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Full text of "Die altdeutschen Fechter und Spielleute : ein Beitrag zur deutschen Culturgeschichte"

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Schaer,  Alfred 

Die  altdeutschen  fechter 
und  spielleute 


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Die  altdeutschen 


Fechter  und  Spielleute. 


Ein 

Beitrag  zur  deutschen  Cultiirgeschiclite. 

Tnaugural-Dissertation 

der 

hohen  philosophischen  Facultät 

der 

Kaiser  Wilhelms-Universität  Strassburg 

zur  Erlangung  der  Doctorwürde 

vorgelegt  von 

Alfred  Sehaer 

aus  Zürich. 


Strassburg 

Verlag  von  Karl  J.  Trübner 

1901. 


Von  der  Facultät  genehmigt  am  3.  März  1900. 


Meinen  lieben  Eltern. 


DD 
HO] 


EINLEITUNG. 

Die  Anregung  zur  Behandlung  des  vorliegenden  Stoffes 
verdanke  ich  meinem  hochverehrten  Lehrer  Herrn  Prof. 
Dr.  Ernst  Martin,  der  schon  bei  verschiedenen  Gelegen- 
heiten auf  die  eigenartigen  Zusammenhänge  hingewiesen 
hat,  welche  zwischen  den  beiden  Berufsarten  der  Fechter 
und  Kämpen  einerseits,  der  Spielleute  und  fahrenden  Dichter 
und  Sänger  andererseits,  sowohl  bei  ihren  Kunstausdrücken 
als  in  ihrer  Lebensweise  bestehen.  Eben  diese  teilweise 
merkwürdigen  Übereinstimmungen  in  Lebensverhältnissen 
und  Existenzbedingungen  sind  es,  welche  den  Hauptgegen- 
stand unserer  Abhandlung  zu  bilden  haben.  Diese  auffällige, 
auf  den  ersten  Blick  vielleicht  etwas  wunderbar  erscheinende 
Gleichartigkeit  der  Verhältnisse  glaube  ich  auf  einen  Pa- 
rallelismus in  der  historischen  Anlage,  Entwicklung  und  end- 
gültigen Gestaltung  dieser  beiden  Vertreter  der  niedrigeren 
Volksklassen  zurückführen  zu  dürfen,  wie  aus  meiner  wei- 
teren Darstellung  dieses  geschichtlichen  Vorganges  hervor- 
gehen soll.  Den  ersten  Hinweis  auf  diese  gegenseitigen 
Beziehungen,  die  zu  gewissen  Zeiten  geradezu  den  Charakter 
einer  Wechselwirkung  angenommen  haben,  finde  ich  in 
W.  WackernageLs  Geschichte  der  deutschen  Litteratur, 
wo  in  der  zweiten,  von  Prof.  E.  Martin  besorgten  Aus- 
gabe (Basel  1879),  in  Band  I,  pag.  323,  Anm.  7  (§  74)  und 
ebenda  pag.  389  (§  84)  im  Text,  bereits  davon  die  Rede 
ist.  Später  hat  dann  Prof.  Martin  in  einem  Vortrage: 
Die  Meistersänger  von  Strassburg  (gedruckt  Strassburg  1882) 
neuerdings  auf  diese  Thatsache  aufmerksam  gemacht:  es 
sei  mir  gestattet,  die  betreffende  Stelle  hier  in  ihrem  Wort- 
laute anzuführen.    Nachdem  der  Verfasser  davon  gesprochen, 


—     6     — 

dass  sich  die  Meistersänger  bei  der  Bildimg  ihrer  Schulen 
vielfach  an  die  alten  Einrichtungen  und  äusseren  Formen 
der  Disputationen  und  Streitgespräche  der  Gelehrten  anzu- 
schliessen  pflegten,  fährt  er  pag.  9/10  folgendermassen  fort: 
«Neben  diesen  Ausdrücken  begegnen  jedoch 
«andere,  welche  auf  eine  frühere  Verbindung  hin- 
«weisen,  in  welcher  die  S p i e  1 1  e u t e  zusammen 
«standen  mit  den  Fechtern.  Schon  im  frühen  Mittel- 
« alter  begegnen  wir  dieser  für  uns  widerwärtigen  Menschen- 
« Masse,  Leuten,  welche  ihr  Leben  für  Geld  hingaben  und 
«bereit  sein  mussten,  auf  Befehl  ihres  Herrn  mit  jedem 
« beliebigen  anzubinden.     Natürlich  waren  sie  in  der  Begel 

<  nur  mit  dem  Fechtunterricht  betraut,  welcher  in  ritter- 
« liehen  Kreisen  nie  fehlte.  Nun  finden  wir  i  n  d  e  r 
«Liederdichtung  auch  der  älteren  Zeit  Vergleiche 
«aus  dem  Fechterwesen.  Es  ist  die  Rede  vom 
«Schild*  und  vom  Schwert'  des  Gesanges.  Eine 
«besonders  künstliche  Wendung  wird  mit  einem 
«Schirmschlag",  einem  Fechthieb  verglichen.  Und 
«hieraus  erklärt  sich  wohl  auch  ein  Ausdruck  für 
«Meisterlied,  welcher  sonst  rätselhaft  ist.  Ein 
«durchaus  untadelhaftes  neues  Lied  wird  Bar"  ge- 
«nannt.     In    älterer   Form   begegnet    Barant".     Dies 

<  ist  nun  nichts  anders  als  ein  Parierhieb:  es  wird 
«also  das  Meisterlied  mit  einem  vollkommen  ge- 
lungenen Schlag  des  Fechters  verglichen.» 

Diese  Anschauung  vertritt  auch  0.  Plate  in  seinem 
Aufsatze:  Die  Kunstausdrücke  der  Meistersinger,  in  den 
Strassburger  Studien,  Band  III,  (Strassburg  1888)  pag. 
147  ff.,  besonders  was  den  letzten  Punkt,  die  Deutung  dieser 
und  einiger  ähnlicher  Ausdrücke  anbelangt.  Weitere  Hin- 
weise auf  diese  Dinge  zu  geben,  bot  sich  meinem  verehrten 
Lehrer  in  seinen  Vorlesungen  und  Seminarübungen  oft  noch 
willkommene  Gelegenheit,  wodurch  in  mir  das  Interesse  für 
diese  Fragen  bereits  stark  geweckt  wurde.  Meine  Absicht, 
das  Studium  dieser  Verhältnisse  einmal  genauer  zu  betreiben, 


bestärkte  der  Umstand,  dass  die  philosophische  Facultät 
der  Universität  für  das  Studienjahr  1897/98  eine  diesbezüg- 
liche Preisfrage  stellte.  Die  Aufgabe  war  formuliert  wie  folgt: 

«Die  altdeutschen  Fechter  und  ihr  Verhältnis 
«zu  den  Spielleuten.  Zu  sammeln  sind  die  Zeug- 
«nisse  aus  den  historischen  und  poetischen  Quellen, 
«von  denen  die  letzteren  vielfach  eine  merkwürdige 
«Vorliebe  für  Figuren  und  Formeln  des  Fechter- 
« wesens  bezeugen,  während  die  Geschichte  der 
«Fechter  und  der  Spielleute,  namentlich  in  ihrem 
« schulmässigen  Endergebnisse,  eine  engere  Ver- 
«  wandtschaft  erkennen  lässt.» 

Auf  Grundlage  der  damals  eingelieferten  Vorunter- 
suchung über  diesen  Gegenstand,  die  sich  allerdings  ledig- 
lich auf  eine  gedrängte  Übersicht  der  hauptsächlich  in 
Betracht  kommenden  Punkte,  sowie  auf  eine  Angabe  und 
Zusammenstellung  des  bisher  gesammelten  Quellen-  und 
Beweismaterials  beschränkt  hatte,  ist  meine  jetzige  Dar- 
stellung durchweg  aufgebaut.  Manches  der  früher  nur  kurz 
angedeuteten  Resultate  soll  nun  hier  seine  Erweiterung  und 
ausführlichere  Begründung  erhalten.  Freilich  ist  auch  jetzt, 
bei  der  inzwischen  zu  einer  so  äusserst  reichen  und  fast 
unübersehbaren  Fülle  angewachsenen  und  im  Verlaufe  der 
Untersuchung  sich  stets  noch  vermehrenden  Masse  des  zu 
behandelnden  Stoffes  wieder  darauf  hinzuweisen,  dass  ich 
mich,  um  die  für  eine  derartige  Arbeit  nun  einmal  gesteckten 
Grenzen  nicht  allzusehr  zu  überschreiten,  zu  einer  gewissen 
Beschränkung  meiner  Auseinandersetzungen  genötigt  sah. 
So  ist  denn  von  vorneherein  auf  eine  geschichtliche  Gesamt - 
entwieklung  dieser  Zustände,  besonders  aber  auf  eine  ge- 
nauere Darstellung  ihrer  frühesten  Anfänge  und  eventuellen 
Beziehungen  derselben  zu  den  Verhältnissen  des  griechischen 
und  römischen  Altertumes,  da  diese  Zusammenhänge  ohnehin 
für  uns  noch  ziemlich  dunkel  und  unsicher  sein  dürften, 
an  dieser  Stelle  und  vorläufig  wenigstens  noch  Verzicht 
geleistet  worden.    Auch  hatte  sich  unter  solchen  Umständen 


—       8      — 

meine  Abhandlung  besonders  auf  die  deutsehen  Verhält- 
nisse zu  beschränken,  und  nur,  wo  grössere  Lücken  aus- 
zufüllen oder  allgemeinere  Beziehungen  herzustellen  waren, 
oder  wo  für  die  Erklärung  und  Feststellung  gewisser  That- 
sachen  das  hier  zur  Verfügung  stehende  Beweismaterial 
mir  nicht  auszureichen  schien,  habe  ich  auch  ausser- 
deutsches  Gebiet  in  die  Betrachtung  einbezogen  und  Beleg- 
stellen anführen  müssen,  die  den  Geschichtsquellen  und 
Litteraturen  fremdsprachlicher  Nationen  angehören.  Dass 
bei  dieser  Einschränkung  des  Stoffes  auf  das  unumgäng- 
lich notwendige  Mass  auch  zahlreiche,  im  Laufe  der  Unter- 
suchung sich  uns  aufdrängende,  oft  ganz  interessante  Einzel- 
fragen aus  dem  engeren  Rahmen  der  vorliegenden  Abhand- 
lung herausfallen  mussten  und  darum  hier  keine  eingehendere 
Berücksichtigung  mehr  erfahren,  sondern  höchstens  an- 
deutungsweise an  den  betreffenden  Stellen  gestreift  werden 
konnten,  liegt  ja  wohl  auf  der  Hand.  Aber  gerade  aus 
diesen  Gründen  wünschte  ich  hier  schon  darauf  hinzuweisen, 
dass  mir  eine  spätere,  weitergehende  Bearbeitung  des  zahl- 
reich vorhandenen  und  weit  ausgedehnten  Materials  sehr 
angelegen  sein  wird,  und  dass  ich  mich  mit  der  Absicht 
trage,  dasselbe  nach  endgültigem  Abschlüsse  der  Samm- 
lungen und  Vorstudien  dereinst  zur  Abfassung  einer  all- 
gemeinen Geschichte  der  fahrenden  Leute  oder  wenigstens 
zu  einer  Anzahl  historischer  Ergänzungsstudien  über  diesen 
Gegenstand  zu  verwerten.  Was  nun  die  Einteilung  des 
hier  zu  behandelnden  Stoffes  anbelangt,  so  war  zunächst  in 
einem  ersten  und  zweiten  Teile  kurz  die  Vorgeschichte  der 
Kämpen  und  Fechter  einerseits,  der  Spielleute,  Sänger, 
Dichter,  Gaukler  und  übrigen  Fahrenden  andererseits  und 
ihre  weitere  historische  Entwicklung  bis  zum  Ausgange  des 
Mittelalters  zu  geben;  es  waren  ferner  ihre  Lebensverhält- 
nisse und  Einrichtungen  bis  zu  den  schulmässigen  End- 
ergebnissen und  bis  zur-  Bildung  von  Vereinigungen  und 
Brüderschaften,  die  teilweise  bereits  an  der  Schwelle  der 
Neuzeit   zu    linden    sind,   zu   verfolgen.     Dabei    konnte    der 


—     9     — 

Verfasser  sich  aber,  besonders  für  den  zweiten  Teil,  der 
schon  einen  ziemlichen  Reichtum  an  verschiedenen  guten 
Abhandlungen  aufweist,  hier  wohl  so  knapp  und  kurz  als 
irgend  möglich  fassen  und  nur  das  Wichtigste,  was  für 
unsere  besonderen  Zwecke  von  Bedeutung  war,  hervor- 
zuheben versuchen.  Alles  Weitere,  was  von  Einzelfragen 
noch  zu  erörtern  von  Interesse  wäre,  streife  ich  nur  flüchtig, 
um  damit  um  so  mehr  Raum  für  die  Behandlung  des  dritten 
Teiles,  den  eigentlichen  Hauptgegenstand  unserer  Unter- 
suchung, zu  gewinnen.  Dieser  dritte  Teil  wird  sich  mit 
dem  gegenseitigen  Verhältnisse  der  beiden  genannten  Volks- 
klassen, ihren  Wechselbeziehungen,  Beeinflussungen  und 
Übereinstimmungen  in  Lebensweise  und  Standeseinrichtungen, 
in  socialer  und  rechtlicher  Stellung,  wie  in  Berufs-  und 
Kunstsprache,  kurz  gesagt  mit  der  Thatsache  eines  ent- 
wicklungsgeschichtlichen Parallelismus  zu  befassen 
haben,  wie  er  zwischen  den  Kämpen  und  Spielleuten, 
den  Fechtschulen  und  Meistersingerschulen,  den 
F  e  c  h  t  e  r  g  e  s  e  1 1  s  c  h  a  f  t  e  n ,  P  f  e  i  f  f  e  r  b  r  ü  d  e  r  s  c  h  a  f  t  e  n , 
Sänger-  und  Spruchsprechervereinigungen  auf  dem 
ganzen  weiten  Umkreise  dieses  Gebietes  besteht.  Hieran 
soll  sich  dann  ein  als  Anhang  zu  behandelnder  vierter  und 
letzter  Teil  anschliessen,  in  den  die  grösseren  Belegstücke 
und  im  Zusammenhang  citierten  Stellen  verwiesen  werden 
mögen,  um  auf  diese  Weise  den  fortlaufenden  Text  mög- 
lichst von  störenden  und  unangenehmen  Unterbrechungen 
zu  befreien. 

Indem  ich  diese  Einleitung  beschliesse,  möge  es  mir 
gestattet  sein,  zur  Rechtfertigung  des  methodischen  Ver- 
fahrens dieser  Untersuchung  und  der  Principien,  die  mich 
bei  der  Behandlung  meines  Gegenstandes  geleitet  haben, 
noch  ein  kurzes  Wort  beizufügen.  Wenn  einer  der  Alt- 
meister unserer  deutschen  Sprachwissenschaft,  Professor 
Dr.  Moritz  Heyne,  im  Vorworte  seines  soeben  erschienenen 
grösseren  Sammelwerkes:  Fünf  Bücher  deutscher  Hausalter- 
tümer,   von    den    ältesten    geschichtlichen    Zeiten   bis    zum 


—    10    — 

16.  Jahrhundert,  erster  Band:    Wohnung,  Leipzig  1899,    in 
dieser  Hinsicht    eine  Mahnung   und   einen  Wunsch  speciell 
an  die  jüngeren  Vertreter  der  germanistischen  Wissenschaft 
gerichtet  hat,  so  habe  ich  diesem  Umstände  wenigstens  die 
frohe  Zuversicht  zu  verdanken,    dass  sich  mein  auf  diesen 
culturgeschichtlichen    Gegenstand    gelenktes  Interesse,    zum 
mindesten  in  den  Augen  des  erwähnten  Gelehrten  und  der 
seine  Ansicht  teilenden  Fachgenossen,  als  auf  dem  richtigen 
Wege   der  Forschung  befindlich  erweisen  möchte.    Der  Ver- 
fasser des  angeführten  Lehrbuches  äussert  sich  nämlich  im 
Vorworte  folgendermassen:    «Die  deutschen  Philologen 
«haben   vorzugsweise    in    jüngerer   Zeit    ihre    Teil- 
« nähme  der  sprachlichen  und  litteraturhistorischen 
«Forschung    so    ausschliesslich    zugewendet,    dass 
<  für  das  Gebiet,  das  hier  betreten  wird,  ihrerseits 
«wenig    Interesse    waltete.      Was    darin    geforscht 
«und  vorgelegt  ist,  haben  überwiegend  Historiker, 
«Kunsthistoriker,     Nationalökonomen,     Bau-    und 
«Kriegstechniker  zustande  gebracht.    Der  deutsche 
«Philolog    aber    soll    sich    seine    Stelle    gerade    in 
«dieser  Forschung  nicht    nehmen  lassen,    denn  nur 
«er  ist  imstande,  eines    der  wichtigsten  Zeugnisse 
«methodisch     zu     verwerten:     nur     ihm     sagt     die 
«Sprache,  und  nicht   zum  wenigsten   nach    der  ety- 
«mologischen  Seite  hin,  was  sie  den  anderen  For- 
«schern,  wie  man  oft  sieht,  hartnäckig  verweigert. 
«Die  Darstellung  auch  äusseren  deutschen  Lebens 
«von    einem   Germanisten    und  mit    den   germanist- 
«ischen    Mitteln    ist    eine    Notwendigkeit,    und    er 
«müsste    sogar   hier   an    die    erste   Stelle   rücken.» 
Soweit    das  Programm,    das  Prof.  Heyne   für   unsere  Dis- 
ciplin   aufgestellt   hat;    und   gewiss   ist   dieser   erneute  und 
energische   Hinweis    auf  ein   weites,    noch    allzuwenig  be- 
bautes Arbeitsfeld  sehr  zu   begrüssen   und  wird  hoffentlich 
auch  reiche  und  erfreuliche  Früchte  im  Laufe  der  nächsten 
Jahre   zeitigen.     Jedenfalls    aber   wird    er    dazu   beitragen, 


—   11   — 

dass    die  Germanistik  in   einer  Zeit,    wo   das  Interesse  für 
solche  Fragen  durch   die  rege  Thätigkeit,  welche  die  zahl- 
reichen   Vereine   für  Volkskunde   und   geschichtliche   Alter- 
tümer   überall   entfalten,    wieder    bedeutend    gehoben   und 
gesteigert  worden  ist,  sich  das    culturgeschichtliche  Gebiet 
in  seinem  ganzen  Umfange  nicht  wird  streitig  machen  und 
entfremden  lassen  wollen.     Und  so  ist  denn  die  gute  Aus- 
sicht vorhanden,    dass,   wie    es  ja   nur   billig  und  äusserst 
wünschenswert   erscheint,    auf  der    frisch   vorgezeichneten 
Bahn  nunmehr  wieder  rüstige  Fortschritte  gemacht  werden, 
und   dass    die   germanistische   Forschung  ihre   Studien    auf 
diesem  Gebiete  weit  kräftiger   und  nachhaltiger  aufnehmen 
und  betreiben  wird,  als  es  bisher,  besonders  in  den  letzten 
Zeiten  des  Überwiegens  anderer,   litterarisch-kritischer  und 
sprachwissenschaftlich-dialektischer  Interessen,  der  Fall  sein 
konnte.     Wie    sehr   man   aber   Grund   hat,    die    Bedeutung 
und  Bichtigkeit   des  Heyne 'sehen  Postulates    für   die   zeit- 
gemässe   Bestätigung    der   deutschen   Philologie    in   diesen 
Nachbardisciplinen   anzuerkennen   und   hervorzuheben,   das 
ist  mir  bei  der  vorliegenden  Untersuchung  noch  besonders 
zum  Bewusstsein    gekommen.     Denn   in   der  That   hat   der 
Verfasser    auch     gerade     für     diese     Arbeit     eine     Beihe 
der  wichtigsten  Aufschlüsse  über  gewisse  Zusammenhänge 
und   Beziehungen    zwischen    den   Gegenständen    derselben, 
neben   den    zwar   keineswegs   bedeutungslosen  und  gering- 
zuschätzenden  historischen   und  rechtlichen  Quellen,    doch 
speciell  den  litterarischen,  und  unter  diesen  wieder  in  erster 
Linie    den    poetischen    Denkmälern    zu   verdanken    gehabt. 
Der  Hauptanteil  jedoch  an  der  Erkenntnis  und  Erklärungs- 
möglichkeit bestimmter  Beobachtungen  und  Ergebnisse  muss 
entschieden   der   sorgfältigen  Berücksichtigung    der   sprach- 
lichen Verhüll nisse  zugesprochen  werden,  wie  diese  in  Per- 
sonennamen, Ortsnamen,  Strassenbezeichnungen,  Berufs-  und 
Kunstausdrücken  u.  s.  f.    zum   Ausdrucke   kommen   und    in 
unserem    Falle    besondere    Beachtung    verdienten.      Diese 
beiden  letztgenannten  Disciplinen  aber,    die  Litteratur   und 


—     12     — 

die  Sprache,  dürften  ja  wohl  dem  gutgeschulten  Philologen, 
er  mag  nun  die  classischen  oder  die  modernen  Fächer 
bearbeiten,  für  alle  seine  Forschungen  —  auch  die  cultur- 
geschichtlichen  mit  inbegriffen,  und  für  diese  gerade  in 
erhöhtem  Masse  —  zu  einer  gründlichen  Behandlung  des 
Stoffes  am  notwendigsten,  aber  auch  als  sein  eigentliches 
Arbeitsgebiet  am  vertrautesten,  das  heisst  am  leichtesten 
und  vollständigsten  zugänglich  und  verständlich  sein. 

Zu  dieser  neubetonten  Auffassung  der  Dinge,  die  ja  für 
unsere  germanistische  Wissenschaft  eine  erfreuliche  Er- 
weiterung des  philologisch-kritischen  Wirkungskreises  be- 
deutet und  ihr  auf  diesem  frisch  zu  erschliessenden,  weiten 
eulturgeschichtlichen  Gebiete  noch  eine  Fülle  schönster  Er- 
folge und  Resultate  in  Aussicht  stellt,  wünschte  der  Ver- 
fasser mit  vorliegender  Abhandlung  seinen  bescheidenen 
Beitrag  beigesteuert  zu  haben. 


I.  Teil. 

Die  Kämpen  und  Fechter. 

Seit  den  Tagen  der  Brüder  Grimm,  L.  Uhland's  und 
G.  Freytag's  ist  schon  oft  wieder  auf  die  altbekannte  That- 
sache  hingedeutet  worden,  wie  sehr  Kampf  und  Streit  das 
eigentliche  durchgängige  Leitmotiv  des  gesamten  ger- 
manischen Gultur-  und  Geisteslebens  bilden,  ein  Hinweis, 
der  auch  für  unsere  Betrachtung  notwendig  den  Ausgangs- 
punkt abgeben  musste.  Die  beiden  ältesten  Zeugnisse  für 
die  Freude  der  Germanen  am  Kampfspiel  und  die  eifrige 
Pflege  desselben  einerseits,  und  für  die  systematische  Ver- 
wendung des  Zweikampfes  als  Gottesurteil  und  zu  Rechts- 
entscheidungen  andererseits,  sind  wohl  die  beiden  bekannten 
Stellen  aus  Tacitus  Germania.  Die  erste  lautet  Germania. 
Kapitel  10:  «est  et  alia  observatio  auspiciorum,  qua 
«gravium  bellorum  eventus  explorant.  eius  gentis, 
«cum  qua  bellum  est,  captivum  quoquo  modo  inter- 
« ceptum  cum  electo  popularium  suorum,  patriis 
«quemque  armis  committunt:  victoria  huius  vel 
«illius  pro  praeiudicio  accipitur»;  sie  darf  wohl  als 
frühester  Beleg  für  das  Kampforakel  gelten,  das  nachher 
nach  vielfachen  Erweiterungen  und  Umgestaltungen  in  den 
verschiedenen  Formen  des  Gottesurteils  ein  so  beliebtes  und 
häufig  angewendetes  Beweismittel  der  altdeutschen  Gerichts- 
barkeit geworden  ist.  Unsere  zweite  Stelle  befindet  sich 
im  Kapitel  24  und  hat  folgenden  Wortlaut:  «genus 
« spectaculorum  unum  atque  in  omni  coetu  idem. 
« nudi  iuvenes,  quibus  id  ludicrum  est,  inter  gla- 
«diosse  atque  infestas  frameas  saltu  iaciunt.  exer- 
«citatio  artem  paravit,  ars  decorem,  non  in  quae- 
«stum  tarnen  aut  mercedem:    quamvis  audacis   las- 


—     14    — 

*  civiae  pretium  est  voluptas  spectantium»  ;  diese 
Schilderung  ist  die  älteste  Nachrieht,  die  wir  über  das 
ursprünglich  wohl  aus  Cultusgebräuchen  hervorgegangene 
Kampfspiel  der  germanischen  Jugend  besitzen.  Die  Annahme 
einer  religiösen  Bedeutung  dieser  ersten  Waffentänze,  die 
auch  Professor  Schweizer-Sidler  in  seiner  Ausgabe  der 
Germania  (Halle  1874,  pag.  48)  im  Anschluss  an  Müllen- 
hof f's  Äusserungen  darüber  (vgl.  seinen  Aufsatz  über  den 
Schwerttanz  in  den  Festgaben  für  Homeyer,  Berlin  1871)  ver- 
tritt, darf  wohl  umsomehr  gerechtfertigt  erscheinen,  als  wir 
ja  soeben  auch  die  rechtliche  Institution  des  Ordalzw^ei- 
kampfes  ausder  mythologischen  Anschauung  des  Kampforakels 
und  der  göttlichen  Hilfe  in  der  Feldschlacht  wie  im  Einzel- 
kampfe (vgl.  Tac.  Germania,  Kapitel  7,  wto  es  heisst:  «  deum 
adesse  bellantibus  credunt »)  ableiten  konnten.  Ausserdem 
ist  es  ja  bekannt  genug,  dass  man  eine  ganze  Beihe  von  Er- 
scheinungen und  Gebräuchen  im  Culturleben  der  alten  Völker, 
wie  den  Tanz,  die  lyrische  Poesie,  die  Musik,  das  Schau- 
spiel und  manches  andere  noch,  hinsichtlich  ihrer  Entstehung 
und  ersten  Ausbildung  vielfach  auf  das  religiöse  und  mytho- 
logische Gebiet  des  Cultus  und  Ritus  zurückzuführen  hat. 
So  werden  denn  diese  bei  Tacitus  als  eine  «Belustigung 
und  ein  Schauspiel»,  aber  auch  als  «Hebung  und  Kunst  > 
bezeichneten  Waffentänze,  wie  sie  damals  schon  allen  ger- 
manischen Völkerstämmen,  die  er  kannte,  gemeinsam  waren, 
als  Vorläufer  der  späteren  Kampfspiele  und  ritterlichen 
Übungen  betrachtet  werden  müssen,  wie  sie  die  deutschen 
Höfe  des  Mittelalters  in  so  grosser  Fülle  aufzuweisen  haben. 
Gleichzeitig  bilden  sie  aber  auch  als  ihr  erstes  Auftreten 
den  Beweis  für  das  frühe  Vorhandensein  der  im  späteren 
Mittelalter  und  bis  in  die  Neuzeit  hinein  von  den  Zünften 
und  Handwerksgilden  wieder  neuaufgenommenen  Schwert- 
tänze,  die  freilich  als  letztes,  abschliessendes  Glied  in  der 
Entwicklung  kriegerischer  Spiele  seit  ihren  ersten  An- 
fängen keine  geschlossene  Kette  erkennen  lassen,  und  viel- 
mehr   auf   eine  grosse    und    klaffende,    noch    unausgefüllte 


—    15    — 

Lücke  zwischen  den  beiden,  mehrere  Jahrhunderte  ausein- 
anderliegenden Anfangs-  und  Endstadien  derselben  hinweisen. 
Vielleicht  ist  nun  allerdings  Aussicht  vorhanden,  wenn  auch 
nicht  diese  Lücke  völlig  zu  schliessen,  so  doch  ihren 
bedeutenden  Umfang  auf  ein  weit  geringeres  Mass  herab- 
zusetzen, falls  wir  nämlich  berechtigt  sind,  das  Fechter- 
und Fechtschulwesen,  das  allerdings  mit  der  Abhaltung  der 
Schwerttänze  in  einem  engeren  Zusammenhange  zu  stehen 
scheint,  worauf  ich  später  noch  einmal  im  Einzelnen  zurück- 
zukommen habe  (vgl.  pag.  81  ff.),  als  eine  der  fehlen- 
den Übergangsstufen  in  die  Entwicklungsreihe  einzuschieben, 
die  sich  dann  schon  über  einen  ganz  beträchtlichen  Zeit- 
raum erstrecken  würde. 

Doch  haben  wir  uns  zunächst  noch  mit  den  Anfängen  der 
Geschichte  des  deutschen  Kämpen-  und  Fechterwesens  etwas 
näher  zu  befassen,  wenn  mir  auch  ein  erschöpfendes  Ein- 
gehen auf  diese  Fragen  für  die  jetzige  Behandlung  des 
Gegenstandes  noch  versagt  ist.  Sehr  wahrscheinlich,  wenn 
auch  bis  jetzt  nicht  durch  bestimmte  Zeugnisse  zu  belegen, 
muss  auch  für  diese  Verhältnisse  des  germanischen  Lebens 
ein  engerer  Zusammenhang  —  oder  doch  zum  mindesten 
eine  kräftige  Beeinflussung  von  dieser  Seite  —  mit  der 
antiken  Cultur  angenommen  werden;  für  unsere  besonderen 
Interessen  kämen  hier  speciell  die  spätgriechische  und 
spätrömische  Cultur,  die  üppigen  und  ausgelassen-rohen 
Zeiten  jener  bekannten  entsetzlichen  Tierhetzen  und  grau- 
samen Gladiatorenkämpfe  in  Betracht,  zu  welchen  nur 
allzu  oft  von  den  übermütigen  Herrschern  und  Siegern  ger- 
manische Sklaven  oder  Kriegsgefangene  verwendet  wurden, 
um  der  schaulustigen  Menge,  zum  niedrigsten  und  schmach- 
vollsten Dienste  gezwungen,  eine  willkommene  Unterhaltung 
zu  bieten.  Unter  solchen  Umständen  ist  es  sehr  wohl  denk- 
bar, dass  manche  der  auf  fremdem  Boden  mitangesehenen 
üblen  Belustigungen  und  schlechten  Gewohnheiten,  wie  die 
Tierhetzen  und  Tierkämpfe,  vielleicht  auch  die  Zweikämpfe  von 
Menschen  unter  sich  oder  mit  Tieren  allmälig  durch  wandernde 


16    — 

Künstler  oder  Spielleute  auf  deutsches  Gebiet  übertrage»  worden 

sind,  wie  wohl  auch  die  Kriegsfahrten  der  deutschen  Fürsten 
und  Ritter  im  Zeitalter  der  Kreuzzüge  nach  den  südlichen 
Ländern  dort  die  Pflege  der  obenerwähnten  Lustbarkeiten 
und  Kampfschauspiele  durch  diese  zur  Folge  gehabt  haben.  Bei 
ihrer  Rückkehr  in  die  Heimat  mögen  solche  Gewohnheiten 
auch  begierig  übernommen  und  an  den  eigenen  Höfen 
eifrig  nachgeahmt  und  betrieben  worden  sein.  Ausser 
diesen  nur  in  vereinzelten  Fällen  nachweisbaren  Vermächt- 
nissen der  alten  Zeit,  die  allerdings  auch  ein  Erbstück  von 
recht  zweifelhaftem  Werte  darstellen,  hat  nun  aber  das 
Mittelalter  in  seiner  Blütezeit  noch  zwei  Erscheinungen  von 
echt  germanisch  urwüchsiger  Natur  aufzuweisen;  wir  meinen 
den  höfischen  Fechtmeister,  den  ritterlichen  Erzieher 
und  Berater  des  jungen  Adels  in  jeder  Art  der  kriegerischen 
Tüchtigkeit,  und  den  Kämpen,  den  Berufsfechter  nie- 
drigeren Standes,  der  die  Rechte  der  Könige  und  Fürsten, 
der  Unmündigen  und  Altersschwachen,  wie  auch  der  Frauen, 
in  Rechtsstreitigkeiten,  bei  Anfechtungen  ihrer  Würden  und 
Rechte,  oder  bei  schweren  Anschuldigungen  von  Verbrechen 
durch  das  Gottesurteil  des  gesetzlichen  Zweikampfes  ver- 
treten, schützen  oder  wenigstens  entscheiden  musste.  Zahl- 
reiche Gesetze,,  Erlasse  und  Vorschriften  geben  die  näheren 
Bestimmungen,  in  welchen  Fällen  der  gerichtliche  Zwei- 
kampf einzutreten  hat,  und  wie  sich  die  Kämpfer  dabei  zu 
verhalten  haben,  ferner  welche  Örtlichkeiten  und  Tages- 
zeiten dafür  zu  wählen,  welche  Ausrüstungen  und  Waffen 
von  den  Gegnern  zu  tragen  sind.  Für  die  Einzelheiten 
über  diese  Verhältnisse  ist  auf  die  ausführlichen  Artikel  in 
Du  Gange 's  Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatis  zu  den 
Worten  « campiones »  und  » duellum »  zu  verweisen,  wo 
eine  grosse  Anzahl  der  betreffenden  Gesetze  aufgezählt 
werden  und  sich  aus  verschiedenen  Edikten  und  Ordon- 
nanzen über  die  verschiedensten,  in  Betracht  kommenden 
Punkte  grössere  Auszüge  und  Belegstellen  finden,  die  hier 
alle  wiederzugeben  zwecklos  sein  würde,  um  so  mehr  da  diese 


—     17     — 

Dinge  doch  noch  allzuweit  vom  eigentlichen  Kernpunkte 
unserer  Untersuchung  abliegen.  Ich  will  mich  also  hier 
damit  begnügen,  einige  wenige  Beispiele  als  Belege  der  je- 
weiligen Erörterungen  zu  geben. 

Dafür,  dass  selbst  die  Völkerschlacht  als  ein  Gottes- 
urteil in.  grossem  Massstabe  angesehen  wurde,  gibt  eine 
Stelle  aus  den  Annal.  Mettens.  ad.  a.  743  (Pertz  1,  328) 
einen  interessanten  Beleg,  indem  in  derselben  die  Schlacht  als 
ein  «Judicium  dei,  quod  subire  non  distulimus »  bezeichnet 
wird.  Einer  ähnlichen  Auffassung  wird  man  es  zuzuschreiben 
haben,  wenn  die  sich  schlagfertig  gegenüberstehenden  Heere 
der  Vandalen  und  Alemannen  aus  ihrer  Mitte  einzelne 
Kämpfer  auswählten  und  den  Streit  durch  deren  Zwei- 
kampf zum  Austrag  bringen  liessen.  Diesen  Vorfall  erzählt 
uns  Gregor  von  Tours  II,  2  wie  folgt :  « nee  multo  post  scan- 
« dalum  inter  utrumque  oritur  populum,  qaoniam  propinqui 
« sibi  erant,  cumque  ad  bellum  armati  procederent  ac  jam- 
« jamque  in  conflictu  parati  essent,  ait  Alamannorum  rex : 
'<  quousque  bellum  super  eunetum  populum  commovetur? 
«  ne  pereant  quaeso  populi  utriusque  phalangae,  sed  pro- 
xcedant  duo  de  nostris  cum  armis  bellicis  et  ipsi 
inter  se  confligant.  tunc  ille,  cuius  puer  vicerit, 
^regionem  sine  certamine  obtinebit.  ad  haec  eunetus 
« consensit  populus,  ne  universa  multitudo  in  ore  gladii 
« rueret.  confligentibus  vero  pueris  pars  Vanda- 
«  lorum  vieta  suceubuit,  interfectoque  puero  placi- 
« tum  egrediendi  Transimundus  spopondit. »  Wie  bei 
den  Franken  die  Fürsten  der  streitenden  Parteien  selbst 
durch  ihren  eigenen  Kampf  entscheiden  sollen,  erzählt  Aga- 

thias   I,    2  :     « ibövre«;  bi  ö.\Xr\\ovc,    ^Kcrrepuuöev  r\    -nX^Qvq,  aüxiKa  tö 

XaXeTrcuvov    aTToßaX6vTe<;   ec,    ö|aoqppoaüvr|v    |aexaxujpoöai,    Kai    xoü^ 

«  f\feixövaq  KeXeüouai  biKri    f^äWov   xä  d|ucpißo\a    biaKpivr|- 

«  aaaQai,  eibi  \\r\,  |aovou^  eKeivou^äYiwvi^eaBai».  Von  einem 

Kampfurteil  zwischen  Sachsen  und  Slaven  berichtet  Wippo 
(Pistor.  3,  479):  « dicebant  pagani,  a  Saxonibus  pacem  pri- 
« mitus  confundi,   id    per   dnellum,    si  caesar  praeeiperet, 

2 


—    18    — 

«probari.  econtra  Saxones  ad  refellendos  paganos  simi- 
«liter  singulare  certamen,  quamvis  injuste  conten- 
» deren!,  imperatori  spondebant.  Imperator  hanc  rem 
«duello   dijudicari    inter   eos   permisit;    statim   duo 

«  pugiles  congressi  sunt,  uterque  a  suis  electus 

« postremo  christianus  a  pagano  vulneratus  ceeidit. » 
Unter  den  verschiedensten  Verliältnissen  also,  bald  mehr 
durch  gerichtliche  Bestimmungen  festgesetzt,  bald  mehr  auf 
freier  Uebereinkunft  der  beiden  streitenden  Parteien  be- 
ruhend, erweist  sich  das  Kampfurteil  weit  verbreitet  und 
häufig  angewendet,  so  dass  die  Annahme,  es  werde  sich 
schon  frühzeitig  eine  Art  von  Berufsfechtern  gebildet  haben, 
die  sich  zum  Austrage  solcher  Streitfragen  anwerben  und  be- 
zahlen Hessen,  gewiss  sehr  gerechtfertigt  erscheint.  Auf  einige 
weitere  Fälle  der  gesetzlichen  oder  sonstigen  Anwendung 
des  Kampf urteils  mag  hier  noch  kurz  hingewiesen  werden. 
Osenbrüggen,  Rechtsgeschichtliche  Studien,  pag.  163,  ver- 
weist auf  die  lex  Alam.  Hloth.  XLIV,  nach  welcher  Stelle 
ein  Freier,  der  einen  andern  freien  Mann  eines  unbewiesenen 
todeswürdigen  Verbrechens  beschuldigt,  seine  Behauptung 
durch  gerichtlichen  Zweikampf  erhärten  muss.  J.  Grimm, 
Deutsche  Rechtsaltertümer3,  Göttingen  1881,  pag.  927 — 930 
und  pag.  471/2  (die  Neuausgabe,  von  Heusler  besorgt,  ist 
mir  noch  nicht  zugänglich  gewesen),  erwähnt  neben  den 
übrigen,  bereits  von  dort  entlehnten  Stellen  von  darauf 
bezüglichen  gesetzlichen  Bestimmungen  noch  die  lex  Angli- 
orum  et  Werinorum  16,  lex  Alam.  56.  84,  lex  Bajuv.  11,  5. 
16,  2.  17,  2,  ferner  die  lex  Roth.  164.  165.  166.  198,  dann 
(pag.866/7)  die  lex  Rip.  32,  4.  51  (pag.  904/5),  lex  Rip.  59,  4. 
lex  Burg.  8,  2.  Sodann  berichtet  er  von  einem  Falle  strei- 
tiger Erbfolge,  der  im  Jahre  941  unter  Otto  I  durch  ein 
Gottesurteil  dieser  Art  entschieden  wurde.  Die  beiden 
(pag.  471/2)  dazu  angeführten  Stellen  besagen  folgendes: 
«  Rex  autem  meliori  consilio  usus  noluit  viros  nobiles  ac 
«senes  populi  inhoneste  tractari,  sed  magis  rem  inter 
«gladiatores   discerni  jussit.    vicit    igitur   pars,    qui 


—     19    — 

« filios  filiorura  computabant  inter  filios,  et  firmatum  est,  ut 
«  aequaliter  cum  patruis  hereditatem  dividerent  pacto  sem- 
«piterno».  Witich,  corb.  p.  m.  25.  «Ex  regis  Ottonis  om- 
«niumque  principura  sententia  cognitio  veritatis  com- 
«missa  est  gladiatorio  judicio,  cessitque  victoria 
«his  qui  censebant,  fratrum  filios  debere  cum  patruis  here- 
«  ditare. »  Sigeb.  gembl.  ad  a.  942.  Von  einem  weiteren 
bezeichnenden  Vorfalle  aus  dem  Jahre  1095  gibt  er  uns  nach 
Ritz  I,  56,  Kenntnis:  «  Nulla  melior  visa  est  sententia,  quam 
<  ut.  per  judiciarium  campum  super  hoc  fieret  exa- 
«minatio;  sie  deinde  statuto  die  et  collata  utrimque  magna 
« populorum  affluentia,  nobis  et  ipsis  praesentibus  advocatis, 
«duo  ex  utraque  parte  homines  ad  hoc  praeelecti, 
«ut  fieri  solet,  aggressi  sunt  singulariter  et  noster 
«homo  propitiante  deo  victor  factus  est.»  In  der 
gleichen  Urkunde  heisst  es  a.  a.  0.  weiter,  dass  der  «Gis- 
«lebertus  campio,  qui  posuit  quasi  in  mortem  ani- 
«mam  suam  pro  nostra  fidelitate»,  Ländereien  zur 
Belohnung  für  seine  mit  Gottes  Hilfe  den  Sieg  bewirkende 
Tapferkeit  empfangen  hat.  Einen  ähnlichen  Fall  der  Ent- 
scheidung von  Rechtstreitigkeiten  durch  ein  Kampfurteil 
finde  ich  bei  Schannat,  Hist.  Wormat.  nr.  51  verzeichnet: 
«  Si  quis  contenderit  super  agris,  vineis,  peeunia, 
«  ut  devitentur  perjuria,  duo  eligantur  ad  pugnam, 
«et  duello  litem  deeidant».  Eine  Stelle,  die  auch 
wegen  der  darin  bezeichneten  Ausrüstung  der  Kämpfer, 
wozu  Sachsenspiegel  I,  63,  und  die  entsprechenden  Be- 
stimmungen des  Schwabenspiegels  zu  vergleichen  sind,  von 
weiterem  Interesse  ist,  entnimmt  Grimm  a.  a.  0.,  pag.  878/9, 
dem  Bacharacher  Blutrechte,  das  dem  14.  Jahrhundert  an- 
gehört; sie  lautet  dort:  «sehe  er  nu  denselben  man  in 
« unses  herren  gerichte,  er  wulde  in  ansprechen  umb  den 
«  schaich  und  umb  den  mort.  jehe  er  is  ime,  er  neme  is 
«mit  Urkunde  na  des  lands  rechte,  leukent  er  is  ime,  er 
«wulde  is  in  beherten  mit  sime  libe  uf  sinen  lip, 
*  in  sime  einfaren  rocke,  mit  sime   roiden  Schilde, 

2* 


—    20    — 

«mit  sime  eichinkolben,  mit  sime  wissem  vilze, 
«mit  sime  ufgebunden  lniote,  mit  alle  deme  daz 
«man  zu  kampe  begeret,  dass  ein  Franke  den  andern 
« sal  durch  reicht  eins  schaichs  und  eins  mordes  gichtig 
machen». 

Wurden  nun  aber  Frauen  in  solche  schwere  Rechts- 
fälle verwickelt,  so  war  es  doppelt  nötig,  dass  diese  sich 
einen  Verfechter  und  Vorkämpfer  ihrer  Unschuld  anwerben 
konnten,  falls  nicht  männliche  Verwandte  oder,  was  aller- 
dings nicht  allzuhäufig  vorgekommen  sein  wird,  gar  sie 
selbst  in  eigener  Person  sich  zu  dem  gerichtlichen  Kampfe 
stellten,  der  im  letzteren  Falle  dann  ganz  besondere  Formen 
annahm,  um  das  schwächere  Geschlecht  wenigstens  einiger- 
massen  mit  dem  männlichen  Gegner  auf  ein  Niveau  gleicher 
Chancen  zu  stellen.  Von  einem  solchen  Zweikampfe  zu 
Gunsten  einer  Frau  berichtet  schon  Paulus  Diaconus  IV,  49: 
«haec  (i.  e.  Gundiberga  regina)  cum  de  crimine  adulterii 
«apud  virum  accusata  fuisset,  proprius  ejus  servus, 
«Carellus  nomine,  a  rege  expetiit,  ut  cum  eo,  qui 
«reginae  crimen  ingesserat,  pro  castitate  suae  do- 
«minae,  monomachia  dimicaret.  qui  dum  cum  erimi- 
«natore  illo  singulare  certamen  iniisset,  eum  cuncto 
«populo  astante  superavit,  regina  vero  post  hoc 
«factum  ad  dignitatem  pristinam  rediit.  >  Über  die 
bereits  oben  erwähnte  besondere  Form  des  Zweikampfes 
zwischen  Mann  und  Frau,  wie  sie  erst  im  späteren  Mittel- 
alter sich  ausgebildet  hat,  vergleiche  man  Majer's  Geschichte 
der  Ordalien,  pag.  270 — 274  das  Nähere.  (Dort  ist  auf  die 
vom  Augsburger  Stadtrecht  vom  Jahre  1270  pag.  55  für 
diesen  Fall  vorgesehene  Kampfform  und  auf  eine  Variation 
derselben  bei  Ruprecht  von  Freysing  II,  51  hingewiesen, 
wozu  auch  Osenbrüggen,Rechtsgesch.Studienpag.235 — 237 
nachzusehen  ist.)  Einen  solchen  Kampf  zwischen  beiden 
Geschlechtern  sieht  auch  das  Stadtrechtbuch  von  München 
aus  dem  Jahre  1347,  Art.  188  (von  der  notnunft)  vor, 
wobei    auf  Codd.    ad   prooem.    cit.  cf.  Lrb.  5G.  F.  Str.  39. 


—     21     — 

Rrb.  I,  135.  Schwbsp.  354.  Str.  v.  Augsb.  112  verwiesen 
ist  (s.  Fr.  Auer,  das  Stadtrecht  von  München  pag.  72/73). 
Darauf,  dass  die  Frau  sich  durch  einen  Kämpfer  vertreten 
lassen  könne,  weist  schon  das  bereits  genannte  Augsburger 
Stadtrecht  von  1276  hin,  wo  es  pag.  69  heisst:  «so  sol  si 
«einen  kempfen  an  ir  stat  nemen»;  und  wahrscheinlich 
ist  auch  die  etwas  unklare  Stelle  im  Codex  des  Jus  pro- 
vinciale  Alemannicum  cap.  229  (Ed.  Scherz  1727)  so  zu 
verstehen,  welche  lautet:  «Sprich et  ain  Fraue  ain  Man 
«an  umb  die  sach  da  kämpfe  umb  ertailt  wirt,  Und 
«hat  der  ainen  mage  von  dez  wegen  diu  clag  hergat,  der 
«im  alz  nahen  ist  daz  er  ez  durch  reht  tun  sol.  Und 
«kumpt  ez  darzu  daz  ain  kämpf  darumb  ertailt  wirt, 
«will  denn  diu  fraue  so  stelt  sie  wol»  (nämlich  «einen 
kempfen»?).  Davon,  dass  ein  solcher  Zweikampf  zwischen 
Mann  und  Frau  persönlich,  also  ohne  Vertretung  der 
letzteren  durch  einen  für  sie  kämpfenden  Mann,  wirklich 
stattgefunden  hat,  geben  zwei  Stellen  Zeugnis:  in  den  sog. 
Annales  Colmarienses  majores  heisst  es  zum  Jahre  1288: 
«In  civitate  Bernensi  mulier  vir  um  vicisse  noscitur 
«in  duello,»  und  zum  gleichen  Jahre  in  den  Annales  Ber- 
nenses:  «In  Berna  fuit  duellum  inter  vir  um  et  rau- 
«lierem  in  octava  Innocentium  sedmulier  praevaluit.» 
(Vgl.  Pertz.  Mon.  Germ.  hist.  XVII,  215,  271.)  Dengleichen 
Fall  erzählt  zum  Überfluss  noch  etwas  ausführlicher 
Justinger  in  seiner  Berner  Chronik  pag.  38:  «Da  man  zalt 
«von  Gottes  Geburt  1288  Jare  nach  Wienachten  an  dem 
«achtenden  Tage  der  Kindelein,  beschach  ein  Kampf  zu 
«Bern,  an  der  Matten,  da  nu  die  Mure  unten  am  Kilchhofe 
«stat  und  kämpfte  ein  Frow  und  ein  Mann  mit  ein- 
«andern  und  gewann  die  Frow  den  Kampf,»  und  nach 
ihm  geben  noch  andere  Chroniken  das  Ereignis  wieder,  das 
durch  diese  verschiedenen  Berichte  wenigstens  als  genugsam 
belegt  gelten  kann.  Von  der  Anwendung  des  Zweikampfes 
als  Gottesurteil  zur  Entscheidung  eines  Streites  zwischen  zwei 
Männern  aus  Glarus  im  Jahre  1423  berichtet  Tschudi,  wo- 


—     22    — 

ruber  Johann  von  Müllers  Geschichte  der  schweizerischen 
Eidgenossenschaft  III.  1,  2.  (pag.  309,  310)  zu  vergleichen 
ist.  Da  wir  hier  gerade  schweizerische  Verhältnisse  mit 
für  diese  Fragen  in  Betracht  gezogen  haben,  möge  noch 
auf  einiges  Weitere  verwiesen  werden,  so  zunächst  auf  die 
von  Friedrich  II.  im  Jahre  1218  der  Stadt  Bern  ausgestellte 
Handfeste,  von  welcher  sich  (nach  Ed.  G.  Walther  citirt) 
die  Artikel  30,  31  (zu  diesem  verweist  A.  Zeerleder  bei 
Behandlung  dieser  Urkunde  in  der  Berner  Jubiläumsschrift 
von  1891,  auf  den  Art.  22  des  Stiftungsbriefes  von  Frei- 
burg i.  B.)  und  32  (Hoc  est  autem  «ins  duelli  )  mit  dem 
Zweikampf  befassen.  Doch  weist  Zeerleder  a.  a.  0.  in  der 
Anmerkung  zu  Artikel  32  der  Berner  Handfeste  von  1218 
darauf  hin,  dass  bereits  in  der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahr- 
hunderts in  einzelnen  Stadtrechten  andererseits  wieder 
Bestimmungen  vorliegen,  welche  die  Abschaffung  des  ge- 
richtlichen Zweikampfes  bezweckten;  so  enthalten  beispiels- 
weise solche  Stellen  die  Urkunde  Friedrich  II.  für  Nürnberg 
vom  Jahre  1219,  ein  Privileg  des  gleichen  Herrschers  für 
Begensburg  von  1230,  eine  Verordnung  für  Münden  von 
1246,  und  ein  Privilegium  Budolfs  von  Habsburg  für  die 
Bürger  von  Frankfurt  (vgl.  dazu  Gengier,  Stadtrechtsalter- 
tümer, 322.  §  3;  373.  §  1:  303;  113).  Ferner  gehört  hierher 
Artikel  104  der  Handfeste  von  Freiburg  i.  U.  vom  Jahre 
1249  ('s.  Lehr,  la  Handfeste  de  Fribourg  dans  LUechtland) 
folgenden  Inhaltes:  «Nullus  burgensis  duellum  faciet, 
«si  noluerit;  si  autem  aliquis  fuerit  qui  dicat  burgensi:  ego 
«te  per  corpus  meum  probabo  (hier  ist  wohl  ein  «contra» 
«zu  ergänzen)  corpus  tuum  (,ich  bewise  mit  minem 
«libe  an  dinen  lib',  lautet  die  alte  Uebersetzung  dieser 
«Bechtsformel),  talis  tenetur  Uli  cui  dixerit  emendare  tribus 
«libris  et  Sculteto  similiter.»  Endlich  sei  noch  erwähnt, 
dass  nach  dem  ältesten  Batsbüchlein  von  Luzern  aus  dem 
Jahre  1373  die  «Gotteshausleute»  daselbst  nach  altem  Her- 
kommen vomKampfurteilbefreitwaren  und  dasselbe  auch  selbst 
nicht  in  Anwendung   brachten  (vgl.  Segesser,  Luzernische 


—     23     — 

Rechtsgeschichte  II,  617).  Damit  mag  die  Betrachtung  dieser 
rechtlichen  Bestimmungen  abgeschlossen  sein.  Es  ist  nun- 
mehr zu  verfolgen,  wie  sich  diese  Verhältnisse  in  der  zeit- 
genössischen Litteratur  widergespiegelt  haben  und  wie  sie 
zu  poetischen  Darstellungen  grösseren  Umfanges  oder  zu 
kleineren  Episoden  verwendet  worden  sind.  Zunächst  sollen 
allerdings  noch  einige  Worte  einer  Erscheinung  gewidmet 
werden,  deren  Auftreten  uns  freilich  nur  für  ausserdeutsche, 
französische  und  englische  Verhältnisse  bezeugt  ist,  die  aber 
im  engsten  Zusammenhange  mit  unserem  Gegenstande  steht 
und  darum  sehr  wohl  in  den  Rahmen  dieser  Untersuchung 
einbezogen  werden  darf;  ich  meine  die  Institution  des 
«campio  regis»  des  sog.  Königsfechters,»  der  die  Rechte 
seines  gekrönten  Herrschers  an  dessen  Hofe,  besonders  bei 
den  Krönungsfeierlichkeiten,  gegen  Anfechtung  und  Wider- 
spruch mit  der  blanken  Waffe  zu  verteidigen  hatte,  was 
oft  zu  einer  bloss  ceremoniellen,  weil  althergebrachten  Her- 
ausforderung eines  vermeintlichen  Gegners  Veranlassung 
gab,  der  in  Wirklichkeit  gar  nicht  vorhanden  war.  Die 
ehrwürdige  Sitte  forderte  auch  da  gebieterisch  ihr  Recht, 
wo  gar  kein  Grund  mehr  für  ihr  Inkrafttreten  vorlag,  weil 
ihre  Voraussetzung,  die  Einsprache  gegen  die  Rechtmässigkeit 
der  königlichen  Rechte  und  Würden  von  irgend  einer  Seite, 
schon  längst  in  Wegfall  gekommen  war.  Einige  Nachrichten 
über  Vorkommen  und  Verlauf  dieser  Ceremonie,  deren 
Vertreter  doch  eine  Art  von  Hofamt  mit  officiellem  Titel 
innegehabt  zu  haben  scheint  und  jedenfalls  als  die  kräftigste 
Stütze  des  Kronrechts  sehr  angesehen  war,  wie  uns  die- 
selben aus  Frankreich  und  England  überliefert  sind,  mögen 
hier  nach  DuCange's  Glossarium  m.  e.  i.  1.  (Niort  1883) 
tom.  II.  pag.  65c,  66a  Platz  finden.  Daselbst  heisst  es 
zunächst:  «Charta  Henrici  I.  Regis  Anglorum  in  Monast. 
Angl.  tom.  2.  pag.  973  subscribitur  a  «Roberto  de  Ba- 
jocis  campione  Regis.»  Ita  autem  appellatur  in  Anglia 
Miles*,  qui  coronato  Rege,  dum  ille  mensae  cum 
proceribus   accumbit,   ad   monomachiam   provocat, 


—     24     — 

quotquot  Regem  illum  esse  negant»:  quam  quidem 
ceremoniam  ita  describit  Thomas  Walsinghamus,  ubi  agit 
de  coronatione  Ricardi  II.  pag.  102:  «Interea  praeparavit 
«se  quidam  Miles  Dominus  Joannes  cognomento  Dimmock, 
«qui  clamabat  se  habere  jus  ad  defendendum  jura  Regis 
«illo  die,  et  etiamsi  opus  esset  duello  confligendum, 
«si  aliquis  praesumeret  affirmare  Regem  non  habere 
«jus  in  regno  Angliae.»  Ferner:  Froissarts  4.  vol.  cap. 
114  ubi  de  inauguratione  et  coronatione  Henrici  Lanea- 
strensis:  «En  la  moitie  de  ce  disner  vint  un  Chevalier, 
«qui  se  nommoit  Diureth,  tout  arme,  monte  sur  un  cheval 
«tout  eouvert  de  mailles  de  vermeil,  Chevalier  et  cheval,  et 
«estoit  arme  pour  gage  de  bataille,  et  avoit  un  Chevalier 
«devant  lui,  qui  portoit  sa  lance,  et  avoit  ledit  Chevalier  a 
«son  coste  l'espee  toute  nue,  et  sa  clague  ä  l'autre  coste; 
«et  bailla  ledit  Chevalier  un  libelle  au  Roy,  qui  fut  leu; 
«lequel  libelle  contenoit,  que  s'il  estoit  Chevalier, 
«Escuier,  ou  Gentilhomme,  qui  vousist  dire  ne  main- 
«tenir,  que  le  Roy  Henry  ne  fust  vray  Roy,  il  estoit 
«tout  prest  de  le  combattre  present  leRoy,  quand  il 
»plairoit  au  Roy  assigner  journee:  et  la  fit  le  Roy  crier  par 
«un  heraud  d*armes  par  six  lieux  en  ladite  ville,  et  aussi 
«en  la  sale.»  Endlich  noch:  Thomas  Milles  lib.  de  Nobil. 
Polit.  vel  Civili  pag.  109  describens  ceremoniam  coro- 
nationis  Edwardi  VI.  Regis  Angliae:  «Post  secundum  fer- 
«culorum  apparatum,  Regius  Agonista  (Dimmocus  cogno- 
«mine)  eques  auratus  undique  armatus,  equo  insidens  bellico, 
«pannis  aureis  phalerato,  paluclato  feciali  comitatus  ingressus 
«est,  qui  primo  gressu  glomerante  superbo  ad  regem  se 
«contulit  ipsumque  summa  observantia  adoratus  est.  Deinde 
«equum  concitando  ovantem  quater  per  aulam  clangente  tuba 
«ad  duellum  provocavit,  si  quis  nimirum  Edwardum 
«ejus  nominis  VI.  Angliae,  Franciae,  et  Hiberniae 
«verum,  indubitatum,  legitimumque  Regem  negaret: 
«totiesque  ehirothecam  militarem  arrham  projecit 
«humi,    quam    quum    nemo    attolleret,    fecialis   ipsi 


—     25     — 

«reddidit.»    Dazu  hat  der  Herausgeber  und  Bearbeiter  des 

Wörterbuches  noch  folgendes  Weitere  zu  bemerken :  Videtur 

autem    miles    ille    «patriam»    repraesentare,     quia',    inquit 

Bracton.  lib.  3.  tract.  2.  cap.  21.  §  11:    Rex  non  pugnat, 

nee    alium    habet    Campionem,    quam    patriam".     Id 

porro    muneris    Marmionorum   familiae    competiit,  a  qua 

per  filiam  in  Dimocorum  gentem  in  agro  Lincolniensi  tran- 

siisse  scribit  Camdenus  in  Descript.  Staffordensis  Comitatus". 

Im  Anschlüsse  hieran  mögen  nach  Du  Gange  tom.  VI.  sp. 

559a,  b  noch  zwei  Zeugnisse  erwähnt  sein,  die  sich  daselbst 

für  die  Verwendung   des    gerichtlichen  Zweikampfes  finden, 

ferner  eine  Stelle,  die  meine  Annahme  eines  Fechterstandes, 

der  sich  für  Geld  zum  Austrage   von  Streitigkeiten  herbei- 

liess,  zu  bestätigen  scheint.     Für  Letzteres  kann  man  sich 

auf  die  sub  voce  <pugü'  stehende  Angabe  eines  jmgil  con- 

dueticius',    qui   pro   alio    certamen   et   duellum   sus- 

cipiebat,  in  Libert.  Clarimont.  ann.  1248.  tom.  5.  Ordinal. 

reg.  Franc,  pag.  600.  art.  6  berufen;    für  Ersteres  auf  die 

Belege    zu     pugü'=campio,    in  Foris   Bigorrensibus  art.  20. 

Tabular.  S.  Germani  Paris,  sub  Hugone:   «Godefridus  quidam 

«de  saneto  Germano   Pugilem   suum  Robertum  et  suos 

«obsides    coram    assistente    multitudine    nobis    exhibuit. 

«Godefridus  vero  de  Braviler   neque  pugilem,   neque  ob- 

«sides   suos   exhibuit,    nee    ea   die   comparuerunt   in   Curia 

«nostra,  propter  quod  ei  diximus,  ipsum  deeidisse  a  causa;» 

und  zu    pugilare'=duello  contendere,     Guibertus   lib.  3  de 

«vita  sua  cap.  14:  «Is  contradatis  vadibus  bello  eura 

«pugilaturus  impetiit.» 

Wohl  am  besten,  teilweise  mit  fast  wörtlicher  Ver- 
wendung der  üblichen  Rechtsformeln  ist  der  gerichtliche 
Zweikampf  litterarisch  verwendet  auf  dem  Gebiete  der  Tier- 
fabel, von  den  Verfassern  der  Gedichte  «Van  den  vos 
Reinaerde»  (Ausgabe  v.  E.  Martin)  und  «Reineke  Vos» 
(Ausgabe  von  Fr.  Prien,  Halle  1887).  Ich  gebe  hier  die 
betreffenden  Stellen,  welche  deutlich  den  engen  Anschluss 
an  die  bestehenden  Bräuche  und  Redewendungen  erkennen 


—     26     — 

lassen,    im    Auszuge    wieder.      So    heisst    es    zunächst    in 
Reinaert  II.  (Ed.  Martin)  v.  6740  ff.: 

«mer  ic  tie  u  hier  voor  hem  allen, 

«dat  ghi  een  verrader  ende  een  moorder  sijt. 

«ic  salt  u  doen  lien  in  een  crijt 

«op  enen  dach,  lijf  teghen  lijf: 

«ende  dus  coomt  ten  einde  onse  kijf. 

«siet  hier,  ic  biede  u  den  hantscoe! 

«ic  wil  daer  voor  sterven  of  brenghen  toe. 

«die  recht  heeft,  het  sei  wel  bliken.» 

Dazu  führt  Prof.  Martin  in  der  Anmerkung  die  folgenden 
beiden  weiteren  Belege  an;  erstens  eine  Stelle  aus  Froissart 
bei  Du  Gange,  lautend:  «je  di  que  tu  es  faux  mauvais  et 
«traistre:  tout  ce  je  prouveray  mon  corps  contre  le  tien, 
«et  voici  mon  gage!»  Zweitens  einen  Ausdruck  aus  einer 
Ordonnanz  Philipps  des  Schönen  von  Frankreich  vom  Jahre 
1306:  «ce  luy  monstreray  je  aujourdhui  par  mon  corps 
«contre   le  sien.»     Ferner  Reinaert  II.  v.  6916  ff.: 

«die  wolf  swoer  voor,  dat  die  vos 
«een  moorder  was  ende  een  verrader, 
«ende  argher  niet  wesen  mochte  noch  quader: 
«dat  soudi  op  hem  marken  vvaer. 
«Reinaert  die  vos  swoer  daer  naer, 
«dat  hijt  looch  als  een  vuul  katijf: 
«dat  soudi  waer  raaken  op  sijn  lijf.» 

Cxanz  ähnlich  lauten  die  entsprechenden  Stellen  in 
Reineke  Vos,  so  B.  IV.  c.  5.  v.  6102  f.: 

«Ik  wyl  myt  yw  slan  eynen  kamp. 
«Hebbe  gy  dan  recht,  dat  vynde  gy  wol». 
(Vgl.  v.  100  «De  recht  lieft,  schal  wol  richtich  blyuen.») 

Ferner  B.  IV.  cap.  5.  v.  6120  ff.: 

«Wy  wyllen  kempen  vmme  olt  vnde  nye. 

«1k  essche  yw  to  kampe  to  desser  tyd, 

«Ik  spreke,  dat  gy  eyn  vorreder  vnde  morder  syd. 

«Ik  wyl  myt  yw  kempen  lyff  vmme  lyff, 

«Sus  mach  eyns  endygen  vnse  ky II'. 

«De  vthbuth  den  kamp,  dat  is  dat  recht, 

«Eynen  hantschen  deme  anderen  (o  donde  plecht; 

«Den  hebbe  gy  hir,  nemet  to  yw!» 


—    27    — 

Am  Schlüsse  von  Buch  IV  cap.  5  steht  ('olgende  Prosa- 
Erläuterung  über  das  Kampfurteil  (vgl.  pag.  213.): 

«Oldynges  was  yd  eyne  wyse,  dat  etlyke  eddelynge 
«vaken  eyn  yegen  den  anderen  plach  to  kempen,  dar  vele 
«van  steyt  in  der  ystorien  van  den  Romeren  vnde  anderen 
«böken  vnde  kroniken;  vnde  ane  orloff  des  konnynges  efte 
«heren  des  landes  so  moste  nemant  kempen  efte  vechten 
«lyff  oinme  lyff.  Denne,  wan  de  here  efte  konnynck  des 
«landes  den  kamp  beorlouede,  so  mosten  de  twey  gan  in 
«gevencknysse,  edder  borgen  setten,  den  ghesatteden  dach 
«to  kampe  to  komen.  Dyt  sulue  menet  de  lerer  hir,  dat 
Reynke  vnde  Ysegrym  borgen  satten.  Vnde  denne  in  der 
-  myddeltyd  twysschen  deme  dage  des  kampes  heft  eyn  yslyk 
«bi  synen  vrunden  ghewest,  de  em  trostlik  weren  vnde  en 
«vrimodich  makeden,  vnde  dar  hadden  se  denne  welke 
«vechters,  dede  vorvaren  weren  in  sodanen  dyngen; 
«desse  lereden  de  kempers,  wo  se  syk  scholden 
«h ebben.    Dyt  menet  de  dychter  hir  na  in  deine  capittel.» 

Und  endlich  noch  die  Stelle  B.  IV,  cap.  7.  v.  6269  ff.: 

«He  swor,  dat  Reynke  were  eyn  vorreder, 
«Eyn  deff,  eyn  morder,  eyn  mysdeder, 
«Eyn  ebreker  vnde  eyn  valsch  ketyff. 
«,Dyt  gylt  vns  beyden  lyff  vmme  lyff.'» 

Aber  auch  in  die  Dichtung  der  deutschen  Heldensage 
sind  solche  Anklänge  an  den  gerichtlichen  Zweikampf 
und  das  Gottesurteil  in  zahlreichen  Wendungen  eingedrungen, 
und  oft  sind  derartige  Situationen  mit  Vorliebe  geschildert 
und  breit  und  weitläufig  ausgemalt  worden,  so  besonders, 
wenn  es  sich  um  ritterliche  Zweikämpfe  handelte,  die  von 
den  Rittern  selbst  in  eigener  Person  ausgefochten  wurden, 
um  die  angegriffene  Ehre  ihrer  Dame  zu  schützen  und  ihre 
Unschuld  böswilligen  Vorwürfen  oder  Verrätereien  gegenüber 
durch  einen  glänzenden  Sieg  über  den  Gegner  offenkundig 
zu  erweisen.  Solchen  Darstellungen  begegnet  man  in  der 
Ritterdichtung  des  ganzen  Mittelalters  so  häufig,  dass  es 
hier  zu  weit  führen  würde,    auch  nur  eine  Übersicht  über 


—    28    — 

die  gesamten  Stellen  zu  geben:  ich  muss  mich  daher  für 
jetzt  begnügen,  auf  einige  der  naheliegendsten  Angaben 
solcher  Verhältnisse  als  Beispiele  kurz  zu  verweisen. 
So  führt  Benecke  in  seinem  Wörterbuche  zu  Hartmann 
von  Aue's  Iwein  (2.  Ausgabe  von  Wilken.  Göttingen  1874) 
manche  Ausdrücke  dieses  Gedichtes  an,  die  entschieden 
eine  Auffassung  des  Kampfes  unter  dem  Gesichtspunkte 
des  rechtlichen  Ordals  an  den  betreffenden  Stellen  erkennen 
lassen,  wenn  auch  die  weiteren  Formen  desselben  vom 
Dichter  nicht  ausführlicher  angewendet  worden  sind.  Als 
Belege  dafür  mögen  folgende  Wendungen  gelten,  die  am 
erwähnten  Orte  sich  finden:  «ir  kempfe  wurde  sigehaft. 
253.  si  was  ir  kempfen  harte  vrö.  210.  daz  gotes  gnade 
und  gebot  ir  kempfen  erte.  199.  der  ir  kempfen  über- 
strite.  213.  si  vuor  ir  kempfen  suochen.  213.  ich  schiet 
äne  kempfen  dan.  158.  sol  si  kempfen  hän.  193.  ich 
vinde  kempfen.  210.  212.  daz  si  den  kempfen  bringe 
dar.  222.  si  suochte  einen  kempfen.  211.  du  muost  mir 
min  erbeteil  län  oder  einen  kempfen  hän.  210.  er  wollde 
in  kempfen.  181.  255.  daz  die  besten  gesellen  ein  ander 
kempfen  wellen.  255.  ze  sehenne  ein  vehten  von  zwein 
so  guoten  knehten.  254.  vür  eine  vrouw e n  vehten ,  st riten. 
155.  193.  278.  218.  ein  kämpf  ist  gesprochen  zwischen  in 
beiden  über  sehs  wochen.  222.  213.  er  muoz  ime  vierzec 
tage  kampfes  biten.  213.  sich  mit  kämpfe  loesen.  158. 
mit  kämpfe  unschuldec  werden.  202.  der  man  den  er 
an  mit  kämpfe  vor  gerihte  sprach.  202.  156.  sich 
mit  kämpfe  wem.  154.  durch  einen  kempfen.  209. 
einem  den  kämpf  geheizen.  251.  einen  kämpf  bestän. 
165.  250.  heiz  den  kämpf  läzen  sin.  267.  wider  sinen 
kampfgenöz.  269.  sinen  kampfgesellen  üf  den  sämen 
v eilen.  259.  an  der  kampfstat  vinden.  252.  manec 
kampfwise  man  sach  diesen  kämpf  an.  265.  die  zwene 
kämpf wi sen  träten  zesamene.  261.  wartet  min  morgen 
vruo;  ich  kume  ze  guoter  kampfzit.  163.  252.  daz  ein 
kempfe  dri  man.   164».     Ähnliche   Stellen,   die   entweder 


—    29    — 

schon  in  den  verwendeten  Ausdrücken,  oder  doch  in  der 
Art  und  Weise,  wie  der  Kampf  in  seinem  Verlaufe  geschildert 
wird,  nach  dem  vorbildlichen  Muster  des  gerichtlichen 
Zweikampfes  gebildet  sind,  auch  wenn  es  sich  um  blosse 
Privatstreitigkeiten  oder  Turnierfehden  handelt,  finden  sich 
noch  häufig.  So  mögen,  um  beispielsweise  aus  der  grossen 
Fülle  derselben  noch  einige  herauszugreifen,  etwa  noch 
die  folgenden  hier  erwähnt  werden,  ohne  dass  ich  sie  jedoch 
im  Wortlaute  anzuführen  für  nötig  erachtete,  da  sie  meistens 
genügend  bekannt  oder  doch  leicht  nachzuschlagen  sind. 
Ganz  besonders  ist  an  dieser  Stelle,  was  die  Kampfausdrücke 
anbelangt,  auf  Wilhelm  Grimm 's  treffliche  Sammlung  unter 
dem  Titel:  «Deutsche  Wörter  für  Krieg»,  in  dessen  Kleineren 
Schriften  (Ausgabe  von  G.  Hinrichs.  Berlin  1883),  im 
Band  III,  pag.  516  ff.  publiciert,  hinzuweisen,  der  ich  einige 
für  unseren  Zweck  wichtige  Zeugnisse  im  Folgenden  ent- 
nommen habe  (vgl.  besonders  pag.  535  ff.  a.  a.  0.).  Dar- 
nach erscheint  das  ahd.  «kemphjo,  kemfo »  bereits  einige 
Male  in  den  ältesten  Glossen,  wo  es  durch  das  lat.  gladiator, 
athleta'  wiedergegeben  ist.  Dem  entspricht  der  Umstand, 
dass  die  Schlettstädter  Glossen  (vgl.  Haupt's  Zeitschrift  V, 
346)  das  Wort  ein  wie1  Zweikampf,  durch  die  Begriffe 
«ludicrum»  und  «speetaculum»  erklären.  Dass  bereits  in 
althochdeutscher  Zeit  verschiedene  Arten  von  Kämpen  unter- 
schieden wurden,  beweist  das  Vorkommen  der  Ausdrücke: 
«füstkempho,  knuttilkempfo  und  swertkempfo»  im 
Sprachschatze  jener  Glossenlitteratur.  Neben  zahlreichen 
anderen  von  Grimm  in  grosser  Vollzähligkeit  angeführten 
Stellen  will  ich  hier  nur  noch  einige  derjenigen  er- 
wähnen, die  durch  ihre  ausführliche  Schilderung  der  Ver- 
hältnisse oder  durch  bemerkenswerte  sprachliche  Wen- 
dungen und  stehend  gewordene  Ausdrücke  von  besonderem 
Werte  sind.  So  wären  etwa  zu  vergleichen :  Tristan 
(Ausgabe  von  Massmann),  pag.  332,  37  —  40.  333,  1  —  19. 
Biterolf  v.  12'949— 12959.  Wolfdietrich  D.  VII.  168,  1, 
2.   170,    2,  3.    175,  4.   176,    2.  177,3,  4.   178,  4.   183,   1. 


—    30    — 

187,    1,   2.    188,    4.   192,    2,  3.   199,    3,   4  (Variante  nach 
a,  e.).  205,  2. 

Die  in  Konrad  von  Würzburg's  Gedieht  «Engelhart 
und  Engeltrüt»  und  im  Lohengrin  geschilderten  Kampf- 
episoden zwischen  den  Helden  Ritschier  von  England  und 
Dietrich  von  Bern  einerseits  und  zwischen  dem  Gralritter 
Lohengrin  und  seinem  Gegner  Graf  Telramund  andererseits 
zeigen  —  vielleicht  unter  dem  Einflüsse  ihrer  romanischen 
Vorbilder  und  der  christlich-kirchlichen  Richtung  ihrer  Ent- 
stehungszeit entsprechend  —  den  ausgesprochenen  Charakter 
des  Gottesurteils  und  wahren  auch  in  ihrer  Darstellung 
genau  die  Formen  des  gerichtlichen  Zweikampfes  mit  allen 
seinen  festgefügten,  durch  alte  Tradition  gut  erhaltenen 
rechtlichen  Gebräuchen  und  sprachlichen  Ausdrücken.  Zur 
Bekräftigung  dieser  Behauptung  mögen  aus  den  beiden 
Gedichten  etwa  die  nachstehend  angeführten  Stellen  als 
die  bezeichnendsten  verglichen  werden.  Engelhart  (Ausgabe 
Haupt-Joseph),  v.  4003-4029.4034-4051.  4088-4093.' 
4108-4117.  4119/21.  4128—4133.  4160/1.  4444-4447. 
4462/3.  4476/7.  4526-4529.  4656-4663.  4666-4669. 
4672-4675.  4710/11.  4745-4749.  4756/7.4806/7.  4828-4832. 
4848/9.  4872/3.  4902/3.  4954—4961.  Lohengrin  (Ausgabe 
Rückert).  v.  251/2.  264/5.  349—353.  378.  506-508. 
511/12.  575/6.  590.  688.  819/20.  830.  864-868.  886—888. 
1246—1248.  1914/5.  1997—2000.  2135—2138.  2167. 
2201—2205.  2237—2246.  7157/8.  7167/8.  Schilderungen 
ganz  ähnlicher  Art,  die  mit  den  früher  erwähnten  eine  bis  auf 
die  gleichen  Ausdrücke  gehende  Uebereinstimmung  zeigen, 
finden  sich  noch  in  zahlreichen  anderen  Werken  dieses  und 
des  späteren  Zeitraumes  höfischer  Dichtung.  So  ist  etwa 
noch  auf  die  gleichartigen  Verhältnisse  im  Schwanritter 
Konrad"s  von  Würzburg  und  auf  das  von  zahlreichen 
Kampfschilderungen  durchsetzte  Gedicht  von  Reinfried  von 
Braunschweig  (Ausgabe:  Bibl.  d.  Stuttg.  Litt.-Ver.  Bd.  GIX) 
hinzuweisen.  Ähnliche  Auffassungen  vom  Kampfwesen  und 
selbst  vom  Turnier  als  einer  Art  gerichtlicher  Entscheidung 


—    31    — 

unter  göttlichem  Beistande  zu  Gunsten  in  Anspruch  genom- 
mener Rechte  und  Ehren  finden  sich  noch  bei  vielen  Dichtern 
ritterlicher  Epen  und  auch  in  den  verschiedenen  Rechts- 
büchern hat  sich  diese  Anschauung  lange  erhalten.  Für 
die  betreffenden  Redensarten  und  Ausdrücke  ist  dabei  wieder 
die  reichhaltige  Sammlung  des  erwähnten  Grimmschen 
Aufsatzes  (Kl.  Sehr.  III,  besonders  pag.  539 — 543)  nach- 
zusehen, wo  sich  unter  anderen  noch  folgende  deutliche 
und  bezeichnende  Stellen  finden:  Wilhelm  v.  Orlens  v.  11303. 
sich  veile  geben  mit  sinem  kämpfe  in  einen  strit. 
Ferner  im  Apollonius,  wo  ein  gerichtlicher  Zweikampf 
zwischen  einer  Jungfrau  und  einem  Manne  geschildert  wird, 
v.  20'017:  ich  wil  ez  hiute  bringen  mit  kämpfe  üf 
sinen  veigen  lip.  Im  Schwabensp.  187,8  heisst  es:  got 
muoz  ez  under  in  scheiden  mit  kämpfe;  und  ebenda 
404,45:  einen  versten  mit  kämpfe,  d.  h.  für  eines  andern 
Recht  kämpfend  eintreten  (vgl.  auch  404,  48).  Die  damit 
meist  übereinstimmenden  Wendungen  des  Sachsenspiegels 
hat  Home y er  in  seiner  Ausgabe  I,  340  zusammengestellt. 
Ich  will  hier  noch  erwähnen,  dass  in  dem  Gedichte  van 
Bere  Wisselauwe  (vgl.  Quellen  und  Forschungen,  Heft 
Nr.  65,  Strassburg  1889,  pag.  66  ff.)  das  zottige  Ungetüm 
an  zahlreichen  Stellen  mit  dem  respectvollen  Namen  eines 
«kempen»  bezeichnet  wird,  gleichsam  als  der  gefürchtete 
Vorkämpfer  Gernots,  seines  Herrn  und  Führers.  Im  Übrigen 
ist  noch  auf  eine  längere  Schilderung  eines  Zweikampfes 
zwischen  gemieteten,  im  Solde  ihrer  streitenden  Herren 
stehenden  Kämpen  zu  verweisen,  die  zwar  einen  etwas 
komischen  Charakter  hat,  manche  Einzelheiten  aber  doch 
recht  genau  und  ausführlich  wiedergibt,  welche  aber  wegen 
ihrer  Ausdehnung  notgedrungen  in  den  Anhang  gestellt 
werden  musste.  Diese  Episode,  ein  Ereignis  aus  dem  Jahre 
1236,  das  bei  einer  Fehde  zwischen  Herzog  Heinrich  von 
Brabant  und  dem  Bischöfe  von  Lüttich  sich  abspielte,  isi 
mir  in  zwei,  nicht  allzusehr  von  einander  abweichenden 
Überlieferungen  zugänglich  gewesen.     Die  eine,  etwas  um- 


—    32     — 

fangreichere  und  wie  mir,  nach  der  Sprache  zu  schliessen, 

scheint  ältere  Aufzeichnung,  findet  sich  abgedruckt  im 
Spiegel  Historiaal,  of  Rym-Spiegel,  zynde  de  nederlandsche 
Rym-Chronyk,  van  Lodewyk  van  Velthem,  Priester,  voor 
ruym  400  Jaaren  in  Dichtmaat  gebracht.  Uitgegeven  en 
met  noodige  verklaaringen  opgeheldert,  door  Isaac  le  Long. 
T'Amsterdam,  1727,  pag.  38—42  (I.  Boek,  cap.  28—30). 
Die  zweite,  kürzere  und  jüngere  Fassung  steht  (nach  einer 
Papierhandschrift  vom  Ende  des  14.  oder  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts,  die  das  4.  Buch  der  «Brabant'schen  Yeesten» 
enthielt  und  früher  Eigentum  der  Abtei  von  Affligem  war, 
dann  als  Geschenk  an  das  Reichsarchiv  in  Brüssel  über- 
ging) nebst  drei  interessanten  Abbildungen  dazu,  die  den 
Miniaturen  der  erwähnten  Handschrift  entnommen  sind,  im 
Belgisch  Museum  voor  de  nederduitsche  Tael-en-Letterkunde 
en  de  Geschieclenis  des  Vaderlands,  uitgegeven  noor 
J.  F.  Willems,  Deel  I.  (Te  Gent,  1837),  pag.  26—32  abge- 
druckt. Neben  dieser  Aufzeichnung  soll  sich,  wie  Willems 
(a.  a.  0.,  pag.  32)  mitteilt,  nur  noch  eine  Darstellung  dieses 
Vorfalles  vorfinden,  nämlich  in  einer  anderen  Abschrift  der 
Brabant'schen  Yeesten>,  die  von  Hein  van  Damme  für  die 
Stadt  Brüssel  im  Jahre  1444  angefertigt  worden  war,  in 
welcher  dem  betreffenden  Ereignisse  die  Blätter  LXXVIII 
und  LXXIX  gewidmet  sind.  Das  ist,  was  an  dieser  Stelle 
noch  über  die  Ueberlieferung  des  äusserst  wertvollen  und 
erheiternden,  sittengeschichtlich  nicht  unwichtigen  Zeugnisses 
für  die  weite  Verbreitung  des  sogenannten  «kampflichen 
gruozes»  und  die  oft  auch  ergötzlichen  Situationen,  die 
seine  Anwendung  etwa  mit  sich  brachte,  noch  kurz  anzu- 
führen war. 

Nunmehr  verlassen  wir  das  mehr  religiöse  und  recht- 
liche Gebiet  der  Kämpen,  um  zu  den  Fechtern  überzugehen, 
worunter  zunächst  die  höfischen  Fechtmeister  und  Ver- 
treter ritterlicher  Waffenübungen,  später  dann  auch  ihre 
entarteten  Ausläufer,  die  Klopffechter  einerseits  und  die 
bürgerlichen,  handvverksmässigen  Berufs-  und  Gelegenheits- 


—    33    — 

fechter  der  Fechtergesellschaften  andererseits,  bis  herab 
zu  den  vagierenden  Seiltänzer-  und  Gauklerbanden  und  den 
von  Ort  zu  Ort  wandernden  und  «fechtenden»,  d.  h.  bettelnden 
Handwerksburschen,  zu  verstehen  sind.  Zunächst  mögen 
einige  Stellen  das  Auftreten  von  Fechtmeistern  an  den 
ritterlichen  Höfen  des  Mittelalters  und  die  sorgfältige  Pflege 
des  edlen  Waffenspieles  daselbst,  sei  es  zur  heiteren  Er- 
götzung bei  Festlichkeiten  oder  zur  wehrhaften  Erziehung 
für  den  kriegerischen  Ernstfall,  belegen.  Denn  als  Kunst 
wurde  der  Gebrauch  der  Waffen  von  dem  tüchtigen  Manne 
stets  angesehen  und  gehandhabt,  mag  es  friedliches  Spiel 
gewesen  sein  oder  bitteren  Ernst  gegolten  haben.  Zur  Be- 
zeichnung speciell  der  Thätigkeiten  der  Fechtkims t  stehen 
in  vielen  unserer  Quellen  (vgl.  die  weiter  unten  angeführten 
Zeugnisse)  die  Ausdrücke  «fechten»  und  «schirmen»  neben- 
einander, ursprünglich  wohl  so  gebraucht,  dass  das  erstere 
die  Angriffshiebe  und  die  Kunstformen  der  Offensive,  das 
letztere  dagegen  die  Parierhiebe  und  die  Abwehr-  und  Ver- 
teidigungskunst, die  Defensive,  bezeichnete,  wie  es  auch  in 
der  Grandbedeutung  der  Worte  selbst  schon  liegt,  indem 
«fechten»  ein  eifriges,  rühriges  und  hastiges  Bewegen  der 
Hände  in  der  Luft,  und  zwar  sowohl  mit  als  ohne  Waffe 
(vgl.  die  Ausdrücke  fuchteln»  und  «Fuchtel»,  die  auch 
hierher  gehören,  sowie  das  Schweiz,  dialektische  «fechten» 
=  eine  Arbeit  hastig  und  unruhig  verrichten,  sich  mit 
etwas  eilen),1)  «schirmen»  aber  ein  kühlüberlegtes,  bedäch- 
tiges und  besonnenes  Schützen  und  sich  Decken  in  sich 
schliesst.  Doch  hat  «schirmen»  die  Bedeutung  beider  Seiten 
der  Fechtkunst  in  sich  vereinigt  und  wird,  wie  später 
«fechten»,  im  allgemeinen  Sinne  für  das  Ausüben  kriegerischer 
Kunst  verwendet.     Es   haben   also   davon  abgeleitete  Aus- 


i)  Grimm  und  Klugestellen  in  ihren  Wörterbüchern  «fechten» 
(ahd.  fehtan,  mhd.  vehten,    ae.  feohtan,  ne.  fight);    etymologisch  zum 

mnd.  vechten  ai'r.  ihn-hta 

lateinischen  jpugnus,  pugna,  pugnare,  pugil1,  was  möglich,  aber  nicht 
erwiesen  ist. 

3 


-     34    — 

drücke,  wie  «Schirmmeister,  Schirmschild,  Schirmschlag. 
Schirmschwert,  Schirmknabe,  Schirmwaffe*  etc.  vollständig 
den  umfassenderen  Sinn  von  «Fechtmeister»  u.  s.  f.  Zu 
bemerken  ist  noch,  dass  beide  Ausdrücke,  wie  übrigens 
auch  alle  anderen  auf  verwandte  kriegerische  Leistungen 
bezüglichen,  ohne  Unterschied  sowohl  zur  Bezeichnung  der 
blossen  erzieherischen  Übung  oder  des  zur  Unterhaltung 
veranstalteten  ritterlichen  Spieles,  als  auch  bei  der  Schilde- 
rung des  eigentlichen  Kampfes  und  ernsthaften  Streites  auf 
Tod  und  Leben,  z.  B.  bei  Darstellung  von  Zweikämpfen 
oder  von  grösseren  Schlachtscenen,  ganz  in  gleicher  Weise, 
und  oft  der  eine  für  den  anderen  stehend,  verwendet  werden, 
eben  weil  der  Unterschied  zwischen  Scherz  und  Ernst  im 
Kampfspiel  (vgl.  z.  B.  den  Übergang  vom  Scheingefechte 
zum  ernsthaften  Wettstreit  in  Kudrun  366,  1,  2  mit  der 
Formel:  «läz  äne  vride  sin  unser  beider  schirmen»,  und  die 
Anmerkung  zu  dieser  Stelle  [Ausgabe  v.  Martin,  pag.  84]) 
für  das  germanische  Volksbewusstsein,  das  allen  Äusse- 
rungen seiner  urwüchsigen  Kraft  das  gleiche,  warme  und 
rege  Interesse  entgegenbrachte,  ein  so  überaus  geringer 
war.  Wenn  wir  daher  in  unseren  Kampfschilderungen 
verschiedene  Ausdrücke  für  die  gleiche  Sache  gebraucht 
und  dieselben  häufig  wechseln  sehen,  so  ist  das  mehr  einem 
Bedürfnis  nach  poetischer  Variation  der  Darstellung  zuzu- 
schreiben, als  dass  den  formalen,  sprachlichen  Unterschieden 
auch  tiefergehende,  inhaltliche  Sinnesdifferenzen  entsprechen 
würden.  Eben  das  häufige  Streben  nach  Variation  im  Ausdruck 
zur  Erleichterung  breiter  und  wiederholender  Ausführung 
dieser  besonders  interessanten  Partien  der  Erzählung,  wie 
überhaupt  die  ganze  Fülle  des  Wortschatzes  der  Sprache  auf 
dem  Gebiete  kriegerischer  Bethätigung,  —  ein  Reichtum,  der 
durch  Übernahme  einer  grossen  Anzahl  von  Fremdworten 
unter  dem  Einflüsse  romanischer  Cultur  und  Sitte  noch  sehr 
erheblich  erhöht  worden  ist,  — können  uns  deutlich  beweisen, 
wie  sehr  das  Kampfmotiv  im  Mittelpunkte  des  Interesses 
und  des  ganzen  geistigen  Lebens  der  germanischen  Völker- 


35    — 

schaften  gestanden  hat.  Und  ein  weiterer  beredter  Zeuge 
des  mächtigen  und  tiefgehenden  Einflusses,  den  dieses  teils 
auf  mythologischer  Anschauung,  teils  auf  historischen  Ver- 
hältnissen (Völkerwanderung,  Christianisierung,  Kreuzzügen, 
Kriegsfahrten  etc.)  beruhende  Übergewicht  einer  kriege- 
rischen Weltauffassung  auf  das  gesamte  deutsche  Cultur- 
und  Sprachleben  ausgeübt  hat,  ist  der  grosse  Bestand  von 
kräftigen,  naiv-sinnlichen,  im  Volksbewusstsein  von  heute 
noch  tiefeingewurzelten  Redewendungen  und  sprachlichen 
Ausdrücken,  von  Formeln  und  Sprichwörtern,  die  gerade  in 
den  niederen,  das  Alte  am  zähesten  festhaltenden  Volks- 
schichten noch  am  weitesten  verbreitet  und  am  besten  er- 
halten sind  und  welche  alle  noch  mehr  oder  weniger  deutlich 
erkennbar  dem  grossen  Gebiete  des  Kampflebens  entstammen 
oder  doch  in  Anlehnung  an  jenen  kriegerischen  Gedanken- 
kreis verwendet,  umgedeutet  oder  gar  neugebildet  worden 
sind.  Nun  aber  zurück  zum  «Fechten  und  Schirmen»  der 
ritterlichen  Jugend  und  der  tüchtigen  Helden  an  den  Höfen  der 
Fürsten  oder  auf  den  Turnierplätzen  der  Städte,  wie  es  in 
den  Zeiten  des  deutschen  Mittelalters  in  Scherz  und  Ernst 
so  eifrig  gepflegt  und  so  häufig  in  den  Zeugnissen  der 
Heldensage  und  anderen  Ritterdichtungen  dargestellt  worden 
ist.  Die  ausführliche  Schilderung  eines  heiteren  Fechter- 
kampfes, die  sog.  Fechtprobe  zwischen  den  Helden  Wate 
und  Hagen,  wie  sie  uns  das  Kudrunlied  bietet,  gebe  ich  in 
den  Beilagen  (vgl.  dort  Nr.  I)  wieder  in  Anbetracht  ihrer 
grösseren  Ausdehnung  und  verweise  hier  nur  noch  auf 
mehrere,  kleinere  Stellen,  wo  von  diesen  Künsten  oder 
auch  ihrer  ernsthaften  Anwendung  die  Rede  ist,  ohne  in- 
dessen hier,  wie  gleich  bemerkt  sein  mag,  den  Gegenstand 
etwa  schon  erschöpfend  behandeln  zu  wollen;  denn  dazu 
bedürfte  es  noch  eines  viel  umfassenderen  Materiales,  als 
es  mir  bis  heute  zu  Gebote  stand.  Zunächst  die  Zeugnisse 
dafür,  dass  das  Fechten  ein  Hauptbestandteil  in  der  höfischen 
Erziehung  junger  Ritter,  neben  der  auch  in  anderen  Künsten 
geforderten  Tüchtigkeit  und  Ausbildung,  war,  weshalb  solche 

3* 


—    36     — 

Waffenübungen  und  Ritterspiele  auch  bei  keinem  grösseren 
Hoffeste  unter  den  üblichen  Kurzweilen  und  Unterhaltungen 
fehlen  durften.  Dafür  geben  folgende  Stellen  eine  Anzahl 
Belege : 

«Ninus  leirti  sini  man 

«aribeiti  lidan, 

«in  gewefinin  ritin. 

«daz  si  vreisin  gidorstin  irbitin, 

«schiezin  unti  schirmin;»     Annolied  v.  139 — 143. 

«und  hiez  in  leren  schirmen.»     Lanzelet  v.  279. 

«vehten,  rennen,  springen, 

«loufen,  schirmen,  ringen, 

«zabeln  unde  kugelspil, 

«rotten,  gigen,  harpfen  vil, 

«und  kräm  allerhande 

«von  alder  weite  lande, 

«daz  vint  man  tegeliches  da, 

«mer  dan  iender  anderswä: 

«des  ist  der  turnei  dar  geleit.»     Lanz.  v.  2675 — 2683. 

«Aller  hande  riterspil 

«Lerten  in  die  riter  vil, 

«ßuhurdieren,  unde  stechen, 

«Diu  starchen  sper  zebrechen, 

«Schirmen,  unde  schiezzen.»     Wigalois  v.  1254—1258. 

«Dise  furnierten  da, 

«So  schirmten  die  anderswä. 

«Si  sähen  buhurdieren. 

«Die  knappen  tiostieren, 

«Tanzen,  unde  singen, 

«Schiezzen,  unde  springen; 

«Als  ich  iu  nu  sagen  wil, 

«Aller  hande  riterspil 

«Was  da  äne  mäze  vil.»     Wigalois  v.  2648 — 2656. 

«schirmen  mit  den  schilden  und   schiezen   manegen    Schaft.» 

Nib.  307,  2—3. 
«wol  schirmen,  starke  ringen, 
«wol  loufen,  sere  springen, 
«dar  zuo  schiezen  den  schaft, 

«daz  tete  er  wol  nach  siner  kraft.»     Tristan  v.  2111 — 2114. 
«swä  er  die  schirmmeister  vant 
«mit  Schilde  und  buckelaeren, 
«er  hiez  im  ie  bewaeren 
«die  kunst  bescheidenliche. 


—    37    — 

«den  jungen  kunic  riche 

«ein  meister  lerte  uz  Irlant, 

«daz  diu  kunst  des  heldes  hant 

«über  alle  schirmaere  truoc: 

«daz  zuo  was  er  starc  genuoc. 

«vil  eilenthafte  stuont  sin  muot.»     Biterolf  v.  2134 — 2143. 

«er  schütte  ez  als  ein  schirmswert.     Bit.  v.  2171. 

«der  vil  starke  küene  man 

«truoc  dem  getwerge  haz. 

«eins  schirmslages  er  niht  vergaz, 

«den  lerte  in  meister  Hildebrant.»     Laurin  v.  1476 — 1479. 

«sin  zühte  meister  Schyron 

«lert  in  behendekeite  vil: 

«schächzabel,  schirmen,  seitenspil 

«und  singen  mit  dem  munde, 

«daz  muoste  er  gar  von  gründe 

«biz  üf  ein  ende  kunnen.»     Trojanischer  Krieg  v.  6162 — 6167. 

«buhurt  unde  riterschaft, 

«schermen,  springen,  schiezen  den  schaft. 

«loufen  unde  ringen, 

«herpfen,  rotten,  singen:»     Otte's  Eraklius  v.  2665 — 2668. 

«Man  lert  die  jungen  fürsten  manic  ritterspil: 

«schirmen  unde  vehten  und  schiezen  zuo  dem  zil, 

«springen  nach  der  wite  und  schüten  wol  den  schaft, 

«üf  satele  rehte  sitzen:  des  wurdens  dicke  sigehaft. 

«Man  lert  die  jungen  fürsten  die  schilte  rehte  tragen, 

«mit  scharpfen  geren  schiezen  durch  halsberc  und  durch  kragen, 

«swä  man  in  herten  stürmen  gen  vinden  solte  stän, 

«ir  helme  ze  rehte  binden  lerte  man  die  jungen  man. 

«Man  lert  sie  wie  sie  solten  werfen  wol  den  stein 

«daz  sie  den  pris  behielten:   ir  kraft  was  niht  klein»     Wolfdietr. 

D.  III,  3—5,  2. 
«dö  wart  geturnieret  von  rittern  mit  dem  swert. 
«stechen  vor  schoenen  frouwen  vant  man  dö  genuoc,»     Wolfd. 

D.  VIII,  339,  2—3. 
«üf  dem  velde  über  al 
«vant  man  kurzwile  vil 
«und  aller  hande  ritterspil: 
«tanzen,  bühurtieren, 
«dise  tjostieren, 
«jene  loufen,  dise  springen, 
«schirmen  unde  ringen, 
«dise  würfen  den  stein, 


—     38     — 

«so  wurden  jene  des  enein, 

«daz  si  schuzzen  den  schaft.»     Garel  v.  10' 435 — lO'ii  i. 

«man  vant  da  vreuden  vollen  gelt. 

«swie  der  man  wolte  leben, 

«diu  wal  was  im  wol  gegeben. 

«wolt  er  buhurdieren, 

«tanzen,  tjostieren, 

«loufen  oder  springen, 

«den  stein  werfen  oder  ringen, 

«schermen,  den  schaft  schiezen, 

«swen  des  niht  wolt  verdriezen, 

«daz  er  horte  seitspil, 

«des  was  äne  mäze  vil. 

«swaz  der  man  gerne  sach 

«nach  sinem  willen  daz  geschach 

«ze  vreuden,  als  er  gerte.»     Garel  v.  20'134 — 20'147. 

«ge schermen  und  gefechtin.»     Ritterspiegel  v.  271K. 

«schirmen,    ringen,   tanzen   und   springen.»      Fastnachtspiele 

266,  16. 
«ich  haisz  ritter  Fridereich 
«und  bab  im  lant  zu  Markandeich 
«mit  schirmen  gewunnen  ritterschaft. 
«mein  schirmschleg  die  haben  kraft.»    Fastnachtsp,  363,11 — 14. 
«ich  zerhaw  im  seine  brünne 
«mit    ainem    schirmenschlag.»     Hildebrandslied.   (Uhland, 

Volksl.2.  250.). 
«dar  sach  men  schermen  unde   vechten.»     Reineke   Vos.  II, 

1.  v.  3301. 

Nunmehr  mögen  noch  eine  Anzahl  Stellen  hier  ange- 
führt werden  zum  Belege  dafür,  dass  die  gleichen  Aus- 
drücke des  «Fechtens»  und  «Schirmen  s>,  wie  sie  bei  den 
harmloseren  Uebungen  und  Spielen  erscheinen,  auch  da 
auftreten,  wo  es  sich  um  ernsthaften  Streit  der  einzelnen 
Helden  in  der  Schlacht  oder  im  Zweikampfe  handelt. 

«wir  schuolen  mit  den  s werten 

«daz  uelt  mit  in  ge  teilen. »     Ruolandesliet.  77,  22  3. 

«:der  site  was  unter  guten  knechten 

«si  cunden  wol  uechten 

«mit  spiezen  unt  mit  geren, 

«des  flizten  sich  die  herren.»     ebenda  157,  6 — 9. 

«er  vihtet  in  allenthalben  sige.»     Alexander  v.  2286. 


—     39    — 

«hien  vihtet  niemen  mit  iu  zwein.»     Iwein  v.  5291. 

«daz  er  für  mich  vehte.»     Parzival  701,  25. 

«un  veht  ab  ir  niwan  mit  zwein.»     Parzival  707,  24. 

«er  schirmde  manege  wile 

«dar  nach  sluog  er  mit  ile.»     Wigalois  v.  7155/6. 

«ein  schilt  er  ze  schirmen  truoc.»     ebenda  v.  7358. 

«do  entweich  im  der  junge  degen 

«mit  scherme  allez  flf  den  sal.»     ebenda  v.  7501/2. 

«ir  ietweder  schermen  für  starke  wunden  began.»   Nib.  2155,4. 

« schermen  im  began 

«der  herre   von  Berne   vor   angestlichen   siegen.»    ebenda  2286, 

2—3. 
«dö  si  hie   bi  Etzel  vähten  manegen  wie.»     ebenda  1735,   2. 
«Er  vrägte,  wä  si  waeren  durch  vehten  hinger  iten. 
«da  ze  Portegäle  haben  wir  gestriten.     Kudrun  222,  1—2. 
«Tristan  mit  sinem  kolben  vienc 
«alle  sine  siege,  wan  er  was  kluoc 
«und    konde    ouch    rechtes    schirm  es    gnuoc.»     Heinrich's 

Tristan  v.  5600—5602. 
«ich  hän  vor  Troie  dicke  daz  beste  getan, 
«ich  hän  gevochten  manigen  strit, 
»daz  mir  an  swertslegen  nie  misselang: 
«ich  slagen  ouch  hüte  wunden  wit.»     Morolt  75.5,  2 — 5. 
«Nu  schirme,  kunig  Princiän, 
«ez  muz  dir  an  din  leben  gän.»     ebenda  771,  1 — 2. 
«des  siht  man  zallen  ziten 
«üf  vil  hertez  striten 

«schirmen  leren  da  diu  kint.     Biterolf.  357 — 359. 
«wan  iu  ist  gewizzen,» 
«sprach  der  helt  vermezzen, 
«der  von  arde  ein  künic  si, 
«dem  s  u  1 1  i  r  wan  siege  d  r  i 

«bieten  und  deheinen  mer;»     ebenda.  10'882 — 10'886. 
«slaht  ir  üf  mich  iht  mere, 
«ir  verlieset  lip  und  ere.»     ebenda.  10'K89 — 1Ö'890. 
«dö  sluoc  im  der  wigant 
«einen  solhen  widerswanc 
«daz  Heimen  daz  swert  spranc 

«von  dem  slage  üz  der  hant.»     ebenda  10'926 — 10'929. 
«sin  swert  er  im  ze  schirme  bot.»     Laurin  v.  512.   1430. 
«daz  swert  »     »     »       »        »         »         ebenda  v.  688. 
«der  vil  starke  küene  man 
«truoc  dem  getwerge  liaz: 


—     40    — 

eins  schirmslages  er  niclit  vergaz 

«den  lörte   in  meister  Hildebrant.»     Laurin  v.  1476 — 1479. 
«mit  schirmen  muoste  er  sich  fristen 
«vor  Walberänes  kluogen  listen.»     Walberan  v.  1129/30. 
«schermet   iuch   vor   minen   svvinden  siegen.»     Alphart  156,  3. 
«mit    wem    sol    ich    nu    vehten?    sprach    von    Riuzen    Yljas.». 

Ortnit  IV.  324,  4. 
«do  schermten  in  die  recken 

«mit  den  Schilden,  die  si  truogen.»     Eraclius  v.  4822/3. 
«do  sach  man  siege  mezzen  die  jungen  künege  rieh: 
«baz  dan  ander  zwelve  tete  ez  Wolfdietrich.»  Wolfd.  D.  III.  8,  3 — i. 
«er   vaht    gar    kreftielichen    mit    dem    werden    Kriechen    gnot.» 

ebenda  D.  IV,  48,4. 
«Sie    vähten    hie    ze    walde,    die    zvvene    küene    man»  .... 

ebenda  D.  IV,  49,  1. 
«het  ich  erslagen  hiute  dich, 
«do  wir  uns  dar  zuo  wägen, 
«daz   wir   schirmens   pflagen.»     Konrad   v.  Würzburg's   Troj. 

Krieg  v.  360—362. 
«sin  herze  was  versunnen 

«üf  schirmen  ouch  so  rehte  wol.»     Troj.  Krieg  v.  4738,9. 
«Paris  und  Hector  wären  fxö 
«getreten  beide  in  einen  rinc  .... 
«daz  si  da  schirmens  pflägen.»     ebenda  v.  5015. 
«er  stuont  ouch  an  dem  ringe  breit, 
«in  dem  geschirmet  wart  also,     ebenda  v.  5054,5. 
«nü  schirment  iuch!     daz  tuot  iu  not.»     ebenda  v.  34'876. 
«do  vant  er  Pärisen  da 
«schirmende  mit  Hector  iesä 
«der  sich  do  des  mit  zorne  wac, 
«daz  er  im  einen  grimmen  slac 

«wolte  geben  do  zehant.»     ebenda  v.  4P853 — 4P857. 
«mit  zorne  der  ungehiure 
«an  Gäwein  den  ritter  spranc 
«und  nam  im  da  sunder  danc 

«den  schilt,  den  er  ze  scherme  bot.»  Krone  v.  13'282 — 13'285. 
«daz  swert  er  im  ze  scherme  bot.»     ebenda  v.  15'191. 
«er  gie  doch  mit  schirmen  vor 
« d  i  s  e  m ,  wan  er  truoc  als  embor 

«den  schilt  durch  Schirmes   not.»     ebenda  v.  27'128 — 27'13(). 
«und  er  mit  laezlichen  siten 

«vor  Gawein  schirmens  pflac.»     ebenda  v.  28'090/l. 
«vil  manegen  ungevüegen  swanc 


—    41     — 

«enphienc  von  siner  werden  hant 

«Giläm,  der  fürste  wert  erkant.»     Garel  v.  15'134 — 15'136. 

«man  sach  si  vehten  vor  den  scharn 

«zwein  küenen  helden  vil  gelich.»     ebenda  v.  15'202/3. 

«Erec,  der  ie  daz  beste  tet,»  ebenda  v.  19'928. 

«mit  kolben  und  mit  schilten 

«was  ir  vehten  daz   si   triben.»     Reinfried  v.  Braunschweig 

v.  19'342/3. 
«heim  und  schilte  scherten 

«sach  man  mit  swertes  swanke.»     ebenda  v.  20'118/9. 
«o  edler  fürst,  ich  pit  euch  ser, 
«fecht  hie  für  mich  durch  gotes  er.»     Fastnachtspiele  548,  27. 

Diese  Stellen,  die  leicht  noch  um  ein  Beträchtliches 
vermehrt  werden  könnten,  mögen  einen  kurzen  Überblick 
geben  über  die  bei  den  verschiedensten  Kampfweisen  und 
ihren  Schilderungen  gebräuchlichen  Ausdrücke,  von  welchen 
uns  später  eine  grosse  Anzahl  im  übertragenen  Sinne 
verwendet  wieder  begegnen  wird.  Wir  wenden  unseren 
Blick  nun  noch  auf  einen  Umstand,  der  es  uns  vielleicht 
am  ehesten  glaubwürdig  erscheinen  lässt,  dass  in  dem 
germanischen  Kämpen-  und  Fechterwesen  noch  gewisse 
Spuren  der  alten  römischen  Gladiatorengebräuche 
und  Tierhetzenschauspiele,  leider  gleichsam  als  eine  Art 
von  erblicher  Belastung  zurückbleibend,  zu  erkennen  sind. 
Denn  in  der  That  ist  es  auch  nur  die  Hefe  dieses  ohnehin 
social  nicht  allzu  hoch  stehenden  Standes,  die  sich  früher 
und  später  besonders  dieser  niederen  Kampfkunst  zugewendet 
hat.  Bereits  Gustav  Frey  tag  hat  in  seinen  Bildern  aus  der 
deutschen  Vergangenheit,  Bd.  I,  pag.  276,  kurz  und  treffend 
auf  diesen  Übelstand  der  Übertragung  verdorbener  römi- 
scher Sitten  auf  die,  wenn  auch  rohe  und  urwüchsige,  doch 
nicht  so  raffinierte  und  mit  Vergnügungen  gemeinster  Art 
nicht  so  übersättigte  germanische  Cultarwelt  aufmerksam 
gemacht;  er  sagt  daselbst:  «In  den  Amphitheatern 
«aber  wurden  grosse  Jagden  veranstaltet.  Die 
«Kämpfe  mit  wilden  Tieren  waren  unter  den  Franken 
«sicher  ebenso  blutig  als  in  römischer  Zeit;  die 
«Tierkämpfer  und  Gladiatoren  wurden   nicht  mehr 


in  grosser  Schola  gezüchtet,  aber  sie  bildeten 
immer  noch  eine  Genossenschaft,  welche  sich  an 
Fürsten  und  Grosse  hing  oder  abenteuernd  in  der 
«Fremde  zu  Festkämpfen  vermietete;  sie  waren 
«unehrliche  Leute  auch  in  den  Augen  der  Germa- 
«nen,  aber  sie  blieben  als  Raufbolde  und  Meuchel- 
«mörder  verdorbener  Grossen,  trotz  dem  Hohn, 
«mit  welchem  das  Gesetz  sie  behandelte,  und  trotz 
«dem  Hass  der  Kirche  durch  das  ganze  Mittelalter 
«lebendig.»  Leider  ist  es  nicht  dabei  geblieben, 
dass  fremde  Künstler  an  den  deutschen  Höfen  ihre 
Darbietungen  ohne  Scham  und  für  guten  Lohn  abhalten 
durften,  sondern  der  deutsche  Mann  selbst  stellte  sieh  als 
Gaukler  und  Abenteurer  in  den  Dienst  dieser  widerwärtigen, 
wenn  auch  gern  zugelassenen  Kunst,  wie  uns  zahlreiche 
noch  erhaltene  Bezeichnungsweisen  für  solche  Leute  bezeugen 
können.  Schon  im  Rolandsliede  begegnet  uns  ein  Hinweis 
auf  derartige  Vergnügungen,  wo  neben  den  sonstigen  Unter- 
haltungen am  Hofe  Karls  auf  Tierkämpfe  hingedeutet  wird, 
die  in  seinem  Garten  stattfanden,  was  man  wohl  bereits 
als  ein  aus  der  damaligen  Zeit  entnommenes  Sittenbild 
verstehen  darf.     Ich  gebe  die  Stelle  hier  im  Auszug  wieder : 

«da  vnndin  si  inne 
«die  lewen  also  grimme 
«mit  den  beren  vechten. 
«si  sahen  guote  knechte 
«schiezen  unde  springen. 
«si  horten  sagen  unde  singin 
«vil  rnanigir  slachte  seitspil. 
«aller  wunne  was  da  vil. 
«die  chonin  vrächemphen 
«von  ein  ander  wenchen 
«si  hiuwen  mit  den  swerten 
«uf  den  ulins  herten 
«daz  daz  vür  da  ohne  uz  spranc. 
si  sahen  daz  die  adelaren 
«dar  zu  geweint  waren, 
«da  si  scate  baren. 


—    43     — 

«si  horten  die  phaht  leren 
«die  edelin  iuncherren 
«unde  schermen  mit  den  schilten. 
«wie  di  valchen  spilten 
«unde  andir  manic  vederspil. 
«aller  werlt  wunne  was  da  vil.« 
Ruolandesliet.  (Ed.  Grimm.)  pag.  21,  7—27.     22,  1. 

Bereits  mit  deutlicher  Beziehung  auf  eine  offenbare 
Unsitte  seiner  Zeit  und  mit  schärfstem  Tadel  dagegen  lässt 
sich  Hugo  von  Trimberg  in  seinem  Renner  unter  eigener 
Rubrik  dafür  vernehmen: 

«Von  ringen  mit  wilden  tiern. 
«Der  mak  wol  niht  gar  sinnik  sin, 
«Der  sein  leben  als  ein  swin 
«waget  an  leben  oder  an  pern, 
«Des  tot,  des  er  wol  mohte  enpern. 
«wer  sagt  der  konheit  im  dank? 
»Da  von  sprach  her  freidank»  ....  Renner  v.  11'564 — ir569. 

Man  vergleiche  dazu  noch  die  Stelle  aus  Geiler  von 
Kaisersberg's  Narrenschiff  146a  (citiert  bei  Grimm, D.W.B., 
Bd.  V,  sp.  299/300 unter  «Katzenritter»),  die  mitdenbeidenbe- 
reits  angeführten  bis  auf  die  in  ihr  erwähnten  Tierarten  über- 
einstimmt: «das  dritt  jagen  ist  jagen  im  sand,  da  etwan 
«die  menschen  müszten  mit  den  thieren  fechten, 
«mit  beren,  lewen  und  mit  andern  ungezemten 
thieren,  das  ist  auch  verboten,  die  ist  von  gots 
genaden  nit  me  im  bruch,  da  das  noch  katzenritter 
«seint,  da  man  etwan  mit  dem  narrenwerk  umgat.  > 
Schon  frühe  scheinen  übrigens  derartige  Spiele  und  Schau- 
stellungen gerade  mit  Bären,  allerdings  nicht  immer  von 
den  ehrbarsten  Leuten,  selbst  den  Geistlichen  und  Klöstern 
dargeboten  worden  zu  sein.  So  haben  wir  dafür  bereits 
aus  dem  9.  Jahrhundert  ein  Zeugnis  in  dem  Verbote  des 
Erzbischofs  Hinkmar  von  Rheims  an  die  Pfarrer  seines 
Sprengeis,  worin  es  heisst:  «nee  turpia  ioca  cum  urso 
vel  tornatrieibus  ante  se  facere  permittat»  (in  dessen 
Capit.  ad  presbyt.   14  und  ebenso,  fast  wörtlich  wiederholt 


IL 


in  Regino   de   eccl.  disciplina  2,  213)  vgl.  Wackernagel   in 
Zeitschft.  f.  d.  Alt.,  Bd.  VI,  185. 

Die  Bezeichnung  «Katzenritter»  scheint  für  solche 
Kämpfer  mit  Tieren  im  eigentlichen  und  im  übertragenen 
Sinne  die  übliche  gewesen  zu  sein.  Frisch  1,  506  a  erklärt 
das  Wort  aus  Besold  thes.  pract.  entnommen  mit  «qui 
artem  palaestricam  lucri  causa  exercet»,  Lohnkämpfer. 
Genauer  noch  ist  Adelung  in  seinem  Wörterbuch  der 
hochd.  Mundart,  II.  Teil  (1775),  sp.  1520,  der  es  folgender- 
massen  umschreibt:  «eine  Art  ehemaliger  Klopffechter, 
«welche  sich  um  des  Gewinnstes  willen  mit  Tieren  in  ein 
«Gefecht  einliessen:  zum  Unterschiede  von  den  Marks- 
«brüdern  und  Federfechtern»  (die  er  ebenda  sp.  1641  nebst 
den  Luxbrüdern  als  besondere  Arten  der  Klopffechter, 
d.  h.  Leute,  welche  sich  für  das  Geld  mit  allerley  Arten 
des  Gewehres  fechten  sehen  Messen,  erwähnt).  Für  das 
thatsächliche  Vorkommen  derartiger  Schaustellungen  und 
ihrer  Unternehmer  habe  ich  noch  eine  Anzahl  von  recht- 
lichen, historischen  und  litterarischen  Belegen  hier  kurz  zu 
erwähnen.  Die  Reformation  des  bairischen  Landrechtes 
vom  Jahre  1518,  Tit.  49,  Art.  5  (in  der  Ausgabe  von  1588 
fol.  156)  bestimmte,  dass  der  Vater  den  Sohn  enterben 
könne:  «so  der  sun  ein  katzenritter  wäre  oder  der- 
«  gleichen  sich  understandenhettemit  andern  thieren 
«zu  peiszen  (=  hetzen,  jagen)  und  zu  fechten»,  vgl. 
Schindler  B.  W.  I,  208.  II,  346.  Und  nach  Öfele,  Rerum 
Boicarum  scriptores  I,  307  (vgl.  Schindler  B.  Wb.2  I,  815 
unter  «Freyhart»)  bestimmen  die  bairischen  Landrechte  von 
1553  und  von  1616,  fol.  164,  dass  ein  Kind  enterbt  werden 
könne:  «so  ohne  der  Eltern  Willen  sich  in  leichtfertig 
«Übung  und  Buebenleben  begebe,  als  so  es  ein  Freyharts- 
« bueb  oder  ein  Gauckler  wurde,  oder  liesse  sich,  mit 
«den  Thieren  zu  kämpfen,  umb  Geld  bestellen.» 
Gemeiner' s  Regensburgische  Chronik  Bd.  III,  177  berichtet 
de  anno  1449:  «gab  ein  katzenritter  in  Regensburg  das 
«Schauspiel  eines  wilden  thiergefechts.  dafür  ist  im  Stadt- 


—     lo     — 

«buch  verrechnet  12  dn.»  Ferner  erzählt  uns  J.  Berkmann's 
Stralsunder  Chronik  (herausgegeben  v.  Mohnike  und  Zober, 
vgl.  s.  177)  zum  Jahre  1414  folgendes  Ereignis:  do  bet 
«de  kattenridder  up  dem  olden  markede  to  vastelavend 
«de  katte,  und  de  rat  stund  up  dem  olden  markede  und 
«segen  dat  an,  und  hadden  de  katte  genagelt  an  den  kake 
«(=  Pranger),  do  he  se  hedde  doet  gebeten,  do  schloch  herr 

J.  Culpe  ene  to  ridder,  de  was  ein  borgermeister  und  ok 
«en  ridder».  Auf  solche  Verhältnisse  bezogen  sind  wohl 
auch  verschiedene  Anspielungen  zu  verstehen,  wie  etwa 
in  folgenden  Stellen,  welche  ich  Grimm' s  deutschem  Wörter- 
buche entnehme:  «da  sprangen  alle  äffen  auf  ihne,  zerrissen 
«und  zerkratzten  ihne  dermaszen,  dasz  er  einem  katzen- 
« Soldaten  gleich  sähe».  Narrenhatz  (1617)  336,  oder: 
«solch  unserm  gefecht  (des  Springinsfeld  mit  einer  Katze) 
«konten  beide  begierige  und  ohne  das  zum  k atzenkrieg 

abgerichtete  hunde  nicht  lang  zusehen».  Simplic.  I,  432. 
Daher  mag  auch  die  für  einen  übelzugcrichteten  und 
zerzausten  Menschen  verwendete  Redensart  «er  sei  unter 
den  Katzen  gewesen»,  die  schon  früh  vorkommt  (vgl.  z.  B. 

den  grüszt  ich  und  zu  red  ihn  stelt,  wo  er  gewest  wer 
untern  katzen».  H.  Sachs  1,  519c  (1590.  389a)  oder 
«im  gesicht  war  er  verkratzt,  als  ob  er  mit  den  katzen 
gessen  hätte».  Philander  (1650)  2,  343),  ihren  ersten 
Ursprung  und  ihren  nunmehr  nicht  mehr  völlig  verstandenen 
Sinn  genommen  haben.  Auch  Michael  Behaim  in  seinem 
1462 — 1465  verfassten  Buch  von  den  Wienern  spricht  an 
einigen  Stellen  von  dieser  Sorte  Leute  und  nennt  sogar 
einige  Namen  von  Katzenrittern: 

«auch  ainer  dez  anhebner 
«nant  sich  her  friedrich  ebner. 
«Kaczenritter  was  er  genant, 
«ains  fragners  sun  auss  frankenlant. 
«uor  Zeiten,  alz  ich  ez  uernam, 
«ernert  er  sich  mit  ainem  kram, 
«er  waz  riter  der  krausen, 
«wu  man  den  wein  sol  pausen. 
«Wann  so  yn  der  wein  machet  hicz, 


—    46     - 

«so  gewann  er  uil  weisshait  und  wicz. 

«sein  riterschaft  waz  weit  uermert, 

«an  drein  kaczen  er  daz  pewert, 

«mit  den  waz  er  sich  r e i s s e n 

«vnd  dy  zu  tad  erpeissen. 

«Wy  wal  unser  herr  kaiser  in 

«zu  riter  slug  auff  guten  sin, 

«daz  er  dy  selben  riterschafi't 

«peweren  solt  nach  rehter  kr  äfft. 

«so  hat  er  sein  docli  nichten 

«pewert  in  kainen  pflichten.»     (Ed.  Karajan.  1843.  Wien) 

[pag.  5,  12—31. 
«[und  auch  der  pinder  hans  kircham,] 
«der  kaczen  riter,  mit  dem  nam 
«her  fridrich  ebner,  fragners  gsleht».     pag.  35,  30 — 32. 
«Auch  so  woren  dy  schelk  unrain. 
«die  ualschen  wiener  ich  da  main, 
«der  etlicher  gen  tuln  hin  kam. 
«her  fridrich  ebner  mit  dem  kram, 
«daz  waz  der  kaczenriter, 
«der  petrunken  und  piter, 
«Und  der  kelber  arczt  hans  kircham.»     pag.  338.  19 — 25. 

Zum  Beschlüsse  dieser  Angaben  möge  noch  die  Be- 
merkung Platz  finden,  dass  sich  sogar  noch  für  das  17.  Jahr- 
hundert eine  Nachricht  über  Bärenhetzen  in  Danzig  findet, 
die  bei  Anlass  des  Auftretens  einer  Comödiantentruppe 
daselbst  im  Jahre  1643  erwähnt  werden,  eine  Notiz,  die 
ich  Bolte's  reichhaltiger  Abhandlung  über  das  Danziger 
Theater  im  16.  und  17.  Jahrhundert  in  den  theatergeschicht- 
lichen Forschungen  Bd.  XU  (Hamburg  1895),  pag.  70  ent- 
nehme, woselbst  sich  auch  (pag.  66,  Anmerkung  1)  noch  eine 
Mitteilung  nach  Teuber,  Prager  Theater  I.  71  findet,  wo- 
nach im  Jahre  1655  in  Prag  zwei  polnische  Tänzer  und 
liärenspieler  >  erschienen,  die  wohl  ähnliche  Schau- 
stellungen veranstaltet  haben  werden.  Endlich  verdanke 
ich  einer  freundlichen  Mitteilung  von  Prof.  Martin  die 
Notiz,  dass  Oldenburger's  Itinerariüm  politicum  (Bibl.  zu 
Freiburg  i.  B.)  noch  um  1680  Tierhetzen  m  Wien  erwähnt. 

Diese  letzten  Betrachtungen  haben  uns  ganz  von  selbst 


—    47     — 

hinübergeleitet  zu  dem,  was  uns  jetzt  noch  zu  behandeln 
übrig  bleibt,  zur  Darstellung  des  Fechterwesens  der 
späteren  Zeit,  seiner  Ordnungen  und  Gebräuche,  sowie 
seiner  Vertretung  in  der  zeitgenössischen  Litteratur.  Daran 
mag  sich  dann  endlich  noch  ein  kurzer  Blick  auf  den 
Zusammenhang,  in  welchem  die  Fechtschulen  und  die 
Schwerttänze  unbestreitbar  stehen,  anschliessen.  Mit 
dem  allmälig  sich  vollziehenden  Verfall  des  Rittertums, 
dem  Sinken  höfischer  Zucht  und  Bildung,  der  allgemeinen 
Verwilderung  der  Sitten  ging  natürlich  auch  der  Verlust 
der  kriegerischen  Waffentüchtigkeit  Hand  in  Hand.  Von 
den  Städten,  die  in  beständiger  Fehde  mit  ihren  adeligen 
und  fürstlichen  Nachbarn  lagen  und  deren  Bürgerschaft  für  die 
grösseren  Kriege  nunmehr  auch  die  Hauptcontingente  an  kriegs- 
tüchtiger Mannschaft  stellte,  wurde  das  Waffenhandwerk 
jetzt  eifriger  betrieben;  sie  hielten  sich  zur  Ausbildung  ihrer 
Truppen  Waffen-  und  Zeugmeister  und  Hessen  ihre  Leute 
durch  Fechtmeister  schulen  und  drillen.  Aber  auch  die 
Bürgerschaft  als  solche  pflegte  jetzt  —  wie  sie  dem  sinken- 
den Minnesang  in  ihren  Meistersingerschulen  neue  Pflege 
angecleihen  lassen  wollte  und  wenigstens  Manches  von  ihm, 
wenn  auch  in  verrohter  und  verkünstelter  Form  noch  für 
die  Nachwelt  gerettet  hat,  —  mit  Hülfe  der  Zünfte  und 
Handwerkergilden  die  Fechtkunst  eifrig,  teils  wohl  um  die 
Waffenfähigkeit  für  den  Kriegsfall  zu  erhöhen  und  stets 
ausgebildete  Sachkenner  zur  Verfügung  zu  haben,  teils  aber 
auch  aus  reiner  Freude  an  dieser  etwas  rohen  und  auf- 
regenden Kunst,  die  manche  willkommene  Gelegenheit  zu 
öffentlichen,  festlichen  Aufzügen  und  zu  belustigenden  Schau- 
stellungen und  Volksunterhaltungen  bot.  Es  sind  nunmehr 
diese  Verhältnisse  noch  etwas  genauer  zu  betrachten  und 
von  den  verschiedenen,  darüber  bekannten  Thatsachen  die 
wichtigsten  hier  zu  erwähnen.  Zunächst  ist  auf  die  in 
zahlreichen  Bibliotheken  liegenden,  teilweise  noch  unaus- 
gebeuteten  Fechtbücher  und  Fechterhandschriften 
hinzuweisen,    die    vermuten  lassen,   dass  sich    an   den    he- 


—    48    — 

treffenden  Orten  ihrer  Entstehung  oder  Herausgabe  zum 
mindesten  Fechtmeister  befanden  —  da  sie  von  solchen 
ja  zumeist  verfasst  worden  sind  —  wenn  nicht  auch 
ganze  Fechterschulen  oder  Fechtergesellschaften 
daselbst  bestanden  haben,  zu  deren  Anleitung  und 
Gebrauch  die  Bücher  geschrieben  waren.  In  der  gleich- 
zeitigen Litteratur  sind  ausser  den  grösseren,  poetischen 
oder  prosaischen  Beschreibungen  ihres  Auftretens  und  ihrer 
Künste,  auf  die  ich  nachher  noch  einmal  zurückkommen 
werde ,  zahlreiche  Zeugnisse  und  Äusserungen  über  ihr 
Vorhandensein,  Leben  und  Treiben  erhalten,  von  welchen 
ich  hier  einige  zusammenstellen  will.  Manche  davon 
haben  der  Roheit  ihres  Gewerbes  entsprechend  einen  ver- 
ächtlichen oder  tadelnden  Gharacter,  der  neben  der  Beliebt- 
heit solcher  Fechterkünste  auch  ihre  grossen  Schattenseiten 
und  Gefahren  deutlich  zum  Bewusstsein  bringt.  In  den 
Ghroniken  der  deutschen  Städte  des  14.  bis  16.  Jahrhunderts, 
Nürnberg  Bd.  II  (Leipzig  1864),  pag.  289,  19/20  erscheint: 
«Zu  den  karnpüchsen  unter  die  tor:  Heincz  Widerolt,  maister 
«Pauls,  schirmmaister,  Claus  Stör  .  .  .  etc.»,  der  einzige 
Name  eines  Fechtmeisters  (ob  in  privaten  oder  in  städtischen 
Diensten  stehend,  ist  mir  nicht  recht  ersichtlich),  der  mir 
bis  jetzt  in  amtlichen,  städtischen  Urkunden  begegnet  ist. 
Im  Codex  germanicus  Monacensis  Nr.  3989  fol.  8  findet  sich 
die  Notiz  «  1409  facht  der  Marschalk  und  Hächsenacker 
mit  ainander  am  Weinmarck »  (zu  Augsburg)  (vgl.  dazu  wie 
für  die  beiden  folgenden  Angaben  Schmeller  B.  Wb.  1. 
687/8),  die  vielleicht  als  eine  der  ältesten  Nachrichten  über 
einen  ernstlichen  Zweikampf  von  Fechtern  anzusehen  ist, 
falls  es  sich  dabei  nicht  um  einen  blossen  Ehren- 
handel anderer  Persönlichkeiten  handelt.  Dann  macht 
Hieron.  Härder  in  seinem  Cod.  iconogr.  3 , 
fol.  169  die  Mitteilung :  «  Herzog  Albrecht  von  Bayern  badt 
aO.  1577  zu  Ubercbingen  im  Sauerbrunnen.  Do  zu 
mal  lag  ain  freyfechter  aldo  zu  Uberchingen. »  Und 
Dr.  R.  Minderer  berichtet  in  seiner  Kriegsarzney  (mediana 


—    49     - 

militaris.  Augsburg  1620),  pag.  207,  dass  ein  «furnemer 
fechter  von  Nürnberg,  so  Kammeysen  gehaissen»,  von 
ihm  geheilt  worden  sei.  Johannes  Schmidt  lässt  sich  in 
seiner  langen  Duellpredigt  unter  der  Überschrift:  «Was 
von  Duellen,  Ausforderungen,  Balgen,  rauffen  und  schlagen 
nach  Heiligem  Göttlichem  Wort  zu  halten »  (vgl.  seine 
«  Christliche  Weisheit »  55.  Predigten  über  Deuteronomium 
32,  29,  im  Münster  der  Gemeine  Gottes  erklärt  und  vor- 
getragen, Strassburg  1635,  pag.  517 — 537)  über  die  dortigen 
Verhältnisse  wie  folgt  vernehmen:  «Unrecht  thun  ferner 
«die  vermessenen  Fechter,  die  sich,  wie  gemeinig- 
« lieh  auf  unseren  Fechtschulen  geschieht,  um  ein 
«geringes  schnödes  Geld  oder  um  sich  ein  Ansehen 
«zu  machen,  einander  Schaden  tun;  ebenso  die- 
«jenigen,   die   jene    bei    Trinkgelagen,    Kindtaufen 

und  anderen  Zusammenkünften  auftreten  lassen, 
«oder  auch  den  Fechtschülern  Geld  auswerfen...». 
Eine  schwere  Schuld  trifft  endlich  alle,  « die  bei  Zankhändeln 
nicht  wehren  so  viel  sie  können,  die  dem  barbarischen 
Balgen  und  Fechten  zusehen  und  Vorschub  leisten.» 
Diese,  wie  die  folgende  Stelle  entnehme  ich  der  Abhand- 
lung von  A.  Erichson:  Das  Duell  im  alten  Strassburg, 
pag.  50 — 52.  Der  Verfasser  gibt  als  Erläuterung  der  oben 
erwähnten  Auslassung  die  nachstehende  Anmerkung :  «  Ge- 
« meint  sind  die  Klopffechter,  die  ihre  Kunst, 
«namentlich  zu  den  Messzeiten,  zur  Schau  trugen. 
«  Wie  es  dabei  herging,  wird  uns  im  Journal  des  Voyages 
« de  Monsieur  de  Monconys,  conseiller  du  Roy,  etc.  (Lyon, 

1666,  2e  partiej  geschildert.  Der  Verfasser  berichtet  im 
«Januar  1664  aus  Strassburg:  Nous  entrasmes  dans  le  lieu 
"  oli  Ton  escrimoit  avec  des  espadons,  des  demy  piques  et 
« de  certains  couteaux  de  bois,  dont  ils  se  fräppent  si  fort 

qu'il  y  en  eut  im  qui  eut  la  teste  fendue,  dont  il  saignoit 
« bien  fort :  pour  parer  tous  ces  coups  tant  d'espadons  que 
« de  couteaux  et  demy  piques  ils  avoient  de  gros  gants 
« rembourres  comme  de  coussinets,  qui  alloient  ju'sques  au 


—    50    — 

« delä  des  coudes :  ce  divertissement  estoit  des  plus  froids 
«qu'on  puisse  avoir.»  —  In  der  gleichen  Schrift  Erichson's 
(pag.  53 — 57)  fand  ich  auch  darauf  hingewiesen,  dass  der 
gleiche  elsässische  Satiriker  H.  Michael  Moscherosch,  der 
noch  in  dem  von  Friedrich  Gumpelzhaimer  aus  Regens- 
burg verfassten,  1621  in  Strassburg  anonym  erschienenen 
und  1652  durch  ihn  vermehrten  und  neu  herausgegebenen 
« Gymnasma  de  exercitiis  academicorum »  dem  Fechten 
unter  den  Schulübungen  der  Studenten  eine  ganz  besondere 
Stelle  angewiesen  hatte,  doch  wegen  des  fatalen  Zusammen- 
hanges desselben  mit  dem  einreissenden  Duellunwesen  in 
seinen  «Gesichten  Philanders  von  Sittewald»  (I.  Teil, 
Strassburg  1650  pag.  597  ff.  und  II.  Teil  Strassburg  1665 
pag.  757.)  mit  scharfem  Spott  in  Prosa  und  Poesie  gegen 
den  Missbrauch  der  edlen  Fechtkunst  kräftig  vorgegangen 
sei.  Auf  die  durch  eifrige  Pflege  der  Fechtkunst  in  allen 
Ständen  wie  es  scheint  vermehrte  und  gesteigerte  Händel- 
sucht und  Streitlust  seiner  Zeit  bezieht  sich  auch  folgende 
gereimte  Mahnung  an  seine  Landsleute,  die  wohl  besonders 
an  die  rauflustigen  Studenten  und  Soldaten  unter  diesen 
gerichtet  ist : 

« Wann  du  mit  Ehr  wilt  werden  alt 
«  Dess  Aussforderns  dich  nur  enthalt. 
«  Sey  mit  der  Fochtel  nicht  zu  gschwind 
«  Dass  dir  nicht  einer  kratz  den  Krind 
«  Als  manchem  Schnarcher  widerfährt 
«  Der  seines  Bruders  Blut  begehrt 
«  Und  ihn  aussfordert  mit  verdruss 
<  Dass  er  sich  mit  ihm  schlagen  muss. 

«  Merk  auch  wann  du  in  einem  Strauss 

« Von  einem  wirst  gefordert  auss, 

«  So  gehe  nicht  gleich  mit  blindem  Sinn 

«  Nauss  zu  dem  dollen  Narren  hien, 

«  Schweig  still,  duld  dicb,  vernünfftig  weich 

« Und  geh  dem  Esel  aus  dem  Streich, 

■  Thu  wie  ein  Christ  und  Gottes  Kind, 

«  Dein  eigen  Bossheit  überwind. » 


—    51     — 

Kehren  wir  nach  dieser  Abschweifung  zum  Duellunfug 
wieder  zum  Fechterwesen  zurück,  so  findet  sich  auch  aus 
der  benachbarten  Schweiz  für  diese  Zeit  ein  Zeugnis,  dass 
daselbst  Klopffechter  unter  grossem  Andränge  des  schau- 
lustigen Volkes  auftraten.  Das  schweizerische  Idiotikon, 
das  Bd.  I,  667  Fechter  mit  «Landstreicher,  eigentlich 
herumziehender  Fechter,  der  seine  Künste  auf  Jahr- 
märkten sehen  lässt»  erklärt,  gibt  die  betreffende  Stelle 
wie  folgt :  « Daher  kommt,  wann  etwan  ein  neuer  markt- 
« schreier,  gaukler  oder  spiler  angelanget,  dass  man  den  mit 
« grossem  Zulauf  zu  sehen  und  zu  hören  sucht :  insonder- 
«heit  lauft  die  menge  zusammen,  wann  neue  zweikämpfer 
und  fechter  ankommen,  um  zu  sehen,  wie  diesel- 
ben auf  einanderen  loss  gehen,  einanderen  parie- 
«ren,  hieb,  stich  uud  schlag  versetzen.»  A.  Klingl. 
G.  B.  1688.  Und  von  einem  gleich  grossen  Interesse  der 
Bürgerschaft,  besonders  aber  der  städtischen  Jugend  an 
solchen  Darbietungen  kriegerischer  Kunst-  und  Waffentüch- 
tigkeit weiss  auch  Joh.  Christoph  Wagenseil  in 
seiner  Schrift :  »De  Sacri  Romani  Imperii  libera  Civitate 
Noribergensi  Commentatio »,  Altorf  1697,  pag.  161,  aus 
Nürnberg  zu  erzählen:  er  berichtet  daselbst:  «Gladiatorii 
«quoque  Ludi  vehementer  incolas  delectant,  atque 
« etsi  eorum  usum,  ob  ineommoda,  quae  inde  proveniebant, 
«varia,  ante  hos  aliquot  annos  tollere  necesse  fuit,  tarnen 
«vix  quisquam  e  vulgo  reperitur,  et  adeo  ne  puer 
«quidem,  qui  non  alterutri  factioni  Lanistarum, 
«quarum  una  a  S.  Marco,  altera  a  Penna  cognomen 
«habet,  der  Marxbrüder  und  Feder-Fechter,  saltem 
«  animo  et  voto  jungatur.  Instituun tur  int erim  crebro 
«intra  aedes  privatas  decertationes. »  Im  Anschlüsse 
daran  möchte  ich  gleich  erwähnen,  dass  mir  gerade  auch 
diese  Bemerkung  Wagens  eil 's,  der  doch  Gelegenheit  hatte, 
diese  Leute  eventuell  selbst  um  die  Bedeutung  und  Ablei- 
tung ihres  sonderbaren  Namens  zu  befragen,  neben  zwei 
anderen,  gleich  noch  zu  citierenden  Stellen,  die  Berechtigung 

4* 


—    52    — 

zu  einem  Angriffe  gegen  die  von  Wassmannsdorff  in 
seiner  von  mir  hier  noch  oft  zu  benützenden  Schrift: 
« Sechs  Fechtschulen  der  Marxbrüder  und  Federfechter  etc. » 
(Heidelberg  1870,  pag.  VI  und  7—9)  aufgestellte  und  ent- 
wickelte Ansicht  von  der  Herkunft  der  Bezeichnung  «Feder- 
fechter »  zu  geben  scheint.  Schon  in  Grimms  D.  W.  B.  III, 
1399/1400  heisst  es  unter  ,Federfechter,  gladiator,  freifechtef 
von  der  feder' :  « es  ist  nicht  recht  klar,  warum  sich  dieser 
-<  verein  nach  der  feder  nannte,  man  sollte  denken, 
«weil  die  fechter  eine  feder  am  hut  oder  spiess 
«aufgesteckt  trugen.»  Dann  ist  auf  die  Schreibfeder  in 
dem  von  Rudolf  II  der  Gesellschaft  der  Federfechter  1607 
in  Prag  verliehenen  Wappen  hingewiesen.  Weiter  heisst  es 
dann :  « waren  diese  fechter  bloss  aus  dem  stand  der 
schreiber  hervorgegangen?  wollten  sie  darum  für  mehr 
gelten  als  die  fechterischen  handwerker?  jedenfalls  war  die 
benennung  schon  im  16.  Jahrhundert  gebräuchlich.  (Beleg 
die  gleich  noch  anzuführende  Stelle  aus  Fischart's  Gar- 
gantua)  die  schreibfeder  scheint  erst  das  spätere.  »  Dazu 
vergleiche  man  nun,  was  Heinrich  von  Gunterrodt  in 
seiner  Schrift :  « De  veris  prineipiis  artis  dimicatoriae, 
Witebergae  1579»,  pag.  21  über  diese  Verhältnisse  sagt, 
eine  Stelle,  mit  der  Wassmannsdorff  (pag.  VI)  freilich 
nicht  allzuviel  anzufangen  wusste,  die  mir  aber  gerade  einen 
neuen  Beleg  für  den  sonst  immer  von  den  Federfechtern  be- 
haupteten Vorrang  vor  ihren  Gegnern  und  Rivalen,  den  Marx- 
brüdern, oder  wenigstens  für  ihre  Beanspruchung  eines 
solchen,  abzugeben  scheint.  Gunterrodt  sagt  an  der  be- 
zeichneten Stelle :  «  Nunc  autem  ad  nostra  tempora  veniam. 
« —  Duo  factiones  extiterunt:  una  ex  parte  ut  plurimum 
«pelliones,  et  alii  opifices  cum  his  confoederati, 
«quorum  etiam  aliqui  magistri  in  arte,  praesertim 
«gladii  traetandi,  haberi  volunt,  qui  ex  speciali  Roma- 
«norum  Imperatorum  et  Regum  Privilegio,  in  nundinis 
« Francofurdiensibus,  quos  in  arte  excellere  putant,  et 
-  in  eorum  seetam  qui  iurare  volunt,  eodem  titulo  insignire 


—    53    —   . 

« solent.  Alteri  his  oppositi  plerunque  studiosi  bona- 
«rum  diseiplinarum  et  aliarum  artium  minus  sor-- 
«didarum  periti,  qui  certe  Ulis  arte  praestant, 
«  quamvis  rarissimi  etiam  inter  hos  reperiantur,  qui  certum 
<  fundamentum  habeant,  et  discipulos  suos  ratio- 
«nibus  certis  instituere  possint.»  Mit  dieser  Dar- 
stellung der  Dinge  kann  die  von  Jahn  in  seiner  Deutschen 
Turnkunst  von  1816,  pag.  280  nach  Bugenhageirs  Samm- 
lungen historischer  und  geographischer  Merkwürdigkeiten 
(herausgeg.  von  Kästner,  Altenburg  1752),  pag.  187  f.  mit- 
geteilte Verteilung  der  verschiedenen  Gewerbe  auf  die 
beiden  Fechtergesellschaften,  sowie  die  nach  den  Nürnberger 
Fechtschulreimen  vom  Jahre  1579  (vgl.  Wassmannsdorff, 
pag.  33  ff.)  sich  ergebende  Differenz  in  der  zünftigen  Zuge- 
hörigkeit der  Vertreter  beider  Fechterbrüderschaften  wohl 
einigermassen  in  Einklang  gebracht  werden.  Dazu  kommt 
ferner,  dass  auch  Abt  in  seinem  Artikel  über  die  Fecht- 
schulen (vgl.  Büsching 's  wöchentliche  Nachrichten,  Bd.  III, 
305  ff. )  unter  den  Leuten,  aus  welchen  sich  dieselben  recru- 
tierten,  neben  zahlreichen  Handwerkern  und  Gesellen  höherer 
und  niederer  Gewerbe  und  neben  Trabanten,  Kriegsknechten 
und  Söldnern  noch  besonders  Studenten  und  Schreiber 
erwähnt,  die  wohl  auf  eine  etwas  höhere  Wertschätzung 
ihrer  Kunst  ganz  von  selbst  gedrungen  haben  werden.  Der- 
selbe bemerkt  ferner  a.  a.  0.  nach  einer  Mitteilung,  die  er 
Kreussler*s  Geschichte  der  Universität  Leipzig  (Leipzig 
1810),  pag.  108,  entnommen  hat,  dass  in  Leipzig  die 
Fechter  unter  dem  Schutze  der  Universität  standen 
und  dass  nach  einer  kurfürstlichen  Verordnung  um  1567 
diejenigen  von  ihnen,  welche  Handwerksgesellen 
waren,  von  der  also  bevorzugten  Fechtervereinigung 
ausgeschlossen  wurden,  was  also  wieder  auf  eine  gewisse 
Scheidung  unter  ihnen  gemäss  ihrer  verschiedenen  socialen 
Stellung  hinzudeuten  scheint.  Nimmt  man  nun  die  im  Folgen- 
den anzuführenden  Stellen,  die  sämtlich  einen  Vergleich  des 
Schwertes  mit  einer  ,Schreibfeder'  oder  einer  ,zum  Schmucke 


—     oi     — 

aufgesteckten  Feder'  oder  gar  mit  ,Bettfedern'  in  spottweiser 
Anspielung  zulassen,  zu  der  Thatsache  des  in  dem  Federfechter- 
wappen erscheinenden  Federkiels  und  der  obigen  Notiz  bei 
Wagenseil  «altera  a  Penna  cognomen  habet  >  hinzu, 
so  erscheint  eine  solche  vergleichende  Beziehung  dieser 
Bezeichnung  anzunehmen  jedenfalls  viel  natürlicher,  als  an 
der  etwas  sehr  spitzfindigen  Anschauung  festzuhalten,  dass 
der  Name  der  « Federfechter »  nichts  als  eine  verstümmelte 
und  missverstandene  Form  eines  ursprünglichen  und  rich- 
tigen <  Veiter-  oder  Viterfechter »  (nach  dem  Schutzpatron 
St.  Vitus  [Veit]  gebildet,  analog  nach  Lux-  [St.  Lucas-]  und 
Marx-  [St.  Marcus-jbrüder)  sein  soll.  Die  hier  in  Betracht 
zu  ziehenden  Stellen  sind  folgende :  «  erzeigt  sich  in  allen 
-ritterlichen  wehren,  wie  sie  vor  äugen  lagen,  im  schwerd, 
« messer,  spiess,  stangen,  stänglin,  tolchen,  hallenbart,  rapier, 
«  paratschwerd,  lederen  tusacken  zum  platzmachen,  sträusst 
« sich  wider  die  Marxbrüder,  die  frank  fortische  meister  des 
«langen  schwerts,  schreib  mit  dinten  so  sieht  wie 
«blut,  die  feder  musst  ihm  oben  schweben  und  solt 
«es  kosten  sein  junges  leben,  er  wagts  in  gotts  macht, 
« schlug  drauf,  dass  der  beiz  kracht,  focht  umb  die  höchst 
'  blutrur,  umb  das  kränzlin,  umb  die  schul,  um  ein  glas 
«mit  wein,  wie  es  der  gesell  an  ihn  begert,  trocken  oder 
«nass,  scharf  oder  stumpf,  nackend  oder  bloss.»  Fischart's 
Gargantua,    188  a,    b.     Dazu    ist    auch    die    Stelle    176  a: 

<  Kampkcib ein  guter  federfechter,    der  under- 

«wis  ihne  in  allen  ritterlichen  Übungen  sehr  kunstfertig», 
zu  vergleichen,  sowie  eine  andere,  an  welcher  das  gleiche 
Bild  wie  oben,  nur  umgekehrt  gebraucht  wird:  «Da  wüst 
«er,  was  mit  dem  breyten  Theil,  was  mit  Fleche 
»der  Feder  zu  machen,  wüst  das  recht  vnd  link 
«Eck  der  Feder,  jr  Spitz  vnd  schneid,  wie  die 
«Fechter  auf  ihren  Wehren  (dann  die  von  der  Feder 
«geben  gute  Fechter,  vnnd  schirmen  mit  Feder- 
«klingen  vnd  Lanmerkengeln  manchen  auss  dem 
«Land),»    Fischart's    Geschichlklitterung    (Ausg.     1600), 


DO      

pag.  172  b.  Eine  andere,  mehr  auf  die  Art  des  äusseren 
Auftretens  gerichtete  Deutungs weise,  die  etwa  die  Vermu- 
tung von  üblichem  Federschmuck  an  Hut  oder  Waffe  als 
Ursache  des  Namens  rechtfertigen  könnte,  scheint  durch 
die  Stelle  Gargantua  282  a  « darumb  hat  allein  unter  den 
«göttern  Mercurius  ein  hütlin  auf  und  dar  zu  ,als  ein 
«guter  federfechter'  federn  drauf»,  nicht  unkräftig  ge- 
stützt zu  werden.  Eine  schöne  und  einleuchtende  Bestäti- 
gung aber  des  obigen  Vergleiches  zwischen  Fechtschwert 
und  Schreibfeder  bot  sich  mir  in  einer  von  A.  Birlinger 
unter  der  Überschrift :  « Kriegerische  Sprache  »  aus  Veri- 
dicus  Germanus  (Augsburg  1630)  37  citierten  Stelle  (vgl. 
Alemannia,  Bd.  XIV,  Jahrgang  1886,  pag.  56,  Findlinge  und 
Guriosa  Nr.  9)  folgenden  Wortlautes:  «Man  Hess  Federn 
«und  Dinten,  und  nahm  die  Feder,  die  der  Amboss 
-gezogen  vnd  der  Schwertfeger  zugericht;  die 
«dünkte  je  einer  dem  andern  in  Kopf  und  Blut  ein.» 
Das  schien  mir  ein  deutlicher  Beweis,  dass  dergleichen 
vergleichende  Anschauungen  und  bildliche  Ausdrucksweisen 
nicht  so  ungewöhnlich  und  auch  anderwärts  als  in  der 
Heimat  Fi  schart 's  üblich,  jedenfalls  aber  nicht  auf  einzelne 
Fälle  beschränkt,  sondern  ziemlich  allgemein  verbreitet 
waren.  *)  Nunmehr  sollen  noch  die  Deutungen,  welche  die 
Federfechter  selbst  oder  ihre  Gegner  ihrem  Namen  gaben, 
betrachtet  werden,  wie  sie  aus  den  Anspielungen  und  Wort- 
spielen der  Nürnberger  Fechtschulreime  zu  entnehmen  sind. 
In  diesen  erscheinen  (nach  Wassmannsdorff,  pag.  33 ff. 
citiert)  Wendungen  wie:  <  Daz  ich  mein  haut  vnnder 
der  gefider  mus  laszen»  (pag.  34).  «Die  Marxbrüder 
vertrieben    die    federn   gern  |  Vnnd    können   Jr   doch   nit 


*)  Man  vergleiche  zu  der  oben  aus  Veridicus  Germanus  ange- 
führten Stelle  aus  einer  späteren  Zeit  etwa  noch  Logau's 
Spruch : 

«Der  Deutschen  ihr  Papier  |    Der  Degen  war  die  Feder: 

War  ihrer  Feinde  Leder.  Mi t  Blute  schrieb  man  hier.» 


—    56    — 

enntbern|Sie  sein  all  nacht  der  federn  fro  |  sonnste 
müesten  sie  ligen  auf  dem  Stro  |  Vnnd  solten  den 
Winnt  ter  wol  erfrieren  [  All  Manschafft  thnt  die  feder 
zieren  ...  (pag. 34).  «Mit  einem  eisern  Flederwisch 
kher  .Ich  den  Staub  daruon»  (pag.  36).  «Dann  Jch 
gedennck  was  vmb  ein  gennssfeder  mag  sein  |  .  .  .  Was 
solt  .Ich  dan  haben  der  Gennssfedern  ehr  {  .  .  .  Dann 
Gennssfedern  vnnd  Khil  |  Braucht  man  nit  zum 
Ritterspil  |  Dann  hert  federn  dinn  Pappier  schwartze 
Dinnten  |  Soll  man  Jnn  den  Schreibstuben  finnden 
(pag.  37).  Göttliche  Mayestat  hat  die  federn  aufgericht».  .  . 
(pag.  38).  «  Gleichwol  die  rechten  herrn  vonn  der 
federn  |  hallt  Jch  mit  Jrer  schrifft  vnnd  annder  kunst 
Jhn  ehren,  |  Aber  auf  die  ein  geflickten  federfechter 
will  .Ich  alle  zeitt  beren »  (pag.  39).  «Du  federn,  du  bist 
preissens  Vol  |  Daz  hortt  man  an  allen  ortten  wol»  |  .  .  . 
«Die  Edel  federn  schwinng  Jch  auff  |  Von  deinnet 
wegen  schlag  Jch  drauff  > . .  .(pag. 40).  «Dieweil  Jr  stets 
naget  an  der  Feder  |  Vnnd  wollt  die  gar  zureissen»  .  .  . 
(pag.  41).  «Die  federn  ist  Leücht  vnnd  hellt  sich 
munder  |  Ob  schon  deine  brüeder  sich  machen  willdt  | 
Werdens  doch  offt  von  der  federn  gestillt»  (pag.  42). 
«Die  edle  feder  hat  daz  Lob  |  schwebt  allen  Elle- 
mennten  ob»  |  .  .  .  «Wölln  sie  die  federn  Vnndertrücken.  [ 
Die  feder  raus  doch  schweben  ob»  |  .  .  .  .  «Wer  die 
federn  Vnehrt,  der  ist  nicht  werdt  j  Daz  er  ein 
schwerdt  soll  füeren  auf  Erdt»  |  «Das  Kriegen  die  von 
der  federn  Nimmer  mehr  |  Es  thut  sich  auch  mancher 
Von  der  feder  nennen  |  Vnnd  kan  kein  Buchstaben 
schreiben  lesen  noch  kennen»  |  .  .  .  (pag.  43).  So  weit 
die  Bilder  und  Ausdrucksweisen  der  Fechtschulreime  des 
Jahres  1579  aus  Nürnberg,  wie  sie  Wassmannsdorff 
nach  der  Papierhs.  Nr.  1458  des  German.  Mus.  daselbst 
fol.  1  a — 20a  in  seiner  Schrift  abgedruckt  hat.  Dazu  sind  der 
Vollständigkeit  wegen  noch  folgende  Angaben,  die  ich  auch 
Wassmannsdorff  entnehme,  da  mir   die    Originale   nicht 


—    57     — 

vorliegen,  zu  vergleichen.  In  des  Pritschmeisters  Benedict 
Edlbeck's  gereimter  Beschreibung  der  Fechtschule  auf 
dem  grossen  Schiessen  zu  Zwickau  vom  Jahre  1574  findet 
sich  die  folgende,  stark  an  zwei  bereits  von  mir  angeführte 
Stellen  erinnernde  Herausforderung,  die  eine  Anrede  an  die 
Fechtwaffe  enthält : 

«Wer  mir  ein  von  der  feder  veracht, 

« Und  macht  sich  wider  die  gerüst, 

« Den  wil  ich  bstehen  wie  wild  er  ist, 

«Schwing  dich  Feder,  sich  wie  man  thut, 

«Schreib  gern  mit  dintn,  die  sieht  wie  Blut»  (pag.  13.  W.). 

Und  Abraham  a  S.  Clara  sagt  in  seiner  Schrift  «Etwas 
für  Alle»  (Würzburg  1699)  pag.  173  :  «so  haben  diese  nicht 
«allein  seltzame  Sprung,  sondern  auch  Spruch,  mit 
«denen  sie  sich  zum  Fechten  anfrischen;  da  hört 
«man  änderst  reden  den  Marcks-Bruder,  und  änderst  den 
«Feder-Fechter,  dieser  spricht  also  :  frisch  her  an  mich, 
«ein  Freier  fechter  bin  ich,  Hannen-Füss  und  stoltze 
<Feder,  schmeiss  den  Kürschner  auf  sein  Leder:  Der 
Marcks-Bruder  (hier  fügt  Loncin  von  Gönn  in  in  seinem 
«fechtenden  Narren»,  5.  Bd.  (Augspurg  1709) pag.  205,  der  diese 
Stelle  anführt,  nach  W.  pag.  32  noch  die  Worte  ein :  ,bild  sich 
auch  Cantzley-Bossen  ein  — '.)  will  auch  nicht  weniger 
seinen  «Muth  und  Tapfferkeit  sehen  lassen,  muntert  sich  also 
selbst  mit  diesen  Worten  auf:  , frisch,  frisch,  wieder 
«frisch,  kehr  ab  müdem  eisenen  Flederwisch,  frischher 
«und  unverzagt,  wer  weiss,  wer  den  Kürschner  jagt;  solcher 
«Gestalten  fangen  diese  an  zu  fechten;  etc.»  Dazu  kommen 
noch  zweiDeutungen  beiNicodemus  Frischlin,  vonweichen 
die  eine  zwar  etwas  phantastischer  Natur  ist,  die  andere 
aber,  bei  Anlass  einer  Correctur  gegeben,  merkwürdig  zu 
der  schon  mehrfach  erwähnten  ErklärungswTeise  Wagenseils 
stimmt.  In  einem  Gedicht  über  die  Hochzeit  Herzog  Lud- 
wigs von  Württemberg  zu  Stuttgart  im  Jahre  1575,  7  Bücher 
in  lateinischen  Hexametern  verfasst  und  1577  zu  Tübingen 
gedruckt,  1578  ebenda  von  K.  Christ.  Beyer  ins  Deutsche 


—    58    — 

übertragen  und  vermehrt,  sagt  Frischlin  bei  der  Schilderung 
der  Fechtschule  (<  gladiatorium  seu   gymnicum  certamen»): 

«Protinus  in  lati  succedunt  aequora  cainpi, 

«Armati  ferro  pugiles,  delecta  iuventus     ■ 

«Gymnasijs  passim,  studioq;  addicta  palaestrae. 

♦  Hos  geminae  dirimunt  acies:  quarum  una  Georgum 

«Percolit,  antiquum  sequitur  pars  altera  Martern. 

«Hos  vulgo  Catiosi),  illos  cognomine  dicnnt 

«Pennigeros:  volucres  quod  iactent  aere  gestus.» 

(vgl.  dazu  pag.  159.  auch:  «Pennigeri  haec  eadem  cuncti 
simul  ore  fremebant:»  etc.).  In  der  Übersetzung  bei  Beyer 
(pag.  4-15/6)  lauten  die  für  uns  in  Betracht  kommenden 
Verse  : 

«Die  wurden  abgetheilet  l'rey, 

«Fein  ordenlich  in  zwo  Parthey. 

«Die  ein,  Sant  Jörg  war  jr  Patron, 

«Die  ander  will  Sant  Marxen  hon. 

«Je  eine  ist  der  andern  gram, 

«Ein  gibt  der  andern  jren  nam: 

«Die  Marxbrüder  nennens  die  Katzen*), 

«Die  Kürssner,  die  sehr  bösen  Fratzen. 

«Die  ander  diese  von  der  Federn, 

«Die  in  dem  Lufft  die  Arm  her  wedern.» 

Pag.    158    seiner    Beschreibung    gibt    Frischlin    die 


i)  Man  vergleiche  zu  dieser  Bezeichnung  die  scherzhaften,  auf 
einem  Hans  Sachs  darstellenden  Bilde  von  1577  befindlichen  Verse 
des  Malers : 

«Als  ich  in  Conterfeyhen  wardt, 

am  Tisch  nach  Boetischer  art, 

Ein  Kleines  ketzlein,  wie  ich  sprich, 

Sie  umb  sein  Bardt  hier  uraer  strich. 

Ich  Sprach :  Herr  sachs  sol  ich  darnebn 

dem  ketzlein  auch  seine  färb  gebn, 

wie   es  sicli  da  Streicht  auf  dem  Buldt?» 

«Bei  Leib  nein»,  sprach,  «man  geb  mir  dschuldt, 

das  ich  solt  ein  marxbruder*)  sein, 

Darumb  so  mallt  mirs  Ja  nit  Hirein.» 
sowie  die  dazu  gehörige  Anmerkung : 

*)  Ein  auch  in  Nürnberg  vertretener  Fechterorden,  der  den 
heiligen  Markus  zum  Schutzpatron  hatte  und  deshalb  den  Löwen  als 


—    59    — 

Verbesserung  :    «pugiles   a.  D.    Marco    cognominati,    vulgo 
<  Marxbrüder  > ,  und  bemerkt  dabei  auch,  dass  ihre  Gegner: 
pugiles  a  penna  cognominati,  vulgo  Federfechter > 
heissen.     (Vgl.  Wassmannsdorff  pag.  16.)     Endlich   mag 
noch  bemerkt  werden,  dass  sprachlich  eine  Bildung  «Viter- 
fechter»  —  es  müsste  zum  mindesten  Veitsfechter  heissen  — 
wie   der    postulirte   Übergang    von   Viter-  zu   Federfechter 
gleich   anstössig   und    unmöglich    ist.     Fasst    man    die    bis 
jetzt  beigebrachten  Zeugnisse  und  Erläuterungsversuche  für 
die  Bezeichnung  Federfechter   noch   einmal  zusammen   ins 
Auge,  so  muss  man  wohl  zu  dem  Schlüsse  gelangen,  dass 
alle  diese  Stellen  gegen  die  Erklärung  Wassmannsdorffs 
direct  Verstössen.     Für  ihn  spricht  nur  eine   einzige  Stelle 
(Seite  8  seiner  Schrift),  die  er  dem  Fascikel  27  der  Acten- 
stücke  über  die  Marxbrüder  im  Archive  von  Frankfurt  a.  M. 
entnommen   hat.     Dort  heisst  es  :    «Die  Marcusbrüder  Vnd 
i  feder   fechter   haben   einer   leyh   exercitia,   theyhls  handt- 
werker  bekennen  sich  zu  jenen,  vnd  die  andern  zu  diessen; 
jene  werden  zu  Meystern  hier,  diesse  zu  präg   gemachet, 
diese  werden  Veyter  fechter  genandt,  weyhlen  Sie   auf 
St.  Viti  tag  ihre   privilegia   erhallten  haben;   Ein   Lucas 
v.Bruder  ist  ein   Meyster   aus   denen   Marcus   oder  Veyths 
fechtern,  so  sich  vndernimmet  gegen  alle   vnd  jede   die 
Schuhl  zu  behaupten ;  würdt  Er  aber  bluthrüstig  gemachet, 
«so  ist  Er  ab,  vnd  die  übrige  theyhlen  das  von  denen  Zu- 
«schauwern  erlössete  geldt.>  ■ — Aber  vielleicht  beruht  auch 
schon  diese  Angabe  auf  einem  durch  falsche  Analogie  her- 
vorgerufenen   Missverständnisse    in    der   Auslegung    dieses 
Namens,  weil  man  sich   dabei  jener   ursprünglichen,  durch 


Wappen  führte.  Dieser  wurde  spottweise  als  eine  Katze  be- 
bezeichnet, so  dass  die  Marxbrüder  (Markus-Brüder)  auch 
die  Catii  (Katzenleute)  genannt  wurden. 

Dieses  auch  für  unsere  Frage  wichtige  und  wertvolle  Zeugnis 
habe  ich  Vogt  und  Koch's  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  von 
den  ältesten  Zeiten  bis  zur  Gegenwart,  Leipzig  und  Wien  1897, 
pag.  302  f.  entnommen. 


—    60    — 

mannigfache  wortspielerische  Beziehungen  stark  schillernden 
Bedeutung  nicht  mehr  recht  erinnerte.  Noch  zwei  andere 
Thatsachen  hat  Wassmannsdorff  zur  Stütze  seiner  An- 
sicht beigebracht,  die  ihm  als  solche,  abgesehen  von  den 
allzuweit  gehenden  Consequenzen,  welche  er  daraus  ge- 
zogen hat,  auch  niemand  bestreiten  wird,  dass  nämlich 
erstens,  wie  aus  verschiedenen  Urkunden  hervorgeht,  Prag  in 
der  That  der  Hauptsitz  der  Federfechter  war,  wie  Frank- 
furt derjenige  der  Marxbrüder,  weshalb  Frisch  in  seinem 
Teutsch-lat.  Wörterbuche,  Berlin  1741,  ,Federfechter'  auch 
einfach  mit  «Pugiles  Prägens  es»  wiedergibt,  und  dass 
zweitens  diese  Federfechter  zu  Prag  am  10.  Februar  1608 
ein  Einladungsschreiben  zum  Besuche  ihrer  ersten  Fecht- 
schule am  Sonntage  nach  Sancti  V i t i  >  erlassen  haben. 
Aber  auch  diesen  Umstand  wird  wohl  niemand  als  eine 
ernstliche  Begründung  dafür  anerkennen  können,  dass  der 
Name  Federfechter  «nichts  anderes»  als  Viter-  oder  Veiter- 
fechter  bedeuten  solle;  selbst  dann  nicht,  wenn  wir  noch 
auf  die  auf  dem  Hradschin  stehende  St.  Veits-Kirche  hin- 
gewiesen werden,  nach  deren  Patron  sich  diese  Fechter- 
gesellschaft ja  allerdings  hätte  benennen  können;  doch 
haben  sich  keine  weiteren  Zeugnisse  mehr  dafür  aufbringen 
lassen,  dass  der  heilige  Vitus  oder  St.  Veit  wirklich  der 
Patron  der  Freifechter  von  der  Feder  gewesen  wäre. 
Jedenfalls  gebührt  dagegen  Wassmannsdorff  das  Ver- 
dienst, mit  Nachdruck  auf  die  Unhaltbarkeit  eines,  wie  es 
scheint  auch  in  neuerer  Zeit  noch  nicht  endgültig  über- 
wundenen Erklärungsversuches  wohl  zuerst  hingewiesen  zu 
haben,  nämlich  darauf,  dass  die  Annahme  einer  besonderen 
< Feder»  genannten  Waffe  für  die  Fechtkunst  der  Feder- 
fechter völlig  verworfen  werden  muss,  ein  Resultat,  das 
durch  die  weitergehenden  Studien  der  Herren  J.  Schmied- 
Kowarzik  und  H.  Kufahl,  der  beiden  Verfasser  des  Fecht- 
büchleins  (Leipzig  1894),  über  diesen  Punkt  neuerdings  noch 
seine  kräftige  Bestätigung  gefunden  hat. 

Damit,  darf  ich  nun  wohl  von  der  etwas  ausgedehnten 


—    61     — 

Untersuchung  einer  so  speciellen  Frage,  die  ich  aber  bei 
Anlass  der  angeführten  Stellen  aufs  neue  zu  erörtern  für 
meine  Pflicht  hielt,  Abschied  nehmen  und  mich  wieder  der 
Betrachtung  des  Fechterwesens  im  allgemeinen,  seiner  Kunst, 
seinen  Einrichtungen  und  Gebräuchen,  seiner  Überlieferung 
und  den  Formen  seines  öffentlichen  Auftretens  zuwenden. 
Zunächst  noch  einige  weitere  Belege  für  das  Vorkommen 
der  Fechter  und  die  Abhaltung  ihrer  <  Fe  cht  schulen» 
genannten  öffentlichen  Schaustellungen  oder  gewöhnlichen 
Kunstübungen  und  für  die  zeitgenössische  Auffassung  über 
den  Wert  oder  Unwert  solcher  Darbietungen.  Schon  in 
den  Acten  der  1386  gegründeten  Universität  Heidelberg 
findet  sich  unter  den  Bestimmungen  des  ersten  Rectorates 
nach  dem  Verbote  des  Würfelspiels  für  die  Studenten  auch 
noch  die  Notiz  :  «Prseterea  fuit  ordinatum  ut  scolae  di- 
«micantium   scolaribus   studii   nostri   interdicentur 

ne  literis  deputati  vanitati  vacent  et  Studium  praetermittant  > 
und  als  Randbemerkung  steht  daneben:  «De  dimicatoribus 
et  eorum  scolis  interdictis.»  (Vgl.  Wassm.  pag.  1,  der  da- 
zu noch  auf  M  einer  s'  Geschichte  der  hohen  Schulen,  IV, 
146  verweist.)  Und  G.  Gumpelzhaimer  äussert  sich  in 
seiner  Schrift:  «Gymnasma.  De  exercitiis  Academicorum», 
(editio  Moscherosch,  Argentinae  1652  pag.  252)  über  die 
Teilnahme  von  Studenten  an  Fechtschulen  im  Wettbewerb 
um  den  ausgesetzten  Geldpreis  folgendermassen  :  «Tertiam 
<  speciem  palaestricae,  scilicet  Athleticam  vitiosam  dixi,  ra- 

tione  studiosorum,  quibus  lucri  causa  certare,  in 
«pecuniam  a  spectatoribus  projectam  pugnare,  cor- 
«pusque  prostituere  certe  ignominiosum,  ita  ut  per 
'hoc  et  famae  et  nominis  opinionem  abjicerent  et  perderent 
<nisi  indigentia  pecuniae  et  nummorum,  quibus  ad  iter  per- 
«ficiendum   inprimis   longius,    opus    habent,    necessitas    cui 

lex  non  posita  premat.  Hujus  rei  exempla  memorare 
'  facilimum  foret,  sed  ea  supprimo.»  Dieses  hier  angedeutete 
Verhalten  der  reisenden  Studenten  erklärt  uns  auch  das 
ebenso    aufzufassende    «Fechtengehen»    der   wandernden 


—    62    — 

Handwerksburschen,  deren  bezeichnender  Ausdruck  «fech- 
ten' =  sammeln  eines  milden  Zehrpfennigs  oder  betteln 
noch  heute  einen  stehenden  Bestandteil  ihrer  Sprache  bildet, 
auch  wenn  sein  ursprünglich  wörtlich  zu  verstehender  Sinn 
gewiss  längst  der  Vergessenheit  anheimgefallen  ist.  Doch 
scheint  diese  Redensart  im  gleichen  oder  wenigstens  ähn- 
lichen Sinne  auch  anderwärts  noch  gebraucht  worden  zu 
sein,  denn  es  findet  sich  z.  B.  bei  0.  Goldsmith  in  seinem 
«Vicar  of  Wakeneid»  cap.  20  (vgl.  G.  D.W.B.  unter  fechten) 
einmal  die  Wendung  «I  fought  my  way  towards  England», 
was  etwa  mit  unserem  deutschen  «sich  von  einem  be- 
stimmten Orte  aus  bis  da  und  dahin  durchschlagen,  sich  redlich 
durchs  Leben  schlagen  etc.»  zu  vergleichen  wäre,  wenn  in 
diesen  Ausdrücken  nicht  auch  der  Sinn  überstandener  Mühen 
und  Gefahren,  überwundener  Hindernisse  und  Schwierig- 
keiten mitenthalten  oder  gar  vorwiegend  zu  denken  ist. 
Von  dem  grossen  fürstlichen  Herrenschiessen,  das  im  Sep- 
tember des  Jahres  1560  in  Stuttgart  abgehalten  wurde  und 
noch  eine  Reihe  anderer  Lustbarkeiten  ausser  dem  Schiessen 
selbst  aufzuweisen  hatte,  darunter  auch  eine  Fechtschule, 
berichtet  der  Pritschmeister  Ulrich  Erttell  aus  Augsburg  und 
nennt  in  seiner  Beschreibung  desselben  (vgl.  Codex  Nr.  582 
der  Bibliothek  in  Gotha)  die  Schützenfeste,  wohl  auch  mit 
Rücksicht  auf  ihre  sonstigen  Darbietungen,  eine  «Riterliche 
«vnd  Notwendige  kurtzweil  —  die  nit  ain  wenig  zw  kriegs- 
»vbung  Dienstlich  vnd  Nutz  sein  khinen,  vnd  ain  Heroisch 
«Herrlichs  exercitium  Ist  Vund  der  vrsach  allenthalben .  In 
«Lendern  und  Steten,  so  Im  langenn  Brauch  Bliben»  und 
«wol  dem  Turnieren  vnd  andern  Fürstlichen  Vbungen  gleich- 
«geschetzt»  werden  mögen  (s.  Wassm.  pag.  4).  S erlin  in 
seinem  Buche  :  «Ritterliches  Hauptschiessen  vom  9./ 19.  Mai 
1671»  Frankfurt  a.  M.  1671,  spricht  sich  über  Zweck  und 
Entstehung  der  Fechtschulen  folgendermassen  aus,  wie  es 
jedenfalls  der  damaligen  Zeitanschauung  vollständig  entsprach: 
«Unsere  Löbliche  alte  Teutsche  Kayser  führten  bey  ihren 
Höfen  das  thurnieren  für  die  junge  Ritterschafft   ein,  wo- 


—    63    — 

«durch  ein  solcher  junger  Ritter  und  Edelmann  nicht  allein 
«im  reitten,  sondern  auch  mit  der  Lantze,  oder  mit  dem 
«Speere,  und  anderm  damals  üblichen  gewehre,  auff  seinen 

mann  abgerichtet  ward.  Sie  ordneten  auch  für  die 
«andere  gemeine  Jugend  Fechtschulen  an,  umb 
«selbige  in  allerhand  Kriegswaffen  zu  üben,  und 
«begnadigten  dieselbige  mit  sonder  baren  Privilegien 
«und  Frey  hei  ten.  Eben  daher  haben  auch  die  Schützen- 
« Gesellschafften  hin  und  wieder,  in  grossen  und  kleinen 
«Städten,  ihren  Ursprung  und  sonderbare  Privilegien  und 
«Freyheiten  bekommen,  —  vornemlich  zu  dem  ende,  damit 
«man  im  falle  der  noth  Leute  haben  könnte  —  dem  ge- 
« meinen  Vatterlande  zu  dienste»  (s.  Wassm.  pag.  1).  Seit 
dem  17.  Jahrhundert  begegnen  neben  den  beiden  Fechter- 
brüderschaften  der  Marcusbrüder  und  Federfechter  auch 
noch  die  Lucasbrüder,  wie  es  scheint  als  Gegner  beider, 
worauf  schon  jene  aus  dem  Frankfurter  Fascikel  27  ange- 
führte Stelle  hingewiesen  hatte.  Ausserdem  finden  sich 
dieselben  noch  in  folgenden  Stellen  erwähnt,  die  ich  Grimm 's 
D.  W.  B.  entnehme.  Bei  Phil  an  der  1,  245  (Ausgabe  vom 
Jahre  1642)  heisst  es:  «ich  bin  ein  examinirter  appro- 
«birter  fechtmeister,  der  das  lob  hat,  dass  er  sich  für 
«einen  federfechter,  Marxbruder  und  Luxbruder,  je 
«nach  dem  die  gegenparthei  sinnes  ist,  ritterlichen  als 
<  bintzel,  gebrauchen  lasse ».  Und  in  Pasquini  Staats- 
phantasien  aus  dem  Jahre  1697  lesen  wir  pag.  323:  «damit 
«der  herzog  von  Savoien  ein  spie  gel  fechten  mit  dem 
«marechal  de  Catinat  in  Piemont  anstellen,   selbigem   aber 

nicht  viel  weher  thun  solte,  als  wenn  die  Lucas-  und 
«Marcusbrüder  mit  ihrer  federfechterei  sich  die 
«köpfe  ein  wenig  blutig  schlagen  und  dabei  den 
«Zuschauern  die  beutel  leeren,  so  gut  sie  können». 
Hübner 's  Handlungslexicon  von  1722  pag.  992  berichtet: 

klopffechter  ....  werden  in  federfechter  und  Marx- 
«brüder,  oder  meister  des  langen  schwerdtes  von 
«St.  Marco    und    der    Löwenburg    abgetheilet,    und 


—    64    — 

«wenn  einer  unter  ihnen  wider  beide  partheien  zu 
l'echten   eine   schule    aufschlaget,    so    wird   er    ein 
L  u  x  b  r  u  d  e  r  g  e  h  e  i  s  s  e  n » .    ,Klopffech ter '  wird  von  S  t  i  e  1  e  r 
453  mit    «pugnator,    colluctator» ,    bei    Steinbach    1,  471 
mit  «rudibus  pugnans»  wiedergegeben;  Frisch   in   seinem 
Teutsch-lat.     Wörterbuch     (Berlin     1741)     bezeichnet     sie 
Bd.  I,  524c   als    «gladiatores    in   certamine   ludicro», 
und  I,  253a  als  «pugiles  publice  congredientes»;    ge- 
nauer   noch    erklärt    Hübner    in    seinem    Zeitungslexicon 
(5.  Aufl.  Leipzig  1727)  2,1004  das  Wort  durch:   «gewisse 
handwerkspursche,  die  für  geld  ihre  fechtschulen 
halten   und    sich   auf   allerhand   gewehre    mit    ein- 
ander herum   balgen»,   und    die   in   zwei  Parteien,   die 
Federfechter  und  die  Marxbrüder  zerfielen,  von  welchen  er 
(a.   a.    0.)   noch  weiter  meldet:    «sie    haben    ihre    collegia 
und  schulen  in  den  vornehmsten  teutschen  städten,  allwo 
sie  unter  sich  meister  und  approbirte  meister  zu  schlagen 
pflegen».     Genaueres  hierüber  ist  noch   bei   G.  Frey  tag, 
Neue    Bilder    aus    der    deutschen    Vergangenheit  s.   146  ff. 
zu   finden.     Ich   habe   übrigens   bereits    einmal   Gelegenheit 
gehabt,    darauf  hinzuweisen,    dass    sich    nach    verbürgten 
Überlieferungen    der   Hauptsitz    der   Marxbrüdergesellschaft 
oder  der  Meister  des   langen   Schwerts   von  St.  Marco  und 
von   Löwenberg   in   Frankfurt  a.  M.,    derjenige    der   Feder- 
fechter oder  der  Freifechter  und  Meister  des  langen  Schwerts 
von  der  Feder  und   von   Greifenfels    aber   in  Prag   befand, 
woran  hier  noch  einmal  erinnert  werden  mag,  um  im  An- 
schlüsse daran  noch  einige  derjenigen  Städte  zu  erwähnen, 
in   welchen  wir  solche  Fechtschulen,  wie  auch   später   die 
Schwerttänze,    am    häufigsten    abgehalten    finden    und    am 
sichersten   nachzuweisen   vermögen.     Dazu    gehören    unter 
anderen    besonders  :    Augsburg,   Breslau,   Danzig,    Dresden, 
Leipzig,  Nürnberg,  Strassburg  i.  E.,   Stuttgart  und  Ulm;  es 
befinden  sich  also  eine  ganze  Anzahl  von  Städten  darunter, 
die,   was    für   den   weiteren   Verlauf  unserer  Untersuchung 
noch  von  besonderer  Bedeutung  und  daher  wohl  zu  beachten 


—    65    — 

sein  wird,  sich  auch  durch  eine  hervorragende  Pflege  des 
deutschen  Meistergesanges  und  seiner  Singschulen  aus- 
gezeichnet haben.  Den  Beweis  dafür,  dass  sich  dem  wie 
es  scheint  ziemlich  aussichtsreichen  Fechten  um  Geld,  wie 
übrigens  auch  anderen  ähnlichen  Bethätigungen ,  auch 
öfters  Studenten  und  fahrende  Schüler  zugewendet  haben, 
gibt  uns  neben  einigen  anderen  überlieferten  Thatsachen 
besonders  auch  eine  Stelle  Hugo  von  Trimberg's  in  seinem 
Renner,  der  das  betreffende  Capitel  «Ditz  ist  von  Ribalden 
«unn  von  ungezognen  leuten»  überschrieben  hat,  worin  es 
Vers  16'477— 16'481  heisst : 

«waz  solte  ich  davon  lenger  sagen? 
«Schirmer,  geiger,  gaukeler 
«Siht  man  werden  vil  schaler, 
«Die  gutes  vil  ze  schul  verzerent 
«und  sich  mit  loter  füre  nerent.» 

Hugo  von  Trimberg  ist  überhaupt  auf  alle  diese  ritter- 
lichen Unterhaltungen,  Spiele  und  Leibesübungen  nicht  gut 
zu  sprechen;  an  einer  grösseren  Stelle  in  seinem  Renner,  die 
ich  unter  den  Beilagen  im  Auszuge  wiedergebe,  wendet  er  sich 
besonders  gegen  Thurnieren  und  Fechten,  dann  auch 
gegen  Steinwerfen,  Ringen  und  Springen.  Bereits  früher 
hatte  ich  eine  Stelle  anzuführen,  an  welcher  er  seinen 
allerdings  wrohl  berechtigten  Zorn  über  das  Kämpfen  mit 
Tieren  geltend  macht.  Und  schon  im  14.  Jahrhundert 
bezeichnet  der  Teichner  einen  in  der  Welt  herumziehenden 
Edlen,  der  die  Ritterschaft  zu  Erwerbszwecken  ausübt,  kurz- 
weg als  einen  «vehtaere»  (vgl.  Ed.  Karajan  pag.  85 
Anm.  289),  woraus  man  wohl  den  Schluss  ziehen  darf, 
dass  diese  Bezeichnung  bereits  im  damaligen  Sprach- 
gebrauche nicht  als  eine  sehr  ehrenvolle  galt.  Abrahama 
Sancta  Clara  aber  spricht  sich,  nach  einem  Citat  aus  dem 
Fechtbüchlein  an  einer  von  den  betreffenden  Verfassern 
desselben  leider  nicht  näher  bezeichneten  Stelle  seiner 
Werke,  über  die  Vor-  und  Nachteile  der  edlen  Fechtkunst, 
zu   deren    weiser,  aber    gemässigter   Pflege    er   seine   Zeit- 


—    66    — 

genossen  ermahnt,  folgendermassen  aus:  «Was  sonsten 
«das  Fechten,  dessen  Schul  und  Regel  angehet,  soll 
«man  keineswegs  darwider  schimpflich  reden,  son- 
<  dem  gar  wohl  dabey  lassen,  dass  solche  Uebung  nicht 
«geringen  Nutzen  schaffe  bei  der  heutigen  und  lebhaften 
«Jugend,  welche  meistens  einem  Wasser  gleicht,  so  durch 
«die  Bewegung  frisch  belebt,  entgegen  durch  das  Stehen 
«verfault.  Es  muss  aber  niemand  vermessenerweise 
»in  alle  Raufhändel  sich  einmischen  und  sich  allein 
«steueren  auf  seine  Fechtkunst,  dann  dergleichen 
«muthwillige  Börschel  aus  göttlicher  Verhängnuss  gar  oft  von 
»dem  allerunerfahrensten  Menschen  den  Rest  bekommen.» 
Dieser  letzte  Hinweis  zeigt  deutlich  genug  auch  die  Schäden, 
die  sich  bei  dem  Missbrauche  des  stark  verbreiteten  und 
eifrig  betriebenen  streitbaren  Handwerkes  auch  da  und  dort 
herausstellten.  Jedenfalls  aber  waren  solche  Darbietungen 
auf  den  Fechtschulen,  auch  wenn  sie  nur  zur  festlichen 
Unterhaltung  der  Volksmenge  dienten,  stets  recht  blutige 
und  lebensgefährliche  Schauspiele  und  leider  die  deutlichsten 
Zeugnisse  einer  sinkenden  Kunst  und  eines  verrohten  Ge- 
schmackes. Schon  in  der  letzten  Zeit  des  17.  Jahrhunderts, 
an  der  Schwelle  des  18.  und  bis  tief  in  dasselbe  hinein, 
ja  teilweise  noch  im  19.  an  gewissen  Orten  vertreten, 
erscheinen  jetzt  die  Fechter  mehr  und  mehr  als  eine  Art 
von  betrügerischen  Landstreichern;  sie  werden  in  dieser 
zweideutigen  und  übelberüchtigten  Gesellschaft  häufig  ge- 
nannt und  auch  wirklich  oft  in  derselben  als  ein  besonderer 
Zweig  des  Gaunertums  gefunden.  So  sagt  z.  B.  Chr.  Gerber 
in  seiner  Schrift  «Sünden  der  Welt»  (3.  Aufl.  1699,  4.  Auli. 
1701)  Kap.  51,  §  1:  «solche  sind  nun  die  unseligen  gaukler, 
«Seiltänzer,  taschenspieler,  comoeclianten,  feuerfresser,  klopp- 
«fechter  und  wie  das  geschmeiss  alles  mag  genennet 
«werden»,  während  er  in  der  Überschrift  dafür  auch  «feder- 
fechter»,  in  §  4  aber  bloss  noch  das  einfache  fechter- 
gesetzt  hat.  Und  Wieland  schreibt  im  Danischmend  Kap.  13 
(vgl.    Werke  Bd.  8,  122; :    <  die    Grimassenmacher,    Quaek- 


--    67    — 

<  salber,  Gaukler,  Taschenspieler,  Kuppler,  Beutelschneider 
«und  Klopffechter  theilen  sich  in  die  Welt»  (vgl.  für  die 
beiden  Stellen  G.  DYYB.  unter  <  Klopffechter  >).  Ein  weiterer 
Beweis  für  die  grosse  Verbreitung  dieser  Klasse  von  Leuten 
und  die  Beliebtheit,  deren  sich  ihre  wenn  auch  rohen  und 
unkünstlerischen  Darstellungen  doch  bei  dem  weitaus  grössten 
Teile  der  Bevölkerung  zu  erfreuen  hatten,  ist  sicher  auch 
die  in  diesen  Zeiträumen  häufige  bildliche  Verwendung  von 
Worten,  die  sich  auf  solche  Verhältnisse  beziehen,  durch 
die  damaligen  Schriftsteller,  wie  uns  denn  auch  solche 
Anspielungen  an  zahlreichen  Stellen  der  zeitgenössischen 
Litteratur  begegnen,  die  hier  alle  im  Einzelnen  wiederzu- 
geben zwecklos  sein  würde.  Nur  soviel  möge  hier  noch 
bemerkt  sein,  dass,  wenn  etwa  Log  au  in  seinem  Sinn- 
gedichte: Verbriefter  Adel,  das  vielleicht  eben  gegen  das 
Klopffechtertum  gerichtet  ist,  sagt: 

«Ein  federliches  Waffen,  nicht  väterlicher  Schild 
-Ist  jetzt  vorausgestellet.  wo  Federfechten  gilt.» 
oder  ein  andermal  sich  vernehmen  lässt: 

«Der  Deutschen  ihr  Papier 

«War  ihrer  Feinde  Leder. 

«Der  Degen  war  die  Feder: 

«Mit  Blute  schrieh  man  hier.» 

Oder  wenn  Fleming  134  schreibt: 

« hängt  seine  Fochtet  an, 

«Die  er  zu  tragen  weiss,  als  wol  kein  Edelmann.» 
sich  die  betreffenden  Dichter  jedenfalls  ganz  mit  Absicht  in 
solchen  Stellen  der  volkstümlichen  Anschauung  und  ihrem 
Sprachgebrauche  angepasst  haben,  um  in  ihrem  Ausdrucke 
dadurch  um  so  wahrer  und  eindrucksvoller  zu  werden.  Auch 
Goethe  wirkt  damit  mit  besonderer  Frische  und  Lebendigkeit, 
wenn  er  sagt: 

«Heraus  mit  eurem  Flederwisch! 
«Nur  zugestossen!  ich  pariere.»     (Werke  12.  195.) 
Oder  an  einer  anderen  Stelle  (57,   166): 

»Hervor  den  Degen  in  der  Hand, 
«Raus,  feurig,  frisch 
«Den  Flederwisch!» 

5* 


—    68    — 

Ich  möchte  im  Anschlüsse  an  diese  beiden  Gitate,  die 
vielleicht  auch  noch  Einiges  in  der  Frage  über  die  Herkunft 
des  Namens  der  Federfechter  zu  einem  der  verschiedenen 
Erklärungsversuche  beitragen  können,  gleich  noch  zwei 
andere  Stellen  erwähnen,  die  sich  mit  diesen  und  schon 
früher  angeführten  nahe  berühren  und  mir  eben  erst  wieder 
zu  Gesicht  gekommen  sind.  Die  eine  steht  nach  G.  DWB. 
bei  Ayrer  274c  und  lautet: 

«fehlt  er,  so  wo  11  wir  sein  nicht  fehlen, 
«in  mit  dem  eisern  fiederwisch  strehlen;» 

die    andere    findet    sich    in    Fi  schart 's    Gargantua    135  a 
und  heisst: 

«wir  haben  unseren  fiederwisch  gefunden,  der  kan 
uns  abkehren,    seh,    seh,    gesell,    bist    auch  noch  staubig?» 

Damit  beschliesse  ich  die  Aufzählung  einzelner  Stellen, 
die  uns  über  das  Fechterwesen  Aufschluss  geben,  und  werde 
mich  auch  keiner  Behandlung  von  Einzelfragen  aus  diesem 
Gebiete  mehr  zuwenden,  sondern  noch  einige  allgemeinere 
Übersichten  und  Zusammenstellungen  hier  beifügen,  die  als 
Beiträge  zur  Geschichte  der  Fechtschulen  und  der  Fechter- 
gesellschaften dienen  mögen  und  eine  etwas  nähere  Bekannt- 
schaft mit  den  vielen  und  stark  zerstreuten  Überlieferungen 
vermitteln  und  bezwecken  sollen. 

Im  Folgenden  mag  zunächst  eine  Zusammenstellung 
der  verschiedenen  den  beiden  Hauptbrüderschaften  der 
Fechter  verliehenen  Privilegien  und  Gonfirmationen 
gegeben  werden  mit  einer  Angabe,  von  welchem  Kaiser,  in 
welchem  Jahre  und  an  welchem  Orte  diese  Freibriefe,  be- 
ziehungsweise ihre  Erneuerungen,  Bestätigungen  oder  Er- 
weiterungen ausgestellt  worden  sind;  auf  eine  Inhaltsangabe 
oder  gar  eine  auszügliche  Wiedergabe  derselben  muss  ich  an 
dieser  Stelle  leider  verzichten.  Es  sind  demnach  als  uns 
bis  jetzt  als  vorhanden  bekannt  gewordene  Urkunden  zu 
verzeichnen: 

1)  Von  Kaiser  Friedrich  III.    am    10.  August  1487  in 
Nürnberg   ausgestellt  das  erste  Fechterprivilegium. 


—    69    — 

2)  Von  Kaiser  Maximilian  I.  am  27.  September  1512 
in  Köln  erlassen,  die  Bestätigung  desselben. 

3)  Von  Kaiser  Karl  V.  am  5.  April  1521  in  Worms 
erteilt,  eine  Gonfirmation  beider  vorhergehender 
Erlasse. 

4)  Von  Kaiser  Karl  V.  am  13.  Mai  1541  in  Regens- 
burg verliehen,  ein  Freibrief  unter  gleichzeitiger 
Verleihung  eines  Wappens  an  die  Markusbrüder- 
schaft. 

5)  Von  Kaiser  Maximilian  II.  am  6.  Mai  1566  in  Augs- 
burg erlassen  eine  Gonfirmation. 

6)  Von  Kaiser  Rudolf  II.  am  15.  Juli  1579  in  Prag 
erlassen  eine  Gonfirmation. 

7)  Von  Kaiser  Rudolf  II.  am  7.  März  1607  in  Prag 
verliehen  ein  Freibrief  mit  gleichzeitiger  Verleihung 
eines  eigenen  Wappens  und  Genehmigung  der  am 
4.  August  1606  in  Prag  festgesetzten  Fechterordnimg 
für  die  Gesellschaft  der  Freifechter  von  der  Feder 
daselbst, 

8)  Von  Kaiser  Mathias  am  17.  Oktober  1613  in  Regens- 
burg erteilt  eine  Gonfirmation. 

9)  Von  Kaiser  Ferdinand  II.  am  13.  Juli  1627  in  Wien 
eine  ebensolche. 

10)  Von  Kaiser  Ferdinand  III.  am  18.  Dezember  1640 
in  Regensburg  eine  desgleichen. 

11)  Von  Kaiser  Leopold  I.  am  26.  Oktober  1669  in 
Wien  ebenfalls   eine  Gonfirmation  früherer  Rechte. 

12)  Von  Kaiser  Leopold  I.  am  20.  März  1670  in  Wien 
erteilt  ein  Freibrief  an  die  Markusbrüderschaft  unter 
Vermehrung  ihres  Wappens  und  daheriger  Erweiterung 
ihres  Titels  um  das  Beiwort  «von  Löwenberg  >. 

13)  Von  Kaiser  Leopold  I.  am  2.  Dezember  1688  in 
Wien  verliehen  ein  Freibrief  an  die  Gesellschaft 
der  Federfeeliter  mit  gleichzeitiger  Vermehrung 
ihres  Wappens  und  daraus  folgender  Erweiterung 
ihres  Titels  mit  dem  Zusatz  «von  Greifenfels». 


—     70    — 

Nunmehr  gehe  ich  dazu  über,  die  übrigen  Urkunden,  Ver- 
ordnungen, Ratserlasse,  Satzungen  und  anderweitigen 
Documente,  die  sich  auf  das  Fechterwesen  im  Allgemeinen 
und  im  Besonderen  beziehen,  zu  verzeichnen  und  zwar  in 
alphabetischer  Reihenfolge  nach  den  Städten,  aus  welchen 
dieselben  stammen,  innerhalb  dieser  sodann  in  chronologischer 
Anordnung,  soweit  irgend  möglich,  und  ohne  noch  weiter- 
gehende Einteilungen  zu  versuchen.  Darnach  ist  anzu- 
führen : 

a)  aus  Augsburg: 

1)  Bestätigungen  von  Verordnungen  der  Fechterschulen 
durch  den  Magistrat  aus  den  Jahren  1568,  159(3, 
Kill  vorliegend. 

2)  Fechterordnungen  der  Stadt  vom  9.  Januar  1596 
und  vom  13.  Januar  1611. 

3)  Ratsbeschluss  zur  Aufhebung  der  Fechtschule  im 
Jahre  1700. 

b)  aus  Breslau: 

1)  Schulordnung  vom  Jahre  1570,  welche  den  Gym- 
nasiasten den  Besuch  öffentlicher  Fechtschulen 
verbietet. 

2)  Bewilligung  des  Rates  zur  Abhaltung  von  Fecht- 
schulen (mit  klingendem  Spiel  beim  Umzüge  der 
Fechter)  vom  5.  April  1598. 

3)  Erste  Ratsverordnung  über  die  Fechtschulen  vom 
9.  September  1606. 

4)  Erneuerungen  dieser  Ratsverordnung  vom  6.  De- 
zember 1614  und  vom  9.  Mai  1615. 

5)  Ratsverordnung  über  diejenigen  Zeiten,  zu  welchen 
die  Fechtschulen  verboten  sind,  vom  24.  Februar 
1616. 

6)  Renoviertes  Patent  des  Rates,  bei  Anlass  einer  Fecht- 
schule erlassen,  vom  5.  April  1625. 

7)  Wiederholung  des  gleichen  Ratspatentes  am  22.  Fe- 
bruar 1642. 


—     71     — 

8)  Letztes  Ratsdecret  wegen  der  Fechtschulen  vom 
6.  Dezember  1674. 

c)  aus  Cöslin  (in  Pommern): 

Willkühr  der  Stadtbehörde  vom  7.  September  1666, 
welche  das  Fechten  an  Sonntagen  verbietet. 

d)  aus  Danzig: 

Lehrbrief  für  den  Markusbruder  Joseph  Georg  Koppel 
aus  Leipzig  vom  22.  Juni  1682. 

e)  aus  Frankfurt  a.  M. : 

1)  Bittgesuch  der  Markusbrüderschaft  an  den  Senat 
vom  6.  September  1575. 

2)  Erneutes  Bittgesuch  der  gleichen  Brüderschaft,  dem 
Senate  vorgelegt  am  19.  April  1576. 

3)  Klageschreiben  der  Marxbrüder  an  den  Senat  wegen 
Benachteiligung  durch  das  Auftreten  anderer  Fechter 
daselbst  vom  Jahre  1578. 

4)  Verzeichnis  der  in  dieser  Stadt  zu  Meistern  des 
langen  Schwertes  geschlagenen  Marxbrüder  vom 
Jahre  1583  an  weiter  geführt  (im  dortigen  Archiv 
befindlich). 

5)  Ordnung  der  Marxbrüderschaft,  festgesetzt  am 
31.  März  1653. 

6)  Bestätigung  derselben  durch  den  Rat  vom  13.  Ok- 
tober 1660. 

7)  Vidimus  oder  Transsumpt  des  Rates  zum  Privileg 
von  1669  (1670?)  vom  22.  September  1671. 

f)  aus  Leipzig: 

Kurfürstliche  Verordnung  über  die  Fechter  um  1567. 
(Ausschluss  der  Handwerksgesellen  vom  Schutze  der  Uni- 
versität.) 

g)  aus  Mainz: 

Lehrbrief  für  den  Federfechter  Rudolf  Gebhardt  aus 
Magdeburg  vom  27.  Januar  1719. 


—     72     — 

li)  aus  Nürnberg: 

1)  Bewilligungen  des  Rates  zur  Abhaltung  von  Fecht- 
schulen wurden  erteilt  zu  folgenden  Zeiten:  um 
Fastnacht  1477,  am  20.  Juni  1478,  Mitte  Januar 
1479,  am  9.  Oktober  1479,  am  17.  März  1487, 
4.  Oktober  1492,  3.  Oktober  1493,  19.  April  1494, 
kurz   vor  Weihnachten  1495,   und  im  Jahre  1561 . 

2)  Verbote  der  Fechtschulen  liegen  vor  von  Ende  Juli 
1503,  aus  den  Jahren  1551  und  1585,  und  vom 
20.  Juli  1691. 

3)  Verordnung  über  die  Fechtschulen  von  1553. 

4)  22  Fechtschulreime  zur  Eröffnung  der  vom  26.  April 
bis  4.  Oktober  des  Jahres  1579  abgehaltenen  Fecht- 
schulen (26.  April;  3.,  10.,  17.,  24.,  31.'?  Mai;  14., 
23.  Juni;  5.,  12.,  19.,  26.  Juli;  2.,  9.,  16.,  23., 
30.  August:  6.,  13.,  20.,  27.  September:  4.  Oktober). 

5)  Ratsverordnung  über  die  Höhe  des  Eintrittsgeldes 
bei  Fechtschulen  vom  23.  April  1609. 

6)  Beschluss  über  die  Verwendung  des  Zuschauer- 
geldes vom  Jahre  1628.  (Nach  Vollendung  des 
neuen  Fechthauses.) 

7)  Ratsbeschluss  zur  gänzlichen  Abstellung  der  Fecht- 
schulen vom  Jahre  1698. 

i)  aus  Prag: 

1)  Fechtschulordnung  des  Rates  vom  28.  Juli  1597 
(in  tschechischer  Sprache  abgefasst  und  in  Bezug 
auf  die  Abhaltung  von  Fechtschulen  die  Federfechter 
und  <Markuse»  rechtlich  gleichstellend). 

2)  Satzungen  und  Ordnung  der  Freifechter  von  der 
Feder,  festgesetzt  am  4.  August  1606. 

3)  Einladungsschreiben  zur  ersten  Fechtschule  der 
Federfechter  daselbst,  erlassen  am  10.  Februar 
1(508. 

4)  Approbationsschreiben  (Meisterbrief)  für  den  Fecht- 
meister Heinrich  Schotte  vom  15.  Juni  1608. 


—     73     — 

5)  Approbationsschreiben  (Meisterbrief)  des  Feder- 
fechters Adolf  Hagenauer  aus  Wien  vom  15.  Juni 
1735. 

k)  aus  Ulm: 

1)  Bewilligung  der  Fechtschulen  der  Kürschner  durch 
ein  Ratsprotokoll  vom  Jahre  1514. 

2)  Ratsverordnung  über  die  Fechtschulen  daselbst  vom 
Jahre  1589. 

3)  Wiederholungen  dieser  Ratsverordnung  aus  den 
Jahren  1590  und  1602. 

4)  Weitere  Ratsverordnungen  von  den  Jahren  1607, 
1609  und  1613. 

5)  Klageschreiben  der  Inhalter  der  dortigen  Fecht- 
schulen an  den  Magistrat  vom  Jahre  1616. 

1)  aus  Wien: 

Ankündigung  einer  Fechtschule  durch  den  Fechtmeister 
Anton  Mire  daselbst  im  Jahre  1781. 

Diese  oben  angeführten  Documente  zur  Geschichte  des 
Fechterwesens  haben  mir  für  diese  Untersuchungen,  wenn 
auch  nicht  im  Originale,  so  doch  durch  die  Vermittelung  der 
einschlägigen  Litteratur,  in  Abdrücken  ganz  oder  wenigstens 
teilweise,  in  grösseren  oder  kleineren  Auszügen,  vorgelegen: 
manche  von  ihnen  sind  mir  aber  auch  bloss  durch  kurze 
Mitteilungen  oder  directe  Hinweise  bekannt  geworden,  so 
dass  es  nicht  immer  möglich  war,  sie  alle  im  Einzelnen 
nachzuprüfen :  immerhin  liess  sich  durch  Vergleichung  ver- 
schiedener Angaben  in  etlichen  Fällen  eine  willkommene 
Bestätigung,  in  anderen  dagegen  wieder  eine  notwendige 
Berichtigung,  häufig  auch  eine  Ergänzung  und  genauere  Be- 
stimmung der  erwähnten  Belege  und  Zeugnisse  erzielen. 
Gleichzeitig  unterzog  ich  mich  auch  der  Mühe,  die  sämt- 
lichen, zu  meiner  Kenntnis  gelangten  Orts-  und  Zeitangaben, 
soweit  sie  die  Abhaltung  von  Fechtschulen,  Fech- 
terspielen. Schwerttänzen  oder  das  sonstige 
Auftreten   von  Fechtern  in  öffentlichen   Schau- 


Stellungen  betreffen,  übersichtlich  zusammenzustellen, 
und  ich  gebe,  von  der  Überzeugung  geleitet,  dass  eine 
solche  Orientierung  über  die  locale  Verbreitung  und 
die  zeitliche  Ausdehnung  des  Fechterwesens,  wie  über 
die  Häufigkeit  seiner  Darbietungen  weder  zwecklos  noch 
ohne  Interesse  sein  werde,  die  so  gewonnene,  kurze  tabel- 
larische Darstellung  dieser  Verhältnisse  im  Folgenden  wieder. 
Auch  hierbei  habe  ich  für  die  Ortsangaben  die  alphabetische, 
für  die  Zeitbestimmungen  die  chronologische  Reihenfolge 
innegehalten  und  bemerke  nur  noch,  dass  ich  die  Daten 
für  die  Schwerttänze  sowie  sonstige  nicht  dem  engeren 
Begriffe  der  Fechtschulen  einzuverleibende  Fechterauf- 
führungen durch  das  Einschliessen  derselben  in  eckige 
Klammern  gekennzeichnet  habe,  um  damit  die  notwendige 
Unterscheidung  der  beiden,  im  Grunde  genommen  doch 
jedenfalls  sehr  nahe  verwandten  und  enge  zusammenhängen- 
den Äusserungen  der  Waffentüchtigkeit  zu  ermöglichen. 
Folgende  Daten  sind  überliefert: 

1)  Augsburg:  1500.  1509.  1547.  1615.  1637. 
1651.  1661.  (1700?)  1719.  [1741.]  1776.  5.  De- 
zember 1815. 

2)  Berlin:    1581.    Winter  1802/3.     12.  Juni  1807. 

3)  Braunschweig:    [1443.] 

4)  Breslau:  1280.  15.  Juni  1567.  1575.  1582. 
10.  Juli  1589.  1592.  19.  April  1593.  März  1594. 
23.  November  1597.  5.  April  1598.  9.  April  1600. 
14.  September  1614.  [23.  Februar  1620.]  5.  April 
1625.  1636.  25.  September  1644.  15.  August 
1672.  14.  April  1715.  1735.  5.  November  1741. 
27.  Februar  1808.  31.  Juli  1808  (im  Lager  von 
Lissa). 

5)  Brieg:    Mai  1577.    September  1582. 

6)  Danzig:    3.  Juli  1623.     18.  Februar  1646.    1651. 

7)  Darmstadt:    1816, 

8)  Dresden:    27.  September  1614. 

9)  Düsseldorf:    19.  Juni   1585. 


—    75    — 

10)  Frankfurt  a.  M. :    1397.    Mai  1671. 
1.1)  Hamburg:    5.  April  181.0. 

12)  Heidelberg:    1386. 

13)  Karlsruhe:     16.  April  1811. 

14)  Krakau:    1583. 

15)  Leipzig:  Pfingsten  1533.  (1567?)  14.  Mai  1604. 
8.  Juli  1612. 

16)  Linz:    1783. 

17)  Lollar  (bei  Giessen) :    [1651.] 

18)  Lübeck:  [vgl.  Z.  f.  d.  A.  XX.,  10  ff.,  ein  erhaltenes, 
aber  undatiertes  Schwerttanzspiel.] 

19)  München:    [1537.    1561.] 

20)  Nürnberg:  [1350.  (1351?)]  Fastnacht  1477. 
20.  Juni  1478.  Januar  1479.  Oktober  1479. 
17.  März  1487.  [1490.]  4.  Oktober  1492.  S.Ok- 
tober 1493.  19.  April  1494.  Weihnachten  1495. 
[1497.  1511.  1516.  1518.  1537.  1539.  1540. 
1546.  1558.  1560.  1561.]  1561.  [1570.]  1576. 
26.  April  bis  4.  Oktober  1579.  [um  1580.]  17.  Juni 
1582.  1588.  1593.  [3.  und  13.  Februar  1600.] 
14.  Februar  1600.  1603.  5.  Januar  1607.  1612. 
1615.    (1697?)    21.  November  1698. 

21)  Prag:    1608. 

22)  Schmalkalden:    [1576.] 

23)  Solothurn  (Schweiz):    [1549.    1581.] 

24)  Strassburg  i.  E. :  5.  und  26.  November.  3.  De- 
zember 1559.     1587.    Januar  1664. 

25)  Stuttgart:  29.  September  1560.  November  1575. 
Mai  1585.    12.  März  1596.    1602. 

26)  Thorn:    1612.     1614. 

27)  Troppau:    1583. 

28)  Überlingen  a.  Bodensee:  [1581.  (1670.)  27.  Fe- 
bruar 1794.] 

29)  Ulm:  1514.  [9.  Februar  1551.]  1551.  1610. 
1698. 

30)  Weimar:    Mai   1584. 


—     70     — 

31)  Wien:    1781. 

32)  Zwickau     26.121.  August  1573. 

Im  Anschlüsse  an  diese  Angaben  möge  noch  ein  Ver- 
zeichnis der  wichtigsten  älteren  Fechtbücher  hier  Platz 
finden.  Ausserdem  sind  auch  noch  einige  Beschrei- 
bungen von  Fechtschulen  in  gebundener  und  unge- 
bundener Rede  anzuführen,  sowie  einige  grössere  und 
kleinere  Gedichte  namhaft  zu  machen,  welche  sich  sonst 
auf  das  Fechterwesen  und  seine  Geschichte,  wie 
auf  die  F  e  c  h  t  s  c  h  u  1  e  n  und  ihre  Kunst  beziehen. 
(Die  von  mir  selbst  eingesehenen  Schriften  sind  durch  ein 
vorgesetztes  *  gekennzeichnet.)  Zum  Beschlüsse  dieses 
Teiles  wird  noch  ein  kurzes  Wort  über  den  Zusammenhang 
zwischen  den  Fechtschulen  und  den  Schwerttänzen  bei- 
gefügt werden.  Zunächst  jedoch  gebe  ich  noch  die  er- 
wähnten Übersichten. 

1)  Schriften  das  Fechtwesen  betreffend: 

Johann  Lichtenauer 's  Fechtregeln.  (Nürnberger  Hs. 
des  Germ.  Nat.-Mus.  Nr.  3227  a  vom  Jahre  1389.) 

Lecküchner's  Handschrift  über  das  Messerfechten. 
(Ältere  Fassung  auf  d.  Bibl.  von  Heidelberg,  eine  Über- 
arbeitung derselben  vom  Jahre   1478  in  München.) 

*  Talhofer's  Fechtbuch  aus  dem  Jahre  1467  (auch 
gerichtliche  und  andere  Zweikämpfe  nebst  den  Kampfregeln 
enthaltend),  herausgegeben  von  G.  Hergsell,  Prag  1887. 

Paurnfeindt's  Fechtbuch,  Wien  1516. 

Fabian  von  Auerswald,  Ringerkunst,  85  Stücke  etc., 
gedruckt  zu  Wittemberg  durch  Hans  Lufft,  1539. 

Paulus  Hector  Mair's  Kunstfechtbuch,  Augsburg  um 
1542  verfasst.     (Bibl.  zu  Dresden.) 

«Die  Ritterliche  mannliche  Kunst  und  Handarbeyt 
Fechtens  und  Kempffens».     Frankfurt  a.  M.  1558. 

Joachim  Meyer,  Gründliche  Beschreibung  der  freien 
ritterlichen  und  adelichen  Kunst  des  Fechtens  u.  s.  w. 
Strassburg  i.  E.  1570,  Augsburg  1600,  1610  und  1660 
erschienen. 


—     77     — 

H.  von  Gunter r od t,  De  veris  principiis  artis  dimica- 
toriae,  Witebergae  1579. 

*  Des  kunstreichen  und  weitberümten  Fechtmeisters 
Salvatoris  Fabri  Italienische  Fechtkunst,  Leiden,  bei 
J.  Elzevier  1606  und  1619. 

*  Ein  new  künstlich  Fechtbuch  im  Rappier,  zum  Fechten 
und  Balgen  etc.  durch  Michael  Hundt.     1611. 

*J.  Sutor,  Newkünstliches  Fechtbuch,  d.  i.  ausführliche 
Description  der  Kunst  des  Fechtens  in  den  gebräuchlichsten 
Wehren  u.  s.  w.  Frankfurt  a.  M.  1612.  (Neudruck  ebenda 
1849.) 

*  Fabri  daPadoa,  Neu  künstlich  Fechtbuch.  Nürnberg 
1615. 

*  Sebastian   Heussler,   Fechtschul,   Nürnberg  1616. 
August  Vischer,  Tractatus  duo  juris  duellici  universi, 

.lenae  1617. 

G.  Gumpelzhaimeri,  Gymnasma.  De  exercitiis  Aca- 
demicorum,  Argentinae  1621.  (Editio  M.  Moscherosch, 
Argentinae  1652.) 

Joh.  Georg  Paschen,  Der  Adelichen  Gemüther  Wohl- 
erfahrne Exercitien-Meister,  d.  i.  vollständige  Fecht-,  Ring- 
und  Voultesier-Kunst.     Frankfurt   a.  M.  und  Leipzig    1683. 

*  Joh.  Andreas  Schmidt,  Leibbeschirmende  und  Fein- 
den Trotzbietende  Fechtkunst.     Nürnberg  1713. 

Alexander  Doyle,  Neu  Alamodische  Ritterliche  Fecht- 
und  Schirmkunst  etc.     Nürnberg  und  Frankfurt  a.  M.  1715. 

Paul  KaFs  Fechtbücher  (auf  den  Bibliotheken  zu 
München  und  Wien  befindlich). 

2)  Originalbeschreibungen  verschiedener  Fecht- 
schulen und  sonstige  Nachrichten  über  solche  finden  sich 
in  folgenden  Werken: 

S  erlin,  Ritterliches  Hauptschiessen  vom  9.  bis 
19.  Mai  1671.     Frankfurt  a.  M.   1671. 

Werl  ich 's  Chronik  von  Augsburg,  pag.  271  (bei 
Erwähnung  des  Augsburger  Schiessens  vom  Jahre  1509). 


—    78    — 

Sastrow's  Lebensbeschreibung,  herausgegeben  von 
Mohnike,  Greifswald  1823.  Bd.  II,  47  (Nachricht  von  Fecht- 
schulen in  Augsburg  von  1547  bei  Anlass  der  Gefangenschaft 
des  Kurfürsten  Joh.  Friedrich  von  Sachsen  während  des 
Reichstages  daselbst). 

FlexeTs  Beschreibung  des  Herrenschiessens  zu  Stuttgart 
vom  Jahre  1560  (veranstaltet  von  Herzog  Christoph  von 
Württemberg).  Hs.  Nr.  325  der  Heidelberger  Bibliothek, 
vgl.  Blatt  18  b. 

Ulrich  Erttell's  Beschreibung  des  Stuttgarter  Schiessens 
von  1560.     Cod.  582   der  Bibl.  zu  Gotha,   vgl.  Blatt   10  b. 

Benedict  Edlbeck's  Beschreibung  des  Schiessens  zu 
Zwickau  vom  August  1573  (gegeben  zu  Ehren  des  Kurfürsten 
August  von  Sachsen).  Dresden  1574  gedr.,  vgl.  Bl.  81b  — 86b 
und  107  b— 109  a. 

[Dazu  ist  auch  die  Schilderung  bei  G.  Frey  tag,  Neue 
Bilder  aus  dem  Leben  des  deutschen  Volkes,  1862.  pag. 
146  ff  zu  vergleichen.] 

Nicodemus  Frischlin's  Gedicht  über  die  Hochzeit 
des  Herzogs  Ludwig  von  Württemberg  mit  der  Markgräfin 
Dorothea  Ursula  von  Baden  in  Stuttgart  im  November  1575 
(in  lateinischen  Hexametern  verfasst).  Tübingen  1577  gedr. 
vgl.  Buch  7:  « Gladiatorium  seu  Gymnicum  certamen». 
pag.   157  ff. 

Dasselbe  ins  Deutsche  übertragen  und  stellenweise 
vermehrt  von  K.  Christ.  Beyer.  Tübingen  1578  gedr. 
vgl.  pag.  415 — 435. 

Hans  Ulrich  Krafft's  von  Ulm  Reisen  und  Gefangen- 
schaft (1616  verfasst),  herausgegeben  in  der  Bibl.  d.  Stuttg. 
Lit.  Vereins,  Bd.  61  (1861.  Tübingen),  vgl.  pag.  377 
(Fechtschule  in  Krakau  bei  Anlass  einer  Hochzeit  im  Jahre 
1583)  und  pag.  383 — 386  (Fechtschule  zu  Troppau  im  Jahre 
1583  bei  Gelegenheit  der  Hochzeitsfeier  des  Herzogs  Hans 
von  Liegnitz  und  Brieg). 

Dietrich  Graminäus:  «Fürstlicher  Güligscher  etc — 
Hochzeit  .     Colin  A°    1587    (enthält    die   Beschreibung   der 


—    79    — 

Fechtschule  vom  19.  Juni  1585  in  Düsseldorf  bei  Anlass 
der  Hochzeitsfestlichkeiten  für  Herzog  Johann  Wilhelm  von 
Jülich  und  die  badische  Markgräfin  Jacoba). 

Nicod.  Frischlin,  De  secundis  nuptijs  —  Lvdovici. 
Tübingen  1585,  vgl.  pag.  99/100.  «Gladiatorum  certamen  > 
(Beschreibung  der  Fechtschule  vom  Mai  1585  in  Stuttgart 
bei  Anlass  der  zweiten  Vermählung  Herzog  Ludwig's  von 
Württemberg  mit  der  Herzogin  Ursula  von  Bayern,  [in  lat. 
Hexametern  abgefasst].). 

Felix  Platter's  Lebensbeschreibung.  Hs.  A.  III.  3.  der 
Basler  Bibliothek.  (Darin  ein  Bericht  über  die  Fechtschule 
vom  12.  März  1596  zu  Stuttgart  bei  Gelegenheit  der  Taufe 
des  jungen  Herzogs  August  von  Württemberg  enthalten.) 
[Vgl.  auch  Dr.  Fechter,  Thomas  und  Felix  Platter, 
Basel  1840,  s.  208.] 

Wolf  gang  F  erb  er  's  Beschreibung  des  Schiessens  vom 
September  1614  in  Dresden.  Dresden  1615  gedr.  Vgl.  Bl. 
B.b.  4b  (Beschreibung  der  Fechtschule  vom  27.  Septem- 
ber 1614  daselbst,  bei  Anlass  einer  Prinzentaufe  durch 
Herzog  Johann  Georg  von  Sachsen  veranstaltet). 

3)  Einige  weitere  Zeugnisse  für  das  Fechterwesen  und 
seine  Beliebtheit  geben  noch  folgende  litterarische  Ver- 
wertungen desselben  ab,  die  ich  ihres  Umfanges  wegen  hier 
zur  Vervollständigung  meiner  Angaben  nur  kurz  anführen 
will  unter  Hinweis  auf  die  Beilagen  im  vierten  Abschnitte, 
wo  sie  in  unverkürzter  Wiedergabe  ihre  Stelle  finden  sollen. 
Dahin  gehören  zunächst  die  Nürnberger  Fechtschul- 
Reime  vom  Jahre  1579  (26.  April  bis  4.  Oktober),  die 
uns  in  der  Papierhandschrift  Nr.  1458  des  Nürnberger  Germ. 
Nat. -Museums  aus  dem  Jahre  1671  erhalten  sind  (gedruckt 
bei  Wassmannsdorff)  und  uns  einen  Vergleich  mit  den 
«fürwurf»  oder  «reizunge»  genannten  Herausforderungen 
der  Meistersinger  zum  Wettstreite  in  Liedern  nahe 
legen.  Sodann  ist  zu  erwähnen:  Hans  Sachsens  «Fecht- 
spruch,    Ankunfft    vnd    Freyheit     der     Kunst»,    ver- 


—     80     - 

fasst  am  25.  Juni  1545  in  Nürnberg  (vgl.  Ausgabe  von 
Götze  1570,  I.  Bl.  408d— 410b.  Ausgabe  von  L612,  I, 
824  ff.).  Ferner  der:  «Ehren  Tittel  vnd  Lobspruch 
«der  Ritterlichen  Freyen   Kunst   der   Fechter,    auch 

« ihrer  Ankunfft,  Freyheiten  vnd  Keyserlichen  Privilegien,  etc 

«gestellet  durch  Christoff  Rösener  Bürger  in  Dreszden,  vnd 
« durch  Keys.  May.  Freyheit,  Meister  des  Schwerts.  Anno  1 589  > . 
gedruckt  Dreszden  A°  1589  (in  der  Hofbibliothek  zu  Weimar 
befindlich).  Dieses  Gedicht  enthält,  wie  Wassmannsdorff 
(vgl.  den  Abdruck  in  seiner  Schrift  über  die  Fechtschulen, 
pag.  46  ff.)  gezeigt  hat,  ohne  seinen  Namen  zu  nennen, 
Hans  Sachsens  Fechtspruch  in  sich.  Ich  werde  beim  Ab- 
drucke der  beiden  ebenfalls  so  verfahren,  dass  ich  Röse- 
ner" s  Werk  als  Rahmen  betrachte  und  Sachsens  Fecht- 
spruch mit  den  ihm  zukommenden,  von  Rösener  natürlich 
weggelassenen  Eingangs-  und  Schlussversen  versehe  und 
dadurch  als  selbständiges  Mittelstück  des  Ganzen  und  Eigen- 
tum eines  andern  Verfassers  zu  bezeichnen  und  durch 
entsprechende  Zwischenräume  hervorzuheben  suche.  Weiter 
begegnen  wir  den  Fechtern  in  der  Litteratur  der  Zeit  ihrer 
weitesten  Verbreitung  und  ihres  besten  Ansehens  noch  bei 
Burkhard  Waldis  in  seinem  Esopus».  Er  hat  daselbst 
(vgl.  die  Ausgabe  von  H.  Kurz,  Leipzig  1862,  Bd.  II,  s.  176  7 1 
in  Das  vierdte  Buch  der  Fabeln  Esopi,  hat  Hundert  newer 
Fabeln»  unter  Nr.  LXXII  eine  gereimte  Fabel  «Von  zweien 
Fechtern»,  deren  Stoff  übrigens  (vgl.  die  Anmerkungen 
zu  B.  IV.  Nr.  72)  aus  Brant's  Bearbeitung  von  Stein- 
höwel's  Aesop-Lbertragung  129a  [von  zweyen  Fechtern] 
und  anderweitigen  Quellen  übernommen  worden  ist,  was 
immerhin  als  ein  Beweis  dafür  gehalten  werden  darf,  dass 
die  Einkleidung  der  Lehre  in  diese  Gestalt  damals  jedenfalls 
sehr  beliebt  und  zeitgemäss  war.  Dieselbe  Geschichte  findet 
sich  dann,  in  Prosa  wiedergegeben,  auch  bei  Johannes 
Pauli  in  seiner  Schwanksammlung  Schimpf  vnd  Ernst» 
(1519  verfasst),  wo  diese,  nebst  einer  anderen,  auch  von 
zwei    Fechtmeistern    handelnden,    unter    Nr.    CCCX1    und 


—    81     — 

CCGXII  (vgl.  die  Ausgabe  von  H.  Qsterley,  in  der  Bibl. 
des  Stutt.  Lit.  Vereins,  Bd.  85  [Stuttgart  1866],  pag.  198/9) 
zu  finden  ist.  Auch  auf  die  im  Volks  buche  vom 
gehörnten  Siegfried  (älteste  Ausgabe  von  1726,  vgl. 
Halle"sche  Neudrucke  Nr.  81/82,  pag.  88 — 93)  eingestreute 
Prosa-Episode  eines  komischen  Zweikampfes  zwischen 
den  beiden  Feiglingen  Jorcus  und  Zivelles  wäre 
noch  zu  verweisen;  auf  ihren  Abdruck  in  den  Beilagen 
glaubte  ich  aber  um  so  eher  verzichten  zu  dürfen,  als  sich 
diese  Stelle  einer  ziemlich  allgemeinen  Bekanntschaft  zu 
erfreuen  hat  und  auch  nicht  durch  besondere  nennenswerte 
Eigentümlichkeiten  der  Auffassung  oder  des  Sprachgebrauches 
ausgezeichnet  ist. 

Ehe  ich  diesen  Abschnitt  meiner  Abhandlung  be- 
schliessen  kann,  bleibt  mir  noch  übrig,  mit  ein  paar  Worten 
auf  das  bereits  in  der  Einleitung  angedeutete  Verhältnis 
einzugehen,  das  wir  zwischen  den  Fechtschulen  und  den 
Schwerttänzen  der  Handwerkergilden  an  den  verschiede- 
nen Orten  ihres  Vorkommens  anzusetzen  haben.  Es  scheint 
mir  eine  sichere  und  ausgemachte  Thatsache  zu  sein,  dass 
zwischen  beiden  Einrichtungen  und  Gebräuchen  sehr  nahe 
und  enge  Beziehungen  stattgefunden  haben,  für  die  wenig- 
stens teilweise  noch  jetzt  einige  Zeugnisse  vorliegen. 
Manche  Angaben  und  Umstände  deuten  auf  einen  solchen 
Zusammenhang  beider  hin,  und  nicht  zuletzt  wohl  die  That- 
sache, dass  wir  die  Schwerttänze  an  den  meisten  Orten 
von  der  Zunft  der  Kürschner,  der  Schwertfeger,  oder  der 
Messerschmiede  und  von  Angehörigen  solcher  Handwerke 
abgehalten  finden,  die  jeweilen  auch  in  den  verschiedenen 
Fechtschulen  am  stärksten  und  häufigsten  vertreten  sind. 
Oft  sehen  wir  beide  Schaustellungen,  Schwerttanz  und 
Fechtschule,  unmittelbar  oder  nur  in  kurzen  Zwischenräu- 
men aufeinanderfolgen,  und  bei  der  Darstellung  des  ersteren 
sind  manchmal  Vertreter  der  letzteren  als  Leiter  der  Auf- 
führung beteiligt.  So  könnte  man  unter  solchen  eine 
unzweifelhafte  Beziehung,   ja  fast   eine   gewisse  Verwandt- 

6 


—    82    — 

schaf't  beider  befürwortenden  Umständen  vielleicht  die  nicht 
allzu  kühne  Behauptung  aufstellen,  dass  die  Fechtschulen 
als  die  vermisste  und  fehlende  Übergangsstufe  zwischen 
den  frühesten  und  den  späteren  Überlieferungen  des  Schwert- 
tanzes, die  ja  mehrere  Jahrhunderte  auseinanderliegen, 
eingeschoben  werden  dürfen.  Und  so  Hesse  sich  jene  Lücke 
in  der  Entwicklung  dieser  Sitte  wenigstens  einigermassen 
schliessen,  auf  welche  bereits  Müllenhoff  in  seiner  ersten 
Abhandlung  über  den  Schwerttanz  (vgl.  Festgaben  für 
Homeyer,  Berlin  1871)  mit  Bedauern  hingewiesen  hat.  Die 
engere  Verbindung  zwischen  Fechtschule  und  Schwerttanz, 
auch  was  ihre  oft  fast  gleichzeitige  Abhaltung  anbetrifft, 
scheinen  mir  besonders  folgende  zwei  Angaben,  aus  Mit- 
teilungen über  den  Schwerttanz  in  der  Zeitschrift  «Alemannia», 
Bd.  14  und  Bd.  18  entnommen  zu  erweisen.  Zunächst  findet  sich 
in  «Alemannia»,  Bd.  14  (1886),  pag.  183  ff.  aus  der  Chronik 
des  Ulmer  Schusters  Sebastian  Fischer  (vgl.  Cod.  germ. 
Nr.  3C91  d.  Staatsbibl.  zu  München,  Blatt  398 ab)  folgende 
Stelle  über  einen  Schwerttanz  in  Ulm:  «In  disem  1551  jar 
«vff  den  vnsynigen  gutteintag,  was  der  9.  tag  hornung, 
«hielten die handwerks  gsellen  ain  schwertdantz  vff  offenem 

«markt  vor  der  burger  zech  etc.« «der  den  dantz 

«fiert  was  ein  nestler  gsell,  hiess  mit  sehn  namen  Lienhart 
«Kienly,  von  Dinkelspiel,  ain  mayster  des  schwerts 
«vnd  der  ander  der  jm  halff  den  dantz  fieren,  wras    ain 

«schreinergsell,  auch  ain  fechtmayster  » , «da  stond 

«der  fechtmayster  Lienhart  Kienly  vff  die  sclrwerter 
«hinauff  vnd  schlug  das  bariss  (wohl  ein  Paradehieb 
aus  der  Fechtschulenpraxis,  der  so  genannt  wurde),  wie 
«dan    die    fechtmayster    allweg    vff    der    fechtschul 

«schlahen», «vnd    am   weyssen  suntag   hielt   der 

«nestler  Lienhart  Kienly  fechtschul,  alda  hielten  sy 
«auch  den  schwertdantz,  vnd  den  rayffdantz  vff  dem 
«schuchhauss  (Verkaufshalle  für  die  Schuhmacher  und  Ver- 
gnügungslokal wegen  des  grossen  Saales  darin),  das  was 
«der  letst  dantz,  hiemit  war  das  dantzen  auss,  etc.».     Das 


—    83    — 

darf  wohl  als  unbestreitbarer  Beleg  für  einen  nahen,  durch 
äussere  Formen  wie  durch  eine  innere  Gemeinsamkeit,  etwa 
der  kriegerischen  Auffassung  als  Waffenspiel,  begründeten 
Zusammenhang  zwischen  beiden  Gebräuchen  angesehen 
werden.  Eine  ganz  ähnliche  Verbindung  von  Schwerttanz 
und  Fechtschule  ergibt  sich  aus  einer  Nachricht  über  den 
im  Jahre  1600  in  Nürnberg  abgehaltenen  Schwerttanz  der 
Messerschmiede,  worüber  «Alemannia»,  Bd.  18  (1890), 
pag.  82/83  zu  vergleichen  ist.  Es  heisst  dort  nach  den 
betreffenden  Schilderungen  über  diese  Aufführung,  wie  sie 
in  verschiedenen  Chroniken  Nürnbergs  vorliegen:  «Zur 
«Erläuterung  sei  noch  bemerkt,  dass  der  seit  1570  in  Nürn- 
«berg  nicht  gesehene  Schwerttanz  der  Messerschmiede 
«am  Sonntag  den  13.  Februar  1600  vor  Joachim 
<  Nützel's  Haus  bei  St.  Lorenz  begonnen  wurde».  Sodann 
«weiter:  «Am  Montag  ward  vor  dem  Bathause  eine 
«F  echt  schule  gehalten,  am  Dienstag  und  Mittwoch  aber 
«ein  gemeiner  Tanz  im  Hause  des  Paul  Pülzl  am  Bossmarkte, 
«an  dem  ausser  vielen  Frauen  und  Jungfrauen  auch  zwei 
«mit  goldenen  Ketten  geschmückte  Kronbräute  teilnahmen». 
Dieser  Abschluss  der  Schwerttanzaufführung  durch  ein  ge- 
wöhnliches Tanzvergnügen  ist  auch  als  eine  Sitte  beim 
Uberlinger  Schwerttanze  überliefert,  nur  dass  dort  der  Tanz 
ebenfalls  im  Freien,  auf  der  Strasse  stattfindet.  Vgl.  dazu 
«Alemannia»,  Bd.  14  (1886),  pag.  249.  So  haben  wir  in 
der  erwähnten  Nürnberger  SchwerttanzauftÜhrung  die  Fecht- 
schule gleichsam  als  ein  von  den  beiden  übrigen  Festacten, 
dem  vorausgehenden  Waffentanz  und  dem  nachfolgenden 
Tanzreigen,  eingerahmtes  Mittel-  und  Hauptstück  zu  be- 
trachten. Vielleicht  ist  es  auch  kein  blosser  Zufall,  dass 
wir  aus  etlichen  Jahren,  in  welchen  in  Nürnberg  keine 
Fechtschulen  stattgefunden  haben,  oder  wo  uns  wenigstens 
die  Überlieferung  von  solchen  fehlt  und  dieser  Mangel  zu 
einer  derartigen  Annahme  veranlasst,  doch  von  der  Ab- 
haltung  von  Schwerttänzen  daselbst  wissen  und  umgekehrt, 
gleichsam,    als    ob    das    eine    Schauspiel   zum    Ersätze   des 

6* 


—    84    — 

andern  bewilligt  und  abgehalten  worden  wäre.  Man  ver- 
gleiche dazu  die  oben  gegebene  Tabelle  über  die  Fecht- 
schulen, wo  für  Nürnberg  mehrmals  die  Lücken  in  der 
Überlieferung  derselben  durch  Angaben  von  Daten  für  die 
Schwerttänze  ausgefüllt  erscheinen.  Übrigens  hat  bereits 
0.  Wittstoek  in  seinem  Aufsatze  «über  den  Schwerttanz 
der  Siebenbürger  Sachsen-  (in  den  Philologischen  Studien, 
Festschrift  für  E.  Sievers,  Halle  1896,  pag.  352 ff.)  auf  die 
Möglichkeit  solcher  Zusammenhänge  zwischen  Fechtschule 
und  Schwerttanz  hingewiesen  und  die  Berechtigung  einer 
solchen  Vermutung  ebenfalls  durch  Anführung  einer  Stelle 
zu  erhärten  gesucht ,  die  allerdings  seine  Annahme , 
es  sei  bei  diesen  Aufführungen  zwischen  der  eigent- 
lichen Fechtübung  und  dem  besonderen  Tanzreigen 
innerhalb  des  Waffentanzes  eine  gewisse  Scheidung 
beobachtet  worden,  als  recht  wahrscheinlich  hinstellt. 
Wittstock  bemerkt  zunächst  (a.  a.  0.  pag.  357)  ganz 
allgemein:  «Man  darf  wohl  die  Vermutung  aussprechen, 
«dass  die  heutige  Form  unseres  Schwerttanzes  auf 
«diese  im  14.  und  15.  Jahrhundert  üblichen  Fecht- 
« Übungen  der  Bürger  zurückgeht,  an  denen  gerade 
«den  Kürschnern  vermöge  ihrer  numerischen  und  sonstigen 
«Bedeutung  kein  geringer  Anteil  zufallen  mochte.  Wäre 
«mir  die  betreffende  Litteratur  zugänglich,  so  würden  sich 
«vielleicht  in  unserer  Anweisung,  wie  der  Schwert- 
«tanz  getanzt  werden  soll,  noch  Reste  jener  Kunst- 
«ausdrücke  nachweisen  lassen,  wie  sie  die  Fecht- 
«bücher  des  15.  Jahrhunderts  enthalten».  Das  ist 
ein  Gedanke,  dem  ich,  gestützt  auf  eigene  Beobachtungen, 
nur  meine  lebhafte  Zustimmung  geben  kann,  ohne  jedoch 
leider  hier  schon  für  diese  als  vorläufig  geäusserten  An- 
nahmen einen  endgültigen,  einleuchtenden  Nachweis  beibringen 
zu  können.  An  die  obige  Äusserung  schliesst  Witt  stock 
sodann  noch  folgende  Anmerkung  an:  «Selbst  die  Hermann- 
«stadter  Beschreibung  des  Tanzes  scheint  ausdrücklich 
zwischen    Fechtübung    und  dem    Beigen    zu   scheiden, 


—    85    — 

«denn  in  Punkt  19  bemerkt  sie,  dass  dann  eist  der  Fest- 
«tanz  beginne-.  Dieser  Hinweis  bezieht  sich  auf  eine 
(a.  a.  0.  pag.  355  wiedergegebene)  kurze  Anweisung  über 
den  Sehwerttanz,  die  der  Zunftlade  der  früheren  Kürsehner- 
zunft zu  Hermannstadt  entnommen  und  jedenfalls  ziemlich 
älter  als  die  vorliegende  Abschrift  ist:  dieselbe  enthält 
unter  Nr.  19  folgende  Vorschrift:  «Stellen  sich  zwei  zu 
<  zwei  in  zwei  linien  mit  dem  Schwerte  in  der  seite  und 
«auf  den  3ten  takt  werden  die  Schwerter  zusammen- 
«geschlagen  und  der  festtanz  wird  begonnen».  Das 
scheint  allerdings  darauf  hinzudeuten,  dass  die  übrigen, 
vorher  erwähnten  18  Punkte  des  Tanzes  mit  den  betreffenden 
Figuren  mehr  als  eine  Art  von  «Fechtübung »  und  noch  nicht 
als  Bestandteile  des  eigentlichen  «Festtanzes  >,  der  dann 
wohl  den  Abschluss  des  Schwerttanzes  zu  bilden  hatte, 
betrachtet  wurden,  doch  liesse  sich  Genaueres  über  diese 
Unterscheidung  wohl  nur  schwer  sagen  und  für  unsichere 
Vermutungen  ist  hier  nicht  der  Ort.  Dagegen  ist  mir  un- 
verständlich geblieben,  auf  welche  Weise  Wittstock  seine 
Ansicht  über  den  in  Frage  stehenden  Zusammenhang  der 
beiden  Bräuche  durch  die  Teilnehmerzahl  der  Schwerttänze 
noch  kräftiger  stützen  und  begründen  will.  Er  sagt  (a.  a.  0. 
pag.  358)  nämlich:  «Meine  Annahme,  dass  unser  Schwert- 
« tanz. in  seiner  heutigen  Form  auf  die  Fechtübungen  des 
«Mittelalters  zurückgehe,  wird  auch  noch  durch  die  Zahl 
«der  Tänzer  gestützt.»  Wittstock  erwähnt  dann,  dass 
die  Zahl  der  Teilnehmer  nach  den  Überlieferungen  zwischen 
10  und  15  schwanke,  und  zieht  daraus  den  Schluss,  dass 
die  Gruppe  der  Schwerttänzer  ursprünglich  aus  den  10  Tänzern, 
dem  Vortänzer  und  einem  oder  zwei  Harlekins  bestanden 
zu  haben  scheine,  um  dann  gestützt  darauf  einen  Zusammen- 
hang mit  der  «Zehnschaft»,  die  als  ein  Bruchteil  der 
germanischen  Hundertschaft  «die  taktisch-administrative 
Einheit  des  Mittelalters  bildet,  herstellen  zu  können.  Da 
scheint  mir  nun  mit  Rücksicht  auf  die  bei  Schwerttänzen  aus 
anderen  Gegenden  sonst  noch  überlieferten  Teilnehmerzahlen, 


—    86    — 

wie  24,  70,  180  etc.,  die  obige  Annahme  einer  ursprüng- 
lichen «Zehnschaft  doch  auf  Widerstand  zu  stossen. 
Ausserdem  vermag  ich  zwar  wohl  einzusehen,  was  das 
Princip  der  «Zehnschaft»  etwa  mit  der  Heeresorganisation 
im  Allgemeinen,  aber  keineswegs,  was  es  mit  den  kriegeri- 
schen Fechtübungen  im  Besonderen  oder  etwa  gar  mit  den 
eigentlichen  Fechtschulen  der  Handwerkerzünfte,  aus  welchen 
die  Schwerttänzer  sich  doch  ausschliesslich  remitierten  und 
für  deren  Fechtschulen  doch  allein  die  gesuchte  Beziehung  in 
Frage  kommt,  zu  thun  haben  sollte.  Jedenfalls  scheint  mir  auch 
in  dieser  Frage  das  letzte  Wort  vorerst  noch  nicht  gesprochen 
und  noch  gar  manche  neue  Erfahrung  und  Erkenntnis  einer 
späteren  Forschung  über  diesen  Gegenstand  vorbehalten  zu  sein. 


II.  Teil. 

Die  Spielleute  und  das  fahrende  Volk. 

Wenn  wir  uns  nunmehr  als  Übergang  zum  dritten, 
vergleichenden  Teile  dieser  Untersuchung  auch  noch  kurz 
mit  der  bunten  Mannigfaltigkeit  des  Spielmannslebens  zu 
befassen  haben,  so  mag  gleich  von  vorneherein  darauf  hin- 
gewiesen werden,  dass  es  sich  hier  nur  um  einen  gedrängten 
Überblick  über  die  geschichtliche  Entwicklung  desselben  und  das 
Leben  und  Treiben  seiner  Angehörigen  handeln  kann.  Ich  darf 
mich  bei  den  Spielleuten  und  Fahrenden  um  so  eher  kürzer 
fassen,  als  ja  schon  eine  recht  beträchtliche  Litteratur  vor- 
liegt, welche  sowohl  diese  Verhältnisse  im  allgemeinen  als 
auch  die  besonderen,  zu  einer  eingehenderen  Betrachtung 
geeigneten  Einzelfragen  dieses  Gebietes  in  ausführlichen 
Erörterungen  behandelt  hat,  und  da  ich  also  jeweils  für 
das  Nähere  nur  auf  die  betreffenden  Schriften  hinweisen 
kann,  um  mich  einer  allzugrossen  Abschweifung  auf  allerhand 
Nachbargebiete  und  den  sich  daraus  ergebenden  Gefahren 
möglichst  zu  entziehen.  Freilich  werden  sich  uns  im  Verlaufe 
unserer  Beschäftigung  mit  diesem  Gegenstande  noch  oft  genug 


—    87    — 

Gelegenheiten  darbieten,  wo  sich  eine  weitergehende  Be- 
handlung der  gestreiften  Fragen  fast  aufdrängen  würde, 
und  wo  ich  mich  hier  leider  nur  mit  einem  kurzen  Ausblick 
und  einer  mageren  Andeutung  begnügen  muss. 

Der  Begriff  des  Spielmanns  hatte  in  früheren  Zeiten, 
wie  uns  zahlreiche  Stellen  in  Glossensammlungen  und 
Wörterbüchern  und  die  verschiedenartige  Verwendung  des- 
selben in  den  litterarischen  Denkmälern  zeigen,  einen  weit 
umfassenderen  Umfang  und  eine  viel  allgemeinere  Bedeutung 
als  heutzutage.  Man  verstand  darunter  die  eigentlichen 
Spielleute,  zunächst  die  Geiger,  Fiedler,  Harfen- 
schläger, Pfeiffer,  Pauker,  Trommelschläger,  Trom- 
peter und  Posaunenbläser,  später  die  Musikanten 
überhaupt,  die  Stadtpfeiffer,  Heerpauker  und  Turm- 
bläser, die  kriegerischen  Musik truppen  und  Herolde 
bei  Hofe,  beim  Heere  und  bei  grossen  festlichen  Auf- 
zügen, wie  die  friedlichen,  kleinen  Gruppen  von  Instru- 
mentisten,  die  ihre  Kunst  in  den  Dienst  der  Tanz- 
musik, der  Hochzeiten,  Taufen,  Messen  und  Kirchgänge, 
öffentlicher  Schaustellungen  und  volkstümlicher  Belustigungen, 
ja  sogar  der  strengen  Justiz,  etwa  bei  Strafumzügen  etc. 
stellten.  Zu  ihnen  rechnete  man  aber  weiter  die  ganze 
buntscheckige  und  ewig  ruhelose,  leichtlebige  Schar  aller 
derjenigen,  die  man  mit  dem  stehenden  Ausdrucke  «varende» 
oder  «gern  de  diet»  bezeichnete,  sie  also  entweder  nach  ihrem 
unstäten  Wanderleben  oder  nach  ihrem  lohnheischenden  Ge- 
werbe characterisierend.  So  fiel  unter  diesen  vielumfassenden 
Sammelnamen  alles,  was  wir  jetzt  meistens  mit  genaueren 
Angaben  ihrer  speciellen  Künste  oder  Beschäftigungsarten  als 
Gaukler,  Taschenspieler,  Seiltänzer,  Kunstreiter, 
Tierbändiger,  Klopffechter,  Bärenführer,  Possen- 
reisser,  Ringkämpfer,  Athleten,  Akrobaten,  Jong- 
leure, Zauberer,  Marktschreier,  Bänkelsänger,  Sa ck- 
pfeiffer,  Drehorgelspieler,  Wunderdoctoren  und  wie 
sie  sonst  noch  alle  heissen,  benennen.  Andererseits  gehörten 
aber  auch  die  fahrenden  Sänger  und  Dichter,  die  Lotter- 


—    88    — 

pfaffen,  die  vagabundierenden  Schüler,  Studenten 
und  Geistlichen,  die  herumziehenden  Fechtmei- 
ster und  Kriegsknechte,  die  Spruchsprecher  und 
Pritschenmeister,  die  Krämer  und  Quacksalber, 
die  Raritätenhändler  und  Jahrmarktsfeilscher,  die 
Hausierer  und  Wahrsager,  die  gewerbsmässigen 
Falschspieler,  Gauner  und  Betrüger,  die  bettelnden 
Handwerksburschen  und  Landstreicher,  die  Zigeu- 
ner, Polakken,  Korb- und  Kesselflicker,  Mausfallen- 
händler und  Scherenschleiffer  der  späteren  Zeiten, 
früher  schon  auch  die  wandernden  Komödi- 
anten und  Schauspielergesellschaften  zu 
dieser  Klasse  der  'Fahrenden.'  Kurz,  man  darf  alles,  was 
sich  auf  möglichst  leichten  Erwerb  ausgehend  in  der 
weiten  Welt  herumtrieb,  zu  jener  grossen  Gruppe  der 
fahrenden  Leute  rechnen,  die  mit  den  Spielleuten  wiederum 
nahe  verwandt  war  und  in  den  engsten  und  vertrautesten 
Beziehungen  stand,  so  class  die  Geschichte  ihrer  Entwick- 
lung und  Schicksale  für  beide  Teile  eine  so  gemeinsame 
genannt  werden  muss,  dass  sie  von  Rechtswegen  kaum  als 
eine  getrennte  behandelt  werden  darf.  Wie  die  Kämpen 
und  Fechtmeister,  so  haben  auch  die  Spielleute  und  die 
mit  ihnen  oft  gemeinsame  Sache  machenden  fahrenden 
Sänger  und  Dichter  von  der  Zeit  ihres  frühesten  Auftretens 
bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  die  verschiedensten  Phasen 
der  Entwicklung,  die  wechselvollsten  Stellungen  und  Wert- 
schätzungen im  socialen  Leben,  die  mannigfaltigsten  Ein- 
flüsse auf  Sitten  und  Gebräuche  der  verschiedenen  Gesell- 
schafts- und  Volkskreise  aufzuweisen.  Zunächst  stehen  sie 
als  wertvolle  Träger  und  Hüter  der  schönen  Künste  an  den 
Höfen  der  Könige,  Fürsten  und  Ritter  in  höchstem  Ansehen, 
ja  sie  gelten  als  verehrte  Erzieher  und  Lehrmeister  der 
ritterliehen  .lugend.  Ihre  Herren  und  Beschützer  lassen  sich 
selbst  bei  der  Ausübung  ihrer  hohen  Kunst  mit  ihnen  in 
einen  Wettstreit  ein  und  sind  stolz  darauf,  es  ihnen  gleich- 
thun  zu  können  oder  sie  gar  noch  zu    übertreffen.     Solche 


—    89     - 

Verhältnisse  finden  wir  z.  B.  noch  in  dem  lateinischen  Roman 
von  Ruodlieb  und  im  Gudrunliede.  Andächtig  lauschen  die 
Helden  und  das  Hofgesinde  den  Weisen  der  Sänger  und 
den  Klängen  der  Kampfmusik  und  der  Streitlieder,  wie  sie 
die  Spielleute,  vereint  mit  den  Dichtern  der  Heldenweisen, 
zum  Vortrage  bringen,  und  die  gepriesenen  Ruhmesthaten 
der  Vorfahren  erwecken  Mut  und  Begeisterung  bei  den 
Nachkommen,  wie  uns  das  in  dem  angelsächsischen  Helden- 
gedichte von  Beowulf  und  in  der  häufig  angeführten  Stelle 
aus  dem  Gesandtschaftsberichte  des  Priscus  vom  Hofe  König 
Attila's  überliefert  ist.  Den  Höhepunkt  dieser  Wertschätzung 
bildet  die  Blütezeit  des  deutschen  Rittertums  mit  seiner 
Pflege  der  Minnedichtung,  des  Frauendienstes,  des  Turnier- 
wesens und  der  prächtigen  Hoffeste  und  Aufzüge.  Bald 
aber  stellen  sich  bei  diesen  übergünstigen  Verhältnissen 
und  der  verlockenden  Aussicht  auf  leichten  und  reichen 
Gewinn  im  Dienste  der  vornehmen  Fürsten  und  Herren  an 
den  Höfen  auch  schon  die  minderwertigen  unkünstlerischen 
und  schmarotzenden  Elemente  ein,  die  mit  unwürdigem  Lob 
und  frechem  Tadel  sich  Gunst  zu  erwerben  trachten  und 
durch  die  grosse  Anzahl,  durch  ihr  rücksichtsloses  Auftreten 
und  die  beständigen,  von  Brotneid  hervorgerufenen  Streitig- 
keiten unter  einander  zu  einer  wahren  Plage  ihrer  Gönner 
werden.  So  sahen  sich  denn  die  geistlichen  und  weltlichen 
Herren,  in  ersterer  Linie  aber  natürlich  die  Vertreter  der 
kirchlichen  Zucht  und  Ordnung  bald  genug  veranlasst,  dieses 
Gesindel  von  ihren  Festen  wegzuweisen  und  mit  den 
schärfsten  Strafen  und  strengsten  Massregeln  zu  bedrohen. 
Die  nächste  Folge  dieser  Bedrohung  mit  Kirchenstrafen  und 
des  Ausschlusses  von  den  Festen  der  vornehmeren  Höfe 
—  von  der  rechtlichen  Stellung  werde  ich  im  dritten 
Teile  noch  eingehender  zu  handeln  haben  —  war  nun  der 
Zusammenschluss  der  Spielleute  und  Fahrenden  unter  sich. 
So  entstanden  die  verschiedenen  Pfeifferbrüderschaften 
mit  sogenannten  Königen  oder  Spielgrafen  an  der  Spitze, 
die  Sängerbrüderschaften  und  alle  derartigen  Einrichtun- 


—    90    — 

gen,  die  aus  jenen  Zeiten  überliefert  sind  und  für  deren  nähere 
Betrachtang  ich  auf  die  betreffenden  Einzelabhandlungen, 
welche  im  Anhang  aufgeführt  werden  sollen,  verweisen 
rauss.  Diese  Verbindungen  von  Gewerbsgenossen  stellten 
sich  dann  auch  noch  besonders  unter  den  Schutz  gewisser 
hoher  weltlicher  Fürsten  und  anderer  Herren,  oder  traten 
nunmehr  in  der  Form  von  Brüderschaften  wieder  direct 
mit  der  Kirche  in  Beziehung,  um  unter  gewissen  Bedingungen 
von  dieser  die  Heilsgnade  wieder  zu  erlangen  oder  sichergestellt 
zu  erhalten,  die  sie  als  einzelne  ausgestossene  Kinder  der 
Sünde  verloren  hatten  oder  doch  zu  verlieren  befürchteten. 
Mit  dem  Ableben  des  Rittertums  und  dem  Verfalle  höfischer 
Sitten,  mit  dem  zunehmenden  Aufschwung  des  Bürgertums, 
dem  Erblühen  der  deutschen  Reichs-  and  Handelsstädte,  des 
zünftigen  Handwerker-  und  Gewerbewesens  gingen  auch  die 
künstlerischen  Betätigungen  und  Unterhaltungen  des  früheren 
Ritterstandes  in  bürgerliche  Hände  und  volkstümliche  Formen 
über.  Das  Heerwesen  wurde  nunmehr  von  den  Stadtbehörden 
geleitet  und  organisiert  und  die  Städte  hatten  ihre  eigenen 
Truppen  und  für  diese  auch  ihre  eigenen  Spielleute,  die  sie 
im  Ernstfalle  wie  bei  festlichen  Anlässen,  in  die  Stadtfarben 
gekleidet,  jenen  beigesellten.  Es  sind  die  Zeiten  der  Stadt- 
pfeiffer und  Turmbläser,  der  Heerpauker  und  Heer- 
trompeter. Und  wie  das  Kriegs-  und  Waffenwesen  allmälig 
auch  von  den  bürgerlichen  Ständen  und  besonders  den  zünftigen 
Handwerkern  von  den  Rittern  abgesehen,  übernommen  und 
weitergepilegt  wurde,  so  gingen  auch  die  friedlicheren 
Künste  mit  der  Zeit  ganz  an  diese  Stände  über.  Nach  dem 
Verblühen  der  höfischen  Poesie,  des  Minnesanges  und  der 
Ritterdichtung  überhaupt,  wurden,  was  an  spärlichen  und 
bereits  stark  entarteten  Resten  noch  zu  retten  war,  diese 
letzten  Überbleibsel  einer  einst  kräftigen  und  ursprünglich 
frei  und  leicht  hinfliessenden  Dichtung  von  der  philisterhaft- 
trockenen  und  durch  Formen-  und  Regelzwang  eingeengten 
und  verknöcherten  Kunst  der  bürgerlichen  Meistersinger- 
schulen,   oft    in    gänzlich    entstellter    Fassung    und    fremd- 


—    91     — 

artigem,  unpassendem  Gewände  der  Nachwelt  überliefert. 
All  das  lustige  und  leichtlebige  Gesindel,  das  sich  in  früheren 
Zeiten  an  den  Höfen  der  weltlichen  und  geistlichen  Fürsten, 
ja  selbst  in  den  Vorhöfen  mancher  Klöster  teils  gern  gesehen 
und  reichlich  bewirtet  und  belohnt,  teils  verachtet  und 
höchstens  geduldet,  oder  gar  heftig  abgewiesen,  herumgetrieben 
hatte,  zog  sich  jetzt  in  grossen  Massen  in  die  sicheren 
Städte  hinein,  wo  sich  ihm  bei  den  vielen  Messen,  Märkten, 
Schiessen  und  sonstigen  Volksbelustigungen,  wie  bei  den 
grossen  Festlichkeiten  bei  Besuchen  gekrönter  Häupter,  bei 
Hochzeiten.  Tauffeierlichkeiten,  Reichstagen,  Kirchenfesten, 
Processionen,  Schauspielaufführungen  u.  s.  w.,  die  daselbst 
stattfanden,  oft  nur  allzu  leicht  und  allzu  häufig  Gelegen- 
heit bot,  seine  verschiedenen  Künste  zur  Verfügung  zu 
stellen  und  seine  manchmal  recht  einträglichen  Dienste  den 
freigebigen  und  kunstliebenden  Behörden  oder  dem  neugierigen 
und  schaulustigen  Publicum  anzubieten.  Zahlreiche  Sitten- 
mandate, Ratserlasse  und  Verfügungen  aus  den  verschiedensten 
Städten  und  Zeitpunkten  sind  uns  noch  erhalten,  die  be- 
weisen, wie  stark  oft  die  Zerstreuungslust  und  das  Be- 
dürfnis, mit  möglichst  viel  Prunk  und  äusserem  Glänze 
aufzutreten,  beim  niederen  Volke  sowohl  als  auch  bei  den 
höheren  Ständen  des  Bürgertums  war.  Und  nachdem  auch 
die  Blütezeit  des  Meistergesanges,  den  man  fast  in  den 
meisten  grösseren  und  kleineren  Städten,  aus  welchen  wir 
auch  Zeugnisse  für  das  Bestehen  von  Fechtschulen  oder 
für  die  Aufführungen  von  Schwerttänzen  haben,  und  zwar 
ebenfalls  um  die  gleiche  Zeit,  seit  der  Mitte  des  15.  Jahr- 
hunderts bis  hinauf  in  den  Anfang  des  19.,  nachweisen 
kann,  ihrem  Abschlüsse  nahe  gekommen  war  und  bereits 
deutliche  Spuren  des  beginnenden  Verfalles  zu  zeigen  begann, 
da  war  es  auch  sonst  mit  Musik  und  Dichtkunst  nach  alter 
Tradition  schon  überall  ziemlich  schlecht  bestellt.  Die 
«Musici  und  Instrumentisten»  schlössen  sich  den 
wandernden  Schauspielergesellschaften  an  und  standen  häufig 
im  Dienste   minderwertiger  Schaustellungen   und   schlechter 


—    92    — 

Künstlertruppen,  so  dass  sich  ihre  letzten  Überreste  und 
Ausläufer  heutzutage  noch  in  den  Sackpfeiffern  und  Dreh- 
orgelspielern unserer  Stadt- und  Landjahrmärkte  und  Kirch- 
weihen unschwer  wiedererkennen  lassen.  Und  nicht  viel 
besser  war  das  Schicksal  der  Sänger-  und  Dichterkunst,  die 
von  den  noch  leidlichen  Erzeugnissen  des  Meistergesanges 
zu  den  schalen  und  geringwertigen  Machwerken  der  Spruch- 
sprecher und  Pritschmeister  sich  erniedrigen  lassen 
musste  und  zu  Hanswurst-  und  Narrensprüchen  Verwendung 
fand,  bis  auch  diese  ihre  am  tiefsten  stehende  Erscheinungs- 
form, die  des  «Moritatengesanges  und  der  Bänkelsängerei», 
annahm,  mit  welchen,  in  Verbindung  mit  den  entsetzlichsten 
musikalischen  Genüssen ,  unsere  Ohren  jetzt  noch  in 
gewissen  Gegenden  und  bei  bestimmten  Gelegenheiten  be- 
leidigt werden.  So  wäre  man  denn  schliesslich  auch  mit 
der  früher  so  hoch  stehenden  und  fast  als  etwas  Heiliges 
verehrten  Kunst  des  Sängers  und  Dichters  im  Laufe  ihrer 
Entwicklung  in  rasch  absteigender  Linie  zu  einem  Tiefstande 
gelangt,  der  in  dem  «fechtenden»  Handwerksburschen  in 
ganz  ähnlicher  Weise  als  der  letzten  und  niedersten  Stufe 
des  edlen  und  stolzen  Kämpen-  und  Fechterwesens  erreicht 
worden  ist.  Dieses  nicht  zu  verkennende  Endergebnis  eines 
gewissen  deutlichen  Parallelismus  in  der  Entwicklungs- 
geschichte dieser  beiden,  scheinbar  so  verschiedenartigen 
und  so  wenig  Beziehungspunkte  aufweisenden  Stände  wird 
uns  im  dritten  Teile  meiner  Untersuchung  noch  näher  zu 
beschäftigen  haben,  woselbst  es  unter  bestimmten  Gesichts- 
punkten genauer  betrachtet,  und  ausführlicher  dargestellt 
und  mit  den  entsprechenden  Zeugnissen  belegt  werden  soll. 
Es  mag  an  dieser  Stelle  noch  auf  einige  Einzelfragen 
eingegangen  werden,  die  mir  von  Interesse  erscheinen,  deren 
weitere  Behandlung  und  endgültige  Lösung  hier  aber  noch  nicht 
versucht  werden  kann.  Zunächst  kommt  für  die  Anschauungen 
verschiedener  Zeiten  über  die  Spielleute  und  Fahrenden  und  den 
Wechsel  ihrer  socialen  Stellung  und  gesellschaftlichen  Wert- 
schätzung immer  wieder  jene  Frage  in  Betracht,   wie    das 


—    93    — 

«guot  umb  ere  nemen»  aufzufassen  sei,  die  mir  noch 
keineswegs  erledigt  zu  sein  scheint.  Bis  jetzt  sind  zwei 
einander  ziemlich  schroff  gegenüberstehende  Erklärungsarten 
vorhanden,  die,  wenn  man  genauer  zusieht,  beide  ihre  volle 
Berechtigung  haben  und  beide  ganz  wohl  nebeneinander 
bestehen  können,  ohne  sich  gegenseitig  auszuschliessen.  Sie 
sind  nur  aus  verschiedenen  Gesichtspunkten  hervorgegangen, 
die  nach  den  verschiedenen  Zeugnissen,  welche  sich  für 
beide  aufbringen  und  noch  reichlich  vermehren  lassen,  eben 
thatsächlich  schon  damals  bestanden  haben  und  eine  doppelte 
Auffassung  der  in  Frage  stehenden  Bedewendung  zuliessen. 
Wenn  Grimm  in  seiner  Abhandlung  über  Freidank  pag.  64 
diesen  Ausdruck  dahin  erklärt,  dass  mit  der  Annahme  von 
Geld  und  anderen  Geschenken  für  ihre  Leistungen  bei  dieser 
Klasse  von  Leuten  der  germanische  Ehrbegriff  durch  dieses 
«Sichzueigengeben»  und  Verzichtleisten  auf  die  freie 
Persönlichkeit  und  willkürliche  Äusserung  von  Lob  und  Tadel, 
in  den  Augen  der  Freien  und  Vornehmen  wie  der  Gesetz- 
geber, hinfällig  geworden  sei,  so  hat  er  dafür  zahlreiche 
Belege,  die  das  Recht  und  die  Richtigkeit  seiner  Auffassung 
erhärten  und  nicht  bestreiten  lassen.  Andererseits  hat  aber 
Haupt  in  den  Anmerkungen  zum  Erek  v.  2167  mit  eben- 
soviel Recht  und  ebenso  zahlreichen  und  unwiderlegbaren 
Beweisstellen  seine  Gegenansicht  äussern  können,  nach 
welcher  es  sich  nicht  um  den  «Ehrverlust»  dieses  Standes 
handeln  soll,  sondern  nur  darum,  dass  er  «für  gespen- 
deten Lohn»  durch  seine  Kunstleistungen  eben  seinen 
Spendern  «Lob  und  Ehre»  einträgt,  indem  er  deren  Frei- 
gebigkeit in  seinen  Liedern  überall  preist  und  der  weiten 
Welt  verkündet,  dafür  aber  auch  sich  durch  reichliche  Gaben 
von  diesen  entsprechend  entschädigen  lässt.  Im  Anschlüsse 
an  letztere  Erklärung  ist  dann  Burdach  in  seinem  Buche 
«Reimar  der  Alte  und  Walther  von  der  Vogel  weide»  (Leip- 
zig 1880),  pag.  132  noch  einen  Schritt  weiter  gegangen 
und  hat  darauf  hingewiesen,  dass  die  Spielleute  und  Sänger 
durch   das   ihren   Herren   gespendete    Lob   auch   für    sich 


—    94    — 

selber  den  Preis  der  Ehre  gewannen,  den  sie  mit  Stolz 
beanspruchen,  über  dem  sie  eifersüchtig  wachen  und  den 
sie  sich  heftig  streitig  machen.  So  haben  wir  schliesslich 
drei  verschiedene  Auffassungen  nebeneinander,  die  sich  alle 
durch  Stellen  aus  der  zeitgenössischen  Litteratur  belegen 
lassen  und  von  welchen  wohl  keine  weder  absolut  unrichtig  ist, 
noch  auch  die  einzige  Geltung  zu  beanspruchen  hat.  Freilich 
ist  bei  allen  diesen  Belegstücken  Eines  wohl  zu  beachten, 
dass  sie  nämlich  stets  eine  sehr  subjective  Färbung  zeigen, 
indem  sie  entweder  aus  den  Kreisen  der  Spielleute  und 
Sänger  selbst,  oder  doch  wenigstens  von  Gesinnungsgenossen 
derselben  herstammen,  oder  aber  Äusserungen  ihrer  Gegner 
und  Feinde  darstellen  und  darum  teils  durch  eifersüchtige 
Geringschätzung,  teils  durch  strengkirchliche  Verachtung  ent- 
stellt sind,  so  dass  man  die  aufrichtige  Anschauungsweise 
jener  Zeiten  nicht  mehr  immer  in  ihnen  vorfindet.  Aus 
ähnlichen  Gründen  zeigt  sich  wohl  auch  die  Behandlung 
dieser  Berufszweige  durch  das  weltliche  Recht  und  das 
Kirchengesetz  so  merkwürdig  verschieden  und  inconsequent. 
Es  scheinen  allerdings  bei  der  verschiedenen  Behandlung 
dieser  Leute  durch  Recht  und  Kirche  Scheidungen  derselben 
in  verschiedene  Kategorien,  höher- und  niedererstehende,  vorzu- 
liegen, die  eine  derartige  Unterscheidung  in  Bezug  auf  rechtliche 
und  sociale  Stellung  einigermassen  erklären  würden,  doch 
sind  dieselben  durchaus  nicht  durchgängig  gültig  und  Spuren 
davon  nur  sehr  spärlich  überliefert.  Ich  gebe  hier  eine 
solche  Stelle,  die  gleichsam  verschiedene  Rangstufen  unter 
den  fahrenden  Leuten  unterscheidet  und  auch  sonst  von 
nicht  geringem  Interesse  ist,  wieder,  dieselbe  dem  Buche 
über  Leben  und  Dichten  Walther's  von  der  Vogelweide 
(1882,  Bonn)  von  Wilmanns  entnehmend,  der  sie  daselbst 
pag.  296/ 7  nach  Huon  de  Bordeaux,  chanson  de  geste, 
publice  par  F.  Guessard  et  C.  Grandmaison,  Paris  1860, 
pag.  VI,  Anm.  citiert  hat.  Sie  entstammt  einer  «Summa  de 
penitentia»  des  13.  Jahrhunderts  und  lautet  wie  folgt:  «Cum 
«igitur  meretrices  et  histriones  veniunt  ad  confessionem, 


—    95    — 

«non  est  danda  eis  penitentia,  nisi  ex  toto  talia  officia 
«relinquant,  quare  aliter  salvari  non  possunt  ....  Sed 
«notandum  quod  tria  sunt  his  tri  onum  genera.  Quid  am 
«transformant  et  transfigurant  corpora  sua  per  turpes  saltus 
«vel  per  turpes  gestus,  vel  denudando  corpora  sua  turpiter, 
«vel  induendo  horribiles  larvas;  et  omnes  tales  dampnabiles 
«sunt  nisi  relinquant  officia  sua.  Sunt  eciam  alii  histriones 
«qui  nichil  operantur  sed  curiose  agunt,  non  habentes 
«certum  domicilium,  sed  circumeunt  curias  magnas 
«et  locuntur  opprobria  et  innominias  de  absentibus:  tales 
«et  dampnabiles  sunt,  quare  prohibet  apostolus  cum  talibus 
«cibum  sumere,  et  dicuntur  tales  scurre  sive  magi, 
«quare  ad  nichil  aliud  utiles  sunt  nisi  ad  devorandum  et 
«ad  maledicendum.  Est  tertium  genus  his  tri  onum, 
«qui  habent  instrumenta  musica  ad  delectandum 
«homines;     sed     talium    duo    sunt    genera:    quidam 

<  enim  frequentant  potaciones   publicas   et  lascivas    congre- 

<  gationes  ut  cantent  ibi  lascivas  cantilenas,  et  tales 
«dampnabiles  sunt,  sicut  alii  qui  movent  homines  ad  las- 
«civiam.  Sunt  autem  alii,  qui  dicuntur  joculatores  qui 
«cantant  gesta  principum  et  vitas  sanctorum, 
«et  faciunt  solacia  hominibus  in  egritudinibus  suis  vel 
«in  angustiis  suis,  et  non  faciunt  innumeras  turpitudines 
« sicut  faciunt  saltatores  et  saltatrices  et  alii 
«qui  1  u  d  u  n  t  in  ymaginibus  inhonestis,  et 
«faciunt  vicleri  quasi  quedam  fantasmata  per  incan- 
«tationes  vel  alio  modo.  Si  autem  non  faciunt  talia, 
«sed  cantant  gesta  principum  instrumentis  suis,   ut  faciant 

solatia  hominibus,  sicut  dictum  est,  bene  possunt  sustineri 
« tales,  sicut  ait  Alexander  papa.  Cum  quidam  joculator  quereret 

<  ab  eo,  utrum  posset  salvare  animam  suam  in  officio  suo, 
«quesivit  ab  eo  papa,  utrum  sciret  aliquid  aliud  opus  unde 
«posset  vivere.  Respondit,  quod  non.  Permisit  igitur  do- 
«minus  papa,  quod  ipse  viveret  de  officio  suo,  dummodo 
«abstineret  a  predictis  lascivis  turpitudinibus.  Notandum 
«est    quod    omnes    peccant     mortaliter     (|iii    danl 


—    96    — 

«  s c u r r i s  v e  1  lecatoribus  v e  1  predietis  histrio- 
«nibus  aliquid  de  suo.  Histrionibus  dare 
«nichil  aliud  est  quam  perdere  etc.  etc.»  (Ms.  de  la 
Bibl.  Imp.  Sorbonne  1552,  fol.  91,  r°,  col.  2.)  Ich  habe 
dieses  Zeugnis  hier  wiedergegeben,  weil  es  einen  guten  Beleg 
für  die  Vornahme  jener  Scheidungen,  so  hier  zwischen  den 
«histriones  und  scurrae»  einerseits  und  den  «jocula- 
tores»  andererseits,  bildet  zumal  es  auch  sonst  noch  einen 
trefflichen  Einblick  in  das  Wesen  der  Spielleute  jener  Zeit  und 
die  Art,  wie  dieses  von  der  Kirche  beurteilt  wTurde,  gewährt. 
Ich  weise  nunmehr  noch  auf  ein  mit  dem  eben  besproche- 
nen Punkte  in  engem  Zusammenhange  stehendes  Gebiet  hin, 
dasjenige  der  Spielleuteverbände,  Pfeifferbrüder- 
schaften, Sängergesellschaften  u.  s.  w.  Leider  muss 
auch  hier  betont  werden,  dass  zwar  an  vereinzelten  An- 
gaben über  solche  Einrichtungen  eine  ziemlich  beträchtliche 
Anzahl  vorliegt,  dass  es  aber  meistens  eben  nur  stark  ver- 
streute Einze'.mitteilungen  sind,  während  uns  weitere  Aus- 
führungen über  die  betreffenden  Institutionen,  vor  allem  ihre 
Statuten  und  Mitgliederverzeichnisse,  falls  solche  vorhanden 
waren,  in  den  meisten  Fällen  noch  ausstehen,  was  für  eine 
zusammenhängende  Gesamtbetrachtung  ein  recht  empfind- 
licher Mangel  ist.  Denn  für  eine  culturgesehiehtliche  und 
sprachwissenschaftliche  Erörterung  dieser  Verhältnisse  ist, 
solange  wir  nur  die  nackte  Thatsache  des  Bestehens 
solcher  Verbindungen  —  wie  etwa  der  Pfeifferbrüderschaft  im 
Elsass,  der  Bruderschaft  der  fahrenden  Leute  vom  heiligen 
Kreuze  in  Uznach  (vom  Jahre  1407,  vgl.  J.  von  Arx, 
St.  Gallen  II,  209  und  Osenbrüggen,  Bechtsgeschichtl. 
Stu dien  pag.  136),  des  zürcherischen  Pfeifferkönigreiches  (Ur- 
kunde von  1431),  das  auf  dem  Basler  Concil  in  eine  Brüder- 
schaft von  unserer  lieben  Frau  umgewandelt  wurde  (Ur- 
kunde von  1502,  vgl.  Osenbrüggen  a.  a.  0.  pag.  137/8 
und  .loh.  v.  Müller,  Der  Geschichte  Schweiz  Eidg.,  Buch  III,  1, 
pag.  161/2),  ferner  einer  in  Wien  (1282  oder  1288?)  ge- 
gründeten St.  Nicolai-Bruderschaft  der  fahrenden  Spielleute 


—    97    — 

(vgl.  Paul's  Grundriss  d.  gerin.  Phil.1,  Bd.  II  2,  pag.  317 
und  322),  der  confrerie  de  la  Sainte  Chandelle  d'Arras  (vgl. 
Strassburger  Studien,  Bd.  III,  163  und  Z.  f.  d.  A.,  31,  Anz. 
245/6),  der  in  Frankreich  bestehenden  confreries  du  Puy  u.  s.  w. 
—  kennen,  von  ihren  Gebräuchen  und  Einrichtungen  aber  so 
gut  wie  nichts  überliefert  erhalten,  nur  äusserst  wenig  ge- 
wonnen, so  dass  sich  vorerst  nur  die  blosse  Vermutung 
gewisser  entwicklungsgeschichtlicher  Zusammenhänge  und  Be- 
ziehungen auch  unter  diesen  gesellschaftlichen  Organisationen 
der  Spielleute  aussprechen  lässt.  Jedenfalls  hat  sich  mir  an  Hand 
der  vorgenommenen  Untersuchungen  manche  Einzelheit  erst 
in  ihrem  vollen  Werte  gezeigt  und  wurde  ich  dabei  zu 
der  Überzeugung  geführt,  dass  sich  auch  auf  diesen  Ge- 
bieten eine  eingehende  Detailforschung  noch  sehr  fruchtbar  und 
anregend  erweisen  kann.  Denn  dass  gerade  solche  Behand- 
lungen von  Einzelfragen  für  unsere  Zwecke  wertvolles  Be- 
weismaterial zuführen  können,  hat  mich  die  erfolgreiche 
Benützung  solcher  Arbeiten,  wie  Plate's  Aufsatz  über  die 
Kunstausdrücke  der  Meistersinger  in  den  Strassburger  Stu- 
dien, Bd.  III  (1888),  pag.  147—225,  Drescher's  Ausgabe 
der  Meistersinger-Protocolle  aus  Nürnberg  von  den  Jahren 
1575-1689  in  der  Bibl.  d.  Stuttg.  litt.  Vereins,  Bd.  213 
u.  214  (1897)  und  anderer  ähnlicher  gelehrt,  die  mir  wenig- 
stens einzelne,  nicht  unwichtige  Beiträge  und  Fingerzeige 
für  die  vorliegende  Untersuchung  liefern  konnten. 


III.  Teil. 
Der  zwischen  den  Fechtern  und  Kämpen  einerseits  und  den 
Spielleuten  und  Fahrenden  andererseits  bestehende,  ent- 
wicklungsgeschichtliche    Parallelismus    und    seine    ver- 
schiedenen   Ausdrucksformen    im    Rechtswesen  und  in 
socialen  Verhältnissen,  in  Litteratur  und  Sprache. 
Meine    Annahme,    dass    zwischen    den    Kämpen    und 
Spielleuten   bereits   in   der   früheren  Zeit,   wie   es   später 
zwischen  den  Fechtschulen  und  Meistersingerschulen 

7 


—    98     — 

ganz  offenbar  zu  Tage  tritt,  gewisse  gegenseitige  Bezieh- 
ungen und  culturgeschichtliche  Zusammenhänge  bestanden 
haben,  die  in  der  verschiedensten  Weise,  am  deutlichsten 
aber  in  Litteratur  und  Sprache  ihren  Ausdruck  fanden,  kann 
sicli  auf  verschiedene  Thatsachen  und  Zeugnisse  stützen, 
die  uns  teils  durch  geschichtliche  und  rechtliche  Denkmäler, 
teils  eben  durch  sprachliche  Ausdrücke  und  ihre  litterarische 
Verwendung  dargeboten  werden.  Vielfach  werden  die  beiden 
Berutsklassen  zusammen  genannt,  mit  gemeinschaftlichen 
Ausdrücken  bezeichnet  und  es  besteht  wohl  kein  Zweifel, 
dass  beide  im  Verlaufe  ihrer  geschichtlichen  Entwicklung 
nebeneinander  hergehend  gewisse  Tiefstände  und  Höhepunkte 
gemeinsam  aufzuweisen  haben,  wenn  sich  auch  dieser  Par- 
allelismus bis  jetzt  oft  nur  an  ganz  vereinzelten  Stellen 
seines  grossen  Verlaufes  noch  deutlich  nachweisen  lässt. 
Manche  kleine  Anhaltspunkte  weisen  aber  des  entschiedensten 
auf  derartige  Übereinstimmungen  zwischen  beiden  hin,  und 
diesen  etwas  genauer  nachzugehen,  um  die  Berechtigung 
der  geäusserten  Vermutung  zu  beweisen,  ist  nunmehr  meine 
Aufgabe. 

Ich  beginne  mit  der  Anführung  einiger  recht- 
licher Belege,  die  uns  von  der  gleichen  oder  wenigstens 
äusserst  ähnlichen  Behandlung  der  Kämpen  und  Spielleute 
durch  gesetzliche  Bestimmungen  den  Nachweis  erbringen 
sollen.  Die  «lex  Frisionum>  hat  einen  eigenen  Abschnitt 
«de  hominibus,  qui  sine  compositione  (ungestraft,  ohne  dass 
Wergeid  zu  leisten  wäre")  occidi  possunt»,  wo  es  5,  1.  gleich 
an  erster  Stelle  heisst:  «campionem  sine  compositione 
occidere  licet-,  wozu  auch  die  C.  C.  C.  Art.  150  zu 
vergleichen  ist.  Im  Sachsenspiegel  III,  45  lautet  die  Stelle 
über  die  Scheinbusse,  welche  diesen  zur  Rechtlosigkeit 
erniedrigten  Ständen  zu  Teil  wird,  folgendermassen:  «Papen- 
«kindere  unde  die  unecht  geboren  sin,  den  gift  man  to  böte 
«en  vuder  houwes  alse  twene  jarge  ossen  getien  mögen, 
«speiluden  unde  alle  den,  die  sik  to  egene  geven, 
«den  gift  man  to  böte  den  scaden  enes   mannes.   kempen 


—    99    — 

«unde  iren  kinderen  den  gift  man  to  böte  den  blik  von 
«eme  kampfscilde  jegen  die  simnen.  twene  besmen  nnde 
«en  schere  is  der  böte,  die  ire  recht  mit  düve  oder  mit 
«rove  oder  mit  anderen  dingen  verwerken».  Ähnlich  be- 
stimmt das  schwäbische  Landrecht  (305,  Schilt.  402, 
Senkenb.  255,  Wackern):  «Spillüten  und  allen  den, 
«die  gut  für  ere  nement  und  die  sich  ze  aigen  geben 
«hant,  den  gibt  man  ains  mannes  schaten  von  der  simnen, 
«daz  ist  also  gesprochen,  swer  in  iht  laides  tut,  daz  man 
«in  bezzern  sol,  der  sol  zu  ainer  wende  stan,  da  diu  sunne 
«an  schinet  und  sol  der  spilman  dar  gan  oder  der  sich  ze 
«aigen  ergeben  hat,  und  sol  den  schaten  an  der  wende 
«an  den  hals  slahen,  mit  der  räch  sol  im  gebezzert  sin». 
Noch  deutlicher  und  ausführlicher  ist  die  rechtliche  Stellung 
dieser  beiden  Stände  und  die  Kategorie  von  Verbrechern, 
zu  welchen  sie  gerechnet  werden,  bezeichnet  in  folgenden 
beiden  Stellen,  die  dem  Spiegel  deutscher  Leute  entnommen 
sind  (vgl.  K.  Wein  hold.  Mhd.  Lesebuch3  Wien,  1875. 
pag.  174).  Es  heisst  dort  I,  41:  «Kemphen  und  iriu 
«kint,  spilliute  und  alle  die  unelich  geborn  sint,  oder 
«die  diubheit  oder  roub  [den  rehten  sträzroup]  süenent  oder 
«widergebent  und  des  vor  gerihte  überwunden  sint,  oder 
«die  ir  lip  und  hüt  und  här  erlediget  habent,  die  sint  alle 
«rehtelos.  die  unelich  geborn  sint,  gewinnent  ir  reht,  ob 
«si  elichen  hirät  tuont:  si  erbent  aber  niht  kein  erbeguot». 
Dazu  ist  Sachsenspiegel  I,  38,  1  und  Schwabenspiegel  I,  38 
zu  vergleichen.  Ferner  heisst  es  I,  283:  «Spilliuten  und 
«allen  die  sich  ze  eigen  gebent,  den  git  man  ze  buoze 
«den  schaten  eines  mannes.  kemphen  und  ir  kinden. 
«den  git  man  ze  buoze  den  blick  von  einem  kampfschilt 
«gegen  der  simnen.  zwcn  besemen  und  ein  schaere  ist 
«der  reht,  die  ir  reht  mit  cliupheit  oder  roube  verwurkent 
«oder  mit  andern  dingen,  unehter  liute  buoze  git  harte 
«lützel  fromen  und  sint  doch  darumbe  gesät,  daz  der  buoze 
«des  richters  gewette  volge.  Ane  buoze  sint  unehte  liute; 
«doch  swer   so    ir   einen   wandet   oder   roubet   oder   toetet 


—    100    — 

«oder  unrehtiu  wip  nötzoget  und  den  fride  an  in  brichet, 
«man  sol  über  in  rihten  nach  frides  rehte».  Vergleicht 
man  die,  mit  der  aus  dem  Spiegel  deutscher  Leute  citierten 
Stelle  (I,  41)  gleichlautende  des  Sachsenspiegels  (Ed.  Ho- 
meyer)  I,  38,  1:  «Kempen  unde  ir  kindere,  spelüde, 
«unde  alle  die  unecht  geborn  sin  unde  die  diuve   oder  rof 

«sünet die  sint  alle  rechtlos»,  mit  einer  späteren 

Bestimmung  des  gleichen  Rechtsbuches  I,  50,  2,  welche  lautet: 
«AI  si  ok  en  man  speleman  oder  unecht  geboren  he  n'is 
«doch  dieves  noch  roveres  genot  nicht,  alse  man 
«kempen  up  ine  leden  möge»,  und  die  Glosse  zum  Worte 
«speleman»,  welche  dieses  erklärt  als:  datvornem  van 
«veddeleren  unde  eren  genot  en.  mer  wete  dat  gokelere 
«unde  toverere  ok  speilüde  heilen»,  so  wird  man  zu 
der  Vermutung  kommen,  dass  wie  die  geistlichen  Würden- 
träger in  ihren  Erlassen  gegen  das  fahrende  Volk  gewisse 
Unterschiede  gemacht  haben  zwischen  den  Vertretern  der 
verschiedenen  Künste  • —  ich  habe  im  zweiten  Abschnitt 
ein  Zeugnis  davon  angeführt,  worauf  ich  jetzt  verweisen 
kann  — ,  so  auch  die  Rechtsbücher  in  der  Schärfe  ihrer 
Bestimmungen  einen  verschiedenen  Grad  aufweisen,  je 
nachdem  es  sich  innerhalb  der  grösseren  Kategorie  der 
«rehtlosen  liute»  um  die  «eigentlichen  Spielleute  und 
Musikanten»  oder  um  die  geringer  geachteten  «Gaukler  und 
Zauberer»  handelt.  Jedenfalls  darf  man  annehmen,  dass 
die  Spielleute  im  eigentlichsten  Sinne  des  Wortes  von  der 
ganzen  grossen  Gesellschaft  weitaus  die  geachtetsten  waren 
und  sowohl  in  rechtlicher  Beziehung  wie,  was  ihre  sociale 
Stellung  anbetrifft,  eine  bessere  Lage  aufweisen  als  die  meisten 
anderen  ihrer  Berufs-  und  Standesgenossen,  weil  eben  ihre 
Thätigkeit  doch  einigermassen  als  Kunst  betrachtet  und 
geschätzt  wurde.  Es  gibt  sogar  eine  alte  Rechtsbestim- 
mung, die  gerade  den  Harfenspieler  gegenüber  dem 
gewöhnlichen  Menschen  gegen  Verletzungen  besonders  in 
Schutz  nimmt,  um  ihn  in  der  Ausübung  seines  Ge- 
werbes    weil     mehr    als     andere    zu    sichern.       Dieselbe 


—    101    — 

findet  sich  in  W  a  1 1  h  e  r '  s  Corpus  juris  germanici 
antiqui  I,  1.  pag.  377  f.  (lex  Anglorum  et  Veri- 
norum,  hoc  est  Thuringorum  tit.  5.  art.  20)  und  lautet: 
«Qui  harpatorem  qui  cum  circulo  harpare  potest  in 
«manum  percusserit,  componat  illum  quarta  parte  majori 
«compositione,  quam  alteri  ejusdem  conditionis 
homini»;  ein  solcher  Spielmann  war  also  gleichsam  vier- 
mal höher  gewertet  als  ein  gemeiner  «künsteloser»  Mann, 
was  als  das  gerade  Gegenteil  der  sonst  üblichen  Anschau- 
ungen erscheint,  allerdings  auch  noch  in  eine  viel  frühere 
Zeit  fällt  als  die  späteren  Bestimmungen  widersprechender 
Art,  Ähnliche  Spott-  und  Scheinbussen  für  die  Spielleute 
und  Fahrenden  verwandter  Art,  wie  sie  die  oben  ange- 
führten Stellen  vorschreiben,  zeigen  auch  noch  einige  ältere 
Stadtrechte,  deren  Bestimmungen  ich  der  Abhandlung  G.  Zap- 
pert's  «Über  das  Fragment  eines  Liber  dativus»,  [Sitzungs- 
berichte der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften,  phil.-hist. 
Classe  Bd.  XIII.  (1854.  Wien)],  wo  er  pag.  150 — 161  über 
die  Joculatoren  handelt,  entnehme.  Im  Stadtrecht  Herzog 
Friedrich's  II  für  Wien  vom  Jahre  1244  (vgl.  Archiv  d. 
kais.  Akad.  Bd.  10,  pag.  134)  heisst  eine  Stelle:   «Si  autem 

<  aliquis  verberet  aliquam   inhonestam  personam 

«garzionem  vel  levem  ioculatorem,  qui  verbis  vel  aliqua 
«indisciplina  hoc  erga  ipsum  meruerit,  si  hoc  probaverit, 
«nichil  det  iudici.  verberato  etiam  nichil  praeter  tres 
«piagas,  quas  eidem  hilariter  superacldat».  Im  Stadt- 
recht für  Haimburg  [Cod.  S.  XIV]  findet  sich  die  gleiche 
Bestimmung  (vgl.  Meiller,  Archiv  d.  kais.  Akad.  10,  141), 
wir  lesen  dort:  «Ob  aver  ieman  siecht  einen  leichten 
«man,  leicht  einen  loter  oder  einen  posenspilman  .... 
«der  geh  dem  richter  darumb  nichtes  niht,  vmb  den 
«geslagen  auch  nicht,  denn  drei  sieg,  die  er  im 
«vroeleich  zv  geb».  Eine  rechtliche  Minderstellung  der 
Spielleute  und  Fahrenden  bezeugt  auch  eine  Stelle  des 
Stadtrechts  von  Landshut  aus  dem  Jahre  1279  bei  Gaupp, 
Deutsch.   Stadtreeht.  1,  151-  (vgl.  dazu  auch  Rössler,  Alt- 


—    102    — 

prager  Stadtr.  1,  152  11'.),  dieselbe  lautet:  Item  si  civis 
■  interdictum  civitatis  vel  raimum  vel  meretricem  publicam 
ex  causa  laeserit,  quoad  Judicium  civitatis  remanet  im- 
«punitus;  non  sunt  enim  jure  legali  tales  legum 
«laqueis  innodati».  Dass  solche  Leute  auch  ihres  Erb- 
gutes verlustig  gingen,  hat  uns  bereits  eine  der  oben  an- 
geführten Stellen  gezeigt,  wozu  ich  noch  eine  Bestimmung 
der  Brünner  Schöffensatzung  [s.  S.  IV]  (vgl.  Bössler,  Stadtr. 
v.  Brunn,  pag.  401)  folgenden  Wortlautes:  «Wiert  auch 
i der  sun  ein  spilman  oder  ein  solich  man  der  guet 
«nimpt  vur  er,  damit  verleust  er  auch  sein  erbtail, 
<  iz  sei  dan  daz  sein  vater  ein  spilman  sei  gewesen 
«oder  guet  vur  er  hab  genuinen»,  fügen  sowie  an  jene 
andere,  bereits  früher  einmal  erwähnte  Verordnung  der 
bayrischen  Landrechte  von  1553  und  161(5,  fol.  164  (vgl. 
Öfele,  Rerum  Boicarum  scriptores  I,  307),  wonach  ein 
Kind  enterbt  werden  kann:  «so  ohne  der  Eltern  Willen 
«sich  in  leichtfertig  Übung  und  Buebenleben  begebe,  als 
«so  es  ein  Freyhartsbueb  oder  ein  Gauekler  wurde, 
«oder  Hesse  sich,  mit  den  Thieren  zu  kämpfen  [als 
«Katzenritter  und  Klopffechter  also!]  urab  Geld  bestellen», 
kurz  erinnern  will.  Ausser  diesen  verschiedenen  Bestim- 
mungen über  die  rechtlosen  Leute  besitzen  wir  auch  noch 
einige  Verordnungen  darüber,  dass  sie  nicht  zeugnis fähig 
waren,  wenigstens  vor  Gericht  nicht  als  gültige  Zeugen 
anerkannt  wurden.  So  heisst  es  im  Manuscripte  zum  bay- 
rischen Landrechte  vom  Jahre  1453:  «Freyheit  und  Bueben 
«mag  man  zu  Zewg  verwerffen»  (vgl.  auch  Gemeiner's 
Regensburgische  Chronik,  Teil  II,  pag.  253.  290.  III,  247). 
Halt  aus  gibt  in  seinem  Glossarium  germanicum  medii  aevi, 
Spalte  1492,  unter  dem  Worte  Platzmeister2),  das  er 
durch:  vilium  pugilum  quaestus  causa,  coram  mul- 
ti  t inline  certantium,  magister  et  lanista"  («Meister 
und  Schulhalter!»)  erklärt,  noch  einige  weitere  Beispiele 
zu  der  oben  angeführten  Thatsache,  die  als  willkommene 
Belege   derselben   noch   kurz   erwähnt   werden  mögen.     In 


-    103    - 

dem  Statut  von  Freiburg  i.  B.  vom  Jahre  1520,  f'ol.  17  b. 
steht:  «Frouwenwirt  vnd  platzmeister  sind  vntögen- 
«lich  zu  kuntschafft».  Ebenda,  fol.  72  b  werden  er- 
wähnt, wo  von  den  Gründen  der  Enterbung  die  Rede  ist: 
«welcher  üppig  stend  an  sich  neme,  also  das  einer  ein 
«frowenwirt,  ein  hencker,  oder  ein  offner  platzmeister 
«würd,    oder   sich    andrer    derglichen   schnöden   bübischen 

«gattungen  belübd  vnd  anneme  etc »    «vssgenommen 

«ob  sin  vatter  oder  eitern  ouch  solich  vnlüt*  gewresen 
«werent».  Ähnliches  bestimmt  das  Landrecht  von  Württem- 
berg vom  Jahre  1554,  fol.  249,  von  dem:  «der  sich  .... 
«in  ein  leichtfertigs ,  vppigs  leben  vnnd  wesen  begebe, 
«Als  da  seine!  Frawenwirt,  oder  Wirt,  Nachrichter,  Schol- 
« derer,  Platzmeister,  Gau  ekler  vnd  dergleichen».  Der 
Schwabenspiegel  führt  Kapitel  15,  4,  wo  er  über  Personen, 
die  als  Zeugen  zu  verwerfen  sind,  handelt,  nach  dem  Texte 
von  Scherz  an:  «Und  freihait  die  so  tump  sint,  daz  etc.» 
[Cod.  Wurmbr.  gibt:  «Puben  mügen  nicht  tzewgen 
seyn  vnd  die,  die  all  tump  sint,  das....  u.  s.  w.  >  und 
Cod.  Ingoist.  hat:  «vnd  freyhart  oder  pube  etc.»].  Scherz 
gibt  diesen  Begriff  allgemein  und  ganz  das  Richtige  treffend 
mit  «vilissimae  conditionis  homines»  wieder,  wie 
auch  Haltaus  in  seinem  Glossar  sub  voce  «Spielleute» 
sp.  1702  ff.  bemerkt:  «Qui  plebi  dabant  operam  mer- 
«cenariam,  ita  eviluere,  ut  non  solum  inter  maleficos 
«et  infames,  sed  etiam  pro  nullis'  civiliter  haberen- 
«tur».  Dazu  stimmen  auch  völlig  die  an  jenem  Orte  von 
ihm  noch  citierten  Stellen,  wonach  in  den  Gesetzen  von 
Goslar  (Leibn.  III,  524)  die  Bezeichnungen  «onechte  Lüte» 
und  «Speellüte»  gleichgesetzt  werden,  ferner  die  Bestimmung 
eines  Synodalstatutes  von  Eichstädt  vom  Jahre  1435,  welche 
den  Genuss  des  heil.  Abendmahls  versagt  allen:  «denen, 
«die  ein  verläumbt  Leben  führen,  als  Gauckler, 
«Zauberer,  öffentlich  Schulderer,  öffentlich  Loder,  und 
cgelohn1  s  und  lieh  Spilleuth'  gemeinen  Frauen  und 
«ihren  Wirthen»  (Dan.  de  Falckenstein,  Cod.  Dipl.  Antiqu. 


—    104    — 

Nordgau.  Append.  pag.  75).  Nicht  immer  aber  lagen  die 
Verhältnisse  dieser  Leute  so  im  Argen,  und  besonders, 
wenn  sie  sieh  organisierten,  sich  etwa  einem  Spielgrafen 
oder  Spielleutekönig,  gewöhnlich  irgend  einem  Fürsten 
oder  dessen  Stellvertreter,  unterordneten,  durften  sie  hoffen, 
von  der  weltlichen  Gerichtsbarkeit  wie  vom  Kirchengesetze  der 
Geistlichkeit  etwas  milder  und  besser  behandelt  zu  werden.  Ich 
füge  dafür  noch  einige  Belege  an,  die  ebenfalls  Halt  aus  (a.  a.  0.) 
entnommen  sind.  In  den  Manuscripten  der  Wiener  Statuten 
findet  sich  eine  Stelle,  die  besagt:  "das  ain  jeder  varen- 
<der  man  nyndert  antwurten  sol  dan  vor  seinem 
«spilgraven»,  vgl.  Dan.  de  Uffenbach.  Bibl.  Mss.  II, 
134.  Anm.  16.  Und  Joh.  Fried.  Scheid  gibt  in  seiner 
«Dissertatio  inaug.  de  jure  in  musieos  singulari  germ.  Dienste 
<  und  Obrigkeit  der  Spielleuth,  comitatui  Rappoltstein.  annexo», 
Argentorati  1719,  pag.  48  f.  einen  Erlass  des  Erzbischofs 
Caspar  von  Basel,  vom  11.  März  1480  aus  Pruntrut  datiert, 
wieder,  in  welchem  er  den  Spielleutebrüderschaften 
unter  gewissen  Bedingungen  die  Teilnahme  an  Beichte  und 
Abendmahl  gewährt.  Es  heisst  dort:  «.  .  .  .  Fistulatori- 
bus,  Tubicinis  et  Mimis  societatis  et  confraterniae 
«villae  Alten  Tann  nuncupatae.  nostrae  Dioces. 
:<atque  ceteris  in  Instrumentis  musicalibus  lusori- 
bus  Societatis  et  confraterniae  eiusdem.  tarn  in 
«dicta  villa,  quam  in  Civitatibus,  et  Dioces.  Basi- 
«liensis   et   Argentinensis   constitutis,   quibuscunqae, 

« nobis  pro  parte  vestra  exhibitis  et  ostensis,  did-ici- 

;mus  per  eunclem  Dominum  Julianum,  auctoritate  suae 
«Legationis  fuisse  permissum,  et  concessum  esse,  vobis 
«et  singulis  vestrum,  vt  anno  quolibet  semel  tantum, 
videlieet  in  pascali  festo,  vobis,  confessis,  et  contritis, 
«et  in  communione  fidelium  existentibus ,  divinissimum 
Eucharistiae  Sacramentum,  ministrari  possit,  et  Ec- 
«clesiarum  Rectores,  seu  Curati,  sab  quorum  cura 
«vos,  pro  tempore,  degere  contigerit,  Illud  vobis 
«ministrare  debeant:  dummodo  per  quindecim  ante 


—    105   — 

«hujus  Sacramenti  perceptionem,  et  post  illam,  per 
«totidem  alios  dies,  ab  officiorum  vestrorum  et  scur- 
«rilium  operum  exercitijs,  abstineatis,  et  id  vobis 
«specialiter  inhiberi  non  contigerit;  Vnde  supplicationi- 
«bus,  pro  parte  vestrum,  nobis  desuper  factis,  inclinati,  prae- 
«missa,  per  antefatum  Dominum  Julianum  Legatum,  sie 
«vobis  permissa  et  concessa  ut  praescribuntur,  auetoritate 
«nostra  Ordinaria,  quantum  in  Nobis  est,  fieri  permittimus, 
«et  consentimus,  ac  concedimus  in  Dei  nomine  per  prae- 
«sentes  Sigilli  appensione  in  eorum  fidem  roboratas  etc.» 
Dazu  kommen  noch  weitere  Zeugnisse,  die  darauf  schliessen 
lassen,  dass  sowohl  die  rechtliche  als  auch  die  sociale  und 
gesellschaftliche  Stellung  dieser  Leute  nicht  überall  und  zu 
allen  Zeiten  eine  gleich  schlimme  gewesen  sein  kann,  da 
sie  uns  sonst  wohl  kaum  als  Zeugen  in  Urkunden,  als 
Spender  in  Schenkungsbüchern,  als  glückliche  Be- 
sitzer von  eigenen  Häusern  und  erblichen  Gütern 
entgegentreten  würden,  wie  die  folgenden  Belege  es  nach- 
weisen sollen.  In  Du  Gange 's  Glossarium  mediae  et 
infimae  latinitatis  tom.  II,  05  c.  steht  folgende  Angabe: 
«Charta  Henrici  I.  Regis  Angioruin  in  Monas tico  Angli- 
«cano  tom.  2,  pag.  973.  subscribitur  a  Roberto  de 
«Bajocis,  campione  Regis'».  Ferner  findet  sich  in  einer 
Urkunde  Heinrich's  VI.  vom  Jahre  1189  als  Zeuge  ein 
«Rupertus,  joculator  regis»  unterzeichnet  (vgl.  Toeche, 
Heinrich  VI.,  pag.  504)  [Mon.  Boic.  6,  502].  In  einer  Ur- 
kunde von  1169  stehen  als  Zeugen  Herzog  Weif  mit  seinem 
Hofgesinde  unterzeichnet,  darunter  erscheint  «Sagelin 
ioculator»,  (vgl.  Hormayr,  die  gold.  Chronik,  Anhang, 
pag.  6,  cl.  1.)  Die  Quellen  und  Erörterungen  zur  bayrischen 
und  deutschen  Geschichte  (vgl.  auch  W.  Scher  er,  Deutsche 
Studien  I.  Wien,  1870,  pag.  12)  1,  110  führen  aus  dem 
Schenkungsbuche  des  Klosters  St.  Emmeran  unter  Nr.  216 
einen  «Gebehart  gigare»,  ferner  1,  131  aus  demselben 
unter  Nr.  252  einen  «Liupold  cithareda  an.  Ebenda 
ist  unter   Nr.  254  auch   noch  ein    «Perhtold   mimus    de 


—    106   — 

Roit»  überliefert.  Eine  Prüflinger  Urkunde  (Nr.  63)  nennt 
einen  «Gebehart  Cytarista»  (Mon.  Boica  13,  69).  Eine 
Weltenburger  Urkunde  gibt:  «Gebhart  tili 1 1 s  Gebehardi 
histrionis*,  ebenso  eine  andere  vom  gleichen  Orte  (Mon. 
Boica  13,  342.  344).  Weiter  erscheinen  die  folgenden 
Namen:  «Ghuonrat.  Oudalricus  joculatores  et  filii 
eorum»  in  einer  Prüflinger  Urkunde  des  Bischofs  Hermann 
von  Bamberg  (Mon.  Boic.  13,  186),  «Ghunrat,  der  Geiger 
von  Weikershoven»  (Mon.  Scheiren.  MB.  10,482),  «Eber- 
hardus  mimus»  (Mon.  Osterhov.  MB.  12,  353),  «Engil- 
mar,  Joculator  de  Walde»  (Mon.  Scheftlarn.  MB.  8,  414), 
«Gozwinus  mimus  (Mon.  Aspacensia  MB.  5,  137),  «Isin- 
rich  vagus»  (Mon.  Oberaltaich.  MB.  12,  38),  «Piligrin 
Gytareda»  (Mon.  Weyarens.  M.  B.  7,  472),  «Rudigerus 
citharedus»  (Mon.  Weltenburg.  MB.  13,365),  «Sigibot 
Gythareda»  (Mon.  Tegernsee.  MB.  6,  146).    Ferner  findet 

sich    folgende    Angabe:    «Notum    sit   omnibus quod 

«ulricus  ioculator  tradidit  liberum  caput  suum  super 
«altare  sancti  stephani»  (Cod.  Trad.  Patav,  [S.  XIII]  MB.  29, 
P.  2,  269).  Endlich  findet  sich  noch  ein  «Waltherus. 
Spilman»  (Fräst,  Stiftb.  v.  Zwetl.  pag.  468)  und  «Wil- 
lehalmus  ioculator  de  seala»  (M.  Fischer,  Cod.  trad. 
Claustroneob.  pag.  146,  Nr.  658).  Als  Spielleute,  welche 
im  Dienste  geistlicher  oder  weltlicher  Fürsten  standen,  sind 
uns  überliefert  in  dem  von  Zappert  (a.  a.  0.  Wiener 
Sitz.-Ber.,  Bd.  XIII,  pag.  97  ff.)  besprochenen  Wiener  Frag- 
ment eines  « Liber  d ati vus  »  :  1)  « E  b  e  r  h  a  r  d  u  s  joculator 
ducis»  (1.  49),  nämlich  Herzog  Leopokfs  V.  von  Ostreich, 
und  2)  «Wolfkerus  joculator  episcopi»  (1.  60),  näm- 
lich Bischof  Ulrich's  von  Passau ,  welche  daselbst  als 
Spender  von  Gaben  eingetragen  sind.  Ferner  haben  wir 
aus  dem  Gültenbuch  der  Schottenabtei  vom  Jahre  1398 
die  Spielleute  mit  Namen  erhalten,  welche  damals,  zur 
Zeit  Albrechfs  IV.,  in  Wien  ihres  Amtes  walteten  und  teil- 
weise direct  dem  Hofgesinde  anzugehören  scheinen,  wie 
die    beigefügten   Zusätze    erkennen    lassen    (vgl.    Zappert 


—    107     - 

a.  a.  0.,  pag.  161,  Anm.  145).  Es  sind  dort  folgende  ge- 
nannt: «Albertus  fistulator  de  domo»  (pag.  IIa), 
«Hans  pusawner  ducis  Alberti»  (pag.  39a  und  40a), 
«Hans  Trümeter»  (pag.  40b),  «Peter  Schanntunhazz 
leyrer  de  domo»  (pag.  40b),  «Hans  pawker»  (pag.  41b), 
«Rueger  phiffer»  (pag.  41b),  «Jacob  fistulator  duc. 
Alberti»  (pag.  41b),  «Andree  Trometer»  (pag.  42a), 
«Hans  Tümpusawner»  (pag.  42a),  «Jorig  paukker» 
(pag.  42a),  «Ewerhart  pheifer»  (pag.  42b),  «Hertel 
pheifer»  (pag.  48a),  «Johannes  fistulator  de  Retz» 
(pag.  48a),  «Mer.  fidler»  (pag.  50a),  «Heinr.,  Lautten- 
slaher»  (pag.  52a),  «Seydel  pauker»  (pag.  65b).  Auf 
ähnliche  Verhältnisse  solcher  im  Fürstendienste  stehender 
Spielleute  beziehen  sich  jedenfalls  auch  die  aus  alten  Rau- 
rechnungen  der  Stadt  Augsburg  bei  Witz,  Versuch  einer 
Geschichte  der  theatralischen  Vorstellungen  in  Augsburg 
1876,  pag.  5  ff .  wiedergegebenen  Einträge  zum  Jahre  1327: 
«Duobus     histrionibus     missis     civibus    de    nuptiis 

«ducis  Karinthiae V.  S>   Haller»,  ferner   von 

1329:  «Item.  Joculatoribus  domini  imperatoris  de 
nuptiis  ducis  Rudolphi  5  Ti  Haller,  und  endlich  vom 
Jahre  1330:  «uni  Joculatori,  quem  dux  Karinthiae 
«misit  civibus  de  quibusdam  nuptiis  M.  U>>  Das 
scheint  doch  auf  Fahrende  zu  deuten,  die  entweder  im 
festen  Dienste  der  genannten  Fürsten  standen  und  von 
ihnen  nach  anderen  Orten  zur  Teilnahme  an  den  dortigen 
Festlichkeiten  verliehen  wurden,  oder  jedenfalls  auf  solche, 
die  sonst  in  näheren  Beziehungen  zu  ihren  betreffenden 
Gönnern  standen. 

Nunmehr  noch  einige  Belege  dafür,  dass  die  Spielleute 
und  Fahrenden,  durch  ihre  hohen  Herren  begünstigt  und 
gefördert,  zu  ganz  ansehnlichem  Reichtum  gelangen  konnten 
und  dann,  infolge  davon  auch  rechtlich  und  social  höher 
gestellt,  sich  eines  wohlverdienten  Besitzes  ruhig  und  unge- 
schmälert erfreuen  durften.  So  findet  sich  bei  Zappert 
(a.  a.  0.   pag.    160)   die   Nachricht   verzeichnet,   dass   sich 


-    108   — 

ein  Spielmann  mit  dem  Zehnten  eines  Grundstückes  in 
St.  (lallen  einen  Jahrtag  gestiftet  hat.  («Berthold  Jocu- 
latoris  de  decima  vf  dem  Bole  in  superiori  Berge», 
vgl.  Nekr.  St.  Gall.  [1272]  Goldast.  S.  R.  Alam.  1,  100,  cl.  2.) 
Ferner  ist  aus  England  eine  Überlieferung  vorhanden,  die 
uns  zeigt,  dass  Spielleute  dort  sogar  in  den  Besitz  von 
einem  oder  mehreren  Häusern  kommen  konnten,  was 
übrigens  auch  aus  Deutschland  nachzuweisen  ist.  Im  Domes- 
day-Book,  London  1783,  I,  162a,  steht  die  Notiz :  «Berdic 
joculator  regis  habet  III.  villas  >,  und  ebenda  I,  38d 
heisstes:  «Et  Adelina  joculatrix  unam  quam  comes 
cledit  ei».  Eine  bekannte  Thatsache  ist  es,  das  Konrad 
von  Würzburg,  der  in  den  Urkunden  noch  als  <  vagus», 
also  als  ein  'fahrender  Sänger',  wie  auch  Freidank  es  war, 
bezeichnet  wird,  in  Basel  ein  eigenes  Haus  besass.  Von 
Herrn  Dr.  phil.  E.  Dragendorff  aus  Rostock  habe  ich  die 
gütige  Mitteilung  anzuführen,  dass  er  bei  seinen  Studien  in 
Rostocker  Chroniken  und  Stadtbüchern  drei  Musikanten, 
einen  «basunre»,  einen  timponator»  und  einen  «lire- 
man»  als  Eigentümer  von  «erblichen»  Grundstücken  (here- 
ditates) bezeichnet  gefunden  hat.  Daneben  erwähnt  er  auch 
noch  einen  «scermere»  (schirmer,  gladiator)  und  einen 
<  saltator,  sprengere»,  die  beide  als  Hausbesitzer  genannt 
werden. 

Damit  beschliesse  ich  die  Betrachtung  der  rechtlichen 
und  gesellschaftlichen  Gemeinschaft,  welche  sich  zwischen 
den  beiden  Ständen  der  Spielleute  und  Fechter  in  manchen 
Übereinstimmungen  ergeben  hat,  um  zu  der  Untersuchung 
ihrer  litterarischen  und  sprachlichen  Zusammenhänge 
überzugehen.  Bei  der  überaus  grossen  Rolle,  die  Kampfund 
Krieg  im  Leben  der  germanischen  Völkerschaften  von  den 
ersten  Zeiten  ihres  Bestehens  an  gespielt  haben,  ist  es 
nicht  wunderbar,  wenn  die  Spuren  davon  sich  auf  allen 
möglichen  Gebieten  des  deutschen  Gulturlebens  schon  frühe 
geltend  machen,  und  wenn  wir  in  Recht  und  Gesetz,  aber 
auch   in  Kunst   und  Sprache,  wie  in  Cultus,  Verfassung  und 


—   109  — 

Sitte,  ja  fast  überall,  wo  unser  Auge  sich  hinwenden  mag, 
die  Einflüsse  dieses  Grundmotives  germanischer  Weltan- 
schauung in  den  verschiedensten  Formen  verkörpert  und 
erhalten  finden.  Aber  neben  dem  Ernste  des  Streites  her 
geht  ebenfalls  schon  in  den  ältesten  Zeiten  der  Überlieferung 
das  frohe  Spiel,  die  Freude  an  Gesang  und  Musik,  an 
Liedern  und  Tänzen,  die  zur  Erholung  gepflegt  werden  in 
den  kurzen  Friedenszeiten.  Und  so  hat  sich  denn  die  Poesie, 
die  ursprünglichste  Litteraturform  der  Völker,  auch  der  Aus- 
gestaltung und  Wiedergabe  dieser  beiden  Seiten  des  deut- 
schen Lebens  mit  gleicher  Liebe  und  Sorgfalt  zugewendet, 
sie  schildert  uns  das  «  Spiel  der  Waffen  »  und  den  «  Streit 
der  Lieder»,  sie  ist  Heldendichtung  und  Spielmanns- 
poesie zu  gleicher  Zeit.  Es  darf  darum  auch  nicht  befrem- 
den, wenn  die  Dichter  der  einen  oder  anderen  Gattung  es 
sich  angelegen  sein  Hessen,  um  die  Wirkung  ihrer  Stoffe 
zu  erhöhen,  sich  beliebter  Vergleiche  zu  bedienen,  die  sie 
jeweils  eben  ihrem  nächst  verwandten  Gebiete  entnahmen. 
Durch  diesen  Parallelismus,  wie  er  nicht  nur  in  der  Wirk- 
lichkeit bestand,  sondern  auch  in  das  künstlerische  Leben 
der  Poesie  eingeführt  wurde,  ist  es  wohl  zu  erklären,  dass 
wir  einige  treffliche  Kampfschilderungen  mit  gelunge- 
nen Anspielungen  auf  das  Spielmannsleben  haben, 
und  dass  andererseits  verschiedene  Dichtungen  die 
wirksame  Form  eines  Streites  angenommen  haben 
und  auch  in  ihren  sprachlichen  Wendungen  häufige 
Bilder  und  Anklänge  aus  dem  Kampf-  und  Turnier- 
wesen aufweisen.  Auch  sonst  sind  Ausdrücke  und  Rede- 
wendungen aus  diesen  beiden  Gebieten,  besonders  wohl 
in  späterer  Zeit,  da  die  Spielleute  und  Fechter  wandernd 
und  Erwerb  suchend  von  Ort  zu  Ort  zogen,  in  die  volks- 
tümliche Sprache  übergegangen  und  haben  ihre  deut- 
lichen Spuren,  bis  heute  noch  wohl  erhalten,  in  ihr  hinter- 
lassen, worauf  später  noch  etwas  näher  einzugehen  sein 
wird.  Zunächst  mögen  einige  Stellen  hier  Platz  finden,  in 
welchen  das  Kampfleben  mit  dem  Treiben  der  Spiel- 


—   110  — 

leute  verglichen  wird,  wie  sieh  solche  z.  B.  im 
Nibelungenliede  und  im  Grossen  Rosengarten  finden.  Aus 
dem  letzteren  etwa  folgende  Verse: 

«  Do  sprach  der  küene  Fulker  'ich  nemen  ez  mich  an : 
-ich  wil  mit  eime  fidein  des  besten  des  icli  kan1».    Roseng. 

v.  1462/3. 

<  Fulker  der  fidelaere  des  moniches  ouch  niht  vergaz, 

«vil    manegen    slag    er    im    üf  den    heim    mit    sinem    bogen 

maz».     1512/3. 
«du  gildest  mir  den  gigenstrich,  den  du  mir  hast  getan, 
«ich  verschroten  dir  die  Seiten1  sprach  der  monich  Ilsan. 
«Do  sprach  der  küene  Fulker  'ein  fideler  wil  ich  noch  sin, 
«ich   kan   wol   gestrichen   mit   dem  fidelbogen   min. 
«swaz  ich  da  mite  herreiche,  daz  muoz  von  einander  gän'. 
« dö   liefen   ?ie   aber   beide    vil  grimmeclich   einander  an».     Roseng. 

1520—1525. 
<■'  h  ä  t   s  i   der  hübschen   v  i  d  e  1  e  r  b  i   dem   R  i  n  e   i  h  t   m  e  r  V 
«swie     suoze     ir    Seiten    hellent.    ir    videlboge    ist    kranc». 

Roseng.  D.  1772  3. 

Ferner  die  folgenden  Stellen  des  Nibelungenliedes: 

«  Volker  der  snelle  zöh  näher  üf  der  banc 

«einen  videlboge n  starken,   michel  unde   lanc, 

«gelich    einem    swerte    scharf  unde   breit».     1723,  1 — 3. 

«  Volker  der  küene  zuo  den  Hiunen  sprach 

« 'wie  geturret  ir  den  recken  für  die  füeze  gän  ? 

<  und  weit  ir  iuchs  niht  miden,  so  wirt  iu  leide  getan. 
«So  slah  ich  eteslichem  so  swaeren  gigen  slac, 

«hat  er  getriwen  iemen.  daz  erz  beweinen  mac».     1758.2 — 1759.2. 

'<  Volker  der  vil  snelle  von  dem  tische  spranc : 

«sin  videlboge   im    lüte   an   siner  hant   erklanc. 

«dö   videlte   ungefuoge   Günthers  spilman. 

«  hey  waz   er  im  ze  vinde  der  küenen  Hiunen   gewan ! »     1903.  1—4. 

«  'Daz  tuon  ich  sicherlichen1,  sprach  der  spilman. 

«er  b  e  g  u  n  d  e  v  i  d  e  1  e  n  d  e  durch  den  p  a  1  a  s  gän: 

«ein    hertez    swert   im    ofte   an   siner   hant    erklanc.»     1913. 

«  Ach  we  der  höhzite1,  sprach  der  künic  her.  1 — 3. 

«da   vihtet   einer   inne,  der  heizet  Volker, 

«  alsam  ein  eber  wilde,  unde   ist   ein  spilman».     1938,  1—3. 

«Sin   leiche  lütent   übele,    sin   züge   sint   rot: 

«ja  vellent   sine   doene    manegen  hei t   tot. 

«ineweiz  niht  waz  uns  wizet  der  selbe  spilman;»  1939,1—3. 


—  111  — 

«,hoert   ir   die   cloene,   Hagne,    die   dort    Volker 
«videlt   mit  den   Hiunen,    swer  zuo  den  turnen  gät? 
«  ez    ist   ein   röter  anstrich,   den   er   zem  videlbogen   hat1.» 

1941,  2—4. 
«  Nu  schowe,  künic  here,  Volker  ist  dir  holt : 
«er  dient  willeclichen  d i n   s il b e r  und  d i n   g o  1 1. 
«sin  videlboge   s n i d e t    durch   den   h e r t e n   s t ä  1 : 
«erbrichet  üf   denhelmen  diu  lieht  schinenden  mal ».    1943. 
«In  gesach  nie   videlaere   so   herliche   stän, 
«also   der   degen  Volker  hiute   hat   getan, 
«sine   leiche   hellent   durch   heim   unt  durch  rant. 
«ja  sol  er  riten  guotiu  ros  und  tragen  herlich  gewant1 ».   1944. 
«  'Desen  lät  iuch  niht  gelangen',  sprach  aber  Wolfhart, 
«'ich  entrihte  in  so  die  Seiten,  swenn  ir  die  widervart 
«  ritet  gein  Rine,  daz  irz  wol  muget  sagen».     2206,  1 — 3. 
«Do  sprach  der  videlaere  , swenn  e   ir   die   seiten  min 
«verirret   g u o t e r   doene,    der    iwer  h e  1  m s c h i n 
«muoz   vil  trüebe   werden  von  der  minen  hant, 
«  swie  aber  ich  gerite  in  der  Burgonde   lant1. »     2207. 
«er  spranc  im  hin  engegne.  du   hete    Sigestap   verlorn 
«Von   dem   videlaere   vil   schiere   daz   leben: 
«er    begunde    im    siner  künste    al    solchen    teil    da    geben, 
«daz  er  von  sinem  swerte  muose   ligeh  tot«.     2221,4 — 2222,3. 

Betrachten  wir  nunmehr  die  Belege  zu  der  bereits 
erwähnten  Thatsache,  dass  eine  grosse  Anzahl  von  Liedern  — 
sie  gehören  meistens  zur  Gattung  des  Minne-  oder  Meister- 
gesanges, also  in  eine  etwas  spätere  Zeit  als  die  eben  an- 
geführten Stellen  —  entweder  ganz  in  der  monologischen 
oder  dialogischen  Form  des  Streitgedichtes  gehalten  sind, 
oder  doch  in  ihrem  Inhalte  zahlreiche  Anspielungen  auf  das 
Kampfwesen,  sei  es  auf  gerichtlichen  Zweikampf  oder 
auf  ritterliches  Kampf  spiel  aufweisen  und  manche 
sprachliche  Ausdrücke,  welche  sich  auf  das 
Fechterwe  sen,  die  Fechtschulen  oder  ihre  Ge- 
bräuche und  Sprache  beziehen,  in  deutlicher  und 
absichtlicher  Verwendung  zeigen.  Die  erst  er  e  Eigen- 
tümlichkeit findet  sich  naturgemäss  mehr  bei  den  Er- 
zeugnissen des  Minnesanges,  denn  diese  standen  dem 
Rittertum  am  nächsten,  die  letztere  mehr  bei  denjenigen 


—    112   — 

des  Meistergesanges,  der  mit  den  Fechtschulen  enge 
Fühlung  unterhielt,  vertreten,  wie  es  auch  die  folgenden 
Zeugnisse  erkennen  lassen. 

Ich  gebe  zunächst  die  Stellen  für  die  Anspielungen  der 
erstgenannten  Art: 

Her  Hüc  von  Werbenwac  singt  (vgl.  Bartsch,  Deutsche 
Lederdichter  des  12.  bis  14.  .Jahrhunderts,  Leipzig  1864, 
pag.   197). 

XLIX,  28—35: 

« lät  der  künic  daz  ungerihtet,  so  hab  ich  zem  kaiser  muot. 
«So  fürht  ich  wir  müezen  beide 
«kempfen,  sowie  wir  für  gerillte  komen, 
« Wan  si  lougent  bi  dem  eide 
«  daz  si  minen  dienest  habe  genomen. 
«Muoz  ich  danne  vehten,  dast  ein  not, 
« k ii m e  i c h  s  1  ü e g e  i r  w e n g e  1  und  i r  munt  s 0  r  6 1 : 
«so  ist  o u c h  1  a s t e r ,   s  1  e h t  ein  w i p  mich  ä n e  wer  in  kämpfe 

tot' 

Ebenso  klagt  auch  Winli  (vgl.  Bartsch,  Die  Schweizer 
Minnesänger,  Frauenfeld  1886,  pag.  152). 

XV,  I,  41—50: 

«Nimt  daz  niht  ein  ende, 

«daz  kostet  ein  sterben 

«mich  vil   senden  man:    dar  zno  bin  ich  gestalt. 

« solken  schaden  wende, 

« niht  läz  mich  verderben 

« minneclichiu  Minne:  du  hast  ir  gewalt. 

«alder  ich  wil  kempfen  vor  dem  riche 

«  mit  ir  sie  her  liehe, 

«daz  ich  niht  entwiche, 

<  ob  ich  lenger  trüege  die  not  manicvalt.» 

Derselbe  sagt  (ebenda  pag.  160),  8,  7 — 11  in  der 
Frauenstrophe  eines  Tageliedes : 

« wie  sol  es  iemer  werden  rät  ? 

« din  zuht,  din  manheit  und  diu  mute 

«hat   mich   mit   s werte   und  ouch  mit  sper 

«er  voh  ten  und  er  helme  und  under  schilt  e 

«mit  heldes  hant  in  lieht  er  wät.» 


—    113   — 

Bei  Frauenlob  (vgl.  Ed.  Ettmüller,  Leipzig  1843,  pag.  108. 
109.  114.  115)  finden  sich  die  Stellen: 
Spruch  Nr.  152,  17—19: 

«des  krieges  bin  ich  unverzaget; 
«ich  viht,  daz  mir  min  gugele  waget, 

«schimpf  unde  spot,    schilt  unde  sper  hän  ich  ze  kämpf  es 

gaere.» 
Spruch  154,  15 — 17: 

« nu  merket,  wer 

«  di z  d r  i  v  a  c  h  sper 

«nach  weihet;  wiltu  leinen  her?» 

Spruch  Nr.   163,  1 : 
«Künd  ich  in  disem  kriege  nu  geschaffen  daz,»  .... 

Spruch  Nr.   163,  11/12: 

« swäre  einer  nennen 

«vuoz  gibe  ich  niht  umb  iuwern  kriec,»  .  .  .  . 

Spruch  Nr.  163,  14: 

«verleitet  iuch  des  krieges  gäbe,»  .  .  .  . 

Spruch  Nr.   163,   17: 

vüert  in  den  kriec  mit  iu  ze  grabe,»   .... 

Spruch  Nr.  164,  5/6: 

« zwar  ir  sanges  stange 

«wirt  gegen  dir  ze  kämpfe  tragen,  e  si  din  guft  verkrenket.» 

Spruch  Nr.  166,  7: 
»Der  kempfe   wil  ich  aller   sin,    din   kirnst   mnoz   snaben;» 
Spruch  Nr.  166,  14—16: 

« w  o  1  her,  ich  f  ü  e  r  e  i  r  aller  schilt! 

«min  s  a  n  c  dir  gilt 

«gar  unverzilt ; » 

Regenbogen  (vgl.  M.  S.  H.  III,  345  a)  fordert  den  Gegner 
zum  Wettstreit  um  den  Kranz  heraus : 

«Umb  singens  willen  heng  ich  üss  ein  rosenkranz, 

«die  silben  rimen  machen  im  die  bletter  ganz, 

«wer  singet  wise  wort  und  auch  der  töene  schanz, 

«und  mir  den  cranz  gewinnet  an,  den  meist  er  wil  ich  kennen.» 

8 


—    114    — 

Herman  Damen  (vgl.  M.  S.  H.  III,  165,  b  4)  singt: 

«Stet  uf,  lät  mich  in  kreizes  zil, 

«ich  wil  mit  lohe  vehten 

«  die  Brandenburger  vürsten  vür ; 

«wird'  ich  bestanden  hie, 

«  So  daz  man  mich  vür  komen  wil 

« mit  lobe  an  den  gerehten, 

«  so  trif  ich  vür  der  künste  tür, 

« nu  müget  ir  merken,  wie, 

«  Unde  offen  sie  mit  ringer  hant, 

«so  grife  ich,   da  mir  ist  bekant, 

«ein  swert  von  vollen  komener  snite; 

«dar  an  so  haet  ein  schirme  schilt, 

«der  nie  mit  künste  wart  durchzilt: 

«die  zwo  die  trag1  ich  gegen  dem  strite, 

«swa  min  lop  sie  vür  vehten  sol; 

«schilt  unde  swert,  der  zwier, 

«der  b r u c h e  ich,  sam  ich  beste  k a n ; 

«  ez  tuot  mir  durch  sie  alle  wol : 

« ir  itslich  hat  wol  drier 

«vürsten  tugent  ze  kleide  an.» 

Derselbe  ebenda  III,  168,  b  8  und  9: 

«Ein  lop  sol  mir  erklingen, 

« ich  wilz  an  die  gernden  bringen, 

«  üf  daz  siez  den  besten  singen, 

«schone  in  den  landen, 

«In  die  h  o  e  h  e ,  von  der  s  i  t  e  , 

«uz  der  enge,  in  die  w i t e ; 

«  s  w  e  r   mir   d  i  z   lop    wil   z  e    strite 

«tuon,   der  wirt  bestanden. 

«Swa  ich  wider  lob  i  e  streit, 

«mit  disem  lobe  ich  sige  vaht: 

« her  herzöge,  sit  gemeit, 

«  diz  lop  han  ich  an  iuch  gebraht. 

«von  Slesewik.   vor  schänden 

«  k  u  n  t   i  r   iuch    beschirmen    schone; 

« diz  lob  iuwer  tugent  ze  löne 

« sing1  ich  in  disem  niuwen  döne : 

«zuht  habet  ir  in  banden.» 

« Lob  den  eren  gernden  jungen 

« wirt  gewebet  unt  gedrungen, 


—    115   — 

«mit  der  klinge  von  der  zungen 
«wirk1  ich  lob  es  bilde,»  etc. 

Im  Lohengrin  (Einleitung)  heisst  es  v.  217 — 230: 

« ich  wolt  ir  aller  sinnes  wäc  mit  miner  kunst  erschepfen. 

«ich  sach  doch  einen  sigelös, 

«der  den  pnkelaere  vür  den  schilt  erkös, 

«swie  daz  sin  swert  so  hohe  künde  kepfen. 

« Heinrich  von  Ofterdingen  hat 

«den   schilt   an  mir.    swer  nfl    mit  pukelaeren  stät, 

«daz  er  im  wol  ein  schanze  übersaehe. 

«  der  Schriber  und  der  Biterolf 

«  die  saehen  lieber  bi  in  einen  wilden  wolf. 

«  so  ist  der  Walther  in  der  selben  spaehe. 

«Wolfram  von  Eschenbach  der  ist  ir  pukelaere. 

«der  schirmet  wol  vür  s  wertes  snit: 

«so  k a n  ich  kunst,  da  v a r e n t  riutelinge  mit, 

«und  ist  ir  smalez  schirmen  in  ze  swaere. » 

Und  ebenda  v.  271—277: 

«Swer  wirfet  riutelinge  scharf 

«üz  künste  schilte,  sam  der  Clingzor  zuo  mir  warf, 

«und  ich  des  ungeschröten  von  im  blibe, 

«so  daz  min  sin  im  kreize  stät, 

«min  üf  geworfen  kunst  mit  suoche  gein  im  gät. 

«ob  ich  in  einen  vuoz  dan  hinder  tribe, 

«swie  daz  von  leien  munt  geschiht,  des  hat  ein  pfaffe  schände.» 

Aus  dem  Streitgedichte  des  Wartburgkrieges  (vgl. 
M.  S.  H.  II,  3  ff.  und  Simrock,   Der  Wartburgkrieg,  I.  Teil, 

das   Streitgedicht    [Nr.  1 — 24],    pag.  2  ff.)    kommen   noch 
folgende  Stellen  in  Betracht: 

«Der  meiste r  gät  in  kreizes  zil, 

«gen  alle  singern,  die  nu  leben,  er  üf  geworfen  hat, 

« benennet  er  si  wenig  oder  vil, 

«reht  als  ein  kempfe  er  stät. 

«Nu  hoeret,   wie    er  des  kampfes   kan    gen    allen  meistern 

pflegen : » 
«Nu  heb1  ich's  hie  mit  schirme  siegen,»  .... 
«swer  hie  enphahet  si  gelosen  teil,»  .... 
«ich    tugenthafter     schriber    trit '    im    zuo    mit    kampfes    (Var. 

s  a  n  g  e  s )  g  i  r. » 
«Mit  sänge  söst  ir  vräge  scharf,»  .... 

8* 


—   116  — 

«daz  nieman  gegen  in  mege.» 

«Wä  nu  griezwarten?    kämpf  ist  körnen: 

«ich    bin    des    kempfe    üz    Oster  rieh,    unt    kan    die    wider- 

siege;» 
«Nu  w  i  r  t  gesungen  ä  n  e  v  r  i  d  e  ,  >   .  .  .  . 
«  a  1  r e r s t  so  heb'  ich  an , »  .  .  .  . 
« Reinmar  von  Zweter,  sit  ich  din  bedarf, 
« hoer1  zuo  nach  triuwen  site  ; 

«von  Eschenbach  der  wise  sol  der  ander  kies  er  wesen : 
« so  sint  wir  beidenthalben  wol  gewaltes  von  in  vri. 
«  daz  rehte  helfe  mir  genesen  : » 
«her  fürste,  heizt  sie  kiesen  üf  ir  e i t :  » 

« i r  m u g t  min  m e i s t e r  n i h t  g e s i n  als  iuwer  raunt  v e r j a  c h. 
«Reinmar  von  Zweter  si  dar  zuo  benant 
«und  der  von  Eschenbach, 
« Her  Walther,  den  ich  geren  sach  »  .  .  .  , 
« Her  Ferramer,  sit  wille  komen ! 

« j  o  dringet  mich   diu  h  e  i  d  e  n  s  c  h  a  f  t  mit   m  a  n  i  g  e  r    k  r  i  e   d  6  n 
«noch  h i u t e  w i r  t  ein  stürm  von  mir  verno m e n  , 
« daz  der  von  Naribon 
«gewalteklicher  nie  g e h i e  1 1 , 
« do  er  der  heiden  vil  verschriet,  als  im  diu  menge  jach ; » 

Nunmehr  einige  Belege,  welche  der  Periode  des  Meister- 
gesanges entstammen;  doch  zeigen  sich  auch  in  diesen 
noch  manche  Anklänge  an  das  ritterliche  Turnierwesen 
—  so  gleich  in  unseren  ersten  Beispielen  —  neben  den 
übrigen  Darstellungsformen,  die  Beziehungen  hauptsächlich 
mit  dem  Fechterwesen  und  dessen  Kunstausdrücken  auf- 
weisen. Die  Grenzen  zwischen  den  Zeugnissen  der  einen 
und  anderen  Art  lassen  sich  darum  nicht  sehr  scharf  ziehen, 
haben  wir  ja  doch  auch  gerade  in  dem  Streitgedichte  des 
Wartburgkrieges  die  verschiedensten  Bilder,  teils  dem  Gottes- 
urteil und  gerichtlichen  Zweikampf,  teils  dem  ritterlichen 
Waffenspiel  und  Turnier,  ja  schliesslich  auch  dem  eigent- 
lichen Streite  des  Kriegszuges  entnommen  und  mit  einander 
vermengt  gefunden.  So  lassen  zwei  Gedichte  aus  der  Samm- 
lung der  Meisterlieder  der  Golmarer  Handschrift  (vgl.  Aus- 
gabe von  Bartsch,  Bibl.  d.  Stuttg.  litt.  Vereins,  1862,  Bd.  68, 
pag.  352  II  i  nid  504/5)  noch  ausschliesslich  die  Verwendung 


—   117   — 

ritterlicher  Anschauungen  erkennen,  wovon  das  eine  völlig 
die  Form  eines  Streitgespräches  zeigt,  das  andere  eine 
Herausforderung  zum  gesanglichen  Wettstreit  dar- 
stellt. Ich  gebe  vom  ersten  die  bezeichnendsten  Stellen, 
das  zweite  vollständig  hier  wieder  als  Einleitung  zu  den 
übrigen  Belegen. 

Nr.  LXI,  Der  kriec  von  Wirzburc.   Enthält  folgende 
Stellen : 

<  Ich  hän  ervarn  vil  manic  lant  al  umb  den  Rin: 

<  nu  hoere  ich  sagn  wie  hie  die  besten  singer  sin. 
find  ich  ir  einen,  der  läz  an  mir  werden  schin 

«mit    gesanc    sin    lioechste    kunst:    lä    sehen,    mag   ich  ge- 
liehen. 
«Hat  er  die  kunst,  lä  hoeren  wer  der  beste  si, 
«ob  ich  irn  mit  gesange  müge  komen  bi. 
«stän  ich  im  abe,  so  mag  er  gar  wol  sprechen  phi; 
«so  wirt  im  daz  lop  gegeben  und  muoz  ich  im  entwichen. 
«Nu  wol  an  daz  got  unser  müeze  walten.»     v.  14 — 22. 
« lä  sehen  ob  ein  frömder  gast  den  pris  hie  müge  behalten.»  v.  26. 
«Durch  mines  liebes  willen  wil  ich  heben  an, 
«durch  mines  liebes  willen  wil  ich  fr  6  best  an, 
«  durch  mines  liebes  willen,  wer  nimt  sich   singens   an? 
«durch  mines  liebes  willen  si   ein  kreuzel  üz   gehangen. 
*  Ist  ieinan  hie  der  mir  daz  abe  genemen  tar, 
«der  wirt  von  mir  bestanden,  sage  ich  iueh  für  war. 
« ir  merker,  merkent  alle  glich  an  diser  schar, 
«ich  halte  tretzeclichen  hie  üf  minem  ros  ze  brangen. 
«Die  junefroun  hänt  mir  minen  heim  verbunden, 
«min  sper  hän  ich  geneiget  über  schiltes  rant. 
«nu  dar,  lä  sehen  ob  mir  ein  singer  werde  bekant 
«den  sines  herzen  frowe  habe  ze  mir  gesant: 
«  er  wirt  von  mir  bestanden  hie,  sag  ich  in  kurzen  stunden». 

v.  27—39. 
«Nu  hoer  ich  wol,  man  wil  gesanges  gein  mir  phlegen. 

ir  merker.  merkent,  sanges  hän  ich  mich  erwegen. 
«mich  heischet  üz  gar  üppeclich  ein  stolzer  degen. 
«er  hat  verbunden  sinen  heim  und  neigt  sin  sper  mit  schalle. 
«Nu  sin  wir  al  durch  kurzewile  her  bekomen: 
«wir  sullen  froelich  sin,  daz  mag  uns  wol  gefromen, 
« mit  hübschen  zühten,  aller  kriec  si  üz  genomen. 
«wir  singen  gein  ein  ander  hie,  lä  sehen  wer  du  valle! 


—    118   — 

«Kanstu  gesanc  und  rehte  kunst  bewisen, 
«wir  sullen  gein  ein  ander  ziehen  üf  daz  wal. 
«bistuz  her  Gäwin,  so  bin  ichz  her  Parzifäl. 
«lä  sehen  wer  under  uns  ersinge  hie  den  Gral, 
«und  wer  mit  kunst  behalte  hie  daz  in  die  merker  prisen». 

v.  40—52. 
«Wir  sullen  kurzewiln  und  sullen  froelich  sin. 
«durch  kurzewile  wel  wir  ziehen  an  den  Rin 
«ze  liebe  und  dienst  der  üzerwelten  frouwen  min 
«die    mich    so    friuntlich  singen    bat  durch    aller    frouwen 

güete».     v.  53 — 56. 
«Ich  wil  ir  gern  mit  mim  gesanc  hofieren, 
«durch  iren  willen  ziehen  fr  11  ich  in  den  rinc. 
«halt  üz,  läz  varn,  ez  komt  ein  stolzer  jungelinc. 
« swer  mit  mir  singen  welle,  der  heb  üf  und  dring, 
«und    singt   er   mir  ein   niuvvez   liet,    ich   danke  es   im  vil  schiere». 

v.  61—65. 
«Ich  Frouwenlop,  durch  frouwen  ere  kom  ich  her. 
«swer  singen  wil,  ich  füer  ein  schilt  und  ouch  ein  sper. 
« durch  frouwen  ere  var  ich  in  dem  lande  entwer : 
«swä  man  ir  wir  de  erstriten  sol,  da  bin  ich  ie  der  eine, 
«durch  frouwen  ere  halt  ich  hie  üf  dieser  ban, 
«durch  frouwen  ere  lege  ich  mine  wäfen  an, 
«durch  frouwen  ere  hän  ich  ie  daz  beste  getan, 
«durch  frouwen  er  bind  ich  den  heim:   in  triuwen  ich  sie  meine. 
«Ir  edel  kiusche  füer  ich  an  mim  schilde, 
«ir  reinikeit  füer  ich  an  minem  wäpen  hin. 
«halt  üz,  läz  varn  durch  willen  schoener  frouwen  fin. 
«nu  dar,  lä  sehen,  wer  wil  der  ander  kempfe  sin? 
<  die  frouwen  hänt  ie  guot  getan,  sie  sint  an  fugenden  milde  ».  v.  66 — 78. 
«Ich  Regenboge  wil  hie  der  ander  kempfe  wesen: 
«und  wil  ez  got,    so  trüwe  ich  vor  iuch  wol  genesen,  v.  79/80. 

« Ez  ist  umb  sus  dazwir  hiewider  ein  ander  streben,» v.  83. 

«Ich  Frouwenlop,  in  frouwen  ere  ich  wil  bestän. »     v.  92. 
«erst  saelic  der  den  frouwen  hie  daz  beste  tuot. »     v.  102. 
«Ich  Regenboge,  mins  krieges  ich  niht  abe  län. »     v.  157. 
« Ir  Frouwenlop,  vom  kriege  sult  ir  wenden.»     v.  165. 
« Her  Regenboge,  ir  grift  in  höher  sinne  kür 
«und  ziehent  mir  gar  frömde  meister schaff  her  für. 
«  ob  ich  den  werden  frowen  ir  höhez  lop  verlür, 
«ewoltich  singen  üf  einn  kriecwidr  aller  meister  munde.» 

v.  222—225. 
«Her  Frouwenlop,  ir  müezet  läzen  mir  den  pris,» v.  235. 


—   119  — 

« daz  sprich  ich  wol  und  wilz  beswern  üf  minen  eit, » v.  244. 

«her  Frouwenlop,  ich  wilz  beweren  und  ist  ouch  war:»  v.  272. 

No.  CXXXIII.    Ein  fürwurf  im  Brennenberger: 

1.  «Nu  binde  ich  üf:  ist  ieman  hie  der  rilen  sol 

«üf    glenten    rossen   und   sim    liep   ein   niuwez    sper   wil 

brechen 
«In  swinder  just,  mit  dem  so  waer  mir  also  wol. 
«üf  der  wale  sol  sich  nieman  mit  keinem  alten  rechen. 
«Gein  dem  so  füer  ich  minen  van, 

«der  under  sol  wir  einz  verjagen  hie  mit  cluogen  worten 
«und  stapfen  üf  gesanges  ban, 

«daz  man  von  uns  hie  müge  gesagen  wol  an  allen  orten, 
«er  füer  ein  wäfen  daz  von  reht  sprech  ,nim  in  dan\ 
«üf  glenten  rossen  ritet  manic  biderman. 
«geswinder  juste  er  mich  üf  dem  ringe  gewer. 
«si   im   ouch   kunt   umb   niwe   getiht,   der   sol   ouch   gein 

mir  treten  her.»    v.  1 — 12. 

2.  «Saeh  ich  den  an  den  schoener  frouwen  tugent  jeit 

«und  iren  minniclichen  gruoz  gewinn  mit  hübeschen  sitten! 
« Diu  zarte  hat  mich  tugentlichen  an  geleit 
« selber  mit  irer  wizen  hant  und  macht  mich  wol  geritten. 
« Mir  lech  ein  ros  diu  tugentrich. 

«sie    sprach,     ,wiltu     ze     schimpfe    varn,    so    muost    dich 

selber  decken, 
«ich  wilz  verdienen  umbe  dich: 

« des  muotes  solt  niht  wesen  arn  und  läz  dich  niht   erschrecken'. 
« des  was  ich  frö,  ich  sluocz  ir  in  ir  wize  hant 
«und  sprach  also,  min  staete  triwe  si  dir  ein  pfant: 
«din  ros  ich  cleide  undr  einer  decke,  diu  ist  ganz: 
« swä  man   sie   für   den   frouwen   füert,  da  muoz  sie  geben  riehen 

glänz1. »    v.  13 — 24. 

3.  «Frouwen  hant  min  ros  bedecket  undr  ir  zuht: 

«wer  gesach  ie  kein  richer  decke  üf  gesanges  juste? 

« Möht  ich  geloben  wol  die  höchgelopten  fruht, 

« der  frouwen  tihten  lop  und  er,  wie  wol  mich  des  gelüste ! 

«  Üf  frouwen  tröst  ich  üz  gereit, 

«al  mit  ge sänge  üf  den  ring  so  wil  ich  mich  bereiten. 

« wizzent,  ir  lop  ich  nie  vermeit, 

« sie  biten  got  daz  mir  geling,  ich  var  in  irm  geleite. 

«der  frouwen  ere  füere  ich  gerne  an  minem  schilt 

«und  lobe  sie  ser  swaz  meister  joch  gein  mir  gezilt. 


—   12()  — 

«al  mit  gesange  so  wil  ich  ir  kempfe  sin: 
«  s  w  ä    man   k  u  n  s  t   g  e*  p  r  ü  e  v  e  n   k  a  n ,    behalte    ich   \v  o  1    den 

satel  min. »    v.  25 — 3(5. 

Sodana  noch  einige  Einzelstellen,  ebenfalls  der  Col- 
marer  Handschrift  der  Meisterlieder  entnommen;  so  heisst 
es  z.  B.  45,  19/20: 

«ein  schirmemeister  schiere  siht 
«wä  man  blöz  wehselt  oder  niht. » 

Ferner  sind  zu  vergleichen  die  Nr.  XLI— XLIII  und 
LXXXIX  (Bartsch,  pag.  310—313,  421)  mit  folgenden 
Stellen : 

«Du  sagst  mir  vil  von  dinen  schirmsiegen. 

«die  kan  ich  dir  geheben  und  gelegen, 

«mit  miner  künste  buckeler  wil  ich  die  streiche  enpfähen. 

«Laest  du  der  künste  svvert  her  gein  mir  swingen, 

»ich  wis  dir  abe  mit  miner  scharpfen  clingen; 

« doch  rate  ich  dir  in  triuwen  ganz,  du  solt  dich  niht  vergällen. »  (XLI.) 

«Ich  füere  ein  swert,  daz  sol  mir  nieman  strafen, 

«daz  ist  genant  und  heizt  der  künste  wäfen, 

«ez  ist  ze  allen  orten  ganz,  in  rehter  lenge  gemezzen. 

«Da  mite  wil  ich  der  künste  barant  houwen. 

«ist  iemen  hie  der  daz  well  ane  schouwen. 

«  der  vindet  des  sin  herze  begert,  ich  wil  sin  niht  vergezzen, , 

—  « so  gibe  ich  im  der  künste  swert  in  sine  hant, » (XLII.) 

....«ir    künnent    vil  der    schirmeslege,    die    wil    ich   under- 

brechen. 
«Dar  umb  so  kum  ich  her  an  disen  anger, 
«in  iuwer  künste  schuole,  und  bei t  niht  langer, 
«wer  rüert  mir  an  daz  crenzelin?  daz  wil  ich  an  im  rechen. 
«Ich  hoer  von  iu,  ir  künnen  vil. 
«  des  manger  niht  gelouben  wil 

«  an  iuwer  künste  wafen. » (XLIII.) 

«so  wolt  ichz  herschelichen  wägen 

«und  zerbrechen  der  künste  swert  (Variante:  d.  künste  sper) 
«AI  durch  den  liebsten  buolen  min.» (LXXXIX.) 

Es  mögen  noch  weitere  Zeugnisse  aus  den  «Meister- 
gesängen des  XV.  Jahrhunderts  >>,  wiedergegeben  vonA.Holtz- 
mann  (vgl.  Pfeiffer's  Germania,  Bd.  III  [1858],  pag.  3101T.), 
hier   beigefügt  werden,    zunächst  wiederum   ein  zusammen- 


—    121    — 

hängendes  Stück,  das  zahlreiche  Ausdrücke,  wie  sie  in  den 
Fechtschulen  üblich  waren,  enthält,  sodann  einzelne  kleinere 
Stellen  mit  ebensolchen  oder  ähnlichen  Wendungen. 
Fol.  52.  in  dem  langen  Manier  Don : 

1.  «Da  ich  was  jung  und  darzuo  ciain,  da  facht  mich  singen  an. 
«da  lernet  ichs  on  alles  nain,   das  ich  doch  sein  ein  wenig  kan. 

»wa  man  ficht  mit  meistergesang, 

«maines  schulrecht  ich  mich  nicht  schem 
«In  meiner  mas  so  fircht  ichkain,  den  oberha(w)  ich  han, 
«mit   gutem  gsang    as   ich  es    main,    damit    wer  ich    mich 

genn  aim  man. 

«versetze  kan  ich  kurz  und  lang 

«darmit  ich  aim  sein  schlege  dem. 
«Ob  mir  dann  ainer  kom  so  nach,  das  er  mich  ubertrung 
«aus  seinen  schlügen  hind er  mich  so  tet  ich  ainen  sprung, 
«ja  ich  s  a  m  mich  n  i  t  lang, 

«das    er  mir  hart    entweiche    mag,    wie    bald    ich    wider 

auf  in  gang, 
«mit  schlegen  die  seind  meisterlich  als  ich  gel  er  et  han. 
«icn  sich  in  an.  gar  freliche  den  selben  man. 
«so  tratzigclich  ich  vor  im  stan, 

«ich   lig   im  Wechsel   wen  ich   wil,    das   er  mir    hart  ent- 
weiche kan. 
«mein  aufstreiche  das  tut  im  zwang. 

«darmit  ich  mange  wilde  zem«. 

2.  «Ich  bin  ain  singer  das  ist  war,  ich  han  es  oft  bewert. 

«ich    vicht    wol    ainem    maister    vor,    wo   er   auch   eines 

knechts  begert. 
«und  kum  er  mit  mir  auf  ain  schür 
«mit  gsang  so  wolt  wir  wol  beston. 

«Etlicher  spricht,  ich  sey  ain  tor,     wie  ich  sing  heur  als  vert, 
«mein  rure  die  gand  nit  enbor.  die  ich  schlag  mitgesanges 

schwert. 
«setz  sich  der  maister  auf  ain  stul, 
«drey  geng  mag  ich  wol  für  in  ton. 

«Ob  sich  da  ainer  hinnewer,dermaintichhetnitkunst, 
« et  e  r  s  e  1  b  i  g  n  i  m  s  e  i  n  s  c  h  w  e  r  t  u  n  d  h  e  b  s  gen  mir  in  i  t  g  u  n  s  t , 
«das  mein  heb  ich  auch  auf. 
«mir  welle  abenteure  hie;    geselle    mein,    schlag    frelich 

trauf 
«hie  mit  gesang  gar  maisterlich,  doch  das  es  nit  we  tut, 
«on  arge  mut,  die  selbig  schleg  sind  also  gut. 


—    122   — 

«sy  machen  weder  wund  noch  plut. 

«da  tarf  es  wol  sin  und  Vernunft,  das  er  sich  selber  hab 

in  hut. 

«ob  im  sein  schwert  auf  mich  enpful, 

«sein  tet  da  spotte  jeder  man». 
3.    «Manger  verachtet  ainen  man,  wan  er  in  erst  ansieht. 

«er  waist  nit  was   er  inne  kan.  das  selbig  mir   auch  oft 

beschicht. 

«mein  schwert  han  ich  auf  in  gewetzt, 

«nun  shawe  zu,  arm  und  reich. 

«Mich  dunckt  ainer  well  mich  bestan.  das  acht  ich  sicher 

n  icht. 

«mein   schwert   das   hat   mich   nie   Verlan,    das   ist  mein 

zung  in  maisterticht. 

«sy  habe  mich  kain  halb  geletzt, 

«und  die  sich  mir  schätzten  geleich. 

«In  den  vier  weren  bin  ich  gut,  und  die  ich  da  bestim 

«singt  er  von  got,  die  were  ich  auch  zu  mir  nim. 

«singt  er  von  ainer  rainen  mait, 

«und  die  da  wont  im  höchste  tron.  ir  hilf  kaim  sinder  nit  versait, 

«die  die  die  ist  auch  wol  mein  fug,  ich  wil  mit  ir  hinschern. 

«singt  er  dan  gern,  wie  an  dem  himel  stand  die  stern, 

«das  selbig  las  er  mich  auch  hern. 

«ob  er  uns  singt  von  der  kretaur,  das  mag  ich  in  auch  wol  gewern. 

«heb  auf,  ich  hab  nider  gesetzt. 

«mit  gsanges  schwert  ich  von  mir  streich».    (Germania  III. 

pag.  319/20.) 

«Hie   heb'   ich   an   ich   Michel   Behamere   und   tiht   in   meinem 

langen  dan».     (p.  310.) 

«waz  uffeinander  swinget, 

«daz  es  mit  reimen  widerclinget, 

«lobt  man  für  daz  daz  sich  verborgenlichen  zwinget».     (310). 
Pag.  311  ist  von  einem  Liede  die  Bezeichnung   «in  der  Slagweis» 
gebraucht. 

« ob  es  dir  eben  sei, 

«so  trit  den  rei!  herbei,   wann  ich  dir  nit  wil  weichen».     (311). 
«er  let  auf  sich  der  kunsten  berck;  sein  kempfen  und  sein  streiften 

«im  selb  nit  hailes  gan» (315). 

«der    trit    wol    an    der    m  e  i  s  t  e  r    tanz,    da    man    die    singer 

breiset».  (316). 
« A  i  n  kränz  von  rotten  rosen  schien, 
«gebunden  fein  mit  seide  grien. 

«wer  mir  den  abgewinnen  kan,  des  lob  des  wil  ich  zieren 
«Mit  worten  gut  an  manger  stat»,.  .  .(316). 


—    123   — 

«Ich  nim  ze  hilf  ain  raine  mait  und   mis   die   hoch   die   tief 

die  weit  die  hreit, 
«so  mag  mir  meinen  heim  auch  kainr  verseren. 
«Nu  hert  warumb  gieng  ich  ze  schul,  das  ich  wolt  sechen  wie 

man  hielt  der  maister  stul,»  (317). 
«Nun  wel  ich  geren  ru  han,  so  her   ich   wol,    mich   muttet   ainer 

singens  an, 
«mit  seinem  gsang  wil  er  mich  hie  vertreibe»  (318). 
«dein  sin  sind  dir  verhawen, .... 

«Des  halt  ich  hie  gar  drutzikleich  gein   dir  auf  diser  pan. 
«und  rnust  auch  mir  gar  lästerlich  entweichen.»  (322). 

« hüt    dich,    ich    wil    dich   rüren, 

«und   dein  geschrey  mach  ich  dir  hie  ze  nichte.»  (322.) 

« dazu  bey  deinen  tagen 

«pist  gewesen  ane  wer 

«pey  hübschen  gesang  so  kluge.»  ....  (322). 

«Ach  heri  got  ich  hab  gesungen  also  lange, 

«ich  pin  warn  schwach  und  beger  der  stangen, 

«denn  mein  geleichen  thun  ich  hie  finden. 

«In  seinen  künsten  ist  er  also  veste, 

«er  lebt  nit  zwar  der  in  nit  mug  verdringen.»     (322). 
«Ich  hab...  vor  manchem  klugen  singer  woll  bestanden, 
«so  kumet  ainer  und  will  mich  hie  verdre,iben.»     (322). 
«wol  her  an  mich,  wir  wein  uns  pas  versuchen.»     (323). 

« ich  sing  dich  dem  wirt  wol  unter  die  pank.»     (323). 

«so  dret  er  frölich  auf  den  plan»,  ....  (323). 

« W  o  1  a  n  der  singen  wolle,.... 

«der  las  hören  sein  geschelle  herestreichen  in  disen  rink, 

«es  wird  gemessen  wol.»     (323). 

«so  bleibt  ir  lob  von  mir  schon  unverhawen.»     (324). 

«ich  wil  in  schänden  noch  nit  von  im  weichen.»     (324). 

«Ist  imandt  hie  der  mit  mir  singen  welle,»  ....  (325). 

« das  ist  beruren  den  grünt. 

«wol  der  mir  mit  seim  gesang  wil  nahen,  ich  wil   in  schon 

enpfahen.»     (325). 
«Ich  wil  gar  frelich  heben  an   mit   meiner   kunst   auf  diser 

pan.»     (326). 

2  Gesänge  Michel  Beheims   Cod.  312,   Fol.   44   sind 
überschrieben  : 

«Wie  ein  Singer  den  Andern  vordert.»  und: 

«Disist  ein  Antwort  so  ein  Singer  den  Andern  mit  Singen  vordert.» 

«Mit  dem  wil  ich 


—    124    — 

«nach  huld  und  gnnst  uf  diser  wal 
»hie  singen  lüstiglich. 

Ist  hie  kein  man  der  singen  kann  der  s  o  1  her  eilen 
«uff  schnellem  just  nach  herze  nlust   well    wir  kürz  weilen. 
«Wol  zu  her  schir 
«uf  diser  ban,  ich  bin  gerust 
«heb  an  und  antwürt  mir.»     (327). 

«gut  gesell  wol  her,  du   bist   mir  mer,  und  kumst  mir  eben. 
«Ich  aht  ein  cleins,  daz  wir  hie   eins  umbs  ander  geben... 
«....  üis  leg  wir  hin 
«und  heben  an,  und  loben  got 
«und  auch  die  muter  sein.»     (328). 
«Ein  meister  der  gesanges  schul  wil  halten 
«und  der  sol  haben  schuler  jung  mit  alten 
«so  mag  er  wol  gesanges  fan  u fstecken.»  (Germania  V.  pag.  211.) 

Sodann  noch  einige  Liederanfänge  aus  der  Wiltener 
Meistersängerhandschrift  (herausgenommen  aus  der  Be- 
sprechung derselben  von  Dr.  J.  Zingerle.  Wien  1861. 
Sitz.-Ber.  Bd.  37.  H.  4.),  welche  eine  ähnliche  Behandlung 
ihres  Stoffes  nach  den  früher  erwähnten  Gesichtspunkten 
vermuten  lassen. 
«Ich  Regenpogen  ich  wil  der  annder  kempfer  wesen.»  69.  a. 

(pag.  401.) 
«Wie  hör  ich  wol,  man  wil  gesanges  mit  mir  pflegen.»  68  b.  (397.) 

<Stadeckh  vnd  in  turney» 101a.     (397.) 

«Ist  yemand  hie  der  singen  well.»     18b.     (399.) 

«Dw  sprichst  dw  seyst  ain  maister  hie.»     28b.     (402.) 

«Wer  kemphen  well  in  ainem  ringe.»     156b.     (403.) 

Im    Anschlüsse   daran   mögen   noch   eine    Anzahl    von 
Stellen  aus  der  Litteratur  der  betreffenden  Zeit  Platz  finden, 
welche    teils   weitere  Ausdrücke   aus   dem  Fechtschulwesen 
aufweisen,  teils  absichtliche  oder  auch  unbewusste  Anspielun- 
gen auf  diese  Verhältnisse  enthalten.     So  haben  wir  z.  B.  im 
Liederbuch  der  Clara  Hätzlerin  (Ed.  Haltaus,  Leipzig  1840.) 
folgende  Wendungen  vertreten  : 
«Geschieht  das  in  der  schirmer  weis?»  II.  72,   II"). 
«Der  raicht  Jm  ainen  spiesz, 
«Er  focht  als  ain  zornig  fyesz 
«Vnd  wundet  siben  vf  den  tod.»  II.  67.  369—371. 
und  sol  der  kries  noch  lenser  weren, 


—    125   — 

«so  werden  zwar  die  stangen  geren 

«Die  stat  an  allen  ennden.»  I,  29,  103—105. 

«Nun  beger  ich  recht  der  stang 

«Sein  frümmkait  hat  mir  angesigt.»  II,  3,  174/5. 

«Sy  sprach:  hör  uff,  ich  ger  der  stangen, 

«Dir  wirt,  das  chainer  möcht  erlangen. 

«Deine  wort  hand  mich  durchwaicht, 

«Deine  zung  hat  so  süss  geschmaicht 

«Mit  worten  hübsch  und  suptil, 

«Das  ich  mich  dir  ergeben  wil,»  etc.  II,  76,  69—74. 

«Komm  ich  Jm  an  die  stangen, 

«Den  palg  hab  ich  verlorn!»  I,  21,  19/20. 

«Ain  stuck  das  haiszt  die  Eysenpfort, 

«Darusz  vicht  man  ymm  schranck; 

«Ich  sorg,  dein  perswert  sey  ze  krank, 

«Es  präch,  so  es  amm  pesten  sey. 

«Ich  sprach:  der  kunst  bin  ich  frey, 

Man  lerts  mich  nach  den  newen  sitten.»  II,  72,  148—153. 
«Wie  wol  ich  lang  geuochten  hab, 
«So  ist  mein  perswert  nit  entzway. 
«Sy  sprach:  entraun,  das  war  der  May! 
«Ist  dir  dein  perswert  pliben  gantz. 
«Du  hast  geuochten  manigen  rantz, 
«Das  es  pillich  verschlissen  war. 
«Die  siben  hew  sind  dir  ze  swär, 
«Vermagst  du  drey,  das  tuo  mir  kunt.»  II,  72,  166 — 173. 

ich  wolt  mit  ir  nicht  rangen,  ob  sy  mich  lieblich  überrung; 
«czwar  ich  begert  der  stangen: 
«wann  mir  gepeüt  die  lieb,  dy  rain.»     Hoff  mann 's   Fundgr.   I,  336, 

33—35. 
Ende  si  mijn  schermschilt  moet  sijn»  ....  Altd.  Blätter  II,  270. 
«es  dröut  mit  worten  manig  man, 

der  doch  wening  schirmen  kan.»  Boner's  Edelstein,  Fab.  XXIX, 

23/24. 
«und  fechten  gleich   alsz   hetten   sie   schon   den   himel   er- 
stritten, waz  aber  ihre  lame  schirmstreiche  sein,  be- 
«weisen  jre  fruchte.»    Amandus  wye  eyn  geistl.  ritter  streytten 
soll, 
«denn  wenn  sy  (die  weiber)    mit   dem    schirmstreich   kummen, 

so  heisst's  den  gouch    vom  nest  genummen.»      Murner,    Gcäuchmatt, 

vgl.  Kloster  8,  955. 
«sobald   sy   kummendt   mit   den   schirmstreichen.»      Ebenda 

Kloster  8,  958. 


—  126  — 

«ein  weisz  mann  soll  gerüstet  sein 

«wie  ein  kempffer,  welcher  allein 

«gerüstet  steht  auff  dem  kampffplatz 

«mit  hämisch  und  schwerd  zu  dem  hatz, 

«das  er  die  schirmenstreich  auff  fach 

«einem  jeden  der  auff  in  schlach. »     H.  Sachs  (1570),  2-,  2,  85a. 

«ein  schirmer  und  ein  vorvehter  des  volkes.»  Griesh.  Pred.  2, 2 1 . 

«mit  worten  treib  er  sein  parat.»     Kalenberger  1557. 

«der  monnich  auf  die  canzel  trat 

«und  macht  sein  gleissnerisch  parat.»    H.  Sachs  (1560),  4,  3,  83. 

«nu  kument  schelten  trüllen  triegen 

«effen  gumpeln  unde  liegen 

«mit  pärät,  als  ein  gumpelman, 

«der  niwan  leicherie  kan.»     Jüngling,  v.  997 — 1000. 

«wenn  er  ein  parat  machet  mit  seinem  ....  schwert.» 

D.  Städtechron.  10,  166,  8. 
«mit  schirmen  wer  ich  wol  so  glenk. 
«das  ich  ein  parat  hin  verhieb, 

«das  kein  kandel  am  kandelpret  plieb.»       Keller1  s    Fastnacht- 
spiele 252,  17 — 19. 
«Mein  schirmschleg  die  haben  kraft. 
«Darumb  mich  niemant  tar  best  an. 
«Ich  wolt  euch  gern  ein  barat  sehen  lan, 
«so  hab  ich  übergriffen  mein  haut, 
«Do  ich  heut  an  wolt  legen  mein  gewant, 
«Das  ich  es  iezund  nit  volbringen  mag, 
«Ich  wolt  denn  peiten  acht  tag.»     Ebenda  363,  14  —  20. 
«nun  aber  zuo  disem  meinem    schuolrecht    hab    ich  euch  für 

«mein  aufheben  zum  richter  und  grieszwertel  erweit.» 

Frank,  Sprichw.  Vorr.  4  a. 
«ein  aufheben  thuon  oder  das  erst  schuolrecht  thuon.» 

Ebenda  1,  Ib. 
«man    tregt   ihn   zwei   fechtschwerder    entgegen,    Bechtmg 

«nimmt  eins,    macht  ein  aufhebents,   gibt   dem   jungen 

«auch  eins,  thun  ein  gang  zusammen.»     Ayrer  201  d. 
«und  wider  zu  seiner  kreuzstangen,   mit   der   macht  er  ein 

«aufhebens  und  satzt  sich  wider  zu  pferd.» 

Fischart's  Garg.-  253  a. 

Stieler  806  sagt:  «in  arte  pugillatoria  est  colli- 
gere  arma  cum  ceremoniis  quibusdam,  quod  dieunt, 
ein  aufhebens  machen.»  Grimm's  DWB.  I,  667/8  gibt 
unter  , Aufheben'  4)  «aufheben,  praeludium,  ein  Fechter- 


—    127    - 

ausdruck,  das  Gefecht  begann  mit  Vorspiel»,  und 
ebenda  653  erklärte  es  tAufgehebe'  als  «Aufheben  der 
Schwerter,  Beginn  der  Fechterstreiche  bei  den 
Klopffechtern».  So  sagt  z.  B.  Logau,  der  seine  Bilder 
öfters  diesem  Gebiete  entnimmt: 

«was  man  auch  der  Gicht  immer  Schuld  gleich  gebe, 

«ist  sie  fechtrisch  doch,  macht  manch  Aufgehebe.»  3,7,23/4 

Diesem  Begriffe  entspricht  bei  den  Meistersingern  der 
des  Schulrechtes,  von  dem  an  verschiedenen  Orten  bei 
diesen  die  Rede  ist;  so  heisst  es  z.  B.  in  F.  206:  «Welcher 
«um  die  Krön  und  Gelt  singen  will,  der  thue  vorhin  ein 
Schulrecht»,  und  in  der  Colmarer  Schulordnung  (vgl. 
Alsatia  1873/4,  pag.  106)  «.  .  .  .  von  jedem  singer  ein 
schuolrecht».  Vgl.  Plate,  Kunstausdrücke  der  Meister- 
singer, Strassburger  Studien,  Bd.  III,  pag.  167,  der  ebenda 
pag.  165,  182  auch  noch  auf  einige  andere  Parallelaus- 
drücke hinweist. 

«dorumb  müszen  wir  tun  ein  genglein, 

«und  triff  ich  dich    mit    meinem  stenglein»   .... 

Fastn.  Sp.  855,  10/11. 
»so  fechtend  wir  usz  fryem  muot 

«ein  gengly  zwei  dry  mit  dem  schwert.»     Trag.  Joh.  Q.  7. 
«ein  genglein  will  ich  wagen 
«von  wegen  aller  frauen, 

«kumm  her,  ich  will  dir  zwagen!»     Ayrer,  Singsp.  167  a. 
«der  Teutsche  weicht  um  was,  verführt  den  Fechtgesellen 

«zum  fehlhiew.»     Rompier  105. 
«blinde  schirmstreich  fechten.»     Bienenkorb  158a. 
«da  er  nun  fast  hett  umbgeschwermt, 

«und  für  den  blinden  gnug  geschermt.»     Waldis  3,  100. 
«das  parat  uud  beraitschlag.»     Fischart,  Garg.  17a,  vergl.  188a 

« paratschwert». 
«den  Hilde brandsstreichsibenklafter  in  die  er  d,  des  Ecken 

«eckhaw,  des  Laurins  zwerkzug,  Fasolts  blindhaw.» 

Fisch.  Garg.  188b. 
«wie  ein  gut  fechtschwert  aus  des  unerfahrnen  henden,  so 

«das  schwert  nicht  kau  brauchen.»     Paracelsus  1,  331b. 
«mit  demütiger  bitte,  diese    abenteuerliche  fechtschul  einzu- 

«s teilen.»     Simpl.  Courage  c.  7. 


—    128   — 

«es  stinkt   in    der   fechtschule»    sprichwörtlich    für:     «es    steckt 

«etwas  Übles   dahinter,   die   Sache   geht   schief.»     Simrock  2316, 

(vgl.  Schindler  B.  W.  1,  509.) 
«praeambl  oder  praeludium,  das  vorfechten,  versuch  stuck.» 

Roth.  Dict.  (1571),  M.  8b. 
«wenn    die    fechter    ein    preambl   machen,    darein    sie    alle 

«sprüng  und  kunst stuck   bringen,    das   heisst   man   ein 

«parat.»     Roth,  Dict.  M.  Ib. 

Nacli  Grimm"s  DWB.VII,  2041  wird  der  Ausdruck  Präam- 
bel' auch  im  übertragenen  Sinne  vom  Wortgefechte  gebraucht, 
wie  aus  der  daselbst  angeführten  Stelle:  «ein  kleiner 
Scharmützel,  praeambel  und  praeludium.»  G.  Nigri- 
nus,  Beschlag  Q.  2a  hervorgeht.  Dazu  ist  bei  Grimm 
DWB.  VII,  2113  «Priamel,  entstellt  aus  Präambel»  zu  ver- 
gleichen mit  seinen  beiden  Bedeutungen:  1)  das  Vorspiel 
auf  einem  Tongerät,  das  Praeludium.  2)  ein  kurzes  volks- 
m  ä  s  s  i  g  e  s  S p  r  u  c  h g  e  d  i  c  h  t ,  in  welchem  mehrere  gleichartige 
oder  contrastierende  Sätze  auf  eine  bestimmte  Spitze  einer 
Betrachtung  hinauslaufen,  sie  gleichsam  vorbereiten  und 
das  Vorspiel  dazu  bilden.  Besonders  wichtig  für  uns  als 
Beleg  der  ersten  Erklärung  ist  aber  die  dort  angezogene 
Stelle  aus  Mone's  Anz.  f.  Kunde  d.  d.  Vorzeit,  1838,  Bd.  7, 
sp.  429:  «Ain  haerpfer  oder  spilman  hat  vier  aygenschaft, 
«des  ersten  macht  er  ain  preambel  oder  Vorlauf, 
«das  er  die  lewt  im  auf  ze  merkchen  bewege,  dar- 
nach macht  er  guet  underschidlich  tact  und  mensur,  das 
«er  die  vor  bewegten  frölich  und  unverdrossen  mache,  dar- 
«nach  begert  er  gäbe,  die  wärt  jm  gewondlich,  alz  er  gutes 
«oder  arges  gemacht  hat,  darnach  wehelt  er  die  gab.» 
(Wiener  Hs.  Jur.  civil.  Nr.  244,  bl.  162.) 

Mit  der  Betrachtung  der  zuletzt  angeführten  litterarischen 
Zeugnisse  für  verschiedene  der  Fechtersprache  angehörige 
Ausdrucksweisen  sind  wir  so  ganz  von  selbst  hinüber- 
geleitet worden  zu  dem  letzten  Punkte,  mit  dem  ich  mich 
hier  noch  etwas  eingehender  zu  befassen  habe,  zu  dem 
sprachlichen  Parallelismus,  der  zwischen  dem  Fechter- 
Ulm    und    dem    Spielmannswesen   besteht,    und    dessen 


—    129   — 

letzte,  wenn  auch  oft  kaum  mehr  bemerkte  oder  verstan- 
dene Spuren  sieh  in  vereinzelten,  meistens  volkstümlichen 
Sprachwendungen  bis  auf  unsere  heutigen  Tage  erhalten 
haben.  Gleich  im  Anschlüsse  an  die  zuletzt  aufgezeigte 
Gemeinsamkeit  des  Wortes  Präambel  oder  Priamel,  das  im 
einen  Falle  den  fechterischen  «Vorlauf >,  im  andern  das 
spielmännische  «vorspil  bezeichnete,  will  ich  noch 
auf  den  ursqrünglich  der  kriegerischen  Sprache  ange- 
hörigen,  dann  von  dieser  auf  das  dichterische  Gebiet 
übertragenen  Ausdruck  «Schwank»  hinweisen,  der  als 
mhd.  «swanc»  noch  Schwertstreich,  Fechterhieb' 
bedeutet  und  erst,  allmälig  die  weitere  Bedeutung  von 
«lustiger  Streich,  komische  Erzählung,  Posse  und 
possenhaftes  Schauspiel»  angenommen  hat.  Ganz  ab- 
gesehen von  all  den  kleinen  einzelnen  Beziehungen,  die 
sich  notwendig  und  einleuchtend  ergeben,  sobald  man  die 
litterarischen  Überlieferungen  der  Fechter  und  der  Meister- 
singer zusammen  ins  Auge  fasst,  mögen  hier  speciell  nur 
noch  einige  der  augenfälligsten  allgemeineren  Zusammen- 
hänge zwischen  beiden  erwähnt  werden;  von  diesen  aus 
soll  dann  noch  ein  kurzer  Blick  auf  die  bereits  erinnerten 
sprachlichen  Reste  derselben  geworfen  werden.  So  lassen 
sich  Ausdrücke  wie  « F e c h t s  c h u  1  e  und  Sing  s  chul e , 
Meisterfechter  und  Meistersinger,  Fechtmeister, 
Schirmmeister  und  Singermeister,  Parliet,  Bar  mit 
Paratswert,  Parade  a.  s.  w.  ohne  weiteres  in  Parallele 
setzen.  Ausserdem  finden  sich  eine  ganze  Reihe  von  Ausdrücken, 
die  auf  den  beiden  Gebieten  entweder  das  völlig  Entsprechende 
oder- wenigstens  ganz  etwas  Ähnliches  an  Ämtern,  Verrich- 
tungen und  Gebräuchen  bezeichnen.  So  die  Bezeichnungen: 
«  Schulhalter,  Schulrecht,  Geselle,  Befreiung,  Schul- 
zettel-, ferner:  «Schule  halten,  Schulrecht  tun,  das 
Beste  tun,  anheben,  angeloben,  approbieren,  be- 
freien etc.  Beiderseits  haben  wir  die  Sitte  des  «Prüfens» 
und  «Bewährens»  der  Jungen  durch  die  Alten  auf  Grund  eines 
Meisterstückes   in   Lied   oder   Hieb»,   ehe   dieselben 

9 


—   130  — 

die  «Meisterschaft»  in  ihrer  Kunst  und  die  mit  dieser 
verbundenen  Rechte  zugesprochen  erhalten  und  damit 
selbst  als  Leiter  oder  Inhaber  von  Singschulen  oder 
Fe  cht  schulen  und  als  Lehrmeister  für  jüngere 
Kunstfreunde  auftreten  können.  Beiderseits  finden  wir  den 
Wettstreit  der  Einzelnen  um  den  ehrenden  Kranz  oder 
eine  oft  wohl  noch  willkommenere  Geldspende  sich  voll- 
ziehen. Beide  Schulen  linden  sieh  in  einer  Anzahl  gleicher 
Städte,  durch  das  gleiche  Handwerk,  besonders  die  Kürsch- 
ner, vertreten,  sie  finden  an  den  gleichen  Orten  und  in 
den  gleichen  Gebäulichkeiten,  zu  den  gleichen  Jahres-, 
Wochen-  und  Tageszeiten,  mit  Vorliebe  an  hohen  Festtagen 
und  bei  Anlass  grosser  Festlichkeiten  oder  bei  Anwesenheit 
von  hohen  weltlichen  und  geistlichen  Fürsten  statt.  Beide 
Künste  sind  volkstümlich  und  beliebt,  sie  werden  mit  könig- 
lichen Privilegien  und  Rechten,  mit  Gaben  und  Wappen- 
verleihungen ausgezeichnet.  Beide  haben  ihre  eigenen 
Satzungen  und  Verordnungen,  ihre  eigene  Sprache  und  Dich- 
tung, eine  eigene,  zunftmässige  Organisation;  diese  lassen 
erkennen,  dass  Aulkommen,  Blütezeit  und  Verfall  bei  beiden 
ungefähr  in  den  gleichen  Zeiträumen  sich  vollzieht  und  dass 
sie  in  der  gleichen  Abhängigkeit  vom  allgemeinen  geschicht- 
lichen Entwicklungsgange  der  Dinge  stellen.  Beide  haben 
endlich  gleichartige  Reste  und  Spuren  in  Sprache  und  Volks- 
leben bis  auf  unsere  Zeil  hinterlassen  —  wie  sie  auch  in 
ihren  letzten,  heruntergekommenen  Vertretern,  den  Typen 
des  fahrenden  Volkes  der  Neuzeit,  ein  gemeinsames  Wander- 
und Gaunerleben  führen  -  und  beide  sind  vermöge  ihres 
ehrwürdigen  Alters  und  ihrer  langen  Entwicklungsgeschichte 
zu  bedeutenden  und  wichtigen  Bestandteilen  im  Leben  des 
deutschen  Volkes  und  seiner  Sprache  geworden  und  darum 
als  ein  nicht  wertloser  und  zum  Verständnisse  der  allge- 
meinen Geschichte  menschlicher  Cultur  notwendiger  Factor 
zu  betrachten.  Für  den  allgemeinen  grossen  Zusammenhang 
aller  Vertreter  dieser  Stände  und  Berufsarten  unter  sich 
mag  auch   noch   der   umstand   sprechen,  dass  wir  nicht  nur 


—    131    — 

in  verschiedenen  Ländern  und  Zeiten  die  gleichen  Organisa- 
tionen, sondern  dafür  meistens  auch  die  gleichen  Namen, 
für  deren  Ämter  die  gleichen  Titel  antreffen.  So  haben 
wir  einerseits  das  «Pfeifferkönigtum»,  andererseits  die 
«Brüderschaften  und  Confreries»,  wir  haben  einen 
«Pfeifferkönig,  Spielleutekönig,  Spilgraven»,  einen 
«rex  ministellorum » ,  rex  ribaldorum'  (beim  Heer- 
wesen), einen  roy  des  Menestrels1,  roy  d' armes,  roy 
des  heraults,  prince  du  Puy  etc.,  ähnlich  wie  im  Städte- 
wesen etwa  einen  Bettelvogt  und  Hurenweibel  oder 
bei  den  besonderen  Schützern  unterstellten  Gewerben  einen 
Inhaber  des  Kesslerlehens,  und  bei  den  erhaltenen 
Schwerttanzüberlieferungen  ist  auch  einmal  von  einem 
Schwertkönig  die  Rede:  all  dies  mag  wohl  auf  einen 
inneren,  weite  Gebiete  umfassenden  Zusammenhang  gleicher 
Lebensanschauung  und  gleicher  socialer  Verhältnisse  hin- 
deuten, den  ich  mich  freilich  hier  nur  in  grossen  Umrissen 
vorzuzeichnen  begnügen  muss. 

Gehen  wir  nunmehr  noch  etwas  auf  die  einzelnen, 
gemeinsamen  Spracherscheinungen  bei  den  beiden 
Ständen  ein,  so  fällt  uns  bei  den  Spielleuten  und  fahrenden 
Sängern  schon  sehr  frühe,  bei  den  Fechtern  erst  in  späterer 
Zeit,  wohl  im'  Zusammenhange  mit  eben  dieser  Gewohn- 
heit der  Handwerker  und  Gewerbetreibenden,  der  Ge- 
brauch von  gewissen  Eigennamen  auf,  welche 
dazu  dienten,  ihren  Träger  als  Vertreter  einer  bestimmten 
Kunst  oder  eines  besonderen  Standes  kenntlich  zu  machen, 
und  seinen  wahren  Namen  wohl  meistens  sehr  rasch  ver- 
gessen Hessen.  So  sind  zunächst  für  die  Sänger,  Dichter, 
Spielleute  und  Fahrenden  etwa  folgende  Namen  zu  er- 
wähnen, die  alle  irgend  eine  Beziehung  auf  ihre  Kunst 
oder  ihren  Stand  erkennen  lassen:  Traugemund  (nach 
Wackernagel  aus  Dragoman  (Turcomannus!)  Dolmetscher 
entstanden),  Warmund,  Irregang,  Girregar,  Frauen- 
lob, Singuf  (=  sing1  auf),  Regenbogen  (=  Reg'  den 
Bogen  zum  Aufspielen  eines  Liedes),  Suchensinn  (Such'  den 

!)* 


—    132   — 

Sinn),  Freidank,  Rumzlant  und  Raumelant  (=  Räume 
das  Land, Vagabund,  Landstreicher),  Suochenwirt  (=  Such' 
den  Wirt),  Suehentrunk  (=  Such'  den  Trunk),  Suchen- 
steig (=:  Such'  den  Steig),  Schinttenwirt  (=  Schind' 
den  Wirt),  Schantunnhazz  (Schand  und  Hass)  u.  s.  w. 
Ähnliche  Namen,  bei  welchen  sich  mehr  oder  weniger 
ungesucht  und  deutlich  eine  Beziehung  auf  die  Lebens- 
weise ihrer  Inhaber  herauslesen  lässt,  finden  sich  nun 
auch  bei  den  Fechtern.  So  heisst  der  Genosse  und  Fecht- 
meister Gargantua's  bei  Fischart  bald  Kampfkeib  oder 
Kampfkieb,  bald  Keib kämpf  und  in  den  von  K.  Wass- 
ili ann  s  d  o  r  f  f  publizirten  Fechtschulbeschreibungen  und 
Fechtschulreimen  (vgl.  pag.  12—45)  habe  ich  folgende 
zu  dieser  Kategorie  der  wissenschaftlich  als  «Etiquetten- 
namen»  bezeichneten  gehörige  gefunden :  Peter  Schwenck 
den  Spiess,  Haw  in  Schilt,  Cuntz  Greuwol,  Wenden- 
schimpf (=  Wend'  den  Schimpf),  Hans  Eisenbeisser, 
Augenstecher,  Peter  Schwenckschwert,  Sigmund! 
Faulbeiz,  Cunrad  Fridweg,  Georg  Spiess,  Jäkob 
Kreiser,  Bartel  Heldt,  Golman  Hacker.  Solche  Be- 
nennungen entsprechen  den  damaligen  Zeitgebräuchen  und 
waren  besonders  bei  den  Zünften  gebräuchlich,  wie  wir 
etwa  in  Handwerksgesellengrüssen  die  Namen  Springins- 
feld, Springindschmitten,  Silbernagel,  Trifteisen, 
Bschlagngaul,  Sprengseisen  z.  B.  für  Schmiedegesellen 
verwendet  sehen.  Auch  bei  den  Gaunern  und  dem  fahrenden 
Volke,  mit  denen  ja  unsere  Spielleute  und  Fechter  oft  in 
Berührung  kamen,  waren  solche  Namengebungen,  wie  es 
nach  den  litterarischen  Belegen  scheint,  schon  frühe  in 
Gebrauch  und  sie  sind  ja  auch  heutzutage  in  diesen  Kreisen, 
bei  Bettlern  und  Diebsbanden  etwa,  noch  üblich,  worüber 
die  Gerichtsprotokolle  verschiedener  Orte  und  einige  er- 
haltene Gaunerlisten  Aufschluss  geben  können.  Im  «Renner» 
Hugo's  von  Trimberg  (vgl.  Ausgabe  des  histor.  Vereins  von 
Bamberg  1833,  I.  Heft  pag.  2(3)  findet  sich  eine  ganze  Liste 
solcher  Gaunernamen,  die  teilweise  wohl   auch  dem   wirk- 


—    133   — 

liehen  Leben  entnommen  sind,  wenn  sie  auch  zum  andern 
Teil  durch  die  lebhafte  Erfindungsgabe  des  betreffenden 
Dichters  vervollständigt  sein  mögen;  wir  treffen  da  Namen 
wie  Zerrezsloz,  Lerenstal,  Laibnitb,  Gebaurnveint,  Galgen- 
swengel,  Lasterbalk,  Rudenbengel,  Vullensak,  Abrust,  Slint- 
hart,  Diepolt,  Vullein,  Rauvpolt,  Steiguf,  Landesmort,  Buben- 
strigel,Durchdenpusch,  Zackedenrigel,  Raubentisch,  Setzpfant, 
Sleiffenspiez,  Raumedazlant,  Brantrifer,  Ludeber,  Vickel- 
scherre,  Vegenpeutel,  Wolenber,  Lerenschrein,  Hebenstrit, 
Rampus,  Mitezze,  Nagengast,  Zuckezswert,  Galgenast,  Wider- 
span,  Stichenwirt>  (vgl.  v.  1710 — 1740).  Dazu  gehören 
vielleicht  auch  Namenbildungen  wie  „ribald"  aus  altem  regin- 
bald  (regin  =  ahd.  vvrecca,  der  Verbannte,  dann  der  Recke, 
Kämpfer,  der  Held  und  bald  [vgl.  engl,  bold]  kühn  tapfer) 
entstanden,  wonach  lat.  ribaldus,  fr.  ribaut;  ferner  Namen 
wie  Reinhard  aus  Reginhard,  fr.  Renard,  lat.  Reginhardus, 
und  Reinmar  (Reimer)  aus  Reginmär  u.  a.  dieser  Art.  Ver- 
gleicht man  dazu  noch  die  Rezeichnungen:  Schlickenwider 
(Schluck"  den  Widder)  und  Slintsgew  (vgl.  Helmbrecht 
v.  1180.  1239),  den  Räubernamen  Schendeslant  und  die 
Riesennamen  Fellnwald,  Fellnast  (Fäll"  den  Wald,  Ast)  [vgl. 
Anzeiger  1834,  sp.  13.  84],  ferner  die  in  Berthold's 
Predigten  (Ed.  Pfeiffer,  Wien  1862,  pag.  56)  den  Spielleuten 
beigelegten  Namen  Lasterbalc,  Schandolf,  Hagedorn,  Helle- 
fiwer,  Hagelstein  und  endlich  noch  einige  unserer  neueren 
Bezeichnungen  wie  Galgenvogel,  Galgenstrick,  Raufbold, 
Haudegen,  Strauchritter,  Schinderhannes  u.  s.  w.,  so  bilden 
auch  diese  allgemeine  Kennzeichen  für  eine  Gewohnheit, 
die  auf  den  verschiedensten  Gebieten  üblich  unter  gegen- 
seitiger Beeinflussung  derselben  zu  einem  volkstümlichen 
Brauche  geworden  ist  und  sich  in  der  Sprache  noch  bis 
beute  in  alten  Resten  und  durch  zahlreiche  Neubildungen 
erhalten  hat. 

Einen  weiteren  Zusammenhang  der  Fechter  und  Spiel- 
leute und  all  der  verschiedenen  Arten  ihrer  Standes-  und 
Lebensgenossen  kann  man  noeb    in   dem  Umstände   linden, 


—   134   — 

dass  sich  eine  grosse  Zahl  von  Gattungsbezeichnungen 
und  Eigennamen,  welche  ihrem  besonderen  Kreise  einst 
angehört  haben,  bis  jetzt  als  allgemeine  Geschlechts- 
und Familiennamen  erhielten;  diese  haben  ihre  besondere 
Beziehung  auf  jene  Kunstbethätigungen  freilich  längst  abgelegt 
und  sind  eben  zu  blossen  Benennungen  geworden,  wie  wir 
ganz  die  gleiche  Erscheinung  auch  bei  den  zahlreichen  Namen, 
die  dem  Handwerkerstande  und  einzelnen  Berufs-  und  Ge- 
vverbegebieten  entnommen  sind  und  ursprünglich  wohl  eben 
die  zum  Eigennamen  gehörige  nähere  Bestimmung  bildeten, 
noch  feststellen  können.  Heute  noch  haben  wir  einen  Rest 
dieser  Bezeichnungsweise  in  abgelegenen  Dörfern  und  in 
kleineren  Wohnbezirken  alpiner  Gegenden  erhalten,  wo  zur 
Unterscheidung  der  einzelnen  Persönlichkeiten  zu  dem  Vor- 
namen des  Betreffenden  nur  die  Bezeichnung  seines  eigenen 
Gewerbes  oder  Standes  oder  auch  die  seines  Vaters  hinzu- 
gefügt wird.  Vielfach  wird  diese  einfachste  Bezeichnungs- 
weise auch  noch  in  historischen  und  rechtlichen  Urkunden 
und  Denkmälern  angetroffen.  So  wenig  man  sich  aber 
heutzutage,  wenigstens  wenn  nicht  specielle  Forschungen 
oder  Fachinteressen  uns  dazu  veranlassen,  etwa  in  Namen 
wie  «Schneider,  Schuster,  Müller,  Becker,  Metzger,  Küfer, 
Schmied,  Schuhmacher,  Weber,  Schlosser  u.  A.  immer  auf 
den  eigentlichen  Sinn  derselben  und  ihre  Herkunft  besinnt, 
so  wenig  ist  es  natürlich  auch  bei  den  im  Folgenden  er- 
wähnten der  Fall,  die  alle  der  Volksklasse  der  fahrenden 
Leute  entstammen  oder  wenigstens  ihren  Ursprung  auf 
diesem  Gebiete  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  vermuten 
lassen.  Dahin  gehören  etwa  Namen  wie:  Pfeiffer,  Geiger, 
Fiedler,  Lautenschläger,  Spielmann,  Singer,  Sprecher,  Fichter, 
Fechter,  Schirmer,  Kämpfer,  Schlagdenhaufen,  Schlagintweit, 
Pfotenhauer,  Springer,  Schricker,  Hauer,  Sänger  und  ähnliche. 
Eine  weitere  Übereinstimmung  zeigen  die  Fechter, 
Spielleute  und  Fahrenden,  die  sie  übrigens  ebenfalls  mit 
den  Vertretern  der  verschiedenen  Handwerke  und  Gewerbe 
teilen,    nämlich    die   Verwendung    von    Namen    dieser 


—    135   — 

Berufsarten  zur  Bezeichnung  von  Strassen,  Plätzen 
und  einzelnen  Häusern  und  Örtlichkeiten.  Manches 
was  hier  als  Beweismaterial  aus  den  verschiedensten  Ge- 
benden und  Zeiten  noch  beigebracht  werden  könnte  und 
ohne  Zweifel  auch  wirklich  vorhanden  ist,  hat  sich  meinen 
bisherigen  Ermittelungen  noch  entzogen  und  wird  sich  erst 
später  einigermassen  vollständig  gewinnen  und  zusammen- 
stellen lassen.  Vorläufig  möge  es  genügen,  hier  auf  die  dies- 
bezüglichen Zeugnisse  für  meine  Behauptung  hinzuweisen, 
welche  ich  E.  Förstemann's  Sammlung  von  Strassennamen, 
die  Gewerben  und  Künsten  entnommen  sind,  verdanke.  Dort 
finden  sich  (vgl.  die  betreffenden  Angaben  in  der  Germania, 
Bd.  XIV,  XV  u.  XVI)  die  folgenden  Bezeichnungen  nach- 
gewiesen: In  Mainz  eine  Sackpfeifergasse,  in  Köln  (anno 
1232)  ein  Ort  «Inter  gladiatores»,  in  Leipzig  ein  Stadt- 
pfeifergässchen,  in  Worms  eine  Sterczirgasse  (=  Land- 
störzer-, Vagabundengasse),  in Iglau desgleichen  eine  Sterzer- 
gasse, in  Wien  eine  Fechtergasse,  in  Zürich  eine  Geiger- 
gasse, in  Bern  eine  Kesslergasse  —  auch  die  Kessler  und 
Kaltschmiede  gehören  zur  Sippschaft  der  fahrenden  Leute,  wohl 
infolge  ihres  Wanderlebens,  das  sie  oft  bei  Ausübung  ihres 
Handwerkes  führten  — ,  in  Neubrandenburg  (Mecklenburg) 
eine  Kunstpfeiferstrasse,  in  Frankfurt  a.  M.  ein  «vicus 
gladiatorum»,  später  anno  1378  und  1443  als  Schwert- 
fegergasse  bezeichnet  —  die  Schwertfeger  wie  überhaupt 
die  Schmiede  und  unter  diesen  besonders  die  Waffen- 
schmiede scheinen  mit  den  Fechtern  in  nahen  Beziehungen 
gestanden  und  zu  den  Fechtschulen  und  Fechtergesellschaften 
ziemlich  viele  Teilnehmer  gestellt  zu  haben  —  in  Amsterdam 
ein  Trompetersteg,  in  Basel  (anno  1313)  eine  Lotter- 
gasse —  Lotter  ist  so  viel  wie  Spielmann,  Gaukler,  Possen- 
reisser  — ,  in  der  Feldmark  von  Spangenberg  bei  Bothen- 
burg  (Hessen)  ein  Pfiefergang,  in  Bremen  eine  Spiel- 
leutestrasse, in  Strassburg  eine  Trompetergasse,  in 
Magdeburg  eine  Schwertfegerstrasse,  in  Frankfurt  a.  M. 
ein    Schwertfegergässchen,    in    Passau    eint!    Klinger- 


—   136  — 

gasse  -  -  nach  den  Klingenschmieden  so  benannt  — ,  in 
Köln  eine  Schwertnergasse.  Dazu  sind  noch  ein  Renn- 
weg in  Zürich,  eine  Turnierwiese  bei  Rothenburg  a.  d. 
Tauber,  sowie  ein  Kempfrasen  bei  Marburg  zu  erwähnen; 

1  et /lere  Bezeichnungen  sind  wohl  als  Überreste  und  Zeugen 
aus  den  Zeiten  ritterlicher  Kampfspiele  und  höfischen  Turnier- 
wesens zu  betrachten.  Auch  einzelne  Häuser  und  kleinere 
Ortlichkeiten  werden  öfters  mit  Namen  bezeichnet,  die 
wohl  nicht  aus  blossem  Zufall  gerade  der  Klasse  der 
Fahrenden  entnommen  sind,  sondern  irgendwelche  Be- 
ziehungen -  wenn  auch  vielleicht  nur  solche  sagenhafter 
Art,  wie  das  ja  bei  Ortsnamen  häufig  der  Fall  ist  — 
zwischen  ihren  Trägern  und  den  betreffenden  Namengebern 
vermuten  lassen.  So  gibt  z.  B.  Zappert  (vgl.  Sitz.-Ber. 
d.  Wiener  Akad.,  Bd.  XIII  [1854]  pag.  160)  einen  «ad 
joculatores»  (nach  Cod.  Pataviens.  Mon.  Boic.  28,  P.  2, 
pag.  466 1  benannten  Ort,  ferner  einen  anderen  «Spile- 
mannesperch»,  nach  welchem  sich  ein  Fridericus,  ein 
Ortolfus  und  ein  Albertus  (vgl.  Mon.  Boic.  8,  164.  1,  274. 
276)  genannt  haben.  Das  schweizerische  Idiotikon  führt 
unter  dem  Worte  «Giger»  (vgl.  Bd.  II,  pag.  150 — 153)  eine 
ganze  Reihe  von  Ortsbezeichnungen  an,  die  alle  nur  auf  diese 
eine  besondere  Art  der  Spielleute  zurückgehen;  wir  finden 
dort:  Gigerhof,  Giger-Hubel,  Giger-Hus,  Giger-Gass, 
Gigers-Büel,  Gigers-Berg», ferner  bloss:  «Giger,  Gigeri, 
nf  der  Gigern,  Gigernwald  etc.,  ein  Beweis,  wie  gern 
und  häufig  die  durch  den  Volksmund  erfolgende  Namen- 
gebung  auch  zu  diesen  niederen,  aber  sehr  beliebten  und 
volkstümlichen  Ständen  ihre  Zuflucht  nahm. 

Endlich  ist  noch  die  letzte  der  zwischen  Fechtern  und 
Spielleuten  bestehenden  Übereinstimmungen  zu  betrachten, 
ihre  gemeinsame  Bereicherung  des  Sprachlebens 
durch  Ausdrücke,  die  sich  auf  ihre  Berufsthätigkeit 
beziehen.  Die  grosse  Beliebtheit,  deren  sich  das  fahrende 
Volk  so  lange  Zeil  hindurch  in  den  verschiedensten  Schichten 
der  Bevölkerung   zu   erfreuen  halte,  die  nahen  Beziehungen 


—    137   — 

desselben  zu  den  niederen  Ständen  und  Berufsklassen,  die 
weite  Verbreitung,  die  seine  Darbietungen  und  damit  auch 
seine  technischen  Ausdrücke  im  Zusammenhange  mit  dem 
rast-  und  ruhelosen  Wanderleben  uud  Umherziehen  dieser 
Vertreter  einer  zwar  niedrigen  und  derben,  aber  heiteren 
und  volkstümlichen  Kunst  überall  gefunden  haben,  dieses 
alles  konnte  dazu  beitragen,  dass  das  Leben  und  Treiben 
dieser  munteren  und  leichtfertigen  Scharen  eine  dauernde 
Bereicherung  des  deutschen  Sprachschatzes,  besonders  seiner 
bildlichen  und  übertragenen  Ausdrucksweise,  herbeiführen 
und  auch  einen  starken  Anteil  an  der  Bildung  sprichwört- 
licher Redensarten  durch  den  Volksmund  nehmen  musste- 
Es  soll  hier  noch  ein  kurzer  Blick  auf  die  zahlreichen 
Redewendungen  und  einzelnen  Ausdrücke  geworfen  werden, 
welche  unsere  Sprache  aus  jenen  Gebieten  hergenommen 
hat  und  die  noch  heute  im  Gebrauche  und  in  aller  Munde 
sind,  obschon  wir  uns  bei  ihrer  Verwendung,  wenigstens 
bei  einem  grossen  Teile  derselben,  ihres  eigentlichen  Ur- 
sprunges nicht  mehr  bewusst  werden  oder  zum  mindesten 
für  gewöhnlich  nicht  darauf  besinnen.  Man  muss  unter 
den  verschiedenen  hierhergehörenden  Worten  wieder  unter- 
scheiden zwischen  solchen,  die  nur  dem  einen  oder  nur 
dem  anderen  der  beiden  Stände  zukommen,  und  denjenigen, 
welche  den  beiden  Gruppen  der  Fahrenden  gemeinsam  sind; 
von  dieser  letzteren  Art  habe  ich  bereits  in  den  Ausdrücken 
Schwank  (vgl. noch  Gassenhauer  =  derbes  volkstümliches 
Lied;  ursprünglich  vom  Aufschlagen  der  Schwertklingen  auf 
den  Pflastersteinen  der  Gassen,  einer  herausfordernden 
Gewohnheit  der  Studenten),  Priamel  resp.  Präambel  und 
Bar  resp.  Parat  (=  Parade)  einige  Hauptbeispiele  gegeben, 
bei  welchen  ich  es  für  jetzt  bewenden  lassen  will.  Zahlreichere 
Belege  können  zu  der  ersteren,  grösseren  Abteilung  gegeben 
werden.  Wie  aus  manchen  anderen  Gebieten  des  mensch- 
lichen (lulturlebens,  so  haben  sich  auch  aus  dem  Kampf-, 
Turnier-  und  Fechterwesen  hervorgegangene  Ausdrücke  in 
grosser  Anzahl  in   unserer  Sprache  eingebürgert   und  sind, 


—    138  — 

teilweise  ihren  ursprünglichen  besonderen  Sinn  aufgebend,  zu 
allgemeinerer  Bedeutung  übergegangen,  wie  andererseits  auch 
das  abstracte  Denken  gern  seinen  Ausdruck  in  möglichst 
concreten  Formen  der  sinnlichen  Anschauung  im  Sprach- 
leben gesucht  und  gefunden  hat.  Auf  dieser  letzteren  That- 
sache  beruhen  bekanntlich  die  zahlreichen  Vorgänge  der 
Sinnesübertragungen,  des  Bedeutungswechsels  der  Worte, 
der  bildlichen  Ausdrucksweise  und  der  Ursprung  des  Wort- 
spieles, welche  dann  alle  zu  willkommenen  Mitteln  künst- 
lerischer Wirkung  in  Rede  und  Dichtung  geworden  sind. 
Hier  habe  ich  jedoch  nur  die  Aufgabe,  eine  Anzahl  dieser 
Wendungen  namhaft  zu  machen,  ohne  ihre  vollständige 
Aufzählung  versuchen  oder  gar  ihre  geschichtliche  Ent- 
wicklung im  Einzelnen  verfolgen  zu  wollen.  Zu  der  Gruppe 
des  Kampflebens  und  Fechterwesens  gehören  unter 
anderen  die  folgenden  Ausdrücke  und  Redensarten: 

Abschlagen  etwas  (ursprünglich  wohl  den  Hieb  des 
Gegners),  anbinden  (die  Klingen)  mit  einem,  anheben,  auf- 
heben, viel  Aufhebens  machen  von  etwas,  ausfallen,  einen 
Ausfall  machen,  ausfechten,  ausschlagen  etwas,  zum  Guten 
oder  zum  Bösen  ausschlagen,  den  Ausschlag  geben,  ausstechen 
jemanden,  ausstossen,  austreten  (aus  dem  Kreis,  der  als 
Kampfplatz  abgesteckt  war),  beikommen,  ein  Bein  stellen, 
beispringen  einem,  bekämpfen  etwas,  sich  bloss  stellen,  sich 
eine  Blosse  geben,  sich  decken  gegen  etwas,  einsetzen  sein 
Leben,  seinen  Kopf  für  etwas,  einstehen,  eintreten  für  etwas 
(nämlich  in  den  Kampfplatz,  um  dafür  zu  kämpfen),  einwenden, 
erkämpfen,  erringen,  unter  die  Fuchtel  nehmen,  den  Gna- 
denstoss  versetzen,  sich  mit  Händen  und  Füssen  gegen  etwas 
wehren,  in  Harnisch  jagen,  einen  bis  aufs  Blut,  bis  auf 
den  Tod  hassen,  einen  aufs  Haupt  schlagen,  herumfuchteln, 
ins  Herz  treffen,  einen  in  seine  Hut  nehmen,  behüten,  sich 
hüten  vor  etwas,  einen  vor  die  Klinge  fordern,  eine  gute,  scharfe, 
gewandte  Klinge  führen,  über  die  Klinge  springen,  Klopf- 
fechterstreiche thun,  einen  vor  den  Kopf  stossen,  eine  Lanze 
brechen    für  jemanden,    Lufthiebe  führen,    bis   aufs   Messer 


—    139    — 

bekämpfen,  einem  das  Messer  auf  die  Brust  setzen,  die 
Oberhand  haben,  gewinnen,  einen  über*s  Ohr  hauen,  der 
bildliche  Ausdruck:  sich  oder  einen  andern  etwas  hinter 
die  Ohren  schreiben'  (nämlich  mit  der  scharfen  Feder  des 
Schwertes  so  gründlich  und  deutlich,  dass  man  es  nicht 
so  leicht  wieder  vergisst»)  gehört  wohl  auch  hierher,  einem 
den  Rest  geben,  einen  aus  dem  Sattel  heben,  werfen,  einen 
schirmen,  einen  harten  Schlag  versetzen,  über  die  Schnur 
hauen  (womit  der  Kampfplatz  eingefriedigt  war),  einem  Schutz 
und  Schirm  sein,  ein  Spiegelfechten  anstellen,  Spiegel- 
fechterei treiben,  etwas  aufs  Spiel  setzen,  einem  oder  etwas 
die  Spitze  bieten,  einem  die  Stange  halten  (ihm  beim  Kampfe 
helfend  beispringen,  ihn  durch  Vorhalten  der  Parierstange  vor 
den  Streichen  des  Gegnes  schützen),  einen  in  den  Sack,  in 
die  Tasche  stecken  (ein  Fechterbrauch  aus  den  Fechtschulen), 
dazwischen  treten,  einem  zu  nahe  treten,  überwerfen,  über- 
winden, unterschlagen,  unterwerfen,  etwas  verfechten,  ver- 
hängen, versetzen,  einem  eines  versetzen,  einen  Vorschlag 
machen,  einen  um  den  Finger  wickeln,  zustossen. 

Aber  auch  die  Spie  Heute  und  Fahrenden  und  die 
mit  ihnen  im  engsten  Zusammenhange  stehenden  Gomö- 
dianten  haben  einen  guten  Anteil  an  der  Erweiterung  des 
volkstümlichen  Sprachgebrauches ,  seiner  Erhaltung  und 
Verbreitung  zu  beanspruchen.  Diesen  Kreisen  verdanken 
wir  Wendungen,  die  zwar  oft  etwas  derber  Natur,  darum 
aber  gerade  recht  bezeichnend  und  in  der  Sprache  der  un- 
teren Stände  besonders  beliebt  sind,  wie  etwa  die  folgenden: 

Anstimmen,  sich  aufspielen  als  etwas,  etwas  ausposaunen, 
durchdringen,  einfallen,  den  Einklang  stören,  sich  einpauken 
(in  der  Studentensprache  auf  das  Gebiet  der  Fechtkunst, 
dann  auf  das  der  gelehrten  Studien  übertragen),  einstimmen, 
(löten  gehen,  die  erste  Geige  spielen,  ins  gleiche,  grosse 
Hörn  blasen,  auf  den  Kopfstehen,  sich  auf  den  Kopf  stellen, 
auf  etwas  pfeiffen,  auf  dem  letzten  Loche  pfeiffen,  einem  übel 
mitspielen,  nach  jemandes  Pfeiffe  tanzen,  aus  der  Rolle  fallen, 
eine   böse,  grosse,  neue  Rolle  spielen,  andere,  neue,  schärfere 


—    140   — 

Saiten  aufziehen,  mit  klingendem  Spiel  aufziehen,  sein  Spiel 
mit  jemandem  treiben  (von  Gauklern  und  Taschenspielern 
übernommen),  das  Spiel  verderben,  die  Stimmung  wechseln, 
einem  einen  Streich  spielen,  den  Ton  angeben,  einen  anderen 
Ton  anschlagen,  übereinstimmen,  übertönen,  verstimmt  sein, 
einem  etwas  vorspiegeln,  einem  etwas  weiss  machen. 

So  ergab  sich  also  auch  auf  diesem  sprachlichen  Gebiete, 
wie  auf  den  übrigen,  der  Betrachtung  bereits  früher  unter- 
zogenen, nicht  bloss  eine  merkwürdige  Übereinstimmung 
zwischen  den  Fechtern  und  Spielleuten  unter  sich,  sondern 
auch  der  weitere,  allgemeine  Zusammenhang,  in  dem  diese 
Stände,  neben  vielen  anderen,  mit  der  eulturgeschichtliehen 
Entwicklung  des  Sprachlebens  und  Sprachschatzes  stehen. 
Für  mich  boten  die  sprachlichen  und  litterarischen  Er- 
scheinungen und  Parallelen  zwar  naturgemäss  das  Haupt- 
interesse, aber  sie  Hessen  sich  nicht  darlegen  und  verstehen, 
ohne  auch  die  rechtlichen,  socialen  und  historischen  Gesichts- 
punkte mit  zu  berücksichtigen;  denn  diese  bilden  die  Grund- 
lage und  Erklärung  für  die  anderen  Thatsachen  und  Ergebnisse 
und  können  allein  zu  einem  richtigen  Verständnisse  und 
einer  entsprechenden  Würdigung  jener  Zusammenhänge 
führen,  die  auf  den  ersten  Blick  hin  vielleicht  etwas  sonder- 
bar erscheinen,  culturgeschichtlich  betrachtet  aber  not- 
wendig sich  ergeben  und  als  leicht  begreiflich  erweisen. 

Am  Schlüsse  dieser  Untersuchungen  angelangt,  lasse 
ich  noch  einmal  kurz  die  Hauptergebnisse  der  vorliegenden 
Abhandlung  zusammen.  Ausgehend  von  den  beiden  Grund- 
motiven germanischer  Lebensanschauung,  Kampf  und 
Dichtung,  —  deren  Wurzeln  wohl  in  Cultus  und  Mythologie 
zu  suchen  sind,  -  -  beziehungsweise  von  ihren  Vertretern, 
den  Kämpen  und  Spielleuten,  versuchte  ich  zunächst  den 
in  den  späteren  Zeiten  des  Verfalles  deutlich  vorliegenden 
Parallelismus  zwischen  Waffenkunst  und  Dichtkunst 
bis  in  die  ersten  Zeiträume  seines  Entstehens  zurück  zu 
verfolgen.     Die    Frage    eines    eventuellen,    möglichen    Ein- 


—    141     - 

flusses  der  römischen  Tierkämpfer  und  Gladiatoren,  Spiel- 
leute und  Schauspieler  auf  germanische  Verhältnisse  habe 
ich  dabei  absichtlich  unberücksichtigt  gelassen,  da  ich 
mich  für  ihre  Beantwortung  nicht  für  competent  genug 
erachtete.  Sodann  wurde  das  Auftreten  der  Kämpen  im 
Dienste  der  Gerichtsbarkeit  bei  den  gerichtlichen  Zwei- 
kämpfen, einer  besonderen  Art  der  Gottesurteile,  erwähnt 
und  von  den  Fechtmeistern  als  Leitern  der  ritterlichen  Waffen- 
Übungen  an  den  Höfen  des  Mittelalters  gesprochen.  Weiter 
wurde  dann  die  Pflege  der  Fechtkunst  in  den  Städten  durch 
das  zünftige  Handwerk  nachgewiesen  und  ihre  Verwendung 
teils  als  kriegerische  Vorbereitung  für  den  Ernstfall,  teils 
zu  Zwecken  heiterer  und  festlicher  Volksbelustigung  erörtert. 
Bei  der  Geschichte  des  Fechterwesens  dieser  späteren  Zeit 
habe  ich  etwas  länger  verweilt,  weil  es  noch  weniger 
Bearbeitungen  gefunden  hat  als  das  häufig  behandelte  Leben 
und  Treiben  der  Spielleute  und  fahrenden  Sänger  speciell 
des  höfischen  Zeitalters  und  die  Dichtkunst  der  bürgerlichen 
Meistergesangsperiode  und  ihre  bekannten  Vertreter,  so  dass 
ich  von  einer  eingehenderen  Schilderung  dieser  letzterwähnten 
Verhältnisse  dank  der  bereits  starken  Litteratur  darüber  hier 
füglich  absehen  konnte.  Nur  kurz  wurde  unter  solchen 
Umständen  in  einem  den  Übergang  zum  Hauptabschnitte 
bildenden  Teile  die  dem  Fechterwesen  durchaus  ähnliche 
Entwicklung  des  Spielleute-  und  Sängerstandes  in  ihrem 
geschichtlichen  Verlaufe  dargestellt  und  dabei  zugleich  auf 
einige  Fragen  hingewiesen,  die  noch  weiterer  Erforschung- 
zugänglich  sind  und  vielleicht  nicht  ganz  wertlose  Ergebnisse 
liefern  könnten.  Im  letzten  Teile  meiner  Untersuchung 
habe  ich  sodann  den  geschichtlichen  Zusammenhang  dieser 
beiden  niederen  Volksklassen  noch  nach  den  verschiedensten 
Seiten  hin  eingehender  betrachtet,  wobei  ich  mein  Augen- 
merk besonders  auf  die  rechtlichen  und  socialen  Gesichts- 
punkte, sowie  auf  die  litterarischen  und  sprachlichen  Er- 
scheinungen gerichtet  hielt;  dabei  wurden  natürlich  fürs 
erste  überall  nur   gerade   die  Hauptsachen  berührt  und  der 


—    142   — 

Verfasser  wünscht  nicht  den  Anspruch  zu  erheben,  bereits 
etwas  Abschliessendes  auf  diesem  Gebiete  geleistet  zu 
haben,  vielmehr  möchte  er  auf  eine  weitere  Anregung  zu 
diesen  Studien  und  solchen  ähnlicher  Art  mit  seinem  kleinen 
Beitrage  abzielen. 


IV.  Teil. 
Beilagen. 

Nr.  I.     Die  Fechtprobe  zwischen  Hagen  und  Wate 
aus  dem  Kudrunliede. 

(Strophe  358—371.    Ausgabe  Martin,   Halle  1872,  S.  81—86.) 

353.    Vür  den  künec  si  gierigen,  da  waren  ritter  vil. 
d;i  vunden  si  besunder  maneger  hande  spil : 
in  dem  brete  zabelen.  scherinen  under  sc  bilden. 
si  ahten  nicht  so  höhe  als  man  doch  bete  Hagenen  den  wilden. 

354    Nach  si t e  in  .Irtan de   vil  ofte  man  began 
maneger  hande  frende.  da  von  Wate  gewan 
den  künic  ze  einem  vriunde.  Hörant  von  Teneriche 
durch  der  vrouwen  liebe  vant  man  vil  ofte  gemelichen. 

355.  Her  Wate  unde  ouch  Fruote,  die  snelle  ritler  balt, 
vil  nach  in  einer  mäze  die  recken  wären  alt. 

ir  beider  grise  locke  sach  man  in  golt  gewunden. 

svvä  man  bedörfte  recken,  da  wurden  si  gar  ritterlichen  vunden. 

356.  Des  küneges  ingesinde  ze  hove  Schilde  truoc, 
kiule  und  buckelaere.  geschirmet  wart  genuoc, 
gevohten  mit  den  swerten,  mit  gabilöte  .ueschozzen 
vil  öf  guote  schilde.  die  jungen  beide  waren  unverdrozzen. 

357.  Der  vürste  Hagene  vrägte  Waten  und  sine  man. 
o b e  i  n  in  i  r  lande  waere  i  1 1 1  k u n  t  g e  tan 
schirmen  also  starke,  als a  m  in  J r r i c h e 

die  sinen  beide  phlaegen.  des  ersmielte  Wate  versmähliche. 

358.  1)5  sprach  der  helt  von  Stürmen  .ich  gesach  ez  nie. 
der  aber  mich  ez  1er te.  dar  umbe  waere  ich  hie 
bevollen  ze  einem  järe,  daz  ich  ez  rehte  künde. 

swer  des  meister  waere,  miner  miete  ich  im  gerne  gunde\ 

359.  Dö  sprach  der  künec  zem  gaste  ,den  besten  meister  min 
wil   ich  dich  leren  heizen   durch  die   liehe  diu, 


—    143   — 

daz  du  doch  dri  swanke  künnest  swä  man  strite 
in  herten  veitstürmen,  ez  vrumet  dir  ze  etelicher  zite1. 
860.    Dö  kam  ein  seh irmme ister.  leren  er  hegan 
Waten  den  vil  küenen.  da  von  er  gewan 
des  sines  libes  sorge.  Wate  stuont  in  huote, 
sam  er  ein  kemphe  waere.    des  erlaehte  dö  vonTenen  Fruote. 

36 1 .  Daz  half  dem  schermmeister,  daz  er  w  i  t  e  spranc 
alsam  ein  lebart  wilde,  an  Waten  hende  erklanc 

vil  dicke  daz  schoene  wäfen,  daz  die  viurvanken 
dräten  üz  den   Schilden,    des    mohte    er    sinem    scherm- 

knaben  gedanken. 

362.  Dö  sprach  der  wilde  Hagene  tgebt  mir  daz  swert  enhant. 
ich  wil  kurzwilen  mit  dem  von  Sturmlant. 

ob  ich  in  m ü g e  leren  der  ininen  siege  viere, 

daz  mirs  der  recke  danke1,  daz  lobete  dö  der  alte  Wate  schiere. 

363.  Der  gast  sprach  zem  künege    ich  sol  vride  din 
haben,  vürste  Hagene,  daz  du  iht  värest  min. 

slüegest  du  mir  wunden,    des  schämte  ich  mich    vor    vrouwen". 
Wate  künde  schirmen,   daz    sin    zer   werkle    nieman    mohte 

trouvven. 
364-.    Hagene  dolte  kume  den  kunstlosen  man, 
daz  er  als  ein  begozzen  brant  riechen  began 
der  meist  er  vor  dem  junger,  ja  was  er  starc  genuoc. 
der  wirt  ouch  sinem  gaste  siege  unmaezlichen  sluoc. 

365.  Die  liute  sähenz  gerne  durch  ihr  beider  kraft. 

der  ktinec  vil  schiere  erkante  die  Waten  meisters  chaft. 

ein  teil  begunde  er  zürnen,  waerez  im  niht  an  ere. 

swaz  man  sach  ir  sterke,  doch  hete  ir  Hagene  da  bezeiget  mere. 

366.  Wate  sprach  zem  künege  ,läz  äne  vride  sin 
unser  beider  schirmen,  ich  hän  der  siege  din 
gelernet  nü  wol  viere,  ich  wil  dirs  gerne  danken1. 

er  lönte  im  sit  so  höhe  sam  einem  wilden  Sabsen  oder  Franken. 

367.  Dö  si  den  vride  liezen  beliben  under  wegen, 
der  sal  begunde  diezen  von  ir  beider  siegen. 
swaz  si  anders  taeten,  in  möhte  sin  gelungen. 

ir  schirmen  was  als    s winde,    daz    in    die    swertes   knöphe 

hine  sprangen. 

368.  Sie  giengen  beide  sitzen,  der  wirt  zem  gaste  sprach 

,ir  gehet,  ir  wellet  lernen?  ja  waene  ich  nie  gesach 
des  junger  ich  so  gerne  nach  solher  künste  waere. 
swä   man  phligt  der  dinge,  da  sit  ir  üf  dein  ringe    lobebaere1. 

369.  .Trolt  sprach  zem  künege  ,herre,  ez  ist  geschehen 

daz  ir  iueh  habet  versuochet.    wir  hän  ez  §  gesehen 


—    114    — 

in  unsers  Herren  lande,  wir  habenz  uns  ze  rehte, 
daz  aller  tege  liehe  phlegent  sin  ritt  er  unde  knehte". 

370.  Do  sprach  aber  Hagene  .und  haete  ich  daz  erkant, 

so  waer  daz  schirmwäfen    niht   komen   in  mine  hant. 

ich  ensach  nie  junger  lernen  also  swinde'. 

der  rede  wart  gelachet  da  von  maneger  edeler  muoter  kinde. 

371.  Do  erloubte  er  den  gesten,  swa  mite  si  die  zit 
hin  getriben  möhten.  des  volgten  ime  sit 

die  von  Ortlande,  dö  si  begunde  verdriezen, 

dö  würfen  si  die  steine  und  befunden  mit  den  scheiten  schiezen. 


Nr.  II.     Geschichte  der  Kampffechter  von  Löwen. 

A.  Aeltere  Fassung:  (Nach  dem  Spiegel  Historiaal, 
of  Rym-Spiegel,  zynde  de  nederlandsche  Rym-Chronyk,  van 
Lodewyk  van  Velthem,  Priester,  voor  ruym  400  Jaaren 
in  Dichtmaat  gebracht.  [1248 — 1316  van  welke  de  Schryver 
is  Tydtgenoot  geweest.]  Uitgegeven  en  met  noodige  ver- 
klaaringen  opgeheldert,  door  Isaac  le  Long.  T'Amsterdam, 
1727,  pag.  38—42.  I.  Boek,  Gapittel  XXVIII— XXX.) 

Caplttel  XXVIII. 
Van  den  Hertoge  Heinrike,  ende  den  Biscop  van  Ludeke. 


Twist  tusschen  Hertog 
Hendrik  van  Rrabandt, 
en  den  Iiisschop  van 
Luyk. 


Eeen    swaar    onweer 
doedt  veel  schaade. 


In't  ander  iaer  van  Willems  rike. 
So  werd  een  twest  vreselike, 
Tuscen  Ludeke  ende  Brabant, 
Ende  oec  van  Namen  d'lant ; 
5.  D'een  voer  hier,  d'ander  voer  daer, 
Ende  verlieriden  d'lant  swaer. 
Een  tempeest  quam  oec  mede  säen 
Die  menigen  lede  heeft  gedaen. 
Tuscen  Hoye  ende  Denanl. 

10.  Keinet  vorsce  ende  vesche  in't  lant. 
Die  daer  so  euen  dicke  lopen 
Ende  thans  in  die  erde  cropen. 
Ende  daer  dit  alsoe  gesciede, 
Storven  oec  daer  na  die  liede, 

15.  Ende  die  beesten  storven  mede.  *) 


*)  Hier  folgen  2i  Zeilen,  die  andere  Ereignisse  schildern  (De  Hertog  van 
Oostenryk  beoorloogt  Trier,  und:  Koning  "Willem  ondersteunt  den  Hertog  van 
Oostenryk.)  und  nichts  mit  unserer  Begebenheil  /.u  llmn  haben;  ich  habe  sie  dess- 
halb  hier  weggelassen. 


Voorslag,  om  de  ver- 
schallen tusschen  den 
Hertog  van  Brabandt, 
en  den  Bisschop  van 
Luyk  af  te  doen. 


Zy   besluyten    om    te 
Kampen. 


145 


Nu  bord  van  den  Hertoge  Heinrike, 
Die  twest  iegen  Ludeke  met ; 
Hier  werd  een  dach  oec  af  geset, 
So  dat  si  quamen  te  perlemente. 

20.  Nu  was  altene  Biscops  atente 

Dat  sise  beroepen  wilden  or  campen? 
Want  uit  orloge  haddi  die  rampen. 
Dus  waendyt  met  campen  beweren. 
Als't  te  perlement  quam  die  Heren, 

25.  Ende  si  spraken  om  soen-dinc  maken ; 
So  waren  altene  d'Biscop  saken, 
Ende  men't  in  campe  bescede  echt ; 
Ende  die  onder  bliue  in't  geuecht 
Hi  sal  beteren  dan  dese  dinc. 

30.  Aldus  hi  t'enen  hantscoe  vinc, 
Ende  botene  den  Hertoge  säen, 
Die  ne  daer  nv  heeft  ontfaen, 
Ende  te  comen  op  ten  viertechstea  dach, 
Ende  dit  te  vor  wer  ne  of  hi  mach 

35.  Elc  met  sinen  Kempe  gereet. 
0p  dit  belof,  op  dit  beheet, 
Seiet  daer  elc  van  andren  nv, 
T'Sinen  lande  waerd,  dat  secg  ic  v. 


De  Bisschop  maakt  zieh 
tot  den  kamp  gereedt; 


inaar  de  Hertoc;  niet. 


Syne   Heeren   spreeken 
hem  daar  over  aan. 


Capittel  XXIX. 
Van  hären  Kempen. 

Die  Hertoge  miete  lettel  hier  op. 
40.  Ende  iiet  liden.     Mar  die  Biscop 

Dede  enen  Kempe  soeken  gereet, 

Den  steresten  die  men  iegeren  weet ; 

Ende  geloefd  em  grote  rychede, 

Mochti  den  Kemp  verwinnen  mede 
45.  Die  de  Hertoge  soude  bringen, 

Die  lettel  wiste  van  desen  dingen; 

Want  hi  waende  sonder  waen 

Dat  soude  syn  te  niewete  gegaen. 

Ende  die  XLste  dach  quam  bi. 
;"><>.  Vraechden  die  heren :    Waer  dal   hi 

Enen  Kempe  had  genomen  V 

10 


—    146 


Hy    Bedenkt    zieh   daar 

over. 
Laat    na    een    Kamper 

soeken. 


Hern  wordt  een  grooten 
sterk     man     aange- 
draagen, 


maar    die   geheel   vree- 
sachtig  was. 


De  ELertog  spreekt  hem 
daar  over: 


Die  Biscop  wilt  emmer  te  crite  cornen. 

Ende  heeft  enen  Kempe  starr. 

Die  hem  vermet  in  een  parc 
55.  Te  kempe,  te  sconfierne  wel. 

So  starc  es  hi.  ende  so  snel. 

Ghi  behoeft  v.  Here !  te  versien  wale, 

Seldi  daer  behouden  v  pale : 

Want  mi  dunet  het  werd  v  hard. 
60.  Dat  nem  ic  op  mine  leste  vaerd, 

(Sprac  die  Hertoge)  dat  ic  ne  weet 

Waer  mi  een  Kampe  sal  syn  gereet  ? 

In  heb  mi  noch  niet  versien ; 

Ende  moet  die  camp  emmer  gescienV 
65.  Ja  hi,  Here !  dat  wet  ie  wale, 

Daer  ne  helpt  weder  gene  tale. 

En  trouwen  (sprac  die  Hertoge  säen), 

So  will  ic  mi  hier  op  beraden  gaen. 

Hi  ontboet  hier  ende  daer : 
70.  Maer  hi  en  vant  niemant  vorwaer 

Die  den  camp  dorste  vechten. 

Jegen  den  genen.  of  berechten. 

Want  alsi  vernamen"t  geens  gedane. 

So  ne  dorst'er  niemen  comen  ane. 
75.  Doen  liet  men  den  Hertoge  verstaen  dan. 

Dat  te  Louen  waer  een  man. 

Die  waer  so  vtermaten  groet. 

Ende  also  lanc,  dat  syns  genoet 

Niegeren  wäre  nv  ter  stede : 
80.  Ende  hi  seeen  oec  so  starc  mede, 

Dat  hi  enen  leu  mocht  binden : 

Maer  men  soude  niegeren  vinden 

Blöderen  man  in  geen  lant, 

Dan  hi  es.    Doe  sprac  te  hant 
85.  Die  Hertoge:  Dit's  myn  geuoech  mede: 

Ic  micke  niet  op  tie  bloethede. 

Indien  dat  hi  groel  es. 

Ende  starc  mede,  des  syt  gewes. 

Dus  quam  die  Hertoge  sonder  waen 
90.  Te  Louen.  ende  ontboet  doen  säen 

Genen  man,  dat  hi  te  hem  quame? 

Die  gene  metter  blöder  name 

Es  vor  den  Hertoge  comen  houde, 

Ende  vraechde:   Wat  hi  hem  woude ? 


—    147 


doch   hy   wilde   niet 
kampen. 

De  Hertog  eyscht  alleen. 
dat  hy  soude  veynsen 
te  willen  kampen; 


't   welke   dese   man 
belooft. 


95.  Die  Hertoge  sprac :  Ic  heb  uwes  te  done, 

Alse  vor  enen  groten  Baroene, 

Te  bringen  t'enen  Kimpioen. 

Neen,  Here !  des  mag  ic  niet  doen ! 

In  vechte  niet  om  genen  toren, 
100.  AI  souder  al  Brabant  om  syn  verloren ! 

Wat  secgdi  ?    Vrient !   waendi  nv 

Dat  ic  wil  doen  vechten  v  ? 

In  wil  niet  dat  gi  yegeren  om  vecht ; 

Maer  ic  wil,  dat  ghi  vard  recht 
105.  Met  mi  alse  een  stout  seriant. 

Ende  gelaet  v  alsoe  valiant, 

In  v  were,  ende  in  v  gelaet, 

Alse  oft  gi  al  met  uwer  daet 

Des  Biscops  liede  sout  scoffieren. 
110.  Alse  van  v  sien  dese  manieren, 

Hein  sal  versagen  elc  die1!  vereysce, 

Ende  seien  mi  geuen  al  dat  eysce. 

Ghi  syt  so  groet,  ghi  scynt  so  starc ; 

En  sal  niemen  in  een  parc 
115.  Jegen  u  comen  dorren. 

Here  !  Daer  toe  helpt  iegen  geen  porren; 

In  vechte  geen  tyt,  wat's  gesciet. 

Goet  man,  ende  in  beger's  oec  niet ! 

In  wil  maer  alse  op  desen  dach, 
120.  Dat  ic  v   den  Biscop  tonen  mach. 

Ende  dat  gi  dan  gelaet  coenlike 

Vore  den  Biscop,  ende  stouteliken. 

Dat  sal  ic  wel  doen  sekerleken, 

Ende  grote  worden  connen  spreken, 
125.  Ende  stalpen,  ende  wagebarden  met : 

Maer  in  vecht's  niet,  bi  mire  wet. 


Capittel  XXX. 
Hoe  die  camp  geuachten  werd. 


De  I  lertog  en  de  Bisschop 
komen  te  Lnyk  om  te 
kampen. 


Doen't  was  so  verre  comen 
Dat  tie  tyt  was  genomen 
Alse  dat  men  den  camp  vechten  soude, 
130.  Quam  die  Hertoge  alse  houde 

Met  sinen  Kempe  te  Ludike  werd ; 
En  tie  Biscop  mede  ter  vard 

10* 


L48 


Seldtsaam  gedrag  van's 
Hertogs  kamper : 


Quam  tegen  inet  sinen  Kempe  säen. 

Daer  syn  die  Heren  te  rade  gegaen 
135.  Om  dese  dinc,  oft  men  conde 

Afgelecgen  metten  monde. 

Dat  men  den  camp  en  vochte  niet. 

Die  Biscop  hem  wieken  nient  liet. 

Doen  die  Hertoge  dit  heeft  verstaen, 
140.  Ginc  lii  t'sinen  Kempe  werd  säen, 

Die  hem  vragede  altehant : 

Wat  eest,  Here !  hoe  gaet  in  hant  ? 

Herde  wel,  dat  secg  ic  v, 

Gelaet  vaste  coenleec  nv, 
145.  Ic  sal  hier  hehhen  al  myn  geuoegen. 

Of  ghi  wilt,  Here !  laet  v  genoegen, 

Bi  mire  trouwen  in  vecht's  niet, 

Wat  v  oec  daeraue  mesciet. 

Neen  gi  niet,  en  es  geen  noet ; 
150.  Op  dat  ghi  aldus  vorwaerd  doet, 

Ende  hout  v  stoutelike  in  't  gehare; 

Si  seien  mi  geuen  dat  ic  begare. 

Dus  es  hi  weder  ten  Heren  comen 

Die  den  camp  gerne  henomen 
155.  Hadden  daer,  haddense  geconnen. 

Maer  neen,  het's  om  niet  begonnen. 

Die  corden  waren  ginder  geslagen 

En  tie  setele  worden  gedragen 

Binnen  den  crite,  daer  men  mede 
180.  Die  Kempen  säen  op  sitten  dede. 

Die  Hertoge  quam  daer  weder  gegaen 

T'sinen  Kempe,  die  hem  säen 

Vragede :  Hoe  die  saken  gingen  ? 

Si  gaen  mi  af  al   mire  dingen, 
165.  Die  si  mi  geloefden  ere. 

Bi  trouwen  ic  sculdich  ben  onsen  Here, 

Sprac  die  gene,  maect  pays  saem, 

Oft  ic  sal  vten  crite  gaen ; 

Want  in  vechle  in  gere  sake. 
170.  Helpt,  vrient!   Wat  wildi  maken? 

Gin  di  enen  voet  vten  crite, 

Ghi  word  dan  uwes  liues  qnite; 

Want  men  sloege  v  hier  ter  stont 

Dat  liooft  af,  dat  si  v  cont. 
175.  Sit  hier  noch,  ende  ic  sal  gaen 


—    149   — 

Besien  wat  si  hebben  gedaen 
Die  ic  ouer  die  effeninge  liet ! 
Ic  sal't  effenen  wat's  gesciet ; 
Ende  sael't  ouer  mit  laten  gaen. 

180.  Dus  es  hi  van  daer  gegaen. 
Ende  alsoe  vollyc  es  opgestaen 
Des  Biscop  kempe,  ende  nam  säen 
Seilt  om  hals,  ende  cloppel  in  hant, 
Ende  ginc  ten  andren  werd  te  bant, 

185.  Ende  gaf  hem  op  hoeft  enen  slach, 
Daer't  menich  toegesach; 
Ende  die  gene  sat  stille  noch  doe, 
Ende  sprac  den  genen  aldus  toe : 
Siet,  goede  liede !  ende  wat  meinstu 

190.  Dat  tu  mi  dus  slaes  hier  nv? 

Wat  hebb  ic  di  mesdaen  hier  ter  stede  ? 
Ende  in  seide  di  heden  lede 
Noch  en  inesdede  noyt  den  man. 
Die  gene  quam  noch  vorwerd  an, 

195.  Ende  gaf  den  genen  noch  enen  slach. 
Ay  mi !    God  geue  v  quaden  dach! 
Sprac  die  gene,  ende  greep  syn  hoeft 
Met  beide  handen,  des  geloeft. 
En  tie  ander  spranc  achter  werd, 

200.  Alse  noch  te  verbalen  daer  sine  verd. 
Die  gene  sprac:    Bi  mire  trouwen, 
Sladi  mi  meer,  het  sal  v  rouwen ! 
DienogtansdesBisschops  Derwerd  comt  die  gene  gegaen: 

kamper  overwint.  Ende  tie  ander  sprinet  op  säen, 

205.  Ende  laet  cloppel  ende  seilt  vallen, 
Ende  neemt  den  genen  daer  met  allen, 
Ende  worpen  onder  hem  ter  neder, 
Ende  slaten  metten  vvosten  weder, 
So  grote  slage,  dat  hi  ne  säen 

210.  Van  den  liue  heuet  gedaen. 

Doe  riep  men  daer  in's  Hertogen  side : 
(Die  des  waren  herde  blide ;) 
Werpt  ouer  die  corde  vten  crite, 
So  sidi  dies  alte  male  quite ! 
215.  Dit  dede  die  gene ;  ende  daer  naer 
Sloech  men  hem  dat  hoeft  af  daer; 
En  tie  Hertoge  bleef  in  die  ere. 
Ende  van  desen  dage  vord  mere, 


—    150  — 

Alse  lange  alse  leefde  dese  man, 
220.  So  ne  was  niemen  so  coene  dan, 
Die  hem  yet  hadde  mesdaen, 
Hi  ne  wildene  vloechs  te  camp  bestaen ; 
Hi  was  so  coene  worden  hier  af 
Dat  hi  niemen  te  voren  gaf. 
225.  Van  desen  es  noch  het  gesiechte  comen 
Te  Louen,  dat  ic  v  wel  soude  noemen. 


B.  Jüngere  Fassung  (Nach  einer  Papier-Handschrift 
vom  Ende  des  14.  oder  Beginn  des  15.  .Jahrhunderts,  das 
4.  Buch  der  «Brabantsche  Yeesten»  enthaltend,  früher  der 
Abtei  Affligem,  jetzt  dem  Beichsarchiv  von  Brüssel  angehörig. 
Ein  Abdruck  desjenigen  Teiles,  welcher  unsere  Episode  ent- 
hält, findet  sich  nebst  3  zugehörigen  Abbildungen  nach  den 
alten  Miniaturen  der  Handschrift  in  der  Zeitschrift  Belgisch 
Museum  voor  de  nederduitsche  Tael-  en  Letterkunde  en  de 
Geschiedenis  des  Vaderlands »,  uitgegeven  noor  J.  F.  Willems. 
Deel  I  (Te  Gent,  1837)  pag.  26—32.  Ich  gebe  die  Stelle 
nach  der  durch  Willems  daselbst  besorgten  Reproduction.) : 

De  leuvensche  kampvechter. 
ten  jare  1236. 

«Jnt  ander  jaer,  na  Willems  rijc, 
So  wart  een  twiste  vreeselijc 
Tusschen  Ludicke  ende  Brabant, 
Ende  ooc  van  Namen  dlant: 
5.  Deen  voer  hier,  dander  daer, 
Ende  verheriden  dlant  swaer. 
Een  tempeeste  quam  mede  säen, 
Dat  menegen  leede  heeft  gedaen: 
Tregenet  vorsehe  ende  vischen  int  lanl, 
10.  Also  men  clare  bescreven  vant, 
Ende  daer,  na  dat  dit  gesciede, 
Storven  te  hans  vele  liede. 
Nu  hoort  van  den  hertoge  Heinricke, 
l)H'  dander  was  sekerlike, 


—   151    — 

15.  Ende  die  twiste  tusschen  Ludike  inet: 
Daer  wart  een  dachvaert  op  geset, 
So  dat  si  quamen  ten  parlemente. 
Nu  was  des  bisscops  attente 
Dat  hine  roepen  soude  te  campe. 
20.  Want  hi  met  orlogen  hadde  rampe, 
Dus  waende  hijt  met  campe  verweeren. 
Als  te  perlemente  quamen  die  heeren, 
Ende  si  spraken  om  soene  te  maken, 
Waren  emmer  des  bisscops  saken 
25.  Dat  men  te  campe  besciede  echt, 
Ende  die  onder  bleve,  int  gevecht, 
Dat  hi  betere  dan  die  dinc. 
Dus  hi  tenen  hantscoe  vinc, 
Ende  boeten  den  hertoge  säen, 
30.  Diene  aldaer  heeft  ontfaen, 

Dat  hi  come  opten  XLsten  dach, 
Om  dit  te  verweren,  of  hi  mach. 
Dus  seiet  elc  vanden  anderen  nu, 
Ende  voer  te  lande,  seggic  u. 
35.         Die  hertoge  miete  dein  hier  op 
Ende  liet  liden;  maer  die  bisscop 
Dede  enen  kempioen  sueken  gereet, 
Den  steresten  die  men  ieweren  weet, 
Ende  beloofde  hem  grote  rijchede, 
40.        Mocht  hi  den  kemp  verwinnen  mede, 
Dien  die  hertoge  soude  bringen 
(Die  luttel  wist  van  desen  dingen). 
Hi  kreech  enen  kimpe  sterc, 
Die  hem  vermat  in  een  perc 
45.         Shertogen  kempe  te  scoffieren  wel. 
So  sterke  was  hi  ende  so  fei. 
Des  es  die  hertoge  onversien, 
Moet  den  campe  ummer  gescien. 
Dit  seidemen  den  hertoge  wale. 
50.         Daer  en  halp  jegen  geene  tale. 
«So  willic  mi  beraden  säen!» 
Sprac  die  hertoge,  sonder  waen. 
Hi  onlboot  hier  end  daer, 
Maer  hine  vant  niemant  voerwaer. 
55.         Want  si  alle  vernamen  sgeens  gedane 
En  dorster  niemant  comen  ane. 
Doen  liet  men  den  hertoge  verstaen  dan 


152 

Dat  te  Loven  woonde  een  man, 
Die  waer  so  utermaten  gi*oot, 

60.  Ende  so  sterc,  dat  sijns  genoot 
Niewer  en  waer,  teeniger  stede: 
Je  segghe  u  wel  die  waerhede: 
Hi  soude  wel  eenen  beere  binden; 
Mer  raen  mochte  nieweren  vinden 

65.  Bloeder  man  in  en  geen  lant 
Dan  hi  was.     Doe  sprac  te  hant 
Die  hertoge:  «dits  ongevoech  groot  mede. 
Jn  micke  niet  op  sine  bloothede 
Jn  dien  dal  hi  groot  es, 

70.  Ende  sterc,  des  sijt  gewes.» 

Dus  quam  die  hertoge,  sonder  waen. 
Te  Loven,  ende  entboet  säen, 
Dat  hi  quame  yoor  den  hertoge  boude. 
Hi  vroeg  hem,  wat  hi  woude? 

75.  De  hertoge  sprac:  «ic  heb  uwes  te  doen, 
Alse  voor  eenen  groten  baroen 
Te  brengen  tenen  campioen.» 
tNeen,  heer,  des  mach  ic  niet  doen, 
En  vechte  al  om  geenen  toren, 

80.  AI  soude  al  Brabant  sijn  verloren!' 
«Wat  segdi,  vrient,  waendi,  nu 
Dat  ic  wil  doen  vechten  u? 
Mer  conit  met  mi  als  een  stout  seriant, 
Ende  gelaet  u  als  coen  ende  vaeliant, 

85.  Jn  uwen  woorden  ende  u  gelaet 
Als  of  gbi,  al  met  uwer  daet. 
Sbisscops  volc  al  soudt  seoffieren: 
Als  si  van  u  sien  die  manieren, 
Sal  niemen  dorren  in  een  perc 

90.  Jegen  u  coinen;  ghi  sijt  so  sterc.» 
tHeer,  en  vechte  niet,  wats  gesciet!» 
«Goetman.  en  begeers  ooe  niet. 
En  wille  eis  niet,  op  dien  dach, 
Dan  ic  u  den  bisscop  tonen  mach. 

95.  Ende  dat  ghi  daer  gelaet  coenlike, 
Voer  den  bisscop,  ende  stoutelike.» 
,Dat  sal  ic  wel  doen.  sekerleken, 
Ende  grote  woorden  spreken, 
Stalpen  ende  wagebaerden  met. 
100.  Maer  en  vechs  niet.  bi  mire  wet !" 


—   153   — 

Doet  was  so  verre  comen, 
Dat  die  tijt  was  genomen 
Dat  men  den  camp  vechten  soude, 
Quam  die  hertoge  also  houde 
105.  Met  sinen  kemp  te  Ludick  waert : 
Ende  die  bisscop  mede  ter  vaert 
Quam  met  sinen  kempe  säen. 
Daer  sijn  die  heren  te  rade  gegaen 
Om  dese  dinc,  of  men  conde 
110.  Afgeleggen  metten  monde 

Dat  men  den  campe  en  vochte  niet. 
Die  bisscop  hem  niet  wiken  lief. 
Als  die  hertoge  dit  heeft  verstaen, 
Ghino  hi  tsinen  kempe  säen, 
115.  Die  hem  vraechde,  al  te  hant, 

,Wat  est.  here,  hoe  gaet  te  hant?» 
«Herde  wel,  dat  seggic  u: 
Gelaet  u  wel  ende  coenlijc  nu. 
Je  sal  hebben  mijn  gevoegen.» 
120.  ,Here,  of  ghi  wilt,  laet  u  genoegen! 
Bi  rnire  trouwen,  en  vechte  niet, 
Wat  u  ooe  daer  na  gesciet.' 
«Neen,  ghi  niet.  ten  es  geen  noet, 
Op  dat  ghi  dus  vordaen  doet 
125.  Ende  hout  u  stoutelic  int  geberen, 
So  salics  hebben  mijn  begeren.» 
Dus  es  hi  weder  ten  heren  comen, 
Die  den  camp  gherne  [hadden]  benomen, 
Ja,  hadden  si  geconnen; 
130.  Maer  neen  si,  hets  om  niet  begonnen. 
Die  forden  worden  daer  geslagen; 
Gene  setelen  waren  daer  gedragen 
Binnen  den  crite,  daer  men  gerede 
Die  kempen  sitten  in  dede. 
135.  Die  hertoge  quam  doe  gegaen 
Tsinen  kempe,  die  doen  säen 
Vraechde,  hoe  die  saken  gingen  V 
«Si  gaen  mi  af  al  mine  dingen, 
Die  si  mi  beloofden  ere.« 
140.  ,Trouwe  ben  sculdich  onsen  here 
(Sprac  die  gene).  maect  peis  säen! 
Oft  ic  sal  uten  crite  gaen; 
Wanl  en  vechte  in  geenen  saken.' 


—    154   — 

«Help  vrient,  wat  vvildi  maken? 
145.  Gingdi  enen  voet  uten  crite, 

Ghi  sond  worden  uwes  lijfs  quite: 

Want  men  sloege  u  hier  ter  stont 

U  hooft  af,  dat  si  u  cont. 

Sit  hier  noch,  ende  ic  sal  gaen 
150.  ßesien  wat  si  hebben  gedaen. 

Die  ic  over  die  effeninge  liet. 

Je  salt  pointen,  wats  gesciet.» 

Dus  es  hi  wech  gegaen. 

Mettien  stont  op  herde  säen 
155.  Sbisscops  kemp.  ende  nam  te  liant 

Seilt  om  den  hals,  cluppel  in  hant, 

Ende  gaf  hem  opt  hooft  enen  slach, 

Daer  die  menege  toe  saeh. 

Ende  die  gene  sat  stille  noch  doe, 
160.  Ende  sprac  den  anderen  dus  toe: 

,Siet,  goede  liede,  wat  meinstu 

Dattu  mi  dus  slaets  nu?- 

Wat  hebbic  di  gedaen  ter  stede? 

Je  en  seide  di  heden  lede, 
165.  Noch  en  mesdede  noit  man.1 
'    Die  ghene  quam  noch  bat  an, 

Ende  gaf  hem  noch  enen  slach. 

,Ay  mi!  God  geve  di  quaden  dach!1 

Sprac  hi  ten  genen,  ende  greep  sijn  hooft 
170.  Met  beiden  handen,  des  gelooft; 

Ende  dander  spranc  achter  waert, 

Om  te  verhalen  sine  vaert. 

Die  gene  sprac:  ,Bi  mire  trouwen! 

Sladi  mi  meer,  hei  sal  di  rouwen!1 
175.  Derdewerf  quam  die  gene  gegaen, 

Ende  dander  spranc  op  säen, 

Ende  laet  cluppel  ende  seilt  vallen, 

Ende  nemt  den  genen  daer  met  allen. 

Ende  werpen  onder  hem,  ter  neder, 
180.  Ende  sloegen  met  vuusten  weder, 

So  grote  slagen  dat  hine  säen 

Van  den  live  heeft  gedaen. 

Doe  riepen  si,  in  shertogen  side, 

Die  doe  waren  herde  blide: 
185.  «Worpten  over  die  coorde,  uten  crite, 

So  sijdijs  altemael  quite!» 


—    155   — 

Dit  dede  die  gene,  ende  daer  naer 
Sloech  hi  hem  thooft  af  daer, 
Ende  die  hertoge  bleef  in  dere. 

190.  Ende  van  desen  dage,  voort  mere. 

So  en  was  niemant  so  coen  voerdaen, 
De  hem  iet  hadde  mesdaen. 
Hine  wilden  vlus  te  campe  bestaen. 
Van  desen  es  noch  geslachte  comen 

195.  Te  Loven,  dat  ic  wel  soude  noemen.» 


No.  III.     Stellen    aus    Hugo    von   Trimberg's    „Renner"    über    die 
Kämpen,  Ringer  und  Springer  etc. 

«Daz  ist  ein  mere  von  zwein  kempfen. 

Ein  kempfe  vil  levten  was  bekant 

von  siner  kraft  über  manic  lant, 

Nv  was  ein  ander  in  einem  lande, 

Des  kraft  man  auch  weiten  erkande, 

Nv  komen  sie  pede  an  ain  stat, 

Do  daz  volk  sie  mit  fleizze  pat, 

Daz  sie  zesamen  wolten  gen, 

vnd  dirre  mit  kämpfe  ienen  besten. 

Do  sprach  ir  einer:  mohte  ir  mir  geben 

Ein  ander  leben  zv  disem  leben, 

Daz  als  lange  wert,  als  ditz  tvt, 

Ich  hete  den  leip  vnd  auch  den  mvt, 

Daz  ich  der  leben  einez  waget  an  in, 

Ditz  wer  aber  gar  ein  tvmmer  sin, 

Ob  ich  daz  leben,  daz  ich  noch  han, 

waget  vf  tvmmes  rvmes  wan, 

Der  kempfe !  was  weiser,  denne  di  degen 

Die  man  siht  iustierns  pflegen, 

vnd  manger  ander  affenheit, 

Die  ir  leben  veile  treit, 


s.  w.»  v.  ir584—  ir603. 


«Der  hat  witze,  die  sint  dein; 

Swer  einen  slegel  oder  einen  stein 

vf  hebet  vber  alle  sin  kraft, 

vnd  went,  ez  sei  grozze  meisterschaft, 

Ob  er  in  wirffet  von  der  stat, 

Da  er  mit  fride  gelegen  hat 


—   156  — 

an  ein  ander  stal  hin  dan: 

Sprichet  zv  dem  durch  spot  ein  man. 
Er  hab  in  geworffen  als  ein  helt 
So  levffet  ir  aber  hin  vnd  quelt 
Mit  dem  grozzen  steine 
vleisch  vnd  ander  gebeine. 
vnd  daz  vi  I  leihte  ein  rippe  prichet, 
Dirre  erbeil  Ion  ist.  daz  man  sprichet. 
we !  wie  ein  wurff  ditz  löblein 
Machet  mangen  torn  vnsenfte  pein. 
wenn  sin  gelider  beginnen  queln. 
Teglich  vnd  er  daz  mvz  heln. 
Ein  nutzer  werk  wolde  ich  im  zeigen, 

u.  s.  w.     v.  11'610— H'628. 


«Von  ringern  vnd  von  Springern. 
Noch  ist  einez.  daz  schaden  bringet. 
Swer  also  ringet  oder  springet. 
Daz  im  di  plose  arm  oder  pein 
pristet,  der  mohte  vil  liber  ein 
(ianlzes  tar1)  sanft  haben  gelebt, 
Danne,  daz  er  nach  vnselde  strebt. 

v.   Ll'636— 11'641. 


No.  IV.     Die  Nürnberger  Fechtschul-Reime  vom  Jahre  1579. 

(Nach  der  Papierhandschrift  No.  1458  des  germanischen  National- 
Museums  von  Nürnberg,  die  auch  das  Wappen  der  Federfechter  und 
das  Kupferstichporträt  des  «Leonhard  Schwab  Jn  Nürnberg  verord- 
neter Unterhauptmann  der  Federfechler  AE.  [aetatis]  41.  A°.  1671 
enthält.  Abdruck  nach  K.  WassmannsdorlT's  Wiedergabe  in  seiner 
Schrift  < Sechs  Fechtschulen  der  Marxbrüder  und  Federfechler  u.  s.  w. 
Heidelberg.  1870  pag.  32 — 45.) 

(la.)  Feehtschuln-Reimen 

angefanngen  Anno 

1579. 

(Ib.)  Der  Todl   ist  gewiss,  Vngewiss  der  Tag 
Die  slundt  auch  niemandt  wissen  mau' 


"i  wohl  Druckfehler  für    jar». 


—    157    ■ 

Darum b  furcht  Gott,  vnnd  dennck  darbey 
Das  yede  stunndt  die  letzte  sey. 


1.)  (2a.)  Gregorius  Beer  hefftleinmacher  Ein  Federfechter. 

Adj.  [a  die.]  2(5.  Apprillis  Ao.  1579. 

a)  Die  ersten  Reimen  zur  Stanngen. 

«Zu  Frannckfurt  an  der  Ader 
schlugen  sich  ein  ßalbirer  vnd  ein  pader 
Dartzu  kamen  die  kürszners  hüben 
Ey.  Ey.  wie  thetens  ein  annder  hüben 
Wie  die  püttner  vmb  daz  fas, 
Weis  nit  wol  kan  der  Lerne  es  bas. 

b)  Die  Anndern  zum  Schwerdt. 
Ich  schwinge  mein  schwert  Jn  Gottes  glück 
Vor  keinem  fechter  Jch  erschrickh. 
Er  sey  gleich  kurtz,  lanng  oder  dickh. 
So  licht  Jch  mit  Jm  on  allen  schertz, 
Er  sey  gleich  ein  maister  des  lanngen  schwerts 
Hoscha  maidlein,  scheisz  Jn  belcz.» 


(2b.)  Mathes  Greszman  vom  Hof  ein  Peckenknecht  vnnd  Marxbruder 

Adj.  3.  May  Ao.  1579. 
a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

«Frisch  her  ich  hab  vernommen, 

Wie  daz  frembde  federfechter  von  augspurg  sein  komen, 

Die  haben  auszgeben,  vnnd  thun  sagen 

Sie  wollen  mich  Stoffen  vnnd  schlagen 

Jch  hoff  aber  ein  Gott  will  es  soll  Jn  nit  gelinngen, 

Wer  daz  glück  hat  wird  vf  den  abent  sinngen, 

Jch  bin  ein  Junger  fechter  merckt  mich  eben, 

.Ich  wollt  auch  nit  gern  verliern  mein  Junges  leben 

Gott  wöll  mich  dann  also  heunt  verlasszen 

Daz  Jch  mein  haut  vnnder  der  gefider  mus  lasszen 

Jedoch  ist  mir  Gott  zu  eim  schütz  geborn 

So  hoff  Jch  doch  daz  Spil  sej  noch  nicht  gar  Verlorn. 

b.)  Die  Anndern  zum  Schwertt. 
Frisch  her  lasz  nit  schnappen 
es  gillt  mir  Vnnd  dir  ein  guts  bar  kappen 


—    158   — 

die  kappen  seinnd  Jm  Winntter  gut 
(3a.)  Drum  trag  Jch  ein  frischen  freyen  mutt 
Du  Edler  Löew  thue  auf  dein  glider 
Las  dich  den  Greiffen  nit  trucken  nider 
Weil  er  dann  mit  seinem  hochmut  vnd  pracht 
Die  Bruderschafft  von  sannt  Marx  Veracht. 
Ob  sich  der  Greift  .In  der  lufft  thut  herumbschwingen 
So  thust  du  Edler  Loew  Jm  Wald  herumb  springen 
ßey  anndern  Thierlein  Jung  vnnd  alltt. 
Wer  Lust  mit  mir  zu  fechten  hat  der  thus  nur  baldt 
Vnnd  thue  sich  nitt  Lanng  besinnen 
Mein  feuer  Thut  dahaim  Jm  ofen  brinnen 
Dasselbig  hab  Jch  höeren  Krachen 
Jcb  nnis  warlich  haim,   raus   auswürcken,   einschiesszen,  vnnd 

widerumb  auszpachen. 
hiemit  keiner  veracht 
Jch  schlae  dranff  daz  hercz  Jm  Leib  kracht.» 


3.)    (3b.)    Aszmus  Aichler  Schuster  burger  hie  Ein  Federfechter. 

Adj.  10.  Maij. 

a.)  Die  ersten  Reimen  tzu  der  Stanngen. 

Die  Marxbrüder  vertrieben  die  federn  gern 
Vnnd  können  Jr  doch  nit  enntbern 
Sie  sein  all  nacht  der  federn  fro 
sonnste  müesten  sie  ligen  auf  dem  Stro 
Vnnd  sollen  den  Winntter  wol  erfrieren 
All  Manschafft  thut  die  feder  zieren 
Zu  der  schreib  Jch  mich  Jn  Gottes  namen 
Trotz  euch  Marxbrüdern  allensammen 
Wems  nit  gefeilt  vnd  wolt  mir  daz  weren 
mit  dein  will  Ich  mich  munder  beren1) 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt 

.Ich  ficht   gern   aus   knrezer  Vnnd  langer  schneiden 

mein  Kopff  kan  noch  ein  guten  buff  erleiden 

Wer  mich,  mein  Löblich  hanndwerck,  vnnd  die  herrn  von  der 

feder  Veracht 
Den  scIilae  -Ich  auff  den  Kopff.  das  Jm  der  halsz  kracht. > 


'i  d.  i.  herumschlagen. 


—    159    — 

4.)  (4a.)    Georg   Grumpach  von  Glochaw   ein  Kürszners  gesell    vnnd   ein 

Marxbruder. 

Adj.  17.  May. 
a.)     Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen 
«Du  Edler  Löew  thue  auf  deine  glider, 
Lasz  dich  den  falschen  Greiffen  nit  trucken  nider 
Weil  er  mit  seinem  Stolczen  Hochmut  vnd  Pracht 
Die  Kayserlich  freiheit  die  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  veracht 
Ob  er  sich  gleich  Jnn  die  Lufft  thut  Rumb  schwingen 
So  thust  du  Edler  Low  Jm  Wallet  herum b  springen 
Mit  Jm  zu  streiften  ist  er  bereitt 
Frisch  her  vnnd  dran  dann  es  ist  Zeitt 

b.)  Die  anndern  zum  Schwerdt 
Ein  schönes  maidlein  hab  Jch  gefunnden, 
Daz  hat  mir  meinen  Cranntz  gepunnden 
Vnnd  darneben  mich  fleisszig  gebetten 
Jch  solt  .In  keinem  federfechter  geben 
Vnnd  soll  sie  gevvehren  Jrer  bitt 
Dieweil  sie  haben  kein  frevheitt  nitt.  > 


b.)    Hanns  Schuler  von  Statt  Eschenbach  ein  Schuchmacher  vnd 
Federfechter. 

Adj.  24.  May. 
a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 
Euch  desz  Löewen  brüeder  bitt  Jch  gar  schon 
Wollt  mir  vff  dieser  meiner  schul  heut  nichts  than 
Jch  förcht  es  werde  on  ein  Strausz  nicht  gehen  aus 
Drumb  Jr  Löewen  brüeder  kompt  fein  munder  vnnd  ziecht  euere 

dicke  wammester  aus, 
Jr  des  Löewen  brüeder  muest  mich  recht  verstan 
Mein  Kopff  vnnd  die  halb  stanngen  mus  am  ersten  dran. 

b.j  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Mit  freuden  aus  frischem  freyen  mut  thue   ich   mein    schwertt 

schwingen 
Jch  ficht  gern  aus  Kurtzer  vnnd  lannger  klingen 
Kein  schönere  kunst  ist  auf  dieser  Erdt 
Dann  wann  man  ficht  aus  freyer  kunst  Jm  Lanngen  schwerdt.» 


—    160  — 

6.)    (5a.)  Steffan  Christan  von  Nürmberg  ein  Kanndelgiessersgesell,  vnnd 
ein  Marxbruder. 

a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 
Schwing  dich  auf  Loew  du  Edels  Thier 

schaw  dich  für  dem  falschen  Greiffen  für. 
der  mit  seim  Hochmut  vjind  Stolczen  pracht 
Die  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  veracht, 
Derhalben  Will  Jch  mich  heut  zu  Ehren 
Mit  den  federfechtern  munder  rumb  Beren 
Drumb  frisch  her  Jnn  Gottes  Namen 
Wir  wolln  ein  annder  schon  empfanngen. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Frisch  her  Ir  federfechter  an  diesen  Tanntz 
es  gillt  ein  schonen  Rosen  Kranntz 
Ich  hab  mir  ein  pletzlein  lassen  Kheren 
Darauf  wollen  wir  aneinander  Rumb  beren 
Ich  hoff  es  soll  mir  heüt  gelingen 
Darumb  thue  Jch  mein  schwertt  auf  schwingen.» 


(6a.)  Augustin  Staidt  ein  Messerer1)  vnnd  Federfechter. 

Adj.  J-i-.  Junij. 
«Jch  bin  ein  Kaufman  klein  isl  mein  gewin 
Schleg  vnnd  stösz  die  gib  Jch  hin, 
Straich  vnnd  Büff  nim  Jch  dran 
Mit  einem  eisern  Flederwisch  kher  Jch  den  Staub  daruon. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 

Frisch  her  zu  mir  alls  Jch  zu  dir 

Neczt  du  nur.     So  scher  Jch  dir 

begert  mich  einer  zuuerleczen 

Er  raus  mir  souiel  dran  setzen, 

Wer  mich  vnd  mein  Loblich  hanndwerck  veracht 

Den  schlag  Jch  auf  den  Kopff  daz  Jm  daz  hercz  Kracht.» 


')  d.  i.  Messerschmied. 


—   161   — 

8.)  Deboldt  Boll  Schuchknecht  von  Niirmberg,  jetziger  Zeit  Churfürstlicher 
Sechssischer  Trabannt,  ein  federfechter. 

Adj.  23.  Juny. 

a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

«Frisch  her  vnnd  Keckh  ich  hab  vernommen 

Es  seinnd  freinbd  fechter  von  Culmbach  kommen 

Den  Thut  es  so  leden  Zorn, 

Daz  mir  die  heuttig  schul  ist  worn 

Vnnd  wollen  mich  drumb  abpleyen 

.Ich  gib  nichts  drumb  es  soll  sie  gereuhen 

•Ich  licht  Jn  Lanng  vnnd  kurtzer  schneidt 

Vnd  wehr  mich  Mannlich  meiner  heutt 

Vnnd  thue  nichts  nach  mein  feinden  fragen 

Wie  daz   gemein  Sprichwortt  thut  sagen 

Welcher  da  wilde  Schwein  will  hetzen 

Der  musz  hundsköpff  dran  setzen. 

b.)    (7a.)    Die  anndern  zum  Schwertt. 

Jnn  meine  hanndt  nim  Jch  daz  Schwert 
Wie  es  der  Marxbruder  an  mich  begert 
Ficht  Jch  mit  Jm  on  allen  Zorn 
Vnnd  schlags  munder  zwischen  die  ohren 
Daz  sich  die  schwertter  zusammen  schwingen 
Vnnd  die  Roten  plumen  vber  die  Nasen  Rinnen 
Triffst  du  mich  so  lasz  Jchs  geschehen 
Fehl  Jch  dein  du  wirsts  wol  sehen.» 


9.)    (7b.)    Christoff  Jung  von  Presszlaw.  ein  Kiirszners  gesell 

vnnd  ein  Marxbruder. 

Adj.  5.  Julij. 

a)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 
«Ein  Marxbruder  bin  Jch  worn 
Daz  thut  den  federfechtern  Zorn 

Dann  Jch  gedennck  was  vmb  ein  gennszfeder  mag  sein 
Man  Liehe  mir  nit  drauf  ein  halb  seidlein  wein. 
Was  solt  Jch  dan  haben  der  Gennszfedern  ehr 
Schult  vnnd  heim  ziern  mich  viel  mehr 
Die  Kayserlich  Mayestat  Marxbrüedern  thut  geben 
Die  nach  solcher  Ritterlicher  kunst  streben 

11 


—    162   — 

Dann  Gennszfedern  vnnd  Khil 

Braucht  man  nit  zum  Ritterspil 

Dann  hert  federn  dinn  Pappier  schwartze  Dinnten 

Soll  man  Jnn  den  Schreibstuben  finnden. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Du  Edler  Marx  bist  preisens  vol 
Weil  dein  Hauff  klein  vnnd  hellt  sich  wol 
Auch  von  Kayserlich  Mayestat  ist  auf  gericht 
(8a.)  Drumb  hab  Jch  mich  zu  dir  verpflicht. 
Von  deinet  Wegen  will  Jchs  Wagen 
Will  manchen  federfechter  helffen  zwagen 
Mit  Stahl  vnnd  vngeprenndten  Aschen 
Wollen  wir  einannder  schmeisen  auf  die  prott  daschen. 


10.)    (8b.)    Georg  Lenncker  Goldschmidt  von  Ludwigschargast 

Ein  Federfechter. 

Adj.  12.  July. 

a)  Die  ersten  Reimen  zu  den  Stanngen. 

«Auf  diesem  ganntzen  Erden  kraisz 
kein  Edler  Creatur  Jch  waisz 
Die  Yedesmals  geboren  ward 
Alls  nur  den  Edlen  greifen  zart 
Welcher  mit  seiner  Manheit  starck 
beczwingt  sein  feinndt  den  Loewen  arck 
Erwirbt  dardurch  mit  seinem  fleisz 
der  Edlen  feder  Lob  vnnd  preisz, 
Drumb  Edler  Greif  der  feder  zu  ehren 
so  Will  Jch  mich  heut  Mannlich  wehren 
Dann  Jch  verhoff  mit  meiner  hanndt 
Vnnd  mit  hilff  Gottes  beystanndt 
der  Tollen  Marxbrüeder  Muttwillen 
Mit  meinem  schwertt  gar  w0]  zll  stillen 
Wer  mich  daruon  zu  treiben  begert 
Der  hab  nur  achtung  auf  mein  schwertt 

Nach  solchem  nam  er  ein  schwert  Jn  die  hanndt  vnnd  sagt 

(9a.)  Jch  stell  mich  für  Jnn  Gottes  namen 
Vor  euch  Marxbrüedern  allen  samen 
Mit  euch  zu  fechten  Jnn  allen  wehren 
Der  Edlen  feder  zu  Lob  vnnd  Ehren 


—    163   — 

Durch  eines  Erbarn  Raths  Vergunst 
Ausz  freyer  Ritterlicher  kunst, 
Mich  heutt  zu  freyen  diesen  Tag. 
Welcher  mich  nun  Probirn  mag 
Der  komb  herbej  Vnnd  heb  frisch  auf 
Jnn  Gottes  Namen  schlag  Jch  drauf 
Nun  Edler  Greif  da  gelob  Jch  an 
Dir  vnnd  der  federn  bey  zu  stan 
So  lanng  dieweil  Jch  hab  daz  leben 
Vnnd  mir  Gott  thut  genade  geben 
Das  Jch  mag  füeren  mit  bestanndt 
Daz  Löblich  schwertt  Jn  meiner  hanndt. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Die  Marxbrüeder  seinnd  von  Mennschen  erdicht 
Göttliche  Mayestat  hat  die  federn  aufgericht 
Jr  Lob  Jst  ausz  zu  sprechen  nicht 
(9b.)  Drumb  hab  Jch  mich  zu  Jr  verpflicht 
Mit  der  federn  wil  Jchs  auch  hallten 
Vnnd  es  allain  Got  lassen  wallten 
Sollt  mir  drob  werden  mein  Kopff  zuspallten 
Drauf  thue  Jch  beut  Mein  erste  schul  ballten,» 


Vnnd  stunden  vnnder  seinnen  briefen  Diese  Vers, 

«Wer  diese  Kunst  will  sehen  gern 
Der  komb  hinauf  zum  gülden  Stern 
Vngefehr  zwo  stunnd  vor  Mittag 
So  finndt  er  platz  souiel  er  mag.» 


11.)    (10a.)  Georg  Spiesz  von  München  ein  hafner  vnnd  Marxbruder, 

Adj.  19.  Julij. 

a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen, 

«Frisch  her  vnnd  dran 

Auf  den  abent  sieht  man  wers  best  hat  than 

Der  Goldtschmidt  wollt  mich  am  Sonntag  fressen  vnnd  schlagen 

Vnnd  hat  selber  die  Büff  von  der  schul  weg  tragen, 

Vnnd  sagt  wir  sinndt  erdicht 

Jr  federfechter  seidt  von  Kayserlich  Mayestat  aufgericht 

Daz  hast  du  Reimen  weisz  ein  her  zogen, 

Aber  Jch  sprich  es  sej  weit  erlögen 

11* 


—    164   — 

Drum  Merck  mich  recht  durchaus 

Zeuch  mir  den  Freyheits  hrief  vnnd  Sigel  heraus, 

Gleiehwol  die  rechten  herrn  vonn  der  federn 

hallt  Jch  mit  Jrer  schlifft  vnnd  annder  kunst  Jn  ehren, 

Aber  auf  die  ein  geflickten  federfechter  will  Jch  alle  zeitt  beren. 

b.)    (10b.)    Die  anndern  Reimen  zum  Schwertt. 
Jch  schwinng  mein  schwertt  Jn  diesem  hausz 
Komj)t  her,  Jr  federfechter  I reibt  mich  naus, 
Vor  mir  habt  Jr  weder  rast  noch  ruh 
schont  mir  der  schwertter  schlagt  sonnst  fein  wacker  zu. 
Ob  sich  schon  der  greif  Jn  der  lufft   Unit  aufschwingen 
So  thut  der  Loew  Jm  waldt  herumb  Sprinngen 
Mit  Jm  zu  streiften  ist  er  beredt 
Auf  Auf,  Jr  federfechter  es  ist  Zeitt 

Klöpper  dich  hafenscherber,  dumel  dich  Kürsznersknecht 
Kompt  her,  Jr  federfechter  treibt  mich  weg.» 


12.)    (IIb.)  Thoma  Han  von   Lübeckh  ein  Tuchferber  vnnd  federfechter. 

Adj.  26.  Julij. 

a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

<  Frisch  her  Jch  hab  vernommen 

Es  seinnd  frembde  fechter  kommen, 

So  kompt  heut  Jr  Marxbrüeder  vf  meinen  Tanntz 

Wir  wollen  fechten  vmb  ein  Rosen  Cranncz. 

Mit  Kurtzer  scharpffer  klingen 

Daz  Vnns  daz  plutt  vber  die  Ohren  soll  herab  Rinnen 

Du  federn,  du  bist  preissens  Vol 

Daz  hortt  man  an  allen  ortten  wol, 

Darbej  will  Jch  auch  pleiben, 

Vnnd  soll  mich  kein  Mennsch  daruon  treiben, 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Die  Edel  federn  schwinng  Jch  auff 
(12  a.)  Von  deinnet  wegen  schlag  Jch  drauff 
Jch  treff  oder  werdt  getroffen 
Auf  Gottes  beystanndt  thue  Jch  hoffen, 
Wer  mich,  mein  ehrlich  Hanndwerck,  vnnd  die  herrn  Von  der 

feder  veracht, 
Den  schlag  Jch  zwischen  die  Ohren  das  Jm  der  halsz  kracht.» 


—   165   — 

13.)    (12b.)  Cunradt  Fridweg  ein  Altreisz*)  vnd  Marxbruder. 

Adj.  2.  August j. 

a.)    Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 
« Die  Marxbrüeder  mit  Jrer  kunst 
haben  bey  Fürsten  vnnd  herrn  gunst 

Auch  bey  Römisch  Kayserlich  Mayestat  Freyheit  vnnd  ehr 
Daz  Vberkommen  die  federfechter  nimmer  mehr, 
Drumb  frisch  her  Jr  federfechter  on  allen  schertz 
Vnnd  wer  dann  hat  ein  Mannsz  hertz 
Der  Kom  herauf  auf  disen  plan 
So  wollen  wir  sehen  weichers  am  pesten  kan 
Vnnd  aneinannder  vmb  den  Kopff  gehen  wie  der  Püttner  Vmhs  fas, 
Wers  nit  wol  kan,  der  lerne  es  basz. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 

Du  edler  Loevv,  nun  schwinng  dich  auf, 
(13  a.)  Von  deinel  wegen  schlag  Jch  drauf 
Jch  dreff,  oder  werde  getroffen 
Auf  Gottes  beystanndt  thue  Jch  hoffen 
Der  Wolle  mich  auch  heut  beschützen 

Von  wegen  der  Bruderschafft  von  Sannt  Marx    Lasz  ich  mich 

heut  Nützen.» 


14.)  (13b)  Wilhelm  Aichler  ein  Schuchmacher  vnnd  Federfechter. 

Adj.  9.  Augustj. 

a.)    Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

«  Jr  Marxbrüeder  troet  mir  ausz  stoltzem  mut 

Jr  wolt  mich  schlagen  daz  mir  der  kopff  platt 

so  kompt  nur  her.  an  diesen  Tanntz 

es  soll  nit  gellten  einen  Rosen  kranntz 

sonnder  daz  Rot  plut  auf  dem  Haupt 

Daz  eim  zu  thail  wirdt  ders  Jetzt  nit  glaubt 

Dann  wer  mich  an  meinem  Leib  will  verletzen 

der  mus  nur  ein  dicken  Marxbruderskopf  daran  setzen. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Frisch  her  Jr  Marxbrüeder  zu  mir  geschwinndt 
Souiel  alls  euer  zu  Nürmberg  sinndt 


*)  d.  i.  ein  Flicket-  alter  Schuhe  und  Stiefi 


—   166  — 

Mit  euch  zu  fechten  steet  mein  begir 
Drumb  hebt  auf.  Vnnd  fecht  dapffer  mit  mir 
So  wollen  wir  einannder  ausz  klopfen  daz  Leder 
(14a.)  Dieweil  Jr  stets  naget  an  der  Feder, 
Vnnd  wollt  die  gar  zureissen 

So  musz  man  euch  auf  die  grossen  meuller  schmeisszen. 
Das  darüber  laufft  daz  plutt 
Solche  kappen  seinndt  euch  Marxbrüedern  gut.» 


15.)  (14  b.)   Hainrich  Doli  von   Puchholt  ein   Niderlendischer  Tuchferber 
Vnnd  Marxbruder. 

Adj.  16.  Angustj. 
a.)  Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

« Schwing  dich  auf  du  Edler  Loew  Jn  deinem  krausen  har, 

Vnnd  nim  dir  desz  greiffen  eben  war, 

Das  er  dich  nit  thue  Vnndertrucken 

Mit  seinen  argen  böesen  Stücken 

Der  mit  seinem  grossen  prall  vnd  Pracht 

Die  frey  Kayserlich  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  so  gar  veracht, 

Ob  sich  gleich  der  Greiff  thut  Jm  lufft  herumb  schwingen 

So  thut  der  Low  Jm  waldt  herumb  sprinngen, 

Will  er  dich  Kratzen  oder  peissen 

So  thue  Jn  Dapffer  vf  sein  schnabel  schmeissen 

So  mus  er  wider  fliehen  Von  dir, 

Vnnd  hast  du  Low  den  ganntzen  waldt  an  dir  [hallten 

Drumb  will  Jchs  mit  dir,  Vnnd  der  Bruderschafft  Von  sannt  Marx 

Sollt  mir  darob  werden  mein  kopff  zurspalten. 

b)  Die  anndern  zum  Schwertt. 

Frisch  her.  Jr  federfechter  an  diesen  Tanntz 
(15  a.)  Es  gillt  mir  Vnnd  euch  ein  schönen  Rosen  krantz 

Jch  ficht  mit  euch  aus  kurtzer  vnnd  lanngen  klinngen 

Daz  Vnns  die  Roten  plumen  Vber  die  nasen  rinnen. 

Meinem  kunstreich  Löblichen  Handwerck  zu  ehren. 

Vnnd  die  Kayserlich  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  zu  mehren.» 


—    167    - 

16.)  (15b.)  Hanns  Weysz  ein  Schuchmacher  von  Nürmberg  vnnd  ein 
Federfechter. 

Adj.  23.  Augustj. 

a)  Die  ersten  Reimen  Jnn  der  Stanngen. 

« 0  Du  armer  Marx,  du  must  heut  Nunnder 
Die  federn  ist  Leücht.  vnnd  hellt  sich  munder 
Ob  schon  deine  brüeder  sich  machen  willdt 
Werdens  doch  offt  von  der  federn  gestillt. 
Drumb  ehe  Jch  wollt  ein  Marxbruder  sein 
Ehe  wollt  Jch  nimmer  drinncken  Wein 
Wer  mich  drumb  will  verletzen 
Der  Musz  sein  kopff  an  meinen  setzen. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Frisch  her  All  Jr  Marxbrüeders  Tropffen 
Wir  wollen  einannder  die  haut  auszklopffen 
Vnnd  fechten  ausz  kurczer  vnnd  lannger  schneiden 
Mein  kopff  kan  noch  wol  ein  buff  erleiden 
Trifft  mich  schon  ein  Marxbruder  schalck 
Jch  schlag  Jn  wider  auf  den  palck 
Fecht  Redlich,  vnnd  peltz  dapffer  zu 
(16  a.)  schaw.     Ob  Jch  deiner  fehlen  thue.» 


17.)  Wilhelm  Seidenpanndt  von  Kempten  ein  Schwartzferber. 
Vnnd  Marxbruder. 

Adj.  30.  Augustj. 
a)  Die  ersten  Reimen  Jnn  der  Stanngen. 

« Frisch  her  vnnd  dran 
secht  was  Jch  vnnd  mein  Vorfechter  kan 
Wer  mich  vnnd  sie  will  vertreiben 
der  Musz  viel  stösz  vnnd  büff  erleiden. 

b.)    (16  b.)  Die  anndern  zum  Schwert. 

Jch  schwing  mich  auf  im  Namen  Jhesu  Christ 

Jch  förcht  kein  federfechter  wie  willt  er  ist 

Ist  einer  so  willd  alls  ein  Beer 

So    furcht    Jch    Gott   Jm    Himel.     vnnd    kein    federfechter 

nimermehr 
Jch  wil  Ob  der  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  hallten 
Vnnd  sollt  mir  werden  mein  kopff  zerspallten.» 


—   168   — 

18.)    (17a.)  Petter  Fischer  ein  Holtzdrechssel  vnnd  Federfechter. 
Adj.  (>.  September. 

a.)  Die  ersten  Reimen  Jn  der  Stanngen. 
«Die  edle  feder  hat  daz  Lob 
schwebt  allen  Ellemennten  ob 
Dem  feuer.  Wasser.  Lufft  vnnd  Erdt 
Wirdt  auch  von  Fürsten  vnnd  herrn  geehrt 
Drumb  mus  den  Marxbrüedern  besser  glücken 
Wölln  sie  die  federn  Vnndertrücken. 
Die  feder  mus  doch  schweben  ob 
Vnnd  für  Jnen  behallten  daz  Lob, 
Wer  die  federn  Vnehrt.  der  ist  nicht  werdt 
Daz  er  ein  schwerdt  soll  füeren  auf  Erdt, 

b.)  Die  anndern  zum  Schwerdt. 

Jch  schwinng  mich  Jm  Namen  Jhesu  Christ 
Der  alle  Zeitt  mein  schutzer  ist. 
Die  Marxbrüeder  lauften  nur  gern  ein 
Vnnd  schlagen  wie  die  Trescher  drein 
Der  Fuchsschwenntz  steckens  souiel  ein 
(17  b.)  Das  Jnen  die  Wammes  werden  zu  klein 
Darauf  sie  khün  sein,  vnnd  wagens  drein 
Wie  gering  vnnd  klein  ire  künst  sein 
Jr  Marxbrüeder  habt  Jr  ein  Mannszhertz 
So  fecht  nach  Jnnhalt  des  Lanngen  schwerts 
fein  lang,  steet  wol  Jn  allen  wehren 
Wer  künstlich  ficht  den  soll  man  ehren 
Frisch  her.  bieg  Jch  mich  nicht,  So  biegt  sich  mein  sehwert 
Dannoch  bleib  Jch  eins  ehrlichen  federfechters  werth.» 


19.)     (18a.)  Caspar  Bacher  von  Dreszen  ein  Marxbruder. 

Adj.  13.  September. 

a.)  Die  ersten  Reimen  Jnn  der  Stanngen. 

Frisch  her   Jr   feder   fechter   mit    euerm   grossen    prallen  vnnd 

prachten 
Jr  thut  die  Marxbrüeder  so  gar  Verachten 
Vnnd  könnt,  vnnd  mögt  doch  dieselben  mit  vertreiben 
Daz  ist  mannchem  federfechter  ein  grosses  leiden 
Die  Romisch  Kayserlich  Mayestat  hat   den   Marxbrüedern   geben 

schult,  heim   vnnd  Ehr. 
Das  Kriegen  die  von  der  federn  Nimmer  mehr 


—    169   — 

.    Es  thut  sich  auch  mancher  Von  der  feder  nennen 

Vnnd  kan  kein  Buchstaben  schreiben,  lesen  noch  kennen 

Ein  Marxbruder  bin  Jch  worn 

Das  thut  Mannchem  feder  fechter  zorn 

Vnnd  wann  Jn  gleich  prech  hertz  mut  vnnd  sin 

So  pleib  Jch  ein  Marxbrüder  wie  vorhin. 

b.)  Die  anndern  zum  Schwertt. 
Jch  schwinng  mich  auf  Jm  Namen  Jhesu  Christ 
(18b.)  Jch  förcht  kein  federfechter  zu  aller  frist 
Er  sey  gleich  Lanng  kurtz  oder  dick 
So  ficht  Jch  mit  Jm  auf  gut  gluckh 
Trifft  mich  einer  So  lasz  .Ichs  geschehen 
Fehle  Jch  sein  Man  wirds  wol  sehen 

Meinem  hanndwerckh.  Vnnd  allen  Marxbrüedern  zu  ehren 
So  will  ich   mich  heut  diesen  Tag  Meiner  heut  dapffer  wehren. 


20.)     (19a.)   Hanns  Hagenmüller  vom  hoff  ein  Schreiner  vnnd  federfechter. 
Adj.  20.  Septemb(ri)s. 
a.)     Die  ersten  Reimen  zu  der  Stanngen. 

«Jch  schwinng  mich  auf  Jn  Gottes  glückh 
vor  keinem  fechter  Jch  erschrick 
Er  sej  gleich  kurtz  lanng  oder  dickh 
So  ficht  Jch  mit  Jm  all  augenplickh. 

b.)     Die  anndern  zum  Schwertt. 
Frisch  her  Jhr  Marxbrüeder  an  diesen  Tanntz 
Wir  wollen  fechten  vrab  ein  Roten  Rosen  kranntz 
Das  die  schwertter  klingen 
Vnnd  die  Roten  Rosen  vber  die  Nasen  rinnen 
Wer  daz  Glückh  hat  wird  vff  den  Abent  sinngen.» 


21.)     (19b.)  Jacob  Kreiser  ein  Kürsznersgesell  von  Dantzigk  ein  Marxbruder. 

Adj.  27.  September.  - 

a.)     Die  ersten  Reimen  Jnn  der  Stanngen. 

«Du  Edler  Loew  thue  auf  deine  glider 

lasz  dich  den  falschen  Greifen  nit  trucken  nider 

Weil  er  mit  seinem  stoltzen  Hochmut  vnd  pracht 

Die  Bruderschafft  von  Sannt  Marx  so  gar  veracht 

Ob  sich  schon  der  greif  thut  Jm  lufft  herumb  schwinngen 

So  Ihuest  du  edler  Loew  Jn  dein  Waldt  herumb  sprinngen 

Mi!  Jm  zu  Streitten  ist  er  bereit 

Frisch  her  Jr  federfechter.  dann  es  ist  Zeill. 


—   170  — 

b.)     Die  anndern  Jm  Schwertt. 

Frisch  her  lasz  schnappen 

es  gillt  mir  Vnnd  dir  ein  guts  bar  kappen 

Es  sej  gleich  trucken  oder  nasz 

Wie  es  ausz  kurtzer  vnnd  lannger  schneiden  gerathen  mag.» 


22.)    (20a.)   Hainrich  Müllner  ein  Goidschmidt  Vnnd  federfechter. 
Adj.  4.  October. 
a.)     Die  ersten  Reimen  Jnn  der  Stanngen. 

«Frisch  her  Jch  hab  mir  lassen  sagen 

Wie  mich  die  Marxbrüeder  wollen  stossen  vnnd  schlagen, 

So  thue  ich  nit  viel  darnach  fragen 

Wer  weisz  wer  den  anndern  thut  Jagen. 

b.)     Die  anndern  Jm  Schwertt. 
Jch  schwinng  mich  auf  mit  meinem  schwertt 
Jch  ficht  mit  einem  wie  ers  begertt 
Vnnd  gib  mich  nit  wie  weissen  hörn 
Daz  thut  all  meinen  feinnden  zorn.» 


Nr.  V.     Fechtzettel  aus  dem  Joachim  Meyer'schen  Fechtbuche 

von  1570. 

(Abdruck  nach  dem  Fechtbüchlein  von  J.  Schmied-Kowarzik 
und  H.  Kufahl,  Leipzig  1894  [Reclam],  pag.  96—98). 

F.  F.  Zedel. 

«Merck  wiltu  künstlich  fechten  lehrn, 
Solt  du  mit  Fleisz  den  Zedel  hörn : 
Ein  Fechter  soll  sich  halten  fein, 
Kein  Rümer,  Spiler,  Sauffer  sein. 
5.  Auch  nit  Goltslestern  noch  schweren, 
Und  sich  nit  schemen  zu  lehren, 
Gottsfürchtig,  züchtig,  darzu  still, 
Sonderlich  den  tag  er  fechten  will, 
Sey  meszig,  erzeig  den  Alten  ehr, 
10.  Und  dem  Weibsbild,  auch  weiter  hör, 
Alles  tugendt  ehr  und  manlichkeit, 
Der  sollt  dich  fleiszen  allezeit, 
Auff  das  du  dienen  könnst  mit  ehren, 
Keyser,  König,  Fürsten  und  Herren, 


—    171    — 

15.  Auch  nützlich  seyest  dem  Vatterlandt, 
Und  nicht  der  edlen  Kunst  ein  Schandt. 
Jndes,  das  wort,  auch  Schwech  und  Sterck, 
Das  Vor  und  nach  auch  fleiszig  merck, 
Brieff  Weich  und  Hert,  das  fühlen  lern, 

20.  Trit  mit  streich,  es  sey  nach  oder  fern, 
Die  theilung  halt  in  guter  Hut, 
Vor  groszem  Zorn  auch  dich  behut; 
Der  Hüten  und  der  Häuw  nim  war, 
Das  jhr  Bruch  dir  sey  offenbar. 
25.    Ober,  Zorn,  Mittel,  auch  under, 
Ausz  den  treib  alle  deine  wunder, 
Als  Schieler,  Scheidler,  Krump  und  Zwer, 
Und  was  mehr  stück  nach  deim  beger. 
Schauw  das  der  erst  seyst  auff  dem  Blan, 

30.  Ehe  sich  dein  Mann  legt,  greiff  jhn  an, 
Jndes  nimm  war,  versteh  mich  recht, 
Jhn  triff,  ehe  er  sein  Leger  schlecht. 
Es  kom  dir  für  was  Leger  gut, 
Im  Nach  jhn  triffst  ausz  freyem  Muth. 

35.  Dein  Häuw  führ  gewaltig  von  dem  leib, 
Zu  den  vier  Blösz  dein  arbeit  treib, 
So  du  Krumphauwst,  fahr  auff  behend, 
Geschrenckt  den  ort  wirff  auff  dein  Hend, 
Den  Zürkel  lasz  zur  Rechten  rühren, 

40.  Halt  dein  Hend  hoch,  wilt  jhn  verführen 
Wann  du  jhm  hauwest  Krump  zur  sterck, 
Durchwendt,  Uberlauff  damit  merk, 
Des  Knopffs  verführen  sollt  gedencken, 
Mit  Zekrur,  Schnellen  werst  jhn  krencken, 

45.  Mit  krump  tritt  wol,  wiltu  versetzen, 
Das  uberschrencken  thut  jhm  letzen. 
Krump  zun  flechen  wilt  dich  stercken, 
Wiet  jhn  schwechst,  solt  fleiszig  mercken, 
Als  baldts  rührt  und  glützet  oben, 

50.  Zuck  ab  zur  Blösz,  wilt  jhn  betoben. 
Auch  so  du  recht  durchschieszen  wilt, 
Krump,  Kurtz,  durchwechsle  an  sein  Schilt, 
Merk  so  er  dich  mit  Krump  wolt  jrren, 
Bleib  am  Schwerdt,  recht  den  krieg  thu  führen, 

55.  Mit  Winden,  Schneiden,  und  was  mehr, 
Mit  verfliegen  lasz  dich  nit  zu  ferr, 
Auch  schnell  die  schwech  zum  Rechten  dar, 


172 


Zwifach  schnellen,  mit  Schilt  dich  bewar, 

Und  deins  Manns  Schilt  mit  sterck  verwindt, 
60.  Jndes  stos  ab,  und  schlag  geschwind  t. 

Den  Schielhauw  soltu  weiszlich  machen. 

Mit  Winden  kannst  jhn  auch  zwifachen. 

Die  Zwürch  solt  du  auch  halten  werdt, 

Damit  gantz  wirt  dein  kunst  im  Schwerdt, 
65.  Dann  alles  was  er  ficht  vom  tag, 

Solchs  dir  die  Zwürch  versetzen  mag. 

Jm  angriff  treib  die  Zwürch  mit  sterck. 

Verführen,  feilen,  auch  mit  merck. 

Zum  Pflug  und  Ochszen  sey  behendt, 
70.  Jhm  trauw  die  Zwürck  bald  wider  wendt. 

Merck  was  für  Zwürch  mit  sprang  wird  gfürt, 

Auch  fehlest  mit,  noch  wünschen  rührt. 

Doppel  solt  den  fehler  machen, 

Deszgleichen  Schnitt  und  Tritt  zwiefachen. 
75.  Vom  Schwerdt  zum  Leih,  damit  verkehr, 

Zweymal  oder  Schnit  in  die  Wehr, 

Nachreisen  ist  ausbündig  gut, 

Mit  Schneiden.  Winden  dich  behut. 

Bey  zweymal,  oder  darinnen, 
80.  Verfliegen  lasz,  damit  begünne. 

Und  zu  allen  wir  enden  treib  die  treffen, 

Die  Zucken  lern,  wilt  du  sie  effen, 

Abschneiden,  Schlaudern,  bring  auch  mit 

Die  herten  gfehrt  weisz  ab  mit  Schnit. 
85.  Verlasz  dich  nit  zuvil  auff  d1  Krön, 

Du  bringst  sonst  von  jhr  spott  und  Hon. 

Den  langenort  durchstreich  mit  gwalt, 

Damit  all  harte  gfert  aufmalt. 

Sich  thu  all  Hauw  und  stuck  recht  brechen, 
90.  Ob  du  dich  an  deim  part  wilt  rechen. 

Die  hengen  thu  weiszlichen  bringen, 

Greift'  nit  zur  unzeit  wiltu  Ringen. 

Wilt  du  auch  wissen  der  Meister  kern 

Zu  allen  stucken  recht  tieften  lern. 
95.  Versetzest  nit  vil,  ist  desta  freyer, 

Darvor  verwarndt  dich  Joachim  Meyer. 


178 


Nr.  VI.  3  Sprüche  aus  dem  Jacob  Sutor'schen  Fechtbuche  von  1612. 

i  Abdruck  nach  dem  Neudruck  des  Werkes  von  1849  [Stuttgart], 

pag.  1.  35.  87.) 

1* 

«Warumb  Spielleüth  gehen  vorn  an. 
Wann  Fechter  wollen  Schulen  han. 
Drumb,  das  sie  jhn  machen  ein  Mutli, 
So  einer  mit  andern  fechten  thut. 
Vmb  Gelt,  oder  ein  scbönes  Kräntzlein, 
Wie  der  Knab  tregt  am  Schwerdte  seyn. 
Jn  dem  Fechter  Gelt  nemmen  ein, 
Vnder  dens  trincken  wir  gern  Wein. 
Fordern  darzu  auch  vnsern  Lohn, 
Lahn  sorgen,  wo  sie  es  her  han, 
Derowegen  ohn  Lohn  vnd  Trunck, 
Wir  jhn  spielen  selten  genung. 

2  ** 
«Vetter  Wendel  gieb  gute  Acht, 
Gestiffelt  im  tretten  wol  bedracht. 
Dass  du  nit  so  blindt  schlagest  drein, 
Beuor  einem  zum  Gesicht  hinein. 
Sonst  wo  du  es  vbersihest, 
Vnd  eins  darüber  aufm  Kopff  kriegest. 
Schlag  ich  hin,  da  es  dich  nicht  juckt, 
Wann  auch  gleich  das  Blut  springt  zurück. 
Dann  also  tödt  ich  einem  die  Läuss, 
Wann  er  sonst  will  machen  viel  mäuss. 
/wag  einem  gern  des  Kopffs  grosse  Haar, 
So  er  seiner  sachen  nicht  nimpt  wahr. » 

« Mein  Bruder  thue  recht  fechten  lang, 
Dass   es  zwischen  vns  °;eb  kein  Zanck. 


*)  Über  dem  Spruche  befindet  sich  ein  Bild,  zwei  .Spielleute,  rechts  einen 
Pauker  und  links  einen  Flijtenbläser  darstellend;  zwischen  beiden  steht  ein  junger 
Mann,  der  an  einem  Stabe  hängende  runde  Zeichen  —  es  sind  wohl  die  als  Preise 
für  die  Fechter  geltenden  Kränze  damit  gemeint  —  in  die  Höhe  hält.  Spruch  und 
Bild,  welch  letzteres  sich  übrigens  noch  häufig  in  ähnlicher  Art  wiederholt,  sind  ein 
deutlicher  Beweis  für  die  enge  Lebensgemeinschaft  und  das  berufsmässige  Zu- 
sammenwirken von  Fechtern  und  Spielleuten. 

**)  Darüber  ein  Bild,  zwei  mit  dem  Dusack  (einem  breiten,  dünnen  und  leichten 
Holzschwert)  kämpfende  Fechter  darstellend. 

***i  Auch  hierüber  steht  ein  Bild,  das  zwei  mit  dem  Stossrappier  fechtende 
Kam] der  veranschaulicht. 


174    — 

Auch  im  Rappier  nicht  lauffe  ein, 

Wiltu   vor  Schaden  gewarnet  seyn: 

Oder  mit  werften  vnd  ringen. 

Sonst  wirdts  dir  vbel  gelingen, 

Drumb   thue  ich  dirs  zuvor  sagen, 

So  was   böss  gschicht,  thues  nicht  klagen. 

Hab   nun  letztlich  diess  zum  Tranckgelt, 

Hinfür  komm  wider,  wann  dirs  gfellt. 

Will  ich  dirs  noch  besser  machen. 

Wo   du  nicht  wahr  nimbst  deine  Sachen. » 


Nr.  VII  und  VIII.  Christoff  Rösener's:  ,,Ehrentittel  und  Lobspruch 
der  Ritterlichen  Freyen  Kunst  der  Fechter  u.  s.  w."  von  1589  und 
Hans  Sachsen's:  ,, Fechtspruch,  Ankunfft  und  Freyheit  der  Kunst'- 
von  1545.  (Die  beiden  Gedichte  sind,  das  eine  als  Einschaltung  des 
anderen,  hier  wiedergegeben  nach  dem  Abdrucke,  der  sich  in  K.  Wass- 
mannsdorffs  Schrift:  «Sechs  Fechtschulen  der  Marxbrüder  und 
Federfechter  u.  s.  w. »  [Heidelberg  1870]  auf  pag.  46 — 58  findet,  doch 
unter  Weglassung  der  dort  mitabgedruckten  wechselnden  Lesarten 
der  verschiedenen  Drucke.) 

Nr.  VII. 

Ehren   Tittel   vnd  Lobsprach 

der 

Ritterlichen  Freyen 

Kunst  der  Fechter,  auch 

jhrer  Ankunfft,   Freyheiten   vnd 

Keyserlichen  Priuilegien,  etc. 

Gestellet  durch 

Christoff  Rösener  Bürger  in  Dreszden, 

vnd   durch  Keyserlicher  Mayestät  Freyheit, 

Meister  des   Schwerts. 

Anno   1589. 

, Welcher  begert  berichts  genung, 
Der  Fechter  Kunst  vnnd  jhren  Vrsprung, 
Der  lesz  mit  fleis  dieses  Tractat, 
Dann  er  drinn  schönen  bericht  hat, 
5.    Wer  die  Fechtkunst  hat  angefangen, 
Auch  jhr  Befreyhung,  vnd  wie  lang, 
Solche  Fechtkunst  erfunden  ist, 
Steht  alls  hierinn,  wer  fleiszig  list. 


—    175   - 

Der  wird  sich  auch  verwundern  sehr, 
10.    Was  Fechten  bringt  für  grosze  Ehr, 

Denn  die  Fechtkunst  bey  grossen  Herrn, 
Geruhmet  wird,  vnd  bringt  zu  Ehrn, 
Den.  der  das  Fechten  sehr  wol  kan, 
Mag  hieruon  vnterhaltung  han. 
15.    Er  kan  bey  grossen  Potentatn, 
Hierdurch  in  grosse  gnad  gerahtn. » 


Zu   Ehren  Dem  Edlen  vnd  Wolgebornen   Herrn, 
Herrn  Wentzelao  auff  Schmirsitzky,  Herr  auff  Nacht 
vnd    Quartz,    etc.    Meinem    gnedigen    Herrn.    Gottes 
gnad  vnd  segen  durch  Christum  vnsern  Erlöser,  Amen. 
Wolgeborner,    Gnediger  Herr,    das    ich  dieses   Tractet- 
lein,   die  Ritterliche   vnnd    weitberümbte    Kampff   vnn 
Fechter    Kunst    betreffend    (Der    sich    Keyser,    König, 
Fürsten   vnd   Herrn  gebrauchen,   auch  alle   diejenigen, 
5.    so  sich  derer  Kunst  üben,  mit  Prouision  vnnd  vnterhalt 
vorsehen   vnd   befordern)    in  Druck  gegeben  vnnd  Pu- 
bliciren  lassen,  ist  nicht  ohn  erhebliche  vrsach  geschehen, 
Sondern  dieweil  wie  gemelt,  grosse  Herren  vnnd  Poten- 
taten diese  Ritterliche  Kunst   ehren  vnd  fordern,   Also, 
10.    das  sie  von  etlichen  Keysern  mit  Priuilegien  vnnd  Frey- 
heiten  begnadet  worden,  das  die  jenigen,  welche  diese 
Ritterliche  Kunst  gelernet  vnnd  gebrauchen,  was  Marx- 
brüder  sein  (Die  Feder-Fechter  ausgeschlossen)  einen 
offenen  Helm,  neben  einem  starken  Lewen  führen  mügen. 
15.    Weil  mir  dann  wissend,  das  E.  Gn.  selbst  diese  Ritter- 
liche Kunst  üben,  vnd  an  derselben  Hoff  täglich  durch 
eigene   Fechter   brauchen    lassen,    Als  hab   ich   dieses 
Tractetlein   (neben  einem  angehengten  Gesangk)  darinn 
das   gantze  Fundament    der    löblichen   Fechtkunst    be- 
20.    griffen,  E.  Gn.  zu  Ehren  in  Druck  vorfertiget.    Bin  dem- 
nach in  vntertheniger  hoffnung,  E.  Gn.  werden  jhr  dieses 
Tractetlein  gnedigst   gefallen  vnd  lieb   sein  lassen  (wie 
ich  auch  hierumb  vuderthenig  bitten  thue.)  Dann  E.  Gn. 
ich  sonst  mit  nichts  bessers  zu  dem  mahl  zu  vorehren 


—    176   — 

25.  vermutlichen.  E.  Gn.  wollen  also  zu  diesem  mahl  gne- 
digsl  vor  lieb  nehmen,  Mein  Gnediger  Herr,  wie  bis- 
hero  geschehen,  sein  vnd  bleiben.  Befehl  E.  Gn.  in 
Gottes  schütz  vnd  schirm.  Geben  in  Dreszden,  den 
1.  Julij,  im  1589.  .lar. 

E.  Gn. 
Vnderthen. 

Christoff  Rösener 

Meister  des  Schwerts. 


Bericht  vom  Fechten. 

« Eins  mals  gieng  ich  spatzieren  weit, 
Ins  ebne  Feld,  vnd  sah  zur  seidt. 
Ein  hübschen  Jüngling  her  spatziern, 
Der  fraget  mich :  Kan  ich  auch  jrrn : 
5.  Auf  diesem  Weg,  da  ich  jetzt  bin: 
Da  fieng  ich  an,  vnd  grüsset  jhn: 
Er  daneket  mir  züchtiger  massn, 
Balt  trat  er  zu  mir  an  die  strassn. 
Da  fragt  ich  jhn,  wo  er  hin  wolt, 

10.  Dasselb  er  mich  berichten  solt. 

Er  sprach:  Ich  wil  hin  an  den  Meyn, 
Mich  zu  Franckfurt  da  lassen  freyn. 
Denn  ich  vor  lengest  hab  begert, 
Meister  zu  sein  im  langen  Schwerdt. 

15.  Auch  sunst  in  aller  Fechter  Wehrn, 
Denn  dadurch  komm  ich  bald  zu  Ehm. 

Da  sagt  ich,  Ja  jhr  geht  hie  recht, 

Bleibt  auff  dem  Weg,  er  ist  gar  schlecht*) 

Der  wird  euch  bringen  an  den  orth. 

20.  Da  jhr  hin  wolt,  geht  jmmer  forth. 
Er  fürt  euch  in  die  Stadt  hinein, 
Welch  jhr  genandt,  Franckfurt  am  Main. 
Ich  gieng  mit  jhin  eine  gute  Eck, 
Der  Jüngling  redet  frisch  vnd  keck. 

25.  Da  nam  ich  vrsach  jhn  zu  fragn, 
Und  bat  jhn  das  er  mir  wolt  sagn. 
Wo  doch  her  kern:  der  Fechter  Kunst, 
Vnd  jhr  Vrsprung,  denn  ich  jhr  sunst, 


*1  d.  i.  schlicht,  einfach. 


—    177   — 

Von  jugent  auff  hett  gunst  getragn, 
30.  Der  Jüngling  thet  bald  zu  mir  sagn. 

Ja,  wenn  ich  hett  mein  sach  verriebt, 

Ich  wollt  euch  geben  fein  bericht. 

Wer  die  Fechtkunst  erfunden  hat, 

Aber  ich  furcht,  ich  komm  zu  spat, 
35.  Gen  Franckfurt  hin,  den  ich  hab  zeit, 

Mich  dünckt,  der  Weg  sey  zimlich  weit. 

Wann  ich  jetzund  vorseumpt  die  Mess, 

So  würde  ich  durchaus  vorgessn. 

Vnd  musz  noch  warten  ein  gantz  Jar, 
40.  Das  ich  euch  jetzundt  sag,  ist  war. 

Ich  sagt  zu  jhm,  ey  ich  weis  rhat, 
Morgen  frü  fahr  ich  in  die  Stadt, 
Da  kan  ich  euch  fein  nehmen  mit. 
Bleibt  heut  bey  mir,  das  ist  mein  bitt. 

45.  Ja  wenn  ich  dieses  wer  gewis, 
Ich  mich  hierzu  vermügen  lies. 
Ich  sprach,  gleubt  mir  ohn  allen  spot, 
Lest  mich  leben  der  liebe  Gott, 
So  fahr  ich  Morgen  gwis  hinein, 

50.  Kompt  nur  her  vnd  kert  bey  mir  ein. 
In  Namen  Gotts,  ich  lass  geschehn, 
Ich  wil  mit  euch  jetzt  hinein  gehn. 
Seit  mir  willkommen  in  mein  Haus. 
Leget  nur  ab,  vnd  thut  euch  aus. 

55.  Man  sol  euch  ein  Handwasser  gebn, 
Auch  ein  biszlein  essen  danebn. 
Ey  mein  Herr  Wirt,  spart  jr  die  müh, 
Ich  danck,  das  ich  hab  Herberg  hie 
Esst  jhr  frey  vnd  last  euch  nicht  grawn, 

60.  Jhr  mügt  euch  heint  mir  gantz  vertrawn. 
Morgen  wollen  wir  weiter  redn, 
Von  den  Fechtern  vnd  jhrn  geberdn. 

Ja  wils  Gott,  Morgen  wil  ich  bald, 

Berichten  recht,  doch  in  einfalt. 
65.  Ein  guten  Morgen  mein  Herr  Wirth, 

Jhr  habt  mich  recht  wol  angefürth, 

Ich  hab  geruhet  mechtig  wol, 

Jtzt  sag  ich  euch  was  ich  nur  sol, 

Ja,  Jung  Gesel  ich  hör  es  gern, 
70.  Was  jhr  mir  sagt,  ich  möchts  wol  lern. 


12 


178    — 

Nr.  VIII. 

Fechtspruch,  Ankunfft  vnd  Freyheit  der  Kunst. 

.Eins  Tages  ich  ein  Fechter  fragt 
Bat  jn  freundtlich  das  er  mir  sagt 
Wo  doch  jr  Bitterliche  Kunst 
Hett  jren  vrsprungk,  der  ich  suust 
5.   Von  Jugeudt  auff'  hett  gunst  getragen 
Da  icardt  er  wider  zu  mir  sagen]  *) 
Die  Ritterlich  Kunst  ist  auffkommen 
Hat  jren  ersten  vrsprungk  genommen 
Eh  wann  Troia  zerstöret  war 

10.   Etwas  mehr  denn  eilff  hundert  Jar 
Vor  des  Herrn  Christi  Geburt 
Von  Hereule  erfunden  wurd 
Der  Olimpische  Kämpft'  mit  natu 
Ina  dem  Lande  Arcadiam 

15.  Bei/  Olimpo  dem  hohen  Berg 
Irin  diesem  Ritterlichen   Werck 
Kempfften  zu  Rosz  nackende  Hehlt 
Wie  Herodotus  vns  er  zeit 
Welcher  denn  Ritterlichen  kemjiffet 

20.  Die  andern  mit  seim  schwerdte  dempffet 
Derselbig  wurdt  begäbet  gantz 
Von  Ölbäumen  mit  einem  Krantz 
Inn  dem  Kampff  Hercules  erfacht 
Grosz  lob  vnd  preisz  durch  Heiries  macht 

25.   Vnd  auff  setzet  den  Kampff  fürwar 
Zu  halten  den   im  fünfften  Jar 
Mit  grosser  Herrligkeit  allmal 
Nach  dieser  Olimpischen  zal 
Die  Grieche»  rechneten  jr  zeit 

30.  Polidorus  des  vrkundt  geit 
Als  aber  nun  Hercules  starb 
Dieser   Olimpisch   Kampff  verdarb 
Das  er  ein  Zeitlang  von  den  Alten 
In   Grieche nhi mit  nit  wurd  gehalten 

35.  Den  nach  dem  Iphitus  sein  Sohn 
Hat  iciderumb  auffrichten  thon 


*)  Rösener  musste  natürlich  den  Titel  und  die  Eingangsverse  des  Hans 
Sachsischen  Gedichtes,  sowie  die  später  folgenden  zwei  Schlusszeilen  bei  der  Auf- 
nahme desselben  in  sein  eigenes  Werk  wegfallen  lassen,  da  dieselben  sonst  seine 
Entlehnung  unliebsam  verraten  haben  würden. 


-    179   — 

Eben  gleich  in  voriger  art 
Nach  dem  Troia  zerstöret  icardt 
Der  lang  ist  beg  den  Griechen  bliebe» 

40.   Wie  Solimus  vns  hat  beschrieben 

Nach  dem  sindt  auch  in  Griechenlanden 
Mancherleg  art  Kampffspiel  erstanden 
Etlich  die  nackend  allenthalben 
Mit  dem  Baumöl  sich  theten  salben 

45.   Vnd  Kampffweisz  mit  einander  rangen 
Tun  schrancken  icettluffen  vnd  sprangen 
Nach  dem  erfandt  König  Pgrrhus  grosz 
Den  gewapneten  Thurnier  zu  Eosz 
Vud  wie  man  solt  inn  Ordnung  reitten 

50.   Genannt  der  Pgrrhisch  Sprung  vor  zelten 
Zu  solchem  kempffn  vor  langer  zeit 
Hat  Mercurius  zu  bereit 
Die  jungen  Kempffer  in  Kampff stücken 
Au  ff  dasz  jn  thet  der  sieg  gelückeu 

55.  Hat  edso  die  erst  Fechtschul  ghalten 
Wie  vns  bezeugen  denn  die  Alten 
Diodorus  vnd  ander  mehr 
Es  war  die  aller  gröste  Ehr 
Wellicher  da  ein  Krantz  erfacht 

60.  Für  alle  Reichthumb,  givalt  vnd  pracht 
Dergleichen  auch  das  Kampffspiel  kam 
Inn  die  mechtigen  Stadt  zu  Born 
Da  Saturnus  ein  Theatrum  baai 
Darinn  des  Volck  dem  Kampff  zuschaut 

65.  Auff  Merbelstein  seiden  gesundert 
An  der  zal  sechtzig  vnd  dreihundert 
Das  aller  gröste   Werck  genannt 
So  ivard  gemacht  durch  Menschen  hand 
Darinn  mit  grosser  p>rßchtigkeit 

70.  Braucht  man  die  Kampff  spiel  lange  zeit 
Das  auff  ein  Kampf  der  Kempfer  war 
Offt  mehr  dann  inn  die  tausend  par 
Sie  fachten  aber  alle  scharff 
Einer  den  andern  hieb,  stach  vnd  warff 

75.  Mit  scliwerdtern,  kolben,  spiesz  vnd  pfeil 
Jeder  hett  ein  schildtlein  jm  zu  heil 
Darmit  er  sich  schützt  inn  der  not 
Vit  blieben  auff  dem  Kampffplatz  todt 
Vit  hart  verwundt  die  sich  ergaben 

12* 


—    180   — 

80.  Mancher  art  sie  auch  kempffet  haben 
Auch  mit  beyheln  vnd  Vischgarn 
Auch  etlich  Kempff  bestellet  warn 
Mit  Elephanten,  Thiegerthiern 
Mit  Parden,  Löwen,  wilden  Stiem 
85.  Mit  wilden  Pferden  vnd  mit  Bäm 
An  den  mustens  jr  Kunst  bewern 
On  schaden  gieng  der  Kämpft  nicht  ab 
Beg  F-idena  sich  eins  begab 
Zu  Keyser  Tyberij  zeit 
90.  Das  einfiel  ein  spielhausz  gar  weit 
Zweintzig  tausend  Menschen  erschlug 
So  zusahen  dem  Kämpfte  klug 
Nach  dem  aber  die  grosz  Stadt  Born 
Zu  Christlichem  Gelauben  kam 
95.   Wurden  abgelernt  die  Kampfspiel 
Dieweil  es  kostet  Blutes  ril 
Wider  Christlich  Ordnung  vnd  lieb 
Dennoch  ein  stück  vom  kämpf  noch  blieb 
Vil  Helt  kempfften  in  freyem  Feldt 

100.   Vnd  ritten  zamb  in  finster  Wäldt 
Als  Eck  vnd  der  alt  Hillebrant 
Laurein,  Hürnin  Sewfriedt  genannt 
König  Fasolt  vnd  Dietrich  von  Bern 
Theten  ein  ander  Kampf  gewern 

105.  Als  zu  erlangen  preisz  vnd  ehr 

Dergleich  vor  kurtzer  zeit  noch  mehr 
War  noch  der  Brauch  beim  teutschen  Adl 
Wo  einer  fandt  am  andern  tadl 
So  erfordert  er  jn  zum  kempften 

110.  Da  einer  thet  den  andern  dempffcn 

Ghrilst  zu  Bosz  in  Veldt  oder  schrancken 
Wer  lag,  der  lag  on  alles  zancken 
Zu  fusz  man  auch  der  zeit  noch  kempffet 
Gerüst  einer  den  andern  dempffet 

115.  In  drey  wehren,  schwerd,  dolch  vnd  spiesz 
Wo  einer  auff  den  andern  stiesz 
Verwundet  oder  gar  vmb  bracht 
Dergleich  man  scharff  vnd  nackend  facht 
In   Watnmas,  Hembd,  mit  einem  schildt 

120.  Solchs  als  ist  worden   abgestilt 
Das  solche  Kempff  verboten  hat 
Römisch  Keyserlich  Mayestat 


—    181    — 

Maximilianus  der  Thewer 
Aus  Christenlicher  liebe  Fewer 

125.  Als  ein  vnchristenliche  That 

Darausz  denn  kam  gar  vil  vnrath 
An  Leib  vnd  auch  an  seel  grosz  schaden 
Vnd  hat  mit  Fret/heit  thnn  begnaden 
Fechten  die  Bitterlichen  Kunst 

130.  Darzu  er  denn  hett  sonder  gunst 
Das  er  auch  kundt  zu  guter  masz 
Vnd  hat  Priuilegieret  das 
Des  die  Meister  von  der  Geschieht 
Ein  Ordnung  haben  auffgericht 

135.  Sanct  Marxen  Brüderschaf 'ft  genennt 
In  Teutschem  landt  jetzt  weit  erkennt. 

Vnd  ist  nicht  ohn  gefehr  geschehn, 

Denn,  weil  bey  S.  Marxen  thut  stehn, 

Ein  Low,  wie  das  die  Schrifft  beweist, 

Darumb  S.  Marcus  wird  gepreist, 
75.  Das  er  mit  gar  freudigem  muth, 

Gottes  Wort  rein  auslegen  thut, 

Vnd  schewet  da  gar  niemand  nicht, 

Wie  der  Lew,  mit  frölichem  gsicht. 

Kein  Thier  nicht  förcht,  sondern  ohne  schaw, 
80.  Erwischt  er  eins,  mit  seiner  Klaw, 

Er  helts.  es  sey  jung  oder  alt, 

Auch  zureist  etliches  gar  bald. 

Also  hatt  S.  Marcus  ein  sinn, 

Predigt  Gottes  wort  jmmer  hin, 
85.  Sieht  durchaus  kein  Person  nicht  an, 

Furcht  sich  auch  nicht  für  keinen  Man, 

Gleich  wie  der  Lew  mit  frischem  muth, 

Sich  nicht  schewt,  so  S.  Marcus  thut. 

Gleicher  gestalt  die  Marx  brüder  auch, 
90.  Haben  jetzo  gleich  diesen  brauch, 

Das  sie  auch  gar  mit  frisschem  muth, 

Vmb  sich  schlan,  wie  der  Lewe  thut. 

Schewen  kein  Kempffer  oder  Helt, 

Der  nehst  der  best,  jhn  wol  gefeit, 
95.  Nemens  mit  einem  jeden  an, 

Nur  frisch  frölich  thun  sie  zu  schlan, 

Drumb  führen  sie  ein  starken  Lewn, 

Thun  sich  dessen  für  niemand  schewn. 


—    182   — 

Welcher  ivil  Meister  sein  des  schwerdts 
Inn  diesem  Bitterlichen  schertz 
Derselb  inn  die  Herbstmesz  allein 

140.  Ziech  hin  gen  Franckfort  an  den  Magn 
Alda  wirdt  er  examiniert 
Von  den  Meistern  des  schicerds  probiert 
Inn  allen  stückn  hie  vnberürt 
Was  einem  Mei/ster  zu  gebürt 

145.  Fechtens  Kunst  den  verborgnen  Kern 
Kan  er  das  meisterlich  bewern 
Als  denn  man  jn  zum  Meister  schlecht 
Sanct  Marxen  Bruderschafft  entpfecht. 

Also  habt  jhr  jetzt  fein  vernommn, 
100.  Wo  die  Marx  b  rüder  sein  her  komm  n. 

Nach  dem  mag  er  auch  Fechtschul  halten 

150.  Auch  Schuler  lehren  vnd  verwalten 
Inn  allen  Bitterlichen    Wehrw 
Erstlich  im  langen  schicerdt  mit  ehrn 
Messer,  spiesz  vnd  der  stangen  warten 
In  Tolchen  vnd  der  Hellenparten 

155.  Jedtlichs  nach  art  mit  seinen  stücken 
So  mag  in  ehren  jm  gelücken 
Wo  er  schul  helt  im  gantzen  Beich 
Inn  Fürstenstädten  der  geleich 
Durchausz  im  gantzen  Teutschenlandt 

160.  Ich  sprach:   Wie  sindt  die  stück  genannt 
Die  man  musz  lehren  im  anfangt 
Er  sprach:  Der  Kunst  zu  eim  eingang 
Lehrt  man  ober  vnd  vnterhaw 
Mittel  vnd  fiügel  hair  genaw 

165.  Auch  gschlossen  vnd  einfachen  sturtz 
Den  tritt  dar  zu,  auch  lehrt  man  ktirtz 
Den  possen  vnd  ein  auff  heben 
Auszgeng  vnd  nider  legen  eben 
Ich  bat:  Lieber  Meister  zeigt  au 

170.   Wie  nennt  man  die  stück  vor  dem  Mann 
Er  sprach:  Ob  ich  dirs  gleicli  thu  nennen 
Kanst  du  die  stück  ons  Werck  nit  kennen 
Weil  du  nit  hast  gelehrt  die  Kunst 
Doch  ich  dir  ctusz  besonder  gunst 

175.  Etlich  häw  rnd  stück  nennen  will 
Die  meisterlich  sind  vnd  subtil 


—    183   — 

Der  zornhaw  vnd  krumphaw  schau 
Zwerchhaiv,  schillerhaw,  scheitlerhaw 
Wunder  versatzung  vnd  nachreisen 

180.  Vberlauff,  durchwechsel  etlich  heissen 
Schneiden,  hawen,  stich  im  winden 
Abschneiden,  hengen  vnd  anbinden 
Die  Kunst  helt  hin  vier  leger  klug 
Alber,  Tag,  Ochs  vnd  den  pflüg 

185.  Noch  sindt  der  stück  vil  alle  sancler 
Das  jmmer  eines  bricht  das  ander 
Doch  inn  dem  alln  ein  Fechter  merck 
An  ff  die  vier  blosz,  auff  schirech  vnd  sterck 
Der  höchster  rhur  allmal  war  nemb 

190.  Sein  zoren  selber  brech  vnd  zem 

Noch  sindt  vorhanden  vil  Kampfstück 
Wie  man  ein  werffen  soll  an  rück 
Beinbruch,  Hodnstösz  vnd  armbrechen 
Mordstösz,  flngerbrüch,  zum  gsicht  stechnn 

195.  Ich  sprach:  Ich  bitt  euch,  sagt  mir  auch 
Weil  kempfen  nit  mehr  ist  im  brauch 
Was  ist  die  Kunst  des  fechtens  nütz 
Er  sprach:  deiner  frag  bin  ich  vrdrütz 
Lasz  Fechtn  gleich  nur  ein  Kurtzweil  sein 

200.  Ist  doch  die  Kunst  löblich  vnd  fein 
Adelich,  wie  stechn  vnd  Thurniern 
Als  saitenspiel,  singen,  quintiern 
Vor  Frawen,  Rittern  vnd  vor  Knechten 
Wo  man  ein  lustig  Spiegel  fechten 

205.  Ziert  mit  manchem  artlichen  sprungk 
Das  erfrewet  noch  Alt  vnd  Jung 
Auch  macht  fechten  wer  es  wol  kan 
Hurtig  vnd  thätig  ein  jungen  Mann 
Geschickt  vnd  rundt,  leicht  vnd  gering 

210.  Gelenck,  fertig  zu  allem  ding 

Gen  dem  Feind t  bhertzt  vnd  enuerzagt 
Tapffer  vnd  keck  ders  Mannlich  wagt 
Kün  vnd  groszmütig  inn  dem  Krieg 
Zu  gewinnen  lob,  ehr  vnd  sieg 

215.  Macht  mit  jm  keck  ander  wol  hundert 
On  not  des  fechtens  Kunst  dich  wundert 
Weil  auch  erlangt  die  ehrlich  Kunst 
Bey  Fürstn  vnd  Herrn  gnad  vnd  gunst 
Prouision  vnd  dienst  allzeit 


—   184   — 

220.  Auch  tvirdt  mancher  Fechter  gefreit 
Von  Fürstn  oder  Köngklich  Mayestat 
Das  er  macht  Schul  zu  halten  hat 
Samb  er  ein  gschlagner  Meister  sey 
Mein  Freundt  nun  hast  vermercket  heg 

225.  Mit  hurtzen  ivorten  gar  genttng 
Der  löblichen  Kunst  vresprungl) 
Inn  grosser  ivirrd  gehalten  lang 
Auch  wie  sie  jetzundt  sey  im  gang 
Darmit  mannicher  Meister  mehr 

230.  Erlanget  gleich  den  Alten  Ehrl) 

[Das  die  Kunst  zu  nemb  hlü  vnd  ivachs 

In  ehr  vnd  preisz  das  wünscht  Hans  Sachs'. 

Anno  Salutis,  1545  am  25.  Tage  Junij. 

— ]*) 


Drumb  zieh  ich  jetznnd  hin  allein 
Auff  die  Messz,  gen  Franckfurt  am  Mayn. 
Wil  mich  da  von  den  Fechtern  werdt, 
Lassen  schlan  zum  Meister  im  Schwerdt. 

105.  Sie  werden  mich  öffentlich  führn, 
In  jhren  Platz,  vnd  da  Probirn. 
Wann  ich  da  auff  der  Prob  besteh, 
So  vorhindert  mich  denn  nichts  mehr. 
Wercl  als  dann  zum  Meister  erkorn, 

110.  Vnd  wann  ich  jhnen  hab  geschworn. 
So  zieh  ich  wider  meine  strassn, 
Vnd  thu  mich  des  Fechtens  an  massn. 
Mag  das  brauchen  durchs  gantze  Landt, 
Vnd  wenn  ich  gleich  bin  vnbekand, 

115.  Dennoch  brauch  ich  die  Ritterkunst, 
Vnd  krieg  also  durchs  Land  viel  gunst. 

Mein  jung  Gesell  sagt  mir  doch  auch, 
Was  helt  man  denn  für  einen  brauch, 
Zu  Franckfurt  in  der  werden  Stad, 
120.  Daruon  jhr  mir  viel  gesagt  hat. 


i)  Diese  Zeile  lautet  bei  Rösener:   «Der  Fechter  Kunst,  vnd  jhrn  vrsprung» 
-\  Die  beiden  Zeilen  hat  Rösener  folgendermassen  geändert: 
« Damit  auch  mancher  Meister  mehr, 
Durch  die  Fechtkunsl  erlangt  gros  ehr.» 
*)  Vergleiche  die  Anmerkung  Seite  178. 


—    185   — 

Wann  nun  ein  Fechter  kompt  hinein. 
Wolt  gern  ein  Meister  im  Schwerdt  sein. 
Bey  wehm  mus  er  sich  geben  an, 
Der  jhn  kan  zu  eim  Meister  schlan.  ' 
125.  Was  helt  man  denn  für  ein  Proces, 
Tax.  Franckfurt  in  der  grossen  Messz. 

Mein  lieber  Wirth,  ich  wil  euch  ebn, 

Auff  ewer  Frag  gut  antwort  gebn. 

Ob  ichs  schon  selbst  gesehen  nicht, 
130.  Doch  gebn  mir  die  Alten  bericht. 

Das:  wann  ein  Fechter  hinein  kumpt. 

Vnd  derselb  den  bericht  ein  nimpt, 

Wo  er  antreffe  den  Hauptman, 

Mus  er  sich  bey  ihm  geben  an. 
135.  Vnd  mus  werben  zun  Vier  Meistern, 

Die  werden  jhn  alsbald  heissen. 

Das  er  mus  thun  die  Proben  haw, 

Die  Fünft  thun  jhm  alle  zuschawn. 

Wann  er  besteht  in  solcher  Prob, 
140.  So  wird  die  sach  da  auff  geschobn. 

Bis  auff  den  Sontag  in  der  Messz, 

Da  wird  er  denn  mit  nicht  vorgessn. 

Sondern  er  wird  da  vorgestelt, 
Für  alle  Meister,  wie  ein  Heldt. 
145.  Die  mus  er  da  alle  bestehn, 
Keiner  lest  jhn  für  über  gehn. 
Er  mus  mit  jedem  aus  dem  Schwert 
Fechten,  wers  nur  an  jhn  begert. 

Wann  er  in  der  Prob  ist  bestandn, 
150.  So  nimpt  man  jhn  als  dann  zu  handn. 
Vnd  lest  jhn  knien  auf  die  Erdt, 
Da  wird  er  mit  dein  Parat  Schwerdt. 
Vber  seine  Lenden  Creutzweis: 
Geschlagen,  auffs  Hauptmans  geheis. 
155.  Er  mus  auch  wie  die  andern  pflegn, 

Zween  Goltgülden  auff  das  Schwerd  legn. 
Da  thut  man  jhn  ein  Fechter  nennen, 
Vnd  für  ein  Meistr  im  Schwerd  erkennen. 

Wann  er  nun  dieses  hat  gethan, 
160.  Mus  er  auch  schweren  dem  Hauptman. 
Das  er  die  zeit  bey  seinem  lebn, 
Sein  Meistrschafft  nicht  wil  vbergebn. 


—    186   — 

Wann  er  nun  durchaus  so  besteht, 
Druff  er  die  heimligkeit1)  empfeht, 

165.  Vnd  bleibt  also  Meister  im  Schwerdt, 
Die  Fechter  halten  jhn  Lieb  vnd  werdt. 
Nun  werdt  jhr  habn  vernommen  rechl, 
Wie  man  einen  zum  Meister  schlecht. 
Ja  ich  habs  recht  genommen  ein, 

170.  Jch  möcht  wohl  selbest  dabey  sein. 

Mein  halt  mir  noch  zu  gut  ein  frag, 
Mein  grobheit  mit  gedult  Vortrag 
Weil  man  die  Kunst  rhümet  so  sehr, 
Wie  das  denn  sonst  kein  Keyser  mehr. 

175.  *Die  Marxbrüder  befreyet  macht 
♦Dann  Friederich,  wie  vor  gesagt 
*Nach  Friederich  Maximilian 
*Nam  sich  der  Marxbrüder  widr  an. 
*Das  der  löblich  Keysr  Maximilion 

180.  *Wie  ich  mit  warheit  sagen  kan2) 
Jrn  Tausent  vnd  Vierhundert  Jar, 
Sieben  vnd  achtzig  dis  ist  war 
Am  zehenden  Monats  tag  May, 
Zu  Nüremberg,  wie  ich  meld  hie. 

185.  Dis  Priiiilegium  thun  vernewrn, 
*Durch  Maximilion  der  thewern.3) 
Als  man  Tausent  fünffhundert  zalt 
Vnd  zwölff  Jar,  ich  euch  nicht  verhalt, 
Den  Siebn  vnd  zwantzigstn  September, 

190.  Hat  auch  mit  lust  ohn  all  beschwer. 
Die  Keyserliche  Mayestat, 
Zu  Collen  in  der  grossen  Stadt, 
Maximilian  genennet  wird. 
Die  Marxbrüdr  auch  Priuilegirt. 


')  Da*  sind  gewisse  besondere  und  von  den  Fechtmeistern  geheim  gehaltene,  bis 
zur  Approbation  ihren  Schülern  vorenthaltene  Kniffe  und  Kunsthiebe  der  Fechtkunst. 
2)  Diese  sechs  Zeilen  sind  über  den  ersten  Druck  übergeklebt:  sie  lauteten  nach 
dem  Exemplare  der  Weimarer  Hofbibliothek  ursprünglich: 
«Die  Marxbrüder  befreyen  kan, 
Denn  der  thewr  Maximilian. 
Nach  dem  thewren  Maximilian, 
Hat  sichs  vngefehr  zugetragn. 
Das  der  loblich  Keyser  Friedrich 
Wie  ich  euch  geb  ietzo  bericht» 
u.  s.  f. 
3i  Auch    diese    Zeile  ist  über  den  alten  Druck  geklebt;    sie    lautete  nach  dem 
Weimarer  Kxemplare  früher:  «Nach  Maximilian  dem  tliewrn  . 


—    187   — 

195.  Zv  dem,  als  man  auch  hat  gezalt, 
Tausent,  Fünff  hundert,  vnd  als  bald. 
Sechs  vnd  sechtzig,  im  Monat  Mey 
Den  sechsten,  ich  euch  sag  hierbey, 
Sind  die  Marxbrüder  nach  der  Wahl, 

200.  Priuilegiret  noch  ein  mahl. 
Vom  Keyser  Maximilian, 
Wie  ich  euch  jetzo  zeige  an, 
Jst  in  Augsburg  der  Stad  geschehn, 
Wie  menniglich  da  hat  gesehn. 

205.  Jetzt  nun  mehr  hat  Rudolff  der  Keys? 
Den  Marxbrüdrn  die  gnad  thun  bewisn, 
Weil  sies  haben  vor  wenig  zeit, 
Gesucht  in  vnderthenigkeit, 
Die  ersten  Brieff  new  Confirmirt, 

210.  Vnd  sie  wieder  Priuilegirt. 

Geschach  im  Neun  vnd  siebntzigsten  Jar, 

Der  weniger  Zahl  sag  ich  fürwar, 

Den  Zehenden  tag  Julij, 

Das  hab  ich  müssen  melden  hie. 

215.  Auff  des  Keysers  Burg  der  Stad  Prag, 

Drumb  merckt  mit  fleis,  was  ich  euch  sag. 
Hieraus  künd  jhr  nun  schliessen  fein, 
Das  die  Fechtkunst  geehrt  raus  sein. 

Weil  jhr  mir  denn  auff  mein  frag  ebn, 

220.  So  richtigen  bescheid  hat  gebn. 
So  dörfft  jhr  mich  bereden  bald, 
Wann  ich  nun  mehr  nicht  weer  zu  alt, 
Das  ich  lernet  die  Fechterkunst, 
Weil  sie  bringt  Ehr  vnd  grosse  gunst. 

225.  Dis  thu  ich  gern,  wolt  jhr  nu  fein, 
Was  ich  euch  weise  gehorsam  sein. 
Das  wil  ich  thun  zu  jeder  zeit, 
Euch  folgen  mit  bescheidenheit. 
Jhr  werdet  aber  zuuor  ebn, 

230.  Gar  ein  wenig  anleitung  gebn. 

Wie  ich  mich  drein  vorhalten  soll, 
Das  ich  die  Fechtkunst  lerne  wol. 
Weil  jhr  denn  dis  jetzt  thut  begern 
So  wil  ich  euch  hierein  gewern! 

235.  Merckt  nur  fleiszig,  was  ich  euch  sag, 
Vnd  lernets  heut,  auff  diesen  tag. 


—   188   — 

Gott  geb  vns  Glück  zur  Fechter  Kunst, 

Dann  sie  bey  grossen  Herrn  hat  gunst. 

Jn  Gottes  gwalt  vvolln  wir  vns  gebn, 
240.  Jn  seim  Namen  zu  Fechten  anhebn. 

Herr  Gott  vorley  vns  Gnad  vnd  Gunst, 

Recht  zu  gebrauchen  die  Ritterkunst. 

Das  jhr  dieselbe  mögt  wol  lern. 

Damit  euch  grosse  Herren  ehrn. 
245.  Wolt  jhr  lernen  Fechten  künstlich. 

Solt  jhr  mit  fleis  fürsehen  euch. 

Zvm  ersten  schempt  euch  nicht  zu  lernn, 

Sondern  thut  stetts  Übung  begern. 

Wenn  jhr  wolt  gehen  zu  der  Lehr, 
250.  So  grüst  die  Meister  vnd  Schüler. 

Vnd  wann  jhr  au  ff  die  Schule  kompt, 

Schawt  das  kein  frembder  mit  euch  kümpt. 

Er  kan  denn  ein  Schulrecht  bestehn, 

Mit  dem  Meister  drey  Genge  gehn. 
255.  Halt  jhr  euchs  Fechten  nemet  an, 

Kein  Nestel  sol  sein  zugethan, 

Auch  kein  Dolch  an  der  Seiten  dran, 

Vnd  gar  nichts  auff  dem  Heupte  han. 

Nempt  keinem  aus  der  Hand  sein  Wehr, 
260.  Rit  erst  vorlöbnis  vom  Meister. 

Halt  fest  die  Wehr,  lasz  keine  falln, 

Falt  auch  selbst  nicht,  seid  bdacht  in  alln. 

Auch  mit  vngstüm  kein  Wehr  zerschlagt, 

Mit  sittn  ewr  arbeit  vortragt. 
265.  Solt  auch  durch  aus  keins  andern  spottn, 

In  der  Übung,  es  ist  verbottn. 

Auch  solt  jhr  keinen  blutig  schlan, 

Der  erst  zu  fechten  fehet  an. 

Wann  auch  nun  frembde  Schuler  kemn, 
270.  Auff  den  Lehrplatz,  solt  jhr  vornemn. 

Das  jhr  keinen  verspotten  wollt, 

Umb  ein  par  straich  jhr  Fechten  sollt. 

Oder  vmb  einen  schönen  Crantz, 
Macht  euch  nur  her  an  diesen  Tantz, 
275.  Oder  nach  erkentnis  der  Massn, 

Von  Meistr  vnd  Schuh  euch  straffen  lassn. 

Wer  nicht  wil  ein  gehn  den  inhalt, 
Der  pack  sich  von  der  Schule  bald. 


—    189   — 

Er  sol  die  Schuler  vnd  Platz  meiden. 
280.  Vneinig  Gselschafft  sol  man  nicht  leidn. 
Werd  jhr  euch  halten  nach  der  Lehr, 
Ihr  werdt  des  Fechtens  haben  Ehr. 

Ey  ich  bin  jetzt  nun  fein  bericht, 
Durch  aus  ich  mich  nun  euch  vorpflicht, 

285.  Wil  euch  auch  meinen  Meister  nenn, 
Wolt  mich  für  ewren  Schuler  kenn. 
Ich  wil  euch  thun  gar  kein  vordreis,!) 
Lernt  mich  das  Fechten  nur  gewis. 
Was  jhr  als  denn  begert  fürs  lohn, 

290.  Sol  euch  gereichet  werden  schon. 

Nun  wie  gefeit  euch  jetzt  der  streich, 
Meister  ich  durch  aus  gar  nicht  weich. 
Das  springen  steht  mir  zimlich  an, 
Wil  aber  sonst  künstlich  zuschlan. 

295.  Ich  wil  euch  jetzt  noch  mehr  stück  weisn, 
Das  man  euch  sol  ein  Fechter  preisn. 

Mein  Schwerd  thu  ich  jetzt  auff  heben, 

Ilaw  durch  aus  vnten  oder  oben. 

Denn  gar  recht  Fechter  brauch  treib  ich, 

300.  Vnd  könt  also  probieren  mich. 

Aus  recht  artlicher  Meisterschafft, 
Auch  aus  der  rechten  Künsten  krafft. 
Hierzu  brauch  ich  auch  das  Rappir, 
Stumpff,  scharff,  wie  mans  begert  von  mir. 

305.  Damit  thu  ich  mein  Feinde  putzen, 

Vnd  auch  mein  Leib  damit  zu  schutzn. 

Jetzt  habt  jhr  nun  mehr  gantz  vnd  gar, 
Die  Fechtkunst  weg,  sag  ich  vorwar. 
Ihr  werd  nun  geben  mir  mein  Lohn, 
310.  Ich  wil  forth,  denn  ich  mus  daruon. 
Ich  möchte  sonst  zu  lange  sein, 
Der  Weg  ist  lang  bis  bin  an  Meyn. 

Meister,  da  habt  jhr  ewren  Solt, 
Weil  jhr  denn  nun  gar  fort  wolt, 
315.  Nempt  auch  für  gut  was  ich  euch  gthan, 
Im  zurück  ziehn,  sprecht  mich  widr  an. 
Doch  sagt  mir  vor,  wie  ich  zu  mahl. 
Schul  zu  halten  anschlahen  sol. 

i)  d.  i.  Verdruss. 


— .   190  — 

Ich  wil  eucli  fein  berichten  der  sachn, 
320.  Kein  Fedr  Fechter  last  euch  jrr  machn, 

Bleibt  nur  in  vnser  Brüderschaft!. 

Denn  die  haben  durch  den  Lewen  krafft. 

Wann  sie  schon  wider  euch  anschlagn, 

So  thut  mit  wenig  worton  sagn. 
325.  Weil  Keyserliche  Mayestat, 

Die  Marxbrüder  Priuilegiret  hat 

Vnd  nach  dem  andre  Keyser  mehr, 

So  bleibn  wir  Marxbriidr  wol  in  ehm. 

Ja  Meister,  ich  wils  euch  zu  sagn, 

330.  Das  ich  alle  mein  lebe  tagn. 

Wil  bleibn  bey  der  Marxbrüderschaffi, 
Kein  Fedr  Fechter  an  mir  nicht  hafft. 
Ich  gebe  euch  hierauff  meine  handt, 
Vnd  meinen  Eydt,  habt  euch  zu  pfandt. 

335.  Ich  wil  stehen  gleich  wie  der  Lew. 
Vor  kein  Fedr  Fechter  trag  ich  schew. 

Nvn  hierauff  wil  ich  euch  jetzt  sagn, 

Wann  jhr  wolt  eine  Schul  anschlagn. 

So  solt  jhr  diese  Beimen  führn, 
340.  Damit  die  Feder  Fechter  rürn. 

Frisch  her,  jhr  Fedr  Fechter  last  euch  sagn, 

Ein  Buchdruckr  hat  nechst  an  geschlagn. 

Er  hett  Bücher  gsetzt  vnd  gelesn. 

Das  aber  S.  Marx  ein  Fechtr  sey  gwesn. 
345.  Hett  er  durchaus  gefunden  nicht. 

Er  hielt  es  nur  für  ein  Getichl. 

Er  halt  auch  durchaus  nichts  dauon. 

Das  S.  Marx  wer  vnser  Patron. 

Denn  Marcus  der  Eu angelist, 
350.  Beschreibt  Gotts  Wort  ohn  arge  list. 

Vnd  wird  dem  stareken  Lewen  vorgleicht, 
Dieweil  sein  Lehr  so  weit  ausreicht. 

Ich  thu  euch  aber  jetzo  eben. 

Auff  die  Frag  richtig  antwort  gebn. 
355.  Ettliche  Keyser  an  der  Zahl, 

Dieselben  haben  allzumahl. 

Die  Marcusbrüder  thun  begabn, 

Mit  Schild  vnd  Helm,  die  wir  noch  habn. 

Durch  Bitters  that  von  jhn  bekomn, 
360.  Nenten  vns  Marxbrüder  die  fromn. 


—    191    — 

Gaben  vns  auch  die  grosse  macht, 
S.  Marx  zu  führn  mit  schönem  pracht. 
Vnd  auch  den  Lewen  wol  bericht 
Das  erlangt  kein  Fedr  Fechter  nicht. 

365.  Das  sie  sich  abr  des  Greiffen  rhümn, 
Sind  sie  hierin  gar  viel  zu  kühn. 
Denn  ein  Hertzog  von  Meckelnbergk, 
Hat  nicht  mehr  denn  einen,1)  dis  merck, 
Der  sich  im  Fechtn  gehalten  wol, 

370.  Geben  den  Greiff,  den  er  führen  sol. 
Vnd  sonst  kein  Feder  Fechter  mehr, 
Habn  nun  mehr  des  Greiffs  kleine  Ehr. 
Weil  sie  hierein  haben  gejrrt, 
Vnd  sind  nicht  Priuilegirt. 

375.  Noch  mehr  thun  sie  sich  vnderstahn. 
Lassen  ein  offnen  Helm  machen. 
Führen  den  in  jhrem  anschlag, 
Mein  Feder  Fechter  dis  mir  sag. 
Wo  her  ist  dir  die  macht  gegebn, 

380.  Wer  hat  dich  gewapnet,  2)  sag  mirs  ebn. 
Du  wirst  nun  mehr  mit  keinem  Newn. 
Vns  vortreiben,  den  starcken  Lewn. 
Denn  er  hat  Keyserliehe  freyt, 
Last  jhr  den  Lewen  vngeheidt.3) 

385.  Also  habt  jhr  den  anschlag  fein, 
Nempt  jhn  nur  recht  in  sinn  hinein. 
Wann  jhr  nun  aus  rufft  ewre  Schul, 
Lernt  diese  Vers,  vnd  braucht  sie  wol.4) 

Ich  schwing  mich  auff  in  Gottes  glück. 

390.  In  diesem  Kampff  platz  offt  vnd  dick. 

Des  Greiffen  Gschlecht,  mus  heint  herunter, 
Wir  Marx  brüdr  sein  fein  frisch  vnd  muntr. 
Mit  euch  zu  Fechten  ist  mein  frewd, 
Frisch  her,  jhr  Fedr  Fechter  es  ist  zeit. 

'395.  Ob  man  mir  gleich  wolt  jamer  sagn, 
Wie  jhr  mir  wolt  stossen  vnd  schlagn. 


J)  wohl  Druckfehler  für  «einem». 

2)  =  dir  ein  Wappen  verliehen. 

3)  d.  i.  «in  Ruhe,  ungestört». 

*)  die  heiden  folgenden  Anschnitte  sind  zwei  Muster  zu  Fechtschulreimen,  wie 
ich  solche  bereits  aus  einer  Nürnberger  Handschrift   (vgl.  s.  156  ff.)   mitgeteilt  habe 


—    192   — 

Ich  furcht  nicht,  wie  wilt  jhr  mügt  sein, 
Ist  doch  ewer  Haut  so  weich  als  mein. 
Werd  jhr  mich  treffn,  ich  lass  geschehn, 
400.  Werd  ich  ewer  fehin,  jhr  solts  wol  sehn. 

Ein  anders. 
Dv  edler  Lew  schwing  dein  Kraus  haar, 
Nim  dir  des  Greiften  ehen  war, 
Der  mit  seim  stoltzen  muth  vnd  pracht, 
Die  gfreyte  Marxhrüdr  all  voracht, 
405.  Den  soltu  für  dir  hawen  nidr, 
Vnd  zu  reissen  all  sein  gefidr. 
Das  jhn  sein  Gsellen  müssen  weg  tragn, 
Die  wolln  wir  auch  auff  die  Köpff  schlagn. 

Jetzund  seid  jhr  berichtet  fein, 
410.  Ich  gdenck  jhr  werdt  zu  frieden  sein, 
Mit  der  Lehr  die  ich  euch  gethan, 
Ich  wil  nun  mehr  auff  vnd  dauon. 
Braucht  nur  die  Kunst  fein  Ritterlich, 
Ich  ziehe  dahin,  Gott  behütf  Euch. 
415.  Ich  thu  euch  hieuor  jetzt  danck  sagn, 
Ich  hab  lan  fertig  machn  den  Wagn, 
Da  farth  jhr  mit  mir  in  die  Stad, 
Hab  ichs  euch  doch  vor  zugesagt, 
Ihr  dürfft  ja  eilen  nicht  so  hardt, 
420.  Itzundt  wolln  wir  seini)  auff  die  farth. 
Wir  fahren  gar  geschwind  hinein, 
Ey  nun,  wann  es  denn  ja  sol  sein, 
So  fahre  ich  mit  euch  dauon, 
Vnd  geb  dem  KutzschnS)  Trinckgelt  zu  lohn. 

425.  Nvn  Kutzsch,  span  an,  vnd  fahr  nur  sacht, 
Wir  kommen  doch  wol  nein  vor  nacht, 
GOTT  geb  vns  auff  die  Reis  vil  glück, 
Hört,  wann  jhr  werdt  zihen  zu  rück, 
Vnd  seit  zum  Meister  wordn  geschlan, 

430.  So  mögt  jhr  mich  frey  sprechen  an. 
Vnd  zu  mir  in  mein  Haus  einkern, 
Jch  will  euch  Herbrigen  vnd  ehm. 
Wil  ewer  durchaus  nicht  vorgessn, 
Zur  notlurfft  geben  trinckn  vnd  essn. 


>)  Wohl  Druckfehler  für  «fein». 
2)  Kutscher. 


—    193   — 

435.  Wil  ewer  so  warten  vnd  pflegn, 

Darnach  euch  in  ein  gut  Bett  legn. 

Jch  sag  euch  nun  mehr  grossen  danck, 
Für  ewer  Fuhrwerg,  Speis  vnd  Tranck. 
Als  bald  ich  wider  zieh  vom  Meyn, 
440.  So  kehr  ich  wider  bey  euch  ein.» 

Christoff  Rösener,  Meister  des  Schwerdts. 

Wann  wüchsse  Laub  vnd  Gras 
So  gschwind  als  Neit  vnd  Hass, 
So  heften  Schaff  vnd  Rindr, 
All  Jar  ein  guten  Wintr.i) 

M.  J.  F. 


Nun    folget    der    Gesang    der   Ritterlichen    Fechtkunst, 
jb.ren    Vrsprung,    Fundament,    vnd   begriff   aller  heimligkeit 

In   der  Henne   weis   W olfframs ,    oder   Pentzenaicers    Tlion.Z) 

«Von  Ritterlicben  Künsten, 
so  wil  ich  heben  an, 
Singen  mit  der  Fechter  günste 
wie  ichs  gelernet  han, 
5.  Bitt  auch  jhr  Meister  alle. 
.Ihr  wolt  mich  recht  vorstan, 
Vnd  last  euch  nicht  misfallen, 
was  ich  getichtet  han. 

Mein  Schwerd  hab  ich  erhaben, 
10.  nach  Künsten  Meisterlich, 

Haw  vnten  oder  oben, 

den  rechten  brauch  treib  ich, 

Vnd  wil  dich  auch  probiren, 

aus  rechter  Meisterschafft, 
15.  Schweche  vnd  sterck  vorführen, 

aus  rechter  Künsten  krafft. 


i|  Ein  altes  Sprüchwort,  das  sich  auch  in  dem  ersten  gedruckten  Fechtbuche 
von  Paumfeindt  i erschienen  Wien  1516)  vorfindet.  Über  letzteres  vergleiche  man 
die  Deutsche  Turnzeitung  von  18f>£,  S.  358  f. 

2)  Eine  Art  Meisterlied  der  Fechterkunst.  Das  Gedicht  ist  im  Original- 
druck fortlaufend  gedruckt;  erst  Wassmannsdorff  hat  in  seiner  Ausgabe,  und 
wohl  mit  Recht,  die  Verse  in  einzelne  Strophen  gegliedert  und  abgeteilt. 

13 


—    194   — 

Wem  muth  zu  fechten  were. 
der  neme  sein  Schwerd  in  die  band, 
Das  Wort  (in  des)  schneit  sehre. 
20.  dem  es  ist  recht  bekandt. 
Vnd  wer  erschrickt  gerne. 
das  ist  mein  bester  Rath. 
Das  er  nicht  Fechten  lehme.1) 
denn  es  übel  anstath. 

25.  Nun  merckt  (in  des)  das  Worte, 
da  alle  Kunst  an  ligt, 
Zornhavv  der  geht  mit  orte, 
behend  aus  langer  schneid, 
Aus  Gülden  kunst  ich  treibe. 

30.  den  Flügel  ins  hangend  orth, 
Jm  Triangel  nicht  bleibe, 
des  Püffels  nicht  erwart. 

Dabey  soltu  auch  mercken. 

die  zwey  vor  vnd  nach. 
35.  Darzu  schweche  vnd  stercke. 

einlauffen  sey  dir  nicht  jach. 

Dein  Schwerd  zu  beiden  henden. 

Die  Zeckruhr  nicht  verlass. 

Treib  die  stück  behende. 
40.  so  findestu  jhn  blos. 

Scheitelhaw  der  Kunst  ortte, 
den  Schilhaw  nicht  durch  lauft. 
Vnd  die  eiserne  Pforte, 
fürbas  so  merck  auff. 
45.  Wiltu  von  dannen  tragen, 
den  Meisterlichen  Krantz, 
Vier  hutten2)  mustu  haben. 
gehören  auch  an  Tantz. 

Die  wil  ich  dir  jetzt  nennen. 
50.  so  soltu  sein  bericht, 

Ocbs,  Alber,  Pflug,  lern  kennen. 
Von  Dach 3)  auch  nicht  vornicht. 


>)  Benutzung  eines  alten  Fechtersprüchwortes : 
«Ersehrick.stu  gern 
Kein  Fechten  lern. 
durch  den  Verfasser  des  Liedes. 

"■)  =  huoten.  zu  .hüten'  gehörig:  es  sind  Paradeauslagen  oder  Defensivhiebe. 
•)  =  Tag. 


—    195   — 

Die  viere  soltu  fechten, 
vnd  dauon  halten  allein. 
55.  So  hastu  die  Gerechten, 
vnd  pfleg  die  in  gemein.  *> 

Viere  sind  die  vorsetzen, 
vnd  vier  blos2)  an  den  man. 
Die  viere  auch  sehre  letzen,3) 
60.  ein  stück  heist  man  die  Krön. 
Wiltu  dieselb  vortreiben, 
ihm  den  Schnid  für  die  Hand. 
Die  Krön  mag  nicht  lang  bleiben, 
ist  dir  der  Schnit  bekand. 

65.  Der  Krumphaw  ist  noch  binden, 
die  zwerch  vnd  auch  der  schnit, 
Im  Dupliren  lerne  finden, 
Mittlren  nim  auch  mit, 
Durch  wechssei  ich  dir  sage, 

70.  trit  nahend  an  den  Bund, 

Weiter  daiffst  du  nicht  fragen, 
wiltu  nicht  werden  wund. 

Durch  fehler  4)  ich  dir  rathe, 
die  hengen  hab  in  Hutt, 

75.  Das  sprechfenster  so  drate. 
einwinden  ist  auch  gut. 
Von  beidn  seittn  absetze, 
sein  schwerd  mit  deinem  Schild, 
Nach  reisen  auch  sehr  letzet. 

80.  der  gegen  dir  ist  mildt.5) 

Ob  man  wird  weiter  fragen. 

wer  das  gedichtet  hat. 

Das  darff  man  jhm  nachsagen. 


1    Vgl.  dazu  aus    L  iecht  enauer's    Fechtregeln    (Handschrift  des  gerni.  Mus. 
in  Nürnberg  vom  Jahre  1389)    die  Reime  über  die  Auslagen  mit  dem  Schwerte: 

«Vier  leger  allein 

Dauon  haltu,  fleuch  die  gemein 

Ochs  pflüg  alber 

Vom  tag  sein  dir  mit  (nitVi  vnmer.» 
-)  ==  Blossen. 
5)  =  verletzen. 
*;  =  Finten,  Trughiebe. 
■>■  Dafür  ist  wohl  besser  .wild»  zu  lesen. 

13* 


196 

Er  heist  der  l'au  I  us  R  o  l  li. 
So.  Das  Lied  das  thut  er  schencken, 
Kint  Fechter  wolgemuth. 
Christoff  Rösener  zu  gedencken, 
der  nams  von  jhin  vor  gut. 

Vnd  soll  er  alles  rechnen, 
90.  was  in  der  Kunst  mag  sein. 
Sein  Kopff  möcht  er  zerbrechen, 
Er  trinckl  gerne  Wein, 
Er  bitt  die  Edelen  Fechter, 
woln  jhm  nicht  für  übel  han, 
95.  Ob  er  jhn  nicht  thet  rechte, 
dann  er  nicht  lichten  kan.» 

E  n  (1  e. 


Vnderrichtungen  auch  nützliche  anweisungn  des  Fechtens, 
sampt  dem  gantzen  Fundamen  I   im  Dusacken. 

Mit  dieser  Wehr  reich  weit  vnd  lang, 

Dem  Haw  für  sich  vberhang, 

Mit  deinem  Leib,  darzu  tritt  ferr, 

Dein   Naiv  führ  giraltig  vnib  jhm  her, 
5.  Zu  all  vier  enden,  las  die  fliegen, 

Mit  geberden,  zucken,  haust  jhn  btriegen. 

Jn  die  sterck  soltu  vorsetzen, 

Mit  der  schirech  za  gleich  jhn  letzen, 

Audi  neher  soltu  kommen  nicht 
L0.   Dann  das  jhn  langest  mit  eim  tritt 

Wann  er  dir  wolt  eirilauffen  schier. 

Das  vorder  orth,  treibt  jhn  von  dir. 

Wer  er  dir  aber  glauffen  ein. 

Mit  greiffen,  ringn,  der  erst  so/t  sein. 
iö.  Der  sterck  vnd  schwech  nim  eben   nur. 

Jn  des,  die  blas,  macht  offenbar, 

Jm  vor,  vnd  nach,  darzu  recht  trit, 

Merck  feiszig  auff  die  rechte  zeit. 

Vnd  las  dich  bald  erschrecken  nicht!   \) 
Ende. 


')  Dieses  Siiick  i.-t  ein  mii  ganz  wenigen  und  geringfügigen  Veränderungen 
dem  Joachim  Meyer'schen  Fechtbuche  vom  Jahre  1">70  entnommener  Fechtzettel, 
eine  Anleitung  zum  Feehlen  mit  dem  Dussack. 


—    197   — 

[Auf  dem  nächsten,  letzten  Blatte  des  Druckes  steht  das  Wappen  der 
kurfürstlichen  Stadt  Dresden  in  Holzschnitt  mit  der  Jahreszahl  1584 ; 
darunter  stehen  die  Worte:] 

Gedruckt    in    der    Churfuerstlichen   Stad   Dreszden,    durch 

G  i  m  e  1  Bergen. 

ANNO  1589. 


Nr.  IX.     Die  Fechterfabel   aus   Burkhard   Waldis'  Fabelsammlung 

,.Esopus". 

(Vgl.  Ausgabe    von    H.  Kurz  [Leipzig  1862.]:    Das    vierdte    Buch    der 
Fabeln  Esopi.  hat  Hundert  newer  Fabeln.    Nr.  72.  Bd.  TL  s.  176/7.) 

Die  LXX1I.  Fabel. 
Von  zweien  Fechtern. 

«Ein  Fechter,  war  einr  von  den  Alten, 

Der  het  lang  offne  Schul  gehalten. 

ir  viel  gelert,  welch  waren  lerig 

Vnd  derselbigen  Kunst  begerig. 
5.  Die  vnterrichtet  er  mit  fleiss : 

Des  het  er  grossen  lob  vnd  preiss. 

Da  war  einr  von  denselben  Gsellen, 

Der  thet  der  Kunst  fleissig  nachstellen, 

Vnd  an  denselben  Meister  bgern, 
10.  Das  er  jn  wolt  in  allen  wehrn 

Als  leren,  was  er  selber  wüst, 

Was  man  zum  ernst  auch  brauchen  must. 

Das  thet  der  Mann  on  alle  arg. 

Nichts  vberall  vor  jm  verbarg. 
15.  Wie  er  die  Kunst  hett  wol  gefasst, 

Hub  an  vnd  seinen  Meister  hassl. 

Vnd  bot  jm  auss  vor  Herrn  vnd  Knechten. 

Vmb  leib  vnd  leben  mit  jm  zfechten 

In  wehren,  welch  jm  selb  beliebt : 
20.  Des  sich  der  alt  Mann  sehr  betrübt. 

Sähe,  das  er  jm  mit  lauffen,  ringen 

Zu  fertig  war  vnd  mit  dem  springen. 

Jedoch  dorfft  ers  nit  schlagen  ab. 

Vnd  sich  willig  darinn  begab. 
25.  Am  morgen  kamens  auff  den  platz. 

Legten  sich  zamen  in  den  hatz. 

Wie  sie  theten  den  ersten  gang, 

Der  jung  Gsell  auff  den  alten  drang. 


.98 


Ein  scharpffes  schwere!  gegen  jm  zuckt; 
30.  Der  alt  Mann  vber  ein  seiten  ruckt, 

Vnd  sprach:   «das  ist  vor  nie  geschehen. 

Habs  auch  nie  auff  keiner  Schul  gesehen, 

Ward  auch  so  nit  bewilligt  nechlen. 

Das  ich  gegen  ewr  zwen  solt  fechten. 
35.  Hercules  solt  gnug  zschaffen  lian. 

Wenn  er  solt  zwen  zugleich  bestahn.» 

Der  Gsell  wendt  sich  on  als  gfehr, 

Wolt  sehen,  wer  sein  helffer  wer; 

Baldt  war  der  alt  Mann  nahe  bey 
40.  Vnd  schlug  jm  seinen  kopff  entzwey. 

Wer  einen  zucht  vnd  Künste  lehrt, 

Ist  werdt,  das  man  jn  wid'er  ehrt. 

Wenn  man  sich  auch  auffs  höchst  befleisst. 

All  wolthat,  zucht  vnd  ehr  heweisst, 
45.  Doch  kan  man  nimmer  oder  selten 

Eim  trewen  Lehrer  widergelten. 

Man  sol,  wie  die  Gesetz  anzeigen, 

Die  knie  vor  einem  alten  beygen. 

Ob  gleich  ein  junger  Mann  mit  sterck 
50.  Aussrichten  kan  gross,  herrlich  werck, 

Dennoch  er  stets  ein  guten  rath 

Bey  den  alten  zu  suchen  hat.» 


Nr.  X.     2  Fechtergeschichten    aus   Johann  Paulis  Schwanksamm- 
lung „Schimpf*)  und  Ernst".    (1519.) 
Vgl.   Ausgabe  von  H.  Österley,  Bibl.  des  Stuttg.  Litt.  Ver..  Bd.  S5. 
[Stuttgart  1866.]  s.  198/9.) 

1-) 
Von  schimpff  das  CCCXi. 

«Es  was  ein  schirmeister  der  het  in  vil  stetten  schul  ge- 
halten, vnd  gute  schuler  gemacht,  schirmeister,  ab  einer  was 
vberusz  gut,  vnd  erhob  sich  mit  Lucifer.  er  wolt  seinem  meister 
nichtz  entfor  geben,  ie  das  sie  einander  vszbutten,  vmb  das  leben 
5.  zu  fechten,  vnd  solt  ieglicher  brachen  was  er  künt,  vnd  alle  seine 
kunst.  Sie  kamen  vff  dem  blatz  züsamen,  vnd  machten  ir  spiegel- 
fechten, wie  man  dan  thiit,   da   sie   schier   züsamen   kamen,    da 


' )  il.  h.  Spass,  Scherz. 


—    199   — 

hielt  der  meister  sein  schwert  stil,  vnd  sprach  zu  seinem  schüler. 
Es  ist  nit  geret  worden  das  ich  mit  zweien  sol  fechten.  Dieser 
10.  lügt  hindersich  wer  im  helffen  wolt.  vnd  dieweil  er  hindersich 
lügt,  da  sprang  der  meister  herzu,  vnd  schlug  im  den  kopff  ab, 
vnd  sprach,  den  streich  hab  ich  dich  noch  nit  gelert.  Diser 
meister  hat  gethon  wie  der  in  dem  nechsten  gesagten  exempel, 
das  ein  meister  im  ahvegen  sol  etwas  behalten  das  er  seine 
schüler  nit  leren  sol.» 


2.) 
Von  ernst  das  CCCXii. 

«Vf  ein  mal  betten  zwen  meister  auch  etwas  mit  ein  ander 
zu  schaffen,  das  einer  den  andern  vsz  bot  zu  kempfen.  vnd  mit 
gottes  hilff  wolt  er  in  beston  das  er  recht  het.  Der  ander  sprach, 
mit  hilff  meines  brüders  so  wil  ich  dich  beston.  Da  der  tag  des 
5.  kampffs  kam,  da  kam  der  ein  mit  seinem  gewer,  vnd  bracht 
seinen  brüder  mit  im.  Der  erst  sprach,  das  ist  nit  geret  worden 
nach  des  lands  sitten  noch  gewonheit  das  zwen  sollen  fechten 
wider  ein  vnd  einer  wider  zwen,  heisz  dein  brüder  ab  tretten. 
Da  sprach  er  nein,   euwer   sein  zwen   so  sein  vnser  auch  zwen, 

10.  es  ist  got  vnd  du  so  ist  es  mein  brüder  vnd  ich,  vnd  sein  zwen 
wider  zwen,  wan  du  hast  gesprochen,  du  woltest  mich  mit  gotes 
hilff  beston,  da  sprach  ich,  ich  wolt  dich  beston  mit  meins 
brüders  hilff.  Also  aber,  vbergib  du  gotes  hilff,  der  dein  gesel 
ist,    so    wil   ich    meines   brüders   hilff  auch  vbergeben.     Er  wolt 

15.  gottes  hilff  nit  vbergeben,  da  wolt  der  ander  seins  gesellen  hilff 
auch  nit  vbergeben.  Also  giengen  sie  wider  heim,  vnd  ward 
nichtz  darusz.» 


>♦— 


—    200    — 


Anhang. 


Verzeichnis  der  benutzten  Schriften  und  Werke. 

Abi.     Fech (.erspiele    und    Fechtschulen    in    Deutschland.     Vgl.    J.    G. 

Büsching's  wöchentl.  Nachrichten  u.  s.  w.,  Bd.  III,  Breslau  1817. 
Ambros.    Geschichte  der  Musik.     Breslau  1864. 
J.  v.  Arx.    Geschichte  des  Kantons  St.  Gallen.     St.  Gallen  1810. 
Fr.  Au  er.    Das  Stadtrecht  von  München.     München  18-40. 
Ave-Lallemant.     Das  deutsche  Gaunertum.     Leipzig  1858  —  1862. 
J.  Baader.    Ordnung  der  Federfechter  zu  Prag.     Anzeiger  des  Genn. 

Mus.,  Bd.  12,  1865. 
J.  Bächtold.     Geschichte    der    deutschen  Litteratur   in  der  Schweiz. 

1892.  Frauenfeld. 
Barre.     Die  Brüderschaft  der  Pfeiffer  im  Elsass.     Golmar  1873. 
K.  Bartsch.     Die   Meisterlieder    der    Colmarer  Handschrift.     Bibl.  d. 

Stuttg.  litt.  Vereins.  Bd.  68,  1862. 
-  Deutsche  Liederdichter  des  12.  bis  14.  Jahrhunderts.    Leipzig  1864. 
—  Die  Schweizer  Minnesänger.     Frauenfeld  1886. 
Benecke.      Wörterbuch    zu    Hartmann's    lwein.      (2.    Ausgabe    von 

Wilken).     Göttingen  1874. 
Beneke.     Von  unehrlichen  Leuten. 2)     Hamburg  1889. 
Benecke- Müller-Zarncke.     Mittelhochdeutsches  Wörterbuch . 
J.  Bintz.     Die  Leibesübungen  des  Mittelalters.     Gütersloh  1880. 
J.  Holte.     Das  Danziger  Theater  im  16.  und  17.  Jahrhundert.   Theater- 
geschichtliche Forschungen.  Bd.  XII,  Hamburg  18i>5. 
K.  Burda  eh.     Reinmar   der   Alte   und  Walther  von  der  Vogelweide. 

Leipziu  1880. 
Du  Cange-Henschel.     Glossarium    mediae    et    intimae    latinitatis. 

Niort  1883.  Tom.  II.  III. 


-    201   — 

Diez.     Poesie  der  Troubadours.    2.  Auflage  von  Bartsch.  Leipzig  1883. 

—  Leben    und    Werke    der    Troubadours.     2.    Auflage    von    Bartsch. 

Leipzig  1882. 
K.  Drescher.     Die  Nürnberger  Meistersingerprotocolle  von  1575  bis 

1689.     Bibl.  des  Stuttg.  litt.  Vereins.    Bde.  218.  214.  1897. 
A.  Erichson.     Das  Duell  im  alten  Strassburg.     1898. 
Fechtbüchlein  von  J.  Schmied-Kowarzik  und  H.  Kufahl.    Leipzig 

1894. 
E.  Förstemann.  Sammlung  von  Strassennamen.  Germania.  Bde.  XIV, 

XV  und  XVI. 
Freymond.     Jongleurs  et  Menestrels.     Halle  1888. 
G.  Frey  tag.     Bilder  aus  der  deutschen  Vergangenheit.    Bd.  I.   Leipzig 

1867. 

—  Neue  Bilder  aus  der  deutschen  Vergangenheit. 

Fries.     Abhandlung  vom  sogenannten  Pfeiffergericht.    Frankfurt  a.  M., 

1752. 
K.  Gödeke.     Pamphilus  Gengenbach. 

E.  Goetze.     Das  Wappen  der  Meistersinger.     Archiv    für    Litteratur- 

Geschichte.     Bd.  V. 
J.  Grimm.     Deutsche  Bechtsaltertümer.3)     Göttingen  1881. 
- —  über  den  altdeutschen  Meistergesang.     Göttingen  1811. 
J.  und  W.  Grimm.     Deutsches  Wörterbuch. 
W.  Grimm.     Deutsche  Heldensage.     1864. 

—  Deutsche    Wörter    für    Krieg.     Kleinere  Schriften.    Bd.  III.     Berlin 

1883. 

Haltaus.     Glossarium  germanicum  medii  aevi.     Lipsiae  1758. 

L.  Halt  aus.     Liederbuch  der  Clara  Hätzlerin.     Leipzig  1840. 

.1.  H.  Heitz.    Die  Herren  von  Bappoltstein  und  das  elsässische  Pfeiffer- 
gericht.    Stöber's  Alsatia  1856/57. 

—  Das  Kesslerlehen   der  Herren  von  Bathsamhausen.     Alsatia  1853. 
W.  Hertz.     Spielmannsbuch.     Stuttgart  1886. 

A.  Holtzmann.     Meistergesänge   des  XV.   Jahrhunderts.     Germania. 

Bd.  III,.  1858. 
Hü  11  mann.     Städtewesen  des  Mittelalters.     Bonn  182J). 
Fr.  L.  Jahn.     Deutsche  Turnkunst.     Berlin  1816. 
H.  Jördens.     Lexicon    deutscher    Dichter    und    Prosaisten.     Bd.    III. 

Leipzig  1808. 
Karajan.     Heinrich  der  Teichner.     Wien  1855. 
A.  Köhler.     Über    den    Stand   berufsmässiger  Sänger   im  nationalen 

Epos  germanischer  Völker.     Germania  Bd.  XV. 
M.  Lexer.     Mittelhochdeutsches  Wörterbuch. 

F.  Lieb  recht.    Zur  Volkskunde.    Heilbronn  187!'. 


—    202    - 

Lochher.     Zur  Geschichte  der  Fechtschulen  in  Nürnberg.    Anzeiger 

d.  Germ.  Mus.,  Bd.  VIT.  1860. 
Fr.  Majer.     Geschichte  der  ürdalien.     Jena  17i>.">. 
San  Marte.     Zur    Waffenkunde    des    älteren    deutschen    Mittelalters. 

Leipzig  1867. 
E.  Martin.     Die    Meistersänger  von    Sirassburg.     (Vortrag).     Strass- 

burg  1882. 
Mone.     Zeitschrift  für  Geschichte  des  Oberrheins.     Bd.  IX. 
Daniel  Georg  Morhofen's  Unterricht   von   der  teutschen  Sprache 

und  Poesie  etc.     Lübek  1700. 
K.  Müllenhoff.     Sagen,  Märchen  und  Lieder  aus  Schleswig-Holstein. 

Kiel  1845. 

—  Über  den  Schwerltanz.     Festgaben  für  Homeyer.    Berlin  1871. 
.loh.  von  Müller.    Geschichte  der  schweizerischen  Eidgenossenschaft. 
Muratori.     Antiquitates  Italicae  medii  aevi.     Tom.  11. 

E.  Osenbrüggen.     Neue  kulturhistorische  Bilder    aus   der    Schweiz. 
1864. 

—  Studien  zur  deutschen  und  schweizerischen  Bechtsgeschichte.  1868. 
H.  Paul.     Grundriss  der  germanischen  Philologie.1)    Bd.  II. 2).  Sträss- 

burg  1893. 

Percy.     Beliques  of  ancient  english  poetry.     London  1856. 

Piper.     Die  Spielmannsdichtung.     Berlin  1887. 

0.  Plate.   Die  Kunstausdrücke  der  Meistersinger.  Strassburger  Studien. 
Bd.  III.     Strassburg  1888. 

A.  Beissmann.     Illustrierte  Geschichte  der  deutschen  Musik.    Leipzig 
1881. 

v.  Bichthofen.     Friesische  Bechtsquellen.     Berlin  184-0. 

La  Bue.     ßardes  et  Jongleurs.     Caen  1834. 

Sachsenspiegel.     (Ed.  Homeyer).     Berlin  1840. 

Job.  Friedr.  Scheid.     Dissertatio    inauguralis    de   jure    in    musicos 
singulari  germanico  etc.     Argentorati   1719. 

W.  Scherer.    Geschichte  der  deutschen  Dichtung  im  11.  und  12.  Jahr- 
hundert. 
-  Deutsche  Studien.     Bd.  I.     Wien  1870. 

Scherz-Oberlin.     Glossarium  germanicum. 

A.  Schlosser.    Östreichische  Cultur- und  Litteraturbilder.  Wien  1879. 

A.  Schmeller.     Bayerisches  Wörterbuch.     München  1872. 

.loh.    Christoph    v.   Sc  hm  id.     Schwäbisches    Wörterbuch.  2)     Stutt- 
gart 1844. 

Schmidt.     Die  Gesetze  der  Angelsachsen. 

L.  Schneegans.  Die  unterbrochene  Fechtschule.  Slöber's  Alsatia.1853. 


—    203    — 

Fr.  Schnorr  von  Carolsfeld.  Zur  Geschichte  des  deutschen 
Meistergesanges.     Berlin  1872. 

Schroer.  Meistersinger  in  Ostreich.  Vgl.  Bartsch,  Germanistische 
Studien.     Bd.  IL     Wien  1875. 

Alwin  Schultz.     Höfisches  Leben  zur  Zeit  der  Minnesinger. 2)  1889. 

Schwabenspiegel.     (Ed.  Wackerna  gel). 

Schweizer-Sidler.     Tacitus,  Germania.     Halle  1874. 

K.  Simrock.  Der  Wartburgkrieg.  I.  Teil.  Das  Streitgedicht.  Stutt- 
gart 1858. 

Stephens.     Geschichte  der  wälschen  Litteratur. 

J.  St  ose  h.  Der  Hofdienst  der  Spielleute  im  deutschen  Mittelalter. 
Berlin  1881. 

Strobel.     Geschichte  des  Elsasses.     Strassburg  1841. 

Tobler.  Spielmannsleben  im  alten  Frankreich.  Im  Neuen  Deich. 
1875. 

L.  Uhland.     Zur  Geschichte  der  Dichtung  und  Sage.     Bde.  IL  III. 

Fr.  Vogt.  Leben  und  Dichten  der  deutschen  Spielleute  im  Mittel- 
alter.    (Vortrag).     Halle  1876. 

W.  Wackernagel-Martin.  Geschichte  der  deutschen  Litteratur. -\ 
Basel  1879.     Bd.  [. 

Joh.  Christoph  Wagenseil.  De  Sacri  Romani  Imperii  libera 
Civitate  Noribergensi  Commentatio.     Altorf  1697. 

—  Von  der  Meistersinger  holdseligen  Kunst  etc.     Altorf  1697. 
Warton.     History  of  English  Poetry,    edited  by  Price.  London  1840. 

Vol.  L  IL 
K.   Wassmannsdorff.     Sechs    Fechtschulen    der    Marxbrüder    und 
Federfechter  etc.     Heidelberg  1870. 

—  Aufschlüsse  über  Fechthandschriften    und    gedruckte    Fechtbücher 

des  16.  und  17.  Jahrhunderts.     Berlin  1888. 
K.  Weinhold.     Die  deutschen  Frauen  im  Mittelalter. 2)     Wien   1882. 

Bd.  IL 
v.  Westenrieder's    historische    Beiträge.     Bd.  V.     München    1794. 
Wilda.     Das  Strafrecht  der  Germanen. 
K.  Wilmanns.     Leben    und    Dichten  Walther's  von  der  Vogelweide. 

Bonn  1882. 
0.  Wittstock.     Über    den    Schwerttanz    der   Siebenbürger    Sachsen. 

Vgl.  Philologische  Studien.  Festschrift  für  E.  Sievers.  Halle  1896. 
A.  Witz.     Versuch  einer  Geschichte  der  theatralischen  Vorstellungen 

in  Augsburg.      187(>. 
V.  Wolf,     ('her  die  Lais,  Leiche  und  Sequenzen. 
G.  Zappert.      Über    das  Fragment    eines    Liber    dativus.     Sitzungs- 
berichte   der    kais.    Akademie    der   Wissenschaften.     Phil.  bist. 

C.lasse.     IUI.  XIII.     Wien   1854. 


—    204    — 

Fr.  Za rucke.     Sebastian  ßrant's  Narrenschiff. 

A.  Zeerlecler.  Die  Berner  Handveste.  Berner  Jubiläumsschrift. 
Bern  1891. 

J.  v.  Zingerle.  Die  Wiltener  Meistersänger] landschrift.  Sitzungs- 
berichte der  Akademie  der  Wissenschaften.  Phil.  hist.  Classe. 
Bd.  37,  Heft  4     Wien  1861. 

—  Die  Beiserechnungen  Wolfger's  von  Ellenbrechtskirchen.  Heilbronn 
1877. 


—   205    — 


Inhalts-Übersicht . 

Einleitung  S.  5 ff. 
I.  Teil.  Die  Kämpen  und  Fechter.  S.  13 ff. 
a)  Kampfui'teil  und  Schwerttanz  in  Tacitus  «Germania»  bereits 
bezeugt.  S.  13  ff.  b)  Kampfurteil  und  Gottesgericht  bei  verschiedenen 
deutschen  Stämmen  überliefert.  S.  17 ff.  c)  Verschiedene  Rechtsbestim- 
mungen über  das  Kampfgericht.  S.  19  ff.  d)  Die  Institution  des  Königs- 
fechters.  S.  23  f.  e)  Der  gerichtliche  Zweikampf  im  Tierepos.  S.  25  ff. 
fi  Zweikampf  und  Gottesurteil  in  der  deutschen  Heldensage  und  die 
sprachlichen  Ausdrücke  für  diese.  S.  27 ff.  g)  Schilderung  eines  gericht- 
lichen Zweikampfes  in  der  niederländischen  Litteratur.  S.  31  f.  h)  Das 
Fechten  und  Schirmen  als  ritterliche  Kunstübung  und  die  höfischen 
Fechtmeister.  S.  33  ff.  i)  Fechten  und  Schirmen  im  ernsthaften  Streit. 
S.  38 ff.  k)  Tierkämpfe  als  Überreste  römischen  Gladiatorentums. 
S.  41  ff.  1)  Katzenritter.  S.  44ff.  m)  Das  Fechterwesen  des  späteren 
Mittelalters.  S.  -47  ff.  n)  Die  Federfechter  und  die  Herkunft  ihres 
Namens.  S.  51  ff.  o)  Die  Fechtschulen.  S.  ßl  ff.  p)  Verfall  des  Fechter- 
wesens. Klopffechtertum.  Spuren  desselben  in  der  späteren  Litteratur. 
S.  65 ff.  q)  Zusammenstellung  der  den  Fechterbrüderschaften  ver- 
liehenen Privilegien.  S.  68  f.  r)  Weitere  Urkunden,  das  Fechterwesen 
betreffend.  S.  70  ff.  s)  Übersicht  über  abgehaltene  Fechtschulen, 
Schwerttänze  und  ähnliche  Schaustellungen.  S.  73  ff.  t)  Verzeichnis 
der  wichtigsten  Fechterschriften.  S.  76 f.  u)  Werke,  die  Beschreibungen 
und  Berichte  über  Fechtschulen  enthalten.  S.  77  ff.  v)  Litterarische 
Verwertungen  des  Fechterwesens.  S.  79 ff.  w)  Die  zwischen  Fecht- 
scliulen  und  Schweittänzen  bestehenden  Beziehungen.  S.  81  ff. 


II.  Teil.  Die  Spielleute  und  das  fahrende  Volk.  S.  86ff. 
a)  Begriff  des  Spielmannes  einst  und  jetzt.  S.  87  f.  b)  Lebens- 
weise und  sociale  Stellung  der  Spielleute.  S.  88 ff.  c)  Die  Frage  der 
Auffassung  des  « guot  umb  ere  nemen's».  S.  93 f.  d)  Verschiedene 
Rangstufen  der  Spielleute  unterschieden.  S.  94f.  e)  Die  Spielleute- 
verbände  und  Pfeifferbrüderschaften.  S.  96  f. 


—   206   — 

III.  Teil.  Der  zwischen  den  Fechtern  und  Kämpen  einerseits 
und  den  Spielleuten  und  Fahrenden  andererseits  be- 
stehende, entwicklungsgeschichtliche  Parallelismus  und 
seine  verschiedenen  Aus  drucksformen  im  Rechts  wesen 
und  in  socialen  Verhältnissen,  in  Litteratnr  und  Sprache. 

S.  97  ff. 
a)  Rechtliche  Zeugnisse  für  die  gleichartige  Behandlung  der 
Kämpen  und  Spielleute.  S.  98  ff.  b)  Fechter  und  Spielleute  als  Zeugen 
in  Urkunden  auftretend.  S.  105  ff.  c)  Spielleute  als  Besitzer  von  Grund- 
stücken und  Häusern.  S.  107 f.  d)  Vergleichung  des  Kampflebens  mit 
dem  Treiben  der  Spielleute.  S.  109 f.  e)  Minnelieder  und  Meister- 
gesänge mit  Anspielung  auf  Zweikampf  oder  Fechterwesen.  S.  111  ff. 
f)  Parallelausdrücke  in  der  Kunstsprache  der  Fechter  und  der  Meister- 
singer. S.  126  ff.  g)  Gleichartige  Organisationen  der  beiden  Stände. 
S.  130f.  h)  Die  Eigennamen  der  Fechter,  Spielleute  und  fahrenden 
Sänger.  S.  131  ff.  i)  Ihre  Berufsbezeiehnungen  als  Geschlechtsnamen 
erhalten.  S.  134  k)  Verwendung  derselben  zur  Benennung  von  Strassen 
und  Ortlichkeiten.  S.  135.  1)  Gemeinsame  Bereicherung  des  Sprach- 
schatzes durch  die  Kunstausdrücke  der  Fechter  und  Spielleute. 
S.  136  ff.  et)  Ausdrücke  des  Fechterwesens.  S.  13Sf.  ß)  Ausdrücke 
der    Spielleute  und  Fahrenden.  S.   Jo9f. 


Abschliessende     Zusammenfassung     der    Hauptergebnisse     der 
Untersuchung.  S.  14-0 ff. 


IV.  Teil.    Beilagen. 

1)  Die  Fechtprobe  zwischen  Hagen  und  Wate  aus  dem  Kudrun- 
liede.  S.  142  ff. 

2)  Geschichte  der  Kampffechter  von  Löwen.  A)  Altere  Fassung. 
S.  144  ff.    B)  Jüngere  Fassung.  S.  150ff. 

3)  Stellen  aus  Hugo  von  Trimberg's  <  Renner  >  über  die  Kämpen 
etc.  S.  155  f. 

4)  Die  Nürnberger  Fechtschulreime  vom  Jahre  1579.  (Abdruck 
nach  Wassmannsdorff.)  S.  156  ff. 

5)  Fechtzettel  aus  dem  Joachim  Meyer'sehen  Fechtbuche  von 
1570.  (Abdruck  nacli  dem  Fechtbüchlein.)  S.  170ff. 

6)  Drei  Sprüche  aus  dem  Jakob  Sutorschen  Fechtbuche  von 
Dil 2.  (Abdruck  nach  dem  Neudrucke  von  1849.)  S.  173 f. 

7)  Christoff  Rösener's:  Ehrentittel  und  Lobspruch  der  Ritter- 
lichen Freyen  Kunst  der  Fechter  u.  s.  w.  von  1589.  (Abdruck  nach 
Wassmannsdorff.)  S.  174—177  und  184—197. 


—   207    — 

8)  Hans    Sachsen's:    Fechtspruch.    Ankunfft   und  Freyheit    der 
Kunst  von  1545.  (Abdruck  nach  Wassmannsdorff.)  S.  178 — 184. 

9)  Die    Fechterfabel    aus    Burkhard    Waldis1    Fabelsammlung 
,Esopus".  S.  197 f. 

10)  Zwei    Fechtergeschichten    aus    Johann    Pauli's    Schwank- 
sammlung .Schimpf  und  Ernst'  von  1519.   S.  198  f. 


Anhang.     Verzeichnis    der    benutzten    Schriften   und    Werke. 
S.  200  ff. 

Inhaltsübersicht.    S.  205ff. 


LIBRfl 

14 

1981  / 


Lebenslauf. 

Ich  Wilhelm  Eduard  Alfred  Schaer,  evangelisch- 
reformirter  Gonfession,  bin  geboren  am  10.  Oktober  1874 
in  Zürich  als  Sohn  des  damaligen  Apothekenbesitzers  da- 
selbst, jetzigen  ordentlichen  Professors  der  Pharmacie  an 
der  Universität  Strassburg  i.  E.,  Dr.  Eduard  Schaer  aus 
Bern,  und  seiner  Gattin  Anna  geb.  Vogel  aus  Zürich. 
Zunächst  besuchte  ich  die  Schulen  meiner  Vaterstadt  und 
nach  der  im  Herbste  1892  erfolgten  Übersiedelung  meiner 
Eltern  nach  Strassburg  das  dortige  protestantische  Gymna- 
sium und  hernach  das  Pädagogium  zu  Basel.  Von  letzterem 
wurde  ich  im  Frühjahr  1894-  mit  dem  Zeugnis  der  Reife 
entlassen  und  wandte  mich  nun  dem  Studium  der  neueren 
Sprachen  und  der  Philosophie  zu,  welchem  ich  an  den 
Universitäten  Berlin.  München,  Strassburg  und  Zürich  vorn 
Frühjahr  1894  bis  zum  Frühjahr  1901  oblag.  Während  dieser 
Zeit  nahm  ich  an  den  Vorlesungen  oder  Seminarübungen 
folgender  Herren  Professoren  teil:  In  Berlin  hörte  ich  bei 
den  Herren  A.  Brandl,  M.  Hermann,  M.  Rüdiger,  E.  Schmidt, 
l\.  Weinhold:  in  München  die  Herren E.  Lipps.  Fr.  Muncker, 
H.  Paul.  H.  v.  Bänke,  J.  Schick  und  R.  Woerner;  in 
Strassburg  die  Herren  Bresslau,  Henning.  Hensel,  Joseph, 
Kaibel,  Koeppel,  Leumann,  Martin,  Neumann,  Varrentrapp, 
Windelband  und  Ziegler:  in  Zürich  die  Herren  A.  Baeh- 
matm,  L.  P.  Betz,  A.  Frey.  H.  Morf,  R.  Rahn,  J.  Stiefel 
und  Tb.  Vetter.  Am  3.  März  1900  bestand  ich  an  der 
Universitäl    Strassburg    das    philosophische   Doctorexamen. 

Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  an  dieser  Stelle 
allen  meinen  hochverehrten  Lehrern,  besonders  aber  den 
Herren  Professoren  Henning,  Koeppel,  Martin,  Win- 
delband und  Ziegler  meinen  herzlichsten  Dank  auszu- 
sprechen für  das  grosse  Interesse  und  das  hebenswürdige 
und  beratende  Wohlwollen,  das  sie  mir  und  meinen 
Arbeiten  während  der  ganzen  Studienzeit  so  freundlich 
entgegengebracht  haben. 


M.  DuMont-Schauberg,  Strassburg  i.  E. 


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DD  Schaer,   Alfred 

64  Die  altdeutschen  fechter 

S3  und  spielleute 

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