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Full text of "Die Apostelgeschichte"

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THE  LIBRARY 

OF 

THE  UNIVERSITY 

OF  CALIFORNIA 

PRESENTED  BY 

PROF.  CHARLES  A.  KOFOID  AND 

URS.  PRUDENCE  W.  KOFOID 


I 


Die  Apostelgeschichte 


nach 


ihrem  Inhalt  and  Ursprung  kritisch  antersocht 


Dr.  ISdnard  Zeller. 


Stuttgart 

Carl  Iftcken,  Verlagsbuchhandlnng. 
1854. 


SctmeU^tMMdrvek  d«r  Bachdnickwti  Von  i.  C.  Widktm  Sota  in.  ^entUngtn. 


^^1 


2J 


Vorwort. 


Lliese  Schrift  ist  aus  den  Abhandlaogen  entstandeOi  welobe 
Ober  den  gleichen  Gegenstand  in  den  Theologischen  Jahrbacbern 
1848  —  1851  erschienen  sind.  Die  vielfache  BerOeksichtigang, 
welehe  diesen  Abhandinngen  von  vcrscliiedenen  Seiten  und  in  ver« 
schiedenem  Sinn  zn  Theil  virurde,  liess  mich  hoffen,  dass  es  Geg- 
nern wie  Freunden  der  Ansicht,  die  sie  vertreten ^  erwflnscht  sein 
werde,  wenn  ich  sie  als  selbständiges  Ganzes  in  neuer  Bearbei* 
tung  der  Oeffentlichkeit  ttbergäbe.  Ich  unterwarf  demnach  meine 
frühere  Arbeit  einer  wiederholten  Durchsicht,  um  ihre  Locken  zn 
ergänzen,  Unrichtigkeiten  im  Inhalt,  Ungenanigkeiten  im  Ansdrnck, 
Mängel  in  der  Anordnung  zn  verbessern,  solches,  was  mehr  nur 
für  eine  Zeitschrift  passend  schien,  zn  entfernen,  und  so  ist  auch 
wirklich  kein  Abschnitt  dieser  Schrift  ohne  mancherlei  Aendemngen 
und  Znsätze  geblieben,  ein  Viertheil  oder  ein  Fünftheil  des  Gan- 
zen mag  als  neu  oder  als  völlig  umgestaltet  zu  betrachten  sein. 
Die  wesentlichen  Ergebnisse  meiner  froheren  Untersuchung  haben 
sich  mir  aufs  Nene  bestätigt,  ich  hoffe  aber^  dass  es  mir  gelun- 
gen sei,  sie  in  mancher  Beziehung  genauer  zu  bestimmen  und 
vollständiger  zu  begründen. 

Die  Literatur  unsers  Gegenstandes  hat  seit  dem  ersten  Er- 
scheinen dieser  Untersuchung  eine  so  bedeutende  Vermehrung  er- 
halten, dass  es  fast  scheint,  die  lange  unbillige  Vernachlässigung 
der  Apostelgeschichte,  welche  noch  vor  wenigen  Jahren  das  be- 
kannte Urtheil  des  Ciurysostomus  auf  unsere  Zeit  anzuwenden 
erlaubte,  solle  nun  mit  Einem  Mal  gutgemacht  werden.  Ich  habe 
mich  bemüht,  diese  Uülfsmittel,  so  weit  sie  mir  irgend  zu  Gebot 
standen,  zn  benutzen,  und  auch  ältere  Schrift^,  von  denen  sich 
einige  Ansbeute  erwarten  liess,  nachzuholen.  Auch  von  Gegnern 
meiner  Ansicht  habe  ich  zu  lernen  gesucht,  und  ich  erkenne  es 


S«3139ri4 


IV  Vorwort. 

gerne  an  y  dass  Ich  darch  Ihren  Widersprach  selbst  auf  Manches, 
was  Ich  ftrflher  übersehen  hatte,  aufmerksam  gemacht  wurde. 
Ebenso  mnss  Ich  es  rühmen,  dass  die  meisten  von  Ihnen  In  Ihrer 
Polemik  den  Ton  einhalten,  der  bei  wissenschaftlichen  Erörtenin- 
gen  nie  verletzt  werden  sollte;  dass  ein  Bbrard  freilich  die  Blossen 
seiner  nngrOndlichen  Arbeiten  durch  Rabulisterei  und  Verdrehung, 
darch  rohe  Schmähungen  und  schaale  Scurrilitäten  zu  verdecken 
sich  beeifert,  und  dass  es  bei  Lange  der  hohen  und  hochmOthlgen 
Worte  um  sa  mehr  zu  sein  pflegen ,  je  dürftiger  und  verworrener 
die  wissenschaftlichen  Gedanken  sind,  Ist  man  zu  sehr  gewohnt, 
als  dass  hierüber  viel  zu  sagen  wäre.  Unter  den  Untersuchungen, 
die  vom  kritischen  Standpunkt  ausgehen,  habe  Ich  neben  Baur^s 
Werken  namentlich  Hilgenfeld*s,  Volckmar^s  und  KOstlln's 
Arbeiten  zu  nennen;  Hilgenfeld^s  Schrift  über  die  apostolischen 
Väter  konnte  Ich  zu  meinem  Bedauern  für  die  erste  Abtheilung 
der  vorliegenden^  deren  Druck  sich  etwas  verzögerte,  nicht  mehr 
benützen,  um  so  erfreulicher  war  es  mir,  nachträglich  zu  finden, 
dass  seine  Ansicht  über  den  Ursprung  jener  Schriften  und  über 
Ihr  Verhältniss  zu  den  beiden  lukaalschen  Büchern  mit  der  meini- 
gen in  allen  wesentlichen  Punkten*  übereinstimmt.  Im  Uebrigen 
wird  der  Gang  und  die  Richtung  der. vorliegenden  Untersuchung 
denen,  für  welche  die  geschichtliche  Erforschung  des  ältesten 
Chrlstenthums  ein  Interesse  hat.  Im  Allgemeinen  bekannt  sein. 

Wie  viele  es  deren  ft'eilich  in  Deutschland  heutzutage  noch 
glebt,  weiss  Ich  nicht.  Die  Bemühungen  unserer  Kirchenmänner 
haben  es  mit  Beihülfe  der  politischen  Reaktion  glücklich  dahin  ge- 
bracht, dass  die  Mehrzahl  unserer  Theologen  nicht  etwa  nur  diese 
oder  jene  wissenschaftliche  Ansicht,  sondern  die  Wissenschaft 
überhaupt  mit  Misstrauen,  ja  mit  Gleichgültigkeit  betrachtet,  und 
diejenigen  selbst,  welche  vor  zwanzig  und  dreisslg  Jahren  die 
Losung  zum  Kampf  gegen  die  „unglaubige^^  Wissenschaft  gege- 
ben haben,  fangen  an^  die  natürlichen  Früchte  ihres  Thuns  mit 
Schmerzen  zu  emdten.  Man  hat  so  lange  Kirchlichkeit  und  immer 
nur  Kirchlichkeit  gepredigt,  man  hat  so  oft  versichert,  es  komme 
in  der  Theologie  aufs  Herz  an,  nicht  auf  den  Verstand,  es  handle 
sich  selbst  bei  der  geschichtlichen  Untersuchung  über  das  Urchri- 
stenthum  und  seine  Urkunden  weit  weniger  um  Gelehrsamkeit  und 
Kritik,  als  um  Ueberelnstimmung  mit  dem  Bewusstseln  des  christ- 
lichen Volks,  um  Vermeidung  alles  dessen^  was  die  herrschenden 
Vorstellungen  üb^r  die  helligen  Schriften   und  Männer  verletzen, 


Vorwort.  V 

WM  dem  fremmea  Olaaben  zam  Anstoss  gereMien  könnte  —  man 
hat  dieses  und  Aehnliobes  so  oft  and  so  salbungsvoll  wlederiiolt, 
bis  es  die  fieute  am  Bnde  geglaubt  haben ;  und  nm  wie  viel  leich* 
ter  es  nan  Ist,  zu  einer  Oberlieferten  Ansicht  Ja  zn  sagen,  als 
mit  Mähe  und  Anstrengung,  in  selbstverläugnender  Arbeit,  anter 
Zweifeln  und  Kämpfen,  eine  eigene  Ueberzeagung  zu  suchen, 
om  so  weniger  darf  man  sich  wundern,  wenn  es  namentlich  von 
ansern  angehenden  Theologen  die  meisten  ungleich  bequemer  fan- 
den, auf  jenem  einfachen  Wege  zu  einer  fOr  sie,  wie  es  schien, 
ganz  brauchbaren  Theologie  und  nebenbei  auch  zu  Amt  und  Brod 
zu  gelangen,  statt  auf  dem  langsameren  und  mOhevolleren  inneren 
Kämpfen  und  ftnsserer  Ungunst  entgegenzugehen.  Nur  mOge  man 
sich  dann  auch  darüber  nicht  wundern ,  dass  der  Zug  der  kirchli- 
chen Reaktion  welter  ftthrt,  als  man  selbst  ursprünglich  gewollt 
hat ,  dass  man  auf  einem  beliebigen  Punkte  der  abschüssigen  Bahn 
anzuhalten  nicht  die  Macht  hat.  Zuerst  ist  nur  überhaupt  das 
christliche  Bewusstseln,  der  Glaube  der  Gemeinde,  für  die  Schranke 
und  Norm  der  theologischen  Forschung  erklärt  worden.  Aber  was 
christlich  ist,  das  ist  eine  geschiehtliche  Frage,  deren  genügende 
Beantwortung  eben  nur  mittelst  der  Untersuchungen  müglich  ist, 
die  man  durch  jene^  Forderung  abschneiden  wollte.  Denn  da  sich 
das  Wesen  einer  Erscheinung  nur  aus  der  Gesammtheit  ihrer  Wir- 
kungen erkennen  lässt,  so  darf  man,  wenn  man  gründlich  ver- 
fahren will,  die  Entscheidung  über  chrisüich  oder  nichtchristlloh 
nicht  ans  einem  besonderen  Kreise  der  chrfstlichen  Welt  oder  einem 
einzelnen  Zeitpunkt  ihrer  Geschichte,  wntth  nicht  aus  ihrem  An- 
fangspunkt, schöpfen,  sondern  man  muss  ihren  Gesammtverlanf  in 
Betracht  ziehen,  um  durdi  eine  umfassende  Prüfung  ihres  bisheri- 
gen Ganges,  unter  sorgfältiger  Scheidung  des  Bleibenden  und  des 
Vergänglichen,  das  wahre  Wesen  und  das  geschichtliche  Ziel  des 
Christenthnms  anszumitteln.  Dazu  konnte  man  sich  natürlich  nicht 
entschliessen,^und  so  war  denn  das  Nächste,  dass  an  die  Stelle 
des  christlichen  Bewusstseins  das  archrisUiche,  die  biblische,  oder 
wenigstens  die  nentestamentliche  Lehre,  gesetzt  wurde.  Allein 
damit  war  immer  noch  keine  unverrückbare  Norm  gefunden.  Was 
die  wahre  Schriftlehre  sei,  darüber  stritten  sich  nicht  blos  seit 
alter  Zeit  die  christlichen  Confessionen,  sondern  eben  diese  Frage 
war  von  der  „ungläubigen^^  Wissenschaft  unserer  Tage  so  beant^ ' 
wertet,  däss  das  Princlp  der  Schriftauktorität  vüllig  unbrauchbar 
zu   werden  drohte^   denn  wenn   nicht  blos  der  altteatamentliche 


VI  Vorwort. 

Stondpimkt  mit  dem  christlicheo  sieh  nicht  nmiiittelhar  vereinigea 
IftMt,  sondern  wenn  nach  im  nenen  Testament  seihst,  wie  diess 
seit  einem  Jahrhundert  hehaoptet  wird,  eine  Mehrheit  von  ver- 
schiedenen und  sich  theilweise  ansschliessenden  Lehrhegriffen  xn 
finden  ist,  wo  soll  da  der.  Pankt  liegen,  der  unserer  theologischen 
Ueberzengnng  einen  sturmfreien  Zufluchtsort  darböte?  Jene  Be- 
hauptung selbst  aber,  und  alle  mit  ihr  zusammenhAngenden  kri- 
tischen Ergebnisse  erst  auf  wissenschaftlichem  Weg  zu  widerlegen, 
war  eine  Aufgabe,  von  deren  Schwierigkeit  man  sich  bald  tlber« 
sseugen  mnsste:  gerade  desshalb  war  man  ja  wieder  auf  die 
Schriftauktorität  ssurflckgckommen,  weil  man  etwas  Positives  suchte, 
das  über  den  Streit  der  wissenschaftlichen  Ansichten  erhaben  sein 
sollte.  Es  blieb  mithin  nichte  ttbrig,  als  dass-  man  von  der  wis- 
senschaftlichen Freiheit,  deren  man  sich  Araber  neben  seh^m  Glau- 
ben nicht  ohne  Selbstgefälligkeit  gertthmt  hatte,  auch  noch  ein 
weiteres  Stück  aufgab,  und  von  der  streitigen  Schriftlehre  aof 
das  kirchliche  Bekenntniss  sich  zurtlckzog.  Mit  welchem  Wett- 
eifer, und  mit  wie  viel  hierarchischer  Anmassnng  das  gerade  von 
solchen  geschehen  ist,  die  noch  immer  durch  wissenschaftliche 
Bildung  und  Freisinnigkeit  hoch  Aber  den  Orthodoxen  gememen 
Schlags  zu  stehen  meinten,  davon  liefert  die  Geschichte  unserer 
Kirchentage  und  theologischen  Conferenzen  seit  einem  Jahrzehend 
nur  zu  viele  Belege.  Hatte  man  doch  immer  noch,  als  Beweis 
seiner  GeiBtesfireiheit;  die  evangelische  Union,  war  es  doch  etwas 
ganz  Anderes,  ,,sich  zu  den  Grundprincipien  der  evangelischen 
Kirche  sammt  ihren  Voraussetzungen  und  Folgesätzen  zu  beken« 
nen/^  und  die  gleiche  Bekenntnisstrene  mit  ;,ethischem  Puthos^^  und 
kirchenregimentlichen  Maassregeln  auch  von  Anderen  zu  verlangen, 
als  ein  bestimmtes  Bekenntniss,  z.  B.  die  Conoordienihrmel  oder 
die  Formula  consengusy  zu  unterschreiben.  Nur  schade,  dass  jene 
Voraussetzungen  und  Folgesätze  auch  schon  von  den  alten  Theo- 
logen erkannt,  und  in  eben  den  Bekenntnissen  niedergelegt  waren, 
deren  Vorstellungskreis  man  sich  nicht  anzueignen,  deren  Aus- 
schliesslichkeit man  mit  seiner  Bildung  nicht  zu  vereinigen  wnsste. 
Und  noch  schlimmer,  dass  auch  schon  in  den  Grundfurincipien  die 
evangelischen  Confessionen  der  älteren  Zeit,  wenn  man  genauer 
zusah,  sich  keineswegs  so  einig  zeigten,  als  man  geglaubt  hatte. 
Denn  wenn  sich  auch  durch  ihren  Gegensatz  allerdings  ein  ge^ 
meinsamer  Grundcharakter  hindurchzieht,  so  gehen  sie  doch  in  der 
dogmatischen  Fasaung  dieses  Gem^nsamen  von  Anfang  an  aus- 


Vorwort.  VII 

elMüder.  Itomde  äiese  dog iMtiwhe  FMsung  liaCte  man  al^or  It^ 
maatMi^beod  erklärt^  indem  man  seine  Ueltoreinstfnmang  mit  den 
Bekenntnissen  der  evangeiisclien  Kirche  verkOndete.  Der  Streit 
miuMle  daher  unvermeidlich  neu  ausbrechen,  und  der  hallten  Be« 
kenntnisstrene  der  kirdienglaoliigen  Unionsfrennde  mnsste  sich  die 
ganze  der  nenkitherischen  Biferer  mit  am  so  grosserer  Aassicht 
aof  Brfoig  entgegenstellen,  da  sie  ganz  nnlängbar  die  Conseqoense 
des  gemeinsamen  Prindps  Air  sich  hatte.  Dass  aber  diese  Alt« 
giftabigkeit  intolerant  Ist,  dass  sie  nieht  blos  keine  freie  Wissen- 
schart, sondern  auch  keine  andere  Form  der  protestantischen  Frem- 
migkeit  neben  sich  dulden  will ,  liegt  in  ihrem  Wesen ;  wenn  sie 
daher  die  unirte  Kirche  nicht  blos  za  sprengen,  sondern  zu  er- 
obern, nnd  die  reformirte  Confession  ans  ihrem  eigenen  rechttich 
gesicherten  Besitz  zu  verdrängen  bestrebt  ist,  so  thut  sie  nor; 
was  sie  nicht  lassen  kann,  und  nicht  mehr.  So  sind  wir  denn 
nun  freilieh  so  weit  gekommen,  dass  man  sich  wieder  um  die  Va- 
riata  und  die  Invariata,  um  den  Intherisehen  und  den  Heidelberger 
Kateciiismas  mit  efner  Leidenschaft  streitet,  welche  der  Blflthez^ 
des  orthodoxen  Fanatismas  wtirdig  wäre ,  dass  KirclienrAthe  darflber 
entsclieiden ,  wer  an  ansem  Universitäten  Philosophie  lehren  darf, 
dass  kaom  geprüfte  Candidaten  die  Absetzung  ihrer  Bxaminatorea 
verlangen,  weil  sie  ihnen  nicht  orthodox  genug  sind,  dass  Jeder 
in  Sachen  der  Theologie  am  so  laater  mitzusprechen  sich  berech* 
tigt  dönkt,  and  aaf  Beförderang  im  Kirchendienst  nm  so  begrün- 
detere Ansprtiche  zu  haben  glaubt,  je  unwissender  er  in  allem 
dem  ist,  was  man  sonst  für  die  anerlassliche  Grundlage  jeder 
theologischen  Bildung  gehalten  hat^  je  ausschliesslicher  er  sich  in 
stumpfer  Geistesträgheit  auf  das  Auswendiglernen  vorgeschriebener 
Formeln,  auf  das  Nachsprechen  unverstandener  Losungswörter  be- 
schränkt hat,  und  unter  diesem  verkehrten  Partheigetriebe  droht 
sich  des  theologischen  Nachwuchses  mehr  und  mehr  eine  solche 
Barbarei  zu  bemächtigen,  dass  man  zweifelhaft  sein  könnte,  ob 
es  sich  überhaupt  noch  verlohnt,  Zeit  und  Mühe  an  wissenschaft- 
liche Arbeiten  zu  wenden,  welchen  bei  der  Masse  derer,  für  die 
sie  zunächst  bestimmt  sind,  so  wenig  Bmpfänglichkeit  entgegen- 
kommt. Wer  aber  mit  dem  Gang  der  neusten  kirchlichen  und 
theologischen  Entwicklung  bekannt  ist,  den  wird  diese  Erscheinung 
nicht  befremden«  Aus  dem  Grundsatz  der  l^nfreiheit  ist  eine  üppig-e 
Saat  von  Streit,  Leidenschaft  und  Verkehrtheit  emporgewachsen, 
die  Theologie  ist  verkümmert,  weil  von  ihren  Vertretern  die  meisten 


VIII  Vorwort. 

ZU  ODgbrdstig  waren,  um  die  schneidend  IHeche  Lnfk  einer  vor* 
anssetzongslosen  Wissenschaft  zu  ertragen,  die  Masse  glaubt  sich 
besser  dabei  zu  befinden,  wenn  sie  Anderen  nachbetet,  als  wenn 
sie  selbst  denlct,  wenn  sie  mit  dem  Strem  der  Bealition  schwimmt, 
als  wenn  sie  sich  ihm  entgegenstemmt  —  das  kann  man  bedaoem^ 
aber  man  kann  nicht  darolier  erstaunen.  Ob  es  mit  der  Zeit  wieder 
anders  werden  wird,  oder  ob  der  deutsche  Protestantismus  in  den 
byzanthiisdien  Zuständen,  denen  er  fftr  den  Augenblick  mit  vollen 
Segeln  entgegeneilt,  versumpfen  wird,  ob  die  Stimmen  derer,, 
welche  die  evangelische  Kirche  auf  einen  freieren  Grund  stellen 
möchten,  ungehört  verhallen,  oder  erfolgreich  wirken  werden, 
wissen  wir  nicht.  Nur  das  wissen  wir,  dass  eine  Besserung  un- 
serer Zustände  um  so  gewisser  zu  erwarten  steht,  je  volbtAndiger 
Jeder  an  seinem  Ort  seine  Pflicht  thut,  und  wie  gerne  wir  uns 
bescheiden,  dass  hiebe!  ungleich  mehr  von  der  Gestaltung  der 
grossen  geschichtlichen  Verhältnisse  abhängt,  als  von  vdssen- 
scbaftlichen  Bestrebungen  und  Leistungen,  so  sind  wir  doch  der 
Meinung,  dass  auch  die  Wissenschaft  hx  ihrem  Theile  nicht  mOde 
werden  darf,  zur  Einsicht  in  die  grossen  Fragen  der  Gegenwart 
und  der  Vergangenheit  nach  Kräften  beizutragen.  In  diesem  Sinne 
möge  man  auch  den  vorliegenden  Beitrag,  wie  viel  oder  wie 
wenig  man  sich  von  ihm  versprechen  mag,  wohlwollend  aufnehmen. 

Marburg,  27.  Juli  1854. 


D.  V. 


Inhaltsverzeichniss« 

Selto 

Einleitung 1 

Erste  Abtheilung. 
Die  äusseren  Zeugnisse  über  das  Dasein  und  den  Ursprung  der  lukani- 

sehen  Schriften 6—75 

1.  Die  ältesten  Zeugen  yor  Marcion  und  Justin 6 

Neutestamentliche  Schriften  —  6.  Bamabas  —  8.  Clemens  von 
Rom  —  8.     Hermas  —  9.    Papias  —  10. 

2.  Marcion 11 

Stand  der  Untersuchung  —  11;  Stellen,  wo  Marcion  den  ursprüng- 
lichen Text  des  Lukasevangeliums  zu  haben  scheint  —  13;  Stellen, 
wo  M.  geändert  zu  haben  scheint —  15;  Resultat  —  23;  Älter  des 
marcionitischen  Zeugnisses  —  24. 

3.  Justin 26 

Yerzeichniss  der  Hauptbelegstellen  für  Justin's  Bekanntschaft  mit  dem 
Evangelium  —  26 ;  über  die  Beweiskraft  dieser  Stellen  —  37 ;  min- 
der beweisende  Stellen— -46.  Resultat  —  49.  Justin's  Verhältniss  zur 
Apostelgeschichte,  —  ebd. ;  der  Brief  an  Diognet  —  50. 

4.  Ignatius,  Polykarp,  die  clementinischen  Homilien  und  Recognitionen .  51 

Die  ignatianischen  Briefe  —  51.  Polykarp  —  52.  Die  clementini- 
schen Homilien  —  53.    Die  Recognitionen  —  60. 

5.  Die  jüngeren  Gnostiker,  Celsus,  Theophilus,  Tatian 64 

Die  gnostischen  Citate  —  65.  Celsus  —  68.  Theophilus  und 
Tatian  —  69. 

6.  Irenäus  und  die  Späteren.     Rückblick 69 

Irenäus  —  69.     Clemens,  Origenes,  Eusebius,  Tertullian  u.  A.  —  70. 
Rückblick:  die  Beweiskraft  der  Ueberlieferung  Über  die  lukanischen 
Schriften  —  71. 
Zweite  Abtheilung. 

Der  geschichtliche  Inhalt  der  Apostelgeschichte 76—315 

Erster  Abschnitt. 
Die  Urapostel  und  die  Gemeinde  zu  Jerusalem  76—145 

1.  Die  Himmelfahrt  und  die  Apostelwahl '.     .    ^    .     .  76 

Die  Himmelfahrt  —  76.    Die  Apostelwahl  —  79. 

2.  Das  Pftngstfest 82 

Die  vorbereitenden  Erscheinungen  des  Pfingstwunders  —  82.  Das 
Zungenreden  und  die  verschiedenen  Erklärungen  desselben:  die  supra- 
naturalistische Erklärung  —  84 ;  ihre  inneren  Schwierigkeiten  —  85 ; 
ihr  Widerspruch  mit  der  Darstellung  des  Paulus  —  89.  Die  natür- 
liche Erklärung;  erste  Form  derselben:  das  Zungenreden  ein  natür- 
liches Reden  in  Fremdsprachen  —  93;  zweite  Form:  das  Zungen- 
reden kein  Reden  in  Fremdsprachen  *—  96;  Verbindung  beider  Er- 
klärungen bei  Wieseler  —  102.    Ueber  den  Umfang  des  Ungeschicht- 


X  ^  Inhalt. 

liehen  in  der  yorliegenden  Erzählung  und  ihre  wahrscheinliche  Ent- 
stehung —  104.     Rückblick  auf  die  Erzählung  yon  der  Äpostelwahl 

—  115.    Die  Vermehrung  der  Gemeinde  am  Pfingstfest  —  116. 

3.  Der  innere  Zustand  der  Urgemeinde;  die  Wunderthätigkeit  der  Apostel; 

die  Gütergemeinschaft;    Ananias  und  Sappbira 119 

YerhäUniss  der  Urgemeinde  zum  Judenthum  —  119;  apostolische 
Wunderthätigkeit  —  ebd.;  Gütergemeinschaft  —  122;  Ananias  und 
Sapphira  —  123. 

4.  Die  Urgemeinde  und  die  Juden;   die  ersten  Verfolgungen    ....         124 
Verehrung  des   Volks   gegen    die  Apostel  —  124.     Erste  Verfolgung 

—  125.  Zweite  Verfolgung  —  130.  (Gamaliel  und  Theudas  132  ff). 
Die  angebliche  Stellung  der  jüdischen  Partheien   zum  Christenthum 

—  137.    Den  beiden  Erzählungen  liegt  derselbe  Vorfall  zu  Grunde 

—  140.  Die  Verfolgung  des  12.  Kapitels  —  141.  Die  zwei  frühe- 
ren Verfolgungen  aus  ihr  durch  Verdopplung  entstanden  —  144. 

Zweiter  Abschnitt. 

Die  Vorläufer  des  Paulus 146—190 

1.  Stephanus 146 

Die  Anklage  ~  146.  Die  Rede  des  Steph.  —  148.  Die  Gerichts- 
Terhandlung  und  der  Tod  des  Steph.  —  150. 

2.  Das  Christenthum  in  Samarien;    Philippus;    der  Magier  Simon;    die 

Taufe  des  Aethiopiers 153 

Versprengung  der  jerusalemi tischen  Gemeinde  —  153.  —  Philippus 
in  Samarien  — ^  154.  —  Petrus  und  Johannes  in  Samarien  —  156. 

—  Der  Magier  Simon :  die  Ueberlieferungeo  über  ihn  und  seine  Lehre 

—  158;  Kritik  dieser  Ueberlieferung  —  164;  Vermuthungen  über 
die  Entstehung   und   die    ursprüngliche  Bedeutung    der  Simonssage 

—  169.  —  Philippus  und  der  Aethiopier  —  174. 

3.  Petrus  in  Joppe  und  Casarea;   Cornelius      . 176 

Petrus  in  Lydda  und  Joppe,  Aeneas  und  Tabilha  —  176.  —  Die 
Bekehrung  des  Cornelius:  die  Wunder  bei  derselben  •^179;  Ver- 
hältniss  des  Petrus  und  der  Jerusalemiten  zum  Heidenchristenthum 

—  184;  sonstige  Unwahrscheinlicljkeiten  —  187;  Resultat  —  189. 
Dritter  Abschnitt. 

Paulus :    .     .    191—315 

1.  Die  Bekehrung  und  das  erste  Auftreten  des  Paulus 191 

Die  Bekehrung  als  solche:  Widersprüche  in  den  Berichten  *—  191; 

das  Wunderbare  und  das  geschichtlich  Wahrscheinliche  an  dieser 
Thatsache  —  194.  —  Paulus  nach  seiner  Bekehrung  —  201. 

2.  Die  Gemeinde  in  Antiochien.     Die  erste  Missionsreise  dos  Paulus     .        209 
Paulus  und  iüe  antiochenische  Gemeinde  —  209.     Paulus  und  Bar- 

nabas  in  Cypem  —  212;  in  Lyslra  —  213. 

3.  Der  Apostelconvent 216 

Die  Erzählung  der  Apostelgeschichte  in  ihrem  Verhältniss  zu  der  Dar- 
stellung des  Galaterbriefs :  die  Reise  des  Galaterbriefs  ist  mit  der  vor- 
liegenden identisch  -*  217;  (über  die  Reise  des  Uten  Kap.  —  222;) 
Widerspräche  zwischen  beiden  Berichten  in  formeller  (—  224)  und 
materieller  (—  230)  Beziehung.    Weitere  Unwahrscheinlichkeiten  der 


InliaU*  XI 

Seite 

vorhegeoden  Erzählung :  Beschneiduog  der  Jud«Qcbri8ten  und  des  Ti- 
motheos  -^  238;  Götzenopferfleischessen  —  241;  TiQ^veia — 244;     ^ 
stjiistischer    Charakter    des    apostolischeD  SeDdsclureiheDs  —  246. 
Schlussergebfüiss  —  248. 

4.  Die  zweite  .Missionsreise  des  Paulus 249 

Paulus  <hirchreist  Kleiuasien  ^  249.     Paulus   und  Silas   in  MiUippi 

—  251.  Paulus  in  Tliessalonich  und  Athen  —  258.  Paulus  in 
Ephesus:    die  Johanoesjänger  —  263;    die   ephesinischen   Wunder 

—  264;  der  Aufstand  des  Demetrius  —  266. 

5.  Die  letzte  Reise   des  Paulus  naeb  Jerusalem,    seine  palästinensische 

Gefangenschaft 266 

Abreise  von  Ephesus,  Motiv  der  Reise  --  267.  Eutycbus  —  269. 
Abscbiedsrede  in  Milet   —  ebd.     Aakoaft  in  Jerusalem,  Nasiräats- 

opfer  —  274.  Gefangennehmung  des  Paulus  —  280.  Verhör  vor 
dem  Synedrium  ~  281.  Abführung  naeh  Cäsarea  ^  287.  Verhöre 
vor  den  römischen  Prokuratoren  —  ebd. 

6.  Paulus  auf  dem  Wege  nach  Rom  und  in  Rom 290 

Seereise,  Paulus  in  Malta   —  290.     Verhandlung  mit  den  römischen 

Juden  —  291. 

7.  Die  Lehre  und  der  öffentliche  Charakter  des  Paulus  nach  der  D>ai> 

Stellung  der  Apostelgeschichte     . 297 

Die  Lehrreden  —  297.    Das  Verhalten  des  Paulus:  seine  Gesetzes- 
frömmigkeit —  302;    sein  Benehmen  der  judenchristlichen   Parthei 
gegenüber  —  306;  seine  apostolische  Wirksamkeit  —  308.    Verhal- 
ten der  Judencbristea  gegen  Paulus  —  313« 
Dritte  Abtheilung. 

Der  Ursprung  der  Apostelgeschichte 316 

Erster  Abschnitt. 

Ueber  den  Zweck  der  Apostelgeschichte 316—387 

1.  Die  Apostelgeschichte  eine  Tendenzscbrift 316 

Einleitendes  —  316.  Der  Tendenzcharakter  unserer  Schrift  an  der 
Art  nachgewiesen,  wie  hier  das  Verhäitniss  des  Paulus  und  der  Ur- 
apostel  in  Bezug  auf  ihre  Wunder  ( —  320)  und  ihre  Leiden  ( —  322), 
ihre  Lehre  (—  327),  ihr  Verhalten  (—  329),  ihre  apostolische  Be- 
föhigung  (—  331),  ihre  persönlichen  Beziehungen  (—  333)  darge- 
stellt wird.  Erläuterung  des  Vorstehenden  —  335.  Prüiung  abwei- 
chender Ansüiehten:  1)  derjenigen,  die  eine  wesentliche  dogmatische 
Tendenz  der  Apostelgesdiichte  läugnen  {—  337),  2)  derjenigen,  die 
sie  zugeben  ( —  342). 

2.  Die  Beziehung  der  Apostelgeschichte  auf  die  Partheien  in  der  ältesten 

Kirche 343 

Feststellung  der  Frage  —  343.    Die  Tendenz   der  Apostelgeschichte 

ist  nicht  petrinisch-judaistisch  (— 345),  sondern  paulinisch  ( — 346), 
aber  auch  nicht  rein  paulinisch,  sondern  vom  paulinischen  Standpunkt 
aus  conciliatorisch  (^  351).  Nähere  Bestimmung  dieses  conciUato- 
rischen  Zwecks  —  354. 

3.  Die  Beziehung  der  Apostelgeschichte  auf  die  römische  Gemeinde       .        364 

Spuren   derselben:    die  politische  Rechtfertigung  des  Christenthums 


XII  •inhält. 

S«Ue 

—  365;  die  Auffassung  von  Paulus  letzter  Reise  —  369;  der 
Schlussauftritt  in  Rom  —  372;  die  Angaben,  welche  Paulus  als 
Stifter  der  römischen  Gemeinde  und  römischen  Bärger  darstellen — 373. 

4.  Die  Composition  der  Apostelgeschichte  aus  ihrer  Zweckbestimmung 

erklärt 376 

Haupttheile ;  der  erste  Theil  —  377 ;  der  zweite  Theil  —  378 ;  der 
dritte  Theil  —  382.     Rückblick  —  385. 
Zweiter  Abschnitt. 
Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte,  Zeit  und  Ort  ihrer  Entstehung    387—489 

1.  Die  Apostelgeschichte  ist  das  Werk  Eines  Verfassers 387 

a)  Ihre  Sprache  und  Darstellung:  der  Gebrauch  der  einzelnen  Wör- 
ter —  388;  Wortformen,  Wortverbindung,  Construction,  Phraseolo- 
gie —  393;  Gebrauch  der  LXX  —  398.  b)  Inhalt  und  Composi- 
tion:   die  historischen  Widersprüche  kein    Beweis  gegen  die  Einheit 

der  Schrift  —  399;  Einheit  des  Plans  und  Zwecks  —  401.  c)  Be- 
ziehungen einzelner  Stellen  auf  einander  —  403.  Ueber  die  angeb- 
lichen Spuren  verschiedener  Verfasser  —  409. 

2.  Die   Apostelgeschichte  und  das   dritte  Evangelium  haben  Einen  Ver- 

fasser          414 

a)  Ihre  Sprache  —  414.  (Wörtervorrath  —  415;  Gebrauch  einzel- 
ner Wörter  —  416;  Wortformen,  Construction,  Phraseologie  —  420; 
stylistische  Aehnlichkeit  einzelner  Stellen  —  423).  b)  Ihr  Inhalt: 
einzelne  Stellen  —  425;  Zweck  und  dogmatischer  Charakter  der 
beiden  Schriften,  dogmatische  Tendenz  des  Evangeliums  —  432. 
c)  Ihre  Composition  —  440.  —  Die  Gründe  gegen  die  Einheit  ihrer 
Abstammung  —  442.  Die  Unterscheidung  des  ursprünglichen  von 
dem  überarbeiteten  Lukasevangelium  —  446. 

3.  Von  wem,   wann  und  wo  ist  die  Apostelgeschichte  verfasst  worden?        452 

1.  Der  angebliche  Verfasser  ist  Lukas;  die  Timotheus-  und  Silas- 
hypothese  —  452.  —  2.  Der  wirkliche  Verfasser  kein  Begleiter 
des  Paulus  —  460.  —  3.  Die  muthmassliche  Abfassungszeit  der 
Schrift :  Bestimmung  ihrer  Grenze  nach  rückwärts  ( —  466)  und  vor- 
wärts (—  476).  —  4.  Der  Ort  ihrer  Abfassung  wahrscheinlich  Rom 

—  481. 
Dritter  Abschnitt. 

Die  Quellen  der  Apostelgeschichte 489 — 524 

Die  Zerstücklungshypothese :  Riehm,  Gfrörer,  Schleiermacher,  Schwan- 
beck —  489.  Die  angebliche  Authentie  der  Reden  und  Briefe  —  496. 
Positive  Untersuchung  über  die  Quellen.  Leitende  Gesichtspunkte 
für  diese  Untersuchung  —  498.  Die  Quellen  für  die  Geschichte  der 
Jerusalemiten  —  500.  Die  Quellen  für  die  Geschichte  des  Stepha- 
nus  —  509.  Die  Quellen  für  die  Geschichte  des  Paulus :  die  Denk- 
schrift des  Augenzeugen  —  513;  die  übrigen  Quellen  —  516. 


Druckfehler  -  Verzeictmiss. 


Seite  24  Zeile  18  y.  u.  statt  habe  lies  hat. 

„      9  „  16  Y.  u.  statt  Amicet's  lies  Änicet's. 

»     25  „       1  statt  Antonius  lies  Antoninus. 

»50  0       3  V.  u.  statt  oyia&ivTet  lies  loyia^ivtti, 

j,      51  „      4*v.  u.  statt  Recenscion  lies  Recension. 

»62  „      9  y.  u.  statt  ein  lies  eine. 

9      91  „      4  V.  u.  statt  das  lies  dass. 

9     94  „       1  statt  werde  lies  wurde. 

„98  „16  statt  tatina  lies  latina. 

»103  „  15  V.  u.  ist  das  zweite  als  zu  streichen. 

„    122  „  20  sUtt  zählt  lies  zählte. 

,    124  „  13  statt  Hintritt  lies  Eintreten. 

„    128  „  15  statt  zugeben  lies  zugaben. 

9    150  »      2  ist  hinter  „unwahrscheinlich*  das  Komma  zu  streichen. 

„    151  „       1  statt  dass  lies  das. 

„    155  „      6  statt  jene  lies  jene  Gabe. 

„      „  „  10.  statt  gemacht  lies  gemacht  hat. 

„    160  „       4  statt  Wahrheit  lies  Wesenheit. 

„      „  „  14  y.  u.  statt  keiner  lies  keine. 

„    163  „      9  statt  Anhängen  lies  Anhänger. 

„    227  „  19  statt  Authenthie  lies  Authentie. 

„    249  „  10  statt  Erzählungen  lies  Erzählung. 

„    289  „  17  V.  u.  statt  hatten  lies  halten. 

„313  „      2  statt  ja  lies  je. 

„    318  „      9  Y.  u.  statt  Zurückhaltung  lies  Zurückstellung. 

„354  „       5  T.  u.  statt  beigefügt  lies  beifügt. 

„    368  „  10,  V.  u.  statt  Staatsreglion  lies  Staatsreligion. 

„    453  y,  20  statt  Manchem  lies  Manchen. 

„    456  „      8  statt  umfasst  lies  umfasste. 

„   465  „      4  y.  u.  statt  Darteilung  lies  Darstellung.    ' 

„    487  „  13  SUtt  Richter  lies  Stifter. 


Einleitung. 


Alle  kritischen  Untersnchuigeii  über  eine  Schrift  beziehen  sich 
entweder  auf  ihren  Ursprung  oder  anf  ihren  Inhalt  Bei  der  er- 
sten von  diesen  Fragen  handelt  es  sich  nicht  blos  um  die  Person 
des  Verfassers,  um  den  Ort,  die  Zeit  und  die  äusseren  Veranlas- 
sungen seiner  Arbeit,  sondern  eben  dahin  gehört  alles  das,  was 
uns  Aber  die  innere  Entstehungsgeschichte  eines  Werks ,  über*  den 
Zweck,  den  Plan,  das  Verfahren,  die  Quellen  und  Hfllfsmittel  des 
Schriftstellers  Aufischluss  g^ebt  Die  Kritik  des  Inhalts  wird  je 
nach  dem  Charakter  der  Schrift  eine  verschiedene  Richtung  nehmen, 
bei  geschichtlichen  Darstellungen  wird  sie  zur  Idstorischen ,  bei 
kflnstlerischen  zur  ästhetischen,  bei  Lehrschrillen  zur  dogmatischen 
Kritik  werden,  und  dieselbe  Schrift  wird  je  nach  dem  Zweck,  den 
sich  der  Kritiker  gesetzt  hat,  bald  unter  den  einen,  bald  unter  den 
andern  Gesichtspunkt  zu  stellen  sein,  aber  immer  unterscheidet 
sich  diese  sachliche  Kritik  von  der  blos  literarischen  dadurch,  dass 
es  ihr  nicht  um  die  Erklärung  des  Ursprungs,  sondern  um  ein 
Urtheil  über  die  Beschaffenheit  der  Schrift,  den  Werth  und  die 
Richtigkeit  ihrer  Darstellung  zu  thun  ist  Andererseits  hängen 
aber  auch  beide  aufs  Engste  zusammen,  und  jede  ist  mehr  oder 
weniger  durch  die  andere  bedingt  Selbst  bei  Dichtungen  und 
Lehrschriflen  ist  das  Verständniss  und  die  richtige  Würdigung 
ihres  Inhalts  vielfach  abhängig  von  der  Kenntniss  der  geschicht- 
lichen Verhältnisse,  unter  denen  sie  entstanden  sind,  der  Zwecke 
und  Plane,  dte  ihre  Verfasser  verfolgt  haben,  in  noch  viel  höherem 
Grade  gilt  diess  aber  nattlrllch  von  Geschichtswerken,  denn  da  der 
Werth  eines  Zeugnisses  zunädist  nach  der  GlaubwQrdigkeit  des 
Zeugen  beurthellt  werden  mass,   so  wird  der  Entscheidung  Aber 

1* 


4  Einleitung. 

die  Wahrheit  einer  geschichtlichen  Aassage  natargemftss  die  Er- 
wägung aller  der  Ponlcte  vorangehen;  welche  tiber  die  Befäbigung 
des  Schriftstellers  zur  Mittheilung  der  Wahrheit,  Ober  seinen  Cha- 
fUkter,  seine  Absichten;  seine  Hülfsmittei,  ein  Licht  za  verbreiten 
geeignet  sind.  Freilich  aber,  wie  es  sich  hiemit  verhalte,  Ifisst 
sich  nicht  selten  wegen  der  Unvollständigkeit  und  Unzaverlässig- 
keit unserer  anderweitigen  Nachrichten  nur  dutch  einen  Rückschlass 
aas  der  Beschaffenheit  der  Schriften  ausmitteln,  und  auch  da,  wo 
wir  über  die  Person  and  die  Verhältnisse  der  Schriftsteller  genauer 
unterrichtet  sind,  werden  wir  doch  mit  ihren  inneren  Motiven,  mit 
der  eigentlichen  AnUge  atid  Abzweckimg  ihrer  Werke,  nur  darch 
diese  selbst  vollständig  bekannt  werden;  und  dieses  Verständniss 
der  Schriften  wird  seinerseits  ohne  die  Kritik  des  Inhalts,  zumal 
bei  Geschichtswerken,,  stets  mangelhaft  bleiben.  So  befinden  wir 
uns  in  dem  lästigen  Zirkel,  dasjs  die  sachliche  Kritik  einer  Schrift 
von  der  literarischen  fand  die  literarische  von  der  sachlichen  vor- 
ausgesetzt wird,  und  es  giebt  schlechterdings  keinen  Aasweg,  der 
uns  völlig  aus  dieseni  Zirkel  hinausftihrte.  Diess  schUesst  jedoch 
nicht  aas,  dass  die  Kritik  ihr  Geschäft  in  jeder  der  beiden  Rich- 
tangen  fdr  sich  mit  annäherqngsweiser  Sicherheit  und  Vollständig^- 
keit  vollziehen  kann.  Denn  einesthells  können  Ober  die  llterarJsicbe 
Frage  in  den  sonstigen  Erklärungen  eines  Schriftstellers  oder  m 
glaubwürdigen  Äassagon  Aniderer  so  vollständige  Nachweisungen 
vorliegen,  dass  sie  sich  auch  ohne  ein  genaueres  Eingehen  aaf  die 
sachliche  Kritik  einer  Schrift  sehr  weit  verfolgen  lässt,  audern- 
iheils  ist  nicht  blos  die  Wahrheit  dogmatischer  Behaaptangen  un- 
abhängig von  der  Person  dessen,  der  sie  aufstellt,  sondern  nach 
Ober  ^ie  Dichtigkeit  geschichtlicher  Angaben  lässt  sich  in  allen 
den  Fällen  ohne  nähere  Kenntniss  der  Zeugen  entscheiden,,  wenn 
diese  Angaben  durch  innere  Widersprüche  oder  darch  ihre  Unver- 
einbarkeit mit  erwiesenen  Thatsachen  widerlegt,  oder  wenn  sie  an- 
dererseits durch  ihre  Uebereinstimmuhg  mit  dem,  was  anderweitig 
ifeststehj;;  bestätigt  werden.  Es  ist  daher  Im  Allgemeinen  beides 
denkbar,  d<iss  die  literarische  tlntersachung  einer  Schrift  der  PrO- 
^iiiig  ihres  fohahs,  un^  dass  diese  jener  vorangehe.  In  beiden 
Odilen  irkrden  Ani'angs  Lücken  bleiben,  die  "sich  erst  später  aus- 
hlllen  lassen,  alier  cliese  Lücken  können  möglicherweise  so  anwe- 
senüich  sein,  däss  die  tintscbeiddng  der  Haaptfi^gen  nicht  dadurch 
gestört  wlrä.  'Welches  Verfahren  im  gegebenen  Fall  zweckmäa- 
slger  ist  9  wird  von  den  Umständen  abhängen«    Können  wir  uns 


Einleitung.  5 

Qber  den  Verfasser  einer  Schrift,  über  seinen -Zweck  and  seine 
Verhfthnisse  unterrichten,  ohne  dasi^  wir  auf  die  sachliche  Prüfong 
ihres  Inhalts  eingehen,  so  Ist  es  das  Angemessenste,  die  literarische 
Uutersnchnng  ihres  Ursprungs  der  Kritik  des  Inhalts  voranzostellen« 
Haben  wir  umgekehrt  alle  Anfschlttsse  Qber  Ihren  Ursprung  In  ihr 
selbst  zu  suchen,  und  lassen  sie  sich  hier  ohne  die  Kritik  ihres 
Inhalts  nicht  finden,  so  muiss  diese  nattirlich  den  literarischen  Er- 
Ortenuigen  yorangeben.  I^ind  «ffilfeh  ^^fi  firagen  In  der  Art 
verschlungen,  dass  uns  zwar  Einiges  über  den  Ursprung  der 
Schrift  unablMUigig  von  ibr  se)bH  y^^fgh  df(s#  «Mr  e^ie  yoll- 
ständige  Erkenntniss  desselben  nicht  Q^^f^  die  Kritik  ihres  Inhalts 
möglich  ist,  so  werden  wir  zunächst  zwar  die  literarische  Unter- 
spcliwg  «0  yyeH  W^rea^  tD0i99ßny  tÜ9  sie.  sich  aelbsläiidig  verfeigen 
l#8st,  ^na  wpml  aber  die  saoUiobe  Kritik  eiwtieten  '  mtlssen;,  und 
erst  wepip  ^iepe  ihr  ßesetaVt  stn  Bode  g>riNraoht  lii|t,  wird  dte  al>-* 
schlijiasefdß  Bpit^oheidosg  üh^  dem  Ucs^lluig  der  Sebrift  moglieh 
sein;  o4er  e»  w'^fA-  ^Pb  ^Üm)i4  aueii  di»  NothwMdigkelt  eines 
mehm^li&^  WeqliseJs  von  beldejripi  CptfinmobuiigeB  lierausatelles. 
In.  dipsi^m  F4JI  aimi  wir  09»  bei  ißr  Affositlgeschidila  Wir 
können  ihr  Pia^^in  *  an  der  JSwd  der  Ueh«rli#feruag  hU  mt  einem 
gewissem  Z^itp^plpl?  v^jrfipilgeii,  aber  w^er  hlaftqf  laasen  pns  die 
äp/iseren  ;&engnijsee  m  /Stioh>  OAd  die  ßi^ibtase  aue  der  iinem 
Be/sdiaflE^h^it  oi^re^  JftflLOhs  geifr&fcren  nur  dann  eine  Ausbeute,, 
wenn  ihnep  eix^e  ft^e  A«si^t  Aber  die  Bicblin^eit  und  Alaubwtlr*- 
digl^olt  seiner  En^Umgim  ihren  Pell  glebt  Hier  ist  deiier  der 
Gang,  i^n  ups^^c«  UntersnohuAg  «a  nriuneii  Jia^  dnuBoh  üe  Natur* 
der  Sache  bfoptimmt:  Wir  werden  fsuerst  die  ftiteale^  SElengen  <klier 
uni^er^  ßc^rlft  ebhoren,  wir  weiden  iMeraof  die  Oesoliiahtllchkeit 
ihree  InJu^fs,  einer  #in)gehenden  PrOAmg  unterwerfen,  wir  werden 
endlich  n^ich  di^sffn  Vorbereitae^en  die  Früge  in  SMueä  ihres  Ur-* 
Sprungs  zur  Entscheidung  zu  bringen  suchen. 


Erste  Abt heilong. 


Zngrisn  über  das  DtseiB  md  da  ür^nng  der 
lokanisdieii  Sehriftcn. 


Won  wir  M  tci  der  ▼•rUcgmdcB  UMcmiAvvg  aDcn  mU 
dar  AftfMgeuUMe  xm  Um  fcitten,  m  wii«  »aar  CtaAiA 
7imüiUk  ateCieli;  TerwMcKer  ud  aebwierigcr  wM  «s  ent  da- 
dsreb,  diM  irieh  wisar  Bwii  ab  ebi  Werk  des  drille»  Kvaage- 
lietett  bezeiehact  Dardi  dfeaea  ÜBstaad  aiad  wir  gesMigt,  sieht 
Um  die  %fwttm  der  Apaetelgeeeidehte,  sonderm  ueli  £e  aehlrei- 
dieras  osd  veraeümigeBerea  des  diittea  Evaagelliuaa  darch  die 
ilieato  eliriaflidie  Liferatar  s«  yerfalg»,  md  aaere  AeTgabe 
llberbeapt  99  allgeaieiii,  wie  dieaa  die  Ueberacbiilt  aBdeotei,  n 
tmmtm.  Kb  wfire  dieaa  aelbat  dano  Bothweadig,  wom  sieb  im 
weitem  Verlauf  die  üeriditii^i  jen»  Aagabe  hoansstelleB  seilte, 
nai  ae  weniger  werden  wir  es  nmgehen  dürfen,  wenn  Aasaicht 
verbanden  iit,|daaa  sie  rieb  beatädge.  Deeh  konimt  uns  hiebei  der 
ITmatand  zü  aftatten,  daaa  die  aebwierigsten  von  den  bergebOrigen 
Fragen  nenerdinga  zn  einer  zlemlieb  aioberenBntsebeidnng  gebracbt 
afnd«  Indem  wir  daber  auf  die  EInzelbeiten  derselben  nor  de 
nAber  eingeben,  wo  nocb  Streitiges  za  scbliebten  ist,  fassen  wir 
im  Uebrigen  die  wesentlicbcn  Ergebnisse  in  der  KOrze  zosammen. 

1.  Die  ältesten  Zeugen  vor  Harcion  und  Justin. 

Dass  keines  von  den  zwei  Bttcbem,  fttr  deren  Verfasser  man  Lukas 
bttlt,  im  neuen  Testament  citirt  wird,  steht  ausser  Zweifel ;  denn  was  Ael- 
tere  und  auohnoeh  Neuere  von  dem  paulinischen  evayykhov  fxov  (Rom. 
9,  16)  als  unserem  Lulcasevangelinm  ; geträumt  haben,  das  bedarf 
Ittngst  Iceiner  Widerlegung.  Um  so  wiehtiger  ist  allerdings  das  In- 
nere Verhältniss  der  lalcanischen  zu  andern  neutestamenüicben  Schrif- 
ten, und  besonders  das  des  dritten  Evangeliums  zu  den  andern  Evan- 
gellen,  die  es  aller  Wahrscheinlichkeit  nachtheils  benutzt  haben,  theils 


NeutettamentUdie  Sehriftmi.  7 

ron  IbiD  benOtat  wvdea,  und  m  wird  dieM  meh  imnar  fOr  dto 
Ansicht  von  d^r  gesdiiebtUdiaii  Batwioklinig  dai  ftltesten  Cliri- 
stenümmir  «d  0^^  Liteiiitar  elii  oatiehoidender  Paukt  blribeit 
Aber  «0,  im  die  Dinare  bis  jetst  liefen,  wird  die  Untersnehnng 
über  den  Ursprang  der  lakMiiMheB  Sehriflen  aber  ihrendts  zur 
Beleaohtnng  dieses  Verliilfnlsses  beitrafeU;  als  dass  sie  viel  Licht 
Yon  ihm  za  erwarten  hAtte.^  Denn  bekuintUeh  sind  die  Meinangen 
Ober  das  Alter  nnd  den  Ursprung  der  nentestamentliohen  Schriften, 
und  namenttich  anch  Ober  die  BvangeUenflragey  zur  Zeit  so  ge- 
spaltea,  dass  sich  keine  MegHohkeit  zeigt,  auf  diesem  Gebiete  von 
etwas  allgemein  Anerkanntem  anszogehen,  wfthrend  doch  die  Frage 
selbst  viel  za  umfassend  and  za  verwickelt  ist,  am  ihre  LOsang  nar 
beilftolig  im  Zasammenhang  einer  BrOrtemng,  wie  dto  gegenwftr« 
ttge,  zu  erhalten.  Wftre  man  aber  aaeh  schon  zu  festeren  Be- 
snltaten  gekommen,  so  wäre  doch  damit  erat  efaie  relative  Bestim- 
mung gewonnen,  man  wtlsste  etwa,  dass  das  Lakasevangeliam 
janger  sei,  als  das  des  Matthäos;  and  Alter  als  Markas  and  Jo- 
hannes, aber  da  sich  das  Alter  von  diesen  ebenfalls  npr  verglei- 
chnngs-  nnd  anafthernngsweise  bestimmen  Iftsst,  so  hfttte  man  sich 
doch  noch  in  einem  zimnlich  weiten  Bahmen  za  bewegen,  and  fOr 
die  nAhere  Bestimmung  mOsste  man  sich  immer  wieder  nach  an- 
deren BntechMdangsgrfladen  umsehen.  Soföm  wir  daher  das  Ver- 
hUtniss  des  Lukas  zu  andern  neutestamentlichen  BQchem  zu  be* 
rühren  haben,  wird  diess  doch  erst  in  den  letzten  Abschnitten 
dieser  Schrift,  und  auch  da  nur  mit  der  ITorsicht  geschehen  können, 
welche  dnrch  die  Natur  der  Sache  geboten  ist,  hier  mAsjtfcn  wir 
as  vorlAuflg  unnntersucht  lassen. 

Den  neatestamentlichen  Schriften  sollen  die  Werke  der  soge- 
nannten apostolischen  Väter  der  Zeit  naoh  zunächst  stehen.  Diess 
ist  aber  nar  theilweise  richtig,  denn  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
gehört  kein  einziges  von  diesen  Werken  sefaiem  angeblichen  Ver- 
fasser, and  mehrere  derselben  sind  gevHss  Jtlnger,  als  Maroion  and 
Justin.  Nar  der  erste  Brief  des  romischen  Clemens,  der  Bamabas- 
brief  und  der  Hirte  des  Bermnn  scheinen  aus  den  ersten  Jahrze- 
henden des  zweiten  Jahrhunderts,  noch  vor  dem  Auftreten  der 
Onosis  im  Abendland,  zu  stammen  0 9  and  i^  derselben  Zeit  hat 


*)  M.  vgl.  Schwegicr  im  nachapostolischcn  Zeitaller.  Auf  abweichende  An- 
sichten, me  die  Ton  Ritschi,  welcher  den  ersten  Brief  des  Clemens  für  acht  hält, 
und  dagegen  den  Hirten  des  Hermas  in  die  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  herab- 
rüAt  (Entst.  d.  altkath.  Rnrche  282  ff.  297  ff.),  können  wir  hier  nicht  eingehen. 


8  Di«  aussei^  ZwffokH. 

wolil  aiio)i  Papii»  4ie  Sebrift  verfassl,  von  Mit  xm»  mch  obtce 
Broebsttt^ke  clurok  IranMui  aoA  Vwinb  aiMtoB  afaiil.  Aber  van 
kaiaar  4iasar  S^hrfftaa  iat  aa  arwaiaiiab  adaf  juich  mir  w»br«- 
sabeinliob,  daaa  aie  daa  EvaagflHiiai  daa  Lakaa  odar  4ia  Ai^aaiaX- 
gaacbiob(a  banüU^  bat  --  M  Barnabaa  tadea  wir u.  10  uter 
ebier  Maase  var^ohiad^narügar  JBroiabaairgAa  dia  Wortas  naev^^l 
aivovm  0s  ^idov^  Qtefia  ißt  boa  aUardii«B  diaaatba  Varachrill^ 
walcbt  Mattbäna  ft,  4!d  ao  aaadraafcl:  t-0  ^tovv^i  aa  dläov  und 
Lnkaa  6,  30:  yrayri  da  ^tg  ^'^ovvri  ae  Odov.  Abar  daaa  9^ 
Baraabaa  gerada  aaa  Lnkaa  gaaobOpft  baba,  kain  dareb  daa  ga-* 
maiaachaftii^a  Tvam  nicbt  bewiaaea  wardaii.  I>ann  Air  da«  Sim 
maobt  9f^  lüobtfi  aua^  ob  mim  m  beiltigt  Qdar  wc^Maat,  a«  iat  aiaa 
ganz  aiirffu^ba  und  nahfftiag^ad«  .Brweitariuig  daa  kür«sereii  t^ 
ahaSwif  afid  allff  4rai  Rftlle  abid  gl^iob  denkbar ,  daas  aa  or- 
aprOnglieb  im  avangalijaabea  T«xt  «tand  »nd  nur  bai  Mattb&oa 
anafla],  4aaa  ea  liUlf^  uffd  llfO^baa  luiabbAqgig  von  ainandar 
hin^naaUten ,  und  daaa  d^r  Sine  von  diaaen  die  Sentenz  von  dem 
Andern  entli^but  bat»  Paaa  dar,  Varlaaaar  daa  Vaniabasbriafa  noaer 
drittes  Evai^aHqm  gakannt  baba,  mOiata  daveb  iveit  beatinuatera 
Anaeichan  bawieaan  wardun^  '^  tüm^^y^^iig  b^t  aa  za  badanien, 
M^enn  einige  Aanasernngep  im  firateii  Karintberbrief  de^  Clemena 
an  Stellen  daa  dritten  Evimgeliiuiia  und  das  Apoat^Igiaaptiipbte  an«« 
klingen.  Sa  leaen  wir  0.  13  diaa^r  ßpbrift  #10  Anfwurnab  Cbriati : 
iXm^ß  iVaf  iXß^^e'  ^l^e  ivc(  «9?a^  vf^v  nig  rnnm^i  tfVfJfr» 

otTwg  MQi^^evqp  vfuv'  tag  xQV^f^vsad^,  oikofg  %^fjiiv9v&ijfi(viiu^ 
vfilv  (p  (ih(Hf  fiergeitSy  iv  avr(f  (nevQJf-^iJiafUd  vfiiv.  Ab^rdiasß. 
Worte  baben  mit  LoJt  61,  M— 9S  nvr  eipe  ganz  allgemein^  Aehn- 
liclikeit  daa  Oeda^ike^a,  dngai^en  weioben  sif  in  der  ailberea  Anf««- 
Atbrong  wmi  im  Anadf aek  vfn  fMea  nqaam  avangaliaohan  Parallel- 
stellea  ao  neit  a|l^  daaa  acfton  dieaet  eine  Stelle  binreiobf ,  um  den 
Gebrancb  eiaea  aukanopiaoba^  fivailgeUnma  p»  den  Varfaaaar  dea 
BrialiBi  SSM  baweiaauO-  Nnr  an  ein  ai^loliea  können  wir  aneb  0.4$ 
denken,  bfii  den  Worten:  J/ve  ^uq  (ao,  0  XfiiOTog)  *  oval  vif  dp^ 
^Qükti^  ii^ivif*  HoXdv  rp  qnk^  ei  qvk  iy^drjf  ij  &a  Tuk  ixi^if- 

^)  Diese  Äbweicliung  tod  allen  unsern  Texten  bat  Bit  sc  hl  (Theol.  Jahrb.  X, 
495)  viel  zu  wenig  beachtet,  wenn  er  die  obige  Stelle  ohne  Wuteres,  upd  ohne  die 
MögUclikeit  eines  ausserkanonisoben  Evangeliums  auch  nur  zu  berahren,  als  eine 
Probe  foo  de|  mün^ohen  Harn^onisipung  des  Matthäus  und  Lukas  anführt. 


Barnabas.    Cleniea^.    Hennas.  9 

xat^Off$Oi^^0^vai  €lg  tf>v  dahxaaaVy  rj  h'a  %wv  fiuxQdh  fiov  üxcev^ 
dakioaif  «tatt  mit  Cotelier,  gegen  deu  auch  noch  llefele  x.  d. 
St  nicht«  einwendet^},  eine  Versckinel/.ang  der  Stellen  Mtth.  26, 
24  48,  6.  L.  17,  2.  Mr.  9,  42  anzanehmen.  Zu  c.  24:  i^ijldtv 
6  analqwv  xal  eßakav  etg  tfjv  yrjv  u,  s.  w.,  kann  man  kaam  ver- 
gleichnngswiBise  «n  MUh.  18,  3  oder  L.  8,  5  erinnern,  da  wir 
hi^r  keipe  Raraliel  haben,  und  da  auch  das  i^ijld'ev  nicht  er»fth^ 
lend,  6<Midem  ala  praeteritum  consueindinis  zu  nehmen  Ist  Das 
Gitat  von  Ps.  88,  21  am  Anfang  von  c  18  ist  gewiss  nicht  aus 
de^  abweichenden  Anffifarung  Apg.  13,  22  geflossen,  ebensowenig 
kann  sich  o.  6  (Jlavkog  ..  emccxig  äeajtia  (poQBOag^  q)vya6€V&eigy 
Xi'9aG^l£)  auf  Apg.  c.  13  f.  beziehen^  denn  hier  steht  nichts  von 
einer  siebenmaligen  Gefangenschaft  des  Apostels,  diese  ist  vielmehr 
entv^eder  der  Uelierlieferung  entnommen,  oder  sie  ist  aus  2.  Cor. 
11,  24  erschlossen,  indem  zu  den  fünf  dort  erw&hnten  Züchtigun- 
gen die  spl|tere  jerusalemische  und  römische  Haft  hinzugefügt 
wi^rde.  Daas  endlich  c.  2  mit  den  Worten  ijäiov  didovreg  7  Xaft- 
ßaifovzsg  auf  den  Awspruch  Jesu  anspielt,  welcher  Apg.  20,  M 
angefahrt  wird,  ist  mAglich^  pur  hat  der  Verfasser  diesen  Aus- 
spiroich  wohl  schwerlieii  der  Apostelgeschichte,  sondern  seinem 
apokryphischen  Evangelium  zu  verdanken,  und  wenn  er  sich  In 
deir  Apostelge^^chichte  auch  fiqdet,  so  kann  man  daraus  höchstens 
nur  d^  sphliessen,  dass  d^r  Verfask^er  dieser  Schrift  dasselbe  oder 
ein  verwandtes  Evangelium  gleichfalls  benützt  hat  —  Ob  der 
ziveite  Korlntherbriof  des  Clemi^ns  unser  di'lttps  Evangelium  be* 
rttcksifjitigl;,  wäre  bei  seinem  späten  Ursprung  (ISO-— *200)  gleleh- 
gültig.  Man  vesweist  zu  o.  2:  ovx  ^kd^v  xaliaat  itxalovg  oilkä 
ofi^^ofkovg  afif  Mtth.  9,  13.  L.  6,  32,  zu  c.  6 :  ovdsig  olxitrg 
ivvaTOi  iviol  xvQWig  dovkeveiv  auf  Mtth.  6,  24.  Ji.  16,  13,  ^mi 
ff^caugstena  in  dem  letztern  Fall  stimmt  der  angebliche  Clemens 
niit  Lpfcfiji  gegen.  Mattliäus,  während  er  im  erstem  von  Lukas  ab- 
weicbeifd  mit  Matthäus  zusammentrifft  Da  aber  derselbe  Schrift^ 
steller  c  d,  9.  nnläugl^ar  Aussprüche  aus  einem  apokryphischen 
Evangelium  beibringt,  so  ist  eher  zu  vermuthen,  dass  er  auch  jene 
mit  unsern  Synoptikern  übereinstimmenden  jn  derselben  Quelle  ge- 
ftimden  hat  —  0er  Hirt«  des  Her  mag  enthalt  keine  irgend 
waliradielnliehe  Pedehung  auf  die  Schriften  des  Lukas.  Hef  ele 
erinnert  bei  Lib.  If,  Mand.  V  (prav  artoorf}  [ro   Syiov  nveSfia] 


^)  Und  Ritschi  a.  a.  0. 


10  Di0  ftuBseren  Zmgnlsse. 

aTto  Tov  civ9^(ifTt0Vy  oS  xaroMsti  ylvsrm  6  av9q(07tog  /.  nmhj'^ 
QWfi&fog  Tdüv.TtvsvjiidTCJv  raiv  TtovrjQwv)  an  L.  li,  26;  bei  Lft.  I, 
Vis.  III,  c.  9  (vobis,  qni  praeestis  eoelesiae  ^t  amatiei  primos  con- 
sessas)  neben  andern  Stellen  an  L.  11,  48.  20,  46;  l^ei  Lib.  II, 
Mand.  XII,   c.   6    Qiakkov  fpoßtjdTftt,  tov  xvqiw  tov  dwte^Bvov 
awaai  xal  ditoUaaC)   an  L.  12,  ä;  bei  Lib.  I,  Vis.  I,  o.  3  (tan- 
quam  aerarias  prodocens  opas  sunm  exponit  ei,  ooi  vnlt,  sie  et  tu 
verbum  qootidianum  justum  docei^s  abscindes  g^randepeccatum')  an 
L.  19,  13;  bei  Lib.  III,  Sim.  IV,  c.  2  («ine  Parabel  Aber  einen 
Weinberg)  an  L.  c.  20;  bei  Lib.  I,  Vis.  IV,  2  (oredens,  qnod  per 
nnllani  alium  poteris  salvas  esse,  nisi  per  magnnm  et  hojkorifleniii 
nomeu  ejus)  an  Apg.  4,  |2;  um  einige  noch  ferner  liegende  Pa- 
rallelen zu  übergehen.  Man  kann  sich  jedoch  durch  die  einfachste 
Vergleichnng  dieser  Stellen  überzeugen,   dass  wir  keinen  Grund 
haben;  eine  wirkliche  Benützung  des  Lukas  bei  Hermas  vorauszu- 
setzen« —  Was   endlich  Papias   betrifft,  so   glaubt  Credner^), 
seine  Bekanntschaft   mit    dem  Lukasevangelium   erhelle   aus   der 
Aehnlichkeit  seiner  Einleitungsworte  2)  mit   denen  des  Lukas   im 
Prolog,  denn  die  TtQeaßvxBQOv  des  Einen  seien  ganz  gleichbedeu- 
tend mit  den  avTomac  des  Andern,  und  wenn  Papias  Erkundigun- 
gen einziehe:   et  TtaQr^xolovdTjxdg  Tig  toig  TtQsaßvziQOig  kldocy 
80  deute  diess  unverkennbar  auf  L.  1,  3:  naQtjxolovdTjxÖTC  avco- 
dev  naacv  dxQißcSg  hin.    Allein  hiemit  will  sich  ja  Lukas  keines- 
wegs als  einen  TtaQrjxokovdT^xcog  rolg  TtQeaßvreqotg  bezeich- 
nen, sondern  er  sagt  nur,  er  habe  den  ganzen  Verlauf  der  evan- 
gelischen Geschichte  sorgfältig  verfolgt;    es  bleibt  also  von  der 
angeblichen  Hinweisung,  wenn  man  genauer  zusieht,  nur  das  Wort 
TtaQaxolovdetv  übrig,   welches  doch  gewiss  keine  Beziehung  der 
dnen  Stelle  auf  die  andere  beweisen  kann,  denn  dass  sich  sowohl 
Papias,    als   Lukas,    auf   die    Veberlieferung  der   ursprünglichen 
Augenzeagen  beruft,  ist  jedenfalls  zu  natürlich,  um  etwas  über  ihr 
beiderseitiges   Verhältniss    daraus    zu  schllessen.    Dagegen  wäre 
t»j  wenn  wir  die  Bekanntschaft  des  Papias  mit  unserem  Lukas 


0  Einleitung  in's  N.  T.  I,  202. 

*)  B.  Eus.  III,  39,  2:  Oux  oxvr}(fm  Se  aoi  xai  oaa  nors  na^a  rcSr  n^eaftv- 
xiQWV  ^/ua^ov  xai  xaP.cog  ejurtj^oyevaa  avyxaTorralai  ...  Ou  yaq  rdig  ra  nolXa 
yyovaiv  ^xaiQor,  wdiieq  ot  noXXoi,  äXXa  roXq  TaXtj^tj  $i$aaxovaiv'  oCSh  votg  tuf 
aXXoTqtag  IvroXaq  /urr^juorevovaiv,  äXXa  röTg  rag  nagd  tov  xvqCov  rrj  nCatsi  SeSo' 
fiivag  xa\  äit  avrtjg  naQaytyo/ue'vag  Trjg  äXfjd-tiag.  el  Ss  nov  xal  na^axoXov&tfXfag 
Ttg  Toig  nqtoßvriQoig  tX&oi,y  rovg  rwr  nqsaßuriqoiv  ävixqivov  Xoyovg  U.  8.  W. 


Rermai.    Papiat.    Bfareian.  11 

voraoMeizen,  aebr  anffallend,  da«0  er  diMen  in  seinem  bekeimleii  Be- 
rieht Ober  die  ältesten  Evangtiien  übergangen^  oder  dass  Enseb  in 
seinem  Ansziig  (III^  39, 14)  eine  Aeosserung  über  ihn  zu  überliefern 
versAnmt  hätte,  denn  als  das  Weric  eines  Apostelsehfllers  stand  es 
mit  dem  des  Markos  aaf  gleicher  Linie,  und  nur  In  dem  Fall  wäre 
seine  wissentliche  Uebergehung  bei  Papias  zn  erklären,  wenn  er 
es  wegen  seines  panlioiseben  Charakters  missbilligte,  dann  kennte 
er  es  aber  auch  nicht  gebravcht  haben.  Whr  haben  daher  kein 
Beeilt  za  der  Annahme,  dass  Papias  oder  ein  anderer  von  den  i»is- 
her  besprochenen  Schriftstellern  mit  einer  von  unsern  zwei  lokani- 
sehen  Schriften  bekannt  war.  Erst  Marcion  and  Jnstin  sind  es,  die 
uns  das  Dasein  der  einen  von  beiden;  des  Evangeliums,  bezeugen. 

2.  Marcion.    . 

Die  Frage,  ob  Maroion  unsern  Lukas  vor  sich  gehabt,  und 
aus  ihm  sein  eigenthOmliches  Evangelium  zusammengestellt  hat,  ist 
bekanntlich  in  den  letzten  Jahren  lebhaft  verhandelt  worden.  Nach« 
dem  die  ft-nheren  Zweifel  an  der  Richtigkeit  dieser  Annahme  seit 
Hahn's  Arbeit  widerlegt  schienen,  wurden  sie  durch  Schweg- 
1er  0}  RitschP)  und  Baur^)  in  gründlicherer  Weise  und  mit 
grosser  Entschiedenheit  erneuert;  man  glaubte  zu  bemerken,  dass 
sich  die  Abweichungen  des  mareionilischen  Textes  von  dem  unsrigen 
durch  die  Voraussetzung  einer  Umarbeitung  nach  dogmatischen 
Gesichtspunkten  nicht  erklären  lassen,  dass  Marcion^s  Recension 
nicht  selten  die  ältesten  Lesarten  enthalte,  und  fast  durchaus  durch 
die  Herstellung  eines  besseren  Sinns  und  Zusammenhangs  ihre 
grössere  UrBpi:0nglichkeit  beweise;  und  man  schloss  hieraus,  weit 
entfernt,  unser  Lukasevangelium  zu  verstümmeln  und  zu  verfäl- 
schen, habe  Marcion  vielmehr  den  ursprünglichen  Text  dieses 
Evangeliums  in  dem  seinigen  wesentlich  treu  erhalten,  unser  Lukas 
dagegen  sei  erst  aus  einer  antimarcionitischen,  katholisurenden 
Ueberarbeitung  jenes  „Urlokas"  entstanden.  Diese  Ansicht  ist 
jedoch  nenestens  durch  Volckmar^s^)  und  Hilgenfeld^s^)  ein« 


*)  Tbeol.  Jahrb.  II,  575  ff.    Nacbapostol.  Zeitalter  I,  260  ff. 

^  Das  Evangelium  Marcion's  u.  das  kanon.  Ev.  des  Lukas.  1846. 

4)  Theol.  Jahrb.  V,  457  ff.     Krit.  Unters,  üb.  d.  kanon.  Et.  395  ff. 

*)  Ueber  d.  Lukasev.  u.  s.  w.  TheoL  Jahrb.  IX  (1850),  110  ff.  185  ff.  D. 
Evang.  Marcion's.  1852. 

*}  Krit.  Unters,  über  d.  Evangelien  Justins,  der  dement.  Homilien  und  Mar- 
cion's. 1850.  S.  391  ff.  Das  marcioniL  Evangelium,  Theol.  Jahrb.  XII,  192  ff.    Die 


12  l'i^  äusseren  Zeugnisse. 

dringieiiie  Üniersaciiiingen  so  erschdttert  worden ,  dass  «te  In  dihr ' 
Oestalt,  in  welcher  «ie  zaerst  auftrat,  allgemein  aufgegeben  zu 
sein  scheint;  selbst  Ritsch P)  ist  zu  der  Annahme  zurOckgekehrt, 
unser  Lukasevangelium  sei  in  seiner  jetzigen  Gestalt  von  Marcioii 
vorgefnnden  und  überarbeitet.  Baur  jedoch  will  einen  vi^sent^ 
Hohen  Theil  seiner  früheren  Ergebnisse  fortwährend  festhalten'); 
niMSten  «chon  die  Bestreiter  seiner  Ansicht  3)  zugeben,  dass  Mar^ 
don  in  manchen  Fällen  den  ursprünglichen  Text  erhalten  habe,  so 
nimmt  er  dieses  Zugeslfindaiss  in  weiterem  umfang  in  Anspruch;' 
er  rüumt  zwar  ein,  dass  die  meisten  Abweichungen  des  marcloni* 
tischen  Evangeliums, von  dem  unsern  für  willkührlidie  Aendefun- 
gen  im  Interesse  eiaes  bestimmten  Systems  zu  halten  seien,  aber 
da  sich  nicht  alle  aus  diesem  Gesichtspunkt  erklären  lassen,  und  da 
gerade  die  Stellen,  in  welchen  Marcion  nicht  wohl  geändert  haben 
könne,  in  den  Zusammenhang  oder  für  die  ursprüngliche  Tendenz 
des  Lukasevangeliums  weniger  passen,  so  glaubt  er,  Marcion  müsse 
doch  einen  ftltern,  von  dem  kanonischen  verschiedenen  Text  ge-^ 
habt  haben,  der  erst  nach  ihm  dureh  den  Verfasser  der  Apostel- 
geschichte in  die  Gestalt  gebracht  worden  sei,  in  der  wir  ihn 
jetzt  haben. 

Es  wäre  nun  natürlich  hier  niefit  möglich,  und  es  ist  aueh 
nach  den  sorgfäUigen  Untersuchungen  Anderer  nicht  nOifug,'das8 
wir  auf  «lle  die  Punkte,  welche  das  Marcionseyangelium  betreifbn, 
ausführlicher  eingehen.  Wir  können  als  erwiesen  und  allgemein 
»ugestanden  voraussetzen,  dass  Marcion  nicht  Mos  ein  älteres 
Evangelium  benützt,  sondern  dass  er  es  auch  überarbeitet,  verän- 
dert und  stellenweise  verkürzt  hat,  und  dass  dieses  Evangelium 
in  der  Hauptsache  kein  anderes  war,  als*  unser  Lukas.  Dagegen 
fragt  es  sich  noch,  wie  weit  diese  Identität  gieng,  ob  unser  di^es 
Evangelium  schon  in  seiner  jetzigen  Gestalt  dem  Marcion  vorlag, 
oder  ob  es  erst  nach  Marcion,  und  vielleicht  mit  Rücksieht  auf  i^ 
Behauptungen  dieses  Gnostikers,  einer  letzten  Redaktion  unterwon- 
fen  wurde,  wie  weit  sich  ferner  in  diesem  Fall  die  Aendemngen 
dieser  letzten  Hand  erstreckten  und  von  wem  sie  herrührten.  Alle 


Schrift  von  Harting  Über  das  MarcionsevaDgeliuin,   Utr.  1S49)  fcenoe  ieh  nicht 
aus  eigener  Anschauung. 

»)  TheoK  Jahrb.  X  (1851),  528  flF. 

2)  Das  Markusevangelium  (1851)  S.  191  flf. 

3)  Hilgcnfeld,  d.  Ev.  Just.  S.  469  ff,,  in  beschränkterem  Maasse  Volck- 
mar  d.  Evang.  Marc.  187  ff.  • 


Ifarcion.  13 

;die4e  Fragen  kAmien  ivir  jedoch  hier  nar  so.  weit  in  Betracht  stehM, 
rtÜB  sie  ßich  durch  die  VergleichaDg  de»  narcionilischeD  Textes 
jtfit  dem  aosrigen  beantworten  lassen,  sofern  es  dagegen  für  diesen 
Zweck  nötbig  wird,  aaf  die  Tendenz  und  die  Eigenthümlichkeit 
nnsers  Evangelinms  selbst  näher  einzngehen,  müssen  wir  die  finl- 
seheidung  auf  einen  späteren  Ort  dieser  Schrift  aufsparen. 

Ueberblieken  wir  nun  die  Stellen,  in  denen  der  marcienitisehe 
Text  von  dem  unsrigen  abwich,  und  abergeben  wir  dabei  alle 
diejenigen,  bei  denen  die  tiberwiegeude  Wahrscheinlichkeit  vorliegt 
and  anerkannt  ist,  dass  die  Ursprünglichkeit  auf  Seilen  unseres 
Textes  ist,  und  dass  Marcion  willkührlieh  seinem  System  zalieb 
geändert  hat,  so  scheint  uns  Mardon  allerdings  in  mehreren  Füllen 
die  ursprüngliche  Lesart  erhalte  zu  haben.  Ist  es  auch  ganr* 
unerheblich^  dass  er  Lua  iO,  21  das  ndTBQ  vor  xvQie  wegliess, 
und  vor  i^o/ioloyov^at  die  Worte  avxdQtßrc!)  xcA  beifügte,  und 
hat  diese  Variante  insofern,  wenn  auch  flarcion^s  Lesart  die  riclir- 
tigero  sein  sollte  O»  ^ilr  die  vorliegende  Frage  kein  Gewicht,  so 
müssen  wir  dagegen  beim  folgenden  Vers  den  muthioasslichün 
marcionitischen  Text:  ovdeig  tyvco  tov  TtccTeQa^  sl  fitj  6  viogt  ^^ 
Tov  viöv^  kl  fi^  6  Ttati^Qj  xal  qt  av  6  vlog  aTtoxakvtpiji  als  nr^ 
sprünglich  anerkennen,  .denn  die  gleiohe  Textesform  setzt  Justin 
Apol.  I,  63  und  im  Wesentlichen  auch  Tryph.  c.  100  voraus,  ebenso 
mit  geringer  Abweichung  die  clementinischen  Homilien  (XVII,  4* 
XVllI,  4.  13.  20),  ferner  die  Markosier  nach  Iren.  I,  20,  3,  und 
den  Aorist  eyvct)  betreffend,  Clemens  und  Cr igenes  fast  in  allen 
ihren  Citaten;  noch  um^s  Jahr  270  flndet  sie  sich  in  dem  Schreiben 
der  orthodoxen  Bischöfe  an  Paul  von  Samosata,  und  im  vierten 
Jahrhundert  mehrfach  bei  Epiphanius ^).  Selbst  Tertullian  ady. 
Marc.  II,  27  hat  eognovit,  und  die  Clementinen  wissen  da,  wo  sie 
die  ^nostische  Auslegung  des  eyvfio  bestreiten  (XVIII,  13  t}^ 
gegen  die  Lesart  selbst  nichts  einzuwenden,  so  wenig  sie  sonst, 
geraäe  an  unserer  Stelle,  Abweichungen  des  marcionitischen  Textes 
von  dem  ihrigen  tibersehen  ^).  Da  mithin  in  diesem  Fall  die  Gegner 
der  Gnosis  mit  ihre^- Anhängern  in  der  Anerkennung  der  marcio- 


^)  Wie  Volctmar  d.  Ev.  Marc.  187  zu  zeigen  sucht. 

^)  M.  s.  die  Belege  bei  Gricsbacli  Symbb.  cril.  If,  271.  373.  Credncr 
Beitr.  I,  248  ff.  Semisch  die  ap.  Dejikw.  Justin's  367  f.  Hilgenfeld  Ey.  Just. 
201  ff.  Theo).  Jahrb.  XII,  202  f.  215  ff.  .Vgl.  Baur  Maikuscv.  199  f.  Volcl&mar 
Ev*  Marc.  75  ff.  .''  ' 

•)  Vjfl.4Vtl!,  iS.  . 


14  ^'^^  ftusseren  Zeugnisse. 

nidiohen  Lesart  ülereinstimmen ,  so  scheint  es,  imsere  jetzlg^e  sei 
Hberhaapt  erst  gegen  das  finde  des  zweiten  Jahrbanderts,  nicht 
lange  vor  Irenfias,  bei  dem  wir  sie  zuerst  treffen,  aufgekommen« 
Wie  es  sich  dagegen  in  dieser  Beziehung  mit  der  weitem  Variante 
V.  21:  aTteg  ^v  xQvmcc  für  aTtexQvxpag  ravta  verhfilt^),  mag 
hier  daldngestellt  bleiben.  —  Auch  L.  11,  2  scheint  Marcion  4m 
UrsprOnglichere  gehabt  zu  haben,  wenn  im  Gebet  des  Herrn  statt 
der  Anfangsd^xologie  dytaa^to)  to  ovojad  aov  bei  ihm  eine  Bitte 
um  den  heiligen  Geist  stand,  deren  Wortlaut  whr  aber  nicht  mehr 
bestimmen  konnep,  denn  dieselbe  Abweichung  bieten  auch  noch 
andere  Zeugen,  denen  sie  doch  nicht  wohl  aus  dem  marcionitischen 
Text  zugekommen  sein  kann,  und  diese  Lesart  passt  auch  ungleich 
besser,  als  die  gewöhnliche,  ^n  V.  13,  die  letztere  ist  daher  einer 
Cor^ectur  aus  Matthäus  6,  9  sehr  verdächtig  2).  Auch  der  Zusatz, 
den  Marcion^s  Text  23,  2  hatte 3),  sieht  nicht  aus,  als  ob  er  von 
ihm  selbst  herrührte,  und  da  er  sich  auch  bei  anderen  Zeugen  fin- 
det, und  in  unserem  Evangelium  gar  nicht  so  auffallend  wfire,  wie 
Volckmar  (S.  196)  meint  (vgl.  Apg«  18,  13),  so  ist  zu  ver- 
mnthen,  dass  er  entweder  acht,  oder  sehr  ftOhe  aus  einem  apo- 
kryphischen  Evangelium  hereingebracht  ist^).  Wenn  endlich  o.  6 
nach  der  durchgreifenden  Erklärung  tiber  die  neuen  Lappen  und 
die  alten  Kleider,  den  neuen  Wein  und  die  alten  Schläuche  (IT. 
86 — 38),  die  Worte  des  39.  Verses:  xal  ovdelg  mm  TcaXaiov 
evSiog  dihi  veov  Xeyei,  yccQ'  6  TtaXavog  xQ^^^'^oregog  iariv  be- 
fremden müssen,  so  haben  auch  die  neusten  Erklärangsyersuche ') 
diesen  Anstoss  schwerlich  beseitigt.  Denn  die  Worte  ovdelg  diXaL 
u.  s.  f.  lassen  sich  in  ihrem  Zusammenhang  mit  dem  Vorhergellen- 
den  nur  nach  Analogie  des  ovSelg  imßdkXet  im  36.,  und  des 
ovdslg  ßdllsc  im  37.  Vers,  d.  h.  nur  so  auffassen,  dass  die  Hand- 
lungsweise, deren  Vorkommen  der  Sprechende  läugnet,  von  ihm 
selbst  fQr  widersinnig   und  unzulässig  erklärt  werden  soUj   wie 

1)  M.  8.  darüber  Hilgenfeld  Theol.  Jahrb.  XII,  221  f* 

2)  M.  8.  hierüber  Ritschi  Ev.  Marc^  71.    Volckmar  Ev.  Marc.  82.  196. 

')  Er  las  hier:  SiaaTgi(porTa  t6  Jld-vog  xai  xoeraXuovra  tov  vofiov  »al  roiJf 
n^Oipvfcai  jral  xiXivoyxa  (poqovg  /u^  Soüvai  xal  ayaoTQiipoyra  rag  Ywdtxag  mal  ra 
rixva. 

*)  Vgl.  Hilgenfeld  Theol.  Jahrb.  XII,  241. 

^)  Volckmar  219  ff.,  wogegen  Hilgenfeld  Theol.  Jahrb.  XII,  213  f.  zu 
Vergleichen  ist;  KOstlin  der  Ursprung  und  die  Composilioa  d.  synopt  Evang.  172 
tL  304. 


Marcion.  ]  5 

kfton  aller  Jesiis  (pdet  der  EvaDgellat)  den  sthnellen  Uebergaiig 
von  dem  tMm  Wein  dos  Jadenthams  zu  dem  neuen  des  Evange- 
Uams  als  etwas  Ungereimtes  bezeichnen?  Und  wenn  sich  anch 
vidleicht  den  Worten  ovdelg-viov  der  Sinn  geben  liesse,  der  aber 
doch  gleichfaUs  nicht  der  natürlichste  wäre:  ihr  dOrft  den  Lenten 
nicht  von  ihrem  alten  Wein  vorsetzen,  wenn  ihnen  euer  nener  noch 
munden  soll,  so  bliebe  doch  immer  noch  das  Bedenken,  dass  der 
alte  als  der  bessere  (xQfjOtoTeQog)  bezeichnet  wäre,  der  den  6e« 
niessenden  die  Last  zn  dem  rauheren  neuen  benehme.  Insofern 
bietet  das  Fehlen  von  V.  39  in  einigen  Handschriften  ahsers  Lu- 
kas, und  die  Wahrscheinlichkeit  seiner  Auslassung  bei  Marcion, 
eine  erwflnschte  Auskunft,  um  einem  schwer  zu  ertragenden  Wi- 
derspruch zu  entgehen,  und  die  Annahme,  dass  Blarcion  auch  hier 
die  richtige  Lesart  gehabt  habe  und  dass  V.  39  erst  später  bei- 
gefngt  sei;  um  den  AntinoYnismus  der  Stelle  zu  mildern  0>  bat  die 
aberwiegende  Wahrscheinlichkeit  für  sich^j. 

Anders  dürfte  es  sich  mit  einer  Stelle  verhalten,  welche  sonst 
der  ebenbesprochenen  sehr  ähnlich  scheint,  mit  dem  Ausspruch 
über  die  Gültigkeit  des  Gesetzes  L.  16,  17.  Es  kann  allerdings 
auffallen,  dass  unmittelbar  nach  der  Erklärung,  welche  das  Auf- 
hören des  Gesetzes  im  Reich  Gottes  so  bestimmt  und  mit  so  ab- 
sichtlicher Abweichung  von  dem  älteren  Text^)  ausspricht:  ovofiog 
xal  ol  ixQCxpiJTaL  Uwg  ^IiadwoVy  der  Satz  folgt:  evxoTtojteQOv  di 
iari  tov  ovqovov  xal  tijv  y^v  nagelduv,  rj  tov  vöfiov  ftlav  xe- 
Qaiav  neaetv,  und  es  wird  sich  diesem  Bedenken  wohl  schwerlich 
durdi  die  Annahme^)  entgehen  lassen,  unter  dem  Gesetz,  das  in 
Geltung  bleiben  soll,  sei  nicht  das  mosaische  Gesetz,  sondern  nur 
das  allgemeine  göttliche  Gesetz,  das  Siltengesetz,  als  die  eigent- 
liche Substanz  des  mosaischen,  zu  verstehen.  Denn  der  Ausdruck 
0  vofiog  ohne  einen  näher  bestimmenden  Beisatz  bezeichnet  Im  N. 
T.  niemals  etwas  Anderes,  und  kann  vollends  in  einem  Zusam- 


>)  Hilgenfeld  Ev.  Just.  469.  Theo).  Jahrb.  XII,  200  f.  Baur  Markusc?. 
201  f. 

2)  Zwei  weitere  Stellen,  in  denen  Volckmar  S.  188  Marcion's  Lesart  für 
richtig  hält,  12,  38,  wo  M.  r/j  ImeQivji  <pvXax^  hatte,  und  17,  2,  wo  es  bei  ihm 
hiess:  ZuaiteXel  a^^  tl  ovx  lyewrj^tj  jj  Xi&og  u.  s.  w.  —  können  wir  hier  über- 
gehen, da  diese  Varianten  ganz  absichtslos  und  dogmatisch  gleichgültig  erscheinen. 

*)  Mt  11,  IS;  narret  yaq  ot  nqotptjtau  xal  o  vojuog  }gas  'ladyyov  nqöitpri^ 

«)  Volckmar  S.  208. 


16  Die  äusseren  Zeugnisse. 

menhAB^j  wie  der  verliegeiide,  aiofats  Anderes  benekbne»,  bUi 
mosaiBdie  Gesetz.  Sollte  es  dAher  undenkbar  feiehi,  .dsss  det  Vev^ 
fasser  ansers  dritten  ETan(i;eli«inis  unmitlelbar  aufdie  Versichemiitf 
vom  Aufhören  des  mosalsehen  Gesetzes  eine  so  testinunte  BtUft^ 
rung  über  seine  ewige  Dauer  folgen  Hess,  so  sittssten  wir  ntlt 
Hilgepfeld^}  und  Baur  ^)  die  marcloiiilisebe  Lesart  ztSv  liftm 
^ov  statt  ToJ  vöjuov  gatheJsseU)  wenn  wir  aitiht  etwa  lieber  mit 
Racksichi  auf  die  Bedenken,  welche  Volokniar  dieser  AlMtdiitt 
Hiebt  ohne  Grund  entgegenhält,  seiner  Conjektur  (a.  m.  O.  2ifk) 
im  hiyiov  ^ov  ^eov  dpn  Vor/.ug  geben  wollten.  Aber  mit  JBb&^t 
verweist  Volekmar  i^elbst  8.  210  auf  das  paüliiiiscbe  rov  voß^ 
lüTtSjusv  (Rom.  3,  81),  und  hatte  sich  auch  Patilus  die  Worte  olb- 
sers  17.  Verses  schwerlich  angeeignet,  so  konnte  doeh  den  dritten 
Evangelisten  sein  schwächer  gefärbjter,  darch  vermitteUide  Be- 
strebungen so  vielfach  abgestampfter  Paulinismsb  «ohwerlieli  mhr- 
halten,  das  altüberlieferte  Wort  aufisutiehmen ,  wenn  er  nur  nfr- 
gloich  dafür  sorgte,  dass  es  nicht  gegen  seinen  Sinn,  vod  einer 
unbedingten  Gültigkeit  des  mosaischen  Gesetzes  als  seiciMm  veb- 
standen  w«rde.  Eben  diess  thut  er  aber,  und  gerad*  4ss8hälb 
scheint  er. es  ausdrücklich  zwischen  zwei  Aus^^üehe  eiii|tekeitt 
zu  haben,  die  seiner  buchstäbliche^  AujOfiassung  widersprechen,  utfi 
den  Leser  zu  einer  anderen  I>eutuug  zu  nöthfgen.  Das  Gissetz, 
sagt  er,  hat  mit  dem  Eintritt  des  Gottesreichs  seine  Bndschalt 
erreicht  (V.  16} ;  darum  ist  es  aber  doch  nicht  auisser  Kraft  gesell 
(V.  17),  soudeni  vielmehr  nur  zu  dem  strengeren  ^ebot  des  BVM^ 
geltums  verschärft  (V.  18).  3}  Man  wird  diesen  Sinn  und  Üeses 
Verfahren  dem  Geist  unsers  Evangelisteii  nicht  unangeaessen  ^n^^ 
Jlen  können^  und  nur  in  dem  Fall  mischte  man  fragen,  ob  es  audh' 
dem  ursprünglichen  Verfasser  des  Evangeltanis  zuzutmuea  sei, 
wenn  man  sich  durch  andere  Gründe  herechtigt  glairiben  dürfte, 
diesen  urspranglichen  Verfasser  ven  e^nem  spätere  iUwtoitflr, 
unsem  Lukas  von  dem  Urlukas  zu  unterscheiden. 

Auch  das  möchte  ich  nicht  behaupten,  dass  L.  13,  28  Mar*- 


*)  E?.  Just.  470.  Theol.  Jahrb.  XII,  231. 

2)  Krit.  Unters.  402.  Markusev.  196  ff.  Ritschi  hat  Min«  frühere  iaMÜlt 
(Ev.  Marc.  97)  in  den  Theo!.  Jahrb.  X,  531  zurückgenonunen. 

^)  Aehnlich.Küstlin  a.  a.  0.  S.  149.  Sonst  konnte  maii  aueh  daran  erin- 
Dem,  dass  eine  fortdauernde  Geltung  des  Gesetzes  für  die  Juden,  bzw.  die  iadea- 
eiuriiten,  auch  von  der  Apostelgeschichte  gelehrt  wird. 


Marcion.  17 

cion's  Lesart:  otav  oxprfldt  ndrrixg  rovg  dixaiovg  iv  rfj  ßaavXelf 
Tov  -^eov  vor  der  ansrigen:  6V.  o^.  '"Aßqäatx  xori  '^laaccK  xal 
^laxuß  xal  ndvrag  zovg  Ttqoq>7p;ag  iv  t.  ßaa.  t.  d-,  den  Vorzug 
verdiene.  0  ^^iin  ^^  gewiss  es  dem  Standpunkt  des  dritten  Evan- 
gelisten entspricht;  wenn  er  V.  87  die  eQya^o/ievoL  r^  avo^lav 
des  Matthäus  (7,  23}  in  iqydxai  r^g  aäixlag  verwandelte,  um 
der  jodaistischen  fienützong  des  Aussprachs  gegen  panlinischen 
Antinomismus  zu  entgehen,  so  wenig  brauchte  er  sich  au  der 
Nennung  der  Patriarchen  (nach  Matth.  8,  11)  zu  stossen,  wogegen 
sie  Marcion,  wenn  er  sie  vorfand,  nicht,  wohl  dulden  konnte;  denn 
die  ßaüiXala  tov  deov  Hess  sich  nicht  ebenso  leicht,  wie  der 
Schooss  Abrahams  16,  23  auf  das  Paradies  d^s  Weitschöpfers 
beziehen.  Muss  man  daher  auch  die  Möglichkeit  zugeben,'  dass 
der  Text  unsers  Lukas,  wenn  er  urspranglich  nach  Marcion's 
Lesart  lautete ;  in  der  Folge  aus  Matthäus  corrigirt  wurde,  so 
haben  wir  doch  keinen  gentigenden  Grund  zu  der  Annahme,  dass 
diess  der  Fall  war.  ^3  —  Ebensowenig  dürfte  sich  c.  12  durch 
Weglassubg  von  V.  6  und  7  der  Znsammenhang  im  Sinn  des 
Evangelisten  verbessern,  so  erklärlich  es  auch  ist,  wenn  Marciou 
diese  Verse,  welche  sich  weder  auf  seinen  guten  Gott,  noch  a^f 
den  Weltschöpfer  bequem  deuten  Hessen,  beseitigt  hat;  auf  dem 
Standpunkt  des  Evangeliums  war  es  ganz  passend,  wenn  sich  an 
die  Ermahnung  zur  Furcht  vor  der  göttlichen  Strafgerechtigkeit 
die  weitere  zum  Vertrauen  auf  Gottes  vä^terliche  Fürsorge  anschloss, 
und  da  Matthäus  10,  28  ff.  die  gleiche  Spruchverbindung  darbietet, 
so  hat  man  um  so  wehiger  Ursache,  sie  bei  Lukas  unwahrschein- 
lich zu  finden.  3)  —  Weit  scheinbarer  lautet  die  Annahme,  dass  in 
der  Erzählung  vom  reichen  Jüngling  L.  18,  19  Marcion  in  den 
Worten:  f^rj  (oder  t/,  /t^e  Uyere  ciyadvv*  elg  iativ  äyadog  6  na- 
T^Q  ^3  den  iü*sprünglichen  Text  des  Lukas  erhalten  habe,  denn 
zahlreiche  Belege  stellen  es  ausser  Zweifel,  dass  diess  überhaupt 
die  ursprünglichste  Form  war,  in  der  jener  Ausspruch  überliefert 


<)  Hilgenfeld  £v.  Jttst.  470.  TheoL  Jahrb.  XII,  227  ff.  Baur  Markusev. 
206. 

^)  Hi  Igen  fei  d  glaaht  zwar,  narrag  rovg  Slxaiovg  sei  wegen  des  Gegensatzes 
zu  den  iQ/arai  r^g  äSmCag  passender,  mir  scheint  es  aber  umgekehrt,  wie  Voick- 
mar,  mit  unserem  jetzigen  Text  verglichen,  ziemlich  matt. 

^  S.  Volckmar  214  ff.  . 

*)  Oder:  6  9e6g  6  nar^Q  oder  vielleicht  auch:  8  nar^Q  o  er  roXg  ovqavaXg* 

2 


18  .  Die  äusseren  Zeagnisse. 

wurde.  ^  Da  ihn  aber  Joatin  nach  der  Leeart  onsers  Jakanisehen 
Textes,  ans  unserem  Lukas,  ^3  anfahrt ,  so  mttssen  wir  wohl  an- 
nehinen,  Marcion  habe  hier  die  Form  desselben,  welche  ihm  von 
Bonsther  gelftnflg  war,  der  in  seinem  Evangelientext  vorgefondenen 
snbstitnirt,  es  masste  denn  der  ursprüngliche  Text  des  Lukas  schon 
vor  Justin  ehie  Aenderung  erfahren  haben.  3)  —  Ab«r  auch  c.  21, 18 
ist  unser  gegenwärtiger  Text  schwerlich  bo  widersinnig,  dass  wir 
in  der  Weglassung  dieses  Verses  bei  Marcion,  welche  diessmal 
mit  Banr  ^}  auch  flilgenfeld^J  gutheisst,  nur  ein 'Zeugniss 
fOr  die  ursprüngliche  Textesgestalt  sehen  dürften.  Beim  ersten 
Anblick  scheint  es  freilich  ein  augenffilliger  Widerspruch,  wenn 
es  V.  16  heisst:  dxxvardaovaiv  i^  ifiwv  und  V.  18:  ^i|  ixzijg 
x€q>al^g  ifiwv  ov  fi^  äitohjvai.  Wie  kann  Christus  sagen,  mehrere 
seiner  Anhänger  werden  getodtet,  al^er  es  werde  ihnen  kein  Haar 
gekrümmt  werden?  Auch  genügt  es  nicht,  mit  Volckmar  (S. 
213)  zu  antworten,  ^icrraTOi^y  heisse  nur,  in  Todesgefahr  bringen, 
denn  diess  heisst  das  Wort  eben  nicht,  und  in  der  Zelt,  wo  das 
livangelinm  geschrieben  wurde,  nach  dem  Mfirtyrertod  eines  Ja- 
kobus, Paulus  u.  A.,  konnte  es  vollends,  wie  Baur  richtig  be- 
merkt, Niemand  so  verstehen.  Die  Losung  liegt  vielmehr  auf  der 
anderen  Seite.  ¥.16  sagt,  es  sollen  einzelne  von  den  Jüngern 
getodtet  werden,  aber  V.  18  sagt  nicht,  es  solle  ihnen  kein  Haar 
gekrümmt  werden;  es  ist  nicht  dasselbe,  ob  es  heisst:  ovdevog  i§ 
v(JLWV  dql^  ix  %ijg  xeqnxlijg  neaelTai^  wie  Apg.  27,  34  nach 
der  Recepta,  o^er  9q\^  ov  ^ij  änokr^Tai :  nur  in  dem  erstem  Aus- 
druck liegt  die  Verheissung,  Keiner  solle  verletzt  werden,  der 
zweite  dagegen  Iflsst  auch  die  Möglichkeit  offen,  dass  eine  Ver- 
letzung zwar  eintritt,  aber  vollständig  wiederersetz^  wird,  denn 
auch  in  diesem  Falle  hat  der  Verletzte  nichts  verloren.  Unser 
18.  Vers  kann  mit  Einem  Wort  nicht  blos  diess  aussß^en,  dass  die 
Christen  für  ihren  Leib  und  ihr  Leben  nichts  zu  fürchten  haben, 
sondern  ebensogut  auch  des  Andere,   dass  sie  alles,  was  sie  Jn 


^)  Das  Nähere  hierüber  in  dem  Abschnitt  über  Justin's  Citate,  S.  32  f.,  bei 
Hilgenfeld  d.  £v.  Just.  u.  s.  w.  S.  220  ff.  Tbeol.  Jahrb.  XH,  207  f.  235  ff. 
Volckmar  S.  86  ff.  198  f. 

^)  Wie  diess  a.  a.  0.  gezagt  werden  wird. 

^  So  Hilgenfeld  Th.  J.  a.  a.  0.,  der  mir  aber  doch  das  antignostische  In- 
teresse unserer  kanonischen  Lesart  nicht  wahrscheinlich  gemacht  hat. 

*)  Markusev.  202. 

*)  Ev.  Just.  471.  Th.  J.  Xn,  237  ff. 


Marcion.  ^9 

dieser  Beziehung  etwa  verlieren,  bei  der  AaferstebQOg  zmrack- 
erbalten  werden,  dasselbe,  was  aneb  V.  19.  9,  24*  17,  3d.  18,  29 
verheissen  wird.  Marcion  musste  bei  seinen  Ansiebten  an  diesem 
Satz,  und  tlberhaupt  an  der  Sorgfalt;  mit  der  bier  über  dem  Leibe 
gewacbt  wird,  Anstoss  nehmen,  und  so  ist  die  Weglassnng  des 
Verses,  ancb  wenn  er  ihn  vorfand,  ganz  erklärlicb.  —  Auffallender 
ist  es,  dass  17,  10  bei  Marcion  fehlte,  dem  dieser  ficht  pauliniscbe 
Sprach  nicht  wohl  anstössig  sein  konnte,  ^)  und  so  müssen  wir 
vermuthen,  er  habe  ihn  wirklich  in  seinem  Text  nicht  gefunden; 
da  er  aber  andererseits  als  die  Spitze  der  vorhergehenden  Rede 
zu  passend,  und  in  seiner  kurzen  Schärfe  zu  eigenthttmlich  lautet, 
uin  so  leicht  für  eine  spätere  Zuthat  angesehen  zu  werden,  so 
möchten  wir  .ibd  doch  für  ursprangllch,  und  sein  Fehlen  bei  Mar- 
cion für  zufällig  halten. 

Indessen  betrifft  diess  alles  immer  nur  einzelne  Textesab- 
weichungen und  kleinere  Weglassungen  oder  Zusätze,  die  zum 
Beweis  für  eine  nachmarcioiiitische  Bearbeitung  des  dritten  Evan«- 
geliums  selbst  dann  nicht  ausreichten,  wenn  noch  in  dem  einen 
oder  dem  andern  von  den  Fällen,  wo  wir  unsern  jetzigen  Text 
für  den  ursprünglichem  hielten,  der  marcionitische  Recht  bättO;  oder 
wenn  das  Gleiche  bei  einzelnen  von  den  Stellen  stattfinden  sollte, 
in  denen  wir  Marcion's  Lesarten  theils  als  ganz  unerheblich,  tbeils 
als  anerkannt  willkührllche  Textesänderungen  übergangen  haben. 
Die  Vermuthung,  dass  unser  Lukasevangeiium  nach  Marcion  eine 
zweite  Ueberarbeitung  erfahren  habe,  Hesse  »ich  nur  dann  aus  dem 
Verhältniss  des  marclonitischen  Textes  zu  unserem  jetzigen  be- 
gründen, wenn  jener  in  seiner  ganzen  Anlage  und  bei  wichtigeren, 
in  den  Plan  und  die  Richtung  des  Ganzen  tiefer  eingreifenden 
Abschnitten  das  Ursprüngliche  darböte. 

Dass  dIess  jedoch  wirklich  der  Fall  sei,  lässt  sich  aus  der 
Vergleichung  ^der  beiderseitigen  Texte  —  und  darauf  müssen  wir 
uns  hier  beschränken  -^  nicht  darthun.  Es  zeigt  sich  diess  gleich  bei 
der  ersten  und  eingreifendsten  Textesverschiedenheit,  bei  der  Frage 
über  den  Anfang  des  Evangeliums.  Marcion's  EvangeUenschrift 
begann  bekanntlich,  nach  einer  oder  zwei  von  den  Zeitbestimmungen| 
die  wir  L.  3,  1  lesen,  mit  dem  Herabkommen  Jesu  nach  Kaper* 
naum  L.  4,  31  und  den  dortigen  Vorfällen,  denen  vielleicht  auch 


^  Denn  der  AusdruciL  SovXoi,  an  den  sich  Hilgenfeid  S.  474  und  Volck- 
mar  S.  99  halten,  will  hiefür  kaum  ausreichen. 

2* 


20  Die  äusseren  Zeugnisse. 

T.  38  ff.  beigefügt  war,  hierauf  ft)lgte  die  Erzfthlang  von  den 
Vorfall  in  Nazaretb,  L.  4,  15 — 30,  die  aber  bei  Marcion  so  be- 
deutend verkürzt  war,  dass  Tertulian  sagt,  er  habe  in  Nazareth 
nichts  Neues  gepredigt,  uiid  sei  nur  wegen  Eines  Sprichworts  ver- 
trieben worden,  dann  V.  40  Cbeziehungsweise  38)  bis  43,  aljes 
Uebrige,  was  unser  Lukas  c.  1,  1—4,  16  hat,  die  ganze  Vorge- 
schichte, der  Abschnitt  über  den  T&ufer,  die  Genealogie,  die  Ver- 
suchungsgeschiohte,  fehlte  bei  Marcion.  i)  Alle  diese  Abweichungen 
lassen  sich  aber  ohne  die  Voraussetzung  eines  andern,  als  ^nsers 
evangelischen  Textes,  aus  dem  dogmatischen  Standpunkt  Marcion^s 
vollkommen  erklären.  Dass  er  die  zwei  ersten  Kapitel  des  Evaoi- 
geliums  wegschneiden  musste,  auch  wenn  er' sie  vorfand,  liegt  am 
Tage;  ebensowenig  konnte  er  nattirlich  die  Genealogie  brauchen, 
wenn  er  auch  an  dem  dg  ivof^i^STO  3,  23  das  Mittel  gehabt  hätte, 
sie  unschädlich  zu  machen'^  sie  wäre  jedenfalls  eine  lästige  und 
unangemessene  Zugabe  für  ihn  gewesen,  die  er  um  so  eher  besei- 
tigen konnte;  wenn  er  einmal  überhaupt,  um  zu  einem  passenden 
Anfang  zu  gelangen,  im  Grossen  durchschnitt;  die  preisende  Schil- 
derung des  Vorläufers  Johannes  musste  er  entfernen,  denn  wie 
hätte  der  Prophet  des  Judengottes  Vorläufer  seines  Christus  sein 
können;  ebenso  die  Taufe  im  Jordan,  deren  sein  Erlöser  nicht  be- 
durfte, und  die  ihm  ein  Johannes  auch  nicht  ertheilen  konnte;  die 
Versuchungsgescliichte  taugte  zum  Anfang  seines  Evangeliums 
auch  dann  nicht;  wenn  sie  sich  im  Uebrlgen  mit  seinem  Dogma 
vertragen  hätte,  denn  dieser  Anfang  konnte  nur  mit  dem  Herab- 
kommen Christi  vom  Himmel,  dem  xaTrjld^  4,  32  gemacht  werden, 
und  durch  eine  sofortige  Wegführung  des  Herabgekommenen  zum 
Streit  mit  dem  Teufel  hätte  er  entschieden  gelitten;  Marcion  konnte 
aber  auch  überhaupt  darau  Anstoss  nehmen,  dass  der  Christus  des 
guten  Gottes  erst  einer  Versuchung  durch  den  Teufel  bedürfen 
aollte,  ehe  ihm  der  Eintritt  in  seine  Wirksamkeit  gestattet  wurde. 
Dass  endlich  der  Vorfall  in  Nazareth  hinter  das  Auftreten  Christi 
in  Kapernaum  gestellt  wurde,  war  schon  durch  den  Anfang  mit 
dem  xatijkxhj  weiterhin  aber  auch  desshalb  gefordert,  weil  der 
dazarethanische  Auftritt,  die  typische  Verwerfung  Christi  in  seiner 
Vaterstadt,  nur  von  dem  so  bedeutend  vorangestellt  werden  konnte, 
der  in  Nazareth  wirklich  iseUie  Vaterstadt  sah ;  wie  wenig  Marcion 


0  M.  8.  hierüber  Volclcmar  130  ff.,  der  mir  den  Text  bier  am  Richtigsten 
zu  bestimmen  scheint. 


Marcion.  2 1 

ohnedem  die  Auslegung  des  Jesains  V.  17 — 21,  die  TtaTQig  V.83 
and  das  Sprüchwort  V.  24  In  seinem  Text  branohen  konnte,  liegt 
am  Tage.  In  diesem  ganzen  Absebnitt  ist  daher  Marcion's  Textes- 
gestalt vollkommen  zn  begreifen,  wenn  ihm  auch  das  Lnkasevan- 
geliam  genan  so  vorlag,  wie  wir  es  besitzen. 

Die  zwei  nächsten  etwas  bedeutenderen  Lttcken,  welche  dnrch 
die  Weglassang  der  Reden.  11,  29— 32  0  49—61  entstehen,  sind 
durch  den  Inhalt  dieser  Reden  hanreichend  begrondet  2),  und  wenn 
sich  auch  vielleicht  die  erste  jener  Stellen  durch  kanstliche  Aus- 
legung mit  Marcion's  Ansichten  in  Euiklang  bringen  lies«,  so.  sind 
wir  doch  nicht  zu  der  Voraussetzung  berechtigt,  er  habe  nur  da 
gestrichen,  wo  sich  schlechthin  kein  anderer  Ausweg. zeigte,  son- 
dern es  ist  an  sich  ganz  denkbar  und  wahrscheinlich,  dass  er, 
einmal  in  der  Kritik  des  überlieferten  Textes  begriffen,  auch  Ein- 
zelnes entfernte,  was  er  möglicherweise  stehen  lassen  konnte^ 
wofern  es  ihm  nur  überhai^t  Schwierigkeiten  darbot;  und  gesetzt 
auch,  er  sei  hierin  glicht  ganz  folgerichtig  verfahren,  so  dflrfte 
uns  diess  nicht  irre  machen,  nachdem  sich  die  Annahme  willkühr- 
lieber  Textesänderung  in  der  tiberwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle 
bewährt  hat.  —  Aehnlich  verhält  et^  sich  mit  den  zwei  kleinen 
Abschnitten  c.  13,  1-5.  6—9.3)  Marcion  hätte  das  fOr  ihn  An. 
stössige  in  den  Drohungen  des  3.  und  ft.  Verses  vielleicht  ebenso 
durch  die  Auslegung  beseitigen  können,  wie  er  diess  bei  c.  12, 
46.  19,27  gethan  hat,  indem  er  ^ie  Bestrafung  der  Gotüosen.  dem 
Demiurg  zuschrieb ;  aber  doch  war  die  Schwierigkeit  hier  grösser, 
denn  da  es  Christus  ist,  welcher  die  /nstdvoia  fordert,  so  mtlsste 
der  Untergang  denen  angedroht  sein,  die  sich  nicht  zu  Christas 
und  seinem  guten  Gott  bekehren,  er  mtlsste  mithin  von  dem  gaten 
Gott  verhängt  werden,  was  Mardon^s  Lehre  widersprach.  0  Hier 
mochte  es  daher  dem  Gnostiker  gerathener  scheinen,  das  Stack 
ganz  zu  streichen.  An  dem  zweiten,  der  Parabel  vom  Feigenbaum, 
musste  ihn  schon  das  stören,  dass  das  israelitische  Volk  darin  deut- 
lich genn^  als  der  Weinberg  des  guten  Gottes  bezeichnet,  und 
dass  ihm  von  eben  diesem  Gott  Ausrottung  gedroht  wird.    Die<- 


')  Von  den  Worten  €l  ju^  an. 
^  S.  Volckmar  58.  60. 

^  Denn  dass  auch  dieser  fehlte,  seheint  mir  Volckmar  S. 36ff.  ausEpiph. 
Schol.  38  bewiesen  zu  haben,  wie  jetzt  aach  Hilgenfeid  (T.  J.  XII,  204)  zugiebt 
^)  Etwas  anders  Volckmar  S.  102  IT. 


22  Die  finsseren  Zeugnisse. 

«elben  Grflnde  waren  es  wenigstens  ohne  Zweifel,  vregen  deren 
Maroion  die  Parabel  c.  90,  9—18  entfernte,  und  ebenso  wurde 
die  sonst  so  panlinische  Erzählung  vom  verlorenen  Sohn  (15, 
11 — 32),  wie  auch  Banr  (Markusev.  194)  annimmt,  wohl  nur 
desshalb  weggeschnitten,  weil  Marcion  nicht  zugeben  konnte,  dass 
dtiB  jüdische  Volk  der  Sohn,  und  zwar  der  filtere  Sohn  seines 
Gottes  sei.  Ob  das  gleiche  Bedenken  die  Auswerf ung  von  c.  13, 
'29.  30  veranlasste  0)  mag  dahingestellt  bleiben,  denn  der  Gedanke, 
dass  die  Heiden  im  Reich  Gottes  nur  an  die  Stelle  der  Jaden  treten, 
ist  hier  nicht  so  bestimmt  ausgesprochen,  um  eine  andere  Erklärung 
unmöglich  zu  machen;  indessen  ist  diese  Abweichung  fttr  die  vor- 
liegende Frage  unerheblich.  Vielleicht  liess  Marcion  die  angeführ« 
ten  Verse  auch  nar  desshalb  weg,  weil 'sie  ihm  nach  dem  kräfti- 
gen Schiasse  des  28.  Verses  entbehrlich  schienen.  Aber  selbst 
wenn  sie  in  seinem  Exemplar  des  Lukas  gefehlt  hätten,  so  hätte 
diess  nicht  viel  zu  sagen.  —  Dass  slcti  der  kleine  Abschnitt  mit 
dem  Klageruf  tlber  Jerusalem  L.  13,  31 — 36  bei  unserem  Gnostiker 
nicht  fand,  ist  wohl  richtig  aus  der  Zasammenstellung  Christi  mit 
den  Propheten,  V.  33,  und  aus  der  Vorliebe  filr  die  jOdische  Haupt- 
stadt, welche  aus  V.  34  spricht,  erklärt  worden  (Vo  Ick  mar  65); 
ebenso  fehlt  ja  auch  c.  19,  41 — 44  die  Klage  tlber  Jerusalem  ge- 
wiss nur  desshalb,  weil  die  Thränen  Christi  tiber  den  Untergang 
dieser  Stadt  dem  Judenfeind  Marcion  unglaublich  waren;  wenig- 
stens genügt  dieser  Erkiärangsgrund  voUständIg.  —  Die  Leidens* 
verkondigang  o.  18,  31—34  musste  er  schon  wegen  der  Berufung 
auf  die  alttestamentlich^n  Weissagungen  auswerfen,  ebenso  c  20, 
37  f.  wegen  der  BeweisfOhrung  aus  dem  Pentateuch;  die  gleiche 
ROeksicht  scheint  o.  23,  34  die  Ausmerzung  des  kurzen  Berichtes 
von  der  Klelderverloosung  veranlasst  zu  haben,  denn  die  Erinne- 
rung an  Ps.  22  war  bei  diesem  Zug  kaum  zu  umgehen,  wenn 
aueh  Lukas  selbst  nicht  ausdrttcUich  darauf  hinweist  —  Dass  die 
Erzählung  vom  Einzug  Christi  in  Jerusalem  19,  29 — 40  so  wenig, 
als  die  gewaltsame  Austreibung  der  Verkäufer  aus  dem  Tempel 
(19,45 — 48j  in  Marcion*s  Vorstellungskreis  passte,  \iird  allgemein 
anerkannt  —  Wenn  weiter  in  der  Rede  Ober  die  Zerstörung  Je- 
rusalems, L.  21,  ausser  dem  oben  besprochenen  18.  Vers  auch 
der  21.  und  22.  bei  Marcion  fehlten,  so  begreift  sich  diess  aus 
ihrem  Inhalt:  die  specielle  Fürsorge  für  die  Juden  In  dem  ersten, 


1)  Nacfai  Volcicmar  S.  62.    Hilgenfeld  Et.  Just  466. 


WardoD.  23 

and  die  VerwefsuB^«  nntn  A.  T.  in  dem  zweiten  von  diesen  Ver- 
sen konnte  ihm  nnmoglloh  zusa^iren.  —  Von  den  vier  Anslassnngen 
im  22.  Kapitel  waren  die  zwei  ersten^  V.  16—18.  28^80  f&r 
nnsern  Gnostilcer  ganz  nnerifisslich,  denn  das  Essen  nnd  Trinlcen 
im  Reioli  Gottes,  von  dem  hier  niebt  blos  paraboliscb  geredet  wird, 
und  die  specielJe  Beziehung  der  Apostel  auf  die  zwOlf  Stdmme 
des  jttdisohen  Volles,  sammt  dem  Riehteramt  derselben,  konnte  er 
nicht  ertragen;  auch  die  Aufforderung,  ein  Sehwert  zn  kaufen, 
(V.  86**88)  musste  ihm  im  Mund  Christi  bedenklich  scheinen,  und 
im  ZusammeDhang  damit  mochte  er  um  so  eher  geneigt  sein,  die 
Erzfihlung  von  dem  Sohwertschlag,  V.  49->61,  zu  beseitigen,  der 
doch  immer  durch  jenes  Wort  Christi  wenigstens  mittelbar  ver- 
anlasst war,  und  trotz  des  nachtrfigliehen  Tadels  wenigstens  be» 
wies,  dass  Jesus  seinen  JOngem  den  fieidtz  von  Waffen  gestattete. 
Dagegen  kann  im  Lukasevangelium,  wenn  es  V.  88  ursprttng- 
lich  gehabt  hat,  die  Erzählung  vom  SohweMschlag,^  zn  deren 
Vorbereitung  jener  Vers  eben  dient,  nicht  gefehlt  haben.  —  Dass 
Marcion  das  Wort  Jesu  an  den  Mltgekreuzigten,  28,  43  wegliess, 
dtkrfte  sich  aus  seiner  Bsehatologie  genagend  erUftren,  auf  eUi 
Fehlen  der  Stelle  im  ursprongliohen  Text  unsere  Evangeliums 
Iftsst  sich  daraus  um  so  weniger  schliessen,  da  Mardon  die  Er- 
zählung selbst,  deren  unentbehrliche  Spitze  dieses  Wort  bildet 
CV.  40  ff.)^  gehabt  zu  haben  seheint,  und  da  sie  auch  dem  Geist 
des  paulinischen  Evangeliums  ganz  gemäss  Ist  ^  —  Die  verschie- 
denen Beziehungen  auf  das  A.  T.  c.  24,  25.  27  f.  82.  44—46 
konnte  der  Gnostiker  nattirlich  nicht  dulden.  -—  Wenn  endlich  am 
Schluss  des  Evangeliums  V.  62  f.  und  wahrschdnlich  auch  die 
letzten  Worte  von  V.  47  und  die  zweite  Hälfte  von  V.  48  ge- 
fehlt haben,  so  liegt  die  Noth wendigkeit  dieser.  Aenderungtn  für 
Marcion  am  Tage. 

Aus  dem  Vorstehende  ergiefot  steh,  dass  Mardon  in  dem  Evan-^ 
gelium,  woraus  er  das  seinige  zusammenstellte,  zwar  an  mehreren 
Stellen  einen  von  dem  unsrigen  abweichenden  Text  fand;  der  mei- 
stens, wo  nicht  immer,  die  Vermuthung  der  grösseren  Ursprüng« 
lidikeit  fttr  sich  hat ;  aber  dieser  Stellen  sind  es  doch  im  Verhält- 
nisB  zum  Ganzen  nur  wenige,  und  Mine  derselben  ist  von  weiter 


')  Deren  Aechtheit  aus  diesem  Grunde  jetzt  auch  Hng«nfeld  zugiebt  Th.  J. 
XU,  241. 

>)  Vgl.  Volckmar  100  f.  205  f. 


24.  Die  äusseren  Zeugnisse. 

greifender  BedentuBg.  Dagegen  setzt  Marcion  nnaem  jetSEigen 
Text  nicht  blos  in  allen  den  Abschnitten  voraus,  in  denen  er  sich 
keine  Abweichung  von  demselben  erlaubte,  und  diese  Abschnitte 
sind  immer  noch  der  grossere  Theil  des  Ganzen ;  sondern  auch  da, 
wo  er  sich  von  ihm  entfernte,  lassen  sich  seine  Abweichungen  bis 
auf  jene  wenigen  nunder  wichtigen  unter  der  Voranasetzung,  dass 
Ihm  unser  Bvangelium  in  seiner  jetzigen  Gestalt  vorlag,  gentigend 
erklären,  und  in  den  meisten  Fftllen  l&sst  schon  die  blosse  Textes- 
vergleichnng  nichts  Anderes  vermnthen.  Diess  schliesst  nun  aller- 
dings die  Möglichkeit  noch  nicht  aus,  dass  doch  ein  Theil  jener 
Abweichungen  dem  von  ihm  benatzten  Bvangelium  selbst  ange- 
hOrtC;  und  wir  werden  auf  diese  Frage  später  noch  einmal  zurück- 
kommen. Nur  mttssen  wir  schon  hier  darauf  verzichten,  den  Be- 
weis fttr  diese  Annahme  auf  den  marcionitischen  Text  zu  gründen, 
denn  wenn  Marcion  in  zwanzig  Fällen  ^us  dogmatischen  Gründen 
wlllkührlich  geändert  hat,  so  kann  er  diess  ebensogut  auch  im 
einundzwanzigsten  gethan  haben,  und  nur  dann  hätte  die  entgegen- 
gesetzte Vermuthung  die  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  wenn  sich 
in  seinem  eigenthümlichen  Standpunkt  kein  Anlass  zu  der  Textes» 
änderung  entdecken  Hesse.  Dass  diess  aber  nur  bei  wenigen  und 
minder  wichtigen  Stellen  der  Fall  sei,  ist  bereits  gezeigt  worden. 
Nun  sind  wir  freilich  nicht  genauer  darüber  unterrichtet, 
wann  Marcion  sein  Evangelium  verfasst  habe.  Nach  Iren.  III, 
4,  3  fällt  die  Ausbreitung  der  marcionitischen  Lehre  zu  Rpm  um 
die  Zeit  Amicet's,  der  mit  ziemlicher  Sicherheit  zwischen  150—160 
n.  Chr.  gesetzt  wird.  Da  nun  wohl  kaum  anzunehmen  ist,  dass 
der  berühmte  Häretiker  lange  in  Rom  war^  ohne  Anhang  zu  fin- 
den, so  müsste  er  dieser  Angabe  zufolge  nm^s  Jahr  150,  oder  um 
Weniges  Arüher,  dorthin  gekommen  sein.  Wir  sehen  jedoch  aus 
Justin 's  grösserer  Apologie  c.  2(>.  58,  dass  Marcion  damals,  als 
diese  Schrift  verfasst  wurde,  schon  lange  in  Thätigkeit  war,  aller 
Orten  zahlreiche  Anhänger  gewonnen,  und  somit  seine  reforma- 
torischen Wanderungen  längst  begonnen  hatte.  Hat  nun  Justin 
jenes  Werk,  der  gewöhnlichen  Annahme  zufolge,  im  Jahr  138  oder 
139  geschrieben,  so  müsste  Marclon's  Auftreten  und  seine  Wirkung 
auf  die  abendländische  Kirche  um  mindestens  !^  Jahre  früher  ge- 
setzt werden,  als  seine  Ankunft  in  Roni  nach  Irenäus.  Indessen 
steht  jene  Annahme  keineswegs  ausser  Zweifel.  Ihre  hauptsäch- 
lichste Stütze  liegt  in  dem  Umstand,  dass  Mark  Aurel  im  Eingang 
der  grossem  Apologie  nicht  als  Cäsar,  sondern  nur  ald  der  Sohn 


Marcion.  25 

d60  Kaiseni  AntoBias  Pins  bezeichnet  wird.  Da  der  Titel  eine» 
Cäsar  sonst  nicht  blos  in  so  formlichen  Anreden,  wie  die  vorlie* 
gende,  sondern  selbst  im  Privatverkehr  nicht  tibergangen  wird,  ^3 
80  schliesst  man,  Mark  Anrel  kOnne  diesen  Titel,  den  er  i.  J.  139 
erhielt,  damals^  als  Jnsthi  das  genannte  Werk  schrieb,  noch  nicht 
gefdhrt  haben.  ^)  Allein  gerade  Jastüi  bezeichnet  anch  später 
noch  ^)  einen  Cftsar,  wer  dieser  nun  sein  mag,  ^)  ganz  ähnlich 
wie  hier,  er  scheint  sich  also  am  die  amtliche  Titnlatnr  weniger 
bekOmmert,  oder  den  Namen  des  Philosophen  für  ehrenvoller  ge- 
halten zu  haben,  als  den  des  Cäsar,  und  es  kann  somit  aus  d«n 
Fehlen  dieses  Titels  in  der  grosseren  Apologie  nichts  geschlossen 
werden.  Verliert  aber  dieser  Umstand  seine  Beweiskraft,  so  wer- 
den wir  eher  geneigt  sein,  die  Abfassung  der  justinischen  Schrift 
etwas  tiefer,  etwa  gegen  das  Jahr  145,  berabzurUcken.  Das 
Zwar  kann  nicht  viel  beweisen^  dass  Justin  selbst  Apol.  I,  46  seit 
der  Gebart  Christi  150  Jahre  zählt,  denn  nichts  verborgt  uns  die 
Genaaigkeit  seiner  Chronologie,  während  freilich  andererseits  auch 
der  Ausdruck  im  Gespräch  mit  Trypho,  welches  den  jüdischen 
Krieg  c.  1  VW  yevofiei^og  nennt,  zu  unbestimmt  ist,  um  das  höhere 
Alter  dieses  und  des  ihm  vorangehenden  Werks  darzuthun.  Da- 
gegen weist  der  Umstand  auf  eine  spätere  Abfassungszeit  der 
ersten  Apologie  hin,  dass  diese  Schrift  neben  Antonin  und  Mark 
Aurel  auch  dem  L.  Verus  gewidmet,  und  dass  Veras  hier,  nach 
der  wahrscheinlichsten  Lesart,  ^iiloao9>og>,; genannt  ist,  denn  L  J. 
138  war  Verus  noch  nicht  acht  Jahre  alt.  ^)  Justin^s  Anga- 
ben über  Marcion  können  daher  gegen  Irenäus  nichts  beweisen, 


')  So  UDterlässt  es  z.  B.  Fronto  in  seinen  Briefen  an  M.  Aurel  nie,  den  Cäsar 
beizufügen,  obwohl  er  M.  Aurei*s  Lehrer  und  vertrauter  Freund  war. 

>)  So  z.  B.  mit  vielen  Andern,  Semiscb  Just.  d.  Märt.  I,  64  ff. 

^  Apol.  II,  2,  wo  .ein  Christ  dem  Stadtpräfekt  Urbicus  zuruft:  ov  nginovra 
Evaeftel  avroxQoroQi  ovSe  (piXoa6(p(p  (al:  —  ov)  KaCaaqog  naiSl  ovSe  Zfi  U^a 
Svytili^ip  xQ^vstg. 

^)  Man  streitet  sich  nämlich,  ob  in  der  eben  angeführten  Stelle  unter  dem 
avrojt^oTWQ  Evaeß^i  Antoninus  Pius  oder  Mark  Aurel,  und  demna^^h  unter  dem 
fpdoatMpoe  Kaüfaqog  naig  Mark  Aurel  oder  sein  Mitregent  L.  Verus  zu  verstehen  sei. 
Mir  ist  das  Erstere  wahrscheinlicher,  für  die  vorliegende  Frage  ist  diess  jedoch 
gleichgültig,  denn  da  L.  Verus  von  M.  Aurel  unmittelbar  bei  seinem  Regierungsan- 
tritt zum  Cäsar  und  sogar  zum  Augustus  ernannt  worden  war  (Capitolin.  Marc. 
7.  Ver.  3.  Clinton  Fast.  rom.  z.  J.  162),  so  ist  es  jedenfalls  ein  Cäsar,  der  hier 
ohne  diesen  Titel  namhaft  gemacht  wird. 

^)  Er  war  am  15.  Dxbr.  130  geboren;  Clinton  z.  J.  145. 


26  Die  äusseren  Zeugnisse. 

wir  rnttssen  vielmehr  angekehrt  schliessen;  da  Marelon  sonst 
allgemein  für  etwas  jünger  erklärt  wird  ,  als  Basilides  ond 
Valentin,  da  er  diess  aber  nicht  sein  könnte,  wenn  man  sehen 
nm^s  Jahr  188  so  von  ihm  reden  konnte,  wie  Jnstin  in  der 
grosseren  Apologie,  so  muss  dieses  Werk  später  verfasst  sein. 
Wie  dem  aber  sein  mag:  In  keinem  Fall  wissen  wir,  wann  Mar- 
oion  mit  dem  Lukasevangelium  zuerst  bekannt  wurde.  Denn  d« 
die  Abweichungen  seines  Evangeliums  von  unserem  Lukas  sein 
dogmatisches  System  schon  voraussetzen,  da  also  dieses  in  seiner 
Entstehung  jedenfalls  unabhängig  von  jener  Schrift  war,  so  ist  es 
ganz  wohl  denkbar,  dass  er  längere  Zeit  als  gnostisoher  liOhrer 
thätig  war,  ehe  ihm  das  paulinische  Evangelium  in  die  Hand  fiel, 
und  ehe  er  sich  zu  seiner  Bearbeitung  entschloss,  ja  es  Ist  mög- 
lich, dass  diess  erst  nach  seiner  Ankunft  in  Rom  geschehen  ist, 
andererseits  ist  es  aber  ebenso  möglich,  dass  jene  Bearbeitung  In 
eine  weit  ft^ohere  Zeit  fällt.  Wie  es  sich  hlemit  verhält,  können 
wir  nicht  ausmachen.  Marcion's  Zeugniss  ist  mithin  in  doppelter 
Hinsicht  ungentlgend:  einmal,  weil  uns  nicht  der  ganze  Bestand 
nnsers  Lukasevangelinms  dadurch  verbürgt  wird,  und  sodann,  weil 
es  für  die  Bestimmung  der  Zeit,  in  der  Marcion  dieses  Evangelium 
benutzt  bat,  einen  zu  weiten  Spielraum  offen  lässt. 

3.    J  u  s  t  i  n. 

In  beiden  Beziehungen  können  wir  ans  Justin,  diesem  fOr 
die  Evangelienfrage  wichtigsten  Schriftsteller,  Bestimmteres  ab- 
nehmen. Nennt  er  auch  unser  Lukasevangelium  so  wenig,  als 
eines  der  drei  andern,  ausdrücklich,  so  beweist  er  doch  seine  Be- 
kanntschaft mit  demselben  durch  eine  Reihe  von  Citaten,  von  denen 
es  theils  gewiss,  theils  wenigstens  sehr  wahrscheinlich  ist,  dasa 
sie  aus  Ihm  entlehnt  sind.  Es  gehören  hieher  die  folgenden  Stellen. 

1.  Ueber  die  Empfängniss  Jesu  und  ihre  Ankündigung  sagt 
Justin  Apol.  I,  33:  dvvafxig  O^ov  sTtsldvvca  Tfj  naQdivcp  eTtea- 
xiaasv  avTfjv  xal  xvocpoQTjoac  naQd-hov  ovaccv  7te7wi7]X€.  xal  6 
dTtoaraXslg  xul  TtQog  avzr^v  zrjv  naQ&evov  xav  ixelvo  tov  xaiQav 
ayysXog  &sov  evfjyyeliaccto  avxrpf  elTtwv'  idov  avllijtpj]  iv  yaOTQi  ix 
TtvsvficcTog  dyiov  xal  te^i]  vidv  xal  vlog  vxpiatov  xlT^dijaetat  xal 
xaXeaeig  to  ovo^xa  avtov  ^Ir^aovv '  avrbg  ydq  omCbl  tov  laov  avtov 
u.  s.  w.  (nach  Matth«  1,  21>  Tryph.  c.  100:  Maqia  tJ  naq^ivog 
evayyeh^ofievov  arnfj  FaßQifjX  dyyekoVf  oti  nvevjua  xvqIov  in 
avTTjv  iTtelsvastaty  xal  ävvaficg  vifiiazov  imaxidaei  avTJjVf  dio 


•     Justin.  27 

Kol  TO  yeifvioftsvov  i^  avrrjg  ayiov  iariv  viog  d^eoo,  aTZsxQivato' 
yivoiTO  fiOL  xatä  rd  ^^fid  aou.  Diese .  Anführungen  stimmen 
wOrdicb,  mit  Ausnahme  mehrerer  Auslassungen  und  einiger  nn- 
bedentenden  Zasätze  und  Versetzungen,  mit  dem  Bericht  des  Lnkas 
1,  26  —  88:   aTteatakT]  6  iiyyeXog  FaßQi^l...  Tt()dg  nccQO'ivov  . . , 

MaQcd(i Kai    eiTiev  6   SyyeXog  avrfj...   Idov  avlX^ipri  ev 

yaCTql  xai  rt^?;  viov  xai  txaXeaeig  to  cvofia  avTOÜ  ^Ir^aoüv. 
Oltog  earac  f^eyag  xal  vlog  vipiazov  xlf^Oi^asTaL  n.  s.  w.  Kai 
anoxQidelg  6  ayyeXog  einer  avrfj'  nVeufia  ayiov  ineXewerav  inl 
aiy  xal  dvvafiig  viplaxov  eTtioxiaaec   ooi*  dio  xal  to  yewoffievov 

ayiov  xXr^dTioerai  viog  -d'eov EJtcs  de  MaQid^i'  idov  i]  dovkj] 

xvqIov  yevoiTO  /not.  xara  to  ()7Jii(x  aov.  Unsere  drei  anderen 
Evangelien  \;i'issen  bekanntlich  nichts  von  dem  Besuch  des  Engels 
bei  Maria,  wie  auch  sein  Nnme  nur  bei  Lukas  C^ier  und  1,  19) 
vorkommt,  und  dass  ihn  ein  apokryphisches  Evangelium  erzählt 
nnd  vollends  mit  diesen  Worten  erzählt  hafte,  wird  uns  wenigstens 
nicht  berichtet  Insofern  muss  sich  die  Annahme,  dass  Justin  wirk- 
lich unsem  Lukas  vor  sich  gehabt  habe,  auf  den  ersten  Blick 
empfehlen.  Mit  dem  Bericht  des  Lukas  wird  ^  nun  allerdings  der 
des  Matthäus  verbunden,  ja  Justin  zieht  die  Worte,  welche  bei 
Matthäus  1,  21  der  Engel  zu  Joseph  im  Traume  spricht,  Apol.  I, 
33  zweimal  zu  der  Rede  GabrieFs  an  Maria.  Indessen  sind  solche 
Textesmischungen  bei  Ihm  so  häufig,  und  der  ebenbemerkte  Oe- 
dächtnissfehler  ist  so  erklärlich,  dass  man  aus  dieser  Abweichung 
auf  eine  weitere  Quelle,  ausser  denr  genannten  zwei  Evangelisten, 
zu  schliessen  keinen  Grund  hat.  Ebensowenig  berechtigt  uus  zu 
diesem  Schlüsse  die  harmonische  Abrnndung  und  die  Innere  Con- 
sequeuz  der  justinischen  Darstellung.  ^3  Denn  diese  Abrundung 
besteht  nur  darin^  dass  Justin  die  Zwischenreden  weglässt,  die  Ihm 
fOr  seinen  nächsten  Zweck  entbehrlich  und  störend  waren.  Nun 
handelt  es  sich  in  der  Stella  der  Apologie  darum,  die  Erfüllung 
der  jesaianischen  Weissagung  über  dfe  Geburt  Christi  aus  einer 
Jungfrau  In  der  evangelischen  Geschichte  nachzuweisen,  und  da 
er  hiefOr  jener  Reden  nicht  bedurfte,  übergeht  er  sie  hier  gänzlich, 
wegegen  er  Tr.  100  das  Wort  der  Maria  L.  1,  38  anführt.  8o 
wenig  aber  jenes  Stillschweigen  beweist,  dass  sie  ihm  überhaupt 
unbekannt  waren,  ebensowenig  kann  ihre  theilweise  Anführung  Im 
Gettpräch  mit  Tr;Q)ho  beweisen,  dalss  sie  ihm  nur  tbeil  weise  bekannt 


0  Wie  Hilgenfeld  glaubt,  die  Eyangel.  Justin^s  u.  8.  w.  S.  145. 


28  Die  äusieren  Zengnlsse. 

waren,  denn  er  hat  aaoh  an  dieser  Stelle  darchans  nfoht  die  Ab- 
sicht, den  vollständigen  Hergang  der  Engelsbotschaft  zn  berichten, 
sondern  er  will  nur  den  Gedanken  ausführen,  dass  ebenso,  wie 
Bva  im  Unglauben  Sünde  und  Tod  empfleng,  so  umgekehrt  Maria, 
in  gläubigem  Vertrauen  den  Erlöser  von  Sünde  und  Tod  empfangen 
habe,  für  diesen  Zweck  konnte  er  aber  natürlich  nur  Ihre  gläubige 
Unterwerfung  V.  38,  nicht  die  vorhergehende  zweifelnde  Frage 
V.  94  benützen.  Sofern  uns  daher  nicht  allgemeinere  Gründe  zu 
einer  andern  Ansicht  hindrängen  sollten,  hat  gleich  bei  dieser 
ersten  Stelle  die  Benützung  unsers  Lukas  durch  Justin  die  höchste 
Wahrscheinlichkeit  für  sich. 

2.  Eine  eigonthümliche  Mischung  verschiedener  Bestandtheile 
treffen  wir  in  den  Angaben  Justin^s  über  die  Geburt  und  die  Kind- 
heitsgeschichte Christi«  Dass  er  hier  jedenfalls  ein  apokryphisches 
Evangelium  benützt  hat,  Ist  schon  von  Credner,^)  und  neuerdings 
gegen  Semisch  von  Hilgenfeid  ^)  wahrscheinlich  gemacht 
worden ;  für  uns  handelt  es^  sich  nur  darum,  ob  dieses  Evangelium 
seine  einzige  Quelle  war,  oder  ob  er  daneben  auch  das  eine  u^d 
andere  unserer  kanonischen  Evangelien,  und  namentlich  unsern 
liUkas,  vor  sich  gehabt  hat.  Die  Hauptstelle,  worin  er  sich  mit 
diesem  berührt,  Tr*  78,  lautet  so:  aTCoyQaq)ijg  ovarjs  iv  rfj  ^lovdctiq 
Tore  Ttqmrig  irtl  KvqrpfLov  aveXrjlvd^i  [o  ^Icjojjq)]  and  Na^aget^ 
hfdu  (pxet.,  elg  Brjdi.es fi,  o&ev  fjy^  aitoyqaxpaadtu*  anb  yäg  Tfjg 
x(XTOixovar]g  t^v  y^  ixelvrpf  q>vijfjg  ^lovda  to  yhog  fpf....  Fewfj- 
divtog  dk  Tore  tov  Ttatdlov^iv  BrjdXekfx^  irtetdfi  ^Itac^q)  ovx  elxsv 
iv  tfl  xdfirj  ixelvrj  nov  xcerakvaac,  iv  aitrjXaU^  rlvl  avveyyvg  T^g 
xdfirjg  xoerelvae.  Kai  rote  ovxwv  avtwv  exet  eTetdxsi  ij  Magla 
rbv  Xqiötov  xal  iv  ipdrvr}  ambv  itedeUei.  Ausserdem  beruft 
sieh  J.  auch  Apol.  I,  34  den  Rümern  gegenüber  auf  das  Zeugniss 
%wv  aTtoyQagxjüv  rcSv  yevofisviov  im  Kvqrjviov  zov  vfiereqov  iv 
^lovdaltf  7tQ(üT0v  yevojiievov  iTtctqoTtov.  Dieser  Censns  des  Qoi- 
rinus  wird  unter  den  Evangelien ,  die  wir  kennen,  mit  Ausnahme 
später  und  von  unserem  kanonischen  Evangelium  abhängiger  Apo- 
kryphen, nur  von  Lukas  erwähnt,  und  auch  mit  den  Worten  dieses 
Schriftstellers  trifft  Justin  mehrfach  zusammen;  m.  vgL  L.  2,  2: 
avTri  j}  a7toyqaq>ri  uqclnr]  iyevero  i^yeftovevovrog  Ttjg  2vqlag  Kv* 
qrjvlov^  V.  4  f.:  aveßt}  de  xal  ^Icoa^....  anoyqatfjaadac.  V.  7: 


0  Beiträge  I,  213  f. 
^  A.  a.  0.  145  ff. 


Justin.  29 

xal  hexe  tov  viov  avr^g...  xai  dvsxhvsv  aurov  iv  ttj  qxxzvfj* 
diOTv  ovx  fiv  avidig  Torcog  iv  rqJ  xccTalvjicaTi.  Dagegen  redet 
J.  nur  von  einem  Cenfias  in  Jndäa,  wenn  er  auch  die  weitere 
Au^delinang  dieser  Maassregel  nicht  geradezu-  ansscbliesst,  ^)  nnd 
damit  hängt  zusammen,  dass  er  den  syrischen  Statthalter  Quirinus 
2am  Prokurator  Judäa^s  macht.  Während  ferner  Lukas  den  Joseph 
wegen  seiner  davidischen  Abstammung  nach  Bethlehem  reisen  lässt, 
giebt  Justin,  der  die  königliche  Abkunft  Jesu  immer  nur  an  Maria 
knüpft,  den  unbestimmteren  und  offenbar  unpassenden  Grund  an, 
dass  Joseph  zum  Stamm  Juda  gehört  habe.  ^  Was  endlich  bei 
Lukas  von  V.  8  an  EigenthOmliches  folgt,  die  Erscheinung  der 
Engel,  die  Anbetung  der  Hirten,  die  Beschneidung,  die  Darstellung 
im  Tempel,  wird  von  J.  nirgends  bertihrt.  Diess  beweist  nun  aller- 
dings jedenfalls,  dass  unser  Lukas  in  der  Geburts-  und  Kindheits- 
gesehichte  nicht  die  Uauptquelle  Justin's  war,  aber  dass  er  ihn 
gar  nicht  benutzt  hat,  folgt  nicht  daraus.  Sein  Stillschweigen  in 
Betreff  der  letzterwähnten  Punkte  erklärt  sich  «hinreichend,  wenn 
wir  annehmen,  die  Erzählung  des  Matthäus  habe  die  ursprüngliche 
Grundlage  seiner  Kenntniss  von  diesem  Theil  der  evangelischen 
Geschichte  gebildet,  und  was  er  in  diese  nicht  einzufügen  wusste, 
von  dem  habe  er  keinen  Gebrauch  gemacht,  ohne  dass  er  es  dess- 
halb  gerade  für  unwahr  zu  halten  brauchte;  für  die  Bevorzugung 
des  Matthäus  sprach  ohnedem  in  diesem  Fall  auch  das  Interesse, 
im  bethlehemitischen  Kindermord  und  in  der  Verehrung  der  Magier 
die  Erfüllung  alttestamentlicher  Weissuugen  nachzuweisen.  Ob 
Justin's  Verhalten  zu  den  Angaben  über  die  davidische  Abstam» 
mung  Joseph^s  aus  eigener  Reflexion  oder  aus  einer  evangelischen 
Ueberlieferung  ^3  stammt,  ist  für  die  vorliegende  Frage  ziemlich 
gleichgültig;  dass  er  die  lukanische,  seiner  Angabe  gar  nicht  aus- 
drücklich widersprechende,  Darstellung  nicht  vor  Augen  gehabt 
hat,  folgt  daraus  in  keinem  Fall,  vielmehr  macht  die  seltsame 
Bemerkung;  Bethlehem  sei  Joseph's  Vaterstadt  gewesen,  denn  er 
habe  zum  Stamm  Juda  gehört,  ganz  den  Eindruck  einer  nachträg- 
lichen Veränderung,  die  an  der  passenden  Motivirung  bei  Lukas  2,  4 


*)  Denn  die  Worte  Tr.  78:  anoy^afpij^  —  nqdktji  lassen  sicli  auch  übersetzen: 
da  damals  eine  Schätzung,  die  erste  in  Judäa,  war. 

«)  M.  8.  hierüber  Hilgenfeld  S.  140.  148. 

^)  Auch  das  Protevangel.  Jac.  c.  1  f.  c.  10  u.  das  evangel  de  nativ«  Mar.  c.  1 
lassen  Maria^von  David  abstammen.    Vgl.  Strauss  L.  J.  3  A.  I,  174. 


30  Die  äusseren  Zeugnisse. 

von  einem  Solchen  angebracht  wurde,  der  sich  aas  dogmatischen 
Gründen  mit  der  Beziehung  der  Genealogveen  auf  Joseph  nicht  zn 
befreondeu  wusste.  Ebensowenig  lässt  sich  endlich  gegen  die 
Annahme  einwenden,  dass  es  blosse  Ungenauigkeit  sei;  wenn  der 
Census  und  die  Statthalterschaft  des  Quirinus  von  J.  auf  Judäa 
beschränkt  wird  —  denn  dass  ihm  derartige  and  noch  viel  grössere 
geschichtliche  Verstösse  zuzutrauen  sind,  würde  schon  die  eine 
Angabe  über  die  Bildsäule  des  Magiers  Simon  beweisen.  Wenig- 
stens wird  diese  Ansicht  so  lange  die  Wahrscheinlichkeit  für  sich 
haben,  bis  eine  andere  Quelle  aufgezeigt  ist,  von  der  sich  ver- 
mutben  lässt,  dass  sie  der  quirinlschen  Schätzung  nicht  blos  über- 
haupt, sondern  auch  mit  ganz  ähnlichen  Worten  erwähnte ,  wie 
unser  Lukas« 

3«,    Der  Ausspruch  Jesu  L.  10,  19  wurd  von  Justin  Tr.  fr6  so 
angeführt:   didwfit.  vfuv  i^ovoiav  xaTanaxelv  indtvo)  oq)ea)v  xal 
axognitüv  xai    axolonevdQcov    xal  i/iavco    naarjg    duvdjuews  tov 
ix^QOo.      In  unserem  Text  steht  statt  yMTanaTaXv:  rov  7taT€LV, 
die  Worte  xai  oxoXonevdQOJV  fehlen,   und  statt  indvco  naa.  dw. 
heisst  es:  enl  Tcäaav.  Ttjv  dvvafuv.    Diese  Abweichungen  können 
allerdings  von  der  Benützung  eines  apokryphischen  Evangeliums 
herrühren  —  es  ist  ja  bekannt,  wie  oft  ein  und  derselbe  Ausspruch 
nur  mit  geringer  Verschiedenheit  in  mehreren  Berichten  sich  wie- 
derholt; möglich  aber  auch,  dass  sie  in  blosser  Ungenauigkeit  ihren 
Grund  haben,  oder  dass  nur  die  wunderlichen  (Txo^07z:£vd()a^  (ThVL" 
sendfuss)  aus  einem  unkanonischen  Text,  in  dem  Exemplar  oderjn 
der  Erinnerung  Jusdn^s,  sich  mit  dem  unsers  Lukas  verschmolzen 
haben,  oder  dass  die  Variante  durch  die  Naohlässigkeit  eines  Ab- 
schreibers und  die  Aehnlichkeit  der  Zeichen  und  Laute  in  axoQTzlayy 
und  axoXonevÖQUJv  veranlasst  wurde.     Das  vorliegende  Citat  für 
sich  allein  genommen  bietet  keine  genügenden  Entscheidungsgründe. 
4.     Tr.  51  heisst   es:   über   das  Aufhören  der  Prophetie  mit 
Johannes  und  über  das  Ende  des  alten  Bundes  habe  Christus  so 
gesprochen:     o  v6[xo$  xal  oi  TiQOcpmai  fisxQt^  ^Icodvvov  rov  ßau- 
TiOTOv'  i^OTOv  i]  ßaaileia    tcov  ovqovojv  ßcd^erac  xal  ßiaaTal 
aQua^ovOLV  avirpf.     Kai  et  M^eze  de^aa&aLy  avzog  lanv  ^Hllag 
6  fiikkcav  eQxaodaL,    *0  %xü}v  coza  dxoveiv  dxoveTco.    Dieses  Citat 
gjebt  die  Worte  Jesu  zu  Anfang  in  der  charakterischen  Fdrm  des 
L^as,  denn  hier  lesen  wur  16,  16 :  6  vojuog  xal  oi  7tQog>fJTai.  Siog 
^Icodwovy  während  Mtth.  11,  13,  mit  wesentlich  anderer  Bedeu- 
tung steht:  Ttgvreg  yaQ  oi  7tQoq)i]Tac  xai  6  vofiog  Scog  ^Icouwov 


Justin.  ~-  31 

nQoeq>TiTevüav.  Von  da  wendet  sich  aber  Justin,  bei  welchem 
.nor  noch  das  i^orov  dem  and  tote  des  Lukas  entspricht,  zum 
Text  des  Maühäns  (11,  12.  14  f.),  den  er  ganz  wörtlich  wieder« 
giebt  Credner  0  ^^^  Hilgenfeld^}  sind  nun  der  Meinung, 
dieser  Sachverhalt  lasse  sich  nicht  aus  gedächtniss massiger  Text- 
mischang  erklären.  Aber«  warum  sollte  diess  undenkbar  sein?  J. 
Itihrt  von  mehreren  zusammenhängenden  Aus(:prüchen  den  ersten 
Aach  der  einen,  die  übrigen  nach  der  andern  Version  an,  je  nach- 
dem ihm  diese  oder  jene  besser  zusagt,  er  hält  eich  im  Allgemei- 
nen an  sein  Hauptevangelium,  den  Matthäus,  aber  er  verlässt  ihn, 
wo  der  Text  des  Lukas  besser  zu  seinem  Zweck  dient,  das  ist 
ein  sehr  naheliegendes  und  natürliches  Verfahren.  Der  Text  des 
Lukas  16,  16  passte  aber  wirklich  in  diesem  Fall  besser  fOr  ihn, 
als  der  des  Matthäus  11,  13.  Justin  will  a.  a.  0.  nicht  blos  be- 
weisen, dass  im  jüdischen  Volke  nach  Johannes  kein  Prophet  mehr 
zu  erwarten  sei,  sondern  auch^  dass  der  alte  Bund  durch  Christas 
sein  Ende  erreicht  habe,  ^3  von  diesen  zwei.  Behauptungen  bestä- 
tigt aber  der  Ausspruch  Christi  nach  der  Lesart  des  Matthäus  nur 
die  erste,  während  er  die  andere  durch  das  7tQO€q)7jTevaav  fast 
absichtlich  ausschliesst;  hier  fand  daher  J.  nur  bei  Lukas  das,  was 
er  brauchte,  wogegen  er  für  das  Weitere  um  bo  eher  zu  dem  ihm 
geläufigeren  Matthäus  zurückkehren  mochte,  da  nur  dieser  die  Be-^ 
Zeichnung  des  Johannes  als  Elias,  ein  für  Justin^s  Beweisführung 
wichtiges  Moment,  in  diesem  Znsammenhang  berichtet,  und  da  auch 
schon  vorher  die  Worte,  dass  seit  Johannes  das  Himmelreich  Ge- 
walt leide  (ßid^eTaiy  wofür  Lukas  evayyekl^erccL  hat),  und  dass 
es  Gewaltthätige  an  sich  reissen,  Justin^s  Behauptung  (a.  a.  00? 
über  das  von  Christus  ge weissagte  Auftreten  von  Häretikern  und 
falschen  Vropheten  zur  Bestätigung  dienten.  Auch  in  diesem  Fall 
haben  wir  daher  keine  Veranlassung;  zur  Erklärung  des  ^justini- 
schen  Citats  über  die  uns  bekannten  Quellen  hmanszugehen,  weQn 
wir  auch  freliich  die  allgemeii|e1VIöglichkeit  eines  Evangelientextes, 
der  Justitt^s  Anführung  ganz  genau  entsprochen  hätte,  so  weit  wir 
bis  jetzt  sind,  nicht  läugncn  können. 


•)  Beitr.  I,  236. 
«)  A.  a.  0.  198  ff. 

')  JSt^jyWi  Se  TriQi  roxi  juijuiti,   yevr}a60^ai.  hf  Tcj?  yivBi  v/uüif  n^txp^tjv^  xai 
ne^fi  Tov  hiiyvtavat^  ort  ^  naXai  xjjqvaao/uevtf   vno  rov  &eov  Maiyrj   Sia^ii»tj  ^«cr- 


32  Die  äusseren  Zeugnisse/ 

6,  Die  Worte  Jesu  an  den  reichen,  Jflngllng  Apol.  1, 16:  ovdels 
ayadvg  et  fiij  ftovog  6  -d^og  d  nottfiag  t«  nciVTa  treifen  unter  den 
uns  bekannten  Texten  nnr  mit  der  gleichlautenden  Lesart  des  Lu- 
kas tl8,  19}  und  Markus  (JO,  18):  %L  [xe  liyecg  äyadov;  ovdelg 
dyadig  ei  fit}  elg^  6  'deog  zusammen,  nur  dass  Justin  die  Bin- 
gangsfrage  weglässt,  statt  etg  fiovog  setzt,  und  die  Worte  o  Ttovr/- 
aag  t.  n.  hinzufügt.  Mt  19,  17  ist  die  beglaubigtste  Lesart:  ri 
fie  eQunfg  Ttegi  tov  aya&ov;  elg  eativ  o  äyadig^  o  debg.  Im 
Gespräch  mit  Trypho  c  101  wird  derselbe  Ausspruch  so  ange- 
fahrt: ti  iie  leyeig  aya^ov;  elg  ioiiv  dyadog,  6  naxriQ  fiov  6  iv 
Tolg  ovQccvoig.  Wörtlich  gleich  hat  der  Ophite,  welohen  der  fal- 
sche Origenes  Philosoph.  V,  7  excerpirt:  tI  fie  Xeyeig  dy adov; 
elg  eaxLv  dyadog  6  natriQ  (lov  6  iv  ToTg  ovQcevolgj  hieran  reiht 
er  dann  aber  sofort,  als  ob  es  Ein  Ausspruch  wäre,  die  Worte 
Mt.  5,  45  in  etwas  abweichender  Fassung.  Eine  verwandte  Les- 
art haben  wir  bei  Marcion  getroffen.  Ebenso  lesen  die  Markosier 
bei  Iren.  I,  20,  2:  €^1?  iariv  dyc(&dg,  6  TtatfjQ  iv  zdig  ovQccvoig^ 
und  ähnlich  die  clementinisohen  Homilien  an  vier  Orten  (III,  57. 
XVil,  4,  vollständiger  XVIII,  1.  8):  firj  fie  keye  uyadüv^  6  yccQ 
dyadvg  elg  ioTiVj  6  tkxxt^  6  iv  xdlg  ovqavolg.  Noch  üi  späterer 
Zeit  kommt  diese  Lesart  in  den  Aufülunngen  der  Kirchenväter  zum 
Vorschein.  0  Stellen  nun  diese  Thatsachen  ausser  Zweifel,  dass 
die  Anftihruug  im  Gespräch  mit  Trypho  in  dieser  ihrer  eigenthttm- 
lichen  Gestalt  ans  einer  schriftlichen  Quelle  geflossen  ist,  und 
mtlssen  wir  die  Annahme  von  Semisch,  es  seien  die  verscliie- 
denen  gleichlautenden  oder  verwandten  Abweichungen  von  unserem 
kanonischen  Text  unabhängig  von  einander  durch  gleichmässige 
freie  Combination  entstanden,  mit  Hilgenfeld  ^)  als  eine  Aben- 
thenerlichkeit  bezeichnen,  so  sind  wir  ebendamit  auch  genothigt, 
das  Citat  der  Apologie  aus  unserem  Lakas  abzuleiten.  Denn  wenn 
Justin  unsern  Ausspruch  in  seinem  ansserkanonischen  Evangelium 
in  der  Gestalt  gelesen  hat,  wie  ihn  das  Gespräch  mit  Trypho 
wiedergiebt,  so  bleibt  uns  als  mögliche  Quelle  der  andern  Textes- 


*)  Credner  Beitr.  I,  243  f.    Semisch  Denkw.  Jostin's  370  ff.  Hilgenfeld 
a.  a.  0.  220  ff 

'  ')  S.  372,  wo  weiter  mit  Recht  bemerkt  wird,  die  Worte,  auf  welche  die 
Markosier  den  Katholikem  gegenüber  den  grössten  Werth  legten,  und  die  sie  für  ihre 
Erklärung  der  Stelle  ausdrücklich  voraussetzten,  lassen  sich  nicht  für  einen  blossen 
Gedächtnissirrthttm  ausgeben. 


JaBttn.  33 

form  nar  Markus  und  LqIcm  ;  in  diesem  Fall  enteoheidet  dann  aber, 
auch  abgesehen  von  dem  Verbflltniss  dieser  beiden  zn  einander, 
fOr  liOkas  der  Umstand,  dass  sich  Jostin^s  Bekanntscbalt  mit  an- 
serem Markus,  wie  diess  neuerdings  wieder Hilgenf  cid  ersohCpfend 
gezeigt  hat,  anderweitig  weder  beweisen,  noch  auch  nar  wahr- 
scheinlich machen  lisst.  Und  der  gieiohe  Umstand  widerlegt  andi 
die  Annahme,  ^3  die  übrigens  für  Jostin's  Verhftltniss  zu  unserem 
dritten  Bvangelium  im  Wesentlichen  dasselbe  ergeben  würde,  dass 
das  Citat  der  Apologie  aus  Marlnis,  dasjenige  des  Gesprächs  mit 
Trypho  dagegen  ans  der  ursprünglichen,  von  Marcion  (s.  o.)  noch 
erhaltenen  Lesart  des  Lukas  gelassen  sei,  denn  wenn  für  die  Er- 
klArung  der  justinisch«!  Citate  die  Evangdienschriften  ausreichen, 
von  denen  auch  anderweitig  feststeht,  dass  dieser  SchriftsteDer  sie 
benutzt  hat,  so  haben  wir  kein  Recht,  auf  eine  weitere  surück- 
zugehen,  von  der  sich  nicht  darthun  lissi,  dass  sie  ihm  bekannt 
war. 

6.  Dem  Zusammenhang  der  ebenbesprochenen  Btelle  gehdrt 
auch  der  Spruch  L.  18,  :^  an,  welchen  wir  bei  Justin  i^pol.  I, 
19  in  seiner  von  Matthäus  ^3  abweichenden  Fassung  wiederfinden: 
va  ddvvara  naqä  dvdjQuhtoiQ  dtfVixvd  iatt  TtaQct  t(^  '9€(^  (J.  hfti 
bloa  dwcczd  naqd  dtip)-  Um  so  weniger  lässt  sich  bezweifeln, 
dass  auch  dieses  Citat  dem  Lukas  entnommen  ist. 

7.  Die  Angaben  Justin's  über  die  Vorherverkflndigung  des 
Leidens  und  der  Auferstehung  Jesu  treifen  mit  Lukas  nicht  blos 
im  Ausdruck  fast  durchaus,  und  uamehtlich  in  allei»  den  Punkten 
zusammen,  wo  die  zwei  andern  Synoptiker  von  ihm  abweichen,  ^) 


«)  Volckmar  d.  Ev.  Marc.  198  f. 

*)  19,  26:   na^ä  äv9-QWtotg  tovTO  äSvyatov  Itni  naqa   ih  rta   &tm  jiartm 

*)  Tr.  76  wird  als  Ausspruch  Jesu  angeftthrt:  Sei  ror  vlor  tov  dv&^moy 
TioXXa  naSfTr  xal  änoSoxifiaa^tjvat  vno  Ttav  y^a/u/uceriofr  na\  ^a^toaüar  »«« 
0TavQa)9-^ai  xa\  rf  TqCrfi  ^/uf^a  ävaartjym.  Dasselbe  ebd.  c.  100  wörtlich  gleich, 
nur  dass  es  statt  y^ufifi»  n.  4»a^ia.  heisst:  ^'aqia.  n.  ygajuju.  Kürzer  c.  51 :  Chri- 
Sias  Yerkfindete   Bu  eyyvg  ianr  ^  ßaadtCa  xwy  fj/dqavtovy  xal  Sri  Sei  avror  nolZa 

avafft^yat^  und  c.  106:  5r»  xott  nqe  rov  na&tir  HXtytv  a^oU^  Sri  ravta  adrdr 
Sti  na^tiy,  »otX  ano  Tt3^y  nqotpifrwv  ort.  nQoexsx^iQvxro  rovro.  Vergleicht  man 
hiemit  die  Stellen  Mt.  16,  21.  Mr.  8,  31.  L.  9,  22,  so  ergiebt  sich,  dass  sich  das 
Citat  Justin's  Tr.  76.  100  Ton  L.  9,  22  nur  durch  dreierlei  unterscheidet:  statt  dar 
Worte  vno  r.  yqa^ju,  x.  ^a^Ca.  hat  Lukas  ano  rtav  n^taßmi^tav  xa\  a^x^t^iay  xcA 
Y^fi/uarioty,  statt  aronfqiod'tjvaL^  änoxTar&^paii   statt  ävaarijyoii  (das  aber  L.  ^4,  7 

•    3 


34  Die  aasscrcQ  Zeugnisse. 

iKOlulcrn  sie  enthalten  nach  ihren  Inhalte  nach  eine  Be«(imnian|f, 
die  unter  nnsern  Evangelisten^  er  allein  hat  (18,  31.  24,  44), 
dasj)  niliiilich  Jesu«  sein  Leiden  als  die  Erftkllang  alttestamentlicher 
WoissagnUj^en  dar/ccealellt  habe«  Wenn  daher  Justin  eines  unserer 
kanonischen  Evangelien  vor  sich  hatte,  so  kann  diess  nur  Lukas 
gewesen  sein.  Nun  erhalten  freilich  die  Abweichungen  im  Aus- 
di'uuk,  so  unbedeutend  sie. an  sich  wären,  durch  ihre  dreimallgo 
Wietierkehr  ein  grosseres  Gewicht,  und  man  konnte  desshalb  eine 
ausserkanonische  Quelle  vermuthen;  da  aber  jene  Abiveichungen 
nur  das  GowOhnliciiere  und  Gelftnflgcre  statt  des  minder  Gewöhn- 
lichen setzen,  und  da  (Iberdiess  die  sämmilichen  Citate  derselben 
Sclirirt  angeboren,  so  stehtauch  der  Annahme  einer  freien  Aende- 
rung  ati^iers  luknnischcn  Textes  nichts  Im  Weg^»  Sollte  sich 
tiberiiie.ss,  Bilgenfeld^s  Vermuthang  bestätigen,  dass  Jnstln^s  unka- 
nouiselics'BvAngclinm  unserem  Markus  als  efgenthümliche  Quelle 
XU  fininil  liege,  so  «präcbe  fQr  dlesOlbe  noch  ein  ^veiterer  Um- 
stand, denn  da  Justin  in  seiner  kleinen  Abweichung  von  Markis 
(%jj  TQitri  i^fieQrt,  Markus :  fistä  TQeig  i^.uBQag)  mit  Lukas  asusam« 
incnsiimmt,  .eo  ist  zu  vermolhen,  dass  er  sein  Citat  eher  dem 
Lukas,  nl9  der  Quellenschrift  unsers  Markus,  entnommen  hat. 

8.  Der  bekannte  Ausspruch  ttbcr  die  Auferstehung  lautet  bei 
Justin  Tr.  81:  o  xvQiog  rf.aZv  elnev^  ort.  ovre  yafiiraovffiv  ovze 
yitjtiri^r^aovTm^cJUd  ladyyekoi  ioorraty  zlxva  rov  &60v  ti^g  ava- 
aulaeofs  Srtfgr  Duss  dieses  Citat  unter  unsern  Evangelisten  nur 
dem  Lukas  (20,  34  f.}  entnommen  eetn  kann,  unterliegt  keinem 
Zweifel,  Matthäus  22,  30  und  Markus  12,  25  entfernen  sich 
%-on  demselben  viel  weiter.  Avch  erklärt  es  sich  «qs  dieser  An« 
n-ihme  vullkommcn,  denn  da  eis  den  Ausspruch  Christi  nur  in  der 
In  iirckten  Rede  wiedergiebt,  so  können  wir  keine  wortliche  Ge- 
naiiiglicit  und  Vollständi*vkcit  von  ihm  erwarten,  es  hat  daher  nicht 
das  Minderte  auf  sich,  d»ss  ein  kleines  Sätzchen,  das  Lukas  hat, 
bei  3.  fchrt,  dn5S  dieser  ein  yuQ  mit  aU.ä  vertauscht,  und  dhss  er 
st;i(t  yiaiovaiv  und  ixya/nlaytfVTaty  ya^irfiovaiv  und  yafir^d'rjoonai, . 
ectzlj  aber  auch. die  Schln^sworto  riiiva  —  ovng^  zunächst  alier- 
diiigs  eiwas  onlTallcnd,  sehen  ganz  ans,  als  ob  sie  aus  einer  fal- 


in  einer  Rede  glciclien  Inbalts  siebt),  tyfQ&Jyett^  0a2u  kommen  dann  bei  Markus 
noch  einige  unbcdentende,  bei  Maltbäus  erbcblichere  gemeinsame  Abweichungen  Ton 
Lukas  und  Justin.  *  -     " 

*)  Wie  auch  Hilgonfeld  211  zogiebt. 


lastin.  35 

fchen  Consfraeffon  oder  einer  verstflsmelteii  Lesart  der  Inkanisobeiit 
xai  vtol  etat  rov  &€0v  t^g  ävaatäascog  vlol  on^ff,  entetandeo 
wAren.  LAsst  sich  datier  ancli  In  diesem  Fall  die  allgemeine  Mög- 
lichkeit einer  ansserkanoniscben  Qäelle  nicht  in  Abrede  ziehen,  so 
liegt  doch  auch  darchans  nichts  vor,  \ras  uns  positiv  auf  eine 
solche  hinwiese. 

9.  Noch  bestimmter  werden  wir  den  Bericht  Jastin^  über  die 
Bfnsetznng  des  Abendmahls,  Apol.  I,  66,  neben  Matthftus  anoh' 
auf  Lukas  (22,  19  f.)  zarQckfahren  dttrfen,  da  er  einige  von 
den  nnte^cheidenden  Zogen  der  lukanischen  Darstellung  enthält 
Die  Apostel^  sagt  J.,  haben  in  ihren  DenkwOrdigkeiten;  den  sogO'- 
nannten  Evangelien,  überliefert:  kaßovva  uqtov  tvxctQiaxTjoavxoL' 
flTtHv  *  TOVTO  noutte  elg  tijv  ävafivrjalv  fiov,  touto  iari  to  oio/^el 
fiov*  xal  to  TtorriQiov  ofiolMg  Xaßdvta  xai  svxocQtotfjaavta  elntly* 
Tövrö  iffti  to  atficc  ftov,  nal  fiovoig  auröig  justadoSvai.  Hier 
treffen  wir  nun  in  der  ersten  HSlHe  des  Berichts,  über  die  Brotf« 
aastheilang,  nicht  blos  das  evxccQicti^aag  des  Panlns  und  Lnkas  ^\ 
sondern  auch  das  eigentlich  charakteristische  Merkmal  der  paoli-  a 
nisch-lakaniscfaen  Darstellnng,  die  Werte:  touto  TtouTte  n.  s.w» 
—  denn  dass  Justin  dvafivrjolv  (nov  statt  e/i^v  ävu/iivrjaiv  hat^  Ut 
natürlich  ganz  unerheblich.  Beides  findet  sich  aber  auch  sonst 
wiederholt:  Tr.  41  nennt  J.  das  Abcndmahlsbrod  den  Sqxoq  t^Si 
evxaQiatlagi  Sv  iig  avctfivjjaiv  tov  nddovg  ...  o  uvQiog  rjfidv 
naQiöcoxe  7ro£€iv/nnd  ebd.  c.  70  holsst  es:  tisqI  tov  a^ov^  Sv 
naQsduxev  jjjiity  . .  noietv  dg  ävafivijaiv  n.  s.  w.  xal  7t€Ql  tpv 
noTTjQloVy  S  Big  avafivjjaiv  taS  alfiatog  avtou  naQido)X6v  iv^cc* 
qiütovvrag  nwiv^  Wollte  man  nun  annehmen,  dass  J.  diesa* 
Züge  einem  Andern,  als  nnserem  Lqkas,  vertTauke,  so  ttflsste  er 
sie,  hei  der  anerkannten  Abhängigkeit  des  Letztem  von  der  paa« 
lluisehen  Barstellung  (1.  Kor.  11,  23  ftS)^  entweder  unmittelbar 
aus  Paulus,  oder  ans  einem  an  Paulus  sich  anschliessenden  Evs:n« 
gellum  geschöpft  haben.  Das  Brstcre  Ist  jedoch  unwahfi^cheinUeh.' 
Denn  einmal  würde  Justin,  nach  seiner  Stellung  zn  Paulas  und 
zum  Paülinismus,  die  panlinischen  Briefe  wohl  kaum  in  dieser 
Weise  beriützt  häbeü;  und  sodaün  berlift  er  Fleh  bei  seiner  Brzflh^i 
lung  ausdroeklich  auf  die  apostolischen  Denkwürdigkeiten,  dio 
Evangelien.    Aber  aueh  tfas  Andere  wird  man  unwahrscheinlich 


<}  Mattkäos  26,  26  und  ttarkui  14,  22  haben  beim  Brod  9iflo%^t^  uad  tnt 
beim  Kelch  e^yoro* 

8» 


SQ  Die  anssecea  Zeugnisse. 

finden  müasen.,  60  lange  keiii  von  jQstin  benfiUie«  Evuifeliiin 
Aufgezeigt^  ist,  das  zom  PanHnisrnns  in  demselben  VerbäUniii»  ge- 
atanden  wäre,  wie  das  des  LoJ^as,  an4  selbst  wenn  diess  der  Fall 
wäre,  wflrde  es  doch  nicJU  der  niit()rlichste  Weg  netn^  die  Worti^, 
die  wir  iu  unserem  Evangelium  finden,  in  einem  solchen  zu  aacbetti 
von  dem  wir  darchans  nicht  wissen  konnten,  ob  «s  sie  enthielt^, 
wir  müssten  denn  besondere  Grtode  haben,  am  Jnstin^a  Bekannt-« 
sohaft  mit  unserem  Lukas  zu  Ifingnen.  Der  Umstand^  jedoch,  daa« 
Justin  seinen  Bericht  auf  die  OenkwQrdigkeiten  der  Apostel,  nicht 
der  Apostelscbflier,  zurückfahrt,  wflrde  hiezu  nicht  berechügen, 
dejon  da  er  sich  im  Weiteren  an  Matthaus  ansehliesst,  konnte  «r 
seine  Quellen  füglich  a  parte  poHori  al»  apostolische  OenkwOrdig- 
keiten  bezeiclmen. 

10.  Tr.  103  lesen  wir:  Km  %6*  md  vöioq  iiexv^  ifol 
di€03iOQ7ila^  7iav%a  tä  ooTa  fiov*  iysvjj&rj  ij  xccQÖia  fiop  wtnl 
xi](fdg  v}XDfi&f6g  bv  fäa^  t^g  xpMag  fiov  (Pb.  22y  14>|  o^w^ 
yeyayev  aiJrq/  ixelvjjg  'cijg  wKrog^  ota  in  aptov  i^^lSw  dg  t€ 
OQog  tdiv  iXcacSv  T^qootyyaUa  ^.  ^Ev  y^Q  %dig  ano/dvgfwvevfioait , 
a  ytri^i  vho  tm  dnoatohav  av%ov  xal  tm  eKelvoig  naQaxtAov^ 
^advTtdv  üwTSTux^vciy  0T(^  IdQcjg  ciael  diQOfißof;,  M^€XBi%p  rntoO^ 
sixo(ihok)  xoi  iByovTog*  TtctQel&eTto ,  el  dwazQv^  to  tvotijqiov 
TQvj;o.f  ivTQOfibv  T^g  xccgdlccg  öjjKqvoi^l  ovatjg  xal  rcSv  oatm. 
Oftoiwg,  xal  ioixviag  irjg  xaQÖiccg  xij^  zf]xofiiv(p  dg  Trpf  xocUcn^ 
n.  s.  w.  Da^s  diese  Stelle  neben  Mt.  2ßy  3^  (woher  die  Worte; 
TtoQelMzo}  u.  s»  f.  stammen)  auf  L.  22,  44  zurückgeht,  lässt 
sicli  um  so  weniger  bezweifeln,  da  ^ukas  der  einzige  von  unsern 
Bvangelisten  ist,  welcher  des  tropfenähnlichefi  Schweisses  erwähnt, 
n,nd  ^da  Justin  hier  ausdrückliQ^  daran  erinnert;  das^s  die  Evangelien 
von  dejfi  Aposteln  und  Apostelschülern  verfasst;  seien;  denn 
wenn  wir  auch  die  Worte^  vtiv  h^  naqaxolov^^  hier  so  wellig, 
als  früher  bei  Papias,  auf  den  lukanischen  Prolog  begehen  können, 
ao^  enthalten  sie  doch  eine  deutliche  Hinweisung  auf  das  Werk 
eyies  apostolischen  Begleiterin,  wie  unser  Lukas,  Die  Viei^f^  IfU'^ 
ferenz,  dass  Justin  sagt:  Idqtag  wad  9qqfißoi^  Lukasi:  mddqoiA- 
ßof.  ae/^iairo^^),,  hat  nichts  auf  s|ch.  De9n  theils  redet  auch  Lukaa 
nicht  von  einem  B)utschweiss,  sondern,  die  Vergleiehjung  mit  Blnta- 
tropfen  soll  nur  an^fi^rücken,  dass  der  Sohw^iss  an  dem  Betenjdjen; 
in  schwere  Tropfen  herabgestrümt  sei,  theils  kann  ^ofißog  für 

« 

— — — ^— — — — — — .  , 

V  CTtdntr  Beitr.  I,  221  *    * 


Jaitin.  87 

tieh  allein  Blntitropfen  bedeaten  0 ;  wftre  dem  hher  »aoh  nfeht  no^ 
jedeiifalbi  hatte  J.  hinreiefaenden  Grand,  da6  allficctog  wdgzalamen, 
da  er  hier  die  Brfttllnag  der  Psalm  werte:  (ooeI  vöcdq  i§exv^ 
nachw^en  will,  wobei  ihn  die  di^diiißoi^  aifictrog  nor  gestOrt 
li«tten. 

11.  In  derselben  Stelle  des  Gesprächs  erwähnt  X,   dass  Fi« 
«latns  Jesnm  gebunden  zn  Herodes  geschickt  habe,  um  dickem  eine 

Aufmerksamkeit  zn  erw-eifien.  Bas  einzige  Evangelittm,  von  dem 
whr  wissen,  dass  es  diesen  Vorfall  erzählte^  ist  das  des  Lnkas  2B\ 
6  IT.,  und  in  der  jostinischen  Stelle  liegt  nicht  das  Oerhigste;  was 
ans  eine  andere  QneHe  vermnthen  Hesse.  Wir  mttssen  daher  auch 
diese  Stelle  nnter  die  rechnen,  welche  Jastin^s  Bekanntschaft  mit 
nnserem  dritten  Evangelium  bestätigen. 

12.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  Tr.  105,  wo  die  Worte  Jesu 
vor  seinem  Verscheiden,  nnter  ansdrücklicher  Bemfan^  anf  di^ 
„Denkwttrdigkdten^^,  so  angeführt  werden:  7taT€Q'*eig  %Hqas  aoi) 
noQccTi&efiai  to  TtvBvfzd  piovy  wörtlich  gleich  mit  L.  28,  46,  nnr 
dass  hier  ehi  Theil  unserer  Keugen  statt  itaqaxld.  Ttaqadriaefiät 
liest  Dass  eiii  anderes  Evangelium,  als  dass  des  LÄas,  diesd 
Werte  gehabt  hätte^  ist  uns  gänzlich  unb6kaiint.t  Die  natOrlichste 
Annahme  wird  daher  auch  ih  diesem  Fall  die  sdn,  dMs  Justin 
sein  Citat  ans  Lukas  entlehnt  hat.' 

Dem  Ergebniss,  welches  aus  allen  diesen  Belegen  hervorzu-» 
gehen  seheint,  dass]  Justin  unser  Evangelium  niicht  Mos  gekantet 
sondern  auch  vielfach  benützt  habe,  hält  HilgenfeldMn  d<^r 
mehrerwähnten  Sehrift  A\t  Bemerkung  entgegen,  sein  Zusammen^ 
treffen  mit  Lukas  erkläre  sich  mit  grosserer  Wahrscheinlichketf 
ans  der  gemeinsamen  Abhängigkeit  beider  von  einer  dritten  Quelle, 
oad  er  sucht  diese,  nach  Credner^s  Vorgang^),  in  einer  petrini- 
sohen  Evangelienschrift;  welche  mit  dem  Markusevangelium  deä 
Papias  wahrscheinlich  identisch,  die  Grundschrift  unsers  Markus 
and  das  Mittelglied  zwischen  Matthäus  und  Lukas  gebildet  habe. 
Auf  diese  Art  soll  sich  nicht  blos  die  Uebereinstimmung  zwischen 
Justin  und  Lirikas  in  d^r  Vorgeschichte  (oben  Nf«  1.  2}  erirlären 
(8.  148  ff.)^  sondern  auch  der  Ausspruch  Jesii  in  der  Bede  an' 
die  siebzig  Jünger  (Nr.  8}  und  die  ganze  Erzählung  von  der 
Auasendung  der  Siebzig  wird  anf  das  petrinische  Evangelium  zu- 


')  Vgl.  Semisch  d.'apost.  Derikw.  JusU  145. 
*)  freitr.  1,  260  ff. 


%%  Die  äusseren  Zeugnisse. 

rOckfoffilurt  (&  286  ff.);  daMelbe  soll  die  BrklArmigeii,  mt  dto 
'  sich  jQstln  Nr.  7  bezieht ,  enihalten  haben  (S.  289};  und  wmrojn 
kAnnte  nicht  aach  die  Sendnnf  Jesu  za  Herodes,  der  tropf enAhn* 
liehe  Schweiss,  das  letzte  Wort  des  sterbenden  Jesus  der  gleichen 
Schrift  arsprflnglich  angehört  haben  (8.289  f.)?  Nor  hier  werden 
wir  auch  die  eigenthamliche  Quelle  far  den  Ausspruch  Nr.:  4  za 
snohen  haben,  welche  Hilgenfeld  (S,  198  IT.)  voraussetzt,  und 
keiner  anderen  Meinung  scheint  dieser  gelehrte  bei  Nr.  6,  wenn 
er  aus  dw  worüichen  Uebereinstimmui^  des  justiniscben  CUats  mit 
I«ukas  nicht  mehr  schliesst  (S.  224},  als  dass  J.  einen  mit  Lu- 
kas stimmenden  Text  gebraucht  habe.  Ebenso  soll  der  A41S* 
sprueh  über  den  Zustand  der  Auferstandenen,  Nr.  8,  nur  einen  dem 
Lukas  sehr  verwsndten  Text  darbieten,  aber  nicht  den  lukanisetten 
selbst,  weil  die  Uebereinstimmnng  nicht  ganz  wortlich  ist  (S.  226}, 
und  wenn  die  paulinischen  ZOge  in  der  Brzfihluug  von  der  Bln-^ 
Setzung  des  Abendmahls  immerhin  eher  von  Lukas  entlehnt  sein 
werden,  a^  von  Paulas,  so  konnte  sie  ja  doch  Jastin^s  „Lieblings* 
evangelinm^'  gleichfalls  gehabt  haben  (S.  2a5>  Nur  *  von  einem 
einzigen  CTtat,  dem  oben  unter  Nr.  6  angeführten  der  grosseren 
Apologie,  giebt  Hilgenfeld  zu,  dass  es  erweislich  von  Lukas 
oder  Markus  herstamme,  weil  nämlidi  d^  entsprechende  des  Oe^ 
spräehs  mit  Wypho  dem  Petrusevangelinm  entnommen  sei  (S. 
223  Q.  Diess  wftre  demnach  die  einzige,  tiberdiess  nic^t  einmal 
ganz  sichere,  Spur  von  Justin's  Bekanntschaft  mit  unserem  Lukas, 
im  Uebrlgen  hätten  wir  an  dem  Petrusevangelinm  fUr .  alle  dem 
Justin  mit  Lukas  gemeinsamen  Zdge  die  nrsprflqgJicbe.Onelle,  und 
es  fehlte  somit  nur  wenig,  dasi^  an  demselben  zum  Ersatz  für  den 
marcLonitischen  ein  neuer  justinischer  Urlukas.  entdeckt  wfire. 

Es  fragt  sich  nnn:  ist  diese  Ansicht  nothwend%  und  zulässig, 
ist  sie  durch  die  Eigenthttmlichkeit  der  jnstinischen  Texte  gefor« 
dert,  und  ist  sie  zur  Erklärung  derselben  geeignet? 

Die  erste  von  diesen  Fragen  mussten  wir,  sofern  sie  sich  auf 
die  obeuangefflbrten  Citate  bezieht,  bereits  verneinen.  Wir  aber* 
zeugten  uns,  dass  sich  diese  Citate  aus  unserem  Lnkas  und  Mat4 
tbäus  vollständig  erklären.  Indessen  ist  die  Sache  damit  noqh 
nicht  entschieden.  Gesetzt  es  wäre  aus  anderweitigen  Granden 
zu  bewegen,  dass  Justin  unsern  Lukas  nicht  gekannt  habe,  se 
mflssten  wir  die  anscheinend  Inkanischen  Citate  doch  am  Ende  aus 
einer  dritten,  beiden  Schriftstellern  gemeinsamen  Quelle  herleiten. 
Allein  jener  Beweis  ist  schwerlich  zu  führen.    Es  ist  zwar  be- 


jtutiD.  89 

atrkl  worden,  Jastin  kflnae  dio  teiden  Erz&hlangeii  L.  9,  41  IT. 
(dor  si/i^OlOfthrige  Jesus)  und  92,  49—51  (der  Schwertschlag), 
und  miUiiii  aach  das  Evangeliam,  in  dem  »le  stehen,  nicht  gekannt 
haben  0«  Diese  wird  jedoch  hinsichtlieh  der  ersten  nur  aas  seinem 
Schweigen, erschlossen.  Nnn  wfire  freilich  in  der  Stelle  Tr.  88 
die  BrwAhnnng  derselben  sehr  am  Platze,  und  es  mass  aulTallen, 
dass  sie  unterblieben  ist ;  aber  doch  wird  man  nicht  sagen  können, 
wenn  Jastin  das  Lnkasevangeliam  gekannt  hfttte,  so  wfire  dieses 
Schweigen  vOUlg  undenkbar;  warum  sollte  es  nnmOgiich  sein, 
dass  er  einmal  eine  passende  Beweisstelle  tibersah,  zumal  wenn 
diese  nur  in  einem  solchen  Evangelium  vorkam,  das  er  blos  in 
nntergeordneter  Weise  benOtzt  und  aus  dem  er  seine  Kennlniss 
4er  evangelischen  Geschichte  nicht  ursprünglich  geschöpft  hatf 
Dw  Erzählung  vom  Schwertsehlag  2)  scheint  Justin  nicht  blos 
durch  sein  Stillschweigen,  sondern  durch  die  positive  Dehanptutig 
Tr.  103  zu  widersprechen,  dass  Jesus  bei  seiner  Gefangcnnehmung 
auch  nicht  Ein  Mensch  zu  Hülfe  gekomuien  sei.  So  sehr  aber 
auch  zu  vermuthen  ist,  dass  er  diese  Angabo  aus  demselben  Evan- 
gelioB  entnommen  hat,  dem  er  auch  die  in  unser«  kanonischen 
Evangelien  fehlende  Notiz  von  dem  allgemeinen  Abfall  der  Jtinger 
(Ap.  I,  60.  Tr.  63.  106)  verdankte,  so  unwahrscheinlich  ist  es 
/doch,  dass  er  gar  kein  Evangelium  gekannt  haben  sollte,  tn  dc.*a 
jener,  von  unsem  Evangelien  einstimmig  erzählte  Zug  bcriciitct 
war;  er  muss  ihn  also  in  seinem  Eifer,  die  Erfnilang  von  Ps.  22 
nachzuweisen^  entweder  ignorirt,  oder  irgendwie  mit  seiner  Vor- 
aussetzung in  Einklang  gebracht  haben.  Um  nichtM  mclir  iint  es, 
wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  auf  sich,  dass  Justin  immer  nur 
von  der  davidisehen  Abstammung  der  Maria  redet,  die  des  Jo« 
seph  dagegen  ignorirt,  ja  fast  ausschlicsst  (s.  o.  Nr.  2),  denn  da 
er  die  Byanyelien  noch  nicht  als  heilige  oder  inspirlrtjp  ^Sehrirten^ 
betrachtet,  so  hinderte  ihn  nichts^  sie  mit  der  gleichen  Freiheit, 
wie  eine  andere  Geschichtsquelle,  zu  behandeln.  Wenn  Hi Igen feld 
endlich  (S.  291)  von  Justin,  als  einem  geborenen  Samaritaner,  eine 


0  Ritsch]  Et.  Marc.  146.  148.  Hilg'enfeld  a.  a.  0.  152.  238  tgl.  Cred- 
oer Beitr.  I,  228*  f.    Seh  wegler  nachap.  Zeit  I,  232. 

^  Den  übrigens  nur  Johannes  dem  Petras  zuschreibf,  die  ältere  Ccbcrliefcrung 
nur  tlherhaupt  einem  Begleiter  Jesu,  dessen  Uebergehung  man  daher  nicht  mit 
Credner  (S.  26t)  und  Hilgej)fc!d  (240.  269)  aus  dem  Interesse  des  pciriai« 
tebea  £viiageliqiot  fQr  die  Perton  des  Petrus  cridären  Icann. 


40  Die  äusseren  Zeugnisse. 

Berftoksiohtigiuig  der  Beziehungen  auf  Samarien  L.  9,  51  iT.  10, 
30  ff«  17,  11  ff.  erwartet,  so  giebt  er  uns  selbm  die  Antwort 
auf  dieses  Bedenken  an  die  Hand,  indem  er  es  als  eine  Bigenthnm- 
lichkeit  der  justinischen  Darstellung  bezeichnet,  die  Samariter  mit 
den  Juden  unter  der  gemeinsamen  Benennung  der  Israeliten  zu- 
sammenzufassen (Apol.  I,  5d>  Dem  Interesse  eines  judabirendea 
samsritanischen  Christen,  wie  Justin ;  war  durch  diese  Wendung 
ungleich  vollständiger  genügt,  als  durch  die  vereinzelten  BerOh- 
rungen  Jesu  mit  Bamaritanern ,  wovon  Lukas  berichtet;  war  der 
samaritische  Stamm  schlechtweg  mit  dem  jüdischen  identiflcirt,  so 
gehorte  die  ganze  Thätigkeit  des  Messias  dem  einen  so  gnt,  wie 
dem  andern,  jene  untergeordneten  Berührungen  Mrurden  entbehrlich, 
und  sofern  Justin  ihre  eigentliche  Absicht  erkannte,  die  persönliche 
Wirksamkeit  Jesu  über  die  Grenzen  des  Judenthums  hinaus  zu  er- 
weitem und  die  EmpfAnglichkeit  der  heidnischen  Samariter  der  ja* 
dischen  Verstocktheit  gegenüberzustellen,  so  waren  sie  mit  seiner 
Grundansicht  geradezu  unverträglich. 

Massen  wir  hienach  Hilgenfeld's  Ansicht  zunfiehst  von  Seiten 
ihrer  Begrftndung  in  Anspruch  nehmen,  so  kOnnen  wir  nicht, um- 
hin^ auch  ihre  durchgängige  Durohfflhrbarkeit  zu  bezweifeln.  Dasa 
Justin  Areilich  ein  unkanonisches  Evangelium  benutzt  hat,  ist  trotz 
Semisch,  den  Hilgenfeld  in  dieser  Beziehung  ganz  schlageifd 
widerlegt  hat,  unlängbar;  dass  dieses  Evangelium  den  Namen  des 
Petrus  oder  seines  Dollmetschers  Markus  trug,  und  mit  dem  pa- 
pianischen  Markusevangelium  identisch  war,  ist  uns  ganz  wahr- 
scheinlich; dass  es  neben  Matthäus  (und  Lukas)  eine  Haoptquelle 
unsers  Markus  gebildet  hat,  mochten  wir  gleichfalls  vermuthen; 
dass  es  auch  unter  die  „Vielen^^  gehört,  deren  Lukas  in  seiueai 
Vorwort  erwähnt,  ist  wenigstens  möglich.  Wenn  aber  Hilgen- 
feld die  Uebereiasthnmung  dieses  Evangeliums  mit  unserem  Lukas 
so  weit  treibt,  dass  er  die  scheinbar  lukanischen  Gitate  Justin^s 
bis  auf  ein  einziges  dem  Petrusevangelium  zuweist,  so  scheint  er 
uns  damit  die  Grenze  der  Wahrscbeüilichkeit  zu  tiberaohrdten.  An 
sich  zwar  wäre  auch  ein  solches  Verhältniss  nicht  schlechthin  un-' 
denkbar:  gesetzt,  wir 'wUssten  von  unserem  Matthäus  nichts mehr^ 
als  von  dem  justinischen  Petrusevangelium,  wie  manche  Anftthrung 
einer  Stelle  aus  Matthäus  würden  wir  auf  Markus  oder  Lukas 
zu  beziehen  geneigt  sein!  Allein  das  Lukanische  bei  Justin  ist  nicht 
Mos  ein  indifferenter  Stoff,  der  in  jedem  Evangelium  gleich  gut 
stehen  konnte,  sondern  es  trägt  die  Spuren  sdnes  Ursprungs,  die 


JattlD.  41 

EigeDthflmliebkelt  dar  Inkattitohen  OarsteUang,  deutlich  an  sioh. 
Der  AnespriiGb  L.  10,  19  (oben  Nr.  8)  bildet  ^inen  Theil  der  In- 
straMoBsrede  att  die  siebzig  JOoger.  Nun  ist  aber  die  ErzAhlung 
ven  der  AssseadiiDg  der  sfebsig  Jflager  se  eng  mit  der  ganaen 
Tendeaifi  des  dritten  Evangdiams  verwachsen,  dass  wir  sie  tut 
ein  ursprüngliches  Eigentham  desselben  an  halten  fcaom  amhiB 
können  1),  nnd  wenn  Hngen/eld^)  wahrsebeialich  zn  naohen 
sucht,  dass  auch  schpn  Justin's  „petrinisches  Evangelinm^'  von  den 
Siebzig  gewnsat  habe,  so  sind  doch  seine  Beweise,  wie  mir  siAeint, 
nicht  geeignet,  von  der  ganz  unbestimmten  Möglichkeit  dieser  An» 
nähme  zu  ihrer  Wahrscheinlichkeit,  oder  auch  nur  so  ihrer  ge<- 
echichtlichen  Znlissigkeit  fortznfOhren.  Sein  Hanptgrund  ist,  dass 
Markos  in  mehreren  Zflgen  aus  der  Umgebung  Jener  Erzfthlnng 
mit  Lukas  übereinstimme,  und  dass  derselbe  hierin  wohl  ebenso, 
wie,  dieser,  dem  Petrusevuigelium  folge*  Allein  dass  Markus  jene 
ZUge  nicht  aas  unserem  Lukas  selbst  hat^  wftre  erst  zu  beweisen, 
und  wenn  auch,  so  fehlt  ihm  ja  gerade  die  Hauptsache,  die  Aon* 
Sendung  der  Siebzig  nnd  die  Bede  an  dieselben,  man  könnte  daher 
nur  vermuthen,  dass  sie  auch  im  Petrusevangelium  gefehlt  habe. 
Diese  Erzählung  trAgt  den  ganz,  spedischen  Charakter  des  loka« 
nischen  Pauliniamus.  Man  bemerke  nur,  wie  aulfallenji  Lukas  die 
Zwölf  gegen  die  Siebzig  zurückstellt,  wie  kurz  er  ihre  Aussen- 
dnng^  9,  1 — 6  behandelt,  wie  so  gar  keinen  Erfolg  mr  von  ihnen 
zu  berichten  weiss,  mit  welcher  Vorliebe  dagegen  die  Aussendnng 
der  Siebzig  und  ihr  glAnzendes  Brgebniss  c  10  geschildert  bt,  / 
wie  die  Instruktionsrede  des  Matthflus  (10;  6  ir.)  an  die  Zwölf 
von  Lukas  c.  9  verkürzt  würd,  um  den  grösseren  Theil  derselben 
fttr  die  Siebzig  zu  verwenden,  wie  das  berühmte  Herrenwort, 
welches  Matth,  11,  25  ff.  nur  an  die  Zwölf  gerichtet  sein  kann, 
von  Lukas  10,  21  an  dieBtickkehr  der  Siebzig  angeknöpft  wird, 
man  übersehe  nicht,  dass  die  Siebzig  nicht  blos  tiberhaupt  schon 
durch  ihre  symbolisohe  Zahl  im  Unterschied  von  den  12  Juden* 
aposteln  die  Heidenmission  repräsentiren,  sondern  dass  sie  noch 
bestimmter  durch  mehrere  ZAge  zu  Beprftsentanfeen  der  paullni- 
sehen  Heidenmission  gestempelt  werden,  dass  es  die  Grundafttizt 
der    paulinischen  Missionsthfttigkeit,    die    Ausspruche  des  Paulus 

')  M.  s.  hierüber  Baur,  Krit.  Unters,  u.  s.  w.  S.  435  ff.  Die  Evangelien,  ihr 
Geist  11.  8.  w.  (Lpz.  1845)  S.  82  f.     Schweglör,  Nachapost.  Zeit.  II,  45  ff. 

^  D.  dement.  Recogn.  66.  D.  £y.  Just.  286  ff.,  ähnlich  KöstUo  Urspr.  u. 
Comp,  d  synopt.  Ev.  267  f. 


412  Die  ftaiMren  ZeugnlMe. 

Cl.  Kor.  9,  6  ff.  10,  27)  dnd,  welehe  ihnen  Jesn«  hier  (10,  7  fO 
zam  Theil  Bellet  MrOrtlleb  zam  Gesetz  nacht,  dass  es  ei»  Erei^ 
niss  im  Leben  des  Panlns  (Apg.  28,  8  ff.)  ist,  dnrch  welches  die 
Verhelssang  L.  10,  19  wftrüicher,  als  dorch  irg&td  einen  andern 
nenteslament liehen  Vorfall,  erfflllt  wird,  dass  dem  Paulas  vor  Allem 
dM  Wort  L.  10,  20  sq  Ga(e  kommen  mnsste,  dessen  Bhre  ihm 
von  jttdenchristlicher  Seite  (vgl.  Apok«  Jl^  14)  missgOnnt  wurde, 
dass  auch  niimitCelbar  vor  der  Erzfthlong  von  den  Siebzig  I^.  9, 
49  f.  eine  kleine  Anekdote  steht,  die  auf  eine  Vertheidigung  des 
Paulas  wie  berechnet  ist  0)  —  Bi^i^  nehme  alle  diese  Anzeichen 
zusammen,  und  man  frage  sich,  ob  wohl  eine  so  ganz  im  paull- 
nisehen  Interesse  ansgefahrte,  von  dem  Brangellsten  selbst  in 
diesem  Interesse  so  nachdrtlcklich  betonte  Erzfthlang  einen  Be- 
standtheil  des  „Petrusevangeiiams^^  bflden  konnte.  Was  sollte  auch 
in  der  jadenchristlichen  Tradition  ihr  Motiv  sein?  Hilgenf6ld 
glaubt,  die  Aehnlidikeit  mit  den  Aeltesten  des  Moses.  Aber  dieser 
Beweggrund  erscheint  doch  viel  zu  untergeordn^,  um  desshalb 
eine  Er^AWung  zu  bilden,  die  filr  das  Ausehen  der  Apostel  so  ge* 
fihrlich  werden  konnte;  noch  unwahrscheinlicher  ist  es,  dass  Jesus 
selbst  aas  diesem  Grunde  die  Auswahl  der  Siebzig  vorgenommen 
haben  sollte.  KOsUin  nimmt  an,  die  Siebzig  sollen  in  ursprtlng- 
lieh  untergeordneter  Stellang  zu  den  Zwölfen  die  Heidenmtssion 
repräsenüren,  sie  stammen  aus  einer  Schrift,  welche  die  zwölf 
Apostel  noch  auf  das  jüdische  Volk  beschränkte,  zugleich  aber  den 
Verhältnissen  einer  späteren  Zeit  durch  Ausdehnung  des  messia» 
nisohen  Heils  auf  die  Heiden  Becbnung  trugen  wollte.  Aber  wenn 
diess  eine  judenchrlstliche,  petriuische  Schrift  war,  wie  er  annimmt, 
so  bleibt  ganz  unbegreiflich,  dass  sie  nicht  den  cinracheren  Weg 
einschlug,  den  zwölf  Aposteln  die  Heidenmission  unmittelbar  zu 
übertragen.  Wer  in  judenchristlicher  Weise  nur  die  zwölf  palft- 
strnensischen  Apostel  als  die  eigentlichen  Apostel  Christi  ansah, 
der  konnte  die  Ausdehnung  des  messianischen  Hefls  auf  die  Heiden 
nur  In  der  Art  anerkennen,  dass  er  sie  in  den  apostolischen  Beruf 
der  Zwölfe  mit  einsehloss,  zur  Vertheilung  der  Juden-  und  Hei- 
denmission an  verschiedene,  von  Christus  gleich  unmittdbar  be-* 
auftragte  Personen  hatte  nur  der  einen  Anlass,  welcher  das  Da- 
sein eines  Heidenapostels  neben  den  Jndenaposteln  anerkannte,  der 
Pauliner.    Gerade  dadurch,  dass  die  Siebzig  ebenso   unmittelbar, 


0  KOitlin  Urspr.  u.  Comp.  d.  synopt.  Et.  201. 


Joida.  43 

wie  die  Zwölf,  von.Cbriatos  tevellmiehtift  und  ansgeMUidt  wer-' 
den,  iit  die  gleiche  BerecliligiiBg  beider  aasgetiHrochen ,  wie  am« 
gekehrt  dem  Paolius  ven  eeioen  jadaisUeehe»  CSegnem  die  Sleleii- 
eteUosg  mU  den  UrepeiitelA  desehelb  verweigert  ^wiinlei  weil-  er 
nicht  munfttelbar  ven  Christas  berufen  eel.  Die  Siebsig  können 
..dnher  den  Z weifen  nie  untergeordnet,  eondem  inser  nnr  beige- 
ordnet geweeen  aein,  and  nicht  ein  Petriner,  senderu  nnr  ein  Pnn« 
liner  kenn  diteee  Ctegenbild  der  Jadenapostel  gMchnflren  haben. 
Wie  oNin  aaf  jud^nchriatlioher  Seite  verAihr,  nachdem  nan  ein- 
mal das  Recht  des  Heideachristenihnms  zngestanden  hatte,  diese 
neigen  am  Besten  die  Sagea  nber  Petrne»  ober  seine  Reisen  in*s 
Abendland,  seine  Wirksamkeit  in  Rdln  und  Kerinth:  um  kein  nn- 
abhtagtges  Heldenapestolat  nageben  zn  raOssen,  machte  man  den 
hedeotendsttn  von  den  Palisiloenaem  anm  Beidenapoatel,  nnd  Aber- 
tmg  ihm  die  SUflnng  der  Gemeinden,  die  in  Wahrheit  von  Panlns 
henrohrten,  Heidenmisslenftre  neben  den  sweif  Aposteln,  gleich 
nnmittelhar  ven  Christas  erwftfalt^  kennte  der  Jadaismas  onmoglteh 
nageben.  Wirklieh  finden  wir  auch  in  der  jadenchristlichen  Ueber- 
Uefermg  keine  Spar  ven  den  siebzig  Jtingem*  Matthias  kennt 
sie  niebt,  Markos  Imt  sie  gewiss  nicht  absichtslos  nbergangen,  der 
Verfasser  dnr  dementlnisehen  Homfilen,  wiewehl  er  das  l^iikas- 
evangelinm  gekannt  nnd  die  Instmktisnsredp  an  die  Siebzig  vieU 
Meht  benotet  hat,  tknt  ihrer  selbst  doch  keine  firwiihnang,  nnr 
in  den  Reeegnitionen  (s.  n.)  werden  sie  bertihrt ,  aber  diese  Er- 
wihnnng  gehört  schwerlich  nu  dem  altebjonllischen  Gromlstock 
der  Schrift,  dem  man  sie  nenerdtngs  belgeztiblt  hat.  Die  Erzühlnng 
ven  den  Siebzig  kann  daher  nur  dem  panlinischen  Evangeliam, 
nnr  dem  Lnkas  orsprOnglich  angehören,  und  was  Jnstin-  aus  ihr 
anfahrt,  kann  er  mr  diesem  entnmnmen  haben.  Wollte  man  die 
Worte  onseres  Citats  dennoch  aas  einer  anderen  Quelle  herleiten, 
se  mOsste  man  amiehmen,  sie  haben  sich  ursprtinglich  auf  die 
zwölf  Apostel , bezogen,  und  seien  erst  von  Lukas  mit  der  Instruk- 
tionsrede  des  Matthias  auf  die  Siebzig  nbertragen.  Aber  da  Jn- 
stin Msem  Lukas  jedenfalls  gekannt  hat,  se  haben  wir  nicht  den 
minderten  Grund  zn  dieser  Annahme,  und  da  die  Worte,  die  er 
anfOhrt,  gerade  im  Leben  des  Paulus  ihre  Erfüllung  fanden,  se 
ist  sie  auch  an  eich  selbst  ganz  unwahrscheinlich. 

Aebnlich  verhilt  es  sich  mit  dem  Ausspruch  Nr.  4.  Dass  das 
paullnische  Evangelium  ein  Wort,  Welches  ursprtknglich  nur  das 
Ende  der  alttestamentlichen  V^issagung  ausdrticken  sollle,  in  eine 


44  Die  ftuf8«ren  Zengniste. 

VMMrung  Ober  da«  Ende  des  alten  Bande«  varwandelfe,  kann  iHebt 
anlalJen.  Beim  petrlni«chen  dagegen  mOaale  dieaer  Zeg  httremdtn ; 
desB  da««  nach  dem  «n^rflngliehen  Sinn  de«  AiMsproeh«,  «e  wie 
diever  bei  Jkietin  lautet,  nur  die  Wirksemkefl,  nioil  die  «flltfgktft 
der  altteatamentlleben  Religion  im  neaen  Bund  aafheren  «olle  % 
dieae  Untersdiddiuig  i«t  theil«  «n  «ieb  «elbat  za  f^,  am  baitb^r 
zu  «ein,  theil«  widerlegt  «ie  sieh  darob  die  obenangeftthrte  RrUi«^ 
rang  Justin'«,  der  gerade  da«  Aafbe^ren  de«  allen  Bvnde«  in  «eteem 
Text  /and.  —  Weit  eber  konnte  man  es  «ich  gefailen  la«««»,  daas 
die  Anaaprflcbe,  worauf  «ieb  Ja«tin  in  den  «nter  Nr.  7  angeftthr-' 
ten  Stellen  bernlt,  im  Petrasevangelium  ibre  araprUngliche  Heimntii 
gehabt  haben.  Inde««en  erhellt  an«  tine^  Vergleiebang  der  fiteilen 
Apg.  18,  27.  26,  22.  (10,  43.  2,  23)  mU  L.  16,  31.  24,  M 
f.  44,  das«  gerade  Laka«  auf  die  prepbetlaehe  Ferknndigang  de« 
Leidens  Christi  einen  besonderen  Werth  legt,  and  es  ist  dies«  anoH 
bei  dem  Pauliner,  fftr  welchen  gerade  da«  Leiden  de«  Messla«  etee 
weit  selbstilndigere  Bedeutung  hatte,  als  für  den  Bbjoniten^  nielit 
fsu  verwundern;  warum  «ollen  wir  uns  nun  fUr  die  Aeusserung 
Juetin^s  statt  des  ihm  erweislich  bekannten  ISvangeKom« ,  weleke« 
den  fraglichen  Zug  enthält,  naeh  einem  anderen  nmaeben,  vom  dem 
wir  nicht  im  Geringsten  wissen,  ob  es  ihn  gleiobMl«  enthalten 
hat?.—  Von  der  Brzfthlung  ttber  die  Sendung  Jesu  zu  Püatu« 
sagtHilgenfeld  selbst  S.  289  3),  sie  sei  ui  der  digentbtmlichtm 
Tendenz  des  dritten  Evangelium«  wohlbegrttndet;  dieser  Versuch 
des  Pilatus,  die  Unschuld  Jesu  von  dem  jttdisoben  Forsten  be«tft^ 
tigen  zu  lassen,  werfe  nur  um  so  m^r  alle  Schuld  setees  Totei 
auf  die  Juden.  „Aber  passt  diese  Tendenz'',  fragt  er,  „nicht  auch 
sehr  wohl  zu  dem  Charakter  des  Petrusevangeliunm,  zti  dem  re- 
mischen Interesse,,  welche«  in  ihm  hervortritt,  zu  «einlsr  gerade 
auf  die  Heidenwelt  gerichteten  Tendenz?'^  Allein  da««  da«  „Pe* 
trusevangelinm^^  diese  Tendenz  hatte,  diess  hat  H.,  wenn  wir  nicht 
irren,  nur  aus  Stellen  unseres  Lukas  erschlossen,  ven  denen  er 
voraussetzt,  ^dass  sie  sich  auch  in  jenem  gefunden  habeo,  .Sein 
Beweis  bewegt  sich  also  hier  in  einem  Kreise.  Verlaesen  wir 
diesm,  so  ist  uns  die  Tendenz  de«  „Petrosevangelioins^^  ekM  ganz 
unbekannte  Grdsse,  mit  der  wir  nicht  gegen  ehie  bekannte,  die 
Tendenz  und  den  Inhalt  unsere«  Lukas,  operiren  kdnnen.  Dagegen 
spricht  für  das  Anrecht  des  Letzteren  an  die  vorliegende  BrzAh- 

")  Hilgenfeld  Ev.  Just.  200. 

^  Nadi  Baar  Riit.  Unters.  Ol^er  die  Er.  «.  489. 


Sn»fan.  '  45 


Img  MSMT  Ihffw  A^gmmMmnhitä  tt  die  Geüuittlieiideiiz  des* 
BvM|giii«m  aMh  die  Steile  der  ApeetelfeeoliieMe  4,  S7,  welche 
jttienfAUe  aeigt,  de««  ihr  LnfcM  eine  beeoedere  Bedeatim;  beilegte, 
iiml  das  heharrllehe  Beetrehei  dereelbee  Sohrirt,  die  Seheid  der 
Jvden  in  der  Verwerf  eng  des  meselMiiflelieii  Heile  berverzuheben; 
nerkwordig  M  aoeh  die  GleieUieit  der  Medve  für.  das  Verhör 
Chrieti  Ter  Heredee,  aed  dae  Verher  dee  Paulas  ver  Agrippa:  wie 
aus  jenen  die Uebeceeiig wg  gewennMi  wird  (L.  23,  14  f.):  ovdh^ 
eifoif  ev  t(^  aif^Qtamf  tomtf  ahiov  . .  •  aiX  ovdi  ^HQtaSijg  . . . 
avdiw  Sitcv  &a»mov  iori  mnQceyftivop  aCt^j  se  lisst  der  Ver* 
Hasser  bei  diesem  de»  venihni  beabsichtigten  Bindmok  von  Agrippa 
in  den  gleieUantenden  Worten  Apg.  26,  di  aassprechen:  ovdh 
SopwQV  8Si€V  i]  4&ifiw  n^aüQu  6  opd^tonog  ovtog.  TlUgt  nlohC 
AUes,  so  bat  Lakas  srine  BrisAUiiMlg  ketnem  ftlteren  Bvangeliaai 
zu  verdanken.  —  Aach  dist:  Worte  lesa  vor  seinem  Ende  (Nr.  12) 
werden  als  ftcht  hikaniich  dnreh  die  Analogie  der  BrzAhlnng  ober 
den  Tod  des  Slephams  (Apg.  7,  59)  bestätigt,  and  der  Anachre- 
nismuB  in  Betreff  des  ftairinas^  diese  aoffallend  ftdsehe  Angäbe  bei 
scheinbarer  Genairigkeit',  hat  an  dem  Anacfaronismos  der  Apostel- 
geschichte hinsiehtlich  des  Dfaeadas,  and  an  L.  3,  2.  Apg.  4,  6 
so  schlagende  Parallelen,  dass  wir  ihn  dem  Verißasser  des  Lakas- 
evangeliams  selbst,  ond:  nicht  seinen  O^ellenaciiriften  zazprechnen 
allen  Grand;  haben.  —  Wenn  endlioh  Justin  in  seinem  Bericht  von 
der  Bittsetzong  des  Abendmahls  niolst  unmittelbar  aus  Paulus  ge- 
schöpft bot,  was  hat  die  grossere  Wafarschefcilicbkeit  for  sich,  dass 
er  unsem  Lukaß  beuAtzts,  oder  dase  sein  petrinisches  Bvangelinm 
sich  in  wesentWchen  SMgen  an  die  Darstelhing  des  P^nlos'  an-* 
scb]|ess?  Wie  »Ossten  ^r  uns  Oberhaupt  dieses  jadenehrlstUclie 
BvangeUom  denken,  wenn  ee  alles  das  enthalten  haben  sollte^  was 
ihm  BilgenfeU  9iMraat>  wen»  nicht  etwa  nur  ein  Universalismus 
innerhoU)  dop  ebjsnitisclien.  Standpnnkts,  in  der  Weise  der  clemen- 
tinispheli  Homilien;  sondern  aoeh  der  offenbare  Panünismus,  der^ 
anngesprocbene  Gegensat^i  gegen  das  Judenohristentham,  darin 
Raum  Huld,  uiid  wie  seltsam,  dase  unser  Markus,  dieser  angebliche 
^pitomilor  der  petrinisehBn  Schrift,  uns  in  so  vielen  Fftllen  gerade 
da  im  Sü^h.  Iftsst,  wo  ii^  untessoheidendste  BigenthOmlichkeit  seiner 
fli|ifpt4ueUe|  in  ihrem.  Unterscbied  von  Matlhflas,  hervorträte! 

Ein^n^  wichtiigepi  BntiohQida^fSgrund  giebt  endlich  auch  hieif' 
die  Sprache.  Hat  Jnstin,  die  veraohiedenen  Aussprache,  in  denen 
9x  wortlich  oder  fa^t  Mffli^oh  mit  bukae  susammentriirt,  nMit  aus 


■-*< 


40  DI*  äusseren  Zeugnisse. 

diosem,  tondem  aas  dem  PetrastTttgeliMi  gMonata,  to  mtütMi 
mir  Bchliesion,  das«  Lukas  demselben  kt  einem  bedentenden  IfieO 
seiner  Darstelloog  mit  AngstUeher  Treae  gefolgt  sei,  denn  dass  ge« 
rede  imr  in  den  von  Justin  citirten  Stellen  dieses  VerhAltniss  statt«- 
lindo^  wfire  doch  nicht  glanblicli.  Dann  wllre  aber  dte  Einheit  nnd 
Bigenthflmlichkeit  seines  Styls,  wie  sie  ein  späterer  Abschnitt  dieser 
Schrift  sowohl  im  Bvangeliam,  als  in  der  Apostelgesehichte,  auf- 
zeigen wird,  kaum  zu  erklären«  Zwar  hat  er  aueh  ans  MatthAn» 
Vieles  wortlich  aufgenommen,  noeh  weit  hfiulger  hat  er  aber  doch 
hier  ge&ndert  Lassen  wir  dagegen  zu  dem,  was  er  von  Mat« 
thfius  entlehnt  hat,  noch  eine  Menge  wörtlicher  Entlehnungen  nun 
dem  Petrusevangelium  hinzukommen,  so  ist  schwer  zu  begreifen, 
dass  ein  von  Andern  so  abhängiger  SchrifUtetter  dooh  eine  und- 
dieselbe  ütylisUsehe  ElgenthQmlichkeit  in  z:wel  Schriften  bewahrt 
haben  sollte,  von  detira  die  eine  jedenfalls  ganz  andere  Ot><^Il^ 
gehabt  bfitte,  als  die  andere.  Aber  auch  in  den  kurzen  justlni- 
sehen  Citaten  selbst  Ifisst  sich  die  Sprache  des  Lukas  nicht  ganz 
verkennen.  Wenigstens  ist  das  vkpiatOQ  und  vlog  viplarov  L.  1, 
32,  35  Fpedfiscb  lukanisch  (s.  u.)  $  imoxiu^itv  findet  sich  ausser  . 
der  synoptischen  VerkiArungsgeschichte  und  L.  1,  35  nor  noch 
Apg.  6,  15,  die  VerMndung  von  nvevfm  und  Ovanig  ist  gleich^ 
falls  bei  Lukas  vorzugsweise  beliebt  (s.  u.);  auch  das  naqari^hat 
L..d3,  46,  ein  sonst  nicht  eben  b Aufiges  Wort,  steht  Ev.  L.5mal, 
Apg.  4mal,  und  evayyeki^eadaiy  womit  Justin  die  Engelsbotschaft 
an  Maria  bezeichnet,  kennt  neben  den  paolinischen  Briefen  und 
1.  Pctr.  nur  Lukas,  der  sich  dieses  Worts  häufig  und  namentlich 
Ev.  1,  19.'  2,  10  in  ganz  analogem  Zusammenhang  bedient. 
Kehfflcn  wir  alle  diese  Anzeichen  zusammen,  so  werden  wir  allen 
Grund  haben,  in  den  oben  angegebenen  PAIien  die  Beziehung  der 
jusliuiscben  Citate  auf  unsern  Lukas  fortwährend  festzuhalten. 

Steht  es  hiernach  for  uns  ausser  Zweifel,  dass  tias  Lukas-» 
ej^niigellum  von  Justin  benützt  M;tird6^  so  ist  es  eine  ziemlich  un- 
erhebliche  Frage,  ob  er  es  auch  noch  an  anderen  Stellen«^  als  die 
angeführten,  berflck&^ichtigt  Doch  wird  man  von  hier  aus  geneigt 
sein,  diese  Annahme  noch  in  einigen  Fälien  mehr  oder  weniger' 
wahrscheinlich  zu  finden.  So  mag  die  Erwähnung  der  Elisabeth, 
als  Mutter  des  Täufers  Johannes,  Tr.  64,  auf  L.  c.  1  zurflckwei-' 
sen.  Ebenso  kann  das^  was  Tf«  SS.  4a  ttber  die  Erwartungen 
des  Volks  von  Joluranes  gesagt  ist,  nebst'  einigen  von  den  Worten 
dt^  T«if^8,  aus  L.  8,  i&  t  geäossen  ftein^  doch  scfaeiht  sich'  iu^ 


iistio.  47 

den  Wörtern  ^J^anfov  xa^ofihov  inl  tov  ^loqdavov  der  Bin*- 
floM  einer  aQii«erlsan#Di6Clien  Qaelle  zu  vernähen  0-  0^  ^Q  ^^ni 
CIUI  Apol.  I,  15:  oin  ijkdüv  xaliaai  iixalovQf  ctiXu  a/ia^oiAov^ 
dg  fieiavoiccv  die  letztem  xwei  Worte  von  Justin,  oder  von  Ln- 
IcaSy  oder  von  einein  Dritten  herrflbren,  lAast  sieb  trotzdem  ^  daee 
sie  Lnlcas,  im  Untersehied  von  Mattbnna  und  Marlons,  Iiat,  nielit 
entscheiden,  und  wenn  es  an  sich  nahe  genug  lAge,  den  Ans* 
sprach  Apol.  I,  16:  t(^  ThTitovrl  aov  r^  aiayova  naQB%B  xa^ 
XTpffakkij»  u.  s.  w,  anf  L.  6,  29  zarfldcxnfQhreny  so  sind  doch 
aaeh  die  Abweieknngen  des  jiKttnischen  Texts  von  dem  inicani« 
sehen  erbeblich  genag,  nm  so  mehr,  da  Jasthi  gerade  in  dem  Zn« 
lammenhang  jener  Stelle  mehrfach  unverkennbar  eine  ansserkano«* 
nisehe  Quelle  benOtnt  hat.  Aach  die  Rede  gegen  die  Pharisier, 
welche  Münze  nnd  Rante  verzehnten,  aber  der  Gottesliebe  nnd 
des  Gerichts  vergessen,  Tr.  17,  sl^t  L.  11,  43  sehr  nahe,  ohno 
dass  doch  das  Citat  ganz  sieher  wäre. 

In  fach  geringerem  Maass  ist  diess  bei  einer  Reihe  anderer 
Stellett  der  Fall,  die  man  gleichfalls  ganz  oder  theilwei«e  anf  ua« 
sern  Lukas  beziehen  wollte.  Dahin  geliert  die  Angabe  Tr*  88 
Ober  die  Jagend  und  das  erste  Anf  treten  Jesu,  mit  L.  2,  40.  8, 
93,  und  Tr.  49,  ttber  die  Gefangennehmnug  des  Tftufers,  mit  L. 
3,  19  f»  verglichen,  denn  in  diesen  beiden  Stollen  ist  die  Aehn« 
lichkeit  der  jostloischen  Citate  mit  den  lukanischen  Stellen  sehr 
gering;  femer  Apul.  I,  16.  Tr.  06:  ylveads  XQV^ol  nal  ottttiQ* 
HW$S  (vgl«  L.  6,  55  f.  Clement.  Hom.  111,  57);  Apol.  I,  16. 
63:' of  yag  axovH  fiov  xal  noul  ä  Uyw  (c.  63  kürzer:  d  ifioS 
tixovwv)  uxovei  tov  anoar^ÜxevTog  fi$  vgL  L.  10,  16;  Tr.  17  t 
oval  vfuv  y^afificnäg^  ort  rag  xhig  l'xete  o.  s.  w,  vgl«  L«  11, 
63.  Mt.  23,  14'^);  ApoL  I,  17:  (;i  tMop  üdwxsv  6  ihog  nXiop 
xai  dnait7i%hjaet«i  na(f  avxovy  vgl.  L.  12,  48;  Apol.  I,   16)* 


')  Derselb6  Aasdruck  findet  sich  nämlich,  offenbar  nicht  ohne  Bedeutung,  &nch 
Tr.  5t :  El  9t  ^Itaawtji  juVy  it^QtXr]lv9t  fioiSr  rotg  ayd'gtinoi;  ^frarotTr,  xat  Xfttm 
^6f  Ifn  ah'oü  na^tlojufvov  hCi  roü  */oQSarou  norajuoü  htfXS'tcy  Sjtauoi  tt  aCtop 
tov  rr^otptjrußii^y  nai  ßvnrfZity  u.  8.  w.  Das  Ma9^P9^ai  des  Tänfen  bildet  hier 
einen  UQTerkennbarcn  Gegensatz  gegen  das  thatcnvolle  Herumwandem  Christi^,  und 
der  Vorl&ufer  selbst  erscheint  in  einem  ahplichen  beschrankten  Charakter,  wie  Cleifl. 
Hom.  II,  23.  Sollte  sich  diele  Auffassung  wohl  nicht  an  eine  Altere  Darstellung 
«nlehnen? 

^  M.  Tgl.  auch  die  Form  desselben  Atsspruchs  Clement.  Hom.  III,  18.  tVUlf 
16  und  was  unten  hierObtr  sn  lielocrkes  sein  wird. 


48  I)ie      äusseren  Zeugnisse. 

ttTtoxiOQHTS  an  ifiov  i^dtai  xijg  avo^ilug^  wo  n^ r  ins  i^yavat 
(statt  iQya^öfiBvoi)  m  h,  13,  37  eiiimort,  wAhrend  die  übrigen 
AnsdrOcke,  and  namentUoh  die  oharekteristische  avo/alay  wöfttr 
Lukas  dSixla  setzt,  mit  Mt.  7,  38  Obereinstimmen;  Tr.  36:  ovioi 
ol  dixaiovvteff  kavrovg  vgL  L.  16,  15;  ApoL  I,  13:  Sg  yafiäl 
aTtoXelv/iivipf  ci(p  kriQOv  äydQog  fioixüxat   vgl.  L.  16,   18.  Mt. 

5,  33;  Tr.  17:  o  (Axog  fiov  ohog  Ttgagevxijg  eativ  ü.  s.  w.  s. 
L.  19,  46.  Mt  31,  13;  ApoL  I,  17:  ^quniav  avrdvy  et  del  Kai^ 
oaQi  q>CQOvg  zslelv,  vgl.  L.  30,  33.  Mt  33,  17;  Tr.  101,  Seht 
(die  Verhobaung  Jean  am  Krena),  wo  die  unbedenteude  Berahrang 
mit  einigen  lokaniachen  Aasdrücken  (L.  33,  35)  nur  auf  einer  ge- 
meinsamen Abhftttgigkeit  von  Ps.  33,  7  berabt.  In  allen  diesen 
Stdleii  sind  die  Ankl&nge  an  das  eigentbOmlich  Liycanisobe  unbe* 
deatend ,  and  ans  zaf&Uigem  Zasammentreffen  leiofat  zu  erklären. 
Btwas  bedeutender  erscbeinen  sie  in  der^Rede  ttb^r  die  Feindesiiebe 
und  die  Wohlthfttigkeit  ApoL  I,  15.  Tn  133;  wenn  wir  dafeu  L. 

6,  37  f.  30.  34.  Mt  5,  43  ff.  vergleioben.  Nur  finden  sich  hier 
einige  so  auffallende  Abweichungen  von  unsern  syneptisehen 
Texten,  dass  es  sieh  sehr  fragt,  ob  die  nfiohste  Ouelle  des  Citats 
i|i  diesen  zu  suchen  ist  Das  Gleiche  gilt  von  dem  Spruch  über« 
das  grOsste  Gebot  Tr.  93.  ApoLI,  16,  der  sich  in  seiner  zwischen 
h.  10,  37  und  4,  8  (Mt  33,  37.  4,  10)  schwankenden  Haltung 
weder  auf  die  eine  noch  auf  die  andere  VMi  diesen  Stellen  mit  Be- 
stimmtheit zurflckfahren  lässt  Bei  mehrere  andern  dtaten  würd 
es  trotz  ihrer  theilweisen  Verwandtschaft  mit  lukanischen  SteUoti 
durch  ihr  Verhältniss  zu  apokryphischen  Texton  wahrscheinlich^ 
dass  sie  ausserkanonischen  Ursprungs  sind.  So  bei  dem  Be- 
rieht tiber  die  Taufe  Jesu  im  Jordan,  Tr.  88.  103,  dessen  Cha- 
rakter  durch  mehrere  eigenthflmliche  Angaben,  die  in  nnkanoni- 
scthen  Bvangelien  wiederkehren,  ausser  Zweifel  gesetzt  ist,  ^J 
ApoL  I,  63*  Tr.  100:  ovdelg  eyvcu  (Tr.  yivcioxei)  %öv  nceveQa 
u.  s.  w.,  die  bekannte  Lesart^  über  deren  Verhältniss  zu  L.  10,33 
söhon  aus  Anlass  Marcion's  gesprochen  wurde;  ApoL  I,  19:  fin 
g^oßelO'de  Tovg  avcccQOvvrag  vfiSg  xori  ^etu  Tavta  /u^  dwa/iivovg 
%i  noirjaacy  q)oßi]^tjT€  6k  tov  fieucc  to  anoQtxvelv  Swafnerw  xal 
tffvxrjv  xal  ObifKx  eig  yievyav  s/ußakeiv^  wo  die  clementinischen  Ho- 
mtlien  XVII,  5  und  der  zweite  Korintherbrief  des  Clemens  c.  5 
einen  Text  darbieten,  der  dem  justinischen  nahe  verwandt  ist,  und 


*)  S.  Credner  Beitr.  I,  237  flf.     Rilgenfeida,  a.  0.  164  ff. 


Justin.  49 

ZQ  dem  des  IHatthäwi  (10,  28)  and  Lukas  (12,  4  f.)  in  einem 
ähnlichen  yerhältniss  steht;  Tr.  53.  106.  Apol.  I,  50,  wo  die 
^ederholte  Ang^abe,  dass  die  Apostel  bei  der  Kreazignng  Jesu 
von  ihm  abgefallen  seien,  und  diesen  Abfall  nachher  bereut  haben, 
mit  Bestimmtheit  auf  eine  eigenthümliche  Onelle  hinweist,  der  auch 
der  AusdruclE  CTr.  106)  iv  jueacp  zoh  cidehpm  avTOv  earr}  ir<?y 
aTtoOTolcDv  angehören  k:ann.  In  vielen  Fällen  endlich,  wo  die 
Beziehung  eines  Citats  auf  unser  Evangelium  unzweifelhaU  ist, 
steht  um  so  mehr  die  Aechtheit  der  justinischen  Schrift  in  Frage. 
Diess  gilt  nicht  allein  von  den  Büchern,  deren  Unäohtheit  heutzu- 
tage allgemein  anerlcannt  ist,  sondern  auch  die  Fragmente  über  die 
Auferstehung  müssen  wir  in  dieses  Urtheil  miteinsdüiessen.  Wenn 
daher  diese  Schrift  c.  8  auf  L.  6,  32  f.,  c.  3  auf  L.  20,  34,  o.  9. 
auf  L.  24,  38  ff.  Rücksicht  nimmt,  so  ist  diess  für  die  vorliegende 
Frage  ohne  Bedeutung. 

Justin  hat  demnach  unser  drittes  Evangelium  zwar  gekannt 
und  benützt,  diese  Benützung  erscheint  aber  im  Verhältniss  zu  der 
Masse  seiner  evangelischen  Citate  doch  nur  als  eine  beschränkte, 
und  wir  müssen  desshalb  vermuthen,  unser  Evangelium  habe  für 
ihn  mcht  dieselbe  Wichtigkeit  gehabt,  wie  diejenigen,  von  denen 
er  einen  umfassenderen  Gebrauch  macht,  es  sei  nicht  die  ursprüngr 
liebste  Quelle  für  seine  Kenntniss  der  evangelischen  Oescliichte« 
Wo  und  wann  es  ihm  aber  zuerst  in  die  Hände  lEam^  lässt  sich 
nicht  mehr  bestimmen. 

Dass  Justin  auch  die  Ajostejgescbjtchte^gekannt  hat,  ist 
PJchLzn  beweisen,  und  es  kann  nur  desshalb  nicht  positiv  ge- 
läugnet  werden,  weil  sich  eine  Anftlhrung  dieser  Schrifi  auch  dann 
nicht  von  ihm  erwarten  lässt,  wenn  sie  ihm  nicht  unbekannt  ge- 
blieben war.  Man  vergleicht  für  Apg.  1,  8  f,  ausser  o.  9  der 
unächten  Schrift  von  der  Auferstehung,  Apol.  I;  50:  elg  ovQcevov 
iveQxd/aevov  Idovreg  xal  maTBvaavreg  xai  dvvafxw  €itet9ev  adtotg 
nefiq>duaccv  naq  avTOv  Xaßovfeg  xal  etg  txSv  yevog  avdiQcincav 
ildüvTsg  Tavta  idlda^av  xal  aTtoGToloc  TtQoatjyoQSvdTjoav  —  för 
Apg,  2,  30  Tr.  c.  68:  Kai  6  TQvqxov  ndSg  ovv  6  k6yog  leysc 
T(^  Jaßldy  Sri  äito  Trjg  öö(fvog  avrov  XrjxpeTaL  aZt^  vidv  6  d^og 
xcii  xaToqdwaet  avTip  Ttjv  ßaacleiav  xal  xad^iaei  avTOv  inl  d^ivov 
ti^g  do^rjg  avrov;  —  für  Apg.  4,  27  Apol.  I,  40:  ndSg  jurp^vH 
(tÖ  nv^fxa^  tJjv  yeysvrjfiivrp^  ^Hqcoöov  tov*  ßaCilemg  ^lovdaiojv, 
^(ttavTwv^IovdaUav  xal  nildrov . . .  ovv  rolg  avTOv  orQaTtÜTaig 
xwa  Xqvotov  ovvelevmv,  vgl.  Ps.  2,-  —  für  Apg.  7,  21  f.  Coh. 

4 


i50  I)i«  äusBeren  Zeugnisse. 

ad  Gr.  0  o*  10:  (Mimjg)  Ttdarjg  fijg  AiyvTtTÜav  ncudaioaiog 
fietotaxHv  i^^uidr]  did  to  vno  '^ycetQog  ßaaiU(ag  dg  Tcaiöog 
(fxeiwadut^  XCJQCcv  —  fflr  Afg»  7,  44  ebd.  o.  29:  riyQu<pB  yoiQ 
Mcjcijg  tag  %ov   d^ov    Tteql  %^g  ontpijg   Ttqog   avtov   dqrptotog 

ovTwg OQa  noiijaeig  xatd  tov  tvtiov  tov  dedeiyfievov  uov  iv 

T^  OQH  —  för  Apg.  10,  14  Jt,  JW):  (ifj  ndvra  iodiovreg  ov  did 
TO  elvui^  wikd  xoivd  tj  dxddtxqua  ovx  iadiofiev  —  für  Apg.  13, 
27.  48.  Apol.  I;  49:  ^lovdaloi^  ydg  e'xovteg  %dg  7tQog>7]Telag  xal 
dal  nQogdoxtjaayteg  tov  Xqcotov  naQuysvfjao^evov  i^yvoTjoav  [seil. 
tdg  7$Qoq>fp:€lag],  ov  fiwov  dk^  d^d  xal  rtaqexj^rjaavTO  *  oi  de 
dnd  %wv  i^vm . . .  nlijQiodiweg  x^Qdg  ^  nioTBiag  tolg  eldoikovs 
dnetd^avTO  u.  s.  w.  —  fOr  Apg.  17,  23,  ApoL  II,  10:  Ttgög  &eov 
dif  Toü  dyvüKJTOv  amdig^  did  loyov  ^7j%jja€(ag  mlyvioaiv  Tiqoir- 
TifiTtero  Co  ScDXQdrrjg)  —  für  Apg.  26,  22  f.  Tr.  86:  ozv  TtadTj- 
TÖg  Xgtatdg  TCQoeg>ijtsv&J]  fdlkecv  ehai  •  • .  xal  &^do^og  (ierd  z^ 
nqmrpf  avxov  TtaqovoLav...  ilevao^svog  xal  xgizrjg  Ttdnofv^  und 
ebd.  e.  76:  et  fdg  did  tm  nQoq>rjziSv  TtagaxexqcXv^fisvcjg  xexi]- 
fiuxzo  ua^rfSQQ  yenjaofievog  6  Xqustbg  xal  (letd  T,ccvta  jcdvziov 
xvQievawv  —  Mr  Apg.  9ßy  29,  Tr.  8:  Bovlolfifp^  d^  av  xal  ndvrag 
laov  i/Äol  Qvfibv  noirjoaiihovg  (ifj  dq)laTaadac  zm  zov  aurz^gog 
Xiyiäv.  Indessen  ist  anter  all  diesen  Parallelen,  nameutlioh  unter 
denen  aus  den  Achten  Schriften,  auch  nicht  EinC;  die  sich  nicht 
ans  dem  zufftlligen  Zusammentreffen  von  Schriftstellern,  welche 
derselben  Zeit  und  demselben  Kreis  angehOrIg  verwandte  Gegen- . 
stftnde  behandeln,  aufs  Natttrlichste  erklftrte,  wenn  auch  bei  der 
.einen  und  andern  von  den  obigen  Stellen  eine  Erinnerung  an  die 
Apostelgesohiehte  an  sich,  und  Justin^s  Bekanntschaft  mit  derselben 
vorausgesetzt,  wohl  denkbar  ist. 

Der  pseudojttsthiische  Brief  an  Diognet  hat^  nur  äusserst 
wenige  Stellen,  die  an  Lukas  erinnern,  und  auch  diese  wenigen 
sind  ohne  alle  Beweiskraft.  Denn  was  will  es  heisaen,  wenn  c.  11 
Christus  ovzog  6  del,  aijfiegov  vlog  hoyiaddg  genannt  wird,  da 
hiefOr  das  Vorbild  von  Ps.  2,  7  gewiss  näher  liegt,  als  das  von 
L.  8,  22j  wenn  c.  6  steht:  xQ^^''^'^^^^  '^^^9  fiiawrpag  dyaTidioiVf 
ein  Satz,  den  der  Verfasser  so  wenig  aus  L.  6,  27,  als  aus  Mt. 
5,  44  zu  schöpfen  brauchte;  wenn  c.  11  (jia^rpialg * . .  dt  ntazol 
oyia&ivzeg  vn  avzov  eyvtaaav  nargdg  fivazjjguz...  dnkazeiXe 
X6y€Vi  ^'^^  ^^mf  g)avfj'  og  vnd  laov  dzifiaaddg^  did  dTtoozöhav 


^)  Uebrigens  eine  Schrift  von  selir  zweifelhaftem  Ursprung. 


K^iqvxSel^y  pnd  49tä¥  ^wnwdfj/)  niiit  Apg.  la,  4^-48,  ««  8  <d 
y«ß  Ttoiijaag  tw  ovqopw  nm  vijv  yijv  xm  ndpva  td  .*r  cnk^ 
MÜ  itumv  Tj^lv  X9QW^9  '^  nQogdeOfisda  ^  ovi&og  Sv  amtig 
TtQogdioiTO  tovT(av  m  %f&g  ciofisvoig  dvdovat  nco^exet  avrog) 
mit  Amt»  1^9  ^4  f*  einige  Adhniiehkeit  des  BI11118  zeigt,  die  Kadern 
mit  AwsiMhiie  der  letateni  Stelle  entfernt  genug  ist?  Uebeigens 
Mite  «iibh  dn  weit  entaMShiedeneree  ZMuniiiitntffelfen  l>ei  ttem  intilli- 
iMUMiHüli  spite«  ^spriUig  der  ga&anolen  Sohrilt  ^)  wenig  traf  eieii. 

4.    Ignaiius,    Polykarp,    die  clementinischen   Homiiiriii 

und  Recognitionen. 

♦    *  '.'■••• 

EAwaa  jünger  als  die  fianpteci&riftea  Jo^tin's  .«iQd  ^l<dr  >Kf^r- 
SQheinliohlceit  naoli  die  ignati.auisolien  Briefe.  ^)  Wiewehl 
aW  diese  Briefie  piebrfaoh  aof  evangelisohe  Brzählangen  und 
kumtfitMke  BMbiiolit  n«i&pei^^  so  wissen  doch  selbst  solebe  Com- 
AenMops»,  di^  W  Ujobrigen  nut  der  AnnatuQjs  neütestamentUch^r 
CUale  fuigMg  genvg  sind,  Mne  Beciehnpg  auf  unser  drittes 
Brangnliam  4aifo  21a  finden,  n^d  ebenaewenig  Ifisst  siofi  .in  ituien 
eiae  ^sirkUobe  &§fa  von  Bekafintscbaft  mit  der  Apostelgeschichte 
sntdeokenu  Man  erinnert  sul  Igu.  Smyrn.  o.  3  ^3  an  Apg.  iq,  41^: 
olinveg  awegxxyo^ief  xal  aw^Tihfiev  avT(^  fi&ta  %6  ^äii/ua(i;f^w 
mdy  ix  p&CQmj  «1  Ign.  Philad.  c.  2  ^)  an  Apg.  20,  29:  eigr- 
Blsvacofvtei  (leva  i^ijv  ätpt^iv  jliov  Ivkoc  ßaQslg  eig  vfiäg.  Indessen 
ist  nicht  blos  die  zweite  von  diesen  Parallelen^  wie  am  Tage  lieft, 
ganz  unerheblich,  sondern  auch  die  erste  kann  nichts  beweisen, 
denn  es  war  ohne  Zweifel  eine  verbreitete  Ueberlieferung ,  dass 
Jesus  nach  der  Auferstehung  mit  den  Jüngern  gegecisen  und  ge- 
trunken habe,   und  so  wenig  unsere  kanonischen  BvangeKett  (L. 


*)  M.  vgL  hierüber  meu^e  Bemerkungen  in  den  Theol  Jahrb.  IV,  619  f. 

^  lieber  den  Ursprung  derselben  vgl.  nuin  Baur  in  der  Tab.  Zeit^chr.  f. 
Theol.  1838,  3.  149  ff.  D.  ignatian.  Briefe  S.  57  ff.  Scbwegler  nachapost.  Zeit. 
n,  159  ff.  Die  üeberzeugung  von  ihrer  Unächtheit,  welche  ich  mit  diesen  Gelehr- 
ten tkeUe,  ist  auch  durch  die  neueste  Arbeit  von  Uhlhorn  (in  Niedner's  Zeit- 
sthriftf.  hifltor.  Tbeoi.  1851.  1,  4  ff.  2,  247  ff.  nicht  erschüttert  worden.  Dage- 
gen bin  ich  mit  dem  ürtheil,  weiches  z^erst  Baur,  d.  ignat.  Briefe,  und  nun  auch 
dhLhorn  über  die  ßyrische  Becenscion  der  Briefe  gefällt  hat,  ganz  einverstanden. 

')  finvi  Sk  Ttpf  .ävmnwsin'  awitpaysv  avrolf  ara»  auviniev  iSg.  aagxixö;,   xaCneq 

0  noXXol  yccQ  ivxot  ä^ionurroi  ^Sovrj  ttaxfj  atx/uaiuT(iovoi  JOig  ^eoSmojuovt* 

4» 


52  Die  äusseren  Zeugnisse. 

24,  80.  41  f.  Job.  21,  13  f.)  nothwetfUg  waren,  va  diaie  Ueber- 
lieferaag  fortzupflanzen,  ebensowenig  bedarlTte  es  der  Apostel^e- 
eebiebte,  am  de  knrz  gefaest  mit  den  zon&obet  liegenden  Wörtern) 
Ovfiq>ay€iv  und  avfiTiuiv^  aoszadracken. 

Mit  den  ignatianisohen  Briefen  steht  bekanntlieh  der  angebliolie 
Brief  Poiykarps  in  so  nahem  Zasammenhaag,  daas  die  An- 
siohten  aber  seinen  Ursprang  and  seine  Integrität  jederzeit  mit  dem 
Urtheil  über  die  ignatianisehen  Briel^  Hand  in  Hand  gehen  werden. 
Wir  ansererseits  können  die  Abfassnng  desselben  nar  in  die  !Keit 
naoh  Polykarp^s  Tod,  der  im  J.  167  erfolgte,  verlegen. 0  Nor 
am  so  aafl^ll^nder  ist  es  aber,  dass  die  einzige  Stelle,  welche  an 
nnser  drittes  Bvangeliam  anklingt,  doch  in  Wirldichkeit  einer  aasser- 
kanonisohen  Schrift  entnommen  sein  mass.  C.  2  heisst  es  nAmlich: 
tlnev  6  xvQiog  dMaxiov*  fitj  xglvere  %va  /ut/  xQt&^e'  ag>l€T€  xcd 
äq>e&ijaeTai  vfuv  iXeslre  ha  ilerjdijte'  h  ^  ^ikr^  fieTQehe 
ovn/iieTQTjdijaeTai  vfuv.  Von  diesen  vier  Brmahnongen  stimmt  nnn 
die  erste  mit  Mtth.  f,  1  wörtlich,  mit  L.  6,  87  minder  genaa  «berdn: 
die  zweite  mit  Mtth.  6,  14  in  dem  Sinn,  nar  theüweise  aoA  in 
den  Worten,  mit  L.  6,  87  dagegen  nar  ganz  entfernt;  die  dritte 
hat  gar  keine  neatestamentiiohe  Parallele;  denn  L.  6,  88  gehört 
nicht  hieher,  die  vierte  erinnert  zanäclist  an  Mtth.  7,  2,  nar  ent- 
fernt an  L.  6,  88.  Dagegen  scheint  sich  c«  1  {XQiüxdv^Sv  ^etgev 
6  -öcoff  kmag  Tag  dSivag  zov  ^dov)  aaf  Apg.  2,  24  (Sv  d  &e6g 
aviotfjae  Ivaag  rag  (o&ivag  tov  dtxvätov)  zu  beziehen,  denn 
konnte  auch  der  Aasdrack  wdtveg  tov  ^dov  (oder  dxxrdvov)f  n«s 


')  Man  Tgl.  hierüber  ausser  Schwegler,  Nachap.  Zeitalter  11,  154  ff.  auch 
meine  Bemerkungen  Theol.  Jahrb.  IV,  586  f.  VI,  144.  Was  der  neueste  Vertheidiger 
des  Polykarpusbriefs  (Ritschi  d.  Entst.  d.  altap.  Kirche  604  ff.)  für  seine  Aecht- 
heit  anführt,  dürfte  wenig  beweisen.  So  ?erliert  namentlich  das  Zeugniss  des 
Iren  au  8  III,  3,  auf  das  er  grossen  Werth  legt,  fast  alle  Bedeutung  durch  den 
Umitand,  welcher  aus  dem  Bruchstück  bei  Euseb.  K.  6.  V,  20  deutlich  henrorgeht, 
dass  Irenäus  den  Polykarp  nur  als  Knabe  gesehen  hatte,  und  seit  dieser  Zeit  in 
keiner  Verbindung  mit  ihm  gestanden  war,  denn  eine  solche  Berührung  bürgt  uns 
natürlich  nicht  im  Geringsten'  für  die  Bekanntschaft  des  Iren,  mit  Poiykarps  schrift- 
stellerischer Thatigkeit.  Sieht  sich  vollends  Ritschi  selbst  genöthigt,  die  Haupt- 
bedenken gegen  die  Aechtheit  des  Briefs  durch  die  Annahme  vielfacher  Interpolationen 
^u  entfernen,  so  kann  uns  das  nur  beweisen,  dass  derselbe  so,  wie  er  roriiegt, 
nicht  zu  halten  ist;  was  berechtigt  uns  aber,  nach  Belieben  auszuschneiden,  was 
uns  daran  nicht  taugt?  Da  übrigens  Ritschi  die  Abfassungszeit  des  Briefs  zwi- 
schen 140  u*  168  setzt,  würde  uns  seine  Ansicht,  die  vorliegende  UateraucluiDg 
betreffend,  nicht  stören. 


Polykarp,  die  clementinischen  HomiUen.  53 

der    anrichflgeD    aloxandriolsoheii   Vehermixang    des    T)}Oil   ^3fl 
Ps.  18,  5  stammend,  dem  allgemeinen  dogmatischen  Spraehgebraiich 
angehören,  so  ist  doch  die  sonstige  Aehnliehkeit  beider  Stellen  für 
diese  Erklftmng  fast  za  gross ;  virogegen  o.  8 :  iäv  7taa%(afiev  dia 
TO  ovofia  avTov  do^a^o)^ev  avTdvy  so  wenig  eine  Anspielnng  anf 
Apg.  5,  41  enthält,  als  das  Martyrium  Polykarps  c.  7  (ro  ^elrjfia 
Tov  d-eov  ysviad-o))  eine  AnspiOlnag  auf  Apg.  21,  14. 
.     Während  hienach  die  panlinischen  Verfasser  der  ignatlanischen 
Briefe  and  des  Polykarpusbriefs  von  dem  eigenthOmlieh  panlinischen 
Evangeliam  keinen  Gebrauch  machen,   so  linden  wir  es  um  die 
gleiche  Zeit  in  den  Händen  des  Bbjoniten,  von  welchem  die  cle- 
mentinischen fiomilien   herrtthren.     Aas  der  grossen  Anzaid 
evangelischer  Citate,   welche  sich  in  dieser  Schrift  finden,  heben 
wir  zunächst  die  folgenden  heraus,   die  mit  der  lakanischen  Bede 
an  die  siebzig  Jflnger  auffallend   zusammentreffen.    Hont  XIX,  3: 
xal  ort  ecoQaxev  tov  tcovtjqov  dg  aatgaTt^  rteaovra  ix  tov  ovqavov 
idijlcoaev.   Vgl.  XI,  30:  iva  f^ij  jj  xccxlcc  17  t0  xvglip  TtQoadia- 
h%9uaa   TJfiSQag    TBOaaQccxovtay   ^r^dhv   dwtjduaa,    varsQgv  (og 
aorqaTti^   e^  ovQovov  ird  yrjg  Tteaovaa  u.  s.  w.    Dass  sich  diese 
Stellen  auf  den  von  Lukas  10,  18  ttberlieferten  Ausspruch  Christi 
{i9e(jjQ0w  %ov  aceravSv  dg  aatganry  ix  tov  ovqccvov  Tteaörca) 
beziehen,  unterliegt  keinem  Zweifel,   und  dass  sie  unserem  Lukas 
entnommen  sind,  ist  um  so  wahrscheinlicher,  da  sich  auch  der  benach- 
barte Vers  L.  10,  20^3  Hom.  IX,  22  in  den  Worten  wiederfindet:  diX 
oimg  xav  Ttaweg  dai^ovsg  fiera  navrtav  tcSv  TCadtSv  vpiSg  q>eV' 
ywatr,   ovx  satcv  iv  romif  (lovif  %uIqbvv  y  dlX  h  tij}  de   evage- 
oiicev  ta  ovoficcta  vfiiSv  iv  ovQCcvifi  dg  del  ^dvTCOV  dvayQaq)i}vac* 
Bei  diesen  zwei  Stellen  lässt  sich  daher  auch  Hilgenfeld  ^}  mit 
Recht  durch  Credner^s  Zweifel  ^)  von  der  Annahme  ihres  la- 
kanischen Ursprungs  nicht  abhalten.    Hat  aber  der  Verfasser  der 
Clementhien   die  Stelle  des  Lukas  über  die   Siebzig  gekannt  und 
benutzt,  so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch  L.  10,  24:  noiXol 
n^rJTm  x(xl  ßaatlelg  r^dkXr^aav  iddv  a  v^dg  ßUitets  auf  die 
Fassang  der  Worte  Hom.  Ill,  53  Einfluss  gehabt  hat,  die  so  lauten: 
noXlol  n^mprjfcat  xal  ßaatlelg  iTted'Vfiraav  Idelv  S  v^eXg  ßUnere 


')  nXtjy  €v  Tovrtp  jutj  xa^rre  ort  r«  nnv/uara  v/uTr  vnatetMVti^'  JT^*^*^*  ^^ 
ör»  T«  Mfiaxa  vjucSv  lyqafptj  ly  roX^  ovQavotg. 
*>  D.  Et.  Just.  u.  s.  w.  357. 
*)  Bcitr.  I.  324, 


54  I>ie  äusseren  Zeugnisse. 

imi  axoSaai  a  ifXHQ  moievB,  xo^  ^f^9  ^y^  ^(^^^  ow  iiSov 
offT^  ipcQva^j  ienn  Mt.  18,  17,  sonst  die  nähere  ParalMstaHe^ 
hf^^  TXaiJLol  7SQQq)fjira&  xql  dixaioi.     Doch  ist  hier  bei  der  Ab- 
veictinn£r  des  Citets  von  musem  beiden  Evangelisten,  die  Annahme 
e|f|f;s .  «wa^kanonlsehen  Tcixtes  anch  zulässig,  welcher  dann  wohl 
d^n  Aussprach  so  wenig,  als  Matthäus,  mit  der  Aussendung  der 
Jünger  in  Verbindung  gesetzt  hat^.    Auch  Hörn.  III,  30  scheint 
djlft  JEiinnerong  an  lul^aaisehe  Stellen  die  Färbung  des  Aosdnieks 
bjfding^    zu.  haben.     Die   Worte  lauten:    ö  anoüTeilixg  rjxag... 
TjpifJtijv  lifjv   eiqrrifrjv]   ijfilv  iverellaTO   TtQoqxicei  nQogijyoQiccg 
7^0  tuiv  T^äiöaaxakiag  Aoywv  vfuv  inig>'9'eyy€a&c;if  cva  iav 
^W,H*V  vVtr  elQyvrjg  Texvav  dia  rfg  didccaxallag  i^fiäy  xata- 
^ßjl.  avzöv  jj  BiQTfvr^^   ei  di  Tavrtpf  laßelv  vßcSv  %tg  fi^  -SHoif. 
TO^^ß-i^fielg.  djioTiva^aiaevot  elg  jtiaQTv^iav  tiSv  noddSv  Tjftahf 
TQ9i  ix  zdiv,  o^aiv  xovcoQzoVy  ov  diä  tovg  xafiarovg  ßacvä-: 
^uvreg  jjviyxccfi^v  Ttgog  vfiag  OTtwg  acodiJTey  elg  eviqcov 
aTtiio/aev  oixhg  xal  TtoJLeig,    Diese  AnfOhrung  stimmt  n^  im  All« 
greinen  mit  Mt.  10,  iSl — 14  überein,  doch  erinnern  die  oben  un- 
terstrict»enen.  Worte,   die   bei  Matthäus  Iccine  Parallele  haben,  an 
1^1  9,  6:  i^e^ofievoi  imo  tj^g  Ttoleiog  exelinjg  xal  xov  xovloqtöv 
aTXo  TCüv  Ttodwv  vfidiv  dTtimva^ccre  elg  fiagtvQiov  en  amovg 
un4  c.  10,  Ö^f.  11:  elg  fjv  i^  av  olxlav  elgsQXV^^y  TtQfÜTQv  li- 
ye,f,e'  elQjjvt],  % t§  (äxifi  tqvti^.  Kaliav  fi  ixet  viog  elQiqvrjg^ 
inavaTtccvaerat  in    avroy  rj  elqijvfj  vfim  u.  s.  w.  (einaxe'}  xai 
zov  xovcOQTOv  töv  xokXrjdevTja  rjfuv  ex  rijg   nolecog  vfiwv  dno- 
fxaaao^edu  vfuv^    Ist  nun  auch  die  Uebereinstimmung  keineswegs 
iY0rtHch,  und  z^igt  der  Schluss   der  dementinischen  Stelle  jeden* 
fa|||^  ein  Mis^verständniss  in  Betreff  des  Staubabschütteins,  so  miio^t 
dojf}^  6cJ|ion  ii^r  Znsammenhang,  in  welchem  sich  die  beti^effenden 
AMf^p^acb^  bei  Lukas  finden,  ihre  Berücksichtigung  in  den  Homi- 
lieft  wahrscheinliiüh.  Aus  demselben  Grund  möchten  wir  Harn.  III,  71 
die  Worte;  a^iog  iaxtv  6  eQydzTjg  rov  jniadov.  avTOv  aus  L.  10,  7 
ii^rjieiten,  ^)    wenn  gleich   die  sprichwörtlich  lautende  Redensart 
ajßffij^  nifg/fBGb^n  vpn  .unsern  Evangelien  im  Umlauf  gewesen,  sein  j 
kann  3  auch  1  Tim.  5,  18  wird  sie  in  derselben  Fassung,  wie  bei 
Lukas,   möglicherweise  freilich   auch   schon  in  Abhängigkeit  von 
diesem,  zusammen  mit  dem  Wort  vom  pflügenden  Ochsen,  sogar 
alis  alttestamentlitJh  (als  yqatp^)  angeführt. 


*)  Mt.  10,  10  setzt  statt  r.  /uurd-ov:  trjg  rqoiptji. 


Die  clementiniscben  Homilien.  55 

Bine  weitere  fOr  ans  nicht  anwichtige  Stello  findet  $AA  Hom. 
XVIfy  Ä:  naqaßoXfiy  elg  tovto  elnciv  irtäyec  njv  iq^rpfeUxv  Hytait, 
isL  ovv  o  xQiT^g  tijg  ädt^xlag  inolrjaev  ovtu^gj  dca  tÖ  exaatote 
ä^iioSijyaif  nooif  ^allov  6  tzcct^q  notrfiH  vfjv  ixdlxfjaiv  TcSy» 
ßwavrtav  Ttqbg  ambv  rjfisQag  xal  wterog ;....'  Tcoirjpu^  xal  iv 
räx^i"  l^ft  dieser  Aassprach  an  L.  18,  6  IT.  seine  einzige  neu- 
testamentliche  Parallele  hat,  nnd  da  von  einer  anderweitigen  Heber- 
lieferang  der  Parabel  vom  angereohten  Richter  nichts  bekannt  ist, 
da  femer  aaoh  hinsichtlloh  des  Aosdracks  beide  Stellen,  trotz  der 
Freiheit  des  Citats,  gerade  in  den  Schlagwörtern,  die  sich  dem 
Gedäcbtniss  am  licichtesten  einprägen,  znsammentreffen,  so  ist  an 
der  Benützang  des  Lukas  hier  kaam  za  zweifeln. 

Dass  dem  Verfasser  der  Homilien  auch  die  Parabel  von  La- 
zarus und  dem  Reichen  bekannt  war,  erhellt  aas  Hom.  ü,  18: 
ha  fxkv  6  x(xxdg  iv  ^dt]  yevofisvog,  cSg  imavda  tä  ayadti  ana- 
Xaßwvj  ixel  negl  m  fjfiOQtsv  xolaa9fij6  dk  ayadog..*  ixet  (og 
iv  xolTtoig  dcxaicDv  dyaduiv  xltjQOvofiog  xccraatfjj  denn  Aasdraök 
und  0edanke  treffen  hier  za  sehr  mit  L.  15,  28.  25  zasammen, 
als  dass  die  Üebereinstimmnng  zafälUg  sein  konnte.  Da  aber  fl-ei-> 
lieh  Lakas  die  Erzitthlang  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  bis  V.  25 
aus  einer  ebjonitischen  Schrift  entlehnt  hat,  ^)  so  kann  sie  eben- 
daher auch  den  Homilien  zugekommen  sein. 

Bestimmter  mochte  man  die  Worte^  welche  Hom.  XI;  2Ö  dem 
sterbenden  Erlöser  in  den  Mand  gelegt  werden:  TtdreQ  aq>eg  av- 
%olg  Tag  a(xaq%lag  awcSv,  ov  yäg  otdaaiv  S  noiovaiv,  auf  L.  28 
34  (noTBQ  aq>€g  avTolgy  ov  yäg  cÜdaai  vi  noiovaC)  zurückführen, 
wenn  nicht  der  Umstand  auf  eine  Altere  Quelle  zu  deuten  schiene, 
dass  die  ebjonitische  Märtyrerlegende  Hegesipp's  (b.  Bus«  K. 
6.  |I,  28),  mit  unverkennbarer  Beziehung  auf  die  Worte  Christi, 
Jakobus  den  Gerechten  bei  seiner  Steinigung  flehen  lässt:  xvQte 
588  Ttareq  ätpsg  avroTg'  ov  yäg  o'iäaav  tL  Ttocovaiv.  *)  Nun  ist 
es  freilich  sehr  wohl  denkbar,  dass  Hegesipp,  oder  wer  sonst 
jener  Legende  ihre  letzte  Form  gab,  unser  drittes  Evangelium  vor 
Augen  gehabt  hat,  und  es  spricht  hiefttr  ausser  dem  wOrtlioben 
Zusammentreffen  mit  demselben  auch  das,  dass  Hegesipp  in  den 
Worten,  welche    den   oben   angeführten   unmittelbar  vorangehen: 


0  M.  8^  meine  Nachweisung  Theoi.  Jahrb.  1843,  626.    Seh  wegler  na6hap. 
Zeit  II,  65  ff. 

^  Wie  Hil genfei d  a.  a.  0.  S.  369  richtig  erinnert. 


56  Die  aasseren  Zeugnisse. 

e'STpee  rct  yivata  Uytav,  mit  dem  feerioht  der  Aptostelgesohiebte 
7,  60  vom  Ende  des  Stephanns  sich  berührt,  nnd  da  nan  nicht 
bloB  dieser  Bericht  der  Erzählung  des  Evangeliams  vom  Tod  Jesu 
nachgebildet  zn  sein'  scheint,  sondern  anch  Apg.  3,  17. 13,  27  das" 
Verfahren  der  Jnden  gegen  Jesus  unter  denselben  Gesichtspunkt 
gestellt  wird;  \de  L.  23,  34,  so  haben  wir  um  so  mehr  Grund, 
die  nrsprflngliche  Quelle  flAr  die  Worte  Jesu  bei  Lukas  zu  suchen, 
besonders  nachdem  die  Bekanntschaft  der  Clementinen  mit  seinem 
Evangelium  anderweitig  schon  festgestellt  ist  Doch  bleibt  immer- 
hin die  Möglichkeit,  dass  der  Ausspruch  auch  in  einer  filtern  von 
Lukas  gebrauchten  Schrift  aberliefert  wurde,  und  da  sein  Vor- 
kommen bei  Heggesipp  dieser  Annahme  zu  einiger  UnterstOtzung 
gereicht,  so  wird  sich  die  Wahrscheinlichkeit  einer  Benützung  des 
Lukas  hier  schwerlich  zur  vollen  Gewissheit  erheben  lassen. 

Der  Ausspruch  über  das  Gebet  Hom.  III,  56  zeigt  eine  Mi- 
schung aus,  Matthäus  und  Lukas.  Der  Anfang  desselben  lautet 
abweichend  von  Mt.  7,  9  und  fast  wörtlich  übereinstimmend  mit 
L.  11,  11:  rlva  ahi^osi  vlog  uqtov,  /htj  Xldüv  imddaet  avrt^ ; 
rj  Hai  Ix^ov  ahijaei,  fjt^  oq)tv  imdcoaev  avT(jf;  dann  wendet  sich 
aber  das  Citat  zu  Matthäus  mit  dessen  c.  7,  1 1  das  Weitere  wört- 
lich zusammentrifft.  Dass  hier  wirklieh  unsere  beiden  Evangelisten 
benützt  sind,  lässt  sich  nur  unter  der  Voraussetzung  bezweifeln^ 
Lukas  habe  seine  Fassung  des  Ausspruchs,  mit  Ausnahme  des 
12.  Verses  und  der  Abweichung  im  13.,  von  demselben  Evange- 
lium entlehnt,  wie  der  Verfasser  der  Clementinen  die  seinige.  Die 
Möglichkeit  dieses  Falls  können  wir  allerdings  nicht  bestreiten^ 
aber  für  wahrscheinlich  können  wir  ihn  nicht  halten.  / 

Auf  L.  6,  46:  tL  de  fie  xaleTTS  xvQte,  xvQiSy  xal  ov  Ttoislre 
S  Xeyta;  sei. eint  sich  H.  VIII,  7  mit  den  Worten  zu  beziehen,^  o 
^Ifjaovg  rjfiwv  tcqoq  Tiva  TtvxvoTegov  xvqcov  avrov  liyovray  fiTjS^v 
de  noLOvvra  wv  ovtos  trCQoghaaaev  eq)7i'  tI  fxe  Xsyeig  xvQcSy 
xvQts,  xal  ov  noieig  S  leyco;  denn  die  nähere  Veranlassung  die- 
ses Spruchs,  welche  die  Clementinen  angeben,  kann  recht  wohl 
von  dem  Verfasser  derselben  beigefügt  sein.  Dagegen  möchte  für 
H.  XV,  ö:  dixacov  egxxaxsv  slvac  xal  rq)  tvmovTL  avrov  tijv 
acayova  Tta^andivai  xal  rrpf  hteQOVy  xal  t(^  aiQorvi  avTOv  to 
l/idtiov  TtqogdidovaL  xal  to  iLiag)6QL0Vj  ayyagsvovrc  de  filXiov 
awaneQxeadai^  ovo  xal  caa  roiama  —  eine  ausserkanonische 
Quelle  zn  vermuthen  sein,  da  sich  diese  Fassung  der  bekannten 
Vorschrift  weder  aus  Mt.  5,  39  ff.,  noch  aus  L.  6,  29  vollständig 


Die  clemeiitlnischen  Homitieo.  57 

erklärt,  and  wenn  aich  da«  (.iaq6\)L0v  allerdings  dentlieh  genof 
als  eine  ebjonitiflohe  Umftnderiuig  des  Qberlieferten  Textes  verrftth  % 
so  ist  doch  za  vermnthen,  dass  dieee  Aendenuig  auch  sohon  in 
den  von  dieser  Parthei  gebrauchten  Evangelien  angebracht  war. 

Noch  unsicherer  sind  einige  andere  Berührungspankte.  So 
wird  H.  Xr,  35.  XIX,  2  die  Daner  der  Versachnng  Jesu  aaf  vier- 
zig Tage  angegeben,  wie  L.  4,  2,  während  Matthäns  4,  2  die 
Versachnng  an's  Ende  des  vierzigtägigen  Fastens  verlegt  In- 
dessen kann  auch  ein  aosserkanonisches  Evangelium  diese  Angabe 
gehabt  haben.  —  H.  XV,  10  glaubt  man  in  den  Worten:  o  Kvqiog 
niazovg  nevrjrag  ifiaxaQiaev  eine  Beziehung  auf  L.  6,  20  zu  fin- 
den, ^)  da  aber  In  der  Stelle  der  Homilien  aller  Nachdruck  auf 
dem  Ttiarovg  liegt,  welches  bei  Lukas  fehlt,  so  muss  das  Citat 
anderswoher  stammen,  entweder  aus  Matthäus  5, 3,  bei  dem  der  Bei- 
satz r(p  Twev^cerc  dem  Sind  nach  dem  maxovg  entspricht,  oder  wahr- 
sebeinlicher  aus  einem  apokryphischen  Evangelium.  —  H.  XVIII, 
16  lesen  wir:  t^jJ  yaq  d§i(p  tov  yvwvav  o  fifj  oldev  6q)€ll8Tai, 
tot  dh  fiTj  a^iov  xSv  doxfj  e'xetv  ag)aiQelraiy  xav  iv  ali^Oig  ^ 
aoq)6g»  Dass  dem  Verfasser  hiebei  der  Ausspruch  Jesu  Mi  13, 12. 
Blr.  4,  25.  L.  8,  18  vorschwebte,  lässt  sich  nicht  bezweifeln,  dass 
er  aber  gerade  sehie  lukanische  Fassung  inf  Auge  hatte,  ist  nicht 
wahrscheinlich,  da  er  sich  mit  dieser  nur  in  einer  ganz  unerheb« 
lieben  Abweichung  von  Matthäus  (doxel  ex^iv  fttr  e'x^i)  berOhrt. 
—  Ebensowenig  folgt  aus  B.  III,  18:  rip  XiysLV  inl  tfjg  xadi- 
Sgag  Mwilaiiog  ixadrjaav  ol  yqapi^ateXg  xal  ol  Oaqiadioi  *  Ttdvta 
caa  Xeytoaiv  vpilv  äxovere  avTcSv.  avzcSv  de,  elTtsVy  dg  ttjv  xlelda 
'trjg  ßaatXdag  TteniaTSVfievoJv ,  ^j'^i^g,  iarlv  yvcüaigy  ^  ^ovfj  t^ 
nihjv  TTJg  ^(orjg  ävdi^av  övvaTaty  dl  ijg  (.lovrjg  elg  tjjv  aliovUxv 
tß^  elgelSsXv  sotiv  dXkä  vai,  q>7]atVj  xqcctovgi  jLih  TrjV  xleXv, 
töig  ds  ßovkofxevotg  elasXduv  ov  naQexovaiv.  V^I.  Hom,  XVm, 
16:  sTieLdfj  dnexQvßov  trjv  yvcSaiv  Tijg  ßaatlelag^  xal  oiks  avzol 
bIs^19ov  oirre  toXg  ßovXofisvoig  eigeXdeXv  TCaQsaxov.  Diese  Stellen 
erinnern  zwar  unverkennbar  an  L.  11,  52:  oval  vfuv  toXg  vofu- 
mg^  m  tJqots  ttjv  xleXda  Tfig  yvoiaecjg'  avtol  ovx  elgiqldeTe  xal 


*)  Weil  nftmlich  die  Ebjoniten  nur  Ein  Gewand  trugen,  musste  statt  des  ;^tTft;y 
da«  fMifo^iovy  der  Turban;  gesetzt  werden.     S.  Credner  Beitr.  I,  308. 

^  Franckh  io  der  Abhasdlung,  welche  neben  Hilgenfeld's  Schrift  für  die 
obige  Uebersicht  benutzt  wurde:  „Die  ev.  Citate  in  d.  Clem.  Hom.''  Stud.  d.  ev. 
Geistl.  Wärt.  1847  (XIX),  2,  170  flf. 


58  Die  ftaiseren  Zeugnisse. 

votfg  etgsQXOfievovg  ixcolvaars*  Aber  doch  scheint  der  Verfasser 
nicht  unsere  Recenrion  dieses  Ausspruchs  vor  sich  gehabt  zu  haben, 
denn  er  verwandelt  nicht  blos  das  vo^moI  in  yga^fiarelg  xal  Oa- 
Qiaaioi  und  das  aigsiv  in  xgceretv^  sondern  er  setzt  auch  in  den 
Sohlussvirorten  in  gleichmftssiger  Wiederholung  statt  elge^%Ofxevovg 
ßovlofiivotg  slgeldeiv,  und  statt  xwlvstv  ov  TtaQsxsiv,  und  ebenso 
gleichmässig  xlslg  oder  yvcSaig  Ttjg  ßaatleiag.  Diese  Ab- 
weichungen von  unserem  Text,  zum  Theil  an  entfernten  Orten  sich 
wiederholend,  lassen  mit  verhftltnis'smässiger  Sicherheit  auf  eine 
Ueberlieferung  schliessen,  welche  die  Worte  Jesu  in  dieser  Ge- 
stalt mittheilte,  und  dass  wir  diese  nicht  etwa  blos  in  einer  Va- 
riante des  Lui^as  zu  suchen  haben,  ist  theils  an  sich  selbst,  thefls 
auch  wegen  der  Parnllelstellen  bei  Matthäus  23,  14  und  bei  Ju- 
stin Tr.  17  wahrscheinlich,  welche  dem  clementinischen  Text  in 
mancher  Hinsicht  näher  stehend,  den  Beweis  liefern,  dass  jener 
Ausspruch  in  mehr  als  Einer  Fassung  im  Umlauf  war.  —  lieber 
di6  Stelle  H.  XVII,  5:  ^tj  q>oßri&rl%e  and  tov  änoxTsivovrog  zo 
acS^ay  rji  de  tpvxfj  juij  dwafievov  rv  noirptii*  q>oßr^dijiE  tov  dv- 
vdfisvov  xal  auifia  xai  tpvxfjv  elg  Ttp^  yeewcev  tov  nvgog  ßaletv* 
vai  leyo)  v^tvy  tovtov  q>oß7Jd7]Tey  wurde  schon  aus  Anlas«  des 
verwandten  justinischen  Citats  bemerkt,  dass  ihr  Zusammentreffen 
mit  den  Anführungen  bei  Justin  und  dem  angeblichen  römischen 
Clemens  auf  eine  ausserkanonische  Quelle  hindeutet  —  Die  Worte 
des  Petrus  H.  III,  60  haben  mit  Mt.  24,  45  ff.  ungleich  mehr 
Aehnlichkeit,  als  mit  L.  12,  43  ff.,  nur  am  Anfang  erinnert  der 
Satz,  welcher  auch  c.  64  wiederholt  wird:  ^axaQiog  6  dovlog 
ixelvogy  ov  xataCTi^aet  6  xvgiog  avTov  inl  'deganelag  tüv  aw- 
dovhav  avTOVy  an  Lukas,  sofern  dieser  gleichfalls  xaraOT^aei  hat,  • 
Matthäus  dagegen  xaTeaTtjaev'j  da  er  aber  auch  von  Lukas  erheb- 
lich abweicht,  und  da  diese  Abweichung  noch  einmal  gleichmässig 
wiederkehrt,  so  müssen  wir  vielmehr  eine  ausserkanonische  Tex- 
tesform voraussetzen,  und  nur  ans  einer  solchen  können  wir  uns 
auch  die  Schlnssworte  des  Citats:  dtxp^ofxrjaeL  avTOV  xcci  t6  ceTtc- 
GTOvv  avTOv  fi€Qog  fiBTa  Twv  vTtoxQiTwv  dTjOELy  mit  ihrer  eigen- 
thttmlichen  Ausdeutung  des  dt^xoTOfieXv^  erklären.  —  Wenn  Hom. 
VIII,  4  (Ttolloi  ilevaovTai  arto  ävaTohSv  xal  övüfiäv/aQxtov 
TE  xal  fxeTtifißqlag)^  ebenso  wie  L,  13,  29  Qij^ovacv  am  dva- 
Tohüv  xal  dvafiwv  xal  ßo^^  xal  vorov)  dem  Osten  und  Westen, 
welche  Mt  8,  11  allein  genannt  werden,  den  Norden  und  SOden 
beifügt,  so  lag  eine  solche  Vervollständigung  zu  nahe,  als  dass 


Die  clemontinisclien  Homnien.  50 

fiW  bei  4tiit  mmt  afrweMi«Bd«D^  mH'  WahisolMiiiUoUceÜ  mt  einoi 
besoDiereii  Text  biniv«fsettdeii  BfMQng  der  Worte  irgend  in 
Be<raobt  ktae.  —  Von  der  Antwort  an  den  reiehen  JOngüng 
a  III,  57.  XVII,  4.  XVm,  l.  3  ist  edion  oben  bemerkt  worden^ 
daae  »e  niobt  ans  nnsem  8jnopti9cben  Texten  zn  erklären  ist.  — 
Dmselbe  gut  von  H.  XII,  29:  zä  dyaS»  ilMv  del,  fioxoBQ^os  da, 
q)rfii^  dt  qi  i'Qjt^at'  ofiokog  xal  tcc  xam  af^tyxfj  iXStSn^j  oval 
de  6v  oS  e^T^ccc,  vergliekw  mit  Mk.  18,  7.  L.  17,  1.  —  Hob. 
XVII,  16,  c»  yo^  t:^  dyaotdäei  rcSr  vex^^  oVav  r^oTÜv^eg  elg 
q>&Q.  w  adfiara  ImyyeloB  yivonrcaij  %6te  läelv  dwffiavrat  (tov 
TtccteQo)  bat  mit  L.  »0,  86  nur  das  Wort  iaayyekog  gemein,  ans 
dem  naUIrliob  mebto^  sn  cM^iessen  ist.  —  Wenn  man  endlioli  die 
Brinnemng  an  den  Besneh  Gbristi  bei  Zaeebänn  EL  ID,  83  unter 
nneern  BrangeüBten  nur  anf  liakaa  19,  1  ff.  beaie)ien  konnte,  se 
iivfeeen  wir  doch  dnrcbans  nWW,  ob  dieser  VorftJl  der  sonstigen 
evangelisefaen  üeberHefening  anbekannt  war«  Auch  dieser  Zng 
kMin  dabeff  nieMik^  beweisen* 

AUes  znsammengenomae«  ergiebt  sich,  dsss  der  Verftsser  der 
HomUien^  nnjer  drittes  BvwigeBwn  »war  gekannt  nnd  benttzt  hat, 
da«s  enlibev  fdr  ihn  so  wenig,  wie  fftr  Tiistin,  eine  Hanp^velle 
seiner  evangelischen  Ge(pchiehtskenn(niss  gewesen  sein  kann.  Denn 
beider  bedentenden  Anzahl  sehier  Evangelionoitate  sind  es  deren,  die 
wir  mit.  Sicherheit  oder  wenigstens  mit  Wahrscheinlichkeit  auf 
nnsem  linkas  za  blieben  haben^  verhftltnissmässig  doeh  nor  we- 
nige» Dan  Ev^DgeliiHB,  welches  er  vorzugsweise  gebraaoht  hat^ 
sohaint  nebe«  unserem:  Matthüns  eine  aasserkaaonisohe,  mit  Jnstui's 
ap«kryp|uschen  BjenkwOrdigkeiton  in  der  Haaptoaohe'  identisehe. 
Schrift  gewesen  zn  sein« 

Dass  qnser  SchnUtstellerdieApostel^esebichte  gekannt  habe, 
l&sst  sich  aus  dem  Nameusverzeichniss  HJI,  I  so  wenig  abnehmen,  aba 
ans  der  Stelle  H.  III,  63:  iyoi  d/acTtegl  ov  MwvaT>s7tQoeq>riTevaev 
emwv'  fCi^Ofpfj^rpf  iy^l  vfdv  xvQLog  u.  s.  w.;  denn  die  paar  Namen, 
ans  jenem  Verzeichniss,  die  auch  in  der  Apostelgesohiehte  vorkom«- 
men,  waren  der  sonstigen  Ueberlieferungi.gewlss  nieht  unbekannt,  und 
mag:  aaoh  die  SteUe  5  Mos.  18,  15  ff.  im  N.  T.  nur  Apg.  3,  22.  7, 37 
citiiA  werden,  so  war  sie  dooh  der  ehristliehen  Apetogetik  überhäuft 
ohne  Zweifel  sehr  geläuftg.  Da  das  Oitat  ttberdiess  in  den  Wollten 
von  dem  inkanisehen  abweicht,'  und  davon  einer  Aenssernn«  €hris<i 
intderAfostc^geschiehte  niebits  steht,  so  haben  wir  um  so  weniger 
Anlasn^zttder nnwahrsebeinlicben  Annahme, dass  dneSohrift,  weUbat 


50  Die  äusseren  Zeugnisse. 

den  Panliifl  in  der  Weine  der  AiN>8telg^e8ohichte  verherrHeht,  von 
einem  so  leidenschaftlichen  Segner  desselben^  wie  der  VerfiMser 
der  Clemenfinen,  gebraucht  worden  sein  sollte.  Bbendesshalb  l&sst 
sieh  aber  anoh  nicht  bestimmen,  ob  sie  ihm  Obertiaapt  bekannt  war. 
Die  Evangeliencitate  der  clementinisohen  Becognitio- 
nen  sind  nns  nar  darch  die  nnznveriftssigc  Hand  ihres  lieber- 
setKcrs  Rufln  überliefert,  von  dem  es  sich  nlch^  bezweifeln  lösst, 
dass  er  sie  nnserem  Evangelientekt  auch  dann  angepasst  hat,  wenn 
sie  nrsprOnglich  von  ihm  abwichen.  Wir  sind  daher,  w'ie  diese 
anch  Hilgenfeld  bemerkt  (S.  370),  nicht  berechtigt,  aus  der 
Ueberelnstimmnng  der  meisten  mit  nnsern  Evangelien  anf  die  wirk- 
liche Bentttznng  der  letztem  zn  schllessen,  sofidem  nnr  der  um- 
gekehrte Schlass  ist  znlftssig,  dass  in  den  Ffillen,  wo  die  Reoog- 
nitionen  theils  gemeinsam  mit  den  Homlllen,  theils  anch  allein  von 
den  kanonischen  Texten  erheblich  abweichen,  von  dem  Verfasser 
selbst  oder  von  seinen  Qnellen  ein  onkanonisches  Evangelinm  ge- 
braacht  wurde.  Wir  konnten  diese  Sclurift  Insofern  hier  vOUig 
übergehen,  wenn  nicht  doch  auch  emige  ZOge  in  ihr  vorkftmen, 
welche  theils  auf  nifser  Lnkasevangelium,  theils  auf  die  Apostel- 
geschichte zu  verweisen  scheinen,  ohne  dass  sie  doch  von  dem 
Uebersetzer  herrtihren  konnten.  ^Ausser  der  Stelle  VI,  5  iip$e 
magisfer  . . .  oraf>at  ptUrem  pro  interfeeloribus  müs  et  dicebai :  pater 
remitte  ein  peecatum^  nesetunt  enim  quid  faekmt)^  wo  das  Cltat 
aus  Lukas  ganz  dieselbe  Wahrscheinlichkeit  hat,  wie  in  der  ent-  ' 
sprechmiden  der  Homillen  VI,  20,  an  die  auch  der  Znsatz  peeea^ 
tum  erinnert,  sind  hier  namentlich  mehrere  Zdge  im  ersten  Buch 
zu  erwähnen.  ,  Wenn  I,  10  von  Barnabas  wzdhlt  wbrd,  er  habe 
seine  Abreise  aus  Rom  betrieben,  dieens,  se  diem  festMm  religionh 
Buae^  qui  immineret^  omnimodis  apud  Judaeam  eeieöraturum^  so 
erinnern  diese  Worte  auffallend  an  Apg.  18,  21:  eiTtciv'  del  /ue 
Ttavrtag  rrjv  coqttjv  rfjv  iQxofxevtjv  Ttot^aat  elg  ^leQoaokviuay  und 
diese  Verwandtschaft  erscheint  nur  um  so  auffallender,  wenn  wir 
die  Pacallelstelle  Hom^  I,  13  vergleichen,  wo  die  Aeusserung,  der 
Apg.  weit  ferner  stehend,  so  lautet:  aftsvdetv  eleyev  elg  tfpf  ^lov- 
dalav  Trjg  yccctä  t^v  S^Tjaxeiav  ioQttjg  xapey.  Es  bat  hier  wui:- 
lieh  ganz  das  Ansäen,  als  ob  die  Fassung  derselben  in  den  Re- 
oognitionen  durch  die  Erinnerung  an  die  Stelle  der  Apostelge- 
schichte bestimmt  wäre ;  doch  wöre  es  immerbin  möglich,  dass  erst 
der  Uebersetzer  den  Worten  diese  bestimmte  Aehnlichkeit  mit 
denen  des  Paulus  gegeben  hfttte.  Nocb  sicherer  ist  die  Bradtzung 


Die  clementmischen  Recognitionen.  61 

UDBers  LakftB  Eac.  I,  40:  No$  Wfßo  primos  Oegü  duodecim  Ml 
credeniesj  quos  apostola$  naminavUj  pMtmodum  aHo»  $epluagmia 
duo9  probaÜ8aimo$  äi$eipulo$,  ui  vel  hoc  modo  reco^nita  imagme 
Afoym  credereC  multttudo.  Wiewolil  hier  die  Zahl  der  spAter  ge- 
wählten Jfloger  tuf  72  statt  auf  70  featgeseta&t,  uad  ihre  Aaawahl 
mit  dem  Vorbild  dea  Moaea  motivirt  iat,  ao  lAaat  aich  doch  nach 
ftllem  oben  (S.  41  ff.)  Erörterten  nicht  annehmeni  daaa  wir  hier  die 
Altere  Gestalt  der  Btzfthlang  von  den  70  Jongem  haben,  and  daaa 
•rat  Lnkaa  diesen  nrsprOnglioh  der  jadenohriatiichen  Ueberliefenuig 
angeherigen  Zng  im  Sinn  aeinea  Univeraaliamaa  amgebildet  nnd 
verwendet  hat,  soadem  der  Verftoaer  der  Recognitionen  mnaa  die 
Brzfthliing  dea  Lnkaa  vor  Angen  geliabt  hdl^ea ,  indem  er  ihr  atatt 
ihrea  nraprangliehen  Metiva  ein  anderea,  an  aich  aehr  nnwahr- 
achetaiUdiea,  anterachob;  am  die  Aehnlichkeit  ndt  Moaea  vidl- 
atftniHger.  za  machen,  iat  dann  wohl  nach  die.  Ziahl  70,  falle  nftm- 
lioh  diese  nrsprdnglich  in  nnaerem  Bvongelinm  atand,^)  in  72  ver- 
wandelt worden,  Indem  der  Verfasser  deijenlgen  Aaslegong  ven 
Nam.  11  folgte,  welche  die  zwei  V.  26  Genannten  na  den  frtkher 
BrwAhntctn  noch  hinzarechnete.^)  Derselbe  Abschnitt  der  Recog- 
nitionen jaimmt  aber  aach  auf  Stellen  der  Apostelgeschichte  Rttck- 
sicht  Ba  gehOrl  hieher  vor  Allem  die  Brwfihnang  Gamattera  I, 
6ft.  Gamaliel,  der  prineepM  ßopuU,  qui  latenter  frtUer  noeier  erat 
tfi  fide^  sed  canriüo  noetvo  inter  eoe  (die  Prieater)  eratj  beaehwioh- 
tigt  hier  das  Volk  dnreh  eine  Red#,  die  anfAngt:  QuieecUe  paüh 
Heper  o  oiri  hnraeÜtae^  nan  enim  adver MU  tentaüonemj  guae  fei- 
minet  vobü,  propter  quod  demniU  ab  hömüMue  istU^  et  ei  gnidem 
humani  coneiiH  eet,  quod  ayunt,  cito  eeesaUtj  ei  autem  a  Deo  es/, 
cur  eine  cauea  peccatiei  nee  proficiiie  qmdquam?  Daaa  dieaa  groa- 
aenthells  dieselben  Worte  sind,  welche  die  Apostelgeschichte  6, 
85.  38  f.  dem  Gamaliel  in  den  Mond  legt^  und  daaa  Gamaliel  hier 
In  einer  ganz  Ähnlichen  Rolle  aoftrltt,  wie  dort,  liegt  am  Tage^ 
ebenso  klar  ist  aber  aach,  dass  die  Daratellang  der  Apostelge- 
sehichte  daa  Vorbild  fttr  die  der  Recognitionen  iat,  nicht  umgekehrt 


0  Denn  aucli  L.  10,  1.  17  hat  ißSo^xarta  Svo  so  gute  Zeugen  für  sicli^ 
dass  es  zweifelhaft  wird,  welches  die  richtige  -  Lesart  ist. 

')  So  zählt  er  auch  I,  34,  72  Nachkommen  der  12  Söhne  Jalcobs,  wührend 
unser  ebräischer  Text  Gen.  I,  27  nur  70  angiebt;  unsere  LXX  haben  75.  Auch 
die  jadiBche  Zahlung  der  Nationen  der  Welt  schwankt  bekanntlich  zwischen  70 
und  72. 


62  ^i®  äusseren  Zeugnisse. 

Denn  fftr^s  Brate  Ist  in  dtm  heimllohen  Gbrintenthaiii  GftiMlM^  die 
fhitzenhafte  Uebertreltaiig  d«s  von  der  Apostelgeschichte  an  die 
Hand  gegebenen,  selbst  schon  anhistorischen,  Zugs  nloht  au  vw- 
kennen ,  und  fQr's  Zweite  werden  wir  uns  tiefer  unten  noch  tlbeir- 
zeugen,  dass  es  hOohst  wahrscheinlich  erst  der  VerfiMser  der  Apo- 
stelgeschichte selbst  war,  welcher  den  Oamaliel  in  die  BrsAhhing 
seines  fOnften  Kapitels  elnfahrte.  In  diesem  Fall  Iftsst  sich  daher 
die  Benützung  der  Apostelgesehidite  durch  die  Reeognitionen  kaum 
bezweifeln.  Einen  weiteren  Beleg  fflr  dieselbe  gibt  I^  71,  wo 
ton  dem  kiimieus  homo:  (Paula»)  gesagt  wird,  guod .  • .  legaibn 
nem  tnueephteü  a  Cmipha  ponUflee^  ue  omne$^  gm  creäerent  in 
Jesumy  perseguereniur  C^eur)j  et  Mkinmicum  pergeret  cum  epir 
sioHs  eju$  u.  s.  w.  Wie  mui  sieht,  eine  ziemlidi  genaue  Parallele  zu 
Apg.  9;  1^9  l»ei  welcher  aber  die  Prioritfti  der  Aposteigesiihiehfte 
schon  desshalb  über  allen  Zweifel  erhaben  ist,  weil  die  Beoegai- 
tionen  die  Ohristenverfbigung  des  Paulus  an  die  abentheuerlkiie 
ErzMilung  von  der  Disputation  der  Apostel  im  Tempel  «nknopfen, 
und  darin  statt  des  Stephanns  e.  70  den  Jakebus  <und  »war  von 
Paulus  persAnlich)  misshandelt  werden  lassen.  Wenn  in  demsel- 
ben 71sten  Kapitel  die  Zahl  der  von  Jerusalem  naoh  lei4oho  ge- 
flttchteten  Christen  auf  5000  Mftnner  angegeben  wird,  so  liegt 
die  Vermuthung  sehr  nahe,  diese  Angabe  sei  gleichfUla  nur  der 
Apostotgeschichte  entnommen,  wo  es  4^  4  heissts  xal  iysm^  6 
otqtQ'fidg  niSv  dvd^eSv  tiael  x^^^<i^S  ^ivre^  und  dann  spftter  8^  1 : 
Tcavres  re  ducfnaqriaav . . .nkrpf  rwv  omoax^Xv^^  wdriies  letzifcere 
freilieh  in  den  Beeognitionen  geleugnet  wird,  dl«  )ä  Oberhaupt 
mit  der  Deberlieferung  sehr  frei  umgehen.  Auf  die  Apostelge- 
'sehichte  möchte  ich  aber  auch  einen  Zug  beziehen,  der  zunftehst 
allerdings  ihrer  Darstellung  widerspricht,  die  seltsame  Angabe 
Reo.1,  dO:  BamabMy  gm  et  Maiihias^  gmiin  ieemt^Judae  eudrogmius 
eet  apoetolus.  Dass  diess  nicht  btos  eine  Fiktion,  sondern  ««eh  ein 
von  aller  ÜeberUeltomng  verlassene  Fiktion  ist,  braucht  kaum  be- 
merkt zu  werden;  ein  so  bekannter  Mann,  wie  Bamabas,  kann 
auch  von  der  Sage  nicht  wohl  mit  .Matthias  identiflcirt  worden  sein. 
Was  hat  aber  den  Verfasser  zu  dieser  Fiktion  veranlasst?  Zu- 
nftehst ohne  Zweifel  der  Wunsch,  den  Bamabas,  einen  seiner 
Haupthelden,  durch  die  Aufnahme  in*s  Apostelkollegium  zu  ehren, 


Die  clem'enÜQischen  Recognitionen.  63 

^d  vielleicht  noojb  mehr  das  InterSase^  der  Attsdebniinf  der  Apo- 
fitelwttrde  aiif  einen  Paulas  die  Stütze  zu  nehmen ,  welche  ihr  die 
Analogie  ipit  Barnabas  gewähren  Iconnte,  dem  der  Apostelname 
gleichfalls  von  der  kirchlichen  Sitte  zugestanden  war^  wenn  er 
gleich  nicht  zu  den  Zwölfen  .gehört  hat  (s.  Apg.^  14,  4.  14. 1  Kor. 
9,  6);  und  da  sicli  nafi  hiefür  kein  anderer  Weg  darbot,  als  der^ 
die  Stelle  des  Judas  mit  Qarnabas  zu  besetzen,  da  aber  anderer- 
seits als  der  Nachfolger  des  Jnda^  Matthias  anerkannt  war,  so 
blieb  n^r  j^brig,  den  Barnabas  und  den  Matthias  für  Eine  Person 
zu  erklären.  Nun  kann  allerdings  die  Erzählung  von  der  Ergän- 
zung des  Apostelvereins  durch  Matthias  auch  unabhängig  von  der 
Apostelgeschichte,  im  Umlauf  gewesen  sein.  Aber  wenn  wir  in 
dpr  letzteren  1;  23  lesen,  es  sei  bei  diesier  Gelegenheit  zwischen 
einem  Barsabas  und  Matthias  geloost  worden,  so  ist  es  doch  sehr 
glaublich,  dass  gerade  die  Zusammenstellung  dieser  beiden  Namen 
dem  Verfa^iser  der  Beoognitionen,  fdr  welchen  die  Apostelgeschichte 
durchaus  keine  bindende  Auktontät  war^  vollends  den  Anstoss  fOr 
seine  Aenderung  gegeben  hat.  Sollte  diess  aber  auch  zu  weit 
hergeholt  scheinen,  so  werden  doch  die  übrigen  Stellen,  die  loh 
angeführt  habe,  ausreichend  beweisen,  dass  sowohl  die  Apostel- 
gescl^ichte,  als  das  dritte  Evange^UIp,  im  ersten  Buch  derRecog- 
nitipnen  berücksichtigt  ist. 

Stände  nun  Hilgenfelds  0  Ansicht  unzweifelhaft  fest,  wor- 
nach  c.  27-772  dieses  ersten  Bachs  dem  'Kr^vy^a  TlerQOVy  einer 
noch  dem  ersten  Jahrhundert  angehOrigen  Schrift,  wesentlich  un- 
verändert entnommen  wären ,  so  würden  die  obigen  Data  ein  Zeug- 
niss  von  so  hohem  Alter  für  die  lukanischen  Schriften  enthalten, 
wie  es  kein  anderes  neutestamentliches  Buch  aufzuweisen  hat  ^3, 
und  wir  würden  die  Abfassung  dieser  Schriften  dem  apostolischen 
Zeitalter  mindestens  nahe  zu  rücken  kaum  umhin  können;  oder 
wenn  uns  diess  .andere  geschichtliche  Gründe  verbieten  sollten,  so 
mtlssten  wir  am  Ende  doch  wieder  die  Beziehung  der  Recognitlo- 
nen  auf  unser  Lukasevangeiiam  und  unsere  Apostelgeschichte  auf- 
geben, und  die  Berührungspunkte  mit  denselben  aus  gemeinsamen 
OiMUen  ableiten  $  die  Erzählung  von  den  70  JüogcMrn  pdi/ssle  dann 
etwa,  samwt  in  Fürbitto  Jesu  für  seine  Feiiuley  ifil  ^  JPetru»- 


^  Die  Clement.  Recognitionen  nnd  Homüien  S.  26  ff. 
^  Abgesehen  nämlich  von  den  etwaigen  Beziehungen  der  neutestamentlichen 
Schriften  auf  einander. 


64  Die  äusseren  Zeugnisse. 

evanjg^ellam ,  die  Data ,  worin  sich  die  Reoognitioneii  mit  der  Apo- 
stelgesohiohte  berOhren,  mttssteu  auf  da^  Kt)Qvy^a  Ilhqov  zurOck-« 
gefaiirt   werden.     Indessen   ist  jene  Annahme  Ober  den  Ursprunf^ 
der  Recognitionen  noch  keineswegs  erwiesen,  und  wenn  aaoh  iu 
dieser  Schrift  wirklich  verschiedene  Sehichten  der  pseudoclementiU 
nischen  Literatur  verarbeitet  sind,  so  mttsste   doch  erst  noch  nä- 
her bestimmt  werden,   inwieweit  der  Inhalt  derselben  bei   dieser 
Verarbeitung  rein  blieb ,  oder  mit  anderweitigen  Bestandtheilen  ver- 
setzt wurde,  ehe  wir  von  Hilgenf  eld's  scharfsinniger  Kntdeckung 
fttr  die  vorliegende  Frage  Gebrauch  machen  konnten.  Dieser  Punkt 
scheint  mir  nämlich  durch  die  bisherige  Untersuchung  noch  durch- 
aus nicht  erledigt,   und   die  oben   berührten   Data  sind  nicht   die 
einzigen,   welche   mich   bezweifeln  lassen,  dass  die  Abstammung 
des  Abschnitts  Rec.  I,  27-^*72  aus  der  Predigt  des  Petrus  unver- 
mischt  ist,   nur  dass  hier  nicht  der  Ort  ist,   diesen  Gegenstand 
weiter  zu  verfolgen.    Weniger  Bedenkliches  hätte  für  die  gegen- 
wärtige Untersuchung  die  Annahme  von  Ritschi  O^^ornach  das 
Kmvyfia  üeTQOV  schon  gegen  Basilides ,  und  seine  Ueberarbeitnng 
in  den  drei  ersten  Bachern  der  Recognitionen  gegen  Valentin  ge- 
richtet wäre,  denn  bei  dieser  Annahme  fiele  das  Krjqvyfia  zwi- 
schen die  Jahre  120   und  140,  seine  Ueberarbeitnng  in  den  Re- 
cognitionen   um  140 — 150  nach  Christus,  aus  dieser  Zeit  haben 
wir  aber  auch  anderweitige  bestimmte  Spuren  vom  Dasein  des  dritten 
Evangeliums.  Indessen  fragt  es  «ich  auch  bei  dieser  Voraussetzung, 
ob  der  letzte,  wohl  kaum    vor  dem  Anfang  des  dritten  Jahrhun- 
derts schreibende  Redaktor  der  Recognitionen  diejenigen  Abschnitte 
unverändert  gelassen   hat,  welche  er  aus  froheren  Schriften  auf- 
nahm.    Unter    diesen  Umständen  mochte   ich    auf  die  Berührung 
dieser  Schrift  mit  dem  Lukasevangelium  und  der  Apostelgeschichte 
durchaus  keinen  Schluss  bauen^  welcher  uns  über  das  sonst  Be- 
kannte uniTBrweisliche  hinausfahrt 

5.  Die  jüngeren  Gnostiker,  Celsus,  Theophilus,  Tatian. 

Schon  mit  dem  Brief  Poiykarps  sind  wfar  in  eine  Zelt  herab- 
gegangen, in  welcher  das  Dasein  und  die  Anerkennmig  unserer 
kanonischen  Evangelien  nicht  mehr  zweifelhaft  sein  kann.  So  (In^ 
den  wir  denn  jetzt  auch  onsern  Lukas  nicht  bloss  bei  den  gnosti« 


*)  Die  Entstehung  der  altkatholischen  Kirche  S.  134—175. 


Die  jOngereo  ünosüker.  05- 

sahen  BBx^tfkmif.  89od«ro  selbst  bei  bei4iiisebeii  fiej^nen  des  ChrU 
stenthnme,  während  glekbzeitig  die  ketboliaeheu  Kirohenlehfer  Be- 
atiflimteres  Ober  ihä  aaszasegen  tnfangen. 

Bei  den  Onostikern  konnte  man  allerdings,  auch  ahge^ehen 
von  Marcion  y  eine  weit  ftnhere  Verbreitong  des  Lnkaseyangeli« 
«ms  anznaehmen  geneigt  sein.  Der  Verfasser  der  pseudoorigenl- 
stisohen  Philosephamena  (VI»  16 ,  Sohl.)  Ins  sehen  in  einer  Schrift^ 
die  er  dem  Magier  Simon  cnschreibt,  den  Aussprach,  welcher 
Mt  8,  10.  L.  3,  9  gleiclüautend  berichtet  wird^  dersel|>e  hm^j 
wenn  ihn  neuere  Gelehrte  richtig  verstanden  haben,  gnostische 
Dentangen  von  L.  1,  36  bei  Basilides  0  nad  Valentin  ^y  gefan- 
den. Ich  habe  jedoch  schon  aqderwarts  nachgewiesen,  das«  wir 
dorohans  kein  Recht  haben,  die  Schriften,  denen  die  zwei  letsfrr 
tem  Citate  entnommen  sind;  Basilides  nnd  Valentin  selbst,  and 
nicht  vielmehr  jttngeren  Mitgliedern  ihrer  Schale  znzaschreiben, 
und  daas  sie  nicht  einmal  von  dem  Verfasser  der  sog.  Philoso- 
phnaena  jenen  Sektenstiftern  beigelegt  werden.  ^3  Bei  der  simoniani-r 


*)  VII,  26 :  rovro  eari,  tptja\^  ro  el^t^/nivov^  nvevfia  Sy^ov  httXtvartoti  hti  «... 
xal  Svva/uig  vxplarov  hnaxiaati  aoi, 

^  VI,  35:  „nyfvfta  Syiov  hitXevatrai  enC  ae**'  nviv/ia  Idr^v  ^  aotpCa.  »JCoi^ 
dwctfiig  vipiCTov  htusntaast  aot** '  ^laro^  iariv  o  Stj/uiou^yo;.  Vgl.  ebd.  c.  51  mit 
L.  1,  26.  35. 

^  Theo].  Jahrb.  1S53 ,  148  ff.  Was  Jacob i  in  der  deatschen  ZeiUchr.  f. 
chrUtl.  Wissensch.  1853,  198  ff.  hiegegen  einwendet,  ist  schwerlich  geeignet,  dieses 
Ergebniss  umzustossen.  Meinen  Hauptgrund,  der  falsche  Origenes  selbst  lege  die 
Schriften,  denen  seine  Auszüge  entnommen  sind,  nicht  dem  Basilides  und  Valentin 
bei,  muss  auch  Jacobi  zugiben;  was  hilft  es  dann  aber,  sich  darauf  zu  berufen, 
dass  sie  doch  die  basilidianische  und  valentinianische  Lehre  authentisch  wiedergeben? 
Tiesetzt  auch,  es  Terhalte  sich  damit  wirklich  so,  wie  J.  annimmt,  was  bei  der  Un- 
voUstäadigkeit  und  theilweisen  Uneinigkeit  der  anderweitigen  Zeugnisse  schwer  zu 
beweisen,  was  aber  zu  untersuchen  hier  nicht  der  Ort  ist:  folgt  denn  daraus,  dass 
jene  Schriften  von  Basilides  und  Valentin  verfasst  sind,  od^r  dass  wenigstens  alle 
<he  Aasspruche,  welche  darin  angeführt  werden,  ?on  diesen  Sektenstiftem  selbst  ge- 
bnacht  wurden?  Ebensogut  könnte  man  behaupten,  kein  lutherischer DogmatikerkOnn^ 
nn  Citat  haben,  das  nicht  auch  schon  Luther  selbst  hatte.  Es  ist  daher  durchaus 
naerweislich,  dass  der  Verfasser  der  Philosophumena  überhaupt  von  Evangeliencitaten 
des  Basilides  und  Valentin  berichtet,  und  es  kann,  nichts  Unlogisclieres  geben,  ala 
denSchluss  Ja^obi's:  weil  er  „die  Absicht  ausspricht,  die  Meinungen  des  Basi- 
lides zu  geben,*'  so  „haben  wir  guten  Grund,  in  seinem  Referat  eine  Schrift  des 
Basilides  als  Quelle  vorauszusetzen.*'  Aber  auch  darauf  muss  ich  beharren,  data 
^  dessen  nicht  einmal  dann  versichert  sein  könnten,  wenn  der  Verfasser  selbst 
die  Schriften,  die  er  benutzt  hat,  für  Werke  des  Basilides  und  Valentin  gehaltei^ 

5 


66  Die  äusseren  Zeugnisse. »  * 

sch^n  Schrift  g^efloUeht  diess  ma  äll#rdkigs$  afeer  hier  g^Arntt» 
setst  e«  der  Inhalt  dmrAelben,  wie  whr  'tlie8$  später  noch  dftfthttii 
werden,  ausser  Zweifel,  dass  iHr  es  nit  einem  Fälscher  :ra  ÜMMi 
habea,  der  jedenfalls  erst  einer  jüngeren  6eneratlen  von  Gnestikeni  an- 
gehörte. Diese  Gitate  führen  en»  daher  kann  weiter,  als  die  fl^O- 
heren  aus  einer  ophltisehen  Schrift,  deren  Beniehnng  jMif.iinseni 
Lnfeas  ftkerdieito  nwelfelhaft  ist.  0  ^^  «ehen  dain«»^  dass  unser 
Kvangelinm  von  Anhängern  des  Basüides  Und  Valentin  gebmeht 
wurde,  «her  wie  weit  dieser  ^bränch  htnanfireioht,  kdnnen  wir 
nach  diesen  Angaben  in  keiner  l^eise  bestimmen. 

Nor  die  spätere  valentinisdhe  Scfarolto  Ist  es  auch,  vdn  d6r  nnn 
dtti^ch  Irenäus  nnd  Clemeiis  von  AlbxandHeh  bezeugt  wM, 
dass  sie  sich  nnse^  dritten,  wie  det  ttbHgen  Bvangeiimi,  ±ntBt^ 
jprtthdnng  ihrer  Ansichten  fieissig  bedient  hat  Unter  den  neatedOh- 
mentlh5hen  BeweitfiliteQen  'dier  Valentiiiianer,  dit  Irenäus  in  se^- 
nekn  Wsten  Bnih  aäfflhrt,  sind  ziemlich  viele  dem  dritten  Eirange^ 
Itiiih  ^Müomfflen.  So  lerfahren  wir  ans  c.  8,  9,  dsfss  si^  dfe  drltln 
Reihe  ihrer  Aeonen,  die  Dodekas,  Li  der  flrzählong  vom  zwölf- 
jährigen Jesus  L.  3,  49,  angedeutet  fanden.    Die  Steile  L.  9,  S8 


hfttte,  und  ich  begreife  nicht,  wie  es  möglich  ist,  in  demselben  Augenblick  die  Ur- 
kundlichkcit  seiner  Darstellung  und  die  Genauigkeit  seiner  Hterariscfaen  Kenntniss 
^zu  rtihmen,  und  seines  Irrthums  in  Betreff  der  pseudosimoüischen  Apophasen,  von 
deren  handgreiflicher  Unächtfaeit  er  keine  Ahnung  hat,  zu  erwähnen.  Wird  mir 
^otiends  entgegengehalten,  die  basiltdianische  Schrift,  die  unser  HSresiolcFg  auszi^lit, 
müsse  von  Basilides  selbst  faeirühren,  denn  vrir  kennen  keinen  Schüler  von  ihm, 
der  sie  verfasst  haben  könnte,  so'  liegt  statt  der  Antwort  die  Frage  zur  Hand,  wie 
viele  Schüler  des  Basilides,  ausser  seinem  Sohn  Is}dor,*wir  überhaupt  kennen, jind 
wird  Valentin's  Bekanntschaft  mit 'dem  vierten  Evangelium  aus  seiner  Bekanntschaft 
n^t  der  Logoslehre  gefolgert,  so  ist  zu  erwiedcm,  dass  die  Lehre  vom  Logos, 
wenn  nicht  alle  Spuren  täuschen,  nicht  erst  durch  den  vierten  Evangelisten  in  die 
christliche  Kirche  gekommen  ist.  Dagegen  bin  ich  Jacob i  sehr  duikbar  für  die 
Bemerkung,  die  meiner  Ansicht  w^entlich  zur  Bestätigung  dient,  dass  in  mehrereii 
Stellen  aus  der  angeblichen  Schrift  des  Basilides  neutestamentliche  Aussprüche  mit 
Ausdrücken  (y^arpT^  u.  s.  f.)  dtirt  werden,  wie  sie  für's  neue  Testament  tni  läU'- 
gere  Zeit  nach  der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  vorkommen. 

'  *)  Fn  den  Auszügen  aus  einer  solchen  wird  V,  7,  S.  100,  87  vielleicht  auf'L. 
17,  21  Vgl.  12,  31,  bestimmter 'S.  103,  40  auf  L.  11,  33  oder  Mt  5,  15  Ange- 
spielt, wogegen  sich  S.  102,  26:*r^  /ue  Xfyng  ayo^oy;  o.  s.  w.  nicht  auf  die  lü- 
kanische,  sondern  auf  die  ältere  Form  der  Antwort  an  den  reichen  Jüngling  (s.  o;) 
Jfu  beziehen  scheint;  wenn  ebd.  Z.  16'  der  Oxforder  Herausgeber  tinpässender  Weise 
auf  L.  17,  4  verweist,  so  konnte  ihn  schon  der  Ansdruck  y^^^fpi  <iärttBer  bdlelireD, 
dass  es  sich  um  eine  Stelle  aus  dem  A.  T.  (Prov.  24,  16)  handelt 


'  Die  i«ne«r«i  6iMitiker.  Q9 

%esofen  rfe  («*  8,  4,  t.  Bpiph.  «.  XXU,  14)  %ui  4em  Sotor,  ^^vo 
Trefy  vh  dti^öi^e  %fjv  (itivQav  vtjg  ^E^^ayteiag^  die  A»tmummAg 
L.  14,  W  (8,  6)  auf  dea  A««ii  Steara«,  L.  0, 17  (Mt  »,  18>  9M 
doBMlbes  «k  Hbtm;  4le  tmvttUJihrige  T^olitor  dfts  Jaims  !(fii»  :i^ 
41  f.)  flollto  eltt  Typvs  der  Aduunolh  eele  (e.  8^  S);  iDrdflii  Beit 
4en  L.  9,  47  f.  44  f*  ud  1»,  5  ftade»  eie  dee  Gegetseia/ du 
ÜTliiclieB,  psfcMeehen  «ed  peeiHMitiecheii  Matoten  avigadlttolit.^ei 
8^  8  Bpiph.  a,  a.  O.  25)  L.  <14s  4  erklteteD  aie  von«  dev 
L.  16,  8  von  der  oberen  Sophia  \  aaf  jene  warde  aooli  daf 
BpräeH  b.  '7,  85  (Mt  14, 18)  beisog*on.;  ein  VerbBd  deualbMi  jiollte 
die  Pipophedn  Anaa  Ia.  2,  86^  8el%  ivay egen  die  Wallte  9^ymmk8  dk 
0,  28  dem  l^mtSs^g^  ^U  er  Ohfiatea  eiliaiiale,  in  4eaL  Ma0d  ^^ 
tegt  worden  (a  8,  4).  Eine  valeatiaianbolie  AoategMf  .von  iu 
't4s  29«  erwMMl  Bpipii^  h.  KILXJ^  14.  AetalWia4tebaMtiarkliaaagi*a 
b6rlobteV*ffrea«6a.  I,  20  t  nd  J&plpiha.ni«a  Il.XXJU¥,  li^  mm* 
IIb  Besosdem  von  einer  der  T4üeatinlaniühen  Sjttbten,  dan  Atekf^ 
ai«m.  Die  Rede  Jeaa  i^.  2^  48  wacde  .^02  diaq^vbenlltaft,  jmi 
an  bewefa»)  daai  Jesoa  einen  unbekannten  Gott  verkUndigt  hß!m\ 
L.  19^  42  fandm  sie  In  dem  ixQvßi}  eine  Hinweianag  jinf  d^  yaur 
borgeaen  Vrgmnd,  den  Bythea^  4ie  Aeoaeemng  L.  12,  50. bezo- 
gen aie  Cc  21,  2)  «nf  die  ven  üinen  verlangte  geiitfl^a  ^BtiC» 
Von  dem  Valentinianer  Herakleon  fahren  Ciemen«  AI.  Mrom..  tlTi, 
502  nnd'^Orig.  in  Jow  T.  14  «rklarnngen  der  SteUen  h.  12^  & 
18,  10  an.  Der  Talanttulaeiien  fiotale  mlUaen  vir  aadHah  a«^ 
die  CItate  ia  den  Es9eerp§a  ex  Bcripih  Tkeodoti  jdbedinan»  dia  aifti 
onter  den  Werken  des  alexandriniaehen  Clemens  befinden  0»  .Man 
vgL  mit  c.  1.  6^2,  L.  28,  46^  mk  o.  9,  L.  15,  28;  mU  0.  «4, 
8ehl.  L.  16,  24$  mit  c.  16,  L.  8,  22 $  mit  o.  60,  JL.  1,  95;  ,ialt 
c.  61,  li.  2,  4a  52.  ^,  22;  mit  e.  88,  Mehl.  L,  2,  14f  mite. 
8«,  L.  10,  18. 

In  diesen  Cfltale»  vatdientabrfgams  die  verbiltnieamdaaig^KrMi^ 
AnzaU  der  A Waietaagi»  va»  oaMaem>TjejU  Baa^hlnng,  die  .t^iOr 


*)  Es  erlielU  dies9  ausser  dem  iBhaJl  der  Bxcer^te  aäeb  aw  d«m  Titel,  m> 
i^ch  aueb  48b««n  «hnmotogiBdie  Jkngabe  iai:  '«x  «vv  ^o^prov  tf^l  ji9i4nfF,9i*f^i 
»nlovßdKffB  MagtaUag  HtAa  T^vg,.O^^^f^ivQv  /^orovs  imro/tai.  Unter  den  sj^ä- 
J^rcn  YaleDtimanw:»  ^^P  eicli  pamlich,.  nach.Orig.  philpsoph.  VI,  .35,  der  Gegen- 
^at^  der  äyceroXixi  und  IraXimixrj  SiSaaxal^a  gebildet.  Zur  italifchen  Schufte  rech- 
net icr  falsche  Origenes  Heradeon  und  Ptolemäus ,  zur  dK<»ntalildiefi  einen  gewimen 
i^dicus  und  Ardetianes  -^^tt  Lttetere  «ohl  ein  cocruijipirter  ^affklAf^.    ..     . 

5* 


58  i>io  OiMseren  ZeugniiM. 

weise  mit  deB  anderweitigem  fif^mren  aoMerkanonisoher  ByiMigeUeB 
flbereiiMtiaaiend  auf  die  unserer  jetzigen  vorangehende  Gestalt  der 
Bvangelienliteratnr  zarttckweisen«  Ob  aaoh  die  fiarppkrattener 
onsem  Lvkas  gebraaoht  haben,  lässt  sich  aas  Iren.  1,^69  4  Epiph. 
har.  XXVII,  5  nicht  ganz  sicher,  abnehmen ,  da .  es  sich  fri^, 
ob  wir  hier  eine  Textmischang  ans  MI«  5,  2&.  L.  12,  68  o«ler 
einen  eigenihOmiichen  Text  haben«  ~  Ven  einer  Bentltzung  der 
Apostelgeschichte  bei  den  genannten  Gnostikwm  habe  ioh  toine 
l^nr  gefanden. 

Für  die  Bekanntschaft  des  Celsas  mit  unserem  JLnkaii  fipiipht 
nur  Bine  Stelle  mit  Bestimmtheit  Zwar  macht  er  bei  Orig,  c 
Cels.  11,  27  den  Christen  den  Vorwarf:  fietaf,a^TUV  ix  zijg 
JtqmrjQ  ygccipijg  to  evceyyehov  tQixl}  ^<xl  vetfaxi}  xul.  no^ka^^ 
aber*  am  diese  Aeasserang  gerade  auf  unsere  vier  kenovlschen 
Ivangelien  zu  beziehen,  labtet  sie  doch  viel  zu  nnbesiimmt«  Biae 
specielle  Beziehaag  auf  den  Lukas  konnte  man  a.  a.  .0*  I,  70,  An- 
den, wenn  Origenes  hier  dem  Celans  entgegnet;  diX  iWcii,  ke^^cfa 
WTOy  ß^ß^itkifctv  fiBtä  %m  fw&r/väv  %o  Ildox^  Ov  fdOVQP  ßl- 
novza  tÖ*  eTudv/ilif  inadvfiijoa  roiko  %d  Jldap»  ipo^yjie^ 
vficSvy  dXld  y,al  ßeßQwxoza.  Allein  dass  €elsus  dieses  wirklich 
eagt^,  folgt  nicht  aus  dieser  Aeusserung,  vielmehr  erhellt  aus  dem 
unmittelbar  Vorhergehenden,  dass  nur  die  allgemeiae  Behauptung : 
ovdi  TOittvxa  avTsltac  acSftcc  -d-eov  dem  Celsa«  angehörjt,  die  evan- 
geifschen  Belege  dagegen  von  Origenes  beigelOgt  sind.  BbensoK 
wenig  beweisen  die  Aeasserongen  des  Cehus  V,  52:  xal  fds^  xal 
^^ßog  avTOv  rovde  Tdq>ov  ik&nv  af/ekcv  ät  ^lev  «Va,  oZ  da  dvo 
to^g  dnoxQivofXBVOvg  rccig  yvvai^lv  OTt  dviazt]  und  II,  Mi  ij 
iäead^  . . .  v/iuv . . .  Ti^  xartcCTQoq)^  tov  dQdfxarog  svax^f^ovoig 
iipBVQmdixi!  . , .  OTV, . .  vaxQog  . . .  dviavTj  xal  Ta  ar^fma  Tfjg  xo- 
Xdosijg  edei^€f  xal  rag  x^^<^S  ^S  ^<y<^  TteneQwrjfiivai,  Die  bei- 
den Angaben,  dass  zwei  Bngel  am  IBrab  Jesa  ersqhienen  seien, 
und  dass  Jesus  den  Jongem  nach  der  Auferstehung  die  Nägelmfiio 
an  seinen  H&nden  gezeigt  habe,  enthalten  unter  unsern  Evange- 
listen nur  Lukas  (24,  4.  393  and  Johannes  (20,  12.  27).  Aber 
tfaeils  können  sich  die  gleichen  Zflge  auch  in  andern  Evangelien 
gefunden  haben,  theils  fragt  es  sieh,  ob  Celsus  unsere  beidoi 
Evangelisten  vor  Augen  hat,  oder  nur  einen  von  beiden >  und 
welchen.  Dagegen  hängt  die  Fortführung  des  lukanischen  Oe- 
schlechtsregisters  auf  Adam  mit  der  dogmatischen  Tendenz  des 
Evangelisten  so  eng  zusammen,  dass  diese  doch  wohl  von  ibß 


frenftas,  Celsns.  Theophilut.  69 

MiBt  IMH^H^).  6er»de  hferAtif  beziebt  sich  «ber  Celras  K 
OiAg,  n,'  M  in  den  Werten :  anf]vdtxdfjadai  rovg  ytveakoyrjacevTag 
ohto  roß  nqarcov  qwvrog  xal  rcSv  iv  ^lovSaloig  ßotaiXetav  rov 
^IrjOüvv.  Diese  Stelle  beweist  daber  mit  Tielef  Wabreebelnlicbkeit^ 
dM»  unser  drittes  Bvangeliam  diesem  Cte^er  dei  Cbristenthnms 
nicht  unliekannt  war.  ^ 

Un^Ahr gleiohaseHi^mit Celsvs,  nftnlioh nm's  Jabr  170— i80^)| 
sebeint  der  erste  kircbiicbe  Schriftsteller  /^ebltlbt  zu  haben,  bei 
welohem  wir  nach  Jestin  eine  bestimmte  AnfOhmng  dieses  Bvan* 
^elfams  linden,  Theophiltis«  Die  Worte  ad  Autol.  II,  18:  tä 
yaq  rtccQcc  avdfiHonotg  udvvara  dwara  iarv  itaqa  9e(p  enthalten 
ohne  Zweifel  eine  Remiitiscens  an  L.  18,  27:  rä  advvara  itaqct 
dr&Qii7toig  Swarct'  satt  ttccqcc  tt^  d-siß  (Mt.  19,  26 ♦  Mr.  10,  27 
lanM  der  Ansspmcb  in  den  Worten  ganz  anders).  Crlefobzeiii^ 
Ml  es  Tat i  an  für  sein  IHatessaron  benutzt  haben.  Da  wir  aber  nber 
Ae  Bebchaffenheit  dieser  Zasammenstelfnng  noch  immer  nicht  gau^ 
im  Reineil  sfaid^;  konnten  whr  dieser  Angabe,  wenn  sie  nichi 
durch  die  sonst  bezeogte  Terbreitnng  des  Evangelhims  in  jener 
SBdt  nnterstotzt  wtlrde,  kein  entscheidendes  Gewicht  beilegen.  Zwd 
Stellen  ans  dem  dritten  Evangeliam  nnd  der  Apostelgeschichte  wer- 
den in  dem  Schreiben-  der  Gemeinden  von^Tienne  nnd  Lyon  v.  J. 
177  (ßuB.  y,  1;  9.  2,'  5)  angefnhrt.  Im  Ganzen  schefaien  aber  die 
Gnostfter  jener  Zelt  wenigstens  das  Evangeliam  lleisdger  bentltzt 
zn  haben,  als  die  katholischen  Kirchenlehrer. 

6.  Irenäus  und  die  Späteren.  Rückblick. 

Alle  Zevgnisse,  welche  wir  bisher  abgehört  haben,  besiefaen 
flieh  nur  auf  das  Dasein  nnd  den  Gebrauch  der  Inkanischen  Sebrlf^ 
ten.  in  gewissen  Zeiten^  nber  ihren  Ursprung  dagegen  erfahren 
wir  von  fcehiem  dieser  alteren  Gewfthramänaer  etwas  Bestinrnteres ; 
aar  Justin  sagt  ansdrüekllch,  dass  er  das  RvangeUnm  den  Schrif- 
ten der  Apostel  niid  Apostelsditller  belzfthle,  nnd  Tr.  108  scheint 
er  anzndentra,  dass  es.  das  Werk  eines  AposteliMAOlers  sei«  Brft^ 
Iren  Ans  ist  es,  bei  .dem  wir  die  beiden  Inkanischen  Schritten' 
nioht  Mos  hänflg  benfltzt,  sondern  anch  Lnkas  als  ihren  VerfasüflC 
genannt  finden.    Was  er  nns  in  dieser  Beziehung  ;mltthellt,  ist 


^)  Man  9,  Mer«ber:  Theo!.  Jahrb.  II,  73.    Baur,  Krit.  Unten.  S.  504. 

2)  Vffl.  Theo].  Jahrb.  IV,  628  f, 

f)  Die  entgegengesetzten  Angaben  der  Alten  8.  b.  de  Wette,  Einl.  in's  N.  T. 
$.68.  Credner,  Beitr.  I,  437  ff. 


f^  Die  aas0eren  ZevgqiMe. 

l^lgmimt  IrnkM  war  ein  SefaOtor  und  il«|^M(er  der  Aff^tA  iWr 
10,  1),  und  insbesondere  der  anzertrenalMie  •Qefttrte.  und  4Iq^ 
halft  4)68  Paulos,  wie  diess  ans  der  Apo«tei|^ee<ililohte  und  deA 
b^kfaip^en  Stelken  der  ^anlteiscben  Briete  (Cel.  4,  14;  2  Tim.  4, 
9,.  JK.)  hervorgeht  (TU,  14^  1).  Naeh  den  Tode  lies  Apostel  schrieb . 
er  das  Evangeliam  nieder,   welches  Paulas  und  er  selbst  mit  ihni. 
yerknndigt.  hatte,  in  der  Apeateifescbiohte  ersAUto  er  neben  An- 
derem namentlich  anott  die  VerfItUp,  bei  denen  er  selbsit  zugegen 
gewesen  war  (lU,  1,  1.  14,  1).    Besiegt  am  Tuge^  dMs  ^m. 
biemii^  an«ser  der  naheliegenden  VermathfUig  über  die  Abfassniig»* 
aifit  des  Evangeltoms,  nichts  gesagt  wird,  was  nicht  aus  dem  N. 
T.  selbst  zu  entnehmen  wire,  sobald  man  nur  zogiebt,  daas  das 
dritte  Evajtgelinm  nnd  die  Apestdgesohichte  von  Lukas ,  dem  Ee» 
^iter  des  Paulus,  verfasst  seien;  denn  dass  ein  soleher  andi  nur 
da»  paulinisohe  ICvaAgeUum  nberUefec»  kcomte,  diess  verstand  elek 
flM^  den  Standpunkt  der  filteren  JUrehe  von  seihet    &i  Cripgtniah; 
daber,  eb  dem  Irenfios  mehr,  als  jene  einfache  Notin^  djarob  die; 
Überlieferung  zugdiommen  w^r,  soUte  diess  aber  auch  der  faU 
c|aii|,  so  hätten  wur  doch  allen  Orund  an  der  Annahme,  dass  dieses 
Weitere  auf  Messer  Muthmassung  bernhe*  llie  AbfassuAga^eit  des 
HvangeUums  wird  jipMer  in  der  Regel  nock  hoher  in's  apAstoUncihe. 
^talter  hinauf  geriet:   Der  alenandrinisdie  Clemens  (b«  Hos* 
1^*&  VI,  14,  6)  Iftsst  es  nichl,  wie  Irenäus,  gleiehsseitig  mi« 
Markus,  sondern  vor  Markus  verftisst  sdn,  £reilioh  nur  ans  dem 
inneren  Grunde,  weil  Markus  die  Genealogie  gleichfalls Jgebraoht 
haben  wOtde,  wetm   er  eile  nfcht  schon  %ei  Msftttfttis  und  Lukas 
vonfalid.;  Origenes  <fo.  Ems.  VI,  95^  #)  erküit  esvwar,  auf 
di»  ücAerKeifei^ag  sieh  b^rafend,  ür  jong^  als  Msrknsi^  aber  er 
niaunAnn,  dass  es  noch  asn  LebaeÜen  des  Paulus  gesehrieben  y  und 
Yen  diesen  Apostel  ausdrüeklieh  anerkaant  sei;  Bnseb/eelbst  Ifl!^ 
4y^7  bemelrkt,  diese  Anerkennung  werde  in  dem  AnsdiMk  kcem. 
'^^-sOw/riltov  iiov  (RM.  3 9  1«.  »Tim«  S,  8)  jgitftoien.    Ob 
da  Vert^ltan  necdi  bei  Lebeeiten,  oder  erst  naeh  dem  Tode  de«) 
PMllis  vergastet  gkntbte,  Itast  sieh  nicht  aofltoachen,  mir  dartter ' 
sfmekt  €t  fMoL  sdhr  bosümmt  ans  (cl  Mam.  IV,  8.  6},  dassleh 
daa  IHMe  «paulinische  Evangelium  enthaMe.     Was  aMMere,    wie 
Hieronymus,   Chrysostomus,  Theophylakt  Ober  die  Entstehung  der 
lukaniiBMieii  Schriften  aussagen  ^ ,  fahrt  nieht  wesentlich  über  die 

;     >r)  M.  5.  darüber  Credner  Einl  in's  N.  T.  I,  147   f.  de  Wette  EinL  in*« 
N.  T.'ö.  Ausg.  S.  190.  234  f. 


IrenHut  uad  dto  Spftteren.  Rackblick.  71 


ÜferM  Amgkhen  Uaam,  es  l^nilUaber  auoh  m  «lohaar  aaf' 
ser  VematfaaBg,  da«8  wir  vu  cMei  zq  verweilaD  keinen  Aiiluli 
hidben.  Me  Asilientie  der  Mden  Sehviften  wird  nek  Iienta  «■- 
gemein  unerkannt,  nnd  nur  in  Betreir  der  AfatMg^mMAt»  ladet 
stell  bei  Pliatin«  die  vereiaB»lte  Angabe,  duu  sie  inap.flfaiigen 
fOr  das  Werk  des  Barnabas  oder  des  römisehen  CleMena  feiialten 
werde  ^). 

Fassen  wir  Allee  ansaanaeM,  so  ergiebt  aleii^  dasa  sieh  das 
Dasein  des  dritten  Bvangellnms  auf  dem  Weg^  der  inssem  Boi- 
aengang  seit  Mareion  jmd  Justin,  daa  der  Apostelgeseblehte  erat 
etwa  seit  dem  Jalir  170  naehweiseii  lAsst.  .  Der  Erste,  weleher 
Lnkaa"ais~den  Yerlasser  dieser  fiehrilten  beaeicbnet,  ist  Ireaiaa 
in  seinem  gegm  daa  Bade  des  eweltea  Jabrhnnderts  geaobriabenA 
Weite,  doeb  sobeint  schon  Jaatin  das  Bvangelium  einem  Afostei- 
aehtlier  anzusebrelben.  Die  weiteren  Angaben  über  die  PersenIMk- 
fciit  4es  iMkas  and  die  Bntstebang  seiner  Bohriften,  welebp  wir 
l>el  den  jQrobenlebrem  «eit  IrenAns  daden,  aebeinen  sanuut  «ad 
sondere  airf  Soblttssen  an  beraben,  fdr  wetebe  diese  Sehdlten  selbst 
and  die  dürlUgea  Aadentongen  «naeirtw  panMaiscber  Briefe  dea 
eiazigea  Aab^dtspoakt  darbeten.  Bine  wbrüiche  Uebsrileferang 
beätaea  wir  weder  über  die  Abfasanngsaelt  dar  lokanlsolien  SebaUU 
ton,  oeob  aber  den  Ort  und  die  ndberen  Umstände  Ihrer  BoWih 
buttg.  Auch  über  den  ^ng  a»d  den  Umfang  ilmr  Verbraitttng 
fliad  wir  bis  anf  ireaans  herab  aar  nnvollatändig  antenrichtat 
Wfar  finden  daa  Bnmgeliam  xxl  Bern  ia  den  Binden  Jnain'e,  obae 
dass  ea  doch  für  diesen  Kbrcheniebrer  eine  von  dea  oraprüagib- 
oben  i^aellen  aeuier  Beicaantsehaf  t  mit  der  evaagelisobm  Cteaohioble 
gewesen  ea  sein  scbeiat;  ab  «s  Marolen  früher  oder  s|Kiter,  nnd 
ob  er  es  in  Bern  oder  schon  in  Klefaiasien  kamen  geleimt  hat, 
kennen  whr  nicht  bestimmen,  dass  es  ein  anderer  von  den  aMaren 
Oaostllceni  gebraadit  hätte,  iat  nicht  aa  erweisen.  In  der  Periade 
zwischen  Jnstin  and  iMnAos  wird  das  Bvangelium  In  kireblieben 
^MirMten  varhftltnissmassig  adten ,  die  Apestelgesehichte  übertiaapt 
nareweUnal  aagelOhrt,  dagegen  baiten  die  jüngmren  Cteostiker  aait 
160--180  das  Bvangelinm  liel  beaütat,  Cekms  hat  ea  gekaaat, 
fldhoa  etwas  *Mlber  gebcaaoht  es  der  Verfasser  der  demeatiniselMi 
-Homilien  ia  MnllAer  Weise,  wie  Justin,  aor  Verrdllstiad|gang 
dessen,  was  Ihm   andere,  Mnfi^jrer  benOtate  ISobriften  darihelen; 

.^ — . » — 

'>)  V^  de  Wette  S.  195. 


7^2  ^^^  Äusseren  Zeugnisee. 

dl«  RMognitiouen  eodlioh  besiehen  aioh  meluftoh  aaf  äi#  EnsUi- 
Indg  beider  Baoher,  es  ist  aber  niebt  sa  beweisea,  des«  dtefle 
W^zMkuag  vea  einem  Andern,  als  dem  letzten  Bearbeiter  dieser 
Seiififl  (um  MO},  lierrohre. 

Fragt  man  nan,  inwieweit  one  durch  diese  Zeognlsse  fäie 
:Aec]itlieit  nnd  Gianbwttrdigkeit  der  lukanisciien  Sehrifkea  nnd  iler 
Aposteigeschiobte  im  Besondern  verbürgt  wird,  so  liegt  woiil  am 
Tage,  dass  dieselben  hiefttr  entfernt  niclit  ansreioiien.  Gesetzt 
auch,  es  wäre  erwiesen,  was  doch  durch  Aossere  Zeugnisse  nicht 
•KU  erweisen  ist,  dass  Marcion  nnd  Jnstfji  von  dem  Inkaniachen 
lUrsprnng  des  dritten  Bvaugeiiums  Oberzengt  waren,  nnd  dass  die 
Apestelgesohiohte  damals  gleichfalls  schon  unter  dem  Namen  des 
Lnkas  im  Umlauf  war,  so  wftre  doch  damit  die  Aecktheii  und 
das  Alter  dieser  Sohriften  noch  lange  nicht  gesichert,  nnd  auf 
eirund  des  Gebrauchs,  welchen  Marcion  und  Justin  vom  dritten 
Bvangeliiun  gemacht  haben,  von  seiner  „allgemeinott  Anerkebniing 
seit  120'^  und  dgi.  zu  reden,  ist  eine  Uebereünng,  wie  sie  tt^ 
lieh  bei  der  Unbekanntschaft  der  Meisten  mit  den  Bodingnngen 
einer  strengen  Geschichtsforschung  häufig  genug  vorkommt  Was 
ans  jenen  Zeugnissen  wirldich  folgt,  ist  nur  dieses,  dass  das 
Evangelium  um's  Jahr  140,  oder  ArOhestens  um's  J.  IBO,  in  den 
Kreisen,  wo  Marcion  und  Justin  lebten^  im  Gebrauch  war,  ob 
wir  aber  diese  Kreise  noch  anderswo ,  als  in  Bom,  zu  suchen  ha* 
ben,  ob  das  Evangelium  auch  ausser  denselben  und  schon  in  Mh 
lierer  Zeit  gebraucht  wurde,  und  wie  weit  sich  dieser  Gebraaeh 
erstreckte,  darüber  wissen  wir,  so  weit  wir  bis  jetzt  sind,  nieiit 
das  Geringste.  Solche  Lfioken  unserer  Kenntniss  pflegt  man. nan 
freilich  durch  die  Voraussetzung  auszufällen,  dass  eine  Sebrift, 
die  an  einem  oder  an  zwei  Orten  im  Gebranch  war,  der  gleichen 
An^srkennuDg  in  der  ganzen  Kirche  sich  eriteut  habe,  dass  sich 
j^n  Kirchenvater,  wie  Justin,  keineis  Evangeliums  bedient  hätte, 
voll  dessen  Aechtheit  er  sich  nicht  auf  untadelhafte  Weise  tlber- 
neugt  hatte,  aber  wober  nimmt  man  das  Becht  zu  derartigen  An- 
nahmen? Wer  sich  auch  nur  mit  einiger  Unbefangenheit  in  den 
Miriften  jener  Zeit  umgesehen  hat,  der  muss  wissen,  däss  auch 
>deli  ausgezeichnetsten  uiHter  den  älteren  Kirohenldirern  nicht  blas 
die  Kvnst  der  historischen  Kritik,  sondern  sogar  der  Begriff  der- 
-SiBiben  so  gut,  wie  ganz,  fehlte,  und  dass  die  Anerkennung  oder 
Verwerfung  einer  kirchlichen  Schrift,  so  weit  uns  irgend  ein  Ür- 
theil  darüber  möglich  ist,   nie  durch  historische,  sondern  immer 


RttekbUck.  73 

mir  4arch  dogmatisobe  GrOnde,  durch  theologische,  rciHgidee  »4 
yrohüche  Interesseu /bestimmt  war  0-  ^^  wenig  es  geschkbflleba 
Forsohmigen  wareo ,  welche  Marcion  bei  der  Ueberarbeitiuig  nnserft 
Lukas  geleitet  ,haben,  ebensowenig  wird  dieser  Oosichtspimkt  seine 
Anerkennnng  desselben  entschieden  haben,  sondern  er  legte  dieses 
Bvangdi^m  za  Grande,  weil  es  ihm  unter  den  damals  vorhande- 
nen die  geringsten  Schwierigkeiten  und  die  besten  Anhaltspnnkte 
fOr  sein  eigenes  System  »n  gewähren  schien,  vielleicht  wohl  noch, 
weil  es  den  Namen  eines  Paoliners  an  der  Stirne  trag.  Nicht 
anders  verfahren  aber  Uirerseits  aach  die  katholischen  Kirchen- 
lehrer, und  dsss  Justin  von  dieser  Gewohnheit  eine  Ausnahme 
gemacht  hätte,  ist  nach  allem,  was  wir  sonst  von  Ihm  wissen, 
mehr  als  unwahrscheinlich.  Von  dem  nächsten  Hauptzeugen,  dem 
Verfasser  der  clemeBtlnischen  Homllien,  wird  wohl  Niemand  er» 
warten,  dass  er  die  Schriften,  die  er  benutzt  hat,  mit  dem.Ango 
des  kritischen  jQeschichtsfarschers  musterte.  Wenn  sich  endlich 
um^s  Jahr  170  .allmühlig  ein  allgemeinerer  Gebrauch  des  dritten 
Bvfng^Uums  zeigt^  so  liegt  dieser  Zeitpunkt  von  dem  ersten  er- 
weislichen Vorkommen  dieser  Schrift  schon  so  weit  ab,  dass.  man 
daraus  nichts  mehr  über  ihren  Ursprung  sc^liessen  kann.  Man  hat 
«war  in  dieser  Beziehung  besonders  auf  die  Benützung  der  kirch«p 
liehen  Evaqgelien  dmph  die  Cjfnostiker  grossen  Werth  gelegt  Diese 
Häretikec,  hat  man  gesagt^.,  würden  Schriften,  die  ihr»*  eigenen 
Denkweise  so  sehr  widerstrebten,  gewiss  nicht  gebraucht  hsben^ 
useun  sie  nicht  durch  die  Stimme  der  Kirche,  darch  die  Madül 
eiaer  aUgemeinen  und  festbegründeten  Ueberlleferung  d^zu  genü-? 
thigt  waren.  Allein  die  Gnostiker  hatten  Im  Allgemeinen  gar  nicht 
die  A^cht,  sich:  von  der  Kirche  und  der  kirchlicben  Ueberliefe« 
rung  zu  trennen,  sie  wollten  gefade  die  wahren  Schüler  Christi 
sein,  und  sie  mussten  sich  desshalb  bemühen,  so  viel,  wie  mög- 
lich, ihre  Uebereinstimmung  mit  der  Lehre  Christi  nacliza weisen. 
Uiefdr  boten  ihnen  abcir<  die  Schriften,  welche  einem  entwicIieUe- 
reu  Standpunkt  angehören,  wie  die  Evangelien,  des  Lukas  und  des 
Johannes,  ungleich  mehr  Haltpunkte,  als  die,  welche  ihrem  Haupt- 
Gegner,  dem  Judenchristenthum,  näher  standen.  Bs  lag  daher  in 
der  Natur  der  Sache,  und  es  spricht  nicht  für  die  unzweifelhafte 
kirchliche    Anerkennnng   dieser   Schriften,    sondern    nur  für  ihre 


*)  M.  vgl.  hierüber  Schwegler  nachap.  Zeit.  I,  45  flf.  74  flf.  Baur  der  Krit. 
and  der  Fanatiker  S.  64  ff.  u£id  meine  Bemerkungen  Thcol.  Jahrbb.  IV,  640  ff.' 
VI,  145  ff.  •/  .. 


74  Die  Äusseren  Zeugnisse. 

grfkiBiBfe  VtfrwAüdtBoliftft  mit  der  g^o»tfsohen  Denkwebe,  wenk 
ti4r  In  4»r  EeK  vor  IrenSas  sowolil  Lutea,  al»  JehamiM,  von  dMi 
Crnondkeiii  noch  etfri|rer,  als  von  den  katholischen  Kirchenlehrern, 
henntzt  «ni  erklftrt  sehen.  Söfem  flieh  aber  bielrel  8ehwferlg|MI- 
fen  heranssteilten ,  so  war  doch  das  M IKel  dageg^en  lAngsf  gttwk^ 

den.    Man  hranehte  die  BOeber,   die  ihrem  wahren  Sinn  nadi  der 

I 

gneetfachen  Do|f matfk  vielfhch  wideretrehCen ,  dämm  nicht  zu  v€t^ 
werfen,  man  hrancfate  sie  nicht  efnoial  mit  Marcion  vu  iiaretom- 
mdn;  schon  seit  mehr  als  vier  Jahrhunderten  hatten  die  friecM^ 
sehen  AUcigorfsten ,  seit  zweien  die  jidisohen  Alexandriner  4m 
Weg  g^eelgt,  nm  solche  C^egensMze  aosnagleichen.  Bs  ie*  be^ 
kennt,  In  welchem  Umfang  namentlich  die  Valentinianer  dieses  flfMfs-. 
mitl^l,  die  allegorische  Schrifterklärung ,  anwandten;  was  hätte 
sie  da  von  der  Anerkennung  der  Bchrlften  ahhalten  sollen,  deren 
sie  nnn  doch  einmal  schwer  entrathen  konnten  Y 

Dnreh  die  äosseren  Zengnisse  ist  mithin  selbst  für  das  Bvafi«- 
gellnm  die  Möglichkeit  der  Un&chthelt  nnd  eines  verhiltnissmisfllg 
spftteh  Ursprungs  nicht  ausgeschlossen.  Noch  weit  weniger»  wie 
«aMrHch;  für  die  Apostelgeschichte,  deren  erste  sichere  Spur  uns  ertft 
nm^s  Jahr  170  begegnet,  denn  ob  sie  mit  dem  Bvangellnmdengl^feikett 
Verfhsser  bat,  ist  jedenfalls  erst  zn  nntersncben.  ttire  Aechthelt 
bleibt  aber  anch  dann  ebenso  zweifelhaft,  wie  die  des  Bvangdi- 
nms,  nnd  fttr  ihre  AM^ssungszeit  konnten  wir  immerhin,  wenn 
es  die  inneren  Merkmale  verlangen  solNen,  um  mehrere  Jähre, 
moglichfetweise  nm  Jahrzebende,  weiter  herabgehen.  Was  cndliA 
die  Olaabwnrdlgkeit  ihrer  Brnftblnngen  betriiR,  so-  lassen  nns  die 
Zengnisse,  die  wir  gehört  haben,  hierüber  gänzlich  Im  Dnnkeln. 
Denn  wenn  es  schon  bei  einem  Schriftsteller,  dessen  Persüttllch^ 
keit  "nnd  Verhältnisse  wir  kennen^  sehr  schwer  ist;  ein  Urttiell 
über  seine  Zuverlässigkeit  anderswoher  zu  gewinnen,  als  nns 
seinen  Schriften,  «o  wird  diess  zur  volligen  Unmöglichkeit  bei 
einem  solchen,  nber  dessen  Person,  Zeit  und  Verhältnisse  wir  so 
gut  wie  nichts  wrsseu;  wir  mögen  immerbin  geneigt  sein,  seiner 
Wahrheitsliebe  nnd  seiner  schriftstellerischen  Befähigung  das  Beste 
zuzutrauen,  aber  jtm  mehr,  als  ein  Vorurthea  oder  ein  vorlftnAger 
Bindruck  zu  sein,  wird  sich  diese  gute  Meinung  durch  eine  strenge 
Kritik  des  Binzelnen  zu  bewähren  haben,  abgesehen  davon  wissen 
wir  keines  von  beiden ,  weder  dass  der  Schriftsteller  die  Wahrheit 
sagen  konnte,  noch  auch  dass  er  es  wollte,  wir  kennen  seine 
historischen  Quellen  und  Hülfsmittel  eo  wenig,  als  seinen  Btand*« 


Rflekblick.  75 

pmikl,  Yfir  «ind  dnrcbami  nicht  sicher  darüber,  dass  er  nns  Ober- 
haupt eine  streng  getcbiohtliobe  Darstellung  geben  will,  noch 
weniger  daraber,  dass  ihm  die  Aufgabe  einer  solchen  DarsteUnng 
klar  war,  und  dass  er  die  Mittel  hatte,  ihr  zu  genogen.  So  wenig 
wir  daher  zu  der  Untersuchung  über  den  gescliichtlichen  Inhalt 
iinsers  Buchs,  weiche  uns  hn  Weiteren  zunächst  obliegt,  die  Vor- 
anssetznng  seiner  Unächtheit  und  Unznverl&ssigkeit  mitbringen 
dorfen,  ebensowenig  dOrfen  wir  von  der  entgegengesetzten  Vor- 
aossetzung  ausgehen,  ^e  fflaubwarfigkeit  seiner  Erzählungen  Usst 
sich  zum  Voraus  weder  beheizten,  noch  verneinen^  und  wie  es 
sich  in  Wir&Tldi)s:eit  damit  verfakt,  dafOr  wird  nur  die  BeschaiTen-*^ 
beit  dieser  Erzählungen  selbst  das  entscheidende  Merkmal  an  die 
Hand  geben. 


Zweite  Abtheilung« 

Der  gesohichtliohe  Inhalt  der  Äpostelgescliiohte. 

Wir  können  in  den  Erzfihlangen  der  Apostelgeschichte  dreierlei 
Bestandtheile  antersobeiden.  Die  fOnf  ersten  Kapitel  nebst  dem 
zwölften  beschäftigen  sich  aosschliesslioh  mit  den  Uraposteln  and 
der  jerasalemitischen  Gemeinde.  In  dem  Abschnitt  o.  6 — 11,  von 
dem  nur  die  Episode  Ober  Paulas  c.  9,  1 — 80  in  Abzug  kommt, 
treten  den  pal&stinensischen  Aposteln  die  zwei  Hellenisten  Stephanos 
und  Philippas  als  handelnde  Personen  zur  Seite,  der  Sehauplats 
der  Handlang  erweitert  sich  über  ganz  Pal&stina  mit  Binsohlnss 
Samariens,  and  den  Hauptinhalt  derselben  bilden  die  Vorgänge, 
welche  die  Aasbreitang  des  Christenthums  anter  den  Heiden  vor- 
bereiten. Bine  dritte  Gruppe  von  Erzählungen,  o.  9,  1—80  und 
den  ganzen  Best  der  Schrift  vom  18.  Kapitel  an  umAussend,  dreht 
sieh  um  die  Person  und  die  Wirksamkeit  des  Apostels  Paulus, 
und  berttcksichtigt  die  Urgemeinde  mit  ihren  Aposteln  nur  noch  so 
weit  sie  mit  ihm  in  Bertthrung  kommen.  Es  Ist  nun  zu  unter- 
suchen, wie  es  sich  mit  der  Geschichtlichkeit  der  Berichte  verhält, 
die  uns  hier  gegeben  sind. 


Erster  Abschnitt. 

Die  ITrapostel  und  die  Gemeinde  mu  JTerasalem« 

1.    Die  Himmelfahrt  und  die  Apostelwahl. 

Die  Apostelgeschichte  knüpft  durch  den  Bericht  ttber  die  Him- 
melfahrt Christi  o.  1,  1 — 11  unmittelbar  an  den  Schluss  der  evan- 
gelischen BrzflUung  an.    Wie  es  sich  mit  diesem  Faktum  sdbst 


Die  Himmelfalirt.  77 

verhüll  inag  am  so  eher  der  Kritik  der  eveHgelteohen  Gesohlehte 
sBor  Bntaeheidaog  ttberli|eeen  werden»  je  nnamwundener  wir  an- 
erkennen müeeen,  4>se.die8elK)e  in  dieser  JSe^ieimng  scjion  durch 
Straaes  (L. . J;  3,[,AiiS«  1*^1)  ^.^m  Abschloss  gebrecht  iet;  pur 
dasrVerhältpiiss  onaer^ir  Oeretc^long  zu  der  des  dritten  Bvangeliams 
c»  24,  45 — 63  bedarf  am  dea  Späteren  willen,  einer  aosdrocklichen 
BeLencMoDg.;  ,Ani  die    grossere  AusfQhrlichkeit   der  Apostelger 
schichte,,  die JQngelsersoheinong  n.  s«  w.  wollen  wir  hier  kein  Ge*- 
wieht  legen,  soiidernj  ni^r  die  wirklich  an  vereinbaren  ZOge  in  bei- 
den Berichten,  hervorheben.      Es  finden   sich  zwischen  ihnen  im 
Gan^^vier  Differenzen.    1)  Als   der  Ort  der  Himmelfahrt  wird 
im  Bvangeliam  Bethai|ien  genannt,  hier  V.  1^  d^rOelberg^  2)  die 
Zej^t  der  Himmelfahrt  fäl^t  nach  der  Apfiftelgesehichte  afif  den 
vierssigst^n  Teg  nach  der  Aoferstebung,  nach  dem  Bvangelium  mt 
den  Anffirstehnngstag  selbst 5  3)  die. Worte  Jesa  vor  der  Himmel« 
fahrt  lauten  bei  beiden  nicht  ganz  gleich;  dieselben  scheinen  end* 
lieh  4)  vondem'9vangeUam:nachJ!erasalem,  von  der  Apostelgeschichte 
sn  dw  Ort  der  Himmelfahrt  verlegt  za  werden«    Von  diesen  Dif- 
ferenzen, hat  nun  die  erste  nichts  aaf .  sich,   denn  Bethanien  lag 
am  Op}ke,rigj  di«  Gegend  von  Bettuuilen  ist  daher  eben  das  oqoq 
iKc^ifivos,  avch  die  dritte  ist  nicht  sehr  erheblich,  da  die  Stellen 
L.  24,  .47^^9,  and  Apg.  1,  4»  8  doc^  im   Sinn  der  Hauptsache 
nsch  übereinstimmen^  nad  tlber  die  vierte  mochte  man  sich  durch 
die  Ai^naluffe,  jene  Worte. s^iep  auf  dem  Wege  von  Jerusalem  an 
den  pelb^rg  gesprochen   worden,  oder  noch  ehifacher  durch  die 
Anerkenonng  einer  kleinra  Ungenauigkeit  hinwegsetzen,  wenn  sie 
nicht  bereits  mit  der  eingreifenderem  Abweichung  hinsichtlich  der 
Zeit  der  Bimmeifahi;t   zusämmenhienge.     Das  Evangelium   denkt 
sipb  nii^nli/^h  jene .  Worte   offenbar   nooh   am    Abend  des  Aufer- 
Mel)Qngstagea.gef9prochen,  wie  diess  aas  c.  ^  21.  33.  36.  44/. 
bnwidersprechlich  hervofge^,  ^)  und  da  sie  nun  zugleich  ebenso- 
^^obl  durch  ihren  Inhal^  ajis  ^urch  die  übereinstimmende  Angabe 
der  beidjfn;  .fieijclvlj9,f  in  die  Sf^it  unmittell^rir  vor  der  Himmelfahrt 
'  ver^viesen  werde^,  so  ist  augenscheinlich,  dass  diese  dem  Evänr 
4;eliam  zufolge  lu^ch  am .  A^erstehuugstag  selbst  stattfand,  wo- 


0  I)ass  ah  Einem  Tag6  für  alle  diese  Vorgänge  kein  Raifm  gewesen  wate 
^'ange  ap«  Zeitf.  i;  €5)Mst'TiieUetcht  richtig,  katan  aber  g^gen  den  ezegetiedieii 
^«eefisebdn  nkiits  htweisea,  sonit  liftssta  auch  jede  andei'e  geschichtliohe  VavelA^ 
^lei^fi^eit  lur  ümdautviiig  d^  Berij^ie  ein  AfcHt  gedient .  .^ 


78  Die  HunmelfiBJirt. 

gegen  Ae  von  der  Apost^gesddchte  ttin  rfer/Jg  Tag«  t^äler  ge«* 
setzt  wird«    Um  diesem  Wklemfriruclk  mt  entgelien,  Mognete  Mb 
filtej^ö  fiarmooistfk  (z.  B.  BengeTs  0Bomon  sa  Apg.  i,  4),  4m» 
die  Reden  Jesa  im  Bvtfngelhim  mit  denen*  in  der  ApostelgeBeMeMte 
zuBammenfkllen;  jene  sollten  «m  AafbrstefanngBteg,  diese  Trenrf^ 
Tage   spater  gesprochen  sein,  und  Jeans  8<^te  Apg.  1,  4,   wie 
anch  Meyer  z.  d.  St«  annimmt;  el>en  anf  seine  Arfthere  VeriielsMHig 
L.  24,  49  znrAokweisen.    Biese-  Annahme  ist  jedaeh  cfcrhon  wegen 
der  klaren  Beziehang  von  Apg.  1,  4  anf  den  folgenden  5.''ireni 
unznlässig,  es  ist  aber  anoh  die  TerwattdtscfiMfft  der  beiderseitigen 
Anssprtiohe  viel  zo  gross,  am  sie  ganz  verschiedenen  ZeitMi  tind 
Anlassen  zuzuweisen.    Zntiem  paaste  der  BefMil  24,  411,  bis  zAm 
Empfang  des  heil.  Geistes  in  Jernsalem  kn  bleiben,  nr  znr  lots- 
ten Zusammenkunft  Jesu  mit  däif  Jfingem;  bei  einer  ftrtfhera&fiMte 
er  sie  nicht  anf  die  Oeistesmittheihing,  stedam  auf  selAe  persoa- 
lichen  weiteren   Anordnnngei^  verweisen  mOssen.     Wenn  endliek 
24,  ÖO  die  Brz&Uung  von  der  'Bimmelfiftrt  an  Aen  Aei^e  Bede 
mit  einem  einfachen:  i^tjyaye  ik  avtovg  S^ta  angeftttQpIt  wM,  so 
ist  doch  wohl  klar,  dass  sich  der  Verfasser  hier  Afofat,  Mftb  Apg. 
1,  8,  zwischen  lylde  efhc  KwischemeTOit  von  vleteig  •Vagen ^  'ttit 
metirfkchen  Erscheinungen  des  'Anfbrstandeneai  und  wdteMn  liMir- 
reden  Jesu,  hineindenkt.    Ebenso  unhaitbMr  ist  aber  anch  die  An- 
nahme von  Ol sh aasen  z.  Apg.  1,  6, 'dass  aar  dle-flrhsaminen«- 
kunft  unsers  vierten  Verses  mit  der  vom  Lakasevangtrikm  ersAÜ- 
ten  identisch  sei,  T.  6  dagegen  ehm  von  dieser  verssiiledene  Bu- 
sammenkunft  am  Bimmelfahrtstag  erzAhK  werde;  denn  Ittr^s  Brate 
schildert  das  Evangelium  die  von  ilim  barfehtete  Unterredung  Jesa 
mit  den  Jongern,  nach  dem  eben  Bemerkten,   deutlich  gen^g  als 
die  letzte,  der  Himmelfahrt  unmfttdbar  vorangehende ,  sodalhii  vireist 
Apg.  1,  6  dhrch  das  öl  fth  övv  aweld^vteg  ebenso  unverkenn- 
bar auf  V.  4  zurQck,  als  V.  f  durch  die  Pnkge:  x^qib  el  iv  ^ 
xatQ0  xovTifi    dnoHa'StaTavug  trpf  ßdavX^lav  t^  ^Iggcnjl;  fdle 
Apostel  glauben  die  AufHchtung  des  messianischen  Beichs'nahe, 
weil  Jesus  die  nahe  Brfttllung  der  inayyäilä  f^ifd  ncctQdg  in  Ans- 
slödt  gestellt  hat);  endlich  sind  die  Worte',  wdohe  das  Evange»- 
linm  V«  47  tt.  Jesus  in  den  Mund  legt,  in  der  Apg.  an  V.  4  and 
8  vertheOt,  welche  demnacl^  nnmoglicb  v^rschiedefien  Z^^ej»  su- 
igewieaen  wemiett  konneiL    Ba  bleibt  4aber,niBhta  Obiig,  #la  .4ie 
-Anerkennung  ^es  bedenkllchea  Umatands^  daas  üe  Zeit  der  «BImp- 
taeUkhrt  in  den  beMen  lokanischen  PMehtan  widerej^dehend  be*- 


JflB  ApofttelwabL  79 

nHmmt  tvitd.  ^)  Wie  diese  BrsolMiniuig  za  eridireft  M,  mA  weMe 
Bolgtfwigeo  sieb  4wub  eiig^ebea,  kaon  ent  spfttor  uteiMeht 
iBirerdeB,  hier  handelte  es  sich  vorer«t  nur  mn  de»  Tlmtbestand 
ale  Bolchen. 

Naeii  der  Bimmelfahrt,  tvzäfalt  die  Apoatelgesoyehte  «ireüer, 
e.  1,  12 — 26,  kehrten   die  Apostel  naeh  Jeresaaea   snrfti^,  and 
hHdben  hier  mit  ihren  Ftmmdea  zum  €(ebet  versaaniaelt.    In  dieser 
Ztii  wavde  nirf  den  VorscUag  des  Petras  die  LQcke ,  welohe  dmneii 
Judas  V^iJrAth  iin  Apostel  verein  entstanden  war ,  aasgefttllt,  indem 
anter  Theilnahme  der  sämmtlichen  Messiasglänliigen  Barsabas  and 
Matthias  als  Ecsaizmäaner  aafgestellt,  und  untar  diesen  darch  das 
Loes  Ittr  Mat^iias  entschieden  worde.    Diese  ErzAhlnng  wäre  ihvem 
i|l%eineinen  Inhalt^naoh  ziemlich  nnvej^fAnglieb  y  and  nur  aas  dem 
Znsiunaen)iaiv,  in  dem  sie  steht,  worden  Zweifel  g%en  sie.er^ 
wactineyn,  einerseitB  sofiern  sie  eben6q,  wieschQu  der  Bericht 
aber,  die  Himmelfahrt,   voraussetzt,    dass  die  Apostel  nach  (dem 
Tod  Jesu  fortwöhreod  in  Jerusalem  gebU^en  seien,  anderer- 
aaits  sofern  sie  mit  dem  P^ngstfest  als  seine  anmittelbare  Vor* 
bereitsfiig  aofs  Bngste  znsammenhAngt,  und  fast  nothwendig  mit 
ihm   steht  und  fällt    (Den  ersten  von  diesen  Punkten  hat  schon 
Stra^usn^)  mit  ji^ewohnter  Schärfe  belenohtet,  und  seine  Gründe 
idnd  bis.  j^tzt  nicht  widerlegt,  auf  den  andern  werden  wir  noch 
später  zarflckzukommen  veri^dasst  sein.)   Aber  auch  abgesehen  von 
diesem  Znmmmenhang  enthätt  die  nähere  Ausfahrung.  unsers  B»- 
rhAts  Manches^    dessen  Geschichtlichkeit  sich    schwer    festhalten 
li^U    Petrus  kann  die  Worte,,  welche  ihm  hier  in  den  Mund  ge- 
lebt, werden,   Jiicht    wohl    so   gesprochen  haben.    Darauf  zwar 
mochten  wir  kein  Gewicht  legen,  dass  die  zwei  Psalmatelton  Ps. 
(i9,  26.  109,  8  im  16ten  V.  als  eine  einzige  behandelt  werden, 
denn  solche  Ungenanigkeiten  .im  Citiren  finden  sieh  auch  sonst, 
nad,  Hessen  sich  im  ZweifelsüsU   dem  Apostel  Petrus  so  gut  zu- 
trauen, als  dem  Lukas;  ebensowenig  auf  die.  materielle  Unrichtig- 
keit der  Deutung.,   welche  den  beiden  Stellen    gegeben  wird' 3), 


^)  Was  neuestens  Baum  garten  (die  Apostelgeschichte  oder  der  Entwicklaz^- 
gang  der  Kirche  von  Jerusalem  bis  Rom.  1852.  I,  11)  sagt,  um  den  Widerspruch 
&tiftu]t)8en,  ist  mir  far  meine  Person  vdllig  unverfftSndlich. 

^  L.  J.  3.  A.  S.  136. 

'')  Man  vgl.  darüber  die  CommentAtoPen  zu  den  pMfansteilen  und  Meyer  z. 
Apg.  l,  20. 


gO  ^i®  Himmelfahrt. 

denn  ftneb  die«e  bei  Petras  fftr  nnmöglieh  zu  erklAren,  haben  wir 
keinen  Grand.     Dagegen  ist  es  sehr  unwahrseheinlieh ,  das«  P^hia 
vor  einer  Versammlang  jerosalemitischer  Christen,  höchstens  6-^7 
Wochen  nach   dem  Verrath   and  Ende   des  Jadas^   diesen  ganzen 
Vorgang  wie  etwas  ganz  Neues  erzählt,   dass  er  vor  ihnen  von 
den  Bewohnern  Jernsalems  den  Ausdruck  Tvaat   rolg  Hccroixovatv 
^leQOvaakTJfi  gebraucht,  dass  er,  der  doch  wohl  aramäisch  redete, 
das   aramäische    HOl    ^[l^n    daroh  eine  griechische  Uebersetzung 
erläutert,  dass  er  vollends  seine  eigene  und  der  Zuhörer  Mutter- 
sprache wie  ein  völlig  Fremder  als  die  Idia  dcdXsxTog  avrcSv  be- 
zeichnet hätte.     Diese  Bemerkung  hat  sich  selbst  Auslegern,   wie 
Olshaasen,  so  unabweisbar  aufgedrungen,  dass  sie  die  Olaab- 
Würdigkeit  unserer  Erzählung  nur  durch  die  Annahme  zu  retten 
wussten,   V.  18  und  19,   oder  doch  V.    19  sei  ein  erläuterndes 
Einschiebsel  des  Verfassers  ^j.  Aber  ein  solches  Einschiebsel  kann 
Iheils  überhaupt  nicht  ohne  alle  Ankündigung  oder  Andeutung,  ge- 
macht werden,  theils  würde  es  im  vorliegenden  Fall  den  Zusam- 
menhang der  Bede  des  Petrus,    welche  unter  Beibehaltung  der 
beiden  Verse  ganz  fliessend  und  natürlich  fortgeht,  gänzlich  zer- 
stören.   Lässt  man  beide  weg,  so  tritt  V.   17  äusserst  störend 
zwischen  V.  16  und  20  und  weder  das  ort  am  Anfang  des  e!n6n, 
noch  das  yccQ  am  Anfang  des  andern  ist  zu  ertragen,  wozu  noißh 
kommt,   dass   sich  die  mavlig  V.  20  sichtbar  auf  das  xayqiov  V. 
18  zurttckbezieht.    Theilt  man  (mit  Kuinöl)  nur  V.  19  dem  Be- 
richterstatter za,  so  bleibt  doch  immer  das  Unpassende  der  Er- 
zählung über  das  Schicksal  des  Verräthers,  und  wenn  die  übri- 
gen Schwierigkelten  theil weise   wegfallen,   so  ist  daför  der  mit 
dem  Vorhergehenden  durch  ein  einfaches  ytal  verbundene  und  in 
ganz  gleicher  Constraction  fortfahrende  V.  19  noch  weniger,   als 
V*  18  und  19  zusammen,  von   der  petrinischen  Rede  zu  trennen. 
Kann  sich  aber  Petrus  über  das  Ende  des  Jndas  nicht  so  ausge- 
drückt haben ;  wie  er  hier  thut,   so  ist    auch    dieses    Ereigniss 
selbst  schwerlich  so  vorgefallen,  wie  unsere  Stelle  berichtet.    Die 
vorliegende  Darstellung  ist   mit  der  Erzählung  des  Matthäus  vom 
Tod  des  Verräthers  schlechthin  unvereinbar.   Nach  Matthäus  kommt 
Judas  durch  Selbstmord   um^   nach  Lukas  durch   ein  zur  Strafe 
über  ihn  verhängtes  Unglück,  nach  Jenem   endet  er  durch  den 


.')  Der   ersteren    Ansicht   ist   auch   Schleiermacher   Einleit.    io's   N.  T. 
8.  872. 


bie  Apostelwibl.  dl 

Strick,  nach  Diesem  duroli  einen  Fall,  nach  Jenem  wird  der  Blnt- 
acker  erst  nach  dem  Tode  des  Jadas  von  den  Priestern  fflr  dea 
bekannten  Zweck  gekauft,  nach  Diesem  wird  er  von  Jadas  selbst 
zu  eigenem  Besitz  am  den  Verr&therlohn  erworben.  Dazu  kommt 
die  Ipdenkliche  Verwandtschaft'  onsers  Berichts  mit  dem  apokry- 
phischoi  des  Papias,  and  der  Umstand,  dass  die  christliche  Sago 
tiieiJs  in  der  allgemeinen  VoraasAetzang  einer  aasgezeichnetep 
Straft,  die  den  Verrftther  ereilt  haben  masse,  theils  in  den  ver- 
schiedenen alttestamentlichen  Stellen ,  die  aaf  ihn  gedeatet  werden 
konnten,  Anlass  genug  hatte,  am  die  beiden  Berichte  Aber  das 
Ende  des  Jadas  selbst  ohne  alle  geschichtliche  Gmndlage  oder 
auf  Qnind  der  einfachen  Thatsache  seines  frohen  Todes  aaszabil'- 
den.  Da  aber  4iess  Alles  von  Straass^)  schon  erschöpfend  er- 
örtert ist,  80  w^len  wir  ans  mit  diesen  Audeatangen  bägnttgen, 
luid  nur  das  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  auch  sonst  fn  der 
alten  Si^e  aasgeneicbnete  Feinde  der  christlichen  Sache  durch 
rtnen  Fall  omki^mmen.  Ausser  dem  Magier  Simon,  welchen  das 
Wort  des  Petrus  ans  den  LOften  herabgestarzt  haben  soll,  heisst 
es  auch  von  s^em  Vorgänger  Dositheus  in  den  Clementinen  II| 
24:  ikelvov  tov  Sifiiavog  otaifTOs  j  ainogneaujv  heksvrfjasr.  Wie 
hier  die  Selbsterhebimg  4er  üftretiker,  die  zqgleich  ihr  Abfall  vom 
wahren  Glauben  ist,  dureh  einen  tödtUchen  Fall  bestraft  wird,  so 
«rgeht  eine  fthnllehe  Strafe  eher  den  Verrftther,  welcher  sich  mit 
dem  ruchlos  erwvrbenen  Besitz  gOtlich  thun  möchte:  auf  seinem 
Besit^^thum  selbst  wird  er  niedergestflrzt,  um  in  den  Ort  der  Strafe 
zu  faliren.  Je  leichter  sich  aber  so  der  Bericht  unserer  Schrift 
aber  den  Tod  des  Judas  auch  ohne  geschichtlichen  Grund  erkl&ren 
lAsst,  je  zweifelhafter  andererseits  seine  Bichtigkeit  und  sein  pe- 
trinischer Ursprung  dorch  die  oben  bemerkten  Umstfinde  werden 
mnss,  und  je  unlftugbarer  aus  V.  18  und  19  hervorgeht ,  dass  did 
hier  dem  Petrus  In  den  Mund  gelegten  Worte  so,  wie  sie  unsere 
Schrift  berichtet,  nicht  von  ihm  gesprochen  sein  können,  um  sa 
proUematttcher  erscheint  die  ganjse  mit  dieser  Bede  In  Verbindung 
stehende  Erzählung  von  der  Apostelwahl,  und  es  darf  nur  noch 
der  anderweiüge  geschichtliche  Zusammenhang  derselben  ivankend 
werden,  um  auch  ihre  Thatsäcblichkelt  vollends  In  Frage  zu 
stellen*  -.  Dieser  Zusammenhang  liegt  nun  rftekwärts  in  dem  Berieht 
ttber  die  Himmelftihrt,  dessen  Pröffahg  wir  der  Bvangefieiftrläk 


»)  L.  J.  3.  A.  %.  128. 


^Sj2  ^  Bas  Pfingstfest 

überlassen  mossten,   vonväris  dagegen  in  den   BreignifiseB    des 
Pfingstfestes,  denen  wir  uns  sofort  zawenden  müssen. 

'  2.  Das  P'fingstfest. 

•  In  ^erEnsählang  asers  sweUea  Kipsleki  über  die  Pfiiigslke- 
gebenheit.  ziehen  »aerst  die  im  zweMen  und  dritten  Vers  betiehte- 
ten  Erselieiiiniigen  unsere  Aultaiorteamlieit  auf  sich«  Diese  fir- 
seheiningen  werden  wohl  anf  Jeden  teim  ersten  Anldioic  den  «Bin- 
.4raQk.  des  Wunderbaren  SiervorbriBgen.  ^Eyi»eso  aipim  «Ik  tov 
Mv^avov  ^x^  ^ägTceQlifeQo^kijg  nvoijg  fiialag  rtal  i^f}Q(aaeif  Mkov 
"sov  olxovi  o^  ^^^  itadi^ßevot'  xori  aigid>joav  würdig  dibiie^ofisrac 
.fKuiaai^cfr  dgel  nvq&e^  ineeOme  tß  i^  eva  itetiarov  ixirim.  ^Diess 
sieht  unstroit^  nichts  weniger  t  als  natürlieh  auik  Der  neueren 
Exegese  jedoch  \¥ar  das  Wunder  theUweise  anstttasig^  und  sie  be- 
mühte sieb^  es  durch  .natürHehe  BrUftrung  sdu  eatfeBden.  flHene 
selbst  nahm  eine  doppelte  Richtung: .  sie  gab  entweder  die  Thttt- 
sache  als  ^nssejren  Verfall  zu^^  bestritt  dageg^  ihren.  wttndedMuren 
vCfaamkter,  oder  /sie  liess  den.letzleipen'isteben,  verlegte,  abte  idafir 
dte  Thataache  !Mi9;t  der  Welt  der  äusseren.  WkkHiM^eit  in  die  der 
rYprstellung,  der  Vision.  Nach  der  erstem  Voraussetzung  wit^ 
der  Verfell^  um  den  es  sich  kaadelt,  mit  einem  Getvitter^  edcr 
^mit  .einem  iSturm  bei:  gewütsrsühWangerer  Luft  in  V^blndung  ige- 
atanden?  und  die  feurigst  SüuAgen  wären  Flammini  eines  an  dem 
yersammlungssaal  niederfabrenden  .Blitaes>  oder  elektrüsefae  Fun«- 
jqfPi  wie  eie  sieb  ?«Hich  sonst  zuweilen,  bei  i^wüieii  Luft  en  Me»- 
fMhen^  "Thiereii  und  leblosen  Gegenständen  entladen.  '  AlMni  weder 
4ie  eine  noch  idie  <  andere  dieser  elektrisohen  Efscfaeinnnfgea  koiMte 
ae  b6.sfihrij0ben  wes^den^  wie  hi^,. geschieht,  Am  Yläsaca^  tW^ 
lasi^  sic^  sebon  wegen  ilffer  unverkennbaren  Beziehung  äirfi  das 
yXuHiaaiQ  AaAeiV  nicht  unbestimmt  von  Vlammen  ^er  Funken  er- 
klären) und  auch  der  Ausdruck  verlangt  die  eigentliche  Bedeutung 
Rieses  Wortes:  es  heisst  nicht  cJ^et  y^Mfifac  nv^ogj  sondern  /iUScT- 
^tfi^f.  <igel  TivQogy  das  cigd  bezieht  'Sich  niciht  auf  die  Zun^en- 
geetalt,  sondern  auf  die  feuifge  .Substanz  dieser  Zungen,  Zangen 
aber,  wenn,  auch  feurig  Ausseheode^  sind  Atwas  Anderes^ als*  elek- 
trisobe  Funken;  dass  vollende:  solche  Funlten.  an  mner  gdnasen 
Versammlung  zum  Vorsehein  kommen,  oder  geaatfer,  am-  alle  ein- 
asetaem  MiHlioAi^r  einer  solebfn.Vbrsammluqg  siöh  Tcritiellta  miid 
auf  sie  setzen,  oder  dass  ein  Blitz  eben  dieses  thun  seilte,  ebne 
auch  nur  eine  dieser  Personen  zu  beschädigen,  wird  woU  Nie-> 


Das  Pflnggtfest  83 

«naMd  ohne  elo  Winder  denkbar  finden.    Heinrichs  0  niinmt  da- 
her an,  daae  die  Jflnger^  in  dem  Gewitter  das  Herabkbmmen  des 
Cteistes^erMtckendy  die  mit  demselben  verbandenen  Erscheinnngea 
ans  eigenen   Miltein  vergrossert  und  ansgeschmflckt  haben,  and, 
liiemit  geht  diese  Form  der  natOrliehen  Erkiärong  in  die  zweite^  anoh 
von  Neander^)  zulässig  befundene  über,    womach    der    ganze 
Vorgang  eine  dnreh  aasserordentUche  Natnrerscheinangen  nur  ver- 
anlasste Vision  gewesen  wäre.  Ist  aber  auch  eine  derartige  Visioa 
«iner  ganzen  Versammlang  nicht  ohne  Beispiel ,  so  hat  doch  nnsfr 
Verfussor  offenbar  nicht  die  Absicht,  einen  solchen  blos  innerea 
Vorgang  za  seMldeim;   wenn  er  vielmehr  das  Braasen  V«  2  ganz 
als '  etwas 'Faktisches  behandelt,  wenn  er  ebenso  das  ixaStae  in 
efgeneM  Namen  aasspricht,   wenn  er  endlich   das  BrflQlItwerden 
mit  dem  Geiste,  das  einer  Vision  schon  vorangegangen  sein  mUsste^ 
etat  aar  die  Vortheihing  der  f earigen  Zangen  folgen  lässt ,  and 
das  Zangenreden  mit  der  Zangenvertheilang   in  anverkennbarea 
CSaasalzasammenhang  setzt,  so  lässt  er  ans  keinen  Aagenblick  dar- 
4flber  im  Zweifel,  dass  er  diese  Erscheinangen  als  etwas  äasser- 
lieh  Beales  betraehtet  wissen  will.  Wir  mttssten  daher  noch  einea 
«SeHritt  weHer  gehen  and  annehmen,  dass  entweder  die  Versam- 
.metten  scflbst  den  inneren  Vorgang  mit  einem  äassern  verwechselt, 
oder  diss  die  üeberfieferang,  der  anser  Verfasser  folgte,  jenen 
in  diesen  omgeblldet  habe.     Im  erstem  Fall  könnte  freilich  der 
freist,  wdoher  die  Janger  erfüllte,  nicht  das  Tvpevfia  ^uijg  aXtj^etag 
gewesen  sein,  sondern  eher  ein  Geist  der  Schwärmerei,  dessen 
aefortige  wanderbare  Wirkangen  wir  nicht  begreifen  virürden;  im 
aindera  FiA  ist  es  allerdings  möglich^  dass  anserem  Bericht  als 
9hatsäehliches  eine  Vision  za  Grande  liegt,   ebenso  möglich  ist 
nber  aoeh,  ^ass  wir  ein  ganz  anderes  Faktam,  oder  aach  gar  kein 
FiAtam  vor  ans  haben ,  denn  eine  Ueberlieferang,  welche  Visionen 
mit  objektiven  Vorgängen  verwechselt,  würde  ihren  Gegenstand 
so  vollständig  entstellen ;  dass  sie  keinen  weiteren  Ansprach  aaf 
Gültigkeit  machen  könnte.    Diese  ganze  natürliche  Erklärang  führt 
daher  nac  daza,  die  Glaabwürdigkeit  des  vorliegenden  Berichts 
überhaupt  in  Frage  za  stellen,  and  das  Thatsächllche  des  betreN 
fenden  Vorgänge  als  etwas  Problematisches  erscheinen  ga  lassen^ 


>)  tn  deiQ  Exkurs  über  uoifre  Stelle  S.  3l9i 

^  Geschichte  der  Pflanzung  und  Uitung  d.  chiisth  Kkeliil  4ttrch  die  kpOiitl 
4.  A.  S.  14. 


$4  Das  Pfiogstfest 

hinsichtlich  dessen  die  Kritik  volücoflimea  fireie  Hanil  hat,  sieh  für 
die  eine  oder  die  andere  Ansicht  an  entscheiden ,  falls  sich<mider- 
weitige  Entscheidnngsgrtnde  finden  sollten.    Sehen  wiri   oh  aas 
.solche  im  weiteren  Verlauf  der  Erzfthluog,.  hegegnen*. 

Es  fahrt  diess  anf  die  vielbesprochene  Frage  Qher  das  yhaatuag 
Xahiiv,,  Diese  Erscheinung  wurde  belcanntUch  von  der  gaaz^n 
älteren  Exegese,  so  weit  unsere  Kenntniss  derftelben  hinauf reiebt, 
von  einem  wunderbaren  Aeden  in  Aremden  Sprachen  verstände*. 
Die  versammelten  Christen  hätten  demnach,  in  Folge  einer  wunder- 
hären  Geisteswirkung,  auf  einmal  in  versoMedeaen  ihiien  biafaer 
unbekannten  Sprachen  geredet,  deren  Kennt^ilss. ihnen  sofort,  wie 
man  in  der  Regel  voraussetzt,  zum  Behuf,  der  apestoliadben.Vflrr 
kündignng  geblieben  sein  soll.  Doch  findet  sioh  schon. iVQhe.aach 
die  Vorstellung,  der  noeh  in  neuerer  Zeit  Einzelne  i)  den  Vomg 
ertheilt  haben,  dass  die  JUnger  zwar  alle  in  llirer.Mutterspraoh«, 
der  aramäischen,  geredet,  die  ZahOrer  dagegen  sie  in  der  ihrigen 
verstanden  haben,  dass  also  das  Wunder  nicht  sQwnhl  ein. Spreeh- 
als ein  Hörwunder  gewesen  wäre.  Beiderlei  Vorstellungen  wollte 
Billroth ^}  dahin  vereinigen,  dass  das  ylcianais  ^^^  ii  dem 
Reden  einer  Sprache  bestanden  habe,  welche  die  \"ereehiedenen 
Elemente  der  historisch  wirklichen  Sprachen  in  sich  '  vereinigte, 
einer  Art  Elementar-  oder  Ursprache,  aus  der  sich  da;iin  jeder  der 
Zuhörer  seine  besondere  Sprache  herausgehört,  hab^  mllsisite«  Oieee 
Abentheuerlichkeit  nun  lassen  wir  billig  auf\sjteb  bfi[rnh(Wt  ffi^lT 
dann (  wer  Lust  hat,  die  Ursprache  in  den  bertthmten  Oäften.der 
Besperiäen^)  aufsuchen,  wo  sie  ohne  Zweifel,  der  ]l|^pi9Ch-an-siek 
%  spricht,  wenn  er  dem  Gaste  vom  Obstrsn-sich, anbietet  Die  Ab- 
nahme eines  HOrwunders  wird  zwUr  dazu  beaftt^t,  anseni  Ver- 
gang  durch  die  Analogie  des  thierlsehen  Magnetismus  d^r  gewöhn- 
lichen Wirklichkeit  näher  zu  bringen^  ^äre  aber  ;die^jr  Gewinn 
auch  weniger  zweideutig,  als  er  sich  z/^igen  wird,  so  w^en  wir 


.  ^)  Ein  Ungenannter  in  der  Tübinger  Theol.  Qaartaisclirift  1828,  433.  Schnee 
kenburger  Beiträge  zur  Einl.  in*s  N.T.  S.  84.  Vgl.  dazu,  was  Neander  3*  16 
aus  Greg.  Naz.  Or.  44.  S.  715  anführt.  In  der  Schrift  über  de^  Zweck  der 
Apg.  S.  201  f.  iSsst  es  Schneckenburger  unentschieden,  ob  der  Verfasser  an 
ein  HOr-  oder  Sprechwunder  gedacht  wissen  wolle,  und  ebensowenig  Usst  er  sich 
hier  auf  die  Frage  über  den  objektiven  Thatbestand  ein. 

^  Commentar  zu  den  Korintheri»riefen  S.  177  ff.  > 

/      3).sti:aü88,  61atd»en8l  ll,  222.  I,  246. 


Das  Pfingslfest.  g5 

doch  im  vorliegienden  Fall  darch  unseru  Text  genöthigt,  darauf 
za  verzichten;  denn  wenn  es  In  diesem  geradezu  heisst:  rJQ^cevro 
laietv  hsQaig  yhoaaäig,  xa9tüg  to  nvevfxa  edidov  aCrotg  ano^" 
-diyyea&ai,  so  kann  die  Meinung  des  Berichterstatters  nnmOglich 
die  si^in,  dass  die  Sprechenden  dicht  krsQaig,  sondern  raig  avraXg 
yhjiaaaig  geredet  haben,  wie  sonst,  und  nur  die  Hörenden  sie 
hv  ltiQ(xigyk(jü0amg  verstanden,  yaOtlg ^to  nvev/aa  ididov  aCroTg 
dxo^ecv.  Es  bliebe  daher  von  hier  aus  nur  übrig,  dem  Erzäh- 
ler eine'  unrichtige  Auffassung  des  Vorgangs  schuld  %n  geben, 
eine  Annahme,  zu  der  wir  um  so  weniger  Grund  haben,  je  wel- 
bigei'  fttr  seine  Denkbarkeit  dadurch  gewonnen  wird;  denn  weit 
entferht,  die  Bache  begreiflich  zu  machen,  führt  diese  Erklärung 
nur  iibcfa  die  weitere  Schwierigkeit  mit  sich,  dass  die  Erfüllung 
der  Jünger  mit  dem  Geist  eine  wunderbare  Wirkung  auf  das  Auf- 
jfassdngs vermögen  des  Volkes  gehabt  hätte,  das  nicht  vom  Geist 
erfüllt  Varl 

Halten  wir  uns  i^un  an  die  gewöhnliche  supranaturallsUsche 
Auffassting  unserer  Erzählung",  der  zufolge  die  versammelten  Chri- 
sten wirklich  In  fremden  Sprachen  geredet  haben  mOssten^  die 
ihnen  fi^her  nicht  .bekannt  waren,  so  sind  es  freilich  keine  gerin- 
gen Schwierigkeiten,  von  denen  diese  Vorstellung  gedrückt  wird« 
Diese  Sehwierigkeiteii  liegen  theils  in  ihr  selbst,  theils  entstehen 
816  bei  der  Vergletehung  des  Zungenredens,  von  dem  uns  Paulus 
im  ersten  KorIntherbrief  Kunde  giebt.  Fassen  wir  unsern  Vorgang 
zunächst  für  sich  in^s  Auge^  so  konnte  die  plötzliche  Mittheilung 
der  Fertigkeit;  in  fk'eniiden  Sprachen  zu  reden ^  nur  als  das  abso- 
lute Wujfider  betraobtet  werden.  Die  Annahme  eines  solchen  Wun- 
ders widerspricht  aber  einer  richtigen  Ansieht  von  der  göttli- 
chen Wirksamkeit  unfd  von  dem  Verhältniss  Gottes  zur  Welt,  und 
in  unserem  FalL  im  Besondern  einer  richtigen  Ansicht  vom  Weisen 
des  menschlichen  Geistes.  Die  Zusammensetzung  und  die  Eigen- 
schaften eines  Körpers  können  durch  äussere  Einwirkung  verändert 
werden,  aber  geistige  Fertigkeiten  entstehen  nur  durch  Selbstthä- 
tigkeit,  durch  Üebung,  und  eben  das  ist  es,  wodurch  sich  der 
Geist  vom  Stoff  unterscheidet,  dass  er  flrei  ist,  dass  nichts  in  ihm, 
Ist ,  was  er  nicht  selbstthätig  In  sich  gesetzt  hat.  Die  äusserliche 
und  momentane  Elngiessung  einer  geistigen  Fertigkeit  ist  eine  sich 
selbst  aufbebende  Vorstellung.  Oder  wenn  man  nnberechtigterwelse 
an  diesem  dogmatideiieli'  Grund  Anstoss  nehmen  sollte:  dass  ein 
derartiges  Wunder  wirklich  geschehen  sei,  widerspricht  der  Analogie 


86  Bas  Pßngstfest. 

aller  beglftobigten  ErfAbrong,  dnss  es  voo  ^intm  Biiuselnen  odair 
von  der  SageJlngirt  sei,  entspricht  ihr,  wena  duher  der  Ge-r 
schiohtschreiber  nor  zwischen  diesen  beiden  Fällen  die  Wahl  bat; 
00  mnss  er  sich  nach  Gesetzen  historischer  Wahrscheinlichkeit  nn^ 
ter  allen  Umständen  unbedingt  für  den  zweiten  entscheiden.  Er 
mttsste  diess,  selbst  wenn  ein  Aagenzeage  des  angeblichen  Wan- 
ders vor  ihm  stände,  er  muss  es  nm  sq  mehr,  wenn  er  es  mit 
einer  Darstellnng  za  thnn  hat,  die  erweislich  von  keinem  Augen- 
zeugen herrührend,  möglicherweise  nm  einige  Mensehenalter  von 
dem  fraglichen  ipireigniss  abliegt  i).  Dieses  Bedenken  wird  dar 
durch  in  der  That  nicht  beseitigt,  dass  man  uns  mit  OUhausen 
Cz.  d.  St.)  und  Bänmlein^3  auf  die  sehen  erwähnte  Analogie 
magnetischer  Zustände  verweist^  in  denen  es  gleichfalls.  vorge<- 
kommen  sein  soll,  dass  Somnambulen  eine  Sprache  redeten^  di^ 
nur  d^nen  bekannt  war,  mit  welchen  sie  in  Rapport  standen.  Denn 
wäre  auch  diese  angebliche  Thatsache  ebenso  glaubwürdig  and 
beglaubigt,  als  sie  beides  nicht  ist,  so  würde  doch  daraus  nicht 
das  Geringste  fQr  einen  Fall  folgon,  in  dem  weder  an  Somnam^ 
boliamus  noch  an   magnetischen   Rapport  zu  denken  ist^    davon^ 


^  In  dem  Obigen  liegt  zuc^eieh  die  AntTrort  a«f  die  dftn^hOrt«  BebanptvBg, 
das»  es  unerUiibt  m1,  eine  EnObloo^  blos  um  ibres  «underbareir.Gbanil^is  wiBea 
zuyerwerfen.  Die  UnmiDgUchkeitundUngiaublicbkeit  des  Won^ers  gebort  gerade  ebenao« 
gut  zu  den  Voraussetzungen  jeder  historischen  Kritik,  wie  aUe  andern  innern  Merkmale, 
nach  denen  sich  diese  bei  der  Entscheidung  über  den  Tbatbestaqd  zu  nebten  bat,  so 
gut,  wie  z.  B.  die  Unmöglichkeit,  dass  widersprechende  I^äcbiicbten  zugleich  wahr 
tmn  kOnnea  u.  a.  w.,  und  wer  jene  nicht  zugiebt,  der  wird  sich,  wie  diess  die 
tS|}ieh6  Erfalurung  bestftt^t,  auch  ^men  mit  leichter  Mibe  zu.  entxiebea  wisten; 
Auf  jedem  andem  Gebiete  der  Geschi^^oracbung  wird  diess  unbedenkUcb  zugi^- 
ben,  warum  es  auf  dem  der  biblischen  Gespbichte  andere  sein  sollte,  lässt  sich 
Dicht  abseben.  Jedenfalls  läge  die  Beweislasi  hier  denen  ob,  welche  für  dieses 
Gebiet  ganz  eigenfh^mÜche,  von  allem  sbbstr  A^nerkaiinten  abweichende  Gesetze  in 
Aasproch  nehmen,  nicht  denen,  welche  auch  hiefiai^r  iJh*Hi  den  aHgttne!neß'(htmd- 
sfttzea  der  bistoriacben  Kritik  Terfabren.  Der  Beweis  n^ä^.iaber  .wdU  idhneedklr 
geführty  und  die  ganze  Phalanx  von  Gründen  wird  schwerlie^  fpt^kiiilftet  werden; 
mit  denen  Ton  Spinoza  und.  Hume  bis  auf  Strauss  herab  die  MOgUcb^eit  und  Er-^ 
kennbarkeit  des  Wunders  bestritten  worden  ist.  Bis  dabin  aber  sind  wir  in  unse- 
rem Rechte,  wenn  wir  die  Undenkbarkeit  des  Wunders  voraussetzen,  und  auch  in 
dier  folgenden  Untersuchung  o^ine  weitere  Bemerkm)g  dieser  Vonrassettung  gemäss 
verfahren. 

^  In  seiner  Abhandlung  fi^er  das  yX.  Mtür  in-  den  Studien  ^  d(^  ev.  Geistp. 
llcbkett  Würtembergs  VI,  2,  11$.  ,  ., 


Das  Pfingstfes't.  Si 

dldlit  aU  Mded,  dass  die  Mng^  nabh  V.  4.  tn  fremdem  SBaogett 
»1  8|itieoli6tf  attfleoi^elt,  iiodb  ehe  das  Telk  da  war,  mit  dem  sie 
angeblSali  In  Rappert  ständen  ^).  Dagegen  tritt  die  ganze  Cndenk^ 
bnMR  des  vonntAsetzlielren  Wunders  ncjr  nm  so  heller  fai*s  Lleh^ 
vrenn  wir  trägen  y  für  welchen  Zweck  denn  eine  so  heispiellose 
fll^erreissiing  der  natflrileiien  Gesetze  nOthig  war?  Die  ältere  neo-i 
logie  Ist  der  Meinung,  die  j^postd'  haben  die  Sprachengabe  er-* 
haltstt,  iim  durch  (Reselbe  zur  allgemeinen  yerlrtkndfgung  des  Evan- 
geliums liefUSgt  zu  werden.  Aber  fttr'i^  Brste  waren  unter  den 
Tersammeit^n  am  Pfingstfest  —  um  des  Hauptmanii|>i  Cernellas  o. 
10^  xtod  dd^  JohannesJfingeV  e.  19  nicht  zu  erwftlinen  —  ohne 
0welM  die-  VlTenigsten*  im  Fall,  von  dieser  BefUiigung  jeinalii  in 
Ihrem  Leben.  Gebrauch  zu  machen,  selbig  wenn  man  bei  den 
icftovreg  e.  2,  1  nur  an  die  Apostel,  tnd  nicht  vielmehr  an  die 
stamUHfeli^n  e.  1,  14  Brwähnten  denken  wollte^  wie  man  doch' 
nach-  ebeh" dieser  (Stelle  zu  thun  kaum  umhin  kann;  denn  auch 
von  den  Aposteln  scheinen  die  Meisten  keine  weiteren  MIsslonsrel-' 
sen  gemacht  zu  haben.  Aber  auch  die,  wdche  diess  thaten,  be- 
darftendazu  —  zweitens  -^durchaus  nicht  aller  derSpradien, 
welche  unser  T.  9  —  11  aufzählt,  sondern  es  Hess  sich  mit  dem 
Mechlschen  und  Aramillschen,  den  beiden  palästinensischen  Lan- 
deissprachen, die  Ihnen  schon  vorher  bekannt  seinmussten,  damals 
fast  äbeiiÄ  auskommen.  Drittens  endlich  giebt  auch  die  Ge-«' 
schichte'  kelnl  einzigesjtefspiel  von  der  Anwendung  der  Spi'achen-* 
gäbe  für  den  Zweck  der  evangelischen  Verkflndigung,  sondern 
statt  dessen  ausdrdcklich  mehrere  Belege  far  das  Gegenthell  an 
die  Hand:  aus  Apg.  14,  11  tl.  geht  hervor,  .dass  Paulus  nicht 
lykaenlsch  verstand ,  obwohl  er  naoh  1  Kor.  14,  18  im  Zongen<« 
reden  staik  war,  und  von  Petrus  berichtet  eine  tvalte  üeberlfefeJ 
rong^>,  dass  er  sich  des  Markus  als  DoUmetscbers  bedient  habe. 


^  Bassefte  gilt  anch  tod  der  Erldärung,  welche  ^em  Sprechwunder  dn  Hör- 
wunder  snbstitairt ,  um  nun  dieses  aus  dem  Somnambulismus  zu  erläutehi;  ausser- 
dem wOrde  aber  diese  EiMärang  zu  der  seltsamen  VorsteHung  hinführen,  dass  die" 
ans  Netigier  zusammengclinftene  Menge  auf  einmal  in  lauter  Somnambulen  verwan-' 
delt  worden  sein  iMtesrte. 

*)  Pepias  b.  Bus.  K.  G.  HI,  39,  7.  Iren.  111,  1.  u.  A.  s.  de  Wette  E;nl. 
in*8  N.  T.  9.  99.  GegeS  die  Behauptung,  dass  Kfailcus  nur  als 'Erklärer,,  picht 
ids  Bolttets«bet  W  Pethis  der  ^^itp^ed^  desselben  heisse,  s;  NeaAder  a.  •*" 
0.  s/te.'-"  .■■'"''■:•  -•  ..         '    •  •-     • 


^g  Das  Pfingstfest 

In  ErwAgoog  dieser  Schwierigkeiieii  geben  Manche  dem  Wonder, 
auf  einen  epecieUen  Zweck  desselben  veraiehtend,  wtt  die  ali- 
|remeine  Bedeutung,  die  apostolische  VerkOndigapg  z«  beglaubi- 
gen 0,  nnd  sie  erbalten  dadurch^  wie  es  scheint,  den  VoMheO, 
Btatt  der  habituellen  eine  blos  momentane  Mittheilung  der  Sprach- 
fertigkeit an  die  Jünger  annehmen  zu  mttssen.  Ob  diess  jedoch 
ein  wirklicher  Gewinn  ist,  wAre  erst  noch  die  Frage,  denn  die 
magische  Unterbrechung  des  geistigen  Lebens  in  den  Betheiligten 
bleibt  auch  in  diesem  Fall,  und  die  Wiederaulhebung  dieser  Un- 
terbrechung und  der  durch  sie  mitgetheilten  Sprachfertigkeit  kOmüe 
nur  ebenso  magisch  und  mechanisch  vor  sich  gegangen  sein;  was 
aber  seine  Abzweckung  anbelangt,  so  würde  das  Wondi»r,  bei 
dieser  Auffassung,  statt  einen  vernünftigen  und  gotteswflrdigen 
Zweck  in  sich  selbst  zu  haben,  zu  einer  Sache  der  blossen  Osten-* 
tation,  zu  einem  Spektakelstock,  an  dessen  Stelle- auch  jede  be- 
liebige anjlere  Aufsehen  erregende  Erscheinung  hfttte. treten  ken- 
nen« LAsst  sich  nun  dieses  noch  .-wenige  oinnehmen*,  als  die 
nprachliche  Ausrüstung  der  Apostel  für  ihr  Amt,  so  bliebe  nur 
übrig,  die  Sprachengabe,  abgesehen  von  jeder  Zweckbeaiehnng, 
mit  Olshausen  und  Andern^)  für  eine  natttrliche  Folge  und 
Aeusserung  der  GeistesmittheiluDg,'für  ein. natu rgem Asses  Symbol 
von  der  einigenden  Kraft  des  heil.  Geistes,  zu  erklAren.  Dann 
aüsste  aber  vor  Allem  ein  Znsammenhang  jener  Wirkung  mit 
dieser  Ursache  nachgewiesen,  oder  doch  irgendwie  denkbar  ge- 
macht werden;  so  lange  dieses  theils  gar  nicht;  tbells  nur  mit 
nichtssagenden  Phrasen  geschehen  ist^);  werden  wir  nicht  umhin 


^)  So  Ernesti  u.  A.  s.  Kuioöl  Comm.  S.  45  f.,  io  gewisseni  Sinn  auch 
Bäamiein  a.  a.  0.  S.  116. 

^  Bäumlein  S.  117.  Rossteuscber  die  Gabe  der  Sprachen ^.im  apo&to* 
lischen  Zeitalter  S.  27  ff.  Baum  garten  die  Apostelgesch.  I,  48  ff. 

^  Zu  welchem  Grade  der  Verwirrung  diese  Phraseologie  fortgeht,  zeigt  der 
Schluss  Ton  Baum  garten  S.  53:  Wie  die  Pflngstbrode  die  ganze  Emdte  reprS- 
Centiren,  und  wie  Israel  am  Sinai  alle  kommenden  Geschlechter  reprSsentirt  hat, 
fo  ist  die  Piingstgemeinde  „die  Repräsentation  aller  zukünftigen  Zeiten  der  Kirche.*' 
„Wenn  nun  die  einzelnen  Glieder  dieser  Versammlung  in  der  Tbat  und  Wahrheit 
eine  solche  Bedeutung  und  Stellung  besitzen,  wird  die  .Logik  etwas  dagegen  ein- 
wenden können,  dass  sie  auch  also  erscheinen?**  Gegen  diesen  allgemeinen  Satz 
gewiss  nicht,  um  so  sicherer  aber  gegen  die  Anwendung,  die  hier  daTon  gemacht 
wird.  Was  fch  blos  repräsentire ,  das  bin  ich  nicht,  dessen  Eigenschaften  können 
mir  daher  zwar  ideell,  in  der  Vorstellong,  beigelegt  werden,  aber  sie  kommen  mir 
darum  noch  nicht  in  der  Wirklichkeit  zu.  Der  Repräsentant  eines  Fürsten  ist.aicht  im 


Dag  Pflngstfest.  89 

können^  ztt  schliesseo:  da  in  keinem  andern  fall  weder  die  reli- 
giöse, noch  die  sonstige  Geistesgemeinscliaft  onter  solclien,  die 
versohiödene  Sprachen  reden  ^  eine  gegenseitige  MittheUong  ihrer 
Sprachkenntnisse  zur  Folge  hat,  so  kann  sie  auch  am  Püngstfest 
diese  Folge,  wenigstens  natttriioher  Weise,  nicht  gehabt  haben» 

Keine  geringe  Verstftrknng  erhalten  diese  Bedenken,  wenn 
wir  fQr  unsere  Brzfihinng  auch  noch  die  Aeusserungen  des  Apo- 
stels Panlns  Ober  das  Zongenreden  in  der  korinthischen  Gemeinde 
zur  Vergleichnng  beiziehen.  Ohne  noch  positiv  zn  bestimmen, 
was  dieses  korinthische  Zangenreden  seinem  Wesen  und  seiner 
ftassem  Erscheinung  nach  war,  können  wu*  doch  auch  jetzt  schon 
mir  aller  Sicherheit  sagen,  was  es  nicht  war,  nfimlich  kein  Be- 
den in  fremden  Sprachen.  Diess  geht  ans  der  Art  ond  Weise, 
wie  sich  der  Apostel  dartlber  ünssert,  ganz  nnzweidentlg  hervor. 
Nicht  allein,  dass  er  mit  keinem  Wort  auf  jene  Beschaffenheit  der 
Glossolaüe  hindeutet,  mehr  als  Eine  seiner  Aeusserungen  schliesst 
sie  auch  positiv  aus.  C.  14,  18  f.  erlftutert  er  den  Satz,  dass 
die  Caossoialie  in  der  Gemeindeversammlung  ohne  Auslegung  kei- 
nen Sinn  habe,  durch  das  Beispiel  0 :  Gleichwie  mir  der,  welcher 
eine  fremde  Sprache  redet,  unverständlich  ist,  wenn  ich  seine 
Sprache  nicht  kenne ,  so  ist  die  Glussolalie  ohne  Erklilrang  unver- 
ständlich. Diese  Erläuterung  setzt  offenbar  voraus ,  dass  die  Glos- 
solalie  nicht  selbst  schon  ein  Reden  in  fremden  Sprachen  ist.  Ans 
demselben  Capitel  V.  13.  27  f.  sehen  wir,  dass  der  Zangenre- 
dende  nicht  immer,  ja  fast  scheint  es,  dass  er  in  der  Regel  nicht 
im  Stand  war,  seine  Aeusserungen  auch  auszulegen.  Wie  lässt 
sieh  diess  denken ,  wenn  das  Zungenreden  in  dem  Gebrauch  einer 
firemden  Sprache  bestand?  Mag  es  auch  hie  und  da  vorkommen^ 
dass  einem  Einzelnen  eine  Aremde  Sprache  geläufiger  ist,  als  seine 
Muttersprache,  so  kann  diess  doch  nicht  der  gewöhnliche  Fall 
gewesen  sein,  am  Wenigsten  in  einer  griechischen  Haupt-  und 
Handelsstadt,   wie  Korinth,   wo  es  an  der  Fähigkeit  des  griechi- 


Besltz  der  ffirstliclien  Maclit,  und  wer  einen  Araber  oder  Chinesen  darstellt,  kann 
dämm  noch  nielU  arabiscli  und  diinetisch.  Man  mttsste  schticbtern  sein,  etwas 
80  beleidigend  Klarea  tlbeibaupt  .nocb  zu  sagen ,  wenn  uns  nicht  die  modernste 
„Gläubigkeit"  längst,  gezeigt  hätte,,  dass  i)ur  genjie  das  am  HäufipteQ  entgeht,  was 
dem  gesunden  Menschenverstand  zunächst  liegt.  .^ 

>}  Nor  als  solches  nämlich,  nicht  wie  Bäumlein  a.  a.  0.  S.  92  f.  will,  als 
AufstellnDg  und  Anwendung  eines  allgemeinen  Satzes  lässt  sich  Y.  10  f.  fassen. 


90  ^^^  PfmgitfesL 

Bohen  Aiuidracks  g;ewiss  dem  Idqiiiston  Theil  fehlte..  Weiter,  w* 
bellt  aus  c.  14^  5.  18  f.  28,  dasa  Papilla  daa  Zaoge)irfi^a|  von 
dem  er  aus  eigener  Erfahmng  spracht,  der  peraOidichai»  Erbaomig 
djsa  Redendeu  forderlich  faud ;  inwiefern  es  aber  für  irgeiMl  Jemand 
erbaulicher  sein  sollte,  seine  religi<^en  Gefable. in  einer  fir^mdtn, 
ihm  wohl  gar  selbst  nicht  recht  yerstAndliohen  Sprache  wassudrO- 
cken,  als  in  seiner  eigenen,  Iftsat  sich  nicht  absehen.  \|irie  aallteo 
wir  ans  endlich  die  von  Paulas  gerflgten  Missbrftaehe  ju|  d^  ka* 
rinthischen  Gemeinde  bei  dieser  j(kufft^8Xkng  der  GlosB^lalie  erklä- 
ren? Das  wunderbare  Reden  in  unbekannten  Sprachen  set^t  doch 
eine  specielle  Wirksamkeit  des  b.  Geistes  wfthrapd^  i^  Spr«ebemi 
voraus.  Wie  kann,  aber  der  h.  Gei4  Einzelne  zim  Sprechen  in-» 
spirirt  haben,  wenn  diess  nicht  am  platte  war?  Oder  ^lleo  wir. 
uns  die  Sache  so  vorstellen,  dasfi  die  SpKac|iaoga)ie  den  Betref«^ 
feaden  als  eine  nach  Belieben  9f  gehri|i|cl)ende.  oder  za  missbraur^ 
chende  Fertigkeit  ein  t^  allemu^  vejiiel^  warde,  ii^tß  4aher  zo 
ihrer  Aeusserung  keine  besondere  Whrkofg  des  b.  Geistps  mehr 
nothig  war?  Dann  möchte  man  zusehen,  wie  man  sieh  dlea«R 
Erfolg  ohne  dat^  Aeusserste  von  magischeip  Wundergtaiil^n  vor^ 
stellen  sollte,  eine  Geisteswirkuqg,  dia  doch  im  besontferwi  Ball 
ohne  Zuthun  des  Geistes  erfolgte,  eine  wiUkahriiGh  mii^uweiidende 
Fertigkeit,  die  doch  weder  naiOrlioh  noch  priemt -wrice!  Lftstfk  sieh 
nun  auch  dieses  nicht  denken,  so  masste  man  nur  awehmen ,  dasa 
das  Reden  in  fremden  Sprachen  da,  wo  es  niclit  zuv  Erbauni^^ 
diente,  nicht  das  wunderbarij^,  vom  b.  Gei^  gewirkte,  aondern 
eine  betrdgerische  Ostentation  gewesen  sei.  Würde .  dmm  nber 
wohl  Paulus  so  mild,  wie  er  1  Kon  thui,  über  c^nen  aokhen  Un- 
fug gesprochen  haben?  Hätte  er  nieht  zwischen  dam  wirklieh 
geistgewirkten  und  dem.  blos  erheuchelten  Znugenredfin-  unteirschei- 
den,  Kennzeichen  des  wahren  Wunders  aufst^Uen^  g^gtif^  dir 
falschen  Propheten  mit  derselben  SchArfe,  wie  Apg.  ^  i9  gecfn^ 
einen  Zauberer  Blymas,  auftreten  mOssen?  So  wie  der  Apeatel 
redet,  sieht  man  deutlich,  er- befrachtet  das^  Zungenreden  auch 
dann  noch,  wenn  es  am  unrechten  Ort  getibt  wird,  als  ein  wirk- 
liches Erzeugniüs  des  h.  Geistes;  diess  kann  es  aber  nur  dann 
sein,  wenn  es  nicht  eine  so  ganz  einzige,  sohleehthin  nbemalor- 
liehe  VrscheinuBg  ist ,  wie  das  wunderbare  Redenr  in  unbekannten 
Sprachen;  eine  solche  hätte  überaH,  wo  sie  wirklieb  vorhanden 
war,  rein  vom  göttlichen  Ge^t  hervorgebracht  seia  müssen,  bei 


Das  Pfiogstfest.  Ql 

ihr  i¥äre  daher  nur  Eines  von  beiden  denkbar  gewesen:  ein  durch- 
aus  richtiger  Gebrauch,  oder  ein  heuchlerischer  Missbranch. 

War  nun  das  korinthische  Zangenreden  kein  Reden  in  frem- 
den Sprachen,  will  man  aber  ein  solches  nichtsdestoweniger  itlr 
das  erste  Pflngstfest  festhalten,,  so  käme  man  anf  die  Annahme, 
dass  sich  beide  Erscheinungen  gerade  in  diesem  Punkt  wesentlich 
unterschieden  haben;  sofern  aber  doch  auch  wieder  ihre  Gleich- 
artigkeit schon  um  des  gemeinsamen  Namens  willen  zagegebe.n 
werden  muss,  müsste  man  beide  als  verschiedene  Arten  innerhalb 
derselben  Gattung  auffassen.  In  diesem  Sinn  bemerkt  Olshau- 
8  e  n  ^3  es  seieil  bei  dem  yhiacaig  Xccleiv  verschiedene  Stufen  und 
Arten  zu  unterscheiden.  Der  allgemeine  Charakter  dieses  Charisma 
habe  nur  in  einem  erhöhten,  ekstatischen  Reden  bestanden,  in 
einzelnen  Fällen  jedoch,  wenn  auch  vielleicht  sehr  selten,  habe 
es  sich  bis  zum  Reden  in  fremden  Sprachen  gesteigert;  und  da 
nun  diess  namentlich  gleich  am  Pflngstfest  der  Fall  war,  so  habe 
es  daher  den  Namen  yXcioaaig  kakelv  erhalten ,  der  ihm  dann  auch 
für  die  Fälle  blieb,  in  denen  es  sich  nicht  in  derselben  Form  be- 
thätigte.  Aber  möchte  man  es  sich  vielleicht  auch  erklären  kön- 
nen, dass  zwei  so.  verschiedenartige  Erscheinungen  unter  dem 
gleichen  Namen  des  Zui^enredens  zusammengefasst  wOrden,  so- 
fern doch  bei  beiden  ein  wunderbares  Reden  in  einer  fremden 
Sprache  stattfände,  so  bleibt  es  doch  höchst  auffallend,  dasa  bei 
dem  häufigen  Vorkommen  der  Glossolalie  in  der  korinthischen  Ge- 
meinde von  j^ner  angeblich  höchsten  Form  derselben,  von  dem 
ZtODgenreden  im  engeren  Sinn,  sich  keine  Spur  findet,  wogegen 
die  Apg.  nicht  blos  ttber  den  zweiten  von  ihr  berichteten  Fall  des 
Zungenredens  (10,  46  f.  11,  15  f.)  ausdrticklich  bemerkt,  dass 
sich  der  Geist  hier  in  derselben  Weise  geäussert  habe,  wie 
am  Pflngstfest,  sondern  auch  in  dem  noch,  tlbrigen  dritten,  c.  19, 
6,  nach  der  Analogie  zu  schliessen,  ohne  Zweifel  gleichfalls 
an.  nichts  Anderes  gedacht  wissen  will  ^).  Diesem  zufolge  müssteu 
in  der  einen  der  beiden  Darstellungen,  um  deren.  Verhältniss  es 
sich  handelt,  alle  Fälle  von  Glossolalie  auf  der  höchsten  Stufe 
dieser  Erscheinung  stehen,  in  der  anderen  keiner.  Ist  es  nicht 
offenbar,  dasj^  dieses  Brgebniss  nicht  aus  den  betreffenden  Schrif- 


^  Stad.  n..Krit^  1829,  3,  545.  1831,  3,  568  ff.  Commeotar  z.  u.  St- 
>)  Was  g^gen  diese  Auilassuqg  der  angefahrten  Stellen  eingevan4t  wird,  können, 
wir  hier  nicht  eingehejider  berücksichtigen*  ^ 


92  Das  Püngslfest. 

ten  als  solchen  hervorgeht,  sondern  nqr  ein  Erzeagniss  der  Ver« 
legenhelt  ist,  in  die  man  kommt,  wenn  man  beide  vereinigen  will? 
Die  Apg.  für  sich  genommen  würde  durch  ihre  Beschreibung  de/s 
Zungenredens  ebenso  «ausschliesslich  auf  das  Reden  in  fremden 
Sprachen  hinführen,  als  der  Korintherbrief  durch  die  seinige  auf 
etwas  Anderes;  nur  der  Exeget  ist  es,  welcher  voraussetzt,  dass 
beide  im  Grunde  die  gleiche  Erscheinung  schildern  wollen,  wie- 
wohl sie  in  der  Wirklichkeit  zwei  wesentlich  verschiedene  Erschei- 
nungen schildern.  Fragen  wir  endlich  nach  der  Möglichkeit  der 
Sache^  so  müssen  wir,  abgesehen  von  allem  Andern,  schon  daran 
Anstoss  nehmen,  dass  dieselbe  Kraft  der  christlichen  Begeisterung, 
welche  für  gewöhnlich  nur  ein  ekstatisches  Heden  in  einer  dem 
Redenden  bekannten  Sprache  hervorbrachte,  zu  einem  höheren 
Grade  gesteigert  etwas  der  Art  nach  bievon  Verschiedenes,  ein 
Reden  in  unbekannten  Sprachen,  hervorgebracht  haben  soll.  Bei- 
des steht  doch  auch  nicht  im  geringsten  Zusammenhang,  und  wie 
gesteigert  man  sich  eine  religiöse  Ekstase  denken  mag^  so  lässt 
sich  in  keiner  Weise  absehen ,  wie  diese  Steigerung  des  religiösen 
Gefühls  eine  sprachliche  Fertigkeit  mitlheilen  sollte.  Es  heisst 
sich  die  Widerlegung  dieser  Einwürfe  allzu,  leicht  machen,,  wenn 
etwa  mit  Rosstcuscher  ^)  gesagt  wird^  es  habe  nun  eben  ein- 
mal diese  beiden  Arten  der  Glossolalie  gegtben,  das  Reden  in 
fremden  Sprachen,  und  das  Reden  in  einer  schlechthin  unverständ- 
lichen ,  mit  keiner  menschlichen  Mundart  zu  vergleichenden  Sprache, 
die  Menschen-  und  die  Engelzungen  (1  Cor.  13,  1}^),  das  Ge-r 
meinsame  in  beiden  sei  nur,  dass  beide  von  einer  überschwängli- 
chen  göttlichen  Inspiration  herrühren,  und  sich  ausschliesslich  auf 
den  eigenen  Verkehr  des  Sprechenden  mit  Gott  beziehen.  Bei  die- 
ser Ansicht  ist  freilich  jede  Frage  nach  der  Denkbarkeit  der  Sache 
zum  Voraus  durch  die  Behauptung  ihrer  absoluten.  Ilebernatürlich- 
keit  abgeschnitten,  nur  um  so  greller  tritt  aber  auch ^ das  Aben- 
thenerliche  eines  Wunderglaubens  hervor,  den  die  Vorstellung  nichts 
kostet,  dass  der  heil.  Geist  seinen  Werkzeugen,  ohne  allen  ersinnlir 
chen  vernünftigen  Zweck,  bald  Fremdsprachen,  die  sie  selbst  nicht 
verstanden,  bald  gar  eine  Engelssprache,  die. den  Rednern  und  den 


*)  A.  a.  0.  S.  80  ff.,  wohl  nach  Thiersch,  der  in  seiner  Gesch.  d.  christl. 
Kirche  im  AUertbum  I,  67  f.  die  gleiche  Ansicht  äussert. 

')  Wobei  aber  doch  R.  S.  85  so  billig  ist,  nicht  weiter  in  unters'acben ,  „ob 
die  Enget  den  Herrn  im  Himmel  wirklich'  in  einer  solchen  Sprache  anbeten,  und 
ob  die  Glossenredner  wirklich  derselben  himmlischen  Sprache  sich  bedient  haben/* 


Das  Pfingstfest.  93 

ZabOrern  gleich  unvergtändlich  sein  miuste,  in  den  Mond  .gelegt 
hfttte^  und  es  erneuert  fsieh'von  hier  namentlich  aach  das.  Bedenken, 
dass  eine  so  unbedingte  Inspiration  die  Unordnungen  im  Gebraoch 
der  Glossolalie  nothwendig  aosgeschlossen  haben  m(U»te.  Der 
geschichtliche  Tbatbestaad  giebt  uns  aber  Oberhaupt  kein  Beeht  xa 
derartigen  Annahmen.  Was  uns  als  ein  Gegebenes  vorliegt,  ist 
nicht  die  Thatsache  des  doppelten  Zungenredens  selbst,  sondeni 
nur  das  Vorhandensein  zweier  Darstellungen,  von  denen  di^  ei^e 
unter  der  Glossolalie  einen  ekstatischen  Vortrag  versteht,  bei  dem 
aber  keine  Fremdsprach^en  gebraucht  wurden,  die  andere  ein  wunr 
derbares  Reden  In  A'emden  Volkssprachen.  Diese  beiden  Darstel- 
lungen verhalten  sich  femer  so  zu  einander,  dasa  wir  zwar  von' 
der  einen  unzweifelhaft  wissen,  ihr  Urheber  sei  mit  der  Erschei- 
nung, die  er  beschreibt,  aus  eigener  Erfahrung  bekannt  gewesen, 
von  der  andern  dagegen  eben  diess  nicht  wiasen ;  und  daas  nur 
jene  einen  denkbaren ,  diese  einen  schlechthin  undenkbaren  Vor- 
gang schildert«  Unter  solchen  Umständen  können  wir  nach  allen 
Grundsätzen  der  Geschichtsforschung  i^ur  urtheilen.  Mos  die  erste 
von  diesen  Darstellungen  sei  richtig,  die  zweite  dagegen  sei,  so 
weit  sie  von  jener  abweicht,  im  Unrecht 

Sollen  wir  nun  aber  desshalb  die  bisher  befolgte  Auffassung 
der  litkanischen  Erzählung  verlassen  und  uns  einer  natdrliehen 
Erklärung  derselben  in  die  Arme  werfen?  Eine  solche  ist  bekannt- 
lich auf  zweierlei  Weise  versucht  worden:  man  nahm  entweder 
an,  dass  am  Pfingstfest  zwar  in  fremden  Sprachen  gesprochen 
wurde,. wie  unser  Bericht  sagt,  dass  diess  aber  kein  wunderbares 
Reden  war,  oder  andererseits,  dass  sich  die  Redenden  gar  keiner 
fremden  Sprachen  bedienten,  dass  aber  auch  unser  Bericht  nichts 
davon  sage.  Die  erste  von  diesen  Erklärungen  schllesst  sieh  un- 
mittelbar an  die  Darstellung  der  Apg.  an^  die  zweite  an  die  des 
Korintherbriefs.  Diejenige,  in  welche  die  supranaturalistische  AuF- 
fassung  dea  Pfingatwunders  zunächst  ttbergehen  musste,  war  die 
erste:  das  Faktische  unserer  Erzählung,  das  Reden  der  Christen 
in  h*emden  S|^rachen,  blieb  stehen,  nur  über  den  Grund  dieser 
Erscheinung  erlaubte  man  sich  anders  zu  urtheilen,  als  der  Ver- 
fasser der  Apostelgeschichte  und  seine  supranaluralUitischen  Aus- 
leger. Diese  Erklärung  ist  es  daher,  welcher  die  rationalistischen 
Theologen  älteren  St jls  vonsugsweise  zugethan  slnd^;  unter  den 

1)  Vgl.  Kuinöl  S.  46  ffMind  4ie  von  ihm  Afl^eführten.  Scbrader,  der  Ap. 
Paulus  IV,  185- 


94  Das  PflngBtfest. 

Neueren  wMe  sie  von  Fritz  sehe  und  Hase,  doch  nur  mit  be- 
dentenden  fiinschränkangen,  gntgeheiesen.  ^)  Das  Geschichtliche 
an  unserem  Erefgniss  wäre  nach  dieser  firldfirangf  Folgendes. 
Die  junge  Christengemeinde,  ans  Juden  von  verschiedenen  Natio- 
nen bestellend^  war  am  Pflngstfest  in  religiöser  Andacht  versam- 
melt, als  ein  Windstoss  oder  sonst  ein  Naturereigniss,  von  den 
Versammelten  als  Herabkommen  des  Geistes  gedeatet,  sie  plötz- 
lich in  die  lebhafteste  Begeisterung  versetzte;  in  dieser  Stirn mvDg^ 
fehlten  sie  sich  durch  die  jOdische  Sitte,  blos  in  der  heiligen 
ebräisehen  Sprache  zu  beten,  nicht  mehr  gebunden,  sondern  lies- 
sen  Ihrer  Begeisterung  durch  Reden  in  ihren  Muttersprachen  freien 
Lauf.  So  MTäre  dann  freilich  Alles  höchst  natttrlich  zugegangen, 
und  das  AnstOssige  des  Sprachenwunders  wäre  gründlich  besei- 
tigt. Um  80  anstossiger  erscheint  dagegen  unter  dieser  Voraus- 
setzung die  Verwunderung  der  ZuhOrer  Ober  einen  .so  gar  nicht 
wunderbaren  Vorfall.  Man  bezieht  diese  theils  darauf^  dass 
sich  die  versammelten  Christen  nicht  blos  überhaupt  fremder  Spra- 
chen bedient,  sondern  aueh  religiöse  Vorträge  in  diesen  profa- 
nen Sprachen  gehalten  haben;  theils  hat  man  angenommen,  die- 
selben seien*  irrthOmlicherweise  von  den  ZuhOrem  für  lauter  ge- 
borene Galilfter  gehalten,  und  in  dieser  Meinung  sei  ihre  Kennt- 
niss  jener  Sprachen  auffallend  gefunden  worden.  Ist  aber  die 
erstere  Brklärung  schon  desshalb  zu  verwerfen,  weil  es  sich 
dttfvhaus  nlcirt  wahrscheinlich  machen  Iflsst,  dass  die  Juden,  auch 
»die  «trenger  denkenden  (diess  soll  evhxßus  V.  5  heissen)  fOr 
alle  religMse  Vortrage,  und  nicht  blos  fdr  die  liturgischen  Ge- 
betsformein in  den  Synagogen^  die  ebräische  Sprache  verlangten^), 
so  wird   sie  auch  durch  die  klaren  Textesworte  ausgeschlossen; 


*)  Fritzscfae  zu. Marc.  16,  17,  vgl.  besonders  S.  733.  Hase  in  Winers 
leitflRhrift,  2ter  Bd.  Sehr  bebntsam  äassert  sieh  dieser  Gelehrte  in  seiner  Kir- 
chcngesohichte  6.  A.  S.  24  aber  die  Pfingstbegebenheit  dahin:  ^Bei  der  Crtthfeier 
des  Pfingstiestes  nach  der  AufersUhnng  füUtea  sich  die  jangcr,  onf  Aolass  einer 
ausserordentlichen  Naturbegebenheit,  Ton  einer  Begeisterung  ergriffen ,  die  als  ein 
von  aussen  und  oben  {kommendes  ErfüUtwerden  vom  göttlichen  Geiste  angosehen, 
sich  zunächst  in  begeisterten ,  fiberschwenglichen  Redeweisen  äusserte ,  ein  Reden 
in  Zangen,  welehes  ...  am  Pfiogstfeste  nach  der  unanschaolichen  Darstellung  des 
Lukas  zugleich  ein  Reden  in  einigen  fremdtn  ßprachen  war,  welches  Letztere  je- 
doch in  der  apostolisclien  Kirche  nicht  als  das  EigenthtUnliche  der  Gn^dengibe  an- 
gesehen wurde,  und  nicht  weiter  vorkommt." 

>)  S.  de  Wette,  z.  d.  St  Bleek  Ober  die  Gabe  des  yl  iaX.  Stad.  tt.Krit. 
1829,  30  f. 


Das  Pfiogslfest.  95     , 

l 
denn  naoii  V.  7  f.  wandert  tleli  %m  Volk  nicht  dnrfifcer,  dass 

feligiose  Gegdulftniia  in  «Iner  {NPofan^  g^ache  besprodien  wer- 
den, aoadtm  ilarfl^er,  dase  ans  dem  "Monde  von  OaMieni  alle 
mOfliahoii  -aiMrwAvtifea  Sprachen  g^Ort  werden.    Dm  Fothlxuot 
•her  ate  S^temanie  :£fr.  ühriiiten  zn  «ehmen,  eder  den  Nehenhe- 
gjMt  an  gebildete  C^alilAer  (ton  denen  man  eine  solche  Kohn- 
faeit  ttioht  erwailMi  solKe}  hiaein^alegen ,  vei^ieiet  ansser  allem 
Andern  schön  der  Oegensata  swHichen  den  hxKovrtBQ  rahlcSoi 
nn^  der  idla  didlextog  der  Znhorer,   da  dieser  ehen  nnr  ihre 
SpracMrdnnWss  als  «Gegenstand  des  Sfaonens  hervorheht»    Bezieht 
sich  aber  die  Verwanderang  dts  Velfrs  dben  hiemnf ,  anf  die  an-* 
erwarteten  Spmeiikenntnläse  gsehorener  MlUAer,  so  ist  es  seltsam, 
sie  a«f  einem  blossen  imbam  berateen  za  lassen,  denn  wie  hätte 
das 'Volk  «daaa  hommeh  sollen,   dfi»  «precbenden  fOr  Galilaer  zn 
baltsn,  wenn  M  ilrii*«1cht  wtrMich  als  sdMie  bekannt  waren? 
Wenn  man  in  einer  Stadt  9  in  der  Fremde  aas  allen 'Wdtgegen- 
den  ZMammenntromett,  fremde  SpratMen  vernimmt,  so  kann  doch 
der  irilahsle  6edliailie'ge\Hss  dar  der  sein,  dass  man  hier  \iirklich 
AashUider  verVKlch  habe;  wer  anf  der  Leipziger  Messe  von  ün- 
kelmnnten  persici^h  and  armeniiich  reden  h4Hrt,  dessen  Erstes  Ist  ' 
KowrlMdg  nieht  ^' Verwanderang  darttSer,  dass  geborene  Leip-* 
dger  fereisch  and  «armenisch  sprechen.    VHe  kindisch  wäre  es 
tbenHess  ^on  anserem  Verfasser,  wenn  die  ganze  Verwandemng 
des  VolIM  atftf  •  ehitfr  Tänsehong  bernhte,  dieses  nicht  blos  nicht 
anaadeoteti ,  sondern  dnfch  seine  ganze  Darstellong  die  Tftoschang, 
«0  Yiel  M  ihm  läge,  fortzasetzenr!    Wenn  femer  V.   9  lt.  nicht » 
weniger  als  i6  Natienen  namhaft  gemacht  werden,  ^  am Pflngst- 
fest  lltre  Matt^riiprachen  vetnmninen  haben,  sollen  wir  ans  ver- 
stellen, dass  sich  Leate  aus  allen  diesen  Volkern,  Parther,  Meder 
ondElamiter  in  dem  ersten  kleinen  Christenverein  befanden  haben? 
2a  welchen  Unwahrschehilichkeiten  führt  endlich  nicht  diese  Er-* 
klftmng,  wenn  wir  sie  anf  das  Zangenreden  des  ersten  Korin- 
tlierbriefs  anwenden !  Was  hätte  es  denn  Aaffallmides  oder  Un- 
verständliches gehabt,  wenn  in  Korinth  beim  Gottesdienst  statt  der 
ebräiscken  Sprache,  die  den  meisten  Gemeindegliedem  fremd  war, 
die  griechische  gebrancht  ^oirdef  Wie  konnte  Paulas  diesen  Ge- 
brauch beschränken,  wie  vollends  für  den  griechisch  Redenden 
unter  Griechen  elfien  Ansager  verlangen?    Oder  wenn  das  yX. 
^hlv  darin  bestanden  haben  soll,  dass  sich  anwesende  Fremde 
^hrer  Landesspraeh^  bedbmitett)  wie  kennte  dleas  nls  «in  beson- 


;>• 


90  1>M  PfiofiCfest. 

ilerM  xoifUiiia  beinehtet,  wk  dMi  /Ju  iiziUty  dai  JlaiUty  ^ia  TOt; 
n^  iimI  dM  Tiqwpfiievuv  tmkgtgtmgpu^taX^  wie  Oett  fttr  die 
Gabe  desfelbea  tob  Pasliui,  der  deck  wohl  s«  eeiner  Priveterkeu- 
«ng  weder  perciich  noch  keppedoeiech  geeproehea  haben  wird, 
geprieaeii  werdea?  Wie  war  aelbel  der  Miasbnuich  des  Chariama 
«Oflich,  maa  roOeate  deaa  eine  Ten  de«  Apoalei  gana  anders  na 
rügende  OetenUtion  mit  Spraebkenatniasen  annelunen  wellen?  0 
Aber  vom  Gebraneh  Arenider  Sprachen  iaC  ja  bei  Paalns  flberhanpt 
nicht  die  Rede. 

Eben  hieran  halten  aieh  nun  diejenigen,  welciie  das  Beden 
in  fremden  Sprachen  ans  dem  Begriff  des  yhaaaaig  laläv  ans- 
•cblieMen,  nnd  darin  nnr  überhaupt  eine  eigenthUmliche  Aeosse- 
rungsform  des  erregten  religiösen  Gefabls  sehen,  mögen  sie  nun 
dieses  Eigentbllmliche  mehr  in  der  ftnsseren  Form  des  Vorürags 
Sachen,  oder  in  dem  sich  darin  kandgebenden  Geiste,  mögen  sie 
es  femer  im  erstem  Fali  mit  Wioaelar^)  als  ein  Beten  in 
leisen,  kaum  veraehoilichen  Laaten  beschreiben,  oder  usqr^kehrt 
mit  D.  Schulz  3j  als  ein  Jauchzen  und  Lebsingen,  Hallelajag»- 
scbrei  nnd  Frohlocken,  oder  mit  BleekO  ^l*  ^^  Reden  in  ael- 
tenen,  dunkeln  und  hoohpoetischen  Ansdrticken,  und  mOgen  sie  im 
andern  unbestimmter  mit  SteudeP)  von  wnem  hoch  und  warm 
begeisterten  Aussprechen  der  Gefohle  reden,  oder  bestimmter  mit 
Neander^}  voa  dem  höchsten  Grad  der  Begeisterung,  wo  das 
vermittelnde  Deaken  besonders  zurücktrat,  der  Ekstase,  mögen 
sie  endlich  den  Ausdruck  ylciaar]  oder  yhiaaaig  kakuv  erklä- 
ren: nur  mit  der  Zunge  reden,  nicht  in  lauten,  verstfindlichea 
Worten  Ol  oder:  in  Glossen,  veralteten,  ungewöhnlichen  Ausdrü- 
cken reden ^3 9    oder:  Jn    neuen  Zungen    (einer  neuen  Sprache) 


»)  Wie  Fiitzflche  a.  a.  0.  S.  736.  738. 

2)  Stud.  und  Krit.  1838,  3,  733  nach  Ba/dili  und  Eichhorn. 

^)  Die  Geistesgaben  der  ersten  Christen  S.  140  f. 

*)  Slud.  u.  Krit.  1829,  1,  32  ff. 

^)  Tabinger  Zeilschr.  1830,  2,  133  ff.  1831,  2,  128  ff.  and  dazu  Strausi 
Slrcitschr.  I,  155  ff. 

<0  Gesch.  des  apost.  Zeitalt.  4.  A.  t».  26.  AehilHch  H.  A.  W.  Meyer  2. 
1  Kor.  S.  208,  der  aber  bei  der  Apg.  anerkennt,  da$$  sie  ein  Reden  in  fremden 
Sprachen  berichten  will. 

^)  Wie  sei  er  a.  a.  0.  Anders  Meyer  a.  a.  0.:  yl.  XaX.  bezeichfte  ein  Re- 
den, wobei  die  Zunge,  vom  Geist  unwillktthiiich  bewegt,  unabhängig  zu  sprechen 
schien. 

^  BUek  a.  a.  0.  nach  Herder,  G,  Meyer  und  Heinrich« ~z.  o.  St.* 


Das  Pfingstfest.  97 

yJUiaaatg  higaig^  xaivaig  redend;  oder  endlich  (kaldv  =  laut 
reden) :  mit  der  Zunge  laut  jauchzen  ^}.    So  weit  auch  diese  An- 
sichten im  Einzelnen  auseinander  gehen,  so  stimmen  sie  doch  dv- 
rin  überein,  dass'l)  beim  Zangenreden  (tberhaupt  kein  Reden  in 
fremden  Sprachen  stattgefunden  habe,  und  dass  2)  auch  der  Ver- 
fasser der  Apostelgeschichte  ein  solches  zu  schildern  nicht  beab« 
sichtige.    Nur  Baur,   auf  den  sich  daher  die  folgenden  Bemer- 
kungen nicht  mit  beziehen,  ist  mit  der  letzleren  Annahme  nicht 
einverstanden.    Gerade  diese  Annahme  ist  es  nnn  aber,  die  wir 
auf's  Etttschiedeoste  bestreiten  mOssen«  Dass  das  AusserordentHohe 
der  Pfiogstbegebenheit  nicht  im  Gebranch  fremder  Sprachen  be- 
stand, soll  aus  unserer  Erzählung  selbst  erhellen.    Es  wOrde  ihr, 
wird  behauptet,  in  diesem  Fall  an  aller  Klarheit  und  Anschaulich- 
keit fehlen«    Wozu  wird  gefragt,  das  Reden  in  fremden  Sprachen 
V.  4,  noch  ehe  die  Anzuredenden,  V.  6,  zugegen  waren?  Allein 
ebenso  konnte  man   bei  jeder  andern  Auffassung  der  Glossolalie 
auch  fragen:  wozu  die  Vorträge  der  Jttnger,  ehe  die  Zuhörer- 
schaft da  war?  Das  Richtige  ist  eben,  dass  unser  Verfasser  das 
Zungenreden  gar  nicht  blos  als  eine  nach  Aussen  gerichtete  Thä- 
tigkeit,  als  ein  Reden  zur  Belehrung  Anderer ;  sondern  zunächst 
als  unmittelbare  Manifestation  der  Geistesmtttheilung  auifasst,  und 
dazu  ist  auch  die  wunderbare  Sprachengabe,  wie  tiefer  unten  noch 
gezeigt  werden  soll,  vollkommen  geeignet.    Wie  konnte  ferner, 
hält   man  uns  entgegen,  jeder  der  fremden  Juden  (nach  V.  6) 
die  sämmtliohen  Jünger  in  seiner  Landessprache  reden  hören? 
Auf  diesen  Umstand  wird  z.  B.  von  Bleek  (a.  a.  0.  S.  18)  viel 
Gewicht  gelegt    Aber  dass  Jeder  von  Allen  seine  Sprache  gehört 
habe,  sagt  V.  6  auch  nach  unserer  Erklärung  keineswegs:  Jeder 
hOrt  seine  Sprache  von   Einern  oder  Einigen,    der   Sidiriftsteller 
aber  fasst  die  Aeusserungen  der  Einzelnen,  welche  diess  aus« 
drücken,  in  der  gemeinsiunen  Aussage:  „Wir  Alle  hören  unsere 
Landessprachen^^  gerade  mit  demselben  rhetorischen  Recht  znsam« 
men,  wie  z«  B.  Paulus  1  Kor.  1,  12   die  entgegengesetzten  Er- 
klärungen der  korinthischen  Partheigenessen  in  der  gemeinsamen 


und  im  Exkurs.  Ihm  pflichtet  aucli  Baur  bei  Stud.  u.  Krit.  1888,  3,  618  ff. 
Früher,  Tab.  Zeitschr.  1830,  2,  101  ff.  hatte  Baur  das  einfache  yJiwocaif  XaXiTp 
gleichbedeutend  mit  yXwaaaig  hiqan  XaXitr  genommen. 

*)  Neander  und  Steudel  a«  a.  0.  Baur,  t.  vor.  Anm. 

3)  Schulz  a.  a.  0. 

7 


98  ^^  Pfingstfest. 

AvsMgd  zQMUiiniMifMBt:  Hnamog  vfidiy  Uyet  9  iyto  fih  tlfiv  Jlcev- 
lov^  iyd  de  ^AnoXkui  a.  s.  w.*  Einen  weiteren  AnstoM  hat  man 
daran  genommen ,  dass  die  Jonger  V.  18  von  einem  Theil  der 
Anwesenden  fOr  betrunken  gelialten  werden^  diese,  meint  man^ 
wftre  unter  unserer  Voraussetzung  njebt  wohl  mOglieh  gewesen, 
4ie  Kenjitniss  einer  fremden  Sprache  sei  doch  kein  Beweis  von 
Betrunkenheit  0  Aber  wenn  es  auoh  die  Keantniss  nicht  ist,  ho 
kann  es  doch  der  Gebraudi  sein,  und  es  ist  in  dieser  Beziehung 
ganz  richtig,  was  Bftumleiu  8.  66  bemerkt,  dass  manche  Leute 
die  Liebhaberei  liaben ,  sich  mit  fremden  Sprachen  zu  zeigen,  wenn 
sie  den  Wein  spüren.  Man  braucht  daher  nicht  einmal  anzuneh- 
men, dass  die  Spotter  des  Id.  Verses  roh  genug  waren,  um  die 
fremden  Sprachen  fOr  ein  sinnloses  Kauderwelsch  zu  halten,  wie 
jene  Oeten,  Qber  die  Ovid  klagt  (Trist  V,  10,  87):  Barbaru$ 
Me  ego  sum  quia  non  intelligar  ti//i,  et  rident  stoUdi  verba 
taUna  Oetae^);  auch  von  uns  Gebildeten  würde  sich  wohl  Mancher 
-^  im  ersten  Augenblick  seine  eigenen  Gedanken  machen,  wenn  er 
eine  Gesellschaft  auf  oifener  Strasse  in  den  verschiedensten  Spra- 
chen zugleich  enthusiastisehe  Vortrftge  halten  horte.  Auffallender 
erscheint  es,  dass  auoh  Petrus  in  seiner  Vertheidfgungsrede  V. 
14  ff.  des  Sprachenwunders  gar  nicht  erwfihnt,  dass  er  den  Ver- 
dacht der  Trunkenheit  nicht  mit  der  augenfWigen  Uebemattlrlich- 
keit  des  Vorgangs,  sondern  nur  ntit  der  Verweisung  auf  die 
flrohe  Tageszeit  abwehrt,  und  es  ist  eine  ungentlgende  Auskunft, 
wenn  man  sagt  3},  der  Verfasser  gebe  die  Rede  des  Petrus  wohl 
nur  im  Auszag,  denn  einen  so  schlagenden  Grund,  der  mch  so 
unmittelbar  aus  dem  vorher  berichteten  Vorfall  ergab,  hfitte,  wie 
es  scheint,  unser  Verfasser  so  wenig  als  Petrus,  oder  wer  sonst 
mit  diesem  Vorfall  bekannt  die  Rede  abfasste,  übergehen  können. 
Aber  gesetzt  auch,  die  Ueberlteferung  in  Betreff  der  Püngstbege« 
benheit  habe  ursprünglich  von  einem  Reden  in  fremden  Sprachen 
nichts  gewusst,  und  ehie  Spur  dieser  älteren  Darstellung  habe  sich 
in  dem  Schweigen  des  Petrus  hierüber  erhalten,  so  kann  matt 
daraus  doch  nicht  schliessen,  dass  auch  unser  Verfliisser  nichts 
von    fremden  Sprachen   berichten   wollte.    Und    eben  dieses    gilt 


')  So  z.  B.  Ncandcr  a.  a.  0.  S.  22. 

')  Dieselbe  Vorstellung  liegt  ja  aber  bekanntlich  auctr  dem  Spracbgebrancb  tod 
ßa^ßaqoq  und  dem  MDÄ'    ^JIJ^7  Jes.  28,  11  zu  Grunde. 
^)  Hossteuscher  a.  a.  0.  S.  99  f. 


Das  PfiDgstfest.  99 

aach  geg€u  Neander'«  (S.  24)  Bemerkang:  die  Worte  V.  7 — 12 
können  nicht  bnobstflbllch  von  ianter*  versehiedenen  fremden  Spra- 
oben  verstanden  werden,    den   Stftdtebewohnem  in  den    meisten 
von  den  liier  genannten  Lfindem  sei  damüls  die  grieohisclie  Sprach^ 
grOsstentbeils  geläufiger  gewesen,  als  die  alten  Landessprachen* 
Die  ThatsachQ  ist  richtig^),  aber  wer  sagt  dem  Historiker,  das« 
auch  unser  Verfasser  diesen  Umstand  gekannt  nnd  erwogen  hat? 
Wenn  sich  Neander  schliesslich  C^.  26  f.)  für  seine  Auffassung 
auch  noch  auf  die  Ueberlieferung  der  beiden  ersten  Jahrhunderte 
beruft  ,*  von  der  man  erst  später  abgewichen  sei ,  so  stützt  er  sich 
hiefar  einzig  und  allehi  auf  einige    Stellen    des    Tertullian   und 
Irenäus,  welche  sich  zunächst  auf  die  montanistische  Prophetle 
beziehen.    Von  Tert  adv.  Marc.  V,  8  bemerkt  diess  Neander 
selbst,  aber  auch  bei  der  untenstehenden  Aeusserung  des  Ire- 
näus^) kann  diese  Beziehung  kaum  zweifelhaft  sein.   Was  folgt 
denn  nun  aber  daraus,  dass  die  Montanisten  ihre  Prophetie,  in 
der  die  Sprachengabe  flreilich   aus  guten  Gründen  fehlte,   mit  der 
nentestamentliehen  Glossolalie  id^ntlflcirten,  für  die  Vori^tellung  der 
Apostelgeschichte  von  der  letztem?  Nicht  einmal  das  können  wir 
daraus  schliessen,    dass  unsere  Erzählung  montanistischer    Seits 
nicht  auf  ein  Reden  in  Aremden  Sprachen   bezogen  wurde.    Noch 
weniger  haben  wir  bin  Recht;  ans  der  montanistischen  Auffassung 
der  Glossolalie  eine  allgemeine  kirchliche  Tradition  der  zwei  er- 
sten JTalurhunderte    zu  machen.    Gleich  Irenäus  z.  B.   denkt  in 
der  angeführten  Stelle  ohne  Zweifel  an  ein  Reden  in  verschiede« 
nen  Sprachen,'  für  das  ihm  eben  unsere  Erzählung  als  Vorbild 
diente',  denn  die  Ausdrücke  omiübus  Unguis,  TtavtodoTtatg  yktaa- 
acciQf  erlauben  kaum  eine  andere  Auffassung;   dass  darum  wirk- 
lich ein  solches  Reden  in  fremden  Sprachen  zu  seiner  Zeit  statt- 
fand, folgt  freilich  ebensowenig,  als  dass  die  Wunder  wirklich 
geschehen  sind,  deren  er  z.  B«  II,  31  f.  Erwähnung  thut:  Ire- 


1).  Woher  wenigstens  Rossteuscher  S.  28  weiss,  dass  die  Juden  durch- 
gängig die  alten  Landesidiome  sprachen,  ist  mir  nicht  bekannt.  Dass  sie  z.  B.  in 
Aegypten  nicht  koptisch,  sondern  griechisch  sprachen,  erhellt  schon  aus  dem  Da- 
sein der  LXX. 

^  Adv.  haer.  V,  6,  mit  Beziehung  auf  1  Kor.  2,  6:  Vollkommene  seien  die, 
qui  perceperunt  Spiritum  JDe»  et  omnibus  UngtUa  laquuntur  per  Spiritum 
He»,  guemadmoäum  et  ipse  loquebatur,  xa&tag  xa\  noXXav  äxovofity  äSehpwv 
ty  Tij  exxXtjaiCf  nqotpiftinä  j(tt(^(0fioera  l^ovriav  xal  narToSanaZs  XaXayyrtoy  <Jt«  rov 
nvfVf*ato%  yXocaaii  xal  tot  x^<pM  rtSv  äv&Qcmioy  elg  ro  ipavsqov  äyorrtav» 

1* 


100  Das  Pfingstfest. 

näas  war  in  «olchen  Oingen  leichtgUabig  geoof  ^  hier  aber  bet- 
raft er  sich  überdless  nur  aof  die  Sage,  welche  das  montanisti- 
sche Zangenreden  sehr  leicht  zu  dem  wanderbareren  der  Apostel- 
geschichte gesteigert  haben  kann.  Gesetzt  aber  aach,  die  Kirche 
zur  Zeit  des  Irenäas  hfttte  von  keiner  andern  Glossolalie  gewasst, 
als  von  der,  welche  in  ihrer  Erf abrang  allein  vorkam ,  gesetzt 
auch,  diese  Aoffassnng  sei  dem  wirklichen  Thatbestand  gemäss 
gewesen,  es  habe  im  apostolischen  Zeitalter  so  wenig,  als  im 
zweiten  Jahrhandert,  eine  andere  Glossolalie  gegeben,  was  würde 
diess  Alles  fttr  die  Meinang  nnsers  Verfassers  beweisen?  Wie 
er  die  Erscheinungen  aufgefasst  wissen  will,  die  er  berichtet,  das 
l&sst  sich  doch  nur  aas  seinen  eigenen  Erklärungen  entscheiden. 
Diese  lauten  aber  so  unzweideutig  als  möglich.  Wenn  die 
Anwesenden  sich  verwundern,  eine  Versammlung  von  lauter  Ga- 
lilöem  in  ihren  Mutter^sprachen  reden  zu  hOren,  wenn  zur  nähe- 
ren Begründung  dieser  Verwunderung  ein  ganzes  langes  VOlker- 
verzeichniss  mitgetheilt,  wenn  schon  V.  6  in  derselben  Bichtung 
ausdrOcklich  bemerkt  wird,  die  Zuhörer  der  Jünger  seien  dno 
navubg  edrovg  twv  vTto  zov  ovqccvov  gewesen,  so  ist  es  doch 
fast  unmöglich,  sich  der  Anerkennung  zu  entziehen,  dass  eben 
der  Gebrauch  der  hier  aufgezählten  Sprachen  den  Gegenstand  der 
Verwunderung  bildet.  Was  sollen  wir  dann  aber,  zu  , der  Behaup- 
tung sagen,  es  handle  sich  hier  nicht  um  ein  Reden  in  fremden 
Sprachen?  Sollen  wir  mit  Steudel  die  Worte  dxovofisv  SxaOTpQ^ 
Tfj  löuf  diaXexT^  jjfioivy  ev  jj  iysw^&ijfisv ^  übersetzen:  wir  füh- 
len uns  gleichsam  heimisch  angesprochen?  sollen  wir  mit  Schulz  ^) 
das  Erstaunen  der  Zuhörer  darauf  beziehen,  dass  (|ie  Christen 
sich  noch  in  andern  als  in  der  heiligen  ebräischen  Sprache  ver- 
nehmen lassen?  sollen  wir  ans  bei  Bleek's  Aü^skunft^J  beruhi- 
gen ,.  dass  dieT  Jünger  wohl  Fremdwörter  aus  verschiedenen  Spra- 
chen in  ihre  Vorträge  eingemischt  haben  mögen,  and  dass  es  den 
fremden  Juden,  wenn  ein  solches' Wort  unervirartet  an  ihr  Ohr 
schlag,  leicht  habe  vorkommen  können,  als  hörten  sie  ganz  and 
gar  ihre  Sprache  oder  Mundart,  dass  übrigens  das  Völkerver- 
zeichniss  V.  9  ff.  nicht  so  genau  zu  nehmen  sei?  Die  Quälerei 
der  ersten  von  diesen  Auskünften  widerlegt  sich  schon  durch  dio 


')  Ä.  a.  0.  S/149,  Süiinlicli  Neanderin  den  frühern  Ausgaben,  3.  A.  S.  19. 
^  A.  a.  0.  S.  53. 


*Daf  Pflngstfeit.  101 

Bemerkung^  ^ ,  Aui8  diaXexros  die  Efgenthtliiillehkelt  einer  Sprach- 
weise  immtt  nar  nach  der  Seite  ihrer  Form  bezeichnet,  daher 
SidL  iv  jj'  iyevv.  nur  Muttersprache  hedenten  kann  —  davon  nicht 
m  reden ,  dass  dleeelhe  in  Betreff  des  korinthischen  Znngenredens 
za  den  seltsamsten  Folgernngen  fahren  würde  ^).  Die 'zweite  be- 
ruht  anf  der  oben  widerlegten  Voraussetzang,  dass  dem  Jnden 
religiöse  Vorträge  nur  in  der  ebrfiisehen  Sprache  erlaubt  gewesen 
seien.  Bei  Blockes  Vorstellung  von  der  Sache  bleibt  es  ganz 
unbegreiflich,  dass  die  Zuhörer  ihre  Landessprachen  zu  hören 
gemeint  hfltten ,  wenn  in  griechischen  oder  aramäischen  Vorträgen 
das  eine  oder  andere  Wort  daraus  vorkam,  zumal  sie  diesen  Vor- 
trägen nach  V.  11  lange  genug  gefolgt  sind,  um  ihren  Inhalt, 
TU  fi&yalsla  rov  -deovy  zu  kennen;  nicht  minder  unbegreiflich  frei- 
lich, wie  der  heil.  Geist  ein  so  wunderUches  Sprachgemenge,  eüi 
Aramäicrch  mit  Persischem  u.  s.  f.  versetzt,  hervorbriugen ,  oder 
wie  andernfalls  die  Jflnger  Wörter  aus  Sprachen,  die  sie  nicht 
kannten,  in  ihre  Vorträge  aufoehmen  konnten ;  will  man  aber  über 
das  Letztere  durch  die  Voraussetzung  einer  üngenauigkeit  in  der 
Aufzählung  V.  9 — 11  hinwegkommen,  so  wäre  es  viel  einfacher, 
und  zugleich  richtiger,  zu  sagen:  unser  Verfasser  behauptet  zwar, 
das9  alle  diese  Sprachen  von  den  Christen  am  Pflngstfest  gespro- 
chen worden  seien,  wir  selbst  jedoch  flnden  dieses  nicht  denkbar. 
Der  Verfasser  will  einmal  seine  Angabe  unläbgbar  buchstäblich 
genommen  wissen;  kann  sie  in  diesem  buchstäblichen  Sinn  nicht 
wahr  sein,  nun  dann  bleibt  nichts  übrig,  als  das  Bekenntniss,  dass 
seine  Erzählung  von  unhistorischen  Elementen  nicht  ft'ei  sei. 

In  der  letzten  Ausgabe  seines  Werks  hat  sich  Neander  zu 
diesem  Bekenntniss  entschlossen.  Er  giebt  hier  zu,  dass  unser 
Erzähler  allerdtngs  an  ein  Reden  In  fremden  Sprachen  gedacht 
habe,  während  in  Wirklichkeit  wohl  nur  ein  begeistertes,  ekstatisches 
Reden  ohne  Fremdsprachen  stattgefunden  habe,  er  erkennt  In  die- 
sem Zug  ein  ideales  Element  an,  das  in  die  Geschichte  hinein- 
spiele, er  lässt  sich  selbst  den  Namen  des  Mythischen  dafür  ge- 
fallen;  dabei   erklärt   er  es  aber  doch  für  ein  Princip  kritischer 


0  Straass  Streitscbr.  i,  U6.  Ebd.  über  eine  zweite  Ansloinft  Steudel't, 
dai^  das  XaUir  tfj  ISiif  StaUxrw  das  Reden  in  alttestamentlicher  Ausdrucksweis« 
bezeichnen  solle,  das  doch  an  geborenen  Palästinensern  am  wenigsten  befremden 
konnte. 

*)  S.  de  Wette  z.  u.  St. 


j02  *  ^*'  Pflngstfest.  ^ 

Willkübr,  ans  solohen  einzelfieB  aDgeschiehtlioben  Zdgen  au/  den 
iingeschichüiohen  Charakter  der  ganzen  Erzählung  zu  schliessen« 
Allein  inwieweit  ein  soloher  ScUnss  znlässig  Isti  oder  nicht,  dies« 
wird  doch  in  jedem  gegebenen  Fall  nur  von  der  Bedeutung  jener 
ZOge'fttr  das  Ganze  der  betreffenden  Erzählung  abhängen;  abge- 
sehen davon  ist  der  entgegengesetzte  Grundsatz,  dass  die  Un^e- 
schichtlichkeit  des  Einzelnen  nichts  gegen  die  Wahrheit  des  Gan- 
zen beweise,  gleiohfalla.  ein  Princip  der  Willkohr  und  nichts  wei- 
ter^ denn  das  Ganze  ist  eben  aus  dem  Einzelnen  zusammengesetzt^ 
und  hat  am  Einzelnen  seine  Denkbarkeit  zu  bewähren.  Wie  wenig 
aber  gerade  im  vorliegenden  Fall  das  Beden  in  fremden  äprachei^ 
ein  Zug  von  blos  untergeordneter  Bedeutung  ist,  werden  wir 
bald  sehen. 

In  eigenthamlicher  Weise  hat  Wieseler  1)  die  beiden  Haupte 
arten  der  natürlichen  Erklärung  zu  verbinden  gesucht.  Von  sei- 
ner schon  erwähnten  Erklärung  des  yhiaarj  lalelv  G,mit  der 
Zunge  allein  reden,  leise  oder  murmelnd  reden^')  ausgehend, 
will  Wie  sei  er  diesen  Ausdruck  auch  in  unserer  Erzählung  nicht 
anders  gefasst  ^wissen;  um  aber  doch  zugleich  den  Zügen  Eeoh- 
nung  zu  tragen,  welche  ein  Beden  in  fremden  Sprachen  verlan- 
gen, nimmt  er  an,  es  «ei  zwischen, dem  kakelv  hi^igylfiaaaig  V«4 
und  dem  lakelv  t^  IdUjt  dialexzip  V.  6  zu  unterscheiden,  nur  V* 
4  werde  die  eigentliche  Glossolalie, .  V.  6-— 12  dagegen  die  1^- 
fif]veia  yhaaawv  nach  ihrem  Eindruck  auf  die  versammelten  Juden 
geschildert,  und  die  Verwunderung  der  letztem  beziehe  sich  nur 
darauf,  dass  Galiläer,  bei  denen  weder  in  religiöser  noch  in 
sprachlicher  Beziehung  eine  bedeutende  Ausbildung  vorausgesetzt 
wurde,  in  mehreren  Sprachen  die  Grösse  und  Gate  Gottes  begei- 
stert priesen;  bei  diesen  Sprachen  dttrfe  man  aber  nur  an  einige 
wenige,  den  Bedenden  vorher  bekannte,  das  Hellenistische,  Gali- 
läische,  Arabische  und  Aramäische,  denken.  Dass  jedoch  diese 
letztern  Behauptungen  dem  klarsten  exegetischen  Augenschein  wi- 
derstreiten, ist  bereits  bemerkt  worden.  Wenn  der  Verfasser  die 
anwesenden  Juden  ihre  Verwunderung  darüber  aussprechen  lässt, 
dass  sie,  als  Leute  aus  allen  Völkern,  GalÜäer  in  ihren  Lan- 
dessprachen reden  hören,  so  bezieht  sich  doch  diese  Verwunde- 
rung so  unverkennbar,  wie  möglich,  auf  die  Bekanntschaft  der 


^)  In  der  mehrerwähnten  Abhandlung  über  das  ylmaai^  laUlv  Stud.  u.  krit. 
1838.  3,  703  ff.  m.  8.  besonders  S.  744. 


Das  Pflngstfest.  103 

Galilöer  mit  diesen  Sprachen;  und  wenn  Dereelbe,   um  die  Ver- 
wunderung näher  zu  metiviren,  nicht  weniger  als  15  verschie- 
dene Nationen  aufzählt,   welche  beltennen,  die  Galiläer  reden  zu 
hOren  sxaOTog  nfl  idn/  dialexrq}  J]fÄ(3vy  iv  tj  iyewjjdrjfiev ,   so  ist 
e«   das  Aeusserste  von   Willkühr,    wenn  man  sagt,   es  solle  mit 
dieser  Aufzählung  keineswegs    auf    abien    so  viele  verschiedene 
Sprachen,  sondern  nur  etwa  auf  drei  oder  vier,    im    damaligen 
Palästina  auch  sonst  nicht  unbekannte,  hingedeutet  werden.     Wie 
sinnlos  und  irreführend  stände  nicht  da  das  ganze  Völkerverzeich- 
niss   sammt  dem  Idu/  6iakexT(p  u.  s.  w.,   und  welche  Selbsttäu«^ 
schnng  gehört  nicht  zu   einer  Behauptung,   wie   die  Qa.  a.  0.  8 
747},  dass   weder  der  Concipient  unseres  Abschnitts  noch  seine 
Leser  bei  der  Nennung  jener  Nationen  an  mehr  Sprachen,  als  die 
vier   obengenannten,  haben    denken  können!    Als    ob    griechisch, 
arabisch  und  aramäisch  die  Muttersprachen  der  Römer  und  Perser, 
der  Aegypter  und  Kappadocier  gewesen  wären,  und  als  ob  irgend 
Jemand  sich  vernünftiger  Weise  darnber  hätte   wundern  können, 
einige  Sprachen,  deren  Kenntniss  im  damaligen  Palästina  verbrei- 
tet genug  war,  im  Verkehr  mit  Fremden  zu  vernehmen.  Um  nichts 
besser  steht  es  aber  aueh  mit  der  ersten  Voraussetzung  Wie.seler^s, 
mit  der  Verschiedenheit  des  lalelvy  welches  V.  6,  von  dem,  welches 
V.   4  erwähnt  wird.    Wenn    V.  4  steht  iJQ^avzo  Xahlv  heQais 
yhaaaaig^  und  V,  6  fortfährt:  ijxovov  laXovvzwv  avzdiv  rfj  löitf 
duxUicvif ,  so  ist  es  doch  ganz  unmöglich ,  dieses  oixovsLV  auf  etwa» 
Anderes  zu  beziehen,    als  ab   auf  das  vorher  erwähnte  lakaiv^ 
und  dass  diess  bei  den  ursprünglichen  Lesern  der  Apostelgeschichte, 
vermöge   ihrer  Bekanntschaft  mit  der  Natur  der  Glossolalie,  an- 
ders gewesen  sei^)^  diess  ist  schon   darum  eine  ganz  bodenlose 
Behauptung,  weil  dabei  jene  genaue  Bekanntschaft  der  Leser  mit 
der  Glossolalie  ohne    allen  Beweis  angenommen  wird,  und   weil 
8ioh  der  Leser  seine  Vorstellung  über  den  Hergang  beim  Pfingst- 
festdoch  nur  aus  den  bestimmten  Aussagen  des  vorliegenden  Be- 
richts bilden  konnte;  endlich  aber  auch   desshalb,   weil  Wiese- 
ler's  Auffassung  des  korinthischen  Zungenredens  entschieden  ver- 
fehlt ist,   denn  sie  erklärt  w^der  Ausdrücke,  wie  yivtj  yhaaaiüvy 
yhaanaig  hxXelv  (in  Fällen,  wie  1  Kor.  13,  1.  14,  18)  yAwor- 
(Tat  ayyEhjy»^  noch  auch  in  der  Sache  das  Störende  der  Glossolalie 
für  die  Andacht  der  Gemeinde,  die  Nothwendigkeit  ihrer  Ausle- 


>)  A.  a.  0.  S.  750. 


104  Das  FflngstfMt      , 

gnng  für  die  Gemeinde,  die  Möglichkeit  efiier  Auglegmig  dvrch 
Andere  (1  Kor.  14,  M.  M),  die  1  Kor.  14,  ft7  f.  erwfthnten  VTir- 
kangen  nnd  MIssdeatungen.  ^)  Dieser  ganze  Vermittlang8ver9ach 
zeigt  nur  nm  so  nugenf&lUger,  wie  unmöglich  es  ist,  eine  aos 
1  Kor.  gewonnene  Ansicht  Qber  das  Zungenreden,  welche  es  auch 
sein  mOge,  an  der  Darstellung  der  Apg.  durchzufahren,  und  wie 
wenig  demnach  diese  Darstellung  für  durchaus  geschichtlich  gel- 
ten kann. 

Es  kann  sich  nach  diesem  nur  noch  darum  handeln ,  wie  weit 
das  Vngeschichlllche  in  ihr  geht*  HiefOr  haben  wir  aber  zwei 
Merkmale:  die  Bedeutung  der  nachweislich  unhistorischen  Züge 
fttr  das  Ganze  unserer  Erzählung ,  und  die  Leichtigkeit  ihrer  Ent- 
stebung  aus  ungeschichtlichen  GrOnden.  Je  enger  ofTenbar  falsche 
Angaben  mit  der  ganzen  Tendenz  einer  Erzählung  zusammenhta- 
gen,  je  leichter  sich  andererseits  eine  Entstehung  dieser  Erzähiung 
ohne  eine  faktische  Veranlassung,  ^oder  auf  eine  verhältnissmässig 
unbedeutende  Veranlassung  hin,  denken  lässt,  nm  so  wahrschein- 
licher ist  es,  dass  ihr  nichts  oder  nur  wenig  Thatsächliches  zu 
Grunde  liegt;  je  weniger  eine  solche  Entstehung  denkbar  ist,  und 
je  mehr  sich  jenes  erweislich  Unhistorische  auf  unwesentliche  und 
untergeordnete  Ztige  beschränkt,  um  so  mehr  wirkliche  Geschichte 
sind  wir  in  der  Erzählung  zu  vermuthen  genötiiigt.  Trifft  nur 
eines  dieser  Kenn/eichen  zu,  so  ist  der  Schlass  auf  den  unhisto«* 
rischen  Charakter  der  ganzen  Erzählung  immerhin  weniger  sicher^ 
sicherer  tibrigens,  wenn  das  erste,  als  wenn  das  zweite  vereinzelt 
vorkommt;  treffen  dagegen  beide  zusammen^  so  wird  jene  An- 
nahme eben  durch  dieses  Zusammentreffen  ungleich  wahrscheinlU 
ober,  und  falls  keine  erheblichen  Gegengrande  Im  Weg  stehen, 
so  wird  diese  Wahrscheinlichkeit  Ms  zur  geschichtlichen  Gewiss- 
heit fortgehen. 

Profen  wir  nun  unsern  Bericht  zunächst  unf  das  erste  der 
angegebenen  Merkmale,  so  lässt  sich  nicht  verkennen,  dass  gerade 
der  Zug,  welcher  der  Kritik  am  Meisten  zu  schaffen  macht,  das 
Znngenreden,  den  Mittelpunkt  unserer  ganzen  Darstellung  bildet. 
Der  Verfasser  selbst  hat  den  Gesichtspunkt,  ans  dem  er  das  Fängst- 


')  M.  Tgl.  hierüber  Hilgenfeld,  die  Glossolalie  in  der  altea  Kirche  (18S0) 
S.  35  if.  Bei  demselben  finden  sich  überhaupt  genauere  Erörterungen  über  die  ko» 
rintliische  Glossolalie  und  eine  vollständigere  BerüdLsichtigung  der  neuem  Literatur 
über  diesen  Gegenstand,  als  uns  hier  gestattet  war. 


Du  PfiagstfMt.  105 

ereigniss  aoffassC,  dentflcta  tmgesprotjtien  in  ieit  Worten,  die  er 
V.  7  ff.  dem  Volk  in  den  Mond  legt:  In  dem  Eindrnck,  trelchen 
das  Wunder  hervorbringt,  kann  sich  ja  nur  die  von  seinem  Ur- 
heber beabsichtige  Wirkung,   die  arsprttngliche    Bedeutung    des 
Wunders,  darstellen.    Als  das  aber,  was  diesen  Eindruck  bewirkt 
hat,   nennt  unsere  Schrift  eineig  und  allein  das  Sprachenwunder; 
Bur  darauf  bezieht  sich  das  Staunen  des  Volks.  Eben  hierin  muss 
daher  der  Verfasser  die  eigentliche  Spitze  der  vorher  ^erzählten 
Ereignisse  gesehen  haben.    Deutlich  genug  weist  nbrigcns  darauf 
auch  schon  V.  8  hin.   Denn  wenn  hier  der  Geist  seine  Herabkunft 
durch  die  Erscheinung  feuriger  Zungen  zur  Anschauung  bringt, 
welche  sich  an   <Me  Anwesenden   vertheilen ,    so    Hegt  wohl   am 
Tage,  dass  ebeu  die  ylüacai,  oder  Was  dasselbe ,  dass  das  ylioa'^ 
actig  laiMV  als  die  eigenthOmliche  und  charakteristische  Aeusse«» 
rnngsform  des  am  Pfingstfost  mitgetheiltcn  Geistes  bezeichnet  wer«* 
den  solL    Diess  wird  vollends  Ober  allen  Zweifel  erhoben,  wenn 
wir  die  zwei  Stellen  c.  10,  44  ff.  vg}.  mit  c.  11^   15  f.  und  o. 
19,  1 — 6  hinzunehmen.    Nach  der  ersten  von  diesen  Stellen  wird 
die  Mittheilung  dos' Geistes  an  Cornelius  und  die  Seinigen  erkannt 
an  dem  XalBiv  yXciaaaig  xai  (HByakuveiv  rov  -(hov:  als  Petrus  und 
seine  Begleiter  dieses  hören,   da  ist  ihnen  jeder  Zweifel  darftber 
benommen,  dass  jene  Heiden  den  Geist  gleichermassen  empfangen 
haben ,  wie  sie  selbst,  dass  ihnen  die  Taufe  durch  den  heil.  Geist, 
filcBe    eigenthnnlich    christliche  Taufe,    im  Unterschied  von    der 
Wassertaufe  des  Johannes,   zu  Theil  geworden  sei.    Die  gleiche 
Ergänzung  der  Johannestaufe  wird  auch  in  der  zweiten  Erzfthlung, 
e.  19;  unter  den  gleichen  Umständen  ertheilt;  auch  hier  ist  es  das 
yhiaaaig  kakelv  xal  nQocprjXBvuv  (das  letztere  offenbar  gleichbe- 
deotend  mk  dem  fisyalvvecv  %6v  9^6v  c.  10,  46,  dem  XaXeiv  xa 
pByccUla  Tov  d^ov  o.  2,  11),   worin  sich  der  Besitz  des  eigen« 
thnmlieh   christlichen    TtvBv^a    anknndigt.    Für    unsern  Verfasser 
daher,  diess  unterliegt  keinem  Zweifel ,  ist  eben  das  Zungenredon 
in  seinem  Sinn,  das  wunderbare  Reden  in  fremden  Sprachen,  das 
specinsche  Merkmal   der  christlichen  Geistesmittheilung ,  das  Un^- 
erlftssliche,  was  bei  derselben  nicht  fehlen  darf,  und  ohne  das  er 
sich  die  erste,  ursprAng^iche  und  volle  Mittheilnng  des  Geistes  an 
die  Apostel  am  Wenigsten  denken  konnte.    Für  ihn  ist  daher  die* 
ser  li^g  nicht  nur  etwas  „Einzelnes,  in  die  Geschichte  Herein- 
spielendes,^^  sondern  der  wesentliche  Inhalt,  der  Kern  seiner 
ganzen  Eftlhlung,  und  seiner  Meinung  läuft  es  sehnnrstrai^ks  zu-^ 


106  Das  PflDgBtfett. 

wider,  wean  mall  ihn  als  etwas  Uatergeordneiesiieseiägt,  am  als 
das  Thatsäohliohe .  der  Pflngstbegebenheit  nur  etwa  das  ttbrig'  zu 
behalten,  dass  die  versammelten  Christen,  vielleicht  daroh  irgend 
ein  Natnrerefgniss  veranlasst,  mit  begeisterten  Vertrftgen  aoftra- 
ten,  dass  dadaroh  ein  allgemeines  Anfsehen  erregt  warde,  das» 
In  Folge  dessen  Petras  in  einer  längeren  Anrede  die  Grondsätse 
0es  nepen  Glaabens  aoseinandejrsetzte  and  Viele  für  denselben  ge^ 
wann.  DIess  schliesst  non  allerdings  die  MöglichkeU  nicht  ans, 
dass  diese  Auifassang  der  Sache  zanäohst  nnr  unserem  Bericht- 
erstatter angehören,  und  der  wirkliche  Thatbestand  auf  das  An- 
gegebene zu  beschränken  sein  könnte;  ja  wir  selbst  werden  spä- 
ter noch  in  unserem  Bericht  die  Sparen  einer  Darstellung  anfsu- 
ohen  mttssen,  der  das  Bed^  In  fremden  Sprachen  nech  fehlte. 
Ob  es  sich  jedoch  mit  dem  OeschlchtUchen  nnsers  Breignissen 
wirklich  so  verhielt,  wie  oben  vorausgesetzt  ist,  diess  ist  bis 
jetzt  ganz  problematisch;  unsere  einzige  Quelle  fflr  die  Kenntnisa 
der  Pfiogstbegebenheit  Ist  nun  einmal  die  Apostelgeschichte;  wird 
nun  jene  Begebenheit  in  dieser  Schrift  nicht  blos  mit  einzelnen 
ungeschichtlichen  Zuthaten  von  untergeordneter  Bedeutung  beri«^- 
tet,  mussten  wir  vielmehr  in  einem  erweislich  ungeschichtlichea 
Zug  den  eigentlichen  Mittelpunkt  ihrer  Qrzählung  erkennen,  so 
wissen  wir  ttber  die  positive  Oruiidlagö  derselben,  so  weit  wir 
bis  jetzt  sind,  gar  nichts;  der. Möglichkeit,  dass  ihr  ein  Vorfall^ 
wie  der  oben  bezeichnete,  zu  €hrunde  liegt,  steht  die  entgegenge- 
setzte Möglichkeit,  dass  sie  gar  keine  bestimmte  geschichtliche 
Veranlassung  hat,  vorerst  mit  gleichem  Becht  gegenttber,  und 
blose  Wiilktthr  Ist  es,  die  erstere  Möglichkeit  ohne  weiteren  Be- 
weis zur  U^irklichkeit,  zur  Geschichte  ssn  stempeln,  da  die  sagen« 
hafte  AnsschmOokung  eines  wirklichen  Erei^isses  fOr  sich  ge-- 
nommen  um  nichts  wahrscheinlicher  ist,  als  ^ie  mythische  Dich"* 
tung.  Zu  dem  Bemerkten  kommt  nun  aber  noch  ehi  anderer  Um- 
stand ,  welche!*  ein  bedeutendes  Gewicht  zu  Gunsten  der  letztem 
in  die  Wagschale  legt  Wir  haben  schon  früher  auf  die  Differenz 
der  Angaben  in  Betreff  der  Oertlichkeit  hingewiesen,  wo  sich  die 
Apostel  unmittelbar  nach  dem  Tod  Jesu  aufhielten,  und  die  Er- 
scheinungen des  Auferstandenen  hatten:  dass  nämlich  Matthäus 
diese  Erscheinungen  nach  Galiläa  verlegt,  die  übrigen  Evangelien 
nach  Jerusalem,  dass  daher  jener  Galiläa,  die^e,  und  ttbereinstim«- 
mend  damit  auch  unsere  Schrift, -^  Jerusalem  den  Aposteln  in  der 
nächsten  Zeit  nach  dem  Tod  ihrer»  Meisters  zum  Aufenthaltsort 


Das  Pflngftftfest.  t67 

ui\rei«eD.  Kaon  Doa  an  eine  Vereiidf  ony.  dieser  beiden  Berlchtti 
nach  Strauss'  erscfiOpfeiider  Erörterung  dieses  Panltto,  nioht 
wohl  gedacht  werden,  bleibt  uns  alse  nur  die  Wahl  zwischen 
dem  einen  odec  dem  andern,  40  wird  nioht  bloe  die  mythisch« 
Ansicht  von  der  Anferstehong  auf  die  Seite  des  Matthüns  hinge« 
drängt  werden  ^} ,  sondern  auch  abgesehen  davon  empfiehlt  sieh 
seine  Angabe  dnroh  die  meist  schon  von  Stranss^J  entwickelten 
Grflnde:  dass  sich  das  Zurtlcktreten  der  galii&fschen  Erscheinan- 
gen  In  der  evangelischen  Üeberliefernng  und  die  Hinzufiignng 
}erasalemitischer  nngleich  leichter  erklären  lilsst,  als  der  umge* 
kehrte  Verlauf,  dass  sieh  Sparen  von  der  Zerstreuung  der  Apostel 
nach  dem  .Tod  Jesu  noch  erhalten  haben,^)  Qiid  dass.  auch  die 
Stelle  Mt.  28,  7,  mit  den  synoptischen  Parallelstellen  verglichen, 
die  Vermothung  der  grosseren  Ur^prdnglichkelt  für  sich  hat.  Sind 
aber  die  Apostel  nach  der  Hinrichtung  Jesu  in  ihr  Vaterland  zu- 
rOckgekehrt,  so  ist  es  sehr  unwahrscheinlich,  dass  sie  sich  am 
darauf  folgenden  Pfingstfest  schon  wieder  in  Jerusalem  befunden 
haben  sollten,  sondern  versprengt  und  geängstet,  wie  sie  waren, 
werden  sie  wohl  längerer  Zeit  bedurft  haben,  bis  sie  es.  wagten, 
in  die  gefahrdrohende  Hauptstadt  »urückzukehreUv  Nur  eiR.  aus- 
drücklicher Befehl  des  Anferstitndenen  würde  sie  sofbrt  dazu  ver- 
mocht haben ^  aber  davon  wissen  wir  nichts;.  Matthäus  berichtet 
nur  den  Auftrag,  nach  Galiläa  zu  gehen,  wo  sie  Jesum  zum  letz^ 
teuMal  sehen  sollten,  die  Andern  lassen^sie  nicht  nach  Jerusalem 
zurückkehren,  sondern  dort  bleiben«  Nehmen  wir  hinzu,  dass 
nicht  Mos  in  Beziehung  auf  den  Ort^  sondern  auch  in  Beziehung 
auf  die  Zeit  der  letzten  Zusammenkunft  Jesu  mit  seinen  Jüngern 
eine  ähnliche  Verschiedenheit  der  Berichte  stattfindet,  dass  die 
Angabe^der  Apostelgeschichte  von  einer  Himmelfahrt  am.  vierzig- 
sten Tag  nach  der  Auferstehung  nicht  allein  durch  den. Wider- 
spruch aller  andern  Berichterstatter,  sondern  <auch  durch  den 
Widerspruch  des.  Verftosers  mit  •  seinem  eigenen'  Evangelium  und 
durch  den  typisch-dogmatischen  Charakter  der  Zahl  vierzig  *)  mehr 
als  verdächtig  wird,  dass  mit  dieser  Bestimmung  des  Himmel- 
fahrtetags die   des  Pflngstfests,  auf  welches  die  Apostel  bei  der 


«)  S  trau  SS  L.  J.  3.  A.  11,  692'  ff. 

»)  A.  a.  0.  S.  646  ff. 

3)  Job.  16,  31.  Justin  Apol.  i,  50.  Tr.  53,  106. 

«)  S.  bieiübcr  ^trauss  a.  .a.  0.  S.  714. 


10^  Da«  Pflogitfest 

Bimnidlftihrt  rerwlegdn  werden,  nahe  «niMinraienllän/^;  «p  eracheM 
die  Darstellung  der  Pflngstbegebenhelt  In  tmaerer  Schrift  niofai 
bloa  theilweiae  angeschichtlich,  aondern  der  ganze  Boden  jener 
Begebenheit,  die  Oertlichkelt  und  die  Zeit  derselben,  wird  schwan- 
kend, nnd  die  Möglichkeit,  dass  nnserer  Darstellung  gar  kein  be- 
stimmter Vorfall  zu  Grund  liege,  geht  immer  mehr  zur  Wahr- 
scheinlichkeit fort. 

Diese  Wahrscheinlichkeit  steigert  sich  fast  amr  Gewlsshelt^ 
wenn  wir  bemerken,  dass  sich  die  vorliegende  Erzählung  auch 
ohne  die  Annahme  einer  solchen  thatsächlichen  Veranlassung  leieht 
und  natürlich  erklären  lässt.  Mochten  sich  auch  die  Anhänger 
des  gekreuzigten  Jesus  nur  allmählig  zu  einem  fester  geschlos- 
senen Verein  zusammengeftanden  haben,  mochte  auch  der  nrsprftng- 
liehe  Schauplatz  dieser  Bewegung  Galiläa  gewesen  sein,  und  die 
Ausbreitung  derselben  tlber  einen  grosseren  Kreis,  und  insbeson- 
dere die  Gründung  einer  jerusalemitischen  Gemeinde,  längere  Zeit 
erfordert  haben,  so  musste  es  doch  der  Ueberlieferong  nahe  liegen, 
diofien  Erfolg  als  einen  momentanen  darzustellen,  und  die  Gebtirts- 
Stätte  der  christlichen  Gemeinde  nach  Jerusalem  zu  versetzen.  Das 
Erstere  war  schon  durch  die  Natur  der  religiösen  Veherlieferung 
gegeben;  denn  die  Volkssage,  weniger  mit  der  Reflexion  als  mit 
der  Einbildungskraft  arbeitend,  weniger  auf  verstandesmässigen  Cau- 
salzusammenhang,  als  auf  Anschaulichkeit  gerichtet,  lieht  es  schon 
überhaupt,  einen  längeren  Verlauf  zu  Einer  Hauptthatsache  oder 
wenigen  tiauptthatsachen  zusammenzuziehen,  und  die  Momente, 
welche  das  diskursive  Denken  auseinanderhält,  in  abgerundeten 
Bildern  zur  Einheit  der  Anschauung  zu  vetknflpfen,  ganz  beson- 
ders liegt  aber  diese  Neigung  im  Wesen  der  religiösen  Volks- 
sage, die  vermöge  ihres  eigenthOmllchen  Pragmatismus  alles  Ge- 
schehene am  Liebsten  auf  ein  nnmittelbures  und  desshalb  momen- 
tanes gottliches  Eingreifen  zurflckfOhrt.  Das  gleiche  Verfahren 
musste  wohl  auch  im  vorliegenden  Fall  von  der  religiösen  Sage 
oder  von  einem  in  ihrem  Geist  arbeitenden  Schriftsteller  eingehal- 
ten werden.  Die  christliche  Kirche  als  apostolische  Stiftung  war 
'  einmal  vorhanden.  Fragte  man,  was  den  Aposteln  die  Stiftung 
der  Kirche  möglich  machte,  so  lautete  die  Antwort  allgemeitt:  der 
Besitz  des  h.  Geistes,  das  Ttvev^a  d'eov  oder  XQiazovy  an  das 
Oberhaupt  die  Befähigung  zum  apostolischen  Amt  geknüpft  war 
(vgL  1  Kor.  7,  40).  WoUte  man  aber  weiter  wissen:  woher  kam 
ihnen  «jener  Besitz?  so  konnte  nur  gesagt  werden;  Christos  hat 


Dai  PflngttfesL  109 

Oinen  den  Geist  niltgetheilt,  und  diese  MittheOnng  konnte  im  Geist 
der  reiifflosen  Goschichtsbetrachtang  nur  als  eine  momentane  ^  in 
einem  bestimmten  Zeitpunlct  und  bei  einer  bestimmten  Veranlassimg 
erfolgte,  gefasst  werden.    An  sicli  nan  hätte  dieselbe  noch  in  die 
Zeit  vou  Christi  irdischer  Wirksamkeit    verlegt   werden  können; 
nnd  wirklich  wird  Mt.  10,  20  den  Aposteln  schon  bei  ihrer  ersten 
Aussendang  versprochen ,  der  Geist  des  Vaters  werde  in  ihnen 
reden.     Indessen  scheint  sich  schon  frOhe  die'Vorstellong  gebildet 
zvL  haben,   dass  der  Geist  als  der  Stellvertreter  Christi  erst  nach 
seinem   persönlichen   Abtreten  vom  irdischen  Schauplatz  von  ihm 
anf  die   Apostel  übergehen  konnte  i);  die  gleiche  Annahme  war 
aber  aooh  schon  dnrch  das  PhantasiebcdOrAilss  gefordert,  die  Gei- 
stesmittbeilnng  als  den  für  sich   hervortretenden  Anfang  der  apo- 
stolischen Wirksamkeit  zvl  flxiren.    Bei  Johannes  nnn,  c.  20,  23^ 
ist  es  der  erhöhte  Christas  selbst^),  welcher  den  Jüngern  persön- 
lich den  Geist  mittheilt;  noch  feierlicher  and  bedeutender  erschien 
aber   der   Akt   dieser  Mittheilung,    wenn   sie  nicht  blos   als  der 
Scblusspunkt  und   gleichsam    als  ein  Nachtrag  zu  der  irdischen 
Wirksamkeit  Jesa^  sondern  als  der  selbständige  Anfangspunkt  einer 
neuen  Periode  dargestellt  war,  wenn  einige  Zeit  nach  dem  letzten 
Abschied  Jesu  von  der  Erde  der  Geist  mit  allem  Gepränge  einer 
Theophanie  auf  die  seiner  Harrenden  herabkam.    Der  Schauplatz 
dieses  Ereignisses  wurde  am  Natürlichsten  nach  Jerusalem  verlegt, 
schon  w:eil  man  sich  bald  gewöhnt  hatte,  den  Ort  für  die  Erschei- 
nungen des  Auferstandenen  und   daher  auch    den  Aufenthaltsort 
der  Apostel  in   dieser  Zeit  dort  zu  suchen  3),  hauptsächlich  aber 
desshalb,  weil  Jerusalem  nicht  allein  ft*ühe  der  Hauptsitz  der  jungen 
Christengemeinde  und   der  Wohnort  ihrer  Vorsteher  wurde,   son- 
dern  weil   es  auch  wirklich  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  in  ge- 
wissem Sinne  der  Geburtsort  der  christlichen  Kirche  gewesen  ist« 
Wiewohl  sicli  nämlich  die  in  ihre  Heimath  versprengten  Anhänger 
Jesu  zuerst  in  dieser  wieder  gesammelt  und  auf  die  Kunde  von 
«einer  Auferstehung    zu  einem    um  so  begeisterteren  Festhalten 
im  ihm  ermannt  zu  haben  scheinen,  so  führ)  doch  die  Elnstimmig- 


')  Vgl.  tlob.  16,  7.  7;  39<  iiod  dazu  Schifvegler,  MonUuiisnttis  &  187. 
163  f. 

^)  Nicht  blos  der  Auferstandene;  s.  Baur,  Unters,  über  die  kan.  Evaog. 
S.  223  ff. 

')  Uobtr  die  Gründe  dieser  Annahme  s.  St  raus«  a^  a.  0.  S.  649. 


110  Das  Pfingstfest. 

kelt,  mit  der  alle  unsere  Berichte  den  Sitz  der  Urgemeinde  nach 
Jemsalejn  versetzen,  darauf  hin,  dass  dieselben  wirklich  hier  zu- 
erst OiTentlich  «als  Parthei  aufgetreten  sind,  dass  sie  sich  hier  als 
Gemeinde  constituirt  haben.  In  dieser  Beziehung  scheint  daher 
unser  Bericht  auf  ehier  richtigen  historischen  Erinnerung  zu  be- 
ruhen, wenn  auch  die  Behauptung,  dass'  die  Apostel  vom  Tod  Jesu 
an  ununterbrochen  In  Jerusalem  blieben,  und  hier  den  Auferstan- 
denen schauten,  schwerlich  richtig  ist. 

Sollte  nun  aber  weiter  neben  dem  Ort  auch  die  Zeit  der 
Geistesmittheilung  näher  bestimmt  >verden,  so  war  es  schon  durch 
allgemeinere  Gründe  gefordert,  dass  dieselbe  dem  Abschied  Jesu 
von  der  Erde  mOglibhst  nahe  gertlckt  wurde;  ebenso  war  es  an 
und  für  sich  passend,  wenn  sie  bei  irgend  einer  feierlichen  Ge- 
legenheit, am  Liebsten  an  einem  von  den  religiösen  Nationalfesten, 
erfolgte;  lind  da  nun  keines  von  diesen  der  Zeif  des  Todes  Jesu 
näher  stand,  als  das  Pfingstfest,  so  konnte  man  schon  dadurch  auf 
das  letztere  geführt  werden.  Indessen  sprach  für  dieses  noch  ein 
anderer  Grund.  Das  Pfingstfest —  worauf  Schneckenburger  ^) 
mit  Recht  aufmerksam  macht  ^^  ist  den  heutigen  Juden,  und  war 
ohne  Zweifel  auch  schon  den  älteren  zugleich  das  Fest  der  sinai- 
tischen Gesetzgebuug,  das  Stiftungsfest  ihrer  Theokratie.  Wurde 
nun  schon  frühe  (vgl.  Gal.  4,  21  ff.  u.  A.)  die  neue  Religions- 
gemeinde mit  der  alten,  das  Gesetz  Christi  mit  dem  Gesetz  Moses 
parallelisirt,  so  lag  es  in  der  Natur  der  Sache,  dass  neben  dem 
Werth  und  Inhalt  beider  namentlich  auch  die  Art  und  Weise  ihrer 
Stiftung  Gegenstand  der  Vergleichung  wurde,  und  wie  weit  man 
diese  Vergleichung  bald  ausführte,  zeigen  die  zwei  Stellen  des 
Ebräerbriefs  3,  2—4.  12,  18—24.  Schon  in  diesen  Stellen  wer- 
den die  fxeQiafxol  TtveviÄatog  dyiov,  die  TtavrjyvQcg  xai  ixxlTjala 
TtQcoTOTOxcDv  dem  Reden  der  Engel  und  dem  ganzen  Gepränge  de^ 
sinaitischen  Gesetzgebung  gegenübergestellt;  wie  natürlich,  wenn 
eben  diese  Parallele  von  Anderen  auch  auf  die  Zeit  der  beiden 
Stiftungen  übertragen,  und  die  Erneuerung  der  Theokratie  durch 
die  Constituirung  der  messianischen  Gemeinde  mit  ihrer  Ursprung-* 
liehen  Begründung  auf  Einen.  Tag  verlegt  wurde! 

Eben  dieser  Gesichtspunkt  scheint  aber  andi  auf  die  weitere 
Gestaltung  unserer  Erzählung  Einfluss  gehabt  zu  haben ,  wenn  e^ 


^)  BeiUSg^  S.  80,  yv'O.  auf  Buxto.rf  Sytuigoga  Judaica  c,  20   (no^h  mit  mehr 
Recht  würde  c.  15.  S.  353   genannt)  verwiesen  wird.    Zweck  der  Apg.   S.  198  ff. 


Das  Pfingstfest.  111 

gleich  fttt  flieh  attein   asn  ifare/BrUftniDg  sohvrerlieh  ansreicheii 
wttrde.    Wir  sahen  aus  dem  ersten  Korintberhrief ,  dass  schon  In 
der  apostoliachen  Zett*  von  Vielen  anf  das  Zungenreden  ein  ausser- 
ordentlicher  Werth  gelegt,  nnd  in  ihm  gerade  der  höchste  und  nn- 
verkennbarste  Beweis  vom  Besitz    des    nvtvfxa   gesucht    wurde. 
Worin  diese  Erscheinung  in  der  Wirklichkeit  bestand,  kann   hier 
ununtersucht  bleiben,  und  nur  beilftuflg  möge  bemerkt  werden,  dass 
uns  in  dieser  Beziehung  die  Ansieht  von  Neander,   deren  An- 
wendbarkelt auf  die  Apg.  wir  beitreiten  mussten,  der  Wahrheit 
am  Nftchsten  zu  kommen  scheint.   Wir  denken  uns  demnach  unter 
dem  Zungenreden,  die  Sa  ehe  betreffend,  ein  Reden  im  Zostand 
ekstatischer  Begeisterung,  dessen  Erscheinungsform  ohne  Zwölf ä 
je  nach  der  Persönlichkeit,  Blldungsstafe  und  Stimmung  des  Re^ 
denden  versehieden  war  (die  ykvti.yhaaawv  1  Kor.  12,  28),  und 
von  uns,  bei  dem  Mangel  an  genaueren  Angaben,  mehr  nur  nach 
der  Analogie    Ähnlicher  Zustände    bei  Montanisten,    Oamisarden, 
Quäkern,  Irvingianem  u.  s.  f.  bestimmt  werden   kann;    was  den 
Ausdruck  anbelangt,    so   scheint  uns  nicht   blos  die  Erkiftrung 
von  Wie  sc  1er  aus  den  früher  angegebenen  Gründen  unrichtig,^ 
sondern  auch  der  Blee kuschen  möchten  wir  nicht  beitreten,  theils 
weil  der  Gebrauch   von  Glossen  oder  veralteten  Ausdrücken  mit 
der  dithyrambischen  Darstellung,  in  welche  Bleck  den  Begriff  der 
Glossolalie  im  Verfolge  hinüberspielt,    keineswegs    identisch  ist, 
theils  weil  es  auch  uns,  wie  Andern,  unwahrscheinlich  vorkommt, 
dass  gerade  ein   gelehrter  Knnstausdruck  der  Grammatiker  vor- 
zugsweise zur  Bezeichnung   einer  Erscheinung  gebraucht  worden 
sein  sollte,    die  so  offenbar  dem   volksthümlich  religiösen  Boden 
entwachsen  Ist;   die  richtige  Erklärung  scheint  uns  vielmehr  die 
zu  sein,  womach  die  yXäaaa  die  Zunge  oder  Sprache  des  Geistes 
bezeichnet  0  9  die  aber  wegen  der  Verschiedenheit  ihrer  Erschei- 
nungsformen ebensogut  auch  als  eine  Mehrheit  von  /Act/atrat*  dar- 
gestellt werden  konnte,  wie  das  Eine  itvev^a  selbst  als  eine  Mehr- 
heit prophetischer  msv^arcc  (1  Kor.  14,  32  vgl.  Apok.  1,  4.  3, 
1  u.  ö,  22,  6.  1  Job.  4.  1>    Wie  es  sich  indessen  hiemit  ver- 
halten mag:  ausser  der  ffhatsacbe  des  Znngenredens  selbst  steht 
auch  das  fest;^  dass  die  Gloisdalle  einer  grossen  Parthet  für  das 
0pecifi9che^  Merkmal   der   pneumatischen  Begabung   galt     Schon 


')  Denn  die  Begriffe  der  Zunge  tiüd  der  Spräche  Versclimelzen   hier  in  der 
Vorstelhing,  wie  im  Ausdruck. 


)  12  ^^^  Pfiagstfest 

die  AojsdrOcke  fä  Ttvsvßutixä,  t^  nvMhfäari.  n^e^ixsadtxi  u.  s.  w. 
wtürden  diess  beweUcui,  wenn  es  nicht  fiberdtess  ans  der  gfassen 
Pelemik  des  Paulas  gegen  dieae  Meinang  deutlioh  berTorgiuge. 
Denn  wozu  diese  nachdrQckliche  Behauptung  des  Grundaatxes, 
daas  jedes  Zeugniss  von  Christo  ein  mf€VficcTixQv  sei  y  woza  diese 
wiederholten  Ausführungen  aber  die  unerlAssUche  MattnigfaUlgiceit 
der  Geistesgaben,  diese  Warnungen  vor  Uelierhebttng  eines  Glieds 
aber  die  andern »  diese  Erklärungen  «her  den  untergeordneten 
Wertb  der  Glossolalie  und  ihren  verhältnissmftssig  geringen  Natxen 
—  wozu  das  Alles,  wenn  es  Paulas  nicht  mit  Leuümk  za.thun 
hfttte,  welche  eben  dicso  Wahrheiten  nicht  anerkannten,  welche 
die  tibrigen  Charismen  nicht  ebenso,  wie  das  Zungenreden,  als 
TKvavfiaTixä  gelten  Hessen «  welche  verlangtoi^  dass  alle  Glieder 
ein  einziges  sein  sollen,  dass  jeder  Geistbegabte  ohne  Ausnahme 
»ich  durch  die  Glossolalie  bewähre?  Utass  aber  diese  Verstellangcn 
und  Forderungen  nicht  nur  einigen  Wenigen  angehört  haben  kön- 
nen;  diess  beweist  schon  der  Eifer  und  die  AusftthrUchkeit,  mit 
der  sie  von  dem  Apostel  widerlegt  werden,  und  dass  sie  sich  nicht 
auf  die  korinthische  Gemeinde  beschrankt  haben,  ist  theils  an  and 
für  sich  wahrscheinlich,  theils  erhellt  es  aus  den  oben  erwähnten 
Bezeichnungen  za  Ttv^vfiarixä  u.  s«  f.,  welche  hier  bereits  als 
stehende,  im  allgemein  christlichen  Spraohgebraaeh  eingebOrgerta 
Ausdrücke  erscheinen,  denen  sich  aas  diesem  Grand  auch  Paolns, 
zu  dessen  eigener  Ansicht  sie  nicht  passen,  dock  nicht  entzieht 
Galt  nun  hiemach  die  Giossalie  für  die  specifisohe  Aeusserung  des 
Pneuma^  so  durfte  sie  natürlich  bei  der  ersten  und  herrlichsten 
Mittheilung  desselben  am  Wenigsten  fehlen^  die  Geistesausglessung 
war  auf  diesem  Standpunkt,  wie  diess  auch  die  Apostdgeschichte 
2,  17  f.  andeutet,  ohne  das  nQOiffjreveiv ,  die  Glossolalie,  nicht 
denkbar. 

Dass  die  letztere  dann  bei  diesem  Anlass  In  das  Wunder  der 
Sprachengabe  überging,  diess  könnte  man  einfach  aus  dem  Mi!<s- 
verstftndniss  einer  späteren  Zelt  und  aus  der  allgemeinen  Neigung 
der  Sage  zu  fortschreitender  Steigerung  des  Wundeifbarcn  er« 
klären  ij,  besonders  wenn  man  CmitBaar  a.  a..00  den  Gebrauch 
von  Ausdrücken  aus  flremden  Spradien  Cden  Bleek'sdien  yldiaaaif 
schon  in  den  ursprünglichen  Begriff  der  Glossolalie  aufnimmt  In- 
dessen treten  eben  hier  zwei  weiter«  Momente  ergänzend  und  er« 


»)  So  Baur  Stud.  u.  Krit.  1838,  3,  694  ff. 


Das  Pfingsttest.  113 

kUrend  fia;  eioerseit«  die  von  S ebne ek^ab arger  verMgte  Pa- 
rallele der  sinaltischen  Gesetzgebuag  vnd  der  messiaDisohen  Vor- 
stellaageO)  andererseits  das  pMiliniseh  aaiversalistische  Intereese 
nnsers  Verfassers.  Die  Vielheit  der  Spraebea  ist  nach  Gen*  c.  11 
eine  Folge  der  Aaflehnung  wider  Gott;  vorher  wior  Eine  Sprache 
auf  Erden.  Noch  grosser  ^ar  die  Spracheinheit  im  Paradiese  ge- 
wesen^  wo  die  Sehlauge  noch  mit  dem  Menschen  in  Einer  Spraehe 
verkehrt  hatte,  ein  Zng,  der  in  der  Genesis  ohne  Bedeatong,  in 
der  jodisehen  Mystfk  znr  Zeit  Christi,  nach  Philo 0  and  Je* 
sephus^)  zu  sehUessen,  keine  ganz  geringe  Wich tigkeK  erhalten 
hatte..  Schon  hierin,  lag  die  Fordemag,  daas  im  messianisohen 
Reich,  bei  der  unoieazdojaa^g  Ttavrtavy  auch  die  Einheit  der  Sprache 
wiederhergestellt  werde,  die  übrigens  auch  schon  desshalb  notb- 
wendig  war,  weil  alle  Frommen  hier  zu  Einem  Volk  Gottes  ver-» 
einigt  werden  sollten.  Demgernftss  wurde  denn  anch  wirklich  er*- 
wartet,  es  werde  in  dieser  Zieit,  wie  es  im  Testament  der  ±2  Pa- 
triarchen Jnd.  c.  25  heisst,  dg  kaog  xvqIov  xai  yktSoaa  ftia 
sein  3>  EUi  Vorbild  dieser  measianischen  Sprachen  verdbaigwig 
warde  nun  schon  von  der  stnattischen  Gesetzgebung  erzlfthlt  Nach 
Philo  und  mehreren  Babbinen  (die  Uelog^  s.  bei  Schnecken- 
b arger}  soll  bei.  dieser  Gelegenheit  eine  Stimme  vom  Sinai  aas« 
gegangen  sein,  welphe  die  gettliehen  Gebote  in  den  (^ebzig  Spra^ 
eben  der. Erde  idlen  Völkern  verkQndigte.  Was  kennte  nnn  naher 
liegen,  ale  eben  in  der  neaen  Geistesspracltö  der  Christen  die  er* 
wartete  messianische  Sprache  zu  erkennen,  ond  wie  Irieht  kennte 
sich  hieran  in  einer  Zeit,  welcher  das  nrsprangliche  Wesen  jener 
Brsdieinang  fremd  geyrorden  war,  die  Vorstellang  anschliessen, 
dass   wmi%steAs  bei  der  ersten  nnd  reichst^i  Mittheiloiig  jenes 


^)  De  conf«  lijig.  S.  321  Hiüscb:  A^yerai  ya^,  tag  ä^a  navS^  oaa  (cSa  x^^" 
aalfx  xa\  tvv$qa  xa\  n'r^ya  ro  nalaiov  ofioiptaya  ^v,  aber  weil  die  Schlange  die 
Sprache  zur  Verführung  des  Menschen  missbrauchte,  hf^oY^iOTTa  tv&vg  lyivetOy  tag 
f|  htnti^ov  firixir  äXX^Xtav  snaxovaai  Svvtjd'^yai  ;fa^tv  "^tji  fy  Tats  dialsxroig,  elg 
Sg  37  /uCa  xai  xoty^  narrtay  h/ui^r^,  ^ia(po^ag.  Doch  hält  Philo  selbst  diese  Er- 
z&hlung  für  mythisch. 

')  Antiq.  I,  1,  4:  o^oiptarovvrtov  xtei  %x^Xvo  xcuqov  rtav  ^fa<ay  anarrw^  und 
im  Folgenden,  wo' von  der  Bestrafung  des  SündenfaUs  die  Rede  ist:  atpitXtro  Sh 

')  Treffend  Yergieicht  hiezu  Schneckenburger  a.  a.  0.  Plut  la.  et  Oi. 
c.  47  wonaoh  es  zoroastrische  Lehre  war,  nach  Besiegung  Ariman's  h^ot  ßiov  xal 
juCay  noXatiav  äy9qian<av  fiuxaqliäry  xa\  ofioyXtaaaviv  narttav  ysvia^m, 

8 


114,  Das  PfinfitftMit 

€hftri«iDa  amoh  da«  wirliMi(i  »frMetreittisi«  »tiMtji^fMIfcil',  iiM 
das  Paetnaa  in  den  ainiigeii  idler  VoNEe»  geredet  hMe,  Utodiid^s 
wnn  die  Verlegung  dieses  BreiguisSes  auf  den  Tag  der  "GMefates- 
verkendlgeng  die  PanAeie  mit  der  slaefüseben  1?ii!vei*sals|^ihieie 
Bähe  legte  1  Ist  doch  aeoh  die  Art ,  wie  M*  iS)^&obeiigä¥e  fti  der 
Apostelgeschichte  diltgetheilt  wird,  dem  etttsirfedheildeii  üreigolaa 
aai^  Sinai  sc  ähnlich,  dMs  es  schwer  hilt,  an  dn  Mos«  imfflltges 
flSnsammetttreffen  beider  Oarstellangen  na  gladbon:  d^tiil  trii^  hier 
erst  ein  Getose  i^xos,  g>on^)  vooi  Himmel  her  eriMMllt^,  dann 
fenrige  Zangen  zom  Vorschein  kommenl  oid  an  dfe  Bhizeüien  liieh 
Tertliellen,  nnd  in  Felge  davon  Lente^  ans  allen  VÖlftern  ans  dmn 
Munde  derselben  Ihre  verscliiedenen  Sprachen  verneüMee,  se^liMst 
Phiio^)  zacrät  eine  unsichtbare  Stimme  C^;(i^)  Von  Ctotf  in  der 
Loft  gebildet  werden,  welche  sofort  die  Luft  £U  einer  FlaMKme 
geetdltet,  und  nun  ans  diesem  Feverstrem  in'  die  Bfntlterbprabhe 
der  Zuhörer  geformt  heri^orgefat,  und  fiablriiien  lassen  die  Bbiä 
von  JeiMva  ausgehende  Stimme  sich  erst^  iu  sieben  Btlmm^  «nd 
dann  in  die  Sprachen  dör  90  VOllcer  eer0ielieii<.  Sind  nun  soften 
hierin -auch  die  Erscheinungen- unsei«  V*  0  u.' d"fk»rgeMldei',  so 
ist  (Iberdiess  die  Symbolik  dersdben  so  einlkeh  und  se  gtiisB  In 
dem  herkömmlichen  Styl  der  Geisteseifenbarangen  geMilten'^,  dasS 
sie  sich  selbst  ohne  ein  bestimmtes  Vorbild  niehr  blos  gan»  lelefat 
erklftrt,  sondern  vom  Standpunkt  der  daiäaMgeH  Vdrstcilitifrg  aus 
fast  gefordert  war;  eine  faktisobe  Vemnlassilttg  üt  fhr  dknen 
Theif  unserer  Brzählung  ganz  enf^hrliob. 

Konnte  sich  nun  hieraus  selbst  etme  elike  binendere' J^Meht- 
licAikeit  die^  Erzdhlliilg  von  dem  Spraehetfwmidery  Imt  SMi'iniserer 
Schrift;  erzengen,  so  eridArt  sick  diese  ArzdftHutfg' IpeiiMMb  M 
einem  Schriftsteller,  fOr  welchen  die  Pfingstbegebenheit  erst  da- 
durch einen  eigenthtimlichen  Werth  erhielt  DQrfen  wir  hier  aus 
der  dritten  Abtheilang  dieser  Schrift  den  Satz  vorwegdehmen, 
dass  die  universelle  Bestimmung  des  Christenthums  ehier  von  den 
wesentlichsten  leitenden  Gesichtspunkten  unserer  Schrift  Ist/  so 
können  wir  über  die  Bedeutung  des  Sprachenwunders  för  unsere 


1)  De  Dei»^go  ä  748  fll  Im  Schale kenburger  a.  a.  0. 

^)  Rabbinen  erzählen  selbst  von  einzelnen  Weisen,  dass  sie  bakn  Stndinn 
de»  O^etses  yoa  einem  ähnUchen  Licht^IanB  umstrahlt  werden  seien,  itie  der  vom 
Sinai  ausgegangene.  S.  KttioOl  Gomm.  S.  $6;  SehOltgen  Hör.  Hebr.  z. 
Apg.  2,2. 


Das  Pflngstfest  115 

HarsteAaiig  nieht  im  Swelfbl  «ein.  Erst  durch  diese  Wendung 
trat  dier  Mngirterzä6laDg  in  den  Dieiftt  jener  ^dee,  denn  feierlicher 
tckä  nngettscheinlioher  lie«B  es  sich*  nicht  aussprechen,  dass  die 
tteiie  Beligion  für  alle  Volker  bestimmt  sei,  als  wenn  der  gött- 
liche Geist  sdbst  bei  sdnem  ersten  Herabkommen  am  Stiftungstag 
der  Gemeinde  die  Glftnbigen  mit  den  Sprachen  aller  Volker  aus- 
rOstete.  äollte  daher  auch  (Be  filtere  Ueberlieferung  diesen  Zug 
nicht  gekannt  haben,  jedenfalls  hatte  unser  Verfasser  far  seine 
Darstelhiug  so  gewichtige  Gründe,  dass  wir  sie  selbst  dann  voll- 
kommen fogreifen,  wenn  das  Reden  in  Fremdsprachen  in  der 
Wirklichkeit  gar  nicht  vorkiim. 

Es  muss  einem  späteren  Abschnitt  vorbehalten  bleiben,  die 
Entstehung  nnsers  Berichts  weiter  zu  untersucheli.  Ftlr  unsem 
nächsten  Zweck  beschränken  wir  uns  auf  die  Frage,  von  der  wir 
ausgiengen:  oh  der  vorliegenden  Erzählung,  so  wöit  die  rorhan- 
denen  Anzeichen  mit  Wahrscheinlichkeit  ftthren,  eine  bestimmte 
Y^atsäehe  zu  Grunde  liegt?  Diese  Frage  werden  wir  aber  nach 
allem  Bisherigen  jeu  yerneiuen  nicht  umhin  konneu.  Die  nadiweis- 
bar  ungescHichtilchen  Bestandtheiie  dieser  Erzählung  betreifen,  wie 
wir  gesehen  haben,  nicht  blo»  das  Aussenwerk  oder  einzelne  un- 
tergeordnete Zöge  derselben^  sondern  ihren  eigentlichen  Kern  und 
Mftteipunkt ,  ja  der  ganze  Boden,  auf  dem  sie  sich  bewegt,  ist 
höchst  nusicher,  und  der  Raum  für  ein  Faktum,  welches  ihr  zur 
Erklärung  dienen  konnte,  allem  Ansdiehi  nach  gar  nicht  vorhan- 
den; wir  brauchen  aber  auch  gar  kein  solches  Faktum,  um  ihre 
Entstehung  denkbar  zu  finden,  da  sie  nach  allen  Beziehung  ^n  aus 
dogmatischen  Blotiven  und  typischen  Anschauungen  vollkommen 
erklArbar  ist  Wo  alle  negativen  und  positiven  Merkmale  des 
ünhistorisehen:  in  itfolcher  Vollständigkeit  zusammentreffen;  wo  an- 
dererseits alle  Anzeichen  für  das  Vothandenseiu  einer  besondern 
thatsftcftlichen  Oruiidlage  fehlen,  da  wird  eine  besonnene  Kritik 
zwar  die'  M0jj;li6hieit  hegend  eines  fiiktischen  Anlasses  nicht 
schlechthhl  läOgnen  dftrfen,  um  so  mehr  wird  de  aber  darauf  be- 
stehen massen,  dass  seine  Annahme  die  ganz  nberwiegende  Wahr- 
scheinlichkeit gegen  sich  hat,  und  dass  jenes  Faktum,  wenn  es 
statthatte,  doch  in  unserem  Bericht  Ms  ssar  Unkenntlichkeit  entstellt 
sein  müsste. 

Sehen  wir, von  hier  ans  auf  die  Erzählung  des  ersten  Ka- 
pitels von  der  Ergänzung  des  ApostelcoUegiums  zurUck,  so  können 
wir  jetzt  mit  Bestfanmtheit  aussprechen,  was  wir  fllOier  nur  als 

.     6* 


It6  Das^  POngstfest 

möglichen  Fall  setzten,  das»  auch  diese  Brzfihiangj  seihst  ahge- 
seben  von  der  angeblichen  Rede  des  Petras,  so  wie  sie  vorliegt, 
der  geschichtlichen  M^rklichkeit  nicht  entspricht.  Da  die  Apostel 
in  dem  hier  angegebenen  Zeitpunkt  höchst  wahrscheinlich  noch 
gar  nicht  nach  Jerusalem  znrflckgekehrt  waren,  so  können  sie  sich 
auch  nicht  in  dieser  Zeit  zu  Jerasalem  durch  die  Wahl  des  Mat* 
tliias  ergänzt  haben,  und  da  die  Erwähnung  dieser  Maassregel 
in  unserer  Schrift  mit  der  Pfingsterzählung  in  unverkennbarem 
Zusammenhang  steht,  da  der  Apostelverein  vor  dem  Pilngsttage 
vervollständigt  sein  muss,  damit  alle  «eine  Mitglieder  an  der'  Gei- 
stesausgiessung  theilnehmen,  so  ist  ihre  Geschichtlichkeit  ganz  von 
der  des  Pfingstereignisses  abhängig.  Dass  dem  Verräther  Jadas 
ein  Nachfolger  gegeben  wurde,  soll  damit  nicht  geläugnet  werden^ 
konneu  wir  uns  aueh  für  diese  Annahme  weder  auf  Apok.  21,  ±4 
noch  auf  1  Kor.  15,  5  berufen,  so  erhellt  doch  auch  aus  diesen 
Stellen,  welcher  Werth  gerade  auf  die  ZwOlfzähl  der  Apostel,  um 
ihrer  typischen  Bedeutung  willen,  gelegt  wurde,  und  wie  das 
doidexa  zur  stehenden  Bezeichnung  für  den  palästinensischen  Apo- 
stelverein geworden  war,  welchen  Paulus  auch  in  einer  Zeit,  wo 
er  jedenfalls  nur  noch  eilf  Mitglieder  zählte  %  mit  diesem  Namen 
bezeichnet.  Aus  diesem  Gesichtspunkt  erscheint  es  sehr  natürlich, 
dass  die  ZwOlfzahl  nach  dem  Abgang  des  Verräthers  ergänzt 
wurde;  dass  diess  durch  die  Wahl  des  Matthias  geschah,  werden 
wir  unserem  Verfasser  um  so  eher  glauben  dürfen,  da  dieser  Name 
schwerlich  ohne  allen  geschichtlichen  Grund  gesetzt  werden  konnte; 
auch  die  Anwendung  des  Looses  bei  der  Wahl  hat  wenigsl^ns 
nichts  gegen  sich.  *Aber  dass  jener  Akt  gerade  in  diesem  Zeit- 
punkt, und  nicht  vielmehr  erst  später,  nach  der  allmähligen  Be- 
festigung ^er  kleinen  Gemfinde,  vorgenommen  wurde,  ist  aus  den 
angegebenen  Gründen  unwahrscheinlich. 

Mit  der  Geschichtlichkeit  des  Pfingstereignisses  fällt  von  selbst 
auch  die  Angabe  unsefs  41sten  Verses  von  der  plötzlichen  Ver- 
mehrung der  Gemeinde  um  3000  Mitglieder.  JLiässt  man  freilich 
jene  Wundererzählung  als  durchaus  historisch  gelten,  so  kann 
man  über  einen  so  raschen  und  glänzenden  Erfolg  nicht  erstaunen, 
sondern  eher  darüber,  dass  ein  so  augenfälliges  Wunder  nicht 
noch  grossere  Wirkung  gethan  hat. ,  Glaubt  man  sich  dagegen 
genOthigt,  auf  die  Thatsächlichkeit  des  Wunders  zu  verzichten,  so 


0  Maacbe  Al)scbriftea  h9i>en  dessbalb  1  Kor.  15,  5  Mtnci,» 


Das  Pflngstfest.  117 

wird  man  sich  mach  von  der  Ansbreitnng  des  Glaabens  an  Jesnm 
eine  andere  Vorstellang  machen,  and  sie  sich,  der  sonstlg^en  Er- 
fahrong  gemäss,  mehr  als  eine  schrittweise  denken  müssen.  Wie 
frühe  die  neue  Gemeinde  die  hier  angegebene  Zahl  erreichte,  lässt 
sich  natürlich  auf  diesem  Standpankt  nicht  ausmachen,  daas  aber 
anch  überhaupt  ihre  Vermehmng  wohl  schwerUch  nach  dem  Maass- 
stab unserer  Sclicift  vor  sich  gieng,  ist  vonBaur^)  mit  Recht  be- 
hauptet worden.  Wenn  diese  Darstellong  die  'Christengemeinde 
an  Einem  Tag  von  120  Mitgliedern  (1,  15)  auf  3000  (2,  41), 
und  in  der  Folge  (4,  4)  bis  auf  5000  anwachsen  lässt,  so  wen- 
det Baur  ein,  die  erste  Zahl  sei  oifenbar  zu  niedrig  gegriffen, 
denn  Paulas  kenne  1  Kor.  15,  6  bald  nach  der  Auferstehung  eine 
Versammlung  von  mehr  als  500  Brüdern,  die  beiden  andern  da- 
gegen seien  zu  hoch,  und  schon  die  durch  Stephanas  veranlasste 
Verfolgung  gestattete  nicht,  die  Gemeinde  in  Jerasalem  sich  so 
gross  zu  denken,  wie  wir  sie  uns  nach  c.  2,  41.  4,  4.  5,  14.  ($, 
1.  7  denken  müssten.  Kann  man  nun  auch  sagend),  die  120  c. 
1,  15  umfassen  nicht  die  Gesammtheit  der  damaligen  Christen,  so 
ist  doch  immerhin  zu  beachten,  dass  unsere  Schrift  wenigstens 
von  Christengemeinden  ausser  Jerusalem  nichts  weiss  und  nichts 
wissen  kann  (denn  die  Apostel  haben  Jerusalem  nach  c.  1,  4.  8 
Ev.  24,  49  vor  der  Efimmelfahrt  nicht  verlassen),  während  an- 
dererseits eine  Versammlung  von  500  Christen,  wie  sie  Paulas 
erwähnt,  mehr,  als  nur  vereinzelte  Anhänger  des  Gekreuzigten 
voraussetzt,  die  jemsalemitischen  Christen  müssten  aber  jedenfalls 
in  ihrer  überwiegenden  Mehrzahl  unter  den  120  gewesen  sein. 
Was  die  Verfolgang  des  Stephanos  betrifft,  so  glaubt  zwar  Ne- 
ander,  es  erhelle  keineswegs,  dass  alle  Christen  in  Jerusalem 
von  derselben  betroffen  wurden.  Allein  aus  c.  8,  1:  ndvreg  re 
dteaTtaQTjaav  nlijv  rwv  aTtoatoXmv,  erhellt  allAdings,  dass  unser 
Verfasser  die  Sache  so  darstellen  will ;  unter  dieser  Voraussetzung 
bliebe  aber  unbegreiflich,  daM  sich  von  Uüruhen,  durch  welche 
mehr  als  5000  Männer  aus  ^Jerusalem  vertrieben   wui:den3),  bei 


')  Paulas  S.  37. 

^  Neander  S.  72.  Baumgarten  I,  29.  Lechler  das  apostol.  u.  d. 
nachapostol.  Zeitalter  S.  155  f. 

^  Man  hat  zwar  bezweifelt,  ob  alle  am  Pfmgslfest  Gelauften  zur  jerusalemiti- 
schen  Gemeinde  gehört  haben,  aber  wenigstens  bei  den  5000 'c.  4,  4  ist  diess  of- 
fenbar die  Meinung  des  Verfassers.    Dass  er  übrigens  auch  c.  2,  41  nichts  Anderes 


iiS  Das  PflDgttfest 

Josephus  keine  Spvr  fänity  noch  ankegrelflicher  Iteilicb,  dese 
wAhrend  einer  so  heftigen  und  amfasBenden  Verfelgong  die  be- 
kannten Häupter  der  verfolgten  Parthei  unangefochten  unter  den 
Augen  der  Gegner  bleiben  konnten.  Wird  endlich  behauptet  0» 
eine  absichtliche  Verkleinerung  und  VergrOsserung  der  l^ahlen 
w&re  für  eine  so  kunstlose  Darstellung,  wie  die  unsrjge,  viel  «n 
,^pflfflg'',  so  ist  das  ein  Missverstftndniss.  Bs  handelt  sieb  hier 
nicht  um  viele  Kunst  und  Absicht  ^3,  sondern  einfach  ui|&  die  An- 
nahme, dass  der  Verfasser  der  Apostelgesohichte  nach  einer  präg« 
matischen  Voraussetzung  gearbeitet  habe,  durch  welche  der  Tbat^ 
bestand  theil weise  alterirt  wurde,  um  das  Gleiche,  w#e  Neaader 
selbst  bei  Gelegenheit  des  Pfingstereignisses  sugiebt  ^)*  Wnrde  ein- 
mal der  Pilngsttag  für  den  Stiftnngstag  der  Gemeinde  gehattep, 
80  ergab  sich  ziemlich  ungesucht  und  ohne  viele  „Pfiffigkeit^^  die 
Folgerung,  dass  sie  vor  jenem  Zeitpunkt  noch  keinen  bedeatenden 
Umfang  gehabt  haben  könne ^  um  so  mehr  aber  am  Pfingsttage 
selbst  sogleich  zu  einem  bedeutenden  Umfui^  ben^igewacteen 
sein  müsse.  Die  bestimmten  Zahlangaben,  wodurch  unsere  Dar- 
stellung diess  ausdrückt^  sind  natürlich  mehr  oder  weniger  wUl- 
kührlicb,  vielleicht  auch  zum  Theil  Ueberlieferungen  oder  Schätzun- 
gen entnommen,  deren  Quelle  wir  nicht  kennen}  docl|  (ritt  ebenso 
in  den  drei  Tausenden  c.  2,  41  die  Drei,  als  die  gewöhnlichste 
Rundzahl  für  eine  kleinere  Vielheit,  hervor,  wje  In  der  Angabe 
über  die  120  ersten  Gemeindeglieder  c.  1,  15  die  Zwülfzi^hl  der 
israelitischen  Stämme  und  der  Apostel:  120  sind  12  Decaden,  auf 
jeden  Apostel  kommt  eine.  Dass  es  wirklich  dieser  Ideenzmam- 
menhang  war,  der  unsern  Verfasser  bestimmte,  Iftsst  sich  natürlich 
nicht  behaupten ,  aber  doch  wird  ans  dem  Bemerkten  die  Mög- 
lichkeit einer  unhistorischen  Bntstehui^g  jener  Z|ihlenj^9|[i|bjp^  l^er- 
vorgehen. 


safen  will,  wird  theils  durch  die  Analogie  v<fn  c.  4,  4,  theils  durch  deo  Zasammen- 
baog  der  Stelle  mit  dem  Folgendeo  wahrschiiQlicIi. 
'  *)  Neander  a.  a.  0. 
')  Hier,  sage  ich,  im  Uebrigen  werden  wir  später  npch  Gelegenheit  finden»  die 
angebliche  Kunstlosigkeit  unserer  Schrift  kennen  zu  lernen. 

^)  Finden  wir  doch  ganz  Aehnliches  in  verwandten  Sageng^bieten ,  wenn^  z.  B. 
Nikomachus  b.  Porph.  v.  Pyth.  20  berichtet,  dass  Pythagoras  durch  seinen  er- 
sten Vortrag  in  Italien  über  2000  Menschen  gewonnen  habe,  die  sofort,  wie  die 
ersten  Christen,  in  Gütergemeinschaft  zusammengelebt  haben  sollen.  Weiteres  hier- 
über im  3.  Abschnitt  der  3.  Abtheilung. 


Die  Gemeinde  zn  iJernsaleai^    Apoptolif  che  Wander.  119 

3.   Der  innere  Zustand   der   Ürgemeinde;   die   Wunder- 
thätigkeit  der  Apostel;  die  Gütergemeinschaft;  Ananias 

und  Sapphira. 

Ueli^r  d9^  tonem  ZuaUnd  der  jemfialcuoiitiscbeD  Gemeinde 
tas«ein  «Ulli  piiuiere  9ohrllt  ip  den  drei  J^arzen  aügemeiaen  SchiU 
deraneen  e.  2,  42— 47,  o.  4,  88—37,  <5.  6,  ll—lft  Wollen  wir 
aus  dieeen  Sohiliferangen  die  befitlmmjterexi  ZOge  herausheben,  «e 
feilem  fiiVP  aiUH^r  dem,  w^b  über  die  ABhäQglicbkeit  der  Gemeinde 
an  .die  Apostel  und  die  tl^obe  Feier  i^rer  gottesdienstUohen  Ver- 
nasMi^l^W  MP^Hfi  wird  ^  drei  cb«rakterJAtisQhe  Angeben  in  die 
Apgefi:  die  fertdenerade  VerbindQng  der  neuen.  Gemeinde  mit  dem 
J|ld^]|Mia9i,  die  f^poetoHM^e  Wan^erth&ljigkeit  nnd>  die  orohristliobe 
GtUergemeviacbeflF* 

,„Die  Glftubigen,  heisst  es  c  2,  46,  hidten  sich  jeden  Tag 
einmüthig  in^  Tempel  euf ,  nnd-  enseerdem  brachen  sie  in  ihren 
PiAfoni  das.Brqd*'^  Demgepäss  gehen  aoch  gleich  c.  3,  1  Petras 
nn4  Jobewes  um  die  Gebetefitpiude  in  den  Tempel ;  ebenso  erschei- 
nen di^  iM^mmtUphen  Apostel  c.  6,  21.  42  lehrend  m  Tempel,  und 
c  1^,  12  wird  die  allgemeine  Versieberang  wiederbfV:  igifc^v  o^* 
^i^fic($dr  ÜTUfVT^s  iv  Tg  010^  SoXojLimog*  Dieser  Angehe  Glau«* 
hen.z^  sobenken  haben,  wir  am  |io  mehr  ^^irmMl,  4a  die  Apostel- 
gescbiöhte.  euch  später  erklärt,  ^ss  sich  die  Uraj^stel  qnd  ihre 
Gemeinde  streng  an's  mosaische  Gesetz  hielte  (c.  1$,  «.  a.  o.  21, 
2OiF0,  nnd  da  alle  c^onstigen  Ni^diriohten  glei^bf^Hi?  I^iif  dieses 
Brgebnlss  binfttbrep^).  VedenkUcher  laaten  die  zwei  andei^^  Punkte. 
Wallen  wir  aneh  nicht  a«f  die  eio^f^nen  Wander^r74hlunge^  €an^ 
geben,  welcbe  nm«  epIM^er  in  ihr^m  gescd4chü^h#n  Zusammenhang 
begegnen  werden,  so  mttsaen  wir  doch  schon  an  der  allgemeinen 
Bfse]»r^ib^ng  ,d^  w^l^dertbAtigen  apostolischen  Wirkpafnl^eit  An<- 
stqsa  peJNv^a.  :  K^ehde^  ;&uerst  c.  2,  43  der  vieleii  von  den  Apo« 
stein  verrichteten  Zeichen  and  Wnnder  knrz  e^wiUMPit  war^  wird 
e.  4,  1,2.  16.  l  ,nns|;abrlJif4ier  berichtet:  Mdnrcb  die  Wpde  der 
4postel  gesob^beiii  iip>  d«m  VoV^  viele  Reichen  ^nd  Wwder,  ^ 
da^s.w^n  4i#,Ki^|knkep.  airf.  diQ  Strasse  beranstrpg  und  a^f  Lager 
nfi4  AitPett^A  J^iederli^glbei  4m^t  beim  Vorübergehen  des  Petras 
^pDlg^tWfk  /veiu  .9ohatle«  .4toi  JUnen  oder  im  Andern  von  ihnep 
tr<^^  mid  aöjph  das  Volk  sw  d^a  bfmiiehberten  Stftdten  luim  in 


>)  3.  »9ur,?A«Di«  ^  i»^.«*    Scbw,^sUr  I!^i«laf./Zf^liüter  I,  $d  ff. 


120  Die  Gemeinde  zu  Jerusalem. 

Menge  nach  Jeniflalem  mil  Kranken  und  mit  8olehen>  die  von  qü"- 
reinen  Geistern  geplagt  wurden;  nnd  diese  wurden  Alle  gesnncL^^ 
Die  nenere  Apologetik  tiat  es  sich  mit  dieser  merkwürdigen  Stelle 
sehr  leicht  gemacht  In  Neander's  umfangreichem  Werke  findet 
sich  Aber  den  wunderthfttigen  Schatten  des  Petrus  kein  Woii. 
Etwa  aus  dem  Grunde,  init  dem  der  Verfasser  S.  72  f.  *die  ITeber- 
gehung  eines  ähnlichen  häcklichten  Punkts,  der  wunderbaren  ßb- 
freiung  c.  5,  19,  entschuldigt,  dass  er  als  Geschichtsschreiber  be- 
rechtigt war,  unter  dem  Erzählten  die  einem  pragmatischen  Eweoke 
angemessen  scheinende  Auswahl  zu  treffen?  Dieser  Grund  mochte 
sieh  hören  lassen,  wenn  der  pragmatische  SSweek  des  'Geschichts- 
schreibers der  sein  dürfte^  der  Apologetik  Ihr  Geschäft  zu  erleich-» 
tern,  handelt  es  sich  dagegen  um  d'en  *  Pragmatismus  unserer 
Schrift,  so  darf  das  Wunder,  von  dem  wir  reden,  nicht  tibergan- 
gen werden,  denn  für  ihn  Ist  es  nichts  weniger  als  gleichgültig. 
Die  Alles  tibersteigende  apostolische  Wunderkraft  bildet  einen  we- 
sentlichen Zug  In  dem  idealen  Bilde  der  Urgemeinde  und  zugleich 
(nach  c.  5,  13  f.}  den  unmittelbaren  Erklärungsgrund  fttr  )ene  Ver- 
ehrung des  Volks  gegen  die  Apostel,  die  (V.  26}  selbst  dem  Syne- 
drinm  schonende  Rttcksiohten  gegen  sie  anfkidthigte.  Einen  S9lchen 
Zug  hätte  gerade  der  pragmatische  Geschichtsschreiber  am  Wenigsteh 
übergehen  dürfen^  wenn  er  ihm  nämlich  wirklich  Glaulen  schenkte. 
Aber  dieses  mag  selbst  dem  Ne  an  de  raschen  Supranaturallsmus 
etwas  schwer  geworden  sein.  Ist  eine  Wunderkraft,  die  alle 
Kranke  ohne  .Unterschied  gesund  macht  (V.  16:  id^QaTteiovzo 
anccvt€g)j  schon  an  nnd  fttr  sich  nach  geläuterten  Begriffen 
undenkbar,  so  steigert  sich  diese  Undenkbarkeit  zum  völlig  Ma- 
gischen und  Legendenhaften,  wenn  auch  schon  der  blosse  Schatten 
des  Wunderthäters  eine  solche  Wirkung  ausüben  soll.  Dass  der 
Schatten  des  Petrus  dless  wirklich  gethah  habe,  wird  zwar  V.  15 
nicht  ausdrücklich  gesagt;  aber  offenbar  will  unser  Verfasser  die 
Worte  am  Schlnss  des  16.  Verses,  oiTcveg  id^Qaitkvovto  Snavtegj 
auch  auf  den  15.  bezogen,  und  den  Glauben  an  die  Wunderkraft 
jenes  Schattens  nicht  als  einen  Aberglauben  betrachtet  wissen,  den 
der  Erfolg  Lügen  gestraft  hä'tte^  Wäre  seine  Meinung  dne  an^ 
dere,  so  müsste  er  dless  ganz  nothwendig  irgendwie  andeuten^ 
wenn  er  nicht  absichtlich  zu  den  gröbsten  Miss  Verständnissen  An- 
lass  geben  wollte.  Ist  man  aber  unbefangen  genüg,  dieiss  aüzu- 
erkennen,  genügt  dann,  um  das  AnstOssige  der  magischen  Wun- 
de^wirkung  zu  entfernen;  Olshausen^s  Bemerkung:  es  sei  frei- 


Apostolische  Wunder.  121 

lieh  ^»H  der  6oiiatten=4ea  Petr««  4mn  Seilende  gewesen,  sondern 
die  OettesJ^raft  In  dem  Apostel^  aber  da,  wo  kindlielieir  katerer 
GUtoiie  war,  sei  derselbe  nicht  besehämt  worden^),  oder  anch  die 
verwandte  von  Meyer:  da  die  Wuidcrkrall  Petii  der  Jeen  ana^ 
bg   war,  80  ^ei  es  allerdings  denkbar,  dasa  Petras  anch  ohne 
v^millelnde  kOrperUcbe  Berührong  hettte,  sei  aber  dieser  Brfolg 
seinem  Sehatten  zagesobriebm  worden,  so  sei  Er  an  diesem  Aber- 
glaaben  nnsohnldig?   Wo  ist  denn  in  anserem  Beriobt  eine  Spar 
davon,  dass  Petras  den  Olanben  der  Krankon,  ilire  religiöse  Ge«- 
BiflthabesehaflMiheit,    irgendwie  berdoksichtigte,   dass  er  je  naeh 
Befund  derselben  seine  Wunderkraft  tibte  oder  zarUckhielt,  dass 
er  -sich  überhaupt  mit  ihnen  in  eine  bewasste,  pers«nliche  Bezie- 
hang  setnte?  Er  gtkt  vorld^r,  sein  Sciiatten  bemlirt  die  Warten« 
den,  und  alle  gehen  gehellt  von  dannen.    Wo  ist  andererseits  bei 
den  Kranken  jener  „kindliohe  Untere  Giaabe'S    der  gewiss  stfn 
darf,  nieht  beschämt  na  werden?    Sie  hoffen  gesnnd  zu  werden, 
wenn  der  Sehatten  des  Apostels  sie  streift,  '^s  isl  Alles.    9,Kind^ 
lieh^^  Ist  diese  Hoffiiang  allerdings,   ja  mehr  als  kindlich,    aber 
„laater^^  moehten  wir  einen  Glaaben  nicht  nennen,  der  sich  statt 
des  Geistigen  an  die  sinnliohste  Aeasserlicbkelt    hUt,    der    von 
schatten    eines  Apostels   Heilang    erwartet.     Welche  Vorsteliong 
endlleh  von  der  Wander  wirkenden  Kraft,   wenn  sich  diese  wie 
eine  el^irisohe  Flnssigkeit,  selbst  dorch  den  Schatten  eines  Apo- 
stels fortgeleitet,    nntersohiedelos  aaf  alle  Bedürftigen  ergiessen 
soll!  Dass  solche  Wirkungen  für  den  Standpunkt  der  arehristlichen 
Zeit  nichts  Anstüssiges  hatten,  wissen   wir  wohl,   aber  dass  sie 
aach  In  der  Wirklichkeit  möglich  waren,   werden  wir  doch  nipht 
glaaben  sollen;  die  Analogie  der  Wonderkraft  Jesa  wenigstens, 
aof  die  Meyer   verweist,,,  könnte  nur    dann- etwas    beweisen, 
wenn    den  analogen  Erzählongen    der    evangelischen  Geschichte 
nicht  dieselben  Bedenken  entgegenstünden,   wie  der  onsrigen;  vso 
beweist  sie  nar,  dass  anser  Bericht  In  demselben  Gesehmaok  ge«- 
bildet  ist^  wie  jene  ^). 


*)  Aehnlich  Baumgarien  z.  d.  St 

')  Eine  albernere  Antwort  lässt  sich  auf  die  obige  Ausführung  nicht  wohl  geben, 
als  die  von  Lange  ap.  Zeit.  I,  87:  Man  müsse  zwischen  dem  buchstäblichen  und 
dem  historischen  Ausdruck  unterscheiden,  nach  unserer  Erklärnngsweise  müssten 
auch  z.  B.  die  Worte:  der  kleine  Hut  Napoleon's  clektrisirte  die  Armee,  bedeuten: 
«dieser  Hut  war  wirklich  eine  Elektrisirmaschinc"  u.  s.  w; 


122  Die  Gemeinde  zu  Jerusalem. 

Wie  «eh  In  de»  Wottdertt  der  Aposfel  dto  Nsebt  de«  dteüitM 
i»  äoBMriMi  MCülteBden  WirkoDgen  darsMI«,  «o  Mtailllgit  sM 
dieselbe  IMbeht  als  eint  die  Gemtttlier  beherrselmide  in  dem  ittM- 
ren  EinvcrstftBdaiss  sflaiintlMier  C^eaeindeg^lieder^  das  seiaen  h^dtt- 
stett  Auadroek,  uaserer  DaowlellQjig  xaltolg«,  ia  elaer  volNcettine^ 
«an  GemeinsamfeeU  des  Basilaes  faad.  Dass  naser  VerÜHMer  eine 
solebe  beriohtm  vR»lle,  ist  zwar  bezweifelt  werde«.  So  baaieiM 
a.  fi.  Neander  (S-  3^3 :  da  die  ersten  Obristea  itebiett  t^bgtmm^ 
dertea  Möaehsverein  bUdelaa,  sondern  in  ibren  Mberen  bfli^er^ 
lieben  Verbältnissen  IbHlebten^  so  könne  man  slob  eine  güMslieiMe 
Chlterg^eiaeinsobaft  nkbt  wohl  bei  Ihnen  denken;  and  aaeb  in  an- 
serer  Schrift  selM  widerspreoben  die  «(teilen  e.  41,  4.  6^  1.  It, 
18  dieser  Annahme.  Dieni  ist  an^h  gmm  riebtig,  sofern  es  altli 
am  den  wiiidichen  Tbatbestand  bandelt  0,  und  es  lassen  sieb  4ea 
angefftfarten  in  dieser  Befriebang  noeb  die  weiteren  (Clrande  ven 
&anr  (Piaalns  S.  31)  beiltigen,  die  Ha«dlang  des  Bamabaa,  wal^ 
Aer  der  Gemeinde  den  BrMs  ans  seinem  Aeker  selMnkt,  konnte 
0.  4,  'M  niebt  als  etwas  besonders  Rahrnttshes-ansgeseiebiMt  sein, 
wenn  eben  dieses  VerflAbren  als  allg^meiae:Reg«l  gfalt,  «b4  es 
sei  undenkbar,  wie  In  einer  Gemeinde,  die  MOO  Mtnner  zäbl«^ 
AUe  sogar  ihre  Hftaser  verkanft  haben  sollten ,  so  dMs  also  kei« 
ner  mehr  eine  eigene  Wohnung  besessen  btttlei  Bbense  naliog- 
bar  ist  aber  anch,  dass  die  Apostelgesobiehte  von  einer  wirkMcben 
votlfrtftndigSQ  Gemeinsamkeit  des  Besllnes  redet.  Ilapt^g  ol  m- 
9tm)0vtBS  elxov  anavza  xoam,  xai  t^  KVijfiCttic  )Hd  tc^  f;fvaf^ti$ 
inlTtQOtfxov,  xal  &i€fteQc^ov  avtä  Traae,  m»9&wt  ü/p  re$  %Q^lm 
Ax^  (It,  44  f.).  <yvii  el$  ^tr  xtav  vnetfyiifWiOv  ofCtif  i%$y$p  HSiov 
eh^j  «X)i  7JV  avTotg  wtavra  xoipd.  OÄtt  yä^  iväBVfg^ig  vtv^q^ 
)[€P  h  tevToig  (vgl.  dagegen  o,  ä,  !)♦  "Oeo^  yi^  jitijtOQeg  y^ 
^Uav  rj  olxiah  V7t!j^%w^  n(okovr$eg  Sfe^  räfi  T^fji^  tm  Ttm^^ 
ffMOfiinfCüiv  i^j  ad.  a4).  Diese  Brklimngen  lanten  doeb  m  alJge«* 
mein  und  ibestlmmt,  dass  es  gan^s^  unmegMcb  ist,  Mos  eine  Be^ 
schreibnug  der  christlichen  Bruderliebe  darin  au  finden,  wieMe 
die  Ungleichheit  des  Besitzes  durch  unbeschränkte  Mildthätigkeit 
ausglich.  Man  sagt  uns  wohl,  es  sei  hier  nicht  Alles  streng  buch- 
stäblich  zu  nehmen,  unsere  Schilderung  sei  eum  gvBno  boSs  zu 

')  Nur  die  Aeusserung  des  Petrus  c.  5,  4,  dass  es  Ana»ias  &ei  stand,  sein 
Gut  zu  beliaiteo,  möchten  wir  nicbt  anführen;  diese  war  auch  möglich,  wenn  die 
Gütergemeinschaft  zwar  aUgemeia,  9kfW  zugleiph  Mos  freiwillig«  war. 


0ie  Gfitorgemeintchalt  123 

verstetoB  ^},  »ber  i\f>w  9i^gf0^fiMmx^^  mttfste  00  weit  usgedehi^ 
werden >  dass  es  eiofecher  imd  richtiger  ist,  statt  deeaen  von  einer 
ungefchlphtlichen  Uebertr^ibung  au  epreohen*  Denn  wenn  auch 
deu  ersten  Christen  eine  Gtttergemeinsobaft  im  eMeniseben  Sinn, 
als  bindendes  Gesetz  ihres  Vereins,  allerdings  nicht  beigelegt 
wird,  (vgl.  0.  5,  4),  so  wird  dagegen  4,  34  ganis  nnzweifolhaft 
gesagt,  dass  alle  Häuser-  nnd  0ttterbasitzer  ihre  Gnindstttcke  »nm 
geneinen  Besten  verkaaft  haben.  In  der  Wirklichkeit  könnte  dies« 
aber  doch  anr  ein  verhftKnifbsimfissig  kleiner  Tbeil  geihan  baben^ 
wenn  die  Gemeinde  nieht  sofort  nahrangs*-  und  obdachslos  wer- 
den sollte;  denn  die  varkaoften  GmndstQcke  mit  Banmgarten 
CI,  $9)  anf  solche  eu  beschränken,  die  ihren  Besitzern  entbehr- 
lich waren,  heisst  die  l^laren  Textes  werte  misshandeln.  Wir  ha- 
ben hier  also  nicht  blos  einen  hyperbolischen  Aasdruck,  wie  ihn 
sich  Jeder  Idicht  von  selbst  zurecht  legt,  sondern  eine  onhistorisohe 
Angabe,  von  der  wir  jedenfalls  einen  bedeatenden  Theil  in  Abzug 
briogen  mtlsaen,  um  der  Wirklichkeit  näher  zu  kommen.  Wie 
weit  aber  dieses  ynhiatorische  geht,  darüber  sind  bei  d^m  Fehlen 
jeder  andern  Quelle  höchstens  unsichere  Mutbmassopge^  möglich. 
Vs  ist  möglich,  dass  sich  unter  den  ersten  Christen  manche  be- 
fanden, die  in  religiöfcr  Begeisterung  und  in  Erwartung  des  ne- 
ben Gottesreichs,  das  der  jetzigen  Weltordnung  ohne4em  bald  ein 
Ende  machen  sollte,  ihr  Vermögen  verschenkten,  ebenso  denkbar 
ist  aber  auob,  dass  unserem  Bericht  gar  keine  bestimmte  That- 
ssobe,  sojidern  nur  die  hohe  Vorstellung  einer  späteren  Zeit  vom 
Zustand  der  ursprnnglicben  appstolisehen  Gemeinde^}  zu  Grunde 
üegt 

Welche  Bedeutung  die  ^fltergeweinsohafl  im  Sinn  unserers 
Sohrirtstellers  f(tr  die  Urgemeiode  liatte,  dijess  zeig^  moh  namentr 
lieh  auch  in  der  schweren  Strafe ,  die,  wegen  ihr^r  unrndlicheil 
Umgebung  über  Ananias  und  Sapphira  verhängt  wird,  c.  5,  1—11. 
Dieser  VorfaU  ist  nicht  blos  als  Wunder,  sondern  noch  weit  mehr 
Ms  dieses  harte,  dem  evaiigelischen  Geist  wenig  angemessene 
Strafwunder,  einem  grossen  Theil  der  Ausleger  mit  Recht  anstös- 
^ig  gewesen,  und  man  hat  sich  bemüht,  dieses  Anstössige  durch 
natüriiehe  Erklärung  zu  entfernen,  und  den  Tod  der  beiden  Ehe- 
gatten als  eine  physische  Wirkung  der  Erschütterung  darzustellen, 


*)  Neander  S.  40.  Lcchler  a.  a.  0.  S.  185  f.  ^ 
0  Mao  vgl.  darüber  Baur  a.  a.  0.  S,  31  ff. 


124  inahias  nnd  Sapphira. 

welche  die  Worte  des  Petras  bei  iimeo  hervoriirftoliteD.  Unbefan- 
genere Exegeten,  wie  de  Wette  nnd  Meyer,  liaben  die  ünzn- 
Iftssigkeit  dieser  Ansknnft  anerlEannt,  nod  namentlich  fi aar  (Paa* 
las  S.  24  ir.)  hat  dieselbe  gegen  Neanc^er  mit  einer  Klarheit 
and  Schärfe  nachgewiesen,  worauf  dieser  anch  in  der  letTsten 
Aasgabe  die  Antwort  sdialdig  blieb.  Es  gehört  aach  wiricllch 
viel  daza,  am  es  natnrlicher  Weise  wahrscheinlich  za  linden,  dass 
eine  Wirkung,  die  jedenfalls  sehr  selten  ist,  wie  der  plötzliche 
Tod  in  Folge  einer  GemQthserscbütterang,  zweimal  binnen  weni- 
ger Standen,  im  Zasamuienhang  einer  and  derselben  Begebenheit, 
sich  wiederholt  hfitte ;  noch  stärker  aber  ist  es ,  ein  so  aaifallendes 
Ereignlss  aach  dann  noch  für  zafälllg  za  halten^  wenn  es  von 
L  ' '  iruUä^^^^^  Urheber  vor  seinem  Hintritt  mit  völliger  Sicherheit  ange- 
kündigt ist,  wie  nach  V.  9  der  Tod  der  Sapphira.  Haben  sich 
nichtsdestoweniger  selbst  Snpranataralisten  ^  mit  diesen  Annahmen 
befrenndet,  so  kann  das  nar  beweisen,  wie  schwer  es  für  die 
Denkweise  unserer  Zeit  ist.  In  ein  Faktum,  wie  das  liier  erzählte, 
sich  zu  finden.  Wollen  aber  dieselben  zugleich  an  dem  wunder- 
baren Charakter  und  dem  göttlich  Beabsichtigten  des  Vorfalls  fest- 
halten, so  ist  das  eine  Halbheit,  zu  deren  Widerlegung,  nach 
Baur's  erschöpfender  Erörterung  dieses  Punkts,  jedes  weitere 
Wort  zu  viel  wäre.  Kann  man  sich  zu  dem  Wunder,  so  wie 
es  hier  erzählt  wird ,  nicht  entschliessen ,  so  bleibt  nur  ttbrig ,  die 
Geschichtlichkeit  dieser  Erzählung ,  so  wie  sie  vorliegt,  ganz  auf- 
/  zugeben,  und  wenn  es  sich  allerdings  schwer  denken  lässt,  dass 
dieselbe  Mos  aus  dogmatischen  Gesichtspunkten ,  auf  rdn  mythi- 
schem Weg,  entstanden  sein  sollte,  wenn  wir  insofern  irgend 
etwas  Thatsächliches  als  ihren  Kern  voraaszusetzen  geneigt  sein 
ntf^ssen  ^) ,  so  lässt  sich  doch  das  Genauere  über  diesen  Sachver- 
halt nicht  mehr  ausmitteln. 

4.   Die  ürgemeinde  und  die  Juden;   die  ersten  Ver- 
folgungen. 

Der  Eindruck,  welchen  das  Auftreten  der  Apostel  und  der 
ersten  apostolischen  Gemeinde  auf  ihre  jüdischen  f^andsleute  machte, 
war  der  Apostelgeschichte  zufolge  ein  sehr  günstiger.  Ihre  aus» 
gezeichnete  Frömmigkeit  gewann  ihnen  die  allgemeine  Zuneigung^ 

")  Wie  Olshausen  z.  d."St.  Neander  S.  40  ff.  Baumgarten  I,  100  ff. 
»)  M.  8.  darüber  Baiir  S.  23. 


'  Die  VerfoI(ningeD  der  Urgemeinde.  125 

diese  ZnneigiiDf  gieng  aber  wegen  ihres  hdheren,  besonders  in  der 
apostolischen  MTandermacht  sich  offenbarenden  Charakters  in  vereh- 
rungsvolle Sniea,  ja  in  Furcht  über.  Diese  beiden  ZOge  werden 
schon  in  der  Schilderung,  welche  die  Pfingstbegebenheiten  ab- 
schliesst,  c.  2,  42  ff.  hervorgehoben,  und  in  gleicher  Weise  wie- 
derholen sie  sich  c.  6,  11  ff.:  iyivero  q>6ßog  fäyag  inL  ndvrag 
Tovg  dxovovrag  vama  .  .  '^ccv  ofio&vfiadov  anovreg,  ev  tt}  GToq 
2olo/ii(Svog'  %(3v  dk  loimSv  ovdelg  arolfia  xollciadaL  avtolg,  il)^ 
iftsyalwev  avrovg  6  laog  0*  Wie  weit  diese  Verehrung  gieng, 
beweist  am  Besten  V.  2$  desselben  Kapitels,  wo  es  die  Abge- 
sandten des  Synedrinms  nicht  wagen,  die  Apostel  mit  Gewalt  zu 
verhaften:  iq>oßovvTO  yäq  tov  kaov^  iva  fi^  liduaMaiv^  und  c. 
4,  21 ,  wo  das  Synedriura  selbst  aus  dem  gleichen  Grunde  Beden- 
ken trägt,  den  Aposteln  zu  nahe  zu  treten.  Nichtsdestoweniger 
erzählt  unsere  Schrift  von  zwei  Verfolgungen,  welche  die  Häup- 
ter der  neuen  Gemeinde  trafen,  noch  ehe  die  Opposition  des  Ste- 
phanus  gegen  den  jüdischen  Tempeldienst  eiuei^  entschiedeneren 
Bruch  mit  dem  iudenthum  herbeiführte.  Die  Geschichte  dieser 
Verfolgungen  unterliegt  jedoch  so  vielfachen  Bedenken,  dass  wir 
uns  ihrer  genaueren  Untersuchung  nicht  entziehen  können. 

Die  erste  derselben  (c.  3, 1 — 4,  31}  ist  nach  der  Darstellung 
unserer  Schrift  durch  ein  Wunder  veranlasst ,  das  Petrus  und  Jo- 
hannes an  einem  Lahmen  verrichteten.  Dieser  Mensch,  der  von 
Geburt  an  lahm  war,  erlangt  auf  das  Wort  des  Petrus  augen- 
blicklich den  vollkommen  gesunden  Gebrauch  seiner  Glieder.  Dass 
hiemit  ein  Wunder,  und  zwar  ein  absolutes  Wunder  erzählt  wer- 
den soll,  kann  keinem  Zweifel  unterliegen.  Selbst  von  den  ratio- 
nalistisobeB  Auslegern  haben  die  meisten  '^')  tsugegeben ,  es  sei  hier 
ein  non  liquet  auszusprechen,  an  dessen  Stelle  aber  vielmehr  die 
vollkommene  Liquidität  des  flbernatttrlichen  Erfolgs  tritt;  die  ver- 
schollene Annahme,  dass  der  Lahme  ein  blos  verstellter  Kranker 
gewesen  sei,  verdient  keine  Widerlegung.    Ebendamit  wird  aber 


*)  Baur  Paulus  S.  22  will  hier  die  Snarrsg  auf  die  vorher  genannten  ano- 
otoXoi  beschränken,  so  dass  unter  den  XoaioXg,  die  es  nicht  wagen,  sich  zu  ihnen 
zu  gesellen,^  auch  die  Masse  der  Christen,  mit  Ausnahme  der  Apostel,  begiriffea 
wäre.  Da  jedoch  c.  2,  42.  44.  46  das  beständige  Beisammensein  aller  Gläubigen, 
die  Apostel  miteingeschlossen,  ausdrücklich  hervorgehoben  ist,  und  da  eben  nur  die- 
ses auch  der  Natur  der  Sache  entspricht,  ziehe  ich  die  gewöhnliche  Erklärung  vor, 
womach  die  Snarrsi  alle  Christen,  die  Zomol  die  NichtChristen  sind. 

')  Z.  B.  Heinrichs  Exe.  V.  seines  Commentars.    KuinOl  z.  d.  St« 


126  tiie  Verfolgungen  der  Urgemeinde. 

gleich  der  Anfang  onaerer  Brzählung  eiaes  attgeichlobäiclieii  Cha- 
rakters überwiesen,  mag  nun  irgend  ein  natttrlioh  erkiftrbarer 
Vorfall  den  Anlass  zu  der  Wundererzählung  gegeben  haben  ^>, 
oder  mag  diese  ohne  eine  solche  Veranlassung  aoK  dem  Wunder- 
glauben der  Zeit  und  der  Analogie  verwandter  evangelischer  Er- 
zählungen sich  gebildet  haben  ^).  Wir  brauchen  dtaher  kaum  noch 
besonders  auf  den  Umstand  aufmerksam  zu  machen ,  daas  die  Hei- 
lung nicht  einmal  an  die  Bedingung  des  Glaubens  von  ßeiten  de« 
Geheilten  geknüpft  wird.  ^)  Das  Magische  des  Wunders  wird  da- 
durch erhöbt,  da  wir  es  aber  auch  Im  andern  fall  fttr  unge- 
Bchlchtlich  erklfit'en  müssten ,  so  erscheint  dieser  Pnnkt  nn^rheblUAi. 
Gehen  wir  weiter  zu  den  Verhandlungen  des  SyBedriums 
fort,  so  haben  auch  diese  einiges  Unwahrscheinliche.  Schon  das 
kann  auffallen,  dass  nach  c.  4,  5  zur  Untersuchung  der  Apotrtel 
nicht  blos  der  gewöhnliche,  sondern  ein  erweiterter  Sanhedrin  (s. 
Meyer  z.  d.  St.)  sich  versammelt,  wozu  ausser  den  in  Jerusa- 
leni  wohnhaften  regelmässigen  Mitgliedern  auch  noch  weitere  aus 
dem  übrigen  Lande  berufen  sind^);  doch  erlauben  die  Ausdrücke 


')  An  einen  solchen  zu  denken,  erlauben  Beispiele,  wie  das  von  ffume  er- 
wtdinte,  bei  Strauss  Glaubensl.  I,  241  ff. 

^)  Zwar  eriihlen  unsere  £v8»gelien  Iceine  Lalunenheiluii«  mit  den  nUierea 
Umstanden,  um  so  stärker  tritt  dagegen  das  j^wJlol  negmarowfiy  im  Allgemeinen 
hervor,  s.  L.  7,  22  par.  Mt.  15,  31.  Es  lag  nahe,  dieses  an  einem  einzelnen 
Fall  zu  specificiren ,  und  das  Wunder  dadurch  um  so  augenscheinlicher  zu  machen, 
dasd  der  Gebeilte  von  Mutterleib  an  lahm,  und  als  ein  solcher  (nach  c.  3,  2.  10. 
c.  4,  14.  16.  21  f.)  der  ganzen  Stadt  bekannt  war.  Für  die  nfthere  Ausmalniig 
der  Sache  bot  sich  ein  verwandter  Vorfall ,  die  Heilung  des  Paralytischen  L,  ^,  18  9* 
als  Vorbild;  wie  es  hier  V.  23  heisst:  ^y^iQg  xa\  ne^iTcorf«,  so  bedient  sich  Petrus 
Apg.  3,  6  der  gleichen  Ausdrücke. 

')  Denn  was  Baumgarten  I,  73  f.  von  der  stufenweise  wachsenden  £m- 
piänglichkeit  des  Bettlers  des  Breiteren  zu  erzählen  weiss,  ist  reine 'Phantasie,  un- 
tere Sehrift  bemerkt  über  seinen  Gemothsznstand  nur  Eines,  was  aUerdings  auch 
eine  Empfänglichkeit  bezeichnet,  nur  leider  keine  Empfönglichkeit  ffir  geistliche 
Gaben:  hcfX^ev  airoXi  n(fogSoxwv  n  na^  avray  la/ußartiv» 

^)  Diess  besagt  nämlich  das  owayea^ai  elg  "le^ovaaZ^/u.  Elgss  h  m  neh- 
men (Kuinöl  U.A.)  geht  natürlich  nicht,  aber  auch  die  Annahme  von  Heinrich  s, 
Hey  er  und  Neander  (S.  69),  dass  die  auswärtigen  Mitglieder  nur  von  ihren 
Landsitzen  in  der  Nähe  der  Stadt  kommen,  ist  gegen  den  Text:  von  einem  awax- 
^tjvai  eis  *TeQ.  kann  nur  die  Rede  seih,  weim  die  avrax^^fs  Uiren  amtlichen 
Wohnsitz  nicht  in  Jerusalem  haben ,  ob  der  Eine  und  der  Andere  zußdligerweise 
ausser  der  Stadt  wohnte,  kann  hiebei  nicht  in  Betracht  kommen.  —  Im  Uebrigen 
vgl.  hiezn  Bäar  a.  a.  0.  S.  16. 


Die  V^rfolgvn^efl  der  Orgemeiode.  f  2t 

V.  A^!  iyhira  4k  üvikif;0rya$  il.  s*  f.  attob  dtdr  OMitd\i^,  flaM  iiti 

VersaiinilaDf  'de»  erwdierten   djnitdrioms    mit    4lBm  Verhör  det 

Apostel  a«r  zofftllig  «oMuiimeotref.    Ner  vfettt  unsere  Dsretelleni; 

Moli   nnob'  itt  aaderer  DtoasfeliaDgf  VhznveriasefgkeAt  und  Absiehl- 

lichkeit  vemtien  eollte,  liAtteii   wir  Gmdd,  in  dem  Glanz,  mit 

wdohea  diesi|.  Versamnileng ,  dee  Synedrinme  umgeben  wird,  den 

Sweek  ssa  vermntiien ,  dase  dadnrcA  das  f reime  tki/pe  and  siegreiche 

Auftrete»  dihr  heideo  ApoiM  4n  ein  am  so  hMMs  Licht  g eeteltt 

weiAOi  eoUe  0*  —  Dedealdfcher  ist  ein  anderer  Umstand.    Unter 

den  fliteailinieBberaMie»  neni&t  nnsto  V.  6:  '^'jfyvav  t6p  äqxi^itx 

nal  KoäAipw  mi  ''lmn4i^  nal  ""AliSafdQOf  xctl  bnot  ^av  ik 

fiofoug  c»^x^e(MrtrM»du     Nun  hatte  aber  Hantoas   naoh  Joseplittii 

(Ant.  XViU,  9i)  «[mi  dteae  Seit  die  holteprieAterliehe  WQrde  langst 

verloren,  und'  im  ttesifcs  derselben  beflind  eich  seit  Jahren  sein 

Uergeoannter  Sckwiegenohii,  Joiepb'mit  dem  Beinamen  Kaiaphae, 

aachdedi  zwieohea   beiden  nicht   vv^eniger   als    drei    Hohepriester 

ernannt  and  wieder  abgesetzt  wafrä.    Dass  Lokas  dieses  nicht 

giittiiwg  InAen  ilbllte,  kedntön  die  A'niil^ger  nattti^lieh  nicht  zoge^ 

licn,  und   so  hilft  man  sieh  etwa  mit  d0r  Bemerkong  (Meyer  z. 

d^  8t)r  Aatoa»)  als  ehemdtger  Obl^rpriestcfi',  habe  wohl  aQxiegevg 

Ceneimt  werden  Monndn,  daes  ItaM^^has  dieses  adcft  war,    äetM 

Lukas  alH  brennt  vM«as.     AHein  b^anrnt  ist  diess  nur  ans,  den 

Usern  des  Jesephns,  keineirWegs  aber  dem  Eeser  der  Apostelge* 

«aidchte,    wdchef  efew  gelehKo  yorkenntaltse  an  ansere  Schrift 

berautriti;  dieser  kann,  so  wie  die  AasdrOcke  lauten,  nicht  anNiers 

tfle  glaaben ,  fihmnas  sei  der  ftinktioaireiide  Oberprieeter  gewesen, 

ÜAiiphan'  gehdre  ebense,  wie  Mmnne«  ndd  Alexander,  zum  hohe'» 

FrfssterÜQhen  0eseltleotit;  j«  auoh  wir  kennen  kaam  nmhin,  dem 

Verfaäie#  diese  Veratellung  zonnschrel^ett ,  da  es  doch  eine  alhMr 

lumatMlofae*  Ainsivueksweise  wflife,  den  gewesenen  Dberpriestet* 

Bit  dem  Prddikat  t^e^ev^  vöranznetellen,  den  wirkKohen  dage- 

fen  ohn«  eine  solehe  Bdzeichflnng  aar  gleicbfer  Linie  mit  einigen 

Mttdn  IW^eo  zi<  hiseen^    Wir  ^mm  diess  am  so  eher,  da  aüeh 

«es  Lac.  9,  !^  hervnrgehft,  dae«  oneerem  sehfiftsieller  die  Ver- 


*)  Diese  .Vermutliung  wird  natürlich  nicht  widerlegt^,  sondern  bestätigt,  wenn 
tnan  ihr  mit  Baumgarten  I,  85  entgegenhält:  ihre  Urheber  übersehen  das  hohe 
Interesse,  welches  Lukas  an  dem  Vorgang  nehmen  musste  und  in  seinen  Lesern 
«wecken  wollte.  Sieht  denn  B.  nicht,  dass  es  gerade  dieses  lateresse  ist,  worauf 
die  MOglidibeit  einer  Fiktion  tod  nas  gestaut  wird? 


\^%  Die  Verfolgungen  der  Urgemeinde. 

hftltniflse,  um  die  es  sioh  hier  bandelt,  nicht  gemitt  bekannt  ge^ 
wesen  sein  können.  —  Was  endlich  den  Gang  der  Verhandlongen 
betrifft,  so  hat  Baur  (*•  »•  ^-  &  1^)  anfl^rn  V.  13  und  14  mit 
Recht  anfallend  gefanden.  Dass  die  Synedristen  das  Verhältniss, 
in  welchem  die  beiden  Apostel  zu  Jesa  gestanden  waren,  jetzt 
erst  entdeckt  hfttten,  ist  nach  allem  bisher  Brzählten  gaass  un- 
denkbar, nnd  doch  erlauben  die  Worte:  iTtsylvioauw  %e  u.  s.  w. 
keine  andere  Deutung.  Auffallend  genug  ist  aber  audi,  trotz  Ne- 
andlr's  Gegenrede  (8.  69  f),  der  Eindruck,  welchen  die  Gegm- 
wart  des  geheilten  Lahmen  auf  die  VersammliMg  macht  Die  Un- 
tersuchung gegen  die  Apostel  könnte  sich  doch  nur  auf  Bänes  von 
beiden  bezogen  haben,  entweder  auf  die  Wirklichkeit  des  Wun* 
ders,  oder  auf  seine  Ursache,  diejenigen,  welche  dfe  Hostel  zur 
Strafe  ziehen  wollten,  müssen  entweder  vorausgesetzt  baben^  es 
sei  gar  kein  Wunder  geschehen,  oder  wenn  sie  diess  zugaben,  / 
so  müssen  sie  das  Wunder  far  ein  dämonisches  erklärt  haben,  in 
dem  ersten  Fall  waren  die. Apostel  als  Betrager,  in  dem  andern, 
nach  dem  mosaischen  Prophetengesetz  (Deut.  13),  als  Irrlehrer 
zu  bestrafen  ^).  Hfttten  nun  die  Synedristen  das  Wunder  ganz 
geläugoet,  so  konnte  sie  allerdings  der  Anblick  des  Geheilten  in 
Verlegenheit  bringen^  Indessen  ist  diese  Annahme  durch  iinsem 
Verfasser  selbst  ausgeschlossen.  Wenn  gan«  Jerusalem  den  Ge-* 
heilten  als  lahm  von  Mutterleib  aui  kannte,  so  werden  wohl  auch 
die  Priester  den  Bettler,  der  täglich  am  Tempelthor  sass,  als 'sol- 
chen gekannt  hab«i,  und  wenn  gleiohfalls  die  ganase  Stadt  von 
seiner  Heilung  wnsste  (4,  16),  müssen  auch  sie  am  Tag  nach 
diesem  Vorfall,  mit  der  Untersnobung  desselben  eifrig  beschftftigt, 
davon  gewusst  haben;  sie  erklären  diess  ja  aber  auch  ganz  aus- 
drücklich, denn  nicht  darüber  werden  die  Apostel  c.  4,  7  ver- 
hört, ob  der  Lahme  wirklich  geheilt  sei^),  sondern  durfiber,  aus 
was  Kraft  er  geheilt  sei,  die  Realität  des  Wunders  wird  unbe- 
denklich vorausgesetzt.  Wie  hätten  auch  sonst  die  Synedristen 
den  Geheilten,'  dessen  Gegenwart  schon  ihre  Anklage  widerlegen 
muisste,  vor  ihre  Versammlung  mit.  vorladen,  oder  darin  dulden 
können?  Ist  dem  aber  so,  wie  kann  dann  der  blosse  Anblick  des 
Geheilten   die  Richter  m*  eine  solche  Bestürzung  versetzen,  dass 


^)  M.  vgl.  hiezu  auch  Baum  garten  I,  86. 

^)  Die  Worte  dieses  Verses:  |y  noCa  Svva^si  ..mou^aaTe  rovro  v/uelg;  scheinen 
auf  L.  20,  2  zurückzuweisen,  wo  Jesus  gefragt  wird:  iv  noia  "^e'iovaia  tuvra  Troi^r«; 


Die  Verfolgangen  der  Urgemeinde.  129 

■ie  lEftlo  Wort  «lehr  asa  sagen  wtoaenf    Was  erfahren  $Ab  denn 

dailnrch,  dae  de  nieht  schon  gewasst  nnd  anerkannt  hitlen?  War  ^ 

denn  dnroh  seine  Gegenwart  hewiesen,  dass  das  Wnnder,  im  Na<- 

nen  Jesn  nn  ihm  Verrichtet,  ein  göttlich  gewirlKtes,  dass  die  Mk 

hnnptfBig  des-  Petms  4,  11  f.  wahr  sei?  Wie  iässt  es  sieh  end« 

lieh  denken,  dass  die  Synedristen  das  offene  Bekenntniss  abgelegt 

haben  seUton :  ort  ywasdp  arj(iuiov  yiyove  dC  avtaiv  ov  dwafie^ 

cj^W^Acrt?  Diese  Worte  können  ntmlieh  nach  allem  Bisherigen 

nieht  hios  den  8inn  habto,  die  Wirkliohkeit  der  wunderbaren 

Beilnng,  gans  abgesehen  von  ihrem  göttlieiien  oder  dämonischen 

Hrsirmg,  ambssadMleken,  sondern  es  mnss  eben  das  darhi  aner-* 

kamt  werden,  was  die  Synedristen  vorher  gelMgnet  hatten,  das* 

die  Apostel  dnrch  g«tttiehen  Beistend  ein  Wunder  gewirkt  haben. 

Wie  lüt  es  nb^  denkbar,  dass  die  versammMen  Synedristen,  nn# 

ihrem«  Stendfunkt,  dless  geglaubt ,'  nnd  selbst  wenn  sie  es  giaidH 

ten,  dass  sie  es  gesagt  hätten?   Ist  es  je  erhört  worden,  dass  eine 

flÜorsacMgo  aierarehio   ihrer  Stellung  so  sehr  vergessen  hfttte^ 

am  in  Uner  formUehen  Berathnng  das  göttliche  Beoht  ihrer  Geg- 

n*  «urageben?  und  widersprieht  dein  nicht  das  Lehrverbot,  wel- 

ohsB  söCort  erjsfthlt  wirdy  aufs  Schreiendste?   Dass  Jemand   der 

Wahrheit,  difl  sMi  thm  aufdrftngt,  unredUdierweise  sein  Ohr  vor* 

sehUesst,   ist  allerdings  hftoflg  genug,    aber  dass  Jemand  einen 

Addern  nln  ehi  Werbseug  Gottes  anerkenne  und  ihn  dennoch  nn 

amerdrQokin  suche,  diesd  widerspricht  der  Natur  der  Dinge  und 

der  aUgemeinen  Briahrnog.    So  etwas    pflegen  die  Fartbeieü  in 

dir  BMae  dos  Streits  einanlder  nuteutrauen,    in  der  Wirklichkett 

ktmnrt^  es  nicht  vor,  nicht  weH  es  n«  schlecht,  sondam  weil  es 

an  ungereimt  ist 

lim  schliesslich  noch  der  Seene    eu  erwähnen,   weleh6  d^n 

Besieht  (Aer  die  erste  AposCelverfolgtfüg  beendet,  des  Dankgeb^ts 

dsr  Mmninde  Über  Ihfe  BeAneiinig  (c.  4,  23  ff.},  so  bitte  !&war 

der  Umstand,  dass  eine  freie  Hereensergiessnng  von  Tielenr  ge- 

meiasitelttioh  gosprodiett  sein  solf  (V.  24),  nicht  viel  auf  sieh. 

DerSehiiftstnUer  iimmt  sich  k^tee  unerlaubte  Freiheit,  wenn  er  dto 

<toeinstemenden  Aeolssernngen  der  Kinxelnen  in  einer  gemehl^ 

*teen  A««sBerung  sräsammenftest    OiMnbnr  uugetfchichtlich   ist 

^*f?egon  der  Vorfall,  der  auf  das  Gebet  folgt,   V.  31:  xal  defj- 

^ivTtay  avzaiy  iaalev-Sr^  6  lonog^    iv  (^  rjoav  aovrjyfikvoi;  xal 

^'nXi^^aav  ancfvxeg  Twsvfxatog  ayiov.    Die  rationalistische  An* 

"^Bie   (Heinrichs,  Kuinöl),    dass  dless    nur  ein   natOrlichea 

9 


130  Dio  Verfolgaogeo  der  Urgemeinde. 

BreigniM  floi,  das  eaf Alligorweise  mit  dem  Schlass  des  Gebets 
sassmmeotraf,  hat  gewiss  alle  Wahraohelniichkeit  gegen  sielif 
UDd  können  \dr  nun  freilich  die  Wirklichkeit  des  Wanders ,  weU 
obes  QDser  Verfasser  berichten  will,  nicht  zugeben,  so  fiegt  da- 
für  die  Vermuthasg  um  so  nfther,  dass  die  fromme  Sage  oder  eis 
in  ihrem  Geist  dichtender  Schriftsteller  die  Wnndererzahliing  «r- 
zengt  habe,  am  dorch  das  Erdbeben  die  Erhörang  des  Gebets  von 
Seiten  Gottes  aaszudrOcken«  Ein  Erd^toss  war  ein  günstiges  Omm, 
ein  Zeiehen  der  ßraesenlia  nvmtnts,  nidit  blas  bei  den  Beiden, 
sondern  auch  bei  den  Joden.  Von  jenen  möge  nur  an  Virgii 
Aen.  III,  89  (Da  pater  augurium^  aUjjue  anisils  illabere  noHris, 
Via  ea  fatus  eram^  Iremere  amnia  wsa  repente  a.  s.  w.)  Orld 
Aietam.  XV,  67ld  and  andere  Stellen,  welehe  die  Aasleger  aod  Am* 
laas  der  ansrigen  beibringen,  von  diesen  an  Jos.  6,  4laBd  an  dfo 
rabbinisohen  Anssprttche  erinnert  werden,  die  Seh  Ott  gen  ««  vu 
St  anführt. 

Aach  das  zweite  Einschreiten  der  jttdisehen  Behdrden  gegem 
die  Apostel  ist  darch  ihre  WanderthAtigkeit  veranlasst,  srnr  ist  m 
diessmal  nicht  Ein  bestimmtes  Wander,  welohes  den  Anlass  giebt, 
sondern  an  die  allgemeine  Schilderang  der  apostolischen  Wander- 
heilangen  c  5,  12—16  schliesst  sieh  V.  17  die  EnsAUang  «k: 
^AvaaTas  äe  6  aQx^egevg  ...inhja&rjaccvl^ijlov  xai  inißakoy  vag 
Xei^a^  avtaiv  ml  Tovg  dnoaTÖkiwg.  SAmmtiiche  Apostel  wwden 
gefangen  gesetzt,  in  der  Nacht  jedoch  befreit  sie  ein  Engel,  md 
nachdem  sie  am  andern  Morgen  wieder  vor  das  Sfnedrinn  gela- 
den sind,  and  sich  ähnlich,  wie  frfther,  verantwortet  habei,  so 
werden  sio  anf  den  B^th  des  Gamaliei  mit  einer  disdplinarisdien 
Züchtigung  and  einem  wiederholten  Lehrverbot  entlassen.  An 
dieser  BrzAhlong  moss  zunächst  die  Aehnlichkeit  des  Hergangs 
mit  demjenigen  bei  der  ersten  Verfolgung  aoffailen,  4m  flick  dtose 
Aehnlichkeit  aas  der  fortdaaer  derselben  VerhAKnissn  oioht  hin«* 
reichend  erkifirt.  Aach  hier  der  Anlass  der  Verhaftnng  die  apo- 
stolischen Wander;  auch  hier  eine  Verhaftnng  im  Tempel  (V.  M); 
avich  hier  die  Verhafteten  die  Naeht  über  im  Kerker;  aoeh  hier 
am  andern  Morgen  nicht  blos  eine  einflute ,  sondern  eine  mng- 
liehst  voUstftndigo  Versnamlnng  des  Synedrinms  0»  Auefa  hiev  ein 


*)  Man  vgl.  mit  e.  5,  21 :   awtxdXeaav  to  cwiSq^ov  xai  naöav  r^y  yf^ovaUtr 
rS¥  v\'&v'*Iaqa^X^   c.   4,  5:   ovrax^fjyM  a^iSr  vovg  uqxo^^S    ^«^  n^eafti/r^^ov^ 


Die  Verfolgungen  der  Urgemeinde.  131 

gefahrdrohendes  Verhör,  dessen  Ende  aber  nor  ist,  dass  die  Be- 
Islagten  mit  einem  fk^achClosen  Verbot  entlassen  werden.  Der  Un- 
terschied ist  nnr,  wie  Baur  S.  18  richtig  bemerkt,  dass  in  die- 
sem zweiten  Jheil  Alles  in  einem  höheren  Maasstab  angelegt  ist 
Die  Veranlassung  giebt  statt  eines  einzigen  Wunders  eine  ganze 
Masse  von  Wandern,  die  Verhaftung  trifft  statt  des  Petrus  und 
Jobannes  die  sftmmtlichen  Apostel,  die  Gefahr  wird  dringender, 
die  Bynedristen  berathen  sich  über  die  Hinriofatung  der  Beklagten, 
und  entlassen  sie  nicht  mehr  mit  einer  blossen  Drohung,  wie  o. 
4,  21,  sondern  mit  einer  wirlüichen,  wenn  auch  verhfiltnissmässlg 
geringen  ZOohtignng;  ebenso  tritt  aber  auch  die  göttliche  Hülfe 
augenscheinlicher  hervor,  ein  Engel  befreit  die  Verhafteten,  und 
nachdem  sie  sich  freiwillig  wieder  gestellt  haben,  erhebt  sich  die 
erste  theologische  AuktoritAt  des  damaligen  Judenthums  für  ihre 
Duldung.  Der  Glanbwttrdigkeit  der  BrzAhlung  ist  dieses  ihr  Ver- 
liiltniss  zn  der  früheren  nicht  eben  günstig.  „Kann  mao  schon 
hl  dem  einmal  Vorgefallenen,  bemerkt  Baur  S.  ISO,  keinen  na- 
tOrlioheD  Hergang  und  Zusammenhang  erblicken,  wie  gross  wird 
die  UnWahrscheinlichkeit 9  wenn  derselbe  Vorfall,  gleichsam  sich 
selbst  überbietend^  zum  zweiten  Mal  sich  ereignet  haben  solll^^  Auch 
Urir  können  diesem  Urtheil  nur  beitreten« 

Aber    auch  unsere  Darstellung  für  sich  genommen  ist  voll 
von  UnWahrscheinlichkeiten.    Dahin   gehört  vor  Allem  das  Wun- 
der, durch  welches  V.  19  die  Apostel  aus  dem  Geffingniss  befreit 
werden.    Ist  das  Eingreifen  von  Engeln  In   den   Gang  der  Ge- 
sohiehte  an  und  für  sich  schon  ein  sicheres  Zeichen  des  Mythi- 
schen,    so  ist  dieses  Eingreifen  überdiess  im    vorliegenden  Fall 
SiUz  zwecklos,    die   von  dem  Engel  Befl'eiten  werden   ja  doch 
wieder  verhaftet  ^3*     Dazu  kommt  noch ,  dass  auch  in  den  spftteren 
Verhaadhmi^n  "vdlr  dem  Synedrinni  auf  die  wunderbare  BeAreiuAg 
aicbt  dl#  itittdeste  Rücksicht  genommen  wird,  dass  weder  die  An- 
gokkigten  auf  diese  augenscheinliche  göttliche  Ehrenerklärung  sich 
^emf^tt,  noch  die  Richter  einem  so  auffallenden  und  verdachtigen 
Umstand  nachforschen  —  gewiM  ein  beispiellolses  Verfahren,  wenn 
die  Sache  wirklich  vorfiel.     Damm  nnn  aber  mit  älteren  rationa- 
U»tlsehen  Auslegern  zur  natürlichen  Erklärung  seine  Zuflucht  zu 


0  Wa0  Baumgarteol,  lOVf.  hiegegen  bemerkt,  islfür  uns  zu  Überschwang- 
^ich,  und  mag  füglich  auf  sich  beruhen. 

9* 


132  Die  Verfolgungen  der  Urgemeinde. 

nehmen,  die  Gefangenen  durch  einen  Blitss  oder  ein  Brdbeben, 
oder  von  einem  geheimen  Freunde  mit  Httlfe  des  GefAngnvwiwftr. 
ters  befreien  zu  lassen,  diess  geht  natttrlieh  (schon  wegen  V. 
23)  ebensowenig,  als  milNeander  (S.  786)  an  unserem  Bericht 
die  nöthige  Bestimmtheit,  Genauigkeit  und  Anschaulichkeit  za  ver« 
missen,  und  nur  die  Befreiung  dureh  eine  uns  unbekannte  gOtt- 
liehe  FUgung  festzuhalten.  Der  Bericht  ist  bestimmt  un4  anneluiu- 
lieh  genug:  „der  Engel  des  Herrn  Oifiaete  die  ThUreUi  filhrte  sie 
heraus  und  sprach  zu  ihnen^^  —  bestimmter  und  anschaalioher 
kann  man  sich  gar  nicht  ausdrücken^  nur  einem  solchen  wird  das 
nicht  anschaulich  sein ,  der  sich  vom  Auftreten  eines  Engels  Ober- 
haupt keine  Anschauung  zu  machen  weiss,  weil  er  nicht  an  En- 
gel glaubt  Was  Ne anderes  Ansicht  von  der  rationaliathiolien 
unterscheidet,  ist  nur  ihre  Halbheit  und  Unbestimmtheit^  wnUon 
wir  sie  zu  einer  bestimmteren  Vorstellung  entwickeln ,  so  fahrt  läa 
entweder  zu  der  Undenkbarkeit  des  Wunders,  oder  z\l  def  Text- 
widrigkeit der  natürlichen  Erklärung  zurück.  Dabei  hebt  nie  so 
wenig,  als  jene,  über  das  Bedenken  weg,  dass  die  ani^eUlehe 
Befreiung  in  der  weiteren  Verhandlung  vor  dem  Synedriw»  mit 
keiner  Sylbe  berührt  wird.  Von  welcher  Seite  whr  daher  die 
Sache  anfassen,  wir  können  immer  nur  auf  ihre  Undenkbarkeit 
und  UnWahrscheinlichkeit  zurückkommea 

Verlassen  wir  nun  diese  ungeschichtliche  und  ttberdiess  Buts- 
lose  Befreiung,  um  nach  den  geschichtlichen^ Gründen  zu  fragen^ 
welchen  die  Apostel  ihre  Rettung  zu  verdanken  hatten,  so  ver- 
weist uns  unser  Bericht  auf  den  bekannten  Rath  des  angesehenen 
pharisäischen  Lehrers  Gamaliel,  welcher  selbst  seinerseits  durch 
die  Bemerkung  (5,  17) ,  dass  die  Verfolgung  von  den  SaddnoAsm 
ausgieng,  mit  der  ganzen  Stellung  der  jüdischen  Partheien  zum 
Cfaristenthum  in  Zusammenhang  gesetzt  wird.  Indessen  steht  asoeh 
dieser  Hergang,  trotz  seines  geschichtlicheren  Ausseh^Ai,  keines- 
wegs so  fest ,  als  man  gewöhnlich  annimmt  Vorerst  ist  klar,  dass 
die  Worte,  welche  unser  Text  dem  Gamaliel  in  den  Mund  legt, 
von  diesem  unmöglich  genau  so  gesprochen  sein  können,  wie  wir 
sie  hier  lesen.  Diess  erhellt  unwidersprechlich  aus  der  Erwäh- 
nung des  Theudas  V.  36.  „Vor  diesen  Tagen,  sagt  hier  Gamatieli 
erhob  sich  Theudas  u.  s.  w.;  nach  diesem,  in  den  Tagen  des 
Cqnirinischen)  Census,  Judas  der  Galiläer.'^  Nun  weiss  allerdings 
auch  die  beglaubigte  Geschichte  von  einem  Theudas,  der  sich  nach 
Jos.  Ant  XX,  5,  1  für  einen  Propheten  ausgab,  und  einen  gros- 


Tbeudat.  1 33 

Ben  VoIkshftnfeD  beredete,  mit  Hab  und  Gat  über  den  Jordan  zu 
eieben,  der  dann  aber  von  den  Trappen  des  Proknrators  Caspins 
Fadns  dberfallen,  nach  einem  bedeutenden  Blotbad  unter  seinen 
Anli&ngem  g^efangen,  und  enthauptet  wurde.  Dieser  Thendas  ist 
aber  nicht  blos  nicht  vor  dem  Auflstand  des  Jadas  und  dem  Censas 
des  Oniriniis,  sondern  sogar  noch  später  aufgetreten,  als  die  hier 
erzählte  Verhandlung  des  Synedriums  stattgefunden  haben  mQsste, 
unter  der  Regierung  des  Claudius  (41 — 64  n.  Chr.),  und  zwar 
ohne  Zweifel  In  den  späteren  Jahren  derselben,  da  Josephus  un- 
mittelbar an  seine  Erwähnung  die  Erzählung  von  der  Abberufung 
des  Fadas  ankntlpft  Von  diesem  Theudas  kann  daher  Oamaliel 
nicht  geredet  haben}  denn  wenn  einige  von  den  Aelteren  dem  Jo- 
sephus gegen  die  Apg.  Unrecht  geben  wollten,  so  war  diess  ein 
ebenso  verzweifelter  Ausweg,  als  wenn  Andere  unsere  Verhand- 
lang In  die  Zeit  des  Claudius  herabrflckten,  und  das  ^era  tovtov 
V.  87  mit  „ausserdem*^  Qbersetzten.  Die  gewöhnliche  Harmonistik 
nimmt  daher  an ,  der  Theudas  unserer  Stelle  sei  von  dem  des  Jo- 
sephus verschieden,  jener  habe  seine  Rolle  unter  Herodes  d.  6r, 
gespielt^  dieser  die  seinige  unter  Claudius.  Nun  wäre  es  freilich 
ein  eigenes  Zusammentreffen;  wenn  sich  zwei  gleichnamige  jMän- 
ner  etwa  50  Jahre  von  einander  als  Führer  eines  Aufstands  be- 
kannt gemacht  hätten,  namentlich  da  der  Name  Theudas  bei  den 
Juden  nicht  so  sehr  häufig  gewesen  zu  sein  scheint  ^j.  Doch 
mochte  man  sich  ein  solches  Spiel  des  Zufalls  immerhin  gefallen 
lassen,  da  es  nicht  ganz  ohne  Beispiel  ist,  oder  man  möchte  es 
sich  auch  mit  der  Vermufhung  einiger  älteren  Ausleger^)  erklären, 
dass  der  jüngere  Theudas  ein  Enkel  des  älteren  gewesen  sei ,  der 
den  Kamen  jswnes  Gross vaters  geführt,  und  dessen  Unternehmen 
erneuert  habe.  Allein  es  handelt  sich  bier  nicht  blos  um  eine 
Wiederboloog  der  Namen,  sondern  um  eine  Wiederholung  des 
ganzen  Vorgangs.  Was  unsere  Schrift  von  Theudas  berichtet, 
stimmt  mit  der  Erzählung  des  Josephus  so  vollkommen  zusammen, 
dass  die  meisten  Züge  geradezu  identisch  sind,  die  übrigen  sich 
leicht  Ineinanderfügen  und  sich  auf  keinem  Punkt  wirklich  vdder- 


')  Lightfoot  hör.  hebr.  z.  u.  St.  weiss  aus  dem 'Talmud  noch  zwei,  Wetstein 
z.  d.  St.  aus  der  jüdischen  und  klassischen  Literatur  drei  oder  vier  Theudas  zu 
nennen,  die  sieb  allerdings  wohl  noch  um  ein  paar,  wie  der  fabelhafte* Schüler  des 
Paaltts  bei  den  Valentinianem ,  vermehren  Hessen. 

*)  S.  Poli  Synopsis  z.  d.  St. 


134  Die  Verfol^ni^en  der  Urgemeinde. 

Sprechen  ^},  Der  Name  des  AnfrOhrers  laatet  in  beiden  Beriohtwi 
gleich,  sein  Gharjtkter  ist  nach  beiden  der  eines  vorgeblichen  Pro*- 
plieten  oder  Messias^),  die  Zahl  seiner  Anhänger,  in  der  Aj^g. 
auf  400  geschätzt,  scheint  sich  zwar  bei  Josephns  etwas  grosser 
darzustellen,  doch  kann  sie  von  Einer  Schwadron  Reiteret  (die 
Ur]  betrog  128  Mann)  in  plötzlichem  Ueberfall  bewältigt  werden, 
nnd  jedenfalls  sind  derartige  Schätznngen  immer  unsicher;  der 
schliessllche  Aasgang  endlich  ist  nach  beiden  die  Hlnriohtnng  des 
Thendas  und  das  Scheitern  seines  Unternehmens,  nnd  wenn  die 
Apg.  kürzer  sagt,  sein  Anhang  sei  zerstreut  worden,  während 
Josephns  bestimmter  von  Getodteten  und  Gefangenen  berichtet,  so 
schliesst  beides  sich  nicht  aus:  ein  Theil  wird  niedergehauen  oder 
gefangen,  die  Mehrzahl  zersprengt  worden  sein,  diess  mQssten 
wir  schon  nach  den  näheren  Umständen  des  ITeberfalls,  wie  sie 
Josephns  erzählt,  vermntheu.  Wo  sich  zwei  Berichte  in  dieser 
Art  decken,  und  nur  in  den  Zeitangaben  von  einander  abweichen« 
da  mtlsste  die  Verschiedenheit  der  Ereignisse,  von  denen  sie  re- 
den, ganz  untadelbaft  bezeugt  sein^  wenn  wir  das  Recht  haben 
sollten,  wirklich  verschiedene  Vorgänge  und  nicht  blos  einen  Irr- 
thnm  in  der  Zeitbestimmung  vorauszusetzen.  Wenigstens  wird 
man  sich  vergeblich  nach  einem  Beispiel  umsehen,  wo  zwei  glaab- 
wQrdige  Erzählungen  verschiedener  Vorfälle  zu  einander  in  dem 
Verhältniss  ständen,  wie  der  lukanische  Bericht  über  Theudas  zu 
dem  des  Josephns.    Nun  nennt  aber  im  vorliegenden  Fall  keiner 


*)  Hier  die  Belege: 
•  Apg.   S&viag  Xsywv  elvaC  nva  iav-  Jos.     ^a8ov  t>jq  *JovSaias  htiT^" 

Tovy  ta  TTQoqtxXC&ij  aQi&/u6g  ävSqwv  toötX  nfvovTog  yofjQ  xig  av^^,  SevSag  ovo- 
rttqaxoaCwv*  og  eivji^iS'tj  xttt  narvfg  /uarty  neiget  rov  nltXaxov  Sx^ov^ 
oaoi  Intld^ovTo  ovtm  SifXv&tjaav  ita\  avet^aßorr»  Tag  xxtjaeig  enta^m  n^ 
lyivovro  tüg  ovSiv.  rov^IoQdavrivnataiu^r  avtta,  ItqoiptfXtjg 

yaQ  fieyev  eJrai,  xai  n^ogray/iort 
rov  nora/idv  ax^(V  Slodov  l^tpij  na^d^tat 
avTotg  ^adtctv  xai  ravta  ie'ytav  noXXovg 
^narr^aev.  ov  /uijv  staatr  athovg  r^g 
'  a(pqoavvtjg  Sraa&m  4*aSog,  äXX^  «|^^^- 

^ev  XXtpf  iTTTt^tov  hl  avTOvg^  §  rt$  an^ogSo^ 
xtjfto^  enmsaovaa  noXXovg  /a^v  dyet" 
Xe  TioXXovg  Sh^wvrag  HXaftsV  «rv- 
rov  Te  rov  OevSav  ^tay^i^aavreg  ano" 
ri fi^ovtsi  r^v  xsq>alC^v, 
^)  So  werden  die  Worte :  liyiov  slvai  riva  iecvrov  niclit  blos  durch  Josephus,  son- 
dern auch  durch  Apg.  8^  9  und  durch  die  Parallelisirung  der  Apostel  mit  Theudas  erklärt. 


Theodat.  135 

rqn  nvsein  baldeii  Zeugen  /.wel  Aafrflbrer  Namens  Thendas,  eon«» 
dem  jeder  nur  einen  eioxigen,  dees  ee  sewei  waren,  wird  nur 
ans  der  ÜnveretnlNiriteit  ihrer  Zeitangfaben  erselilowen.  Es  liegt 
am  Tage,  daas  dieser  Scfalose  nor  dann  apf  Slelierheit  nnd  Wahr« 
schal idiebkeit  Anspmeh  maehen  kann,  wenn  die  OlaobwOrdifkeit 
der  beiden  Berichterstatter,  und  namentlich  ihre  Kenntniss  der 
q^&teren  jüdischen  Geschichte  und  Zeitrechnnng,  keinem  ZweiM 
Baam  Iftsst  Nun  haben  wir  alierdings  bei  Josephns  aUen  9nind^ 
seinen  Angaben  in  dieser  Beziehang  zu  vertrauen,  dagegen  giebt 
nns  der  Verfasser  der  Apostelgekehicbte  for  die  unbedingte  Bich* 
tigkeit  der  seihigen  nieht  allein  keine  Btirgscbaft,  sondern  wtr 
haben  auch  im  Bisherigen  schon  hinreichende  Gelegenheit  gehabt, 
nns  von  seiner  vidfadben  Unznverldsslgkeit  zu  überzengen,  im 
wdteren  Veriaof  dieser  Untersnchong  wird  sie  sich  ans  noch  wei* 
^ter  bestätigen,  und  dürfen  wir  hier  schon  seine  Identitit  mit  dem 
Verfasser  des  Bvangelhims  voraussetzen^  so  beweist  der  Censns 
des  Qnirinos  ganz  schlagend,  was  wir  von  seiner  chronologischen 
Genauigkeit  zu  erwarten  haben.  Unter  solchen  Umstflnden  sdHe 
man  in  der  That  kein  Wort  weiter  darüber  zn  verlieren  brauchen, 
dasB  den  beiden  Böriehten  nur  eine  und  dieselbe  Tlmtsache  zu 
Grande  Hegt ,  die  eben  in  dem  einen  von  ihnen ,  dem  der  Apostel*'* 
geschichte,  an  einen  falschen  Ort  gestellt  ist« 

Sollie  9her  dieser  Beweis  je  noch  einer  Verstärkung  bedür-* 
fen,  so  erhielte  er  me  durch  die  Erwägung,  wie  anwahrschein- 
Ueh  es  ist,  dass  Josephus  den  Alteren  Theudas,  wenn  es  einen 
solchen  gab,  mit  Stillschweigen  übergangen  h$tte.  Ein  Schrift- 
steller, der  eich  über  die  Aufitandsversuche  s^it  der  Zeit  des 
ersten  Herodelt  so  genau  unterrichtet  zeigt,  und  der  auch  weit 
unbedeutendere  VorfftUe  aufs  Gewissenhafteste  verzeichnet,  würde 
einen  nach  so  langer  Zelt  noch  allbekannten  Aufwiegler  sicher 
berübrt  beben.  Aber  vergeblich  bemüht  man  sich,  unter  den  aus 
Josephus  bekannten  Aufruhrern  einen  zu  finden,  auf  den  die  Be- 
schreibung der  Apostdgesehichte  zuträfe.  Sonntag  0  sucht  un«» 
sern  Theudiis  in  dem  Simon,  der  nach  Josephus  C-^^*  XVII, 
10,  6.  B.  X  II,  4^  9)  im  Todesjahr  Herodes  des  Grossen  ein^ 
Aufstand  erregte,  Indem  er  annimmt^  dieser  Simon  habe  früher 
Thendas  geheissen.  Wäre  aber  auch  diese  Annahme  weniger 
willkübrlich,  als  sie   ist,   so  war  doch  das  räuberische  Treiben 

^  Stud.  n.  Krit  1837,  Z,  638  ff. 


136  Die  Verfolgungen  4er  Urgemelnde. 

einea  Thronprätondenten ,  wie  Simon,  mit  dem  Auftreten  der  Apo» 
fM  Upte  niebt  so  pessend  zq  vefgldehen,  wie  dee  Untemeknen 
eine«  Mannes,  der  eich  eelbet  fOr  eieen  Pr^^heten  ond  Wnnilnr- 
thiter  enegab,  wie  der  Tbendae  des  Josephna;  gerade  om  ein 
Wottder  bandelt  es  sich  ja  bei  der  Untereaebnng  gegen  die  A|M« 
etel,  nnd  wenn  der  BrIMg  gegen  sie  entschied,  so  war  gereAi 
desselbe  von  ihnen  dargethan,  was  Josephna  von  seinem  Thnndfs 
enssagt,  dass  er  ein  Qo^t  gewesen  sei.  Ueberdlees  hatte  Simon 
ein  Beer  von  weit  mehr  als  400  Mann,  das  von  den  vereinigten 
Truppen  der  BOmer  nnd  des  Herodes  nur  in  einer  langen  nnd 
blntigen  Schlacht  dberwftUigt  werden  konnte.  Bhenso  nnballbar 
ist  die  Vermnthnng  von  WieselerO?  unser  Thendaa  sei  4er 
Sehriltgelehrte  Matthias ,  der  in  Verbindung  mit  Jndas,  dem  Sohne 
des  Seriphäns,  kurz  vor  dem  Tode  des  Herodes,  etwa  viecsig 
sdner  Schaler  veranlasste,  den  Adler,  welchen  Herodes  Ober  dem 
Tempelthor  aufgestellt  hatte,  herabzastüszen,  nnd  dafOr  sammt 
sdnen  Genossen  mit  dem  Leben  bUsste  ^}.  Her  Name  maeht#  zwar 
Ider  geringere  Schwierigkeit,  denn  n^PlD  konnte  mit  d^odoro^ 
oder  ^svdag  nbersetzt  sein,  dagegen  erscheint  die  Sache  weit 
unbedeutender,  als  der  Aufstand  unsere  Thendas^  und  von  allen 
den  zogen,  deren  die  Apostelgeschichte  erwfthnt,  passt  kein  ein- 
ziger auf  dieselbe,  nicht  das  kiytav  eJvai  riva  mvrdvy  nicht  der 
Anhang  von  400  Mfinnem,  nicht  das  diskv^tjacev.  Wenn  endlich 
Zuschlagt)  den  Theudas  der  Apg.  IIQr  dieselbe  Person  mit  dem 
llieudion  hält,  der  sich  nach  Jos.  Ant.  XVil,  4  in  eine  Ver- 
schwörung gegen  Herodes  d»  Gr.  einliess,  so  weiss  er  doch  die 
-  Angaben  der  Apostelgeschichte  aaf  diesen  Theudion  nur  mit  HUlfs 
der  Vermutbung  zu  beziehen,  dass  derselbe  wohl  auch  bei  dem 
Aufstand  bethefligt  gewesen  sein  werde,  der  nach  dem  Tode  des 
Herodes  in  Idumfta  ausbrach^).  Aber  diese  ist  eben  eine  ganz 
leere  und  willkuhrliche  Hypothese,  statt  der  es  weit  einfacher 
wäre ,  bei  der  unbestimmten  Möglichkeit  eines  unbekannten  Aeu- 
das  stehen  zu  bleiben,  da  uns  die  angebliche  Behelligung  Theu- 
«yon's  bei  dem  idumäischen  Aufstand  um  nichts  bekannter  ist;  zudem 
ist  unser  Theudas  offenbar  nicht  blos  ein  Theilnehmer,  sondern  das 


*)  Synopae  d.  Ev.  103  ff. 

2)  Jos.  Ant.  XVII,  6,  2  f.  B.  J.  I,  33,  2  f. 

S)  Theudas  Anführer  eines  750  R.  in  Palästina  erregteü  Aufstandt.  Cassel  1849. 

♦)  Jos.  Ant.  XVII,  10,  10.  B.  J.  II,  5,  3. 


GaniaK«!.  137 

m>rtü<ige  Hftnpl  eiaor  UDt«niehnMiB|;,  «bei  der  er  dcA  als  l^ro- 
fkal  SB  die  fipiUe  sl^t^  ud  «ein  AahMlr  belAnlt  eich  evf  etw» 
4O0  Mann,  wiUireBd  die  idomüeciieii  Empörer  a«f  10,000  aege- 
gefcea  werden  ^).  Hdohet  auffallend  bidbt  endlieh  hei  all  diesen 
AmiiAmen  der  Uaetand,  dacs  leeephae  bei  dem  älteren  Thendaa 
dieses  seines,  wie  es  nach  nnserer  Stdle  scheint  bekannteren, 
Namens  nioht  erwähnt  hätte,  während  er  diess  dodi  schon  dess- 
bM^  tlran  nnisste.,  nm  einer  Verweohsinng  mit  seinem  jOngeren 
Kunens-  nnd  Schieksalsgenessen  ausdiltektioh  xn  begegnen.  Alle 
derartige  Versaehe  sind  daher  als  verfehlt  za  betrachten;  nnd  ken- 
nen nor  znr  Bestädgnng  der  Ansicht  dienen,  dass  sich  nnser 
Inkaniseher  Thendas  Iren  dem  des  Josephns  nur  durch  den  Ana-* 
chrenisians  nnterscheldet,  den  sich  nnser  Verfasser  bei  seiner  Br- 
wftinnag  erlaubt  hat 

Ist  aber  hiernach  nnlänghar,  dass  unsere  Schrift  dem  Gamaliel 
V.96  Werte  In  den  Mond  legt,  welche  dieser  nicht  gesprochen  hat  nnd 
nieht  gesprochen  haben  kann,  so  haben  livir  kein  Recht  mehr,  fOr  den 
Oteigen  Inhalt  von  Oamaliel's  Rede  eine  wesentlich  trene  Berichter- 
stnttnng  vorans^^nset^en  ^}.  Dass  sie  schlechthin  nngeschichtllch  sei, 
kamn  man  freilloh  aas  jenem  Verstoss  noch  nicht  schliessen;  es  wäre 
an  sich  immerhin  möglich,  dass  unser  Verfasser  einen  älteren 
Klelitigeffen  Bericht  vor  sieh  gehabt  nnd  durch  V.  86  nor  erwei- 
tert hätte.  Aber  ebenso  möglich  ist  anch,  dass  die  ganze  Rede 
nair  von  Ihm  herrflhrty  denn  wenn  es  einem  Oeschichtschrelber 
einmal  nichts  aosmaoM,  den  handelnden  Personen  Aeusserungen 
in  den  Mond  zn  legen,  die  sie  nicht  gethan  haben ^  so  Ist  durch-* 
ans  nicbt  m  vermnthen,  dass  er  In  dieser  Beziehung  bei  ganzen 
Beden  bedenklicher  sein  werde,  als  bei  einzelnen  8ätzen.  Wir 
daher  vorerst  wenigstens  die  Möglichkeit  behaupten,  dass 
Vei^sser,  nach  der  Bitte  der  alten  Oeschichtschrelber,  die 
Bede  ChimaMel's  Arei  cemponirt  hat,  und  es  fhigt  sich,  wie  viel 
▼en  derselben  überhaupt  der  Geschichte  angehört,  und  ob  Gama- 
]M  namentMch  den  Ansspmdi  zn  Gunsten  der  christlichen  Bache 
V.  88  f.  gethan  hatf 

Rass  wir  «n  diesem  fiweifel  Grund  haben,  wird  sich  zeigen, 
wmm  wir  das  Verhältniss  In^  Auge  fassen.  In  welchem  die  jn- 
diedien  Parthelen  in  nnsem  beiden  Erzählungen  der  neuen  Chrl- 


^)  Zuschlages  Erklärung  dieses  Umstands  S.  24  f.  kann  schwerlich  genügen, 
^  Neander  75.  Meyer  z.  d.  St. 


138  Bie  VerfolgQngen  dar  Urgemeindfl. 

stemiekte  gegenüber  enioheineB.  Ak  die  Urheber  der  VerMgifeic 
fegen  die  Christen  nennt,  e.  4^  1  die  SaddoeAer.  Ebenso  heiMt 
es  c.  6,  17:  dvaOTug  de  o  oqx^Q^S  ^erl  navvBg  ol  awf  avt^^ 
fj  o3aa  {äq^aig  %äv  Saddovxaltav,  irckrjadTjoav  }^ijh>v.  Ale  Ckmid 
dieses  Hafises  wird  o.  4,  3  Mgegfeben,  die  Seddnoier  seien  an- 
^iiiig  gewesen  im  to  didaaxeiv  avTOvg  tov  law  xcrt  xavayyUL' 
leiv  iv  T(y  ^If/aov  ti^  avaa%aatv  Trjv  ix  vex^w*  Dagegen  Ist  es 
der  Pharisäer  Gamailel,  die  erste  AnkteritAt  seiner  Parthei  in  jeiMr 
Zeit,  we^sher  durch  seine  FQrsprache  die  Apostel  der  drehMdeii 
Gefahr  entzieht,  und  die  verh&ltnissmAssig  gOnstige  EntsohelAmg^ 
des  Synedrinms  aaswirkt.  Dieser  Sachverhalt  ist  aber  gar  nieht 
wahrsoheihlich.  Karze.  Zelt  vor  unserem  Brelgniss,  beim  Process 
Christi,  sind  es  gerade  die  PbarisAer,  Urelehe  seine  Verartheilong 
vorzugsweise  betreiben  (Mt.  27,  62.  vgl.  12,  14.  21,  46.  22, 16), 
wie  ja  aaoh  die  reformatorisohe  Polemik  Jesu  hauptsächlich  gegen 
diese  Parthei  gerichtet  Ist.  Ebenso  ist  es  nach  der  Hlnrichtang 
des  Stephanas  ein  pharisäischer  Eiferer,  ein  Sdifller  desselben  Sa-» 
maliel,  von  .welchem  unserer  Stelle  zafolge  derBath  txa  DoJdnng 
ausging,  der  die  Christenverfoigung  im  Auftrag  der  jodischen  Ober-* 
bdliOrde  in  Jadäa  und  über  die  GrenEoa  Jodäa^s  hinaas  aufs  Leiden* 
schafUichste  betreibt  (Apg.  8;  1.  4.  9,  1  f.  21. 22,  6.  Gal.  1,  13  X 
u,  a.  St.).  Unmittelbar  vor  nud  nach  unserem  Vorfldl  erscheinen  also 
die  Pharisäer  als  *die  Hauptgegner  des  neaen  Messias  and  seiner 
Anhänger.  Ist  es  nun  glaublich,  dass  In  der  .Zwlsohenseit  ^ 
Stellung  der  Partheien  eine  ganz  andere  gewesen  sei,  die  Sadda- 
cäer  die  Gegner,  die  Pharisäer  die  Bes^tttner  der  Christensdcte9 
—  denn  das  Verhalten  des  Gamaliel  öder  das  des  Saulas  ven^ 
dem  ihrer  Parthei  zu  trennen,  verbietet  das  hohe  Ansehen  des 
Einen  und  die  amtliche  Bevollmächtigung  des  Andern.  Man  kannte 
etwa  denken,  nachdem  .Jesus  gefallen  war,  sei  der  phaiisäinehe 
Haas  fnr  den  Augenblick  beHne^gt  gewesen,  die  GesetEesfHNn- 
migkelt  der  Urgemeinde  habe  ihn  beschwichtigt,  und  erst  das 
Auftreten  des  Stephanus  gegen  Tempeldienst  und  Gesetz  habn  ihn 
wieder  angefacht  i).  Diess  ist  aber  nach  der  ganzen  Natur  selcher 
Parthei  kämpfe  nicht  wahrscheinlich«  Eine  mächtige  faierarehische 
Parthei,  von  einem  kQhnen  Eeformator  bis  aurs  Blut  ing^rWen^ 
in  ihrem  Princip  und  in  Ihrer  Extelenz  anf s  ^Entsdiledenste  be- 
droht, verzeiht  nicht  so  schnell,  dass  sie  gleich  nach  dem  Tode 


»)  So  Lechler  S.  199. 


Die  Verfolgung«!)  der  Crgemeind«,,  139 

AeseB  Gegners  sebie  Anhfinger,  welche  io  ihm  den  Messins  ver- 
ehren, unter  ihren  Schatz  nAhme.  Bheneowenig  wQrde  nber  jene 
Verat^lnng  der  Absicht  vnsers  Verfassers  entsprechen.  Wie  sich 
dieser  die  Sache  gedacht  haben  wfll,  zeigt  am  Besten  seine  Be- 
hauptung, c.  6^  17,  dass  der  Hohepriester,  welcher  die  Apostei 
vor  Gericht  zog,  zar  Parthei  der  Saddocäer  gehört  habe.  Weder 
Qannas  noch  Kaiphas  IcOnnen  Saddnofter  gewesen  sein,  denn  im 
Process  Christi  erscheinen  beide  an  der  Spitze  der  pharisäischen 
Parthei ;  dass  ihre  Familie  zu  dieser  gehörte,  kann  man  auch  ans 
Jose p hu s  Ant.  XX,  9,  1  abnehmen,  der  es  bei  ErwAhnnng  des 
jangem  Ananns,  eines  Sohns  von  dem  nnsrigen,  als  etwas  Beson- 
deres, und  als  einen  Erklämngsgnind  ^seiner  Gewaltthaten  anführt, 
er  habe  sich  za  den  Saddacfiern  gehalten.  Ebenso  gewiss  ist 
aber,  dass  unser  Verfasser  a.  a.  0.  den  Hannas  zum  SaddncAer 
macht.  ^Jvaaxag  di  6  oiqxieQBig^  sagt  er,  xpri  ol  avv  avtfp,  v} 
ovaa  aif)eacg  tcov  2addovxalo}v  ^  inhf^0^i]oav  ^rjlov.  Darin  Hegt 
doch  sehr  bestimmt,  dass  eben  die  saddacftisohe  Parthei  die  Ge- 
nossenschaft desselben  gebildet  habe;  wollte  der  Schriftsteller  nur 
eine  vorabergebende  Verbindung  des  Hannas  mit  den  Saddnc&em 
fttr  einen  einzelnen  Fall  bezeichnen,  so  konnte  er  sich  unmöglich 
80  ausdrücken.  Hieraus  folgt  aber  weiter,  dass  derselbe  an  eine 
Veränderung  der  Partbeistellnngen  im  Verhältpiss  zum  Christen- 
tbnm  durchaus  nicht  gedacht  hat.  Wäre  ihm  der  wahre  Sachver- 
balt überhaupt  bekannt  gewesen,  so  würde  er  den  Hannas  nicht 
zum  Sadducfier  machen.  Dass  er  dieses  thut,  beweist  zur  Genüge, 
wie  wenig  seine  Darstellung  geschichtlichen  Grund  hat.  Um  so 
nfiher  mochte  sie  ihm  durch  anderweitige  Voraussetzungen  gelegt 
sein.  Zunächst  konnte  man  darin  den  Einflnss  späterer  Verhält- 
nisse erkennen.  In  der  späteren  Zeit  scheint  nämlich  allerdings, 
das  Verhältniss  zwischen  der  herrschenden  pharisäischen  Parthei 
and  der  jerusalemitischen  Gemeinde  ziemlich  friedlich  gewesen  zu 
sein,  wogegen  es  nach  Jos.  Ant  XX,  9,  1  eben  die. Sadducäer 
unter  ^em  jüngeren  Hannas  gewesen  wären,  welche  ,Jakobus 
den  Gerechten  zum  Tode  brachten.  Man  konnte  denken,  diese 
späteren  Verhältnisse  seien  von  unserem  Verfasser  fälschlich  auf 
die  ersten  Jahre  nach  dem  Tod  Christi  übertragen,  und  der  ältere 
Hannas  werde,  wenn  er  der  sadducäischen  Parthei  zugezählt  wird, 
mit  seinem  gleichnamigen  Sohn  verwechselt.  Da  jedoch  in  der 
Stelle  des  Josepbus'die  Erwähnung  des  Jakobus  aus  einer  Glosse 
zu  stammen  scheint,  Hegesipp  dagegen  bei  Bus.  K.  G.  U,  33,  4 


140  Die  Verfolgungen  der  ürgemeinde. 

die  Pharisfter  als  seine  Hanptverfolger  darstellt,  so  mOohte  leb 
hierauf  kein  Gewieht  legten.  Um  so  wahrscheinlicher  ist  das  rein 
dogmatische  Mothr  unserer  Darstellung,  aaf  welches  Danr  S.  S4 
hindeutet.  Wir  sehen  auch  aus  c.  28,  6  ff.  (vgl.  c.  M,  90  lt. 
24,  15.  25,  8)  welchen  Werth  unsere  Schrift  darauf  legt,  &te 
Frage  über  die  Auferstehung  als  den  Hauptstreitpunkt  zwischen 
den  Christen  und  ihren  jüdischen  Gegnern  zu  bezeichnen,  dagegen 
die  Ober  die  Fortdauer  des  Mosaismus  zurücktreten  zu  lassen,  die 
Differenz  zwischen  Christenthum  und  Jadenfhnm  der  zwischen 
Pharisftismus  und  Sadducftismus,  rechtgläubigem  und  ungläubigem 
Jndenthum  unterzuordnen,  das  Christenthum  zugleich  mit  der  pha- 
risäischen Orthodoxie  zu  einer  Fraktion  des  rechtgläubigen  Juden- 
thums  zu  machen,  welche  ebenso,  wie  jene,  von  dem  gemeinsamen 
Gegner,  dem  Saddncäismus,  bekämpft  wird.  Der  gleiche  Gesichts- 
punkt ist  es  unverkennbar,  welcher  auch  unsere  Darstellung  be- 
herrscht. Da  die  Christen  rechtgläubige  Joden  sind^  so  können 
es  nur  die  vom  wahren  Judenthum  Abgefallenen,  die  Sadducäer 
sein ,  von  denen  sie  verfolgt  werden ,  und  der  Grund  dieser  Ver- 
folgung kann  nur  in  der  Lehre  liegen,  welche  nach  der  Darstel- 
lung unsers  Verfassers  Oberhaupt  die  eigentliche' Unterscheidungs- 
lehre zwischen  dem  orthodoxen  und  dem  heterodoxen  Judenthum 
bildet,  in  der  Lehre  von  der  Auferstehung;  diejenigen  dagegen, 
welche  die  Verfolgten  in  Schutz  nehmen,  dürfen  nur  auf  der  Seite 
gesucht  werden ;  welche  in  jenem  Hauptpunkt  mit  den  Christen 
einverstanden  ist,  und  gemeinschaftlich  mit  ihnen  dem  saddncäi- 
sehen  Unglauben  gegenObersteht,  auf  der  pharisäischen.  Auf  den 
einzelnen  Fall  angewendet:  der^  welcher  die  Apostel  vor  Gericht 
zieht,  wird  ein  Sadducäer,  der,  welcher  ihre  Loslassnng  auswirkt, 
ein  Pharisäer,  am  Passendsten  natflriich  der  angesehenste  und  ein- 
flussreichste Mann  dieser  Parthei,  ein  Gamaliol,  sein  mOssen.  So 
erklärt  sich  unsere  Darstellung  zur  GenOge,  nur  um  so  deutlicher 
tritt  aber  ihr  unhistorisoher  Charakter  an*s  Licht. 

Bringen  wir  nun  von  unserh  beiden  Erzählungen  alles  das  in 
Abzug,  was  sich  uns  als  undenkbar  oder  unwahrscheinlich  er- 
wiesen hat,  die  Entstehung  der  Verfolgungen  aus  dem  Hass  der 
saddncäischen  Parthei,  die  Wunder,  welche  sie  veranlasst  haben 
sollen,  das  Nähere  von  den  Verhandlungen  des  Synedriums,  die 
wunderbare  Befreiung  der  Apostel  durch  den  Engel,  und  Ihre  na- 
tOrllche,  aber  darum  nicht  minder  unwahrscheinliche  Beflreiung 
durch  Gamaliel,  die  wunderbare  Schlussscene  der  ersten  felrzäUungy 


Tod  des  Herodes  Agrippa.  141 

so  UMbt  ils  d»rRe9t  lUrselbMi  aar  das  flbrig,  da«»  in  der  ersten 
Zeit  der  jemaalenitifohea  Gemeinde,  so  zwei  verseluedenen  Malen, 
•nt  Petrus  und  Jeliannea,  dann  die  sümnitliehen  Apestel  vor  das 
Synedrinm  geiaden  werden,  aber  naell  standhaftor  Verantwor* 
trag,  das  erste  Hai  mit  einer  Drehung;  das  andere  Mal  mit  einer 
diseiplinarisehen  Ztichtigang  davenkon[imen.  Bbendamit  >  sind  sieli 
aber  die  beiden  Verfälle  so  nahe  gerftekt,  dass  sieh  anwilüctthrlich 
der  Verdacht  aofdr&ngt,  sie  seien  nar  verschiedene  Darsteliangen 
deüelben  Vorfalls  i  denn  dass  saerst  nur  Petms  und  Jehannes, 
nachher  alle  Apostel  in  Untersuchiuig'  kämmen,  nnd  dass  bei  der 
letateren  Veranlassung'  die  Drohung  der  Synedristen  zur  körper- 
lichen Zttchtigoag  fortgeht;  diess  sind  so  an  wesentliche  Unter«» 
schiede,  und  sie  exfdftren  4ch  so  vollstindig  aus  einer  Steigerung 
der  ersten  Sohildernng  in  d«r  zweiten,  dass  sie  zur  Annahme  einer 
di^p^lten  AposteRerfoigung  keinen  genagenden  Grund  abgeben* 
Is^  es  nim  dorciiaas  nicht  glaubUch,  dass  sich  ein  und  derselbe 
Vorfall,  mit  den  gleichen  oder  ganz  ähnlichen  Nebenumstftadea, 
in  der  Wirklichkeit  zweimal  in  se  kurzer  Zeit  angetragmi  hfttte, 
um  so  gewohnlicher  dagegen,  dass  die  Ueberlieferung  eine  und 
dieselbe  Begebenheit  ia  verschiedenen  Wendnngen  berichtet,  and 
dann  Spätere  die  verschiedenen  Darstellungen  der  gleichen  Bege- 
benheit für  ebensoviele  verschiedene  Begebenheiten  ansehen,  so 
wurden  wir,  so  weit  wir  bis  jetzt  sind,»nnr  vermnthen  können^ 
a«Gh  in  unserem  Vall  sei  es  so  gegangen,  und  die  geschichtliche 
Chnuidlage  unserer  Brzflhluageit  sei  darauf  aurüokznftlhren ,  dass 
nicht  sehr  lange  nach  der  Bildung  der  ersten  Gemeinde  die  Apo- 
stel oder  einige  derselben  vor  die  jadisohe  Obrigkeit  gefordert, 
aber  ohne  strengere  Massregeln  wieder  entlassen  wurden. 

Wir  mttssen  indessen  noch  einen  Schritt  weiter  gehen.  Bine 
ähnliehe  Verfolgung,  wie  unsere  beiden,  welche  aber  den  Petms 
allein  betraf,  wird  im  zwölften  Kapitel  unser«*  Schrift  berichtet. 
Nachdem  Konig  Herodes  (Agrippa  1  87 — 44  n.  Chr.)  den  Apostel 
Jakebfus  hatte  enthaupten  lassen,  warf  er  auch  den  Petrus  in's  Ge-^ 
fängadss«  Dieser  wurde  jedoch  des  Naehts  durch  einen  Bngel 
befreit,  und  konnte  sich  ans  Jerusalem  flachten.  Nicht  lange  nach- 
her wurde  Herodes,  als  er  in  Cäsarea  die  vergötternden  Huldi- 
gungen dee  Volks  in  Bmpfaiig  nahm,  vom  Engel  des  Herrn  ge-* 
schlagen  und  starb  am  WQrmerfrass.  Auch  diese  Erzählung  hat 
manches  Mythische.  So  zunächst  in  dem,  was  sie  über  den  Tod 
des  Herodes  Agrippa  meldet    Dasselbe  Breigniss  wird  auch  von 


142  I)ie  Verfolgungen  der  Urgemeinde. 

Joseph 08  Am.  XIX,  8^  2  berichtet.  Naoh  fleiner  Daratellnnf 
gleng  der  König  nach  Cäsarea,  um  Spiele  za  Bhren  des  Kaiser» 
£Q  geben.  Als  er  bei  dieser  Gelegenheit  in  glftnssendem  Gewand 
erschien,  wurde  er  von  Einigen  aus  seiner  .Umgebung  als  Gotl 
begrüsst  Diese  Schmeichelei  wies  er  nicht  zorOck.  Nach  wenigen 
Augenblicken  jedooh  sah  er  einen  Uha  Ober  sich  sitzen,  den  glei- 
eben  Vogel,  der  ihm  fraher  seine  Erhebung  auf  den  Thrun  be- 
deutet hatte,  und  dem  schlimmen  Vorzeichen  folgten  alsbald  hef- 
tige Leibschmerzen,  an  denen  er  nach  fünf  Tagen  starb.  Wir 
können  nun  zwar  diesen  Bericht  dem  nnsrigen  nicht  unbedingt 
vorziehen.  Mag  auch  Josephus  die  Veranlassung  zu  dem  prun- 
kenden Auftreten  des  Agrippa  vielleicht  richtiger  angeben,  als 
unsere  Schrift,  die  ihn  V.  20,  schwerlich  in  Uebereinstimmung  mit 
den  Verhältnissen  ehies  romischen  Vasallen,  die  PhOnicier  mit 
Krieg  überziehen  oder  bedrohen  l&sst,  so  9ieht  dafür  der  weissa- 
gende Uhu  des  Josephus  noch  mTthischer  aus,  als  der  Engel  des 
Herrn,  von  dem  unsere  Schrift  redet.  Dieser  lisst  sich,  da  er 
nichts  ftnsserlich  Wahrnehmbares  ist,  sehr  leicht  als  subjektiv 
pragmatische  Zuthat  des  Erzählers  ausscheiden,  die  vorbedentende 
Erscheinung  des  Uhu  dagegen  ist  eine  objektive  Thatsathe,  die 
olTenbar  ungesehlchUich  vielleicht  nur  aus  der  Umdeatung  des  Bn* 
gels  in  ein  Omen  nach  römischem  Geschmack  entstanden  ist.  Da- 
gegen kommt  die  Angabe  des  Josephus  über  die  Todesart  des 
Agrippa  der  Wahrheit  ohne  Zweifel  näher,  als  die  der  Apostel- 
geschichte. Der  Würmerflrass,  woran  ihn  diese  sterben  läset,  kMnmt 
in  der  Wirklichkeit  nicht  vor,  denn  die  q>d€iQiaaig,  die  man  dar- 
aus gemacht  hat,  ist  etwas  Anderes;  dagegen  ist  er  die  gteidie 
Krankheit,  an  welcher  nach  2  Makk.  -9,  }f  ff.  Antiochus  Bpiphanes, 
dieses  Moster  eines  gottlosen  Fürsten,  gestorben  sein  soll  ^),  wel- 
cher nach  Josephus  (B.  J.  I,  33,  5.  Ant.  XVII,  6,  5)  auch  der 
den  Pharisäern  so  verhasste  Herodes  d.  G.  erlegen  war,  und  zeigt 
sich  in  eben  jener  Stelle  2  Makk.  auch  für  die  Angabe  des  Jo- 
sephos  das  Vorbild  (die  Krankheit  des  Anfiochns  fängt  mit  Leib- 
schmerzen an,  und  endigt  mit  Würmerf^ass),  so  ist  doch  in  diesem 
Fall  das  Wahrscheinlichste,  dass  der  sohoelle  Tod  des  Agrippa^ 
dessen  Geschichtlichkeit  wir  jedenfldis  festhalten  müssen,  dnreh 
den  von  Josephus  genannten  oder   durch  einen  ihm"  ähnHchen 


*)  Und  zwar  ebenso,  wie  Agrippa,  wegen  seines  9vifc6v  Svra  lao&ea  tp^w$lv 


Befreiung  des  Petm«  e.  12.  143 

MranfclieitsiuilWil  veranlasst  wurde,  ond  dass  eben  diese  Todesart, 
Ib  V^bindaBg  mit  der  veran^egangeBen  Selbstüberhebung  des 
Fttrsten,  zu  der  Vergleiehnng  mit  AatioobBs  Bpiphanes  and  He- 
rodes  d.  Gr.  Anlass  gab,  aus  weleher  erst  das  aKCoXrixoßQVJTog 
uBserer  Stelle  hervorging.  Sollte  die  letztere  Wendung  nur  der 
ehriatllchen  Ueberlieferung  angehört  haben,  so  hfttte  wohl  bei  ihrer 
BntstehuBg  das  Interesse  mitgewirkt,  den  Christen  Verfolger  mit 
dem  Bllbekannten  und  verabseheaten  alteren  Religiensverfolger  in 
Parallele  zu  stellen  |  fand  sie  sidi  auch  in  der  jQ^scben,  so  lag 
diese  Parallele  um  so  nfther  ^). 

Wichtiger  ist  es,   dass  auch  die   Befrdung  des  Petrus   ans 
dem  Kerker  in  der  Apostelgesohiohte  ein  durchaus  mythisches  Mo- 
tiv hat;    denn  den  Bngel,  welolier  ihn    herausführt,    zu    einem 
mensohlichen  Freunde'  zu  machen,  geht  hier  noch   weit  weniger, 
als  im  fünften  Kapitel     V.  6.  7.  10  sind  ja  wie  darauf  berechnet, 
jede  derartige  Möglichkeit    aufs    Bestimmteste    auszuschliessen '^). 
Andererseits  ist  die  Art  der  Befreiung  so  magisch  ^  das  Wundor- 
bare' derselben  wird  mit  solcher  Absichflichkeit  zur  Schau  gestellt, 
dass  es  auch  dem  Supranatnralisten  in  unserem  Fall  schwer  wird, 
dem  Texte  sein  Recht  zu  lassw,  und  selbst  ein  Neander  (S.  183), 
ebne  des  Engels  mit  einer  Sylbe  zu  erwähnen,  bemerkt  nur:  „wfth- 
rend  dessen  wurde  Petrus  durch  besondere  Ffigungen  Gottes  aus 
der  Gefangenschaft  befreit^^     Worin  diese  Fügung  des  Näheren 
bestend,  hat  Baur  wohl  richtig  heriiusgefnnden,  wenn  er  a.  a.  O. 
S.  161  f.  vermnthet,  die  Hinrichtong  des  Jakobus  dürfte  doch  nicht 
80  populär  gewesen  sein,  als  Agrippa  sich  dachte;  und  ans  diesem 
Grunde  sei  Petrus  anerwarteter  Weise  wieder  freigelassen  worden. 
Sollte  diese  Vermuthung  zu  unsicher  erscheinen  ^   so  mtissten  wir 
ans  der  näheren  Bestimmung  tlber  die  Art  und  die  Gründe  jeuer 
Berrelung  ganz  enthalten.    Man  konnte  zwar   vfelleicht    geneigt 
sohl,  von  unserer  Erzählung  wenigstens  das  stehen  zu  lassen,  dass 
dem  Apostel  eine  nächtliche  Flucht  aus  dem  Gefängnisse  gelangen 
sei;  allein  da  die  Art,  wie  diese  hier  erzählt  wird,  durchaus  un- 
geschichtlich Ist,  und  da  die  näheren  Umstände  der  Einkerkerung 
die  Flucht  möglichst  unwahrscheinlich  machen,  so  würde  man  da- 
nit  schon  zu  wdt  gehen.    Nur  das  Allgemeine,  dass  Petrus  ver- 
baftet  war  und  auf  anerwartete  Weiae  wieder  frei  wurde,  künnen 

')  Vgl.  hiezu  Baur  a.  a.  0.  S.  160. 

')  Wie  diess  Eaur  a.  au  0.  S.  163  f.  naher  nachweist. 


144  1)^6  VerfolguBgen  der  Urgemeiade. 

wir  als  geseMclrilioh  feflthalteu.  ffieran  habea  wirnMit  Um  kaiiittt 
Grand  sa  zweifeln,  sondern  diese  Annelime  erklärt  n«db  aoi  BeetoB 
die  Entstehnni^  nnaerer  Erzfthlung^  und  KOgleiofar  eml^fleUt  sie  meh 
durch  die  Verbindang  mit  der  Nechrioht  von  der  BinriektaBg  de» 
altem  Jakobns,  denn  diese  Notiz  war  theils  an  and  fttr  alcli  gana 
geeignet,  von  der  Ueberlieferang  bewalirt  za  werden,  theils  aeikgt 
sie  auoh  in  unserer  Schrift  zu  wenig  mythische  AusschmflokuBg; 
und  Tendenz,  als  dass  wir  sie  tat  unhistoriseh  halten  konnten. 

Hat  es  nan  biemaoh  alle  WahrscheinliohkeM  fOr  sich,  daans 
in  der  sp&teren  Zeit  wirklich  ein  Binsohreiten  jddisehet  BehOhtom 
gegen  die  Häupter  der  jerusalemitmhen  Ctomeinde  vorkam,  so  dOrf  le 
eben  hierin  auöh  die  Veranlassung  zu  den  Erzählungen  des  Stem^ 
4teB  und   tften  Kapitels    gelegen    haben.     So   wie    diese   vsrlie-p^ 
gen,   sind  sie  mit  so  vielen  offenbar  ungest^iebtlichen  BestaMl- 
theilen  durohflochten^  dass  wir  nirgends  festen  Fasa  fassen  konatam* 
Nur  dass  ihnen  aberhaupt  irgend   ein   geseblehtiloher  Aidass  nna 
Grunde  liege,  mussten  wir  vermuthen.    Hätten  wir  nun  nur  jeme 
beiden  Erzählungen,  so  wttrden  wir  diesen  Anlass  am  NatArlioliH- 
sten  in  der  Zeit  suchen,  in  welche  diese  selbst  ihn  verlegen,  isi 
den  ersten  Jahren   nach  dem  Tod  Jesu.    Haben  wir  dagegen  im 
einer  etwas  späteren  Zeit  ein  wirkliches  Faktum  entdeckt,  welche» 
den  ganzen,  nach  Abzug  des  offenbar  Ungeschicl^liche»  oder  Un^ 
wahrscheinlichen  übriggebliebenen  Rest  unserer  Erzählungen  ent«* 
hält;  die  Verhaftung  des  angesehensten  unter  den  Apostebi  hdA 
seine  unerwartete,  auf  christlichem  Standpunkt  wunderbar  erschei- 
nende Befreiung,  so  haben  wir  keinen  Grund,  uns  nach  einer  wei- 
teren Veranlassung  für  sie  umzusehen,  weit  das  Wahrsdbieinlidiste 
ist  vielmehr,  dass  dieselben  nur  eine  Nachbildung  der  BegebenheU 
sind,  die  unser  12tes  Kapitel  berichtet    Wir  sehen  diese  Bege- 
benheit hier,  mit  den   nöthigen  Veränderungen,  in  die  Urz^  der 
Gemeinde  zurQckverlegt,  und  zu  zwei  Erzählungen  ausgoeponnen, 
die  sich  aber  doch   bei  genaoerer  Prüfung  nur  als  veracUedene 
Versionen  einer  und  derselben  Erzählung  aasw^eu.    Mose  An- 
nahme empfiehlt  sich  besondere  durph  die  Vorgleichung  des  5ten 
Kapitels   mit  dem   ISten.     Wir  haben   oben    gesehen,   4a8s    die 
zwei  Berichte  ttber  die  Befreiung  dei;  Apostel ,  derjenige,  welcher 
sie  apf  einen  Engel,  und  der^. welcher  sie  auf  die  SHURspraebe 
Gamaliers  zurückführt,  sicli  gegenseitig  entbehrlich  machen.  Eben- 
desswegen  können  gar  nicht  beide  zugleich  einen  ursprünglichen 
Bestandlheil  der  Erzählung  gebildet  haben.  Wer  die  Apostel  durch 


Die  Verfolgungen  der  Urgemeinde.  145 

den  EDgel  befreit  werden  liess,  kann  diess  nrsprtinglioh  nicht  in 
der  Absicht  gethan  haben,  durch  ihre  sofortige  Wiederverhaftang 
den  Zweck  4es  Wunders  zu  vereiteln,  wer  .umgekehrt  die  Befrei* 
uDg  durch  Gamaliel  annahm,  fflr  den  war  die  durch  den  Engel 
entbehrlich,  und  er  kann  diese  nicht  «elbsttadig  der  Era^ählnng 
beigefügt,  sondern  höchstens,  wenn  er  sie  schon  vorfand,  Anstand 
genommen  haben,  sie  auszumerzen.  Wiewohl  nun  aber  von  diesen 
beiden  Berichten  der  tiber  Gamaliel  weit  natürlicher  aussieht,  so  ist 
er  doch  ohne  Zweifel  der  jüngere.  Denn  die  Befreiung  durch  den 
Engel  steht  in  unserer  Ens&hlung  so  zwecklos,  ja  störend ,  dass 
sio  nicht  wohl  von  dem  Verfasser  selbst  hlnzugethan,  sondern  nur 
aus  einem  Altern  Bericht  aufgenommen  sein  kann^  wogegen  die 
dem  Gamaliel  angeschriebene  Solle  und  die  ganze  damit  in  Ver- 
bindung stehende  Stellung  der  beiden  jüdischen  Hauptpartheien 
zum  Cbristenlhum  mit  d«m  eigenthümlichen  Pragmatismus  der 
Apostelgeschichte  (yrio  diese  spftter  noch  des  Genaueren  gezeigt 
werden  soll)  so  eng  zusamm^häogt ,  dass  wir  diese  Züge  auf 
den  Verfasser  selbst  zarackzaDQhren  allen  Grund  haben.  Und  da- 
mit stimint  aufs  B^te,  dass  der  Anachronismus  in  Betreff  des 
Thendas  nnd  die  unrichtige  Angabe  über  das  Hohepriesterthum  des 
flannai»,  also  gerade  zwei  diesen  Theilen  der  Erzählung  angehü- 
rige  Data,  an  den  Verstössen  desselben  Verfassers  im  dritten  Evan- 
gelium c.  2,  2.  3,  2  ihre  velikosimen  entsprechenden  Parallelen 
haben.  Verhält  es  sich  nun  aber  so,  und  lautete  die  Erzählung 
des  ftinften  Kapitels  in  ihrer  ursprünglichen  Form  dahin:  „die  Apo- 
stel wurden  in^s  Gef ängniss  geworfen,  aber  durch  einen  Engel  be- 
fr^^^,  so  ist  klar^  dass  damit  nnr  dasjenige,  was  nach  o.  12  dem 
Petrus  begegnet  war,  auf  die  sämmtUchen  Apostel  ausgedehnt  ist, 
und  wenn  nun  wieder  die  Erzählung  des  dritten  und  vierten  Ka- 
pitels ihrem  geschichtlichen  Kerne  nach  mit  der  des  fünften  zusam- 
menfäilt,  sn  haben  wir  an  dem  Bericht  des  zwölften  Kapitels  den 
genügend«!  Erklftnmgsgmnd  für  die  zwei  früheren,  und  es  wi^d 
«ehr  zweifelhaft,  ob  vor  Stephanns  von  Seiten  der  jttdischen..ße- 
hOrden  gegen  die  christliche  Gemeinde  überhaupt  feindselige  Schritte 
gethan  wurden. 


10 


146  Stephanus. 


/ 


Zweiter  Abschnitt. 

nie  ITorUufer  de»  P»ala»« 


1.  Stephanus. 

Der  Dod  des  Stephanus  ist  unstreitige  der  hellste  Punkt  in  der 
Geschichte  des  Christenthums  vor  Paulus.  Mit  diesem  Erei^niss 
befinden  wir  uns  zuerst  auf  unläugbar  geschichtlichem  Boden. 
Dafür  würde  schon  die  Bine  entscheidende  Thatsache  bürgen,  welche 
durch  die  Verfolgung  des  Stephanus  veranlasst  wurde,  die  Bekeh- 
rung des  Paulus,  wenn  überhaupt  bei  einer  Begebenheit,  welche 
nach  allen  Seiten  so  sichtbar  in  die  Entwicklung  der  christlichen 
^4^ache  eingreift,  ein  weiterer  Beweis  ihrer  Thatsftchlichkeit  nüthig 
wäre.  Indessen  muss  immer  noch  untersucht  werden,  ob  dieses 
Thatsächliche  in  unserer  Schrift  durchaus  getreu  berichtet  wird, 
oder  ob  auch  hier  einzelne  unhistorische  Elemente  eingedrungen 
sind.  Im  Besondern  betrifft  diese  Untersuchung  drei  Punkte:  die 
gegen  Stephanus  erhobene  Anklage,  seine  Verthoidigungsrede,  und 
den  näheren  Hergang  bei  seiner  Verurtheilung  und  Hinrichtung. 

Die  Anklage  gegen  Stephanus  lautet  nach  e.  6,  11  ff.  aaf 
Lästerung  Gottes  und  des  Gesetzes.  Dieses  Verbrechen  sollte  er 
dadurch  begangen  haben,  dass  er  sagte:  ort  ^Ir^aoog  6  NaCotQolog 
ovTog  yazakvaec  tov  totcov  tovtov  xai  akkd^ei  Ta  e^,  a  naq- 
idüjxsv  rjfuv  Mcoiajjg.  Unsere  Schrift  bezeichnet  jedoch  die  Zeu- 
gen, welche  ihm  diese  Aeusserung  schuld  geben,  als  falsche  Zeu- 
gen (V.  13),  sie  läugnet  mithin,  dass  Stephanus  einen  solchen 
Ausspruch  gethan  habe.  Indessen  spricht  doch  Mehreres  für  die 
wesentliche  Richtigkeit  jener  Aussage.  Für^s  Erste  ist  es  an  sidi 
schon  wahrscheinlich,  dass  Stephanns  durch  Angriffe  auf  die  fort- 
dauernde Gültigkeit  des  mosaischen  Gesetzes  über  den  ursprOng- 
lichen  Standpunkt  der  judenchristlichen  Apostel  hinausgieng;  we- 
nigstens erklärt  es  sich  unter  dieser  Voraussetzung  am  Leichtesten, 
dass  gerade  gegen  ihn  die  erste  Verfolgung  von  Seiten  der  ge- 
setzeseifrigen pharisäischen  Parthei  ausbrach;  nennt  doch  auch 
Paulus  GaL  1,  13  f.  den  Eifer  für  das  Gesetz  seiner  Väter  als 
ilen  Grund  seines  Auftretens  wider  die  Christen.  Sodann  wird 
auch  in  der  folgenden  Vertheldigungsrede  des  Stephanus  die  Aeaa- 


Stephanus.  147 

serang,  deren  er  angeklagt  ist,  nicht  Mos  mit  keinem  Wort  in 
Abrede  jgrezogen^  sondern  im  Wesentlichen  sogar  wiederholt,  denn 
die  Spitase  der  ganzen  Rede  l&nflt  darauf  hinaas,  den  Jaden  über 
die  Herzenshftrtigkeit  Vorwürfe  zu  machen,  mit  der  sie  am  Tem- 
peldienst  festhalten,  ja  schon  die  Brbaaaug  des  Tempels  wird  nach 
Baur's  treifender  Bemerkang^)  c.  7,  44  ff.  nicht  nndeatllch  als 
eme  Vemnretnigang  der  ihrem  Wesen  nach  freien,  an  keine  feste 
Stätte  nnd  keine  starre  Aensserlichkeit  gebandenen  Gottesvereh- 
rong  dargestellt.  Konnte  Stephänns  da,  wo  er  sich  zu  vertheidi- 
gen  liatte,  so  sprechen,  wenn  er  nicht  wirklich  der  Ansicht  war, 
dass  der  Tempeldienst  in  der  wahren  Theokratie  aufhören  müsse? 
nnd  Hegt  nicht  selbst  in  dem  Fall,  dass  die  Rede  unsers  7ten  Ka-* 
pitels  nicht  wörtHch  so  ans  seinem  Monde  geflossen  sein  sollte,  in 
jener  Darstellang  das  Gestflndniss,  dass  eine  Aeossernng,  wie  die 
angeführte,  dem  Charakter  des  Stephanus  nicht  ferne  lag?  Dazu 
kommt  noch  ein  Weiteres.  Fast  der  gleiche  Aassprach,  wie  hier 
dem  Stephanus,  wird  Mt.  26,  61  Jesus  selbst  in  den  Mond  gelegt. 
Diejenigen, .  welche  diess  thun,  heissen  zwar  dort  gfeiehfalls  ipev- 
doficcQTVQSgy  ans  Job.  2,  19  jedoch  geht  hervor,  dass  es  aoch  eine 
Ueberlieferang  gegeben  haben  muss,  welche  die  Thatsftohlichkeit 
jener  Aeusserung  anerkannte;  wenigstens  hätte  Johannes  Im  andern 
Fall  nicht  nöthig  gehabt,  ihr  das  Verfängliche  durch  eine  so  er- 
zwungene Umdeutung  zu  benehmen.  Da  es  nun  weit  wahrschein- 
licher ist,  dass  eine  judaisirende  Darstellung  die  ihr  anstOssigen 
Worte  Christi  für  falsch  erklärt,  als  dass  die  falschen  Zeagen 
den  charakteristisohen  und,  richtig  gefasst,  sehr  treffenden  Aus- 
sprach erfanden  haben ,  und  dass  ihn  der  vierte  Svangelist,  oder 
seine  Quelle,  auf  eine  so  verdächtige  Auktorität  hin  aufnahm,  so 
bat  die  Annahme  Alles  für  sich,  dass  Jesus  diese  oder  eine  we- 
seDtlich  gleichlautende  Aeusseruiig  wirklich  gethan  habe  ^).  Um 
flo  leichter  konnte  dann  aber  auch  Stephanus  sagen,  was  ihm  hier 
in  den  Mund  gelegt  wird,  Jesus  werde  bei  seiner  Wiefderkunft 
seine  Verheissung  erfüllefta ,  im  künftigen  Messiasreioh  werde  Ge- 
setz und  Tempeldienst  abgeschafft  sein.  Diese  Gründe  haben  selbst 
Neander^)  bedeutend  genag  geschienen,  um  zuzugestehen,  es 

*)  A.  a.  0.  S.  46  f. 

^  Vgl.  Strauss  L.  J.  3.  A.  11,  348  ff. 

*)  A.  a.  0.  S.  86.  Vgl.  Baur  S.  56.  Selbst  Thiersch  Gesch.  d.  christ!. 
Kirche  u.  s.  w.  I,  84  und  Baumgarten  I,  123  müssen  diess  in  der  Hauptsache 
wgeben.  /  .    ^ 

10* 


148  Steplianus. 

nüf«e  Diebt  gerade  AUee  erdlohtet  sein,  wee  die  ffdeeliea  Ze«i;«a 
aussagten,  St^hanas  scheine  allerdinge  weoigatene  aagedentet  am 
haben,  dass  dereinst  mit  dem  Teapel  r*a  Jerasalem  das  gaiixe 
ftasserliche  Judenthnm  hinfallen  werde.  Nur  ist  dieses  nicht  die 
Meinung  unserer  Schrift,  welche  in  diesem  Fall  die  Zeagen  als 
falsche  SU  bezeichnen  keinen  Grund  hatte ^  denn  was  Ne ander 
zur  Reehtfertigang  dieses  Prftdikats  bemerkt:  diese  iie«te  hAtten 
den  Stephanus  beschuldigt,  die  CletÜichkeit  und  Heiligkeit  des  Ge- 
setzes angegriffen,  den  Moses  verlästert  zu  haben,  davon  enthält 
gerade  ihre  Aussage  Obw  den  Thatbestand,  ilur  Zengniss  über  des, 
was  Stephanus  gesagt  haben  sollte,  kein  Wort,  und  wenn  Baum* 
garten  a.  a.  0.  meint,  die  Zeugen  h^tea  die  Aeusa^rungen  des 
Stephanus  aus  dem  Zusammenhang  gerissen,  und  ihnen  dadurch 
einen  gehässigen  Charakter  gegeben,  so  Iftsst  sich  doch  kein  Za- 
sammenbang  denken,  in  welchen  die  Ankündigung  eines . Geltes- 
relcbs  ohne  Tempel  und  einer  nahen  Zerstörung  des  Nationalhei- 
llgthums  dem  Pharisä^  nicht  als  Blasphemie  erschienen  wAre. 

Die  Vertheidignngsrede  des  Stephanus,  deren  näheie  Analyse 
bei  dem  ersten  Entdecker  ihres  eigentlichen  Zwecks  und  Zosam- 
menhangs  i)  zu  suche«  ist,  unterscheidet  sich  allerdüigs  voA  allen 
firüheren;  Oberhaupt  von  den  mehr  öder  minder  judalsirendee  Ape* 
logieen  der  Apostelgeschichte  in  sehr  charakteristischer  Weise. 
Während  diese,  von  der  wesentlichen  Identität  des  Christenthams 
mit  dem  Mosaismus  ausgehend,  in  Christus  die  Erfnüung  der  alt- 
testamentlielien  Weissagung  aufze^f^en,  schlägt  Stephanus  den  «m- 
gekehrten  Weg  ein,  dass  er  den  Gegensatz  des  neuen  Gianbens 
gc^en  den  bestehenden  Tempeldienst  im  WesentliclMn  zngiebt, 
dagegen  eben  diese  Richtung  auf  Grund  der  alttestameotlichen 
Offenbarung  selbst  in  Schutz  nimmt.  Dadurch  wird  seine  Verthei- 
digung  unmittelbar  zur  Gegenklage :  während  ihm  Verachtung  der 
gottlichen  Institutionen  vorgeworfen  wai:^  sucht  er  zu  ze^fca,  dass 
vielmehr  seine  Gegner  mit  ihrer  starren  Anhänglicbl^eit  an  die 
äusseren  Formen  derselben  dem   wahren   WiUen  Gottes  zuwidev- 


*}  Baur  a.  a.  0.  S.  42  ff.  und  früberD«  or^t.  hahilae  a Steph.  coisilio,  1829. 
Die  Scbrift  von  Luger  über  Zweck,  Inhalt  und  Eigenthümlichkeit  der  Rede  des 
Steph.  (Lüb.  1838)  kenne  ich  nur  durch  Berichte  aus  dritter  Hand,  den  Ausfah- 
rungen von  Ebrard  (Kritik  d.  ev.  Gesch.  689}  und  Baum  garten  (1,  129  ff.) 
jedoch,  die  dieser  Schrift  zu  folgen  scheinen,  und  auch  der  Erörterung  von  Thiersch 
(die  Kirche  im  ap.  Zeit.  85  ff.)  habe  ich  wenig  haltbare  neue  Aufschlüsse  zu 
danken. 


Stephanus.  149 

haadehi.    2u  diesen  Bikmt  (r^ht  der  Redner  Ul  die  frttkere  Ge« 
sehiolite  des  israelitiselieii  Volks  isnrttek/  er  weist  nseli,  wie  die 
tbeekrAtiscIiea  Institutieiieii  allerdings  schon  durch   die  Schicksale 
der  Patriaroben  vorbereitet  wurden  (vgl.  V.  5.  7.  16  f.  und  das 
XQOvog  TTJs  iTtceyyekiag  V.  173,  wie  aber  anoh  schon  mit  ihrer 
ersten   wirklichen  EinfOhrong,  trotz  ihres  angenscbeinlioheii  gött- 
lichen UrsprongS)  die  Undankbarkeit  des  Volks  and  seine  Unfähig* 
keit  mnm  Verständniss   der  göttlichen  FOhrongen   in   der   anfing-- 
lieben  Verwerfung  des  Me^es  tnid  in  dem  nachmaligen  Abfall  znm 
Götzendienst  auf's  Stärkste    hervortritt,    er  findet,    dass  sich   die 
gleiche  Denkweise  auch  an  den  salomonisehen  Tempelban  geheftet 
habe,  und  er  sohliesst  ans  dem  Allem,  dass  es  nur  die  Fortsetzung 
der   f^tiheren  Vt^iderspenstigkeit  und  Herzenshärtigkeit  sei,  wenn 
die  Jaden  Jesnm  ebenso  verschmähen,   wie  sie  Moses  verschmäht 
haben  (V.  37.  Ad),  nnd  wenn  sie  andererseits  das  von  Menschen 
erbaute   Ootteshaos    nebst   dem   Dienst  in  demselben   der   wahren 
Gottesverehrung  «ebenso   vorziehen,  wie  ihre  Väter  in  der  Wüste 
das  goldene  Kalb  dem  lebendigen  Gott  vorgezogen  haben  (V.  51). 
So  gefasst  erscheint  die  Rede  des  Stephanns  allerdings  nicht  blos 
charakteristisch;    sondern  auch   dem  vorliegenden  Fall    und    der 
gegen  ihn  erhobenen  Anklage   weit  genauer  angepasst,   als  man 
gewöhnlich  annimmt  Nichtsdestoweniger  mflssen  wii^fiaur^s  Zwei- 
feln  gegen  ihre  Authentie  beitreten.     Denn    einmal    lässt    sieh 
schwer  absehen,  wie  sich  eine  genaue  Erinnerung  an  die  von  Ste- 
phanns gesprochenen  Worte  erhalten  konnte.  An  eine  Nachschrift  i) 
ist  natflrlioh  nach  Allem,   was  uns  tiber  die  Gewohnheiten  jener 
Zeit  gekannt  ist,  nicht  zu  denken;   dass  im  Synedrinm   Christen 
zngegen  waren,    welche  sich   die   Rede  des  Märtyrers  sorgsam 
eingeprägt  und  unmittelbar  nach  seiner  Hinrichtung  niedergeschrie- 
ben hätten,  lässt  sich  nach  der  Geschäftsordnung  dieser  Behörde, 
der  ein   öffentliches  Verfiahren  fremd   war  (vgl  c.  4,  Itf.  5,  34), 
gleichfalls  nicht  annehmen ;  dass  sich  endlich  einer  der  Synedrlsten, 
etwa  ein  geheimer  Freund  der  christlichen  Sache,  oder  auch  der 
Apostel  Paulus^),  die  Worte  des  Angeklagten  genau  gemerkt  nnd 


^)  Wie  sie  Heinrichs  Comm.  38§  f.  undRiehm  de  fönt.  act.  apost.  195 f. 
annehmen;  diese  Nachschrift  ist  schon  Heinrichs  nicht  abgeneigt,  auf  Paulus  zurück- 
zuführen, bettimmter  vermuthet  es  Riehm. 

*)  Wie  Ebrard  a.  a.  0.  S.  690  und  Baumgarten  S.  129  nach  Luger 
vermutheD;  v^.  auch  vor.  Amnerkung. 


\  50  Stephanaa. 

sie  nachher  mitgetheilt  hätte,  ist  schon  an  mdtk  selbst  m- 
wahrscheinlich  ^enog,  doppelt  nnwahrsc^eialich/  aber  im  vorlie- 
genden Fall,  wo  das  Tamnltnarische  der  ganzen  Verhand- 
long  das  Behalten  des  Einzelnen  erschweren  mosste^  w&farend 
doch  die  änsserste  Aofmerksamkeit  nOtbig  gewesen  wäre,  um 
Einzelheiten,  wie  die  nnsers  V.  7.  26.  37«  88  ^j,  44.  46  f.  2) 
tren  zu  bewahren,  welche  ffir  den'  Zweck  der  Rede  höchst 
bedeutsam  doch  zn  fein  angelegt  sind^  als  dass  Ihre  Bedea- 
tnng  beim  ersten  Anblick,  nnd  noch  ehe  man  den  Znsammenhang 
des  Ganzen  übersieht,  an's  Licht  träte.  Sodann  beweisen  eben 
diese  Einzelheiten  in  Verbindung  mit  dem  ganzen  kunstvollen  Plan 
der  Rede  eine  so  durchdachte  Aufarbeitung,  wie  sie  bei  einem 
aus  dem  Stegreif,  mitten  in  der  höchsten  Aufregung,  gehaltenen 
Vortrag  nicht  wohl  möglich  ist.  Endlich  können  wir  in  dersel- 
ben, nach  Inhalt  und  Sprache,  eine  Uebereinstimmung  mit  andern 
lukanischen  Stücken  wahrnehmen,  welche  es  sehr  unwahrschein- 
lich macht,  dass  sie  so,  wie  sie  vorliegt,  von  Stephanns  herrOb- 
ren  sollte.^)  Alle  diese  Umstände  lassen  vermutben,  dass  die 
Rede  in  ihrer  gegenwärtigen  Oestalt  eine  spätere  Composition 
ist;  was  ihr  aber  Geschichtliches  zu  Grunde  liegt,  kann  erst  spä- 
ter uQtersubht  werden. 

Diese  Vermutbung  bestätigt  sich,  wenn  wir  auch  in  dem  übri- 
gen Bericht  unserer  Schrift  über  den  Process  des  Stephanus  un- 
geschichtiiobe  Züge  antreffen.  Baur  (S.  52  ff.)  hat  es  mit  Recht 
auffallend  gefunden^  dass  das  jüdische  Synedrium,  welches  kein 
Todesnrtheil  ohne  Genehmigang  des  römischen  Statthalters  voll- 
ziehen lassen  durfte,  in  der  Sache  de.^  Stephanns  diese  Form  so 
gänzlich  hintangesetzt,  ja  den  Angeklagten  selbst  ohne  Urthells- 
fällung  der  Hinrichtung  überliefert  hätte ,  nnd  nicht  minder  un- 
wahrscheinlich ,  dass  es  diesem  bei  einem  so  tumnltüarischen  Ver- 
fahren möglich  gewesen  sein  sollte,  eine  Rede  von  solchem  Inhalt 
und  doloher  Länge  ungestört  zu  halten.  Dagegen  bemerkt  Ne- 
ander  S.  88  (vergl.  S.  94):  Es  lasse  sich  wohl  denken,  dass 
die  fanatischen  Jaden  den  Stephanus  vor  das  gerade  versammelte 


')  XoY^a  ^c5vta  im  Gegensatz  gegen  den  fodten  levitischen  Ktiltus;  vgl.  die 
XoTQeia  loyttt^  und  die  S-vaCa  i^waa  Rom.  12,   1. 

^)  Der  Gegensatz  von  axrjvuijua  und  oJxoc,  worüber  Baur  S.  47  zu  vgl. 

^)  Der  nähere  Nachweis  hierüber  wird  in  dem  letzten  Abschnitt  dieser  Schrift, 
bei  der  Untersuchung  über  die  Quellen  der  Apostelgeftchichte,  gegeben  werden. 


Stephanus.  151 

Synediiam  schleppten  i),  and  das»  bierzverst  das^' €tö(t]iohe  seiner 
ganzen  Erscbeinnng  einen  aehtnnifgebietenden  Bindraek  auf  einen 
Tbeil  der  Versammelten  maebte,   der   tbm  in  Verbindung  mit  dem 
anfäng^licben  Inbalt   seiner   Rede  rabiges   Gebor  versebaifte,    bis 
bei   den  Worten  V«  61  ff.  die  fanatisobe  Watb  bervorbraeb,  nnd 
der  Lästerer  aus   der  Versammlang  aasgestossen  and  der  VoUcs** 
Justiz  überlassen  wurde«    Aber  tritt  uiebt  dnroh  diesen  RettongH- 
versach   das  Unzusammenbängende   unserer  Darstellang,  in  wel- 
cher   doch    selbst   Neandor  ,,K]arbeit  und  Anscbauliebkeit  des 
Einzeinen^^  zu  vermissen  nicht  ambin  kann,   nur  um  so  stärker 
hervor?    Lässt  es  sich  denken,  dass  eben  die  Versammlung,  welche 
ft)r  den  achtanggebietenden  Bindruck  des  Gottlichen  so  empfang* 
lieh  war,  welche  eben  erst  eine  so  lange  Vertbeidigungsrede  mit 
aller  Geduld  angebort  hatte,  nun  aaf  einmal  aller  Ordnung   so 
ganz  vergessen  hätte ,  um  sich  ein  solches  Verfahren  ta  erlauben  ? 
Selbst  wenn  die  heftigen  Vorwürfe  des  Stephanus  einen  tumultua- 
rischen  Auftritt  hervorriefen,  ist  doch  'ein  Verlauf,  wie  ihn  Ne- 
ander  annimmt,  kaum  denkbar.     Das  Natttrlicbste  wäre  in  diesem 
Falle  gewesen,    sofort  das  Urtbeil   Ober  den  Angeklagten  auszu- 
sprechen, vielleicht  in  etwas  unordentlicher  Weise,  durch  wilde 
Al^klamation ,    und    far   seine  schleunige  Vollziehung  zu   sorgen, 
aber  nicht,   ihn   zum  Saal  binausznstossen ,   und   der  Lynchjustiz 
anheimzugeben.    Dieses  Verfahren  wäre  auch  bei  dem  leidenschaft- 
lichsten Gericht  ohne  Reispiel.    WirkHch   sagt  das  aber  auch  un- 
sere jächrift  nicht.     Die  Synedristen  selbst  stürzen  hier  V.  67  ins- 
gesammt  (p/uo&vfiadov)  auf  Stephanus  los,  und  schleppen  ihn  zar 
Steinigung    fort.    Nur  um   so   mehr  stiebt  aber  diese    plötzliche 
blinde  Wuth  gegen   die  Geduld   nb,   mit  welcher  sie  ihn  vorher 
angehört  haben,  und  um  so  unwahrscheinlicher  wird  der  ganze 
Hergang.     NeandeWs  Hauptbeweis  für  denselben  ist   der,    dass 
die  Rede  des  Stephanus  das  Gepräge  einer    wirklich  gehaltenen 
an  gicb   trage,  and   dass  diese  Rede  ein  Tribunal,  vor  dem  sie 
gebalten   worden,    voraussetze.    Das    Letztere    liegt  fkreilioh  ^am 


0  „Oder  —  fügt  N.  hier  bei  —  dass  zur  Untersuchung  dieser  Anklage  das 
Synedrium  versammelt  wurde;  denn  wir  sind  gar  nicht  berechtigt,  anzunehmen, 
dass  alles  in  der  Apostelgeschichte  über  den  Stephanus  Erzählte  an  Einem  Tage 
vorfiel."  Allein  wenn  es  c.  6,  12  heisst:  htiorarreq  aw^^aaav  avrov  ttaX  tJYOtyov 
«^To  (twiS^ioTf  so  ist  wohl  klar,  dass  zwischen  dieses  ayeiv  und  jenes  ovra^a^nv 
nicht  der  Zwischenraum  von  mindestens  einem  Tag  fallen  kann, 


152  Stephanus. 

Tage ;  aber  gerade  deaswegeii  hat  ohne  Zweifel  auch  der  BerMht- 
erstatter  in  das  tnmaltoariBche  Verfahren  eine  fSMrmliche  Geriohts- 
Sitzung  eingescbohen ,  unbekümmert  darum ,  ob  sie  su  seiner  übri- 
gen Darsieliung  passe;  er  wollte  den  Stephanus  vor  seinem  Tode 
noch  seine  Grundsätze  aussprechen  lassen ,  dass  er  diess  aber  kei- 
nenfalls  mit  seinen  eigenen  Worten  gethan  hat,  haben  whr  bereits 
gesehen. 

Auch  noch  l^i  einigen  weiteren  Punkten  mtlssen  wir  Banr 
gegen  Neauder  Recht  geben.  Baur  (8.  55)  sieht  in  der  An- 
gabe 0.  6,  16:  aT€viactvT€g  eig  umov  Ttavteg  oi  xaxh^ofisvot  ev 
Tifi  awedqli^  eldov  to  nQoaioTtov  avtov  coael  TtQOüconov  dyysXov, 
eine  Verwandlung  der  subjektiv  christlichen  Ansicht  in  eine  ob- 
jektive Erscheinung/  Neander  dagegen  (S.  89)  glaubt,  jene 
Bemerkung  enthalte  entweder  die  eigene  spätere  Aussage  man- 
cher Mitglieder  des  Synedriums  über  den  Eindruck,  deilStephanns 
auf  sie  machte,  oder  der  Verfasser  habe  das,  was  ihm  daraber 
berichtet  worden  war,  in  seine  eigene  ^Iprache  übertragen«  Allein 
wenn  dieser  sagt,  allen  Synedristen  sei  sein  Antlitz  erschienen^ 
wie  das  eines  Engels,  so  ist  klar,  dass  er  damit  nicht  blos  einen 
„achtunggebietenden  Eindruck^*,  sondern  eine  objektive,  und  zwar 
ausserordentliche  Erscheinung  schildern  wfll.  Jenen  Eindruck  konn- 
ten natürlicher  Weise  doch  nur  diejenigen  erfahren,  welche  eine 
gewisse  E^ipfänglichkeit  für  die  Grösse  des  Stephanns  hatten; 
diese  dürfen  wur  aber  gewiss  nicht  blos  nicht  bei  allen,  sondern 
bei  den  allerwenigsten  Mitgliedern  des  Synedriums  voraussetzen« 
Wenn  Baur  weiter  die  zwei  Aussprüche  des  Stephanus  V.  59  f.: 
itvQis  ^Ifjaov  de^dc  to  Tvvsv^a  fiov  und  ytiqu  (äyi  atriarjg  avTOtg 
vrjv  ajnaoricev  rctvTTjv,  wfegen  ihrer  Aehnlichkeit  mit  zwei  nur  von 
Lukas  aufbewahrten  Aussprüchen  Jesu  0  anzweifelt ,  so  ist  es 
eine  sehr  ungenügende  Entgegnung  Ne anderes  (S.  95):  der 
Geist  Christi,  der  sich  iti  jenen  Worten  Christi  ausspreche,  habe 
den  Stephanus  sich  gerade  ebenso  aussprechen  fassen.  Dass  dieser 
Geist  hiezn  gerade  nur  Vorbilder  aus  dem  Lukasevangelittm  ge- 
wählt haben  sdlte,  wäre  doch  gar  zu  auffallend,  und  im  Zwei- 
felsfall ist  gewiss  weit  eher  anzunehmen,  dass  der  Verfasser, 
welchem  dieses  Evangelium  freilich  wohl  bekannt  war,  mit  seinen 
Aussprüchen  zusammentraf,  als  Stephanus,   dem  es  nicht  bekannt 


')  L.  25,  34:   nareQ  ätpss  avroTg'   ov  yocQ  oiSaai  rC  noiovfJi.     V.  46:   nattQ 
tis  ;|f«*^a5  <tov  TiaQad-i^ao/uau  ro  nvtvfia  juov. 


Yersprengung  der  jerusfilemitischen  Gemeinde.  f  53 

war.  Zur  BtBiMgnng  der  Baor^fleheii  Beekichtmi^  dient  dl» 
BemerkaDg,  dass  ein  nnmittelbairer  Uebergiing  der  gestorbenen 
Frommen  In  den  Himmel,  wie  ihn  V.  69  voraussetzt ,  der  ftltesteii 
christlichen  Vorstellung  aller  WahrseheinUohkeit  nach  fremd  war, 
and  erst  spftter  den  Märtfrem,  deren  Reihe  nnser  IStephanve  er- 
effnet ,  als  besonderes  Vorrecht  zuerkannt  wnrde  ^j.  Wenn  daher 
Banr  unsere  Darstellung  durch  die  Parallele  mit  dem  sterbmMien 
Erlöser  besthnmt  findet,  so  hat  er  dazu  allen  0nind,  und  wenn  er 
einen  Efnfluss  derselben  Parallele  auf  die  Torangefaiende  Gerit^ts- 
scene  Vermutbet^  so  giebt  aueh  hiezu  die  Aehnllohkeit  der  gegen 
Stepbauus  und  der  gegen  Jesus  erhobenen  Anklage,  der  tpevdo^ 
fKXQTVQBg,  der  ganzen  Verhandlung  vor  dem  SynodHum  hinrei- 
chenden  Anlass  ^). 

2.    Das  Christenthum   in  Samarien;  Philippns;  der  Ma- 
gier Simon;  die  Taufe  des  Aethiopiers. 

Mit  der  Hinrichtung  des  Stepbanus  brach  nach  c.  8,  1  eine 
allgemeine  und  heftige  Verfolgung  gegen  die  Christengemeinde  in 
Jerusalem  aus,  durch  die  alle  Mitglieder  derselben  mit  Ausnahme 
der  Apostel  aus  dieser  Stadt  vertrieben  wurden.  Das  Letztere  ist 
jedoch  nicht  wahrscheinlich.  Denn  theils  sieht  man  —  wie  Schnec- 
kenburger^}  treffend  gezeigt  hat  —  durchaus  nicbt^  was  von 
Maassregeln  gegen  die  Apostel  hätte  abhalten,  ebensowenig  aber 
auch;  was  sie  in  der  Stadt  hätte  zurtlckhalten  sollen^},  theils  er- 
scheinen c.  9,  26,  ganz  kurze  Zeit  nach  unserem  Vorfall^},  die 
Mitglieder  der  Christengemeinde   (ot  fia^r^ral)  wieder  in  Jerusa- 


*)  M.  vgl.  hierüber  meine  Abhandlung:  die  Lehre  des  N.  T.  vom  Zustand  nach 
dem  Tode,  Theol.  Jahrb.  VI,  S90  ff. 

2)  SeÄse  die  Fragen  im  Verhör,  L.  23,  67  (Xfyomg'  et  av  el  6  X^utrög', 
tins  ^fuy)  und  Apg.  7,  l  {eine  Ss  6  a^x'^s^^vf  et  aga  Javra  ovt(ai  ^X^i])  haben 
wenigstens  ho  Ausdruck  Aebnlicbkeit.  Bei  Mattb.  26,  63  laotot  die  Frage  des  Ho- 
henpriesters: tVa  ^july  eXntjs,  et  av  fl  6  X^iarog. 

3)  Zweck  der  Apg.  S.  182  f. 

*)  Meyer  z.  u.  St.  glaubt,  die  Apostel  seien  geblieben,  um  im  Centralpnnkt 
der  Theokratie  zu  verharren,  aber  wozu  war  das  nöthig,  wenn  alle  ihre  Anhänger 
zerstreut  waren?  Schon  c.  1 ,  4.  8  erhalten  sie  ganz  anders  lautende  Anweisungen- 
Derselbe  nimmt  an,  die  Juden  haben  sich  gescheut',  an  ihre  Personen  Hand  anzu- 
legen ;  allein  c.  4.  5  scheut  man  sich  ja  auch  nicht ,  sie  zu  verhaften ,  und  wie  es 
mit  den  Angaben  c.  5,  13.  26  bestellt  ist,  haben  wir, früher  gesehen. 

*)  NaCfi  der  Chronologie  unjserer  Schrift  nämlich,  worüber  später  das  Nähere. 


154  Das  Cbristentham  in  Saniarien. 

lern,  ohne  dasR  von  dner  Rückkehr  der  Versprengten  etwas  ge- 
neidet ist.  Sind  daher  die  Apostel  nach  dem  Tode  des  ätephanns 
hier  gebliehen,  was  sich  auch  nach  Gal.  1,  17  nicht  bezweifeln 
lAsst,  Fo  ist  am  so  an  wahrscheinlicher,  das«  alle  (Ihrigen  Chri- 
sten diese  Stadt  verlassen  haben,  and  da  es  nnn  doch  anch  nicht 
angeht,  diese  Angabe  aas  anserer  Stelle  wegzoerklftren  ^ ,  so 
können  wfr  in  derselben  nar  eine  nnhistorisohe  Hyperbel  erblicken, 
and  Schneckenbarger^s  Bemerkong  nar  heipfliohten:  die  Ver- 
folgang  habe  wahrscheinlich  blos  die  an  Stephana^  angeschlossenen 
hellenischen  Giftabigen  getroffen ,  wie  denn  aach  nar  solche  c.  11, 
20  anter  den  Fluchtigen  aaflaochen«  Oh  der  Verfasser  hei  dieser 
Hyperbel  eine  besondere  Absicht  hat,  oh  er  etwa  dorch  die 
Zerstreuaug  ihrer  sämmtlicbon  Mitglieder  die  Geschichte  der  Ge- 
meinde za  Jerasalem,  welche  von  jetzt  an  ihre  selbständige  Be- 
deatang  fOr  unsere  Darstellang  verliert,  abschliessen  will,  oder 
ob  sie  sich  ihm  ohne  weitere  Absicht  aas  der  Vorstellong  von  der 
Heftigkeit  der  Verfolgang  ergab,  mag  dahingestellt  bleiben.  Dhbb 
aber  die  Apostel  nicht  mit  den  Uebrigen  aus  Jerasalem  fliehen, 
diess  dient  einestbeils  allerdings  zur  Verherrlichung  ihres  Glau- 
bensmaths^  zugleich  aber  war  dieser  Zag,  geschichtlich  wie  er 
ist,  für  den  weitern  Verlauf  unserer  Erzählung  schon  wegen  c. 
8,  5  ff.  0.  9,  27  viel  zu  anentbehrlich;  als  dass  wir  uns  fttr 
ihn  nach  einem  besondem  Erklärungsgrund umzusehen  uöthig  hätten. 
Eine  Folge  von  der  Versprengung  der  Gemeinde  zu  Jerusa- 
lem war  die  Ausbreitung  des  Christenthums  ttber  die  Landbezirke 
von  Judäa  und  nach  Samarien.  Als  seinen  ersten  VerkOndiger 
in  diesem  Lande  nennt  unser  8tes  Kapitel  den  Philipp us. 
Ueber  die  Person  dieses  Mannes  finden  sich  indessen  abweichende 
Angaben.  Während  er  nach  c.  21,  8,  nnd  c.  8,  14  ff.  nicht  zn 
den  Aposteln,  sondern  zu  den  im  6ten  Kapitel  erwähnten  sieben 
INakonen  gehörte,  nennt  ihn  der  ephesinische  Bischof  Polykra- 
ies  b.  Eas.  K.  G.  111,  31,  2.  V.  24,  1  einen  der  zwölf  Apo* 
stel.     Dass   in    beiden   Stellen   die  gleiche   Person   gemeint   ist^), 


')  Wie  Baumgarteu  I,  158  f.  mit  der  Annahme,  die  Christen  seien  in 
einer  Gemeindeversammlung  angegriffen,  und  aus  dieser  Versammlung  seien 
allerdings  alle  Anwesenden  vertrieben  worden ,  dagegen  sei  ein  grosser  Theil  dersel- 
ben, und  darunter  namentlich  die  Apostel,  in  Jerusalem  geblieben.  B.  nennt  das 
„eine  prägnante  Ausdrudisweise  annehmen."  Es  versieht  sich,  dass  an  ein  derar-. 
tiges  Ungeheuer  von  Exegese  jedes  Wort  der  Widerlegung  verschwende't  wäre. 

^)  Was  de  Wette  z.  u.  St.  in  Abrede  zu  ziehen  scheint, 


/ 


Das  Christenthum  in  Samarien.  i55 

läerst  sich  schon  desshalb  nieht  bezweifeln,  well  Polykrttes 
ebenso,  wie  unser  21stes  Kap«,  der  weissagenden  T(H>hter  des 
Pfaiiippus  erwähnt^);  wobei  es  eine  ziemlich  unerhebliche  Differenz 
ist,  dass  Ihm  unser  Verfasser  vier  Tochter  beilegt ^  und  diesen 
allen  die  prophetische  Gabe  zuschreibt,  jener  dagegen  nur  zwei 
Tochter  des  Philippas  kennt,  von  denen  die  eine  jencAbesessen  V^^ 
habe.  Dass  aber  darum  auch  wirklich  der  Apostel  und  der  Dia- 
koniis  die  gleiche  Person  sein  können,  wieWeizel^)  will,  wird 
Niemand  glauben ,  der  sich  das  Verhältniss  dieser  beiden  Aemter, 
wie  es  unsere  Schrift  darstellt,  klar  gemacht ; ^ eben  desshalb  wer- 
den ja  nach  c.  6,  2  die^ Diakonen  gewählt,  well  sich  die  Apostel 
der  Almosenvertheilnng  nicht  unterziehen \  können,  und  desshalb 
mttssen  umgekehrt  in  unserem  Abschnitt  Petrus  und  Johannes  von 
Jerusalem  kommen  ^  well  nur  ein  Apostel  die  VoUendnngsweihe 
ertheilen  kann.  Wenn  daher  Phllippus  einer  von  den  zwölf  Apo- 
steln war,  so  war  er  keiner  von  den  sieben  Diakonen  und  um- 
gekehrt, diess  ist  sicher.  Hier  spricht  nun  aber  fär  die  Angabe 
unserer  lächrift  die  Erwägung,  dass  sich  für  die  Herabsetzung 
des  Apostels  zum  Diakonns  in  unserer  Darstellung  weit  weniger 
annehmbare  Grdnde  denken  lassen ,  als  f(lr  die  Erhebung  des  Dia- 
konns zum  Apostel  in  der  Ueberlieferung  einer  Kirche,  welcher 
dadurch  die  Ehre  eines  apostolischen  Ursprungs  zufiel;  zumal  der 
anbestimmtere  Gebrauch  des  Aposteltitels  fOr  ausgezeichnete  Ver- 
kdndiger  des  Evangeliums  ausser  den  Zwölfen,  wie  Barnabas, 
leicht  dazu  veranlassen  konnte,  den  svayyehbT'^g  (wie  Phllippus 
0.  21  beisst)  In  das  Apostelcolleglum  zu  versetzen.  Dazu  kommt, 
dass  unsere  Schrift  der  Zeit  des  Phllippus  um  ein  Bedeutendes 
näher  steht,  ftl8  der  Brief  des  Polykrates  (um  1?)8  n.  Chr.),  und 
dass  (worüber  später)  c.^21,  8.  9  dem  Bericht  eines  Augenzeugen 
entnommen  zu  sein  scheint  Andererseits  scheinen  sich  nun  Arei- 
Jich  in  der  letztern  Stelle  gerade  die  Worte :  ovrog  ix  twv  ema 
mit  ihrer  deutlichen  Röckbeziehnng  auf  c.  6  als  Zusatz  des  Ver- 
fassers zu  verrathen,  dessen  Identität  mit  jenem  Augenzeugen 
unsere  spätere  Untersachung  vrird  bestreiten  mflssen,  und  die  Ge- 
nauigkeit in  den  Angaben  des  Polykrates  ttber  die  Töchter  des 
Phllippus  erweckt  ein  gttnstiges  Vorurtheil  für  die  Tradition,  der 


')  Denn   die  Vermuthung  von  Gieseler   Stud,  u.  Krit.  1829,  139  f,,  c.  21, 
9  sei  spätere  Glosse,  hat  wenig  für  sich. 
*)  Die  Christi.  Passahfeier  S.  153  f. 


15^  D«s  Christentbum  in  Sam&rieB. 

er  gefolgt  kt  IndoMen  zeigt  »Wk  dooh  fdp  una^D  Vertmmaer 
eder  seine  Qaellen  au  wenig  genogeirier  Anläse,  om  dem  Apostel 
die  imtergeordneCe  Rolle  des  DUkonas  anzuweisen ,  denn  dass  er 
diese  gethan  liaben  sollte,  um  seiner  Angabe  e.  8,  1  aber  das 
Verbleiben  der  Apostel  In  Jerusalem  nichts  zu  vergeben ,  ist  nieht 
wabrscbeinlioh ,  da  eine  Bekehrungsrdüse  naek  Samarien  damit  bei 
Pbilippns  se  gut,  wie  bei  Petrus  und  Johannes,  zusammenbestand, 
and  da  ihm  naeh  seiner  ganzen  Tendenz  ein  weiterer  apostoliseher 
Vorgang  der  Bekehrung  von  Niohtjuden  nur  erwünscht  sein  konnte. 
E%er  liesse  sich  annehmen,  er  habe  den  Phllippus  zum  blossen 
Ulftkeo  gemacht,  um  den  Petrus  in  der  V«  14  ff.  erzflhlten  Weise 
mit  dem  Magier  Simon  zusammenbringen  zu  kftnnen;  auch  dann 
standen  ihm  aber  weit  leichtere  Mittel  zu  Gebot;  er  durfte  ja  nnr 
den  Petrus,  Ähnlich  wie  c  9,  32,  unabhängig  ven  Phillppns  naid» 
Samarira  gehen  lassen»  In  diesem  Punkt  hat  daher  die  Richtigfceit 
unserer  Darstellung  die  überwiegende  Wahrseheinlichkeit  für  sich. 
Weniger  günstig  werden  wir  über  die  Glaubwürdigkeit  der 
Erzählung  V«  6—8  und  V«  14—17  urtheilen  müssen.  Philippns, 
berichtet  die  erstere  Stelle ,  kam  in  eine  samarische  Stadt  und  ge- 
waim  hier  die  Aufmerksamkeit  der  gesammten  Einwohnerschaft 
für  seine  Verkündigung  in  Folge  der  wunderbaren  fiMluagen, 
die  er  an  Besessenen,  Paralytischen  und  Lahmen  verrichtete.  Dass 
diese  Heilungen  auf  natürlichem  Wege  bewirkt  wurden ,  dass  nicht 
blas  Teufelanstreibungen,  d.  h.  wirkliche  oder  vermeintliche  Hei* 
lungen  von  Wahnsinnigen  dieser  Klasse ,  in  grösserer  Anzahl,' rein 
in  Folge  psychischer  Eindrücke,  gelangen,  sondern  dass  auch  die 
vielen  vom  Sehlage  Getroffenen  und  Gelähmten  sammt  und  sonders 
avf  die  gleiche  Art  gesund  wurden  und  gesund  werden  kennten, 
^  wird  Niemand  glaublieh  finden.  Wir  haben  hier  also  jedenfalls 
eine  ungesel^htiiche  Ausmalung  dessen ,  was  Phllippus  in  Sa- 
marien gethan  hat.  Sehie  dortige  Wirksamkeit  selbst  in  Zweifel 
zu  sdehen,  berechtigt  dlesa*  Umstand  natürlich  ebensowenig,  als 
die  mittelalterlichen  Missionslegenden  uns  ein  Recht  geben,  an  der 
geschichtlichen  Bedeutung  eines  Benifaz  und  Ansgar  eu  sweifeln, 
aber  doch  beweist  er,  dass  die  Dichtung  auch  bei  dieser  Erzäh«* 
hing  th&ilg  war,  dass  wir  keine  reine  Getichiehtc  vor  uns  haben. 
Das  Gleiche  sehen  wir  aber  auch  aus  V.  14  ff.  Nach  dieser 
Derstellung  hat  noch  keiner  der  von  Philippus  getauften  Samari- 
taner  den  heil.  Geist  erhalten,  erst  als  die  Apostel,  Petrus  und 
Johannes,  für  sie  darum  bitten  und  ihnen  die  Handauflegung  er- 


Das  CliiisMtlram  in  Ssroarien.  15T 

tbaiktt,  fftttt  er  auf  sie.    Bin  atlcher  H^rgmg  itt  gevf\s»  liooM 

MiffalltiKL    Offeubar  lie^  hiebe!  aie  Vorstellooff  e«  Graide,  dess 

nioM  der  DiakMme,  Bonderii  aur  die  Apostel  zar  MUtlieiloeji^  dee 

Geistee  befiiiigt  seien,    «od    dese  diese  Mittheilm^  nicht  etwa 

dnrcii  den  stärkeren  BindroeiE  der  aposteiUielMn  Predigt,  sendem 

einxi^  und  alldn  darch   das  Gebet   and  die  Handanftegnug  der 

Apaetel  erfelge.    Bine  ee  magisohe  Wirkung  dieser  Handlangen, 

und  ein   se    anssohliesslloh  an    das  apoetoMsohe  Ami  geknüpftes 

Voivecht  kann  aber  nicht  der  geschlditllehen  Wirkllehkeit,   son* 

dem  nur  der  Verstellong  einer  Zeit  angehören,  welche  die  rioh-^ 

tige    'Ansebaanng    über  die  jSlellang    der  Apostel  nnd  aber  dks 

Wesen  der  Oetstesbegabung  verioren  hatte.    Selbst  die  apeloge* 

tieche  Gosebichtscbreibang  wagt   diese  kaani  noch  za   lAagnen, 

nar  am  se  eifriger  bemeht  sie  sich  aber,  durch  Einschiebang  na- 

tOrlicli-  pejrohslogischer  BrklArusgsgrllBde  nnsern    Verfasser    ven 

jener  Vorstellang  freizusprechen.    Die  Samaritaner,  bemerkt  Ne^ 

ander  9.  104,  und  ähntfeh  Meyer  z.  d.  St.,  haben  zuerst  nur 

die  Wassertaufe   ohne  die  Gelstestaufe  empfangeii»     Die  Ursache 

davon  liege  in  der  Art,  wie  sie  zMi  Glauben  gekommen  waren. 

tbive  iunbestinMite Sehnsucht  nach  höheren  Offenbarungen,  duri^  die 

Tftuschungskunste  des'  Magiers  Simon  von  Ihrem  wahren  Ziel  al^ 

geleitet,  habe  sie  beim  AnUlIck   der  Wunder,    welche  PMippus 

verrlditete ,  eucest  aar  gm  einem  äusserlichen ,  von  slmliehettBln* 

drOoken  ausgdbenden  Gla»ben  geführt,  erst  durch  die  Lehre  und 

das  Gebet  der  beiden  Apostel  sei  ihnen  der  wahre  Geist  und  die 

elgmie  innere  firihhrang  der  christlichen  Lehre  auf geecMessen,  und 

tn  Folge  davon  erst  jetzt  die  Beflftbigung  für  die  Ge1stesbeg«bang 

ertheilt  werden.    AUeiu   von  diesem  apestolischen  Vnterrleblv  ven 

der  ^,Verbereitung^^  auf  die  Geistesweihe,   welche  Ne  and  er  hier 

flinneliwftiizt,  wems  vnser  Tent  nichts,    ebensowenig  aber  umg»* 

kehrt  veo  4ier  mangelhaflen  Beschaffenheit  des  anfiDgHohen,  duroh 

Fhllippus  geweckten  Glhubese  der  Samsrltaner^    wenn  vMmthr 

üe  (Predigt  des  PhiMppos  und  die  einmuthige  Aufknerksamkelt  des 

Volks  auf  diese  Predigt  zwar  erwähnt  wird    C^.  6  f.  13),   die 

Mstesbegabong  dagegen  V.  14  M^  einzig  und  allein  durch  ^s 

Giftet  ufid  die  Handauflegung  der  Apostel  bewhrkt  erscheint,  so. 

ist  idar,  dasfi  unsere  Schrift  die  Sache  genau  umgekehrt  darst^t^ 

dtsa  Jbr  zuMge  gerade  Milippus  es  ist,  der  neben  dem  ausser« 

ÜQhen  Mittel  der  Wunder   auch  noch  das  geistige  der  Belehrung 

anwendet,  wogegen  die  Apostel  eine  nach  unsern  Begriffen  frw- 


158  Simon  der  Magier. 

lieh  Biir  auf  gebtigeiii  Wege  ndgliehe  Wirkong  rein  ioMerlieh, 
dnroh  ihre  wuDderkrfiftige  Handanflegiing,  hervorbringen.  Können 
wir  uns  daher  von   der  Möglichkeit  dieses  Hergangs  nicht   Qber- 
zengen,  so  ist  es  besser,  unsere  Zweifel  gegen  die  vorliegMide 
BraAhlang   unumwunden    zu    bekennen,    statt   mit   der   modernen 
Apologetik  ihren  8inn  duroh  unberechtigte  Znthaten  zu  verändern. 
Schon  durch  ihren  Zusammenliang  mit  der  eben  besprochenen 
wird  nun  auch  die  Erzählung  uasers  8ten  Kapitels  über  den  Ma- 
gier Simon  und  s^in  Zusammentreffen  mit  Petrus  verdächtig.  I>enn 
da  die  Anwesenheit  des  Petrus  in  Samarien  nach  unserer  Sclirift 
wesentlich  die^  apostolische  Geistesmittheilung  an  die  von  Philippus 
Getauften  zum  Zweck  hat,  so  frairt  es  sich,  ob  nicht  mit  diesem 
Motiv  auch  jene  Anwesenheit  selbst  aufzugeben  ist;  und  da  ebenso 
der  Auftritt  zwischen  Simon  und  Petrus  um  eben  jene  Geistesmit- 
theilung  sich  dreht,   und  mit  der   Annahme    des   ISten  Verses, 
dass  durch  die  apostolische  Handauflegung  der  heil.  Geist  ertheilt 
werde,  seinen  eigenthamlichen  Gegenstand  verliert,    da  es  gerade 
dieses  apostolische  Vorrecht  ist,   um  das  es  sich  hier  handelt,   so 
fällt  nicht  blos  der  äussere  Anlas«,  sondern  auch  die  ganze  Be- 
deutung dieses  Auftritts  weg,  wenn  jenes   Vorrecht  in  der  von 
unserer  Darstellung  angenommenen  Weise  nicht  eiisturt  hat,   und 
es  kann  nicht  ohne  Weiteres  vorausgesetzt  werden,  dass  der  vor- 
liegenden Erzählung  wenigstens  ein  anderer  analoger  Vorfall  au 
Grunde  liege»    Auch  ausserdem  aber  liesse   sich  gegen  die  Ge- 
schichtlichkeit unsers  Magiers  Manches  einwenden.     Dieser  Mann 
spielt  bekanntlich  die  erste  Bolle  in  der  alten  Ketzersage.    Schon 
die  frühsten  Angaben  über  ihn  lauten  aber  so  apokrjr phisch ,  dass 
sie  ihn  als  eine  durchaus  inythische  Person  erscheinen  lassen.  Nach 
Just  Apol.  I,  26.  66   stammte    er  aus  dem  samarischen  Dorfs 
Gitton,  kam  unter  Claudius  nach  Rom  und  vrusste  sich  hier  dnrdi 
seine  magischen  K^ünste  in  solches  Ansehen  zu  setzen,  dass  ihm 
der  Senat  göttliche  Bhre  und  jene  bekannte  im  16ten  Jahrhundert 
wieder  aufgefundene  Bildsäule  auf  der  Tiberinsel  zuerkannte,  deren 
Inschrift  der  gute  Kirchenvater  freilich  sehr  ungenau  gelesen  hat, 
wenn  er  aus  dem  Semo  Sancu»^  dem  romisdien  Hericules,  einen 
Simo  SanctUM  macht    irenäus  (I,   »3,  3.  27,  4.  II,  präf.  UI, 
präf.),  nennt  ihn  den  Vater  aller  Häresen.    In  derselben  Eigen- 
schaft eines  Repräsentanten  der  häretischen  Gnosis  führen  ihn  die 
clementinlsehen  Homilien  und  Reeognitionen  als  den  ständigen  €teg- 
ner  des  Petrus  auf,    welcher   vom  Orient  nach  Rom  wandernd) 


Simon  der  Magier.  159 

durch    ZaabiDricauste  und  Predigt  seiner  polTtheistkeften  Irrlehre 
Anhänger  zn  gewinnen  socht,  und  die  apostolischen  Constitutionen 
(VI,  93  mit  vielen  Andern  ^3   lassen  ihn  in  Rom  durch  magische 
Künste  in  die  Luft  fliegei^,  aber  auf  das  Gebet  des  Petrus  herab- 
stnrsen^   wogegen  er  sich  nach  Pseudoorig.  philosoph.  VI,  SdO 
in  Rom   lebendig   begraben  Iftsst,  indem  er   verbeisst,  am  dritten 
Tag   werde  er   wieder  auferstehen.    Eine  Sekte  der  8imonianer 
kennt   auch  Hegesipp^}.    Weiter  sagt  Justin  (Apol.   I,  26  Tr. 
180,  8chl.)7  Bimon  werde  in  8amarien   fast  allgemein ,  ausserhalb 
Samariens  dagegen  nur  von  Wenigen,  als  der  höchste,   über  alle 
Bngel  (jxQxaij  s^ovaiaiy  dwaf^eig)   erhabene  Gott  anerkannt  und 
verehrt,   und  neben  ihm  werde  eine  gewisse  Helena,  früher  eine 
öffentliche  Dirne,   die  mit  ihm  umhergezogen  sei,  fOr   die  TtQtkT) 
hvoia  an   avrov  yevö/AevT]  ausg^eben.  —  Ausfnhrlieheres  wissen 
die  clementinischen  Bomillen  11,  22  ff.  nicht  blos  über  das 
lieben   und    die   Wuoderthaten   des  Magiers,    sondern   auch   über 
seine  Lehren  zu  berichten.    Nach  ihrer  Angabe  hätte   er  sich  für 
die  höchste  Macht  aasgegeben,   von  der  er  den  Weltschöpfer  als 
ein  untergeordnetes  Wesen   unterschieden  habe,    zogleidi   soll  er 
stob    aber  auch    den  "^Eatdßs   genannt   haben ,    um    sich   als   den 
Messias  zu  bezeichnen  ^3.     Ausserdem  wird  ihm  vorgeworfen,  dass 
er  die  Auferstehung  der  Todten  läugne,   und   nur  scheinbar  an 
ein  künftiges  Gericht  glaube,  dass  er  den  Berg  Garizim   an  die 
Btelle  Jerusalems  jsu  setzen   suche ,  dass  er  das  alte  Testament 
(ra  Tov  voitiov^  in  seinem  Sinn  allegorisch  umdeute,    lieber  sein 
erstes  Auftreten  wird  hier  erzfthit:   er  habe  sich   ursprnnglh^h  zu 
dem  TAufer  Johannes  gehalten  und  unter  den  dreissig  anserwfthl- 
testen  Bohttlern  desselben  die  erste  Stelle  eingenommen;   während 
er  sich  In  Aegypten  aufhielt,  um  die  Magie  zu  erlernen,  sei  Jo- 
hannes   getödtet    und  Dositheus   zu    seinem    Nachfolger    erwfthlt 
'worden,  nach  seiner  Rückkehr  jedoch  sei  es  Simon  mit  Hülfe  sei* 


0  M.  s.  Cotelier  z.  d.  St.  der  ap.  Consiit.  Simson  in  lllgen'si  Zeitscbr. 
f-  lüstor.  Theol.  1841,  3,  31  ff.  Uebrigens  sagen  erst  spätere  Angaben,  Simon  sei 
bei  dieser  Gelegenheit  todtgefallen ,  die  ap.  Constit.  und  ein  Tlieil  ihrer  Nachfolger 
^usen  ihn  nur  die  Beine  brechen. 

")  B.  Eus.  IV,  22,  5:  S^ßov^ig..  anorwr  hträ  ai^iaftav  wr . .  ä(f  wr  ^futay^ 
»hy  öl  £ijuwvictyo\ ,  ical  KUoßioq  . .  xai  doai&eoq  u.  s.  w. 

^)  A.  a.  0.  22:  tvCovs  Se  xai  X^unor  favroy  alnaaofievos  larwra  n^ogayo^ 
^fvfi.  Tat/tfi  3e  Ttj  nQogt^YOQ^ü  x^^^^rai  ocg  St]  artjöOjuEVoq  äet  xa\  citriav  ipS^OQag, 
*'<"■*  To  ai5/ua  nsaeiyy  ova  F;((av. 


162  Simon  der  Magier. 

DarateUoBg  der  simonianischen  Lehre  die  mieiidUohe  Kraft  (i^  aTtiq- 
ccvTog  dvvafiig)y  die  nichts  Andere«  ist,   als  das  Fener«    Als  der 
verborgene  Grnnd  der  Dinge,  oder  als  das  unsichtbare  Feuer  ge- 
dacht,  fasst  diese  Kraft  alles  Inteliigible  in  sich,  als  das  sicht- 
bare Feuer  bringt  sie  die  Welt  hervor.  9     D^^  ersten  BrzengDisao 
des  Urfeners,  die  sechs  Wurzeln  aller  Dinge,  sind  die  drei  Syzy- 
.  gieen  voCq  und  inivoia^  qxavri  and  ovoßiUf  XoyiAf^og  and   ev^- 
fi^aig^  von  denen  die  erste  auch  Hinunel-nnd  Erde  genannt  wird, 
die  zweite  Sonne  and  Mond,  die  dritte  Luft  and  Wasser.     Das 
Urwesen  aber,   welches  sich  in  ihnen  and  in  allen  Dingen   zar 
Erscheinung  bringt,  heisst  in  seiner  onerschaffeneu  Kraft  karwg, 
sofern  es  die  Erschelnungswelt  als  sein  Abbild  hervorbringt  axag, 
sofern  es   sich   in  der  höheren   Welt  darstellt  atjjcofieyog.     Anf 
diese  Aeonenlehre  werden  die  sieben  SchOpfangstage  der  Genesis 
gedeutet ,  indem  zu  den  drei  Syzygleen  als  Siebentes  das  Pneuma 
binzugefOgt  wird.    Der  angebliche  Simon  bezdiehnet  dasselbe  als 
das  Abbild  der  Urkraft,  welches  arsprünglich  in  dieser  selbst  ent- 
halten war,  in  dessen  Wesen  es  aber  liegt,  sich  zar  Welt  zu 
enifalten,  so  dass  es  also  als  die  av^vyog  des  Urwesens  ganz  die- 
selbe Rolle   spielt,   wie   die  tiqwtt]  awoia  nach  der  Darstellong 
des  Irenäus,  wie  denn  auch  Epiphanias  hftr. XXI,2  die  eifvout 
geradezu  nvevficc  ayiw  nennt.    Diese  höchste  Syzygie  wird  dann 
aber  auch    wieder   mit   dem  ersten  abgeleiteten  Paar,  vovg  and 
inivoicc,  identificirt,  wenn  es  heisst  C^'.  18),  der  Vater  von  Allem, 
seiner   unendiicben  Kraft  nach  mannweiblich,  .hal»e  die    aTilvoia 
aus  sich  hervorgehen   lassen,   und   so  seien  es  zwei  geworden, 
der  vovgy'hU  der  mftnnllche  Theil,  die  (Aeyakrj  dvvafiig,  die  Alles 
ordne,   und  die  inlvota  ^eyahj^  der  weibliche  Theil,  der  Alles 
gebäre.     In  dem,  was  er  Ober  die    Weltentstehong  sagt,    zeigt 
sich  der  Verfasser  besonders  bemflht,  mosaische  Stellen  omzadea- 
ten,  die  Beschreibung  des  Paradieses  auf  die  Bildong  des  Kinds 
im  Mutterleibe,  die  StrOme  desselben  nnd  die  Titel  der  fOnf  Ba- 
cher Moses,  daneben    aber  aach  einige  homerische  Stellen,  anf 
die  fünf  Sinne,  die  Erzählang  vom  Baum  des  Lebens  und   von 
dem   Cherub  mit  dem  flammenden  Schwerte   anf  dea*  Zeagasgs- 
process.    Was  uns  der  Verfasser  der  Philosophumena  weiter  mit^ 


')  Die  BesUmmuDg  des  Urwesens  als  Feuer  gehört  belianQtlicIi  ebefiso,  Wie 
die  Dnterscheidang  eines  doppelten  Feuers,  urspranglicli  der  stoitclien  Pitilosophie 
tn;  Tgl.  meine  Philotophie  der  Grieclien  lU,  72  f. 


Simon  der  Magier.  163 

iheütj  dft88  die  inlvoi^ay  Daoli  Sifflon's  JBehanptiisg)  als  da«  ver- 
irrte Schaf  des  Evangeliams  in  weclifieliider  Franeogestalt  die 
Welffiseit  darchlanfen ,  und  so  unter  ADderem,  der  Helena  inwoh- 
nend, den  trojaDischen  Krieg  veranlasst  habe,  bis  sie  zuletzt  von 
Simon  in  Tyrus  gefunden  wurde,  dass  Simon  unter  veraebiedenen 
Gestalten  in  den  Reichen  der  verschiedenen  Weltfflrsten ,  am  Ende 
iü  Judüa  anscheinend  als  Mensch  erschienen  sei,  dass  er  sich  den 
Jaden  als  Sohn,  den  Samaritanern  als  Vater,  den  übrigen  Völkern 
als  h.  Geist  geoffenbart  habe,  dass  seine  Anhänge^  im  Vertrauen 
auf  seine  erlösende  Qnade  die  sittlichen  Satzungen  verwerfen  und 
sich  allen  Ausschweifungen  und  Zauberkünsten  hingeben,  dass 
sie  Bilder  von  Simon  und  Helena  in  der  Gestalt  des  Zeus  und  der 
Athene  haben,  das  trifft  mit  dem  Bericht  des  Irenftus  so  vollstän- 
dig zusammen,  dass  wir  nicht  zweifeln  können,  nnser  Verfasser 
mnss  den  Irenäus  theils  unmittelbar  benutzt,  theils  die  gleiche 
Quelle  mit  ihm  gehabt  haben.  Kann  nun  auch  diese  Quelle  nicht 
blos  nicht  für  authentisch ,  sondern  Oberhaupt  nicht  für  älter,  als 
die  valentinianische  Gnosis  gehalten  werden,  die  dem  angeblichen 
Simon  so  sichtbar  vorschwebt,  müssen  wir  sogar  bezweifeln ;  dass 
sie  bis  in  •  die  Abfassungszeit  der  clementinischen  Homilien  hin- 
aufreicht, '60  beweist  doch  das  Dasein  einer  solchen  Schrift  für 
die  Existenz  einer  Parthei,  die  in  Simon  wirklich  die  höchste 
Offenbarung  der  Gottheit  anerkannte,  oder  doch,  wenigstens  da- 
für, dass  die  Simonssage  auch  von  Gnostikern .  in  ihrer  Weise 
benützt  wutde.  Auf  dieselbe  Schrift  bezieht  sich  vielleicht  die 
Stelle  der  apostolischen  Constitutionen  Vl>  16  und  das  Citat  des 
Hieronymus  in  Matth,  24,  6:  ego  tum  $ervus  Deiy  ego  $um 
specioMus^  ego  paracletut^  ego  omnipotet$Sf  ego  omma  Bei;  auch 
Epiphanius  hat  sie  wohl  noch  vor  sich  gehabt,  da  sein  Bericht 
über  Simon  (h.  XXI,  1—4);  im  Uebrigen  mit  Irenftus  und  dem 
falschen  Origenes  übereinstimmend,  doch  auch  einiges  Eigenthüm« 
liche,  und  darunter  ein  Citat  aus  Simon,  in  der  direkten  Bede, 
enthält^  ^doch  ist  dieses  Eigenthümliche  zu  unbedeutend,  um  hier 
weiter  berücksichtigt  zu  werden,  und  noch  weniger  brauchen  wir 
auf  andere  von  den  späteren  Schriftstellern,  wie  Euseb  (K.  6. 
II,  1«^)  und  The  oder  et  (fab.  här.  J,  1),  näher  einzugehen,  von 
denen  Jener  sichtbar  aus  Irenäus  und  lustin,  dieser,  aus  Ire- 
näus und  den  Philosophumena  geschöpft  hatO*    Audi  Clemens 


^)  Eine  ileissige,'  «^er  sehr  unkritische ,  ZusamipeastelluDg  ihrer  Angaben  findet 

11* 


164  Simon  der  Magier. 

AL^)  Qnd  Ori genes ^)  können  hier  nbergangcfn  werden,  dn  ihre 
knrzen  Angaben  nlcYitg  Neues  bringen,  doch  ist  es  nicht  ganz  un- 
wichtig; aas  dem  Letztem  (g*  Gels.  V,  62)  za  erfahren,  dass  aach 
Celsas  von  einer  christlichen  Parthei  der  Simonlaner  oder  Helenianer 
gehört  hatte. 

Man  glanbt  nun  gewöhnlich  ans  der  Apostelgeschichte  das 
^atsftchliche  zu  erfahren,  was  diesem  ganzen  Sagengeflechte  zu 
Grand  liegt,  und  man  verknüpft  damit  die  Angabe  des  Joseph ns 
Ant.  XX.  7,  2  Ober  einen  gewissen  Simon«  der  als  Unterhändler 
des  Prokürator  Felix  die  Drnsilla  bewog,  ihren  Mann  zu  verlassen 
und  sich  mit  Felix  zu  verbinden p.  So  z.  B.  Neander  a.  a.  0. 
107  f.*  Dieser  Simon  jedoch  hat  mit  dem  nnsrigen  nichts  zu 
schaffen.  Die  Gleichheit  der  Namen  kann  natürlich  die  der  Per- 
sonen um  so  weniger  beweisen,  da  der  Name  Simon  bei  den  Jnden 
so  ausserordentlich  häufig  warf),  sonst  aber  fahrt  Alles  auf  ihre 
Verschiedenheit.  Der  Simon  des  Josephus  ist  ein  Jude  ans  Cypeni, 
der  unsrige  ein  Samaritaner  aus  dem  Dorfs  Gitton,  und  die  Yer" 
muthüng^),  dass  dieses  Gitton  aus  dem  oyprischen  Kittion  entstan- 
den sei,  ist  um  so  unwahrscheinlicher,  da  Josephus  Kittion  als  Ge- 
burtsort seines  Simon  nicht  nennt,  und  da  andererseits  fast  alle 
unsere  Zeugen,  Justin,  die  beiden  clementinischen  Schriften,  Ire- 
näus,  Pseudo-Origenes,  Epiphanius,  Theodoret,  den  Simon  der  Sage 
ausdrücklich  als  einen  Samaritaner  aus  Gitton  bezeichnen.  Ob 
ferner  der  Simon  des  Josephus  wirklich  das  Gewerbe  eines  Ma- 
giers trieb,  oder  ob  er  nur  for  den  Zweck  seiner  Sendung  nach 
Eüessa  diese  Maske  vornahm,  wird  aus  dem  Bericht  des  Josephus 
nicht  ganz  klar,  der  Ausdruck  ocriTtTeaStcc  spricht  aber  etier  A)r 
die  zweite  von  diesen  Annahmen.  Jedenfalls  erscheint  er  Im  vor- 


Rian  in  der  schon  erwähnten  Abhandlung  von  Simson:  Leben  und  Lehre  Simon'f 
'd.  M.  (Illgen's  Zeitschr.  f.  bist.  Theol.  1841,  3,  15  ff.),  und  bei  Luttcrbeck, 
<lie  Beutest.  Lehrbegriffe  II,  7  ff. 

»)  Strom.  U,  11.  VII,  17.    S.  363,  b.  764,  d.  Sflb. 

2)  C.  Cels.  I,  57.  V.  62.  VI,  11. 
-    ^)  Die  Stelle,   so   weit  sie  sich  auf  Simon  bezieht^  lautet:   (^jy^^J)  JUfiwa 
ovofiori  Twy  iairrov  tpUioy,  ^lovSalov,  Kvtiqiov  Sk  yevof,  fiayoy  elrai  axfjTrrQ/uifor, 
n^fjOKay  n^^  avrrjv   tneiS^e ,   rov   äv8qa  jcataXmovaav   a€rm  yiiuM&ai^  /uiaeai>letr 
frmiiattr  mayye Xko/uey og  fiij  vns^rjtpar^a&ay  «vrov, 

^).  AUeiQ  im  N.  T.  konuneii  9,  Sioioi^  ^iv  mHAX  de«  112ikpoal«ln  ^isbd  2^jm>^ 
und  der  Sohn  eines  Simon  (Ischarioth),  ausserdem  führte  ein  Bruder  Jesu  diesen 
Namen.     Der  Index  zum  Josephus  enthalt  24  Simon. 

^)  Hilgenfeld  die  clementin.  Recogniüonen  und  Homilien  S.  319. 


Simon  dei;  Magier.  \^ 

liegieiideD  F^l  «|s  ein  ganz  gewöhnlicher  ^[ap^erj  der  von  seiner. 
Magie  keinen  weitern  Oehraach  macht,  denn  die  Worte  des  Jose- 
phas:  fmxa^Uxv  Tioir/qsLV  inayy8ll6f.(Svog  darf  man  nicht  mit  Ne- 
ander  Olyersetzeni  Simon  Oherredete  die  DrasiUa)  dass  er  ihr  durch 
seki  übermenschliches  Vermögen  (davon  steht  hei  Jos.  kein  Wort) 
ein   gresses  Glttck  verschaffen   werde;  der  mayyeilofievog  ist  ja 
gar  nicht  Simon ^  sondern  Felix,  in  dessen  Munde  das  (jLaxaqiav 
Ttoi^asiv  nur  bedeuten  kann,  er  wolle  sie  hi  glänzende  Umstände 
versetzen.    Der  Simon  des  Josephns  ist  daher  als  geschichtlicher 
Anhaltapunkt  fOr  die  Simonssage  und  fttr  die  Erzählbng  der  Apo« 
stelgeischicbte  darchans  nicht  zu  brauchen.    Um  so  eher  mOchte 
man   In   dem   Simon   der  Apostelgeschichte  den   historischen  Kern 
Sachen,   woran  sieh  die  patrii^tiscben  Sagen  über  den  Stammvater 
aller   Häretiker  angesetzt  haben,  wenn  nur  seine  gescliichtliche 
PersOnUc^elt  durch  das  Zeugniss  unserer  Schrift  hinreichend  ge- 
schtltzt  wäre,   und  in  unserer  Erzählung   selbst  festeren  Boden 
hätte.    Da  wir  uns  aber  im  jLauf  dieser  Untersuchung  schon  so 
vielfach  davon  tiberzeugen  konnten,  wie  wenig  auf  die  historische 
Zuverlässigkeit  unserer  Schritt  zu  bauen  ist,  und  da  uns  noch  eine 
grosse  Anzahl  weiterer  Beweise  hieftlr  in  Aussicht  steht,  so  whrd 
sich  vorerst  dje  MOglicibkeit  nicht  bestreiten  lassen,  dass  es  sich 
mit  dem  Magier  Simon  trotz  des  verliegenden  Zeugnisses  anders 
verhalte,  als  unsere  Schrift  berichtet.    Diese  MOgUchkeit  wird  zur 
Wahrscheinlichkeit,  wenn  wir  geni^ner   auf  den  Zusammenhang 
achten,  in  welchen  der  Vorfall  mit  Simon  hier  gestellt  ist.    Was 
den  Simon  bestimmt,  sich  taufen  zu  It^sen,  das  sind  (c.  8,  6  f.  13) 
vor  Allem  die  Wunder,  die  von  dem  Evangelisten  in  so  grosser 
Zahl  verrichtet  wurden,  und  was  ihn  zu  seinem  Antrag  an  Petrus 
und  Johannes  veranlasst,  das  ist  (V.  18)  die  Bemerkung,   dass 
durch  die  apostolische  .  Handauflegung  der  h.  Geist  ertheilt  wird. 
Mit  diesen  zwei  Voraussetzungen  ist  unsere  Erzählung,  wie  wir 
8^on  oben  bemerkt  haben,  so  eng  verwaclisen,  dass  sie  mit  den- 
selben alle  ^  ihre  Motive   verlieren  würde.    Nun  mussten  wir  aber 
nicht  blos  die  Wunderthaten  des  Philippus  fttr  unhistorisch  erklär 
reo,  sondern  auch  von  der  Geistesmittheilung  ist  bereits  gezeigt 
worden ,  dass  sie  hier  auf  eine  wahrhaft  magische  Weise  an  die 
apostolische  Handanflegung  geknOpft  wird.  Gerade  dieses  Magische 
ist  es  abcir,  wodurch  der  Antrag  Simonis  allein  begreiflich  wird. 
Dieser  Antrag  setzt  vori^us,  dass  ihip  die  Begabung  mit  dem  Geiste 
ik  eine  änsserlich  wahrnehmbare,  fpit  4er  Handanflegung  uiuoit- 


]  66  Simon  der  Magier. 

telbar  verbundene  Wirkung  In  die  Angen  tel;  eben  diess  wird  ja 
Aber  anoh  von  unserer  Schrift  V.  16 — 18  deuüicli  genug  gesagt, 
nnd  wenn  \i1r  die  Analogie  der  Erzählungen  vom  ersten  Pflngst- 
fest,  von  der  Bekehrung  des  Cornelius  und  von  der  Taufe  der^ 
Johannesjünger  (c.  19}  beachten,  so  können  wir  kaum  bezweifeln, 
dftss  sich  unser  Verfasser  auch  bei  den  Samaritanem  die  Geistes- 
ausgiessung  mit  der  charakteristischen  Erscheinung  de»  Zungen- 
redens verknapft  denkt.  Ist  nun  diese  Wirkung  der  apostolischen 
Handauflegung  nicht  denkbar,  so  kann  sie  auch  auf  Simon  nicht 
den  Eindruck  hervorgebracht  haben,  den  sie  nach  unserer  Darstel- 
lung' hervorgebracht  hatte,  und  da  mit  diesem  Eindruck  das  ^anze 
Motiv  fOr  die  Handlungsweise  Simonis  wegfällt,  so  mtlssen  wir 
ebendamit  die  Geschichtlichkeit  des  ganzen  Vorfalls,  der  hier  er- 
zählt wird,  bezweifeln. 

Wer  verborgt  uns  dann  aber,  dass  der  Magier  Simon  als  ge- 
schichtliche Person  Oberhaupt  existirt  hat?  Unsere  Erzählung  selbst 
offenbar  nicht,  denn  wenn  der  Verfasser  in  dem  Einzigen,  was  er 
von  dem  Magier  erzählt,  einer  unsicheren  Sage  gefolgt  ist,  so 
haben  wir  keinen  Grund  zu  der  Annahme,  dass  ihm  Oberhaupt 
etwas  Gewisses  Ober  denselben  bekannt  war.  Es  bleibt  daher 
demjenigen,  welcher  das  Wahrscheinliche  In  dieser  Sache  erfahren 
will,  nur  Obrig,  dass  er  die  Simonssage  im  Ganzen  darauf  ansehe, 
ob  sie  eine  geschichtliche  Person  als  ihren  ursprünglichen  Gegen- 
stand voraussetzt,  oder  ob  sie  ohne  diese  Voraussetzung  aus  rein 
mythischen  BeweggrOnden  zu  erklären  ist;  wobei  sich  von  selbst 
versteht,  dass  auch  ia  dem  letztern  Fall  ihre  Veranlassung  in  be- 
stimmten geschichtlichen  Verhältnissen  liegen  wird,  nur  nicht  in 
den  individuellen  einer  einzelnen  Person,  sondern  in  den  allge- 
meineren ganzer  Richtungen  und  Partheieh.  Nun  stimmen  alle 
Berichte  Ober  Simon,  von  Justin  an,  darin  Oberein,  dass  es  eine 
Parthei  von  Simonianem  gegeben  habe,  dass  diese  Parthei  von 
einem  samaritanischen  Magier,  Namens  Shnon,  gestiftet  sei,  und 
dass  Simon  von  seinen  Anhängern  als  die  höchste  gottliche  Macht, 
neben  ihm  aber  die  Buhlerin  Helena  als  der  erste  Gedanke  des 
höchsten  Gottes  verehrt  worden  sei.  In  diesen  Sätzen  werden  wir 
daher  den  Kern  der  Simonssage,  so  wie  sie  zur  Zeit  Justln^s  be- 
schaffen war,  zu  erkennen  haben.  Hiemit  trifft  abe^  auch  die 
Apostelgeschichte  Im  Wesentlichen  zusammen.  Denn  wenn  sie 
auch  der  Helena  nicht  erwähnt,  nnd  die  Anhänger  Simonis  nicht 
ausdrOcklich  als  Simonianer  bezeichnet,  so  deutet  dagegen  auch 


Simon  der  Magier.  167 

de  an,  das»  Simon  in  Samarien  als  Gott  verehrt  worden  «et,  denn 
der  Aasdrnck  jy  dvvajuig  tov  &eov  17  fieydlrj  (V.  10)  kann  nur 
ein  helleres  Wesen,  entweder  den  höchsten  Goü  selbst  anmittelbar, 
oder  die  hOcliste  von  seinen  Kräften  und  Emanationen,  bezeichnen. 
Weim  daher  gesagt  wird,  alle  Samaritaner  ohne  Ansnahme  haben 
Simon  als  die  grosse  Ootteskraft  anerkannt,  so  wird  dadurch  Justin^s 
Ao^be  bestätigt,  dass  er  in  Samarien  fast  allgemein  fOr  den  höchsten 
Gott  gleite.  Nun  enthält  aber  diese  Angabe,  und  die  Erzählungen  über 
^mon    Oberhaupt,     ein    Doppeltes:   eine    Aussage    der    Erzähler 
tiber  gewisse  Thatsachen  aus  ihrer  Gegenwart,  und  eine  Aussage 
derselben  ttber  die  in  der  Vergangenheit  liegenden  Gründe  dieser 
Thatsachen.    Das  Dasein  einer  Parthei,   von  der  Simon  und  He- 
lena als   der  höchste  Gott  und   die^  erste  Emanation  dieses  Gottes 
verehrt  wurden ,  wird  von  unsem  Berichterstattern  als  eine  That- 
saebe  ihrer  Zeit  behauptety  dass  dieser  Simon  ein  Magier  und  die 
Helena  ehie  Buhlerin  gewesen  sei;  ist  ihnen,  wenn  sie  nicht  durch 
eigene  Vermuthung  darauf  kamen,  durch  die  Sage  tiberliefert.    Es 
liegt  am  Tage,  dass  die  erste  von  diesen  Aussagen  ungleich  glaub- 
werdiger  ist,    als  die  zweite  ^   denn  so  ^ viel  uns  auch  die  alten 
Schriftsteller  selbst  eher  gleichzeitige  Erscheinungen  Falsches  be- 
richten, so  viel  sie  namentlich  den  Häretikern  auf  leidenschaftliche 
Voraussetzungen  und  trübe  GerOchte  hin  Schändliches  nachsagen, 
80  ist  es  doch  nicht  wahrscheinlich ,  dass  eine  so  allgemeine  An- 
gabe, wie  die  Ober  die  Simonianer,   völlig  aus  der  Luft  gegriffen 
sei,  wogegen  die  Behauptungen  Ober  die  ältesten  Sektenstifter  und 
über  andere   in    der  Vergangenheit  liegende  Dinge   nicht  selten 
alles  und  jedes   geschichtlichen  Grundes  entbehren.    Dass  es  also '' 
zu  Jastin's  Zeit  und  später  zwei  Gottergestalten  gab,  deren  Namen 
und  Attribute  denen  des  Simon  und  der  Helena  entsprachen,  diess 
werden  wir  den   übereinstimmenden  Aussagen  der  Alten  glauben 
mtlssen,   und  wenn  insbesondere  Justin  versichert,  die  Verehrung 
des  Simon  und  der  Helena  finde  sich  fast  ausschliesslich  bei  den 
Samaritanem,  hier  aber  ganz  allgemein,  so  erhält  diese  Angabe 
theils  durch  ihr  Zusammentreifen  mit  der  Apostelgeschichte,  theils 
dadurch,  dass  Justin  selbst  ein  Samaritaner  war,  bedeutendes  Ge-* 
wicht,   denn   so  wenig  wir  auch  diesem  Kirchenvater,  nach  dem 
Vorgang  mit  dem  Shno  Sanctus,  selbst  bei  angeblicher  Augenzen- 
genschaft,  unbedingt  vertrauen  mochten,   so  ist  es  doch  fast  un- 
denkbar, dass  er  sich  über  die  Landesgottheiten  seiner  Heimath  so 
grob  getäuscht  hätte,  om  hierüber  vöUig  Grandioses  zu  berichten» 


198  Simon  der  Ma^in. 

Die  liireitere  Frage  wird  demnach  rar  die  sein  können,  oU  die 
Verehrung  des  Simon   und  der  Helena  auf  zwei  historiaehe  Per- 
sonen dieaea  Namens  zorttckzuf  Ahrea  ist,  oder  ob  amgekehrt  diese 
aogeblioh  historischen  Personen  erst  zur  BrklAriing  jenes  Kultna 
vorausgesetzt  wurden.    Mit  dieser  Fragestellung  ist  aber  bereits 
auch  die  Antwort  gegeben.     Denn  es  wäre  gegen  alle  geaobichU 
liebe  Analogie,  dass  eine  Beligionsparthei  joner  S^eit  ihren  Stifter 
schon  in  den  ersten  MenschenaUern.  nach  dessen  Auftreten  nicht 
blos  überhaupt  fOr  ein  höheres  Wesen,  aondem  geradezu  fOr  die 
Erscheinung  des  höchstei^  Gottes  giibalten  hätte,  nnd  weder  die 
heidnischen  Apotheosen,   noch    die    christliche    Lehre   vom    Sohn 
Gottes  wtkrden  etwas  dem  Verwandtes  darbieten,  denn  bei  jenen 
handelt   es  sich  immer  nur  um  einen  niedrigeren  Grad  der  güt- 
lichen WOrde,  nicht  um  die  BiafObruAg  einer  obersten  Velksgolt« 
heit,  und  wenn  die  christUchA  Kirche  allerdlags  ihren  Stifter  von 
der  Menschheit  zur  absoluten  Göttlichkeit  erhobM  bat,  se  hat  sie 
ja  hiezu   drei  Jahrhunderte  gebraucht.    Waren  daher  Simsn   und 
Helena  samaritanisclie  Landesgottheiten,  so  können  sie  nicht  zugleich 
Menschen  und  Zeitgenossen  der  Apostel  gewesen  sein.  D^m  se  g^ 
wohnlicher  ist  es  dagegen  bei  den  älteren  christliohen  Theelegen 
und  schon  beü  den  Juden,  die  heidnischen  Gottheiten,  in  der  Weise 
des  euemeristischen  Rationalismus,  fftr  blosse  MoMchen,  fär  Könige 
oder  Zauberer  auszugebea,    die  sich    göttliche  Ehre   angemasst 
haben»    Es  ist  daher  ohne  Vergleich  wahrscheinlicher,  dass   der 
Magier  Simon  und  die  Bulüeriii  Helena  ao»  zwei  Gottheiten  ent- 
standen sind,  als  dass  umgekehrt  zwei  Menschen  dieses  Namens 
und  Charakters  zu  gottlicher  Verehrung  gelangt  alnd*  Das  Gleiehe 
gilt  auch  gegen  die  Annahme,   dass.  Simon  urspffttnglich  als  Me»- 
sias  unter  den  Samaritaiwrn  aufgetreten  sei^)^  dioie  seine  Me»* 
siasroUe  wird  aber  tüierdiessr  unter  den  älteren  Zeugen  aflein  ven 
den  zwei  tlementinischen  Sohriften  behaaptet,  die  aicb'  dafür  nnr 
auf  das  Prädikat  'Eazwg  zu  berufen,  wiaaen,*  wMirend  deeh  die 
Homilien  selbst  bekennen,  sie  sei  darin  nur  angedeutet  (oMa- 
aeaduOs  und:  wähmid  auch  ihre  erkAnstelto  Brkläcung  dieses  Worts 
zeigt,  dass  sie  jene  Bedeutung  ohne  traditleneUeiL  Grand  in  das- 
selbe bioAfntragenv^). 


«)  Ritschi  Enlst.  d.  altkath.  Kirche  161  f. 

^  Nicht  ^el  besser  ist  aber  auch  Kitschi 's  Erklärung  a.  a.  0.:  genrtas  he- 
stiehne  den  Messias  weg»  Decrt.  16,  16:  n^otfifttp^  ^raariiaii  m«  twfiof. 


SImoA  ^er  Magier.  1 69  * 

Was  für  Gottbeitea  08  »nn  waren,  die  naxierer  Sage  zu  Gm^de 
lili^eii,  lässt  sich  zwar  nicht  bestimmt  sagen,  indewen  bat  die 
VermiHhong   von  Banri)  Alias  jfar  skh,  dass  unter  der  Gestalt 
des  ßimon  der  Sonnengott,  unter  Hedana  die  Mondsgottin  verbor- 
gen sei.    Baar  beraft  sich  hiefameben  den  Namen,  von  denen 
der  ^iae  den  orientalischen  Semo  (mit  1^0^  und  Jt^^^pu^  verwandt}^ 
der  an4ere  die  grieehisebe  Seleue  daratellt,  und  neben  der  Bexelck-* 
nuug  der  Helena  in  den  Recegiitknen,  mit  Be^t  auf  die  gft^m 
SolrilderaBgf  der  Jetsslenen,  auf  ihre  Herknnft  aus  Tyrae,  aof  djk: 
VerUndnag,  in  di^  sie  (HoeuL  li,  2S)  mit  dem  IMtadsmoiwii  ge** . 
bra^bt  wird,  auf  die  Eigensebaft  einer  BubkrJn,  dl»  d»r  nim»^ 
lisehen  Mond^gettio^  als  der  Getifn  der  Zeugang  imd  OobuH^  auelk  > 
sonst  be«felitt  wird.  Wie  passend  audi  der  Name  i^^9  «ad  die 
Wandlung  von  Osten«  nad^  Westen  dem  erientaüsdien  Heittles, 
dem '^OAnetthelden^  deesen  Symbol  die  Sfiide  ist,  k«ig«legt  nHhrdey 
hat  Beur  gleidifalls  nicht  «berseiien.    Mss  der  Kallas  des  Se»^' 
nedgettes  und  der  Mendägeitin  in  Saoiarieii  viele  Anbfleger  hatte, 
ist  an  sieb  wahrscheinlieh,  da  er  daroh  ganss  Vorierasien  vw^brei^r^ 
tet  und  MnentiMi  in  Pbenieiett  einheimiseh  war;  mit  den  P^ttni- . 
cieni  aber  standen  die  Sanfaritansr  nidit  allein  in  lebbtftM  Ha»* 
delsverkebr,  sondern  auch  di^ch  die  piidnieisdiea  Aasiedlangeii,  die 
einen  Theil  der  samariMhen  Bevdlfterang  seit  dem  HkiI  bildeten, 
in  Staminesverwandtsobaft;  bei  Josepbias  Ast.  XI,  8,  6;  XII^«, 
.  6  nennen  sie  sich  selbst:  m  ip  Scxlfioig  S^d^ioi.  Nun  war  £Wft« 
diejenige  Parthei  unter  den  Samaritanern,  von  deren  Literatur  wlf^ 
noeh  UefceHbidbsel  besksMU,    straig    moimüeistisch^)^  idiess  thu^ 
aber  der  gul  beglaUfaigtea  Tbatsaehe,  dass  sich  nebe»  dieeen  Mqih 
notheisten   in  dem  vl^ifAch  gearischten  Volke  3)  ^äblreioile  Poly« 
iM^Sm  befii^eav  keinen  Biotrag.    Dagege»  musste  aUendinffs  der 
Verkehr  mit  den  Anhängern  der  mnsaiseben  BeligkU;  weielM^:  der* 
KidtDS  aal  Garruim  gewidmei;  war,  die  «eMldeteren  unter  den  Bo«^ 
lytheisten  zu  diaer  Ausgleiehung  Ihres  Polytheisanis  mi^deor  WoiW«»' 
theismas  Veranbssen,   Wie  sie  bei  den^  €»riechen  seit  der  Verbiß 
taug  der  stoiseken  Philoso^rie,  und  nodi  mehr  seit  diAn  Aufkommen 
des  aieisanAfihischen  Neupr^hagorelsmus^  ganas   gebrfliicblieh  war? 


0  ^-  chrisü.  Gnosis  S.  306  flf. 

*)  M.  vgl.  tilferüberÖesenius  de  Samarit.  theologia  (Weihnacfitprogr.   1822) 
S.  12  f.    Juynboll  Chronicon  Samarit.  (1848)  S.  125. 

5)  S.  Juynboll  Commentarii  in  bist,  gentiis  Samarit.    S.  32  IE 


170  Simon  der  Magier. 

die  ßöüer  der  Volksreligion  wurden  für  besondere  ErschefBongs* 
formeD  oder  Krftfte  der  Einen  Gottheit  erklärt.  So  mochte  auch 
der  sauiarftanische  Sonnengott  ofder  Baal -Melkart  za  einer  Offen- 
bamngsform,  von  seinen  Verehrern  nattlrliob  znr  höchsten  Offen- 
barnngsform,  des  unsichtbaren  Gottes  gemacht  werden.  Solche 
Offenbarungsformen  der  Gottheit  nannte  aber  die  alexandrinisdie 
Sdiule,  deren  Lehre  von  den  gottlichen  Kräften  wir  wenigstens 
bei  den  späteren  Samaritanern  treffen  0»  dvva(xeig.  Fdr  jenen  Ge- 
danken ergab  sich  daher  sehr  natürlich  der  Ausdruck  (Apg.  8,  10), 
den  wir  auf  einen  Menschen  bezogen  fk-eilich  sehr  befremdend 
finden  mOssten:  omog  iazcv  ij  dvvafiig  tov  &eov  i;  ftisydhjy  und 
eine  ähaiiohe  Dentnng  auch  der  Mondsgdttin  zu  geben,  konnte 
von  diesem  Standpunkt  aus  gleichfalls  nicht  schwer  werden. 

Wie  wir  uns  unter  dieser  Voraussetzung  die  Entstehung  der 
Sfanonssage  näher  zu  erklären  haben,  darüber  sind  verschiedene 
Vermuthungen  mägiich.  Man  kannte  sich  denken,  die  Sage  sei  in 
ilirem  ersten  Ursprung  nur  ein  Erzeugniss  der  Reibungen  zwischen 
den  palästinensichen  Christen  und  solchen  Anhängern  des  sama- 
ritanischen  Heidenthums,  die  den  Volksgottheiten  ihres  Landes  ehie 
philosophische  Bedeutung  unterlegten.  Rahmten  diese  Samaritaner 
ihren  Gott  als  den  obersten  Gott,  und  seine  Genossin  als  die  TtQwrt] 
IWoicr,  so  war  es  ganz  im  Geist  der  damaligen  Polemik,  wenn 
ihnen  von  christlicher^  Seite  erwiedert  wurde:  euer  Gott  ist  gar 
kein  Gott,  sondern  ein  Magier,  und  seine  Helena  ein  gemefaies 
Weibsbild;  rdfamten  sie  sich,  in  gnostischer  Weise,  als  die  wahren 
Pneumatiker,  so  idussten  die  Christen  natflrlich  bestreiten,  dass 
ihnen  von  ihrem  Simon  der  wahre  Geist  mitgetheilt  sei,  und  dar- 
aus konnte  leicht  als  noch  schlagendere  Widerlegung  die  Erzäh- 
lung hervorgehen,  dass  der  Magier  von  den  wahren  Verwaltern 
des  Pneuma  steh  die  Befähigung  zu  seiner  Mittheilang  erbeten, 
aber  sie  nicht  erhalten  habe.  Dass  diese  Bitte  durch  Bestellung 
unterstotzt  wird,  lag  um  so  näher,  da  von  Simon  selbst,  als  einem 
Magier,  zum  Voraus  feststand,  dass  ihm  die  magische  Kunst  ein 
Mittel  zum  Gelderwerb  war.  Dass  endlich  gerade  Petrus  und 
Johannes,  vorzugsweise  jedoch  der  Erstere,  als  diejenigen  genannt 
werden,  mit  denen  der  Magier  in  Konflikt  kam,  wtirde  sich  aus 
dem  judenchristlichen  Ursprung  der  Simonssage  erklären;  dem 
Vater    der    falschen  Religion    wären   die  Häupter   des    Apostel- 


*)  Gesenius  a.  a.  0.  S.  21  ff. 


Simon  der  Magier.  171 

vereioi  gegentihergeiiieMt  worden,  DamentHch  aber  Petras,  der  auch 
«onst   den   apostolischen  Kreis  nach   aussen  vertritt ,    nnd  dessen 
Name  tiberdiess  den  Vorthell  des  Contrastes  darbot,  dass  dem  Zan-- 
berer  Simon  der  Apostel  Simon  Petras  entgegenstand,  und  dass  so^ 
die  simonfanische  Lehre  schon  dem  Namen  nach  als   eine  Doppel- 
g^fingerin   der  wahren,    apostolischen  sich  darstellte.     Inzwischen  ' 
lässt  sich  nicht  läugnen,  dass  die  Bildung  der  Sage  ein  ungleich 
genügenderes  Motiv  hat,  wenn  wir  mit  Hilgenfeld  ^3  ^^^  Baur^) 
annehmen,  unter  dem  Magier  Simon  sei  y^^i^  Anfang  an  schon  der 
Apostel  Paulos  gemeint,  der  bekanntlich  zaglelch  mit  seinen  extre- 
men Anhängern,  einem  Marcion,    Valentin  und  Basilides,  in  dem 
Simon  der  clementinischen  Homil^en   bekämpft  wird^).    Es  ist  be- 
kannt, mit  welchem  Hass  Paulus,  als  Zerstörer  des  Gesetzes,  von 
den  Ebjoniten  verfolgt  wurde;  wie  wenig  ihm  die  eifrigeren  Jti- 
daisten,  selbst  in  den  Jahren  seiner  kräftigsten  Wirksamkeit,  den 
Namen  und  die  Wtirde  eines  Apostels  zuzugestehen  geneigt  waren ; 
noch  in   den   clementinischen  Homilien    wird  er  deutlich  als  der 
ix^^S  ctvd^o)7tog^   als  der  dvrixeifievog ,   als  der  falsche  Apostel, 
der  sich  mit  Unrecht  rdhme^  Christa  m  geschaut  zu  haben,  als  der 
Verächter  Gottes  und  Christi  bezeichnet,  der  die  Welt  mit  eitlem 
Geschwätz   zum  Abfall  vom  Gesetz   verfahrt  habe^).     Wenn  das 
%u  einer  Zeit  mOglich  war,  als  in  der  Kirche  die  Glorie  des  Mär- 
tyrers und  des  Apostels  sein  Haapt  längst  umstrahlte^   so   werden 
die  Gegner  des  Paulus  zu  seinen  Lebzeiten  und  bald  nach  seinem' 
Tode  sich  um  so  w^eniger  gescheut  haben,  den  Zerstörer  des  Ge* 
setzes  als  einen  Abtrflnnigen  zu  brandmarken.    Ihnen,  auf  ihrem 
Standpunkt,  konnte   die  Lossagnng  vom  Jndenthum   nur  als  ein 
Abfall  vom  Gott  Israels,  als  ein  Rflckfall  in's  Heidenthu^  erschei- 
nen, in  der  Forderang,  dass  Unbeschnittene  als  Genossen  des  mes- 
slanlschen  Beichs  anerkannt  werden,  konnten  sie  nichts  Anderes 
sehen,  als  den  Versuch  von  Heiefeu,  in  die  jddische  Gemeinde  sich 
einzudrängen.     Der  eigentliche  Typus   hiefttr  waren  aber  die  Sa- 
mariter,  dieses  Mischvolk  aus  heidnisch   gewordenen  Juden,  und 
ans  geborenen  Heiden,  das  unter  der  Ftlhrnng  eines  abtrünnigen 


*)  D.  dement.  Recogn.  319  f. 

/^  Das  Cliristentbuin  u.  d.  christl.  Kirche  der  drei  ersten  Jalirhanderte  S.  83. 
^  Die  weitere  Annahme  Hilgenfeld's,  dass  noch  Justin  unter  dem  Magier 
Simon  nur  den  Paulus  Terstanden  habe,  will  ich  darum  nicht  vertreten. 
*)  Hom.  XVII,  19.    ep.  Petri  c.  2. 


172  f  Simon  der  Magier. 

j^disGhei^  Prifi^tfB  iem  NationAlheiligth^m  l^  ^enMalem  ein,  n-r 
ditres  entgegengestellt  I  und  das  immer  vergeblicli  versaolit  hatte, 
elcb  die  Anerkeonaug  seiner  Verwandtaehaft  mit  dem  anserwftlilteii 
Vollce  zn  verschaffen  ^).  Es  gab  daher  für  das  Urtheil  der  schroiTeB 
Judenchristen  über  den  Panlinismas  keinen  bezeichnenderen  Ans* 
drnok,  als  wenn  die  paulinischen,  anbeschnittenen  Hf^idenchristen 
ftU*  gamaritaner  erklärt  wurden.  Was  konnte  dann  aber  der  Ape« 
siel  derselben,  der  Urheber  ihres  gesetzlosen,  heidnischen  Wesens, 
anders  sein,  als  der  samaritanische  Goät,  der  ein  neues  Garizin 
gegen  Jerusalem  aufgerichtet  ^j,  und  zur  Ausbreitung  seiner  Irr- 
lehre die  Welt  von  Palästina  bis  nach  Rom  durchzogen  hatte? 
Da«is  dieser  Go^t.  dann  weiter  mit  dem  samaritanischen  Landesgott 
iden^ificirt  wurde  ^  kann  gleichfalls  nicht  auffallen.  >Varen  die 
Panliner  einmAl  für  Samaritaner  und  als  solche  für  Simonsverehrer 
erklärt,  so  lag  es  nahe,  den  Lehrer,  welchen  s|e  als  ihr  Haupt 
anerkannten,  zum  Simon  zu  machen.  Wesshalb  hätte  er  denn,, 
naoh  der  Ansicht,  die  seine  Gegner  von  ihm  hatten,  die  Welt  von 
dem  wahren  Gott  und  dem  wahren  Me^ssias  abwendig  gemacht, 
als  weil  er  sich  selbst  an  ihre  Stelle»  setzen  wollte,  w^eil  er  sich 
für  den  Gott  ausgab,  den  seine  Anhänger,  die  ^amaritane^,  fortan 
verehrten  ?  Und  schien  dieser  Vorstellung  von  ihm  sein  christliches 
Be^Eenntniss  und  sein  apostolischer  Charakter  zu  widerspreqhen,  so 
lag.. die  Antwort  bereit ,  er  habe  nur  betrüglicherweise  sich  zum 
Chrl»tenthum  bekannt  und  sich  der  Taufe  unterzogen,  aber  den  bei- 
ligiw  Geist  habe  er  nicht  erbalten ,  und  das  Vorrecht  und  Kenn- 
zeichen des  wahren  Apostels,  die  Vollmacht  zur  Mittheilung  des 
Geistes,  sei  ihm  trotz  aller  seiner  Bewerbung  versagt  worden,  von 
dem  xkiJQog  zijs  dnpOTolijg  (V.  21  vgl.  o.  i,  17.  26)  sei  er  aus- 
geschlossen geblieben.  Gerade  zu  der  Erzählung  der  Apostelge- 
schichte würde  diese  Vorstellung  über  die  Entstehung  und  die  ur- 
sprüngliche Bedeutung  der  Slmonsiiage  besonders  gut  passen,  denn 
diese  älteste  Ueberlieferung  über  Simen  dreht  sich  wesentlich  um 
die  gleicfiQ  Frage,  wie  die  Angriffe  der  galatischen  und  korinthi- 
schen Jndaisten  auf  Paulus,  um  die  Frage  über  die  eigenthümlichen 
Vorrechte  des  Apostolats;  substituiren  wir  Apg.  8,  18  ff.  dem 
Namen  des  Simon  den  des  Paulus,  so  haben  wir  eine  Erzählung, 


^  M.  8.  über  diese  jüdische  Ansicht  von  den  Samaritern  namentlich  J  o  s  e  p  h  u  s 
Ant.  XI,  8,  6. 

^  Clem.  Hom.  11,  22:  rtjv  ^UqowSalruLt  aQvelrai  rd  Fagt^iiv  S^oi  imv^fpdqti. 


Simon  der  Magier.  173 

die  dasselbe  in  hfstorfsch6r  Form  amssugt,  wä«  die  altUpaülihttfclieu 
Judaisten   (nach  2  Kor.   11;  4  f.   ±2,  11  f.   1  Kor.  9,  1  IT.)   ala 
allgemeine  Behanpfan^    aussprachen.     Vi^^eltslit    liaben    wir  uns 
selbst  den  Ort,  welcher  unserer  Erzfthinug  in  der  Apostelgeschichte 
angewiesen  ist,  die  störende  und  unchroiiologische  Unterltrechang 
des  BenchÜ  Ober  Pa'alas  durch  c.  S,  4—40  daraus  zu  erklären, 
dass  der  Verfasser,  mit  dem  Sinn   der  SYige  noch  belcannt,  jeder 
Anwendung  derselben   auf  seinen  Apostel  auch  schon  durch  ihre 
Stellung  (vor  der  Bekehrung  des  Paulus)  «rüvorkommen  wollte.^ 
Anch  die   spätere  Ausbildung  der  Sage  fügt  sich  dieser  Ansicht. 
Denn  die  grosse  Mehrheit  der  Christen  konnte  natftrllch  diese  ex- 
trem ebjonitische  Voiistellung  von  Paulos  nicht  zageben,  und  je 
mehr    sich   auch '  die  Ebjoniten    allmählig   zur  Anerkennung  des 
Heidenchristehthnms  als  einer  vollendeten  Thatsache  entschliessen 
mussten,  um  so  mehr  musste  selbst  ^f ttr  sie  die  Be/Jehung  Simonis 
auf  den  Hehlenapostel,  so   deutlich   sie   in  den  Clementinen  noch 
diirchklingt,  ihre  Bedeutung   verlieren.    Der  Stifter  des  falschen 
Christenthums  blieb  Simon  fortwährend,   aber  an  die  Stelle  des 
aitsprOnglichen  Panlinismus,  in  dem  sich  den   alten  Ebjoniten  der 
Abfall  vom  wahren  Messiasglauben  verkörpert  hatte^  trat  jetzt  der 
extreme  PäüHnismus  einer  späteren  Zeit,  oder  die  Gnosis,  uhd  d'er 
samaritanische  Zauberer  wurde  zum  Träger  und  Stammvater  aller 
gnostischen   Irrlehren,    fibendamit    wurden    auch   die  Simonlener, 
wl^lche  uräprtlnglich  niehts  anderes  waren,  als  die  Samaritener,  und 
die  als  Samatitaner  gedachten  paulinischen  Heidenchristen  ftlr  die 
Sage  zu  einer  gnostischen  Parthei,  die  aber  in  der  WirkUcM^it 
als  solche   wohl  nie  existirt,   oder  doch    erst  später,  unter  dem 
Einfluss  der  SImohssnge  selbst,  sich  gebildet  hat;   für  die  Mfittre 
Annahme  sprechen  die  Angaben  des  Irenäus  und  Celans  über  die 
Simonianer,  und  die  angebliche  Schrift  Simon'»,  die  dem  Iretoftus 
and  dem  falschen  Orlgenes  vorlag.    Wie  wenig  aber  Äe  SlmohiB- 
sage  auch  später  noch,  trotz  dieser  Veränderung,  ihre  anfftnglfetie 
Beziehung  auf  Paulus  und  den  Paulinismus  vefläugnen  kann,  dfess 
sieht  icnan ,  selbst  abgesehen  von  der   Apostelgeschiohte  und  den 
Clementinen,  an  eiüeih  Zü^,  der  in  allen  Berichten  die  eigentiictie 
Spitze  des  Ganzen  bildet,  darin^  dftss  der  entscheidende  Kampf  des 


')  Eine  weitere,   nicht  ganz   unbedeutende  Bestätigung   der   obigeh    Annahme 
-Verden  whr  sptiter  In  d«p  ErrtWiing  von  den  JohannefifjüngeW  il«ehwa«en/»  •    -  ' 


174  Simon  der  Magier. 

Simtn  mit  Petras  nach  Rom  verlegt  wird.    Denn  woraus  sollen 
wir  ans  die  stehende  Wiederl^ehr  dieses  so  ganz  ungeschicbilichen 
Zogs  erklären,  wenn  nicht  daraus,  dass  die  Sage,  wenn  auch  ur- 
sprtlDglich   in  Palästina  entstanden^   doch  ihre  weitere  Ausbildung 
in  Born    und  mit   RflclEsicht  auf    die   Verhältnisse   der  .romischen 
Gemeinde  erhielt  ?  Was  ist  denn  der  Magier  anders,  als  das  Zerr- 
bild des  Apostels,  der  alle  Lander  westwärts  von  Palästina  mit  der 
Predigt  seines  aatijadischeo  Evangeliums  durchwandert,  und  zuletzt 
in  der .  Weltstadt  seine  Lehre  zur  allgemeinen  Geltunl;  zu  bringen 
versucht  hatte,  dem  aber  hier  gerade  der  Judaismus,  oder  mythisch 
ansgedrüclct,  der  Repräsentant  dieser  Richtang,  der  Apostel  Petras, 
den  hartnäclcigsten  Widerstand  geleistet  hatte?  Knüpft  sich  doch 
auch  die  Sage  von  der  Anwesenheit  des  Petrus  in  Rom,   welche 
sich,   ungeschichtlich   wie  sie   Ist,   nur   ans  dem  aDtipaulinisch^n 
Interesse  erklären  lässt,  in  den  ältesten  Ueberlieferungen  durchaus 
an  sein  Verhältniss  zu  Simon,    Die  Vermuthung  liegt  nahe,   dass 
beide  Thaten  des  Petras,  die  Besiegung  des  JUagi^rs  und  die  Stif- 
tung^ der  römischen  Gemeinde,  ursprOi^glicIi  zusammengehören  und 
einen  und  denselben  Satz  ausdrücken:  dass  nicht  der  gesetzliche 
Paulinbmus,  sondern  das  Judenchristenthum,  der  Glaube,  nicht  der 
heidnische  Pseudoapostel,  sondern   der  jüdische  Apostelfürst,  der 
Stifter  der  römischen  Kirche  sei.     Der  Verfasser  der  Apostelge- 
schichte konnte  freilich  diese  Behauptung,   auch  wenn  er  die  Si- 
monssage in  dieser  Gestalt  vorfand,  seinem  ganzen  Standpunkt  nach 
nicht  direkt  widerlegen,  aber  er  hat  ihr  mittelbar  so  bestimmt,  wie 
mOglicli,  widersprochen,  indem  er  den  Magier  Simon  noch  vor  dem 
Auftreten  des  Paulus  beseitigt,  und  den  Apostel  Paulus ,  wie  wir 
unten  noch  sehen  werden,  zum  eigentlichen  Stifter  der  römischen 
Gemeinde  gemacht  hat  Es  sind  das  nattkrlich  nur  Muthmassungen, 
wie  sie  Aber  eine  so  dunkle  Sache  allein  möglich  sind,  aber  es 
sind^  wie-  wir  glauben,  Vermutbungen,  woraus  sich  die  Gesammt« 
heit  der  sagenhaften  Ueberlieferungen  über  den  Magier  Simon  am 
Leichtesten  begreifen  lässt. 

Wie  es  sich  aber  auch  hiemit  verhalten  mag,  so  viel  wird 
jedenfalls  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  zu  behaupten  sein,  dass 
der  Magier  Simon  keine  historische^  Person  ist,  und  dass  unsere 
Schrift  mit  ihrer  Erzählung  von  demselben  den  Einfluss  der  mj- 
thischen  Simonssage  unverkennbar  an  den  Tag  legt. 

An  die  Erzählung  von  der  Wirksamkeit  des  Philippus  und  der 
beiden  Apostel  in  Samarien  reiht  die  Apostelgeschichte  8,  26  den 


Pfailippus  und  der  Aethiopter.  175 

Auftritt  zwischen  fhilippu«  und  dem  äthiopischen  Eandchen,  ohne 
class    sich  doch  dieser  anmittelbar   an  jene    anschliessen    konnte, 
denn  der  Weisnug,  auf  den  Weg  zwischen  Jernsalem  and  Gaza 
za  gehen  (V.  26},  kann   man   von  keinem  Punkte  Samarieos  aas 
60,  wie  es  hier  erscheint,  ohne  langen  Verzug  nachkommen.  Nach 
der  Meinung  unsers  Verfassers  scheint  Philippus,  was  V.  26  wohl 
erlaubt,  mit  den  Aposteln  nach  Jerusalem  zurückgekehrt  zu  sein^ 
von  wo  er  dann  natfirlioh  xorra  fxea?]fißQlccv  inl  tijv  xaraßalvov- 
occv  and  ^leQOvüaX^ji  slg  Fd^ccv  zu  gehen  hat.  Auch  dieser  Auf- 
tritt hat  aber  einiges  Auffallende.     Dass  Philippus  auf  die  Strasse 
nach  Gaza  geht^  geschieht  auf  Befehl  eines  Engels,  dass  er  den 
Aethiopier  anredet,   auf  Befehl   des   Geistes,    nachdem   er  diesen 
getauft  hat,    wird   er   vom   Geist    auf   wunderbare  Art   entrückt 
Lfisst  sich  nun  auch  der   Befehl   des  Geistes  auf  natürliche  Art, 
von  dem  innem  Drang   des  Evangelisten,   erklären,  so  entziehen 
flieh  dagegen  die  zwei  andern  Züge  jeder  derartigen  Erklärung, 
Den  ayyelog  xvqIov  für  gleichbedeutend   mit  dem  Ttvevfia  xvqIov 
zo    nehmen,    verbietet    der    ausnahmslose  Sprachgebrauch,   seine 
Brscheinung  in  ein  Traumgesicht  zu  verlegen ,  verbietet  der  Text, 
welcher  dieses  noth wendig  hätte  andeuten  müssen,  wenn  es  die 
Meinung  des  Verfassers  wäre:  auch  wäre   es  ein  allzu  seltsames 
Zusammentreffeb  der  Umstände,   wenn  Philippus^  nur  von  der  ei- 
genen Ahnung ,  oder  gar  von  einem  Traum  auf  die  Strasse  geführt, 
das   wirklich  gefunden  hätte,  was   er  natürlicherweise   durchaus 
nicht  vermuthen  konnte.    Das  Entrücktwerden  vom  Geist  erklären 
zwar  nicht  Mos   ältere  Rationalisten,   sondern  auch  Olshausen 
und  Meyer,  von  einem  schnellen  Forteilen  auf  Antrieb  des  Geistes, 
bei  welchem  nichts  Wunderbares  gewesen  sein  soll.    Allein  diese 
Bedeutung  kann  der  Ausdruck:   nvevf4,(m  aqua^eadus,  so  wenig 
haben,  als  der  entsprechende  ebrälsche:  ^'&  ^<'^j  Hin]  H')")}  sondern 
er  kann  nur  eine  wunderbare  Versetzung  von  einem  Ort  an  einen 
andern  bedeuten,  wie  sie  1  Reg.  18,   12,  2  Reg.  2,  16  «nd  bei 
anserem   Schriftsteller  selbst  Bv.   24,   31  vorkommt     Dass  eine 
solche  gemeint  ist,  zeigt   auch  der  Beisatz:  Oikinnog  de  evqi&ri 
elg  ^Iti^ojTovj  weloher  doch  nur  dann  möglich  war,  wenn  er  auf 
geheime  Weise  dahin  gekommen   ist.    In  welcher  Art  aber  der 
Geist  ihn  entrückt  habe  (durch  die  Luft  u.  dgl.),  muss  man  bei 
dem  Wunderbaren   nnd  Geheimnissvollen    des    ganzen  Vorgangs 
nicht  firagen.  —  Dass  nun  darum  unsere   Erzählung    ohne    alle 
historische  Grundlage  sei^  ist  nicht  wahrscheinlich,  da  für  eine 


176  Pctilis  in  Lydda  und  Joppe. 

reine  tlichtnng  aaoh  in  dem  dogmiitlscbeii  Interesse ,  einen  wei- 
teren Vorgang  für  die*  paiiiinische  Iteidenbekehrnng  za  besitzen, 
kein  genügender  Brklärungsgmnd  vorliegt  i)^  wie  es  sich  aber 
mit  jenem  Historischen  näher  verhielt,  lässt  sich  nicht  mehr  aus- 
machen, nnd  nur  das  Vaterland  und  die  Persönlichkeit  des  be- 
kehrten Aethiopiers  scheint  geschichtlich  zu  sein. 

3.  Petrus  in  Joppe  und  Cäsarea;  Cornelias. 

Durch  Philippus  wurde  das  Christenthum  nach  o.  8,  40  in 
dem  Küstenstrich  zwischen  Asdod  und  Cäsarea  ausgebreitet ,  ohne 
dass  uns  doch  gesagt  würde,  ob  es  in  dieser  Gegend  auf  Juden 
und  Proselyten  beschränkt  blieb,  oder  nicht.  Kach  o.  11,  19 
muss  man  fast  das  Erstere  voraussetzen.  Das  erste  bestimmte 
Beispiel  einer  Heidenbekehrung  gab  nach  der  Darstellung  unserer 
Schrift  Petrus  durch  die  Taufe  des  Cornelius. 

Dem  ausführlichen  Bericht  des  lOten  und  Uten  Kapitels  über 
diesen  Vorfall  dienen  die  zwei  Wundererzählun^en  am  Schluss 
des  9ten  zur  Einleitung.  Auf  einer  Visitationsreise  bei  den  haupt- 
sächlich durch  Philippus  gewonnenen  Gemeinden  heilt  Petrus  erst 
in  Lydda  (Diospolis)  die  achtjährige  Lahmheit  des  Aeneas,  und 
erweckt  nachher  in  Joppe  die  Tabitha  vom  Tode.  Dass  hier  wirk- 
liche Wunder  erzählt  werden  sollen,  steht  ausser  Zweifel  Bei 
der  Heilung  des  Aeneas  haben  selbst  die  Freunde  der  natürlichen 
VTundererklärung  kaum  einen  'Versuch  zu  ihrer  Anwendung  ge- 
macht,  und  ihre  Möglichkeit  lässt  sich  auch  wirklich  schwer  ein- 
sehen; der  Tod  der  Tabitha  wird  zwar  von  einer  jetzt  schon  ver- 
schollenen Exegese  in  gewohnter  Weise  für  einen  blossen  Scheintod 
erklärt,  unsere  Schrift  jedoch  bezeichnet  ihn  ganz  bestimmt  als 
einen  wirklichen  Tod,  sie  sagt  einfach:  eyhexo  aa^evijaaaav  avTrjy 
dnodxxveXv,  und  um  durchaus  keinen  Zweifel  daran  übrig  zu  lassen, 
bemerkt  sie  ausdrücklich,  dass  die  übliche  Waschung^  des  Leich- 
nams an  der  Verstorbenen  bereits  vorgenommen  war,  als  Petrus 
herbeikam.  Dass  die  Todte  nichtsdestoweniger  blos  scheintodt  ge- 
"«vesen  sei;  mag  glauben,  wer  es  überhaupt  gli&iiblich  findet,  dass 


1)  Der  Aetbiopier  wird  wenigsteas  oicta  ausdrüoklicii  als  H«ude  bezeicbnet, 
und  wenn  man  aus  dem  Prädicat  evrovj^os  geschloseen  hat,  dass  er  (nach  Deut. 
2'3,  2)  kein  Proselyte  des  engeren  Grads  tiabe  sein  können,  so  fragt  es  sich  eben, 
'Ob  idyovx^^  ^^^  ^^  physische  ifeschaiSenheit  oder  die  amtliclie  Stellung  bezeichnet. 


Petnif  in  Lydda  und  J«ppe.  177 

in  detm  kurzen  Zeitratim  der  evangeltooben  und  apostolieoheii  Oe- 
sehiobte  flowobl  bei  dea  drei  Todtenerweckangen  der  Evangelien, 
al9  bei  den  zweien  der  Apoetelgeschicbte,  ein  und   derselbe  Fall 
eines  SohemtodeM  vorkam ,  der.  allen  nm  den  Todten  Beschäftig-tiAl 
unerkennbar,  anf  das  ersle  Wort  eines  gdttliohen  Gesandten  weicbt, 
und    zum    Glauben  an    eine  wirkliebe  Todtenerweckong   Aniass 
giebt;   wer  einen  soldien  Zufall  der  merkwürdigsten  Art,  diesen 
BlasGhlnengott  der  natttrlichen  Erklärung,    so  maasslos  zu  Httlfe 
zu  nehmen  Bedenken  trfigt,  der  wird  zugeben  müssen,  dass  in  all 
diesen  Fällen,  so  weit  die  geschichtliche  Wahrscheinlichkeit  reicht, 
nur  entweder  ein  Wunder  oder  gar  kein  dem   erzählten  ähnliches 
Ereigniss  stattgefujnden   hat    Auf  welche   Seite   dieses  Dilemma 
sich  die  historische  Kritik  zu  stellen  hat,  diess  ist  zwar,  dem 
fräher  Bemerkten  gemäss,    auch  an   und  fttr  sich  schon  keinen 
Angenblick  zweifelhaft;    im  vorliegenden  Fall  ist  es  aber  auch 
noch  durch  zwei  besondere  Züge  angezeigt:  durch  die  ungeschicht- 
liohen  Uebertreibungen  in  der  Beschreibung  der  Wunder  und  ihrer 
Wirkung)  und  dnrch  das  Verhältniss  unsarer  Erzählungen  zu  den 
verwandten  der  evangelischen  und  apostolischen  Geschichte.    Was 
das  letztere  anbelangt,    so    sind  zu   unserer  Lahmenheilung  die 
Tcrwandten  Berichte  Mt.  9,   6.  L.  5,  24.  Apg.  3,   1  ff.  14,  8 
(auch  Job.  5,  8)  zu  vergleichen;  die  Brweckung  der  Tabitha  er- 
innert ausser  dem  allgemeinen  Typus  der  alt--  und  neutestament- 
lioben  Todtenerweckangen  besonders  an  die  Erzählung  Mr.  6,  32  ff. 
über  die  Tochter  des  Jairus  i);  m.  s.  Baur  8.  192.     Dass  sich 
nasere  Erzählung  hiebei  mehr  an  Markus,  als  un  Lukas  anschliessty 
erklärt  sich,  wenn  sie  nicht  von  unserem  Verfasser  selbst,  son- 
dern von  einem  Anderen  herrührt,  dem  dieses  Evangelium,  oder 
die  Quellenschrift  desselben,  näher  lag.    Das  Andere ,i»elae  unge--. 
«chiohtliche  Uebertreibung,    findet  sich   schon  bei  dem  kleineren 
Wunder  der  Lahmenheilung,  wenn  es  V.   36  heisst:  xal  uäov 


*)  Apg.  0,  36:  /ua&^Qia  dvojuoert.  Ta-^         Mr.  40  flf.    o    ^\   ex/3aX(ay  Snav-^ 
fit^a,  9J  Si9Qfitjrevojuirij  IdysTat    raq  .  .  .  elirco^eveiai .  .   xal  xqartiaa. 

V.  40  f.:  IxßaXiav  Sh  ^^a  navTag  TaXi&d    xovjui'    S  lan,  /ue&fQfit^- 

0  nhqoq  &s\g    Ta   yovaxa    TTQogr^v^creo'  ysvo/nsvov'JoxoqaaiovaolXiytafysi^f. 

*«  hturrq^ag  nqdg  r3roa>/<a  flns'  Ta-*  xa\    sv&iojg   aviort}    ro    xoQoaioy    xat 

ßi^df  ävdatij&i.   7   Se,,,    ävexa-  nt^ttndrie. 

^«tff.    Sovg    Sh.  avTji   x^^Q^  «»'*"  ^'  '^>  ^^  (^^^  Jüngling  zu   Nain);  «r«t 

^"^tjaey  adrtjy.  äytxd-d'iaty  o  vexqog, 

12 


178  Petras  in  Lydda  und  Joppe. 

avTOP  (den  €>^eU(M3  ndvreg  ol  xatotxovvreg  Avddccy  xccl  %dv 
SaQtavaj  (ältiveg  imar^et/jccv  inl  tcv  vtvqioy.  Wenn  die  apo8t<h- 
lisohen  Woiider  diese  Wirkong  gehabt  hatten,  so  misste  gaoss 
Palästina,  ja  man  sollte  glasbea,  die  ganze  Welt  in  der  karzestea 
Seit  bekehrt  worden  sein,  aber  sonst  wenigstens  teden  wir  keine 
entscheidenden  Erfolge  der  gehdoften  Wunder,  die  von  den  A|kh- 
stein  unter  ihren  Volksgenossen  verrichtet  werden,  sondern  trots 
dieser  Wunder  tritt  doch  nnr  ein  veihAltnissmAsrig  kleteer  Theil 
zum  Christenthnm  ttber.  Welt  stärker  sind  aber  die  Farben  aller- 
dings bei  dem  zweiten  Wander,  der  Todt^nerweekong ,  anfgetra- 
gen.  Unmittelbar  nach  dem  Tode  der  Tabitha  «vird  soAirt  Petms 
ans  Lydda  beschickt,  V.  38,  offenbar  in  der  Brwartang,  dass  er 
noch  HOlfe  bringen  werde  ^)*  Wie  konnten  aber  die  Christen  hi 
Joppe  ein  so  ganz  aosserordentliehes  Breigniss.,  wie  dne  Tedfen- 
erweckung,  natorlicherweise  erwarten  9  Dieser  Zng  hat  nnlaagbsr 
etwas  Legendenhaftes,  and  passt  weit  besser  in  die  mlrakolOseD 
Torstellnngen  einer  späteren  2teit  Ober  die  Apostel,  als  In  die 
geschlchaiobe  Wirklichkeit.  Wenn  weiter,  V.  39,  bei  iter  As- 
knnft  des  Petrus  alle  Wittwen  der  Stadt  oder  doch  der  Oemeiade 
(anders  lässt  sich  das  näoac  ai  %ijqat  nicht  w^l  verstehen)  da- 
stehen and  ihm  die  Kleider  vorzeigen,  die  ihnen  Tabitha  verfer- 
tigt hat;  so  macht  auch  dieses  den  Bindruek  einer  for  den  Bffskt 
beredineten  Schaustellnng:  dio  Verdienste  der  Verstorbenen  wer- 
den dem  Apostel  und  dem  Leser  mit  möglichstem  Gepränge  vor 
Aagoi  gestellt,  um  die  wunderbare  Belehnung  dieser  Verdienste 
«a  motiviren.  Dem  entspricht  dann  schliesslich  die  ftierliche  Vor- 
stellung der  Brwei^ten  vor  allen  Christen  und  den  um  sie  trau- 
ernden Wittwen.  Die  Momente,  welche  die  Reflexion  Ober  einea 
solchen  Vorfall  naturgemäss  darehläoft,  sind  z«  ebenso  vielen  be- 
sonderen, dramatischen  Scenen  gestaltet:  der  Wnnseh  nach  MA 
zn  einer  förmlichen  Botschaft  an  den  Apostel,  die  nähere  Begrfla- 
dung  dieses  Wunsches  zu  der  Scene  mit  den  Wittwen,  der  Ge- 
danke, dass  der  Wunsch  nun  wirklich  durch  das  Wunder  erfflUt 
sei,  zu  dem  Schlussauftritt  Diess  ist  ganz  in  der  Welse  der  (Sa- 
gendichtung; in  der  Wirklichkeit  pflegen  sich  die  Begebenheitea 
nicht  so  dramatisch  abzuwickeln. 


*)  EbcndaUn  gehört,  nachMeyer's  richtiger  Andeutung^  V.  37:  M&tptay  at^^r 
h  vTteQtptp.  Das  vne^^or,  der  Bet-  und  Prunksaai  des  Hauses,  diente  sonst 
schwerlich  als  Todtenkammer ;  hier  wird  er  für  diesen  Zweck  benützt,  damit  der 
Aposte)  für  sein  wunderkrlüftiges  Gebet  das  würdige  Lokal  findet. 


Cornelius.  179 

Weit  Mrichtiger  }edoeh  fOr  unsere  DarsteUnng,  wie  llllr  uiieer 
Urttieil  Qber  dieselbe,  ist  das  Breigniss,  dem  die  beiden  Wander- 
•rzthiaiigen  sam  Vorspiel  dienen,  die  Bekehrung  des  Cornelias, 
f.  10,  1---11,  18.  Was  an  diesem  Breigniss  snnäehst  in^s  Ange 
mit,  sind  die  gehäuften  Visionen  -and  Brselielnangen ,  durch  die 
^  eingeleitet  wird«  Zuerst  erscheint  dem  Cornelias  im  Zustand 
der  Bntaaekung  («y  ogafÄceri)  ein  Bngel,  der  ihm  gebietet,  den 
Petras  von  Joppe  ssu  beschicken ;  des  andern  Tags ,  während  seine 
Boten  anf  dem  Wege  nach  Joppe  sind,  wird  dem  Petras  durch 
eine  symbeUsohe  Vision  die  Bbenbttrtigkeit  der  Heiden  mit  den 
Juden  in  Beziehung  auf  den  Zutritt  zum  Beieh  Ctottes  kundgethan; 
eine  dritte  Olfonbarung.  endlieh  whrd  gleiohfiills  dem  Petrus  su 
Theil,  indem  ihm  nach  der  Ankunft  der  Boten  der  Oeist  ihr  Kom- 
men erttifnet,  und  den  Befehl  ertheüt,  ohne  Verzug  mit  ihnen  zn 
gehen.-  Dieser  wunderbaren  Binleitung  entspricht  am  Sdhluss  der 
Verhandlung  zwischen  Petrus  und  Cornelius  die  wunderbare,  durch 
Zangenreden  sich  äussernde,  Geistesmittheilung,  welche  den  Br- 
folg,  auf  den  alle  diese  Wunder  hinzielen,  die  Taufe  des  Heiden 
durch  üenk  Apostel,  wirklidli  herbeifahrt. 

Das  Oeschäll,  diese  Wunder  natttrlieh  zu  eiidären,  hat  diess- 
mal,  wio  in  so  manefaen  andern  Fällen,  Neander^)  nbernommen, 
wenn  au(^  nach  sehier  Weise  unentschieden,  und  so,  dass  dem 
Winder  neben  den  natarlichen  Ursachen  doch  noch  seioe  Stelle 
bleüien  soll.  Um  ans  zunächst  die  Vision  des  Cornelius  hegreif- 
lieh  zn  machen,  setzt  er  voraus,  dass  dieser  Heide  nicht  Mos 
ttberhaupt  als  Proselyte  des  Thors  mit  den  messfanischen  Brwär- 
tungoi  vertraut  gewesen  sei ,  sondern  dass  er  auch  von^  der  evan- 
gelischen Verkündigung  und  ihrem  Apostel  Petrus  schon  Manches 
gehört  hatte.  Indem  er  dann  weiter  unsern  Bericht  dnrch  ver- 
aohiedene  Mittelglieder  ergänzt,  se  gewinnt  er  von  dem  ganzen 
Hergang  folgende  Vorstellung:  Com.  hat  sieh  einige  Tage  zum 
fiebet  and  Fasten  ausgesetzt«  Gegenstand  seines  Gebets  war 
wahrscheinlich  eine  höhere  Brieuchtung  darüber,  was  er  vom  Cht!- 
atenthUHi  and  von  Petrus  za  haltdn  habe.  In  diesem  Zustand  „er- 
hielt er  durch  eine  Stimme  vom  Himmel  die  Antwort  auf  sein 
Cfebet.^^  Dass  dieses  wirklich  dnrdh  einen  Bngel  geschah^  ist  zwar 
mägUch,  „und  nur  eine  ebenso  beschränkte  als  anmassendo  Ver- 
nunft kann  diese  Möglichkeit  läugnen,^^    aber  doch  konnte  sich 


^  Gesch.  der  Pflanz,  u.  Leit  S.  118  ff. 

12* 


"(SO  Cornelius. 

Cornelioa  über  die  objektive  Realität  der  Bmcheinang:  'aüiA  ge- 
täoflcbt,  and  eine  Vision  mit  etwas  Wiridiobem  verwechselt  faaben. 
Man  sieht  deutlich,  Neauder  selbst  empfiehlt  sich  eben  diese 
Annahme,  und  wiewohl  er  die  entgegenstehende  nicht  geradezu 
bestreitet,  ist  er  doch  der  Meinung^  das«  jedenfalls  die  glänze 
Erscheinung  eine  natürliche  Brkiamng  ssulasse.  Noch  leichter 
gelingt  diessy  wie  zu  erwarten,  mit  der  Vision  des  Petrus.  Petras 
verrichtete  das  gewöhnliche  Mittagsgebet.  „Wir  kOnnen  ieicht 
denken,  dass  dieses  auf  die  Ausbreitang  des  Reichs  Christ!  sich 
besonders  bezog/'  Da  mochte  nan  ein  Kampf  des  P«rtil:alarlsflHiB 
und  Universalismus  in  seiner  Seele  hervorbrechen.  „Während  ihn 
diess  im  Gebet  beschäftigte ,  machte  die  niedere  Natur  ihr  Recht 
bei  ihm  geltend  ,^^  und  aus  den  zwei  zusammenwM:endea  Einfies- 
sen,  seines  sinnlichen  Bedarf nisses  und  seiner  religiöseo  Betrach- 
tung, entsprang  seine  Vision.  ,^ Während  er  nun  den  Zosam- 
menhang  zwischen  diesem  Gesicht  und  den  Betrachtungen,  die 
ihn  früher  beschäftigt  hatten,  aufsuchte,  lehrte  ihn  das  sich  jetzt 
gerade  anschliessende  Breigniss  erkennen,  was  der  Geist  Gottes 
mit  dieser  Vision  bezweckte.  Bui  Geräusch  auf  dem  Vorhofe  des 
Hauses,  bei  welchem  er  seinen  Namen  nennen  hOrte,  erregte  seine 
Auftnericsamkeit.  Es  waren  die  drei  Abgeordneten  des  Cornelius, 
welche  nach  ihm  fragten.^^  „Da  Petrus  die  drei  Männer  bem^kte, 
welche  ihrem  Aussehen  nach  als  Nieh^uden  ihm  erschienen,  Hess 
ihn  der  Geist  Gottes  gleich  den  Zusammenhang  zwischen  dem, 
was  ihm  durch  jenes  Gesicht  klar  gemacht  werden  sollte,  und 
dem,  was  sich  jetzt  vor  seinen  Augen  ereignete,  erkennen.^^  Er 
folgt  ihnen,  tritt  bei  Cornelius  ein,  redet  ihn  und  die  bei  Ihtt 
Versammelten  an,  und  da  nun  (S«  190)  „alle  Bedingungen,  unter 
denen  der  lebendige  Glaube  an  den  Erlöser  sidi  bildet,  in  dem 
ISeelenzustande  dieser  heilsbegierigen  Menschen  vorhanden  waren, 
so  konnte  durch  das  kräftige  Zeogniss  des  Petrus  ein  solcher 
Glaube  bald  erweckt  werden  und  nach  solchen  Vorbereitungen 
hier  schneller  erfolgen,  was  sonst  nicht  so  schnell  zu  Stande  zu 
kommen  pflegte;'^  „während  Petrus  zu  ihnen  sprach,  fühlten  sie 
eich  gedrungen,  in  begeisterten  Lobpreisungen  Gottes  ihre  GefüUe 
auszusprechen,^^  Petrus,  von  dem  Eindruck  ergriffen,  sieht  alle 
jüdischen  Vorurtheile  durch  die  That  widerlegt,  und  ertheilt  Binen 
die  Taufe.  ' 

So  wäre  denn  nun  allerdings    das  Wunderbare  in  unsere 
Erzählung  «uf  einen  !so  schwachen  Rest  herabgebraoht^  dass  wir 


Cornelius.  181 

lieaen  «hBe*  alle  Mfihe  gleichfalls  vollendci  bei  Seite  sohalTeii  kOn* 
$0m  Ob  aber  damit  wirklich  nur  ergänzt  ist,  werauf  die  gege- 
henei  Zflge  nnsers  Berichtes  uns  hinweisen,  müssen  wir  ans 
faCen  QrQnden  bezweifeln.  Gleich  bei  der  Vision  des  Comelinii 
mt  Neander  nicht  allein  so  Vieles  znm  Bericht  der  Airostelge-^ 
obichte  hinzngethan,  sondern  auch  so  Wichtiges  davon  hinweg- 
;ethan,  dass  der  Vorfoll  in  seiner  Paraphrase  ein  ganz  anderer 
'«worden  ist,  als  im  Teite.  Dass  der  Seelenzostand  des  Corne- 
as gerade  so  war,  wie  er  vermnthet,  und  dass  sein  Gebet  gerade 
Df  das  messianische  Heil  sich  bezog,  könnte  man  als  mOglieh 
ugeben,  so  wenig  auch  unsere  Erzählung  darauf  hindeutet  Dass 
aodererseits  die  Erscheinung  des  Engels  von  der  Apostelgeschichte 
als  eine  objektive  beschrieben  wird,  muss  auch  Neander  aner» 
kennen,  und  es  lässt  sich  schon  wegen  des  q>aveQuig  o.  10,  3, 
und  4es  kategorischen  (ag  dnrjld-av  6  äyyekog  nicht  wohl  läugnen; 
dass  sie  es  aber  darum  auch  gewesen  sein  müsse,  whrd  bestritten. 
Aliein  wenn  der  Engel  dem  Cornelius  nicht  blos  überhaupt  den 
Auftrag  giebt,  den  Petrus  zu  berufen,  sondern  auch  die  Wohnung 
des  Apostels  vollkommen  richtig  bezeichnet,  wie  ist  es  möglich^ 
dass  er  ein  blosses  Phantasiegebilde  des  Betenden  gewesen  sein 
sollte?  Cornelins,  meint  Leander,  hatte  aller  Wahrscheinlich-' 
keit  nach  vonPetros  vorher  schon  gehört,  und  selbst  die  Bezeich- 
nung seiner  Wohnung  könnte  ihm  früher  schon  zugekommen ,  und 
diese  vergessene  Notiz«  in  dem  erhöhten  Zustande  seines  Innere 
wieder  in  ihm  aufgetaucht  sein.  Dann  wäre  aber  unsere  Darstel- 
lang  so  tänsohend,  dass  wir  auch  für  Ihre  übrigen  Angaben  keine 
Siolieriieit  mehr  hätten^  einem  Geschichtschreiber,  der  aus  einer 
ganz  natürlidieu  Erinnerung  an  etwas  Gehörtes  die  übernatürliche 
Mittheilung  eines  Engels,  und  aus  einem  visionären  Traumgeaidit 
eine  objektive  Erscheinung  machte,  wäre  man  auch  jede  sonstige 
lJnkrit&  und  Verwechslung  zuzutrauen  berechtigt.  Neander 
tt«gt  sich  daher  schfiessllch  doch  zu  der  Ansicht,  dass  jene  Notiz 
über  die  Wohnung  des  Petrus  dem  Cornelius  anf  übernatürliche 
Weise  mitgetheilt  wurde.  Will  man  jedoch  dleeis  einmal  anneh- 
men ,  dann  kann  man  sich  auch  df  r  Erscheinung  des  Engels  nicht 
mehr  entziehen,  und  ebensowenig  kann  man  mit  Neander  be-^ 
hanpten,  .diese  Erschtinung,  wenn  auch  eine  objektive,  habe 
darum  doch  „keine  sinnliche^^  sein  müssen;  war  die  Eugolserschei-' 
nnng  etwas  Bieales,  so  war  sie  auch  etwas  Sinnliches,  denn  Mrie 
ein  Mann  in  giäQzoidem  Gewand  (c.  10,  30}  anders,  als  siaiilich 


132  ^orDetitie. 

wahrgenoffiBien  w«r4eA  aoll,  wAre  eriit  ra  iiei|fen,  nnd  WQf  eine 
Verwimmg  aller  riobtig^n  Ctesiditflpankte  ist  es,  wenn  8.  189 
von  Neander  bemerkt  wird:  „wir  wissen  nicht,  ob  nicbt  etat 
hoher«  Geist  dem  in  der  fi^nnenwelt  lebenden  Menschen  diircb 
eine  Binwirknn^  anf  den  Innern  Sinn  sieh  mittheilen  könne,  a» 
dass  diese  Mittheilnngf  nar  nnter  der  Vorm  einer  sinnliohen  Wahr- 
nehmung [N.  meint  wohl:  einer  äussern  Wahrnehmnng,  sinnlieb 
sind  auch  die  Wahrnehmungen  des  inneren  Sinns]  sieh  demselben 
darstelle.'^  Was  sieh  mir  als  äussere  Wabrnehuunf  darstellt,  ohne 
ei  nn  sein,  das  ist  eine  Täuschung:  mittelst  einer  Täuschung  wird 
sich  aber  gerade  efai  höherer  Geist  am  Wenigsten  mittbeilen. 

Eine  ähnliche  Begriffsverwhrrung  lässt  sich  Neander  bei 
der  Vision  des  Petrus  zu  Schulden  kommen.  Dass  diese  kein 
nattirliches  Erzeugniss  seiner  GfemOthsstimmung,  sondern  nur  etwas 
Qbematflrliehes  Gewirktes  sein  kann,  erhellt  ganz  unwiderspreeb-- 
lieh  aus  dem  Umstand,  dass  die  Vision  gerade  in  dem  Augenbliek 
eintritt,  in  welchem  die  Boten  des  Cornelius  die  Wohnung  des 
Apostels  erreicht  haben.  Auch  Neander  mnss  anerkimnen  (S. 
124):  in  diesem  Zusammentreffen  merfcwflrdiger  Umstände  „offen- 
bare sich  uniängbar  die  leitende  Weisheit  der  ewigen  Uebe,^ 
und  er  redet  demgemäss  von  dem ,  „was  der  Geist  Gottes  mit  der 
Vurion  des  Petrus  bezweckte/^  Also  etwas  Provictontieiles,  nur 
nichts  Wuiiderbares«  Was  ist  denn  aber  damit  gewonnen ,  was 
sdtzt  dieses  rationalistische  nan  sine  numine^  Petras  hat  eine 
Vision,  mit  welcher  der  Geist  Gottes  etwas  bezweckt,  die  er  also 
w^l  auch  bewirkt  hat,  diese  Vision  trifft  durch  göttliche  Leitnig 
auf  die  merkwflrdigste  Weise  genau  In  dem  geeigneten  MesMnt 
mit  den  äussern  Umständen  zusammen,  und  das  wäre  kein  Wnn* 
derf  wo  ist  denn  da  das  Merkmai,  dnreh  welches  sieh  die  ge- 
wdhnüehe  Ldtung  der  Vorsehung  von  der  wunderbaren  unterschei- 
den soll?  und  wie  kann  man  ttberhavpt  dae  Wunder  entfernen 
wollen,  wenn  man  das  unmittelbare  Ehigrsifen  des  gottlidMi 
Geistes  bi  das  mensebUche  Geistesleben  festhält? 

IHe  zweite  dem  Petras  nn  Theil  gewordene  Offinibarang,  die 
Sräffnung  des  Geistes  aber  die  Ankunft  der  Boten,  V.  It,  wird 
mittelst  der  Annahme  naturaHsIrt,  dass  der  Apostrt  duroh  ein 
Oeräuscb  im  Verbof ,  bei  dem  er  seinen  Namen  nennen  horte,  auf 
die  Gekommenen  auftnerksam  geworden  sei,  dass  er  sofort  die 
drei  Männer  bemerkt,  an  ihrem  Aussehen  als  Nich^den  erkannt, 
uni  nun  erst  sieb  durch  dne  innere  Stimme  aufgefordert  gelOUt 


CorneUvs.  183 

habe  |  fbwn  s«  folgen.    Dftyon  steht  aber  so  wenig  in  nneerem 
Tex-te,  dess  Petras  .vielmehr  die  Ankunft  der  Abgesandten  erst 
vom   Pnenma  erfährt,  und   dieses  ist  auch  hier,   wie  im  N«  T. 
Oberhai^t,  niohtblos  eine  „innere  Stimme/'  sondern  ein  vom  Men- 
schen versehiedenes,  transcendeates  Princip,  di|s  V.  20  (iyta  aTti- 
0%ccXhcc  amovg)   auch  ausdrücklich  als  solches  spricht.    Ebenso- 
Mreaig  ist  aber  auch  sp&ter^  bei  dem  Auftritt  im  Hause  des  €or^ 
nel^iis,  die  XVirkung  dieses  Princips  nur  jene  religiöse  Begeiste- 
rung, welche  nach  einer  genügende»  inneren  Vorbereitung  (wovo% 
der  Text  nicht»  weiss}  durch  den  Vortrag  des  Apostels  hervor- 
gemfeii  wird;  wenn  vielmehr  diese  Wirkung  c.  10,  44  mit  den 
Worten  beschrieben  wird :  iitiTteaa  to  itvevfia  to  aycov  inl  ttov- 
i;ceß  .  •  ^xovov  avTiSv    lalovvnav    yktaaaacg ,    so    hotten   wir  die 
mofiidrttckliche  Versicherung  des  Petrus  c.  11,   15   (iTzekeas  to 
TJtvavfta  %b  ayiov  In  avTOvg  ülansQ  xai  i(p  i^/tiag  iv  dq^fi)  nicht 
einmal  ni^thig,  um  zu  wissen,  dass  hier  dieselbe  wunderbare  Er- 
ndieinung  bezeichnet  werden  soll ,  deren  ausfahrlichere  Schilderung 
ujiear  zweites  Kapitel  enthält^   ein  Obernatttrlich  gewirktes  Beden 
in  fremden  Sprachen,  und  dass  Neander's  naturalistische  Ans- 
deatung  dieser  Erscheinung  hier  so  unzulässig  ist,  wie  dort»  Der 
^,]iatarliche,  pragmatische    Zusammenhang,^'  welchen   Neauder 
durch  „Ergänzuttg^^  unseres  Textes  herstellen  will,  ist  nur  durch 
die'  gewaltthätigste  Misshandlung  desselben  zu  gewinnen;  unsere 
Darstellung  selbst  zeigt  uns  statt  einer  natttrlich  psychologisehen 
Entwicklung  vielmehr  einen  auf  allen  Punkten  durch  die  engen* 
scheinlichsten  Wunder  bestimmten,  durchaus  ttbernatdrlichen  Her- 
§Simg ,  und  diesen  Hergang  „nach  den  Gesetzen  der  Analogie  er- 
gi^azeB^^  heisst  ihn  verfälschen,  denn  welche  Anwendung  finden 
diese  Gesetze  auf  Erscheinungen,    deren  Wesen   und  Charakter 
eben  darin  besteht,  aller  sonstigen  Analogie  zu  widersprechen ?- 

Ein  solcher  Hergang  lässt  sieh  aber  allerdings  um  so  weni- 
ger, für  ges^icbtlich  halten,  je  schwerer  es  wird,  sich  einen  ge- 
ttllgenden  ^weck  dieser  viden  Wunder  zu  denken.  .  Dass  alle 
diese  tlbernatflrlichen  Veranstaltungen  blos  um  des  Cornelias  willen 
getroffen  worden  sein  sollten,  ist  schon  desahalb  nicht  glaublii^ 
weil  dieser  Mann  in.  Cösarea,  dem  Wohnort  des  Evangelisten 
Philippns,  auch  oline  selche  Mittel  sehr  leicht  mit  dem  Christen- 
tänm  bekannt  werden  konnte,  und  weil  er  selbst  sieb,  nach  Baur^ 
treffender  Bemerkung  (S.  79  f.)  sehr  passiv  zu  Allem  verhält, 
was  mit  ihm  vorgeht;  denn  von  der  inneren  Kntwicklnng  iseines 


134  Cornelius. 

Glanbess^  wovon  Ne  an  der  zn  erzfthlen  weiss,  steht  in  anserem 
Text  so  wenig,  dass  Cornelias  nach  o.  10,  83  f.  allem  Anschein 
nach  ght  nicht  weiss,   welcherlei  Mittheilang  er  von  Petrus  zn 
erwarten  hat.    Noch  weniger   können  diess  natürlich  die  Freunde 
und  Verwandten    des  Cornelius  gewnsst    haben,    welche    dieser 
(10,  24}  zu  sieh  gebeten  hat,  wie  denn  auch  von  einem  frühe- 
ren Glauben  derselben  nichts  gesagt  wird;  nichtsdestoweniger  ffillt 
der  Geist  mit  einem  Mal  anf  sie  alle.  Sofern  es  sich  darum  han- 
delte, den  rechten  Glauben  in  ihnen  hervorzubringen,   war  eine 
solche  magische  Mittheilung   des  Geistes   und   der  Spracheng^abe, 
von  der  man  ohnedem  nicht  absieht ,  was  diese  Leute  mit  ihr  an- 
fangen sollten,    schwerlich  das    geeignetste  Mittel«    Der  Zweck 
dieses  Wunders  müsste  daher  ausser  ihnen,  in  der  Belehrung'  des 
Petrus  und  der  jemsalemitischen   Gemeinde,    gelegen  sein.     Dass 
diess  wirklich  die  Meinung  unsersA^erfassers  ist,  liegt  am  Tage; 
denn  wie  über  die  Bedeutung  der  früheren,  bis  dahin  unverstan- 
denen  Veranstaltungen   erst  c.   10,   34  in  der  Erkenntniss    des 
Petrus,  ort  ovx  eart  nQogo)7ioXritT7]g  6  dtög^   ein  Licht  aufgebt, 
so  erreicht  die  ganze  Erzählung  in  der  Ueberzeugung  der  ürge- 
meinde  von  der  ZulAssigkeit  der  Heidenbekehrung  c.  11,  18  ihre 
Spitze,  und  wie  viel  dem  Verfasser  daran  liegt  ^  eben  diese  Ueber- 
zeugung als  die  Frucht  des  ganzen  Vorfalls  erscheinen  zn  lassen, 
sehen  wir  am  Besten  aus  der  Begründung  derselben  in  der  Bede 
des  Petrus  o.  11,    welche  nur  desshalb  das   schon  Erzählte  mit 
solcher  Ausführlichkeit  wiederholt,  weil  der  Verfasser  nicht  drin- 
gend genug  einschärfen  kann,   wie  unverkennbar  die  OiTenbarnn- 
gen  sind,   auf  denen   sie  ruht.    Aber  auch    bei   Petrus  und  den 
Jerusalemiten  müssten  unsere  Wunder  ihren  Zweck  nur  sehr  un- 
vollständig  erreicht  haben.     Wie  wenig  man   sich  in  Jerusalem 
auch  noch  lange  nachher  in  den  Gedanken  der  Heidenbekehrung 
zu  finden  wusste,  zeigen  am  Besten  die  Vorgänge  des  sog.  Apo- 
stelooncils,  welches  nicht  blos  im  Galaterbrief,   sondern  auch  in 
unserer  Schrift  selbst  so  geschildert  wird,  als  ob  die  Grundsätze 
des  paulinischen  Univerisalismus  selbst   den  Aposteln   noch   ganz 
neu  und  fremd  gewesen  wären  0;  denn  wie  aq  etwas  vOUig  Ver- 
gessenes, von  dem  in  den  vorangegangenen  Veihandlnngen  gar 
nicht  die  Rede  war,  muss  hier  Petrus  o.  15,  7  an  den  früheren 
Vorfall  erinnern;  vor  dieser  Erinnerung  scheint  Niemand  mehr  an 


*)  Näheres  darüber  tpüter. 


Cornelius.  185 

dfeub  HO  aQgenschdnUohe  Bridänm^  des  gOtÜiehen  Willens  und  an 
die  tdtfdtreh  gewonnene  Ueberzengang,  dass  Gott  such  den  Hel- 
den den  Weg  zur  Seligkeit  eröffnet  wissen  woHjß,  gedacht  za 
habed  i).  Aber  aneh  in  Betreflf  des  Pbtms  wird  es  dnrch  den 
Oftlaterbrief  In  Fhige  gestellt,  ob  er  wirklich  so  gesprochen  und 
diesö'Ueberzengang  gehabt  haben  kann.  Schon  das  muss  gewiss 
im  hffohstelA  Grad  anlKillen,  dass  Panlas,  so  weit  wir  aus  seinem 
eigenen  Bericht  abnehmen  können,  weder  da,  wo  es  sich  nm  die 
Rechtfertigung  der  Heldentaufe  handelte,  noch  auch  spAter,  wo 
er  dem  Petrus  seinen  Wankelmnth,  den  Widersprach  seines  nach- 
hetigen  gegen  sein  früheres  Benehmen  vorraokt,  —  dass  Paulus 
iA  keinem  von  beiden  Fällen  von  dem  schlagendsten  Beweisgrund, 
dem  eigenen  Vorgang  des  Petrus,  den  bei  dieser  Gelegenheit  ihm 
er^^tten  Offenbarungen  und  den  von  ihm  ausgesprochenen  Grund- 
sätzen, Gebrauch  macht.  Es  ist  gleich  unwahrscheinlich,  dass  er 
dless  überhaupt  nicht  gethan,  und  dass  er  diesen  Punkt  in  seinem 
Betriebt  Aberjrangen  haben  sollte,  wenn  es  sich  mit  jenem  Vorfall 
wirklich  so  verhielt,  wie,  unsere  Schrift  sagt,  die  Sache  war  tut 
seinem  Zweck  zu  wichtig,  um  nicht  berührt  zu  werden.  Aber 
auch  das  Benehmen  des  Petrus  selbst^  bei  dem  bekannten  Streit 
in  Antioehien,  ist  nach  Gfrörer^s^3  richtiger  Bemerkung  unter 
Voraussetzung  unserer  Brzfthlung  unbegreiflich.  Zwar  verweist 
uns  Ne ander  (S.  352)  auf  die  Verl ftngnung  des  Petrus^  welche 
ja  'gleichfalls  a'uf  das  nachArücklichste  Zeugniss  fttr  Christus  ge- 
folgt sei.  Aber  der  Fall  ist  hier  ein  ganz  anderer,  als  dort.  Bei 
der  Verlängnnng  handelte  es  sich  darum,  eüier  unmittelbar  dro- 
henden Lebensgefahr  durch   Belagung  von  Leuten  zu   entgehen, 


•)•  Zwar  ist  Schneökenburger's  Bemerkung  (Zweck  der  Apg.  179),  die 
wuAk  Lecbler  (d.  apost.  u.  d.  Dachapost.  Zeitalter  240)  wiederholt,  dass  aus  der 
IHiIduJig  ier  Heidentaufe  io  einem  einzelnen,  ganz  ausserordentlichen  Fall  die  An- 
erkennung ihres  Princips  in  allen  anderen  Fällen  noch  nicht  folge,  in  dieser  ihrer 
Allgemeinheit  nicht  unrichtig,  aber  es  handelt  sich  bei  der  Taufe  des  Cornelius 
eben  nicht  blos  um  diesen  einzelnen  Fall,  sondern  um  das  Princip  der  Heiden- 
taofe,  wie  diess  unsere  Schrift  oft  genug  sagt  (10,  34  f.  11,  18.  15,  7  ff. 
14  S.)f  and  nachdem  dieses  Princip  durch  die  augenscheinlichsten  göttUehen  Wil- 
lenserklärungen sanctionirt,  von  Petrus  und  der  Gemeinde  zu  Jerusalem  aufs  Be- 
stimmteste anerkannt  ist,  soll  es  nicht  blos  in  praxi  verhissen,  sondern  auch  völlig 
ans  dem  BewussCsein  der  jerusalemitischen  Judenchristen  verschwunden  sein.  Das 
ist  doch  gewiss  undenkbar. 

3)  D.  heil.  Sage  I,  415. 


jl86  Coraeliui. 

denen  sich  Patnui  nieht  verplliohtet  fUilen  nnohte,  .BakamtiiiM 
abzalegen,  um  eine  wahrheitswidrige  VerheimliolHiaf  «einer  per- 
90nliohen  Verhältnisse  vor  dem  Feind ;  es  war  das  eine  ScIiwAqIm, 
ein  Beweis  davon,  dass  es  dem  Apostel  zur  Zeit  noch  an  dem 
Heldenmnth  felilte,  dessen  er  sich  frtther  gerOhmt. hatte.  Bei  dem 
antiochenischen  Vorfall  dagegen  waren  es  Mitglieder  der  obrist- 
liehen  Gemeinde  selbst,  nm  deren  willen  sieh  Pelms  von  den  Hei- 
denchristen  zarOckzog^  und  diese  H^rpokiisie  beiraf  nieht  die  per- 
sönlichen Eigenschaften  des  Apostels,  sondern  die  entscheidenden 
Gnindsfttze  der  apostolischen  Amtsthfttigkeit  Welche  Veratel- 
Inng  mOssten  wir  ans  von  der  Charakterbef&hignng  des  Apo-* 
steif ürsten  zu  seinem  Bemf  machen,  wenn  er  im  Stande  war, 
einer  ihm  durch  die  ansdrOcfclichsten  göttlichen  Ofl^enbarangea  «n-- 
geschftrften,  seit  vielen  Jahren  von  ihm  vertretenen  nnd  In  der 
Gemeinde  znr  Anerkennung  gebrachten  Ueberzengnng  nm  einiger 
Fanatiker  willen  so  schmählich  untren  zu  werden,  denen  er  nur 
die  Erinnerung  an  die  allbekannten  Vorgänge  und  BesehlOsse  ei^ 
gegen^uhalten  brauchte,  um  sie  auf  der  Stolle  zum  Schweigen  zu 
bringen  ^),  welche  Vorstellung  auch  von  der  Wirksamkeit  des  h. 
Geistes ,  als  dessen  ausgezeichnetstes  Gefäss  der  Apostel  gerade  in 
unserer  Schrift  erscheint,  wenn  ihn  diese  nicht  einmal  vor  einen 
Schritt  zu  bewahren  vermochte,  vor  dem  jeder  Mann  von  Cliarak-' 
ter  ohne  alle  flbematOrlichen  Veranstaltungen  durch  ehie  mäesige 
sittliche  Uebung  geschützt  ist;  vor  der  offenbaren  Verlftngnung 
eines  tiefgewur^elten,  durch  die  unzweideutigsten  Thatsaohen  (>e- 
gründeten,  durch  die  förmlichsten  Erklärungen  bestätigten,  für  die 
ganze  Sache,  der  sein  Leben  gewidmet  ist,  hochwichtigen  Grund* 
Satzes!  Und  was  ist  im  Zweifelsfall  wahrscheüilioher,  dass  alle 
die  vielen  Wunder,  deren  unsere  Erzählung  erwähnt,  geschehen 
son  sollten,  ohne  doch  bei  der  Urgemeinde  und  bei  Petrua  selbst 
eine  irgend  nachhaltige  Whining  hervorzubringen,  dass  dieier 
Apostel  trotz  der  bestimmtesten  göttlichen  Erklärungen  gebandelt 
haben  sollte;  wie  er  nach  dem  unverdächtigen  Zeugniss  des  Paa? 
Ins  gehandelt  hat,  oder  dass  eine  Schrift,  von  deren  geschicht- 
licher Unznverlässigkeit  uns  sehen  die  schlagendsten  Proben  vsr-' 
gekommen  sind,  die  Wunder  und  Offenbarungen,  aus  deren  Aii- 


')  Man  vgl.  hiezu  die  treffenden  Bemerkungen  von  Seh  wegler  Nachap.  Zeit- 
alter L  127  ff. 


Cornelias.  187» 

das  gitoze  mdOslNiro  ftätiuel  eiit«priB|ft,  mit  Umreoiit  voniiu- 

.  A«oh  nodi  «tadge  iMtergeordsete  SBttge  machett  die  Authentle 
OMMrer  BraiUiuig  Tordicbtif.    C.  10,  2B  nngt  VetttiB  fsa  Corne- 
HiM  und  MiMn  ADgebArigen:  ,,Ikr  wimet,  dam  es  keinem  Jaden 
etlnabi  ist,  mit  einem  Fremden  in  Verlielir  zn  treten,  oder  zn  ihm 
zu  gehen;  mir  aber  liat  Gott  gezeigt,  dass  mui  keinen  Menseben 
Ar  imrefB  halten  dürfe.  ^Damm  kam  iob  anob  ohne  Widerrede/^ 
Hier  wird  alm  voran^gegetst,  das»  den  Juden  jeder  Verkehr  mit 
Widen,  oder  doch  jedes  Betreten  eines  beidnisoben  Hanses,    ver- 
beten g^yirmm  sei.    BÜt  Recht  bemerkt  jedoch  de  Wette  n.  d. 
St:   Wenn  aach  ein  selobes  Verbot  (von  dem  man  sonst  übrigens 
nieht»  weiis)  fai  Beislebang  aaf  QMtnendieaer  stattgehabt  bitte, 
an  hei  dooh  nnimgreiiiob ,  wie  es  in  Beisiefanng  auf  aeßoftevovg 
gdteti-  fcoMte^  nnd  selbst  strengere  Juden  kennen  den  Umgang 
nü  nelDhmi  nletat  gesobevt  balie«,  weil  sie  sonst  auf  ihre  Bekeb- 
ntmg  httÜMi  veMohteu  mAssen  —  wofür  de  Wette  auf  den  be- 
haanlMi  Ans6|irvcli  Jesn  Mt  M,  15  (tber  die  Pbarisfter,  wekhe 
Land  und  Meer  dwrdiiMien;  um  Proseiyten  za  machen,  und  auf 
die^fö^eihlnng  des  Josephns  Ant.  XX,  2,  4  f.  «ber  die  Bekeh- 
rung dmi  KMigs  Inates  von  Adiabene  und  seiner  Hausgenossen 
verweist«    Diene  BeInge  sbMl  ganz  schlagend,  nnd  auch  abgesehen 
davon  Int  es  bei  dem  damaligen  vielfachen  Verkehr  von  Jnden 
ndt  Helden  undenkbar,  dass  ^n  Verbot,  wie  das  bezeichnete,  selbst 
bei  der  pliarisAlschen  Parthei  bestanden  haben  sollte.  Auch  in  den 
Clementinen,  welche  die  jndenohrliMIche  Sitte  in  dieser  Beziehung 
gewiss  trea  danitetten^  kommt  Petrus  mit  Heiden  unaufherlich  in 


^)  Gasz  ^nA%n  stellt  sieb  die  Sa«he,  wenn  wir  uns  an  die  Darstellung  des 
Paulus  allein  halten.  Dann*  brauchen  wir  seinen  Mitapostel  nicht  der  Verläugnung 
einer  klar  erkannten ,  auf  Offenbarungen  begründeten  Ueberzeugung  zu  beschuldigen, 
Sendern  nur  des  Rückjalls  in  eine  Denkweise ,  die  er  gai:  nie  wirklich  üben^unden, 
auf  deren  Geltendmachung  er  viehnehr  nur  momentan ,  der  Macht  einer  öberiegenen 
Persönlichkeit  und  der  vollendeten  Tbatsache  gegenüber,  verzichtet  hat  Jenes 
wtre  feige  Charakterlosigkeit,  dieses  ist  eme  auch  bei  ehrenwerlhen  Männern  nicht 
seltene  Schwäche,  mag  es  auch  Paulus  von  seinem  Standpunkt  aus  schroffer  beur- 
theilen.  ^  Ohae  allen  Grund  beruft  sich  Neander  S.  114  auf  Gal.  2,  14,  um 
zja  beweisen,  „wie  frei  in  Beziehung  auf  das  mosaische  Gesetz  Petrus  bisher  ge- 
iumdell  hatte.*^  Das  i&vuc^g  ^n^y  welches  dem  Petrus  hier  vorgerückt  wird,  be- 
zieht sich  dentlicb  genug  nur  darauf,  dass  er  nach  Y.  12  vorher  in  Antiochien 
nüt  des  Heiden  zu  Tisch  gesessen  war ,  nicht  auf  seine  sonstigen  Ld>en8gewohn'- 
^eUea  überhaupt.  ^ 


188  Cornelius, 

BerOhnm^f.  Damm,  aber  das  MoU£aSai  if  rt(fogiQxea9at  wmmm 
28ten  Verse»  auf  die  Tisohgenossensohaft  zu  beidehen ,  wäre  ebeoae 
gegen  die  WortbedeutQog,  wie  gegen  de»  Zasammenhang.  Daraus, 
dass  Petrus  zu  Cornelias  gekonunen  war,  folgte  ja  mMt  gar  idxM, 
dass  er  aneh  mit  ihm  speisen  mnsste.  Es  ist  dicker  offenbar,  dans 
liier  dem  Petras  Worte  in  den  Mand  gelegt  sind,  die 'er  niiibt 
gesprochen  haben  kann. 

Aehnlich  scheint  es  sich  mit  dem  Vorwarf  aa  verhallmi^  mit 
dem  Petras  o.  11,  3  in  Jerasalam  empfuigen  wird:  orc  TCQag 
ävÖQag  axqoßvanlav  exovrag  els^l^eg  xal  (twi^yeg  avrölg,  Dia 
die  Hauptsache  im  Vorhergegangenen  nicht  der  Besaoh  bei  €?oi^ 
nelias  und  die  Tischgenossenschaft  mit  ihm.  and  den  Seinigen, 
sondern  die  Ertheiinng  der  Taufe  an  Unbeschniitene  gewesen  Wmwy 
da  sich  auch  im  Folgenden  Petrus  nicht  wegen  jener,  sondern 
einzig  wegen  dieser  rechtfertigt,  so  scheint  jener  Vorwurf  m^t 
dem  übrigen  Inhalt  unserer  Erzählung  gar  nicht  tlbo^einzustimmeii, 
und  es  liegt  nahe,  mit  Gfrörer  a.  a.  O.  zu  aobliessen,  waan 
dem  Apostel  nur  das  Essen  mit  Heiden  vorgerttelct  worden  a^, 
so- könne  das  weit  Bedenklichere,  die  Aufnahme  von  Heiden  in 
die  Kirche,  nicht  stattgefunden  haben.  Nun  sehen  wir  allerding-s 
nicht  blos  aus  9aL  2,  12  ff. ,  sondem  auch  aus  den  Oiemendnen  ^y, 
welchen  Werth  die  strenger  Denkenden  unter  den  Joden  auf  die 
Tiscbgenossenschaft  legten,  die  ihnen  als  Anerkennung  der  ToUea 
religiösen  Gemeinschaft  galt.  Aber  das  Auffallende  der  Brsehel- 
nung,  dass  gerade  der  Hauptstreitpunkt  ui  der  Anrede  c.  11,  3 
übergangen  wäre,  und  dass  die  folgende  Antwert  des  Petras  gar 
nicht  unmittelbar  auf  die  gegen  ihn  erhobene  Anklage  passte,  wird 
dadurch  nicht  aufgehoben,  und  nimmt  man  unsere  früheren  Er- 
gebnisse über    den  geschichtlichen  Charakter  unserer  Erzählung 


^)  M.  s.  Hom.  I,  22  (Clemens  erzählt  aus  der  Zeit,  wo  er  noch  ungetauft 
war ,  von  Petrus) :  xai  ravra  etntar  xai  r^otptji  avrog  /ueralaß<ay  IdCa  xä/u^  /uera^ 
XaßiXv  sxeJisvaev'  tvloytjaaq  Sk  sni  rtjq  rqotptjq  xai  evxaqiartjaag  jusrd  t6  xoQea&tj- 
yai  xa\  avrov  rovrov  rov  Zoyov  /uoi  anoSovg  htrj'fays  Ifycov'  Swtj  aoi  o  &e6i  xcera 
narra  l^o/jtot(a9ijvixC  juoi  xa\  ßarctioS'fvra  Ttjß  adrtjg  /uoi  /ueraZaßeXv  rqan^tji.  Die 
Taufe  vertritt  aber  nach  dem  Lehrbegriff  der  ClemenÜnen  bei  Heidenehristen  die 
Stelle  der  Beschneidung.  Weiter  vgl.  man  Hom.  XV,  1,  und  II,  19,  wo  Jesus  zu 
der  Kanaaniterin  sagt:  oux  ^^ftfrir  iSad'at  rä  l^j»; ,  toixora  xwflvy  Sid  rd  Siaqto- 
Qoig  XQ)jö&ai  TQotpaTg  xon  nqdleaiv^  worauf  diese  zum  Judenthum  übertritt,  und 
ro»  6/uoitai  $täaaa9ai  xoXq  rrjg  ßadilfCaq  vloif  T^g  etg  rtjv  &VYar4qa  hv^ev  Im/eeiK, 
Weitere  Nachweisungen  bei  Hilgenfeld   dement.  Recogn*   152  t  Galaterbri^  fji9. 


Coni^ius.  189 

hiiiz«^  80  kann  man  rieh-  de«  Verdachts  kaum  erwehren,  jene  auf- 
fallende Aensfiernng  mOehte  ans  der  BriwieniBg  an  einen  von  dem 
OBsrlgen  .verüßhiedenen  ¥orllill  gefioesen  sein,  de>  aber  am  Bnde 
die  eiAzigefaktifleheyeninlassnng  unserer  Darstellong  bilden  könnte, 
dm  mehmtwfthnten  anHechenis^en  Streit  f  denn  in  diesem  handelte 
es  sich  einzig  nnd  allein  nm  das  aweaSietv. 

Haben  v/vt-  femer  die  panllnischen  Grundsätze  im  Monde  den 
Petras  schon  olien  bedenldich  gefanden,  so  ist  auch  das  sehr  auf- 
faiiend,  dass  er  diese  Ckrundsätze  nach  unserer  Selirift  selbst  mit 
deuv  Werten  des  Panlus  ansgespreohen  haben   müsste.    Benn  die 
berühmte  Erklftrong  ober  die  Gleiehheit  aller  Volker  vor  Gott,  o. 
10,  34  f.  lesMi  wh"  in  ganz  fihnlkh  lautenden  Ausdrücken  Rom. 
2y  lO  f.  0,  Wie  auch  V.  86   an  Rom.  10,  15  (Eph.  2,  17)  er- 
innert   Es. ist  gewiss  wahrscheinlicher,   dass   der  Verfasser  der 
ApestelgesMchte  hiebei  dam  ROmerbrief  gefolgt  ist ,  als  dass  Fe- 
ims mid  Paulos  in  den  gleichen  Ausdrücken  nur  zufällig  sich 
^g^gMi  sind.    Bbenso  werden  wir  die  Aehnlichkeit  von  10,  26  , 
mit  Apg..  14,  15,  von  10,  42  mit  Apg.  17,  81  am  Natürlichsten 
daraus  arklAren,  dass  in  allen  diesen  Fftllen  in  der  Wiridichkeit 
nur  eine  und  dieselbe  Person  spricht.    Wenn  endlidi  c.  11,  16 
eiaAuflsplnieb,  den  die  Byangelien  einstimmig  dem  Tftufer  Johan- 
nes zusdireiben  (Mt  8,  lt.  Mr.  1,  8.  L.  8y  16.  Joh.  1,   38)^ 
als  Wort  Jesu  angeführt  wird,   so  setzt  es  schon  die  Anführung 
des  gleichen  Ausspruchs  e.  1,  5  ausser  Zwmfel,  dass  nicht  Petrus, 
sondern  Lukas,  diese  Verwechslung  vorgenommen  hat,  denn  dass 
Jesus  wirklich  die  Worte  des  Tftufers    glelchmftssig    wiederholt 
hätte,  das  bt  bei  dem  Schweigen   aller   evangelischen    Berichte 
nicht  wahrscheinlich. 

Nach  allen  diesen  Erörterungen  können  wir  nicht  umhin,  die 
Angabe,  dass  Petrus  noch  vor  dem  Apostelconcil  und  den  Missi- 
oasreisen  des  Paulus  einen  Heiden  getauft,  und  den  Grundsatz 
der  Heldentaufe  zur  Anerkennung  gebracht  habe,  für  uugeschicht- 
lich  zu  erklären*  Wenn  es  daher  richtig  sein  sollte,  dass  er 
einen  römischem  Hauptmann,  Namens  Cornelius,  getauft  hat,  se 
könnte  dieser  kein  Heide,  sondern  er  müsste  ehi  Proselyte  gewe- 


')  Apg.:  ovx  tOTi  TtqoqmioXtjnrtji  o^^eo^,  äXi*  h  navzl  t^vsi  o  (poßov/ufrog 
ö5rdy  xal  l^o^o/jiivoq  Sixaioavvtjy  Ssxrog  alh(a  lativ.  Römerbriet:  Soia  Sh  xaV 
^»i«»)  mti  ilQfjvrj  narrl  tu  Iqya^ofih^ta  rd  ayaHv^  *Iov$aicp  ts  nqCkov  xal^EXltivC 


190  CQinefius. 

flea  B^ia,  und  «elbsi  wm»  er  Mr  #!■  ProMlyto  iei  TkoM  g«i««» 
0611  sein  0oUteO)  aa,k«Mila  er  doch  ven  Petrai  die  Tavfe  ur 
unter  der  Vomnwetzvpg  erhalten  kaben^  dase  er  aaeh  aehon  dnah 
dieaen  halben  UebertriU  ann  Jadenthm  ein  Beide  ea  sein  a«fg«- 
bort  habe  23.  Gerade  die  Heidentaare  iat  aber  in  der  DarateUoif 
unserer  Schrift  die  Haoptsaohe:  naf  CeiaeUna  aneh  19,  d  als 
g)oßQvfievog  beschrieben  werden,  .so  behandelt  ihn  docli  «nnere 
Schrift  10,  14  f.  28.  11,  1  ff.  18  gann  nnstreitig  als  eiaeA  Hei- 
den,  und  nur  darin,  daes  er  diess  iat,  daoB  ea  sich  in  «Benem  er- 
sten  Fall,  wo  ein  Unbesehnittener  getanft  wnrde,  vm  de«  hoch- 
wichtigen Grnndsal»  der  Heidenlaafe  nberiianpt  inuidelt,  liegt  die 
ganae,  von  dem  Terfasser  ao  klar  hervorgehobene  BeAeatinif 
unserer  Brzihlung  und  das  Mot&v  dar  Wonder,  die  Über  liren 
ganzen  Verlauf  mit  so  verschwenderischer  Hand  verlheilt  aind« 
0er  wesentliche  Ipbalt  dieser  BmMiong  iat  daher  jedenfiUln  «n- 
historisch,  mag  ihr  nhn  gar  keine  geschiohHiehe  Thatsachn^  eder 
mag  ihr  die  bedentnagslose  Thatsaebe  efaMr  Prosd^ntaofa  an 
Gründe  liegen,  daroh  welclie  aber  «Ue  Snlaasung  der  Heiden  In 
die  christUehe  Gemeinschaft  nichts  entschieden  wurde ,  und  vrir 
können  desshalh  die  weitere  UnteraneiHng  hierUber  fOflloh  so 
lange  aufisparen,  bis  wir  im  2&nsanuienhang  «aderweidger  Briv-* 
terungen  die  Mittel  «u  ihrer  Veantwottong  geAmden  habem. 


*)  Wie  mit  vieltn  Anderen  Ritschi  annimmt  Entst.  der  altkath.  K.  122  f. 

^  Es  ist  übrigens  bekannUicb  nooh  streitig,  ob  es  rar  2eit  Christi  iMch  Pro- 
selyten  des  Thors  im  eigentlichen  Sinn  gab,  und  wenn  aneh  die  häoflg  trwfttaBten 
aeßo/uevoi  jedenfalls  eine  ähnliche  Stellung  einnehmen,  so  fragt  es  sich  doch»  ob 
dieselben  in  dem  Maasse  als  jüdisch  Glaubende  anerkannt  wurden,  dass  sie  nicht 
mehr  für  Heiden  gegolten  hätten.  Die  clementinischen  Schriften  knüpfen  allerdings 
die  Heidentanfe  im  Wesen tlicben  nur  an  dieselben  Beengungen,  welche  auch  die 
Apg.  c.  16  den  Heidenebristen  auferlegt,  (Ritschi  a.  a.  0.  118  ff.)  und  Apg»  13, 
.  16.  26.  43.  16,  14.  17^  17  wird  ein  naber  Verkehr  der  otßofHvm  mit  den.  iMf^ 
naljuden  vorausgesetzt.  Aber  für  die.  voriiegende  Frage  sind  diese  Stellen  nicht 
entscheidend ,  und  noch  weniger  kann  der  Standpunkt  der  Clementinen ,  welche  dsi 
Heidenchristenthum  als  eine  unabweisliche  Thatsache  vor  sich  hatten ,  der  gegenüber 
«e  ihre  Forderungen  nothweadig  herriMtimmen  mnssten,  für  die  Ansicht  der  älte- 
sten Christen  in  der  Zeit  vor  dem  Auftreten  des  Paulus  beweisen.  Als  Izalef  von 
Adiabene  zweifelhaft  war,  ob  er  sich  beschneiden  lassen  solle,  meinte  von  seiaea 
zwei  jüdischen  Rathgebern  der  eine ,  wegen  der  grossen  hiemit  für  ihn  verbundenen 
Gefahr  werde  ihm  Gott  die  Unterlassung  dieses  Scbritts  wohl  verget>en,  der  andere, 
strenger  denkende,  lässt  auch  diese  Entschuldigung  nicht  zu,  dass  man  aber  über- 
haupt ohne  ßeschneidung  Genosse  des  Gottesreichs  sein  könne/  wagt  selbst  der 
erste  nicht  zu  behaupten.    Jos.  Ant.  XX,  2,  5. 


Bekehrung  des  Paulus.  191 

Dritter  Abschnitt. 

Paulua« 


1.    Die  Bekehrung  und  das  erste  Auftreten  des  Paulus. 

DtesM  JBreifnifls,  welehes  den  eraten  entscheidenden  Wende- 
ptiiAt  in  der  «eeohiohte  des  Christenthums  bUdet,  reiht  sich  in  der 
ISfsnähUng  der  Apesteigeschichte  nnmittelbar  an  die  Hinrichtung 
des  Stepbanns  an.  Dass  dieses  der  wirkliche  finsammenhang  der 
Itonrebenheiten  war,  nnterliegt  keinem  Zweifel;  für  den  vorlle- 
gendM  Zweck  schien  es  yedoch  besser,  altes  den  Apostel  Paulus 
Beirelfende  zusamiBenznstellen ,  und  es  geht  diess  um  so  leichter, 
dm  auch  die  Apostelgeschichte  den  Bericht  nber  sehie  Bekehrung 
(e.  9,  1 — 90)  als  ein  fOr.  sich  bestehendes  Ganzes  zwischen  c. 
8  V.  o.  a,  31  if.  einschiebt. 

Was  nnn  die  historische  Glanfclwflrdigkeit  dieses  Berichts,  und 
zwar  zqnftchst  der  Bekehrungsgeschichte  als  solcher  (V.  1 — 18), 
anbelangt,  so  sind  es  bekanntlich  ausser  den  innciren  Orfinden  auch 
Widerspräche  unter  den  Äusseren  Zeugnissen  selbst,  welche  ge- 
gen denselben  misstrauisch  gemacht  haben.    Wenn   wir  mit  der 
BnBAfalang,  die  unser  Verfasser  c.  9  in  eigenem  Namen  glebt,  die 
zwei  dem  Paulus  in  den  Mund  gelegten  c.  22,  6 — 10  und  c.  26, 
12—18  vergleichen,    so  ergeben  sich  zwischen  ihnen  folgende 
Abweichungen.    1)  Von  den  Begleitern  des  Paulus  heisst  es  o. 
29,  14,  sie  seien  alle  mit  Paulus  za  Boden  gefUlen,  c.  9,  7  da- 
gegen, sie  seien  in  Betäubung  stehen  geblieben  ^  während  Paulus 
vor  Bcfarecken  niederfiel,  und  beides  lässt  sich  nicht  etwa  durch 
die  Annahme  (Bengers,  KninöFs  u.  AO  vereinigen,  dass  sie 
zwar  zn^rst  hioflelen,  aber  noch  vor  dem  Apostel  wieder  anüitan* 
dan,  und  die  Worte  des   7ten  Verses  stehend  mitanhorten;  wenn 
man  sagt,  Biner  fiel^  die  Uebrigen  standen,  so  kann  diess  Nie- 
mand 80  verstehen,  es  seien  Alle  gefallen,  und  es  sei  nur  jener 
Eine  länger  liegen  geblidben,  als  die  Andern.  —  2)  lieber  die- 
selben Personen  wird   o,  9,  7  ausgesagt,   sie  haben  zwar  die 
Stimme,  welche  mit  Paulus  redete,  vernommen,  aber  Niemand  ge- 
sehen, 0.  22,  9  umgekehrt,  sie  haben  das  Licht,   welches  flim 
erschien )  gesehen,  die  Stimme  dagegen  nicht  gehört    Auch  dieser 


192  ''  Die  Bekehrung  des  Paulus. 

Widersprach  ist  von  den  harmonistisohen  Auslegern  nur  sehr  un- 
genügend gelöst  worden.  Unter  der  ^)Ci)vfi  soll  c.  ^  die  Stiranne 
des  Paolos,  c.  22  die  Stimme  Christi  zn  verstehen  sein,  wiewohl 
in  4er  erstem  Stelle  schon  der  Artikel  aof  die  V.  4  erw&hnte 
qtiov^  Christi ,  die  einzige ,  an  die  man  hier  ttberhaopt  denken  kann, 
hinweist.  Oder  man  nntersehied  zwischen  der  qnav^  tov  laXovv- 
Tog  0.  22,  ond  der  einfachen  q)ami  c.  9,  indem  man  nur  jene 
von  deotlich  vernehmbaren  Worten  deotete,  diese  von  einem  nn- 
deutllohen  Tone^},  trotz  dem,  dass  die  von  der  qHovtj  ausgeispro- 
chenen  Worte  auch  c.  9  aasdrüoklich  angegeben  sind.  Oder  wßB 
am  Ende  aof  das  Gleii^e  hinaoskommt,  anoveiv  soll  c.  9  ^jhOren^^ 
bedeoten,  c.  22  „verstehen'' ^3  ^  während  doch  gerade  o.  9  steht; 
dxovovreg  T^g  qxavijg^  was  zurNoth  heissen  konnte:  dieStimaiL^ 
verstehen,  dagegen  o.  22:  xi^v  qxavijv  ovx  iJKOvaav,  was  sieh 
dorchaos  nur  übersetzen  lässt:  sie  hörten  nicht.  Eher  liesaen 
sich  die  entgegengesetzten  Angaben  über  das,  was  die  Gftfftbrten 
des  Paulos  sahen,  dorch  die  Bemerkong  aosglelchen,  dasa  diesel- 
ben zwar  das  Licht,  aber  keine  bestimmte  Person  oder  Gesalt 
QiTjdeva)  erblickt  habend).  Allein  dass  Paolos  selbst  mehr 9  als 
jenes  Licht,  sah,  wird  in  keinem  von  den  drei  Berichten  ange- 
geben;  da  non  offenbar  c.  9,  7  gesagt  werden  soll,  seine  Beglei- 
ter haben  die  ihm  sichtbare  Erscheloong,  von  welcher  die  Stiam« 
herrührte,  nicht  gesehen,  ond  da  sie  eben  desshalb  in  Verwirrung 
iiveoi)  dastehen,  so  muss  die  Meinung  liier  die  sein,  dass  sie.  eben 
das  Licht,  welches  sie  nach  c.  22  erblickt  h&tten,  nicht  erbliok«- 
teu.  —  Noch  wichtiger  ist  aber  3),  dass  ein  Theil  der  Worte, 
welche  c.  26,  16—18  dem  erscheinenden  Jesus  in  den  Mufid 
gelegt  werden,  c«  9,  15  als  Rede  Jesu  zu  Anauias,  o.  22i,  16. 
21  theils  als  Rede  des  Ananias,  theils  als  Rede  Jesu  bei  einer 
zweiten  dem  Paulus  gewordenen  Erscheinung  aufgeführt  wurd.^J, 


*)  Wie  neoestens  wieder  Lange  ap.  Zeit.  I,  57,  för  den  aber  freilich,  auf 
der  Höhe  apriorischer  Geschichtsconstruction ,  auf  der  er  steht,  Bemerkungen,  mt 
die  obigen,  natürlich  viel  zu  „rabbinisch^^  sind. 

^  So  noch  Neander  Gesch.  d.  PÜanzung  u.  s.  w.  S.  147. 

')  Neander  a.  a.  0.  Baumgarten  z.  d.  St.  u.  A. 
*)  C.-26,  16  f.:  Bis  tovTo  yaq  ^(p^tjv  C.  9,  15  (Rede  Jesu  an  Ananias): 
ooi^jt^oxsi^tatxad'alaB  vntjqHijv  Koi  fiOQ'-  noqtvov^  oriaxkvos  Ix/toy^s  fioi  hniv 
rvqa  wv  T€  elSes  d>v  rc  dtpd'iaofiaC  0OC  ovro;  rov  ßuirraüai  t6  6vofia  /uav  h<a^ 
Hat^ovjuevog  ae  ex  rov  laov  xal  rtav  mov  i&ytay  xal  ftaadetar  vtiay  T«  V<i- 
tSyoiv ,  elg  ow;  rvv  ae  anoariXXto.  qar^X, 


^  Die  Bekehrung  des  Paulus.  «193 

yvogegen  Jesus  bei  der  damaseenlsclien  nach  dar  flliereinstimineii- 
den  Angabe  des  9ten  und  22sten  Kapitels  zuerst  nar  gesagt  hätte : 
2aovXj  2aovlf  %l  (de  diqjifeig;  und  dann,  auf  die  Frage  des 
Paalas,  wer  er  sei;  iyui  elfic  'Irjaovg  ov  av  duixeig^).  Diesen 
Widersprach  mit  Banmgarten  zu  lAagnen,  widerstreitet  dem 
Aog^enschein,  aber  nach  darch  Meyer's  Bemerknng  (zu  9,  6), 
,idaBB  Paolus  in  der  Rede  an  den  Agrippa  die  BrzUlilang  cencen-- 
trire,  und  das^  was  ihm  erst  später  durch  eine  Mittelsperson  auf- 
getrag^en  ward.,  dem  Urheber  dieses^nftrags  gleich  selbst  in  den 
Mond  lege/^  wird  er  nlelit  beseitigt,  sondern  zugestanden;  und 
wann  Derselbe  behauptet,  dadurch  yerde  nicht  die  Bache  sdbst, 
sondern  nur  die  historische  Form  alterirt,  so  ist  das  schwer  zu 
verstehen:  wo  es  sich  um  geschichtliche  Wahrheit  handelt,  gehOrt 
doch  In  der  Thai  die  Zeit,  wann,  der  Ort,  wo,  die  Person,  von 
welcher  etwas  gethan  oder  gesprochen  worden  ist,  auch  zur 
„9ache  selbst'^ 

Die  neueren  Bearbeiter  der  Apg.  vrissen  sich  in  der  Regd 
aber  diese  Differouien  mit  der  Bemerkung,  dass  sie  nur  unterge- 
ordnete Nebenumstände  betreifen,  ohne  Mähe  hinwegzusetzen«^) 
Allein  so  ganz  bedeutungslos  sind  sie  doch  nicht.  Denn  einmal 
werfen  sie  auf  den  historischen  Charakter  dieser  Darstellung  ein 
merkwürdiges  Licht  Bin  Schriftsteller,  dem  es  nichts  ausmacht, 
efai  und  dasselbe  Faktum  in  einer  und  derselben  Schrift  mit  un- 
vereinbaren Nebennmständen  zu  erzählen,  ein  solcher  Schriftsteller 
müssl»  entweder  so  unbedingt  abhängig  von  fremden  Berichten 
sein,  dass  er  diese  auch  da,  wo  sie  dnander  widersprechen,  un- 
verändert aufnähme,  oder  er  geht  so  firei  mit  seinem  historischen 
Stoff  um,  dass  es  ihm  um  durchgängige^  Uebereinstimmung  und 
geschlchülche  Ctonauigkeit  des  Einzelnen  gar  nicht  zu  thun  ist; 
weder  im  einen ,  noch  im^  andern  Fall  aber  wwden  whr  diesen 


C.  22,  15  (Ananias  zu  Paulus):   Sri 
ffajl  Jba^Tug  avt(p  TtQOi  navtas  ar^^timovg 

€.22»  21  (Jesus  zu  Paulus  in  ie- 

*)  Was  c.  9  nach  der  früheren  Lesart  no^  weiter  steht,  ist  bekanntlich  Glosse 
&UI  c.  26.  Autfallend  ist  hier  HbHgens,  dass  das  griechische  Sprichwort  nQog 
it^dtt  Xastrll^ir  in  der  eVrftUc^en  Anrede  Jesu  Torgekommen  sein  soll. 

*)  So  z.  B«  Neand^F  Si  147.    M^yjer  z.  c.  9,  7.        , 

1» 


194  Die  Bekehrung  des  t^anld^. 

Schriftsteller  einen  zoveAäsiifgeii  Historiker  iten^en  kOihiiett.  Sodkiin 
hängen  aber  jene  Nebentimsfände  mit  dem  Mittelpunkt  unserer  Er- 
zählung weit  enger  ^usamteen,  als  man  in  der  Regel  zu  bemer- 
ken scheint.  Denn  ob  Paulus  Jesum  fiusserlich  real,  'öder  ob  er 
ihn  nur  innerlich,  mit  den  Augefn  dÖs  Geistes  geseha'dt  bat,  diess 
Hesse  sich,  bei  der  Unsicherheft  jedes  Selbstzevgnisses  über  eine 
solche  Anschauung,  nur  ans  den  mit  derselben  verbundenen  objek- 
tiven Erscheinungen  abnehmen,  und  fOr  diese  sind  wir  ganz  an 
die  Aussägen  seiner  Begleiter  gewiesen,  welche  Ihrerseits  nvr 
von  der  Apostdgesefaiehte  berichtet  werden.  Lauten  nun  die  Be- 
richte der  letzteren  so  widersprechend,  dass  wir  'Weder  ttb^r  die 
Umstände,  unter  denen  die  2&eupgen  ihre  Wahfnehmuiig^  ^geinaeht 
haben  (ob  stehend,  oder  liegend),  noeh  Ober  den  Oe^nstand  Ihrer 
Wahrnehmung  (ob  eine  Lichterscheinüdg,  eder  eine  Rede,  und 
welche)  in's  Reine  kommen  können,  so  liegt  'wohl  «am  Tage,  dass 
eine  solche  Bezeugung  von  der  Urkundlichkeit  W^it  entfernt  ist, 
die  wir  bei  jeder  ungewöhnlichen,  vor  Allein  aber  ^bei* einer  sehlecht- 
hin  ausserordentlichen^  wunderbaren  Iftegebenheit  ve^llingen  mOnseo. 
Whrd  nun  unsere  Erzählung  diirch  ^iese  'WIdersprOdhe  der 
Berichte  verdächtig  i  so  ist  voHrads  ihve  tarnere»  Beschaffenheit  von 
der  Art,  dass  sich  dieser  Verdacht  fttr  Jeden,  Uem  ihre  Unantast- 
barkeit  nicht  zum  Voraus  feststeht,  zur  Ueberzehgnng  von  Ihrer 
Ungeschichtlichkeit  steigern  moss.  Diese  gtiiize  Brsiählnng  fot  eine 
fortlaufende  Kette  von  Wundem.  Schon  die  Erscheinung  des  ver- 
l(lärten  Christas  ist  ein  Wunder;  dass  diese  Erschleinuftg  nur  dem 
Paulus  sichtbar  oder  hOrbar  ist,  ein  zil^eites;  die  Blindheit  des 
l^aulos  ein  drittes,  und  die  Art,  wie  sie' gehaben  wird ,  ein  vier- 
tes; die  Visionen  des  Paulus  und  Ananftis  endlich  ein  fOnftes  raid 
sechstes.  Dienattkriiche  Erklärung  all  dieser  Wander,  den  Blitz 
und  Donner,  In  welchen  die  Erseheinung!  and  die.  Worte  Jesu 
verwandelt  wurden,  die  Erblindung  des  Paulus  durch  den  Blitz 
oder  den  Schrecken,  und  seine  Heilung  durch  die  kalten  Greisen- 
hände des  Ananias,  die  psychologische  Ableitung  der  beiden  Visi- 
onen —  diese  verschollenen  Auslegungskünste  können  wir  fOglicb 
übergehen.  Dass  solche  Ausdeutungen  der  Meinung  unseres  Ver- 
fassers widersprechen,  liegt  auf  der  Hand;  giebt  man  aber  diess 
zu,  nun  dann  ist  der  ungleich  wahrscheinlichere  Fäll,  dass  die 
wunderbaren  Zfige  unserer  Erzählung  aller  historischen  Grund- 
lage entbehren,  als  dass  ihnen  so  ausserordentliche,  und  in  ihrem 
Zusammentreffen   so  ganz  beispiellose  Begebenheiten  zu    Grande 


Die  BekcihruDg  ^e$  Paulus.  i95 

lienii  -—  denn. zur  i^nniilime  von  Wmideai  werden  wir  ans  l^^r 
so  "wei^g^  als  in  anderen  Fällen,   entschliesfien  können.    Es  ist 
diess  nm  so  wahrscheinlicher,  je  lichter  sich  in  diesem  Fall  alle 
jene  zöge  theils  aus  der  Analogie   ähnlicher  Erzählni^en,  thei^s 
aus. dem  Pragmatismus   des  Schriftstellers   erklären.     Die  Lichter- 
acheinung  des   Messias   war  in  der  Vorstellung  von  seinem  ver- 
klärten Zustand  so  unmittelbar  gegeben,  dass   wir  sie  schon  von 
der   ursprünglichen  Anschauung   des   Paulus  nicht  wohl    trennen 
können.    Ebenso  verhält  es  sich  im  Wesentlichen  mit  den  Worten, 
welche  il^m  in  den  Mund  gelegt  sind,  denn  diese  Worte  enthalten 
nur,  was  bei  jeder  solchen  Veranlassung  zu  sagen  war,  dass  sie 
aber  vom  Verfasser  nicht  gerade  urkundlich  überliefert  sind ,  sieht 
man  aus  der  abweichenden  Version  des  26sten  Kapitels.   Die  Er- 
blindung des  Paulus  4cann  als  Folge   der   Christnsersch^inung  90 
wenig  befremden,  als  das  Stummwerden  des  Zacharias  in  Folge 
der  Engelserscheinung,  da  es  ja  bekannt  ist,  dass  nach  der  Mei- 
nung  des   gesammten,  und  namentlich  auch  des  jüdischen  Alter- 
thums^  die  Erscheinungen  höherer  Wesen   eine  derartige  Wirkung 
auf  den  Menschen  ausüben;  zugleich  war  aber  diese  Jtlindheit  und 
ihre  Heilung  j»in  sehr  nahe>  liegendes  Symbol  für  den  geistigen 
Znstand  des  Apostels  vor  seiner  Bekehrung  und  für  die  Umwand- 
lung, welche  jetzt  mit  ihm  vorgieng:  dasjs  er  durch,  den  ihm  er- 
schienenen Christas  von  seiner  Blindheit  geheilt, wurde,  war  zu- 
.  nächst  nur  derselbe  bildliche  Ausdruck  für  die  Thatsache  seiner 
Bekehrung,   den  wir  schon  bei  Jes.  4S,   7.  16.  19  n.  ö.  und  in 
unserer  ErzäUung  selbst  c.  S6,  18  antreffen  ^),  wurde  aber  dieser 
Ausdruck  einmal   eigentlich  verstanden,   so  konnte  die  Blindheit, 
von  der  er  befreit  wurde,  nur  aus  dem  blendenden  Eindruck  der 
Christophanie  erklärt  werden^).    Was   endlich    die   zwei   Visionen 
betrifft,  so   sind    solche  Erscheinungen   unserem    Verfasser,    wie 
schon  die  Erzählung  über  Cornelius  zeigt,  als  Hebel  zur  Euifüh- 
rung  ausserordentlicher  Ereignisse  so  geläufig,  dass  wir  uns  nicht 
wundern  können,    wenn    sie  auch  hier  in  Anwendung  gebracht 
werden.    Alle  diese  Züge  lassen  sich  daher  auch  ohne  die  Vor- 
.aussetzung  ihrer  Objektivität  leicht  begreifen;  die  zwei  ersten  bil- 
deten ohne  Zweifei  einen  'l^ejstandtheil  von.  der  eigenen  Vision  des 
Paulus,  die  zwei  folgenden  «ind  ein  mythischer  Ausdrock  für  die 


*)  Auch 'die. Taufe  heisst  ja  schon  in  der  ^Itestffi  Kirche  /ppßTtci^^ 
»)  YerjU  hißzu.Bajftjr,  Pafilus  S.  70  f.  . 

• 13* 


196  Die  Bekehrung  des  Paulus. 

Thatsache  seiner  fiekehrang,  die  zwei  letzten  gehörea  dem  Prag- 
matisinus  des  Schriftstellers  an,  und  sollen  nur  dazu  dienen,  die 
Beziehung  des  Ananias  zu  Paulos'  zu  motiviren.  Diese  selbst 
könnte,  abgesehen  von  den  Visionen  und  dem  Wunder,  historisch 
sein ;  es  ist  möglich^  dass  Paulos  in  Damaskus  zuerst  von  jenem 
Ananlas  aufgesucht  und  von  ihm  getauft  wurde;  doch  darf  nicht 
übersehen  werden,  worauf  Schneokenburger^  mit  Recht  auf- 
merksam macht,  dass  unser  Verfasser  seiner  ganzen,  später  zu 
erörternden,  Tendenz  gemäss  ein  besonderes  Interesse  hatte,  den 
Paulus  darch  einen  so  anerkannt  gesetzesfrommen  Mann,  wie 
Ananias  nach  c.  22,  12  war,  in*s  Chrlstenthum  einführen,  und 
was  im  Grunde  nur  der  mythi/sche  Ausdruck  für  diesen  gmtiafidg 
ist,  von  seiner  Blindheit  heilen  zu  lassen.  Man  kann  daher  immer- 
hin noch  fragen,  ob  Ananias  überhaupt  bei  der  Bekehrung  des 
Apostels  eine  Rolle  gespielt  hat,  besonders ^  da  auch  der  Name 
so  häufig^},  und  für  einen  Boten  der  göttlichen  Gnade  so  ange- 
messen war,  dass  er  dem  Schriftsteller,  welcher  um  der  An- 
schaulichkeit willen  eines  bestimmten  Namens  bedurfte ,  leicht  zur 
Hapd  lag. 

Wie  steht  eß  nun  aber  mit  der  Uauptthatsache  selbst ,  deren 
Aussenwerke  wir  bis  jetzt  untersucht  liaben,  mit  der  Christuser- 
scheinuiig  als  solcher?  Man  könnte  einen  Augenblick  zweifelhaft 
sein,  ob  unser  Verfasser  überhaupt  eine  Clurlstophanie  im  strengen 
Sinn,  eine  persönliche  Anwesenheit  des  erhöhten  Christus ,  und 
nicht  blps  eine  Offenbarung  desselben  durch  Licht  und  Schall,  ohne 
persönliches  Auftreten,  berichten  wolle;  denn  merkwürdigerweise 
wird  in  keiner  einzigen  von  den  drei  Erzählungen  ausdrücklich 
gesagt,  dass  sich  Christus  dem  Paulus  sichtbar  dargestellt  habe, 
sondern  immer  ist  nur  von  dem  Lichte  die  Rede,  das  ihn  um- 
strahlte.  Und  wirklich  ist  seine  Meinung  Allem  nach  die^  dass 
Paulus  nur  dieses  Lipht,  die  Schechina  des  Messias,  mit  Augen 
sah,  seine  vom  Lichtglanz  umhüllte  Gestalt  dagegen  nicht  er- 
blickte. DiesH  zeigt  aucli  die  ^nähere  Beschreibung  e.,d,  3  ff.  22, 
6  ff.,  denn  unmittelbar,  nachdem  er  das  Licht  gesehen  hat,  fällt 
Paulus  zu  Boden,  so  dass, er  nichts  weiter  sehen  kann,  und  wie 
er  sich  vom  Boden  .wieder  erhebt,  ist  er  geblendet  Wir  werden 
also   streng  genommen  sagen  müssen:    nach  der  Erzählung  der 


•)  Zweck  der  Äpg.  S.  168  f. 

^  Di«  Apg.  allein  kenot  noch  2wei  Änaniat,  e.  5  ttsd  123,  2.  24^  I. 


Die  Bekebrojig  des  Paulus.  -197; 

Apostelgjesohiohte  hätte  Panlii«  nicht  Christom  selb/st*,  sonderp  nur 
die  Christnsglorie  wirklich  gesehen ,  nnd  wir  werden  ans  die  Ah- 
weiohiing  dieser  Darsteliang  von  der  eigenen  des  Apostels^  wel- . 
eher   1  Kor.  9,  1.  15,  8  ganz  nnbefangen  sagt:  ^Ii^aovv  Xqiotqv 
i(OQaxa^)y  oMpdTj  xccfioly   nicht  verbergen  kOpnen,     Dass  jedoch 
diese   Abweichnng  nnr  in   den   späteren  Vorstellangen    von   der 
Bnanschaabaren  Herrlichkeit   des  verklärten  Messiaa  ihren  Grand, 
hat,    dass  sich  aber  im  Uebrigen   aach   unser  Verfasser  Christam . 
bei  der  damascenischen  Erscheinung  persönlich  gegenwärtig  dachtp, 
zeijgt  schon  die  Frage  des  Paulus:  dg  el,  xvQie ;.nehst  der  Ant- 
wort:  iyü  sifii  ^Irjaovg  u.  s.   w.;  ferner  das  (irjdlva  c.   9,  7; 
endlich  die  bestimmte  Aussage  c.  9,   17.  27:   ^iTjOovg  6  oifd^lg 
aoi   .  .ßv  Tj  6d<^  elde  töv  xvqiov.    Paulus  hat  Jesum   gesehen, 
sofeni   er  die  ilui  umgebende  Glorie  gesehen  hat,,  er  hat  ihn  aber 
nicht,  gesehen,  sofern  ihm  seine  personliche  Gestalt  selbst  verhüllt 
blieb.     Dass   nun  Paulas  selbst  von  der  Realität  dieser  Anschau- 
ung überzeugt  war,  lässt  sich  nach  den  eben  angefahrten  Stellen 
nicht  bezweifeln,  eine  andere  Frage  ist  aber,  ob  auch  wir  hia- 
reichende  Gründe  haben ,  diese  Ueberzeugung  zu  theilen.    Die  letzte 
£ntach^idang  dieser  Frage  liegt  freilich  ausserhalb  der  rein  histo- 
rischen Untersuchung.    Wer  keine  Wunder  zugiebt ,  wer  die  Rea« 
lität  der  Auferstehung  Jesu  bezweifelt,  darin  sind  wir  mit  Ne an- 
der (S.  154  f.)  ganz  einverstanden,  der  wird  auch  die  wunderbare 
Erscheinung  des  Auferstandenen  auf  dem  Weg  nach  Damascus 
nicht   zugeben  können,  wer  umgekehrt  jenen  Glauben  hat,    der 
^  wird  auch  den  Aussagen  des  Apostels  Paulus  über  die  ihm  wider- 
fahrene Erscheinung  des  Auferstandenen   zu  trauen  geneigt  sein. 
Damit  ist  Jedoch  nicht  gesagt,   dass  die  historische  Kritik  hier  zu 
schweigen ,  und  die  ganze  Frage  der  Dogmatik  zu  überlassen  hat. 
Ob  tlberhaupt  Wunder  mOglich  sind,    oder  nicht,  kann  die  Ge- 
schichtsforschung allerdings  nicht  ausmachen,  um  so  mehr  aber, 
ob  das  Wunder  im  vorliegenden  Fall  hinreicheiid   beglaubigt  ist, 
um  es  nach  den  allgemein  geltenden  kritischen  Grundsätzen  wahr- 
schdnlich  ^u  linden.     Wie  verhält  es  sich  nun  damit?   Dass  liier 
eine  wirkliche  Erscheinung  Christi  stattfand,  diess  könnte  ebenso, 
wie  jede  andere  Thatsache,  nur  durch  Zeugnisse  erwiesen  werden, 


')  Dass  sich  diese  Stell^  nicht  auf  die  Apg.  18,  9.  22,  17  erwähnte  Vbion,  toh- 
dern  auf  die  Erscheinang  vor  Damaskos  bezieht,  zeigt  Neander  S.  151  gegen 
Rflckert  sehr  treffend. 


198  Die  Bekebrang  des  Paulus. 

thätlb  doroH  daä  eigene  Zeogniss  desPanlns,  theils  daroh  dss  sei- 
ner Begleiter.  Dms  jWoch  das  letztere  nicht  ansreloht,  haben 
wiir  bereite  gesehen;  d'enn  fOr's  Erste  würde  es  sich  nicht  auf  die 
Chrlstnserscheinnng  selbst^  sondern  nar  auf  die  sie  bögleitenden 
äctsseren  ümstfinde  erstrecken,  nnd  fttr^s  Zweite  ist  es  mis  durch 
eine  so  unsichere  dritte  Hand  Oberliefert,  und  in  seinen  einzelnen 
Aussagen  so  wenig  nbereinstimmend^  dass  es  höchst  leichtsinnig 
wäre,  aaf  einen  so  schwankenden  Grund  den  Glauben  an  eine  so 
gaiiz  ausserordentllohe ,  Ober  allb  sonstige  Erfahrung  s'o  wett 
hinansliegende  l^hatsache  bauen  tu  wollen.  Ungleich  gewichtiger 
ist  alierdings  die  eigene  Angabe  des  Apostels.  Aber  doch,  was 
können  wir  streng  geschichtlicH  aus  dieser  Angabe  ableiten?  Zu- 
nlf^hst  nichts  heiter,  als  dass  Paulus  Christum  gesehen  ztf  haben 
flber;^eugt  \(rar,  ob  er  ilm  aUer  auch  wirklich  gesehen  hat, 
wUre  ^rst  zuf  untersuchen.  Oder  wenn  wir  zugaben  wollen  — ■■ 
ei  ist  diess  aber  nur  eid  anderer  Ausdruck  fOr  denselben  Inhalt  — 
d*s'ä  er  Christus  gesellen  hat,  d.h.  dass  das  Bild  des  verklärten 
CfiVIstus  ±\t  der  Kraft  dei*  gegeifwftrtigen  AnscHauuiig  seinem 
Geist  ersoliieiqt,  so  fi'agt  eä  sich  Imnfer  noch,  ob  dieser  subjektiHren 
ErficHeinung  auch  ühte  objökthre,  dör  Anschauung  seines  iilneiti 
Sinns  auch  eine  sofc^e  des  äussern  entsprach.  tVie  soll  nun  aber 
dieses  bewiesen  werdenf  Dass  es  auch  Anschauungen  giebt^  denen 
kein  Objekt  entspricht,  und  dass  auch  solche  blos  innerliche  An- 
schauungen die  Bei^iiinnitbeit  und  Üeberzeugungskraft  der  äusse- 
ren mit  sich  filÜren  und  von  dem  Anschauenden  selbsi  damit  ver- 
wechselt werden  Löhnen,  ist  nun  einmal  eine  unläugbare  'that- 
sache;  Woher  könneii  wir  wissen,  dass  es  sich  mit  der  Anschau- 
ung des  Paulus  aul'  dem  ^eg  nach  Damaskus  anders  verhalten 
ha^t  Wer  uiis  eine  derartige  Erscheinung  bezeugt  —  diess  mnss 
selbst  ein  Neander  ^)  Be!  andrerem  Anlass  zugeben  —  der  kann 
imiäer  nur  als  sicherer  ^eüge  von  dem  gelten,  was  er  wahrzu- 
nehmen glanbte.  Warum  soll  dieser  KAnön,  fragt  Bänr  (S. 
6ä)  mit  Itecfat,  niciit  auch  im  vorliegenden  Fall  in  Anwendung 
komment  Die  Glaubenszuversicht  des  I^auTus,  antwortet  Ne  and  er 
(1^.  163),  wäre  unter  dfeser  l^oranssetzOng  von  einer  läelbsttäu- 
söfiung  ausgegangen.  „Diess  anzunehmen  werden  ^ir  nds  ikicht 
entsohiiessen  können,  wenn  wir  von  der  gebohrenden  Ach- 
tung vor  diesem  Glauben  des  Pauliis  und  vor  dem,  was  «um 


0  S.  123«'in  Beziehung  auf  die  Bekehrung  des  Cornelius. 


Die  Bekebruog  des  Paulus.  199 

%il,  dfr  l|Ief»|ich|)eit  d^^orclf  gewirkt  wordep,  orDOUi  Mad/^  Aber 
die  Furcht,   eine  Majestätsbeleidigang  gegen   den  Apostel  zu.  be- 
^eh^n,  ist,  eben  kein  geaobichtlicber  Beiyeisgrand.    pie  Achtung 
vor  dem  Apostel  and   seinem  Werk,  vor  Allem  aber  die  Achtung 
vor  dj^r  Wahrheit  fordert  pichts  Anderes  dringender ,  als  dfiss  wir 
den  Apostel  nur  für  das  ansehen,  wofür  er  beglaubigten  Zjeug* 
gissen  2i^olg^  anjge^eben  werden    kann.    Diese  Zeugnisse    aber, 
seine  eigenc^n  Briefe,  zeigen  uns  in  ihm  einen  Mann  von  äusserst 
erregbarem  Gemütbe,  einen  Mann,  der,  wie  er  selbst  sagt  (i  Koi!- 
14,  18.  2  Kor.  12.  Gal.  2,  2)  za  Visionen   und  eksUtischen  Zu- 
ständen in  besonderem  Maasse  geneigt  war;  warum  sollen  wir  es 
anmOgUch  fuden»   dass  ein  solcher  eine  lebhafte  innere  Anscbau- 
nng  npit  einer  objektiven  Erscheinung   verwechselt  hätte?     Etwa 
weil  aus  2^  l^or.  jL2  erhellt,  dass  er  ekstatische  Zustände  von  an- 
deren wohjl  zu  unterscheiden  wusste?  (Neander  ^.  154).    Aus 
eben  dj^eser  Steile  erhellt  vielmehr,  dass  er  dieser  Unterscheiji)ung 
keineswegs   sicher  war:  ehe  iv  owfiaTi^j  helsst  es,   ov^  olda' 
eize  ixTog  nov  acof^aTOSf   ovx  olda*  6  ^og  oldev.    Aber  auch 
zugegeben,  dass  Paulus  im  Allgemeinen  den  Zustand  der  Ekstase 
von  d^m   des  Ifluren  Bewusstseins   zu  unterscheiden  wusste,  wie 
er  diess  1  ^or.  12 — 14  allerdings  tbut,  folgt  daraus  auch,  dass 
er  das  Subjektive  und  Objektive  in  seinen  Anschauungen, 
die  Erscheinungen  des  innern  und  die  des  äussern  Siims,  scharf 
zu  trennen  im  Stande  war?    Konnte  er  denn  nicht  auch  das  in 
der  Ekstase  Geschaute  Mr  etwas  Gegenständliches  und  Wirkliches 
halten,  und  hat  er  es  nicht  eben  2  Kor.  12  dafür  gehalten?     Im 
vorliegenden  Fall  gewiss  nicht,  meint  Neander,  denn  dann  wär^ 
seine  Glaubenszuversicht  von  einer  Selbsttäuschung  ausgegangen. 
Aber  wenn  auch:  wie  mancher  felsenfeste  Glaube  ist  nicht  von 
einer  Selbsttäuschung  ausgegangen}    Wie  viele  Beispiele  solcher' 
Selbsttäuschung  liefert  nicht  die  Geschichte  der  Heiligen  und  Re- 
ligionsstifter, wie  auffallende  selbst  die  Geschichte  der  Philosophie! 
Welche  Selbsttäuschung  z.  B.  von  Sokrates,  an  eine  dämonische 
Stimme  in  seinem  Innern  zu  glauben!    W&nim  sollte   eine  solche 
Selbsttäuschung  einem  Paulus  nicht  möglich  gewesen  sein?  Auch 
in  diesem  Fall  aber  beruhte   sein  Glaube  nicht  auf  der  Selbsttäu- 
schung, 9o6dern  auf  seinem  religiösen  Bedürfnisse  die  Anschauung, 
welche  er  allerdings  für  objektiv   hielt,  war  nur  eine  Folgte  v(U 
diesem  Bedttrftaiss,    nicht   der  Grund,    sondern   die    Wirkung 
seines  Glaubens,  oder  genauer,  die  Erscheinung  des  aus  seinem 


200  1^16  Bekehrung  des  Paulus. 

Innern  henrorbreohenden  Glaubens,  die  Form,  in  der  er  seinem 
eigenen  Bewusstsein  sich  aofschloss ,  aus  der  blossen  Anlage  in 
die  Wirklichkeit,  ans  einem  dankein  Drang  in  ein  klar  und  fest 
ergriffenes  Princip  abergieng.  Wir  denken ,  dass  darch  eine  solche 
Vorstellnng  vom  Hergang  der  Sache  die  Achtung  vor  dem  Apostel 
in  keiner  Weise  verletzt  wird. 

Wird  aber  vielleicht  der  psychologischen  Wahrscheinlichkeit 
dadurch  zu  nahe  getreten?  Dann  allerdings,  wenn  man  annehmen 
wollte,  dass  Paulas  ohne  alle  innere  Vorbereitung,  durch  eine 
ganz  abgerissene,  augenblickliche  Krregung,  die  Erscheinung  Christi 
aus  sich  erzeugte,  dass  er,  wie  Meyer  (zu  c.  9,  3)  behauptet, 
„urplötzlich  von  der  wunderbaren  Thatsaphe  erfasst  wnrde/^  Aber 
was  berechtigt  uns  zu  einer  so  abentheu^rlichen  Vorstellung? 
Unser  Text  weiss  allerdings  nichts  von  Zweifeln  und  Kämpfen 
im  Innern  des  Paulus,  die  seiner  Bekehrung  vorangiengen ,  er  lässt 
ihm  die  Himmelsstimme  mitten  in  seinem  wuthschnaubenden  Ver- 
folgungseifer Halt  gebieten.  Aber  was  folgt  daraus  fQr  den  wirk- 
lichen Sachverhalt?  Wie  können  wir  denn  überhaupt  über  den  inneren 
Zustand  des  Apostels  vor  seiner  Bekehrung  von  ^unserer  Schrift  Auf- 
schlüss  zu  erhalten  «hoffen?  Es  handelt  sich  ja  hier  eben  darum, 
den  von  ihrin  ein  wunderbares  Licht  gerückten  Hergang  in  die  natür- 
liche und  geschichtlich  wahrscheinliche  Beleuchtung  zurückzustellen. 
Ebensowenig  kann  aber  der  apriorische  Grund  beweisen ,  dass  „vor- 
gängige Bedenklichkeiten  und  innere  Kämpfe  bei  einem  so  reinen, 
festen  und  feurig  entschiedenen  Charakter,  wie  Saulus,  höchst 
unwahrscheinlich  seien,  da^s  es  zur  Umwandlung  seiner  festen 
Ueberzeugung  in  die  entgegengesetzte,  bei  der  reinen  Entschie- 
denheit seines  Willens ,  einer  unmittelbar  in  sein  Innerstes  eingrei- 
fenden himmlischen  Gewalt  bedurft  habe/^^)  Gerade  weil  Paulus 
ein  reiner  Charakter  war,  wird  er  sich  in  der  Rolle  des  Verfol- 
gers nicht  ohne  Bedenken  und  Gewissensskrupel  bewegt  haben, 
gerade  weil  er  ein  Mann  des  festen  und  feurigen  Willens  war, 
wird  es  bei  ihm,  ehe  er  seinen  sittlich-religiösen  Schwerpunkt 
gefunden  hatte,  nicht  ohne  harte  Kämpfe  abgegangen  ^ein.  Oder 
waren  die  grossen  Geistesverwandten  eines  Paulus,  von  deren 
inneren  Kämpfen  wir  so  viel  wissen,  ein  Augustin  und  Luther, 
nicht  auch  reine,  entschiedene  und  feurige  Charaktere?  Ja  hat 
sieh  nicht  auch  von  Paulus  eine  Spur  des  Kampfes,    den  er  als 


*)  Meyer  a.  a.  0. 


Paulus  nach  seiner  Bekehrung.  201 

geBetxeBtVriger  Jude  mit  eich  selbst  kämpfte,  erhiulten,  In  jener 
mefkwtlrdi^en:  Stelle  des  ROmerbriefs  c^  7,  7—25,  welche  zu-' 
näcbst  freilich  nicht  seine  persönlichen  Brfahningen  zn  schildern 
bestimmt  ist,  ans  deren  warmer  und  lebendiger  Darstellang  aber 
so  unverkennbar  die  Erinnerung  an  Selbsterlebtes  dnrchkllngt?  Je 
mehr  aber  freilich  die  Wahrscheinlichkeit  solcher  Inneren  Kämpfe 
nnd  Vorbereitungen  bei  genauerer  Betrachtung  sich  steigert,  um 
so  mehr  verringert  sich  die  des  äusseren  Wunders ,  und  sollte 
auch  unsere  Kenntniss  vom  Gemüthszustand  des  Apostels  vor  seiner 
Bekehrung  nicht  ausreichen ,  um  uns  den  Hergang  derselben  voll- 
ständig zu  erklären  und  in  jeder  Beziehung  anschaulich  zu  ma- 
chen, so  bleibt  es  doch,  die  Sache  geschichtlich  angesehen,  unter 
idlen  Umständen  weit  .wahrscheinlicher,  dass  sie  ihre  nattirlichen 
ErklämngsgrOnde  gehabt  hat,  als  dass  sie  durch  eine  so  ganz 
beispiellose  Tbatsache,  wie  die  Christuserscheinung  unserer  Er- 
zählung; bewirkt  ist  0 

Nach  seiner  Bekehrung,  erzählt  die  Apg.  9,  19  ff.  weiter, 
blieb  Paulus  einige  Zeit  0]jnsQa$  rcvcf^)  in  Damaskus,  und  trat 
sofort  in  den  Synagogen  mit  dem  Bekenntniss  Jesu  auf;  nach  län- 
gerem Verweilen  (i^/neQac  ixccval)  nothigte  ihn  jedoch  ein  Mord- 
anschlag der  Juden  zur  Flucht;  er  gieng  nach  Jerusalem,  wurde 
aber  von  den  dortigen  Christen  Anfangs  gemieden,  bis  ihn  Bar- 
nabas  bei  den  Aposteln  einführte;  jetzt  wurde  er  in  ihren  Kreis' 
aufgenommen,  und  unterstützte  sie  thätig  in  der  evangelischen 
Verkündigung.  Ein  neuer  Mordplan  bestimmte  ihn,  auch  Jerusa« 
lem  zu  verlassen,  und  sich  in  seine  Vaterstadt  Tarsus  zurückzu- 
begeben. 

Dieser  Bericht  Ist  jedoch  theils  mit  den  eigenen  Aussagen 
des  Apostels  im  Galaterbrief,  theils  mit  der  späteren  Darstellung 
anserer  Schrift  selbst  nicht  zu  vereinigen.  Dem  Galaterbrief  1, 
16  f.  zufolge  gieng  Paulus  unmittelbar  isvdicog)  nach  seiner  Be- 
kehrung nach  Arabien,  kehrte  von  da  wieder  nach  Damaskus  zurück, 
and  machte  erst  nach  drei  Jahren  einen  Besuch  in  Jerusalem.  Von 
dieser  arabischen  Reise  schweigt  die  Apg.  nicht  allein  gänzlich, 
sondern    sie  lässt  auch  nirgends   eine    Stelle   für  sie  offen.     Die 


^)  Auf  eine  genauere  Analyse  der  inneren  Zustande,  weldie  die  Vision  des 
Paulas  erzeugt  hahen  können,  wollen  wir  hier,  auf  die  Kritik  der  Apostelgeschichte 
uns  beschränkend,  um  so  weniger  .eingehen,,  da  sich  hierüber  doch  immer  nur 
Vermuthungen,  aber  keine  geschichtlich  nachweisbaren  Behauptungen  aufstellen  lassen. 


20^  Paulus  nach  seiner  Bfek^hrung. 

AfKsißgex  IfH^n  ip  ißt  VeA^gf^nheH^  eipe  s^Iolie  2^  4l»4cip,  ap 
allen  mOgliq)ien  Pankteii  heral^ge^a^^  tk^r  mgpnßß  wilif  «Ich 
eipe,  Fuge  entdecken.  laAsen,  welche  g/ro,^»  6^^^gi,  w^^r^j  ^^  ^of- 
zanehimen.  Pearson  (>.  (|.  Comm..)  wpjlte  ^i^  i^wlsqben  V.  18 
nnd  19  einscbjebeq.  A^ein  vi;e.pn  bis  740m  Knde  des  ISien  X* 
von  den  Brfahrongen  des  Vaalw.  in  |)aaH|sk^s  die  Rpde  i^t,  and. 
y.  19  npQ  fertffthrt:  j^er  war  i^ber  eipige  ZeU  hei  den  Cbr^steA 
in  Damafijkns/'  so  kn^u  diess  uiim4gliq|i  apdf^rs,  als  so  veistandeii, 
werden,  dass  ehen  jener  vorher ^erwAhi|(e  dfiipA^cenischq.  Aufent- 
ha)yt  eipige  Zeit  gedupert  l^ab^.  Anderp  verlegen  die  Rciise  zwi- 
schen die  rjfiSQccg  Tiväg  V.  19  und  dais  A^nftreten.  in  den  ^najg^o^en 
V.  20  —  was  schon  das  xai  evdiwg  am  J^ttmg^  des,  90ßien  Verfsqa, 
und .  überbappt  der  ganze  unpnterb^o.chenp  FQrtjgaog .  der  Erzählnjßjf^ 
verbietet.  Kuinöl  (z.  V.  19.  25)  npd  Olshausei^  la/sfien  den 
Apostel  eri|t  nach  seiner  Flqcht  ans^  Q^amaskQs.^  zwischen  y,  26 
und  26 y  nach  Arabien  gehen.  Diese  Meinung,  würde  sich  jj^doch 
schon  durol^  das  evdiaog  Gal.  1^  16  vf\ä^x\»ffiu^  sie  streitet  aber 
apc^  mit  der  Darstellnpg  unserer  Schrift,, denp.  Vifenn  es  tiier  y. 
2ft.l|eisst:  Panlaa  fli)h  an/?,  t>amaskns ,  and^V.  2.6  anm|ttelbar  fort- 
ffthrt:  „als  er  aber  in  Jeroflalem  ankam /^  so  ki^nn  die  ]ü][einiu]g 
doch  nur  die  sein,  di^ss  er  von  Dam.i^kas  geraden  Wegs  nacj^i 
Jerusalem  gieng,  pi^t  dass  er,  dies^  ^tadt  l^ei  Seite  lassend,  erst 
eine  weite  Beise  in  den  Süden  n^a^^te,  un4  von  die^pr,  nach  un- 
bcstimipt  langer  2^eit,  nach  Jerusalem,  zprückkehrte.  Wie  unwahr- 
scheinlich es  ausserdem  ist^  d^ss  Pai^lus.,  k^upi  erst  c|pn  1/entetn 
de?  arabischen  Fürsten  Aretas  entrppne/^  (2  Kor,  11,  3,2  f.  vgl. 
Apg.  9,  23  ff.),  sich  gerade  nach  Arabien  gewendet  hätte,  soll 
hjpr  nqr  befübrt  werden.  Noch  i^m  Ehefl;ten  gi^nge  es  immerhin, 
die  arabische  Reise  niit  Neander.  (S.  157}  in  ^\t  rifA^kqm  ixaval 
unsers  l^dsten  Verses  zu  verlegen.  Aucl»  hier  jedoch  steht  das 
ev^€0)£  des  Galaterbriefs  iiqj  W^e.  Wie  poppte  der  Apostel  hier 
sagen,  dass  er  unmittelbar  nach  seiner  Berufung,  ohne  vorgän- 
'ffige  Besprechung  mit  andern ,  na^ch  Arabij^n  gegangen  sei,  wenn 
er  doch  zuvor  einige  Zeit  bei  dep  Christen  in  Damaskus  sich  auf- 
gehaltep,  pnd  zunächst  hier  piit  de;^  eyapi^ellschen  yerkündijpon^ 
begonnen  hatte?  Offenbar  denkt  aber  auch  unser  Verfasser  nicht 
daran,  V.  28^  für  die  arabische  Reise  Raum  zu  lassen.  Man  lese 
nur  seinen  Bericht  V.  22  f.  ,,Saulus  wirkte  in  Damaskus  mit  dem 
grössten  BSfer  und  Erfolg  für  die  christliche  Sache;  nach  längerer 
Zeit  pbeir  Pöthigte  ihp  ein  MordanscUag  der  Juden  zur  Flucht^' 


Paoliifi  nach  seioer  Bekehroog.  209" 

EBeiT'ial  d#ok  oStaUr,  dMi  4ii^  „ttngere  adt^^  eben  die.  Zell  sei- 
nes   fiamesoeiiieelieB  Wlrkena  sein  soll,    dnss  nftUn  die  Worten;. 
eis  ^Xt^qw^o   i^fieqai  i^uiml  beengen  wellen:    nach   Iftngereai 
AafiMiitoU  in  Damaekus^  niebt:  in  DamaeJEns  and  Arabien;  nn4< 
aneli  dasis  der  ieMe^e  eo  tain»  gewährt  habe,  nA  in  diea^n  2iiH 
samiiDepbang  tlbcaguifen  werden  so  Icdnnen,  wird  man^niobt  aefen. 
dOrfen;  eine  Reiee  von  nindealens  50  MlBAlen  war*  in  iener  SCeit 
kefaia  80  k)^eine  Sache;,  and  wenq.  aie  Paaioe  eiamal  uiUeaiahiny 
wird  er  sehwerlioh  eanz.  knrz  in  Arabien  geblieben  sdn.  —  Wi^ 
wenijg^  aber  nnsere  Oavetellong  eberhanpt  mit  deijeuigen  dee  fia* 
laterbriei:»  «berebw^ilBUiiA  9  eieht  naiL  ani  Beaten  ans  der/  Bemerkung 
y.  9^9  d%ss  bei  der  Anknnft  des  Paukis   in  Jerasalem  die  idortir 
gen*  Cdriste^i  »lobt  ^  seine  Bekebrong  geglaubt  and  sielk^dessr 
halb   YO|i  ikm  znri43ikgeEOg«n  haben.    „Wie  wftre  diese.  nOglieh 
genfeeen,  fmgt  Banr  mit  gqtem»  Crnind  (ß.  107)^  wem»  dspfls 
Bebe»  eine  SBelt  von  ipehr  als  drei  Jabren  seit  der  Bekehmpg  dee- 
Ape«i(#le  ^fiflosseQ  gewesen  wäre.,  wenp  er  sehen  damals  ni^ 
blos  ia.  dem.  fernen  Arabienri  seipdern  aneh  in  Damesbpsi.fer  j|ie. 
Saehe  def^.  B^ang^ms  gewjldkt,   and  sehen  einot  iMgere*.  SQeit. 
hiednreh  so  yiale  thatsdohliobe  Beweise  der  pit  ihm  gescbehomeia' 
Um4«dernng  gegeben  h«|te?''    Was  Neander  (S.  1«&)  dermal, 
erwiedc^^  am  die  Darsteilang.  der  Apostelgesehiehkte  zu:  ref^itHer-^ 
tigett,  leintet  ünsserst  anbefriedigend.    „Es  kennte  die«  8ebwieisig-' 
keit  siqh.  mindern,  w^nn  whr  bedenken ;   daes  der  JOngling  ^lanjfis 
damals  meh  keine  so  grosse  Bedeiitang  zu  haben  branehte,  daas. 
ei?  den  gressten  Theil  inner,  drei.  JfJi^re  naeh  seiner  Bekehrung  in 
der  atiuvdekgeeegeiAeit  in  Avabien  angebracht  hatte  i    die  durdi 
peUtinebe  Vmstftiide,  den  Krieg  mit  de«  Kftnig  Aretas,  herhelg»- 
nttirte  Unterbrechung  des  Verkehres-    Bs  w|üro  aber  auch  mögr 
lieb^  daes/ihm  Bsmabas  zur  Vermittlung  gedient,  wenn  gleieh  er 
seiner  Yermittbing  ni<d»t  gerade  zu  jenem  besonderen  Zwecke,  ne». 
das  MifiyMfauen   der  Glfinbigen  %n   überwinden ,   bedurft   hf^ej^ 
IHiae  tet^ttere  Mdgliobkeit  können  wir  fCgUob   bei  Seite  setzen^ 
^  sie  wenigstens  fttr  deiÜ^gfiB,  welcher  sieh  an  nnaem  Te«t 
h^t^^'  nie^t  vorhanden  ist;    ^fci^er  f/igt  mit  dtirren  Werten:   aHe 
jemsalemitlsohen  Christen   haben   den  Paulas  gefürchtet,   weil  sie 
seiner  Bekehraug  nicht   trauten,  erst   Bamabas  habe  ihn  bei  den 
Aposteln  eingeführt.    Wie   wenig  Neander's  übrige  Gründe  auf 
Bich  haben,  sieht  man  sogleich^  yi^enn  man  sich  nur  einen  Augen- 
bück  in  die  Verhältnisse  versetzt,  um   die   es  isieb  handi^li    Did 


204  Paolus  nach  seiner  Bekehntng. 

ertte  Vertolgmg  ist  Hber  die  iungi  ChritteDgemeiiide  rnggeht^^ 
ohen,  nicht  blos  in  JerasalXm,  sondern  In  ganz  Palftstinanind  Aber 
Pdtotitta  hinaus  sind  ifara  Mitglieder  mit  Schred[en  erfflUt,  Bfftn- 
ner  and  Weiber  werden  vor  Gericht  geschleppt.  An  der  Spitze 
der  Verfolger  steht  Sanlos;  er  ist  eten  im  BegriiT,  auch  in  Da- 
maslnns  die  Verfolgung  zu  betreiben,  als  ei^  mit  Blnem  Male  mf 
Seiten  seiner  Gegner  tritt,  lant  und  offen,  In  d^n  Schulen  ron 
Damaskus,  für  die  Sache,  deren  TodMnd  er  bis  dahin  gewesen 
war,  sich  erklärt,  die  Juden  mit  Beweisen  fftr  die  göttliche  Sen« 
dnng  Jesu  in  die  Enge  treibt  Wer  In  aller  Welt  wird  glauben, 
dass  ein  so  wichtiges  und  aasserofdentliches  Erdgniss  den  Ohri* 
lE^n  in  Jerusalem  drei  Jahre  lang  hfttte  verborgen  bleiben  kennen, 
dass  aus  dem  nahen,  von  einer  äussel-st  üihlrelchen  jfldiscben 
Bevölkerung  bewohnten,  mit  Jerusalem  Im  lebhaftesten  Verkehr 
stehenden  Damaskus  keine  Kunde  davon  nach  Jerusalem  gelangt 
wäre!  oder  wenn  man  eine  solche  Kunde,  unserem  STsten  Vers 
zum  Trotz,  annehmen  wollte,  dass  dann  nicht  das  Auftreten  de^ 
Paulus  in  Damaskus  jeden  Zweifel  an  der  Redlicihkeit  seinem  Be- 
kehrung hätte  niederschlagen  müssen  I  Wie  sehwach'  erscheinen 
nicht  hiegegen  die  Nean dorischen  Ausflüchte!  „Saulus  habe  da« 
mals  noch  keine  grosse  Bedeutung  zu  haben  gebraucht,'^  während 
er  doch  nicht  blos  von  der  Apostelgeschichte,  8,  8.  9,  17.,  son- 
dern auch  von  sich  selbst  (Gal.  1,  18)  als  der  heftigste  und  her- 
vorragendste Segner  der  Ohristefagemefaide  geschildert  wird;  ^,er 
habe  den  grössten  Theil  der  drei  Jahre  nach  seiner  Bekehrung  in 
Arabien  zugebracht,^'  während  wir'  kaum  erst  von  Neand'er 
gehört  haben,  dass  die  arabische  Heise  nur  eine  voritbergehende 
flpisode  seines  damascenischen  Aufenthalts  gewesen  sei  ^  i,der  Krieg 
mit  Aretas  habe  den  Verkehr  unterbrochen/^  während  doch  —  wie 
Neander  8.  160  selbst  sagt  —'Aretas  gewiss  keine  drei  Jahre 
Im  Besitz  von  Damaskus,  überdiess  aber  (wie  wir  eben  aus  dem 
Verfahren  gegen  Paulus  sehen)  den  Juden  so  geneigt  war,  dass 
er  sicher  nicht  daran  dachte,  si6'  am  Verkehr  mit  Jerusalem,  und 
namentlich  an 'den  drei  jährlichen  .Festkarawanen,  zu  hindem.  ^) 
Was  will  es  daher  heisseU;  wenn  ^Neander  schon  S.  160  vor- 


0  Noch  weniger  könnte  diess  der  Fall  gewesen  sein,  wenn  Damaskus  nach 
Wieseler^s,  übrigens  unwahrscheinlicher  Annahme  (Chronol.  der  Apg.  S.  167  (f.), 
durch  Schenkung  unter  arabische  Herrsc^iaft  gekommen  und  längere  Zeit  unter 
derselben  gd»lieben  wftre.  ^  ' 


Paitfoi  nach  smitf  Bek«hniog.  205 

MWgIkk  iM^metki;.  imn  V^rtmitr  der  ApMMgtfokkAte  mI  mtat 
der.  Unfaiig  daB.Z^itniiUMi  iiwliehw.  der  BeiiehrttBf  des  Paiflui 
and  seiner  erstell  Belse  oseh  Jemsatem  nicht  genalMr  beknut 
gd^ensky  aber  ein  Widen^ruela  «it  der  ^enen  ehronelogisehen 
Bestimmung  des  Apostels'  s^i.  nielU  zu  entdecken?  Dass  Paolos 
sagt,  er  sei  orst  naokVerflass  von  drei  Jahren  hingekommen,  die 
Apesteigesehiehie,  er  sei. gekommen,  nooh  ehe  von  den  damasee- 
niaelien  TotflUen  etwas  bekannt  war,  die  nach  drei  Jahren  noth- 
wendig  längst  bekannt  sefai  mossten,  diess  ist  natnrlieh  kein  Wl- 
dersiKTveh! 

In  Jerasalem<  werde  Paulos  nach  onserem  27sten  Vwb  von 
Baniabas  asn  den  Aposteln. (ttj^^  zavg  dnoatihyvg)  gefOhrt,  mit 
denen  er  non  olnig^Zeit  verkehrte«  Gal.  I,  18  f.  versichert  der 
Apofftol  eribst  unter  feierlk^en  Betheurungen  (a  yqaqKo  vfäv^ 
Idov  ivilmtov  too  ^e&v^  iht  ov  ifj^vdofictC)  ^  er  sei  nach  Jemsa- 
lem  gegangen,  «m  den  Petrus  anfzusoehen,  sonst  aber  habe  er 
keinen  der  Apostel  gesehen,  als  Jakobus,  den  Bruder  des  Berm. 
Dass  anoh  l^er  ein  mianiOslicher  Widerspruch  stattfindet,  diess 
niosste,  na^dem  BaurO  daranf  hingewiesen  hatte,  *  selbst  Ne- 
aiider  (S»  ±%S)  xogeben^),  dass  aber  dabei  nicht  blos  ,,dn 
Niehlwissen  der  besonderen  Umstände  zu  Grande  liegt  ,^^  ist  schon 
eam  Voraus  wahrsoheinHeh,  da  sieh  kaum  annehmen  Iftsst,  der 
VerfiMser  der  Apostcilgeschichte  sei  mit  dem  Galaterbrief  unbekannt 
gewesen;  mit  grösserer  Bestimmtheit  werden  wir  es  aber  aUer- 
tfngs  efst  behaupten  kennen,  wenn  wir  auch  noch  die  übrigen 
Abweichungen  unserer  Darstellung  von  der  paulinischen  in's  Auge 
gefasst  haboi.  Bor  ganze  Aufenthalt  des  Apostels  in  Jerusalem 
wird  nftmlieh  von  ihm  selbst  in  ein  weseniHch  anderes  Licht  ge- 
steBt,  als  in  unserer  Schrift^  Diese  lässt  uns  nur  an  ein  etwas 
Üiigeres  Verweilen  in  der  genannten  Stadt  d^ken,  dessen  Zweck 
wir  kmim  in  etwas  Anderem,  als  in  der  Verkündigung  des  Bvan- 
geliums^  suchen  können  f  im  Galaterbrief  wird  nicht  blos  der  Zweck 
der  jemsalomitisehen  Belse  anders  bestimmt  (tatoQ^aav  nhqüvX 
eondem  auch  die  Dauer  des  Aufenflialts  in  Jerusalem  auf  14  Tage 
beschränkt    Nun  sagt  allerdings  der  Galaterbrief  nicht  ausdrOck- 

')  Paalus  S.  UO,  woui  Ton  den  Frttherea  zu  Tgl.  Gfrorer  die  heil  Sage 
U413.  ßchra^er  (Paulus  y)  z.  u.,.ßt  Schneckepburg^r  Zweck  d^r  Apg. 
S.  167. 

^  Die  Apg.  denkt  sich  auch  nach  c,  8,  1  Tgl.  mit  c.  11,  1.  c.  15  die  Zwölfe 
fortwährend  in  Jerusalem  Tersammelt. 


206  l^&tAu  ttaek  «no^r  BelMikiraiig. 

iltrii,  f*ifii»»raiil«8  1»  J«i^ocnl«iniiltkt  mltfMr  e^iBgMMchfm  Vw- 
kttndigvog:  MffilMiii;.  aiBii  klie  AjmMemKAdkU  '4>hmmnnmlg 
•MMdrAckiMi^  iiaaa  er  liagep  ais   i4«üage  g^Ueben  »sei,  :^aber 
<däM  dieMMmuig  'kdoe  andeie  itot,   liegt  am  :Vafe.    fjbckjf^^mg 
-naeli^Jernaalefli-,  an  4m  Fetiv»  «ailfesttMufii,  und^bUeb  '14  V»ge 
tuai  ibm,  saiBt  lib«r  aabi  ich  kieinan^  von  den  <A]i«ilrtii''  —  4iM» 
-lastot  doehgwis  aadera,  als  dar  Derioht  dar  A^aataiffaiaiifai»fe ; 
,;SaiikHi  wurde- den  Ayostoln  ventBaniabaa  voi|feaMtt,.i«M  «r 
blieb  alt  ihnen  aasamoMa  in  Arnaaleai  (rjv  f$et  ^  aimiv  ^els^vo^w- 
Ofievog  xal  exnoQevofisvog  iv  %QOvaalrjii\  nnd.balf  :ÜHn«  t4ns 
•liivangeliam  verbOndigen.''     Ueber  «taen  iVeaneh  iven  14:  Tagen, 
welcher  zudem  nnr  dem  Petrue  allein  -gmlt^wArde  inoh  giewiaa 
•weder'  der  Verfaeeerder  Apoatelgeaebicfaftof  .^eeh  «enat  ein  vcntftB- 
diger  Sobriftsteller  ao  anagedrUckt  haben.  Beben  d^r  MardanaeWaff 
der;'Hellenb9ten  (Apg.  9,  29}  eetet    tUirigsens.  einen  Iftngern  An- 
•fenlhalt  dn  Jcmaalem  vbrana,  »an 'ttAtste'  dean  annaiiBien,  daas 
(i^anhis,  igamD  gegen  seine  senatige  Webie,  .die»  en|tto-ilDage>inn4lh 
seiner  Ankunft  nnr-gleiob.  benMnt>  habe,  «m  isicb  4nroh  unbeMNi- 
nene  Heftigkeit '  Tedfeiade  an  erwerben.' :>  Je  wnniger  sioii^  «iier 
iibeide  «llardtkllnngen  in   den  ^an||^efahi4en  tSeaiebnnl^en  vertilgen 
nlabsen,.om  so  hin  verhüllter -tritt  aach  4er  MJ&wnekMdertVesänderon- 
'tf^n  heraus,  weiohe  sieh  «nser  VerAuaser  evlattbt  hat  flMe  Dar- 
>alaUaig>des;Galaterbriefs  hat  die  «risgesprabhene  Bestimmnug,  ^e 
UMibhArigigkeit  des  Paolos  von  jed^r  mensohliohen  Anktoritftt,' md 
fnamendiob  aneh  vom  Eiallass  /der  Usapestel,  .nafdwIia^ebMn.    Bbnn 
dieas  aber  ist  es,  was  der  Vecfaaaer '4er  Apg.nielit.jitfill;  nekie 
ifiesfthliJng /ist   daher   vielmehr  nngekebrt  darauf  tnafgdegt,  i4en 
Paulos  von>  Anfang  an  mit^dQu  Zwölfen  «nd  dem« jAdiaihen'ßlwlun- 
vjQlk  10  die.  engste  Verbiadung  xn  brli^-en. .  »Oaaum  dbafiehwnignn 
.  von 'der.  aiiabiseben  Reise,  darumidie  VerkOrnniVvdnr/dcei'jl^tee, 
welehe  zwiaohen  der  JBekebrmig  des  Apnsleln  und  i^inetfU  eralen 
'llesnch  ia  Jerusalem  vergiengen^  4iMriami4ie  VerMigenuig  ineivs 
Aufenthi^ts  in  dieser  Sjiadt,   dfMmn  die.:|:niveiMning..derM«zi9iei 
.  Apestd,  die  P^lus  wirklich  g'esehen  bfst,  xn  den  iApas|ehi,ii4a- 
mm  die  Filftion  eines  Yorkcibrs  ip^it-den  Aeosteln,  van  welebdm 
der  Galaterbrief  nichts  weiss,  darum  die  Verkflndigung  des  Evan- 
geliums in  Jerusalem,  die*  an : sieh  selbst  unwahrseheMich,  und 
im  Besonderen  nur  ein  Abbild  vion  der  des  Stepbanui^'  ist  0    Wo 


')  V.  29 :   iXaUi  Te   xai  awe^irii  ngog  tov{  ^ EXhpfti(fTag,f   ol  Sk  iru^^ei^ovr 


Paulus  nach  seifler  Bekebrung.  iHH 

a^^'^äle  BthilhÜÜhin'ePmihAiAk  angesohidbtlicheli  £age,  itt'dMuöii 
eine  spfttere  Darstellnn^  von  der  nrsprODglichen  abw^IÄt,  <«iis 
"efttketBL  aUd  didfliseli^n  MofHr  iso  tUfnth  erkMren,  da  ist  es  gewiss 
im  'lioiclisteii  Grad  wahiMhetiÜflft;  dass  eVen  nur  in  diesem- Motiv 
«uth  lier  Grand  jener  AlfWdbbiMgeii  za  «fachen  ist. 

"Kiüittie  aber   je  rliierciftcK   aögIi-  ^  ZwdM  statfflnden,  'So 
müisste^er  verschwliiddn,  wenn  wir  2sa'uifserer  Stelle  die  weitere 
A^QJbBefiing  c.  M,  1^  f.  %inäs«ine1kiäen:    Naeh  der  damaseenisöhen 
üfTfieheiniing ;  sagt  hier  Pauhis,  odx  ifevoiiTp^  uixuO^g  rfj  ot^- 
vlip  '^önz^xi^Uf  alla  rtHg  iv  Ja(xd(Sycij}  nQchov  xai  ^I^QOtTolTifietg, 
eig  nß(Axv  t$  tijv  x^^  '«^*?ff  ^lOvSalag,  kccl  rolg  i'9vt(nv,  dTtrjy- 
Yei}lov  luiStüvaeiif.    Er  behauptet ''ibiso  irioeb  vor  seiner  11iftti^fc6it 
Qtfler   den  '  Hilden^)  nieht  blos  in  Jerasaiem,    sondern  in  garttz 
Jad&a  als  ViMrMndtger  des  Evangeiiams  gewbrkt  zu  haben.    Es 
lil^gt  an^  Tage,  dass  diess  nieht  wirkifoh   der  Fall  war,  iHid '^s 
ist  itfidht  blbs  der  ttalaterbrie/,  der  eine  so  vdiAissende  Tbftti^itelt 
des   Ptfttlos  in  Jddäa  fansschüesst,   sondern  ameh  die  Apodlelge- 
sebtelite  selbst  hlsst  c.  9,  128  ff.  keinen  Raum  ftlr' dieselbe,  ubd 
e.  'M,  17  ft.  ei^zUhlt  sie!v«D  dar  aü»drnokliohen  Wdlsnng  Jesu  kn 
den  Apostel,  der  Wirksamkrit  unter  seitfen  Volksgenossen  sieh  «u 
entlialten^  'and    sieh  ohne   Verzug    zu   den  Heiden    za   wenden. 
SeNiist  w«nn  man  dem  Text  eina  Trotz  bei  c.  26,    20  an  eine 
spatere  »Tissionstbilrgkeit  in  Jndäa  denken   wollte  ^3,  so  konnten 
die  pbar  Orte,  ^die  Phblüs  auf  seinen  Reisen  nach  Jerusalem  be- 
rührte, die  kurze  ^rtrecke   von  Samarien   oder  Otoarea  bis  in  die 
fiaiptstadt,  nur  mit  grosser  Uebertreibung  n&aarj  %vi^(x  tfjg  'lov- 
•daiag  genannt  werden,  um  davon  zu  c^tfw«igen,  ^dass  aueh 'die 
Apostelgeschichte  von    paulinischen   Missionsversachen    an   diesen 
Orten  nichts  sagt    Je  weniger  aber  hienaeh  an  die  Gesohict^tlioh- 
l^t  der  vorliegenden  Angabe  zu  denken  ist,  um  so  bezeichnender 
ist  sie' für  uslsem  Veifasser.    Wie  verschwindet  hier  nicht  hinter 
dem  prunkenden  sv  JafiaaH(f  x(xl  ^leQoavlvf^oig  etg  naadv  t€  xrjv 
Xil)qcfv  TTJg  %väcU€cg  das  bescheidene,  fast  bittweise  angehängte 
Tdig  eSyeacVj  hinter  der  erdichteten  Judenmission  die  weltgeschicht- 
liche Thiat  des' Oeidenapostels,  und  welche   Ansieht  ergtebt  sieh 


.uik6y  apfUiif.    Efaiensa  sind  es  c.  6,  9  HeOenisten,    di«'mit  Sfephanas  «ireiOMid 
'{(fv^ovfT99)''\atA  voo-  ihm überwaaden  seinen  Tod  herbeiffihren. 

>)  Diess  erfaeUt  theils  aus  dem  ngckor,  tKeils  aus  der  Stellung  der  Satiglieder. 

^)  Batrnigarten  II,  b,  325; 


208  Paoltts  Dfch  seiner  Bekebrong. 

yon  da  ans  Ober  die  gesohicbtlicbe  Tr^M  and  die  BI«ttye  unserer 
Parstdlong! 

Gleichen  Urspriiiigs  und .  Charektere  ist  die  Angabe  unserer 
Sclirift  Aber  die  VeranlaiNs^onc  zur  Abreise  deip  Apeatdysi  aus  Jera- 
sblem.  Dass  diese  Aiigabe  keinen  gesebiebUieben  Wecäi  hat,  Mird 
durch  den  Widprsprueh  unwiderlegliob  bewiesen,  in  welsben  sich 
der  Verfasser  hinsißl%t]l<^b  ihrer  mit  sich  selbst  setst,  Nach  c.  9, 
29  t  ist  die  Abreise  des  Paulas  dureh  einen  Mordansoblag  heUe- 
nistisCber  Juden  gegen  ihn  veranlasst^  e.  22,  17  ff.  erattblt  Paulus 
selbst  statt  dessen  >  bei  seiner  Anwesenheit  im  Tempel  sei  ilun 
Jesus  erschienen ,  und  habe  Um  befiufdragt,  Jerusalem  soUeunig  zu 
verlassen,  da  sein  Zeugniss  hier  keinen  Glttuben  finden  werde.  0 
Diese  zwei  Darstellungen  verhalten  sich  nicbt  etwa  nur  ergftnsend, 
nondern  vielcnebr  aussddiessend  zu  einander  €(ehen  wir  von  der 
des  ,9;ten  Kapitels  aus^  so  konnte  die  Clirjstustfseiieinung  des  22sten 
nur  in  den  ^eitpuiAit  gesetzt  werden,  in  weicltem  der  Mordplan 
gegen  Paulus  bercdts  gefasst  war,  denn  naehdem  dieser  c.  22^ 
18.  21  den  wiederholten  Be£eU  ^erhalten  hat,  sich  ungestoml  ans 
Jerusalem  zu  entfernen,  konnte  er^sieli/nioht  weiter  in  Streitanter- 
redungen  mit  den  Helleateten  eingelassen,  and  dise^  idadareh  ge- 
reizt haben«  Höchst  anffallond  ist  dam  aber,  dass  die  Anrede 
Cbriitt  an  den  Apostel  mit  keioem  Wert  aaf  diese  Ihm  drohende 
.  Clefabr  hinweist,  sondern  den  BeCehi:  zu  seinar  Abraii^  nor  mit 
der  voraassicbtlicben  Unem^AngUchkeit  der  Jerusslemiten 
begründet.  Wollte  man  umgekehrt,  um  dieses  Umstands  willen, 
die  Christusersoheinnng  früher  aeltxenj  als  den.  Merdansclilag  der 
Juden  und  das  Aultreten  des  Paulus,  welches  diesen  veranlasste, 


^  Dass  ^  diese  Vision  triebt  in  di«  Zeit  der  späteren  Anwesenheit  ztt  Jettualeni, 
c.  U,  30.  zuiYerlegen  ist,  wieThjersch  will  (die  Kirclie  i«  apO^ Zeitalter  119), 
erhellt  aus  de^.  Zusammenliang  der  Stelle  ganz  unvidecsprech^ch.  .,„fa  ich  naeb 
Damaskus  gieng  (V.  6)  erschien  mir  Christus  persönlich,  als  ich  nach  Jerusalem 
zurückkam  (V.  17),  erschien  er  mir  wieder  in  einer  Vision,"  wer  in  aller  Welt 
wird  sich  so  ausdrücken,  wenn  seine  Meinung  vielmehr  die  ist,  längere  Zeit  nach 
seiner  Znräökkunft  Von  der  damascenincben  Reiee,   bei  dnem  späteren  Besuch  in 

,4farua9fem,  sei  ihm  dvistus  er-sf^bienen!^  Ohnedem  koni^te  Paulos  11,  30.niebt  erst 
zu  den  Heiden  geschickt  werden,  unter  denen  er  sich  schon  längst  befand,  und 
von  denen  er  nur  mit  einem  vorübergehenden  Auftrag  nach  Jerusalem  gesandt  war, 
und  es  war  damals  weder  nöthig,  ihm  zu  sagen,  dass  er  sich  nicht  der  Missions- 
thätigkeit  in  Jerusalem  widmen  solle,  noch  war. auf  einen  solchea  Befehl  eine  Ein- 

.  Wendung  v^n  4hm  zu  erwarten.  i>erartige  hannonistische  Quälereien  kosnen  doch 
nur  dazu  dienen ,  die  Unvereinbarkeit  der  betreifenden  Angaben  recht  kJar  xu  machen. 


Die  Gemeinde  ia  Antiochieit.  v209 

1^0  lieffie  ficli  di8  taixtere  oaoh  eiaem  so  bestimmteB  Befehl  zur 
Ai^r^blie  ifieht  m]kr  erklären.  Beide  Berichte 'la8«eii  sieh  daher 
i^(^t  )VifJf^i]^^c{fft  jejier  ycm  beiden  ist  vielmebr  daranf  angelegt, 
4^  j^fl^^ip9  {j^postels  ven  Jenuralein<  für  sich  aliein  zn  erUAren, 
ol^ne  ^nfte.er  dee  andern  za  seiner  Brgänznng  bedflrfte,  oder  anch 
nipr  .f4r  Uin  BfkJ9ß^  Hesse.  Ihre  gemeinsame  Tendenz  ist  ojflTenbar 
djiese,  d)[e  Trennung  ^es  Pan^ns  von  den  Vraposteln  und  die  Be-> 
solfrftnfcnng  seuoier  Wirksanikeit  auf  die  Beidenwelt  als  etwa« 
Unfl^eJMflji^ef  erachelji^^  zu  lassen.  Zu  diesem  fiebaf  zeigten  sich 
z^et  y^^effot  ^anlos  konnte  entwe<ier  durch  einen  höheren  Befehl, 
oder  ^if  1^ .  ^pn  Wid^sfand  der  Juden  zu  seinem  Verfahren  ge- 
.nO|h^gt|Sfiin;  im  fio^n,.  yv\e  im  andern  Fall|  war  er  denen  gegen- 
^^r  j|r|jrf<^tj(iBrti^,  welol^e  an  seiner  Beschränkung  auf  die  Hei- 
denwc^lt  AjMtoss  ni|hpie9.  ,](las£|  unser  Verfasser  beide  Wege  zugleich 
qip^hljftf^f  olu^e,MQh  nifran  ihre  Vereinbarung  zu  denken,  wirft 
,e|n.,m^kiii^rdig|^,  Ucbt  auf  seinen  historischen  und  schriftsteUeri- 
seh^  jChärak^er,  geschiohtlich  ist  ohne  Zweifel  die  eine  Angabe 
so  w|N^lg,.^wle. die  andere  Ö>  ^^^  Galaterbrief  1,  18  lässt  nur 
.yer^fji^^^ii,  dass  es  Pi^ulus  von  Anfang  an  auf  keinen  längeren 
A!4^9f|f\lt,in,J^erf|ipale^  hatte. 

•2.  Die  Gemeinde  in- Antiochien.     Die  erste  Missions- 
*  reise  des  Paulus. 


JWt. o;  f 5.99  veivcliwMet  Paulas  für  einige  Zeit  aus  der 
ICri)Mln9Ci(itor.Afopte]ges^Ucbte,  aber  schon  q.  11,  25  wird  er 
y<»n)JBiiimbM.linf  fl^n.  er^pn  Scba«|ilatz  seiner  selbständigen  apo- 
utolln^n.Tlftitigfcffit  in  Antiochien  eingefohrt.  NaohMem  voran« 
(eb^en:i)Bnrie)Kte  zu  sohliessen,  mosste  dies»  sehr  bald  nach 
Minor.  Bekehr  vpn  Jerusalem  in  sein^  Vaterstadt,  und  nicht 
ellvnlange.  nach  der  Qinriqhtung  des  Stephanus,  geschehen  sein. 
Unser  Verfamsr  erzS^iU  nämlich  an  dieses  letztere  Breigniss  an- 
faiOpfsQd:  mnlge  von  denen,  welche  bei  dieser  Gelegenheit  aus 
>)effn8alen|  Aolien^.hM^en  in  Antiocfaien  nicht  blos  den  Juden,  son- 


0  OaHt  Värfelüt  ist  die  Meinung  Ton  Wiesel  er  Chrono!,  d«  ap.  Zeit.  161^  ff., 
<ii«  ErtclwiAdag  da»  2%t«hi  itapiu^ls  (alle  mit  der  2  Kor.  1%  2  iL  erwähnten  zu- 
**snBhn«.  didie  -iM  j«  ?oq  jeaer  najch  Fona  i^d  Inhalt  völlig  verschieden.  Eben- 
de^halb:  «^do  aher  durch  diese  Annahme  fQr  die  Geschichtlichkeit  der  Erzählung 
^PS*  22. njcht  einmal  etwas,  gewonnen. 

14 


210  t)ie  Genieia<k  in  AntiocUied. 

dern  auch  deil  ttetdfen,  mit  bedeutendem  Erfblg, 'das^fivang^eliain 
T6rkündigt;  auf  die  Nachricht  davoü  sei  voo  Jernsälem  ans  Bar- 
nabas  in  diese  Stadt  geiichickt  worden ,  und  dieser  habe  den  Paulas 
von  Tarsus  nach  Antiochien  geholt.  Da  sich  die  GrOadung  der 
antiochenischen  Gemeinde  dieser  Darstellang  zufolge  unmittelbar 
an  die  Verfolgung  des  Stephanus  anschloss,  dieser  wichtige  Er- 
folg aber  den  Jernsalemiten  schon  wegen  des  Aufsehens  unmög- 
lich lange  verborgen  bleiben  l^onnte,  welches  die  Aufhahme  Vn- 
beschnittener  bei  den  Jndenchristeii  machen  musste,  und  da  aus 
demselben  Grunde  die  Absenduhg  des  Barnabas,  wie  diess  auch 
y.  22  andeutet,  nicht  zu  lange  ^nerzögert  worden  sein  konnte^  so 
/sind  wir  zu  der  Anhahme  berechtigt,  unser  Verfasser  habe  diese 
nicht  später  gesetzt  wissen  wollen,  als  höchstens  etwa  ein  Jahr 
nach  dem  Tode  des  Stephanus;  und  da  nun  c.  9,  27  Barnabas 
noch  in  Jerusalem  ist,  und  den  Paulus  hier  bei  den  Aposteln  ein- 
führt, zwischen  diesen  Zeitpunkt  aber  uüd  seine  Abreise  nach 
Antiochien  noch  der  jerusalemitische  Aufenthalt  des  Paulas  ili  die 
Mitte  zu  fallen  scheint,  so  bleibt  für  die  drei  Jahre  des  Galater- 
brlefs  1,  18  kein  Raum,  und  es  bqstäügt  sich  auch  an  diesem 
Orte,  was  wir  so  eben  Über  das  VerhältnisS  unserei'  Darstellung 
zu  der  des  Apostels  bemelkt  haben. 

Bs  dringt  sich  hier  die  Frage  auf,  ob  es  sieh  mit  der  Stif- 
tung der  ersten  heidenchristlichen  Gemeinden  würklich  genau  so 
verhielt,  wie  unsere  Schrift  sagt  Das  zwar  hat  durchaus  nichts 
Unwahrscheinliches,  es  würde  vielmehr  der  gtechtAtlichen  Ana- 
logie vollkommen  entsprechen,  dsss  die  ersten  Beidenbei:^hrifDgea 
nldit  sowohl  aus  bestimmter  Absicht  und  H-orgefassten  GrundaAtKeii, 
als  aus  der  absichtslosen  Füfgung  der  Umstände  hervorglMgett; 
und  ebenso  glaublich' ist  es,  dass  sich  dieselben  an  die  Verfol- 
gung des  Stephanus  anknüpften,  da^  durch  diese  zuerst  MAnner, 
welche  einer  freieren  AnlTassung  des  Ghristenihatts  zugethan  wwren, 
in  Länder  von  vorherrschend  heidnischer  Bevölkerung  gedi^Dgt 
wurden.  Insofern  steht  der  Angäbe  des  19teii  und^Osten  Verses 
nichts  im  Wege.  Eine  andere  Frage  ist  es  dagegen,  ob  aadb 
Paulus  in  Betreff  der  Beldenpredigt  das  Verfahren  befolgt  hat, 
welches  Ihm  unsere  Schrift  beilegt  Sagt  diese  auoh  nicht  aus- 
drücklich, dass  er  vor  seiner  antloohenisehen  Wirksamkeit  keinen 
Heiden  gepredigt  habe,  so  würden  wir  doch  ans  Hir  allein  keine 
andere  Vorstellung  bekommen ,  und  es  kann  diess  schwerlich  fttr 
unabsichtlich  gehalten  werden.    Von  der  Heise  des  Apostels  nach 


l)ie  Gemeinde  ia  Antiochien.  211 

AraUen  «ehijrcli^  sie,  die  drri  Jahre  swisehett  seiner  Bekehmn^ 
nnd  lieiDem  erste«  Besiieh  ia  Jerasslan  zieht  sie  in  einen  weit 
Icttnseren  SMtrnaa  sEOseniflien  j  innerhalb  dieses  Zeitrsnms  Iftsst  sie 
ihn   nor  rer  Joden,  in  deni.dsmascenischen  Synagogen   nnd  in 
Jemsftleniy  antreten ,  nnd  an  Ende  desselben  in  seine  Vaterstadt 
sich  znrfickideben,  bis  er  ven  Barnabas  in  sein  Arbeitsfeld  einge- 
führt wird;  nm  so  angelegentlicher  macht  sie  dagegen  bemerklich, 
wie  vorher  dnrch  die  Tanfe  des  Aethiopiers ,  durch  die  Bekchrnng 
des  CtimeBas,   dnreh  die  Stiftung  der  antiochenisohen  Gemeinde 
die  Heidenmission  in  steigendem  Umfang  betrieben,  nnd  von  der 
llrgemdade  selbst,  wie  von  ihren  Häuptern,  ja  durch  ausdrttck- 
ii%he  nad  wiederholte  göttliche  Offenbarungen,  als  berechtigt  und 
nothwendig  anerkannt  wurde.    Hier  tritt  also  Paulus  nicht  fktlher 
in  diesen  Wirkungskreis  ein,  als  bis  durch  VorgAnge  und  Erkl&« 
mngea  jeder  Art,  durdt  den  Ausspruch  aller  göttlichen  und  mensch'- 
liehen  AnktoritMen,  jeder  Anstoss,  den  die  Heidenpredigt  geben 
koMle,  hinweggerftumt  ist.     Wie  ganz  anders  im  Galaterbrief! 
Da  fOhlt  sieh  Paulas  unmittelbar  bei  seiner  Bekelurung  selbst  zum 
Heideaapostel  l^mfen,  da  wartet  er  nicht  auf  eine  Genehmigung 
seinen  Berafs  durch    die  Palästinenser,    und  beschränkt  «ch   in 
seiner  Thätigkeit  nicht  auf  Jerusalem  und  die  jodischeu  Schulen 
von  Damaskus,  sendarn  noch  ehe  er  einen  der  Urapostel  gesehen 
hat,   geht  er  —  nach  dem  Zusammenhang  scl^eint  es,  zur  Ver« 
kOndignng  des  Evangeliums^}  —  nach  Arabien,  und  nach  dem 
kurzen  Beauch  In  Jerusalem  wieder  in  heidnische  Länder,    nach 
Syrien  und  Ciellien,  den  Gemeinden  In  Jndäa  dagegen  bleibt  er 
persönlich  ganz  unbekannt.    Vergleicht  man  diese  beiden  Darstel^ 
langen,  so  wird  man  kaum  anders  urtheilen  *  können ,  als  dass  er 
naeh  der  einen  das  Gebiet  der  Heidenmission  ebenso  geflissentlich 
vermeidet,   wie  er  es  nach  der  andern  aufsucht,  dass  er  nach 
jener  sein  Auftreten  unter  den  Heiden  vom  Vorgang  und  von  der 
Auktorität  der  Urapostel  abhängig  macht,  nach  dieser  jedem  Schein 
dner  aotohen  Abhängigkeit  aurs  Absichtlichste  ausweicht. 

An  die  Erwähnung  der  antiochenisohen  Gemeinde  knüpft  die 
Apostelyeeohiel^  11,  26  die  Notiz,  dass  hier  der  Name  der 
Christa  oder  Clnrlsllaner  entständen  sei.  Baur's  Zweifel  gegen 
diese  Angabe  C^.  90  f.)  werden  sich  allerdings  nicht  zur  Gewissheit 


')  Ganz  sicher  lässt  sich  aber  hierüber  allerdings  nicht  urtheilen,  wie  denn 
Auch  die  Ansiehtea  der  Gelehrten  in  dieser  Beziehung  wert  auseinandergehen. 


2 1«2  Erste  Hissionsreise  des  Ptuliui. 

erheben  lassen,  vAe  sie  ja  «acii  ihr  UrMker  nnr  Miftgt  i«<4fga^ 
tragen  bat;  aber  durch  den ^anz«n  Charakter  onserer  SoMft^  iwie 
i¥ir  ihn  sonst  kennMi  geiernt  haben,  riaA  sin  wenigst«»  ao  weil 
gerechtfertigt,  dass  wir  nicht  behanfiten  dtlrfen,  die  Fraga  nacdi 
dem  Ursprang  des  Christmaamens  sei  durch  ihre  J^ngabe  aehen 
enisehieden. 

Von  Antioohien  ans  madite  PaAlns  in  Gemeinsehaft  .mit  Bar« 
nabas  —  um  die  später  sin  beftpredhende  Reise  nalsh '  lanisaiam 
o«  li,  27  ff.  hier  za  übergehen  -^  iiehin  erste  grossere  üAeh« 
mngsreise  nach  Cjrpem,  Pan^hylien,  Piddien  nd  Lykaonien.  Oiese 
Beise  eröffnet  hi  bedea^nngsvollar  Weise  der  Kainpf  aiit  eiftem 
5Qdischen  Magier,  welcher  mit  der  Bfctündnag  dee  LetMem  lllr 
Paulus  entschieden  wihi  (o.  la,  4**^18>.  Yen  diesem  Wamder 
wird  Jeder  das  halten,  was  er  von  den  Wondem  Oberhaupt <iiftlt, 
doch  sind  die  Freunde  der  nateriiohenBrfclftmng'liier  in  keiner 
gdnstigen  Stdtlung,  da  aUeh  „die  auf  das  Wort  des  Jipiitels  M- 
verzOglich  eintretende  BUndheit  aus  einem  natadieiven' CauMb»- 
aammenhang  unmöglich  ableitett,  ebensowenig  aber  fttreünetf  bidssea 
Zufall  erklären  lässt.  Kann  man  andererseits  die  Wfitliobheit  (des 
Wunders  vom  geschichtlichen  Staudpwikt  ans  ^leiehfhlis  niclit  .«n« 
geben,  so  folgt  von  selbst,  dass  unsere  Brnkhien^,  eo  wle^sie 
vorliegt,  nnhistorisoh  ist,  und  es  wird  sich  nur  flmgen,  ob  ihr 
überhaupt  eine  bestimmte  Thatsache  tu  tirnddC' liegt,  oder  ob  ale 
ohne  geschichtlichen  Anla«s  rein  ans  dogmatiedken  Motivett  ent- 
standen ist.  Wiewohl  sitk  nun  in  diesem,  wie  in  den  ü^slea 
Ähnlichen  Fällen,  nicht  mit  voHw  Sieheihelt  eatseheMen' läset,  so 
spricht  doch  für  die  letztere  Annahme  der  Ümetnnd  ^),'' dass^ftlr 
das  von  Paulus  an  dem  Magier  Bar  Jesu  verrichtete  Straf wnnier 
theils  das  Auftreten  des  Pe^ns  gegen  den  Magier  Simon ,  theils 
das  von  demselben  Apostel  Ober  Ananiiis  und  Saphtra  verhängte 
Strafgericht  das  Vorbild  zu  enthalten  seheint  Auch  die  Anrede 
des  Pjiuhis  an  Elymas,  V.  10,  hat  mit  der  des  Petrns  an  Simon 
0.  8,  20  ff.  grosse  Aehnliehkeit  ])ie  BrbUnduog  des  Slymas  er- 
innert an  die  des  Paulna  c.  9,  8^},  nild  so  findet  auch  dasjenige, 
was  wir  oben  Ober  den  symbolischen  Charakter  dieser  Brblittdvng 
gesagt  haben,  hier  seine  entqireeheifde  Anwehdnng.    Me  leiblicbe 


')  Schneckenburger  S.  53.     Baur  S.  91. 

^)'Man  vgl  mit  c.  13,  11:  nt^aym  Hn^f^^  X^^^^Y^^oig^  c.  9,  Si'X^<^^ 


Etymas.    Paolns  in  Lystre.  218 

« 

Bliniheit  deg  Magiera  M  die  anmMelbare  Straft  und  ÜWMteUung 
«eiaer  g%toi\gem  VeriasteniDg. 

Mit  dem  Anftretes  gegen  den  Elymas  setzt  die  Apostelge-« 
0fildöbtl^  die  Yertaaaeh^iig  dqs  Niiuieile  Saaliis  gegen  Paulus  in 
VerMiidaiig.  Yen  dem  Angenbliok  an,  wo  der  Apostel  dem  Magier 
sein  livnnderkräftiges  Straf  wort  aiimft,  nennt  ihn  der  Verfasjier 
Faslriä ,' wahrend  er  bisher  diesen  Namen;  offenbar  absichtlich, 
vermieden  lial.  Dn  der  Name  Sanlos  von  da  an  nie  mehr  vor- 
kommt, da  vorlin^  umgekehrt  der  jetzige  nie  vorkam,  so  soll  damit 
ohne  Zw^lel  angedeutet  werden ,  dass  der  Apostel  eben  bei  diesem 
AnkiM  seinen  spateren  Namen  eikalten  habe,  und  da  unmittelbar 
fisnver  ^r  dureif  da»  Wunder  bekehrte  Proconsul  Sergius  Paulus 
genaMt  war,  so  hat  die  Meinung  des  Hieronymus  viel  fflr  eich, 
dass  jener 'Name  naeh  der  Darstellung  unserer  Schrift  von  diesem 
Bfiftliiig  seiner  Wirksamkeit  iM  ihn  übertragen  sei.  Diiss  dem 
anbh  wirklieh  so  war,  Ist  Ureilioh  kaum  glaublich,  denn  die  Be^ 
ketaraoigetaiesrOmisohen  Prooonsols,  besonders  wenn  sie  so  schnell 
und  Amsei'lieh'lidwirkt  wurtle,  seheint  kein  so  epochemachenden 
Brelgiifiss,  dass .  Panios  dadurch' zur  Aendemng  seines  Namens 
besHmmit  sein  konnte,  das  nnglefeh  Wahrscheinlichere  ist  vielmehr, 
dass  er  ün  tut  den  Verkehr  mit  Nichtjnden,  nach  der  Sitte  jener 
BSeit,  in  eine  den  H^lenmi  gelftnigere  Form  umsetzte,  oder  dass 
er  als  Sohn  eines  romisefaeii  Bttrgers  von  Anfang  an  neben  dem 
nationaljadfschen  Simlns  Au^di  den  lateinischen  Paulusnamen  ge- 
flltort  hat. 

beh  Aest  des  Idteii  Kapitels  mit  dem  Bericht  tiber  die  Vor- 
IMle  im  pisidischen  Antiochien  müssen  wir  hier  tibergehen,  da  wir 
auf  die  Rede,  die  Paulus  bei  dieser  Gelegenheit  in  den  Mund  ge- 
l^  wird,  spftter  noch  des  Genaueren  einzugehen  veranlasst  sein 
werden,  dagegen  ziehen  die  Vorgftoge  in  Lystra  c.  14,  8—20 
noch  unsere  Aufmerksamkeit  auf  sich.  Durch  die  Heilung  eines 
Lahmen  macht  hier  Paulus  solches  Aufsehen ,  dass  die  Ein\('ohner 
Ihn  und  den  Bamabas  für  den  Hermes  und  Zeus  halten,  und  sich. 
nur  mit  MOhe  abhalten  lassen,  ihnen  zu  opfern;  nachher  jedoch 
gelingt  es  jMlschen  Sendungen  aus  Antiochien  und  Ikonium,  das 
Volk  gegen  sie  aufzuwiegeln,  Paulus  wird  gesteinigt,  und  nur 
wie  durch  ein  Wunder  am  Leben  erhalten.  Von  diesen  Vorfällen 
ist  zunächst  der  erste,  die  Lahmenheilung ,  in  mehr  als  Einer  ße-* 
aiMiung  verdächtig.  Fttr^s  Srste,  weil  ein  solcher  Erfolg,  wie 
die  plötzliche,  durch  ein  blosses  Wort  erfolgte,    Heilung  eines 


214  Ei'B*^  Missionsreise  des  Paulus. 

Krankeiiy  der  vom  Mutterlelbe  im  lahm  ^ar,  jeder  MtHrHehe» 
Erklärnng  und  jeder  geschiehüicbeo  Aaffawuiif  apottel)  und  swei- 
tensy  well  die  Qaelle  dieser  SrzAhlang  bi  dem  frolieren  Bericht 
über  ein  ganz  ähnliehes  petijpisdbeB  Wunder  so  effeo  au  Tage 
liegt,  dass  es  fast  unmöglich  ist,  sie  zu  verlcenaeB.  Das  Bratere 
bedarf  keiner  weiteren  BrOrtemng,  aber  aueh  fflr  das  Zweite  hahen 
Schueckenbnrger  C^.  62)  und  Baur  (S.  M)  die  Belege 
vollständig  gesammelt.  Die  Verwandtsehaffc  der  beidw  Bfsihlim- 
gen  ist  wirklich  Oberraschend;  nicht  nur  der  Baupterfolg  Ist  in 
beiden  Fftllen  der  gleiche,  sondern  auch  die  Nebenomatftnde  süm- 
inen  aufs  Vollständigste  Oberein,  und  sogar  die  Ausdrflcke  aiiid 
grossentheils  dieselben  ^).  Diese .  Uebereiaatimmung  mflsale  aelluit 
dann  Verdacht  erregen,  wenn  es  sieh  um  einen  an  und  for  eich 
denkbaren  Vorgang  handelte;  4a  wir  statt  dessen  einen  undenk-* 
baren,  ein  Wunder' haben,  so  beweist  sie,  dass  unsere  Eraihlong 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  nicht  einmal  ans  einem  bestimmten 
Anlass,  sondern  allein  aus  der  Nachbildung  der  froheren  ^triai- 
Bchen  Wundererzähiung  entstanden  ist  2)  —  Mit  dem  Wunder  ist 
aber  auch  der  versuchten  Anbetung  der  beiden  Apostel  die  Gmad* 
läge  entzogen,  auch  sie  wird  daher  nicht  fOr  historisch  gelten 
können,  und  zwar  um  so  weniger,  da  sie  gleichfalls  dem  Ver- 
dacht ausgesetzt  ist,  durch  die  steigernde  WledeiiielnJig  eines 
Zugs  aus  der  Geschichte  des  Petrus  entstanden  an  sein*  Weaa 
die  altern  Apostel  nach  c*  6,  11  vom  Volk  als  eine  Art  hoherw 
Wesen  verehrt  werden,  wenn  Corndins  zn  den  FOssen  des  Petms 
niederfällt,  so  wollen,  die  Lystrenser  sogar  zur  wirklichen  Anbe- 
tung des  Paulus  und   Bamabas  fortgehen,  aber  wie  Petms  den 


*)  C.  14,  8:  Kai  rts  ayi}^  Iv  Av^  C.  3,  2:  Kai  nc  ar^^  X**^^^  ^* 
ffrqoig  SSvvarog  rots  noa\v  txa^tjxoy  MoiHaf  ^tfr^if  ttvtovvna^j^mr  ifta^ 
^(oXos  ex  xoiltag  /utjTQos  avrov, ..     araitro  ,  , . 

(9)   OuTos  fjxove    rov  UavXov   Za-         3: ""Og  J^wv  Wr^oy  «ä*  Vwaiv^r .  .. 
lovvTos'    Sg    ärevtaag    avta.,,   (10)     ^Qtara  iXetjjuoavvtjy.     (A)  *jiriy£0ag  Sh 
tln8    jufyaXfi    rji   (p<avij'   ävaüttj^t.    hrX    Ilir^og  tlg  avrov  ..tXnt  u.  S.  w. 
Ttovg  noSag  öov  S^og'  xat  ijXato  ita\         (8)  Ka\   eiaZZofterog  JSarjj  ararl 
TfeQisnaret.  nt^ienattc  ntti  $l^X^  övr  aSrdSf' tig 

t6  le^ovnt^tnattSv  mal  aZZofitvog 

xal  alväv  rov  ^sor, 

')  Mit  solchen  Kritikern  natürlich,  wie  Baum  garten,  der  die  durcligängige 

Gleichheit  der  paulinischen  und  petrinischen  Wunder  in  der  Apostelgeschichte  aus 

der  Gleichheit  ihres  apostolischen  Berufs,  vefmOge  einer  besonderen  proTidsntieUea 

Fügung,  erklärt  (II,  a,  93  ff.). haben  wir  nicht  su  streiten. 


Paulus  in  Lystra«  21^ 

4 

römisoheii  HMipiOMinil  mit  dea  Worten  aufstehen  hebet:  dvdazfjdif 
3^yw  avjog  avdi^mg  alfii  y  so  sagen  auch  die  beiden  Apostel  zä 
den  Heidej^Jn-Lystra:  avögegj  u  TavTcc  noialTB ;  xal  i^^isig  ofituo^ 
Tta^sig  iofiev,  vfily  ävSiQwnot^),    Geschichtlich  genommen  hat  man 
diese  Vprehrong^  selbst^ na ter  Voraussetzung  des  Wunders,  mit 
Recht  i^uffallend  gefunden.    Wäre  ein  solches  auch  wirklich,  vor- 
geki>n|mei{li^  so  würden  ^ie  Wttnderthftter,  wie  Baur  treffend  be- 
merkt (S«  99  t.\  in  jener  Zeit  weit  eher  fflr  Magier,  oder  höch- 
stens, f(Ur.  Dämonen,  als  fOr  Götter  der  obersten  Ordnung  gehalten 
worden  sein^  ^r  homerische  Glaube  an  Göttererscheinungen  war 
längat  verüber.    Unserem  Verfasser   dagegen   musste  eben  diese 
DarateUnng  tun  so  näher  liegen,  da  Lykaonien  auch  der  Sage  ala 
Sehaoglatz  einer  alt^n  Theophanie  galt,  und  da  gerade  die  Götter, 
welobe  in  Paulus  und  Bamabas  verehrt  worden  sein  sollen,  dem 
M ythtta  ^plolge  schau  zu  Philemon  und  Baucis  herabgekommen 
waren.    Noch  einen  besonderen  Grund  könnte  ar,  zu  4idner  Erzäh-^ 
Inng  gehabt  haben,  wenn  unsere  Vermnthang  4kbe|r  die  ursprüng- 
liche  Beziehung  der  Simonssage  auf  Paulus   Qs,  o.)   richtig  sein 
sollte.    Der  Verläumdung,  dass  sich  Paulus  für  die  Erscheinung 
des : Mcfisten.  Geitfss  aasgegeben  habe,  würde«  dann  der  Eifer  ent- 
gegangeBlelU,  mit  d^m  er  di^  Anbetung  derer  zurückweist^  w^dche 
ihn  für  ei^en  Gott,  gehalten  hatten.    Wie  wenig  wir  mit  dieser 
Vl^äbliMOt   ssuf  gesohicbtUehem  Boden   stehen,    diess   zeigt  sich 
auch  in  einigen   kleineren  ZQgen^     Gesetzt  .d|e  Wunderheilung 
hitt^  irhrkJiQh  den  Glauben,  hervorgerufen,  dal»,  die  beid»  Apostd 
habere, Wesen  itelen,  so  mnssten  diese  doch  einem  so  gefährlichen 
üfinivevständfilss  soffHi;  entgegentrete.    Unserem  Verfasser  ist  es 
aber  sichtbar  4arum'.zu  thun,  die  ihnen  zugedachte  Huldigung  In 
der  AiMführung  90  weit  als  möglich  kommen  zu  lassen;  dürfen 
sie, auch  die  Anbetung  natürlich  nicht  annehmen,  so  muss  sich 
doch  gwz  unzweifelhaft  berauiSslelleB,  wie  ernstlich  sie  beabsich- 
tigt war.    Daher  der  eigenthümliche  Zag,  dass  das  Volk  seine 
Meinung  über  Paulus  und  Barnabas  in  der  diesen  unverständlichen 
lykaonischen  Sprache  äussert  (V.  11),  daher  auch  V.  13  die  Be« 
merkung,  der  Ze^istempel,  dessen  Priester  ihnen  opfern  wollt6|, 
sei  ausserbelb  der  Stadt  gelegen:  die  Anstalten  zu  ihrer  Verehrung 
müssen  hbitdir  Aren  Rücken  ^  aber  doch  zugleich  gan^s  vollständig 
getroifen  werden.  Je  weniger  wir  namentlich  den  ersten  von  diesegi 


^  Baur  Paulas  100;  nacb  Schneckenburger  Zw.  d.  Apg.  5$. 


216  Pi^ttlttt  in  Lyitra. 

Zd^en,  nach  der  Obrigan  Daratellang  unserer  Sdhrlft  iMuit,  fttr 
IfescMchtlich  halten  kOnnisnO,  um  ae  dentttohec  atcUt  aiob  «och 
hierin  der  Tendenzeharakter  der  gansen  BrziUang  lAranfli. 

Besser  beglaubigt  ist  die  Angabe  V.  19  f.  Übef*  die  ISfdial- 
gang  des  Panlus.  Dass  dieser  Apestel  wirklieh  einnid  gesteinigt 
d.  h.  wohl,  bei  einem  Yolksanflanf  durch  Steiiiwflrfb  rä' Atoden 
gestreckt  wurde,  sagt  er  selbst  2  Kor.  11-,  25.  Ob  dieiäsi  jiäd'och 
gerade  in  Lystra  geschah,  getrauen  wir  uns  nicht  isu  ttitsehdidciii, 
denn  nachdem  sich  die  ganze  angebliche  Veranlassung  diesem 
Misshandlung  unwahrscheinlich  gezeigt  hat,  haben  wir  nicht  die 
mindeste  BOrgschaft  fOr  die  Richtigkeit  der  Augabb  Aber  ihren 
Schauplatz,  es  ist  Tielmehr  ebenso  möglich,  dass  dem^  Vetfasser 
Lierober  gar  nichts  Nfiheres  bekannt  war,  und  dass  er  iiar  im 
Interesse  des  Contrastes,  oder  auch  desshaib,.  weB  er  um  an  kei- 
nem andern  Ort  passender  unterzubringen  wüsste,  den  ikm  aus 
2  Kor.  bekamt)»^  Vorfall  hlfr  eingereiht  hat. 

3.  Der  Apostelconvent. 

Während  sich  Paulus  und  Barnabas  naeh  ih^r  dntea  RtlAII^ 
«nsreise  in  Antloehien  aufhielten,  entstand  hier,  iNie  e.  ftf  arssttlt; 
durch  Jndenchrlstliche  Anforderungen  ela  streit  über  mitt  Verpildl* 
tung  der  Heidenchristen  zer  Vebemahme  dbr  leiMftieidM|^  unA 
des  mosaischen  Gesetzes.  Zur  Erledigung  der  8adke  wnriUn 
'Paulus  und  Barstebas  mit  einigen  Anderh  nach  Jeitisalleik  gei^ohlokt 
Auch  hier  wiederholten  Qbergetrelene  PharisMr  dib  AniprÄciie  der 
Judalsten,  aber  auf  die  Vortrage  des  Petrus  uad  Jiitdbns  eabMiieJI 
die  versammelte  Oemelnde,  dass  nur  die  JudeMhrliten  «a  dbii 
Gesetz  gebunden,  die  Heidenehristea  digtfgea,  nitt  AueaafiM 
' einiger  nfther  angegebenen  Punkte,  davon  befrbit  sein  Mlleo. 
Dieser  Bescbluss  wurde  selbrt  d^  keidenchrtMtohiili  €NBdMiaden 


*)  Da  sich  Paulus  und  Barniibas  ¥.15  ff.  ganz  gut  mit  dem  Volk  Tentandigea 
können,  ohne  das  Lykaonische  zu  verstehen,  da  sie  auch  schoki  nach  V.  7  und  9 
{längere  Zeit  das  ETangeßuni,  doch  wöhl  in  der  griechiBckieii  Sprache;  verkündigt 
^abeo,  ao  muss  man  vortussetzen ,  didss  die  X«raitnlts  d^ea  OhedUtfdieii  iä  LyMn 
jpienijich  allgemein  war,  und  wenn  danfbep  aach  qnlb  .die  die  iiiad«|B8|iracbe  In 
jOebuDg  war,  so  müssten  doch  beide  nehep^ii)ax(diu:  geaiorfche^  wor^i^  aeii|,^..etwa 
wie  Deutsch  und  Französisch  im  Elaass.  Dann  ist  es  aber  sehr  onwahrscheinlicji, 
dass  die  Bewunderung  der  Masse  V.  11  iL  sich  dvrcfaaos  nur  in  der  den  Bewan- 
derten nnTerständlichen  lykaonischen  Sprache  Luft  gemacht  bitte. 


.  Der  AposteIconf«nt.  2f  7 

üftgMMnt,  und  ihfiiien  «oeb  von  Padilns  auf  «riser  nädisteti  Ms- 
rioiureise  siir  N«ehachtoii^  ttberg^eben. 

lEliie  okuliere  Reise  des  Peolns  und  Barnabas  nach  Jeraealam 
beiibUtet  e.  11  ^  27—30.  12,  25,  eine  spätere,  bei  welcher  aber 
aar  dto  Panlns  aHeln  Erwfthnnng  geschieht,  c.  18,  18 — 2*. 
AoSberdem  erfahren  w^r  darch  Paalus  selbst,  Gal.  2,  1  ff.,  tob 
eiiiw  Reise  nach  Jemsalem,  welche  dieser  vierzehn,  oder  wahr- 
scheinlklier  siebfeelin  Jahre  nach  sMner  Belrehrang,  in  Folge  einer 
ihth  geworddoen  Offeribarong,  mit  Barnabas  ond  Utas  nnternuhm, 
ibid'  Wobei  er  sich  mit  den  Jerasalemiten  ^  im  Besonderen  mit  iten 
HUptern  derselben,  ntier  seine  Lehre  nnd  seine  Wirksamkeit  onter 
ien  ttetdeb  vMttodigte.  Bs  fhigt  sieh  nun  vor  Allem,  wie  sich 
diese  Rttlse  des  Oalaterbriefti  zti  denen  der  Apostelgeschichte  tot- 
htft?  iDüs  Aelteren  hatten  dieselbe  grossentheils  mft  der  ersten  von 
diesmi,  der  de«  Uten  Kapitels,  identiflcirt,  nenerdings  dagegen 
«irar  niiiil  fhst  idsiiahmslos  daräber  einverstanden;  dass  sie  nur  in 
d^Brtihldog  nnsers  15ten  Kapitds  gesacht  werden  tonne,  ohne 
daseirgiMtd  Jemand  an  die  spätere  Reis^,  c.  18^  gedacht  hätte, 
Ms  Wieseler  0,  von  den  Differenzen  zwischen  dem  Galaterbrief 
lind  nnserem  IStenkapftel  gedrängt,  zn  dieser  seine  Znflacht  nahm. 
Von  der  PrflAinjg  dieser  drei  möglichen  Combinationen  müssen  wir 
hiisgelien. 

Was  nan  zunächst  die  Refse  nnsers  IKen  Kapitels  betrifft^ 
so  Ist  Ihre  IdenHfftt  lAlt  der  des  Galaterbrlefs  jetzt  mit  Recht  äll- 
genlehi  anl^pegeüen.  Schon  der  Zweck  nnd  Aalass  beider  Reisen 
litganii  verScMMen:  c.  11  werden  Panlos  nnd  Barnabas  geschickt, 
wä  eine  mMde  Belsteoer  nach  Jerusalem  zu  bHngeii,  Gai.  2  reist 
Paulos  auf  elgdne  BWafd  hin,  um  steh  mit  den  dortigen  Christen 
ta  beapreelfili.  Von  ijiner  solehen  Bespreehang  weiss  tfnser  Utes 
lfiat>iM  kein  Wert,  nnd  ös  lässt  sich  aurh  schv^er  denken,  ^ia 
disnclhd  In  jeBsr  JBeit  Hätte  slattiMden  können,  da  eb«n  daniaM 
Petrus  theils  im  Gefängniss,  theils  anf  der  Flacht  war.  Wie 
konnte  ferner  Paolos  in  der  Zeit  nnsers  Uten  Kapitels,  noch  vor 
seiner  ersten  Missionsreise,  so,  wie  diess  in  der  Darstellang  des 
Oniaterbrielii  gesel^ebt,  als  der  Veittlndigef  des  Evangeliums  ftr 
idie  Heiden  in  einer  Bedentang  anerkannt  werden,  welche  ihn  mit 
Petrus,  dem  iBlaapte  der  Jadenapostel,  auf  Eine  Linie  stellt,  und 
gegen  welche  Barnabas,  in  der  ersten  Zeit  sichtbar  der  Angesehenere 


*)  Cbronolosie  der  Apg.  S.  179  ff. 


218  Der  ApostelcoQveot« 

voB  beiden,  vöUif  zoraektritt?  Wie  konnte  in  der  Veftendlaiif 
des  ApoBtelconcils  «nf  die  frflhereA  Bespreokongen^  Gel.  2 ,  nicht 
die  mindeste  Rflcksicht  genommen ,  wie  die  ganze  Streitlhig^e» 
tiber  welche  schon  so  viel  verhandelt,  und  ein  formlicher  Vertrag 
zwischen  den  Häaptem  der  beiden  Parthden  abgeschlossen  gewe- 
sen wäre,  als  eine  noch  ganz  nene  nnd  nnberOhrte  behandelt 
w^orden  sein?  Noch  manches  der  Art  liesse  sieh  Aragen,  aber  es 
ist  nicht  nothig,  da  aach  schon  die  Chronologie  entscheidet  Die 
Reise  des  Galaterbriefs  ist  wahrscheinlich  um  17,  jedenfalls  um 
14  Jahre  später,  als  die  Bekehrung  des  Apostels  (denn  8aL  2y  i 
gegen  das  Zeogniss  aller  Handschriften  das  dcxia  za  atreioliea, 
wird  Niemand  mehr  einfallen),  die  nnsers  Uten Ki^itels  fällt  4^ 
Zeit  nach  mit  dem  Tode  des  Herodes  Agrippa  zusammmiOy  ^^ 
im  J.  44  n.  Chr.,  also  höchstens  8—10  Jahre  nach  jenem  Brelg^ 
nifls  erfolgte,  ^^ 

So  wenige  aber  hienach  die  Reise  des  Galaterbriefs  fTQber  seht 
kann,  als  da»  sog.  Apostelconcil  Apg.  15,  ebensowenig  kam  sie 
später  nnd  mit  der  Reise  unsere  18ten  Kapitels  identtsoh  sein.  3) 
Wenn  die  Darstdiong  der  Apostelgeschichte  o.  16  eine  ihr.ver-^ 
angehende  Verhandlang,  wie  die  des  Galaterbriefs i  ansscUieflst) 
so  schliesst  die  Darstellung  des  letzteren  ihrerseijto  ^e  ihr  rw*- 
angebende  Verhandlang,  wie  die  der  Apostelgeschichte,  nloht 
minder  bestimmt  ans.  Wie  man  auch  den  Zweck  der  Bräctemng 
GaL  1,  15  IF.  auffassen  mag,  so  «forderte  derselbe  nothwendig 
eine  Erwähnung  aller  Besuche,  die  der  Apostel  In  der  Zwischen« 
zeit  zwischen  seiner  Bekehrung  und  der  Ab/as^ong  des  Galater« 
briefs,  oder  doch  aller,  die  er  zwischen  jenem  Breigniss  und  der 
Reise  des  2ten  Kapitels  in  Jerusalem  gemacht  hatte.  Wellte  Patt^ 
lus  durch  jene  Erörterung  (nach  c  1,  11.  19  £)  die  Uarthängigkeit 
seiner  Lehre  von  jeder  menschlichen  Auktorität,  und  insbesondere 
von  derjenigen  der  12  Urapostel^  erweisen,  se  brnm  die  AelMh^ 


^  Neander  S.  183  bezweifelt  dieses,  weil  die  Worte  tea^  eteeXvor  tor  xaigor 
c  12,  1  keine  genaue  Zeitbestimmnng  enthalten.  Abei*  dass  der  Verfasser  die  An- 
wesenheit des  Paulas  und  Bamabas  in  Jerusalem  mit  den  Ereigniasen  det  13.  Kap. 
in  Eine  Zeit  setzen  will,  zeigt  er  unzweideutig  genug,  wenn  er  ihrer  Hinreise  nach 
Jer.  Tor,  und  ihrer  Rückreise  nach  der  Gefangennehmung  des.  Petrus  Erwähnung  thut. 

^  M»  Tgl.  gegen  die  oben  besprochene,  zuletzt, noch  von  Fritzsche  Opusc. 
224  ff.  Tertbeidigte  Annahme,  de  Wette  z.  Gal.  2. 

')  Wie  diess  Baur  Theol.  Jahrb.  1849,  45S— 480  gegen  Wieseler  ersehopfend 
nachweist. 


Der  ApostelcoAvant.  219 

lauf;  «eiatr  jamsaleniiiisolieii  Reisen  nur  den  Zweck  haben  j  die 

VermuthiiDg^  $1$  ob  er  irgendwie  von  ihnen  abbftngig  eei,  ans  der 

Geaehiobte  de»  Verkehrs,  in  dem  er  mit  ihnen  stand,  seu  wider« 

lef^eii.    Za  diesem  Behuf  mnsste  aber  die  Anfofthimig  natarlich 

dorchans   v^UstAadig   sein,    and  eine  Verhandlang    von    solcher 

Wlehllgkeit,  wie  die  nnsers  16ten  Kapitels,  durfte  in  kefaiem  Fall 

übergangen  werden.    Selbst  wenn  er  nnr  tlberhaopt  die  SelbstAn- 

digkeit  raid  Unabhängigkeit  seiner  apostolischen  Wirksamkeit  and 

AuktoritAt  durch  sprechende  Beweise  darthon  wollte  0  9  00  durften 

doch  nnter  diesen,  sollte  man  meinen,  die  Vorgänge  beim  Apo* 

steleoncil  nicht  f^len,  da  sein  Wirken  gerade  bei  dieser  Gelegenheit 

die  förmliche  Anerkennung  der  Urgemeinde  and  ihrer  Vorsteher 

erhalten  hatte.    Dass  es  aber  aach   wirklich  seine  Absicht  war, 

alle  seine  jemsalemitischen  Reisen  bis  za  der  Gal.  2  erw&hnten 

anzufahren,  geht  aus  c.  1«  29  if.  2,  1  klar  hervor.    Denn  wenn 

er  hirtr  sagt,  er  sei  den  palfistinensischen  Christengemeinden  noch  * 

nach  seiner  ersten  Reise  unbekannt  geblieben,  dann  aber  nach  14 

Jahren  wieder  nach  Jerusalem  gegangen ,  so  lAsst  sich  diess  kaum 

anders,  als  so  verstehen,  dass  jene  Unbekanntschaft  die  14  Jahre 

hindurch  fortdauerte.  Wenn  er  etwas  Anderes  sagen  wollte,  stände 

die  Zeitbestimmong  dta  dexcrceüGuQcov  ivwv  nicht  bloss  mttssig, 

sondern  geradesa  irreführend.    Wie  sie  zu  verstehen  ist,  erheilt 

aber  auch  aus  der  ftUnlloben  Bestimmung  c.  1,  18.    Wie  hier  die 

Worte  imiTa  pi^ra  atfj  tQia  zu  erkliren  sind:   erst  nach  drei 

Jihren,  so  können  auch  die  gleichlautenden  Worte  c.  2,  1:  ikeira 

iia  Sexcct&jadftav  eVafy  nur  erklftrt  werden:  erst  nach  Verlauf 

von  14  Jahren.^}     Dazu  koipmt,  dass  Paulus  Gal.  2,  1  ebenso, 

wie  Apg.  15,  2,   mit  Barnäbas  nach  Jerusalem  geht,  Apg.   18, 

iS  dagegen  mit  Aqolla  und  Prisoilla,  nachdem  er  sich  c  ±&,  9ft 

von  Bamabas  getrennt  hat.  —  Was  aber  noch  wichtiger  ist,  die 

ganze  Verhandlung,    welche  Paulus    hier  schildert,    macht  eine 

fMIhere»  wie  die  der  Apostelgeschichte,  unmöglich.    ^Avißrj»  xavä 

MümhnptVy  nul  ave9ky.rjv  amotg  t6  etayyehov^  o  ^rjqvaaia  hß 


>)  So  Bftiir  Paolus  S.  113;  tiinlich  Wieseler  S.  180  f. 

^  Nur  eine  gftnkliche  Verkennung  dieses  Zusammenhangs  konnte  Lange  (a^. 
Zeit.  I,  99  f.)  bei  Gal.  2,  1  zu  der  Erklärung  verleiten,  das  naXir  beziehe  sich 
nur  auf  den  Zusatz  /utra  Baqvaßa^  als  ob  Paulus  bei  seinem  ersten  Besuch  mit 
Barnäbas  nach  Jerusalem  gereist  wäre!  Der  Galaterbrief  ohnedem  hatte  des 
Bamabu  noch  gar  nicht  erwfthnt)  und  konnte  also  auch  nicht  mit  einem  nah¥ 
wA  Um  surttekweiien. 


220  Dar  ApotteleoAteot. 

zdig  idveaif  not*  idlav  dk  roig  donoüaty  fdfintag  elg  xeri^  f^Qf^t^ 
Tj  idtjctpiOf.  WoCT  hatte  Paulos  nnih\gy  jetst  erst  dea  &6Hffbr€Bg 
privatim  von  seiner  Lehre  Berieht  za  erstattien,'  wenn  er  eben 
Meeea  sehen  einige  Jahre  froher  in  Öffentlicher  Gemeindeversamm- 
lang  gethan  hatte  f  Wie  konnte  er  fürchten ,  der  Widerspmeh  der 
Jemsaremifen  werde  ihn  nm  die  Frdchte  seines  Wiricens  hritfjgen 
(ftijntog  stg  xsvov  a.  s.  w.))  wenn  diese  sich  sehen  länggk  voll- 
kemmen  mit  ihm  verstindigt,  nnd  ihm  ein  Zeagtiiss,  wie  das  hi 
unserem  15ten  Kapitel  V.  26,  ansgestellt  hatten?  wenn  er  selbst 
ans  dem  Mond  ihrer  Hiopter,  eines  Petras  nnd  Jakobos,  seine 
eigenen  Onindsfttze  aber  die  Knlftssigkeit  der  Heidenbekehrang 
nnd  über  die  Unmöglichkeit  einer  Rechtfertfgong  dofreh^s  Gesetz, 
nebst  dem  Zogestftndniss  der  Freiheit  vem  Gesetz  for  die  HeÜden^ 
Christen,  nm  die  es  sich  fttr  ihn  anch  nach  Gal.  2,  2.  9  nilein 
handelte,  vernommen  hatte?  Wie  kennte  ferner  in  Jernsalem  ven 
dem  Heidenchristen  Titos  die  Beschneidnng  verlangt  Verden,  wie 
konnte  es  den  Patilos  einen  so  heftigen  Kampf  kosten,  dieses 
Verlangen  zorOckznweisen ,  wenn  seit  Jahren  ein  fOrmlitfter  Ge« 
ineindebeschloss  nnter  apostolischer  Aoktoritit  bestand  ^  welebef 
derartige  Zomothnngen  untersagte^  nnd  wenn  diesem  Beschltrss, 
wie  wir  nach  der  Apostelgeschichte  annehmen  mnssen,  das  Ver- 
fahren der  jernsalemitischen  Gemeinde  entsprach?  Wie  kann^Panlns 
GaL  2,  7  sagen,  Jakobns,  Petras  nnd  Johannes  haben  Meh  hei 
seiner  damaligen  Anwesenheit  in  Jemsalem  Qberzengt,  dass  ihm  die 
Heidenmission  anvertrant  sei,  nnd  sie  haben  sich  in  Folge  dessen  nrft 
ihm  nnd  Bamabas  zu  gegenseitiger  Anerkennung  vereinigt,  wenn 
4e  jene  Ueberzengnng  längst  besessen,  nnd  diese  Anerkennong 
schon  vor  Jahren  in  aller  Form  ausgesprochen  hatten?  So  wie 
Paolos  die  Sache  darstellt,  kann  unmöglich  eine  frühere  Verstau« 
dignng,  wie  die  von  der  Apostelgeschichte  berichtete,  stattgehabt 
haben.  —  Wird  endlich  die  Reise  des  Galaterbriefi»  desihidb  in 
eine  spätere  Zeit  verlegt  >  weil  die  Unvereinbarkeit  tsehier:l>htr- 
stellong  mit  der  unsers  IMem  Kapitels  die  Glaubwürdigkeit  der 
Apostelgeschichte  gefährdet,  so  ist  sehr  zn  bezwdfbln,  ob  für 
diese  dadurch  etwas  gewonnen  ist.  Denn  welches  Licht  lillt  auf 
Ae  historische  Kunst  oder  Treue  des  Verfassers,  wenn  er  von 
einer  so  äusserst  wichtigen  Verhandlung  völlig  schweigt,  und 
von  der  ganzen  Reise,  aof  der  sie  geführt  wurde,  nur  zu  be- 
richten weiss:  xavelOwv  eig  KaieaQuaVy  dvaßag  Miu  ußxwifu^ 
vog  xijfv  ixxXfjülav  xarißt]  elg  ^Avti6%Hav  (a  18,  »2)1  ist  ali4it 


])er  Apotteiconveni.  22  i 

eiii  «ololKli  VeiBchweiffen  dos  Wicbt^giten  ««vade  ekesM  seUinai, 
ato  eio  Macher  Beriobt,  und  tthrt  dasselto  niclit  vDmiUalbftr  n 
eim€c  gwoLii  narioMigctfi  VorsMloii^  y;#ii  .dar  Bacfalai^e?  ht  dia 
U^orebikwlt  das  Galvterbriafo  spMar  als  die  der  AiMistaI|re«ohiQli(a 
e.  16,  ao  bt  dieae  dmrch  jene  in  a^hrera»,  wesenaicAen  Pnaktan 
MhaeiMn^rt^  4ie  iiediAi^a  A«erkeiiaqa£r  4ea  HeldeackriBtaathama 
iai  ia  eipe' onbediagte  (oJdey  7tqogavidty%Q)  verwandelt,  die  J'orda- 
aimg  d^'RnthaJtpng  von.Gatzenopferfleiach  n.  a.  w«  ist,  wie  diaas 
AiMsb  Wi^aeler.  amdiopt  (IB.  201  f.),  aufgehoben  wofden; 
4er  Le«(er  dar.  Afieateigasehiobte  aber,  welqhem  zwar  die  Vor- 
aohriflen'  daa  .Aya^teloonoila  eii^e|irftgl,  ihrer  spAtere  Abflndernng 
^firaffeii:  yerachwiegan  wird,  kann  aicbt  aadera»  ala  glauben,  daea 
dieaaA^  fortwAtareiid  in  Galtusig  geblieben  aeien.  Und  eben  dieaan 
aetet  ja  unseare  $db|iU  auch  ausdrücklich  voraus.  Wie  kannte 
«icb^d^m  Jakobua  c  91»  20  ff.  auf  die  Beachlfisse  des  15tei^ 
Kapitels  berufen,  und  Ihre  fartwAfarende  BeMgung  durch  Pjhüub 
voranwQtaan,  wann  eben  derselbe  in  der  Zwiaobanzeit  jane  Be«- 
sahldsae  rdarah  .eine  neue  Uebereinkunft  .alt  Paulus  aulgehaben 
Mttait     ; 

:  ■  Was  sehpa  nach  dam  eben  BrOrterten  keinani  Zweifel  mehr 
u]|terliageQ  kann,,  daaa  der  Verfasser,  der  Apastelgeschiabte  in 
saineia  l&tea  Kaftital  nichta  Anderes,  «Is  ^^  ^^«  ^  barichteten 
VarfftBa,  vor  Augen  hat,  das  wird  auch  uamitlelbar  durch  4aa 
VerhUMss  dieaer  beiden  Erzählungen  bestütigt.  DaD^  se  bedeu- 
tend wir  ihf e  Differenzen  Im  Einzelnen  auch  flnden  werden ,  ap 
sind  sie  steh  dach  vid  zu  verwaadt,  um  auf  verschiedene  Begar 
:betthaltim  bezogen  zu  werden.  In  faieiden  FäJüen  eine  Reise. das 
Paulus  und  Bamabaa  naeii  Jerusalem,  um  sieh  mit  den  Jerusaler 
mitea  lAar  die  Stellmg  der  Boidanohrjsten  «nd  ihr  Varbältalsa 
zum'jndentbum  zu  baaiiraclieny  in  beiden  eine  längere,  BrOrlerung, 
in  weicher  Petrus  und  Jakobns  (im  GaJaterbrief  neben  ihnen. noch 
Johannes}  besonders  hervortreten,  in  beiden  rine  schliesfliiche  Ver- 
stftndigung,  in  beiden  endlich  die  Verhsndlnng  so  erzAhlt,  dass 
BM»  wohl  sieht,  es  kann  keine  frahera. Ober  den  gleichen  Gegen^. 
«(aad  a wischen  den  gieidieii  PenMmeu  stattgefunden  haben:  kann 
man  da  naoh.  bezweifeln,  ob  es. auch  wirklich  ein  und  daaselfae 
iBreigito  ist,  welehes  beide  berichten  wollen,  nndkannen  gegen 
dieses  2Saaaiimientreffen  in  der  Hanpbiadbe .  nnter^ardn^e  Abr 
weichungen,  wie  wichtig  sie  auch  im  Uebrigen  sein  mögen,  etwas 
beweisen? 


^22  ^t  ApöflielcoAveftti 

Hienra«  folgt  tarn  nmi  freiMoliO«  «iac»  die  titia^  ttttseN 
Uten  Kapitels  gar  nieHt  stattgefdnden  iiaten  kaoB,^  wefera  we- 
nigstens riobtig  ist,  was  wir  so  eben  Über  die  Abitfeht  der  Dar- 
steÜQDg  im  Galaterbrief  bemerkt  haben.  Was  von  dieser  Reise 
erzählt  >%'ird;  ist  wirkHeh  von  der  Art,  dass  es  aoeh  ohne  g^^ 
sehlchtlichen  Grand  berichtet  werden  konnte.  Die  Mogliehkeit,  das» 
eine  solche  nngesehichtliche  Angabe  in  unsere  Schrift  kam,  wM 
sich  nnch  Allem,  was  sich  uns  bisher  Ober  ilnren  historischen 
Charakter  ergeben  hat,  schwer  bestreiten  lassen.  Sehen  jene  Ab- 
weichungen von  der  eigenen  authentischen  DarsteUung  des  Apo- 
stels, die  wir  c  9,  19  IT.  gefunden  haben,  worden  diese  l»eweisen. 
Hass  femer  unser  Verfasser  ein  Interesse  hatte,  den  Paulus  in  der 
SSwischenzeit  zwischen  seiner  Bekehrung  und  dem  sog.  Apestel- 
eonvent  Jerusalem  besuchen  zu  lassen,  werden  wir  auch  spiter 
noch  zeigen:  je  anstOssiger  dem  Judenchristen  s^e  vieljfthrige 
Abwesenheit  vom  Mittelpunkt  der  Theokratie  sein  muspte,  um  so 
nflher  lag  es  einem  Sehriftsteller,  der  ihn  vor  dem  judendiristüehen 
Standpunkt  rechtfertigen  wollte,  diesem  Anstoss  dorch  Brsihlun- 
gen,  wie  die  vorliegende,  zu  begegnen.  Sehen  wir  endlieh  auf 
die  näheren  Umstände  der  fraglichen  Reise,  so  muss  aufaUen, 
dass  sie  fast  durchaus  auch  anderwärts ,  bei  den  gesehiclitlich  be« 
glaubigten  Reisen  des  Apostels ,  vorkommen.  Rtne  Reise  des  Paulus 
und  Barnabas  nach  Jerusalem  kennen  wir  aus  dem  Galaterbrlef 
und  e.  16;  der  Zweck  der  Reise,  die  Ueberbringung  dner  Un- 
terstfltznng  fillr  die  Jernsalemiten,  gebort  dem  letzten  Besuch  des 
Apostels  in  Jerosalem  an,  wird  aber  hier  merkwürdiger  Weise 
von  unserer  Schrift  mit  Stillschweigen  Abergangen;  bei  derselbiB 
Gelegenheit  lernen  wir  c.  21 ,  10  den  Propheten  Agabus  in  einer 
ähnlichen  Rolle  kennen^  wie  hier  c,  11,  28;  was  unsere  Brzäh*- 
lung  weiter  enthält,  sind  nur  die  zwei  nahe  liegenden  ZOge,  dass 
die  Unterstatzung  der  Jerusalemiten  durch  die  bekannte  Rungen- 
noth  unt^  Kaiser  Claudias  motivirt  wird,  und  dass  «äe  von  An- 
tiochia,  der  einzigen  heidenchristUchen  Gmneinde,  welche  den 
Paulus  in  jener  Zeit  senden  konnte,  ausgeht.  Ein  solciies  Ver'- 
hältniss  eines  Berichtes  zu  anderweitigen  Erzählungen  reehtArtigt 
den  Verdacht,  dass  er  nur  ans  diesen  durch  Verdopplung  entstan- 
den sei;  und  wenn  eben  dieser  Berieht  auch  in  seinem  Widerspruch 
mit  einer  besser  begtaublgten  Darstellung  (der  des  Galaterbriefe)  das 


*)  Wie  auch  Baur  Paulus  114  Theol.  Jabrh.  1849,  479  annimmt« 


Der  Apostelconveni.  22S 

megpi^Üyfe  Meitaiftl  4dti  VnblitorisoheD  kn  sich  trAJirt,  go  tvlrd  dieser 
Vcördaeirt  doreh  einsolehes  ZaeiunmeiHreffeii  zu  einem  hohen  Grade 
v^n  WahrschelnllokMt  ge0tei|[^ert 

Selbt  Nenn  der  findet  In  der  letzten  Ausgabe  seiner  Sehrilt, 
CB.  18^),  naok  Bleek^s  Vorgang'^),  das  Schweigen  des  Galater- 
briefs  Aber  die  Heise  ansend  Uten  Kapitels,  welches  er  noch  in 
^r  dritten  (8.  145}  für  nnverfftnglieh  erictirt  hatte,  so  bedenk- 
lich,  dass  er  zvgiebt^  an  die  Worte  des  Paulas  ans  haltend  können 
^rir  nicht  anders  als  meinen,  er  sei  zwischen  den  zwei  im  Ga- 
laterbrlef  erwfthnten  Reisen  gar  nicht  in  Jerosalem  gewesen ;  and 
dm  wir  nnn  eher  ein  Versehen  des  Lukas  vermuthen  dttrfen,  als 
daM  wir  der  Aassage  des  Paulus  Gewalt  anthftten,  so  müssen 
wir.  annehmen,  nurBamabas,  nicht  aber  Paulus,  sei  i.  J.  44  naeh 
Jettisalttn   gekommen.    Allein    wenn    einmal   anerkannt   werden 
mitns,  dass  Paulus,  trotz  der  bestimmten  Aussage  unsers  VerAs^ 
aera,  nicht  in  Jerasäiem  war,  wer  borgt  uns  dafOr,  dass  Bar^ 
nnbas  hinkam,  und  dass  die  vorliegende  Erzählung  überhaupt  einen 
blatorischen  Grand  hat?  and  y^emi  wir  auch,  unsern  Bericht  fttr 
stob  genommen,  diese  Annahme  nicht  geradehin  unzulAssIg.  finden 
Iconiiten,  so  verliert  sie  doch  alle  Wahrscheinlichkeit,  wenn  wir 
einerseits  den  historischen  Charakter  der  Apostelgeschichte,  ande- 
rerseits das  Verhaltaiss  unserer  Erzählung  zu  den  andern,  deren 
NaebbiMung  de  zu  sein  scheint ,    in  Betracht  ziehen.    'Für  die 
Haapisaehe,  #ie  Schilderung  des  Paulus,  vrflrde'sich  ohnedem  das 
CReiche  ergeben,    ob   Barnabas  in  Jerusalem  gewesen  ist,    oder 
nicht,  und  selbst  Im  ersteren  Fall  würden  wir  in  der  ungoschicht- 
tfeben  Angabie  über  ,dle  Reise  des  Paulus  nicht  blos  ein  Versehen 
der  Tradition  finden  kennen.    '0och  diess  kann  erst  später  gezeigt 
werden. 

Hiemit  ist  bereits  auch  die  Hypothese  von  Schleiermach  er  ^) 
widerlegt,  die  Reise  des  Uten  Kapitels  sei  mit  der  des  15.  iden- 
tisch,  und  sie  sei  ursprünglich  nur  in  Vorausnahme  eines  Künfti- 
gen 0.  11,  dO  erwähnt  worden,  der  Zusammensteller  der  Apo- 
stelgeschichte jedoch  habe  sie  misisverstäudlicher  Weise  fctr  eine 
eigene  Reise  gehalten,  und  durch  c  12,  IM  als  solche  dargestellt. 
Ftlr  die  Ghiubwürdigkeit  unserer  E^zählong  und  unserer  ganzen 
Schrift  wäre  durch  diese  Voraussetzung  nichts  gewonnen;  wie 


*)  Beitr.  z.  Evangelienkritik  S.  55. 
»)  Einl.  in'8  N.  T.  S,  369  f.     '*• 


224  Der  ApostelconV^pt« 

Abor^Ut  sie  aber  bit,  s^t  sich  «iMer  alle«!  ApilfifiJlQfb  4^^ 
dMfl  die  Bfotivirniig  der  ffftfe  dtardi  4to  .^Qff  ilf.effplive  C4Ml^ 
XX,  2,  6)  bekannte  Hangersnoth  unter  ClMkli«8  (44  a«  CbrO  *« 
def:  des  15ten  Kapitels  gar  niobt  PP^aiP  wflrde,  iiRd  d^a  diese 
Oberbaupt,  sowohl  unserer  S,obrift,  alf  dem  .QatataM»rief  mfolgje, 
einen  ganz  andern  Zweck  und  Chanüster  gc^habt  bat 

Naob  diesen  Vornntersnohaiig^n  können  wir  nns  d^ßt  .fnliaJlt 
des  16ten  Kapitels  ;sawenden,  fttr  dessen  Prüfung  ,wir  npn.den 
Galaterbrief  unbedenklich  als  sichersten  Anhaltspnnkt  w^rdiep  -ibe- 
natzen  können.  Vergleichen  wir  nan  aber  s#ine  Par^tellang  mit 
derjenigen  der  Apostelgesofaietate,  so  trelen/nnsso  anapiflgieiclibare 
WldersprOche  zwischen  beiden  entgegen,  dass  wir  dio  l^ti^re  In 
wesentlichen  Beziehungen  nicbt  fOr  histori^qh.g^tpif n  {nittfftJlM^iMWi- 

Schon  der  formelle  Cha|;akter  der  Jeru£||l9l9ittifQbenj;y^lMi9d- 
Inngen  wird  in  den  beiden  Berichten  un^erkeppbar  v^ieeciii^ed^n 
dargestellt  Der  Galaterbrief  lAsst  «Mese  als  ^e.Priyatv^rhaad- 
Inng  des  Paulus  mit  den  Angesebeiist^  .unter  den  yjigmiwteln  er- 
scheinen, die  Apostelgeschichte  giebt  ihnen  ein  d]jurobau^  pf4ei6Ues 
.6eprftj(e.  Gleich  der  Beschlufls  derj^c^is^  ist  bf4  il^^jNi  verscM^ 
denen  Ursprungs:  nfM^h  der  Apostelgescbiehte  .wird. ^ie ...von; PmI^s 
Bamabas  und  ihren  Beglettern  a^us  ;  Auftnig  der  .  i#tioQliepi4c)|0P 
Gemeinde  unternommen,  nach  Gal.  2  von  Paulus,  welebtr  4^ 
Bamabaa  und  Titus  mitnimmt,  xa%a  inon^lv^piv y  ajUo  Ava.^IgfftMB 
Antrieb;  dort  hat  Paulus  mit  seineu  ^^gleitern  ip  üfiapfpi  df^ 
Gemeinde  zu  verhandeln,  die  sie  abgesandt  bat,  bl0ir  ^^i^blMldfi^lt 
er  in  eigenem  Namen:  iph  reiate  hin,  heisst  efi!,.ui^  setzte  il^iifyi 
meine  Lehre  aoseinander^  damit  mc^inp  Bemttliufgen  ^ht  erf0|jg](p 
seien;  nicht  die  Beilegung  eines  in  der  Geifieinde  .^i|tsi^M^iUi 
Zerwtirfiiisses,  sondern  die  Feststellung  dea  personlichen  yerhAlt- 
nisses  zwischen  Paulus  und  den  Jeri^fi^l^miteii,.  in  Qeappbfffig  auf 
seine  apostolische  Wirksamkeit^  ist  der  ^wi^Qk,  nicbt,der  AiUf^ag 
der  Gemeinde,  sondern  deir  eigene  fintsch)u/is  d^.  Ajijfist^b  ist 
Grund  der  Reise.  Ich  mochte  diese  DilFerenz  weder  mit  8 cbi)ec- 
kenburgerO  fdr  „durchaus  irrelevant'^  erklftren^  da  sie  lait 
dem  ganzen  Charakter  der  be|dersei|l;igen.  DfirsteUupg^n  e«^  zur 
sammenhftngt,  noch  mit  Neander  (S,  20&)  dprch  .d|e  ^npalMne 
ausgleichen,  Paulus  und  Bamabus./ifien  zwar  Ypn  d^  Gemeinde 
gesandt  worden,  Paulus  wtlrde  aber  in  Folge  der  änoxcAvyßig 


*)  ZwÄk  der  Apg.  S.  73. 


Der  ApostelcQnvent  225 

aaoh  obae  dieaen  dlSeiilliGhen  Anftnif  die  Bei«e  e^emaelit  tmhn^ 
denn  der  Gslafterkrlef  sagt  nicht,  dess  er  sie  desshelb  gemaoiil 
haben  würde,  wenn  er  anoh  keine  andere  Verftnlassnng  gehabt 
hätte,  sondern  ganz  einfaeh,  dass  er  sie  desshalb  geiaaeht  habe« 
Eher  kennte  man  mit  demselben  Gelehrten  annehmen,  der  Anstoss 
KU  der  Gesandtschaft  sei  von  Paulas  selbst,  anf  Grand  der  cttto- 
xaXvyjigy  aasgegangen.    Aach  so  jedoch  bliebe  der  Unterschied, 
dass  Paulos  nach  seiuer  Darstellung  nur  iu  seinem  eigenen  Na^ 
men  verhandelt,   nach  der  der  Apostelgeschichte  im  Namen  der 
GemehuAe,  dass  nach  jener  der  Entschluss  zur  Reise  ursprOnglieh 
von  ihm  gefasst,  und  von  der  Gemeinde  erst  naehtrfiglldi  geneh^- 
migt  wAre,  nach  dieser   derselbe  Bntschluisis  von  der  Gemeinde 
gefasst,  von  Paulus  und  Baniabas  in  ihrem  Auftrag  ausgeffthrt 
wird,  dass  die  Verhandlung  selbst  in  der  Apostelgeschichte  zu* 
n&chst  die  Gemeinde  betrifft  und  nur  in  Folge  dessen  auch  den 
Paulas^  im  Galaterbrief  aunftchst  den  Paulas  und  erst  in  ewetter 
Reihe  die  Gememde.    Zudem  wäre  es  selbst  bei    dieser  Voraus« 
Setzung  auffallend,  dass  der  Apostel  im  Galat^brief  weder  der  Ja« 
daisten,  weldie  nach  Apg.  A6j   1  die  Anfrage  in  Jerusalem  ver« 
anlassten,  noch  des  Gemeindeauftrags  mit  Einem  VkTort  BrwAhnnag 
thut,  da  diese  beiden  Umstftnde  fUr  die  BeurtheBung  seines  {Scluritts 
gar  nicht  gleichgaitig  waren,  and  in^s  rechte  licht  gerückt  der 
DarsteHuAg  seines   ersten  Kapitels   nur   zur  BestAtigung  dienen 
konnten,  der  Behauptung  nftmlich,   dass  er  sein  Evangelium  nidit 
erst  von  den  älteren  Aposteln  empfangen  habe,  und  dass  auch 
seine  wenigen  Besuche  iei  diesen  iiicht  den  Zweck  hatten,  dog- 
matische Belehrung  bei  ihnen  zu  suchen  (Gal.  1,  11.  16  f.  18  f.); 
wogegen  eben  jener  officielle  Charakter  seiner  Sendung  auf  der 
anderen  Seite  leicht  zu  der  Missdentung  Anlass  geben  konnte, 
als  ob  Paulas  durch  ihre  Uebernahme  ein  AbhftngigkeitsverhAltniss 
zu  den  Palftstinensern  anerkannt  hfttte,   und  auch  schon  zur  Ab- 
wehr   eines    solchen  MIssverstAndnisses    nicht  mit  Stillschweigen 
übergangen  werden  durfte.  —  Der  gleiche  Gegensatz  tritt  aber  in 
den  beiderseitigen  Darstellungen  der  jerosa^emitischen  Verhandlun- 
gen selbst  noch  unverkennbarer  heraus.     „Nach  der  Apostelge- 
schiebte  fand  eine  förmliche  Öffentliche  Verhandlung  solcher  Art 
statt,  dass  diese  Berathung  und  Beschlussnahme  seit  der  Altesten 
Zeit  nicht  mit  Unrecht  als  das   erste  christliche  Concil  gegolten 
hat.^'    (Baur  115.)    Es  wbd  eine  formliche  Gemeindeversamm- 
long,  nach  V.  IB  unter  dem  Vorsitz  des  GemaindevorsteherB,  des 

15 


226  I^er  Apostelconyent 

MM110,  »kf ehalten,  eine  regelfliftesif e  DeteNe  eiffftaet,  lefei  reAt»- 
kräftiger  Beeohlnad  geftart,  und  1^  Bn(scheMnng  der  ftaneitde 
nnd  des  heiligen  Oeistee,  im  Namen  der  Oemeinde,  mitteilst  efaies 
eigenen  Schreiliens,  dnreh  besondere  Abgeordnete^  dea  beiden- 
ehristHohNl  eeaeinden  knnd  gethan.  Naeh  der  DarsteHnng  das 
Galaterbrielh  dagegen  setet  Panlas  seine  Grandsätze  flsnntelMt  nar 
den  H&nptem  der  jenisaleiiltisGhen  Gemeinde  privatim  auseinaftder, 
Jakobos,  Petras  und  Johannes  verständigen  sich  mit  ihn^  einer 
Gemeindeversammlnng  mid  eines  Gemeittdebesohlasses  geschieht  mit 
kfUner  SHbe  Brwahnnng.  Sofien  sich  nnn  die  beMea  Buchte 
nieht  geradenn  widerspreohen,  so  müsste  In  beiden  von  verschie- 
d«rai  Forgtngeu  die  Rede  sein,  man  mOsste  mit  Nenn  der  (9, 
206  if.)  und  Anderen  i)  annehmen,  der  G^neindewrsammlttag 
seien  Prlvatbespreohongen  ew!)9chen  Panlns  nnd  den  HAnptem  der 
fwusalemitiaohen  Goaeinde  voraasgegangen,  und  nnr  anf  diese  nnd 
nitf  das  in  ihnen  Verabredete  beziehe  «loh  die  BrzAhlnng  des  Ga- 
laterbriefs.  Aber  ^le  kirne  es  dooh  in  diesem  Falle ,  daas  Panlne 
di^  Gemenideveraammlang  gar  ni6ht  berOhrtf  ^3  Wiö  kMn  er  die 
ganze  Saehe  so  daiv^telkn,  als  ob  sie  dnrch  die  flnstimniang  der 
4rei  Sinlenapostel  ahgemaeht  gewesen  wfire,  wenn  dodi  dito  eigent- 
llofad  Yerhandlang  ind  Hntscheidang  erät  später  sMt  hatte  ?  Wamm 
gt^eiÜEt  er  mit  koinem  WcHrte  des  SynodidbesehlasseSi  mit  dessen 
Verbreitnng  er  sich  doch  nach  Apg.  16,  4  elfHgst  hesicbAfÜgt 
haken  soll?  Br  hebe  hervor,  was  Ihm  die  Hauptsache  war,  mrint 
Neander  (ß.  207,  Anm.),  was  er  seinen  Gegnern^  weiche  da« 
Ansehen  der  palästinensischen  Apostel  und  des  ilakobns  allein  gel« 
tend  maoben  wollten,  vor  Allem  entgegenhalten  miuste..  AeUM 


>)  Lechler  d.  apost.  w.  nachap.  Zeit.  246  f.  Ebrard  Krit.  d.  «v.  Gesch. 
2.  A;  699  f.  Baamgarten  II,  a^  t65  f.  Thidrsch  die  Kirche  im  tp.  Zeit.  128. 

*)  Er  sagt  zwar  av£&4/iif)v  avT9U  t6  cv«}r/^icoF*.  wrt*  lS£ar  Sh  roig  Söxovoh 
aber  gewbs  wird  Niemand,  der  diese  Worte  nicht  mtt  dem  Entschluss  liest,  sie 
mit  der  Apostelgeschichte  einstimmig  zu  finden ,  in  dem  aiSroJ^  die  Spur  einer  Ver- 
handlung, wie  die  in  unserem  töten  Kapitel  beschriebene,  entdecken  können. 
SprachRch  betrachtet  können  die  Worte  beides  besagen:  „ich  setzte  es  ihnen  (den 
JemsffBemiten)  auseinander,  im  Bfesondern  aber  den  Angesehenstea ,*'  o4er:  y,tcb 
setzte  et  ihnen  auseinander,  aber  nur  den  Angesehensten  im  Besondern."  Lassen 
vir  uns  aber  auch  die  entere  Erklärung  gefallen,  so  liegt  doch  in  der  uBbestimm- 
ten  Angabe  von  einer  Besprechung  mit  den  Jenisalemiten  entfernt  nichts,  was  den 
Leser  zu  der  Annahme  hinführen  könnte,  diese  Besprechung  habe  in  einer  Ge- 
nfttnffeveMarttrifung  stattgefunden,  oder  es  «ei  gar  aus  Änlasis  derselben  zu  einer 
formlidten  AeraUnmg  «id  Besehhtssiiaiiiiie  liber  lUe  «in&tigen  Punkte  g«koimBeo. 


Der  ApostelconveDt  227 

Leehler:  wetttt  die  Oegaer  sieli  «idi*  amf  Majoritäten  ^  flonden 
auf  das  Gewicht  einiger  iierv^ragettden  PersOnüeblcetteB  bernfea 
baben,  se  wäre  es  gar  Bicht  ani^eaeesett  gewesen,  wenn  Pantna 
aioh  ibnen  gegenflber  auf  die  grosse  Majorität  fir  den  Beacblneo 
in  Jerasalem,  nberhaiipt  anf  die  öffentliche  ^Verbandlnng  berufen 
hätte;  er  liabe  weit  ober  hofen  liOnnen  etwas  anaznrichten ,  wenn 
er  die  Apostel  selbst,  naoMotliob  die  angesehensten  Apostel,  für 
sich  hatte  ^    and  ihre  Zostinunnog  zu  seinen  Onmdsätesen  nai^'* 
weisen  konnte.     Aber  gerade   diesen  Nachweis  gab  ihm  ja  die 
effentlißhe  Verhandlnng  weit  vollständiger   und   schlagender^  ab 
eine  Privatbei^reobaog,  über  deren  Inhalt  keine  urkundliche  Nach- 
richt vorhanden  war.    Bei  der  Verhandlung  unsers  15ten  Kqiitris 
treten  ja  eben  jene  Häupter  iw  jndenchrlstlichen  Parthei,  ein  Petrus 
und  Jakobus,  mit  ausfahrliohra  Beden  auf.    Warum  verwdst  Pau- 
lus nicht  anf  diese  ihre  allbekannten,   Ofentiichen  Bridärungen, 
warum  hält  er  schien  Gegnern  nicht  den  feforliohen  Freibrief  eni- 
gCjgnn,  welchen  auf  den  Antrag  der  genannten  Apostel  die  Ur- 
gemeinde  den  Heidenehristen  ausgestellt  hat,  um  sich  statt  desimn 
auf  mOndliche  Versicherungen  bu  stetsen,  deren  Au<liett^e  VM 
der  Gegenseite  jeden  AugenMiok  bestritten  werden  kenntet  Btwa 
weil  er  „jene  offentlicheB  Verhandlungen  nnd  ihr  Brgebniss  als 
bekannt  voraussetzen  kennte^^  (Neander  a.  a.  00?    Als  ob  ihm 
nicht  gerade  dieser  Umstand  das  Beweismittel  um  so  meiir  hä1«e 
empfehlen  mäsnen;  denn  je  effenkwidigcr  die  Anerkennang  seiner 
Grandsätse  in  Jerusalem  war ,  um  so  schlagender  waren  die  Geg- 
ner widerlegt    Oder  wollen  wir  ndt  Schneokenburger  (a.  a. 
Ol  S.'7ft)  annehmen,  dass  pädagogische  Bttcksichten  tden  Apostel 
vermocht  haben,  auf  den  Vortheil,    den  ihm  da|i  jerusatemische 
Dekret  in  die  Hand  gab,  nu  vernichten,  dass  er  seiner  ninht  er- 
wähnte, weil  er  bei  den  Galatem*  nidit  mit  Arictorität,  sendern 
nur  mit  Bntwiokinng  der  Wahriieit  kommen  durfte?   Pairins  folgt 
ja  in  der  Wirklichkeit  gar  nicht  diesem  GesichtspMkt,  er  betuft 
sieh  auf  die  Anerkennung  der  doxetn^e^,  wenn  aueh  gegen  einen 
Auktorität«glauben  an  dieselben  sich  verwahrend,   und  er  hatte 
hiezu  gerade  seinen  galatischen  Lesern  gegenüber  allen  Grund; 
wie  sditsam,  dass  er  dieser  Anerkennung  nMit  auoh  die  der  Ur- 
gemeinde'  beigefügt,  dass  er  statt  ihrer  öffentlichen  und  nrkund-^ 
liehen  Darlegung  den  Gegnern  nur  Privatäusserungen  von  weit 
zweifelhafterem  Charakter  entgegengehalten  haben  sollte!  Wenn 
jene  urkundlichen  Erklärungen  wirklich   vorhandmi  waren,  wird 

16* 


228  ^^f  Apostelcofivent 

es  fohwer  sdn,  eines  anneliinbaren  Grand  für  ein  Bolohes  Ver- 
fihren  anfznlindeo.    Was  Wenfgatena  die  neueaten  Apologeten^  der 
Apostelgesciüchte   zur  Brklftmng    der  Saelie    beigebraolit   iiabeD^ 
genügt    entfernt    ni<dit     Die    beiden    Veriiandlnngen^    beliaaptet 
T  hier  soll  0^  a.  O.);  seien  so  versehieden,  dass  sie  kaam  Ter- 
aohiedener  sein  kennten,  in  der  Apostelgeschiohte  handle  es  sich 
einzig  and  allein  von  den  Beehten  and  Pfliehten  der  Heidenohri- 
sten,  im  Galaterbrief  von  der  ApostelwOrde  des  Paulos,   anf  die 
Verffiichtung  der  Heidenohristen  werde  hier  so  wenig  eingegan- 
gen, als  dort  auf  die  Frage  über  die  Anericennang  des  Apostels. 
An  die  gleiche  Ansicht  knOpft  dann  weiter  Baamgarten^)  die 
Bemerkung:  Paulos  habe  allen  Grand  gehabt,  sich  nicht  aof  die 
BesehlQsse  der  Gemeindeversammlung,  sondern  auf  sehie  Privat- 
besprecbong  mit  den  Aposteln  zu  borofen,   denn  jene  BeschlAsse 
enthalten  weit  keine  so  aosdrückliche  Aneikennong  seiner  aposto- 
lischen Thfttigkeit,  wie  die   Privaterklftrongen^ der  Apostel,   und 
andererseits  hatten  die  Voraehriften    des  Aposteldekrete   aof  .die 
verirrten  Galater  eher  störend  als  förderlich  wirken  mOssen.  Allehi 
diese  ganze  Darstellung  der  Sache  ist  unrichtig.    Auch  bei  den 
Bespreehpngen,  welche  der  Galaterbrief  erzAhlt,   handelt  es  sich 
zunächst  nicht  um  die  Apostelwflrde  des  Paulas,  sondern  um  das 
evayyiXiüv  tijg  dxQoßvOTlag,  um  den  Grundsatz  der  Heidenmission, 
also  ganz  um  das  Gleiche,  wie  bei  der  jerusalemitisehcn  Gemeinde- 
versammlung.   Um  sein  Evangelium  seinen  Bfitapesteln  vorzulegen, 
geht  Paulus  nach  Jerusalem,  über  die  Akrobystie  des  Titus,  Ober 
die  Zolftssigkeit    eines    Heidenchristenthums ,    entspinnt    sich    der 
Kampf,  die  Anerkeainung  desselben  ist  die  Frucht  der  Verhand- 
lung, nur  eine  Folge  dieses  Ergebnisses  ist  die  personliche  An- 
erkennung des  Heidenapostels,  nur  eines  von  den  Motiven,  die  es 
herbeiffihren,    die  Anerkennang   sehier  apostolischen   Leistungen. 
Auch  die  ganze  Erörterung  des  Galaterbriefb  hat  ihren  Mittelpunkt 
nicht  in  der  personlichen  Frage  Ober  die  Apostelwflrde  des  Paulau, 
sondern  in  der  saclilichen  über  das  Verhftltniss  des  Christen  zom 
Gesetz,  wie  diese  die  weitere  Aoseinandersetzung  2,  10  ff.  ganz 
klar  zeigt    Warom  hfitte  daher  Paulus  die  entscheidenden  Be- 
schlüsse der  Urgemeinde  und  des  h.  Geistes  C^^pg.  15,  28)  über 


*)  A.  a.  0.  165  f.  168.  Den  Scurrilitäten ,  womit  sich  Ebrard  S.  699  f. 
'des  wissenschaftlichen  Eingehens  in  die  Sache  hier,  wie  so  oft,  überhebt^  geschähe 
selbst  durch  die  kOnest«  Anführung  schon  zu  viel  Ehre. 


Dtr  ApottalcoBTent.  229 


dieiieii  Cfegfenstand  mit  völligem  Sdlbcdiweisen  Miergangen, 
es  sich  mit  diesen  Besohlflssen  wirklich  so  verhielt,  wie  die  Apg. 
angiebt?  Oder  waren  sie  Ihm,  wie  diess  Baamgarten  mfsteriös 
andeutet,  für  seinen  Zweek  zn  wenig  entschieden,  sn  jadaistlsch? 
Fürchtete  er,  wieEbrardO  will,  die  Fassung  des  apostolischen 
Sendschreibens  mochte  seiner  apostolischen  Anktorität  Eintrag 
thim?  Dazu  hatte  er  allerdings  Omnd,  nur  werden  wir  darans 
nicht  sehliessen  dürfen,  dass  er  die  Apostelbeschlflsse  diplomati- 
scher Weise  unberührt  Hess,  sondern  dass  sie  so,  wie  sie  in  der 
Apg.  vorliegen,  nicht  gefasst  wurden. 

Sehen  wir  weiter,   wie  das  VerhUltniss  des  Paulus  und  der 
Urapostel  zu  einander  und  zu  der  vorliegenden  Streitfrage  in  un- 
serer Schrift  dargestellt  wird ,  so  lässt  sich  auch  hier  der  Wider- 
spruch mit  den  urkundlichen  Aussagen  des  Paulus  nicht  verkennen. 
Nadh  der  Erzihlung  der  Apostelgeschichte  werden  Paulus  und 
Bamabas  nach  Jerusalem  gesandt  um  eüie  Entscheidung  der  dor- 
tigen Gemeinde  und  des  ZwdlfercoUeglums  über  die  Streitfrage, 
welche  die  antiochenische  Gtemelnde  beunruhigt,  zu  veranlassen, 
für  den  Zweck  einer  solchen  oberrichterlichen  Entscheidung  wird 
die  Ciemeinde  versammelt  (c.  15,   6:  awrixSTjoav  Idelv  negl  rov 
koyov  Tovrov) ,  nachdem  diese  die  Redner  f ar  und  wider  angehört 
bat,  beschliesst  sie    als  Organ  des  h.   Geistes  iedo^e  Tip  ayup 
Ttvevf^iXTC  xal  i^fuv  V.  28),  und  dieser  Beschluss  wird  von  Pau- 
las selbst  den  von   ihm   bekehrten  Gemeinden  zur  Nachachtung 
übergeben  (i  6 ,  4:  naQBÖldow  avtolg  q>vlaaoeiv  ra  doyficeca  %a 
xexQLfieva  vno    tcHv  aTtoOTohav   xal    tciv  (rt^eaßvtiQiov  %&v  iv 
^IsQovaak^fi).    Die  jerusaiemitische  Gemeinde  nebst  den  Uraposteltt 
erscheint  hier  mit  Einem  Wort  als  die  oberste  KirchenbehOrde,  vor 
deren  Biohterstnhl  bedeutende  Streitfragen  von  den  heidenchrist- 
Uchen  Gemeinden  gebracht,  deren  Entscheidungen  selbst  von  Paulus 
als  allgemeine  Kircbengesetze  anerkannt  werden.    Diese  Stellung 
hat  Paulus  der  Urgemeinde  und  ihren  H&uptem  dem  Galaterbrlef 
zufo^e  nicht  eingeräumt,    und  er    konnte  sie   ilir   nach   seinen 
Grandsätzen  unmöglich  einräumen.     Ihm  stand  die  Berechtigung 
der  Heiden  zum  messiänischen  Heil,   die  Aufhebung  des  mosai- 
lehen  Gesetzes    und   der  Beschneidnng,  diese   Grundbesthnmung 
seines  ganzen  Systems,  viel  zu  fest,  als  dass  er  sie  erst  noch 
als  streitigmi  Punkt  behandeln,  und  sich  dazu  verstehen  konnte, 


»)  Krit.  d.  cv.  Gescb.  713. 


230  I^sr  Apottelconvent 

IH^  fremder  Estaekeidug  m  «■Aerwerfoo.  „Wenii  efei  ^Kngdt  v« 
Kvunely  roft  er  Gel.  1,  8,  das  Kvangeliaa  verkeDdi|rte  anders, 
atai  ioh  ea  verkündigt  habe,  der  eei  verflacht  1^^  Wie  konnte  er 
da  aneh  nur  die  MögUehkeit  nngeben,  daea  efaie  andere  VerkQn- 
digaag  deaaelben  von  ihm  verlangt  wOrde?  „Se  ihr  Enoh  be- 
aehneiden  laaset/'  erklArt  er  9aL  5;  2y  ,,80  wird  Eoch  Christiis 
niohts  attieen/'  und  dasa  er  aioht  erst  14  oder  15  Jahre  nach 
aeiiier  Bekehrnng  dieae  Ueberaeagang  gewann,  wetden  wir  glaa- 
bea  dürfen.  Wie  kennte  er  da  dea  Anftrag  annehiaen,  in  Jeni- 
salem  anzufragen,  ob  die  Beaohneidang  anr  BeBgkeit  nothwendig 
eei,  oder  niebt  (Apg.  lA,  l)f  Wirklich  war  anch  seine  SteUang 
in  dieser  8eohe,  wenn  wir  ihn  selbst  hdren,  efaM  ganz  andere. 
Nicht  am  in  Jeroaalea  eine  Entscheidung  einzolielen,  rebte  er 
dorthin,  sondern  am  seinen  Collegen  seine  Chrnndsfttze  ausehiaa- 
defKoaetaen;  liinsiohtUch  dies^  Grandsätze  ist  er  aber  ao  writ 
entfernt  sich  voi|  ihrem  Urtheil  abhAngig  za  machen,  dass  er 
vielmehr  aafa  Bestimmteste  erklärt:  oftdoi  tioxb  fflaVj  avdev  fm 
di^BQUf  and  nar  die  anbedingte  Anerkennang  seines  Verfahreas, 
nicht  eine  eberrichterliehe  Bntaeheidang  von  ihrer  Seite  weiss  er 
als  Brgebniss  seiner  Verhandlang  mit  ihnen  za  bezeichnen.  Die 
eaawthnng  vollends,  in  den  BeschUlsaen  der  Jernsaleiriten  die 
Anordnungen  des  h.  CMstM  an  verehren,  würde  Panlna,  weaa 
sie  ihm  entgegengetreten  wftre,  wohl  noch  atArker  zarOckgewiesoi 
haben,  als  er  dbnliohe  Anaprilohe  9  Kor.  10,  7.  11,  <  o.  o. 
zorOckweist.  —  In  der  Darstellang  der  AposteJgeschichte  freilich 
erscheint  Paalas  auch  hinsichtlich  seiner  ganzen  Auffassung  des 
duristenthums  einem  Petrus  and  Jakeboa  ae  untergeordnet,  dass 
er  faat  die  Bolle  mit  ihnen  gewechselt  hat  WAren  die  Redea 
unsers  1  fiten  Kapitels  urkundlich,  se  bitte  ein  Petrus  «nd  sogsr 
ein  Jakobus  die  GraudsAtze  des  pauMnisehen  Universalismus  hei 
dieser  Gelegenheit  mit  grAseerer  Beatimmtheit  aosgesprechen,  tif 
der  grosae  HeidenapeateL  Petras  ist  es  hter,  welcher  das  mosaische 
Gesetz  fdr  ein  Joch  erklirt,  das  weder  sie,  die  Anwesenden,  selhM, 
noch  ihre  VAter,  zu  tragen  vermocht  haben,  Petrua,  welcher  es 
auaspricht,  dass  Heiden  und  Juden  gleichmAssig  nur  durch  die 
Gnade  Christi  gerettet  werden  kAnuen,  Petrus,  welcher  das  erste 
Beiapiel  einer  Heideabekehniag  von  sich  anfuhren  kann«  Weniger 
enftsehieden,  aber  doch  in  derselben  Klchtung,  Äussert  sieh  Jakobos' 
auch  von  ihm  wird  der  Grundsatz  der  Heidenbekehrung  anerkanit 
und  mit  Propbetenstellen  bestAtigt,  auch  er  will  das  Gesetz,  zwar 


Der  Apostelconventf  231 

aifht  floUMbtbls  $ioigßkok»n,  %Uf  doch  wMiifiiMi«  auf  die  Jaden 

beschrlieki;  urieeeni))  vi»d  weimPetnMi  der  Beidenbekehrong  durch 

seinen   Vorgaog  das  Thor  geöffnet  hat,  so  geht  dafar  von  ihm 

4er  VermiillaDgsrersoblag  aoe,  daroh  dessea  Annahme  es  mdglich 

hAj    dJA  Beiden  mit  den  Joden  in  dieselbe  messianisohe  Qemein« 

aobeft,  anfainnebmen.    Ven  Panlns  und  Bamabis  dagegen  wird  nur 

berichtet,  das«  sie  erisfthlt  haben ^  aaa  inolf^asv  6  Seoß  aTjßida 

xcd  refoira  ^V  Toig  txheac  di  ovrah.    Pass  diese  Wnndererzih- 

lattgea  den  einzigen  eder  doch  den  banptsftohliobsten  IiAalt  der 

paulinischen  Vertri^ge  gebildet  haben  seilten ,  ist  nicht  wahrsohein- 

llok;  war  Paulus  auch  überzeugt,  Wunder  gethan  zu  haben,  und 

beralter  sich  aueh  2l£er.  13,  Id  auf  seine  Wunder,  se  thut  er 

doeh  dieses  nur  nethgedrungon  und  beilftuflg;  im  Uebrigen  will  er 

sieli  ebendadurch  yen  den  Juden  nnters^eiden,  dass  er  nicht  duroh 


^)  Diess  liegt  in  den  Worten   V.   21 :  MaVif^t  ya^  ix  yere^h  i^x^Ctav  tteetm 
noliy  rovi  xtjqvöaovtag  avtov  I^X^i^   er  taXf  öwetyiOYatt  xard  nav  öaßßarov  ärqi^ 
yiytoaxo^tyof»    Aebrere  Ausleger,  wie  noch  Meyer  und  de  Wette,  geben  diesen 
Worten  die.  Bedentnng,   die  den  Ueidenchristen  auferlegten  Bescbrftnkungen  zu  be- 
grandea:  „wir  uMiMeo  so  viel  fon  ihnen  verlangen,  da  das  Gesetz  durch  die  sabbath* 
liehen  V^irlesungen  lu  bekannt  ist,  als  dass  virir  sie  ohne  Aergemiss  vOJlig  davon' 
entbinden  könnten/'    Aber  (vgl.   Neander  S.  217)  auf  diesen  Grund  hin  hätte  ^ 
von  den  Heidenchristen  die  Beobachtung  des  ganzen  Gesetzes  und  namentlich  die 
Beschneidung  verlangt  werden  müssen;   unsere  Darstellting  betrachtet  aber  die  An- 
forderungen des  20.  V.  auch  nach  V.  28  f.  als  so  unerlftsslich ,  dass  sie  gor  k«ner 
besondcro  Begründung  bedürfen,  und  die  Beschränkung  auf  diese  Anforderungen 
ohne  Weiteres  aja  ein  ^^  n<$^MvoxX$lv  (V.  19)  erscheint.  Neander  selbst  erklärt: 
„Was  die  Juden  betrifft,  %o  brauchen   wir  ihnen  nichts  Neues  zu  sagen,  denn  sie 
können  an  jedem  Sabbath  in  der  Synagoge  hören ,  was  Moses  von  ihnen  verlangt.^ 
Allein  von  den«Juden  war  ja  im  Vorhergehenden,  welches  durch  das  yaq  begrün- 
det werden  soll,  gar  nicht  die  Rede.    Gieseler,  dem  auch  Baur  S.  119  beitritt, 
sieht  ia  unserer  Aeusserung  den  Gedanken  aoagedrüekt:  „das  mosaische  Ges«ti  ist 
tchoA  so  lange  verkündigt,   und  dennoch  finden  sich  Wenige ,   die  sich  zu  seiner 
Annahme  bequemen.    Jetzt,  da  der  Dienst  des  wahren  Gottes  ohne  die  Fessel  des 
Gesetzes  gepredigt  ist,  wenden  sich  so  Viele  zu  ihm,  und  es  wird  unwidersprech- 
lich,  dass  das  Cärimonialgesetz  das  einzige  Hindemiss  der  allgemeinen  Verbreitung 
der  wahren  Religion  ist."    So  wäre  jedoch  gerade  der  Hauptgedanke,   dato  das 
Gesetz  der  Verbreitung  des  Monotheismus  im  Wege  stand,  seine  Aufgebung  sie  be* 
förderte,  unausgesprochen.    Es  scheint  mir  daher  das  Einfachste,   die  fraglichen 
Worte  mit  Schneckenburger  (a.  a.  0.  S.  23)  und  Baumgarten  (S.  150) 
BD  aufzufassen:  „Wir  wollen  den  bekehrten  Heiden  nicht  mit  den  Anforderungen 
des  Gesetzes  listig  fallen;  die  Ansprüche,  die  Moses  oder  das  n^osaische  Gesetz 
machen  kann,  werden  durch, seine  Anerkennung  von  Seiten  der  Juden  hinlänglich 
befriedigt.    Sehn,  verweist  hiefür  mit  Recht  auf  c.  21,  24  f. 


232  l^^i*  ApoiteleQQTent, 

Wunder  den  OUiabaii  wirke,   sondern  dareh  setne  Lelure^),   und 
nncli  bei  der  Bespredbang  in  Jerusalem  war  es  nacli  Gal.  2,  2. 
7  ß.  die  Darlegong  seiner  Lehre  and  der  von  ilim  in  der  Hei- 
denwelt  errongenen  Erfolge,  daroh  welche  er  die  älteren  Apostel 
fttr  sieh  gewann,  der  Wunder  erwähnt  er  mit  keinem  Wort-     Ist 
es  aller  nnwahrscheinlioh ,   dass  Paulos  so  gesprochen  hat,    wie 
unser  Berioht  will,  so  ist  diess  in  Betreff  des  Petrus  und  Jakobos 
noch  weit  unwahrscheinlichen    Wenn    ein  Jakobus  wurklioh  die 
Cfrundsätsse  hatte,  die  er  hier  ausspricht,  wenn  er  nidit  blos  der 
Macht  der  vollendeten  Thatsache  nachgebend  (Idovreg  (kv  TteTtig- 
tav^ai  t6   evayyiltov  tijg    äxQoßvatlag  Gal.  2,  f)  den  Paulus 
in  seinem  Wirkungskreke  gewfthren  Hess,   sondern  auch   selbst 
von  der  Unverbindlichkeit  des  mosaischen  Gesetzes  fdr  die  Heiden- 
christen überzeugt  war,  und  diese  Ueberzengung  offen  und  ent- 
schieden geltend  machte ;  wenn  er  gar,  wie  Neander  meint  (S. 
211),  in  den  Grundsatz  von  der  allein  rechtfertigenden  Kraft  des 
Glaubens  einstimmte^),  so  ist  ganz  unbegreiflich,  wie  eben  dieser 
mit  PaulniS  so  einstimmige,  gegen  die  Freiheit  der  Heidenchristen 
so  tolerante  Mann  die  höchste  Anktorltftt  einer  Parthei  sein  konntCi 
welche  dieser  Freiheit  alier  Orten   aufs  Eifrigste  oitgegentrat, 
und  den  Apostel  der  Heiden  aus  keinem  anderen  Grui^de  gehässi- 
ger und  leidenschaftlicher  angriff,  als  weil  er  Unbeschnittene  In^s 
messianische  Reich  aufzunehmen  sich  erlaubt  hatte,  unbegreiflich, 
wie  selbst  ehi  Petrus,  der  doch  den  wahren  Sachverhalt  kennen 
mnsste,    durch  Anhänger  des  Jakobus  (Gal.  d,   12}  sich  so  dn- 
schachtern  lassen  konnte,  dass  auch  er  den  früher  von  ihm  that- 
sächlich  anerkannten  Grundsätzen  untreu  wurde.     Möchten  auch 
immerhin  diese  Partheimänner  die  Richtung  eines  Jakobus  fiber- 
trieben haben,  aber  dass  sie  gerade  in  dem  Punkt,  um  wel- 
chen sich  der  ganze  Partheikampf  jener  Zeit  drehte, 
mit  ihrem  hochverehrten  Oberhaupt  in  direkten  Widerspruch  kom- 
men, dass  sie  die  Beschneidnng  der  Heidenchristen  zu  ihrem  Lo- 
sungswort machen  konnten,   während  Jakobus    aus   persönlicher 
Ueberzeugung  ihrer  Freiheit  das  Wort  redet,  und  die  ganze  jem- 
salemitische  Gemeinde  mit  diesem  Grundsatz  flbereinstimmt,  dass 


")  1  Kor.   1,   22:  *IovSttToi  üijjusTa  eurovai .  .^jueTi  Sh  xtj^vaaojutv  X^i- 

*) 'JB|  iQfwr  Stxaiovtai  ävd-qtanoi  tecii  odx  ex'nlatetag  /uoyov  Jak.  3, 
24.    Neander  halt  den  Jakobusbrief  bekanntlich  far  ftcht. 


Der  Apostelconvent.  233 

BOgBT  Petras,  sogar  Barnabas,  dem  die  Besehlftsse  des  Apostel- 
eonvents  nftchst  Pablas  am  Meisten  zu  Gate  kamen,  statt  sie  ein-« 
fach  auf  die  Aaktorit&t  ilires  Jakobns  und  die  feierliclien  Brkia- 
mngen  der  Urgemeinde  za  verweisen,  ihren  Anforderangen  wider- 
standslos nachgeben,  diess  ist  ganz  andenkbar.  Hatte  nnd  behapptete 
Jakobns  wirklieh  den  Standpunkt,  welchen  nnsere  Schrift  ihm 
zuschreibt,  so  hätte  er  eben  desshalb  von  jenen  jndaistischen  Ei- 
ferern gleichfalls  verworfen  oder  doch  hintangesetzt  werden  mOssen, 
denn  was  anders  konnte  sie  bestimmen ,  in  ihm  ihr  Haapt  anzu- 
erkennen ^  als  die  wesentliche  Gleichheit  seiner  Grundsätze  mit  den 
ihrigen?  und  waren  diese  Leute  wirklich  so  gefürchtet,  wie  sie 
es  nach  Gai  2,  12  gewesen  sein  mtlssen,  so  können  es  nicht 
blos  vereinzelte  Fanatiker  gewesen  sein,  welche  ausser  der  Masse 
paülinischer  Heidenchristen  auch  noch  die  gesammte  Urgemeinde 
mit  ihrem  Oberhaupt  gegen  sich  hatten  (Apg.  15,  22),  sondern 
sie  müssen  an  dieser  Gemeinde  einen  breiten  Rückhalt  gehabt,  sie 
können  sich  nicht  ohne  allen  Grund  auf  einen  Jakobus  berufen 
ha%en  0-  Aber  auch  Petras  kann  ihnen  nicht  so  ferae  gestanden 
sein ,  vde  man  gewöhnlich  annimmt.  Er  mag  der  Freiheit  der 
Heidenchristen  weniger  schroff  entgegengetreten  sein,  als  Jakobus, 
aber  dass  hr  sieh  so  entschieden  ftlr  dieselbe  erklärt  hätte,  wie 
er  hier  thut,  diess  ist  schon  um  jenes  aatiochenischen  Verfalls 
willen  unglaublich^).  Es  findet  hier  alles  das  gleichfalls  seine 
Anwendung,  was  wir  schön  früher  aus  Anlass  der  Erzählung 
über  die  Bekehrang  des  Cornelias  bemerkt  haben  3).    Davon  nicht 


*)  Man  vgl.  hierüber  die  treffenden  Bemerkungen  von  Schwegler  Nacbap. 
Zeitalter  I,  118, f.    • 

^  Denn  dass  wir  diesen  Vorfall  nickt  mit  Schneckenburger  (Zw.  d.  Apg* 
108  ff.)  früher,  als  das  Apostelconcil,  setzen  dürfen,  liegt  am  Tage.  Wie  lässt 
sich  annehmen,  dass  Paulus,  nachdem  er  seine  Berührungen  mit  den  Uraposteln 
von  c.  1,  15  an  in  chronologischer  Reihenfolge  erzählt  hat,  nun  auf  einmal  in 
einer  Weise  von  der  Zeitordnung  abspringe,  die  seine  Leser  unmöglich  bemerken 
konnten,  und  wie  könnte  er  über  die  jerusalemi tische  Verhandlung  so  sprechen, 
wie  er  darüber  c.  2,  1  ff.  spricht,  wenn  ihr  schon  eine  so  eingreifende  Erörterung 
mit  Petrus  forangieng?  Seine  ganze  Darstellung  setzt  offenbar  voraus,  dass  die 
Frage  über  die  Heidenmission  in  Jerusalem  zuerst  zwischen  ilim  und  den  Palästi- 
nensern besprochen  wurde.    M.  vgl.  besonders  V.  2.  7. 

*)  Wiesel  er  a.  a.  0.  S.  197  behauptet,  ein  Widerspruch  zwischen  dem  Be- 
nehmen des  Petrus  in  Antiochien  und  den  Beschlüssen  des  Apostelconcils  könn^ 
schon  desshalb  nicht  stattfinden,  weil  sich  diese  Beschlüsse  gar  nicht  auf  die  Stellung 


234  I^cr  Apostelconvent; 

JEU  radeo/,  itma  die  BemtoBg  auf  eben  diefloi  FatEtnm  a  16,  7  f., 
wi0  natflrUoli,  gerade  ae  zweifelhaft  iet,  als  das  Faktum  aelbst 
Ja  auch  an  Paulas  maas  es  auffallen,  dass  er  den  Petrus  und  die 
Anhanger  des  Jakobus  mit  keineap  Wort  an  den  feierlichen  jeni- 
salemitisehen  Vertrag,  an  das  hier  aufgestellte  kirchliche  Grund- 
gesetz, die  biU  of  righis  der  Heidenebristen,  erinnert.  „Wenm  die 
rivigum^Iaxtißov  eigenm&eht^e Eiferer  waren/^  bemerktS ebweg- 
1er  a.  a.  0.  ganz  richtig,  „warum  weist  sie  Petrus  nicht  unter 
Berufung  auf  alles  Vorangegangene  mit  Bntschieienheit  zurOekt 
Warum  macht  er  seine  apostolische  Anktoritat,  die  Beschlösse  des 
Apostelcolleglums  und  der  Urgemeinde,  die  Zustimmung  des  Ja- 
kobus, jene  ganze  Aei)ie  anerkannter  Thatsachen  ni^ht  geltend? 
Und  Paulus  selbst  —  hat  er  in  der  Strafirede,  die  er  iu  Folge 
jenes  Vorgangs  seinem  Mitapostel  halt,  kein  Wort,  die  Verband- 
lungen des  Apostelconvents,  die  damals  ßo  einhellig,  so  fHedlich 
gefaasten  Bescblflsse,  die  von  Petrus  selbst  dabei  gehaltene  Bede 
ihm  in's  Ged&obtniss  zurückzurufen?  Nein.  Petrus  hat  jaien  Con- 
vent  vergessen^  die  Abgeordneten  di|s  Jakobus  haben  ihn  vergessen; 
Bamabas  hat  ihn  vergessen,  Paulus  hat  ihn  vergessen.  Qiess  ist 
schwer  zu  glauben«  Wenn  auch  nicht  noch  andere  hinzukftmen, 
die  angefahrten  Widerspräche  allein  wardeü  hinretcheu,  den  Apor 
ftdconvent  der  Apostelgeschichte  als  eine  auf  den  Pragmatismus 
dieser  Schrift  zurookzuftthrende  Fiktion  erkennen  zu  lassen,  ala  eine 


der  Judenchri^ten  zum  (besetz  beziehen,  sondern  nur  auf  die  der  Heidenchristen; 
die  anfängliche  Freiheit  des  Petrus  im  Umgang  mit  den  Heiden  zu  Antiochia  sei 
ein  Hinausgehen  über  die  jerusalemitischen  Beschlüsse  gewesen,  und  ^enn  ihm 
Paulus  nachher  vorwirft  ntSg  tä  ^&ytj  äpayxa^eii  lovSaiCfiv;  so  gehe  diess  nur 
darauf,  dass  Petrus  jene  Beschlüsse,  trotz  seiner  Einsicht  in  ihre  blos  provisorische 
Bedeutung,  wieder  geltend  zu  machen  versucht  habe.  Die  Darstellung  des  Galater- 
briefs  jedoch  macht  jede  derartige  Auskunft  unmöglich.  Wenn  dieser  zufolge  die 
Heidenchristen  von  den  Jerusalemiten  ohne  alle  weitere  Bedingungen  als  Mitchristen 
anerkannt  wurden  (V.  6  9),  so  war  ebendamit  die  Schranke  zwischen  beiden 
Theilen  aufgehoben,  die  Heidenchristen  waren  für  Genossen  des  Messiasreichs  er- 
klärt, so  gut,  wie  die  Judenchristen,  und  die  Letzteren  konnten  nicht  länger  An- 
stand nehmen,  mit  ihnen  zu  speisen.  Nicht  anders  betrachtet  auch  die  Apg.  dieses 
Verhältniss:  m.  s.  c.  11,  3  und  unsere  früheren  Bemerkungen  über  diese  Stelle. 
Wenn  sich  daher  Petrus  in  Antiochien  aus  Furcht  vor  den  Judenchristen  von  der 
Tischgenossenschaft  mit  den  getauften  Heiden  zurückzog,  so  heisst  das,  er  verwei- 
gerte diesen  die  Anerkennung  als  Religionsgenossen ;  diess  w^ürde  er  aber  schwerlich 
gethan  haben,  wenn  es  sich  mit  seiner  persönlichen  Ueberzeugung  und  den  Apo- 
stelbeschlüssen so  verhielt,  wie  man  nach  unserer  Schrift  glauben  muss. 


B«r  Apostelconvent  285 

Fiktion )  die  «wav  des  ireniioliMi  SKweek^  Ontm  Verfasiera  ea(« 
apraeb,  die  aler  in  der  Gesohieht»  stlM  kefa^n  Halt  hat  ^).^ 

Soleber  weitevea  Grunde  finden  sieb  ab^  allerdings  aoob  genag 
in  dem  labalt  der  jerasalemitiaoheD  Beaobltlise,  wie  dies/i  auoh 
Vaar  ita4  Seb wegler  ges&eigt  haben.  Diese  BeeeUtase  Bellen 
die  Bedingongen  fesUietaen,  an  welche  die  Znlasanng  4er  EMden 
znm  nieeilianfflohien  Heil  und  daa  Znmunnens^  der  Jaden-  und 
Heid^obristen  na  measianiadien  Aeicb  geknttpH;  iat.  Dieser  Be« 
diogqng«i  sinf  es  n«n  dtarei:  die  fwrtdanenide  Gültigkeit  der  Be« 
aehneidang  «ad  des  GeseUes  Ittr  die  Judencbiisten  und  ihre  Naeb- 
ksflimen  wird  anerkannt,  die  BaMenobristen  dagegen  werden  davon 
entbanden  9  doob  sollen  auch  sie  sieh  die  V.  80  u.  29  geaannten 
KntbaUnngen  gefallen  lassen.  Der  Verglaicb  zwiseben  den  streik 
t^nden  ParUieien  besteht  also  mit  Einem  Wort  darin,  dass  jed^ 
derselben  mit  ihren  Anforderungen  anf  sieh  selbst  besohrftnkt,  nnd 
nur  in  einigen  untergeordneten  Punkten  den  üeidenohristen  eine 
^eabaebtung  der  jüdisehen  Sitte  anferlegt  wird.  Bin  solcher  Ver- 
^gleich  kamt  damals  auch  abgesehen  von  der  olfideUen  Form,  die 
er  in  unserer  Schrift  hat,  nicht  abgesclilossen  worden  sein.  Gal. 
8,  <  IF.  erUftrt  Paulus  ausdrUcklicb:  ifiol  yoQ  oi  doHOvvteg  ovde» 
TifO^iviSevffO  ^  ullä  tovvctVffLw  .  *  ie^ias  ^dommv  e^ol  aal  Buif* 
vaßif  xoiv<4vhg^  %va  i^fmg  fikv  sig  tu  e&vf]^  av^oi  da  slg  ^i^ 
na^L%Qfirpf'  fiQvov  %m  mif^jjm  iVa  ^vrjfiwsvia^s».  Aus  dieser 
Erklärung  gebt  dreierlei  hervw.  Für^s  Erste:  es  wurden  dem 
Paiilns  in  Jerusalem  keine  Zumutbungen  gemMit,  welche  mit  deni 
von   ihm   dargelegten    Grundsfitssen    in*  Widerspruch   standen^)* 


^)  Ein  eigenthümlicher  Beweis  für  die  Beschlüsse  «des  Apostelconvents  findet 
sich  bej  Wieseler  S.  190.  Die  Geschichtlichkeit  des  Aposteldekrets  wird  ihm 
zufolge  durch  c.  2t,  25  verbürgt,  d«  diese  Stelle  dem  von  einem  Augenzeugen 
w}d  Begleiter  des  Paulus  verfas'sten  Abschnitt  c.  20,  5 — 28,  31  angehört  Es  ver- 
steht sich  von  selbst,  dass  derjenige,  welcher  die  UrkundiichkeU  der  Apg.  im  Uebri- 
gen  bestreitet,  die  ausnahmslose  Authentie  von  c.  20  ff.  nicht  stehen  lässt.  Das 
Nähere  hierüber  später. 

*)  Das  streitige  nqoqwid-srco  heisst  entweder:  sie  haben  mir  nichts  Weiteres 
auferlegt,  oder:  sie  haben  mir  nichts  Weiteres  vorgelegt.  Für  die  letztere,  von 
Wieseler  (Chronol.  d.  ap.  Zeit  195),  de  Wette  und  Hilgenfeld*z.  d.  St., 
auch  fi aur  (Theol.  Jahrb.  1849,  463)  gebilligte  ErkUrung  entscheidet  das  ävE^ 
&€jut]y  y.  2  und  das  ni^ogavsd-^^v  1,  16  wohl  schwerlich,  denn  es  ist  bei  Paulus 
gar  nicht  selten,  dass  die  Bedeutung  eine#  Ausdrucks  in  demselben  Zusammenhang 
wechselt,  in  sachlicher  Beziehung  trägt  es  übrigens  nicht  viel  aus^,  wie  wir  über- 
selzea,  denn  auch  bei  Wieseler's  Erklärung  kann  der  Sinn  doch  nur  der  sein,« 
e«  m.  von  den  Paläatioens^ro  keine  weitere  Anforderung  an  Paulus  stfitelH  wor4eA. 


236  l)^<*  Aposteleonvent. 

Zweiten«:  die  Ueberelnkaoft  zwifloheB  Pauloe  und  den  jeramilemi- 
tlsohen  Hänptern  beecliränkte  sich  darauf,  sich  gegenseitig  in 
flirem  Wirkungskreise  gew&liren  za  lassen,  Paulos  wollte  jenen 
in  ihre  Behandlung  der  gemeinsamen  Saohe  innerhalb  des  juden- 
ehristliclien  Kreises  nichts  einreden,  ebensowenig  aber  sollten  auch 
sie  in  seine  Whrksamkeit  unter  den  Heiden  sieh  einmischen;  eine 
principiolle  Einigung  zwischen  beiden  Theilen  fand  nicht  statt. 
Drittens:  jene  Uebereinkunft  wurde  an  kehie  weitere  Bedingung 
geknüpft,  als  an  die,  dass  sieh  Paulus  der  jerusalemltischen  Armen 
annehmen  möchte»  In  allen  drei  Punkten  ist  die  paulinische  Dar- 
stellung mit  deijenigen  der  Aposteigorohichte  unverehibar.  Oder 
sollte  es,  den  ersten  betr^end,  kein  dem  Heidenapostel  uner- 
träglicher Zusatz  zu  seiner  Lehre,  kein  nQogavoetlS^GSui  gewesen 
sein,  wenn  ihm  zugemnthet  wurde,  Gesetz  und  Beschneidung, 
deren  unbedingte  Abschaffung  er  auf  jeder  Seite  seiner  Briefe 
aurs  Nachdrücklichste  einschärft,  in  fortdauernder  verpflichtender 
Geltung  für  die  Judenohristen  anzuerkennen,  und  selbst  den  Hei« 
den  Beschränkungen  auferlegen  zu  lassen,  von  denen  er  selbst 
sie  Areisprach?  denn  dass  Beides  nach  unserer  Darstellung  der  Fall 
war,  wird  sogleich  noch  des  Näheren  gezeigt  werden.  Wie  kön- 
nen femer,  was  die  dritte  der  angeführten  Bestimmungen  anbe- 
langt, von  Paulus  die  milden  Beisteuern  für  die  einzige  ihm 
gemachte  Bedingung  erklärt  werden,  wenn  ausser  dieser,  von  der 
Apostelgeschichte  merkwürdiger  Weise  nicht  berührten,  auch  noch 
alle  in  dem  Aposteldekret  aufgezählten  Bedingungen  aufgestellt 
wurden?  Etwa  weil  ihm  selbst  weiter  nichts,  als  einige  Sorge 
für  die  Armen,  als  Pflicht  auferlegt  wurde,  weil  die  in  der 
Apostelgeschichte  aufgeführten  Satzungen  «nicht  den  Apostel  selbst, 
sondern  die  heidenchristlichen  Gemeinden  betrafen?  (Lech  1er 
S.  258.)  Dem  Apostel  wurde  doch  die  Pflicht  auferlegt^  sich  in 
seiner  Missionsthätigkeit  an  eben  diese  Satzungen  zu  halten,  und 
nach  c.  16,  4  kam  er  eben  dieser  Pflicht  nach;  wie'  er  sie  dann 
aber  in  der  Stelle  des  Galaterbriefs  unerwähnt  lassen  konnte,  ist 
nicht  abzusehen,  und  Lechler's  Behauptung:  „Paulus  beweise 
hier,  dass  gerade  die  altern  Apostel  seine  apostdische  Wirksam- 
keit, so  wie  sie  war,  anerkannt  haben,  er  erwähne  zu  diesem 
Zweck  blos  dasjenige,  was  sein$  persönlichen  Rechte  und  Pflichten 
betraft  —  diese  Behauptung  erscheint  in  der  Anwendung,  welche 
hier  von  ihr  gemacht  wird,  durchaus  verfehlt.  Gerade  wenn  es 
sich  um  die  Anerkennung  von  Paulus  apostolischer  Wirksamkeit 


Der  Apostelconvent.  237 

han^eltOi   durften  die  von  ibm  mit  den  J^rnmileniiten  verabredeten 
leitenden  Grundsätze  fttr  diese  Wirksnmkdt,  die  Bestimmangen  des 
Aposteldekrets,  am  Wenigsten  übergangen  werden  0*    Seheii  wir 
endlich  anf  den  principiellen  Charakter  der  zwisehen  Paolos  ond 
den  Uraposteln  gepflogenen  Verhandlongen  —  der  zweite  der 
oben   heraosgehobenen  Ponkte  —  so  können  wir  der  Beraerkong 
von  Baor  (S.  126  'ffO  ^d  Schwegler  (a.  a.  O.  S.  1)80  f.)  nor 
beistiinmen,  dass  zw|sehen  Paolos   und  den  Uraposteln  naeh  der 
Darstellong  des  Galaterbriefs  nor  ein  ftosserllebes  Concordat  zo 
Stande  kam,  dass  sich  diese  zwar  dazo  vwstanden,  jenen  in  sei- 
nem  Thon  nicht  zo  stOr^,  es  zo  ignoriren,  dass  dagegen  eine 
Anerkennong  der  paolinischcn  Grondsälze,   wie  sie  die  Apostel- 
gesohlehte  dem  Petros  ond  sogar  dem  Jakobos  in  den  Mond  legt» 
von   ihrer  Seite  nicht  stattgefonden  haben  kann.    Da  sich  Paolos 
a.   a.    O.  eben  damit  beschäftigt ,  die  ihm  von  den  Jerosalemiten 
gemachten  Zogestftndnisae  aoseinanderzosetzen»  so  konnte  er  das 
wichtigste  derselben,  die  Aneignong  seines  ganzen  Princips,  wenn 
eine  solche  von  ^ner  Seite  aosgesprochen  worden  war,  nicht  mit 
Stillschweigen  Obergehen*    Wenn  er  davon  schweigt ,  ond  statt 
dessen  nur  des  Versprechens,  sich  gegenseitig  gehen  zo  lassen, 
erwähnt,   so  kann  ihm  aoch  kein  entschiedeneres  Zogeständnlss 
gemacht  worden  sein.    Man  wird  diesen  nahe  liegenden  Folge- 
rungen schwerlich  durch  die  Annahme  ausweichen  wollen,  nur 
die  Privatbesprechung,   von  welcher  der  Gaiaterbrief  redet,  habe 
die  v<Hi  demselben  angegebenen  Resultate  geliefert,   daraos  dOrfe 
aber  nicht  aof  die  Öffentliche  Terhandlong  geschlossen   werden, 
denn   eine  solche  Differenz  zwischen  dem,  was  die  SäolenapoStd 
für  sich,  ond  dem,  was  sie  vor  der  Gemeinde  zogestanden,  wäre  in 
allen  Beziehongen  ondenkbar,   wenn  nicht  vielmehr  jene  ganze 
Unterscheidong  einer  öffentlichen  ond  einer  Privatverhandlong  sich 
uns  schon  froher  ouhaltbar  gezeigt  hatte. 


')  Aus  ähnlichen  Gründen  ist  Lange's  Auskunft  (ap.  Zeit.  I,  104)  unhaltbar  i 
öie  Beschlüsse  des  Apostelconvents  wollen  keine  Heilsbedingungen  aufstellen,  in 
Galatien  dagegen  habe  es  sich  gerade  um  solche  gehandelt;  Paulus  habe  daher  die 
Apostelbeschlüsse  nicht  anführen  können,  ohne  das  MissverstSndniss  hervorzurufen, 
dass  das  Heil  an  ihre  Befolgung  geknüpft  sei.  Gesetzt,  es^  hätte  sich  mit  den 
Apostelbeschlüssen  wirklich  so  verhalten,  so  musste  er  sich  nur  um  so  gewisser 
darüber  erklären,  um  ihrer  Missdeutung  vorzubeugen,  keinenfalls  konnte  er  positiv 
«em  ödShv  nqoqoy^d-evro  aussprechen,  aber  wie  wenig  das  Aposteldekret  in  dog- 
matischer Hinsicht  bedeutungslos  ist,  wurde  bereits  nachgewiesen. 


238  Der  ApoBtelconvent. 

MeiMo  bestliiiiiit,  y^ri»  4ie  Brxfthliiiig  des  flalaterMefti,  aesge« 
auch  alle  soBBtfgen  geseMehtlidien  8parM  gegen  4fe  Angvien 
der  AposlelgescMelite  Ober  die  BesohlOme,  die  auf  dem  sog.  Aposlel- 
eeneil  gefust  sei«  solieii. 

Die  Baaptstreitfrage  filier  Ctosetz  mnd  Besctmeidvng  wird  Mer 
dabin  erledigt,  dMs  die  Heidenebrieten  von  beiden  b^Mt,  die 
Jndenobriaten  fortwfthrend  daran  gebunden  aebi  seilen«  Zwar  wird 
fai  dem  Sehreiben  der  jemsalemitfsehen  Oenrdnde  V.  2B  M.  der 
letztere  Pnnkt  nicht  ansdrücklich  berührt;  eben  weil  dieses  8elifei- 
ben  nnr  an  die  Heidenchristen  gerichtet  Ist.  Beweist  aber  sehen 
der  letztere  Umstend,  dass  die  BieAreiang  vom  Gesetz  nnr  ilmea 
gelten  sidl,  so  erhellt  eben  dieses  noch  dentlicher  aas  der  Bede 
des  Jakebns;  eine  ganz  Mithentisehe  Bitürnng  giebt  endBeh  nnser 
Slstes  Kapitel  V.  IM)  ff.,  wenn  hier  dem  Panlns  Ten  den  Jerasa-* 
lemitMi  gerathen  wird,  sieb  liei  der  Lösung  eines  Gelfibdes  zo  be« 
theiligen,  um  dnrch  diese  Handhmg  zn  zeigen,  dass  auch  er  das 
Gesetz  halte,  und  die  Besoholdignng  zn  widerlegen.,  als  eb  er 
änoaTaoiav  didäanei  dito  Mmjaiiog  rovg  xccvtc  tä  edvtj  nartag 
^lovdalavgy  klytav^  firj  neqiTi^BW  avTOvg  ret  vixpa,  fifjök  rcSg 
t^ai  TteQCTtccrelVj  und  nm  ttber  die  Beziehnng  dieser  Aensserang 
zu  unsere  Darstdlang  keinen  ZweiM  fibrig  zn  lassen,  wird  b^- 
geffigt:  aegl  de  %&if  TVeTttaTsvxovofv  i&v(3v  '^fidg  ifteavelXafitVj 
xQivctvreg  ptrjdh  TOiüikov  f;9}^ei$f  avTOvg  a.  s.  w.  Nach  einer  s» 
bestimmten  Brklftmng  st^t  es  ausser  aller  Frage,  dass  unsere 
Schrift  die  Beschlösse  ihres  lAten  Kapitels  nur  in  dem  obMi  an- 
gegebenen Sinn  gefaFst  wissen  wML  Hätte  aber  Paulus  Besohlfisse, 
welche  diesen  Sinn  hatten,  gutheissen,  hfttte  er  sie  als  maassgebeiii 
fOr  sein  apostelisches  Wirken  anerkennen  und  den  von  ihm  ge- 
stifteten Gemeinden  zur  Befelgung  Obergeben  kennend  er,  wel- 
cher die  absolute  Unvereinbarkeit  des  Judenihums  alt  dem  diriirtlni- 
thum,  des  Gesetzes  mit  dem  Evangelium,  der  Beselinehhing  mit 
dem  Glauben  an  Christus  einzuschärfen  nicht  mOde  wird  0  ?  Diess 
ist  schlechterdings  unmöglich:  ein  Vertrag,  wie  ihn  die  Apg.  dar-» 
stellt,  kann  zwischen  Paulus  und  dem  Judenchristenthum  niemals 
abgeschlossen  worden  sein. 

Nach  unserer  Danitellung  Areilich  wäre  Paulus  nidit  einmal 
dabei  stehen   geblieben.    Als  er  auf  seiner  zweiten  BekehrungS'* 


')  Maq  vgl.  hierüber  auch  was  tiefer  unten  über  c.  21,  14  ff.  benierlLt  wer- 
den wird. 


Der  Apostel^onvent  239 

Mse  «Ml  TimsthMi  to  Lystr«  AUmlm,  so  ertlietttb  w  tfeMm  imnji 
e.  16^  1  f.  zuvor  4le  BeMhneidaDg,  weiTer  &m  Jadra  in  seiner 
Heiiiitttli  äU  Sohn  ekios  *  Heiden  bekannt  war.    Dieter  Sehritt  Ist 
B^bat  vom    Standponkt  der  jemaalemlttaehen  ConeilienbescfalOflae 
aua  höchst  anffatlead,  denn  da  nur  die  Matter  des  Timoflieas  eine 
Jlldiii,  sein  Vater  dagegen  ein  Heide  war,  so  gehorte  er  von  Beehts*- 
wegren,  wenn  man  nicht  die  änssersten  Anfordemngen  hinsichtlich 
der  gemfeehten  Ehen  auf  ihn  anwenden  will  0  9  ^^  ^^  Heiden* 
ohriirten,  welelie  jene  Beschlttsse  von  der  Beschnefdang  ft>eiaprachen. 
Bm8  sie  ihm  Panlas  dennoch  ertheilte,  wird  mit  der  motterlichen 
Abntammnng  des  Tlmotheos  and  der  ROduicht  avf  die  Jaden  me- 
tivirt:  Timoth.,  beaierkt  Mey^er^.  d.  St,  war  nach  motterlicher 
Aldnuirt  and  Brniehong  ehi  Jadenchrist,  er  sollte  es  anoh  ritaeli 
«stO)  nitt  dareh  ihn  die  Jaden  za  gewinnen,  «id  dem  Aergemtose- 
voansabengen,  das  sie  an  einem  «nbesolmfttenen  Messiasverkflndiger 
nehmen  kannten.   Aehnlich  Neander  S.  290:  Paulos  habe  dortih 
die  Besofaneidnng  des  nmoth.  den  Rechten  der  Heidenehristen  nidits 
vergeben^  denn  ihn,  als  den  fan  Jadentham  erzogenen  Sohn  einer 
Jüdin,  hahen  die  Jaden  mit  mehrerem  Recht  steh  zaeignen  können» 
Aber  mit  Recht  erwidert  darauf  Schneckenbargcr  S.  W  f.: 
nach  der  Darstellang  der  Apostelgeschichte  werde  Timoth.  nicht 
denen  za  lieb  betfehnitten,  anter  denen  er  als  Messiasverkündigelr 
wirken  sollte,  sondern,  bereits  zum  Mitnehmen  bestimmt,  aus  ROck- 
sieht  aof  die  zorflckbleibenden  Jad«n,  and  nicht  desshalb,  weil 
seine  Matter  als  JQdin,  sondern  weil  sein  Vater  als  Chrieche  be- 
kannt war;  also  nar  am  den  Jndefa  keinen  Anstoss  za  geben  da- 
darch,  dassPaalas  einen  Unbeschnittenen  alsRelsegefürten  mitnahm. 
Wirklich  hätte  nach  Tittotbens,  om  als  Jade  oder  Jadenchrist  za 
gelten,  längst  schon  beschnitten  sein   müssen  $'dass  er  es  nicht 
war^  war  der  beste  Beweis  seiner  heidnischen  Abstammang  and 
Brziehang.    Wie  lässt  sich  dann  aber  annehmen,  dass  Paalos  die 
Grundsätze,  welche  er  kaam   erst  bei  dem  Streit  tlber  Titas  so 
kräftig  vertheidigt  hatte,  hier  ohne  alle  Noth  verläagnet  hätte? 
wie  Hesse  es  sich  annehmen,  selbst  wenn  Timotheus  wirklich  als 


*)  Wie  Thiersch,  a.  a.  0.  137,  der  sieb  unler  Lange's  Beislimmung  (ap. 
2eit.  I,  102  f.)  darauf  beruft,  dass  naeb  talmadischem  Grundsatz  der  Sohn  einer 
iQ^n  zu  beschneiden,  nach  katholischer  Anforderung  der  einer  Katholikin  katholisch 
2u  erziehen  sei,  —  was  er  aber  nur  nicht  „die  Forderung  d^  mosaischen 
Bechts**  nennen  sollte. 


240  Ber  Apostelconvent. 

Jadenohriflt  n  betrachten  geweien  ivAre,  ww  er  doch  nieht  vruZ 
„Siehe^^,  sagt  Panhui  Gal.  5,  2,  ,,ich  sage  Bach,  wenn  Ihr  Bach 
beschneiden  lasset,  ist  Each  Christas  nichts  nOtze.    Ich  bezeuge 
Jedem,  der  sich  beschneiden  lAsst,  dass  er  verpfliditet   ist,  das 
ganze  Gesetz  zu  erfüllen.   Ihr  habt  keinen  Theil  mehr  an  Christas, 
wenn  Ihr  Bare  Rechtfertigang  im  Gesetz  sacht,  Ihr  seid  aus  der 
Gnade  herai^sgefalien'';  and   eben  dieser  Paalas  sollte  den  Tlmo«- 
theos  veranlasst  haben,  daroh  die  Beschneidang  das  Joch  des  Ge* 
setzes  aaf  sich  za  nehmen,  seinen  Antlieil  an  Christas  and  «n  der 
Gnade  verloren  zu  geben?  Kann  man  sich  in  einem  solchen  Falle, 
wo  das  ganze  Priacip  des  Apostels,  das  ganze  Seelenheil  seines 
Sohalers  aaf  dem  Spiel  stand,  bei  der  Annahme  einer  „Condeseen«' 
denz'^  berahigen,  welche  die  mit  Titas  gemachte  Brfahrang  dem 
•Paalas  angerathen  haben  mOgef  0    Bin  soldies  Rohr  war  Paalas 
doch  sonst  nicht,  am  Wenigsten  eines,  das  von  einem  so  leichten 
Lüftchen  bewegt  wird.    1   Kor.  9,  SO,  woraaf  Neander  ver- 
weist, ist  offenbar  nar  von  einer  solchen  Anbeqaemang  die  Rede, 
die  keine  Verlfiagnang  wesentlicher  €brandsfitze  in  sich  sohliesst. 
Oder  wollen  wir  mit  Neander^}  sagea:  „da  bei  Timotfa.  die  Be- 
schneidang darch  die  Abstammang  motivirt  worden  sei,  so  habe 
diese  Anbeqaemnng  zu  keiner  solchen  dogmatischen  ConBeqaena 
berechtigen  können,  wie  e^  mit  der  Beschneidang  eines  Heiden  der 
Fall  gewesen  wäre?''    Dass  das  Da  unrichtig  ist,  wnrde  vorhin 
schon  gezeigt,  and  wie  es  mit  dem  So  steht,  wird  ans  der  Stelle 
des  Galaterbriefs  erhellen,  die  zwischen  jftdischer  and  heidnischer 
Abstammang  nicht  nnterscheidet,  sondern  navTl  avdQcmfp  Ttsqv- 
nefivofihif  das  Urttidl  spricht.    Diesem  Urtheil  ab^  mit  der  Ans- 
flucht  ^}  entschldpfen  za  wdllen,  „dass  der  Apostel  hier  nicht  rede 


*)  Sehne ckenburger  «.  a.  0.  Ebenso  Neander  S.  29t. 
^)  A.  a.  0.  S.  290  gegen  Baur  S.  129. 
'  ^)  Neander  S.  tl2.  Zwar  wird  hier  in  der  4.  Ausg.  die  Beschneidung  dä^ 
Timolh.  nicht  mehr  erwähnt,  dass  sich  aber  Neander* s  Bemerkung  auf  eben  diese 
beziehe,  zeigt  ihre  ausdrückliche  Anführung  3.  A.  S.  308.  —  Ebenso  hilft  sich 
L«>chler  S.  263:  bei  der  Beschneidung  des  Timotheus  habe  es  sich  nicht  um  die 
Nothwendigkeit  für  das  Heil,  sondern  um  die  Zweckmässigkeit  und  menschliche 
Rücksicht  gehandelt.  Als  ob  Paulus  aus  menschlicher  Rücksicht  das  hätte  zweck- 
mässig finden  können,  was  er  für  ein  absolutes  Hindemiss  des  Heils  erklärt.  — 
Wieseler,  S.  194  will  gar  aus  Gal.  2,  3  ff.  darthun,  dass  sich  Paulus  unbe- 
schadet seiner  Grundsätze  nicht  blos  zur  Beschneidung  des  Timotheus,  sondero 
selbst  zu  der  des  Titus  verstehen  konnte.  Er  supplirt  nämlich  mit  Andern  zu  den 
Worten  Bia  Se  rovg  /taQciaaxTovg  rpevdaSeXtpovs:   „wegen  der  y^evä  aber  habe  ich 


Der  Ajoslelcpavent.  241 

vojDi  def  äii8serUcb«n  ]((||f^jlineidmig  an  und  f4r  »kli,  sond^rv  von 

^^e^ß»mn  im  üQmsaffUDßpihilfige  mit  der  dajrjlii  i^ich  am^pri^phond^n 

rf l]g|i(^fji^  IJpbeirzemiwg/'  der  Ue^erjf eagi>9g,  di^^i^h  dÜQ  Ofs^bq^i- 

doups  9^1^  tfegi^t^s^^mi^ffng  die  R^qhtf^igm^r  zvi  erlaimroQ,  ^t 

>        8i^^am>    Wi^Jio^e  &V|4^re  Bedeutung  hatte  denn  die  l^escbqejdang 

Dt^erJtMMPPt)  ll^if  .eben  i^^so,  ^\c^h  znf  OrflfU^ng  de3  opsaMfob^il  <?ch- 

aaff^ifs.  zp  yerp^icblev  ^),i  niid  vfrio  konnte  man  diese»,  w^wn  num 

(       nichf  ypn  dpr  ß^eis^spttpümtf  das  Heil  erwartete?  wie  konnjte 

i       ma^  e^  we(i)igfiten/9i,  f^pe  einqfi  ^kit.  dpx  verwexfl|cbiitfn  H^nphelei 

[       99  •begeb.en? .  Bbe^  wir  ^jfL  ^f^^t^i  zajtraaen,  da^»  er  aeinem  ^obtUi^r 

i       4a^  Afdeilnng  ti^giffßn  h^bßf  rffifi^^  wir  eb^^  der  App^telgeachichfe 

i       mpf^jji^  4^rff^k^  da^^  ^i^i^ws  ^  d)iiesew>  wie  in  ap  man^obem  an- 

i  UntejT   ^efi  il^schc&Qkongen)   welche   das  Aposteldekr^t  den 

i       H^4wel^!steii  i^nfefilegti  wird  eme  aapb  in  dfin  paqlini^schep  Qrie- 

fen  b.<9^br)^,  die  Knthalt^^qg  vm  fStOtzeiiopferfleiaeh ,  übe^  welcbe 
i  f  ¥;pr.  .8—10  ansfttbrijplf  Jti\^deU.  Aber  wie  gftnz  anders  Äussert 
i  sich  fil^r  derj^posfel,  a^  unserer  Sojffitt  ^ofojlge  die  jc^rasalewi- 
^  tifojl^e  ;^ersas»qi^|^l..In.  dli^aer  w^  ve«  dPJK»  H^^idQPp|iristen  jene 
f  Batbaltung  uifjliedi^t  jjefpr.^erU  PaiijJjW  yerjanjpt  diey^eJlke  sf^r 
i        app^h  <)ar,den  Fiill;  dsas  der  Ri9;i;:^Ine  entw^r  ipit  sich  selb^aber 

,die  Rfic^A^siig^^t  (des  Qeßnj^s  von  6K^zenppferlleiscA  niqbt  i^ 


iiifh|.aa^egfllMl>,f'Und  fdgert  i^un:  „Wena  P«ulq»  wo9«a  c|er  Vtfv^-  «iie  H^- 
schneidüng  nicht  zugegeben  hat,  so  würde  er  es  sonst  gethan  haben. '^  Die  natür- 
liche Ergänzung  des  abgebrochenen  Satzes  ist  aber  vielmehr:  er  wurde  nicht  ge- 
zwungen, wegen  der  yjsvS.  aber  kam  es  darüber  zum  Streil^e.  N^r  so  ents^ht  ein 
passender  Gegensatz  mit  dem  ovk  ^vayxaa^ti.  Im  Uebrigen  vgl.  m.  gegen  Wiese- 
le r,  Baur  Theol.  Jahrb.  1849,  465  ff. 

')  Wie  diess  gerade  Paulus  Gal.  5,  2  f.  so  deutlich  sagt,  als  nur  möglich. 
Dass  derselbe  Paulus  1  Kor.  10,  23  auch  wieder  sagt:  jrärra  s^sany,  und  1  Kor. 
.9,  ÄO:  fyffyo//^y  Tot? ^^^«tW  Ä  VoütJc^tof,  ist  richtig,  aber  wenn  doch. diese  Aus- 
sprüche keinenfall^  so  gedeutet  werden  können,  dass  nun  aiich  wirklich  Alles,  z.  B. 
Göizendienst,  Hurerei  u.  s.  w.  dem  Cbristeja  erlaubt  sei,  dass  Paulus  in  allen  Stücken, 
z.  B.  in  der  Werkgerechtigkeit,  ein  Jude  geworden  sei,  so  lässt  sich  nur  aus  den 
sonstigen  Aeusserungen  des  Apostels  abnehmen,  was  er  auf  christlichem  Standpunkt 
zulässig  fand,  und  was  nicht,  ^u  dem  Letzteren  gehört  aber  nach  feiner  unzwei- 
deutigen Erklärung  die  Beschneidung,  und  diesen  seinen  klaren  Worten  mif  Baum^ 
garten  (II,  a,  187  f.T  eine  selbstgemachte  Theorie  von  dem  Wesen  der  christlichen 
Freiheit  entgegenzustellen,  wäre  ^uch  d^n  e'ine  unerlaubte  Wiilkühr,  wenn  diese 
Theorie  weniger  verworren  wäre,  als  sje  im  vorliegenden  Fall  ist:  es  handelt  sich 
hier  i^Jcl^  da^'um,  >vie  wir,  die  Forderung  der  Bescbueidung  e^eh^n  würden, 
sondern  darum,  wie  sie  Paulus  angesehen  hat. 

16 


242  ^^^  Aposlelconvent. 

Beinen  ist,  oAer  dass  er  durch  denselben  anderen,  schwächeren 
Christen  Anstoss  geben  wflrde;  hieven  abgesehen  aber  erlLlftrt  er 
jenen  Genoss  tut  erlaubt ,  und  die  entgegengesetzte  Ansicht  für 
ein  Vorurtheil,  tlber  welches  die  Wahre  Einsicht  in  das  Wesen 
des  ChristenthumS;  die  yvcSaig^  den  Christen  erheben  soll.  Diess 
ist  offenbar  ein  ganz  anderer  Standpunkt,  als  der  in  den  jernsale- 
mitischen  Beschlüssen  aasgesprochene,  und  auch  das  Zngestfindniss 
des  Apostels  an  die  Glaubensschwaohen  kann  man  nicht  dazu  be- 
natzen, seine  Einstimmung  in  jene  Beschlüsse  zu  rechtfertigen, 
denn  jenes  Zugestandniss  besagt  eben  nur,  dass  sich  der  Christ 
um  Anderer  willen  des  fraglichen  Genusses  enthalten  söffe, 
wogegen  er  die  Forderung^  ihn  an  und  für  sich  für  unerlaubt 
zu  erklären,  das  eigene  Gewissen  dadurch  beschweren  zu  lassen, 
ausdrücklich  zurückweist,  und  seine  Leser  auffordert,  tiberall,  wo 
sich  ihnen  nicht  die  Rücksichtnahme  auf  Andere  als  nothwendig 
aufdrängt,  ihrer  vorurtheilsfreieren  Einsicht  gemäss  zu  handeln^). 
Hier  dagegen  wird  die  Enthaltung  von  den  eldoyUdvta  schlecht- 
hin geboten  (vgl.  auch  noch  c.  21,  25),  sie  wird  als  ein  ircä" 
vccyxsgy  eines  der  unerlässlichen  Stücke  bezeichnet,  von  deren 
Beobachtung  das  Seelenheil  der  Heidenchristen,  ihr  ev  ngdtTeiv, 
abhänge 23.  Nur  eine  leere  Ausflucht  ist  es,  dass  diese  Noth- 
wendigkeit  eine  blos  bedingte  sein  solle,  bedingt  nämlich  durch 
die  Zeitverhältnisse,  mit  deren  Aufhören  ihre  Gültigkeit  von  selbst 
erloschen  sei  (Meyer  z.  V.  20).    Von  einer  solchen  Bedingung 


*)  1  Kor.  10,  25  iT.  HSr  t6  Ir  juax^XXtp  naXov/ueroy  la^Cett  /UtfShp 
avatqCvovreg  Sia  t^  övreCStjoir  , .  El  S4  tig  vfiag  xaltl  rcSr  anCoTiar  xal 
liiere  no'^evixr&ai ,  nur  r6  naqan-d^ifievoy  v/uTr  ead-Cere  fitjS\r  ara^ 
xQirovTeg  Sid  T^y  ovrsCStjair.  ^Eav  34  t«5  v/uilv  sXnjj'  rovro  elSaXoSvror  «rri, 
/<7  h&iere  Sl  Ixeivov  tov  jutjrvactvra  xal  rrjv  oweCdtjaLV.  ZweCS^aiv  Sh  X^yta 
odx)'  Trjv  iavTov  dXXd  Tijy  roC  ire^oV  trarC  ydq  ^  f/ijj  IXev&SQta 
xqlverai  vno  aXXtjs  ayrsiS^aetog.  Gerade  die  Hauptsache  in  dieser  padi- 
nischen  Erörterung,  ihren  principiellen  Charakter,  lässtRitschi  ausser  Acht,  wenn 
er  behauptet  (Entst.  d.  allkath.  Kirche  114  ff.),  Paulus  sei  mit  dem  Aposteldekret 
im  Resultat  einig,  denn  dieses  verlangt  die  Enthaltung  vom  Götzenopferfleisch  un- 
bedingt, Paulus  nur  für  den  Fall,  wenn  man  Anderen  dadurch  Anstoss  gebe,  im 
Uebrigen  erklärt  er  seinen  Genuss  ausdrücklich  für  erlaubt. 

^  Sprachwidrig  erklären  de  Wette  und  Meyer  mit  vielen  Andern  das  eO 
nQaieTs:  „ihr  werdet  wohl  thun,  nämlich  zur  Erhaltung  der  Einheit  und  des  Frie- 
dens in  der  christlichen  Gemeinschaft.*  Da  müsste  nothwendig  sd  noieTv  stehen, 
wie  eben  die  Stellen,  auf  welche  sich  de  Wette  beruft,  Apg.  10,  33:  3  Job.  6 
seigeo»  .  ' 


Der  Apostelconvent.  243 

■toht  im  Text  der  Apostelgesohichte  ke{a  W<m1,  sondern  die  frag- 
lichen Enthaltangen  werden  sohlephtliin  als  tvi  iTtdvayxsg  bezeicli- 
DjBt,  iiaa  80  ohne  weiteren  Beisatz  nar  etwas  an  ond  fOr  «ich 
unbedingt  Nothwendiges  kann  ausdrücken  sollen.  Und  was  hätte 
sich  denn  in  den  späjteren  Jahren  des  apostolischen  Zeitalters  in 
den  YerhUtnissen  geändert,  um. die  Verordnung  über  das  Gotzen- 
opferfleisohessen^  wenn  sie  zur  Zeit  des  Apostelconcils  nothweudig 
iwar^  zwt  Zeit  des  ersten  Korintherbriefis  als  überflüssig  erscheinen 
zu.laoseii?  War  etwa  das  Jndenthum  in  diesen  7 — 8  Jahren  so 
ausu  der  Kirche  yerdrSngt,  dass  die  Jodcnohristen  nur  noch  als 
Sekte  der  heidenchristlichen  Iqi(1iolisGhen  Kirche  gegenüberstan- 
den ?i)  Jede  Zeile  der  christlichen  Urgeschichte  legt  dagegen 
Zeugniss  ab.  Oder  hatten  sich  die  Judenchristen  mittlerweile  an 
das  Opferileisei^^ssen.  gewöhnt?  Erfahren  wir  nicht  eben  von 
Panluß,  wie  anstdssig  ihnen  die  Freiheit  war,  die  in  dieser  Hhi-^ 
sieht  aus  den  pauiinischen  Grundsätzen  hervorgieng?  Betrachtet 
nif^t  die  Apokalypse,  c.  2.  3  das  qxxydv  dd(aX6^vTa  als  eines 
von  den  charakteristischen  Merkmalen  der  verabscheuenswerthesten 
Qär^i^e  ? .  War  nicht  noch  tief  in's  zweite,  ja  in^s  dritte  Jahrhun- 
dert hinein  die  herrschende  AieinuBg  in  der  Khrche,  oder  doch  die 
Meinung  einer  sehr  grossen  Parthei,  so  entschieden  gegen  jene 
Freihdty  dass  z.  B.  Justin^  um  nur  Einen  statt  Vieler  zu  nennen, 
die  paulinisohe  Lehre  über  diesen  Punkt,  freilich  ohne  Nennung 
des  Apostels,  geradezu  als  rine  Teufelslehre  bezeichnet?  ^)  Erklärt 
nicht  unsere  Schrift  selbst  c.  21,  25  durch  den  Mund  des  Jakobus 
noch  längere  Zeit  nach  Abfassung  der  Korhitherbriefe  ausdrück- 
lieb  die  fortdauernde  Gültigkeit  der  apostolischen  Verfügungen? 
Ist  aber  dieses  die  Meinung  unserer  Verordnung  über  die  sldwXo- 
•^VTct^  so  konnte  Paulus  derselben  unmöglich  beitreten;  ohne  seine 
entschiedensten  Grundsätze  zu  verläugnen,  er  konnte  ein  Dekret 


')  ßaumgarten  153. 

^  Tr.  25 :  Kai  o  T^v(p<ay   Kai  ju^y  noUovs  tuy  roy  *Ii^ovy  Xeyoyraty  6/Uo^ 

Xtfyety   xa\  ZeYO/uiytay    K^iariaviay    nvy&dyo/iai  ea^Cetv  rd  elSaZodvTa  xa\  jutjShy 

tx  rovTov  ßloTFcea^ai  Xdytiv,     (Genau  was  Paulus  1  Kor.  10  sagt)    Kay»  ojw- 

•  M^yd^tjy*  tttä  ix  rov  roiwttm  bIvüu.  äySqag^  S^oXoyovrrag  eavro^s  tlyttt,  X^ioria^ 

,  9f0vg  9tal   roy  mav^^ivra  ^Jtjoovy  o/uoZoyeTy  xci  xvqiov  xa\  X^urroy  xcu  juij  rd 

^pxeiyQM  SiSdy^cfra  SkSdaxorraq^  iXXd  rd  an  6  rwy  t^g  nXdytjg  nyevjudrwy  u.  s.  w. 

Dass  Justin  hiebei  zunächst  die  Gnostiker  im  Auge  hat,  macht  für  die  vorliegende 

Frage  keineti  Vatefschied ,   da  dia  an  ihnen  bekämpften  Grundsätze  in  dem  Punkt, 

'*  am  den  es  sich  hier  hamdelt,  tob  dea«n  At$  Apostel»  Paulus  nicht  ahweietaan. 

16* 


244  ^^^  Apostelbonv^nt. 

Weder  tfilligäil,  nodi  irelftHitiü,  wet^eir  liften  Am(  ^dn  ttm  tfr- 
länbte  unbedingt  verbot,  6r  kottMte  Acf^s  ttmr  no  tveftfg^,  d«  es 
£ti^ch  hier,  Aach  deM  äbeti  Ato^efithrt^A,  klrffaeiiWegi^  uifr  t^in  Hob 
untergeordnetes  ZtigestäAdttfss,  läofldern  um  ölnef  Mr  jene  2eK  Mhr 
wichtige  PriiicipienfrA^^  hAildeKe;  deilA  Ho  gthürks  daü  CMtseib- 
öpferfleischessen  selbst,  itfr  irfeh  ^oiunieB;  Voü  Mtrltm  ftU  d& 
Adiaphoron  betrachtet  wird,  uiid  so  nach^Mfg^  er  [»Mh  Arn»  dtedlliA 
Grande  zeigt ,  wenn  ed  nur  darauf  AAkain,  dbfa  lAi  etttzcAran  F*U 
des  Gehfisses  'au  enthalten,  so  ^eill^  konnte  er  dodi  jbu^elM,  dliss 
aus  Geiegenhät  dieses  fNinktes  dbr  ron  ihm  tehimpteCe  Otniltf- 
satäs  der  dirüstlichen  Fi^fheit  ver^ororlto,  dails  effne  Bttthidiliil^,  die 
er  dur  auid  Rttckidcht  auf  Andere  Verlangte,  unb^ingt  und  sehldclie- 
hin  vö'rgeschtieben  wurde,  "fifttfe  er  t0  «ber  ehimM  zttgmge^kfn, 
^^0  imi  sicih  erwariCen,'  dass  er  daitii  ioMA  äÜM  f^lerlleireAy  zu  Je^ 
Vtfsalbtn  hbg^schlosdbnW  Tortfa^  etttgegeilge&inMfelt,  und  0(äfte 
klörhithier  selbst  zum  tJAgehorsam  ^e^eti  die  ^chi^Ü  ll(»iNsfarltWtfe 
iltt'geldtet  haben  würde,  die  er  ttlenige  Jahr^  Üavor  den  s^iMbM, 
'Üilicii^Ghen  und  iyftaohischen  ÖennfeiHdfen  zdr  Naohildlifilii^  Ail^^ 
thötlt  hättä.  ikeahdefr  6ueht  seih  VertiAr^n  dttif«fh  die  BetteHtutig 
^.u  rechtfertiget:  „^a)en6  lüät^Ass^  Mf  öittem  g6gtiä^titigmk 
Vergleicho  belrtthtetf,  sd  liab^,  Wend  dii^  Jüdemdirlslett  dt»  Mdti- 
g;ting  nicht  erfüllten,  iitid  sie  die'  Uflbftsfdhki^enen  «Mit  «I*  ih#e 
tttüder  anerkennen  woilteh ,  auch  Vod  der  UMri-eft  'Seifo  die  ver- 
pflichtende Kraft  fftr  die  ßf^ideilclhrM«ft  itft^MWmta^ä^^^.  49^). 
Aber  wer  waren  dehn  die,  welolle  d^n>  iH^gldi^h  lieht  dVfoHtMi? 
Üle  Apostel,  Uiit  denen  4hh  Mifhw  geilit^liilsifteii  hmb^f  ^a^g$n 
^erwührt  sich  l(« ander  dii^ht  mos  soiftst  »IMuMIMb^,  itonfdMi 
ürdch  a.  a.  &:  jgii^  b^  M^geü  t.  ff,  M  m,  da«s  v&t  dto  AfiOsteln 
In  Palästina  du«  Anseh^ti  deir  A^iosteldekrefe^  toMier  fe^rgehfellen 
Worden  isei.  DAnii  Wä^  nfter  PaiHüs  ftbch  ntdtt  b^riM^gt,  den 
Vergleich  einseitig  aufzuheben,  und  wenn  wir  ihn  nichtsdesto- 
weniger in  einer  Weise  handeln,  sehen,  die  jenem  voraussetzlichen 
Vergleich  widerstrebtet,  so  werden  wir  dariins  har  t6igetn  können, 
picht  dass  er  ihn  gebrochen,  sondern  dasä  er  ihn  gar  nicht  ge- 
«ehlo^n  hat. 

Wenn  hei  der  Verordnung  d«i  «ApostelöoBoils  thoac  das  ^NÜsan- 
opfeffleischesseit  ihr  Widerspmeh  init  der  Von  Ftolui^  gohüligten 
Handlungsweise  bedehklich  war,  so  ist  es  bei  einer  undefii  von 
den  app/RtolificbeQ  Verordnungen  iJ^ire  ^nsp^oinen(|i  aÜzugrosse  Üeber- 
einsti&Buaig:  die  BnäiaUmig  von  d«r  m^ak  vorvMit  sieb  tOx  alle 


dpx  A|)OiteIcoi^Tent,  %4A 

CbrJert^  ao  ,vw  «#?«?  Äf^,  PW  Wh  ynn^^rp  muss,  sto  den 
HeiA^^h^ia^a  in  #iiiar  An)Hrei8.a^|^  »i^ferle^  zu  sehen,  bei  der  es 
Biod  lau  Uj^l^jlfi^eii  Qiißlit  an  fUl^emeln  «ittlicha  t'flichten,    sondern 
rm  da^  Verhajit^n  im  ausfierUphan  ap  and  für  sich  gleic];igrültig;en 
L^]l>eiifgewahii|ieUQP  liaiideJte.    Zar  Brklärang  dieser  Erscheifianj^ 
geA9g|;  Bj[.^,i|n^er'ß  ßemert^nQg  (S..  21?)  wohl  schwerlich ;,  dass 
dia  lJii%iM)lit  hi^r  nor  yvßf^ejiL  dßt  jen^en  Verhindi^g;  verboten  werde^ 
in  yrelc^p  |nl^l   4ß  P^^  4ei|i  Götzendienst  zn  setzen  schon  darch^s 
A.  T.  gii^wob»t  g^iweflfep  sei.    Eieffegpn  bemerkt   Baur  S.  141 
fßO^  richtig,  M^enp  dje  IF^^acfit  tlherhanpt  fQr  anerlaabt  gegolten 
li^ahe,   |SQ .  ver^teh^  sich  diess  von  der  mit  dem  Götzendienst  vcjr- 
bimfianen  Unzp^ht  a^i  ^o  mehr,  ei^es  besonderen  Verbots  habe  es 
in    dieaf^r  B.eziel^^ng  gar  nicht  jiedarft.     Qle   ixoQveia  wird  an. 
onaai^ar   J^teJIe   oifanbar    nicht  als  allgemein  sittliches  Vergehen, 
Sjondei^l  .füa  ej9.9  ipit  der  völligen  ^ossagujag  vom  Jadentham  ver- 
b]9]|gi^ffi^^  Nii^taoJi^fiiifik  ^^f  positiv  göttlichen  Vorschriften,  als  eine 
](Jat^^a9Si^il|r.  (jerjfini^ep  Ge^etzeserffillang  betrachtet;  welche  als 
ein  kleinstes  auch  von  den  Heidenchristen  schien  verlangt  wc^rden 
1911  .könnf^p ;   sjie  Drirj||l  in  dieser  jBezieh^n^;  mit  dem  Gennss   des 
Gi^jU^nc^CeFflei^clii^Sp  .d^s   Blats  p^^d   des  Erstickten  gaqz  aii/  die 
glalPha  lAßiß  gestylt.     Wftren  nun  dip  J,erasalemiten  der  Meinanff 
gfv^aan^  daji|9  djle  ^n^spcht  ans  derbeidencbris^ichen  Freiheit  vom 
Geaf^tfB  .ebenso  fol|;e,  \(rj|^  der  anbedenkliche   Genpss  des  Opfer- 
fleisqh(^i|  df^raps  folgte,  so   hätten  aie   ds^mit  dem   Standpunkt  der 
ai;i4orp   P.frtj^ei  ain   achreiendes  Unrecht  zugeföjp^t,  oj^d  es  wäre 
Sa^bp,  des  Panlas^^ewesen,   sie  hier(iber  a^a  belehrc^n,    .and  die 
AjofnaJtiinp  ejaer,  jp^stimmong,  welche  ;iaf  eippr  für  seioe  Auffassung 
des  Ct^ristenthiiffls  so  ehrenrahrigen  Voraassetzuxig   beruhte,   zp 
v^rhinderp.  ,Jei^  Annahme  ist  aber  am  so  unyvahrscheinljcher^  da 
aach  die  Apokaly^ise  das  noQVßvew  mit  dem  (payely  std^i^od-VTa 
bei  ihren  J^ikola^t^n^  die  aller  ^^ahrsohpinlichj^^eit  nach  paul^iische 
Christen  waren  %  ip  ^le  engste  yerbindang  bringt.    Der  Umstand, 
dass  in  Riesen. zwei  Schriften  thpils  die  Bcsphuldigiing,  thefjs  der 
Verdacht  der  noqveLa  gegen  freier  lebende  Heidenchristen  ausge- 
sprochen ist,   scheint  zu  beweisen,   diiss  in  der  Lebensweise  der 
Letztem  irgend  etwas  war,  was  der  G^ei^parthei  als  noQvMq^  er- 
schien; dieses  bestand  aber  wohl  ac)i)vejr)iijQh  ip  aiper  unter  ihnen 


0  M.  8.  hierO'ber  meine  Bemerkungen  in  den  theol.  Jahrb.  I,  713  ffi,  Welche 
in  Betreif  der  Tto^veCa  di^ch  das  im  Text  Ausgeführte  modificirt  werden. 


246  Der  Apostelconveot. 

im  Schwang  gehenden  Mrirkllohen  Uozneht/denn  theOs  kann  man 
flieh  kanm  denken ,  dass  die  Hetdenchrifiten  in  Masse  den  Anfor- 
derong^en  des  Christenthams  so  auffallend  nntrea  g^eworden  sein 
solllen,  theils  weist  auch  die  Znsammenstellnng  der  noQvela  mit 
dem  GötzenopferAeischessen  a.  s.  f.  darauf  hin,  jene  gleichfaUs  auf 
ei^e  in  sittlicher  Beziehung  ohne  Zweifel  ebenso  unverfängliche 
Abweichung  von  der  jüdischen  Sitte  daroaligeV  Zeit  zu  beziehen, 
inag  nun  diese  mit  Schwegler^)  in  der  Deuterogamie ,  oder 
wahrso^ieinlicher  mit  Baur  (8.  142  ffj  undRitschl^)  überhaupt 
in  der  Eingehung  ehlioher  Verbindungen  gesucht  werden,  welche 
auf  judenchristlichem  Standpunkt  unerlaubt  schienen.  Dass  für 
einen  solchen  speciellen  Zug  der  allgemeine  Name  noqvela  ge- 
braucht wurde,  könnte  nicht  befremden;  ähnliche  Verallgemeine- 
rungen liegen  im  Geist  der  Partheipolemik  3) ;  eine  andere  Frage' 
aber  ist  es,  ob  auch  Paulus  diese  Auffassung  und  Darstellung 
einer  für  sich  genommen  allem  Anscheine  nach  unverfänglichen, 
nur  vom  jüdischen  Standpunkt  aus  anstössigen  Sitte  gebilligt' haben 
würde. 

Neben  dem  Inhalt  der  apostolischen  Beschlüsse  muss  auch 
die  Darstellung  derselben  in  dem  Sendschreiben  V.  23  ff.  kurz 
berührt  werden.  Man  pflegt  dieses  Schreibeil  um  seiner  Einfach- 
heit und  seines  urkundlichen  Charakters  willen  zu'  rühmen,  und  in 
diesen  Eigenschaften  eine  Bürgschaft  seiner  Authentie  zu  finden  ^). 
Dieser  Schluss  ist  nun  freilich  sehr  unsicher;  warum  hätte  nicht 
auch  ein  Späterer  den  Ton  eines  apostolischen  Schreibens  treffen 
können?  Indessen  findet  sich  in  dem  vorliegenden,  auch  abgesehen 
von  seinem  Hauptinhalt,  noch  Einiges,  was  seine  wörtliche  Au- 
thentie verdächtig  macht.  In  einer  so  ganz  einfachen,  von  aller 
Absicht  und  Berechnung  entfernten  Urkunde,  dergleichen  wir  an- 
geblich hier  haben,  hätte  V.  26  schwerlich  Raum  gefunden.  Wo- 
zu soll  auch  diese  Empfehlung  des  Paulus  und  Bamabas  dienen, 
die  mit  der  magern  Haltung  des  übrigen  Schreibens  nur  um  so 
auffallender  absticht?   Die  Empfänger  desselbeA   bedurften  einer 


»)  Nacbapost.  Zeitalter  I,  127. 

»)  Etitst.  d.  altkath.  Kirche  il9  f. 

^)  So  ist  z.  B.  in  den  Verhandlungen  des  Mittelalters  über  den  Cölibat  form- 
catio  ohne  weiteren  Beisatz  die  stehende  Bezeichnung  der  Priesterehe  bei  ihren 
Gegnern. 

♦)  So  Neander  S.  223,  Anm.  1.  Meyer  z.  15,  23. 


Dftr  IpostolconTent.  247 

flolebeii  Emi^feUiiiif  Bkht,  da  UmeB  die  Urhaker  ihre«  Chrbteii* 
IhaiBS  weit  niher  stendeD,  als  die  Jeraselemiten,  imd  de  von  per« 
sdnlicben  AngriiTeii  auf  jene  im  Vorlierifelienden  niolite  n^esagt  ist 
Selbst  in  einem  Fall^  wo  diese  geschelien  war  (2  Kor.  8, 1),  sagt 
Paalvs  ausdrtteklioh ,  dass  er  solehe  Bmpfehlnngssohreiben  ver- 
«ehrnfthe.  Anders  daebte  wohl  nnser  Verfasser,  dessen  ganzes 
Werk,  wie  wir  seiner  Zeit  sehen  werden,  nichts  Anderes  ist,  als 
eine  anaaToltj  avaraTtx^  für  den  Apostel,  und  der  dabei  Leser  in 
Asge  hatte,  bei  denen  eine  Bmpfehlnng  von  Seiten  der  Urapostel 
weder  QbeHUlssig  noch  onwirksam  sein  konnte.  —  Sehen  wir  fer- 
ner aof  die  sprachliohen  Bigenthttmlichkeiten  des  Schreibens,  so 
l^anbt  nwar  Bleek  0  ein  kleines  Anzeiefaten  fOr  seine  Anthentie 
darin  zu  entdecken,  dass  V.  25  Bamabas  vor  Paulos  genannt 
wird,  wAhrend  sonst  in  diesem  Abschnitt  und  fast  seit  dem  An- 
Ibng  des  Idten  Kapitels  die  umgekehrte  Stellung  herrschend  sei, 
und  ein  anderes  für  seine  Abfassnag  durch  Jakobns  in  der  Be- 
grOssung  mit  %<ilq&v^  die  sich  unter  den  neutestamentliohen  Brie« 
fen  nur  Jak.  1,  1  linde«  Allein  ^e  Voranstellung  des  Bamabas 
kommt  ausser  andern  Stellen  auch  14,  14.  16,  12  vor,  und  ist 
ohne  Zweifel  ganz  zufällig  |  ^3  das  gut  griechische  %alqeiy  kann 
hier  so  wenig,  als  im  Jakobusbrief,  dazu  dienen,  die  Aechtheit 
von  Schreiben  wahfBcheinlich  zu  machen,  deren  Verfasser  Palästi- 
nenser sein  sollen,  und  so  sprechen  ja  auch  alle  Obrigen  Merkmale 
gegen  die  des  Briefs  Jakobi;  dass  es  unserem  Verfasser  nicht 
fremd  ist,  zeigt  schon  c  .28,  26.  Aehnliche  gut  griechische  Aus- 
drticke  sind  V.  26  und  88  U(4b,  V.  28:  %a  iTtavayxeg,  V.  22 
ev  n^x'tiBiv  und  S^^adej  ein  dem  Verfasser  der  Apg.  geläufiges 
lyert  ist  V.  26  öiAo9v^adw.  Mit  Becht  macht  endlich  S  oh  weg- 
ler 3)  auf  die  Aehnlichkeit  der  Construction  zwischen  unserem 
Sendschreiben  und  dem  Prolog  des  dritten  Evangeliums  anfmerk« 


>)  Stud.  o.  Krit.  1836,  4,  1037.    Aehnlich  schon  früher  Riehm  de  fönt.  act. 
ap.  146  ff.  und  Andere,  die  Riehm  dort  nennt 

*)  Was  Baumgarten  174  f.  hiegegen  bemerkt,  scheint  mir  allzn  spitzfindig, 
um  darauf  einiugehen. 

0  Nacbapost.  Zeitalter  I,  127.    Man  fgl. 

Luc.  1.  Apg.  15. 

1.  htiiSfpti^  noXXol  hiix^i^^^t^  24.  emtSiniff  ^Movöa/ttv  Sri 

2.  lJo|e  Majuoi  naQ^olov&iiMOtt  nmatr      25.  iSo^tr  ^fu^  ytvofiivon  o/uaSv/uaSov 
äxQiftwf  nw/uymi  nf6t  v/m* 


248  t^^^  ApoteelcoliTeiifl 

«lliii.9  BIMden  iftete -  Anüeif en'iallMn,  dm  urtMiW  ^ivfr  flum  kiote 
j^ill^slls  OMn^tflft  «eficgte,  in  V^IntMlaiiii^  «f«  afito  (liirir|:eA  Bd^ 
#€iiMii  dieoMi  «inoh  »id  d»M^  4leii  Mnsgir  ai  ITrltUDCIlioliinH  in 
taüi^refa  "betMit  anaoharilSdi  «a  ma^eo.  * 

Ans  d«ii  TO^st^^niloir  Br^i^raivgeD  tfi^ieUt  isloh,  dam  41^  Sr* 
iiftliliiii^  vom  ApolMeköavent  MrohhifB  n\tVt  Ulr  iH9h  gesobfohtlMi 
^Iten  katiii.  iBtwag  ThMtofiKUrKcfti^s  lie/^t  Ihl^  Ülerdittgs  %v  Groncl», 
aber  dies«»  ^bamesmchb  s(ad  llvr  <dfb  |m  Oalaterlrrief  erzählliaft 
VorgftAgie,  was  dagegen  iSafrdber  Miiaii^ifebly  «leht  ^haitn  'intt  #m 
utttmdHcliefii  Angabe*  4m  Favlacf,  fliiiil»Hinil>deii;flonailg3Bii  BrgisbM- 
ulssea  der  beglaiiMgloti  CfetobtcMe  Im  WidiMfi^bbeb.'  Dfö  oM^iMa 
8eiid«ing  de«  iPav^äs  doreh  <dfe  aiHioekeilfiscbe  iGtetnända/die'  iMI^ 
iMg,  «velißbe  «r  In  der  Afiestelgescbfcbte  2a  deii  Üi^ipostelntete;* 
ntaimt,  die  Berathang  "sehid^r  Aiig^elegenheil  in'ftrmUbH^rteetneBird«^ 
^ersaditnlmig,  <fie  lUsdeü,  wekM  b0i  cHbabm  AnMs 'dei»  f^atftis 
tfnd  lakol^tis,  deiti  Paulis  anid  Btfrnabas  ja  den  IVlimd  gelegt  weir- 
dett,  dfe  toe^nMaMiie  d^  VbMittMtfng  Md  «kre  VerkUndlgmijg  d«(riA 
lelB  apo^oU^i^he»  SiendnidbreA^,  das  VerfabVea,  ^eldhes  4enl{gemaa« 
Padmr  in  der  jfiacbe  dbii  llibotkietts  ^Mgt  Mbeto  sdftl,  alle  dl(Ba4 
Bi»[pe  konnten  wir  nmr  für  «ngeisehicbflibh  erktdrea«  Nfeht  einiihl 
Hitc^chTs  AnnAi&e^)  ist  i^uimig^  dmi  zWar  die  Vtfrblm^iin'^aii 
dhs  iSten  Kapitell»,  mid  nimentileh  die  Aedbn  den  l^etras  «bd 
OlaiMbiis,  unMKtorii^,  daa  AftoiMldelttfet 'dag€iifev,  oider'iwen%ffffMia 
der  KWä  desjielben,  V.  S6  f.,  äiicMt  'aM.  ilin^ci^l  i^fltzt'dlefe» 
A«rfalfltte  aitf  :die  .B0m«fffi;«ng :  ^er  VerfVMtar  togi^oiM^  <j«ato 
iMkrtft  auf  panllnlsobe  ftranVsätEe  (y.  9  iff.  14-ff.3/  A^ilnVlTainr^ 
Mt  ^(Ib^t  die  SttbraUken  d^salbl^n  binaüa  tmA  kW  TOlligeii  Bt- 
fr^mg  der  Ileiilenohrt^len ,  ancb  von  den  PiroaißlytengeseltBen  d(B^ 
A|ib«4«bdekrets,  gOfCAit  Mfti^b;  WCitfn  dr  '4iaMt>  die  Bbdda^^eB  Pe^ 
trQs  ttad  Jakbbas  selbst  "M^tttponM  labe,  ilt)  m#«»b  ^  dMs  Dbbi^et 
schon  vorgefonden  haben.  Allein  unser  Verfasser  macht  dem 
Jadaisrons  die  Zugeständnisse,  welche  das^  Apos.teldekret  allerdings 
enthält,  nur  desshalb,  um  die  weitergreifeiida  FofiieiEUBg  einer  Be- 
sehneidung  der  Heid^ofariatco  damit  abaiilehiiein,  €tk;  ihn  liegt  der 
Kern  des  Aposteldekrets  nicht  in  den  Proselytengeselzen  4es  Mlltc», 
sondern  In  dem  f^fjdiv  TtUov  flelä  ädetoh  V^bs.    Mag  ^  Idaher 


*)  Sctwanhreck  ^*e  OtwUen  4.  Apg.  8.  2S2- nüieiM  fteiöeli,  der  Prolog  lei 
'durch  Nachahmung  des  ap(^tD!fsebto  Sendschreibens  entstanden ! 
2)  Entst.  d.  altkath.  Kirche  120  f. 


Die  xweU«  BGasiootreii«  d««  >Paa1iMi  %4^ 

ao^h  419«  den  OnuUMteen,  die  «r  Pflmsln  iei^  Mimd  iegt^\  pMcht 
laie  Folgeniiigeii  delieq,  d|e  «tr<mc  gei^ynoid»  darin  liefen  ^  dieM 
kann  .lHk)1»6teiia  litvvweii,  dmm  er  in  ihrer  Anw^dapif  rllckd^ta«- 
voH  oder  inconiefeqaeiit  war,  aber  nidtkt^  daaa  cUo  BeaohlO«^,  die 
er  4arAiiA  aUeüet^  von  4jnen  Anderen  kerrtihren.  Wer  voUendiK 
wie  aUsehl  («.  iS2),«oniaffit^  aeJM  Paoliur  aei  «nit  dem  Ap^N* 
delDret-  gwit  ekivwrstanden  |;eweaen,  der  rataiehi  der  obigen  Fei- 
gißpwigjjedea  SMheiu  der  Befecb%oqg*0  I^ai  aber  iireijioh  dieee 
netAOfitiuig  muriobtig  Ist)  daaa  die  QeseblohtUobheit  de«  Apeateln 
4ekir#ls  ae  gpt^,  wie  die  der  übrigen  Brnttiliuigeni,  durch  den  JSe- 
rioM  ^  Banlealkber  die^SeinaalemMiaeben  V<ergin|{fv  dnreh  «eine 
GnmäH^xß  ß^^  «ein:  Yerballen  widerlegt  !0r^#r  h^ben  wir  ac^hmi 
geeobiin..  .Aprapf  mnae^  die  iKn^i^  ttberheimit  veraiebten,,  aoa  der 
geaah^s^o^  OlarateUnng  WßfiFß  UH^^  KeiMtela  einefelne  StücJEf; 
berei96^»^eitoi,  einea  jßtpbt  ußA  f&Ui  mit  den  andern^  nnd  ^weiiK^ 
nicht  daa  Gänse  ein  finAhea^iechpr,  iteri^^  ^,  sp  werdfp^  yfdr  nur 
daa  ßßOftfi  fOr  eine  fr^ .  Cejapesition  halten  können,  .die.  ihr  Ur- 
heber   onf  Qmnd    der  .panliiijeclien.  Bi;isllblnng    im    Galaterbrief 

4.  fti«  a'weisn  M4^s»odliapei.&e  des  Peinhis.    ..  .    ^ 

Einige  Zeit  (tcveg  iQfdqm)  nach  den  Verhandlnn^en  des  so- 
genannten Aposteleonvents  trat  Paulas  nach  c.  i/^,  36  die  Beise 
an,  welche  ihn  auf  sein  Hauptarbeitsfeld  in  Kleinasien  nnd  Griechen- 
land fährte.  Nacbdem  er  sich  Von  Damabas  wegen  Markns  ge- 
trennt hatte«  durchwanderte  er  mit  Silaa  Syrien  nnd  CUicien,  Lor- 
Imciiien,  Phr^glen  jrad  Oakitien,  nnd  lara  ditteh  MyaiMi  nneh  Ti!oaa 
^itm  ganze  w^ife  ^Befse  bst  in  «isefer  Sthrlft  innsevet  kara&  be- 


^)  AUdtfer  deai>  oJ»w  ^wDrtarl«»  Gninde  macht.  RiUch)  ffir  ««iiM  iamabiiie 
ihk;!  «Seltoad,  elftes  die  Posdoru^gen  4«^  4jK)ßteIdfl|u:«(s  mit  46il«k(Wr  dismenti- 
n'ticbMf.  $«|irifteQ  über^&tirwnea^  uo(d  dass  die  vier  PuiilLte^  4ie  vob  4ea  3«idtB 
verlangt  werden,  im  Dekret  in  derselben  Ordnung  aufgezählt  «eieny  wie  Letit^  17  (^ 
«tthreod.sie  in  der  Hede  des  JaJoobne  umgestellt  seieia.  Aber  4er  erstepe JUi^istand, 
80;  weit  4»r  ricbUg  i«t,  bewegt  nicht«,  denn  warum  seilte  ein  Späterer  die  Aiütorde^ 
vu^gen  der  Judeocbri&ten  eieiner  Zeit  nieht 'gekannt  und*  berjac^siciAigt  habeQ?r.«iid 
der  zweite  ist  sieht  riclitig:  von  dem  Erstiokten  des  .AposteldekEets  ist  Levit«  17 
8M  Bicbt  ^  i(6de,  sondenp  nur  ton  dem  ^iytfi^roy  und  ^tf^uiXmov  (V.  l^)» 
dessen  6eau88  aber; jfiiehl  sehleehthin  verboten,  wird«  deB.GötBeaopferfleiech/^h^edem 
Wttd  -hier  g^r  lüobt  bfrdbrt.  Yierhi^ktet  ««.  eiob.aber  hiemit  lanch  «ndess,,  wa^  wtiMrde 
daraus  folgen?  '.      :  , 


2^50  Dl<  sweite  Mlssiönsreife  des  Paolat. 

handele  Nor  mb  Lykaonien  wird  das  bereit«  Besprooheae,  die 
Besehneidang  des  Timotheiia  und  die  Verkflndigmig  der  jerüsale- 
miselien  Beschlösse,  herichtet,  die  Belse  doroh  Phiygien  and  6a- 
latien  ist  mit  einem  Messen  dieXSthrss  tr[v  Oqvylav  xai  Ttjv  Ta- 
laxLXTjv  xmqocv  (16,  6)  registrirt,  and  Ober  Vorderkleinasien  wird 
bemerkt /dass  der  heilige  Ckist  den  Panlas  and  Silas  verhindert 
habe,  das  Bvangellam  hier  za  verkdndigen.  0  ^^  letztere  Angabe 
hat  nichts  Vnglaabliohes ;  aof  den  Mittelpunkt  der  Heidenwelt  in 
Karopa  gerichtet,  mochte  siöh  Panlas  in  Kleinasien  vererst  nicfat 
verweilen  wollen,  nnd  das,  was  ihm  sein  innerer  Takt  hierober 
sagte,  als  Stimme  des  Geistes  empfinden.  Mehr  lAsst  sich  nicht 
sagen,  da  ans  iKe  Briefe  des  Apostels  kein  Diitom  zar  Vergleich- 
nng  an  die  Hand  geben.  Dagegen  wird  ans  eben  diesen  Briefen 
nnd  Apg.  18,  33  sehr  wahrscheinlich,  dass  es  die  hier  so  gann 
beilänfig  erwfthnte  Reise  war,  aaf  der  Panlas  die  galatischen  Ge- 
meinden stiftete,  sofern  wir  weder  dort  noch  liier  einer  Spar  von 
einer  andern  Heise  begegnen,  aaf  der  diess  bitte  gesoiiehen  kön- 
nen, oder  fOr  eine  solche  anch  nnr  Raam  finden.^)  Sehr  anf- 
fallend  ist  dann  aber,  dass  diese  nicht  anwichtige  Gemeindestif- 
tniig  an  anserer  Stelle  so  gftnzlich  ignorirt  wird,  während  sie 
doch  dem  Verfasser;  eben  nach  e«  18,  99,  anmOglioh  anbekannt 
sein  konnte.  Wir  werden  später  nach  den  CMnden  dieser  'Ersohei- 
nang  fragen  müssen,  hier  hatten  wir  nnr  sie  selbst  festzustellen. 


*)  16,  6:  disl^ovTti  Sh  Trjv  ^qvytav  xo*  r^v  raXattxrjv  x^Q^^y  xtaZv&erTa 
vn6  Tov  aylov  nyev/uatof  XaX^dai  Tov  Zoyov  ly  TJj  *Aala  IX^ovztq  xctra  r^y  Mv- 
tftar  e/ttiqa^oy  xara  r^y  Bi&vyCar  noQeveä&ai.  Meyer  erklSrt  hier:  „Nadidein 
fi«  aber  durch  Pfarygien  uad  Galatien  dorehgekommen  ii^aren,  behindert  Tom  faeüigea 
Geist,  .  .  .  versuchten  sie^  u.  s.  w.,  so  dass  also  Pfarjgien  und  Galatien  mit  zu 
*Aa£a  gerechnet  wären,  und  das  Verbot,  zu  predigen,  sich  auch  auf  jene  bezogen 
hätte.  Allein  theils  versteht  die  Apostelgeschichte  (nach  Wiese  1er' s  Nachweisung, 
Chronologie  der  Apostelgeschichte  S.  31  ff.)  unter  *jiaia  nor  di«  Landschaften  My- 
siep,  Lydien  und  Karien,  theils  scheint  anch  die  von  Meyer  angenommene  Con- 
struction  weniger  einfach,  als  diejenige,  welche  das  xtoZv^fyreg  u.  s.  f.  zu  dem  fol- 
genden htiC^a^ov  zieht. 

^  Denn  die  Annahme  von  Mynster,  Paulus  u.  A.,  die  auch  Thiersch 
(d.  Kirche  im  ap.  Zeit.  124)  vriederholt  hat,  dass  die  galaUschen  Gemeinden  nichts 
anderes  seien,  als  die  von  Paulus  auf  seiner  ersten  Missionsreise  gestifteten  Kirchen 
zn  Iconinm,  Lystra  und  Derbe  ist  mit  Apg.  16,  1.  6.  14,  6  unvereinbar.  Mögen 
anch  diese  Städte  seit  dem  Tode  des  galatischen  Amyntas  zur  galatischen  Provinz 
gehört  haben,  die  Apg.  folgt  nach  den  angeführten  Steilen  nicht  der  politischen, 
sondern  der  herkömmlichen  ethnographischen  Eintheilang.  M.  s.  Wieseler  ChronoL 
*d.  ap.  Zeit.  281  f.    Hilgenfeld  Galaterbr.  20. 


Paalu«  in  T>hiUppi.  ^  251 

Von  Tröi»  äits  setzte  Paulos  nadi  MTacddenieii  über.  -  Diu 
Trattm^sicfft,  welches  ihn  da^n  dnlad'(;i6,  9),  mit  Besüaimthaii 
für  mibistorisch  zu  erklären,  haben  wir  kein  Reefat;  ebensowtonig 
lässt  sich  aber  aucli  die  Möglidikeit  längnen,  daas  es  nnhlstorlsoh 
sein'  kdnne,  nnd  dass  nur  der  Verfasser  der  Apostelgesohidite'in 
dem  ma^^edonischeii  Manne  die  Hellsbegierde  s3rBibiAisirt  habe ,  mit 
welcher  die  macedohiscbe  Bevdlkerang  and  die  enropäi^ebe  Mansch-f 
heit  überhaupt  den  Apostel  zu  sh)h  berttberrlef  (Banr  Panlvs  14t> 
*—  In  Maoedonien  war*  der  erste  Ort^  wo  Palilas  und  ^Silaa 'avf-^ 
traten,  nach  o.  16,  id  PhiiippfO*  Ol^elcfh  dfäse«^  erste  Afiflrate» 
ist  durch  ein  Kreigniss  bezeichnet,  welches  dnreh  seine  ganse 
Beschaffenheit  ihaneberld  Bedenken  faetrorrafen  nnuis,  die  Gefkligeki- 
nefamung  und  Üb  Wunderbare  Befreiung  der  beiden  Apostel.  SchOB 
dfe  Vciranlassung  dieser  Oefattgendbhhiung,  der  Vorfiel  mit  der 
weiifsag^nd^n  Sklavin,  c.  16,  16  —  18,  hat  viel  Auifallendes.  DAbb 
der  Verfai^ser  dieses*  Mftdchen  wirklich  als  eine  von  einen  bosen 
Seist  Besessene,  und  ihre  H^lung  als  ein  ViTunder  betrachtet  Win- 
sen tviil,  und  dass  stpranaturali^ische,  streng  scHrifl^länblge  l^eo« 
logen  kein  Recht  haben,  einer  andern  AuiTassnng  das  Wert  ^xni 
redeh^  und\,volft  ifareni  Standpunkte  das  Objektive  und  das  iSInlM 
jektive  in  dem  Berichte  zu  unterscheidenf^^}^  mit  andern  WorJteil-i 
das  Wündbr  nattirHch  zu  erklären,  diess  wird  von  Banr  S.  If46  ff. 
mit  vollem  Recht  geltend  gemacht.')  Damit  wftref  indeieisen  ein» 
solche  Erklärung'  noch  nicht  unbedingt  ansgMoUosfieii;  wer' Jena 


'  *)  Wo,  beiläufig  bemerkt,  der  Ffüss  V.  13  hiebt  der  Strymon  sein  kann,  wfe 
diess  die  Ausleger  ali§(einein,  auch  -tiocM  Baum  garten,  aBnefamen,  denä  d^rSti^u 
mon  war  von  Philippi-  mekr  als  eitoe  Tagereise  entfernt..- Vgl.  Rilliet  .cpn^aeat. 
sur  l'^pitre  auz  Pbilippiens  S.  12.  Wahrscbeinlich  ist  der  kleine  Fluss  .Gtngas  oder 
Gangites  gemeint,  der  an  Pbilippi  vorbeifloss;  vgl.  Forbiger.Handb.  d.alt.  Geogr, 
III,  1069  f. 

»)'Neander  S.  299,  A.  l.      ' 

^  Es  ist  insofern^ «tt  I<)beH,  dass  Baumgarten  atlf  jede  MUderang  oder  Um* 
gebuog  des  Wunders  uiaicbtet,  und  wenn  Derselbe  S.  !2Q8  weiter  annuniDtf  d^r 
Wahcsagergeist  atebe*  wirklieb  mit  dem,  pytbiscben,  Apollo,  d.  b.  mit  dem  Dämön^^der 
als  Apoll  verehrt  wurde  (l  Kor.  10,  20),  in  Zusammenbang,  und  gerade  dessbalb 
rede  er  über  Paulus  und  seine  Begleiter  die  Wabrbeit,  denn  der  pytbiscbe  Apoll 
sei  •  die  sittlicbste  Gestalt  unter  deTi  olympiscben  Göttern  ^-  wenn  B.  unsem  Beliebt 
ib  dieser  Weisie  ergänzt;  so  verdient  wetugst^ns  der  Mutb  alle  Acbtang,  mit  dem  er 
für  seinen  Schriftglaiihtq^  Alles,  sogar  den3e|ieia  dei  Llicberiicbkeit;  ^auf  SJwsb  niiainV 
Im j.vQiliegenden  JFall  ^ebt  er  übrigens  ypeiterj.alsibn  der. .Text  nötbigte,  denn  dass 
eip  nrey/ua,  nv^wvog  Apollo  oder  einen  applliniscben  D^mon  .bezeicbne,.  ist  nicht  zu 
beweisen;  auch  die  bekannte  Stelle  Pl'ut  def.  drac.  414,  E  sagt  äiess  nictt  entfernt 


« 

Uli  nwMhflMny  die  9kUvto  mi^  «in«  fi^inteskruBke  gew^^e«,  4«jrea 
SEonUwifl  von  Uir«a  od«r  ihren  OMrren  (der  Plural  V.  19  ist  «ller- 
ding«  MiMlend)  Kkr  gewinnsA^hlice  Sweoke  m$gehßaiet  wvde, 
ÜNTO  im  i7imk  Yen  beripbtetfa  Aenflseningen  seien  dareh  dM, 
ire«i  Bi#.«ber  die  FrenUlen  gebM  heite»  verenteset,  Peulns  liebt 
im  CObM^liea  «a  itae  SeseeaealMit  4en  bAeen  fielet  enegnüehren  ge- 
betaif  Wd  der  Bindrwk  «einer  Wo^e  nnd  eeinier  PersftnlielilfMt 
luibe  9mt  netftrlieh  per obejlogieeheei  Weg  eiiae  engenUlcUiehe  eder 
Unger  lenheUfude  BeeohwipAtigniig  der  Kienken,  in  der  Ver- 
etoltongeweiee  deir  Zelt  ein  Aaefeftren  des  Bitaon»  bewirkt  Das« 
Alwtielie  Xffolge  im  ;Ka«i|«uiif4iheiig  mit  der  epestolieoben  ThiUig- 
keil  des  Peadne  verkepc^i  wer4e9  wir  sobon  wcjgen  »  Kor.  12, 
i9  gteuben  e^sen.  F«r  erwiese«  >wird  sieh  aber  n-eiliob  diese 
A«Assn«g  der  Sache  nicht  wsgeben  dOrfen;  denn  wenn  einauU 
die  Ir^Ahlopg  in  der  wnnderl^fure«  iQestalt,  in  welefaer  sie  vorliegt^ 
iuid«n]d|«r  J«t^  se  ist  liai««rhin  ebenap  ifiOgliel^  jdass  ihr  g«r  keie«, 
als  ^Aes«.  ihr  eWe  natorl^  erklftrhare  Thatsaohe  za  Cfmnde  Ung^ 
«94  4Bi:  eenstiige  «ejkri/tsteUudsche  .Ci^arakter  «««ei\s  Verfassers 
isl.inpcM  tg«f^net,  sn  fioAsten  der  letster«  Annah«iB  ei«  fiewicU 
i%  41^  Wiffechaal«  jsu  legen. 

^Wf)lt  ««(««biedener  werden  wir  aber  allerdings  die  fieseUcbt*- 
Dokke^.  dm  w^eren  Berichts,  V.  19—40.,  in  Anspruch  nebmes 
mO^Min.  Die  Herren  der  Sklavin,  wind  hier  erz&blt,  Ober  die 
Schmäleiang  ihres  Gewinnes  erzürnt,  flQhrlen  den  Panlns  und  Si- 
la«  vor  die  Prfttoren  (di^  Dniimvirn},  und  da  sich  auch  das  Volk 
gegen  ü»  erhob,  liessen  dies«  sie  geissein  und  in^s  GefftngniBi 
wei^n;  «m  Mittemacht  jedhieh  erMgte  a«f  das  lanle  Gebet  dar 
beiden  OeftiDgenen  ein  Erdbeben,  alle  fhtlren  des  Gefängnisses 
sprangen  auf,  and  allen  Gefangenen  fielen  ihreTesseln  ab;  dieses 
Breigniss,  verbanden  mit  dem  Benehmen  apd  d^n  Worten  der 
ApMitBl,  niaehlie  anf  den  GefftngnisswArter  einen  solchen  fiHidrack, 
dass-er  «le  nlioht  allein  in  sein  flans  fthrle  imd  bewirttiete,  /Mm- 
dem  dsss  er  sich  ao^h  mit  allen  seinen  AngelkOrigen  taofen  liess; 
am.  andern  Morgen  wollten  aach  die  Prfttoren  sie  frei  lassen,  Paa- 
1ns  ,jedecb  anf  sein  römisches  Bnrgerreebt  gestatzt,  nahm  diess  nioiit 
«her  >a«,  als  bis  |ene  seilbst  aie  aas  dem  Geffto^i^s  gslihrt  sofl 
Ihnfen  4advroh  6iae  feierliche  fBhraierklftning  gethaa  hatten. 

l^n  braucht  in  4er  That  nicht  aof  dem  Standponkt  za  stehen, 
anf  welchem  nicht  blos  von  einer  durch  Gebet  vermittelten  Wir- 


hi«ltt«  in  Pkülnii.  räSS 

irnngv  mtdtrn  Moh  Tom  Mbet  «Bft«i  ntaM  4»e  l«Ud  aulli  ftlmif  <) 

im  oMd  Vorganf  ,  nde  «lieBMi,  iMgffarablieii  20  fiiklea    J6i^,  dar 

wMkt  sei»  Denken  dem  knursesieB  WünderglulAen  ^wteoft  tat, 

ivird  an  dem  Wmfier  integer  ltaniUiiti|f  iinlUss  nelmieo  mieiM. 

^PTeltte  üM  es  aidi  aach  In  def  eine»  ddev  der  andern  WighemiH 

wteMtgem^  dxm  nntaiMelbar  e*f  dne  GMet  iee  Faifelnv  ui  8flns 

4hl»  nrdtohen    erfolgt  sein  eeii  -~   i^wM   dieser  BiMg,   üe 

^voaderbnter  Mtaehiet,  eben«ö  nndenklNir  iet,  wie  das  ilV^Mter  in 

AUgemeinen,  «n  dii  iiaüfliekes'  ^asMusenlriffen  des  Brfoi|f8  mit 

den  eebel  «Her  tmn  «Nfls  Mirbanpi^    thells   nameMHeb   aneli 

"«regen  V.  M  nickt  gedeckt  Werden,  wo  die  Wortl»  i^Ufjxfomvo 

öi  adtäv  ol  dianioi  angenbefaeinäcb  4en  fl&treek  bnbei,  denOtaHab- 

teanibinenknng  des   Brdiebott  vit  den  Gebet  ad  eodstafHreff  -^ 

ster  Wdllte  man  sieb  aneb  über  diesen  Anstess  binwegseiaeiif  so 

Mebe  deck  kaiber  diief  »eeb  anstOssigere  Angabe  des  16tln¥eiws, 

4ass  tn  Folgte  des  Blrdbebens  allen?  GSefnugeten  diei  Msselni  «b|pe- 

faysb  seien.    Dass  flrei  berabbftngende  Ketten  ^naeOrWIiet  WeAie 

dlirek  ebmi  Iftrdatesi^  lüeht  gelQsl  werde»' kennen^,  das»  aiderte- 

sdts  an  die   Wand  befMJgte  filsnn  eder  Mneke  (|vitey  ¥,:M) 

iMbt  aaf  dieee  Art  nerspreilgt  werden  kennen,   ebner  die  Cttieder 

4»r  dsrin  BHiigesebrlessenen  nn  nerbreefaeo,  wird  jeder^  der  ekMn 

leJIrtff  Von  Meiriieük  b«i,«rrerer^)  sogsben  mnsselii  «iddew 

iberdiise;  naeb  Gfi-oret'd  weiterer  «eneiimig^  das  ganae  iWnil- 

der  ymg  HberMscdg  ist,  dn  )a  die  BeMing'det*  beiten  €leran- 

genen  deob  nicht  düreii  da»  Wnnda*,  sondo«'  doscih  4m  fisMil 

der  Diüiai^rii  bewirkt  wird,  isl  gJeiohlMls  anbestreitb«t.    Mnss 

man  aber  ^et»  atogcnteheii,  so  baM  maa  teiii  niclKb  nldkrittit 

Gfrorer  das  Brdbeben  nnd  dae  Anltoprlngen  der  Tfadten  «ela  ge- 

sebleiitliek  steben  kMiien,  |e  etenbaser  vieinebr  der  Brdstoss  nnr 

daan  da  ist,  die  Bef#elnag  der  Gegangenen  tdn  AHem,  stas  IhMsr 

«Inöht  idi  Weg  steben  kennte,  akie  Tvr  Alisik  von  ikfen:  Jleegelu, 

««  bewirken,  ntai  so  »ieiwielr  mttsaen  wnr  ;niit  dona  AMiilen  dier 

fessflitt  aneta  tas  gdMie  Kreigils»  ^of^ebe»,  das  ohne  dielten  Br- 

fttig  keinen  zweek  bette'* 

Kanm  wbuiger  rittbi^lbairt  sind  aber  «neb  die  (Ibrigen  Vdr- 
ffta^  kl  unserer  AniUang.  tMeloh  am  Blngeeg  desaMtett  Miss 
dae  VeiMtfen  geg«*  Piadas  en4  8iias  In  be^bte  Grad  anffaUen. 


>)  Nach  N«aQd«r*8  Usinuation  g#g«a  Baar  GMcb.  d.  F&anx.  u.  $, yt.  303. 
>)  Die  heilige  Sage  I,  446  f.  '    . 


.254  Mbi  in  Ph%pi 

Hie  Prfttwtn  teMeo  dieiie,  wi6  es  mMoI  uMverMrt^  geieaeln  oiyl 
itt^s  ClelAngBies  werfen.  Möekte  um  «w^  eio  so  brutales  Ver- 
iihren  fegen  NlohtrOmer  bij^Weflen  vorkommen,  so  konsfe  es  sich 
dooli  kaam  eine  OiM%keii  gegen  rOmiache  Bürger ,  wie  Paolss 
WMl  SUfli,  ^rlaabMi,  and  wenigstens  .iie^.phillppi^sohen  Daaidvuni 
wilrdNi  es  sieli  naeh  V.  30  nleä«  erlliaU;  haben,  wenn  sie  die 
Angeklagten  als  Römer  gekannt  bitten.  Aiieir  .waraas'  kannten  sie 
sie  ni^  als  solche?  Sollteii  es  wohl  diese 'anteria^sen  haben,  «ieh 
auf  ihr  rOmisohes  Bttrgerreeht  zn  berafen?  Das «.wllce  entweder 

(riae  UnbehOllliehkeit^  wie  ^sie.dem  <9MUis  nad  Silaa  nlöht  zazn- 

<  trauen  ist,  oder  ein  absiditlLohes  Anfsvehen  des.  Leidens,  daa  eben- 
aewenig  in  dem  Charakter  des  Apostels  liegt.  ^)  Oder  war,  nach 
der  gewehnliohen  Annahme;  das  Verfahren  gegen  sie  so  tamnl- 
tnarisA,  dass  selbst  das  einfache  ^^Pm^ibios  ^l^^  von  der  Obrigkeit 
nicht  .'gehört  wnrde?.  Da  na<^  V.  %0  ein  förmliches  Oerichtsvef- 
fahlen  erOflhet  wnrde,  nad  da  .von  eideif  Vtlksjastiz  gegen  die 
Angeklagten  nichts  gesagt  wird,  so  ist  diess  kaam  anzanehmea. 
Bemfl  irieh  aber  fifeander  S.  ^^  äsd  das  t^g  i^ßSh^ 

:fl  Kor.  ii,  195,  aa.itfire  daranf.zu  erwidern,  dass  Avir  die  näheren 
Umi^tände  dieser  dreimaligen  Gdssehing  nicht  kennen.  Im  Zu- 
aammenhang  nhserer  BmAhinng  blbibt  die -fcor^erlit^hä  ZOchtigpang 
nneifclirlich,  wofern  man  nicht,  das.  rllmisoheflttrgerreelit  des  Pen- 
his.nnd  (Was  flberhat^it  In  Fsage:  steliea  will,  eine  Möglichkeit, 
anf  die  wir  allerdings'  noch  znittekkammen  müssen.  Wozn  femer 
iMiler  4en  gegebenen*  Umatftildender  Befahl  (V.  29),  den  Panlns 
«Bjd  Silaa  besonders  scharf  ^  bewachen?  Für  denji^weck  unserer 
flrzfthUing  hat  ^eser  BeMd  fveilich  seine  gute  Bedeotniig:  je 
strenger  die  Bewachong,  am  so  grosser  ist  das ,  Wunder  der  Ret- 

ituug;  war  ein  Petrus  nach  e.  tS,  6  ff.  von  dem  Bngel  aus  der 

'  Mitte  der  nwei  Soldaten,  an  die  er  gefesselt  wary  und  idurch  zwei 
Wachen*  durch  cntfQirl  werden,  so. musfirte  wohl  auch  dem  Paulas 
die  Flucht  a«a  ebenso  «chwer  m  lesenden  Banden  (V.  M)^  und 
ais  einer  iawti^a  fvksanj  mOgUch  gemacht  werden ;  was  aber 
die  Dnumvim  dazu  veranlasst  haben  soUte,  kann  man  rieh  nicht 
dehken.    Fttr  bectonders   gelihrliche  Verbreeher   können   sie    die 

'^W99!ei  Juden,  welche  kehies  andern  Vergehens,  ala  der  Proselytea- 
alacherei,  ah^eUagt  waren,  nicht  gehalten  haben,  aooat  worden  sie 


ijBaünogarten  freiÜcb,  S:  ^2^^  WeUs  ein  solches  Benehmen  mit  vieler  Sal- 
bung zu  empfehlen. 


Paulo«  io  Ph%^.  .2^5 

dIemlUB  nicht  gleich  »m  aad^iHi  Morg«u..voii  fniw^^fUfmMlißr 
der  enttfesaen  weHcn^  donn  da«s  dieses  »of  den  Derieht  des  Kerket- 
meisters  bin  geschehen  sd  (Ne4i^nder  8.  303),  steht  1)  nicht  ip 
unserem  Text,  wili  sich  vielmehr  mit  V.  84  f.  nicht  recht  vertn- 
gen»  nad  ist  8)  auch  an  und  ftlr.  sich  nnwahrscheinlich^  da  «eiii 
Boleher  Bericht  fOr  römische  Qhrdn  viel  «n  nngiaakliQh  geklangen 
haben  müsste,  nm  nicht. statt',  dner  Entlassong  eine  nene  Unt^rr 
snehnng  hervorznmfen*  Ebenso  wenig  empieUt  sich  aber  die  An- 
nahme (ebend.))  dass  die  Danmviin  durch  das,  iwas  de  anterdesr 
a«n  vm  den.  Gefangenen  ttberhattpt  erfäbren  hatten;  günstiger  ge- 
sitimmt  worden,  denn  nach  der  brutalen  Behandlung,  welche  sie 
diesen  am  Abend  verher  angedeihen  lassen,  waren  .sie  schwerlidi 
die  Leute  ^  welche  sich  weiter  nach  ihnen  erkundigt  hAtten^  eder 
durch  die  Nadiricht  von  ihrer«  Pretigt  zu  gewinnen  waren.  IHe 
Bntlassung  der  Gefangenen  erseheint  daher  el»enBo,  wie  ihlre  Miss- 
handlung,  nndi  Bsnmgarten^s  richtige  Auffassung  (ß.  22ifk\ 
als  eine  Sache  der  Laune  ^  dergleichen  sich  ein  brutaler  Beaml^r 
gegen  Vagabunden  wohl  etwa  erlaubt,  die  Vorausaeiaang  dagegM, 
dass  sie  es  hier  mit  gefährlichen,  sorgfältig  zu  verwahrenden  Pes- 
senen  zu  thun  hätten,  tet  bei  denDunmnm  nicht  nn  venanthen. 
Wie  aber  nach  dieser  Seite  die  unmetivii'te  Strenge  im  Verfahren 
der  Präteren,  so  muss  auf  der  andern  die  DemOthignng  befremden, 
der  sie  sich  auf  die  Nachricht  vom  romischen  Bürgerrecht  der- Ge- 
fangenen (V.  38  f.)  umerziehen,  denn  da  ihnen  dieses  am  vnrhec- 
gdimiden  fPag  unbekannt  geblieben  war,  so  kemite  sie,  sollte,  man 
■Kdnen,  wegen  seiner  Nichtbeachtung  kehie  solche  VerantwettiliDil- 
keit  trdfon,  dass  sie  dbsshalb  Are  ganze  Amtsefarc:  doroh  eine 
Genngthuung  auf^s  Spid  gesetzt  halMin  wOrdeny  deren  Fordeiit^g 
zwar  hier,  nach  dem  Wunder  unserer  Brzäiblung,  dem  Paulus  nahe 
liegen  konnte,  sonst  aber  mit  dem  Charakter  des  Apolitels^<  Widder 
Ihn  selbst  1  Kor.  4,  11  ff.  schildert,  nicht  recht  übereiifstUnmt 
Bätten  allerdings  die  Angeklagten  ihr  Bttrgerreeht  angeriijfen,  und 
ste  wären  trotzdem  geprügelt  wordenrj  so  k<mnten  die  lUchtinr  imeh- 
träglich  über  die  Folgen  ihres  Verfahrens  erschrecken,  war  da- 
gegen jene  Afirufang  unterblieben,  so  lässt  ddi  schlechterdings 
nicht  absehen,  wie  ' Milien  eine  Verletzung  der  Gesetze  über  das 
Verfhhren  gegen  romische  Bürger  zur  Last  gelegt  werden  konnte* 
Es  fragt  dch  aber  freilich,  wie  es  sich  überhaupt  mit  dem  römischen 
Bürgerrecht  des  Paulus  und  Silvanus  verhalten  hat«  In  Beziehung 
auf  Paulus  erhält  die  Angabe  unserer  Schrift  allerdings  eine  be- 


ji56  «wfos  in  PWlippi. 

•Aoffi  abfefOlMrt  waHe,  da  'wk  M«  fafefHr  Mtmer  d^r  jAppallatiMi, 
dfd  nur  eilen  ramieebeir  Btrger  araBtoad,  kciaeit  geuUgMiiii 
(firattd  denkM  lomieii,  tmd  weM  dem  ihdUm  die  Fesaeiwoff  das 
ApoiiMi^  avaH  aacMem  er  aM>  aeMi  aia  rOailacher  Miver  an 
eitemiea  gegdifen  bat  {Afg.  M,  ao.  26,  M),  Iheite  4le  Jiagabe 
iea  aweltea  MoHiitberhtiefe  «tor  eine  drelioallfe,  attem  Anueieiae 
meh  vea  remiflelkea  OlnrlglielteB  rerhlngte,  ^)  korperilefie  Zftobti- 
gmig  im  Wegpe  aa  atelMtt  adMaf ,  ao  aiaaaeii'  Mrir  noa  aai  'Badt, 
ae  fange  der  aagefÜrCe  enilid  ntoht  fteadtifft  Hi^  >liilnUt]kb  te 
erata»  Omatanda  M  der  Aataaluae  eiaar  U»geäaiilgiieil  ia  derttar- 
aMlaog  der  ApOBtol^feattMelite^  «dnsielitttob  dea  äv^tA^^  )4dbei  be- 
rtfhigea,  daia  ana  daa  Nttera  ober  jeae  dl^fanüge  Yerlelzang 
der  raavtaaben  Verrecble  nicM  4elcaqnt  tat  Nin  äall  aber  aaah 
y.  S7  nicbt-blea  Paaln%  aondem  aooii  Sttvaami,  itaiaobar  BOaf  er 
•ga^feaea  seia.  Dfesa  4at  aebr  «nfbilead^  ^,JaaepbtiB  aad  JPbik, 
toawrkt  Sioba^ekeabatgar,^)  die  mtgOäÜg  aUe  iM^ena  ¥Qtt: 
aad  Bteaaliiea«  fbrea  Vfliik»  vooaelleii'derMniif  erwiesanail^taiat- 
beijaayaagea  kafsMAvety  fnlkm  keia*  aaderen  leiapide  vo»  ae- 
aaaa  der  reaibrabea-CivIttt  d«nfa  Jode»  an,  ala  den  AAtifMKer^  daa 
iBtamarrater  derBtoffodaalimiliie  <Joa.  Aai.  XiV>:M),  (deaJeaephaa 
aelliat  (irita  p.  lOai),  aad  die  aa  B#ia  iabeaden,  jircua  Kciagi^fe- 
feageaea  abatanaiendeii  Jadbii  (Philen  lag.,  ad  -^^Oaj«  ed^*  iMMpnoi- 
1014}*  Wen»  Jeaapbas.  aiahlbar  abiae  AaftadMae  ala  tUmmi- 
lUtoade  (BbaebbeabagMig  sobadbrl,  aa  Hegt,  teria  >  waki  badbrakt 
4lla  dimaeige  )vaa  der  Seiteiikeil  dtta  iKidbs,  daaa  ahi  teia  «adar 
■bie  gdaafto,  waa  aaeh  Mder  hakeaMbii  Stfaiaiiaf  drega«  4ie 
Jaden  mmtk  ynrmm  trahtachateliah  abin  aiuaa^^  Nan  tliflel^  aieh 
lallavdiaga  bei  Joadpfana  Ant^  XIV,  18-^19  eia  Skta^  dea  gen- 
•anla  L«  Ldatallai^  wodoreb  die  Jaden,  die  r^tadaabe  BOigar  räld, 
.Bit  Baokaiobt  auf  ibre  Balig^»  vem  KiMg^Ueoat  befiratt  irardea, 
dad  ein  üweiiea  dea  h*  ^kntaaiaa,  >wed«»ih.  iMiiaafcan  VlU-gain 
jddiseber  IMiamliMt  dAeArtaateiaa  aerlErhaeiieg  einev  Sjaagage 
arAeUt  wind,  Md  B.  J.  Jl,  Ad»,  11  /kwwea  ^^iir  Jaden  v#ry  die 
wtOffliadbe  BWIee  aiad.^   Sebeiat  diem  alNN:.#inoji  ^n  bew^en,  4«w 


'*f  tu!  s.  d.  Commenlare  zu  2  Kor.  11,  2S. 
'«)  «<»%öt  d.  Apg.  '248. 
4>lf.  ^  WicBtier  filVMloh  )d.MapwtZ«IL  ^* 


Paulus  in  Phillppi.  257 

.  (widU  ja  V^^  d^  9i)«i|ierwfthiiteniFr€u}afiapBg.  v.on  ei/Agßn  jtw- 
send  Kriegsgefangenen)  niplit  .00  .gnos  wenige  Juden  im  B^z 
de«  4'dlBiiflchQtt  Bürgerrec)its  w«ren,  so  ist  e^  dooh  gewiss  merk-* 
würdig,  daas  die.  Reid^napostel  alle  beide  rOuiische. Bürger. ge- 
wonen  .«ein  saUen ,  und  dürfte  man  aueh  einen  derartigen  Zn^ll 
-)nioht..beaweif0ln|  wenn,  die ^ Sache  znv^^rl^siger  bezeugt  wftre,  00 
tY^rUat  es  si(6hadach  anders,  nachdem  wir,  gesehen  haben,  in  welchem 
tnytohqra^ZtgifaipiweBhang  die  Angabe,  ttber  das  Bargerrecht  des 
Bitan^Bm:  Vjwrkpnimt. 

.-iBMsettiWk.  «ndlich  den  .4^ftritt  mit  dem  Gefängni/sswltrter 
laV  Auge,,  sot  W0r4en.  wir  aacti  hier  nicht  nmbin  können,  den  Be- 
.  ddnli^  beisaftretea,  welbohe  Baur  S.  löl  f.  erhaben  hat  Wie 
der  eafängAisawftrter.  die  Thdren  des  Gefängnisses  offen  sieht,  will 
«r  jsich.  aaUist  jwmorden,  in^d^r  Maioang,  die  Gefangenen  seien 
«ptilohea;  jdass,«r  Irote,  seiner  .eigenen  Uasohnld,  und  meh  die 
)er  i^oeh.Biir.naabgeaehett  hat,  w  diesen  verzweifelten  Bohritt  denkt, 
ist  inrnffhinuaDflallend,  wenn  es.  anoh  dia.  Blindheit  des  AflSokts 
:vJdieioh^  eiUiMrlioh  machen  w«yrde.  >  Panlw  tröstet  ihn,  Indem,  er 
ihm  jinkin^gt,  .datti  jalle  Gefangesen  nsoh  da. seien;  aber  wie  kann 
VäiäMM  ani  der  DMmfceUieit  (V.  29).  und  in  der  iauniqa  9)^10x37,  in 
'oder  eil . sieh  :ktefindet,  dless  wissen?  und  wie  nnwahrsehrinlich  ist 

•  es. auch,  aninnd  ttr  steh,,  dass  voft  allen  GefangencA  aneli  nicht 
Binen  idiaüGdeganheit  «ir.  Fladit  beimtzt  \mt\  Denn  die  Ver- 

-niUhiHig/).:das8r.. das  Beispiel  des  Paolns .  npd  Silas  aadi  die 
Uebtigett'  wnUdeKsam  gehalten,  habe,  traut  diesen  ein  ZiarlgelOhl 
au^na^h  dem  man  sieh,  wenigstens,  in  unsem  Geüftagnissen  var- 
gebliA  .umsehen  würde,  nie  flbarsiefat  aber  jiuoh,i  dass  di»  Mitge- 
faagenenritt  der  Elnstemiss .  der  Nacht  vom  Bleiben  des  Paulus 
und  Silas  se  wenig  etwas  wahrnehmen  konnten,  al»  Paulus,  und 
>  Silas  Von  4em  ihiigen.  Woher  -  weis»  endlich  der.  Kerkermeister, 
.^daisa  das  Jfiribeben  gerade  der  IBfarenrettung  der  beiden  Apostel 
gegolten  hat,  und  wie  kann  er  es  wagen,  diese  s^ae  GelSuigenen 

•  min>i«af  einmal. eigenmächtig  ssu  befireien,<  nachdem  er  kaum  erst 

•  wegen. einer,  durch  Mhere  Gewalt  bewirkten  Befreiung  äkh  selbst 
~  hatte  i  entleiben  wollen  9  Kann  man  auch  vielleicht  auf  die  eine  oder 
.die  aadete  ven  dIesen/Vragen  eine  Antwort luiffinden,  deren  Un- 
denkbarkeit sich  nicht  streng  beweisen  lässt,  so  ist  es  doch  jeden- 
falls sehr  bedenklich,  wenn  die  Wahrheit  eines  Berichts  nur  durch 

')  MeyBT  und  BaumgÄütep  2/4  St.  ; 

17 


258  Paulus  in  Philippi. 

die  VonnufflOtzvDg  za  retten  kt,  daM  0loh  die  aacumrordenüieiiiteii 
Vorfftlle  aoy  wie  hier,  geli&iift  haben. 

Alles  znsammengenommen  entfaält  unsere  Erzfihlang  dne  Kette 
von  Unwahraoheiniiehkeiten,  ans  der  es  kanm  moglieh  aehelnt,  aieh 
nur  vermnthnngsweise  eine  geschichtliolie  Grundlage  heraosza- 
finden.  Dass  Paulas  in  Philipp  Misshandlungen  ausgesetzt  war, 
sagt  aueh  der  erste  Thessalonicherlirief  2,  2.  Damit  erMuren  wir 
jedoch  nichts  Näheres  Ober  den  Hergang  bei  diesen  MisshandlungcD, 
und  es  fragt  sich,  woher  der  Verfasser  unserer  BbsAhloag  seiae 
Angaben  geschöpft,  ob  er  nicht  am  Ende  eben  aus  der  gftielle  des 
l%essalonicherbriefs,  nach  der  Analogie  anderer  Verfolfinigsge- 
aohicfaten,  namentlich  der  schon  erwähnten  petrinischen  C^MW*  ^<^); 
eeiuen  Bericht  herausgesponnen  hat.  ^3  Bin  welteree  DMtän  zur 
Ausmittlung  des  geschiehtliohim  Thatbeatands  könnte  man  in  unserer 
Erzählung  selbst  suchen.  Da  n&mlioh  in  dieser ,  wie  ia  der  po- 
trinischen  c.  tf,  17  IT.,  zwei  Ursachen  für  die  Beflrefang  des 
Apostels  verschmolzen  sind,  eine  tlbematflrliohey  die  aber  fftr  seine 
wirkliehe  Befreiung  entbehrlich  ist  (das  BMbeben),  und  aina  natllr- 
liche  (der  Befehl  der  Duumvim),  so  konnte  man  vmauthen,  anr 
die  letztere  sei  geschichtlich,  die  erste  dagegen  sei  bloa  desshtib 
eingeselioben,  um  aueh  bei  dieser  Gelegenheit  denPäofa»  riaer 
wunderbaren  göttlichen  EMlfe  nicht  entbehren  zu  laneii.  Allein 
wie  wir  bei  c.  6  nicht  blos  die  fibermensohlioh^  ^HQlfleintnttg  dep 
Engels  verdächtig  finden  mussten,  sondern  auch  die  measeiiliclie 
GamalieTs,  so  wussten  wir  uns  im  vorliegenden  FaU  das  Beneh- 
men der  Duumvim  V.  dtf  IT.  nicht  viel  Idchter  zu  erklftrsn|!  als 
das  vorher  berichtete  Wunder,  und  gerade  wenn  wnr  dieäes  eat- 
fernen,  wird  jenes  nur  um  so  unerklftrlidier.  Auch  dieser  Weg 
zur  Ausmittlung  des  Thatbeatands  ist  uns  dahor  abgeschnitten,  md 
so  mflssen  wir  es,  wie  hi  so  manchen  FAll^;  didiingeslellt  sein 
lassen,  ob  etwas  und  wie  viel  Thatsäohliohes  unserer  BrzäUaig 
zu  Grunde  liegt 

Nach  den  Vorf&Uen  in  PhUippi  zieht  zunächst  das  Auftreten 
des  Apostels  in  Athen  unsere  Aufinerksamkeit  auf  sioh^  was.filwr 
seine  vorangehenden  Erfahrungen  in  Thessalonich  und  BerOa  er- 
zählt wird,  zeigt  keine  bestimmten  Merkmale  zur  BenrtheilW 


1)  Umgekehrt  glaubt  Baur,  Paulus  S.  483,  1  Thessal.  2,  2  stamme  aus  der 
Apostelgeschichte.  Andere  Gründe  machen  es  mir  Jedoch  wahrscheinlich,  dass  die 
Thessalonicherbriefe  älter  sind,  ala  die  Apostelgeschichte. 


Paulus  in  TbessiiloDich  und  Athen.  -  259 

seioes  bistoridohen  Charakters,. und  nur  ißB  werden  wir  Baar 
CS.  482}  zugeben  müeeeiiy  daes  die  Anklage  der  thesaalonfcensiselien 
Jaden   c,  17,   6 :  oi  %rpf  ohovfiivrpf  dvaaTcettiacafreg  ovtoc  xal 
iv^de  nägeiüiv  die  Farbe  einer  apAteren  Zeil  trfigt;  denn  damals, 
bei  ihrem  ersten  Auftreten  in  Bnropa,  konnte  den  Verkflndigem 
des  Cbriatenthamß,  welqbes  säph  bis  dahin  kaum  über  die  Grenzen 
3yi|i^ui^Jiiaans  verbreitet  hatte,  ein  solcfaer  Vorwurf  nicht  gemaeht 
w^rdi^n,  und  mag  man  auch  mit  Neander  (S.  8113  daran  erin- 
nern, dassi, die. Leidenschaft  gerne  die  Sprache  der  Uebertreibung 
rede,  so ,  wi^d  man  sich  dooh  nicht,  verbergen  können,  um  wie  Vieles 
die9e  BHtcs^fjU^ig  einem  jäpälereA^  der  wirklich  die  oueovfdvf}  duroh's 
Chffii(twthnm  in  Bewegung  gesetzt  sah,  näher  liegen  musste,  als 
der  Zeit^  fai.webi^her  diese  weUgesehiobiliohe  Bewegung  eben  erst 
anflenf.  v  :. 

An,  der  merkwürdigen  BrzAhlung  aus  Athen  hatte  man  firflher 
keinen  (An^tdas  genommen,  erst  .neuerlich  hat  Baur  darauf  auf- 
mei^kaam.  gepificiht,  dass  auch  dieser  Berieht  voll  Absicht  und  Re- 
flexiv.!sei,  4ass  Alles  heiyergesucbt  sei,  um  den  Oontrast  des 
Cbriatentfcums  mit.dem.  Beid^hum  und  «der  heidnisehen  Bildung 
.  so  jsturk  #ls  mOgUoli  hervortreten  s»  lassen,  dass  man  nicht  redit 
efauüeliei,  wie  .Paulus  in  den  Areopag  kommt,  daas  die  Bede  des 
Apoatels.  V.  at   viel  zu  rasch  und  zu  abstossend  mit  der  Auf- 
erstehang,  4eren.  ürwAbnung  bei  adnen  flkdiereni  den  schlimmsten 
.  Biiidiniak  macheA  musste,  hereinfalle,  dass  die  Behauptung  V.  23 
von  einem  AHir  des  unbekannten  Gottes  eine  Verwectelung  ent- 
halte, die  PanlttBi  «I  Ort  und  Stelle  sohwerlioh  begangen  haben 
würde*    Gegen  den  letztem  Punkt  Hesse  sich  wohl  Einiges  ein- 
wendM,  dton  hat  auch  Baur  S.  17tf  eirschopfend  nachgewiesen, 
dass  es  in. AAen  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  kebien  Altar  mit 
der  lnsehrift'iryK(HrT(j(>  ^^,  sondern  nur  solidie  mit  der  Inschrift 
ayvmTOig  '9solg  gab,    und  hätte  auch  jene  ohne  Zweifel  nicht 
d«m  tanbekannten  Gott,  sondern  nur  einem  unbekannten  Gott  ge- 
golten, .so  wäre  doeh  immeiliin  meglicb,  dfiss  Paulus  die  Inschrift 
Msoh  griesett  und  aufgefasst  hätte«    Dagegen  mOssen  wir  die 
lUehtigkjeit  der  übrigen  Bemerkungen  zugeben.    Man  nimmt  zwar 
gewohnlich  an,  der  Apostel  sei  nicht  vor  die  Versammlung  des 
Areopagitenhofs  geführt,  sondern  es  sd  nur  das  Lokal  dieses  Ge- 
richts, welches  unter  freiem  Himmel  abgehalten  wurde  0»  von 


*)  Hermann,  Griechische  AntiqaitiLtea  I,  232  f. 

17^ 


260  Paulus  in  Athen. 

dem  neugierigren  HAnfeii,  um  Qtn  Väh\na   m  WSten^^ViiAiizi^'HMr- 

den^  allda  der  Ümdtand,  da««'  sich  mnilsr "den  wüiii^eii  Von '' Aleäom 

Bekehrten  ein  Areopagite  befindet,   weist  nach  'Banr^s^rA9lffi^r 

Bemerkung  anf  eine  wlrkli<^he  Verd'ammlang  des  'Areopag  hin,  nnd 

eben  hieranf  werden  aoch  die  Worte  V.  19:  iTcihxßi^äfOt  kxmov 

inl  T6v''*A(>Bioif  TToyov^yayov,  verbunden  mit  V.  22:  a*cot3^isii 

6  navlog  iv  fdaij)  tov  bi0öv  nayov  Jdäbti  ztiUäiihsr'niAf^ii: 

'  Paulos  wird  als  ^iv(BV  datfxoifiwv  ycatixYytXevg  (V.  18)  ei^riifbn, 

auf  den  Ai-eopag  gefOhrt,  und  hier,  hiitten  Im  Arää^agns,  sj^Häit 

er  —wie  konnte  'diese  der  Lesei^  anders  Verstehen, 'a!)^  dkVöa, 

dass'er  sich  vor  4em  Areopag,  als  derjenigen  VMi^)c^tfm  v^i^nt- 

worten   gehabt  babe,  welöhe  die  bestl»henden  fiteii^tze,  ÜKlittJädich 

\  die  AeiigiMnigesetze,  gBgen  'NuaohHfgen  za'bdliAtz6n'hatti*f^  BMa- 

nert  doch  auch  der  ycaxayyeXevg  ^evwv  daifiovUav  selbst  fai^lktiB" 

dtndk  an  die  Ankliige  gegen  gokratesi  d&iitBl .  i-'hsQa^  x^ya  dae- 

~jEfm/£j[7  «J^^^n^  (Xen/Mem.  I,  1),  nftd  die  Abftffat^ng  d<iir  Mi- 

J6s  auf  den  Ariopag  an  die  Abftth^OBg  des  j^^ittos'  Vei<"lbus 

r  Bfüedfluuk.^)    Der  Untiinchied  ist  nnr,'dass  Alles  Veit 'biOttlMbr 

,  hefcg€4itv  dass  Paolos  nicht  verklagt,  JBondern  Mos  btthragt^WiM. 

:.:€(eschiohtliah  konnte  aber  dieser  Zog,  Yiat^b  dem  gttnzen  dMmkter 

i  der  hier  erzfthl(»n  VeitAndlang,  nicht  liein,  denn  trine  CMrüftts- 

-  BitlEung  kiim  !aioht  so?  aasgehan,  wie  die  vöHiegefade  V.  ^t  TAhg 

.man  itan<  mit'Banr  bdh^men,  dass  die*  Sage  von  der  BisUiiraiig 

.  dnas  4jreopagiten  Dionysifas,  dnsem  VirtUBW  vonddaast  liiibe,"'dbn 

~  Auftritt:  Uk  den  Areopag  za  Verlegen^  öder  mag  (Bkkea  tinr  dess- 

..  bulb  gesoheii^  sein,  am  deih  Padlas  6tne  wogUiiM'felMrlioM'Cle- 

legenliiedt  zur  Ans^ilianders^t^Bg  seiner  Lciire  i&n'versfJhafl^iij"iAd 

den  Reden  vor  dem  jadisohen  Synedrinm  aneh  eine  vor  ikm^^ht- 

würdigsten  griechischen  Gerichtshof  gegenOberzudMlen^  «der  mag 

endlieh  noch  ein  Weiteres  Interesse  dabei  in's' iäpier  kidmeii  ,**  dai 

,sich  uns  vielleicht  später  entdecken  Mrd. 

.  Was  die  Bede  des  Apostels   betrUft,  so  'Aragt'  Weich  vor 

..Allem,  wodurch  ons  ihre  UrlEandlicbkeit  v^bOrgt  ist^    Lfisstr'sleh 

nun:  anf  diese  Frage  nur  antworten,  dass  udser  Verfteser  neinto 

Helden  auch  sonst. nibht  selten  \forte  in  den  ]IIattd'l^gt>  dib  üie 


')  M.  vgl.  mit  V.  18  f.:  'nvhs  Sh  rdv  ^Entxovqeltav\x*  8.  w.  avr^ßaXlor  o^c?,.. 
'  JmXöißojusPOl  tfe  avfov  hti  toy  ^Ji^eioy  ^nayov  yf^oi^o^y  c«  %  9»  1^:  ärdartjaav  Si 
Tivsg  Ttoy  ex  rrjq  avvaytoYtjq  ttjq  ZefO/u^i  uiiße^Cvtav  u.  s.  W.  xcii  hrunarTeg  <w- 


Paulus  in  Athen.  261 

;e^Sji^,|gffl|^Pfhpii  hf\e^^  wie.z.  «^  in  dm  petBi«|Äche?L  R^ 
d^j4f}f,,/pra|tqil  Wd  d<|«  ellteq  Ka(^ff4%  io^.dor.B^dp  6iii9»li)&l\9»  in 
d^^V^fifijJS^ffin  hßivn  A^wi^lcQ^ypfit,  '^^  4^..^W9I  Er^iähln^gpn  d^  ' 
P^i^flfj.a^iier, sein^  Bekehrung  nnd  das,  wfis.d^apf  f9jgte,.fio  liat. 
ei^.^^j.g^n^  Ober  wippende  Wahrsch^ü^icM^it  f(lr^  siph,  dieser  es., 
iof^^vjDr^lQ^ien^Jp  Fall  ebenso  m^cht^  dass.'er  in  der  b|&k,annien  Weise 
I   de^ ,  A^il.  fi-ei  componirte  Red^  als  wirlbJi^h  gebalipqp  bftb^delt 
^   Vnß  yfj^i^,^diff  historiscibe  Wjatgrscheinll(ph^i^  bqi  diesem, Verfahren 
^   übpT^at^tt.  nicht  selten  verlebt  wird,  so  l^abei^  wir  alles  B^cht,  za 
^   df^  irprn^jo^mngp   es  seji  nur  unser  Verf^er,  der  den  Apostel . 
^   V.  3.i   gjf^z,  unveroiittelt  gpj^ifi  mitdofi  Lebfen  ,auftrptej^  läs^,  . 
^   d^e^.  s|E»Hp|^.  Znb^(M:er^  die  allert^p^^  und,  djf».,, 

!   i»)  «iiftfi  ßj«: '^pvorliereltete  Versijuifnlj^  i^ui;  ^f^ß^ 

,    Erfolg  {hftben  konf[^ei^,  de^^  upper  3JSf)l;er.  Vers  berioh^t.O  .H^i;. 
Lehrwe^sheit  eines  Paulus  sp,heint  ein  »o^^hcis  Verfahren  nicht  zu 
i,   eotg^r^jch^n,!  wfk  so,. bessec.stjn^nt  es  aber  zu  der  Art,  wie  nuch 
^    soiu>,t  ;ii|^  unserer  J^c|ir|ft:  dpr^ch.  eine  plOtzUohe  möglichst  abstossende 
^    W^i^^pi)^  ein.Solt^lil^e^kt  und  ein  allgemeiner  Sturm  der  Zuhörer 
,    g9|[pn   dei},  Qedneir   erreicht,  wird^    M.  vgl.  c.  7,  51  ff.  1^8,  )S£ft 
^    Es  is^  diesig  aber,  oipht  der  einzige  Ppn(ct^  auf  dctn  tich  die  An- 
^    nabiae  s^tützeQ  k^nn,  dasj^  die.  Bede^  zu,  Athen  von  deii[i  Erzähler 
,    B^jfßji^  l^^^rü^jfiEi,     P(iulujS[^  stßht.  hier    dem,   bocfisten    griechischen 
I    Ri^llf  j^ousgericht,  qlcht  bjoi^  in  einer  aijfilogep  Stellung  gegentlber, 
^1)^  S^i9^)f^nus  der  hOcbsteif ,  jüdischefi  Behörde  ^  ^f!|)^^^  ^^^^  ^^^° 
I    ypjrVag  ist,  deip  seines  Vor^äpger^  so  verwandt,  ais  diess  unter 
^    dfp  Y.^^ndertep  ^usserei^  IJn^ständen  se,in,  konnte.    Wie  Stephapus 
von  Mitg]üeder^  einigj^jr^  jttfifschen  Schulen,  i»  Fojjge  einer  Streit- 
un^rrei^jang  vor  das  Syuedpunf  geführt  wird^  so^  führen  An^ehöri^e 
,     de;r  flan^ls  verhfieitef/sten  griciphi^chen.  §phulen^  den  Paulus  vor  den 
^W^Sfi  ^^e  l^t^pl^anus  vertagt  ist^  die  vä,(erllohe  Beügion  um- 
s^iQrz9,n  und  eine  neue  e.inf ühren  zu  wollen,,  so  w,i.rd  Paulus  di^^ 
4er.  befragt,  ob  Cjs  i/i^il^r  i?^,  dass^  er  Bjeue  Qottheitep  verkünjjige  , 
,     ~7  in  der  Sa^he  d^s  Gleich^.,  n^ur  in>  GriechLpch^  tibersetzt,  — 
^     wie  Stephanus  den  Juden   erklärt,    dass  der  Tempeldienst  aller- 
dings aufhören  mttsse,  denn  Gott  wohpe  nicht  in  Tempeln,   die 


')  D,enn  Neander's  Annahme,  S.  325,  dass  V.  3i  die  Worte  des  Apostels 
nur  im  Auszug  wiedergeben  wolf^,  widei;spricht  dem  exegetischen  Augenschein,  der 
Verfas'ser  giebt  diesen  Vers  gerade  ebensogut,  wie  das  Frühere  ^  als  die  eigenen 
Worte  des  Apostels.  ^     '  '       . 


262  Paulus  in  Athen. 

von  Menaohen  erftaüt  sind,  so  ragt  Panliis  den  Athenern  das- 
fidlie^},  die  weitere  Anwendung  auf  den  Götzendienst  natürlich 
beilttgend,  wie  Stephann«  vor  seinen  jüdischen  Znhüreni  an  der 
Hand  der  alttestamentiüchen  Geschichte  die  Wohlthaten  schfldert, 
welche  Gott  dem  israelitischen  Volk  erwiesen  hat,  so  schildert 
Panlns  vor  einer  heidnischen  Zuhörerschaft,  auf  die  Ideen  und 
Aussprüche  der  griechischen  Philosophen  hinweisend,  die  Wohl- 
thaten, die  er  allen  Völkern  erzeigt  und  erzeigt  hat,  indem  er  zu- 
gleich die  bisherige  Verkwnnng  dieser  Wohlthaten  ähnlich^  wie 
in  der  lystrensischen  Bede  c.  14,  16,  und  wie  in  einem  andern 
Fall  Petras  c.  8,  17,  mit  der  von  Gott  zugelassenen  Unwissen- 
heit entschuldigt,  wie  endlich  Stephahus  durch  die  unerwartete 
Heftigkeit  seiner  Schlussworte  den  Sturip  gegen  sich  hervormft, 
so  nimmt  auch  die  Bede  des  Paulus  V.  31  mit  einemmal  eine 
Wendung,  die  seine  softvrtige  Vnterhrechung  veranlasst.^}  Bei 
einem  solchen  Verhftltniss  der  beiden  Darstellungen  kann  man  sich 
der  Vermuthung  nicht  erwehren ,  die  zwei  Beden  und  die'  Vor- 
gänge, von  denen  sie  eingerahmt  sind,  seien  aus  einem  und  dem- 
selben Geiste  —  dem  unsers  Verfassers  —  hervorgegangen,  der 
Auftritt  in  Athen  sei  nur  das  Gegenstück  zu  dem  Auftreten  des 
Stephanus  in  Jerusalem,  und  d\p  Verschiedenheiten  zwischen  lei- 
den Scenen,  die  sich  allerdings  Jedem  aufdringen,  seien  nur  darin 
begründet,  dass  die  athenische  statt  des  jüdischen  auf  hellenischem 
Boden  spielt,  und  statt  eines  tragischen  Ausgangs  auf  einen  ge- 
finhrlosen  Schluss  angelegt  ist.  Von  hier  aus  auch  die  ganze  An- 
gabe vom  Auftreten  des  Apostels  zu  Athen  für  ungeschichtlich  zu 
erklären,  haben  wir  allerdings,  so  weit  wir  bis  jetzt  sind,  noch 
kein  Becht;  aber  sie  in  Frage  zu  stellen  berechtigt  uns  der  son- 
stige Charakter  unserer  Schrift,  welcher  von  der  Art  ist,  dass 
sich  die  Kritik  im  einzelnen  Falle  nicht  dabei  beruhigen  kann, 
keine  bestimmten  Beweise  der  Ungeschichtlichkeit  in  Händen  zn 
haben,  sondern  auch  noch  positive  Gründe  für  die  Geschichtlichkeit 
ihrer  Angaben  wenigstens  in  allen  den  Fällen  fordern  muss,  wo 


*)  C.  7,  48.  50 :  äXX^  ovx  o  vyjiotoi  h  x^^ono^i^o^  xaroixel  .  .  .  ovjfl  9 
Xei^  /lov  lno(tjae  ravra  narra;  c.  17,  24:  o  &€6f  6  noi^aat  tov  xoajuov  xm 
nävTa  rä  Iv  avrw  .  .  .  ovx  ev  ;fff«^o7rot)froi5  vaoXg  xarouceT. 

*)  Im  Ausdruck  erinliert  V.  31  an  die  Worte,  welche  10,  42  dem  Petrus  in 
den  Mund  gelegt  sind  —  gleichfalls  ein  kleines  Anzeichen  von  dem  lukanischea 
Ursprung  der  Rede.  —  Noch  einiges  Weitere  s.  im  letzten  Abschnitt  unserer  dritteii 
Abtheilung. 


Pftnln«  in  Ephasut.    Dia  Johannaajaogar.  263 

etor  ■rzAUong  Bleiiieiite  von  geiebiohilieh  eweiCdhafter  Be- 
aohafl^Mt  beigemiBoht  sind.i) 

Auf  den  Boriobt  unserer  Sehrifl  Aber  die  ^nifanmkeit  des 
PMdiw  in  Korinth  (e.  18,  1— 18)  werden  wir,  so  weit  er  zu 
kritinobe«  Bemerknngen  AnlMs  gibt,  später  nodi  zarflckkommen, 
wietohalb  wir  ibn  hier  tibergelien.  Ans  demselben  Grunde  gelien 
wilr  rai^  auf  die  Beise  des  Apostels  naoli  PaUstinn,  e.  18, 1^—38 
niol^  n&her  ein,  sondern  wenden  uns  sogleich  zu  den,  was  e.  19 
ttber  sainMi  ephesinisohen  Aufenthalt  «rzählt  ist 

Das  Brste,  was  hier  anfallt,  ist  die  rflthseUuilte  Ersefadtaung 
der  Joluinttesjflnger  e.  19,  1—7.  Eftthselhaft  ist  diese  Erscheinung 
desshalb,  .weil  die  Zflge  ihrer  Schilderung  zu  keiner  einheitlichen 
Aiseluumng  zusammengehen.  Auf  der  einen  Seite  sind  diese 
JohanneqOnger  fiadrjtcä,j  d.  b.  nach  dem  ausnahmslosen  Sprach* 
gebmoöh  unserer  Schrift,  Christen,  sie  haben  den  Christenglauben 
angenommen  (mazeuacn^eg  V.  M),  auf  der  andern  stehen  sie  doch 
dem  Cliristenthum  noch  so  ferne,  dass  sie  weder  auf  den  Nameu 
Jesu  getauft  sind,  noch  vtti  ehimn  heiligen  Geist  etwas  gehört 
haben.  Scheint  schon  diess  widersprechend,  so|^eriidht  sich  die 
Schwierigkeit  noch,  wenn  wir  aus  o.  18,  24  f.  von  einem  andern 
Johannei^flnger,  dem  Apollos,  erlUiren,  welcher  im  Christenthum 
uaterrichtet  {xcmjxrifiivog  zf/v  odov  tov  xvqIov)  ist,  und  mit  Aus- 
zeichnung als  Lehrer  desselben  auftritt  (idldaaxsv  dxQißwg  ta 
Ttefl  tov  hvqLov),  aber  nichtsdestoweniger  von  der  Taufe  auf 
Christum  noch  nichts  weiss,  sondern  nur  von  der  Johannestanfe« 
Wie  Iftsst  sich,  muss  man  mit  Banr  (S.  183)  ftragen,  dieses 
Beides  zusammendenken  und  zu  ehier  klaren  Vorstellung  verbin- 
denf  Neander  glaubt,  wie  schon  ftUher  Olshausen,  jene  Jo- 
hannesjünger seien  bei  einer  sehr  mangelhaften  Kenntniss  von  der 


^)  leh  sehreibe  das  Obige  auf  die  Gefahr  hin,  dass  Apologeten,  wie  Lechler, 
(d.  ap.  und  d.  nachap.  Zeit.  S.  10  ff.)  darin  aufs  Neue  „eines  der  befremdendsten 
Zeugnisse  von  der  maasslosen  Willkühr**  unserer  Kritik  sehen.  Ich  meinestheils 
vermag  in  solchen  Urtheilen  nur  einen  weiteren  Beweis  davon  zu  sehen,  wie  wenig 
sich  die  Mehrzahl  unserer  Theologen  die  Natur  und  Aufgabe  einer  historischen  Be- 
weisführung klar  gemacht  hat  Statt  zuerst  zu  fragen,  ob  eine  Angabe  hinreichend 
beteugt  ist,  und  diejenigen,  welchen  eine  genügende  Beglaubigung  fehlt,  nach  ander- 
^fitjgpn  Gründen  der  historischen  Wahrscheinlichkeit  zu  beurtheilen,  setzt  man  die 
Zuverlässigkeit  der  Zeugen  auf  den  oberflächlichsten  Beweis  hin  voraus,  und  schliesst 
nun  sofort  auf  die  Richtigkeit  aller  ibrei>  Angaben,  sofern  sie  nicht  geradezu  etwas 
^undenkbares  enthalten.  Was  wäre  aber  Theologen,  deren  erste  Voraussetzung  das 
Wunder  ist,  undenkbar? 


264  Panias  in  Epheiui, 

Person  mid  Lehre  ChiMI^  stehen  geUtebeii  (ß.  StA),  vM^tteelhe 
Vorstellang  wendet  er  nach  auf  Apollos  an  (S.  876),  nnheUm-- 
mert  am  das  }eixTf]x^l^^^  ^V^  oddv  rov  xvqIöv  nM  da«  idUkkaxev 
ccKQLßwg  tra  neQl  tov  xvqIov.  Aehnlieh  meint  Baamgartcm 
Cn,  a,  986),  Apollos' habe  hl  Jesas  nnr  einen  Vorlftafer  das  Mei^ 
sfM  gesehen,  wie  in  Johannes,  als  oh  ein  genauer  Kenner  der 
Lehre  von  Jesu  hetasenf  konnte,  wer  selbst  mit'  dem  ersten  Gnmd^ 
art&el  von  der  Messfanität  Jesn  noch  nnbefcannt  ist!  Sollie  aber 
dooh  noch  ein  Zweifel  in  nns  Ohrfg-  bielben ,  so  beseitigt  ihn  Ne- 
ander  mit  der  Behauptung  (S.  S6i):  „von  einer  an  sieb  ntfbel- 
haftetf,  nnbestimtttotf  Ersehelnmig  könAe  man  kein  In  bJaren  hml' 
bestimmten  zogen  ausgeprägtes  Bild  entwerfen.^^  Aber  diese  Be- 
merkting,  anch  an  steh  selbst  ntir  halb  whhr,  kann  in  keiMmfiU 
die  Zasammenstellnog  so  widersprechender  Zflge  rechtfertigen^  wie* 
die  genaue  Bekanntilfohwft  mit  der  ohristlichen  Lehre  und  die  UA-^ 
brt:alintsehiilt  mit  der  chrfstSehen  Taufe,  die  dooh  unter  die  eiBten 
Aofhngsgrtbide  des  Christenthums  gehorte,  vgL  Ehr.  6>  3»  Diese* 
Züge  sind  in  der  Wirkliehkeit  schlechthin  nnvereihiar;  sie  kennen 
daher  nur  der  Darstellung  unseres  SebrlftsMlen,  nicht  dem  obipek«- 
tiVeto  ThatbestaM  angeboren,  und  die  Frage  kann  nicht  sein,  wio 
wir  uns  die  gecrchiohtliehe  Brseheinnng,  von  welcher  dieselbe»  bi^ 
richtet  werden,  itondern  nur,  wie  wir  diesen  Bericht  selbst  an  ei^ 
klären  haben,  i)  lieber  die  wdtere  Ei'zäfainng' ^oi)  deii  JohaaHbs- 
Jüngern  ist  n&eh  Maassgabe  unserer  Mheren  Erörterungen  In  Ae* 
treir  des  yXdaoait  AiorAefe'  za  urtheilen^  das  nstttrHoh  aaeb  Mef 
nicht  anders  verstanden  werden  katin^  als  hi  dem  Sinn,  Wie  äs  dici 
Apg.  nach  ihren  nnsswehteätige»  Evkiähn^en  a  2  vgL  mit  a  fO, 
47.  ±if  15  veratanden  wissen  will.  Auffallend  ist  ttbrigens,  dhas' 
die  Jcfhannesjtfnger  des  Itten  Kapftds  neiDh  einmal  getanll'  wei^ 
den,  während  bei  Apollos  davon  nichts  erwähnt  wird. 

Dem  Bericht  tiber  die  Johannesjonger  folgt  o»  19,  11  tl  äne 
Schilderung  von  der  Wunderwirksamkeit  des  Apostels  in  ri^hesns, 
welche  durch  ihren  mirakulOsen  Charakter  zu  dem  Unglaublichsten 
gehört,  was  dieser  Art  hn  N.  T.  fiberliefert  ist;  es  sollen  so  viele 
und  so  grosse  Wunder  durch  Paulus  geschehen  seui,  dase  aettst 
die  Sohweisstflcher  und  Schfirzen,  die  er  getragen  hatte,  die 
Kranken  und  Besessenen,  welchen  sie  aufgelegt  wurden,  gesund 
machten.    An  eine  natürliche  Erklärung  dieses  Erfolgs  kann  nicht 


<)  Hievon  tiefer  unten. 


Wander;  Sl«g  über  die  BlB0le.  265  • 

lielMn^  fiMni  ^-Büitgtt  ^  zil  vMiotssed'  vermoMit  hOkn'i  wtaai»  er  eim  • 
'  soldhe   Wi#U&g*'  iiiUitf  et^^  mr  ta  Mii  ehilMi  Mteri  awlenl'>FaM,* 

*  unter'  MMio«iih«^  gdnBttjpett    UteiMiMleii'^   BoAdeni'  nyeljwäviBif/* 
\v4e  diedäi  mfcfa^dtrDimMiiuig  QnMfw  Sebrill  dar  PallMWU^  ^o^ 
habt  hftlbte.'    AberrMlbiii' vom  StaindjjiQfllrt'dM  Wüteifflaab^ 

*  hat  «in»  so-  ^Adi^i krasse  und  magiBc^e  Voinstelliiaf  ober  diei  HaMM»-^ 
kraft' dM  Aiwstoli  alhs«  viel  Anstfibi^e« ,  und  es  geMrt  6tirii>' 
daira;^  laH  M^f&r'z.  d.  S«.' fmi  Namdaidar  ^^hiattriacheoiRrMttF^i: 
za*  v^ristalfetai^  ,<;dto  der  Wandeitoalt  Jen  analfage  HailUrafl-  Paoll^ 
habe  #aitilr'6elim  \(rEllen  venaittcilat  der  Vaeber^  wek^ba '^^ant  ihto 
erMtiy  vriir4a»V)  kdf  dla^  UHumitm  Salfekte  tiHergaMtatv^wavdaB>i 
könneo/^    Wir  wenigstens  wüssten  nicht,  welcher  Reliqoieiile|fandai' 
Bick^^le  ;)falstMMie  IjiCiV«  aach  m  seMaeü  hittes  wein  ala 'sieh 
solahe  AnHahhiea  gafnilen  Idsst.^)    Jena  apastoUadia  WiindefrkiMfcr 
das«  Paulils'arsttieial'in  eftieni  am  so  glMzendern  Liokta,  i0'\M** 
ständiger  (dib  jüdisf^tie  ond;  die  bddnisbhe  Magie  dadurch  iii  SMriat^* 
ten*  gbstellt  wfrdi    Iu>  diesem  Sihn  haben  wir  es  wohl?anftnlhfMien^i- 
daaa  unser  Veifasser  unmittelbar  an  die  Sebilderang  der  paidihfsitoit 
Vander  die:  zwei  Htzfthtaingien  Ober  di6  jttdisohan  Bzorcistan  M^  - 
mi44^17j  «ad 'die  f^rbPbnnaiig  der  efhasinisafacn  ZMMrbOihdfj 
l*^i  18^  IL  ÜiiifMKhBbldb  Vbrmilb  irind'  ah  aioh  denkbai\  bs  kSUnte  > 
wähl:  aaWy  dasv  eine  Bande'  von  Bsoraisteil,  die  isiohi  fttr 'Mhhe 
oier  .fttr  J^eMler^)  efaieb  jQdisohen  Obei]^esttfs 'ausgabdh^   bai: 
einem-i  Wahndhidgan,  dam  etwas  von  Fautos  hn#  vtm  dbipistiisiz« 
Ohrbu"  gekommen  war,  die  ErMimng"  von»  dnr  Veigddichlietttifattr; 
Kmät  mMkie^  pa  hat  av  irfeh  nichts  Unü^alurschaihlkAes^  dass.  i» 
Ephesus,  diesem  Sitz  griechisch-orientalischer  Magie,  unter  den 
Nenbekehrten  sich  Mimche  befanden,  die  fritfier  vecb^tene  Kttaste^ 
getrieben  hatten,  und  nun  ihre  Kaub^bAoher  verbrannten,  wenn 
auch  der  Werth  dieser  Bttcher,  50,000  Drachmen^  selbst  nach  da* 
m&iigÜn  Wucherpreisen,  etwas  hoch  scheüit.    Aber  der  Znsammen- 


^  Wer  etWH  nocli  eiike  Beistfttigaiig  dieses  ürth<$ils  wflQschen  sollte, '  der  ikann 
sie  jefart  in  R a n  mg aT t en*  s  Verttieidigang  uneerMr  Erzählaog  (Comm.  11,  b,  1'5  ff:)  flo« 
deo^'die'  sloh  nenflioli  unverändert  auf  den  lieiligen  RecJL.  zu  Trier  oder  j«de-a|idepe'* 
d(}vartige'  Rett^üie  überti^n  Hesse.    Es  sclieint  auch  wivkticfa,  wenn=  nnr  di»Aeclil^  t 
heit  deii*^faeiligeB  fteeics'  zn  be^eieed  wSre,  so  fitnde  tk  a.  a.  O.  seine  Wundier  ijinii 
in  der  Ordnung. 

^  Wie  das  Wort  von  Baur  Paulus  199  eridtrt  wird. 


260'  Aufetand  d««  Demetriui. 

hmtg^,iä4mä  Aes»  fiiiig»  bwioMet  werften,' stoktandi  alo  yrm^ 
dftofelf^y .  denn  die  firBäklong  von  den  jfldleolien  Bxaroiatan  oeta&t 
dte  WndMRHuiten  dte  Panlns  iheil«  voramB,  theiki  dieiit  sie  ihMB 
zfv<  Folieyund  sie  «eheint  iaiofeni  dnranf  toreelinef^  denBindraek 
der  venttgehenden,  offenbar  nngeechtehtliehen  Angaben  za  ver- 
fllArken;.  mit  diesem  Vorfldl  eetnt  aber  nneare  Sohrift  V.  18  aaoii 
die  Verbtennnng  der  Zanberbtieher  in  Verbindong,  wenn  eie  die- 
selbe« als  eine  Wirlning  der  Foroht  darstellt,  die  sieh  in  Folge  des- 
selben »vnrbk'eitet  hatte»  Von  diesem  Zosammenhang  za  abstrahirea, 
haben  wiff!  kein  Bebht,  «ad  kttnnen  wir  auch  nicht  befaanpten,  dass 
die  fmgliolien  Eririihlangen  nur  diesem  ZosaaunMhai^  ihre  Ent« 
stakiing  vecdanken,  pnd  desskalb  naUstorisoh  sefai  mtspen,  se 
kAnn«ft  'wfar  doeh  ebensewenig  bestimiMn,  wie  viel  daran  gescUckt- 
lidifisi 

.  Ais  demselben  GesiehCspankt  beirachtet  Banr  (Paolos  i.41) 
att^  die  JBrzfthiong  vom  Aofstaod  des  Bemetrios,  19,  28  ff.  Er 
siiM'iB  derselben  ein  idealisohes  Gemälde  von  der  erfolgreieh^ 
WirksMDkeit  des  Apostels,  die  selbst  den  weltberühmten  Tempel 
dfir^epimsijleken  Artends  in  Gefahr  braohle,  zo  verOden.  Und  die 
Mdgliehkliit  :dieser  Aoffassong  werden  wir  idckt  Iftognen  kennen, 
wenta  -wir  den  sonstigen  Charakter  onserer  ISehrift  in  Betracht 
ziehenu  Doch  sprechen  in  diesem  Fall  neben  dem  Umi^tfid^  dass 
die  Bfifthlong  an  keinior  inneren  ünwahrsoheinliohkeit  leidet,  aooh 
meihrere  kleine  Zflge,  für  deren  Brdiohtang  sich  kein  AnhuM  sMi- 
gionf  will  Cwie  V.  29— dl.  3B)j  zo  ihren  Galisten,0  ond  mag  aoeb 
die  lebendige  Aosmalottg  der  ßcene  theil weise  dem  Verfasser  an* 
gdiOfen^  se  scheint  doeh  dh  Thatsaohe  richtig,  dass  kurz  vor  der 

Abreisendes  Paolos  von  Ephesos  Unrohen  gegen  ihn  aosbradien. 

,.•,••■  •  ■ 

5.'  Die  letzte  Reise  des  Paulus  nach  Jerusalem,  seine 
<■ '  *  ^  palästi&ensische  Gefangeüschaft. 

I  '   .1  •.  i.  '  .  .'•  .  "      ■'  .       ' 

Sclion  vor  dem  Aof^itand  des  Demetrlos  hatte  Paolos  beab- 
sichtigt, nach  Jerosalem  zo  reisen,  noch  vorher  aber  Macedonien 


..  t-^)  ifiie  An^e  2.  Kor.  1,  S  natnlich,  wekhe-  Wie  sei  er  Ghronol.  d.  ap.  Zeit 
54i<fl  <atif  imsere'  Erzählong  beziekt,  kann  man  für  dieselbe  eo  weaig  anfahren,  als 
dasf  •^^(O^i^etv  1  Kör.  15,  32,  da  Paulus  nach  der  Apg.  in  keine  persönliche 
Lehensgefähr  kam^  wollte  iUan  vielmehr  in  den  hier  angedeuteten  Ereignissen,  was 
allerdings  nicllt  unmögKch  wftre,  den  geschichtlichen  Anlass  für  unsem  Bericht  fin- 
den, so  müsste  man  an  dem  letztem  nicht  blos  mit  Wie  sei  er  Genauigkeit  und 
Vollständigkeit,  sondern  aujihidie  Mstorische  Treue  vermissen. 


Letzte  Reise  des  Paulas  nach  Jerusalem.  267 

mid'lAbhäbi  zii'  besnchea  (b.  i9,  M}/  Nach  ffiesem  Eretgfiiiss'fthrte 
er  sdinen  Vötsitt  nuB  (20,  l):  er'  Ibegab  sich  tbet  BÜaoedonien  ' 
nach  GHedbenlanä;  hielt  sich  Kier  3  Monate  lang  anf,  kehrte  dann/' 
durch  eine' Nächstellbngiron'  Seiten  der  Juden  an  dem  kürzeren 
Seeweg  verhiiidbri^,  zu  ttande  durch  Macedouien  nach'  Kleinasien " 
zurück ,  isichiffte  sich  in  Assos  ein,  fuhr  fiber  Milet,  Tyms  und" 
Ptblemais  nach  Cäsardä/uhd  gieng  von  da  nach  Jerusjalem.  \'  ' 

lieber  den  Beweggrund  und  Anlass  dieser  Beise  theilt  unsere'' 
Schrift  nfofttb  Näheries  mit    C.  19,21  heisst  es  nur:  tag  dk  irtXf]-' 
QCü&Tj  iaikixy    ^dtTO  6  ItavXog  kv  rrj?  meifiari^    dieXdwv  tjJv 
Maxedoviav  xal  l^ixactav  noQSveaduc  elg   ^leQOvaaXfjfi^    diim\ 
OTi  f^kia  rd  yeviadxxi  fie  ixel  Sei  fie  xal  'Pdfiip^  Idelv^    Mail' 
Wird  S^HflieckenbiirgerO   darin  Recht   geben    müssen,    dass 
dieser  Wunsch,  nach  Jerusalem  zu  gehen,  für  welchen  gar  keini' 
wetterer  ÖruAd' angegeben  ist,  mitten  aus  den  Geschftften  und  Br- 
fblgeh  der  ephesinischen  Thätigkeit  heraus,  nar  Aach  Maassgabe 
von  c.  18,  21  verstanden  werden  könne,  wo  der  Apostel  gleich- 
falls ohne  allen  weiteren  Anlass  dorthin  reist,  nur  weil  er  schlech-" 
terdings  das  nächste  iPest  hier  zubringen  wiU;  zumal,  da  es  wie- ' 
der  eines' von  den  jüdischen  Nationalfesten  ist,  zu  welchem  er  so 
drhi^end  hineilt,  dass  er  selbst  an  Ephesus  vorbeifährt,  um  es  nicht' 
zu'Vers&umen:  ianevöe  yaq^  ePSwardv  ^v  mt%  t^  i^fiigav  t^g 
Tt&h^Tjxbarifg  yeviahxxi  dg  %Q0(r6lv/ia  (20,    16).     Zu  Gunsten' 
dllsä^  Auffassung  verweist  Schneckenburger  nicht  ohiie  Ortind'^ 
atiib'  a^f  c.  24,  11.  17,  wo  Paulus  den  Zweck  seiner  Iteise  aus- 
dftfcilich  dahin  bestimmt,  in  Jerusalem  anzubeten  und  zu  opfern, 
und  auf  das  gänzliche  Schweigen  unsers  Verfassers  von  der  melir-  ' 
mbna'äibhen  Iteise  nach  Achaia,  welche  hier  ior  JeruiBiildhi  völlig' 
iBf  ken  Hintergrund  tritt,  Während  doch  schon  allein  dfie' Ordnung 
der''koHtitliifitöhen  Veriiältnisse'sie  zu  einem  wichtigen  Akt  ui  der* 
Wirksamkeit  des  Apostels  gemachi  haben  muss.    Nun  sehen  wir' 
aAer  aus  den  paulinischen  Briefen  2),  dass  Paulus  eine  sehr  be- 
sttmnile  Veraalassuiig  zu  jener  Beiae  gehabt  hat,  die  Koill^kte, 
deinen  Ertrag  er  ohne  Zweifel  desshaib  selbst  überbringen  wollte, 
Hin  den  günstigen  Eindruck  dieser  grossartigen  Handreichung  zur 
Versöhnung  der  Palästinenser  mit  seinem  Whrken  unter  den  Heiden 


0  Zweck  der  Apg.  S.  67. 

^  1  Kor.  16,  i  fif.,  2  Kor.  8  f.,  Rom.  15,  25  tf.  und  dazu  Schnecken- 
burger S.  117  f.  '  ' 


268  ^^^  I^Ute  Beise  des  Panlup  nach  Jerasalmn.; 

z^^bßl^^p^:  IMaÄ.dkper  Beweg|rn»iid  iiP4^fiQ,.v;ei;f«s9YK,iii9Hi^,. 
lo^iwt  geliUdkeii  flei]i.,floUte,,i8tweiiig8t^iMiJii  dem  JFi^v^^WAj^Kim 
wirUiph .  eip .  Begleitear  des  .^^stel^  w«r ,  spUecl^tluif  .iifi^eii^bDr,} . 
al^^jT  auch  eto<.Sp^t9rer.mii8ete,t^Qa  dnrok  d|e  Briefe  des  P/iu^i|fK 
d^  eijß^BBk  solchep  s^werliob  fehUieii,  Ihails  durch  dep  Bei^eberip^; 
dfi9.  AngeiMpengeDy  welcher  in^  letefen  Theil  der  Appftelgeschic}»^ 
benutzt  z^  sein  sehest,  vpm  dem  SacbvertMilt  uf terricili^t  seiH) 
a||ji|i.  (^ss^  es.  4110b  miser  Verfiasseir  war,  wirdl  durch, e.  34^  17 
sehr  wahrsqfaeintfph'  Verschv^eigt  er  d^nn^ftch  d^^etgentUc^  BfptKV. 
d^r  Reise  ^)y  so  miiss  er  dazu  seine  besonderen  Gründe,  gehabt 
haben.  Weli^es  dies^  waren,  kann  erst  spftter  nntersnchtwerden^ 
al^jif^dass  es  niQht  eine  blosse  Lücke  der  Darstellung,  sondern 
eine.wir^chcf  A^nde.rung..de^;Tl^atbest(knd^,is)(,  mm.  4if>  ea  ^p^,^ 
hi^,  hOipdel^.kAnnpn  wir  schon  jetzt  behaupten.  Bs  wird  ja  VjiM 
blos.de^  wijrklifdie  Orjond  der  Beiae  verschwiegen,  sopidem  es  wird^ 
apph  statt  dessen  ein  anderer  angegeben,  welcher  nach  den  eigenen 
Br|il,4j:nng$in  des  Apostels  unmöglich  sein  eigentlicher  Bestimmunga- 
gTWi  gewes(on,sein  kann.  Noch  deutlicher  erhellt  diess  ains  dem 
U|Q9t9n4y  dasa  unsere- Schrat  den  Pan/qs  scI^cid  Ypr  seiner  Abreisp 
vpn  Siphons s  selbst  n^cb  vor  ^em.  Aufstand  des  Demetripa,  die 
g/fßl^  beptimm^e.Absioht  ausspreelff^i  llfsst,  nach  Jerusalem  2u>r^^ 
seuy.  w&hrepd  Paulos  selbst,  1  Ki^r.  16,  4,  in  einem  Briefe,  dcf 
ol^^.^weii^el^  um  e|ien  ^e  Zelt  verfasst.bt^},  die  jemsidemitische 
Bf^l^e,  nqpb  v,oa  de^  BrfoJg  der  Kollekte  abh&nglg  maohti  ^ei;< 
den,,^  sick  doch  er||t  tiei.  aoiaem  l^snch  in  Mac^nien  und.Achai^ 
unfi^ji;ric)it^n  koj^ufie.  Naqh  dieser,  iMit^ntl^chQu  flrkUfiuig  ist  ee) , 
ho^tfst  ui^)fraj[^9cheiuUo^  dass  e|r  s^hon  vor  dpm.  AufotanA  des  Df{T^ 
m^lfiß  4j9^  be^Ummf  entsclflo^n,  war,  ^  uni^p^e  Schrillt  aujg^plff^ 
u^./^q^n,  mo^  diese  Aug^«  ,mf/i  ifjrjejr,  gun^ef  A^iMIfafifiaiig.  *ei; 
je|:i^a^n^Viclf^%i^^iuiyerkewbj|p;>zi|8eiffme^^  sp  iH^id,/^Qh 
dij^^  ,d{Ub^cli  nicht  wen^g  ver^ftohtigt 

■  -  .U    l : s  •.     .     • 

'•-•^^öftn  c.  24,  17  Iftsst  ach  dÄH-Wäk-t^ftoacSi  «ur  im  einem- Akt  der  pep-  • 
si^oidteir  P^t  «e^en.  Hans  Uniäitisolus  %9A^  vdb:  einet  Gabe  in  dtn  Opferstock  de9 
T^Rel^  o4(9r.'€^t^i^.49bAU^aBt  niA^  von  der;  U^ecbrii^giuig  ,fuiier  Gejfi^iaAefi^tt^r 
8tto\uj^  ftjf  4ie  l>.q4.ür.(^eft  Christeo  verstehen,  und  um  die  Kollekte  mit  Baum-:, 
garten  U,  li,  48  aus  c.  20,  4  herauszulesen,  weil  die  Begleiter  des  Paulus  doch 
wohl  nur  als  Ueberbringer  einer  solchen  Gabe  gedacht  werden  können,  dazu  gehört 
ebensoviel  Muth,  als  Scharfsinn. 

,  3  l^ft  ,&eh^  hjprj^^^^  |)^ü.ckert's  ^pi^me^Hv  §,  9  f .   \^ie  sei  er  Chronologie 
der  Äpg.  S.  318  fif! 


EutytlA.    ReAe  des  Paulos  io  Miiet.  269    ^i. 

'    'fo^elBk  RtfisABflIrioht  c. -f 0' ff.  2feht  xnkiälThst  ddr 'YdtMH''liiU 

'Ab^Mtt  zVrar  ^eMens/ tfadfl  tiier  eine  wiridiclrcl  TödteitferWecktiilg 
(»biMhtet  Vri^MM  äoHe;  dnsfl'tfeni  lOfei^  doMt  so  ist;ii[At^Sbhtleiek4»ii^ 
^'Um*iev%^.'^4)  er^Wtlhnd'n^  Wie  wbiilg  V.'IO 

-UUIgigbif  «r#«it,'  MMit'MM6ii^'Mr«li'VeffgMchililg  ^on'ttt  »,''t4 
"tHhy^^lAisä^  ^vvi^d  ja  aber  eitif  nftieh  der  S^üMruttg  AitbUPrä- 
^l4tB;f^WH/mdkbr^W^  Uta»  ilie*MHtt^tittg  ifeiier  lelteiti^ft  ver- 
"iMrditf  «iftM  .nlidsen,  vött'dte'T^nibgftfelLteii  gesagt^^scflüe  Se^le 
''iMtf^tliffhiii.'  9ilg«j;eD  sdgtder  j^ze/'teit  alt^  uid'ireWeiKiiiiiMit. 

•  IHiM  l^elki^  lie'  M^drebibktteitfe  Votgvü^^);  itms 
'<lhMf  lfi5i^>iii(Mef  ijolöfle  M"dbüfkeii^»tr  Ciw^cllett''äten  Übllte  ies 

J4IUI  oUhAiM  ?">  iii0  »uMdl^dk^lr  'liMit  Ae '  b^^ej^mig^ir  ^ssM ;  'der 
'  ^«lilifMielH«ld(M  itSOftbili^  Md  l^eMd  bÜtMitHStbatofb- 

''il)iMiirfer>'äit'<B^fa«-<dib^ttr;  «tos  ^^»j/'^iM^^dc'^.^^  ikMit 
^'iflMhMMiMid  (Miilft:  ^f|^  <J$ 'y^*|0o^,' ^a0ä«jeiteer''«0i^dd'ife« 
-«tl^lMW^'iilMitfilbloisiila  Niitttoii  ddt'MweiSMideii,  •SBdnMir'lm  dge- 
'  «HM ' N«iieai*d68  «elttifllitcfM»  %(Mi4pte.  üfon^HMMiilnit mii  ftHin'- 
f)iitt|p  rdie^1llo|;j»ehifiei^  iiteht  äbs^  '^mi  der' Vedtgeglittile  Mdht 
:riDiliftllBh>Mt  >Mittr/im«  cibdttsoWiHiig  ile,MdA8#'<ttiiiiei'  f^rMamr  in 
^ der^ Qualle;  WeWher  ^r' Mnef ^Er%<likmg^MMoBiiiieiif  hH^  mr'ddeD 
nUMvHdbedV'itieiin'voob  «äsde^oMiStMÜkAeii-V^eiCttr  «MriWfe^  Mid; 
'^MMPf.  Mitte  w  te^lelinttov  I^idefl  OtadÜeMI^ 
'  M  tte  «nlaete  ■hK^UÜBg^  i^oB^»M!'««tooilbheMn  die'AiMi^ 
^«deieelfceifcrsir  cilierWilider»(idii4iiiKelri#eit    ' 

:    iVea  Müet*  aul  besohtefite  Mulus  *  (e.  SO,  flT)  die  ephetfitaiflellen  . 
•Cfeffleiadevefsteher^  ilm  «iei  neeh  eli^il  v#» Ihttea'iMi  TetabeoMto- 

•  <kiL  t  Bie  AHthentie  der  Bede,  w^lelie  iimi  die  Apoiftte^eMliicHte 
Mr  dieser  eUegeoiieift  'in  den  ilflnd<  Ugiy  wird  ««rar  gegen  die 
fliweifei  neuerer' Kfitftei^>  ren»  der  «efNKeilellAhMt^'MMts 

*)    V.  10 :   o  HavXog  hthcesBV    avTM'xai  aujunegdafttar  elm'  vgl.  2  Kön.  4, 
^'Mi'-'xäV  ^oiju^S^^  htl  -io  naMqioy  n.  §. 'w.'uhazi  ddt"  ganzen  Erzählung  f  Äon. 

•  W,  n  ff.  Äpg.  ^,  36  ff.  Mftttb.  9;  23  ff;  par.  'Wiff'Pauliri  Wer  V.'lO  sägt!  J/j} 
'  ^o(iii;f9«fo^::  7  }4«^i9iMJ|;f^  a^fj^'(«dr^  Icmar,  f o  ritaiut.  Luc.  Syi^6j^t->f  Mlal»t^, 

y^  ajfi&are  rd  xo^aaiovy   und  noch  ähnlicher  Marc.'5,^39:  t^  ^o^v^tjjfiAf  ^({al 

•  xlateri  li.  s*.  w. 

^  Baur  Pastoralbriefe  S.  92  IL  Paulus  177  ff.    Schneckenburger  Zw.  d. 
Apg.  183  ff. 


270  Rede  des  Paulos  in  Mflet 

,  genoHunen^)^  aber  «ie  wirUiohe  Widerlegmig  ^fes^r.B^fifel  10t 
,,  piohwerlioll  gelungen.    Die  erste  Fragie  ^ir^rd  s^öli.IiiejrJpiA  jieiiS 
ob  wir  abgesehen  von  der    Beechaffenheit  der  Rede  s^llwit  bip- 
Toiehenden  Gfrond  haben,   ifure  Aeehtheit  s^n  bebanpl^jn?  .Da.  ms 
,  pichts.  jtar^^beir  gesagt  wird^  auf  welchepn  Wege  s|e  dem  yer4liM»r 
^  fiberlief^rt  worde,  so  k^te.,^hi,4laae;iekfinptmg  MC  ipL  .AU- 
jremein^  auf,  vnser  ZntrM^Wk,jiß,.ß9bBLeT  }&nyv}/^^ 
,Aber  «iiild.  denn  seine  sofuMgen  B^ch^  M^irUiicib  van  ier  J^ 
.,;dass  sie  ein  solohee  Zatrau^u  ve^t(^rtigei|.y  /Prjigepi  i|»ii(PHftMPt,die 
Rf^den  .^ipaerer  Sohrifl;  dM  j<hirolpe<ba^|ge  Cileprägei  dV:Aut)iei>üe 
,  ^%  sich?  Nach,  alten  ErgiMßmß  nßßevfit  biahei^gw  IJiitmwfilwg 
.fE(M^ien  yn^  di^e  Fjrage  mir  vefpuififffi.  JBn.bli^eniaitiapKiHirudie 
i  janqr^n^  f^ns  der  vorli^s^nif^,NMe!#albsti  geaob«pfl»&  Merkwale 
..  fibr^r,  V^^,  wirkU4A  glaiibt  N  e^p  d er:,8Bwen  4avo|i  ^v.  «nMeotom, 
dffs,  ^ie  läpht  ans  Einem  .^loMa  init:deniii9aa9«m:  der  AposMg^ 
y^iaplfidite  .entstanden  leieL    ßt^  d^9)|Mbi;ig9^i  A||feii^irdea.ApM^ 
;  ^^Vt\^fi/fM,  c.,:20,  idl  stimme  mit  delr  elgeoan  Reohm«gi(«»ws 
ye^ffss^QI^D^  19,  %0  Hiebt  .reobt  lübiiiceiii.   Indessen  ist  dies«  Eeber- 
.eipMjtyawc  nkjbi  UeSidami.  yorhanden,  www  wir  :die  zQi»i;lmvat 
uA^  .^MmpiatfllSoiithait  de^^Paiaos  inSpheans  und  der  Umgegaad, 
,;;8<v4af».aiiol|.swemi  wr  #e  allein  auf  deatt^phesiiiisdieiiibilcleben; 
..flflpinn.da  müm  9  Mirea.«..  19,  |0  noch  die,  dMi//]IIoliat0jl9f  8 
.  iWbsi.der  nnbestimnitea  ZeAtfriat  t9,  as  hineiikommeni  aourhaUea 
,  yvir  jQftr  das  Verweilen  in  Bpbeans.  immMrUii.etwa  dritthalh  jaJure, 
^n  ^itranm,  der  in  nind»r  Zahl  fttglieii  aUi  T^sclaibesticfaiiet 
werden  konnte,  mit  mehr  Beeht,  als  .b.>:B»  der  *Dag  imd  ^a  sHiei 
,  ,]!^ftol|te9  die  €briatas  im  €hrabe  lag ,  far  drei  Tage  2a  galten  pfle- 
inin. ,  Weitere. Spuren  der  Anthentie  iiiidet  Neandar.in  der  ft*- 
.  ifrftbiumg  des  Unterrichts  ib  den  Hftttsem;  V.  20^  den  dla  firflhere 
...i:r|(fthlang  des  Lokas  aUerdinga  »nibbt  .barohrt,  aber  auch  niiiht 
:j9mecbtUe«st»:to>d€9ft  warnendtfi  Pnsphotenstimmen.V.J»,  die  aber 
als  ungeschichtlich  betrachtet,  jedenfalls  eher  auf  Lukas  fabren 
würden,  als  auf  Panlus,  als  geschiohtlioh,  auf  den  einen  so  gat, 
wie  auf  den  andern,  endlich  im  2ästen  Vers,  wo  der  Reise  Ae» 
Panlns  nach  Jerusalem  eine. Wichtigkeit  beigele^  werde,  die  soDBt 
in  der  Apostelgeschichte  nicht  hervortrete.    Allein  das  Letstere  ist 
'  nioU  richtig^  eine  höhere  Nothwendigkeit  der  jerasalemischeii  RMse 
behaupte  auch  die  Apostelgeschichte  21,  12  ff.  und  ischon  19, 21; 


')  Neander  a.  a.  0.  473  ff.    Baumgarten  z.  d.  St. 


Rede  des  Paulus  io  MileU  ^'271 

'Abiigeiu»  i^gt  es  Mch  mth  noeh,  ob  die  Worte  ÖBdkfdpoi'tif 
jwevfimi^  V;  29  Hiebt  mwh  Analogie  voii  V.  98  zu  erklfire» 'sirt : 
gebwideA  (geihngeii)  im  9ei8le.<  Asdi  die  Aeumkrtmgen'4w 
Apostels 'ttber  soki  nabes  Bnde  sollte  die  Aiitheiitie^dor*llede 'd<ur- 
tbü,  denn  der  Brfolg  bebe  ^  diesen  Brvrftrtiingen  niöbt  entsj^ro^oben, 
sie  messen  «Lsp  dem  Paulas  «elbst,  niobt  dem  spätor  sebreibenden 
Beriobterslatter  angeboren. ^3*  Aber  von  einem  uiimittelbajr  be- 
verstebenden  4od  des  Apostels  sägt  V.  9d  ff.  niobt»  ^3^  sondern 
nur  davim^  düss  Paulus  aud  seteer  0ofbag«nsobäft' niobt  wieder 
befreit  werden  soUe,  und/ das  ist  9tU<A  der  ApoiE^goisobiolite  su- 
folge  ntebt  gesebeben.  Mose  Spuren  der  Autbentie  tflirften  dirfier 
id^t  Yiel  bewöisen:  Welt  mebr  Gewicht  haben  unsere- 'Bräoblens 
i^sfeilge  entgegenstebende  Ztige.  Ftr^s  Erste  ist  die  Spriebe  der 
Bede  unverkennbar  die  des  Lukas,  nieht  die  des  ^ulnii  (&«•); 
haben  wir  bbör  niobt  die  Worte  dos  Apostels^  se  feonnen  wfar  be^ 
reits  au^  hMit  niebr  wissen^  wie  viol  wir  von  sehiett  Gedanken 
haben.  Sodann  enOmlten  die  AeussMvngen  nber  dasbohMPMdbeilde 
fSebielQMi  des  Apostels  (V.  9»  f.  9«)  und  flbörtie  lrrlohi%r$  vtreKäie 
In  Bj^esus  auftraten  werden  (V.  99  f.),  l^i^uiMg^n^  tÜe  einbm 
ffäüdnihim  pest  eMnUim  ungleich  ähnlicher  Mien*<*ils'Uaierbiltor 
4en  dumaligen  Verbftltnissoii  an^gesprocbenen  V^rmuthung'^  niMhte^ 
Paulus  aueh  inunerbin  ehie  „Abnung^^  seines beverfKebAttdenl^öies 
liabeBF  (IJ^eander)«  so  konnte  er  dodi  natorlieber^^tse  unttdg- 
•Beh  fldt  Slöberbelt  behaupten  (i^ot)  4yw  €ißa)j  diso  ihn  tarier 
der  VWsammelten  mehr  seb^  werde^),  und  liessd  lileb  dttf  be- 
stimmte Vorhersage  von  Irrlehrem  auf  dem  Standpunkt  des  Ape- 
'st^  au  und  Atr  sich  eher  erklftren^  so  sohefnt  dagegen  dt^  n&^ere 
Bezeidinung  derselben  auf  einen  späteren  Standpunkt  binzruweis^n; 
stott  der  gegenwärtig  vorhandenen  Gegner,  an  den^  es  Ihm'dobh 
nieht  fehlte  (1  Kor.  16,  9),  redet  er  von  solehen,  die  ^rst'nach 
s^er  Abreise  (oder:  nach  seinem  Hhisohelden)  komm^'  seilten^), 
und'zwar.  nicht  nur  aus  der  Gemeinde,  in  welchei"  er  die  Keime 
dieser  Irrlehren  schon  wahrnehmen  konnte,    sondern    auch    von 


»)  Baumgarten  Comm.  11,  b,  60  f. 

^  Und  ebensowenig  sagen  es  die  drei  Kritiker,  de&en  Baum  gart  es  unbe- 
greiflicherweise mit  der  Frage  entgegentritt,  wie  sie  denn  hier  ein  iyatiCinium  p09t 
eventum  annehmen  können,  da  sie  ja  «in  demselben  Augenblick  alle  dr^  sagen, 
dass  seine  Aussage  sich  nicht  verwirklicht  habe.<* 

s)  Vgl.  hierüber  Bau r  Paulus  179.  '       :i.. .      :. 

«)  AehnUch  1  Tim.  4,  1.  2  Tim.  8,  1.  4,  du.  A. 


.  272  ftBde  des  P^iütts  in  IfOet. 

:.aii0Mö  ber  (V.  »99  IL);iWia  «dtesoiilidelirar:  «dbft  «ipcti^hMüdie 

.  ikMtiflunte.  «od  kitte  ^iohiiWf^t  wAe,mbi  iia  «oMt  y^n  der  Pele- 

j»ik  deflitAiitflMs  geMTiitet  siad^  nr  .jeit  ideiMlbeB  eUffMMiBen 

Avadrttqtai»  fmehttdert,  ..^melcbe  tei.a^imteiii  JtaiurbiuidertfvoA.  den 

lilHie^keni  doner  taeil;>g|0lm»bt  «a  wMden  pitgeB  ^J:  les  sinAioy- 

.^ot/Mir^oi«., :  i  nWia  Bnbeattamlhdl  deis  MAmdr4i«k0r.wer  rmmVmhj 
iuWdt^.  ein  SpiUerer,  fahr  wf  JBuBCbctamf ep  Jiiiideatoni,wftltte9>4«neD 
rMblK^  CherefcterifliraMTiebiie  s«.gK«ltoiViA«iMb9oiiAimiiAiii»bltiW^ 
-tgleeir  T-  ittU9  derselben:  Viraa^heibehiiii  iwir  .%m  :diejieUAn!.(Mka- 
vy4«fD«gider  HAcetiker  ioi  dM.  Seaietiifrriefen'jnut  wi  erJUdr^n  -- 

(MB;M«fde!49BP«nlM  MMte^eieiwe ffirwdeniMbnen.  iWitiMm 
I  JWer  !^«e  .eine  U0terief*e*VM«epide,.w^Qbtrij||M>.Aep^efc^  »jpitim 
;  tipeiiiee  ifiitflehiob^hiMlbfin.  SiBe.iAheUibewFeiMiNMlMifti^e^i^SM- 
..^rw,fl«lbeu)tiV..a9v  vgl«  4>MiaJl,.  10<  C^  )ilii.ieitfMdtei|4//-n  »IMifsa 
i(.kmüit^>de8e  eaeh  /dievgemse  jXeedeeiivdeir  Rede  diMi^nMWMiW«! 
MtdeW'/atePdpMfcfc  ^^i  fipMeew  m  vMratlieAiiMrtieint.  i.Deniii.iVrtb- 
'jiPmAf  >fir .ifvMers  d«ii  voiBiiegagitdteii:  Uiisltodm  /ec^mir(eii.<eiinten9 
t.;d»0i  4ie  V!f9^llmvBg*nni»9»Anmgiih»,'m 
if^MierMideeiiJBeiwdibelt  der:  BedA.UUenotwerde^^e<t  AUwnt^idi^e 
»mettr  d«4INin,  neeir  S^hneokeiihBVger'e,  and/BAnr'e  fbobüfer 
.Huvwlimg^  i^e^ihiceheiie  epetegotocbeuBidWmg.  i  l>Pi  <derii  fitobil- 

4eimpg.der.yTre«einttd  Attfepftoroiig,  welebe-t Aiihie in  Rphen» 
1  Jit^oAr  wird  begemeii,  die  BrMr*bi»pe.  der  tetaeidea  fitaAbnn, 
.«.weMlie^  ^ort^felgt^.  wird  gJeiehMle  den  benAtoti,  die  Vodeewr- 
-tefoHiteeg  ^da»  Apei^I»  im  Dlenete.  de»  Herrn  ia^e. Liebt  zu  eleU^n 
fi  lYiM) }  i^Wt .  eine  .eneeaerie  Verrioherwg  eeincA  gewievenJ^n 
;  fi4iM#WhülUie  (Yv  9«  f.)»^  den%  oeek  karattBimduiHpg  iiiid>Wer- 
iiMVfif^'P^  d^ilriilebwrft^],  y.*ai  neeb  eloieel .eijie:  «tjpm^rwg 
fl^fdeO(ei!!9A(oliAi)lmJBilte4eeItett^  CV,  99^8^) 

jef|ifl!jiKeitjBrii  .AiBllKbr«fig..deeselbeo.Tbeiiie«    .Bedarf. webl.Pwlii8 
.^fieer.edaben  lSMbilyertbeIdig«pg>  «m  nicbt  SelbfUoflipfeUaiig, zn 


1)  So  sagt  z.  B.  Just  I.  ApoL  58  mit  Beziehoiig  auf  Marcion:   ^  nollo\ 

^0T«r.-««l  Smfmyu»^  yivwTaiy  und  mit  ähnliciiem  Bilde  nennt  Ign.  Smyrn.  4  die 
HäretiJker  ^^^  Hv^qnmofto^a. 

')  Auch  diese  kann  übrigens  einen  «|)ologetiaQhen  Zweck  haben,  sei  es  nnn, 
den  Paulus  Ton  Häretikern,  die  sich  auf  ihn  l)e^eiel^  <u  unterscheiden,  sei  es,  vor 
Gegnern,  die  ihn  herabsetzten,  su  warpen* 


Rede  des  Paulus  io  Milet.  273 

flauen,  gegenttber  von  des  Vorstehern  einer  Gemeinde,  in  der  er 
drei  Jahre  lang  gewirkt  hatte,  und  können  wir  von  einem  so  an 
seine  Sache  hingegebenen  Mann  erwarten,  dass  er  beim  Abschied 
von  Schülern  nnd  Geholfen,  die  er  nie  wieder^asehen  erwartete, 
statt  des  Vielen,  was  diesen  und  der  von  ihnen  geleiteten  Gemeinde 
nutzlich   sein  konnte,  nichts  Wichtigers  zu  fhun  hatte,    als   seine 
eigenen  Verdienste  In  immer  neuen  Wiederholungen  in  Erinnerung 
zu  bringen?  Pasat  dieses  niotit  ungleich  besser  fttr  einen  späteren 
Verehrer   dM  Apostels,   der  schon   die  Erfahrung  gemacht  hatte, 
dass  jene  Vardienete  von  Manclien  verkannt  worden?  Die  meisten 
Ausleger  wollen  freilich  diese  Tendenz  unserer  Itede  nicht  aner- 
kennen, so  offen  sie  auch  da  liegt;  wiewohl  fast  die  ganze  Rede 
nur  von  dem  Verdienst  und  der  Bemfstrene  des  Apostels  handelt, 
soll  dieser  doch  eigentlich  nicht  von  sidi  selbst,  sondern  von  An-* 
deren  reden,  nämlich  ebten  von  den  anwesenden  Presbytern,  denen 
er  sicli  zum  Beispiel  vorstelle.    Dieser  Auffassung  liegt  alierdings 
•  ein  rietuiges  Geftihl  dessen  za  Grunde,   was  man  von  einer  apo- 
stolischen Ansprache   unter   solchep  ^Umständen    erwarten   sollte; 
aber  in  der  Rede  selbst  macht  sich  diese  paränetlsche  Abzweckung 
nur  au  wenigen  Stellen  (V.  28.  31.  32)  bemerklioh,  wogegen  die 
Vertheidiguag  und  Bwpfehlong  des  Apostels  einen  ganz  unver- 
hältnissmässigen  ttaum  einnimmt.    Namentlich  «m  Schloss  der  Rede^ 
auf   welchen   gerade   das  ^Hauptgewicht  fällt,   drängt  sich   diese 
apologetische  Absicht  sehr  deutlich  hervor;  denn  während  wir  ans 
den    paulinischen   Briefen   wissen^   welchen  Werth    der   Apostel 
gegentiber  von  seinen   Gegnern  darauf  legte,   dass  er  sich  nicht 
von  den  Gemeinden   unterhalten   Uß^a  (1   Kor.  4,  12.  S^,  12  ff.; 
2  Kor.  11,  8.  12),  sehen  wir  aus  ebendenselben  (1  Kor.  9,  6  ff.i 
Gal.  6,6),  dass  er  doch  weit  entfernt  war,  ein  Opfer,   welches 
er  selbsat  aus  besondern  Granden '  brachte ,  auch  von  Andern  zu 
verlangen,  und  Ne anderes   Unterscheidung  (8.  480  f.),  dass  es 
sich  in  dieser  Beziehung  mit  den  Geiheindevorstdiern  anders  ver« 
halte,  als  mit  herumreisenden  lllBssienäien,  findet  keine  Sttttze  in 
»einen  eigenen  Aensserungen;.  in  V.  33 — 35  könnte  daher  der 
Apostel  gar  nicht   unmittelbar  sein  Beispiel  zur  Befolgung  vor- 
halten, Spidern  er  mOsste  seiner  Handlungsweise  nur  erwähnen, 
Qm  sich  als  ein  Muster  der  Gesinnung,  von  der  sein  Verfahren 
aasgieng,  als  ein  Vorbild  aufopfernder  Liebe  darzustellen.    Liegt 
CS  aber   wohl  im   Geist  des  Apostels,   statt  des  Beispiels  Christi 
sein  eigenes  so  in  den  Vordergrund  zu  stellen,  auch  wo  es  sich 

18 


274  Bede  des  Paulus  io  Milet. 

nicht  am  die  besondere,  durch  seine  Stellang  bedingte,  Behandlnng 
gegebener  Verhältnisse  and  praktischer  Fragen  handelt,  wie  1  Kor. 
4,  6—16.  10,  32  f.  li,  1,  sondern  um  das  Allgemeine  der  sitt- 
lichen Gesinnung  9 

Nach  allem  diesem  können  wir  unsere  Rede  nor  fQr  ein  Werk 
des  Erzählers  ansehen,  und  auch  die  theil weise  Änthentie  der- 
selben, welche  Schneckenbarger^    ttbrig  lassen  will,  niobt 
zageben;    denn   theils   haben   wir  nicht   den   mindesten  positiveo 
Grand  für  diese  Annahme,  theils  hat  sich  ans  die  gan^se  Tendenz 
der  Rede  geschichtlich  onwahrscheinlich  gezeigt.    Mit  der  Rede 
selbst  wird  aber  auch  die  ganze  Situation ,  welche  ja  nur  am  der 
Rede  willen  erzählt  ist,  problematisch,  ond  so  schon  und  ergreifend 
auch  die  Schlussscene  sich  aosnimmt,   so   glaublich   es  auch  Ist, 
dass   ähnliche  Scenen   nicht  zu  selten  vorkamen,  so  müssen  wir 
doch  die  vorliegende  schon  desshalb  beanstanden,   weil  sie  V.  38 
mit  dem  nngeschlchtlichen   Ausspruch  des  25sten  Verses  raotivlrt 
ist.    Was  uns  diese  Erzählung  wirklich  giebt,  ist  weit   weniger 
ein  Berieht  über  diesen  bestimipten  Vorfall,  als  ein  Rückblick  «of 
die  gesammte  apostolische  Wirksamkeit  des  Paulus,  welchen  der 
Verfasser  in  ähnlicher  Weise  in  eine  Abschiedsrede  desselben  ein- 
kleidet, wie  der  Verfasser  des  Denteronomium  seine  neue  Gesetz- 
^ebnng  in  eine  Abschiedsrede  des  Moses,  und  was  unsere  Schluss- 
verse  darstellen,  ist  nicht  sowohl  der  Eindruck,  welchen  die  epbe- 
slnischen   Presbyter  von   der  Rede  des  Paulus  erhielten,  als  der- 
jenige, welchen  der  Leser  der  Apostelgeschichte  von  der  bisherigen 
Erzählung  erhalten  soll. 

Die  weitere  Reise  des  Apostels  bis  zn  seiner  Ankauft  io 
.Jerusalem  bietet  der  historischen  Kritik  keinen  Anstoss  dar;  auch 
das  einzige  ungewöhnliche  Ereigniss,  welches  ans  derselben  be- 
richtet wird,  die  Weissagung  des  Agabus,  c.  21,  10  ff.,  ist  nicht 
von  der  Art,  dass  es  nicht  wirklich  vorgekommen  sein  ktfnnte: 
wer  die  Stimmung  der  jernsalemitischen  Juden  gegen  Paulos 
kannte,  mochte  immerhin  voraussehen,  dass  dieser  schwerlich  un- 
versehrt aus  der  Hauptstadt  kommen  werde. 

Um  so  bedenklicher  ist  gleich  das  Erste,  lyas  von  dem  Apostel 
ans.  Jerusalem  erzählt  wird  (21, 17  ff.),  seine  Zasammenkanft  vi^ 


^)  S.  135:  „(st  UDsre  Rede  eine  Coniposition  des  Lukas,  so  lässt  sich  leicht 
begreifen,  dass,  ohne  ihren  historischen  Charakter  im  Wesentlicbea 
zu  beeinträchtigen, ihr  doch  auch  man  che  Zage  ex  ttentu  beigemischt  wurden. ' 


I 


Paulus-  in  Jerusalem.     Das  Nasiräatsopfer.  275 

deA  jerusalemidohen  Prefibytern  ond  der  Schritt,  za  dem  er  sieh 
dnreb  diese  bestimmen  lässt.  Er  entschliesst  sich  auf  ihren  Rsth, 
fttr  vier  Nasiräer  die  Kosten  za  bestreiten,  welche  der  Schlnss  des 
Nasirfiats  mit  sich  brachte,  und  die  hergehOrigen  heiligen  Hand- 
longen mit  ihi^en  zu  ttbemehnien  (dyvia&tjtc  ovv  amdig ,  V.  24}« 
Wir  können  es  hier  ununtersucht  lassen,  ob  der  letztere  Ausdruck 
eine  i/iirkliche  Uebemahme  des  Nasiräats,  d.  h.  eines  abgekürzten 
Nasirftats  bezeichnet,  von  dem  uns  sonst  flretlich  nichts  bekannt 
ist,  oder  ob  damit,  wie  diess  neuerdings  Wiesel  er  wahrschein- 
lich gemaeht  trat''),  nur  die  Theilnahme  an  den  Schlussopfern  und 
den  damit  vei'hnndenen  Reinigungen  ausgedrückt  werden  soll.  Wir 
brauofaen  selbst  darauf  nicht  näher  einzutreten,  ob  der  Apostel  nach 
seinen  Grundsätzen  die  eine  oder  die  andere  dieser  Handlungen 
mitmachen  konnte,  in  Betreff  des  Nasirftats  ist  es  kaum  glaublich, 
denn  welchen  Sinn  hätte  ein  solches  Gelübde  gehabt,  wenn  nicht 
den  eines  verdienstlichen  Werkes,  wofür  es  doch  Paulus  unmOg^ 
lieh  halten  konnte,  wie  hfttte  er  sich  daher  demselben  ohne  Heuchelei 
unterziehen  können  Y  Dass  ihm  dagegen  die  Theilnahme  an  jüdischen 
Opfern  md  selbst  die  Uelremahme  der  Kosten  für  solche  Opfer 
unmöglich  gewesen  wäre,  werden  wir  nicht  ebenso  bestimmt  be- 
haupten dürfen;  waren  auch  ihm  für  seine  Person  diese  äusseren 
Opfer  entbehrlich,  so  wissen  wir  df>ch  nicht  sicher,  ob  sie  ihm  mit 
dem  Glauben  an  die  fiiiOsang  durch  das  Opfer  Christi  schlechthin 
unvereinbar  schienen,  und  ob  demnach  hier  nicht  jene  Anbequemung 
an  jüdische  Gebrftuehe  Anwendung  fand,  welche  er  sich  nach 
1  Kor.  9,  W  überall,  wo  es  der  Sache  des  Evangeliums  forder- 
lich sein  konnte,  zur  Pflicht  machte.  Aber  selbst  wenn  wir  dieses 
zugehen,  ist  es  doch  ganz  undenkbar,  dass  sich  Paulus  zu  der 
Handlung,  welche  ihm  hier  zugeschrieben  wird;  in  dem  Sinn  und 
in  der  Weise  verstanden  haben  konnte,  wie  unsere  Schrift  be- 
richtet. Dieser  zufolge  sagt  Ihm  Jakobus:  es  sei  den  glaubigen 
Juden  zu  Ohren  gekommen,  dass  er  die  Juden  unter  den  Heiden 
(die  hellenistischen  Judenchristeu)  verleite,  ihre  Kinder  nicht  mehr  . 
zu  beschneiden,  und  sich  dem  mosaischen  Gesetz  zu  entziehen« 
Um  nun  zu  zeigen,  dass  diese  Beschuldigung  unwahr  sei  (ort  cor 
^(nri'pjvtiXL  neQl  aov  ovdev  iavlv),  und  dass  auch  er  sich  treu  an 
das  Gesetz  halte  {arocx^cg  xal  avrog  rov  vdfiov  gwkdaawv),  solle 
Paulus  die  Nasiräatsopfer  übernehmen..   Auf  diese  Vorstellung  hin 


0  Chrono!,  d.  ap.  Zeit.  105  flf.  Doch  vgl.  dagegen Ba u  r  Tfieol.  Jahrb.  1849,  480 ff. 

18* 


276  Paulus  in  Jerusalem. 

tbut  er  es  auch  wirklich.  Dieser  Hergang  fcaim  in  noserer  Sebrift 
aJJerdiogs,  wie  anch  schon  aof  Änlaas  des  15ten  Kapitels  ange- 
deiiitet  wurde 7  darchans  nicht  belfernden;  weder  Jakabna  noch 
Paulus  tbut  damit  etwas  An^wefi^.  als  .wus  die  Bfftchlttsse  des 
Apostelconcils  verlangen  und  vor^mss^jUcen:  Jak#^ps  nimot  an, 
dass  Paulus^  in  getreuer  B^filg^ng  dieseir».B^obl9sse,  picht  aUein 
für  seine  Person  das  Gesetz  haltje,  sondern  auch  die  überg^etreteneii 
Hellenisten  ssu  .der  Haltung  desselben,  und  mitbin  auch  zu  4er  Be^ 
schneidong  ihrer  Kinder  anleite, «^u  welcher  beide  als  geborene 
Juden,  eben  j.enen  Beschiassen  «ifolge,  verpitiohtet  waren,  dagegen 
giebt  er  zu,  dass  es  si^  mit  den  lleidenehtisten  anders  yerluilte, 
and  ,dass  Paulus  befugt  sei,  sich  bei  diesen  mit  der  BQ^gon^  der 
sogenannten  noaehischen  Gebote  2a  begntigen;. Paulas. stfinerselta 
erkennt  diese  Voraussetzung  an,  und  un  sie  durah  die  That  zu 
f^estätigen,  unterhabt,  er  sich  dem  von  J^obns^angeratfaenen  Be- 
weise seiner  €^setsesfrOmmigkeit.  Da«  NasMatsopfer  des  Paulus 
ist  nur  die  thatoüchlicha  ErkUrnng  «einer  fettgcsataten  Anerkoi- 
nung  des  Grundgeset^s,  durch  welches  auf  de«.  Apostelconcil 
das  Yerfcältniss  der  Heiden-  und  JadJimphototen  isnm  Afesalsnitts 
bestimmt  worden  war^  eine  Anerkannung,  die  nicht  ohUie  Bedeu- 
tung hier  am  Sohlusf^  seines  Ofenttichn»  Wirkens  berjehitet  whrd^ 
sie  bürgt  dafütr,  dass  er  die  GrnndsAtze,  j$u  welobstt  er  nich  hier 
wiederholt  bekennt^  wAhreud  seiner  ganaa»  AmtothAtigkeit*  featge- 
halten  hat,  dass.  es  wirkVksfc  eine,  blosse  VerldASMhRng  ist,  wenn 
man  ihm  nachsagt,  er  habe  die  Juden  znm  Abfall  vom  iQesets 
verleitQt.  Welt  entfernt  daher,  dass  man  in  dieser  Handluni^  mit 
Neander  (8, 487)  nnr  eine  Anbeqnemnn^  4os  Apostels  an  fremde 
Schwäche  sehen,  dficfte.,  erscheint,  sie  vielmehr  vom  Standpnniit 
unserer  Sqhrift  ans  als  die  elnlachste^  eoMequenti^ste  Anwendung 
seiner  eigenen  Grundsatzes  als. geborener  Jude  ist  auoh  Paulasso 
gnt,  wie  aüe  andern  Jadenehristen,  fijBir  seine,  eigene  Person  %nr 
Gesetaeserlüllung  verpftichtet,xuu4  er  denkt  anch  nicht  dairan,  sich 
.  dieser  Verpfliehtnng  i&n.  entziehen;  Neninder'is  Bath:  „die  W^orte 
des  Jakobns  V.  24  nur  nicht  f&n  sehr  zu  pressen/'  4mmg^  ^^ 
unsere  ^cbrilt'  mit  unabweisbarer  Deutliehkeit.  atj^juricbt,  tcatzdem 
zu  Überhören,  sich,  vor  der  lästigen  Erklärung  die  Ohrea  zuzu- 
halten — ^diesen  Bath  können  wir  schon  desshalb. nicht  befolgen,' 
weil  w|r  Im  Zusammenhang  unserer  Darstellui^  seiner  gar  nicbt 
bedürfen:  hier  ist  Paulus  wirklich  ein  vö/nov  q)vldaao)v^  warum 
sollte  er  Anstand  nehmen,,  sich  auch  als  solchen  zu  bekennen? 


Dm  Nasiräatsopfer.  277 

Aiideris  Terbftlt  es  sieh  freilkb ,  wenn  wir  Von  dem  Paulas 
der  A|>est6lgescliiohte  «Hf  den  geschichtlichen  'Paulas  und  seine 
i^randsfttze  hinhlicken.  Jener  konnte  ohne  allen  Anstand  than, 
vras  die  Apostelgeschichte  von  ihm  erzählt,  aber  konnte  es  auch 
di60erf  -Konnte  er  dffenäiefe  and  ausdrücklich  erklären ,  dass  er 
sich  stets  an  die  ResohlOsse  des  Apostelt*oneils  gehalten  habe,  dass 
er  sich  als  lliden  zur  Oesetzeserfftllnng  verbanden  achte,  ond 
dieser 'Verbindllohkeit  attch  wirklich  nachkomme,  dass  es  blosse 
TerlAumdong  sei,  wenn  man  ibm  nachsagte,  er  verleite  die  Ja- 
denobristen ^  ihre  Kinder  nicht  mehr  zu  beschneiden ,  and  das  Gesetz 
nicht  z«  halten?  HOren  wir  statt  aller  Andern  Neander,  so 
sollte  man  fast  glaaben ,  er  hätte  diess  anbedenklich  than  können. 
„Ohne  von  den  Gmndsälzen  der  strengen  Wafarifaftigkeit  abzu-* 
weichen,  konnte  Paulus  jene  Besohaldi^u&gen  znrdck weisen,  denn 
er  war  fern  davon,  mit  solcher  Willkiihr  der  geschichtlichen  Bnt- 
wioklong  vorgreifen  za  wollen;  es  war  ja  der  von  ihm  selbst 
ausgesprochene  Grundsatz,  dass  jeder  In  den  VerhUltnissen  bleiben 
solle,  in  denen  der'  Ruf  zum*  Christentkom  zu  Ihm  gelangt  sei, 
KeiBor  wiHktihrlieh  heraustreten^^  u.  s.  w.:  (a.  a.  0.  486)  ^,er 
bekämpfte  (S«  48&)  die  äusserliche  Beobachtung  des  Jadenthums 
ja  imm^r  aar  insofern,  als  die  Rechtfertigung  und  Iteiligang  des 
Menschen  daven  abhängig  gemacht  wurde.  Es  war  sein  Priiicip, 
dass  keiner  die  irdischen,  nationalen,  bfirgerlichen  Verhältnisse, 
in  denen  er  sich  bei  seinem  Uebertritte  zum  Ohristenthumebefand, 
wem  er  nicht  durch  dnen  wichtigen  Grand  dazu  bewogen  wurde, 
verlassen  scdlte,  und  diesem  Princip  zu  Folge  Hess  er  die  Jaden 
in  ihrer  jtidischeu  Bigenthliniliehkeit,  za  der  auch  die  Beobachtung 
des  mesaisdben  Gesetzes  gehorte,  verharren.^^  Wie  leicht  hat  es 
sich  aber  doch  N'eander  mit  dem  Bew^se  fttr  diese  folgens^were 
Behauptung  gemacht!  Sein  einziger  Bdeg  ist  die  Stelle  1  Kor. 
7,  18  Ä.:  ri8Q€T€t^f4hog  rig  sxh^^ffy  jurj  iTttCTV^a^'  fcV  axQO- 
ßvmi(f  ttg  ixlij-dij ,  /«17  n^QiT€fiPeadto  . . .  ""Evtaarog  h  rfj  xlTJaec 
fl  exkriSri  h  TavTfi  fievstM.  JmXog  ixkri&rjg,  fxif}  aoi  fieliTio' 
dll^  d  xai  ivraaai  ilev^Qog  yeviodxxt.,  fiakkov  XQV^^^^  ^^^ 
weil  der  Apostel  von  gewaltsamem  Heraustreten  aus  äusserlichen 
Verhältnissen  und  Zuständen  abräth,  so  war  ihm  auch  das  reli- 
giöse Bekenntniss  der  Christen  gleichgaltig!  Weil  der  Christ  als 
solcher  seine  „irdischen,  naHonale.n  (wie  zweideutig!  zum  Natio- 
nalen gehörte  bei  den  Jaden  eben  auch  die  Nationalreligion),  bür- 
gerlichen Verhältnisse   nicht  verlassen   sollte  ,^^    konnte   er  wohl 


278  Paulus  in  Jerusalem. 

aoch  ali  Christ  ein  Jude  (und  wanini  ntoht  aoieh  ein  Heide?) 
bleiben.  Weil  der  Christ  «ucli  als  Sltlave  sieb  io  Chriate  frei 
fühlen  Iconnte^  so  Iconnte  er  diese  auch  als  Sklave  des  Clesetses. 
Weil  es  Paulas  missbiiligt,  wenn  Obergetretene  Jaden  wich  eine 
kfinstliche  Vorhaat  %ogen  0,  und  ebendatnit  die  gleiche  Uebinreclift- 
tzung  des  Aeasserlichen  an  den  Tag  legten ,  wie  der  Heidenehrist, 
der  sich  beschneiden  Hess,  so  wird  er  es  wohl  aaeh  gemissbilligt 
haben,  wenn  Jadenchristen  die  Beschneidang  ihrer  Kinder  nnter- 
liessen;  als  ob  diess  nicht  eben  dnrch  die  Grandsätze  der  obigen 
Stelle  untersagt  wäre:  die  Christenkinder  sind  ja  iv  dxQoßva%i(f 
berufen  (vgl.  auch  1  Kor.  7y  14),  also  gilt  auch  von  ihi|en  das 
f4i^  neQiTefdveadw.  Auf  eine  so  nichtssagende  Beweisffihrang  hin 
werden  dem  Apostel  Grundsfifze  unterschoben,  gegen  die  jede 
Zeile  seiner  Briefe  Einsprache  thut.  Was  wir  aas  Anlass  des 
15ten  Kapitels  bemerken  mnssten,  findet  auch  hier  seine  Anwen- 
dung. Paulus  sagt  Gal.  5,  2  f.  ohne  Einschränkung:  wer  eich 
bescif neiden  läset,  dem  ist  Christus  nichts  ntttze,  der  ist  verpQichtet, 
das  ganze  Gesetz  zu  erfüllen,  der  ist  der  Gnade  verlustig  ge- 
gangen; und  ihm  sollte  nur  verläumderischer  Weise  nachgesagt 
worden  sein,  dass  er  die  Juden  abhalte,  ihre  Kinder  beschneiden 
zu  lassen?  Paulus  erklärt  allenthalben,  selbst  da,  wo. er  es  aus- 
drücklich  mit  Jadenchristen  au  thun  hat,  dasa  fOr  den  Christen 
das  Gesetz  aufgehoben  sei,  und  es  giebt  keine  andere  Behauptung, 
die  Hefer  in  das  Innerste  seiner  ganzen  Denkweise  eingriffe^); 
aber  nichtsdestoweniger  ist  auch  das  blosse  Verläumdnng,  dass 
er  selbst  das  Gesetz  nicht  mehr  befolgt,  .  und  Andere  von  eeinor 
Befolgung  abgehalten  hat!  Es  ist  wohl  nicht  nothig,  bei  den  Wl- 
dersprtlchen ,  in  welche  sich  die  Ne  an  de  raschen  Ausfluchte  v^- 
wickeln,  länger  zu  verweilen  3),  und  ebenso  kann  hinsichtlich  der 
Versicherung,  dass  der  Apostel  Gesetz  und  Besciineidung  nur  in-* 
sofern  gemissbilligt  habe,  als  die  Rechtfertigung  davon  abhängig 
gemacht  wurde ^),  einfach  auf  das  verwiesen  werden,  was  wir 
aus  Anlass  der  angeblichen  Besehneidung  des  Thnotheus  bemerkt 
haben.     Dass   endlich  mit  den  Conoilienbeschldssen  unsere   15teu 


')  Man  vgl.  über  das  Imanaü^ai  die  Coinmcntare. 
^)  M.  s.  den  ganzen  Römerbrief,  besonders  aber  c.  7 ,  i  ff. 
^)  Noch  weniger  sind  wir  iin  Fall,  auf  Baum  gart  en's  historische  Metaphysik 
Comin.  II,  b,  147  ff.  näher  einzutreten. 

*)  So  »usser  Neander  auch  Meyer,  de  Wette  u.  A. 


Das  Na8hrftat8opf«r.  279 

KapiteUr  ■loht  blos  die  Bemtfung  des  Jakobus  auf  diese  BesolilQsse, 
sondern  auch  die  Handkiogsweise  des  Paulus  aufg^egeben  werden 
mnsB,  welche  von  unserer  Schrift  selbst  unter  den  ganz  richtigen 
Oesichtspunkt  einer  Bestftdgung  derselben  gestellt  wird,  brauchen 
vrir  nach  allem  Bisherigen  kaum  ausdracklich  anzudeuten. 

Kann  aber  Paulus  das  Nasiräatsopfer  in  keinem  Fall  aus  dem 
Bevireggrund  und  fflr  den  Zweck  dargebracht  haben ,  welchen  die 
Aposielgeschiehte  angiebt^),  so  ist  es  sehr  zweifelhaft,   ob  er  es 
überhaupt  dargebracht  hat    Schnecken  burger   (8.  65)  meint 
2!v^ar,   wir  haben  kein«!  Grund;  hieran   zu  zweifeln,   es  mögen 
\irohl  „nähere  Erklärungen  vorausgegangen  sein/^     Allein  welche 
anderweitige  Erklärungen    neben    der  völlig  unzweifelhaften   des 
Jakobus  noch  nöthig  oder  möglich  waren,  läset  sich  nicht  absehen* 
So  wie  die  Apostelgeschichte  die  Sache  darstellt,  ist  das  einzige 
Motiv  far  die  Handlung   des  Paulus  das  von  ihr  angegebene;   ist 
nun   dieses  unhistorisoh,  so  bliebe  allerdings  immer   noch  die  all- 
gemeine  Möglichkeit,   dass   der  Apostel  das,   was  er  aus  diesem 
Grunde  nicht  gethan  haben  kann,   ans  irgend  einem  andern,   uns 
unbekannten  Grunde,   gethan  hätte.    Aber  ehe  wir  dieses  vermu- 
theu ^   mtissten   wir  vorher  vrissen,  dass  er  es   überhaupt  gethan 
hat  9   und  zwar   müssten   wir  diess  nicht  blos  aus  unserer  Schrift 
wissen.    In  dieser  hat  das  Nasiräatsopfer   des  Paulus  nun  einmal 
nur   die  Bedeutung,   seine  Anhänglichkeit  an's   mosaische  Gesetz 
zu   bewähren.     Ist   es  nun  undenkbar,   dass   es  von   Paulus  |ar 
diesen   Zweck   dargebracht   wurde,    so   kann   es  sich  nur  darum 
handeln,  was  wahrscheinlicher  ist;  dass  der  Verfasser  der  wirk- 
lichen Handlung   des  Apostels   ein  Motiv   unterlegt  hat;  welches 
nur   für  sMnen,  nicht  für  den    liistorischen  Paulus    passte^    oder 
daas  er  ihm  aus  seiner  Idee  von  dem  Gesammtcharakter  des  Apo- 
stels heraus  auch  die  entsprechende  Handlungsweise  selbst  zuge- 
schrieben hat?  Nun  sehen  wir  aus  der  ganzen  Darstellung  unserer 
•  Schrift,  dass  jene  Vorstellung  von  dem  Charakter  des  Paulus  und 
seinem  Verhältniss  zum  Mosaismus  dem  Verfasser  ganz  unabhängig 
von  der  vorliegenden  Erzählung  feststand ;  wogegen  wir  von  keiner 


*)  Wie  diess  selbst  Thiersch  anerkennt  (d.  Kirche  im  ap.  Zeit.  172)  der 
dann  aber  über  das  Bedenkliche  dieses  Zugeständnisses  leicht  genug  mit  der  merk- 
würdigen, acht  irvingianischen  Annahme  wegkommt,  Paulus  habe  jenes  Motiv  nicht 
anerkannt,  aber  da  er  sich  zu  Jerusalem  im  bischöflichen  Gebiet  des  Jakobus  be- 
funden habe,  so  sei  es  seine  Pflicht  gewesen,  sich  der  Anweisung  desselben  zu 
fügen. 


280  Gefangennehmuiig  des  Paulus. 

Seite  her  darttber  aoterriohtet  »iod,  d*»«  auch  die  Ereählmig  voa 
dem  Nasiräatsopfer  unabhängig  von  der  VefatelluDg  unsers  Ver- 
fassers über  Paolos  vorhanden  war.  Unter  dies^i  Umständen  hat 
es  die  überwiegende  Wahrscheinlichkeit  für  sich,  dass  diese  £r* 
Zählung  eben  nur  aas  jener  Vorstellung  entalanden,  und  mitbin 
ohne  allen  thatsächlichen  Grund  ist«  Dass  Paulos  im  Tempel  in 
Jerusalem,  aus  Anlass  eines  Auflaufs,  verhaftet  wurde ,  kann  dem- 
ungeachtet  richtig  sein;  er  konnte  ja  den  Tempel  anek  ohne  diesen 
bestimmten  Zweck  besucht  haben  0» 

Rei  Gelegenheit  des  folgenden  Beriehts  über  die  Gefangen- 
nehmung  des  Paulas  (c.  ISl^  27  —  22,  29}  hat  Baur  (S.  208 
ff.),  die  AuCheutie  der  paulinischen  Rede  c  22,  1  ff.  mit  Recht 
bezweifelt.     Schon  das  muss  Verdacht  erregen,  dass  der  rOmlsehe 


*)  Eine  eigene  Schwierigkeit  maciien  io  der  oben  besprochenen  Erzählung  auch 
noch  die  Worte  des  Jakobus  V.  20:  &€ü)Qsig,  aSe/i(ft\,  nöaai  /uu^idSeg  sldiv'*Iov- 
Saiwv  tiov  TcsTTiaTevxotcoy  u.  s.  w. ,  denn  viele  Myriaden  von  Judenchrislen  können 
nie  in  Jerusalem  gewesen  sein,  und  selbst  wenn  tnan  mit  Neander  (S.  483)  die 
Festbesuchcr  mitrechnen  wollte,  erscheint  der  Ausdruck  noch  immer  zu  stark.  Das 
Einfachste  wäre,  ihn  nicht  blos  auf  die  jcrusalemitiscben,  sondern  auf  sümmtlicbe 
Judenchrislen  zu  bezichen;  allein  das  Ssw^sTg  und  der  ganze  Zusammenhang  der 
Stelle,  welche  im  Folgenden  oline  eine  Andeutung  vom  Wechsel  des  Subjekts  von 
den  Jerusalemiten  handelt,  spricht  dagegen.  Wir  haben  hier  also  eine  starke  Hy- 
perbel, und  es  wird  Niemand  verwehrt  werden  können,  in  diesef  unges(;hiclrtlicben 
Uebcrtrcibung  eine  Spur  davon  zu  sch^n,  da^s  uoser  Verfasser,  von  welchem  ja 
die  Worte  des  Jakobus  nach  allem  Bisherigen  allein  herrühren  können,  bei  seiner 
Erzählung  eben  nicht  nur  die  glaubigen  Juden  in  Jerusalem,  sondern  die  Gesammt- 
heit  der  Judenchristen,  die  freilich  mehrere  Myriaden  betrug,  im  Auge  hatte.  In 
der  weiteren  Bemerkung,  dass  diese  alle  Eiferer  für*^  Gesetz  und  von  Misstrauen 
gegen  Paulus  erfüllt  seien,  erkennt  Banr  S.  200  ff.  ein  unwilUrfihriiches  Geständ- 
niss  des  Verfassers  über  die  wahre  Stimmung  der  J^usalemiten.  Diees  ist  ohae 
Zweifel  richtig,  und  namentlich  die  Worte:  Tiayreg  i^t^Xtaral  rov  vo/iou  vn-a^^evoiv 
dürfen  wir  gewiss  im  strengsten  Sinn  nehmen.  Die  Bemerkung  dagegen ,  dass  jenes 
Gcständniss  mit  der  sonstigen  Darstellung  unserer  Schrift  im  Widerspruch  stehe, 
dürfte  doch  einige  Einschränkung  erleiden.  V.  21  sagt  ja  nicht,  dass  die  Juden- 
cbnsten  den  Paulus  wirklich  schon  entschiedet!  für  einen  Apostaten  vom  G«setz 
halten,  sondern  nur,  dass  er  bei  ibn^n  dieses  Abfalls  verdächtigt  sei,  uqd  dass 
es  am  Platz  sein  werde,  einen  so  ungegründeten  Verdacht  zu  widerlegen;  die 
Worte  V,  21:  xartjxi^&tjaav  ttsqi  aov  dürfen  nicht  mit  Baumgarten  S.  144  über- 
setzt werden,  „sie  sind  unterrichtet  worden,"  denn  diess  würde  ja  die  Wahrheit 
der  Beschuldigung  voraussetzen,  sondern  der  Wortbedeutung  von  xarrj^ilv  entspre-. 
chend:  es  ist  ihnen  zu  Ohren  gekommen.  Hat  freilich  Paulus  das  Verfahren  ein- 
gehalten, welches  ihm  die  Apostelgeschichte  zuschreibt,  so  begreift  man  schwer, 
wie  auch  nur  jener  Vcdacht  entstehen  konnte. 


Paiikttvor  ^m  Synedrivm.  281 


laubniss  au  jeaeiB  Vortrug  so  leielil  ertheilt  haken  ooll.  „IM  eo 
wabrsohotiriici^ ,  raOiusoii  wir  mit  Bau r  ffigetty  daas  der  Tritaa) 
welcher  den  Apostel  in  elneai  fallchBt  tumaltoariflDhen  Anftrilt  ge^» 
fangen  nafaim,  euieai  Clofangenen,  welehea  er  icanii  no6fa  für  ^eil 
Aafrttbrer  def  g^dlurlidist«  Art  kielt,  uad  tlbeü  weieben  dr  neeh 
nichts. weUer  wnsste,  als  was  er  von  ihm  selbst  gebirt  hatte,  die 
Erlaubniss  ertheUte^  eine  «ITenUiohe  Bede  an  halten^  von  welohe# 
nicht  voraufia^useben  war,  weiehe  Wirkung  sie  anf  das  sehen  so 
bedei^lich  aufgerogie  Voj|&  baboiii  werdef^^  Wellen  «wir  mds  far« 
ner  auch  iber  die  anlängtiofi^  Bube  der  Zlihdrer  MawegBetscn^ 
t>o  bleibt  doi^h  sehr  anif^llend  ^  ,)dasB  auch  diese  Bede,  wie  dlA 
des  Stepbanus  und  die  Bede  des  Apostels  im  Areopag,  recht  plan^« 
massig  so  angelegt  iot,  dass  d^  Bednet'  zwar  bei  einem  bestimm« 
teu  Punkt  unterbrochen  wird,  aber  doch  erst  in -dem  Moment, 
nachdem  er.  bereits  Alles,  ^vc^ständig  gessgt  hat,  was  er  nnter 
solchen  Umst^den  lOr  sieinea  Haupta&week  au  sagen  im  Sim  te-* 
ben  li^onste^f^  Müssen  wir  endljoh  aneh  sieben,' dass  Panlim  nnter 
den  .gegebenen  Umstünden  m  sj^reehen  konnte,  wie  er  thnty  ^nd 
können  wir  anch  die  Uebergehnng-  der  eigentüeheh  Hauptfriige^ 
über  sein  VerhilltiMss  ^um  mosaische  CbsietaB,  hier  für  wahr- 
scheinlicher halten,  als«  e.  i^(> ,  sa  Hess  doch  unsere  frfthere  U»* 
tersuchnng  über,  die  Bekehrung  des  ApoMeis  die  rorliegiend^ 
Darstellung  dieses  fihreignisses  und  der  darauf  folgenden  Vergänge 
hinsichtlich  niehrerer  nicht  -  unwichtiger  Punkte  so  verdäeh^  er^ 
scheinen,  dass  wir  schon  aus  diesem  Grande  an  die  Aechtheit  der 
Worte  nicht  glauben  können,  welche  hier  dem  Paulus  in  den 
Mund  gelegt  werden.  Auch  diese  Bede  Ist  allen  Anzeichen  nach 
freie  Composition  des  Verfassers. 

Das  zunächst  Foigeniie  übergehend,  wenden  wir  uns  zu  dem 
merkwürdigen  Verhör  des  Apostels  vor  dem  jüdischen  Synedrium, 
c.  32,  30  —  !dd,  10.  Auch  für  diese  Erzählung  hat  ßaur 
(S.  202  ff.);  und  vor  ihm  Schnecke nburger  (ß.  143  ffj^  die 
entscheidenden  Gesichtspunkte  so  bündig  festgestellt,  dass  es  schwer 
ist ,  sich  seinen  Folgeruagcfn.  zu  entziehen.  Von  den  »wei  Aeus« 
serungen  des  Paulus,  welche  hier  berichtet  werden^  hat  i^ofwohl 
die  eine  als  die  andere  viel  Auffallendes.  Will  man  ihm  auch  das 
leidenschaftliche  Wort  gegen  den  Hohenpriester,  V.  3  ^  zutraueni 
80  muss  doch  die  Entschuldigung,  V.  5  (ovx  fjdeiv^  d$ßXq)ol^  oti. 
iaxlv  äqxLeqevs'  yiyQannai,  yäQ\  ä^x^^^^  '^^^  ^^^^  ^öv  qvx  i^elg 


282  Paulas  vor  dem  SynedriiiiD. 

xumig^tiuoh  denjaBigeo,  wrtelier  4m  yorarthell meiner  apostoliseheii 
SOndlosigkeU  nioht  theill,  vom  rein  bistorfschen  Standponkt  aos 
Bedenken  erweokes.  ^Dsbs  Paulas  wirklieh  nieht  gewasst  hab«, 
an  wen  er  die  Worte  des  8ten  Verses  j^erichtet  halte,  lAsat  rieh 
kann  denken:  das  mnsste  deeh  einem  alten  RabMnenschfller  bekannt 
sein,  dass  Nienuind  Anders,  als  der  Oberpriester,  den  Vorsitz  im 
Sjrnedrlnni  na  ftthren  pflege,  und  aneh  die  Auskunft,  er  habe  den 
Badenden  vielleioht  nieht  angesehen  gehabt,  Ist  dnroh  das  areviaag 
V.  1  und  nQog  amov  V.  8  ansdrfleklioh  ansgesohiossen.  Man 
hat  daher  der  natllrliohen  BrkUmng,  wornach  Paulas  den  Ober- 
priester gekannt  su  haben  lAugnet ,  auf  verschiedene  Art  zu  ent- 
gehen gesucht:  ovx  ijdeiy  helsse:  Ich  kann  oder  konnte  Diesen 
nicht  als  rechtmässigen  Oberpriester  anerkennen  0«  ^ber  olda  heisst 
nicht:  agnosco  und  als  Oberpriester  wird  Ananias  auch  von  on- 
serem  Verfasser  V,  2  bezeichnet;  oder  ovx  ijdeiv  sei  zu  ttber- 
aetzen:  ich  habe  nbht  bedacht  3),  was  das  Wort  gleichfalls  nicht 
bedeuten  kann,  und  auoh  Apg.  7,  18.  1  Kor.  1,  16.  Bph.  6,  7 
nicht  bedeutet^);  oder:  die  Antwort  sei  ironisch  gemeint^},  wäh- 
rend doch  schon  das  ernst  begOtIgende  adehpol  und  die  Schrift- 
stelle, mit  welcher  Paulus  seine  Brklärung  bekräftigt,  eine  solche, 
ohnedem  sehr  nbeiangebrachte  und  schwer  verständliche^)  Iropie 
ausschliesst.  Die  Gewaltsamkeit  dieser  Ansktlnfte  kann  nur  dazo 
dienen ,  die  Unmöglichkeit  einer  andern ,  als  der  oben  angegebenen 
AuffaiNBung  darzuthun.  Dann  folgt  aber  freilich ,  dass  sich  Paulas, 
unserer  Brzählung  zufolge,  mit  einer  Unwahrheit  aus  der  Verle- 


*)  Die  Grand«  dieser  Nichtanerkenniing  denkt  sich  der  Eine  so,  der  Andere 
anders. 

')  So  noch  Neander  3  A.  $.  421,  4.  A.  S.  489,  dort  unter  Berufung  auf 
die  angebliche ,  aber  gleichfalls  unerweisliche  Bedeutung  ?on  y*!^ ,  hier  mit  der  Bc- 

roei^kung :  „man  brauche  sich  mit  dem  Worte  ^Jctv  nicht  abzuquälen  —  die  Worte 
seien  nicht  so  zu  pressen."  Was  diese  Liberalität,  die  Worte  nicht  zu  pressen, 
eigentlich  bedeutet,  haben  wir  schon  bei  c.  21,  24  gesehen. 

>')  Ueberdiess  deutet  aber,  nach  Baumgarte n's  richtiger  Bemerkung  S.  199, 
auch  der  Ausdruck  toIxb  xatovia/tive  auf  die  amtliche  Würde  des  Angeredeten. 

^)  Meyer  z.  d.  St.  und  Andere,  der  Saehe  nach  auch  Baum  garten  S. 
199  f. 

^)  Ovx  fi8iiv  heisst  ja  nicht:  „ich  konnte  nicht  wissen,  sondern:  »icb 
wusste  nicht,"  dieses  Wort  konnte  aber  von  den  Zuhörern  doch  nur  so  verstan- 
den werden,  dass  Paulus  damit  wirklich  läugnen  wollte,  den  Hohepriester  gekannt 
zu  haben,  gesetzt  auch,  sie  hätten  ihm  diese  nicht  geglaubt. 


PaollM  vor  don  SfoedHan.  283 

geuhDÜ  .gtisofCA.  hati.JlMs  dimm  wirUiobh^esobehan  set^  wM 
man  fMliiA  iiielil!lif.«lisol«t  umdglicb*  «rklAren  UniieB;  selMi 
eiMm.>Itra]«8  i^onnte  ^i^U^icM  in  lelnoiii  Mhwftoiien  AiBtg^nhlkk 
ein«  «olohe.  Veiilftvgaiuig  der  rWahriieii'  kq^egileD;  d«  wir  jedoeli 
dsvQQ,  idam  «ie  ihm  "tfirklioh.l^dfegneCe,  kein  elA^gee  «ielMree 
IMepier  hubea,  deg^gea-ven  ttviplillgeii  •  Angabe»  in  «oeerer 
Selirift  zieeaioli  viele  ^  ao  Ist  dM  WahraelMiiiliebere»  dase  niobi 
der  .  Apestd  aeUisl'.  jene  Ausrede  geliiaacbt,  eondeni  aar  oaeev 
Braähjiev  aie  ihm  ki  den  .Mnad:  gelegt  Hat.  Waa  dieaen  dasa 
veranlaaate,  wird  sieh  nieht  mit  Sioherlieit  beatimmen  laaaen;  deeb 
Ist  es  -wolü  ttflglich,  daaa  er  d4e  UeberUefemag  von  der  heftigem 
Antwiortdea  Paolne^  V.  8,  aehon  verfand,  aad  daaa  er  aich  nnn, 
am  aeiaea  Apoatel  darüber  äa  rechtfertigen,  einer  freilieh  nicht 
sehr  glanbwttrdigen  Aoarede  bediente.  i> 

Ja  eiaem  nooh  aweideatigeren  Liebte  liaat  aber  V.  6  den 
Apeatel  eraeheiaen.  Um  ^  Phariaier  im  SyBedrfaim  für  sieh  na 
gewinnea,  und  sie  mit  den  Saddaeftem  an  entzweien,  ruft  er 
hier  aua:  äwdgeg  adehfoiy  iyta  Oa^aaUg  üfxiy  viog  Oagiacdov 
Ttzql  iXmidog  xal  ovctaToamg  v9fti(Hüv'  eya)  uglifofiau  Es.  heisst 
die  Behwierigbeit  dieser  fittilo  verschleiern,  wenn  man  mit  Ne^. 
aa^der  S.  490  sagt:  >,Paalua  habe  der  *  Wahrheit '  gemias  sa^ea 
kennaa,  daas  er  dead wiegen  vor  fierlebt  atehe,  weil  er  von  der 
HeAiaiig  des  iara^tiaohea  Volka«  (diese  kann  iXnlg  nicht  helaaeB, 
es  iat  die  äiailg  dvaatdaeiog)  y  'Von  der  au  erwarteadea  Anferäte*- 
bung  der  Tedten  geaengt  habe ;  denn  er  habe  ja  Jeaum  ala  dea*- 
jeidgen  veitfindet,  durch  deadieaeiHeilnang  erfOlit  werden  seilte.^ 
Gerade  der  eigentlidie  Streitpaakt,  um  deu  ea  aich  awiachea  CSiristea 
und  Jaden  handelte,  ob  die  HoAiung  des  VMka  durch  Jesnm 
von  Naaareth'  erllllUt  werden  sollte^  ob>  seiae  Auferstehung  daa 
Vorbfld  der  aUgemeinea  sei ,  wftre  mSimt  nach  dieeer  DaraleUung 


*)  Was  den  Befehl  des  Hohenpriesters  selbst  betrifft,  so  glaubt  B.  Baner 
Apostelgesch.  106,  er  sei  den  evangelischen  Ängatien  tlber  die' Backenstreiche,  die 
Jesas  erhftlt,  naehgebtMet.  In  diesem  Fall  müsste  man  annefiinen,  dass  [unsere 
Erxfthinng  unpraoglich  eine  dem  Paulus  feindselige.  Richtung  gehabt  hätte:  die  hef-' 
tige  Antwort  das  Paulus  mütste  mit  der  Saiiftpauth  Christi  bei  der  entspref^henden 
Misshandlung  in  Gegensatz  gestellt  sein.,  Nur  findet  sich  die  bestimmtere  Angabe 
über  den  Backenstreich  und  die  Antwort  Jesu  darauf  erst  bei  Johannes  19,  22  f., 
während  Mt.  26,  67.  Mr.  14,  65  zu  allgemein  lautet,  um  unsere  Erzählung  dar- 
aus abzuleiten.  Man  müsste  daher  hieftir  Toraussetzen ,  dass  eine  der  johannieischcn 
verwandte  Erzählung  <aa<rtf'^ollon''ln^  einem  der  tltem  Evangelien  Btvmd. 


284  Paulas  tor  Mm  Synedriuni. 

terieokt,  and  stell  d«sMto  wftte  eine  Frage,  Ober  weleira  eieh 
leide  TfatHe  irtcbl  strMeD;   und  iirefeii  4ereii  PmbIiis  Meh  alehf 
vor  eerieht  atand,    die  Vnmge  naek  der  eimlifeii   AoferBlcrtimig 
Aller,  iu  aophistieoher  Weiee  odileraolioben,  die  apecfeUe  Ariiage 
gegBtt  deD  Apeetel,  welehe  daeh  aüeliidas  Verfabreii  gegem  ilia 
teranlassl  halte  (e.  dl,  S8),  seine  AagiWe  ^mt  die  ibrlwJUireBde 
«tti%keil  des  aMsaiseh^  Cfiiseteee,  wAren  mtl  keiner  Sylbe  »e- 
Mhft     Die  HauptechfderigkeH   Heg«  aber  alolit  einmal   in  jener 
Aenssening  über  die  Aarentebadg:    das  Bedeaidiehsto  sind    die 
Hngangsworte:  iyto  0ci^tfict6g  etßti.    Wie  konale  Paolvs  aneii 
mir  mil  einem  Bohein  ven  WahrlMK  diesen  v<in  aieli  behnniiten? 
Br  war  allerdings  ein  PtHirlsier  gewesen,  aber  war  er  nneh 
damals  necli  ei»  PharisfterY  Br,  weleher  ge^fen  die  fimndlage 
dieser  jüdischen   Orthodoxie ,  die  Beobaclilang  des  Ctesetees,   on- 
ahlftssig  na  ^tüäe  lag?  .Blaen   Israeli  Ion  konnte  sleli  Fanlas 
allerdings  nennen,  wfo  er  diess  an  einer  Steile  Ural,  welche  dem 
Verfasser  vielMehl  vorgeschwebl  hal,  Rom.  11,  t,  denn  dieser 
Name  bezeiohnel  znnAcbsl  die  Abstammung,  aber  einen  Phari« 
säer  nun   and   nimmermehr,  denn  diess  ist  die  Bezeichnung  für 
das  religiöse  Belwnntniss.    Ist  es  glavblich,  dass  sidi  ein  Pnnlns 
einer  so  nnnmwnndeneu  Verlfingnung  seifier  religiösen  Uebersen- 
gong,  einer  selchen  Hypekrisfo,   gegen  wvlefae  die  von  ihm  so 
seharf  getedelte  des  Petras  in  Antiooblen  in  der  Vhal  gar  niebis 
zn- bedeuten  hAtte^  sohuliyg  gemacht  habe?  Kaum  minder  unwahr- 
scbeinUeh  isl  aber  auch  die  Wirkung,   weiche  die  lisl  den  Apo- 
stels gehab«  haben  eoli    Wie.lieol  es  sieh  denken,  müssen  wir 
mit  Baur  <;8.  204  JT.)  firagen,    dass    das    Islshl  wehmehsibare 
Stratogem  des  ApMels  die  Parlheien,  wekhe  sieh  Iftngsl  so  weit 
au  crnander  abgerieben  haben  mnsslen ,  «m  nicht  bei  jeder  ieichteo 
Berührung  ihrer  DUrorenzpülri^te  sieh  in  die  Haare  au  gerathes, 
mit  Binem  Mal  zu   einem  so  leidenschaftlichen  Kampf  entzündet 
haben  sollte?  dass  die  Pharisäer  als  Verfechter  seiner  Sache  auf- 
traten, und  selbst  die  Erscheinung  Christi  bei  Damaskus  als  mög- 
lich zugaben^  dass  sie  über  dem  leeren  Schein  der  Identit&l  seines 
CMaubens  mil  dem  ihrigen,  das,  was  ihnen  gerade  das  Anslössigste 
an  ihm  sein  musste,  die  Untergrabung  der  Aufctorität  des  Geselses, 
ganz  aus  den  Augen  verloren?  Widerspricht  dem  nicht,  müssen 
wir  mit  Schneckenburg  er  (S.  146)  hinzufügen,  der  weitere 
Verlauf  der  Sache  ganz  augenscheinlich?  denn  wiewohl  die  Pha- 
risfter  für  Paulus  Parlhei    nehmen  t    und  wiewohl   dieselben   in 


Paulus  yet  dem  Synedriwn.  285 

Syn^anam  aM»  dto  ll^bemrtil  liAlleB,  wM  «r.  doeh  mhom  luieli 
wwig^  Tuf^ii  von  d«m  CNieiprittBtor  iiiid  dam  PvMbylmani  herm 
PrcO^ar^tor  F«lii  v#rklagl;,  Md  soho«  aiB  TAg  miolidfiiii  aeiaer 
UnsiNMUl  da»  i^lMmond«  0«iigiii»0  umiMb  Stell  Verstti  ausgMtoUt 
ist,  (»alieii  wir  die  Syaedriirt^- bei  eiM«  veivfttli^riaeliett  Ans^ya^ 
gaffen  seift  h0ke%  betbeiligt.  Uog^nl^enier  kanu  man  a«l  diest 
Bedenken  webl  kaum  antwoNen,  nie  Neander  a  491  mit  der 
Bemerknng:  ;,1>a  es  wqbl  seiokönne,  daaa  bei  der  taamMnariscten 
Art,,  wie  die  Saobe  mit  PaeJos.  beirieh&R  worden,  die  Voraelinien 
des  Volk«  neek  gar.nicbt  erfahren  Mton,  was  das  ewpus  deUeH 
bei  ihm  war,  und  da  die  Pbarisfter  ihn  »nmer'^  (also  halten  sie 
ihn  doehr  sehen  elHers  gehOrtS  wnseten  aber  deeh  noeh  gar  nichts 
von  ihfli?)  ,i^avon  aus^gebep  h^rten^  dass  Jesns  der  Anferstandene 
ihm  ersfihieiieii  ^ei,  so,  haben  sie^  sieh  allein  daran  gehalten,  wmI 
das  Weitere  auf  ^iah  bemhen  lassen,  dA  hier  der  ihnen  weil  wic4i- 
tigere  $tre»l|i|inkt  onit  den  SnddaeMrn  «nr  8|iraohe  gebrftobt  wordmL'^ 
1^8  Ihnen  dieser  i^weii  wicMi^rnr^'  war^  nnd  daas  seine  blosse 
Brwfthnong  sie  za  einem  so  wilden  Aiisbmch  gegen  eine  Parthei 
entfamaen  Jumnte,  mit  der  sie  sieh  doeh  seit  mehreren  Mensohen- 
aJtem  s^esammengewQhftt  haben  «assten,  diess  ist  .eben  das  Un* 
wahrsobeinUche,  wa«  dadurch  nicht,  wuhrsoheinlicher  wird,  dass 
man  es  ebne  BeweM»  wiederholt;  ebenso  nndenkbcr  ist  aber  f Heim- 
lich, dass  den  «fynedrislen  von  ^emsulem  nm's  Jahr  BO  n.  Chr, 
Boch  npl^anpt  war ,  was  sehen  iftnjgst  die.  ganae  jndische  Welt 
bewegte,  oder  dass  sie,  nach  Bkiinnignrten's  Meininig  C^  207) 
in  der  Verlegenheit  des  Angenbjie|(s  Qstu  der  sie  auf  ihrem. dtand«? 
piMikt  gar  keinen  Crrnnd  hatten)  vergesnen  hi4»en  sollten,  daas 
Paulus,  der  ebe»al|ga  Pharisäer,  seit  beyUänig  90^95  Jahren 
mit  einem  schreckenerregend^^  BrIoJg  daran  arbeitete,  das  jadisjDhe 
Ctoeetn  durch  den  neoen  Messiasglanban  sßo  verdrängen.  Lassen 
sich  die  Btewtirle  gegen  unsere  Bmöhlnng  nnr  mit  solchen  Vor-? 
aossetjsung^n  widerl«|gen,  so  werden  sie  wohl  iueh  fernerhin  tn 
ihresi  Bepht  bleiben^  Nqr  wird  mm  dann  jftieht  sagen  .koi^K» 
(SQhueckenbnrger  :fi«  a^O*):  ii«knei:nHlfiaedessbeib  nicht  Fai-> 
sqhef  heischtet  haben  ^  esaei  iiemerhing^nnlAch.,  :daas  phnrisMsoh 
Gcptnnte  fQr  Pau^nn  sfirachiui,.  und  d«sis  dieser  den  SlankaM^l  der 
A^fersite^nng  n^ter  4)ie  Richter:  gewosfl»e.  habe*  iShmü^i  dem 
wäre  afich.so,  so  b&tte  .doch  Jiukiv»  gerade  in  der  Banptsaeh» 
Balsches  berichtet,  wenn  er  den  P^alas  sa, , wie  er  hier  thnt, 
sich  seihst  als  Phi^risäe»,  4nr  oni  des  Auferstehoncsglnnbens  wiUen 


286  Paftlas  vor  dem  Synedriam» 

▼erfolgt  werde ^btfcemeii,  nnd  dieMtfisäer  hi  dieser  W^ise  seine 
Parthel  ergreifen  Iftest^  aber  wer  Mrgt  utm  dtfOr,  d««9  imcli'  nur 
jenes  Wenife,  was  SelineelBenbiirger  vdB  aiiserer  BrzShliiiig' 
fBsthalten  will,  wirklidi  hfeierisefa'lsty  M  efnmal  der  wesenülcbe 
Inhalt  und  die  ganzie  Tendenx  eines  Bei4obts  als  ungetfehlohtlich 
naebgewiesen ,  se  können  wir  effenbar  niolit  mehr  einzelne  rfeben- 
Bttstände,  allein  aaf  das  Zengnfsi^  dieses  Beriehfs  hin,  aln  ge« 
sdiichiHeh  festhalten,  sondern  wir  können  böehstens  sagen:  es  int 
mOglleh  —  in  unserem  Fall  aber  nicht  einmal:  es  ist  wahrscliein- 
llcb  —  dass  der  unhistorlscheii  Darstbihing  dieses  oder  jene^  Hi- 
storlBohe  zu  Grunde  Hegt 

Dieses  entsobiedebe  Urtlieil  kennen  wir  aber  allerdings  Hber 
die  verliegende  ferasAhlnng  nur  dann  flllen,  wenn  wir  den    aus 
seinen  Briefen  bekannton'  Charakter  des  Aprestels  als 'Massstab  an 
sie  anlegen«     Halten  wir  uns  allein  an  die  i)arsteßofig  der  Apo- 
Stelgeschiebte,  so  nossten  wir  uns  zwar  gleiehf alle  Aber  Einzel- 
nes, wie  namentlich  Ober  den  Widerspruch  zwischen  der  Parthel- 
nähme   der   PharisAer   tutt  l'auhis  und    ihrem  späteren   Benehmen 
verwundern,  aber  die  anst^sigsten  Punkte  Mensen  sich  von  hier 
aus  beseitigen.    Der  Panltos  der  Äpg;  kann  allerdings  von  sich 
sagen:  OaQcüatdg  elfii,  denn  er  Ist  }h  ein  ebenso  gesetzeseifriger 
Jude  als  -  die  pharlssischen  Judenchristen  in  Jerusalem  (s.  u.  und 
o.  31,  24);  er  kann  im  Nothfall  selbsf  behaupten,  ^  er  werde  nur 
wegen  seines  Glaubens  an  die  Ailforstehung,  zuflächst  flreilicb  an 
die  Auferstehung    Jesu,   angegtliren,   denn  der  «igcntliohe  Stein 
des  Anstosses,   sein  Antinemfsmus,  f<^lt  hier,  es  ist  blosse  Ver" 
lAufflduttg,  dass  er  die  Juden  verleite^  steh  vom  Gesetz  loszusagen; 
bei  Ihm  kann  man  es  eich  als  möglich  denken,  dass  die  Pharisfler, 
welche  die  Jndenchristen  Oberhaupt  nichf  verfolgt  zu  haben  sehe!« 
Ben,  gegen  die  Sadducäer  seine  Parthei  iiahmeh.    Ist  es  doch  hier 
keineswegs  blas  ehie  Rolle,  die  Paulus  ffir  den  Augenblick  über- 
nhnmt,  wenn  er  «ich  2fwar  efls  messiSsgläubtgen ,  aber  darum  doeh 
nicht    mliider    gi^setzestreuein    Juden    darstellt  t    auch  zwei  Jahre 
später,  0«  06,  vi^ss  er  niiM:s  Anderes' von  sfoh  auszusägen,  und 
cfr  hat  auch  in  derAiat,  so  irfe  Ihn 'die  Apostelgeschichte  schil- 
dert,' kdinen  Grund  dazu!    üaraul»fo]'^^ nun  allerdings  nicht,  dass 
Paulus  wiridich  etn  Anderer  'war',   als  seine  Brieffb  ihn  uns  zei- 
gen,  und  dass  eine  Bsrstellung,  wie  die  bishei'  besprochcfne,  ge- 
sehlehtlich  sein  kann:   um  so  mehr  aber^  dbss '  dieselbe  mit  der 
ganzen  Tendenz  diiir  Apbiältelgeschichte  aufs  Bflgste  zusammenhängt. 


Abführung  des  Paulus  nach  Cftsarea.  287 

und  desswegen  nicht  avs  irgend  einen  znMUgen  MiwvontAndniMi 
Bondem  nur  nns  dem  gannen  SUindpnrt:t  und  Cberakter  dieser 
Schrill  zQ  erklären  ist. 

Auf  die  knree,  aber  bedeatangevelle  Brisfthlnng  über  die 
Verhnndlong  yer  dem  Sfnedriam  folgt  c.  M,  11—36  ein  epieeh 
breiter  Berieht  von  der  dnreh  eine  jfldhiehe  VersehwOnittg  gegen 
sein  Leben  veranlaBsten  Abftthrong  des  Apostels  nach  Cftsarea. 
Die  Saehe  hat  an  nnd  for  sich  nichts  Unwahrscheinliches,  nnr 
muss  man  sich  wundem,  wie  dem  Verfasser  alle  diese  Einzel- 
heiten so  genau  bekannt  sein  konnten;  wenigstens  von  dem  Briefe 
des  Lysias  an  Felix,  sdlte  man  meinen,  werde  er  keine  Abschrift 
gehabt  haben.  Zwar  indet  Meyer,  dem  auch  de  Wette  bcfi* 
pflichtet,  einen  Beweis  der  Aeditheit  in  der  Angabe  V.  27  j  dass 
Lysias  den  Paulus  den  Juden  desshalb  entrissen  habe,  weil  er 
erfbhr,  dass  er  ein  Römer  sei  0*  Durch  diese  „schlaue  Alteration 
des  Thatbestands^*  wolle  der  Tribun  seinen  Fehler  verschleiern  3). 
Es  ist  jedoch  nicht  abzusehen,  welcher  Vorwurf  das  Verfahren 
des  Lysias  treffen  konnte,  auch  wenn  er  ganz  die  Wahrheit  sagte. 
Unsere  Schrift  sagt  allerdhigs  schon -22,  29,  als  dem  Tribun  das 
römische  Bürgerrecht  des  Apostels  bekannt  wurde,  sei  ihm  banjge 
geworden,  weil  er  ihn  fesseln  Hess.  Damit  steht  aber  In  grdlem 
Widerspruch,  dass  er  ihm  nach  V.  dO  erst  am  folgenden  Morgen 
die  Fesseln  abnimmt.  Und  auch  an  sich  ist  jene  Angabe  unwahr- 
scheinlich. Lysias  war  doch  nicht  verpflichtet,  das  Bargerreoht 
des  Paulus  zu  berfl^sichtigen ,  ehe  es  ihm  bekannt  war;  sobald  er 
aber  davon  gehdrt  hatte,  hatte  er  das  peinliche  Verfahren  gegen 
ihn  eingestellt.  Jene  Angabe  ist  daher  ebenso  zu  beurtheilen, 
wie  die  analoge  c.  16,  88,  und  wenn  Meyer  das  Motiv  des  2fsten 
Verses  ri<Atig  errathen  haben  sollte,  so  konnten  wir  darin  nur 
eine  Consequenz  unsers  Verfassers^  aber  durchaus  keinen  Beweis 
fflr  die  Treue  seiner  Darstellung  finden. 

Die  ferneren ,  gleichfalls  weit  ausgesponnenen  Verhandlungen 
c.  24 — 26  bieten  mit  Ausnahme  des  bereits  besprochenen  Berichts 
tlber  die  Bekehrung  des  Apostels  im  26sten  Kapitel  nicht  sehr 
vielen  Stoff  zu  Bemerkungen.  Die  Vertheidigungsreden  des  Paulus, 
über  welche  wiederholt  (c.  24,  10  ff.  25,  8.  c.  26),  bald  aus- 


')  Die  Auflösung  des  juaS^iov  durch  jtai  ^ua^ov  scüeint  in  diesem  Fall  sprach- 
lich unzulässig. 

^)  Ebenso  schon  Riehm  de  fönt.  act.  apost.  S.  111. 


2S8  Panlus  in  Cäsarea. 

iQiiliober)  baU  kttmer  toricyktet  wird,  dnek^  aioh.  die  Bn  eäwn 
Vüd  lieDMibe»  Paukt:  dMs  «r  eki  geUeeuer  A»liAD|;er  der  jodischen 
Religion  sei  (24,  14  ff«  25,  8.  26,  4  ff.  O9  nnd  daiwes  nur  der 
altväierliohe  Mesaiai^Uube  sei,  deaalBn  BrfOlhing  er  verkündige 
(24,  14  f.  26,  6.  22  f.);  d«8  eigeatliehen  KIftgepaiikts  gegen 
ie(a  Apo«teJ>  aeiiies  VerbftilHisMs  siiini  Gesetz ,  gesekieht  weder 
von.  seinen  jfldiaciiien  Anklftgern^  noob  von  iIud  aMet  in  der  Ver- 
tbeidigwig  RrwUbnuBg  —  denii  iwoh  die  anwahre  BeschnldigaBg, 
c.  24,  6,  dass  &c  den  Teaipel  sin  entweiben  versnobt  babe,  ge- 
tagt aicbl  hieber  und  dienl  eher  da»a,  «noh  das,  was  mit  Wahr- 
heit über  «9ja  Verh&Uaiss  'Aum  TempelkoHos  gesagt  werden  konnte, 
zjfk,  verstecken.  .  Ebenso  regelmässig  wiedeidiolt  sieh  die  Anerken- 
nufig  der  Unsebnld  dee  Aj^sMs  ia  «Uen  Instanaen:  nachdem  ihm 
schon  Lysias  o.  23,  29  das  Zengniss  ansgesteüt  bat,  dnsa  ihm 
keyme  strafbare  Handlang  ^nr  Last  falle,  legt.  Eeltx  c.  24,  22 
dieselbe  Ueberzeagnng  aa  den  Tng^}^  .  Festes  schlagt  nicht  blos 
^.  hinterlistige  Clasnch  der  Jaden  nm  ein  Verbar  In  Jerusalem 
ab  33,,  SjNMlerp  er  bestätigt,  unob  nach  angestellter  UntersHchang 
wiffde];b(d|;.C25,  IB.  26)  die  früheren  gflnaiigen  Urtheile  aber  den 
Apostel;  damit  diesen  hetdalaidiett  Zeugnissen  attch  ein  jadisches 
nicbi  fehle,  spricht  sidli  Agrippa,  dessen  Stimme  bei  seiner  Ver- 
traaUiept  n^t  den  jodiscben  Ctoetaen  (26,  2li.  26 ,  2  fi.  26)  dop- 
peltes, Clewiofat  hat,  iq  einem  .bedeutiMigsvoli  an^s  finde  des  ganzen 
Abschnitts  ge^Bjtelltm  Altfc^Hessenden  iCkitaohten  dahin  aas ,  dnss 
al(ge(Sjeihen  von  der  Appellation  an  den  Kaiser  der  Ff eilasanng  des 
Paalns  .^W^.iDi  Weg.  stände,  «nd  die  .geaaknmie  VersammlaDg 
s|iu9l^lf<.llvit:d^sel«Urtheillttbeiein«  Wenni  daher  Paalas  doeb  nicht 
fr^ig^eben  wird,  und,  genMbigl  ist,  nn  den  KAiser  :&«  eppelUren, 
sQ.liegVder  i^frund  wr  in   den  scbkioble»  Netiven  dea  BigeH- 


*)  Auch  diese  Stelle  war  liier  anzuführen:  die  Berufung  des  Paulus  auf  seine 
[iharisfiwche  6e»e!zeöfrörtihfgkeit  hat  hier  tiifcht  den  Zweck,  wie  Gäl.  1,  14.  Phil. 
^y  dv'dea  €ie9«DsaU' <ij^iii6d  ebristtibhen 'Staiid^uitkts  gegeft^den  ffülreren  jüdischen 
UpvprzHUeU^p  -rn.yop  >die^(tt  .<G«geMttz  ist  nkllts  aogedantet  —  sondern  sie  soll 
zum  po^iven  Beweis  davon  dienen,  das»,  Paulus  fortwährend  ein  guter  Jude  sei. 
Diess  erhellt  klar  aus  dem  Zusammenhang  von  V.  5  upd  6.  AeJinlich  werden  wir 
von 'hie^  aus  auch  über  c.  22,  3  flf.  urlheilen  müssen. 

')  Dass  der  Aufschub  der  Entscheidung  dem  Paulus  günstig  sein  soll ,  zeigt 
namentlich  V.  23.  26. 

^)  C.  25,  2  ff.;  dass  sich  hier  übrigens  ganz  die  gleiche  List  wieder)iolt  ha- 
ben soll,  welche  schon  c.  23,  12  ff.  gebraucht  wird,  ist  auffallend. 


Paulus  in  Cäsarea.  289 

nutze«  und  der  Menschei^efälligkeit  auf  Seiten  seiner  Richter  (e, 
lUry  26  ^.  35,  9),  die  aber  freilich  einer  höheren  Fügung  dienen 
mftssen,  c«  23,  11.  Diese  ganze  Schilderung  eignet  sich  ohne 
Zweifel  fffir  den  Zweck,  den  Apostel  selbst  vom  Staudpnnict  des 
strengen  jodischen  Rechts  aus  schuldlos  erscheinen  zu  lassen ,  aufs 
Beste;  ob  sie  aber  geschichtlich  genau  ist,  mochten  wir  trotz 
mancher  aus  dem  Leben  gegrüfenen  Züge  (wie  c.  24,  19  die 
vornehme  Unwissenheit  des  Römers,  c.  26 ,  28  die  Antwort  Agrip- 
pa's  auf  das  Andringen  des  Paulus)  schon  desshalb  bezweifeln, 
weil  die  verschiedenen  Reden  unserer  Schrift  auch  nach  Styl  und 
Darstellung  unverkennbar  aus  einer  und  derselben  Feder  geflossen 
sind,  und  die  paulinischen  von  der  charakteristischen  Sprache  des 
Apostels  keine  Spur  zeigen;  noch  mehr  aber  freilich,  weil  es 
ganz  unwahrscheinlich  ist,  dass  bei  der  Anklage  gegen  Paulus 
statt  des  eigentlichen^KIagepunkts ,  seines  Attentats  auf  das  Gesetz 
seines  Volkes,  immer  nur  der  Mestiiasglaube  als  solcher  zur 
Sprache  gekommen  sein  sollte.  Inwieweit  die  ganze  Erzählung 
von  der  Gefangenschaft  und  den  Verhören  des  Apostels  unter 
Felix  und  Festus  durch  diese  Zweifel  berührt  wird,  lässt  sich 
kaum  mit  Sicherheit'  bestimmen.  Es  kann  allerdings  auffallen  0» 
dass  Felix  und  Festus  aus  dem  gleichen  Beweggrund,  um  den 
Juden   einen   Gefallen   zu  thun   Cx^Q'''^  >c<nadiadui)y  den  Paulas  . 

gefangen  hinten  oder  in  Gefahr  bringen  (24,  27«  25,  9),  wie  ^ 
schon  Pilatus  aus  ähnlichen  Gründen  die  Hinrichtung  Jesu  bewil- 
ligt hatte  (vgl.  auch  Apg.  24^  22.  Mt.  26,  18),  dass  Paulus  vor 
Herodes  Agrippa  sich  zu  verantworten  hat,  wie  Jesus  vorHerodes 
Antipas,  und  mit  dem  gleichen  Erfolge  (L.  20,  15.  Apg.  26,  31), 
uud  in  der  letzteren  Erzählung  äbheint  sich  wirklich  die  gleich- 
massig  bildende  Hand  unsers  Verfassers  auch  im  Ausdruck  zu 
verrathen;  sonst  aber  war  ein  Benehmen,  wie  das  der  beiden 
Procuratoren ,  nicht  Mos  als  pragmatische  Voraussetzung  des  Er- 
zählers, sondern  auch  in  der  Wirklichkeit  durch  die  Verhältnisse 
zu  nahe  gelegt,  als  dass  sein  wiederholtes  Vorkommen  befremden 
könnte:  das  ist  ja  Oberall  die  Art  gewissenloser  Beamten,  dass 
sie  durch  Gefälligkeit  auf  ftemde  Kosten  die  zu  beschwichtigen 
suchen ,  denen  sie  sonst  gerechten  Grund  zu  Klagen  gegeben  haben. 
Jedenfalls  würde  durch  eine  unrichtige  Vermuthung  des  Verfassers 
über  die  Gründe  für  die  lange  cäsareensisohe  Haft  des  Apostels 


0  Vgl.  B.  BaUef  Apostelg.  106  f. 

19 


290  Beise  des  Paulus  nacli  Rom. 

die  Timtsaolie  dieser  Haft  selbst ,  xa  der^n  Fiktien  sieh  toime  ge* 
ndgenden  Motive  finden  wollen ,  niobt  umgestosseii*  Bmgpgm  mv« 
allerdings  dahingestellt  bleiben,  wie  es  sich  mit  den  eiaaelnMi 
Verhören,  and  namentlich  mit  dem  Verhör  vor  Agri|ipi|  vethielt, 
da  diese  mit  dem  doppelten  Interesse  ^  wiederhvUe  VertheidignAgs« 
reden  und  freisprechende  Urtheile  so  berichten,  zu  ei|g  zasara- 
menhftngen« 

6.  Paulus  auf  dem  Wege  nach  Rom  und  in  Rom. 

Der  Reisebericht  des  27sten  und  28stcn  Ki^iitels  gehört  zwar 
anstreitig  zu   den    ältesten  Bestandtheilen    der   Apostelgeschichte, 
aber  doch  hat  sich  »uch  iu  ihm  allen  Anzeichen  nach  eiuigea  Un- 
historische eingeschlichen.     Das   zwar  ist  nicht  anglaublich,  dass 
Paulus ,   trotz  seiner  Untersuchungshaft,  durch   die  Macht   seiner 
Persönlichkeit  das  Ansehen  erlangte,   mit  welchem  er  in  diesem 
Bericht  auftritt  (c.  27,  10.  21  ff.  33),  und  auch  die  Traomerschei- 
nung  V.  .23  ff.  lösst  sich  natürlich  erklären:   Paulus  konnte   im 
Gedanken  an  die  Bedeutung  seiner  Reise  um  seine  und  seiner  Ge- 
nossen Rettung  gefleht  haben,  und  die  feste  Zuversicht  der  Er- 
hOrung  konnte  sich  ihm  zu  der  Traumerscheinung  gestalten;   dass 
ihr  auch  der  Erfolg  entsprach ,  ist  keineswegs  undenkbar.     In  der 
Bemerkung  des  3dten  Verses,    dass  der  Centurio  den   Plan  zur 
Todtung    der  Gefangenen    aus  Rocksicht    auf  Paulus    verhindert 
habe,  mochte  man   eine   etwas  einseitige  Auslegung  vermnthen; 
human,  wie  dieser  erscheint  (V.  3),  musste  er  auch  um  der  übri- 
gen Gefangenen  willen  einer   so  unnothigen  Grausamkeit  In   den 
Weg  treten,  und  wenn  man  einerseits  sagen  kann,  es  mOge  doch 
das  Interesse  für  Paulus  sein  nächster  und  hauptsächlichster  Be- 
weggruud    gewesen    sein^    so    lässt  sich   andererseits  auch    die 
Möglichkeit  nicht  abweisen,    dass  jener  knrze  Beisatz,   der  ohne 
allen  Nachtheil  für  Construotion  und  Zasammenhang  fehlen  konnte, 
dem  ursprünglichen  Bericht  erst   von  späterer  Hand  beigefOgt  sei, 
um  auch  dadurch  den  Eindruck  in^s  Licht  zu  stellen ,  welchen  der 
Apostel  selbst  auf  den  Romer,  dessen  Gefangener  er  war,  ge- 
macht hatte.     Bestimmter  mochten  wir  diess  von  einigen  Zügen 
der  Erzählung  c.  28,  1 — 10  vermuthen.    Konnte  man  sich  auch 
den  Vorfall  mit  der  Otter,  V.  3,  den  unser  Verfasser  flreilieh  als 
ein  Wunder  betrachtet  wissen  will,  für  sich  genommen  so  erklä- 
ren, dass  dem  Paulas  entweder  eine  whrklich  giftige  Schlange  an 


Paulas  in  Rom.  291 

die  Vmi  kraob,  ohne  Um  doch  su  beuNsen,  oder  dass  ein«  nicht 
giftige  Otter  vqd  den  Umeteheoden  fiar  eine  giftige  geliaiten  wurde» 
Bo  M  doch  die  Angabe  des  6ten  YerseB,  die  Biageboreneii  hab^ 
den  Apoetel,  als  ihm  der  vorauasetzüehe  Otternblss  nichts  schadete, 
für  einen  Ctott  gehalten,  sui  sehr  im  Wunderstyi  unsers  14ten 
Kapitels  (V.  11),  als  dass  nns  nicht  bei  derselben  ähnliche  Be- 
denken anfsteigen  mOsaten,  wie  dort  das  ist  doch  nicht  der 
aftokite  fiedanke,  wenn  ein  vermutlich  von  einer  giftigen  Otter 
Gekissener  davonkemmt,  dass  er  ehi  übermensomiches  Wesen  sei, 
nnd  so  weit  mnssten  wohl  die  Melitenser  die  bei  ihnen  einheimi« 
sehen  Schlangen  kennen^  am  za  wissen,  dass  es  neben  den  gif- 
tigen aneh  nicht  giftige  Ottern  gebe.  Mag  es  daher  auch  mit 
der  übrigen  Brzfthluig  seine  Richtigkeit  habm,  so  enthAlt  doeh 
die  Bemerkung  V.  6  wahrsoheinlich  einen  anhistorischen  Zosato. 
Nooh  entschiedener  trägt  die  Heiiang  des  kranken  Vaters  von 
PabBos,  V.  8;  diesen  Charakter,  besonders  wenn  wir  die  weitere 
Angabe  hlazanehmen,  dass  auch  alle  übrigen  (oi  Xainol)  Kran- 
ken hui  der  Insel  von  dem  Apostel  geheilt  werden  seien  —  eine 
Veraioherang,  welche  so  anfallend  an  sonstige  ttbertreibende  Sdiü- 
derongen  der  apostolischen.  Wanderthätigkeit  (c.  2,  43.  6,  15  f. 
19,  11  f.)  erinnert,  dass  wir  tlber  sie  nur  das  gleiche,  Urtheii 
werden  lAUen  können,  wie  über  jene. 

An  den  Beiioht  über '  die  Eeise  des  Apostels  von  Jemsalera 
nach  Rom  si^hUesst  sich  in  der  Erisählang  von  seiner  Veihandlong 
mit  den  angesehensten  ülitgliedern  der  romischen  jadensohaft  c. 
38,  1^  ff.  der  letate  Abschnitt  unserer  Sohiüt  an.  Mossten  wür 
aüftor  ihre  bisherige  9arstellong  mit  mehr  oder  weniger  misstrani* 
schem  Blick  betrachten,  so  kOnnen  wir  dieses  Misstraaen  nach 
M  dies(^m  b»t»ten  nicht  aalgeben.  Was  in  demselben  befremdet, 
JM  s^nnAPhst  das  Benehmen  des  Pwilas  selbst  Kaum  in  Rom  an- 
glommen,  benift  er  4ie  Angesehensten  anter  den  laden  sa  sieh, 
•am  ihnen  an  sagen,  dass  er  weder  wegen  eines  Vergehens  gegen 
das  jüdische  Volk  nnd  Gesetz,  noch  aach  als  Ankläger  seines 
Volks  vor  Gericht  stehe,  sondern  einzig  and  allein  wegen  seines 
gnt  jüdiaehen  Messiasglaubens;  nachdem  er  sich  sodann  mit  einer 
grüsseren  Anzahl  seiner  Volksgenessen  einen  ganzen  Tag  lang 
beaproehen  and  nie  für  das  Ohristentkam  za  gewinnen  versaeht 
liat,  verabschiedet  er  sich  von  ihnen  mit  der  Erklflrong:  da  das 
jüdische  Volk  in  aeiner  Verstocktheit  VQm  vessianiaehen  Heil  nichts 
wissen  wolle,  so  werde  es  den  Heiden  zugewendet  werden.  Lftnit 

19* 


292  Paulus  in  Rom. 

sich  wohl  von  Paolus,  so  wie  wir  diesen  sonst  kennen  ^  anneiiDien, 
dass  er  wirklich  ein  solches  Verftibren  einhielt?  Von  dem  Paulas 
der  Apostelgeschichte  allerdings ,  aber  von  dem  historischen  Paulos 
wohl  schwerlich.  Wenn  wir  den  Bericht  unserer  Sclirlfl  unbe- 
fangen in's  Auge  fassen,  so  ergiebt  sich  fQr  die  Bespreohang 
mit  den  Juden  ein  doppelter  Zweck :  der  Apostel  wiH  theils  die 
üble  Meinung,  welche^  sie  von  ihm  als  einem  Feind  des  Gesetees 
haben  konnten,  widerlegen,  theils  bei  ihnen  zuerst  mit  der  evan- 
gelischen Verkandigung  einen  Versuch  machen,  gemftss  seinefli 
Grundsatz  (c.  13,  46),  auf  den  auch  V.  1^8  deutlich  hinweist, 
sich  immer  erst  an  die  Juden  zu  wenden,  und  nur  wenn  sie  dis 
Evangelium  verschmähen,  an  die  Heiden.  Werden  wiros  aber  weiter 
unten  noch  unwahrscheinlich  finden  müssen,  dass  er  wirklich  die- 
sem Grundsatz  gemäss  verfahren  sein  sollte,  so  passt  auch  dar 
Eifer,  sich  vor  den  Juden  zu  rechtfertigen^  selbst  noch  ehe  er 
die  Christengemeinde  etwas  näher  kennen  gelernt  haben  kami, 
nach  welcher  er  sich  doch  im  ROmerbrief  (1,  11  ff.)  sosehr  sehnt, 
weit  besser  fOr  den  Judenchristen,  welchem  Alles  daran  liegt, 
den  Ruf  der  Rechtgläubigkeit  bei  seinen  Volksgenossen  nicht  kq 
verlieren ,  als  für  einen  Mann ,  der  sich  eines  so  tiefgehendeB 
Gegensatzes  gegen  den  jadisohen  Standpunkt  bewusst  war,  wie 
Paulas.  Mit  welchem  Gewissen  hätte  dieser  versichern  können, 
dass  er  den  edrj  TtoTQfpa,  den  mosaischen  Institutionen  i),  in  nichts 
zuwidergehandelt  habe?  er,  dessen  ganze  Thätigkeit  auf  nichts 
Anderes  ausgieng,  als  diese  Institutionen  durch  den  Glauben  an 
Christus  zu  verdrängen,  dessen  ganzes  religiöses  Bewusstsein  Ib 
der  Aufhebung  des  Gesetzes  durch^s  Evangelium  seinen  Mittel- 
punkt hatte? 

Ist  aber  dieses  Benehmen  des  Paulus  unbegreiflich,  so  ist  das 
der  Juden  fast  noch  weniger  zu  begreifen.  Sie  kommen  nicht  nur 
zweimal  zu  ihm  in  seine  V^ohnung,  und  horen  einen  ganzen  Tsf 
lang  seinen  Reden  zu,  sondern  V.21  bezeugen  sie  ihm  ausdrack- 
lich:  'ijfieig  otke  ygafifiaza  Tteql  aov  ide^äfis-Stc  dnd  tr^  7ot;- 
dalag,  ovr€  TtaQayevojtievog  rig  tdSv  ddelq)uiv  dvrjyyuhfv  r\  iXahfA 
%i  Ttegl  aov  mwijQOv.  Ja  nidbt  genug,  dass  sie  von  ihm  nichtai 
Nachtheiliges  gehört  iiaben,  auch  vom  Christenthum  im  Ganeei 
sohehien  sie  noch  gar  nichts  Näheres  zu  wissen:  d^ioSfier  rtafi 


1)  Vgl.  über  diese  Bedeotung  des  Ausdrucks  c.  6,   14.  15,  1.  2t,  2t,  auch 
16,  21- 


Pftulos  in  Rom.  293 

a&v  a>eov0ai>  S  (pQOvus^  TtBQl  fxiv  yaQ  t^g  aiQiaemg  rctvtrjg  yvia^ 
aröv  ioTiv  rjfuv,  ori  rtaPraxov  avriUystac,  So  spricht  man  doch 
nicht  von  einer  Brscheinnng',  die  man  seit  Jahren  vor  Augen  hat, 
AVer  die  man  dnreh  anmittelbare  Berflhrnng  unterrichtet  Ist.  We^n 
dalimr  die  römischen  Juden  so  reden,  so  setzt  das  voraus,  es  sei  Ihnen 
nur  durch  ein  unbestimmtes  Gerücht  von  der  Christensekte  etwa« 
zu  Oiiren  gekommen.  Dass  dem  freilich  wirklich  so  gewesen  sei,  haben 
auch  sdche  Ausleger,  welche  der  Glaubwardigkeit  unserer  Schrift 
nieht  zu  nahe  treten  wollen,  so  unwahrscheinlich  gefunden,  dass 
sie  «Ich  .das  Vorgeben  der  Juden  nur  als  eine  Verstellung  zu  er- 
klftren  wussten  0.    Aber  was  wflre  der  Zweck  dieser  Verstellung? 
Schseckenburger  glaubt,  sie   haben  sich  dadurch  den  Schein 
grdsserer  Unbefangenheit  geben  wollen.  Allein  sich  diesen  Schein 
SU  geben,  hatte  fttr  sie  gar  kein  besonderes  Interesse,  und  wenn 
anehy  so  war  dazu  jene  LOge  gar  nicht  nothig.    Es  hätte  ja  voll- 
kommen genttgt,  dem  Paulus  zu  erkiftren,  dass  sie  sich  zwar  bis 
jetzt  von  der  Wahrheit  des  Christenglaubens  nicht  haben  ttberzeu- 
gen  können,  dass  sie  aber  geneigt  seien,  Belehrung  anzunehmen; 
statt  dass  sie,  nach  dieser  Auffassung,  Ihre  Bekanntschaft  mit  dem 
Apostel  mit  einer  Unwahrheit  eröffnen,   die  viel  zu  handgreiflich 
war,  um   nicht  sogleich  von  ihm  durchschaut  zu  werden.    Aber 
offenbar  behandelt  unser  Verfasser  jenes  Vorgeben  der  Juden  nicht 
im  Geringsten  als  unwahr.    Es  ist  Ihnen  ja  so  Ernst  damit,  dass 
sie  eben  desshalb  einen  T^  zur  Besprechung  mit  Raulus  verab- 
reden,  um  von  ihm   zu   erfahren,    was  sie  bis  jetzt  noch  nicht 
wissen,  wie  es  sich   eigentlich  mit  der  Lehre  der  Christen  ver- 
halte, und  der  Apostel  seinerseits  geh^  gleichfalls  mit  einem  Ernst 
auf  die  Sache  ein,  weleher  deutlich  genug  zeigt,  dass  er  der 
Angabe  der  Juden  vollen  Glauben  schenkt.    Und  was  wenigstens 
ihre  Aussage  tkher  den  Apostel  betrifft,  so  stimmt  ja  diese  nach 
der  Darstellung  unserer  Schrift  mit  dem  Thatbestand  vollkommen 
Oberein.    Sagt  denn  dieser  nicht  auch   von  sich  selbst,  er  habe 
sich  an  dem  jtldischen  Volk  und  Gesetz  in  keiner  Hinsicht  ver- 
gangen? Erscheint  er  nicht  durchweg  In  unserer  Schrift  als  ein 
treuer  Beobachter  des  Gesetzes?  Ist  demnach  das  Zeugniss,  wel- 
ches Ihm  in  Rom  ausgestellt  wird,  etwas  Anderes,  als  die  förm- 
liche Bestätigung  dieses  Sachverhalts   durch   den  eigenen  Mund 
der  Juden,  mittelbar  selbst  der  Jemsalemiten,  die  Wiederholung 


1)  Schneckenburger  S.  86. 


294  Poplns  in  Rom. 

des  Vrtheils,  wtiohes  ein  Lydas,  Felix^  FesUi«,  Agiippa,  sogar 
^e  rechtglävbige  Partbei  des  SynedriuniSf  bereits  ttber  ihn  »n»- 
gesproohen  hat?  Und  können  wir  nacli  Allem  dem  xwdfola,  dass 
unser  Verfasser  diese  Aassage,  dam  aber  nethwendig  aaoh  die 
mit  ihr  zusammenhängende  des  dosten  Verses,  als  strenge  ^Walur- 
heit  betrachtet  wissen  will?  Dass  sie  diess  AreiUoh  Meh  wirklioh 
Beiy  können  wir  nioht  zugeben.    Was  zuerst  die  VerausMetsttog 
betrifft,  dass  die  römischen  Juden  von  der  Christensekte  neck  nichts 
Näheres  gehört  haben ,  so  ist  diess  unter  den  damaligen  Umatfinden 
ganz  undenkbar.    Wir  wissen  aus  dem  Römerbrief,    dass   ai^en 
seit  Jahren  eine  nicht  unbedeutende  Christengemeinde  in  Rom  be~ 
stand,  eine  Gemeinde,  von  der  Paulus  Rom.  1,  8  sagt,  dass  ihr 
Glaube  aller  Orten  (iv  ülfp  %(^x6g^)  gepriesen  werde.    Wir  se* 
hen  femer  aus  der  gleichen  Urkunde,  dass  diese  Gemeinde,  selbst 
wenn  ihre  Mitglieder  der  Abstammung  nach  grösserentheils  Hei- 
ydeachristen  gewesen  sein  sollten,  doch  jedenfalls  einen  sehr  be- 
deutenden judenchrlstlichea,   und  einen  noch   bedeutendem  jadai- 
sIrenden  Bestandtheii  in  sich  iiatte  0,  woraus  sieh  von  selbst  ergiebt, 
dass  sie  nicht  ausser  Verbindung  mit  der  römischen  Judenschaft 
gewesen  sein  kann.    Wie  ?  und  von  einer  sekhen  Gemdnde  «elite 
den    angesehensten  Mitgliedern    der    römischen  Jndeascluift    gar 
nichts  weiter  bekannt  gewesen  sein,  als  dass  ihrer  Lehre  allent- 
halben widersprechen   werde?     Was  aueh  ausser  Rem  dUe  Welt 
wusste,  das  solKen  sie  allein,  die  es  unter  den  Nächsten  angleng, 
nidit  gewusst  haben?  Nur  zwei  Jahre  später  war  die  neronlsche 
Christel  Verfolgung,  bei  d^en  Gelegenheit  Tacitus  bezMgt,  dass 
die  angeblichen  Schandthaten  «der  Christen  in  Rom  im  Munde  des 
Volks  waren.    „Wie  ist  es  möglich,  mässen  wir  mit  Baar  (S. 
370}  Aragen,   das  zwei  Jahre  Irtther  das  Christendium  in  Rom 
noch   so   unbekannt  war,  wie  wir  nach  der  Erzählung  der  Apo- 
stelgeschichte annehmen  mässten,  oder  wie  tst  es  möglich  anzu- 
nehmen,   nur  die  Juden   haben   hioht  gewusst,   was  doch  sonst 
Jedermann  hi  Rom  wissen  konnte ?^^  Olshiausen^s  Auskunft,  dass 
sich  in  Folge  der  Judenverfolgung  unter  daudtus  die  römlsohen 
Christen  von  den  Juden  getrennt  habmi  ttögAi,  nid  dabs  wvU 
die  neu  Bing  e wanderten  von  den  iiotztem  mit  der  B^istenz  einer 


*)  If.  s.  besonders  c.  9 — 11.  c.  7 ,  1  ff.' und  B auf's  Untersuchung  über  den 
Zweck  des  Römerbriefs,  Paulus  S.  234  ff.  auch  Sehn  eck enb arger  a.  a.  0. 
S.  S9  ff. 


Paulus  in  J^om.  295 

OhiisMiigeiMbide  liRoiii  asbekaimt  geblieben  seien,  isl  ven  Banr 
8.  ft.  O.  2Qr  €}e»ige  widerlegt  werden.  Umgelcebrt  meint  Klingt}; 
in  Folge  der  Unmlien,  welche  des  Christeathnm  Ihrtlher  unter  ihnen 
vemalaeete,  «ind  dnrch  weMe  das  Edikt  des  Clandias  herbeige- 
flltet  wnrde,  iMiben  die  Juden  den  Verkehr  mit  den  Christen  ab- 
gebffooiren.  ikber  dann  würden  sie  weder  der  Einladung  des  Paulus 
Folge  geleistet  haben,  noch  kauten  sie  steh  gegen  ihn  so  äussern, 
wie  sie  thun:  sie  red«i  ja,  wie  wenn  sie  von  den  Christen  noch 
gar  nieiits  Nftkeres  witssten,  wie  konnten  sie  diess,  wenn  eben 
der  Lehrstreit  mit  den  Christen  sie  bestimmt  hatte,  sieh  von  ihnen 
aurflokxaaMen ?  Niebt  mehr  hat  Sfeander'e  (S.  4^3  Bemerkung 
amf  sieh,  in  einer  so  grossen  Stadt  habe  das  Daseki  der  ehrisdi- 
oiiea  Gemeinde  den  reiclien  Juden  wohl  entgehen  können,  beson- 
dem  da  der  Hauptstamm  dieser  Gemeinde  Heiden  waren,  und  da 
sich  jeßt  reiohen  Jaden  wohl  um  and^ie  Dinge  melir  bdkOmmert 
haben  mdgen,  als  um  reUgiOse.  War 'die  Stadt  Rom  gross,  so 
war  aufli  die  Christengemeinde  sieht  klein ;  selbst  dem  heidnischen 
Volke  war  Mir  Basein  bekannt,  «m  wie  viel  mehr  den  Ttgtaroig 
%(Sv  ^laväamvl  denn  dass  sich  diese  um  religiöse  Dinge  idoht  viel 
kMMnerten,  davon  beweist  ja  schon  ihr  zweimaliger  Besuch  bei 
dmi  Apostel  und  ihre  tagelange  llnterredung  mit  ihm  das  Gegen- 
theil,  und  dass  die  Christengemeinde  mit  den  Juden  derselben 
Stadt  Im  Verkfiiir  sinnd,  ist  bereits  gezeigt  worden;  auch  ohne 
das  hatte  sie  aber  wenigstens  so  viel  Interesse  fftr  diese  ^  um 
nicht  «gnonrt  z«  werden.  Oder  ist  etwa  in  unserer  Zeit  aueh 
nur  die  kleinste  deotschkathoUsohe  Gemeinde  den  Katholiken  der- 
selben Stadt  unbeksjuit  geblieben,  und  hatte  nicht  eine  zahkeidie 
Christeogemeinde  in  Rom  eine  ganz  andere  Bedeutung  fftr  das 
Jadenihufli;  als  alle . deutschkatholischen  Vereine  zusammen  Uta-  den' 
heiMfgen  Ka^iolioismus.? 

Ebenso  unglaublich  ist  es,  dass  die  Jaden,  nach  V.  dl,  Aber 
Paulas  selbst  von  JudAa  ans  nichts  Nachtheiliges  gehdrt  habeii 
solUen«  Der  Aiann,  welcher  seit  Jahrzehenden  am  Sturz  ^a  Ju- 
denthums  arbeitete,  welcher  der  verhassten  Christensekte  vom 
Orient  bis  an  die  Grenzen  des  Opcideats  uazaUige  Anbänger  ge- 
wonnan  hatte,  weleher  aller  Orten  mit  den  Juden  im  Streit  lag, 
und  auf  Tod  und  Leben  von  ihnen  bekämpft  wurde  —  dieser 
Blana  war  ein  viel  au  wichtiger  Gegner,  als  dass  den  Juden  der 


<)  Theo!.  Studien  and  Kritiken  1837,  2,  302  f. 


296  Paulot  io  Rom. 

Weltstadt    sein  Name  diobt  flohon  längst,    tmil  sefeni  «ieli  ihre 
Glaabeasgenossen  tiber  Ihn  Äusserten,  aatttrllch  1»  nngOnstlgsteB 
Sinn  hätte  bekannt  sein  müssen.    Nnn  heisst  es  hier  freflieh  nur, 
es  sei  ihnen  aus  Judäa  niehts  Schlimmes  Ten  ihm  beriohtet  wor- 
den.   Aber  theils  zeigt  V.  22 ,  dass  sie  nach  der  Meittung*  unsers 
Verfassers  auch  Oberhaupt  von  ihm  nichts  wissen ,  und  das«  Jodia 
hier  nur  desshalb  ausdrllcklioh  gewuint  Ist,   weil  auch  schon  das 
Vorhergehende  den  Angrif  auf  den  Apostel ,  welcher  biA  ja  mit 
dem  Judenthum  Im  Ganzen  in  keinem  Gegensatz  beflnden  aoB,  nur 
von  den  palästinensischen  Juden  hat  ausgehen  lassen;   tteils  ist 
auch  jene  beschränktM'e  Aussage  höchst  unwahrscheinlich.     Man 
sagt  zwar  (Meyer  z.  u.  St.),   die  Synedrieten  haben   vor  der 
Appellation  des  Paulus  keinen  Anlass  gehabt,  über  ihn  uacik  Rom 
zu  berichten,  da  sie  in  Palästina  selbst  mit  ihm  fertig  zu  werden 
hoffen  konnten,  nach  derselben  dagegen  wohl  keine*  Gelegenheit 
mehr,  da  die  Schifffahrt  nach  c.  27,  9  sehen  geschlossen  gewesen 
sei ,  man  hat  selbst  gemeint  i) ,  die  Palästinenser  hfttten  lYarea  Haas 
gegen  Paulus  (den  von  ihnen  auf  Leib- und  Leboi  Angeklagten!) 
absichtlich  verheimlicht,   um   ihn    lelcliter  verderben   zu  kOnnen. 
Aber  bedurfte  es  denn  eines  officiellen  Berichts ,   um  die  romisebe 
Judenschaft  von  den  Vorfällen  in  Palftstina  in  Ktsnntalss  zu  setzen? 
Es  ist  bekannt,  welcher  lebhafte  Verkehr  zwischen  den  Provin- 
zlalhauptstädten  und  Rom  stattfand,  welche  ausgebreiteten  Bezie- 
hungen   die  Religion,    der  Handel,    die    politischen    Verhfiltnisse 
zwischen  Rom  und  Jerusalem  bildeten,  wie  nebmi  den  zaiüleseD 
Privatverbindungen  auch  fast  best&ndig  politisohe  Agenten  der  jo- 
dischen  Fürsten  und  der  Priesterschaft '  in  Rem  waren.      Waren 
doch  gerade  während   der  Zeit,  als  Paulus  zu  tiftsarea  In  Haft 
sass,  die  Angesehensten  der  clsareenslsehen  Juden  mit  einer  Klage 
gegen  den  Procurator  Felix  nach  Rom  gekommen  (Joi9.  Ant  XX, 
8^  9).    Und  dennooh  sollten  die  TtQtJtoi  t<Sv  ^lovdaitov  hi  Rom 
währ^d  der  drei  Jahre,  die  seit  der  Gefangennehmnng  des  Apo- 
stels verflossen  waren,  von  den  Dingen,  die  sich  in  ihrem  Vhter- 
lande  zugetragen  hatten,   von  der  Gefangennehmung  und  wahr-* 
scheinlichen  Verartheilnng  ihres  gehasstesten  und  gefährlichsten 
Glaubensfeindes  kein  V^ort  gehört  haben ,  und  wir  sollfen  uns  bei 
Meyer's  Bemerkung  beruhigen  können:  „der  Fall,  dass  den  römi- 
schen Juden  durch  Privatkorrespondenz  oder  Reisende  «Ible  Nach- 


*)  Lange  ap.  Zeit.  I,  10^. 


Di»  Lehre  des  Panliii.  297 

nehi^n  Ober  Paulas  Kagfkomiiiai  wAraii)  soi  snfAllig  uMI  «Iih 
g^ret^n?^^  ^yCrßdai  Judaeus  ApeUal  Das  Ungasohichll}!^  «mm» 
Vericlits'  ]if9gt  ^lar  vor  4Qgeo,  nur  wird  es  sich  auch  ia  diesem 
Fall,  ni^i^t  ,attf  4ie  eiaaelaeii  :Z<lge  bescliränkeii  ^a^euj  an  desi^ 
Qs.j^anÄohst  arom  Vor^d^eia  komiati  wena  vielmehr  einerseits  da« 
ganee  Bea«bnieo  des  Panlos,,  andererseüs  das  der  Jnden  unwahr^ 
scbeinlicli  war^fsa  verliert  aneh  die  Znsammenkiinft  beider,  weleha 
sich  nnr  ans  diesem>  jbrem  gegenseidgeo  Verhalten  erfclftri,  ihreii 
Boden ,  und« so  natürilob  es  ist,  dass  Panlus  in  Reai  nn^  Ande- 
ren! aneh  mit  seinen  Volksgenossen  in  BerQhrung  kam,  und  eine 
Einwirkung  auf  sie  yersoehte,  so  wenig  werden  wir  dooh«dfe^ 
feierilehe  Verhandlnng  mit  den  fiftoptern  der  rflmia^n  JndensohafI, 
welche  gleich  nacb  seiner  Ankunft  eröffnet  worden  sein  soll.,  iOr. 
gesQhiohtlioh  halieu  können. 

7.  Die  Lehre  und  der   öffentliche  Charakter  des  Paulus 
nach  der  Darstellung  der  Apostelgeschichte,  \ 

Nachdem  wir  im  Bisherigen  die  Erzählungen  unserer  Schrift 
Ober  den  Apostel  Paulas  im  Einzelnen  in  Beträcht  gezogen  haben, 
liegt  uns  zum  Schlüsse  noch  ob,  die  vereinzelten  Ztige  seiner 
Schildennig  in  ein  Gesammtbild  zusammenzufassen,  und  es  mit  der 
Selbstdarstelinng  des  Apostels  in  seinen  Briefen  zu  vergleteben. 

Beginnen  wir  mit  der  Seite,  welche  sich  dieser  Vergleichung 
am  Uniaiitelbarsten  darbietet,  mi{  der  Lehre  des  Apostels,  so^' 
verspreehen  seine  zahlreichen  Reden  in  der  Apostelgeschichte  hlA-^' 
reichende  Stoff  fUr  ihre  Feststellung.  Sehen  wir  jedoch  näher 
zu,  so  werden  wir  uns  in  dieser  Erwartung  grossentheiis  ge-' 
täuscht  finden.  Von  jenen  Reden  sind  die  des  228ten,  ödsten  und 
26sten  Kapitels  nebst  den  ktirzeren  Aeussernngen  c.  23,  €.  20; 
8  apologetischen  Inhalts;  ebenso,  nach  dem  froher  Erörtertenl,  dii 
mllesische  Rede,  c.  20$  es  bleiben  mithin  nur  die  zwei  Missfons-^ 
reden  im  pisidischen  Antiöchia,  13,  !<$— 41,  und  in  Athen,  17; 
22—31,  nelii^t  der  kurzen  Ansprache  an  die  Lystrenser  14,  15 — IT^* 
dem  snmmarlschbn  Bertdbt  ffber  die  Verhandlungen  mit  den  Jn^n 
in  Thessalonich  (17,  3),  und  dem  ausführlicheren  Ober  die  tte-> 
spreehung  mit  den  römischen,  übrig.  Schon  dieses  ZurAcktrcften 
der  Lehrrede  gegen  die  Selbstvertheidigung  hat  Schnecken^ 
bnrger    (S.    128}    mit   Recht    bezeichnend    gefunden.    In   der 


^>  A^lmlicb  Thidf'9bh  d^  tirche  Im- a][rv  7eit.  17S.  Ba'nmgarten  ti,  I),  4^f 


298  IM«  Lehre  des  ^»fiios. 

WMltolifeeit  dram  doch  did  1lanite!l!iiif  dar  Heifslehre  ^  die  Ahs- 
eto—ioraetiBiMig  a«d  tLwMterilgnng  des  Big^thOmliehen,  wm  die 
p»aliiiisi^  AülTassiing  derselben  beselehnet,  den  Hauptinhalt  der 
afeBtoliaehen  Vortrige  gebildet  habm,  und  es  kann  idrth  in  dieser 
BeaieiioBg  mit  den  Reden  im  Wesentliciien  nielit  anders  verhauen 
hahetty  als  mit  den  Briefen,  von  denen  uns  namentlleh  der  Be- 
merhrief  »eigt,  wie  Paulas  mit  solchen  spraeh^  denen  seine  I<ehre 
noch  neu  war.     Wenn   unser  Verlhsser    davon   so  wenig,   oher 
VertiieidigangsredeB  dagegen,  welche  «um  Tbefl  gar  nichts  Bi-- 
gunthflmliches  darbieten ,  so  ausflllhrlfch  beriofateC,  so  erhalten  wk 
schon  dadnroh  ein  schiefes  Bild  von  dem  Wiiicen  des  Apostels^ 
seine   dogmatische  Bedeotung   wird   aber  GebOhr   2ar<lc]tgeatrtl# 
0tAen  wir  sofbrt  auf  den  Inhalt  seiner  Lehrvorträge  näher  ein, 
und  fassen  wir  biefOr  zunächst  die  zwei  grosseren,  «n  Antio- 
ohien  und  zu  Athen,  in^s  Auge,  so  scheint  uns  der  Verfasser  in 
jeder  von  beiden  ein  Master  fdr  eine  ganze  Gattang  paalinischer 
Lehrredeu   vorlegen  zu   wollen:  in  Athen  hat  der  Apostel  aus- 
sehUesslioh  eine  helleidsohe,  in  Antioohien  eine  jüdische  ZuMlrer- 
sehaft{  die  Beden,  welche  er  an  diesen  beiden  Orten  hält,  reprä- 
senüren    die  Sfissionspredigt    des  Apostels   Oberhaupt,   jene   den 
Heiden,  diese    den  Juden  g^euAber.     Weder  die  eine  nach  die 
andere  entspricht  jedoch  den  Erwartungen,  welche  wir  umi  von 
den  Ldirvortrftgen  des  Paulos  machen  m(t«pen.    üeber  die  athenische 
Bede,  deren  Autbeatie  uns  sohon  oben  ans  andern  GfQnden  nwd- 
felhaft  wurde,  urthsUt  Schneckenburger  (S.  139>  veUfcam- 
men  richtig:  es  lieg«  in  ihr  ebenso  wenig,  «Is  Ht  der  lystrensisohea, 
etwas  eigentbOmlichPaulinischeMi,  es  sei  denn  die  gressartige  Auf- 
ISasaniig  des  Baidenthums  selbst;  beide  Beden  bänfte  auch  ein  sei' 
eher  gehalten  haben,  der  in  der  christlichen  Qeilsl^hi«  mit  dem 
Apostel  nicht  übereinstimmte,  ja  mit  Ausnahme  der  gfak%  tetnten 
Warte  hi  4er  athenlensiaohea  ein  liberaler  ^^fainniger  Aide,    in 
beiden  ist  es  nur  der  Monettieismiis,  weleber  sieh  dii4  Polifthisis- 
m»s,   nicht  das  BrloauagsbadOrfniss    und    KrldsmngshewnsstseiB, 
welches  sich  .dcffi  heidaieehen  £l0n4mi*  und  WeMsben  emtgsgen- 
stellt;  von  der  panUnischen  Auffassung  des€hristen<ihams»  wie  sie 
sich  s.  A  itn  BAmerbrief  auch  dem  Heidenthum  gegenüber  aus- 
spmcbt,  v^n  dem  JKurtlskgehen  auf  die  sitittehe  Wurzel  4er  BeU- 
gion,  ündet  sieh  nichts  in  difsen  Beden,  selbst  d^  Mes»ia<igiartf 
wird  darin  nur  einmal  (17,  81)  im  Vorttbergehen  berflhrt.    Die 
anfiocheniaehft  Bede   liest  4dlerdb«s    nkht  blas  «e   allgemein 


Die  Uhre  des  Panh».  299 

ohrisfliGbe/jiaDdeirD  Moh  die  pa«iiiii«elie  Leltfe  4«o<lio1wr  kcrvtr- 
traten.  Aber  wie  leiee  and  unver^ogliekv  «elM  fttr  den  Mdnn, 
ist  doch  anch  Wer  der  elf  entlMie  (tehttlt  der  letaleren  enigeden^ 
teil  Naobdem  Paalos  ausfOhrMob  von  der  f ruberen  Leiteng  dee 
israelitiscben  Vellos^  von  dem  Ttafer  Jobannes,  von  der  Hinrieb« 
toBg  und  Anferstehnng  Jesu  gesproehen,  and  «eine  MessianMI 
ans  dem  A.  T.  erwiesen  hat,  fOgt  er  V.  dS  f.  Uns«;  rv(aa%mt 
ovv  e6%(0  vfiiy^  o%i  äiä  vomov  vfd¥  äg>e0ig  a^^t^Uiv  nwfaf/ik-^ 
lezar  xal  ano  nd^itav  cJy  ovx  rjdvpijdfjte  iv  ^  y&fi(fi  M€$v^ 
aifos  duuxt(o9^v€cv  iv  zov^ip  nag  o  ^ufTevcJ»  dcxaioihcBA:  Damit 
wird  aber  die  Caaubenegereohtiflceit  nioht  beatlmmt  an  die  SteUe 
d#r  GeeetzesgereobllglEeit  geeetst,  eendem  «0  kann  Aeneognt 
ancb  als  eine  Ueme  ErgAnznng  dersdften,  in  dem  jynci'giBti'« 
sehen  ^m  des  Jodenehrifltentbnmfl  Ot  gefaest  werden^).  Wer  die 
panlinisohe  Lehre  von  der  Rechtfertigung  und  dem  Geeete  niebt 
vorher  kennt,  würde  sie  gewiss  ans  dieser  flftohtigen  Andentang 
nicht  abnebm«D*  Diess  ist  aber  aberdiess  die  einzige  Stelle  in 
allen  den  Beden ,  welche  ilie  Afostelgeseldefate  dem  Panlns  in  den 
Mand  legt,  worin  überhanpt  eine  Hinweisang  auf  sebie  Lehre  na 
finden  ist.  In  allen  seinen  übrigen  Aeassemngen  trctfen  wir  ans- 
oabmelos  nor  dieselbe  Ankündigung  des  Anfenitandeneii,  dieneUie. 
altteetameutliche  Beweisftthrang  für  die  Messlanitftt  Jemi,  wi6  in 
den  Beden  eines  Petrus«  Nur  Ober  diese  Frage  dispnilrt  Paulas 
c.  17,  2  f.  mit  den  Juden  in  Tbessaleniidi;  indem  er  ans  der 
Schrift  darthat,  ihi  wv  Xq^oiw  Sdet  itadzlv  mcA  ai^atijvai  ix 
vsx^tSv,  xai  omi  oixoQ  iaziv  6  XQva%6g^  ^Ifjaovg^  nor  hierüber 
verhandelt  er  c.  28,  23  einen  Tag  lang  in  Rem,  ndSwv  at^wg 
Tft  nsQl  Tov  ^Iijaoüj  dni  t€  VW  vo^ov  Miaüfdfog  »al  %üv  aj^ 
(pffluh^  nur  hieran  erinnert  er  die  epbesftniaefcen  CHsmdndevorate« 
ber,  wenn  er  c.  20,  91  die  Leiu'e,  welche  er  verkündigte,  ebM 
etwas  vorzaenthalten ,  in  der  fietdvoux  d$  %6v  Stov  and  der  nlmig 
dg  %dv  xvQi^  r^fjMf  ^It^aoüv  X^imov  /Koaammenfasst,  und  feanm. 


*)  Jak.  2,  22:  7  ni(rrig  (wvrj^si  roTi  ^yoiq  adrov. 

')  Der  nächste  Sinn  der  Worte  äno  navrtay  u.  s.  w.  kaon  immer  nur  der 
sein^  die  Christusgläubigen  erhalten  Vergebung  für  dasjenige,  wofür  ihnen  das  Ge- 
setz keine  Vergebung  verschafifen  konnte.  Diess  kann  nun  allerdings  heissen:  $ie 
erhalten  die  Vergebung  für  alle  Sünden,  da  ja  sie  alle  unter  dem  GesetE  niitht 
vergeben  werden  konnten,  durch  den  Glauben,  es  kann  aber  auch  besagen:  sie 
erhalten  diese  Vergebuag  für  den  Theil  ihrer  Sünden,  wofür  das  Gesetz  keine. sb- 
währte. 


300  ^^^  Lahre  des  Paolos. 

eine  leise  FftrfciiBg  des  Ansdnioks  (^BVciyyiXi(fv  tfjg  x^Q^'^os  ^*  ^) 
TwH  den  KuadigMi  die  peaUnlseiie  AnlTissaiiii^  der  Heilslelire  in^s 
GedieiitBi^ss.  Dass  der  ApösCel  in  seinen  Brklimn|^n  ver  "dem 
Bynedrinm  (98,  6},  ver  Felix  (24,  14),  vorFestus  (95,  S),  vor 
Agrippn  (M,  19 — 38)  gleichfalls  Iceinen  anderen  Gesichtspunkt 
UMthilt,  haben  wir  zam  Theil  schon  ftrfiher  gesehen.  In  allen 
diesen  Aeasserangen  weist  Panlas  jede  feindselige  Beziehnng  seiner 
Lehre  znm  Mosaismas  ab,  und  versiohert,  dass  es  sich  zwischen 
ihm  nnd  den  Juden  durchaus  nnr  nm  die  Messianit&t  Jesu,  nm 
die  Erfüllung  der  alttestamenüichen  Weissagungen  In  seinem  Tod 
und  seiner  Auferstehung  handle  (vgl.  besonders  26^  22);  wo- 
gegen ausser  seiner  Polemik  gegen  die  Gtiliigkeit  des  Gesetzes 
auch  die  Leiure  vom  allein  rechtfertigenden  Glauben  nicht  undent- 
lieh  verlfiugnet  wird,  wenn  er  c.  26,  20  den  Inhalt  seiner  Vor- 
trige  dahin  anglebt:  aTtijyyeUov  fieravoetv  xal  imaxQitpetv  im 
TOf  ^eoPj  ä§ta  t^  ^STOvoiag  i'^ya  TtQacfüovrag.  Diese  ^etavoia^ 
dieses  imatQiq>Biv  enl  rov  ^coy,  welches  in  einer  verftnderten 
Handlungsweise  besteht,  erinnert  weit  mehr  an  die  fiusspre- 
digt  des  Täufers  und  die  von  ihm  verlangten  xaqnovg  a^iovg  %^g 
lisrcevoiag^}^  oder  an  das  /leTavoijaceTe  xal  iniOTQitpctvs  des  Petrus 
(8,  18  vgl.  V.  26;  c.  2,  88;  5,  81),  als  an  die  Lehre  des 
Paulus  vom  Glauben  nnd  von  der  UmsohalTnng  des  Innern  Men- 
schen, weicher  selbst  das  Wort  fierdvoia  fremd  ist  3).  Wie  wenig 
aber  auch  durch  den  sehwachen  Anldang  an  die  paulinische  Lehr- 
weise In  der  Rede  des  Idten  Kapitels  der  wirklich  paulinische 
Charakter  dieser  Rede  und  der  ganzen  von  unserer  Schrift  dem 
Paulus  in  den  Mund  gelegten  Lehre  verbargt  wird,  diess  erhellt 
schon  aus  dem  Umstand,  dass  der  Petrus  der  Apostelgesobichte 
in  seinen  Reden  ganz  ebenso  weit  geht,  wie  Paulus:  von  der 
SMIndenvergebung  ist  bei  jenem  dfter  die  Rede^  als  bei  diesem 
(s.  c«  2,  88.  8,  19.  4,  12.  5,  81.  10,  48),  und  wenn  es  Paulas 
ausspricht,  dass  die  Juden  dureh*s  Gesetz  nicht  voliständig  ge- 
rechtfertigt werden  können,  so  erklärt  Petrus  15,  10  das  Gesetz^ 


*)  L.  3 ,  8,  wo  zur  vollstftndigen  Erinnerung  an  unsere  Stelle  auch  das  nouiv 
nicht  fehlt;  ebenso  findet  sich  das  httar^itpetv,  hü  ror  &€6y  in  Beziehung  auf  Jo- 
hannes L.  t,   16:  noXlovg  riay  vlmv  ^ laqa^X  htittT^hpEi,  hit  xvqiov  rov  &f6y  avTwr. 

')  Paulus  gebraucht  dieses  bei  ihm  überhaupt  seltene  Wort  nie  von  der  An- 
nahme des  chTistiiehen  Glaubens,  sondern  nur  von  der  sittlichen  Besserung;  <• 
Böm.  2,  4.  2  Kor.  7,  9  f.  12,  21. 


Die  Lehre  des  Paaliis.  301 

ftlr  etaie  Luit^  welche  weder  sie  selbst,  Booh  ikre  VAter,  so  imgea 
vermocht  haben^  aad  ebendaselbst  bekennt  er  stell  za  dem  CIrand- 
sata^  dass  Heiden  und  Joden  gleicher  Weise  dorch  die  Gnade 
gferettet  werden.  Nooli  deutlicher  gebt  aber  jener  Sachverhalt  ans 
der  von  Schneckenburger  0  QAd  Baor  (101  f.)  nadigewie- 
senen  Verwandtsdialt  der  antiochenischen  Bede  mit  denen  des 
ersten  Theils  hervor,  welche  schon  diese  Gelehrtoi  na  dem  Urthell 
veranlasst  hat,  sie  sei  nor  ein  Nachklang  von  denen  des  Petras 
ond  Stephanos.  Naeh  diesem  Nachweis  kmin  nicht  mükr  ange- 
nommen werden,  dass  wir  im  18tM  Kapitel  etwas  Anderes  haben, 
als  ein  freies  Brzeogniss  des  Brafthlers^J*  VerhAlt  es  sich  aber 
so  mit  der  Bede,  welche  noch  am  Bhesten  eine  paolinisohe  FAr*- 
bong  hat,  so  wird  es  sich  mit  den  übrigen  nicht  anden  verhalten. 
Wie  könnten  wir  aooh  glaoben,  dass  der  Apostel  in  seinen  Lehr- 
vorirAgen  seines  ganzen  theologischen  Systems  so  vdllig  vergessen 
haben  sollte,  wie  diess  nach  der  DarsteUong  onserer  Schrift  der 
Fall  gewesen  sein  mOsste,  dass  von  allen  den  Ideen,  welche  den 
Angelpunkt  seiner  religiösen  UebMrzeogong  bOden,  von  der  allge* 
meinen  Sündhaftigkeit,  der  Bechtfertigmig  dorch  den  Glanben, 
ohne  Verdienst  der  Werke,  dem  Aof hören  des  Ctesetzes,  in  allen 
den  Beden,  über  welche  onsere  Schrift  berichtet,  gar  nichts,  bis 
aof  einen  oder  zwei  halbverstandlicbe  AnklAoge,  vorgdLommen  sein 


^)  Sehne  ckenburger  a.  a.  0.  &  130:  »Diese  Rede  ist  nur  ein  Wiederhall 
der  Vorträge  des  Petrus  und  Stepbanus.  Dieselbe  Verberrlickung  der  iadischeo 
Ahnen  in  der  Einleitung  (13,  17—22  vgl.  7,  2  S.);  der  Messias  ist  Davids  Sohn 
(13,  23—26  vgl.  3,  13  ff.),  von  Johannes  bezeugt.  Sein  Verwerfen  von  den 
Juden  zu  Jerusalem  aus  Unwissenheit  erfüllt  den  göttlichen  Ratbschluss  (13,  27  ff. 
3,  14  £).  Darum  wird  den  Auswärtigen  jetzt  das  Heil  angeboten  (13,  26  vgl. 
3,  26).  Die,  die  mit  ihm  lebten,  sind  Zeugen  seiner  Auferstehung  (13,  31  ff.  1« 
22).  .Die  alttestamentliche  Beweisführung  (13,  34—38  vgl.  2,  25—32),  f eiche 
ausdrücklich  zeigt,  dass  eine  Psalmstelle  nicht  von  David  gelten  könne,  sondern 
▼on  Christus;  die  Ermahnungen  und  Drohungen  —  ganz  wie  bei  Petrus  (13,  40 
▼gl.  2,  19  ff.).  Vergegenwärtigen  wir  uns  die  sonst  bekannte  Lehrweise  de»  Pau- 
lus, so  können  wir  nicht  umhin,  es  auffallend  zu  finden,  dass  Paulus  hier,  wie 
Petrus  im  ersten  TheU,  allen  Nachdruck  legt  auf  die  Auferstehung,  nicht  auf  den 
Tod,  ja  dass  er  die  ätpentg  tSy  a/ua^ruSyj  wo  nicht  geradehin  von  der  Aufer* 
stehung  ableitet,  doch  mit  der  Messianität  überhaupt,  die  ihm  eben  durch  die  Aufer- 
stehung bezeugt  ist,  in  Zusammenhang  bringt.^' 

3)  Denn  dass  Paulus  selbst  seine  Rede  der  viele  Jahre  vorher  von  ihm  gehörten 
Vertheidigungsrede  des  Stepbanus  nachgebildet  habe  (Heinrichs  Comm.388.  Riehm 
^^  fönt.  act.  ap.  57.  196),  diess  wird  wohl  ftiemand  gUwblicb  finden. 


302  Das  Verhalten  des  PmIus. 

«•Ute?  wU  voOend«,  dMs  wahr  sein  0Mte,  f^w»  ihn  die  Apostel- 
gaMhickte  eo  wiederholt  mid  BachdrttokMeii  veralclierii  Iflsst  (c.  93, 
6.  M,  14.  94,  8.  d6,  29  f.  98,  17«  e.  e.),  diiss  er  dem  mosat- 
eeiiett  Geseta  in  keiner  BedBlehang  eitgefeatrete,  dnes  er  fort- 
wAhrend  ein  recktgUuWger  Jude,  da  Ptieriefter  eel?  Wie  vfillif 
in  aMen  diesen  Besiehnages  der  «igentlieke  Kern  der  panlintociien 
Ijebpe  ia  «merer  Sehrill  aiekt  bloa  rersehwiegen ,  eondern  aoeh 
la  jadaiflliflolMBi  Sim  vertadert  wird,  liegt  am  Tage. 

Was  Paulos  in  den  eben  aagefOiirteB  SteNen  vea  sieh  bdiaop- 
lety  was  Jakobos  o.  91,  94  nit  seiner  BefetinMiBg  Ton  ihm  aos- 
sagt,  was  selbst  sehie  jAdisehen. Gegner  stülsehweigeBd  bekennes 
massea  (e.  9S,  91  s.  o.),  daes  er  ein  Ireaer  Befolger  des  GeeetzM 
sei,  das  besütigt  nach  der  Harsteilung  der  Apg.  sein  gaoses 
Veilmltea.  Faasea  wir  annielMit  sein  perstn Hohes  BenebnieD 
in^s  Aage,  so  hat  unser  VerCssser  niciit  anterlasseB,  dareb  aMwobe 
kleinere  ZOge  liieranf  aufmerksam  au  maohen.  Dahin  gehorei 
TOT  Allem  die  wiederholten  Beisen  aaob  Jerusalem.  Man  piegt 
^eaea  Reisen  varssWedene  anderweitige  Zweoke  unterevlegeo, 
weldie  mit  dem  aposteUsokea  Wirkea  des  Panlns  enger  sosas- 
amnhaagea«  Allein  wenn  dieser  e^  18,  91  selbst  die  lockende 
Gelegenheit  em  meiner  erfolgreidiea  Wirlcsamkeit  in  Ephesns  vor- 
beigehen Idast,  nor  weil  er  «m  ^eden  Preis  das  nftehete  Pest  te 
Jerusalem  zubringen  will  ^),  wo  er  ausser  dem  Festbesuche,  naoli 
dem  Schweigen  unserer  Schrift  zu  schliessen ,  nicht  das  Geringste 
an  ihnn  hat^),  wenn  ersieh  ebenso  später,  e.  19,  91  mitteji 
unter  seine  ephesisohe  Wirksamkeit  hinein  vornimmt,  nach  Jera- 
salem  zu  reisen,  ohne  dass  einer  bestimmten  Veritnlassung  zu 
dieser  |leise  erwähnt  wäre,  wenn  er  sodann  c«  91,  6.  16  zwar 
das  Passahfest,  an  welchem  ein  fromoMr  Jade  nieht  reisen  modite, 
noch  in  Philippi  zubringt,  dann  aber  an  dem  melirjfthrlgen  Schau- 
platz seines  Wirkens,  den  er  nie  mehr  fietreten  sollte  (V.  25)^ 


*)  ^feZ  /ue  navTüog  r^r  io^r^y  r^y  ^x^juivtjy  not^ifai  eis  *Ie^oa6lv//a.  Für 
die  Aechllieit  dieser  Worte,  welche  Meyer  und  de  Wette  mit  Recht  vertheidifen, 
spHcht  audh  ihre  wfthrBeheinliefae  nenfltZQDg  in  den  clementinischen  Recognitiooeo, 
8.  0.  S.  60. 

*)  V.  22:  Kai  ärtiX^*!  ^^  ^7?  *E(pi<tov'  xat  xareX^^  bU  JCaiaa^itav,  äfa- 
fiag  xai  äanaaajueyog  Ttjv  exxltjaCav  xar^ftfj  ilg  ^Avtioxetar*  Diese  Worte ,  so  UD- 
mitteibar  tft  V.  21  angekaftpft,  könden  doch  nur  den  Eindruck  machen,  dass  über 
den  Zweck  und  Erfolg  der  Reise  desshalb  nichts  weiter  'beigefügt  ist,  weil  dieser 
eben  nur  der  im  21steti  Vers  beceidinete  war. 


Seine  GesetzesfrOmmigkeit  303 

an  BpheBi^B  vorttberdU,  nnr  nin  Um  Ptngeiteßt  im  JemsalMi  njMit 
za  v^ra&amea,   wenn  er  e,  84,   11/  17  nk  dorren  Worten  eijgt, 
er  aei  nach  Jerasalem.  ^^ekoinnien ,  um  anzubeten  und  an  opfern,  -^ 
wMin  un^er«  Schrift  so  wiederholt  und  unverkennbar  andeutet,  wie 
8ie  jene  Beiaen  verstanden  wiaeen  wolle,  so  werden  auch  i^r 
dleaelbefi  in  ihrem  8inn  nicht  ander«  auffassen  dttrfen,   sondiocn 
nnswe  frühere  Beistimmung  zu  Schnecfcenburger^s  BemeAuii'*' 
gen  über  unsere  Darstellung  auch  hier  wiederholen  mfUMien.    Nun 
haben  wir  uns  aber  nicht  allein  davon  «herzeigt,  daas  Pamiua  bei 
seiner  letzten  Beise  einen  andern,  von  der  Apg«  verschwk|genf# 
Zweck  liatte,  und  daas  er  fm  derselben  nicht  schein  in  IBphesus, 
wie  sie  es  darstellt |  fea(.  entschlossen  gewesen  sein  kann,  sondern 
wir    wissen  auch  von  unserer  Untersuchung  über  das  aog.  A|io- 
stelconcil  her^  dass  die  Darstellung  d,es  Oalaterbriefs  fttr  den  Be- 
such in  Jerusalem,  welchen  unser  Utes  Kapitel  erzAhlt,  keinen 
Bann  Iftsst    Nicht  anders  können  wir  aber  iiuch  über  die  Beise 
des  18ten  Kapitels  urtheilen.    Dass  sie  im  Galaterbrief  nicht  er** 
wähnt  wird,  ist  allerdings  noch  nicht  entscheidend;  es  Iftsst  sich 
nicht  beweisen,  dass  Paulus  alle  jerusalemltiscben  Beiden,  welche 
er  bis  zur  AbfkMsung  des  Brielisi  gemacht  hatte ,  sondern  nur,  dass 
er  alle  diejenigen    aufzAhlen  wollte,   welche  der  entscheidenden 
Anerkennung  seiner  Selbstftnd]g]i:eit  durch  die  JernsalemiteU)  e-  89 
1  ff^  voran^engen;  möglich  wäre  auch,  dass  er  im  ^n  halte, 
noch  «ine  weitere  Beise  namhaft  zu  maeheu,  und  sie  nur  tiber 
den  Erörterungen  des  2ten  Kapitels  aus  den  Augen  verlor.    Da** 
gegen  i^t  der  Bericht  der  AposCeigesobichte  Ober  jene  Beise  seilst 
von  der  Art,  dass  ihre  Geschichtlichkeit  zweifelhaft  erscheinen 
muss.     Der  Zweck  der  Beise,  ein  jüdischer  Festbesuch,  stimmt 
schlecht  zu  der  Denkweise  des  Apostels,  nur  den  judendbrisUichen 
l4eseiai  unserer  Schrift  mochte  er  sich  empfehlen  ^) ;  dass  JPaulua 
um  dieses  Zweckes  willen  den  Wirkungakreis  versftumt  haben  soll, 
der  sich  ihm  in  Bphesus  eröffnete,  zeigt  zwar,  wie  viel  ihm  an 
jenem  frommen  Zweck  lag,  ist  «her  ebendesshalb  Jiieht  sehr  wahr« 
seheinlich;  was  unsere  Schrift  von  der  Beise  selbst  erzAhl^,  ist 
eben  nur,   dass  Paulus  dieselbe  gemacht  habe,   denn  der  Auf- 
enthalt   in  Antiochien  und    die  Wanderung   durch  Calatien  und 


^  Man  sieht  diess  im  Besonderen  auch  aus  dem  eben  bemerkten  Umstand,  dass 
die  clemeqtinischen  Recognitionen  I,  10  die  Worte  c.  18,  21  sich  aneignen ,  und 
^e  Homilien  I,  13  eine  ähnliche  Bestimmung  geben. 


304  Das  Verhalten  des  Paulus. 

Phrygien,  V.  29  j  ergtb  sich  hieraiifl  ohne  MAhe.  Und  doch  sollte 
naD  meinen ,  wenn  sied  der  Apostel  seiner  'nmfanffreicben  Missi- 
ons(!bftliffceit  entzog,  um  nach  Jerusalem  sa  gehen,  wenn  er  ein 
solches  Opfer  an  Zeit  und  Mitteln  brachte ,  so  werde  er  diess  nicht 
(Arne  einen  bedentenden  Zweck  nnd  Brfolg  gethan  haben.  Sehen 
wir  nnn  überdie/ets  aus  dem  Beispiel  des  Uten  Kapitels,  dass 
unser  Verfasser  ffthig  war,  ans  dogmatischem  Interesse  eine  Reise 
des  Panlns  nach  Jemsalem  zn  erdichten,  so  spricht  eine  über- 
'wiegende  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dass  er  diess  aach  im  vor- 
liegenden Falle  gethan  hat  i). 

Mit  den  Reisen  des  Apostels  nach  Jemsalem  verbindet  unsere 
Schrift  auch  einige  weitere  Beweise  seihei"  jüdischen  Frömmigkeit: 
anf  der  letzten  derselben  bringt  er  das  oben  besprochene  Nasirft- 
atsopfer  dar,  und  vor  der  des  18ten  Kapitels  lOst  er   (V.   18) 
durch  Abscheerung  seines  Haars  ein  Gelflbde.    bi'e  letztere  Stelle 
wird  zwar,   wie  frcher,  so  auch  Jetzt  von  Manchen^}  nicht  auf 
Paulus,   sondern   auf  Aquila  bezogen;    Allein  der  einzige  Grand, 
welchen  man  dafür  anführen  kann,  dass,  in  den  Worten:  o  Ilav- 
log  .  .  .  i^inXet  stg  rrjv  SvqIov  xal  avv  avT(f  tlQLOxilka  xat 
*A7w3iag,  xHQaitisvog  Ttp^xEtpal^v  h  Keyxqeaig'  Äxe  yccQ  svx^ 
die  sonst  unschickliche  Voranstellung  der  Priscillä  vor  ihrem  Mann 
eben  desshalb  gewählt  scheine,  um  das  xeiQd/iieyog  nnmittdVur  an 
sein  Subjekt  '*^xvkag  ankntipfen  zu  können  —  dieser  Orund  kann 
nichts' beweisen:  auch  Rom    16,  3.   2  Tim.  4,  19  und  vielleicht 
hl  unserem  Kapitel  selbst  V.  2ß  dteht  Prlscilla  voran.    Dagegen 
spricht  für  die  Beziehung  auf  Paulus :  einmal ,  dass  man  eine  aus- 
drockfiche  Hinweisung  auf  Aquila,   etwa  durch  ein  ovTog  de  vor 
xevQtifievog ,  erwarten  sollte,  um  die  Apposition  mit  einem  andern, 
als  dem  Hauptsubjekt  des  Satzes  zu  verbinden,  und  sodann,  dass 
man  nicht  recht  einsieht,    was  diese   Bemerkung  in  Betreff  des 
Aq[nila  hier  sollte.     Schneokenburger  glaubt,    sie  solle  znr 
fndirekten  Rechtfertigung  des  Paulus  gegen  den  Vorwurf  dienen, 
ais  ob  er  die  Juden  Apostaede  vom  Gesetz  lehre ;  aber  diess  scheint 
doch  sehr  gesucht*     Wieseler  beruhigt  sich  damit,    dass  wir 


1)  Die  Kürze,  mit  welcher  die  Apostelgeschichte  unsere  Reise  beliaadeLt,  hat 
selbst  den  Zweifel  veranlasst ,  ob  sie  überhaupt  einen  Besuch  in  Jerusalem  benchtea 
wolle;  dieser  liegt  jedoch  ganz  unverkennbar  in  dem  ärafiaf  V.  22, 

«)  Meyer  z.  d.  St.  Schneckenburger  S.  66.  Wieseler,' Chronol.  d. 
ap.  Zeit  S.  203  f. 


seine  Ges«tzesfrOmmigkeit.  305 

die  «InsseliiiBii  UmstAnde  der  Haarsohur  nicht  genau  genug  Icennen, 
um  benrtheilen  zn  können ,  ob  sie  in  gar  Iceiner  Bezieliang  zur 
Seschichte  des  Paulus  stand,  ob  nieiit  z.  B.  durcli  die  Vollzieliung 
des  Oelübdes  seine  Abreise  verzögert  wurde.  AUetn  gerade  weil 
viis  die  bisherige  Brzfthlnng  von  diesen  Umstanden  gar  nichts 
üddeutel,  hätte  der  Schriftsteller  einer  Notiz  Aber  Aquila,  ^nn  sie 
nicht  unverständlich  und  zwecklos  sein  sollte,  irgend  einen  erlAntem- 
den  Wink  beifOgeii  oinssen.  An  Paulus  mOsste  nun  freilich  jenes  Ge- 
lebde  überraschen;  selbst  Meyer  findet ,  es  wäre  sehr  befremdend, 
den  freishinigen  Mann  so  ganz  ohne  ftusserlich  gegebene  höhere  Ten- 
denz sieh  in  sinnlich  indischer  Vetiv^Cärimonie  freiwillig  bewegen 
2m  sehen;  nie  ihide  sich  diess  sonst  bei  Ihm,  so  vielen  Anlass  zu 
QelttUen  er  auch  gehabt  hätte.  So  wie  unsere  Angabe  lautet, 
können  wir  kaum  an  etwas  Anderes  denken,  als  an  das  CelQbde 
^^sleh  bis  zu  einem  gewissen  Zeltpunkt,  etwa  bis  zur  Abliidirt  von 
Kotfath,  das  Haar  wachsen  zulassen,  an  etwas  dem  Nasiräats- 
gelobde  Analoges;  0  ^^^^^  "wfkre  aber,  wie  Neander  sich  ans- 
drockt  (S.  349),  eine  so  „zwecklose  Thorheit'^  gewesen,  Amh 
er  es  nicht  ehimal  dem  Aquila  zutrauen  will  ^3.  Er  nimmt  daher 
an,  Paulus  habe  sich  bei  irgend  ehiem  Anlass  vorgenommoi,  seine 
ilanbbarkeit  gegen  Ckitt  im  Tempel  zu  Jerusalem  öffentlich  auszu- 
sprechen; im  fielste  christlidier  Weisheit  habe  er  kein  Bedenken 
getragen,  steh  hiebei  der  jodischen  Form  der  Gelübde  anzusohlies- 
seu;  bei  der  Abfahrt  beginne  er  nun  mit  Vollziehung  seines  Oe- 
IdBdes,  Indem  er  sich  das  Haar  schneiden  lasse,  um  es  von  da 
an  bis  zu  der  feierlichen  Haarsehur  in  Jerusalem  wachsen  zu 
lassen.  Allein  abgesehen  davon,  dass  unsere  Schrift  von  dieser 
Rüokslehtnahme  auf  die  Juden  so  wenig  weiss,  als  von  der  Voll- 
ziehung des  Gelübdes  in  J^rulsalem:  was  ist  mit  jener  Annahme 
gebessert?  Wird  das,  was  in  Korinth  eine  zwecklose  Thoriieit 
gewesen  wäre,  dadurch,  dass  es  in  Jeruaalem  geschieht,  zu  einem 
Werk  cMsHieher  Weisheit?    Müsste  uns  nicht  vielmehr  gerade 


')  Eift  wirkliches  Nftsiräat  kann  es  nicht. sein,  denn  ein  solches  konnte  nur 
duixh  ein  Opfer  im  Tempel  zu  Jerusalem  gelost  werden. 

*)  Baum  garten  freilich  (II,  a,  302  flf.)  weiss  sich  auch  hier  zu  helfen: 
Paulus  konnte  ein  Nasiräat  übernehmen,  denn  Simsen  war  ein  Nasiräer,  Simson 
aber  ist  durch  seine  Verbindung  mit  einer  Heidin  der  Typus  des  Heidenapostels 
Fatifis. ''  Da9  Ist  doch  noch  ein  Glaube,  wie  man  ihn  in  dieser  Zeit  nicht  mehr 
kiclit  findei! 

20 


306  Bas  Verha\t«n  des  Paulus; 

dieses  das  Anstdssigste  seia,  dass  der  AposM  ver  den  Jude»  «nd 
JadewshriBteii  in  Jerusalem  ia  einer  Bolle  «ul^treten  wiffe,  die 
seinem  wahr^  C^Ktfakter  giar  nicht  entapretfhea  hfttteS  denn  er 
flir  seine  Person  bedarlte  doek  weder  der  HaarsolMUr  aeoh  4es 
Tem^eüBf  lun  Gott  seinen  Dank  29a  ^eneigen;  er  lumntä  4ms  ^CSe- 
lebde  iiöciiBtens  als  eine  gMehgftltige  Aeoaserttehkeit  bekn«h(«n, 
hätte  aber  dnrdi  seine  Uebeninhme  Andern  glauben  gemaoht,  «dass 
er  ebenso,  ivie  sie,  einen  Akt  der  Frimmigkeii  darin  aeh^«  4as8 
er  immer  noch  der  gesetnliohe  Jnde  sei,  der  er  früher  gew<0en 
vmr.  Würe  diess  nibht  nodi  eine  verwerllMiere  Boortialfiiaffe- 
wosen,  als  die,  welche  «r  selbst  an  Fetnis  so  «ürk  todrit?  .«nd 
genagt  es.,  sieh  hiegegen  immer  wieder  aal  die  firldinmg  4es 
Apostels  1  Kor«  9^  20,  dass  er  don  Joden  wie  ein  Jude  «^wor- 
/den  sei,  zu  berafeoif  Iii6gt  denn  in  dieser  ErkUinoigi»  dann  er 
nicht  etwa  nnr  dessen,  was  ihnei  anatOsslg  war,  an^r  ünurmden 
sich  enthielt,  sondern  aneh  speeifiaoh  gesetnliehe  Handinngen, 
wie  <das  Nnslräat,  (dme  aUe  drii^;ende  VeranlassaQg  üboffftiteif 
Diess  gilt  aber  allerdings  anr  van  dem  historischen  Panlmik  An 
dem  der  Apg.  kann  das  kerintfiische  CMUbde  so  wcttig  bafreflitai, 
als  das  jernaaleaiisohe  Nasi«<ataopfer>  and  wenn  .Panlns  dieses 
übernimmt,  am  n  seigen,  dkms  «ach .  er  treu  nm  flesetK  hatte, 
warum  soltto  er  nfoht  aneb  ohne  einen  aelohen  Sweck^  «an  ^ein- 
ftidhor  GnsetnesMmmigkeit,  bei  €fele^enheit  Irin  Oelübdn  jrüttmn 
haben« 

Wie  mit  dam  Judenthnm,  so  steht  Paolos  in  der .  Aposialge- 
scMohte  nach  aüt  dem  JadsMhristentham  and  seiner  Metrsp>le  Ui 
einer  Verbindung ,  welohe  wir  in  dieser  Weise  nicht  für  hislorisQh 
iiatten  kOnoen.  Schon  gleich  naoh  seiner  Bokoteang  lAsdt  iin 
aasere  Schrift  naehierasalem  gehen,  and  hier  adt  der  ChnMen- 
•giomdnde  in  don  engsten.  iVnitehr  fielen  (9,  MM.)^  daas  »diese 
Reise  erst  drei  Jahre  nach  netaiom  Ueberhritt  mm  Chriatenthaa 
stattfand,  dasa  der  Besuch  in  Jeensalom  nar.dem  IMriM  galt  aad 
nur  14  Tage  dauerte,  wird  verschwiegen.  Eine  zweite  Boise 
ebendahin  erzählt  das  Ute,  eine  dritte  das  löte,  eine  vierte  das 
18te  Kapitel.  Dass  von  diesen  drei  Reisen  wahfsehekilich  nur 
die  mittlere  geschichtlidi  ist,  hdien  wir  oben  gesehen.  Unser 
Verfasser  unterlässt  nicht,  von  jeder  derselben  eine  fk'tfondliehe 
Berührung  mit  der  Urgemdnde  sa  berichten.  Die  erste  bezweckt 
Ueberbringung  einer  milden  Beisteuer;  auf  der  zweiten  erhält 
Paulus  nicht  blos  for  seine  Amtsthfltigkeit  die  volle 


sein  Vcrhültoiss  zum  Judenclimlenthum.  307 

d^r  J^rnsalemit^ii  uiid  ihrer  Vorsteher,  soadem  auch  yersOnUoh 
die  schmelGh^Uafteste  An^&eiiuopg  (15,  ^6} f.  yoA  d^r  dcitt^n 
wird  ip  d^m  .^asaeri^t  kurzen  Bericht  18,  ff2  weoi)|;sten8  das 
an/B^ilcI^Uch  lieryorgehoben^  das«  er  /sich  mit  der  Gemeinde  In 
JßjraBfdßjJü  pßßrfißfit  b^be.  Avch  auf  seiner  letzten  Hei^e  ^ird  jfer 
J9eide^^o/9tel  freqndll^h  ;aafgenommen  Qii^  j^O),  so  ^rosa  ancji 
c^  Vorurtheil  gegen  ihn  jet,  w^lclies  aber  überdiessjsogj^iqh  fivür^ 
4as  .Zqv^Ql^s  des  Jakobus  (21  j  24)  und  durch  d^u  Bekenntnisa- 
akt  fUs  .Panlns  selbst  glänzend  widerlegt  wird,  i^uch  mit  andern 
Männern  des  judenchrlstüchen  Kreises  finden  w|r  Pi^olus  in  ein^r 
Varbinduni;;^,  die  Mfir  zwar  nicht  geradezu. fttr  v,ahi3torisch  erklären, 
deren  Erw,ähn||ifg  wir  aber  um  so  wendiger  tUr  |ib8icht£fJ|os  halten 
können,  da  ^^aglj^lQb  sein  yeiiiältniss  zvl  Solchen,  wefiche  dfurt 
weniger  gut  empfohlen  warep^  verschwiegen  wird:  niit  ^panijis, 
dem  gesetzesCrommen  Israeliten  (9,  10  ff.  22,  12),  mit  Aßfibjf/j^ 
dem  pr/Dsheten  4ius  Jerusalem  (11,  27  f.  21,  10),  mit  Phjlifvpa 
ui^d  seinen  \yeissagenden  TOchtern  (21,  8  f.),  von  d^ren  Geltung 
bei  4en  Judaistep  Papias  (Bua.  K.  p.  lil,  39,  4),  fPolykrates 
(:eb4}.  III,  31,  i  v/24,  .1),  der  Montanist  Proklus  (ebd.  lU, 
31^  4^  T^eitgniss  .g^ben  ^).  Dagegen  wird  jed^  Briwerung  jffk 
die  bekannten  feind^eligeu  Berahrui|gen  mit  dem  Judenchristenthiun 
yermfeden.  Titus^  diesen  treuen  Gefährten  des  Apostc^s^  neiM^t 
unsere  Schrift,  welcher  es  ^och  an  Anl^^sa  dazn  in  der  That  nicht 
fehlte,  ,anch  nicht  Einmal;  von  4^m  heftigen  £am^,  welehcip 
P;iulps  um  seinetwillen, in  Jemsalepi  ssu  bestehen  hatte,  weiss  üfi 
nichts;, des  antiocheuischen  Auftritts  mit  Petrus  jg^esohieht  ifit  kfi- 
ner, Silbe .Erwähoung.  JBtwa  weil  diese  PJMgp  und  Personen  dßin 
yer^ser.unbjekanojt  waren?  JSie  k.önnten  wede^  4^m ^eh/rjährig^p 
Begleiter  des  .Paulus  verbQi;gen  ^emeben  sein,  iipoh  dem  SJpAtc^r)^) 
der  onne.2iweifel  den  Gaiaterbrief  vor  siofi  Mte,  upd  4^  4^l^ 
ohne  diesen  von  eineui  so  gefeierten  Mannte,  wifs  Titus,  pnd  vep 
Vorfällen  wissen  musste,  die  im  Streit  der  .P.artheien  npthwei|d{g 
oft  und  viel  zur  Sprache  kamen.    Das  @>obw.e^^en  unserer  ;6oh4ft 


1)  Ueber  die  Identität  upsers  PJiiUupus  mit  ,d€^  vpn  d/sr  kleUasia^scIijen  .fj^adii^n 
gefeierten  s.  o.  S.  154  f.  Sckneckenburger's  Vermuthung  (S.  161),  dass  Philippus 
vind  seilte  Famitie  für  Lukas  einö  Hauptquelle  seiner  evangelisclien  und  apostolischen 
GÄscUcbtb' 9e«re§ea  «dn  inOfi[e,  tt«ht  und  «fällt  mit  der  Anthentie  der  lukanischen 
•^it^Viflenii  ,vmn  :^9c  ltoi»«|be  in  dtr  St-wAhning  der  pro^MMben  TMbtor  ^>He 
Spur  jenes  Zusammenhangs  findet,  so  liegt  die  nähere . Erklärung  in  dem  i^seben, 
weiches  diese  Jungfrauen  unter  den  Judenchristen  genossen. 

20* 


308  ^^  Verhalten V des  Paulus; 

iBi  offenbar  absicbütch :  das  Bild  der  pauliniscben  GeHetzeBfrOmmig- 
keit  soll  durch  keinen  fremdartigen  Zug  gestört  werden  0. 

Ist  nun  Paulas  schon  persönlich  ein  so  treaer  Anhänger  doa 
Judenthnms,  so  Ifisst  steh  auch  in  seiner  apostolischen  Wirk* 
samkeit  keine  gegnerische  Stellung  zn  demselben  erwarten,  und 
so  ist  denn   auch  wirklich  seine  Opposition  gegen  den  jfidisehen 
Fartikolarismns   and  gegen    die  Uebertragang  des  Gesetzes   in's 
Christeuthnm  in  dem  Bericht  der  Apostelgeschichte  nicht  allein  ab- 
gestabipft ,  sondern  geradezu  in  ihr  Gegentheil  verwandelt  Höchst 
bezeiöhnend  ist  in  dieser  Hinsicht  zunfichst  die  Erscheinung,  welche 
Baur  in  seiner  Abhandlung  Qber  den  Römerbrief  (jetzt  im  Paulos 
S.  862  ff.)  grflndlich  naohgewieäou  hat ,  dass  Paulus  der  Apostel- 
gesehichte  zufolge  nur  gezwungen  sich  der  Heideumission  zaw^i- 
det,  und'  sich  nirgends  früher  zur  Verkündigung  des  Evangeliums 
an  die  Heiden  berechtigt  glaubt,  als  bis  ihm  die  Juden  die  TMr 
'tigkeit  unter  ihnen  unmöglich  gemacht  haben.    Während  Paulus 
selbst  seine  Berufung  von  Anfang  an  als  Bestimmung  zum  Hei- 
dennpostel   auffasst  (Gott   hat  mir    selnei^  Sohn  geoffenbärt,   iva 
evayyeJLl^cJfiäL  avzov  iv  zotg  e^veatvGal.  1,  16),  so  tritt  er 
'tn  der  Apostelgesi^ichte  9 ,  !80  ff.  zuerst  in  den  jfldischen  Sjna- 
' gegen  zu  Damaskus  auf;  die  Belsie  nach  Arabien  (von  der  wir 
^freilich  nicht  wissen,  ob  sie  eine  Missionsreise  war)   wird  ver- 
^bchwiegen.    Von  Damaskus  durch  die  Juden  vertrieben,   erneuert 
'er  seine  Versuche  zur  Bekehrung  seiner  Volksgenossen  in  Jerusa- 
lem und  der  Umgegend  (9,  28  fO^  }*»  wie  versichert'  wird  (26, 
'  20) ,  In  ganz  Judäa.    Auch  aus  diesem  Wirkungskreis  verdrängea 
4hn  nach   der  einen  Darstellung  (9,   29)  indische  Mordansdhläge, 
nach  der  andern  (22,  17  ff.)  befiehlt  ihm  Christus  in  einer  Vision, 
'denselben  zn  verlassen,    weil  seine  Predigt  verschmäht    werdra 
werde;  aber  se  g;ross  ist  seine  Anhänglichkeit  an  die  Judenmlaska, 
'dasa  er  sich  zuerst  sogar  gegen  die  Worte  des  Herrn  Einwen- 
dungen erlaubt^),  lind  erst  einem  wiederholten  bestimmten  Befehl 
nachgieibt    Audh  jetzt  noch  bedarf  es  neuer  Offenbarungen,  um 
den  Apostel  zum  wirklichen  Eintritt  in  sein  Arbeitsfeld  unter  den 
Heiden  zu  bestimmen,  und  unser  Verfasser  versäumt  nicht,  wie- 
derholt und  geflissentlich  darauf  aufmerksam  zu  machen ,  dasa  iha 
der  ausdmokliche  WiUe  Oottea  demselben  zugeführt  habe  (13,  2, 4). 
Ifiohtadesto weniger   ist   ea'  nach  allen  diesen  Vorgängen  Inuner 

")  Weiteres  hierüber  in  der  dritten  Abtheilung,  Abschn.  3,  1. 
^)  Nur  so  Icann  nttmlich  V.  19  f.  verstanden  werden. 


seioe  apoitolische  Wirkfl»mkeit.  309 

noch,  «la.  ob  «r  siob  in  aeiBem  Recht  als  Haideoapoilei  aiahtgans. 
aiclier  fflhlte^  verkdncUgt  er  jet^t  aaeh  daa  Heiden  daa  Evaage^ 
Unm^  ^o  wendet  er  sich  doch  ttberall,  wo  ea  mOglicli  tat,  znerat 
an  4ie  Jmden,  und  erat^  wenn  ihn  diege  reraobnifihesy  an  die 
i  VL^4fim  cir  aprlohi  ea  als  aehoien  aa»drackjlchen  €lrandaatK  ana/fo 
i.  zq  handeln f  and  damit  wir  nicb^  daran  zweifeln  können,  wie. viel 
;:  nna^rem.  Verfaaser  an  der  Darchfahmng  dieaea  Grandaatzea  lie^,. 
t  geht,  er  .ober  die  wiehtigaten  Miaaionagebiete,  wo  er  ihn  nic^, 
;  anbringen  kann,  mit  fltichtigen  Angaben  oder  mit  Stllla^wevgeQ 
;  hinweg;,  nm  die  Aufmerkaaankeit  dea  Leaera  aaaaohlieaalioh  bei> 
[}  solchen  verweilen  zm  laaaen,  welche  ihm  zom  Beleg  dienen«  Oleiobi 
l  beim  ersten  Anftreten  des  Panlos  and  Bamabas  in  CTpem  (13, 5) 
9  wird  bemerkt,  sie  haben  daa  Wort  Ckittes  verkttndigt  iv  Talg  aih- 
^  vccytoyaZg  Tuiv  ^ loviaiwv^  aach  Serg^a  Panloa,  der  Erstling  ihrer 
lj  Heidenmisaion,  wird  nar  gleichsain  neben  her,  dorch  den  Si^ 
\  über  einen  jfldischen  Gopten,  gewonnen.  Der  nAcfaste  Schaaplats 
g  Ihrer  Wirjcaamkeit,  van  4em  wir  Nftherea  erfahren,  iat  die  Sjmfir. 
f  goge  in  dem  pisidischen  Antiochien^  als  die  Jaden  nidit  aof  s\er 
;  hören  wollen,  wenden  sie  sich  an  die  Heiden  mit  der  aosdrfick- 
Fiehen  BrklArnng  13,  46:  v(uv  tjv  dvayxalov  TtQuivov  kahj&ijvat 
^  Tov  lofQv  Tov  deov'  iitBciij  di  aitiod-elade  avzdv^  .  ,  Idov  OTQa", 
j  (pQ^^dtc  aig  TU  i&vTj.  Hütten  also  die  Jaden  das  Bvangeliom  nicht, 
j,  verachmlihi,  ao  würden  sie  daa  Vorrecht  des  Volks  Gottes  geachtet,. 
^  da^;  messianische  Heil  den  Heiden,  für  welche  es  arsprOnglicb 
j  nicbli  bestimmt  ist,  nicht  angeboten  haben.  Diese  habep  daher 
^  9fhß  Grand  y  ^i^b  des  Verlaufs  der  Sache  za  freaen  (änikvana  de 
^  T«i,  l'ih'?/.  «jpDrtßOv  xal  iöo^cc^ov  tov  Xoyoy  tov  xvqIov  V.  48). 
^^  ^lio|li..apf .  0er  folgenden  Station,  in  Ikoniom,  ist  es,  dieSyasgogey 
^  in  welcher  sie  sprechen  (14,  1);  eine  von  den  Jaden  aaagehende 
|.  Verfolgmig  nöthigt  sie  znr  Flacht  nach  Lyatra  und  Derbe,  and 
^  bi^r  predigen  sie  nan  freilich  auch  der  heidnischen  BevOlkerang, 
^  aber  diess  iat  ja  selbst' nnr  eine  Folge  von  der  Feindseligkeit  der 
^  ikonisohen  Joden.  Sonst  whrd  von  keinem  Pankt^  weichet!  sie.  aaf 
,  dieser  ersten  9eiae  bertthren ,  Genaaeres  berichtet.  —  Daa  gleiebe 
,  Schaospiel  wiederholt  sich  aaf  der  zweiten.  Ueber  die  Stillang 
^  <lar  wichtigen  Gemeinden  in  Galatien  und  Phrygien .  erfahren  wir 
nicht«,  ohne  Zweifel  well,  hier  keine  Gelegenheit  .war,  von  vor«*- 
, '     S^igen  Verhandlangen  mit  den  Jaden  za  berichten  0 ;  ^^  dem 


V 


<)  S.   Sohneckcnburgei-  S.  102  ff.  HHgcnfeld  Galaterbr.  24  ff. 


3fd  D&>  Verbalten  des  Paulus^ 

iM«Mi  iM^   ^btof  i/^elelren^  AnsfttlirRoheit»  m(ig6iMii    vritd ,  hif 
PHRI^pi,  M  eb  die  jMfcclie  hQü^svxfj^  w<^  der  ApöMd  ait  den 
dilMIfaed  VörMge  htflt,«  die  irfchste  SfutiMi  isi^  TheMHenUm  Sirör 
^  17  dvvc^jr^yyH  tc3*  '^Idvdaitji  (If,   l)f  Pufolast  sprieM  hWr  «i 
A^i  SMbiAMii'  v>er  Jttdiii»  qiM  PVbi^f^en ,  bis  ihil'  dfcf  Jud^n  dtt^eir 
eliK^ii  T(nkc^ätinfftii(f  Vcirtreibeli;  tf  ftieht' nkdi  BerOii,  lihd  liiyiii  e^t«f 
Ghü^   Wt  T^ledcV  efi^   i^y  &vvayv)y^   rdh  ^löv&cctm   (17',  i»); 
chroH  ^^iae  nlttti  Feftide  ant^h  vcfir  bfer  yetdtähgt^  wandert*  er  U^ 
Atbeto,'   und  selbst  Bier  treffen  wii^  ihÄ  in  der  Syji^gö}g6  M  Gt- 
stHräch  Mt  Jüdi^n  nifd  Indeng^nbssen  —  das«  ei^  stell  ao^b  ait 
HieiMtf  geNYaüidt  Äske,  wird  id  dM  Wdrrtri:  dtsXiyst'd  h  tfj  'ayo(j^. 
TtQ^  Todg  fiaQtXTvyx<ivbvtug   kantti    bei^feftbar  äik^edrffa^,   mwl 
überdiess  dorobf  9ett  Körft  d^s\^pestels  tlbdr'  die  71^X1$  x&reldark^ 
iMUt  be^oMers  und  iU  einer  fftr  deil'  J^dett  gewiss  nnanstOssigen 
WeÜe  diethrirt.    Vor  d^m  Areo|hig   bftlt'  er  nnn  alferdfri^  eine 
R6db  Hn  elnd  befdhififebe  iMtmti^lmnr  aber  ist  es  nkltt,  tüs  o^ 
d^  Tel^fiiiBS^r  attsdrtrcklieti  den  V^dac^  vorbengen  wvllfe,  ftfe 
ob  er  diess  Ton  freieik  StttckeU  ^ethnn  liaBe,  wenn  e¥  älnäk  Vifr- 
trag,   ZQ  welchem  Faiilns  in   seinem   aposteüsehen  llernf  AnM 
genng  hatte,  nur  durch  das  Andrängen  der  Maiäse,  die' Ihtf  m^ 
den  Areopag  führt,  und  durch  die  unwahrscheinliche  Gerfehtsverband- 
Ittng  (s.  0.  S.  26  9  f.)  21t  mothriiien  weisi^?  Ks  folgt  der  Itagere  Auf- 
enthalt in  Kerinth.    Paulus  spricht  hier  jeden  SabbMi  1%  #or  Bf" 
TBlAgi>g6j  t[M  gewinnt  *Iovdalov$  xeri  ^'^AAiJvör^  C««*tw  welchen  wir 
iil  dMseiü  iSttsammenhaiig  nur  (reßofiSvoL  vet^tehen  hdiinen);  aacii 
der  Ankunft  des  Sllas  und  Tlmötheus  strengt  er  sieh  noch  melir 
an  dicc^a^vQo^evog  rotg  ^lovdaloig  tov  Xqiütüv.  Brat  als  die 
Jordto  iRA  si6hmfthen  und  zbrttckwefsen ,  erkläi^  er,  wie  ehui  i> 
Antioöhieii:  io  caiitx  Vjudh  iiü  Ttjv  x&pccl^  v^iohr  xccdtcQog  ifdj 
JhtS  Tö'v  viv  Olso  t^ether  hätte  tx  es  sich  nicht  «rftiiAt)  tk  ^^ 
©Ä>iJ  itöQevCfüfm,    18,   6.     Trotz  äleöer  UHTiAiMiig   In  Keriatt 
i/^Meriiett   idch  derselbe  ß^fgang  U  E^hciiitts:   nacHdbm  PanliM 
sbhttn  bei  i^elnet  erkWA  AhWeiieMeit  Mielh^  die  S^ua^e^e  be- 
sta^bM,  und  sie  ntA"  desiihälb  Verlasseifr  hat,  w6il  Ihn  dl«  VKM 
detf  f^iitb6äuchs  nich  Jelmsaledi  raff,  bej^eBt  etr  Mob  bei  seiner 
zweitM  Ankunft  sofort  in  die  Synagoge  und  lehrt  hier  gegen  ^ 
Moüiitf«  lang;  erst    dfid  Widerspenstigkeit  dnd  ffie  Sdnaftfaoaffeii 
def  Jd<feu  Cl*>,  ^  rrotbi^en  ihVi,  ganz  wi&  fn  Korittth,  eittea  tf- 
deren  Raum   und  andere  Zuhörer  für  seine  Vorträge  zu   saohefl. 
gelbst  im  lietasten  Moment  seiner  Missionsthätigkeit  wird  er  &9b&b 


seine  apostoHsehe  Wirksimkeit.  311 

Vbiiiliveii  idcdit  ästren:  m^h  in  Bmm  ist  «ein  Erstes  (28,  17>, 
dMi  et  4le  »ktplex  der  Jademohaft  m  dob  Wscheidet,  lud  aadi 
if  hier  indet  die  Veriiandtaiif  ntt  der  BrUfirmif :  da  das  israäliiitt^he 

Volk    deir   «öoiiaaigehen   Heilsbeteoliaft   kein  Behdr  eeiienko,   ae 
r  bieilie  BlohtB  tiMgy  aia  eich  mit  Ihr  an  ito  Heiden  an  wenden. 

L':  (TOi   Äö''Ä.  iJipoi5^  dit^ants  nai  oA  fjof  avnjre  n.  a*  w.  Fi^aroy 

7  oi¥  e^w  vfävy  Sri  t^  üdvestv  änrnrah}  m  aiatjjfuov  rov  -dsov' 

atkni  xai  d}cotkf(n»taOi>    Kann  nun  glanben,  dasa  Panlna  Mrlrkliok 
j.  kei '  der  TerkOndignng  des  BvangelinnMi  nach  diesen  €tands&taen 

je  veürfabren  tal?    Ee  ist  wahr,  aelbitft  dem  Hridenapostel  sind  die 

theelFratf sehen  VorBflg«  seines  Volks  nieht  gleiohgOltig:  er  giebt 
2n,  dass  ihm  die  gOtÜiette  Offeriianrag  «imftcbst  anvertraut,  dass 
^  ilä»  ehendaialt  eine  Anasiehit  anf  die  ^langnng  des  verheissenen 

^  mikr  evMtoet  sei  (Rem.  8,  «  ff.),  er  rtthmt  e»  als  das  Volk  des 

T  BiMi#As  nnd  4er  Kindsckall,  als  den  nrsprttngUehen  BigenthOmer 

I  den  Ckittetzes,  dwr  wahren  eettesrerehrnng  ud  der  Verheissnng 

f  (BMk'lH,  4),  er  erklärt,  dasa  das  Bvangelimu,  wie  das  €tesets, 

^1  a^M^ar  ebensosehr  Mr  die  Heiden  boethnrnt  sei,   wie  fQr  die  laden, 

},  aber  deeb  Mr  dieae  noch  ror  jenen  i).    Br  verliwt  daher  aneh  bei 

,  selaer  Avbciit  nnler  den  HeidM  seine  Volksgenossen  nicht  aus  den 

^  Angeii,  er  refsiehert,  dasa  er  sein   eigenes  Heil  für  das  ihrige 

j  zum  Ofifer  bringen  weifte  (Born.  9,  d),  nnd  er  betraehtet  das  als 

den  heehsten  Vrinmph  sehier  eiMMitottschev  Thitigkeit,  dorch  die 
Brfolge,  die  sie  fai  der  Beidenwelt  hatte,  den  Wniteifet  der  Juden 
iBeiFVxHwritfen  (Rom.  11,  18  f,>.  Nhch  diesen  Bt&lätangen  mas- 
sen  wir  ^ierdings  annehmen,  und^  wir  kennen  auch  sehen  ana 
Mm  Misefai  des  Bdmerbrfefls,  der  doeh  jedenCalla  mit  an  JndMH 
oMiten  geriohtet  ist,  beweisen,  dass  Paulus  aus  dem  Bemfo  des 
BMMan^^sleto,  den  er  als  den  seinigen  anerkannte,  die  Juden  der 
Dias]^ei^  niekt  ansseblesf,  nM  ebenso  ist  es  gau  wahrschelnUeh, 
dass  er  den  AnkBOpfungspunkt  gerne  bendtnte ,  welchen  die  Byn- 
ag«ge  nnok  seiner  Wii^samkeit  unter  den  Heiden  darbot  ^).  Aber 
£e%l  daramraoch,  dass  er  es  als  Qrundaatz  «lerkennen  konnte, 
ideh  'nieht  fmlter  am  die  Beiden  am  wenden,  als  bis  ihm  der  Un- 
gute 4e#  Jaden  daisu  das  Recbl  gab,  dam  er  Monate  lang,  wie 


•)  VouSaio)  ts  nqioToy  x(3u"EXX^yk  Röip.  1,  10.  2,  0  f..  wo  das  re  xoci  die 
Gleichstellung  beider  von  Seilen  Gottes,  das  nQiotov  den  Vorrang  der  Juden  hin- 
sichtlich rfer  Sfeltordniing,  ihr  früheres  Eintreten   in  die  Hcilsökonomie,   ausdrückt. 

^  Vkl.-8*hneckenburgcr  S.  79  ff.,  Kling  Stji^  und  Krit.  1837,  2,  303  f. 


312  Dai  Verhalten  de«  Paulas; 

In  Bpbesas  und  Koriith,  aller  Bfaiwirkaiig  Mf  die  Heiden  eieh 
eithtlten  konnte,  um  so  lange  allein  in  dw  Sjnag^ege  na  lehren, 
bis  ihm  diese  verschlossen  wnrde,  dass  er  das  Verfahren,  welches 
ihm  die  Apostelgesehlohte  nnsdireibt,  so  aosnalimslos  befelfen 
konnte,  wie  er  hier  thnt?  Wenn  hier  strenggeMommen  kein  eltkr 
ziger  Fall  berichtet  whrd,  in  dem  er.  von  flreien  Stecken  andMv 
gehandelt  hfttte,  wenn  er  fiberdiess  am  AnHang^  in  der  Mitte  and 
am  Sohlnss  seiner  Wirksamkeit  Brklftmngm,  wie  die  eben  BBge^ 
fahrten,  mit  allem  Nachdruck  wiederholt,  was  anders  kann  der 
Leser  glanben,  als  dass  er  überall,  wo  es  die  Umstände  irgend 
erlaubten,  jenem  Grundsatz  gefolgt  sei?  Kann  er  aber  das  wirk-* 
lieh  gethan,  kann  er,  welcher  sich  von  Anfang  an  znm  andazo- 
Xog  axQoßvüTlag  hemton  wusste,  so,  wie  nnseVe  Schrift  beriehtal, 
sich  gesträubt  haben,  diesen  Beruf  auch  wirklich  anzutreten^  kann 
er  die  Bvangelisation  der  Heiden  von  dem  Unglauben  der  Joden 
abhängig  gemacht  haben?  Wir  mnssten  diese  Frage  vemeinea, 
auch  wenn  uns  die  Erzählungen,  auf  weldie  sieh  die  SchiUening 
unserer  Schrift  stützt,  im  Uebrigen  fester  ständen,  als  diess  allen 
unsern  bisherigen  UntersuchuDgen  zufolge  bei  vielen  derselben  der 
Fall  ist  Sagt  doch  Paulus  in  demselben  2!kisammenhang,  dem 
jene  Aeusserungen  tlber  die  Vorzüge  des  jüdischen  Volks  aage- 
hören,  es  sei  kein  Unterschied  zwischen  Juden  und  Heiden,  alle 
Menschen  seien  gleichermassen  Stader  und  alle  gleichsehr  können 
nur  durch  die  Gnade  und  den  Glauben  gerettet  werden  (Eöm.  3^ 
23  ff.  vgl.  1  Kor.  1,  24),  dem  Christentfaum  sei  der  Gegensatz 
von  Juden  und  Hellenen  unbekannt  (Gal.  3,  28},  begründet  jer 
doch  diese  Sätze  damit,  dass  Gott  ebensosehr  der  Gott  der  Heiden 
sei,  wie  der  Juden  (Rom.  3,  29  f.),  stellt  er  doch  die  geistigen 
Abrahamssehne,  bei  denen  es  auf  die  leibliche  Abstammung  niobt 
ankommt,  den  fleischlichen  aufs  Bestimmteste  entgegen  (GaL  4, 
21  ff.  Rom.  2,  28  f.  4,  11.  16),  erklärt  er  dach,  dass  er  sich 
als  Apostel  Allen  ohne  Unterschied,  Hellten  und  Barbaren  nur 
Verkündigung  des  Evangeliums  verpflichtet  achte  (Rom..  1 ,  14), 
betrachtet  er  doch  die  Verkündigung  Cfarisä  ustor  den  Heiden  als 
den  Beruf  seines  Lebens  nnd  den  Zweck  seiner  Brwähhuig  (Gel. 
1,  16.  2,  7).  Wie  ist  es  denkbar^  dass  er  mit  diesen  Grundsätzen 
so  gehandelt  habe,  wie  die  Apg.  berichtet?  Wenn  das  Evangelium 
den  Heiden  und  Juden  gleichsehr  bestimmt  ist,  so  muss  es  auch 
beiden  in  der  gleichen  Weise  verkündigt  werden,  und  es  kana 
nicht  die  Verkündigung  an  die  Heiden  durch   die  Brfolgleeigkeit 


8elne  apostolische  Wurksamkeit.  3^1 3 ! 

der  predigt  hA  den  Juden  bedingt  eein,.  der  Sendbote  kann  aioh 
^.nnoh  den  Umstfinden  znerst  an  Heiden  oder  an  Jaden  odur  an 
beider  fii^gjeioh  wfuden ,  aber  er  kann  es  eich  nnmOglieh  askir  Aegel 
maeben,  fiob  imm^r  znnftehet  an  die  Joden  zn  wenden,,  und  nor 
dann,  wjenn  keine  Joden  da  sind,  oder  wenn  sie  ihn  ab«reisen;  iMi/ 
die  Beiden.    Und  daran  wird  anoh  dnreb  das  ngdkoif  des  Boner^- 
brielBy.  welehes  man  ans  l^ia  zar  Ernüdong  i/KHrrOcfct,  niobt  dae^ 
€terin|[^te  geftndert:    das  Bvangeliam    gehört  den  Jaden'  zaerst, 
wett  siot  vemnüge  ihrer  geschiobUicben  SMlnng  znnäehst  dadimeh 
berObrt  werden,  aber  nach  dem  WUien  GoUes  ist  es- den  fleidOn 
iniiteiselben  Umfang  and  ebeneo  anbedingt  als  einziger  Heils  weg* 
bestimmt,  and  es  ist  ihnen  desshalb  anch  ganz  nnbedingt^  nnii 
oltn»  alle  Rfleksicht  auf  das  Verhalten  der  Jnden^  sa  verkflndigen^ 
;      Die  Apostelgeschichte  freilich  verwiseht  die  Bigentbfimllohbeit 
4^.  paoUnls^hen  Hßidenmission  auch  darin,  dass  sie  Panlos  ni^r 
altein  for  seine  Person,  sondern  bis  za  einem  gewissen  Gradeiaelbetf 
in  tBeziehvng  aaf  die  von  ihm  Bekehrten  am  mosaiseben.  €(a8etB 
fiiethalten  UUst    wird  ihm  anch  im  lAten  Kapitel  von  der  Urge- 
meiode  dl^  BeAreiong  der  Heidenohristen   von  der  Beschneidang 
zngestanden  ^  so  werden  sie  dafür  «a  die  i»>g.  nondiiscdien  €Mbole 
gp^bnnden;  die  Jadenchristen;  aber  sollen  nach  wie  vor  dem  Besetz. 
und  der  Besohneidan|r  anterworfen  sein*    Diesen  €>rttadsAtzea%hlliUe, 
Paalas  nach  anserer  Schrift  mit  solcher  Gewissenhaftigkeit  nac^ 
gelebt,  dass  ni^r  die  Verl&amdnng  ihn  bescboldtgen  konnte,  die 
Jndenchristep  von  Ges^z  and  Besclmeidang  abwendig  zi^  machen 
(%1-,  91  If.))  ^^d  aocb  wo  der  Biozelne  dem  israjUitjaohoi  Volke 
seiner >, Abstammang    nach    nnr  halb    angehörte,  ,  wie   TimotheoiB^ 
nahm  er, doch  gome  die  BlUoksloht  auf  seine  VolksgeimsBenv selhtft* 
einem  solchen  die  Weihe  der  Besehneidnng  zu  erthellent?    Waai 
von  der  GesohichtUchkeit  dioser  Angaben  za  halten  ist,  imben  tfk 
bereits  antersncht;  nar  am  so  deotlieher  erhellt  aber  die  Wicb^> 
tigkeU,  welche  sie  fOr  den  Verfasser  anserer  Schrift  haben,  weaaa. 
dieser  dem  geschichtlichen  Thatbestand  ia  einer  so  offenkundigen . 
Sache  Trete  za  bieten  nOtliig  fand ,  am  das  Bild  des  Apostels^,  wie.- 
ea  Ihm.  vorsehwebt,  darchzuf Ohren. 

,  <  Dasa  non  eine  solche  Tbätigkeit  von  Seiten  der  Jadenchristen. 
keinen  bedeutenden  Widcrstaud  zu  erfahren  hatte.,  kann  nicht  aolni 
fallen.  Waa  hätten  sie  denn  durch  dieselbe  verloren,  jn  welchem 
ihrer  Bechte,  in  welcher  von  ihren  Ueberzepgangen  wär^n  ^tot 
gefc<|nkt .  worden  ?    Höchstens  anbegründetes  Vonortbeil  htUte  sie< 


31 4'  Ptuifit  und  die  lodendiTisten. 

ffagtn  dm  HtUhMpomi  etonehtten  Mntoeii'*,  aVer  eteen-  ab  rf%«- 
miii«»  und  h«rt«iolrtgoii  Widiorspraofa ,  vAe  flm  um  dto  pMlü- 
(Bdhe»  Bifofi  Beigen,  hatte  die« er  F$nAv»  aMit  211  evwuta. 
Weitdr  geht  temi  Moh  wkUteh  die  Otp^eRiett'  gegen  flin  aMt, 
Dfulober  iMr  fci  der  Apg.  hegegeett.  Wbhl  hat  der  ApeflCei  aneh 
hier  mM  dem  Vonirthell  dwr  Jaden^rkrteik  ih  Jer aealem  Mi  MAaf- 
Iba  (91,  20  #0;  eher  nile  wettig  hat  doeh  dieimi  eefaien'  wMbt- 
legtie  «ble  (»eroeM  a«r  eieh,  wem  wir  dmrit  die  nwMmgimMXm 
Wkafit»  nltt  de»  JudhtonfaB  verglefoben,  wöficffae  ane  div  pMIÄI- 
eeheD  Briefe  vdriottlhl»!!  IMum!  Wie  so  gar  nicht»' 1frei«f  doek 
nnaere'  Mfaittl  t^ea  te  fttMhäiiMige*  fai  Kerfnft  nad  den  LeMm^ 
dte^dem  ApMifr  dtfMH  sie  herfiel  werden,  von  seinen  galattsdiea^ 
seinen  epbeslnieahen  lltegnem!  wii»  wenig  llssl  sie  ans  «hnea, 
dass  er  an^hi  In  Bont  mk  einet*  ParAef  zu  stirelten  hHKe,  deren 
AAlritagUMMit  anV  Jadenttmm  Panito  seilst  ekense,  wie  ihre 
Vemrihdile  gegen  «ein  Christenthnm ,  in  dett  Briefe,  wtf ehen  er 
zmr  BiBfeiokwidMgang  dieeer  Verarthelle  geschrieben  hat;  dentiich 
genug  dttvchhHcl»»  lAsst!  Wamm  dieses  gftnzliohe  Sehwe%en  vod 
den  Verfülen,  welche  einen  Biiok  in  die  Bifferencen  zwteohen  des 
BMenapesM  ikni  der  Urgemehide  ünn  Heee^n,  wie  der  Tefgaqf 
in  Antfoidrien  nwt  der  StiuM  «n(  die  BesohttMÜnng  den  Vitlsf 
wamnv  seihst  von  den  £we«le  der  letzten  jernsidemttisiAnn  Beise 
kein  werft  etwa  nur,  weil  der  Terihsser  die  KoNeltte  sehen  für'« 
iite  Kiff^ki  verwendet  hatte,  od^r  aneh  weil  diese  Kollekte  daran 
eiMierley  dass  ehi  ZwiAs^lt  zwischen  Heiden-  und  Jndenohifsfea 
2tt  he&en  war,  zn  dessen  Versöhnung  Jene  Llebesgahe,  alfer  Wahr- 
sehnMHchkeit  nach  vergeMcb,  heednunt  wart  Alles  was  auf 
einen  Pnr^eigegensatz  Innerhalb  der  OhristengenMtod^'  hrndewtot, 
ist  in  unserer  gohrift  anfs  Sorgfäligstn  verwittdht,  nnd  niüt  m 
vfei  davon  übriggelassen,  als  eehüMditerdtaign  ünentb^nrlich  wir, 
um  den  frenlsohen  Bntsch^dungen,  welAe  sie  mRllieiit,  nMit  affta 
Aniasa  zu  nehmen.  „Nirgends  —  bemerkt  Sehneokenburger 
in  seiner  trefliiehen  Auseinandenetzung  dieses  Punkts,  8.  100  -- 
während  sdner  ganzen  apostolisehen  WirksanMt  erffthrl  PauhM 
nach  der  Apostelgeschichte  judalstlsche  Anfeindbngen,  naehd^n 
stnmal  Ae  antioohenisehen  Kwistigkeiten ,  welche  neeh  gar  nioht 
ihn  besonders  betreifen,  sondern  noch  vor  seiner  elgenüiehen  aad 
sMsMndigen  AposMwirksamkeit  ausgebrochen  waren,  beigeleift; 
und  di^  den  Beidehchristen  Anerkennung  gewfthrenden  BesehlflaM) 
dUr  Apostel  and  4€/t  lerusaleaiitlsehen  Urgemeinde  geliaset  siai*' 


Paulns  und  die  Judenchristen.  315 

,,Niir  die  ungläubigen  Juden  sind  es  (in  Jenisalem),  die  ihn  haMen 
nnd  Oberfallen.  Nnr  Jaden  sind  es,  die  ihm  aaeh  im  Auslände 
ttborall  nachstellen:  so  zu  Korinth  (20,  3},  zu  Bphesus  (±9, 
33.  9),  in  den  maoedonischen  (17,  Ö.  13)  und  lykaonisehen  Stftdten 
C14,  3.  13).  Widersprechende,  seine  Lehre  verdächtigende  und 
nrerfälsohende  Irrlebrer  hat  er  noch  nirgends  getroffen^  sondern 
sieht  ihr  Aufkommen  erst^nach  seinem  Abgänge-  voraus  (20,  29  f.). 
Wie  reimt  sich  dtoss  nüt  deif  gaTatlseheil  l^seudoaposteln ,  den  ko- 
rinthischen Antipaujbiern  «usmnmea?  OI(epli|^r  bat  Lukas  nicht 
blos  die  eine  und  andere  Thatsache  in  der  Geschichte  Pauli,  son- 
dern gerade  diejenigen  Übergangen,  welche  sich  auf  die  fortdau- 
ernde Spaltung  in  den  christlichen  Gemeinden  zwischen  Judaisten 
und  Heidenchris(en  be^lJitGpi'^  wbfehe  dte  Paulus  im  Konflikt  mit 
den  Erstgenannten  darstellten.'^  So  rundet  sich  das  Bild  des  Apo- 
stels, welches  unsere  Schrift  giebt,  auch  in  dieser  Beziehung  zur 
Einstimmigkeit  mit  sich  selbst  ab:  seinem  Verhalten  gegen  die 
judencA#ilstnbh6  PM^tMi  elllApiicftl  ih^  Vet'htitMi  ^M  ihü\  ein 
eigpntlipber  Parthei^e|[qnsatz  ist  gar  nicht  vorhanden,,  nur  die 
ungläubigen  Juden  sind  die  gemeinsamen  Gegner  des  Christenthums« 
Je  weniger  wir  aber  in  ^  dieser  Darstellung  ein*  treues  Bild 
der  ^esclbichtlichen'  VFirklichkeit.  erkennen  konnteki,  je  mehr,  sich, 
uns  anäerereieits  ein  Einblick  in  den  Innern  Zusammenhang  der, 
einzelnen  ZQge  erOffkiet^  aus  streichen  dieses  Bild  zusammengesetzt 
ist^  um  so,  unabweisbarer  dringt  sich  uns  auich  die  Aufgabe  auf, 
die  Yeitenden  Gesichtspunkte  aufzusuchen,  dnrcE  welche  diese 
l^cbiiderung  bestimmt  ist.  Hlemit  hat  sich  die  dritte  AbtheOung 
dieser  Schrift  zunächst  zu  beschäftigen«! 


iij — .  i.rt  >;>» — u- 


3>14'  PAuIvs  und  die  lüdenchristeo. 

«agtn  dm  HtUhMpomi  etonehtten  MiMmv;  a»er  eM^ 

natnm  und  hmrtMcUgm  WI(fors|Nmoh,  nAe  fhn   i^  %• 

8dmi  Bifofi  Ewlgeii,    hatt0  tfle«e'r  F$nAm  vMI^  "^"^         ^ 

WeiMr  geht  Mm  moH  wfrlditth  dto  O^posftioi^  ''    ^«^  ^^        *^ 

Dfulober  wir  ta  4er  Apg.  hegegneit.     WbW  1^  %\  %  ^^ 

bier  mM  den  Voinftheil  dwr  JüdeiMAiribfett  i^^^\^^  %.^^ 

IbB  (21,  20  #0;  aber  v^e  vreHkig  bat  doe%  W  ^\  "* 

leg«»  «ble  «»evüeM  aif  0leh,  wem  wir  ^  ^  ^  ^ 

KHaqtf^  mit  d0H  JaMfenrns  verglefobea^  \\^\,\ 

eehefr  Bftafe  värioolftiBii  kumcfn!  r      ^   "^ 

nnaere'  Mfaittl  tM  te  mMbeliMigeil'^  \ 

dte^dem  ApMüi  dtfMH  sie  fttrcliel  wf^ 

aateeii  ei^MiniMlMm  IltegMrn! 

daas  er  av^hi  In  Reut  mlk  einet* 

VenmUfle  gegen  eeüi  Christel  ^"f,  \  ^%  C  ?   ^    ^^ 
»nr  Bttick«^ieiligiiiig  die«er  ;|  ^^^  \\  \\  %  *  % 
genug  dttrcMMolM  lAaar!  ft  iV>V\  «^    ^<L  ^ 
den  VerfMlmi,  welclto  eiat?  I  \  <  ^  %\%  \  ^ 
BMeähpealel  iwl  der  lJr'|  |^  ^  %  ^  ^  \  ^' 
ia  AntfoeMen   anif  der  |  '|  |  ♦  A  t^  \\ 
wMruiiK  »elbat  voa  de«fä  %  \  f  *   ^  ^ 

kein  Wiinr  ei^a  nur/  ^  $  \  *    *  ^  ^  ^•^ 

iiie  Kännel  verwe.,    4  %  %  %  ^  "T^lf 

^  ki^i-ii.  ««.*      .    ^  i  ^^  ^  -»usgesprophenen  einen 

2ti  heDeto  war,  zu  j  a  ä  ^  .x.         «1.1       ^  .  .  ^    . 

. ^^ '  ^,/i  i^  dieser   Schluss  ist  jedoch 

arawiiiiieiULeit  n?  /  .  &  •  ^   j      »_          .  1.^  - 

/^^  ^^^^^   durchaus  nicht  beweis^ 

elaeii  Puniielgef  |.  ^,  ^^^  Bvangeliums  die  Aposteige- 
W  In  ottaerer  y               ^^^^  ^^  ^^^^^^  j^  ^^^^^  ^^  Beziehun- 

•^^•*  ^*®^*  **®'  •''^'*  nnsere  Scbrift  mit  ihrer 

om  den  irer  ^  ^^^^  neuen,  mit  dem  Schluss  des  Bvan- 

aaa  zu  unmittelbar  zu  vereinigenden  Anfang,  und  auch 

in  ae  ner  ^  konnte  »u  den  Tte7tl7]QO(pOQf][XBva  iv  i^fuv  nQoy- 

wfthrenf     ^  Geschichten,  in  denen  Theophllus  unterwiesen  wurde, 
nach  f 
efnma 

ihn  '    ^ß.  Credner  Einl.  S.  268.     Wenn  ich  daher  diese  Bemerkung  als  eine 

1  ^^m^tXLt  behandle,  so  wird  das  doch  wohl  nicht  ganz  so  „absurd"  sein, 

^/^a^  *P-  ^"'-  ''   ^^  '"^^'*''  ^^^   ^^^^^  **>ßr  freilich  die  kleine  Confusion 

" V^fi'"  **^'*  scheint,  das,  was  ich  behaupte,  mit  dem,  was  ich  bestreite,  zo 


/ 


Die  Aposielgeschicbte  eine  Tendenzschrift.  317 

N^$  A»  der  VerfMBer  nur  Mif  iremiia  AuklorMit, 

>(e   berlohlett  will,  4te  Gesehiohte  der  Apostel 

>ii^3.    Aker  setzea  wlrenoh,  vn^MMUngB 

\^j  der  VerfMser  hebe  xwmr  beiis  BfMi- 

^#  Becb  Biolit  im  Siu  rehakc;  A^bk 

^mk-  seiner  2?welten  Sohrift  woMe  er 

^%  SeseMehte.  der  Apostel  ;ted  iites 

-  eiMGeseUiAto  Jesv,  W9ä  Mgt 

'riMt  OeseiiiohtserBttdoiig  die 

'«ff  eioe  bestüemto  WlrlcMg 

sser  soloen  Lesern,  wie 

segeo,   das,   wes  er 

Gwdiieiite  nnd  sda 

^  sieh  aaeh  ¥011- 

^ohtlielie  Wlrk- 

öo  Hesse  «ieh  Mae 

«sondern  er  bemiCe  uad 

.itidie  Cfeschleiitsdarstelliiiig 

^fie  mhistorisdien  dofailderangen 

.le  er  mehr  als  eiomal  sogir  avs- 

.ch  eteem  gesohlehtliohea  Hergang  efai'- 

wtewdt  der  Verfasser  der  AposCelgesehiolite 

«latte,  wäre  erst  zi»  natersaeheo.   Dass  es  sieb 

.«^en  Vorstettmigea  von  der  MHeht  der  histoffsehen 

4's -verhielt,  als  mit  den  nnsrigen,  werden  wir.naeh 

iiderigen  zum  Voraus  wahrseheinKeli  finden  aKissen. 

Aemit  Ist  bereits  aaoh  denen  geantwortet,  wdteheansefite' 


0  M,  8.  hierüber  Schqeqkenburger  Zweck  d.  Apg.  7  ff.^ 

^  Es  ist  desshalb  die  seltsamste  Einweädung  gegen  unsere  Ansicht,  wenn  man 

i^t  Lekebusch  die  Comp,  und  Ehtst.  d.  Apg.  S.  253  f.  sagt,  Ton  einer  Schrift, 

dl^ 'ZU- -einem  bestimmten  Zweck  geschrieben  > sei ,   mtfesen  wir  erwarten, 'diM'iie 

idineB  2veek  klar  und  deutlich  darlego,  ivemstdaher  die  Ap«.  itinSciut  danSia^mtk 

iM^^r  einfachen  Gescbichtserzäi^ng  mache,-  imd  wenn  die  Kritiker  aber  ihre, A|)- 

z^eckuDg  mcht  einig  seien,  so  seien  wir  auch  nicht  berechtigt,  ihr  einen  bestimv»- 

ten  dogmatischen  Zweck  ztßaschreiben ,  „sonst  würde  ja  der  Verfasser  j  bei  den 

ttsten  Leserö  wenigstens,  seine  Absichl  Aicht  erfelcheh.**  •  Als*ob   ör 'sie 'AiWit 

i*mdedann  am  Siehek^en  erreicht  bSfte',  -w^nn  maa  seine  gntMe  DaratenuA^Ar 

(<«d  gta^hiohtMeh  tmocBi  Bild  der  apns toHsahen  Zeit  hieTt,  .und  aü  ob  man  .mit  imfir 

Schiusaweise  den  rein  gescAicjillichen  Charakter  der  ClementiBen,. oder ,, der  el^ 

ßaadix^j  oder  irgend  einer  andern  ahnlichen  Partheischrift  nicht  ebensogut  .bewei- 

•en  könnte.        '     ^    ^' •    •  ••  -.  - ■   ^^         ••    'i-'.'.t'- 


.318  Zweck,  d«jr  Apo«Uih<»clncijlite. 

«weofcA.iraniimlieD,  wto  w{r  rinw  no  gß^im^vi^ft^ifMmttBM^^ 

«rftfliilM,  «tee  «MohflifliMiBiitot«Uiiii|r  ii^ir.W^M»,  /^tol^iij«»- 

.üoboH»  :Mniv«j|flWhMi  SetiMVc^dmei^AAlJl«»;  iDteM».(¥'c9«e^  Müpcn 

.jrtfiflmgejui^  ob  flOMr  Kß^mov  <AiP«M  «mMsfsmimnß»  .oiAs^mlk- 

uftfaididtsr  iwwAUr  m».iri9  Mti, ^#w M^.qiit  iNMiir^WGfiMcMMfi- 
iiftUiiiig  kfline  WaM)¥o||tfphf«t  jappc^i^fl^lftll,  iviii^  jfff.M 
.Aar  4ii«tt  MwMllr  k»>l9  uMiflt  .iW^  JP^iMfitaP$ysfMA«Mr,  MmIik; 
»•k»  .Aftüstftadft  «r^awtftfmi«  Am«  )9t9  mp^i»  ^juipi»^  ;Mwn»  ikflkfft 
.i»He  ArftHtpnwK  •dmili'.  ei«  )«Mmi^iaiito|8  .iy9ni[r(h|#  ^fth^ch^^iflfi,  ; 

M  «iMMr  miffi)  ^chcyn  -mm  ^bii%ok^iiJiiff4r«Ar  #  a9f lAfpr  4n«llVr- 

»qimd  jcmoig^  word^i-  )i;Ms^er,!)K:rKaw  /bcifa^  ^^  ^mt  y#iP 

irlil«dPltt;rifia(><Me.|imp4^Wflr%e  R#i;fM#^  Jt^vv^sflllfifi J'fffH  ff^ 
ifUmpfiMtal«,,  .¥rMehe,.)li^,|lflr.4f|d^rAh  W^J^.W^^yiAm  «MN^ 

einstimmnng  in  den  Wundern,  wie  in  den  Leiden,  in  der  Lehre 
ond  in  dem  Verhalten  beider  Theile^  auf  die  Hervorhebung  alles 
dessen ,  waai^adlUs  bei  den  JddeiK^^rifilten  ikn  empfehlen,  it^re  Vor- 
«rUieUe  ^egen  den  HaidenApos^l  u^  sein  \^ej^k  za  >(Btp.ei(lg«P 
jrr^^/o^n^geeignet  .'war,  ,die  2iwAlc^hiMinVJMleiw  Wag»»  jdia  jman  Vac- 
«rOMlen  aar  Nalnung  üeaea  konaieay.rMif  die  gaa2se  Auswahl 
und  Anordnnng  des  historischen  8tois,  die  aus  rein  gesdilohtliehea 
Gesichtspunkten  nicht  zu  begreifen,  aus  dem  apologetischen  In- 
teresse des  Panliners  sich  voUsttodig  erkläre.  Diese  Gründe  er- 
fcailea  aber  »oah.eio  gnaz  .andere  ^wipht,  we«n4niB  aieh  <Avr- 
aeogt  haty  dass  unser  Varfasser  Mäht  etwa  nur  afaen  geaeUoMloheD 
Stoir  in  einer  bestimmten  Richtung  auswählt  und  zusammenstellt, 
aoAdem  dass  er  sieh  aUoh  die  eingreifendsten  Abweichungen  voo 


Die  Apostelgeschicbte  eine  Tend«nz8chrift.  31d 

,  d«r  iwirkUfilMya  (Besehff^te  ßAmfki  tmt  Wm  wire  c,  B.  m  der 
^  €a«klmt|gj(^t  ^alteiDQtkfir  «od  pftriniicher  Wmder  A«AUwile», 
^  w^f«|n  4«cb  aUe  4i««/p  Wunder  wirkli^  v^Kgtk^mokm  nUiit  JUmme 
1^  «fe  «i^  ni^t  wifh.darAii«  erl^liren^  idi^  eben  idieep  günde  den 
g  ¥er/M»c«r  >e«e|ulcirii  «i2E0giett?  kowMte  ^ee  «niebt  «m  Bade  «er  dtae 
^  iiC^iere  E(ftgipj9|f  rfiein ,  deae  die  beiden  4speitol  »ganz  glektatadg 
^t  .gc^iprirU  l^ü^en?  W4ie  let  es  A^mMteres,  4Mi  niieiW  fiMeift  fden 
^g  Ifunlijwi  A^erjOl  uMt  der  Jndenpredigt  befinaen  und  ner  ^l^ezwugen 
y^  m  tßü Hfiiden A)i#Cgal|^  l^sst,  -wenn deeh engileieliiroiiie eh»ee- 
^  ^«fibarir^r^iGB.  .79.4.3  bei  dweei  Anleee  ;««m  de«  Vorwurf 
^  einer  epohuf etbohen CikUon  .fKuffl  A^e^gtntlkMd  muteitirt  «irUil? 
^1^  WMiim  .eel^n  wir  in  naeem  Pericirten  aber  die  Bnden  .des  lApe- 
^  «Me  eVie  beAQOder»  AbeiqhOiobkeit  enehen,iwiNm.  diese  Ikeden 
^^  weeentUob.bibtoieiech  sind?  K«r  idie  Aneleesni«  meneher  f eeehldit- 
.  lipMiB  ZAge  bebJ^K  Meb  enf  diesem  atapdpwil^t  ibr.AnCeUendts, 
^  abepr  wenigeteps  ein  TJbeil  dUeeer  Anehawagi^a  wflrie  «iob  ianaer- 
Un  aatpafgUober  |[a](«mt|iise  des  Veifaaaers  eatsohnldigen  lasaen, 
bei  de«  Qbfjgaa  mOefate  man  ani^ribm,  Ams  er  iregUeea»  tivaa 
jpiebt  n«eh  eeiaeai  abin  tvtar,  aber  z«riBc|(i«ndaag  ^dneribeettMi- 
iten^  plaumfieeig  dmehgeAUiften  r^endenst  wurden  daeb  diese  fiate 
lar  -fdeb  kaum  .Umieieheii.  Ss  war  deker  nieht  biee  .eianiBeaktien 
MincMs  gesnaden  kritiacbeA  UrdMHs  gegen  die  ihm  aal|^edd«i«ene  \ 
Apo^gatifc^  .leottdem  aneh  eine  Oenaeqnenz  «einer  Anehbt  Mom 
Zweefc  der  ApeetolgasoUebte)  wienn  .«olineekenb«rg#r  adliet 
den  «wetfeta  an  der  «laobwtkidigkeit  dieser  «ehrift  alle  jene  Sfai- 
0e«tindniss.e  maobte-^  die  ibm  Bnur  C^anles  a  9  CO^o  scharf 
naaltgeidesen  tiat  Bbendesswegen  Usat  aloh  aber  der  yqUb  !Bin- 
blink  in  die  Mali ve  nnd  den  inneren  Ban  nnsev  Bnehee  4mr 
idann  (gewinnen,  wenn  man  aieh  emt  anf  Idsieriseh^tkittisdiem  W^ 
4kber  die  «enobichtliebkeit  •seines  Inhalts  venddufigt  nnd  so  die 
Freiheit  des  «esiettsbreiees  erlangt  hat,  walehe 
mdrienangan  begnanden  seilten  i). 


*)  AUo  nicht  dessbalb,  weil  die  Apostelgeschichte  nach  einem  durchgeführten 
Plan  angelegt  ist,  bezweifeln  wir  ihre  geschichtliche  Glaubwürdigkeit,  sondern  weil 
wir  uns  durdh  die'Prtirung  des  Einzelnen  -4M)d  dem  tbellweise  wAiBtopigciien  Cha- 
rakter ihrer  Darstellung  «berteugt  hab«»,  fragen  wir  nach  den  Motlveh,  woraus 
sich  diese  Darstelhing  erU&ren  iHsst.  Wenn  dalMr  Lange  (d.  apoat.  Zeitalter  I, 
54)  böhauplet,  ich  argumenlire  aus  dem  wekldupebdacihCen  Plan  -der  Apg.  gegen 
ihMB  ge80hi(*lKchen  Gliarakler,  ao  ist  diess  einfaeh  als  «ina  VtiArdttlng  lu  be- 
seichnen* 


320  Zweck  der  Apostelgeschichte. 

UdberUioken  wir  den -Th^OeBiMid,  wie  ihn  unsere  liidierig« 
Untersocbmig  feststellt  Die  Apostelgesohichte  erzftblt  einestheib 
die  Gesohiohte  der  Urapestel  and  der  jeruselemltisohen  Gemonde, 
nebst  der  von  ilir  ausgdienden  Ansbreitang  des  Christenthaiiis  bis 
mmok  selbstfindif  en  Auftreten  des  Pealas,  andemtheils  die  Geschieiiie 
des  Pinlas.  In  dieser  BrasShlung  findet  sieh  non  vorerst  die  aaf- 
Mlendete  Ueberelnstiainiang  svrisehen  denThaten  iindSebick- 
salen  des  Petras  and  der  älteren  Apostel  auf  der  einen,  des 
Paulas  aaf  der  andern  )9eite.  Beide  Theüe  wmlen  sicKi  niebt  blas 

1  im  AUgeneinen  dareb  die  Sebilderung  ihrer  Wnnderth&tigkeit  (c 
2,  43.  6,  1«.  8,  6  f.  vgl.  16,  t%.  19,  11.  28,  9)  gleiebge- 
stflilt,  bottdem  es  giebt  aneb  im  Besondern  keine  Art  petriniscfaer 
Wonderwtrkong  im  ersten  Tbeil,  welohe  nidbt  dnroh  den  «weiten 
dl»m  Pattlos  gleiobfalls  asagesproofaen  würde  0.  Wenn  Petras  seine 
WondertbAtigkeit  o.  8,  2  mit  der  Hteilnng  eines  Labrngeborenen 
erOlliet^  se  ist  ancb  das  erste  Heilangswunder  des  Paulos  o.  14, 8 
eltk  j^oMs  in  HOiXlag  fi7jt^dg*a^5%  Wenn  Petras  selbst  durch 
seinen  Schatten  Wonder  wirkte»  (6)  Ift}^  so  effenbaren  dlei^chür- 
Ke»  und  Sehw^eissttteber  des  Paulus  (19, '  12)  k^en  geHnger6n 
erbd  veu  »brakoldser  WMcuag  in  die  Fehle.  Wenn  ven.  P^nu 
und  sefaien  Kreise  namentücb  ftueh  IMmonenaustreibungen  beriohfet 
^werden  (6,  16.  8,  7),  so  besengt  der  bftse  Oeist  in  Bphefos 
(19,  1«)  selbst,  und  die.  Austreibong  de»  Python  in  Philippi  (If 
l«),  und  underer  B&menen  (19^,  11.  28,  9)  bestätigt-,  wie  ge- 
ffttobtet  bei  ihnen  der  Name  4es  Paolos  war.  Nicht  minder  Airobt- 
Iwr  ist' Paolos  den  Bundesgenossen  der  bSsen  Cteister,  deniQejMen 
und  dem  ganzen  gotischen  Wesen  (Elymas  c.  Id,  6  ff.^  epheii- 

i»lscbe  Kauberei  c.  19,  18  ff.),  und  er  mag  hierin  dem  vMge- 
tprlesenen  Beoieger  des  Magiers  Simon  (pi  8^   14  üi)  wobl  «nr 

^liteite  {gestellt  werden.    Auoh  von  paoliniseben  Straf  wundem  be- 

-vinhi«ttd{0  Apostelgesobiobte  13,  6  if.  vgl«  19,  13  ff.,  wie  ven 
petrinisoben  6,  1  ff.,  ein  Beispiel.  Dass  endtteh  die  htohste Spitze 
der  Wanderwirkong  nicht  fehle,  steht  der  durch  Petras  vom  Tod 


,  >)  S.  Schneckenburger  S.  52  f.  Schwegler  Nachap.  Zeit  II,  56. 
^)  lieber,  die  völlige  Gleichförmigkeit  dieser  beiden  Erzählungen,  selbst  iin 
AusdruciL,.».  o.  S.  214,  die  Heilung  eines  Paralytischen  durch  Petrus,  c.  9,  33,  womii 
Schneckenburger  die  eines  Fieberkranken  durch  Paulus  (28,  8)  nur  halb 
passend  .laswiinenEitellt ,  gehört  in  die  allgemeine  Kategorie  der  LahmenbeilungeB, 
brauchte  daher  keine  besondere  Parallele  zu  haben. 


die  AposteJgeöchichlc  eine  Tendenzselirift.  3^1 

erweekten  Taiitha  (9,  36  ff.)  auf  pavlioiseher  Seite  fftttfelnis 
(20,  9)  gegehtber.  Was  ist  qatariioher,  als  dass  Paulus  darch 
diese  Erfolge  dieselbe  VerehraBg  ffir  fi>ioh  erlangt,  ^ie  Petrus  ^ 
und  seiBe  Cfenossen,  nar  dass  sieh  diese  in  seinem  Wirkungsge-  ^ 
biete  nodh  stärker  ansspreciien  kaan,  als  bei  jenen:  wenn  in  der 
Hauptstadt  des  Monotheismus  die  ürapostel  wegra  ihrer  Wunder 
vom  Volke  gepriesen  und  gefArchtet  werden,  so  dass  Niemand 
wligt,  sii^li  ihnen  zu  nfthern,  so  bemächtigt  sieh  in  einem  Haupt^ 
sitz  des  Heidenthums  Ober  den  Wundern,  die  ffir  Paulus  steugen, 
keine. gefingere  Furekt  der  GemOther^},  wenn  der  halbmonetliei^ 
atitH^he.  Cornelius  (10,  26)  den  Petrus  mit  einer  TtQogxih^aig  htii^ 
pfängt^),  so  wird  Paulus  von  dem'  heidnischen  Volk  auf  Malta 
(28,  6)  ein  &9U  genannt,  und  die  Lystrenser  sind  soh<m  hu  Be^ 
griff,  ihm  und. dem  Barnabas  zu  opfinrn  (14,  11  ff.),  was  diese 
natfirlich,  und  zwar  fast  mit  denselben  Worten,  wie  dort  Petrus  >). 
ablehnen. 

Diese  ganze  Parallele  liegt  nun  aber  —  und  eben  hierauf 
beruht  ihre  Bedeutung  für,  die  gegenwärtige  Frage  •—  nidit  Im 
den  Thatsaohen  als. solchen,  wir  befinden  uns  vielmehr  mit  diesen 
Wundern,  wie  früher  gezeigt  werden  -ist,  auf  einem  durchans 
ungesohichthchen  Boden.  Aber  auch  das  lässt  sieh  nicht  anneh- 
men, dass  in  der  Ueberlieferung,  welche  unser  Verfasser  vorfand, 
schon  ein  solcher  Paralleh'smns  der  paulinischen  und  petrinisehen 
Wunder^ütigkeit  ausgebildet  gewesen  wäre.  Denn  da  der  fiagen«- 
hildung  in  Betreff  der  Apostel  nicht  ebenso,  wie  der  messianlsehen, 
ein  gi^ebener  l^ypus  vorschwebte,  so  wäre  es  mehr  als  wundev^ 
bar,    wenn  die  Unzähligen,    aus   deren  grosseren  und  kleineren 


*)  C.  2,  43:  iy^^^^  ^*  naai]  yjv/jj  (poßog.  5.  11.  13:  xai  lyhero  tpoßoq 
/u^yeig '  ^(p  oXijv  t^v  txxXtpCav  xal  enl  nocvrag  rovg  axovonag  rotvra . . .  rSv  itfi 
lomiav  odSeig  holfia  xoXXa0^t  adroig,  äXX*  IfteyaXwev  ifdroig  o  Xaag.  DieiCiT 
Wirkung  von  dem  Strafwunder  an  Anania»  und  Sappliira  entspricht  nun  ypllkonimen, 
was  c.  19,  17  als  die  nächste  Folge  von  der  Bestrafung  der  jüdischen  Exorcisten 
erzählt  wird:  hi^'neae  (poßog  snl  näwag  avrovg  xai  f/ueyaXvveTo  ro  ^vofia  ^Itjaov. 
Nimmt  man  dazu ,  dass  auch  die  legendenhaften  Wunderberichte  c.  5,  15  f.  c.  19, 
U  f.  sich  aufs  Genauste  entsprechen,  so  springt  in  die  Augen,  dass  die  zweite 
Stelle  der  ersten  nachgebildet  ist. 

^)  Die  man  nicht  mit  Lekebusch  a.  a.  0.  S.  260  zu  der  gewöhnlichen  ori- 
entalischen Begrüssungsform  abstumpfen  darf,  sonst  wären  die  Worte  des  Petrys 
V.  26  sinnlos.     M.  vgl.  auch  Apoc.  1%  8. 

3)  10,  26  Petras:  äväarrj^i^  xayta  avrog  äv&Qwnog  sl/ut.  14,  15  Paulus  und 
Battubas:  aif^Qcgy  tC  ttxvta  Ttoieits;  xal  jj/uelg  ofiotöna^elg  eofier  v^/aiv  Sv^^omU. 

21 


322  Zweck  der  Apostelgeschiclite ;  ' 

Beitrigen  die  apoi^tolwidie  Sige  abwocIib  ,  für  dte  ErKfiklimgeB 
von  den  beiden  HaaptupQsteln  dorohMi«  Gletchlant^Dides  beigesteuert 
hfttien^  eine  Darstellung  vi^melir,  welelie  so  nnverkeimbar  durch 
Bin  Interesse  bestimmt,  dach  einem  eiiheitiicbe»  Plan^  awgeflbrt 
ist,  seist  auch  Bisdieit  des  Urbebers  veraas.  IHess  sckliesst  na- 
türlich niobt  ans,  dass  ibm  ein  Tbeil^.  vielleicbt  ein  grosser *Theil 
seba^es  .Stoffes  sehon  dnroh  die  Ueberliefening  gegeben  i/var  —  wie 
es  sieh  hiamit  verhielt,  wird  spftter  nnlersacfat  wnrdeA;  •---  aber 
.was  er  ihr  aoeh  entnommen  haben  mag,  se  mnas  er  do(A  das 
1J«berlieferte  aus  einem  bestimmten  Gesiobtafnokt  ansgewfthlt,  ge- 
lobtet, umgebildet  und  erweitert  haben,  sonst  hfttte  «nmöglieh 
dieees  gtolohfOrmige  Ganao  herauakommali  kdnlMn«  Wirkliob  tra^ 
^n  ja  a«oh  manebe  janer  WnudecrnrnfiblaBgen  die  4aatll»hen  Spann 
dtaeer  individneUen  Tbfltigkeit  Wenn  2.  B.  ü«  faMden  Lahmeo- 
.beilnilgf n  in  dar  Saohe  and  im.  AnaAmek  dteh  Sog  fOr  2Süg  eat- 
sprechen,  wenn  c.  10,  26  und  14,  15  fast  die  gleiehen  Worte 
gabrancbt  sind,  wer  wird  den  Grund  davon  anderswo  suchen, 
Als  in  der  Identit&t  des  Verjrasseraf  wenn  in  jenen  allgemeiiien 
SoUMemngen,  die  doch  jedenfalls  vorsugsweise  dam  Verfamer 
aolbet  angehttten,  die  gleiehen  x>Aer  aufalieUd  Ahnlkhe  Angii^eii 
aloh  wiederholen  (wie  c.  A,  15  £.  vgl  28,  9.  19,  li),  von  wen 
anders 9  ala  von  ebmi  diesem,  soll  ihre  Gleichheit  herrühren?  ^ 
jfanien  wir  ja  anch  in  der  Braähkmg  van  den  Johanneigflagerfl, 
o.  19,  und  der  von. Apollos ^  c  18,  zwei  Bariofalen,  die  in  gar 
Jkahiem:  onmittelfeAren  Zusammenhang  stehend^  lunsprtlnglioh  nioht 
daiaelben  Tradition  angeboren  können,  und  von  denen  namentlieh 
4er  ««reite  kein  sagenhaftea  Geprfige  trägt,  diaselbcm  i&üge,  weldie 
in  der  Wirklichkeit  nicht  vereinbar  nur  dem  Interesse  dienen,  die 
Johannesschüler  für  die  paulinische  Geistesweihe  geeignet  zu  ma- 
eben.  Lässt  sich  annehmen ,  dass  diese  Züge  von  der  Sage,  ood 
nicht  vielmehr  von  unserem  Sehriftstellor  herrühren?  I>er  ParaUe- 
lismuB  der  pauHnischen  und  petrinischen  Wunder  ist  also  jeden- 
falls für  sein  Werk  anzuseben.  - 

Wie  Paulus  hinter  Petrus  an  Veiiierrlichuog  durch  Wander 
nkkt  zurüdcsteht,  so  steht  hier  Petrus  mit  dor  Urgemeinde  hinter 
Paulus  an  Leiden  und  Widerwärtigkeiten  nicht  zurOok,  und  anch 
diese  Parallele  kAnmt  im  Wesentlichen  nicht  auf  Rechnang  der 
Geschichte  oder  der  Tradition,  sondern  auf  Rechnung  des  VerfaB- 
i?ers.  Fassen  wir  zunächst  Paulus  in^s  Auge,  so  ist  zwar  wie- 
darholt  von  Naehstellongen  der  Juden  die  ILede,  denen  er  entäiiM 


die  Apostelgeschichte  eine  Tendenzschiift.  323 

1111189  C9,  34.  30.  14,  5.  SO;  B.),   odef  er   wird  von  d6te  J^^deo 
aus  eiinttü  Orte  Vertrieben  (13,  50.  17,  10.  13  f.);  w4r  >ber 
dieser  Zmg  selbst  dnroh  den  Pragmatismos  unserer  Schrift  ge- 
fordert,   (s.  0.)   60   erleidet   auch  Panlns   in   allen  den    aftge^e^- 
^        henen   Fällen    keine    wirkliche    Mli^sfaandinn^.     Ebensowenig    ht 
dK^s  ö.  18,  12  ff.  und  19,  21  ff.  der  Fkli,  denn  in  der  ersteren 
afl6tle  *wfrd  die  Kla^e  gegen  %n  noch  vor  sehier  Verantwortnng^ 
vdtt  iGklliö  abgewiesen   und  der  Häoptkläget    salbst    v^m    V^^e 
£        g^i^ehlageu,  und  in  der  zuisiten  endet  der  lärmende  Aofst^htf  des 
Beiiiettfitts,  ohne  per»önliche  Gefahr  für  den  Apostel,   mit  einem 
1^       äMHck^'  beschwichtigenden  Spruche,    'fis  bleiben  daher  linr  drei 
^        Plille^bfjg,   in  denen  Paulas  wfrkliche  Verletzang  erfäfatt^  die 
s        SM^iniguiig  in  tfstra,   14,  i^,  m  Haft  in  Pttlippi,'  16^  l^'ff., 
i      ^4lh  p4lftstinensisoh-rbinische  €efangenscnaft«    Als  c^e  vierte  Ntiili 
{        konneti  Mir  den  Schitfbruch  («7,  20  it.)  hfuzufftgeh.    Uiltelr  «U 
f        diesen  Leiden  ist  aber   kein   «inniges,   weK^hes    nicht  nach  'd<^ 
t       Darstellung  unserer  Sbhrift  zti  tinem  friumph  des  Apost^  Atis- 
t       schlage,    hl  PhTlippi  wird  er  durch  das  Wunder  seiner  nä^htüehen 
{$       Befreiung  und  die  Abbitte  der  Duumvfrn  fttr  die  vorher^gang^'e 
^       Misshandlung  mehr,  als  entschädigt;  in  Lystra  (welches  Sehne i^"^ 
I        keh burger  8.  60  mit  Unrecht  voh  deih  obigen  Kanon  ^usnhnmi) 
zeigt  i^eh  der  Über  ihm  waltende  göttliche  Sciiut/.  darin,  dass'br 
unmitteibai^  nach  der  Steinigung,  Allem  nach  Unreri^ehrt,  Wllftder 
aufsteht  und  weiter  geht;  die  wunderbare  fteitung  aus  dem  iScUlff^ 
bruch  und  aus  der  melltensischen  Gefahr  Ist  (27,  23.  %d,  ^J  Mh 
deutlicher  Beweis  höherer  Führung,  zugleich  gtebt  ihm  die  Nöth 
auf  der  See  Gelegenheit,  seine  überlegene  Kiugiieit  und'  s^ih  Gottv 
terträueh  glänzend  %u  bewähren  (27,  21  if.  30  ff.)^  d\k  päläMI- 
nenslsch^   Gefangenschaft  wird   das  Mittel  zn  einer  Reihe    Ton 
A}loIhglen,  die  den  lErfbig  haben,  dass  äUe  jtfdischett  Und  heldttl- 
f^h^n  Auktoritäten  des    Landes,    die    Pharisäer   dei^   SyhddMüinis 
(23,  9),  der  KOnig  Agrippa  (26,  31  f.),  der  tribuh  Lysias  (S8, 
29),  die  beiden  Prokuratoren  (24,  22  ff.,  25,  18  .ff.);  setn^  tM"- 
schuld  anerkennen;  wie  endlich  der  Verfasser  die  rottiiiäcfae'äH^ 
fangenschaft  angesehen  wissen  will ,  zeigt  am  Besten  der'Ümi9tAn[d, 
diis6  er  ItMr  tragisches  tende  verschweigt,  statt  desSeii  aber  die 
Freiheit  der  Predigt,  welche  dem  Apostel  In  Roitf  zu  thöü  Wui-de 
(28,  80  f.),  und  die  Abshshtlichkeit  der  Fügungen,  die  ihü  ättf 
diesen  Schauplatz   seiner  tfaäfigkeit    führten   (23,  11.  "27,  23, 
vgl.  19,  21),  mit  uH^m  Nachdrntk  hervothdbt.    Ver^teiÄeh  WAr 

21* 


324  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

niiD  mit  dieseo  Leiden  des  Pauli»,  die  alle  zu  seiner  Verherr- 
lichong  dienen  müssen,  die  der  Urgemeinde  and  ihrer  Apostel,  so 
zeigt  sich,  dass  diese  vor  ihrem  jüngeren  Kollegen  nicht  das  Ge- 
ringste voraas  haben.  Ist  Paalas  eingekerkert  and  vor  Geridit 
gezogen  worden ,  so  ist  das  Gleiche  erst  dem  Petras  and  Johannes 
(o.  4),  dann  den  s&mmtlichen  Aposteln  (6,  17  ff.),  endlich  noch 
einmal  dem  Petras  allein  widerfahren;  hat  Paalas  in  Philippi 
Streiche  erhaltePf  so  erhielten  sie  vor  ihm  (6,  40)  die  Urapostel 
in  Jenisalem;  Ist  Paalus  gesteinigt  worden,  so  wurde  Stephanu«, 
das  gefeierte  Mitglied  der  jerasalemitischen  Gemeinde,  za  Tode 
gesteinigt;  ist  Paulas  den  Mftrtyrertod  gestorben  (wiewohl  unser 
Verfasser  davon  schweigt),  so  Ist  ihm  nicht  allein  StepUanufl, 
sondern  auch  Jakobas^  aof  derselben  Bahn  vorangegangen,  nod 
.dieser  selbst  ist  durch  die  Art  seines  Todes  (Buthauptung  aif 
;^fehl  eines  gottlosen  Despoten  c.  12,  2.  20  ff.)  sein  Vorbild 
.unter  den  Uraposteln.  Auch  von  inneren  Zerwürfhisami,  wie  sie 
von  den  paulinischen  Gemeinden  nicht  berichtet  werden,  ist  die 
Mastergemeinde  in  Jerosalem  nicht  frei  geblieben;  selbst  gegen 
die  Apostel  erhob  sich  ein  Murren .  (6 ,  1  f .) ,  und  das  goldene 
Zeltalter  der  Gütergemeinschaft  wird  duroh  das  Vergehen  des 
Ananias  und  der  Sapphira  befleckt.  Waren  andererseits  die  pal&- 
stlnensisohen  Apostel  der  Gegenstand  einer  besonderen  gdttlichen 
Fürsorge,  so  hatte  sich  Paulus  keiner  geringeren  zu  erfi^euen; 
hat  den  Petras  ein  Engel  aus  engem  Gewahrsam  beAreit  (12,  7  ff.), 
sind  ebenso  6 ,  20  die  sämmtllchen  Apostel  durch  einen  Bngel  aus 
dem  Gefflngniss  geführt  worden,  so  löst  ein  wunderbares  Brdbe- 
ben in  Philippi  die  Fesseln  des  Paalus  und  seines  Begleiters;  hat 
mit  Philippus  der  Engel  des  Herrn  gesprochen  (8;  26),  so  er- 
scheint eben  dieser  27,  2<)  auch  dem  Paolus;  waren  die  Apostel 
nach  der  Vorstellung  der  FolgezeH  gegen  giftige  Schlangen  ge- 
sichert (L.  10^  19  par.  Mark.  16,  18),  so  ist  Paulas  der  Bhi- 
zige,  von  dem  diess  unser  Verfasser  durch  ein  ausdrückliches 
^ieispiel  belegt.  Der  Lauf  des  Paulas  Ist  nicht  leidensvoller  und 
nicht  weniger  ausgezeichnet  durch  göttliche  Führungen,  als  der 
eines  Petrus  und  seiner  Genossen. 

Entspricht  diess  aber  der  geschichtlichen  Wirklichkeit?  oder 
wissen  wir  nicht  vielmehr  selbst  aus  den  wenigen  Andeatangea 
der  paulinischen  Briefe  mehr  von  den  Leiden  des  Apostels,  als 
aus  dieser  vermeintlich  so  vollstftndigen  Geschichte  desselben?  Wo 
hleibt  in  unserer  Darstellung  die  Mehrzahl  jener  Nothen  and  Miss- 


die  Apostelgeschichte  eine  Tendenzschrift.  325 

handlangen,  von  denen  der  zweite  Korintherbrief  11,  23  ff.,  v^l. 
6,  4  ff.  berichtet?  die  vielen  6efang;en8chaften  (vor  der  letzten}^ 
die  vielen  Todesgefahren ,  die  fOnftnalige  ZDchtignng  doroh  Joden, 
zwei  von  den  drei  Stftapnngen ,  die  drei  Schiffbrttohe?  Wamm  kdn 
Wort  von  den  heftigen  Kämpfen  im  Innern  der  Gemeinden,  In 
Galatien,  in  Korinth,  in  Ephesas  (1  Kor.  16,  9}  9^  Warum  ist  das 
S'fjQioiuaxsiv  iv  ^Eq>€a(o  (1  Kor.  16,  80)  —  wir  wissen  nieht, 
gänzlich  übergangen,  oder  im  Aufstand  des  Demetrias  bis  zur 
Unlrenntiichlceit  entstellt?  Wamm  kein  Wort,  welches  uns  di^ 
Klagen  des  Apostels  tiber  die  Schwachheit  seines  Fleisches  (1  Kor. 
4,  9  ff.,  2  Kor.  1 ,  8  f.,  G<il.  4,  18  f.  u.  a.),  Ober  den  axoXotp 
iv  rfj  aaQxl  (2  Kor.  12,  7  ff.)  erläuterte?  Warum  dieses  StiU- 
schweigen  über  den  Tod  des  Paulus,  von  dem  wir  doch  schon 
aus  c.  20,  25.  38  sehen,  dass  er  bereits  erfolgt  war?^)  Hat  es 
irgend  eine  Wahrsclieinlichkeit,  dass  der  Verfasser  über  alle  diese 
Dinge  nichts  sagen  konnte?  Falls  er  wirklich  der  Reisegefährte 
des  Paulus  war,  offenbar  nicht;  aber  auch  wenn  er  ein  Anderer 
und  Späterer  gewesen  Ist,  konnte  doch  die  Erinnerung  an  Dinge, 
von  denen  uns  die  Briefe  des  Apostels  heute  jioch  Kunde  geben^ 
ein  oder  zwei  Menschen  alter  nach  seinem  Tode  nicht  so  völlig' 
verwischt  sein,  dass  dem  Geschichtsschreiber  nichts  davon  zu 
Ohren  gekommen  wäre.  Griffen  doch  viele  von  diesen  Dingen, 
wie  vor  allem  die  Partheikämpfe  in  den  Hauptgemeinden ,  In  das' 
religiöse  Leben  jener  Zeit  viel  zu  tief  ein,  um  sich  nicht  der 
Ueberlieferung  einzuprägen,  konnten  doch  die  Briefe  des  Apostels 
einem  späteren  Biographen  desselben  unmöglich  unbekannt  sein. 
Wir  werden  mithin  das  Schweigen  unserer  Schrift  nur  daraus  er- 
klären können,  dass  der  Verfasser  tlber  einen  grossen  Theil  von 
den  Leiden  des  Apostels  nichts  sagen  wollte.  Geht  nun  schon 
hieraus    der  Tendenzcharakter    dieser  seiner  Darstellung  hervor. 


'),EiQe  sehr  ungenügende  Antwort  auf  diese  Fragen  ist  es,  wenn  man  mit 
Lekebusch  d.  Comp.  d.  Apg.  S.  263  sagt,  die  Apostelgeschichte  erwähne  nur  der 
Leiden,  welche  auf  die  Ausbreitung  des  Christenthums  Einfluss  hatten,  denn  die 
meisten  der  oben  aufgezählten  gehören  offenbar  ganz  in  die  gleiche  Kategorie  mit 
denen,  welche  die  Apg.  berichtet.  Ebensowenig  hilft  es,  sich  mit  demselben  (S. 
262J  auf  die  Nachstellungen  der  Juden  zu  berufen ,  die  den  Apostel  von  *  einem ; 
Ort  zum  andern  trieben,  denn  diesen  Zug  konnte  unser  Verfasser,  bei  dem  er 
sogleich  als  ein  Haupthebel  seines  Pragmatismus  nachgewiesen  werden  wird,  nicht 
entbehren ,  aber  dass  es  eben  nur  Nachstellungen  sind,  die  nur  zum  kleineren  Theil 
wirkliche  Misshandfangen  zur  Folge  haben,  diess  vgerade  ist  das  Auffallende. 


326  Zweck  der  Apostelgeichicbte ; 

sp.  ^rh^U  derinlb^  nach  deutlicher  aos  der  Benii^rkniig,   wdche 
sk;|i  m»,  aolion  frQhi^r»  (S.  140  00  S^^  nbgecieliwi  von  der  vorlie- 
gende» Frage y  ergeben  hat,  daa;ik  aioh  die  angeblichen  drei  Ver- 
^Ignngen  der  Urapoetel,  die   dea  aten  und  4ten,  dea  6ten  and 
4iys  IStpn  Kapitels  y    in   der  WirUicbkeit  auf    eine  einjcige,    die 
let^tgepapnte,  rednolrea,  die  zwei  ersten  dagegen  nur  Naebl^U- 
dongen  von  dieaer  sind,  welche  Allen  nach  mehr  der  Reflexion, 
a]b9  der«  Sage  aogehtfren.    Man  erwftge  nor,  welches  VerhiUtnJss 
allein  bienacb  heraasstellt    Wir  haben  in  nnserei;  Schrift  eine  aaf- 
fi^llende  Gleichartigkeit   zwischen  den  ttber  Paulus  und  den  Ober 
die  Urgoip.ein(le  ergangenen  Leiden.    Dieser  ParaUelisnus  ist  aber 
nur  dadurch   mtigUcb   geworden,   dass  von  den  paulinischen  eiu 
gf;9faer  Theil  übergangen,  die  der  Urapostel  verdt^pelt  und  ver- 
tUn^ifacht  eincl.    Waa  ist  nun  wahrscheinlicher,  dass  die  Ueberlie- 
fet9Ag  ganz  unabhüngig  von  dem  Zweck  der  Parallelisirnng  diese 
Veritpder^ngen  mit  dem  geschlohtlichen  Stojffe  vorgenommen  hat, 
d|iap,  re^  «nfällig  dem  Verfassetr  die  Verfolgungen  4er  Urgemeinde 
dri^if|»eh,  die  4<»  Paulus  nur  smm  dritten  Theil  zu  Ohren  gekov- 
mf^n,  stoid,  oder   dass  jeue  Aen^ernngen  von  Anfang  an  auf  das 
dun^l;!,  sie  bewirkte  Beaultat,  die  GleiehfOrmigkeii  der  nrapa^toU- 
sfibei^  l^en  mit, den  papUniaehen  angelegt,  dass  sie  einfach  aim 
d^f:  Atiaicht  und  dem  beaonderen  Zuveck  des  Schriftstellera  z^  er- 
kl#f)en,  sind?   Pie  Antwort  kann  nicht  zweifelhaft  sein.    Aqch  die 
e^f^eli^an  Erzählungen  sind  ja  zum  Theil  ganz  sichtbar  anf  jeoe 
Pi|i;^Jlelp  berechnet  9  oder  doch   in  dem   gleichen  Geist  und  der 
gleipbea  Malier  ausgeführt.    Vefgleiohen  wir  z.  B.  die  JBrzählaog 
von.  dar  Gefangenschaft  des  Panlus  In  Philippi  mit  der  unaers  5teQ 
H;#pit^)i9,    lA  beiden  EfzAhlupgen  eine  Binkerkemog  von  Apoetelo 
aus  AnlfM^  einer  Wunderbeilung ,  In  beiden  eine  doppelte  Befteimtf 
%ms,flffr  Hi^ft,  eine   ebernatOrliche,  dia  aber  für  den  Bnderfel|[ 
völlig  nutzlos  ist,  und  eine  scheinbar  natürliche,  die  sich  aber  bei 
näherer  Betrachtung  gleichfalls  unwahrscheinlich  erweist,   in  bei- 
den  eine    körperliche  Züchtigung    der  Eingekerkerten,    nor  das 
ei^eniial  vor,  das  «pidaremal  nach  dem  Gefängniss,  dazu  a  16,24 
der  Zug  aus  der  BrzAhlung,   welche  auch  der  des  6ten  Kapitels 
zum  Urbild  gedient  hat,  und  auch  hier,  V.  Z8,  nicht  ganz  fehlt, 
dass  die  Verhafteten  mit  besonderer  Strenge  und  Sorgfalt,  in  einer 
eaioTEQa  qpvAaxij,  in  unlösbar  scheinenden  Banden  verwahrt  wer- 
den: wer  kann,  gUuben  ^  die^e  ganze  Gleichförmigkeit  rühre  nor 
von  dem  zufäUigan  Zuaammenlreffen  der  Uehertieferungen,  oder 


die  Apo8te]ge«ohicbt6  eine  Tendentichrift.  927 

gHt  der  gtflChk)btlielieD  VorjD^ftnge  «dfest  btr,  nd  mkki  vMmdkt 
von  der  besttaAteft  AMeht  de»  SohriftctoDers,  welcher  Pkw  den 
jfiweok  des  Piirallelisaias  die  eine  EmlUoiig  der  efdem  naehge«- 
bildet,  oder  aileh  beide  —  diees  Ueibe  vorerst  «Beiiteohieden  — 
In  deoieelbeti  Siim»  gedichtet  hat?  Mlcht  aBdera  verhält  ee  Mk 
aaöb'  mit  den  zwei  Auftritten  vor  dem  Synedrlnm,  im  Aten  und 
iffl^  2deteB  Kapitel  Wenn  in  diesen  beiden  VerhandlongMi  die 
Phariefter  die  Pardkei  der  angeklagten  ApöeHA  nehmen^  nnd  aelbat 
die  MOgMchlcelt  nngeben,  daas  sie  wiritfibbe  Ofltenbarangeovgalie' 
sein  ItOnnten  0,  wenn  sich  aber  diecfer  Hergang  in  dem  etaiea  Fall 
ebenao  nnwahnchelnlicb  geze^t  bat,  als  in  dem  andern^  wenn 
überdiees  die  ganze  Verhandiang  in  beiden  Fällen  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  gar  nicht  statt  hatte,  vnm  ist  angenscheittliidier, 
als  dass  die  beiden  gleichen  und  gleich  nngesohichtliohen  Boriehte 
von  einen  aed  demselben  Uiiieber,  anserrai  Verfhsser,  berrflhieB? 
Nor  in  seiner  Oantellnng  nehmen  ja  «berhanpt  die  jOdischen  Hatipt^ 
partheien  zum  Ohristenthnm  und  zm  einander  die  StellMg  ein, 
welche  ihncft  imi  4tett  und  5ten  mad  im  2dBten  Kapitel  gleichmdssig 
angewiesen  ist,  nur  er  macht  die  Sadducäer  allein  sra  AnkMgern,* 
die  Pharisäer  za  Vartheidigeni  derChriBten,  nnd  darom  auidi  de»' 
Annaa  und  Kalphas  0.  6,  17  zn  Saddnoäern;  wie  lässt  sieh  de 
die  AbsicJitliehkeit  dieses  Pragmatismus,  nnd  der  TendenncharidEter 
onserer  Darstellang  verkennen? 

Noch  stärker  tritt  dieser  Charakter  in  der  Art  henwr,  wie 
die  Lehre  nnd  das  Verhalten  der  Apostel  in  unserer  Sehrül  ge- 
schildert wird»  Wir  haben  schon  frilher  (8.  297  ff.)  naehgewi^Mett, 
wie  anffallend  die  Lehre  des  Panlns  in  ihren  Berichten  snrQcl:- 
tritt,  wie  naverhältnissmässlg  wenig  Ranm  in  selnidn  VoTtirilgcn' 
die  liohrrede  ttberbanpt  einnimmt,  und  wie  selbst  dieses  Wenige- 
so  ^  nicht  des  elgentfaemllch  panlinlscho  Beprägt  iifPigt.  M  allen 
Beden  des  Apostels  nnr  eine  einzige,  sehdehteme  HInwelsnng  anf 
seine  Lehre  vom  Gesetz  nad  von  der  Reehtfertignng  (<d,  99  ff.>, 
nad  gletehfalls  nnr  ESne  flflchtige  Andentnng  der  Versdhnnngs^ 
lehre  (130,  29:)  r  im  Uebrigen  nur  die  Vorktindigong  des  Mono^ 
ihciarnns    giegenttber  vom  heidnls^en  Polylheismns,    die  Predigte 


*)  5,  39,  wo  das  katcgorisclicre  sl  ex  Seov  eariv  im  Unterschied  von  dem 
vorangellenden  problematischen  sav  i'^  ay&gtmoiv  jj  zu  beachten  ist,  und  23,  9 
wo  sich  die  Aehnlichkeit  mit  c.  5  auch  den  Abschreibern  so  aufgednmgen  hat,  das« 
Manche  das  //^  ^eo/AuxfafjiBy  von  dort  herübernahmen. 


328  Zweck  der  Apostelgeschichte  • 

m  der  XUUfßtehmkg  md  Meflsiaiiitit  Jesn,  vod  4ler  Bimiesftnde- 
mi^  Will  den  guten  Werken,  ,,Yoa  der  GerechÜglceiC  und  Bnttialt- 
eanfeeit  and  d^m  künftigen  Gerichte^^  (24 ,  26)  —  nichts  von  der 
lülgemeiden  Sttndhaftigkeit  and  der  Veradhnang  darch  das  Blut 
dnrintiy  vom  Anfhdren  der  Gesetzeoreligion ,  vem  alleinrechtferti* 
genden<  Slaaben,  von  allen  den  Ideen,  welehe  den  Kern  des  pao- 
Hnfnchen  Christenthao»  ansmaohen.  Nnr  die  Schlagwörter  dos 
Jbdimchiistenibains  topeii  ans  aas  dem  Munde  des  Heldenapostels 
entgegen  i) ,  nur  dieedbe  BeweisfBhrang  für  .die  Messiaswfirde 
des  Aaferstandenen ,  dieselbe  Anfforderang  aar  pteTccvoia  verneh- 
men, wir  von  ihm,  wie  fitther  von  Petras  (2,  22  ff.  38.  3,  13 IT. 
6, '30  ff.  10,  37  ff.)«  ftnch  die  SOndenvergebnng  wird  o.  13^ 
38  statt  der  paaliniselien  Anlcnüpfang  an  den  VersOimungstod  aar 
in'  den  gMcben  Zasammeiribang  mit  dem  Glauben  an  den  Anfer- 
stamdenen  and  mit  der  Erbiriiung  Jesu  gebracht,  wie  im  ersten 
Tbeile  (2,  38.  3,  19.  5,  31.  10,  43)  von  Petros,  wie  schon 
aaf .  rein  jttdischem  Boden,  L.  l»  f7,  von  Zacharias.  Und"  dasx 
ons  die  Oleidiheit  dieses  Standpunkts  mit  dem  judenebristlicben 
nicht  en^ehe,  ist  gerade  diejenige  van  den  paalinischen  Beden, 
welche  die  ausfOhrllchste  Lehrentwioklang  enthält,  früheren  Vor- 
trflgen  des  Petras  und  Stephanus  so  ähnlich  gebildet,  dass  wir 
schon  S.  301  dem.Urtheil  derer  beitreten  mussten,  die  nur  einen 
Nachklang  jener  Darstellung  darin  inden  wollen*  Was  uns  von 
p^fiJinisdier  Lehre  mitgetheilt  wkd,  das  lässt  der  Verfasser  den 
Petrus,  den  Stephanus,  selbst  den  Jakobas  deutiioher,  als  Paulos 
selbst  aussprechen.  Petrus  sagt^),  es  sei  vor  Gott  kein  Unter- 
sehtied  zwischen  Juden  und  Heiden,  denn  auch  die  Helden,  die 
Unreine,  werden  durch  den  Glauben  gereinigt  (15,  9;  vgLGnL 
3,  28  a.  A.),  er  nennt  das  Gesetx  15,  10  ein  Joch,  das  weder 
sas! selbst  noch  ihre  Väter  zu  tragen  vermocht  haben,  er  erklärt 
(.15,  11;  vgl.  4,  11  f.  und  dazu  Böm.  9,  32  f.),  dass  die  Juden 
se.gat,  wie  die  Heiden,  nur  durch  die  Gnade  Christi  selig  werden 
kennen }  Stei^anus  weist  (7,  48  ff.)  auf  das  Ende  des  Tem- 
pelfcaKus  hin ^.  sogar  Jakobas  bekennt  sieh  (^5,  17)  zum  paoH- 
niashen  Universalismus,  wenn  auch  ohne  die  vollständige  Grund- 
lage der  Lehre  vom  Gesetz  —  bei  dem  Paulus  der  Apostelge- 
schichte haben  wir  Mühe,  diese  Grundsätze  zu  entdecken.    Kann 

*)  Vgl  hierüber  auch  Schweglcr  Nachap.  Zeitalter  S.  96. 
»)  S.  Schneckenburger  S.  187  ff. 


die  Apo6tel«e8«bi<ihte  eine  Tendenzschsift  329 

aber  Pairias  nicht  so  ODpaiilinisob,  so  kdimra  «ai^ebrt  Petnw 
und  Jakobo8  nipht  so  panlinisch  gesprochen  habest 9  «■<!  *^M>h 
unsersm  Verfaflser  kann  der  allbekannte  gesehiehtlielie  Charakter 
seiner  Helden  nicht  so  iVemd  gewesen  sein,  dasa  er  meinte,  sie 
hatten  wirklich  so  gesprochen:  seine  DarsteUang  Ist  sebleohter-* 
ding»  nur  ans  einer  absichtlichen,  tendenzmAssigen  Verttoderang 
des  gesdhiclitiichen  Thatbestands  zu  erklAren. 

Bben  dahin  fohrt  uns,    was  er  vom  Verhalten  des  Panlvis 

aaf  der  einen ,  der  Urapostel  auf  der  andern  Seite  berichtet.  Wenn' 

PanlBs  hier  als  ein  gesetzesfirommer  fsraelite  erscheint,  wenn  er 

die    hergebrachten  Reisen   zum  nationalen  Heiligthnm  auch  unter 

dem   stärksten  OeschAftsdrang    seines    apostolischen    Amtes    nicht 

versAnmen  will,    wenn   er  Gelflbde  nnd  NashrAat  (oder  NaairAats- 

opfer)  nicht  Mos  Oberhaupt  obernimmt,  sondern  auch  fOr  den  am«^ 

drdcklichen   Zweck  Obernimmt,   die  Verltamdung  zu.  wideciegen, 

da^a  er  Abfall  vom  Gesetz  lehre,  wenn  er  die  theokratischen  Pri* 

vUegien  seines  Volkes  so  hoch  achtet,  dass  er  vom  Anihng  bis 

zum  Ende  seiner-  apostolischen  Wirksamkeit  immer  zunAehst  den 

Jaden  .predigt,   und    nur  durch   ihren  Unglauben,   durch  gottliche 

Bef^hte:^  oder  durch  besondere  UmstAnde  gezwungen  den  Heiden, 

Wiona.er  sich   auf  dem  Aposlelconcil  verpflichtet,    die  Juden   bei 

Gesets  und  Beachn^idnng  zu  belassen,  den  Heidenchristen  wenig- 

atens  die  noachischen  Gebote  aufzulegen,   wenn   er  selbst  an  Ti- 

motheus,  dem  Heidenchristen,  aus  ROcksicht  auf  seine  jodisohen- 

Volksgenossea  die  Beschneidung   vollzieht  ^3;    wenn  andererseits 

die  MAnner  der  Urgemeinde  den  Grundsatz  der  Beidentaufe  nicht 

blos  aafs  Bereitwilligste  anerkennen,  sondern  auch  zuerst  diesen 

Gmndsatz   erkannt    und    darnach  gehandelt   haben,    wenn  Petrus 

schon  in  seiner  ersten  Rede,  'die  PrArogative  des  theokratischen- 

Volks  zugebend,  zugleich   auf  die  Möglichkeit   hindeutet,   sie  zu 

verscherzen^},  wenn  Philippus  den  halbheidnisehen  8amaritanern 

l^predigt,  Petrus  und  Johannes  aus  Auftrag  der  Zwölfe  den  von 

ihm  Getauften  die  Vollendungsweihe  ertheilt  haben,  wenn  Petrus, 


«)  M.  8.  S.  232. 

^  S.  oben  S.  239  ff. 

')  C.  3,  26:  vjuir  nQwrov  6  &e6g  dnfirrei/tey  avtoy  (^Irjaovv) ,  wobei  offen- 
bar vorbehalten  ist,  was  Paulus  und  Bamabas  13,  46  aussprechen :  v/uy  ^  ayay- 
Aaioy  ngwroy   XaXrj^^yai   Toy    Xoyoy    rov   &€ov,     fneiStj    Sh   anto^fiö^e   adtor, 


230  Zweck  der  ApoitelgMchichte; 

mU  dfe  adfCMciMinliohsleii  Offenbaniiigeo  iiio ,  nnier  Genekni^nng 
dor  Jarualemiten ,  deo  H«iden  Coniellos  getooft  hat,  weon  noch 
var  dam  Anftratan  dea  Paal^ia  dia  heidenehrisüiohe  Gameistfa  in 
Antioohian  antetaBden,  nad  van  da»  gaiflterlttlltao  (11,  HM)^  alt* 
bawihrt«»  C^,  36)  HavollmAehtigtan  der  Ufgaaieinde  aUerkaant 
wardaa  iat^-waiui  soliiiaflaliah  dia  Gasammtkeit  der  Jerasaleflifteii 
auf  die  Empfehiang  das  Peäraa  ihmI  Jakabna  den  HeldenoHristan 
dm  Ffeiloief  %^»BiMt,  walober  sie  ron  Gesetz  und  Bascbneidang 
i  kaepricbty  —  wenn  Paalne  and  die  Paiäettneaser  in  dieaar  Weise  die 

Ballaa  yetauaebit  haben,  so*gah«rt  in  der  Tbat  nur  ein  Kleinistes 
vea  kritiacher  Unbefangenheit  dann,  nm  in  efoer  so  auflEallandeB 
UmatoUnng  der  Gharaktera  n'aah  vor  alier  Datafinnleivaühong  eine 
basümmta  Tendenz   zu  vemuithen.    Hat  man  sich   aber  vollends 
mit  uns  aberzangt,  daas  diese  Darstellung  nur  dnreh  eine  Eeibe 
dar  ehigreifendste»  GeadiiehtawidrigkeitMi  mOglieh  war,  dass  von 
den  Ittnf  jemsaletaiitiaehan  Meisen,  welche  die  ApostelgeacAdohto 
kennt,  nur  drei  hiatorisoh  sind,  und  von  diesen  dreien  keine  ein- 
zige nribpranglieh  den  Kweek  hatte ,  den  nnsere-  Sohrift  weoigstess 
dar  letzten   derselben  ausdrüoklioh   baffegl  <24,    lt.   17),   dsss 
Fanlns  weder  das  kacinthisahe  GelObde  (18,  18),  ileeh  die  ihn 
0.  21,  118  angesomienen  Leishmgen  flbern(Mnnien  haben  ktOan,  am 
idlerwenigsten  ans  deih  liier  angegebenen  Grunde,  dass  dia  Praxis 
in   Betreff  der   Heiden'«   und   Jvdenpredfgt,    welche  er  sieh  nach 
unaerer  Daiateilang  zur  Pflüeht  machte,   nur  dem  Verfasser,  nicM 
iiun,  angehört,  dass.  Scenen,   wie  die  mit  den  römtsofaen  Juden, 
aller  gesohiehtlioben  Mttgiichkefi  ermangeln;  hat  man  ebenso  den 
Universeliamns  eines  Petras  und  Jakobvrs  mein*  als  verdftehCljg  gc- 
ftooden,  imd'*in  der  Brzählang  von  der  Bekehnnig  des  OemclffiA 
nicht  nvr  einzelne  unhistarlsohe  Bestandtheile,  sondern  von  Anfsnif 
Ua  sm  Ende  nichts   als  Unwahrscheinliches  und  Undenkbares  ge- 
sehen; hat  man  sich  endlii^  über  dato  sogenannte  Apostelcancil  mi^ 
HOlfe  des  GaiaterbrieAi  orientirt,  die  angeblichen  flSugeatändBissa 
des  Paulus  an  den  Judaismus  beseitigt,  und  die  der  üraiiestel  an 
Paulus  auf  ihr  richtiges  Maasa  zurüokgeftthrt,  so   kann   es  niclit 
dem  mindesten  Zweifel  mehr  unterliegen,  dass  es  nicht  nur  nicht 
die  Geschichte,  sondern  auch  nicht  die   Sage,   dass  es  nur  die 
pragmatisirende  Beflexion  ist,   welche   die  merkwürdige  Einstim- 
migkeit in  dem  Verhalten  des  Paulus  und  der  Urgemeinde  herg^e- 
stellt,  den  Heidenapostel  zum  Petriner,  die  Judenapostel  zu  PaoliiierB 
gemacht  hat.    Was  wir  oben,   aus  Anlass  der  Erzählungen  voi 


die  Apoitelgeseiiichte  eine  TeBdensschrift.  331 

4eM  JL^Um  d6»Pailnt  umi  4er  VrgtmtlMty  tttef  des  Unterschied 
zwfuclieii  fiagenbildttig  und  lendeiizmftefllger  GeeoUclileehrellnDg 
bcBetkl  hiben,  wäire  aach  hlersii  wiederboleD. 

Amh  in  BesiehuBg  auf  ihre  apestollsche  Befähigung 
kit  zwischen  Planlos. i|iii  den  Uvaiwiteln  kefii  weaentllober  Unter- 
acbiedO*  Wenn  sich  diese  hei  den  Letztem  aof  ihre  perssiitiefae 
VerhinduBg  ait  Christas  gründete,  deren  Mangel  seliea  ftUhe  ein 
ÜMptgFiiiid  war,  am  dam  Panlns  die  apoatdisofee  WOrde  ahzv- 
Bfurechea^),  and  noch  tief  ii^a  zweite  Jahriiondert  hinein  Ten 
ehijenitischer  Seite  hieza  benutzt  warde^>,  wenn  anderersdts  sehen 
Pavlaa  selbst  seinen  Gegnern  die  Frage  entgegenhAlt  (1  Kar. 
9,  f):  evx  eifil  ama^olog;  oiJx*  ^Iijoovv  X^upfd¥  rdv  }tVQiav\ 
TjfetSp  itüQOMa;  so  ist  es  eben  diese  Beglanbigong  dnrok  die  piir-' 
sM(li<^  BrsehainQng  Christi,  welche  dif  Apestelgesciäehte  mH 
QBveirkeanbavem  Nachdruck  gehend  maoht,' indem  sie  die  Betete 
rang  dos  Apostels  uiobt  wesiger  als  dreimal  mit  allen  BMienam*^' 
sttedfin  bericktei/  and  ttlierdiess  aaeh  noch  wMere  ChHstaser- 
a^heitaangeH  theiis  erzählt  (22,  18.  18,  9.  33,  11.  vgl.  auch 
1^,  Ü.  Wy  23);  theiis  andeotet  (26,  16),  so  dass  aoch  Paulos 
nieht  minder ,  als  die  at^vsldüpreg  roig  dnoatoXotg  ev  Ttccml  XQOv^} 
(c;  1,  dl>^  mit  seiner  evangdischen  Predigt  dasjenige  bezeugt, 
was  er  aelbst  gehdrt  md  gesehen  hat  (22,  15.  26,  16«  vgl.  4^ 
20),  hsefe  er  ein  fid^tvg  tijg  ova^fTdaswg  ^Irjaov  (1,  22. 10,  41), 
ei0  voUgÜUiger  Zeoge  von  der  Eealität  jener  Tbatsaehe  ist,  in 
wekihe  der  Apestelgeschiehte  alkr  dgenA^tlttlich  christliehe  Lehr-- 
gdbait  zasammensehrompft  ^).  Weil  aber  diese  visionäre  Weise 
der  fieiglaabignng  auf  ebjonitischer  Seite  nicht  anerkannt  warde^), 


\ 

'    <)  Äl.'.  6.  hierC^er  öAirfcnIRch  Sc  hweglcr  a.  a.  0.  S.  7t  ff! 

^  ^  Kor.  5,  16.  10,  ^  il,  5. 

.3)  qiem.  Hom.  XVÜ,  13  f. 

*)  Die^s  hgit  Lekebusch  Comp.  d.  Apg.  373  übersehen,  wenn  er  meint, 
Aeusserungen,  wie  c.  1,  21  f.  10,  41,  hätten  den  Heidenchrislen  zum  grössten 
Anstoss  gereichen  müssen ,  da  sie  ein  Kriterium  der  apostolischen  Befähigung  auf- 
stellen, das  auf  Pauhis  nicht  anwendbar  sei.  Unser  Verfasser  beseitigt  dieseA  An- 
stoss eben  dadurch ,  dass  er  es ,  was  die  Hauptsache ,  die  jua^rv^Ca  rtj<;  arasraaeiag, 
anlangt,  auch  für  Paulas  in  Ansprach  niramt,  d«Rn  das  Kriterium  seihst  zu  ver- 
werfen war  ihm  nicht  möglich,  wenn  er  nicht  jede  Verständigung  mit  den  Judaist^n' 
abschneiden  wolhc. 

*)  Clfra.  Hom.  a.  a.  0.  und   dazu  Baur  Paulus   S.  84  ff.  Sehn  ecke  nbur- 
ger  S.  170  f.  ' 


332  Zwfck  der  Apostelgesehiehte ; 

00  mflsflen  ihn  jndanchristliolie  Anktorf täten  darfii  vorangehen:  auch 
die  Brachefarani^en  des  Anferfltandenen,  weiehe  den  Altern  Apo- 
steln zn  Theil  worden,  ateiit  nnaere  Schrift  unter  den^g^rlff  der 
Optaaie  (pnTavofievog^  1,  8.  änp^ti  18 ,  80),  nnd  Insofern,  nach 
dem  eigenen  Vorgang  des  Apostels,  C^  Kor.  15,  5  ff.)  anf  die 
gleiehe  Linie  mit  der  ovQovios  onraaia  (26,  19)  in  Damaskns^); 
aoeh  Stephanns  sieht  in  visionftrer  Weise  den  Herrn  (7,  55);  ganz 
hesonders  aber  ist  es  Petrns,  welcher  dem  Paulus  den  Weg  bahnt, 
indem  er  ebenso,  wie  dieser,  mit  der  dnooTokij  idvdh  dnreh  eine 
Vision  beauftragt  wird.  Gerade  di^e  letztere  Brzfihlung  beweist 
aber  auch  aufs  Schlagendste  das  Absichtliche  dieser  ganzen  Pa- 
rallele. Denn  wenn  wir  uns  schon  früher  von  der  Ungesohicht- 
liohkeit  jenes  Vorgangs  nberzeogen  mussten ,  so  trägt  derselbe 
andererseits  deutliche  Spuren  davon,  dass  er  dem  Hergang  bei 
der  Bekehrung  des  Paulus  nachgebildet  int.  Nicht  nur  der  Zweck  — 
die  Bemflang  zur  HeidoDmission  —  Ist  der  gleiche,  sondern  auch 
die  Form  der  beiden  Visionen  hat  nach  Seh  neck  enburger'g 
(S.  170)  feiner  Bemerkaog  auffallende  Aehnlichkeit :  beide  Male 
ineiuandergreifende  Doppelvisionen,  zwischen  Paulus  und  Ananias, 
Petrus  und  Cornelius,  beide  Male  die  ausdrtickliche  Beglanbigoogf 
des  Gesohauten  durch  die  eigene  Brzählung  der  Schauenden  (11, 
5  ff.  Kap.  22  und  26).  Auch  die  Stimme,  welche  zu  Petms  redete 
scheint  e.  10 ,  14  als  die  Stimme  Christi  bezeichnet  zu  werden^). 
Bs  wäre  in  der  That  wunderbar^  wenn  diese  UebereinstimmuDg 
der  beiden^Vorgänge  nicht  in  der  bestimmten  Absicht  Ihrer  Gldeb- 
sielinng  ihren  Grund  hätte,  die  ja  auch  schon  in  der  zweinil 
wiederhdteu  Brzählung  des  einen,  der  dreimaligen  des  ändert 
deutlich  hervortritt.  Sollte  aber  nach  allen  diesen  Beweisen  die 
Ebenbttrtigkeit  des  Paulus  mit  den  Uraposteln  je  noch  einem  Zweifel 
unterliegen,  so  muss  er  schwinden,  wenn  wir  ans  c.  19,  1  ff< 
sehen,  dass  auch  das  Merkmal,  worin  die  jndenchristliche  lieber- 
lieferung  das  eigenthtimlichste ,  mit  keinem  andern,  noch  so  ans- 
gezuicbneten,    Verkflndiger  des    Evangeliums    getheilte  Vorreciit 


1)  Ebenso  das  Lnkas-ETangelium  24,  34.  vgl.  V.  23,  wogegen  weder  Matthäos 
noch  Markus  diesen  sonst  nur  von  Engel-  und  Geistererscheinungen  gebräachiicbeD 
Ausdruck  auf  die  Erscheinungen  des  Auferstandenen  anwenden.  Johannes  kennt  (Us 
Wort  gar  nicht. 

*)  Denn  wenn  die  Anrede  xvgte  oder  xvqioi  allerdings  auch  sonst  vorkommt 
(8.  B.  c.  10,  4.  16,  30),  so  verhält  es  sich  doch  anders,  wo  sie  sich  nitbt  auf 
eine  gegenwärtige  Person,  sondern  auf  eine  Stimme  aus  dem  Himmel  bezieht. 


die  Apostelgeschichte  eioe  Tendenzschrift.  333 

deB  Apofltelamts  sah,  dem  Heidenapostel  nicht  gefehlt  hat»  dasa 
auch  er  so  gat^  wie  Petrua  (o.  8,  14  ff.)»  die  Vollfflaoht  beaasa» 
darch  aeiae  HandaaflegaDg  den  heiligen  Oeiat  mkasutheilen.  Zn^ 
gleich  lag  hierin.  iHe  aehlagendste  Widerlegnag  der  ebjonitiaohen» 
in  der  Simonasage  niedergelegten  Verlftomdang,  ea  war  onwider- 
spreohlich  bewiesen ,  daas  Panlns  nicht  der  Eindringling  war,,  der 
aieh  jene  Gabe  von  den  Paläsünenaem  erbettelt»  nnd  zwar  ver- 
geblieh erbettelt  hatte  $  falls  die  Simonssage  schon  damals  den 
Magier  zum  JohanneajOnger  gemacht  hatte,  so  enthielt  anch  der 
Zog»  dass  es  SehOler  des  Täafera  sind,  denen  Paulus  die  vollen« 
dende  Weihe  ertheilt»  eine  weitere  Widerlegung  der  feindseligen 
Nachrede. 

Fassen  wir  aohUeaaUeh  infa  Ange»  wis  von  der  Apoatelge«^ 
schichte  Ober  das  peraönliohe.Vechftltnlsa  zwiaclien  Panlns 
nnd.  dar  jndenohriatUohen  Parthei  beriehtet  wird,  aoiat  anch  sehen 
van.  Anderen  bemerkt  nnd  in  der  vorliegenden  Sehrill  8.  806. ge«- 
zeigi  worden,  wie  freundlieh  sich  dieaes  hier  darstellt.  Von  den  nnana- 
genetzten  KAmpfen  dea  Apostels  mit  den  Judaiat«!  kaum  eine 
SpuT;  die  korinthisehen,  galatiachen>  ephesiniseheii)  rOaüschen  6eg* 
ner,  die.  den  Panlns  nach  seinen  Briefe  auf a  Aeusserste  gebranht 
haben,  werden  mit  keiner  Silbe  berttbrt»  die  naQeiaaxtov  tfieväa^ 
delq>oiy  denen  er  in  Jeruaalem  ao  entschieden  entgegentreten  musste 
(Gal.  2,  4),  sind  o.  15,  6  in  der  mildesten  Weiae  erw&hnt,  der 
leidenaoliaftliche  Hasa  der  eifrigen  Judenchristen  gegen  den  €le» 
setssesstormer  ist  e.  21»  M  zu  einem  ieicht  widerlegbavan  Ver* 
dacht  abgestumpft;  nur  die  ungläubigen  Juden  sind  salbet,  an  soi*- 
cben  Orten,  wo  es  Paulus  ganz  entschieden  mit  jndtoqhristlieher 
Anfeijoduug.  zu  tbun  hatte,  wie  Bphesus  (1  Kor.  16»  19)  und 
Korinth,  seine  einzigen  Gegner  (c.   )dO»  19.  «i^j.    Ebenso  wird 


^)  Dass  eine  solche  Darstellung  nicht  geeignet  gewesen  sei,  Juden-  und  Hei- 
dencbris^en  einander  näher  zu  bringen  (Scbneckenburger  S.  223),  ist  eine 
Behauptung,  die  Lekebusch  (S.  369)  nicht  hätte  wiederholen  sollen.  Das  frei- 
lich wäre  yerfeblt  gewesen,  wenn  der  Verfasser  die  Angriffe  der  Juden  auf  Paulus 
ohne  allen  traditionellen  Anlass  ersonnen  hätte,  aber  diese  wird  keuer,  der  unserer 
Ansicht  ist,  behaupten.  Die  Sache  verhält  sich  vielmehr  so,  dass  die  Feindschalt 
zvviachen  Paulus  und  den  Juden  (mit  Einscbluss  der  Jadenchristen),  in  der  allge- 
meinen Ueberlieferuog  feststand.  Paulus  wurde  von  Juden  und  Judencliristen  als 
der  Feind  ihres  Volks,  diese  wurden  von  den  Paulinern  als  die  Feinde  ihres  Apo- 
stels betrachtet.  Unter  solchen  Umständen  war  es  unstreitig  eine  sehr  angemessene 
Wendung,  wenn  die  Sache  der  Judenchristen  von  der  der  Juden  getrennt,  wenn 


334  Zweck  d«r  Apostelgeschichte; 

«■igekefart  alle«  Anfrtizbnde,  wm  iroB  pauMüteciiär  iMki%  ea  h%^ 
nohteii  ti^ar^  ¥ehatJMim  xcH'ickgestelU,  Utas,  der  treue  €lehftift 
dedi  Pnlafl,  4eir  aller  flrellioh'eiki  UftbesolniiUelier^  iiad  die  Veniii- 
lMüaii|r  des  jeraaiileiiiiUsobeA  Strekes  war,  iviM  nie  anoli  bv 
genaiiBt^  der  heftige  Auftritt  AuH  Petra«  ^  wecken  tieeli  die  Cle- 
■Mntinen  dem  Paaloa  nicht  vergeHMii  können  0,  wird  mit  tiefem 
atiUsohweigeii  ttbergaugen^  «tatt  desaen  nur  der  Eaak  riiit  Barnabas 
(16^  87),  ete  jedealUla  weit  iiiiveifll»|rliaher8t  y<M»fiiU,  berichtet. 
Um  80  nachdreeklieher  werden  die  freittttohen  Berehrengeii  des 
Pmübs  mit  der  jemsalemi^soheB  Oemeinde'  md  der  ganxw  Juden- 
ehfiatlicheo  Parthei  betest,  aieicb  «laeh  seieer  Bekehnuig  ist  es 
Aaanias,  ov^q  svaeß^g  xaza  tov  vofiovy  iiia(ytvQOVfi8vog  ^bsd  miv- 
Ttm^  Twv  ^Iwdulav  (26,  id),  der  sioii  in  Damestas  aeiaer  an- 
nimmt und  ihm  die  Taufe  ertfaeilt;  bald  darauf  eilt  er  Mbut  Meh 
Jerusalem  und  steht  hier  im  vertraittosten  Vefkehr  mit  den  Bwei^ 
fen,  bei  denen  sich  der  heohgeaohtete  Batuabna- für  ihn  irvrbcnijft 
(By  St»  ß.)y  drei  weitere  Reisen  sind  eken  so  viele  Beweise  tdetoes 
guten  Binveraehaens  mit  der  Urgemeilde^)^  aucOi  auf  der  letstea 
«einer  fkronunen  Wanderungen  zum  NattanalhttiiigHium  wird  er  meeb 
mr  seiner  Ankunft  von  dem  gefeilten  Phlüppus  und  «eben  TOidi«- 
tern  gastfrei  gepflegt,  von  Agabus^  dem  jarusalamitlsohen  Pn^e«- 
ten^  gewarnt,  (di,  8  ff.  s^  a.  n»  00 ^  von  den  Brodem  in  Jerusa^ 
km  freudig  empfangen  (ti^  ±7  ff.>  fiin  gleich  fireundlioher  und 
ehfenvellor  Bmpfling  wird  ihm  (86 ,  i6)  von  Seiton  dar  romiaoheii 
Christen  m\i  Tbaü,  ven  welebsn  der  Verfaßter  meifewtlrdfger  Weise 
gar  nichts  Weiteres  au  beriehtan  weiss  ^  als  da««  sie  dem  Paulus 
einige  SthtftMien  weit  entgegenkamen.  Von  welcher  AbsichtlichkeK 
aueh  diese  Darstelliing  beherrscht  ist^   neigt  siAOtt  die  ViM'depp- 


dea  Pauliaern  gesagt  wurde ,  dass  nicht  ihre  jüdischen  Mitchristen,  den  Judenchristen, 
dass  nicht  ihre  christlichen  Vorfafareii  nnd  Landsleute  den  Heidenapostel  verfolgt 
haben ,  dass  diese  Angriffe  vielmehr  nur  von  dem  ungläubigen  Theil  der  Juden,  nur 
fon  den  gleichen  Leuten  und  in  der  gleichen  Weise  gemacht  worden  seien ,  wie  die 
auf  die  Urapostel.  Damit  war  ja  am  Schlagendsten  bewiesen,  dass  Heiden-  «nd 
Jadenchristen  zuBammeo  Eine  Parthei  bilden,  und  am  ungläubigen  ludenthum  ihren 
fSeaieinsiMaen  Gegensati  haben.  Unser  Verfasser  verfährt  in  dieser  Beziehung  nicht 
anders,  als  heute  noch  z»  B,  die  Freunde  der  evangelischen  Union  verfahren,  w^n 
iie  den  Gegensatz  von  lutherisch  und  reformirt  gegen  den  des  Katholischen  und 
Protestantisciien  zurückstellen. 

^)  Hom.  XXII,  3. 

>}  S.  o.  S.  306  f.  302  f. 


die  Apo»te]geschichte  eine  Tendenzschrift.  335 

luMg  der  ,|6ni8j»laBilUok6A  Misen  (s.  01} ,  die  «oiiisioriMbe  IHn^, 
BieUnwQ  dar  Vorgioge  e.  9^  19  ff.  und  dM  Schwelgte  aber  WtiM 
9tiid  deo  ftBUaoheaiflcheii  Aaftritt;  Was  jene  Aeisea  betrifft,  se 
haben  üvÄr  sobjDn  frOher  geseben,  wie  wenig  geeGhiolitlioben  Gumd 
^wei  davoulmben^  und  wie  äe  gandt  nur  daniMb  ansteben ,  ehile 
allen  iMetimmten  Anlass  den  geeehiGbllicben  Reiaen  naebgebildet 
sem  sein;  haben  wir  nun  ttberdiesa  gefonden,  welehes  besondere 
InterMte  gerade  nnser  Verfasaer  bei  einer  aal<Aen  NacMbildnng 
haben  mm^ste,  an  kann  ea  kanm  einem  ZweiM  unterliegen,  dtaa 
dieselbe  eben  aar  von  ilun,  nioht  etwa  von  einer  traditionellen 
Qaeile  herrnhrt  Dan  Qlniohe  gilt,  nach  deai  «nüer  BemerlEteii, 
vaa  :der  AhsAlilang  des  aeanten  Kai^els.  Die  VerhinkHangen  nber 
Titas  endlicb  nnd  der  Streit  mit  Petras,  diese  in  der  obriattiobeii 
Urzeit  allbekannten  Dinge,  welche  ihrer  Nato r- nach  In  einer  Apo- 
stelgesehiohte  ebenipo  wenig  fehlen  durften,  als  etwa  das  Mar- 
bnrgerReligionsgeapräoh  in  einer  deatschen  Reformationsgesohiohte, 
konneo  gleichfalls  nnr  in  einer  bestimmten  Absicht  weggelasseli 
sein ,  unsere  Schrift  erweist  sich  auch  hierin ,  wie  in  allem  Uebri- 
gen,  als  entschiedene  Tendenzschrift. 

Diese  ist  non  natttrUoh  nioht;  so  zu  verstehen,  als  ob  die 
eieiebartigkeit  der  iNÜästinenaisehen  und  der  panUnlsohen  Stücke 
zar  vMigen  Gleichheit  aller  eini&elnen  Ztige  fortgienge.  Bine  se 
sidavische  Gleichbildaog  der  beiden  Darstellnngen  wflrde  selbst 
dann  einem  nicht  ganz  knnst-  nnd  geschmacklosen  Schriftsteller 
kaum  möglich  sein,  wenn  es  sich  um  eine  durchaus  Areie  Dichtung 
handelte,  noch  viel  undenkbarer  ist  sie^  wenn  nicht  firei  dichtend 
auf  leerem  Boden,  ein  völlig  neues  Gebftude  aufgeführt ^  sondern 
eine  vorhandene  Ueberlieferong  benatzt  ^  und  auch  bei  der  ein- 
greifendsten Umgestaltung  doch  immer  noch ,  möglichst  geschont 
wurde.  In  diesem  Fall  Ist  es  gar  nicht  anders  zu  erwarten,  als 
dass  der  Bearbeiter  Vieles  stehen  Hess,  was  nicht  unmittelbar 
s^nem  dogmatischen  Zweck  diente,  dass  er  selbst  Soldies,  waii 
seinem  eigenen  Standpunkt  widerspriüch ,  nicht  immer  au6met;2t(l, 
sondern  sich  häufig  damit  begnügte,  ihm  durch  Aenderangen  lin 
Kleinen  die  gefahrllGhen  Spitzen  abzubrechen,  durch  Zusammeii- 
Stellung  mit  Brs&fihlungea  von  entgegengesetzter  V^ndena  seine 
Wifkung  zu  neutralisiren.  Von  unserem  Verfiasser  werden  wir 
aber  auch  noch  später  finden,  dass  er  in  diesem  letzteren  Fall  M^ar. 
Wenn  daher  die  paulinischen  und  die  urapostolische;i  Erzählungen 
neben  dem  Verwandten  auch  manches  BigentbOmliohe  darbieteui  j e 


336  Zweck  der  Apostelgesduchte ; 

kMB  die«8  keinem^  Binwnrf  gegeü  die  Riditigkeit  oud  die  Beweis- 
J^nift  der  eibigen  ParelleJe  begrOadeii,  eondern  die  Frage  kenn 
Immer  aar  die  seiii,  ob  iu  den  Granda&agen  des  Bildes,  das  wir 
ven  Paulos  and  dem  PaaliDismas  aaf  der  einen,  vom  iudenohri* 
etentham  and  seinen  Aposteln  aaf  der  andern  Seite  erhalten,  eine 
Aehnliohlceit  statUlndet,  die  ohne  dnrehgreifende  Aendenmg  des 
gesobiehüichen  Thatbestands  nicht  ain  erreichen  war.  Dass  D«n 
dieas  wirUich^  der  FaU  sei,  glanben  Wie  nicht  blas  in  dem  ge- 
genwärtigen Abschnitt  y«  sondern  daroh  .unsere  ganze  KritUc  der 
apostolischen  Geschichte  geneigt,  an  haben.  So  lange  diese  nicht 
in  ihren  Haaptpankten  widerlegt  ist^  wird  nach  die  Behauptong, 
dass  die  Apoßtelgesohiehte  eine  Tendeniesohrilt  sei,  in  ihrem  Recht 
bleiben.  0    . 


>)  Was  kann  es  demnach  gegen  unsere  Ansieht  beweisen,  wenn  Lekebüsch 
(d.  Comp.  u.  Entst.  d.  Apg.  S.  25B  ff.)  in-  breUapuriger  Erörterung  mit  wohlfeiiem 
\Vitz  ausführt,  die  Gleichheit  der  paulinischen  und  petrinischen  Erzähiuqgen  sei 
keine  absolute,  Petrus  wirke  durch  seinen  „wesenlosen  Schatten,"  Paulus  durch 
seine  „materiellen  Schürzen  und  Schweisstücher,*  jener  verrichte  sein  Strafwunder 
an  Christen,  dieser  an  einem  jadischen  Gopten,  Petrus  spreche  zu  Cornelius  10, 
^  mir  wenige  Worte,  Paulus  halte  in  Lystra'  14,  15  eine  lange  Rede  (von  drei 
Versen),  Petrus  und  Johtones  theilen  in  Sa^arien  Getauften,  Paulus  in  Ephesus 
flössen  Johacnesj ungern  den  Geist  mit  u.  s.  w.?  Um  solche  untergeprdoete  Ab- 
weichungen handelt  es  sich  hier  gar  nicht,  sondern  ganz  einfach  darum,  ob  sich 
beide  Theile  im  Wesentlichen  gieichgestellt  sijid,  und  ob  diese  Gleichstellung  der 
wirklichen  Geschichte  entspricht,  oder  nicht.  Dass  sie  sich  im  letztern  Fall  nur 
ans  der  von  uns  angenommenen  Tendenz  erklären  lasse,  gtebt  anch  Lek«bnsch 
wiederholt  zu,  was  er  aber  beibringt,  um  die  Geschichtlichkeit  der  vorliegenden 
Darstellung  zu  beweisen,  ist  so  schwach,  dass  ich  es  kaum  bedauern  kann,  seine 
Schrift  zu  einer  Zeil  erhalten  zu  haben ,  als  das  Manuscript  zur  zweiten  Abtheilung 
der  gegenwürtigen  nicht  mehr  in  meinen  Händen  war.  Da  wird  geläugnet,  dass  c. 
4,  15  dem  Schatten  des  Petrus  eine  Heilkraft  beigelegt  werde  (S.  257),  wiewohl 
V.  16  steht  i&eQctneifovto  anarreg,  und  wiewohl  die  Darstellung  der  Apg.  schlecht- 
bin, irrefahrend  und  verworren  wflre,  falls  der  Verfasser  diese  Worte  nicht  mit  auf 
Y.  15  bezogen  wissen  wollte;  da  wird  mit  spöttischem  Achselzucken  bedauert,  dass 
▼on  der  Erweckung  des  Eutychus  „nicht  feststehe ,  ob  sie  wirklich  eine  Todtener- 
weckung  sein  soll"  (S.  259),  wiewohl  L.  selbst  nachber  (S.  381)  zugiebt,  der 
Yerfasser  habe  allerdings  „ein  Wunder  erzählea  •wollen ,"  da  wird  nicht  blos  die 
Anttreihnng  des  Wahrsagergeists  in  Phiüppi  und  der  Vorfall  mit  der  Otter,  c.  28, 
d  ff.  natflrUcL  erklärt,  sondern  auch  das  Erdbeben  c.  16,  26  und  seine  Wirkung, 
ttofh  die  Hei)»ng  des  Fieberkranken  c.  28,  8,  soUwj  statt  eigentlicher  Wunder,  nur 
solche  Gebetserhörungen  sein,  wie  sie  „zu  allpn  Zeiten  stattgefunden  haben  und 
noch  heute  stattfinden ,"  wie  sie  anch  „von  einer  gesunden  Philosophie  (!)  voUkoia- 
men  begriffen  werden  können."  Zu  c.  28,  9  macht  L.  gar  die  sinnreiche  Bemer- 
kung, Lukas  der  Arzt  möge  wohl  an  diesen.  Heilungeii  auch  meinen  Antheil  gehabt 


die  Apo«telgescbi«b4e  leiae  Teu4<;n7schnft.  337 

WMm  mmk  iduter  gefw9hnMk  flaiikl,  4er  V^rras^er  4«  Api»- 
«Icdcenobicki«!  hpik^  nii  «obier  JEfctaif4  mir  4f«e  gfitebichäU  ho  Dwr- 
aUdUqpg  beab0ioktig(,  tta4  cieia  ilog«iftti9fheff  SUndf^uakt  odw  4kd 
Rflpkiiofc4  «nf  k««liaint»  Limr  kake  mr  «tte  AMiwiabl  wd  A«f- 
IMwif  di»a  goi^hJcbUkhMiiQ^ofi»  mir  eiueQiitikrf«Mrdiieto  B»deo(iiiigf 
«Q  Whisen  wir  iiie^w  Ajisfcht  Avrok««»  widorspreeben.  Dit  Uml- 
#IMMkb#  AQMhaffenhtk  wsennr  Iie4irlf«  i«4  aw»  ihr  ni^  30  er- 
Ui^en.  ^U  die  ApimtelgfMehtebte  eine  KirehMg^fcWchte  A^ 
«|iffltflto9h9ii  KeiUUen»  «ain,  wie  dk«»  die  MMMes  immtr  m^ 
HQn^km^  «tU  der  Verfnaaar  in  dtorae)k«i.alkNi  da«  «aMmwuudflUeü, 
WM  ih9  <lb#r  die  6e#obifihto  d^  Afoatol  und  der  aposteliaehep 
43fiQieiDdeii  befceniit  war,  eo  bleibt  adkea  d«e  gaois  uiibegreili€h, 
du«»  mii  den  A^flreten  dea  Pattfus  die  Urepeetel  «iid  die  jeiMsto- 
Mltiiiehe  i0(Naeinide  »%  volMg  isarOoktreleO)  und  tiar  neck  dUi  «e 
yiiei  m¥  Panhw;.  «n  B^rfkkmi^  konmeA,  erwAhii  werde»  ^  uMt 
minder  a«liiUend  «lad  aber  .%iieh  die  vielen  LOeken  in  der  6f- 
.efQhWMe  dee  Panhis,  dae  SliHsehweigen  aeeerer  Schrift  aber  die 
ia<Ar«aU  jener  Leiden,  die  4er  Apeetel  3Ker.  11  erwftbnt,  iker 
aeiM  poeupgeaetaten  Küapfe.  mit  jodaietiaohen  (Gegaeni,  Aber  die 
iimereii  Zieetönde  der  fianüniaehen  Geaieiaden,  4lker  die  Qriqdiiiig 
4er  geJat^ciben  Kirche»,  dber  die  afnbiecbe  BAiae^  ftber  de»^feit 
w«geo  Tttae,  ober  4(n  aatieobeniafdieii  Av^tritt,  M>er  die  gmeee 
x;e^Iekte>  ttber  de»  Aneg»ng  der  riaiisoken  Ctaifange»8ebaA  Vm 
dfif  U^vpUeMndigkeit  der  finelle»  ke»oen  wir  diese  Bfaekffnmg 
Biekt  herleite«,  ek  »nn  der  Terfkeaer  jener  Begleiter  d»e  PmIi» 
w»r,  Atr  den  ihn  die  UekerliefervAg  aasgiehl,  eder  «fc  er  ea  niebt 
war.  Denn  im  erater»  F»U  nuasto  er  ven  dem  9  waa  Penhiis  be^ 
Mfll,  Aoe  iHgeaer  Aneekaanug  »»d  peosöjdiokier  Brkundigiuig  iMttir 
wiKKlig  y|^  mekr  wiaaen,  ala  er  na  mittheBt,  and  «»ck  rm  der 


haben  (s.  S.  380  ff.).  Wir  werden  es  uns  erspjircn  dürfen^  auf  solche  Auskünfte 
näher  einzugehen,  oder  gegen  L.  (S.  273)  noch  einmal  zu  zeigen,  was  wir  schon 
gegen  Neander  ausffihrlich  gezeigt  haben,  dass  Paulus  die  ßeschneidung  auch  für 
lo^eaehrHten  abgeschüllt  wissen  wolh«,  oderjiuf  die  sunjmarlsciien  Fragen:  „Mttnrni 
6iMw  depo  nicbt  auerAt  Felrus  und  Joksones  and  nachher  tue  Apoald  geiaiieBn 
D«Bomiae9  wQrden  seiü?*'  (S.  24^)  H^'af**ivi  sail  fs  unglaublich  ^eia,  d^s  Petrus 
den  Cornelius  ohne  vorgäo^ige  fiesclmeidur^  io  die  <;l|r|8t|i(;lie  Qemeipseheft  aii%¥- 
nbmmW?*'  (S.  350)  li.  dgl.  hier  zu  antworten.  Wen  unsere  frühere  Kritik  nicht 
überzeugt  hat,  den  würde  auch  eine  weitere  Erörterung  nicht  überzeugen.  Neue 
BefDerkungen  .aber,  iUe  .auck  eine  fieue  Eatgeniiting  erforderten,  babea  wir  bei  L. 
niobjl  ,gefi(i|dȴ- 

22 


338  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

0^j9Chiolite  der  Uri^eneinde  und  ihrer  Apestel  nillMt#  w  sellMit  ohne 
alle  aasdracklirheNftehfragewfthrend  der  dritthalb  Jahre  zu  Cftaarea 
Manches  g^ehOrt  haben,  was  er  uns  verMhwiegea  hat.  Im  andern 
Fall  hatte  er  ohne  Zweifel  die  panlinisohen  Briefe  j  jedenfalln  aber 
eine  viel  za  ansgebUdete  Ueberlieferong  vor  sich,   am  Aber  die 
DiDge,   welche  er  übergangen  hat,  nichts  zn  erfahren,   and  wo 
und  wann  er  auch  gescluriaben  hat:  wo  er  das  sammeln  konnte, 
w^ß  er  mittheilt,  da  mass  er  anch  Gelegenheit  gehabt  haben,  noch 
mehr  zu  vemeluien ,  wer  von  der  fraheren  Geschichte  des  Petrus 
so  ausführlich  zu  erzühlen  wusste,  dessen  Kunde  hat  gewiss  nicht 
•beim  Auftreten  des  Paulus  mit  einemmal  aufgebort,  wer  alle  Ver- 
handlungen zwischen  Paulas    und    den    Jerusaiemiten    so    g^enau 
kannte,  dem  war  gewiss  auch  von  den  damaligen  Zustftnden  der 
Gemeinde  zu  Jerusalem,  von  dem  antioohenischen  Vorfall ^  von  so 
:  manchen  anderen  Dingen  etwas  nu  Ohren  gekommen.   Abmr  anser 
Verfasser  veitath  ja  selbst  an  mehr   als  Einer  Stelle  (18,  23. 
20,  25.  24,  17},  dass  er  mehr  weiss,  als  er  mitzutheileii  fttr 
gut  findet.    Sollte  er  wohl  das  Uebergangene  für  minder  wiohtig 
gehalten  haben,  als  das,  was  er  anftaimmt?  ^)  den  berOhmten  Streit 
mit  Petrus  für  unwichtiger,   al»  das  Zerwürfniss   mit  Bümabas 
wegen  Markus?    die  Nichtbeschneidung   des    Titus    für  weniger 
bezeichnend,  als  die  adigeblicfae  Beschneidung  des  Timotheus?  die 
zweite  und  dritte  Wiederholung  der  Berichte  über  die  Bekehrung 
des  Panlus,  die  Be<en  des  2dsten  Kapiteis  und  den  Brief  des 
Lysiais  an  Festas,  die  breite  AasftthiVchkelt  der  Brzfthlung  von  Cor- 
nelius, für  noth wendiger,  als  einige  Angaben  über  die  galatiseheo 
und  korinthischen  Partheikftmpfe,  den  Zustand  der  Christengemeinde 
In  der  Weltstadt,  die  lange  Wirksamkeit  des  Paulus  in  der  Hauptstadt 
Achaia^st  Diess  ist  nicht  glaablich»  Ebensowenig  aber  üreilioh)  dass 
der  Verfasser,  wie  Mey  er  (S.  5)  und  Andere  wollen,  Manches  dess- 
halb  übergieng,  well  er  es  bei  dem  Leser  als  schon  bekannt  vor- 
aussetzte; denn  was  war  bekannter,  als  die  Bekehrung  des  Paulos, 
und  doch  erzählt   er  sie  dreimal,    was  dem  l^eser  des  zehenteo 
Kapitels  bekannter,   als  die  Visionen,  welche  nichtsdestowenigar 
im  elften  mit  aller  Ausführlichkeit  wiederholt  werden?  was  wftre 
das  überhaupt    für   ein  Geschichtschreiber,    der   nicht  etwa  nur 
kürzer  berührt^  oondern  mit  völligem  Stillschweigen  übergeht,  was 


')  Der  Gesichuptiiikt ,  aus  dem  Baumgar  ten,  an  Tejrschiedeaen  Stellen  seines 
Gommentars,  die  Auswahl  der  Materien  in  unserem  Buch  zu  rechtfertigen  sucht. 


die  Apostelgeschichte  eine  Tendenzschrift.  339 

dem  Leser  vielleicht  schon  bekannt  ist?  Nicht  einmal  dann  wäre 
dieses  Stillschweigen  erklärlich,  wenn  der  Verfasser  noch  einen 
TQltog  loyog,  eine  Fortsetzung  unseres  Buchs,  zu  schreiben  im 
Sinn  hatte  ^)',  denn  die  Ereignisse,  welche  in  den  Bereich  unserer 
Er^hlnngffülen,  konnten  in  einer  Fortsetzung  jedenfalls  nur  zum 
kleinsten  Theil  nachgetragen,  die  Lücken  unserer  Darstellung 
konnten  durch  sie  nicht  ausgefällt  werden  ^} ;  indessen  werden  wir 
später  noch  sehen,  dass  jene  Vermuthung  einer  hinreichenden  Be-^ 
grOndnng  ermangelt. 

Lässt  ^sich  tiber  die  gewöhnliche  Ansicht  von  dem  Zweck  der 
Apostelgeschichte  nicht  einmal  unter  den  hergebrachten  Voraus- 
setzungen ui  Betreff  ihrer  geschichtlichen  Glaubwürdigkeit  dnrch- 
fOhren,  so  verliert  sie  vollends  allen  Boden,  wenn  man  sieht,  wie 
viel  Unhistorisches  diese  Schrift  berichtet,  und  wie  viel  von  diesem 
Unhistorisohen  nur  ans  der  Reflexion  des  Verfassers,  nicht  aus 
der  absichtslosen  Sage  zu  erklären  ist  Wenn  unsere  ganze  Dar- 
stellung von  Anfang  an  auf  die  Parallele  zwischen  Petrus  und 
Paulus  angelegt  ist,  und  wenn  diese  Parallele  hier  nur  durch 
die  eingreifendste  Umbildung  Mer  Geschichte,  durch  unhistorische 
Anslassungen ,  Zusätze  und  ^Veränderungen  des  überlieferten  Stoffs 
erreicht  wird;  so  liegt  wohl  am  Tage,  dass  der  Schriftsteller,  von 
dem  diese  Darstellung  herrührt,  mit  derselben  noch  etwas  Anderes 
bezweckt,  als  die  blosse  Ueberliefernng  der  Geschichte. 

Die  gleichen  Gründe  stehen  auch  den  Annahmen  entgegen, 
die  einen  speciellern,  aber  doch  immer  einen  wesentlich  gpschicht- 
liehen  Zweck  unserer  Schrift  behaupten:  dass  der  Verfasser  nur 
das  erzähle,  was  er  selbst  gesehen,  oder  von  Augenzeugen  ge- 
bort hatte ^),  dass  er  eine  Geschichte  des  Petrus  und  Paulus^) 
oder  eine  christliche  Missionsgeschichte  ^) ,  oder  specieller  eine 
Oeschiohte  der  Verbreitung  des  Christenthums  von  Jerusalem  bis 
Rom®)  geben  wolle.    Solche  rein  historische  Motive  können   wir 


^)  Credner  Einleitung  I,  277  ff. 

^  Es  ist  diess  auch  dicht  Cr e du er's  Meinung,  nur  der  abgebrochene- Schlass 
der  Apg.  lässt  ihn  die  Absicht  einer  Fortsetzung  vermuthen. 

3)  Michaelis  Eini.  in's  N.  T.  II,   1179  vgl.   die  Nachweisungen  Credner's 
Einl.  in'&  N.  T.  I,  283. 

*)  Grotius  in  s,  Commcntar,  zur  üeberschrift. 

^)  Ziegler  in  Gabler's  neustem  theol.  Journal  VII,  1,  125  ff.  Eichhorn 
Einl.  in*8  N.  T.  11,  19.  de  Wette  Einl.  in^s  N.  T.  4  A.  S.  221  u.  A. 

*)  MeyerbDff  Einl.   in  d.^  petrin.  Schriften  S.  5,    Baum  garten  die  Apo- 
stelgeschichte.   Lekebusch  d.  Comp,  und  Entst.  d.  Apg.  199  ff.  364  ff. 

22* 


340  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

umA  allen  Buherigtii  hei  nnsarem  VerteasAr  QbeilMBjpt  wiL6bt  ver^ 
aaMeUen,  and  auch  abgeseheii  daveii  ÜMwe  »leh  lUe  BeMsteffeakttit 
der  Apoatelgetfchichte  aaa  JKetner  von  dea  nngeMaien  Zwei^be- 
etimnaogon  erklüren.  Daes  die  weaigeleE  von  den  EesfthlaageD 
dieser  Schrift  anf  Ai^enzengenscbaft  «araokftthren ,  i^am  dai^egeiii 
Anderes,  was  einem  Begleiter  des  Paulos  bekaitti  lein  mümMj 
bier  Obergangra  wird,  stebt  fOr  uns  ausser  ZweiM.  Eine  41«^ 
sobiehte  des  Petriis  ond  Paaln«  g|ebt  unsere  SeMft  allerdings, 
aber  diese  Geschichte  ist  weder  so  treu,  noch  so  voHsttodig,  wie 
wirdiess  erwarten  sollten,  und  weder  ihre  LM^enbafligkeit^  noch 
ihre  tfceUweise  Ungeschiehtliobkelt  Iftsst  mA  Mos  aus  der  Ba- 
scbaffeiiheit  der  Quellen  erkl&rea,  die  der  Verfssser  bentttist  liat. 
Von  einer  allgemainen  cbrlstUokon  AUssionsgeschiolifte  mflsslen  wir 
Naohriohten  Ober  die  Verbreitung  des  Christentbums  in  die  OsHiehen 
LAnder,  ttber  die  Stiftung  der  galatisohen  und  der  römineheii 
Kirche  1),  aber  die  TbAtigkdt  des  Paulos  in  Koriatb^  Ober  dfe 
inneren  Zustande  der  junigen  Gemeinden  erwarten,  und  auob 
speoielle,  wie  sie  Meyer  hoff  nieht  ohne  eine  Ahnung  des! 
tigen  voraussetsBt,  dürfte  die  meisten  von  diesen  Punkten  nieht 
abergehen,  während  anderath<rils  bcHe  au  den  ausfibrliohen  Be- 
richten aber  den  Process  des  StephannS)  aber  die  Vertbeidigung»- 
reden  des  Paulus,  aber  seine  Erlebnisse  in  der  Gefangettsohnit, 
2U  den  wiederholten  Brz&Uungen  von  dar  Belehrung  des  Pnuin 
und  des  Cornelius ^  kefaien  unmittelbaren  Grund  hatten;  woIUe  man 
aber  neben  der  extensiven  und  intensiven  Verbreitung  der  Bmhe 
mit  Meyer  hoff  auch  noch  ihre  Besohrdnkung  und  inoere  Gestal- 
tung in  den  Zweck  unserer  Schrift  aufhiehmeu,  so  hiesse  daa  nnr, 
die  Besonderheit  ßenes  Zwecks  wieder  aufgeben,  und  nu  der 
unbestimmten  Vorstellung  einer  urchristiichen  Kirehengeschiakte 
surOcklenken.  Die  Hauptsache  ist  aber,  dass  sieh*  die  Brsebei- 
nungen^  die  wir  in  dem  Parallelismus  der  petriaisehen  und  paoli- 
nisohen  Stacke,  und  in  der  ungeschichtlichen  Begründung  dieses 
Parallelismus  aufgezeigt  haben,  aus  dem  Zweck  einer  apostolischen 
Missionsgeschichte  nicht  begreifen  lassen. 

Man  glaubt  nun  gewohnlich,  das  Bigenthamliche,  was  aber 
einen  rein   historischen  Zweck  unserer   Schrift    hinausfahrt,   ad 


^)  Denn  dass  unsere  Scbrfft  den  Paulas  als  den  eigentlichen  Gründer  der 
4ctztem  betrachtet  (s.  a.),  könnte  der,  welcher  diese  Schrift  für  eine  rein  ge- 
schichtliche hält,  natürlich  nicht  zugeben. 


die  ApoBtelgesefaicbte  eine  Teodenzschrift.  341 

Ihellt  M»  ihrer  fteetinttun^  fAr  Theopliiiafl,  thefto  aiu  dem  mer- 
kaaateB  PaoHnUniits  ihres  Verfaesers  za  erklftren.  i)  Der  Bache 
iraeh  IMllt  «brigfeiMi  beide«  asaMminea,  demt  voh  Theophiliie,  deMen 
Feeeüdiehkeit  nne  im  IJebrtgea  ganz  nabekaBDt  hrt,  nfmmrC  man 
aB)  er  aei  ein  Heldenehrist  geweaen^  die  RAelraiefat  auf  Theophflna 
wttrde  daher  den  VerAiaBer  ebeaae,  wie  6efn  eigener  PaaHniamna, 
baettaumt  iMben,  daajevige  hervorzuheben,  was  fttr  die  hdden- 
cfarlstUehe  Seite  das  meiste  Interesse  hatte ,  was  den  HeidenaposCel, 
die  von  ihm  gestifteten  Oeraelnden ,  sein  Vei<haHen  and  seine  Grand- 
sAtze  betraf.  Aber  gerade  heidenohristllehen  Lesern  gegentber 
halte  er  es  wehl  am  Wenigsten  nöthig,  and  dareh  seinen  Paall- 
i^sams  kennte  er  am  Wenigsten  veranlasst  werden,  den  Helden- 
iq^tei  za  jadaisiren,  fOr  Heidenehristen  nnd  Paniiner  wären  die 
inaem  VeiiiftltDisse  der  paalinlschen  Gemeinden  gewiss  nieht  we- 
ni|fer  lehrretoh  gewesen,  als  die  drei  Gefiingenschalten  des  Petras, 
ehie  Nachricht  von  den  Kämpfen,  die  Panlas  hier  zn  bestehen, 
vem  den  Gegnern  and  Irrthtlmem,  die  er  za  überwindett  hatte, 
nicht  weniger  werthvoll,  als  ehie  zweite  nnd  dritte  Wiederholang 
der  Brzfihlang  von  seiner  Bekdirang,  die  BÜftangsgeseldohte  rdn 
beideaehriallieher  Gemeinden  nieht  aninteressanter,  als  die  gleich- 
faradg  wiederkehrenden  Vorgänge  in  den  gemischten,  die  Be- 
iiaaptang  der  heidenchristliehen  Freiheiten  in  dem  FaM  des  Titas 
nwfat  nnwiohtfger,  als  ihre  Anfopfsrang  In  dem  des  Tlmetheas« 
Deidtt  nMNi  sieh  vnsere  Behrlft  vorzngswelse  ftr  HeidenehrlBten, 
vom  paalinlsdien  Slandpankt  aus,  geschrieben,  so  bleibt  allea  daa 
«Mrklärlleh,  was  daza  dlent^  das  ElgenthAmllehe  diesee  Stand« 
punkte  2NL  verdecken ,  seinen  Gegensatz  gegen  das  Jndentham  ab- 
zttstampfhn,  den  Heidenapestel  za  den  Jadenaposteln  nnd  ihrer 
Pasthd  in  ein  Verhältnlss  za  setzen ,  d^  seinen  eigenen  Aaasagen 
wideratieitet.  Uebeihaapt  aber  setzt  die  Freiheit  ihrer  Gesehiohts- 
behandlang,  wodurch  aach  die  Parallele  zwisolicn  Petras  aa^ 
Panlas.  allein  möglich  warde,  voraas,  dass  dogmatische  Gesichts- 
pankte  in  Ihr  nicht  blos  nebenher  spielen,  dass  ihre  Darstellnng 
durch  den  Standpunkt  des  Verliaasers  and  die  Beaohaffenhelt  der 
Leser  nieht  bles  madiieirt,  sondern  wesentlich  dadarch  heatimBift 
ist,  dass  es  sieh  hier  aftcht  blos  um  eine  Gesehichtserzähfang  mit 
dogmatischem  Hinter^rond'  handelt,  sondern  um  eine  fireie  Be- 
nOt^ong  und  Uaibildung  der  Geschichte^  lür  dogmatische  Zwecke. 

>)  M.  Tgl.   01s hausen  Comm.  Einl.   S.   542.  Meyer  Erkl   d.  Apg.   S.   a. 
Credner  Einl.  I,  260. 


342  Zweck  der  Apostelgetchichte ; 

Dieser  Oeeichtopunkt  inaw  aber  allerdiof  0  vollfltiacliger  dnroli- 
geführt,  and  jene  Zwecke  mflssen  genaaer  and  riehtiger  bestinmt 
werden  y  als  diess  von  den  filteren  Bearbeitern  anaerer  Schrift  ge- 
schehen Ist  Sagt  man  z.  B«,  anaere  Schrift  solle  die  GötaichkeiC 
des  Christenthams  ans  seiner  wanderbaren  Aasbreitang  beweisen  ^), 
so  ist  das  im  Grande  das  Gleiche ,  wie  wdhn  man  me  als  eine 
Missionsgeschichte  des  apostolischen  Zeitalters  anffasst,  ihre  eig^n- 
thflmliche  Beschaffenheit  ist  mit  der  ehien  Annahme  so  wenig  er- 
klärt, als  mit  der  andern.  Sacht  man  ihren  Zweck  in  der  Recht- 
fertigang  des  paalinischen  Universalismas^),  so  Hess  sich  dagegen 
nicht  ohne  Grond  sagen :  ^3  es  siebe  doch  Manches  in  dem  ^ache, 
was  diesem  Zweck  nicht  diene,  wie  die  Schilderang  der  jemsa- 
lemitischen  Gemeinde,  die  Erzählangen  von  Ananias  and  Sapphira, 
von  Stephanns,  von  der  Hinrichtang  des  Jakobas,  von  der  Gefan- 
genschaft des  Petras,  dem  Magier  Simon,  der  Gefangenschaft  des 
Paalns,  and  werden  wir  aach  allerdings  finden,  dass  selbst  von. 
diesen  Dingen  die  meisten  ndt  dem  paalinischen  Interesse  zosam« 
menhfingen,  so  ist  es  doch  theils  nicht  anmittelbar  der  paolinisohe 
Universalismns ,  auf  d^n  sie^sich  beziehen,  theils  ist  jener  Zusam- 
menhang tiberhaapt  nar  dann  wahrscheinlich,  wenn  man  anserem 
Verfasser  eine  angleich  freiere  Behandiang  des  geschichtlif^en 
StoffiB  zntraat,  als  die  Urheber  der  Ansicht,  von  der  wir  reden. 
Was  aber  dieser  Ansicht  in  ihrer  ültem  Fassang  am  Meisten  in 
den  Weg  tritt,  ist  der  Umstand,  dass  weder  die  GMchfOrmigkeit 
in  den>  Schicksalen  des  Paulas  und  der  Urapostel ,  noch  die  tiieil- 
weise  Aufopferung  *  des  reinen  Paulinismus  von  hier  aus  zu  er- 
klären ist;  auch  der  paulinisohe  Universalismus  erleidet  ja  in  un- 
serer Schrift  durch  das  Apesteldekret,  durch  die  Beschneidung  des 
Timotheus,  durch  die  Gesetzlichkeit  des  Paulos ,  durch  seine  Grund- 
sätze aber  die  Berechtigong  der  Heidenmission  sehr  wesentliche 
Beschränkungen. 


')  Eckermann  Erkl.  aller  dunkeln  Stellen  des  N.  T.  11,  165.  Hänlein  Einl. 
III,  165.  Aehnliche  Bestimmungen  Aelterer,  die  aber  nicht  dazu  angewandt  wur- 
den, die  schriftstellerische  Eigenthümlichkeit  der  Apostelgeschichte  zu  erklftreo, 
eiaes  Chrysostomus ,  Luther,  Planus  u.  A.  s.  bei  Credner  Einl.  I,  271  f.  269. 

3)  Paulus  de  consüiOy  quo  scriptor  in  acHs  apost.  cancinnandis  liMCtus 
ff§ceritf  Jen.  1794,  abgedruckt  in  den  capita  »dectiora  itUroductiotUs  in 
N.  T.  283  ff.  DieRelbe  Dissertation  ist  es  ohne  Zweifel,  die  von  Aelteren  und  Neueren 
uuier  Griesbach's  Namen,  aber  gleich  an  Titel,  Dmckort,  Jahrszahl  und  Inhalt, 
apiefahrt  wird. 

»)  Eichhorn  Einl.  II,  23  ff.  Kuinöl  Comment.  ProU.  XVI. 


ihre  Beziehimg  auf  die  Partheien  in  der  Kirche.  343 

.  Ifoeft  vreoiger  kdnnen  wir  deuen  beistimme  ^  wefohe  fOr  die 
Hauptäieile,  oder  gar  fftr  die  einzelnen  BrzAlilBagen  anserer  Schrift- 
versehiedene  Zwecke  vomuesetzen  0?  denn  die  gegenseitige  Be**. 
Ziehung  dieser  Theile  auf  dnander,  die  GleieliinäefligMt  ihrer 
Aasfoliruttg,  die  Einheit  der  Darstellung,  w;elohe  unsere  Untersoi- 
ohiing  in  der  Apostelgeschichte  theils  schon  aofgeseigt  hut^  öi^ls 
noob  ferner  anfsseigen  wird,  ist  mit  dieser  Annahme  unvereinbar« 
Unfl»re  Aufgabe  wird  vielmehr  eben  die  seil»,  den  Gedanken  m 
finden ;  aas  dem  unser  Buch  als  Ganzes  sieh  erklArt,  den  ZWeok 
aufouzeigen ,  durch  welchen  die  Auswahl  nnd  Anordnang  des  ge-< 
schiohtliehen  Stoffs ,  die  vielfache  Abweichung  unserer  Danstelhing: 
von  der  beglaubigten  oder  wahrscheinlichen  Geschichte,  das  Ver^ 
h&ltaiss  ihrer  Thefle  besthamt  ist  Dass  sich  der  gesamrate  Inlüaiit 
nnsers  Buehs  aus  dies^  Zweckbestimmung  erklären  buwe,  ist 
Allerdings  nicht  za  erwarten,  da  ihren  Berichten  jedenfaltö  ge^ 
sehichtlidie  UeberUeferungen  und  Sagen  zu  Grunde  liegen ;  a^ber; 
die  eigenthamliiDhe  Verarbeitung  dieses  Gegebenen  daraus  zu  cr^. 
klllren,  werden  wir  hoffen  dtirfen,  nachdem  sich  auch  in  unseren' 
biaherigen  Untersuchungen  gezeigt  hat,  wie  viel  von  den  vorlie^ 
genden  Brzähiungen  auf  Rechnung  des  Verfassers  kommt,  und 
vrie  wMig  die  Auslassungen,  Zusätze  und  Veränderungen^  wo« 
dnreh  die  Parallele  zwischen  Paulus  und  den  Uraposteln  bedingt 
ist,  das  Werk  der  Geschichte,  oder  aach  nur  der  Sage,  sein  können. 

2.    Die  Beziehung  der  Apöstelgeschicfct«  ismf  die  Par- 
theien in  der  ältesten  Kirche. 

Fragen  wir  nun  vorerst  im  Allgemeinen  nach  dem  Ort,  wq> 
wir  den  Schwerpunkt  unserer  Schrift  zu  suchen  haben  ^  so  lässt 
uns  die  Apostelgeschichte  selbst  keinen  Augenblick  hierüber  im 
Zweifel,    Eine  Schrift  aus  der  nachapostolischen  Zeit,  welche  die, 


*)  Michaelis  Einl.  in's  N.  T.  11,  1178:  der  erste  Theil  wolle  die  Ausgies- 
sang  des  h.  Geistes  und  die  Wander  erzählen ,  die  zur  Beglaubigung  der  christlicheir 
Religion  dienen^  der  zweite  sei  eine  Bestätigung  des  (iDiversalismüs.  Gfrörer  d. 
heil,  ^ge  I,  9S3  ff.:  die  Erzählungen  des  ersten  Theils  haben  (fie  judaistische  Ten-* 
denz,  die  Urapostel  zu  verheFrlichen  (vgl.  besonders  S.  417),  der  zweit^  sei  eior; 
fache,  nur  stellenweise  sagenhaft  gefärbte  Geschichtserzählung.  Schrader  im  5ten 
Band  seines  „Apostel  Paulus  ,**  der  in  seinen  Anmerkungen  über  die  einzelnen  Er< 
Zählungsstücke  die  verschiedenartigsten  und  widersprechendsten  Zwecke  zusammen- 
bringt. 


344  Zweck  der  Apbstelgeichiclil«} 

•MoMh«»  «vr  XfmM  mit  d«f  etttsoMedensteil  AbiMitiictMl  aas 
dtn  Geatehtayiinkt  «tear  FaraUelo  Mwitoheii  Patda«  ti»d  4nm  Ur« 
apoitdii  bahsiiäelt,  ani  ilie  histifiiiolio  Trene  ta  wMitigreK  <^tai 
TeodoBs  adfoi^idrt,  —  «iite  «tiehe  Schrift  kann  ibran  Swaak 
lur  In  ailiar  bestioiitttdB  Wirkaof  avf  diejenifan  ibabea, 
wckUe  dati  i^aalod  and   dia  Uratiofltel  sioli  iiieht  ebamo  glatrh» 
slaüleB,  aai  aut  dteser  Ba^gOHetaiang  dar  baUarial  Af^uU/b  Mob 
eiaa   aMfagangaftatzia  Auffaaavag  da«   CbriBteatbiHM   varbMi^lMy 
«af  dM  noeh  im  ftam^a  begriffeata  Paitfaeiafl  dar  PaiAlnar  iifld 
der  pairiDiaclMto  Judalitaii.    Diaian  Kwaok  «albit  kdaata  aiaa  Ron 
mabr  faiadaHeh  adar  «Mir  aaebMcb  i^aritahest  waa  dnsar  Varflaaaer 
woat  Gelteng  bHagea  mtHI^  konnfa  ditwedar  dae  beBtlmaita  Vmr^ 
iriieliBag  voa  dem  yeiaAbliotaeii  Cbaraktar  aad  dar  geaehicbtlMien 
fiedeotwig  der  Apeetei,  oder  abie  iiestimmto  Anffassaiig  der  afia- 
8laijscbi*n  Labre,    des  Cbristeathums,    seia..    In  der  Thal   jedWb 
vr«rde  man  dnit  einer  sekheii  Tretmong  beider  Clesiefcispaakta  daa 
gaazeA  Charakter  jaa^  «rchrialUab^a  nbid  jedes  raligiosea  Parthd^ 
taHBpii  verkettsen.    Oena  wie  hier  aiaersells  die  Frage  Ober  di^ 
AnillMfUBg  das  CbristeathanM  von  Aw  Ober  die  Bedeafaiif  diaaar 
basUmmten  Personea  aieht  SibzalOsea  ist,  wie  dam  Jttdaittea    die 
Haobstellaag  eiaas  Petra«  und  Jafcabus,  die  Odringsoiifttaiiag  oder 
FeMsohaft  gegett   Paalus  na40tiiali    oad  BethwaBdi|f  m^mt,    4mi 
gamissigteran  Pairiiamr  im  Glelcfaslelloiig  dea  Heideaafosteii  mit 
den  Jadenaposteln ,  dem   extremen  die  gnostische  Verwerfung  der 
letatep:  30   w#r,a|ich  aaf  der  andern  Seite  der  Streit  nn  die 
Personen  nicht  getrennt  von  4em  Aber  dia  Sache,  es  kam  Niemaad 
in  den  Sinn,  im  rein  historischen  Interesse  über  die  Vorzüge  des 
Pi&tilas  oder  Petrus^  verhandeln,  'sondern  vret  den  Paolos  pries, 
der  pries  ihn  eben  desshalb,  wotl  er  in  ihm  seinen  Apostel,  im 
paOlin!schien  Christenthom  sein  eigenes  wiederfand ,  wer  ihtti  den 
Petras  oder  den  Jakobtks  vorzog  oder  entgegenstellte,  der  stellte 
aoch  das  Judenchrlstenthnm  ttber  den  Paullnismas  oder  ihm  entge- 
gen.   Wenn  es  sieb,  am  Petras  handelte,  so  handelte  es  sich  aneh 
am  den  Petrinismas,  wenn  am  Paalas,  aaob  am  den  Paoliaismas; 
dieas  beweisen  alle  Urknndea  jenes  Streits,   voa  dea  paaUniaoh« 
BritfeB  bis  »a  den  Ciementinea  ond  dem  eweiiea  Brief  PetH,  diess 
bewefsen  die  Sbgen  von  der  romischen  Wiitoamkeit  des  Petras, 
diess  beweist  das  Verhalten  eines  Hegesipp,  Papias,  Jastin  gegen 
den  Heidenapostel,    eines  Marcion  and  anderer  Gnostiker  gegen 
die  Jadenapostel.     Aach  onser  Bach    ist  daher  nicht   blos   eise 


ihre  Beziehung  auf  4\e  PaHhHen  In  der  Kirche.  345 

hiBlMiietofMiHri,  ««MH  sMit  blös-elBe  kisforl^efae  Teodeiizi^slirilt,' 
sondern  es  ütellt  slob  iiiitf«ii  in  die  Pertbeigfegensätze  der  iirchrlet-> 
liehen  Zeit,  nnd  es  will  niobt  niir  auf  die  Verstellattg  aber' 
FabIos  and  die  Ur^iostel,  sondehi  mittelst  dieser  Versteffttii^  Bof 
dfo  fiMellmg  der  PartbOen  sellNit  beeHmuteitd  einwirken,  in  wef-' 
dier  Blcbtnng,  bsben  wir  sefert  in  mf^suoben. 

Eine  Derstellimg,  wie  die  der  Ap#9teigescliiehte,  konnfe  im 
>\B^metiieD  einen  drelftieben  Zireok  beben:  wenn  bier  Psnlns 
ond  die  Ureposlel  iendenzmftssig  perel]eii(»ir|i  werden,  so  kdnnte 
diese  Mtweder  im  pelrinisobea,  oder  im  paofinisoben ,  oder  in  einem' 
geoebwobaftlicben  Interesse  geschehen;  d.  b.,  es  bsndelt  sich  ei}t- 
weder  um  die  Brnpf^bhing  der  Judena|iester  und  des  JNidenchri^ 
sIsnUiomB  bei  den  Panli^ern ,  oder  vm  eine  BmpMdnng  4teti  Panlne 
nnd  <les  Paaiinislnus  bei  den  Jadaisfen,  oder  endlich  um  dfcf  Ans- 
giekfbmig  4e»  ganaKon  €egensat2es  in  einem  Dritten ,  Gemebtsamen.' 
V^oif  diesen  IMk^licbbeiten  fallt  Jedoch  die  ente  sogleich  darcb  die* 
Demeilmng^  dass  der  Terfasser  unserer  Bein'ift  ^Ibnftar  ein  PM- 
iiner  ist,  dasn  In  dieser  Darsteflung  das  Interesse  fttr  Paulus  und  das 
paaliiisebe  CMstentbnm  «berwiegt  B.  Bauer  fteüicb  ist  der' 
Meinung,  weit  entfernt,  da«  Judenthum  zu  bekämpfen,  habe  es' 
die  AiNwteigeseMeite  ineerbalb  det  Qemeinde  erst  leur  Berrsohaft 
gebnMht,  und  im  Interesse  dieses  Judentbums  sei  die  Oescbidttc 
ded  FmIos  vom  ihr  verf&lsebt  worden^).  Dadr  aber  «ugMeb 
eiklftrt,  dasB  er  unter  dem  JudenOnim  nicht  das  gescbichttiche 
Jodenthsm  oder  die  Jedenofaristentbum,  sobderü*  den  Oon^rorvIKI^-^ 
mm-  und  ifle  Coetrereveietion  Oberhaupt  venitebe ,  da  er  frebauptet) 
itt  der  SSeit^  als  die  ApestelgesoMcbte  g€RM;bi1ebeii  wurde,  babe 

weder  ran  Paidinem,  noch  von  Judenchristen  des  GeKngeftf' 
gewnsst^  es  babe  ger  nie  JhidoMiirlstee  gegeben,  di«  aie' 
PeUnlemuB  AnstOBS  geoemmen  hätten,  da  er  mit  Einem  i¥M^ 
neheer  iJntersuebmi|  allen  gesobicbtirebfen  Böden  entzieht,  dnd  die 
Fürd^irnng  einer  geeobfcbtlioben  BewidsfOhrung  gar  nicbl  M  itenneu 
aebeint,  se  werden  mir  uns  eine  weitere  Wide«*legung  seiner 
Sätze  emparen  «Irfep'^}.  Helteb  wir  ttwi  «e  das  geMMsMüeb 
Begebctoe,  imd  zunächse  an  unsere  Bcbflill  aelist^  lio  kennen  wfr' 
ttber  den  wesentlibh  pauiinlscfaen  Charakter  thme  TerAnsem  lAiMf 


')  Die  Apostelgeschichte  S.   122. 

^)  Äine  eillg^hc!l4cfe  Störung  dersellwn  findet  sich  in  der/TheoI.  iahrh.  1852.' 
m  ff. 


346  Zweck  der  Apostelgetchiehte; 

im  ZwltA  Beim,  Um  4am  gleich  AdBettfObrenden  nioiit  vmrzngrtl^eiay 
mug  hier  aar  an  die  Stellang  der  arapostolischeii  und  panliniBeheii 
StOclce  eriBBort  werden.  Jene  nehmen  nnr  die  erste,  bJelBere 
Hälfte  dBB  Ganzen  ein;  mit  dem  AnflreteD  des  Psnlas  veracliwiiidet 
Petras  samipt  seinen  Genossen  vom  Sehanpiatz  der  apostolischen 
Wirksamkeit,  und  nnr  zweimal,  l»eim  ApostelconcU  und  bei  der 
letzten  Beise  des  Panlns  nach  Jernsalem ,  kommen  sie  wieder  zan 
Vorschein^  dort,  um  dem  Paulas  and  seinen  Gemeinden  üuren  r^i- 
giOsen  Freibrief  aaszastellen,  hier;  am  ihn  bei  sieh  za  empfangeo.  Das 
selbständige  Interesse  an  ihnen  ist  mit  dem  Eintritt  des  Panius  in 
sein  Amt  za  finde,  ttber  ihre  "Wirksamkeit  von  diesem  Zeitpunkt 
an  wird  nicht  das  Geringste  beriditet»  Wie 'wäre  das  möglich, 
wenn  es  dem  Verfasser  arspranglich  am  de  and  ihre  Bmpfehlong 
zu  than  wftre?  Mfisste  da  nicht  gerade  von  dem  Theii  ihrer 
Thfttigkoit,  welcher  der  paolinischen  gleichzeitig  war,  am  Bf  eisten 
erzählt,  mtisste  nicht  gezeigt  werden,  dass  sie  hinter  dem  Hei- 
denapostel mit  seinen  glänzenden  Erfolgen  am  nichts  zorttokstehen, 
müsste  nicht  der  Schlosseffekt  des  Ganzen  statt  des  Paalas  viel- 
mehr aaf  Petras  concentrirt  sein?  Diese  Möglichkeit  werden  wir 
daher  gänzlich  bei  Seite  lassen  dürfen.^  / 

Ungleich  gewichtigere  GrOnde  kann  die  Ansicht  fttr  sieh  an- 
führen, dass  der  zweite  der  obigen  Fälle  stattfinde,  dass  onsere 
Schrift  eine  Empfehlang,  oder  genaaer  eine  Vertheidigang  des 
Apostels  Paulas  and  des  Paaiinismos  sein  wolle.  Hiefttr  spricht  vor 
Allem  der  ebenbtaerkte  Umstand,  dass  sich  ihre  Wirkung  ganz 
sichtbar  in  Paalas  and  seiner  Wirksamkeit  zosammenfasst,  dass 
die  Palästinenser  ihm  zur  Unterlage  dienen ,  nicht  er  den  Palästi- 
nensern. Geben  wir  sodann  aufs  Einzelne  dn,  und  fassen  wir 
wieder  zuerst  die  apostolischen  Wunder  in's  Auge,  so^  hat  es  schon 
zum  Voraus  alle  Wahrscheinlichkeit  für  dch ,  dass  die  apostolische 
Wundersage  vorhehrschend  der  judaistischen ,  nicht  der  paulinisobeD 
Seite  angehört.  Wie  die  Jaden  Jesus  um  Wunderzeiohen  gequftlt 
iiatien,  so  betrachteten  sie  auch  als  Christmi  das  Wunder  als  ein 
wesentliches  Merkmal  der  ApostelwOrde^  und'  Paulus  selbst  giebt 
uns  zu  verstehen,  wie  ihm  von  dieser  Seite  her  der  Mangel  jenes^ 
Merkmals vorgerOckt wurde:  ^lovdaloc  atjpiela  ahovaiv,  iqfi^ig 
dk  xriQvaaofiBv  Xqvotov  iatavQtofihov  (1  Kor.  1,  22).  Aof 
jüdischer  Seite  die  Zeichenforderung,  auf  paulinischer  die  Lehre 
von  der  Versöhnung.  Nur  seine  judaistischen  Gegner  shid  es  da- 
her, gegen  die  er  sich  auf  seine  Wunder  beruft^  weil  sie  sich 


ihre  Beziehung  auf  die  Partheien  in  der  Kirche,  347 

einoB  Apostel  ohne'  Wonder  oioht  zu  denken  ^iwssten  ^).   6»  wiseea 
wir   ja  auch  von  der  berabrntesten  unter  den  Thaten  des  Petras, 
von  der  Besiegong  des  Magiers  Simon,  dass  sie  nnabbängig  von 
unserer  Scbrift  Jn  der  petrinisohen  Sage  gefeiert  wurde,  wogegen 
£ess  von  den  Kämpfen  eines  Paulus  mit  Blymas  nnd  den  ephesi- 
nischen  Gopten  nicbt  bekannt  ist    Ebenso  hat  der  anklare  BerieM 
Qber   die  Jobannesjanger    ganss    das  Anseben  einer  absidbtliehen, 
pragmatischen  Fiktion ,  welche  der  Erzfthlnng  von  der  Wirksamkeit 
des  Petras  in  Samaria  naehgebildet^  nur  dnrob  den  Wanseh  ver- 
anlasst sein  kann,'  den  Paulas  in  nichts  hiater  seinem  Vorginger 
zorQcksteben  zu  lassen.    Die  lystrensisebe  Lahmenbeilung  o.  14, 
8  ff.,  deren  auffallende  Aehnliohkeit  mit* der  petrinisehen  c.  B,  1  ff . 
wir   froher  bemerkt    haben,   zeigt  schon   durch  ihre  Kurze  und 
dnreh  das  Fehlen  laller  eigenthOmlichen  Zügey  dass  sie  nicht  Ori- 
ginal, sondern  Nachbildang  ist.  Vergleichen  wir  endlich  die  beiden 
Todtenerweckungen  G.^9,  36  ff.  und  e.  20^  9  ff.,  so  trftgt  zwar 
die  erste  derselben  noch  bestimmtere  Sparen  eines  völlig  unhisto- 
risehen  Ursprungs,  als  die  zweite,  aber  sie  hat  ihr  Vprbild  (s,  e.) 
nicht  an  dieser,  sondern  an  den  Todtenerweckungen  der  alttesta- 
mentliciien   und   evangelischen    Geschichte,    und   zwar  nach   der 
Fassang  des  petrinischen  Markus-Evangeliums,  wogegen  die  an- 
dere zwar  einen  gesohichUichen  Anlass  zu  haben  scheint,  aber 
den  Charakter  einer  wirklichen  Todtenerweckung  gleichfalla  nur 
durch  Binmischung  von  Zttgen  erhält,  die  auf  jene  Quellen  znrOck» 
weisen,  im  Uebrigen  zu  der  Erzählung  des  JMn  Kapit^  rieh 
ähnlich  verhält,  wie  die  lystrensisebe  Lahmenbeilung  eu  der  jeru- 
salemitisohen.    Lässt  sich  nach  alleip  diesem  kaum  besweifeln,  dais' 
die  paulinischen  Wunder  unserer  Schrift  den  petrinisohen  ange- 
passt  sind,  nicht  umgekehrt,  dass  daher  der  Zweck  der  hier  vor- 
liegenden Parallele  nicht  der  ist,  d^  Petrus  dem  Paulus,  sondern 
der  umgekehrte,  den  Paulus  dem  Petrus  gleichzustellen,  se  gilt; 
das  Gegenthell  von  den  Leiden  imd  Verfolgungen,  welche  die 
beiden  Thdlle  betreffen.    Es  ist  bereits  gezeigt  worden,  dass  hier 
die  Gleichheit  der  beiderseitigen  Erfahrungen  nur  durch  eine  auf-, 
fallende  Verminderung  der  paulinischen  und  eine  «ngesohiohtliohe 
Verdoppelung  urapostolischer  Missgesohicke  gewonnen  wurde  Nun 
könnte  es  IVeilich  scheinen,  diese  Aenderung  sei  nicht  im  Interesse 


*)  2  Kor.  12,  11:    ovS^iV  vtrre^tjaa  rwy  vneqXiav  anwnoliov*  ra  fitv  otjjutta 


948  Zweck  def  Apostelgeschichte; 

dM  Paulos  vorgenommeii,  da  vielm^ir  da«  Leiden  um  GbristI  wües, 
die  fiaQTVQlcCy   aaf  ohristliehem  StaDdponkt  nur  als  etwas  Rthm- 
liehes  aageselieii  werden  konnte,  so  werde  dadarch  dem  Heiden«- 
apostel  ein  TlieH  seines  Böhmes  entzogen  and  aof  die  Jodenapeslel 
übergetragen.    So   onlftogbar  aber  jene  Ansicht  ron  Leiden  nnä 
Terfeigongen  aaoh  ist,  ond  so  sehr  sie  gerade  den^  ebjoniÜfMdien 
Standponkt  entsprieht  (man  vgl.  «.  B.  Lac.  i,  80  ff.)»  ^^  Hansen 
deeli  die  Widerwftrtigkeiten,   mit  denen  ein  Paolos  20  kftmpfbn 
hatte,  aooh  noch   eine  andere,    dem  Bbraismos  gleiehfalls   oiebl 
twü  liegende^  Aoslegong  zat  die  Saehe,   weleher  tHwrall  wider- 
sprochen worde,  könne  nicht  die' Saehe  Gottes,  ein  Mann,  welcher 
sieh  der  gottlfehen  Helfe  so  wenig  z«  erfjreoen  hatte,  kitnue  oiehl 
der  wahre  Gesandte   des  Messias  sein.     Dass  schon  Paolos  selbst 
mit  diesem  Anstess  zo  kftmpfen  battO;  erhellt  aos  mehreren  Steüep 
in  seinen  Briefen.    Weiln  er  den  GalaCern  nachrOhmt,  dass  sie  den 
nsifacfidg  in  seinem  FMsebe  nicht  verachtet  ond  nicht  verspottet 
haben  (GnL  4,  14),  se  Hegt  der  Sehloss   nahe,  Andere  werden 
dieas  gethan  haben;  wenn  er  seine  Schwäche  ond  Sohmach  des 
glAiizenden  Zostftnden  der  Kerinthier  entgegenstHIt  (1  Ker.  4,  9  HL), 
so  weist  ons  schon  das  Ironische  seiner  Aosdrfleke  aof  die  Selbst- 
ttberbebong  hin,  mit  der  Manehe  aof  seine  atfdiveta  herabanhen; 
wenn  er  %  Kor.  4,  7  ff.  aosiffhrt,  inwiefern  sieh  aocb  seine  Lei- 
den mit  seinem  apostolischen  Berofa  vertraget,  so  mag  es  niebt 
OberiOsBig  gewesen  sein,  Vororthetle  gegen  dieselben  zo  bekäm- 
pfen; wenfr  er  wiederholt  (2  Kor.  11,  3a  42^  5.  t)  versiehert, 
er  wolle  siiA  seinor  Sebwacbheit  rthmen,  so  scheint  iNess  nlcbt 
blea  gegen  solche  gesagt  so  sein,  die  sieh  selbst  ihrer  vemeint- 
lldien   SIMce  rohmten^    sondern   ebenso  aoeh  gegen  diejenigen, 
welehe  ihn  om  seiner  Sdiwaebheit  willen  gerlag  sohfltzten;  ond  so 
mnss  er  ja  aoeh  die  Kerhithier  (2  Ker.  13,3)  aosdrOeklieli  daraaf 
»tfllmerksam  machen,  dass  trotz  seiner  SehwacfarbeH  Christas  mieh^ 
in  ihm  sei    DIess  AHes  weist  daraaf  hin ,  dtfss  nicht  allein   dis 
anseheinettde^Mathlosigkeit  seines  personlichen  Aoflretene,  sonden 
aoeh  seine  Leiden  scAbst  als  Orond   gegen  ffin  gelMraooht  wonlea, 
dass  die  naqovüia  tov  aw/ticetog  aa9iv^g  (2  Kor.  iO,   10),  die 
man  ibm  vorroekto,  aoeh  aof  eben  jenen  ftosasrtich  gedt^ekten 
anstand  gebt.    Aoob  unsere  Darsteilong  seheint  fthnUche  BinwOrft 
im  Aoge  zo   haben.    Denn  wenn  die  aoffallende  Aendemng  des 
gescUchtllchea  Thatbestandes  in  ibr  nur  aos  der  Absicht  eiklftrt 
werden  kann,  die  Manner  der  Urgemeinde  dem  Paolos  an  Leidea 


ihre  Beziebuni^  auf  die  Partbeien  in  der  Kirche.  349 

und  Verfolf  auf eD  gleiehznstelleD ,  dtosM  selbst  aber  <Qitwddsr  str 
Vertbci^igiui^  dss  HeidensposMs  sdsr  »ur  Verbenrlishug  'i*' 
Ja<lf»i«|>ostal  jfssohobeii  seia  Jröoiite,  so  ist  das  «iMtwre  Msiv  b«i 
imserem  paiiltiiisctlieii  Verlssser  zun  Vsraos  anavAataaeni  eben 
4la|iiii  wvaist  aber  auch  dar  Umstand,  dass  dar  Tad  das  Ppohm^  m 
btikapiit  «r  naob  o.  20,  ^6,  08  den  Verfasser  aiieh  war,  daüi 
niolit  mebr  erwfthnt  wird;  gnm  eatscheidend  ist  sadlieh  ete  2«y, 
den  wir  sehen  Mher  naobgewitsen  liaben:  wenn  van  Paulas  keine 
ein^e  WiderwAitigkait  er«Wilt  wird,  die  niebt  «ii  seiaar  Vari- 
Jienriiobani^  anssehlUge ,  and  wenn  hiebei  wenigstem  in  Bineai 
J'aU^  k^  der  Befk^einng  an«  dem  Kerlier  in  PUOippiv  aion  «ffenbrnre 
NaobbiUnng  jpstrinissber  ErzAblongen  verliegt  i  ne.kana  gar  kein 
Zwetfnl  darüber  stattfinden,  dass  es  mit  nnsamv /SehUderang  nielit 
anf  die  Vsrhenrttebnng  der  Urspestel  abgeseben  ist,  sendern  aof 
din  BrnfiMaUig  und  Vartheidigang  des  Paulas« 

Neob  deatiiotaer  erbellt  diess  bei. einigen  wetteren  ZQges^  ^ 
namientliob  in  Betreff  der  f  soliniseh^  Reden.    V^eno  diese  Bedan 
zom  grAc»eren  Theile  der  Vertbeidigiing  des  Apestels  anmttteiftknr 
gewidmet  sind ,  wenn  aaoh  in  den  Lehrvorirägaa  das  eigentbMüMi 
PaMÜfiisobe  gegen  das  Allgemeine  des  jfldiscben  Maietheismns  and 
dbs  jQdiseh-^risUioben  Messiasghiabens  gAnzUcb  narflektiiitt,  wa^pi 
der  panlinisohe  Universalismos  and  die  vereina^elten  Srinnerongem 
an  /die  panlinisohe  BeohtfertijKongslelire  Im  llfnnd  etaes  Petros  «nd 
Jafcebos  nngleiah  bünüger   and  starker  bervertraten,  als  in  dam 
des  grossen  Heidenapestels  selbst^  oad  wenn  der  VerAissar  hiabsi 
dar  wirkttehen  Gesehiehte  weder  gefolgt  ist,  «eek^u  fbl^en  meinen 
konnte,  so  liegt  wobl  am  Tage,  daas  es  ibm  liiei  einer  soiokan 
Danstellung  der  paalinisoheai  Lehre  nnr  darum  «a  thun  war,  diese 
liehfe  solobe»  annehmbar  zu  machen ,' denen  ar  sie  dusch  kefaie 
andere  Auktoritftt  besser  aaipfeUen  an  können  glajiMe,,:als,  4nrab 
die  der  Judenapo^tel ,   denen  er  aber  auch  in  dieser  ]?emi  nieiit 
den  ganzen  und  reinen*,    sondern   iMir  ein«i  verstümmelten  und 
Aosserliohen P^ulinismus  veraulegen  ffk:  gut  fand,  dass  seine illw- 
Stellung,  mit  «inem  Wert,  dnreh  die  «pelogetisnhe  Ii4H>k$iaht  enf 
^aisUsebe  Antipauliner  bestimmt   ist»     Hiemi^  käaigt  j^nsiMne«, 
dass  auch  von  den  Erfolgen  der  paulinisoben  Heidenpredigt  nichts 
mit  solchem  Naohdruek  berichtet  wird,  wie  die  Verdrängung  den 
Pelytheismas  dureh  den  Mon^eismus;  wie  der  heidntst^en  Zu- 
hörerschaft in  Lystra  (14,  14  ff.)  nichts  Anderes  gepredigt  wird, 
als  die  Bekehrung  von  den  GOtzen  zum  wahren  6ott|  wie  es  In 


/ 


350  Zweck  def  Apostelgeschichte ; 

Atfi6tt  di«  EntrOstong  Ober  den  Götzendienst  ist,  welche  iedt  Pau- 
I«  Oberhaupt  den  Mond  öffnet  (17,  16),  so  fasst  sieh  auch  das 
Brgdkiiss   seiner  kleinasiatisohen  Wirksamkeit  bedenfungsvoli   in 
einer  Seene  zasammen ,  die  den  schlagendsten  Beweis  dafor  liefert, 
welofaen  Abbrach  Paulas,   der  von  den  jndenchristlichen  Eiferern 
düi  Abfalls  zam   Heidentham  besohaldigte  Apostel  ^),  dem   P0I7- 
thelsmus  gethan  hat.    Wie  sich  aas  dem  gleichen .  Interesse  die 
nngeschlehfliche  Sebilderung  des  Heidenapostels  als  eines  gesetzes- 
firemmen  Jaden  erklärt ,    brauQhen  wir  kaam   anzudeaten.     Nicht 
anders  werden  wir  aber  aach  Ober  den  tief  eingreifenden  Zag 
nrtheilen  können,  dass  Paolos  nach  dem  aosnalimslosen'iPragma* 
*  tismos  onserer  8ohrift  nor  gezwongen  der  Heidenprodigt  sich  za- 
wendety    das  Prinoip   der  Heidenbekehrong   dagegen    zuerst  dem 
Petras  geoflTenbart  ond  dorch  ihn  zor  thatsftchlichen  Anerkennong 
gebraeht  wird,  dass  hier  Petras  zam   eigentlichen  Heidenapostel 
gemaeht   ist;     Zwar   wollen  Mehrere   diese  Darstdlang  vi^mehr 
aas  dem  antipaalinischen  Interesse  erklftren,  die  Ehre  der  Heiden- 
bekehrong aof  Petras  zo  Obertragen,  ond  den*  Paolos  in   dieser 
•Beziehong  von  ihm  ond  den^Uraposteln  abhängig  ersohehien  zv 
lassen.    Ist  diese  aber  bei  onserem  sonst  so  paoünisdi  denkenden 
Verfasser  zom  Voraus  onglaoblich,  so  waren  aoch  die  Leser,  fOr 
die  er  schrieb,  wohl  schwerlich  von  der  Art,  dass  in  ihren  Ao- 
gen  die  paolinische  Heidenpredigt  etwas  Ehrendes ,  ond  nicht  vieU 
mehr  ein  der  Entseholdigong  bedOrftiges  Wagniss  gewesen  wäre. 
8  ehr  ad  er  meint,  die  Brzfthlong  von  der  Bekehrong  des  Coraelfau 
sei  auf  Heidenehristen  berechnet,    denen  der  Jodenapostel  Petras 
empfohlen  werden  solle.    Aber  sie  selbst  Iftsst  nach  Schneeken- 
b ärgerte  richtiger  Bemerkong  eine  ganz  andere  Absicht  als  ihren 
letzten  Zweck  hervortreten,  wenn  sie  ihr  Endergebniss  0.  11,  18 
in  dem  anerkennenden  Aosrof  der  jerosalemitisohen  Jadenchristen 
zusammenfasst:    ccQaye    xai  rolg  edveacv  6  Stog  Tfjv  fiecavoirov 
edwxev  eig  ^o)^v.    DOrfen  wir  mit  Recht  voraossetzen ,  dass  die 
Whrkungy  in  der  eine  Brzftlilung  abschliesst,  auch  ihr  letzter  Zweck 
eel,  so  liaben  wir  in  diesen  Worten  die  deutliche  Erklärung,  dass 
es  bei  ihr  eben   nur  daraof  abgesehen  ist,   den  Chrundsatz  der 


I)  Vgl.  B.aar  Paulus  S.  218  ff.  und  was  wir  oben^  aus  Anlass  der  Smoof' 
sage,  bemerkt  baben. 

*)  Scbrader  Paulus  V,  535  (wogegen  Scbneckenburger  S.  177).  Gfrö- 
ter  d.  Iieil.  Sage  I,  417.    B.  Bauer  d.  Apostelgesch.  50  f. 


ihre  Beziehung  auf  die  Purtheien  in  der  Kirche.  »351 

HeidenniMioii  zur  AMerkmokung  za.  bringen,  dMs  sie  miüiitt  eine 
Apologie  des  panlinioelien  Uidveroalimnas  gegen   jodenchristliche 
Engherzigkeit  sein  wiil.    Nur  luefor  waren  die  inelnandergreifen- 
den  Visionen,  Beweise  des  ausdrflcicliehsten  göttlichen  Befehls,  noth- 
wendig;   nar  dazn    dient    die  wiederholte    aasfohrliehe  B6rielif- 
eratattiing  über  diese  Visionen,  nur  für  diesen  Zweek  wird  der  Ver- 
gang mit  Cornelins  o.  16,  7  IT.  benOtzt     Es  handelt  sich   hier 
darohans  nicht  um  das  Verdienst  des  Petras,  sondern  am  die  Zjd- 
.  IftBsigkeit  der  HeideabekehroBg,  nicht  am  eine  Person,  sondern  am 
einen  Grandsatz.    Noch  weniger  Iflsst  sich  diese  Tendenz  in  den 
nnwahrsoheinliehen  Angaben  nber  das  Verfahren  des  Paolos  ge- 
gen Joden  ond  Heiden,  in  der  ongesohicbtHchen  Motivirong  seiner 
Wirksamkeit  onter  den  Heiden  0,   verkennea     Welchen   andern 
Zweek  hfltte  denn  diese  Darstellong,  als  den,  die  dem  Jadaismos 
anatOssige  Seite  in  der  ThMgkeit  des  Apostels  zo  verdeoken,  seine 
Heidenmission  nicht  als  das  Werk  Areier  Wahl,  sondern  als  Sache 
4er  Nothwendigkeit,  als  herbeigeführt  dorch  den  Unglaoben  der 
Jaden,  dorch  den  bestimmtesten  Aoftrag  Jeso,  doroh  die  aogen- 
scheiolichsten  göttlichen  FOhrongen,  erscheinen  za  lassen,  ond  sie 
ehendamit  zo  rechtfertigen?    Wie  trefflich  aoch  die  Brzttlongen 
von  den  Visionen  des  Paolos  aof  der  einen,  des  Petros  ond  seiner 
Genossen  aof  der  andern  Seite  dem  apologetischen  Zweck  dienen, 
die  Apostel  würde  des  Paolos  zo  vertheidigen,  wie  nachdrflcUioh 
onser  Verfasser  eben  desshalb  hervorhebt,  dass  er  von  Jesos  per- 
sönlich  berofen  worde,  ond  dass  aoch  er  von  Selbsterfshrenem 
zenge,   braochen  wir  nach  allem  früher  BrOrterten  nicht  weiter 
aoszoführen,    ond  ebenso  ist  aogenscheinlich ,    welches  günstige 
Licht  sein  fireondliches  Verhältniss  zor  Urgemeinde  in  den  Aogen 
von  Jodenchristen   aof  den  Heidenapostel  werfen  mosste.    Wenn 
endlich    die  Urgemeinde   c.   15   den    von    Paolos    ond    Bamabas 
gewonnenen  Heidenchristen  einen  förmlichen  Frdbrief  aasstellt,  so 
scheint  sich  aoch  diess  in  den  voraosgesetzten  apologetischen  Zweck 
onseres  Bochs  aof s  Schönste  einzofügen.  ' 

Indessen  findet  sich  doch  mehr  als  Ein<  Zog,  der  ans  verbiet 
tet,  bei  dieser  Zweckbestimmong  stehen  zo  bleiben.  Wir  haben 
fMlher  schoh  nachgewiesen,  dass  der  Paolos  onserer  Schrift  nicht 
der  geschichtliche  Paolos,  der  Standponkt,  den  er  in  Lehre 
ond  Handlongswelse  vertritt,  nicht  der  reine  onverfälsohte  Pao- 


')  C.  9,  29  f.  22,  17  ff.  13,  2.  46  u.  s.  w.  S.  o.  S.  208  f.  309  ff. 


352  Zweck  der  WicpottelgMchiclKe ; 

Jilisqiiifl  ist,  dM«  si#  itott  Hold^o  4mi  MiitelpiiDlEt  aeiMt  gta- 
JPMI  DesfcNHi  Dn4  Kilapfea»,  dl«  Aüfhokiiif  4e»  GeMlzas  direk's 
Bvmigeliwi»,  iij#t   aU0i«   ventohweigm,   «MidMPii    4«rekwa^  oit 
W^  niid  TlfmX  Torlftogjia«,   4ie    Gmodlebreii    «eioor    Dognntik 
i»ii  d«r  8«nl^,  der  BriHHiii«,  der  Bechtfeitigamr  tbeU«  gv  vaM, 
tb^s    «Qr  gaBx    Mae  lierahreA,    in  JUbw   «nd   VeHialtoB    dem 
V(»rbUd    und  den    forderoafeii    der   Jndenapetflel    sich  enbe^ie- 
jBMi  UUNBt,  dase  aie  «elket  sem  eige^Uit^mlrahafteN  VeNieMt,  den 
Gmiidaetz    der   HeideoJliekeliraiig    uui    «Ue    fnluiBdie    V«rwirk- 
UehujBg  dioeee  GnuMlsatzes,  zur  groweren  BMIte  enl  Petras  «ber- 
trAgt     Wozu  diefie  EatatellQQg  de«  geeohiehtlMuett  Tbalbwtoadei, 
weaB  e«  dam  V^/Mwer  ojn  Hiebt«  weiter,  ale  «n  die  Aeehtfeiti- 
gBBg  dee  HeidenapeeteU  2a  tbun  war)    HAtte  nioht  rimi  getme 
DarateltaDg  aefnes  Cbaraktere,  aeiuar  Gnuidaftt9#  «nd  Laiataeg«, 
die  beate  Apolegie  fOr  ihn  sein  ia«aew9    Man  k4Miai«e   auf  diaM 
Fragen  nur  Binea  van  beiden  anlwarten :  entweder»  deaa  der  Ver- 
laaser  aelbat  dieae  «npauliniaohe  Veratellnng  von  Bmüm$  gebakt 
liabe»  oder  daea  er  «einen  apelagetiaobaa  Zweek  bei  aeinen  I^eeea 
iiöbüfc  «u  erreiohen  glaubte,  wenn  er  ibia  niefat  den  wakren  dbar 
faJUar  fand  die  reine  Lebre  dea  Apestela  mm  Opfer  braoUe.  Frei^ 
^/9lk,   wi^nn  er  der  Begleiter  dea  Apeatela  war,  Pkr  den  er  «Mi 
Unagiebi,  so  hätte  er  seinen  Lehrer  und  die  wicbtigaten  Brlebnii«e 
^^saalhan   notb wendig  besser  l^ennen  mttasen»  wann  er  ee  nisiit 
war,  so  ist  ea  kjuim  denkbar,  dass  ihm  van  den  helligeii  Partbtir 
kftmpCen,   deren  immer  nach  offene  Wände  er  salbat  mit  seiner 
Darsteilang  wiU  aoUiesaen  helfen,   nichts  Genaueres  bekannt  ge- 
wesen sein  flaute,  daas  ihm  nicht  wanigstena  die  Briefe  4ea  Ape- 
stels,  d|9ren  JSfpuren  durch  die  christliche  liiteratur  gehen,  «»  weit  ab 
hinai^freieht,  den  wahren  Charakter  deseelbeii  enthttUt  kMWy  «ad 
ßo  wOrde  die  erstere  Annahme  jedenfalls  bedeatend  zu  beschrtnr 
Jcen  aein.    Mag  aber  auah  unser  Verfasser  die  GrandsMae  seiew 
Apostels  nicht  rein  und  scharf  gefasst  haben,  aa  reiebt  dach  diese 
Voraussetzung  entfernt  nicht  aus,  um  eine  so  durohgeftthrta  ofl^' 
knnBtreiche,  dnem  und  demselben  Jnleresae  dienende  UjAbüdaDg 
|1^  Geschichte  »a  erl^Aren,  wie  wir jsie  hier  haben.    Wenn  eis 
f^ehriflateUer  BrzAhlungen  tend^nzmüssjg  verdappett  md  v#rdre>- 
üschl,  wie  der  unsrige  die  jpietrinisehen  Vfrf^)guBB^en|ufid  diaBii' 
se»  dea  Panfaia  nach  Jeruaalem,  weni^  er  allbek^inta  BUige,  wie 
den  antiochinischen  Streit,   übergeht,   um  unbedeutendere  an  ihrt 
Stelle  zu  aatzen,   wenn  er  nicht  bloa  einzelne  Beden  1   soaders 


ihre  Beziehung  auf  die  Pariheien  in  der  Kirche.  353 

ganze  Verhandlunipen  in  einer  bestimmten  Richtung  Arei  componirt, 
wie  die  des  16ten  nnd  29sten  Kapitels,   wenn  seine  ganze  Darstel- 
lang  von  solohen  Freiheiten  wimmelt ,  und  auch  schon  in  der  durch- 
dachten Anordnung  ihres  Stoffs   ihre   Planmässigkeit   verrftth,   so 
lAsst   sieh  diess   nicht  mehr  aus   einer  vorgefassten  Meinung  Ober 
den   Charakter  der  handelnden  Personen,   sondern  schlechterdings 
nur  ans  einer  bestimmten  Absicht    erklären,  und  ob  der  Schrift- 
atelJer  selbst  sich   der  Ungescfaichtlichkeit  seines  VerAihrens  voll- 
kommen bewusst  war  oder  nicht,  ist  fttr  die  gegenwärtige  Unter- 
sncfaung  eine  sehr  untergeordnete  Frage :  hn  einen  wie  im  andern 
Fall  haben  wir  in  der  ApostelgescIiiGhtfe  eine  Tendenzschrift,  welche 
nicht  Mos  ehifach  darauf  ausgebt,  den  Apostel  Paulu9^  seine  Lehre 
uitd'  seine  Thätigkeit  zu  rechtfertigen,  sondern  zugleich  darauf, 
ein  vi^esentilch  verändertes  Bild   von  demselben  an  die  Stellb  des 
geschiohtlich  wahren  zu  setzen.    Wozu  wäre  diess  aber  nothig, 
wenn  ihrem  Verfasser  der  ächte  Paidus  und  der  reine  Paulinlsmns 
genllgte?  wenn  es  ihm  nur  um  eine  Apologie  von  diesen,  nicht 
um  einen  Vertrag  mit  dem  entgegensteh^nden  Standpunkt  zu  tbun 
Wäre?  Sagt  man  aber,  eben  der  apologetisohe  Zweck  selbst,  die 
Rttcksieht  auf  antfpaulinische,  oder  doch  unpaulinische,  Leser  habe 
diese  äSügeständnisse  gefordert,  so  heisst  das  mit  andern  Worten 
die  Beschränkung  ynserer  Schrift  auf   einen  blos  apologetischen 
SSwed:  aufgeben.    Denn  warum  anders  konnte  der  Verfasser  so 
wesendiche  Züge  im  Bilde  des  Apostels  fallen  lassen,  ali;  weil 
sid  Ihm  sdbst  eben  nicht  als  wesentlich  erschienen,  weil  er  vom 
reinen  Paulinismus  abgekommen  war,  oder  doch  die  Hofftaung  auf 
seine  Durohftlhrung  aufgegeben  hatte?    Wer  an  diesem  festhielt, 
der  wtirde  nun  und  nimmermehr  die  paulinische  Predigt  in  eine 
petrinisohe  ümgewa(tod'elt,  den  Paulus  selbst  zum  gesetzesfrommen 
Israeliten  gestempelt,  auf  die  Abschaffung  der  tieschneidung  und 
des  Gesetzes  fflr  die  Judenchristen  verzichtet  haben.    Wenn  ein 
Pauliner  der  Gegenparthei  solche  Einräumungen  machte ,  so  heisst 
das:  um  dasjenige  zu  retten,  was  ihm  an  seinem  Paulinismus  das 
Wesentliohste  ist,  giebt  er  Anderes,  an  und  fflr  sich  gleichfalls 
böchst  Wichtiges,    preis,  seine  Schrift  Ist  ein  auf  gegenseitige 
iEugeständnisse  gegrtlndeter  Friedensvorschlag  an  die  Gegenparthei. 
Vnii  diess  bliebe  sie ,   wenn  man  auch  sagen  wollte ,  das  letzte 
Ziel  des  Verfassers  sei  doch  nur  die  allgemeine  Anerkennung  seines 
Apostels,  und  alle  Zugeständnisse   in  Beziehung  auf  Lehre  und 
Verhalten  desselben  seien    ihm  blosses  Mittel  fflr  diesen  Zweck; 

23 


354  •    Zweck  der  Apostelgeschichte; 

auch  in  diesem  Fall  würe  ein  Thett  der  paoUaieeben  Lebten  oad 
Brandsätze,  und  eben  damit  eine  Beibe  wesentlicber  Sldge  im  Bild 
des  Apostels  geopfert,  um  das,  woran  dem  Verfaaaei  bei  seioen 
Panliaismus  luii^Meisten  läge,  die  afsgtplisobe  Auktorltftt  des  Panlniy 
znr  Geltang  zu  bringm  indessen  baben  wir  schon  gesoben,  wm 
wenig  sich  überhiaupt  die  persMliobe  Frage  von  der  aacMicben 
trennen  lässt^  und  dass  diese  anob  in  unserer  Schritt  nicht  der 
Fall  ist,  können  wir  leicht  nachweisen. 

Sieht  man  uämlicb  nftber  zn,  wie  weit  dieselbe  in  ihren  Zu- 
gestftndnissen^  geht,  wie  viel  sie  dagegen  Panliniscbes  festb&lt,  so 
zeigen  sich  zwei  eng  zosammenhftngende  Paukte,  welche  sie  nie  tiu 
denAagen  verliert/welche  sievielmelurmit  soonverkennbaremNach- 
drook  geltend  machte  dass  wir  sie  anbedenklich  im  Sinn,  des  Ver- 
fassers als  die  ftosserste  Grenze  seines  Entgegeokommfi|»^  als  das 
letaste  Wort  sebies  Panlinfsmos  bezeichnen  können:  einecaelts  aller- 
dings die  persönliche  Anerkenaong  des  Paolus  als  gl^icbberecbdgt 
mit  den  ttbrigen  Atiosteln,  andererseits  etwa» Sachliches,  das  aiclit 
aufgegeben  werden  konnte,  ohne  den  Boden  des  PauUnisnuis  Ober- 
haupt zu  verlassen,  der  panliniscbe  Universaiismus.    Wie  ange- 
legentlich unsere  Schrift  auf  die  Anerkennung  des  Paulus  dringt, 
und   wie  die  ganze  historische  Parallele  zwischen  ihm   und  des 
Uraposteln  eben  Uerauf  abzielt,   ist  schon  frOber,  nacb  Sckneo- 
kenburger,.  gezeigt  worden^  auch  der  zweite  Punkt  hat  aber 
für  sie  kehle    geringere   Bedeutung.     Gleich    ihre  Anfangsscene 
nimmt  ganz  unverkennbar  diese  Bichtung:  die  Jünger  /ragen  ver 
der  Himmelfahrt  (1,  6)  i^ch  der  WiederhersteUung  de»  Beiehfl 
Israel,   der  Herr    aber  verweist    sie  auf  die  Verkündigung  des 
Evangeliums  ey  %e  'leQOvaak^/i  xal  iv  näaij  %i  ^lovdauf  xot  Sa- 
^aqelff  xal  ecjs  ea;;(airoi;  t^q  yijg.  Für  diesen  Zweck  wer4es 
sie  sofort  am  Pflngsttage  mit  den  Sprachen  aller  Völker  in  der 
Welt  (d,  5)  ausgerüstet,  und  es  wird  ebendamit  dn  neuer,  deut- 
licher  Fingerzeig  über   die    universelle   Bestimmung   des   nenee 
Glaubens  gegeben,    welche  auch  Petrus  ausdrücklich  ancirkeBBt, 
indem  ^r  in  seiner  Ansprache  an  das  versammelte  Volk  der  A*" 
kündigung  des  messianischen  Heils  für  die  Israeliten  bedenleaa 
beigefügt  (2,  89):  v/xlv  ydg  iauv  tj  ina^yuUa  xal  tolg  %ix»oi^ 
vfiioVf  xal  TtaOL  zolg  elg  fiaxgctv,  oaovg  cof  aqt^guxUaipM 
xvQiog  6  &Ed^  rfitSv  —  so   dass  also  schon  diese  erste  evaB|e- 
lisobe  Verkündigung  aus  dem  Munde  des  judenchrlstlicben  Apo- 
atelfürsten  den  Parttkularismus  des  jüdischen  Messiafl^laubemi  i* 


B' 


ihre  Beziehung  auf  die  Partheiea  in  der  Kirche.  3&5 

i  den  IlBiversalisinas  einer  Ansieht  hinftberldte^  welehe  den  abilritt 

i  z«m  messianisebea  HeU  nicht  von  der  NatioBalitfit,  »onderft  «•»- 

flchUeaslicli  van    der   göttlichen  Berafdng  abhängig  macbt  (wie 
l  Pauj^ns  Bdm.  9,  8.  16  u.  0.).    Nachdem   Petrus  sofort  in   seiaer 

t  a^ weiten  Rede  3/26  bereits  auf  den  möglichen  Uebergang  des 

X  Heils  von  den  nnglanbigen  Jaden  %a  den  Heiden  zwar  lelse^  Bber 

n  unverl^ennbar,  hingewiesen  (s.  S.  329)^  und  derselbe  4,  11  ver  den 

Synedriain  in  paulinisoher  Weise  (EOm.  9^  33}  von  der  Versetanl- 
ä  dufig  des  indischen  Volks  nnd  dem  Heil  im  Namen  Jesu  gesengt 

u  hat,  stellt  Stephanns  e.  7  die  Gnade  Gottes  und  die  Yefsiocktbeit 

k  dps  V>>lks  in  schneidender  Parallele  sich  gegenüber  y  und  verknn- 

iv  lügt  mit  dem  finde  des  Tempeldienstes  auch    das  des  jodisehen 

Partiknlarismus.    Unmittelbar  an  diese  Weissagung  seUiesst  sieh 
ili  der  Anfang  ihrer  ErfOUnng  an^  zu  weleber  sie  selbst  das  Mittel 

t  wird)  die  Verlolgung  nach  dem  Tode  des  Stejdianus  giebt  den 

^  Anhiss  zur  Ausbreitung  des  Christenthuaia  nach  Samarien  (c<  8}; 

von  den  drei  Stationeo,  welche  ihm  der  Herr  in  seinem  Sehluss*- 
JMiftrag  bezeichnet  hat^  schreitet  es  über  die  erste  ClsQOvaakrj^ 
£  a^oi  ^JavdcUa)  hinaus  zur  zweiten  (JSaf4,i(f€iQ)j  und  sehen  bereitet 

siel^  diBr  Fortgang  zur  dritten  (ßox^tvov  zfjg  yijg)  vor:  auf  die 
vermutliche .  B^ehrung  des  Aethiepiers  durch  Philippus  folgt  die 
erste  wirkliche  Heidentaufe,  von  Petrus  an  Cornelius  vellsegen, 
and  mit  ihr  die  unwidersprechli<^te  göttliche  Offenbanmg,  die 
förmlichste  apostolische  Anerkennung  uidversalistischer  Gfundsälne, 
awisc^en  beide  aber  stellt  unser  Verfasser  e;  9  die  BrzfthUing  von 
dar  Bekehrung  des  künftigen  grossen  Heidenapostels.  Wieviel 
ihjo^  daran  liegt ,  jetzt  schon,  vor  dem  Beginn  der  eigeutUohen 
Ueidenmjssion,  das  Becht  und  die  göttliche  Vorbereitung  derseAben 
seiiien  Lesern  einzuschärfen,  diess  zeigt  steh  in  seinem  Bcfeieht 
über  die  Bekehr«^  des  Paulus,  wenn  dieser  nach  der  eisen  Bttv- 
stellui^g  bei  der  damascenischen  Erseheinnng,  nach  der  andern 
bei  einer  spütevn  Ghristephani»  ausdrückMcd  zu  den  Heiden  ge- 
sandt wird  (26  y  17:  fiSv  i&väv  dg  otg  vw  oe  anoOTiklta.  22, 
21 ;  iyd  dg  i^  (ioxQuv  i^anoüzshjj  aa) ,  und  wenn  «lests  dem 
Ananiaii  o,  9>  16  über  ihn  offenbart:  m  ^xsvog  iitldy^  fuU 
ia%w  ,ai%psT(f^  ßcBOtdaac  re  ovofia  ^lav  ivmum  i&ttw  xcä  ßi^ 
ödkiov.  Noch  auffallender  tiritt  aber  dieses  Inleresa«^  in  detf  Blf- 
zfthlung  von  der  Bekehrung  des  Cornelius  hervor.  Dieses  Faktum 
nebst  den  ihm  vorangegangenen  VorfAUen  ist  die  glänzendste 
lleel&tferljlgiinc  für  die  Heidenmissien   eines   Pastes.    Gott  selbst 

23* 


i 


356  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

offenbart  durch  seine  Boten  dem  Heiden  Cornelins,  dass  er  den 
Petrus  besehioken  solle,  Christas  selbst  erklärt  diesen,  dass  der 
Utttersehied  von  Reinem  und  Unreinem,  Heiden-  and  Jadenthum, 
vor  €tott  aofgehoben  sei,  die  Geistesausgiessang  and  Glossolalie 
ist  die  feierliche  thatsftehliche  Bestfttigung  dieser  BrklArungen, 
Petras  begreift  (10,  84),  dass  jeder  GottesfDrobtfge,  ohne  Unter- 
schied der  Nationalitftt,  Zutritt  zum  Heil  hat,  und  ertheilt  den 
geisterfüllten  Heiden  die  Taufe,  die  Bedenken  der  Jemsalemiten 
werden  durch  den  Bericht  des  Petrus  siegreich  widerlegt,  und 
Alles  vereinigt  sich  in  der  freudigen  Anerkennung:  Sga^e  xai 
rolg  i'dveaiv  6  Seog  %ytf  ^lerdvmuv  Sdiansv  slg  feewjv.  Konnte  es 
eine  glftnzendere  und  nachdrflcklichere  Rechtfertigong  der  pauli- 
nischen  Heidenmission  geben,  fttr  solche  wenigstens,  denen  ein 
Petras  die  höchste  Auktoritftt,  ei9e  Offenbarung  ihr  letzter  Beweis- 
grund war?  Jetzt  erst  wagt  es  daher  der  Verfasser,  von  dar 
Grl^idung  einer  heidenchristlichen  Gemeinde  zu  erzählen,  und  den 
Paulus  in  sein  Arbeitsfeld  einzuführen  (11,  19  ff.).  Aber  wie 
wenn  es  an  allem  Bisherigen  noch  nicht  genug  wäre,  muss  auch 
seinem  Werk  noch  die  ausdrackllohe  Genehmigung  der  Urgemeinde 
ertheilt  werden,  und  die  förmliche  Anerkennung  des  Heidenchri- 
stenthums  in  Jerusalem  erfolgen  (c.  16),  so  wenig  es  der  Ver- 
fasser auch  schon  im  Vorangehenden,  bei. der  ersten  Missionsreise 
dos  Paulas  und  Bamabas,  unterlassen  hat,  wiederholt  zu  bemerken, 
wie  sie  nur  auf  besonderen  göttlichen  Befehl,  unter  den  Segens- 
'wnnsehen  ihrer  Mitchristen,  zu  diesem  Werk  auszögen  C^3,  2. 
4.  47.  14,  36),  welchen  freudigen  Bindruck  sein  glftcklicher 
Brfolg  bei  den  Neubekehrten  hervorbrachte  (13,  48.  52),  und 
wie  es  der  Rathsehluss  CMtes  selbst  war,  welcher  diese  dem 
Christenglauben  zufOhrte  (13,  48).  Wenn  endlich  die  direkte 
Vertheidigung  der  Heidenbekehrnng  vom  15ten  Kapitel  an  zurflok- 
tritt,  60  wiederholt  sieh  dafttr  die  indirekte  mit  um  so  grosserer 
Bpgelmftssigkeit,  welche  darin  liegt,  dass  die  Herzenshärtigkeit 
der  Juden  die  VQrktlndiger  des  Evangeliums  zu  den  Heiden  hin- 
Ikberdrängt;  und  damit  wir  über  die  Bedeutung  dieses  Zuges  nicht 
Im  Dunkeln  sein  können,  sammelt  der  Verfasser  selbst  den  Bfai- 
dmok  seiner  gnusen  Darstellung  ttber  die  Missionsthitigkeit  des 
Paulus  c  38,  28  in  der  abschliessenden  Erklärung:  yviaarov  ovv 
i!üT(a  vfilVy  OTV  T^olg  edveaiv'  ansarali]  ro  awn^Qiov  tov  9eov, 
€evtol  Mal  atcovaovtai.  Nach  diesen  gehäuften,  durch  nniiere  ganze 
Sohrifi  iieh  Undurohatehtaden  Amsoiohen  kann  es  keinem  Zweifel 


ihre  Beziehung  auf  die  Partbeien  in  der  Kirche.  S57 

nehr  anterliegen,  worin  ihr  priiEeipielles  Interesse  liegt,-  nnd  was 
der  Verfiuseer  als  das  Wesentliche  seines  Paulinismns  festhält:  die 
oniverselle  Bestimninng  des  Christenthaas,  das  Recht  eines  ge* 
setzesfreien  Heidenohristenthams  neben  dem  Jadenehristenthvni.  Um 
dieses  darchznsetzen  versteht  er  sich  zn  allen  jenen  Zugestand- 
niesen  an  den  Jadaismus,  die  wir  bereits  Icennen,  setzt  er  die 
Haoptstüclce  der  panlinischen  Lehre  bei  Seite,  Iftsst  den  Jndra^ 
Christen  €l^8(Dtz  nnd  Besehneidong,  macht  den  Paulas  selbst  zum 
eiCrigeo  Gesetzeadieaer,  lässt  ihn  sogar  hi  seine  eigenthfimlichste 
Thfttigkeil,  die  Beidenmission ,  nur  gezwungen ,  und  nur  unter  dem 
Schutz  des  Petrus,  mit  der  Erlaubniss  der  Jerusalemiten,  eintreten. 
Das  als(»  ist  der  Bauptzweclc  des  Verfassers,  sdne  Leser  von  dem 
VL^ßht  des  Heidenchriatentliams  zu  tiberzeugen,  und  diess  setzt 
hinwiederum  voraus,  dass  ^ese  Leser  jenes  Becht  bestritten,  d.h. 
dai|s  sie  einem  judaistischen  Partikularismus  huldigten.  Unser  Buch 
erscheint  daher  nach  dieser  Seite  hin  als  ein  Versuch,  die  An» 
er^nnung  des  Heidenohristeuthums  in  seiner  Selbständigkeit  und 
seiner  Freiheit  vom  Gesetz  durch  Zugeständnisse  an  die  judaistische 
Parthei  zu  erreichen. 

Diesen  ihren  Zweck  hat  unsere  Schrift  selbst  an  keinem  an- 
derep  Ort  unverhOUter  ausgesprochen,  als  im  15ten  KapiteL  Je 
weniger  dieser  Bericht  über  das  sog.  Apostelconcil  der  geschicbt- 
lioben  Wahrheit  entspricht,  um  so  klarer  liegt  darin  die  Absicht 
einer  Unwirkung  aaf  die  Zeit  des  Verfassers  zu  Tage ;  je  grösser 
anderenseits  die  Bedeutung  ist,  welche  dieser  selbst  jener  Ver- 
haadluni;  durch  ihre  ausführliche  Darstellung,  durch  ihre  Stellung 
in  der  Mitte  des  Gunzen,  unmittelbar  vor  der  grossen  Bekehrungs-, 
reise  des  Paulus,  durch  die  Rttck Weisungen  c.  16,  4.  91,  36 
beilegt,  um  so  deutlicher  sehen  wir,  wie  viel  ihm  daran  lag,  dass 
sich  das  Verhältniss  der  christlichen  Partheien  nach  den  hier  vor« 
gezrfohneten  Bestimmungen  gestalte.  Welches  sind  nun  diese  Be<- 
stiminangen?  Von  jodenchristlicher  Seite  wird  verlangt  CV.  5)^ 
dass  auch  die  B[ei4eachristen  zur  Beschneidimg  und  zur. Beobach- 
tung des  Gesetzes  angehalten  werden  sollen ,  die  Apostel  dagegen 
und  die  versammelte  Gemeinde  entscheiden:  die  jQdenchriBten4iollea 
«war  nach  wie  vor  dem  «Gesetz  unterworfen  bleiben,  die- Heiden-» 
Christen  dagegen  sollen  davon  frei  sein,  und  nur  die  sog.  noachi-* 
sehen  Gebote  beobachten.  Ueberselzen  wir  diese  Beschlüsse  ans. 
der  Vergangenheit,  in  welche  sie  der  Verfasser  verlegt  hat,  in 
die  Gegenwart,  so  wollen  sie  besagen:  die  Vereinigiing  der  Beidei»*« 


^y      368  ^'""^        ^"^  «weck  der  Apostelgeselilelite;    ^'^^»^    m^.i'v-^    J 

MmA  JaienohristaB  «ad  die  AnertcenDmig  41er  firttereii  durch  die 
Letzteren  ist  »Of  lieh ,  weeii  eioli  }eder  der  beiden  TheHe  nft  seiieA 
Fendemgett  aaf  eieli  eelbet  beeelirtokt,  deeli  Ist  den  Heidendni- 
■teil  die  Rückeieiit  so  empfehlen ,  dass  sie  sieh  ivie  die  ProselyteB 
dee  Thors  der  für  Joden  nnd  Jodenchrlsten  anstOssii^n  0ewohB- 
heiten  enHmlten.  Wenn  also  von  streng  panlhiiseher  Seite  die 
gtaailclie  Aufhehnng  des  Clesetzes,  Ton  streng  jadaistlscher  «efaie 
Ansdehnang  auf  alle  Messlasglftnhfgen  verfangt  wurde,  so  urlll 
nnser  Verfasser  den  Streit  durch  eine  OebletstheOong  sohlMteo, 
die  Fmlerong  des  einen  Thells  fflr  die  Helden-,  die  des  andern 
für  dieJadenchristen  zngebon ,  nnd  durch  diese  gegenseitige  Sfft^ 
flgung^ den, Fried«!  zwisehen  beiden  TlMilen  herstelle^.  Die  Gonse- 
^joenz  des  Panlinisnras  wird  der  praktisohen  DurciiflHiruBg  seines 
yniversaiismns,  der  Idee  der  Katholloität,  zum  Opfer  gebraefat. 

Naeh  allem  diesem  werden  wir  keinen  Anstand  nehmen  dtr- 
fen,  die  Tendenz  der  Apostelgesehlchte  als  eine  eondliartorisdie, 
sie  saUwt  als  einen  VermittlungsversHoh  zwisehen  Jndaisten  nnd 
Panlinem  zu  bezeiehaen.  Nioht  in  dem  Sinn  fkvilioh,  als  ob  der 
Verfasser  fOr  seine  Person  ausserhalb  der  beiden  Pavthelen  stehend, 
ihre  Ansprtlehe  als  unbetheiiigter  Dritter  gegeneinander  abwflge. 
Biein,  er  selbst  Ist  Pauliner,  sein  Interesse  das  des  Paalinisttns; 
sein  Aueh  kann  iMotom  immerhin  als  eine  SchutzseliMt  für  den 
HeideBapestel  und  dessen  Saehe  betrachtet  werden.  Aber  hidem 
es  nieht  der  fitani^nkt  des  reinen  Panltaiismns  Ist,  auf  ^m  er 
sich  beindet,  oder  den  er  wenigstens  dorohzoflArra  sieh  getrasi^ 
iftdem  er  den  Paulas  selbst  nur  dadurch  zu  rechtfertigen  weftss, 
dass  %x  Ihn  zum  Petriner  macht,  und  den  Judc»aposteln  sogai*  Un- 

'  sichtlich  s^nes  unbestreitbarsten  Verdienstes ,  der  Heidenbefc^mng, 
unterordnet,  den  Paulinisnms  nur  dadurch,  dass  er  alles  8ehroft 
und  fttr  die  Jndenehristen  Verletzende  an  Ihm  verhüllt,  seine  po- 
lenisehe  Bicfatung  gegen  das  Gesetz  geradezu  Iftugnet,  veii  allen 
seinen  Orundsfttzen  nur  das  Eine  Princip  des  llntversaHsmus  feeC- 
hilt;  so  vertiert  seine  Schrift  den  Charakter  der  einfichen  Apolo- 

'  gle,  und  wird  zu  einem  auf  gegenseitige  Zugeständnisse  gegitti- 
deten  Vergieielisvorsohlag.  Sic  fet  der  Bntwnrf  ehnes  Friedens- 
vertrags von  pautinischer  Seite  den  Judnisten  vcrgdegt.  Der 
Verfasser  will  die  Judenclirtsten  mit  dem  PaulinUsmis  veiMimen, 
kidem  er  ihnen  in  der  UrgescMehte  der  beiden  Parthelen,  In  den 
Verhftltniss  und  den  Sohioksalen  ihrer  Hänpter,  die  wesenflidie 
CMehheit  Ihrer  BerediUgung  nnd  ihrer  «rundeitze,  ihr  «rsprMgUA 


ihre  Beziehung  aaf  die  Partbeien  in  der  Kirclie.  359 

^]^toir  VMmehnen  vbi]  'dfe  Bedin^ngen  ^eses  goton  Teimbnen« 
vorbHII.    Dieees  aetatt  aber  auf  der  andern  Seite  reratis,  dass  er 
aveh  anf  «eine  eigene  Partbef  Im  Sinn  dieser  Venstftndigang  ein- 
wirken 'WDHte;  denn  was  half  es  ihm,  den  Gegnern  Friedensror« 
seMfige  m  maehen ,  M^enn  seine  Prennde  diese  VorschSAge  nieht 
•HeffeilnttfM'?'  'vHe  kennte  er  holVen,    mit  seiner  Dan^ellang  des 
lP«itrikH9  tittd  des  PanlMsmns  etwas  auszarichten ,   wenn  die  herr- 
flelvende  Fersteütnig  seiner  Partfadgenessen  von  ihrem  Apostel,'  nnd 
niii;  denselben  ihre  Anfl^ssnng  des  Christenthums  ftberhaopt,  eine 
^mnti  ander«  war?     Nnr  darni   wfire   diese  Bestimmung  unserer         j 
SMirift  fAr  die  rigene  Parthei  des  Verfassers  nnwahrsoheinneli, 
wenn  «eine  AnHVissmig  des  Panitnismas  bei  dieser  in  jener  Seit 
fldion  allgemein  gewesen  wäre.    Wie  wenig  diess  aber  ein  ganzes 
Jfthrhuftdert  naeh  dem  Tode  des  Apwstels  der  Fall  war,  diess  zeigt 
Bl^t  allein  der  extreme  Patdlnlsmos  der  Gnostiker ,  welebem  nnter 
jener  Veräossetzung  alle  geschichtlichen  firklftrungsgrflnde  fehlen 
würden,  aehdern  nberhanpt  die  Thatsaehe  des  fertdaaemdea  Par- 
thelfcampfs  in  der  christlichen  Kirche.    Wäfe  man  anf  panHnisoher 
Seile  d^mber  einig  gewesen,  den  Judenchristen  Gesetz  nnd  Be^ 
sdmeldtag  zu  belassen,  hA4te  die  CJeberliefenmg  der  Parthei  d^en 
dieMä  Grandsatz  anch  fhrem  Stifter  beigelegt/  so  Hesse  sich  dier 
ser  wetam^schlfche  Haes  der  Bbjontten  gegen  den  Zerstörer  deg 
Gesetzes,    die  ganze   Heftigkeit    ihres  Wideri^üehs    gegen  das 
paMnii^ehe  >Cbtistenthnm ,  das  Bedürifmss  von  SftotzsciHrifteii,  wie 
die  «msrtge^  ntebt  begreffen;    Die  blosse  Rlfersneht  auf  die  HeU 
devidhHisien  und   Ihre  ^uiassnng    zum    messiantschen  Heil    bietet 
ofcnbar  keln^  genngende  Erklilrung,  falls,  sich  iileht  die  Jeden- 
chrtsten  ven  der  Gegenseite  ber  in   ihren  eigenen  Interessen  und 
Vebe^zeegvngett   gekrfiairt  fanden.    Aber  jener  0ass  gegen  den 
lM4enap<tolel,  den  ix9^  icv9>QW7tos  •,  begegnet  uns  ja  anch  noeli 
zu  elller  :&eit,  in  dm*  man  ebjonitlsclier  Seits  auf  die  fieschneidung 
der  fl^idenehrisrten  iang«t  verziehtet  liatte,   noch  in  den  denen- 
tünen  nnd  weüin'  herab.    Und  man  sehe  auch  nur,  wie  sieh  noch  • 
IkAmale,  die  icfeiilenflills  älter  als  unsere  Schrift  eind,   wie  der 
Ba^nabasbrief  und  der  Brief  a:n  Dlognet,  «ber  Juden^fitim  und  Be- 
sdhneMvng  ausspredien!  Ja,  die  gesammte  kirchliche  Praxis, seit 
der  Mitte  dis  zweiten  Mnrhunderts  rat  in  den  Zugestfindniasen  an 
den  Judaismus  lange  nicht  so  weit  gegangen,  als  unser  Yerfasser^ 
denn  die  Beschneldung  der  Abkemmlinge  von  getauften  Juden  ist 
gefallen/   Diess  w^re  ganz  undesfkbar,  wenn  jene  Zugeständnisse  ' 


360  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

in  irgend  einem  Zeittinnkt  selbst  von  panUnieeher  Seile  aUffr^Bein 
gemaoht  worden  wären.     Waren  sie  dktm  aber  nicbt,  stand  ein 
bedeutender  Theil  der  Pauliner  dem  Jndenebristenthnm   schrolTer 
gegenober  als  unser  Verfasser,  so  lag  es  In  der  Natur  der  Saehe, 
dass  dieser  mit  seinen  Friedensvorschlftgen  nicht  blos  auf  die  g^e- 
genOberstehende,  sondern  auch  auf  die  eigene  Parthei  wirken  wollte. 
Und  wirklich  finden  sich  manche  ZOge,  welche  diese  Absicht  nieht 
allein  zujassen,  sondern  auch  nur  aus  ihr  sich  vollständig  erkl&ren. 
Dahin  gehört  Alles,  was  dem  fk'eundlichen  Verhftltniss  des  Paulus 
%ur  Urgemeinde  als  Beleg  dient.     Hat  diese  Darstellung  allerdings 
auoh  schon  dann  ihren  guten  Sinn,  wenn  es  sich  nur  dämm  ban- 
delte, die  Judaisten  günstiger  gegen  den  Heidenapostel  zu  stimmeD, 
so  wird  sie  doch  ufigleich  bedeutungsvoller,  wenn  sich  hiemlt  die 
Ablocht  verbindet,    den   Paulinern   am   Beispiel    ihres  Hauptes  zu 
zeigen,  welches  Verhalten  sie  der  Gegenseite  schuldig  seien.  Ebenso 
dienen  umgekehrt  die  universalistischen  Aussprache   eines  Petrus 
und  Jakobus,   die  Erzählungen   vom  Apostelconcil  und  veo  der 
Bekehrung  des  Cornelius,  nicht  nur  dem  Hauptzweck,  die  panlinisohe 
Heidenpredigt  vor   den  Judaisten  zu  rechtfertigen,  sondern    auch 
dem  weiteren ,  die  Männer  der  Urgemeinde  den  Pauliaern  in  euiem 
freundlicheren  Licht  erscheinen  zu  lassen.    Das  tiefe  Stlllschw^ei- 
gen  femer,  womit  alle  Feindseligkeiten  der  Judaisten  gegm  den 
Heldenapostel  ttbergangen,  die  ungläubigen  Juden  zu  seinen  ein- 
zigen Oegaem  gemacht  werden /ist  wdil  auf  den  ^nen  der  strei- 
tenden Theile  ebensosehr  berechnet,  als  auf  den  andern»  Das. Ent- 
scheidendste ist  aber  auch  hier,  was  über  den  Hauptstreitpunkt  der 
beiden  Parthelen,  das  Verhältniss  der  Christen  zum  Gesetz,  gesagt 
wird.    Wenn  unsere  Schrift  wiederholt  hervorhebt,  dass  die  Be- 
freiung der  lleidenchristen  von  Gesetz  und  Beschneidung  eben  nur 
fttr  sie  gelte,  die  Verpflichtung  der  Judenchristen  dagegen  nicht 
Im  Mindesten   dadurch  beschränkt  werde  (16,   1^1.   dl,  20  IL), 
wenn  sie  auf  jede  Weise  dem  Verdacht  entgegentritt,  als  ob  Paulus 
auch  die  Juden  von  dem  Gesetz  der. Väter  hätte  abwendig  machen 
wollen  (s.  0O9  bat  der  Verfasser  dabei  wohl  nur  die  Absicht, 
den   Vorurtheilen   der  Gegner   gegen  Paulus  vorzubeugen,    nni 
nicht  auch  die  andere,   dem  Paulinismus  seine  gegen  das  Juden* 
thum  gekehrte   Spitze  abzustumpfen,   seinen  Partbeigenoseen  m 
sagen,  wie  viel  vpn  ihren  Ansprüchen  sie  aufgeben  müssen,  wenn 
ein  friedliches  Verhältnläs  zur  andern  Parthei  möglich  e^a  solle? 
Wenn  Paulus  nicht  blos  für  seine  Person,  als  geborner  Jude,  das 


ihre  Beziehung  aof  die  Partheien  in  der  Kirche.  361 

Gesetz  und  mehr  9is  das  Oesete  (18^  18.  121 »  26)  beobaohtot, 
sondern  nach  dem  Halbjuden  Timoth^ns  die  Besebneidpng  crtheilt 
Sici  tovs  ^lovdaiovg  (16,  4),  ist  es  nicht,  als  sollte  seinen  Ver- 
ehrern an  seinem. Beispiel  recht  anschanlich  gemacht  werden,,  welche 
Opfer  sie  dem  Frieden  ;su  brimgen  haben?  Fttr  wen  endlich  diese 
'      nachdrückliche  Blnschi^rfang  der  sogenannten  noaehischen  Gebote, 
wenii  nipbt  ^ben  für  diejenigen ,  von  denen  ihre  Beobachtang  ver- 
langt wird?  Die  vier  Stttd^e^  deren  sich  i^aoh  die  Heidenchristen 
^*     entlialtep- sollen,   werden  zjuerst  15,  20  von  Jakobas  aofgez&hlt; 
'      die  gleiche  AufK^hiong  wird,  in  dem  apostolischen  Sendschreiben 
»      1<S,  28  init  einem  doppelten,    die  Unerlässlichkelt  dieser  Punkte 
^      einschärfenden   Zusatz  i)   wiederholt;  es   wird  sofort   16,  4  von 
Panias  und  Silas  berichtet,  das»  ^e  den  lykaonischen  Gememden 
»      die  Beobachtung  der  apostolischen  Beschlösse  aufgegeben  haben^ 
i>      welche  sich  wenigstens  bei  den  heideuchristlichen  unter  denselben 
t      nur  auf  die  nonchi^cheu  Gebote  beziehen  konnte^  nichtsdestoweni- 
!       ger  werden  21,  25  diese  Gebote  noch  einmal  von  Jalcobns  speci- 
b      ficirt^    .Wer  hatte  die$.e  dringende  Einschärfung  jener  Bestimmungen 
I      nöthigt  Die  judencbristlrchen  Leser ^  um  nicht  zu  vergessen,  dass 
i      sie  sich   mit  ihren   Anforderungen  an  die  Heidenchristen  auf  die 
i;      angegebenen  Stücke  zu.  beschränken  haben?   Aber  diese  enthalten 
I       ja  nicht  eine  Brmässigung  der  jndaistischen  Ansprüche,  sondern  viel- 
1      mehr  umgekehrt  eine  Beschränkung  der  heidenchrlstJichen  Freiheiten, 
i      sie  besagen  nicht,  über  was  jene,  sondern  über  was  diese  nicht  hin- 
l      aasgehen  ■;  dürfen.     Oder  bedurften  ^derselben  die  gleichen  Leser, 
um  sich  ^n  überzeugen,  dass  durch  das  Aposteldekret  die  An- 
f       Sprüche. 4es  Gesetzes  an  die  Heidenchristen  vollkommen  gewahrt 
I       seien?  .  Aoph  dazu  war  es  nicht  nüthig,  in  dieser  Weise  auf  die 
I       Unerläaslicbkeit  jener  Gebote  zu  dringen^  and. überhaupt  sollte  maii 
;       glauben,  den  Judenchristen  habe  nicht  sowohl  das  bewiesen  werden 
i       müssen,  das  sie  von  den  Jerusalemiten,  sondern  dass  sie  von  Paulus  - 
und  den  heidenchristlichen  Gemeinden  In  ihrem  Recht  nicht  gekränkt 
I       seien;  wenn  es. am  Platze,  war,  die  Befreiung  der  Heidenchristen 
I        vom  Gesetz  ihnen  durch  Jakobus   und   die  Jerusalemiten   verkün- 
I        digen  zu  lassen,. so  hätte  ihnen  dagegen  die  Unterwerfung  der- 
selben unter  die  noachidchen  Gebote  in  den  Erklärungen  und  dem 
Verhalten   .des  Paulus    und    der  Seinigen    nachgewiesen   werden 
mt)ssen.    Um  so  nothiger  mochte   es   dem  Verfasser  scheinen,  der 


')  UX^  TtAy  htttvaYH^i  rovTWv  .  .  .  i'i  iv  iiatij^whntq  iavroitq  ev  Tr^a^ere . 


362  Zweck  der  Apostelgeschichte* 

paalinischen  Parthei  jene  Vorschriften  an*8  Herz  zn  legen.  Wir 
wissen,  wie  wenig  Paulas  sdbst  anf  Ihre  Beohaclitang  gedrangen 
hat,  wir  ,treifen  in  der  Apolcalypse  eine,  wie  es  scheint  nicht  an- 
bedentende  Parthei,  die  von  dem  }adencbristlichen  Propheten  lei- 
denschaftlich geliasst,  keine  anderen  Merkmale  hat,  als  das  gporj^et)' 
€id(ol6d'vta  xal  noqvevEiv '') ,  wir  finden  nocTi  lan^e  bei  Vielen 
ehien  heftigen  Widersprach  gegen  Jene  Anfordernngen^  wenn  wir 
nan  in  eben  dieser  "feeit  einer  Darstelldng  begegnen ,  w^ciie  smar 
in  geschichtlicher  Form,  aber  anf  eine  offenbar  angeschichtliche 
Art,  Ihre  Nothwendigkeit  aofs  Nfachdrflcküchste  einschfirft,  was 
anders  können  wir  glauben,  als  dass  diese  Darsteüang  eben  darauf 
berechnet  sei,  jenem  Widerstand  entgegenzutreten?  Und  wenn 
sich  uns  auch  nur  In  diesem  Einen  Punkte  die  Richtung  unserer 
Schrift  gegen  <len  schroiTen  Paulinismus  unabweisbar  aufdringt, 
warum  sollten  wir  uns  weigern,  eben  diese  Bicbtung  auch  bei 
anderen  Punkten  anzuerkennen,  die  zwar  fOr  sich  genommen  aacli 
noch  anderer  Auslegung  fähig  wären,  die  aber  doch  durch  diese 
am  Besten  erklärt  werden?  Sollte  aber  der  fragliche  Punkt  zo 
unbedeutend  scheinen,  um  uns  tlber  d!e^  ganze  Tendenz  onseres 
Buches  Anfschluss  zu  ge'ben,  so  würde  man  flbersehen,  welche 
Wichtigkeit  er  fflr  dieses  selbst  hat.  Unser  Verfasser  stellt  einmal 
die  noachischen  Gebete  als  die  eine  wesenUiefae  Seite  des  jernsa- 
lemitischen  Vertrags  zwisdien  Juden-  und  Heldenchristenthum  hin; 
die  Befreiung  der  Heidenchilsten  von  Gesetz  und  Beschneidang  ist 
von  ihrer  Seite  durch  die  Beobachtong  {euer  Gebote  bedingt,  und 
eben  um  diese  Wichtigkeit  derselben  nahe  zu  legen ,  werden  sie 
nicht  weniger  als  dreimal  vollständig  aufgezählt.  Sie  hatten  aber 
auch  wirklicti  fUr  jene  ZeÜ  eine  solche  Wirhti^eif ,  so  unwesent- 
lich sie  uns  aach  jetzt  -sciieinen  mögen,  und'  wir  werden  uns 
dartiber  nicht  wundem  können,  wenn  wir  bedenken,  dass  der 
Masse  der  Menschen  aucli  im  HeligfOsen  eine  'Abweichung  In  den 
äusseren  Gewohnheiten  noch  weit  anstOssiger  zu  sein  pflegt;  als 
eine  Abweichung  in  den  Grundsätzen;  in  Korlnth  wenigstens  moss 
die  Frage  Über  die  dddAod'VTa  grosse  Bewegungen  erregt  haben, 
sonst  wttrde  sie  Paulus  schwerlich  so  ausfOfbrlich  (1  Kor.  S— iO) 
und  mit  so  vieler  Behutsamkeit  behandeln ;  dem  Äpokalyptfker  mofs 
an  seinen  NIkolaiten  das  GtftzenopfeiHelschessen  und  die  Oebertre- 
tung  der  mosaischen  Ehegesetze,   welche  er  noQVBia  nennt,  noch 


I)  M.  «.  hierttber  nwm  fi«tnerkuBgen  in  de«  Tbeoi.  Jahrb.  1842,  713  If. 


ihre  BezicMig  «uf  die  Nrtheien'in  der  Kirche.  368 

ilrgeriicher  gewesen  sein  y  als  ihre  ihm  teafltsch  erscheinende  Gnosis, 
denn  fCAes  skid  ihre  stehenden  Merkmale  (e.  S,  14/  20.  irgl.  V.  6}, 
diese  wird  nar  einmal  (2,  24)  i«  VorOhergehen  berührt.  Aach  Jostbi  ^ 
erklfift,  ein  gläubiger  Heide  werde  sich  lieber  su  Tode  foltern 
lassen,  ehe  er  Gotzenopferfleisch  esse,  und  die  Behauptang,  dass 
der  Christ  dies»  ohne  Scliaden  than  könne ,  nennt  er  eine  Tenfels- 
lehre,  nnd  die  Clementinen  stellen  unsere  noaehischen  Gebote  auf 
gleiche  Linie  mit  den  wesentlichsten  Religionspflicjiten  ^).  IHe 
Ue()ertr0tqBg  dieiaer  Gebote  emiAlen  den  Judenohristen  als  baares 
0eideo(bb«in  y  ala  ein  fi^ioeXa/aßm^iv  TQten^tjg  daifwvwv;  wla 
konnte  es  derjenige,  welcfher  den  Frieden  zwisdien  ihnen  und  den 
Panlinem  vermitteln  wollte,  nnterlassen,  bei  diesen  auf  Hlnweg- 
räumuQg  jenes  Anstosses  liinzu wirken?  > 

Was  demnach  unser  Verfasser  geben  will,  ist  eine  aolehe 
ßarstejlung  des  Apostels  Paulos  in  «einem  Verhftltniss  zur  Ur- 
gettekMie  und  zu  den  judenehristlichen  Aposteln,  durch  welche 
nicht  %los  die  Person  des  Apostels  gegen  die  Anklagen  und  Vor- 
urtbßile  der  Jpdaisten  gerechtfertigt ,  sondern  auch  in  Betreff  des 
p;i«Un]9cJheu  Christeptbums  ein/^  Verständigung  angebahnt  wdrde; 
fttr  dimen  SBw«ok  soll  aber  nicht  nnr  PanlwB  .und  seine  ^ache  den 
Jndenfflirlnften  «mpfofalen,  sondern  es  soll  auch  $uf  paulfnischer 
Sdte  eine  Auffassung  des  Chrlstenthums  und  eine  Vorstellung  vom 
Charakter  und  von  dßr  Lehre  des  Paulus  verbreitet  werden,  welche 
den  PauUltisaiQs  durch  Beseitigung  oder  VerbtiUung  seiner  anstOs* 
sjgsten  8eitan  ea  dtor  Verbindang  mit  dem  Judenoliristentlnm  ge-^ 
eignet  mMkte.  Unsere  Schrift  ist  der  Friedensvorschlag  eines 
Pauliners,  welcher  die  Anerkennung  des  Heidenchristenthums  von 
Seite  der  Judenchristen  durch  Zugeständnisse  an  den  Jadaismus 
erkaufen  «md  in  diesem  Sinn  auf  beide  Partheien  wirken  wlU^). 


*)  Trjfpho  «.  S4,  Schi.  c.  35.   . 

*)  Hdnu  VII,  S".  ^  Sh  vn^  4cdrov  S^ia9^t(ta  d'^tjöxsta  hn\v  avttj,  ro  /uovav 

tmv  ßanret^rat . , .  r^ane'^ijg  S»iju6vi»v  jui^  jueraZa/ußaretv,  Xty<a  Se  slStalo^ 
9vtmr^  vsK^täy^  nyucpm'\  '^tj^ialumtv ^  tä/uaroq  u.  s.  w.  Weiteres  6.  feel  Baur 
Paulas  S.  140. 

^  dlnr  ia  der  K«rze  mag  iiier  berüeksichtigt  werden,  was  de  Wette  Gomm. 
S.  3  tuaädMt  ^egen  Schnecken  bürg  er  einwendet,  was  al>er  tn  der  Hauptsache 
MKh  gegen  dKe  oben  ansgeföbrie  Ansiebt  gelten  müsste.  Es  w«rde  hier,  wird  ge- 
sagt, den  4eiitliehea  Wertes  des  VArfassers  zvm  Trotz  geleugnet,  dass  die  Apostel- 
geschichte ditr  tfmkt  I^efl  -des  Evaa^eUlNtts  sei.  Hierauf  wurde  sehSn  früher  ge- 
antwortet,   ferner:  es  sni  unpassend,  dass  eine  fibr  Judaisten  geachnebene  Apologit 


364  Zweck  der  Apofttdgeechielito; 


3.  Die  Beziehung  der  Apostelgeschichte  auf  die  römische 

Genreinde. 

Die  Versöhnung  der  judencbristlichen  und  paulinischen  Parthei 
ist  als  der  allgemeine  und  wesentliche  Zweck  der  Apostelgescshiohte 


einem  Heidenchristen,  wie  Theophilus,  gewidmet  werde.  Dieser  Anstoss  würde  nun 
zwar  bei  unserer  Ansicht  insofern  wegfallen,   als   die  Apostelgeschichte  nach  der- 
selben nicht  blos  für  Judaisten   bestimmt  ist,  aber  er  ist  auch  überhaupt   nickt 
gegründet:  wem  anders  konnte  eine  Erztthlang  von  deo  Thaten  des  Hei4enapo8teIs 
passender  gewidmet   werden,   als    einem  Heidenchristen?    dieser  war  damit    nock 
durchaus  nicht  als  Gegner  der  Judaisten  bezeichnet,    es  gab  auch  judaistische  Hei- 
denchristen, z.  B.  in  Galatien  und  in  Rom  selbst  (Rom.  1,   13.  vgl.  mit  7,   1  ff.), 
und   diess  ist  nicht  blos  „eine   Ausnahme  von   der  Regel,*   wie  Lekebusch  d. 
Comp.  d.  Apg.  S.  372  meint,  sondern  es  muss  ein  sehr  bftufiger  Fall  gewesen  sein, 
wenn  der  ludaisrous  in  Rom  und  Galatien  und  in  andern  heidenchristiichen  Gemein- 
den eine   solche  Bedeutung  erlangen  konnte,   wie   er  sie   nach  dem  Zeugniss  der 
Geschichte   gehabt  hat.     A^oher  wissen  wir  aber  überdiess,   dass  Theophilus   ein 
Hmdenchrist  war?   Wir  schliessen  es  nur  daraus,  und  schon  die  Kirchenväter  haben 
es  nur  daraus  geschlossen,  dass  ihm  die  Schriften  des  Lukas  dedicirt  sind.    Findet 
man  es  unpassend,    dass  diese  einem  Heidenchristen    gewidmet    sein    soUen,  so 
könnte  man  sich  Theoph.  auch  als  Proselyten  denken.    Aber  es  ist  wohl  überhuipt 
nicht  der  Heidenchust  im  Allgemeinen^   sondeiii   der  römische  Christ,  den  der 
Verfasser  in  seinem  Theophilus  anredet  (daher  das  x^artaro^,  welches  den  vorneh- 
men Römer  bezeichnet,   wie   ^eotpiloq  den   Christen.)     Wem   liess   sich   aber  eine 
Schrift,  die  der  römischen  Kirche  bestimmt  war,  angemessener  dediciren ,  als  einem 
Römer?  Endlich  findet  de  Wette,  EnSblungen  von  allgemeinerer  Bedeutung,  wie 
c.  1 — 6.  c.  12,  werden  in  den  apologetischen  Plan  nur  hineingezwängt,  Anderes,  was 
nicht  hineinpasse,  wie  17,  16— -34.    18,  24—28.^    14,  l— -7.   20—28.  16^  5—8. 
14  f.  18,  23.  19,  22.   20,    1—6.    13—15.   21, 'l— 3,   werde   mit   Stillschweigen 
übergangen,   Anderem,  wie    19,  23 — 40.  20,   7 — 12  werde  ein  entfernt  liegender 
oder  unsicherer  Zweck  geliehen,   die  Auslassungen  endlich,  wie  das  Schweigen  von 
manchen  Leiden   des   Paulus,   von   der  Stiftung   der   galatischen  Gemeinden  u.  A. 
werden  auf  eine  höchst  unwahrscheinliche  Art  erklärt.     Aliein  ob  jene  Erklämngen 
wirklich  so  gezwungen  sind,  diess  wird  sich  nur  aus  der  Untersuchung  des  Einzel- 
nen abnehmen  lassen ,  und  in  dieser  ist  auf  die  meisten  der  vorstehenden  Anklagen 
gedulwortet;  es  ist  z.  B.  gezeigt  worden,   wie  gut  die  athenische  Rede  zu  der  gan- 
zen Darstellung  des  Paulus   in  unserer  Schrift  passl,  wie  vollkommen  Ercfthlungea, 
wie  die  c.  14,  1 — 7.  19  ff.  mit  ihrem  Pragmatismus  übereinstimmen,  wie  dentlich 
die  Geschichte  der  Urgemeinde  durch  die  Verdreifachung  der  petriniscben  Verfolgung 
ihre  Absichtlichkeit  verräth.     Dass  aber  auch  alles  Einzelste  aus  dieiser  Zweckbe- 
stimmung erkl&rt  werde,  ist  nicht  zu  verlangen;  auch  wer  diese  behauptet,  Dimmt 
ja  nicht  an,  dass   der  Verfasser  seine  ganze  Erzählung  aus  ihr  herausgesponneo, 
sondern  nur,  dass  er  gegebene  Stoffe  nach  einem  praktisch-dogmatischen  Gesichts* 
punki  zusamniengestellt  •■  und  umgebildet  habe.    Für  uneriässiiche  Mittelglieder  der 


ihre  Beziebiing  auf  die  römische  Gemeinde.  365 

sa  beCmeMeo.  Dtesu  fcbliesBl  jedoch  nicht  aus,  dass  sich  dfeser 
Zweok  nach  dem  Slandpankl  einer  beatimmten  Gemeinde  oder  Ge- 
gend nfther  modiflcire;  wie  wir  una  vidmehr  die  iirchrisiliche 
Sohriflatellerei  überhaupt  nrspritnglich  als  eine  loltale,  henror^e-> 
Ulfen  dnrch  ertliche  VerhAltniaae  und  Bedarfnisse,  zn  denken 
haben,  so  werden  wir  aneh  bei  Werken  von  allgemeinerer  Be- 
dentang aom  Voraus  vermnthen  mOssen ,  dass  sich  die .  Spuren 
ihrer  nftehsten  Bestimmung  nicht  gftnzlioh  daraus  verloren  haben^ 
und  ea  verlehnt  sich  der  MOhe,  nur  näheren  Erkenntniss  ihrer 
Bntat^nng,  diesen  Spuren  naehKugehen. 

Hnen  vorlfiullgen  Fingerneig  hiefttr  geben  einige  SBOge,  welche 
wir  bisher  noch  nicht  in's  Ange  gefasst  haben.  Wir  finden  c.  16, 
W  bei  der  Verhandlung  in  Philipp! ,  in  einem  geschichtlich  höchst 
unsiehern  Zusammenhang  (s.  o.)»  die  iOage  gegen  Paulus  und  Silas: 
ovTOi  d    avdi^noi   ixraQaoaovaiv    T^jutSr   ttjv   noktv  ^lovöatoi 
vTid^ameg^  nal  xarceyYeXlovaiv  S9rj^  S  ovx  t^eariv  tj^iv  naQu- 
SixcO'äai  ovde  Ttoielv  "^Pw/aaiotg  ovat  —  also   mit  Einem  Wert^ 
eine  Klage  wegen  Preselytenmaeherei^  wegen  Verbreitung  einer 
re%fo  tfliei^a  e$  pereffrina.    Wirklich  werden  die  Angeschuldigien 
auf  diesen  Grund  hin,  ohne  ordentliches  Gerichtsverfahren,  ge- 
zflehtigt;  es  neigt  sich  iedoch,  dass  man  es  nicht  mit  Juden  ^  son^ 
dem  mit  EOmem  zn  thun  gehabt  liat,  und  ihre  Eichter  sehen  sich 
zn  einer  besoh&menden  Ehrenerklärung    genOthigt     Die  glelohe 
Klage ^  politisch  gewendet,  wiederholt  sich  in  Thessalonioh,  17, 
6:  Ol  tijv  olxovfiivrp^  avceafccTviaavreg  omoi  xal  ev&iöe  nuqeiaiy 
itcii  ovtot  ndvreg  dnkvavti  ttuv  doyfiarwv  KalaaQOg  nQdtTOVOi, 
ßaaiHa  kiyovreg  €T€qov  ehac ,    ^It^aovv.     Auch  hier  scheint  sie 
jedoeh  keinen  Erfolg  zu  haben.    Noch  bestimmter  wird  die  An- 
sohuldignng  gegen  Paulus,  ort  nccQct  rov  vofiov  ovrog  dvaTteiSei 
tovg  av^qtmovg  aeßsaduc    rov   Ägw  (18,   18),   von   Gallio.  in 
Korinth  mit  der  Erklärung  zurookgewiesen :   das  sei  ein  ^ijttj^cc 
neql  koyov  xal  ovofiaTwv  xal  vo^ov  rov  xad^  vfiag,  eine  rein 
religiöse,  inneijttdische  Streitfrage,  welche  die  bflrgerliche  Obrig- 
keit nichts  angehe.     Aehnlieh  äussert  sich  auf  das  Geschrei  der 
opkesinisohen  Tnmultuanten  aber  Beeinträchtigung  des  offentiichon 


GeschichtserzähluDg  vollends,  wie  c.  16,  5 — 8,  kann  man  keine  Nachweisun^  eines 
speciellen  Zwecks  verlangen,  und  doch  haben  wir  selbst  hier  gesehen ,  dass  die 
Kürze,  mit  welcher  der  Verfasser  über  diesen  Theil  der  Heidenmission  hinweggebt, 
Hhwerlkh  abiichtilot  \mU 


366  Zw«ik  der  AposflsIgeMliitihtf ; 

«•UiflcUoiifitMi  (dl«  OetoiaHa  i>implon§tl$  bei  Plln.  «fu  H)  to 
slMUsohe  teiriNhor  19  ^  39:  die  ChrMeQ  li»beii.  Aoh  vheder  ^ 
Teoi^rMh«  noeh  iler  Sellefllistenuig  mkali^g  giemauht,  UM  Mge 
sie  ver  de»  ordenOieheH  OerkMen  Maiweil.  NaefaÜto  miM 
Peeloe  ie  römuehe  Hefl  gpeeetbe»  i«t,  erfeltefi  Aursl  der  Trik« 
Lyeiae  in  aeiiiem  Berichl  e»  Felix  (dft^  29^)  t  ^^  e}^MMiloi9«fM» 
^£^  ^7]%iffid^0v  tqS  vo^v  avvui^f  fifßiv  dir  ä^iott  Stxmkw  i, 
decftm  t^l9fi^a  üxüVTa.  .  Bieselbe  Uebetseagviig  :^eitaai  ii«tsi 
der  politiwlieii  Weadoiig^.  welche  die  Jodeo  M,  6  ihrer  AmcImI- 
digang  geben,  Felix  24v.iiil)  C  «MUÜch  geM0  dareh  MteMik« 
men,  nnd  sehUes^ieh  ß^flchi  e»  Feetm  mi«  (M^  16  f)^  diBs  ea 
sieh  bei  der  Klage  ge^on  Pnaln»  am  kein  Veffbnadietty  «Niden 
nnr  um  einige  jadis^he  StreiCfrejgee  i^ehendeUi  bebe,  wie  <l«i 
eneh  Agrippe  die  UnsohiUd  4m  Apqstele  \mmgk  CV.  31  f.).  G^ 
2Ulge  flcheineo  nun  vielleicht  beim  ereten  AnbUek  genas  absichtslM. 
Es  lag  tn  der  Netar  der  Seche  >  and  ee  erhellt  euch  eue  d-Ker.  11, 
mAydesePeakpe  Alters  vor  Gerieht  gezogen  werde;  wamn  bittt 
de  nicht  eech  dif  Anff9«/Bai^g.  4»;  ohilsttiehee  Sieeha  Renn  finiM 
eellen^  welcher  w}r  hier,  begegneo,  die  JBetraeMmig  dtNvalbei  «U 
einer  bargerlich  gteiebgnttigen  Privetoigelegenfceit  der  »^ 
znnal  den  €hns|#ilhain  dninala  noch  keine  soloh«  BedeateBg  ffi" 
Wonnen  hette^  dei»  ee  po(Hisohe  BesetVAisee  bewonmiii/eo  geeint 
wer?  Allein  am  eben  jener  Stelle  erhellt  ettoh^  deag  e»  ranlw 
hehieswese  nnr  pit  so^  WlUgfe.  heidniaeheA  Ohrigkeftan  za  tkin 
het^e,  als  ansere  Schrift  uns  Ipennen  lehrt  ^  warnn  er^ftbll  n« 
diese  ioimer  nnr  solehe  Begegnungen  mit  niobticidis^dien  Bebflrd«, 
die  mit  :aineF,;Rhi;ei^klärang  für  fden  Apostel  endigten?  W^ttr 
kennen  wir  nn«  aber  aiis  imserer  gingen  bisherigen  Untefsnebnl 
Qberzeagt  heben,  d*es  i^nsere  DarsteUnng  ttlierhenpi  eJeht  nii 
gesebichtlioi»er  Art  isr^ijiind,  dass  ein  Zug,  der  sich  io  ibr  nit 
solcher  Ragelmässigkeitv  wiederholt^  wie  deretonengefttllite,  inm^r 
anf  eine  besondere  Tenden«  hinweist.  Eben  diese  wird  endlich 
im  verliegenden  Fall  ausser  Zweüel  gesMU,  Miimt.  wis  bemtik^ 
deis  jene,  dem  Peulus  nnd  dem  Christentbum  eherhanpt  lo  £^« 
atigen  BfidArangen  dnrebw  nipht  immer  enC.historisehem  W<p 
gewonnen  werden.  Wie  nnwahrscheinlich  der  Auftritt  in  Pbilippi 
ist,  haben  wir  früher  gesehen.  Ebenso  wurde  bemerkt,  dass  die 
Klage  der  tbessalanlcensrisciien  Joden  die  Fiirbe  einer  späten  ^ei^ 
trägt.  Die  Bntsofaeidang  c.  lä,  13  wird  zwar  dem  gesobicbtiich 
bekannten  Bruder  Seneca's  in  den  Mund  gelegjt,  nbfr  doeb  mm» 


ihre  Beziehung  auf  die  römische  Gemeinde.  367 

aaffallea^  dasa  der  cOiniflclie  Procontal  eine  Klage  auf  ein  gesetzlioli 
verpöntes  Vergehen,  die  AaBbr^itung  eiaer  religio  ÜUcita^)^  ver 
aller  Untersucbang  als  jodisehaii  Wertotreii  abweiat.  Waa  endUeh 
dift  ürliMrangeu  aiH  Oiiiisten  d^^  Pavlus  während  seiner  Haft  in 
CAsaifQa  betrifft f  so  lausa  nai|  sieb  billig  wundarA,  wohsr  der 
y^ffiiß^U  va^  ^m,  Brief  di^s  Lysias  ^  JT^jul  wd  den  Uaterre* 
dttiigeii  zwis^hon  Fea^ns  «ad  Agcippa  diese;  genaue  Kund»  bal, 
Qi|d.  nai^hallea  Ergebnisse^  nsaserer  frdberon  Untersuoliavc  wird 
mafi  es.  BjliemantL  wehren  kdnnen,«  aaeh  diese  Aensserangen  mehr 
daia  SabriftateUer,  ala  den  handelnden  Personen  auf  Reehming  xb 
biiasgeo^  .  Nimmt  man  hinzu,  im»  sich  in  unserer  Schrift  gerade 
die  VorwQrfa  gegen  das  Christenthum  berücksichtigt  fladan,  \velahe 
tteses  alfs  eine  staatsgeMbrJiebe  und  gesetawidrige  Neuerung  er- 
seheineii  lassen ,  (Ue  Klage  auf  Eiaftthrang  eines  verbetenen  Kultus, 
auf  Ef^inträehtigung  der  j^taat^srelig-ion,  auf  revolutionäre  Ten- 
denzen (die  Chruüani  kasleg  CaeMorumy^,  so  hat  es  alle  Wahr- 
scheinlicfajkeit  fHlr  sieh,,,dass  es  dem  Verfasser  mit  seinen  gehäuften 
ErzAhliingenr  von  der  Zurttol^weisung  jener  Anklagen  durah  die 
heifliii^hen  Obrigkeiten  eben  darum  xu  thun  war,  die  politische 
Verdächtigung  des  Christenthums  zu  widerlegen ,  und  eben  dahin 
W^rd^n  wir  auch  aus  dem  eraten  Theil  unserer  Schrift  eine  Thal^ 
fache  20  ziehen  haben,  die  wir  bereits  äua  andern  Erfinden  für 
ungeaeUchtlich  erklären  mussten,  dep  bertlhmten  Ausspruch  Ga* 
maliel'a  6y  38 ji  denn  die  Politik  des  Zuwartenn  und  Gewähren- 
las[|ens,  welehe  diesef:  anräth,  schliesst  Alles  in  sich,  waa  die 
chrfs^hen  Apolpge^n  auch  vom  römischen  Staat  verlangen 

Ist  aber  dieser  Zug^  absichtlieh,  so  weist  er,  wie  man  ihn 
aneh  analoge ^  jedenfalls  auf  die  VeFhältnisse  einer  Zeit  und  einea 
Ortes^  wo  das  Ghristanthum  bereits  mit  der  rdmischen  Staatsge- 
walt in  Spannung  geratben  war.  Die  näebstUegenide  Vermuthung 
wird  in  diesem  Fall  immer  die  sein,  dass  d^r  Verfasser  die  An-* 
sohnldlgangen  heidniacfier  Gegner  zurückweisen  wolle  ^  und  man 
wird  nicht  sagen  können,  dasa  diese  Absicht  seinen  christlichen 
Lasern  gegentlber  ^ndenkbar  sei  ^  denn  theila  fLonnte  es  ihm  j&weck- 


0  Darauf  milssle  sich  nämlich  die  Klag<^,  wenn  sie  geschichtlich  ist,  bezogen 
haben,  denn  flir  so  unerfahren  in  ihren  Rechten  werden  wir  die  Vorsteher  der 
Jadenschaft  in  einer  Stadt,  wie  Korinth,  nicht  halten  dürfen,  dass  sie  vor  einem 
ROmer  wegen  Abfall  vom  mosaischen  Glauben  geklagt  hätte.  Unser  V^assei'  freilich 
«rlilftit  das  nttnd  rdv  vo^w  des  13ten  Terses  V.  15;  TUf^X  roftov  tov  na^*  v^Sg 


368  Zweck  der  Apostelgeschichte;    . 

massig  scheinen ,  diesen  eine  Antwort  auf  heidnische  Anklagen  mn 
die  Hand  %a  geben,  (heils  int  auch  nicht  noth wendig ,  dass  unser 
Verflasser  bei  seinem  Bache  nnr  an  christliche  Leser  gedacht  hat, 
wie  ja  überhaupt  in  jener  Zeit  der  vielfachsten  borgerlichen  und 

I  geselligen  Beziehungen  zwischen  Christen  und  Heiden  die  beider- 

seitigen Leserkreise  nicht  schlechthin  getrennt  gewesen  s^  ktanen. 
Nicht  unwahrscheinlich  iat  aber  allerdings  Seh  necken  b  ärgeres 
Vermuthung  (S.  244  ff.),  dass  die  absfohtliche  politische  Reini- 
gung des  Paulus  mk  dem  Hauptzweck  unserer  Schrift  in  engerem 
Zasammenhang  stehe,  und  gleichMls  auf  Judenchristen  berechnet 
sei.  War  es  auch  zunftchst  partikularistischer  Stolz  und  Selbst- 
erhaltungstrieb,  was  die  Juden  der  durch  Paulas  bewirkten  mas- 
senhaften Heidenbekehrnng  abgeneigt  machte,  so  konnte  doch  auch 
noch  das  Weitere  Interesse  hinzukommen,  dass  sie  eben  durch 
diese  Ausbreitung  des  Messiasglaubens  itn  heidnischen  Beligions- 
gebiet  mit  den  Gesetzen  gegen  Proselytenmncherei  in  Konflikt  ge- 
riethen;  und  so  wenig  es  nan  auch  das  eifrigere  Judenthum  selbst 
mit  diesen  Gesetzen  genau  nahm  (Matth.  29,  15  u.  A.),  so  gerne 
mochte  man  gegen  Paulus  die  durch  Ihn  horbeigeffthrten  Gtefahres 
fOr  das^ Christentham  geltend  machen,  ja  es  mochten  leidenschah^ 
lichere  Judenchristen  alle  gegen  das  Chrii^tentham  ftbeitiatipt  er- 
hobenen Vorwtlrfe  aosschliesslich  auf  die  PauUner,  als  dif^^gen 
abwälzen,  welche  allein  Aber  den  gesetiblichen  Besitzstand  des 
Judenthums  in  das  Eigenthum  der  Staatsreligion  tibergreifen  und 
durch  ihre  nicht  auf  die  Synagoge  beschrfinMen  Vorträge  eine 
Agitation  im  Volk  herrorrufen  0-  Seit  der-  neronischen  Christen- 
Verfolgung  besonders  mochte  sich  da,  \^  diese  gewdthet  hatte, 
unter  den  messiasgläubigen  Jaden  der  Gedanke  regen,  jeden  wei- 
teren Anlass  zu  Verfolgungen  dadurch  abzuschneiden,   dass  sie 

^^/i^i^itrt^  sich  von  denen  losschälten,  auf  welche  die  Staatereglion  Ansprach 
machen  konnte,  and  weicite  ihrerseits  ja  doeh  eigentlich,  wie  sie 
meinten,  kein  Aiii^cht  aufs*  messkinlsche  Heil  hatten.  Der  Um- 
stand, dass  es  vorzogsweise  Juden  sind,  denen  die  pdftischen 
Anklagen  gegen  Paalus  in  den  Mund  gelegt  werden  (17,  5.  19, 
12.  23,  27  if.  24,  5),  wogegen  sich  die  heidnischen  Obrigkei- 
ten seiner  annehmen,  mächt  eine  solche  Beziehang  unserer  Dar- 
stellung auf  Judenchristen    sehr  wahrscheinlich.    Jedenfalls  aber 


•)  Aehnlich  machen  es  ja  die  Kirchenväter,  wenn  sie  die  heidnischen  Anschul- 
diguiigen  gegen  die  Christen  den  Onostikem  laschieben;  2.   E.  Just.  Apol.  I,  26. 


ihre  Beziehung  auf  die  römische  Gemeinde.  3^9 

tähti  fins  die  unverkennbare  Absichüit^eit  deraeiben  in  die  Ver- 
hAlUdsse  einer  Gemeinde^  die  sehen  von  politisdier  Verfolgung^  «u 
leiden  gdiebt  hat  Und  zwar  wttrden  wir  diese  mit  überwiegender 
Wahrscheinlichkeit  im  Westen  des  römischen  Reichs  suchen,  da 
grerade  hier,  in  der  eigentlich  römischen  Welt,  die  von  nnnerer 
jSchrilt  hervorgehobenen  politischen  Anscholdigimgen  gegen  das 
Christenthum  vorzngswdse  im  Schwange  waren,  wogegen  in  den 
<fcatlic^^n  Ländern  der  Religionsstreit  sich  mehr  am  die  theoretuäefaen 
Fragen  der  religiösen  Vorstellnng  bewegte«  Indesaen  werden  wir 
sogleich  deutlichere  Sparen  des  Orts  treifen,  fflr  den  unsere  Scfarllt 
bestimmt  ist,  Sparen^  die  hier  nicht  zum  erstenmal  bemerkt  werden  ^). 
C.  19,  21  wird  berichtet:  nach  längerer  Wirksamkeit  in 
JBpbesos  habe  sich  Paulus  eine  Reise  d^h  Jerusalem  vorgenommen, 
^Tt(iüVj  Ott  fdsra  TO  yeriadac  (ne  iuel  del  fie  xai  '^Pwfi.fjv  ideiiß. 
Was  er  hief  als  seinen  eigenen  Vorsatz  ausspricht,  das..erwriist 
«ich  in  der  Folge  auch  als  der  Wille  Gottes;  23,  11  sagt  ihm 
Jesus;,  (/ig  dupiaq%vQ(a  %a  TtBql  ifioü  slg  ^IsQOvaak?^^  oikm  as 
del  Hut  dg  'PcSjuip^  ^a^vqrjaai^  und  auf  der  gefährlichen  See« 
reifi|e:eifpiuthigt  ihn  27,  24.  ein  Engel  mit  den  Wortmi:  /u^  q>oßov^ 
JJaCle'  Kaixsaqi  os  del  7ti;fQaa%ijvai.  Ja  sdien  in  den  Worten 
Jesu  aber  Paulus  9,  16:  axevog  ixlay^g  fioi  iai^v  airog  toS 
ßaaT^oai  ro  ovofid  fiov  Bviomov  idvwv  xai  ßaaiXewv  .wcJJr  te 
^I^Qcci^l  könnte  ßaailsvgy  hier  in  der  Verbtedong  ndl  ßdvrj  hdd-* 
nische  Fürsten  bezeichnend,  auf  den  Kaiser,  den  einzigen,  dessen 
unsere  Schrift  erwähnt,  hia weisen.  IMesen  BrUärungen  entspricht 
nach  die  That  Paulus  selbst  weist  alle  Abinalinungen  von  der 
jernsalemitischen  Reise  zur(|ck  (20,  22  if.  21,  10  if.),  dieilllr 
ibn  durch  höhere  Fägung  das  Mittel  werden  sollte,  naeh  Rom  sn 
gelangen,  und  bewirkt  durch  seine  Appellation  an  den  Kaiser 
(25,  10  if.),  welche  für  ihn  selbst  nach  26,  32  gar  nicht  nöthig 
gewesen  wäre,  seine  Abführung  nach  Rom;  und  andererseits  steh^ 
mit  jenen  ((Ifenbamngen  so  augenscheinliche  Reweise  der  tiber 
ihm  waltenden  Vorsehung  in  Verbindung ,  dass  sieh  nicht:  bezwet- 
^eJn  läset,  es  war  die  Hand  Gottes  selbst,  die  ihn  nach  Rom  ge* 
führt  hat:  unmittelbar  auf  das  Nachtgesicht  23,  11  folgt  die 
ISczählung  von  der  Rettung  des  Apostels  aus  einer  bedeutenden 
Lebensgefahr,  welche  wir  in  diesem  Zusammenhang  nur  als  einen 
thatsächlichen  Releg  dafür  ansehen   dürfen,  dass  Paulus  getrost 


*)  Vgl.  SchnecJK^aburger  S.  123  ff. 

24 


370  Zweck  der  Apdi^Telg^schkhie ; 

tBite  kMD)  dttBiä  dtt»  Al^f«tit  Cloftles,  di^  «MMli  9^M  etgfene  fet^  khüs 
f£a(ytVQ^<^i  dg  "^PtiftTfl^,  itoti,  hiler  flitidek'iiisse  in  Sa^rftllUA)^  g^heli 
wird,  bei  der  zweiten  OffebtorM^  «7,  24  sh^  ei)  det  m^^l 
eelbst,  dUtfs  Ffttilafs  und  eeflie  Ibeieeg^eäellsöhafl  dei^i^hiAA  gleitet 
werden  «oll,  treil  ^  bemtimikkt  fst^  velr  dem  l!hrMe  des  Kni;^» 
«  ernoheineii.  fl»  veitlfeec  alle  BeftektaH^,  nttfei"  weleh6tt  «»6- 
eiehtepoiil;t  die  röttlselie  Gefungensoliaft  dee  Apostels  lifii^f  gesteift 
^Ird.  I^e  fst  nlolit  <eiA  iTnglüdk^  des  ibu  widerfiArt,  iädbt  tun 
für  ihn  UDerwarteteig,  seine  Flene  dnref^kreu^ieBdes  fefeigniste,  isroti- 
ileni  ttur  die  Attstttläruig  seittes  eigenen,  n-ei  geflissten  EntseUitSMfS, 
nur  das  Mittel  »nr  Bvreiehong  des  «iel«,  wälehes  iiiAi  ^^ett  Mtt 
gesteelEt  ist;  weit  entl^nt  dalier,  dass  el-  ibr  inaliwiolie^  g6ht  er 
ihr  vMmehr  mit  der  freieteil  Bntselilessenlreit  ent|regen,  nhd  iiiiit 
von  sieh  ans  den  Schritt,  der  sie  herbeifahrt;  ebenso  geschieht 
aber  von  Seiten  Snttes  Alles,  um  ihn  dahin  zu  bringen,  wohin 
ihm  in  kommen  hesttoiM  ist,  ntd  weder  die  mo^deriddlre  Arj^lfst 
seiner  Feinde,  noch  die  Wath  der  Elemente  kann  ihn  daran  tet^ 
hhident  Der  Aufenthalt  de*  A'postels  in  Eom  erscheint  so  als  die 
eigentliche  Spitäie,  der  s€än  jgMm^B  Leben  nnsti^oert)  naeh  'dHt  tt 
selbst  hhurtrebl,  «hd  ^d  der  er  von  der  Vorsehung  hingelenkt 
wird.  Fragen  wir  aber,  welches  die  Besftnihiin^  dei^  A>pet^teto  Ih 
Born  ist,  80  verweist  unsere  Schrift  nicht  auf  die  Begebenhrit,  an 
die  #ir  hiebei  nniehet  denJEen  wtkiMlen,  aaf  selnM  fiikrkyrertod 
—  iik  GegentheH,  von  diesem  49ehw«^gt  £^e,  so  wenig  t^t  ^  hMh 
nhol  e.  20,  M  t  mbefcuint  gexitreseti  sein  kann  ^^  -^  sondeHi 
nnf  seine  WifkssiäaiBeit  2ar  Ansbreienag  des  Chilsten^^imi^  in  llom. 
Nar  an  diese  Wird  mit  d«n  f^a^vv^&öit  dg  "^Ptif^  23,  11  e^fii'- 
■ertt,  wenn  aueh  hn  Ansdraißk  das  Mal^eyHom  des  l^deid  Mrch- 
enklingen  scheint^  gaw  bestimmt  abet  ei<heiit  aüs  dem  'S^Mnsa 
unserer  Behrilt,  dass  sie  ^s  Ist,  weldie^  die  gan^eErzfehloteg  von 
tPanitas  rasrtrebt.  PaniuskoMmt  alsOefangenel*,  wteir  dt^r  ef^wef- 
ntön  Airiklag«)'näch  Eom.  Was  konnte  'dem  lioseir  meUr  itfteres^ 
«iven^  Us  zanächst  von  dem  «(äik^ksiA  zn  erfahren,  das  ibh  hfei- 
tmft  Aber  rfavon  kein  Wwt.  M«r  so  Viel  wiM  ^eHcbftety  äklib 
er  zW^  Jahi'e  dh  war,  ohne  im  Verkehr  mft  AYidetn  gehUnfert 
8«  «ein,  dass  er  das  Evangelium  verkondigte,  iingehemni^,  nrtt 


*)  S.  Seh  necken  bürg  er  S.  125,  der  mit  Recht  bemerkt,  auch  die  vielen 
warnenden  Vorhersagungen  des  nvsvjua  a.  a.  0.  hätten  keine  rechte  Schicklichkeit, 
wenn  sie  sich  nur  auf  eine  temporäre  Gefangenschaft  bekögeti. 


ihre  Beziehung  auf  die  römische  Gemeinde.  371 

»llei^  Vreimoth.  Halten  wir  dielten  Sehlass  dds  Euohs  mit  der 
voriiergehwideM  i^arstellvBg  eusammen,  welchen  andern  Bindniok 
Mnnen  wir  erhalten,  als  den,  dass  es  eben  diese  Veiicündigang 
des  Evangeliums  in  Rom  war,  welcher  Paulas  darch  alle  seine 
Erlebnisse  seit  seiner  Abreise  ven  Ephesus  zugeführt  werden 
«eilte,  welche  er  von  Anfting  an  als  seine  Bestimmung  (ßel  fis 
xal'^PcofjtTp^ideiVj  19,  31),  als  die  Vollendung  seiner  ajßostolischen 
Lauf  bahn  ^)  erkannt  hatte  ^)?  Diesen  Bindmek  werden  wir  aber 
«M  se  weniger  als  ein  absichtsloses  Brgebniss  der  geschichtlichen 
DarsteUiiug  betrachten  können,  je  offener  wir  uns  anch  hier  ge- 
stehen mOssen,  dass  er  keUieswegs  auf  rein  geschichtlichem  Weg 
erreicht  wird.  Schon  im  Allgemeinen  liesso  sidi  dieses  bei  dem 
d«pchgftngigen  Tendenzcharakter  unserer  Selaift  voraussetzen*  Nun 
finden  whr  aber  tiberdiess  gleich  die  erste  Hinweisung  anf  Rom, 
19,  dl,  in  einmn  Zusammenhang,  den  wir  nicht  für  durchaus 
hieloiricioh  halten  konnten,  well  Paulus  den  Entschluss,  nach  Jem- 
salem  zu  gehen,  seinen  Briefen  zufolge  in  Ephesus  noch  nicht 
mit  «elcher  Bestimmtheit  ansgesprochen  haben  kann  S).  Wenn  ferner 
die  zwei  Visionen  c.  28,  11.  37,  28  für  sich  genommen  nicht 
undenkbar  wftren,  so  ist  doch  das  doppelte  Vorkommen  solcher 
psychologischer  Erscheinungen  in  unmittelbarer  Verbindung  mit 
Lebensrettungen,  die  ihnen  zur  Bestätigung  dienmi,  za  unwalur*- 
scheinlioh,  als  dass  es  sich  anders,  als  vom  Standpunkt  des  Wun- 
derglaubens, festhalten  liesse  —  in  unserer  Schrift  wenigstens, 
deren  gesohichtli<^  Zuverlässigkeit  ven  sonst  her  viel  zu  stark 
ereehnttert  ist^  um  einer  derartigen  Unwahrsoheinlichkeit  das  Oe-> 
geng^widit  zn  halten.  Ganz  klar  ist  endlich,  dass  das  Schweigen 
vom  Ted  des  Paulas  nur  absichtlich  sein  kann,  denn  dass  er  dem 
Verfusser  bekannt  war,  haben  wir  schon  gesehen,  und  dass  er 
ihn  nieht  berittirte,  weil  er  ihn  bei  seinen  Lesern  als  bekannt 
voraussetaen  konnte,  ist  durchaus  unglaublich;  da  hätte  er  auch 
von  der  Bekehrung  des  Apostels  und  hundert  andern  Dingen  schwei- 
gen müssen^  aber  warum  sollte  es  selbst  für  römische  Zeitgenossen 
kdn  Interesse  gehabt  haben,  einen  genauen  Bericht  über  die  letzten 
Werte  und  Schicksale  ihres  Apostels  zu  besitzen?    Es  liegt  also 


')  reletwoat  xov  Sqo/uov  /uov  xai   Ttjy   SiaxovCav  tjv  Haßov  na^a   tov  itvqCov 
*Ir}aov^  Siajua^rv^aa9-ai  to  svayyiXiov  rrjg  ^aqaoq  tou  &€0v,  20,  24. 
*)  Man  vgl.  die  treffliche  Ausführung  Schneckenburger's  S.  126. 
3)  S.  0.  S.  2Ö8. 

24* 


372  Zweck  der  Apostelgeschichte; 

naserer  DwrsMhmg  Mer^ngs  einl  bestimmte  Absieht  zu  Gmnde: 
die  Wirksamkeit  des  Paalas  in  Rom  ist  der  ZiielpiiDkt  oserer  gu- 
een  Sclirift,  dem  eben  desshslb  auch  der  Apestel  selbst  nicht  alleiB 
durch  seinen  eigenen  standhaften  Bntschia8S,  sondern  noch  darch 
die  nnverkenabarsten  göttlichen  FOgnngen  sageflllbrt  wird. 

In  denselben  Znsammenhang  fttgt  sich  die  Verhandlang  des 
Panlns  mit  den  römischen  Juden   ein,  deren  Geschichtlichkeit  wir 
schon  froher  nach  Banr^s  Vorgang  in  Anspruch  nehmen  mnssten, 
deren  Bedeutung  für  unsern  Verfasser  aber  eben  damit  nur  om 
so  stärker  hervortritt.    Ist  es  auch  seine  stdiende  Oewohnheit,  den 
Panlns  immer  zuerst  bei  den  Juden  einen  Bekehrungsversuch  na- 
chen  zu  lassen,  ehe  er  sich  an  die  Heiden  wendet,  so  zeigt  doch 
schon  die  Ausfahrlichkeit  unseres   Berichts,    die    nach   so  vieten 
ähnlichen  Auftritten  gar  nicht  mehr  nöthig  gewesen  wftre,  wie 
viel  ihm  daran  lag,  dieses   Verfahren  gerade  in  Rom  besonders 
hervorKuheben.    Alles  ist  aber  hier  nach  Bchneckenburger's 
treffender  Bemerkung  (S.  85)  nicht    nur  ausf Ohrlieher ,    soodera 
auch  universeller  gehalten,    als  bei  der  Besclureibung   desselbeo 
Hergangs  in  früheren  Auftritten.    Es  wird  den  Anwesenden  nicht 
nur  ihre  persönliche  Verstocktheit  gegen  das  Evangelium  vorge- 
halten, sondern  der  Prophet  Jesajas  mnss  dem  Apostel  besseagen, 
dass  dieses  das  allgemeine  Verhalten  des  jadischen  Volkes  sei; 
die  Unempfättglichkeit  der  Juden  und  das  Recht  der  Heidenpredigt 
wird    aus    der  Zufälligkeit    des   einzelnen  Falls    heransgehobei, 
beides  tritt  sich  in  allgemeiner  Weise  als  allgemeines  Gesetz' ge- 
genüber, und  erhält  durch  die  Worte  des  Propheten  seine  höhere 
Bestätigung.  „Diese  letzte  römische  Scene  ist  gleichsam  der  &iMw» 
einer  empirischen  Induktion  fOr  die  von  Gott  gegebene  Bestinmiviig 
zu  den  Heiden.^^    Wie  kommt  es  nun  aber,  dass  der  V^aseer 
diesen  Schluss  erst  jetzt  macht,    dass  Paulus  eine  und  dieselbe 
Erfahrung  Jahrzehende  lang  wiederholen  muss,  um  erst  am  Ende 
seiner  Laufbahn  sich  seines  Rechts  zur  dnoarolrj  ttjq  dxQoßvarlag 
in  dieiaer  grundsätzlichen  Weise  bewusst  zu  werden  f  Etwa  oor 
weil  seine  Geschichte  jetzt  zu  Ende  ist,  und  der  Verfasser  keiie 
Gelegenheit  mehr  hat,  den  gleichen  Hergang lauch  noch  von  wei- 
teren Städten  zu  erzählen  ?  Oder  zeigt  nicht  schon  der  bedeotsMne 
AbschlnsB  unserer  Schrift  mit  eben  dieser  Scene,  mit  dem  Gegessats 
zwischen  der  augenfälligen,  in  ihrer  allgemeinen  Nothwendigl^eit 
dargestellten  Verstocktheit  der  Juden  und  der  ungehemmten  Hei- 
denpredigt des  Apostels,  dass  eben  dieses  der  letzte  Eindruck  i^tj 


*    ihre  Beziehung  auf  die  römische  Gemeinde.  373 

den  der  Leser  ans  seiner  Darstellung  mit  sich  nehmen  soll:  Panlns, 
durch  gdttliohe  FOhrnng  nach  Rom  gebracht,  aber  auch  hier  von 
seinen  Volksgenossen  verschmäht,  verkond^  den  Heiden  der  Welt- 
stadt das  Bvangelinm.  Weist  nicht  auf  eben  diese  Absicht  das 
auffallende  Schweigen  von  der  romischen  Christengemeinde?^) 
Welche  Bedeutung  diese  Gemeinde  schon  vor  der  Ankunft  des 
Apostels  hatte,  erhellt  aus  dem  ganzen  ROmerbrief  noch  unwider- 
sprechlioher,  als  selbst  aus  der  bestimmten  Aussage  ROm.  1,  8  ff., 
denn  nur  diese  eigenthOmlicbe  Wichtigkeit  derselben  konnte  Paulus 
veranlassen,  seine  persönliche  Ankunft  bei  ihr  durch  ein  so  be-> 
deutendes  und  sorgsam  ausgeführtes,  alle  Frdchte  seines  reichen 
Geistes  in  sich  vereinigendes  Sendschreiben  vorzubereiten.  Schon 
desshalb  lässt  sich  nicht  denken  ^  dass  unser  Verfasser  —  wer  er 
auch  war,  und  welcher  Zeit  er  angehörte  —  die  frühe  Existenz 
der  römischen  Gemeinde,  diese  weltbekannte  (Rom.  1;  8]  That^ 
Sache,  nicht  gekannt  hfltte.  Nichtsdestoweniger  bei  der  Erzählung 
von  der  Ankunft  des  Paulus  kein  Wort  von  dieser  Gemeinde,  nur 
28,  15  die  flüchtige  Notiz,  dass  ihm  die  Brüder  aus  Rom  eine 
Strecke  weit  entgegengekommen  seien  —  diese  Brüder  können 
aber  auch  nur  vereinzelte  Gläubige  sein,  das  Dasein  einer  Gemeinde 
liegt  nicht  in  dem  Ausdruck.  Ist  es  nicht  klar,  dass  der  Verfas- 
ser von  der  Gemeinde  nur  desshalb  nicht  mehr  sagt,  weil  er  nicht 
^  mehr  sagen  will?  Aber  warum  will  er  nicht?  Schwerlich  dess» 
halb,  weil  die  Berührung  des  Paulus ^mlt  den  Römern  eine  zu 
unfreundliche  war^  um  von  Ihm  erwähnt  zu  werden  (Schnecken - 
burger  a.  a.  O.);  denn  was.  hinderte  ihn  in  diesem  Fall,  an  die 
Stelle  der  nnfireundlichen  Begegnung  eine  freundlichere  zu  setzen, 
^  wie  er  diess  im  Verhältniss  des  Paulus  zu  den  Jerusalemiten  und 
^  den  Judenchristen  überhaupt  thut?  Es  scheint  vielmehr,  die  römische 
^  Christengemeinde  werde  vor  der  Ankunft  des  Paulus  desshalb  zu- 
rückgestellt,  um  diesen  als  ihren  eigentlichen  Stifter  erscheinen 
zu  lassen ,  und  ebenso  werde  umgekehrt  der  grundsätzliche  Bruch 
mit  dem  Judenthum  desshalb  nach  Rom  verlegt^  um  ihn  hier  erst 
in  seine  volle  Wirksamkeit  als  Heidenapostel  einzuführen.  Und 
dazu  stimmt  es  aufs  Beste,  dass  Paulos  unmittelbar  nach  seiner 
Ankunft  nicht  die  Häupter  der  Christengemeinde,  wie  man  diess 
döeh  2Sunäohst  erwarten  sollte,  sondern  die  angesehensten  Mit- 
glieder der  Jndenschaft  zu  sich  bescheidet,  und  dass  diesen  über 


k 

r 

ii:. 


')  Vgl.  Sehneck enburger  S.  120  ff. 


374  Zweck  der  ApoBtelgeBcbicl)4e ; 

dM  Christentham  no(A  gar  niebts  Gentueres  beibiiiiit  ist.  Gebt 
mM  von  den  wirkliöhen  geschiclitliDhen  Verhtitnteaen  «ns,  m 
mu88  das,  wie  Artther  gezeigt  wurde,  in  bobem  €Srad  anffaOea, 
nach  der  Darstellung  nnsers  Verfassers  dagegen  ersohemt  es  gaaz 
folgeriobtig,  Bine  Christengemeinde  e^istirt  ihm  aofolge  aeoh  gar 
nicht  in  Rom,  erst  von  Paulus  wird  dne  solche  gestiftet.  Born 
ist  so  das  letzte  Ziel,  zu  dem  der  ganze  Lauf  des  Paulas  bin* 
steuert  Gefahren  und  Rettungen,  Hindernisse  und  Verfelgungea 
mOssen  ihn  hieher  fahren,  damit  er^u«ter  den  Heiden  die  ranisclie 
Gemeinde  grOnden  kann. 

Auch  was  vom  Bürgerrecht  des  Paulus  erzählt  wird,  sebeiat 
efaie  besondere  Beziehung  auf  die  Römer  zu  haben*    Zwa^r  mochte 
ich  nicht  mit  Schneckenburger   (8.   243)   sagen,    es  werde 
bei  den  Lesern  des  Buchs  eine  Kenntniss  von  den  Privilegien  rö- 
mischer Bürger  vorausgesetzt,  welche  wohl  am  Ehesten  bei  rö« 
mischen  Judenchristen  erwartet  werden  konnte;  denn  das  wir 
wohl  im  ganzen   römisohen  Reiche  bekannt,  was  die  Eroberer  ia 
dieser  Hinsicht  vor  den  Besiegten  voraus  hatten.    Um  so  weniger 
scheint  aber  die  zweimalige  Erwähnung  jenes  Bürgerrechts  selM 
absichtslos  zu  seüi.    Wie  es  sich  auch  mit  seiner  GesohichtUofakeU 
verhalten  mag,  jedenfalls  wird   von  ihm  o.  16,   37  ff.  eine  sehr 
unwahrscheinliche  Anwendung  gemacht,  und   dass  ausser  Panlas 
auch  Silas  romischer  Bürger  war,  ist  kaum  wahrscheinlich  ^>  Wir 
sind  daher  berechtigt,  in  diesem  Zug,  oder  doch  in  der  Art,  wie 
er  benutzt  wird,   eine  Absicht  zu  vermuthen.    Ist  es  nicht  wirk- 
lich^ als  ob  mit  demselben  nur  die  thatsächliche  Antwort  auf  die 
Anschuldigung  V.  20  gegeben  werden  sollte:  ovwi  oi  ävSigo^mt' 
ixtaQcloaovoiv  i^f^wv  z^v  noliv  ^lovdatoc  v^rap^o^^^S^  ^^^  üuicbt 
es  dann  nicht  schon  die  Analogie  wahrscheinlich,   dass  anob  die 
Erzählung  212,  26  ff.  nicht  ohne  ähnliche  Abttchtlicbkeit  ist?  Man 
beachte  nur ,  wie  Alles  dazu  dient ,  mit  dem  römischen  Bürgerrecht 
Wirkung  zu  thun.    Erst  der  Kontrast  zwischen  dctm  ränusobea 
Tribun,  der  es  sich  nur  mit  vielen  Kosten  erwerben  konnte,  and 
dem  Gefangenen,  der  es  schon  durch  seine  Gehurt  besitzt,  dsoii 
die  augenblickliche  Befreiung  durch  diesen  Talisman,  endlich  die 
Furcht  des  Tribunen,  zu  welcher  dieser  in  der  Wirkliehkeit  gir 
keinen  Anlass  hatte.    Für  eine  ganz  einfache  Gaschiehtaeraäblong 
kann  man  diess  nicht  halten.    Hat  sie  aber  eine  Tendenz,  weieiie 


f 

')  Das  Genauere  hierüber  S.  255  ff. 


Ihre  Beiiel^ung  %ul  di^  rds^iiscbe  Genvelnde.  375 

i^Aeirfi  wflK4&  beibßjßr  plW6^^.al9  öjiß,  4^11  Ajfj9^te}  ^f^Ufimim  fUß 

ejpQH  ge)^pf^^«A  Rfi^er  ^^ii  Q«ap(Qltfen?   jfni  \ireloh^n  Biifl|li<^  in 

dm  Pr*j(iM^tMmu9.  PDciorer  Scbrift  gewinnen  yf\r  a^ok  Y«n  bier 

j      am»l  Pl»^]1^^  »t  oicbt  4er  Btndringlipg,  far  4w  seilte  Gegner  ilm 

1      i^mi£:i|b^p  (i9W  ^ff'*  ^^  SimoDsaafe  and  4ie  Apologie  Köm.  iHj 

20i  fi.)j  ^K  gal^ört  ^om  ^obpjp  4ur9b.  seiq^  Gebort  an,  er  bnt  in 

j      4jm  be4ep)^icb«t9n  Mgen  nn4  n)it  dem  glftnzen4£>ten  Erfolge  voi| 

;      aßUffivf  r^misob^n  Bflrgerrepbt  Gehrauob  gfim^cbt,  er  ist  eben  w^en 

I      seiner  Bigensßbaft  al«  römi«ipher  Btlrger^  nnter  dem  angenspbein- 

ÜQb^ten  Spbat^^i^  d«r  göttlichen  Vorsehung  i),  n^  Rom  gekpnifliieni 

^      illl4  bat  bier^  von  den  Juden  selbst  da%u  genöthigt,  die  Gemeinde 

Wter  dfiO  Briden  in  ungehemmter  Th^tigkeit  gegründet  —  wai| 

ff^tltte  nppb  «n  dem  Naohwajs,  d^as  er  nach  alipn  götUivhen  nnd. 

,;       m9llu|o^pba^  B#ct^^en  als  der  Appstel  der  romijsohen  Gemeinde  »n 

^       lietraQliti9n  sei,  und  wie  könnten  wir  in  einer  paratellnng»  welphe 

^       ipit  dipser  Wirkung  «^bsct^ieapti '  ihre  besondere  ^weckba^iehnng 

^       ^s^f[  d^e  römlaohe  Christengemeinde  verkennen? 

^  Zu  dem  allgemeinen  Zweck  un«ierer  Sobrtft,  dem  der  Brie-* 

,        deiWBtjftnng    !^yimhe^   Beiden-  und  Judencl^ri^ten,   verhüll;  sich 

^        djieser  besondere  nicht  so,  dasa  er  m)(^bhAngig  von  ihm  ^eben- 

bei*U9fe^  sondern  nur  so,  d^ss  jeper  durch  diesen  näher  bestimmt 

^        Wlr^v  ^^  ^'^  Versöhniing  der  Partbeien,  um  die  Binpfehlnng  den 

Q^idpu^ipeisiteb^  l^nd  seiner  Wirksamkeit,  bandelt  es  sich  ancl^  bei 

*     d^lf^y.yfft^  siqb  speciell  »uf  die  r^(aisohe  Gemeinde  bezieht ,  l^^r 

;        dt^  iftA^r  Zwepk  Mer  nicht  in  deiner  fi^Ugßjnoiiflj^fiWy  sondern  zu- 

n^qlvst  fibe^  in  pipiner  Anwofidang  ftnf  die  römiscl^en  Verhältnisse 

,         Yprfolgt  wird*    ICbend(imit  erhaben  wir  aber  i\^er  den  p]fia  nn«i^e« 

Bqpits   nberb(^npt  pinpn  beaphtpnswpithen  Aufscbluss.     Schon  a# 

und  für  sich  hat  es  keine  Wahrscheiuliphke^^  dasa  eine  Scbriltt> 

wie  die  vorliegende,  nur  aus  einer  allgemeinen  Reflexion  über  die 

kirchlichen  Zustände  und  Bedürfnisse  hervorgegangen  sein  sollte; 

wie  sie   vielmehr  unmittelbar    auf    das  praktische  Verhalten   der 

Partheien  zu  wurken  sucht  (man  vgl.  c.  15),  so  ist  es  auch  zum 

ye|c«ua  wabrapbfWlicb)  d^fiß  ein  unmittpl^aresi  prfiktlaehj^  Bedürf- 

m^9  i^K  Äi^stwd  piner  be^^inimt^n  ^em^lnde,  ibr^  Afcfjwsiwg 

zn94^h|8t    yer^Ataa^t    i^nd  ibre  ^.usfttbruQg  bestimmt  ha^t,    Sfie^ 


')  C.  £3,  II  ff.,  fiT,  21  ff.,  28,  3  ff.,  wo  die  nefle|ion  V.  4  Aeu  btill>stclH 
tigieo  Ela^mck  dff  oüikti  iamßtvy  weI«liao  siß  ^qjrcb  d^a  Kontrast  verst^iioa  mAU 
deutlich  ausspricht. 


376  Der  Zweck  der  Apostelgeschichte 

seUiesst  natOrlicii  nieht  aiu,  dasB  der  Verfasser  seine  Aufgabe 
aUgemeifier  auffassen  konnte /nnd  da  nun  die  Streitpunkte  zwi- 
sohen  den  Partheien  wohl  überall  so  ziemlich  die  gleichen  waren, 
so  mosste  eine  Schrift,  welche  auch  nur  zunächst  auf  Eine  Ge- 
meinde in  dem  angegebenen  Sinn  wirken  wollte,  der  Natur  der 
Sache  nach  zu  einer  allgemeinen  Tendenzscbrift  werden.  Aber 
doch  Iftsst  sich  erwarten,  dass  auch  eine  solche  die  Spurdn  ihrer 
nächsten  Bestimmung  nicht  veriäugnen  werde.  Diess  bestätigt  nnn 
auch  der  Augenschein.  Paulus  und  der  Paulinismus  wird  hier 
allerdings  ganz  allgemeitt  mit  der  Urgemeinde  und  ihrem  Cbri- 
stenthum  in  eine  für  die  Friedenszwecke  des  Verfassers  berechnete 
Parallele  gestellt,  das,  was  ihm  am  Paulinismus  die  EUiuptsacbe 
ist,  der  Universalismus  der  Heidentaufe ,  wird  gerechtfertigt;  aber 
indem  die  Laufbahn  des  Heldenapostels  gerade  in  Rom  ihren  vor- 
herbestimmten Abschluss  erreicht,  und  dieser  ihr  Zielpunkt  mit 
aller  Sorgfalt  angebahnt  und  bemerklich  gemacht  wird,  so  biegt 
der  allgemeine  Zweck  von  selbst  in  den  besonderen  um,  und  wie 
das  paulinische  Heidenchristenthum  wesentlich  nach  Rom,  als  seiner 
eigentlichen  Metropole,  hindrängt,  der  Heidenapostel  als  solcher 
nothwendig  der  Apostel  der  ROmer  ist  idel  /ne  Twurjv  Idelv  u. 
s.  w.},  so  ist  umgekehrt  das  römische  Christenthum  wesentlich 
Paulinismus,  die  römische  Gemeinde  eine  paulinische^  auf  welche 
daher  alles  das,  was  der  Verfasser  zur  Empfehlung  des  Paulus 
und  seines  Standpunkts  gesagt  hat,  seine  ganz  besondere  Anwen- 
dung findet,  in  welcher  der  Friede  mit  den  Paulinem  keinen  An- 
genblick  beanstandet  werden  sollte.  Dass  aber  in  Rom  die  Ver- 
hältnisse wirklich  von  der  Art  waren,  um  eine  Darstellung,  wie 
die  ttttsrige ,  veranlassen  zu  können ,  darauf  werden  wir  auch  noch 
später  zurtlokkommea  mtlssen. 

4.   Die  Composition  der  Apostelgeschichte  aus  ihrer 
Zweckbestimmung  erklärt. 

Unsere  bisherige  Untersuchung  hatte  die  Aufgabe,  auf  ana- 
lytischem Wege,  durch  Sammlung  und  Vergleichung  der  einzehien 
Anzeichen,  zu  der  Idee  vorzudringen,  welche  dem  Geist  ihres 
Verfassers  als  Zweck  der  Schrift  ursprOnglich  vorschwebte,  und 
als  innerer  Binheitspunkt  des  Ganzen  ihre  einzelnen  Theile  be- 
herrscht   Es  ist  noch  ttbrig,  dass  wir  denselben  Weg  rOekwäfto 


an  ihrer  Gomposition  nachgewiesen.  377 

verfolgen,  and  83niüietisoh  entwickeln,  wie  das  Einzelne'  in  ihr  ans 
jener  iffsprttnglicben  Einheit  hertergieng.  ' 

n  Um  ein  friedliches  Verhältniss  zwischen  den  streitenden  Par- 

i       thefen  der  Christenheit,  den  Panllnern  und  Jndaisten,  zunächst  tut 
z       die   römische  Kirche  anzabahneU,  will   der  Verfasser  Paulus  und 
den  Panlinismus  in  ihrer  Uebereinstimmung;  und  Gleichberechtigung 
.       mit    dem    tirsprOngiichen  Judenehristenthum   und    seinen  Aposteln 
jf       darstellen;  in  dieser  Absicht  zeigt  er,   wie  das  dhrlstenthum  dei* 
f^     .  Urgemdnde  wesentlich  unverändert  durch  Paulus  als  einen  voll- 
berechtigten,  allseitig  lieglaulkigten  und  anerkannten  Apostel,  mit' 
^       Wissen  und  Willen  der  Urgemeinde,  unter  der  unverkennbarsten 
^       Leitung  Gottes,   zu  den  Beidenchristen   und  insbesondere  zu  der' 
heidenchristliohen  Gemeinde  in  Rom  i)  übergieng.     Durch  diesen 
Grundgedanken  unsers  Buchs  ist  zunächst  der  Inhalt  und  das  Ver-^' 
hältniss  seiner  Haupttheile  bestimmt.  Den  Anfang  macht  nothwettdig 
eine  Schilderung  der  Urgemeinde,   das  eigentliche  Ziel  des  Buchs 
ist  aber  die  Darstellung  des  Paulus  und  seiner  Wirksamkeit  unter 
den  Heiden.    Jene  hat  der  Verfasser  in  den  fOnf  ersten  Kapiteln^ 
diese  vom  ISten  Kapitel  an  gegeben;  zwischen  diese  beiden  Thell6 
stellt  er  aber  dnen  Abschnitt,  welcher  schon  durch  die  merkwUr- 
digie  Vöi^chränknng  päulinischer  und  jerusalemitischer  St(lck6  iseigt, 
dass  er  eben  den  Uebergang  vom   ernsten  zum  zweiten  zu  MMen* 
bestimmt  ist^).    Als   prachtvoller  Eingang  dient  der  Schrift  die' 
Erzählung,  wie  der  Herr  selbst,  in  messianischer  Herrsoherglorie 
schadend,  seiner  Lehre  ihren  Weg  von  Jerusalem  bis  zum  saxct- 
T&»  kijg  fqg,  bis  ztim  fernen  Westen,  der  äussersten,  von  einei^ 
Apostel  erreichten  Grenze,  dem  tiQ/ua  %^g  dvascog  (Clem.  1  Kor.)' 
vorzetehnet    Es  folgt  sofort  im  ersten  Theü  die  Darstellung  der 
U/gemeinde;    erst  ihre  Bildung  durch  die  Aposteiwahl  und  die 
Geistesausgiessnng,  dann   die  Schilderung  ihres  innern  Zustands, 
ihrer  Wunder  und  ihrer  Verfolgungen.    Wie  aber  schon  das  Pflngst- 
wunder  die   im  dritten  Theil  berichtete  Ausbreitung  des  Christen- 
thums  unter  allen  Völkern  symbolisch  vorbildet,  und  die  petrini- 


^)  Unter  die  ^&vtj  ufkmWch  wird  die  pauliniscfae  Christengemeinde  zu  Rom 
(8.  0.)  durch  28,  28  vgl.  mit  V.  30  f.  sichtbar  gestellt.     Vgl.  Rom.  1,  13.  .14. 

^  4^  1,  8  anknüpfend,  könnte  man  dieses  Verhältniss  auch  so  darstellen: 
von  den  drei  Stationen  für  die  Ausbreitung  des  Christenthums ,  Judäa,  Samarien, 
die  Heidenländer,  behandle  der  erste  Theil  die  erste,  der  andere  die  zweite,  der 
letzte  die  dritte;  doch  wäre  diess  geographisch  nicht  ganz  genau. 


sehwUeifin  ,4vfMi  btaweben,  ao  ai«^  wdI^  in  4eii,  Igssfni  Vitpr*. 
folgangen  und  den  inneni  BMrtmg^u^  ^Q^pipeii  dif)  9m<lM&  w 
JedMalem  mid  ihren  Aposteln  ava^Quetet  Ist,  diq  aiH^t^rctn  ii^iden 
und  Anfeindungen  des  Panlua  vergaiiii^Qt  Dio  «t^Ulde^iwg  dei 
Ui^emeinde  selbst  ist  synunetorwK^h  ia  z.iv§i  .Graupen  (c,  %,  49  — 
4,  ai  nnd  4,  33  -^  5,  43)  vertbeiU,  ia  deren  j^der  wk  die 
drei  otm  besseichnQten  V9ßkt^  In  der  angegebene  Ordnung  fqU 
gen:  erst  eine,  panegyneohe  Darstellung  der  ^rOpnvigkeit,  Bin^ 
tEnQbt,  GOtergemeinaohaft  in  dejwi  nr^prflngUoiben  ChrMmverein 
(Knp.  3  9  43— 47.  4»  31^^-37),  dann  je  Sin  wsf^brlieh  er- 
ainhltea  Wunder,  3,  l—io  i^jn  Heüoiwawnniter,  (I»  %~±± 
ein  ^afw:«nder,  hierauf  die  Ver^<dgingen  3,  ü  H«  $,  1.7  ff* 
Aei  allen  direi  Punt^ten  ist  ferner  in  ißr  »weiten  Girqppe  eiUQ  Stei-r 
geunng  des^n  m  bemerken,  was  in  der  ersten  er^^^ktt  ist:  d^t 
djsw  änapTcc  xoivcc  3,  44  wird  4,  33  durch  dnnnegntiven  Aus-* 
dru^  aCdi  dg  t^  z(3v  viux^xavTcav  avV^  ele}^«»  if^ov  eli^i^»  ge«- 
stefgert,  ebense  das,  was  3^  45  vom  Verkauf  und  dar  Vertb^Uni^ 
der  G<tter  gesagt  ist,  durch  die  auagef^hrtere  Slctdld^trong  4,  .94  ff* 
imA  da«  fjootv  im  %b  *amd  3,  44  'dar«h  die  $cmff^¥  H<d  tjüivxii 
fimAy.  33;  von  den  swei  Verfolgnngen  haben  wir  ftobeir  »Bf4i<^n 
geeeben^  dass  die  «; weite  nur  eine  verstärkte  Wiederholung  der 
ersten  ist;  statt  der  Einen  Lahmenheaung  3^  %  ff.  heben  wir  <v 
(^  neben  dem  Straf wnnder  an  Ananias  und  Snpphira  ^eine  gtmß 
M^nge«  der  anssererdentlichsten  Heilungswundar  (V*  13.  1$),  So 
entwickelt  sich  hier  AUes  nncb  einem  ms^  einfech^  Pragmntjsmus. 
Swisehen  die  Sandlnng  sind  beim  Pfingatfest  und  den  beiden  Ver^ 
folgungen  petrinisohe  Lehrreden  eingeflochtenf 

Weit  verwickelter  und  kunstreieher  ist  die  Giiedeimg  des 
»weiten  Tbeila.  I>en  Anfang  maoht  das  Efeigniss,  ämmh  das 
wirldieh  aller  WahrsehelnlieUbeit  nach  die  ersttVerbreHong  des 
GhriatenthoniS' anter  Niobijuden,  und  «ugl^ieh  die  Bekehrung  des 
Heidenapestels,  mittelbar  veranlasst  w»fde ,  die  Verfiügnng  gf^n 
Stepbnnus.  Dieser  Verfell  jat  aber  mit  siehtbayer  Etloksicht  aof 
den  Hauptzweck  des  Buchs  behandelt.  War  Stephanus  schon  seiner 
geschichtlichen  Persönlichkeit  nach  ohne  Zweifel  ein  Vorgänger 
dea  Paulus,  so  erscheint  er  hier  recht  eigentlich  als  das  Vorbild 
desselben  atas  der  Urgemeinde.  Zunächst  ist  ihm  innerhalb  der 
letztem  eine  sehr  ausge;&eibhnete  Stellung  angewiesen:  wie  er 
schon  bei  der  Diakoi^nwabl  6,  6  unter  ihren  Vertrauensmännern 
zuerst  mit  aus:»eichnenden  Prädikaten  (^vSqu  uk^r^  ni<x%mg  m 


an  lhr«r  ConpotHio»  naehgewiesen.  879 

Ttvevfimog  äyUv)  geMAnt  ist,  so  ersehouil  er  6,  8  In  •iiier*d0f 
•potiiolischeii  ftiuilogen  Wwdetthitfgkeiti),  in  seinen  Prteess  nN* 
seine«  Tode  ist  die  P«fallele  mit  dem  verklagten  und  adeiteftden 
Christus  unverkennbar,  dessen  verklärte  BrseheMWg  ihm  in  seiner 
TodeMtnnde  zu  Theil  wird  2),  naeh  seiner  Hinriohlang^  wird  er, 
zum  deutHcben  Beweis  seiner  eigenen  Untadelhafligkeit  vnr  dem 
eesetjs,  von  gesetxesfremmen  ^)  Mftanern  bestatWt,  nutet  deneu 
man  in  diesem. Znaammenhaug,  nach  der  Flueht  aimmtüeberChri^ 
sten  (V.  1)^  nur  Juden  verstehen  kann.  Zugleich  steht. aJber  diesmr 
Heros  der  Uigemeinde  nicht  allein  in  seinen  Sohieksaltta,  aondeni 
auch  in  seiner  Lehre  in  einem  VerwandtsohaftsverhäUniss  isu  Paulus^ 
das  wir  uns,  so  wie  es  hier  erscheint,  unmöglich  anders  als  aus 
absichtlicher  ISeiehbildung  beider  erklären  kännen.  War  P«al«« 
als  Zerstörer  des  Oesetnes  verschrieen,  so 'lautet  auch  die  ▲»* 
klage  gegen  8lephanus  auf  Blasphemie  dee  Oeeetoea  und  AnkfUiH 
digung  seiner  Abschaffung  durch  Jesus,  und  wenigstens  gegen 
den  Tempelkult  tritt  er  selbst  in  seiner  Bede  stark  genug  anf« 
^  Bat  jener  das  messianische  Hüil  von  den  Jnden  trM  den  Heiden 
hinobergebraobt^  9Q  erklärt  auch  dieser,  dass  das  israffitisehu 
Volk  sich  jederzeit  der  göttlichen  Goadenerweisungen  unwürdig 
und  unfähig  gemacht  habe.  Ist  Paulus  am  Bude  dem:  Haan  der 
Juden  erlegen,  so  fiel  ihm  Stephanu^  noch  augenacbeinliober  iam 
Opfer*  Dass  diese  Parallele  nicht  bhia  im  gesohicbtiieheu .  Saab-* 
verhalt  liegt,  sondern  vom  Verfasser  mit  Bewusslanin  und. Absiebt 
verfolgt  wird,  erbellt  ans  der  frei  componirten  Vertheidigungsvede 
des  Stephanus  und  aus  ihrem  Verhftltniss  zu  den  Vertrigen  des 


')  6,8:  ZH^avog  Se  nlrjqrj^  ^aQitog  xai  Svva/usog  hioUi  te^ata  xa\ 
€f9f/ueta  jueyaXa  er  tto  lato.  4,  33:  fisyalri  Svydjust  änfStSow  rd  fta^rtv- 
qior  Ol  hfoaroXot^  X^9^^  ^'  jusyalij  ^v  liit  nwrtttq  aOvovg.     5,  12:  ^uk  Se  wv 

^)  Auch  mit  der  ebjonitiscben  Sage  vom  Tod  Jakobus  des  Gerechten  (Heg es. 
b.  Eus.  K.  G.  II,  23,  6  f.)  bat  unsere  Erzählung  auffallende  Aehnlichkeit;  wie 
hier  Stephanus  Christum  zur  Rechten  Gottes  sitzen  sieht,  so  ruft  dort  Jakobus: 
tt  /US  htt^ffftatf  nsqi  ^hjaov  rov  vlov  rov  av^qtanov ;  xorV  at)fd$  xa^rat  h^  rtd 
o^^ay^  hc  Seh^r  rfg  jutyttXr^;  Svraaetig  xai  /uXXet  tqxsod'ai  hu  rv^r '  rtiqmXär 
rov  ou^avoy  (offeubare  Nachbildung  der  Rede  Jesu  Matth.  J{6,  64):  wie  hifrder 
sterbende  Stephanus  knieend  für  seine  Mörder  betet,  7,  60,  so  dort  $.  7  Jakobus: 
k&rjxs  ra  yovara  X^ytay'  xvqis  ^(h  nanq  a(p€g  avroTg'  ov  fa^  otSaai,  rC  noiov^ 
aiy.  (L.  23,  34).  Dieses  Zusammentreffen,  das  wohl  kaum  zufällig  ist,  beweist 
jedenfalls,  wie  sehr  unsere  Erzählung  nach  ebjonitischem  Geschmack  ist. 

^  sdXafieTg  vgl.  über  diese  Bedeutung  des  Worts  2,  5.  22'  12  Lachm.  L.  2,  25. 


380  Der  Zweck  der  Apostelgeschichte 

Pftoliis  fn  ADtioohioD  «nd  Athen  0*  Stephaans  Hldet  so  das  ei- 
gentliche Mittelglied  zwischen  Panlns  und  der  Urgemeinde,  er  Ut 
In  seinem  Charalcter  und  seinen  Schicksalen  der  jernsalemitiBcbe 
Typos  des  Heidenapostels. 

An  die  Verfolgung  gegen  Stephanus  schliesst  sich  nvn  eine 
doppelte  Reihe  von  Erzfthlnngen  an,  die  sämmtlich  auf  Paulus  and 
sein  Auftreten  Beziehung  haben:  solche,  die  Ihn  unmittelbar  und 
persönlich  betreifen,  nnd  solche,  die  dne  Vorbereitung  seines  Auf- 
tretens von  Seite  der  Jerusalemiten  entiialten.  Beiderlei  Erzäb- 
lungsstOcke  sind  hier  elgenthOmlich  verschlungen;  wiewohl  aber 
die  der  zweiten  Klasse  dem  Umfange  nach  weit  überwiegen,  se 
zeigt  doch  nicht  allein  ihre  ganze  Beschaffenheit,  dass  auch  bei 
ihnen  Paulus  der  eigentliche  Zielpunkt  ist,  sondern  dieser  tritt 
auch  Immer  wieder  an  so  bedeutenden  Punkten  In  die  Geschichte 
eln^  dass  man  wohl  sieht,  wie  wenig  ihn  der  VerAuiser  auch  in 
der  Zwischenzeit  aus  den  Augen  verloren  hat.  Auf  eine  kurze 
Br wähnung  des  Saulns  nnd  seines  Verfolgungrgeifers  7,  1.  t*)! 
folgt  nicht,  wie  man  erwarten  sollte,  das  chronologisch  zunächst 
Liegende,  seine  Bekehrung,  sondern  die  von  Philippus  und  Petros 
In  Samarien  und  an  dem  Aethiopier  bewirkten  Bekdirungen:  ehe 
der  Heldenapostel  berufen  wird,  mu^is  der  zweite  Theil  von  den 
Verheissungen  des  Herrn;  1,  8,  die  Verkandigung  des  Evange- 
liums In  Samarien,  begonnen,  und  der  Magier  Simon,  dieses  eb- 
jbnltilN^he  Zerrbild  des  Paulus,  zur  Vermeidung  jeder  Verwechslung) 
seine  Bolle  ausgespielt  haben.  Nun  erst  tritt  Paulus  in  den  Chri- 
stenverein, und  zwar  unter  Umständen,  welche  ihn  von  Anfang 
an  in  naher  Verbindung  mit  der  Urgemeinde  erscheinen  lassen: 
sein  Täufer  ist  der  gesetzesfromme  Ananias,  Bamabas,  der  längst 
Bewährte,  fahrt  ihn  in  Jerusalem  ein,  er  selbst,  weit  entfernt 
von  dem  Verhalten,  auf  das  er  Gal.  1^  16  stolz  Ist,  bedlt  sich, 
von  Damaskus  ans  nach  Jerusalem  zu  kommen,  lebt  hier  als  Ver- 
kfindiger  des  Evangeliums  In  Jerusalem  und  ganz  Judäa  (26, 20) 
längere  Zeit  mit  den  Zwölfen ,  und  lässt  sich  nur  unter  Sträuben, 
sei  es  durch  den  Mordanschlag  der  Juden,  sei  es  durch  die  Er- 
scheinung Jesu  (32,  17),  zur  Heidenmission  drängen.  Bhe  er 
jedoch  wirklich  in  diese  eintritt;  muss  ihm  Petrus  den  Weg  bahnen; 
Paulus  begiebt  sich  von  Jerusalem  aus  in  seine  Heimath,  nnd 
kommt  erst  11,  2ä  wieder  zum  Vorschein.    Wer  nur  unsere  SchriA 


*)  M.  8.  hierüber  S.  301.  2«!  f. 


an  ihrer  Gomposition  nachgewiesen.  3S1 

kennte,  wflrde  nioht  anders  gUnben  können^  als  dam  er  in  der 
Zwischenzeit  vdllig;  stillgesessen  sei,  um  so  mehr,  da  znenit  in 
Antiocliien  einer  heidenohrisdichen  Gemdnde  Brw^nnng  geschieht; 
hüren  wir  dagegen  Gal.  1^  16.  21,  so  ist  es  höchst  unwahr* 
seheinlieh,  dass  sich  der  fearige  Nenbelcehrte,  welcher  von  sdner 
Berofiing  zum  Heidenapostel  erfoUt,  nicht  blos  nach  Tarsns,  sen^ 
dern  in  die  Mfiara  rijg  SvqUcq  xal  T^g  Kihxlag  gieng,  nicht 
in  der  eifrigsten  Th&tigkeit  bewegt  haben  sollte.  Der  Plan  unseres 
Verfassers  jedoch  bringt  es  mit  sich,  davon  zu  schweren  $  ehe 
Paulus  wirken  kann,  muss  ihm  der  Vorgang  des  Petrus  (e«  10  fO^ 
welehem  die  Erzftlilnngen  9,  31  if«  zum  Vorspiel  dienen,  und  die 
Billigung  der  Heidenbekehrung  dnrdh  die  Jerusalemiten,  o.  11, 
die  Berechtigung  zu  dtosem  Wirken  verschafft  haben,  ^tzt  erst 
erfahren  wir  auch  von  der  Stiftung  einer  Gemeinde  aus  Heiden-* 
Christen  (11^  20),  obwohl  diese  chronologisch  schon  vor  die  Be- 
kehrung des  Cornelius  zu  fallen  scheint,  und  Paulus  arbeitet  an 
derselben  (II,  26);  aber  noch  ist  er  nicht  selbstftndig  als  Hei-* 
denbekehrer  und  Gemeindestifter  aufgetreten,  nur  Barnabas  hat 
■*  ain  als  G^Olfen  in  eine  schon  bestehende  Gemeinde  eingdUhrt 
In  seiner  unabhängigen  apostolischen  Wirksamkeit  wird  ^  erst 
gezeigt,  nachdem  die  Geschichte  der  Urgemeinde  zu  eiUMi  Ab- 
schluss  gebracht  ist.  Diese  geschieht  durch  die  ErzftUung  des 
zwttlften  Kapitels.  Während  die  Verfolgung  gegen  St^hahus  die 
Apostel  persönlich  nicht  berflhrt  hatte,  so  wird  jetzt  einer  von 
i  ihnen  hingerichtet,  ein  anderer  dem  drohenden  Tode  nur  durch  das 

■■  augenscheinlichste  Wunder  entrissen,  und  während  sie  8,  1  bei 

t  der  allgemeinen  Flucht   ii^  Jerusalem  geblieben  waren,   sehllesst 

^  jetzt  die  Geschichte  des  Petrus   12,  17:  i^eldwv  iTtoQsv^  etg 

i  azegov  tonov.    Jerusalem,  bisher  der  uaverrflckte  Blittelpunkt  der 

christlichen  Geschichte,    hort  -mit    der  Flucht  des  Apostelfttrsten 
»  auf,  es  zu  sein,  und  nur  die  Reisen  des  Paulus  zu  ihr  erimiem 

\  fortan  noch  an  das  Bestehen  und  die  Bedeutung  der  Urgemeinde* 

Um  so  weniger  werden  wir  es  fttr  absichtslos  halten  können,  dass 
\  diese  Schlusserzählung  zwischen  eine  Reise  des  Paulus  nach  Je^ 

i  rusalem  11,  27  ff.,  und  seine  Abreise  von  da  12,  2fi  eingerahmt 

ist:  wie  Petrus  vom  Schauplatz  abtritt^  ist  auch  derjenige  zur 
Hand,  dem  er  mit  seiner  letzten  apostolischen  Thätigkeit  die  Sohran-- 
ken  eröffnet  hat,  um  in  seinen  nun  von  allen  Seiten  angebahnten 
und  gerechtfertigten  Beruf  einzutreten.  Die  Geschichte  der  Ur^ 
gemeinde  ist  zu  Bude,  und  die  des  Heidenapostels  beginnt;  der 


382  Der  Zweck  der  ApostelgAsohkhte 

daher  jetst  erst  len  K»»eii  eriiilt,  anter  dein  er  der  lieldenolirlBt- 
UebiMi  WeU  bekirnnt  w«r  (13 ,  9). 

fiÜBfticlier  eraelieiiK  In  Ckiniseli   dto  Anordiaiig    des    dtitteii 
TliM»5  wriober  die  Oesclilchte  dea  Paalas  umfasst.    Der  eang  der 
BraMilang  ki  G^ixmseii  war  hier  dem  Verfasser^  der  mbh  kk  dfoBem 
TMI  etae  KweiM  mehr,  als  Sn  den  fraheren^  an  gegebene  €Be- 
siAiohtsf «eilen  gehalten  hat,  durch  die  Breig^isse  seihst  Yoi)ge- 
Keiehnet.    Brst  die  Mrxem  fieicehrangsreise  des  Paulas  aad  Sar* 
ttäbas)  Ueraiif  der  ApesteloonTent, ,  dann  die  grosse  Misskmsfaise 
dea  Thahis  nad  Silas,  endlkk  die  leteta  Beise  naoh  JaHnwleui  «nd 
die  CMangensohaft  dea  Apeatels.  DIess  ist  ohne  ZweiM  die  wirlt- 
liehe  ReihenMge    der  Begebenheiten.     Tbeilweise  wird   dieeelke 
aaeh  dmch  die  Briefe  des  Apostels  verborgt.    So  weist  naaeiitlich 
deai  segenanateA  Ap4stelooncil  der  Galaterbrief  2,1  dieselbe  Stelle 
an,   die  es  hier  hat,  dewi  naoh  1,  dl  lässt  sich  nicht  annehmen, 
dasa  Paelas  Vor  desiaelben  aehon  die  Grenxen  Byriens  nnd  Cili- 
eieili  «af  die  IMrier  ttberschritten  hatte,  währead  doek  cd,  71. 
Bofolge  in  der  HeUenwdk  verausseixt,  die  hedentend  genag  WMren, 
um.  den  Panlaa   als  Ileideaapestel    dem  Jcdenapeatel  Petras    anr 
Seite  zu  stellen^  and  dea  Jmrasalemitea  die  Anerkennung  «einer 
Bdiechtiglmg  und  aehies  Verfahrens  abzuawiagen;  diese  IMalge 
ebhr  l^rdifera  ihrerseits  eine  Missionsthätigkeit,  wie  die,  wevua 
«dtoer  laios  und  l^tes  Kapitel  Beispiele  giebt    Uehei^aapt  «ber 
ensehekd  es  sehr  oatUrlieh,  dass  sich  Paulus ''erst  durch  Verhaad- 
ImigtB  mit  den  Jerasalemiteft  dea  Bttokea  sichern  wollte  >  ebe  er 
aeitaa  mit  ae  bedeutendem  Erfolg  Iragoimene  Mission  aber  Klein- 
asiea.  und  Jtaropa  ausdehnte ,  und  wenn  er  naoh  Gai.  2;,  2  in  Fo%e 
einer  OffeAbarong  nach  Jerusalem  gieng,  so  haben  wir  diese  wohl 
auk  dem  «efüM  dekselben  Nothwendigkeit  absnileiten,  über  die  er 
sieh  an  der  glekhe«  Stelle    mit   klarem  Bewadstaein  ausspridit 
(jaiffwe^  dig  hs^ov   r(»^x^  i]  sd^mfiay).     Wiewehl  sich  aber   der 
VMiasser  «hier  im  pausen  genommen  an  die  Entwicklung  der  Ge<- 
siAlshte  selbst  gehalten  hat,    so   hat  er  deeh  nicht  unterkwsoD; 
theüs  dwch  die  Auswahl  und  Stellung  des  Eratthlten,  theüs  dweh 
die  Umbtldnag  und  Br Weiterung   des  Überlieferten  Stefts,    IbeilB 
dvroh  sttanohen  leichteren  Wkik  seiaieB  Pragmatismus«»  dnrehzu- 
ftthreli,  dass  wir  den  Plan  d^s  Cbazen  auch  In  diesem  Theü  sehms 
Weiks  wiedererkminei^     An  dem  geschichtlichen  Stoff  ist  diess 
/  bereits  juaehgewiesen^  die  Anoidnui^  des  OaMDon  ,  und  die  EBa- 
deBtuogen  der  eiaaeiiiett  Tlteile  auf  dOB  Oeaaouatplan  moasen  wir 


an  ihrer  Composition  nathgewresen.  3S3 

^  nolft  fttiB  dl^Miii  til^siol^tliptoiikt  in^fl  Atig^e  "Aussen.  D^  ntttM^  Hün 
ssunHii/hAt  In  fiesi^^Ming  utif  die  2^<vei  Mlffislonsreltfeu ,  aui^ar  d^r 
Vf)lli^n'€tFeiollta^it  d«i9seii,  ifrAts  beide  rn^le  M)er*das  VarfaUibn  defs 
t!  PMiWs  gegett  diic)  Intenthntti  imd  der  Jaden  gegen  Hin  getagt 
hii;  der  Ütni^tand  aWallen',  dftsis  Hrtm  jeder  von  beiden  nnf  eine 
i  ^tf9tsEijge  Iftngere  liebrrede  bevicfatet  wird,'  ven  der  ersteii  v6t  )a^ 
1  diiMMi,  v^tt  der  a^^frtiten  vor  befdliischen  Zuhtfrern.  Da  M  dte 
t:l  Aillfattiitfä  dieser  IlMen  näbb  «ilem  FnAheren  niebt  211  denk^  Ist, 
i  und  dit  »tob  liueb  »bgeseben  davon  nfebt  annehmen  lä^st,  ÜAisti 
!a  46m  Verfasset  VcTn  iso  Vielen  ptittllni^ebettltedien  gerade  nur  diie)»e 
tf  iswei  isagekommeto  sein  sollten,  so-ist  offenbar,  dass  ör  von  jedeft 
($  mul^fgattciflg  solcher  Mtsfi^nsreden  je  Ein  Master  gebeA  wollte; 
t  "vv^/M  m  an  steh  gatiz  sebieklioh  Ist,  aber  ancb  mit  sdnem  spe- 
ki  ^(MLehFthgittLÜmw  tlbereinstinKml^  dass  die  Verbandloug  mit'dän 
i  5Mcn  Merst  steht  ^  liibbt  blos,  wl^il  Paulas  erst  auf  dbt  :ifweitldn 
i\  ReliE^  in  den  geistigen  Mittelpunkt  der  Hefdenwelt  vordtäng,  son- 
I  derii  HtvSfer,  vMl  &ty  liro  wie  Um  unsere  Schrift  sehU^ert,  znnläötaiät 
«  3\idetmpbätel  Ut  und  erst  In  ^Weiter  Linie  Hetdenaposftbl ,  dabet 
f  auch  in  jener  Tbdtigkeit  ftrttfaer  äarsiusfellen  w^t,  als  fft  tfesä^. 
I  Weiter  verdient  die  Kttrze  Beacbtang,  mit  welcher  bei  der  9iwe\^ 
li  tto  'Reise  «belr  die  Wirkäaiikeit  des  Apostels  vor  seinei*  Ankunft 
c  in  Enfo^a  weggegangen  wird;  schwerlich  wohl  Mos  ntks  Mbngl^l 
d  an  »g^eUen  (16,  f  ff;  -6  f.  werden  doch  Khizenreiten  Uns  dieser 
^  BeiseerWffbiil/)^  sonderü  weH  der  Verfasser,  mit  seinem  Inteicesse 
^  anf  den  Westen  gerichtet^  nicht  genug  eilen  kanb,  den  ApcMitd 
I  In  seinem  earopftischen  Wirkungskreis  tm  zeigen  —^  ein  Interesse, 
{,  #Mrt3h  W(9lohes  mdä  die  Angabe  von  seiner  fJnthätigkeit  hi  Vtit- 
,,  derkleinasien  16,  6  f.,  so  wenig  wir  sie  bn  sieb  unglaublich  tedeti 
keanien,  dM)h  nnsimier  zu  wet'dto  scheiftt.  Vne  sieb  eben  die^ös 
IilteTesse  fä  der  Tramnerscbeinang  16,  id  verkörpert,  wte  16,  9t 
b«r4f^  die  V^i^lndmig  des  Püulas  mit  der  römischen  IfifetbefAdb 
vorbereitet  wird,  wie  dias  Veitalten  des  Apostels  zu  Jaden  und 
HeidM;  die  ^feriehtsscenen,  die  Wauder,  die  jerns&lemftische  Iteise 
und  das  €}^«bde  la,  18  dem  »weck  der  Schrift  'dieneü,  wie  dfeslöir 
ganze  Abschnitt  in  der  milesischen  Rede  mit  einer  ausfOhrflChen 
Alpokifie  dkm  Apoiftel«  tind  iii  delr  ^chhl^iiscene  ISO,  36  ff.  mit 
^nem  diese  Apologie  bestfttigemten  Biekt  abs<^lieärst;  ist  ftnhtür 
geMj^  MNmIdn.  Üeben  wir  eidlidli  Mt  Äs,  was  *zWiiicheii  1116 
Mdoft  MnsHtespeiMi  fällt,  den  Apostelconvent^  so  M  zwar,  Veto 
üMateriellGai  seiaef  »SobUdening  abgegeben ,  seine  chreuolegteebe 


384  Der  Zweck  der  Apostelgeschichte 

SteDiiDg  ohBe  Zweifel  hiAtoriseii;  dabei  darf  aber  siobt  flbenehaa 
werdea,  wie  der  Verfasser  auch  dieses  Faktuin  an  dea  Ort  zu 
rflckea  bemQlit  ist,  wo  es  fOr  seinen  Zweck  am  meisten  wirken 
mnsste.    Naeii  GaL  9,  7  f.  mflssen  wir  veranssetaen,  dass  Paulas 
vor  seinem  Besach  in  Jerusalem  schoik  Iftngere  Zeit  mit  solchem 
Brfolg  in  der  Heidenwelt  gewirkt  hatte,  dass  er  fdr  sich,  ala  der 
Heidenapostel  xa%   Hox^f  eine  Anerkennung  verlangen   konnte, 
die  der  des  Judenapostels  Petrus  nioht  nachstand.    Nun  flrage  man 
sich  aber,  ob   man  aus  unserer  Schrift  einen  solchen  Begriff  von 
seiner  Bedeutung  in  jenem  Zeitpunkt  erhalten  würde.    Bis  o.  12 
erscheint  er  nur  als  Gehülfe  des  Barnabas  in  Antiochien;  c  13  f 
madbt  er  Eine  Missionsreise  mit  Barpabas^  die  allerdings  von  be- 
deutenden Erfolgen  begleitet  ist,  und  wobei  er  auch  nach  upaerer 
Darstellung  entschieden  die  Hauptperson  ist,  von  der  man  aber 
doch  kaum  begreift,  wie  sie  allein  ihm,  dem  ftltem  und  angooehe- 
nem  Barnabas  gegenüber,  die  Stellung  verschaffen  konnte^  in  der 
ihn  der  Galaterbrief  zeigt    Aber  diese  Stellung  nimmt  er  i|ooh  in 
unserer  Schrift  noch  gar  nicht  ein;  wo  dieser  Brief  den  Paulus 
in  eigenem  Namen  handeln  lä«^  (2,  1  ff.  dvißfpf  fieTcc  Ba^aßa, 
ayadifvjv  %d,  tvayyihovj  Tieuiazevfiav  to  evqyyeltop  t^q  catqo- 
ßvavlag  u.  s.  w.),  da  ist  nach  der  Apostelgeschichte  das  Handeli 
der  beiden,  Paulus  und  Barnabas,  ein  durchaus  gemeinsames  (16, 
4.  12),   beide  kommen  im  Auftrag  der  antiochenischen  Gemeinde, 
beide  stehen  zusammen  in  einem  Verh&ltniss  der  Unterordnung  zu 
den  Jerusalemiten ,  beide  sind  gleichsehr  (16 ,  26)  av9^not  na- 
qadedwxoteg  tag  tpvxccg  avtiSv  vaiQ  %ov  dvofiarog  ^Irpsovy  vsa 
der  ausgezeichneten  Stellung   des   Paulus   bekommt  man    keines 
Begriff.    Unsere  Schrift  l&sst  also  die  Bedeutung,  welche  dieser 
schon  vor  dem  sogenannten  Apostelooncil  errungen  hatte,  zurück- 
treten, sie  hat,  wie  es  scheint,  in  diesem  Interesse  die  melnjfth* 
jrige  frühere  Missionsthfttigkeit  ,des  Paulus  in  die  Ehie  Bekehmugs- 
jreise  zusammengezogen ,  welche  er  gemeinsam  mit  Barnabas  macht, 
damit  er  im  vollen  Glänze  des  Heidenapostels  erst  dann  liervor- 
.trete,  nachdem  die  officielle  Erlaubniss  der  Urgemeinde  zu  dieser 
Thftligkeit  erfolgt  ist 

An  dem  Bericht  über  die  letzte  Reise  nach  Jerusalem  und  die 
GeAmgenschaft.  des  Apostels  muss  in  Vergleichung  mit  dem  Bis- 
herigen die  unverhältnissmftssig  grössere  AusfOlirliohkdt  auffilles. 
Man  wird  diese  theilweise  aus  dem  Umstand  erklfiren  können, 
dass  hier  Ce.  n.)  aller  Wahrsoheialidikeit  nadi  die  Denksdnifl  eines 


an  ihrer  Composiiion  nachgewiesen.         *  '385 

Augenzeugen  benutzt  ist.    Indessen  reieht  diese  Erklärnng  nicht 
aus,   nachdem  wir  ons  schon  frtther  ttberzengt  haben,  dass-  der 
ganze  Abschnitt  von  2i^    18  —  26,   32  von  Angenzeagenschaft 
keine, Spur  trägt,  dass   die  Verhandlungen  mit  Jakobus  über  das 
Nasiräatsopfer,  die  Gerichtsscenen   und  Vertheidignngsreden,  den 
ungeschichtlicfaen  Pragmatismus   des  Verfassers  Viel  zu   deutlich 
verrathen,  um  aus  einer  authentischen  Quelle  stammen  za  kdnnen, 
dass  auch  für  die  Erzählung  c.  23,   11  iL  keUierlei  Bttrgschaft 
der  Urknndlichkeit  vorliegt    Wir  werden  daher  die  Ansfahrlich- 
keit,  mit  der  diese  Parthieen  behandelt  sind,  nur  aus  der  Absicht 
des. Schriftstellers  erklären  können,  gerade  in  Palästina,  den  Haupt« 
gegnern  seines  Apostels  gegenober,  Alles  aussprechen  zu  lassen, 
was  zu  seiner  Vertheidigung  dienen  konnte,  und  durch  denBrfolg 
dijßser  Vertheidigung  seine  Unschuld  in  das  hellste  Licht  zu  stellen. 
Daher  diese  gehäuften  Apologieen  vor  dem  Volk,  dem  Synedrium, 
dem  König  Agrippa  von  jüdischer,  Lysias,  Felix,  Festns  von  rö- 
mischer Seite ,  Apologieen ,  welche  den  Paulus  als  rechtgläubigen, 
gesetzlichen  Juden,    als  schuldlos  in  jeder  Beziehung   erscheinen 
lassen,   die  Wirklichkeit  seiner  höheren  Berufung  ausser  Zweifel 
stellen,  und  die  Anerkennung  seiner  Unschuld: durch  alle  Instanzen 
herbeiführen.    An  diese,   zunächst  für  die  judalstischen  Leser  der 
Schrift   bestimmte ,  Erzählung   reiht   sich  sodann  in  dem  Reise- 
bericht c.  27  f.  ein  Abschnitt,  welcher  die  Bestimmung  des  Paulus 
znm  Apostel  der  Bömer  durch  die  göttlichen  Führungen  und  die 
Wunder,    die  seine  Ueberfahrt  nach  Rom  begleiten,    an^s  Licht 
stellt;  ^  und  narChdem    die  Schlussscene  mit  den  römischen  Juden 
das  Verhältniss  des  jüdischen  Volks  zum  Evangelium  zur  grund- 
sätzlichen Entscheidung  gebracht  hat,  so  schliesst  unsere  Schrift 
mit  der  Nachricht  von  dem  ungehemmten  Eintritt  des  Paulus  in 
seine  römische  Wirksamkeit. 

Blicken  wir  von  hier  aus  auf  das  Ganze  der  vorliegenden 
Darstellung  zurück,  so  werden  wir  das  Zweckmässige  und  Künst- 
lerische ihrer  Anlage  nicht  läugnen  können.  Von  den  ersten  An- 
fängen der  christlichen  Kirche  bewegt  sich  Alles  nach  dem  Punkt, 
in  dem  4er  Verfasser  die  letzte  Wirkung  seiner  Schrift  zusam- 
mengefasst  hat  >  Der  Schlussauftrag  «des  scheidenden  Messias,  sein 
Evangelium  zu  verkündigen  bis  an  die  Grenzen  der  Erde,  erfüllt 
sich  typisch  schon  im  Pfingstwnnder^  thatsächlich  zunächst  in  der 
jerusalemitischen  Urgemeinde,  die  aber  mit  ihrer  Lehre,  ihren 
Wundern  und  Schicksalen  bereits  den  Heidenapostel  vorbildet  Die 

25 


^S0>  l^er  Zweck  der  Apostelgeschichte. 

V0rälook4fa«it  d6i  jadbclii«  ToH»«,  iron  l^pUMtnii'  heMttgty  ftOU 
düfh  die  blutige  Gewalttliet^  i«  welohe  sie  gegeii  flüt  ewibricVt, 
de»  GbriBtentlraiii   Über  die*  Gre«zeii  JadAe's  AfaiaiMi;  ^Sfareed  e» 
sich  is  Samancli  aeebretet^  #trd  def  beftrgiste  OMütenreerfofger 
dnfOh  ein  Wandelt  »em  Apostel  wngewaiaMt,  iHid  ei^  wlfil  ihm 
seine  Bestemioig  «vier  deii  feraten  Hei#0Q  i^ergezeldfanef ,  dcfr  fts 
aneh^  ifotm  aUes  »tittob^M)  dar  Will»  €Mrisfl  iintf  die  tVüliil'is^öir- 
stigkek  det  Mden  kuINlhlt^     Slle    er    jedoeR  ii^ffklf^ft    M  Aedeii 
Betvf  eülritt^  niiisft  ertit  darcbF  dett*  Vor|;att^  des  Peitüti,  ft  Fbl^e 
der  betftinuntesten  oereolbMraAjfM^    enter  2ttMtlttitttinik^    d^r^  Ürg^ 
meinde,  des  Redlit  der  Heidenbekebrang  gesteuert  seM,   tfiid  die 
Geeefaiobte  der  Jeresfflemttee   dvreü   cBe  Ffüt^t  des  PdtrdA   sieb 
aMehfiessee.    Jet^t  ist  d^p  vebergeng  des  Heil»  en  die  Hefden- 
weM  atiseitig  vorberdM,  ttudi  PMilüs  Itene  seitfe"  Ai^!t  fte^iimeD, 
doeh  cnnftefasl  noch  iA  det*  seMtttöendee  Bfeglefhnig  deer  ÄariMbas 
md  mf  beadiVänktei'em.  tieUete^  erst  nacAdenl  etee  leä&te  V6r- 
handlong  ift  /eraeüdcai  das  Eecht  und  die  Bedfegangee  des  0d- 
dMiehristenthiinie  lesigesient  hat,  tv^det  er  sieh  hr  iMltt  l»efl^ 
ständigkeh  seiMm  BäJaptwirkirngisgehM  hl  d^r  grÜeHli^eh-^rdlni^fied 
Welt  ito.    Die  Lohee,  die  ef  ta^ftOhdig«^  ist  Atti'  di^  Alte»  tfrolhri^- 
liehe,    er  selbst  M   eb   (reher  BieoVeehtei^  des  ^se^es,   ^üt 
Winder  sind  nhi  nlehts  geringer,  seltfe  Leldeia  niüht  gm^i",  iU  . 
die  der  UraposM,  In  seiher  gsttisen  ftrsehetnntfg^  iiftt  er  dai^gd- 
trcne  GegenbM  des  Petrin  ^  seid  Verhttitnfss  Ha  den  urdposUJln 
i^  des  herzlichatei  dir  Paalieisttfas  ist  des  nnkpritii^it^her,  dWh 
die  «egeMdieiAltoheNii  gettlMMtt  Ptthrongeh  aia  (Mt  Heiden  ge- 
brachte UechristeMlHHi^    Bäm   er  sk;h  Vell»tflhdig  als  solcheis  be- 
wikhrey  (tose  die  ApiMgie  desPiulis  fe^  Jhdt^hrieton  (21',  28^  f)? 
Jadm    »hd  Heiden  eifecho^fewd   gefahrt  wetfde,    V^ird  dnrefr  ^ 
letzte  Anwesenheit    des  Apostels   in  PiMuMn  effekAt;  di^sdbe 
mril  aMT  auch  das  Mittel  zur  Vervrirkirehong  deslieK,  Was  schon 
Iftegst  VW  PanlBs  die  nedrfMendig  erhaent;   im  gOttHcheef  BMfhe 
beeehliueen,  ja  sohiMi  ven  Baise  aas  dali^h>  di^  Wrgeffidtietii  Tt»'- 
hftltnieiie  d^  Apesteb  veriereitet  #af  t  die  «efahgeher  heeb  IM0 
geimwht  end  aaidi  hier  ^on  seiiiett  VoMosgenoseea  hi  d^  MüM 
Stande  asurdekgtrwiitoei»,  \tttd  Püdlite  d€lr  Apostel  d(tf  remlsdfteir 
Heid»    JKemit  ist  «eine  «etohitfhte  tei  «M^  JSi»l  aejifeMM^y  dett 
sie  dt«  Vdifesser  zdilohrte  wofite,   t^eMielb*  Mei  htor  eiei)Uiei»t) 
ohne  seinen^  Tod<  eä  birtthnnk 

NaA  dieser  VersMMghng  über  den  iBweek  und  PlNn  nmtret 


Der  Verfasser  der  Apostelgeöchidlitfe.  387 

Scbrüt  wwdefii  v^  mm  erist  in  Aen  Stund  g^e^etzt  setii ,  die  tvhge 
fHrer  ihrto  Verfasser  tastä  vlhBt  die  Verh&lt&isse,  miteT  denen  sie 
entstMideti  üi^  Aiit  eiküger  AtisMeiit  htit  Uttolg  2a  nnteraacben. 


Zweiter  Abscluutt. 

Ibi^it  Xirtäkmer  der  Apoü^elsenclilclitey  Zelt  und  Ort 


1.  bie  Apostelgeschichte  ist  das  Werlc  Eines  Verfassers. 


{  die  tJliteiilsiielitiRg:  übet  deh  Verfäi^ser  det  Apostelgeschichte 

{      i/ril-d  Alk  Tll^eSkükthsigsieh  vdn  dier  frage    äus^Äen,    ob  diese 
Schrift,  «0  i»v9e  tfe  xttä  vMi^gt,  als  das  Werk  Eines  Verfassers, 
oder  ob  si^  vi^eioht  ntir  aU  eitt  Aggi^egat  lose  Verbundenei*  Gin- 
I      s^lMfsfttöe  ünä  Brüi^hj^tttckd  ztt  betrachten  ist;  erglebt  sic&   das 
{      BfBtere  üls  w&hrseheliilfeh,  sd  iverden  wir  äofoirt  iUet  i^erson,  oder 
i      wefllggteifs  d^i«  Zeitalter  nnd  den  angemeineü  Vdi-hältnissen  des 
!      Verfil^i^rs   alttf  den  Grund  ^U  kommen  bemüht  n&ixi  müfssen,  und 
erst  hl  dritter  IMe  vdrd  d!&  Fra^e  nach  däh  etwa  voä  fhm  be- 
nüt^teiiJQaelleit  iuftr^en  kAnnren;  Im  andern  Falf  d^igegeü  müssieh 
^       erst  die'  eidss^en  Beständtheile  unsers  Bi^6hs  unterschieden  und 
i       ih^  Ursprung  nnfersueht  werden,  ehe  wi^  ^rageh'  könnten,  in  wel- 
cher Art  und  von  wem  sie  zu  dem  Ganzen  Verknüpft  seien,  das 
slä  jet!»t  bfideh;  denn  so,  naiürllch,  werden  wir  das  obige  Üilemma 
nl^ht  verstehen  dürfen ,  dass  die  Eiidieit  dei^  Verfassers  mancherlei 
HÜlfsmittdl,  oddr  die  lose.  Verknüpfung  det  TAelle  ifiinen  äaihinler 
I       s^Hlei^hthih  ausschlösse ,  sondern  ^lur  darum*  wird  es  sich  handeln, 
ofi  detjeiiige,  von  dem  unsere  Schrift  herrührt,  seitie  lüfaterialien 
si^Htl^täntflg  verarbeitet,  oder  ob  er  nur  voi^geftindehe  Berichte  nach 
Formf  uhd  Inhalt   wesentlich   unverändert   aneinandergereiht  hat. 
insdiWh  si^faHesst  iiu«h  die  VorAussetzOig^  Eines  Verfassers  immer 
noeh  ^fschiedene  Möglichkeiten  iü  sich:  dieser  Verf'asser  könnte 
den  Inhalt  der  Schrift  ganz  oder  im  Wesentlichen  frei  gebildet, 
er  könnte  andererseits  nur    vorgefundene  Ueberliefärungeu,    mit 
historischer  Treue  in  Betreff  des  Inhalts,  formell  verariidtet,  er 
kann  cndtieh  Andä,   drittens,  beiderlei  VerfSuhifen  eombinärt,  und 
Ueberliefertes  mit  frei  Gebildetem  verbunden  haben.    Welcher  von' 

25* 


388  I^er  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

diesen  FftUen  aber  wirkliotiaUUfiuid,  kAOu  prBt  später  ausgenadit 
werden,  vorerst  fassen  wir  die  Frage  nacb  der  Einheit  des  Ver- 
fassers nur  in. der  oben  angegeboien  ^gemeinlieit  in's  Auge. 

Für  die  Beantwortung  dieser  Frage  bieten  sich  ans  in  der 
Apostelgeschichte  selbst  drei  Anhaltspunkte:  die  Sprache  und  Dar- 
stellung, der  Inhalt  und  die  Composition ,  die  Vor-  oder  Rück- 
beziehungen  verschiedener  Stellen  auf  einander.  Sind  auch  nicht 
in  allen  diesen  Beziehiingen  gleich  entscheidende  Anzeichen  zu 
gewinnen,  so  müssen  wir  doch  schon  desshalb  sie  alle  beachten, 
um  kein  Moment,  das  unserer  Ansicht  entgegenstehen  könnte,  zu 
übersehen. 

Eines  der  bedeutendsten  von  den  Merkmalen,  welche  für  die 
Einheit  unserer  Schrift  geltend  gemacht  werden  können,  ist  die 
Oleichförmigkeit  ihres  sprachlichen  und  styli^tischen  Charafct^s. 
Zwar  werden  wir  auch  in  einzelnen  Abschnitten  derselben  Sprach- 
eigenUtümlichkeiten  wahrnehmen,  es  würd  sich  jedoch  zeigen,  dass 
diese  lange  nicht  bedeutend  genug  sind,  um  gegen  die  Identität 
ihres  Verfassers  etwas  zu  beweisen,  selbst  Wenn  sie  in  dem  einen 
oder  dem  andern  Fall  die  Benützung  besonderer  Quellen  wahr- 
scheinlich maoj^en  (sollten.  Dagegen  zieht  sich  d^rch  die  ganze 
Schrift .  eine  solche  Menge  eigenthttmlicher  Wörter  un4  Au^drucks- 
wei^en  gleichmäjssig  .hindurch ,  wie  diess  nur  bei  dem  Werk  eines 
und  desselben  Verfassers  möglich  ist.  Ich  versuche,  die  hervor- 
tretenderen. unter  diesem  Eigenthttmlichkeiten ^  unter  dankbarer  Be- 
nützung der  gründlichen  Untersuchungen  von  Qer»dort^)  wad 
Credner^)  zu  verzeichnen. 

Viel  Eigenthümliches  zeigt  in  dieser  Beziehung  schon  der 
6e|)rauch  der  einzelnen  Wörter.  Die  Apostelgeschichte  bat  theils 
allein^  theils  gequ^insphaftlich  mit  dem  dritten  Evangeliami  eine 
ganze  Reihe  von  Wörtern ,  welch»  sich  durch  alle  Theile  derselben 
hindurchziehen,  während  sie  in  den  übrigen  neutestamenüichen 
Schriftep.  entweder  gar  nicht;  oder  doch  vergleichungs weise. nur 
selten  vorkommen,  und  unter  diesen  Wörtern  sind  nicht  ganz 
wenige,  die  ihr  auffallend  gehäufter  Gebrauch  in  unserer  Schrift 
als  Lieblingsausdrüpke  des  Verfassers,   und  ebendamit  als  achla- 


')  Beitrage  zur  Sprachcharakteristik  der  Schriftsteller  des  N.  T.  Erster  (und 
einziger)  .TTieil  S.  160—272. 

»P  Eint,  itt's  N.  T.  1,  132— 142.  Vgl.  Auch  Meyerboff,  EioleittDg  in  die 
petrinischei)  Schriften  S.  22—29. 


Einheit  des  Verfassers;  Sprache  und  Darstellung.  389 

g^et&cle  Belegte  für  die  Identität  deflselben  dtorcli  alle  Abschnitte  des 
Werks  hindiireh  erscheinen  iSsst  ^)*     Dahin  gehören  die  Substan- 
tive ceiQsaig,  Sekte,  fm  verschiedenen  Theilen  der  Apostelgeschichte 
sechsmal,  im  übrigen  N.  T.  nur  dreimal;   eineiig  und  ßla^  jenes 
der  Apostelgesohichte  und  dem  Epheserbrief,  dieses  der  Apostel- 
^esohichte  allein  dgenthdmlich;  ßovXri  und  yhög^  die  beide  zwar  auch 
sonst,  aber  hier  aalfallend  häufig  vorkommen  {ßovlfj  toh  d^ov  stehi  nur 
L.  7,  30.  Apg.  2,  28.  4,  28.  13,  36.  20,  27);  dfjfiog,  ebenso  wie 
dTj/Lioawg  und  drjfxoatty^  im  N.  T.  nur  unserer  Schrift  angehörig; 
diaXexTog^  nur  hier,  und  zwar  sechsmal,  ixartcaig  nebst  dem  Zeitwort 
i^iaraadtxVy  zwei  Wörter,  deren  häufiger  Gebrauöh  um  so  weniger 
fOr  zufällig  gehalten  werden  kann,  da  theiis  die  Erwähnung  von 
Ekstasen,  theiis  die  Schilderung  heftiger  Affekte,  wozu  i^Uoraadxxv 
dient,  bei  unserem  Verfasser  stehende  Zflge  sind  (doch  findet  sich 
i^varaaduL  nur  in  den  12  ersten  Kapiteln,  sonst  steht  das  Wort 
dreimal  bei  Lukas,    öfter    bei  Markus,    und    noch   zweimal  bei 
Matthäus    und  Paulus);    irtißovlri   und  evedQa^    gleichfalls  nur 
hier,  jenes  viermal  an  verschiedenen  Orten ,  dieses  23,  16.  25, 
3:  irtayysXla,  in  den  paulinischen  und  pseudopaulinfschen  Briefen, 
wie  in  der  Apostelgesohichte,  häufig,  in  den  Evangelien  nur  ein- 
mal, bei  Lukas;  SQyaala  16,  16.  19*  19,  24  f.  beidemale  in  der 
Verbindung  eqyaüiav  Ttaqex^vVy  und  in   der  Bedeutung:  Erwerb, 
in  anderer  Bedeutung  noch  Ev.  12,  58.  Eph.  4,  19;  ^TyvT^^icc  und 
av^ijrrjaig^    beide    der  Apostelgeschichte  eigentfaümlich   und  ver- 
hältnlssmässig  häufig,  wogegen  das  einfache  ^tJTTjoig  (Ev.  Joh. 
und  Pastoralbriefe)  hier  seltener  ist;  die  Pluralformen  xaiQol  1^ 
7.  3,  20.  14,   17.  17,   26.  Ev.  21,  24  und  ^%  (Gegenden), 
die  sieh  freilich  beide  auch  sonst  finden;  TdXrJQog,  xaQdcoyvcioTfjg 
(nur  .hier,  1,  24.  15,  8),  vsccvlag^   wofür  sonst  im  N.  T.  immer 
veavlcicog  steht,    otxov^svtj,   ohog^  besonders  in  der  Bedeutung 
Familie;  OQafucCy  ausser  Matth.  17,  9  nur  in  der  Apostelgeschichte 
und  zwar  llmal;  aani^Q  mit  seinen  Derivaten  aiotrjqia  und  owtt]' 
Qiov^  Wörter,  die  zwar  im  N.  T.  gar  nicht  selten  sind,  die  aber 
ebenso,    wie   das    in  den   lukanischen  Schriften    gleichfalls  sehr 
häufige  xaQig^  vorzugsweise  dem  Sprachgebrauch  des  Paulus  und 
seiner  Schule  (Pastoralbriefe,  Ebr.,   1  Pefr.)  angehören,   in   den 


')  Die  Belege  zum  Folgenden  liefert,  so  weit  sie  nicht  ausdrücklich  angegeben 
werden,  Schmid's  Ta/jimov  in  der  üeberarbeitung  voü  Bruder  unter  den  be- 
treffenden Wörtern. 


390  Dejr  Verfasser  der  .Appsteteewliictite; 

iyrti  erstell  lEvjipir^ie«  fti^S^fini  fps^  ftdOfii;  ^^id|  %m»  irnft- 
%i^  U%  dem  Vo^nB  yo|^gB\friD^c>  e^eUoAg.  Yo»  44iefefiVW  ♦f- 
lp^rke  rn^n:  dyoqfxXof  17,  IS  mi4  ffVw«^?««  *^>  3*5  aw^caf^fTOS 
16,  37.  22,  5;  a|eo5,  fly.  ^d  AP«*  WufljT»  ffV(xy^lQßif]fW  lÖ, 
97  und  dazu  sein  Adverb  ßvnm^dnms  |0,  ^?;  «Vw,  im,  «aiisfipi 
übrigen  N.  T.  ni^r  Smal,  ^p^r,  14ffM^{,  Bv.  I4.  Idmal;  fe^f>ail^$ 
2J,  34.  22,  30.  25,  9ß  Df)M  ^PjPßf^lw  »>  ?«•  l«i  »»•  <Jö*«^ 
il/^€fr  16,  24,  aa^ptü^tc;  Hj  ^.  fj^  %^  4,  Mle  vier  «jinfri  is<4teB; 
^^vcD^rro^  in  der  Apg*  IO111M9  ^^^yt  |f|  der  Varbindipg  yvwoTW 
ioTiv  (ßatüfj  ifh^o)^  S948t  w^di  ^w^i/iuil  Uft  Ev.  |/.  und  dreimal 
bei  Johapnes  pnd  PMlqs;  ^'fig^qg  w^  ^(Qt^og»  gleichAUa  Hut 
aus8chIie/sdiob  19  der  Apg,^  djqi;i  frftter^  i^ufJli  m  Kv.,  iwner  in 
d^r  FhrtLBo  Jf^ßofv  ^fißr  ^fff^/fov  yiyv^o3ui;  ^vX^ß^g,  nur  bei 
JLok^  ^axfiiiiov  (13,  ^.  17,  ;|2,  beid^  ipa}#  ymm^g  e^ffjm- 
iiov^g),  o  Tffqvfi^og  (7,  10.  U,  i%  11^,  29  y»l.  Kv.  L.  22, 
?ß),  ^x«yoV,  iu  Jier  ^edeu1w*g  ^vv^\^  Afg,  18aifl,  Biv,  ^i.  6mal, 
sQpse  im  N.  y.  nur  3malj|  i^sapLaQfxxQrtasriJG  9  m  Vt  T.  aiir  4M* 

7,  2a  13,  19  beide  JUbdß  \n  Vßf^Afi^  mit  x^ro^;  X^otxoi^ 
^(V  7,  4ß«  ^7^  94  g)e!pbf»m8  in  A^aelbei^  Verbindung:  9  -»eig 

gröi^eer  is^  aber  ^ie  Zahl  der  Zeitwörter,  deren  QebTWobi  iu  den 
ver6ebiß4.enea  Theilen  der  4p/)ßtelge8ehicbte  ihren  einbeitfiobea 
Spr^obcharakt^r  bfiir^imdet;  m.  frgl,  d|ß  Wflri#;  ^JW^^i^W,  ^vi- 
y^LV  (Apg.  17!ni4,  ffv,  l4uk^  4m«U,  s^nst  i^  N.  %  3mal),  ovai- 
ßcjy,  dr^xQlveiVf  avff^i{g^§,tfli  ^  4m  inürapsitjv^  c^aar^e^Wiv,  <Jwr- 

%qkpHv^  d>w  tCTwWr*  «V^Tw^»  ^^nüäm^^f^j  m99^am^o^, 

^atü^a^ij  d^  (>^fig?  dv^aif,  uv^okeiv,  piq)Lff^ccmp  ^  ßoqtfj 
das  imEvapgelium  n^d  in  fli^r  Apo^lgeftohiphtd  b^liebtp  ^^,  ^^porkl; 
ikaUvegdifi  (f  IT  —  iS4  ^Twlj  «»«"vat  im  N.  T.  iocfc  «mal), 
ÖMtvoLym  (nur  jni>c|i  j^  Ey*  L.  und  bei  Harkua) ,  d^afKXQTvqaaSm 
und  dimglßm  ()^W  9w49  W<le  flOiMit  ^eltun),  df^auovalaäm, 
diaTtoQi^Y^  duxixqhfi^mi  iU^fpßJiQm  (immer  im  4pr.  paas.  -- 
(l7$fXQ^ßi)^  yiff  Wörter»  #?  «ich  npr  to  d^«^  Apwtelgquchiehte, 
fkmq^T^  aw*  «Vr  ty,  flft^W»  (^(^(IX«^^^»  («äT.  Umal,  Apg. 
21miil,  aonat  n^fcti  AAiUf|i)$  *4^?v  Wfi  (»ur  L.  8,  1«.  Apg. 

8,  aa.  11,  ♦Ö),  ^o^f?a(0>  etmiyeiv  wd  «JayÄW,  aufUmi^^  &nU 


^)  hda  unper8()QUche  fotc^l  firX  ündet  sich  im  N.  T.  Et.  L.  2mal,  Apg.  5m8l, 
sonst  noch  6mai  bei  Natth.  und  Joh.,  bei  beiden  nur  in  der  Frage  ri  aot  dotutt 


Einheit  des  Verfassers ;  Sprache  und  Darstellung.  ^03 

erste  ia  ihr  änsversi  häufig  ist  (0.  Brudeir  n.  tf.  W.  /i^);  utifl 
das  amkolathlflohe  fi£v  ohne  folgendes  ^^,0.  1,  1.  18.  2^  41.  S, 
la.  21.  4,  le.  5,  41.  13V  4.  17,  30.  99,  22.  26,  4  9.  27, 
21.  2%  22.  Sie  allein  endlieh  bedient-  sieh,  und  ssivair  gleich- 
mäBsi£  in  allen  ihren  Theilen,  der  VerMndangc^artikelte  in-dera- 
seiben  Umfang,  nde  die  klassische  Oräcltät:  während  di^e  Per- 
tikel  In  sämmtlichen  übrigen'  Schriften  des  N.  T.  nnr  <5iniai  vor- 
iommt'  (darunter  21  mal  im  Bbräer-  und  lomal  fm^RömerbHeOi 
so  hat  die  Apostelgeschiehte  allein  dieselbe  nicht  weniger,  alb 
140— 160mal  (die  Lesart  ist  nicht  immer  sioher).  Ein  im  N.  T. 
so  alleinstehender  und  zngleioh  i^b '  ausgeprägter  Sprachgebraiieh 
lisst  sich  kaum  anders,  als  ans  der  Einheit  des  Yerfassers,  er- 
klären*). 

HIezu  kommen  manche  iSgenthamlichkeiten  der  Wortfiirmen, 
der  Wortverbindung,  der  Coastruction  und  Phmseologfe.  Bo  be« 
dient  sich  die^Apg.  nebst  dem  Lukasevangelium  ungleich  häufiger 
der  -f^unensform  "^leQOvaaXtjiiif  als  der  sonst  in  den  Evangelien 
gebräuohlidi^  "^iBQoadhviict;  so  gebrauchen  beide  als  Part.  Perf. 
von  %atr]fj,v  und  den  mit  %aTfj/iv  zusammengesetzten  Zeitwörtern 
immer  die  abgekürzte  Form  katiogy  nie  eaTtjxtjg  (s.  Bruder  u.- 
d.  W.  Credn«r  S.  140,  Nr.  45};  so  kommt  der  Infinitiv  des 
Futurums  Husadai.  im  N.  T.  nur  Apg.  11,  28.  2S,  30.  24,  15« 
(250  27,  10  vor,  und  zwar  immer  in  der  Verbindung:  fieJÜietv 
iasaSui.;  so  lieben  beide  den  im  N.  %  sonst  seltenen  Optativ^}, 
beide  -die  Umschreibung  des  Substantivs  durch  das-  Neutrum  eines 
Partidps,  wie  ^d  »woÄoff ,  Apg.  17,  2.  L.  4,  2.  vgl.  2,  27,  to 
yeyovog  Apg.  4,  21.  6,  7.  13,  12.  L.  8,  34.  3«.  Ä6,  t6  avfi- 
ßsßtpeag  Apg.  3,  10.  L.  24,  14,  1^  yccnsar^a^^ha^  Apg.  20, 
30,  TO  dt^atevayf^avov  Apg.  23  j  31,  ro  wQinfiivov  Jj.  22,  22, 
TO  yswwfisvov  L.  i,  3ft, -beide,  besonders  die  Apg.  (2,  3.  6.  17/ 
27.)  20^  31.  21,  19:  26  vergl  »v.  4,  40.  l6,  6.)  habeU'^das 
sonst  ziemlich  seltene  ng  kxbtatog  (es  steht  noch  Matth.  23,  22, 


')  Ein  reieiieres  Verkeichnis»  ton  Wörteftn , '  die  den  beiden  lukanischcn  Schrif- 
ten jgemeinsani  9ind,  fiebt  jetzt  Lekthuscb,  die  Gomposiiion  ü.  fnfstelung  d. 
Ap^.  (Gotha  1854)  S.  37 — 74,  der  aber  nur  die  ferschiedenen  Fälle  de«'  Wortge- 
brauchs ,  namentlich  aber  die  beweisenden  und  die  nichtbeweisenden  Beispiele  sorg- 
fältiger hätte  unterscheiden  sollen.  Wir  beschränken  uns  absichtlich  auf  die  obigen 
Belege.  ' 

2)  De  Wette  Eial.  in's  N.  T.g.  U5,  a,  Anm.  b. 


^9A  Der  Vertoer  4«r  Aposteliatehkl^; 

A  iy«m.  3,  lA.  I  erhall.  4»  14)|  k«Me  sfftaMMkMi,  jnll  «m 

«r,  s;»,  ?.  7,  JM,  «».  inr.  4m.  4*  ».  a,  t«'  18,  ai. «»,  «. 

^,  «$,  ^4,  94.  40.  99^  i8«  «4,  m  91,  wd  ffit  MmMmt  m 
Vmt^l^ffit  Pl.  ^HQi  ftfci,  JU  99,  4f.  Am.  M,  1)>-  •&,  7, 
Hi^  ^(MiiVMW  ftab  »i«M  soHw  4vB  imifMden  44  ov,  pv.  1, 
«;?.  4,  U.  4>,  ^  4M.  A.  94  10,  17.  «7,  1«.  «a  01,  S3), 
4ie  ^MS.  HfiedwMI  Ci7,  48.  JM»  «n  i»  ^mti  tl  ä»  Mi» 
^mn»  livf  Uysf^,  ^<^«  oMe  .w  (jMok  v4n«tom  alt  iiv)  «ucfc 
jt,  49  #<<»l^«  ^UN»,  Immäm  dit  4pf;,  Mm»  di»  AünMaa  da 
Belativs  am  Hftallgsten  unter  den  nentestamentUohen  SohriAen  >) 
<M9  Am.  4«>^  BKiWClRlt  ««  Nm^om  4m  Maihr  0  eitf  dnen 
«WW>S«i(s£S,  9»  3,  16.  «A,  «0.  S4,  18^  M,  W.  i»h  Mde 
Athn«  FniEffM^  mit  4«»  AftiM  r*  efai:  fiy,  1,  60.  t» ,  48. 
9,  44.^, ;».  4,  S«.  84.  AP»  4,  91.  88,  30  <«eMl  ww  Bta. 
9,  ^f|){  bei4e  l4«iieQ  4Mf  iNMJch  awii  MHKrt  •iohit  Mllaae  eev, 
t^M  w,  'M^  f«f  "^  *o5  «.  dfl  vor  indiÜiVM  («erederf 
90f  t,  fUf.  M9  Di  Mi»  WtMA  WWh  v9fäiety  dw  «Mist  aaek 
djlMeiv  W«rt  iilK  N.  T.  eelten^n  Aoemtlv  adt  dem  InteiürKears- 
4.4  rf  864)j  fceidK  ttign  Mvfg  einem  Zeitwfut,   weliriiM  eii 
F«rlwif  M  iM»  M,  «■»«  ^^raite  Beetimming  gtaioliaai»  im  Pw- 
tieip  bei,  «Am  mi  «iM  der  ei^eii  d«Mb  itd  m  wartinden  <Bir.  4, 
9Q.  Apg.  18, 4. 80;  viele  vwMere  JMeg»  m  •«•> edatf «.  MS  £)$ 
j^4e  peitfejn  hi^fif   4Arvk   «NM^r^M^  <«4  aeuaum  den. Moni 
def  ^tyiwffe  j«  SwieJMmf  «nr  .4«  TvrMgdhendM  mik^^aes  M 
«hldieM  WAKmr  jüi^  •.  0,  6.  18^  f,);  beide  g«^nal(en  vieiftdi 
.4«  oNlgwnd«  üi  «fici,  9r«leke4  dtA  ifn  Sk.  89im1,  Apy.  aori 
tndet  U.  9rpi4(fr  »  4  W.  ^>,  Mde  aeg^  g»rae  «fti  «vros 
aPf .  8«  14.  ««,  «4  82,  8P.84,  14.  U^  88«  Br.  selur  oft), 
m^  «vro^  C4PC.  8,  M,  14,  98.  87,  84«  flv.  eft),  m»  «tüte^ 
(Apg.  16,  87),  avTfj  t^  WQ<f  iAfg.  16,  18.  88,   13,  im  Bv., 
wie  flberiiaapt  das  ovrog  6,  hftnllg;  s.  Brnder  S.  116),  StU  t6 
vwfh  edior  im^  %o  am»  CAm>  1,  14.  9,  1.  44.  »,  1.  4,  8«. 
14,  1'  **.  17,  84  vgl.  6,  83.  86).   Beide  Heben  die  Vma^rei- 
buig  mK  nqdaitormv  imd  ze2^*),  beide,  besoBders  die  Apg.,  die 


>)  Belege  bei  Gersdorf  241.    Bruder  S.  619  f.  Lekebnech  S.  76  l 
*)  n^i  n^osänm  steht  Jb.  .40x1,  ^g.  lital,  StU  nfoc.  ttft-  3mtl,  »ari 


Einheit  4e9  yejrfoasers;  Sprache  ^v4  narptellang.  '395 

u-  «4-  ly^  Vf4e^'*  W  *®  Apg,  hat  «xe^  t^  ^'i^f^pqfff  ?;av«W  (?> 

öwal,  ffj  CTf^pvVff,  BW  diu  Apif.  ^,  4ft«  ^1,  >«  Ofl.  t*,  44 
«^V  ixpl^i^V  ^aßßitfi),  w^  dim  Bv.  !#♦  (19,  »93  «»•  hoM^*  Dw 

^»kM,  y«yat  i»  dw  Apf-,  gej|iri||inlif)|  v^tp^tog  f^fm^jr^^  (««W' 

0oi|3t  j^9wA|(qlio)^f!n  putiv  dff  /iQCjpredeteQ  Piumng  moti  M  4^0- 

PrfpofdtipOi  die  Lqbis  flb^^aifpt  liebt  ^)y  %L3i^ß^^  in  d(ir  Kedem- 
twig:  irip^iid  wfil^  le^n^  ftf)»striMrt  m  W*i  ¥^»^  *!*  AftKVj«  If- 

Tm  ^)fc  li'  (^  9(üi4x^  %l^.  s,  dsL),  M4  i«üt  m^  m^  »v,  «, 

6^.  AVÜ.  f ,  4,  ^8.  »6.  18,  J»l,  4ie8«l  Bv.  9,  44,  Apg.  .4,^. 
18^  4^  die  Apf.  hat  überhaupt  %ldtc9u^  ziwlioh  o/^t  ^{iu  Fficmi^tt 
liM&aiides  heiast  Apg.  4,  9S-  37*  5,  Jd.  IQ.  7,  «8.  St^^  ?•  By. 
7,  98.  8,  95.  41.  10,  39.  17,  16  Tp^qa  %(m  ^dia^  JHP  ttbngfP 
%  %  an/wr  A)(aU^.  1$,  30  vf^^x  ngdg  %.  ^.  Q.  Ahoi.;  »U  AAP 
FUsfl^  J^aiHle^  Atizm  Cum  yefi  ij^  ^  ^rnep)  «agt  nur  li^W» 
E;y.  8,  ,3«.  ;|Q,  Sp.  j|pg«  aa,  3.  FXIr  di«  Aored«  Mtoff^  steh 
4iie  Apg.  öiui^^ral  h«a%  dpa  oyd^^,  3Wpi|^a^  (.7,  f.  9;^,  |) 
g}e|ol)^j|^g;  11^  der  V^nnel:  i^c^^c^  c^ßAgx)^  ml  ncnikq^a^  die 
SrwAhi^img  eiifes  N^ens  fahrt  eie,  wie  ilaa  £v.,  gerpe  ,^f4i 
ei»  ovö/f/jr^jt  .fiUi  (#  jtM4  Äc»^'  *«  «"W  4hre^^  ^Hi^il«!!,  zu^pini^ 
a^mnl),  ,«td^r  ^gt  «ie  jaa  4m  NiWW  löjp  af^fMi^/i?«^ (:I^ib|I^  «T- 
^/qijl],  üitf  imxcAovfievof  9  if^i^xitj^l^^  o^  4^c^^T<vt^  äg  i^e- 
^Afi^  Op*  8paJ.>    jä^tt  ^ea  eiuftche|i  ^|fj^ti;f i;o^  H.  %  f.  h^i^ 

m  7^  4. «?.  9^  40r  13,  17.  1?  ;«  ^ymm,  n  4tivmm 


ir^o$.  Ev.  yi^d  4P8-  je  l™al>  ex  x^^PS  ^*  2mal ,  Apj.  di^al ,  fta  ^ai^os  o.4pT  ^• 
Xe^foy  Äpg.  ^mal,  (ygj.  namentlich  11,  d():  änoox^Uayjfec  ^cj  /«<^i?(  ^(^gyaßa 
u.  8.  w.  mit  15,  23.  ygarpam^'^ia  y.  avriSiy),  ey  /ft§V  Apg.  Imal,  «7$  ;|fe7pa( 
Et.  Sraal,  Apg.  2mai;  mit  Et.  9,  44.  24,  7,  \gl.  'Apg.  21,'  11.  28,  17  auch  wc- 
gtn  dea  gleichfilviiigev  notQo^Mvuu  9U  /«i^a^- 

\\  ^epMorf  18«  I.  1«&    G^44ner  «.  13«.  Hfr.  IS  i    AuqIi  U$l0v  nn^ 
T^^  ie^  Yowj^gsvw  Wi?^"Qh?  .G^,r«9  4(Q;:f  18|^. .  ,■    • 


396  Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

\61kenng  einer  Stadt  oder  \eine8  Lindes  wird  gänt  'stdiend  durch 
cl^atoixovvreg  elngtMxrt  (m.  s.  d.  W.);  dabei  kt  es  der  Apg. 
eigen,  dasssie  gewöhnlich  nicht  sagt;  qI  xar.  Iv  ''Aquf  n.  s.  f., 
sondern  oi  xat.  r^^^AalaVy  rrjy  ^Eq>€aov'u.  s.  w.  ElA  todcs- 
wflrdiges  Verbrechen  heisst  13,  28.  98,  18  ahla  dtxvarovy  23, 
29.  25,  11;  2{(.  26,  31,  wie  L.  23,  15,  Tgl.  12,  48,  «V 
3(xvat0Vy  statt  amor  setzt  Apg.  19,'40,  wie  eV.  23,  4.  14.  22, 
ahiovy  das  fin  flbri^en  N.  T.  nlcKt  voiicommt.  Jemand  angreifes 
wird  Apg.  4mal ,  Bv.  2mal  dnrch  iitcßalXeiv  rag  x^^^S  (>sonst 
noch  Matth.  26,  50.  Mark.  14^  46.  Joh.  7,  30.  44.  in  anderer 
Bedentnng  steht  imß.  rfpf  x-  ^^^^  ^'  ,^  >  ^^)  ausgedrttckt  Sich 
für  etwas  Bedeutendes  (fttr  einen  Propheten)  ansgeben-,  heisst  5, 
36,  8,9.  XiyBLV  slval  xiva  eamov ''  oder  elvai  r.  I.  fiiyccv.  Da« 
Christenthnm  bezeichnet  die  Apg.  allein  9,  2.  19,  9.  23^24,  22 
darch  i^  odog  ohne  weiteren  BeiiEratz.  Die  Apg.  bedient  sich  hfiallg 
(9,  35.  11,  21.  14,  15,  15,  19.  26,  20  vergl.  V.  18)  der 
sonst  seltenem  Formel  imarqk(pHv  im  tov^eov  (>evQiov);  ebenso 
Bv.  1,  16.  Das  Binden  eines  Gefangenen  besetu^eibt  die  Apg.  12, 
6.  21,  33  gleichmAssig  durch  dki'aeoc  dval  dhiv;  sonst  hat  nur 
noch  L.  8,  29  alvOBOt  dsc/ueiv  nnd  Markos  in  der  Parallelstelle 
6,  3  f.  uL  dieiv.  Vom  Tod  Christi  heisst  es  5,  3.  10,  39 
gleichlautend:  xQSfiäaccvrsg  inl  ^oJiovy  volkn  f^bensende  des  Täa- 
ftrs  Johannes  und  des  Paulus  13 ,  25.  20,  24:  '^tXrjqovv  töv  Sqq- 
fiov  und  teXsiovv  tov  ÖQOfiov.  Der  BegriiT  der  Gbibammtheit  vM 
durch  liiLXQf^  re  xat  ^leydlcp  (26,  22),  dm  fitXQOV  ecog  fieyahv 
C8,  10)  umschrieben.  Apg.  und  Bv.  gebratichen  sehr  hänig  Aas- 
drücke,  die  eine  Feile  anzeigen,'  wie  nlridogy  aftocv  tö  Ttlrj^og^ 
TioXv  nXijdogy  rthfjqtjgy  nXrjQOvVy  Ttkrj-^vvsiVy  nlfjoSijva^  (Cfed- 
ner  S.  141);  das  Wort  7tlrj9ogy  fm  übrigen  N.  T.  nur  7inal, 
steht  Bv.  8mal,  Apg.  17mal,  nXrja&fjvai^  wofttr  wir  sonst,  ausser 
Matth.  22,  10,  immer  nXt]^9^aL  finden;  Bv.  12mal,  Apg.  9intL 
Der  Verfasser  liebt  hi  beiden  Schriften  Itedenisarten ,  die  mit  xaQÖia 
zusammengesetzt  sind  (Credner  Nr.  6);  fldBoduL  kv  vf}  xaqSl^ 
oder  elg  r.  x.  (Ev.  1,  66.  2,  14  5,  4)  ist  ihm  eigenthQmlich; 
ebenso  tl^adtxc  elg  r^Qtjocv  (sv  Tiyp.,  eig  (pvXaxfjv)  Apg.  4,  3. 
5,  18.  25.  12,  4.  Br  sagt  dneiXij  dnecXeiodxxLy  naQoyyeluf 
7taQavyk,XXeiv  C4,  17.  5,  28.  23,  14  Bv..22,  15.  Gersdorf 
S.  199)  ßamiOfia  ßamB^aiv  (Bv»  12,  ÄO.  Apg.  19,  4)  u.  fl.f.| 
er  schildert  gerne  hefHge  Affekte  oder'Aeuflserungen  Von  Affekten, 
und  bedient  sich  hiezu   mit  Vorliebe  des  Prädikats  tdyag;  v|fl. 


Einheit  des  Verfassers;  Sprache  und  Darstellung.  39? 

(Credner  Nr.  ö7);  das  Blntreten  aasserordentlichor,  Zufiläade  be- 
zeichnet er  darch  im^nimeiv  C^O,  IO4  13>  11».  19,  %7.  Bv.  1, 
1)2) ,  nameifüicli  gebraucht  er  die^  W(irt  IKti  die  pldtzliehe  Qia-r^ 
wir^ang.  deis^  I?ei3(efl  .8>  .16.  10^44  **>  ^*j  »onfst  sagt  Apg,. 
(5qial)  andiEyanj^f  ,(9fflal.  o.  1)  nqch  nXrioS^^vm  ^rtvaufKnog  .a}/w, 
erstei:e,aach  Aa/u/?av£t»'  to  ^k  C*>'8.-  ^^38*  8>  1&.  ir*.  19.  10,. 
47^  19^.  2,.  sonst. nur  bei  Paulas  .  in  d/en  Briefen. an  die  Römer,- 
Koriptbier.  und  GAlj&ter,  ond  bei  ,;]|oha|mes  im,  £v*  o^d  1  ;Job.,  2, 
27)«     Die  Apg.,  wie  das  Ev.,   umschreibt  das  Verbum  llnitaiii 
htaflg:  durch  ^v  oder  ^a(;gv  mit  dem  .Partiojp  ;(Gr;edn.er  S.  139, 
Nr.  410 )  beide  8cbrif(eu  bedienen  siph  zur  ^^lu^malong  der  .Rede 
des  Worts  Ttoqeveadtiiy  das  überhaupt  Ev.  ,<50mal,  Apgf*  3dmal 
vorkommt,  z«  B.  Apg.  5,  20,  9,    1;!.  16.  Ey.  Ip,  37...  13,  31 
u.  ö.;   zu,  dem/sell^en.Behufe  wird  .<lem  Veiibum  .flnitnm  vielfach 
ein   Particip  beigefügt,    welches ,. die  Stellung   oder  Gebenle  des 
Redenden  oder  Handelnden  ausdrücl^t,  wie  avaCTaSy  imar^,  Ofa- 
&eis9  iatwQy  luiaTQkijHxgj  xadtqqgj  Tteawv  (Belage:  b.  Credner 
Nr.    40);   besondere  Erwähnung  verdienen  in  dieser  Beziehung, 
die  Formen  dug  rä  yovmcc  und  xaxaadafxg  tt}  .  x^tpi  ^^^  x*)% 
welche  sich. ganz  gleichförmig,  jene  4pg.  7,  60.  9,  40.  ,20,  36«. 
21,  5.  Ev.  22,  41,   diese  Apg.  12,  17.  ±3y,±ß.  19,  33.  Vgl- 
21,  40,  sonst  aber  nie  finden;  nur  Mark..  16,  ;19  lesen  wir:; 
Ti^iv^eg .  T,cc^  yovcc^a  nqoa&cvvow. ,  Die  Phra»e  ai^siv  gHo^v^tnAieit,, 
sich  nur  By.  L.  17,   13.  Apg.  4,  ^4j .  incclg^cv,  %^,  gmiW  ^^  * 
Ev.  11,  27.  Apg.  2,  14,  14^  11.  22,  22,  i(irie  diese  0Q|irift^f| 
überhaupt  €7ra^e^v  ziemlich  .pfjl^  haben;  ebenso  .fif^^^n.  wii;  9)019^]^; 
ylyverai  L.  1,  44.   3,   22.  9,^.  36.  36,  Apg.  ,2,  6.  7, j  gl  10,». 

13.  15.  19,  34,  sonst  nur  m  der  von  Lukas  ,(3,.  22.  .ygL.S^. 
36)  abhängigen  Stelle  Mark.  1,  11  und  Bv.  Joh...l2„  QOL.Apf^kt 
8,  6.  11,  .16,  19.  16,  18;  g)6ßQg.Jj(€V£^g  steht  > nur  L^  1,  «6„ 
Apg.  2,  43«  6,  6.  11,  y4ßog  inmeat  nur  U  1,  12^  Ang,  19, 
17.  vgl.  Apok.,11,  11.    SchliessUch  Ist  ncjch.d^r  V^xja^l.iyiv^a 
de  zn  erwähnen.    Diese. in  den. lukanischen  Sc]t>^rifteif. häufige  For«. 
mel  steht  in  der  Apg.  hnmpr  mit  folgenjdem  Infinitty  (m.  ß.  e.  4,. 
Ö:  iyeveTO,da  awaxd^cctrßj  3-  32..  37..43.  10^.  )»..  11,.;26, 

14,  1.  16,  16.  19,  1..  21,  1^,6.  22,  6.  17.  27,  44.  2ß,  8. 
17);  nur  6,  7  folgt  das  Verbum  finitum  mit.xai  (iyevezo  de  (dg 
fiqdjv  TQiwv  Si.äaTT]fia  xal  ij  ywrj  elgfjldev)^  wohl  wegen  des 
Beisatzes  dg  dcdatrjfia;  imEv.  ist  die  letztere  Construction  häufiger. 


Dfenttieneli  g^6H  käth  dlä  WUAaai^  detr  i/h^to  ÜK  daeü  ^ 
r0  (zk  R  iiilk.  14^  1 :  ittcl  ifh&h)  h  i$  IKMif  (^i&» . .  .Ml  tckd 
^dccf  t^.  ^  w.^  voML^Okb  an;  dock  Üiideii  wir  «M  äiitA  Affg. 
^,  fl.  19,  I.  27,  W  (m€  aftdehir  fiteilett  bei  d'^düer  Hr.  1 
gMMre^  niotiff  Mehbf);  dkeitsb  tiidlt  lAiseA  ef^bi^  Ali  dMü  fiv. 
ttbeiAiaii^t  dW  Ocwtdmftdh,  dM  B^rflFe  ,,illdenf^  ttild  ,,daAtroh 
dasli'^  ^fr  dtf  ^  r(^  mit  Alf feMend  Uriliitdv  aosziidriMieii  (1^, 
«.  8,  tf.  9,  9:  ±ij  fS,  i»y  i.  3",  2H.  4,  30),  n^i^  isie  «uciU  dornet 
flieh  dto  AMkls  Vo^  dftiir  fadUtttiV  zd  bödiettöh  ^Aegf  (C^i'ddtief 
»r,  i4). 

AttoK  du  ftt  htar  ddcti  änkdMtiren,  dädd  dAii  A.  t.  iii  der 
Aplt.  inUMer  ila6H  dM  tiXX  dfiri!  ^Ifd^)$  ffä6»  didültf  äuDh  6;  d, 
Sl4  g^cM»&t,  ^rd  antien  nföttü  ^e!^öigf(f  iiroMeit 

actione  dieM^  zäfflr^ittieli,  ddfoV  die  gttifee  A^odfbl^Mdiröhfe 
und  fhmsMtteils  äuek  dhr6fr  dai»^  dffttd^  tf Vätfgdlhiiir  dtctt  Ufitdifi'cli- 
zieHemmi  Blgdfttlittiiii»lAkeitta  dör  «(^räöfre  uM  0atät6Uiiti^  äteUeii 
e#  attsäer  Kweifel^  dasn  wtf  mioserer  äöhHft  hlä  das  1)(^^  ffitfes 
VMitelicIr^  2xä  imrät^teii  haben,  der  ihr  ein  besonderes  eCyMtMstM 
nhd'  «tehtthsli^Ilerisehei^  tieprftge  än^gedrückt  hat  ftaiss  fieser 
Veftäaätt  dabei  veräohiedene  Ott^en^<^h^i^i>  benutzt  hat,  nfiff 
d*M  Von  diesem  anstand  inani^hes  fiigettthfliiillche  In  ein^alii^n 
Aibeehnifien  herrdl^rt,  iat  ddmit  hioM  äntrgöi^hlrfssed,  die  Annähin^ 
dia^^geft  M  ndt  dÜisenf  Cifgettüiss  aB^ditf^s  dicht  zii  ^etelnigidh, 
äm^r  den  Ihhäll  selhei'  Öilelien  niehi  iit  fireierer  V^eii»^  r^ftfdo- 
oh't ,  söMehi  nnr  eldzelne  ^ellb  i\it  vV^siohlMetteh  Bdhriftea 
zmtlUk  ijLi^hitkdm  «nehiaaMferfifiBbGhoIfen  Babe^^).  ^ät6  ddr  Ver- 
fasset ein  sü  ttükeamäülgilt  edfm^latbr ,  sd  müsstetf  die  l^pören 
öS^ies  Irerf^hrtns  noth^endfg  OSkon  in  ether  düfehgl-dif(»Adeh  tln- 
gleioitftfrmfglLeit  dä'SprhcÜi^  wiA  MMiUibJLg  zükn  Irdrscfieih  kom- 
mdii ,  ohd  ditiie  ITnglelcAfirhni^eit  M^He  HA  iso  ^disser  sein, 
welfn  fteinfe  OtteBti^,  Wie  wir  in  diei^^m  I^äll  inznhehihen  kaum 
ndiAin  Ikfhnted,  -Milf  VMohfedeiteh,  hüeh  S|^c]&e  nhd  DelkEwd;$e 
weit  von  MlOüir  abetttheMett  Ä^Möteiii  an^hhohta.  Völlig  nn- 
eriüfti-li^  Wflrtt  M  difgd^eh,  dhsi»  o^^  itf  alleikirheilt^n  cTer  ScBrift 
die  glOohVii  Ü»V)i%sht^^dMieM,  dte  ^dlöheh  Weiidiitigen,  die 
g]^feheA'leiHEaiii&«heh  xni&  symakfisetrerf  iS^^enthAhiiröhkeiteii  be- 
gclgneh;    bfese  fersöfteiMing  isf  nrdr  ^fln  bd^iiflich,  wenn  der 


»)  m  Belege  b.  de  iVette  Einl.  in's  N.  T.  §.  115  a,  Anm.  c. 
<J'ietwanbeck  über  die  Ouellen  iev  Schriften  des  Lukas  S.  253. 


Einheit  dt»  yii»ftM0eh^<>lei(AaHigk«H  des  tahalts.  ^§9 

liiiiM  QiifCNir  MbriM  ^f¥tt  ntü^  ttfAtf  ß^tlküwü  ForMüi  lu  wcim 
jMeigo  Form  giribnbht^  wettB  sid^  so  tM«^  «fe^  riiiil' ioflMtt?  ^^ff 

.  Mews  Brgibiiias  Usmgt  jrf^hMdnd,  WIteii  iMi'  V6#  de^  ifjf^' 
lisInclieB  Vom  d»ir  Bticl»  Mi  »dhi^' IMMit  ailiAn.  M^k  tti^ls«' 
2rti:t  MI*«  die  giftM^HMTt  Oüi&tM^mtitHkfkmii  \He  Wtr  tttd 
mis^  iNilr  «nrt  der  Mi^heH  dei»  Yi^fk^mrH  trmmr  kdümt.  ^b» 
m49ä  eMI  im  «in  AeH«ht«i»  tWf  «k^  Bäieimtäg  IM  FkUüi^  üiid 
die  niebetid  SC^M  ««ei  diesei*  Weitnies»  effitg«  AlMiÜtelifMtetf,  dfe 
wir  rar  die  toitt»tlMtett^i(irt»l»  RisiMsefteü  Wtiffibeflf  ^eMicUr  geSüng 
fliiid0ii^>  Wie  vmüg  fMütik  dt^Cf  mMrent^  i^'  deiU  SctSfis^ 
afitf  eüed  vdrsttiiledMMii  irihi^rdDt^  d<$i<  betrtffMdetf  ICtfaÜlMdiit^ii* 
^Ift  tiMl»  getmhy  diese  ei^M««t  irii\Md^t^6cKH6fr  eüB'diilil  tTiAtefAnlt; 
diM  z¥riei«eii^  dett>  A-d  BertMrfetf  tAe»"  diA*  J^i^^illtrd^  m  PWilttsf, 
HkMenillel  ^»wteeii^i^  d^i^  Mm^  m  mit  md  ^Mn  ItätitA» 


♦)  Ä.  ^.  iftf^öte  frößö^e  Körtirdrijf  S.  tSTl  tf.  20't  ff. 

2)        '   c.  9.                                           c.  5rö.         •  ^ 

2:  jJTiiaaro  na^  aSvov  em-  ^>i«..  <J*ö/i^v«i' . .  äp3^-et9  T€ 

a^pXdg  elq  da/uiaaxov  nqog  xal  ytuvaTosag^  tos  xal  o  a^- 

Tag    avray^yotgy    ontog    sar  ^^^Q^^^  jua^zvQsT  /uoi.^  na^ 

Tirdf-   s9^^   T^g    SSo'i    8rräg'y  Sr  xai  ediaro  Xag   Se'^a/Uevog 

^ovaaZij/u»                ...  «aV  rovg  hcelae  d^frettg  ^e^*— 'i  ,  'O.  -26. 

3:  er  Se   rw^noqevea^ai  /Jiiyovg  elg  ^IsQOvCßXtj^  |4:  ^tcov0^ 

e>y  iv^To  avTÖv  €Yy{^etv  Tji         6:    ey^reTo    8i  fioi    no^  ^(av^y     Jia-y 

/fttpcdkfk^     iltxi  '  itäCqtvijg  Qevöjus'rta     xai    syytt^avrt  Xovaav      nqog 

^xovas    qxavjjv     Xeyovaav  Ifii^                                     ^  o^Xtjqifif^otTf^, 

avTio'  iaoitXy  äaovXy  tC  fie         7:  insaov  re  elgtasSa-  x^rr^»  _  XaKTi- ^ 

Sidxei^l  (pog  xai  jjxovaa  (ptavijg  Xl^  ^eiv. 

hi  ilWi^  S^  M^  eli«*t)^i«?V  t^^ari^f^V  2::äö4iXyS'H'iiti;  '  liV'  lyoJ'  ^s' 

o  Sh  xvqiog  einer'  eyta  el/Ai  tC  fte  Sidxetg;  elnoV  rCg  el 

^Ijjaovg  ov  av  Snaxetg,                 8:    eyia    Sh    änexqCS'tpf'    rlg  xvqie)     6     Sh 

6:     äXXä     ävaßtfi&i     xcA  el  xv^t6\    eliti  re    nqog   fte'  elneV       eyd 

eXqeX&e  eig   r^v   noXtp  xäl  tfto  elfit  "^Ifjaovg  6  Na^a-  el/i*i*Ifj(fov^, 

XaXfj&^eetaC  coi  ri  üt  ie*  ^Xog,  Br  tfv  Sttoxeig»  or    ai)     dua^ 

noieXi^,                                              10:    o   ^^  xvi^iog  eine  n^og  xeig* 


400  per  VerfiiBser  der  Apostdgeachichte ; 

es  5inmdgl)ch  qiaoht,  «ie  von  versohiedeBeB  Veifasserii  «bsoleiteii. 
Wollte,  man  aaob  annebmon,  der  eine  von -diesen  Berichten  sei 
nnserefn  Verfapuser  bereits  in  einer  älteren  Sohrifl  in  derselben 
Gestalt  vorgelegen,  in  der  er,  ihn  miltbeilt,  so  mflsste  er  diesen 
dpcb  jedenfalls  bei  Abfa«9|ing  der  beiden,  andern  .vor  Augen  ge- 
hab t.,ui)d.  in  ihnen  nw^gealunt  haben  $  .wenn  daher  die  drei  Berichte 
in  einzelnen  Zagen  sich  wider^preeben,  so  kann. doch  in  keinem 
Fa)l,  die  Verschiedenl^eit  der  Quellen  daran  sefaold  sein^  Bbendanit 
ist  nns.  aber  auoh  das  Becht  benommen^  ans  dem  Verhältniss  von 
G.  9,  29  t.zu  c  32,  17  ff.  auf  eine  Verschiedenheit  der  Ver- 
fasser zu  schliessen,  denn  wenn  in  der  Bekehrnngsgeschiobte 
widersprechende. zage.  Aufnahme  fanden,  wiewohl  der  Verfasser 
bei  dem  zweiM  seiner  Berichte  den  .ersten,  und  bei  dem  dritten 
den-  ersten  und  zweiten  vor  sich  haU^,  so  kann  ebensogut  Aber 
die  Reise  .  nach  Jerusalem  von,  einem,  und  demselben  Veärfasser 
Widersprechendes  erziUilt  worden  sein,  aumal  der  Wideispraob 
hier  weniger  unmittelbar  auf  der  Hand  liegt,  als  dort  Noch 
weniger  haben  natOrlich  untergeordnete  Widerspräche  zwischea 
verschiedenen  Stellen  in  dem  Fall  auf  sich,  wenn  dieselben  niclit 
unmittelbar  in  den  Berichten  selbst  liegen,  sondern  erst  durch  za- 
sammengesetztere  Reflexionen  daraus  abgeleitet  werden  können. 
Derartige  Widersprüche  waren  unvermeidlich,  wenn  sich  der  Be- 
richterstatter überhaupt  eine  absichtliche  oder  unabsichtlidie  Ver- 
änderung des  Thatbestands  erlaubte,  ohne  doch  die  ganze  ge- 
schichtliche Ueberlieferung  mit  voller  Konsequenz  nach  einen 
unhistorischen  Gesichtspunkt  umzubilden.  So  müssten  wir  es  alJer- 
duigs  widersprechend  finden,  dass  c.  5  eine  doppelte  BeAreianf 
der  Apostel  erzählt  wird,  erst  die  wunderbare,  aber  zwecklose^ 
durch  einen  Engel,  dann  die  menaöhlich  uatOrliche,  obwohl  gleich- 
falls unwahrscheinliche,  durch  OamalieU.  Aber  wir  konnten  daraus 
natürlich  nicht  das  schUessen,  dass  der  erste  Theil  dieser  Br2fih- 
lung  einen  andern  Verfasser  habe,  als  der  zweite,  sondern  höch- 
stens nur,  dass  hier  ein  älterer  Bericht  von  einem  Spätern  bentttzt 
und  weiter  ausgeführt  sein  müge.  Weiter  zu  gehen,  sind  \irir 
auch  dann  nich^  berechtigt,  wenn  unvereinbare  Züge  äbnliGher 


fte*  areufrds  no^fvov  elg  /fa-  16:  t'**'^ 
ßiaüxor  xäxel  X^Zff&iiae^  äraoTrj9i  xtu 
rat  ne^l  navrwy   «f  riraxxof    ot^t  ?^*  ^""^ 


Einheit  des  Verfas9QVs;  ßle^cl^arügkeil  des  Inhalts.  401 

Art  nicht  ^in^n  xu^d  deiD^eUwm^.  sondern  vertiolneifaHien  Abuctinilt^D 
unserer  Schrift  auj^ehOrea.    S«  wenig  e«  z.  0.  <kbereiiistliftiat,  üas« 
nach  c.  ;S,  45.  4,   34  ^Ue.  H&nsevb^iUiex  unter  den  Christen  ia 
Jerusalem  ihr  Bei^it^thupk  verkauft  haben  solle« ,  w^rend  doch 
c.  ±2j  12  das  Haus  ei«er  IMbiTia^   der  Mutter  des  Markos^  vor- 
kommt, so  folgt  dAch  daraus  nicbi  im  Geringsten  ^  daas  dor  Ver- 
fasser diese  Beliebte  nach  Porm  und  Inhalt  unverändort  avs  frü- 
heren Schriften  Jiufgeaammen  hat,  sondern  nur,  dass  er  dfn  Wi- 
derspruch derselben  i^icbli  befl]^kt^v<><lev  nic^  das  Interesse  hatte, 
ihn  2u  vef meid^ ;  «0  yKßiVflg  der  Himmelfahrtsbericbt  unserer  Schrift 
mit  den^  des.lLuka^vjingaUuias  m  vereinigen  ist,  ao  kennen  wir 
doch  aus  diesem.  Umstand    weder  auf  eine  VersohiedAnbeit    der 
Verfasser,  ppch  .i|uC  eine  ^^plob«  Abh4ngigkdt  dea  Einen  Verfassers 
von .  seinen. Onellen  SA^bJiif^en,    die  ihn  aus  einem  sellettaiftdigeii 
iSchriftsteller,  wie    Schwaabeck    will,    zum    blossen   ßamnder 
machte,  sondern  was. skh  daraus  ergiebt,  ist  nur,   dass  er  nieht 
histor^obe  Cienanigl^^it  und  jiistäriscben  Sinn  gemig  besass,«  um 
Widersprochen  r^n  entgehen ,  die  einam  kritisohoren  Auge  fk'eilieh 
hätten  aujOUlen  mUssen.    Nlpht  anders  verhMI;  es  sick  mit  allen 
den  Zilgen,  df^en  Unvereinbarkeit  wir  selbst  in  nnseru  zwei  er- 
sten Artike]ifl  nach?^;LweisQn  veranlasst  waren:  die  ¥hatsa<ebe,  dass 
i^olche  ZUg^e  vorkommen,  mOssea  w^ir  s^ugeben^  aber  die  Scidtksae, 
welche  darauf  gebaut  werden,  bestreiten,  d*  sieb  uns  die  Vor** 
aussetsujag,  als  ob  die  iSintiolt  des  Verfassers  jeden  Widerspniieb 
in  seinen  Beriqhien  ansscblies^e,  thats^chlteh  widerlegt  hat. 

Viplfl^r.jst  es  gerade  der  Inhalt  unserer  Sehrift  uM  die 
wesei^tliche  Uebereinstimmniig  4iUer  ihrer  Tbeiie  in  Beireff  dieses 
Inhalts ,  worai^s  di«  Eiinheit  ibros  Verfaaseca  am^  Bestimmtf^sten 
hervQjgeht.  Ks  soll  hier  «icht  wiederholt  werden ,  was  der  vorige 
Af)sctinitt  ausführlicbk  gezeigt  hat,  Oa^s  sich  diire^  das  Ganise  dieses 
Buchs  Eine  €h-un4idee,  Ein  die  ganza  DarsteUnng  beberrsebendes 
Qruadiuteresse  Iiin4nrch2i|eib(9  dass  schon  seine  ersten  Kapitel,  schon 
die  Er^hlungen  von  der  Urgemeuide,  durch  dieses  Interesse  be- 
stimmt sind,  4mB  dasselbe  in  ihrem  ganzen  Verlauf,  vom  Anfang 
Ms  KU  l^de»  ^it  aunebmender  Dentliehkeit  hervortritt,  dass  aiobt 
Mos  die  Auswahl  des  JMStgetbeUten  und  die  Stellung  der  eiiiiselMii 
Gr;s^bJlnngen  (namentlieh  in  4ew  Ahschnftti  c.  8—12)  wmk  ihm 
Zeogxiiss  j^,  sondern  mOi  die  geschicfatlicben  Thatsacban  settst 
^Ueser  Tendenz  ^suliebe  verftsdert  sind,  dass  die  durobgiuigige 
Vebereinstimmung  in  den  Beden  de»  Paulus,  das  Stephanus,  dcKi^ 

26 


402  ^er  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

Petras,  selbst  des  Jakobus,  der  merkwOrdlge  ParaJIelismiis  zwi- 
sehen  den  Thaten  und  Schicksalen   des  Paulas  auf  der  einen,  des 
Petras  und  der  Urgemeinde  auf  der  andern  Seite,   nar  aus  dieser 
Binheit  des  ursprOnglichen  Entwurfs  zu  erklftren  ist     Wenn  unsere 
Untersuoliang   Ober    den  Zweck    und   Plan    der  Apostelgeschichte 
irgend  Grund   hat,  so  ist  ebeudamit  die  Binheit  derselben  ausser 
Zweifel  gesetzt    Man  beachte  nur  die  hervorstechendsten  Momente. 
Sehen   in   der  Bingangsscene  unserer  Schrift,   1,8,   wird  nicht 
aliein   die  universelle  Bestimmung  des  Christenthums ,   dieser  ihr 
dogmatischer  Hauptgesiehtspunkt ,  ausgesprochen,  sondern  auch  die 
Stufenfolge,  in  der  sie  die  Verw'lrklichung  jener  Bestimmang  dar- 
stellen will,  in  kurzem  Umriss   verzeichnet     In  der  BrzähloD^ 
des  Pllngstwunders  macht    sich  eben   dieses  Interesse   durch  die 
Beziehung   der  Glossolalie  auf  die  Sprachen  aller  VoUcer  höchst 
einiussreloh  geltend.     Bei   der  Schilderang  der  Urgemeinde  ood 
ihrer  Brlebnisse  schwebt  dem  Erzfthler  die  Rücksicht  auf  den  Apostel 
Paulus  schon  so  bestimmt  vor ,  dass  wir  uns  nor  aas  dieser  ROcIl- 
sicht  die  angeschichtlichen  Verfolgungen  des  vierten  und  fOnften 
Kapitels  za  erklftren  wussten.     Stephanus   ist  unverkennbar  tis 
Vorgänger  des  Paulus  behandelt,  und  namentlich  die  ausgearbei- 
tete Rede;  die  ihm  im  Widerspruch  mit  dem  tumultuarischen  Charak- 
ter der  flbrigen  Verhandlung  in  den  Mund  gelegt  wird ,  ist  allein 
aus  diesem  Gesichtspunkt  vollständig  zu  begreifen.    Welche  nahe 
Beziehung  auf  die  später  berichtete  Whrksamkeit  des  Heidenapostels 
die  Vorgängerin  Samarien  und  Cäsarea  (c.  8.  10  f.)  haben,  ontf 
wie  namentlich  der  durch  und  durch   unhistorische  Bericht  Ober 
die  Bekehrung   des  Cornelius    eine  ganz  ausdrückliche  Apologie 
der  paulinischen  Heidenmission  ist,  haben  wir  seiner  Zeit  nich- 
gewiesen.    Dass   die  Brzählung   von  der  Bekehrung  des  Panlns, 
namentlich  aber  die  ungeschichtliohen  Behauptangen  Ober  die  DAdi' 
sten  Jahre  nach  seiner  Bekehrung,  Aber  sein  erstes  Zusammenseiii 
mit  den    Jernsalemiten,    und    seine    zweite   jerusalemische   Heise 
(11,  17),   nur  die  ersten  Pinselstriche   des   Bildes  sind,  welches 
der  letzte  Theil  der  Apostelgeschichte  von  dem  grossen  Heidefl- 
apostel  entwirft,  dass  dieser  schon  hier,  seinen  eigenen  Erkiimii- 
gen  zuwider,  in  dem  gleichen  Freundsohafts-  nnd  Ahh&ogiglätS' 
verhältaiss  zu  den  Judenaposteln  dargestellt  ist,  wie  später,  braacht 
hier  kaum  noch  bemerkt  zu  werden.    Ebenso  ist  gezeigt  worden, 
wie  die  Darstellung  des  Apostels  Pauliis  von  e^  13  an  nach  einev 
bestimmten,  theilweise  unUstorischen^  fieslditqpuiikt  ratwoifes,  i> 


Einheit  des  Verfassers;  Vor-  und  Räckbeziehungen.  403 

allen   ihren  wesentlichen  Zagen   sowohl  mit  sich  selbst,  als  mit 

den  Erzählungen  des  ersten  Theils  übereinstimmt-;  wie  die  paali- 

nisehen  Wunder  deft  petrinischen  des   ersten  Theils  glciobgebildef, 

wie  die  Leiden  des  Heidenapostels  im  Interesse  derselben  Parallele 

vermindert  sind ,  wie  er  selbst  in  Lehre  und  Handlnugswaise,  dem 

i      geschichtlichen  Thatbestande  zuwider,    völlig   einstimmig  mit  den 

i      Jadenaposteln   erscheint,  wie  ihn   c.  tS3,   1  ff.  in  demsellien  Ver- 

hftltnlss  zu  den  jttdisbhen  Parteien  darstellt,  wie  c.  4,  1*  6,  34  ff. 

f      die  Urapostel,   wie  der   schon   im  Eingang  unserer  Schrift  ange- 

t      legte  Plan  derselben  in  der  sorgfältig  vorbereiteten  Orondung  der 

romischen  Gemeinde   durch   Paulus   sich  abschllesst.     Diese  durch 

i      unsere  ganze  Schrift  sich  hindurchziehende  Einheit  ihres  Plans  und 

Zwecks  ist  der  sicherste  Beweis  für  die  Eüaheit  ihres  Verfassers, 

und  je  klarer  es  ist,   dass  jener  Zweck  hier  nicht  durch  einfache 

(       Zusammenstellung,  sondern  nur  durch  eine  tiefgreifende  Umbildung 

I       des  geschichtlich  Ueberlieferten  erreicht  wird,  um  so  augenschein- 

I       lieber   liegt  auch  am  Tage,    dass    die  Darstellung,    welche  ihm 

t       dient,  das  Werk  Eines  Mannes  sein  muss. 

,  Es  ist  kaum  nothig,  die  Einheit  unserer  Schrift  neben  diesem 

f  HauptbeweSs  auch  noch  durch  die  vielfachen  Beziehungen  darzu- 
I  thun ,  welche  zwischen  einzelnen  Stellen  stattfinden.  Doch  müssen 
wir  de  Wetters  Nach  Weisung  dieses  Punktes  ^)  als  sehr  begründet 
and  verdienstlich  anerkennen.  Ganz  offenbar  ist  zunächst  die  Zu* 
rüekweisaug  von  c.  11,  16  auf  1,  6,  da  sich  der  dort  citirte 
Ausspruch  Jesu:  ^Icodwrjg  fihv  ißccTtriaev  udaziy  vfislg  äs  ßan- 
riad'rjpeffd'e  iv  Ttvsvfiazt  ay/q>,  nur  hier  findet.  Ebenso  klar  ist 
aber  auch  die  Beziehung  dieses  Ausspruchs  auf  die  Erzählung 
des  zweiten  Kapitels  von  der  Geistesausgiessung.  Dadurch  ist 
vorerst  bewiesen,  dass  die  genannten  drei  Abschnitte,  se  wie  sie 
vorliegen,  nicht  verschiedenen  Verfassern  angehören  können,  wenn 
ihnen  auch  ursprünglich  verschiedene  Quellen  zu  Gtande  liegen 
sollten.  Der  gleiche  Verfasser  muss  aber  auch  c.  8,  1  in  seiner 
Erzählung  gehabt  haben;  denn  wenn  es  11,  19  heisst:  oi  fisv 
ovv  di^ccaua^erceg  arto  T^g  Miipecag  xi^g  yevoiiivrjg  tnl  2T€^dv(p 
diijldüv  mg  Ooivixrjg  xal  Kvtvqov  kcxI  ^Avrtoxeiag,  so  ist  hier 
die  Rückbeziehung  auf  8,  1  {tyhezo  de  .  .  dcioy^iog  ftiyag  .  . 
^aneg  ts  öuaTcdQr^oav  xara  rccg  x^Q^S  ^^ff  ^lovdaiag  xal  Sa- 
l^aQeiag)  ganz  augenscheinlich ;  von  einer  Zerstreuung  der  Christen 


*)  Com.  z.  Apg.  §.  2  a.  Einl.  in's  N.  T.  §.  115  Änm.  d. 

26* 


404  I>cr  Verfasser  der  ApostelgesefaichU ; 

in  JeriMuüem  i»t  ja  nur  hier  die  Bede.  ZwarneiBt  Sckwftiibeck^), 
der  Referent  c.  S,  1  kenne  beim  Niederscbreiben  eeiner  Stelle 
noch  nichte  ven  e«  11 ,  19  gewnael  heboi,  denn  naob  der  entern 
$Helle  zeretrenen  sieh  die  Christen  nneh  Jüdin  and  finmrie,  nach 
der  zweiten  geben  sie  bis  naoh  Phoniden  o.  s.  w.,  nber  es  liegt 
doeh  am  fage,  dass  die  letztere  Angnbe  der  ersteren  nicht  in 
Geringsten  widerspricht,  sondern  sie  vielmehr  nnr  weiter  fertsetst: 
die  Verfolgten,  hiesn  es  znerst,  üoehteten  nach  JndAn  ond  Sasaria, 
and  nachdem  nnn  c.  8,  4— 11,  18  berichtet  ist,  was  sich  io 
Folge  dieser  Zerstreming  der  Christen  nach  Jndän  und  Samarit 
in  diesen  beiden  Ländern  tfatnig^)/so  f&hrt  c.  11,  19  fort:  die 
Zerstreuten  wanderten  noch  weiter  (Je^A^ov)  ^)  naoh  PhOmciea  «. 
s.  f.  Se  konnte  sieh  der  Verfasser  gnr  nicht  nnsdrftckan,  weu 
er  nicht  die  früher  erwAhnte  Zerstreniing  voranssetzte,  C.  11,  19 
ist  daher  ganz  sicher  mit  Rflcksioht  naf  o.  8 ,  1  niedergesehriebeB. 
Dass  nmgekebrt  auch  in  c.  8,  1  dne  Htttweisnng  aof  o.  11,  19 
liege,  lästtt  sich  fr^lich  nieht  behnnpten,  aber  anch  nicht  verlan- 
gen, and  nar  ein  MissveratAndniss  der  betreffenden  Stellen  ist  es, 
welches  Schwnnbeck  fIragenJisst:  wenn  der  Verf.  bei  c  8,  1 
schon  wnsste,  dass  sieh  die  Christen  theils  naeh  Jadte,  theiis 
nach  Antiochien  zerslrdot  hatten,  wessbalb  Aast  er  denn  nicbt 
beides  in  seiner  DarsteUnng  zosamnen?  Die  Hebinng  den  Verfas- 
sers ist  gar  nicht,  dass  die  Zershrenten  theils  nach  JudAni  tbeils 
naoh  Syrien  n.  s.  f.  giengen,  sondern  er  Iftsst  alle  znnAchat  naeh 
Jadäa  und  Samarien,  and  einen  Theil  derselben  (wie  sieh  aacii 
nach  0.  11,  19  von  selbst  versteht)  von  hier  ans  nach  Antiochies, 
Phoniden  und  Cypern  gelangen.  Noeh  weniger  folgt  ans  11,  ^ 
fdr  Sehwaubeok's  Abnahme,  denn  der  Waderspirych,  dass  luer 
eine  S^meinde  in  Jernsalem  erwAhnt,  e.  8,  1  di^egen  die  ^r- 
streaang  aller  jerasalemitischen  Christen  mit  Ausnahme  der  Apaistei 
behiinptet  wird,  liesse  sich  theils  dnreh  die  Vemnssetnnng  ent- 


«)  i.  a.  0.  S.  52. 

^  Warum  dieses  vorher  eingeschoben  ist,  nümiich  damit  die  erste  QetdeDbe- 
keliruDg  von  Petrus  erzählt  werde,  zeigt  S  ch neck eo bürge rZw^  d.  ipg.  17^^- 

3)  üeber  den  SprachgebraucU  von  3%iqx^^^^y  ^8^-  ß^™-  5>  ^2  und  die  Aus- 
leger zu 'dieser  Stelle:  das  Sie^x^a^^i,  hindurchgehen,  von  einem  gegebenen  io- 
fang  aus  durch  eine  ganze  Reihe  weiter  schreiten ,  setzt  immer  ein  (f^x^9tu  T0^ 
aus.  So  auch  in  unserer  Stelle:  sie  giengen  von  den  Orten  aus  weiter,  wohin  9t 
nach  c.  8,  1  zuerst  gegangen  waren. 


Einheit  des  Verfassers;  Vor-  und  R^kbeziehungen.  405 

fernen  y  d»ss  sich  inzwisohen  wi»4er  ein  Christen  verein  um  die 
Apostel  gesftmmeli  hAe,  tlieils  ist  er  aber  nor  eine  FeJ^e  von 
der  iBAgeseliichtUcben  Uebertreibnog  c.  8,  1,  aai(  kann  insofern 
«iiii  nichts  mehr  für  eine  Verschierfenbeit  der  Qaellen  beweisen, 
als  andero  WidersiHrOehe ,  in  wekthe  sieb  nnsere  Schrift  durch 
oD^^escfaicfatliobe  AAgahe»  verwickelt 

IMe  AehnUebkeit  voa  e.  «,  8  mit  4,  33.  5,  12  wurde  schon 
#rtther  (ß.  379)  bemerkt    C.  9,   1  wird  dnreh  das  erv  ausdrück- 
lich enf  c  8,  l-*3  verwiesen.    Von  dem  Verhültniss  der  Berichte 
Silber  4He  Bekehrung  des  Panlus  war  theils  schon  die  Rede,  theils 
wird   es  noch  efdisr  zu  beröhren  sein;   ob  bei  c.  9,   15  gerade 
an   das  VerhOr  vor  Agrippa  e*  26  zu  denken  ist   (de  Wette) 
kami  mau  bezweifeln.    C.  10,   41.   13,  31  belssen  die  Apostel, 
wie  6,  82,  fia^Vffeg  %i}£  o^w^iae^.    C.  11,  26  ist  die  öe- 
zMiaeg  afif  9,  30  eeginisob^inlieh,   denn    woher  wnsstea  wir 
MMt)  .dass  Panlas  Isi  TarMs  «ea  finden  war?  c.  12,  24  treffen 
wir  die  gieiisfee  Fersiel,  wie  6,  7.    Dans  der  Abschnitt  11,  19--30 
und  12,  9.5  mU  13;  1  ff»  zusammengehöre;  wird  auch  Sohwan- 
beck  eingeräumt     Wir    möchten  die««s  Zugestandniss  auf  11, 
10  -«-  26  beschrtoken,   denn  die  Brzühlung  von  der  JEleise  des 
Paidns  und  Barnabas  naeh  Jerusalem;  11,  27—30.  12,  25  könnte 
unbeeebadet  des  Zusammenhangs  fehlen,  dagegen  setzt  c.  13,  1 
aUerdings  veraois,  daas  dem  Leser  das  Dasein  einer  Christenge- 
meinde in  Antlochiea  sehen  bekannt  ist,  und  da  nun  unsere  Schrift 
bie^'en  l^s  jetzt  nur  11,  19  ff«  gesprochen  hat,  so  würden  wir 
in  e.  13  selbst  dann  eine  Zurfiekweisang  auf  diese  Stelle  finden 
darfen,  wenn  d^r  Inhalt  diases  BjtpUels  im  IJebrigen  einer  elgen- 
UMllBiiiolien  Oa^Ue  entnommen  sein  selUe.     Oass   diese  jedoch  in 
lEciBem  Faü  ven  dem  ganzen  Inhalt  desselben  gelten  konnte,  erhellt 
aus  dem  Mhmr  (ß.  801)  nach  Schneckenburger  und  Baur 
gegebene«  Nadbw^s  Ober  die  durchgängige  Uebereinstimmong  der 
paidinis(4ien  Bede  V.  16—41  mü  den  Beden  des  Stephanus  im 
Siebenten  nnd  des  Petrus  im  zweiten  «nd  dritten  Kapitel.    Diese 
Ueberwtttimmung  Iftsst  sich  nnmilglich  aus  dem  wirklichen  ge- 
sobiebtliehen  Sachverhalt,  sondern  nur  daraus  erklären,  dass  dem 
Verfasser  bei  der  Composition  der  paulinieehen  Bede  die  früheren 
Beden  noch  im  Cnedäcbtntes  liagen,  «nd  bliebe  nun  a«ich,  so  weit 
wir  bis  jetzt  sind,  noch  immer  der  Fall  denkbar,  dass  diese  aus 
eigenthOmlichen  Ouell^n  aufgenommen  wären,  so  ergiebt  sich  doch 
schon  jetzt  für  uns  so  viel,  dass  der  Verfasser  der  Bede  in  c«  13. 


4 06  Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

von  dem  Verfasser  unserer  ganzen   Schrift  nicht  za  trennen  ist, 
denn  nur  dieser  kann  die   Reden   des  Petrus  und   Stephanus  bei 
seiner  Arbeit  vor  sieh  gehabt  haben.     Dass  auch  die  Rede  auf  dem 
Areopag  in  ihrer  Anlage  an  die  des  Stephanus,  und  die  des  22s(en 
Kapitels  an  diese  beiden  erinnert,  ist  seiner  Zeit  (S.  260  ff.)  bemerkt 
worden;   auf  das   wörtliche  Zusammentreffen  von    17,    24  mit  7, 
48  haben  wir  gleichfalls   schon  hingedeutet;  ebenso  überzengteo 
wir  uns  (S.  214)  in  Betreff  der  Erzählung  14,    8  ff.,    dass  sich 
ihre  ganz  auffallende ,  bis  auf  die  einzelsten  Züge  und  den  sprach- 
Jichen  Ausdruck  sich  erstreckende  Verwandtsehaft  mit  der  früheren 
3,  2  — 8  nur  aus  einer  Nachbildung  der   einen  in  der  andern  be- 
greifen lässt     Von    der  Aensserung  des  Petrus   lil,  7 — 9  lässt 
sich    sehen    wegen  der    wortlichen    Uebereinstimmung    des    8ten 
Verses  mit  10,  47  nicht  bezweifeln,  dass  sie  auf  die  ErzäUaog 
des  loten  und  Uten  Kapitels  von  der  Bekehrung  des  Cornelius  aos- 
drttcklich  Rücksicht  nimmt,  und  je  bedeutender  nun  die  Bedenken 
sind^  denen  die  Geschichtlichkeit  dieser  Erzählung  unterliegt,  m 
80  klarer  ist  auch,  dass  nicht  etwa  nur  der  Ausdruck  durch  diese 
Rücksicht   bestimmt  ist,   dass  vielmehr  die   Rede    des  Petrus  nur 
denselben  Urheber  haben  kann,   wie  die' Erzählung  von  Coruelias> 
IHese  Rede   nun  aber   mit   Sehwanbeck  (S.  53.   121    f*  265} 
von  ihrer  Umgebung    zu   trennen,    und  aus   einer  anderweitig^en 
Quelle^)    in    den  Bericht   des   15ten   Kapitels   hereinkommeD  zn 
lassen 9  geht  schlechterdings  nicht;  denn  einmal  bildet  dieser  Be- 
richt ein  eng  zusammenhängendes  Ganzes,  und  die  gleich  folgende 
Rede  des  Jakobus  würde  ohne  die  des  Petrus  allen  Halt  verlieren; 
sodann  beruft  sich  Jakobus  V.  14  ganz  ausdrücklich  abf  die  vor- 
angehenden  Worte  des   Petrus    und   auf  die   von   ihm  erwähnte 
Bekehrung  des  Comeltus;    endlich    ist    es  nach    unsern  frtibieren 
Untersuchungen  ganz  undenkbar,  dass  der  Verfasser  eine  so  sicht- 
bar  ungeschichtliche ,   rein   aus   der  Tendenz  unserer  Schrift  ber- 
ausgesponnene  Erzählung  wesentlich  in  derselben  Gestalt,  die  sie 
bei  ihm  hat,  nicht  Mos  in  Einer,   sondern  sogar  in  zweien  seiner 
Quellen  vorausgesetzt  gefunden  hätte.  Schwanbeck  könnte  diess 
wohl  nur  desshalb  übersehen,  weil  er  die  Frage  über  dieQaellen 
der  Apostelgeschichte  ohne  alle  vorgängige  Untersuchung  über  die 
Glaubwürdigkeit  und  die  Tendenz  ihrer  Erzählungen ,  rein  aus  der 


*)  Der  yon  Schwanbeck  vorausgesetzten   Biographie   des   Petrus,   worüber 
unten  Näheres. 


Einheit  des  Verfassers;  Vor-  and  Rückbeziehungen.  407 

Sprache  and  dem  sohriftstelleriachen  ^harnkter  der  einsselnen  Ab- 
scbnitte  za  beantworten  unternahm;  bei  diesem  Verfahren  war  es 
kaum  zn  vermeiden,  dass  steine  ghnze  Untersuchnng  zn  ihrem 
grössten  Schaden  von  einer  Menge  grundloser  Voraosseiznngen 
ausgieng,  mit  deren  kritischer  Prüfung  sie  gerade  anzufangen 
^ebabt  hätte.  Auch  die  Rede  des  Jalcobus  enthält  übrigens  noch 
ausser  V.  14  eine  unverkennbare  Reminiscenz  an  Früheres,  denn 
ivie  Moses  V-»21  xcrrä  mäv  aaßßarov  avayivuMJxofispog  genannt 
ivird,  so  heisst  es  13,  27  in  einer  Rede  des  Paulus:  zag  qxoväg 
Tiav  7tQoq>rj%wv  Tag  xatä  nav  aaßßarov  avayivmaxofievag. 

Wie  der  Bericht  des  1  äten  Kapitels  auf  Früheres  zarückweist, 
Bo  wird  er  selbst  nicht  blos  in  dem  unmittelbar  damit  verbundenen 
Abschnitt  1(S,  1 — 4,  sondern  auch  später  noch  in  den  Worten 
des  Jakobus  21,  25  mit  aller  Bestimmtheit  vorausgesetzt.  Zeugt 
diese  Rückbeziehung  an  und  für  sich  schon  für  die  Einheit  des 
Verfassers  von  c.  15  und  c.  21,  so  erhält  dieses  Zeugniss  noch 
ein  ungleich  grosseres  Gewicht,  wenn  wir,  an  unsem  bisherigen 
Ergebnissen  festhaltend,  auf  die  Geschichtlichkeit  des  apostolischen 
Gebotes  15,  28  f.  verzichten;  wenn  diese  Darstellung  des  Apo« 
stelconvents  nicht  dem  geschichtlichen  Thatbestand,  sondern  nur 
dem  Berichterstatter  angehört,  so  kann  natürlich  auch  die  Berufung 
auf  dieselbe  keinem  Anderen  angehören. 

C.  15,  36  verweist  ausdrücklich  iiuf  c.  13  f.;  ebenso  wird 
die  Beziehung  von  15,  38  auf  13,  13  trotz  Schwanbeck's 
halben  Zweifeln  (S.  54)  fortwährend  festzuhalten  sein«.  Denn  dier* 
Worte  der  ersteren  Stelle  über  Markus:  Tlavkog  de  rj^iov  %dv 
dnoarovra  an  avtcuv  dm  nafiq>vUag  .  .  ,  fiJj  av^rtaQahxßaXv 
Toikov'wäten  dem  Leser  völlig  unverständlich^  wenn  nicht  c«  13, 
13  vorangegangen  wäre:  ^kdw  sig  nkqyrjfv  tijg  üapupvliag. 
^ItadwTjg  di  dnoxfOQi^aag  dix  avrcSv  vTtiatQeipev  eig  ^leQoaokvfia» 
Dass  18,  5  auf  17,  15  zurücksieht  ^},  kann  auch  Schwan - 
beck  nicht  leugnen,  aber  diese  Beziehung  soU  durch  den  Umstand 
wieder  nentralisirt  werden,  dass  17,  15  f.  eine  sofortige  Abreise 
des  Silas  und  Timotheus   auf  die  Aufforderung  des  Paulus    hin 


')  17,  14—16:  Paulus  reist  von  Beröa  ab,  wähfend  Silas  und  Timotheus 
hier  zurückbleiben.  Von  Athen  aus  lässt  er  diesen  sagen  tva  (S;  rax^f^a  Ml^taai 
Tt^og  avToy,  während  er  in  Athen  auf  sie  wartet,  trägt  sich  der  Auftritt  auf  dem 
Areopag  zu.  18,  1:  /uträ  ravta  ;^<tf^tö^f/5  ix  rwv  'A&?^v(ay  ifX&er  eh  KoqivS'ov, 
V.  5:   w<;  S'k  xar^t&oy  dvt6  Ttji  MaxfSovlaq  o  re  2tXag  xa\  6  Ti/Lto&so^  u.  s.  w. 


408  Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

v*raoM«Ue,  wwgtgen  ea  18,  5  d«il  Attsühein  gewinne,  Ms  hitfe 
jene«  Dringen  zur  BHe  garr  nieht  »tettgernnden.  fHears  ist  aber 
nidit  richtig;  der  ganze  AnHess  Regt  ilnrin,  dass  IS,  1  bei  der 
Abreise  des  Paulus  ron  Athen  nleht  ausdrüeklich  bemerkt  ist,  sie 
sei  vor  der  Anlcooft  des  Silas  and  Timotheai»  erfolgt;  was  Icann 
dieas  aber  bevi^eisen,  zumal  bef  einem  oft  so  llftehtigen  Breäbler, 
wie  ansor  Verf unser?  *) 

Die  Hinwdsnng  ven  19,  1  auf  18,  23  hat  wegen  der  ge- 
ringen Entfemimg  der  beiden  Stellen ,  und  die  von  21,  8  (Odh 
nov  roxi  stayyekiüTov  ovtog  ix  rwv  emd)  auf  6,  5  (die  Wahl 
der  sieben  Diakone ,  daranter  Phllif^ptts)  hat  desshalb  weniger  zo 
bedeuten,  weil  ein  se  Jekliter  ZuMtz  auch  von  einem  isonst  ub- 
aelbstftndfgen8aamler  elngesotioben  werden  konnte,  dagejgen  scheint 
die  fierOhrang  js^lsehen  21,  8  und  8,  40  von  grosserer  Beweis- 
kraft 0.  8,,  40  helMt  es  von  PhRIppua,  naeh  dem  Verfall  lait 
dem  Bnnuohen:  Oüinivo^  dt  svQidt]  dq^'A^totov  xal  duqxpfii- 
vog  evTffyeli^eto  v^g  nt^eig  ftaatxg,  Sw?  rov  ilS^tv  avrdv  sk 
KuwccQtuxv,  Von  4n  an  wird  PMiippos  nieht  welter  erwähnt; 
erst  21,  8  treflten  ^ir  ihn  wieder  ^  In  Cftfirarea.  Sollte  nun  vreU 
<der,  weieher  8,  40  ntedersdhrieb ,  diese  spätere  Hegegnong  mit 
Philippus  noch  nicHt  Im  Sinne  gehabt  haben?  Der  m  den  äeefitftd- 
ten  herumziehende  Evangelist  bat  sieb  doeh  wohl  erst  später  fest 
in  Cäsarea  niedergelassen  2>  Jedenfalls  wfire  es  ehi  t^genet  Zu- 
fall, wenn  die  letkste  und  die  verletzte  ErwäbiHing  4^  Philippas 
in  unserem  8wche  s#  gemia  nn  einander  passten,  ohne  das«  bei 
der  einen  auf  die  andere  IMißksioht  gebommeH  w&t%;  und  wenn 
uns  nun  später  noch  wahrseheiniloh  werden  '%^4rd,  dass  c.  21,  B 
einer  älteren  Qttefle  n»gehfttt,  m  niOi^«en  wir  atinehdiea,  dass  der 
Gesammtverfasser  der  Apostelgesohiobte  diese  QüeHb  sdheii  kannte, 
als  er  8,  40  niedersohrieb. 

C.  20,  4  bezieht  sieh  avf  IB,  29;  24,  18  efaf  21,  26; 
25,  21.  2«,  S2.  20^,  24.  28,  19  auf  25,  11,  das«  21,  1t^ 
auf  20,  4  zurnckg>eseheii  winl^  ist  «eh^  wMirsch^Ktll,  unA  dass 
das  eheilweise  wwtli'die  1i«i4iiitti^ntiieffen  ven  V2,  SO  nftt  7,  S«, 
8,1^)  nicht  von  einem  blossen  Zufall  herkommt ,  lieg4  an  Tag^e. 


')  So  ist  z.  B.  8,   IS  anch   nicht  arnsdrücklich  bemerkt,   dass  Philippus  nacli 
Jerusalem  zitrückkelirte,  und  dodi  Tvird  diess  V.  !2!6  vorausgesetzt. 
*)  Sehne ckentmrg er,  Zweck  d.  Apg.  162. 
*)  22 ,  26  erzählt  PautuB  aus  Änlass  der  Chrisluserscheinung  in  Jerusalem  fod 


Einheit  des  VerCassers.  409 

Ma^  man  ima  «BBebnaii,  dusa  4le  W4rt«  d«s  Patilns  im  2fMm 

Kapitel  durch  die  Stell«  im  7teii  «od   8ten,  eder  angekdlirt  mit 

Sofaleiermacber  0    nnd    Sohwanbeek  (8,  56}|   deee  diese 

durch  die  Rede  des  Paulas  bestimmt  sei,  jedenfalle  fisdet  hier  ehie 

BezA^Wg  entlegener  Abschnitte  oMt^  Welche  nur  vom  VerlMSSfr 

de»  Ctansen   herrtthren  ](«bb.    Minder  erheblich   wAre  die  Anfllh- 

rumg  T<m  2(1,  6  in  der  Bede  des  Panlu«  34,  2i%  Mreon  ihr  nicht 

das  Ergebnies  niuerer  frfiheren  Untersachnng  über  die  Geeehiefat- 

lickkeit  der  erstangef tthrten  Aensseriuig  (ß,  28d  f.)  einiges  Gewicht 

gäbe ,  d€9Ui  wenn  eine  Eede  des  Apostels  anf  eine  gaB%  unwahr- 

soio^nliche  Thatsache  zurückweist,   so  kann  diese  Rede  nur  von 

ejnew  selchen  herstamaMn,   ivelehem  der  Bericht  tibar  die  aogeb*- 

liehe  Thatsache  schon   vorlag,  und  wenn  nun  diese  nur  in  der 

Geaammttendenz  OBserer  Schrift  ihre  Brklftrung  findet,  so  m^lssen 

wir  auch  jene  auf  den  Gesammtverfasser  j&arüGkfahrea.    Dass  die 

letsta  Reise  des  Paalos  nach  Jensalem  dureh  19,   21.  20,  16, 

die  römische  durch   19,   21.  23,  11.  26,    lO  f.  27,  24  vorbe- 

raUet  wird,   dass  in  der  Aeusseraag  20,  29  3as  sjpiter  (21,  4. 

10  ff.)  Erefthlte  vorweggeaammen  i(rt,  dass  die  KrUiMraag  20, 

2^    die  Bekanntschaft  de»  Verfassers  mit  dem  Tode  des  Apostele 

verrJU^,  ist  miher  <S.  267.  MS  f.  271  f.)  geaeigt  werden. 

Die  Instanzen,  welche  Sehwanbeck  S»  47  ff.  diesen  Be- 
tegen gegenl^berst^it,  woHea  nioht  viel  badeaten.  Bs  soN  ent- 
weder  eine  Verschiedenheit  der  Referenten,  oder  eine  AüslasBaag 
des  Ueberarbeiters  verrathen,  daas  Petrai  nach  seiner  12,  17 
befichtetea  Flacht  c.  15,  7  wieder  In  Jerusalem  anftrüt,  ahme 
dass  doch  saiaer  Rickkehr  ansdrtleklieh  erwAhat  wAre;  dieser 
Vaistaad  erklärt  sich  aber  ebenso  leielit  aas  einer  eiafaohen  Naoh- 
tössigkeit  des  Verfaseeiis,  oder  ans  einer  Lücke  in  seinen  Nadh^ 
ricJiteB  aber  Petrasu  Weiter  soll  es  nadeakbar  sein ,  dass  Derselbe, 
welcher  8,  1  alle  Christen  am»  Jernsale»  iiehen  lAsst,  gleieh 
darauf  ¥.  2  in  Jerusalem  gettesCttrchtiger  Münner  und  V.  3  der 
von  Saulns  verfelgtea  Christen  erwähnt  hftlta.  Aber  die  Meinuttg 
dieser  drei  Verse  wn^  wehl  nicht  die  aeia,  dass  das,  was  ein 
)eder  von  Jbaen  beilohtet,  abtroaidogiseh  ahgeseblosflea  ^eweeen 


sich  die  Aeas^erimg:  or«  i'l^€j(6ltö  ro  alfta  ^T^etparav  rov  ^Mi^TUQog  oih  hm  avtof 
riuijv  i(ff<tt(a$   Htm    owevSoxMv    »cat    (puXdaaaty  rd   Ijudrt»   rväv   ivai^ivrvav  aurov. 
Vgl.  7,  5S:  xa\   ol  jua^rv^eg  dnid'svro  td  tjuana  atrwv  nagd  rovg  noSag  ..  Sav^ 
lov.  8,1:  2!avXog  Se  ^r  öwevSoxwv  tri  avaiQ^'aei  avrov, 
»)  TitA,  m's  N.  T.  hcraiisg.  -von^WoIde  S,  377, 


410  *  Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

Wäre,  ehe  das  im  nftohsteii  ErzähKe  anfleng,  aondeni  V.  1   theilt 
das  Allgemeine  Ober  die  Ohristenverfolgon^   nach   dem  Tode  des 
Stephanus   mit,   wozu  V.  2  und   3  einiges  Speciellere,  allerdings 
nicht  sehr  geordnet,   nachbringen.     Die  avd()6g  evlaßslg  des  2ten 
Verses  sind  nbrigens  nicht  Christen,  sondern  Juden.    Ferner  wird 
behauptet  (S.  58):   im  Anfang  des  16ten  Kapitels  komme  Paulas 
durch  dieselben  Gegenden,  deren  frühere  Boreisung  das  14te  Ka- 
pitel erzähle;   an  beiden  Stellen   herrsche  ziemliche  Weitl&niigkeit 
und  doch  wOrde  Niemand  aus  dem   l6ten  Kapitel   errathen,   dns» 
schon  ein  14tes  vorausgegangen  war.     Aus  C.  16  allerdings  nicht 
nothwendig,  'wiewohl    auch  hier  V.  2.  4  der  Ohristen^emeioden 
in  Pamphylien   und  Lykaonien  erwähnt  wird,   um   so   bestimmter 
dagegen   aus  c.    lö,  36:   ftierä  de  rtvag   rjiBQag  eins    Tlavlog 
nQog  BaQvdßccv'  imatQitpctrveQ  drj  eTtiaxstpMiasdtx  rovg  adshpovg 
yarä  itaaav  Jtohv,   iv   aig  xaTT;fy€ila^sv  rov  koyov  tov  m^qiov. 
Ein   weiterer   Anstoss    ist   ea  fttr   Sohwanbeck,   dass    Gamaliel 
5,   34  als  8chdtzredner  der  Christen    auftrete,   dagegen    22,  3 
als  der  Lehrer  des  Christen  Verfolgers  Saulus;  dieses  beides,  meiDt 
er,  könne  unmöglich  derselbe  Referent  berichten.     Auf  diese  Be- 
hauptung  ist  bereits   geantwortet:   wenn  wir   aus  geschichtlichen 
Widersprtichen  sofort  auf  Verschiedenheit  der  Erzähler  schliessen 
dürften,  so  könnte  die  Apostelgeschichte  zu  einer  hübschen  Anzahl 
von  Verfassern  kommen ;  da  aber  auch  eid  und  derselbe  Verfasser 
solche  Widersprüche  begangen   haben  kann ,  und  da  er  sie  jeden- 
falls in   allen   den  Fällen  wirklich   begangen  hat,   wo  sie  in  der 
gleichen  Erzählung,   oder  in  zwei   einander  augensohdoÜGh  vor- 
aussetzenden Ei'zählungen   vorkommen,   so   können  dieselben,  für 
sich  genommen,  nicht  das  Geringste  gegen  die  Identität  des  Ver- 
fassers beweisen.     Im  vorliegenden  Fall  liegt  überdiess   der  Wi- 
derspruch gar  nicht  so  unmittelbar  zu  Tage,  dass  er   nothwendijf 
bemerkt  werden   musste,    denn   Gamaliel  ist  c.    22,   3    nicht  «Is 
Christenverfolger,  sondern  als  der  Mann  der  jüdischen  Orthodoxie 
angeführt,  gerade  dessbalb  aber,  weil  er  diess  ist,   kann  er  e.  5 
mit  diesem  Erfolg  auftreten.     Da  weiss  unser  Verfasser  noch  ganz 
andere  Dinge  zu   ertragen.     Welcher  aulTallende  Widerspruch  ist 
es  nicht  z   B.,  dass  dasselbe  pharisäische  8ynedrium,  welehes  24, 
1,  und  25,  2  den  Paulus  auf  den  Tod  verklagt,  dieselbe  Parthei, 
welche  23,   14«   25,    3   seine   meuchlerische    Ermordung    tbeils 
gutheisst,   theils  anstiftet,   unmittelbar  zuvor,  23,  7  if.  den  Sad- 
dncäern   gegentlber  für  ihn  auftritt!    Und  doch  kann  hier  schon 


Einheit  des  Verfassers.  4t  1 

we^en  der  Zurückweisung  von  24,   21    auf  23,  6^   und  wogen 
des  engen  Zusammenhangs  der  ganzen  Erzählung,   unmöglich  an 
eine  Verschiedenheit  .der  Beriehterstulter  gedacht  werden ,  und  auch 
Schraube ck  denkt  nicht  daran.    Aber  dem  Verfasser  der  Apo- 
stelgeschichte macht  dieser  Widerspruch  so  wenig  Bedenken^   als 
er   der  Mehrzahl  ihrer  Ausleger  bis   auf  den  heutigen  Tag  Be- 
denken gemacht  hat     Noch  schwächer  ist    der  Grund,   welchen 
Schwanbeck  S.  59  f.  von  der  Behandlung  der  Namen  Herodes 
und  Agrippa  im  12ten,  idten  und  25sten  Kapitel  hernimmt,  wess- 
halb  wir  ihn  hier  übergehen;   etwas  mehr  hat  es  auf  sich,   dass 
bei  der  Erwähnung  des  Markus  12,  25  die  vollständige  Umschrei- 
bung seines  Namens  ^Ia)dwr/v  %6v  inixki^^hTa  Mccqxov  gebraucht 
ist,  wrährend  doch  erst  12,  12  ^Iwuwou  zov  imxakovf^evov  Mdq- 
xov  voranging;   sollte  sich  aber   auch   hierin  der  Gebrauch  einer 
neuen  Quelle  verrathen,  so  beweist  dieser  Umstand  doch  keinen«- 
falls  für  einen  neuen  Verfasser;  dass  15,  37,  nach  einer  Unter- 
brechung von  drei  Kapiteln ,  der  volle  Name  ^Iwdvvr^v  tov  xcclou- 
^lEvov  MfxQxov  wieder  eintritt,  ist  ganz  unverfänglich ,  und  ebenso 
wenig  hat  es  zu  bedeuten,  dass  statt  desselben  15,  39  nur  Markus, 
13,  5.  13  dagegen  nur  Johannes  steht.    Auch  in  der  Einführung^ 
des  Agabus,  der  21,    10  wie  eine  dem  Leser  noch  ganz  unbe- 
kannte Person  auftritt,   mag   man   das   Anzeichen    eines  Berichts 
finden,  welchem  eine  frühere  Erwähnung   dieses  Propheten  fremd 
war^  dagegen  macht  unsere  Untersuchung  über  c.  1 1 ,  27  ff.  (S. 
222)  wahrscheinlich,  dass  Agabus  und  seine  Prophezeiung  in  dife 
uogeschiohtliche  Erzählung  dieses  kleinen   Abschnitts  nur  aus  c. 
21  hereinkam,   und  so  wird  durch  das  Verhältnlss  dieser  beiden 
Stellen  die  Einheit  unserer  Schrift  im  Ganzen ,   trotz   der   wahr- 
scheinlichen Benützung  älterer  Quellen,  nur  bestätigt. 

Auch  was  Sohleiermacher  S.  350  ff.  der  Einleitung  in's 
N.  T.  anführt,  um  die  Zusammensetzung  der  Apg.  aus  einzelnen 
Erzählungen  zu  beweisen^  die  theilweise  von  einander  nichts  wissen, 
ist  schwerlich  stichhaltig.  Er  findet  es  unwahrscheinlich,  dass 
Jemand,  der  eine  zusammenhängende  Geschichtschreibung  geben 
wollte,  die  Bekehrung  des  Paulus  dreimal,  die  Visionen  des  Pe- 
trus c.  10.  11  zweimal  erzählt  haben  sollte.  Aber  noch  unwahr- 
scheinlicher ist  doch  gewiss ,  dass  zwei  von  einander  unabhängige 
Erzähler  diese  Fakta  grossentheils  wörtlich  gleich  berichtet  hätten ; 
rührt  dagegen  ihre  stylistische  Fassung  erst  vom  Sammler  her,  so 
bat  sie  dieser  nicht  Mos  aas  seinen  Quellen  abgeschrieben,  sondern 


412  Der  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

er  hat  sie  mit  Absicht  und  BewnsstseiB  gleichgebildet;   ebendaiiiit 
f&llt  dann  aber  auch  jeder  Omiid   weg,  Ihre  l^ederholang  ans 
einer  Mehrheit  von  Qaelienschriften  abzuleiten,  was  aberdiess  hei 
den  Wiederholungen   des    lOten  und   Uten  Kapitels,    durch   die 
Einheit  der  Erzählung  ver\i'ehrt   wird,   denn   wer  in   bestimiBter 
Absicht  drei  Berichte  Ober  dasselbe  Ereigniss  aufnehmen  dimI  ein- 
ander gleich   mischen  konnte,    der  konnte  ebensogat  in  dere«]beB 
Absicht  Einen  Bericht  zwei-  oder  dreimal  wiederholen;  wir  bähen 
daher  nur  zn  fragen,   was  dieses  ftlr  eine  Absicht  gvwesea  sein 
mag  ^).     Dass  auch  die  WidersprOche  in  dier  Bekehmngsgescbkiite 
nichts  für  die  Zersttlcklnngshypothese  beweisen ,  ist  bereits  gezeigt 
worden.  —  Wenn  weiter  zwischen  dem  dritten  Kapitel  and  den 
Schluss  des   zweiten    der    rechte  Zusammenhang    vermisst    wird 
(S.  352),   so   fragt  es  sich  vor  Allem,  ob  der  Verfasser   Ober- 
haupt auf  den    gleichen  geschichtlichen  Znsammenhang    ansieht, 
wie  ein   kunstgerechter  Geschichtsohreiber;  und  selbst  wenn  man 
im  Anfang  des  dritten  Kapitels   die  Spur  einer  Erzählung  Unden 
wollte,   die  mit  dem  Vorhergehenden  ursprflngifch  nicht  unmittel- 
bar zusaromenhieng,  so  würde  doch  Isnge  nicht  folgen,  dasa  4iese 
vom  Verfasser  ohne  eigene  Bearbeitung  aufgenoonnen  und  einge- 
rfickt  sei.     Das  Gleiche  gilt   gegen  Schleiermacher^s  Bemer- 
kung (S.  354),  dass  c.  19,  1  ff .  der  frohere  Aufenthalt  des  Paulos 
in  Ephesus   ganz   ignorirt  werde;    vielleicht   haben' wir  uns  aber 
diesen  Umstand  auch  daraus  zu  erklären,  dass  erst  der  Verfasser 
ans   der   einmaligen  Anwesenheit   des  Apostels  in  Ephesus  durch 
Binschiebung  der  ungeschichtlichen  Reise  c.  18,  20  ff.  efne  zwei- 
malige gemacht  hat  (s.   o.  S.   303).    In  diesem  Fall  konnte  der- 
selbe  allerdings  darauf  hindeuten,   dass   erst   mit  c.  19  nach  der 
Areien  Composition  von  c.  18,  18  ff.  wieder  eine  Quelienbentttzung 
beginne,  aber  dieser  Quelleubericht  wäre  nicht  unverarbeitet  auf- 
genommen ,  sondern  vielmehr  durch  die  Worte  disXdovTa  rä  avwte- 
Qixa  [ÄBQTj   ausdrücklich   mit   der  Erzählung   von   der  Eeise  nach 
Jerusalem  in  Verbindung  gesetzt.    Nicht  anders  verhält  es  sicli 
ohne  Zweifel  mit  dem  Anfang  von  c.  13,  wo  es  allerdings  aaf- 
fftllt,*dass  Barnabas  und  Saulns,   von  denen  kaum  erat  die  Eede 
war,    auf  ehimai  wfe   ganz   Unbekannte   eingeführt  werden.     Es 
hat  alle  Wahrscheinlichkeit  für  sich ,  dass  der  Verfasser  hier  rtneiH  • 
Bericht  folgt,  welcher  von  der  Reise  de«  Paulus   und  Bamabts 


«VHierairer  fi.  o.  S;  831  f. 


Einbeit  des  Verfass«rs.  413 

e.  11 ,  27  ff.  i;},  126  ntehtfl  enlkielt.  Nor  durf  ma^ii  daraus  nfeht 
sohliesseu,  er  habe  diese  Reise  aus  einer  t^ndern  Quelle  aufge- 
uommen,  sondern  sie  ist  seine  eigene  angeschichtliche  Fil^tion 
(ob«a  S.  d22),  die  er  mit  ihrer  Umgebung  durchgängig  harmanisch 
KU  verbinden  versäumt  hat.  -r-  Dass  c.  6,  1  ff.  die  Gütergemein- 
schaft nicht  mehr  voraussetzt,  während  doch  ihr  Aufhören  nicht 
berichtet  wird  (S.353);  gehört  unter  die  historischen  Widersprüche^ 
voo  denen  schon  froher  die  Rede  war;  dass  aber  auch  die  Sebil- 
derttng  4,  32  ff.  von  der  früheren,  2,  42  ff.  nichts  wisse,  ist 
unrichtig;  vielmehr  Iconnen  diese  so  gleichlautenden  Schilderungen, 
unhisiorisch ,  w!e  isie  sind,  nur  von  einem  und  demselben  Verfasser 
herrühren.  Ebenso  unrichtig  ist  es  Allem  nach,  dass  die  Missions- 
thättgkelt  des  Phlllppus  8,  4—40  erst  später  falle,  als  die  Be- 
kehrung des  Cornelius;  In  unserer  Schrift  wenigstens  bildet  jene 
eine  Vorstufe  für  diese;  s.  o,  S.  980  f.  Wenn  endlich  noch  ver- 
langt wird,  es  sollte  schon  c.  8,  1  —  4  d^r  Verbreitung  des  Chri- 
stenthums  nach  Phünicien  und  Syrien  (11,  19)  und  der  Gemeinden 
in  Galiläa  (9,  31)  erwähnt  sein  CS.  356),  und  wenn  Schiel  er- 
mach er  ebenso  an  der  Nichterwähnanfg  der  früheren  cyprfschen 
Bekehrungen  c.  13,  4.  15,  39  Anstoss  nimmt,  so  muthet  er 
unserem  Verfasser  eine  schriftstellerische  Genauigkeit  xu,  worauf 
dieser  gar  keinen  Anspruch  macht.  Mag  aber  seine  Schrift  aneh 
nicht  in  allen  Einzelheiten  ein  in  sich  schlechthin  einstimmiges  Ganees 
darstellen,  so  ist  man  doch  darum  noch  lange  nicht  berechtigt, 
sie  für  ein  blosses  Aggregat  unveraitetteter  Bruchstücke  aosxu-- 
geben. 

Von  grosserer  Wichtigkeit  wäre  es  für  die  vorliegende  Un-* 
tersnchung,  wenn  sieh  auch  in  der  Sprache  der  einzelnen  Ab- 
schnitte wesentliche  Differenzen  aufzeigen  Hessen;  da  wir  aber 
auf  diesen  Punkt  später  noch  genauer  eingehen  müssen,  wird  es 
erlaubt  sein ,  hier  auf  diesen  späteren  Abschnitt  zu  verweisen. 
Vorerst  berechtigen  uns  die  oben  angeführten  positiven  Beweise 
für  die  schriftstellerische  Einheit  unsers  Buches,  es  nicht  blos  auf 
Einen  Sammler,  sondern  auch  au(  Einen  Verfasser  zurückzuführen. 
Ehe  wir  nun  von  hier  aus  zu  der  Frage  über  die  Zeit,  die 
Verhältnisse  und  die  Person  dieses  Verfassers  fort^ohreiten,  wird 
es  ttütalioh  «ein,  erst  einen  Punkt  zu  untersiiehen ,  von  welchem 
die  Entscheidung  jener  Frage  grossentheils  bedingt  ist,  ob  nämlich 
die  beiden  dem  Lukas   beigelegten  Schriften  von  Einem  und  dem- 


414  Apostelgeschichte  und  Evangelium  .haben  Einen  Verfasser; 

r 

selben  Manne  herrühren.     Diese  Brörtemng  ist  daher  das  Nftchste, 
mit  dem  wir  uns  beschäftigen. 

2.  Die  Apostelgeschichte  und  das  dritte  Evangeliam 
haben  Einen  Verfasser. 

Die  Apostelgeschichte  bezeichnet  sich  selbst  im  Eingang  als 
Fortsetzung  des  dritten  Evangeliums.  Da  sich  jedoch  nicht  dar- 
thnn  Iftsst,  dass  anoh  schon  in  diesem  auf  jene  hingewiesen  M'lrd, 
60  ist  diese  Aussage  nicht  unbedingt  beweisend.  Es  liesse  sich 
immerhin  denken ,  dass  ein  Anderer  die  Geschichte  der  Apostel 
dem  Verfasser  des  Evangelium»  unterschoben  hätte.  Auch  das 
Zeugniss  der  kirchlichen  Ueberlieferung,  welche  durchaus  nur 
den  Lukas  als  Verfasser  der  beiden  Schriften  kennt,  hat  keine 
zwingeode  Beweiskraft.  Denn  da  dieses  Zeugniss  in  Betreff  der 
Apostelgeschichte  erst  mit  dem  Ende  des  /«weiten  Jahrhunderts 
beginnt,  so  wissen  wir  durchaus  nicht,  ob  es  sich  auf  wirkliche 
«geschichtliche  j^achrichten ,'  oder  nur  auf  die  eigene  Behauptung 
unserer  Schrift  grOndet,  ob  wur  daher  nicht  mit  dieser  in  dem 
gleichen  Fall  sind ,  wie  mit  den  Pastoralbriefen  und  anderen  Schrif- 
ten, welche  sich  gleichfalls,  ohne  irgend  eiuen  W^idersprach  in- 
nerhalb der  Kirche  0,  einem  Verfasser  beilegen,  dem  sie  doch 
aller  W^ahrscheinliobkeit  nach  nicht  angehören.  Dagegen  wird 
allerdings  im  vorliegenden  Fall  die  Einheit  des  Verfassers  von 
beiden  Schriften  durch  ihr  inneres  Verhältnis«  zu  einem  so  hohen 
Grade  der  Wahrscheinlichkeit  erhoben,  dass  wir  sie  als  geschicht- 
lich erwiesen  zu  betrachten  alles  Recht  haben. 

]p;ines  der  entscheidendsten  Beweismittel  liegt  auch  hier  In  der 
Sprache.  Ich  habe  schon  an  einem  andern  Ort^)  ein  Verzeichniss 
von  134  Wörtern 3 j  und  Ausdrücken  gegeben;  die  unter  den 
neutestamentlichen  Schriften  ausschliesslich  oder  fast  ausschliess- 
lich  in  den  Schriften  des  Lukas  vorkommen.    Ich   habe   ebenda- 


')  Nur  Häretiker  verwarfen  die  Pastoralbriefe,  aber  auch  die  Apostelgeschichte 
fehlte  im  Kanoo  des  Marcion. 

«)  Theol.  Jahrb.  1S43,  467  ff. 

^)  Duretk  ein  Versehen  sind  in  jenem  Verieichniss  die  Wörter  xoiyo»ro$  und 
utotxfi ,  die  nur  im  Evangelium ,  und  (fvreipKrrayai ,  das  nur  in  der  Aposielgeschicbte 
vorkommt,  unter  die  beiden  gemeinsamen  gestellt  worden;  dagegen  wurde  dnai- 
Xaaasad^ai  übergangen,  das  ausser  £v.  12,  58.  A.  19,  12  nur  in  einer  unsicbem 
Stelle  Ebr.  2,  15  vorkommt. 


ihre  Sprache.  415 

selbst  139  andere  Wörter  zasammengestellt,  die  «ich  darch  ihren 
verhäitnissmässig^  hftnfigeo  Gebrauch  in  den  beiden  Schriften  thells 
xals  I^ieblingsausdrtteJce  des  Verfassers,  theils  wenigstens  als  ein 
vorzugsweiser  Bestandthoil  seines  Wörterverraths  verratben.  Vieles 
von  dem,  was  beiden  Schriften  in  dieser  Beziehang  gemein  ist, 
masste  anoh  schon  oben,  unter  den  lexikalischen  Beweisen  fflr 
die  Einheit  der  Apostelgeschichte  selbst,  erwähnt  werden.  Indem 
ich  auf  diese  Znsammenstellangen  verweise,  ond  sie  theilweise 
ergänze,  hebe  ich  hier  Folgendes  hervor: 

13   Unter    den  Wörtern,    welche  der  Apostelgeschichte   und 
dem  I^nkasevangeliam  ausschliesslich  eigen  sind ,  findet  sich :  cäxcw 
Ev.  dmal,  Apg.   Imal;   dnodexeod^at,  Ev.  ^2mal,   Apg.   5--6maI; 
die  Pluralform  deapa  Bv.  Imal,  Apg.  2fflal;  öianoQelv  Ev.  Imal, 
Apg^.  3mal;   öiCaTavm   Ev.  2mal,  Apg.   Imal;   6V€Ö{>ev8i.v  je   nur 
Imal,  aber  ividqa  Apg.  noch  dmal;  k^ijg  und  xaxk^ijg  Ev«  je  2mai, 
Apg^.   dmal;    incßißd^stv  Ev.    2mal,  Apg.   Imal;    smgKovdv  Ev. 
Imal,   Apg.   3mal;    intxeiquv   Ev.    Imal,    Apg.   2mal;    karÜQa^ 
ebenso  ^) ;  evlaß^g  Ev«  Imal,  Apg,  3mal;  M/aßog  Ev.  2mal;  Apg. 
imal;  iuaigEv.  Imal,  Apg.^^mal;  xadtsvai  Ev.  Imal;  Apg.  3mal 
xaOmi  Ev.  2mal,   Apg.  4ffial;   xQccTiüTog  Ev.   Imal,   Apg.  3mal 
odvvaaduc  Ev.  3mal,  Apg.  Imhl ; .  ofiilelv  Ev«  2mal,  Apg.  2ma] 
7taQaXelv(,dvog  Ev.  Imal,   Apg.  2mal;   nokizrjg  Ev.  2mal,  Apg, 
Imal;  aT(Hxi;rjydg  von  dem  Befehlshaber  der  Tempel  wache  in  Jeru- 
salem  Bv.   2mal ,  Apg.   3mal ,    ausserdem   von  den  .  Duumvim   in 
Philippi  Apg.  16  6mal;   GvfißalXeiv  Ev«  2mal,   Apg.  4mal;  av(i- 
TiXriQQüv  Ev.   2mal,   Apg.    Imal;    ovva&Qoit^eiv   Bv.   Imal,    Apg. 
2mal;  Gwaqitäl^uv  Av.  Imal,  Apg.  dmal.    Nur  Lukas  gebvaacht 
(Bv.  7,  7;  Apg.  15,  38.  28,  22)  ci^iow  mit  folgendem  Infinitiv 
in  der  gut  griechischen  Bedeutung:   für  geeignet  erachten,  das 
übrige  Neue  Testament  in  den  vier  Stellen,   wo  das  Wort  noch 
vorkommt,   immer  mit  folgendem  Genitiv:    vifxijg  d^coSv  zivu  und 
dergl.    Auch  der  Gebrauch  von  neQildfineiv  mag  bemerkt  wer« 
den,  sofern  dieses  Wort  an  den  zwei  einzigen  nentestamentlichen 
Stellen,  die  es  haben,  Bv.  2,  9.  Apg.  26,  13,  gleichmftssig  bei 
einer  Erscheinung  der  Sobeehina  steht.    Schon   diese  Berohrnngs- 


*)  Dagegen  fehlt  dem  Liikasevangeliuin  wie  der  Apostelgeschichte  das  schlecht 
griechische  oipiuy  wo  dasselbe  bei  Matthäus  steht,  wählt  Lukas  dafür  andere  For- 
ö\eta;  m.  vgl  Matth.  8,  16.  L.  4,  40;  Matth.  14,  15.  L.  9,  12;  Matth.  26,  20. 
L.  22,  14;  Matth.  27  j  37.  L.  23,  54. 


416  Apostelgeschichte  und  Evang«Kum  haben  Einen  Verfasser; 

punkte  shid  nteht  olme  Bdtentimg^  denn  werden  Mwi  jede  kwm 
■entesteoieiitliclien  (dehrlften  von  einigem  Umfange  In  'einz^ien 
Ansdrtlcken  Knsnmoientreffen ,  die  den  übrigen  frend  sind,  se 
wiederholt  sich  diese  doch  wehl  nie  in  so  vielen  Ffttlen,  wo  sieht 
Identität  de»  VerfMMiers  oder  saebliohe  und  etyUetisehe  Abbängig- 
keit  einer  Sohrilt  von  der  andern  nnaunehnien  iet;  neoli  weniger 
wtirde  ein  Mos  xnfftlliges  Zitsenimentreffen  den  mehrfach  glolcb- 
ttAesigea  Gebrauch  ven  AuedrAcken  erkiftren,  die  in  einer  der 
betreffenden  Schriften  oder  in  beiden  sich  oft  genag  wiederholen, 
um  za  dem  eigenthimlichen  Spraehsehatas  des  Sehriftetellera  ge- 
rechnet zn  werden.  Besondere  Beacfattung  verdient  aber  in  dieser 
Beziehung  die  Erscheinong,  dass  es  In  den  meisten  der  obenauge- 
fahrten  Fällen  die  Apostelgesohiohte  ist,  welche  die  elgentbümlichen 
.Ausdrucke  der  beidra  Schriften  wiederholt  gebrancht.  Bei  einem 
blos  zufälligen  Zasammentreffen  in  derselben  mftsste  diese  auflfallen, 
ans  der  Identität  des  Verfassern  erklärt  es  sich  selir  natOrlich: 
im  Evangelittm  ist  dieser  nach  mehr  von  der  Ausdrucksweiae  seiner 
Vorgänger,  namentlich  des  filattlKäus,  abhängig,  in  der  Apostel- 
geschichte läset  er  seine  styllstisehen  ElgenthAmlichkeiten  freier 
hervertreten. 

Von  grosserer  Beweiskraft  sind  aber   allerdings  nach   Zahl 
und  Gewicht 

2)  die  Fälle,  in  denen  ein  Woci  zwar  auch  nasser  den  In- 
kanlschen  Schriften  vorkommt,  aber  ven  ihnen  verhältnissmftssig 
so  häuig  gebraucht  wird ,  dass  wir  es  f ttr  einen  dem  Verfasser 
speoifiscb  angehörigen  Ausdruck  lialten  mftssen.  Ein  Theil  von 
diesen  ist  anch  schon  frdher  erwähnt  worden.  So  die  Sabstantive 
dafdleia,  ßovlrj^  Insbesondere  ßovXi]  tov  dsov,  emTaüLg  nebst 
i^lGTMdrxi,  inocyyella^  i^aala,  ohog  (Bv,  3dmal,  Apg.  25mal, 
in  der  Bodenlang:  Familie  Ev.  7mal.  Apg.  Umal,  sonst  nooii  bei 
Matth.-  2mal,  1  Kor.  Imal,  dagegen  .öfters  in  den  Pastoralbnefen, 
nnd  im  Bbväerbrief  —  1  Petr«  2,  5  gehört  nicht  hieher),  olxov- 
fiipT]  (Ev.  dmal;  Apg.  5ttal,  sonst  nodi  Omal),  oanTJ^  ndt  seinen 
Derivaten,  x^9^S  und  oupaaig  apiaQtiiSv;  ^e  Ad|ektlve  ä^togy  imag^ 
ywaa^og,  Sfutpoßog  (Er.  2mai,''Apg.  8mal,  sonst  nvr  neck  Apok. 
11,  13),  iqyoviievog^  ixavog;  die  Zeitwörter  ävdyeiVf  dvaiQäv 
(Ev.  2mal,  Apg.  19mal,  sonst  noch  2 — dmal)  nebst  dvaiq&sig, 
dvaxQtveiv  (im  gerichUichen  Sinn  nur  L.  23^  14  und  an  5  Stelleu 
der  Apg.,  in  andelTer  Bedeatnng  noch  lOmal  im  ersten  Korinther- 
brief),  aTevi^eiv  (Ev.  dmal^  Apg.  lOmal,  sonst  noch  2mai  2  Kor.), 


ihre  Sprache.  ^17 

ccv^firsiv  (fiv.  iiod  Apf .  je  40ifiO,  uguayxvai  (Ev.  4mal,  Apg.  9flipily 

ßoUBt  nor  noch  4inal),  ßo^v  (aasser  alttestamentlichen  CiUt€t^  p.^r 

ao  3  Stellen  des  Ev.  und  3 — 4  der  Api;.),  d^z  und  doxu,  dia^ß^- 

Tv^eo^c  Oiusser  L,  16,  28  i)  und  9  Stellen  der  Afg.  im  N.  T. 

iiiir  noch  4mal),  diavolyeiv  (Ev.  n«  Apg.  je  dmal^  sonst  noch  Imal 

bei  Mfirk.),  dUQX^aduij  dgaynv  (Bv-  Bmal,  Apg.  Smal,  sonst  noch 

Smal),  i^anoaTelkstv  (Ev.  2mal,  Apg.  7mal,  sonst  noch  2mal  ijp 

Galaterbrief) ,  i^fffeladuc  (ausser  Joh.  1,  18  nnr  JL  24,  35  unil 

Apg.  4v^$t)j  iTtLlccfißdvea^i  (Ev.  5mal,  Apg.  7nial,  sonst  iip 

,Gan2^n  6mal  and  in  einem  alttestamentlichen  Citat),  ev<xyy^i^$^ 

aSuL  (Ev.  lOmal,  Apg.  Ifimal,  sonst  haaptsAchlloh  in  den  pauli- 

niscben  Briefen  ^  Matthäus  hat  das  Wort  Einmal,  Al9i;kus  und  Ev. 

Job«  gar  nicbt)^  iq)\aTavotL  (ausser  BOm.  10,  W  nur  I^.  6;  11  u;id 

an  7  Stellen  der  Apg.)  9  Konayuv^  xazavoelv  (Ev*  nnd  Ap^»  ie 

4nial,  sonst  noch  Gmal),  xccrsQxeaduif  kaTQ&ietv  (Ev.  3mal,  Ajff. 

5nial,  sop.st  nur  .3mal)^  fihsiVj  vo/ii^eiv  (Ev,  2mal,  Apg.  7maJ, 

nur  in  diesen  Schriften:  lyofil^eto^  qqI^siv  (Ev.  Imal,  Aj^g-Suf^n}^ 

sonst  2mal),  nofQoylveadtxi'y  Ttaveadtxi  (Ev.  3mal,  Apg.  6mal,  sonst 

noch. 5— 6 mal},  nkr^aWjyaVj  nogeveadui,  avyxfÜMv  (Ev.  4i«uU, 

Apg.   3mal,  sonst  noch  Einmal  bei  Markus),  v7tiQ%$Lv'^),  yfjj^- 

0fQ^g)epf;  die  Adverbien  e^cclqnffjg  (ausser  Mark.  13,  .3($  nur  Ev. 

L.  und  AP£*9  je  2mal)   und  naqaxqrjiia  (Ev.  IQmal,  Ap|;.  %iü, 

sonst  nur  noch  2mfl  bei  Matth.),  die  Präpositionen  gvv  und  i^ti- 

mov,  das  an  dXfjdsucg  und  xam  TtgogtaTTov^  d\e  Partikeln  ^g§i 

Uiid  dco.    Auch  die  Vorliebe  der  beiden  lukanisch^n  Schriftf|n  f(ir 

zueyammengesetzte  Zeitwörter  ist   bereits    bemerkt    wnrden ,    und 

wpnn  auch  die   oben  Angeführten  .Beispiele    nur    theil weise    v^ji 

beiden  gelten,  so  erhellt  doch  daraus  die  gleichmässlge  Richtung 

bei4er  a^f  derartige  Ausdrücke«    Hiezu  fOge  man  noch  fplgende 

weitere  Da^.    Von  ^Substantiven  findet  sich  das  sonst  ßelteae 

ay(;ciMqQig  L.  1,  14.  44  Apg.  2],  46;    d^ixh,  bei  Matth.  und 

Job.  je  Imal^  ,{»ei  Mark,  nie,  Ev.  L.  4mal,  Ap|f.  2mal;  ämawi^f 


*)  EiQo  aller  l^^lir^ieiiiliphkeit  jq^qU  vom  Ydvfusser  des  i^w^S^uiOß  4ßr  AV^ 
sprüugUclifin  Parabel  beigefqgte  Stelle,  s.  Tkeol.  Jalirb.  1843,  626.  SchivegUr 
Nachap.  Zeitalter  U,  65  f. 

^  Das  substantivisch  gebrauchte  Particip  ra  vtiaQ/ovra  steht  im  Evangelium 
^n»!,  Apg.  nur  4,  32,  aber  merkwürdiger  Weise  ebenso,  wie  L.  8 ,  3  und  wahr- 
BclMiaich  a«di  12,  15,  mit  dem  Dativ  der  Perso«  {rä  vn.  m^^)y  statt  dcastn 
io|st  inuiier  dar  Genitiv  .steht.  Das  W^rt  kämmt  übrigens  nur  noch  5mal  im  N. 
T.  vor. 

27 


418  Apostelgeschichte  und  Evangeliuin  haben  Einen  Verfasser; 

in  den  übrigen  Evangelien  je  nur  Imal,  bei  L.  Gmnl,  Apg.  natfir- 
lieli  viel  hfiuflger;  dQxtouvuycjyoQy  sonst  nur  bei  Markus  (zwar 
4nial,  aber  in  derselben  Brzfthlung,  in  der  es  auch  Lukas  bat), 
Bv.  !8mal,  Apg.  3uial;  ßccTog  ausser  einer  mit  Lukas  Obereinstim- 
meitden  Stelle  des  Markus,  nur  Bv.  und  Apg.  je  2mal;  kxatw- 
TaQXOS  ^^^  ileTjfioavvf;  ausser  Bv.   und  Apg.,    welobe  letzten 
bdde  ziemlich  hAulig  hat,  nur  bei  Matthäus;  edog  Bv.  3mal,  Apf. 
7mal,  sonst  nur  noch  2mal;  izog^  in  den  Bvangellen  sonst  nicbi 
hftuHg,  bei  Lukas  15mal  und  Apg.  llmal;  iad^$  Bv.  Imal,  Apg. 
8ma],  sonst  nur  bei  Jakobus;  tfiuTcafiog  ausser  1  Tim.  2,  9  und 
dem  Citat  Joh.  19,  24   nur  Bv.   7,  25.  9,  29.  Apg.   20,  33; 
fieQig  Bv.  Imal,  Apg.  2mal;  fxeaovvxTiov  Bv.  Imal,   Apg.  2ma], 
und   sonst   noch    Imal    bei    Markus;    f^v^ficcy    sonst   nur   Apok. 
11,    9    und    (nach   Lukas)    Mark.    5,    3.    5,    Bv.    dmal,   Apg. 
2mai  (dagegen  das  in  den  Evangelien  gewöhnliche  fivrjfielw  zwar 
Bv.  L*  lOmai,  aber  Apg.  nnrBinmal);  omaala,  sonst  nur  2  Kor. 
12;  1,  Bv,  2mal,  Apg.  Imal  (aber   ebd.  1,  3  auch  OTiTovsadat); 
nQBoßmkQLOv  von  der  jttdischen  Aeltestenversammlung  nur  Bv.  L. 
22,  66«   Apg.  22,  fi,  sonst  noch  1  Tim.  4,  14;  qvfirj^  nur  Doek 
Imal,  bei  Matth.,  Bv.  Imal,  Apg.  2mal;   OTaacg  Bv.  2mal,  Apg. 
6mal,  sonst  nur  noch  2mal ;  dem  dvalrjipigy  welches  Bv.  L.  9;  61 
von  der  Himmelfahrt  Christi  gebraucht  wird,  entspricht  Apg.  1,  ^ 
11.  22,   vgl.  auch  10,  16,  das  sonst  von  diesem  Vorgang  nor 
Mark.  16,  19.  1  Tim.  3,  16  vorkommende  dvalafißavsa^ai.    Vm 
Adjektiven  vergleiche  man  die  folgenden :  cl/Liq>6T€QOi/'aon^i^^ 
noch  bei  Matthäus  und  im  Bpheserbriefj/ steht  Bv»  L.  6mal,  Apg. 
3mal;  aVoTto^, /ausserdem   nur  2  Thess.  3,   2  JBv.  Imal,  Apg. 
2mal,  immer  in  der  Verbindung  ovdh  aV.,  tl  ar^;  laiinqdg  ^^ 
sich  zwar  Bv.  und  Apg.  je  nur  Imal,  aber  beidemale  in  der  Ver- 
bindung:  iadiig  Xa/nTiQcc,   in   derselben  Verbindung  noch  Jak.  2, 
2.  3,  ausser  ihr  öfters  In  der  Apokalypse;  ökog  steht  nicht  blos 
im  Bvangelium /'wie  bei  den  andern  Sjmoptikem^hftnilg,  soodeni 
auch  Apg.21mal;  7tvxvdg/nnr  noch  1  Tim.  6,  23, /wird  von  tnkis 
zweimal  in  analoger  Weise  gebraucht:  Bv.  5,  33  Ttvxva  (V^ 
9,  14:   noklä),  Apg.  24,  26   TtvTOfÖTSQOv ;  tfi^^aTog, /'ausser  d« 
Schriften  des  Lukas  überhaupt  nur  4mal  im  N.  T.,^^ steht  hierl»- 
7 mal,  Apg.  2mal;   elgenthdmlich  ist  dem  Lukas  o-  vyjiütog  ^ 
Beisatz  fttr  Gott  Bv.  1,  32.  36.  76.  6,  35.  Apg.  7,  48,  aber  tat* 
Tov  •dcot;  Tov  viplarov  lesen  wir  ausser  Bv.  L.  B,  28.  Apf.  ^^^ 
17  nur  in  der  wahrscheinlich  von  Lukas  abliAngigen  Steile  Mirt 


ihre  Sprache.  419 

5^  r,  W|il  Skr.  7;  1  Daoh  Gel.  14^  18.    Was  doB .  Gelmueht  der 

Zeitworter  betrifft,  so  sind  ia  den  beiden  Inkenifohen  Schriften 

•luiBer  den  eeiioii  erwähnten  zn  bemerken :  ayeiv^  Bv.  limiil,  Apf  • 

288M1;  alveiv  Bv,  4miii,   Apg,  droal/eonst  nech  Romu  15»  ±S;J 

dvTiXiyeiv  Bv.  2nial,  Apg.  Smal,  »onet  nor  Job.  19,  Id.  Tit.  1,  9. 

2,  9  und  in  dem  Citnt  BOm.  10,  21;  a;roiraWf(j^^  Bv.  und  Apf . 

le  dflial,  »enst  gldc^teUs  nor  2mal;  diaTiogeveadcci  raeser  BOm. 

15,,  24  nnr  Bv.  3mnl,  Apg.  Imal;  dtaa%^Bq>eiv  CBv.  2mnl,  Apg. 

8a«},  sonst  noch  2mal  das  Perf.  Pess.  dieOTQecfifihog) ; .  duxaw^ei^ 

Bv.  Imal,  A^g.  5mal,  ausserdem  nooh  2mal;  dictvctoaeiv  Ev.  4mü^ 

Apg.   5inal;  i^v  ansi^er  Matth.  24,  43.   1  Kor.  10,   13  nnr  an 

nwei  Stellen  des  Bvangeliams  und  sieben  der  Apostelgesphiehte; 

ÜQiqx^o^ai^  anoh  sonst  fireilich  hOnfig,  bei  Lukas  aber  am  AUer*- 

hftufigsten;  dg^noQtveadxxv ^    bei  Mark,  oft,  >sonst  aber  nnr  nocii 

Imal  bei  Matth.  und   in  jeder   der   lukanischen.  Schriften  4mal; 

inuneimeadtxi  Bv.  3mal,  Apg.  4mal,  sonst  noch  3 — 4mal;  i/et^ 

XOi^eiv  Bv.  und  Apg.  je  J3mal,  ausserdem  nur   1  Thess.  4,  11, 

xa'daiQelv  Bv.  und  Apg.  je  dmal,  sonst  noch  ^raal;  ^uxia^univ 

Bv.  teial,  Apg.  Imal,  sonst  nedi  Imal;  xaTri%Biv  Bv.  Imal,  Apg. 

3mal^  sonst  noch  3mal;  mXXaoduL  Bv.  2mai,  Apg.  5mal,  sonst 

noch  4--6nial;  xqs^,  nur  L.  33,  39.  Apg.  5,  30.  10,  39  und 

inüon  Citat  Gal.  3,  13  von  der  Kreunigung  Chrisü,  ausserdem 

noch-  2mal  bei  Matth.  und  Apg.  28,  4;  xraadai  Bv.  2mal,  Apg, 

3mal,  sonst,  nur  noch  2mal;   fisdtozavaL  Bv.  Imal,  Apg.  2mal, 

'sonst  noch  2mal;  na^ccurjQ&iv  Bv.  3mal,  Apg.  Imal,  sonst  nnrSal. 

4,  10  und  mit  Lukas  Obereinslimmend  Mark.  3,  2;  nifATtuv^  bei 

Lukas,  in  Ueberehistimmung  mit  dem  Sprachgebrauch  der  Apg., 

weit  hftullger,  als  bei  den  übrigen  Synoptikern;   Ttgaoascv,  dom 

Matthäus   und   Markus r  unbekannt,   Bv.  L.  Gmal,    Apg.  ISmal; 

'^QoiQXea^i,  Bv,  2mal,  Apg.  3mal,  sonst  wahrscheinlich  nur  2 

Kor.  9,5;  TtQogdox^  Bv.  6mal,  Apg.  Ömal,   sonst  nur  2mal  bei  * 

MatthAus,  and  3mal  2  Petr.  3,  12—14  Otqogdoxla  nnrBv.L.21, 

26.  Apgi  12,  11);   Ttoogri^vai  Bv.  Tmal,   Apg.  6inal,  sonst  im 

teneen  ftmal;  TiQogqxavelv,  nur  noch  Matth.  11,  16,  l^Iv.  Li  4mal, 

Apg.  2mal;  a'ce>let;£fv,   im  Evangelium,  ausser  den  zwei  Parallel- 

«teUeh  mit  Matth.,  nodi  2fflal,  Apg.  4mal ;  my^v  Bv.  und  Apg.  je 

3Bia^  sonst  nooh  4iBaI  >hei  Paulus;   OTtsvöeiv^   ausser  2  Petr.  8, 

i2  nur  an  drei  Stellen  des  Bv.  und  zwei  der  Apg.;   avUafißo^ 

€11»  Bv.  7iial,  Apg.  4mal,   sonst  im   Ganzen  5mal;  avvevdqKalv , 

mnst  seUen,  Bv.  Imal,  A^g.  2mal;  awavt^  Bv.  und  Apg.  je 

27* 


420  Apostelgeschichte  und  Ef«ii0cli«m  haben  Einen  Verfasser; 

'flNnal,  MilBt  nur  BRir.  7,  1.  10;  w^i^m  BV.  tmil,  üff^tnal, 
Mmardem  niir  4i«A  ^9mA)  "inodtiMy^xi  En  atrial,  Iftpgf.  nteü, 
auttserMa  ^ntfr  lad  fcdl  Maifliaafl;  ^m§i%B^ffkxB>  Br.  »auü,  Afg. 
liAal,  feoiMt  finr  woh  Jafcld,  S6$  ^n:oil<k]MJ^e<y  Bür.  md  hfg.M 
tnml,  audslntek  •  JtSii.  'lniir;  x^^  ^*  ^d*>^.  ^M-  te*^  »Mist 
ittA  'Miil5  xer^i/^ar^£,  wie  ^otQeg^  4M  iflytfofUliern  itaitelMmK, 
M  LuftttoEi».  3nal,  Apf.  4äml.    Ms  «MUMame  ite  BataaiMli 
4«r  A'd<v^rlil«ii  aiifl  adverbialen  fteiBii»artaa/*der^tfip»«ltim- 
aen  nadPartlirelB  warde  gfrtostMitieHa  lialiea  Autor  ^aagegvkea, 
hier  iet  imr  aec^  diis  if^ülfende'  MnafaifeB.  ^Oas  Atfrerbhuatcrja^ 
Pwgy  Häoasrt  a^r  lioeli  an  drei  Iflellea  des  If.  V.,  aadet  ^aloli  iatVv. 
L.  'Binmal,  iai  Pvoiep,  Apgr.KnMll,  aiieh  '^M^^ßi^  «ad  ««N^/fem  aar 
ia  der  lAp^.;  ^'nt^dey  steht  aar  -L.  1^  «.  Aipg:  ^6, 4i  mid  .6aL4,  9 
la  der  ^Bedeatiing  too  ^jnfmg  an,  /^^a^v  oder  /t««Ta  ißif€g%v  lanr 
L.  92,>«8.  Apg.t«,  a4.  iwr,  3«  ia  Mapirellar  Beaeatonir)  Iw^^ 
^ad  ii^eeniov  läv^  Ar.  4«.  4^6.  ted,  «a.  414,  liL  A^r*  ^j  ^^  '? 
1«.  »,  m  and  BMial  »M  Markaa  ^,  il2» ;  oi»«^  cor  aoaaer  2 
TheM.  »»  II»  Dar  ^.  1,  ^bO.  1»,«  «»,4«.  JMV-  "»)  ^}   imi 
^w^gbtans  anter  den   erzttttdndtai  iSaaaliCeii  «tea  «f.  T.  mar  M 
^BHItes.'  ifTar  «ei  diaMü  (»v.  S,  (fS.  Apg^M^  %.  (i6,  Bfi)  luld  M 
^PitaHn  dl  Ker.  4^  M)  aM^tdM^Haa  dmN.T.^bdfhaapteelüM 
S^  'Mr  <VeiMtitdn||r  kleiner  3A4An1ienMi£  febmnldit;  aar  iter  die 
atmaamaiteetoangea  l6ov  faq  :<Bt.  4L.  t^  44*  ^«B.  »S,  diO.  6,  .aui. 
«r,  2i.  {^pg.  <9,  11.  2  £er.  7,  1«)  a«d  imUL'  mSde  *^.  Lu  >«, 
^l;.  Apg'.  •€>»,  a,  «n«  amifl  bei  Banlne).    A«oh  danfieifMicli  m 
fthro»^  mag^bier-erwftliat  ««irevdsB,  idaanebaa  llntfhlM  am  Bte%^ 
älea  ia  dea  'bellen  (Mbiflleaüies  iLakae  nwnliiMliL 

^)  Vea  dea  HfftnieiBeMam.'aiiKeaiMadiDhfteitea  daa  (dtMm 
totaagelliittB  ndd  (dar . ApoiMelgtoMhiidite  linnBaatfr  te  WatttlMaae, 
der  'C(WitrMlioa  i«h1  4ar  ^P)iiaadel<«ie  miMab»  ebi  greMfir  Tbeü 
^S^htm  VrObar  aneäbit  werdfa.  Hier  beiaerfcan  mr  nocli  «ureiter: 
tAe  f)eMea'fBcdirifCeB  dea  ttialEaB  inHntei  die  BilieM  BeaHaiawag 
"<ilin^  8ab0taa(lve  diirob  4en  ^toniüv  eiaee  aadera  aaeli  ia  «olebti 
Fällen  aa,  wo  ein  anderer  Anedvnek  einfacher  wflr«;  so  heiiit 
Bv.  8,'8.  Apg.  18,  24.  <19^  4  Ceeost  nnr  bei  Markus  >  in  der  «it 
Lnkas  Miaaimentreirendea  Btette  1,  4)  dia  /Tadfe  des  JokaanM 
'ßammpea  ftetoevoiag;  Bv.  4,  88  daseli  'avir  stnifite  iaifäMkü 
äHa^aQtov^y  Afg.  M,  18  ftfaSfia  M[u9i»v0S^  daeni>Worte  Avfrot^ 
wird  von  Lukas  >Bv.  4,  i5.  2,  8«*  i48,  ±SL  aii/28.  Afg.  T,  2i 
der  ISaav»  *  des  «Taten  {mmer  ahne  AttikM  OMhgeseM  C^^ 


ihre  Sprache.  431; 

it^mQmM  %  0*  w»>;  im  Gl^wiift  teden  turir  bqi:.  ii«q|i  Bbr«  11,  184 
qM  in  den  «MofltMieiitli^luiB  Stiles  MatOL  21,  <».  Joh.  ±^^  Iftj 
8*  <AOii^i^df^vi;  S%  i7t.  St«lt  qA/)^  stcij^t  av  7$oi4ia,  «|8«fr  Bv.  i;«^ 
1#,  13.  AiC«  i^  6<  t7,.  14  MK  Jfoh.  2,  12;  in  4»n,  j;wfi  ^/s((|^l| 
rovi  cUeseii  Stollooi  beUitt  e»  glrtehnfiasii^  A<^*  ^^  noi^Utg  ^f^QfPcg^ 
D4im.  toflnittv  imimi.  piegi  Lukas  (vgl.  eer(9dor£2(»8)  don  9«tiv 
den  Pens»!^  Qnd  diu  4Afc««ati¥  dfs  Okjekti.  «aob^pa^en  ^A  ^o^vf^. 
n^av  v.  iu  fOi  mm  yf^  Bm.  1,  7».  77.  2^  24  tl,  7.  ±%^ß%i  i«^ 
!•,  Apg.  V«.  7|  8*.*0>  a»i  iw*A#iM*  7,  öj  uqr.  Ey,.  2»^,, 
2St  23,  2  ist  HaioaQjb,  etonsf»  12^  *1  €^371^^  um  d«iB  Jj^aoftdniclEA 
i^iUeor  v«ri|ii|rMi^el|t,  27,  5  iifc  cyv«^  ¥W  avH^^isi^a miti  «IdMiilgjgsi 
iwd  diQ  W<t«(sMkmi;  dniivrch  liectvpgifc^:  «aoh.  dMi  i^oi^af  s^bi^ 
findet  si«kr  vQiaipgswtise  bei  LiikaSf  Sj^t  huim  Cpv^  2^  99.  ^ 
29.  9,  43.  20,  26.  Apg.  a,  120>  und  Mark,  iyi  dar.  «rft  i;^  90^ 
Zß'  «i|s«ipiffii(iiafffii4ßn  Igelte  12,  17,  ssgt  ^vfia^&^.^eTtl  riyt,, 
nmw  liuka»  ^roiifv  tl  ßnrd  Tivog  CB  Wf  !nt^^)  Bir»  1,  56L  9(2, 
10,  d7.  Apg.  14,  2f.  16,  4  f  das  xfi^iQSt^t  en  Br.  Li  10^  20,  ioniH 
ndr  lü  Pbilipper-  ant  KoloMerlürlef^  b^  «  iäq>QAh&iSm  h  Ap|^ 
7,  41  Mine  PaiAiial*.  Da»Woit  s«^)k  ^,  asat  x^dlcbep  sojtiBt  iiftmutf 
dM  lafiuftiv:  f^gi^  bat  noi^  L.  2,  26  (22,  34)  dea  CMvtimfiivv  »w 
Apg.  3A,  ii  490.  Optativ  (nadii  Andeiar  tat  Inite.  odei  Caiij.> 
Baeh'  aleb.  Daa  RrooBiieii  ^^og  wird  van  Liibaa  Mt^ra  einem 
Sau-»  f  dar  W^g^^xi  ta#  Ql^Arp  BestimmoBg  obaG"  ToAiniutiga!^ 
paitikbi  adar  Verbindmigafariafli  ba^agebanj  man  vgl.  Dv.  IM^  21 
^  T^ai;)^'''aatAlrip  jj^ti^Kur-^  Ap|f.  24,  21  nrei^i  fimg  Tcevzjjg  ^(op^^ 
H  ^^S*  I9  B  Ol;  jueiici  ^taiU4a^  tmrvra^  9I»^«9^  ^^-  '^^f  ^^  «^  iioü^a 
dxmjci;  aiae  daü  «krijgen  N*  9t  fremde  AusdMcksMraiai^  DerFbiw 
mel  W^  a«Y(v  6^  A^iT-  l^f  ^^  ^j  ^^^  «omt  alemlfaä  selten,  aalK 
'^  flpfiidii  daa  d^i^te  l^^r  ^ufß  mttig  0^  Et^  L^  4»^  2t.  7,  42 
(sanst  nnr  nq«^  Joii  16^  17  f)»  nnd  da»4roi^Ql|a  bt;Vli^  hr^f 
»S*Ia  1,  M.  1»^  2.  1(8^  2«,  aonst  noob  Multb.  M,  26.1M4ik.9^ 
321  i«,  22i  N4r  fcofcas  Bt.  2,  4^  Apg.  ft,^  4.-9.  und  Jlllarkna^ 
%  16  bai^n.^it  Iki,'  bu«  I^vUs  (Eu.  1,  8«.  8^  2«.  12^  42«  22,- 
28.  Apg«,  \i2^  lf8>  tibd  MbtHiMa  an  Viea,  Mblrkui  an  Btear  Stette^ 
rig  of^  (fttfidi  ^Ig  äv  Bio,)*  Iintaa' i^rawlbt  Mufgeiv  abirgeatf- 
ein  anderer  neutestamenüicber  Scbriftsteller,  xai,  namentlicb  anob 


>)  Dass  er  allein  es  ihm;,  i^  nicht,  äohta«;  Kf|.  Malth.  19,  7.  29^^  2^.  Zi^ 
11.  26»  9«  wogegen  allerdiqgs  Matth,  7,  IL  14,  7.  2a»  U  eine  a^d^  Wo|:t8tel- 
IttDg  gewählt  ist.  .4: 


422  Apostelgeschichte  und  EvangeUum  haben  Einen  Verfasser; 

xai'  idovy  zur  BiafttbraDg  des  Nftchsatsces  (Bv.  l^mal,  A|»g.  2  bis 
dmiil  s.  Brader  S.  466,  D.  vgl.  auch   da»  einlkche  tdov  Äpg. 
13y  461);  tttner  Ev.  2mal;  Apg.  Ima)  xal  in  der  sonst  ziemlich 
seltenen  Bedeatnng;  als,  nach  vorangebender  Zeitbesfimmimn^  (ebd. 
8.  466);  von  xal  avtog  war  schon  die  Rede.    Bv.  L.  2,  48.  7, 
26.  Apg.  6,  9  wird  die  Antwort  auf  eine  Ftage  mit  idov  elnge- 
fihrt,  was  sonst  nnr  Matth.  11,  8  geschieht.  Lokas  lässt  Bv.  10, 
11.  12,  39.  Apg.  20,  29.  24,  14  auf  ein  vorangehend««  toiho 
ein  Sri  folgen,  was  die  andern  Bvangelbten  nie  ilran  ^ ;  Bv.  1, 
43  steht  aach  fovto  ..  tva  Apg.   9,  21  sig  tov%o  ..  tvu*    Bv. 
Qttd  Apg.  Hellen  die  Umschreibung  mit  evQlaxeiv  und  e'xeiv:  ovx 
evghxeiv  ti  oder  vuSg  steht  nnr  L.  6,  19.  19^  48.  Apg.  4,  ti^); 
das  gut  griechische  ix^tv  oder   ovx  l'x^iv  ti  noutv^  soÄst  im  N. 
T.  nicht  häufig,  Bv.  L.  7,   42.  9,  68.  11,  6.  12,   17.  12^  60. 
14,  14.  Apg.  4,  14.  26,  26.     Allein  oder  fast  aHeiin  bei  Lukas 
treffen   wir  die   Ausdrucke  an    aluivog  (Bv.  1,  70.  Apg.  3,'  2i. 
16,  18  sonst  nur  tisch  Kol.  1,  26«  £ph.  3,  9  o7<o  ttSiv  aUim)v\ 
eis  ^«?  äxoäg  (Bv.  f,  1.  Apg.  17,  20)  oder  el^  tu  w%a  (Bv.  1, 
44.  9,^44.  Apg.  11,  22,  sonst  noch  Jak»  6,  49'^Mark.  7,  33  ge« 
hOrt  nicht  Ueher),  ix  xoiliag  idfjTQog  (Bv.  1 ,  16.  Apg.  3,  2.  14, 
8,  immer  mit  dem  Beisatz  ix  x.  fi,  avToS^  sonst,  noch  Oal.  1,  15 
ix  X.  fi.  fwv   und  ohne   Genitiv  Matth.   19,  12>.    Der  Messias 
heisst  L.  4,  34  o  aytag  tov  ^eov  Apg.  2,  27.  18,  36  in  gleich- 
missiger  Anwendung  von  Ps.  16,  10  o  iiawg  t.  ^.,  ebds.  4,  27. 
80  0  äyiog  naig  deov;  die  erstere  Bezeichnung  findet  sich  nock 
ui  der  ohne  ZweiCel  dem  Lukas  entnommenen  Stelle  Mark.  1^  24, 
aber  auch  Job.  6 ,  69 ,  ^o  sie  die  wahrschelalidmte  LAsart  ist, 
ktante  sie  Beminiscens  sein.    Auch  das  Pridikat  äyyelot,  aym 
tBv.  9,  26  und  wohl  daher  Mark.  8,  38,  Apg»  10^  22,  aonst  noch 
Apok.  14,  10),  nqoqi^aL  ayioi  (Bv*  1,  701  Apg.  3,  21' vgl 
Bph.  3,  6.  2  Petr.  3,   2)   ist  su  bemerken.    MU  Tt^sS^ä  wird 
ivvafAigy  bald  Im  Genitiv  idiva^igTCvevfmtügiyhM  im  ghllDheii 
Chsus,  ausser  Paulus  (Rom.  1,  4«  16,  13^  19.  1  Kir.  21^  4.)  aar 
von  Lukas  (Bv.  1,  17.  36.  4,  14.  vgl.  24,  49.  Apg;  4,: 8;  10, 
38)  vierbnndea;  bei  demselben  treffen  wir  die  Verblhdnng  von 


^  yatthfttis  und  Markus  kennen  diese  Au^dnicksw^eise  gar  nicht,  Johannes  hat 
5fii  bor^nacli  ^a  tovto^  nach  dem  einfachen  rovto  nnr  W. 

^  Bv^töxiir  ist  überhaupt  bei  Lukas  h&uftg,  ;^aeiv  evQ,  steht  ausser  Ebr.  4, 
i^  nur  L.  1,  30.  Apg.  7,  46. 


ihre  Sprache.  423 

TtveZfxa  und  Qwpiu  (Ev.  2,  40.  Apg.  6,  3.  10   sonst  noch  Bph« 
1,    17),  tfo^p/a  öDd   xof(Hg  (nur  Bv.  L.  2,  40.  52.  Apg.  7,  10).  • 
Kvan^-eliaiD  und  Apostelgeachicbte  gebraachen  die  Ausdrücke  vibq 
"L^ßgaa^i  (Ev.  19,  9.  Apg.  13,  26),  naig  ^ot;  =  Knecht  Gottes 
(Kv.   t,  44  von  Israt'l,  Ev.  1,  69.  Apg.  4,  25  von  David,  Apg. 
3,    13.  26.  4,  27.  30  von  Jesus,  sonst  nie,  n«r  nalg  allein  stellt 
im    fjukasevangelium  und   bei  Mattliäus   Öfters  =   dovXog)^  xbIq 
xvQiov  (£v.  1,  66.  Apg.  4,  28.  30.  11,  21.  13,   11  sonst  nur 
noch    1  Petr.  5,  6  ^elq  tov  d^ov),  rjfieqa  aaßßocTMv  (Ev.  4,  16. 
Apg.   13,  14.  16,  13)   oder  aaßßduov  (Ev.  13,  14.  16.  14,  5), 
eine    dem   übrigen  N.  T.   fremde  Umschreibung,  ßißlog  ipaXfiäv 
(Ev.   20,  42.  Apg.  1,  20),  ß.  nTtv  TtQOiprjzwv  (Apg.  7,  42)  oder 
Xoywv  TOV   TtQoqrjtov  (Ev.  3,4),   wozu   nur  noch  ß.  Mwvaiwg 
Mark.  12,   26   zu  vergleichen  ist,  xaQTidg  rijg  xoMag  oder  tijg 
oofpvog  (nur  Ev.  1,  42.  Apg.  2,  30);  beide  bedienen  sich  nicht 
blos  überhaupt  häufig  der  Präposition  iviircLOv,  sondern  namentlich 
auch  der  Phrase  iv.  zou  ä^ov  (Ev.  5mal,  Apg.  4—5mal  s.  Bru- 
der  u.    d»  W.  iv(07t,);  der  Formeln   dca  awftcaog  (ausser  Ev. 
Ia   1,  70.  Apg.  1,  16.  3,  18.  21.  4,  25.  15,  7.  vgl.  22,.  14  nur 
Matth.  4,  4  in^einem  Citat)   und  uvoiyeiv  ro  GTOf^a  (Ev.  1,  64. 
Apg.  8,  35.   10,  34.  18,  14  sonst  noch   5mal    im  N.   T.);   der 
Verbindung  von  ()ij^a  mit  yiyvea&ai  (nur  Ey.  L.  2,  15 :  ro  ^fjfux  \ 
tovTo  to  yeyovog,  Apg.  10,  37:  ro  ysvof^evov  Qijfia).   Weiter  be- 
merke man  Folgendes:   oIqs  =  nieder  mit  Jemanden,   steht  nur 
L.  28,  18.  Apg.  21,  36.  22,   22.  (Joh.  19,   15  hat  den  Aorist 
ccQOv  —  über  aiQSiv  gmyrjv  und  ircalqetv  g>.   s.  o.),  firj  fpoßov^ 
ohne  Objektsakknsativ,  ausser  Mark.  5,  36   (nach  L.  8,  50)  und 
Apok.  i,  17   nur  L.  1,  13.    2,  10.  5,  16.   8,  50.   12,  7.  32. 
Apg.  18,  9.  27,  24;   ithf/ag  imzi^divac  nur  L.  10,  30.  Apg. 
16,  23;  ix  ds^idSv  iatdvai  nur  L.  1,  11.  Apg.  7,  66.   56  (doch 
ist  ix  d.  xad'^adtxc  häufig);  tioqsüov  elg  dQTjvrjv  oder  hf  dQrpfji^ 
wofür  sonst   (Mark.  5,   34.   Jak.  2,   16)  vitaye  dg  dq.  oder  iv 
dg.  gesetzt  wird,  nur  Apg.  16,  36.  L.  7,   50.  8,  48;  loTQevsiv 
vvxra  xai  tj^bqov  nur  L.  2,  37.  Apg.  26,   7   (sonst  noch  Apok. 
7,  15  kazq.  rj/4SQag  x.  vvxtog)  beidemale  von  dem  sehnsüchtigen 
Gebet^  um  das  Kommen  des  Messias.   Viele  ähnliche  Eigenthttmlioh« 
keiten  des  Ausdrucks  sind  uns  schon  früher  vorgekommen. 

4)  Nach  dem  Vorstehenden  kann  es  nun^  nicht  auifalleni  wenn 
nicht  ganz  wenige  Stellen  der  beiden  Schriften  in  ihrer  stjrllati-- 
schen  Form  auf  eine  Weise  zusammentreffen,  welche  entweder  die 


424  Apostelgeschichte  und  Evangelium  haben  Einen  Verfasser; 

spftt^rd  AU  diie  (abiriohtliol^e  oder  unabsichtliGhe)  NaohUldaBg  der 
fi^ütibni,  od<^r  beide  als  das  Produkt  denselben  sebriltotellfliiBcben 
IMWi&aMiät  erscbeiiieil  Iftsst.  Sebr  gleicbmasstg  werden  zanädist 
df'6  fifsebefttniigeii  von  bilberen   GeMem,    niebi  nur  der  Saebe, 
soodera  aticb  den  Worten  naob  bescbrieben;    Apg.  f ,   lO   heisst 
eb  !ii  der  Erzäbluftg  von  der  HImmelfabrt:  dg  dreyl^ovreg  ^aonf 
ü«  it.  w.  ycal  tdov  Sf^Qeg  Svo  TtagscaT^xstacti^  adtoig  iv  iaSijtt 
Jatvkfjj  ebencro  lO,  iO  hr  der  Erzftblnng  des  Comrthia :  xcri  Idoi 
c^Q  ^art]  ivwmSv  fiov  h  iodffcv  Xafin^.    Sebr  ftbnlich*  lA  dem 
Bericiit  Ober  die  Anferstebung,  bei  einem  Zöge,  den  nar  L«iika8  in 
dieser  Weise  beriobtet,  Ev.  24,  4:  iv  t(fi  öianoqBlödav  avräg  .. 
xofi  idov  ovßQeg  dvo  eTtkottjaccv  ovrcug  iv  iadijaaöiv  äanQccntoi- 
oaigj  und  mif  etwas  entfernterer  Aebnllcbkeii,  die  aber  in  den 
synoptiscben  Parällelstellen,  Mattb.  i7^,  3;  Mark.  9,  4  gäüz  äof- 
fatfrt,  Lnfir.  9,  HO  in  der  Verklftrangsgescbicbte:  xal  Idov  avÖQes 
dvo  awsldlow  av'np.    Eine  äftniiohe  Parallele  bieten  die  Engel- 
etstbeintiiigen  Apg.  12,  7,  Bv,  L.  1,  9;  dort:  xcä  Idov   ayy^los 
xti^lov  iitiarrj  xal  g)tSg  tXa^tpev  hf  Tif  oi^ficcciy  liier  r  xal  idoi 
SfpXog  xvQiov  iTtiait]  avroig  xal  do^a  vtvQiov  ne^liXaiutf/sv  av- 
xbißg*    Weniger  anffaUend  ist  die  CSeiobbeit  in  Att  Besclireibaogf 
dM  Vertichliri^denci  d6r  En|^el,  Apg.  10,  7:  cJ^  cfs  äitijlder  o 
ciyytlog^  Ev.  1,  3d:  mt  änijldtv  an  avtijg  o  ayy.  ä,    15:  ftfe 
ärtfjlSov  an  avTwv  dg  tov  ovqovov  ol  ayyeXoi^  doob  mnss  be- 
nl6]^kt  werden,  dass  dieses  Fortgeben  der  Engel  sonst  nur  nocb 
Apok.  1»,  2' «nn^fttoklibh  erwähnt  wird;    Mit  A^  1,   i«:  xai 
iv  tätg  rjjieqCLit  tccviacg  ävaaräg  Ühgög  bat  Bv.  1,  39:  ava- 
if^Bbd  dk  UUccQtifi  iv  fätg  T^fii^iatg  ^ätvif.  stymiMdb^  AehnUcb- 
k^t^  geringer  i^t  iftie  i^wischen  Apg.  1^,   iiV:  aPccd^^'  da  d  a^ 
Xi^tfEvg  iHxl  mivtSff  6t  dvv  avt^  eTifkfja&^acn^  tv^öPj  dnd  tiv.JK^, 
i:  xäl  ävcdstav  a^txv  rö  ixXij^g  &vTßv  ijyayov  n.  a.  w.    Ätf 
A^ff-  *?  ^  •  ^ccXovvTcov  de  avttüv  7t(fdg  tip  Jlößv  intiat^uv  avrotg 
ot  Ikpdg  vgl,  Ev.  ÄO,  1 :  di.ddaxOVtog  cfuroü  idP  iaov . .  iräötTr 
crai^  oi  ä(ix^tqug;  ztiApg.6, 10:  aS^idxvtJv  Sntöt^fai  tfi  äogdt^ 
u.  ä.  w.  L.  21,  lö:  «ycd  yctq  dtitnb  i^itfi  tii;6^a  Ttctl  aog>iav,  fl 
&ß  dvfi^OPtaL  txvTSLTtsTv  ij  (rPtKhfjrav  n.  s.  w.;  An  Apg.  8,  8fl: 
xal  d^^tiixsvog  dTtd  tijg  yQag>^g  ravtr^g  evfjyy^Uffa^  &di4  ^^^ 
*l7jaovv  fi.  84,  87  t  xal  aQ^äßtvog  Sftö  Mtovaifüfg . .  dt^Qf^ijms» 
ddidig  iL  ä.  t«r.,  tu  Ap^.  10,  Of:  dq^ajitvo^  ^^  Tl^gTaMmg 
12.  29,  Ö:  äQi&fisvog  and  t^g  Taldtdag;   M  Apg.  17,  Mi 
Sil  H^  id  hQogcoTtov  tijg  y^g  I/.  21,  85:  inl  ftQogw^op  naffrjg 


ihre  Sprache.  *    425 

äya^Sw  Bfyywv  (ygl  ftach  16,  17),  did  CoustnieliMi  liefrtfeiid, 
li.  »,  86:  xtfi  ^  "-^li^ct  TtQOf^ig  .  .  avtrj  nqoßeßtpwlä  iv  ijfd- 
Q€U^^.  ebewo  zn  13,  8t:  us  ^^  itikeaw  narta  nä  fdqi  avtaC 
Y^YQttpifi&m  •  .  •  t^fjvt^tv  eis  fMjfi^ioy*  6  dS  Agoff  •.  »  w*  L.  2y 
39*:  Mal  iSg  itikeattv  Snavta  tä  xara  rov  vöfjiov  )W^iovj  iSni^ 
(Tt^xpar  .  .  .  td  Si  TTn^dtWni  «%  w.  Die-avinillende  AetellobkeH, 
walohe  ttt  iUri^iniok  mid  SateMdaUf  sftwiMhes  Apg.  16*,  S4  f. 
und}  dete  AnÜMig  dea  lIvattgvHmiifl  «tatlAiidet,  ivurde  sohtn  oimi 
CS.  249)  li»rv<irgeh<yben ;  dteselbe  geit  wirkliolt  so  weit^  dum  ma 
0lil#  BkrfcMnwg*  ai»  Mialligem  Znsamiiieutreiftm  1^  nieht  «• 
deiilhlii  iHH  Aaefc  stwlsebta  Apg.  84,  2.  6  CAiiltla^  SH^^  Patolw): 
^^§M0  9emvfy0^eiy  6  Ti^vHog  Mytav  . .  •  evqivTes  yä^  «oy  £i^» 

rijg  t(3v  NaC,mfmbäv  alf^eamg  aiul  Bt;  23,  2  (Anidage  |(egeir 

JeeHls,  nof  tM  LidMB  berMMet):   ^^IcrH'o  dd  xati^o^eti^  oi^oti 

kiyüH^  tüSteif  ev^fie»  diämgifürrcc  td  üdtog  ml  mMimfcc 

lüeiateft.  f^Qövs  f$&ih(Hj  Ufona  eaütdv  Xqimü¥  ßtxmUa  dvm 

Cmatt  bemorke  die  dreigliedH^d  Prädfcirong  der  beiden  AnfeUag« 

teilO   \n^  ttiobt  Mob  dto^  AeMulittMteit,  sondern  ancb  der  wivbMctaa 

SMsMfflMllbftiig'  um^rkeaftbar,  vHtgegcA  dfa  AnaUjirie  von  ^jjfjua 

ev  Ap^.  28j  95  mit  ^  X6y(^  L.  20,  8,  fir  liieh  genommen,  um  ao 

iwMlifer  bev^ii^n  #flrile,  dtt  dfesea  aueb  bei  Matttiäns  12,  24  stehlt. 

Wie  die  stylidliscbe  Form,  so  zeigt  anob  der  Inbalt  dar  bei- 

d^i  Sebriftea  vnverkennbare  Verwandtsobi^    Zwar  ist  niebt  blos 

ibr  Gegenstand  ntt  versebieden,  ids  dass  sieb  ein  hAitfges  2a- 

sammentrefibn  In  einzelnen  ZQgen  erwarten  Hesse,    sondern  es 

linden  sieb  anob  gerade  bei  dem  Ponkte,  weloheir  als  Sablnss  der 

einen  und  Anfang  der  andern  beiden  gemein  ist,  in  der  Himmel- 

fafai^tsgei^eble>  iinldftbare  DMreiiäiizeir^>    Da  jedoi»b  ^t  Vergaser 

jedenfalls  dte  ^fzibidnif  des  ävang^ellMis  vWi  sieb  gebiAt  bat, 

tcut  triebe  seine  Bingangisrworte  i^ujvdrttckffbb  znrttokweisen ,  and 

db  Mf  ans  aaeb  in  andern  FABen  aberzdbgfM  tonnten,  dftss  er 

e^  mit  eittaselttM  gesebi($btl90hett  WidersprOeben'ttiobt  scbwer  nimmt, 

so  wei^a  iWr  diesen  UmsMnd  keine  groiMO  riedeataag  for'dia 

vorliegende  Ffage  einriamea  dflrfeu;  wftre  es  anserem  Vmrfaoser, 


")  Die  Umschreibung  durch  TTQosomov  ist  überhaupt  in  den  lukanischen  Schrif- 
ten häufig. 

2)  s.  0.  $.  ntk 


426  Apostelgeschichte  und  EvaDgclium  haben  Einen  Verfasser; 

nach  seiner  Ansicht  von  der  Aufgabe  des  Geschichtsehreibers^ 
nnmoglicli  gewesen  ^  von  seiner  eigenen  früheren  Erzäblong  ab- 
xniveiohen,  so  hätte  ihm  die  Abweichung  von  der  Er^fthlmg 
eines  VorgUngers,  mit  dem  er  selbst  ideatisoh  sein  wiU,  minde- 
stens ebenso  jonmOglich  sein  müssen,  hat  er  andererseits  aueh  in 
unserer  Schrift  selbst  die  mancherlei  fiHher  anfgezählten  Wider- 
sprtiDhe  webt  vermieden,  so  können  wir  nicht  voraussetzen,  dass 
er  Ahnliche  Widerspräche  mit  einer  froheren  Schrill  vermieden 
haben  mOsste«  Um  so  bemerkenswertber  ist  es ,  dass  die  Apostel- 
gaschichte  selbst  in  manchen  Einxelheiten,  auch  abgesehen  von 
ihren  Eingangsworten,  das  dritte  Evangelium  voraussetzt  Die 
BioMielftihfftitgeschiohte  selbst  erinnert  in  mehreren  Zügen  an  Lukas. 
Nur  Lukas  (24,  49)  weiss  von  dem  ilefebl  Jesu,  Jerasalea  nieht 
zu  verlassen,  und  von  der  damit  verknüpften  Verheissung  des 
h.  Qeistes  Apg.  1,  4.  8,  nur  er  verlegt  den  Schanplat/i  der  Him- 
melfahrt in  die  Nfthe  Jerusalems,  nur  er  und  Johannes  die  Er- 
eHsbeinungen  des  Anferjstandenen,  welche  den  Aposteln  zu  Thal 
wurden,  und  namentlich  die  letzte  Unterredung  Jesu  mit  densel- 
ben,, ebendahin,  nur  er  und  der  von  ihm  abhfiagige  Markus  oder 
der  lalerpolator  des  Markus  erzählen  überhaupt  die  sichtbar«  Hnn- 
mdfahrt  Au(^  die  Worte  L.  24.  47  erinnern  unverkennbar  an 
Apg.  1,  8.  Apg.  1 ,  6  ist  ein  fehlerhaftes  Citat  von  L.  3,  16,  und 
ebenso  haben  die  Sehlussverse.  des  Ev.  in  der  Apg.  ihre  Parallelen: 
man  vgl.  V.  .62:  vTtiaTQeipccv  hq  ^^legovaal^fi  mk  Apg.  1,  12: 
toze  vn&fTifat/fav  eis  j^^^m  ^'  ^^*  ^«^  ^^^^  diajtcn^ds  iv  ttjf 
i€Q<^  uivQvPveg  ttai  evloyouvres  rov  deov  mit  Apg.  1,  14:  ftavreg 
ifaarTtQOSxaQJ€(}OvvT€g  6f,iOrh)^ud6v  tfj  7tQO0€Vxf}  u.  2,  44:  itamg 
dt  ol  7$iat€vovieg  ffiav  tTtl  %6  ixüto  .  .  xa^  iqfikqav  t€  tiqoS' 
HaQte(f<nJvTes  Ofio^vf^adov  iv  t^ß  U^  .  .  mvotvreg  top  Seov. 
Das  Apostelverzeichniss  1 ,  13  stimmt  mit  dem  des  Lnkasevange- 
linms  6,  16  IT.  gegen  Matthftus  10,  2  ff.  und  Markus  3,  16  ff. 
darin  überein,  daiSS  es  statt  des  TbaddAus  den  Judas  Jakobs 
Sohn  nennt,  und  Simon  den  Eiferer  nicht  mit  xavavkt]s  (Lachm. 
Karnmiog^y  sondern  mit  ^tjlcorijg  bezeichnet.  Dieses  Zusanunen- 
Ureffen  ist  um  so  beachteaswerther,  da  zugleich  die  unbedentoide 
Abweielittng  in  der  SteUuiig  der  Apostelnamen  darauf  hinweist, 
dass  es  nicht  in  der  ausdrücklichen  Benützung  des  Evangeliums, 
sondern  in  einer  gleichmässigen  Gewöhnung  des  Verfassers  seincD 
Grund  bat.  Dass  mehrere  Züge  in  der  Erzählung  von  dem  Process 
und  Lebensende   des  Stephanns  aller  Wahrscheinliclikeit  nach  aus 


'  ihr  Inhalt.  42T 

dein  Beridite  den  I^iikas  über  da»  Verlritar  und  den  Tod  Clirisil 
zu  erklären  eind,  bt  sebon  frflher  (S.  159)  bemerkt  worden.  Die 
leisten  Worte  des  sterbenden  Stephanns  sind  naeh  Inhalt  and 
Aosdriiek  ein  Nachklang  von  Worten  JFesa,  die  nur  Lnkas  über- 
liefert; wie  dieser  Ju  88,  46  sagft:  nireq,  dg  %€XQag  üov  maQu- 
ri9efiat  ro  Ttvevf.m  fxov ^  so  Stephanos  Apg.  7,  68:  xvQte  ^Iifffov, 
di^at  ro  TtvBvfici  ^iov^  wie  Jesus  L.  28  ^  84  betet:  7vdt€Q,  ixtpeg 
avrdlg^)y  se  Stephanns  7,  60:  avqie,  i^irj  an^arjg  avtoTg  r^v 
a/uaQticcv  tavvfpf,  Anch  die  qxov^  jUBydh^ ,  mit  welcher  diese 
Worte  vorgetragen  werden  (exQa^e  q^oyvfj  ineydltj)  hat  an  dem 
fpMVTjaäg  (pcfiv^  l^^ydlf]  L.  23 ,  46  ihr  Vorbild ,  und  wenn  dem 
ixQaS^  dns  xQcc^ag  Matth.  27,  50  genauer  entsprechen  wttrde,  so 
giebt  dafnr  nur  Lukas,  ebenso  wie  die  Apg.,  den  Inhalt  der  gptwi; 
aif.  Wenn  endlich  Stephanus  7,  56  in  der  Entztickung  ausmfi: 
idöv  ^coQoi  .  .  rov  vlov  rov  dvd^iiitov  ix  SeiidSv  iatuka  tov 
^sov,  so  sieht  er  damit  nur  die  von  Jesu  L;  22^  69  abgegebene 
Erklärung  erMllt^,  wogegen  allerdings  die  Aussage  der  tpsviü-' 
juccQTVQsg  in  Betreff  der  angeblichen  Aeusserungen  des  Stephanns 
gegen  Tempel  und  Gesetz,  Apg.  7,  13  f.,  nur  auf  Matth.  26, 
60  f.  Mark.  14,  58  (wozu  Apg.  7,  48  zu" vgl)  verweist,  da 
Lukas,  nber  das  VerhOr  Jesu  vor  dem  Synedrium  rasch  zu  dem 
vor  Pilatus  hinwegeilend,  diesen  Klagepunkt  ganz  (tbergangen 
hat.  Ein  weiteres  Vorbild  für  einige  Züge  in  dieser  Erzählnng 
werden  wir  sogleich  bei  Lukas  4,  28  f.  finden.  Die  Stelle  Apg. 
4,  27  (avvtjx^acev  .  .  .  enl  rov  aytöv  TtatScc  aov  ^Irjaövv  .  .  . 
^Kqwdr^g  ze  xal  ITovriog  nikdrog)  setzt  den  Auftritt  am  Hofe 
des  Herodes  voraus,  den*uoter  unsern  Evangelien  nur  das  dritte 


.  ')  Zu  dem  ou  yaQ  oiSaöiy  ri  noiovaiv  ebd.  vgl.  Apg.  3,   17.  13,  27. 

^  Dass  auch  hiebei  dem  Verfasser  von  Apg.  7,  55  der  Bericht  des  Lukas 
vorschwebt,  Ist  auch  abgeflehon  von  den  sonslSgen  Beziehungen  der  Stelle  auf  das 
LQkasevBDl^liuia  wahrscheintreh;  bei  Matth.  26,  64  lauten  die  Worte  Je6u:  ana^tn 
oyjta^e  tov- vlov  tov  ävS^emoy  n^S-^f^erov  Ix  d$^Mv  tij$  Sifvajusiag  xal  Iqx^jmvov 
ini  Ttor  rftpeZwv,  sie  beziehen  sich  also  auf  die  nahe  Wiederkunft  Christi,  ebenso 
bei  Marki|s  14,  62,  bei  Lukas  dagegen  heisst  es  nur:"  an 6  tov  vvv  fotai  o  vtog 
t.  a.  xa&)^/utvog  fx  Se^itav  rijg  ^wa^ufiog  rov  9fov^  die  Worte  ^ehen  biso  nicht 
auf  die  Paru«ie,  sondern  auf  das  mit  der  Erhebung  Christi  in  den  Himmel  begin-, 
neode  Sitze  n.  .zur  Rechten  Gottes.  Auch  .das  ^eov,  v^elches  nar  bei  Lukas  dem 
'^v^a/t^cu;  J^eigefügt- i$t,  kelut  in  der  Apg.  wieder.  Dass  aber  Jesus  in  dieser  steht, 
während  ihn  das  Evangelium  sitzend  darstellt ,  ist  theils  ganz  unerheblich ,  theils 
diirch  den  Zusammenhang  motivirt:  Jesus  hat  sich  erhoben,  um  seinen  Bekenne r 
'nach  deiseja  nahem  Tode  2u*empfangen.  ''  - 


42$  Apostelgeschichte  nnd  E?aii9»lkin  haben  Einen  Verfasser; 

efMer  nöth  gfilaaigi  \iK«r4tii;  vorillBlte  vgl.  amhi  L«k.  2A^  44  f. 
BÜI  Apf.  96,  ai.  ^ 

ApMMgMwhicbto  und  dea  dritten  BvaiigeliiipB^  o(|«(  oins^e.  3(00» 
dieMr  ErsAUungan,  obna  «icb.  mutoRteUanf  eionader  zu.  beziehea, 
dodii  naoh  denaelbeni  Typii«i  gebildet  «Jod*    So  «iod  die  RDgels- 
erbeheimmgen  in  beiden  Schriften  e^r  b^lieU^    Wttrend  bei  Mat- 
tUn«  aiMMr  de»  drei  Tranmersoheinniicen  dee  Joseph  (1,  90.  9» 
i3«  IS*)  m»  bei  der  AnferstehiHig  (98 ,  9,  ((J  i)ii^  Bngel  lurndfilnd; 
in.  die  evengeliflche  Chi)i94)lbii^Ii^e  einUitt,  iind  am  ScUuss  der  Ver- 
flaohiiiagiivoaahikdite  4,  11  der  Qien^t  dair  Siegel  k^rsB^  ermUint 
wird,  wöluread  M«rko«  gleifObMl?  Awr  diesen,  i^  den^  ^^nier- 
stebwgjieQgiei  icenn^  (1^  13.  16,  ADi  Jobfnm»  nvw  die  ;(wei  AnC- 
eraiehnogaengrt  90^   19,  so  erseheint  bei  Lakas  zaerst  1^  11 
dfim  VaCar  de»  TäBitn^  ißt  B^f[fil  des  Q^rnt  Q^^Qhhar  1,  96  der 
Joigfrau  Maria  der  Bngel  Gabriel,  bioraur  9,   9  ififk  9i^f^  bei 
ftettdeheia  dei  Eng^el  des  Berrn  und  ei^e  Bd^^ge»  ^in^ialiff^lier  Beer- 
seliaaf^n,;  und  diese  drei  Eraebeinangen  gelier  njcU  ia^  Twm^ 
eMdeni  äoaeeriich  real  vor  aioh|  der  Enjgr^ldianst  npch  dai^  Ver- 
snebnng  wird  danA  zwar  (iber^ang;eii,  daflir  erscbeiiit  aber  39, 
4A  ein  Engel  in  GeUwsemane,  wozu  dann  nqch  ^4^9,  4  9.wei  Auf- 
eraiehnngaengel  bio^ukomnien.     Ebenso  ist  die  Apqstelgnmliicme 
voU  Engelaersobeinaiv;en:  erst  die  zwei  EMgel  W  dei?  Ilinupei- 
fahrt,   1,   10,    dann  5,   19  der  Engel  ^   welcher  die  sfimmtlioben 
Afoetelf  spüter)  19,  7,  der,  welcher  den  Pe^w  aus  dem  I^ker 
befreil;  weiter  redet  8^  96   der  Engel^defi  Herrn  mit  PJ^ÜBpns, 
10,   3,  erscheint  dem  Cornelius  ein  Engel,   19,   93  wird  König 
Hemdes  von  dem  Engel  des  Herrn  geschlagen^  97, -93   erhält 
Paulus  eine  höhere  Mittheihing  durch  einen  EngeL  —  Aebnlich 
verlialt  es  sieh  mit  des  6einta«wirkungen$  wAhrend  die  Cteisleft- 
erscbeinuttg  bei  der  Tauf»  Jos«  und  die  darauf  Adjgende  Wirkung 
dea  Geistes,  der  Jesum  tn  Ae  Wüste  fllhct,  in  den  übrigen  Ge« 
schiohtsbttchern  des  M.  T.  ganz  allein  stehen,  so  sind  die  beiden 
BUeber  des  Lukas  sehr  reich  an  solche^  ti[bernat(|rliohen  Wirkun- 
gen; man  vgl.  Apg.  9,  4.  4,   8.  31.  7,  66,  8^  17.  9».  38.  10, 
18.  44  11,  98.  13,  9.  8.  18,  6  t  18,  6.  91,  4.    Bv.  ±,  41. 
67.  9,  97.  10,  91.  —  Auch  In  den  Wunderaisähhingen  der  bei- 
den Schriften  findet  sich  Verwandtes.     Wenn  Lukas  6,  19.  8, 
46,  allein   unter  den  Evangelisten»   djf)  Voratettung  anaepricht, 


ihr  ittiuat.  429 

ammm  toq  Jesus  .#toe  für^U  yWmH^t^^  *^9  ^i^  ^11^  ibii  b^roh-  ' 

Müd^B  g^Mi^  li»b«,  >W  JkSf^ei  nQs  «iie^elbe  von  WiuKlertbMer 

mngi^oh  #u8i»tisiiff^Qi|fi  S^n  Apg-  J^»  15  f^  in  der  £rzfihlai|ff  von 

dem  heilfcrWti|^  8€bft|c|ifi  def  Petms,  und  .Kwar  «it  der  tgleichen 

AJtgein^iiiheUi  ihrer  Wiftfwig :  ^nf^g  IS^QU&jovxo  u7im'i£g.  Aach 

liki  'yerw$94t^  Brz&l^iUW  ^^^i'  <^  Schürten  «nd  Scbi^qisstatdtiieni 

ftoa  IVMMi|f^9   li9;i  109  ist  ,s(n  verglaieben,    Apf  die  Analogie  von 

1,^^4^<9^1.  |B«  mtt  AlW-  9i  9^9  babe  icb  sobon  Araber  (S.  175) 

tfMl^merf(|i»pi  »g^ipucbt    Wie  ii^  .^er  Jelstem  Stelle  l'bllippas  jilotz- 

.linb  vom  ^islt  jBBtrAokt  wird^   so  «berfpbtet  ds9  EvaogeliniD  ein 

..]44U%Ui^^  Verscb winden  4esii  Jn  Bo^oaus,  nnd  ein  «benso  plotz- 

U9hpß  ^i^^cbeiaen  ii^i  ^enps^Jism ;  das  letztere  bat  aucb  Job^nnes, 

^,  j|.9„ -da#  IfMuigiisaJtie  des  Wuaders  mkßh   seiaer  Weise    noeb 

fmri^  fdp  ^ikkSv  .H^x^4af4AVo^)  liervorbebeod,  ti»  er  »ber  bier,  wie 

«dl^ti,  vyf9  LukM  .ebb^gfg  %u  sein  scbeint,  kann  dieser  Umstand 

km  njptlitli^  .Qe(riu)bt  Jtemioei^.    Zn  der  Bemi$rt;ang  Äff«;-  5,  26: 

dip  Diener  des  Synedriams  baben  nicbt  gewagt,   die  ApQstel  ge- 

*wßit89m  sm  yert^htißti,  Mßü  sie  vpm  V4»lke  gesteinigt  zu  werden 

.jrt^c^telen,  bietet  h.  20^  .6.  2!^;,  2.  6  die  eva^geUsobe  Parallele 

4i&  fier  glQ^beibi  Farcbt  nnd  Vori^i^bt  der  Priester,  J)ess  der  nn^ 

xlqhtigi^  AJVIg^e   der  Apostelgescbicbte   4,   6    tQ»er  Annas   nnd 

.V^p^aphn/i  fV^,des  dritten  Ev^iqgeiiums  3,  2  entspricht ,  ist  gleicb- 

..fuHs  ,^])b9n  ^rAher  (1^«  127}  bemerkt  worden;   wie  die  Apg»  den 

Awes  i9  einem  .Zeitj^onkt  jssam  Hobenpriester  Kunoht,   in  dem  es 

KeiafJias  werp,  iso  nennt  das  EvMgelinui  Annas  und  Kaii^bAs 

.2;j|pgleji^ra]s  J9obepric|ster,  nnd  kann  man  aneb  seinem  Verfasser 

(4te  Vot^lellmig  yon  ;syrei  g][picb;{seit]gen  Hobepriestern ,  na^h  Ana- 

ffgle  der  nOmischen  Consoboi,  nicbt  wobl  zutrauen,  so  weist  docb 

der  .^usdcuck  ijü  äQj^ieqmg  ^'^wa  xal  Kaüig)^  darauf  bin,  dass 

«er  nicbt  wuaste^    welcber  von  beiden   beim  Auftreten  Jesu  das 

Jlp^priestoclifibe  Amt  bekleidete.  Kne  lUmUdie  Brscbeinung  zeigen 

^Aie  beidestvAng/iben  ober  den.Cen/9us  desOairinK^  nnd  QberTbeu-* 

^dascJl#,  fty,t  f..4flg.  5^  .3.6  ,f.    Oes  Evapgelium  «eta^t  denCen^^ 

wp  i^  ill^jtuce  m  frtib,  .die  AtP«istQ{geiscbicbte  l&sst  ctoen  Auftubrer, 

<|/Qr  >vni  c,c^n^bi|llies  .  J(ibjrbiiip4^  Javiger  ist^  noob  vor  demseHben 

^fwftretf^n*    Seide  wj^seu  nlso  von  dorn  Census  und  benOt^en  ibp 

4)(lriifip;^jp;r«|Uilu%g.,  ^ab^  Aeide  ;^j^gen  .siob^aueb  tlber  die  Ver- 

liültnisse  jener  Zeit  nicbt  n&ber  untenricbtet  —  Wenn  wir  mit  der 

'p;i;;^ftblung  der  Apostelgeaebicbte  Aber  den  Hauptmann  Cornelius 

die  den  Luknsevangelinms  von  dem  Hauptmann  zu  Kapemaum  zu- 


430  Apostelgeschichte  und  Efangelium  haben  Einen  Verfasser; 

sammenstellen,   so  wird  dieses  vielleldit  mnt  den  ersten  AnWliok 
gesucht  erscheinen;  hat  man  sich  jedoch  mit  ans  fiberzengt,  wie 
wenig  die   Brxfthlung   von  Comeüns  geschichtlichen  Boden  hat, 
80  liegt  es  nahe,  sich  nach  einem  Vorlilld  fttr  diese  Figur  noisu- 
sehen,  und  da  muss  es  nnn  allerdings  aaffalien,   dass  gerade  die 
Pankte  in  der  Schilderung  des  Hauptmanns  zu  Kapemaum,  worin 
I^ukas  von  Matthftus  abweicht,  mit  der  des  Cornelius  in  der  Apo- 
stelgeschichte übereinkommen.    Bei  MatthAus  8,  5  ff«  wird  jener 
Hauptmann  einfuch  als  ein  Heide  behandelt,  der  sich  demOthIg  und 
vertrauensvoll  an  Jesus  wendet  und  von  ihm  erhört  wird.     Lukas 
7.^  2  ff.  stellt  ihn  zwar  auch  als  einen  Heiden  dar,  aber  zugleich 
flicht  er  einige  ZOge  ein,  welche  ihn  in  ein  nilheres  Verhfiltnlss 
zu  den  Juden  und  ihrer  Bellgion  setzen:  er  liebt  die  Juden,  und 
hat  ihnen  selbst  eine  Synagoge  bauen  lassen,  die  jOdischen  Aelte- 
sten  verwenden  sich  daher  auch  fOr  ihn  bei  Jesus.     Wie  ähnlich 
ist  er  nicht  hierin  dem  Cornelius,  der  gleichfalls  ein  Heide,  aber 
svasßijg  xal  (poßov^evog    lov  9eov  ist,    noim    te  ilefjinoavvag 
nokläs  t(p  la(p\  Fehlt  doch  selbst  das  nicht,   dass  Jesus,   nach 
der  Darstellung  des  Lukas,    von    dem  Hauptmann,    ebenso   wie 
Petrus  von  Cornelius,   durch  Abgesandte  in  dessen  Haus  gebeten 
wird,  wie  sehr  diess  auch  der  aus  Matthäus  aufgenommenen  Bitte, 
äass  er  sich  nicht  hinbemflhen  möchte  (V.  6),  widerstreitet.     Wer 
natürlich  den    Bericht   der  Apostelgeschichte  über  Cornelius    für 
geschichtlich  hält,    wird  darauf  kein  Gewicht  legen,    wer   diess 
aber  nicht  thut,   wird  auch  dici^es  Zusammentreffen  kaum  fttr  zu- 
fällig halten  können.  —   Dasselbe  gilt  von  der  Erzählung  Apg. 
28,  7  ff.  in  ihrem  Verhftltniss  zu  der  von  allen  drei  Synoptikern 
er;äählten  Heilung  der  Schwiegermutter  des  Petrus  (Matth.  8,  14 
Mark«  1,  30  Luk.  4,  38).     Wie  Jesus  die  Schwiegermutter,  so 
heilt   Paulus  den   Vater  seines  Gastfreunds  vom  Fieber ^    und  in 
Folge  davon  htromen  in  beiden  Fällen  Kranke  herbei,  welche  sämmt- 
lich  geheilt  werden.    Wenn  die  Erzählung  der  Apostelgeschichte 
nicht  historisch  ist,   wie  sie  diess  doch  unmöglich  sein  kann,  so 
hat  die  Annahme,  sie  sei  eine  Naclibildung    der  evangelischen, 
viel  far  sich.    Dass  die  letztere  in  diesem  Fall  dem  Lukasevan- 
gelium  entnommen  wurde, ^ist  theils  an  sich  wahrscheinlich,  theils 
spricht  dafor  ein  Zusammentreffen  des  Ausdrucks:  während  Mattli. 
und  Mark,  von  d^r  Kranken  sagen: '^elc^f  itvqkaöovaav  und  xcni- 
x€LTo  nvQBoaovGix y  so  heisst  es  bei  Lukas:  9jv  aifvexo^evt]  Tcugertf 
fisydkf^,  was  dem  Ausdruck  Apg.  88,  Ä:  nvqecotg  xal  dvgev- 


ihr  Inhalt.  431 

reQitf  avvexojuevöv  offenbar  nAher  steht  —  Die  Worte  ifes  IPaalae 
zu  fldnea  Beisegeführten ,  27^  84:   ovdsvog  yccQ  iftciv  ^l^  ix 
TTjg  x€q>alijg  dnolurav  (oder:  Tteaelnai)  haben  die  anffallendute 
AehBliohkeit  mit  dem  nor  von  Lai^aa  %\y  18  überlief erte&  Ana- 
apraoh  Jesit:  9qi^  sx  Tfj$  x€q>ak^g  vfiwv  od  fxtj  an6hji;at  0.  — 
me  Aehnliohkeit  zwischen  Apg.  26,  30  und  L.  8,  8  ist  schon 
f raher  (S.  300}  bemerkt  worden.    Auch  der  merkwürdige  Znjj^, 
dass  Paulus  immer  nur  durch  den  Unglauben  der  Juden  zur  Hei- 
denpredigt gedrängt  wird,  hat  nach  ROstlin's  treffrader  Bemer*- 
kofig^)  an  der  BrzAhiuDg,  mit  der  Lukas  das  6ffentlidie  Auftreten 
Jesu   so  bezeiohnend  eröflfnet,   von  der   Vwwerfung  desselben  In 
seiner  /laiQigf  sein  unverkennbares  Vorbild.  Die  verletzende  Wen- 
dung, wdche  der  Vortrag  Christi  4,  28,  mseheinend  ohne  zu«- 
relehende  Veranlassung/ nimmt,  und  die  Whrkung,  die  er  hervor«^ 
bringt,  entspricht  den  'Darstellungen   der  Apostelgeschichte ,    wie 
o.  7,  4a  ff.  18,  40  ff.  45  f.  22,  22.  28,  26  ff.  auTs  Beste,  und 
namentlich    die    BrzAhlung   von    Stephanus,    diesem    Tjpus    des 
üekienaposVsIs,«  und    von    dem  Verhaltmi  ^dc^r   Juden  gegen  ihn 
verrfidi    die    Gleichheit    der    bildenden    Band    durch    ainffallende 
Aehnliohkeit    der    Zuge  ^).    —    Schliesslich    ist    hier    noch    dan 
VerhÜtniao    der  ohristologischen   Stelle    L.    24;    19    zu    einigen 
Aeusserungen  der  Aposteigeschichte   zu  berühren.    Wenn  Christus 
hier    beschrieben    wird     als     ccvt^q    7iQ0(pTp;r-g   dwceibg    iv   i'^ffi 
xal    k&yiiff    so    giebt   es    keine  Stelle  im   N.  T.,    welche    dieser 
Beschreibung  näher  käme,   als  die  zwei  Ausspruche  des  Petrus 
2,  22:  ^Ifjaovv  Na^OQoiov,  ävÖQa  duo  tov  dtov  dnodtduyfxh&v 
dg  v^i&g  dwafieOL  u.  s.  w.  und  10,  88:  ^Irjaotv  tw  dsvo  Na- 
^aQST    vig  e'xQiaev   avtov   6  deog  TwvevficcTi  dyi(p    xal  ävmfi^, 
v^.  auch  3,  22  ff.  4,  80,  und  eben  diese  Stellen  kuttpfNianch 
den  Tod  Jesu  an  diese  Schüderung  sdner  Person  und  Wii^ksamk^ 
in   ähnlicher  Weise  an,   wie   das  Evangelium.    Auch  was  L.  24, 
25  f.  44  weiter   folgt,   dass   das  Leihen  und  die  Verherrlichung 
Christi  durch  die  Propheten   vorher  verkQndigt  war,  hat  ebenso, 


■)  Ueber  den  Sinn  dieser  Stelle  vgl.  S.  t8. 

^  D.  Ursprung  u.  d.  Comp.  d.  synopt.  Evadg.  204. 

*)  L.  4,  28  f.:  neu  hrZif^i&tjaar  narrfg  &v/if6v  er  r?  awayayy^  anovorreg 
TavTa.  Kai  avaaravrpg  e'ießaXoy  avrov  ?$w  r^q  noXetaqfA.  Säte  xarax^rjjurC^tti 
oiJtok.  Apg.  7,  54.  57  f.:  äxcvoyreg  Sh  ravta  Sun^Covro  taTg  ita^3(aii  avtiap.,.^ 
nul  M^/utfOuv  ojuo&vjuaSov  m'  avrov'  xal  fxßaXovr^;   t'^w  rrjg  n'^leiag  Hi^ofioXovr. 


4S2  Apostelgeschichte  und  EvMgqlimp  haben  Einen  Verfasser; 

wto  die  «im  Luhis  kei  der  LeideüTerkMdifwir  18,  81  (Mattb. 
30,  18  Mark.  10,  83)  eigenlhiiiiHche  9enillDHr  «^  die  Pftpbe- 
teil,  eei8e  Bftelm(wi  AirelMea  Ui  der  Apoeielgevokiojhte  «8,  97. 
88,  22  rgl  AUk  10,  48.  8,  83;  die  weeeeaich  |^ei<die  AmdUa- 
MDg  der  Clirietokigie  Idaet  eiob  in  dieeee  Stellen  niclit  verkeasee. 
NMih  weit  eeUi^iider  vrird  jiber  die  Ideetitit  des  irorfeeaen 
der  beiden  Sebfiften  doreb  die  VeBWundtaAeft  ihren  eweelEe  und 
ibree  i^enien  dof  netieoben  Cbncnktere  bewinaen.  leb  bebe  neben 
Arnber  nnehf  ewfesen  0  9  4«m  akb  den  dritte  BvengeUmn  dbsUeb, 
wie  die  Apetteigenobiehte,  fa  inleraine  dei  penüninebeB  Univer- 
«nlinnran  zwincben  Jndencbrintentbnm  nnd  Peidininnias  in  die  Mitte 
nIeIH,  nnd  die  jadenchrin^iebe  UeborMelefnnf  ven  Ciirintns  theil« 
nn  nieb  nelbrt  im  paolbiischen  8kin  omUldet,  tbeiln  dnrcb  eine 
Beüie  peallninchir  Sttteice  bereichert  fieh wegler  Imt  diene  An- 
eiebt  äUä  niber  begeondet^),  nnd  Bnur  lint  aie  en  mehreren 
fingen  Weiter  darebgeffthrt^j  In  dieser  Beziebong  wer  iha 
jwhon  der  näehninobe  Anenymne  ^)  vemnctgingen ;  nur  will  dieeer 
}die  MigMithOmliebkeiten  nnseni  kanonischen  LnkasevMigelkiHM  «ns* 
neblieaslieh  nns  dem  Fanlinismns  seinen  Verthsners  erklären,  nnd 
-er  giebt  zagleich  diesem  Paalinlsmns  eine  dnrehgflngige  Beziebong 
n«f  das  persenliche  Verhftltnbs  des  Paolus  na  den  UvapeslelA,  und 
dentet  ehie  Bienge  einzelner  Znge  tou  hier  aoa  in  euer  Weise, 
die  tob  mir  allerdings  nicht  aneignen  kenn.  Ohne  ihm  bierin  bei- 
znpüichten,  glanbt  anch  Hilgenfeld^)  an  dem  anasehliesslieb 
pnnllnischen  Ciiamkter  nnsers  Lukas  Ktsthalten  zn  seilen,  nnd 
Volekmar®)  bemttht  sich,  sogar  fQr  die  Stocke,  welche  Schweg- 
1er  und  Banr  als  jndaistisoh  beneichnet  hatten,  das  panUnische 
Gepräge  nachzuweisen,  wogegen  iimgekebrt  Schwan beok^ 
der  Meinung  ist  9  die  panlüiisebe  Anffassnng,  wdehe  man  im  des 
Bvangelhim  entdecken  wolle,   sei  evbnnstelt.    KMnen  wir  jedeeb 

1)  Theol.  Jahrb.  1843,  59  ff. 

^  Nachap.  Zeit,  II,  39-;-73. 

^  Krit  Unters,  über  die  kanon.  £▼.  S.  427  ff.  501  ff.  Weiter  fgl.  KOstlia 
ürspr.  u.  Comp.  d.  synopt.  Ev.  182.  216.  262. 

^)  In  der  Schrift:  die  Evangelien,  ihr  Geist,  ihre  Verfasser  n.  s.  w. 

*)  Die  Evang.  Justins,  der  dem.  Hom.  und  Marc.  S.  474  Anm.  Doch  kommt 
H.  meiner  Ansicht  sehr  nahe,  wenn  er  es  S.  472  als  einen  •charakteristischen  Zog 
des  dritten  Et.  bezeichnet,  dass  es  jodaistische  Bestaodthfiile  zwar  anfiiieliüie,  aber 
fsschicki  zu  neutralisiren  wisse. 

«)  TheoL  Jahrb.  1850,  215  ff.  £▼.  Marc.  228  f. 

^  Quellen  der  Apg.  S.  127. 


ihr  Zweck  und  dogmatischer  Charakter.  433 

das  letotere,  idokt  weiter  begrUiidete  Urtheil  mit  der  einfiioheB 
VerweisaBg  aaf  die  obenangelührten  UntersaehimgeA  beantworten, 
so  scheint  es  doch  andererseits  aaoli  einseitig,  das  Lnkasevaage- 
linm  mit  Anssohloss  aller  Zugeständnisse  an  den  Jadaismus  Mos 
als  paalinische  Tendenzschrift  zu  betrachten«  Es  sind  nan  doch 
einmal  nnläugbar  in  dem  Evangelium  manche  Bestandtheile,  welche 
sich  weder  aus  einem  rein  pauliniscfaen  Charakter  desselben,  noch 
aas  dem  Ansohluss  an  die  gemeinsame  evangelische  Ueberlieferung^ 
aber  auch  nicht  aus  einem  blossen  Zufall  erklAren  lassen'',  deren 
Auftiabme  daher  entweder  auf  die  eigene  judaistiscfae  Denkweise 
des  Verfassers,  oder  auf  eine  Anbequemung  an  flremden  Judaismus 
hinweist  Dahin  .gehiUrt  vor  Allem  der  grössere  Theil  von  dem 
Inhalt  der  zwei  ersten  Kapitel.  Zwar  Iftugnet  VoIckmar^>, 
was  sonst  allgemein  anerkannt  wird,  dass  diese  beiden  Kapitel  ein 
vorherrschend  judustisches  Gepräge  tragen.  Aber  man  firage  sich 
doch,  wer  überhaupt  das  Interesse  haben  konnte,  mit  solcher  Aus-»^ 
fOhrlichkeit  Ober  die  Gebart  des  Täufers,  über  den  besuch  der 
Maria  bei  Blisabeth,  Ober  die  bei  dieser  Gelegenheit  gesprochenen 
Loblieder  und  Beden,  Ober  die  Vollzidiuug  der  Beschneidung  und 
die  Darbringung  der  Brstlingsopfer  zu  berichten,  wer  die  alttesta- 
mentlichen  Bezeichnungen  des  Messias,  die  alttestamentlicheü  Lob- 
preisungen Jehovahs  f  Qr  das  messianische  HeU  in  dieser  Art  häu- 
fen konnte,  als  ein  solcher,  dem  alle  diese  Dinge  entweder  fttr 
sich  selbst  erbaulich  waren,  oder  erbaulich  für  seine  Leser  zu 
sein  schienen.  Und  wem  konnten  sie  zur  Erbauung  dienen,  dem 
nicht  nberhanpt  am  Zusammenhang  des  Messias  mit  dem  Juden- 
thum,  am  alttestamentliehen  MessiasbegrÜT  gelegen  war  9  Welchen 
Werth  konnte  es  denn  abgesehen,  hieven  haben,  nicht  allein  über 
die  Gebort  desHlessias,  sondern  auch  über  die  seines  Vorgängers, 
des  letzten  jüdischen  Propheten,  so  weitläufig  unterrichtet  zu  wer- 
den, nicht  allein  von  dem  Besuch  der  Maria  bei  der  Mutter  dieses 
Propheten,  «mdern  auch  von  den  Worten,  die  sie  gewechselt, 
das  Genaueste  zu  erfahren,  sich  möglichst  ausdrücklich  von  d6m 
zu  überzeugen,  was  sich  übrigens  doch  von  selbst  verstand,  dass 
in  Bezug  auf  den  christlichen  Messias  keine  der  gesetzlichen  ^Vor- 
schriften versäumt  wurde  (cig  hikeacev  anavra  tu  xcctcc  tw  v6(4JQv 
.xvqiov  ^j  39),  diese  alttestamentliehen  Lobgesänge  zu  hören,  in 
denen  der  eigenthümlioh  christliche  Gehalt  so  äusserst  gering  ist? 


0  Theo].  Jabrb.  216  1  Evanf.  Marc.  228  IT. 

28 


334  Apostelgesbltichte  und  t>rittg«liflin  Hiiben  Einen  Ter&sser; 

muis  die  Personen  der  VdtffeMUeirie 'Ai  'der  IllirfclhmrMt^b'Mr 
jftdiflch^tt  WeiM  lel^tta  tnM  äUh  'Mt'mim  (V^lA^mäT'^.^.Ji), 
erklärt  nichtcr,  denn  dikMfÜ'sfM^t  ikfi6Bt'fin'«Mltg^lleB,  Wis^iliM 
der  mnagMsH  diesds  ihr 'jHämueB  "Weden  In 'Mli^r ^ttu&f QMfoMM^ 
Tör  ntis  kusBi-eiten  rnnsiBte.  'VKlW'dQriten'^ir'VhefMiii^t'IM'ttllflei^ 
Vei^lMser'tfi^s  '^dii^fhiclitni^fte  lÜtöi'Mto  vMtbAfeOMi,  V^AMto  TCr- 
sonen  der  hiatorisbten  \(KiVltlf^Utt^1b«te  <di»2iÜ^  AUie 

Darstellan^'kcftne  «f^Bol^fcMiflch'grefti^e'ildn  Unn,  iMMli4h'«ittg(Mi- 
tm\g,  'ond  Wäncht  Vei(i%:\nftr 'AktoHMh  oHHI«  >\Mc  AiM^h  UMe 
Verwki-^ng  WlSi^'hu'i^s  lif^WlUlen'sAi  %i^bM6ll,  dMb^br'Mlih^Mir 
üiich  Äicht  einmal  ^enihier  "ibVi  '<^e  tin«ire'1)aKtelliill^''ifli[MflitM(, 
dass  tiamebOfcb  'd?e'Itöaes(ttbke''8^tne  ^^eile  4l^«e<Ciilkt^osllMn1itti(i, 
diess  efd^At  ^as  dbr  änffinätSen  «lUiU^örAlji^t  ^fer^pM^ 
Äti(jdnieks\reli8e  ftTfiesen* siwePlHiptt^hi'^ikiU 'd^lHS^'^tos 'Iftrif te 
Kvirij^lliims  "lind  ^er  »'pö^tfeli^isiU^t^  <)•  ^s  '^^^  "^ätOOt  \kir 
ItbHg,  üAd  diess  Ist  iVbfarVi(l6t:ifiil^^  Mbidaifg',  '^fts'Wr  1%- 
Disser  um  der  dfötKerUg^n  J^afhiN^  AAeit  "^än  'die  '^¥&iMitn 
der  Vty^geschifihte  80  'datg^stUflt'BAtee,  me  er^'Me'llMgifl^Ht'lk 
«')Kber  wie  wetfig  m\  'm6lss'äi%h  IMfaiiin  21«)«^  hHM  IJAtfkkter 
iSher  ^BVädgiTii^nsdiiriyt  'üliel^inarittWön !  'IBo  "«ll^dl^  '^Mie  "^blMe 
Scbrift  ein  einftl^er''^«sclrib1ifflHi6;'1lte^  i|o''Wdl0g'^t1lfe 

Hnch  i^  freies  drid'ltffei^B^ölbfi^s?K)ons<Wi&k'k/detfd(Jhi  flfe  VM^^V 
behtUöh  eiiie  rellglöse'le'iii'sälklrift;  S^id  Me  el«ftlM;'WB%- 
ssfthlt  sie  hfclit  Bios,  liftn  he  tV^Msbe^KMe  ««Mli^lflne^^Mmkltöbe 
oder  pbätfsdli  hä^gesiiliffitfbkte  fi^Mttllte  *Mi  Mhtd^jgüt  ^^HhOm 
d\e  efzäUt'  es  'als  elbb  Iftlr  ms  l'MItitMie^il&nftbAn  *frfM'<'«liAtt9B 
inäasi^^ebenden  Vdr^Kig.  ''Ifii'diAdein  SUn'lilid  UMBtMJj||tfllett')ed6t«tit 
von  dertorche'betantzlW^d^frii,  «tts'dll$«^Wt^dib^lMNl'*sfo'^«iMi 
nrsprtä^fi^h  ^tfliätäii^ii:''inftn'*fiaifittl^lle  dte*Udi6r«frertl»^B  tte 
dem  Mesistas  niilit  nnV,  t^efKIkiaB  H^n^Vfem 'tSflhlsr  «Obr  ^-4:1^6 
etms  %a  wisüien/  äbniferti' V»^  fhAn  Hfbn "dbif'FerMllbil  dßtl^eillStn 
(fresbUcbte  fOr  sFch  selbst  im'  Mtfaen^'Wflnbtfbte,  IMit  1(aiiMme''iiie, 
wie  sQch'L.  l/'4  htisdilNklibh  v^n  sieb  im^^  tim -til^fiMUBlSttbl^fte 
ober  die  cbristüche  Lehre  zu  e^lTaVren,  oder '\Vie  l^a^tts'ltBflfi* 
Jll/39,  2)  denäeTben  ZWck'be;^bichüet/'dm''tbibs  BTVit^eiifl; 
ihres  dogmatischen  und  praktischen '  mhÜlts  Vllftn.  ^^tie^WItn 
'Viaher/ Welche  'den  Personen  dler  eVätagdM&en' Oi&iicIhidlteiD'dea 
'Mfand^elegt;  dle'Bandlob'gen,  welche  ^6n^\m)ii'Himhhif^fmn, 


*)  Worüber  Gersdorf  Beiträge  v.  8.  w.  S.  160  ff.  2tt  feitWicbea  Ist. 


ihr  Zweck  und  dogmatischer  Charakter.  <^9^ 

^Jb^ep  Yfjf^naiph  4ogü\(iti߀tkt  p^ntung,  fnd  4ie  bistoi^/^h.nfd- 

I  •  tisebe  ^atiurwahrbeit  kma  di^er  gegenttber,  wie  diess  ,hßjfA9Tt 

.Beiapiele  Jt»6nfreiflen  0,  gur  nicht  in  AnscUag.     piefi^  lat^^fe 

i  r^cbt, daher  gar  lucht  aus,  die  Vorgefiohicbte  des  l^ulu^i  ^u  |»r- 

!  .Id^r^n,  sonc^^ii  wir   n^Uss^n  aBDehmen,    dass  er  dcim  iQdAficlieii 

S^^nd^qkt,  der  uns  in  ihr  entg^entritt,  eine  bleibende, ^erechti- 

ii  fiuiig  inÄerbaJ^b  |des  Christenthnms  zugestand,  3^8  er^ihn  wenig- 

I  ,stens,als  ein  £leipefit  des  christlichen  Standpunkts  in  diesen  >wf- 

(  .gen/)mqienyvlssi^n  wollte.    Dass  er  aber  hiemit  in  kelnpr,^e:¥ielimg 

I  von  Paolos  abweiche,    ko^n^n    wir  Volckmar    ni^t    g)iai^^ii. 

H  Wohl  )Wf»i^  i^och  Paolos ,  dass  Christas  onter  das  (S^es^tz  .ge4h^ 

[>  ..war,  aber  Ist  es  wohl  4e|ikbar,  dass  er  die  BrfQllo^g. f^ler  ge- 

f  setzliqhen  /Varffpbriften  an  seiner  Person   —  nicht  etwa  nfii  t^lis 

t  Spde  des  ^jesetzes  .^larin  nachzuweisen,  sondern  eilkf|M$h  in  Apm 

I  Toa.  eines  ^Icjben  erztfik  haben  würde ^  fürVelphim  ^^es  Cere- 

jQiQniel  ^n  ..u^d  .^ar  siclv  Bedeotong  hat?    Wird  ,4ioch  selbst  jenes 

^  .^Vgeif^ine  f^r,  in.,  d^  JKosajnmenhang  erwähnt , . j^^s  ge«Pgt  wiJCd, 

}  C(hfj^(,os  ^abe.,pnt^  dem  Gesetz  sein  müssen,  iva  .%gvg  vßd  vofjm 

f  .iSfxyQifccQjj  (GaL  4,   6).    Wohl  setzt  auch.  Pfinius  ^f^n  jQdisehen 

,  .^esfl^lbegi;^  im  Allgemeüien  vorj|os,  aber  dara^na  felgt  npch  laiyge 

^  tW^ht,  dass  eine  DarsteUong^  seinem  Geist  ist,  wplQhe  ,g^nz  ^^d 

•flarib^i  dicfiiem. jadischen  Messiasbegriff  stehen. bleibt,  w^€lke.:den 

•^ülpsßias  nor.  als  deigenigMi  kennt,  dem.  Gott  den  TJur^n  seines 

ViS^rsi  David  verliehen,' der  ewig  über  das  ^fk^B  Jfl^keb  herrsc^fn 

,WMr4  (I^^/lf.i^^.f*)^  dnrch  den  sigh  Gott,  (feines  Knechts  IsrA^l 

lMPfifWpiqmpD,;4io  Vei^heissQi^en  an  4ia  Br^yAter  erfKtllt,,  EiiUtoffe|ig 

,  .j^cUafft  hat  für  ^a»  V(i}k  Gottes   (1,   64  f.  ,^8  ff.)   o.  s.  ,w.; 

,4ffin.  Mlups  danebeH  l^iush   2,  S2  von  dem  ^pwg  eig  ciußmhJiip^v 

a^ahf  igi^W^ohßVL  wjord,  jiliess  geht  in  keiner, Benkihuog  über  .dien 

f,iri(t^tein#n4iQben  .-Mes^iABb^fiff  bin^iiis,    in   den.  ObKlgen  Stellen 

fAber,.die.Volc)(mar  anfOhrt,  (1,46.  &1..&3..79..)3,  A0..34) 

46t  yon  ^n^r.iimiver^eU^n  oder  gar  antJattdisphen.fieati^umqiK.  des 

ifMeeeiasi  b«i  .mhH^^r.  BrklämAg;  aoel^  nieht  ilie  leisester. JSppr  zu 

Jpilen.  M,W9)q^9s  .tnteresße  würde  v^UfMds  iür  Paulas ,. jder  seihst 


*)  iWie  wenig.. Walusclifeintichkeit  Jjaben  z  B.  dir  Beden  des  Täufers  Johannes, 
Ja. .sehr  viele  Keden  Jcs|/iG^st  im  vierten  Evangelium !  Wie  unwahrscheinlich  istjn 
der  Apg.  so  Mtnche^  in  den  Reden  und.  der  Handhmgswcisc  des  Paulus,  wie  un- 
wahrscheinlich die  Rede  des  Jakohus  heim  Apostclconvent  und  doch  hat  die  Furcht 
seine'  Helden, zu  y^monstra^  zu  machen,  den  Verfasser  nicht  ahgebalteo,  sie  so, 
wie  er  thnt,  darzustellen. 

28* 


436  ApoBtelgeschichte  und  ETangelium  haben  Einen  Verfasser; 

Chrifltain .  nicht  dem  Fleisehe  nach  kenneu  will,  die  weit  aus^ 
eponnene  Fsoülieiigesohiohte  des  Vorlftafers  und  der  personliGbe' 
Verkehr  der  Maria  und  Elisabeth  gehabt  haben?  Nein,  hier  be- 
finden wir  ans  auf  einem  andern  Boden,  als  auf  dem  des  paulini- 
sohen  Christenthnms.    Auch  die  Genealoge  kann  ihren  jadenchrist- 
lichen Ursprang  nicht  verläagnen,  den  schon  ihr  mittelbarer  Wi- 
dersprach mit  der  Brzfiblong  von  der  ttbematQrlichen  Erzeagan; 
Christi   an^s  Licht  stellt,  and  aach  hier  hilft  es  wenig,   an  das 
paalinische  ix  aniQficerog  Jaßld  xarä  accQxa  (Bom.  1,  3)  zu  et- 
innem,  denn  diesem  viög  Jaßld  steht  der  vlog  dtov  xccra  Ttvevfia 
naohdracksvoll   entgegen,  wer    dagegen   das    Geschleohtsregister 
verfasst  hat,  kann  diess  arsprOnglich  nnr  in  dem  Interesse  gethan 
haben,   die  messianische  Würde  Jesa  durch   seine  Abstammaog 
von  David  zu  begrOnden:  damit  er  als  der  rechtmässige  Erbe  des 
davidischen  Thrones  anerkannt  werde,    moss   sein  Erbfolgerecht 
nachgewiesen    werden.     Diesem    Nachwels   stellt    nan  allerdings 
Lakas  nicht  allein  die  Abstammung  Jesa  von  dem  Protoplasten  Adam 
zur  Seite )  welche  den  Davidssohn  zugleich  als  Menscfaensohn  ijd 
höheren  Shin,    den  jfldisch  nationalen  Messias   zugleich   als  den 
allgemein  menschlichen  efächeinen  Iftsst,    sondern  er  macht    ihn 
auch,  ebenso  wie-Matthäas,  dadurch  wieder  illasorisch,   dass  die 
Genealogie  nicht  in  Maria,  sondern  in  Joseph  endigt;  sollen  wir 
aber  darom   glanben,  das  Geschlechtsregister  des  Lukas  sei -nur 
ein  Spott  auf  das  jtldische  Genealogisiren ,  wie  der  sächsische  Ane- 
nymns  (S.  d4d)  will,  oder  es  habe  umgekehrt,  wie  Volckmar 
glaubt,  auch   von  dem  Pauliner  Lakas  verfasst  werden  können, 
am  sein  eigenes,  „ganz  paulinisches^'  BedOrfhiss  einer  Beziehuo; 
Christi  auf  das  A.  T.  zu  befriedigen?  DasErstere  verbietet  schon 
das  entsprechende  Geschleohtsregister  Josephs  bei  Matthäus,  und 
ebenso  bestimmt  der  ganze  Charakter  des  Evangeliums  -^  in  welchen 
von  air  den  versteckten  Ausfällen,  Schmähungen,  Gehässigkeiten 
und  Verspottungen  gegen  Judenthum,  Jodenchristentham  und  Ja- 
denapostel, die  der  Anonymus  darin  sucht,  nun  einmal  nichts  zu 
finden  ist;  die  andere  Annahme  scheitert  an  dem  Umstand,  dass 
deijenige,  welcher  durch  die  Erzählung  von  der  tlbematOrüGheo 
Erzeugung  den  Zusammenhang  zwischen  Jesus  und  Joseph  abge- 
hrochen hatte,  kein  Interesse  mehr  haben  konnte,  den  Zusammen- 
hang Josephs  mit  David  umständlich  nachzuweisen ;  vielmehr  kann 
die  Genealogie  ursprünglich  nnr  von  einem  solchen  herrflhreni  bei 
welchem  statt  des  äv^  wg  ivofil^ero,  unsers  Lukas  ein  einAohe» 


ihr  Zweck  uod  dogmatischer  Charakter.  437 

aiv  oder  fjv  stand.    Dm0  aber  der  Verfanser  des  EvangeUam«  diese 
^enealogiaehe  Beweisfahrang  fflr  die  MessiaDität  Jesu  doch  aof- 
niaBint,    wiewohl  er   ihr'  recht  ausdrücklich   durch  sein  Svy   wq 
ivofiil^eiOj  und  durch   die  Fortfahrung  auf  Adam  ihre  nrsprttng- 
liohe  Bedeutung  genommen  hat,    diess   lässt  sich  nur  aus  dem 
V^onsch  erklären,   auch    der    alten   jndenchristlichen  Auffassung 
Christi  in  seiner  Darstellung  Raum  zu  lassen;  und  wenn  wir  in 
dieser  Beziehung  bei  Matthäus*  geneigt  sein  werdeii,  eher  ein  un- 
beivusstes  Zusammensein  zweier  Auffassungsweisen  anzunehmen, 
die   übrigens  beide  aus  jüdischem  Boden  erwachsen  sind  ^) ,    der 
älteren,  welche  Cbristus  nur  als  Davidssohn,  und  der  jüngeren, 
welche  ihn  als  Gottessobn  im  physischen  Sinn  betrachtet,  so  zeigt 
bei  Lukas  theils  die  Stellung  der  Genealogie  hiäter  der  sie  par»» 
lysirenden  Erzählung  von  der  übematürliehen  Erzeugung,  theils 
das  iig  ivojul^eTO,   theils  die  mit  dem  jüdisch  nationalen^  Zweck 
der  Genealogie  im  Widerspruch  stehende  Verlängerung  derselben 
bis   auf  Adam,    dass  er  sich  des   Verhältnisses  dieser  jüdischen 
Urkunde  zu  seiner  eigenen  Darstellung  recht  wohl  bewusst  ist; 
wenn  er  sie  daher  dennoch  aufnimmt,  so  kann  er  dabei  nur  von 
der  Rücksicht  auf  judaistisch  Gesinnte  geleitet  sein.    Wenn  weiter 
Schwegler  und  ich  die  starke  Betonung  des  Gegensatzes  zwi- 
sißhen   dem  aitüv  omog  und  dem  aiwv  (.leXhav^  manche  Aeusse- 
rungen  über  den  Werth  der  Armuth  und  deif  Schaden  des  Reich- 
tbtims,  und   die  lohnsüchtig  lautenden  Aussprüche  L.  6,  95.  16, 
9  ebjonitisch  gefunden  haben,  so  stellt  sich  uns  hier  zwar  auch 
Baur,  um  des  „Ur-Lukas'^  willen,  entgegen^),   ich  kann  jedoch 
unsere  Ansicht  hierüber  auch  durch  seine  eindringenden  Bemer- 
kungen nicht  wirklich  widerlegt  finden.    Es  ist  ganz  richtig,  der 
Gegensatz  dieser  und  der  zukünftigen  Welt  drückt  nichts  Anderes 
ans  als  die  urchristlidhe  Lebensansicht;  aber  wenn  dieser  Gegen- 
satz  80  scharf  gespannt  und   so  äusserlich  gefasst  wird,    dass 
nicht  Bin  und  dasselbe  Individuum   beiden  angehören  kann,  dass 
derjenige,  dem  es  hienieden  gut  geht,  eben  desshalb  im  Jenseits 


*)  Wenn  Volckmar  Ev.  Marc.  230  der  übernatürlichen  Erzeugung  Jesu  die 
Bedeutung  giebt,  Christus  vom  Zusammenhang  mit  dem  jüdischen  Volk  abzulösen 
so  ist  das  zwar  immerhin  denkbarer,  als  die  weitere  Vermuthung,  dass  dieselbe 
„der  Erbsündenlehre  genugthun^'  wolle,  von  der  sich  bei  Lukas  keine  Spur  findet, 
dass  aber  das  ursprüngliche  Motiv  der  Erzählung  nicht  darin  liegt,  erhellt  schoa 
aus  ihrem  judenchristlichen  Ursprung,  den  Matthäus  deutlich  bezeugt. 

^  Krit.  Unters.  S.  446—455. 


^^S  Apostelgeschtchfc  tmd  Evangelium  haben  Einen  Verfasser; 

g^qijält  ^srird,  dass  die  Armen  als  solche  seliggfe^rlesen  ilrerden, 
die  Relehcfn  als  solche  verdammt  sein  sollen,  itenn  zwisehen  dem 
äusseren  Ztfstand  nnd  dem  Ihneren  der  Oesimmng  s(r  ^r  nlehf 
nnterscftfeden ,  die  weltenfsageode  Gesrantangr*  nnr  in  der  äosseren 
Wdtiehi^gung  anerkannt  w?rd,  ist  dann  nicht  das  ürebtistlldie 
ehM  jener  nrchristliehe  ETbJonitlsmns ,  Aber  den'  sich  Pknitis  we- 
sentlich ^hdben  hat?  Denn  dass  sich  in  Stellen,  ^e  2^  Hör.  6, 
±0.  f  Kor.  7,  29  ff«  eine  ganz  andere  (9chät%an^  von  R^eicCHbniB 
nttd  Amrath  ntfd  eiM  ungleich  htfher^  Freiheit  des  9elt)sthe\msst. 
seiils  gegen  dfesiö  fins^seren  Zustände  aussprfcWt^  habe  ich  adcli 
stfifoil  an  ttnelA  andern  Orf<)  nachgewiesen.  Weniger  entisk^bei- 
dend  sind  wohl  die  (Stellen  <^,  «33.  35.  16,  9,  denn  thelfs  sind 
düd  erstem  aü^  Matthäus  genommen,  welcher  viel  mehr,  als  Lukas, 
vom  künfffgen  Lehn  spricht,  thells  ist  diä  AuiäsIcM  auf  6\tiitfL  sol- 
chen auch  dem  Panlns  nicht  schlechtli^  ttMÜ  (s.  1  Kor.  9y  17. 
Slior.  9}  6);  aber  doch  machen  jene  Anbspdiche  im  Siasammen- 
hang  der  lakatfisehen  Aergpredigt  allerdittgs  nicht  den  Eindrack, 
4kaa  sie  den  panlfnliieheta  Standpnnfkt  vorai]»!tet^en,nnMI  in  keinem 
Vitli  wflrde  Paillas,  wie  Lukas  in  der  Parabel  vom  nngerccfaten 
Blrashaieer,  gelehrt  Haben,  dass  man  sich  durch  Werke  der  WoM- 
thätfgkdt  dfe  Aufnahme  in  die  ax7]vcA  aitivtot^  in^s  messlanische 
Reich,  erwerben  kenne;  auf  diese  kann  sich  der  Lohn,  den  er 
selchen  Weisen  verheisst^  unmCglich  beziehen.  Die  lukniKseh^ii 
Aussprach!^  eriAneHi  weit  mehr  an  Jakobus,  als  an  Paulos  ^  wie 
nb^häruiit  dii^  Lehre  des  dHtten  Evangeliums  tlBbr  ArAiuth,  Releh- 
ihtfm  hM  Alihtfsen  (flbiir  dfb  aiich  ±2,  ii  ff.  1^^  8ä  An  ver^lei- 
6hen  sfaid}  der  des  Jaköbui^  am  Nächsten  sfe^t^);  a^ch  tttn-in  triM 
aber  die  Aposttef^eschichte  mit  ihm  za!skththeh*y  m.  i$.  c  9,  dtt.  10, 
2  ir.  20^  33  ff.  Dass  auch  in  der  €firii&(to/lo/gie  des  Bvaflgetiunrs 
und  der  Apöstelgesdilehte  die  ebjoiiftisc&e  fteVrachtnii^  dhrMtl  uls 
des  Propheten  stäiiker,  ttls  irgendwo  sonst  Itn  H.  ^.,  hervortritt, 
habb  ich  s()hbn  früher  fiemettlich  gemacht. 

DtirMf  iille  dicfse  Zttge  scheint  öS  mir  gerechtf^tigt,  wenn 
wir  fortwährend  neben  dem  eigeuthtimlich  PauHnischen  auch  eiae, 
kleinere  Masse  von  Bbjonitnsefaeni  im  dritten  Bvaiigellum  behanp- 


>)  TheoT.  Jahrb.  1850,  457  flf. 

^  Hierüber  und  über  die  ebjönitisclien  Bestandtbeile  des  Lukasevangelioins 
(kberhattpt,  ist  jetzt  namentlich  Köstlin  Ürspr.  u.  Comp.  d.  synopt.  £v.  220  ff. 
za  vergleichen,  \7enn  auck  nicht  alle  Vermutbnngcn  dieses  Gelehrten  über  den  Gr- 
sprung  der  einzelnen  Erzählungen  gleich  stichhaltig  sein  dürften. 


ihr  Zweck  ond  dogmatischer  Charakter.  439 

tai^  mAi  j^.  weniger,  qlch  auu  i^p  A^tfü^la^ß  4j^ßer  Elc^m^ii^e  fitr 
QiMn^  U»0.2KnlUligiM^Mtei|k  UMvili)  j%  sichtbarer,  sich  der  Verfasser- 
mm  mdwrcrea  B^nktei^»  wie  mw/^iiUMk  u^  4^^;  ^c^f^^l^K^i^.  ^^d  in 
dw  Pwakel:  voi^  li^^uaros  imd  4^.  ti^i^h^n,  Hmt^t  zj^,  sie 
g^lfcat  i«.  biteiwae  panlioMeber  Ulioßn  umziyd/^i^tcfi,  o^V^  ihnen  nn* 
mAICfettiac,  wie.  o,  la.,  16  t,  Aussprüche  nn^  ^^zdl^angen  von 
eatgegengeieMepi.  (rhiMrikteit:  191W  ^oite.  «u  e^teUen,  qj^  s,o  deutscher 
kommk  nnch  Oberhaupt  die.  TentfcA^s  «^lA^r  gfipxfn  Diirgteillafjg 
zu»  ViersfdMdiu  Piesee.  SvWMPJiiim.  d|e^  ell^xdings  we^eitf^^ 
Umm  IntoMAse  d^s.  paiUfOiiPheii  {Jhf^ntfnnw,  na^  V^sbeson^^^ 
dM  |Mi^jU«iMhen.VniyerM)yism  fs  ^^1  49^  j^dai^ireDde  I^essiaa- 
hiUi  der  Utesen  enrjw«li^h«A  lipJtPKUe<^^PA  ^  4i^<<Kf}aui>gfH 
dM.  PMliniimns.  lOipasMDy  welcher  el^\i  eii^  jtldisch  ni^tfoi]||a][c{) 
eiMn  «HgeniMikeA  WiesgiA«  fardert;  ^h^r  et  iyi||.  djes^  qjcbit  ^i^rc^ 
dixnfcie  noknvfc  gegw  die  VU-Vejik  Vcr^teUopgeq,  so^der^  vielqiel^f 
anter  Anerkennung  and  theilweiser  Aneignung  derselben  nni;  ^7 
dgricb  esreioben.,  4m9  m  ifeMen  pwluu§ghe  Bü^ffiente  in  j^berwie- 
gMder  Aoü^hl  Mt^iy  nie  epllb^  ^  via})  wi^  nt^gUe^^  ift  49? 
P^nliniacbe  untj^gt»  l^^q  X§9ile|i^  i^t  jn|^  ]|$inem  ^qrt  eing 
oonoiliAtarifriin,  nicht  ii^  <im  k^m  Icemoh,  aji»  fä^,  die  l^^i^^n  4% 
bWUm  y^mVbprimy  di9  jadiecheap44ie  iiniycrcifi^t^9i^e,  a]üs gleich-^ 
bereohtigt  nebe^  oiPM^i:  gAeteilft  M^rd^>  ei9n4«r^  ^^pp  >(|r4  ]^. 
v^vkeMher  a^i^fw  betont,  und.  (Us  die  höhere  beban4elt,  zfi  4er 
'sUsh  JSi^9  loctbilden  «eil,  4iirnD9  soll  ab^  dach  i^pch  4t^  ^te^ 
Aneiiht  JÜcht  «iMgeiiQUiWf^en,  spudern  uvi  die  h^hi^re  felj^^t'^ufg^^ 
iiommeo  w^an.  Es  int  ali9  fnef:  ein  amilogj^  ye^^^nJÜfs^,  wi^ 
in  dar  ApealMgeffphieftte  is^i^phe^  d^  {«.denphri^l^i^nin  i|nd  de^ 
[tonli«iaww^  ifle  in  fUeti»  dJiie  AnerfcppOTUg  dqs  piHili9}q9hen  |Uni- 
vjwsajteauw  9war  dan  Xlfili  M,  welcAfffli  die  gfin^p  Dp^rstelluiv 
zustvqbt,  dipp^  ßtawlpAlftt  pplb^  hI^e  Pifi^t  i»  G[«genpp]^  ;bi|  ^eqi 
Jiide«ebri£|toi^>m  ä9K  iArgfw§i«de,  sipp4erp  ;^ip  ly^j^MA^^^if^^Atisph 
mit  4hm  .dprgi^iMK  «w«,  po  l^  pp  ipi  Jjxpngppopi  .i^ip  qnd  4erw 
n^e  Ghidetui»  4ric  ,uim^  plp  dpr  jpdiftohP  MtoP^ap,  «(s  4pr  $9)1^  ^ 
«avi*8,  »iP  .fler  6pppn4(p  ^»oittps  p»,  diP  ?i?rirtf  Sttf  fte  jtfira^  pjip 
4er  JMrgp  m  0  fumgß  QftPpr  499  ffMMipj|i«b«iP  .^^etzcus  0  gpr 


*)  L.  16,  17,  eioe  Stelle,   die  über  das  paulinlsche  vo^oy  i(tru/uev  (Rom.  3, 
ßi)  pffi^nb^  %i^}X  ^n^^^ßl^t;   ^p   e|i)ß  e^^jge   Gültigkeit  des  GeseU^s   als  qolchen,^ 
mit  allen  seinen  einzelslen   Bestimmungen  ist  bei  diesem  nicht  zu  deQkeo«  '||9 
ücbrigen  s.  o.  S.  16.  •       "  • 


440  Apostelgeschichte  und  Evangelium  haben  Einen  Verfasser; 

Mhildert  nvird,  und  der  dnrdi  Wort  nud  TlmC,  aiudmcklicli  a«d 
In  Parabeln,  die  oniveraelle  Bestimraiing^  seines  Werks,  das  Bade 
des. Gesetzes,  den  Vorzug^  der  ^laaU|^ea Hingebnng  ver  jodiseher 
Werligeseliäftiglceit,  die  Beselignng  aller  bassfertigen  Sünder  ver- 
kOndet^).  Wie  aber  die  Apostelgescliiclite  ihrem  oonoiliaterischeA 
Zweeke  wesentUobe  Ztige  im  Ciiarakter  und  in  der  Lehre  des 
Panlns  zum  Opfer  bringt,  so  sehen  wir  anoh  im«Bvangeliam  nicht 
die  rein  panllnisohe  Ansieht  über  Christas  and  das  Christenthom, 
sondern  vorzngsweise  nur  den  panlinischen  Universalismus  her- 
vortreten, daneben  linden  sich  aber  Sparen  der  ebjonitlschen  Le- 
bensansicht, welche  dem  rein  paalinisohen  Geist  widersprechen. 
Die  beiden  Schriften  zeigen  so  bei  aller  Verschiedenhdt  ihres  Inhalts 
doph  in  ihrer  ganzen  Tendenz,  and  in  der  Art,  wie  sie  dieee 
Tendenz  mittelst  ihrer  GeschichtsdarsteUnng  verfolgen^  eine  Ver- 
wandtsdiaft,  die  sich  nor  aas  der  Binheit  ihres  Verfassers  erkU- 
ren  iftsst 

Selbst  die  Anlage  der  beiden  Scliriften  hat  eine  merkwttrdige 
Aehnüdikeit  Bine  völlig  gleichartige  Compoidtion  war  natOrlich 
daroh  die  Verschiedenheit  des  Gegenstands  aasgeschlossen.  Die 
der  Apostelgeschichte  ist  wesentlich  dnrch  die  Parallele  zwischen 
Paalas  and  den  Uraposteln  bedfaigt,  die  des  Bvangeliams  musste 
sehen  wegen  der  Binheit  der  Hauptperson  and  ihrer  Gesehichte  in 
vielen  Beziehnngen  anders  anslhUen.  Aber  doch  ist  nach  das 
Bvangeliom^  mit  Aasnahme  der  Vorgesdilchte ,  dreitheilig  geglie- 
dert: c  3,  1—9,  60.  sehen  wir  Jesas  amherwandemd  in  Galilli, 
e.  9,  AI — 19,  27  ist  er  auf  dem  Wege  nach  Jenisalem^), 
mit  c.  19,  38  beginnt  der  letzte  Theil  seiner  Geschichte  In  Jera- 
salem.  Wie  das  Christentham  nach  der  Apostelgesohiehte  von 
Jecasalem  aas  tiber  Samarla  zu  den  Helden  sich  verbreitet,  nnd 
jedem  dieser  drei  Momente  ein  eigener  Thett  des  Bache  entspricht, 
so  nimmt  amgekelirt  der  Stifter  desselben  seinen  Weg  von  der 
Tahlala  iSvoh  ans  4ber  Samarien  nach  Jerasalem,  and  es  ist 
gleichfalls  jedem  dieser  Punkte  ein  eigener  Theil  der  Schrift  ge- 
vridmet,  ihr  BigenthOmllohstes  aber  ist  vorzugsweise  in  dem  zwei- 
ten Theile  zusammengedrftngt,  den  die  Aossendung  der  70  Jdager, 
dieser  zweiten  universellen  Apostel,  so  bedeutungsvoll  erOlDiet 
Damit  aber  auch  eine  Parallele  zu  der  Vorgeschichte  des  Bvtn- 

*)  Die  n&heren  Belege  s.  in  meiner   oben  angefflhrten  Abbandlang  nod  hä 
Schwegler. 

^  S.  Banr,  Kiit  Untenach.  S.  431  ff. 


ihre  Composition.  441 

^«liaais  is  der  Apeslelgeflohlehle  nidit  fehle,  wiril  diese  darch 
den  BiBunelUfthrtsberieht  in  ähnlieher  Weise  an  die  vorapostelisd» 
Zeit    ang^eknttpft,  wie  das  Bvang^elioni  dnrcli  seine  zwei  ersten 
Knpitol  an  die  verchristliclie*    Als  ein  specieller  Zug  von  merk- 
würdiger Aehnlielikeit  mag  noeh  die  Behandlang  der  beiden  Apo^ 
stelnamea  Petras  and  Paalus  In  den  zwei  Schriften  erwähnt  werdep. 
Es    ist  längst  «orgdftülen,   dass  Paolas  in    der  Apostelgesohichte 
bis  .c.  l«l,  9  beharrileh  Saalus,  von  da  an  aber  ebenso  beharrlich 
Paulus  genannt  wird,  and  man  hat  hierin  die  Andentang  gefun- 
den, dass^  er  erst  bei  dieser  Veranlassnng  seinen  späteren  Namen 
angeoommen   habe.     Diese  Vermathang  bestätigt  sieh    dorch    die 
Bemerkung ,  dass  in  ganz  ähnlieher  Weise  Petrup  im  Evang^nm 
bis  o.  ,6,  14  aosschliesslieh   de«  Namen  Simon  fahrt,  and  zwar 
mit  Aasnahroe  der  einzigen  Stelle  6,  8,  welche  bereits  ein  Vor- 
spiel  seiner  späteren  Stellong  berichtet^   immer  (Tmal)  ohne  den 
Beisatz  Petras;   o.  6,   14  wird  dei*  Petrasname  mit  den  Worten 
^i/üüfva  ov  xai  wvofiaas  nitqov  (vgl.  Apg.  13,    9:   J^avXo^  de 
o  xai  IFafilog)  eingefdhrt,  und  nnn  behält  Petras  diesen  ebenso 
beharrlich,   and  zwar  gleichfalls  Immer  C17mal)  ohne  ein  voran- 
gehendes 2i/4(mf  y   nnr  noch  zweimal  kommt  das  letztere  vor:  c. 
22,  31  wo  das  2ijit(0Vj  2lfiüyy  in  der  Wamang   vor  der  Ver- 
Hängnung  wohl  daranf  hinweisen  soll,  dass  der  Angeredete  immer 
noch  der  alte  Simon,  nicht  blos  der  Olaubensfels  Petrus  sei,  and 
c.  24 ,  34  in  einer  Aassage  der  Jerasalemiten ,  wo  der  familiärere 
Name  ebenso  zar  Dramatik  zu  gehören  seheint,  wie  In  der  Apo- 
stelgeschichte,  welche  sonst  nie  Simon   sagt,   c.  10,  5»  18.  32 
11,  13  das  ^ifiixiv^  og  iTtixaletTav  nizqog,  and  c.  15,    14  das 
ebraisirende  ^vfieüiv  0-     So  anbedeutend  dieser  Zug  auch  an  sich 
ist,  so  lässt  er  uns  doch  In  die  Gleichförmigkeit  des  schriftstelle- 
rischen Verfahrens  in  den  beiden  Schriften  einen  belehrenden  Blick 
werfen. 


')  Dieselbe  Erscheinung  wiederholt  sich  bei  Markus:  Petrus  heisst  hier  bis  c. 
3,  16,  wo  die  Ertheilung  des  Petrusnamens  erzählt  wird,  ausschliesslich  Simon, 
von  da  an  nur  noch  Einmal,  14,  37,  in  dem  Zifjuav  xa^svSfii^  welches  gleichfalls 
eine  Schwäche  aussagt.  Dagegen  wechselt  Matth.  zwischen  Petrus  und  dem  selte- 
neren Simon  und  Simon  Petrus,  und  Joh.  bedient  sich  der  letztern  Bezeichnung 
so  oft,  als  des  einfachen  Petrus.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  Markus  bei 
seinem  Verfahren  Ton  Lukas  abhängig  ist;  jedenfalls  hat  die  Einführung  des  Petrus- 
aamens  bei  Lukas  mit  der  de»  Paulusnamens  in  der  Apg.  grössere  Aehnlichkeit, 
>1»  bei  Markus. 


4Mßt  ApostelgeMhiohte  und  EiMgelium 


VaMM  ^hAd  aHe  liie  «rtMbizaaMMBM,  w«Mm  vom  d*B  SpvaelMv 
iMHl  DarsMlugt  den  Iwktomi  nmigifca ,  ih»  IiIwK;  Ibve  ftadeiz, 
ih«»  eonipoyitiMi.^  die  altteliuir«;  «dw  ummiiMIkhii^  WeakH^mg  ^ 
etttM  aaft  dit  mlwB  «Oi  die  Haadi  giekd,  00  luibeu  wir  alle  Vr- 
0Mi|i8,  dl»  Settatmwaaja  dttr  AvmMgßMukiMMi  Mdi  dam  e^ati»- 
niyaii.  Zeafabs  ito  «lafiiliM  von»  <bi  UaitUiA  ibias  VMbsBeri 
iHl  deaa  da»  Bvaiigelwtnft  flla«bc»  zil  stkei^aa.  Dm  Ehizigf«^ 
watk  kteifpegeD  tingaaiAeiidet  wanden  kMwie ,  shmI  gawiase  apmoii- 
liah*,  maaenakb  iaaifaaJiaiiho  BigaathAttliolikaken^  walehe  wir 
IraiBi  Mirar  weaentlkfe  glAkluHr%a&  SpraalMhafakteia  in  jeder  von 
beiden  wahrnahmaa  kdaaen  ^>  iaii  habe  aoboa  ürOber  mie  badaa- 
taMto  iiazahli  tob  Wirtar»  andi  A«adeOcdDaai  varaiekihiiQt,  wMa 
theila  doia  Bvangelniaa  mit  ibnsacUass  da»  Apaatoif  eaablchta,  theils 
dieaar  mk  ImaaobkM»  van  jan^  attgahöaan.?),  waA  iok  kann  dieMci 
Vavzaiokniaa  im  der  Ana^rkong  naah  iplt  wakeaan  Belagen  varnek- 
len^}.  Niohtsdaatowanige»  akidi  dieae  Rlganth9BiliohkMAen>  nicht  vm 
der  Art,  daas  aie,  gegen*  den«  gtalohap  Vrapning  dar  beiden»  Sabrilbn 
aHaaabairalaan  httnnien^  Dan»  #ar*a  Brate  »lkaatp>  wir  van  den  rnttgt- 


')  fn  Betreff  des  Inhftiis  wird  ausser  den  s^hon  erörterten  Differenzen  der 
Himoielfilirtsgtachicbt«  die  b«deut0ndst0  Ab^HuHcung  die  sein,  dais  das  Eimelino 
wiaderlioU  (14,  14.  20,  35)  die  A«favßtQ|MU)g  aji^f  di^  ^ro/aypioip^  ^  l^s^rÄolieo 
scheint,  wogec^n  Apg.  24,  1&  ausdriicklich  eine  4ya(rraöi^  Sijutftav  te  xal  aSiixta 
gelehrt  wird.  Da  jedoch  auch  das  übrige  N.  T.  mit  Ausnahme  der  ApoMypse 
zwischen  diesen  beiden  Bestimmungen  schwankt,  und  da  nicht  selten  ein  und  der- 
selbe Sijhriftsteiiei'  beide  foptrtigt,  ebne  ihi%  V«reifib»iii;6it  oachzuwetsen  (z.  6. 
fSsnlus,  wenn  wir  1  Kor.  15,  d$  ff.  Rom.  6,  11  und  äkaüjche  StflUea  mit  Röo. 
2,  16.  2  Kor.  &,  la,  Joliajuies,  wen|[i  wir  c.  6,  3d  f.  44.  54  n)i^  p.  5,  2^- 
vergleiobeo) ,  so  kann  dieser  Umstand  auch  im  vorliegenden  Fall  nichts  beweisen. 

2)  Theol.  Jahrb.  1843,  450  ff.  461  ff.  471  ff. 

')  Das  Evangelium  hat  ausser  den  früher  angeführten  noch  die  folgenden  Wör- 
ter, die  in  der  Apostelgesdiiehte  fehlen:  hrri/uos,  n^^yfmutivy  tfnXetQyv^og^  \fir}<fiiai 
(diese  vier  kommen  a.  a.  0.  irriger  Weise  unter  dem  eigenthümlichen  Wörtcivof* 
rath  der  Apg.),  äycmäv  (ISmal),  ayanri^  äX^  ?,  aiZaye,  äXXatQiog  (Apg.  nur  in 
einem  Citat),  tjxfiy  (wenn  nämlich  Apg.  28,  23  ^X&or  zu  lesen  ist),  xaXog,  xUna 
(4m0i,  3*ial  ^/i€>«  nUvfii  JMHrftwdc,  «P^r^?,  iwhf^is'  Ulfm>A^ytUy.  P?.  24mal, 
94ebi  Apg.  nur  2niai,  S$ari  dort  6inal,  hier  Im^l,  ii^c^ttfif^,  dort  nmal,  ^« 
Imi,  4o««c,  dort  iÖBwl,  *wr  2-T3jpa*,  4n9(^<?f>'  dw4  ISmal,  U^t  Imal» 
«^•f€är  dort  Uiial,  bi«r  lnißl,  ^^ma^m  dort  13m^,  Vm  2a>9l,  <lr<»'  ^^^ 
2toal,  lii«r  2mal,  o^  4ort  ISmal,  ]a«r  2a»il,  a^fict  dort  13ib;9I,  liier  loal. 
mir  das  Evangelium  bat  da«  Neutrum  im  sub^taojtivi&choa  Sipn:  rp  cfya^ov^  die  Pia- 
ralfonaen  »t  wQi^m^,  rä  lyr;^««^,  4%»  Kutuiaim  s^^lr,  Hiß  ^psAma^^ftetfiiw^  ^ 
niff,  mmQ  /nnieo»9ty  «imo  ,iü^,  im  mifm^h  j&<mf»t  ^^  Oansttt^tm  ^^ 
idr  mit  dem  indicativ  (6,  34.  II,  12.  19,  40  nicht  ganz  sicher),  «a^.MP  ^^ 


habim  Einen  Verfosser.  44^ 

nM«eii  Wertem  un*  AiuidfaGteii  de  diejcM^en  lii  ßämtg  brfitt- 
getiy  welohe  In  der  Scfhfift,  die  lAe  h*t,  vor  rftomail,  oder  nar 
wenige  Male  in  densielbeii  tinmttmenhMg  vort:omiiieH,  denn  es 
lä«9ü  sfch  nicht  abseilen,  wanum  der  Vtftksser  die  Ausdrüelre', 
welolMr  in  dbr  ^leieHen  Sehrift  iioht  iitfederholt  tirerdeit,  in  einer 
mddnv  Schrift'  rem  Aidil^;reifi^  abwefehendem  Inhalt  wiederholen 
sonnte;  In  dfetire  Kltfcriire  geh(ken  aber  weit  iie  meisten  der  ange- 
Artirt^ik  Beispiel»;  fdk  h«be  alllßitf*  in  der  ApeatelgeschielHe  unter 
deo  Wörtern,  die  ditö'  EvangeMttm  ilicht  hfft,  mehr  afsr  seehshvn-- 
dort  ^eMÜVtt,  dib' dücH'nnt*  ä»  Einer  Stdle>  nM  i^eit  zum  grosseren 
TbWt  überiiafeipt  nw  Eiiimal  dtfrin  finden.  Nnr  dünn  IcAnnlen  auch 
flolobe  Aiasdiucko  in  Bedacht  k^Aiaen^,  Mrenn  ihre  Anzahl  in  der 
einen  S^chrill  imverhältnisfsmässfg  grösser  wäre,  als  in  dl^r  andern, 
dcnil-  diess  würde  tiberlktfdplf  dtfraof  hinweisen,  dass  der  Terfasser 
dier  ersteh'  über  einen  reicheren  Wörtcrvorrath  zu  verfügen  habe; 
doeb  m^sstd  audh  dann  erst  untersucht  werden ,  ob  sibh  das  IMiss- 
verhälteiss  nicht  aus  fei*  Besdiiafi^nheit  dei^  0egenstands  oder  aus 


mit  folgendem  Conjunctiv  (mit  oder  ohne  VVa),  das  vergleichende  ^  mit  vorange- 
hendem Positiv  19,  7.  17,  2,  nur  das  Ev.  hat  die  Ausdrücke  axoXov^^tv  fiBxa 
Ttvo^^  f&r«ir  ^y  ^avTtp  oder  sv  rj  xa(t^in^  Hyttv  Iv  FavtM  o#er  nfog  l^avtov 
t^^sod'Mt  oniö»  T.,  ^fg.  fii  kcojrov^  elg  fdrv^^oir,  ojuoX&yiTv  ir  rm,  »attßg  l^x^iv^ 
alcov  oirroq^  au  eft^ofASVog^  o  narii^  o  e^  itui%avou  {il,  13),  ßcusUBvg  voa  OftiiUlSj 
flQrjvrj  vfjilv^  eysi^e  {sysiqov  u.  dgl. ,  das  eysiqe  Apg.  3,  6  ist  sehr  unsicher); 
vlog  ^aß\S  steht  nur  im  Ev. ,  vi.  äv&Qwnov  und  vi.  d^sov  (mpiarov),  von  denen 
jcd^s  Apg.  nur  tiftal  vorkommt,  finden  sich  im  Ev.,  jenes  23mal,  dieses  13ma!, 
aöch  die  Zusömmengeteung  Mg  (ptorog,  etQ^r^g  u.  s.  vr.,  im  Ev.  nicht  stflten,  hat 
Apg.  nur  4,  36  eine  Analogie;  das  Umschreibende  Sqx*^^^'-  i^  *™  ^^-  ^**'*  häufi- 
ger als  Apg.;  ßaaiUta  &€ov  steht  Ev.  34mal,  Apg.  Tmal,  og  av  (ßov)  Ev.  20mal, 
Apg.  Imal  und  3mal  in  Citaten,  xal  ovrog  Ev.  1,  36.  8,  41.  16,  l.  19,  2.  20, 
28.  2,  37.  8,  42.  Apg.  nur  17,  7.  Das  Ev.  hat  pfter  xai  vor  dem  Nachsatz,  und 
macht  den  Fortgang  der  Erzählung  öfter  mit  xal  als  Apg.  s.  Bruder  S§.  455^460  if. 
Umgekehrt  sirid  de?  Apg.  im  Vergleich  mit  dem  Ev.  ausser  den  früher  aufgezählten 
cigÄnthümlieh:.  di«  Wörter  ayriCftr^  oe^vvenrog  in  der  Bedeutung;  »chv^ach,  aei, 
^aifiiovioy  in  der  Bedeutung  Gottheit,  <5«ov  earl^  ?;|f«»*  = -^^jw  (1»  12)^afaiMc 
in  temporeller  Bedeutung  (7,  17),  jua^ry^tTaSai  in  der  Bedeutung,  einen  guten 
Leumund  haben,  tj  6S6g  ohne  Beisatz  für  die  christliche  Religion,  die  Verbalformen 
ififjv  uhd  heo&ai,  die  Atrsdfucke  h  ywWa,  tx  Sivrigov,  der  Anfang  "der  Satze 
mit  ii^  Si  mä  ort  Ä  (das  Ev.  httt  ntor  xal  »$,  ««V  9**,  welches  letztere  aueh 
Apg.  zweimal  steht,  s.  Gersdorf  a  a.  0.  8.  242),  der  verhä!tnisswttssi|  häufige 
Gebrauch  von.^fi^tv  (Ev.  2mal,  Apg.  12mftl),  hta^yyei^  (Ev.  Imal,  Apg.  $jaal), 
/4aqTvg(E\.  Imal,  Apg.  13mal),  /uovov  (Ev.  Imal,  Apg.  8mal),  der  Gebrauch  von 
'/u€T  ohne  folgende  Adversativpartikel,  Apg.  1,  1.  18.  2,  41.  3,  13  (?).  21.  5,  41. 
13,  4.  17,  30.  23,  22.  26,  4.  27,  24.  28,  22. 


444  Apostelgeschichte  und  Evangelium 

dem  Binflaa»  der  bmaUBten  Oo^H^  erklftren  lässt.  In  aBserem 
Fall  ist  aber  «in  solches  Missverfaftltniss  gnt  nicht  vorhanden. 
Von  den  Differenzen,  welche  nadi  Absn^  lener  blos  einmal  vor- 
kommenden Aasdrdcke  noch  Akrtg  bleiben ,  eridftrt  sieh  ein  grosser 
Theil  ans  der  Verschiedenheit  der  Qiiellen,  die  fQr  das  EvaD|;e- 
Unm  und  fOr  die  Apostelgeschichte  benützt  wurden.  Ich  habe 
ans  Anlass  der  mehrerwfthnten  lexikalischen  Zosammensteiliui; 
Theol.  Jahrb.  1843,  5d3  f.  eine  nicht  nnbedeutende  Anzahl  von 
Wörtern  und  Ansdrflcken  nachgewiesen ,  welche  der  Apostelge- 
schichte ft'emd,  im  dritten  Bvangelinm  nor  an  solchen  Stellen  vor- 
kommen, au  denen  sie  Matthäus  auch  hat,  welche  daher  wahr- 
scheinlich aus  diesem  entlehnt  sind.  Ebenso  verhält  es  sich  aacb 
noch  bei  einigen  weiteren.  So  steht  dT^oxravd^cci  ^  dnonnmuh 
zwei  der  Apostelgesohichta  fehlende  Formen,  L.  9,  22.  112,  4 
nach  Matth.  16,  21»  10,  28,  o  eQXOfievog  ßaailsvg  von  Christiu 
L.  19,  38  nach  Matth.  21,  6.  9,  ra  Saxcera  L.  11  ,  26  nadi 
Matth.  12^  45,  xsQaiuh-  16,  i7  nach  Matth.  5,  18,  xlfjQOvoiios 
L.  20,  14  nach  Matth.  21,  38,  o/^oloyelv  ev  %lvl  12,  8  nach 
Matth.  10,  32,  nalai^og  5,  36.  37  nach  Matth.  9,  16  f.,  woher 
es  dann  auch  in  den  weitern  wahrscheinlich  unächten^),  ZosaU 
V.  39  gekommen  zu  sein  scheint,  o  aQxif^^^  ^^^^  Beisatz  7, 
19  f.  nach  Matth.  11,  3;  dieselbe  Bemerkung  wird  man  noch  bei 
vielen  von  den  a.  a.  0.  S.  461  f.  aufgezählten  Wörtern  raachen 
können.  Bei  andern  Ausdrucken  ist  es  wahrscheinlich ,  dass  sie 
dem  Verfasser,  wenn  er  sie  auch  theilweisee  unabhängig  voo 
seinen  Quellen  gebraucht,  doch  zunächst  durch  diese  an  die  Haod 
gegeben  wurden.  Bs  gilt  diess  zunächst  von  solchen  Wörtern 
und  Phrasen,  welche  sich  In  den  früheren  EvangelienscbrifleD 
häufig  fanden,  oder  welche  Überhaupt  die  Schlagwörter  der  evan- 
gelischen Ueberlieferung  bilden,  wie  ßaacleia  deovj  vlog  dv^f- 
TWVy  auav  ovxog^  vofiixog,  diddaxalog,  dovlog,  dfiaQTwXog,  «- 
lfjivf]gy  dnoxalvTtTeLv  y  xlrjQOvofielv  ^co^v  alciviov  (vgl  zu  L.  iO, 
25.  18,  18  Matth.  19,  29),  fiaxiqtogy  fiSQCfiv^v  u.  a.,  oder 
deren  Oebrauch  durch  den  Stoff  unmittelbar  bedingt  war,  wie  bei 
dem  häufigen  naiälav  in  den  Kindheitsgeschichten;  ebenso  in^f 
es  sich  aber  auch  mit  solchen  Wendungen  verhalten,  die  weoifer 
eng  mit  dem  Stoff  der  evangelischen  Geschichte  verwachsen,  doch 
ihren  älteren  judenchristlichen  Darstellungen  geläufig  waren.  So 

»)  S.  o.  S.  U  ff. 


haben  Einen  Verfasser.  445 

mOGklon  wir  efl  ans  dem  BiaiiiM  Wieset  Darstellungen  anf  den 

Slyl  des  drUten  Bvangeltoten  orklftren,  wenn  der  letztere  im  Evan^ 

geliam  eine  stärker  ebraisirende  Färbung  bat,  als  in  der  Apostel-  ' 

gesebichte,  wenn  die  Umsokreibnng  darob  die  Farticipia  e^6(»^j^ 

nnd  noQev&eiQy    bei  Mattbfins  sebr  bänflg,  nur  dort   vorkommt^ 

nicbt  hier  (die  Verba  iysi^^  nnd  noQ.  selbst  sind  auch  Apg.  hänfig); 

die  mit  ägxea^t  im  fiv.  bäoflger  ist,  wenn  sieh  das  Bv.  des  M 

^    den  Hellenisten  beliebten  dg  Sv  oder  og  edv  nnd  des  ebraisirenden 

^    xal  ovTog  weit  bäoflger  bedient,    als  die  Apg. ,   wenn  dasselbe 

*     xül  setzt,   wo  die  Apg.  de  hat  (xcel  &yivexo  und  iy,  de,  xcei  dg, 

'^    xal  oze  und  dg  dsj  özs  öe)^   wenn  es  xal  %nr  Einfabrong  des 

^     Nachsatzes  und  zur  Fortführung  der  Erzählung  mehr  liebt,  als 

^     die  Apg.,   wenn  auoh  .das  xal  in  ds  xaU   xal  autog,   xal  avrol 

^     dort  häufiger  ist,  als  hier  (s.  o.},  wenn  umgekehrt  die  gut  grie-^ 

'     chische  Partikel  ts  in  der  Apg.  zwanzigmal  so  oft  vorkommt,  als 

^     im  Evangelium,   wenn  jene  überhaupt  durchschnitilioh  besser  ge- 

'     schrieben  |8t    Wir  sind  zu  diesei' Annahme  um  so  mehr  berechtigt/ 

^     da  auch  in  der  Apostelgesohiohta  selbst  der  Styl  etwas  ungleioh 

ist,  und  da  auch  solche  Abschnitte*  in  denen  steh  der  Verihisser 

oiFenbar  nieht  streng  an  seine  Quellen  hält,   wie;  die  petrinischen 

'     Reden,  sieh  von  andern  durch  einen  mehr  ebraisirenden  Sprachton 

^     Unterscheiden..   Nehmen   wir  dazu,  was   gleichfalls  schon  Arüher 

^     bemerkt  wurde  ^j ,  dass  auch  von  den  eigenthamlichen  Ausdrücken 

>     der  beiden  Schriften  nicht  wenige  dem  gleichen  Stamm  angeboren, 

»     wie  andere  gemeinsame^),   noch  mehrere  nach  demselben  Typus        / 

1^     gebildet  sind  3) ,  dass  beide  die  Zusammensetzung  mit  Präpositionen 

\     und  namentlich  die  zusammengesetzten  Zeitwörter  lieben,  beide  die 

(      Verbaladijektive,  die  zusammengesets^ten  Substantive,  dieUmsohrei- 

buttg  von  Adverbien  mit  Hülfe  von  Präpositionen,    dass  sich  so 

trotz  der  materiellen  Differenzen    der  gleichartige  Charakter   der 

ganzen  Ausdrucksweise  nieht  verläugnet,    so    haben    wir    allen 

Grund ,  uns   durch  die  Menge  von  eigenthümlichen  Aui^rücken 


«)  Theol.  Jahrb.  1843,  537. 

')  Man  vgl.  die  Wörter  äx^iß^^,  ax^Cßuay  an^ßta^y  datpctX^i^  "Xeia^  -i«?, 
-^t^fty,  xaZog  uod  xaXcig,  äyviuHSTog^  yvtaaTtjq^  yKtaat^^  yywnog^  dyanr^y  a^anaf, 
uyantftQg^  dXXoysvtjg  und  äXXoipvXpq^  dvaSeuevvvM  und  dvaSei^igf  dnox^Crea^ai 
uod  änoxQiaigy  n^oatanov  Xayßavsiv  und  TT^ogianoXi^TrTtjg ^  tFr^tnonfSov  und  tfr^ä*- 
'^(miSafixH^  tt»  s.  w.  u.  s.  w. 

3)  So  bat  z.  B.  nur  das  Evangelium  ano  ror«  und  äno  ftaxifo^MVy  aber  Apg. 
dn6  nqwl'  und  beide  äno  rov  iivv.     Weitere  Belege  s.  o. 


446  Apost«i0«H)H«hte  lund  i£«MigeIium 

in  Jeder  der  beiden  IBoMftaii  in  iertUehersievffaag  von  dertSis- 
heit  Uiree  Verfaesers  niokt /sUkven  lU  kMen.  lAolFallanider  istion- 
merhiA  der  Uüstend,  .daee  liinmUm  tAaaditeke  und  WendongpoB 
in  der  eiaan  SeMn.faae^feWIttft  «friEaninen,  in  ider  .aaicvn  av 
selten  oder  gv:  aiekt  Oi  ii«ih  liiiirdimnalittliefttr,  bei  der  senstigo 
faaz  übacwl^eiMian  fiMahfaeit  «biae'S|^»aehliobeii'  COiarakters,  üe 
firUftrangiaaereloh^n,  ^daas.der-VaiiaMier'lni.iStyl,  wie  Im  Iibalt, 
an  Vorgaftindeaea  laieh  .aaacUlaase,  und  jaaali  da,  wo  er  mcht 
unmittelbar  von  0««Uenaahrtfien  ilMtogig  lat,  docli  ^em  Charakter 
der  redenden  Peraouen  und  dem<Oeiat  der.telnzeinen/fiiffzahkiDgei 
aeine  Spraehe  bta  auf  einen  gewissen  Grad  anpasse,  dass  mltfain 
diese  verlifiUaissmIUMige  MannigteltielDeit  nnd  UngleicMörmigkeit 
des  Aosdrucks  selbst  mit  zu  laeinen  aehi4llstelieriselien  Eigtn- 
thOmliobkeUan  jgekUlre. 

Diese -Nackffreisuagan..tpiltea  mm  allerdlttgs>  den  beiden  lakt- 
nischan  fiehsiUen.ianntebat  apr  in  ilirer  fetzigen  Gestalt,  and  m 
dataroh  ^acgettmn  <wicd,iist.  2aBftebet>ttar,  dass  sie  ae,  wie  sie 
ietat  besolmffea  sind,  in  ihren  weaontKehen  Bestmidtheilen,  nad  ab- 
•Hesahen  von- etwaigen  Teniinzelten  Interpolationen,  von  demselb« 
VarAMser  iierrahren.  Dabei  »bliebe  an  sieh  immer  noeh  denklar, 
4asB  die  eine  oder  die  andere  in  einer  froiieren^aearbeitang  eines 
•andern  •Verfasser  angehörte.  Wenn  daher '•Banr  ein  älteres  La- 
fcaaeyangeiiam.  annimmt,  demidie^Vorgaachiehte  und  einige  •'^^ 
Stacke  neohgeMltlmbea,  «ad  dasgleielHBAssig  und  fast  gleich- 
zeitig von  i4am  Veriasaer  ««der  ApesIeJgeselifOfate  in  kirehlicben, 
von  Maialoniaa  ;giioallseiiem>«8iMi  4>earbeitet  worden  aei^),  wenn 
er  demnach  )4an  iVerfaaaer  ^der  ^AfiosMgesofaidite  von  ^dem  «r- 
4i|NNQfiglielien)  V-erfhasar  itdeauBvangeüoms  anterschefdet ,  «o  bedarf 
diese. Anttaiune  msnliainenbesoaderen'PrOfang.  -fassen  wir  m&^ 
^lie  tirOndeila'saAiage,  i4ie  ior  sie  angef (Hirt  werden,  so  hat  ihr 
4Mllon  unsere  »frühere  IbitersMhnng  Über-  das'fivangelhim  Harcios'^ 
die  Statae  eniBagen,  >welehe  »«hr  ^r  Text  diesei^'^iiastjkeFs  zb 


')  Man  vgl.  aber  das  Ev.  unser  obiges  Yerzeichniss ,  in  Betreff  der  Apg.  aasser 
dem  eben  über  fier  und  ^^<  Angef (Üirten  den  Gebrauch  der  Wörter  at^tr»?,  or^jT' 
XCa,  B^jua,  t4^9,  C^W«  ««^  «wCiJrven?,  der  Anrede,  SySq^i  der  Z«iwörter 
Stv^Y^tf^ai,  Scetfta^rv^€0»at  ^  Siar^ßeiv,  enixaZfta^ttif  rarayf^XXetv  y  »oTffrr^''' 
xfZeveiVy  Tt^^fTr,  neC^eiv  und  nef»fa&ai^  der  Adverbien  und  Partikeln  ofiohit«^^^ 
wtpvv  ,■  »T^  f  witte*  imd  ititciT^v. 

^)  Blarkusev.  223  ff. 


fg#wMirai  v«r8pvi«bt.  dftMMHiiQn  tii6>^aim<iwliaoutn  »Wte  MMto 

des  BvaQf ^111116  9  dta  4Imi  voi^,'«llu^4Qgm«ifiNihfln>6MlfidoiiiY0r»- 

dsdert  od«r  «eatfont  4at,  ^  imi  koMuteii  trir   seinem  tg^eagnU»  »nlubt 

80  vi el  Qewiofat  -beilegMi,  -cMss  wir  olln  »MtoettvfMn  «für  «iMeve 

von  den  AbseteMten,  fdie*M  MimffeUeii,  eine  tsi^Kereliliitslehdm; 

'VeirmtlMt  4ttrft».  — '^Ein  weitelvr  Giand  ftfdr  «die  ifMHiaiigides 

'flt'rtigelmaifl  ve»  der  sA^MeMgeecWdMe  liease^eieli  ven  den  ^rtoh- 

liehen  lliiaMenaen>^der^Sohrlften  «Mtnetaen.    Allehi  ^iege^lMffe^ 

itiiaffti  Bind  im   VtoliiWniee  nii  'ileai  ICflMiiAen  fdfates  iwfrniMMbm 

Otefftiflei«  von  'so  'imtel^geoidteler  tlfkrt,  •dalüs  lele  '»der  i^oileligmi, 

^rol%freit|pn(l«i^Gldlcbliett'i«i  Attsdmbk  (änd  <itn  der^innstellaiigs^ 

w^iae  eaifeiMnibht  dM'OMoVgevi^iolit'tialMniMhinenV^,  ttndwAeli- 

^tto*»lRi«)b  ^die  Vofifvftseta^idieB  «Mrd ''¥eiinlBer /beide  RMiliner  ige- 

'^nf^fen  iiein,  fiMid  *\ler<^te\f«ite  '«iwi  nMindn  >dbn  ! «raten  macfag^aiiait 

Haben)},  «oHUHiftlen  >mr^»aB8 «doeh  jeae'^€McfalHltiliaBmnaffUftreo. 

Deaii«'lle^t 'llieUf9>|lbevlMiipt>vibl  bedettedderyiaki  ^vffr  Viees  aoaat 

flmaMen*MtiPil^n  ''vtfraaWedlfier  ^Verlliaaer,  nauofa  wann  (die  eine 

•in  der  iaderu  nadigedhoiMst,  aa  fia#Hi  rpfie^a ,  nÜM«  abid  die 

rs{Mae]iMeien'>aad '8olnpiftstajleiwheB'tE^pfiliti^  ,  ««»dduirbh 

läidi'iiier •  driMe^Evaagelist  T«tt' (lan<Mdaf n '*fii)^iiaptfbepn'iailtenBieM- 

det)''in  der  Apostelgieacliklife  ceiaiier  und  tfriBi«3r//en»wM;eit,  ^als 

iai>!&raiifeUtiai  3>9  «wäimAd  rdMh^o^nstvim  <VMiftitilia9>ides<»]^^ 

allmars  >sfa  "Seinem  VofiMld  ij<eMde  das  llMgbliabMe'>der»M]]>'m 

seittrl^gft, 'daiis  die o|KeiMin8atfi0n*^|^e  diel  deai, '^der'-vie  terM 

MS  Kweiler  Haad -^hat,  ^elnen  uttfreibnin   nad  »vwrteibrtlüdiicren 

*Obarakter  'tragen.    So/Mrlef^die  fipraobe'iaiid' 'DlM>sti^ang««derliM-' 

den  Schriften  ^  beaebaSen » kt , ^  erhalten  ^  iifir  ^weit>  iaher  /dem HUndroak 

eiaer    «nd    derselben    «cbiMBteltoriariieB    hidi^idaalüäC,    »die  ihn 

'EvangeHnai  -dorch  die   Abhftogigbteit  vbn  läfeniQiMBansohriiten 

"mebiffigebaftdeA,  erst  in  der  ApOstai^eaaliichtetza  freier  iBttIfaMaag 

Icamaft,,  als^den  «waier'«iiidMdiiyilAiea^  "von'deneu  die  krälUfere 

aad-aelbsMIndJgelre  'das'*fiva0|g:elliMn, •  die^nindert'wNiiMndigeüdle 

i^osMgeschielite'fter^^rgebliacbt  «hfitte.  ^  idiich^ldiefVbrebhiedbn'- 

heitr  der  beidan^etoiften'  itt'^der^iaalbliBilvtagaaeliiehte  kann  aaoh 

dam  'Mher«r9fterk;ii»(l8.>^4ll5  fi>fttr«iab  ¥eiMhiedeilhelt<»der  V^- 


»)  S.  0.  S.  442  ff. 
2)  Baur  a.  a.  0.  225. 

^  ^)  Man  denke  nur  z.B.  an  die  häufigeren  Ebraismen  des  Evang.  und  das  bes- 
sere Griechisch  der  Agg.  Im  Uebrigen  sind  die  Belege  für  den  obigen  Satz  in  der 
früheren  Untersuchung  enthalten. 


448  Apostelgescliichte  und  Efuaceiima 

tMMMer  fiMite  bewaben.  Weit  antseholdender  wfire  es,. wem  sich 
iB  der  ganzen  AoffMsang  des  ChfigitstkihnmB  p  in  den  gMzen 
SUndpankC  ond  der  Tendenz  der  beiden  Daretellnnfen,  des  nr- 
sprOnglioiien  Lnkaeevnngeliunui  nnf  der  einen,  der  Apostelgeschichte 
und  des  flberarbeUeten.Bmngeliiuns  auf  der  andern  Seite;  eise 
Versebiedenheit  fände,  die  weit  genug  gienge,  nm  die  Binheit 
des  Verfassers  unwabrscbeiBlicb  zu  naeben.  ,,Im  nrsprüngliebeii 
LutEasevaageliam,  bemerkt  Baur  a.  a.  O.,  spriebt  sieh  der  pao- 
Hnisebe  Cleist  banptsttcblieb  ancb  fai  der  Antitbese  gegen  die  Ur- 
apostel,  ala  die  Zwölf,  ans,  die  aaf  verscbiedene  Weise  in  Schatten 
geetellt  werden,  und  in  den  70  Jttngem  ibr  fieht  apostolisches 
Gegenbild  haben,  bei  dMi  zweiten  VerflMser^  wie  wir  ihn  btiipt- 
sftchlioh  ans  der  Apostelgeschichte  kennen,  geht  die  antithetische 
Tendenz  nar  gegen  das  Jadentimm ,  nm  den  Unglanben  der  Jaden 
in  seinem  schroffen  Gegensatz  gegen  das  Christenthnm  zn  schil- 
dern, und  ihre  Feindschaft  und  Verfolgungssncht  als  die  Ursache 
darzustellen,  dass  die  Predigt  des  Evangeliums  von  ihnen  hiawe|[ 
zu  den  H^den  sich  wandte.  Je  mehr  alles  Gegensätzliche  tut 
die  Juden  zurflckgeschobctn  ist,  um  so  versöhnlicher  kap  mu 
innerhalb  des  Christenthnms  aelbst  srin,...  Der  scharfe  antijadai- 
stisciie  Geist,  welcher  im  urspranglh>hen  Lukasevangelium  da  an 
Meisten  sich  kundgiebt,  wo  der  Hauptkern  seiner  Eigentbümlieh- 
keit  liegt,  c.  9  und  10,  ist  nicht  das  Element,  in  welchen  sieb 
der  Verfasser  der  Apostelgeschichte  |ind  der  späteren  Stocke  des 
Evangdinms  bewegt^  Indessen  dorftra  diese  Bemerkungen  dach 
wohl  einige  Einschränkungen  erleiden.  Dass  die  zw&lf  Umpostel 
im  dritten  Evangelium  absichtlich  in  Schatten  gestellt  cdnd;  mfissen 
wir  zugeben,  und  das  Meiste  von  dem,  was  Baur  in  dieser  Be- 
ziehung seilen  früher^)  bemerkt  liat,  als  ri<Atig  anc^rkennen,  aber 
es  scheint  uns  nicht,  dass  das  Evangelium  in  dieser  Bichton; 
weiter  gehe,  als  wir  dem  VerlSasser  der  Apostelgesohichfe  zatraoen 
können.  Der  schlagendste  Beweis  für  jene  Tendenz  des  Evangfe- 
listen  liegt  in  der  Erzählung  von  den  70  JOngem,  wenn  vir 
.damit  den  vorhergehenden  Bericht  tiber  die  Anssendung  der  Apo- 
stel vergleichen.  Was  Jesus  bei  Matthäus  o.  10  den  Zwölfen 
sagt,  davon  hat  Lukas  das  Meiste  fttr  die  Instruktionsrede  an  die 
Siebzig  zurückbehalten;  sie  sind  (10,  2)  die  Arbeiter,  die  der 
Herr  in  seine  Emdte  schickt  (Mt.  9 ,  37  sind  es  die  Z^dV))  ^ 


0  Krit.  Unters,  über  die  Et.  435  ff. 


haben  Ehken  Verfassiir.  449 

eHMOtett  di^Aill^MMift^QUIgen  Voraehrifteli  und  die  VerlieiisnBi^ii 
CIO,   ie/20)  de4  Apo0(elftmts,  ihre  Rnckkehr  giebt  AnlaiM  zu 
jenem  /btf geteerten  Aus^p^ch,  den  wir  bei  Matthfins  11,  25  ff. 
y.nnäth^i  imir  auf  die  «onat  bekannten   Scb«ler  Christi  beziehen* 
können,    und  zn  einer  Seligpreisnng  (10,  )33),    die  bei  JeneM 
C18,-  10)  gieiehfalls  nor  den  ficc^j^ral  ohne  weitere  Nebenbesttm- 
tDubg  gilC.   'Bs  Iftsat  dcih  nieht  verkennen,  die  Siebzig  werden 
hier  nber  die  Zwölf  hinansgehoben ,   es  wird  mit  andern  Worten 
denen,  die' sie  rep rilsentiren ,  dem  Heidenapostel  und  seinen  6e- 
hflll^n ,  eine  höhere  Bedentang  beigelegt^  als  den  Jndenapostelo, 
weil  d^fßh  sie  erst  die  Heifrsehaft  Christi  Ober  die  ganze  Welt 
Cähs  ntSifTtt^iLioi  naQsSoSr^  L.  10,  22)  verwirklicht,    die  wahre 
Oottöserkenntniss,  die  den  laden  trotz  ihrer  Bekanntschaft  mit  der 
gOtfHchett  Oflf^iA)arnng   (den  aog)ol  V.  21)  verborgen   geblieben 
war  j  detfeii';  ^welche  bisher  in  tiefster  Unwissenheit  gelebt  hatten 
(defl  vrpitot)  mitgetfaeilt  worden  ist    Anoh  durch  einige  weitere 
flSftge-  zeigt  der  Evangelist,  dass  er  die  zwOlf  Urapostel  weidger 
hoch  «MK^  lala  dfess  in  der  judenehristlichen  Veberlieferung  der 
Fall  wi»h.'    Bezieht  sich  auch  der  starke  Tadel  gegen  die  yevsa 
ümä^ög  ital  dceaTQajLtpivi]  L.  9,  41  wohl  so  wenig,  als  Matth. 
17  ,  iT^  ndf  die  Apostel  O9  «<>  ^^^^  dagegen  der  dritte  EvangeHst 
wled^rhult  uiid  iJachdrOd^lich  hervor,  wie  wenig  selbst  die  Apostel 
ihren  Meistei"  versttoden:  hei   der  Verklärung  9,  32  f.  sind  sie 
voll  Schhifs,   80  dass  Petras  nicht  weiss,  was  er  redet,  bei  dar 
L6idenfrverk(indfgang   9,  45,  wo  Matthäus    (17,    29)  nur  von 
emer  Betirübiiiss  der  J Anger  spricht,  weiss  sich  Lukas  Aborte 
Verschlossenheit   Ihreilr  Verständnisses   nicht  stark  genug   auszu^ 
drflckett,  derselbe  Zug  wiederholt  sich  c.  18,    64  24,   26  f^ 
gleichfalls  iitii'' bei  I^akas,  aus  Anlass  des  Auftritts  in  Bamarien 
(9,  5i*  )r.),'  den -wieder  nui<  er  hat,  wird  den  Zebedaideü  ge- 
äugt,-ob  sie  nicht  wissen,  wess  Geistes  Kinder  sie  seien,  L.  22, 
8t  i^heint  ^tf  AbfaD  der  Jfln||;er,   wie  ihn  Justin  kennt ^},  an- 
gedentet,'  iittd'nach  der  Auferstehnng  hat  Jesus  (24,  37  ff.),  trotz 
alliBm,  was  vorher  geschehen  ist,  Mähe,  sie  von  der  WlrklicMcdt 


•)  Noch  weniger  das  IxßaXwy  Hu  navtaa  8,  54,  das  wahrscheinlich  aus  der 
-hrallelslelle  Mn  d^  40.  erat  in  den  Text  des  Lukas  gekommen  ist,  und  jedenfalls 
«ur  nach  Maassgabe  dieser  Stelle  und  dem  navüeg^  Y.  52  entsprechend  zu  erklären 
kfin  wird. 

')  Apol.  I,  50.  Tr.  53. 

29 


450  ApottdgaMhMktc'  h^  AwqgeHnin 

«e«w  «Mll— »h»  X«  «bfKMigMi  *),  Il«p  ^olmÜtM  «•  ita|i«MN!, 
wem  ^Ife  «tf e,  4to  <—  i%pw»lii  f ww  Uiltm  ^imt«%  tlMÜi  «w 
felMBen,  thaih  wtiAmvtt  ited.  «o  a^tirt  .li«fcM  S.yM-,  .w»  )l«ww 
nsdb  ML  dS,  49  wp4rfl«Uio|i  Piin*  <lttig»r  «1*  laaiW)  iMWwfw 
VcrwsnAlMi  kezektaet  ii^tte,  «b  4i«  Stelle  Am  tmßrfad  «Ua.  4if 
a^  Wwt'lVrw  nN  UM|g«a ,  m  feUt  il|«  4cir  ,-^>iyn(B||,  dwik 
wAlohMi  <Ht.  t« ,  18  /.  4m  v^sMta  iüß  ifitofiwlt,  ip  Mll4n  «•< 
■a  loMD.,  vsnUehM  wM,  «nd  w#ia  »r,4M  fKl^ffm»!»»  ^  «»• 
tni«  <9 ,  ao  i^rictaM,  «•  d««tat  «b  4w*  .M  Ijh*,  WÜ  VMMm 
1«.,  i6  <viicli«hMi ,  n»  MUk»  UMi  diu  WtgtaMW«  v<|er  4l«h<!B  Vw- 

4«M  wk  nicht  4wwi  »vMiMi  kopieiv,  disStdlwc,  w^^Padü 
Uar  tianiiulit,  mar  «b«  «KlMiift,  «r  w#t  ■4(0  KWh»»iii*t*tf 
rabw  .geliMt;  d«o  S4l4aMpI  dM  Hfnnwlraiohf  9im  ÜW  iriWi 
■bogeMn  wiMfil«  -ilVw  piae  4l«eiiai4w«'«iMi«Vffkeit4M««  ^ 
«HipMtM  kMuM  wir  üiioJttsdwtow^lviffDr  ««wiMb  bri  tt«p  «i« 
vcMMtetNii,  w*il  («r  «iwlt  ai4ohM,  4m  iMuhiw  apr.  Jllkpe  #eB»i«l4 
Bdbat  liB  .Villen,  w«  .w  BMIM«»  «ieltf  li|#«,  iWffMioqMIB,  «M^ 
ABdweii,  WM  eia  iwva«atiffee  <14dvt  .»«f  #ie  ii«««!««  ^eniM««  Wt- 
ftnt  het.  «leMi  ih  »vntmg  <fle«  P-etKo«  »«4  i)er  ^lMd«tf« 
wM  '&,  t  f.  ftvMiabP^ielier,  «li  viw  M^#i«e  d^  ^  f^,  mi 
tadt  aasitkcn,  die  ^d«»  «tliwliei»  Wi4  «e=BewAtiriHta:1(Ri(  ^JIM« 
lüV  um  sMlw,  )(«MM4»irt.  i>i*  WorI«»  ,|f*p  «d  ^  4fl«f(r, 
«niinen  nerU^hwwBei,  lU»  CMi#m#M«idM4NiUMr4«llH«>W' 
fcnuieii.,  beriBbtet  I<akM  i9f  «O^beiwe,  (fvie  J^IMtMUf -M,  ^^ 
Me  ^i^MheiMM«  <Mt.  U»'f»»y  •««Mi«  JU«r^o.  I#,  ^  4WI>  «W 
AMirigsteM  iB  uMiwiii  DWKt  «.  99»  «S  .ft  «wlveMl,  «M  «W 
4leae  VeM»  M  Mweiw  r#hlteq,  ,m>  ,l|iwt  ^  ^fWPfOMhf  «(M^ 
«nw  AiMAaMU«  <»i  M»r  >Mr  l^Uftn,  «In  i#af ,#ie,,flt«wf  4wMi- 
•MB  kMite.  0f e  mu«  id«r  ApfBt«!  v»  ■irwNisbQiiW  /Ouroei^lNi^ 
welolie  lH*M  .1^,  tf  lileill  ll»mi>,  b^nroipt  J«««[NrMli*  ^r  Ad 
■BapfUgUdilcait,  wfthioid  <«mff«MNft  b«i  BfhrtthiUu  «7„  iH)  «f 
AntaprüMi  <lib«r  den  senftonifrewni  -CUw^oi  «n  ^neAflgtiMW 
4m  Uriglanbea  der  Janger  «agtllari^  krt.  IM  d^r  RiieiUl« 
vem  Seelenksnpf  in  Gethrnmane  winen  zwar  ansere  drei  Synofti- 


«)  W«»g*r  bewehend  gcfceini  Anden»,  m  die  iBtimadÖighilt  Jaia  *••' 
«uf  dem  See  8,  24  f.,  die  aich  .Mt.  «,  «6  1,  die  9tm  •iiM.<ft«n»»i,'A  * 
(ich  Ml.  9,  31,  das  Bedenken  bei  der  Speisung  der  5000,  9,  12  f.,  du*** 
U,  15  f.  wetenüicb  gleich  findet. 


haben  Einen  Verfasser.  ^^) 

Jcer  v^n ,  dc^m  Scl^lnf  der  .JCkj^ffer  in  diesem  wichtijfren  JHptpent^ 
aber  Wtfas .  laiBst  ili.Qse  Spfiwftche  in  eii^ip  v^l  mild^r^n  JJcht 
erscheinen / )il8  die  /.>vei  (indem,  bpi  ihm  (2jS,  ^5  f.)  >vird  si^ 
aus  der  tieirOhpiss  fl)»er  dus  beyor^tetiende  Sphiclcisal  J[^so  erklärt, 
die,  Jünger 'werden  nicht  dreipoal,  /sondern  nar  einmal  i9ot|lafen(l 
l^etroffen^' di.e  'Worte  Jesu  laufen  milAer,  npd  Petrus,  nn  ^en  ßie 
bei  ,^|fatthä.iis  (!^6,  40)  ynd  Mia;kus  (14,  37)  yori^ugs^jevse  j;^- 
richtet  sind',  wird  nidit  g^nanni.  Apph  der  Fehlfrit^  des  Petrpji 
bei  seiner  YerHluguiiiig  erscheint  \^  Lukas  22 ,  64  if«  ^Sf^rjnger 
als 't>ei  Matthä\;is  2'6,  69  ff.,  w,o  er  unter  ,Be(^eurun^en  und  Ver- 
flucbuii^en  versichert,,  djiss  er  Jeamm  nlpht  kennp.  DJe  .starke 
Strafreae  an  diesen  Apoi^el:  imqys  omaq}  fiov  occfjcn'a^  qxavdfc- 
Xpv  fiov  fl  ii.  s.  w;.  (Mf.  ijS,  23),  hat  Lulcas  ebenso^  lyie  die 
Bitte  der  jSebedaide;!  (]\It.  20,  20  ff.),  beseitigrt,  und  ander,e|:ßei(i9 
befichlet  er'  allein  (22,  .32}  die  gewichtige  Verbeissiinf ,  ^ass 
der  filaube  des  Petras, nicht  anfhöreji  solle,  lintf  allejn  upter  ,d^ 
Synoptikern  "den  fiifer  des  Petrqs,  .das  Grab  .Christi  zu  lies^chen 
(24,  i^),'  nebst  dejn  Vorz|ig,  der  ihm  vqr  den  Andern  diir^Ji  die 
erste  Erscheinupg  des  Auferstandenen  zu  Thell  \vurde'(24,  ^4^, 
Letzteres  allerdfiuj^s  nach  Pi|i]1as  1  Kor«  15,  6.  Diese  Zage  >i1- 
dersprectien  denn  doch  der  Annahme,  als  ob  es  ihm  grqndsatzlic|i 
um  eine  llernb^etzung  der  Urapostel  zu  thun  sei.  W^nn  er  daher 
dennoch  eini^^es  fdr  sie  Ehrenvolle  ans  der  evangelischen  Ueber- 
liefernng  entfernt^  anderes,  was  ihnen  nächtheilig  ist,  hinzugefngt 
hat ,  SD  muss  er  dazu  anderweitige  Gründe  gehabt  haben.  Er  bC'- 
seitigt 'solche  Erk1ftran|;en,  die  den  Zwölfen  eine  bevorz.agte 
Stellung  an  der  Spitze  der  Kirche^  mit  Ausschluss  aller  Andern^ 
zu  gewähren ,  die  apostolischen  Vorrechte  auf  sie  zu  beschränken 
schienen,  er  hebt  es  sehr  nachdrücklich  hervor,  dass  die  Siebzig, 
die  JEleprftsent^nten  djsr  Heidepmission ,  hinter  den  Judenap^qst^ln 
Dicht  "Bios  nictit  zurücl^standen,  sonclerii  dass  sich  ihnen  die  Sorge 
und  Freude  des  Herrn  vorzugsweise  zuwandte,  dass  durch  sie 
4rat  dtar»9wi«kludfen»1iaii#Blisi#«i  OTafkimliiiMg  «iMinklifth^iMreicht 
mma^y  ti^r  w^i  mm  m^xatiel^ätr  Uiy^k^tol,  Am^  .4er ^wr^MMMif 
Vaigaag'oiit  «fMatfi«  9MilHMv4.)00iigm  i(rdi$fliw  >L«ihMi  (Ar  iitab 
«9»fMliMil  itch^oht,  s^m  V0(8t&idQb«  adiüer.^WfCte^^tfVhce,  ^mß 
Mmhi^itkmBtgm  Ar  A«lto¥aB*ine,'4<rsfl|be,.|il«p,Pa«]^Sii^«sc|MMit 
hat,  den  Sinn  der  Schrift  anfschliessen  (24,  45),  dass  sie  trotz 
ihres  persönlichen  Umgangs  mit  Jesus,  ebensogut,  als  Jene,  der 
'Creiüt,     dei^sen    Ankunft    sie     daher    in    Jerusalem    ruhig    ab* 

29*         ' 


452  Verfasser  der  Apostelgeschichte; 

iirarten^)  mflssen,  erst  zur  apostolischen  Wirksamkeit  bef&blgea 
konnte  (24,  49).  Damit  tiiat  er  aber  ink  Wesentlichen  doch  nichts  An- 
deres, als  was  der  Verfasser  der  Apostelfesohiohte  anch  thut,  denn 
anch  diese  Schrift  hat  das  entschiedene  Bestreben,  den  Paalos,  trotz 
der  scheinbaren  Unterer dunng  beim  Apostelconcil,  den  Uraposteln  in 
jeder  Beziehung  gleichzastellen,  aach  sie  hätte  Erzählungen,  die 
einen  Primat  des  Petrus  und  der  Zwölfe  begründeten ,  ^icht  daldeo 
können^  auch  sie  ist  sorgfältig  bemüht,  jeden  Vorzug  abzuschneideo, 
der  sich  ans  ihrem  personlichen  Verhältniss  zu  Christus  herleiten  liess^ 
auch  in  ihr  müssen  die  Judeuapostel  zurücktreten,  sobald  derHeiden- 
apostel  als  solcher  auftritt,  und  das  letzte  Ergebniss  ihrer  Darstellaug, 
wie  es  namentlich  die  römische  Schlnssscene  ausspricht,  ist  derUeber- 
gang  des  Heils  von  den  Juden  auf  die  Heiden,  das  Gleiche^  was  die 
Erzählung  von  der  Aussendung  und  deii  Erfolgen  der  70  Jaa;er 
symbolisch  andeutet.  Eine  Unfähigkeit  zum  Veratändniss  der 
Heils  Wahrheit,  wie  sie  das  Evangelium  den  Aposteln  wiederholt 
zuschreibt,  wäre  allerdings  in  der  Apostelgeschichte  nicht  mehr 
am  Platze,  aber  auch  der  Evangelist  behandelt  sie  nicht  als  eine 
bleibende;  nur  in  der  Zeit  vor  der  Aufersteliung  habeu  sie  Jesun 
nicht  verstanden,  dass  es  seit  den  Erscheinungen  des  Auferstan- 
denen und  der  Geistesausgiessung  anders  jMrurde,  sagt  auch  schoD 
das  Evangelium  24^  31«  45.  49,  und  dass  Marcion  diese  Verse 
nur  theilweise  gehabt  hat,  kann  gegen  ihre  Ursprünglichkeit  nichts 
beweisen.  Die  angeführten  Eigenthümlichkeiten  des  Evangeiinns 
sind  daher  mit  dem  Standpunkt  der  Apostelgeschichte  >  wie  mir 
scheint,  nicht  unvereinbar,  und 'wir  sind  nicht  genothigt,  die  Ver- 
fasser beider  Schriften ,  auf  deren  Identität  sonst  Alles  hinweist, 
um  ihretwillen  ^u  unterscheiden.  ,  .        „     , 

3,  Von  wem,  wann,  und  wo,  ist.clie  Apostelgeschichte 
vcrfasst  worden? 

nie  Apo8telge(9chielite  wird  allgemeim  dem  LubM,  einem  de- 
tähtHn  des  Paulos,  belg^egt.  Ihr  Vertaisev  selbst  bezefebaH 
0loh  Als  einen  seftweisem  Begleiter  di^es  Aposteln ,  indem  er  e. 
1«,  l(K^t«  20,5—15.  M,  t—iSi  »7,  1— »8^  18  venPaiilw 
iiiid  seiner  Umgebung  in  der  ersten  Persoik  des  Plurals  spriekt. 


*)  Ka^iaarty  das  hier  ebenso,   wie  in   den  früher  frörtcrten .  Aeussernngeö 
Justin's  (S.  47,  1),  die  Nebenbedeutung  der  ünthätigkeit  in  sich  schliesst. 


Timotbeus-  und  Silashypothese«    '  453 

UnBB  dien^.^nai^  hier  gfischieht,  Iftsst  sich  durch  die  gewö^)ich^ 
Annahme  erUfiren,  er  ^^ei  erst  in  Tr^as  (16,   10)  in.  die  Ocsell« 
8oha|t  des  Apestete  eiogetreten,   bei  desseo  Flucht   aug   Philipp! 
(16,  40)  sei  er  .hier  zarftckgebliehen ,    später  habe  er   s^oh   ia 
Philipp!  (20,   9)  wieder  an  Paulus  angeschlossen ,.  und,,  ihn  nach 
Jernfiialem  (<)1,  17)  begleitet,  und  nachdem  er  die  Zeit  der  cäsa- 
reensi^chen  I|a|t  la  seiner  Nähe  zjagebracht ,  habe  er  die  Beise 
von  Cäsarea  iiach  Jerusalem  (27,    1-^.28,    18)  mitgemacht;  wa^ 
die  Abschnitte  c.  20,   17—38.  21,   19—26,  32  betrifft^  so  un- 
terbleibe das  jj^ti^t^  hier  d^sshalb,  weil  sich  der  Verfasser  in  deur 
selben  nicht  ebejpse,  wie  bei  der  Reise  und  ihren  £i;lebnissen,  a|s 
peraönlich  b^etheiligt  darste^en  wolle,     Nun  ist  allerdings  ^ti  neuerer 
Zeit  von  verschiedenen  Seiten  bezweifelt  worden,   ob  das  „Wir^^ 
überhaupt .  den  Verfasser  unserer  Schrift  als  einen .  Gefährte^  des 
Paulus  bezeichnen  solle:  Schleiermacher  stellte  in . seinpn  Vor- 
lesuBgen   die  Ansicht  aufO>   <la;ss  die    Apo/stelgpschichte   ebenso, 
wie  das  dritte  Evangelium,  nur  -  eine  Sammlung  zerstreuter  Auf- 
sätze sei,   und  <1^3  auch  das  „Wii*^^  nur  aus  einem  solchen  her- 
stamme,  der  näher jiicht  von  Lukas,  sondern  von  Tlmotheus.  ver- 
fasst  9ein   sollte ),  und   die^e  Hypothese  .  schien  Manpj^em.ein  c^r- 
wflnschter  Ausweg^  um  den  Glauben  an  das,3elbstzeugnisß  dei^ 
Berichteratatters  mit  der  Anerkeunjing  späterer  Elemente  in  jp^erer 
Schrift  zu  vereinigen«     B 1  e  e k  ^) ,  U 1  ri  oh  3)  und  d  )^  W  e 1 1 e  Ö 
sind  für  dieselbe  in  die  Schrankc^n  getreten  ^  nachdem  ..a^hon  vor- 
her Mayerhoff^)  die  ganze.  Apostelgeschichte  ..dem  Timotheus 
beigelegt  h|tte.  Von  der  gleieheii  Ornndan^icht  jai|s  sucht  Seh  wa  n- 
b  eck  in  seiner  mehrer  wähnten  Schrift  ,^)  dafzuthun^  dass  die  Ab- 
schnitte mit  „Wir^^    der  Denkschrift  eines    pauUnischen,  Reisege- 
fährten ^i  und  zwar  des  Silas,  angehören,   welcher  überhaupt  faßt 
der  ganze  zweite  Theil  der  Apostelgeschichte,  von  c.  16 ^  1  an^ 
entnommen  sein  soll.    Indessen  ist  bi|9  jetzt  weder  die^  positive 


*):  Keselbe  ist  jetzt  'auch  in  deh  gedrackten  Vorlesüngeil'  ober  Einl.  in's  N.  Ti 
S.  347  ff.  entwickelt,  doch  ohne  dass  die  Verinuthung  über  Timotheus  als  Ver- 
fasser des  Reiseberichts  anders  als  beiläufig  (S.  354,  Anm.)  berührt  würde. 

»)  Stqd.  undKrit.  1836,  4,  1025  ff.  1 046 /ff. 

3)  Eb4,  1837,  2,  367  ff,  1840^  4,  1003  ff.  , 

*)  Einl.  in's  N.  T.  $.  114  f.  Commentar  zur  Apg.  Einl.  $.  2  a.  Erkl.  von  16, 
10.  19.  20,.  5.      j.  .  ;  .       .       , 

^)  Einlekung  io  die  petrin«  Schriftea  &  6  ff.  • 

»«)  S.  63  ff.,  140  ff.,  171  ff.  186  ff. 


454  Verfasset  der  ApostelgescÜicfite'; 

HhimalÜtig  d\M^  Amnäfitiied,  doch  rfiij  ildftrfttVftüj^  d€ftbi\(m 
gdäügeU^  dlb  äitibh  i€hoü  D'fri'ch  Von  Kv'Hn'^'^^'  lStt^f6i\i6ii 
imAttäUäB'^y  ühd  der  gäntem  Thti^tHemhypoit6B^  von  Schnee- 
ft'eil'Stfr^er^}  entgdg^tgeiSt^lft  äiAii.  tffe  meti^^  vin  dbn  AtOAdien, 
JUlt  dbden*  iliatt  (iielb  dfe  frddtitttt^  dbs  lt\&f^6tag\^ba6te  voii  de^ 
t^Mäieii  ünii'e^dr  Schtfft,  iheitä  Üt  AAiit^tttniiaDg  detf  erster^  von 
titeinbcftfäi  öder  StlaD  A(iW((fseil  MTdllitö,  ^d  ^a^  likefhdfilM.  ITfli 
ftktfet  e)sf  A\itAVÜnd\  daser  der  Verfas^^t*;  ^ttthet  HoM  ich^  flii. 
jftdfttfr  d6ä  I^Hüiaj^  n^ime,  sich*  «elfiiKt  nidht  gi^nakiiAf  AiUc;  ato 
dili^di  dar  fch,  dks'  fti  j^/^et^^^^^^»  ^^^^  et  Ach  ioeh  VtütfiiiShertA 
Mlfitfiblhi^t,  d^d  V^dr  idic  AcTi^iii  Icti  ^eint  sei;  lAaiSist))  ded 
Li^tTdn^  ^  Vf^Ut&tlkitt  dt6a  BacUiy  da^^iif.  MKn'  säjgft,  Wdnn  LoKA^ 
€.  iü,  ii  H,  ep¥ttcA)6,  so  Aätte  er  äudi  i^^feii  itto^eta,  ^üs  kel 
iet  fkihati^g  A€ä  P^etrla&r  üotf  i^Aii  niois  ffcnr  ^dWoi'di^n  M]  ii»er 
dlfcfiälBi'  Öftt6(^  sITirfi'ett^  etetfso^tit  ^€g^  jcitfe'A  ädcTi^  päafi^ched 
Ctej^!«Her,  tittd  inittettdfrh  g^egi^n  tiafotheas  üidd^j^ns,  da  jen^r 
0.  f6,  i^.  m,  if,  (Moser  ö.  Itf,  &.  Uli;  iT  tat  läWgdfe  Zeil 
vvr^cti^^firdtft,  öltde  tfisd  etWA^d  daiHfrei'  bötaeYKt  ^Ate.  W'eiter 
ifötf^  dir  tru^KttreA^A^idlfcA  äeid,  düSls  t^atiitta  iü  fröHs,  w<ifirtt  ^r 
zti^ri^  diA  tUttAietähntA  githUcÜi  foitte,  ScUiMT  eidi^l^  ehMkten  g(^ 
frWAr  liitt6;  ite  Wir  jMbcll  e.  Itf,  fÖ  dtttchikiä  itlkkt  ettämn, 
ißtitf  UM  Virottlif  d&f  fiterricWers^ltl'^  Mit  l^attfAid  iftalskäidlddtbr,  oü 
er  e^i^t  M  flrtfaitf  ftlr'b  CHil^teftCham  ^e\^ölincM  Wtft'dV,  oder  oft  er 
\6fUt  ättoA  i%tUit  \tAr,  Mrbl^  t\tt  refMirtiioli^oii  ein  wdter 
liq^reihiiltiL    0Ks8\61ltd  ^'  nt  tfem  ]/ilriiei1^tt  Beddufkedf  Mrdi^sbJ 

ddtft  Lttatf  iir  ntifipftif  jfefttfeAey  ätitä  i^olite,  i^o*  ei^  '^«  I«,  ii) 

nldm  :itt  IfKtise  WäY,  ddbr  \i1b'  trieb,  itfddeiVfk'ttär,  e/ul  ihl^in  ziTfaiTi- 
IfM  iiti«^dKtt'eA(reil1lll  an  d^selbön  iVh  dedken  ilMe,  Vo  6r  sieb 
V^dd  MülV^d  gett^nüt  thitel  tt  ktfndfe'  ahcfrlifi  IfSi'Add^  Jl^befl,  in 
MllJ^pi  /ü  tl6iUn^  %,  t.  d)6i,  äfljtf  des  ^^ttditö(&h  itpdäf($ff  dorf 
i&ü'  V^MlM,  efr  ÜOlinto  Mel>  atfeli  Vofi  Mdlip^l  da^b  lifd&s,  odisr 
woher  er  sonst  war,  zordckgekehrt,  dnd  absichtttclT  wieder  in 
Ffaiüppi  lait  Paolm  rinaainifiiMiftoafeii  setn^    Verlangt  iMMcftnier 


«)  Stud.  d.  cv.  Geistlichkeit  WW1tAm*tei%s  1,  i,  121  ff.  »Ilf,  2,  tÖÖ  IT 
')  In  seiner  Recension  der  gd^nMmtlsn  Scfay^,-  j^tze  Cbaräkteristlkeilk  and  Kri- 
tfUert'  S.  9M  ir. 

0  Zweck  d.  Apg.  S.  19  ff.  Weiter  ist  jetzt  die  ausführliche  Wtderiegao;  der 
TiflOothens-  und  Silasbypotbese  b^  td^^^tK  CMifj  d'.  üf^g;  t#9  f.  lu  ver- 
g]«ich«n.  .'•'!;•         ••:  I  . 


Thimotifetts-  qb^  Silasiiypothese.  455 

iir<  ämi  Siirü^kMeiliMi  49(^huSsmf^  in  Milppl  einm  lewei»  aas  den 
AMM'  kW  diu.  fkeaiMloatoliev  ondi^  PMMppcir ,  «der  «eyieast  rnsn 
»«il  Bd.  4y  t^)  ÜWi  b«ka»  ewt  in  Bmn  n^  PMtas  bekAanl  ge-> 
t9Bdrd*V'  Ml  i  so  i0lr  dto  6tii«^  VNi.  dteseii  IMMraptangen  8«  IscMwacIi 
ahP  di*  Mdir»^  den»  dit  0rdiiaHg  d«v  €MflM  im  MolMBerMel  ' 
mkd  iMi,  «elbrtti  sein»  A«iUh«it  i^raing^sebt,  dIkIH  nach  dMi 
DiaMiaiiüP  (m  nll«  i$«iiifte«»l(e»b«rg:er  »i  redtii>  gehöhte! 
ImVrn^  dAM»  botai»'  Mi  PmiUhI'  vmnr,  »!•  «r  dw  PhiHpperbiilef 
flühiüib^  IftiMli  dcli  diitai  iaiiM*  «imstiindii  beweisen,  df»  TiissnaM 
1— iehtibriiM^  voHtaMlr  f nbeii,  naeli  nbgMelMt»  ve»  der  frage  ttbelr 
fkmmWris^mBgj  keineni  oikeran  Aa^mm,  des  linlciM  su  emnrAlmeii. 
OraMiv  B)iiäk  gm  ^  iMd)  die  jMlecb»  9deik^9tAasmg^  SD,  «. 
M',.  9^  iMdBiei  li#  dm  IMdenchrlBttn  Litoi»  nicht  passen  (woher 
Mimmm  wstf  alian,  das».  Lidm  HildeaohiMr  wart),  sc  ha^  s^ibs« 
SoftiiranbieoJi  iSk  Mdi).  anerkannte,  dass  sla  )edera  feejgleiter  des 
Vanltid  «aUf^lg  weddan  masita.  Aber  anch  das  isl  nnriddilig, 
nearaar  Majeahfff  &k,  ^  t.  auch  Wrich  «9417,  39«)  grosses 
«aiiriehtk  ii0l<,  dMnabenil),  we  «aiotbeMt dabei  tot,  die  Braflhlaiig 
4nnei|  AasahHalkftijfil'  sich*  ai^AaeiohBa,  wogegen  dfess  anfhSre^ 
aahaU  er  siah  ven  der  GasallSetttf»  enlfNrnt  habe^  aneh  c.  il\ 
di«Ttf,a4  emaiii»  saübaasahanlkh,  wfewehl  Tfmei^eas  damals  nicht 
I»  Alhin  me  (tM"^  41;  1«,  1»,  5>,  aaeh  der  Baricht  6«  M^ 
11.  üi  mi  anaahdaliah  gnaay,  se  wenig  f*lBie<heas  daa  Aerlobtefe 
gaaeheia  and  g^bers  hat,  anoii  a.  i9,  %S  M.  erhaNen  wir  eise 
wmiä  aaM^kinikha  aehüderaagv  aber  den  Aofiltäad  des  Demetrivs; 
nwiaw  ifleieh;  MmeOana  damala  (V.  98>  nach  Maeedonien  vorans- 
gaeeisl  wai;  0  ^^-'  aMe^  diesa  an«  fthnllehe  «randänSahte  ich  daher 
dnaehaas  Uaia  mtmUM  legaa.  Hie  ehizfga  wi Aliehe  Sehwierigfeeil 
das  gawBhaiiihaa  Anaahin#  Neg^  vieliaehr  dhtfin,  dass  die  eirsta 
fiiatt  j&  tty.  1^  ghw  aa^naittA  md  «nangefcau^t  ehitrftty 
mm  Bdangakaddlgtr  u  i9^  versirtiwiiide«,  wd  90^  »  wieder 
auftritt  Wenn  man  annimmt,  dass  aase»  Vetihsser  wiiMidi  der 
Usa  sümilieBdB  Bagl^ter  dei  Apostels  sei,  so  hat  dicM  Krschei- 
aa^g  viel' AfliMtaades^  Dean  es  isi  dach  au'  «mattlrlfekF,  dass 
Mmmij  ans' peraanliehep  ErlnaenHig  sehpeiÜMid,  sieh  so  gans 
ntBJhaiiil»iiS<d  ainfthrta,  aoAtcfczSge  and  wiedmr  eiitfOhrte,  ohne 
mat  mAb  Elisin  W0k  aaimdlalafr,  dass  «nd^  wie»  er  ndi  den 


.   )). Oleen.  &lRyei«hoff»Ainabifi«^  d^Pf  er  verlier  wieder  zärftci^lfek^iä&fta  sei, 
vgl.  Lekebuscb  a.  a.  0.  157. 


456  Verfasser  der  Apostelges^ii^te ; 

bMideliideD  Personen  in  Verkindang  kam,  md  sieh  wieder  von; 
ihnen  trennte*  Viel  leichter  erklärt  sieh  der  fmgllehe  Umstai^, 
wenn  wir  voraoflsetzen,  der  Verfasser  sei  nicht  wiiddich  ein  Be* 
flMter  des  Panlns  gewesen,  sondern  er  wolle  sieh  nur  dnreh  den 
CSebrauch  der  ersten  Person  dafKIr  .ansgebe»*,  dass  s^  nidi  aber 
gerade  in  den  bezeiehneten  ^bsehnitten  and  sonst  nhrgends .' der 
ersten  Person  bedient,  geschehe  deashalb,  weil  er  sie  in  einen 
Bericht,  der  ebMi  unr  diese  Allschnitte  umfaisst,  bereits  vorfand  i). 
Die  Stocke  von  c  16,  18  an,  in  denen  das  Wir  fehlt,  Wären  in 
diesem  Fall  vom  Verfasser  nnr  als  freie  Erw^terunge»  »der  vtr- 
geftindenen  Denksehrift  behandelt,  in  denen  er  über  deob  dfenTon 
des  Angenjsengen  nicht  aasdraotdlclK  annehmen  woUte,  'weil  sie 
von  ihm  selbst  beigefügt  waren.  Anch  daiel  Aaflfaltoidste  aber, 
das  unangekündigte  Eintreten  der  ersteh  Person,  hätte  bei 'unseren 
Verfasser  selbst  in  dem  ebenso  plotalieheli .  Gebrauch  des  Paolos- 
piamens  seit  c.  13,  9  eine  Parallele^  Nobh  nchlagender  Ist  liit 
Aehnlichkeit  in  dem  Verfahren  der  Jiapiaqtv^Ux  -lotm^ßoe  ver 
den  clemratlnischen  Bomilien,  welche  zuerst  immer  in  der  drhfeii 
Person  von  den  nQeoßvrsQOi  redet,  und  erstgänsam  Ende  fiekr 
lieh  in  die  erste  Person  ebergeht:  xdi  tavtti  ainivrcav  avrwf 
iyBQdenig  TtQogfjv^d^^.  Wie  diess  hier  .aller  Whhrschelnlißii- 
keit  nach  daraus  zu  erklären  ist^  dass'def*  Verfasser  «die  JtafiaQ- 
fVQicc  schon  vorgefunden,  und  im  Uehrig^  in  Jhr^  sälto^n  Ge- 
stalt  belassen  hat,  am  ScUuss  aber  die  von  ihm  ferdie  demee- 
tinisehe  Erzählung  gewählte  erste  P^son  nciok  anA»ringl^,>  ss  \Me 
der  Verfasser  der  Apoatelgescbichte^  nach  der  eblgnnr  YoraiiB- 
setznng,  umgekehrt  die  erste  Peiw^n  in  einem  «Itcrtn  BericJito  ver^. 
gefunden,  den  er  in  dieser  Ctostalt  aufinähnl)' vmn^  sicfa^  mit  den 
älteren  Berichterstatter  za  identiieiren»  Dasur  ihm.  dMe- Absicht 
sehr  gut  gelungen  wäre,  aeigt  der  Angensoheitt,}deiltf  jenes  Wir 
ist  ja  bis  heute  die  HanptntOtze  derer,  wetehe  die  Augenneiiges* 
aebnit  des  Verfass^s  behaupten.  .  <!   // 

JedenfUls  dOrfte  diese  firkläniDg  des„fKii^  Vor  «dei^ipi 
den  Vorzog  verdienmi,  weldie  die  erste  Pehian  hier  durch  eine 
blosse  Kaeblässlgkeit  des  Verflmsers  kus  eihem'  #lterBn  BeHitt 
hereinkommen  läset.  Zwar  liat  Scäwanbeok^S.  1B8  if:  teerl^' 
Würdige  Beispiele  von  ähnl|cdier  Naoblässigfeelt  hti  mittdaMeriic^ei 


1)  Was  Lekebufcb  Comp.   d.  Apg.   132  f.  hiegegeo  bemerkt,  scheiot  nir 
keiner  Widerlegung  lu  bedürfen.  :        •' 


TimoUieiis»  und  Silashypothese.  457 

ClHTonisteu'  riaobgewi«0eB^  eK»;  mgl,  das»  ^r  äogw»  säohsisolie' 
▲iiittlist  %u»  HielmarhvoBi^JMarsebarg^  fiM  ^,lchv^^  ^^kateki/^  ^^wir^^ 
u.  s.  f.  miUeii  im  €l#iilest^  ohne  ein^  Atadeaimf  dei  wirkliol»ii 
f^acirvevhallfly  akaehreibt,  -Md  dasa  der  gMeiieEall  M  diaser  Klaasa* 
vönSdirillsMleni  auch  »aonst  nicht  seltan  vorkommt»  jAUeiii^  waa 
4ea  gedaDhealosaieften  mUk^äöa  lOoaterbhroniiE^m  mOgiieh  war  (bei 
beaaeren  Geaehicfcididireibeili'wjhrd  man  #ie8s' aabh  im  Mittolaller 
nhohi  fnil^n),  daä  muasto  darum  moht  aUch  einem  ^duriftateüer 
mögliöh  :aein ,'  de^  sein«!  'StoC'jiut  soloher  FF^bak  beberr»cht^  Ivie 
unser  Verfasser^  iar'  aeine  l£rzäklun|[en  >  nach  ekiein  heatlnuileB, 
fest  iak  Ange  bebultflnen/PIaile  anfeardnet,  gesiafatet,  umgciUdery 
ainii  Theü  «uch  wabi^  fpei>Gtopaairt;  liaiy  dto  auch  dnroh  tM« 
kMfiere^  <attf'!den  Zweek  und  die  Wirkung  das  CUmzep  wahlhe* 
reehatata  Zttge.  beweist ^  wie  ahWerteam.  er^goarbailet  haty  unil 
wia  deutlicfa^i'er  aioh  deaaen-^  was '«ü  thni'^  Hbaanisst  Jat;*.;  ^haü 
unsere  fedbere  Unleiesoelnng  Üb«r  dle'Einbekl  der  Aposteigeschieila 
widetifi^l  jelie  Hy potbiaae.  mUe  «nser  Verf atoer .  f itade^  «aaleiito 
somnveDändert  äufganemm^Bn,  idaas  er- selbst 'das  loh  deäVmiskM^ 
caBtaiiersjzvKeakioa'miistabBclffiab,  «a  mlissten  aiidh  nothwendi^  dioi 
Sputen  dar.  vdraohiafbHieli  lüttübe,.  aus  dento  seine  Arbeit  zusamt 
BuUii^eaalfit^äre,  «naoh  dmilübbirarkcfeinen-  JasseB^.  v»dr  9»  kannte 
sii;hr  weder  Ein  Platt  And  Uiae  Ttte&ne ,  nai^h  ein  gleiehfenniget 
Charakter<d4F>^t)iclfae.  undiDaratallnng'durck  das  Gaasa  bindureh^ 
ziehen,  'Aber  die  Parthieen,  .in  ^ddaen  •  sieh'  dei<  Brisählar  dai^  er« 
sieui  Person  hedittit^'  zeigen  dni»liaus  keine  ^UnaniUdie  AJbwei^. 
okiing  v»in  Pkn,  Ton  tuail  Styl  des  Ganaen,  und  uameBtifdh  fdia 
Sprache  ist  von  der  der  Übrigen  Schrift  so  wenig  vbra0hieden,*dasa 
selbst  ein  Anhünger  der  Timotheushypothese,  wie  de  Wette  ^), 
sich  zu. dar  Aniiahme  genothigt  fand,  die  Quellen  sden  von  dem 
Verfasser 'fp^  kearbfstet.  4Sind' sie  aber  frei  bearbeitet,  so  ist  es 
um  so  nafwahrsohajiilich^r,  dass<das  i7^eig/welithes  nur  dem  gana» 
MvtcbhnBoheri  Absehrejler  entgehen  konnte,  Vaa  dem  Verfasser 
mcbt  hemerk*;rw«ade;  d.  fe.  diteies.i^/ei^^  icit  nioht'aiik  Nkeklftssig«* 
iMlt,. andern  aibsiehllich  stehen  geblieben^.«  dcaPtVeffabaeri  hat  na 
sich  angeeigaalf  lim  kioh^iaelbst  dadureh  aisBegpbitei^tdas  Panitis 
^a'bezeuDhnenLiN  Dkbu  klemmt  der  herelts  bemerkte  Umstend,  dasa 
die  erste  Person  c.  20,  Ö  genau  an  demselben  Ort  wieder  auf- 
(ri(i,  wo   wir  sie   e,  16,    17   aus   dem  Gesichte   verloren  hatten. 


»)£inl.  in*s  N,  T.  §.  IIa  ft. 


459  ysttmtm  dm  ApoitelsfMiilcMc; 


bvorl;  (9.  144)  mm  ttt  a^ei^,  «k  hartth«  ml^  oiUMi  a«ftilli  Ute 
Mtefw  €wi0«iiiiiBs  dis  Sfaifilfcn  fit  Oulk  Mietet  OMislirsihiiii« 
I  y  im*  MhMn  wir  Mtttft  mmh  ikA  WeMivy  wii  dw  'Bünwi 
^m  MMmiiiei  wAb  Wir  yU«  d«i  ttbiiyio.aikrmi  ta  Wif  stellt, 
M  lOinn  wie  Bit  aller  fiMmtefll  tniini|iii,  4m»  4»  ¥Mbaiw 
oMMir  SkMii  doieb  4li  tetamv  odar  MMM^Bf^  thn  Wif 
ni:  üUMfc  aUu  eiaeD  ligiillMr  du  Apüli!«  PmIua  iMiieimH 
wüHCa  aoH  ditaM  4iifeiigi^  Mülclür  hiir  i»  dir  eretaii  PMm 
rcdttlv  iMb  AudiRif  sii»,.  al»  LaMas,  ü  aaü  matt  niob'aalBaMiiaMi, 
immm^  mcb  im  ißm  V^imtm  dar  Apüt«lgiüliiqM0  a«  b»- 
teiqptea,  itad  iii  alü  «aauKMr  arit  Maycarhirf/  («^.  a.  Ol)  de» 
nüMtean,  «dir  alt  Hii»ail  <)  diiB'  SHaa  saftamehtaiiieik^  idii 
auui  Qiai  waaigatiis  aaaaiiamiy  dasa  de  aalkatt  dinai|  vo»  dlvai 
flBfüfchcMen  aate  woU&  iadeüan  iat  BMit  aUain  di4  amt4  A»* 
MgliMi  4Dill»  aaik  wnüwr  gaM%^  windca  Mtä^ 
aMdanandiidte  &w«Miu  CH»  4ic  IMtaanr 
awi  wMUih  diller  to»  j«Mii>  batdaa  war^  adav'  db  er  rar  dafir 
gehdüBi  iieHi  wdite,  «•>  baffrilll,  iM«;  aMty  wamda  er  I»  eiaigia 
AiwBliattUBi  sdiDtt»  Weriw  Im  dei:  iratai  9mmm  «4  ehM  Nmtif, 
ia  aadem  dbfiginft  in  daa  dviHiB.  füaatn  oad  mit  NiMaag  4n 
dtaMna  YiB>  äoh  geapaacliaD  BiMo.  Badaaeli  killte  er  ja  aiftirM0g^ 
Mcbitaa  felin»,  uaa  afeh.  inQQ  afiiaai  dlaa  iMd  TkaotlMii»  aü  aa^ 
teivciMide»,  und;  daw  Leüfy  daai  er  iMi  4iifili.'  4ai-  Wir  ao  w- 
iKauitf  fafceü  wiilie>  mü  waürw  gaaiiartuiU  wMer  abwleoiMa 
Wn  Tllwihwni  haibesaadeai  m^tmlMät^  er  isiDii  MBh  baatiiipMP 
4afeh  o^  84^  4.  A:'   «t^W^iüO  ^d  Wr^  o^a  «r^^  ^Jkfing  . .  • 

a  i^keimdfü&v  &  Si  vr.;-  diaa  dbr  Aaawiji,  irililrtn  die  Ai^ 
bjagiir  4er  «Malhiinehypeiliesfr  gefwehnlUi  digidlfeai,.  4aa  dm 
aar  ani  des  ü^cMkos  wmA  ^epbihvva  «a  benibkalir,  iat  doreh  4t 
Wüvl4  4arb  DeathttattealQ  aoflgeüUeaseii.  Seite  du  aaiioi  ^ 
djeaar  BwwhiHailiBy  gjnftidati  wer4eBi,  00  iNteleia  enternder  die 
Netoieli  wie4aiteM,  o4br  ea  a^ato  akiU  4ea  bl^eeap^  a«m  «» 
eaae^  Ü^  dM  geadtt  idin^    «eMat  ia.  dteaeaa  Fall  wtkade  ab« 


*)  Unters,  über  den  Ursprung  d.  Christenth.  S.    104  der  von  Straassher. 
ausgegebenen  Uebersetzung. 

*)  Dabei  macht  es  keinen  Unterschied,  ob  maa  dter  {leoepta  folgte  oAit  mH 


TimotilMtts*'  «n^  Silasäypothese.  49^ 


k«im  JnHani  idaiw  doikeiTy  lieti:  TfaMkle«»;.  wdcber 
ini  i9i  Miif»  ffoMii  ^taamt  M^  W4m^  ifjoui^^  üiteioMtHchliMMll 
fio'Yirb  dtfe' W«Md  jtülst  kHlen,.  ist  diMed  gm^A  wMgyek«  Bte 
BvteluiiiMiiigr  wlleaiei,  dm»  dt»  efite  IPeraon  i^  18,  1>0  mi  »afeiiii 
«igt»  «^  16 V  19  in  nmp^  Y^wüibsatiniek^  and  elüttdMeltet  »D^* 
iri^der  diii(trit«^  IRflIiiti  siA  =«ved  datchi.dlwTlnotfieiis«*,  ftMhtdaiwk 
did  Siki9li9rfoiliBl»e  tiiikllMiiy  ok  m«*<  sift  ad»  aof  diet^iMaSdluM 
Msllebile,.  fdW  ad§  dncaimtil  dittselfcea  bMobt&Dleü,  ,^te»  mmM 
Timotheus,  als  SUas,  waren  auch  schon  vorher  und  in' deit  Z«i^ 
«toiMMit .  bfiit  M«]i«»;  «nif  HtferklftrHttMttfn  wird  siei  aber  IMllich, 
Mtedin  di»  faidfcet  Schrifl  va»  ein^m  jenor  liüiiiMl!  bctfrühre»,  od«? 
Hm»,  aaab'noi!  iHitQrflaliislwB  soiti»  sollte;  dum  wcHn  m  scbon  w^ 
gjalMieh  0a9ki^.  mt^  dass  «ine  äiliiflK  oder  TiMÜieiüdeakMSirlll 
«ter  di«  laait  Y^r  •«  1#^  IGr  nnd  «btr  df«*  gmimkMA^^  16,.  18 
und  c.  aOy  4  gMcliii¥ifligM)  odeit  daam  aie  d«r  Vevfiaaaer  bm  ilt$ 
4i^  1kM0  ^00  iVaa»  nmsk  PWipRi  «nd  fdr  di&  «p&tena  von  Ma^ 
ÜVipi  Ua.Bum.  uMkt  AiibehiMiin^  dtf  Mstcm  Person  bonttM  hAMO', 
so  s(ol||t'  diff  VinwahiwoheHMMMcoM  nonb  Wi  der  Aanabve^,  Mm 
TlnittHNita  <Ml(il>  ISItoi^.  odai  dar,  weleber  sink  in  iire  Stelie  kin^ 
•indwdita^  habe  dm*  Hade»  Klar  ftamiMldmB  EMMung  lä^teh  did 
Mftftsaamid  Iflgnng.  de8.,9(aMI^  fffela«  m  dam  Otle  wMaqsofnlidH^ 
M  4#tti  ar  An  um  mohwe;  KapUd  frflher.ivorimran  hktie«  .  fiMI 
etdHek  fin  BSna  oda/  Tj^oUicrna  wlrklioi»  der  VerliMeir  dar  Apa«« 
adolgeaqldehtoi  ^c[awafle»  ßeb^^  <idep  wilreat  a«ob  nir  von  Anfangt 
afi>  dalfla  iKWii^geban  wqrden^  so  bttab»  e»  gw«  oiib^gliaUMh^ 
4aaa  die  l^edieter^vif  dnretiaufi  nut  den  |«ak«i! ;  nla  diapen  Vev*4 
l^ia^r  w  iie#nea  w«i«%  nfid  oben  di^efa  mna»  Mab  von  jadem 
a^dern^ilctgi^i^  d?«k P^n^  gelten,  aof  dm  man  4mA  i^pidg  koonl» 
ka9MiifM,  walton.  AVm  ayciclit  vielmahr  dnffir,  d«5s  mu  Mbaa 
van  »AAfa4igi  M  als  Vorfafsair  d^Ayiadtolgasohiobl«  gmanatr  wm^ 
1^00  der  Pr«l%g  .  dar  baidtn  Inkaniipakan.  SabiMw  mi^lM  as  aakr 
iiyi^^ivnheMUfht,  d»fB  aia  aiMNi^pi«  ^qfchj^nm  «Riin'  aotlMi^^  depi 
viiK  wind  :safn<|pi  l^f^ari^,  4epi  non^aa^  den»  fvue^  Puffh  4adiiiiri 
bat)  seinem,  eigaam  ijiHmßn  aber  vafaoS^weigftn  ?!  Ofddf  wann  die 
DiCldjjMin»:  ejbl^  bl^  fiHgjiiita  sain  aolit«^  wctalirnr  S^aak  bMa  dia 
Flkt](Q»  kaban  btonapy  ato  den  Urspripg  4ar  SArift  «ii  Miglauhi* 
gei^^  die,  d^vn  aber  kt^in«  anonyme  saln  durfte  9    Ebenso*  setzt  daa 


ma DD 'sehen  Lesart  olroi  Se  den  Vorzug  giebt. 


460  I)ie  Apostelgeschichte 

,)Wir^^  voraos,  dac»  den  E^eser'bekaniit  war,  wer  so  Sn  der  erstea 
Person  redet';  woher  aaden»  ^belr,  als  aus«  der  Uebensefarift,  koDDte 
ihn  diesfl  bekaant  sdnV  Diese  hat  dah^r  aller  Wabrsch^alichkeit 
aach  scholl  di^ii  Namen  des  Verfassers  enllialtea.  Dann  kann  aber 
dieser  Name  mir  der  des  Lukas  gewesen  sein,  denn  von  jedem 
andern  mAsste  sieh  doch  in  det  Uebefliefor«dg  il-gend  eine  Spnr 
erhalten  haben.  Das  seheint  daher  aiusweifelbäft/dass  sich  nnsere 
Sefarill  sehen  bei  -  ihrem  ersten  Brsoheinen  für  ein  Werk  des  Lo-* 
kas  aasgab. 

Eine  ganz   andere  ^Frage  ist  Arellioh-,  ob  sie  auch  urirklich 
▼oa  diesem  Begleiter  des  Paulus  verfasst  ist.    Ihr  blosses  Selbst- 
zeagniss  kann  diess   ni^arlieh  nioht  beweisen;    soll   aber   dieses 
ISeugniss  desslialb  glaubwürdiger  sein,  als  ein  anderes^   Mrcii  es 
einer  ehrlstlichen'  Religlenssohrilt  anjg^ehttrt,'  so  ist  gerade  dieser 
Umstand,   weit  entfernt  seine  Glaub  Würdigkeit- -xh  erhöhen,   viel-- 
mehr  geeignet,  »ie  zu  vermindern,  denn  es  liegt  in  der  Nainf  der 
Saehe,  dass  d^r  rein  histerisehe  8inn,    und  ebendamit  -  Mich  die 
Sehen  vor  iiterarischef  Unters^hieblHig,  um  'so  mtehr  zurttcktritt, 
je' ausscbKesslieher  der  Binzelne  von  eioein*  auderwdtfgen  Interesse 
beherrselit  ist;  aneh  zeigt  die  Brfahrttog  »nr  Oeiftttge,  dass  g^erade 
anf  dem  Gdlilete  der  «reügittoen  Literatur  die  Untersohiebang'  von 
Sehriften  besonders  hftuflg  war,  und  «lass^' weder  die  aitjadisohe 
und  alteüriis^iehe  Zeit  'Oberhaupt,  nodh  aubii  insbesondere  die  Bekrit" 
ten    nhseres  Hian^is    von    dieaer  Reg^l  anszunehmen  sind.     Die 
Midlioflgen  Vor wOrf e  voUeiidis,  dass  bei  dieser  Ansicht  die  „hef- 
Itgen^^  Schriftsteller  za  D^rtlgsrn ,    JPälschera  u.  s.  w.  gemacht 
worden,  verdienen  kaum  noch  eine  Widerlegung;  W(^  sich  noch 
nicht  so  viel  klar  gemacht  hatj  dass  man  Vernünftiger  Webe  eioea 
Schriftsteller  nicht  schon    vor   der   Untersuchung  heilig'  sprecbeii 
kann,  wer  missliebige  wissensehafütche  Ergebnisse  vor  aller  PrA- 
fting  durdi  moralische  Abschreckung '  Vernichten  mochte ,  mit  dem 
is<  eine  wisseiiadiaftMche  Verständigimg  kaum  zu  hoifen.  Es  han- 
delt -sich  ja  hier  Oberhaupt  ai^hf  um  Betrüg  und  Fftlschung,  son- 
dern jgan^  einfach  um  die  Fra^e ,  ob  der  Verfasser  der  Apostel- 
geechichte  for  die  Verbreitung  iseiher  Schifft  ein  Verfahren  heMgt 
hat,  von  dem  sielt  därch  A^  Menge  d«r  schlslgendi^tcn  Beispiele 
daiMItfih    Ifls^'t,    dass    \htk  ''hl  jener   Zeit    und    ih  'jienem  Krelfif 
durchaus  ^  nicht    die    Bedenken   Im    Weg    standen ,    die    es  ans 
machen  würde,  und  dasa  es  damala- vielfadi  auch  von  solehea 


kein  Werk  de»  Lukas.  461 

befolgt  World,  •»»  deren  .Moralitil  zu  seweiMn  wir  IcoiDon dfraad 
haben  0. 

Anoh  die  kirehUohe  Ueberliefening  tsi  abor  niobi  von  der  Art, 

dasa  sie  uns  den  lokaniechen  Ursprung  der  Apogtelgeschichte  mit 

einiger  Sicherheit  verborgte.'    Das  erste  Zeogaies   Air  denselben 

ist  nm  ein- velleil  Jahrhundert  später,  als  Ihre  voranssetzlicbe  Ab- 

fassung^^t,  ihre  Messe  Rüstenz  ist  erst  etwa  nm's  Jahr  170 

zn  beweisenrnnd  selbst  dab  Dasein  des  dritten  Bvangelinms  Icön* 

nen  wir  nicht  -weiter  binanf  verfolgMi^   als  bis  auf  Justin  and 

Marcion.    Wollen  wir  nun  auch  annehmen,  iSvangeiiam  und  Apo- 

stelgescbiohtö  seien  damals '  schon*  unter  dem  Namen   des  Lukas 

im  Umlauf  gewesen  ^  so  bleillt  doch   immer  nonh  zwischen  dem 

Tod  des  Apestds  PaiAus  und  dem  ersten  Zeugniss  für  ihr  Dasein 

der  Zeittanm  von  )>eiiftuflg  70  Jahren,  und  es  (st  sehr  wafarsehein- 

lieh,  dass  wenigstens^  die  Hfilfte^  vielleicht  aber  auch  weit  mehr, 

als  die  Hftifte  von  diesem  Zeitraum,  später  fällt,  als  der^Tod  eines 

Lul^as  und  der  meisten  Gefährten  von  Paulus:    Wir  erhalten  iho- 

mit  Raum  genug  Air  die>  Abfassung  und  Verbreitung  pseudoluka^ 

nischer  Schriften,  und  wenn  diese  auch  erst  um^s  Jahr  130  ver^ 

fanst  sein  sollten,  se  würde  ihre  erste  Benützung  aller  Wahr- 


*)  Mehr  hierüber  s.  bei  Baur  d.  Kritiker  w.  d.  Fanatiker  Seile  64  fif.,  in  den 
Theol.  Jahrb.  1840,  304  ff.,  und  in  der  ausgezeichneten  Abhandlung  Küstlin's: 
Die  Pseudonyme  Literatur  der  ältesten  Kirche  ebd.  1851,  149  ff.  Weitere  Belege 
Hessen  sich  mit  leichter  Mühe  in  Menge  beibringen.  So  haben  wir  z.  B.^,'  nin*  von 
dea.alexandrifiischen  Juden  zu  sofaÄveigen ,;  aug  der  pytlwgoreYscheA  Schule,  die  mit 
dßiB  EbjoqitisBiiis  und  ckr.  alf^^apA^ni^chen-Tlxeologie  so  «ng  uiaammenh&ngl,  Titel 
und  Bruchstücke  voq  mehr  als  sechzig  angeblich  altpythagoreTschen  Sphriften^  die  fast 
sämmllich  unterschoben  waren,  und  solche  Fälschungen  wurden  so  wenig  anstössig 
gefund^en,  dass  es  z.  B.  Ja mb lieh  V.  Pyth.  158.  198  an  den  altern  Pythagoreern 
ausdruclilicb  als  einen  Beweis  nneigennf\tziger  Pietät  rühmt,  sie  haben  auf  alle  Ehre 
für  ihre  Person  veriichtend  ihre  meisten  Sohriften' dem  Pythegoras  beigelegt.  Auch 
in  sp^ierän  Zeiten  habeip  M^nn^r  von  ^eifi  entschied en^en  ^m^t  ifiv  moralischem 
und  religiüsei>  Ge^inunng  literarische  Täuschungen  zuläSMgf  gefunden,  die  streng  ge- 
nommen gleichfalls  unter  den  Begriff  der  Fälschung  fallen  würden.  So  publicirte 
im  Jahr  1534'  selbst  der  rigoristische  FareT  einen  pseudonymen  Bericht'  über  seine 
Disputation  mit  Fürbtty,''  d^i*  sich  in  der  Vorrede  afls  das  Werk  eines  katholiscfreh 
Notav^  in  Genf  giebt,  un4  enr  Beglaubigung  diese«  Voi^efoens  den  ton  Fdrel'  vei^ 
aclte^e«  füdiity  h«raU$9^€iicht  (Hit^jihofdv  W- Fanl  I»  182),  und  fib0r:dieW^- 
denser,  diese  Vorläufer  der  Kefpnnation»  haben  die  neusten  Forschungen  das  Er- 
gebniss  geli^efert,  dass  sie  sich  zum  Beweis  für  die  ursprüngliche  Uebereinstimmung 
ihrer'  Lehre  mit  der  protestantischen  vielfach  Umgestaltung  und  Unterschiebung 
alter  Schriften  nlaubt  habefr.  '     '  ^ 


abliegon,  als  die  Beii(ltziin|r  der  pseudeignatianischeo  Briefe  4s»dk 
4tn  MigeWchftn,.  FM)*4«  ^mi  .M  tV^AatfUMi:  idmlellKMif  oder 
fiM  4?»M  d«r  i«k»oifAti»i«clv*>.fl|MaK*«tit>Dd»  b«)  OflgMiw  ir#ii  4iir 
MMtoiiJ|e<Mtioii:ii«iA0ra0hfirt,  Bs  bit;#ittrilberliiin|it  jilcM.fi«** 
^w4ifft  An»  ß'm  »untaMcliftkeMe^tdi  Mat  utefeMlM  nMh  Mimr 
IPulBt^hmg  kmiCHiU  iMTfird».  lUm  ;AMkiiipl««to«biB jisa  teAei»  mxt 
J6kn  \B9Mm  aucih  la^fifiRtSlil  tl^flitfh  Aitfanc»  /«r  ,ie|tt  «mmwum 
miahWp  lAüimen,  tiind  Mv^mm  »HlUe  .m  Anm  irioht.Mfih  üW  ft(M 
biniAtüt  iverdfft«?  "..  / 

ßiod  wir  UmÜ  Iftr  lUeiBntaokaidii»«  *<^r  liet  Vmtmamf  der 
iAiifMBMff««Qhi€hie  «D  idie  riDnar«^  Meikin^to  venwieMi,  wo  mri  m 
«leb  Urttgßü;  fenihHlt  dieee  J^obriftiNnBei,  wfOelie  e«lw#4^  4ilii  in^ 
4liitijrw  lldKefo  .li«f^rii^  .Ai^8  im  nickt  yop  hißkmy  ochr  dw  ^p«k»- 
H^M,  4#»B  ifiei  :voii  {«MiMiii  >A«4^rn  t^n^ifti««  i«tif  I9  tdfim  /»imn  »j» 
in  idew  .andmv  full«  yrikmn  wk  «fnö(bi«t,  .ibref»  S0tt«l»wiffiMM 
4mi  ^CUmV^h  «n/venifigiHii,  (todet^  »pMib  4iig(ic«i  nl4ktß  '»wrat^g^ 
idiihr,  ^  w«r4fi9.iM4r/aMw  diWftditbf^en,,  Ibmr  «laiytiie«  Au§bi^P 
APid  d^r  i|cif(Ai)icb^  fltob^rttaletfrnikg  :^q  tglnubfip,  iKw  ifviesw  ¥ik 
ym  hnlm  dardbuim,  Aicblis  STAbfffe^i  49m  einzige  tlMa»,  mm«* 
wir  uns  halten  können,  ist  das,  welches  die  Apostelgeschichte  selbM 
an  die  Hand  giebt,  dass  er  ein  Begleiter  des  Paulus  gewesen 
sein  soll.  Die  obige  Frage  bestimmt  sich  daher  nffher  dahin:  kann 
unsere  Schrift  von  t^ineim  Begleiter  des  Paulus,  und  insbesondere 
vjpn  einepn  SpM^b^n  h^rröhren.,  .yii'(elf[>l^^r  .\fk  ,4f(P  Q*  **,  10 — iß.  e. 
m,  .4-*{ft8,  M  .beh«n4e)ten  Zeitcaiuin  io  «einer  aft(A«leBfC[nig4bwig 
gewesen  ist,  oder  linden  «ieh  vagdcehrt  In  ihr  l^re«  'elner^spi- 
tereti  Abfassungszeit  und  «Ines  andern  'Vei'fassers  ? 

Ol»  «erste  von  diesen  Fra^^en  ^a  vjsrneipen,  sind  wir  (jardi 
4)0  Aesf^hA(C6nbe|t  4er  vorUAgejpd^p.(3#iSffhiQbtoe«z<M*lji|iW  befe^h^t- 
iMan  kann  .^war  nieht  iiorwiirtian,  idass  ein  Golflhrte  d«0  AfNistels 
«ber  ulto  die  Vor/ille,  ven  deneh  die  Apestelgescbiehte  belichtet, 
vollständig  unterrichtet  sein  musste.  Was  seiner  Verbindung  mit 
Paulus  vojrangieng,  Jconnte  ihm  i^rossentheils  unbekannt  bleiben^ 
^d  jauch  von  «pilteren  Vo^gjU^gen  konnte  ^r  e'me  ^leilw^iße  ob- 
iMiere  Kunde  «rhaitieH  .bnbeA)  wann  «r  lieht  persOnlieh  dabei  wur; 
diese  MM^en  aber  dtiMh  «aehtffftgliohe  Bricundig «ng  bei  PaubM 
und  andtem  Augenzieugen  aoszuröllen,  konnte  er  fmmeiliin  veMumt 
haben,  wenn  er  nicht  schqn  von  AnCang  au  den  Pl^n  hatte,  eip 
Werk,  wie  das  vorliegende,  zu  schreiben.    Aber  do«h  ist. die« 


VNf  ««wo^n  setai,  uQi  4ie  Wmdet  4f^  Sißßinf.KBfiHeh.Cy.  IST  l^üp 

i^Mn^^  ,wiP  t»l)D  q.  ;81,>Ä0  ff.  ^,  iß  Ä.  ri^rfep  «11«  Awdela  »f»t 

a^j^  die  ^bi^üiiiisab^  A^de  M^  z^  i^SPhßjiD  «o  frtol  «rC^lMW 
Jiiil^a^  ida^  Qr  ^ißjlp^  4pp«ti^l  9i«lit  ia  ,«0  ^i}$r8PK«0)l9iMLf»T  uml 

eiii<h«U  4a  J^as^^l^m  reden  lie^se.  V^^erh^qp^  9f^r  i|iiQ$i^^  ^ 
npjciupr  d^  Gi^iiMl^Atze  jo»4  ^^  V^rMceu  diits  p^u^i  Itlnr^I^i^A^ 
f^tnat  .bj|>eQ^  um  ^in  Vjeu;b»l(Wi  ;i{vip  ejs  Ihoi  »f^^^o'^i  4o)urJif(  ,||^er 
^nalM^  vpn  4eii  Jyidea  UQ^  Ja.(taiM;ibi;isteii'Ziii^«)irpijbf,  <iuij;I#^lj(i||| 
sf^  Mi^'  Ab^r  Mcb  w^upl^ßa  4f|dere  kdwß^  MVlr  ffiißm  ^^ftfirr 
tep  4eiB  P^iriua  k^aw  .z^(l:atteo.  JBjn  M^nn  jen^er  jKeit  ^mi^i^tp  ^doeji 
yw  der  Gle/ssel^lie.,  di^  J^Qb  ,|(ewiss  «ipbt  mif  4ie  J(of;^(bi9|4ip 
jGevuiiode  J^epebcAPkte,  etoe  iipeniiliQre  ISjwde  bi^Mtü,  4i}^  44^^  Jf^  ^ 
IQr  ein  Aeden  in.jti^mdpn  i^pnicliea  JiieH^  11114  ebenso  mffiyelp.tr 

d^wniebtr^tr^ß,  ißenderii  PAuliM^diisJEd^cbt  >der  Aejden^kebfnw 
74fißm  fftto  bewnJ9»te|i  9rmi»^t^  Ml^ß^fi^t  .und  jn  A9>v;«xi<li9fif  ff  e- 
hriiQbt  bitf.  golUe  4aber  jiiM^ve  Sobri»  vw  eifern  Begleiter  4ee 
PawIus  b^rrAhiieP,  JP  J^nt^ß  4(|s  Uqgesj^blehWI^e  Ip  ,dw«H>f# 
4(:ce9flfi$.ajyb^eU«  ^ttr  f«u»  nbailcbtnph^r  Fiktfpji  erfcl^i  \ir.ei(^ii^ 

^^ap  lässt  ejeb  fyßilloti  ^ioht  jo)ile|i^b(bJa  bebe^pten,  eine  der- 
Jirijge  FiJMIpn  ^0^9te.  einem  Aogleitpr  d^s  Paplp«  u^mogliq)!  ^e- 
Wiei^ep  seiii.  Wir  .seibißt  vermatbQP  Ja  ip  vieLe»  Tbeü^  4«<;  AW- 
jP(#}gepeJMfibte  eipe  ten^n^BmMsi^e  IJiparbeitan^  d^r  .Clesc)itq|it<^ 
wprppi  ijmß  die3ft,  kapp  men  fra^^,  einem  .9eitgepQfi;)ep  .di^ 
4ppMeljB  weiliiger  jn(|glicb  sein  soll^iy,  als  e^i^nt  Andern  ?  KQr  .pp^ 
i9t  der  Verfasser   der  Apostelgescshichte,    ab^e^ebep   vpn  fefntr 


464  Di«  Apotitelgescliidit« 

fk/kfUi^  jedeiiMlfl  etoe  «iilielKainiteCtrAsiäef;  treffen  wir  Unn  in  die- 
frei*  Schrift  a%0i<)htlfelie  6eisoli)olil»eriiidiii%,'  so  sbbelnt  es  keineti 
weseotHeheD  fJiMefeieMed  xtt'begtOndeii,"olif  Vrlr  ihren'  UHK^bier  um 
ein  pef^'  Jahrzehende  frAher  oder  spfäter  üetzen.    Indessen  ist  es 
doch  nieht  dasrselbe,  'wenn  dn  defjih^te  des  Pitidas  das  Selbster- 
lebte in)  iMner  Efzähhmg  tim  efne8<  nng^eisdflcMiohen  Z^-et^s  wil« 
len  verflnAert,  und  wehn' fiii6b  i^in  '^pflteret*  dbeb  diese  Freiheit  mit 
einem  aus  derUebMiere^ang  gesfchepften  9to(f  erlaubt  hat     Was 
wir  selbst ''  sehen  und  hören , '  prft^  'firf ch   ans  ungleich  fester  and 
bestimibter  ein,   als  dasjenige,' wovion  nns  nur  Andere  erzählen, 
Von  diesem  erhalten   wir  in  der  Reg'el  ndr  ein  sehr"  unbestimmtes, 
Von  jen^m  ein  bis  in's  Sinzeläe'atisg^eftthrtos  und  im  Gedäeiitniss 
mit  der  Kraft  der  gegenwärtigen  Anschauung;  mit  der' Lebendig- 
keit der  persönlichen  Erfahrung  befestigtes' Bild j  und  mögen  auch 
die  Züge  dieses  Budes  späterhin    theilWetse    wiecier   verblassen, 
nfftf  der  Auffrischung  durch  die  EinbÜdungskraft  bedürfen,  so  wird 
'es  doch  immer  weit  liefef  in  der  Järiniiefung  haften,  ali^  das,'  was 
uns  nur  von  einem  Dritten  überliefert  ist.    In  Beziehung  auf  Er- 
eignisse, die  er  selbst  miterlebt,  oder  atis  der  nächsten  Nähe  be- 
'obaehtet  hatte,  musste  der  Verfasser  unserer  Schrift,  falls  er  Isie 
in  seiner  Öarstellting  ungetreu  wiedergab,   ein  weit  bestimmteres 
Bewusstsetn  von   der  Veränderung  des  Thatbestands  haben,   als 
hinsichtlich' solcher,' bei  denen  ef   nicht  zugegen  war;    das   Mos 
IJeberlieferte  konnte  ihm  weit  eher  als 'ein  flüssiger  Stoff  erschei- 
nen, den  er  nach  dogmatischen  Gesichtspunkten  umzubilden,'   zum 
blossen  TVäger  seineif  Ideell,  zum  Mittel  für  praktisch  religiöse 
Zwecke  zu  machen   sich  befägt  hielt, ^' denn' die  tfebedieferuDg 
wufd^  in  der  Kirche  jeiibr  Zeit  Oberhaupt  nicht  auä  dem  rein  hi- 
stl>rischen,'  sondern  aus  dfem  religiösen  und  dogmatischen  Gesichts- 
punkt betrachtet,  und  AVenn  die'^'Binen  ihre  dogmatischen  Voraas- 
^etzungen  mittelst  unbewudster  Mythenblldnng  in  die  Geschichte 
'der  Vdrzeit  hineinlegten,    so  mochtett  Andere   leicht  auch  einen 
Schritt  Weiter  gehen,  und   dasselbe  iAzweckvöllöin' Pragmatismus 
thaii,   ohne   dass   sie   doch   daniit  lile 'Geschichte'  zu  verf&lscheo 
glaubten ,  "die   sie  ja  Vielmehr ' gerafle  so  erzählten,'  wie  es  ihnen 
dem   christiicheii  Inferesäiei,' mithin   auch   der  Wahrheit,    gemäss 
kMeü.    Nicht '  ebenso  leicht  war  diese  Verwechslung  der  idealen 
'Wahrheit  mit  der  geschichtlichen,  der  dogmatischen  Wünsche  mit 
den  ^hatsacb'eii,  bei  Belbkerlebtem ,'  weit  hier  die  grössere  Stärke 
der  persönlichen  Erinnerung  den  Schriftsteller   bestimmter  an  den 


kein  Werk  des  Lukas.  465 


Wlddiwipmeh  seiner  DArsteUaog  »H  der  WirklioMkelft 
Ji^estf»«.  NttB  ist  es  naeh  allea  AMlogieeo  wahriMcheiBlMMr,  ihiia 
die  neatestamenüichen  Gefloliiehtaeiirmber  ia  4/^r  Umbildang  4Ar 
Ctoaebieht^.,  aaeh  da^  we  »ie  einen  bestioimteii  2Sweek  daadl  ver- 
felgiten,  deofa  nicht  mit  dem  vollen  Bewusatsein  über  ihr  Verfahren 
g;ehandelt  haben,  daaa  sie  nicht  die  klar  bewnsste  Absicht  hattaa, 
dejn  whrkUchen  Sachverhalt  zu  wider^preoben ,  sendem  dass  «ia, 
ohne  kritischen  Sinn  und  ohne  streng  geschichtliches  Intcrasae,  den 
Werth  and  die  Wahrheit  einer  Geschichtsdarstellung  nnr  naob 
ihrem  dogmatischen  Charakter  und  ihrer  religiösen  Wirkong  bear- 
iheilend,  die  überlieferten  Stoffe  mehr  in  der  Weise  and  mit  dmr 
Freiheit  des  Künstlers  behandelten,  den  Widersprach  aber^  in  d#p 
sie  hlebei  mit  der  wirklichen  Geschichte  gerietfaen,  eben  ans  Man«- 
gel  an  historischem  Sinn  nur  sehr  uuvoliatändig  bemerkten  ^)*  Da 
nun  eine  derartige  Umbildung  der  Geschichte  einem  ferner  Ste- 
llenden weit  eher  möglich  sein  musste,  als  einem  AngenzeageBi 
ao  ist  es  schon  nach  dieser  Seite  bin  angleich  wahrsoheinUcher, 
dass  unser  Verfasser  ein  Späterer,  als  dass  er  ein  Begleiter  dea 
Apostels  Paulus  gewesen  ist. 

Alles  dieses  gilt  natürlich  in  verstärktem  Maasse,  wenn  statt 
des  Lukas  ein  Timotheus  oder  Sila3  zum  Verfasser  d#r  ApeataU 
gaschiehte  gemacht  werden  soll,  da  diese  ia  noch  lAngarem  ond 
vertrauterem  Verkehr  mit  Paulas  standen ,  t^U  janer.  Ist  es  aap 
wahrscheinlich,  dass  Lukaa  so  Manohes  von  dem  geaebrieben  babap 
Boüißf  was  unsere  Schrift  mittheiit,  so  ist  es  noch  aawabrapbaiiir 
Hoher,  dass  die  ungeschlchtllcbea  Berichte  über  die  Ma#  e»  $$j 
^7  tt.y  über  das  Apostelconcii ,   über  den  Vorfall  In  PhUippii  im 


*)  Dass  eine  solche  Selbsttäuschung  möglioh  sei,  kann  uns  freilich  unglaublititi 
erscl^einen,  indessea  giebt  die  Geschichte  der  Helikon  «ad  Theologie  in  alter  md 
neuerer  Zeit  unzählige  Beispiele  von  einem  ähnlichen  Verhalten  zum  historifcji 
üeberlieferten.  Wir  brauchen  die  Belege  nicht  einmal  aus  der  Geschichte  der  M|8UJi 
oder  der  Gnosis  zu  nehmen;  wir  brauchen  auch  nicht  auf  die  Behauptungen  der 
akerea  Orthodoxie  ti^er  den  Inhalt  der  Bibel,  oder  auf  die  neutestamenlliche  tititl 
patristisiche  Sckriftauslegung  zu  verweisen,  so  klar  e»  «noh  ist,  daaa  deijenige,  wel- 
cher dem  offenbaren  Wortsinn  der  Schrift  um  eines  doatiiiiUßch^  lltoce^aes  wJXkP 
Gewalt  anthut,  aus  demselben  Grund  ;^uch  der  sonstigen  Ueherlieferuog  »Gewalt  an- 
zuthun  sich  nicht  bedenken  wird.  Die  Beispiele  liegen  noch  'näher.  .Oder  ^ehDrte 
mehr  dazu,  dass  ein  Lukas  oder  Johannes  die  Differenz  ihrer  Darteilung  von  der 
wirklichen  Geschichte  übersahen,  als  wenn  in  unserer  kritischen  Zeit  unsere  philo* 
sophirenden  Orthodoxen  den  Widerspruch  der  acheliing'schen  und  hegerschea  oder 
schleiermacher'schen  Sätze  und  der  neutestamendichen  Aussprüche  übersehen  haben? 

30 


466  Abfassungsieit 

filia«,  dass  die  aoglnubMeke  Mittheiliing  Aber  die  Beschneidang  des 
Timotheas  von  ihin  selM  herrOfaren  sollte,  des  Uebrigen,  was  doli 
Jedem  darbietet,  nicht  zu  erwAhnen. 

Bs  fehlt  aber  aooh  nioiit  an  positiven  Sparen  von  dem  spAterea 
Ursprong  der  inicanischen  Schriften.  Der  Prolog  des  Bvangeiiwns 
setsi  bereits  daft  Dasein  einer  zahlreichen  Bvangelienliteratnr  vor- 
aus. Nun  sind  wir  freilich  Aber  die  Geschichte  dieser  Literatar 
im  Einzelnen  za  wenig  unterrichtet,  nm  den  Zeitpunkt,  von  wo 
all  eine  Vielheit  von  RvangeÜenschriften  vorbahden  war,  genan 
'^  bestimmen;  doch  ist  es  nicht  wahrscheinlich,  dass  diese  Ans- 
%ilBitang  der  evangelischen  Oescliiehtschreibang  schon  dem  aposto- 
lischen Zeitalter  selbst  angehört,  denn  theils  musste  das  Bedttrf- 
liiss  schriftlicher  Evangelien  erst  dann  in  allgemeinerem  Umfang 
erwachen,  als  die  Generation  der  anmittelbaren  Schaler  Jesu,  aas 
deren  mAndlicher  Ueberlieferang  man  zuerst  schöpfte,  allmAhlig 
'  aasstarb,  theils  setzt  die  Vielheit  solcher  Evangelienschriften,  bei 
der  wesentlich  dogmatischen  Bedeutung  derselben^  auch  eine  Viel- 
heit dogmatischer  Richtungen  voraus,  wie  sie  sich  schwerlich  schon 
in  dem  apostolischen  Zeitalter  entwickelt  hatte,  das  erst  dorch  den 
einfachen  Gegensatz  des  Judenchristenthums  und  des  Paolininmns 
gespalten  war.  Und  auch  Lukas  selbst  bezeichnet Jseine  VorgAn- 
ger  nicht  als  unmittelbare  SchOler  Jesu,  sondern  als  solche,  die 
-MS  der  Uebejrliefemng  dieser  Schttier  geschöpft  haben:  „Viele 
liaben  versacht,  die  evangelische  Geschichte  zu  erzfthlen,  wie  ans 
dieselbe  von  den  Äugenzeogen  überliefert  worden  ist'*,  hiebei  ist 
Aoch  wohl  vorausgesetzt,  dass  die  vielen  Erzähler  nicht  selbst 
Augenzeugen  gewesen  sind.  Wenn  aber  schon  Viele  aus  der 
nachapostolischen  Generation  dem  Lukas  als  Schriftsteller  voran- 
giengen,  so  werden  wir  ihn  selbst  entweder  erst  in  die  zweite, 
oder  höchstens  an  das  Ende  der  ersten  Generation  nach  der  apo- 
stolischen  setzen  dürfen.  Bestimmter  verweist  uns  in  diese  spAtere 
Zeit  die  Behandlung  der  eschatologischen  Reden  Jesu  bei  Lukas. 
Zwar  hat  man  gerade  in  diesen  Reden  den  unumstOsslichen  Be- 
weis dafür  finden  wollen,  dass  die  Verfasser  des  ersten  und  drit- 
ten Evangeliums  nicht  nach  dem  Ende  des  apostolischen  Zeitalters 
geschrieben  haben,  i)  Denn  da  nach  L.  21 ,32.  9 ,  27.  Matth. 
24,  34.  16,  28  die  Parusie  Christi  vor  Ablauf  eines  Menschen- 


0  Der  sächsische  Anonymus  in  dem  mehrerwähnten  Sendschreiben  an  Baor 
S.  34. 


der  Apostelgeschichte.  467 

m¥eiB  erfolgen  sollte,  se  mlisseu  diese  Stilen  und  die  betreflieoden 
Bvaagellen  tlkerhaapt  niedergeschrieben  sein^  ehe  der  Brfolg  dieüe 
Weiseagang  widerlegt  hatte,  also  in  den  ersten  30—40  Jahren 
nach  dem  Tod  Christi«  Indessen  hat  Banr^  überzeugend  nach'» 
gewiefiien,  dass  es  durchaus  nicht  noth wendig  ist,  die  ysveäy  vol* 
deren  Verfluss  die  Parosie  eintreten  soll,  auf  einen  Zeitraum  von 
80 — 40  Jahres  zu  beschränken,  dass  dieser  Ausdruck  auch  das 
mensohliche  Lebensalter  in  seiner  llingsten  Dauer,  ein  römisches 
Sfteulnm,  oder  ehie  Zeit  von  100  — 120  Jahren  bezeichnet,  dass 
die  Stellen  L.  9^  27.  Matth.  16,  28  durch  die  Worte:  Tiveg  %f3v 
äde  katdiroiv  selbst  auf  diese  Bedeutung  hinweisen,  dass  auch  in 
späterer  Zeit,  bis  auf  Träjan  und  Hadrian  herab ^  di#  yevece  der 
Zettgenossen  Jesu  als  noch  nicht  ganz  aasgestorben  betrachtet  wird, 
und  mag  auch  die  Weissagung  Malth«  24,  34  ursprflngllch  einen 
ftUheren  Eintritt  der  Parusie  im  Auge  gehabt  haben,  so  war  doch 
eki  später  sehreibender  Evangelist  durch  nichts  gehindert,  sie  im 
weitesten  möglichen  Umfang  zu  nehmen«  Derselbe  Gelehrte  hat 
aber  auch  mit  Recht  bemerkt,  dass  gerade  die  Fassung  jener  es«- 
ohatologischen  Reden  bei  Lukas,  in  ihrem  Verhältniss  zu  der  des 
Biatthäus,  die  Erwartung  einer  baldigen  sichtbaren  Wiederkunft 
Christi  unverkennbar  zurOckstellt.  Dass  die  sichtbare  Parusie  selbst 
dem  Lukas  fremd  sei,  mochte  ich  zwar  wegen  c.  21,  27  nicht 
«agea,  um  so  auffallender  ist  aber  das  Verhalten  des  Lukas  zu 
allen  den  Aussprüchen,  welche  die  Nähe  der  Parusie  betreffen. 
Während  Matth.  16,  28  geweissagt  wird,  einige  der  Anwesenden 
sollen  nicht  sterben,  ^cog  Sv  Hdcoov  tov  vlov  rov  av&Q(Anov  iq%6' 
fievov  iv  rfj  ßaaiXslty  avrov,  so  heisst  es  statt  dessen  bei  Lukas 
4>,  27  blos  unbestimmt:  h'iog  Sv  idcoat  ttjv  ßaaiXelccv  zw  ^dtov^ 
während  Matthäus  26,  64  Jesum  erklären  lässt:  aTtdQTi  o^ea^e 
tov  vlov  rov  avdqumov  xa^tjinevov  ix  de^itSv  rijg  dwdftswg  xal 
igXOfiBvov  inl  xwv  vecpsXcSv  tov  ovqovov,  so  sagt  er  L.  22,  60 
nur:  dno  tov  vvv  toxat  6  vL  t.  d,  xadTj^svog  ix  de^iwv  Trjg 
dwäiiiscog  rov  xkov,  von  der  demnächst  bevorstehenden  Wieder- 
kunft auf  den  Wolken  schweigt  er$  sehr  bezeichnend  ist  endlicli 
die  Umbildung  der  von  Matthäus  c.  24  berichfeten  Reden  im 
Slsten  Kapitel  des  Lukas.  Gleich  das  Thema  der  Erörterung  wird 


^)  TheoL  Jahrb.  1849,  316  ff.,  wozu  Hilgenfeld,  die  Ev.  Justin's  u.  s.  w. 
S.  36Y  f.,  und  meine  kleine  Abhandlung  Tlieol.  Jahrb.  1852,  299  f.  noch  einigt 
weitere  Belege  hinzufügen. 

30* 


466  Abfntit<ung8zeit 

von  LttkM  anders  betthuH,  als  vm  «eiOMi  Vergftnger : 
Jmus  die  hevorsMiende  aStretemnf  de«  Tempeto  anfekMdIgt  hat, 
Aragao  die  AposM   Mattk.  24,  0:   ^vrir«  rat^a  Sarai  ntxi  tI  %d 
atifidov   fTjfe  c^^    Tta^ovolag   tcai   tijg   avftslilag    rov  mävog; 
Lukas,  V.  7,  Ifisst  sie  stait  dieser  »Weiten,  anf  die  Pamsi«  bea«g- 
Iteben  Frage  mir  die  erste  mit  andern  Werten  wMerkeien :  ri  to 
a^jUcEoy,  önceif  fiilh]  raCta  yhecSat.    Demgemftss  kezieill  sink 
aoek  die  Antwort  Jesn,  welcke  kei  MatthAas  die  Slerstarimif  Je- 
rnoalems  nad  die  i*ara.sie  als  zwei  nake  mit  einander  vetkmMpitt 
Breicaisce  »uarnmenfasst,  bei  Lukas  nanftchst  nnr  auf  die  Zer* 
«lomng  Jemsaiems,  und  w&krend  er  diese  bestimmter  als  die  des 
Jakrs  70  beneicbnet,  so  Idsst  er  dagegen  die  Parasie  immer  nnr 
kl   «nlfemlerem    Ausblick    erscbeinen.     Bei   Mattktes    entwiekeit 
aiek  die  Weissagung  so:  Als  Vorseieken  der  Parasie  (uqx^  cüi" 
nffo»  V. «)  wird  Kriegs-  und  Hungersnetb,  8euoken  und  BMbeben, 
und  gleiekseltig  (töts  V.  9)  heftige  CiuistenverAilgiing  erwarlei, 
Idsolte  Propheten  soUen  auftreten,  und  das  KvangeHum  sott  allge- 
mein verkendigt  w^erden,  nai  rore  ijiH  t6  ziKos  (V.  14).    Msae 
lotete  Katastr^>be  selbst  beginnt  mit  der  Bntweiknng  des  Tempds, 
weleke  Daniel  geweiisagt  bat,  wenn  diese  eintritt,  soU  sieb  Alles 
Mekten,  denn  dann  soll  CV.  91  fO  eine  Notk  seki,  wie  keine  je 
"staT)  noch  sein  wird,  eine  Notk,  in  der  das  ganze  Mensobeuge- 
sehleekl  iTiaaa  e«^)  umkommen   wQrda,   wann  ihre  Dauer  niekt 
um  der  Chiristeu  willen  verirtlrast  wttrde*    Unmittelbar  daravf  aber 
(piSime  iuMva  tijv  diXx^iv  ttSv  rjus^cSr  ineivwv  V.  dll)  s^  sieh 
Senne  und  Mond  verfinstern,  Sterne  sollen  vom  liim«el /alteui  und 
4er  Messias  in  den  Wolken   erscheinen.    Nach   der  Dasatellang 
des  Lukas  sollen  die  ChristenverfMgungen  (V.  Ift)  den  Krisen, 
Seuelmn  u.  s.  f.  vorangehen;  die  Zeit  der  letstoren  srkrd  flieht 
niker  bestimmt,  soll  aber,  wie  es  sokeint,  dnirok  die  WegjUssung 
isr  Werte  Maltb.  24,   8   (:cav%a  u^xv  ^i^v)^  dnd  durek  die 
Vnterbreobung  des  Zusammenhangs  uwischen  V«  9  und  10  (wo 
Lukas  das  709  des  Matthftus  streioht  und  4arar   tote  tlsyw  «t- 
tcXg  elnsdiaMet) ,  tiefer  berabgerOcJrt  werden,  s«s  bei  MatthMsi 
alatt  4aes  sick  Mnttb«  24,   16  ff.  unadlteUmr  w  die  «atiireikuig 
den  Temtels  diu  Pamsie  als  ela  Tkett  des  %üd9s  V.  14  imsrWieutfi 
sagt  Lukas  V.  20,  die  Worte  tote  fj^ei  rd  zilog  auswerfend, 
nur:  oTccv  di  idfjte  Hvxlovfiivfjv  vnö  ozQcccoTtkdayv  xijv  'isQOvaa' 
^f^  WS  ^me,  ou  ^yyix&f  ^  iqiqiAiaovg  avTtjjs»  blerauf  er- 
folgt die  Ermahnung  zur  Flucht  und  die  Sohilderu^g  der  Nothzeit 


der  ApMtelgeschichte.  469 

MalM^  wit  beiMfttthänfl,  ibar  wüiraDd  dleier  lite  Mott  al«  ete 
gHK  «HgcmriM  iMsohfiabeit  hatt»,  wird  ato  MB  LoIbm  Bf^M 
Mf  iB«  Jadan  hemgm  0,  md  wm  eimiohal  mt  sie  Mg«,  fad  V. 
ad  nt  die  JSerBtoriuiff  Jentsalem»;  n«iib  dieaer  aoM  (atett  daa:  ev- 
^^^  Mittk.  M,  S9)  BOck  iiMlingtre  SWt  verffohel^  U*  die  P«^ 
riffde.  der  heidniachen  UewnthUi  ibi^elavTem  iel  (o^  Tthj^düoi^ 
xmQol  i^vuiv  V»  24) ,  ud  daiB  erst,  li  ein««  aialil  »ilieF  be- 
fldiMiIra  Zettprakt,  aeU  die  Pinnrie  ehUreteii,  V.  !I5  IT.  Deaa  wir 
mM  «ber  dteaea  2Mtp«n1it  sieht  z«  nahe  daskeii  dor/e»,  b^t  der 
Sveagelial  aoheii  V.  8  aoageaproalieii,  we  er  der  WeniQiff  dee 
Metlbtos  vor  den  feletboA  Meaaiaseii  endi  die  Wanieiig:  «er  neber 
Bnmtaag  dea  WeUendea  belfOgt  {itökkok  iXsvmw^m . .  Uymrtgf 
oVe  ifd  dfic  xal  6  xctcQos  ijyyt^näyi  üdr  deMelben  Sweelc 
het  er  ja  aach  aehon  Mlbea  (19,  li  It)  dtoPerdM  mn  den  »»f 
v^ntmolec  Talevlen  beofltat,  indem  er  üw  V.il  die  aaadlNiollliebe 
Beelimienng  giebl,  die  VonKeMug  vm  elnaa^  alahaUi^eii.  Bielrit^ 
dea  Qeiteereioba  an  widerlefe»,  wmd  ao  dem  Knde  a«adrOofclMi 
herveriiebt,  daaa  der  chiSg^Mog  shym/g  ia  eis.  weit  enHegeMe 
Land  verreiat  aei^),  nnd  elienae  klaal  er  Jaaiia  Afi#.  i,  «  ft  der 
lÜeiwBg,  ala  ob  das  Meaaiaareieh  so  aobaeH  au  epwiuten  aeiy 
dMMA  eine  Braabnang  zur  Cledald  vorbeugen.  Naoli  #Uem  ditmem 
fcaaA  ef  die»  /^veo,  vor  deren  Ablaof  AUea  geaoheben  eolle^  nnr  ift 
det  weileaten  Anadebnnng  dea  Werte-  geaeaM^n  iMben»  wenn  m 
wkäi  mm  Bude  diesen  Anaspmeh  gar  «eben,  dneidi  irgend  eine  vo» 
de*  Aualegongen  umdentete,  ailt  denen  man  ihm  apftter  «aacbddr 
Hab  genaobt  bat.  Jedeafalia  lal  die  fiwrglall  Mverkennbar,  dia 
er  ^««wefidet,  nm  die  Parnsie  daiati  ^eiiar  biaanaKnrOelcen ,  9i9 
Mattbiab»  nie  von  dem  atraTgarfelil  ttbar  Jermaalem  beflümal  lea^ 
atttrennen,  und.  üe  erat  längere  Zeit  naeh  dieaem  Breijgniaa. «ki^ 
MteB  na  taaaen.  Diese  aeixt  aber  verana,  daaa  er  erat  in  eiaef 
Zeit  gaa^brieban  hat,  in  der  die  Zei|#6fttDg  leniaal^ma  aeben  in 
einiger  Keme  l^Ti  »^  ^  Natbwendigfcait  viebt  mehr  an  Uapieii 
war^  Aok  den  Waiteade  dmcli  vMe  Jahre  von  ihr  getrennt  nnr 
denke94  daaa  dan  ie|  anob  aoini  dar  dni^dl«ingige  Verlanf  dieaer 
eanhitqlailaebM  liewaciin«e«  ^  dea»  ihe  Ziel  nta  weiter  binnnage^ 
iMktymsie^  ei»  ia  die  .Mabate  flMimiA,  und  daaa  Mn  sieh  arat 
apife  an  dtnt  «fdMkan  eincav  Mngeren  gieaebkbilioben  Entoielilnttg 


•)  V.  %^:  $<t^m  y«^  apayntf  ßtsftU-fh  ^^i  tf«.  Tftfi  mm   S^4  »V  *«<*  rpvT^. 
3)  8.  Baur,  Unten.  Ober  d.  Ev.  S.  408  f. 


470  AbfassnDgBieit 

des  Ciiri0t»iitfainM  lof  der  Brde  gewöhnte»  let  es  ans  schoa  M 
Metlhiliifl  niiv^rlceimbir,  dass  seine  FassiiDg  der  esehnteiegiflelMn 
B^de»  wedor  ror  nech  euch  nnmHtetkttr  naeh  der  Ztcrskörung  Je- 
rusaleBB,  sondern  mir  in  die  Zeit  zu  verlegnen  ist,  als  sieh  diese 
Stadt  sehen  nicht  mehr  ganz  knrsB  in  den  HAnden  der  Rdmer  be- 
flind  (denn  sonst  wArde  er  wohl  die  Paroaie  an  ihre  ZerslOrvng 
selbst,  niefat  an  den  Zustand  der  Verwüstung,  ^aa'  ßdikvyfia  Tifg 
EQij^tdaewg  V.  15  anknüfrfen),  so  mnss  Lukas  sein  Evangelivai 
noeh  später  verfasst  haben,  als  bereüs  eine  Uiijg;ere  Zeit  (xaiQoi 
21,  24)  seil  dem  Utttei^ang  desTeppels  verstrichen  wm".  Wolloi 
wir  daher  die  einzelnen  Fristen  nicht  zu  kurz  setzen,  so  werden 
wir  fdr  die  Entstehung  des  Bvang^hinis  wenigstens  bis  eum  An- 
fang des  zweiten  Jahrhunderts^  vielleicht  aber  auch  um  ein  oder 
zwei  Jahrzehende  weiter  heral>|;ehen  mfliisen^* 

In  der  Apostelgeschichte  selbst  sind  es  luroptsA^httch  sw«i 
Ztlge^  welche  auf  eine  'spftlere  ^Abfassungszeit  dieser  Sohrtft  hin- 
weisen. Einmal  st;heint  sie  eine  Sagenbildung  vorauszusetzen^  die 
weder  der  apostolischen  noch  auch  der  unmittelbar  darauf  folgen« 
den  Zeit  angehören  kann,  und  sodann  macht  ihre  gan^e  Tendenz 
eine  längere  Entwicklung  der  Oegensötze  wahrscheinlich,  mitderm 
Ausgleichung  de  bemüht  ist.  Der  erste  von  diesen  Zagen  crglebt 
Sich  schon-aus  der  Parallele  zwischen  Paulus  und  d^n  Urapostdn. 
Wir  haben  Hrüber  gesehen^  dass  diese  Parallele  nicht  in  dem' ge- 
schichtlichen Thatbestkind  selbst  begrOndet  ist,  sondern  nur  ai» 
einer  'absichtliohen^^^fleichbildung  beider  Se^en  sich  erklärt.  HIebd 
füllt  nun  allerdings  bei  einem  Theil  der  Brz^lungen  die  grassere 
Uasprflnglichkeit  auf  die  paolinische  Seite:  die  Verfolgung^ge^ 
schichten  c.  8—^6  sind  wohl  nur  aus  dem  Wuqs^  entstanden,  dm 
vielen  Leiden  des  Paulus  ihr  Gegenbild  bei  den  Uraposteln  zu 
geben,  und  in  der  Clescbichte  der  Letzteren  ist  die  Erzählung  «les 
iiw&itten  Kapitels  die  einzige  dem  Verfasser  durch  die  Ueberlle^ 
ferung  gegebene  Verfolgung:  ebenso  kenn()en  wir  in  der  BelselH 
rung  des  Cornelius  nur  eine  NachMldung  der  panlinisinhei  Heiden-- 
inission  erkennen.  Dagegen  scheinen  die  petrinischen  Vi^under 
wirkUch  das  Vorbild  der  paoliuisehen  gewesen  zu  sein,  denn  tlRils 
Preisen  überhaupt  diese  Wundc^erzählungea  mehr  auf  dcäa  Bbtten 
des  wnndersnchtigen  Jadenchristenthums,  theils  bargt  bei  der  Hei- 


')  Was  Lekebusch  S.  4^3  f.  gegen  die  obige  AusföfaruDg  bemerkt,   werde 
ich  unbeantwortet  lassen  dürfen. 


jler  Apostelgeschichte.  471 

laag^derTabitbA  die  Mber,  S.  177,  ntg^zelgU  VtberebäB^vumwt' 
wM  ^em  pelrioholieii  Markaeevanirelliiiii  auch  dann,  wenn  aar  eiaa     -7^ 
voif  saiaea  Oaelleaaohriftea  hier  beatttst  ist,   bei  der  Brzfthlaag' 
vom  Migier  Simoa  ihr  Za«amnienhaag^  mit  der  Simoassage  Jostia*« 
immI  der  CleBieatiaea  far  ihrea  judeachristliohea  Urspmng.    Aaeh 
lEoaiiile  aaHer  Verfasser,  seiner  gaaxea  Teadeaz  aaeh,  kein  later-' 
ease  haben,  pelriaisohe  Waader  zu  erfinden,,  ein  Uebersehass  paa« ' 
Jittieeher  WnaderlhätiglEeit  hätte  ihm  vielmehr  zar  Yerherrlichang^ 
aaiiies  Apostels  aar  willkommea  seia  koanea;  weaa  er  daher  doch 
eiM  bedealeade  Aazahl  solcher  Wunder  berichtet,  so  hat  es  zum 
Voraus  alle  Wahrscheiuliehkeit'  für   sich,    dass   ihm   diese  sohoa 
davcb  eiae  petrinische  UeberUefernag  an  die  Haad  gegeben  warov. 
Diese  Ueberliefemag  ist  aber  wohl  schwerlich  so  gaoz   frühen' 
Ursprungs.    Bfaa  beachte  in  dieser  Be^dehang  naaientliclp  die  Si- 
laonasage  uad  die  BrzAhluag  vom  Pfiagstfest«   Aus  der  wirklichen, 
im    apostolischen  Zeitalter   vorkommeaden  Cllossolalie    konate   eia 
Redea  in   fremden  Sprachen   erst  in  einer  Zeit  gemacht  werde«, 
als  i^cht  blos  die   gegenwartige   Anschauung,  sondern  auch  die 
lebtedige  Brinaernag  an  dieses  Charisma  verschivunden  war,  oder 
al«  wenigsteas  das  apostolische  Zeitalter  ferne  genug  lag,  um  ihm 
eiae  wweatlieh  aadere  Erscheinung  desselben  zuzutrauen,  als  der*' 
Foigeaeit,  and  diess  um  so  mehr,  da  unser  Verfasser  diese  €llos- 
sdaMe  htohi  etwa  aar  bei  der  Geistesausgiessang  des  Pfiagsttags,  • 
soadeni  auch  bei  der  Bekehrung  des  Cornelius  und  der  Taufe  der 
Jehaäaesrianger  eintreten  Iftsst,  da  er  mithin  das  Redea  in  Aremden 
Sppaohea  0  ^^r  die  regelmassige  Form   des  Charisma  in  der  apo- ' 
stoMschen  Zeit  gehaltea  haben  muan.   Diese  Vorstellung  konnte  sich 
ytM.  erst  längere  Jahre  nach  dem  Ende  dieser  Zeit  selbst  bilden.' 
Bbeaso  verhftlt  es  sich   mit  der  Simoassage.     Wir  sind  allerdings 
üb4r  das  Alter  und  den  Ursprung  dieser  Sage  selir  unvollständig 
uat^rrichtet,  aber  das  ist  jedenfalls  hCehst  wahrscheinlich,  dass  sie 
nicht   erst    aus   der  Stelle   der  Apostelgeschichte    entstanden    ist. 
Schon  ihre  literarisch  nachweisbare  Geschichte  zwingt  uns  zu  dieser 
Anaahme.     Hat  auch  der  letzte  Ueberarbeiter  der  clementinischen  ' 
Recogaitloaea  uasere  Schrift  beaützt  (s.  0.),  so  ist  diess  doch  vdn* 
deai  aatipauliaischea  VerAisser  der  Homiüen   nicht  wahrscheinlich, ' 
uad  aocfa  viel  weaiger  voa  dem  Urheber  oder  den  Urhebern  der- 


*)  Dass'  er  auch  bei  der  späteren  Glossolalie  nur  an  dieses   denken  kann,  ist 
ftciiob  S.  9ii  bemerkt  worden. 


472  ÄhfassungAzeit 

imigm  GkMIteB»  weiche  newobl  deii  ünMIen,  ils  den  BoMgif. 
ttaaen  mu  Gnisde  liegen.  Dem  aber  eueh  icImii  dieMi  die  ^er- 
•e»  des  Magiers  aiobt  fehlte,  eteht  aneeer  2weiM.  Aueii  i»  J«* 
•litt'e  Beriehl  iet  Icein  Zog,  der  auf  die  Apeatelgeeciiiehte,  ale  seliie 
Oneile,  «irflekwiese,  aud  in  der  Apoetelgeeohiobte  eeibet  icottniett 
wir  U0  die  AnAiahnie  dw  Erssählaag  ven  Simon  nur  dann  erid4- 
ren,  wenn  sie  der  Verfasser  in  der  jadenelirisUieheii  Uebeiiieferang 
bereiUi  vorAind.  Wenn  voliends  unsere  frohere  Veranthong  Qher 
de»  Ursprimg  und  die  Bednatmg  dieser  Sage  eiaigen  Grand  hat, 
se  mOesen  wir  annehmeii,  daes  diesdlie  bei  den  Bi^ienileii  «cImm 
aUgsmebi  verbreitet,  nnd  Wohl  auch  in  Sebiifteii  niedergeiegt  war^ 
ain  sieh  nnser  VerAisier  verat^asst  fand,  sie  kq  bemckeiehtigen. 
ifiine  selche  Aasbildong  der  Sage  braooht  alier  iwnier  längere  Seit, 
nad  da  nnn  deeh  anoh  Ihr«  Bntstehang  kankn  fl-olMr,  ala  gegen 
daa  Bude  des  apostolischen  Zeitalters,  denkbar  ist,  se  fOitit  me 
dieses  Meritmal  für  die  Ahfassnng  der  Apestelgaschichte  mit  Wahr- 
soMnlieblceit  in  das  aweRe  Jahrhundert 

Aueh  die  ganze  Tendenz  unserer  St hi ift  verweint  sie  in  ein 
sptteres  Stadium  der  lurchl  Bntwicitiung.  Bin  se  dnrehdnrii- 

toi  Versuch  der  Vemittinng  jswlschen  den  kirehliche»  Parlheien 
imar  wobl  l^anm  frttber  möglieh,  als  nnehdam  dieaa  Paitbeistt  aeihst 
sich  lungere  Zeit  mit  einander  gemeasen,  die.  wesentlieheni  fitieü» 
punl(te  9!M  klarem  Bewusstsein  herausgearbeitet',  das  Gsneinsaflie, 
worin  aie  übereinkamen,  in  seiner  Bedentnng  na  evhennen  hegnn* 
nen  hatten.  Das  mt  wenigstene  auch  sonst  der  dang  soloher  Vat- 
theiverhandiungen ,  dass  zuerst  der  Oegensata  der  Riehtungen  mm 
Stärksten  betont,  dpa,  worin  man  flberein#tfmmt ,  am  Meisten  m- 
rtlckgestellt  wird,,  und  dnss  erst  im  weitern .  Verlaufe  die  Gegen- 
s4tze  sich  allrnftlig  abstumpfen,  die  gemeinsamen  Zwecke  and 
Vors^nssetzupgen  deullicber  hervortreten,  vermittelnde  Bestimmun- 
gen gesucht,  Friedensvorschlage  und  Zugeständnisse  von  beiden 
Seiten  gemacht  werden.  So  werden  wir  uns  auch- den  Verlauf 
des  merkwtlrdigen  Partheikampfs  in  der  urehrisUicfeten.Kirehe  ver- 
stellen mQssen,  und  wir  sind  auch  nicht  von  eMen  Belege«  Mr 
die  Riehtigkeit  dieser  Vorstellung  verlassee.  ^i^  sQhrag  «Ifke«^ 
sieh  Anfange  noch,  trot;^  der  Uebereii^l^uAft^  n$  JeiriisaJ#im  4ih  P4je- 
theleo  gegentkber!  Wie  wenig  ist  noch  von  gegenseitigeii  Xif(e- 
ständnissen  die  Rede,  wenn  einerseits  Paulus  das  ganze  Princip 
des  Juden  ehr  istenth  ums,  die  fortdauernde  Gültigkeit  des  Gei^etam, 
ohne  alle  Binschränkung  verwirft,  und  Jedem,  der  an  Geeet^  und 


der  Aposteigetohichte.  473 

ueüaiig  D09i^  fettiiair,  etaiea  Astfaell  an  eliri8(fi«li«M  BUb-- 
stMnrtsioli  aihiprielit  CCtel.  9,  10«  5,  9  f  «  u.  0.),  wmitt  audererflell» 
dkt  Jadflnebristeii  von  der  Parthei  des  Jakekw  de»  UtefteeebafUcH- 
ne»'  die  Anerkennuni^  ale  GlaabeBsg^eaeen  verwelifeni  (ßM.  f , 
tl  tf.)i  w^*^  ^^^  gleiche  Parthei  de«  Heidenapeatel ,  wie  wir  awa 
dmi  KoriHtherhriefea  adhen,  gar  nicht  als  Apostel  gelten  fAaacü 
weUle,  wenn  der  Apostel  Johannes  in*  der  Apokalypse  C^.  9.  9)f 
«lie  paoltaiisehe  Sitte  des  Oetssenopiertolsohessens  and  die  Ueher^ 
trettiiig  der  mosälsolien  Bhegesetze  (die  TTo^re/of)  als  eine  Tettfela-' 
iehve  uitxdoo  geUssigsten  Nanen  heselehnet!  Kein  Chrisleilhim 
iai  Jodenthnm,  ist  das  Losungswort  anf  der  einen  Bette,  kein 
Ohiistenthnni  ansser  dem  Jndentham,  anf  der  ändert;  «ad  wImI 
lumh  dieser  letzter»  i^randsatK  sehon  in  der  Apokalypse,  ja  aohen 
bei  des»  Vertrag  in  Jerusalem,  Gal.  2^  9,  so  weit  gemildert,  dnea 
die  Thatsache  der  Heidenbekehrang  anerlaiut  wird  (Apok.  7,  t^ 
ff.'),  .aa  Bollen  doch  die  bekehrten  Helden  usi  so  mehr  an  die  Ge« 
haHitelie  de»  weilern  Proselylenthums  (Enthaltmig  vom  Ootseen* 
o|MrAelsfih  ond  ves  der  noQVÜa)  gebunden  sein,  und  nur  dl# 
Jvdenchrlsiett  werden  ahs  der  eigenfliehe  Stamm  def  ehrtstliehett' 
TbeekrMie  anerkannt  (Apok.  7,  1  ff.  i4,  1).  Blne  etwaa  gr<Mh* 
sere^  AniMthervng  der  beliden  Theile  inden  wfar  sehen  Im  Bhrfter- 
und  Jafcebnabrief  0 ,  aber  doch  tritt  der  Oegensat»  dmellen  hier 
noDk  .entschieden  in  dban  Vardergnmd,  und  während  in  der'  Ape^ 
sl^lgisobiebte  den  Partheien  ein  frtefttlehes  Nebenelnanderbeitehe» 
vergeseh}fgen  wird,  macht,  dort  noch  jede  derselben  den  Veesoeb, 
4ia mdere,  wenn  aneh  unter  flieilwelsem  Eingehen  auf  Ihre  Idee», 
auanaeUiessen  ^).  Aebnlieh  verhftit  sich  der.  angebüdbe  Brief  iea= 
BarnehM  «am  Judenohiiatenthttm.  Nun  lAsst  sidi  freilieh  4»rohans 
nicht   behaupten,   dass  eine  vermittelnde  Schrill^    wie  die  Ape« 


*)  S.  Schwegl^r,  Nachap.  Zeit.  II,  315  i^  \y  444  f.  ,' 

*)  Jedenfalls  ist  daran  nicht  zu  denken,  dass  die  Judenchristea  m\i  der  Zei;- 
stüning  Jemsalems  „aus  ihrer  Nationalität  heraus  auf  die  Seite  der  Heidenchristen 
geapeten*  waren  (LeliebliscK  S.  367),  dtss  sie  seit  dieser  t^\i  ifaref  Mebrniht' 
nacU  aaf  QMetx8il>eo!bochtnDg  and  BesobaalduDS  «Arzicbtet  bitten  ^  wi«  mta  dia|^ 
freilich  ij^nnuir  npoh  vyilfoch  ohne  alle  gescliiel^tlichen  Beweise  aanimint  W^  MIH 
in  diesem  Fall  der  strenge  Judaismus  um  1^0  noch  die  Bedeutung  h^eg»  )(ön9J9(i, 
welche  sich  aus  den  Clementincn  und  Justin  (s.  u.  S.  478  f.)  ergiebt,  wie  wäre  die 
Polemik  des  Bamabasbriefs  und  des  Briefs  an  Diogiiet  noch  möglich  gewesen,  um 
Anderes,  was  sich  bei  Schwegler  im  nachap.  Zeitalter  und  bei  Baur  d.  Chri- 
•tentb.  d.  3  ersten  Jahrh.  S.  77  ff.  u.  sonst  findet,  9«  Ubipveebss* 


474  .Abruraagss«it 

sMgMoUaht«,  Bediweiidig  «pMer  sein  allMie,  alt  jed«,  die  dMii 
PMtbeittandpoBU  streni^r /esthAlt;  Aber  weu  wir  in  der  Aft- 
stelgeflobiehlie  niel^  Moe  Hberteopt  eine  Vermitaiing  zwieeiieB  des 
Ptrtbeien  vereooiil  Unde»,  eondem  wenn  wir  aveh  liiebet  Bimm 
HenpHiüreitpBukt  der  frOherea  Zeit,  die  Differenz  Ober  COasbeo 
oAd  Werke,  kaum  berQiirt,  nad  Alles  auf  die  praktieoiie  Fmge 
naoli  der  fortdaaernden  Ofllflgkeit  des  mesaisehen  Geselsea  and  der 
Zald0e%keit  der  Heldeobekehrang  zurttekgerobrt  eebea,  ae  M  es 
waimoheielieb,  dass  diese  Sehrill  eiaer  Zeit  aiigebert,  u  weleber 
die  Bedentaog  des  degmaliseben  Oegensatses  swischea  Paaliiieni 
UDd.Jadaisten  bereits  ssorOekgetreteo  war.  Diess  scheint  aber,  bei 
der  Lei»haftl(kelt,  mit  welcher  der  Gegeasatz  des  Giaabena  und 
der  Werke  noch  im  BbrAer-  and  Jakobnsbrief  erörtert  wird,  nkdit 
ver,  und  wohl  eher  erst  efnige  Zeit  oaoh  den  Anisagf  des 
zweiten  Jahrhnnderts  der  Fall  gewesea  zo  sein. 

Ans  derselben  Zelt  scheinen  einige  kleinere  ZOge  zu  staaunen. 
Dm»  die  karze  und  anbestimmie  Bezeiehnang  der  eplieaiaiaehen 
Ifdehrer  o.  H^O,  f  9  f.  mit  den  flbngen  Schildemngen  der  Hftretiker 
im  zweiten  Jahrhundert  zusammentrifft,  habe  ich  sehen  S.  273 
nachgewiesen.  Auch  darauf  wurde  schon  anderwärts  0  nuteerk- 
sam.  gemeeht,  dass  die  Aussicht  des  Stephanus,  7,  59,  «naittel- 
bar  nach  seinem  Tode  zu  .Christus  jsu  kommen,  auf  die  Vorstd- 
luag  des  zweiten  Jahrhunderts  Innweist,  wonach  es  eia  Verrecht 
dsr  Mdrt^rer  sein  sollte  ^  die  Zeit  bis  zur  Auferstehung  nicht  ia 
dam  unteren,  sondern  in  dem  oberen  Paradiese  zuzubringen ;  sonst 
wenigstens  lässt  unser  Verfasser  auch  die  Frommen  nur  in  öm 
untere  Paradies  im  Hades  eintreten,  Bv.  16,  22  ff.  Besondere 
BanohtiHilg  verdienen  aber  einige  Zttge ,  welche  auf  die  Anfinge 
ein^r  hierarchischen  Verfassung  hindeuten.  Dahin  gehOrt  1,  17 
der  vom  Verräther  Judas  gebrauchte  Ausdruck:  klax^  tov  xXfj- 
Qov  tijg  diaxovias  ravTi^g,  falls  nämlich  diese  Bezeichnung  des 
Apostelamts  schon  auf  die  Vorstellung  von  dem  geistlichen  Amte^ 
als  kirchlicher  Institution,  Rücksicht  nimmt;  dass  dIess  aber  wirk- 
lich der  Fall  sei,  Ist  um  so  wahrscheinlicher,  da  auch  V.  20  das 
Apestelamt  als  imaxonfj  bezeichaet  ist;  denn  ans  der  Stelle  Ps. 
109)  8  {rfiv  imüTton^v  uvtov  Idßoi  heQog)  würd  hier  bewiesen, 
dasB  ein  Nachfolger  ftlr  den  Verräther  gewählt  werden  mOsse. 
Eine  iTtcaxonij  ist  aber  das  Apostelamt  nicht  blos  im  allgemeinereo 


>)  Theol.  Jalurb.  1847,  402  ff. 


der  Apostelgesebichte.  4T5 

Sinm^  antwk  den  Apotsteln  die  LeUmig  der  G|iri0^U«h6o  GemeiMn 
zi^ovwt;  sondern  flocIiL  bestimmter ,  eolern  ee  «1s  das  UrbiM  de«. 
blsfibO^iclien  Amts  in  der.Kfo'Gbe  und  als  weseptliich  identisob  mif; 
diesem  betraobtet  wird.  Von  diesem  Standpunkt  aus  sebeiat  aiiobf 
dl0  EiTzIMiliiiig  c.  89  14  ff,  gebildet  zn  sein,  wonaeb  die  von  dimi 
BlalEOtttts  Pbflippas  getauften  Samnrftaner  erst  dureh  die  Handjuif«. 
legung  der  ApoMel  den  heiligeli  Geist  erhalten  haben,  denn  Itesi 
äeh  luQch  die  £Mtte,  dass  nnr^BlsebOfe  den  Getauften  die  <€oiift»f^- 
mntion  erthelien'  kennten,  in  :der  Kirehe  eivt  um  C^yprlaü^s  SeÜ 
mÜSiDb^faeit^  nacbw«fasien,  so  isl  es  dorfh  sehr  wohl  dMüf^ar,  daa» 
jeaelWzttiattg  sobdn  In  der  judenchriatliehen  lileberliefenMig,  wel-^ 
ober  nie  «aeh  mdireren  Spuren  ursprAnglieh  angeböil  Qb.  u,),  aU^ 
den  episkopalen  Tendenzen  iü  Zusammenhang  stand ,  die  sieb  bidffc 
gerade  sehr  fTAhe' geregt  haben.  Wenn  wemgstens  sehen  in  der» 
diafio^v^a  ^lamoßov  (0.  2.  a.  5.)  und  in  dem  Brief  des  PetvA» 
anJelcobos  w^or  den  olemendnlschen  Homillen,  zwei  StAokeli,  deren 
befato;  Alter 'Uli gen feld  gewiss  riehtig  erkannt  hat^,  die*bi«> 
sdidflteiKB  Verfassung  vorausgesetzt ,  und  Jakobns  als  4»  .ersifr 
obristliohe  fibichof  bebandelt  wird,  'und  wenn  eben  dieses  anekf 
nnob  Hegesipp  (b.  Eus.  K.  6.  IV,  22,  2)  ebjonltiscbe  TeaitfileB 
war,  sekann  es  gar  nteht  anffailen,  in  deniselben  Kreis  dne  Br«: 
fOMmng  2a  finden,  welohe  den 'Vorzug  der  bisehofiiohen  WUrde^ 
an  Ihrem  apostolischen  Urbild  so,  wie  hier  geschieht,  darstellt/ 
mit  geringerer  Wahcsoheinllehkeit  lässt  sich  der  ApoeStelkonvent'- 
0»  .16.  als.  Nael^dung  des  Synodalinatitnts  betrachten,  denn  thelbi' 
ist  das  Alter  der  Synoden  nieht  so  weit  hinauf  nachzuweisen, 
tbeils  ist  auch  jener  sog,  Apostelkonvent  nicht  eine  Versammlung 
von  Gelneinde^^orstebern,  sondern  eine  jerusalemitische  Gemeinde«; 
versaminlung ;  dagegen  drückt  sich  in  der  befehlenden  Stellung, 
w^ehb^  bi^r  den  jnsrnsalemiten  g^enftber  von  Paulus  und  denr 
Hddenchcisten  angewiesen  wird,  und  namentlich  im  V.  28,  eine 
Vorstellung  vom  Apostelkollegium  und  seinen  Befugnissen  aus, 
die  oHeuhmt  ungeschichtllch  keiner  zu  frohen  Perlode  angeboren'  /|^ 
dtlrfi^^)/—  IhiBs  auch  das  sichtbare  Bestreben  der   Apostelge«' 


*)  Clement.  Rec.  und  Hom.  S.  26  flF.    Theol.  Jahrb.  1854,  490  ff. 

^)  Lekebasch  freilich  S.  425  findet  es  gerade  wegen  dieser  Stelle  gsnx 
„eklatant,*  dass  die  Apostelgeschichte  nicht  erst  dem  zweiten  Jahrhundert  angebö* 
ren  könne,  weil  sonst  dei^  Gemeinde  nicht  dieser  Antbeil  an  den  Beschlüssen  zu- 
gestanden sein  würde,  aber  die  Selbstregiening  der  .Gemeinden  war  wohl  in  den> 
meisten  Kirchen  bis  gegen   die  Mitte  deft  zweiten  Jahrhunderts  weit  srösier',  aU 


476  Abf!u80Dg»ielt . 

Miiehte,  die  p#lltiieheft  AiHieh«Idigang6ii  gegen  4w  GinrfoteBiHM 
«uroefcziiwelfleD,  die  TerMUtniase  der  tnijeataeheii  eder  aaehtra- 
jaalMlieii  Seit  yerMMeetze,  tot  wii  Sehwegler^)  MhmrUInnlg 
^merkt  werden. 

Maehen  es  aan  alle  dieee  AnzelcheD  wahreeheinlieb,  daaa  on- 
«eipe  Sebrift  iiiehl  ver  dem  Äning^  nd  woU  kaas  tmt  da« 
jlwettea  JfthraelMad  dee  aweiiea  Jahrtoadarti  eatataadw  ist,  ee 
iMel  eiob  aadereneita  Mebrerea,  wae  aaa  TerbleM,  ibra  AbÜM- 
saafsaeiC  m  tief  beraiieoaelaea.  Me  Apeatdlfeacbicifea  areiat  mit 
ibrer  gaasca  Teadenz  auf  die  Zeit  bin,  ato  aieb  die  kimbHoiie 
Batwieklaag  aeeb  am  dea  GeKeaaata  dee  Paaüaiamaa  mmI  Jbidak-- 
mat  drehte ,  dar  neah  dareh  beiaea  weitergreifeadea  Fiaiyf  ia  dea 
Hbitevgfand  gedrAngt  war,  ia  die  Zeit,  welebe  der  darah  dis 
Oaesto  tiervergerafeaeB  Bewegang  Teraagleag.  let  aaeh  die  Cfcneig 
aeMbat  aaeb  eiaer  Seite  extremer  Paoiiniemas,  aad  ehid  iaaa/em 
die  yerbaadlaagea  dea  gaostisehea  Zeitaltera  immerbia  eiM  P»rt« 
aetxaaff  des  llrflberea  Streitea  awisebea  paalbiiacbem  aad  jadatoHb 
aabem  Obriateatham,  bo  tot  deeb  der  anprilagliebe  Gbarabter  dee 
VMdfaiiamaa  ia  der  Gaetis  aa  wesenüieb  TerAadmrt,  daas  aeit  Ibrer 
aHgeaMiaerea  Eiawiricaiig  aaf  die  KIrobe  gaaz  aadere  Strebfragea 
ia  dea  Vordergroad  tratea,  ato  IHfebar^  aad  (faua  aaeb  dar  abe 
Kampf  am  die  Oeltaag  dea  meaaiaehen  ISeaelKea  dareh  die  Baato 
baag  aaf  die  gaoatiaehe  Uateraehebiaag  das  Jtfdaiigottes  vem 
baehatea  Gett  eiae  weeeotlieh  neae  Weadaag  erbäh.  Feo  «eear 
Weadoag  dea  Partheikampfb  mitbüt  aber  die  Apeatelgeaebbsbte 
aeeb  keine  beatimmte  Sparen.  Seibat  die  Simoaaaage,  io  Üirer 
aptieraa  Oeatalt  der  eataofaladeaste  Jld|ax  dea  Straita  mit  der  Gaeaia, 
iat  dieaa  Wer  aeeb  aieb*;  die  Aaamiga  tber  Sbaea  (e^  B,  ±»},  er 
ad  die  &vmf4ig  detw  ij  jusyalfj^  aOtblgt  ana  aeeb  nicbt,  ttter  die 
Heiatellang  eiim9  gOttliobea  Bmtnattom  mwb  Art  der  Eag^  bia- 
iwaaagelien^  qafd  dei  üqH,  ^»e^  Qtt^ubmr  4er  Magier  aeia 
ßßUf  vea  ^am  JNpdeng^tt  ^  ai|t#rae)i«deB;  die  I^ra  voa  de» 
«iMUebe«  KfAften  is(  9lm  e«i(  PWJn^  «eb«r  v^braUet,  an4iiie<4Me  m 
dar  aavATlta^iaeheiJ^  Tbe^igie^  e«(^  scAne  ip  eratea  Jahrbondert 
Blagang  geftanden    beben,    von   göttlichen  Kräften    leitete    aaeb 


matt  geirtthnliob  aBniinaU;  äelbst  d^e  ignatiaaiscbeit  Briefe  verlaageo  erat,  djiss  sie 
zu  Gnaeten  «kr  iMsoliiaicb«!  Macht  besehiiUikt  werde,   als  thatsäcUickei^  Xualand 
Belsea  eie  diese  ftefieUviDkiHig  eooh  nicht  vora«e.     Die  Apg.   acbeint  aber  aue  d«r- 
•sHun  Kkch«  lu  stanimen,  wie.  jene,  e.  o. 
>)  NubBp.  »eit  H,  IIa;  tgl.  S.  14  ff. 


der  Aposlelgeschichtc.  477 

C«riii^  dte  WelUiobOpf  iing  und  Geset;ig'ebiiii£  üb ,  ohne  ilocb  darum 
den  Kreis  des  Jodenthums  ttberschreKen  zu  wellen ,  und  die  liOohslo 
dieser  föttliehen  Kräfte  Hess  derselbe,  mit  nndern  Bbjonitea,  bd 
der  Taafe  anf  Jesus  herabkominen»  Die  gleiche  Messias v4M«tettBi^ 
.wiirt)^  wir  in  der  Angabe  über  Simon  sachen  mOssen,  wenn  wir 
wjtiBitschlO  annehmen  wollten,  dass  Simon  ein  samarltaniseher 
F>ieaitomes8ias  sei;  aber  anob  wenn  er  keine  bistorisehe  Persoii, 
sondern  mythischer  Repräsentant  einer  bestimmten  Denkweise  is^ 
so  findet  sieb  doch  in  den  Aensserungen  der  Apost^geschifdite 
Bopb  nichts,  was  uns  hiefar  auf  die  aosgebildetere  Onoßis  binwiesa, 
welche  er  allerdings  bei  Jnstin  und  in  den  clementinisehen  Sehrif* 
ten  zu  vertreten  hat^).  Wenn  vielmehr  in  der  von  der  Apostel«- 
geschiebte  vorgefundeneu  Formation  der  Sage  ausser  Paulus  und 
dem  Paulinismus,  gegen  die  sie  nrspranglicb  gerichtet  war^  noch 
eine  weitere  Erscheinung  berücksichtigt  sein  sollte,  so  mächten 
diesfi  am  Bhesten  soluhe  Vorläufer  der  Gnoüiis  sein,  die  noch  nicht 
XU  der  späteren  Unterscheidung  des  höchsten  Gottes  von  dem 
Weltschäpfer ,  dem  eigentlichen  Merkmal  der  wirklichen  Gnosia, 
fortgegangen  waren.  Auch  eine  zweite  Stelle,  die  an  sich  auf 
Gaostiker  gehen  konnte,  20,  29,  lautet  viel  zu  allgemein ^  um 
eine  solche  Beziehung  nOihig  zu  machen,  und  so  fehlt  es  Über- 
haupt in  unserer  Schrift  an  jeder  bestimmten  Berücksichtigung  der 
•igentliehen  Gnosis.  Mag  diese  daher  vielleicht  auch  In  dem  Zeit- 
punkt, als  die  Apostelgeschichte  verfasst  wurde,  ihren  Lauf  be- 
reits begonnen  haben,  so  ist  doch  nicht  wahrscheinlich,  dass  sie 
auch  sehen  für  den  Theil  der  Kirche,  aus  dem  unser  Buch  lier- 
rührt,  eine  höhere  Bedeutung  gewonnen  hatte;  und  da  wir  niuo 
wissen,  dass  diess  in  Rom,  dem  wahrscheinlichen  Geburtsort  der 
Apostelgeschichte,  vor  140  schon  der  Fall  war,  so  werden  wir 
für  <Vc  Abfassung  der  Apostelgeschichte  nicht  wohl  unter  das 
Jahr  130  herahgehen  können. 


")  Entst.  d.  airkath.  K.  161  f.  s.  o.  S.  16S. 

'2j  ^nch  jie  Schilderung  Rec.  I,  7t,  nach  Hilgenfeld,  dem.  Rec.  und«««* 
6.  106  f.  und  Ritschi  a.  a.  0.  S.  158  f.  auf  die  basiiidiaoisciie  Gnosii  beidsIMi, 
uaNmcheidet  eich  von  derjenigen  der  Apostelgeschichte  gerade  durch  den  Zu^ 
worin  das  eigenthtiralich  Gnostiscbe  liegt.  Simon  behauptet  hier,  se  essevirtutem 
summam  excOsi  Deiy  qui  sit  supra  conditorem  mundi.  Im  Üebri- 
geit  könnte  man  nach  dem  früher  Erörterten  fragen,  ob  nicht  der  (übrigem  uner- 
hebliche) unterschied  dieser  Stelle  ton  der  sonstigen  Darstellung  des  Simon  in  de» 
RfuogQilioiien  und  Homilien  nttr  aus  einer  BenttUung  der  Apostelgescbiehte  hersit- 
leiten  i«t. 


476  Abfassungszeit 

Eb  eriitilt  dieM  Mch  noeh  von  einer  andern  S^ite.  In  der 
Apostelgeschichte  c.  15  fordern  die  Jadenchristen  den  unbedingten 
üebertritt  der  fleidenohristen  zam  Jadenthnm,  sie  selbst  dagegen 
glebt  die  Bntscheidongy  von  den  fleidenohristen  sei  nur  die  Be- 
folgnng  der  Proselytengesetase  zn  verlangen,  die  Jodenchristea 
dagegen  seien  fortwährend  zn  Gesetz  und  BescfaneiduDg  verpflichtet 
Ist  nun  diese  Darstellnng ,  allem  Fraheren  zufolge ,  nicht  ans  der 
fiesohicfate  der  apostolischen  Zeit,  sondern  aus  den  Verhältnissen 
und  BedUrltalssen  der  Zeit  geschöpft,  aus  der  unsere  Schrift  stammt, 
so  nassen  in  diesem  Zeltpunkt  nicht  Mos  die  Ansprache  der  jo- 
denchristlichen  Parthei  Im  Ganzen/ noch  die  bezeichneten,  sondern 
Ihre  Bedeutung  muss  auch  noch  so  gross  gewesen  sein,  dass  sie 
mit  jenen  Ansprachen  durchzudringen  Aussicht  hatte,  und  dass 
ein  Pauliner  Grund  hatte,  zu  glauben,  die  Anerkennung  eines 
selbständigen  Heidenchristenthums  lasse  sich  mit  keinen  geringeren 
Zugeständnissen  erkaufen,  als  die  unserer  Schrift  sind.  Diese 
Verhältnisse  sehen  wir  aber  nicht  allein  um  die  Mitte  und  nach 
der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  verändert,  wo  bekanntlich 
selbst  die  Clementinen  auf  die  Beschneidung  der  Heidenchristen 
verzichtet  haben,  sondern  auch  schon  damals,  als  Justin  sein  Ge- 
spräch mit  Trypho  schrieb,  bestanden  sie  nicht  mehr  In  dieser 
Art  C.  47  dieser  Schrift  wird  gefragt,  ob  derjenige  selig  wer- 
den kenne,  der  zwar  an  Christus  glaube,  daneben  aber  auch  noch 
das  Gesetz  halte,  flierauf  antwortet  Justin:  ein  solcher  Judenchrlst 
könne  selig  werden,  wofern  er  es  sich  nicht  herausnehme,  den 
Heidenchristen  Gesetz  und  Bescbneidung  aufzudringen ,  und  denen, 
welche  sich  nicht  daran  halten,  die  Seligkeit  abzusprechen,  wie- 
wohl es  Immerhin  ein  Beweis  von  Beschränktheit  Quo  äa&evsg  tijg 
yvti(,ir^g)  sei,  die  Gebote,  welche  Moses  dem  Volk  um  seiner  Har- 
zenshärtigkelt  willen  gegeben  habe,  auch  noch  als  Christ  halten 
zu  wollen.  Dagegen  seien  sowohl  diejenigen  zti  verwerfen,  welche 
alle  Gemeinschaft  mit  den  gesetzesgläubigen  Judenchristen  abbre- 
chen, wie  auf  der  andern  Seite  die,  welche  die  Haltung  des  Ge- 
setzes auch  von  den  Heidenchristen  erzwingen,  und  die  religiöse 
Gemeinschaft  mit  denselben  an  diese  Bedingung  knapfen.  Was 
aber  diejenigen  Heidenchristen  betrifft,  welche  sich  im  Sinn  der 
strengen  Judenchristen  zur  Annahme  des  Judenthums  verstanden 
haben,  so  mögen  solche  vielleicht  selig  werden  (tjcj&r/aeadai 
toiog  vnokafißdvio).  Bs  lässt  sieh  nicht  verkennen,  dass  die 
Btellung  der  Partheien  hier  eine  andere  ist,  als  in  der  Apostelge- 


der  Apostelgeschichte.  A^9 

«ohichte.  Der  Ansprach  auf  Beschnei^ang  der  Aeidenchristeiii  M^ 
soheint  bei  Joatin  bereits  auf  eine  entschiedene  Minderheit  in  der 
Kirche  beschränkt,  da» strenge,  avsschliessende  Jndenchristenthnm, 
i/velches  diesen  Anspruch  erhob,  ist  im  BegriiT,  als^retisch  ans 
der  Kirche  aasxnsoheiden ,  denn  Jastin  sagt  nicht  Mos,  dass  er 
diese  Meinung  verwerfe,  sondern  er  will  aach  die  Seligkeit  an 
die  Anerkennung  der  unbeschnittenen  Heidenchristen  geknOpft 
wissen,  er  lAsst  mithin  jenes  exklusive  Jndenehristenthum  nicht 
«Is  wirkliches  Christenthnm  gelten.  Aber  auch  das  mildere  Ju^ 
denchristenthum,  das  sich  mit  der  Haltung  des  Gesetzes  auf  sich 
«elbst  beschränkt,  dasjenige,  welches  die  Apostelgeschichte  in 
Ihren  ConcilienbeschlOssen  verlangt,  kann  zu  Jüstin^s  Zeit  nicht 
mehr  die  Mehrheit  in  der  Kirche ,  oder  wenigstens  in  der  römischen 
Kirche,  der  die  beiden  Schriften  angehdren,  gehabt  haben,  wenn 
es  selbst  dieser  dem  Bbjonitismns  so  nahe  stehende  Khrchenlehrer 
nur  als  eine  innerhalb  der  Kirche  zu  duldende  Beschränkth^t  be- 
handelt. Es  liegt  am  Tage,  die  Befreiung  des  Christenthums  vom 
Judenthum  ist  in  Vergleich  mit  der  Apostelgeschichte  um  einen 
bedeutenden  Schritt  vorgerflckt.  Dasjenige  Judenchristenthumi  welches 
die  Apoiitelgeschichte  als  das  herrschende  voraussetzt,  sehen  wir 
bei  Justin  in  eine  Minderheit  zurttckgedrängt,  die  sich  kaum  nocfh 
in  der  IQrohe  behaupten  kann,  dasjenige,  weiches  die  Apostelge^ 
aebicfaie  als  das  höchste  von  der  Gegenseite  Erreichbare  anstrebt, 
teginnt  bereits  seinen  BQckzug  in  die  Stellung  einer  blos  gedul- 
deten Parthei  i).    War  diess  der  Stand  der  Partheien   um  ISO, 


>)  Ich  kann  insofern  der  Ansicht  Ritschl's  (Theo).  Jahrb.  1847,  298)  nicbf 
beistimmen ,  der  zu  beweisen  sucht ,  dass  die  Stellung  der  Partheien  bei  Justin  und 
in  der  Apg.  ganz  dieselbe  sei,  vielmehr  muss  ich  Schwegler  ganz  Recht  geben, 
wenn  er  sagt  (Nachap.  Zeit.  II,  118)  von  Justin  vrerde  bereits  zugestanden, 
was  die  Apg.  noch  erbitte,  ja  ich  muss  diesen  Unterschied  noch  weiter,  ih 
Schwegler  a.  a.  0.  ausdehnen.  Wenn  Bitschi  a.  a.  0.  weiter  zeigen  wUl,  "dos* 
die  Apg.  überhaupt  eine  schon  ziemlich  weit  fortgeschrittene  Vermischung  d«r  .p^^ 
linischen  und  judencbristlichen  Parthei  voraussetze,  so  ist  diese  Behauptiiog 
auf  Grund  unserer  Schrift  selbst  wesentlich  zu  beschränken.  Die  Ausgleichung  der 
Partheien  mtisste  freilich  schon  begonnen  haben,  wenn  eine  Schrift,  wie  die  Apg., 
Wirkung  thun,  ja  wenn  sie  auch  nur  möglich  sein  sollte,  aber  sie  kann  noch 
nicht  bis  zu  dem  von  dem  Verfasser  selbst  angestrebten  Punkte  fortgeschritten  ge- 
wesen sein,  sonst  hfttte  dieser  nicht  nöthig  gehabt,  mit  einem  solchen  Aufwand 
von  Mitteln  auf  diesen  Zweck  hinzuarbeiten.  Wirklich  weiss  sich  Ritschi  S.  301  f. 
in  Betreff  der  Proselytengesetze ,  welche  Apg.  15.  den  Heidenchristen  auferlegt  wer- 
den,  nur  mit  der  Annahme  zu  helfen,   der  Verfasser  habe  diesen  Ausspruch  auf 


48(0  Ahfasftttflgszeit 

•Miß  itor  jiistittUohe  DMog  g^rabrieben  wjar4e,  «•  mii90  eino  SehHIl, 
4i«  yo»  den  g^ichloliUlcheii  VorftossetfiaiigMi  der  Apefttel^^eflokiehte 
aiuigAt,  niD  elB  MerklieheiB  frflher  feeobrieben  «ein;  ud  wen 
e«  nou .  «Uer  Wabrscheiallchkeit  nach  zuBftekst  *  die  OaosIs  war, 
welobe  den  Sieg  ober  da«  atreoge  Jadenohriatentbum  eatsohied, 
den  Widerapnieb  der  Judaisten  geigen  ein  aelbatändiges  HddM- 
ehri#toiitbuiii  durob  Ibren  goAibrdrebendeB  Angriff  verBtamnien 
fluwlite,  ond  ibre  Verbindiing  mit  den  flraberen  Gegnern  herbei- 
DDhrte,  ao  werden  wir  «och  dnrcb  dieaea  Datsm  genatbii^t,  die 
AbTaaaong  der  ApoatelgeacUchte  Araber  ssu  setzen ,  ala  den  Kampf 
der  rOmiaoben  Kirebe  mit  der  Gnoaia,  und  aucb  naob  diMer  Seite  bin 
erglebt  aioh  etwa  daa  Jabr  ISO  ala  der  spftteate  Termin,  Ober 
den  wir  dieaelbe  aiobt  hinabrilclun  Icftnnen.  fiedenken  «vir  vfelBMbfi 
wie  bedeutend  der  Abstand  zwiseben  dpn  in  der  Apaateigeaobiehte 
vorenageaetaten  Partbeiverbültniasen  ud  denen  sm  Jnstin'a  Zeit 
iat,  80  iat  ea  wabracbeinlicb,  daae  sie  noch  am  mebrere  Jnbre 
vor  diesem  taeaersUn  Termin,  etwa  awiaoben  iiP  ond  td5  n. 
Chr.,  verfasat  jat. 

Eine  genauere  Beatimmnng  >  iiirer  Akfaaaangszeit  wäre  mag- 
Ueh,  wenn  wir  über  einige  andere  oeoteatamentlielie  Schri/Ien  in 
dieaer  Beziehung  besser  onterriobtet  wären.  Ite  das  dritte  Bvaa- 
gellam  allen  Angeloben  naeh  vom  aweiten  ond  vierten  bentttst 
worden  iat,  adneraeiUi  aber  daa  erste  benfttnt  bat,  90  Uesaen  aieb 
(Me  Ai^os^nkie,  nwbiehen  die  seine  Altfeesneg  fallea  mnaa,  sei 
Uerana  annAbernd  aneb  daa  Alter  der  Apoatelgeschi<Ate  fealntetien, 
wenn  wir  genau  wOssten ,  aus  welcher  Zeit  die  genannten  Schrif- 
ten herstammen.  Allein  diess  ist  bei  Ihnen  um  nichts  sicherer, 
i^  bei  den  beiden  lukanisohen  Bflohern ;  wir  mttssen  daher  aof  die 
Hoffouug  vernichten,  von  hier  aus  fttr  die  vorliegende  Untersucbnng 
etwas  zu  gewinnen ,  und  ans  demselben  Grund  unterlassen  wir  es 
IHich,  jenea  Verbültnlas  dea  I^idsaaevangelinma  zu  den  übdgea 
Mar  nftlier  nachzuwelaen.  Die  Apostelgeschichte  selbst  berftbrt 
aleh  ananer  dem  Bbrfter-  und  Jakobusbrlef ,  von  denen  schon  die 
Bede  war,  und  den  ächten  pauliniscben  Briefen,  die  hier  nicht  hi 
Betracht  kommen,  in  ihrer  ganzen  Tendenz  namentlich  mit  de» 


Seiten  der  Judaisten  vorgefunden,  »und  dieses  Datum  benutzt,  ohne  es  zu  verste- 
hen,** was  bei  einem  solchen  Angelpunkte  der  ganzen  Schrift  gewiss  Nientand 
glaublich  Ünden  wird. 


der  Aposte]gescbi||ite.  48  t 

ei^iitii  Bridf  Petri  and  den  zwei  letzten  Kapiidn  des  BOinerbrlefs  ^). 
Aber  aacb  ihre  Btttstehang^zeit  ist  am  niphts  siolierer,  als  die  der 
Apostd^^eachiclite  y  and  so  kOonten  wir  ans  ihrem  Verhältniss  z« 
iImt  letatern  jed^falls  nnr  eine  relative  Zeiibestimmnng  ableiten^ 
die  ufis  wenig  nützen  würde.  Nur  beil&nfig  mag  daher  hier  be- 
wmkX  werden,  daes  mir  der  erste  petriniselie  Brief  nicht,  uaeh 
/Bckwegler's  Annahme;  Slter,  sondern  jünger,  als  unsere  Schrift, 
flekeint,  denn  theils  werden  die  Stellen,  worin  er  mit  dem  Epheser- 
iuid  Jakoliasbri(»f  zusammentrifft,  bei  seinem  compilatorischen  Cha« 
i!»l(ter  nur  ao/i  einer  Benützung  dieser  Briefe  durch  ihn  zu  erklären 
nafai,  nicht  umgekehrt,  theils  setzt  er  6,  13.  die  Sage  von  der 
Anwesenheit  des  Petras  in  Rom  voraus,  die  von  der  Apostelge- 
neblehte  wohl  in  der  einen  oder  der  andern  Weise  berücksichtigt 
Mio  würde  9  wenn  sie  ihr  Verfasser  schon  vorfand. 

Nach  allen  diesen  Sparen  werden  wir  die  Entstehang  der 
Apg.  mit  der  meisten  Wahrscheinlichkeit  in  das  zweite  oder  dritte 
Jahi^zifiend  des  zweiten  Jahrhunderts  verlegen.  Der  Name  ihre« 
VerfiMsers  lAsst  sich  natürlich,  bei  dem  Fehlen  jeder  Spur,  die 
uns  hierauf  leiten,  könnte,  nicht  angeben,  aber  wer  sich  die  Auf- 
(abe,  die  Bedingungen  und  die  Grenzen  einer  derartigen  Unter- 
Mobottg  klar  gemacht  hat,  der  wird  auch  seine  Ausmittlung  weder 
In  dem  vorliegenden,  noch  sonst  in  einem  verwandten  Falle  ver- 
logen ^).  Dagegen  scheint  es  möglich,  den  Ort,  wo  sie  verfasst 
iat)  vHt  veihältnissmitssiger  Sicherheit  zu  bestimmen.  Da  für 
Cfehfiften,  wie  die  unsrige,  neben  ihrer  allgemeinen  Bestimmung 
für  die  ohristliohe  Gesammtkirche,  Immer  auch  noch  besondere 
Ortliehe  Veranlassungen  zu  vermuthen  sind ,  so  ist  es  zum  Voraus 
wahrscheinlich,  dass  sich  der  Geburtsort  einer  solchen  Schrift  durch 
ihre  Beziehung  auf  eine  bestimmte  Gemeinde  oder  Landeskirche 
verrathe.  Bs  sind  nun  im  Ganzen  vier  Orte,  die  in  der  Apostel- 
gesebichte  mit  besonderer  Bedeutung  hervortreten:  In  den  Erzäh- 
lungen von  der  Urgemelnde  Jerusalem,  in  der  Geschichte  des 
Paulus  und  des  Heldenchristenthums  Antiochien,  Ephesus  und  Rom, 
wogegen  Korinth,  trotz  seiner  Wichtigkeit  für  die  Sache  des  Cbri- 
stentbums,  auffallend  kurz  behandelt  ist.    An  Jerusalem  kann  non 


')  S.  Schwegler,  Nachap.  Zeil.  II,  2  ff.  Baur,  Paulus  398  ff.  Theol. 
Jahrb.  Vitl,  493  ff.  Einiges  Weitere  sogleich. 

^  Wie  diess  Schwanbeck  thut,  a.  a.  0.  S.  125.  151,  und  äliDlicb  der 
•ächsiscbe  Anonymus  S.  24  seines  Sendschreibens  an  Baur. 

31 


482  Di^postelgeschichte 

natflrlioh,  wen«  es  dch  am  die  BAtotebmig  miaera  Baclm  huMi, 
Bicht  gedAcbt  werden:  nicht  blos,  weil  diese  Stadt  ihre  eelbetta- 
dige  Bedeatang  fflr  unsere  DersteUmig  beld  verliert,  senderm  aeeh 
weit  mehr  desshilb,  weil  Ihre  grieohisohe  Spreche  so  wenige,  wie 
Ihr  panllnischer  Inhalt,  aas  Jemsalem  stammen  Icönnte.  Aoeh  An- 
tiechien,  wiewehl  es  eine  Zelt  lang  der  Haaptsitz  des  Helden- 
christenthnms  and  der  Heidenmission  ist,  ersdieint  doch  im  Onnzen 
zu  sehr  als  blosser  Darchgangspnnkt,  am  unsere  Scteift  speeiell 
rar  die  dortige  Gemeinde  bestimmt  sa  glaab«n.  Ks  ist  Ae  eaU 
Station  auf  dem  Weg  des  Apostels,  der  das  romische  Reloh 
Christentham  eroberte,  aber  es  ist  nicht  sein  Ziel,  and  sollte 
anter  den  Qoellen  unserer  Darstellung  efaie  antiochenische  gewe 
sein,  so  weist  doch  nichts  darauf  hin,  dass  das  Oanne  derselben 
auf  Antiochien,  oder  überhaupt  auf  die  syrische  Kirche,  berechnet 
war.  Nicht  anders  scheint  es  sich  aber  auch  mit  Bphemis  zu 
verhalten.  Da  jedoch  der  kleinasiatische,  und  nameniMi  der 
epheslniscbe  Ursprang  der  inkanischen  Schriften  neustens  an  K Ost- 
11  nO  otnen  scharfsinnigen  Vertheidiger  gefunden  hat,  so  mOssen 
wir  auf  diese  Möglichkeit  etwas  nfther  eingehen. 

KOstlin  beruft  sich  -far  seine  Annahme  zunächst  schon  auf 
die  Tradition,  sofern  die  Abfassung  des  Bvangellnms  allgemein  In 
den  Osten  des  romischen  Reichs  verlegt  werde  ^),  und  die  ftltesfen 
Spuren  von  seinem  Dasefai  nach  Kleinasien  hinfahren.  Aber  genMie 
Kleinasien  nennt  kein  alter  Schriftsteller  als  den  Ort,  wo  das 
Evangelium  entstanden  sei ,  sondern  morgenlindische  Handschriften 
und  üebersetzungen  nennen  Alexandrien,  Gregor  von  Nazianzi 
Hieronymas,  Isidor,  Aehaia.  Was  kann  aber  überhaupt  das  Zevgniss 
von  Schriftsteilern  beweisen,  von  denen  unbedingt  anzunehmen  ist, 
dass  sie  nicht  von  geschichtlicher  Kunde,  sondern  von  ürtlidien 
Wünschen  oder  gelehrten  Vermutbungen  ausgehen,  die  Einen  von 
der  Vermuthung,  dass  die  Schrift,  welche  von  Korinth  ans  (BesL 
d,  16  vgl.  16,  1),  wie  man  annahm,  zuerst  erwfthnt  wird, 
ebendaselbst  auch  verfasst  sei,  die  Andern  von  der  vermeintlichen 
Identität  des  Lukas  mit  dem  alexandrinisohen  Verfasser  des  Bbräer- 
briefs,  oder  von  dem  ehrgeizigen  Bestreben  alexandrinlscher  Theo- 
logen,   das    paulinische   ebenso,    wie   das    petrinisohe   Bvange- 


*)  ürspr.  u.  Comp.  d.  synopt.  Ev.  294  fif. 

')  Die  Nachweisungen  bei  Credner  Einl.   151.  128.  de  Wette  Einl.  in's  N. 
T.  190  f. 


römischen  Ursprungs.  •  483 

lifHB  ^>,  für  ihre  Kirche  in  Ansprach  aa  nehmen.   Von  weit  grOs- 
eerem  Gewicht  wflre  ee,  wenn  sich  wirltlich  darthon  lieese,  das» 
die  Lol^aeevangeliam  in  Kleinasien  zuerst  gebraucht  wurde.   Dieser 
Beweis  ist  jedoch  nicht  sni  führen.     Wir  wissen  nicht  das  Ge- 
ringste darüber,  ob  es  Marcion  schon  in  seiner  Heimath,  oder  erst 
SBQ  Rom^  hl  Händen  gehabt  hat,  ob  seine   Ueberarbeitnng  durch 
Mnroion  früher  oder  später  fällt ,  als  seine  Benützung  durch  Justin, 
noch  weniger  können  wir  behaupten,   dass  man  In  Rom  erst  nach 
der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts^  darch  die  Häretiker,  nament- 
lich Marcion  9   veranlasst,  kirchlichen  Gebrauch  von  ihm  gemacht 
habev^).    Dass. ferner  das  vierte  Evangelium,  allem  Anschein  nach 
ein  Brzeugniss  der  kleicasiatischen  Kirche,  nnsern  Lukas  benutzt 
hat)  diess  kann  um  so  weniger  beweisen,  da  wir  ihn  zu  Rom 
nicht  blos  früher  von  Justin,  sondern  auch  bald  dar&nf  von  den 
ciementlnischen  Homilien,   und  noch  vorher  im  weitesten  Umfang 
vom  Verfasser  des  kanonischen  Markusevangeliums  gebraucht  fin- 
den.   So  gut  ihn  diese  benützen  konnten,  wenn  er  aus  Kleinasien, 
ebensogut  und  noch  leichter  konnte  ihn  der  kleinasiatische  Ver- 
fasser des  vierten  Evangeliums  benützen,  wenn  er  aus  Rom  stammte. 
Wenn  endlich  Küstlin  die  vielfache  Uebereinstimmung  der  luka- 
uisohen  Schriften  mit  dem  Epheser-  und  Kolosserbrlef  für  sich 
^anführt,  so  tritt  der  Beweiskraft  dieses  Grundes  der  Umstand  ent- 
gegen, dass  sich  darin  mindestens  ebenso  viele  Berührungspunkte 
mit  änderen  Schriften  aufweisen  lassen ,  die  nicht  in  Kleinasien  zu 
Hause  sind.    Köstlin  selbst   (a.  a.  O.  299  ff.)  zeigt,  wie  nahe 
die  Sprache  des  Ebräerbriefs  der  des  Lukas  verwandt  ist,  und 
aneh  wir  müssen  zugeben ,  dass  diese  Verwandtschaft  gross  genug 
ist,    um  die  Vermuthung   des   Clemens  von  Alexandrien ,   dass 
jener  Brief  von  Lukas  stylisirt  sei^  zu   erklären,  so  wenig  sie 
auch  freilich  zur  whrklichen  Begründung  dieser  Vermuthung  aus- 
reicht, und  so  verkehrt  es   insofern   erscheinen  muss,   wenn  die 
Hypothese  des  Clemens  heutzutage  wieder  aufgewärmt  wurde  ^). 
Die  gleiche  Bemerkung  in  Betreff  der  Pastoralbriefe  hat  Schott^) 
seiner  Zeit  zu  der  Vermuthung  veranlasst,   dass  diese  Schriften 


I)  M.  8.. aber  die  angeblich  alexandrinische  Abfassung  des  Markusevangeiiums 
Credner  Einl.  llß. 

*)  Köstlin  a.  a.  0.  298. 

^  Ebrard  Erkl  d.  Ebräerbriefs  S.  426  ff.  Lange  ap.  Zeit.  I,  185.     Beide 
bat  KOstlin  Tb.  Jabrb.  1854,  425  ff.  treffend  widerlegt. 

«)  Isagoge  324.  Vgl  Tbeol.  Jabrb.  1843»  542. 

31» 


484  ^'®  Apostelgeschichte 

voQLafcM  nlederg«BehrlebeD  seieo,  and  wenn  aaofa  <fieser  Sehhiss  je- 
dettfalls  ttbereilt  war,  so  werden  sich  doeh  solche  Beziehaojfen  zwi- 
schen bdden  nicht  läognen  lassen,  weldie  denen  zwischen  Lukas 
und  den  Briefen  an  die  Bpheser  nnd  Kolosser  das  Gleichgewicht 
halten.  HfaisichtHch  ihres  WDrtervorraths  stehen  sie  den  lokani- 
schon  Schriften,  nanentlich  der  Apostelgeschichte,  näher,  als  jene  % 
nnd  in  ihrem  Inhalt  berOhren  sie  sich  mit  ihnen,  so  klar  aach  der 
Standpunkt  nnd  die  Bestrebungen  einer  späteren  Zeit  in  Ihnen  her- 
vortraten, an  mehreren  Stellen  so  anihillend,  dass  eine  wirkliehe 
Bekanntsehafl  Ihres  Verfusers  mK  den  Werken  des  Lokas,  denen 
dadaroh  ein  verhAltnissmftssig  altes  Kengntss  zuwächst ,  alle  Wahr- 
scbelnlidikeit  for  sich  hat  Wie  Pauhis  In  der  Apostelgeschichte 
bekennt,  dass  er  dem  Oott  seiner  Väter  mit  reinem  Gewissen  zu 
dienen  strebe,  so  bezeugt  er  dasselbe  gleichlautend  im  zweiten 
Brief  an  Timotheus^),  wie  in  der  Apg.  8,  17.  18,  27  die  Wuth 
der  luden  gegen  Jesus  mit  Ihrer  Unwissenheit  entschuldigt  wird 
(xara  ayvoiav  i/tQjg^cae  8,  17),  so  1  Tim,  1,  13  der  Verfol- 
gungseifer des  Paulus  (j^XBrjSrjv  Sri  dyvocov  iTtoitjaa)^  wie  dort 
wiederholt  darauf  hingedeutet  wird,  dass  jedes  Ereigniss  zu  der 
von  Gott  bestimmten  Zelt*)  ehitrete  (1 ,  7.  8,  19  f.  SO,  M),  so 


*j  Bie  Pastoralbriüfe  haben  folgende  Wörter,  die  unter  den  neutestameatlicheD 
Schriften  nur  noch  in  denen  des  Lukas  vorkommen:  Stvoia,  amXa/uftavfa^ai,  axi- 

hiifaXfla^ai^  htaiUlov^  krufxon^  in  der  Bedeutasg  Bischeliaait  (in  anderer  Be- 
deutung auch  1  Petr.  2,'  15.  5,  6),  hn^aireit^y  td^eywiay  eöaeßiir^  ^mf^tt, 
^taoyovsiv^  l/uctria/ios,  xaxovQyoSy  vo/ioStSdaxcdogy  voatpC^saS'ai^  naytSy  TuttSivtuff 
nii9a(fXf7yy  ntqUqyoi,  negi/ioislaS-aty  nqfaßvriqiov  ^  ngoSort^g^  ngoner^g^  nvMvog^ 
0wjuaTix6g,  auitpqoauvtj  ^  (piXav&Qwria ,  tpdaQyugog ,  ausser  ihnen  und  den  lukanischen 
Schriften  findet  sich:  dfna^rtr  nor  im  Römerbrief,  ^uftarai  1  Thess.,  n^x^^ 
2Thess.,  idayysXutr^g  £ph.,  ngtaßvtti^  Philem.,  ht^atg  (j^t^wr), /ua^vv^eMin 
ein  gutes  Zeugniss  haben,  ^sraXa/ußarsiv ^  neg*iqx*^^f  X'^f*^  ^X^^^y  ^^  n^  mtrimw 
Ebr.  ßg^tpot  und  Ivtqovv  1  Petr.,  ßXaö<ptj/iog  u.  tiMfißeia  2  Petr.,  UinBtr  iac.  yo- 
juixog  bei  Matth.,  TtaqaxoXov&fXv  bei  Markus,  xarriyogla  bei  Johannes.  Der  Epbe- 
ser-  und  Kolosserbrief,  dem  Umfang  nach  unbedeutend  grösser,  haben  nnr  12 
Wörter  der  ersten,  13  der  zweiten  Klasse.  M.  s.  die  Concordanz  und  die  Zusam- 
menstellung  Theol.  Jahrb.  1843,  509  H  505  H 

')  Apg.  24,  14.  16:  2«rr^«t/w  r^  naxqiatfi  &s^,,,  h^  Tovrt^  Se  adrog  äaxti 
ä/cqogxonoy  avvtiStfiiy  SxtiV  nffog  ror  &t^  u.  s.  w.  2  Tim.  1 ,  3 :  r^  Äjw,  i 
Xaxqevca  tt7t6  nqoyorwv  h  xa^aq^  oureiS^jaei.  Die  ovy^lStiaig  auch  1  Tim.  1,  5. 
19.  3,  9.  Tit.  1 ,  15. 

>)  Kui^oiy  ein  bei  Lukas  und  in  den  Paaloralbriefen  besonders  beliebter  Plural, 
8.  Schmid's  rafutiov  tt.  d.  W. 


rOffliscIiea  Dnprnng«.  485 

aMh  äier  (1  Tim.  9,  41.  6,  14.  Tit.  1,  8),  wie  dort  (8,  14  n. 
19,  6)  die  GeiBteflyekeii  durch  i^ioatoUfiolie  BAVl^iiliegiiiig  ertbellt 
Mxrdra,  80  erinnert  Paolne  2  TJm.  1,  6  seinen  Sohaler,  d«80  er 
dne  Cheriann  des  6ei«tee  seiner  Qnndaoflegang  asa  verdanken 
habe.  Aof  die  Verfolgungen  des  Apostels  In  AntiochieB,  tteniam 
und  Lyjtra,  weloiie  von  der  Apostelgeseliioiite  c.  13  t  erzAlilt 
werden,  nimmt  2  Tim.  3,  11  aosdrOokUeli  BOeksielit^  wie  es  in 
der  ophesiniscben  Bede  Afg,  20 ,  28  heisst:  %d  nvevfia  ditxficcQ- 
%v^fid  (jioij  Isyay,  so  lesen  wir  1  Tim.  4,  1:  to  nvevfia  ^r^nfag 
keyu  o.  s.  w.,  und  dieselbe  Rede  (V.  24:  feXeiüam  %ov  SQOfiop 
fifHi  xccl  %fpf  dicaaniav)  sebeint  dem  VerÜMser  der  Pastoralbriefe 
im  Sinn  gelegen  zu  liaben,  als  er  2  Tim.  4,  5.  7  sciirieb:  %rpf 
d^au^lav  aov  nlfiQfHfp^ov^  iyu  yuQ  ijdfj  anhdofAai*..  tov 
dgoiiwv  v&piXexeu  0ass  1  Tim.  6,  18  vielldoiit  auf  L.  10,  7 
ROcksicbt  nimmt  ^  ist  seiion  S.  54  bemerkt  worden.  Diese  Be- 
rflhrnngspnnkte  soheinen  mir  jedenfalls  meiir  zu  beweis«!,  als  die, 
weklie  KOstlin  S.  295  f.  beibringt,  um  ei|ie  nähere  BoKiebung 
der  lukanisoben  Schriften  zum  Epbeser*  und  Koiosserbrief  darzp- 
thnn.  Auch  der  erste  Brief  Petri,  dessen  r^misohen  Ursprung  wir 
mit  Sohwegler^)  ebenso  entschieden,  wie  seine  Unftchtheit,  be- 
haupten mdssen,  steht  der  Apostelgeschichte  mindestens  ebenso 
nahe,  wie  die  Briefe  a«  die  Epheser  und  Kolosser.  Sein  eigen- 
IhOmlicher  WOrtervorrath  zeigt  sich  dem  jlcj?  Apostelgeschichte  und 
des  Lnluisevangeliums  verwandt^), >1Jnid  «ein  Inhalt  berührt  sich 
mit  ihnen  gleichfalls  nicht  selten.  Wie  Paulus  Apg«  17,  30  die 
Seit  des  Heidealhnms  als  XQ^^^S ''^^S  ccyvoiag  bezeichnet,  so  redet 
hier  Petrus  1,  14  von  der  froheren  äyvaia  seiner  Leser,  wie 
Jtfier  Apg.  17,  23  von  dem  unbekannten  Gott  des  athenischen 
Altars  sagt:  Sv  dpfoovvr^g  avaeßeiTef  so  dieser  i,  8  sogar  vom 
ehrisdielma  Gott:  ov  avx  aidoTsg  ayaTtäte^  wie  die  Apostelge- 
sehiohte  14,  2  dem  mazMveiv  das  utuiOuv  entgegensetzt,  so  der 
Drief  2^  7.  4,  17  n.  o.,  wie  jene  4,  11  die  Stelle  des  listen 
Psalms  V.  22,  dem  Paulus  (Bdm.  9,  83)  folgend,  auf  den  Un- 
glaubfn  der  Juden  anwendet,  so  dieser  2,  7;  wie  sich  Paulus 
Apg.  24i  16  bemObt,  eUie  av^ddija^g  a7^6gxo7$og  zu  haben,  so 
ermahnt   Petrus  1  Petr.  8,,  16  vgL  V.  21   die  Christen,    ihre 


>)  Nacbap.  Zeit.  II,  2  ff. 

')  Wie  diess  aus  der  Uebersicbt  in  den  Theo!.  Jahrb.  1843,   522  f.  and  bei 
Schulze  d.  scbriftst.  Charakter  des  Johanne»  S.  39  ff.  erhellt. 


486  Die  Apostelgeschichte 

aweidrfiig  dya^^  sieh  zu  bewahreo,  vfi»  Jener  Apg.  20,  2S 
den  ephesiniflohen  Presbytern  sagt:  ngogix^Te  eavroig  xal  nanl 
T(f  noifivUff  iv  (fi  v/iiag  to  Ttvev^a'Td  ayiov  e-^sro  iTtiaxoTtovg^ 
itotfitdveiv  tf]v  e)cxXf]alav  tov  xvqIov^  so  sebrelbf  Petros  5,  2  an 
die  Presbjrter:  notfietvare  rö  iv  vfuv  nolfiviov  rdv  -d^w  .  •  . 
Tvnoi  ywofiBvot  tov  noi^vlov,  Aüeh  die  xXijqoi  1  Petr.  5,  S 
erinnern  an  den  xXriqog  des  apostolischen  Amtes  Apg.  i ,  ±7.  25 
und  die  ganze  Entwicklung  der  Bpiskopalverfassnng ,  welche  die 
Apostelgeschichte  30,  17.  28  voraussetzt^  scheint  die  gleldie, 
wie  1  Petr.  6,  1  f.  vgl.  m.  2,  25. 

Bs  ergiebt  sich  hieraus,  dass  diejenigen  Schriften,  deren  Ur- 
sprung ndt  Wahrscheinlichkeit  nach  Kleinasien  verlegt  wird,  den 
lukanischen  BAchem  um  nichts  nfther  stehen,  als  solche,  die  in 
Born  oder  in  Alexandrien  verfasst  sind.  Bbensowenig  folgt  ans 
der  verhältnissmässigen  Beinheit  ihres  Oriechtsch  fttr  ihre  Entste- 
hung in  rein  hellenischen  Sprachgebieten^).  Denn  sie  besitzen 
diesen  Vorzug  schwerlich  in  höherem  Maass,  als  die  Schriften 
lustln's  und  die  dementinischen  Homilien,  deren  römischer  Ursprung 
uns  feststeht,  und  es  ist  überhaupt  nicht  abzusehen,  warum  man 
nicht  auch  in  Bom  gut  griechisch  hätte  schreiben  können.  Die 
romischen  Christen  waren  ohnedem  damals  wohl  nur  zum  kleinsten 
Theil  römischen  Stammes ,  und  wenn  unsere  Schrift  auch  in  Bom 
geschrieben  ist,  kann  ihr  Verfasser  darum  doch  durch  Geburt  und 
Bildung  dem  Osten  angehört  haben.  Und  dieselbe  Voraussetzung 
würde  es  auch  erkiftren,  dass  der  Verfasser,  wie  Kostlin  S. 
294  f.  bemerkt.  Ober  die  politischen  Verhfiltnlsse  Kleinasiens  und 
Achaia^s  gut  unterrichtet  zu  sein  scheint,  und  dass  er  den  i^phe- 
sinischen  Aufenthalt-  des  Apostels  mit  einer  Vorliebe  behandelt,  die 
allerdings  gegen  die  flOchtige  BerOhrung  der  korinthischen  Wirk- 
samkeit auffallend  absticht,  dass  er  aus  Ephesns  so  viel  Specielles 
zu  erzfthlen  weiss,  dass  Paulus  ihm  zufolge  sein  letztes  Vermächt- 
niss  fOr  die  heidenchristlichen  Gemeinden  zu  Miiet  in  die  Hände 
der  epheslnischen  Presbyter  niederlegt,  und  die  Zukunft  der  ephe- 
shiischen  Kirche  besonders  darin  berftcksichSgt.  Indessen  konnte 
er  auch  durch  die  Beschaffenheit  seiner  Quellen  zur  ausführlicheren 
Behandlung  der  epheslnischen  Vorgänge  veranlasst  sein,  und  die 
Abschiedsrede^fand  jedenfalls  da  ihre  passende  Stelle,   wo  Panlns 


>)  Wie  Köstlin  glaubt,  a.  a.  0.  294. 


römischen  Ursprungs.  487 

« 

4te€tareils6n  seines  Usherigeii  Wirkungskreises  flbersdiritt,  nm  sie 
Bie  wieder  sn  berObren. 

Ule  angeführten  €^(lnde  werden  ans  daher  nicht  bestimmen 
Mrfen,  die  Entstehung  unserer  Schrift  nach  KMnasien  zu  verle- 
gen.  Vieimebr  sprioht  Alles  für  ihren  remischen  Urspmngl  Eine 
Schrift,  welche  mit  so  sichtbarer  AbsichtHclikeit  daranf  angelegt 
int,  auf  die  römische  Gemeinde  zu  wirken,  welche  in  der  Stiftung 
dieser  Gemeinde  den  eigentlidben,  von  Sfott  verordneten  Zielpunkt 
der  panlinischen  Wirksamkeit  findet^  welche  den  Paulus  erst  in 
Bern  mit  dem  Judenthnm  deünlüv  brechen,  und  ganz  in  dem  Beruf 
des  HeMenapostds  eintreten  Iftsst,  welche  selbst  das  frühere  Da- 
aein  der  römische  Gemeinde  ignorirt;  nur  um  Paulus  zu  ihrem 
eigentliehen  Richter  zu  machen  —  eine  solche  Schrift  ist  schwer- 
Uok  anderswo^  geschrieben,  als  an  dem  Ort,  für  den  sie  zunächst 
bestimmt  ist,  in  Rom.  Dass  sie  vom  römischen  Aufenthalt  des 
ApesMs  nicht  mehr  berichtet  0?  i^niin  biegegen  nichts  beweisen. 
Den»  ihr  ganzer  Plan  schloss  einen  solchen  ausführlicheren  Be- 
rldit  aus:  mit  der  Ankunft  und  der  ungehemmten  Wirksamkeit  des 
Paulus  zu  Bern  war  ihr  Zweck  erreicht,  und  aiif  den  weiteren 
Verlauf  einzugehen  mochte  der  Verfasser  um  so  weniger  geneigt 
sein»  te  «r  in  diesem  Fall  auch  das  Ende  des  Apostels  berichten 
musste,  'das  er  wohl  aus  demselben  Grund,  wie  einen  grossen 
Theü  seiner  sonstigen  Leidra,  übergehen  wollte.  Hat  der  Schluss 
unsers  Werks  nichtsdestoweniger  beim  ersten  Anblick  etwas  Anf- 
faBettdeS;  so  ist  er  doch  bei  jeder  andern  Annahme  schwerer  zu 
erkläfBUf  als  bei  der  Voraussetzung,  dass  er  ursprünglich  für 
riMsche  Leser  bestimmt  war.  Für  diese  war  die  Gründung  der 
rMdscben  Gemeinde  durch  den  Heidenapestel  ein  befHedigender 
Abs^hlnss  der  Brzftfalung ,  wogegen  Jeder,  bei  dem  dieses  Ortliche 
Interesse  nicht  mit  in's  Spiel  kam,  zunächst  nach  den  weitem 
Sehicksalen  des  Apostels  ft'agen  musste.  Gerade  in  Rom  waren 
aber  auch  die  Bedingungen  für  die  Entstehung  einer  Schrift ,  wie 
die  Apestelgeschichie,  in  besonderem  Maasse  vorhanden.  Wie  stark 
biw  schon  frühe  die  judalstische  Parthei  und  das  Vomrtheil  gegen 
Paulus  war,  können  wir  schon  aus  dem  Römerbrief  abnehmen^ 
der  eben  dieses  Vorurlheil  zu  beschwichtigen  bestimmt  ist;  dass 
aber  die  gleiche  Verhältnisse  auch  nach  dem  Tode  des  Apostels 

fortdauerten,  sehen  wir  aus  Allem,  was  uns  über  den  Zustand 


*)  Kdstlin  a.  a.  0.  294. 


488  ^i<^  Apostclgescliichtr  römischen  Ursprungs. 

der  rOntooheii  Kirclio  bis  ober  Uto  Mitte  de0  RUrelteii  Jekrfenadette 
herab  bekaiint  ist.     Wenn  das  jadaistisehe  Bleaieiit  am  diese  Zeit 
noch  mäehtig  gemg  war,  um  aller  Gesehiehte  zum  Trete  ia  einer 
allgemein  geglanMen  Sage  den  Petroa  anm  Mitbegrauder,  «pifer 
sogar  zum  ersten  Begründer  und  Bisclief  der  romischen  Kirohe  zn 
erheben ,  wenn  ans  dem  Beden  dieser  Kirehe  im  Lanf  des  zweiten 
Jahrbanderts  die  Oppige  psendoolementinisGbe  Literatur  mit  Ihrer 
schroffen  Polemik  gegen  denHeldenapestelhervorgewaehsen  Ist,  wenn 
der  römische  Theologe  Jnstln  den  grossen  Apostd  der  EOmer  mOlHg 
Ignorirt,   wenn  der  Verfasser  des  AiriiMigs  znm  EOmerbrIef  den 
Paolos  für  die  Ktthnheit  sdnes  Sdireibens  an  die  Römer  angela- 
gentllch  entschnldigt,  and  jeden  Ansprach  desselben  anf  eine  Iiehr«- 
befdgniss  unter  den  Römern  in  Abrede  zieht,  wenn  der  panllnisiAe 
Verfasser  des  ersten  Briefs  Petri  die  Lehre  sehiefl  Apostels  nur 
durch  den  Nomen  des  Petros  in  Rem  (5,  18)  zu  decken  webs, 
wenn  der  BbjonIte  Hegesipp  (M  Bus.  IV,  32,  8)  der  rO 
Kirche  seiner  Sielt  ihre  Orthodoxie  im  Sinne  des  Judrachristentha 
(cig  6  vofiog  xjjQvrfei  xal  ol  7tqoq>fji;cu,  xal  6  xvqioq)  bezengi, 
so  muss  noch  tief  in^s  zweite  Jahrhundert  hinein  die  Abneigung 
gegen  Paulus  und  das  paullnischo  Ohristenthnm  in  Rom  so  starke 
Wurzeln  gehabt  haben,   daes  sieh  ein  Paollner,  dem  es  am  Ver- 
söhnung der  PartheigegensOtze  zu  thun  war,  zu  einer  Sehrifl^  w^ 
die  Apostelgeschichte,   wohl    reranlasst   finden   konirte.  —  Dam 
kommt;  dass  auch  die  ersten  Spuren  von  dmr  Benfltzung  der  lAn- 
niseben  Schriften  nach  Rom  weisen:   Justin    and  die  cl^nentini- 
sehen  Homilien,    das   Markusevangelium   und   die  Pastociribriefb; 
auch   der  Brief  Polykarps  scheint  hier  verlhsst  zu  sein,   in  dem 
zuerst  eine  Stelle  der  Apostdgeschichte  bestimmt  benfttzt  whrd ;  nnrvia 
Marelbn  wissen  wir  nicht^  ob  er  sein  Evangelium   erst  in  Ron, 
oder  sehen  frtther  zusammengestellt  hat.    Konnte  man  auch  hieraas 
allein,  bei   der  Mangelhaftigkeit  unserer  Kenntniss  von  der  frei- 
sten Verbreitung  der  neutestamentlicfaen  Schriften,  den  rOnischn 
Ursprung  der  Apostelgeschichte  noch  nicht  ersohMessen,  so  wird 
doch  das,  was   ans  innere  €ta*ande  darthon,  durch  diese  Ueber- 
'  einstimmnng   der  gesohichttichen  Spuren    von    ihrem  Haseln  be- 
stätigt. 

Wir  betrachten  demnach  «isere  Schrift  als  das  Werk  eines 
Paultners  aus  der  rOmisofaea  Kirche,  dessen  Abfa«nngszeit  an 
Wahrscheinlichsten  zwischen  die  Jahre  liO  und  135  oder  aucli 
IdO  nach  Christas  gesetzt  wird.    Daraus  folgt  nun  aber  nattMrlicli 


Die  Quellen  der  -  Apostelgeschichte.  48d 

dwdUiQ9  lüclit ,  dkl«  Ihr  gaUiet  InbnM  erst  ans  dieser  Zeit  stamat 
Ml¥^  habea  Malier  noch  zu  obteraoefaen,  inwiefern  sich  fttr  diesen    /^ 
AHcve  Quellen  wahrsdieinli«^  machen. lassen. 


Dritter  Abschnitt. 

Die  yaeUen  ümw  Aposielyes^ftiekte* 


Die  Annahme,  dass  der  VerAsseib  der  Apostel^sobiohte  äitere 
Sohriflen  oder  Anfs&txe  benutzt  habe,  ist  schon  durch  den  Prolog 
Tßnm  Bvangellam  nahe  gelegt,  nnd  sie  hat  anch  in  der  innem  Be* 
sotaidTenheit  des  Baches  so  viele  Stützen,  dnsa  wir  uns  nicht  wun- 
dern kennen ,  wenn  sie  ven  den  Neaeren  aligemein  gutgeheissen 
worden  itft.  Um  so  weiter  gelten  die  Ansichten  auseinander,  wenn 
diese  fineUen  im  Einzelnen  angegeben,  und  die  Art  ihrer  B^- 
irtttzmig  bestimml  werden  soll ;  die  Vermuthnng  hat  sich  in  behlen 
Beziehnngen  den  weitesten  Spielraum  genommen  nnd  von  def 
AKnafame  einzelner  zerstreuter  Auftrftlze  bis  zu  der  zosammenhfin- 
geBd€r  Schifften,  von  der  Voraussetzung  einer  ganz  fireien  Be- 
natanng  Me  zu  der  einer  wCrtliclien  Abschrift  aas  den  Quellen 
giebft  es  knnm  eine  Möglichkeit,  die  nicht  von  dem  einen  oder  dem 
andern  Kritiker  vertreten  wAre.  Wir  versuchen  im  Felgenden 
eim  Prflfung  der  Momente,  von  denen  die  Entscheidung  abhängt, 
eine  dass  wir  doch  auf  alle  Einzelheiten  der  bisherigen  Ansichten 
dnngehen  Im  Stand  wären. 

Hat  man  die  Alteren  Vorstelhinge»  von  der  durchgängigen 
Antopirie  des  Lukas  oder  dem  mittelbar  apostolische  Ursprung  der 
Ap«|ielgeschkiite  aufgegeben,  so  wird  man  zunächst  die  groi^eren 
Massen,  in  welche  sich  die  Schrift  beim  ersten  Anblick  soiidert, 
auf  verscUedmie  Quellen  zurackzufttbren  geneigt  sein.  In  dieser 
Weise  hat  zuerst  Riehm^)  die  Annahme  durchzufahren  versucht, 
'der  zweite  TheO  unseres  Buches  von  c.  18  an  beruhe  wesentlich 
auf  Augenzeugenfsehnft  und  mOndiieher  Erkundigung,  und  nur  fai 
Betreff  der  von  Lukas  nieht  mit  angehCrten  Reden  und  der  Briefe 
im  15ten  nnd  23sten  Kapitel  auf  schriftlichen  QneUen,  dagegen 


')  De  fontibus  acU  apost.  Utr.  1821,  vgl.  besonders  S.  106  ff.  189  ff.; 
einen  guten  und  ausführlichen  Auszug  aus  dieser  Schrift  giebt  Scbwanbeck 
S.  81  ff. 


490  »i«  QncOcn  der  Apotldgndudito» 


liigMi  im  2Wdlf  taUm  Ma/Uälm  IM 
AsMtze,  «•  der  VefCMser  geiMUMlt  habe,  s«  Qnuiie,     Heeh 
Mhirfer  nfteneheMet  Grdrer'ei)   verwMiCe  Attri^t  swiMhea 
tei  Mdee  Theileik  iMe  zwdlf  eratea  Kapitel  atad  dieses  Kritiker 
««feige    elae  fikmlmf  aebt  vnn^eediiektlielicr  Sagee,    die   eis 
eiArfger  Petriner  veraaataltete^  iiad  der  Verfasser  der  Apooitclfe- 
seUebte  weseetlicii  im  verändert  anftiahin,  nar  die  Rede  des  Ste- 
piiaaBS  ist  eine  wOrtlidi  eder  fast  wortlich  äelite  Urlninde,  die 
sechssehn  letzten  lUpitel  dagegen  sind  ein  rdn  histeriseher  Be- 
ridit,  weleber  wirklich  ven  l^akas,  dem  ü^^ter  des  Panlu,  har- 
rflhrt;  die  Foge  zwischra  beiden  hat  der  un^s  Jahr  90  a.  Chr. 
selireibende  Sammler  der  Apostelgeschichte  nur  anveüstindiif  aber- 
tOneht  Aach  Seh  wanbecl^  (S.  84  ffO  will  nnichst  zwei  Ikeile 
der  Apostelgeschichte    antersoheideni    die    «r   an»  vers^ledcBen 
Onell^n  ableitet,  nar  dass  er  den  ersten   Ws  zum  Aalanig  des 
15ten  Kjipitels  ausdehnt,  in  der  Folge  wird  jedodh  diese  Awudime 
so  medUchrt,  dass  de  wesentlich  Ober  den  Standponkt  von  Biehm 
nnd  OfrOrer  hlnaasgeht.     Noch  anbestimmter  nähert  sieh  diesen 
de  Wette^)  mit  der  Bemerknng:  im  zweiten  TheU  indea  M 
ansser  dem  Berichte  des  Angenzeagen  aoch  noch  weitere  Spoiwi 
von  BenOtzung  verschiedener  Quollen,  sowie  hhiwiedenim  der  erste 
Thell  seine  ESgenthaadichkeiten  habe,  aas  denen  man  anf  gewiaue 
ihm  eigene  Qaellen  schliessen  könne,  wogegen  Credner'),  nach 
Bichhorn's^)  Vorgang^  eine  wesentliche  Abhängigkdt  der  Apo- 
stelgeschichte von  schriftlichen  Qo^en  Oberhaopt  bestreitet,  «nd 
anch  zwischen  dem  ersten  nnd  zweiten  Thml  in  dieser  Beziehong 
keinen  erheblichen  Unterschied  za  finden  weiss. 

Der  letzteren  Bemerkoiig  müssen  wir  nun  anbedingt  bei- 
pflichten. Die  zwölf  oder  vierzehn  ersten  Kapitel  mMrer J9c^rtft 
anterscbeiden  sich  von  den  flbrigen  weder  im  Inhalt,  noch  in  dm* 
Sprache  so  darchgreifend,  dass  wir  fOr  j<wie  e^e  wesmitlieh  an- 
dere  Qikellenbentitzang  voraossetzen  mttssten^  eis  f ftr  diese^  Weui 
GfOrer  den  ersten  Theil  als  sagenhaft  preisgiebt,  am  dafär  den 
zweitw  als  rein  historisch  festznhalt^,  so  erleidet  die  letztere 
Veha^^tong  dnroh  die  &gebnisse  ansermr  frflhem  Untersadmsg 


*)  Die  heil.  Sage  I,  383—452,  bes.  S.  417.  421  iT.  11,  244  ff. 
3)  Einleit.  in's  N.  T.  §.  115  c. 
»)  Einl.  in's  N.  T.  $.  107. 
*)  Einl.  in*8  N.  T.  11,  30  ff. 


,     die  ZerstOcklttogsiiypothese.  491 

s«lek«  EiiMio|ii'Aiikoi9gen,  das«  dieser  Uolensofaied  rUlig  z«  zer«* 
flieaeen  drohte  aioht  efamial  ia  dem  Reiaeberlebt  c.  16,  10  ff.  haben 
ivir  reine  Geschiclite,  noch  viel  weniger  In  andern  AbsehMteii) 
iwia  die  Brzfthlungen  vem  Apeetekencil  ^   von    d^  Verfällen  im 
Pbilif  pv  von  dem  fienphmeo  des  Panlus  in  Jemealem.  Mag  daher 
auch  die  leta^te  Hälfte  der  Schrift  mehr  wMliefae  Geaohiehte  ent-« 
halten,  ala  die  erste,  .so  gilt  diess  'doch  nielit  gleicbmi«Hg  vott 
alle»  ihren  Theilen,  und  man  kann  nicht  ohne  weitere  Untersohel-- 
dang  einen  ersten  und   einen  zweiten  Thell  der  Apostelgeschichte 
siob  entgegensetzen,  wie  Sage  und  Geschichte.  Ebensowenig  lässf 
stob  die   sprachliche  Verschiedenheit   dieser  beiden  Thetla   nach-* 
weisen,  auf  welche  Sohwanbeek  seine  Annahme  allein  gestütnt 
bat.    Die  Behanptang  Scbwanbeck^s,  dass  die  vierzehn  ersten 
Kapitel  ganz  di^  sprachliche  nnd  stylistische  Färbong  des  Evan- 
geUimis  haben,  dass  dagegen  dieser  Sprachcharakter  vom  16ten 
Kapitel  an  verschwinde  —  diese  Behauptung  Ist  in  dieser  Allge-* 
mefnheit  entschieden   onricbtig.    Schwanbeck  (S*   36   f.)   ver- 
weist zu  Ihrer  BegrUndung  auf  eine  Anzahl  von  Wörtern,  die  nur 
iai  Evangelium  nnd  Im  ersten  Theil   vorkommen.  Im  zweiten  da- 
gfgea  theils  ganz  fehlen ,  theils  weit  sparsamer  gebraucht  seien; 
Aber  wenn   er  auch  noch  weit  mehrere  angeführt  hätte,  wie  er 
diess  unstreKig  konnte,  so  wäre  damit  noch  nichts  bewiesen.    Ich 
habe  allein  anter  den  Wörtern,  welche  nur  Einmal  in  der  Ape- 
atelgesehlehte   vorkommen,  174  gezählt,  die  sich  im  Evangelium 
aaoh  finden.    Von  diesen  kommt  nur. etwas   tlber  die  Hälfte  (93) 
aof  die  14  ersten  Kapitel,  kann  man  aber  auch  hievon  .ein  langes 
'  Verzaiohniss  anlegen ,  .  so  folgt  doch  daraas  nicht  das  Geringste^ 
weil  Ihm  dne  fast  gleiche  Anssabl  anderer  WOrtw  gegeuQber  steht, 
die  dem  Evangelium  und  der  zweiten  Hälfte  der  Apostelgeschichte 
gemeinsam  sind,  und  noch  mehrere,  die  im  Evangelium  fehlend  ai 
beiden    Tbellen    der  Apostelgeschichte    gleichmässig   vorkommen. 
Aber  auch  mit  den  Ausdrücken  verhält  es  sich  nicht  anders,  die 
durch  ihr  häufigeres  Vorkommen    ein    grösseres  Gewicht  haben. 
Es. kann  allerdings  auffallen,  dass  sich  z.  B.  ovqccvoq  Im  Enange- 
lium  und  In  der  ersten  Hälfte  der  Apostelgeschichte   (eigentlich 
nur  e.  1 — 11)  zusammen  60mal  findet,  in  der  zweiten  Hälfte  der 
Apostelgeschichte  nwr  zweimal,  aaog  Bv.  lOmal,  Apg. ,o.  2— .15 
17malj  von  da  a^i  nicht  mehr,    i^iatcivcei^  und  i^Lata^duv  Ev^ 
3ttal,  Apg.  2-— 12  8mal,  dann  nicht  mehr,  auch  sWTcra^^  im  ev^ 
sten  Theil  dreimal,  Im  ;Zwelten  nur  c»  22,  17  u.  s.  w«;  aber 


492  Di«  Quellen  der  Apostelgeschichte; 


wir  ans  lehr  bedeaken  mllflaai;  hierMU  viel  jsq  sohJfoisatt, 
weui  wir  lehon,  dass  bei  andeni  Worten  ood  Redensartett  dur 
iMiKiAeiirte  Verhiltaiae  «tettiadet  So  stellt  e^aa/a  im  Kv.  laal, 
itt  des  14  letatea  Kapiteln  der  Api;.  4aal,  ataaig  dort  zweiaaJ, 
Uer  6mal ,  axQtßdpQf  dareh  den  Proleg  des  Evangelivm  ala  taka- 
•ieoh  fcezeoft,  in  dieeeii  Kapiteln,  die  aaob  axqtßrjg  nnd  axglßeia 
allein  haben,  5mal;  a^ioSt  Er.  imal,  Apg^.  dte  Hillle  3flul,  Sia- 
ma^BW  dort  Inal,  hier  6mal,  das  vnpersoiiliehe  do^el  dort  Shaal, 
Mer  6mal,  ia  den  14  ersten  Kapiteln  feblea  diese  werter  gftn^icb. 
^A^iOQj  bdm  Kvangelisten  häaüg  (daial),  findet  bMx  in  der  Apo- 
stelgesohidite,  die  es  7nial  hat^  aar  vom  Idten  Kapitel  an;  B9tfg^ 
na  Bv«  dmal,  im  3ten  Theil  der  Apg.  6mal,  steht  im  erstoi  anr 
einmal;  ebenso  inihxfißav&j9av  ^  das  im  Bv.  6mal,  im  zwrifen 
Theil  der  Apg.  6mal  vorkommt;  fiivuv  steht  Bv.  7mal,  Apg.  8ter 
Theil  Iteal,  nqaaaBiv  dort  6mai,  hier  iimal,  der  erste  Theü  der 
Apestelgesdiiohte    hat   jedes   dieser   Wörter  nur   nwelmal.    Dem 
TWBVfia  dai^oviov  L.  4,  83  entspricht  nvsv^a  nvdtavog  Apg.  16, 
16,  dem  tlg  icTiv  ovtog  o^  L.  5,  Ül.   fy  49  das  tig  iariv  og 
Apg.  19,  86.  38,  19;  der  Ansnif  alqe  steht  ansser  L.  98,   18 
noch  Apg.  81,  36.  88,  88;  (lij  (poßou  ohne  Ohsdctsakknsativ,  im  La- 
kasevangelinm  Öfters,  Apg.  18,  9.  87,  84;  Iccrgeieiv  tüna  xcu 
^fiiqav  nasser  L.  8,   37  nar  Apg«  86,  7;  avtfi  %f}  ägoy  im  Bv. 
hiafig,  Apg.  nur  c.  16,  18.  88,  13;  tfj  ixoftsvr]  ansser  L.  13,  33 
nar  Apg«  80,   15.  81,  86.     Noch  weitere  Belege  werden  sieh 
nater  nnsem  Mhem  Naehweisnngen  über  die  Sprache  der  Ape- 
steigeschiohte  finden  lassen.     Bbenso  vertheRen  sich  die  sonstigea 
Parallelea    zwisehen  dem  Lnkasevangeliam   nnd   der  Apestelge« 
sohlohte  ziemlrah  gleich  an  aUe  Theile  der  letztem.    Nehmen  wfar 
hlnza,  dass  des*  Gleichartigen  In  der  Sprache  der  b^den  Theile 
nngleioh  mdir  ist,  als  des  Abweichenden,  and  dass  beide  hi  s^ 
anflhUenden  Bigenthflmlichkeiten  (wie  der  Gebrauch   von  re  nnd 
6fio^fiadov\  selbst  in  Abweichang  vom  BvangeUum,  zasammea- 
tregen,  so  wird  von  ihrer  angebliehen  stylUtischen  Differenz  woU 
sehwerlich  mehr  übrig  bleiben,  als  das  Allgemeine,  was  z.  B.  aneh 
Gredner  (Binl.  S.  888}  anerkennt,  dass  dle^gpraehe  im ^egtgi 
Theil  eine  etwas  hebräischere  Färbanj^  hat^  als  Im  zweiten,^  Nicht 
weiter  führt  uns  aber  aach  die  Untersnehong  des  Inhalts.    Die 
gehfiolten  Engelserscheinnngen  im  ersten  Theil  (6,  19*  8,  86. 
10,  3.  18,  7.  83)  bilden  den  einzigen  erheblichen  UnterscMMl, 
iMHi  der  zweite  kennt  nnr  eine  einaige  (87, 83),  von  der  es  übtr- 


die  Zerstäcklungsbypoihese.  498 

diess  nicht  gaiui  siciier  bt,  ob  sie  «kht  als  bloMOs  TmoBgesIcbl 
C^edaeht  werden  soll.  Aneh  dieser  Zog  konmt  aber  anf  den  ebrai- 
sirenden  Charakter  der  Darstellnng  asorOi^,  denn  die  Vtfrmittlong 
einer  höheren  Ofenbarnng  dnrcb  Bngel  ist  dem  spAteren  Jnden- 
tham  vorzagsweise  eigen,  wie  diess  schon  die  Ogenbamng  Jo- 
hannis  nnd  die  übrige  apokalyptische  Literatur  zeigt.   Ob  nun  aber 
dieser  hebrflischere  Ton  des  ersten  Theils  so  bestimmt  aof  die  Be- 
ttttüBung  eigenthflnlicher,  ebraisirender  Quellen  surftckweist,  wie 
man  gewöhnlich  annimmt,  diess  ist  sehr  su  bezweifeln.    Rs  iHt 
auch  der  Fall  möglich,  dass  der  Verfasser  unserer  Schrift  Miaili 
genug  besass,  um  sich  in  KrzAhlungen,  die  auf  jodisehem  Boden 
spielen,  der  ebrüisehen  Vorstellongs-  und  Ausdmcfcsweise  mehr 
zu  nfthem,  oder  dass  ihm  diese  Oberhaupt  ans  der  judettchristKehen 
Bvangelientrmdition  geläufig  war,  und  in  den  späteren  Abschnitten 
seines  Werks  nur  desshalb  mehr  zurQcktritt,  weil  er  for  diene 
eigenthtlmliche  Duellen  bentttzt  hat    Auch  die  zwei  ersten  Kapiiel 
des  Lukasevaugeltums  haben  auffallend  viel  Ebräiscbes  in  Sprache, 
Darstellung  nnd  Gedanken,  auch  in  ihnen  spielen  die  Engel  eine 
grosse  Bolle  (m.  s»  1,  11.  26.  2,  9),  und  doch  macht  der  durch- 
gängige, mit  den  Inkanischen  Spracheigenthamlichkeiti»  so  ailTal- 
lend  Obereinstimmende  sprachliche  Charakter  dieser  Kapitel  höchst 
wahrscheinlich,  dass  sie  so,  wie  sie  vorliegen,  nnr  von  dem  Ver- 
fasser des  Evangeliums  herrOhren,    wenn  dieser  auch  vielleicht 
eine  ältere  Ueberliefernng  vor  sich   gehabt  bat    Wie  es  rieh  in 
dieser  Beziehung  mit  dem  ersten  Theil  der  Apostelgeschichte  ver- 
hält, wird  sich  nicht  durch  eine  apriorische  Voraussetsung,  son- 
dern nur  durch  die  Untersuchung  des  Einzelnen  ausmachen  lassen. 
Hiebel  haben  wir  aber  kein  Eocht,  die  zwOlf  oder  vierzehn  ersten 
Kapitel   ohne   Weiteres  als  „ersten   Theii'^  der  Apostelgesohiehte 
zusammenzunehmen.  Woher  wissen  wir  denn  so  zum  Voraus,  dass 
gerade  diese  in  Beziehung  auf  ihren  Ursprung  zusammengehören? 
Schon  die  Verschiedenheit  in  der   Stellung  des  Idten  und  Idten 
Kapitels y  welche  die  Einen  zum  ersten,  die  Andern  zum  zweiten 
Theil  rechnen^  muss  in  dieser  Beziehung  stutzig  machen;  aber  aneh 
andere  Abschnitte  in  dem  sog.  ersten  Theil  unterscheiden  sich  er- 
heblich von  den  Obrigeu.    Ausser  der  Bede  des  Stephanus,  von 
welcher  diess  allgemein  anerkannt  wird,  gehört  Ueher  namentlieh 
die  Erzählung    von  Cornelius,    ein    ganz   selbständig   gestelltes, 
seiner  Tendenz  nach  nicht  jodaisirendes,  sondern  paulinisohes  Stock, 
und  der  Bericht  Ober  die  Bekehrung  des  Pauloa,  den  man  vnmog-' 


494  I)i«  Qnellen  der  Apostelgeschichte; 

lieb  einer  «ndem  Quelle  zuweisen  kann,  eis  die  gressenttieiin 
wörfllcb  gleiohlmitenden  Brznhlongen  im  92sten  nnd  26sten  Ka- 
pitel. WiU  man  gesoiiielidieta  verfaliren,  so  genfigt  es  nicht,  die 
Hauptmassen  unserer  Schrift  nach  CbaralLter  nnd  Oaellen  zu  un- 
terscheiden, sondern  es  mnss  bei  jeder  einzelnen  Erzäblnng  nach 
ihrem  mnthmassllchen  Ursprung  geflugt  werden. 

Bben  dieser  Punkt  ist  es  nun,  von  dem  Scbleiermacher'e 
Untersuchungen  Über  die  Apostelgeschichte^)  ausgehen.  Wie  sich 
dieser  Kritiker  das  Lukasevangelium  und  die  Bvangelien  Oberhaupt 
aus  einer  Sammlung  zerstreuter  Aufsätze  entstanden  denkt  ^  so 
betrachtet  er  auch  die  Apostelgeschichte  aus  demselben  Gesichts- 
punkt«  Indem  er  die  Spuren  ungleichartiger  BrzähluDgen  in  der- 
selbMi  verfolgt,  die  aberflfissigen'  Wiederholungen,  die  Widersprflche 
in  manchen  Binzelheiten,  den  abgerissenen  Anfang  mancher  Ab-« 
schnitte,  das  Unmetivirte  ehizelner  Zügtj  die  Getrenntheit  von  Zu- 
sammeDgeborigem,  den  anscheinenden  Mangel  an  einer  schriftstel- 
lerischen Einheit  und  einem  festen  Plan  hervorhebt,  so  kommt  er 
zu  dem  Brgebniss,  dass  sie  aus  vereinzelten  Erzählungen  znsam- 
mratgestelU  sei,  welche  theils  aus  den  Oifentlichen  Dokumenten  ein- 
zelner Gemdnden,  wie  Jerusalem  und  Antiocbien,  theils^  aus  Reise- 
berichten von  Begleitern  iiM  Paulus  entnommen,  aber  erst  von 
efaiem  Späteren,  etwa  nm's  Jahr  90  n.  Chr.,  gesammelt  sein  sollen. 
Auf  eine  weitere  Untersuchung  Ober  diese  Qnellen,  auf  die  Fest- 
stellung der  Grenzen,  wo  die  einzelnen  anfangen  und  aufhören, 
auf  die  Ausmittlung^  der  Orte  oder  Personen,  denen  sie  angeboren, 
ist  Schleiermaoher,  so  viel  wir  aus  seinen  Vorlesungen  ab- 
nehmen kennen,  nicht  eingegangen. 

Diesen  Mangel  sucht  nun  Schwanbeck  zu  ergänzen.  Das 
Brgebniss  seiner  Schrift  Ober  die  Quellen  der  Apostelgeschichte 
ist  im  Wesentlichen  dieses:  der  zweite  Theil  von  c.  15,  1  an  ist 
einer  Denkschrift  des  Silas  entnommen,  welche  der  Sammler  des 
Ganzen  zwar  mit  manchen  Auslassangen,  im  Uebrigen  aber  ganz 
Wörtlich  aufgenommen  hat;  nur  c.  15,  3  —  13  ist  ein  Stock  aus 
andern  Quellen^  den  Lebensbeschreibungen  des  Barnabas  und  Pe- 
trus, eingeschaltet,  und  die  eine  oder  die  andere  LOcke  des  Ex- 
eerpts  durch  kldne  Verbindungsformeln  ausgefüllt  In  dersdbes 
Weise  hat  der  Sammler  des  Ganzen  eine  zweite  Etauptquelle,  eine 
Biographie  des  Barnabas,   benOtzt,  welcher  Schwanbeckc«4) 

»)  Einl.  in*8  N.  T.  S.  344  flf. 


die  Zerstflcklungshypothete.  495 

M  t  »»  1-ao.  11,  19—80  nebst  12,  M.  18,  1—14,  88.  15, 
8—4  xawdtt  .  Btoe  dritte  Bineehalliiiif  ans  einer  selbstftndig en 
^nelle  erkenpit  er  in  der  Bnsählang  Ton  Stepbenns  e.  6,  8 — 7, 
58  and  8,  8.  Der  Rest  des  Bacbs,  e«  1—6,  7  (mit  Aasndune 
▼e«  4,  88  f.),  e.  8  (ausser  V.  8),  c.  8,  11—13,  18^  soll  ans 
einer  Biographie  des  Petms  herstammen,  deren  genauere  Unter<- 
MMhmg  jedoch  Sohwanbeekdem  xwelten  Theil  seiner  Schrift 
aufbehalten  hatte,  vor  dessen  Brscheinen  ihn  erst  das  Jahr  1848 
in  eine  pnblidstisehe  ThAtigkeit  hineinzog,  nnd  dann  ein  frQhzei^ 
tiger  Tod  abrief. 

Bs  ist  nnn  hier  allerdings  nicht  möglich,  diesem  Hypothesen«- 
gewinde  in  alle  seine  Versehlhigangen  zu  folgen,  indessen  wfa*d 
fnr  seine  Wardignng  die  PrOfong  einiger  entscheidenden  Punkte 
genogen.  Was  zuerst  die  angebliche  Silasdenkschrift  betrÜR,  so 
Ist  sehen  weiter  oben  gezeigt  worden,  dasi  der  Verfasser  des 
Belseberiehfs  c.  16,  10  ff.  von  unserer  Schrift  selbst  auch  fttr  den 
Verfasser  des  Oanzen  ausgegeben  wird,  dass  dieser  Verfasser, 
lach  dem  Inhalt  sdner  Brzfthlungen  zu  urtheiien,  unmöglich  Silas 
s^  konnte,  dass  auch  die  Abschnitte  des  zweiten  Theils,  in  denen 
Silas  unlAugbar  mit  Paulus  zusammen  war,  keineswegs  einen  ge- 
stohtttehen  Charakter  tragen  ^),  dass  der  Verfasser  selbst  durch  das 
i,Wit^^  sich  von  den  in  der  dritten  Persern  und  mit  Namen  bezeich- 
moten  Begleitern  des  Paulus  aufs  Deutlichste  unterschddet  Die 
angebliche  Biographie  des  Bamabas  widerlegt  sich  schon  durch 
den  früher  nachgewiesenen  Umstand,  den  auch  Schwanbeck 
S«  842  nur  sehr  ungentigend  zu  beseitigen  weiss,  dass  die  drei 
BrniUungen  von  der  Bekehrung  des  Paulus,  welche  Sehwan- 
beck.  zwei  verschiedenen  Quellen  zuschiebt,  aus  derselben  Feder 
geflossen  sein  mttssen,  und  dass  der  nngeschichtliche  Bericht  c.  8, 
88  ff.  mit  dem  Zweck  unserer  Schrift  aufs  Bngste  zusammenhängt; 
femer  durch  die  Brizflhlung  von  der  Reise  des  Paulus  und  Bar- 
nabas  c.  11,  87  ff.,  die  sich  schon  unserer  frOheren  Nach  Weisung 
zulbige  nur  aus  dem  Pragmatismus  der  Apostelgeschichte,  nicht 
ans  einer  unabhftngigen  Sage,  am  Allerwenigsten  aus  der  wirk- 
lichen G0scbichte,  erklAren  Iftsst;  ebenso  augenscheinlich  aber  auch 


0  Man  darf  auch  nur  sehen,  wie  gläubig  Schwanbecic  S.  172  ff.  die  Er- 
zälünng  Tom  Aposteiconcil  annimmt,  und  wie  gewaltsam  er  S.  176  f.  die  Gefäng- 
nissscene  in  Philippi  in's  Natürliche  umdeutet,  um  eich  von  der  Schw&che  seiner 
lüritik  nach  dieser  Seite  hin  zu  überzeugen. 


496  I>ie  Quellen  der  A^oatelgesduchte ; 

dweb  4a»  flei^hfttUs  utohfewieseoa  AbhftiiglKkeitererUlltitfa«,  te 
dam  dia  paoliiiiaaha  Rada  das  lataa  Kapilals  sa  daMii  daa.  antaa 
Theila,  and  dia  LahmaBhailang  c.  14,  8.  ff.  zu  dar  pelriniaclmi 
e.  8,  2  ff.  staht,  und  durch  das  Bintratan  das  Pattlusoaiiiaiia  o.  IS, 
9,  vaa  dam  cbao  faaeigt  warda,  wia  sahr  ea  dar  Maniar  aoflai» 
Varfasaars  (Bv.  L.  6>  14)  gamflaa  Ist.  Ob  die  Erxählnmg  vaa 
SiaphaDUs  alaa  beaandara  OaallaBscbfift  voraassatst,  wird  apAlar 
nach  antarsacht  wardan.  Gagan  aina  Biagraphie  daa  Palma,  ala 
OneJla  für  o.  1  —  6,  7.  c.  8.  c«  8,  81—11,  18,  q^richt  Alles,  was 
wir  durch  aasare  frttheren  Untersoehaugea  aber  dia  Taadanz  der 
BrzäblaDgaa  c.  3—6.  c  10  f.  erfabreo  habaa.  Uaberbaiipt  aber 
mflsstan  wir  alle  unsere  bisharigan  Brgabniasa  in  Be<raff  der  afpraeh- 
liehen  und  sachMchan  Binhait  unsarar  Schrift  yerg^mien^  um  na 
eine  sa  rohe  Zosammansetaung  derselben  aas  den  vai^chiedaaar- 
tigstan  Bestandtheilen  zu  glauben,  wie  sie  mit  Sohwaaheok 
«ach  Schleiermacher  annimmt»  Wollen  wir  daher  anah  nach 
den  etwaigen  Quellen  Ihrer  BrzAhlnngen  fragen,  so  kenn  doch 
diese  Frage  nicht  den  Sinn  haben,  die  Schriften  oder  Schriftstiaka 
anfzuzeigea,  die  der  Verfasser  nar  aaverarbaitet  aa  elaaader  ge- 
reiht hütte. 

Wenn  die  Genannten  vom  kritischen  Standpunkt  aas  eine  wa- 
santlich  unverflnderte  Aufnahme  älterer  Quellensebriftea  ia  die 
Apostelgeschichte  annahmen ,  so  ist  dasselbe  von  Anderen  im  Ia« 
teresse  der  filteren  Ansicht  geschehen,  indem  sie  die  Baden  nad 
Briefe,  die  unsere  Schrift  mittheilt,  dem  Verfasser  aus  authantisohaa 
Aufzeiehnnngen  und  Abschriften  zukommen  Hessen.  Diese  Be- 
hauptung wird  von  Riehm^)  damit  bagrftndat^  dass  die  Baden 
des  Petras  theils  mit  den  Briefen  dieses  Apostels,  theils  untereia- 
ander  nach  Inhalt  und  Sprache  eigenthflmlich  flbereinstimm^ 
ebenso  die  des  Paulus  unter  sich  und  mit  den  panlinischen  Briefen, 
selbst  die  kleine  Rede  des  Jakobus  mit  dem  gleiohnamigea  Bileit. 
Das  Gleiche  sucht  neuerdings  Bbrard^)  nachzuweisen,  und  er 
sieht  hierin  einen  Hauptgrund  fOr  die  unbedingte  Glaubwardigkeit 
der  Apostelgeschichte.  Wir  werden  indessen  um  sa  weniger  nO- 
thig  haben,  uns  bei  der  Prüfung  dieser  Behauptung  länger  aalta- 
halteui    da  ai|ch  schon  Mayerhoff ^)    dieselbe    in  Betreff    der 


')  De  fant.  act.  apo9t  126  ff. 

^  Kritik  der  evaog.  Gesch.  §.  124. 
>)  Eial.  in  die  petrio.  Scbriften  220  ff. 


angebliche  AotlieDtie  der  Reden  und  Briefe.  497 

petrinischen  Reden  erschöpfend  widerlcj^t,  and  de  Wette  0  ^ 
Bhrard^s  anj^eblichen  Nachweisongen  so  viel  Unrichtiges  auf- 
gezeigt hat,  dass  nach  Abzug  desselben  durchaus  keine  bewei- 
senden Data  mehr  übrig  bleiben,  da  andererseits  der  positive  Be- 
weis fflr  den  späteren  Ursprung  der  in  der  Apostelgeschichte  ent- 
haltenen Reden  schon  von  Eich  hörn  2)  mit  stichhaltigen  GrOnden 
gefahrt  ist.  Man  darf  sich  auch  in  der  That  nur  mit  kritisch 
freiem  Sinn  fragen,  ob  ein  Petrus  wirklich  gesagt  haben  kann, 
was  ihm  unsere  Schrift  1,  18  ff.  11,  5— 17.  15,  7  IT.,  ein  Pau- 
las, was  sie  ihm  22,  6—21.  26,  12—18.  20,  23.  25,  ein  Ja- 
kobus, was  sie  Ihm  14,  15  tf.,  ein  Gamaliel,  was  sie  ihm  5,  36 
hl  den  Mund  legt,  ob  die  auffallende  Aehnlichkeit  zwischen  den 
Beden  eines  Petrus,  Stephanus  und  Paulus,  das  auffallende  Zu- 
rOcktreten  der  paulinischen  Lehr-  und  Spracheigenthttmlichkeiten 
in  den  paulinischen  Reden,  unter  der  Voraussetzung  ihrer  Authentie 
zu  erklären  ist,  und  rnnh  wird  aber  die  Antwort  keinen  Augen- 
hliek  im  Zweifel  sein  können.  Was  Riehm's  und  Bbrard's 
Behauptung  Thatsftchliches  zu  Grunde  liegt,  ist  nur  dieses,  dass 
innerhalb  des  gemeinsamen  Vosstellungs- und  Sprachcharakters, 
der  sich  durch  die  ganze  Apostelgeschichte  hindurchzieht^  einer- 
seits zwischen  den  petrinischen  Reden,  andererseits  zwischen  den 
paulinlfichen  noch  einige  untergeordnete  speciellere  Bertthrunga- 
punkte  zu  finden  sind,  dass  namentlich  die  ersteren  einen  etwas 
ausgeprAgteren  hebraisirenden  Typus  haben,  als  die  letztem,  und 
sich  meist  in  den  gleichen  Gedanken  über  die  Messianitat  Jesu, 
seine  Verwerfung  durch  die  jüdische  Obrigkeit,  seine  Beglaubigung 
durch  die  Auferstehang,  die  Nothwendigkeit  der  Bussen  und  der 
Bekehrung  bewegen.  Diess  erklärt  sich  aber  vollständig  daraus^ 
dass  hier  derselbe  Schriftsteller  dieselbe  Person  unter  wesentlich 
gleichen  Umständen  sprechen  lässt,  und  wenn  je  noch  ein  weiterer 
ErklArungsgrund  nöthig  sein  sollte,  so  gentigt  hiefür  die  Annahme, 
dass  der  Verfasser  bei  den  späteren  petrinlschen  Reden  sich  der 
froheren  unwillktihrlich  erinnert,  oder  dass  er  auch  beide  aus 
künstlerischem  Sinn  gleich  gebildet  habe.  Auf  die  petrlnischen 
Briefe  sollten  aber  die  Apologeten  der  Apostelgeschichte  nicht 
verweisen,  denn  auch  der  erste  von  diesen  ist  sicher  unächt,  und 


')  Einl.  in's  N.  T.   §•    115  d.  Anm.  2.     Was  Ebrard  in   der  neuen  Auflage 
seiner  Schrift  darauf  erwiedert,  ist  nicht  der  Rede  werth. 
»)  Einl.  in  das  N.  T.  S.  36  ff. 

32 


498  I^ic  Ouellen  der  Apostelgeschichte; 

vrenn  eich  In  diesem  Brief  Anklänge  an  Sprache  nnd  Ldhrbegriff 
der  Apostelgeschichte  (aber  nicht  blos  ihrer  petrinische»  Reden) 
finden,  so  kann  dies«  nur  wahrscheinlich  machen,  dass  er  von  dieser 
hinsichtlich  der  Zeit  und  des  Orts  seiner  Abfassung  nicht  allzuweit 
entfernt  ist.  F(lr  die  Authentie  der  von  unserer  Schrift  aberlie- 
ferten Reden  lässt  sich  von  dieser  Seite  her  so  wenig  gewinnen, 
dass  vielmehr  gerade  diese  Reden  einen  von  den  schlttgendsten 
BeweisgrOnden  für  die  freie  Compositlon  der  Apostelg'esehichte 
durch  Einen  Verfasser  abgeben.  Dass  auch  die  beiden  Briefe  c.  f  6 
und  23  nur  auf  diesen  zurttckfohreu;  wird  sogleich  gezeigt  werden. 
Hiemit  ist  nun  allerdings  die  Slöglichkeit  noch  nicht  geling- 
net,  dass  der  Verfasser  schriftliche  Onellen  benützt  habe,  nur  wird 
die  Beschaifenbeit  dieser  Quellen  aufs  Neue  untersucht,  und  auf 
ihre  w<!Nrtliche  Aufnahme  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  zum  Vor- 
aus verzichtet  werden  mttssen.  Gerade  an  der  Sprache  der  ein- 
zelnen Abschnitte  will  mon  freilieh  in  der  Regel  ilie  Qilellen- 
schriften  unseres  Buchs  hauptsächlich  erkennen^  eine  genauere 
Untersuchung  kann  uns  jedoch  Überzeugen,  wie  unsicher  dieser 
Beweis  ist.  Da  die  syntaktischen  Eigenthamlichkeiten  und  die 
Phraseologie  in  unserer  ganzen  Schrift  sich  wesentlich  gleich 
bleiben,  so  müsste  er  vorzugsweise  auf  den  Wdrtervorrath  gestelzt 
werden^  So  viele  Abwechslung  aber  auch  die  einzelnen  Abschnitte 
jn  dieser  Beziehung  darbieten,  so  wenig  wollen  sich  doch  sichere 
Merkmale  ffir  die  Entschddung  unserer  Frage  ergeben,  ich  habe 
794  Wörter  verglichen,  die  in  der  Apostelgeschichte  nur  Einmal, 
oder  wenige  Male  In  demselben  ZusammenhMig,  vorkommen.  Von  diesen 
7^)4  Wörtern  sind  174  durch  ihren  Gebranch  im  Lnkasevangelinra 
alsEigenthum  unsers  Verfassers  zu  erweisen,  könnten  also  kelnenfalls 
fOr  Entlehnung  aus  Quellenschriften  einen  Beweis  liefern.  Die  Abri- 
gen  620  vei-theilen  sich  folgendermassen  an  die  einzelnen  Abschnitte: 


1)  C.  1  hat  deren   in 

26 

Versen 

13. 

11)  C.  13.  14  in 

80  Versen  41. 

2)  C.  2    in 

47 

— 

18. 

12)  C.  15,  1—35  in 

35 

~      12. 

3)  C.  3—5  in 

105 

— 

4S. 

13)  C.  15.  35—16,  8 

in  14 

—        3. 

4)  C.  6.  7  in 

75 

— 

48. 

14)  C.  16,  9     18 

5)  C.  8,  4—40  in 

37 

— 

13. 

20,  4—16 

6)  C.  8,  1-3   1   . 

21,  1^17 

in 

lOGK-134. 

9,  1-30|   ^" 

33 

~- 

13. 

27.,  1—28,  16 

7)  C.  9,  31—42  in 

12 

— 

1. 

15)  C.    16,    19—40  in    22 

—      18. 

^8)  C.  9,  43—11,  18  in  67 

— 

29. 

16)  C.  17     in 

34 

—      34. 

9)  C.  11,  19-30.  12, 

17)  C.  18,  1-  19,  20 

in  48 

~      28. 

25      in 

13 

^ 

3. 

18)  C.   19,  21—20,  3 

in  23 

—      19. 

10)  C.  12,  1-24  in 

24 

— 

16. 

19)  C.  20,  17—38  in 

22 

—      11. 

Kennziiichen  eigenfhamHcher  Quellen.  499 

20)  C.  il,  18—23, 10  in  63  V«rsen   3T.  122)  C.  25,  26    in  59  Versen  38. 

21)  C.  23,  U— 24,  27  in  52      —      34.  123)  C.  28,  17-31  in     15      —        9. 

Aaf  je  100  Verse  kommeii  daher  von  den  bezeichneten  Wör- 
tern darchschnitilich  61,  6,  im  ßesondern  in  dem  Abschnitt 

Nr.     1.  —  50.  Nr.    13.  —  21 ,  4. 

—  2.  —  38,  3.  —  14.  —  134. 

—  3.  -  45,  7.  —  15.  -  81,  8. 

—  4.  —  64.  ~  16.  —  100. 

—  5.  —  37,  8.  -    —  17.  —  58,  3. 

—  6.  —  39,  3.  —  18.  —  82,  6. 

—  7.  —  8,  3.  —  19.  —  50. 

—  8.  —  43,  3.  —  20.  —  58,  7. 

—  9.  —  23.  -  21.  —  65,  4. 

—  10.  —  66,  6.  —  22.  ~  64,  4. 

—  11.  —  51,  2.  —  23.  —  60. 

—  12.  —  34,  3. 

Die  einzelnen  Abschnitte  verhalten  sich  mithin  allerdings  in 
dieser  Bexiehnng  sehr  ungleich,  aber  es  will  sieh  darchans  keine 
feste  Grenze  zeigen,  durch  welche  wir  die  von  älteren  Quellen 
abhängigen  von  denen,  welche  un.ser  Verfasser  frei  niederschrieb, 
länterscheiden  könnten,  denn  die  Zahlverhältnisse  schwanken  In 
unmerklichen  Uebergängeii  vom  niedersten  zum  höchsten,  und  den 
Absehnilten,  bei  denen  zu  der  grossen  Zahl  eigenthümlioher  Wör- 
ter noch  andere  Merkmale  einer  grösseren  Abhängigkeit  von  den 
Quellen  hinzukommen^,  wie  Nr.  14,  stehen  andere  gegenüber,  in 
denen  diese  anderweitigen  Merkmale  fehlen,  wiewohl  auch  sie  ver- 
hältnissmässig  viele  Wörter  allein  haben,  wie  Nr.  15  und  16, 
und  es  ist  diese  auch  sehr  natürlich,  da  ein  neuer  Gegenstand 
auch  neue  Ausdrücke  herbeiführte.  Dieses  Anzeichen  wird  daher 
im  vorliegenden  Fall,  wie  sich  diess  bei  der  stylistisehen  Einheit 
unserer  Schrift  nicht  anders  erwarten  Hess,  nur  einen  untergeord- 
neten Werth  haben  können.  Auch  ans  dem  Zusammenhang  ein« 
zelner  Abschnitte  mit  den  vorhergehenden  und  folgenden  oder  aus 
dem  Mangel  an  einem  solchen  Zusammenhang  wird  sich  in  unserer 
Schrift  nicht  zu  viel  schliessen  lassen,  well  einestheils  ein  fester 
Plan  durch  das  Ganxe  derselben  sich  hindurchzieht,  anderntheils 
die  Abgerissenheit  einer  Erzählung  nicht  blos  von  der  Benützung 
einer  neuen  Quelle,  sondern  ebensogut  auch  von  Auslassungen  in 
demjenigen,  was  derselben  Darstellung  entnommen  ist,  odir  von 
dem  Eintreten  flreier  Dichtung  In  den  überlieferten  6to£f  herrühren 
kann.  Das^icherste  Merkmal  bildet  daher  immer  noch  der  Inhalt 
und  die  Tendenz  der  einzelnen  Abschnitte.  Je  sichtbarer  eine 
^  ^^*  32* 


500  I)ie  Quellen  der  Apostelgeschichte; 

Bede  oder  ErzäUong  den  ei^enthOmlichcn  StandpaDkt  nnsers  Ver- 
fassers darstellt,  nnd  dem  ei^enfhlloilicheii  Zweek  seiner  Schrift 
dient;  and  je  geringer  zngleieh  die  WabrscfaeinliGhkeit  ihrer  ge- 
sehichtlioh  treuen  Ueberliefernng  ist,  nm  so  mehr  hat  die  ADnahme. 
fOr  sich,  dass  sie  von  unserem  Verfasser  selbst  herstamme;  Je 
weniger  sie  sich  aus  jenen  Gesichtspunkten  erklären  lässt,  um  so 
mehr  sind  wir  genothigt^  auf  anderweitige  Quellen  zurückzugehen. 
Auch  auf  diesem  Weg  ist  aber  nicht  immer  ein  sicheres  Ergeh- 
niss  za  erreichen,  denn  es  ist  auch  möglich,  dass  der  Verfasser 
Ueberliefertes  von  seinem  Standpunkt  ans  umgebildet  und  rar 
seinen  Zweck  benatzt  hat;  die  Ergebnisse,  welche  sich  so  ge- 
winnen lassen,  werden  daher  immer  im  Einzelnen  viel  Schwan- 
kendes haben  massen. 

Untersuchen  wir  nun  von  hier  aus  zunächst  die  Abschnitte, 
welche  die  Geschichte  der  jemsalemitisehen  Gemeinde  enthalten, 
80  fahrt  uns  bei  diesen  allerdings  Manches  auf  die  Annahme 
schriftlicher  Quellen,  doch  zeigen  sich  zugleich  auch  so  viele 
Spuren  von  der  eigenen  schriftstellerischen  Thdtigkeit  des  Ver- 
fassers, dass  wir  jedenfalls  eine  sehr  fteie  Benatzung  jener  Quel- 
len voraussetzen  müssen.  In  der  Himmelfahrtsgeschlehte  konnte 
man  sieh  zwar  die  Abweichungen  von  dem  Berichte  des  Evange- 
liums, und  namentlich  die  Verlegung  der  Himmelfahrt  auf  den 
vierzigsten  Tag  nach  der  Auferstehung,  aus  dem  Einfluss  einer 
neuen  Quelle  erklären;  aber  es  ist  auch  mögtieh,  dass  der  Ver- 
fasser selbst  diese  Veränderung  vornahm,  um  die  Himmelfahrt  dem 
Pfingstfest  näher  zu  rücken;  die  Zahl  vierzig  hätte  er  in  diesem 
Fall  ebenso,  wie  diess  bei  der  andern  Annahme  die  Tradition  ge- 
than  haben  müsste,  nach  Analogie  der  alttestamentlichen  Erzäh- 
lungen von  Moses  und  Elias  und  der  evangelischen  Versuchungs- 
geschiehte,  als  Rundzahl  gesetzt  Die  weitere  Ausführung  gebärt 
jedenfalls  nur  ihm  an,  denn  die  Aeusserungen  V.  4  f«,  und  noch 
mehr  V.  6 — 8,  sind  zu  tief  in  den  Pragmatismus  unserer  Schrift 
verschlungen ,  und  zu  abhängig  von  denen  des  Evangeliums 
(24,  47  ff.)»  <^ls  dass  sie  ursprünglich  ausser  diesem  Zusammen- 
hang gestanden  haben  könnten;  auch  der  Ausdruck  oTtrareaSac 
V.  3  und  die  Beschreibung  der  Engel  V.  10  (vgl.  Ev.  24,  4) 
ist  speeifisch  lukanisch,  und  V.  4  f.  verweist  deutlich  auf  Ev.  L. 
d,  16.  24,  49  !)•    Nicht  anders  verhält  es  sich  auch  mit  der  Er- 

»)  S.  0.  S.  426. 


Cap.  l.  2.  501 

zählang  von  der  Apostelwahl  1,  12—26.  Dass  die  Kenntniss  von 
diesem  Faktum  dem  Verfasser  durch  Ueberlieferung;  zukam,  ist  im 
Allgemeinen  ganz  glaublich,  und  wenn  er  der  apostolischen  Zeit 
selbst  so  ferne  stand,  wie  wir  annehmen  mussten,  so  war  diese 
Heber] ieferung  wohl  eine  schriftliche,  d.  h.  er  hat  in  irgend  einer 
älteren  Schrift  die  Angabe,  dass  Matthias  an  der  Stelle  des  Judas 
xnm  Apostel  gewählt  wurde,  und  wohl  auch  einiges  Nähere  ttber 
die  Art  der  Wahl  gefanden ,  die  weitere  Ausmalung  dieses  Vor- 
g^angs  scheint  jedoch  von  ihm  selbst  herzurühren.  Die  Uebergangs- 
verse  V.  12 — 14  verrathen  sich,  wie  schon  oben  (S.  426)  gezeigt 
wurde,  durch  ihr  Zusammentreffen  mit  L.  24,  52  f.  und  fast  noch 
bestimmter  durch  das  Apostelverzeiohniss  (vgl.  L.  6,  14  ff.)  als 
Zuthat.  des  Verfassers.  In  der  Rede  des  Petrus  sind  uns  schon 
früher  V.  18  f.  als  geschichtlich  undenkbar  aufgefallen,  (S.  79  f), 
und  könnte  auch  der  erste  von  diesen  Versen  an  sich  einer  altem 
Ueberlieferung  angehören,  so  will  sich  doch  die  unpassende  Er- 
läuterung V.  19  selbst  für  eine  solche  kaum  schicken.  Da  nun 
Aberdiess  in  dem  xkrJQog  V.  17.  25,  und  in  der  imaxorttj  V.  20 
die  Vorstellungen  einer  späteren  Zeit  durchzuklingen  scheinen,  da 
V.  22  an  c.  13,  31  eine  auffallende  Parallele  hat,  da  die  Reden 
unserer  Schrift  überhaupt  zu  den  Bestandtheilen  derselben  gehören, 
welche  der  freien  Composition  durch  den  Verfasser  am  Meisten 
verdächtig  sind,  so  werden  wir  die  Worte  des  Petrus  jedenfalls 
auf  seine  Rechnung  zu  setzen  haben.  Dagegen  mag  schon  die 
ursprüngliche  Erzählung  vom  Gebrauch  des  Looses  bei  der  Wahl 
gowu»si  haben,  und  wenn  diese  Erzählung  von  Anfang  an  schon 
mit  dem  Bericht  über  die  Pfingstbegebenheit  in  Verbindung  stand, 
80  wird  sie  die  Apostelwahl  wohl  gleichfalls  nach  Jerusalem  ver« 
legt  haben.  —  Für  die  Pfingsterzählung  müssen  wir  nämlich  je« 
denfalls  eine  ältere  Ueberlieferung  voraussetzen.  Schon  aus  dem 
ersten  Korintherbrief  wird  wahrscheinlich,  das9  es  die  judenchrist- 
liche Parthei  war,  welche  das  Zungenreden  ala  die  speciflsoho 
Erscheinung  des  Pneuma  (rä  nvevfjiQttixa)  betrachtete;  Paulus 
wenigstens  legte  ihm  nicht  diesen  Werth  bei,  so  wenig  ihm  auch 
die  Sache  selbst  fk'emd  wan  Auch  unsere  Schrift  selbst  scheint 
die  Glossolalie  als  schon  gegeben  in  der  judenchristlichen  Tradi- 
tion vorauszusetzen,  wenn  wenigstens  richtig  ist,  was  wir  über 
die  Tendenz  der  Erzählung  19,  1  ff.  nach  Sohneckenburger's 
Vorgang  vermuthet  haben  (S.  332  f.);  denn  wenn  es  unser  Ver- 
fasser nöthig  fand,  der  Glossolalie  der  Jerusalemiten  eine  paulini- 


502  Die  Quellen  der  Apostelgeschichte; 

sehe  zar  Seite  2a  seCeen,  so  wird  er  jene  wohl  sehen  m  der 
Ucberüeferiuig  vorgeftioden  habe».  Ueberhavpt  aber  seheint  der 
Bericht,  welcher  die  Ur^emeiede  im  hoehsten  Glänze  strahlea 
läi^at,  aaf  einen  judenchrisüichen  Ursprungs  zurückeafQlireB.  Doch 
fragt  es  sieb,  ob  der  ganze  Inhalt  der  Erx&hlnng  dieser  älteren 
Ueberl|eferang  angehört.  Wenn  das  Spraehwnnder  wirklich  die 
nnlversalistisclie  Bedentang  hat,  welche  wir  früher  darin  erkannt 
haben,  so  weist  diess  eher  auf  unsern  Verfasser,  als  auf  seine 
jadenchrisüiehe  Quelle.  Dieue  wns^ste  wohl  nar  von  der  Gmstes« 
ansgiessang  und  ihrer  Ankündigung  durch  die  neue  Gdtstesitprache^ 
und  erst  die  Apostelgeschichte  hat  die^e  SpracLe  durch  die  Aus- 
führung des  6ten  bis  IKen  Verses  in  die  Sprachen  aller  Volker, 
«nd  ebendamit  die  Glossolalie  der  fpostoMschen  Zeit  in  das  Wun- 
der der  Fremdsprachen  verwandelt.  Bine  Spur  davon  kann  man 
darin  finden,  dasa  in  der  Rede  des  Petrus  V.  14  ff.  dieses  Wun- 
der, die  augenscheinlichste  Widerlegung  der  gegnerischen  Beschnl- 
digung)  gar  nicht  erwähnt  wird.  Doch  haben  wir  darum  noch 
kein  Recht  %u  der  Voraussetzung,  dass  die  Rode  von  unserem 
Verfasser  gan»  unverändert  aufgenommen  worden  sei,  selbst  wenn 
sie  wirklich  auf  einer  älteren  Darstellung  beruhen  sollte.  Man 
hat  aus  V.  24  geschlossen,  sie  sei  ursprünglich  aramäisch  ge- 
wesen; da  es  nicht  natürlich  sei,  von  einem  Losen  der  Schmerzen 
oder  von  einem  Gehaltensein  durch  dieselben  zu  sprechen,  so  sei 
anzunehmen,  dass  ursprünglich  statt  der  Schmerzen  die  Schlingen 
des  Todes  standen,  und  dass  jene  durch  eine  unrichtige  Ueber- 
setzung  von  DIC  ^ipipH  hereinkamen  0*  Indessen  konnte  sich  diese 
Wortverbindung  auch  einem  solchen  bilden,  weicher  die  Stelle  Ps. 
18,  5  f.  nur  in  der  Uebersetzung  der  LXX  kannte,  denn  schon 
diese  enthält  In  den  Worten:  TteQieaxov  ^le  (o&tvsg  dwratov  ... 
ioSiveg  ^dov  nsQiBKVxhaadv  //6,  TVQoinpdaaav  ^t^  rtayideg  ^avatov, 
dieselbe  Verbindung  von  Vorstellungen,  die  nicht  recht  zusammen- 
passen, und  wenn  diese  Stelle  einmal  auf  den  Tod  und  die  Auf- 
erstehung Jesu  bezogen  wurde,  ergab  sich  die  Ausdruckweise  der 
petrinischen  Rede  leicht  genufif.  So  unläugbar  daher  auch  die 
falsche  Uebersetzuug  von  niO  "^Dn  der  Grund  dieses  Ausdrucks 
ist,  so  setzt  derselbe  doch  nur  die  Ueberefetzung  des  Psalms  durch 
die  liXX,  nicht  ein  aramäisches  Original    unserer  Rede  voraus^}. 


')  Bleek,  Sind.  11.  Kril.  1836,  4,  1038  und  nach  ihm  die  Meisten. 

^)  Nock  weniger  folgt  diess  ai«  der  Pbitse  Yv  38  t,$  Ssh^  rov  ^ov  vtffw^\iy 


c.  1.  2.  503 

Im  Uelyrixen  ist  aber  diese  den  sonstigen  petriniscben  Reden 
der  Apostelgeschichte  so  ähnlich,  ihre  Spraehe  so  sehr  im  Styl 
unsers  Verfassers  0  9  und  ihre  Cou^^traclion  stellenweise  (V.  23. 
23.  29.  33)  so  griechisch,  dass  wir  eine  wörtliche  Uebertragang 
aus  dem  Aramäischen  nicht  wahrscheinlich  finden  können.  Die 
christologischen  Aeusserungen  V.  22  stimmen,  wie  schon  früher 
gezeigt  wurde,  mit  der  Christologie  unsers  Verfassers  aufs  Beste 
übereiü,  und  die  Erklärung  V.  39  bereitet  die  spätere  Verkündi- 
gung des  Evangeliums  an  die  Helden  in  einer  Art  vor,  durch 
welche  sie  sich  ganz  in  den  Pragmatismus  unserer  Schrift  einfügt. 
Unter  diesen  Umständen  \);erden  wir  jedenfalls  zugeben  müssen, 
dass  der  Bericht,  den  unser  Verfasser  vor  sich  gehabt  haben  mag, 
von  ihm  selbst  bedeutend  überarbeitet  sein  dürfte.  —  Noch  be- 
stimmter lässt  sich   die   Schlussformel    V.   42 — 47    schon  wegen 

^der  ähnlichen  Schilderung  4,  32  ff«  und  der  lukanischen  Aus- 
drucksweise Czwoimaliges  TtQogxaQTSQetv,  2mal  xad-  jj/LieQccVy  Imal 
ini  TO  avfOy  Imal   ofioO'u^adov ,   Imal  xccdüTt^y   Imal  iv  ayyal- 

'hdasL  wie  L.  1,  44,  Imal,  dem  lukanischen  vTCuQxovTa  4,  32 
entsprechend;  vTcdq^eig)  dem  Verfasser  des  Ganzen  zuweisen, 
und  gehört  auch  die  Annahme  einer  allgemeinen  Gütergemeinschaft 
zu  sehr  zum  essenisch- ebjonitischen  Ideal,  als  dass  wir  nicht  ver- 
muthen  müssteu,  schon  die  ebjonitisohe  Ueberlieferung  über  die 
Urgemeinde  habe  sie  gekannt,  so  scheint  doch  die  weitere  Aus- 
malung dieses  Zugs  auf  Rechnung  der   späteren  Darstellung   zu 


von  der  Bleek  a.  a.  0.  glaubt,  sie  sei  hier  und  5,  31  von  einer  Erhöhung  zur 
Rechten  Gottes  zu  verstehen  und  rrj  Se'i.  stehe  durch  falsche  Uebersetzung  von 
"•^^D^*?   Ps.   110,    l    statt    TtQog   T^v    deliav.     Ein    solches  Missverständniss    der 

vielgebrauchten  Psalmstelle,  welche  auch  das  Ev.  L.  20,  42,  und  die  Apg.  selbst 
sofort  2,  34  richtig  anführt,  ist  nicht  glaublich;  wenn  vielmehr  t?  Sil.  nicht  der 
Dativ  des  Orts  ist,  so  steht  r^  ^f^-  *"er  =  t^  x^'^i^-  ^^^s  der  Verfasser  den 
Psalm  in  der  griechischen  Uebersetzung  vor  Augen  hat,  zeigt  eben  V.  34. 

*)  Man  vgl.  die  Ausdrücke:  Sta  x^t^og  (al.  -  wy)  V.  23,  sonst  nur  noch  c.  7, 
25.  11,  30.  15,  23  iSta  rwv  x^'Q^^  ausser  Apg.  5,  12.  14,  3.  19,  11  auch 
Mark.  6,  2),  äx^t  rtj<;  ^^e^ag  ravTfjg  V.  29,  sonst  nur  noch  Apg.  26,  22.  23,  1; 
xaQTiog  T^5  oatpvoq  V.  30  Vgl.  xaQTZog  trj;  xoiXiag  L.  1 ,  42 ;  T7  Ss'^ia  tov  Ssoü 
vipio^eU  V.  33  Vgl.  5,  31;  hiayyiXia  roü  nrsvjuaTog  V.  33,  (paulinisch,  s.  Gal. 
3,  11)  vgl.  1,  4.  L.  24,  49;  ferner  die  Wörter:  yvtofuog  V.  14,  /dytj/ua  (nicht 
-«tov)  V.  29,  äöipaXiag  V.  36,  welche  im  N.  T.  vorzugsweise  bei  Lukas  vorkommen ; 
das  äa/usyiag  V.  41  findet  sich  nur  noch  Apg.  21 ,  17,  gleichfalls  mit  S^x^a^oi  ver- 
bunden. 


504  ^^^  Quellen  der  Apostelgeschichte; 

fallen.  Die  entferntere  Qaelle  desselben  wird  aber  in  dem  einen 
vrie  in  dem  andern  Fall  im  Neupytbagoreismns,  diesem  Vater  des 
BsBüismus,  zu  snefaen  sein,  der  selbst  hiebei  den  alten  pythago- 
reischen Sprach  xotvtt  la  xcov  (ptkwv^  nach  Anleitung  des  plato- 
nischen Staats,  znm  Mythus  aasgefCkhrt  hat,  denn  in  diesem  Kreiae 
wird  zuerst  eine  vollkommene  Gfitergemeinschnft  als  geschicht- 
liche Thatsache  behauptet;  und  es  geschieht  diess  näher  in  ganz 
ähnlicher  Welse^  wie  in  der  Apostelgeschichte :  wie  diese  fflr  die 
christliche,  so  setzen  die  späteren  Pythagoreer  für  die  pythago- 
reische Urgemeind^o,  f(lr  den  pythagoreischen  Verein  in  Kroton,  eine 
Gemeinsamkeit  alles  Besitzes  voraus,  und  selbst  die  AusdrQcke  und 
die  einzelnen  ZQge  der  Beschreibung  sind  in  beiden  Fällen  so 
ähnlich,  dass  man  sich  des  Gedankens  nicht  erwehren  kann,  die 
eine  Darstellung  sei  von  der  andern  abhängig^),  was  in  unserem 
Fall  natürlich  nur  die  der  Apostelgeschichte,  als  die  spätere,  sein 
konnte. 

Die  Erzählungen  c.  3 — 5  scheiden  sich  in  ihrem  Anfang  und 


^  So  heisst  es  bei  Jamblich  V.  Pyth.  168:  xoiva  yaq  naai  navra  xai  ravra 
jjy,  XSiov  Se  ovSeU  ovSi'y  FxfxTfjto,  und  ebd.  72:  ra  ju'ev  exaarov  vnaQX^*^"^ 
TovT^OTty  at  ovaiai^  exoitovvro,  vgl.  Apg.  4,  32:  ovSh  €lg  ri  räv  {maq^ortiav 
auTM  Heyfv  iSiov  elvai  all*  ijv  auroig  anarra  HOira,  und  bciDiog.  Laert.  VHI, 
10:  xai  avToü  ol  /jta^ijTaX  xaTfrC&evTo  Tag  ovaiag  elg  fV,  vgl.  Apg.  4,  35:  Iri^ow 
noQÄ  tovi  nöSag  rwy  a7io(rr6Xm'^  und  wie  Apg.  2,  42  flf.  die  ersle  Erwähnung  der 
Gütergemeinschaft  an  die  Angabe  (V.  41)  angeknüpft  wird,  dass  nach  dem  ersten 
Vortrag  des  Petrus  an  Einem  Tag  3000  Menschen  zum  Ghristenlhum  übergetreten 
seien,  so  erzählt  Nikomachus  b.  Porph.  v.  Pylh.  20,  durch  seinen  ersten  Vor- 
trag in  Italien  habe  Pytbagoras  sofort  mehr  als  2000  Schüler  gewonnen ,  die  sich 
nicht  mehr  getrennt,  sondern  in  Gütergemeinschaft  zusammengelebt  haben  {ojuaxo'ior 
Ti  na/u/u^ye&eg  Idqvönfiivovg  . . .  xat  rag  ovalag  xoirag  e&evTo  vgl.  Apg.  2 ,  44 : 
narreg  Se  ot  nurrsvovtsg  ^aav  hii  to  avro  xal  il^ov  anarra  xoiva).  Ist  nun 
auch  der  älteste  von  diesen  Schriftstellern,  Nikomachus,  immer  noch  etwas  jünger, 
als  unsere  Schrift,  so  haben  sie  doch  wahrscheinlich  alle  hier  so  gut,  wie  sonst, 
aus  älteren  Darstellungen  geschöpft,  und  auch  abgesehen  davon  dürfen  wir  wohl 
annehmen,  dass  für  die  vielbesprochene  Gütergemeinschaft  der  Pythagoreer  gewisse 
Ausdrücke  und  Schilderungen  im  Umlauf  waren,  die  unserem  Verfasser  unwillktthr- 
lich  vorgeschwebt  haben  können.  Uiugckohrt  scheint  Pseudoori genes  Philos. 
S.  9  von  der  Erinnerung  an  die  Apostelgeschichte  (2,  45.  4,  34.  37)  beherrscht 
zu  werden,  wenn  er  von  Pytbagoras  erzählt:  ^&og  ^*  toüro  tjy  nuQ  ovtm,  htsiSav 
TT^ogi^i  Tig  fiaS^tjrsvGo^usvog^  mTTQaaxfiv  rä  vnctQXovra  xat  ro  aQyvgiov  xarari&eyai 
loipQayiOfAf'yov  naQci  tw  JTud^ayoQa.  Jedenfalls  werden  diese  Belege  beweisen,  wie 
nahe  die  Darstellung  unserer  Schrift  den  spätem  pythagoreischen  Vorstellungen  ver- 
wandt ist,  wo  wir  daher  die  letzte  Quelle  dieser  geschichtlich  so  unwahrscheinlichen 
Schilderung  zu  suchen  haben. 


C.  3-5.  505 

Schlass  voa  ihrer  Umgebang  eo  scharf  ab,  dass  üe  ein  iLleioes 
Ganzes  fOr  sich  za  bilden  scheinen,  und  so  ist  die  Vermuthung 
nahe  gelegt,  sie  mochten  einer  eigenthümiichen  Quelle  entnommen 
seia  Zar  Unterstützung  derselben  pflegt  man  nach  Bleek^)  an^ 
zuführen,  dass  der  Ausdruck  naig  d^ov  nur  c.  3.  4,  hier  aber 
fünfmal  (3,  13.  26.  4^  27.  30  von  Jesus,  4,  25  von  David}, 
und  die  Phrase  dia  atofnatog  ausser  1,  16  nur  3,  18.  21.  4, 
26  vorkomme.  Indessen  steht  rcatg  S^ov  auch  sonst  bei  Lukas, 
der  diesen  Ausdruck  unter  allen  neutestamentlichen  Schriftstellern 
allein  hat,  nämlich  Ev.  1,  54.  69,  und  der  Beisatz  ayiog  nalg 
4j  27.  30  hat  gleichfalls  in  lukanischen  Stellen  (Ev.  4,  34.  Apg. 
2,  27.  13,  35)  seine  nächste  Parallele;  dia  a%6/LiaTog  ist  ebenfalls 
ein  eigenthümlich  lukanischer  Ausdruck,  den  wir  auch  nochEv.l, 
70.  Apg.  15,  7,  sonst  aber  nur  noch  in  einem  Citat  b6i  Matthäus 
4,  4  treffen;  für  den  häufigen  Gebrauch  von  atofia  vgl.  auch 
Apg.  22,  14.  8,  35.  10,  34.  18,  14.  L.  1,  64,  für  den  Gebrauch 
der  Präposition  die  Phrase  dia  x^^'Q^S-  Diese  Anzeichen  sprechen 
daher  weit  eher  für  die  lukanische  Originalität  der  fraglichen  Er- 
zählungen. Auch  sonst  ist  die  Sprache  dieser  Kapitel  durchaus 
die  unsers  Verfassers;  man  vgl.  die  Ausdrücke  eTtl  to  avro  3, 
1.  4,  26,  ex  xoiUag  ftrjTqbg  ccvtov  3,  2,  ccTevi^ecv  3,  4,  vndQ- 
Xeiv  3,  6.  12,  x^^Qi^odxxv  3,  14  (vgl.  25,  11.  16.  27,  24), 
ilcxqi^  3,  21,  xa&€^fjg  3,  24,  OTQctzr^yog  tov  Uqov  4,  1,  koTtSQa 
4,  3,  BTtLßaXXeiv  vag  x^^Q^S  ^j  3-  Ä,  18,  nlrja&fjyav  Ttvevfuarog 
aylov  4,  8.  Si  j,  TtXr^ad^vai  ^rjXov  5,  17,  yvcDOtog  4,  10.  16, 
ivcimov  4,  10.  19,  awTrjQia  4,  12,  ccTted^  dneiXeladixt  4,  17, 
TcaQayyslit^  naQayyikleiv  5,  28,  aiQeiv  qxjüv^  4,  24,  ofiod'Vfxa' 
dov  4,  24.  5,  12,  rccvuv  4,  29.  5,  38,  sn  dXfjdelag  4,  27,  fieiä 
naQQfjaiag  4,  29.  31  vgl  2,  29.  28,  31  (sfonst  nur  noch  Ebr,  4, 
16,  die  übrigen  Schriften  haben  immer  «V  tt.  oder  7ra(%a/^?  allein), 
Ta  vTTccQxovza  auT(^  4,  32  vgl.  L.  8 ,  3  (sonst  immer  t«  tTt. 
avTOu  das  Wort  ist  aber  überhaupt  Ev«  L.  besonders  häufig), 
xad^ozL  4,  35,  naqd  zovg  noöag  4,  35.  37.  5,  2.  10  vgl.  7,  58. 
22,  3  auch  10,  25  Ev.  L.  7,  38.  8,  35.  41.  10,  39.  17,  16 
(sonst  nur  noch  Matth.  15,  30),  tl  oxc  5,  4.  9  vgl.  L.  2,  49. 
8,  25,  q)6ßog  iyhexo  5,  5.  11,  did  twv  x^^pwv  ä,  12,  fieyaXv- 
veiv  5,  13,  (iyyeXog  xvqIov  5,  19,  tI  av  yhoixo  5,  24,  öbI  5, 
29,   xQsiiidaccvreg  im  ^vXov  5^  30  vgl.  10,  39.    13,  29,  Xeystv 


*)  A.  a.  0.  S.  1041. 


506  Die  Quellen  dei'  Apostelgeschichle ; 

slval  Tiva  eavtov  A,  36  vgl.  8,  9,  ävatuslv  6,  3».  36,  das  bftu- 
6g6  tSy  nag  und  auag^  die  lafinUivconsiractionen  3,  %.  12.  19. 

4,  2.  30,  das  to  nüs  4,  21,  das  iyivcTO  de  4,  5.  5,  7,  die  aus- 
malenden PartieipU  3,  4.  7.  5,  6.  6.  10.  17.  20.  21.  22.  25 
26.'  27.  34,  die  Varanstellong  des  dovvat  5,  31,  die  Verblndnng 
von  dvva^ig  nnd  %uqiq  4,  33,  die  Ansdraeksweise  4,  1  vgl.  mit 
Lnk.  20,  i.  Aoeh  der  Inhalt  des  Abschnitts  Ifisst  unsern  Ver- 
fasser deiitlieb  erkennen:  4,  27  wird  auf  ein  Faktum  verwiesen, 
welches  nur  Im  Lokasevangelium,  nicht  ohne  Zusammenhang  mit 
seiner  eigenthümlichen  Tendenz.,  erzählt  wird,  5,  17.  34  ff.  finden 
wir  dieselbe  «ablstorische  Darstellvng  von  dem  Verbältniss  der 
jüdischen  Partheien   xum   Cbristenthum ,  wie  c.  23,  6  ff.,  c.  4,  6, 

5,  36  geschichtliche  Irrtfaümer,  welche  an  denen  des  Lukasevan- 
geliams  3,  2.  2,  2  ihren  nächsten  Vergleichungspunkt  haben,  4, 
32  ff.  dieselbe,  zum   Theil   wörtlich   gleiche  Schilderung,  wie  2, 
42  ff.,  5,  15'  eine  ähnliche  magische  Vorstellung  von  apostolischer 
Wottderkraft,  wie  19,  12.  Bv.  L.  6,  19.  8,  46;  3,  26  ist  in  dem 
nimtov  äoht  lukanisch  die  Bestimmung  des  Evangeliums  für  die  Hei- 
den KOgieich  mit  dem  von  Lukas  den  Jndeu  zugestandenen  Vorrecht 
angedeutet,  4,  11  ff.  die  Stelle  des  11 8ten  Psalms  ebenso  benützt, 
wie   Rom.    9, '33,   4,    12   über   das  Heil   In   Christo   lautet  ganz 
paullnisoh.     Wenn  endlich  unsere  früheren^ntersuchungen  Grund 
haben;    wornach   die  ganze  Erzählung  von  der  doppelten  Verhaf- 
tung der  Apostel  ungeschicbtiich,  und  nur  aus  einer  Nachbildung 
der  o.  12  mitgetheilten  Ueberlieferung  entstanden   ist,  so  werden 
wir  nicht  weiter  Anstand  nehmen  dürfen ,  unsere  drei  Kapitel^  tjXt 
eine  freie  Composition  des  Verfassers  zu  erklären,  und   auch  den 
Mangel   an  einer   engeren  Verbindung  von  c.  3^  1  mit  dem  Vor- 
hergehenden nur   bie«iius,    nicht  aus  der   Benützung  einer  neuen       I 
Quelle,  abzuleiten.    Ebenso  abgerissen  steht  ja^auch  in  diesen  Ka-       j 
piteln  5,  1 — 11.  17  ff.     Diess  schliesst  nun  allerdings  nicht  aus,       | 
dass  einzelne  Züge  dem  Verfasser  durch  schriftliche  Ueberlieferung 
zugekommen  sein  könnten;   es  mag  diess   namentlich  bei  der  Br- 
»Ihlnng  von  Auaulas  und  Sapphira,  und  bei   demjenigen   der  Fall 
sein,  was  4,  36,  nach  der  vorangehenden  Behauptung  einer  all- 
gemeinen   Gütergemeinschaft   auffallend    genug,    von   Barnabas 
gerühmt   wird.     Die  weitere   Ausführung   werden   wir  aber  auch      i 
hier  dem  Verfasser  zuschreiben  müssen,  und  für  den  HauptkOrper      > 
der  drei  Kapitel  ausser  dem  Berichte;  der  unserem  12ten  Kapitel  za      | 
Grunde  liegt,  überhaupt  keine  traditionelle  Quelle  anzunehmen  haben. 


C.  12.  C.  8,  4—40.  9,  31—42.  507 

Anckrs  verMlt  es  sich  mit  den  e^ngeiiaaiiten  ISten  Ka- 
pitel Die  Erisöhlung  von  der  Hinrichtvng  des  Javobos  tr&gt  ^n 
gan»  £^^schicbllicbesjQ  ,  der  Bericht  über  den  Tod  des  He- 

rodes  Agrippa  lautet  zwar  sagenhaft  genug,  dass  er  aber  dem 
Verfasser  aus  der  Ueberlieferong  zalcani,  mtls^en  wir  dessbaib  an- 
nehmen, weil  sich  eine  verwandte  Erzählung  bei  Josephua  findet; 
die  aber  doch  von  der  unsrigen  zu  weit  abweicht,  am  for  ihre 
Quelle  gehalten  gsu  werden.  Auch  die  Verhaftung  nnd  Befreiang 
des  Petras  ist  schwerlich  von  unserem  Verfasser  erdichtet,  denn 
sie  sieht  theils  au  sioh  selbst  einer  Sage  weit  fthnlicher,  als  eise« 
Erxeuguiss  der  schriftstellerischen  Reflexion,  theils  müssen  wir 
eine  derartige  Ueberliefernng  voraussetssen,  um  die  Entstehung  der 
beiden  Er;eählungen  im  3ten  und  6ten  Kapitel  ku  begreifen.  Der 
Zug  besonders,  welcher  c.  5  so  sehr  auifilUt,  dass  die  Befreiang 
der  gefangenen  Apostel  dnroh  einen  Engel  völlig  nutzlos  Ist,  wird 
»hh  am  Leichtesten  durch  die  Annahme  erklären,  diese  Befreiung 
durch  den  Engel  habe  der  Verfasser  schon  vorgefqnden.  Die 
Darstellung  werden  wir  übrigens  auch  in  diesem  Fall  dem  Ver- 
fasser der  ganzen  Schrift  zuschreiben  müssen,  da  Styl  nnd  Sprache 
sich  in  nichts  von  der  des  übrigen  Buchs  unterscheiden,  vielmehr 
in  manchen  ZügeiNilie  Eigentbümlichkeit  des  Schriftstellers  aa  sich 
tragen;  man  vergleiche  die  Ausdrücke  imßaXXuv  rag  xeiQag  V. 
i,  fjfieQac  zwv  a^vjLKov  V,  3,  zU^eadui  etg  tpvlaxi^v  V.  4,  dieiv 
cckvGsac  dvol  V.  6,  OQ<ma  V.  9,  ix  xuQog  V.  il,  xaraaeiaag  rfj 
XSIqI  V.  17,  dfwd-vfdaddv  V.  20;  mit  V.  7  bat  L.  1,  9  im  Aus- 
druck auifallende  Aehnlichkeit,  zu  V.  11  (vvv  olda  ahjdwg)  vgl.  c. 
10,  34,  zu  dem  f^iixlvri  V.  14  c.  26,  24,  zu  V.  24,  a  6,  7.  19,  20. 

Von  den  übrigen  zur  Geschichte  der  Urgemeinde  gehörigen 
Stücken  werden  wir,  verläufig  abgesehen  von  c.  6  f.,  die  Erzäh-« 
langen  c.  8,  4—40.  9,  31—42  mit  Wahrscheinlichkeit  auf  äl- 
tere, und  zwar  judenchristliche  Quellen  zurückführen,  denn  die 
Simonssage,  c.  8,  9  ff.,  ist  entschieden  judenchristiichen  Ursprungs, 
und  ebendahin  weist  auch  die  Wirkung,  welche  c.  8,  14  ff.  der 
apostolischen  Handauflegung  zugeschrieben  wird,  da  unser  Ver- 
fasser einen  derartigen  Zug  zur  Ehre  der  palästinensischen  Apo-* 
stel  zu  erdichten  keinen  Grund  hatte.  Weiter  spricht  dafür,  das« 
sich  die  Erzählung  von  Tabitha  9,  37  ff.  an  den  Bericht  des 
MarfcusevangeUums,  oder  einer  älteren  Grundsohrift  desselben,  über 
die  Tochter  des  Jairus  anschliesst^J,  während  doeh  unser  Verfasser, 

«)  S.  0.  S.  177.    Baur;,  Paulus  192. 


508  Die  Qoelleo  der  Apostelgeschichte; 

als  der  nrsprfiiig^cho  Concipient  jener  Erzählung  gedacht,  sich 
wohl  eher  ihrer  Fasaang  in  seinem  eigenen  BvaugelhiDi  genähert 
hätte.  Daza  kommt  noch  der  allgemeinere  6rand,  dass  das  Be- 
streben unserer  Schrift,  die  pauliniscben  Wunder  den  petrinischen 
gleichzustellen,  eine  petrinische  Wundersage  schon  voraussetzt 
Aoeh  in  diesem  Fall  haben  wir  aber  keine  Veranlassung,  eine 
sklavische  Abhfingigkeit  von  seinen  Quellen  bei  unserem  Verftoser 
anzunehmen,  wie  vielmehr  die  Sprache  der  fraglichen  Abschnitte 
ganz  die  seinige  ist,  so  werden  wir  auch  manches  Sachliche;  wie 
namentlich  diese  bestimmte  Form  der  Reden ,  auf  ihn  zurOckfOhren 
dOrfen. 

Einen  ungleich  grosseren  Antheil  mOssen  wir  der  Selbstthä- 
tigkeit  des  Verfassers,  nach  Maassgabe  unserer  frtlheren  Ergeb- 
nisse, bei  d^  Erzählung  von  Cornelias,  c.  10,  1—11,  18,  ein- 
räumen. Es  wurde  (S.  350.  357  ff.)  schon  früher  nachgewiesen ,  dass 
sieh  diese  Erzählung  wesentlich  nur  aus  der  Absicht  erklären 
lässt,  die  panlinische  Heidenmission  durch  den  Vorgang  des  Petrus, 
die  Zustimmung  der  Urgemeinde,  und  die  Auktorität  unzweifel- 
hafter, auch  von  judenchristlicher  Seite  anerkannter  Offenbarungen 
zu  rechtfertigen.  Schon  dadurch  ist  die  Voraussetzung  abgeschnitten, 
als  ob  sie  der  petrinischen  Sage  oder  Literaftr  entnommen  sei 
Aber  auch  der  pauliniscben  Sage  kann  sie  nicht  angehören,  denn 
theils  ist  eine  Absichtllchkeit,  wie  sie  bei  dieser  Erzählung  vor- 
ausgesetzt werden  muss,  der  Sage  überhaupt  fremd,  theils  zeigt 
auch  die  weitere  Ausführung  der  Erzählung,  dieses  künstliche 
Gewebe  in  einander  greifender  Doppelvisionen,  dass  hier  eine  be- 
reehnende  Reflexion  tbätig  war;  und  auch  das  ist  nicht  wahrschein- 
lich, dass  ein  Anderer  sie  mit  schriftstellerischer  Kunst  in  diese 
Form  gebracht  habe ,  denn  ihre  ganze  Tendenz  lässt  sie  nur  ^Is 
ein  Moment  in  dem  Plan  unsers  Verfassers  erscheinen ,  ihre  Sprache 
ist  durchaus  die  seiuige,  und  ihre  Entwicklung  ist  in  allen  ihren 
Theilen  der  Erzählung  des  9ten  Kapitels  von  der  Bekehrung  des 
Paulus  80  ähnlich  (s.  o.  S.  332),  dass  wir  annehmen  mOssen,  sie 
sei  ihr  nachgebildet«  Dass  auch  die  lukanisehe  Erzählung  vom 
Hauptmann  von  Kapemaum  auf  die  Schilderung  des  Cornelius  Ein- 
flusa  gehabt  zu  haben  scheint,  ist  schon  S.  429  f.  bemerkt  worden« 
Sollte  daher  auch  irgend  eine  Ueberlieferung  zu  unserer  Erzählung 
Anlass  gegeben  haben,  so  würde  derselben  doch  kaum  mehr  als 
die  Notiz  entnommen  sein  können,  dass  Petrus  einen  Hauptmann 
Cornelius  fär^s  Christenthum  gewonnen  habe,  der  dann  aber  wohl 


c.  10,  1-^11,  18.  509 

schwerlich  ein  Heide,  sonclern  ein  Protelyte  gewesen  wftre;  Alles 
zasammengenemmen  erscheint  es  aber  fast  wahrscheinlicher,  dass 
die  Geschichte  nicht  einmal  so  viel  traditionelle  Veranlassung  hatte, 
sondern  reine  ITiktion  ist. 

Falls  nnn  die  sftmmtlichen  traditionellen  Stoffe ,  weiche  wir  im 
Bisherigen  als  wahrscheinliche  Grnndlage  für  die  Berichte  nnserer 
Schrift  nber  die  Urgemetnde  anerkannt  haben,  derselben  Quelle 
entnonamen  sein  sollten,  so  wttrden  wir  dabei  am  Wahrscheinlich- 
sten an  eine  petrinische  Schrift  denken;  auf  eine  solche  weisen 
wenigstens  die  Erzählungen  c.  12.  c.  8,  4—25.  9,  32  ff.  zu- 
nächst hin,  und  auch  der  Bericht  Ober  die  Pflngfitbegebenbeit ,  in 
der  ja  Petrus  die  Hauptrolle  spielt,  würde  sich  dieser  Annahme 
leicht  fügen;  dagegen  könnte  der  Vorfall  zwischen  Philtppns  und 
dem  Aethiopier  8,  26  ff.  nur  beiläufig  in  einer  solchen  Schrift 
erwähnt  worden  sein;  es  hindert  aber  auch  nichts,  diesen  aus 
einer  anderen  Quelle  abzuleiten.  Was  für  eine  petrinische  Schrift  es 
nun  war,  die  unser  Verfasser  nach  dieser  Seite  hin  voraussetzlicb  be- 
nützt  hät(e,  lässt  sich  natürlich  nicht  mit  Sicherheit  ausmachen;  die 
Vermuthung  *),  dass  es  das  Ki^Qvyjua  IUtqov  gewesen  sei,  ist  ent- 
schieden unrichtig,  sofern  sie  sich  auf  dasjenige  K.  Tl.  bezieht, 
dessen  Bruchstücke  Credner  in  seinen  Beiträgen  I,  351  (f.  ge- 
sammelt und  kommentirt  hat;  dieses  war  vielleicht  sogar  jünger 
als  die  Apostelgeschichte.  Eher  konnte  man  an  das  ältere  gleich- 
namige Werk  denken,  welches  wahrscheinlich  die  Urschrift  von 
jenem  und  zugleich  die  älteste  Schichte  der  pseudoclementinischen 
Literatur  bildete,  und  von  dem  noch  Manches  in  diese  übergegan- 
gen ist  ^).  Doch  scheint  sich  aueh  dieses ,  so  weit  wir  aus  unsern 
clementinischen  Schriften  auf  seinen  Inhalt  schliessen  können,  nicht 
recht  zur  Grundlage  für  unsere  Erzählung  zu  eignen.  Denn  wie- 
wohl aus  Recogn.  I,  22.  40  ff.  hervorgeht,  dass  diese  Schrift 
auch  die  Geschichte  der  Apostel  berührt  hatte,  so  erwähnt  doch 
der  Auszug  in  den  Recognittonen  kaum  irgend  etwas  von  dem, 
was  im  ersten  Theil  der  Apostelgeschichte  erzählt  wird.  Wir 
werden  daher  diese  Frage ,  wenn  sich  nicht  noch  weitere  Data 
finden  sollten,  unbeantwortet  lassen  müssen. 

Es  sind  uns  aus  der  vorpaulinischen  Geschichte  noch  c.  6 


*)  üeber  welche  Credner  Einl.  I,  282  und  Riehm  de  fönt  act.  ap.  176  flf. 
t\x  vergleichen  ist. 

')  M.  8.  Hilgenfeld,  dem.  Rec.  und  Hom.  S.  41.  45  ff. 


510  Dl«  QueHcn  der  Apostelgeschichte; 

«od  7  tbrij(,  wtJolie  die  MnsatxQog  ddr  sieben  Dlakone  uad  die 
HiArichtang  des  Stephanvs  erxAhien.  Vod  diese«  Abschniil  wird 
neuerer  Zeit  fast  allgemein  angenommen,  dass  er  entweder  gan» 
oder  von  c.  6,  8  an  aus  einer  eigenen  Qaelle  benstamme;  beson- 
ders in  der  Bede  o.  7  glaubt  man  die  bestimmtesten  Spnren  einer 
soleben  eigentbamlichen  Compositlon  zu  entdecken.  Und  es  Iflsst 
sieb  nicht  Ifiugnen,  diese  Rede  zeiobnet  sich  sowobi  dnreli  die 
Bigenthttmliühkeit  ihrer  Anlage,  aJs  durch  die  Feinheit  der  Dorcfa- 
iQhrnng'-aiis.  Aber  wer  mAebte  beweisen^  dass  sie  dämm  nicht 
das  Werk  unsers  Verfassers  sein  könne?  Auch  die  Rede  des  Paulus 
in  Athen  hat  viel  Blgentbtimllches ,  und  doeii  ist  es  sehr  unwahr- 
scbeinlacb,  dass  dieses  von  einem  Andern,  als  von  dem  Verfasser 
der  Apostelgeschichte  herrtthrt;  auch  unsere  ganze  Schrift  iet  mit 
grosser  Feiabeit  ausgeführt,  und  reioh  an  Beziehungen,  die  beim 
ersten  Anblick  oft  bedeutungslos,  doch  mit  dem  Zwecke  des  €kiti- 
ssen  eng  zttsammenb&ngen ;  gerade  das  EigeatbeaUichste  an  dem 
Vertrag  des  Stephnnus  würde  insofern  zu  der  Abfassung  dnrch 
ansern  8chrirtste]Jer  sehr  gut  passen,  Der  Styl  und  die  Sprache 
der  Rede  und  des  ganzen  Abschnitts,  dem  sie  angehört,  ist  auch 
nach  Schwanbeck's  Zugestftndnrss  CS.  250)  von  deijeiiigen  der 
froheren  und  späteren  Stücke  nicht  verschieden,  vielmehr  lässt 
uns  Alles  in  dieser  Beziehung  ansern  VerAisser  wiedererkennen. 
Die  Zahl  der  Worter,  die  nnr  in  diesem  Abschnitt  vorkommen,  ist 
sieht  ansser  Verhftltniss  zu  andern  Abschnitten;  ebensowenig  zeigt 
die  Constrnction  oder  die  Phraseologie  auffallende  Bigenthümlich- 
iKoiten,  dagegen  treffen  wir  auch  hier  Manches,  was  nnr  bei  Lukas 
Parallelen  hat.  Gleich  e.  6,  8  (um  unsere  Nachweisang  auf  diesen 
Theil  des  Ganzen  zu  beschränken),  ist  die  Verbindung  von  x^Q^S 
und  dvvafiLgj  wie  schon  früher  gezeigt  wurde,  in  der  eigenthon- 
lieben  Weise  des  Lukas,  ebenso  aog)la  und  x^^Qt'S  ''9  ^0;  gv^t^tsIv, 
6,  9,  hat  ausser  Markus  nur  Lukas  in  seinen  beiden  Schriften, 
ia%veiv  6 ,  10  ist  gleichfalls  in  beiden  beliebt  (vgl.  besonders  25, 
7),  ebens<r {>^^cr  6,  11.  13,  namentlich  auch  in  der  Veriiindong 
mit  hxlm\  zu  6,  12  vgl.  4,  1.  19,  29.  23,  27;  nctveaSai  6, 
13  hat  unter  den  historisobfes  Sobriflen  des  N.  T.  nur  LnktM^  ^^] 
0,  14,  aTBvi^etv  6,  15.  7,  55  sind  Lieblingswörter  von  ihm; 
die  Frage  7,  1  erinnert  an  Apg.  17,  11.  L.  22,  67,  die  Anrede 
7f  2  ausser  den  vielen  Stellen,  die  uvdqeg  ddelq)ol  haben,  beson- 
ders an  22,  1;  riyovf.ievos  7,  10  steht  ausser  drei  Stellen  des 
Ebräerbriefs  und    einem  Citat  bei  Matthäus  wr  noch  L.  22,  26. 


C.  6,  7.  511 

14,  12.  15,  22  iB  gleicher  DedentoDg;  y^  AiyvTttov  «.  s.  w. 
7,  4.  2^.  36.  40  ist  lokanfsch;  ebenso  i^anoariXXeiv  V.  19, 
fiffjfia  V.  16,  av^aveiv  xal  nXrj^iveü&av  V.  17  (vgl  6,  7,  1», 
24),  «/ptff  ov  V.  18,  ^(ooyovelv  V.  1»,  cJvrcrrog  «v  kayoig  x&i 
eQyotg  V^  M,  (L.  24,  19  vgl.  Apg.  18,  24),  teaaaQaxovraenjg 
XQ^ogy*  Ä»  (vgl.  13,  18),  ovißT]  inlvfjfv  xaQÖiav  ebd.  (li.  24, 
38>,  auch  'der  Gebranch  von  xaQÖla  V.  39.  64,  (Jm  ;f«90g  V. 
26,  SV  x^^Q^  V-  3Ö,  üonrjQla  ebd.,  T17  iniovofi  V.  26,  ifytQOjtiog 
ysTO/itsvog  V»  32  (vgl.  16,  29  und  das  Öftere  sfi(poßov  ylyvsaSaO^ 
€vq)Qaiv€adtxi  iv  V\  41  (evipQ.  bei  Lukas  häufig,  die  Construetion 
wie  bei  xaiQHv  iv  L.  10,  20),  x^Q'^^  svQiüxeiv  V.  46  (L.  1, 
80) ,  6  vif/iüTog  V.  48 ,  ovV  iv  x^t^QOftoci^oig  xaTOcxBl  ebd.  (17, 
24),  dtarcQleOxkct  V.  64  (6,  33),  vnaqxeiv  V,  66,  eaTcäg  ^x 
de^iwv  V^  26  (L.  1,  il),  d^0K>v/naS6v  V.  67,  ^jwvjjf  jueydlrj  V. 
67.  60  (8,  7.  14,  10.  1«,  28.  26,  24.  L,  1,  4»!  8,  28.  19, 
37.  23,  23.  46.  4,  33  auch,  wie  hier,  mit  xQa^eiv  verbunden), 
vsavlag  V.  68,  S^lg  ra  ydyara  V.  60  (9,  40.  20,  36.  21,  6. 
L.  22,  41  \  Dass  i^owohl  das  Verhör  als  die  letzten  Worte  des 
Sfephanus  mit  dem  VerhOr  und  den  letzten  Worten  Jesu  bei  Lukas 
auffallende  Aehniiohkeit  haben,  ist  schon  ftlther  (8.  146  ff.)  geneigt 
worden;  ebenso  wurde  (S.  261  f.  301)  die  Verwandtschaft  unserer 
Rede  mit  denen  des  Paulus  in  Antiochien  und  Athen  naehgewiesen, 
welche  sich  doch  immer  am  Leichtesten  aus  der  Einheit  des  Ver- 
fassers erklärt.  Alle  diese  Anxeiehen  lassen  die  Rede  den  Ste- 
phanus  und  die  mit  ihr  zusammeuhängende  Geschichtserzfthlnng, 
so  wie  sie  vorliegt,  nur  als  das  Werk  unsers  Verfassers  erschei- 
nen; was  Schwanbeck  S.  260  f.  gegen  diese  Ansich|  einwen- 
det, hnt  nicht  viel  auf  sich,  und  widerlegt  sich  schon  durch  die 
Ergebnisse  unserer  bisherigen  Untersuchung  ^).  Diess  sohliesst 
nun  allerdings  die  Möglichkeit  nicht  aus,  dass  unser  Verfasser 
für  seine  Erzählung  einen   besondern  Aufsatz   tiber  den  Tod  des 


*)  Schwanbeck  beruft  sich  1)  auf  das  Abgeschlossene  unserer  Erzählung,  wie 
wenig  aber  daraus  folgt,  ist  bereits  gezeigt  worden;  und  2)  auf  das  Ueberwiegen 
des  Oratorischen  in  ihr  über  das  Historische,  womit  es  sich  in  allen  Hbrigen  Thei- 
len  des  Buchs' umgekehrt  verhalte:  aber  auch  in  den  Abschnitten  c.  2,  1—41.  13, 
13—52.  17,  16 — 34.  20,  17 — 38  u.  a.  ist  das  rednerische  Element  entschieden 
im  liebergewicht.  Wenn  endlich  Schwanbeck  zwischen  unserer  Ked«  und  der 
Ea^peiithümliclilbeit  der  übrigen  Schrift  einen  bedeutend«n  Unterschied  findet,  so  ist 
diese  Beba«ptuDg  nach  dea  obigen  Nachweisuogen  so  zu  beschränken,  dass  sich 
nichts  weiter  daraus  schliessen  lässt. 


412  l^i«  QaeUen  der  Apostelgeschichte; 

StephMafl  oder  eine  irgendwo  vergefondene  Notias  darOker  benOtet 
hat,  und  in  einer  aolciien  Darsielloag  konnten  dem  StepiiaDaa  ancb 
aohon  Werte  in  den  Mund  gelegt  worden  sein,  welche  mit  unserer 
Bede  in  den  Grandgedanken  Aehnliehkeit  hatten,  denn  so  gnt 
diese  Rede  fOr  die  Tendenz  nnserer  8ebrift  passt,  so  Icann  doch 
immerhin  anch  ein  Anderer  in  Ähnlicher  Tendenz  gearbeitet,  oder 
es  kann  ein  wirklich  geschichtlicher  Bericht  Aber  den  Mftrtyrer 
unserem  Verfasser  den  AnknOpAingspankt  fOr  seine  Bede  geboten 
haben.  Dass  Stephanns  mit  dem  herrschenden  Jodenthnm  in  eine 
tiefere  Cellisien  kam,  als  die  palAstineasi^chen  Apostel,  mflssen 
wir  schon  wegen  der  Thatsache  seiner  Binricbtnng  voranssetzen, 
nnd  dass  sich  diese  Collision  gerade  au  eine  Polemik  gegen  den 
Tempeldienst  knüpfte,  ist  um  so  glaublicher,  da  anch  Innerhalb 
des  Jndenthams  und  Jadenchristenthums  der  Essiismus  und  Bbjo-'. 
nilismns  in  dem  Opferwesen  eine  Veranreintgang  der  wahren  Be- 
liglen  sahen  0-  Doch  geht  der  Stephanns  nnserer  Schrift  weit 
Ober  die  essenischen  Grunds&tze  hinaus,  denn  während  die  Essener 
zwar  die  Opfer  verwarfen  ^  den  Tempel  selbst  dagegen  hoch  hiel- 
ten, so  wird  dem  Stephanus  6,  14  vorgeworfen,  er  habe. die 
'Zerstörung  des  Tempels  und  die  Abschaifaog  des  mosaischen  Ge- 
setzes geweissagt,  und  er  selbst  bezeichnet  7,  48  ff*  die  Erbauung 
eines  Tempels  ganz  im  Allgemeinen  als  eine  Verirrong.  Insofern 
wtirde  der  Vorgang  der  Essener  seine  Grundsätze  noch  nicht  er- 
klären, und  es  erhebt  sich  immer  die  Frage,  ob  diese,  so  wie  sie 
hier  dargestellt  sind,  nicht  vielmehr  auf  die  Voraussetzung  des 
Paulinismus  zurQckftlhren.  Jedenfalls  muss  ihre  weitere  Ausfülh- 
mng  unserem  Verfasser  angehören.  Denn  um  die  feinen ,  und 
doch  in  das  Ganze  der  Bede  eingreifenden  Einzelheiten  derselben 
aus  einer  älteren  Quelie  aufzunehmen ,  mtlsste  sich  dieser  so  genau 
an  jene  Quelle  angeschlossen  haben,  dass  die  durchgängige  Ueber- 
elnstimmung  unserer  Bede  mit  dem  Styl  und  Ausdruck  der  Qbrigen 
Schrift  unerklärlich  wäre.  Während  wir  es  daher  unentschieden 
lassen  mOssen,  inwieweit  dem  Verfasser  das  Thema  seiner  Dar- 
stellung durch  einen  älteren  Bericht  gegeben  war,  können  wir 
doch  diese  selbst,  in  ihrer  jetzigen  Gestalt,  nur  auf  ihn  zurOckfohres. 


■)  M.  s.  Jos.  Ant.  XVIII,  1,  5.  Clem.  Reo.  I,  37  ff.  und  dazu  Hilgenfeld, 
dem.  Rec.  S.  58  ff.,  der  auch  die  Stelle  aus  dem  Ebräerevangelium  bei  Epiph. 
XXX,  16  anfährt:  ^i&or  xaralvaat,  raj  -^vaiag,  xal  edr  /urj  navotjc&f  tov  dvstyj 
od  navaerai  ätp   v/utay  jj  Sgy^. 


die  Wir^tücke.  513 

Von  den  pauUnisehen  SlOcken  haben  zunächst  die  AlMiohnitfe, 
in  denen  sich  der  ErziMer  der  ersten  Person  bedient,  (16 ,  10—18. 
20,  4-^16.  31,  1^17.  27,  1—28,  16,  vielleicht  auch  19,  21, 
a.  22^  and  die  drei  ersten  Verse  von  c.  20,  mit  Aasnahme  der 
Anfangs  werte)  ^}  die  Vermathun^  für  sich,  dass  sie  einer  ftiteren 
Quelle  entnommen  seien.  Nor  darch  diese  Voraussetznng*  iässt  es 
mdk  erkillren,  wie  d^  Verfasser  dazu  l^am,  gerade  in  diesen 
Theilen  seiner  Schrift  so  sen  spreciien.  Wollte  er  sich  für  einen 
Begl^ter  des  Panlns  ausgelN^n,  wie  wir  dless  oben  wahrscheinlich 
gefunden  haben,  so  wäre  an  »ich  das  NatCIrliehste  gewesen,  in 
einem  forflanfenden  Abschnitt ,  in  der  ganzen  Geschichte  des  Zeit- 
ranms,  während  dessen  er  bd  Paolas  gewesen  sein  wollte,  die 
erste  Person  zu  s^zen.  Nun  verschwindet  aber  diese  nicht  blos 
c.  16  mit  der  GeMngennehmnng  des  Apostels  und  seiner  Abreise 
von  Phillppi,  sondern  sie  wird  auch  c.  20,  16  wieder  mit  der 
dritten  vertanscht,  während  doch  der  Schreibende  nach  c.  27,  1 
als  Qefihrte  des  Panlas  in  seiner  Haft  erscheint.  Zar  Erklärung 
dieser  Erscheinung  ist  gewiss  das  Natttriicbste  die  Annahme,  der 
Verfasser  unserer  Schrift  habe  eben  nur  fOr  die  bezeichneten 
Parthieen  einen  auf  die  erste  Person  lautenden  Bericht  vor  sieh 
gehabt ,  diese  aber  auch  in  demjenigen  zu  setzen ,  was  er  aus^ 
sonstigen  Quellen  oder  aus  eigenen  Mitteln*  beifügte,  habe  er  sich 
nicht  entscfallessen  können.  Hätte  er  vollends  die  Atelfht,  für 
einen  Begleiter  des  Paulus  za  gelten ,  nicht  gehabt^  so  Hesse  sieh 
gar  nicht  bezweifeln,  dass  er  die  erste  Person  nur  einer  Quellen- 
schrift entnommen  haben  kann.  Anch  im  Einzelnen  spricht  aber 
Mehreres  ftlr  unsere  Ansicht.  Die  Genauigkeit,  mit  der  in  den 
bezeichneten  Abschnitten  die  Reise  des  Paulas ,  und  die  einzelnen 
Erlebnisse  während  derselben  beschrieben  werden  (16,  11.  20, 
5  f.  18—15.  21,  1—8.  c.  27,  28,  11  ff),  ist  aus  dem  Zweck 
unserer  Schrift  nicht  zu  erklären,  und  findet  sich  sonst  nirgends 
in  ihr  in  gleicher  Art  wieder,  und  wenn  auch  Anschaulichkeit  der 
Erzählung  unserem  Verfasser  selbst  da,  wo  er  offenbar  frei  aus« 
malt^  nicfat  fremd  ist,  so  sucht  man  doch  sonst  vergebens  nach 
Stellen^  die  mit  c.  27,  14  ff,  27  ff.  d 7  ff.  zu  vergleichen  wären. 


')  Dass  auch  diese  Verse  iheilweise  zu  dem  Bericht  des  Augenzeugen  gehören, 
den  wir  uns  doch  wohl  in  Philippi  zu  denken  haben,  wird  durch  den  „macedoni- 
schen  Standpunkt«  derselben  wahrscheinlich,  über  den  Schneckenburger  S. 
43,  Lekebusch  S.  184  flf.  zu  vergleichen  sind. 

33 


514  I^ie  Quellen  der  Apostelgeschicbte ; 

Aneh  die  Bpraoke  der  franrifehen  Abschnitte  hat  nianolies  Bigen- 
thttmliohe.  Dass  sie  von  allen  Tlieilen  unserer  Sebrift  am  Meisten 
worter  liaben ,  die  sonst  nicht  in  ihr  vori^ommen ,  wOrde  allerdings 
an  sich  nicht  viel  beweisen,  denn  ein  grosser  Theil  von  diesen 
Wortern  bezieht  sich  an/  das  Schiffswesen  ^),  welches  so  im  Bin- 
seinen zu  berOhren  der  sonstige  Inhalt  der  Apostelgeschiehte  keinra 
Anlasa  gab.  Auch  die  Bekanntschaft  des  Berichterstatters  mit  den 
Theilen  der  Schiffe,  den  Manipolationen  derSeelente,  den  Brschei« 
nnngen  eines  SchÜlbnichs,  nnd  mit  den  Benennungen  dieser  Dinge, 
ist  kein  entscheidendes  Anseichen,  wiewohl  sie  immerhin  nnsere 
Beachtong  verdient.  Dagegen  haben  nnsero  Abschnitte  einige  sehr 
eigenthOmliche  Constmctionen  and  Redeweisen.  Dahin  gehört  21, 
8:  clvaq)avivT€g  n^  KvTtQWy  27,  14;  eßale  xax  avrfjg  avefiog, 
27,  28:  ßQaxo  de  diaa%f}accvTeg  xal  ßaUaavV^g^  27,  40:  int^- 
Qavreg  tov  agre^iova  rfj  Ttveovoji ,  ebd.  der  Gebranch  von  xarix^iv 
in:  xateixw  elg  tov  aiytalovy  27 j  iO:  ozi  mit  folgendem  Infini- 
tiv, 27,  84:  ngog  Ttjg  v/neTeQag  aunr^Qiag;  von  einzelnen  Wör- 
tern bemerke  mtn  das  dreimalige  nokig  ^  27,  7.  8.  16,  das  sich 
sonst  bei  Lnkas  nur  noch  Apg.  14,  18  findet,  das  zweimalige 
Xqrfldat  27,  8.  17,  sonst  den  lokanischen  Schriften  unbekannt, 
das  dreimalige  r^  imovatj  {,M^  lt.  20,  16.  21,  18),  wofür 
sonst  (7,  26.  28,  11>  rfj .  iniovoij  i^/aeQijc  oder  vvxrl  steht.  Im 
Allgemeinen  ist  die  Vorliebe  unserer  Abschnitte  für  Particlpial- 
censtrnctionen  zn  beachten.  Neben  diesem  BigenthOmlichen  zeigt 
aber  die  Sprache  dieser  Stücke  auch  Vieles,  worin  sich  der  son- 
stige lukanische  Typus  ansprägt.  Man  beachte  die  AnsdrOcke: 
tfj  i^fiig^  %wv  acißßatwv  16,  18  —  toiv  a^vfioty  20,  6  —  r^g 
nevTT^xoarijg  21,  16  and  dazu  18,  14«  2,  1.  L.  4,  16.  18, 
14.  16.  14,  5.  22,  7^  öiccvolyeiv  16,  14  vgl.  L.  24,  45.  82 
u.  A.;  Ttvevficc  Ttvdtüvog  16,  16  vgl.  L.  4,  38;  i^yaoia  ebd.; 
äxQiS  20,  6  und  axQig  ov  27,  88;  ixavdg  20,  8.  11.  27,  7. 
9.  Tfj  ixo^ivji  20,  16;  rfl  h^fjg  21,  1;  &h%eg  rä  yovoeta  21, 
5;  die  Infinitive  mit  Artikel  20,  7.  27,  1.  4.  7;  das  umschrei- 
bende OTadug  27,  21;  del  27,  21.  24.  26;  ravvv  27,  22;  fi?l 
g)oßov  27,  24  (18,  9.  L.  1^  18.  80.  2,  10.  6,  10.  8,  60.  12, 
7-  9^);  x^qK^^^''  (rivä  Tivt)  27,  24,  sonst  nur  noch  8,  14. 
26,   11.  16   (xoQ.  ist  überhaupt    bei  Lukas   besonders  beliebt); 


>)  M.  Tgl.  die  Uebersicht  bei  ßaumgarten  Comm.  ll,  b,  389* 


die  Wir-Stücke.  515 

iyivsro  mit  Inf.  27,  44;  ov  zrjftf  Tv^ovcav  28,  2  vgl.  lö,  11; 
^rjdh  aTonov  28,  6  vgl.  26,  5.  L.  23,  41;  vndgxuv^  27,  12. 
21.  34  28,  7;  awexeadtxi  28,  8  vgl.  18,  6.  L.  8,  37  nüd 
besonders  L.  4,  38  (sonst  nnr  noehMatth.  4,  24);  ra  tvsqI  fjfiaiv 
28,  15;  in  dem  ganzen  Abschnitt  endlich  den  häufigen  Gebrauch 
von  T€.  Noch  wichtiger  Ist  aber,  dass  auch  der  Inhalt  der  Arag- 
liehen  Abschnitte  Manches  enthält,  was  wir  nicht  wohl  auf  einen 
Angenzeugen  zarückfOhren  können.  Lässt  sich  auch  die  Anstrei- 
bnng  des  Dämons  in  Philipp!  1<»,  16  ff.  natürlich  erklären,  so 
wird  dieser  Vorfall  doch  durch  seinen  Zosammenhang  mit  der 
Gefaagenschaft  uod  Befreiung  des  Paulas  and  Silas  In  Frage  ge- 
stellt; ebenso  scheint  bei  dem  Vorfall  mit  Eatychas  20 ,  9  ff. 
jedenfalls  die  Schilderung  des  lOten  Verses,  welche  dem  Hergang 
bei  alttestamentlicben  Todtenerweckungen  allzuähnlich  ist,  späteren 
Ursprangs;  in  demselben  Kapitel  ist  V.  16  eines  nngeschichtlichen 
Pragmatismus  dringend  verdächtig;  die  kleine  Episode  27,  21 — 26, 
die  ohne  Unterbrechung  des  Zusammenhangs  fehlen  konnte,  sieht 
einem  tendenzmässigen  vaäcinium  ex  eventu  sehr  ähnlich;  ebenso 
V.  34  die  Worte,  welche  mit  L.  21,  18  In  bedenklicher  Ver- 
wandtschaft stehen:  ovdeiog  yaq^  ijuaiv  diQii  ix  t^g  neq)aXrJQ  ne- 
adrai;  die  melitensischen  Wander  endlich  (28,  8 — 10)  gehen 
ganz  über  das  Maass  des  Denkbaren  hinaus,  und  wenn  auch  der 
Vorfall  mit  der  Natter  möglich  ist,  so  ist  doch  die  Aeusserung 
der  Eingeborenen  V.  6  sehr  unwahrscheinlich  0*  Diese  Zdge  be- 
weisen uns,  dass  der  Bericht  eines  paullnischen  Reisegefährten  in 
unserer  Schrift  nicht  ohne  Zusätze  und  Ueberarbeitung  geblieben 
ist  ^3.  Wirklich  sind  es  auch  vorzugsweise  die  angeführten  Stücke, 
in  denen  lukanlsche  Sprachelgenthflmlichkeiten  merklicher  hervor- 
treten. Andererseits  wird  man  nicht  annehmen  können,  dass  jener 
Bericht  ausser  dem,  was  die  Apostelgeschichte  daraus  mittheilt, 
nichts  Weiteres  enthalten  habe,  was  das  aber  war^  und  wie  der 
fragliche  Aufsatz  überhaupt  näher  beschaffen  war,  lässt  sich  nicht 


*)  Das  Nähere  hierüber  s.  0.  S.  290  f; 

^)  Noch  grösser  müsste  der  Antheil  des  Gesammtverfassers  sein,  wenn  man 
im  Interesse  der  Silas-  oder  Timotheushypothese  annehmen  wollte,  dass  auch  an- 
dere als  die  „Wir-Stticke*^  der  Denkschrift  eines  paulinischen  Begleiters  entnommen 
seien.  In  diesem  Fall  müsste  die  Kürze  der  Berichte  c.  16,  6.  18,  23.  20,  2  f. 
das  Ungeschichtliche  der  Angaben  c.  18,  18.  c.  19,  11  f.  und  Anderes  doppelt 
auffallen.  Indessen  bedarf  jene  Annahme  nach  allem  Früheren  keiner  Widerlegung 
mehr. 

33* 


516  I^ie  Quellen  der  Apost^l^escbichte ; 

mdir  ansmitlela.  Ffir  deo  Urheber  deaselboQ  \vird  Immer  am 
Wahrsebeiiiliobsten Lukas  gehalten  werdet;  wenigatens begreif t aich 
ae  am  Besten,  wie  der  Verfasser  der  Cvesamoitsebrift  dassu  l^am, 
seinem  Werlte  gerade  diesen  Namen  vor^oaet^en.  0 

Näobst  den  eben  besprecbenen  Abschnitten  hat  der  Misaions- 
berieht  c  13.  14  am  Meisten  das  Ansehen ,  ura|irnngiieb  ein  eige- 
nes Ganges  gebildet  zu  haben.  Namentlich  der  Anfang  dieses  Ab- 
aehnitts,  welcher  ganz  nea,  wie  etwas  nach  Unbelsanntes,  erzählt, 
dass  Saulns  and  Baruabas  in  Antiocbien  waren,  sieht  gar  nicht 
aas,  aUi  ob  er  ursprünglich  von  demselben  herrtthrte,  der  11,  22  ff. 
die  Uebersiedlnng  jener  beiden  nach  Antiocfaien^  und  kaum  erst 
Ct2^  1^6)  ihreRttekkehr  von  Jerusalem  in  diese  Stadt  erzählt  hat. 
Insofern  mnchte  man  geneigt  sein,  mit  Bleek^)  einen  selbständi- 
gen Aufsatz  als  Quelle  für  anaern  Bericht  verausznsetzen ,  oder 
mochte  man  wenigsteuj  vermuthen,  dass  der  Inhalt  desselben  ans 
einer  andern  Quelle  genommen  sei,  als  o.  11,  22. ff.,  weher  nun 
die  letztere  Notix  auch  stammen  mag.    Andererseits  läset  si^  aber 


^)  Wenn  ^egeo  die  oben  ausgeführte  Ansicht  eiDgeweodet  wird  (Lekeboscb 
S.  81.  384  f.),  die  Einheit  der  Apostelgeschichte ,  und  namentlich  ihre  gleichförmige 
Sprache,  verbiete  es,  den  Verfasser  des  Reiseberichts  von  dem  der  ganzen  Schrift 
zu  "trennen,  so  ist  hierauf  schon  im  Text  geantwortet.  Wir  nehmen  ja  nicht  an, 
dass  der  Verfasser  den  Reisebericht  unverändert  aufgenommen ,  sondern  dass  er  ihn 
äberarbeitet,  ge&ndert,  zusammengezogen  und  erweitert,  dass  er  iba  oiit  Einem 
Wort  ebenso  frei,  wie  irgend  eine  andere  Quellenschrift,  benützt  habe,  (m.  s.  auch 
S.  269.  290  f.)  Die  obige  Einwendung  könnte  uns  daher  nur  dann  treffen,  wenn  es 
überhaupt  unmöglich  wäre,  unter  Benützung  und  theilweiscr  Wiederholung  älterer 
Berichte  eine  einheitliche  Geschichtsdarstellung  zu  liefern ,  was  doch  Niemand  wird 
behaupten  wollen.  Fragt  aber  L.  weiter,  warum  der  Verfasser ,  wenn  er  mit  seiner 
Quelle  so  frei  umgieng ,  niebt  auch  den  übrigen  Stoff  in  die  Form  eines  augenzeugen- 
schaftlicfaen  Berichts  gebracht  haben  sollte,  so  könnte  er  ebensogut  fragen,  warum 
nicht  Virgil  die  ganze  Acneide  von  Acneas,  oder  Plato  alle  seine  sokratischen  Ge- 
spräche von  Sokrates  erzählen  lasse.  Er  that  es  nicht,  weil  er  eben  nicht  für 
einen  Aujgenzeugen  der  ganzen  Geschichte,  auch  nicht  für  einen  Begleiter  des  Pau- 
lus auf  allen  seinen  Reisen,  sondern  eben  nur  für  den  Begleiter  des  Paulus  ge- 
halten sein  wollte,  dessen  Aufsatz  er  benützt  hat,  für  Lukas.  Um  diese  Rolle 
durchzuführen,  die  er  nun  einmal  gewählt  ha;te,  durfte  er  seine  eigenen  Zusätze 
nur  da  in  der  ersten  Person  einführen,  wo  sie  in  den  Zusammenhang  des  luka- 
nischen  Berichts  eingriffen.  Dass  er  aber  gerade  den  Namen  des  Lukas  seinem 
Buche  vorgesetzt,  und  nur  da,  wo  dieser  bei  Paulus  war,  sich  der  ersten  Person 
bedient  hat,  diess  wird  man  doch  immer  am  Natürlichsten  aus  der  Benutzung  einer 
Denkschrift  erklären,  die  dem  Lukas  beigelegt  war. 

«)  Stud.  und  Krit.   1836,  4,  1043  f. 


•       C.  13,  14.  517 

uioht  überaehen,  dass  diese  Quelle  von  dem  Verfasser  der  Apo<- 
stelgeschichte  jedenfalls  mit  der  grönsten  Freiheit  erweitert  nnd 
Oberarbeitet  sein  muss.  Ausserdem,  dass  die  Sprache  des  Abschnitts 
durchaus  die  seinige  ist,  wie  mau  diess  leicht  sieht,  lässt  uns 
auch  in  den  einzelnen  Erz&hlungen  Vieles  seine  Hand  erkennen. 
In  dem  Beriebt  über  die  Bestrafung  des  Elymas  weist  13,  9  das' 
nkrjodelg  nvevfiatos  ayiovy  areviaccg  slg  ccvzdv,  V.  11  das  ne- 
QLayiüv  i^fjrsi  )(,BiQay(oyovg  vgl.  mit  9,  8,  auf  unsern  Verfasser. 
Die  Art,  wie  V.  9  der  Name  Paulus  eingeführt  wird,  fanden  wir 
schon  früher  der  Einführung  des  Petrusnamens  im  Evangelium 
analog;  dass  sie  nur  vom  Verfasser  der  ganzen  Schrift  herrührt, 
zeigt  die  ausnahmslose  Regelmässigkeit,  mit  welcher  der  Apostel 
vorher  nur  Saulus,  nachher  nur  Paulus  genannt  wird.  Von  der 
Rede  c.  13,  16  0".  wurde  gleichfalls  schon  früher  (S.  301)  nach- 
gewiesen, dass  sie  mit  der  Rede  des  Stephanns  und  mit  petrini- 
schen Reden  eine  Aehnlichkeit  hat,  die  sich  picht  erklären  liesse, 
wenn  sie  unabhängig  davon  niedergeschrieben  wäre,  dass  sie 
mithin  vom  Gesaromtverfasser  herrühren  muss;  ausserdem  vergleiche 
man  zu  V.  16:  12,  17.  19,  33.  21,  40;  zu  V.  25:  20,  24 
und  Bv.  L.  3,  16;  zu  V.  27:  15,  21.  Ev,  L.  24,  25  ff.  Aueh 
das  ist  schon  früher  gezeigt  worden ,  dasis  die  Erklärung  13;  46 
und  die  ihr  entsprechende  beharrliche  Praxis  der  beiden  Sendboten 
ausschliesslich  nur  dem  Pragmatismus  nnsers  Verfassers  angehört; 
ebenso  haben  wir  der  Erzählung  von  der  Lahmenheilung  in  Lystra 
14,  8  tf.  ihre  Abhängigkeit  von  c.  3,  2  ff.,  und  der  Scene  14, 
11  ff.,  namentlich  aber  der  Aeusserung  V.  15,  ihre  Analogie  mit 
c.  10,  25  f.  nachgewiesen.  V.  16  ff.  erinnert  au  c.  17,  24.  27. 
30.  Die  Bemerkungen  13,  2.  4.  14,  26  scheinen  dem  Verfasser 
der  Apostelgeschichte  anzugehören,  der  ein  boRonderes  Interesse 
hatte,  den  höheren  Befehl  zur  ersten  Heidenmission  recht  nach- 
drücklich zu  betonen.  Unter  diesen  Umständen  müsste  die  Quelle, 
aus  der  unser  Verfasser  geschöpft  hat,  falls  er  sie  nicht  sehr 
unvollständig  benützte,  fast  zu  dürftig  für  einen  eigenen  Aufsatz 
gewesen  sein,  und  man  möchte  eher  vermuthen,  dass  es  nur 
einzelne  Notizen ,  vielleicht  aus  einer  etwas  uäifassen deren  Schrift, 
waren,  die  er  zu  dem  vorliegenden  Bericht  ausgesponnen  hat. 

Noch  näher  liegt  diese  Vermuthung  hinsichtlich  der  drei  Be- 
richte über  die  Bekehrung  des  Paulus.  Diese  Berichte  stehen  in 
einer  so  durchgreifenden,  grossentheils  wörtlichen  Verwandtschaft, 
dass  es  ganz  unmöglich  ist,  sie  aus  verschiedenen  Quellen  abzu- 


518  Die  Quellen  der  Apostelgeschichte; 

leiten.  Kine  und  dieselbe  Quelle  konnte  aber  doch  kaum  alle  drei 
enthalten  haben,  es  raOsste  denn  eine  vollstfindige  Biographie  des 
Apostels  oder  sonst  eine  Schrift  von  fthnlichem  Umfang,  wie  die 
nnsrige,  gewesen  sein;  aber  auch  bei  einer  solchen  mfisste  man 
fragen,  was  die  dreimalige  Wiederholnng  der  gleichen  Erzählung 
und  die  Abweichungen  der  drei  Berichte  von  einander  veranlasst 
haben  könne«  In  unserer  Schrift  erkifirt  sich  beides  wenigstens 
in  der  Hauptsache  aus  dem  Zweck  •  derselben ;  ein  anderes  Buch 
konnte  nicht  das  gleiclie  Interesse  haben,  die  Berufung  des  Hei- 
denapostels dreimal  zu  berichten,  und  Zage,  wie  die  e.  9,  26  ff. 
23,  17  ff.  26,  20  mitgetheilten,  einzuflechten ,  welche  sich,  un- 
geschichtUoh  wie  sie  sind,  nur  au<9  der  Gesammttendenz  der 
Apostelgeschichte  begreifen  lassen.  Eben  diese  EigenthOmlichkei- 
ten  verbieten  aber  auch  die  Annahme,  dass  der  Verfasser  einen 
seiner  Berichte,  etwa  den  des  9ten  Kapitels,  aus  einer  älteren 
Quelle  geschöpft,  die  zwei  anderen  dagegen  diesem  nachgebildet 
habe,  denn  wenn  er  sich  hiebe!  treu  genug  nn  seine  Quelle  hielt, 
nur  ihr  auch  In  den  beiden  Wiederholungen  grosHcntheils  wörtlich 
zu  folgen,  Fo  begreifen  sich  die  bedeutenden  sachlichen  Abwei- 
chungen nur  um  so  weniger;  es  enthält  aber  auch  jeder  der  drei 
Berichte  Ungeschichtliches,  das  sieh  nur  aus  dem  Zweck  unserer 
Schrift  erklärt,  der  erste  und  zweite  in  der  Behauptung,  dass 
Faulu#  unmittelbar  nuch  seiner  Bekehrung  nach  Jerusalem  zu  den 
Aposteln  gekommen  sei,  der  erste  und  dritte  in  der  Angabe  Ober 
die  Wirksamkeit  des  Paulus  in  Jerusalem  und  Judäa,  der  zweite 
in  der  Erzählung  von  der  Cbristuserscheinung  im  Tempel.  Dazu 
kommt,  dass  die  Sprache  in  allen  drei  Berichten  gleichmässig  die 
des  Lukas  ist,  dass  c.  22,  20  deutlich  auf  c.  7,  58.  8,  1  zu- 
l'ücksieht,  dass  die  ganze  Anlage  der  sich  kreuzenden  Visionen 
Im  9ten  Kapitel,  wie  schon  bemerkt  wurde,  mit  derjenigen  der 
Gesichte  im  10t en  auffallende  Verwandtschaft  bat  ^).  Dieses 
lässt  uns  in  allen  drei  Berichten  nur  die  Feder  unsers  Verfassers 
erkennen,  upd  es  flragt  sich;  ob  er  for  seine  Darstellung  ausser 
den  paulinischen  Briefen  (Gal.  1,  13  ff.^)  2  Kor.  11,  32)  und 
dem  Allgemeinen,  was  die  kirchliche  Ueberlieferung  von  der  Be- 


')  Man  vgl.  auch  im  Einzelnen  9,  11  u.  10,  5  f. 

')  Eine  Reminiscenz  an  den  Ausdruck  Gal.  1  ,  14:  ne^usoord^ta^  Ctj^(OT^ 
vTia^jjfwy  T<ov  narqixiav  /aov  nuQaSoaecjy  scheint  Apg.  26 ,  1 1 :  ne^iaatai  r«  l/n/ta^ 
rojutvog  adroXs  «u  enthalten. 


Bekehrung  des  Paulus;  ApostelconciL  519 

kebranjy  des,  Paulas  an  die  Hand  gab,  überhaupt  ekie  weitere 
Quelle  gehabt  hat,  oder  ob  diese  wenigstens  mehr  enthielt,  als 
die  HauptzOge,  dass  Paulus  durch  die  Christuserscbeinung  bei 
Damaskus  von  seiner  Blindheit  geheilt  und  durch  Ananias  getanft 
wurde.  9 

Nur  den  Galaterbrief  mochten  wir  auch  fttr  die  Quelle  des 
Berichts  über  das  sog.  Apostelconcll  (15,  1  —  35)  halten«  Bs  ist 
früher  gezeigt  worden,  dass  dieser  Bericht,  so  weit  er  von  d^ 
Darstellung  des  Galaterbriefs  abweicht,  nur  als  anhistorisch,  und 
als  ein  Erzeugniss  des  eigenthümlichen,  unsere  Schrift  beberr-* 
sehenden  Pragmatismus  zu  betrachten  ist,  dass  aach  die  Reden 
des  Petras  und  Jakobus  nur  unseren  Verfasser  angeboren  kOnnmi, 
dass  die  angeblichen  Beschlüsse  der  jernsalemitischen  Versamm^ 
lung  gar  nicht  gefasst  worden  sind,  dass  folglich  auch  das  apo- 
stolische Sendschreiben  V.  28— 2d  nicht  erlassen  worden  sein 
kann,  dass  dieses  Sendschreiben  in  einer  genau  an  den  Prolog 
des  Lukasevangeliums  sich  anschliessenden  Constroction  den  Styl 
unsers  Verfassers  nur  zu  deutlich  verräth.  Bs  ist  kaum  nOthig, 
beizufügen,  dass  die  Sprache  des  ganzen  Abschnitts  durchaus  die 
der  übrigen  Schrift  ist.  Was  will  es  gegen  so  entscheidende 
Anzeichen  besagen,  wenn  man  für  die  Authentie  der  Bede  V. 
13  ff.  die  Nameusform  2vfj.€wv  anführt  ^J,  die  nnser  Verfasser 
gerade  ebenso  gut,  wie  der  des  zweiten  Briefs  Petri  (1,  1),  ab- 
sichtlich gesetzt  haben  kann,  um  den  Schein  des  alterthümlich 
Jüdischen  hervorzubringen^),  und  für  die  Abfassung  des  aposto- 
lischen Sendschreibens  durch  Jakobus  die  griechische  Begrüssang 
mit  x^cigeiv,  V.  23  und  die 'Voranstellung  des  Barnabasnamens  V. 
25,  wovon  schon  Arüher  (S.  247)  die  Rede  war.  Aaeh  die  Wor- 
ter, mit  welchen  der  Brief  in  den  lukanischen  Schriften  allein 
steht,  dvaansvcc^eiv  y  diazr^QelVj  evTtQo^Teiv^  indvccyxegf  SQ^coa^Sy 
können  um  so  weniger  beweisen,  da  ihnen  andere,  im  N.  T. 
ebenfalls  seltene  lukanisohe  Ausdrücke ,  edo§€y  o^od'Vfiadav  y  fiJ]div 
nkkov  {jkut  noch  L.  3,  13)  gegenübergestellt  werden  können. 
Wenn  endlich  Ritsc^hP)  den  übrigen  Inhalt  des  15ten  Kapitels, 

*)  Bleek  a.  a.  0.  S.  1036  f. 

')  Wie  wenig  ihm  diese  Art  der  Mimik  fremd  ist,  zeigt  auch  der  2v/uech 
Ev.  L.  2,  25,  und  das  ^^^jutay  Sg  htixaXsXrai  IHtqos,  welches  Apg.  10,  5.  18, 
32.  11,  13  nur  desshalb  gesetzt  ist,  weil  vorausgesetzt  wird,  dass  Petrus  dem 
Cornelius  noch  ganz  unbekannt  sei. 

')  Entst.  der  altkalh.  Kirche  S.  121. 


520  ^^  QoelleD  der  Apostelgeschichte  { 

und  Bamentfich  dfe  Reden  desselben  preisgebend,  doch  das  Apo- 
steldekret, oder  wenifpstens  den  Kern  desselben,  V.  28  f.,  als 
avthentlscb  retten  will,  so  ist  schon  oben  gezeigt  worden,  wie 
wenig  es  angebt,, nach  dem  Verlast  aller  tlbrigen  diesen  letzten 
Posten  zu  behaupten.  Wir  können  daher  auch  hier  nur  auf  die 
Ansicht  zarflekkommen ,  dass  dem  VerfSasser  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  ausser  der  Stelle  des  Galaterbriefs  kein  anderer  älterer 
Bericht  Aber  die  Verhandlungen  in  Jerusalem  vorlag. 

FQr  die  Abschnitte,  welche  von  der  zweiten  Missionsreise 
des  Paulus  handeln,  möchten  wir  ebenso,  wie  Air  die  früheren 
Notizen  ttber  d\t  antiocheiiiscbe  Gemeinde  (11,  19  ff.),  ältere 
Quellen  voraussetzen:  Aber  auch  hier  beweist  nicht  blos  die  Sprache 
eine  selbständige  Ueberarbeitung  durch  den  Verfasser  des  Ganzen, 
sondern  ancih  der  Inhalt  zeigt  deutliche  Spuren  seiner  Thätigkeit. 
Nor  ihm  kann  der  Bericht  Aber  die  Beschneidung  des  Timotheus 
16,  1  ff.  angehören ;  denn  gesetzt  auch,  die  ITeberlieferung  habe 
diesen  Panliner  als  Beschnittenen  dargestellt,  und  er  sei  es  sogar 
wirklich  gewesen,  so  kann  ihn  doch  Paulus,  nach  seinen  Grund- 
sätzen, nicht  beschnitten  haben.  Ebendahin  gehört  die  Angabe 
16,  4;  die  mit  der  Geschichtlichkeit  der  ApostelbeschlQsse  steht 
and  fällt.  Die  Erzählung  von  den  Vorfällen  in  Philipp!  16 ,  1 9  ff. 
hat  sich  uns  schon  flrüher  viel  zu  ungeschichtlich,  und  zugleich 
in  ihrer  Composition  der  des  6ten  und  12ten  Kapitels  viel  zu 
ähnlich  gezeigt,  als  dass  wir  sie  einem  Andern ,  als  unserem  Ver- 
fasser,  zatheüen  könftaten,  der  sie  vielleicht  nur  aus  einer  allge- 
meinen Notiz,  wie  die  des  ersten  Thessalonicherbrtefs  2,  2  heraus- 
gesponnen  hat ;  möglicherweise  kann  er  treWith  aach  eine  etwas  aus- 
gefohrtere  Erzählung  vor  sich  gehabt  haben.  Demselben  gehört 
ohne  Zweifel,  mit  den  übrigen  Reden  der  Apostelgeschichte,  auch 
die  Bede  in  Athen,  und  der  ganze  Auftritt  vor  dem  Areopag  an, 
denn  diese  geschichtlich  unwahrscheinliche  Verhandlung  hat  eben 
nur  den  Zweck,  einen  Anlass  für  die  Rede  darzubieten,  diese 
selbst  aber  lässf  sich  dem  früher  Bemerkten  (S.  260  ff.)  zufolge, 
nach  Inhalt  und  Anordnung  nnr  auf  unsern  Verfasser  znrOckfQhren. 
Auch  die  Sprache  verräth  seinen  Styl  in  den  Formeln  TiaQco^vvsTO 
rd  7ivev(jL(x  avrov  iv  avTiT)  V.  16  (vgl.  L.  24,  32),  tI  av  ^loi 
V.  18.  20.  (vgl.  2,  12.  L.  1,  62},  in  den  umschreibenden  Par- 
X\c\^\evk  intlaßofiei^oi  V.  19,  nn^OTa^eig  iv  i^hq)  V.  22,  in  dem 
Tcevvv  V.  30.  Wenn  sich  daher  auch  unser  Kapitel,  und  nament- 
lich die  Rede,  durch  verhältnissmässig  viele  eigenthümliche  Wörter 


zweite  Missionsreise  des  Paulus.  521 

auszeichnet^},  so  werden  wir  diese  Ersdieinang  docli  nur  daraua 
zu  erklären  haben,  dass  der  Verfasser  liier,  wo  er  den  Paulas 
vor  einer  rein  heidnischen,  selbst  philosophischen  Zuhörerschaft 
sprechen  lässt,  weniger  als  sonst,  auf  die  jüdisoh-thristlichen  Vor- 
stellungen und  AnsdrOcke  beschränkt  bleibt.  —  Wie  viel  von  den 
weiteren  Berichten  bis  c.  20,  1  unser  Verfasser  schon  vorgefun- 
den, wie  viel  er  selbst  hiuzogethan  hat,  lässt  sich  schwerlich 
genau  bestimmen.  Im  Allgemeinen  werden  wir  das  Gerippe  d6r 
paulinischen  Reisen,  und  überhaupt  alles  das,  worin  sich  keine 
bestimmte  Tendenz  verräth ,  mit  Wahrscheinlichkeit  auf  ältere  Quel- 
len zurückführen ,  deren  Beschaffenheit  aber  kaum  noch  auszumilteln 
sein  dürfte;  dagegen  ist  bei  Anderem  sehr  wahrscheinlich,  dass 
es  nur  von  unserem  Verfasser  herrührt,  wenn  dieser  auch  viel- 
leicht in  den  von  ihm  benützten  Sagen  oder  Schriften  Anknüpfungs- 
punkte dafür  vorfand.  Dahin  gehört  der  mehrbesprochene  stehende 
Zug,  dass  sich  Paulus  mit  seiner  Predigt  immer  zuerst  an  die 
Juden  wendet,  und  erst  wenn  ihn  diese  verschmähen,  an  die 
Heiden;  dahin  wahrscheinlich  die  Darstellong  der  jüdischen  Klage 
18,  13,  vielleicht  auch  das  Traumgesicht  18,  9,  da  beides  nicht 
ohne  pragmatische  Tendenz  ist;  noch  bestimmter  müssen  wir,  nach 
unsern  frühern  Ergebnissen,  die  Beise  und  die  Haarschur  18,  18 
— 23  und  die  eigenthümliche  Darstellui^  der  Johannesjünger  18, 
25.  19,  1  f.  dahin  rechnen,  wenn  auch  die  übrigen  Angaben  über 
Apollos  geschichtlich  zu  sein  scheinen,  und  die  Erzählung  von 
den  Johannesjüngern  gleichfalls  an  eine  ältere  Ueberlieferung  an- 
knüpfen mag^J;  ebenso  die  Erzählung  von  den  wunderthätigen 
Tüchern  des  Apostels,  19,  12,  welche  der  entsprechenden  über 
Petras  6,  15  nachgebildet  zu  sein  iü. hohem  Grade  verdächtig 
ist;  ferner  V.  19,  21  die  Angabe,  dass  Paulus  noch  in  Ephesus 
den  bestimmten  Vorsatz  gefasst  habe,  nach  Jerusalem  zu  reisen; 


^)  Kap.  17  hat  34  WOrter,  die  sich  bei  Lukas  nur  hier  finden,  davon  kom- 
men aber  26  allein  auf  die  19  Verse  16—34. 

')  Die  Tielleicht  aus  der  wirklichen  Erinnerung  an  einen  geschichtlichen  Vor- 
fall, vielleicht  aber  auch  aus  dogmatischen  Motiven  entsprungen  ist.  Etwas  Auf- 
fallendes hat  wenigstens  19,  7  die  Zwölfzahl  der  Getauften,  welche  der  der  palästi- 
nensischen Apostel  so  merkwürdig  entspricht.  Sollte  sich  wohl  die  Erzählung  ur- 
sprünglich, als  ultrapaulinisches  Gegenstück  zu  der  ebjonitischen  Simonssage,  auf 
die  Urapostel  bezogen  haben,  so  dass  ihr  Sinn  gewesen  wäre,  den  Ebjoniten  zu 
sagen ,  ihre  Apostel  selbst  seien  erst  durch  das  paulinische  nvev/ua  über  die  jüdische 
Beschränktheit  des  Täufers  und  seiner  Schüler  hinausgeführt  worden? 

33** 


/T 


522       *  ^^  Quellen  der  Apostelgeschicbte; 

aadi  die  If/henüge  Sehilderatt^  de«  epüeslnisebeii  AuAtands  stammt 
wohl  KiiftAcbst  vott  anfterem  VerAMsei*,  in  dessen  Weise  sie  fanz 
liegt,  wettn  sie  gleich  der  Krltil:  liaaoi  einen  Anstoss  bietet;  imii 
Itann  sieli  wenigstens  die  Heden  V.  ^5  ff.  95  ff.  ^  die  aneb  io 
Aosdrnek  giir  nlohts  BlgenthOmliehes  haben,  kaom  als  dberiiefert 
denken.  Der  spraeftHefae  Cbaraltter  aller  dieser  Absebnitte  «Her- 
scheidet  sieb  Ton  dem  der  übrigen  Sehrifl  nieht. 

Im  208ten  Kapitel  Iftsst  Uns  ssunftchst  dte  ßemettnng  V.  16 
den  Pragmatismus  des'  Verfassers  erkennen.  Dass  eben  diesem  die 
epheslniscbe  Rede  T.  18  ff.  ^ngebore,  haben  wir  schon  frttber 
(S.  269  ff.)  wahrscheinlich  gefunden;  nicht  allein  Ihre  ^Sprache  ist 
durchaus  die  nnsers  Schriftstellers  0  y  sondern  auch  ihr  gaqzer 
Standpunkt  und  Ihre  Tendenz,  nnd  da  wir  sonst  wissen,  dass  er 
seinen  Helden  mit  voller  Freiheit  seine  eigenen  Gedanken  in  den 
Mund  legt,  so  werden  wir  am  so  weniger  bezweifeln  können, 
dass  er  diess  auch  hier  gethan  hat.  Nur  von  nnserem  Verfasser 
kann  auch  die  ErzAblung  21,  18—26  herrttbren,  welche  durch 
das  avt  i^filv  V.  18  ziemlich  fiusserlich  an  den  vorangehenden 
Bericht  des  Augenzeogen  angeheftet  ist,  da  diese  Erzählung,  durch 
und  durch  unhistorisch,  nur  aus  dem  Standpunict  unserer  Schrift, 
und  namentlich  ihres  15ten  Kapitels,  sich  efklllrt.  Wir  möchten 
bezweifeln,  ob  irgend  ein  traditioneßer  Anlass  fOr  sie  gegeben 
war.  Von  den  ferasalemitischen  und  cAsareensischen  Stacken  sind 
die  beiden  Vortrage  des  22sten  und  26sten  Kapitels  bereits  als 
freie  Composition  des  Verfassers  nachgewiesen;  wie  es  sich  mit 
den  sie  umgebenden  Brzftbhingen  (21,  27—40.  22,  22—29. 
25,  19  ff.  26,  24  ff.}  verhalt,  wissen  wir  zwar  nicht  genau, 
doch  ist  wahrscheinlich ,  dass  ihnen  eine  Ueberüeferung ,  vielleicht 
ein  kürzerer  Bericht  In  der  vor-  nnd  nachher  bentttzten  Denkschrift 
des  Reisegefährten,  za  CfTunde  liegt,  welche  Ober  diesen  Zdt- 
pnnkt  doch  wohl  schwerüch  ganz  geschwiegen  hat    Doch  zeigen 


»)  Man  vgl  die  Ausdrücke:  yCvta^at.  /urca  urog  V.  18  (7,  38  vgl.  L.  ^,  13, 
sonst  noch  1  Kor.  16,  10),  Sijf4oai<f  V.  20,  Siajia^sa&at  V.  21.  23.  24,  xai 
vZv  V.  22,  25  Tgl.  3,  17.  10,  5.  13,  11.  22,  16,  tavvv  V.  32,  rttXtiovr  tok 
S^6ftov  V.  24,  vgl.  13,  25,  Sa^x^a»«'  V.  25,  pvnra  nai  f/ui^av  V.  31  (26,  7 
L.  2,  37  sonst  noch  Mark.  4,  27,  aber  in  anderer  Bedeutung),  naveo»m  V.  31, 
na^arl^taS^ai  V.  32,  vnoSeixvvvai  V.  33,  amla/aßaveaS'ou  ebd.,  und  in  den  er- 
zählenden Versen  ^€raxaXfto»ai  V.  17,  Ixavos  V.  37,  &eU  ta  yircerä  nqoftjvlaro 
V.  36,  vgl.  7,  60.  9,  40.  21,  5.  L.  22,  41. 


C.  2Ö-28.  523 

Zdge,  inie  c.  22;  28  f.  25,  14  ff.  25.  26,  31  f.,  mdüer  gMze 
Ton  und  die  Sprache  der  betreffenden  Abschnitte  bestAdgt  ea,  dass 
uBsor  Verfasser  das  Ueberlleferte  mH  voller  Freiheit  aiHgeffibrt 
hat«  Aehnlich  mag  es  stob  mit  dem  Verhör  c.  24,  1—23  nod 
mit  der  diiraaf  folgenden  Unterredung  24 ,  24  ff.  verhalten«  Die 
diesem  vorangehende  Erz&hlnng  (23,  11—35)  enthftit  allerdings 
za  wenig  nnhistorlsehe  Motive,  als  dass  wir  glauben  konnten, 
sie  sei  vom  Verfasser  erdichtet;  aber  ebensowenig  lässt  sieh  an- 
nehmen ,  dasa  dieser  von  allen  4en  einzelnen  Gesprächen ,  wie  das 
zwischen  Lysias  und  den  zwei  Centurionen  V*  23  f.,  arkonülichen 
Bericht  gehabt,  oder  eine  Abschrift  des  Briefs  vun  Lysias  V. 
26  ff.  besessen  habe;  auch  ist  in  diesem  Brief  in  V«  29  Absieht- 
lichkelt  zu  vermuthen,  mi4  ebenso  scheint  die  Offenbarung  des 
Uten  Verses,  zumal  in  ihrem  engen  Zusammenhang  mit  der  fol- 
genden Lebensrettung,  fast  zu  gut  in  den  Pragmatismus  unserer 
Schrift  üa  pasilteu,  um  nicht  am  Bnde  auch  aus  ihm  lierznstam- 
men.  An  der  Erzählung  o.  25,  1  ff.  war  uns  schon  frQher  die 
Wiederholung  des  o.  23^  15  gebranehten  Motivs  verdächtig,  und 
es  moss  dahingestellt  bleiben,  ob  der  Verfasser  diesen  Zug  nicht 
aus  sich  selbst  geschöpft  hat.  Bestimmter  wird  die  Verhandlung 
vor  dem  Synedrium  22,  30 — 23,  10  auf  seine  Rechnung  zu 
setzen  sein,  da  die  grossen  historischen  Unwahrscheinlichkeiteny 
an  denen  dieser  Bericht  leidet,  gerade  nur  aus  seinem  Standpunkt 
und  Interesse  ihre  Erklärung  finden:  die  Stellung,  welche  hier 
den  Pharisäern  und  Saddncäern  zum  Christenthum  angewiesen  wird, 
ist  dieselbe,  die  wir  schon  c.  4  und  5  fanden,  und  die  Rolle  des 
Paulus  als  eines  rechtgläubigen  Juden  entspricht  ganz  der  unge- 
schichtlichen Vorstellung  von  seinem  Verhältniss  zum  Jndenthum, 
welche  sich  durch  unsere  ganze  Schrift  hindurchzieht.  Nor  V. 
2—5  scheinen  mit  ihrer  apologetischen  Schlusswendung  auf  eine 
dem  Paulus  feindselige  Erzählung  von  einer  Schmähung  des  Ho- 
henpriesters Rücksicht  zu  nehmen.  Aus  ähnlichen  Gründen  müssen 
wir  auch  die  römische  Schlussscene,  28,  17  ff.^  für  eine  freie 
Dichtung  des  Verfassers  erklären.  Historisch  angesehen  Jst  nicht 
nur  Einzelnes  an  diesem  Auftritt,  sondern  das  Ganze  höchst  un- 
wahrscheinlich*, um  80  passender  fügt  er  sich  dagegen  als  der 
Schlussstein  dei*  ganzen  Schrift  an  alles  das  an ,  was  \iir  in  der- 
selben über  das  Verhalten  des  Paulus  von  seinem  ersten  Auftreten 
an  gehört  haben,  um  so  wirk.samer  dient  er  dem  Zweck,  in  dem 
unser  Buch  abschiiesst,  zu  zeigen,  wie  Paulus  durch  den  Willen 


524  Schlass. 

oDd  die  Fobranc  Qotte»,  rw  Mivn  Volks^ooflsen  ver^phmähf, 
%\a  der  Apostel  der  Heiden  nach  Rom  gekoHunen  lai.  Der  Urheber 
einei^  soleben  Krzfthlang  buiA  nar  der  aaserer  Schrift  s^bst  sein. 
Diese  Untersachung  Ober  den  Ur«|>ning  and  die  Qaellen  der 
Apostelgesobichte  wird  dem ,  was  sich  uns  frOher  Ober  ihren  Zweck 
und  ihre  GlänbwOrdigkeit  ergeben  hat,  nar  aar  Bestftiigang  dienen 
kennen.  Je  xweifelbaflec  aber  dadurch  der  rein  geschiohiliche 
Charakter  dieser  Schrift  werden  maus,  um  so  dentlieher  tritt  ihre 
kircMiche  Beden  tong  n»d  ebendamit  der  SBnatand  einer  Zeit  an's 
Licht)  über  die  es  uns  an  anderweitigen  sichern  Nachrichten  so 
sehr  fehlt.  Wenn  wir  von  einem  vermehillich  historischen  Berieht 
Ober  das  apostolische  Zeitalter  Vieles  einbössen,  so  gewinoen  wir 
dafür  eine  nnmittelbare  Urkande  über  lüei  kirchliehen  Zustände  am 
Anfang  des  zweiten  Jahrtinnderts«  Es  fragt  sich,  ob  dieser  Ge- 
winn  jenen  VerJust  niefat  aufwiegt,  ob  nicht  ein  kleiner,  aber 
sicherer  Besitasi  mehr  werth  ist,  als  ein  grosser,  der  vieifiich  be^ 
stritten  in  der  Wirklichkeit  vielleicht  nur  zum  kleinsten  Theil  unser 
freies  Bigenthum  ist;  aber  wenn  dem  aui^h  nieht  so  wäre,  dürfte 
doch  diese  Rücksicht  den  kritischen  Historiker  keinen  Augenblick 
abhalten,  zu  thun,  was  seines  Amtes  ist. 


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