden in der Schlacht oder im Zweikampfe handelt.
«wir schuolen mit den s werten
«daz uelt mit in ge teilen. » Ruolandesliet. 77, 22 3.
«:der site was unter guten knechten
«si cunden wol uechten
«mit spiezen unt mit geren,
«des flizten sich die herren.» ebenda 157, 6 — 9.
«er vihtet in allenthalben sige.» Alexander v. 2286.
— 39 —
«hien vihtet niemen mit iu zwein.» Iwein v. 5291.
«daz er für mich vehte.» Parzival 701, 25.
«un veht ab ir niwan mit zwein.» Parzival 707, 24.
«er schirmde manege wile
«dar nach sluog er mit ile.» Wigalois v. 7155/6.
«ein schilt er ze schirmen truoc.» ebenda v. 7358.
«do entweich im der junge degen
«mit scherme allez flf den sal.» ebenda v. 7501/2.
«ir ietweder schermen für starke wunden began.» Nib. 2155,4.
« schermen im began
«der herre von Berne vor angestlichen siegen.» ebenda 2286,
2—3.
«dö si hie bi Etzel vähten manegen wie.» ebenda 1735, 2.
«Er vrägte, wä si waeren durch vehten hinger iten.
«da ze Portegäle haben wir gestriten. Kudrun 222, 1—2.
«Tristan mit sinem kolben vienc
«alle sine siege, wan er was kluoc
«und konde ouch rechtes schirm es gnuoc.» Heinrich's
Tristan v. 5600—5602.
«ich hän vor Troie dicke daz beste getan,
«ich hän gevochten manigen strit,
»daz mir an swertslegen nie misselang:
«ich slagen ouch hüte wunden wit.» Morolt 75.5, 2 — 5.
«Nu schirme, kunig Princiän,
«ez muz dir an din leben gän.» ebenda 771, 1 — 2.
«des siht man zallen ziten
«üf vil hertez striten
«schirmen leren da diu kint. Biterolf. 357 — 359.
«wan iu ist gewizzen,»
«sprach der helt vermezzen,
«der von arde ein künic si,
«dem s u 1 1 i r wan siege d r i
«bieten und deheinen mer;» ebenda. 10'882 — 10'886.
«slaht ir üf mich iht mere,
«ir verlieset lip und ere.» ebenda. 10'K89 — 1Ö'890.
«dö sluoc im der wigant
«einen solhen widerswanc
«daz Heimen daz swert spranc
«von dem slage üz der hant.» ebenda 10'926 — 10'929.
«sin swert er im ze schirme bot.» Laurin v. 512. 1430.
«daz swert » » » » » » ebenda v. 688.
«der vil starke küene man
«truoc dem getwerge liaz:
— 40 —
eins schirmslages er niclit vergaz
«den lörte in meister Hildebrant.» Laurin v. 1476 — 1479.
«mit schirmen muoste er sich fristen
«vor Walberänes kluogen listen.» Walberan v. 1129/30.
«schermet iuch vor minen svvinden siegen.» Alphart 156, 3.
«mit wem sol ich nu vehten? sprach von Riuzen Yljas.».
Ortnit IV. 324, 4.
«do schermten in die recken
«mit den Schilden, die si truogen.» Eraclius v. 4822/3.
«do sach man siege mezzen die jungen künege rieh:
«baz dan ander zwelve tete ez Wolfdietrich.» Wolfd. D. III. 8, 3 — i.
«er vaht gar kreftielichen mit dem werden Kriechen gnot.»
ebenda D. IV, 48,4.
«Sie vähten hie ze walde, die zvvene küene man» ....
ebenda D. IV, 49, 1.
«het ich erslagen hiute dich,
«do wir uns dar zuo wägen,
«daz wir schirmens pflagen.» Konrad v. Würzburg's Troj.
Krieg v. 360—362.
«sin herze was versunnen
«üf schirmen ouch so rehte wol.» Troj. Krieg v. 4738,9.
«Paris und Hector wären fxö
«getreten beide in einen rinc ....
«daz si da schirmens pflägen.» ebenda v. 5015.
«er stuont ouch an dem ringe breit,
«in dem geschirmet wart also, ebenda v. 5054,5.
«nü schirment iuch! daz tuot iu not.» ebenda v. 34'876.
«do vant er Pärisen da
«schirmende mit Hector iesä
«der sich do des mit zorne wac,
«daz er im einen grimmen slac
«wolte geben do zehant.» ebenda v. 4P853 — 4P857.
«mit zorne der ungehiure
«an Gäwein den ritter spranc
«und nam im da sunder danc
«den schilt, den er ze scherme bot.» Krone v. 13'282 — 13'285.
«daz swert er im ze scherme bot.» ebenda v. 15'191.
«er gie doch mit schirmen vor
« d i s e m , wan er truoc als embor
«den schilt durch Schirmes not.» ebenda v. 27'128 — 27'13().
«und er mit laezlichen siten
«vor Gawein schirmens pflac.» ebenda v. 28'090/l.
«vil manegen ungevüegen swanc
— 41 —
«enphienc von siner werden hant
«Giläm, der fürste wert erkant.» Garel v. 15'134 — 15'136.
«man sach si vehten vor den scharn
«zwein küenen helden vil gelich.» ebenda v. 15'202/3.
«Erec, der ie daz beste tet,» ebenda v. 19'928.
«mit kolben und mit schilten
«was ir vehten daz si triben.» Reinfried v. Braunschweig
v. 19'342/3.
«heim und schilte scherten
«sach man mit swertes swanke.» ebenda v. 20'118/9.
«o edler fürst, ich pit euch ser,
«fecht hie für mich durch gotes er.» Fastnachtspiele 548, 27.
Diese Stellen, die leicht noch um ein Beträchtliches
vermehrt werden könnten, mögen einen kurzen Überblick
geben über die bei den verschiedensten Kampfweisen und
ihren Schilderungen gebräuchlichen Ausdrücke, von welchen
uns später eine grosse Anzahl im übertragenen Sinne
verwendet wieder begegnen wird. Wir wenden unseren
Blick nun noch auf einen Umstand, der es uns vielleicht
am ehesten glaubwürdig erscheinen lässt, dass in dem
germanischen Kämpen- und Fechterwesen noch gewisse
Spuren der alten römischen Gladiatorengebräuche
und Tierhetzenschauspiele, leider gleichsam als eine Art
von erblicher Belastung zurückbleibend, zu erkennen sind.
Denn in der That ist es auch nur die Hefe dieses ohnehin
social nicht allzu hoch stehenden Standes, die sich früher
und später besonders dieser niederen Kampfkunst zugewendet
hat. Bereits Gustav Frey tag hat in seinen Bildern aus der
deutschen Vergangenheit, Bd. I, pag. 276, kurz und treffend
auf diesen Übelstand der Übertragung verdorbener römi-
scher Sitten auf die, wenn auch rohe und urwüchsige, doch
nicht so raffinierte und mit Vergnügungen gemeinster Art
nicht so übersättigte germanische Cultarwelt aufmerksam
gemacht; er sagt daselbst: «In den Amphitheatern
«aber wurden grosse Jagden veranstaltet. Die
«Kämpfe mit wilden Tieren waren unter den Franken
«sicher ebenso blutig als in römischer Zeit; die
«Tierkämpfer und Gladiatoren wurden nicht mehr
in grosser Schola gezüchtet, aber sie bildeten
immer noch eine Genossenschaft, welche sich an
Fürsten und Grosse hing oder abenteuernd in der
«Fremde zu Festkämpfen vermietete; sie waren
«unehrliche Leute auch in den Augen der Germa-
«nen, aber sie blieben als Raufbolde und Meuchel-
«mörder verdorbener Grossen, trotz dem Hohn,
«mit welchem das Gesetz sie behandelte, und trotz
«dem Hass der Kirche durch das ganze Mittelalter
«lebendig.» Leider ist es nicht dabei geblieben,
dass fremde Künstler an den deutschen Höfen ihre
Darbietungen ohne Scham und für guten Lohn abhalten
durften, sondern der deutsche Mann selbst stellte sieh als
Gaukler und Abenteurer in den Dienst dieser widerwärtigen,
wenn auch gern zugelassenen Kunst, wie uns zahlreiche
noch erhaltene Bezeichnungsweisen für solche Leute bezeugen
können. Schon im Rolandsliede begegnet uns ein Hinweis
auf derartige Vergnügungen, wo neben den sonstigen Unter-
haltungen am Hofe Karls auf Tierkämpfe hingedeutet wird,
die in seinem Garten stattfanden, was man wohl bereits
als ein aus der damaligen Zeit entnommenes Sittenbild
verstehen darf. Ich gebe die Stelle hier im Auszug wieder :
«da vnndin si inne
«die lewen also grimme
«mit den beren vechten.
«si sahen guote knechte
«schiezen unde springen.
«si horten sagen unde singin
«vil rnanigir slachte seitspil.
«aller wunne was da vil.
«die chonin vrächemphen
«von ein ander wenchen
«si hiuwen mit den swerten
«uf den ulins herten
«daz daz vür da ohne uz spranc.
si sahen daz die adelaren
«dar zu geweint waren,
«da si scate baren.
— 43 —
«si horten die phaht leren
«die edelin iuncherren
«unde schermen mit den schilten.
«wie di valchen spilten
«unde andir manic vederspil.
«aller werlt wunne was da vil.«
Ruolandesliet. (Ed. Grimm.) pag. 21, 7—27. 22, 1.
Bereits mit deutlicher Beziehung auf eine offenbare
Unsitte seiner Zeit und mit schärfstem Tadel dagegen lässt
sich Hugo von Trimberg in seinem Renner unter eigener
Rubrik dafür vernehmen:
«Von ringen mit wilden tiern.
«Der mak wol niht gar sinnik sin,
«Der sein leben als ein swin
«waget an leben oder an pern,
«Des tot, des er wol mohte enpern.
«wer sagt der konheit im dank?
»Da von sprach her freidank» .... Renner v. 11'564 — ir569.
Man vergleiche dazu noch die Stelle aus Geiler von
Kaisersberg's Narrenschiff 146a (citiert bei Grimm, D.W.B.,
Bd. V, sp. 299/300 unter «Katzenritter»), die mitdenbeidenbe-
reits angeführten bis auf die in ihr erwähnten Tierarten über-
einstimmt: «das dritt jagen ist jagen im sand, da etwan
«die menschen müszten mit den thieren fechten,
«mit beren, lewen und mit andern ungezemten
thieren, das ist auch verboten, die ist von gots
genaden nit me im bruch, da das noch katzenritter
«seint, da man etwan mit dem narrenwerk umgat. >
Schon frühe scheinen übrigens derartige Spiele und Schau-
stellungen gerade mit Bären, allerdings nicht immer von
den ehrbarsten Leuten, selbst den Geistlichen und Klöstern
dargeboten worden zu sein. So haben wir dafür bereits
aus dem 9. Jahrhundert ein Zeugnis in dem Verbote des
Erzbischofs Hinkmar von Rheims an die Pfarrer seines
Sprengeis, worin es heisst: «nee turpia ioca cum urso
vel tornatrieibus ante se facere permittat» (in dessen
Capit. ad presbyt. 14 und ebenso, fast wörtlich wiederholt
IL
in Regino de eccl. disciplina 2, 213) vgl. Wackernagel in
Zeitschft. f. d. Alt., Bd. VI, 185.
Die Bezeichnung «Katzenritter» scheint für solche
Kämpfer mit Tieren im eigentlichen und im übertragenen
Sinne die übliche gewesen zu sein. Frisch 1, 506 a erklärt
das Wort aus Besold thes. pract. entnommen mit «qui
artem palaestricam lucri causa exercet», Lohnkämpfer.
Genauer noch ist Adelung in seinem Wörterbuch der
hochd. Mundart, II. Teil (1775), sp. 1520, der es folgender-
massen umschreibt: «eine Art ehemaliger Klopffechter,
«welche sich um des Gewinnstes willen mit Tieren in ein
«Gefecht einliessen: zum Unterschiede von den Marks-
«brüdern und Federfechtern» (die er ebenda sp. 1641 nebst
den Luxbrüdern als besondere Arten der Klopffechter,
d. h. Leute, welche sich für das Geld mit allerley Arten
des Gewehres fechten sehen Messen, erwähnt). Für das
thatsächliche Vorkommen derartiger Schaustellungen und
ihrer Unternehmer habe ich noch eine Anzahl von recht-
lichen, historischen und litterarischen Belegen hier kurz zu
erwähnen. Die Reformation des bairischen Landrechtes
vom Jahre 1518, Tit. 49, Art. 5 (in der Ausgabe von 1588
fol. 156) bestimmte, dass der Vater den Sohn enterben
könne: «so der sun ein katzenritter wäre oder der-
« gleichen sich understandenhettemit andern thieren
«zu peiszen (= hetzen, jagen) und zu fechten», vgl.
Schindler B. W. I, 208. II, 346. Und nach Öfele, Rerum
Boicarum scriptores I, 307 (vgl. Schindler B. Wb.2 I, 815
unter «Freyhart») bestimmen die bairischen Landrechte von
1553 und von 1616, fol. 164, dass ein Kind enterbt werden
könne: «so ohne der Eltern Willen sich in leichtfertig
«Übung und Buebenleben begebe, als so es ein Freyharts-
« bueb oder ein Gauckler wurde, oder liesse sich, mit
«den Thieren zu kämpfen, umb Geld bestellen.»
Gemeiner' s Regensburgische Chronik Bd. III, 177 berichtet
de anno 1449: «gab ein katzenritter in Regensburg das
«Schauspiel eines wilden thiergefechts. dafür ist im Stadt-
— lo —
«buch verrechnet 12 dn.» Ferner erzählt uns J. Berkmann's
Stralsunder Chronik (herausgegeben v. Mohnike und Zober,
vgl. s. 177) zum Jahre 1414 folgendes Ereignis: do bet
«de kattenridder up dem olden markede to vastelavend
«de katte, und de rat stund up dem olden markede und
«segen dat an, und hadden de katte genagelt an den kake
«(= Pranger), do he se hedde doet gebeten, do schloch herr
J. Culpe ene to ridder, de was ein borgermeister und ok
«en ridder». Auf solche Verhältnisse bezogen sind wohl
auch verschiedene Anspielungen zu verstehen, wie etwa
in folgenden Stellen, welche ich Grimm' s deutschem Wörter-
buche entnehme: «da sprangen alle äffen auf ihne, zerrissen
«und zerkratzten ihne dermaszen, dasz er einem katzen-
« Soldaten gleich sähe». Narrenhatz (1617) 336, oder:
«solch unserm gefecht (des Springinsfeld mit einer Katze)
«konten beide begierige und ohne das zum k atzenkrieg
abgerichtete hunde nicht lang zusehen». Simplic. I, 432.
Daher mag auch die für einen übelzugcrichteten und
zerzausten Menschen verwendete Redensart «er sei unter
den Katzen gewesen», die schon früh vorkommt (vgl. z. B.
den grüszt ich und zu red ihn stelt, wo er gewest wer
untern katzen». H. Sachs 1, 519c (1590. 389a) oder
«im gesicht war er verkratzt, als ob er mit den katzen
gessen hätte». Philander (1650) 2, 343), ihren ersten
Ursprung und ihren nunmehr nicht mehr völlig verstandenen
Sinn genommen haben. Auch Michael Behaim in seinem
1462 — 1465 verfassten Buch von den Wienern spricht an
einigen Stellen von dieser Sorte Leute und nennt sogar
einige Namen von Katzenrittern:
«auch ainer dez anhebner
«nant sich her friedrich ebner.
«Kaczenritter was er genant,
«ains fragners sun auss frankenlant.
«uor Zeiten, alz ich ez uernam,
«ernert er sich mit ainem kram,
«er waz riter der krausen,
«wu man den wein sol pausen.
«Wann so yn der wein machet hicz,
— 46 -
«so gewann er uil weisshait und wicz.
«sein riterschaft waz weit uermert,
«an drein kaczen er daz pewert,
«mit den waz er sich r e i s s e n
«vnd dy zu tad erpeissen.
«Wy wal unser herr kaiser in
«zu riter slug auff guten sin,
«daz er dy selben riterschafi't
«peweren solt nach rehter kr äfft.
«so hat er sein docli nichten
«pewert in kainen pflichten.» (Ed. Karajan. 1843. Wien)
[pag. 5, 12—31.
«[und auch der pinder hans kircham,]
«der kaczen riter, mit dem nam
«her fridrich ebner, fragners gsleht». pag. 35, 30 — 32.
«Auch so woren dy schelk unrain.
«die ualschen wiener ich da main,
«der etlicher gen tuln hin kam.
«her fridrich ebner mit dem kram,
«daz waz der kaczenriter,
«der petrunken und piter,
«Und der kelber arczt hans kircham.» pag. 338. 19 — 25.
Zum Beschlüsse dieser Angaben möge noch die Be-
merkung Platz finden, dass sich sogar noch für das 17. Jahr-
hundert eine Nachricht über Bärenhetzen in Danzig findet,
die bei Anlass des Auftretens einer Comödiantentruppe
daselbst im Jahre 1643 erwähnt werden, eine Notiz, die
ich Bolte's reichhaltiger Abhandlung über das Danziger
Theater im 16. und 17. Jahrhundert in den theatergeschicht-
lichen Forschungen Bd. XU (Hamburg 1895), pag. 70 ent-
nehme, woselbst sich auch (pag. 66, Anmerkung 1) noch eine
Mitteilung nach Teuber, Prager Theater I. 71 findet, wo-
nach im Jahre 1655 in Prag zwei polnische Tänzer und
liärenspieler > erschienen, die wohl ähnliche Schau-
stellungen veranstaltet haben werden. Endlich verdanke
ich einer freundlichen Mitteilung von Prof. Martin die
Notiz, dass Oldenburger's Itinerariüm politicum (Bibl. zu
Freiburg i. B.) noch um 1680 Tierhetzen m Wien erwähnt.
Diese letzten Betrachtungen haben uns ganz von selbst
— 47 —
hinübergeleitet zu dem, was uns jetzt noch zu behandeln
übrig bleibt, zur Darstellung des Fechterwesens der
späteren Zeit, seiner Ordnungen und Gebräuche, sowie
seiner Vertretung in der zeitgenössischen Litteratur. Daran
mag sich dann endlich noch ein kurzer Blick auf den
Zusammenhang, in welchem die Fechtschulen und die
Schwerttänze unbestreitbar stehen, anschliessen. Mit
dem allmälig sich vollziehenden Verfall des Rittertums,
dem Sinken höfischer Zucht und Bildung, der allgemeinen
Verwilderung der Sitten ging natürlich auch der Verlust
der kriegerischen Waffentüchtigkeit Hand in Hand. Von
den Städten, die in beständiger Fehde mit ihren adeligen
und fürstlichen Nachbarn lagen und deren Bürgerschaft für die
grösseren Kriege nunmehr auch die Hauptcontingente an kriegs-
tüchtiger Mannschaft stellte, wurde das Waffenhandwerk
jetzt eifriger betrieben; sie hielten sich zur Ausbildung ihrer
Truppen Waffen- und Zeugmeister und Hessen ihre Leute
durch Fechtmeister schulen und drillen. Aber auch die
Bürgerschaft als solche pflegte jetzt — wie sie dem sinken-
den Minnesang in ihren Meistersingerschulen neue Pflege
angecleihen lassen wollte und wenigstens Manches von ihm,
wenn auch in verrohter und verkünstelter Form noch für
die Nachwelt gerettet hat, — mit Hülfe der Zünfte und
Handwerkergilden die Fechtkunst eifrig, teils wohl um die
Waffenfähigkeit für den Kriegsfall zu erhöhen und stets
ausgebildete Sachkenner zur Verfügung zu haben, teils aber
auch aus reiner Freude an dieser etwas rohen und auf-
regenden Kunst, die manche willkommene Gelegenheit zu
öffentlichen, festlichen Aufzügen und zu belustigenden Schau-
stellungen und Volksunterhaltungen bot. Es sind nunmehr
diese Verhältnisse noch etwas genauer zu betrachten und
von den verschiedenen, darüber bekannten Thatsachen die
wichtigsten hier zu erwähnen. Zunächst ist auf die in
zahlreichen Bibliotheken liegenden, teilweise noch unaus-
gebeuteten Fechtbücher und Fechterhandschriften
hinzuweisen, die vermuten lassen, dass sich an den he-
— 48 —
treffenden Orten ihrer Entstehung oder Herausgabe zum
mindesten Fechtmeister befanden — da sie von solchen
ja zumeist verfasst worden sind — wenn nicht auch
ganze Fechterschulen oder Fechtergesellschaften
daselbst bestanden haben, zu deren Anleitung und
Gebrauch die Bücher geschrieben waren. In der gleich-
zeitigen Litteratur sind ausser den grösseren, poetischen
oder prosaischen Beschreibungen ihres Auftretens und ihrer
Künste, auf die ich nachher noch einmal zurückkommen
werde , zahlreiche Zeugnisse und Äusserungen über ihr
Vorhandensein, Leben und Treiben erhalten, von welchen
ich hier einige zusammenstellen will. Manche davon
haben der Roheit ihres Gewerbes entsprechend einen ver-
ächtlichen oder tadelnden Gharacter, der neben der Beliebt-
heit solcher Fechterkünste auch ihre grossen Schattenseiten
und Gefahren deutlich zum Bewusstsein bringt. In den
Ghroniken der deutschen Städte des 14. bis 16. Jahrhunderts,
Nürnberg Bd. II (Leipzig 1864), pag. 289, 19/20 erscheint:
«Zu den karnpüchsen unter die tor: Heincz Widerolt, maister
«Pauls, schirmmaister, Claus Stör . . . etc.», der einzige
Name eines Fechtmeisters (ob in privaten oder in städtischen
Diensten stehend, ist mir nicht recht ersichtlich), der mir
bis jetzt in amtlichen, städtischen Urkunden begegnet ist.
Im Codex germanicus Monacensis Nr. 3989 fol. 8 findet sich
die Notiz « 1409 facht der Marschalk und Hächsenacker
mit ainander am Weinmarck » (zu Augsburg) (vgl. dazu wie
für die beiden folgenden Angaben Schmeller B. Wb. 1.
687/8), die vielleicht als eine der ältesten Nachrichten über
einen ernstlichen Zweikampf von Fechtern anzusehen ist,
falls es sich dabei nicht um einen blossen Ehren-
handel anderer Persönlichkeiten handelt. Dann macht
Hieron. Härder in seinem Cod. iconogr. 3 ,
fol. 169 die Mitteilung : « Herzog Albrecht von Bayern badt
aO. 1577 zu Ubercbingen im Sauerbrunnen. Do zu
mal lag ain freyfechter aldo zu Uberchingen. » Und
Dr. R. Minderer berichtet in seiner Kriegsarzney (mediana
— 49 -
militaris. Augsburg 1620), pag. 207, dass ein «furnemer
fechter von Nürnberg, so Kammeysen gehaissen», von
ihm geheilt worden sei. Johannes Schmidt lässt sich in
seiner langen Duellpredigt unter der Überschrift: «Was
von Duellen, Ausforderungen, Balgen, rauffen und schlagen
nach Heiligem Göttlichem Wort zu halten » (vgl. seine
« Christliche Weisheit » 55. Predigten über Deuteronomium
32, 29, im Münster der Gemeine Gottes erklärt und vor-
getragen, Strassburg 1635, pag. 517 — 537) über die dortigen
Verhältnisse wie folgt vernehmen: «Unrecht thun ferner
«die vermessenen Fechter, die sich, wie gemeinig-
« lieh auf unseren Fechtschulen geschieht, um ein
«geringes schnödes Geld oder um sich ein Ansehen
«zu machen, einander Schaden tun; ebenso die-
«jenigen, die jene bei Trinkgelagen, Kindtaufen
und anderen Zusammenkünften auftreten lassen,
«oder auch den Fechtschülern Geld auswerfen...».
Eine schwere Schuld trifft endlich alle, « die bei Zankhändeln
nicht wehren so viel sie können, die dem barbarischen
Balgen und Fechten zusehen und Vorschub leisten.»
Diese, wie die folgende Stelle entnehme ich der Abhand-
lung von A. Erichson: Das Duell im alten Strassburg,
pag. 50 — 52. Der Verfasser gibt als Erläuterung der oben
erwähnten Auslassung die nachstehende Anmerkung : « Ge-
« meint sind die Klopffechter, die ihre Kunst,
«namentlich zu den Messzeiten, zur Schau trugen.
« Wie es dabei herging, wird uns im Journal des Voyages
« de Monsieur de Monconys, conseiller du Roy, etc. (Lyon,
1666, 2e partiej geschildert. Der Verfasser berichtet im
«Januar 1664 aus Strassburg: Nous entrasmes dans le lieu
" oli Ton escrimoit avec des espadons, des demy piques et
« de certains couteaux de bois, dont ils se fräppent si fort
qu'il y en eut im qui eut la teste fendue, dont il saignoit
« bien fort : pour parer tous ces coups tant d'espadons que
« de couteaux et demy piques ils avoient de gros gants
« rembourres comme de coussinets, qui alloient ju'sques au
— 50 —
« delä des coudes : ce divertissement estoit des plus froids
«qu'on puisse avoir.» — In der gleichen Schrift Erichson's
(pag. 53 — 57) fand ich auch darauf hingewiesen, dass der
gleiche elsässische Satiriker H. Michael Moscherosch, der
noch in dem von Friedrich Gumpelzhaimer aus Regens-
burg verfassten, 1621 in Strassburg anonym erschienenen
und 1652 durch ihn vermehrten und neu herausgegebenen
« Gymnasma de exercitiis academicorum » dem Fechten
unter den Schulübungen der Studenten eine ganz besondere
Stelle angewiesen hatte, doch wegen des fatalen Zusammen-
hanges desselben mit dem einreissenden Duellunwesen in
seinen «Gesichten Philanders von Sittewald» (I. Teil,
Strassburg 1650 pag. 597 ff. und II. Teil Strassburg 1665
pag. 757.) mit scharfem Spott in Prosa und Poesie gegen
den Missbrauch der edlen Fechtkunst kräftig vorgegangen
sei. Auf die durch eifrige Pflege der Fechtkunst in allen
Ständen wie es scheint vermehrte und gesteigerte Händel-
sucht und Streitlust seiner Zeit bezieht sich auch folgende
gereimte Mahnung an seine Landsleute, die wohl besonders
an die rauflustigen Studenten und Soldaten unter diesen
gerichtet ist :
« Wann du mit Ehr wilt werden alt
« Dess Aussforderns dich nur enthalt.
« Sey mit der Fochtel nicht zu gschwind
« Dass dir nicht einer kratz den Krind
« Als manchem Schnarcher widerfährt
« Der seines Bruders Blut begehrt
« Und ihn aussfordert mit verdruss
< Dass er sich mit ihm schlagen muss.
« Merk auch wann du in einem Strauss
« Von einem wirst gefordert auss,
« So gehe nicht gleich mit blindem Sinn
« Nauss zu dem dollen Narren hien,
« Schweig still, duld dicb, vernünfftig weich
« Und geh dem Esel aus dem Streich,
■ Thu wie ein Christ und Gottes Kind,
« Dein eigen Bossheit überwind. »
— 51 —
Kehren wir nach dieser Abschweifung zum Duellunfug
wieder zum Fechterwesen zurück, so findet sich auch aus
der benachbarten Schweiz für diese Zeit ein Zeugnis, dass
daselbst Klopffechter unter grossem Andränge des schau-
lustigen Volkes auftraten. Das schweizerische Idiotikon,
das Bd. I, 667 Fechter mit «Landstreicher, eigentlich
herumziehender Fechter, der seine Künste auf Jahr-
märkten sehen lässt» erklärt, gibt die betreffende Stelle
wie folgt : « Daher kommt, wann etwan ein neuer markt-
« schreier, gaukler oder spiler angelanget, dass man den mit
« grossem Zulauf zu sehen und zu hören sucht : insonder-
«heit lauft die menge zusammen, wann neue zweikämpfer
und fechter ankommen, um zu sehen, wie diesel-
ben auf einanderen loss gehen, einanderen parie-
«ren, hieb, stich uud schlag versetzen.» A. Klingl.
G. B. 1688. Und von einem gleich grossen Interesse der
Bürgerschaft, besonders aber der städtischen Jugend an
solchen Darbietungen kriegerischer Kunst- und Waffentüch-
tigkeit weiss auch Joh. Christoph Wagenseil in
seiner Schrift : »De Sacri Romani Imperii libera Civitate
Noribergensi Commentatio », Altorf 1697, pag. 161, aus
Nürnberg zu erzählen: er berichtet daselbst: «Gladiatorii
«quoque Ludi vehementer incolas delectant, atque
« etsi eorum usum, ob ineommoda, quae inde proveniebant,
«varia, ante hos aliquot annos tollere necesse fuit, tarnen
«vix quisquam e vulgo reperitur, et adeo ne puer
«quidem, qui non alterutri factioni Lanistarum,
«quarum una a S. Marco, altera a Penna cognomen
«habet, der Marxbrüder und Feder-Fechter, saltem
« animo et voto jungatur. Instituun tur int erim crebro
«intra aedes privatas decertationes. » Im Anschlüsse
daran möchte ich gleich erwähnen, dass mir gerade auch
diese Bemerkung Wagens eil 's, der doch Gelegenheit hatte,
diese Leute eventuell selbst um die Bedeutung und Ablei-
tung ihres sonderbaren Namens zu befragen, neben zwei
anderen, gleich noch zu citierenden Stellen, die Berechtigung
4*
— 52 —
zu einem Angriffe gegen die von Wassmannsdorff in
seiner von mir hier noch oft zu benützenden Schrift:
« Sechs Fechtschulen der Marxbrüder und Federfechter etc. »
(Heidelberg 1870, pag. VI und 7—9) aufgestellte und ent-
wickelte Ansicht von der Herkunft der Bezeichnung «Feder-
fechter » zu geben scheint. Schon in Grimms D. W. B. III,
1399/1400 heisst es unter ,Federfechter, gladiator, freifechtef
von der feder' : « es ist nicht recht klar, warum sich dieser
-< verein nach der feder nannte, man sollte denken,
«weil die fechter eine feder am hut oder spiess
«aufgesteckt trugen.» Dann ist auf die Schreibfeder in
dem von Rudolf II der Gesellschaft der Federfechter 1607
in Prag verliehenen Wappen hingewiesen. Weiter heisst es
dann : « waren diese fechter bloss aus dem stand der
schreiber hervorgegangen? wollten sie darum für mehr
gelten als die fechterischen handwerker? jedenfalls war die
benennung schon im 16. Jahrhundert gebräuchlich. (Beleg
die gleich noch anzuführende Stelle aus Fischart's Gar-
gantua) die schreibfeder scheint erst das spätere. » Dazu
vergleiche man nun, was Heinrich von Gunterrodt in
seiner Schrift : « De veris prineipiis artis dimicatoriae,
Witebergae 1579», pag. 21 über diese Verhältnisse sagt,
eine Stelle, mit der Wassmannsdorff (pag. VI) freilich
nicht allzuviel anzufangen wusste, die mir aber gerade einen
neuen Beleg für den sonst immer von den Federfechtern be-
haupteten Vorrang vor ihren Gegnern und Rivalen, den Marx-
brüdern, oder wenigstens für ihre Beanspruchung eines
solchen, abzugeben scheint. Gunterrodt sagt an der be-
zeichneten Stelle : « Nunc autem ad nostra tempora veniam.
« — Duo factiones extiterunt: una ex parte ut plurimum
«pelliones, et alii opifices cum his confoederati,
«quorum etiam aliqui magistri in arte, praesertim
«gladii traetandi, haberi volunt, qui ex speciali Roma-
«norum Imperatorum et Regum Privilegio, in nundinis
« Francofurdiensibus, quos in arte excellere putant, et
- in eorum seetam qui iurare volunt, eodem titulo insignire
— 53 — .
« solent. Alteri his oppositi plerunque studiosi bona-
«rum diseiplinarum et aliarum artium minus sor--
«didarum periti, qui certe Ulis arte praestant,
« quamvis rarissimi etiam inter hos reperiantur, qui certum
< fundamentum habeant, et discipulos suos ratio-
«nibus certis instituere possint.» Mit dieser Dar-
stellung der Dinge kann die von Jahn in seiner Deutschen
Turnkunst von 1816, pag. 280 nach Bugenhageirs Samm-
lungen historischer und geographischer Merkwürdigkeiten
(herausgeg. von Kästner, Altenburg 1752), pag. 187 f. mit-
geteilte Verteilung der verschiedenen Gewerbe auf die
beiden Fechtergesellschaften, sowie die nach den Nürnberger
Fechtschulreimen vom Jahre 1579 (vgl. Wassmannsdorff,
pag. 33 ff.) sich ergebende Differenz in der zünftigen Zuge-
hörigkeit der Vertreter beider Fechterbrüderschaften wohl
einigermassen in Einklang gebracht werden. Dazu kommt
ferner, dass auch Abt in seinem Artikel über die Fecht-
schulen (vgl. Büsching 's wöchentliche Nachrichten, Bd. III,
305 ff. ) unter den Leuten, aus welchen sich dieselben recru-
tierten, neben zahlreichen Handwerkern und Gesellen höherer
und niederer Gewerbe und neben Trabanten, Kriegsknechten
und Söldnern noch besonders Studenten und Schreiber
erwähnt, die wohl auf eine etwas höhere Wertschätzung
ihrer Kunst ganz von selbst gedrungen haben werden. Der-
selbe bemerkt ferner a. a. 0. nach einer Mitteilung, die er
Kreussler*s Geschichte der Universität Leipzig (Leipzig
1810), pag. 108, entnommen hat, dass in Leipzig die
Fechter unter dem Schutze der Universität standen
und dass nach einer kurfürstlichen Verordnung um 1567
diejenigen von ihnen, welche Handwerksgesellen
waren, von der also bevorzugten Fechtervereinigung
ausgeschlossen wurden, was also wieder auf eine gewisse
Scheidung unter ihnen gemäss ihrer verschiedenen socialen
Stellung hinzudeuten scheint. Nimmt man nun die im Folgen-
den anzuführenden Stellen, die sämtlich einen Vergleich des
Schwertes mit einer ,Schreibfeder' oder einer ,zum Schmucke
— oi —
aufgesteckten Feder' oder gar mit ,Bettfedern' in spottweiser
Anspielung zulassen, zu der Thatsache des in dem Federfechter-
wappen erscheinenden Federkiels und der obigen Notiz bei
Wagenseil «altera a Penna cognomen habet > hinzu,
so erscheint eine solche vergleichende Beziehung dieser
Bezeichnung anzunehmen jedenfalls viel natürlicher, als an
der etwas sehr spitzfindigen Anschauung festzuhalten, dass
der Name der « Federfechter » nichts als eine verstümmelte
und missverstandene Form eines ursprünglichen und rich-
tigen < Veiter- oder Viterfechter » (nach dem Schutzpatron
St. Vitus [Veit] gebildet, analog nach Lux- [St. Lucas-] und
Marx- [St. Marcus-jbrüder) sein soll. Die hier in Betracht
zu ziehenden Stellen sind folgende : « erzeigt sich in allen
-ritterlichen wehren, wie sie vor äugen lagen, im schwerd,
« messer, spiess, stangen, stänglin, tolchen, hallenbart, rapier,
« paratschwerd, lederen tusacken zum platzmachen, sträusst
« sich wider die Marxbrüder, die frank fortische meister des
«langen schwerts, schreib mit dinten so sieht wie
«blut, die feder musst ihm oben schweben und solt
«es kosten sein junges leben, er wagts in gotts macht,
« schlug drauf, dass der beiz kracht, focht umb die höchst
' blutrur, umb das kränzlin, umb die schul, um ein glas
«mit wein, wie es der gesell an ihn begert, trocken oder
«nass, scharf oder stumpf, nackend oder bloss.» Fischart's
Gargantua, 188 a, b. Dazu ist auch die Stelle 176 a:
< Kampkcib ein guter federfechter, der under-
«wis ihne in allen ritterlichen Übungen sehr kunstfertig»,
zu vergleichen, sowie eine andere, an welcher das gleiche
Bild wie oben, nur umgekehrt gebraucht wird: «Da wüst
«er, was mit dem breyten Theil, was mit Fleche
»der Feder zu machen, wüst das recht vnd link
«Eck der Feder, jr Spitz vnd schneid, wie die
«Fechter auf ihren Wehren (dann die von der Feder
«geben gute Fechter, vnnd schirmen mit Feder-
«klingen vnd Lanmerkengeln manchen auss dem
«Land),» Fischart's Geschichlklitterung (Ausg. 1600),
DO
pag. 172 b. Eine andere, mehr auf die Art des äusseren
Auftretens gerichtete Deutungs weise, die etwa die Vermu-
tung von üblichem Federschmuck an Hut oder Waffe als
Ursache des Namens rechtfertigen könnte, scheint durch
die Stelle Gargantua 282 a « darumb hat allein unter den
«göttern Mercurius ein hütlin auf und dar zu ,als ein
«guter federfechter' federn drauf», nicht unkräftig ge-
stützt zu werden. Eine schöne und einleuchtende Bestäti-
gung aber des obigen Vergleiches zwischen Fechtschwert
und Schreibfeder bot sich mir in einer von A. Birlinger
unter der Überschrift : « Kriegerische Sprache » aus Veri-
dicus Germanus (Augsburg 1630) 37 citierten Stelle (vgl.
Alemannia, Bd. XIV, Jahrgang 1886, pag. 56, Findlinge und
Guriosa Nr. 9) folgenden Wortlautes: «Man Hess Federn
«und Dinten, und nahm die Feder, die der Amboss
-gezogen vnd der Schwertfeger zugericht; die
«dünkte je einer dem andern in Kopf und Blut ein.»
Das schien mir ein deutlicher Beweis, dass dergleichen
vergleichende Anschauungen und bildliche Ausdrucksweisen
nicht so ungewöhnlich und auch anderwärts als in der
Heimat Fi schart 's üblich, jedenfalls aber nicht auf einzelne
Fälle beschränkt, sondern ziemlich allgemein verbreitet
waren. *) Nunmehr sollen noch die Deutungen, welche die
Federfechter selbst oder ihre Gegner ihrem Namen gaben,
betrachtet werden, wie sie aus den Anspielungen und Wort-
spielen der Nürnberger Fechtschulreime zu entnehmen sind.
In diesen erscheinen (nach Wassmannsdorff, pag. 33 ff.
citiert) Wendungen wie: < Daz ich mein haut vnnder
der gefider mus laszen» (pag. 34). «Die Marxbrüder
vertrieben die federn gern | Vnnd können Jr doch nit
*) Man vergleiche zu der oben aus Veridicus Germanus ange-
führten Stelle aus einer späteren Zeit etwa noch Logau's
Spruch :
«Der Deutschen ihr Papier | Der Degen war die Feder:
War ihrer Feinde Leder. Mi t Blute schrieb man hier.»
— 56 —
enntbern|Sie sein all nacht der federn fro | sonnste
müesten sie ligen auf dem Stro | Vnnd solten den
Winnt ter wol erfrieren [ All Manschafft thnt die feder
zieren ... (pag. 34). «Mit einem eisern Flederwisch
kher .Ich den Staub daruon» (pag. 36). «Dann Jch
gedennck was vmb ein gennssfeder mag sein | . . . Was
solt .Ich dan haben der Gennssfedern ehr { . . . Dann
Gennssfedern vnnd Khil | Braucht man nit zum
Ritterspil | Dann hert federn dinn Pappier schwartze
Dinnten | Soll man Jnn den Schreibstuben finnden
(pag. 37). Göttliche Mayestat hat die federn aufgericht». . .
(pag. 38). « Gleichwol die rechten herrn vonn der
federn | hallt Jch mit Jrer schrifft vnnd annder kunst
Jhn ehren, | Aber auf die ein geflickten federfechter
will .Ich alle zeitt beren » (pag. 39). «Du federn, du bist
preissens Vol | Daz hortt man an allen ortten wol» | . . .
«Die Edel federn schwinng Jch auff | Von deinnet
wegen schlag Jch drauff > . . .(pag. 40). «Dieweil Jr stets
naget an der Feder | Vnnd wollt die gar zureissen» . . .
(pag. 41). «Die federn ist Leücht vnnd hellt sich
munder | Ob schon deine brüeder sich machen willdt |
Werdens doch offt von der federn gestillt» (pag. 42).
«Die edle feder hat daz Lob | schwebt allen Elle-
mennten ob» | . . . «Wölln sie die federn Vnndertrücken. [
Die feder raus doch schweben ob» | . . . . «Wer die
federn Vnehrt, der ist nicht werdt j Daz er ein
schwerdt soll füeren auf Erdt» | «Das Kriegen die von
der federn Nimmer mehr | Es thut sich auch mancher
Von der feder nennen | Vnnd kan kein Buchstaben
schreiben lesen noch kennen» | . . . (pag. 43). So weit
die Bilder und Ausdrucksweisen der Fechtschulreime des
Jahres 1579 aus Nürnberg, wie sie Wassmannsdorff
nach der Papierhs. Nr. 1458 des German. Mus. daselbst
fol. 1 a — 20a in seiner Schrift abgedruckt hat. Dazu sind der
Vollständigkeit wegen noch folgende Angaben, die ich auch
Wassmannsdorff entnehme, da mir die Originale nicht
— 57 —
vorliegen, zu vergleichen. In des Pritschmeisters Benedict
Edlbeck's gereimter Beschreibung der Fechtschule auf
dem grossen Schiessen zu Zwickau vom Jahre 1574 findet
sich die folgende, stark an zwei bereits von mir angeführte
Stellen erinnernde Herausforderung, die eine Anrede an die
Fechtwaffe enthält :
«Wer mir ein von der feder veracht,
« Und macht sich wider die gerüst,
« Den wil ich bstehen wie wild er ist,
«Schwing dich Feder, sich wie man thut,
«Schreib gern mit dintn, die sieht wie Blut» (pag. 13. W.).
Und Abraham a S. Clara sagt in seiner Schrift «Etwas
für Alle» (Würzburg 1699) pag. 173 : «so haben diese nicht
«allein seltzame Sprung, sondern auch Spruch, mit
«denen sie sich zum Fechten anfrischen; da hört
«man änderst reden den Marcks-Bruder, und änderst den
«Feder-Fechter, dieser spricht also : frisch her an mich,
«ein Freier fechter bin ich, Hannen-Füss und stoltze
<Feder, schmeiss den Kürschner auf sein Leder: Der
Marcks-Bruder (hier fügt Loncin von Gönn in in seinem
«fechtenden Narren», 5. Bd. (Augspurg 1709) pag. 205, der diese
Stelle anführt, nach W. pag. 32 noch die Worte ein : ,bild sich
auch Cantzley-Bossen ein — '.) will auch nicht weniger
seinen «Muth und Tapfferkeit sehen lassen, muntert sich also
selbst mit diesen Worten auf: , frisch, frisch, wieder
«frisch, kehr ab müdem eisenen Flederwisch, frischher
«und unverzagt, wer weiss, wer den Kürschner jagt; solcher
«Gestalten fangen diese an zu fechten; etc.» Dazu kommen
noch zweiDeutungen beiNicodemus Frischlin, vonweichen
die eine zwar etwas phantastischer Natur ist, die andere
aber, bei Anlass einer Correctur gegeben, merkwürdig zu
der schon mehrfach erwähnten ErklärungswTeise Wagenseils
stimmt. In einem Gedicht über die Hochzeit Herzog Lud-
wigs von Württemberg zu Stuttgart im Jahre 1575, 7 Bücher
in lateinischen Hexametern verfasst und 1577 zu Tübingen
gedruckt, 1578 ebenda von K. Christ. Beyer ins Deutsche
— 58 —
übertragen und vermehrt, sagt Frischlin bei der Schilderung
der Fechtschule (< gladiatorium seu gymnicum certamen»):
«Protinus in lati succedunt aequora cainpi,
«Armati ferro pugiles, delecta iuventus ■
«Gymnasijs passim, studioq; addicta palaestrae.
♦ Hos geminae dirimunt acies: quarum una Georgum
«Percolit, antiquum sequitur pars altera Martern.
«Hos vulgo Catiosi), illos cognomine dicnnt
«Pennigeros: volucres quod iactent aere gestus.»
(vgl. dazu pag. 159. auch: «Pennigeri haec eadem cuncti
simul ore fremebant:» etc.). In der Übersetzung bei Beyer
(pag. 4-15/6) lauten die für uns in Betracht kommenden
Verse :
«Die wurden abgetheilet l'rey,
«Fein ordenlich in zwo Parthey.
«Die ein, Sant Jörg war jr Patron,
«Die ander will Sant Marxen hon.
«Je eine ist der andern gram,
«Ein gibt der andern jren nam:
«Die Marxbrüder nennens die Katzen*),
«Die Kürssner, die sehr bösen Fratzen.
«Die ander diese von der Federn,
«Die in dem Lufft die Arm her wedern.»
Pag. 158 seiner Beschreibung gibt Frischlin die
i) Man vergleiche zu dieser Bezeichnung die scherzhaften, auf
einem Hans Sachs darstellenden Bilde von 1577 befindlichen Verse
des Malers :
«Als ich in Conterfeyhen wardt,
am Tisch nach Boetischer art,
Ein Kleines ketzlein, wie ich sprich,
Sie umb sein Bardt hier uraer strich.
Ich Sprach : Herr sachs sol ich darnebn
dem ketzlein auch seine färb gebn,
wie es sicli da Streicht auf dem Buldt?»
«Bei Leib nein», sprach, «man geb mir dschuldt,
das ich solt ein marxbruder*) sein,
Darumb so mallt mirs Ja nit Hirein.»
sowie die dazu gehörige Anmerkung :
*) Ein auch in Nürnberg vertretener Fechterorden, der den
heiligen Markus zum Schutzpatron hatte und deshalb den Löwen als
— 59 —
Verbesserung : «pugiles a. D. Marco cognominati, vulgo
< Marxbrüder > , und bemerkt dabei auch, dass ihre Gegner:
pugiles a penna cognominati, vulgo Federfechter >
heissen. (Vgl. Wassmannsdorff pag. 16.) Endlich mag
noch bemerkt werden, dass sprachlich eine Bildung «Viter-
fechter» — es müsste zum mindesten Veitsfechter heissen —
wie der postulirte Übergang von Viter- zu Federfechter
gleich anstössig und unmöglich ist. Fasst man die bis
jetzt beigebrachten Zeugnisse und Erläuterungsversuche für
die Bezeichnung Federfechter noch einmal zusammen ins
Auge, so muss man wohl zu dem Schlüsse gelangen, dass
alle diese Stellen gegen die Erklärung Wassmannsdorffs
direct Verstössen. Für ihn spricht nur eine einzige Stelle
(Seite 8 seiner Schrift), die er dem Fascikel 27 der Acten-
stücke über die Marxbrüder im Archive von Frankfurt a. M.
entnommen hat. Dort heisst es : «Die Marcusbrüder Vnd
i feder fechter haben einer leyh exercitia, theyhls handt-
werker bekennen sich zu jenen, vnd die andern zu diessen;
jene werden zu Meystern hier, diesse zu präg gemachet,
diese werden Veyter fechter genandt, weyhlen Sie auf
St. Viti tag ihre privilegia erhallten haben; Ein Lucas
v.Bruder ist ein Meyster aus denen Marcus oder Veyths
fechtern, so sich vndernimmet gegen alle vnd jede die
Schuhl zu behaupten ; würdt Er aber bluthrüstig gemachet,
«so ist Er ab, vnd die übrige theyhlen das von denen Zu-
«schauwern erlössete geldt.> ■ — Aber vielleicht beruht auch
schon diese Angabe auf einem durch falsche Analogie her-
vorgerufenen Missverständnisse in der Auslegung dieses
Namens, weil man sich dabei jener ursprünglichen, durch
Wappen führte. Dieser wurde spottweise als eine Katze be-
bezeichnet, so dass die Marxbrüder (Markus-Brüder) auch
die Catii (Katzenleute) genannt wurden.
Dieses auch für unsere Frage wichtige und wertvolle Zeugnis
habe ich Vogt und Koch's Geschichte der deutschen Litteratur von
den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, Leipzig und Wien 1897,
pag. 302 f. entnommen.
— 60 —
mannigfache wortspielerische Beziehungen stark schillernden
Bedeutung nicht mehr recht erinnerte. Noch zwei andere
Thatsachen hat Wassmannsdorff zur Stütze seiner An-
sicht beigebracht, die ihm als solche, abgesehen von den
allzuweit gehenden Consequenzen, welche er daraus ge-
zogen hat, auch niemand bestreiten wird, dass nämlich
erstens, wie aus verschiedenen Urkunden hervorgeht, Prag in
der That der Hauptsitz der Federfechter war, wie Frank-
furt derjenige der Marxbrüder, weshalb Frisch in seinem
Teutsch-lat. Wörterbuche, Berlin 1741, ,Federfechter' auch
einfach mit «Pugiles Prägens es» wiedergibt, und dass
zweitens diese Federfechter zu Prag am 10. Februar 1608
ein Einladungsschreiben zum Besuche ihrer ersten Fecht-
schule am Sonntage nach Sancti V i t i > erlassen haben.
Aber auch diesen Umstand wird wohl niemand als eine
ernstliche Begründung dafür anerkennen können, dass der
Name Federfechter «nichts anderes» als Viter- oder Veiter-
fechter bedeuten solle; selbst dann nicht, wenn wir noch
auf die auf dem Hradschin stehende St. Veits-Kirche hin-
gewiesen werden, nach deren Patron sich diese Fechter-
gesellschaft ja allerdings hätte benennen können; doch
haben sich keine weiteren Zeugnisse mehr dafür aufbringen
lassen, dass der heilige Vitus oder St. Veit wirklich der
Patron der Freifechter von der Feder gewesen wäre.
Jedenfalls gebührt dagegen Wassmannsdorff das Ver-
dienst, mit Nachdruck auf die Unhaltbarkeit eines, wie es
scheint auch in neuerer Zeit noch nicht endgültig über-
wundenen Erklärungsversuches wohl zuerst hingewiesen zu
haben, nämlich darauf, dass die Annahme einer besonderen
< Feder» genannten Waffe für die Fechtkunst der Feder-
fechter völlig verworfen werden muss, ein Resultat, das
durch die weitergehenden Studien der Herren J. Schmied-
Kowarzik und H. Kufahl, der beiden Verfasser des Fecht-
büchleins (Leipzig 1894), über diesen Punkt neuerdings noch
seine kräftige Bestätigung gefunden hat.
Damit, darf ich nun wohl von der etwas ausgedehnten
— 61 —
Untersuchung einer so speciellen Frage, die ich aber bei
Anlass der angeführten Stellen aufs neue zu erörtern für
meine Pflicht hielt, Abschied nehmen und mich wieder der
Betrachtung des Fechterwesens im allgemeinen, seiner Kunst,
seinen Einrichtungen und Gebräuchen, seiner Überlieferung
und den Formen seines öffentlichen Auftretens zuwenden.
Zunächst noch einige weitere Belege für das Vorkommen
der Fechter und die Abhaltung ihrer < Fe cht schulen»
genannten öffentlichen Schaustellungen oder gewöhnlichen
Kunstübungen und für die zeitgenössische Auffassung über
den Wert oder Unwert solcher Darbietungen. Schon in
den Acten der 1386 gegründeten Universität Heidelberg
findet sich unter den Bestimmungen des ersten Rectorates
nach dem Verbote des Würfelspiels für die Studenten auch
noch die Notiz : «Prseterea fuit ordinatum ut scolae di-
«micantium scolaribus studii nostri interdicentur
ne literis deputati vanitati vacent et Studium praetermittant >
und als Randbemerkung steht daneben: «De dimicatoribus
et eorum scolis interdictis.» (Vgl. Wassm. pag. 1, der da-
zu noch auf M einer s' Geschichte der hohen Schulen, IV,
146 verweist.) Und G. Gumpelzhaimer äussert sich in
seiner Schrift: «Gymnasma. De exercitiis Academicorum»,
(editio Moscherosch, Argentinae 1652 pag. 252) über die
Teilnahme von Studenten an Fechtschulen im Wettbewerb
um den ausgesetzten Geldpreis folgendermassen : «Tertiam
< speciem palaestricae, scilicet Athleticam vitiosam dixi, ra-
tione studiosorum, quibus lucri causa certare, in
«pecuniam a spectatoribus projectam pugnare, cor-
«pusque prostituere certe ignominiosum, ita ut per
'hoc et famae et nominis opinionem abjicerent et perderent
<nisi indigentia pecuniae et nummorum, quibus ad iter per-
«ficiendum inprimis longius, opus habent, necessitas cui
lex non posita premat. Hujus rei exempla memorare
' facilimum foret, sed ea supprimo.» Dieses hier angedeutete
Verhalten der reisenden Studenten erklärt uns auch das
ebenso aufzufassende «Fechtengehen» der wandernden
— 62 —
Handwerksburschen, deren bezeichnender Ausdruck «fech-
ten' = sammeln eines milden Zehrpfennigs oder betteln
noch heute einen stehenden Bestandteil ihrer Sprache bildet,
auch wenn sein ursprünglich wörtlich zu verstehender Sinn
gewiss längst der Vergessenheit anheimgefallen ist. Doch
scheint diese Redensart im gleichen oder wenigstens ähn-
lichen Sinne auch anderwärts noch gebraucht worden zu
sein, denn es findet sich z. B. bei 0. Goldsmith in seinem
«Vicar of Wakeneid» cap. 20 (vgl. G. D.W.B. unter fechten)
einmal die Wendung «I fought my way towards England»,
was etwa mit unserem deutschen «sich von einem be-
stimmten Orte aus bis da und dahin durchschlagen, sich redlich
durchs Leben schlagen etc.» zu vergleichen wäre, wenn in
diesen Ausdrücken nicht auch der Sinn überstandener Mühen
und Gefahren, überwundener Hindernisse und Schwierig-
keiten mitenthalten oder gar vorwiegend zu denken ist.
Von dem grossen fürstlichen Herrenschiessen, das im Sep-
tember des Jahres 1560 in Stuttgart abgehalten wurde und
noch eine Reihe anderer Lustbarkeiten ausser dem Schiessen
selbst aufzuweisen hatte, darunter auch eine Fechtschule,
berichtet der Pritschmeister Ulrich Erttell aus Augsburg und
nennt in seiner Beschreibung desselben (vgl. Codex Nr. 582
der Bibliothek in Gotha) die Schützenfeste, wohl auch mit
Rücksicht auf ihre sonstigen Darbietungen, eine «Riterliche
«vnd Notwendige kurtzweil — die nit ain wenig zw kriegs-
»vbung Dienstlich vnd Nutz sein khinen, vnd ain Heroisch
«Herrlichs exercitium Ist Vund der vrsach allenthalben . In
«Lendern und Steten, so Im langenn Brauch Bliben» und
«wol dem Turnieren vnd andern Fürstlichen Vbungen gleich-
«geschetzt» werden mögen (s. Wassm. pag. 4). S erlin in
seinem Buche : «Ritterliches Hauptschiessen vom 9./ 19. Mai
1671» Frankfurt a. M. 1671, spricht sich über Zweck und
Entstehung der Fechtschulen folgendermassen aus, wie es
jedenfalls der damaligen Zeitanschauung vollständig entsprach:
«Unsere Löbliche alte Teutsche Kayser führten bey ihren
Höfen das thurnieren für die junge Ritterschafft ein, wo-
— 63 —
«durch ein solcher junger Ritter und Edelmann nicht allein
«im reitten, sondern auch mit der Lantze, oder mit dem
«Speere, und anderm damals üblichen gewehre, auff seinen
mann abgerichtet ward. Sie ordneten auch für die
«andere gemeine Jugend Fechtschulen an, umb
«selbige in allerhand Kriegswaffen zu üben, und
«begnadigten dieselbige mit sonder baren Privilegien
«und Frey hei ten. Eben daher haben auch die Schützen-
« Gesellschafften hin und wieder, in grossen und kleinen
«Städten, ihren Ursprung und sonderbare Privilegien und
«Freyheiten bekommen, — vornemlich zu dem ende, damit
«man im falle der noth Leute haben könnte — dem ge-
« meinen Vatterlande zu dienste» (s. Wassm. pag. 1). Seit
dem 17. Jahrhundert begegnen neben den beiden Fechter-
brüderschaften der Marcusbrüder und Federfechter auch
noch die Lucasbrüder, wie es scheint als Gegner beider,
worauf schon jene aus dem Frankfurter Fascikel 27 ange-
führte Stelle hingewiesen hatte. Ausserdem finden sich
dieselben noch in folgenden Stellen erwähnt, die ich Grimm 's
D. W. B. entnehme. Bei Phil an der 1, 245 (Ausgabe vom
Jahre 1642) heisst es: «ich bin ein examinirter appro-
«birter fechtmeister, der das lob hat, dass er sich für
«einen federfechter, Marxbruder und Luxbruder, je
«nach dem die gegenparthei sinnes ist, ritterlichen als
< bintzel, gebrauchen lasse ». Und in Pasquini Staats-
phantasien aus dem Jahre 1697 lesen wir pag. 323: «damit
«der herzog von Savoien ein spie gel fechten mit dem
«marechal de Catinat in Piemont anstellen, selbigem aber
nicht viel weher thun solte, als wenn die Lucas- und
«Marcusbrüder mit ihrer federfechterei sich die
«köpfe ein wenig blutig schlagen und dabei den
«Zuschauern die beutel leeren, so gut sie können».
Hübner 's Handlungslexicon von 1722 pag. 992 berichtet:
klopffechter .... werden in federfechter und Marx-
«brüder, oder meister des langen schwerdtes von
«St. Marco und der Löwenburg abgetheilet, und
— 64 —
«wenn einer unter ihnen wider beide partheien zu
l'echten eine schule aufschlaget, so wird er ein
L u x b r u d e r g e h e i s s e n » . ,Klopffech ter ' wird von S t i e 1 e r
453 mit «pugnator, colluctator» , bei Steinbach 1, 471
mit «rudibus pugnans» wiedergegeben; Frisch in seinem
Teutsch-lat. Wörterbuch (Berlin 1741) bezeichnet sie
Bd. I, 524c als «gladiatores in certamine ludicro»,
und I, 253a als «pugiles publice congredientes»; ge-
nauer noch erklärt Hübner in seinem Zeitungslexicon
(5. Aufl. Leipzig 1727) 2,1004 das Wort durch: «gewisse
handwerkspursche, die für geld ihre fechtschulen
halten und sich auf allerhand gewehre mit ein-
ander herum balgen», und die in zwei Parteien, die
Federfechter und die Marxbrüder zerfielen, von welchen er
(a. a. 0.) noch weiter meldet: «sie haben ihre collegia
und schulen in den vornehmsten teutschen städten, allwo
sie unter sich meister und approbirte meister zu schlagen
pflegen». Genaueres hierüber ist noch bei G. Frey tag,
Neue Bilder aus der deutschen Vergangenheit s. 146 ff.
zu finden. Ich habe übrigens bereits einmal Gelegenheit
gehabt, darauf hinzuweisen, dass sich nach verbürgten
Überlieferungen der Hauptsitz der Marxbrüdergesellschaft
oder der Meister des langen Schwerts von St. Marco und
von Löwenberg in Frankfurt a. M., derjenige der Feder-
fechter oder der Freifechter und Meister des langen Schwerts
von der Feder und von Greifenfels aber in Prag befand,
woran hier noch einmal erinnert werden mag, um im An-
schlüsse daran noch einige derjenigen Städte zu erwähnen,
in welchen wir solche Fechtschulen, wie auch später die
Schwerttänze, am häufigsten abgehalten finden und am
sichersten nachzuweisen vermögen. Dazu gehören unter
anderen besonders : Augsburg, Breslau, Danzig, Dresden,
Leipzig, Nürnberg, Strassburg i. E., Stuttgart und Ulm; es
befinden sich also eine ganze Anzahl von Städten darunter,
die, was für den weiteren Verlauf unserer Untersuchung
noch von besonderer Bedeutung und daher wohl zu beachten
— 65 —
sein wird, sich auch durch eine hervorragende Pflege des
deutschen Meistergesanges und seiner Singschulen aus-
gezeichnet haben. Den Beweis dafür, dass sich dem wie
es scheint ziemlich aussichtsreichen Fechten um Geld, wie
übrigens auch anderen ähnlichen Bethätigungen , auch
öfters Studenten und fahrende Schüler zugewendet haben,
gibt uns neben einigen anderen überlieferten Thatsachen
besonders auch eine Stelle Hugo von Trimberg's in seinem
Renner, der das betreffende Capitel «Ditz ist von Ribalden
«unn von ungezognen leuten» überschrieben hat, worin es
Vers 16'477— 16'481 heisst :
«waz solte ich davon lenger sagen?
«Schirmer, geiger, gaukeler
«Siht man werden vil schaler,
«Die gutes vil ze schul verzerent
«und sich mit loter füre nerent.»
Hugo von Trimberg ist überhaupt auf alle diese ritter-
lichen Unterhaltungen, Spiele und Leibesübungen nicht gut
zu sprechen; an einer grösseren Stelle in seinem Renner, die
ich unter den Beilagen im Auszuge wiedergebe, wendet er sich
besonders gegen Thurnieren und Fechten, dann auch
gegen Steinwerfen, Ringen und Springen. Bereits früher
hatte ich eine Stelle anzuführen, an welcher er seinen
allerdings wrohl berechtigten Zorn über das Kämpfen mit
Tieren geltend macht. Und schon im 14. Jahrhundert
bezeichnet der Teichner einen in der Welt herumziehenden
Edlen, der die Ritterschaft zu Erwerbszwecken ausübt, kurz-
weg als einen «vehtaere» (vgl. Ed. Karajan pag. 85
Anm. 289), woraus man wohl den Schluss ziehen darf,
dass diese Bezeichnung bereits im damaligen Sprach-
gebrauche nicht als eine sehr ehrenvolle galt. Abrahama
Sancta Clara aber spricht sich, nach einem Citat aus dem
Fechtbüchlein an einer von den betreffenden Verfassern
desselben leider nicht näher bezeichneten Stelle seiner
Werke, über die Vor- und Nachteile der edlen Fechtkunst,
zu deren weiser, aber gemässigter Pflege er seine Zeit-
— 66 —
genossen ermahnt, folgendermassen aus: «Was sonsten
«das Fechten, dessen Schul und Regel angehet, soll
«man keineswegs darwider schimpflich reden, son-
< dem gar wohl dabey lassen, dass solche Uebung nicht
«geringen Nutzen schaffe bei der heutigen und lebhaften
«Jugend, welche meistens einem Wasser gleicht, so durch
«die Bewegung frisch belebt, entgegen durch das Stehen
«verfault. Es muss aber niemand vermessenerweise
»in alle Raufhändel sich einmischen und sich allein
«steueren auf seine Fechtkunst, dann dergleichen
«muthwillige Börschel aus göttlicher Verhängnuss gar oft von
»dem allerunerfahrensten Menschen den Rest bekommen.»
Dieser letzte Hinweis zeigt deutlich genug auch die Schäden,
die sich bei dem Missbrauche des stark verbreiteten und
eifrig betriebenen streitbaren Handwerkes auch da und dort
herausstellten. Jedenfalls aber waren solche Darbietungen
auf den Fechtschulen, auch wenn sie nur zur festlichen
Unterhaltung der Volksmenge dienten, stets recht blutige
und lebensgefährliche Schauspiele und leider die deutlichsten
Zeugnisse einer sinkenden Kunst und eines verrohten Ge-
schmackes. Schon in der letzten Zeit des 17. Jahrhunderts,
an der Schwelle des 18. und bis tief in dasselbe hinein,
ja teilweise noch im 19. an gewissen Orten vertreten,
erscheinen jetzt die Fechter mehr und mehr als eine Art
von betrügerischen Landstreichern; sie werden in dieser
zweideutigen und übelberüchtigten Gesellschaft häufig ge-
nannt und auch wirklich oft in derselben als ein besonderer
Zweig des Gaunertums gefunden. So sagt z. B. Chr. Gerber
in seiner Schrift «Sünden der Welt» (3. Aufl. 1699, 4. Auli.
1701) Kap. 51, § 1: «solche sind nun die unseligen gaukler,
«Seiltänzer, taschenspieler, comoeclianten, feuerfresser, klopp-
«fechter und wie das geschmeiss alles mag genennet
«werden», während er in der Überschrift dafür auch «feder-
fechter», in § 4 aber bloss noch das einfache fechter-
gesetzt hat. Und Wieland schreibt im Danischmend Kap. 13
(vgl. Werke Bd. 8, 122; : < die Grimassenmacher, Quaek-
-- 67 —
< salber, Gaukler, Taschenspieler, Kuppler, Beutelschneider
«und Klopffechter theilen sich in die Welt» (vgl. für die
beiden Stellen G. DYYB. unter < Klopffechter >). Ein weiterer
Beweis für die grosse Verbreitung dieser Klasse von Leuten
und die Beliebtheit, deren sich ihre wenn auch rohen und
unkünstlerischen Darstellungen doch bei dem weitaus grössten
Teile der Bevölkerung zu erfreuen hatten, ist sicher auch
die in diesen Zeiträumen häufige bildliche Verwendung von
Worten, die sich auf solche Verhältnisse beziehen, durch
die damaligen Schriftsteller, wie uns denn auch solche
Anspielungen an zahlreichen Stellen der zeitgenössischen
Litteratur begegnen, die hier alle im Einzelnen wiederzu-
geben zwecklos sein würde. Nur soviel möge hier noch
bemerkt sein, dass, wenn etwa Log au in seinem Sinn-
gedichte: Verbriefter Adel, das vielleicht eben gegen das
Klopffechtertum gerichtet ist, sagt:
«Ein federliches Waffen, nicht väterlicher Schild
-Ist jetzt vorausgestellet. wo Federfechten gilt.»
oder ein andermal sich vernehmen lässt:
«Der Deutschen ihr Papier
«War ihrer Feinde Leder.
«Der Degen war die Feder:
«Mit Blute schrieh man hier.»
Oder wenn Fleming 134 schreibt:
« hängt seine Fochtet an,
«Die er zu tragen weiss, als wol kein Edelmann.»
sich die betreffenden Dichter jedenfalls ganz mit Absicht in
solchen Stellen der volkstümlichen Anschauung und ihrem
Sprachgebrauche angepasst haben, um in ihrem Ausdrucke
dadurch um so wahrer und eindrucksvoller zu werden. Auch
Goethe wirkt damit mit besonderer Frische und Lebendigkeit,
wenn er sagt:
«Heraus mit eurem Flederwisch!
«Nur zugestossen! ich pariere.» (Werke 12. 195.)
Oder an einer anderen Stelle (57, 166):
»Hervor den Degen in der Hand,
«Raus, feurig, frisch
«Den Flederwisch!»
5*
— 68 —
Ich möchte im Anschlüsse an diese beiden Gitate, die
vielleicht auch noch Einiges in der Frage über die Herkunft
des Namens der Federfechter zu einem der verschiedenen
Erklärungsversuche beitragen können, gleich noch zwei
andere Stellen erwähnen, die sich mit diesen und schon
früher angeführten nahe berühren und mir eben erst wieder
zu Gesicht gekommen sind. Die eine steht nach G. DWB.
bei Ayrer 274c und lautet:
«fehlt er, so wo 11 wir sein nicht fehlen,
«in mit dem eisern fiederwisch strehlen;»
die andere findet sich in Fi schart 's Gargantua 135 a
und heisst:
«wir haben unseren fiederwisch gefunden, der kan
uns abkehren, seh, seh, gesell, bist auch noch staubig?»
Damit beschliesse ich die Aufzählung einzelner Stellen,
die uns über das Fechterwesen Aufschluss geben, und werde
mich auch keiner Behandlung von Einzelfragen aus diesem
Gebiete mehr zuwenden, sondern noch einige allgemeinere
Übersichten und Zusammenstellungen hier beifügen, die als
Beiträge zur Geschichte der Fechtschulen und der Fechter-
gesellschaften dienen mögen und eine etwas nähere Bekannt-
schaft mit den vielen und stark zerstreuten Überlieferungen
vermitteln und bezwecken sollen.
Im Folgenden mag zunächst eine Zusammenstellung
der verschiedenen den beiden Hauptbrüderschaften der
Fechter verliehenen Privilegien und Gonfirmationen
gegeben werden mit einer Angabe, von welchem Kaiser, in
welchem Jahre und an welchem Orte diese Freibriefe, be-
ziehungsweise ihre Erneuerungen, Bestätigungen oder Er-
weiterungen ausgestellt worden sind; auf eine Inhaltsangabe
oder gar eine auszügliche Wiedergabe derselben muss ich an
dieser Stelle leider verzichten. Es sind demnach als uns
bis jetzt als vorhanden bekannt gewordene Urkunden zu
verzeichnen:
1) Von Kaiser Friedrich III. am 10. August 1487 in
Nürnberg ausgestellt das erste Fechterprivilegium.
— 69 —
2) Von Kaiser Maximilian I. am 27. September 1512
in Köln erlassen, die Bestätigung desselben.
3) Von Kaiser Karl V. am 5. April 1521 in Worms
erteilt, eine Gonfirmation beider vorhergehender
Erlasse.
4) Von Kaiser Karl V. am 13. Mai 1541 in Regens-
burg verliehen, ein Freibrief unter gleichzeitiger
Verleihung eines Wappens an die Markusbrüder-
schaft.
5) Von Kaiser Maximilian II. am 6. Mai 1566 in Augs-
burg erlassen eine Gonfirmation.
6) Von Kaiser Rudolf II. am 15. Juli 1579 in Prag
erlassen eine Gonfirmation.
7) Von Kaiser Rudolf II. am 7. März 1607 in Prag
verliehen ein Freibrief mit gleichzeitiger Verleihung
eines eigenen Wappens und Genehmigung der am
4. August 1606 in Prag festgesetzten Fechterordnimg
für die Gesellschaft der Freifechter von der Feder
daselbst,
8) Von Kaiser Mathias am 17. Oktober 1613 in Regens-
burg erteilt eine Gonfirmation.
9) Von Kaiser Ferdinand II. am 13. Juli 1627 in Wien
eine ebensolche.
10) Von Kaiser Ferdinand III. am 18. Dezember 1640
in Regensburg eine desgleichen.
11) Von Kaiser Leopold I. am 26. Oktober 1669 in
Wien ebenfalls eine Gonfirmation früherer Rechte.
12) Von Kaiser Leopold I. am 20. März 1670 in Wien
erteilt ein Freibrief an die Markusbrüderschaft unter
Vermehrung ihres Wappens und daheriger Erweiterung
ihres Titels um das Beiwort «von Löwenberg >.
13) Von Kaiser Leopold I. am 2. Dezember 1688 in
Wien verliehen ein Freibrief an die Gesellschaft
der Federfeeliter mit gleichzeitiger Vermehrung
ihres Wappens und daraus folgender Erweiterung
ihres Titels mit dem Zusatz «von Greifenfels».
— 70 —
Nunmehr gehe ich dazu über, die übrigen Urkunden, Ver-
ordnungen, Ratserlasse, Satzungen und anderweitigen
Documente, die sich auf das Fechterwesen im Allgemeinen
und im Besonderen beziehen, zu verzeichnen und zwar in
alphabetischer Reihenfolge nach den Städten, aus welchen
dieselben stammen, innerhalb dieser sodann in chronologischer
Anordnung, soweit irgend möglich, und ohne noch weiter-
gehende Einteilungen zu versuchen. Darnach ist anzu-
führen :
a) aus Augsburg:
1) Bestätigungen von Verordnungen der Fechterschulen
durch den Magistrat aus den Jahren 1568, 159(3,
Kill vorliegend.
2) Fechterordnungen der Stadt vom 9. Januar 1596
und vom 13. Januar 1611.
3) Ratsbeschluss zur Aufhebung der Fechtschule im
Jahre 1700.
b) aus Breslau:
1) Schulordnung vom Jahre 1570, welche den Gym-
nasiasten den Besuch öffentlicher Fechtschulen
verbietet.
2) Bewilligung des Rates zur Abhaltung von Fecht-
schulen (mit klingendem Spiel beim Umzüge der
Fechter) vom 5. April 1598.
3) Erste Ratsverordnung über die Fechtschulen vom
9. September 1606.
4) Erneuerungen dieser Ratsverordnung vom 6. De-
zember 1614 und vom 9. Mai 1615.
5) Ratsverordnung über diejenigen Zeiten, zu welchen
die Fechtschulen verboten sind, vom 24. Februar
1616.
6) Renoviertes Patent des Rates, bei Anlass einer Fecht-
schule erlassen, vom 5. April 1625.
7) Wiederholung des gleichen Ratspatentes am 22. Fe-
bruar 1642.
— 71 —
8) Letztes Ratsdecret wegen der Fechtschulen vom
6. Dezember 1674.
c) aus Cöslin (in Pommern):
Willkühr der Stadtbehörde vom 7. September 1666,
welche das Fechten an Sonntagen verbietet.
d) aus Danzig:
Lehrbrief für den Markusbruder Joseph Georg Koppel
aus Leipzig vom 22. Juni 1682.
e) aus Frankfurt a. M. :
1) Bittgesuch der Markusbrüderschaft an den Senat
vom 6. September 1575.
2) Erneutes Bittgesuch der gleichen Brüderschaft, dem
Senate vorgelegt am 19. April 1576.
3) Klageschreiben der Marxbrüder an den Senat wegen
Benachteiligung durch das Auftreten anderer Fechter
daselbst vom Jahre 1578.
4) Verzeichnis der in dieser Stadt zu Meistern des
langen Schwertes geschlagenen Marxbrüder vom
Jahre 1583 an weiter geführt (im dortigen Archiv
befindlich).
5) Ordnung der Marxbrüderschaft, festgesetzt am
31. März 1653.
6) Bestätigung derselben durch den Rat vom 13. Ok-
tober 1660.
7) Vidimus oder Transsumpt des Rates zum Privileg
von 1669 (1670?) vom 22. September 1671.
f) aus Leipzig:
Kurfürstliche Verordnung über die Fechter um 1567.
(Ausschluss der Handwerksgesellen vom Schutze der Uni-
versität.)
g) aus Mainz:
Lehrbrief für den Federfechter Rudolf Gebhardt aus
Magdeburg vom 27. Januar 1719.
— 72 —
li) aus Nürnberg:
1) Bewilligungen des Rates zur Abhaltung von Fecht-
schulen wurden erteilt zu folgenden Zeiten: um
Fastnacht 1477, am 20. Juni 1478, Mitte Januar
1479, am 9. Oktober 1479, am 17. März 1487,
4. Oktober 1492, 3. Oktober 1493, 19. April 1494,
kurz vor Weihnachten 1495, und im Jahre 1561 .
2) Verbote der Fechtschulen liegen vor von Ende Juli
1503, aus den Jahren 1551 und 1585, und vom
20. Juli 1691.
3) Verordnung über die Fechtschulen von 1553.
4) 22 Fechtschulreime zur Eröffnung der vom 26. April
bis 4. Oktober des Jahres 1579 abgehaltenen Fecht-
schulen (26. April; 3., 10., 17., 24., 31.'? Mai; 14.,
23. Juni; 5., 12., 19., 26. Juli; 2., 9., 16., 23.,
30. August: 6., 13., 20., 27. September: 4. Oktober).
5) Ratsverordnung über die Höhe des Eintrittsgeldes
bei Fechtschulen vom 23. April 1609.
6) Beschluss über die Verwendung des Zuschauer-
geldes vom Jahre 1628. (Nach Vollendung des
neuen Fechthauses.)
7) Ratsbeschluss zur gänzlichen Abstellung der Fecht-
schulen vom Jahre 1698.
i) aus Prag:
1) Fechtschulordnung des Rates vom 28. Juli 1597
(in tschechischer Sprache abgefasst und in Bezug
auf die Abhaltung von Fechtschulen die Federfechter
und <Markuse» rechtlich gleichstellend).
2) Satzungen und Ordnung der Freifechter von der
Feder, festgesetzt am 4. August 1606.
3) Einladungsschreiben zur ersten Fechtschule der
Federfechter daselbst, erlassen am 10. Februar
1(508.
4) Approbationsschreiben (Meisterbrief) für den Fecht-
meister Heinrich Schotte vom 15. Juni 1608.
— 73 —
5) Approbationsschreiben (Meisterbrief) des Feder-
fechters Adolf Hagenauer aus Wien vom 15. Juni
1735.
k) aus Ulm:
1) Bewilligung der Fechtschulen der Kürschner durch
ein Ratsprotokoll vom Jahre 1514.
2) Ratsverordnung über die Fechtschulen daselbst vom
Jahre 1589.
3) Wiederholungen dieser Ratsverordnung aus den
Jahren 1590 und 1602.
4) Weitere Ratsverordnungen von den Jahren 1607,
1609 und 1613.
5) Klageschreiben der Inhalter der dortigen Fecht-
schulen an den Magistrat vom Jahre 1616.
1) aus Wien:
Ankündigung einer Fechtschule durch den Fechtmeister
Anton Mire daselbst im Jahre 1781.
Diese oben angeführten Documente zur Geschichte des
Fechterwesens haben mir für diese Untersuchungen, wenn
auch nicht im Originale, so doch durch die Vermittelung der
einschlägigen Litteratur, in Abdrücken ganz oder wenigstens
teilweise, in grösseren oder kleineren Auszügen, vorgelegen:
manche von ihnen sind mir aber auch bloss durch kurze
Mitteilungen oder directe Hinweise bekannt geworden, so
dass es nicht immer möglich war, sie alle im Einzelnen
nachzuprüfen : immerhin liess sich durch Vergleichung ver-
schiedener Angaben in etlichen Fällen eine willkommene
Bestätigung, in anderen dagegen wieder eine notwendige
Berichtigung, häufig auch eine Ergänzung und genauere Be-
stimmung der erwähnten Belege und Zeugnisse erzielen.
Gleichzeitig unterzog ich mich auch der Mühe, die sämt-
lichen, zu meiner Kenntnis gelangten Orts- und Zeitangaben,
soweit sie die Abhaltung von Fechtschulen, Fech-
terspielen. Schwerttänzen oder das sonstige
Auftreten von Fechtern in öffentlichen Schau-
Stellungen betreffen, übersichtlich zusammenzustellen,
und ich gebe, von der Überzeugung geleitet, dass eine
solche Orientierung über die locale Verbreitung und
die zeitliche Ausdehnung des Fechterwesens, wie über
die Häufigkeit seiner Darbietungen weder zwecklos noch
ohne Interesse sein werde, die so gewonnene, kurze tabel-
larische Darstellung dieser Verhältnisse im Folgenden wieder.
Auch hierbei habe ich für die Ortsangaben die alphabetische,
für die Zeitbestimmungen die chronologische Reihenfolge
innegehalten und bemerke nur noch, dass ich die Daten
für die Schwerttänze sowie sonstige nicht dem engeren
Begriffe der Fechtschulen einzuverleibende Fechterauf-
führungen durch das Einschliessen derselben in eckige
Klammern gekennzeichnet habe, um damit die notwendige
Unterscheidung der beiden, im Grunde genommen doch
jedenfalls sehr nahe verwandten und enge zusammenhängen-
den Äusserungen der Waffentüchtigkeit zu ermöglichen.
Folgende Daten sind überliefert:
1) Augsburg: 1500. 1509. 1547. 1615. 1637.
1651. 1661. (1700?) 1719. [1741.] 1776. 5. De-
zember 1815.
2) Berlin: 1581. Winter 1802/3. 12. Juni 1807.
3) Braunschweig: [1443.]
4) Breslau: 1280. 15. Juni 1567. 1575. 1582.
10. Juli 1589. 1592. 19. April 1593. März 1594.
23. November 1597. 5. April 1598. 9. April 1600.
14. September 1614. [23. Februar 1620.] 5. April
1625. 1636. 25. September 1644. 15. August
1672. 14. April 1715. 1735. 5. November 1741.
27. Februar 1808. 31. Juli 1808 (im Lager von
Lissa).
5) Brieg: Mai 1577. September 1582.
6) Danzig: 3. Juli 1623. 18. Februar 1646. 1651.
7) Darmstadt: 1816,
8) Dresden: 27. September 1614.
9) Düsseldorf: 19. Juni 1585.
— 75 —
10) Frankfurt a. M. : 1397. Mai 1671.
1.1) Hamburg: 5. April 181.0.
12) Heidelberg: 1386.
13) Karlsruhe: 16. April 1811.
14) Krakau: 1583.
15) Leipzig: Pfingsten 1533. (1567?) 14. Mai 1604.
8. Juli 1612.
16) Linz: 1783.
17) Lollar (bei Giessen) : [1651.]
18) Lübeck: [vgl. Z. f. d. A. XX., 10 ff., ein erhaltenes,
aber undatiertes Schwerttanzspiel.]
19) München: [1537. 1561.]
20) Nürnberg: [1350. (1351?)] Fastnacht 1477.
20. Juni 1478. Januar 1479. Oktober 1479.
17. März 1487. [1490.] 4. Oktober 1492. S.Ok-
tober 1493. 19. April 1494. Weihnachten 1495.
[1497. 1511. 1516. 1518. 1537. 1539. 1540.
1546. 1558. 1560. 1561.] 1561. [1570.] 1576.
26. April bis 4. Oktober 1579. [um 1580.] 17. Juni
1582. 1588. 1593. [3. und 13. Februar 1600.]
14. Februar 1600. 1603. 5. Januar 1607. 1612.
1615. (1697?) 21. November 1698.
21) Prag: 1608.
22) Schmalkalden: [1576.]
23) Solothurn (Schweiz): [1549. 1581.]
24) Strassburg i. E. : 5. und 26. November. 3. De-
zember 1559. 1587. Januar 1664.
25) Stuttgart: 29. September 1560. November 1575.
Mai 1585. 12. März 1596. 1602.
26) Thorn: 1612. 1614.
27) Troppau: 1583.
28) Überlingen a. Bodensee: [1581. (1670.) 27. Fe-
bruar 1794.]
29) Ulm: 1514. [9. Februar 1551.] 1551. 1610.
1698.
30) Weimar: Mai 1584.
— 70 —
31) Wien: 1781.
32) Zwickau 26.121. August 1573.
Im Anschlüsse an diese Angaben möge noch ein Ver-
zeichnis der wichtigsten älteren Fechtbücher hier Platz
finden. Ausserdem sind auch noch einige Beschrei-
bungen von Fechtschulen in gebundener und unge-
bundener Rede anzuführen, sowie einige grössere und
kleinere Gedichte namhaft zu machen, welche sich sonst
auf das Fechterwesen und seine Geschichte, wie
auf die F e c h t s c h u 1 e n und ihre Kunst beziehen.
(Die von mir selbst eingesehenen Schriften sind durch ein
vorgesetztes * gekennzeichnet.) Zum Beschlüsse dieses
Teiles wird noch ein kurzes Wort über den Zusammenhang
zwischen den Fechtschulen und den Schwerttänzen bei-
gefügt werden. Zunächst jedoch gebe ich noch die er-
wähnten Übersichten.
1) Schriften das Fechtwesen betreffend:
Johann Lichtenauer 's Fechtregeln. (Nürnberger Hs.
des Germ. Nat.-Mus. Nr. 3227 a vom Jahre 1389.)
Lecküchner's Handschrift über das Messerfechten.
(Ältere Fassung auf d. Bibl. von Heidelberg, eine Über-
arbeitung derselben vom Jahre 1478 in München.)
* Talhofer's Fechtbuch aus dem Jahre 1467 (auch
gerichtliche und andere Zweikämpfe nebst den Kampfregeln
enthaltend), herausgegeben von G. Hergsell, Prag 1887.
Paurnfeindt's Fechtbuch, Wien 1516.
Fabian von Auerswald, Ringerkunst, 85 Stücke etc.,
gedruckt zu Wittemberg durch Hans Lufft, 1539.
Paulus Hector Mair's Kunstfechtbuch, Augsburg um
1542 verfasst. (Bibl. zu Dresden.)
«Die Ritterliche mannliche Kunst und Handarbeyt
Fechtens und Kempffens». Frankfurt a. M. 1558.
Joachim Meyer, Gründliche Beschreibung der freien
ritterlichen und adelichen Kunst des Fechtens u. s. w.
Strassburg i. E. 1570, Augsburg 1600, 1610 und 1660
erschienen.
— 77 —
H. von Gunter r od t, De veris principiis artis dimica-
toriae, Witebergae 1579.
* Des kunstreichen und weitberümten Fechtmeisters
Salvatoris Fabri Italienische Fechtkunst, Leiden, bei
J. Elzevier 1606 und 1619.
* Ein new künstlich Fechtbuch im Rappier, zum Fechten
und Balgen etc. durch Michael Hundt. 1611.
*J. Sutor, Newkünstliches Fechtbuch, d. i. ausführliche
Description der Kunst des Fechtens in den gebräuchlichsten
Wehren u. s. w. Frankfurt a. M. 1612. (Neudruck ebenda
1849.)
* Fabri daPadoa, Neu künstlich Fechtbuch. Nürnberg
1615.
* Sebastian Heussler, Fechtschul, Nürnberg 1616.
August Vischer, Tractatus duo juris duellici universi,
.lenae 1617.
G. Gumpelzhaimeri, Gymnasma. De exercitiis Aca-
demicorum, Argentinae 1621. (Editio M. Moscherosch,
Argentinae 1652.)
Joh. Georg Paschen, Der Adelichen Gemüther Wohl-
erfahrne Exercitien-Meister, d. i. vollständige Fecht-, Ring-
und Voultesier-Kunst. Frankfurt a. M. und Leipzig 1683.
* Joh. Andreas Schmidt, Leibbeschirmende und Fein-
den Trotzbietende Fechtkunst. Nürnberg 1713.
Alexander Doyle, Neu Alamodische Ritterliche Fecht-
und Schirmkunst etc. Nürnberg und Frankfurt a. M. 1715.
Paul KaFs Fechtbücher (auf den Bibliotheken zu
München und Wien befindlich).
2) Originalbeschreibungen verschiedener Fecht-
schulen und sonstige Nachrichten über solche finden sich
in folgenden Werken:
S erlin, Ritterliches Hauptschiessen vom 9. bis
19. Mai 1671. Frankfurt a. M. 1671.
Werl ich 's Chronik von Augsburg, pag. 271 (bei
Erwähnung des Augsburger Schiessens vom Jahre 1509).
— 78 —
Sastrow's Lebensbeschreibung, herausgegeben von
Mohnike, Greifswald 1823. Bd. II, 47 (Nachricht von Fecht-
schulen in Augsburg von 1547 bei Anlass der Gefangenschaft
des Kurfürsten Joh. Friedrich von Sachsen während des
Reichstages daselbst).
FlexeTs Beschreibung des Herrenschiessens zu Stuttgart
vom Jahre 1560 (veranstaltet von Herzog Christoph von
Württemberg). Hs. Nr. 325 der Heidelberger Bibliothek,
vgl. Blatt 18 b.
Ulrich Erttell's Beschreibung des Stuttgarter Schiessens
von 1560. Cod. 582 der Bibl. zu Gotha, vgl. Blatt 10 b.
Benedict Edlbeck's Beschreibung des Schiessens zu
Zwickau vom August 1573 (gegeben zu Ehren des Kurfürsten
August von Sachsen). Dresden 1574 gedr., vgl. Bl. 81b — 86b
und 107 b— 109 a.
[Dazu ist auch die Schilderung bei G. Frey tag, Neue
Bilder aus dem Leben des deutschen Volkes, 1862. pag.
146 ff zu vergleichen.]
Nicodemus Frischlin's Gedicht über die Hochzeit
des Herzogs Ludwig von Württemberg mit der Markgräfin
Dorothea Ursula von Baden in Stuttgart im November 1575
(in lateinischen Hexametern verfasst). Tübingen 1577 gedr.
vgl. Buch 7: « Gladiatorium seu Gymnicum certamen».
pag. 157 ff.
Dasselbe ins Deutsche übertragen und stellenweise
vermehrt von K. Christ. Beyer. Tübingen 1578 gedr.
vgl. pag. 415 — 435.
Hans Ulrich Krafft's von Ulm Reisen und Gefangen-
schaft (1616 verfasst), herausgegeben in der Bibl. d. Stuttg.
Lit. Vereins, Bd. 61 (1861. Tübingen), vgl. pag. 377
(Fechtschule in Krakau bei Anlass einer Hochzeit im Jahre
1583) und pag. 383 — 386 (Fechtschule zu Troppau im Jahre
1583 bei Gelegenheit der Hochzeitsfeier des Herzogs Hans
von Liegnitz und Brieg).
Dietrich Graminäus: «Fürstlicher Güligscher etc —
Hochzeit . Colin A° 1587 (enthält die Beschreibung der
— 79 —
Fechtschule vom 19. Juni 1585 in Düsseldorf bei Anlass
der Hochzeitsfestlichkeiten für Herzog Johann Wilhelm von
Jülich und die badische Markgräfin Jacoba).
Nicod. Frischlin, De secundis nuptijs — Lvdovici.
Tübingen 1585, vgl. pag. 99/100. «Gladiatorum certamen >
(Beschreibung der Fechtschule vom Mai 1585 in Stuttgart
bei Anlass der zweiten Vermählung Herzog Ludwig's von
Württemberg mit der Herzogin Ursula von Bayern, [in lat.
Hexametern abgefasst].).
Felix Platter's Lebensbeschreibung. Hs. A. III. 3. der
Basler Bibliothek. (Darin ein Bericht über die Fechtschule
vom 12. März 1596 zu Stuttgart bei Gelegenheit der Taufe
des jungen Herzogs August von Württemberg enthalten.)
[Vgl. auch Dr. Fechter, Thomas und Felix Platter,
Basel 1840, s. 208.]
Wolf gang F erb er 's Beschreibung des Schiessens vom
September 1614 in Dresden. Dresden 1615 gedr. Vgl. Bl.
B.b. 4b (Beschreibung der Fechtschule vom 27. Septem-
ber 1614 daselbst, bei Anlass einer Prinzentaufe durch
Herzog Johann Georg von Sachsen veranstaltet).
3) Einige weitere Zeugnisse für das Fechterwesen und
seine Beliebtheit geben noch folgende litterarische Ver-
wertungen desselben ab, die ich ihres Umfanges wegen hier
zur Vervollständigung meiner Angaben nur kurz anführen
will unter Hinweis auf die Beilagen im vierten Abschnitte,
wo sie in unverkürzter Wiedergabe ihre Stelle finden sollen.
Dahin gehören zunächst die Nürnberger Fechtschul-
Reime vom Jahre 1579 (26. April bis 4. Oktober), die
uns in der Papierhandschrift Nr. 1458 des Nürnberger Germ.
Nat. -Museums aus dem Jahre 1671 erhalten sind (gedruckt
bei Wassmannsdorff) und uns einen Vergleich mit den
«fürwurf» oder «reizunge» genannten Herausforderungen
der Meistersinger zum Wettstreite in Liedern nahe
legen. Sodann ist zu erwähnen: Hans Sachsens «Fecht-
spruch, Ankunfft vnd Freyheit der Kunst», ver-
— 80 -
fasst am 25. Juni 1545 in Nürnberg (vgl. Ausgabe von
Götze 1570, I. Bl. 408d— 410b. Ausgabe von L612, I,
824 ff.). Ferner der: «Ehren Tittel vnd Lobspruch
«der Ritterlichen Freyen Kunst der Fechter, auch
« ihrer Ankunfft, Freyheiten vnd Keyserlichen Privilegien, etc
«gestellet durch Christoff Rösener Bürger in Dreszden, vnd
« durch Keys. May. Freyheit, Meister des Schwerts. Anno 1 589 > .
gedruckt Dreszden A° 1589 (in der Hofbibliothek zu Weimar
befindlich). Dieses Gedicht enthält, wie Wassmannsdorff
(vgl. den Abdruck in seiner Schrift über die Fechtschulen,
pag. 46 ff.) gezeigt hat, ohne seinen Namen zu nennen,
Hans Sachsens Fechtspruch in sich. Ich werde beim Ab-
drucke der beiden ebenfalls so verfahren, dass ich Röse-
ner" s Werk als Rahmen betrachte und Sachsens Fecht-
spruch mit den ihm zukommenden, von Rösener natürlich
weggelassenen Eingangs- und Schlussversen versehe und
dadurch als selbständiges Mittelstück des Ganzen und Eigen-
tum eines andern Verfassers zu bezeichnen und durch
entsprechende Zwischenräume hervorzuheben suche. Weiter
begegnen wir den Fechtern in der Litteratur der Zeit ihrer
weitesten Verbreitung und ihres besten Ansehens noch bei
Burkhard Waldis in seinem Esopus». Er hat daselbst
(vgl. die Ausgabe von H. Kurz, Leipzig 1862, Bd. II, s. 176 7 1
in Das vierdte Buch der Fabeln Esopi, hat Hundert newer
Fabeln» unter Nr. LXXII eine gereimte Fabel «Von zweien
Fechtern», deren Stoff übrigens (vgl. die Anmerkungen
zu B. IV. Nr. 72) aus Brant's Bearbeitung von Stein-
höwel's Aesop-Lbertragung 129a [von zweyen Fechtern]
und anderweitigen Quellen übernommen worden ist, was
immerhin als ein Beweis dafür gehalten werden darf, dass
die Einkleidung der Lehre in diese Gestalt damals jedenfalls
sehr beliebt und zeitgemäss war. Dieselbe Geschichte findet
sich dann, in Prosa wiedergegeben, auch bei Johannes
Pauli in seiner Schwanksammlung Schimpf vnd Ernst»
(1519 verfasst), wo diese, nebst einer anderen, auch von
zwei Fechtmeistern handelnden, unter Nr. CCCX1 und
— 81 —
CCGXII (vgl. die Ausgabe von H. Qsterley, in der Bibl.
des Stutt. Lit. Vereins, Bd. 85 [Stuttgart 1866], pag. 198/9)
zu finden ist. Auch auf die im Volks buche vom
gehörnten Siegfried (älteste Ausgabe von 1726, vgl.
Halle"sche Neudrucke Nr. 81/82, pag. 88 — 93) eingestreute
Prosa-Episode eines komischen Zweikampfes zwischen
den beiden Feiglingen Jorcus und Zivelles wäre
noch zu verweisen; auf ihren Abdruck in den Beilagen
glaubte ich aber um so eher verzichten zu dürfen, als sich
diese Stelle einer ziemlich allgemeinen Bekanntschaft zu
erfreuen hat und auch nicht durch besondere nennenswerte
Eigentümlichkeiten der Auffassung oder des Sprachgebrauches
ausgezeichnet ist.
Ehe ich diesen Abschnitt meiner Abhandlung be-
schliessen kann, bleibt mir noch übrig, mit ein paar Worten
auf das bereits in der Einleitung angedeutete Verhältnis
einzugehen, das wir zwischen den Fechtschulen und den
Schwerttänzen der Handwerkergilden an den verschiede-
nen Orten ihres Vorkommens anzusetzen haben. Es scheint
mir eine sichere und ausgemachte Thatsache zu sein, dass
zwischen beiden Einrichtungen und Gebräuchen sehr nahe
und enge Beziehungen stattgefunden haben, für die wenig-
stens teilweise noch jetzt einige Zeugnisse vorliegen.
Manche Angaben und Umstände deuten auf einen solchen
Zusammenhang beider hin, und nicht zuletzt wohl die That-
sache, dass wir die Schwerttänze an den meisten Orten
von der Zunft der Kürschner, der Schwertfeger, oder der
Messerschmiede und von Angehörigen solcher Handwerke
abgehalten finden, die jeweilen auch in den verschiedenen
Fechtschulen am stärksten und häufigsten vertreten sind.
Oft sehen wir beide Schaustellungen, Schwerttanz und
Fechtschule, unmittelbar oder nur in kurzen Zwischenräu-
men aufeinanderfolgen, und bei der Darstellung des ersteren
sind manchmal Vertreter der letzteren als Leiter der Auf-
führung beteiligt. So könnte man unter solchen eine
unzweifelhafte Beziehung, ja fast eine gewisse Verwandt-
6
— 82 —
schaf't beider befürwortenden Umständen vielleicht die nicht
allzu kühne Behauptung aufstellen, dass die Fechtschulen
als die vermisste und fehlende Übergangsstufe zwischen
den frühesten und den späteren Überlieferungen des Schwert-
tanzes, die ja mehrere Jahrhunderte auseinanderliegen,
eingeschoben werden dürfen. Und so Hesse sich jene Lücke
in der Entwicklung dieser Sitte wenigstens einigermassen
schliessen, auf welche bereits Müllenhoff in seiner ersten
Abhandlung über den Schwerttanz (vgl. Festgaben für
Homeyer, Berlin 1871) mit Bedauern hingewiesen hat. Die
engere Verbindung zwischen Fechtschule und Schwerttanz,
auch was ihre oft fast gleichzeitige Abhaltung anbetrifft,
scheinen mir besonders folgende zwei Angaben, aus Mit-
teilungen über den Schwerttanz in der Zeitschrift «Alemannia»,
Bd. 14 und Bd. 18 entnommen zu erweisen. Zunächst findet sich
in «Alemannia», Bd. 14 (1886), pag. 183 ff. aus der Chronik
des Ulmer Schusters Sebastian Fischer (vgl. Cod. germ.
Nr. 3C91 d. Staatsbibl. zu München, Blatt 398 ab) folgende
Stelle über einen Schwerttanz in Ulm: «In disem 1551 jar
«vff den vnsynigen gutteintag, was der 9. tag hornung,
«hielten die handwerks gsellen ain schwertdantz vff offenem
«markt vor der burger zech etc.« «der den dantz
«fiert was ein nestler gsell, hiess mit sehn namen Lienhart
«Kienly, von Dinkelspiel, ain mayster des schwerts
«vnd der ander der jm halff den dantz fieren, wras ain
«schreinergsell, auch ain fechtmayster » , «da stond
«der fechtmayster Lienhart Kienly vff die sclrwerter
«hinauff vnd schlug das bariss (wohl ein Paradehieb
aus der Fechtschulenpraxis, der so genannt wurde), wie
«dan die fechtmayster allweg vff der fechtschul
«schlahen», «vnd am weyssen suntag hielt der
«nestler Lienhart Kienly fechtschul, alda hielten sy
«auch den schwertdantz, vnd den rayffdantz vff dem
«schuchhauss (Verkaufshalle für die Schuhmacher und Ver-
gnügungslokal wegen des grossen Saales darin), das was
«der letst dantz, hiemit war das dantzen auss, etc.». Das
— 83 —
darf wohl als unbestreitbarer Beleg für einen nahen, durch
äussere Formen wie durch eine innere Gemeinsamkeit, etwa
der kriegerischen Auffassung als Waffenspiel, begründeten
Zusammenhang zwischen beiden Gebräuchen angesehen
werden. Eine ganz ähnliche Verbindung von Schwerttanz
und Fechtschule ergibt sich aus einer Nachricht über den
im Jahre 1600 in Nürnberg abgehaltenen Schwerttanz der
Messerschmiede, worüber «Alemannia», Bd. 18 (1890),
pag. 82/83 zu vergleichen ist. Es heisst dort nach den
betreffenden Schilderungen über diese Aufführung, wie sie
in verschiedenen Chroniken Nürnbergs vorliegen: «Zur
«Erläuterung sei noch bemerkt, dass der seit 1570 in Nürn-
«berg nicht gesehene Schwerttanz der Messerschmiede
«am Sonntag den 13. Februar 1600 vor Joachim
< Nützel's Haus bei St. Lorenz begonnen wurde». Sodann
«weiter: «Am Montag ward vor dem Bathause eine
«F echt schule gehalten, am Dienstag und Mittwoch aber
«ein gemeiner Tanz im Hause des Paul Pülzl am Bossmarkte,
«an dem ausser vielen Frauen und Jungfrauen auch zwei
«mit goldenen Ketten geschmückte Kronbräute teilnahmen».
Dieser Abschluss der Schwerttanzaufführung durch ein ge-
wöhnliches Tanzvergnügen ist auch als eine Sitte beim
Uberlinger Schwerttanze überliefert, nur dass dort der Tanz
ebenfalls im Freien, auf der Strasse stattfindet. Vgl. dazu
«Alemannia», Bd. 14 (1886), pag. 249. So haben wir in
der erwähnten Nürnberger SchwerttanzauftÜhrung die Fecht-
schule gleichsam als ein von den beiden übrigen Festacten,
dem vorausgehenden Waffentanz und dem nachfolgenden
Tanzreigen, eingerahmtes Mittel- und Hauptstück zu be-
trachten. Vielleicht ist es auch kein blosser Zufall, dass
wir aus etlichen Jahren, in welchen in Nürnberg keine
Fechtschulen stattgefunden haben, oder wo uns wenigstens
die Überlieferung von solchen fehlt und dieser Mangel zu
einer derartigen Annahme veranlasst, doch von der Ab-
haltung von Schwerttänzen daselbst wissen und umgekehrt,
gleichsam, als ob das eine Schauspiel zum Ersätze des
6*
— 84 —
andern bewilligt und abgehalten worden wäre. Man ver-
gleiche dazu die oben gegebene Tabelle über die Fecht-
schulen, wo für Nürnberg mehrmals die Lücken in der
Überlieferung derselben durch Angaben von Daten für die
Schwerttänze ausgefüllt erscheinen. Übrigens hat bereits
0. Wittstoek in seinem Aufsatze «über den Schwerttanz
der Siebenbürger Sachsen- (in den Philologischen Studien,
Festschrift für E. Sievers, Halle 1896, pag. 352 ff.) auf die
Möglichkeit solcher Zusammenhänge zwischen Fechtschule
und Schwerttanz hingewiesen und die Berechtigung einer
solchen Vermutung ebenfalls durch Anführung einer Stelle
zu erhärten gesucht , die allerdings seine Annahme ,
es sei bei diesen Aufführungen zwischen der eigent-
lichen Fechtübung und dem besonderen Tanzreigen
innerhalb des Waffentanzes eine gewisse Scheidung
beobachtet worden, als recht wahrscheinlich hinstellt.
Wittstock bemerkt zunächst (a. a. 0. pag. 357) ganz
allgemein: «Man darf wohl die Vermutung aussprechen,
«dass die heutige Form unseres Schwerttanzes auf
«diese im 14. und 15. Jahrhundert üblichen Fecht-
« Übungen der Bürger zurückgeht, an denen gerade
«den Kürschnern vermöge ihrer numerischen und sonstigen
«Bedeutung kein geringer Anteil zufallen mochte. Wäre
«mir die betreffende Litteratur zugänglich, so würden sich
«vielleicht in unserer Anweisung, wie der Schwert-
«tanz getanzt werden soll, noch Reste jener Kunst-
«ausdrücke nachweisen lassen, wie sie die Fecht-
«bücher des 15. Jahrhunderts enthalten». Das ist
ein Gedanke, dem ich, gestützt auf eigene Beobachtungen,
nur meine lebhafte Zustimmung geben kann, ohne jedoch
leider hier schon für diese als vorläufig geäusserten An-
nahmen einen endgültigen, einleuchtenden Nachweis beibringen
zu können. An die obige Äusserung schliesst Witt stock
sodann noch folgende Anmerkung an: «Selbst die Hermann-
«stadter Beschreibung des Tanzes scheint ausdrücklich
zwischen Fechtübung und dem Beigen zu scheiden,
— 85 —
«denn in Punkt 19 bemerkt sie, dass dann eist der Fest-
«tanz beginne-. Dieser Hinweis bezieht sich auf eine
(a. a. 0. pag. 355 wiedergegebene) kurze Anweisung über
den Sehwerttanz, die der Zunftlade der früheren Kürsehner-
zunft zu Hermannstadt entnommen und jedenfalls ziemlich
älter als die vorliegende Abschrift ist: dieselbe enthält
unter Nr. 19 folgende Vorschrift: «Stellen sich zwei zu
< zwei in zwei linien mit dem Schwerte in der seite und
«auf den 3ten takt werden die Schwerter zusammen-
«geschlagen und der festtanz wird begonnen». Das
scheint allerdings darauf hinzudeuten, dass die übrigen,
vorher erwähnten 18 Punkte des Tanzes mit den betreffenden
Figuren mehr als eine Art von «Fechtübung » und noch nicht
als Bestandteile des eigentlichen «Festtanzes >, der dann
wohl den Abschluss des Schwerttanzes zu bilden hatte,
betrachtet wurden, doch liesse sich Genaueres über diese
Unterscheidung wohl nur schwer sagen und für unsichere
Vermutungen ist hier nicht der Ort. Dagegen ist mir un-
verständlich geblieben, auf welche Weise Wittstock seine
Ansicht über den in Frage stehenden Zusammenhang der
beiden Bräuche durch die Teilnehmerzahl der Schwerttänze
noch kräftiger stützen und begründen will. Er sagt (a. a. 0.
pag. 358) nämlich: «Meine Annahme, dass unser Schwert-
« tanz. in seiner heutigen Form auf die Fechtübungen des
«Mittelalters zurückgehe, wird auch noch durch die Zahl
«der Tänzer gestützt.» Wittstock erwähnt dann, dass
die Zahl der Teilnehmer nach den Überlieferungen zwischen
10 und 15 schwanke, und zieht daraus den Schluss, dass
die Gruppe der Schwerttänzer ursprünglich aus den 10 Tänzern,
dem Vortänzer und einem oder zwei Harlekins bestanden
zu haben scheine, um dann gestützt darauf einen Zusammen-
hang mit der «Zehnschaft», die als ein Bruchteil der
germanischen Hundertschaft «die taktisch-administrative
Einheit des Mittelalters bildet, herstellen zu können. Da
scheint mir nun mit Rücksicht auf die bei Schwerttänzen aus
anderen Gegenden sonst noch überlieferten Teilnehmerzahlen,
— 86 —
wie 24, 70, 180 etc., die obige Annahme einer ursprüng-
lichen «Zehnschaft doch auf Widerstand zu stossen.
Ausserdem vermag ich zwar wohl einzusehen, was das
Princip der «Zehnschaft» etwa mit der Heeresorganisation
im Allgemeinen, aber keineswegs, was es mit den kriegeri-
schen Fechtübungen im Besonderen oder etwa gar mit den
eigentlichen Fechtschulen der Handwerkerzünfte, aus welchen
die Schwerttänzer sich doch ausschliesslich remitierten und
für deren Fechtschulen doch allein die gesuchte Beziehung in
Frage kommt, zu thun haben sollte. Jedenfalls scheint mir auch
in dieser Frage das letzte Wort vorerst noch nicht gesprochen
und noch gar manche neue Erfahrung und Erkenntnis einer
späteren Forschung über diesen Gegenstand vorbehalten zu sein.
II. Teil.
Die Spielleute und das fahrende Volk.
Wenn wir uns nunmehr als Übergang zum dritten,
vergleichenden Teile dieser Untersuchung auch noch kurz
mit der bunten Mannigfaltigkeit des Spielmannslebens zu
befassen haben, so mag gleich von vorneherein darauf hin-
gewiesen werden, dass es sich hier nur um einen gedrängten
Überblick über die geschichtliche Entwicklung desselben und das
Leben und Treiben seiner Angehörigen handeln kann. Ich darf
mich bei den Spielleuten und Fahrenden um so eher kürzer
fassen, als ja schon eine recht beträchtliche Litteratur vor-
liegt, welche sowohl diese Verhältnisse im allgemeinen als
auch die besonderen, zu einer eingehenderen Betrachtung
geeigneten Einzelfragen dieses Gebietes in ausführlichen
Erörterungen behandelt hat, und da ich also jeweils für
das Nähere nur auf die betreffenden Schriften hinweisen
kann, um mich einer allzugrossen Abschweifung auf allerhand
Nachbargebiete und den sich daraus ergebenden Gefahren
möglichst zu entziehen. Freilich werden sich uns im Verlaufe
unserer Beschäftigung mit diesem Gegenstande noch oft genug
— 87 —
Gelegenheiten darbieten, wo sich eine weitergehende Be-
handlung der gestreiften Fragen fast aufdrängen würde,
und wo ich mich hier leider nur mit einem kurzen Ausblick
und einer mageren Andeutung begnügen muss.
Der Begriff des Spielmanns hatte in früheren Zeiten,
wie uns zahlreiche Stellen in Glossensammlungen und
Wörterbüchern und die verschiedenartige Verwendung des-
selben in den litterarischen Denkmälern zeigen, einen weit
umfassenderen Umfang und eine viel allgemeinere Bedeutung
als heutzutage. Man verstand darunter die eigentlichen
Spielleute, zunächst die Geiger, Fiedler, Harfen-
schläger, Pfeiffer, Pauker, Trommelschläger, Trom-
peter und Posaunenbläser, später die Musikanten
überhaupt, die Stadtpfeiffer, Heerpauker und Turm-
bläser, die kriegerischen Musik truppen und Herolde
bei Hofe, beim Heere und bei grossen festlichen Auf-
zügen, wie die friedlichen, kleinen Gruppen von Instru-
mentisten, die ihre Kunst in den Dienst der Tanz-
musik, der Hochzeiten, Taufen, Messen und Kirchgänge,
öffentlicher Schaustellungen und volkstümlicher Belustigungen,
ja sogar der strengen Justiz, etwa bei Strafumzügen etc.
stellten. Zu ihnen rechnete man aber weiter die ganze
buntscheckige und ewig ruhelose, leichtlebige Schar aller
derjenigen, die man mit dem stehenden Ausdrucke «varende»
oder «gern de diet» bezeichnete, sie also entweder nach ihrem
unstäten Wanderleben oder nach ihrem lohnheischenden Ge-
werbe characterisierend. So fiel unter diesen vielumfassenden
Sammelnamen alles, was wir jetzt meistens mit genaueren
Angaben ihrer speciellen Künste oder Beschäftigungsarten als
Gaukler, Taschenspieler, Seiltänzer, Kunstreiter,
Tierbändiger, Klopffechter, Bärenführer, Possen-
reisser, Ringkämpfer, Athleten, Akrobaten, Jong-
leure, Zauberer, Marktschreier, Bänkelsänger, Sa ck-
pfeiffer, Drehorgelspieler, Wunderdoctoren und wie
sie sonst noch alle heissen, benennen. Andererseits gehörten
aber auch die fahrenden Sänger und Dichter, die Lotter-
— 88 —
pfaffen, die vagabundierenden Schüler, Studenten
und Geistlichen, die herumziehenden Fechtmei-
ster und Kriegsknechte, die Spruchsprecher und
Pritschenmeister, die Krämer und Quacksalber,
die Raritätenhändler und Jahrmarktsfeilscher, die
Hausierer und Wahrsager, die gewerbsmässigen
Falschspieler, Gauner und Betrüger, die bettelnden
Handwerksburschen und Landstreicher, die Zigeu-
ner, Polakken, Korb- und Kesselflicker, Mausfallen-
händler und Scherenschleiffer der späteren Zeiten,
früher schon auch die wandernden Komödi-
anten und Schauspielergesellschaften zu
dieser Klasse der 'Fahrenden.' Kurz, man darf alles, was
sich auf möglichst leichten Erwerb ausgehend in der
weiten Welt herumtrieb, zu jener grossen Gruppe der
fahrenden Leute rechnen, die mit den Spielleuten wiederum
nahe verwandt war und in den engsten und vertrautesten
Beziehungen stand, so class die Geschichte ihrer Entwick-
lung und Schicksale für beide Teile eine so gemeinsame
genannt werden muss, dass sie von Rechtswegen kaum als
eine getrennte behandelt werden darf. Wie die Kämpen
und Fechtmeister, so haben auch die Spielleute und die
mit ihnen oft gemeinsame Sache machenden fahrenden
Sänger und Dichter von der Zeit ihres frühesten Auftretens
bis in die neueste Zeit hinein die verschiedensten Phasen
der Entwicklung, die wechselvollsten Stellungen und Wert-
schätzungen im socialen Leben, die mannigfaltigsten Ein-
flüsse auf Sitten und Gebräuche der verschiedenen Gesell-
schafts- und Volkskreise aufzuweisen. Zunächst stehen sie
als wertvolle Träger und Hüter der schönen Künste an den
Höfen der Könige, Fürsten und Ritter in höchstem Ansehen,
ja sie gelten als verehrte Erzieher und Lehrmeister der
ritterliehen .lugend. Ihre Herren und Beschützer lassen sich
selbst bei der Ausübung ihrer hohen Kunst mit ihnen in
einen Wettstreit ein und sind stolz darauf, es ihnen gleich-
thun zu können oder sie gar noch zu übertreffen. Solche
— 89 -
Verhältnisse finden wir z. B. noch in dem lateinischen Roman
von Ruodlieb und im Gudrunliede. Andächtig lauschen die
Helden und das Hofgesinde den Weisen der Sänger und
den Klängen der Kampfmusik und der Streitlieder, wie sie
die Spielleute, vereint mit den Dichtern der Heldenweisen,
zum Vortrage bringen, und die gepriesenen Ruhmesthaten
der Vorfahren erwecken Mut und Begeisterung bei den
Nachkommen, wie uns das in dem angelsächsischen Helden-
gedichte von Beowulf und in der häufig angeführten Stelle
aus dem Gesandtschaftsberichte des Priscus vom Hofe König
Attila's überliefert ist. Den Höhepunkt dieser Wertschätzung
bildet die Blütezeit des deutschen Rittertums mit seiner
Pflege der Minnedichtung, des Frauendienstes, des Turnier-
wesens und der prächtigen Hoffeste und Aufzüge. Bald
aber stellen sich bei diesen übergünstigen Verhältnissen
und der verlockenden Aussicht auf leichten und reichen
Gewinn im Dienste der vornehmen Fürsten und Herren an
den Höfen auch schon die minderwertigen unkünstlerischen
und schmarotzenden Elemente ein, die mit unwürdigem Lob
und frechem Tadel sich Gunst zu erwerben trachten und
durch die grosse Anzahl, durch ihr rücksichtsloses Auftreten
und die beständigen, von Brotneid hervorgerufenen Streitig-
keiten unter einander zu einer wahren Plage ihrer Gönner
werden. So sahen sich denn die geistlichen und weltlichen
Herren, in ersterer Linie aber natürlich die Vertreter der
kirchlichen Zucht und Ordnung bald genug veranlasst, dieses
Gesindel von ihren Festen wegzuweisen und mit den
schärfsten Strafen und strengsten Massregeln zu bedrohen.
Die nächste Folge dieser Bedrohung mit Kirchenstrafen und
des Ausschlusses von den Festen der vornehmeren Höfe
— von der rechtlichen Stellung werde ich im dritten
Teile noch eingehender zu handeln haben — war nun der
Zusammenschluss der Spielleute und Fahrenden unter sich.
So entstanden die verschiedenen Pfeifferbrüderschaften
mit sogenannten Königen oder Spielgrafen an der Spitze,
die Sängerbrüderschaften und alle derartigen Einrichtun-
— 90 —
gen, die aus jenen Zeiten überliefert sind und für deren nähere
Betrachtang ich auf die betreffenden Einzelabhandlungen,
welche im Anhang aufgeführt werden sollen, verweisen
rauss. Diese Verbindungen von Gewerbsgenossen stellten
sich dann auch noch besonders unter den Schutz gewisser
hoher weltlicher Fürsten und anderer Herren, oder traten
nunmehr in der Form von Brüderschaften wieder direct
mit der Kirche in Beziehung, um unter gewissen Bedingungen
von dieser die Heilsgnade wieder zu erlangen oder sichergestellt
zu erhalten, die sie als einzelne ausgestossene Kinder der
Sünde verloren hatten oder doch zu verlieren befürchteten.
Mit dem Ableben des Rittertums und dem Verfalle höfischer
Sitten, mit dem zunehmenden Aufschwung des Bürgertums,
dem Erblühen der deutschen Reichs- and Handelsstädte, des
zünftigen Handwerker- und Gewerbewesens gingen auch die
künstlerischen Betätigungen und Unterhaltungen des früheren
Ritterstandes in bürgerliche Hände und volkstümliche Formen
über. Das Heerwesen wurde nunmehr von den Stadtbehörden
geleitet und organisiert und die Städte hatten ihre eigenen
Truppen und für diese auch ihre eigenen Spielleute, die sie
im Ernstfalle wie bei festlichen Anlässen, in die Stadtfarben
gekleidet, jenen beigesellten. Es sind die Zeiten der Stadt-
pfeiffer und Turmbläser, der Heerpauker und Heer-
trompeter. Und wie das Kriegs- und Waffenwesen allmälig
auch von den bürgerlichen Ständen und besonders den zünftigen
Handwerkern von den Rittern abgesehen, übernommen und
weitergepilegt wurde, so gingen auch die friedlicheren
Künste mit der Zeit ganz an diese Stände über. Nach dem
Verblühen der höfischen Poesie, des Minnesanges und der
Ritterdichtung überhaupt, wurden, was an spärlichen und
bereits stark entarteten Resten noch zu retten war, diese
letzten Überbleibsel einer einst kräftigen und ursprünglich
frei und leicht hinfliessenden Dichtung von der philisterhaft-
trockenen und durch Formen- und Regelzwang eingeengten
und verknöcherten Kunst der bürgerlichen Meistersinger-
schulen, oft in gänzlich entstellter Fassung und fremd-
— 91 —
artigem, unpassendem Gewände der Nachwelt überliefert.
All das lustige und leichtlebige Gesindel, das sich in früheren
Zeiten an den Höfen der weltlichen und geistlichen Fürsten,
ja selbst in den Vorhöfen mancher Klöster teils gern gesehen
und reichlich bewirtet und belohnt, teils verachtet und
höchstens geduldet, oder gar heftig abgewiesen, herumgetrieben
hatte, zog sich jetzt in grossen Massen in die sicheren
Städte hinein, wo sich ihm bei den vielen Messen, Märkten,
Schiessen und sonstigen Volksbelustigungen, wie bei den
grossen Festlichkeiten bei Besuchen gekrönter Häupter, bei
Hochzeiten. Tauffeierlichkeiten, Reichstagen, Kirchenfesten,
Processionen, Schauspielaufführungen u. s. w., die daselbst
stattfanden, oft nur allzu leicht und allzu häufig Gelegen-
heit bot, seine verschiedenen Künste zur Verfügung zu
stellen und seine manchmal recht einträglichen Dienste den
freigebigen und kunstliebenden Behörden oder dem neugierigen
und schaulustigen Publicum anzubieten. Zahlreiche Sitten-
mandate, Ratserlasse und Verfügungen aus den verschiedensten
Städten und Zeitpunkten sind uns noch erhalten, die be-
weisen, wie stark oft die Zerstreuungslust und das Be-
dürfnis, mit möglichst viel Prunk und äusserem Glänze
aufzutreten, beim niederen Volke sowohl als auch bei den
höheren Ständen des Bürgertums war. Und nachdem auch
die Blütezeit des Meistergesanges, den man fast in den
meisten grösseren und kleineren Städten, aus welchen wir
auch Zeugnisse für das Bestehen von Fechtschulen oder
für die Aufführungen von Schwerttänzen haben, und zwar
ebenfalls um die gleiche Zeit, seit der Mitte des 15. Jahr-
hunderts bis hinauf in den Anfang des 19., nachweisen
kann, ihrem Abschlüsse nahe gekommen war und bereits
deutliche Spuren des beginnenden Verfalles zu zeigen begann,
da war es auch sonst mit Musik und Dichtkunst nach alter
Tradition schon überall ziemlich schlecht bestellt. Die
«Musici und Instrumentisten» schlössen sich den
wandernden Schauspielergesellschaften an und standen häufig
im Dienste minderwertiger Schaustellungen und schlechter
— 92 —
Künstlertruppen, so dass sich ihre letzten Überreste und
Ausläufer heutzutage noch in den Sackpfeiffern und Dreh-
orgelspielern unserer Stadt- und Landjahrmärkte und Kirch-
weihen unschwer wiedererkennen lassen. Und nicht viel
besser war das Schicksal der Sänger- und Dichterkunst, die
von den noch leidlichen Erzeugnissen des Meistergesanges
zu den schalen und geringwertigen Machwerken der Spruch-
sprecher und Pritschmeister sich erniedrigen lassen
musste und zu Hanswurst- und Narrensprüchen Verwendung
fand, bis auch diese ihre am tiefsten stehende Erscheinungs-
form, die des «Moritatengesanges und der Bänkelsängerei»,
annahm, mit welchen, in Verbindung mit den entsetzlichsten
musikalischen Genüssen , unsere Ohren jetzt noch in
gewissen Gegenden und bei bestimmten Gelegenheiten be-
leidigt werden. So wäre man denn schliesslich auch mit
der früher so hoch stehenden und fast als etwas Heiliges
verehrten Kunst des Sängers und Dichters im Laufe ihrer
Entwicklung in rasch absteigender Linie zu einem Tiefstande
gelangt, der in dem «fechtenden» Handwerksburschen in
ganz ähnlicher Weise als der letzten und niedersten Stufe
des edlen und stolzen Kämpen- und Fechterwesens erreicht
worden ist. Dieses nicht zu verkennende Endergebnis eines
gewissen deutlichen Parallelismus in der Entwicklungs-
geschichte dieser beiden, scheinbar so verschiedenartigen
und so wenig Beziehungspunkte aufweisenden Stände wird
uns im dritten Teile meiner Untersuchung noch näher zu
beschäftigen haben, woselbst es unter bestimmten Gesichts-
punkten genauer betrachtet, und ausführlicher dargestellt
und mit den entsprechenden Zeugnissen belegt werden soll.
Es mag an dieser Stelle noch auf einige Einzelfragen
eingegangen werden, die mir von Interesse erscheinen, deren
weitere Behandlung und endgültige Lösung hier aber noch nicht
versucht werden kann. Zunächst kommt für die Anschauungen
verschiedener Zeiten über die Spielleute und Fahrenden und den
Wechsel ihrer socialen Stellung und gesellschaftlichen Wert-
schätzung immer wieder jene Frage in Betracht, wie das
— 93 —
«guot umb ere nemen» aufzufassen sei, die mir noch
keineswegs erledigt zu sein scheint. Bis jetzt sind zwei
einander ziemlich schroff gegenüberstehende Erklärungsarten
vorhanden, die, wenn man genauer zusieht, beide ihre volle
Berechtigung haben und beide ganz wohl nebeneinander
bestehen können, ohne sich gegenseitig auszuschliessen. Sie
sind nur aus verschiedenen Gesichtspunkten hervorgegangen,
die nach den verschiedenen Zeugnissen, welche sich für
beide aufbringen und noch reichlich vermehren lassen, eben
thatsächlich schon damals bestanden haben und eine doppelte
Auffassung der in Frage stehenden Bedewendung zuliessen.
Wenn Grimm in seiner Abhandlung über Freidank pag. 64
diesen Ausdruck dahin erklärt, dass mit der Annahme von
Geld und anderen Geschenken für ihre Leistungen bei dieser
Klasse von Leuten der germanische Ehrbegriff durch dieses
«Sichzueigengeben» und Verzichtleisten auf die freie
Persönlichkeit und willkürliche Äusserung von Lob und Tadel,
in den Augen der Freien und Vornehmen wie der Gesetz-
geber, hinfällig geworden sei, so hat er dafür zahlreiche
Belege, die das Recht und die Richtigkeit seiner Auffassung
erhärten und nicht bestreiten lassen. Andererseits hat aber
Haupt in den Anmerkungen zum Erek v. 2167 mit eben-
soviel Recht und ebenso zahlreichen und unwiderlegbaren
Beweisstellen seine Gegenansicht äussern können, nach
welcher es sich nicht um den «Ehrverlust» dieses Standes
handeln soll, sondern nur darum, dass er «für gespen-
deten Lohn» durch seine Kunstleistungen eben seinen
Spendern «Lob und Ehre» einträgt, indem er deren Frei-
gebigkeit in seinen Liedern überall preist und der weiten
Welt verkündet, dafür aber auch sich durch reichliche Gaben
von diesen entsprechend entschädigen lässt. Im Anschlüsse
an letztere Erklärung ist dann Burdach in seinem Buche
«Reimar der Alte und Walther von der Vogel weide» (Leip-
zig 1880), pag. 132 noch einen Schritt weiter gegangen
und hat darauf hingewiesen, dass die Spielleute und Sänger
durch das ihren Herren gespendete Lob auch für sich
— 94 —
selber den Preis der Ehre gewannen, den sie mit Stolz
beanspruchen, über dem sie eifersüchtig wachen und den
sie sich heftig streitig machen. So haben wir schliesslich
drei verschiedene Auffassungen nebeneinander, die sich alle
durch Stellen aus der zeitgenössischen Litteratur belegen
lassen und von welchen wohl keine weder absolut unrichtig ist,
noch auch die einzige Geltung zu beanspruchen hat. Freilich
ist bei allen diesen Belegstücken Eines wohl zu beachten,
dass sie nämlich stets eine sehr subjective Färbung zeigen,
indem sie entweder aus den Kreisen der Spielleute und
Sänger selbst, oder doch wenigstens von Gesinnungsgenossen
derselben herstammen, oder aber Äusserungen ihrer Gegner
und Feinde darstellen und darum teils durch eifersüchtige
Geringschätzung, teils durch strengkirchliche Verachtung ent-
stellt sind, so dass man die aufrichtige Anschauungsweise
jener Zeiten nicht mehr immer in ihnen vorfindet. Aus
ähnlichen Gründen zeigt sich wohl auch die Behandlung
dieser Berufszweige durch das weltliche Recht und das
Kirchengesetz so merkwürdig verschieden und inconsequent.
Es scheinen allerdings bei der verschiedenen Behandlung
dieser Leute durch Recht und Kirche Scheidungen derselben
in verschiedene Kategorien, höher- und niedererstehende, vorzu-
liegen, die eine derartige Unterscheidung in Bezug auf rechtliche
und sociale Stellung einigermassen erklären würden, doch
sind dieselben durchaus nicht durchgängig gültig und Spuren
davon nur sehr spärlich überliefert. Ich gebe hier eine
solche Stelle, die gleichsam verschiedene Rangstufen unter
den fahrenden Leuten unterscheidet und auch sonst von
nicht geringem Interesse ist, wieder, dieselbe dem Buche
über Leben und Dichten Walther's von der Vogelweide
(1882, Bonn) von Wilmanns entnehmend, der sie daselbst
pag. 296/ 7 nach Huon de Bordeaux, chanson de geste,
publice par F. Guessard et C. Grandmaison, Paris 1860,
pag. VI, Anm. citiert hat. Sie entstammt einer «Summa de
penitentia» des 13. Jahrhunderts und lautet wie folgt: «Cum
«igitur meretrices et histriones veniunt ad confessionem,
— 95 —
«non est danda eis penitentia, nisi ex toto talia officia
«relinquant, quare aliter salvari non possunt .... Sed
«notandum quod tria sunt his tri onum genera. Quid am
«transformant et transfigurant corpora sua per turpes saltus
«vel per turpes gestus, vel denudando corpora sua turpiter,
«vel induendo horribiles larvas; et omnes tales dampnabiles
«sunt nisi relinquant officia sua. Sunt eciam alii histriones
«qui nichil operantur sed curiose agunt, non habentes
«certum domicilium, sed circumeunt curias magnas
«et locuntur opprobria et innominias de absentibus: tales
«et dampnabiles sunt, quare prohibet apostolus cum talibus
«cibum sumere, et dicuntur tales scurre sive magi,
«quare ad nichil aliud utiles sunt nisi ad devorandum et
«ad maledicendum. Est tertium genus his tri onum,
«qui habent instrumenta musica ad delectandum
«homines; sed talium duo sunt genera: quidam
< enim frequentant potaciones publicas et lascivas congre-
< gationes ut cantent ibi lascivas cantilenas, et tales
«dampnabiles sunt, sicut alii qui movent homines ad las-
«civiam. Sunt autem alii, qui dicuntur joculatores qui
«cantant gesta principum et vitas sanctorum,
«et faciunt solacia hominibus in egritudinibus suis vel
«in angustiis suis, et non faciunt innumeras turpitudines
« sicut faciunt saltatores et saltatrices et alii
«qui 1 u d u n t in ymaginibus inhonestis, et
«faciunt vicleri quasi quedam fantasmata per incan-
«tationes vel alio modo. Si autem non faciunt talia,
«sed cantant gesta principum instrumentis suis, ut faciant
solatia hominibus, sicut dictum est, bene possunt sustineri
« tales, sicut ait Alexander papa. Cum quidam joculator quereret
< ab eo, utrum posset salvare animam suam in officio suo,
«quesivit ab eo papa, utrum sciret aliquid aliud opus unde
«posset vivere. Respondit, quod non. Permisit igitur do-
«minus papa, quod ipse viveret de officio suo, dummodo
«abstineret a predictis lascivis turpitudinibus. Notandum
«est quod omnes peccant mortaliter (|iii danl
— 96 —
« s c u r r i s v e 1 lecatoribus v e 1 predietis histrio-
«nibus aliquid de suo. Histrionibus dare
«nichil aliud est quam perdere etc. etc.» (Ms. de la
Bibl. Imp. Sorbonne 1552, fol. 91, r°, col. 2.) Ich habe
dieses Zeugnis hier wiedergegeben, weil es einen guten Beleg
für die Vornahme jener Scheidungen, so hier zwischen den
«histriones und scurrae» einerseits und den «jocula-
tores» andererseits, bildet zumal es auch sonst noch einen
trefflichen Einblick in das Wesen der Spielleute jener Zeit und
die Art, wie dieses von der Kirche beurteilt wTurde, gewährt.
Ich weise nunmehr noch auf ein mit dem eben besproche-
nen Punkte in engem Zusammenhange stehendes Gebiet hin,
dasjenige der Spielleuteverbände, Pfeifferbrüder-
schaften, Sängergesellschaften u. s. w. Leider muss
auch hier betont werden, dass zwar an vereinzelten An-
gaben über solche Einrichtungen eine ziemlich beträchtliche
Anzahl vorliegt, dass es aber meistens eben nur stark ver-
streute Einze'.mitteilungen sind, während uns weitere Aus-
führungen über die betreffenden Institutionen, vor allem ihre
Statuten und Mitgliederverzeichnisse, falls solche vorhanden
waren, in den meisten Fällen noch ausstehen, was für eine
zusammenhängende Gesamtbetrachtung ein recht empfind-
licher Mangel ist. Denn für eine culturgesehiehtliche und
sprachwissenschaftliche Erörterung dieser Verhältnisse ist,
solange wir nur die nackte Thatsache des Bestehens
solcher Verbindungen — wie etwa der Pfeifferbrüderschaft im
Elsass, der Bruderschaft der fahrenden Leute vom heiligen
Kreuze in Uznach (vom Jahre 1407, vgl. J. von Arx,
St. Gallen II, 209 und Osenbrüggen, Bechtsgeschichtl.
Stu dien pag. 136), des zürcherischen Pfeifferkönigreiches (Ur-
kunde von 1431), das auf dem Basler Concil in eine Brüder-
schaft von unserer lieben Frau umgewandelt wurde (Ur-
kunde von 1502, vgl. Osenbrüggen a. a. 0. pag. 137/8
und .loh. v. Müller, Der Geschichte Schweiz Eidg., Buch III, 1,
pag. 161/2), ferner einer in Wien (1282 oder 1288?) ge-
gründeten St. Nicolai-Bruderschaft der fahrenden Spielleute
— 97 —
(vgl. Paul's Grundriss d. gerin. Phil.1, Bd. II 2, pag. 317
und 322), der confrerie de la Sainte Chandelle d'Arras (vgl.
Strassburger Studien, Bd. III, 163 und Z. f. d. A., 31, Anz.
245/6), der in Frankreich bestehenden confreries du Puy u. s. w.
— kennen, von ihren Gebräuchen und Einrichtungen aber so
gut wie nichts überliefert erhalten, nur äusserst wenig ge-
wonnen, so dass sich vorerst nur die blosse Vermutung
gewisser entwicklungsgeschichtlicher Zusammenhänge und Be-
ziehungen auch unter diesen gesellschaftlichen Organisationen
der Spielleute aussprechen lässt. Jedenfalls hat sich mir an Hand
der vorgenommenen Untersuchungen manche Einzelheit erst
in ihrem vollen Werte gezeigt und wurde ich dabei zu
der Überzeugung geführt, dass sich auch auf diesen Ge-
bieten eine eingehende Detailforschung noch sehr fruchtbar und
anregend erweisen kann. Denn dass gerade solche Behand-
lungen von Einzelfragen für unsere Zwecke wertvolles Be-
weismaterial zuführen können, hat mich die erfolgreiche
Benützung solcher Arbeiten, wie Plate's Aufsatz über die
Kunstausdrücke der Meistersinger in den Strassburger Stu-
dien, Bd. III (1888), pag. 147—225, Drescher's Ausgabe
der Meistersinger-Protocolle aus Nürnberg von den Jahren
1575-1689 in der Bibl. d. Stuttg. litt. Vereins, Bd. 213
u. 214 (1897) und anderer ähnlicher gelehrt, die mir wenig-
stens einzelne, nicht unwichtige Beiträge und Fingerzeige
für die vorliegende Untersuchung liefern konnten.
III. Teil.
Der zwischen den Fechtern und Kämpen einerseits und den
Spielleuten und Fahrenden andererseits bestehende, ent-
wicklungsgeschichtliche Parallelismus und seine ver-
schiedenen Ausdrucksformen im Rechtswesen und in
socialen Verhältnissen, in Litteratur und Sprache.
Meine Annahme, dass zwischen den Kämpen und
Spielleuten bereits in der früheren Zeit, wie es später
zwischen den Fechtschulen und Meistersingerschulen
7
— 98 —
ganz offenbar zu Tage tritt, gewisse gegenseitige Bezieh-
ungen und culturgeschichtliche Zusammenhänge bestanden
haben, die in der verschiedensten Weise, am deutlichsten
aber in Litteratur und Sprache ihren Ausdruck fanden, kann
sicli auf verschiedene Thatsachen und Zeugnisse stützen,
die uns teils durch geschichtliche und rechtliche Denkmäler,
teils eben durch sprachliche Ausdrücke und ihre litterarische
Verwendung dargeboten werden. Vielfach werden die beiden
Berutsklassen zusammen genannt, mit gemeinschaftlichen
Ausdrücken bezeichnet und es besteht wohl kein Zweifel,
dass beide im Verlaufe ihrer geschichtlichen Entwicklung
nebeneinander hergehend gewisse Tiefstände und Höhepunkte
gemeinsam aufzuweisen haben, wenn sich auch dieser Par-
allelismus bis jetzt oft nur an ganz vereinzelten Stellen
seines grossen Verlaufes noch deutlich nachweisen lässt.
Manche kleine Anhaltspunkte weisen aber des entschiedensten
auf derartige Übereinstimmungen zwischen beiden hin, und
diesen etwas genauer nachzugehen, um die Berechtigung
der geäusserten Vermutung zu beweisen, ist nunmehr meine
Aufgabe.
Ich beginne mit der Anführung einiger recht-
licher Belege, die uns von der gleichen oder wenigstens
äusserst ähnlichen Behandlung der Kämpen und Spielleute
durch gesetzliche Bestimmungen den Nachweis erbringen
sollen. Die «lex Frisionum> hat einen eigenen Abschnitt
«de hominibus, qui sine compositione (ungestraft, ohne dass
Wergeid zu leisten wäre") occidi possunt», wo es 5, 1. gleich
an erster Stelle heisst: «campionem sine compositione
occidere licet-, wozu auch die C. C. C. Art. 150 zu
vergleichen ist. Im Sachsenspiegel III, 45 lautet die Stelle
über die Scheinbusse, welche diesen zur Rechtlosigkeit
erniedrigten Ständen zu Teil wird, folgendermassen: «Papen-
«kindere unde die unecht geboren sin, den gift man to böte
«en vuder houwes alse twene jarge ossen getien mögen,
«speiluden unde alle den, die sik to egene geven,
«den gift man to böte den scaden enes mannes. kempen
— 99 —
«unde iren kinderen den gift man to böte den blik von
«eme kampfscilde jegen die simnen. twene besmen nnde
«en schere is der böte, die ire recht mit düve oder mit
«rove oder mit anderen dingen verwerken». Ähnlich be-
stimmt das schwäbische Landrecht (305, Schilt. 402,
Senkenb. 255, Wackern): «Spillüten und allen den,
«die gut für ere nement und die sich ze aigen geben
«hant, den gibt man ains mannes schaten von der simnen,
«daz ist also gesprochen, swer in iht laides tut, daz man
«in bezzern sol, der sol zu ainer wende stan, da diu sunne
«an schinet und sol der spilman dar gan oder der sich ze
«aigen ergeben hat, und sol den schaten an der wende
«an den hals slahen, mit der räch sol im gebezzert sin».
Noch deutlicher und ausführlicher ist die rechtliche Stellung
dieser beiden Stände und die Kategorie von Verbrechern,
zu welchen sie gerechnet werden, bezeichnet in folgenden
beiden Stellen, die dem Spiegel deutscher Leute entnommen
sind (vgl. K. Wein hold. Mhd. Lesebuch3 Wien, 1875.
pag. 174). Es heisst dort I, 41: «Kemphen und iriu
«kint, spilliute und alle die unelich geborn sint, oder
«die diubheit oder roub [den rehten sträzroup] süenent oder
«widergebent und des vor gerihte überwunden sint, oder
«die ir lip und hüt und här erlediget habent, die sint alle
«rehtelos. die unelich geborn sint, gewinnent ir reht, ob
«si elichen hirät tuont: si erbent aber niht kein erbeguot».
Dazu ist Sachsenspiegel I, 38, 1 und Schwabenspiegel I, 38
zu vergleichen. Ferner heisst es I, 283: «Spilliuten und
«allen die sich ze eigen gebent, den git man ze buoze
«den schaten eines mannes. kemphen und ir kinden.
«den git man ze buoze den blick von einem kampfschilt
«gegen der simnen. zwcn besemen und ein schaere ist
«der reht, die ir reht mit cliupheit oder roube verwurkent
«oder mit andern dingen, unehter liute buoze git harte
«lützel fromen und sint doch darumbe gesät, daz der buoze
«des richters gewette volge. Ane buoze sint unehte liute;
«doch swer so ir einen wandet oder roubet oder toetet
— 100 —
«oder unrehtiu wip nötzoget und den fride an in brichet,
«man sol über in rihten nach frides rehte». Vergleicht
man die, mit der aus dem Spiegel deutscher Leute citierten
Stelle (I, 41) gleichlautende des Sachsenspiegels (Ed. Ho-
meyer) I, 38, 1: «Kempen unde ir kindere, spelüde,
«unde alle die unecht geborn sin unde die diuve oder rof
«sünet die sint alle rechtlos», mit einer späteren
Bestimmung des gleichen Rechtsbuches I, 50, 2, welche lautet:
«AI si ok en man speleman oder unecht geboren he n'is
«doch dieves noch roveres genot nicht, alse man
«kempen up ine leden möge», und die Glosse zum Worte
«speleman», welche dieses erklärt als: datvornem van
«veddeleren unde eren genot en. mer wete dat gokelere
«unde toverere ok speilüde heilen», so wird man zu
der Vermutung kommen, dass wie die geistlichen Würden-
träger in ihren Erlassen gegen das fahrende Volk gewisse
Unterschiede gemacht haben zwischen den Vertretern der
verschiedenen Künste • — ich habe im zweiten Abschnitt
ein Zeugnis davon angeführt, worauf ich jetzt verweisen
kann — , so auch die Rechtsbücher in der Schärfe ihrer
Bestimmungen einen verschiedenen Grad aufweisen, je
nachdem es sich innerhalb der grösseren Kategorie der
«rehtlosen liute» um die «eigentlichen Spielleute und
Musikanten» oder um die geringer geachteten «Gaukler und
Zauberer» handelt. Jedenfalls darf man annehmen, dass
die Spielleute im eigentlichsten Sinne des Wortes von der
ganzen grossen Gesellschaft weitaus die geachtetsten waren
und sowohl in rechtlicher Beziehung wie, was ihre sociale
Stellung anbetrifft, eine bessere Lage aufweisen als die meisten
anderen ihrer Berufs- und Standesgenossen, weil eben ihre
Thätigkeit doch einigermassen als Kunst betrachtet und
geschätzt wurde. Es gibt sogar eine alte Rechtsbestim-
mung, die gerade den Harfenspieler gegenüber dem
gewöhnlichen Menschen gegen Verletzungen besonders in
Schutz nimmt, um ihn in der Ausübung seines Ge-
werbes weil mehr als andere zu sichern. Dieselbe
— 101 —
findet sich in W a 1 1 h e r ' s Corpus juris germanici
antiqui I, 1. pag. 377 f. (lex Anglorum et Veri-
norum, hoc est Thuringorum tit. 5. art. 20) und lautet:
«Qui harpatorem qui cum circulo harpare potest in
«manum percusserit, componat illum quarta parte majori
«compositione, quam alteri ejusdem conditionis
homini»; ein solcher Spielmann war also gleichsam vier-
mal höher gewertet als ein gemeiner «künsteloser» Mann,
was als das gerade Gegenteil der sonst üblichen Anschau-
ungen erscheint, allerdings auch noch in eine viel frühere
Zeit fällt als die späteren Bestimmungen widersprechender
Art, Ähnliche Spott- und Scheinbussen für die Spielleute
und Fahrenden verwandter Art, wie sie die oben ange-
führten Stellen vorschreiben, zeigen auch noch einige ältere
Stadtrechte, deren Bestimmungen ich der Abhandlung G. Zap-
pert's «Über das Fragment eines Liber dativus», [Sitzungs-
berichte der kais. Akademie der Wissenschaften, phil.-hist.
Classe Bd. XIII. (1854. Wien)], wo er pag. 150 — 161 über
die Joculatoren handelt, entnehme. Im Stadtrecht Herzog
Friedrich's II für Wien vom Jahre 1244 (vgl. Archiv d.
kais. Akad. Bd. 10, pag. 134) heisst eine Stelle: «Si autem
< aliquis verberet aliquam inhonestam personam
«garzionem vel levem ioculatorem, qui verbis vel aliqua
«indisciplina hoc erga ipsum meruerit, si hoc probaverit,
«nichil det iudici. verberato etiam nichil praeter tres
«piagas, quas eidem hilariter superacldat». Im Stadt-
recht für Haimburg [Cod. S. XIV] findet sich die gleiche
Bestimmung (vgl. Meiller, Archiv d. kais. Akad. 10, 141),
wir lesen dort: «Ob aver ieman siecht einen leichten
«man, leicht einen loter oder einen posenspilman ....
«der geh dem richter darumb nichtes niht, vmb den
«geslagen auch nicht, denn drei sieg, die er im
«vroeleich zv geb». Eine rechtliche Minderstellung der
Spielleute und Fahrenden bezeugt auch eine Stelle des
Stadtrechts von Landshut aus dem Jahre 1279 bei Gaupp,
Deutsch. Stadtreeht. 1, 151- (vgl. dazu auch Rössler, Alt-
— 102 —
prager Stadtr. 1, 152 11'.), dieselbe lautet: Item si civis
■ interdictum civitatis vel raimum vel meretricem publicam
ex causa laeserit, quoad Judicium civitatis remanet im-
«punitus; non sunt enim jure legali tales legum
«laqueis innodati». Dass solche Leute auch ihres Erb-
gutes verlustig gingen, hat uns bereits eine der oben an-
geführten Stellen gezeigt, wozu ich noch eine Bestimmung
der Brünner Schöffensatzung [s. S. IV] (vgl. Bössler, Stadtr.
v. Brunn, pag. 401) folgenden Wortlautes: «Wiert auch
i der sun ein spilman oder ein solich man der guet
«nimpt vur er, damit verleust er auch sein erbtail,
< iz sei dan daz sein vater ein spilman sei gewesen
«oder guet vur er hab genuinen», fügen sowie an jene
andere, bereits früher einmal erwähnte Verordnung der
bayrischen Landrechte von 1553 und 161(5, fol. 164 (vgl.
Öfele, Rerum Boicarum scriptores I, 307), wonach ein
Kind enterbt werden kann: «so ohne der Eltern Willen
«sich in leichtfertig Übung und Buebenleben begebe, als
«so es ein Freyhartsbueb oder ein Gauekler wurde,
«oder Hesse sich, mit den Thieren zu kämpfen [als
«Katzenritter und Klopffechter also!] urab Geld bestellen»,
kurz erinnern will. Ausser diesen verschiedenen Bestim-
mungen über die rechtlosen Leute besitzen wir auch noch
einige Verordnungen darüber, dass sie nicht zeugnis fähig
waren, wenigstens vor Gericht nicht als gültige Zeugen
anerkannt wurden. So heisst es im Manuscripte zum bay-
rischen Landrechte vom Jahre 1453: «Freyheit und Bueben
«mag man zu Zewg verwerffen» (vgl. auch Gemeiner's
Regensburgische Chronik, Teil II, pag. 253. 290. III, 247).
Halt aus gibt in seinem Glossarium germanicum medii aevi,
Spalte 1492, unter dem Worte Platzmeister2), das er
durch: vilium pugilum quaestus causa, coram mul-
ti t inline certantium, magister et lanista" («Meister
und Schulhalter!») erklärt, noch einige weitere Beispiele
zu der oben angeführten Thatsache, die als willkommene
Belege derselben noch kurz erwähnt werden mögen. In
- 103 -
dem Statut von Freiburg i. B. vom Jahre 1520, f'ol. 17 b.
steht: «Frouwenwirt vnd platzmeister sind vntögen-
«lich zu kuntschafft». Ebenda, fol. 72 b werden er-
wähnt, wo von den Gründen der Enterbung die Rede ist:
«welcher üppig stend an sich neme, also das einer ein
«frowenwirt, ein hencker, oder ein offner platzmeister
«würd, oder sich andrer derglichen schnöden bübischen
«gattungen belübd vnd anneme etc » «vssgenommen
«ob sin vatter oder eitern ouch solich vnlüt* gewresen
«werent». Ähnliches bestimmt das Landrecht von Württem-
berg vom Jahre 1554, fol. 249, von dem: «der sich ....
«in ein leichtfertigs , vppigs leben vnnd wesen begebe,
«Als da seine! Frawenwirt, oder Wirt, Nachrichter, Schol-
« derer, Platzmeister, Gau ekler vnd dergleichen». Der
Schwabenspiegel führt Kapitel 15, 4, wo er über Personen,
die als Zeugen zu verwerfen sind, handelt, nach dem Texte
von Scherz an: «Und freihait die so tump sint, daz etc.»
[Cod. Wurmbr. gibt: «Puben mügen nicht tzewgen
seyn vnd die, die all tump sint, das.... u. s. w. > und
Cod. Ingoist. hat: «vnd freyhart oder pube etc.»]. Scherz
gibt diesen Begriff allgemein und ganz das Richtige treffend
mit «vilissimae conditionis homines» wieder, wie
auch Haltaus in seinem Glossar sub voce «Spielleute»
sp. 1702 ff. bemerkt: «Qui plebi dabant operam mer-
«cenariam, ita eviluere, ut non solum inter maleficos
«et infames, sed etiam pro nullis' civiliter haberen-
«tur». Dazu stimmen auch völlig die an jenem Orte von
ihm noch citierten Stellen, wonach in den Gesetzen von
Goslar (Leibn. III, 524) die Bezeichnungen «onechte Lüte»
und «Speellüte» gleichgesetzt werden, ferner die Bestimmung
eines Synodalstatutes von Eichstädt vom Jahre 1435, welche
den Genuss des heil. Abendmahls versagt allen: «denen,
«die ein verläumbt Leben führen, als Gauckler,
«Zauberer, öffentlich Schulderer, öffentlich Loder, und
cgelohn1 s und lieh Spilleuth' gemeinen Frauen und
«ihren Wirthen» (Dan. de Falckenstein, Cod. Dipl. Antiqu.
— 104 —
Nordgau. Append. pag. 75). Nicht immer aber lagen die
Verhältnisse dieser Leute so im Argen, und besonders,
wenn sie sieh organisierten, sich etwa einem Spielgrafen
oder Spielleutekönig, gewöhnlich irgend einem Fürsten
oder dessen Stellvertreter, unterordneten, durften sie hoffen,
von der weltlichen Gerichtsbarkeit wie vom Kirchengesetze der
Geistlichkeit etwas milder und besser behandelt zu werden. Ich
füge dafür noch einige Belege an, die ebenfalls Halt aus (a. a. 0.)
entnommen sind. In den Manuscripten der Wiener Statuten
findet sich eine Stelle, die besagt: "das ain jeder varen-
<der man nyndert antwurten sol dan vor seinem
«spilgraven», vgl. Dan. de Uffenbach. Bibl. Mss. II,
134. Anm. 16. Und Joh. Fried. Scheid gibt in seiner
«Dissertatio inaug. de jure in musieos singulari germ. Dienste
< und Obrigkeit der Spielleuth, comitatui Rappoltstein. annexo»,
Argentorati 1719, pag. 48 f. einen Erlass des Erzbischofs
Caspar von Basel, vom 11. März 1480 aus Pruntrut datiert,
wieder, in welchem er den Spielleutebrüderschaften
unter gewissen Bedingungen die Teilnahme an Beichte und
Abendmahl gewährt. Es heisst dort: «. . . . Fistulatori-
bus, Tubicinis et Mimis societatis et confraterniae
«villae Alten Tann nuncupatae. nostrae Dioces.
:<atque ceteris in Instrumentis musicalibus lusori-
bus Societatis et confraterniae eiusdem. tarn in
«dicta villa, quam in Civitatibus, et Dioces. Basi-
«liensis et Argentinensis constitutis, quibuscunqae,
« nobis pro parte vestra exhibitis et ostensis, did-ici-
;mus per eunclem Dominum Julianum, auctoritate suae
«Legationis fuisse permissum, et concessum esse, vobis
«et singulis vestrum, vt anno quolibet semel tantum,
videlieet in pascali festo, vobis, confessis, et contritis,
«et in communione fidelium existentibus , divinissimum
Eucharistiae Sacramentum, ministrari possit, et Ec-
«clesiarum Rectores, seu Curati, sab quorum cura
«vos, pro tempore, degere contigerit, Illud vobis
«ministrare debeant: dummodo per quindecim ante
— 105 —
«hujus Sacramenti perceptionem, et post illam, per
«totidem alios dies, ab officiorum vestrorum et scur-
«rilium operum exercitijs, abstineatis, et id vobis
«specialiter inhiberi non contigerit; Vnde supplicationi-
«bus, pro parte vestrum, nobis desuper factis, inclinati, prae-
«missa, per antefatum Dominum Julianum Legatum, sie
«vobis permissa et concessa ut praescribuntur, auetoritate
«nostra Ordinaria, quantum in Nobis est, fieri permittimus,
«et consentimus, ac concedimus in Dei nomine per prae-
«sentes Sigilli appensione in eorum fidem roboratas etc.»
Dazu kommen noch weitere Zeugnisse, die darauf schliessen
lassen, dass sowohl die rechtliche als auch die sociale und
gesellschaftliche Stellung dieser Leute nicht überall und zu
allen Zeiten eine gleich schlimme gewesen sein kann, da
sie uns sonst wohl kaum als Zeugen in Urkunden, als
Spender in Schenkungsbüchern, als glückliche Be-
sitzer von eigenen Häusern und erblichen Gütern
entgegentreten würden, wie die folgenden Belege es nach-
weisen sollen. In Du Gange 's Glossarium mediae et
infimae latinitatis tom. II, 05 c. steht folgende Angabe:
«Charta Henrici I. Regis Angioruin in Monas tico Angli-
«cano tom. 2, pag. 973. subscribitur a Roberto de
«Bajocis, campione Regis'». Ferner findet sich in einer
Urkunde Heinrich's VI. vom Jahre 1189 als Zeuge ein
«Rupertus, joculator regis» unterzeichnet (vgl. Toeche,
Heinrich VI., pag. 504) [Mon. Boic. 6, 502]. In einer Ur-
kunde von 1169 stehen als Zeugen Herzog Weif mit seinem
Hofgesinde unterzeichnet, darunter erscheint «Sagelin
ioculator», (vgl. Hormayr, die gold. Chronik, Anhang,
pag. 6, cl. 1.) Die Quellen und Erörterungen zur bayrischen
und deutschen Geschichte (vgl. auch W. Scher er, Deutsche
Studien I. Wien, 1870, pag. 12) 1, 110 führen aus dem
Schenkungsbuche des Klosters St. Emmeran unter Nr. 216
einen «Gebehart gigare», ferner 1, 131 aus demselben
unter Nr. 252 einen «Liupold cithareda an. Ebenda
ist unter Nr. 254 auch noch ein «Perhtold mimus de
— 106 —
Roit» überliefert. Eine Prüflinger Urkunde (Nr. 63) nennt
einen «Gebehart Cytarista» (Mon. Boica 13, 69). Eine
Weltenburger Urkunde gibt: «Gebhart tili 1 1 s Gebehardi
histrionis*, ebenso eine andere vom gleichen Orte (Mon.
Boica 13, 342. 344). Weiter erscheinen die folgenden
Namen: «Ghuonrat. Oudalricus joculatores et filii
eorum» in einer Prüflinger Urkunde des Bischofs Hermann
von Bamberg (Mon. Boic. 13, 186), «Ghunrat, der Geiger
von Weikershoven» (Mon. Scheiren. MB. 10,482), «Eber-
hardus mimus» (Mon. Osterhov. MB. 12, 353), «Engil-
mar, Joculator de Walde» (Mon. Scheftlarn. MB. 8, 414),
«Gozwinus mimus (Mon. Aspacensia MB. 5, 137), «Isin-
rich vagus» (Mon. Oberaltaich. MB. 12, 38), «Piligrin
Gytareda» (Mon. Weyarens. M. B. 7, 472), «Rudigerus
citharedus» (Mon. Weltenburg. MB. 13,365), «Sigibot
Gythareda» (Mon. Tegernsee. MB. 6, 146). Ferner findet
sich folgende Angabe: «Notum sit omnibus quod
«ulricus ioculator tradidit liberum caput suum super
«altare sancti stephani» (Cod. Trad. Patav, [S. XIII] MB. 29,
P. 2, 269). Endlich findet sich noch ein «Waltherus.
Spilman» (Fräst, Stiftb. v. Zwetl. pag. 468) und «Wil-
lehalmus ioculator de seala» (M. Fischer, Cod. trad.
Claustroneob. pag. 146, Nr. 658). Als Spielleute, welche
im Dienste geistlicher oder weltlicher Fürsten standen, sind
uns überliefert in dem von Zappert (a. a. 0. Wiener
Sitz.-Ber., Bd. XIII, pag. 97 ff.) besprochenen Wiener Frag-
ment eines « Liber d ati vus » : 1) « E b e r h a r d u s joculator
ducis» (1. 49), nämlich Herzog Leopokfs V. von Ostreich,
und 2) «Wolfkerus joculator episcopi» (1. 60), näm-
lich Bischof Ulrich's von Passau , welche daselbst als
Spender von Gaben eingetragen sind. Ferner haben wir
aus dem Gültenbuch der Schottenabtei vom Jahre 1398
die Spielleute mit Namen erhalten, welche damals, zur
Zeit Albrechfs IV., in Wien ihres Amtes walteten und teil-
weise direct dem Hofgesinde anzugehören scheinen, wie
die beigefügten Zusätze erkennen lassen (vgl. Zappert
— 107 -
a. a. 0., pag. 161, Anm. 145). Es sind dort folgende ge-
nannt: «Albertus fistulator de domo» (pag. IIa),
«Hans pusawner ducis Alberti» (pag. 39a und 40a),
«Hans Trümeter» (pag. 40b), «Peter Schanntunhazz
leyrer de domo» (pag. 40b), «Hans pawker» (pag. 41b),
«Rueger phiffer» (pag. 41b), «Jacob fistulator duc.
Alberti» (pag. 41b), «Andree Trometer» (pag. 42a),
«Hans Tümpusawner» (pag. 42a), «Jorig paukker»
(pag. 42a), «Ewerhart pheifer» (pag. 42b), «Hertel
pheifer» (pag. 48a), «Johannes fistulator de Retz»
(pag. 48a), «Mer. fidler» (pag. 50a), «Heinr., Lautten-
slaher» (pag. 52a), «Seydel pauker» (pag. 65b). Auf
ähnliche Verhältnisse solcher im Fürstendienste stehender
Spielleute beziehen sich jedenfalls auch die aus alten Rau-
rechnungen der Stadt Augsburg bei Witz, Versuch einer
Geschichte der theatralischen Vorstellungen in Augsburg
1876, pag. 5 ff . wiedergegebenen Einträge zum Jahre 1327:
«Duobus histrionibus missis civibus de nuptiis
«ducis Karinthiae V. S> Haller», ferner von
1329: «Item. Joculatoribus domini imperatoris de
nuptiis ducis Rudolphi 5 Ti Haller, und endlich vom
Jahre 1330: «uni Joculatori, quem dux Karinthiae
«misit civibus de quibusdam nuptiis M. U>> Das
scheint doch auf Fahrende zu deuten, die entweder im
festen Dienste der genannten Fürsten standen und von
ihnen nach anderen Orten zur Teilnahme an den dortigen
Festlichkeiten verliehen wurden, oder jedenfalls auf solche,
die sonst in näheren Beziehungen zu ihren betreffenden
Gönnern standen.
Nunmehr noch einige Belege dafür, dass die Spielleute
und Fahrenden, durch ihre hohen Herren begünstigt und
gefördert, zu ganz ansehnlichem Reichtum gelangen konnten
und dann, infolge davon auch rechtlich und social höher
gestellt, sich eines wohlverdienten Besitzes ruhig und unge-
schmälert erfreuen durften. So findet sich bei Zappert
(a. a. 0. pag. 160) die Nachricht verzeichnet, dass sich
- 108 —
ein Spielmann mit dem Zehnten eines Grundstückes in
St. (lallen einen Jahrtag gestiftet hat. («Berthold Jocu-
latoris de decima vf dem Bole in superiori Berge»,
vgl. Nekr. St. Gall. [1272] Goldast. S. R. Alam. 1, 100, cl. 2.)
Ferner ist aus England eine Überlieferung vorhanden, die
uns zeigt, dass Spielleute dort sogar in den Besitz von
einem oder mehreren Häusern kommen konnten, was
übrigens auch aus Deutschland nachzuweisen ist. Im Domes-
day-Book, London 1783, I, 162a, steht die Notiz : «Berdic
joculator regis habet III. villas >, und ebenda I, 38d
heisstes: «Et Adelina joculatrix unam quam comes
cledit ei». Eine bekannte Thatsache ist es, das Konrad
von Würzburg, der in den Urkunden noch als < vagus»,
also als ein 'fahrender Sänger', wie auch Freidank es war,
bezeichnet wird, in Basel ein eigenes Haus besass. Von
Herrn Dr. phil. E. Dragendorff aus Rostock habe ich die
gütige Mitteilung anzuführen, dass er bei seinen Studien in
Rostocker Chroniken und Stadtbüchern drei Musikanten,
einen «basunre», einen timponator» und einen «lire-
man» als Eigentümer von «erblichen» Grundstücken (here-
ditates) bezeichnet gefunden hat. Daneben erwähnt er auch
noch einen «scermere» (schirmer, gladiator) und einen
< saltator, sprengere», die beide als Hausbesitzer genannt
werden.
Damit beschliesse ich die Betrachtung der rechtlichen
und gesellschaftlichen Gemeinschaft, welche sich zwischen
den beiden Ständen der Spielleute und Fechter in manchen
Übereinstimmungen ergeben hat, um zu der Untersuchung
ihrer litterarischen und sprachlichen Zusammenhänge
überzugehen. Bei der überaus grossen Rolle, die Kampfund
Krieg im Leben der germanischen Völkerschaften von den
ersten Zeiten ihres Bestehens an gespielt haben, ist es
nicht wunderbar, wenn die Spuren davon sich auf allen
möglichen Gebieten des deutschen Gulturlebens schon frühe
geltend machen, und wenn wir in Recht und Gesetz, aber
auch in Kunst und Sprache, wie in Cultus, Verfassung und
— 109 —
Sitte, ja fast überall, wo unser Auge sich hinwenden mag,
die Einflüsse dieses Grundmotives germanischer Weltan-
schauung in den verschiedensten Formen verkörpert und
erhalten finden. Aber neben dem Ernste des Streites her
geht ebenfalls schon in den ältesten Zeiten der Überlieferung
das frohe Spiel, die Freude an Gesang und Musik, an
Liedern und Tänzen, die zur Erholung gepflegt werden in
den kurzen Friedenszeiten. Und so hat sich denn die Poesie,
die ursprünglichste Litteraturform der Völker, auch der Aus-
gestaltung und Wiedergabe dieser beiden Seiten des deut-
schen Lebens mit gleicher Liebe und Sorgfalt zugewendet,
sie schildert uns das « Spiel der Waffen » und den « Streit
der Lieder», sie ist Heldendichtung und Spielmanns-
poesie zu gleicher Zeit. Es darf darum auch nicht befrem-
den, wenn die Dichter der einen oder anderen Gattung es
sich angelegen sein Hessen, um die Wirkung ihrer Stoffe
zu erhöhen, sich beliebter Vergleiche zu bedienen, die sie
jeweils eben ihrem nächst verwandten Gebiete entnahmen.
Durch diesen Parallelismus, wie er nicht nur in der Wirk-
lichkeit bestand, sondern auch in das künstlerische Leben
der Poesie eingeführt wurde, ist es wohl zu erklären, dass
wir einige treffliche Kampfschilderungen mit gelunge-
nen Anspielungen auf das Spielmannsleben haben,
und dass andererseits verschiedene Dichtungen die
wirksame Form eines Streites angenommen haben
und auch in ihren sprachlichen Wendungen häufige
Bilder und Anklänge aus dem Kampf- und Turnier-
wesen aufweisen. Auch sonst sind Ausdrücke und Rede-
wendungen aus diesen beiden Gebieten, besonders wohl
in späterer Zeit, da die Spielleute und Fechter wandernd
und Erwerb suchend von Ort zu Ort zogen, in die volks-
tümliche Sprache übergegangen und haben ihre deut-
lichen Spuren, bis heute noch wohl erhalten, in ihr hinter-
lassen, worauf später noch etwas näher einzugehen sein
wird. Zunächst mögen einige Stellen hier Platz finden, in
welchen das Kampfleben mit dem Treiben der Spiel-
— 110 —
leute verglichen wird, wie sieh solche z. B. im
Nibelungenliede und im Grossen Rosengarten finden. Aus
dem letzteren etwa folgende Verse:
« Do sprach der küene Fulker 'ich nemen ez mich an :
-ich wil mit eime fidein des besten des icli kan1». Roseng.
v. 1462/3.
< Fulker der fidelaere des moniches ouch niht vergaz,
«vil manegen slag er im üf den heim mit sinem bogen
maz». 1512/3.
«du gildest mir den gigenstrich, den du mir hast getan,
«ich verschroten dir die Seiten1 sprach der monich Ilsan.
«Do sprach der küene Fulker 'ein fideler wil ich noch sin,
«ich kan wol gestrichen mit dem fidelbogen min.
«swaz ich da mite herreiche, daz muoz von einander gän'.
« dö liefen ?ie aber beide vil grimmeclich einander an». Roseng.
1520—1525.
<■' h ä t s i der hübschen v i d e 1 e r b i dem R i n e i h t m e r V
«swie suoze ir Seiten hellent. ir videlboge ist kranc».
Roseng. D. 1772 3.
Ferner die folgenden Stellen des Nibelungenliedes:
« Volker der snelle zöh näher üf der banc
«einen videlboge n starken, michel unde lanc,
«gelich einem swerte scharf unde breit». 1723, 1 — 3.
« Volker der küene zuo den Hiunen sprach
« 'wie geturret ir den recken für die füeze gän ?
< und weit ir iuchs niht miden, so wirt iu leide getan.
«So slah ich eteslichem so swaeren gigen slac,
«hat er getriwen iemen. daz erz beweinen mac». 1758.2 — 1759.2.
'< Volker der vil snelle von dem tische spranc :
«sin videlboge im lüte an siner hant erklanc.
«dö videlte ungefuoge Günthers spilman.
« hey waz er im ze vinde der küenen Hiunen gewan ! » 1903. 1—4.
« 'Daz tuon ich sicherlichen1, sprach der spilman.
«er b e g u n d e v i d e 1 e n d e durch den p a 1 a s gän:
«ein hertez swert im ofte an siner hant erklanc.» 1913.
« Ach we der höhzite1, sprach der künic her. 1 — 3.
«da vihtet einer inne, der heizet Volker,
« alsam ein eber wilde, unde ist ein spilman». 1938, 1—3.
«Sin leiche lütent übele, sin züge sint rot:
«ja vellent sine doene manegen hei t tot.
«ineweiz niht waz uns wizet der selbe spilman;» 1939,1—3.
— 111 —
«,hoert ir die cloene, Hagne, die dort Volker
«videlt mit den Hiunen, swer zuo den turnen gät?
« ez ist ein röter anstrich, den er zem videlbogen hat1.»
1941, 2—4.
« Nu schowe, künic here, Volker ist dir holt :
«er dient willeclichen d i n s il b e r und d i n g o 1 1.
«sin videlboge s n i d e t durch den h e r t e n s t ä 1 :
«erbrichet üf denhelmen diu lieht schinenden mal ». 1943.
«In gesach nie videlaere so herliche stän,
«also der degen Volker hiute hat getan,
«sine leiche hellent durch heim unt durch rant.
«ja sol er riten guotiu ros und tragen herlich gewant1 ». 1944.
« 'Desen lät iuch niht gelangen', sprach aber Wolfhart,
«'ich entrihte in so die Seiten, swenn ir die widervart
« ritet gein Rine, daz irz wol muget sagen». 2206, 1 — 3.
«Do sprach der videlaere , swenn e ir die seiten min
«verirret g u o t e r doene, der iwer h e 1 m s c h i n
«muoz vil trüebe werden von der minen hant,
« swie aber ich gerite in der Burgonde lant1. » 2207.
«er spranc im hin engegne. du hete Sigestap verlorn
«Von dem videlaere vil schiere daz leben:
«er begunde im siner künste al solchen teil da geben,
«daz er von sinem swerte muose ligeh tot«. 2221,4 — 2222,3.
Betrachten wir nunmehr die Belege zu der bereits
erwähnten Thatsache, dass eine grosse Anzahl von Liedern —
sie gehören meistens zur Gattung des Minne- oder Meister-
gesanges, also in eine etwas spätere Zeit als die eben an-
geführten Stellen — entweder ganz in der monologischen
oder dialogischen Form des Streitgedichtes gehalten sind,
oder doch in ihrem Inhalte zahlreiche Anspielungen auf das
Kampfwesen, sei es auf gerichtlichen Zweikampf oder
auf ritterliches Kampf spiel aufweisen und manche
sprachliche Ausdrücke, welche sich auf das
Fechterwe sen, die Fechtschulen oder ihre Ge-
bräuche und Sprache beziehen, in deutlicher und
absichtlicher Verwendung zeigen. Die erst er e Eigen-
tümlichkeit findet sich naturgemäss mehr bei den Er-
zeugnissen des Minnesanges, denn diese standen dem
Rittertum am nächsten, die letztere mehr bei denjenigen
— 112 —
des Meistergesanges, der mit den Fechtschulen enge
Fühlung unterhielt, vertreten, wie es auch die folgenden
Zeugnisse erkennen lassen.
Ich gebe zunächst die Stellen für die Anspielungen der
erstgenannten Art:
Her Hüc von Werbenwac singt (vgl. Bartsch, Deutsche
Lederdichter des 12. bis 14. .Jahrhunderts, Leipzig 1864,
pag. 197).
XLIX, 28—35:
« lät der künic daz ungerihtet, so hab ich zem kaiser muot.
«So fürht ich wir müezen beide
«kempfen, sowie wir für gerillte komen,
« Wan si lougent bi dem eide
« daz si minen dienest habe genomen.
«Muoz ich danne vehten, dast ein not,
« k ii m e i c h s 1 ü e g e i r w e n g e 1 und i r munt s 0 r 6 1 :
«so ist o u c h 1 a s t e r , s 1 e h t ein w i p mich ä n e wer in kämpfe
tot'
Ebenso klagt auch Winli (vgl. Bartsch, Die Schweizer
Minnesänger, Frauenfeld 1886, pag. 152).
XV, I, 41—50:
«Nimt daz niht ein ende,
«daz kostet ein sterben
«mich vil senden man: dar zno bin ich gestalt.
« solken schaden wende,
« niht läz mich verderben
« minneclichiu Minne: du hast ir gewalt.
«alder ich wil kempfen vor dem riche
« mit ir sie her liehe,
«daz ich niht entwiche,
< ob ich lenger trüege die not manicvalt.»
Derselbe sagt (ebenda pag. 160), 8, 7 — 11 in der
Frauenstrophe eines Tageliedes :
« wie sol es iemer werden rät ?
« din zuht, din manheit und diu mute
«hat mich mit s werte und ouch mit sper
«er voh ten und er helme und under schilt e
«mit heldes hant in lieht er wät.»
— 113 —
Bei Frauenlob (vgl. Ed. Ettmüller, Leipzig 1843, pag. 108.
109. 114. 115) finden sich die Stellen:
Spruch Nr. 152, 17—19:
«des krieges bin ich unverzaget;
«ich viht, daz mir min gugele waget,
«schimpf unde spot, schilt unde sper hän ich ze kämpf es
gaere.»
Spruch 154, 15 — 17:
« nu merket, wer
« di z d r i v a c h sper
«nach weihet; wiltu leinen her?»
Spruch Nr. 163, 1 :
«Künd ich in disem kriege nu geschaffen daz,» ....
Spruch Nr. 163, 11/12:
« swäre einer nennen
«vuoz gibe ich niht umb iuwern kriec,» . . . .
Spruch Nr. 163, 14:
«verleitet iuch des krieges gäbe,» . . . .
Spruch Nr. 163, 17:
vüert in den kriec mit iu ze grabe,» ....
Spruch Nr. 164, 5/6:
« zwar ir sanges stange
«wirt gegen dir ze kämpfe tragen, e si din guft verkrenket.»
Spruch Nr. 166, 7:
»Der kempfe wil ich aller sin, din kirnst mnoz snaben;»
Spruch Nr. 166, 14—16:
« w o 1 her, ich f ü e r e i r aller schilt!
«min s a n c dir gilt
«gar unverzilt ; »
Regenbogen (vgl. M. S. H. III, 345 a) fordert den Gegner
zum Wettstreit um den Kranz heraus :
«Umb singens willen heng ich üss ein rosenkranz,
«die silben rimen machen im die bletter ganz,
«wer singet wise wort und auch der töene schanz,
«und mir den cranz gewinnet an, den meist er wil ich kennen.»
8
— 114 —
Herman Damen (vgl. M. S. H. III, 165, b 4) singt:
«Stet uf, lät mich in kreizes zil,
«ich wil mit lohe vehten
« die Brandenburger vürsten vür ;
«wird' ich bestanden hie,
« So daz man mich vür komen wil
« mit lobe an den gerehten,
« so trif ich vür der künste tür,
« nu müget ir merken, wie,
« Unde offen sie mit ringer hant,
«so grife ich, da mir ist bekant,
«ein swert von vollen komener snite;
«dar an so haet ein schirme schilt,
«der nie mit künste wart durchzilt:
«die zwo die trag1 ich gegen dem strite,
«swa min lop sie vür vehten sol;
«schilt unde swert, der zwier,
«der b r u c h e ich, sam ich beste k a n ;
« ez tuot mir durch sie alle wol :
« ir itslich hat wol drier
«vürsten tugent ze kleide an.»
Derselbe ebenda III, 168, b 8 und 9:
«Ein lop sol mir erklingen,
« ich wilz an die gernden bringen,
« üf daz siez den besten singen,
«schone in den landen,
«In die h o e h e , von der s i t e ,
«uz der enge, in die w i t e ;
« s w e r mir d i z lop wil z e strite
«tuon, der wirt bestanden.
«Swa ich wider lob i e streit,
«mit disem lobe ich sige vaht:
« her herzöge, sit gemeit,
« diz lop han ich an iuch gebraht.
«von Slesewik. vor schänden
« k u n t i r iuch beschirmen schone;
« diz lob iuwer tugent ze löne
« sing1 ich in disem niuwen döne :
«zuht habet ir in banden.»
« Lob den eren gernden jungen
« wirt gewebet unt gedrungen,
— 115 —
«mit der klinge von der zungen
«wirk1 ich lob es bilde,» etc.
Im Lohengrin (Einleitung) heisst es v. 217 — 230:
« ich wolt ir aller sinnes wäc mit miner kunst erschepfen.
«ich sach doch einen sigelös,
«der den pnkelaere vür den schilt erkös,
«swie daz sin swert so hohe künde kepfen.
« Heinrich von Ofterdingen hat
«den schilt an mir. swer nfl mit pukelaeren stät,
«daz er im wol ein schanze übersaehe.
« der Schriber und der Biterolf
« die saehen lieber bi in einen wilden wolf.
« so ist der Walther in der selben spaehe.
«Wolfram von Eschenbach der ist ir pukelaere.
«der schirmet wol vür s wertes snit:
«so k a n ich kunst, da v a r e n t riutelinge mit,
«und ist ir smalez schirmen in ze swaere. »
Und ebenda v. 271—277:
«Swer wirfet riutelinge scharf
«üz künste schilte, sam der Clingzor zuo mir warf,
«und ich des ungeschröten von im blibe,
«so daz min sin im kreize stät,
«min üf geworfen kunst mit suoche gein im gät.
«ob ich in einen vuoz dan hinder tribe,
«swie daz von leien munt geschiht, des hat ein pfaffe schände.»
Aus dem Streitgedichte des Wartburgkrieges (vgl.
M. S. H. II, 3 ff. und Simrock, Der Wartburgkrieg, I. Teil,
das Streitgedicht [Nr. 1 — 24], pag. 2 ff.) kommen noch
folgende Stellen in Betracht:
«Der meiste r gät in kreizes zil,
«gen alle singern, die nu leben, er üf geworfen hat,
« benennet er si wenig oder vil,
«reht als ein kempfe er stät.
«Nu hoeret, wie er des kampfes kan gen allen meistern
pflegen : »
«Nu heb1 ich's hie mit schirme siegen,» ....
«swer hie enphahet si gelosen teil,» ....
«ich tugenthafter schriber trit ' im zuo mit kampfes (Var.
s a n g e s ) g i r. »
«Mit sänge söst ir vräge scharf,» ....
8*
— 116 —
«daz nieman gegen in mege.»
«Wä nu griezwarten? kämpf ist körnen:
«ich bin des kempfe üz Oster rieh, unt kan die wider-
siege;»
«Nu w i r t gesungen ä n e v r i d e , > . . . .
« a 1 r e r s t so heb' ich an , » . . . .
« Reinmar von Zweter, sit ich din bedarf,
« hoer1 zuo nach triuwen site ;
«von Eschenbach der wise sol der ander kies er wesen :
« so sint wir beidenthalben wol gewaltes von in vri.
« daz rehte helfe mir genesen : »
«her fürste, heizt sie kiesen üf ir e i t : »
« i r m u g t min m e i s t e r n i h t g e s i n als iuwer raunt v e r j a c h.
«Reinmar von Zweter si dar zuo benant
«und der von Eschenbach,
« Her Walther, den ich geren sach » . . . ,
« Her Ferramer, sit wille komen !
« j o dringet mich diu h e i d e n s c h a f t mit m a n i g e r k r i e d 6 n
«noch h i u t e w i r t ein stürm von mir verno m e n ,
« daz der von Naribon
«gewalteklicher nie g e h i e 1 1 ,
« do er der heiden vil verschriet, als im diu menge jach ; »
Nunmehr einige Belege, welche der Periode des Meister-
gesanges entstammen; doch zeigen sich auch in diesen
noch manche Anklänge an das ritterliche Turnierwesen
— so gleich in unseren ersten Beispielen — neben den
übrigen Darstellungsformen, die Beziehungen hauptsächlich
mit dem Fechterwesen und dessen Kunstausdrücken auf-
weisen. Die Grenzen zwischen den Zeugnissen der einen
und anderen Art lassen sich darum nicht sehr scharf ziehen,
haben wir ja doch auch gerade in dem Streitgedichte des
Wartburgkrieges die verschiedensten Bilder, teils dem Gottes-
urteil und gerichtlichen Zweikampf, teils dem ritterlichen
Waffenspiel und Turnier, ja schliesslich auch dem eigent-
lichen Streite des Kriegszuges entnommen und mit einander
vermengt gefunden. So lassen zwei Gedichte aus der Samm-
lung der Meisterlieder der Golmarer Handschrift (vgl. Aus-
gabe von Bartsch, Bibl. d. Stuttg. litt. Vereins, 1862, Bd. 68,
pag. 352 II i nid 504/5) noch ausschliesslich die Verwendung
— 117 —
ritterlicher Anschauungen erkennen, wovon das eine völlig
die Form eines Streitgespräches zeigt, das andere eine
Herausforderung zum gesanglichen Wettstreit dar-
stellt. Ich gebe vom ersten die bezeichnendsten Stellen,
das zweite vollständig hier wieder als Einleitung zu den
übrigen Belegen.
Nr. LXI, Der kriec von Wirzburc. Enthält folgende
Stellen :
< Ich hän ervarn vil manic lant al umb den Rin:
< nu hoere ich sagn wie hie die besten singer sin.
find ich ir einen, der läz an mir werden schin
«mit gesanc sin lioechste kunst: lä sehen, mag ich ge-
liehen.
«Hat er die kunst, lä hoeren wer der beste si,
«ob ich irn mit gesange müge komen bi.
«stän ich im abe, so mag er gar wol sprechen phi;
«so wirt im daz lop gegeben und muoz ich im entwichen.
«Nu wol an daz got unser müeze walten.» v. 14 — 22.
« lä sehen ob ein frömder gast den pris hie müge behalten.» v. 26.
«Durch mines liebes willen wil ich heben an,
«durch mines liebes willen wil ich fr 6 best an,
« durch mines liebes willen, wer nimt sich singens an?
«durch mines liebes willen si ein kreuzel üz gehangen.
* Ist ieinan hie der mir daz abe genemen tar,
«der wirt von mir bestanden, sage ich iueh für war.
« ir merker, merkent alle glich an diser schar,
«ich halte tretzeclichen hie üf minem ros ze brangen.
«Die junefroun hänt mir minen heim verbunden,
«min sper hän ich geneiget über schiltes rant.
«nu dar, lä sehen ob mir ein singer werde bekant
«den sines herzen frowe habe ze mir gesant:
« er wirt von mir bestanden hie, sag ich in kurzen stunden».
v. 27—39.
«Nu hoer ich wol, man wil gesanges gein mir phlegen.
ir merker. merkent, sanges hän ich mich erwegen.
«mich heischet üz gar üppeclich ein stolzer degen.
«er hat verbunden sinen heim und neigt sin sper mit schalle.
«Nu sin wir al durch kurzewile her bekomen:
«wir sullen froelich sin, daz mag uns wol gefromen,
« mit hübschen zühten, aller kriec si üz genomen.
«wir singen gein ein ander hie, lä sehen wer du valle!
— 118 —
«Kanstu gesanc und rehte kunst bewisen,
«wir sullen gein ein ander ziehen üf daz wal.
«bistuz her Gäwin, so bin ichz her Parzifäl.
«lä sehen wer under uns ersinge hie den Gral,
«und wer mit kunst behalte hie daz in die merker prisen».
v. 40—52.
«Wir sullen kurzewiln und sullen froelich sin.
«durch kurzewile wel wir ziehen an den Rin
«ze liebe und dienst der üzerwelten frouwen min
«die mich so friuntlich singen bat durch aller frouwen
güete». v. 53 — 56.
«Ich wil ir gern mit mim gesanc hofieren,
«durch iren willen ziehen fr 11 ich in den rinc.
«halt üz, läz varn, ez komt ein stolzer jungelinc.
« swer mit mir singen welle, der heb üf und dring,
«und singt er mir ein niuvvez liet, ich danke es im vil schiere».
v. 61—65.
«Ich Frouwenlop, durch frouwen ere kom ich her.
«swer singen wil, ich füer ein schilt und ouch ein sper.
« durch frouwen ere var ich in dem lande entwer :
«swä man ir wir de erstriten sol, da bin ich ie der eine,
«durch frouwen ere halt ich hie üf dieser ban,
«durch frouwen ere lege ich mine wäfen an,
«durch frouwen ere hän ich ie daz beste getan,
«durch frouwen er bind ich den heim: in triuwen ich sie meine.
«Ir edel kiusche füer ich an mim schilde,
«ir reinikeit füer ich an minem wäpen hin.
«halt üz, läz varn durch willen schoener frouwen fin.
«nu dar, lä sehen, wer wil der ander kempfe sin?
< die frouwen hänt ie guot getan, sie sint an fugenden milde ». v. 66 — 78.
«Ich Regenboge wil hie der ander kempfe wesen:
«und wil ez got, so trüwe ich vor iuch wol genesen, v. 79/80.
« Ez ist umb sus dazwir hiewider ein ander streben,» v. 83.
«Ich Frouwenlop, in frouwen ere ich wil bestän. » v. 92.
«erst saelic der den frouwen hie daz beste tuot. » v. 102.
«Ich Regenboge, mins krieges ich niht abe län. » v. 157.
« Ir Frouwenlop, vom kriege sult ir wenden.» v. 165.
« Her Regenboge, ir grift in höher sinne kür
«und ziehent mir gar frömde meister schaff her für.
« ob ich den werden frowen ir höhez lop verlür,
«ewoltich singen üf einn kriecwidr aller meister munde.»
v. 222—225.
«Her Frouwenlop, ir müezet läzen mir den pris,» v. 235.
— 119 —
« daz sprich ich wol und wilz beswern üf minen eit, » v. 244.
«her Frouwenlop, ich wilz beweren und ist ouch war:» v. 272.
No. CXXXIII. Ein fürwurf im Brennenberger:
1. «Nu binde ich üf: ist ieman hie der rilen sol
«üf glenten rossen und sim liep ein niuwez sper wil
brechen
«In swinder just, mit dem so waer mir also wol.
«üf der wale sol sich nieman mit keinem alten rechen.
«Gein dem so füer ich minen van,
«der under sol wir einz verjagen hie mit cluogen worten
«und stapfen üf gesanges ban,
«daz man von uns hie müge gesagen wol an allen orten,
«er füer ein wäfen daz von reht sprech ,nim in dan\
«üf glenten rossen ritet manic biderman.
«geswinder juste er mich üf dem ringe gewer.
«si im ouch kunt umb niwe getiht, der sol ouch gein
mir treten her.» v. 1 — 12.
2. «Saeh ich den an den schoener frouwen tugent jeit
«und iren minniclichen gruoz gewinn mit hübeschen sitten!
« Diu zarte hat mich tugentlichen an geleit
« selber mit irer wizen hant und macht mich wol geritten.
« Mir lech ein ros diu tugentrich.
«sie sprach, ,wiltu ze schimpfe varn, so muost dich
selber decken,
«ich wilz verdienen umbe dich:
« des muotes solt niht wesen arn und läz dich niht erschrecken'.
« des was ich frö, ich sluocz ir in ir wize hant
«und sprach also, min staete triwe si dir ein pfant:
«din ros ich cleide undr einer decke, diu ist ganz:
« swä man sie für den frouwen füert, da muoz sie geben riehen
glänz1. » v. 13 — 24.
3. «Frouwen hant min ros bedecket undr ir zuht:
«wer gesach ie kein richer decke üf gesanges juste?
« Möht ich geloben wol die höchgelopten fruht,
« der frouwen tihten lop und er, wie wol mich des gelüste !
« Üf frouwen tröst ich üz gereit,
«al mit ge sänge üf den ring so wil ich mich bereiten.
« wizzent, ir lop ich nie vermeit,
« sie biten got daz mir geling, ich var in irm geleite.
«der frouwen ere füere ich gerne an minem schilt
«und lobe sie ser swaz meister joch gein mir gezilt.
— 12() —
«al mit gesange so wil ich ir kempfe sin:
« s w ä man k u n s t g e* p r ü e v e n k a n , behalte ich \v o 1 den
satel min. » v. 25 — 3(5.
Sodana noch einige Einzelstellen, ebenfalls der Col-
marer Handschrift der Meisterlieder entnommen; so heisst
es z. B. 45, 19/20:
«ein schirmemeister schiere siht
«wä man blöz wehselt oder niht. »
Ferner sind zu vergleichen die Nr. XLI— XLIII und
LXXXIX (Bartsch, pag. 310—313, 421) mit folgenden
Stellen :
«Du sagst mir vil von dinen schirmsiegen.
«die kan ich dir geheben und gelegen,
«mit miner künste buckeler wil ich die streiche enpfähen.
«Laest du der künste svvert her gein mir swingen,
»ich wis dir abe mit miner scharpfen clingen;
« doch rate ich dir in triuwen ganz, du solt dich niht vergällen. » (XLI.)
«Ich füere ein swert, daz sol mir nieman strafen,
«daz ist genant und heizt der künste wäfen,
«ez ist ze allen orten ganz, in rehter lenge gemezzen.
«Da mite wil ich der künste barant houwen.
«ist iemen hie der daz well ane schouwen.
« der vindet des sin herze begert, ich wil sin niht vergezzen, ,
— « so gibe ich im der künste swert in sine hant, » (XLII.)
....«ir künnent vil der schirmeslege, die wil ich under-
brechen.
«Dar umb so kum ich her an disen anger,
«in iuwer künste schuole, und bei t niht langer,
«wer rüert mir an daz crenzelin? daz wil ich an im rechen.
«Ich hoer von iu, ir künnen vil.
« des manger niht gelouben wil
« an iuwer künste wafen. » (XLIII.)
«so wolt ichz herschelichen wägen
«und zerbrechen der künste swert (Variante: d. künste sper)
«AI durch den liebsten buolen min.» (LXXXIX.)
Es mögen noch weitere Zeugnisse aus den «Meister-
gesängen des XV. Jahrhunderts >>, wiedergegeben vonA.Holtz-
mann (vgl. Pfeiffer's Germania, Bd. III [1858], pag. 3101T.),
hier beigefügt werden, zunächst wiederum ein zusammen-
— 121 —
hängendes Stück, das zahlreiche Ausdrücke, wie sie in den
Fechtschulen üblich waren, enthält, sodann einzelne kleinere
Stellen mit ebensolchen oder ähnlichen Wendungen.
Fol. 52. in dem langen Manier Don :
1. «Da ich was jung und darzuo ciain, da facht mich singen an.
«da lernet ichs on alles nain, das ich doch sein ein wenig kan.
»wa man ficht mit meistergesang,
«maines schulrecht ich mich nicht schem
«In meiner mas so fircht ichkain, den oberha(w) ich han,
«mit gutem gsang as ich es main, damit wer ich mich
genn aim man.
«versetze kan ich kurz und lang
«darmit ich aim sein schlege dem.
«Ob mir dann ainer kom so nach, das er mich ubertrung
«aus seinen schlügen hind er mich so tet ich ainen sprung,
«ja ich s a m mich n i t lang,
«das er mir hart entweiche mag, wie bald ich wider
auf in gang,
«mit schlegen die seind meisterlich als ich gel er et han.
«icn sich in an. gar freliche den selben man.
«so tratzigclich ich vor im stan,
«ich lig im Wechsel wen ich wil, das er mir hart ent-
weiche kan.
«mein aufstreiche das tut im zwang.
«darmit ich mange wilde zem«.
2. «Ich bin ain singer das ist war, ich han es oft bewert.
«ich vicht wol ainem maister vor, wo er auch eines
knechts begert.
«und kum er mit mir auf ain schür
«mit gsang so wolt wir wol beston.
«Etlicher spricht, ich sey ain tor, wie ich sing heur als vert,
«mein rure die gand nit enbor. die ich schlag mitgesanges
schwert.
«setz sich der maister auf ain stul,
«drey geng mag ich wol für in ton.
«Ob sich da ainer hinnewer,dermaintichhetnitkunst,
« et e r s e 1 b i g n i m s e i n s c h w e r t u n d h e b s gen mir in i t g u n s t ,
«das mein heb ich auch auf.
«mir welle abenteure hie; geselle mein, schlag frelich
trauf
«hie mit gesang gar maisterlich, doch das es nit we tut,
«on arge mut, die selbig schleg sind also gut.
— 122 —
«sy machen weder wund noch plut.
«da tarf es wol sin und Vernunft, das er sich selber hab
in hut.
«ob im sein schwert auf mich enpful,
«sein tet da spotte jeder man».
3. «Manger verachtet ainen man, wan er in erst ansieht.
«er waist nit was er inne kan. das selbig mir auch oft
beschicht.
«mein schwert han ich auf in gewetzt,
«nun shawe zu, arm und reich.
«Mich dunckt ainer well mich bestan. das acht ich sicher
n icht.
«mein schwert das hat mich nie Verlan, das ist mein
zung in maisterticht.
«sy habe mich kain halb geletzt,
«und die sich mir schätzten geleich.
«In den vier weren bin ich gut, und die ich da bestim
«singt er von got, die were ich auch zu mir nim.
«singt er von ainer rainen mait,
«und die da wont im höchste tron. ir hilf kaim sinder nit versait,
«die die die ist auch wol mein fug, ich wil mit ir hinschern.
«singt er dan gern, wie an dem himel stand die stern,
«das selbig las er mich auch hern.
«ob er uns singt von der kretaur, das mag ich in auch wol gewern.
«heb auf, ich hab nider gesetzt.
«mit gsanges schwert ich von mir streich». (Germania III.
pag. 319/20.)
«Hie heb' ich an ich Michel Behamere und tiht in meinem
langen dan». (p. 310.)
«waz uffeinander swinget,
«daz es mit reimen widerclinget,
«lobt man für daz daz sich verborgenlichen zwinget». (310).
Pag. 311 ist von einem Liede die Bezeichnung «in der Slagweis»
gebraucht.
« ob es dir eben sei,
«so trit den rei! herbei, wann ich dir nit wil weichen». (311).
«er let auf sich der kunsten berck; sein kempfen und sein streiften
«im selb nit hailes gan» (315).
«der trit wol an der m e i s t e r tanz, da man die singer
breiset». (316).
« A i n kränz von rotten rosen schien,
«gebunden fein mit seide grien.
«wer mir den abgewinnen kan, des lob des wil ich zieren
«Mit worten gut an manger stat»,. . .(316).
— 123 —
«Ich nim ze hilf ain raine mait und mis die hoch die tief
die weit die hreit,
«so mag mir meinen heim auch kainr verseren.
«Nu hert warumb gieng ich ze schul, das ich wolt sechen wie
man hielt der maister stul,» (317).
«Nun wel ich geren ru han, so her ich wol, mich muttet ainer
singens an,
«mit seinem gsang wil er mich hie vertreibe» (318).
«dein sin sind dir verhawen, ....
«Des halt ich hie gar drutzikleich gein dir auf diser pan.
«und rnust auch mir gar lästerlich entweichen.» (322).
« hüt dich, ich wil dich rüren,
«und dein geschrey mach ich dir hie ze nichte.» (322.)
« dazu bey deinen tagen
«pist gewesen ane wer
«pey hübschen gesang so kluge.» .... (322).
«Ach heri got ich hab gesungen also lange,
«ich pin warn schwach und beger der stangen,
«denn mein geleichen thun ich hie finden.
«In seinen künsten ist er also veste,
«er lebt nit zwar der in nit mug verdringen.» (322).
«Ich hab... vor manchem klugen singer woll bestanden,
«so kumet ainer und will mich hie verdre,iben.» (322).
«wol her an mich, wir wein uns pas versuchen.» (323).
« ich sing dich dem wirt wol unter die pank.» (323).
«so dret er frölich auf den plan», .... (323).
« W o 1 a n der singen wolle,....
«der las hören sein geschelle herestreichen in disen rink,
«es wird gemessen wol.» (323).
«so bleibt ir lob von mir schon unverhawen.» (324).
«ich wil in schänden noch nit von im weichen.» (324).
«Ist imandt hie der mit mir singen welle,» .... (325).
« das ist beruren den grünt.
«wol der mir mit seim gesang wil nahen, ich wil in schon
enpfahen.» (325).
«Ich wil gar frelich heben an mit meiner kunst auf diser
pan.» (326).
2 Gesänge Michel Beheims Cod. 312, Fol. 44 sind
überschrieben :
«Wie ein Singer den Andern vordert.» und:
«Disist ein Antwort so ein Singer den Andern mit Singen vordert.»
«Mit dem wil ich
— 124 —
«nach huld und gnnst uf diser wal
»hie singen lüstiglich.
Ist hie kein man der singen kann der s o 1 her eilen
«uff schnellem just nach herze nlust well wir kürz weilen.
«Wol zu her schir
«uf diser ban, ich bin gerust
«heb an und antwürt mir.» (327).
«gut gesell wol her, du bist mir mer, und kumst mir eben.
«Ich aht ein cleins, daz wir hie eins umbs ander geben...
«.... üis leg wir hin
«und heben an, und loben got
«und auch die muter sein.» (328).
«Ein meister der gesanges schul wil halten
«und der sol haben schuler jung mit alten
«so mag er wol gesanges fan u fstecken.» (Germania V. pag. 211.)
Sodann noch einige Liederanfänge aus der Wiltener
Meistersängerhandschrift (herausgenommen aus der Be-
sprechung derselben von Dr. J. Zingerle. Wien 1861.
Sitz.-Ber. Bd. 37. H. 4.), welche eine ähnliche Behandlung
ihres Stoffes nach den früher erwähnten Gesichtspunkten
vermuten lassen.
«Ich Regenpogen ich wil der annder kempfer wesen.» 69. a.
(pag. 401.)
«Wie hör ich wol, man wil gesanges mit mir pflegen.» 68 b. (397.)
<Stadeckh vnd in turney» 101a. (397.)
«Ist yemand hie der singen well.» 18b. (399.)
«Dw sprichst dw seyst ain maister hie.» 28b. (402.)
«Wer kemphen well in ainem ringe.» 156b. (403.)
Im Anschlüsse daran mögen noch eine Anzahl von
Stellen aus der Litteratur der betreffenden Zeit Platz finden,
welche teils weitere Ausdrücke aus dem Fechtschulwesen
aufweisen, teils absichtliche oder auch unbewusste Anspielun-
gen auf diese Verhältnisse enthalten. So haben wir z. B. im
Liederbuch der Clara Hätzlerin (Ed. Haltaus, Leipzig 1840.)
folgende Wendungen vertreten :
«Geschieht das in der schirmer weis?» II. 72, II").
«Der raicht Jm ainen spiesz,
«Er focht als ain zornig fyesz
«Vnd wundet siben vf den tod.» II. 67. 369—371.
und sol der kries noch lenser weren,
— 125 —
«so werden zwar die stangen geren
«Die stat an allen ennden.» I, 29, 103—105.
«Nun beger ich recht der stang
«Sein frümmkait hat mir angesigt.» II, 3, 174/5.
«Sy sprach: hör uff, ich ger der stangen,
«Dir wirt, das chainer möcht erlangen.
«Deine wort hand mich durchwaicht,
«Deine zung hat so süss geschmaicht
«Mit worten hübsch und suptil,
«Das ich mich dir ergeben wil,» etc. II, 76, 69—74.
«Komm ich Jm an die stangen,
«Den palg hab ich verlorn!» I, 21, 19/20.
«Ain stuck das haiszt die Eysenpfort,
«Darusz vicht man ymm schranck;
«Ich sorg, dein perswert sey ze krank,
«Es präch, so es amm pesten sey.
«Ich sprach: der kunst bin ich frey,
Man lerts mich nach den newen sitten.» II, 72, 148—153.
«Wie wol ich lang geuochten hab,
«So ist mein perswert nit entzway.
«Sy sprach: entraun, das war der May!
«Ist dir dein perswert pliben gantz.
«Du hast geuochten manigen rantz,
«Das es pillich verschlissen war.
«Die siben hew sind dir ze swär,
«Vermagst du drey, das tuo mir kunt.» II, 72, 166 — 173.
ich wolt mit ir nicht rangen, ob sy mich lieblich überrung;
«czwar ich begert der stangen:
«wann mir gepeüt die lieb, dy rain.» Hoff mann 's Fundgr. I, 336,
33—35.
Ende si mijn schermschilt moet sijn» .... Altd. Blätter II, 270.
«es dröut mit worten manig man,
der doch wening schirmen kan.» Boner's Edelstein, Fab. XXIX,
23/24.
«und fechten gleich alsz hetten sie schon den himel er-
stritten, waz aber ihre lame schirmstreiche sein, be-
«weisen jre fruchte.» Amandus wye eyn geistl. ritter streytten
soll,
«denn wenn sy (die weiber) mit dem schirmstreich kummen,
so heisst's den gouch vom nest genummen.» Murner, Gcäuchmatt,
vgl. Kloster 8, 955.
«sobald sy kummendt mit den schirmstreichen.» Ebenda
Kloster 8, 958.
— 126 —
«ein weisz mann soll gerüstet sein
«wie ein kempffer, welcher allein
«gerüstet steht auff dem kampffplatz
«mit hämisch und schwerd zu dem hatz,
«das er die schirmenstreich auff fach
«einem jeden der auff in schlach. » H. Sachs (1570), 2-, 2, 85a.
«ein schirmer und ein vorvehter des volkes.» Griesh. Pred. 2, 2 1 .
«mit worten treib er sein parat.» Kalenberger 1557.
«der monnich auf die canzel trat
«und macht sein gleissnerisch parat.» H. Sachs (1560), 4, 3, 83.
«nu kument schelten trüllen triegen
«effen gumpeln unde liegen
«mit pärät, als ein gumpelman,
«der niwan leicherie kan.» Jüngling, v. 997 — 1000.
«wenn er ein parat machet mit seinem .... schwert.»
D. Städtechron. 10, 166, 8.
«mit schirmen wer ich wol so glenk.
«das ich ein parat hin verhieb,
«das kein kandel am kandelpret plieb.» Keller1 s Fastnacht-
spiele 252, 17 — 19.
«Mein schirmschleg die haben kraft.
«Darumb mich niemant tar best an.
«Ich wolt euch gern ein barat sehen lan,
«so hab ich übergriffen mein haut,
«Do ich heut an wolt legen mein gewant,
«Das ich es iezund nit volbringen mag,
«Ich wolt denn peiten acht tag.» Ebenda 363, 14 — 20.
«nun aber zuo disem meinem schuolrecht hab ich euch für
«mein aufheben zum richter und grieszwertel erweit.»
Frank, Sprichw. Vorr. 4 a.
«ein aufheben thuon oder das erst schuolrecht thuon.»
Ebenda 1, Ib.
«man tregt ihn zwei fechtschwerder entgegen, Bechtmg
«nimmt eins, macht ein aufhebents, gibt dem jungen
«auch eins, thun ein gang zusammen.» Ayrer 201 d.
«und wider zu seiner kreuzstangen, mit der macht er ein
«aufhebens und satzt sich wider zu pferd.»
Fischart's Garg.- 253 a.
Stieler 806 sagt: «in arte pugillatoria est colli-
gere arma cum ceremoniis quibusdam, quod dieunt,
ein aufhebens machen.» Grimm's DWB. I, 667/8 gibt
unter , Aufheben' 4) «aufheben, praeludium, ein Fechter-
— 127 -
ausdruck, das Gefecht begann mit Vorspiel», und
ebenda 653 erklärte es tAufgehebe' als «Aufheben der
Schwerter, Beginn der Fechterstreiche bei den
Klopffechtern». So sagt z. B. Logau, der seine Bilder
öfters diesem Gebiete entnimmt:
«was man auch der Gicht immer Schuld gleich gebe,
«ist sie fechtrisch doch, macht manch Aufgehebe.» 3,7,23/4
Diesem Begriffe entspricht bei den Meistersingern der
des Schulrechtes, von dem an verschiedenen Orten bei
diesen die Rede ist; so heisst es z. B. in F. 206: «Welcher
«um die Krön und Gelt singen will, der thue vorhin ein
Schulrecht», und in der Colmarer Schulordnung (vgl.
Alsatia 1873/4, pag. 106) «. . . . von jedem singer ein
schuolrecht». Vgl. Plate, Kunstausdrücke der Meister-
singer, Strassburger Studien, Bd. III, pag. 167, der ebenda
pag. 165, 182 auch noch auf einige andere Parallelaus-
drücke hinweist.
«dorumb müszen wir tun ein genglein,
«und triff ich dich mit meinem stenglein» ....
Fastn. Sp. 855, 10/11.
»so fechtend wir usz fryem muot
«ein gengly zwei dry mit dem schwert.» Trag. Joh. Q. 7.
«ein genglein will ich wagen
«von wegen aller frauen,
«kumm her, ich will dir zwagen!» Ayrer, Singsp. 167 a.
«der Teutsche weicht um was, verführt den Fechtgesellen
«zum fehlhiew.» Rompier 105.
«blinde schirmstreich fechten.» Bienenkorb 158a.
«da er nun fast hett umbgeschwermt,
«und für den blinden gnug geschermt.» Waldis 3, 100.
«das parat uud beraitschlag.» Fischart, Garg. 17a, vergl. 188a
« paratschwert».
«den Hilde brandsstreichsibenklafter in die er d, des Ecken
«eckhaw, des Laurins zwerkzug, Fasolts blindhaw.»
Fisch. Garg. 188b.
«wie ein gut fechtschwert aus des unerfahrnen henden, so
«das schwert nicht kau brauchen.» Paracelsus 1, 331b.
«mit demütiger bitte, diese abenteuerliche fechtschul einzu-
«s teilen.» Simpl. Courage c. 7.
— 128 —
«es stinkt in der fechtschule» sprichwörtlich für: «es steckt
«etwas Übles dahinter, die Sache geht schief.» Simrock 2316,
(vgl. Schindler B. W. 1, 509.)
«praeambl oder praeludium, das vorfechten, versuch stuck.»
Roth. Dict. (1571), M. 8b.
«wenn die fechter ein preambl machen, darein sie alle
«sprüng und kunst stuck bringen, das heisst man ein
«parat.» Roth, Dict. M. Ib.
Nacli Grimm"s DWB.VII, 2041 wird der Ausdruck Präam-
bel' auch im übertragenen Sinne vom Wortgefechte gebraucht,
wie aus der daselbst angeführten Stelle: «ein kleiner
Scharmützel, praeambel und praeludium.» G. Nigri-
nus, Beschlag Q. 2a hervorgeht. Dazu ist bei Grimm
DWB. VII, 2113 «Priamel, entstellt aus Präambel» zu ver-
gleichen mit seinen beiden Bedeutungen: 1) das Vorspiel
auf einem Tongerät, das Praeludium. 2) ein kurzes volks-
m ä s s i g e s S p r u c h g e d i c h t , in welchem mehrere gleichartige
oder contrastierende Sätze auf eine bestimmte Spitze einer
Betrachtung hinauslaufen, sie gleichsam vorbereiten und
das Vorspiel dazu bilden. Besonders wichtig für uns als
Beleg der ersten Erklärung ist aber die dort angezogene
Stelle aus Mone's Anz. f. Kunde d. d. Vorzeit, 1838, Bd. 7,
sp. 429: «Ain haerpfer oder spilman hat vier aygenschaft,
«des ersten macht er ain preambel oder Vorlauf,
«das er die lewt im auf ze merkchen bewege, dar-
nach macht er guet underschidlich tact und mensur, das
«er die vor bewegten frölich und unverdrossen mache, dar-
«nach begert er gäbe, die wärt jm gewondlich, alz er gutes
«oder arges gemacht hat, darnach wehelt er die gab.»
(Wiener Hs. Jur. civil. Nr. 244, bl. 162.)
Mit der Betrachtung der zuletzt angeführten litterarischen
Zeugnisse für verschiedene der Fechtersprache angehörige
Ausdrucksweisen sind wir so ganz von selbst hinüber-
geleitet worden zu dem letzten Punkte, mit dem ich mich
hier noch etwas eingehender zu befassen habe, zu dem
sprachlichen Parallelismus, der zwischen dem Fechter-
Ulm und dem Spielmannswesen besteht, und dessen
— 129 —
letzte, wenn auch oft kaum mehr bemerkte oder verstan-
dene Spuren sieh in vereinzelten, meistens volkstümlichen
Sprachwendungen bis auf unsere heutigen Tage erhalten
haben. Gleich im Anschlüsse an die zuletzt aufgezeigte
Gemeinsamkeit des Wortes Präambel oder Priamel, das im
einen Falle den fechterischen «Vorlauf >, im andern das
spielmännische «vorspil bezeichnete, will ich noch
auf den ursqrünglich der kriegerischen Sprache ange-
hörigen, dann von dieser auf das dichterische Gebiet
übertragenen Ausdruck «Schwank» hinweisen, der als
mhd. «swanc» noch Schwertstreich, Fechterhieb'
bedeutet und erst, allmälig die weitere Bedeutung von
«lustiger Streich, komische Erzählung, Posse und
possenhaftes Schauspiel» angenommen hat. Ganz ab-
gesehen von all den kleinen einzelnen Beziehungen, die
sich notwendig und einleuchtend ergeben, sobald man die
litterarischen Überlieferungen der Fechter und der Meister-
singer zusammen ins Auge fasst, mögen hier speciell nur
noch einige der augenfälligsten allgemeineren Zusammen-
hänge zwischen beiden erwähnt werden; von diesen aus
soll dann noch ein kurzer Blick auf die bereits erinnerten
sprachlichen Reste derselben geworfen werden. So lassen
sich Ausdrücke wie « F e c h t s c h u 1 e und Sing s chul e ,
Meisterfechter und Meistersinger, Fechtmeister,
Schirmmeister und Singermeister, Parliet, Bar mit
Paratswert, Parade a. s. w. ohne weiteres in Parallele
setzen. Ausserdem finden sich eine ganze Reihe von Ausdrücken,
die auf den beiden Gebieten entweder das völlig Entsprechende
oder- wenigstens ganz etwas Ähnliches an Ämtern, Verrich-
tungen und Gebräuchen bezeichnen. So die Bezeichnungen:
« Schulhalter, Schulrecht, Geselle, Befreiung, Schul-
zettel-, ferner: «Schule halten, Schulrecht tun, das
Beste tun, anheben, angeloben, approbieren, be-
freien etc. Beiderseits haben wir die Sitte des «Prüfens»
und «Bewährens» der Jungen durch die Alten auf Grund eines
Meisterstückes in Lied oder Hieb», ehe dieselben
9
— 130 —
die «Meisterschaft» in ihrer Kunst und die mit dieser
verbundenen Rechte zugesprochen erhalten und damit
selbst als Leiter oder Inhaber von Singschulen oder
Fe cht schulen und als Lehrmeister für jüngere
Kunstfreunde auftreten können. Beiderseits finden wir den
Wettstreit der Einzelnen um den ehrenden Kranz oder
eine oft wohl noch willkommenere Geldspende sich voll-
ziehen. Beide Schulen linden sieh in einer Anzahl gleicher
Städte, durch das gleiche Handwerk, besonders die Kürsch-
ner, vertreten, sie finden an den gleichen Orten und in
den gleichen Gebäulichkeiten, zu den gleichen Jahres-,
Wochen- und Tageszeiten, mit Vorliebe an hohen Festtagen
und bei Anlass grosser Festlichkeiten oder bei Anwesenheit
von hohen weltlichen und geistlichen Fürsten statt. Beide
Künste sind volkstümlich und beliebt, sie werden mit könig-
lichen Privilegien und Rechten, mit Gaben und Wappen-
verleihungen ausgezeichnet. Beide haben ihre eigenen
Satzungen und Verordnungen, ihre eigene Sprache und Dich-
tung, eine eigene, zunftmässige Organisation; diese lassen
erkennen, dass Aulkommen, Blütezeit und Verfall bei beiden
ungefähr in den gleichen Zeiträumen sich vollzieht und dass
sie in der gleichen Abhängigkeit vom allgemeinen geschicht-
lichen Entwicklungsgange der Dinge stellen. Beide haben
endlich gleichartige Reste und Spuren in Sprache und Volks-
leben bis auf unsere Zeil hinterlassen — wie sie auch in
ihren letzten, heruntergekommenen Vertretern, den Typen
des fahrenden Volkes der Neuzeit, ein gemeinsames Wander-
und Gaunerleben führen - und beide sind vermöge ihres
ehrwürdigen Alters und ihrer langen Entwicklungsgeschichte
zu bedeutenden und wichtigen Bestandteilen im Leben des
deutschen Volkes und seiner Sprache geworden und darum
als ein nicht wertloser und zum Verständnisse der allge-
meinen Geschichte menschlicher Cultur notwendiger Factor
zu betrachten. Für den allgemeinen grossen Zusammenhang
aller Vertreter dieser Stände und Berufsarten unter sich
mag auch noch der umstand sprechen, dass wir nicht nur
— 131 —
in verschiedenen Ländern und Zeiten die gleichen Organisa-
tionen, sondern dafür meistens auch die gleichen Namen,
für deren Ämter die gleichen Titel antreffen. So haben
wir einerseits das «Pfeifferkönigtum», andererseits die
«Brüderschaften und Confreries», wir haben einen
«Pfeifferkönig, Spielleutekönig, Spilgraven», einen
«rex ministellorum » , rex ribaldorum' (beim Heer-
wesen), einen roy des Menestrels1, roy d' armes, roy
des heraults, prince du Puy etc., ähnlich wie im Städte-
wesen etwa einen Bettelvogt und Hurenweibel oder
bei den besonderen Schützern unterstellten Gewerben einen
Inhaber des Kesslerlehens, und bei den erhaltenen
Schwerttanzüberlieferungen ist auch einmal von einem
Schwertkönig die Rede: all dies mag wohl auf einen
inneren, weite Gebiete umfassenden Zusammenhang gleicher
Lebensanschauung und gleicher socialer Verhältnisse hin-
deuten, den ich mich freilich hier nur in grossen Umrissen
vorzuzeichnen begnügen muss.
Gehen wir nunmehr noch etwas auf die einzelnen,
gemeinsamen Spracherscheinungen bei den beiden
Ständen ein, so fällt uns bei den Spielleuten und fahrenden
Sängern schon sehr frühe, bei den Fechtern erst in späterer
Zeit, wohl im' Zusammenhange mit eben dieser Gewohn-
heit der Handwerker und Gewerbetreibenden, der Ge-
brauch von gewissen Eigennamen auf, welche
dazu dienten, ihren Träger als Vertreter einer bestimmten
Kunst oder eines besonderen Standes kenntlich zu machen,
und seinen wahren Namen wohl meistens sehr rasch ver-
gessen Hessen. So sind zunächst für die Sänger, Dichter,
Spielleute und Fahrenden etwa folgende Namen zu er-
wähnen, die alle irgend eine Beziehung auf ihre Kunst
oder ihren Stand erkennen lassen: Traugemund (nach
Wackernagel aus Dragoman (Turcomannus!) Dolmetscher
entstanden), Warmund, Irregang, Girregar, Frauen-
lob, Singuf (= sing1 auf), Regenbogen (= Reg' den
Bogen zum Aufspielen eines Liedes), Suchensinn (Such' den
!)*
— 132 —
Sinn), Freidank, Rumzlant und Raumelant (= Räume
das Land, Vagabund, Landstreicher), Suochenwirt (= Such'
den Wirt), Suehentrunk (= Such' den Trunk), Suchen-
steig (=: Such' den Steig), Schinttenwirt (= Schind'
den Wirt), Schantunnhazz (Schand und Hass) u. s. w.
Ähnliche Namen, bei welchen sich mehr oder weniger
ungesucht und deutlich eine Beziehung auf die Lebens-
weise ihrer Inhaber herauslesen lässt, finden sich nun
auch bei den Fechtern. So heisst der Genosse und Fecht-
meister Gargantua's bei Fischart bald Kampfkeib oder
Kampfkieb, bald Keib kämpf und in den von K. Wass-
ili ann s d o r f f publizirten Fechtschulbeschreibungen und
Fechtschulreimen (vgl. pag. 12—45) habe ich folgende
zu dieser Kategorie der wissenschaftlich als «Etiquetten-
namen» bezeichneten gehörige gefunden : Peter Schwenck
den Spiess, Haw in Schilt, Cuntz Greuwol, Wenden-
schimpf (= Wend' den Schimpf), Hans Eisenbeisser,
Augenstecher, Peter Schwenckschwert, Sigmund!
Faulbeiz, Cunrad Fridweg, Georg Spiess, Jäkob
Kreiser, Bartel Heldt, Golman Hacker. Solche Be-
nennungen entsprechen den damaligen Zeitgebräuchen und
waren besonders bei den Zünften gebräuchlich, wie wir
etwa in Handwerksgesellengrüssen die Namen Springins-
feld, Springindschmitten, Silbernagel, Trifteisen,
Bschlagngaul, Sprengseisen z. B. für Schmiedegesellen
verwendet sehen. Auch bei den Gaunern und dem fahrenden
Volke, mit denen ja unsere Spielleute und Fechter oft in
Berührung kamen, waren solche Namengebungen, wie es
nach den litterarischen Belegen scheint, schon frühe in
Gebrauch und sie sind ja auch heutzutage in diesen Kreisen,
bei Bettlern und Diebsbanden etwa, noch üblich, worüber
die Gerichtsprotokolle verschiedener Orte und einige er-
haltene Gaunerlisten Aufschluss geben können. Im «Renner»
Hugo's von Trimberg (vgl. Ausgabe des histor. Vereins von
Bamberg 1833, I. Heft pag. 2(3) findet sich eine ganze Liste
solcher Gaunernamen, die teilweise wohl auch dem wirk-
— 133 —
liehen Leben entnommen sind, wenn sie auch zum andern
Teil durch die lebhafte Erfindungsgabe des betreffenden
Dichters vervollständigt sein mögen; wir treffen da Namen
wie Zerrezsloz, Lerenstal, Laibnitb, Gebaurnveint, Galgen-
swengel, Lasterbalk, Rudenbengel, Vullensak, Abrust, Slint-
hart, Diepolt, Vullein, Rauvpolt, Steiguf, Landesmort, Buben-
strigel,Durchdenpusch, Zackedenrigel, Raubentisch, Setzpfant,
Sleiffenspiez, Raumedazlant, Brantrifer, Ludeber, Vickel-
scherre, Vegenpeutel, Wolenber, Lerenschrein, Hebenstrit,
Rampus, Mitezze, Nagengast, Zuckezswert, Galgenast, Wider-
span, Stichenwirt> (vgl. v. 1710 — 1740). Dazu gehören
vielleicht auch Namenbildungen wie „ribald" aus altem regin-
bald (regin = ahd. vvrecca, der Verbannte, dann der Recke,
Kämpfer, der Held und bald [vgl. engl, bold] kühn tapfer)
entstanden, wonach lat. ribaldus, fr. ribaut; ferner Namen
wie Reinhard aus Reginhard, fr. Renard, lat. Reginhardus,
und Reinmar (Reimer) aus Reginmär u. a. dieser Art. Ver-
gleicht man dazu noch die Rezeichnungen: Schlickenwider
(Schluck" den Widder) und Slintsgew (vgl. Helmbrecht
v. 1180. 1239), den Räubernamen Schendeslant und die
Riesennamen Fellnwald, Fellnast (Fäll" den Wald, Ast) [vgl.
Anzeiger 1834, sp. 13. 84], ferner die in Berthold's
Predigten (Ed. Pfeiffer, Wien 1862, pag. 56) den Spielleuten
beigelegten Namen Lasterbalc, Schandolf, Hagedorn, Helle-
fiwer, Hagelstein und endlich noch einige unserer neueren
Bezeichnungen wie Galgenvogel, Galgenstrick, Raufbold,
Haudegen, Strauchritter, Schinderhannes u. s. w., so bilden
auch diese allgemeine Kennzeichen für eine Gewohnheit,
die auf den verschiedensten Gebieten üblich unter gegen-
seitiger Beeinflussung derselben zu einem volkstümlichen
Brauche geworden ist und sich in der Sprache noch bis
beute in alten Resten und durch zahlreiche Neubildungen
erhalten hat.
Einen weiteren Zusammenhang der Fechter und Spiel-
leute und all der verschiedenen Arten ihrer Standes- und
Lebensgenossen kann man noeb in dem Umstände linden,
— 134 —
dass sich eine grosse Zahl von Gattungsbezeichnungen
und Eigennamen, welche ihrem besonderen Kreise einst
angehört haben, bis jetzt als allgemeine Geschlechts-
und Familiennamen erhielten; diese haben ihre besondere
Beziehung auf jene Kunstbethätigungen freilich längst abgelegt
und sind eben zu blossen Benennungen geworden, wie wir
ganz die gleiche Erscheinung auch bei den zahlreichen Namen,
die dem Handwerkerstande und einzelnen Berufs- und Ge-
vverbegebieten entnommen sind und ursprünglich wohl eben
die zum Eigennamen gehörige nähere Bestimmung bildeten,
noch feststellen können. Heute noch haben wir einen Rest
dieser Bezeichnungsweise in abgelegenen Dörfern und in
kleineren Wohnbezirken alpiner Gegenden erhalten, wo zur
Unterscheidung der einzelnen Persönlichkeiten zu dem Vor-
namen des Betreffenden nur die Bezeichnung seines eigenen
Gewerbes oder Standes oder auch die seines Vaters hinzu-
gefügt wird. Vielfach wird diese einfachste Bezeichnungs-
weise auch noch in historischen und rechtlichen Urkunden
und Denkmälern angetroffen. So wenig man sich aber
heutzutage, wenigstens wenn nicht specielle Forschungen
oder Fachinteressen uns dazu veranlassen, etwa in Namen
wie «Schneider, Schuster, Müller, Becker, Metzger, Küfer,
Schmied, Schuhmacher, Weber, Schlosser u. A. immer auf
den eigentlichen Sinn derselben und ihre Herkunft besinnt,
so wenig ist es natürlich auch bei den im Folgenden er-
wähnten der Fall, die alle der Volksklasse der fahrenden
Leute entstammen oder wenigstens ihren Ursprung auf
diesem Gebiete mit grosser Wahrscheinlichkeit vermuten
lassen. Dahin gehören etwa Namen wie: Pfeiffer, Geiger,
Fiedler, Lautenschläger, Spielmann, Singer, Sprecher, Fichter,
Fechter, Schirmer, Kämpfer, Schlagdenhaufen, Schlagintweit,
Pfotenhauer, Springer, Schricker, Hauer, Sänger und ähnliche.
Eine weitere Übereinstimmung zeigen die Fechter,
Spielleute und Fahrenden, die sie übrigens ebenfalls mit
den Vertretern der verschiedenen Handwerke und Gewerbe
teilen, nämlich die Verwendung von Namen dieser
— 135 —
Berufsarten zur Bezeichnung von Strassen, Plätzen
und einzelnen Häusern und Örtlichkeiten. Manches
was hier als Beweismaterial aus den verschiedensten Ge-
benden und Zeiten noch beigebracht werden könnte und
ohne Zweifel auch wirklich vorhanden ist, hat sich meinen
bisherigen Ermittelungen noch entzogen und wird sich erst
später einigermassen vollständig gewinnen und zusammen-
stellen lassen. Vorläufig möge es genügen, hier auf die dies-
bezüglichen Zeugnisse für meine Behauptung hinzuweisen,
welche ich E. Förstemann's Sammlung von Strassennamen,
die Gewerben und Künsten entnommen sind, verdanke. Dort
finden sich (vgl. die betreffenden Angaben in der Germania,
Bd. XIV, XV u. XVI) die folgenden Bezeichnungen nach-
gewiesen: In Mainz eine Sackpfeifergasse, in Köln (anno
1232) ein Ort «Inter gladiatores», in Leipzig ein Stadt-
pfeifergässchen, in Worms eine Sterczirgasse (= Land-
störzer-, Vagabundengasse), in Iglau desgleichen eine Sterzer-
gasse, in Wien eine Fechtergasse, in Zürich eine Geiger-
gasse, in Bern eine Kesslergasse — auch die Kessler und
Kaltschmiede gehören zur Sippschaft der fahrenden Leute, wohl
infolge ihres Wanderlebens, das sie oft bei Ausübung ihres
Handwerkes führten — , in Neubrandenburg (Mecklenburg)
eine Kunstpfeiferstrasse, in Frankfurt a. M. ein «vicus
gladiatorum», später anno 1378 und 1443 als Schwert-
fegergasse bezeichnet — die Schwertfeger wie überhaupt
die Schmiede und unter diesen besonders die Waffen-
schmiede scheinen mit den Fechtern in nahen Beziehungen
gestanden und zu den Fechtschulen und Fechtergesellschaften
ziemlich viele Teilnehmer gestellt zu haben — in Amsterdam
ein Trompetersteg, in Basel (anno 1313) eine Lotter-
gasse — Lotter ist so viel wie Spielmann, Gaukler, Possen-
reisser — , in der Feldmark von Spangenberg bei Bothen-
burg (Hessen) ein Pfiefergang, in Bremen eine Spiel-
leutestrasse, in Strassburg eine Trompetergasse, in
Magdeburg eine Schwertfegerstrasse, in Frankfurt a. M.
ein Schwertfegergässchen, in Passau eint! Klinger-
— 136 —
gasse - - nach den Klingenschmieden so benannt — , in
Köln eine Schwertnergasse. Dazu sind noch ein Renn-
weg in Zürich, eine Turnierwiese bei Rothenburg a. d.
Tauber, sowie ein Kempfrasen bei Marburg zu erwähnen;
1 et /lere Bezeichnungen sind wohl als Überreste und Zeugen
aus den Zeiten ritterlicher Kampfspiele und höfischen Turnier-
wesens zu betrachten. Auch einzelne Häuser und kleinere
Ortlichkeiten werden öfters mit Namen bezeichnet, die
wohl nicht aus blossem Zufall gerade der Klasse der
Fahrenden entnommen sind, sondern irgendwelche Be-
ziehungen - wenn auch vielleicht nur solche sagenhafter
Art, wie das ja bei Ortsnamen häufig der Fall ist —
zwischen ihren Trägern und den betreffenden Namengebern
vermuten lassen. So gibt z. B. Zappert (vgl. Sitz.-Ber.
d. Wiener Akad., Bd. XIII [1854] pag. 160) einen «ad
joculatores» (nach Cod. Pataviens. Mon. Boic. 28, P. 2,
pag. 466 1 benannten Ort, ferner einen anderen «Spile-
mannesperch», nach welchem sich ein Fridericus, ein
Ortolfus und ein Albertus (vgl. Mon. Boic. 8, 164. 1, 274.
276) genannt haben. Das schweizerische Idiotikon führt
unter dem Worte «Giger» (vgl. Bd. II, pag. 150 — 153) eine
ganze Reihe von Ortsbezeichnungen an, die alle nur auf diese
eine besondere Art der Spielleute zurückgehen; wir finden
dort: Gigerhof, Giger-Hubel, Giger-Hus, Giger-Gass,
Gigers-Büel, Gigers-Berg», ferner bloss: «Giger, Gigeri,
nf der Gigern, Gigernwald etc., ein Beweis, wie gern
und häufig die durch den Volksmund erfolgende Namen-
gebung auch zu diesen niederen, aber sehr beliebten und
volkstümlichen Ständen ihre Zuflucht nahm.
Endlich ist noch die letzte der zwischen Fechtern und
Spielleuten bestehenden Übereinstimmungen zu betrachten,
ihre gemeinsame Bereicherung des Sprachlebens
durch Ausdrücke, die sich auf ihre Berufsthätigkeit
beziehen. Die grosse Beliebtheit, deren sich das fahrende
Volk so lange Zeil hindurch in den verschiedensten Schichten
der Bevölkerung zu erfreuen halte, die nahen Beziehungen
— 137 —
desselben zu den niederen Ständen und Berufsklassen, die
weite Verbreitung, die seine Darbietungen und damit auch
seine technischen Ausdrücke im Zusammenhange mit dem
rast- und ruhelosen Wanderleben uud Umherziehen dieser
Vertreter einer zwar niedrigen und derben, aber heiteren
und volkstümlichen Kunst überall gefunden haben, dieses
alles konnte dazu beitragen, dass das Leben und Treiben
dieser munteren und leichtfertigen Scharen eine dauernde
Bereicherung des deutschen Sprachschatzes, besonders seiner
bildlichen und übertragenen Ausdrucksweise, herbeiführen
und auch einen starken Anteil an der Bildung sprichwört-
licher Redensarten durch den Volksmund nehmen musste-
Es soll hier noch ein kurzer Blick auf die zahlreichen
Redewendungen und einzelnen Ausdrücke geworfen werden,
welche unsere Sprache aus jenen Gebieten hergenommen
hat und die noch heute im Gebrauche und in aller Munde
sind, obschon wir uns bei ihrer Verwendung, wenigstens
bei einem grossen Teile derselben, ihres eigentlichen Ur-
sprunges nicht mehr bewusst werden oder zum mindesten
für gewöhnlich nicht darauf besinnen. Man muss unter
den verschiedenen hierhergehörenden Worten wieder unter-
scheiden zwischen solchen, die nur dem einen oder nur
dem anderen der beiden Stände zukommen, und denjenigen,
welche den beiden Gruppen der Fahrenden gemeinsam sind;
von dieser letzteren Art habe ich bereits in den Ausdrücken
Schwank (vgl. noch Gassenhauer = derbes volkstümliches
Lied; ursprünglich vom Aufschlagen der Schwertklingen auf
den Pflastersteinen der Gassen, einer herausfordernden
Gewohnheit der Studenten), Priamel resp. Präambel und
Bar resp. Parat (= Parade) einige Hauptbeispiele gegeben,
bei welchen ich es für jetzt bewenden lassen will. Zahlreichere
Belege können zu der ersteren, grösseren Abteilung gegeben
werden. Wie aus manchen anderen Gebieten des mensch-
lichen (lulturlebens, so haben sich auch aus dem Kampf-,
Turnier- und Fechterwesen hervorgegangene Ausdrücke in
grosser Anzahl in unserer Sprache eingebürgert und sind,
— 138 —
teilweise ihren ursprünglichen besonderen Sinn aufgebend, zu
allgemeinerer Bedeutung übergegangen, wie andererseits auch
das abstracte Denken gern seinen Ausdruck in möglichst
concreten Formen der sinnlichen Anschauung im Sprach-
leben gesucht und gefunden hat. Auf dieser letzteren That-
sache beruhen bekanntlich die zahlreichen Vorgänge der
Sinnesübertragungen, des Bedeutungswechsels der Worte,
der bildlichen Ausdrucksweise und der Ursprung des Wort-
spieles, welche dann alle zu willkommenen Mitteln künst-
lerischer Wirkung in Rede und Dichtung geworden sind.
Hier habe ich jedoch nur die Aufgabe, eine Anzahl dieser
Wendungen namhaft zu machen, ohne ihre vollständige
Aufzählung versuchen oder gar ihre geschichtliche Ent-
wicklung im Einzelnen verfolgen zu wollen. Zu der Gruppe
des Kampflebens und Fechterwesens gehören unter
anderen die folgenden Ausdrücke und Redensarten:
Abschlagen etwas (ursprünglich wohl den Hieb des
Gegners), anbinden (die Klingen) mit einem, anheben, auf-
heben, viel Aufhebens machen von etwas, ausfallen, einen
Ausfall machen, ausfechten, ausschlagen etwas, zum Guten
oder zum Bösen ausschlagen, den Ausschlag geben, ausstechen
jemanden, ausstossen, austreten (aus dem Kreis, der als
Kampfplatz abgesteckt war), beikommen, ein Bein stellen,
beispringen einem, bekämpfen etwas, sich bloss stellen, sich
eine Blosse geben, sich decken gegen etwas, einsetzen sein
Leben, seinen Kopf für etwas, einstehen, eintreten für etwas
(nämlich in den Kampfplatz, um dafür zu kämpfen), einwenden,
erkämpfen, erringen, unter die Fuchtel nehmen, den Gna-
denstoss versetzen, sich mit Händen und Füssen gegen etwas
wehren, in Harnisch jagen, einen bis aufs Blut, bis auf
den Tod hassen, einen aufs Haupt schlagen, herumfuchteln,
ins Herz treffen, einen in seine Hut nehmen, behüten, sich
hüten vor etwas, einen vor die Klinge fordern, eine gute, scharfe,
gewandte Klinge führen, über die Klinge springen, Klopf-
fechterstreiche thun, einen vor den Kopf stossen, eine Lanze
brechen für jemanden, Lufthiebe führen, bis aufs Messer
— 139 —
bekämpfen, einem das Messer auf die Brust setzen, die
Oberhand haben, gewinnen, einen über*s Ohr hauen, der
bildliche Ausdruck: sich oder einen andern etwas hinter
die Ohren schreiben' (nämlich mit der scharfen Feder des
Schwertes so gründlich und deutlich, dass man es nicht
so leicht wieder vergisst») gehört wohl auch hierher, einem
den Rest geben, einen aus dem Sattel heben, werfen, einen
schirmen, einen harten Schlag versetzen, über die Schnur
hauen (womit der Kampfplatz eingefriedigt war), einem Schutz
und Schirm sein, ein Spiegelfechten anstellen, Spiegel-
fechterei treiben, etwas aufs Spiel setzen, einem oder etwas
die Spitze bieten, einem die Stange halten (ihm beim Kampfe
helfend beispringen, ihn durch Vorhalten der Parierstange vor
den Streichen des Gegnes schützen), einen in den Sack, in
die Tasche stecken (ein Fechterbrauch aus den Fechtschulen),
dazwischen treten, einem zu nahe treten, überwerfen, über-
winden, unterschlagen, unterwerfen, etwas verfechten, ver-
hängen, versetzen, einem eines versetzen, einen Vorschlag
machen, einen um den Finger wickeln, zustossen.
Aber auch die Spie Heute und Fahrenden und die
mit ihnen im engsten Zusammenhange stehenden Gomö-
dianten haben einen guten Anteil an der Erweiterung des
volkstümlichen Sprachgebrauches , seiner Erhaltung und
Verbreitung zu beanspruchen. Diesen Kreisen verdanken
wir Wendungen, die zwar oft etwas derber Natur, darum
aber gerade recht bezeichnend und in der Sprache der un-
teren Stände besonders beliebt sind, wie etwa die folgenden:
Anstimmen, sich aufspielen als etwas, etwas ausposaunen,
durchdringen, einfallen, den Einklang stören, sich einpauken
(in der Studentensprache auf das Gebiet der Fechtkunst,
dann auf das der gelehrten Studien übertragen), einstimmen,
(löten gehen, die erste Geige spielen, ins gleiche, grosse
Hörn blasen, auf den Kopfstehen, sich auf den Kopf stellen,
auf etwas pfeiffen, auf dem letzten Loche pfeiffen, einem übel
mitspielen, nach jemandes Pfeiffe tanzen, aus der Rolle fallen,
eine böse, grosse, neue Rolle spielen, andere, neue, schärfere
— 140 —
Saiten aufziehen, mit klingendem Spiel aufziehen, sein Spiel
mit jemandem treiben (von Gauklern und Taschenspielern
übernommen), das Spiel verderben, die Stimmung wechseln,
einem einen Streich spielen, den Ton angeben, einen anderen
Ton anschlagen, übereinstimmen, übertönen, verstimmt sein,
einem etwas vorspiegeln, einem etwas weiss machen.
So ergab sich also auch auf diesem sprachlichen Gebiete,
wie auf den übrigen, der Betrachtung bereits früher unter-
zogenen, nicht bloss eine merkwürdige Übereinstimmung
zwischen den Fechtern und Spielleuten unter sich, sondern
auch der weitere, allgemeine Zusammenhang, in dem diese
Stände, neben vielen anderen, mit der eulturgeschichtliehen
Entwicklung des Sprachlebens und Sprachschatzes stehen.
Für mich boten die sprachlichen und litterarischen Er-
scheinungen und Parallelen zwar naturgemäss das Haupt-
interesse, aber sie Hessen sich nicht darlegen und verstehen,
ohne auch die rechtlichen, socialen und historischen Gesichts-
punkte mit zu berücksichtigen; denn diese bilden die Grund-
lage und Erklärung für die anderen Thatsachen und Ergebnisse
und können allein zu einem richtigen Verständnisse und
einer entsprechenden Würdigung jener Zusammenhänge
führen, die auf den ersten Blick hin vielleicht etwas sonder-
bar erscheinen, culturgeschichtlich betrachtet aber not-
wendig sich ergeben und als leicht begreiflich erweisen.
Am Schlüsse dieser Untersuchungen angelangt, lasse
ich noch einmal kurz die Hauptergebnisse der vorliegenden
Abhandlung zusammen. Ausgehend von den beiden Grund-
motiven germanischer Lebensanschauung, Kampf und
Dichtung, — deren Wurzeln wohl in Cultus und Mythologie
zu suchen sind, - - beziehungsweise von ihren Vertretern,
den Kämpen und Spielleuten, versuchte ich zunächst den
in den späteren Zeiten des Verfalles deutlich vorliegenden
Parallelismus zwischen Waffenkunst und Dichtkunst
bis in die ersten Zeiträume seines Entstehens zurück zu
verfolgen. Die Frage eines eventuellen, möglichen Ein-
— 141 -
flusses der römischen Tierkämpfer und Gladiatoren, Spiel-
leute und Schauspieler auf germanische Verhältnisse habe
ich dabei absichtlich unberücksichtigt gelassen, da ich
mich für ihre Beantwortung nicht für competent genug
erachtete. Sodann wurde das Auftreten der Kämpen im
Dienste der Gerichtsbarkeit bei den gerichtlichen Zwei-
kämpfen, einer besonderen Art der Gottesurteile, erwähnt
und von den Fechtmeistern als Leitern der ritterlichen Waffen-
Übungen an den Höfen des Mittelalters gesprochen. Weiter
wurde dann die Pflege der Fechtkunst in den Städten durch
das zünftige Handwerk nachgewiesen und ihre Verwendung
teils als kriegerische Vorbereitung für den Ernstfall, teils
zu Zwecken heiterer und festlicher Volksbelustigung erörtert.
Bei der Geschichte des Fechterwesens dieser späteren Zeit
habe ich etwas länger verweilt, weil es noch weniger
Bearbeitungen gefunden hat als das häufig behandelte Leben
und Treiben der Spielleute und fahrenden Sänger speciell
des höfischen Zeitalters und die Dichtkunst der bürgerlichen
Meistergesangsperiode und ihre bekannten Vertreter, so dass
ich von einer eingehenderen Schilderung dieser letzterwähnten
Verhältnisse dank der bereits starken Litteratur darüber hier
füglich absehen konnte. Nur kurz wurde unter solchen
Umständen in einem den Übergang zum Hauptabschnitte
bildenden Teile die dem Fechterwesen durchaus ähnliche
Entwicklung des Spielleute- und Sängerstandes in ihrem
geschichtlichen Verlaufe dargestellt und dabei zugleich auf
einige Fragen hingewiesen, die noch weiterer Erforschung-
zugänglich sind und vielleicht nicht ganz wertlose Ergebnisse
liefern könnten. Im letzten Teile meiner Untersuchung
habe ich sodann den geschichtlichen Zusammenhang dieser
beiden niederen Volksklassen noch nach den verschiedensten
Seiten hin eingehender betrachtet, wobei ich mein Augen-
merk besonders auf die rechtlichen und socialen Gesichts-
punkte, sowie auf die litterarischen und sprachlichen Er-
scheinungen gerichtet hielt; dabei wurden natürlich fürs
erste überall nur gerade die Hauptsachen berührt und der
— 142 —
Verfasser wünscht nicht den Anspruch zu erheben, bereits
etwas Abschliessendes auf diesem Gebiete geleistet zu
haben, vielmehr möchte er auf eine weitere Anregung zu
diesen Studien und solchen ähnlicher Art mit seinem kleinen
Beitrage abzielen.
IV. Teil.
Beilagen.
Nr. I. Die Fechtprobe zwischen Hagen und Wate
aus dem Kudrunliede.
(Strophe 358—371. Ausgabe Martin, Halle 1872, S. 81—86.)
353. Vür den künec si gierigen, da waren ritter vil.
d;i vunden si besunder maneger hande spil :
in dem brete zabelen. scherinen under sc bilden.
si ahten nicht so höhe als man doch bete Hagenen den wilden.
354 Nach si t e in .Irtan de vil ofte man began
maneger hande frende. da von Wate gewan
den künic ze einem vriunde. Hörant von Teneriche
durch der vrouwen liebe vant man vil ofte gemelichen.
355. Her Wate unde ouch Fruote, die snelle ritler balt,
vil nach in einer mäze die recken wären alt.
ir beider grise locke sach man in golt gewunden.
svvä man bedörfte recken, da wurden si gar ritterlichen vunden.
356. Des küneges ingesinde ze hove Schilde truoc,
kiule und buckelaere. geschirmet wart genuoc,
gevohten mit den swerten, mit gabilöte .ueschozzen
vil öf guote schilde. die jungen beide waren unverdrozzen.
357. Der vürste Hagene vrägte Waten und sine man.
o b e i n in i r lande waere i 1 1 1 k u n t g e tan
schirmen also starke, als a m in J r r i c h e
die sinen beide phlaegen. des ersmielte Wate versmähliche.
358. 1)5 sprach der helt von Stürmen .ich gesach ez nie.
der aber mich ez 1er te. dar umbe waere ich hie
bevollen ze einem järe, daz ich ez rehte künde.
swer des meister waere, miner miete ich im gerne gunde\
359. Dö sprach der künec zem gaste ,den besten meister min
wil ich dich leren heizen durch die liehe diu,
— 143 —
daz du doch dri swanke künnest swä man strite
in herten veitstürmen, ez vrumet dir ze etelicher zite1.
860. Dö kam ein seh irmme ister. leren er hegan
Waten den vil küenen. da von er gewan
des sines libes sorge. Wate stuont in huote,
sam er ein kemphe waere. des erlaehte dö vonTenen Fruote.
36 1 . Daz half dem schermmeister, daz er w i t e spranc
alsam ein lebart wilde, an Waten hende erklanc
vil dicke daz schoene wäfen, daz die viurvanken
dräten üz den Schilden, des mohte er sinem scherm-
knaben gedanken.
362. Dö sprach der wilde Hagene tgebt mir daz swert enhant.
ich wil kurzwilen mit dem von Sturmlant.
ob ich in m ü g e leren der ininen siege viere,
daz mirs der recke danke1, daz lobete dö der alte Wate schiere.
363. Der gast sprach zem künege ich sol vride din
haben, vürste Hagene, daz du iht värest min.
slüegest du mir wunden, des schämte ich mich vor vrouwen".
Wate künde schirmen, daz sin zer werkle nieman mohte
trouvven.
364-. Hagene dolte kume den kunstlosen man,
daz er als ein begozzen brant riechen began
der meist er vor dem junger, ja was er starc genuoc.
der wirt ouch sinem gaste siege unmaezlichen sluoc.
365. Die liute sähenz gerne durch ihr beider kraft.
der ktinec vil schiere erkante die Waten meisters chaft.
ein teil begunde er zürnen, waerez im niht an ere.
swaz man sach ir sterke, doch hete ir Hagene da bezeiget mere.
366. Wate sprach zem künege ,läz äne vride sin
unser beider schirmen, ich hän der siege din
gelernet nü wol viere, ich wil dirs gerne danken1.
er lönte im sit so höhe sam einem wilden Sabsen oder Franken.
367. Dö si den vride liezen beliben under wegen,
der sal begunde diezen von ir beider siegen.
swaz si anders taeten, in möhte sin gelungen.
ir schirmen was als s winde, daz in die swertes knöphe
hine sprangen.
368. Sie giengen beide sitzen, der wirt zem gaste sprach
,ir gehet, ir wellet lernen? ja waene ich nie gesach
des junger ich so gerne nach solher künste waere.
swä man phligt der dinge, da sit ir üf dein ringe lobebaere1.
369. .Trolt sprach zem künege ,herre, ez ist geschehen
daz ir iueh habet versuochet. wir hän ez § gesehen
— 114 —
in unsers Herren lande, wir habenz uns ze rehte,
daz aller tege liehe phlegent sin ritt er unde knehte".
370. Do sprach aber Hagene .und haete ich daz erkant,
so waer daz schirmwäfen niht komen in mine hant.
ich ensach nie junger lernen also swinde'.
der rede wart gelachet da von maneger edeler muoter kinde.
371. Do erloubte er den gesten, swa mite si die zit
hin getriben möhten. des volgten ime sit
die von Ortlande, dö si begunde verdriezen,
dö würfen si die steine und befunden mit den scheiten schiezen.
Nr. II. Geschichte der Kampffechter von Löwen.
A. Aeltere Fassung: (Nach dem Spiegel Historiaal,
of Rym-Spiegel, zynde de nederlandsche Rym-Chronyk, van
Lodewyk van Velthem, Priester, voor ruym 400 Jaaren
in Dichtmaat gebracht. [1248 — 1316 van welke de Schryver
is Tydtgenoot geweest.] Uitgegeven en met noodige ver-
klaaringen opgeheldert, door Isaac le Long. T'Amsterdam,
1727, pag. 38—42. I. Boek, Gapittel XXVIII— XXX.)
Caplttel XXVIII.
Van den Hertoge Heinrike, ende den Biscop van Ludeke.
Twist tusschen Hertog
Hendrik van Rrabandt,
en den Iiisschop van
Luyk.
Eeen swaar onweer
doedt veel schaade.
In't ander iaer van Willems rike.
So werd een twest vreselike,
Tuscen Ludeke ende Brabant,
Ende oec van Namen d'lant ;
5. D'een voer hier, d'ander voer daer,
Ende verlieriden d'lant swaer.
Een tempeest quam oec mede säen
Die menigen lede heeft gedaen.
Tuscen Hoye ende Denanl.
10. Keinet vorsce ende vesche in't lant.
Die daer so euen dicke lopen
Ende thans in die erde cropen.
Ende daer dit alsoe gesciede,
Storven oec daer na die liede,
15. Ende die beesten storven mede. *)
*) Hier folgen 2i Zeilen, die andere Ereignisse schildern (De Hertog van
Oostenryk beoorloogt Trier, und: Koning "Willem ondersteunt den Hertog van
Oostenryk.) und nichts mit unserer Begebenheil /.u llmn haben; ich habe sie dess-
halb hier weggelassen.
Voorslag, om de ver-
schallen tusschen den
Hertog van Brabandt,
en den Bisschop van
Luyk af te doen.
Zy besluyten om te
Kampen.
145
Nu bord van den Hertoge Heinrike,
Die twest iegen Ludeke met ;
Hier werd een dach oec af geset,
So dat si quamen te perlemente.
20. Nu was altene Biscops atente
Dat sise beroepen wilden or campen?
Want uit orloge haddi die rampen.
Dus waendyt met campen beweren.
Als't te perlement quam die Heren,
25. Ende si spraken om soen-dinc maken ;
So waren altene d'Biscop saken,
Ende men't in campe bescede echt ;
Ende die onder bliue in't geuecht
Hi sal beteren dan dese dinc.
30. Aldus hi t'enen hantscoe vinc,
Ende botene den Hertoge säen,
Die ne daer nv heeft ontfaen,
Ende te comen op ten viertechstea dach,
Ende dit te vor wer ne of hi mach
35. Elc met sinen Kempe gereet.
0p dit belof, op dit beheet,
Seiet daer elc van andren nv,
T'Sinen lande waerd, dat secg ic v.
De Bisschop maakt zieh
tot den kamp gereedt;
inaar de Hertoc; niet.
Syne Heeren spreeken
hem daar over aan.
Capittel XXIX.
Van hären Kempen.
Die Hertoge miete lettel hier op.
40. Ende iiet liden. Mar die Biscop
Dede enen Kempe soeken gereet,
Den steresten die men iegeren weet ;
Ende geloefd em grote rychede,
Mochti den Kemp verwinnen mede
45. Die de Hertoge soude bringen,
Die lettel wiste van desen dingen;
Want hi waende sonder waen
Dat soude syn te niewete gegaen.
Ende die XLste dach quam bi.
;"><>. Vraechden die heren : Waer dal hi
Enen Kempe had genomen V
10
— 146
Hy Bedenkt zieh daar
over.
Laat na een Kamper
soeken.
Hern wordt een grooten
sterk man aange-
draagen,
maar die geheel vree-
sachtig was.
De ELertog spreekt hem
daar over:
Die Biscop wilt emmer te crite cornen.
Ende heeft enen Kempe starr.
Die hem vermet in een parc
55. Te kempe, te sconfierne wel.
So starc es hi. ende so snel.
Ghi behoeft v. Here ! te versien wale,
Seldi daer behouden v pale :
Want mi dunet het werd v hard.
60. Dat nem ic op mine leste vaerd,
(Sprac die Hertoge) dat ic ne weet
Waer mi een Kampe sal syn gereet ?
In heb mi noch niet versien ;
Ende moet die camp emmer gescienV
65. Ja hi, Here ! dat wet ie wale,
Daer ne helpt weder gene tale.
En trouwen (sprac die Hertoge säen),
So will ic mi hier op beraden gaen.
Hi ontboet hier ende daer :
70. Maer hi en vant niemant vorwaer
Die den camp dorste vechten.
Jegen den genen. of berechten.
Want alsi vernamen"t geens gedane.
So ne dorst'er niemen comen ane.
75. Doen liet men den Hertoge verstaen dan.
Dat te Louen waer een man.
Die waer so vtermaten groet.
Ende also lanc, dat syns genoet
Niegeren wäre nv ter stede :
80. Ende hi seeen oec so starc mede,
Dat hi enen leu mocht binden :
Maer men soude niegeren vinden
Blöderen man in geen lant,
Dan hi es. Doe sprac te hant
85. Die Hertoge: Dit's myn geuoech mede:
Ic micke niet op tie bloethede.
Indien dat hi groel es.
Ende starc mede, des syt gewes.
Dus quam die Hertoge sonder waen
90. Te Louen. ende ontboet doen säen
Genen man, dat hi te hem quame?
Die gene metter blöder name
Es vor den Hertoge comen houde,
Ende vraechde: Wat hi hem woude ?
— 147
doch hy wilde niet
kampen.
De Hertog eyscht alleen.
dat hy soude veynsen
te willen kampen;
't welke dese man
belooft.
95. Die Hertoge sprac : Ic heb uwes te done,
Alse vor enen groten Baroene,
Te bringen t'enen Kimpioen.
Neen, Here ! des mag ic niet doen !
In vechte niet om genen toren,
100. AI souder al Brabant om syn verloren !
Wat secgdi ? Vrient ! waendi nv
Dat ic wil doen vechten v ?
In wil niet dat gi yegeren om vecht ;
Maer ic wil, dat ghi vard recht
105. Met mi alse een stout seriant.
Ende gelaet v alsoe valiant,
In v were, ende in v gelaet,
Alse oft gi al met uwer daet
Des Biscops liede sout scoffieren.
110. Alse van v sien dese manieren,
Hein sal versagen elc die1! vereysce,
Ende seien mi geuen al dat eysce.
Ghi syt so groet, ghi scynt so starc ;
En sal niemen in een parc
115. Jegen u comen dorren.
Here ! Daer toe helpt iegen geen porren;
In vechte geen tyt, wat's gesciet.
Goet man, ende in beger's oec niet !
In wil maer alse op desen dach,
120. Dat ic v den Biscop tonen mach.
Ende dat gi dan gelaet coenlike
Vore den Biscop, ende stouteliken.
Dat sal ic wel doen sekerleken,
Ende grote worden connen spreken,
125. Ende stalpen, ende wagebarden met :
Maer in vecht's niet, bi mire wet.
Capittel XXX.
Hoe die camp geuachten werd.
De I lertog en de Bisschop
komen te Lnyk om te
kampen.
Doen't was so verre comen
Dat tie tyt was genomen
Alse dat men den camp vechten soude,
130. Quam die Hertoge alse houde
Met sinen Kempe te Ludike werd ;
En tie Biscop mede ter vard
10*
L48
Seldtsaam gedrag van's
Hertogs kamper :
Quam tegen inet sinen Kempe säen.
Daer syn die Heren te rade gegaen
135. Om dese dinc, oft men conde
Afgelecgen metten monde.
Dat men den camp en vochte niet.
Die Biscop hem wieken nient liet.
Doen die Hertoge dit heeft verstaen,
140. Ginc lii t'sinen Kempe werd säen,
Die hem vragede altehant :
Wat eest, Here ! hoe gaet in hant ?
Herde wel, dat secg ic v,
Gelaet vaste coenleec nv,
145. Ic sal hier hehhen al myn geuoegen.
Of ghi wilt, Here ! laet v genoegen,
Bi mire trouwen in vecht's niet,
Wat v oec daeraue mesciet.
Neen gi niet, en es geen noet ;
150. Op dat ghi aldus vorwaerd doet,
Ende hout v stoutelike in 't gehare;
Si seien mi geuen dat ic begare.
Dus es hi weder ten Heren comen
Die den camp gerne henomen
155. Hadden daer, haddense geconnen.
Maer neen, het's om niet begonnen.
Die corden waren ginder geslagen
En tie setele worden gedragen
Binnen den crite, daer men mede
180. Die Kempen säen op sitten dede.
Die Hertoge quam daer weder gegaen
T'sinen Kempe, die hem säen
Vragede : Hoe die saken gingen ?
Si gaen mi af al mire dingen,
165. Die si mi geloefden ere.
Bi trouwen ic sculdich ben onsen Here,
Sprac die gene, maect pays saem,
Oft ic sal vten crite gaen ;
Want in vechle in gere sake.
170. Helpt, vrient! Wat wildi maken?
Gin di enen voet vten crite,
Ghi word dan uwes liues qnite;
Want men sloege v hier ter stont
Dat liooft af, dat si v cont.
175. Sit hier noch, ende ic sal gaen
— 149 —
Besien wat si hebben gedaen
Die ic ouer die effeninge liet !
Ic sal't effenen wat's gesciet ;
Ende sael't ouer mit laten gaen.
180. Dus es hi van daer gegaen.
Ende alsoe vollyc es opgestaen
Des Biscop kempe, ende nam säen
Seilt om hals, ende cloppel in hant,
Ende ginc ten andren werd te bant,
185. Ende gaf hem op hoeft enen slach,
Daer't menich toegesach;
Ende die gene sat stille noch doe,
Ende sprac den genen aldus toe :
Siet, goede liede ! ende wat meinstu
190. Dat tu mi dus slaes hier nv?
Wat hebb ic di mesdaen hier ter stede ?
Ende in seide di heden lede
Noch en inesdede noyt den man.
Die gene quam noch vorwerd an,
195. Ende gaf den genen noch enen slach.
Ay mi ! God geue v quaden dach!
Sprac die gene, ende greep syn hoeft
Met beide handen, des geloeft.
En tie ander spranc achter werd,
200. Alse noch te verbalen daer sine verd.
Die gene sprac: Bi mire trouwen,
Sladi mi meer, het sal v rouwen !
DienogtansdesBisschops Derwerd comt die gene gegaen:
kamper overwint. Ende tie ander sprinet op säen,
205. Ende laet cloppel ende seilt vallen,
Ende neemt den genen daer met allen,
Ende worpen onder hem ter neder,
Ende slaten metten vvosten weder,
So grote slage, dat hi ne säen
210. Van den liue heuet gedaen.
Doe riep men daer in's Hertogen side :
(Die des waren herde blide ;)
Werpt ouer die corde vten crite,
So sidi dies alte male quite !
215. Dit dede die gene ; ende daer naer
Sloech men hem dat hoeft af daer;
En tie Hertoge bleef in die ere.
Ende van desen dage vord mere,
— 150 —
Alse lange alse leefde dese man,
220. So ne was niemen so coene dan,
Die hem yet hadde mesdaen,
Hi ne wildene vloechs te camp bestaen ;
Hi was so coene worden hier af
Dat hi niemen te voren gaf.
225. Van desen es noch het gesiechte comen
Te Louen, dat ic v wel soude noemen.
B. Jüngere Fassung (Nach einer Papier-Handschrift
vom Ende des 14. oder Beginn des 15. .Jahrhunderts, das
4. Buch der «Brabantsche Yeesten» enthaltend, früher der
Abtei Affligem, jetzt dem Beichsarchiv von Brüssel angehörig.
Ein Abdruck desjenigen Teiles, welcher unsere Episode ent-
hält, findet sich nebst 3 zugehörigen Abbildungen nach den
alten Miniaturen der Handschrift in der Zeitschrift Belgisch
Museum voor de nederduitsche Tael- en Letterkunde en de
Geschiedenis des Vaderlands », uitgegeven noor J. F. Willems.
Deel I (Te Gent, 1837) pag. 26—32. Ich gebe die Stelle
nach der durch Willems daselbst besorgten Reproduction.) :
De leuvensche kampvechter.
ten jare 1236.
«Jnt ander jaer, na Willems rijc,
So wart een twiste vreeselijc
Tusschen Ludicke ende Brabant,
Ende ooc van Namen dlant:
5. Deen voer hier, dander daer,
Ende verheriden dlant swaer.
Een tempeeste quam mede säen,
Dat menegen leede heeft gedaen:
Tregenet vorsehe ende vischen int lanl,
10. Also men clare bescreven vant,
Ende daer, na dat dit gesciede,
Storven te hans vele liede.
Nu hoort van den hertoge Heinricke,
l)H' dander was sekerlike,
— 151 —
15. Ende die twiste tusschen Ludike inet:
Daer wart een dachvaert op geset,
So dat si quamen ten parlemente.
Nu was des bisscops attente
Dat hine roepen soude te campe.
20. Want hi met orlogen hadde rampe,
Dus waende hijt met campe verweeren.
Als te perlemente quamen die heeren,
Ende si spraken om soene te maken,
Waren emmer des bisscops saken
25. Dat men te campe besciede echt,
Ende die onder bleve, int gevecht,
Dat hi betere dan die dinc.
Dus hi tenen hantscoe vinc,
Ende boeten den hertoge säen,
30. Diene aldaer heeft ontfaen,
Dat hi come opten XLsten dach,
Om dit te verweren, of hi mach.
Dus seiet elc vanden anderen nu,
Ende voer te lande, seggic u.
35. Die hertoge miete dein hier op
Ende liet liden; maer die bisscop
Dede enen kempioen sueken gereet,
Den steresten die men ieweren weet,
Ende beloofde hem grote rijchede,
40. Mocht hi den kemp verwinnen mede,
Dien die hertoge soude bringen
(Die luttel wist van desen dingen).
Hi kreech enen kimpe sterc,
Die hem vermat in een perc
45. Shertogen kempe te scoffieren wel.
So sterke was hi ende so fei.
Des es die hertoge onversien,
Moet den campe ummer gescien.
Dit seidemen den hertoge wale.
50. Daer en halp jegen geene tale.
«So willic mi beraden säen!»
Sprac die hertoge, sonder waen.
Hi onlboot hier end daer,
Maer hine vant niemant voerwaer.
55. Want si alle vernamen sgeens gedane
En dorster niemant comen ane.
Doen liet men den hertoge verstaen dan
152
Dat te Loven woonde een man,
Die waer so utermaten gi*oot,
60. Ende so sterc, dat sijns genoot
Niewer en waer, teeniger stede:
Je segghe u wel die waerhede:
Hi soude wel eenen beere binden;
Mer raen mochte nieweren vinden
65. Bloeder man in en geen lant
Dan hi was. Doe sprac te hant
Die hertoge: «dits ongevoech groot mede.
Jn micke niet op sine bloothede
Jn dien dal hi groot es,
70. Ende sterc, des sijt gewes.»
Dus quam die hertoge, sonder waen.
Te Loven, ende entboet säen,
Dat hi quame yoor den hertoge boude.
Hi vroeg hem, wat hi woude?
75. De hertoge sprac: «ic heb uwes te doen,
Alse voor eenen groten baroen
Te brengen tenen campioen.»
tNeen, heer, des mach ic niet doen,
En vechte al om geenen toren,
80. AI soude al Brabant sijn verloren!'
«Wat segdi, vrient, waendi, nu
Dat ic wil doen vechten u?
Mer conit met mi als een stout seriant,
Ende gelaet u als coen ende vaeliant,
85. Jn uwen woorden ende u gelaet
Als of gbi, al met uwer daet.
Sbisscops volc al soudt seoffieren:
Als si van u sien die manieren,
Sal niemen dorren in een perc
90. Jegen u coinen; ghi sijt so sterc.»
tHeer, en vechte niet, wats gesciet!»
«Goetman. en begeers ooe niet.
En wille eis niet, op dien dach,
Dan ic u den bisscop tonen mach.
95. Ende dat ghi daer gelaet coenlike,
Voer den bisscop, ende stoutelike.»
,Dat sal ic wel doen. sekerleken,
Ende grote woorden spreken,
Stalpen ende wagebaerden met.
100. Maer en vechs niet. bi mire wet !"
— 153 —
Doet was so verre comen,
Dat die tijt was genomen
Dat men den camp vechten soude,
Quam die hertoge also houde
105. Met sinen kemp te Ludick waert :
Ende die bisscop mede ter vaert
Quam met sinen kempe säen.
Daer sijn die heren te rade gegaen
Om dese dinc, of men conde
110. Afgeleggen metten monde
Dat men den campe en vochte niet.
Die bisscop hem niet wiken lief.
Als die hertoge dit heeft verstaen,
Ghino hi tsinen kempe säen,
115. Die hem vraechde, al te hant,
,Wat est. here, hoe gaet te hant?»
«Herde wel, dat seggic u:
Gelaet u wel ende coenlijc nu.
Je sal hebben mijn gevoegen.»
120. ,Here, of ghi wilt, laet u genoegen!
Bi rnire trouwen, en vechte niet,
Wat u ooe daer na gesciet.'
«Neen, ghi niet. ten es geen noet,
Op dat ghi dus vordaen doet
125. Ende hout u stoutelic int geberen,
So salics hebben mijn begeren.»
Dus es hi weder ten heren comen,
Die den camp gherne [hadden] benomen,
Ja, hadden si geconnen;
130. Maer neen si, hets om niet begonnen.
Die forden worden daer geslagen;
Gene setelen waren daer gedragen
Binnen den crite, daer men gerede
Die kempen sitten in dede.
135. Die hertoge quam doe gegaen
Tsinen kempe, die doen säen
Vraechde, hoe die saken gingen V
«Si gaen mi af al mine dingen,
Die si mi beloofden ere.«
140. ,Trouwe ben sculdich onsen here
(Sprac die gene). maect peis säen!
Oft ic sal uten crite gaen;
Wanl en vechte in geenen saken.'
— 154 —
«Help vrient, wat vvildi maken?
145. Gingdi enen voet uten crite,
Ghi sond worden uwes lijfs quite:
Want men sloege u hier ter stont
U hooft af, dat si u cont.
Sit hier noch, ende ic sal gaen
150. ßesien wat si hebben gedaen.
Die ic over die effeninge liet.
Je salt pointen, wats gesciet.»
Dus es hi wech gegaen.
Mettien stont op herde säen
155. Sbisscops kemp. ende nam te liant
Seilt om den hals, cluppel in hant,
Ende gaf hem opt hooft enen slach,
Daer die menege toe saeh.
Ende die gene sat stille noch doe,
160. Ende sprac den anderen dus toe:
,Siet, goede liede, wat meinstu
Dattu mi dus slaets nu?-
Wat hebbic di gedaen ter stede?
Je en seide di heden lede,
165. Noch en mesdede noit man.1
' Die ghene quam noch bat an,
Ende gaf hem noch enen slach.
,Ay mi! God geve di quaden dach!1
Sprac hi ten genen, ende greep sijn hooft
170. Met beiden handen, des gelooft;
Ende dander spranc achter waert,
Om te verhalen sine vaert.
Die gene sprac: ,Bi mire trouwen!
Sladi mi meer, hei sal di rouwen!1
175. Derdewerf quam die gene gegaen,
Ende dander spranc op säen,
Ende laet cluppel ende seilt vallen,
Ende nemt den genen daer met allen.
Ende werpen onder hem, ter neder,
180. Ende sloegen met vuusten weder,
So grote slagen dat hine säen
Van den live heeft gedaen.
Doe riepen si, in shertogen side,
Die doe waren herde blide:
185. «Worpten over die coorde, uten crite,
So sijdijs altemael quite!»
— 155 —
Dit dede die gene, ende daer naer
Sloech hi hem thooft af daer,
Ende die hertoge bleef in dere.
190. Ende van desen dage, voort mere.
So en was niemant so coen voerdaen,
De hem iet hadde mesdaen.
Hine wilden vlus te campe bestaen.
Van desen es noch geslachte comen
195. Te Loven, dat ic wel soude noemen.»
No. III. Stellen aus Hugo von Trimberg's „Renner" über die
Kämpen, Ringer und Springer etc.
«Daz ist ein mere von zwein kempfen.
Ein kempfe vil levten was bekant
von siner kraft über manic lant,
Nv was ein ander in einem lande,
Des kraft man auch weiten erkande,
Nv komen sie pede an ain stat,
Do daz volk sie mit fleizze pat,
Daz sie zesamen wolten gen,
vnd dirre mit kämpfe ienen besten.
Do sprach ir einer: mohte ir mir geben
Ein ander leben zv disem leben,
Daz als lange wert, als ditz tvt,
Ich hete den leip vnd auch den mvt,
Daz ich der leben einez waget an in,
Ditz wer aber gar ein tvmmer sin,
Ob ich daz leben, daz ich noch han,
waget vf tvmmes rvmes wan,
Der kempfe ! was weiser, denne di degen
Die man siht iustierns pflegen,
vnd manger ander affenheit,
Die ir leben veile treit,
s. w.» v. ir584— ir603.
«Der hat witze, die sint dein;
Swer einen slegel oder einen stein
vf hebet vber alle sin kraft,
vnd went, ez sei grozze meisterschaft,
Ob er in wirffet von der stat,
Da er mit fride gelegen hat
— 156 —
an ein ander stal hin dan:
Sprichet zv dem durch spot ein man.
Er hab in geworffen als ein helt
So levffet ir aber hin vnd quelt
Mit dem grozzen steine
vleisch vnd ander gebeine.
vnd daz vi I leihte ein rippe prichet,
Dirre erbeil Ion ist. daz man sprichet.
we ! wie ein wurff ditz löblein
Machet mangen torn vnsenfte pein.
wenn sin gelider beginnen queln.
Teglich vnd er daz mvz heln.
Ein nutzer werk wolde ich im zeigen,
u. s. w. v. 11'610— H'628.
«Von ringern vnd von Springern.
Noch ist einez. daz schaden bringet.
Swer also ringet oder springet.
Daz im di plose arm oder pein
pristet, der mohte vil liber ein
(ianlzes tar1) sanft haben gelebt,
Danne, daz er nach vnselde strebt.
v. Ll'636— 11'641.
No. IV. Die Nürnberger Fechtschul-Reime vom Jahre 1579.
(Nach der Papierhandschrift No. 1458 des germanischen National-
Museums von Nürnberg, die auch das Wappen der Federfechter und
das Kupferstichporträt des «Leonhard Schwab Jn Nürnberg verord-
neter Unterhauptmann der Federfechler AE. [aetatis] 41. A°. 1671
enthält. Abdruck nach K. WassmannsdorlT's Wiedergabe in seiner
Schrift < Sechs Fechtschulen der Marxbrüder und Federfechler u. s. w.
Heidelberg. 1870 pag. 32 — 45.)
(la.) Feehtschuln-Reimen
angefanngen Anno
1579.
(Ib.) Der Todl ist gewiss, Vngewiss der Tag
Die slundt auch niemandt wissen mau'
"i wohl Druckfehler für jar».
— 157 ■
Darum b furcht Gott, vnnd dennck darbey
Das yede stunndt die letzte sey.
1.) (2a.) Gregorius Beer hefftleinmacher Ein Federfechter.
Adj. [a die.] 2(5. Apprillis Ao. 1579.
a) Die ersten Reimen zur Stanngen.
«Zu Frannckfurt an der Ader
schlugen sich ein ßalbirer vnd ein pader
Dartzu kamen die kürszners hüben
Ey. Ey. wie thetens ein annder hüben
Wie die püttner vmb daz fas,
Weis nit wol kan der Lerne es bas.
b) Die Anndern zum Schwerdt.
Ich schwinge mein schwert Jn Gottes glück
Vor keinem fechter Jch erschrickh.
Er sey gleich kurtz, lanng oder dickh.
So licht Jch mit Jm on allen schertz,
Er sey gleich ein maister des lanngen schwerts
Hoscha maidlein, scheisz Jn belcz.»
(2b.) Mathes Greszman vom Hof ein Peckenknecht vnnd Marxbruder
Adj. 3. May Ao. 1579.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
«Frisch her ich hab vernommen,
Wie daz frembde federfechter von augspurg sein komen,
Die haben auszgeben, vnnd thun sagen
Sie wollen mich Stoffen vnnd schlagen
Jch hoff aber ein Gott will es soll Jn nit gelinngen,
Wer daz glück hat wird vf den abent sinngen,
Jch bin ein Junger fechter merckt mich eben,
.Ich wollt auch nit gern verliern mein Junges leben
Gott wöll mich dann also heunt verlasszen
Daz Jch mein haut vnnder der gefider mus lasszen
Jedoch ist mir Gott zu eim schütz geborn
So hoff Jch doch daz Spil sej noch nicht gar Verlorn.
b.) Die Anndern zum Schwertt.
Frisch her lasz nit schnappen
es gillt mir Vnnd dir ein guts bar kappen
— 158 —
die kappen seinnd Jm Winntter gut
(3a.) Drum trag Jch ein frischen freyen mutt
Du Edler Löew thue auf dein glider
Las dich den Greiffen nit trucken nider
Weil er dann mit seinem hochmut vnd pracht
Die Bruderschafft von sannt Marx Veracht.
Ob sich der Greift .In der lufft thut herumbschwingen
So thust du Edler Loew Jm Wald herumb springen
ßey anndern Thierlein Jung vnnd alltt.
Wer Lust mit mir zu fechten hat der thus nur baldt
Vnnd thue sich nitt Lanng besinnen
Mein feuer Thut dahaim Jm ofen brinnen
Dasselbig hab Jch höeren Krachen
Jcb nnis warlich haim, raus auswürcken, einschiesszen, vnnd
widerumb auszpachen.
hiemit keiner veracht
Jch schlae dranff daz hercz Jm Leib kracht.»
3.) (3b.) Aszmus Aichler Schuster burger hie Ein Federfechter.
Adj. 10. Maij.
a.) Die ersten Reimen tzu der Stanngen.
Die Marxbrüder vertrieben die federn gern
Vnnd können Jr doch nit enntbern
Sie sein all nacht der federn fro
sonnste müesten sie ligen auf dem Stro
Vnnd sollen den Winntter wol erfrieren
All Manschafft thut die feder zieren
Zu der schreib Jch mich Jn Gottes namen
Trotz euch Marxbrüdern allensammen
Wems nit gefeilt vnd wolt mir daz weren
mit dein will Ich mich munder beren1)
b.) Die anndern zum Schwertt
.Ich ficht gern aus knrezer Vnnd langer schneiden
mein Kopff kan noch ein guten buff erleiden
Wer mich, mein Löblich hanndwerck, vnnd die herrn von der
feder Veracht
Den scIilae -Ich auff den Kopff. das Jm der halsz kracht. >
'i d. i. herumschlagen.
— 159 —
4.) (4a.) Georg Grumpach von Glochaw ein Kürszners gesell vnnd ein
Marxbruder.
Adj. 17. May.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen
«Du Edler Löew thue auf deine glider,
Lasz dich den falschen Greiffen nit trucken nider
Weil er mit seinem Stolczen Hochmut vnd Pracht
Die Kayserlich freiheit die Bruderschafft von Sannt Marx veracht
Ob er sich gleich Jnn die Lufft thut Rumb schwingen
So thust du Edler Low Jm Wallet herum b springen
Mit Jm zu streiften ist er bereitt
Frisch her vnnd dran dann es ist Zeitt
b.) Die anndern zum Schwerdt
Ein schönes maidlein hab Jch gefunnden,
Daz hat mir meinen Cranntz gepunnden
Vnnd darneben mich fleisszig gebetten
Jch solt .In keinem federfechter geben
Vnnd soll sie gevvehren Jrer bitt
Dieweil sie haben kein frevheitt nitt. >
b.) Hanns Schuler von Statt Eschenbach ein Schuchmacher vnd
Federfechter.
Adj. 24. May.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
Euch desz Löewen brüeder bitt Jch gar schon
Wollt mir vff dieser meiner schul heut nichts than
Jch förcht es werde on ein Strausz nicht gehen aus
Drumb Jr Löewen brüeder kompt fein munder vnnd ziecht euere
dicke wammester aus,
Jr des Löewen brüeder muest mich recht verstan
Mein Kopff vnnd die halb stanngen mus am ersten dran.
b.j Die anndern zum Schwertt.
Mit freuden aus frischem freyen mut thue ich mein schwertt
schwingen
Jch ficht gern aus Kurtzer vnnd lannger klingen
Kein schönere kunst ist auf dieser Erdt
Dann wann man ficht aus freyer kunst Jm Lanngen schwerdt.»
— 160 —
6.) (5a.) Steffan Christan von Nürmberg ein Kanndelgiessersgesell, vnnd
ein Marxbruder.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
Schwing dich auf Loew du Edels Thier
schaw dich für dem falschen Greiffen für.
der mit seim Hochmut vjind Stolczen pracht
Die Bruderschafft von Sannt Marx veracht,
Derhalben Will Jch mich heut zu Ehren
Mit den federfechtern munder rumb Beren
Drumb frisch her Jnn Gottes Namen
Wir wolln ein annder schon empfanngen.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her Ir federfechter an diesen Tanntz
es gillt ein schonen Rosen Kranntz
Ich hab mir ein pletzlein lassen Kheren
Darauf wollen wir aneinander Rumb beren
Ich hoff es soll mir heüt gelingen
Darumb thue Jch mein schwertt auf schwingen.»
(6a.) Augustin Staidt ein Messerer1) vnnd Federfechter.
Adj. J-i-. Junij.
«Jch bin ein Kaufman klein isl mein gewin
Schleg vnnd stösz die gib Jch hin,
Straich vnnd Büff nim Jch dran
Mit einem eisern Flederwisch kher Jch den Staub daruon.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her zu mir alls Jch zu dir
Neczt du nur. So scher Jch dir
begert mich einer zuuerleczen
Er raus mir souiel dran setzen,
Wer mich vnd mein Loblich hanndwerck veracht
Den schlag Jch auf den Kopff daz Jm daz hercz Kracht.»
') d. i. Messerschmied.
— 161 —
8.) Deboldt Boll Schuchknecht von Niirmberg, jetziger Zeit Churfürstlicher
Sechssischer Trabannt, ein federfechter.
Adj. 23. Juny.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
«Frisch her vnnd Keckh ich hab vernommen
Es seinnd freinbd fechter von Culmbach kommen
Den Thut es so leden Zorn,
Daz mir die heuttig schul ist worn
Vnnd wollen mich drumb abpleyen
.Ich gib nichts drumb es soll sie gereuhen
•Ich licht Jn Lanng vnnd kurtzer schneidt
Vnd wehr mich Mannlich meiner heutt
Vnnd thue nichts nach mein feinden fragen
Wie daz gemein Sprichwortt thut sagen
Welcher da wilde Schwein will hetzen
Der musz hundsköpff dran setzen.
b.) (7a.) Die anndern zum Schwertt.
Jnn meine hanndt nim Jch daz Schwert
Wie es der Marxbruder an mich begert
Ficht Jch mit Jm on allen Zorn
Vnnd schlags munder zwischen die ohren
Daz sich die schwertter zusammen schwingen
Vnnd die Roten plumen vber die Nasen Rinnen
Triffst du mich so lasz Jchs geschehen
Fehl Jch dein du wirsts wol sehen.»
9.) (7b.) Christoff Jung von Presszlaw. ein Kiirszners gesell
vnnd ein Marxbruder.
Adj. 5. Julij.
a) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
«Ein Marxbruder bin Jch worn
Daz thut den federfechtern Zorn
Dann Jch gedennck was vmb ein gennszfeder mag sein
Man Liehe mir nit drauf ein halb seidlein wein.
Was solt Jch dan haben der Gennszfedern ehr
Schult vnnd heim ziern mich viel mehr
Die Kayserlich Mayestat Marxbrüedern thut geben
Die nach solcher Ritterlicher kunst streben
11
— 162 —
Dann Gennszfedern vnnd Khil
Braucht man nit zum Ritterspil
Dann hert federn dinn Pappier schwartze Dinnten
Soll man Jnn den Schreibstuben finnden.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Du Edler Marx bist preisens vol
Weil dein Hauff klein vnnd hellt sich wol
Auch von Kayserlich Mayestat ist auf gericht
(8a.) Drumb hab Jch mich zu dir verpflicht.
Von deinet Wegen will Jchs Wagen
Will manchen federfechter helffen zwagen
Mit Stahl vnnd vngeprenndten Aschen
Wollen wir einannder schmeisen auf die prott daschen.
10.) (8b.) Georg Lenncker Goldschmidt von Ludwigschargast
Ein Federfechter.
Adj. 12. July.
a) Die ersten Reimen zu den Stanngen.
«Auf diesem ganntzen Erden kraisz
kein Edler Creatur Jch waisz
Die Yedesmals geboren ward
Alls nur den Edlen greifen zart
Welcher mit seiner Manheit starck
beczwingt sein feinndt den Loewen arck
Erwirbt dardurch mit seinem fleisz
der Edlen feder Lob vnnd preisz,
Drumb Edler Greif der feder zu ehren
so Will Jch mich heut Mannlich wehren
Dann Jch verhoff mit meiner hanndt
Vnnd mit hilff Gottes beystanndt
der Tollen Marxbrüeder Muttwillen
Mit meinem schwertt gar w0] zll stillen
Wer mich daruon zu treiben begert
Der hab nur achtung auf mein schwertt
Nach solchem nam er ein schwert Jn die hanndt vnnd sagt
(9a.) Jch stell mich für Jnn Gottes namen
Vor euch Marxbrüedern allen samen
Mit euch zu fechten Jnn allen wehren
Der Edlen feder zu Lob vnnd Ehren
— 163 —
Durch eines Erbarn Raths Vergunst
Ausz freyer Ritterlicher kunst,
Mich heutt zu freyen diesen Tag.
Welcher mich nun Probirn mag
Der komb herbej Vnnd heb frisch auf
Jnn Gottes Namen schlag Jch drauf
Nun Edler Greif da gelob Jch an
Dir vnnd der federn bey zu stan
So lanng dieweil Jch hab daz leben
Vnnd mir Gott thut genade geben
Das Jch mag füeren mit bestanndt
Daz Löblich schwertt Jn meiner hanndt.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Die Marxbrüeder seinnd von Mennschen erdicht
Göttliche Mayestat hat die federn aufgericht
Jr Lob Jst ausz zu sprechen nicht
(9b.) Drumb hab Jch mich zu Jr verpflicht
Mit der federn wil Jchs auch hallten
Vnnd es allain Got lassen wallten
Sollt mir drob werden mein Kopff zuspallten
Drauf thue Jch beut Mein erste schul ballten,»
Vnnd stunden vnnder seinnen briefen Diese Vers,
«Wer diese Kunst will sehen gern
Der komb hinauf zum gülden Stern
Vngefehr zwo stunnd vor Mittag
So finndt er platz souiel er mag.»
11.) (10a.) Georg Spiesz von München ein hafner vnnd Marxbruder,
Adj. 19. Julij.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen,
«Frisch her vnnd dran
Auf den abent sieht man wers best hat than
Der Goldtschmidt wollt mich am Sonntag fressen vnnd schlagen
Vnnd hat selber die Büff von der schul weg tragen,
Vnnd sagt wir sinndt erdicht
Jr federfechter seidt von Kayserlich Mayestat aufgericht
Daz hast du Reimen weisz ein her zogen,
Aber Jch sprich es sej weit erlögen
11*
— 164 —
Drum Merck mich recht durchaus
Zeuch mir den Freyheits hrief vnnd Sigel heraus,
Gleiehwol die rechten herrn vonn der federn
hallt Jch mit Jrer schlifft vnnd annder kunst Jn ehren,
Aber auf die ein geflickten federfechter will Jch alle zeitt beren.
b.) (10b.) Die anndern Reimen zum Schwertt.
Jch schwinng mein schwertt Jn diesem hausz
Komj)t her, Jr federfechter I reibt mich naus,
Vor mir habt Jr weder rast noch ruh
schont mir der schwertter schlagt sonnst fein wacker zu.
Ob sich schon der greif Jn der lufft Unit aufschwingen
So thut der Loew Jm waldt herumb Sprinngen
Mit Jm zu streiften ist er beredt
Auf Auf, Jr federfechter es ist Zeitt
Klöpper dich hafenscherber, dumel dich Kürsznersknecht
Kompt her, Jr federfechter treibt mich weg.»
12.) (IIb.) Thoma Han von Lübeckh ein Tuchferber vnnd federfechter.
Adj. 26. Julij.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
< Frisch her Jch hab vernommen
Es seinnd frembde fechter kommen,
So kompt heut Jr Marxbrüeder vf meinen Tanntz
Wir wollen fechten vmb ein Rosen Cranncz.
Mit Kurtzer scharpffer klingen
Daz Vnns daz plutt vber die Ohren soll herab Rinnen
Du federn, du bist preissens Vol
Daz hortt man an allen ortten wol,
Darbej will Jch auch pleiben,
Vnnd soll mich kein Mennsch daruon treiben,
b.) Die anndern zum Schwertt.
Die Edel federn schwinng Jch auff
(12 a.) Von deinnet wegen schlag Jch drauff
Jch treff oder werdt getroffen
Auf Gottes beystanndt thue Jch hoffen,
Wer mich, mein ehrlich Hanndwerck, vnnd die herrn Von der
feder veracht,
Den schlag Jch zwischen die Ohren das Jm der halsz kracht.»
— 165 —
13.) (12b.) Cunradt Fridweg ein Altreisz*) vnd Marxbruder.
Adj. 2. August j.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
« Die Marxbrüeder mit Jrer kunst
haben bey Fürsten vnnd herrn gunst
Auch bey Römisch Kayserlich Mayestat Freyheit vnnd ehr
Daz Vberkommen die federfechter nimmer mehr,
Drumb frisch her Jr federfechter on allen schertz
Vnnd wer dann hat ein Mannsz hertz
Der Kom herauf auf disen plan
So wollen wir sehen weichers am pesten kan
Vnnd aneinannder vmb den Kopff gehen wie der Püttner Vmhs fas,
Wers nit wol kan, der lerne es basz.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Du edler Loevv, nun schwinng dich auf,
(13 a.) Von deinel wegen schlag Jch drauf
Jch dreff, oder werde getroffen
Auf Gottes beystanndt thue Jch hoffen
Der Wolle mich auch heut beschützen
Von wegen der Bruderschafft von Sannt Marx Lasz ich mich
heut Nützen.»
14.) (13b) Wilhelm Aichler ein Schuchmacher vnnd Federfechter.
Adj. 9. Augustj.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
« Jr Marxbrüeder troet mir ausz stoltzem mut
Jr wolt mich schlagen daz mir der kopff platt
so kompt nur her. an diesen Tanntz
es soll nit gellten einen Rosen kranntz
sonnder daz Rot plut auf dem Haupt
Daz eim zu thail wirdt ders Jetzt nit glaubt
Dann wer mich an meinem Leib will verletzen
der mus nur ein dicken Marxbruderskopf daran setzen.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her Jr Marxbrüeder zu mir geschwinndt
Souiel alls euer zu Nürmberg sinndt
*) d. i. ein Flicket- alter Schuhe und Stiefi
— 166 —
Mit euch zu fechten steet mein begir
Drumb hebt auf. Vnnd fecht dapffer mit mir
So wollen wir einannder ausz klopfen daz Leder
(14a.) Dieweil Jr stets naget an der Feder,
Vnnd wollt die gar zureissen
So musz man euch auf die grossen meuller schmeisszen.
Das darüber laufft daz plutt
Solche kappen seinndt euch Marxbrüedern gut.»
15.) (14 b.) Hainrich Doli von Puchholt ein Niderlendischer Tuchferber
Vnnd Marxbruder.
Adj. 16. Angustj.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
« Schwing dich auf du Edler Loew Jn deinem krausen har,
Vnnd nim dir desz greiffen eben war,
Das er dich nit thue Vnndertrucken
Mit seinen argen böesen Stücken
Der mit seinem grossen prall vnd Pracht
Die frey Kayserlich Bruderschafft von Sannt Marx so gar veracht,
Ob sich gleich der Greiff thut Jm lufft herumb schwingen
So thut der Low Jm waldt herumb sprinngen,
Will er dich Kratzen oder peissen
So thue Jn Dapffer vf sein schnabel schmeissen
So mus er wider fliehen Von dir,
Vnnd hast du Low den ganntzen waldt an dir [hallten
Drumb will Jchs mit dir, Vnnd der Bruderschafft Von sannt Marx
Sollt mir darob werden mein kopff zurspalten.
b) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her. Jr federfechter an diesen Tanntz
(15 a.) Es gillt mir Vnnd euch ein schönen Rosen krantz
Jch ficht mit euch aus kurtzer vnnd lanngen klinngen
Daz Vnns die Roten plumen Vber die nasen rinnen.
Meinem kunstreich Löblichen Handwerck zu ehren.
Vnnd die Kayserlich Bruderschafft von Sannt Marx zu mehren.»
— 167 -
16.) (15b.) Hanns Weysz ein Schuchmacher von Nürmberg vnnd ein
Federfechter.
Adj. 23. Augustj.
a) Die ersten Reimen Jnn der Stanngen.
« 0 Du armer Marx, du must heut Nunnder
Die federn ist Leücht. vnnd hellt sich munder
Ob schon deine brüeder sich machen willdt
Werdens doch offt von der federn gestillt.
Drumb ehe Jch wollt ein Marxbruder sein
Ehe wollt Jch nimmer drinncken Wein
Wer mich drumb will verletzen
Der Musz sein kopff an meinen setzen.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her All Jr Marxbrüeders Tropffen
Wir wollen einannder die haut auszklopffen
Vnnd fechten ausz kurczer vnnd lannger schneiden
Mein kopff kan noch wol ein buff erleiden
Trifft mich schon ein Marxbruder schalck
Jch schlag Jn wider auf den palck
Fecht Redlich, vnnd peltz dapffer zu
(16 a.) schaw. Ob Jch deiner fehlen thue.»
17.) Wilhelm Seidenpanndt von Kempten ein Schwartzferber.
Vnnd Marxbruder.
Adj. 30. Augustj.
a) Die ersten Reimen Jnn der Stanngen.
« Frisch her vnnd dran
secht was Jch vnnd mein Vorfechter kan
Wer mich vnnd sie will vertreiben
der Musz viel stösz vnnd büff erleiden.
b.) (16 b.) Die anndern zum Schwert.
Jch schwing mich auf im Namen Jhesu Christ
Jch förcht kein federfechter wie willt er ist
Ist einer so willd alls ein Beer
So furcht Jch Gott Jm Himel. vnnd kein federfechter
nimermehr
Jch wil Ob der Bruderschafft von Sannt Marx hallten
Vnnd sollt mir werden mein kopff zerspallten.»
— 168 —
18.) (17a.) Petter Fischer ein Holtzdrechssel vnnd Federfechter.
Adj. (>. September.
a.) Die ersten Reimen Jn der Stanngen.
«Die edle feder hat daz Lob
schwebt allen Ellemennten ob
Dem feuer. Wasser. Lufft vnnd Erdt
Wirdt auch von Fürsten vnnd herrn geehrt
Drumb mus den Marxbrüedern besser glücken
Wölln sie die federn Vnndertrücken.
Die feder mus doch schweben ob
Vnnd für Jnen behallten daz Lob,
Wer die federn Vnehrt. der ist nicht werdt
Daz er ein schwerdt soll füeren auf Erdt,
b.) Die anndern zum Schwerdt.
Jch schwinng mich Jm Namen Jhesu Christ
Der alle Zeitt mein schutzer ist.
Die Marxbrüeder lauften nur gern ein
Vnnd schlagen wie die Trescher drein
Der Fuchsschwenntz steckens souiel ein
(17 b.) Das Jnen die Wammes werden zu klein
Darauf sie khün sein, vnnd wagens drein
Wie gering vnnd klein ire künst sein
Jr Marxbrüeder habt Jr ein Mannszhertz
So fecht nach Jnnhalt des Lanngen schwerts
fein lang, steet wol Jn allen wehren
Wer künstlich ficht den soll man ehren
Frisch her. bieg Jch mich nicht, So biegt sich mein sehwert
Dannoch bleib Jch eins ehrlichen federfechters werth.»
19.) (18a.) Caspar Bacher von Dreszen ein Marxbruder.
Adj. 13. September.
a.) Die ersten Reimen Jnn der Stanngen.
Frisch her Jr feder fechter mit euerm grossen prallen vnnd
prachten
Jr thut die Marxbrüeder so gar Verachten
Vnnd könnt, vnnd mögt doch dieselben mit vertreiben
Daz ist mannchem federfechter ein grosses leiden
Die Romisch Kayserlich Mayestat hat den Marxbrüedern geben
schult, heim vnnd Ehr.
Das Kriegen die von der federn Nimmer mehr
— 169 —
. Es thut sich auch mancher Von der feder nennen
Vnnd kan kein Buchstaben schreiben, lesen noch kennen
Ein Marxbruder bin Jch worn
Das thut Mannchem feder fechter zorn
Vnnd wann Jn gleich prech hertz mut vnnd sin
So pleib Jch ein Marxbrüder wie vorhin.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Jch schwinng mich auf Jm Namen Jhesu Christ
(18b.) Jch förcht kein federfechter zu aller frist
Er sey gleich Lanng kurtz oder dick
So ficht Jch mit Jm auf gut gluckh
Trifft mich einer So lasz .Ichs geschehen
Fehle Jch sein Man wirds wol sehen
Meinem hanndwerckh. Vnnd allen Marxbrüedern zu ehren
So will ich mich heut diesen Tag Meiner heut dapffer wehren.
20.) (19a.) Hanns Hagenmüller vom hoff ein Schreiner vnnd federfechter.
Adj. 20. Septemb(ri)s.
a.) Die ersten Reimen zu der Stanngen.
«Jch schwinng mich auf Jn Gottes glückh
vor keinem fechter Jch erschrick
Er sej gleich kurtz lanng oder dickh
So ficht Jch mit Jm all augenplickh.
b.) Die anndern zum Schwertt.
Frisch her Jhr Marxbrüeder an diesen Tanntz
Wir wollen fechten vrab ein Roten Rosen kranntz
Das die schwertter klingen
Vnnd die Roten Rosen vber die Nasen rinnen
Wer daz Glückh hat wird vff den Abent sinngen.»
21.) (19b.) Jacob Kreiser ein Kürsznersgesell von Dantzigk ein Marxbruder.
Adj. 27. September. -
a.) Die ersten Reimen Jnn der Stanngen.
«Du Edler Loew thue auf deine glider
lasz dich den falschen Greifen nit trucken nider
Weil er mit seinem stoltzen Hochmut vnd pracht
Die Bruderschafft von Sannt Marx so gar veracht
Ob sich schon der greif thut Jm lufft herumb schwinngen
So Ihuest du edler Loew Jn dein Waldt herumb sprinngen
Mi! Jm zu Streitten ist er bereit
Frisch her Jr federfechter. dann es ist Zeill.
— 170 —
b.) Die anndern Jm Schwertt.
Frisch her lasz schnappen
es gillt mir Vnnd dir ein guts bar kappen
Es sej gleich trucken oder nasz
Wie es ausz kurtzer vnnd lannger schneiden gerathen mag.»
22.) (20a.) Hainrich Müllner ein Goidschmidt Vnnd federfechter.
Adj. 4. October.
a.) Die ersten Reimen Jnn der Stanngen.
«Frisch her Jch hab mir lassen sagen
Wie mich die Marxbrüeder wollen stossen vnnd schlagen,
So thue ich nit viel darnach fragen
Wer weisz wer den anndern thut Jagen.
b.) Die anndern Jm Schwertt.
Jch schwinng mich auf mit meinem schwertt
Jch ficht mit einem wie ers begertt
Vnnd gib mich nit wie weissen hörn
Daz thut all meinen feinnden zorn.»
Nr. V. Fechtzettel aus dem Joachim Meyer'schen Fechtbuche
von 1570.
(Abdruck nach dem Fechtbüchlein von J. Schmied-Kowarzik
und H. Kufahl, Leipzig 1894 [Reclam], pag. 96—98).
F. F. Zedel.
«Merck wiltu künstlich fechten lehrn,
Solt du mit Fleisz den Zedel hörn :
Ein Fechter soll sich halten fein,
Kein Rümer, Spiler, Sauffer sein.
5. Auch nit Goltslestern noch schweren,
Und sich nit schemen zu lehren,
Gottsfürchtig, züchtig, darzu still,
Sonderlich den tag er fechten will,
Sey meszig, erzeig den Alten ehr,
10. Und dem Weibsbild, auch weiter hör,
Alles tugendt ehr und manlichkeit,
Der sollt dich fleiszen allezeit,
Auff das du dienen könnst mit ehren,
Keyser, König, Fürsten und Herren,
— 171 —
15. Auch nützlich seyest dem Vatterlandt,
Und nicht der edlen Kunst ein Schandt.
Jndes, das wort, auch Schwech und Sterck,
Das Vor und nach auch fleiszig merck,
Brieff Weich und Hert, das fühlen lern,
20. Trit mit streich, es sey nach oder fern,
Die theilung halt in guter Hut,
Vor groszem Zorn auch dich behut;
Der Hüten und der Häuw nim war,
Das jhr Bruch dir sey offenbar.
25. Ober, Zorn, Mittel, auch under,
Ausz den treib alle deine wunder,
Als Schieler, Scheidler, Krump und Zwer,
Und was mehr stück nach deim beger.
Schauw das der erst seyst auff dem Blan,
30. Ehe sich dein Mann legt, greiff jhn an,
Jndes nimm war, versteh mich recht,
Jhn triff, ehe er sein Leger schlecht.
Es kom dir für was Leger gut,
Im Nach jhn triffst ausz freyem Muth.
35. Dein Häuw führ gewaltig von dem leib,
Zu den vier Blösz dein arbeit treib,
So du Krumphauwst, fahr auff behend,
Geschrenckt den ort wirff auff dein Hend,
Den Zürkel lasz zur Rechten rühren,
40. Halt dein Hend hoch, wilt jhn verführen
Wann du jhm hauwest Krump zur sterck,
Durchwendt, Uberlauff damit merk,
Des Knopffs verführen sollt gedencken,
Mit Zekrur, Schnellen werst jhn krencken,
45. Mit krump tritt wol, wiltu versetzen,
Das uberschrencken thut jhm letzen.
Krump zun flechen wilt dich stercken,
Wiet jhn schwechst, solt fleiszig mercken,
Als baldts rührt und glützet oben,
50. Zuck ab zur Blösz, wilt jhn betoben.
Auch so du recht durchschieszen wilt,
Krump, Kurtz, durchwechsle an sein Schilt,
Merk so er dich mit Krump wolt jrren,
Bleib am Schwerdt, recht den krieg thu führen,
55. Mit Winden, Schneiden, und was mehr,
Mit verfliegen lasz dich nit zu ferr,
Auch schnell die schwech zum Rechten dar,
172
Zwifach schnellen, mit Schilt dich bewar,
Und deins Manns Schilt mit sterck verwindt,
60. Jndes stos ab, und schlag geschwind t.
Den Schielhauw soltu weiszlich machen.
Mit Winden kannst jhn auch zwifachen.
Die Zwürch solt du auch halten werdt,
Damit gantz wirt dein kunst im Schwerdt,
65. Dann alles was er ficht vom tag,
Solchs dir die Zwürch versetzen mag.
Jm angriff treib die Zwürch mit sterck.
Verführen, feilen, auch mit merck.
Zum Pflug und Ochszen sey behendt,
70. Jhm trauw die Zwürck bald wider wendt.
Merck was für Zwürch mit sprang wird gfürt,
Auch fehlest mit, noch wünschen rührt.
Doppel solt den fehler machen,
Deszgleichen Schnitt und Tritt zwiefachen.
75. Vom Schwerdt zum Leih, damit verkehr,
Zweymal oder Schnit in die Wehr,
Nachreisen ist ausbündig gut,
Mit Schneiden. Winden dich behut.
Bey zweymal, oder darinnen,
80. Verfliegen lasz, damit begünne.
Und zu allen wir enden treib die treffen,
Die Zucken lern, wilt du sie effen,
Abschneiden, Schlaudern, bring auch mit
Die herten gfehrt weisz ab mit Schnit.
85. Verlasz dich nit zuvil auff d1 Krön,
Du bringst sonst von jhr spott und Hon.
Den langenort durchstreich mit gwalt,
Damit all harte gfert aufmalt.
Sich thu all Hauw und stuck recht brechen,
90. Ob du dich an deim part wilt rechen.
Die hengen thu weiszlichen bringen,
Greift' nit zur unzeit wiltu Ringen.
Wilt du auch wissen der Meister kern
Zu allen stucken recht tieften lern.
95. Versetzest nit vil, ist desta freyer,
Darvor verwarndt dich Joachim Meyer.
178
Nr. VI. 3 Sprüche aus dem Jacob Sutor'schen Fechtbuche von 1612.
i Abdruck nach dem Neudruck des Werkes von 1849 [Stuttgart],
pag. 1. 35. 87.)
1*
«Warumb Spielleüth gehen vorn an.
Wann Fechter wollen Schulen han.
Drumb, das sie jhn machen ein Mutli,
So einer mit andern fechten thut.
Vmb Gelt, oder ein scbönes Kräntzlein,
Wie der Knab tregt am Schwerdte seyn.
Jn dem Fechter Gelt nemmen ein,
Vnder dens trincken wir gern Wein.
Fordern darzu auch vnsern Lohn,
Lahn sorgen, wo sie es her han,
Derowegen ohn Lohn vnd Trunck,
Wir jhn spielen selten genung.
2 **
«Vetter Wendel gieb gute Acht,
Gestiffelt im tretten wol bedracht.
Dass du nit so blindt schlagest drein,
Beuor einem zum Gesicht hinein.
Sonst wo du es vbersihest,
Vnd eins darüber aufm Kopff kriegest.
Schlag ich hin, da es dich nicht juckt,
Wann auch gleich das Blut springt zurück.
Dann also tödt ich einem die Läuss,
Wann er sonst will machen viel mäuss.
/wag einem gern des Kopffs grosse Haar,
So er seiner sachen nicht nimpt wahr. »
« Mein Bruder thue recht fechten lang,
Dass es zwischen vns °;eb kein Zanck.
*) Über dem Spruche befindet sich ein Bild, zwei .Spielleute, rechts einen
Pauker und links einen Flijtenbläser darstellend; zwischen beiden steht ein junger
Mann, der an einem Stabe hängende runde Zeichen — es sind wohl die als Preise
für die Fechter geltenden Kränze damit gemeint — in die Höhe hält. Spruch und
Bild, welch letzteres sich übrigens noch häufig in ähnlicher Art wiederholt, sind ein
deutlicher Beweis für die enge Lebensgemeinschaft und das berufsmässige Zu-
sammenwirken von Fechtern und Spielleuten.
**) Darüber ein Bild, zwei mit dem Dusack (einem breiten, dünnen und leichten
Holzschwert) kämpfende Fechter darstellend.
***i Auch hierüber steht ein Bild, das zwei mit dem Stossrappier fechtende
Kam] der veranschaulicht.
174 —
Auch im Rappier nicht lauffe ein,
Wiltu vor Schaden gewarnet seyn:
Oder mit werften vnd ringen.
Sonst wirdts dir vbel gelingen,
Drumb thue ich dirs zuvor sagen,
So was böss gschicht, thues nicht klagen.
Hab nun letztlich diess zum Tranckgelt,
Hinfür komm wider, wann dirs gfellt.
Will ich dirs noch besser machen.
Wo du nicht wahr nimbst deine Sachen. »
Nr. VII und VIII. Christoff Rösener's: ,,Ehrentittel und Lobspruch
der Ritterlichen Freyen Kunst der Fechter u. s. w." von 1589 und
Hans Sachsen's: ,, Fechtspruch, Ankunfft und Freyheit der Kunst'-
von 1545. (Die beiden Gedichte sind, das eine als Einschaltung des
anderen, hier wiedergegeben nach dem Abdrucke, der sich in K. Wass-
mannsdorffs Schrift: «Sechs Fechtschulen der Marxbrüder und
Federfechter u. s. w. » [Heidelberg 1870] auf pag. 46 — 58 findet, doch
unter Weglassung der dort mitabgedruckten wechselnden Lesarten
der verschiedenen Drucke.)
Nr. VII.
Ehren Tittel vnd Lobsprach
der
Ritterlichen Freyen
Kunst der Fechter, auch
jhrer Ankunfft, Freyheiten vnd
Keyserlichen Priuilegien, etc.
Gestellet durch
Christoff Rösener Bürger in Dreszden,
vnd durch Keyserlicher Mayestät Freyheit,
Meister des Schwerts.
Anno 1589.
, Welcher begert berichts genung,
Der Fechter Kunst vnnd jhren Vrsprung,
Der lesz mit fleis dieses Tractat,
Dann er drinn schönen bericht hat,
5. Wer die Fechtkunst hat angefangen,
Auch jhr Befreyhung, vnd wie lang,
Solche Fechtkunst erfunden ist,
Steht alls hierinn, wer fleiszig list.
— 175 -
Der wird sich auch verwundern sehr,
10. Was Fechten bringt für grosze Ehr,
Denn die Fechtkunst bey grossen Herrn,
Geruhmet wird, vnd bringt zu Ehrn,
Den. der das Fechten sehr wol kan,
Mag hieruon vnterhaltung han.
15. Er kan bey grossen Potentatn,
Hierdurch in grosse gnad gerahtn. »
Zu Ehren Dem Edlen vnd Wolgebornen Herrn,
Herrn Wentzelao auff Schmirsitzky, Herr auff Nacht
vnd Quartz, etc. Meinem gnedigen Herrn. Gottes
gnad vnd segen durch Christum vnsern Erlöser, Amen.
Wolgeborner, Gnediger Herr, das ich dieses Tractet-
lein, die Ritterliche vnnd weitberümbte Kampff vnn
Fechter Kunst betreffend (Der sich Keyser, König,
Fürsten vnd Herrn gebrauchen, auch alle diejenigen,
5. so sich derer Kunst üben, mit Prouision vnnd vnterhalt
vorsehen vnd befordern) in Druck gegeben vnnd Pu-
bliciren lassen, ist nicht ohn erhebliche vrsach geschehen,
Sondern dieweil wie gemelt, grosse Herren vnnd Poten-
taten diese Ritterliche Kunst ehren vnd fordern, Also,
10. das sie von etlichen Keysern mit Priuilegien vnnd Frey-
heiten begnadet worden, das die jenigen, welche diese
Ritterliche Kunst gelernet vnnd gebrauchen, was Marx-
brüder sein (Die Feder-Fechter ausgeschlossen) einen
offenen Helm, neben einem starken Lewen führen mügen.
15. Weil mir dann wissend, das E. Gn. selbst diese Ritter-
liche Kunst üben, vnd an derselben Hoff täglich durch
eigene Fechter brauchen lassen, Als hab ich dieses
Tractetlein (neben einem angehengten Gesangk) darinn
das gantze Fundament der löblichen Fechtkunst be-
20. griffen, E. Gn. zu Ehren in Druck vorfertiget. Bin dem-
nach in vntertheniger hoffnung, E. Gn. werden jhr dieses
Tractetlein gnedigst gefallen vnd lieb sein lassen (wie
ich auch hierumb vuderthenig bitten thue.) Dann E. Gn.
ich sonst mit nichts bessers zu dem mahl zu vorehren
— 176 —
25. vermutlichen. E. Gn. wollen also zu diesem mahl gne-
digsl vor lieb nehmen, Mein Gnediger Herr, wie bis-
hero geschehen, sein vnd bleiben. Befehl E. Gn. in
Gottes schütz vnd schirm. Geben in Dreszden, den
1. Julij, im 1589. .lar.
E. Gn.
Vnderthen.
Christoff Rösener
Meister des Schwerts.
Bericht vom Fechten.
« Eins mals gieng ich spatzieren weit,
Ins ebne Feld, vnd sah zur seidt.
Ein hübschen Jüngling her spatziern,
Der fraget mich : Kan ich auch jrrn :
5. Auf diesem Weg, da ich jetzt bin:
Da fieng ich an, vnd grüsset jhn:
Er daneket mir züchtiger massn,
Balt trat er zu mir an die strassn.
Da fragt ich jhn, wo er hin wolt,
10. Dasselb er mich berichten solt.
Er sprach: Ich wil hin an den Meyn,
Mich zu Franckfurt da lassen freyn.
Denn ich vor lengest hab begert,
Meister zu sein im langen Schwerdt.
15. Auch sunst in aller Fechter Wehrn,
Denn dadurch komm ich bald zu Ehm.
Da sagt ich, Ja jhr geht hie recht,
Bleibt auff dem Weg, er ist gar schlecht*)
Der wird euch bringen an den orth.
20. Da jhr hin wolt, geht jmmer forth.
Er fürt euch in die Stadt hinein,
Welch jhr genandt, Franckfurt am Main.
Ich gieng mit jhin eine gute Eck,
Der Jüngling redet frisch vnd keck.
25. Da nam ich vrsach jhn zu fragn,
Und bat jhn das er mir wolt sagn.
Wo doch her kern: der Fechter Kunst,
Vnd jhr Vrsprung, denn ich jhr sunst,
*1 d. i. schlicht, einfach.
— 177 —
Von jugent auff hett gunst getragn,
30. Der Jüngling thet bald zu mir sagn.
Ja, wenn ich hett mein sach verriebt,
Ich wollt euch geben fein bericht.
Wer die Fechtkunst erfunden hat,
Aber ich furcht, ich komm zu spat,
35. Gen Franckfurt hin, den ich hab zeit,
Mich dünckt, der Weg sey zimlich weit.
Wann ich jetzund vorseumpt die Mess,
So würde ich durchaus vorgessn.
Vnd musz noch warten ein gantz Jar,
40. Das ich euch jetzundt sag, ist war.
Ich sagt zu jhm, ey ich weis rhat,
Morgen frü fahr ich in die Stadt,
Da kan ich euch fein nehmen mit.
Bleibt heut bey mir, das ist mein bitt.
45. Ja wenn ich dieses wer gewis,
Ich mich hierzu vermügen lies.
Ich sprach, gleubt mir ohn allen spot,
Lest mich leben der liebe Gott,
So fahr ich Morgen gwis hinein,
50. Kompt nur her vnd kert bey mir ein.
In Namen Gotts, ich lass geschehn,
Ich wil mit euch jetzt hinein gehn.
Seit mir willkommen in mein Haus.
Leget nur ab, vnd thut euch aus.
55. Man sol euch ein Handwasser gebn,
Auch ein biszlein essen danebn.
Ey mein Herr Wirt, spart jr die müh,
Ich danck, das ich hab Herberg hie
Esst jhr frey vnd last euch nicht grawn,
60. Jhr mügt euch heint mir gantz vertrawn.
Morgen wollen wir weiter redn,
Von den Fechtern vnd jhrn geberdn.
Ja wils Gott, Morgen wil ich bald,
Berichten recht, doch in einfalt.
65. Ein guten Morgen mein Herr Wirth,
Jhr habt mich recht wol angefürth,
Ich hab geruhet mechtig wol,
Jtzt sag ich euch was ich nur sol,
Ja, Jung Gesel ich hör es gern,
70. Was jhr mir sagt, ich möchts wol lern.
12
178 —
Nr. VIII.
Fechtspruch, Ankunfft vnd Freyheit der Kunst.
.Eins Tages ich ein Fechter fragt
Bat jn freundtlich das er mir sagt
Wo doch jr Bitterliche Kunst
Hett jren vrsprungk, der ich suust
5. Von Jugeudt auff' hett gunst getragen
Da icardt er wider zu mir sagen] *)
Die Ritterlich Kunst ist auffkommen
Hat jren ersten vrsprungk genommen
Eh wann Troia zerstöret war
10. Etwas mehr denn eilff hundert Jar
Vor des Herrn Christi Geburt
Von Hereule erfunden wurd
Der Olimpische Kämpft' mit natu
Ina dem Lande Arcadiam
15. Bei/ Olimpo dem hohen Berg
Irin diesem Ritterlichen Werck
Kempfften zu Rosz nackende Hehlt
Wie Herodotus vns er zeit
Welcher denn Ritterlichen kemjiffet
20. Die andern mit seim schwerdte dempffet
Derselbig wurdt begäbet gantz
Von Ölbäumen mit einem Krantz
Inn dem Kampff Hercules erfacht
Grosz lob vnd preisz durch Heiries macht
25. Vnd auff setzet den Kampff fürwar
Zu halten den im fünfften Jar
Mit grosser Herrligkeit allmal
Nach dieser Olimpischen zal
Die Grieche» rechneten jr zeit
30. Polidorus des vrkundt geit
Als aber nun Hercules starb
Dieser Olimpisch Kampff verdarb
Das er ein Zeitlang von den Alten
In Grieche nhi mit nit wurd gehalten
35. Den nach dem Iphitus sein Sohn
Hat iciderumb auffrichten thon
*) Rösener musste natürlich den Titel und die Eingangsverse des Hans
Sachsischen Gedichtes, sowie die später folgenden zwei Schlusszeilen bei der Auf-
nahme desselben in sein eigenes Werk wegfallen lassen, da dieselben sonst seine
Entlehnung unliebsam verraten haben würden.
- 179 —
Eben gleich in voriger art
Nach dem Troia zerstöret icardt
Der lang ist beg den Griechen bliebe»
40. Wie Solimus vns hat beschrieben
Nach dem sindt auch in Griechenlanden
Mancherleg art Kampffspiel erstanden
Etlich die nackend allenthalben
Mit dem Baumöl sich theten salben
45. Vnd Kampffweisz mit einander rangen
Tun schrancken icettluffen vnd sprangen
Nach dem erfandt König Pgrrhus grosz
Den gewapneten Thurnier zu Eosz
Vud wie man solt inn Ordnung reitten
50. Genannt der Pgrrhisch Sprung vor zelten
Zu solchem kempffn vor langer zeit
Hat Mercurius zu bereit
Die jungen Kempffer in Kampff stücken
Au ff dasz jn thet der sieg gelückeu
55. Hat edso die erst Fechtschul ghalten
Wie vns bezeugen denn die Alten
Diodorus vnd ander mehr
Es war die aller gröste Ehr
Wellicher da ein Krantz erfacht
60. Für alle Reichthumb, givalt vnd pracht
Dergleichen auch das Kampffspiel kam
Inn die mechtigen Stadt zu Born
Da Saturnus ein Theatrum baai
Darinn des Volck dem Kampff zuschaut
65. Auff Merbelstein seiden gesundert
An der zal sechtzig vnd dreihundert
Das aller gröste Werck genannt
So ivard gemacht durch Menschen hand
Darinn mit grosser p>rßchtigkeit
70. Braucht man die Kampff spiel lange zeit
Das auff ein Kampf der Kempfer war
Offt mehr dann inn die tausend par
Sie fachten aber alle scharff
Einer den andern hieb, stach vnd warff
75. Mit scliwerdtern, kolben, spiesz vnd pfeil
Jeder hett ein schildtlein jm zu heil
Darmit er sich schützt inn der not
Vit blieben auff dem Kampffplatz todt
Vit hart verwundt die sich ergaben
12*
— 180 —
80. Mancher art sie auch kempffet haben
Auch mit beyheln vnd Vischgarn
Auch etlich Kempff bestellet warn
Mit Elephanten, Thiegerthiern
Mit Parden, Löwen, wilden Stiem
85. Mit wilden Pferden vnd mit Bäm
An den mustens jr Kunst bewern
On schaden gieng der Kämpft nicht ab
Beg F-idena sich eins begab
Zu Keyser Tyberij zeit
90. Das einfiel ein spielhausz gar weit
Zweintzig tausend Menschen erschlug
So zusahen dem Kämpfte klug
Nach dem aber die grosz Stadt Born
Zu Christlichem Gelauben kam
95. Wurden abgelernt die Kampfspiel
Dieweil es kostet Blutes ril
Wider Christlich Ordnung vnd lieb
Dennoch ein stück vom kämpf noch blieb
Vil Helt kempfften in freyem Feldt
100. Vnd ritten zamb in finster Wäldt
Als Eck vnd der alt Hillebrant
Laurein, Hürnin Sewfriedt genannt
König Fasolt vnd Dietrich von Bern
Theten ein ander Kampf gewern
105. Als zu erlangen preisz vnd ehr
Dergleich vor kurtzer zeit noch mehr
War noch der Brauch beim teutschen Adl
Wo einer fandt am andern tadl
So erfordert er jn zum kempften
110. Da einer thet den andern dempffcn
Ghrilst zu Bosz in Veldt oder schrancken
Wer lag, der lag on alles zancken
Zu fusz man auch der zeit noch kempffet
Gerüst einer den andern dempffet
115. In drey wehren, schwerd, dolch vnd spiesz
Wo einer auff den andern stiesz
Verwundet oder gar vmb bracht
Dergleich man scharff vnd nackend facht
In Watnmas, Hembd, mit einem schildt
120. Solchs als ist worden abgestilt
Das solche Kempff verboten hat
Römisch Keyserlich Mayestat
— 181 —
Maximilianus der Thewer
Aus Christenlicher liebe Fewer
125. Als ein vnchristenliche That
Darausz denn kam gar vil vnrath
An Leib vnd auch an seel grosz schaden
Vnd hat mit Fret/heit thnn begnaden
Fechten die Bitterlichen Kunst
130. Darzu er denn hett sonder gunst
Das er auch kundt zu guter masz
Vnd hat Priuilegieret das
Des die Meister von der Geschieht
Ein Ordnung haben auffgericht
135. Sanct Marxen Brüderschaf 'ft genennt
In Teutschem landt jetzt weit erkennt.
Vnd ist nicht ohn gefehr geschehn,
Denn, weil bey S. Marxen thut stehn,
Ein Low, wie das die Schrifft beweist,
Darumb S. Marcus wird gepreist,
75. Das er mit gar freudigem muth,
Gottes Wort rein auslegen thut,
Vnd schewet da gar niemand nicht,
Wie der Lew, mit frölichem gsicht.
Kein Thier nicht förcht, sondern ohne schaw,
80. Erwischt er eins, mit seiner Klaw,
Er helts. es sey jung oder alt,
Auch zureist etliches gar bald.
Also hatt S. Marcus ein sinn,
Predigt Gottes wort jmmer hin,
85. Sieht durchaus kein Person nicht an,
Furcht sich auch nicht für keinen Man,
Gleich wie der Lew mit frischem muth,
Sich nicht schewt, so S. Marcus thut.
Gleicher gestalt die Marx brüder auch,
90. Haben jetzo gleich diesen brauch,
Das sie auch gar mit frisschem muth,
Vmb sich schlan, wie der Lewe thut.
Schewen kein Kempffer oder Helt,
Der nehst der best, jhn wol gefeit,
95. Nemens mit einem jeden an,
Nur frisch frölich thun sie zu schlan,
Drumb führen sie ein starken Lewn,
Thun sich dessen für niemand schewn.
— 182 —
Welcher ivil Meister sein des schwerdts
Inn diesem Bitterlichen schertz
Derselb inn die Herbstmesz allein
140. Ziech hin gen Franckfort an den Magn
Alda wirdt er examiniert
Von den Meistern des schicerds probiert
Inn allen stückn hie vnberürt
Was einem Mei/ster zu gebürt
145. Fechtens Kunst den verborgnen Kern
Kan er das meisterlich bewern
Als denn man jn zum Meister schlecht
Sanct Marxen Bruderschafft entpfecht.
Also habt jhr jetzt fein vernommn,
100. Wo die Marx b rüder sein her komm n.
Nach dem mag er auch Fechtschul halten
150. Auch Schuler lehren vnd verwalten
Inn allen Bitterlichen Wehrw
Erstlich im langen schicerdt mit ehrn
Messer, spiesz vnd der stangen warten
In Tolchen vnd der Hellenparten
155. Jedtlichs nach art mit seinen stücken
So mag in ehren jm gelücken
Wo er schul helt im gantzen Beich
Inn Fürstenstädten der geleich
Durchausz im gantzen Teutschenlandt
160. Ich sprach: Wie sindt die stück genannt
Die man musz lehren im anfangt
Er sprach: Der Kunst zu eim eingang
Lehrt man ober vnd vnterhaw
Mittel vnd fiügel hair genaw
165. Auch gschlossen vnd einfachen sturtz
Den tritt dar zu, auch lehrt man ktirtz
Den possen vnd ein auff heben
Auszgeng vnd nider legen eben
Ich bat: Lieber Meister zeigt au
170. Wie nennt man die stück vor dem Mann
Er sprach: Ob ich dirs gleicli thu nennen
Kanst du die stück ons Werck nit kennen
Weil du nit hast gelehrt die Kunst
Doch ich dir ctusz besonder gunst
175. Etlich häw rnd stück nennen will
Die meisterlich sind vnd subtil
— 183 —
Der zornhaw vnd krumphaw schau
Zwerchhaiv, schillerhaw, scheitlerhaw
Wunder versatzung vnd nachreisen
180. Vberlauff, durchwechsel etlich heissen
Schneiden, hawen, stich im winden
Abschneiden, hengen vnd anbinden
Die Kunst helt hin vier leger klug
Alber, Tag, Ochs vnd den pflüg
185. Noch sindt der stück vil alle sancler
Das jmmer eines bricht das ander
Doch inn dem alln ein Fechter merck
An ff die vier blosz, auff schirech vnd sterck
Der höchster rhur allmal war nemb
190. Sein zoren selber brech vnd zem
Noch sindt vorhanden vil Kampfstück
Wie man ein werffen soll an rück
Beinbruch, Hodnstösz vnd armbrechen
Mordstösz, flngerbrüch, zum gsicht stechnn
195. Ich sprach: Ich bitt euch, sagt mir auch
Weil kempfen nit mehr ist im brauch
Was ist die Kunst des fechtens nütz
Er sprach: deiner frag bin ich vrdrütz
Lasz Fechtn gleich nur ein Kurtzweil sein
200. Ist doch die Kunst löblich vnd fein
Adelich, wie stechn vnd Thurniern
Als saitenspiel, singen, quintiern
Vor Frawen, Rittern vnd vor Knechten
Wo man ein lustig Spiegel fechten
205. Ziert mit manchem artlichen sprungk
Das erfrewet noch Alt vnd Jung
Auch macht fechten wer es wol kan
Hurtig vnd thätig ein jungen Mann
Geschickt vnd rundt, leicht vnd gering
210. Gelenck, fertig zu allem ding
Gen dem Feind t bhertzt vnd enuerzagt
Tapffer vnd keck ders Mannlich wagt
Kün vnd groszmütig inn dem Krieg
Zu gewinnen lob, ehr vnd sieg
215. Macht mit jm keck ander wol hundert
On not des fechtens Kunst dich wundert
Weil auch erlangt die ehrlich Kunst
Bey Fürstn vnd Herrn gnad vnd gunst
Prouision vnd dienst allzeit
— 184 —
220. Auch tvirdt mancher Fechter gefreit
Von Fürstn oder Köngklich Mayestat
Das er macht Schul zu halten hat
Samb er ein gschlagner Meister sey
Mein Freundt nun hast vermercket heg
225. Mit hurtzen ivorten gar genttng
Der löblichen Kunst vresprungl)
Inn grosser ivirrd gehalten lang
Auch wie sie jetzundt sey im gang
Darmit mannicher Meister mehr
230. Erlanget gleich den Alten Ehrl)
[Das die Kunst zu nemb hlü vnd ivachs
In ehr vnd preisz das wünscht Hans Sachs'.
Anno Salutis, 1545 am 25. Tage Junij.
— ]*)
Drumb zieh ich jetznnd hin allein
Auff die Messz, gen Franckfurt am Mayn.
Wil mich da von den Fechtern werdt,
Lassen schlan zum Meister im Schwerdt.
105. Sie werden mich öffentlich führn,
In jhren Platz, vnd da Probirn.
Wann ich da auff der Prob besteh,
So vorhindert mich denn nichts mehr.
Wercl als dann zum Meister erkorn,
110. Vnd wann ich jhnen hab geschworn.
So zieh ich wider meine strassn,
Vnd thu mich des Fechtens an massn.
Mag das brauchen durchs gantze Landt,
Vnd wenn ich gleich bin vnbekand,
115. Dennoch brauch ich die Ritterkunst,
Vnd krieg also durchs Land viel gunst.
Mein jung Gesell sagt mir doch auch,
Was helt man denn für einen brauch,
Zu Franckfurt in der werden Stad,
120. Daruon jhr mir viel gesagt hat.
i) Diese Zeile lautet bei Rösener: «Der Fechter Kunst, vnd jhrn vrsprung»
-\ Die beiden Zeilen hat Rösener folgendermassen geändert:
« Damit auch mancher Meister mehr,
Durch die Fechtkunsl erlangt gros ehr.»
*) Vergleiche die Anmerkung Seite 178.
— 185 —
Wann nun ein Fechter kompt hinein.
Wolt gern ein Meister im Schwerdt sein.
Bey wehm mus er sich geben an,
Der jhn kan zu eim Meister schlan. '
125. Was helt man denn für ein Proces,
Tax. Franckfurt in der grossen Messz.
Mein lieber Wirth, ich wil euch ebn,
Auff ewer Frag gut antwort gebn.
Ob ichs schon selbst gesehen nicht,
130. Doch gebn mir die Alten bericht.
Das: wann ein Fechter hinein kumpt.
Vnd derselb den bericht ein nimpt,
Wo er antreffe den Hauptman,
Mus er sich bey ihm geben an.
135. Vnd mus werben zun Vier Meistern,
Die werden jhn alsbald heissen.
Das er mus thun die Proben haw,
Die Fünft thun jhm alle zuschawn.
Wann er besteht in solcher Prob,
140. So wird die sach da auff geschobn.
Bis auff den Sontag in der Messz,
Da wird er denn mit nicht vorgessn.
Sondern er wird da vorgestelt,
Für alle Meister, wie ein Heldt.
145. Die mus er da alle bestehn,
Keiner lest jhn für über gehn.
Er mus mit jedem aus dem Schwert
Fechten, wers nur an jhn begert.
Wann er in der Prob ist bestandn,
150. So nimpt man jhn als dann zu handn.
Vnd lest jhn knien auf die Erdt,
Da wird er mit dein Parat Schwerdt.
Vber seine Lenden Creutzweis:
Geschlagen, auffs Hauptmans geheis.
155. Er mus auch wie die andern pflegn,
Zween Goltgülden auff das Schwerd legn.
Da thut man jhn ein Fechter nennen,
Vnd für ein Meistr im Schwerd erkennen.
Wann er nun dieses hat gethan,
160. Mus er auch schweren dem Hauptman.
Das er die zeit bey seinem lebn,
Sein Meistrschafft nicht wil vbergebn.
— 186 —
Wann er nun durchaus so besteht,
Druff er die heimligkeit1) empfeht,
165. Vnd bleibt also Meister im Schwerdt,
Die Fechter halten jhn Lieb vnd werdt.
Nun werdt jhr habn vernommen rechl,
Wie man einen zum Meister schlecht.
Ja ich habs recht genommen ein,
170. Jch möcht wohl selbest dabey sein.
Mein halt mir noch zu gut ein frag,
Mein grobheit mit gedult Vortrag
Weil man die Kunst rhümet so sehr,
Wie das denn sonst kein Keyser mehr.
175. *Die Marxbrüder befreyet macht
♦Dann Friederich, wie vor gesagt
*Nach Friederich Maximilian
*Nam sich der Marxbrüder widr an.
*Das der löblich Keysr Maximilion
180. *Wie ich mit warheit sagen kan2)
Jrn Tausent vnd Vierhundert Jar,
Sieben vnd achtzig dis ist war
Am zehenden Monats tag May,
Zu Nüremberg, wie ich meld hie.
185. Dis Priiiilegium thun vernewrn,
*Durch Maximilion der thewern.3)
Als man Tausent fünffhundert zalt
Vnd zwölff Jar, ich euch nicht verhalt,
Den Siebn vnd zwantzigstn September,
190. Hat auch mit lust ohn all beschwer.
Die Keyserliche Mayestat,
Zu Collen in der grossen Stadt,
Maximilian genennet wird.
Die Marxbrüdr auch Priuilegirt.
') Da* sind gewisse besondere und von den Fechtmeistern geheim gehaltene, bis
zur Approbation ihren Schülern vorenthaltene Kniffe und Kunsthiebe der Fechtkunst.
2) Diese sechs Zeilen sind über den ersten Druck übergeklebt: sie lauteten nach
dem Exemplare der Weimarer Hofbibliothek ursprünglich:
«Die Marxbrüder befreyen kan,
Denn der thewr Maximilian.
Nach dem thewren Maximilian,
Hat sichs vngefehr zugetragn.
Das der loblich Keyser Friedrich
Wie ich euch geb ietzo bericht»
u. s. f.
3i Auch diese Zeile ist über den alten Druck geklebt; sie lautete nach dem
Weimarer Kxemplare früher: «Nach Maximilian dem tliewrn .
— 187 —
195. Zv dem, als man auch hat gezalt,
Tausent, Fünff hundert, vnd als bald.
Sechs vnd sechtzig, im Monat Mey
Den sechsten, ich euch sag hierbey,
Sind die Marxbrüder nach der Wahl,
200. Priuilegiret noch ein mahl.
Vom Keyser Maximilian,
Wie ich euch jetzo zeige an,
Jst in Augsburg der Stad geschehn,
Wie menniglich da hat gesehn.
205. Jetzt nun mehr hat Rudolff der Keys?
Den Marxbrüdrn die gnad thun bewisn,
Weil sies haben vor wenig zeit,
Gesucht in vnderthenigkeit,
Die ersten Brieff new Confirmirt,
210. Vnd sie wieder Priuilegirt.
Geschach im Neun vnd siebntzigsten Jar,
Der weniger Zahl sag ich fürwar,
Den Zehenden tag Julij,
Das hab ich müssen melden hie.
215. Auff des Keysers Burg der Stad Prag,
Drumb merckt mit fleis, was ich euch sag.
Hieraus künd jhr nun schliessen fein,
Das die Fechtkunst geehrt raus sein.
Weil jhr mir denn auff mein frag ebn,
220. So richtigen bescheid hat gebn.
So dörfft jhr mich bereden bald,
Wann ich nun mehr nicht weer zu alt,
Das ich lernet die Fechterkunst,
Weil sie bringt Ehr vnd grosse gunst.
225. Dis thu ich gern, wolt jhr nu fein,
Was ich euch weise gehorsam sein.
Das wil ich thun zu jeder zeit,
Euch folgen mit bescheidenheit.
Jhr werdet aber zuuor ebn,
230. Gar ein wenig anleitung gebn.
Wie ich mich drein vorhalten soll,
Das ich die Fechtkunst lerne wol.
Weil jhr denn dis jetzt thut begern
So wil ich euch hierein gewern!
235. Merckt nur fleiszig, was ich euch sag,
Vnd lernets heut, auff diesen tag.
— 188 —
Gott geb vns Glück zur Fechter Kunst,
Dann sie bey grossen Herrn hat gunst.
Jn Gottes gwalt vvolln wir vns gebn,
240. Jn seim Namen zu Fechten anhebn.
Herr Gott vorley vns Gnad vnd Gunst,
Recht zu gebrauchen die Ritterkunst.
Das jhr dieselbe mögt wol lern.
Damit euch grosse Herren ehrn.
245. Wolt jhr lernen Fechten künstlich.
Solt jhr mit fleis fürsehen euch.
Zvm ersten schempt euch nicht zu lernn,
Sondern thut stetts Übung begern.
Wenn jhr wolt gehen zu der Lehr,
250. So grüst die Meister vnd Schüler.
Vnd wann jhr au ff die Schule kompt,
Schawt das kein frembder mit euch kümpt.
Er kan denn ein Schulrecht bestehn,
Mit dem Meister drey Genge gehn.
255. Halt jhr euchs Fechten nemet an,
Kein Nestel sol sein zugethan,
Auch kein Dolch an der Seiten dran,
Vnd gar nichts auff dem Heupte han.
Nempt keinem aus der Hand sein Wehr,
260. Rit erst vorlöbnis vom Meister.
Halt fest die Wehr, lasz keine falln,
Falt auch selbst nicht, seid bdacht in alln.
Auch mit vngstüm kein Wehr zerschlagt,
Mit sittn ewr arbeit vortragt.
265. Solt auch durch aus keins andern spottn,
In der Übung, es ist verbottn.
Auch solt jhr keinen blutig schlan,
Der erst zu fechten fehet an.
Wann auch nun frembde Schuler kemn,
270. Auff den Lehrplatz, solt jhr vornemn.
Das jhr keinen verspotten wollt,
Umb ein par straich jhr Fechten sollt.
Oder vmb einen schönen Crantz,
Macht euch nur her an diesen Tantz,
275. Oder nach erkentnis der Massn,
Von Meistr vnd Schuh euch straffen lassn.
Wer nicht wil ein gehn den inhalt,
Der pack sich von der Schule bald.
— 189 —
Er sol die Schuler vnd Platz meiden.
280. Vneinig Gselschafft sol man nicht leidn.
Werd jhr euch halten nach der Lehr,
Ihr werdt des Fechtens haben Ehr.
Ey ich bin jetzt nun fein bericht,
Durch aus ich mich nun euch vorpflicht,
285. Wil euch auch meinen Meister nenn,
Wolt mich für ewren Schuler kenn.
Ich wil euch thun gar kein vordreis,!)
Lernt mich das Fechten nur gewis.
Was jhr als denn begert fürs lohn,
290. Sol euch gereichet werden schon.
Nun wie gefeit euch jetzt der streich,
Meister ich durch aus gar nicht weich.
Das springen steht mir zimlich an,
Wil aber sonst künstlich zuschlan.
295. Ich wil euch jetzt noch mehr stück weisn,
Das man euch sol ein Fechter preisn.
Mein Schwerd thu ich jetzt auff heben,
Ilaw durch aus vnten oder oben.
Denn gar recht Fechter brauch treib ich,
300. Vnd könt also probieren mich.
Aus recht artlicher Meisterschafft,
Auch aus der rechten Künsten krafft.
Hierzu brauch ich auch das Rappir,
Stumpff, scharff, wie mans begert von mir.
305. Damit thu ich mein Feinde putzen,
Vnd auch mein Leib damit zu schutzn.
Jetzt habt jhr nun mehr gantz vnd gar,
Die Fechtkunst weg, sag ich vorwar.
Ihr werd nun geben mir mein Lohn,
310. Ich wil forth, denn ich mus daruon.
Ich möchte sonst zu lange sein,
Der Weg ist lang bis bin an Meyn.
Meister, da habt jhr ewren Solt,
Weil jhr denn nun gar fort wolt,
315. Nempt auch für gut was ich euch gthan,
Im zurück ziehn, sprecht mich widr an.
Doch sagt mir vor, wie ich zu mahl.
Schul zu halten anschlahen sol.
i) d. i. Verdruss.
— . 190 —
Ich wil eucli fein berichten der sachn,
320. Kein Fedr Fechter last euch jrr machn,
Bleibt nur in vnser Brüderschaft!.
Denn die haben durch den Lewen krafft.
Wann sie schon wider euch anschlagn,
So thut mit wenig worton sagn.
325. Weil Keyserliche Mayestat,
Die Marxbrüder Priuilegiret hat
Vnd nach dem andre Keyser mehr,
So bleibn wir Marxbriidr wol in ehm.
Ja Meister, ich wils euch zu sagn,
330. Das ich alle mein lebe tagn.
Wil bleibn bey der Marxbrüderschaffi,
Kein Fedr Fechter an mir nicht hafft.
Ich gebe euch hierauff meine handt,
Vnd meinen Eydt, habt euch zu pfandt.
335. Ich wil stehen gleich wie der Lew.
Vor kein Fedr Fechter trag ich schew.
Nvn hierauff wil ich euch jetzt sagn,
Wann jhr wolt eine Schul anschlagn.
So solt jhr diese Beimen führn,
340. Damit die Feder Fechter rürn.
Frisch her, jhr Fedr Fechter last euch sagn,
Ein Buchdruckr hat nechst an geschlagn.
Er hett Bücher gsetzt vnd gelesn.
Das aber S. Marx ein Fechtr sey gwesn.
345. Hett er durchaus gefunden nicht.
Er hielt es nur für ein Getichl.
Er halt auch durchaus nichts dauon.
Das S. Marx wer vnser Patron.
Denn Marcus der Eu angelist,
350. Beschreibt Gotts Wort ohn arge list.
Vnd wird dem stareken Lewen vorgleicht,
Dieweil sein Lehr so weit ausreicht.
Ich thu euch aber jetzo eben.
Auff die Frag richtig antwort gebn.
355. Ettliche Keyser an der Zahl,
Dieselben haben allzumahl.
Die Marcusbrüder thun begabn,
Mit Schild vnd Helm, die wir noch habn.
Durch Bitters that von jhn bekomn,
360. Nenten vns Marxbrüder die fromn.
— 191 —
Gaben vns auch die grosse macht,
S. Marx zu führn mit schönem pracht.
Vnd auch den Lewen wol bericht
Das erlangt kein Fedr Fechter nicht.
365. Das sie sich abr des Greiffen rhümn,
Sind sie hierin gar viel zu kühn.
Denn ein Hertzog von Meckelnbergk,
Hat nicht mehr denn einen,1) dis merck,
Der sich im Fechtn gehalten wol,
370. Geben den Greiff, den er führen sol.
Vnd sonst kein Feder Fechter mehr,
Habn nun mehr des Greiffs kleine Ehr.
Weil sie hierein haben gejrrt,
Vnd sind nicht Priuilegirt.
375. Noch mehr thun sie sich vnderstahn.
Lassen ein offnen Helm machen.
Führen den in jhrem anschlag,
Mein Feder Fechter dis mir sag.
Wo her ist dir die macht gegebn,
380. Wer hat dich gewapnet, 2) sag mirs ebn.
Du wirst nun mehr mit keinem Newn.
Vns vortreiben, den starcken Lewn.
Denn er hat Keyserliehe freyt,
Last jhr den Lewen vngeheidt.3)
385. Also habt jhr den anschlag fein,
Nempt jhn nur recht in sinn hinein.
Wann jhr nun aus rufft ewre Schul,
Lernt diese Vers, vnd braucht sie wol.4)
Ich schwing mich auff in Gottes glück.
390. In diesem Kampff platz offt vnd dick.
Des Greiffen Gschlecht, mus heint herunter,
Wir Marx brüdr sein fein frisch vnd muntr.
Mit euch zu Fechten ist mein frewd,
Frisch her, jhr Fedr Fechter es ist zeit.
'395. Ob man mir gleich wolt jamer sagn,
Wie jhr mir wolt stossen vnd schlagn.
J) wohl Druckfehler für «einem».
2) = dir ein Wappen verliehen.
3) d. i. «in Ruhe, ungestört».
*) die heiden folgenden Anschnitte sind zwei Muster zu Fechtschulreimen, wie
ich solche bereits aus einer Nürnberger Handschrift (vgl. s. 156 ff.) mitgeteilt habe
— 192 —
Ich furcht nicht, wie wilt jhr mügt sein,
Ist doch ewer Haut so weich als mein.
Werd jhr mich treffn, ich lass geschehn,
400. Werd ich ewer fehin, jhr solts wol sehn.
Ein anders.
Dv edler Lew schwing dein Kraus haar,
Nim dir des Greiften ehen war,
Der mit seim stoltzen muth vnd pracht,
Die gfreyte Marxhrüdr all voracht,
405. Den soltu für dir hawen nidr,
Vnd zu reissen all sein gefidr.
Das jhn sein Gsellen müssen weg tragn,
Die wolln wir auch auff die Köpff schlagn.
Jetzund seid jhr berichtet fein,
410. Ich gdenck jhr werdt zu frieden sein,
Mit der Lehr die ich euch gethan,
Ich wil nun mehr auff vnd dauon.
Braucht nur die Kunst fein Ritterlich,
Ich ziehe dahin, Gott behütf Euch.
415. Ich thu euch hieuor jetzt danck sagn,
Ich hab lan fertig machn den Wagn,
Da farth jhr mit mir in die Stad,
Hab ichs euch doch vor zugesagt,
Ihr dürfft ja eilen nicht so hardt,
420. Itzundt wolln wir seini) auff die farth.
Wir fahren gar geschwind hinein,
Ey nun, wann es denn ja sol sein,
So fahre ich mit euch dauon,
Vnd geb dem KutzschnS) Trinckgelt zu lohn.
425. Nvn Kutzsch, span an, vnd fahr nur sacht,
Wir kommen doch wol nein vor nacht,
GOTT geb vns auff die Reis vil glück,
Hört, wann jhr werdt zihen zu rück,
Vnd seit zum Meister wordn geschlan,
430. So mögt jhr mich frey sprechen an.
Vnd zu mir in mein Haus einkern,
Jch will euch Herbrigen vnd ehm.
Wil ewer durchaus nicht vorgessn,
Zur notlurfft geben trinckn vnd essn.
>) Wohl Druckfehler für «fein».
2) Kutscher.
— 193 —
435. Wil ewer so warten vnd pflegn,
Darnach euch in ein gut Bett legn.
Jch sag euch nun mehr grossen danck,
Für ewer Fuhrwerg, Speis vnd Tranck.
Als bald ich wider zieh vom Meyn,
440. So kehr ich wider bey euch ein.»
Christoff Rösener, Meister des Schwerdts.
Wann wüchsse Laub vnd Gras
So gschwind als Neit vnd Hass,
So heften Schaff vnd Rindr,
All Jar ein guten Wintr.i)
M. J. F.
Nun folget der Gesang der Ritterlichen Fechtkunst,
jb.ren Vrsprung, Fundament, vnd begriff aller heimligkeit
In der Henne weis W olfframs , oder Pentzenaicers Tlion.Z)
«Von Ritterlicben Künsten,
so wil ich heben an,
Singen mit der Fechter günste
wie ichs gelernet han,
5. Bitt auch jhr Meister alle.
.Ihr wolt mich recht vorstan,
Vnd last euch nicht misfallen,
was ich getichtet han.
Mein Schwerd hab ich erhaben,
10. nach Künsten Meisterlich,
Haw vnten oder oben,
den rechten brauch treib ich,
Vnd wil dich auch probiren,
aus rechter Meisterschafft,
15. Schweche vnd sterck vorführen,
aus rechter Künsten krafft.
i| Ein altes Sprüchwort, das sich auch in dem ersten gedruckten Fechtbuche
von Paumfeindt i erschienen Wien 1516) vorfindet. Über letzteres vergleiche man
die Deutsche Turnzeitung von 18f>£, S. 358 f.
2) Eine Art Meisterlied der Fechterkunst. Das Gedicht ist im Original-
druck fortlaufend gedruckt; erst Wassmannsdorff hat in seiner Ausgabe, und
wohl mit Recht, die Verse in einzelne Strophen gegliedert und abgeteilt.
13
— 194 —
Wem muth zu fechten were.
der neme sein Schwerd in die band,
Das Wort (in des) schneit sehre.
20. dem es ist recht bekandt.
Vnd wer erschrickt gerne.
das ist mein bester Rath.
Das er nicht Fechten lehme.1)
denn es übel anstath.
25. Nun merckt (in des) das Worte,
da alle Kunst an ligt,
Zornhavv der geht mit orte,
behend aus langer schneid,
Aus Gülden kunst ich treibe.
30. den Flügel ins hangend orth,
Jm Triangel nicht bleibe,
des Püffels nicht erwart.
Dabey soltu auch mercken.
die zwey vor vnd nach.
35. Darzu schweche vnd stercke.
einlauffen sey dir nicht jach.
Dein Schwerd zu beiden henden.
Die Zeckruhr nicht verlass.
Treib die stück behende.
40. so findestu jhn blos.
Scheitelhaw der Kunst ortte,
den Schilhaw nicht durch lauft.
Vnd die eiserne Pforte,
fürbas so merck auff.
45. Wiltu von dannen tragen,
den Meisterlichen Krantz,
Vier hutten2) mustu haben.
gehören auch an Tantz.
Die wil ich dir jetzt nennen.
50. so soltu sein bericht,
Ocbs, Alber, Pflug, lern kennen.
Von Dach 3) auch nicht vornicht.
>) Benutzung eines alten Fechtersprüchwortes :
«Ersehrick.stu gern
Kein Fechten lern.
durch den Verfasser des Liedes.
"■) = huoten. zu .hüten' gehörig: es sind Paradeauslagen oder Defensivhiebe.
•) = Tag.
— 195 —
Die viere soltu fechten,
vnd dauon halten allein.
55. So hastu die Gerechten,
vnd pfleg die in gemein. *>
Viere sind die vorsetzen,
vnd vier blos2) an den man.
Die viere auch sehre letzen,3)
60. ein stück heist man die Krön.
Wiltu dieselb vortreiben,
ihm den Schnid für die Hand.
Die Krön mag nicht lang bleiben,
ist dir der Schnit bekand.
65. Der Krumphaw ist noch binden,
die zwerch vnd auch der schnit,
Im Dupliren lerne finden,
Mittlren nim auch mit,
Durch wechssei ich dir sage,
70. trit nahend an den Bund,
Weiter daiffst du nicht fragen,
wiltu nicht werden wund.
Durch fehler 4) ich dir rathe,
die hengen hab in Hutt,
75. Das sprechfenster so drate.
einwinden ist auch gut.
Von beidn seittn absetze,
sein schwerd mit deinem Schild,
Nach reisen auch sehr letzet.
80. der gegen dir ist mildt.5)
Ob man wird weiter fragen.
wer das gedichtet hat.
Das darff man jhm nachsagen.
1 Vgl. dazu aus L iecht enauer's Fechtregeln (Handschrift des gerni. Mus.
in Nürnberg vom Jahre 1389) die Reime über die Auslagen mit dem Schwerte:
«Vier leger allein
Dauon haltu, fleuch die gemein
Ochs pflüg alber
Vom tag sein dir mit (nitVi vnmer.»
-) == Blossen.
5) = verletzen.
*; = Finten, Trughiebe.
■>■ Dafür ist wohl besser .wild» zu lesen.
13*
196
Er heist der l'au I us R o l li.
So. Das Lied das thut er schencken,
Kint Fechter wolgemuth.
Christoff Rösener zu gedencken,
der nams von jhin vor gut.
Vnd soll er alles rechnen,
90. was in der Kunst mag sein.
Sein Kopff möcht er zerbrechen,
Er trinckl gerne Wein,
Er bitt die Edelen Fechter,
woln jhm nicht für übel han,
95. Ob er jhn nicht thet rechte,
dann er nicht lichten kan.»
E n (1 e.
Vnderrichtungen auch nützliche anweisungn des Fechtens,
sampt dem gantzen Fundamen I im Dusacken.
Mit dieser Wehr reich weit vnd lang,
Dem Haw für sich vberhang,
Mit deinem Leib, darzu tritt ferr,
Dein Naiv führ giraltig vnib jhm her,
5. Zu all vier enden, las die fliegen,
Mit geberden, zucken, haust jhn btriegen.
Jn die sterck soltu vorsetzen,
Mit der schirech za gleich jhn letzen,
Audi neher soltu kommen nicht
L0. Dann das jhn langest mit eim tritt
Wann er dir wolt eirilauffen schier.
Das vorder orth, treibt jhn von dir.
Wer er dir aber glauffen ein.
Mit greiffen, ringn, der erst so/t sein.
iö. Der sterck vnd schwech nim eben nur.
Jn des, die blas, macht offenbar,
Jm vor, vnd nach, darzu recht trit,
Merck feiszig auff die rechte zeit.
Vnd las dich bald erschrecken nicht! \)
Ende.
') Dieses Siiick i.-t ein mii ganz wenigen und geringfügigen Veränderungen
dem Joachim Meyer'schen Fechtbuche vom Jahre 1">70 entnommener Fechtzettel,
eine Anleitung zum Feehlen mit dem Dussack.
— 197 —
[Auf dem nächsten, letzten Blatte des Druckes steht das Wappen der
kurfürstlichen Stadt Dresden in Holzschnitt mit der Jahreszahl 1584 ;
darunter stehen die Worte:]
Gedruckt in der Churfuerstlichen Stad Dreszden, durch
G i m e 1 Bergen.
ANNO 1589.
Nr. IX. Die Fechterfabel aus Burkhard Waldis' Fabelsammlung
,.Esopus".
(Vgl. Ausgabe von H. Kurz [Leipzig 1862.]: Das vierdte Buch der
Fabeln Esopi. hat Hundert newer Fabeln. Nr. 72. Bd. TL s. 176/7.)
Die LXX1I. Fabel.
Von zweien Fechtern.
«Ein Fechter, war einr von den Alten,
Der het lang offne Schul gehalten.
ir viel gelert, welch waren lerig
Vnd derselbigen Kunst begerig.
5. Die vnterrichtet er mit fleiss :
Des het er grossen lob vnd preiss.
Da war einr von denselben Gsellen,
Der thet der Kunst fleissig nachstellen,
Vnd an denselben Meister bgern,
10. Das er jn wolt in allen wehrn
Als leren, was er selber wüst,
Was man zum ernst auch brauchen must.
Das thet der Mann on alle arg.
Nichts vberall vor jm verbarg.
15. Wie er die Kunst hett wol gefasst,
Hub an vnd seinen Meister hassl.
Vnd bot jm auss vor Herrn vnd Knechten.
Vmb leib vnd leben mit jm zfechten
In wehren, welch jm selb beliebt :
20. Des sich der alt Mann sehr betrübt.
Sähe, das er jm mit lauffen, ringen
Zu fertig war vnd mit dem springen.
Jedoch dorfft ers nit schlagen ab.
Vnd sich willig darinn begab.
25. Am morgen kamens auff den platz.
Legten sich zamen in den hatz.
Wie sie theten den ersten gang,
Der jung Gsell auff den alten drang.
.98
Ein scharpffes schwere! gegen jm zuckt;
30. Der alt Mann vber ein seiten ruckt,
Vnd sprach: «das ist vor nie geschehen.
Habs auch nie auff keiner Schul gesehen,
Ward auch so nit bewilligt nechlen.
Das ich gegen ewr zwen solt fechten.
35. Hercules solt gnug zschaffen lian.
Wenn er solt zwen zugleich bestahn.»
Der Gsell wendt sich on als gfehr,
Wolt sehen, wer sein helffer wer;
Baldt war der alt Mann nahe bey
40. Vnd schlug jm seinen kopff entzwey.
Wer einen zucht vnd Künste lehrt,
Ist werdt, das man jn wid'er ehrt.
Wenn man sich auch auffs höchst befleisst.
All wolthat, zucht vnd ehr heweisst,
45. Doch kan man nimmer oder selten
Eim trewen Lehrer widergelten.
Man sol, wie die Gesetz anzeigen,
Die knie vor einem alten beygen.
Ob gleich ein junger Mann mit sterck
50. Aussrichten kan gross, herrlich werck,
Dennoch er stets ein guten rath
Bey den alten zu suchen hat.»
Nr. X. 2 Fechtergeschichten aus Johann Paulis Schwanksamm-
lung „Schimpf*) und Ernst". (1519.)
Vgl. Ausgabe von H. Österley, Bibl. des Stuttg. Litt. Ver.. Bd. S5.
[Stuttgart 1866.] s. 198/9.)
1-)
Von schimpff das CCCXi.
«Es was ein schirmeister der het in vil stetten schul ge-
halten, vnd gute schuler gemacht, schirmeister, ab einer was
vberusz gut, vnd erhob sich mit Lucifer. er wolt seinem meister
nichtz entfor geben, ie das sie einander vszbutten, vmb das leben
5. zu fechten, vnd solt ieglicher brachen was er künt, vnd alle seine
kunst. Sie kamen vff dem blatz züsamen, vnd machten ir spiegel-
fechten, wie man dan thiit, da sie schier züsamen kamen, da
' ) il. h. Spass, Scherz.
— 199 —
hielt der meister sein schwert stil, vnd sprach zu seinem schüler.
Es ist nit geret worden das ich mit zweien sol fechten. Dieser
10. lügt hindersich wer im helffen wolt. vnd dieweil er hindersich
lügt, da sprang der meister herzu, vnd schlug im den kopff ab,
vnd sprach, den streich hab ich dich noch nit gelert. Diser
meister hat gethon wie der in dem nechsten gesagten exempel,
das ein meister im ahvegen sol etwas behalten das er seine
schüler nit leren sol.»
2.)
Von ernst das CCCXii.
«Vf ein mal betten zwen meister auch etwas mit ein ander
zu schaffen, das einer den andern vsz bot zu kempfen. vnd mit
gottes hilff wolt er in beston das er recht het. Der ander sprach,
mit hilff meines brüders so wil ich dich beston. Da der tag des
5. kampffs kam, da kam der ein mit seinem gewer, vnd bracht
seinen brüder mit im. Der erst sprach, das ist nit geret worden
nach des lands sitten noch gewonheit das zwen sollen fechten
wider ein vnd einer wider zwen, heisz dein brüder ab tretten.
Da sprach er nein, euwer sein zwen so sein vnser auch zwen,
10. es ist got vnd du so ist es mein brüder vnd ich, vnd sein zwen
wider zwen, wan du hast gesprochen, du woltest mich mit gotes
hilff beston, da sprach ich, ich wolt dich beston mit meins
brüders hilff. Also aber, vbergib du gotes hilff, der dein gesel
ist, so wil ich meines brüders hilff auch vbergeben. Er wolt
15. gottes hilff nit vbergeben, da wolt der ander seins gesellen hilff
auch nit vbergeben. Also giengen sie wider heim, vnd ward
nichtz darusz.»
>♦—
— 200 —
Anhang.
Verzeichnis der benutzten Schriften und Werke.
Abi. Fech (.erspiele und Fechtschulen in Deutschland. Vgl. J. G.
Büsching's wöchentl. Nachrichten u. s. w., Bd. III, Breslau 1817.
Ambros. Geschichte der Musik. Breslau 1864.
J. v. Arx. Geschichte des Kantons St. Gallen. St. Gallen 1810.
Fr. Au er. Das Stadtrecht von München. München 18-40.
Ave-Lallemant. Das deutsche Gaunertum. Leipzig 1858 — 1862.
J. Baader. Ordnung der Federfechter zu Prag. Anzeiger des Genn.
Mus., Bd. 12, 1865.
J. Bächtold. Geschichte der deutschen Litteratur in der Schweiz.
1892. Frauenfeld.
Barre. Die Brüderschaft der Pfeiffer im Elsass. Golmar 1873.
K. Bartsch. Die Meisterlieder der Colmarer Handschrift. Bibl. d.
Stuttg. litt. Vereins. Bd. 68, 1862.
- Deutsche Liederdichter des 12. bis 14. Jahrhunderts. Leipzig 1864.
— Die Schweizer Minnesänger. Frauenfeld 1886.
Benecke. Wörterbuch zu Hartmann's lwein. (2. Ausgabe von
Wilken). Göttingen 1874.
Beneke. Von unehrlichen Leuten. 2) Hamburg 1889.
Benecke- Müller-Zarncke. Mittelhochdeutsches Wörterbuch .
J. Bintz. Die Leibesübungen des Mittelalters. Gütersloh 1880.
J. Holte. Das Danziger Theater im 16. und 17. Jahrhundert. Theater-
geschichtliche Forschungen. Bd. XII, Hamburg 18i>5.
K. Burda eh. Reinmar der Alte und Walther von der Vogelweide.
Leipziu 1880.
Du Cange-Henschel. Glossarium mediae et intimae latinitatis.
Niort 1883. Tom. II. III.
- 201 —
Diez. Poesie der Troubadours. 2. Auflage von Bartsch. Leipzig 1883.
— Leben und Werke der Troubadours. 2. Auflage von Bartsch.
Leipzig 1882.
K. Drescher. Die Nürnberger Meistersingerprotocolle von 1575 bis
1689. Bibl. des Stuttg. litt. Vereins. Bde. 218. 214. 1897.
A. Erichson. Das Duell im alten Strassburg. 1898.
Fechtbüchlein von J. Schmied-Kowarzik und H. Kufahl. Leipzig
1894.
E. Förstemann. Sammlung von Strassennamen. Germania. Bde. XIV,
XV und XVI.
Freymond. Jongleurs et Menestrels. Halle 1888.
G. Frey tag. Bilder aus der deutschen Vergangenheit. Bd. I. Leipzig
1867.
— Neue Bilder aus der deutschen Vergangenheit.
Fries. Abhandlung vom sogenannten Pfeiffergericht. Frankfurt a. M.,
1752.
K. Gödeke. Pamphilus Gengenbach.
E. Goetze. Das Wappen der Meistersinger. Archiv für Litteratur-
Geschichte. Bd. V.
J. Grimm. Deutsche Bechtsaltertümer.3) Göttingen 1881.
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— 205 —
Inhalts-Übersicht .
Einleitung S. 5 ff.
I. Teil. Die Kämpen und Fechter. S. 13 ff.
a) Kampfui'teil und Schwerttanz in Tacitus «Germania» bereits
bezeugt. S. 13 ff. b) Kampfurteil und Gottesgericht bei verschiedenen
deutschen Stämmen überliefert. S. 17 ff. c) Verschiedene Rechtsbestim-
mungen über das Kampfgericht. S. 19 ff. d) Die Institution des Königs-
fechters. S. 23 f. e) Der gerichtliche Zweikampf im Tierepos. S. 25 ff.
fi Zweikampf und Gottesurteil in der deutschen Heldensage und die
sprachlichen Ausdrücke für diese. S. 27 ff. g) Schilderung eines gericht-
lichen Zweikampfes in der niederländischen Litteratur. S. 31 f. h) Das
Fechten und Schirmen als ritterliche Kunstübung und die höfischen
Fechtmeister. S. 33 ff. i) Fechten und Schirmen im ernsthaften Streit.
S. 38 ff. k) Tierkämpfe als Überreste römischen Gladiatorentums.
S. 41 ff. 1) Katzenritter. S. 44ff. m) Das Fechterwesen des späteren
Mittelalters. S. -47 ff. n) Die Federfechter und die Herkunft ihres
Namens. S. 51 ff. o) Die Fechtschulen. S. ßl ff. p) Verfall des Fechter-
wesens. Klopffechtertum. Spuren desselben in der späteren Litteratur.
S. 65 ff. q) Zusammenstellung der den Fechterbrüderschaften ver-
liehenen Privilegien. S. 68 f. r) Weitere Urkunden, das Fechterwesen
betreffend. S. 70 ff. s) Übersicht über abgehaltene Fechtschulen,
Schwerttänze und ähnliche Schaustellungen. S. 73 ff. t) Verzeichnis
der wichtigsten Fechterschriften. S. 76 f. u) Werke, die Beschreibungen
und Berichte über Fechtschulen enthalten. S. 77 ff. v) Litterarische
Verwertungen des Fechterwesens. S. 79 ff. w) Die zwischen Fecht-
scliulen und Schweittänzen bestehenden Beziehungen. S. 81 ff.
II. Teil. Die Spielleute und das fahrende Volk. S. 86ff.
a) Begriff des Spielmannes einst und jetzt. S. 87 f. b) Lebens-
weise und sociale Stellung der Spielleute. S. 88 ff. c) Die Frage der
Auffassung des « guot umb ere nemen's». S. 93 f. d) Verschiedene
Rangstufen der Spielleute unterschieden. S. 94f. e) Die Spielleute-
verbände und Pfeifferbrüderschaften. S. 96 f.
— 206 —
III. Teil. Der zwischen den Fechtern und Kämpen einerseits
und den Spielleuten und Fahrenden andererseits be-
stehende, entwicklungsgeschichtliche Parallelismus und
seine verschiedenen Aus drucksformen im Rechts wesen
und in socialen Verhältnissen, in Litteratnr und Sprache.
S. 97 ff.
a) Rechtliche Zeugnisse für die gleichartige Behandlung der
Kämpen und Spielleute. S. 98 ff. b) Fechter und Spielleute als Zeugen
in Urkunden auftretend. S. 105 ff. c) Spielleute als Besitzer von Grund-
stücken und Häusern. S. 107 f. d) Vergleichung des Kampflebens mit
dem Treiben der Spielleute. S. 109 f. e) Minnelieder und Meister-
gesänge mit Anspielung auf Zweikampf oder Fechterwesen. S. 111 ff.
f) Parallelausdrücke in der Kunstsprache der Fechter und der Meister-
singer. S. 126 ff. g) Gleichartige Organisationen der beiden Stände.
S. 130f. h) Die Eigennamen der Fechter, Spielleute und fahrenden
Sänger. S. 131 ff. i) Ihre Berufsbezeiehnungen als Geschlechtsnamen
erhalten. S. 134 k) Verwendung derselben zur Benennung von Strassen
und Ortlichkeiten. S. 135. 1) Gemeinsame Bereicherung des Sprach-
schatzes durch die Kunstausdrücke der Fechter und Spielleute.
S. 136 ff. et) Ausdrücke des Fechterwesens. S. 13Sf. ß) Ausdrücke
der Spielleute und Fahrenden. S. Jo9f.
Abschliessende Zusammenfassung der Hauptergebnisse der
Untersuchung. S. 14-0 ff.
IV. Teil. Beilagen.
1) Die Fechtprobe zwischen Hagen und Wate aus dem Kudrun-
liede. S. 142 ff.
2) Geschichte der Kampffechter von Löwen. A) Altere Fassung.
S. 144 ff. B) Jüngere Fassung. S. 150ff.
3) Stellen aus Hugo von Trimberg's < Renner > über die Kämpen
etc. S. 155 f.
4) Die Nürnberger Fechtschulreime vom Jahre 1579. (Abdruck
nach Wassmannsdorff.) S. 156 ff.
5) Fechtzettel aus dem Joachim Meyer'sehen Fechtbuche von
1570. (Abdruck nacli dem Fechtbüchlein.) S. 170ff.
6) Drei Sprüche aus dem Jakob Sutorschen Fechtbuche von
Dil 2. (Abdruck nach dem Neudrucke von 1849.) S. 173 f.
7) Christoff Rösener's: Ehrentittel und Lobspruch der Ritter-
lichen Freyen Kunst der Fechter u. s. w. von 1589. (Abdruck nach
Wassmannsdorff.) S. 174—177 und 184—197.
— 207 —
8) Hans Sachsen's: Fechtspruch. Ankunfft und Freyheit der
Kunst von 1545. (Abdruck nach Wassmannsdorff.) S. 178 — 184.
9) Die Fechterfabel aus Burkhard Waldis1 Fabelsammlung
,Esopus". S. 197 f.
10) Zwei Fechtergeschichten aus Johann Pauli's Schwank-
sammlung .Schimpf und Ernst' von 1519. S. 198 f.
Anhang. Verzeichnis der benutzten Schriften und Werke.
S. 200 ff.
Inhaltsübersicht. S. 205ff.
LIBRfl
14
1981 /
Lebenslauf.
Ich Wilhelm Eduard Alfred Schaer, evangelisch-
reformirter Gonfession, bin geboren am 10. Oktober 1874
in Zürich als Sohn des damaligen Apothekenbesitzers da-
selbst, jetzigen ordentlichen Professors der Pharmacie an
der Universität Strassburg i. E., Dr. Eduard Schaer aus
Bern, und seiner Gattin Anna geb. Vogel aus Zürich.
Zunächst besuchte ich die Schulen meiner Vaterstadt und
nach der im Herbste 1892 erfolgten Übersiedelung meiner
Eltern nach Strassburg das dortige protestantische Gymna-
sium und hernach das Pädagogium zu Basel. Von letzterem
wurde ich im Frühjahr 1894- mit dem Zeugnis der Reife
entlassen und wandte mich nun dem Studium der neueren
Sprachen und der Philosophie zu, welchem ich an den
Universitäten Berlin. München, Strassburg und Zürich vorn
Frühjahr 1894 bis zum Frühjahr 1901 oblag. Während dieser
Zeit nahm ich an den Vorlesungen oder Seminarübungen
folgender Herren Professoren teil: In Berlin hörte ich bei
den Herren A. Brandl, M. Hermann, M. Rüdiger, E. Schmidt,
l\. Weinhold: in München die Herren E. Lipps. Fr. Muncker,
H. Paul. H. v. Bänke, J. Schick und R. Woerner; in
Strassburg die Herren Bresslau, Henning. Hensel, Joseph,
Kaibel, Koeppel, Leumann, Martin, Neumann, Varrentrapp,
Windelband und Ziegler: in Zürich die Herren A. Baeh-
matm, L. P. Betz, A. Frey. H. Morf, R. Rahn, J. Stiefel
und Tb. Vetter. Am 3. März 1900 bestand ich an der
Universitäl Strassburg das philosophische Doctorexamen.
Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle
allen meinen hochverehrten Lehrern, besonders aber den
Herren Professoren Henning, Koeppel, Martin, Win-
delband und Ziegler meinen herzlichsten Dank auszu-
sprechen für das grosse Interesse und das hebenswürdige
und beratende Wohlwollen, das sie mir und meinen
Arbeiten während der ganzen Studienzeit so freundlich
entgegengebracht haben.
M. DuMont-Schauberg, Strassburg i. E.
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DD Schaer, Alfred
64 Die altdeutschen fechter
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