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I )
Die
Bau- und Kunstdenkmäler
der
Freien und Hansestadt
Lübeck.
-^-
Herausgegeben von der Baiideputatiun.
-^
Band II:
Petrikirche. Marienkirche. Heil. -Geist-Hospital.
Bearbeitet von
Bezirksbauinspektor Dr. F. Hirsch,
Stadtbaurat G. Schaumann und Dr. F. Bruns.
LÜBECK 1906.
Verlae von Bernhard Xöhrins;.
WENDLAND
t^'fWvoFlO^
.A
Vorwort.
pÄjl'ie Inventarisation der liibcckischen Bau- und Kunstdenkmäler, von der
f^ZM' wir hiermit den zweiten Hand der ()fifentlichkeit überleben, wird im
ganzen drei liände umfassen. Wälirend der \orlieuen<K' Hand die I*etrikii-clie,
die Marienkirche und das 1 leiHgen-Cieist-Hospital enthalt, sollen im ersten
Band außer einer allgemeinen Baugeschichte der Stadt mit ihren Befestigungen
das Rathaus und die Domkirche, im dritten Bande die übrigen Kirchen, die
Klöster, Privatgebäude und schließlich die Denkmäler des Landgebietes be-
handelt \\erden.
Wenn wir die Veröffentlichung nicht mit dem ersten Bande begonnen
haben, so leitete uns dabei haujjtsächlich die Erwägung, daß die eingehende
Bearbeitung der einzelnen Denkmäler Ergebnisse zeitigen könnte, die für die
allgemeine B augeschichte der Stadt von Bedeutung sein möchten, daß
wir gewissermaßen erst die einzelnen Bausteine sammeln und zurichten müßten,
um aus ihnen am Schlüsse den Gesamtbau zu errichten.
Die Geschichte der Lübecker Denkmäler ist zwar durch die Eorschungen
zahlreicher einheimischer Gelehrter, unter denen Jakob von Melle (f 1/43),
C. J. Milde (f 1875), W. Brehmer (j 1905), Th. Hach und P. Hasfe an erster
Stelle genannt werden müssen, bis zu einem Grade aufgeklärt, der es ermög-
liehen würde, die Aufgabe tler Inventarisation auf das Zusammenfassen der
bisherigen Ergebnisse zu beschränken und auf eigene Untersuchung zu ver-
zichten. In Hinblick indessen auf die neueren Inventarisationen anderer
Staaten, die meist mit erschöpfender Gründlichkeit die Geschichte der Denk-
mäler behandeln, glaubten die Verfa.sser in dieser Richtung ihre Aufgabe um
so weniger einschränken zu sollen, als ein Teil der Denkmäler eine wissen-
schaftliche Bearbeitung überhaupt noch nicht erfahren hat und sie daher schon
aus diesem Grunde gezwungen waren, den Quellen nachzugehen und die
Denkmäler selbst eingehend zu untersuchen. Dazu kam die Erwägung, daß
ein für die Kunstgeschichte des deutschen und aul3ierdeutschen Nordens so
bedeutendes und andererseits in sich abgeschlossenes Kunstgebiet wie das der
Stadt Lübeck nicht leicht zu eingehend bearbeitet werden kann, wenn die
Arbeit für die vergleichende Kunstforschung von Wert sein soll, und schließ-
Uch hatten die Verfasser auch auf das Interesse Rücksicht zu nehmen, das in
Lübeck nicht nur der Gelehrte, sondern jeder Bürger den Werken der Väter
und ihrer Geschichte entgegenbringt.
VI VORWORT.
Es liegt auf der Hand, daß bei dieser Auffassung" der Aufgabe die
Arbeit nur schrittweise gefördert werden konnte, zumal die Bearbeiter sich
der Aufgabe zum Teil nur nebenamtlich widmen konnten. Zwar fanden die
Bearbeiter dieses Bandes eine unter der Oberleitung des früheren Baudirektors,
jetzigen Oberbaurats Schwiening in München , von dem Regierungsbaumeister
Max Grube verfa(?ste kurze Beschreibung der Denkmäler mit einer Reihe von
zeichnerischen Aufnahmen vor, von denen einige in diesem Bande wieder-
gegeben sind, aber hiermit war nur erst eine Grundlage geschaffen, auf der
sich die vorliegenden Bearbeitungen als durchaus selbständige Arbeiten auf-
bauen. Während der Baudirektor Schaumann , zurzeit Stadtbaurat in Frank-
furt a. M., mit der Bearbeitung des Heiligen-Geist-Hospitals und anderer Bau-
werke beschäftigt war, wurde auf seinen Antrag dem Regierungsbaumeister
Dr. Fritz Hirsch, zurzeit Bezirksbauinspektor in Bruchsal, die Bearbeitung der
Petrikirche übertragen. Nach dessen Austritt aus dem lübeckischen Staats-
dienste trat an seine Stelle Herr Dr. phil. F. Bruns, mit dem der Baudirektor
Schaumann zunächst die Marienkirche in der Weise bearbeitete, daß ersterer
das urkundliche Material sammelte und die Denkmäler in der Kirche beschrieb,
während dem letzteren die Bearbeituno- des Bauwerkes und seiner Bauoe-
schichte oblag. Auch für das Heiligen- Geist-Hospital hat Herr Dr. Bruns
durch Forschungen im Staatsarchiv schätzenswerte Beiträge geliefert.
Die Drucklegung des vorliegenden Bandes wurde durch Rat- und
Bürgerschluß vom 23. März 1904 ermöglicht. Der Druck wurde der Firma
H. G. Rahtgens zu Lübeck übertragen. Was die Abbildungen betrifft, so
sind die zeichnerischen Aufnahmen alle für den vorliegenden Zweck besonders
gefertigt. Die der Petrikirche sind eigenhändige Arbeiten des Herrn Dr. Hirsch,
während die übrigen Zeichnungen, abgesehen von einigen Blättern des
Regierungsbaumeisters Grube, von verschiedenen Architekten des Stadtbau-
amtes angefertigt sind.
Die photographischen Aufnahmen lagen in den Händen der Kunstanstalt
von Johannes Nöhring, die auch die dem Bande eingehefteten Lichtdrucke
geliefert hat.
Lübeck, im Dezember 1905.
Die Baudeputation
der
Freien und Hansestadt Lübeck.
Inhalt.
Seite
Die Petrikirche I — 119
Das Kirchengebäude i — 44
Erste GrüiKlung i f_
Ältester B.'uirest 2 — 4
Kirche des Übergangsstiles 4 — 10
I'Lrster gotischer Bau 10 ff.
Verlängerung der Kirche 12 ff.
Erweiterung der dreischiffigen Kirche 7,uv fünfschiffigen 14 — 20
Die Kapellen 21 — 27
Morkerkenkapelle 2 I . St. Barbarakapelle 2 l . (ioldschmiede-
kapelte 21. Schniiedekapelle 21. Lüdinghausen- oder Marciuard-
kapelle 22. St. .-Xnnenkapelle 23. Lünelnn-ger Kapelle 23.
Sakristei 23. >huientidenkapelle 25.
Doi)])eltürmige Anlage 27 — 30
W'estturm 30 — 41
Nachrichten tiber den Bau 30. Obere (ieschosse 31. Turm-
uhr 33. Äußere 'l'urmarchitektur 31. 'I'urmpyramide ^/.
Dachreiter 41 f.
Dacheindeckung 42
Reparaturen 42 h.
Die Kunst in der Kirche 45 — iii
Altäre 45 — 49
Der Hauptaltar 45 Der alte Hochaltar 47. Nebenaltäre 48.
Sakranientshäuschen 49
Gestühl : 49 — 54
Die Kirchenbänke 49. Stuhlrückwand von 1599 S^' ^ '^^-
steherstuhl 53. Ehemaliger Vorsteherstuhl 53. Krämerstuhl 53. Ge-
wandschneiderstuhl 54. Stuhl der Predigerfrauen 54. Beichtstuhl 54.
Schülerchor 54 ß"-
Männerchor 5^
Kanzel 5^—59
Älteste Kanzel 56. Zweite Kanzel 57. Projektierte Kanzel
57. Jetzige Kanzel 57-
Orgeln 59—^5
Älteste Orgeln 59. Orgel von 1529. Große Orgel 60.
VI INHALT.
Seite
Taufe 66 L
Grabplatten 6y — 72
Älteste Grabplatte 6j. Messinggrabplatte des Ratsherrn')
Job. Klingenberg 6y. Die übrigen Metallgrabplatten 69. (Iral)-
stein des Jürgen Gruwel 70. Die übrigen Grabsteine 70.
Gedenktafel des Ludeke Lanimeshoved 72 f.
Epitaphien 73 — 80
Dietr. Höckel y^. Bürgermeister"-^) Arn. Bonnus 75. RH
Job. vom Dieck 75. BM Gothard Marquard 75. Pastor Caspar
Lindenberg ^6. Pastor Job. Hesse yö. Pastor Job. Ritter 76.
BM Job. Heinr. Dreyer yy. Pastor Christoph Ant. Erasmi yy.
BM Ludw. Phil. Roeck yy. Pastor Adde Bernh. Burghardi 78.
Pastor Joh. Gerh. Koppen 78. Ehemalige Epitaphien 78.
Tafelbilder 80—89
Geburt Christi 80. Verklärung Christi 81. Gedenkbild des
Herm. Meyer 82. Dreieinigkeit 83. Seefahrerbild 84. Züchtigung
Heliodors 85. Kreuzigung Christi 85. ^Nleiersches Gedenkbild
mit dem nackten Kind 85. Pastor Adam Helms 87. Pastor
Georg Drevenstede 88. Prediger Joh. Dan. Vietor 88. Pastor
Joh. Nicolai 88. Pastor Cieorg Ritter 88. Bild der Gold-
schmiede 88. Nicht mehr vorhandenes Bild 89.
Wandmalerei 89 f
Kronleuchter 90
Wandleuchter 91 — 96
Einarmige Wandleuchter 91. Doppelarmige \A'andleuchter
93. Nicht mehr vorhandene Leuchter 95.
Gitterwerke 96
Türklcjpfer 96 f.
Die Schätze der Sakristei 97 — 100
Nicht mehr vorhandene Kirchengeräte 100 f
Das Petriarchiv lOi — 105
Die Büchereinbände lOl. Malereien in den Büchern 103.
Uhren 105 ff.
Glocken 107 ff.
Glocken des Westturms 107. (ilocken des Dachreiters 109.
Kunstwerke im Museum 109 ff.
Die Leichenhalle 112 — 119.
Die Marienkirche 121 — 447
Die ältesten Marktkirchen 123 ff
Baubeschreibung der Marienkirche 125 — 150
Allgemeine Baubeschreil)ung 125. Pfeiler 127. Gewölbe
130. Südliche Vorhalle 132. Briefkapelle 133. bassaden 139.
*) Weiter unten RH abgekürzt.
^) Weiter unten BM abgekürzt.
INHALT. VII
Seite
Portale 139. Außenseite der Anbauten 142. Dach des Hoch-
schififes 143. Dachreiter 144. Die Westtürme 143. Der alte
Mittelturm 146. Die Helnipyraniidcn 14S.
Haugeschichte der Kirche 150 — 157
Die Kapcllenanbautcn 157 — 169
Bürgermeisterka])elle, Molen-Kapelle, 'l'rese 157- Totenlanz-
kapelle 160. Die fünf Kapellen des Norderschiffs 161. Holthusen-
oder Tesdorpf-Kapelle 164. Die vier Kapellen des Süderschiffs
164. Alen-Kapelle oder (lerwekammer 166. Ciallin- Kapelle
(Sakristei"^ 167. Sänger- oder Beichtka])elle 16S. Khemal. Berck-
sche Kapelle 169.
Die Kapellen im Innern der Kirche 169 — 172
Oldesloe-Kapelle 169 Bergenfahrer-Kaitelle 170. Khemal.
Nowgorodfahrer-Kapelle 1 70. (ireveraden-Kai)elle 171. Schinkel-
Kai^elle 171. Ehemal. Heiseker-Kapelle 172.
Ausmalung der Kirche 172 — 174
Fußboden der Kirche 174^^-
Glasmalereien 175 — ^^4
?".hemal. Wappennialereien 175. (dasgemälde mit der Krönung
der Maria 176. Die Glasgemälde der Beichtkapelle 177. Die Glas-
gemälde an der Ostseite des Obergadens 180. Das Fenster der
Greveraden-Kapelle 1S2. Oberer Teil des Fensters über dem
Westportal 183. Das Fenster der Schinkel-Kai)elle 184.
Lettner oder Sängerchor 184 — 196
Unterbau 184. Westliche Brüstung des Oberbaues 188.
Obere Hälfte der östlichen Brüstung 191. Chortreppe 192.
Nördliche Brüstung 194 Südliche Brüstung 195. lautere Hälfte
der östlichen Brüstung 195.
Hochaltäre 196—202
Äheste Altartafel 196. Doppeltrij)tychon von 142 5 196.
Jetziger Hochaltar 200.
Xebenaltäre 202—232
Verzeichnis der Vikarien 202. Altartisch in der Segeberg-
Kapelle 214. Bruchstück eines Flügels vom Schonenfahrer-Altar
214. Altarflügel mit Gemälden Bernt Notkes 215. Greveraden-
Altar 216. Triptychon von 1499 2l8. Schinkel-Altar 219.
Alarienaltar aus der Bürgermeisterkapelle 223. Triptychon von
15 18 224. Marienaltar aus der Sängerkapelle 225. Bergenfahrer-
Altar 228. Heil. Sippe 229. Dreifaltigkeits-Altar 229.
Sakramentshaus -3- -34
Entstehung und Wiederherstellung 232. Beschreibung 233.
Ehemal. Monstranzen 234.
Kanzel 234—238
Bekrönung eines vorreformatorischen Kanzeldeckels 234.
Kanzel von 1 533/34 -3S- Jetzige Kanzel 236.
Taufe , 239—242
Unterbau 239. Tauffaß 239. Taufdeckel 242.
VIII INHALT.
Seite
Orgeln 242—248
Große Orgel 242. Kleine Orgel 246. Orgel von 1492 247.
Orgel auf dem Sängerchor 248.
Astronomisches Uhrwerk .... 248 — 256
Ältere Werke 248. Entstehung des jetzigen '\^■erkes 249.
Kalenderscheibe und Planetenwerk 251. Umrahmung 252. Oberer
Aufbau 255.
Schrankenwerke 256 — 267
Nördliches Gitterwerk der Oldesloe-Kapelle 256. Greveraden-
Kapelle 256. Schinkel-Kapelle 257. Sängerkapelle 257. Stab-
werke über den Passionsgruppen im Chorumgang 259. 'l'otentanz-
kapelle 259. Bergen fahrerkapelle 260. Südliches Schrankenwerk
der Oldesloe-Kapelle 260. Küsterkapelle 260. Chorschranken
261. ]\Iolen-Kapelle 264. Stotebrügge- und Segeberg-Kapelle 264.
Bürgermeisterkapelle 265 Bremer-Kapelle 265. Köhler-Kapelle 266.
Divessen-Kapelle 267. Warendorp-Kapelle 267. Rodde-Kapelle,
Wöhrmann-Kapelle und Gerwekammer 267.
Gestühl 267 — 302
Gotische Zeit: Gestühl der Bürgermeisterkapelle 267. Bänke
der Totentanzkapelle 268. Vorsteherstuhl 268. Stuhlrückwand
mit dem Tunenschen Wappen 269 Schonenfahrerstuhl 269.
Bergenfahrerstuhl 272. Bruchstücke des älteren Bürgermeister-
Stuhls 276, Sitze auf dem Sängerchor 276. Bänke aus der
Sängerkapelle 277. Wandvertäfelungen aus der Sängerkapelle 278.
Sitzreihen in der Sängerkapelle 279. Nowgorodfahrerstuhl von
1523 279. Sitzreihe in der Gerwekammer 281. Sitzreihe vor
der Molen-Kapelle 281. Gotische Füllungen im Museum 282.
Renaissancezeit: Stuhl des BM Ambrosius Meyer 283. Bänke
im Norderschiff 284. Senatsstuhl 285. Ehemal. Ratsstuhl 288.
Brüstung von 1588 289. Brüstungen aus dem Chor 289. Pannel-
werk im Chor 290. Stuhl am ersten Norderpfeiler 291. Füllungen
vom Diakonenstuhl 291. Honoratiorenstuhl 292. Bänke vor dem
Bergenfahrerstuhl 293. Reste ehemaliger Renaissancestühle 293.
Barockzeit: Bau der Stuhlgruppen des Mittelschiffs 294.
Umbau derselben 295. Füllungen von 1648 — 75 -97- Trauer-
Stuhl 299.
18. und 19. Jahrhundert: Stuhl der Schonenfahrer-Alterleute
300. Diakonenstühle 301. Nowgorodfahrerstuhl von 1768 301.
Ratsstuhl im Süderschiff 301. Beichtstühle 302. Kommunikanten-
bänke 302. Großer Spiegel 302. ijänke im Mittelschiff 302.
Schränke 302 f.
Sechsseitiger Schrank 302. A\"andschrank aus der Schinkel-
Kapelle 303.
Bildwerke 303 — 316
Stuckfiguren des Heilands, der Maria, zweier Engel und der
Apostel 303. Ehemal. Steinfigur St. Olafs 304. Steinfigur der
Madonna 305. Stuckfiguren von ca. 142 5 305. Hölzerner
Kruzifixus 306. Steinfigur des Hl. Antonius 307. Kalkstein-
reliefs mit der Passion 307. Mönch mit Goldmulde 312.
INHALT. IX
Seite
Bildsäule des Evangelisten Johannes 3 12. Nachrichten über ehe-
malige Rildwerke 313. .Marmordenkmal des BM Peters 315.
Büste des BM Dr. Tesdorpf 315. Das steinalte Männchen 316.
(Icniiilde 316 — 332
Totentanz 316. 15ild dreier schwatzender Männer 318.
St. Georg, St. Bartolomäus imd St. Adrian 319. St Patroklus 319.
SchitTbruch des Hans Ben 320. Gregorsmesse 320. Denkgemälde
des RH Hinrich Kerkring 322. W'alhoflfsches Denkgemälde 323.
Witinchotsches Denkgemälde 323. Wilmssches Denkgcmälde 325.
Anbetung der Hirten 326. Paysenschcs Denkgcmälde 326.
Göttincksches Denkgemälde 327. B. Wulff: Christus am Kreuz
328. V. Elpensches Bild des Heilands am Kreuz 330 lüld des
D. Martin Luther 330. Bußpredigt des Propheten Nathan 33O.
Kin/ug in Jerusalem 330. Pewcinung ("hristi 33 1.
Porträts 332 ff.
Superintendent (ieorg Stampelius 332. Porträts der l'amiHe
Bremer 333. Sui)erint. Nik. Hunnius 333. Pastor Mich. Siricius
333 Superint. D Meno Hanneken 334. Pastor Alb. Balemann
334. Superint. 1) Samuel Pomarius 334. Superint. D. Aug.
Pfeiffer 334. Pastor Balt. Gerli. Haiuicken 334. Supcriiit. D.
Georg Hinr Götze 334. Sujierint. D. Joh. Gottlob (_"ari)zo\v 334
b^pitaphien 334 — 381
Ehemal. gotische Epitaphien 334. Superint. Herrn l'onnus
337. BM Gotthard v. Hovelen (f 1555) 337. RH Iliiir. K()hler
337. Herm. Siegmann 338. Walter Holsten 339. Hiiu-. Conradi
341. RH Hinr. Wedemhoff (f 1589) 342. Vizekanzler Ant.
Köhler 342. BM Plerm. v Dorne (f 1594^ 343. BM Dr. Herm.
Warmböke 343 RH Henning Parcham 343. Theodor Karckrinck
344. RH Herm. v. Dorne (f l6oy) 344. joh. v. Hövelen
344. RH Balthasar Lafferdes 344 BM Gotthard v. Hövelen
(t 1609) 345. RH Georg v. Stiten 346. RH Joh. Glandorp
346. Syndikus Dr. Peter Hagen 348 Dr. Dan Zöllner 349.
BM Hinr. Brokes (f 1623) 350. ];5M Alex JAineburg 350.
RH Beruh. Wedenhoff 350. RH Joachim Wibekink 350. BM
Joh. Vinhugen 352 15M Dr Lorenz xMöller 352. RH Hartw.
V. Stiten 353. RH Eranz Prünsterer 353 RH Joh. Eüchting
353. RH Dietr. Brömse 354. BM Hinr. Köhler 354. RH
Thomas Störning 355. Rektor joh. Kirchmarin 355. RH Georg
Paulsen 355. BM Hinr. Wedemhof 356. BM Otto Brokes 356.
RH Gotthard v. Hövelen (t 1655) 356. RH Joh. Pöpjung 357.
RH Alb V. Dassel 357. RH Georg v. Lengerke 358 Bruno
V. Warendorf 358 BM Dr Ant v Köhler 358. BM Dr.
Christoph Gerdes 359. BM Herm. v Dorne (j 1 665) 359 BM
Gottschalk v. Wickede 359 Pastor Jak. Stolterfoht 361 RH
Peter Isernhagen 361. Vizekanzler Gotthard v. Hövelen 361 . RH
Heinr. Wedemhoff (r 1674) 363 RH Gotthard v Brömse 364.
BM Matthäus Rodde 364 RH Caspar v. Deginck 365 RH
" Friedr. Plönnies 365. RH Dietr. Bartels 366. RH Konr. v.
Dorne 367. BM Heinr. Kerkring 368. RH Dr Heinr. Balemann
(t 1693) 369. RH Hartw. v. Stiten 370. BM Joh Siricius 370.
X INHALT.
Seite
RH Joh. Dan. Klett 371. BM Dr. Joh. Ritter 371. Pastor
Bernh. Krechting 372. RH Franz Bernh. Rodde 372. RH Herrn.
Focke 373 RH Ad. Brüning 374. BM Hieron. v. Dorne 374.
BM Gotthard v. Kerkring 376. BM Dr. Ant Winckler 376.
BM Ich. Westken 377. BM Peter Hinr. Tesdorpf 377. BM
Ad. Älatthäus Rodde 378. BM Herrn. Rodde 378. BM Jakob
Hübens 378. Senior Jakob v. Melle 378. BM Heinr. Balemann
(t 1750) 379. Pastor Bernh. v. d. Hude 379 Pastor Ch. G.
Kohlreif 379. Pastor 1). Joh Becker 3 80. Pastor F. J. Schnobel
380. BM Hinr. Dietr. Balemann 380. BM Dr. Heinr. Brokes
(t '^77?)) 380- I^M Franz Bernh. Rodde 380. Senior Hinr. v.
d. Hude 381. Superint D. Joh. Ad. Schinmeyer 381. Pastor
J. H. Harmsen 381. BM Dr. J, C. Lindenberg 381.
Gedenktafeln 381 — 384
Gedenktafel des Hartwich Stoot 382, des Barth. Heisegger
382, des RH Gotth. v. Hövelen 383, der im Freiheitskriege ge-
fallenen Lübecker 384, der 1870/71 gefallenen Lübecker 384.
Grabplatten 384 — 404
Bruchstück von 1290 384 Timm v. Segeberg 385. BM
Brun ^^'arendorp 386. Gerh. Oldesloe 387. BM. Herrn, v. Allen
388. Marq v. d. Molen 388. Syndikus Dr. Simon Batz 388.
Dietr. Loeft" 389. Matthias Noeck 389. Arnt Schinkel 389.
RH Joh. Kynkel 389. Herm. Hutterock 390 (iodart Wigerinck
391. BM Tid. Berck 394. RH Joh. v. Kempen 396. BM Dr.
Matth. Pakebusch 396. RH Hinr. Gruter 397. Herm. Kremer
398. RH Andr. Busmann 398. RH Joachim Ivlepel 398. Cord
Wibbeking 399 BM Joh. Brokes 399. BM Gothard v. Hövelen
(j 1609) 399. RH Hinr. Pasche 400. RH Henning Parcham
400. BM Dr. Alex. Lüneburg 400. Hinr. Bremer 400. Ritter
Christoph v. Neukirch 40 1. RH Jürgen Paulsen 40 1. BM Joh.
Hinr. Dreyer 401. Heinr. Schlüter 401. BM Matthäus Rodde
402. BM Dr. Christoph Gerdes 402. BM Gottschalk v. Wickede
402. RH Lor. Petersen 403. Dan. Jacobi 403. RH Hinr.
Wedemhofif 403. RH Caspar v. Deging 403. RH Herm. Petersen
403. BM Hinr. Rust 404.
Hängende Leuchtkörper 404 — 408
Kronleuchter 404. Ehemal. Franlampen 406. Fhemal.
Lampen und PJecken für AVachskerzen 406. Fhemal. Laternen
407. Fhemal. Querbaume 408.
Wandleuchter 408 — 421
Wandleuchter der Renaissancezeit 408. Wandleuchter der
Barockzeit 417. AVandleuchter von 1768 — 91 421.
Standleuchter 421 ff.
Lichterbäume 42 1. Leuchteraufsätze 422.
Silbergerät 423 — 431
Altarkelche und Patenen 424. Weinkannen 427. Oblaten-
lade mit Löffel 429. Altarleuchter 429. Taufkanne und Tauf-
schale 430. Klingelbeutel 430.
INHALT.
XI
Seite
(jlocken 431 — 440
(ilocken im Süderturm 431. (ilocken im Dachrciu-r 43H.
Stiindenglocke des astronomischen L'hrwerks 440.
Allarxorhanoe ...
Meksgcwänder
Gotteskastcn
Tüteiibalircii •
I' ahnen
1 )a,s Kirchenarclii\-
440 r.
441 IT.
443
443 f-
444
445 ''■
Das Heiligen-Geist-Hospital 449 — 498
Gründung und \ cilegung des I lospitals 45 1 ff,
Gebäude des Hospitals 453 f.
Keller 454—457
Kirche 457 — 487
Baubeschreibung 457. Ikiu/.eil der Kirche^ 463. Wand-
malereien 464. Lettner 469 Ghismalereien 476. .Altäre 476.
Kanzel 480 jMarientiden4N.a|)elle 4S0 Kinzelfiguren 48 1 . (jC-
denktafeln 483 Leuchtkörper 484. Silbergeräte 486. (loltes-
kasten 487. (ilocken 487.
Langes Haus 488— 491
Ouerbau 49^ <"•
Bauteil an der Gröpelgrube 492 f.
Archiv 493—496
Herrenzimmer 49^ ^■
Inschriften 497 '•
Die Marienkirche.
Von
Stadtbaurat GuSTAV ScHAUMANN zu Frankfurt a. M.
Dr. phil. Friedrich Bruns zu Lübeck.
Die Marienkirche
vom Petrikirchturm aus gesehen.
Lübisches Wappen vom ehemaligen Bürgermeisterstuhl.
ie ältesten Marktkirchen. In seiner Slaxenchronik berichtet Ilelmokl,
der l'larrer xon Bosau, (lal.N \icelin im |ahre l 1 50 die Marktkirche zu
Lübeck geweiht habe.') Diese Marktkirche der im Jalire 115:; durch eine
Feuersbrunst zerstörten Stadt Adolfs von Schaumljin'g hig jedocli nicht an
der Stelle der jetzigen Marienkirche, sondern, wie Helniold selbst berichtet,'^)
am Fuße des Hügels, auf welchem die spätere Stadt erbaut w . i'de, und zwar
wahrscheinlich in der Nähe des (iroßen Bauhofes, wo nach Hrehmer der
MaYktplatz der ältesten Stadtanlage zu suchen ist. ^)
Als dann im Jahre i 1 59 unter dem m.ächtigen Schutze Heinrichs des
Löwen die neue Stadt gegründet wurde, \\ird mit dem Markte zugleich
auch die neue Marktkirche entstanden sein. Auch von dieser Kirche sind
keine Spuren mehr nachzuweisen. Zwar sind Reste einer älteren Kirche noch
heute in der Marienkirche erhalten, aber diese gehören einem Bau von so
großartigen Abmessungen an, wie er nicht hat errichtet werden können, als
*) Helmold, Chron. Slav. I, c. 69.
^) Das. I, c. 58: Porro forensis ecclesia in curani parrocliic ad radices inontis posita est.
^) W. Brehmer, Zeitschrift d. Ver. f. Lüb. (Jesch. 5, S. 130.
124
DIE MARIENKIRCHE.
Gallin-Kapell
oder Sakristi
Alen-Kapell
oder
Gerwekamiiu'
kapelle.
Wöhrniann-Kapelle,
Sän^^er- oder
Beichtkapelle.
t -r T T -r- i—r T -r T^
Grundriß der Marienkirche.
Molen- Oller
düstere Kapelle,
BUrgermeister-
ka pelle.
Tesrlorpf-Kicpell
Wiinndorp-Kapelle.
Stotebrügge-Kapelle.
Segeberfj-Kapelle.
Di vesseii -Kapelle.
kapelle.
Schinkrl-KapcUe.
DIE .MAKIKNKIRCHE. I25
es galt, in möglichster l^ile dem ( iotlesdieiiste eines neugegründeten Maiktes
eine Stätte zu bereiten. Dafür, dal.s diese Kirche nur klein gewesen ist, spricht
auch der l'mstand, clal.s sie xon dem bereits 1 163 verstorbenen Bischof Gerold
dem Domkapitel iiberwiesen wortlen ist, also zu dieser Zeit bereits vollendet
war, und dal> sclion im Jahre 1170, als mil der Bestätiginig jener Überweisung
die Marienkirche zum ersten Male urkundlich erwiihnl wird,'') numero crescente
hdelium eine zweite Kirche, die i^etrikirche, in unmittelbarer Xiihe des Marktes
gebaut wurde. Von dieser Kirche, die, wie Hrehmer annimmt, in der I [aupt-
sache aus Holz") errichtet sein wird, sind keinerlei Reste auf uns gekommen.
Baubeschreibung der Marienkirche.
Allgemeine Haiibeschreibung. Die Marienkirche ist in ihrer heutigen
(iestalt eine dreischiffige gotische Basilika mit aus dem .Vchteck gebildetem
Chor mit Umgang und drei Chorkapellen, mit zwei W'esttürmen und einem
Dachreiter. Die Seitenschiffe sind in ihrer ganzen Liinge mit Kapellenanbauten
besetzt. 22 freistehemle i'feilei-, xon den \\'andi)feilern der Tin'me abgesehen,
tragen den Obergaden.
Die Höhe des Mittelschiftes beträgt über dem l<\i(.M)oden , welcher \-on
Westen nach Osten um nahezu 1,20 m ansteigt, in dem den Türmen zunächst
gelegenen Joch 38,5 m, die Höhe der Seitenschiffe 20,70 m. Das Abttelschiff"
i.st zwischen den Pfeilern 12,60 m breit, die Seitenschiffe 8,25 m. Die Länge
der Kirche beträgt von den Türmen bis an die Ostwand der mittleren Chor-
kapelle 85,80 m.
Die Kirche hat sieben Portale, und zwar eines in der Westfront zwischen
den Türmen, z^\'ei in den beiden Langschififswänden im ersten Gewölbejoch
zunächst den Türmen, zwei in den Anbauten des siebenten Joches und zwei
kleinere Portale an den ostseitigen absidialen Abschlüssen der Seitenschiffe.
Nach Art der übrigen gotischen Dome der Ostseegruppe sind die Chor-
kapellen dem Chorumgange nicht vorgelegt, sondern in denselben hineinge-
zogen; indessen unterscheidet sich der Umgang von St. Marien von den
gleichartigen Chorschlüssen, deren Ursprung bekanntlich auf die Kathedrale
von Soissons^) zurückgeführt wird und der sich u. a. auch beim Lübecker
Dome findet, insofern, als die ersten beiden Chorkapellen infolge der ver-
hältnismäßig sehr großen Breite der Seitenschifte nicht voll ausgebildet sind,
vielmehr über die Außenwände der letzteren nicht hervorragen und so gewisser-
maßen einen aus zwei Sechseckseiten gebildeten absidialen Abschluß der Seiten-
schiffe darstellen. Offenbar sind auch diese Abschlüsse niemals als Kapellen
1) U.-B. d. Bist. Lübeck I, No. 9 (1170 Nov. 21).
^ Daß die ältesten Kirchen unserer Gegend in der Regel Holzbauten waren, bestätigt
Schlie's Bericht über die Klosterkirche zu Doberan ; F. Schlie, Die Kunst- und Geschichtsdenk-
inäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, Bd. 3, S. 560.
^) Schnaase u. a. leiten das Chorsyslem der Marienkirche von der flandrischen Gruppe
dieses Systems (Brügge, Tournay) her. Es liegt aber kein Grund vor, nicht auf das älteste Bauwerk
dieser Art, die Kathedrale von Soissons, zurückzugehen, weshalb wir das System in der Folge kurz
als das von Soissons bezeichnen werden. (Vgl. unter »Baugeschichte der Kirche.«)
126
DIE MARIENKIRCHE.
aufgefaßt worden, da in ihrer freien Außenwand Eingänge zu den Seitenschiffen
angelegt wurden.
Die ungeheure Kühnheit des Konstruktionssystems ist aus der Ouer-
schnittszeichnung (Abb.) zu erkennen. Gewaltige Strebebögen übertragen den
Querschnitt durch die Kirche mit der Briefkapelle, nach Westen gesehen.
Inneres der Marienkirche.
DIE MARIENKIRCHE. \2J
Schub des Oberoadens auf weit ausladende Strebepfeiler der Seitenschiffe.
Zwischen den Pfeilern ist das Mauerwerk des ( Iber^adens \erschwacht, so da(.^
über den Arkaden in der Höhe des Triforiunis ein innerer L'in<jan<; entstellt, der
jedoch in der westlichen Hälfte nicht ilurch die Pfeiler hindurch^eführt ist. (S.
Abb. S. 129.) P'.in ebensolcher (ian^- befand sich unter tlen Seitenschiffsfenstern
der Langwände des Chores (Abb.). l^r ist aber durch die Kai)ellenanbauten
größtenteils zerstört. Dieser Gang war an der Xord.seite durch einen an das
östliche Ende des Seitenschiffes angebauten Trepi)enturni zug.änglich, welcher
Grundriß der östlichen Hälfte in Höhe des Laufganges unter den Seitenschiffsfenstern.
bis auf den Dachboden des Seitenschiffes führt. An der Südseite ist ein ent-
sprechender Treppenturm nicht vorlianden, sondern nur eine innere Wendel-
treppe, die aber mit dem erwähnten Laufgange in keiner X^erbindung steht,
sondern jüngeren Ursprunges ist. (Vgl. unter >^Trese.«)
Die Pfeiler. Obwohl das Innere der Kirche (Abb.) bezüglich seiner
Abmessungen einheitUch durchgebildet ist, zerfällt es in formaler Beziehung
in zwei deutlich getrennte Teile und zwar hauptsächlich durch die verschieden-
artige Ausbildunp; der Pfeiler. Die Scheide bildet das von allen anderen
128
DIE MARIENKIRCHE.
Pfeiler des Langschiffes. Grundriß und Sockelprofil.
Pfeilern in der Form abweichende erste Pfeilerpaar des Langhauses, von dem
Ouergange vor dem Lettner, d. i. vom Chor aus gerechnet. ^)
Die übrigen fünf Pfeilerpaare des Langschiffes (Abb.) haben einen
quadratischen Kern mit starken Halbsäulen auf den abgeschrägten Ecken. Als
Gewölbestützen sind diesem Kern halbrunde mit je fünf kreisrunden Diensten
besetzte Pfeiler vorgelegt, während der den Obergaden tragende Gurt durch
rechteckige Vorlagen verstärkt
ist, deren Ecken mit dünnen
Birnstäben profiliert sind.
Diese Vorlagen durchschnei-
den das Pfeilerkapitäl, welches
mit dem der Seitenschiffs-
dien.ste auf gleicher Höhe liegt,
während die Mittelschiftsdienste
ohne L^nterbrechung \'om
Sockel bis zum Kämpfer des
Gewölbes durchgeführt sind,
wo sie gleichfalls in Kapitalen
endigen. Die Pfeilersockel ent-
sprechen in ihrer Gliederung
dem Pfeilerquerschnitt. Sie
bestehen aus Kalkstein und
haben ein sehr flach profiliertes
Sockelgesims. Die Kapitale
sind einfache Kelchkapitäle
aus Stuckmasse mit aufge-
setzten, nicht besonders schön
modellierten Blättern.
Die Pfeiler der Ost-
hälfte (Abb.) mit dem Chore
haben zwar auch einen recht-
eckigen Kern, doch i.st der-
selbe von den reichen mit
Birnstäben , Rundstäben und
Hohlkehlen profilierten Diens-
ten ganz bedeckt, so daß die
Pfeiler zu Bündelpfeilern werden. Die Gliederungen sind feiner und reicher als
die der westlichen Pfeiler. Der Sockel ist aus zwei Absätzen gebildet, von denen
der untere etwa 50 cm, der obere etwa 30 cm hoch ist. Die Sockelgesimse
sind denen der Westpfeiler ähnlich. Die Kapitale der Pfeiler und Dienste
Chorpfeiler. Grundriß und Sockelprofil.
1) Wir numerieren in der Folge, entsprechend der in den Werken des Seniors von Melle
üblichen Bezeichnung, sowohl die lo Pfeiler des Chores wie die 12 Pfeiler des Langschiffes in der
Richtung von Osten nach Westen.
DIE MARIENKIRCHE.
129
bestellen auch liier aus Stuckniasse; sie zeigen einfachen lilattschmuck und
sind hoher als die Kapitale der wcsdichen Schiffshälfte.
Die W'andjifeiler (Abb.) sind den Vorlagen der freien Pfeiler entsprechend
ausgebildet. Kine Ausnahme hiervon machen nur zwei Wandpfeiler des süd-
lichen Seiten.schiftes, und zwar tler letzte und der dritdctzte des Chores, welche
Wanilpfeiler der ( isth.Hlfte. Gru^(lril.^ und Sockelprofil.
Waiidpfeiler im südlichen Seitenschiff.
lediglich aus X'iertelstäben, und zwar acht an der Zahl, gebildet werden, von denen
die beiden mittelsten zu einem fast halbrunden Stabe sich \ereinigen (Abb.). Sie
entsprechen in ihrer Ausbildung den Pfeilervorlagen des ersten Pfeilerpaares der
Westhälfte, das, wie
erwähnt, die Scheide
zwischen den vorbe-
schriebenen beiden
Kirchenhälften bildet.
Diese beiden
Pfeiler verdienen eine
besondere Beachtung,
weil sie offensichtlich
Reste einer älteren
Kirche sind. Während
die Arkadenbögen des
Langschiffes ganz un-
vermittelt auf den
westlichen Vorlagen
dieser quadratischen
Pfeiler ansetzen, sind
den letzteren an der
Ostseite Halbpfeiler
vorgelegt, welche den
Bündelpfeilern des
Chores entsprechen.
Hierbei hat aber die
Schiefheit der Axen,
die wohl schon dem
älteren Bau eigen war,
dahin geführt, daß von
Teil des Längsschnittes. ^em nördlichen alten
I30 DIE MARIENKIRCHE.
Pfeiler ein Stück abgenommen \\'erden mußte, wodurch er bedeutend ver-
schmälert wurde. Indessen ist diese Verschmälerung nicht in der ganzen Breite
des Pfeilers vorgenommen, sie \'erläuft vielmehr schräg, so daß an der Innen-
seite die volle Breite des Pfeilers geblieben ist. Zu dieser unkonstruktiven
Anordnung kann nur die Rücksicht auf den alten Bogen über den Pfeilern
gezwungen haben, der also zu der Zeit, als man die neuen Chorpfeiler baute,
noch vorhanden gewesen sein muß. Seine Reste sind noch heute erkennbar,
denn da an diesem ersten Pfeilerpaare die Dienste, welche die Gewölbe des
Obergadens tragen, erst in der Höhe des Scheitels des vormaligen Querbogens
beginnen, so sind in dem Mauerwerk, auf welches sie sich stützen, zweifellos
die Reste jenes Bogens erhalten. Betrachten wir diese Pfeiler genauer, so er-
kennen wir an dem quadratischen Grundriß mit rechteckigen Vorlagen, be-
sonders aber an der verdoppelten Vorlage der Innenseite Pfeiler, ^^•ie sie als
Vierungspfeiler bei romanischen Kirchen, so beispielsweise auch beim Lübecker
Dome, vorkommen. Die Pocken sind mit sch\\'achen Rundstäben versehen, die
an den Vorlagen im Mittelschiff höher hinaufgehen als auf der Westseite der
Pfeiler; man darf demnach vermuten, daß die Bögen der Langschififarkaden
niedriger waren als die Querbögen, daß die alte Kirche also das sogenannte ge-
bundene System hatte. Die Steine zeigen die der romanischen Kunst eigene
sorgfältige Bearbeitung und die charakteristische Scharrierung. Sie sind 9 cm
hoch; auf einen Meter in der Höhe gehen etwas mehr als neun Schichten. Die
Hellte Weite zwischen den beiden Pfeilern beträgt 10,1 m. Die diesen Pfeilern
nach den Seitenschiffen zu vorgelegten Dienste so\\'ie die entsprechenden Wand-
pfeiler in den Seitenschiffen sind lediglich aus Viertelstäben zusammengesetzt,
gleichen also den oben er\\'ähnten beiden Wandpfeilern im südlichen Seiten-
schiff des Chores.
Die Gewölbe. Die Kirche ist, abgesehen von den mit Sterngewölben
überspannten Turmkapellen, durchweg mit Kreuzgewölben überdeckt, deren
Gurtbögen nur als Rippen von der Stärke der Diagonalrippen in die Er-
scheinung treten. Die Gewölbe sind V2 Stein stark und auf den Schwalben-
schwanz gewölbt. Sie sind zum Teil mit den Außen\\änden und den Balken
durch starke eiserne Anker verbunden. Unter den Schlußsteinen sind hölzerne
kreisrunde Scheiben aufgehängt, welche im Mittelschifte mit zehn, in den Seiten-
schiffen mit acht ausstrahlenden gotischen Blättern besetzt sind.
Die Scheiben des Mittelschiffes zeigen in der Reihenfolge von Osten
nach Westen:
1 . ein Lamm Gottes mit der Siegesfahne ;
2. den lübischen Adler;
3. den weiß-roten lübischen Schild;
4. den Wappenschild des Bürgermeisters (1500 — 21) und Vorstehers
der Marienkirche (schon 1 506) Tidemann Berck (auf (joldgrund ein
grünes fünfteiliges sternförmiges l^latt mit darüber schwebender
kleiner blauer Mondsichel) ; ^)
^) Vgl. weiter unten die Abbildung der Tid. Berckscben Grabplatte.
DIE MARIENKIRCHE. I3I
5. ein Warendorpschcs I'aniilicnwappcn (auf Goldgrund in blau ein zu
beiden Seiten vuu einer Leiste beoleiteter schriiurechter Balken, der
mit drei goldenen iliegenden \'(')oeln belegt ist);
6. das Wappen des Bürgermeisters (15 10 — 18) I lermann Meyer*) (drei-
faches güldenes Kreuz auf rotem Grunde);
7. ein W'ickedesches Wappen,^) jedenfalls dasjenige des Bürgermeisters
(151 I — 29) Thomas von W'ickede;
S. das Wappen des Bürgermeisters (15 13 — 23) Heinrich Witte (zwei
goldene mit roten Rosen belegte Flügel auf blauem Grunde);-')
9. ein Kerkringsches Waj)pen (schwarzer gekrönter Löwe auf goldenem
eirunde), jedenfalls dasjenige des Ratsherrn (1484 — 15 16) und Vor-
stehers der Marienkirche (seit 1508) Johann Kerkring.
Fünf dieser Wappen gehören demnach den \-ier Lübecker Bürger-
meistern und den beiden Vorstehern der Kirche aus den Jahren 1513 — 15 16
an, sie sind also zweifelsohne bei der Wiederherstellung des im Jahre 1508
teilweise abgebrannten Daches des Obergadens^) hier angebracht; aus welchem
Grunde man ihnen das Wappen der 1504 — 1558 nicht im Rate vertretenen
Familie Warendorj) beigefügt hat, ist nicht ersichtlich.
Die Scheiben der Seitenschiffe zeigen in ihrer Mehrzahl geschnitzte
Figuren auf blauem, mit goldenen Sternen besetztem Grunde. Mehrere dieser
Figuren sind aber niclit melir vorhanden; an ihrer Stelle ist der Grund dann
ganz blau bemalt worden.
Vom Süderturm beginnend zeigen die Scheiben:
Im Süderschiff: zwei blaue Felder, St. Bartholomäus, St. Johannes Fv.,
eine ALidonna auf dem Halbmond, ein blaues Feld, das einen gekrönten
Russenkopf darstellende Wajipen der Xowgorodfahrer (vgl. S. 133).
Im Chorumgang: den lübischen Schild, den lübischen Adler mit
Brustschild (vor der Bürgermeisterkapelle), St. Martin (über dem bis 161 8
am drittletzten Wandpfeiler des Chorumganges belegenen Altar der Knochen-
hauer, ^) deren 1483 gestiftete Brüderschaft »de broderscop Unser Leven
X^rouwen unde s. Martens der knakenhowere bynnen Lubeke« benannt war,^)
das in rotem Felde ein goldenes Hifthorn aufweisende W'appen der Familie
Ileliorn (über dem dieses Wappen mit enthaltenden Kremerschen Grabstein,
ehemals auch in einem Fenster^) der dortigen Chorkapelle), eine Maria mit
dem Kinde (vor der Marientiden- oder Sängerkapelle), zwei Engel, die eine
Monstranz tragen, das Wappen der Familie Darssow, welches auf Goldgrund
1) Vgl. Milde, Siegel des Mittelalters, Tafel 8 No. 65 und S. 59.
^) Vgl. unten das Epitaph des Bürgermeisters Gotschalk von Wickede (gest. 1667).
3) Vgl. Milde, a. a. O., Tafel 14 No. 129 und S. 85.
*) Vgl. S. 143.
^) Vgl. das weiter unten mitgeteilte Vikarienverzeichnis unter 133 1 Juli 22.
^) St.-A., Brüderschaften, Stiftungsbuch der Knochenhauer-Brüderschaft.
') ^gl- tinter «Glasmalereien.«
9*
132 DIE MARIENKIRCHE.
ein doppelreihig .sch\\arzweiß gewürfeltes Andreaskreuz zeigt, dessen oberer
\\'inkel einen wachsenden Mann mit weißer Kopfbinde einschließt (über dem
ehemaligen Darssowschen Altar), ^) zwei blaue Felder;
Im Norderschifif: St. Petrus, einen gleich den folgenden Figuren der
Scheibe aufgemalten Heiligen mit Buch, ein blaues Feld, St. Jakobus Major,
St. Johannes Fv., eine gemalte Sonne, ein blaues I-'eld.
Südliche \"orhalle. Ein eigentliches (Juerschiff besitzt die Kirche
nicht. An seine Stelle treten zweijochige Erweiterungen der Seitenschi fte, von
denen die der Südseite als Vorhalle für den Haupteingang vom Markt her
dient. Ihre Gewölbe stützen sich mit denen des Seitenschiffes auf einen frei-
stehenden Backsteinpfeiler (Abb.), der nicht, wie der entsprechende Pfeiler der
gegenüberliegenden Totenkapelle, den alten Strebepfeiler des Seitenschiffes auf
den ersten Blick erkennen läßt, sondern, weil er ringsum gleichartig ausgebildet
ist, von unten auf für die Wölbung der
Vorhalle und des Seitenschiffes bestimmt
war. Da er vorhanden sein muf>te, als
die Gurtbögen geschlagen wurden, so
kann er nicht wohl später als die übrigen
Teile des Chores errichtet sein. Die
beiden benachbarten Strebepfeiler da-
oeoen standen bereits, als die Vorhalle
gebaut wurde, denn man erkennt deut-
lich, wie sie durch Abscharrieren \er-
schmälert worden sind, damit der Fauf-
gang unter den Chorfenstern an den
Wänden der Kapelle herumgeführt wer-
_, " Pfeiler der Südervorhalle.
den konnte (s. Abb. S. 127). Dieser
scheinbare Widerspruch lö.st sich dadurch, daß jene abscharrierten Pleiler
schon \orhanden waren, als der Bau des gotischen Chores begann, nicht aber
der Mittelpfeiler. Wir werden hierauf weiter unten zurückkommen.^)
Die Vorhalle hat in der westlichen Tra\ee der Südwand ein reich ge-
gliedertes Portal aus Gothländer Kalkstein, über demselben und im benach-
barten Felde je ein großes dreiteiliges P"enster. Auch die Ost- und Westwand
hatten ursprünglich Fenster, doch sind dieselben \'ermauert, als im Osten die
Bürgermeisterkapelle, im W esten die Warendorp-Kapelle angebaut wurden. Die
letztere bedingte wegen ihrer geringen Tiefe zwar nicht die Vermauerung des
ganzen Fensters, man hat dieses anfangs auch nur verschmälert, aber später
ist auch "das verschmälerte Fenster aus einem nicht erkennbaren Grimde zu-
gemauert worden, wie man an den teilweise erhaltenen Laibungskanten \vahr-
nehmen kann. Unter den Schlußsteinen der beiden Kreuzgewölbe hängen
0 ^§1- ^^^ Vikarienverzeichnis unter 1420 Januar 19.
^) ^S^- "'i'^'-*r »Baugeschichte der Kirche.«
Dil«; MAKii.xKiRciii;. 133
Scheiben nach Ait derjenigen im Seitenschiti". Sie Iragen tlas, wie erwähnt,
auch in dem einen der beiden anstoßenden Gewölbe sich findende Wappen
der Xowgorodfahrer, die in der X'orlialle eine Ka])elle besaßen.*)
Die drei Scheiben mit den Kusscnköptcn sind nebst einer verloren
gegangenen Nierlcn anlälMii h des in die Jahre 1464 — 67 fallenden Neiibaus
der Nowgorodfahrerkapelle von dem nicht weiter bekannten Bildschnitzer
Egidius gefertigt und vom Meister Bernt Notke bemalt, wie die vom 3. August
1467 datierte Abrechnung mit folgenden ^^'orten bezeugt: »Item noc:h heb
wy geven mester Ilies vor de lo\er to snyden unde 4 schiven in de welffte
unde vor schappe in de ka])elU'n in al sununa 56 nu' Itcni noch
geven mester IScrndc dem maier Nor de lover unde 4 schyven int wclfite in
al summa iiö nn-, St.-A., liuch der Älterleute der Nowgorodfahrer von
1450—73-
l)i'ierkapelle. 1 )ie Ihiet kapeile ist ein \ ierecki^er, etwas schiefwink-
liger Raum xon IJ m Länge und 8,35 m Breite, iler nördlich an das siidliche
Seitenschiti' und westlich an den Süderlin-m "renzt. 1 )urch reichueuliederte
— gj? .^Kärt/it
spitzbogige Portale in der Achse des letzten Kirchenjoches ist die Kapelle
sowohl mit der Kirche als auch mit dem Kirchhofe verbunden. Die Länge
des Raumes entspricht der Tiefe der beiden letzten Joche des Langhauses,
wiewohl mit der Abweichung, daß die Ostwand, N\elche den \-orletzten Strebe-
pfeiler ersetzt, über die Achse dieses Pfeilers um etwa die Dicke der Mauer
*j Vgl. unter «Kapellen im Innern der ls.irche.«
134
DIE MARIENKIRCHE.
"W':^''''
vor-
ist
da-
die
hinausgeschoben ist. Das Langhaus und diese Kapelle gehören daher offenbar
nicht zu ein und demselben Bauplan. Der untere Teil des letzten Strebepfeilers,
welcher in die Kapelle fallen würde, ist an die Südwand der Kapelle versetzt,
wo er den Gewölbeschub
des hohen Mittelschiffes
vermittelst eines gewal-
tigen, über das Pultdach
der Kapelle gespannten
Strebebogens aufnimmt.
(S. Abb. S. 126.) Daß
hier der Strebepfeiler des
Seitenschiffes beim Bau
der Kapelle bereits
handen gewesen sei
nicht nachzuweisen ,
gegen erkennt man
Spuren des nächsten vor-
letzten Strebepfeilers an
der Schrägung der Kapel-
lenwand im Innern und
noch deutlicher an den
Resten seines Mauerwerks
über den Gewölben der
Kapelle (Abb. S. 133).
Diese Reste sind nur
wenige Schichten hoch;
alsdann setzt über der gan-
zen Länge der Kapellen-
wand eine einheitlich ge-
mauerte Wand an, welche
etwaige frühere Öffnungen
des Seitenschiffes nicht er-
kennen läßt. Aus dieser
Wand sind unmittelbar
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unter dem
Stützen für
welche die
Dache die
die Pfeiler,
Strebebögen
Briefkapelle. Querschnitt und Gewölbe.
des Mittelschiffes aufneh-
men, ausgekragt. Die Aus-
kragung des letzten Pfei-
lers wird durch Granit-
quader gebildet, während der Schub des zweitletzten Strebebogens durch in die
Ecke gelegte spitzbogige Tonnengewölbe auf die Ostwand der Kapelle über-
tragen wird. Der beschriebene Befund zeigt deutlich, dal.s die Strebejjfeiler des
DIE MARIENKIRCHE.
135
Seitenschiffes in ihren oberen Teilen noch nicht \()rh;nulen waren, als (he
Kapelle oel)aut wurde, tlal.s diese also nicht jün<;er ist als die west-
lichsten Teile des Langhauses.
Aus Zieoeln oemauerte, acliteckioe Dienste teilen die W.uulllaclien \n
drei bezw. sechs PY-lder, tleren jedes ein hV>nster oder eine iUende enthält (Abb.).
Die Sockel dieser Dienste bestehen aus Granit. Sie schauen nur wenig iiber
dein Inißboden hervor, haben eine achteckige Grundrißforni und eine einfache
Trolilierung, tlie aus einem Wulste und einer darüber liegenden, zum Schafte
übei-führendeu sehr Ilachen 1 lohlkehle Ijcsteht.
Kapitale und Konsolen in der Briefkapelle.
Das reiche und zierliche Sterngewölbe (Abb.) der Kapelle ruht auf zwei
achteckigen, 8,40 m hohen Säulen aus Bornholmer Granit, die nur 32 cm im
Durchmesser haben. Während der westliche Säulenschaft aus einem einzigen
Stücke besteht, ist der östliche aus zwei Stücken zusammengesetzt, deren Fuge
etwa I V2 m unterhalb des Kapitals liegt. An den aus rotem Gothländer
Kalckstein gearbeiteten Sockeln beider Säulen vermitteln auf einer quadratischen
Grundplatte an jeder Ecke zwei nach oben wachsende Blätter den Übergang
zu dem runden kräftigen Wulst, aus welchem eine flache Hohlkehle in zwei
niedrige achteckige Oberglieder überleitet. Auf diese setzt der Säulenschaft
indessen nicht unvermittelt auf, der Fuß jeden Schaftes ist vielmehr nachträg-
lich mit einem Bronzering imigeben, der die Stütze vor X^erschiebung und
136 DIE MARIENKIRCHE.
damit vor ungieichmälMgem Druck hat bewahren sollen. Dies l^estreben tritt
bei dem i 594 angelegten Schuh der östlichen Säule, dessen verbreiterter unterer
Rand über die oberen Sockelglieder hinüber faßt, besonders deutlich hervor.
Er besteht aus zwei halbachteckigen Hälften, deren zusammenstoßende Laschen
durch Niete verbunden sind. Alter als dieser Schuh ist derjenige der west-
lichen Säule. Auch er setzt sich aus zwei Hälften zusammen, die durcli
ineinander greifende Ösen, durch welche ein gemeinsamer Bolzen gesteckt ist,
vereinigt werden.
Die Wochenbücher der Marienkirche (im folgenden WB. abgekürzt)
berichten unter 1594, 12. Woche nach Neujahr (März 24 — 30): »Noch hefft
mester Matz de bussengeter (Matthias Benning) gegaten i nyen bant van
grapengudt umme den i pyler in s. iVnnen kapellen, was nedden uthgebraken,
umme aller fare wyllen den bant dar laten umme maken , hefft gewagen
4V2 lys'tP 3 markU, synt alles 66 ^; ehme vor dat mark^ betalet 5 j5', den
knechten dranckgelt 4 f5, dot alles 20 ^ 14 j3. ^'
Die reich ausgearbeiteten Kapitale und Konsolen (Abb.) zeigen, daß
die erfinderische Phantasie des Meisters in figürlichen Darstellungen nicht
immer gleichmäßig von der Technik unterstützt wurde. Bei einigen der
Kapitale, deren Oberglieder durchweg verschiedenartige Profilierungen auf-
weisen, genügt ein ausschließlich aus Blattwerk bestehender Schmuck, der seine
Formen zumeist dem Weinstock oder dem Feigenbaum entlehnt hat, bei
anderen treten die Blätter in Verbindung mit Gestalten aus der Tierfabel auf
oder auch wohl mit einem menschlichen Kopfe, während bei noch anderen
rein figürlichen Szenen zu erkennen sind. An einem Kapital, das einen Mönch
und eine ihn anlockende Nonne zeigt, trägt die Platte die etwas anzügliche
.In.schrift: IiÖDWILi • SVDÖGIie DISISDG : SVIiDHGhe.^)
Diejenigen Dienste, welche auf die Portale treiTen oder vielleicht den
für einen Altar bestimmten Raum beschränken würden, sind etwa in halber
Höhe abgeschnitten und ruhen hier auf Konsolen, welche ausnahmslos von
einer Figur gestützt werden. In den an der Ostwand angebrachten männ-
lichen Konsolträgern wird man vielleicht den Steinmetzen und den Baumeister
erblicken dürfen.
Was die Fenster betrilTt, deren Gewände und Pfosten mit gebräuchlichen
Profilsteinen aus Backstein aufgemauert sind, so hat keines derselben sein
ursprüngliches Maßwerk bewahrt. Es sind nämlich ältere oder jüngere Er-
neuerungen, die, in Zementguß oder Sandstein hergestellt, die alten Formen
doch nur annähernd wiedergeben.^) Wo aber von vornherein das anscheinend
ebenfalls aus Kunststein hergestellte Maßwerk vor eine feste Wand gesetzt
war, also an den Blenden, haben .sich die fein profilierten Formen unberührt
erhalten. Hervorzuheben sind drei schöne, gut erhaltene Maßwerke an der
^) Das soll heißen: »he wil sundeghen, dit (die Nonne) is de sciildeghe.«
^) "^35 ist die Brief kapeile mit einem Kostenaufwand von 2477 ^ i^ ß »in- und aus-
wendig renovirt und mit neuen Fenstern versehen;« Vorsteher-Protokoll. Das Maßwerk ist zum
Teil 1862 erneuert.
DIE MARIENKIRCHE.
^37
Xordwand (Abi).). .XiiLNcrdcin
bcfiiulet sich an den anderen drei
Wänden je eine I^lende. ( )ber-
halb der beiden Portale sind je
zwei kleinere Fenster anu^eordnet.
Die Sohlbänke der I'enster und
Blenden bestellen aus einfachen
Schrägen; in der nortlöstlichen
Ecke, wo das Mauerwerk des
Strebepfeilers durch ICinbrechen
tiefer Nischen nicht mehr <;e-
schwächt werden konnte, hat man
Maßwerk und Pfosten \or die
Wandfläche gelegt. Die Ri|)|)en
der Gewölbe haben ein Hirnstab-
I)r()fil. Im jähre 1S34 sind die
Gew ölbe vollstiuidig erneuert und
haben wohl bei dieser Gelegen-
heit die vf)n den Schnitt])unkten
der Rippen herabhängenden höl-
zernen Zapfen bekommen. Den
Eingang aus der Kapelle in die
Kirche bildet ein reich geglieder-
tes spitzbogiges Portal mit zier-
lichen Laubwerkkapitälen. (Abb.
S. 142.)
Die beiden hintereinander Hegenden Portale kennzeichnen die Kapelle
durchaus als eine monumentale \\)rhalle des Schiffes, die an dieser Stelle, als
nach dem Markte zu belegen, von größerer Wichtigkeit war als das West-
portal, das bei St. Marien stets nur von untergeordneter Bedeutung gewesen ist.
Eine in die westliche Wand der Kapelle eingemauerte Kalksteinplatte
trägt in gotischen Majuskeln die Inschrift:
SVRRI : PRinaiPljfT : DiTfiS : ffi : eRifl : (I
DVO : qSlUR
eana : q' : OilVHUhil : Pm : HVIC : UHU
SIBI : SCR^]Ucfl : sRHRIfl.
Die diesen Versen nach im Jahre 13 10 gebaute Kapelle war jedoch
nicht, wie man aus ihnen weiter entnehmen könnte, der Muttergottes geweiht,
die hier offenbar nur als die Schutzheilige der Kirche angerufen wird, sondern
sie ist nachweislich schon seit der Mitte des 14. Jahrhunderts nach der hl. Anna
benannt worden, deren Bildsäule hier auch unter anderen bis 1533 gestanden
hat. 1) Ihre außerdem vorkommende und bis in die Gegenwart üblich gebliebene
Fensterblende in der Briefkapel'e.
^) Vgl. unter <> Bildwerken.«
138
DIE MARIENKIRCHE.
DIE MARIENKIRCHE. I 39
xolkstüniliclic HczeichiiuiiL; als lirief kapeile ist ahne I'^raoe auf den Umstand
zurückzuführen, daß in ihr') oleichwie auf dem Marienkirchhofe ^) öffentliche
Schreiber ihren Stand gehabt haben; die Angabe, dal.N hier Ablaßbriefe ver-
kauft sein sollen, ist geschichtlich nicht zu erhärten und jedenfalls lediglich
aus diesem Namen hergeleitet worden.
Die ]\-issaden. Das Äußere der Kirche macht einen gewaltigen h>in-
druck nicht nur durch die das gewöhnliche Maß weit überschreitenden (inißen-
verhältnisse, sondern auch durch die sinnfällige Klarheit der Konstruktion, die
um so mehr in die Augen springt, als jegliches verzierende Beiwerk, wie es
die Kathedralen des Südens auszeichnet, fehlt. Die Fassaden enthalten so
gut wie nichts, was nicht durch die Konstruktion des Innenraunu's und die
Rücksicht auf die Angriffe der Witterung bedingt ist. Fast die einzigen Zier-
formen, wenn man sie als solche bezeichnen will, sind die l'rofilierungen der
Fensterlaibungen, die bei dem ganzen Bau ziemlich einheitlich ausgebildet sind.
Die außerordentlich hohen, meist dreiteiligen, in den Anbauten aber
auch vierteiligen Fenster nehmen in ihrer Breite etwa die Hälfte der I-'elder-
breite zwischen den Strebepfeilern ein. Die Fenster des Obergadens sind
nicht in ihrer ursprünglichen Höhe vorhanden, da die Dächer der Seitenschiffe,
wie man auf dem Dachboden erkennt, anfänglich weniger hoch waren, bei
einer h^rneuerung in späterer Zeit aber so steil gemacht worden sind, daß sie
um etwa einen Meter in das Lichte der alten h'enster hineinragen. Die Mauer
des Obergadens ist über den Fenstern x'erstärkt, indem spitzbogige Wandbögen
zwischen den Strebepfeilern geschlagen worden sind, welche die \"erdickimg
der Mauer tragen. Gleichsam als Stützen der Strebebögen an der Mauer des
Obergadens sind teils runde, teils halbachteckige Säulchen \()r die Mauer
gelegt. Die Strebepfeiler sind über der Mauer des Seitenschiffes durchbrochen,
so daß ein Laufgang in der Dachrinne hergestellt ist, indessen auch hier,
wie bei den Laufgängen im Innern der Kirche, nur über der östlichen Hälfte
des Baues.
Die Portale. Das westliche Hauptportal ist an die Innenseite der
sehr starken Mauer gelegt und der in der Mauerstiu'ke \'erbleibende Raum
als offene Vorhalle ausgebildet. Diese ist jedoch Jahrhunderte hindurch ver-
mauert gewesen, wozu jedenfalls die kurz vor 1400 geschehene Einrichtung
des Raumes zwischen den beiden Türmen zur Bergenfahrerkapelle den Anlaß
gegeben hat, und erst 1872 wieder freigelegt worden.^) In der Außenflucht
^) Z. B. heißt es am Schluß einer 1363 aufgestelUen Abrechnung über gewisse Einkünfte
des Heiligen Geist-Hospitals: »el hec computatio facta est in capella b. Anne annexa ecclesie b.
Marie virginis in Lubeke;« Lüb. U.-B. 3 No. 464.
2) Vgl. W. Brehmer in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 2, S. 160.
^) Im folgenden Jahre ist auch das vor dem Hauptportal gelegene Haus des Schüsselbudens
abgebrochen, um hier eine westseitige Zuwegung zu gewinnen. Es war zu diesem Zwecke bereits
1839 von der Vorsteherschaft angekauft.
140
DIE MARIENKIRCHE.
hat man damals eine mittlere Doppelsäule aus Sandstein, ^^•elche ein einfaches
durchbrochenes Maßwerk trägt, eingesetzt und die beiden so entstandenen
Öftnungen durch geschmiedete eiserne Pforten mit sehr schönen Gittern in
Renaissanceformen 1) geschlossen. Das Netzgewölbe des Innenraumes ruht auf
vier Eckdiensten, die in halber Höhe auf einem blattgeschmückten Sandstein-
konsolchen enden, während an jeder Seitenwand ein mittlerer Dienst herabläuft.
Die Kapitale und ein die Wandflächen wagerecht teilendes Sandsteingesims
sind mit feinem Blattwerk ge-
ziert. Oberhalb dieses Gurt-
gesimses ist die Wandfläche
zurückgesetzt und es erhebt
sich, frei vor dieselbe vorge-
stellt, eine ^littelsäule, die
zwei spitzbogige Blenden mit
Maßwerk abteilt. Das eigent-
liche Portal besitzt ein mit
zwei in eine große Hohlkehle
gelegten Rundstabbündeln ge-
gliedertes Gewände mit Blatt-
werkkapitälen. Die spitz-
bogige Öftnung wird durch
einen \\agerechten Kämpfer-
stein unterbrochen, unter dem
sich die durch einen Sand-
steinpfosten getrennten beiden
Türen befinden. In das obere
Bogenfeld ist ein einfaches
Backsteinmaßwerk eingesetzt,
\\ährend die beiden mit moder-
nen Türen \erschlossenen
unteren Öffnungen als Ein-
gänge dienen. Vor dem Mittel-
pfosten war i<S8i — 1904 auf
einer neuen, kurzen, schweren
Säule eine Marienstatue auf-
gestellt. 2)
Die übrigen sechs Por-
tale sind einfache spitzbogige
Öffnungen mit mehr oder weniger reich profilierten Gewänden aus Kalkstem,
an dessen Stelle beim Portal der Totentanzkai)elle und im Bogen des nörd-
lichen Chorportales Backstein tritt. Das südliche Chorportal ist in seinem
1) Sie sind von Martin Genzier zu Hamburg entwürfen und vom Schlossermeister H. A.
H. Schnoor ausgeführt; Jimmerthals handschriftl. Chronik der Marienkirche unter 1872.
'^) ^gl- unter »Bildwerken.«
Westliches Hauptportal.
DIE MARIENKIRCHE.
141
Portal zur Südervorhalle.
ursprün^^lichcn Zustaml nicht fiiiaUen; es ist 1777 nacli einem I'"nl\\ui-r von
Sollen' durch einen geputzten Uundhogen ersetzt. X'or allen l'orlalen, mit Aus-
nahme (lesjenigen znr Briefkapelle und zur Totentanzkapelle, sind in dem Zeit-
raum \()n 1798 — 1854 häßliche Vorbauten aus Backstein mit spitzl)()gigen l'ortal-
dti'nungen errichtet worden. Sie dienen als W'indfänge, haben aber mutmal.Mich
nebenbei tlen Zweck gehabt,
die .stark verwitterten eigent-
lichen Portale zn \erdecken.
deren l'Jiieueiung im andeien
l'"allc nach der Anschauungs-
wei.se der Zeit wohl kaum
hätte umgangen werden krin-
nen. So hat die X'orsehung
oder die lünsicht der Bau-
vorsteher sie vor einer ver-
ständnislo.sen »Restauration«
bewahrt , um sie einer der-
einstigen würdigen Wieder-
herstellung zu erhallen, l)ei
der dann die häßlichen X'or-
bauten hoticntlich wieder \er-
schwindcu werden. I )ann
mag man die \\ indtange in
das Innere legen und die
wiederhergestellten Portale
an Stelle der heutigen sehr
dürftigen Bretttüren mit Türen
versehen, die des vornehm-
sten Gotteshauses der Stadt
würdig .sind.
Über die verschieden-
artige Profilierung der Portal-
wände geben unsere xAbbil-
dungen Aufschluß. Während
das Portal zur Südervorhalle
und das Portal neben dem
Norderturm, jenes mit Bündel-
säulchen, dieses mit einfachen
Rundsäulen , die charakte-
ristischen tiefen Hohlkehlen der P^rühgotik zeigen, sind bei den Portalen der
Briefkapelle die Säulchen auf die abgeschrägte Laibungsfläche gesetzt. Sie
haben hier die Form eines halben Vierpasses mit zugespitzter Vorderkante
und ähneln so den oben beschriebenen X'iertelstabpfeilern im östlichen Teile
des Süderschiftes.
Portal neben dem Norderturm.
142
DIE MARIENKIRCHE.
Außenseite der Anbauten. Der einfache Aufri(3 des ursprünglichen
Baues erliält eine für die malerische Wirkung des Ganzen nicht unwillkommene
Bereicherung durch eine grolle Zahl von Anbauten, von denen wir im Vor-
stehenden nur die Südervorhalle
und die Briefkapelle erwähnt haben,
da wir die übigen weiter unten
eingehend besprechen werden.^)
Während die Briefkapelle sich
jetzt mit einem hohen Pultdach
^) Außer den Kapellenanbauten
hatte die Kirche ehedem noch eine Reihe
weiterer Anhängsel , die aber im Verlaufe
des 19. Jahrhunderts beseitigt worden sind.
Am 12. Februar 1826 berichtet der Stadt-
baumeister H. N. Börm an die Vorsteher
der Marienkirche: »Ferner sind die Ge-
bäude zu betrachten, die sämmtlich an die
Kirche und zwischen ihren Pfeilern ange-
baut sind, deren Zahl sehr groß ist. Dahin
gehört a) das Haus des Türmers, b) zwey
Wohnungen für Glockenläuter, c) das Haus
des Küsters, d) fünf vermietete Laden,
e) zwei vermietete Holzräume, f) ein Spritzen-
haus, g) zwey Kalckhäuser, h) ein Zeug-
haus der Glockenläuter, i) ein Zimmerhaus,
k^: eine Wagenremise für den Superinten-
denten , 1) ein Holzraum für den Kirchen-
vogt. Diese 18 verschiedenen Piecen lehnen
sich sämtlich an die Hauptmauern der Kirche
an. Sie sind sämtlich, was ihre Ansicht
anlangt, ein Greuel für jedes menschliche
Gefühl, indem sie nicht nur an sich häss-
lich und formlos sind, sondern auch die
herrlichen und grossen Umrisse und Formen
der schönen Kirche verdecken und ver-
stecken.« (Akten des Bauamtes.)
Der Bericht ist auch insofern nicht
ohne Interesse, als Börm die Frage auf-
wirft, woher es komme, daß das Gotteshaus,
wie auch die Jakobikirche, so nach »Laune
und Zufall« entstellt worden sei, und er den
Grund dafür lediglich in der Machtvoll-
kommenheit der Bauvorsteher erblickt,
»denn wenn auch seine Mitvorsteher zu-
stimmen müssen, so hat er keinen Wider-
spruch zu erwarten, da die spezielle Kenntnis
Äußeres Portal der Briefkapelle.
^^^
Inneres Portal der Briefkapelle.
wirklich einen ungeheuren Zeitaufwand er-
solcher Gebäude und namentlich der Marienkirche
fordert.« »Aber nun tritt er ab und ein anderer an seine Stelle. Mit dem neuen Vorsteher wechseln
nun auch die Ansichten, Pläne und Rücksichten, nach welchen vorher verfahren ist, die oft denen
des abgegangenen Vorstehers schnurstracks entgegentreten müssen.«
DIK MARIENKIRCHE. I43
an das Seitenschiff anlehnt, hat die Südervorhalle mit den ihr benachbarten
Anbauten ein besonderes Satteldach erhalten, gleichwie die entsprechenden
Anbauten an der Norderseite, die aber außerdem durch zwei nach Xorden
oerichtete Giebel ausgezeichnet sind. An dem Ostgiebel dieses Anbaues ragt
die oben erwähnte Wendeltreppe als ein kleines, mit einem spitzen Kupferdach
abgedecktes Türmchen über die Mauer des Seitenschiffes empor; sie bildet
hier den Zugang zu dem Umgang in den Dachrinnen des Seitenschiffes. Die
am äul.^ersten Ostende der Kirche angebaute Marientidenkapelle hat ein be-
sonderes, ])yramidal gestaltetes Dach erhalten, das oben in einen vergoldeten
Knaul" mit einer Fahne endigt, welche die .Mutter Gottes, in Kupferblech aus-
gestanzt und vergoldet, zeigt.
Das Material der Fassaden ist durchweg ein hellroter Handstrichstein
von 8,5 cm Höhe, so dal^ 10V2 Schichten auf i m Höhe kommen. Bei einigen
Anbauten, so an der Bürgermeisterkapelle, wechseln die roten Steine schicht-
weise mit dunkelbraungrün glasierten Schichten ab (»Wechselschichten -). An
\ ielen Stellen, namentlich an den Ecken der Türme und da, wo es galt Bau-
teile mit einander zu \erbinden, die verschieden stark belastet sind, sind Granit-
quader eingemauert. Der Sockel des Gebäudes besteht durchweg aus Granit.
Das Dach des Hochschiffes hat nur zum geringen Teil seine ursj)rüng-
liche Bauart behalten, da es im Jahre 1508 durch einen Brand zerstört wurde.
Reimar Kocks Chronik berichtet über diesen Brand: Des mandages in den
paschen (April 24) is de kleine thorn tho Lübeck up Marien kerke, dar de
seyer inne henck, durch vorsumenisse des kösters angestecket undt is dee
gantze kercke vorbrandt, id is dorch dat klockentaw, welck nedder gefallen,
dat gantze gestuelte vorbrandt.« Ferner meldet ein nur in dem 1706/07
niedergeschriebenen Entwürfe^) der Lubeca Religiosa des Seniors \"on Melle
überlieferter gleichzeitiger Bericht unbekannten Ursprungs: Anno 1508 van
der hilgen paschen nacht up den mandach i^April 23/24) do brande Unser
Leven Vrowen kerken gesperrte up 7 sperte na äff myt dem klenen seyertorne
myt 4 docken, was ser daerlick gesiebte, unde was myt blye schone ghe-
decket.« Man kann an der Dachkonstruktion deutlich erkennen, welche Teile
dem Brande zum Opfer gefallen sind; nur die Binder über den ersten drei
Jochen, von den Türmen aus gerechnet, kennzeichnen sich durch ihre Kon-
struktion als der Rest des alten Daches, an dessen östlichem Ende zudem
Brandspuren deutlich erkennbar sind. In diesen drei Jochen liegen über jeder
Pfeilerachse zwei durchgehende Balken und dazwischen je \ier Stichbalken,
welche, einerseits auf der Mauer aufliegend, mit dem anderen Ende in einen
Wechselbalken eingezapft sind. Auf diesen Balken stehen die Sjjarren, welche
durch eine dreifache Kehlbalkenlage gestützt und durch Kreuzstreben, die in
der Nähe des Sparrenfußes mit den Balken überblattet sind, abgesteift werden
(vgl. S. 126). Die Kehlbalken und Streben sind mit den übrigen Hölzern
und unter sich überblattet. Mit dieser Dachkonstruktion sind die Gewölbe
*) Im Besitz des Herrn Gerhard von Melle zu Lübeck.
144 DIE MARIENKIRCHE.
durch zahlreiche Hängeeisen verbunden, und wohl aus diesem Grunde ist in
einigen Bindern der unterste Balken durch ein kräftiges Hängewerk nachträg-
lich verstärkt worden.
Abweichend von dieser Bauart des Dachstuhles, die als die im Mittel-
alter übliche vermutlich als die ursprüngliche angesehen werden darf, hat
der übrige Teil des Hochschiffes mit dem Chore nach dem Brande ein Kehl-
balkendach mit liegendem Stuhl erhalten. Es sind hier auch drei Kehl-
balkenlagen, wenngleich in einer etwas anderen Höhenlage, vorhanden, aber
die Weite der Sparren ist erheblich größer als in den drei Westjochen,
denn in der Pfeilerachse liegt allemal nur ein Balken, über dem dör Binder
steht, und zwischen den Hauptbindern sind nur drei Gespärre. In dem
mittleren dieser letzteren wiederholt sich der liegende Stuhl. Die beiden
untersten Kehlbalken sind in der Mitte durch Pfetten getragen, welche in den
Hauptbindern durch auf dem Balken stehende Pfosten unterstützt werden.
Der Dachreiter wird von acht zentral gestellten Halbbindern getragen,
von denen je zw ei ihr Auflager auf den Balken der Dachbinder des Dachreiter-
joches finden, während die übrigen vier auf Stichbalken ruhen. Da die Binder-
balken, welche somit durch den Schub der Binder des Dachreiters sehr stark
belastet werden, nicht frei liegen, sondern in ihrer ganzen Länge auf der
hochgeführten Übermauerung der Gurtbolzen ruhen, so war es wohl unaus-
bleiblich, dai3» durch das Gewicht und die Bewegungen des Dachreiters auch
das Mauerwerk in Mitleidenschaft gezogen wurde. Tatsächlich sind auch die
oberen Teile der Pfeiler hier erheblich nach innen ausgewichen und zahlreiche
eiserne Verankerungen dieser Pfeiler des Gewölbes und des Dachverbandes
beweisen, daß man bestrebt war, den Angriff der Diagonalkräfte auf die
Pfeiler möglichst zu verringern. Gleichwohl mul^te man sich noch 167 1 ent-
schließen, über den erwähnten beiden Gurtbögen starke Hängewerke zu er-
richten, um durch sie den Druck der beiden Binder des Dachreiters abzufangen
und nach den Seitenmauern des Obergadens zu übertragen.^) Durch diese
nachträglich hergestellten Hängewerke ist der Längsverband des übrigen Dach-
stuhles teilweise durchschnitten worden.
Der außerordentlich schlanke, mit Blei gedeckte Dachreiter ist in seinem
mittleren Teile offen und zeigt hier die durch Andreaskreuze bewirkte Ver-
strebung seiner acht Pfosten; unmittelbar darüber ist der Rand seiner
größten Glocke erkennbar, die sich im übrigen in dem Helm verbirgt. Zur
größeren Festigkeit, nicht nur zur Zierde, wie der Laie geneigt ist anzunehmen.
^) Das Wochenbuch berichtet unter 1671: »Den 5. July, nachdem die Herren Vorsteher
sattsam erkand, wie das hohe Gewölbe in unserer Kirchen von der Last des kleinen Thurms der-
gestalt beschwert werde, das auch zu besorgen, es möchte eines mit dem andern Jahr zur Kirchen
hineinfallen, haben selbige mit Jochim Langefeld, hiesiger Kirchen Zimmermeister, geredet, auff was
Art dem Gewölbe köndte geholffen werden, da sich dan befunden, das es durch ein sogenandtes
Hangelwerck müste angehalten und dadurch zugleich der Thurm gestützet werden; worauf die
Herren Vorsteher sich auch mit gedachtem Zimmermeister verglichen, das er das gantze Werck mit
Darthuung des Holtzes vor 475 ^ verfertigen solle.«
DIE MARIENKIRCHE. I45
hat der Dachreiter einen Kranz von acht Fialen bekommen. Gegen sie ist
das Gewicht des Hehnes abgestrebt, das sie ihrerseits auf liie großen Streben,
welche den Turm abstützen, übertragen. Durch eine Querverbindung zwischen
den Fialen und den Turmpfosten ist eine Art Galerie hergestellt, die den
Dachreiter in der Höhe des Firstes des Hauptdnches umgiebt. Die schlanke
Spitze des Dachreiters, deren Kanten mit vergoldeten Krabben besetzt sind,
endet in eine Helmstange mit Knopf und Mahn. Der schöne Turm ist der
Ersatz für den in dem Brande von 1508 untergegangenen Seyer.« Auf dem
obersten Boden im Helm findet sich die Inschrift aufgemalt: i^oy bo lUiU't
öllföL" tliniC innliCt. Die Umfassungswände trugen ursprünglich figürlichen
Schmuck, und zwar erkennt man auf ihrer im großen Holzschnitt von 1560
abgebildeten Nordseite ilie Madonna zwischen zwei knieenden Engeln.
Auf der Sjjitze des Hochschiffdaches über dem Chore erhebt sich eine
Helmstange mit vergoldetem Knauf und einem grol.^en. verzierten und ver-
goldeten schmiedeeisernen Kreuze.
Die Türme. Die ungeheuer wuchtige Wirkung der beiden Westtürme
(vgl. die Abbildungen zum Titelblatt und auf S. 126) beruht in der Haupt-
sache darin, daß auch sie lediglich ihre innere Struktur zum Ausdruck bringen
und Schmuckformen nur zu dem Zwecke verwenden, diesen Ausdruck zu ver-
stärken. So sind die Geschosse der Türme deutlich dadurch gekennzeichnet,
dal> sie mit einem niedrigen Kalksteingesims in der Höhe der l^alkenlagen
abgedeckt sind, über dem das nächste Geschol.N allemal gegen das untere etwas
eingezogen ist, so da(.^ das Außenmaß des obersten Geschosses um mehr als
einen Meter geringer ist, als das des Erdgeschosses Um den Eindruck der
horizontalen Gliederung zu verstärken, sind unter den Gesimsen große Friese
aus Kreisen oder Vierpässen mit geputzten Innenflächen in die Mauer gelegt.
Das Erdgeschoß reicht bis zur Gesimshöhe des Seitenschiffes; darüber erheben
sich vier weit niedrigere, unter sich nahezu gleich hohe Geschosse, jedes mit
je zwei spitzbogigen, durch eine Mittelsäule aufgeteilten Offnungen in den
Auß>enwänden.
In die östliche Außenwand des Norderturmes ist dicht vor dem an-
stoßenden Kirchenportal eine Kalksteinplatte mit einer in gotischen Majuskeln
eingemeißelten Inschrift eingelassen. Diese Inschrift, von der ein Teil
durch den 1799 hier aufgeführten Backsteinvorbau (vgl. S. 141) verdeckt
ist, ^) lautet:
svRRif) pii[inaiP]
m svoc [m m\]
m a Dvo jBiim].
Der Bau des Norderturmes ist also 1304 in Angriff genommen, während
die Arbeiten am Süderturm, wie die vorhin (S. 137) angeführte Inschrifttafel
in der Briefkapelle meldet, 13 10 begonnen sind.
^) Ihr voller Wortlaut ist in der Lub. Relig. S. 146 überliefert.
146 DIE MARIENKIRCHE.
Die Erdgeschosse der Türme sind mit Sterngewölben überdeckt, während
ein Kreuzgewölbe den Raum zwischen den Türmen überspannt. Im Süderturm
setzen die Gewölbe auf Eckdienste mit plumpen, nicht ausgearbeiteten Kapitalen
auf, wogegen im Norderturm kleeblattförmig profilierte Dienste mit reichen,
durchbrochen gearbeiteten Blattwerkkapitälen die Gewölbe tragen Die mit
Blumen besetzten hölzernen Schlußsteinscheiben zeigen im südlichen Erdgeschoß,
der Schinkel-Kai>elle, viermal den lübischen Wappenschild, in der Norder-
oder Greveraden-Kapelle im Hauptschlußstein den segnenden Heiland und in
vier Nebenschlußsteinen die Zeichen der Evangelisten. Von dem letztgenannten
Räume aus führt in der äußeren Nordwand eine gemauerte Wendelstiege bis
zum dritten Obergeschoß des Turmes. Außerdem befindet sich hier der Auf-
gang zur Orgel in der Gestalt eines achteckigen, in die Südwestecke dieser
Kapelle eingebauten Treppenturmes, von dessen Austritt aus man mittelst eines
vorgekragten offenen Ganges zur Tür nach dem Orgelboden gelangt. Das
oberste Geschoß des Süderturmes ist das Glockenhaus. Im ersten Ober-
geschosse jedes Turmes befindet sich ein groi^es hölzernes Winderad von
6,60 m Durchmesser und 1,80 m Breite. Sonst sind die Türme leer.
Der alte Mittelturm. Zu den Innenmauern der beiden Türme sind
die Mauern eines älteren Turmes verwendet worden, dessen Auf>enarchitektur
jetzt im Innern der Türme und der Kirche wie auch an der
Westfront zum Teil noch sichtbar ist. Von der Architektur
der unteren Geschosse dieses Turmes ist wenig erhalten. In
einem Grabgewölbe der Schinkel-Kapelle findet man unversehrt
das sonst fast überall durch allmähliche Erhöhung des h\iß-
bodens verschüttete Sockelgesims (Abb.). Es besteht aus einem
flachen, scharf unterschnittenen Wulst mit kleiner Hohlkehle
darüber; das Material ist Kalkstein. Ferner bemerkt man im
Erdgeschoß der beiden neuen Türme auf der Mitte der Außen-
wände des alten Turmes die Spuren einer abgeschlagenen Lisene , ' "'^.^^^i""
^ ö ö f]pg Mittelturmes.
oder eines Pfeilers. Das übertünchte Mauerwerk bietet keinen
Anhaltspunkt für die Datierung dieser Teile. Romanisches Mauerwerk ist es
nicht; auf einen Meter gehen bereits loV* Schichten Mauerwerks.
Deutlichere Reste der alten Architektur finden wir erst in gröfverer
Höhe, dort, wo zu Veränderungen des Mauerwerkes keine Veranlassung mehr
vorlag. VAwa. in der Höhe des Kämpfers des jetzigen Mittelschiftes umzieht
den Turm ein l>ies von rundbogigen Dreipässen, die auf zwei ausgekragten
l^acksteinen ruhen; er entwickelt sich auf jeder Turmseite aus zwei Ecklisenen
und einer Mittellisene, also wohl jener Lisene, deren Spuren wir im Erdgeschoß
der Türme bemerkten. Hinter der Orgel und auf der Westseite ist dieser
Fries ohne weiteres zu erkennen. Die Westseite gibt überdies durch die beiden
großen senkrechten Fugen, welche das ältere Mauerwerk von dem jüngeren
trennen, ein deutliches Bild der Breite des alten Turmes. Aber über dem
Dreipaßfriese ist die Architektur der Westseite nicht mehr die alte, sie findet
C\
IHK MARIENKIRCHE.
U7
I I
Grundriß des ubercn l'urmgeschosses.
sich vielmehr nur auf den anderen drei Seiten des Turmes, wie aus der Quer-
schnittszeichnung (S. 126^ und dem Grundrisse des oberen Turmgeschosses (Abb.)
ersiclithch ist. Zwanzig Schichten über den Dreipässen umzieht den Turm
ein 16 cm hohes Kalkstein-
band mit Schräge, das gleich
zeitig die Sohlbank für die
< )tTnungen des folgenden Ge-
schosses bildet. Hier ist die
ganze Mauerstärke in zwei
Hälften geteilt, von denen
die innere in zwei spitzbogige
Arkaden auf jeder Seite auf-
gelöst ist; die Mittelpfeiler
dieser Arkaden sind lauf-
gangartig durchbrochen. Für
ein großes Kreuzgewölbe sind die Schildbögen vorhanden; es scheint aber
niemals ausgeführt zu sein, vielleicht weil man inzwischen den Hau der beiden
neuen Türme beschlossen hatte. Die äußere Mauerhälfte ist auf jeder Turm-
seite in zwei spitzbogige Blendarkaden aufgelöst, deren Laihungsprofil außer
einer rechtwinkligen Kante
ein 2 1 cm starker Drei-
viertelstab bildet. Hogen-
ansätze auf beiden Seiten
lassen erkennen, daß die
Öffnung in ihrer unteren
Hälfte ehedem zweiteilig
war, so daß den Viertel-
stäben Rundsäulen in der
Mitte werden entsprochen
haben. Die Säulen aber
standen frei vor der Mauer,
die nur geringfügige Ofthun-
gen aufweist. Man hat
sich offenbar gescheut, die
Turmwände mit grollen
Öffnungen zu durchbrechen,
und erzielte durch die Blen-
den gleichwohl eine Archi-
tektur großen Maßstabes,
wie sie für diese Höhe er-
forderlich war. In unserer
Abbildung ist die Rekon-
struktion dieser Blenden an-
Sfedeutet. Die dort nicht
Fenster an der Nordseite des Mittelturmes.
148 iJIE MARIENKIRCHE.
mit Fugenteilung- versehenen Säulen , Rundecken und Bögen waren mit
einem feinen Gj'psputz überzogen, der zum Teil noch erhalten ist. Der Zweck
dieses Überzuges ist unerfindlich. Über den l^lenden ist das alte Mauerwerk
ganz unregelmäßig in das neuere übergeführt.
In dem beschriebenen Geschosse mündet eine alte, in der Südwand des
Turmes liegende Wendeltreppe, die aber nur noch um ein kurzes Stück bis
unter den Dreipaßfries hinunterführt; sie war durch schmale Mauerschlitze er-
hellt. Der untere Teil dieser Treppe wird \'or der Mauer gelegen haben und
beim l^au der neuen Türme abgebrochen worden sein.
Die architektonischen Formen des alten Mittelturmes deuten auf die
Zeit der Frühgotik. Die Steine sind 8V2 cm hoch, so daß annähernd
10V2 Schichten auf einen Meter kommen; die Scharrierung der älteren Zeit
ist nirgends mehr zu sehen. Auch die neuen Türme sind in demselben Stein-
maß ausgeführt, zeigen aber im Innern, wo die ursprüngliche Mauerfläche, die
in den Außenflächen oftmals ausgebessert wurde, erhalten ist, auffallenderweise
nicht den sonst im Mittelalter üblichen Verband, sondern den Rlockverband:
Läuferschichten und Rinderschichten wechseln in regelmäßiger Folge ab.
Die Helmpyramiden. Über dem vierten Obergeschosse der Türme
beginnt die Helmpyramide, deren Kanten ohne jede Unterbrechung bis zum
Knauf hinanlaufen. Sie ist \'on achteckiger Grundrißform, und zwar derart,
daß sich vier Kanten auf die Ecken des Turmkörpers setzen, während die
vier dazwischen liegenden Kanten , die sonst über das Mauerwerk hinaus-
schießen würden, durch große Schildgiebel, die auf allen vier Seiten der Türme
errichtet sind, abgefangen werden. Die Fläche dieser Giebel ist teils reich,
teils weniger reich durch Ziegelmusterung geschmückt; sie endigen alle in
einen dicken vergoldeten kupfernen Knauf, dessen horizontaler Durchmesser
90 cm beträgt.
Die aus dem Jahre 1350 stammende^) ursprüngliche Konstruktion der
in sieben Stockwerke eingeteilten Helme hat im Laufe der Zeit manche
Veränderungen erfahren; wir geben eine Zeichnung der Konstruktion des
Süderturmes, wie sie im Jahre 1882 durch eine umfangreiche Reparatur des
gesamten Gespärres hergestellt wurde. Damals ist in Verbindung mit der
Herstellung einer neuen Kupferdeckung der Helme beider Türme, die not-
wendig wurde, weil die alte, zum größten Teil aus Blei bestehende Eindeckung
schadhaft geworden war, eine Richtung« beider Turmhelme vorgenommen
worden. Hierbei wurde so verfahren, daß die Helme nicht in eine vollkommen
senkrechte Lage, sondern in die Verlängerung der Achsen des Turmmauer-
werks gebracht wurden, weil das Mauerwerk auch erheblich aus dem Lot ge-
wichen ist und daher die senkrechte Stellung der Helme, wie man fürchtete,
einen unschönen Knick im Verlaufe der Turmlinien herbeiführen würde. Die
Ausweichung des Mauerwerks beträgt noch heute beim Norderturm 1,18 m
') Vgl. Chroniken der deutschen Städte, Lübeck i, S. 522: «In deine sulven jare (1350)
do wart dat sperrete ghehouwen unde upgerichtet to den tornen Unser Leven Vrouwen to Lubeke.«
der nordUcrier\ ausserwsna
des Turmoerusies.
I'Ii; .MARIENKFRCIIK.
Abtl Grundrisse m oen Honzoniaieoenen i-i!
*^ ill i^ ^'?«naur\5(Hr Sparten siosa iisKaiMr^nKB
149
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' y>»'^ V r^^, 3
m\ ii u y-
Die Helmpyramide des Süderturmes.
150 DIE MARIENKIRCHE.
nach Westen und 1,88 m nach Norden, beim Süderturm 0,97 m nach Westen
und 1,61 m nach Süden. Nach der in den Jahren 1882 und 1884 vorge-
nommenen »Richtung ;< der Turmhehne beträgt die Höhe des Süderturmes bis
zur Oberkante des Hahnkammes 124,85 m, wovon 73,08 m auf das Mauer-
werk bis zur Schiklgiebelspitze, 46,85 m auf den Hehii bis zur Unterkante
des Knaufs und 4,92 m auf die Spitze entfallen, während der Xorderturm
126,15 m hoch ist, von welcher Höhe 73,19 m bis zur Schildgiebelspitze,
48,04 m bis zur Unterkante des Knaufes und der Rest mit wiederum 4,92 m
auf die Spitze bis zum Hahnenkamm entfallen. Die Knäufe haben einen
Durchmesser von 1,10 m.^) Knäufe und Hähne sind wiederholt erneuert
worden, der Hahn des Xorderturmes zuletzt 1666 und 1729, der des Süder-
turmes 1758.
Baugeschichte der Kirche. Da die bisher besprochenen Bauteile der
Kirche ein organisches Ganze bilden, während die noch zu besprechenden,
meist dem 14. Jahrhundert entstammenden Kapellen Zutaten sind, ^\•elche die
Klarheit des ursprünglichen Planes nur beeinträchtigen, so ist hier der Ort, auf
die Baugeschichte der Kirche einen Blick zu werfen. Wir tun dies in dem Be-
wußtsein, dal?N die Baugeschichte des ursprünglichen Planes unserer Marienkirche
von der größten Bedeutung für die Entwicklung der mittelalterlichen Baukunst
an der Ostseeküste ist und daß daher kein Weg unbegangen bleiben darf,
der aus dem hierüber inmier noch liegenden Dunkel ins Licht zu führen
geeignet ist.
Leider erhellen die wenigen urkundlichen Daten, die uns aus dem 12.
und 13. Jahrhundert erhalten sind, unseren Weg nur wenig. Die älteste,
noch in den \"ikarienverzeichnissen des Lübecker Domkapitels aus dem An-
fange des 16. Jahrhunderts als bestehend aufgeführte Vikarie^) der Kirche
stammt aus dem Jahre 1257, und zwar war der betreffende Altar, wie sich
aus anderem Zusammenhange ergiebt, »bii der vunte« gelegen. Mehrere der
in den Jahren 1268, 1270, 1274 und 1275 gegründeten Altäre lagen in der
östlichen Hälfte der Kirche. Die W^eihe eines Hochaltars ist nicht überliefert.
Im Jahre 1291 gründete F^ckbert Schilder einen Altar :retro chorum ad
orientem.« Hier wird zum ersten Male ein Raum hinter dem Chore erwähnt,
und man geht jedenfalls nicht fehl in der Annahme, daß es sich um den
Chorumgang handelt, der also im Jahre 1291 vollendet gewesen sein mul>.
Mit diesen Angaben sind die Inschriften an den Türmen, welche uns die
Jahre 1304 und 13 10 als den Beginn der Turmbauten bezeichnen, sehr wohl
in Einklang zu bringen, denn der Bau ist, wie wir bereits bei Betrachtung
der Briefkapelle nachweisen konnten, von Osten nach Westen \'orgeschritten.
Hierfür liefert auch die I'orm der Pfeiler einen Beweis, insofern die Dienste
der Pfeiler der Westhälfte in der Nordervorhalle wiederkehren , die unzweifel-
haft jünger ist als die Osthälfte mit dem Chore. Über die Zeit der Gründung
') Akten des Bauamtes.
^) Vgl. das dem Abschnitt »Nebenaltäre« beigegebene Verzeichnis der Vikanen.
DIE MAKIEXKTRCHE. I5I
des ucucn Chores uiul die l);ui\()r^;in_i;e xor dc-i"si-ll)eii «^ehi'H uns aber die
Urkunden l<einei'lei unmittelbare Anliallspunkte. AllLi.emein ist seither die
zweite Haltte des 13. Jahrhunderts als die lüitslehunj^s/.eit dci- Kirche an-
genommen worden, und zwar hat man die X'eranlassung zu dem Neubau auf
einen der großen l^rimde jenes Jahrhundeits zurückgeführt. Während friiher
angenommen wurde, daß der Brand vou \ 2jf) die altere Kirche zerstört habe —
dieses Datum findet sich auch noch bei Dehio und \-on üezold') nimmt
l^rehmer den Hrantl \(>n 1251 an, da nach seinen l ntersuchungen das I'"euer
\-()n 1276 nur den Norden der Stadt zerstört haben soll.^) Wir werden dieser
Annahme nur beitreten können, wenn das Zeugnis des Hauwerkes selbst dem
nicht widerspricht, denn an urkundlichen Daten, welche für das Jahr 1251
unbedingt beweiskrättig w.ären, iehlt es. Die oben erwähnten \ ikaiienstiltungen
deuten, da in ihrer l'^olge nach dem Jahre 1275 eine lange Pause (bis 1291)
eintritt, eher auf das Brandjahr 1 276, aber bew eisenti hierfür sind sie natürlich
nicht. Da(> im Jahre 1257 ein Altar bii der vunte errichtet werden konnte,
wenn tlie Kirche 1251 durch l-Jrand zerstört war, und es richtig ist, da(.^ beim
Neubau mit dem Chore begonnen wurde, ist höchst unwahrscheinlich, andrer-
seits aber ist es denkbar, daß man in diesem I-'alle schon I26(S in den Seiten-
gängen des neuen Chores Altäre errichten konnte. Diese Widersprüche können,
wenn überhaupt, nur durch die Untersuchung" des Bauvorganges, wie ihn die
Konstruktionen und Formen des Bauwerkes erkennen lassen, gelöst werden.
Wir haben in der Baubeschreibung gesehen, daß in der gegenwärtigen
Kirche sowohl Reste aus der romanischen, als auch solche aus frühgotischer
Zeit enthalten sind. Zu jenen gehört das erste I'feilerpaar des Mittelschiffes,
vom Lettner aus gerechnet.
Die schon oben ausgesprochene X'ermutimg, dat.N dieses Pfeilerpaar die
Vierungspfeiler einer nach dem gebundenen System gebauten romanischen
Basilika gebildet habe, findet eine überraschende l^estätigung dadurch, daß
wir in den entsprechenden Wandpfeilern und in den um zwei Joche weiter
nach Osten gelegenen Wandpfeilern Mauerwerk der älteren Art finden, ja daß
wir in dem nordöstlichsten dieser Pfeiler wohlerhaltenes romanisches Außen-
mauerwerk mit einer P^cklisene feststellen können. Wenn wir nach
diesen Resten eine romanische X'ierung mit QüerschilT zu rekonstruieren ver-
suchen, deren Höhe uns annähernd durch die Reste des Vierungsbogens ge-
geben ist, so erhalten wir eine Kirche von so gewaltigen Abmes.sungen , daß
wir in ihr die bei der Gründung der Stadt im Jahre 1 i 59 gebaute ALarktkirche,
die, wie wir wi.ssen, schon im Jahre 1 1 70 die Zahl der Gläubigen nicht mehr
zu fassen vermochte,^) nicht vermuten können. X'ielmehr liegt die \^ermutung
nahe, daß wir es hier bereits mit einer zweiten Marktkirche zu tun haben,
welche die Bürger an Stelle des ersten, mutma(]»lich aus Holz errichteten Baues
nach dem Muster des Domplanes, den Heinrich der Löwe im Jahre 1173
^) Dehio und von Betzold, Die kirchliche Baukunst des Abendlandes, Band II, S. 183.
-) Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch., Bd. 5, S. 144 ff.
3) Vgl. S. 125.
i;2
DIE MARIENKIRCHE.
von Braunschweig mitgebracht
hatte, erbauten, und zwar, um
die Bischofskirche in den
Schatten zu stellen, mit be-
deutend größeren Abmessun-
pen. Die Breite des Mittel-
Schiffes beträgt beim Dom
9,40 m, bei der romanischen
Marienkirche aber fast 12 m!
Als weitere Reste der
romanischen Kirche haben sich
vier aus Kalkstein gehauene
Säulenkapitäle erhalten , \on
denen zwei in der Gre\eraden-
kapelle, die beiden andern im
Museum (Kulturhist. Museum
No. 1892/143) aufbewahrt
werden. Die ersteren, ^\ eiche
bei 38 und 35 cm Höhe von
einer Bündelsäule mit sechs
Diensten zu einer c]uadrati-
schen Auflagerfläche über-
führen, zeigen schlichten Blatt-
werkschmuck. Ein am meisten
beachtenswerter oberer Blatt-
werkstreifen an dem einen
dieser Kapitale, das einige
Jahrzehnte lang bis 1881 als
Konsole für die damals in der
Bergenfahrerkapelle aufge-
stellte Marienstatue von 1420
gedient hat, ist weiter unten
zusammen mit dieser abgebil-
det. ^) Die beiden anderen
Kapitale, welche bei 36 und
34 cm Höhe unten ebenfalls
nach einer Bündelsäule gestal-
tet sind, zeichnen sich durch
reichen figürlichen Schmuck
aus. An dem einen, das oben
die Form eines Achtecks hat,
füllt etwa drei Viertel der
^) Siehe unter den »Bild-
werken.«
Romanische Kapitale.
Dil-: MARIKXKIRCIIK. I53
Llächc ein jcdcntalls als 1 )arsl(,-lluiii; der I.ist jakolis zur .Mehrung seines \'ieh-
standes (l. Mos, 30) /u deutendes I""lachrelief, das auf jeder Seile niil einem
herabhängenden längHchen Blatte abschlie(>t. Der Teil links von der neben-
stehend abgebildeten I lauptgruijpe ist bis auf ein ruhendes Kind zerstört;
nach rechts hin folgt ein \-on zwei Ziegen benagter Hauni, auf dem zwei
Vögel sitzen. Auf dem übrigen Viertel der Fläche erblickt man einen Engel
mit Spruchband und einen ihm zugewandten bärtigen Mann, der ersteren am
Gewände festhält, vermutlich eine Wiedergabe von Jakobs Gebetskanipf nach
I. Mos. 32 (»Ich lasse dich nicht, tlu segnest mich denn. ). Das andere
Kapital, welches oben siebeneckig in der Weise abschliel.^l, daß fünf Seiten
einem gleichseitigen Achteck entnommen sind, enthält drei neutestamentliche
Szenen, nämlich in der Reihenfolge \'on rechts nach links: 1. Christus und
den ungläubigen 'I'homas (Abb.), 2. die Himmelfahrt, 3. die .Ausgießung des
hl. Geistes (Abb.).
Die Kennzeichen tler frühgotischen Hauweise zeigen der alte W'estturm
und die lediglich aus Viertelstäben gebildeten Wandpfeiler. Diese Pfeiler
wiederholen sich an der Südseite der Kirche dreimal mit Überspringung des
freistehenden Pfeilers der Südervorhalle und tles Wandpfeilers zwischen der
Bürgermeister- und der Molenkapelle. Die Vermutung, dafs diese Pfeiler älter
sind, als der im System von Soissons gebaute Chor mit seinen reichen Bündel-
pfeilern wird durch den Umstand bewiesen, daß der östlichste dieser Pfeiler,
an den die erste Chorkapelle ansetzt, nicht — wie an der Xordseite — in
der Richtung des Gewölbeschubes, sondern rechtwinklig zur Mauer steht, ein
Beweis, daß bei der Errichtung dieses Pfeilers an den Chor von
Soissons noch nicht gedacht wurde. Hieraus erklärt es sich auch, daß das
System von Soissons nicht rein zum Ausdruck gekommen ist, denn bei diesem
S)-stem resultiert die Seitenschiffsbreite aus der Sechsecksseite der Chorkapelle,
die der Achtecksseite des Chores um so mehr gleich ist, je mehr die Form
der Kapellen sich dem Kreise nähert. Hier aber war die Seitenschiffsbreite
bereits gegeben, als man zu dem System von Soissons überging, und zwar
war diese Breite so groß, daß die erste Chorkapelle nicht zur freien Ent-
wicklung gelangen konnte, sondern \on dem Seitenschiffe aufgenommen wurde.
Offenbar liegt dieser auffallenden Breite der Seitenschiffe die Idee einer Hallen-
kirche zu Grunde, wie dies auch bei den Wismarschen Kirchen nachge-
wiesen ist. ')
Es entsteht nun hier die Frage, ob wir in unseren Pfeilern die Reste
einer Hallenkirche \or uns haben oder nur den Anfang eines solchen Baues,
der in das basilikale Svstem mit Oberschifif übergeleitet wurde. Um die Frage
*"", Noch heute enthält St. Marien in Wismar in den beiden seitlichen Turmanbauten deut-
liche Reste einer Hallenkirche, und von St. Jürgen in Wismar sagt Schlie (Kunst- und Geschichts-
denkmäler Mecklenburgs 2, S. 71): »Die Seitenschiffe des Langhauses haben eine so auffallende
Breite, daß man hierin den Einfluß der ursprünglich auf eine Hallenkirche berechneten Turmanlage
erkennt, die mit der von St. xMarien auffallend übereinstimmt und von dem Baumeister, welcher die
basilikale Kreuzkirche mit Oberschift' ersann und ausführte, ohne Zweifel bereits vorgefunden wurde.«
154 I)IE MARIENKIRCHE.
zu beantworten, müssen wir alle diejenigen Bauteile zusammenfassen, die etwa
als Reste einer Hallenkirche angesehen werden könnten. Dazu gehören nicht
das romanische Pfeilerpaar und nicht die Pfeiler der Westhälfte, denn diese
sind durchweg mit ihren Diensten in Verband gemauert und daher von unten
auf fiu- den basilikalen Aufbau bestimmt gewesen, auch sind sie ja, wie wir
nachgewiesen haben (S. 134 und 150), jünger als die Chorpfeiler. Aber
könnte nicht der Westturm einer Hallenkirche zugehört haben .^ Daß er älter
ist als die Langschiffspfeiler ergibt sich ohne weiteres daraus, daß deren
Arkadenbögen auf die W^andpfeiler des Turmes ebenso unvermittelt aufgesetzt
sind wie auf die romanischen Pfeiler und auch mit ihnen nicht in der gleichen
Flucht liegen, vielmehr stimmt die Achse der Turmwandpfeiler mit derjenigen
der romanischen Pfeiler überein. Indessen ist folgendes zu beachten: Zu der
Höhe der Basilika, wie wir sie aus den Resten des Vierungsbogens annäherungs-
weise konstruieren können, paßt auch genau die Höhe der wohlerhaltenen
Durchgangsöffnung in der Ostmauer des Turmes, welche ehedem den Turm
mit dem Dachboden des Langschiffes verband. Eben dieser Durchgang be-
weist aber, daß das zu dem Turm gehörige Langhaus eine Hallenkirche nicht
gewesen sein kann, denn das gewaltige, die drei Schiffe überspannende Dach
einer solchen Kirche, deren Höhe durch den Durchgang bestimmt ist, würde
weit über den großen Dreipaßfries des Turmes hinausgeragt haben. Nehmen
wir noch hinzu, daß von einem romanischen Turmbau, wie A\'ir ihn bei der
romanischen Basilika vermuten müßten, auch nicht die geringsten Spuren
nachzuweisen sind, so erscheint es unzweifelhaft, daß der Turm, wennschon
er eine jüngere Bauart zeigt als die sonstigen romanischen Reste, dennoch
der romanischen Kirche angehört hat, vielleicht als deren jüngstes Glied, das,
nach den r\)rmen zu urteilen, sehr wohl noch im Bau begriffen gewesen sein
kann, als man die östliche Hälfte der Kirche bereits umzubauen begann.
Die vermeintlichen Reste einer frühgotischen Hallenkirche beschränken
sich hiernach auf die erwähnten Viertelstabpfeiler des Chorbaues. Zu ihnen
werden aber auch die Umfassungsmauern der Südervorhalle gehören, so weit
sie nicht noch romanischen Ursprungs sind, denn hinter dem südwestlichen
Eckpfeiler findet man hier, nur vom Laufgang aus sichtbar, ein frühgotisches
P'enstergewände, das durch den Eckpfeiler verdeckt wird, also einem Bau an-
gehören muß, der älter ist, als das konstruktive System der Vorhalle, das
hiernach zwischen die Lhiifassungswände später eingesetzt sein muß. (S. Abb.
S. 159.) Außerdem sind über den beiden Seitenschiffen in der Achse des
romanischen Pfeilerpaares über den Gewölben die Gurtbögen erhalten, welche
sich aus den Viertelstabwandpfeilern entwickeln; sie sind genau wie die Pfeiler
profiliert, aber die letzten Schichten des Bogens sind aus gewöhnlichen,
unprofilierten Steinen gemauert.
Diese verhältnismäßig geringen Reste lassen einen sicheren Schluß
darauf nicht zu, wie weit der Bau der frühgotischen Hallenkirche bereits vor-
geschritten oder ob er sogar schon vollentlet war, als man zu dem basilikalen
System überging. Jedenfalls folgen sich diese beiden Bauten auf dem P\if3e,
DIE MARIENKIRCHE. 155
da wir den r)CL;inn des fruh^otischcii l>aucs, iiacli ilcn Irinnen zu urteilen,
nicht \'()r 1250 ansel/en kiinnen und da der neue Chol- bereits 12^1 in l^e-
nutzung war.
Wenn man aber betlenkl, llal.^ tler ^e\\ alti^e 15au bereits im Jahre 1 304
bei den Türmen an^elan^t und der westhchste Teil des Langhauses, wie wir
bei der Hetrachtuni.^ der Hriefkapelle gesehen haben, 13 10 im Bau begrilTen
war, so ist man gezwungen, (k'u Hcginn des heutigen Ciiorbaucs möghchst
weit gegen che Mitte des 13. jaluiumderts zurückzuschieben. Wir (Hirten es
tkaher auch wohl aut ilen Hau dieses Chores beziehen, wenn l'jv.bischof
Albert II. (Suerbccr) dem Rate zu Lübeck auf seine Hitte lOO Mk. lub. ül^er-
weist als einen Beitrag ad decorem et honorem dei et nove tabrice in
ci\itate \estra Lubeke erigendc, da diese Urkunde in das siebente Jahrzehnt
des 13. Jahrhunderts fällt. ^)
Es ist daher sehr wahrscheinlich, daß der frühgotische Bau schon bald
nach der Mitte des Jahrhunderts in das französische Kathedralsystem über-
geführt wurde. Einen Anhaltspunkt bietet der Beginn des Domchores, der in
das Jahr 1266 fällt. DafN dieser Chor älter ist als der \'on St. Marien, kann
nicht bewiesen werden, da der hierfür angeführte Grund,-) nämlich dafs die
Domherren, die meistens einige Jahre in Paris oder Orleans studierten, das
System von Soissons nach Lübeck übermittelt hätten,^) ebensowohl für die
Marienkirche in Anspruch genommen werden kann, weil in dieser Kirche
bereits seit 11 70 das Domkapitel den Gottesdienst versah; und in der Tat
mögen die Domherren die Übermittler gewesen .sein, denn die \erbreitete An-
nahme, daß das Chors}-stem \'on St. Marien von der flandrischen Gruppe des
Systems von Soissons, d. i. den Kathedralen von Tourna}- und Utrecht, ferner
der Marienkirche xon Brügge und Sankt Ba\-o in Gent abstamme, entbehrt
jedes urkundlichen Beleges.
Hat die vorstehende Untersuchung ergeben, daßs mit dem Bau der
heutigen Marienkirche bald nach der IMitte des 13. Jahrhunderts begonnen
worden ist, so kann die Ursache des Baues, wenn sie in einem l^rande gesucht
werden soll, nur der Brand von 125 1, nicht der von 1276 sein. Indessen,
wie der ganze Bauvorgang sich uns darstellt: ein Bau in zwei deutlich ge-
trennten Hau])tabschnitten, bei dem von dem alten Bau fast nur die diese
Abschnitte trennenden Pfeiler mit ihren Bogen stehen bleiben, läßt doch mehr
auf einen planmäßigen Umbau .schließen, bei dem es darauf ankam, die eine
Hälfte der Kirche in Benutzung zu erhalten, \\ährend die andere im Bau be-
griffen war.
Mag aber dem sein, wie ihm wolle: soviel steht fest, daß der Chor
von St. Marien als der erste aller Chöre der Ostseegruppe vollendet \\urde
^) Der Brief des 1272 verstorbenen Erzbischofs erwähnt als einen »bone niemorie civis
Lubicensis« den »dominus Wilhelmus Albus,« der 1259 Januar 15 zuletzt urkundlich genannt wird
(U.-B, der Stadt Lübeck i, No. 244) und nach v. Melle (^Gründl. Nachricht, 3. Aufl., S. 41) noch
1261 gelebt hat.
^) Th. Hach, Der Dom zu Lübeck, S. 6 und 22.
156
DIE MARIENKIRCHE.
und Jahrzehnte vor der Vollendung des Domchores (1335) die Bewunderung der
Zeitgenossen erregt und die Bürger der befreundeten Städte zur Nacheiferung
angespornt hatte. So, wie er gebaut ist, ist er jedoch nie wiederholt worden,
weder in so ge\\'altigen Abmessungen, noch in so unmittelbarem Anschluß an
die Bauart der französischen Kathe-
dralen. Bei St. Marien ist von eigent-
licher Backsteinbaukunst, \\'ie wir sie
weit vollendeter nachher in Doberan,
Wismar , Schwerin und Lüneburg
finden, kaum die Rede, indem fast
nur die Mauermassen und die unge-
oliederten Flächen aus Backstein be-
o
stehen, während die Gesimse, die
Sockel, die Pfeilerschrägen und die
Portale durchaus aus Sandstein her-
gestellt sind und den französischen
Ursprung der Formen leicht erkennen
lassen.
Wir möchten sogar vermuten,
daß auch die Abdeckungen der Strebe-
pfeiler, die eine spätere Zeit beseitigt
hat, um den Pfeilerstümpfen kupferne
Mützen überzuziehen als besseren
Schutz gegen die Unbilden des nor-
dischen Klimas, daß auch diese Ab-
deckungen einstmals zierlich aus
Werkstein gehauen waren. Von dem
alten Hauptgesims der Seitenschiffe
hat sich nur an einer Stelle ein Rest
erhalten, nämlich unter den schützen-
den Dächern der Kapelle an der
Nordseite. Dort findet sich das Sand-
steingesims mit der eingearbeiteten
Rinne, und die Abwässerung ist auch
hier wie bei den französischen Kathe-
dralen bewirkt: Ein kleiner Kanal
führt das Wasser quer durch den
Strebepfeiler in einen steinernen
Wasserspeier, der sich aus dem Ge-
Wasserspeier und Profile des Hauptgesimses.
sims entwickelt. Nur ein solcher Wasserspeier, einen Mönch darstellend, der
aus einem Gefäße Wasser ausgießt, ist erhalten. Jetzt sind die Kupferdächer
der Kirche und ihrer Anbauten über die Mauern hinweggezogen und alle
Strebepfeiler und Strebebögen sind sorgfältig mit Kupfer abgedeckt, wo nicht
umhüllt, gewiß ein vortreft'liches Mittel, die Mauern zu erhalten. Der Laie
DIE MARIENKIRCHE.
157
ciiiplimlct nicht das kudiiiu'iUaiv ilicscr Architektur der ;;c\\altij;e l'äiuh-uck,
den (Hcse aufoetünntcn Maucniiasscn machen, enhaickt die .ästhetische Kritik
ini Keime — ; wer sich aber t'inmal ihis Hild vov Augen bestellt hat, wie es
einstmals war, der kann den Wunsch nicht unterch-iicken, daß ein Meister
kommen möoe, der (Hesem für (He Haugeschichtc unseres Nordens so wiclitigen
liauwerke seine ursprunj^Hche Schönheit wiedergeben möge.
Die Kapellenanbauten. Alsbald nach TYM-tigstelhuig des Haues mit der
Briefkapelle und der Siiderxorhalle fing man ;ui , die Kiichc mit weiteren
Kapellcnanbauten zu umgeben.
lUirgermeisterkapelle. Molen- Kapel le. Trese. I'.ine der ältesten
Kapellen scheint die bereits oben erwähnte Hiirgermeisterkapelle zu sein, die
an der Ostseite der Süder\()rhalle liegt. Sie hat ann.ahernd die liefe und die
Höhe dieser X'orhalle und die Hreite eines Seitenschiffsjoches. Ilire l'jit-
stehungszeit ist unbekannt.')
Ihr schließt sich nach Osten eine Ka|)elle \'on anniihernd der gleichen
Größe, die Molen-Kapelle, an. Diese ist erst kurz \or 1395 gebaut, denn am
6. März dieses Jahres wurden am Altar der von den le.sta-
^TX^^ mentsvollstreckern Hermanns \-on der Molen (de Molendino)
errichteten Kapelle zwei ebenfalls aus dessen Nachlaß dotierte
\'ikarien gestiftet,^) einer urkundlichen Nachricht von 1439
zufolge aber war eine derselben in dei- obersten Kapelle an
der Süderseite < belegen.^) Am Schlufvstein des (jewölbes
hängt in vierpaßförmiger Umrahmung der w d. Molen.sche
Wappenschild, welcher heraldisch rechts ein weißes Feld, links ein schwarzes
Mühlrad auf rotem Felde zeigt (Abb.).
Daß die Bürgermeister-
» kai)elle älter ist als die .Molen-
_ Kapelle, ergibt sich aus der noch
^ vorhandenen T^ensterötTnung in
der Trennungswand der beiden
Kapellen. Ihr ehemaliger Ost-
giebel ist unter dem schützenden
Satteldache, welches jetzt beide
Kapellen zusamt der Südervorhalle
überdeckt, wohlerhalten (Abb.).
') Wahrscheinlich bezieht es sich
auf die Bürgermeisterkapelle, wenn am
7. April 1289 der Bürger Nikolaus
Vrowedhe »zum Bau der Kapelle in der
Kirche St. Marien« 100 lübsche Mark
letztwillig aussetzt, denn wir wissen von
keinem anderen Kapellenbau in dieser
Zeit; St.-A., Urschrift.
'") ^^S^- <^^s Vikarienverzeichnis.
Oslgiebel der Bürgermeisterkapelle. ^] Lüb. U.-B. 7, No. 813.
1 1
\/ \/
\
158 DIE MARIENKIRCHE.
In der Bürgermeisterkapelle ist noch im Mittelalter durch den Einbau
eines Obergeschosses, dessen Fußboden etwa 6,6 m über dem Fußboden der
Kapelle liegt, die Trese hergestellt worden, die Schatzkammer des Rates,
welche der Stadt »handvesten« bis auf den heutigen Tag bewahrt. Der Raum
wurde rings von Mauern umgeben und mit einem Gewölbe abgedeckt. Die
Art, wie die östliche dieser Mauern, welche gegenwärtig die Tür der Trese
enthält, in das Fenster eingesetzt \\'orden ist, ^\'elches nach dieser Seite hin
die Rürgermeisterkapelle vor dem Bau der MolenTvapelle besaß, läßt darauf
schließen, daß der Treseneinbau erst nach der Errichtung der letzteren vor-
genommen worden ist. Den Zugang zur Trese bildet ein Gewölbe, welches,
1,08 m höher als das der Trese, in die Molen-Kapelle eingespannt worden
ist, mit einer kleinen gemauerten Wendeltreppe in der nordöstlichen Ecke der
Kapelle als Aufgang. Die zierliche Ausbildung der Rippen und Konsolen
cUeses Gewölbes, welches die beiden großen Fenster der Kapelle durchschneidet,
wie auch die Form der Wappen der Stadt in den Schlußsteinen kennzeichnen
das Ge\\'ölbe als ein Erzeugnis der frühen Renaissance, wie sie in der Mitte
des 16. Jahrhunderts in Lübeck auftritt. Die Stadtwappen in den Schluß-
steinen lassen erkennen, daß der überwölbte Raum dem Rate gehörte, und
man wird daher nicht fehl gehen, \\enn man annimmt, daß gleichzeitig mit
der Einziehung des Gewölbes auch die Verbindung dieses Raumes mit der
Bürgermeisterkapelle durch Ausbrechen der Mauer ^) und Einziehen des jetzt
vorhandenen Spitzbogens in dem südlichen Joche hergestellt wurde.
Wo der Zugang zur Trese vor Herstellung des gegenwärtigen Zuganges
gewesen ist, läßt sich nicht nachweisen. Auffallenderweise wird die Molen-
Kapelle trotz ihrer beiden großen dreiteiligen Fenster schon 1441 die >- düstere
Kapelle '< genannt,^) so daß man vermuten möchte, es sei schon vor Herstellung
des Renaissancegewölbes eine ältere Zwischendecke, vielleicht als Zugang zur
Trese, hier vorhanden gewesen, die dann, wenn sie in der Höhe des Tresen-
fußbodens gelegen hätte, allerdings die Kapelle »düster« gemacht haben würde,
weil die Fenster, deren unterer Teil jetzt dem Räume etwas Licht gibt, dann
ganz über der Decke gelegen haben würden.
Eine zweite Vergrößerung hat die Bürgermeisterkapelle dadurch erfahren,
daß die Südwand bis an die Flucht der Strebepfeiler vorgeschoben wurde.
Der so entstandene Vorbau erstreckt sich auch über die Trese und ist ober-
halb derselben mit einem Pultdach, das mit Kupfer gedeckt ist, abgedeckt.
Gleichzeitig mit diesem Vorbau wurde unmittelbar an dem Eckstrebepfeiler
der Vorhalle ein zweiter Strebepfeiler bis an das Dachgesims emporgeführt.
Diese Bauteile zeigen im Äußern wohlerhaltene Wechselschichten. Die Bürger-
meisterkapelle wird durch ein großes, flachbogiges Fenster, die Trese durch
zwei kleinere Fenster erhellt. Alle diese Fenster haben eine starke doppelte
Vergitterung. In gleicher Weise sind die Öffnungen der Trese in der Ost- und
^) Im Mai 1574 wird den Glockenläutern Loliii dafür gezahlt, «dat se de düsteren kapeilen
lUhbreken;« WB.
2) U.-B. der Stadt Lübeck 8, No. 31.
DIE MARIENKIRCHE.
159
Wcstwand \'croittert, \\'ährencl die Einoanostiir aus starkem liiisenblech besteht.
Über einer tiacli dein Seitenschiff führenden, jetzt vermauerten ÖtTnung- ra""t
ein eiserner W'indearm mit Rolle in das Seitenschiff hinein, der wolil benutzt
wurde, um die schweren eichenen
Truhen, in welchen sich che
Schät/.e des Rates befanden,
hinauf/.uw inden.
Solcher 1 ruhen stehen
jetzt noch etliche zwanzig Stück
auf dem (iewölbe über der Trese.
Sie sind ohne Zierrat aus scliwe-
rem Eichenholz. Ihres bihalts
sind sie seit Wullenwevers Zeit
beraubt.
Wie man aus der vor-
stehenden Beschreibung" sieht, ist
an diesem Teil der Kirche sehr
oft gebaut worden. Wir haben
versucht, in einer besonderen
Abbildung die verschiedenaltrigen
Hauteile als solche zu kennzeich-
nen, vermögen sie aber nicht
mit Sicherheit zu datieren.
Im Jahre i 298 heißt es in
einer Autzeichnung des lübecki-
schen Kanzlers Albrecht von
Bardewik über die Ämterver-
teilung unter den Ratsherren : her
Ghert van Bardewic de bewarede
de tresecameren , dar der Stades
hantvestene inne lichghet. -. ^)
Und daß diese tresecamere wohl
schon in der Marienkirche zu
suchen ist, geht aus einer Ver-
ordnung hervor, die im Jahre 1 3 2 1
Lübeck in Gemeinschaft mit den
Städten Hamburg, Rostock, Stral-
sund und Greifswald erließ, deren
Schlußsatz nämlich die Bemerkung
enthält, daß die Urschrift dieser
Verfügung niedergelegt sei in Unser Leven Vrouwen kerken, dar des rades
to Lubeke andere breve sin in vorwaringe.« ^)
Oberer Grundriß der Südervorhalle,
der Bürgermeisterkapelle und der Molen-Kapelle.
') Die Chroniken der deutschen Städte, Lübeck 2, S. 302.
'■'J U.-B. der Stadt Lübeck 2, S. 355.
l6o DIE MARIENKIRCHE.
Die Toten tanz kapeile. Der älteste Anbau an der Nordseite ist die
Totentanzkapelle, welche, der Südervorhalle entsprechend, zwei Joche des
Norderseitenschiffes nach Norden um eine Jochtiefe verbreitert. Die Um-
fassungsmauern schließen sich den äußeren Strebepfeilern der beiden Joche
an, während der mittlere Strebepfeiler in unveränderter Form als Mittelstütze
für die Ge\\'ölbe benutzt \\urde. Die letzteren erreichen die Höhe des Seiten-
schiffes und \\erden aus Wanddiensten von der Form derer des Langhauses —
Halbkreis mit vorgelegten Rundsäulchen — entwickelt. Die Halle hat in jedem
Gewölbefelde ein großes Fenster. Der unter den h^enstern an der Nord\\'and
des Chorumganges befindliche Laufgang wurde an den Wänden der Kapelle
herumgeführt.
An urkundlichen Nachrichten über den Bau und den Zweck der
Kapelle fehlt es, doch wird man nach Analogie anderer Bauten und wegen
des in ihr angebrachten Totentanzes nicht fehl gehen, wenn man in ihr
die Totenkapelle vermutet. Von den beiden Gewölbescheiben, welche unter
den Schlußsteinen der Kreuzgewölbe hängen, zeigt die westliche eine ge-
schnitzte Darstellung der Flucht nach Fgypten, während die östliche blau
bemalt ist.
Wahrscheinlich ist unter diesem Anl)au eine 1425 erwähnte »capella
sanctorum Johannis evangeliste et Nicolai ecclesie b. Marie Lubicensis in
latere septentrionali apud januam, que ducit ad dotem^) ejusdem ecclesie«
zu verstehen. In den Wochenbüchern der Kirche wird die Kapelle 1536
und 1548 als »bychthus, « nach Verlegung der Beichte in die Sängerkapelle
(vgl. S. 169) 1566 als »altes Beichthaus, da der Todtentanz gemalt ist« und
1628 schlieiMich als »dodencapella« bezeichnet.
Die übrigen der Nord- und der Südseite der Kirche vor-
gebauten Kapellen entstammen dem Zeitraum von 1328 bis 1385 und
stellen drei verschiedene Typen dar.
Der älteste Typus, wie ihn die an der Nordseite des Langschififes be-
legenen, bis um die Mitte jenes Jahrhunderts entstandenen fünf Kapellen sowie
eine der südlichen Vorhalle 1385 angebaute kleine Kapelle aufweisen, ist der
einfachste. Die nur etwa zwei Fünftel der Höhe der Kirchen^^'and erreichenden
Anbauten liegen zwischen den Strebepfeilern vnid sind jede für sich mit einem
in den Kirchenbüchern früher als »Schauer« bezeichnetem Pultdache überdeckt,
das die hohen Fenster des Seitenschiffes bezw. der Vorhalle ursprünglich un-
berührt ließ. Die vier in den Jahren 1353 — 'J'^ der Südwand zwischen der
dortigen Vorhalle und der Briefkapelle angeschlossenen Kapellen sind ebenfalls
zwischen die Strebepfeiler eingebaut, erreichen jedoch nahezu die Höhe des
Süderschififes , so daß dessen Dach über sie hinweggezogen ^\'erden konnte;
die hohen Kirchenfenster sind gewissermaßen als Außenwand dieser Anbauten
vorgeschoben. Zwei den Strebepfeilern östlich der Totentanzkapelle um 1370
^) So ist nach der Urschrift in Oldenburg zu lesen statt januam, wie der Abdruck im
Lüb. U.-B. 6, No. 713 angibt.
DIE MARIENKIRCHE. l6l
angebaute Kapellen sehliel.Mich hiklen gleicli der xorliiii hehandelten Molen-
oder düsteren Kapelle von 1395 (lewölbejoche von annähernd gleicher Größe
wie diejenigen der beiden X'orhallen.
X'on der ursprünglichen Struktur der dem Xorderschi ff angebauten
fünf kleinen Kapellen ist wenig oder nichts erhalten. Abgesehen xon
früheren Wiederherstellungen, insbesondere um 1570, sind sie 18^7, wie das
Kirchenprotokoll angibt/) ganz neu umgebaut und ihr Äußeres mit dem
Iiaustilc der ganzen Kirche mehr in Einklang gel^racht. hLs wurde damals
das dreiteilige niedrige Fenster jeder Kapelle, wie es die Norderansicht der
Kirche in dem 1S30 erschienenen Schlösser- und Tischbeinschen Werke zeigt,
durch je zwei lünzelfenster ersetzt und ferner der obere i\and der erhöhten
..\ul5enwand nach dem Vorbild des benaclibarten Xordwestportals mit einem
Spitzbogenfries aus Sandstein versehen. Fünf Jahre später sind die Kapellen
neu mit Kupfer gedeckt.
Die am weitesten östlich gelegene W^ome- oder Küstcrkapel le ist
vom Ratsherrn und Vorsteher der Marienkirche Arnold Wlome zu lehren des
kLvangeUsten Johannes errichtet; drei von ihm für den dortigen .Vltar dotierte
Vikarien erliielten am i. Dezember 1328 die bischöfliche Bestätigung.^) Die
kunstvoll gearbeitete messingne Grabplatte^) des am 21. August 1329 ver-
storbenen Stifters wurde, als man 1657 den Altar abbrach, um Raum zu ge-
winnen für drei neu aufzustellende Kirchenstühle, in einem hölzernen Rahmen
an der Westwand der Kapelle aufgehängt, wo sie zuletzt 1787 nachweisbar ist.
In dem 1450 angelegten IVIemorienkalender der Marienkirche*) wird
die Kapelle noch als die des Arnold Wlome, später als »capella signi« ^) oder
»capelle des tekens« bezeichnet. Nach der Reformation diente sie als Sakristei.
Seitdem letztere 1630 in den Nebenraum der Totentanzkapelle verlegt war,
wird die Kapelle zunächst (1634) als »alte Predigercapelle« und seit 1647
als »Küsterkapelle« aufgeführt, zweifellos weil damals dem Küster ein Kirchen-
stand in ihr eingeräumt wurde und sie auch jedenfalls identisch ist mit der
»Capell, für welcher der Cüster die Psalmen anzufangen plegt« (1657). Ihr
jetziger innerer Ausbau stammt gleich dem äußeren aus dem Jahre 1837.
1870 ist sie zu einem heizbaren Raum für den Gebrauch der Geistlichen
eingerichtet. Sie dient jetzt zeitweilig als Werkstätte.
Die Wöhrmann-Kapelle. Die zweite Kapelle nach Westen hin ist
zuerst am 7. März 1347 durch eine X'ikarienstiftung aus dem Nachlaß des
Lübecker Bürgers Hermann Keyser^) bezeugt. Zwar enthält diese Urkunde
keine Angabe über die Lage des betreffenden Altars, doch erhellt letztere
daraus, daß am 2. Oktober 1520 der Rat von Lüneburg bescheinigte, vom
Priester Jakob Schomaker, ; vicario der anderen capellen van dem bichthuse
nedder\\art in der norders\^den in der kercken Unser Le\'en Frouwen b>-nnen
^) Vorsteher-Protokoll 1832— 1870, S. 40.
^) Vgl. das weiter unten mitgeteilte Vikarienverzeichnis.
^) Vgl. unter »Grabplatten.«
*) Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 129.
l62 DIE MARIENKIRCHE.
Lübeck, welcher (!) vicarie erstmalß uth den guderen Hermen Keisers zeliger
dechtnisse, wandages Borgers to Lübeck, fundiert und gestichtet , « ^) das mit
25 Mk. jährlich zu verzinsende Stiftungskapital von 500 Mk. empfangen zu
haben. E^ine zweite Vikarie stiftete 1420 der Priester Hermann Koningk. ^)
1635 und 1636 gehörte die Kapelle nachweislich dem Bürger Thomas
Runge. Bei der Auseinandersetzung seiner Erben fiel sie 1656 Jakob von
Hämerden zu. Dieser veräußerte sie im folgenden Jahre an den Erbherrn
auf Steinrade und späteren Lübecker Ratsherrn (1659 — 69) Dietrich von
Brömbse, der 167 1 als kaiserlicher Reichshofsrat starb. Fünf Jahre später
ging sie von den Brömbseschen Erben durch Kauf an den späteren Ratsherrn
(1692 — 1701) Hermann Focke über. Bei der 1726 geschehenen Zuschrift
der Kapelle auf seinen Sohn, den kaiserlichen Residenten Hermann Focke,
wurde bestimmt, daß sie fünfzig Jahre nach dessen dortiger Beisetzung ver-
schlossen bleiben und alsdann der Kirche zufallen sollte. Noch vor dem
Ende dieser mit dem 3 1 . Mai 1 7 8 1 ablaufenden Frist erwarb sie am
IG. Dezember 1776 der Seidenhändler und Kirchenvorsteher Hinrich Wöhr-
mann für 900 Mk. lüb. zu unveräul3>erlichem Familienbesitz (Protokollbuch
1684 — 1780, S. 354b). Auf dieses Abkommen nimmt eine über dem Ein-
gang angebrachte schwarze Marmortafel bezug, deren vergoldete Inschrift lautet:
DORMITORIUM
CONIUGUM SEMISECULARIUM3)
HENRICI WÖHRMANN
MERCATORIS
ET PER XXXV ANNOS HUIUS TEMPLI PRAEFECTI
ET
ENGEL NATAE TESDORPF
EORUMQUE HEREDUM.
VID. LIB. ECCLES. FOL. CCCLIIII B.
x\n der Westwand der Kapelle ist 1877 einem Urenkel dieses Ehe-
paares, dem am 13. März 1S74 zu Mentone verstorbenen kais. deutschen
(ieneralkonsul für Liv- und Kurland Christian Heinrich von Wöhrmann, von
dessen Witwe eine schlichte (yedenktafel aus weißem ]\harmor gesetzt.
Köhler- und l^remer-Kapelle. Von den beiden nächstfolgenden
Kajjellen ist die eine wahrscheinlich 1334, die andere zweifellos 1336 zuerst
nachweisbar. Pls stiftete nämlich der Bürger Johann xon Ge}-smer am
27. Oktober 1334 eine Vikarie für einen der Jungfrau Maria und dem Apostel
Jakobus geweihten Altar ^) und außerdem durch letztwillige Verfügung für den-
selben Altar zwei 1347 bestätigte Vikarien, die für den L^nterhalt »duorum
perpetuorum capellanorum, also zweier auf eine Kapelle intitulierter Priester
bestimmt waren. ^) Lerner dotierte der Rat.sherr Gotschalk \'on W'arendorp
^) Urschr. im Großherz. Haus- und Zentralarchiv zu Oldenburg.
^) Vg^- *^^s Vikarienverzeichnis.
^) Hinrich Wöhrmann starb 1 785 Oktober 8 , seine ihm 1 734 Juli 7 angetraute Gattin
Catharina Engel Tesdorpf 1789 Juni 2.
*) Vielleicht steht mit dieser Stiftung in ursächlichem Zusammenhang, daß die Scheibe
am Schlußstein des vor der mittleren Kapelle gelegenen Norderjoches das Halbbild des Apostels
Jakobus trägt (vgl. S. 132 .
DIE MARIENKIRCIIIv 163
am 31. Mai 1336 eine \'ikarie für eine von ihm an der Nordseitc der Kirche
oebante Kapelle; eine zweite X'ikarie lui' den d<)rti<;en Altar wurde 137''^ aus
dem Xachlal^ seines Sohnes I lermann gestiftet.')
Die mittlere Kapelle fiel 1635 durch Vergleich der Erben des Lübecker
Bürgers Anton Köhler dessen Sohn, dem späteren Bürgermeister (1642 — 58)
Dr. jur. Anton Köhler zu und wurde am 31. März 1654 ihm imd seinen Nach-
kommen als unveräußerliches Kigentum zugeschrieben (Steinbuch 1636 — 94,
S. 107b). 1656 wurde sie von ihm neu ausgebaut und mit dem jetzigen
schmiedeeisernen (ritterwerk versehen; weitere umfängliche Wiederherstellungs-
arbeiten fanden 1743 und 1834 statt. N;u h dem Aussterben der Familie
K(")hler ist die Kapelle 1803 in den Besitz der Kirche übergegangen.
Die vierte Kapelle wird 1553 als »Butepagen capelle,« 1573 als »Hans
Butepagen syne cai^elle« aufgeführt. Im nächsten Jahre befand sie sich im
Besitz seiner Erben, und zwar werden als solche 1585 der Bürger David
Arens und »der (Tcrichtsschreiber,« zweifellos Johann Twedorf, genannt.
Mit dieser Angabe steht im Einklang, daß nach einer Aufzeichnung von
1581 die Wachslichter zu einem »vor Buthei)agen capelle« angebrachten
zweiarmigen Leuchter von Daviith Arens, Winterkampth und Twedor (!)«
zu liefern waren, »und is de arm under crem marke.« 1629 mußte die
dringend nötige bauliche Wiederherstellung der Kapelle vom Kirchenvorstand
übernommen werden, weil mit den damaligen, meist auswärtigen F.igentümern
dersell)en keine Einigung zu erzielen war. Zur künftigen \'ermeidung der-
artiger Unzuträglichkeiten verfügte der Rat, daß das Eigentumsrecht in eine
Hand übergehen solle. Daraufhin erwarb Dr. Heinrich von Retzen zu dem
bereits früher von ihm gekauften Halbteil auch den anderen und veräußerte
alsbald nach Rückzahlung der Baukosten an die Kirche die Kapelle an den
Kaufmann Heinrich Bremer, dem sie am 4. Oktober 1630 erblich zuge-
schrieben wurde (Ältestes Stuhlbuch, S. 207 b). Von ihm stammt das die
Kapelle abschließende prunkvolle l)arocke Schrankenwerk. 1840 wurde sie
zuletzt aus den Zinsen eines für ihre Unterhaltung von der Familie Bremer
hinterlegten Kapitals wiederhergestellt.
Die Rodde-Ka pelle. Die am weitesten westlich gelegene Kapelle
der Nordseite ist erstmalig in dem am 14. August 1359 errichteten Testament
ihres Gründers Hinrich Witte erwähnt;'^) außerdem bedenkt am 10. April 1387
der Bergenfahrer Ludeke Dinning letztwillig einen Priester, »de dar lest in
Unser Vrowen kerken to Lubeke in Hinrik Witten capellen.«^) 1427 wurde
die Vikarie dieser als untersten an der Nordseite bezeichneten Kapelle von
zwei Enkeln des Stifters, Hinrich Kote und Gerhard Klot, neu dotiert.^)
In dem 1450 angelegten Memorienkalender der Kirche wird die Kapelle
als die des Priesters Hinrich Kothe aufgeführt. 1497 stifteten der Bürger
Karsten Nordhoff und dessen drei Geschwister in ihr eine weitere Vikarie.^)
^) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
-) »Primo ecclesie Domine Nostre do 10 mr. den., pro quibus ibidem in mea capella eligo
sepeliri Item ad comparandum bona utilia mee cappella do 500 mr. den., velut proficue
meis provisoribus videbitur placere.« St.-A., Test.
3) St.-A., Test.
*) Nach dem Vikarienverzeichnis und einem den Stammbaum der Familie enthaltenden
notariellen Zeugnis von 1467 Februar 27 im Großherz. Haus- und Zentral-Archiv zu Oldenburg.
164 DIE MARIENKIRCHE.
1570 wird sie nach Karsten Passowe, einem Enkel Karsten Nordhoffs, 1630
und 1668 als »der Hinckeldeyen Capelle« benannt. 1693 übertrugen sämt-
liche Nachkommen Karsten Nordhoffs, vertreten durch Heinrich und Evert
Hinckeldeyn, die Kapelle an ihre Miterbin Margaretha Rodde, Witwe des
Kaufmanns Adolf Rodde. ^) 1792 wurde sie sämtlichen Erben des Bürger-
meisters Franz Bernhard Rodde (gest. 1790), dessen Epitaph über dem Ein-
gang angebracht ist, zugeschrieben. ^)
Die Holthusen- oder Tesdorpf-Kapelle. Den fünf Kapellen des
Norderschiffes entspricht ihrer l^auart nach die der südlichen Vorhalle an-
geschlossene Kapelle mit dem Unterschiede, daß sie neuerdings kein Fenster
besitzt. Gebaut ist sie spätestens 1385, denn am 20. September dieses Jahres
stiftete Bertold Holthusen, dessen Grabstein sich noch um 1720 in ihr befand,^)
drei Vikarien an einem von ihm errichteten Altar, und kurz darauf, am
II. November, urkundete er über den Kauf zweier Lüneburger Sülzpfannen,
deren Erträge in der Hauptsache diesen »in der cappelen by den hilghen dren
koninghen« (vgl. S. 170) belegenen Vikarien zukommen sollten.^)
Im 16. und 17. Jahrhundert führte die Kapelle im Volksmunde den
vom oberen Teil der Butterbude auf dem Marktplatz entlehnten Spott-
namen »dat Vinkenbur. V Seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts bis 1825
diente sie den Diakonen oder Armenpflegern der Kirche als Versammlungs-
raum. 17 14 ist sie von dem zehn Jahre später hier beigesetzten Bürgermeister
Peter Hinrich Tesdorpf für 1300 Mark erworben und seitdem im Besitze
dieser Familie verblieben. Nachdem 1825 ihr Dach mit Kupfer gedeckt
war, wurde sie 1835 für die Aufstellung der Marmorbüste des 1824 ver-
storbenen Bürgermeisters Johann Matthäus Tesdorpf hergerichtet. Ihr bei
diesem Anlaß durch eine Bretterwand von innen verkleidetes Fenster ist 1875
durch eine doppelte Blende ersetzt. Der bunte Anstrich, den sie seit 1887
trägt, ist 1903 erneut worden.
Die vier kleinen Kapellen am Süderschiff. Die vier dem Süder-
schiffe vorgebauten kleineren Kapellen sind in den Jahren 1353 — 73 und zwar
ebenfalls in der Reihenfolge von Osten nach Westen entstanden. 1859 — 64
sind ihre Südwände von Grund aus neu aufgeführt, A\obei die Strebepfeiler
zwischen der zweiten und dritten und zwischen dieser und der vierten Kapelle
ihre jetzige stufenförmig sich verjüngende Form erhielten und die bisherigen
zwei Fenster der beiden ö.stlichen Kapellen durch je eines ersetzt wurden.
Die Warendorp-Kapell e. Die am weitesten nach Osten gelegene
Kapelle ist von dem 1359 gestorbenen Lübecker Bürger Wilhelm von Waren-
dorp gebaut, der am 17. Mai 1353 für sie eine Vikarie gestiftet hat.^) Sein
Grabstein war noch um 1720 dort vorhanden.^)
^) Steinbuch 1634 — 94, S. 333 b.
2) Stuhlbuch Nr. XII Bl. 42.
^) Vgl. unter »Grabplatten.«
*) Urschrift mit Siegel im St.-A. zu Oldenburg. — 1391 Juni 23 verfügte Arnold Gronowe:
»Item do 10 marcas Lub. ad capellam Bertoldi Holthusen in ecclesia b. Marie, cum quibus clenodia
ad ipsius usus comparentur;« St.-A., Test.
^) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
DFK .MAR[i:.\KIRClll-:. 165
Xacluk'ni die Kapelle 1718 sämtlichen Warendorfschen ICrbcn zuge-
schrieben war, wurde sie von ihnen sechs Jahre sjKiter an die 1736 hier
beigesetzte Witwe des Rigaer Ratsherrn Peter Hacks, Elisabeth geb. von
Reutern veräußert. 1784 verzichteten deren in Riga ansässige Krben auf
den Besitz der Kapelle, um der Pflicht ihrer Instandhaltung ülierhoben zu
sein. Im nächsten Jahre wurde sie für 500 Taler als (Irabstätte an den
Bürgermeister Joachim Peters (gest. 1788) verkauft, dessen Marmordenkmal
sie schmückt.
Die Stotebrüg-ge-Kapelle. Die wcsL.sciüg sich anschließende Kapelle
ist aus dem Nachlaß des spätestens 1352 gestorbenen Arnold Le\en(lige
gebaut. Das für die zugehörige Vikarie bestimmte Stiftungskapital wurde
dem Rate überantwortet, der eben damals durch päpstliches Privileg \om
16. Dezember 1354 sich die Befugnis erwirkt hatte, in der Marienkirche drei
Altiu'c mit je zwei X'ikaricu zu stiften und für letztere das Präsentationsrecht
auszuüben. Von den drei daravifhin dem Bischof in Vorschlag gebrachten
Priestern versagte dieser jedoch zweien, unter ihnen dem für diese Kapelle
präsentierten, die Bestätigung; erst durch Vergleich vom 12. März 1357 ge-
stand er dem Rate die Dotierung und Besetzung \'ier besonders benannter
X'ikarien — zweier in der Marienkirche und je einer in der Jakobi- und der
Agidienkirche — zu, während der Rat davon Abstand nahm, seine beim
jxäpstlichen Stuhle eingelegte Beschwerde weiter zu verfolgen. P2ine der in
diesem Vergleiche aufgeführten Vikarien war »die zum Altar in der mittleren
Kapelle an der Südseite« der Marienkirche gehörige Vikarie des .Vrnold
Levendige. ^) Später ist die Kapelle nach dem 15 18 gestorbenen Hans Stote-
brügge, der ihre \"ikarie neu dotiert hat, benannt.
1546 ist der Anbau als »capelle, dar Tonnieß Moetter^ ynne steit,« 1565
als »Niestiden capelle jagen dem preddiickstole belegen« und 1576 als »Muters
capellen« bezeichnet. 1680 ließ sie der Klosterschreiber zu St. Annen
Johann Schumacher als damaliger Besitzer neu in Stand setzen.^)
Die Segeberg-Kapelle. Die dritte Kapelle muß 1357 bereits gebaut
oder wenigstens im Bau gewesen sein, weil die vorige Kapelle damals als
»mittlere« bezeichnet v.ird. Ihr Gründer war nach der Inschrift des dort noch
vorhandenen Grabsteins*) der Bürger Timm Segeberg. Die zugehörige Vikarie
ist erst 1362, eine zweite 1400 gestiftet.^)
Die Kapelle ist zunächst im Besitze der Familie Segeberg geblieben;
als diese, soweit bekannt, mit der vierten Generation ausstarb, ging die Pflicht
ihrer baulichen Unterhaltung auf die noch bestehende Segeberg-Stiftung über.
Die Divessen -Kapelle. Die unterste Kapelle der Südseite ist infolge
letztwilliger Anordnung des am 24. August 1367 gestorbenen Bürgers Heinrich
Vlint^) gebaut. Ostern 1372 wurde das zur Besoldung des Kaplans erforderliche
1) U.-B. der Stadt Lübeck 4, No. 63, 64.
^ Vgl. unter den »Leuchtern.«
^) [Lebermann,] Die beglückte und geschmückte Stadt Lübeck (1697), S. 112.
*) Vgl. unter »Grabplatten.«
*) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
l66 DIE MARIENKIRCHE.
Kapital sichergestellt^) und am i. Juli 1373 die betreffende Vikarie, welche
dem Heiland, der Jungfrau Maria, dem Apostel Bartholomäus und den hl. drei
Königen geweiht war, von Bischof Bertram bestätigt.^)
Am 16. Juni 1438 wurde dem Bürger Heinrich Dives oder Divessen
das Patronatsrecht über die Vikarie mit Rücksicht auf die von ihm in Aus-
sicht gesteUte Vermehrung ihrer Einkünfte übertragen.^) Wenig später muß
die folgende, nach v. Melles Angabe^) an der Innenseite der ehemaligen
Kapellentür angebrachte Inschrift sein, die jedoch hinsichtlich des Gründungs-
datums \erderbt oder irrtümlich ist.
»Anno milleno tricentesimo quoque deno,
Oculi dum sonuit, Bertramus aram benedixit.
Vlynt hanc fundavit, Hynrik Dyveszen redditus auxit.
Det Deus hys requiem semper retinere perhennem,
Et sint in requie propter dei vulnera quinque.
Patronique una cum Bartolo magi Maria.
Pudorem tollit multitudo peccancium.«
1474 stiftete Heinrich Grimmolt, der Vater des nachmaligen gleich-
namigen Lübecker Bischofs (15 10 — 23), am Bartholomäusaltar dieser Kapelle
eine neue Vikarie^), deren Patronatsrecht 151 1 die Kinder des zwei Jahre
zuvor verstorbenen Bürgermeisters David Divitzen und Enkel des oben ge-
nannten Heinrich Divessen nach erfolgtem Ableben des Bischofs erwarben.^)
Später gelangte die Kapelle an die Familien von Aken und Kolthof Den
Kirchenbüchern zufolge ist sie 1762 von Dr. Th. P. H. von Tausch an Gebhard
Kollmann und aufs neue 1 8 1 o an Heinrich ]\Iartin Lohne veräußert. 1 8 1 7
ist das Gewölbe renoviert; das gleichzeitig neu aufgeführte Fenster ist beim
Neubau der Südwand 1861 — 64 durch ein anderes ersetzt.
An die Totentanzkapelle schließen sich nach Osten zwei weitere Kapellen
an, deren Gewölbe die Höhe des Seitenschiffs erreichen.
Die der Totentanzkapelle zunächst gelegene von Alen-Kapelle oder
Gerwekammer ist von den Briidern Nikolaus und Eberhard \'on Alen, und zwar
vermutlich auf letztwillige Anordnung ihres am 3. Dezember 1367 gestorbenen
Vaters, des Ratsherrn Holt von Alen, gegründet.^) Die Kapelle wird 1369
zum ersten Mal erwähnt.^) 1378 stiftete Nikolaus von Alens Tochter Rixa,
\\ itw e des Büroers Tidemann Blomenrod, fiu' den dortioen Altar eine \^ikarie. ^)
^) Ein städtisches Kämmereibuch (^St.-A., Handschriften Xo. 340, Bl. 21 J berichtet hierüber:
»Hinricus Schonewedder presentavit nobis 400 mr. denar., pro quibus dabimus omni anno 20 mr.
ad usum vicarie Hinrici Vlynt bis in anno sublevandas, videlicet Michaelis et pasche. Intravit anno
1372 pasche Primo habet 72. Michaelis . . . .«
'^) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
^) Großherz. Haus- und Zentralarchiv zu Oldenburg, Reg. cap. 4, No. 87.
*) Lub. Relig., S. 1S5.
^) Reg. cap. 5, No. 26.
^) U.-B. der Stadt Lübeck 5, No. 537.
'') 1369 September 10 bestimmte Wolburgis Grevesmolen: »Item domino Lamberto de
Wismaria in capella domine Rixe de Alen legenti meum do diurnale.« 1377 Juni 23 vermachte
»Rixa relicta Tidemanni Blomenrot« einem Priester, der '>in mea capella ecclesie b. Marie omni die
celebret missam per unum annum,« 10 ^. St.-A., Test.
DIK MARIKNKIKCHK. 167
Als Aufhewalnun^sort der Mcssoewiindcr der Marienkirche wird die Kapelle
später in der Regel als »garvvekamer« bezeichnet. Vor 1466 — denn in
diesem Jahre ließ die I leiligen T.eichnams-Brüderscliaft znr lkir<r eine Kiste
mit ihren Urkunden > umme fluider vorwaringhe willen to Unser Leven
X'rouwen in de kerke lM)\en der oerwekameren uppe de liberye« brin^jcn ') —
ist in das betreffende Gewölbejoch ein ObergeschofN eingebaut, das in der
Mitte von einer freistehenden Granitsäule getragen wird, uiüu-end das ollenbar
gleichzeitig hergestellte Obergeschoß der anstofkMKlen Gallin-Kapelle auf einer
Balkenlage ruht (vgl. die Abb. S. 124). Dieser Unterschied in der I')auart i.st
nuitmal.Nlieli darauf zurückzuführen, daß das Gewölbe über der Gerwekammer
bestinuut war, die Last der — allerdings erst 1 50cS hier nachweisbaren —
zweitgrößten Orgel der Kirche zu tragen, der östliche Teil des ( )berbaus
dagegen nur zur Aufstellung der Kirchenbil)liothek diente.
Im Memorienkalender der Kirche wird die Ka])elle sowolil nach dem
Ratsherrn Holt von Alen wie auch nach dessen Enkelin Ri.\a benannt.^) 1495
stifteten Christian und Taleke Swarte in ihr eine zweite \'ikane.^) 1503 kommt
sie noch als »capella de Alen,«*) seitdem nur als (ierwekammer vor. 1670 — 76
war sie an den Buchhändler Ulrich Wedstein vermietet, der auch einen neben
der nordöstlichen Kirchentür belegenen Buchladen in Pacht hatte; bald darauf
ist sie als Diele zu dem ihr \orgebauten Küsterhause hinzugezogen. Nachdem
letzteres 1841 abgebrochen war, wurde im folgenden Jahre das hohe Fenster
des Obergeschosses gleich den beiden benachbarten, ebenfalls teilweise durch
die Küsterwohnung verdeckt gewesenen Fenstern neu aufgeführt und im unteren
Räume zwei kleine bunte Fenster nach einer vom Hamburger Baumeister
Chäteauneuf gelieferten Zeichnung eingerichtet.
1845 wurde die Südwand der Kapelle niedergelegt und durch zwei
spitzbogige Eingänge ersetzt, welche man im nächsten Jahre durch zwei
niedrige Barrieren abschloß; zugleich wurde der h\ißboden der Kapelle, um
ihr eine größere Höhe zu geben, einen h\iß tiefer gelegt und der Sockel der
freistehenden Säule neu behauen. Nachdem noch im Juni i<S47 der nach
Angaben des Malers C. J. Milde aus gebrannten Ziegeln gefertigte Mosaik-
fußboden gelegt war, konnte im nächsten Monat das eben vollendete Over-
becksche Gemälde der Trauer um den Leichnam Christi hier Aufstellung hnden.
Gleichaltrig mit der Alen-Kai)elle ist die ihr ostseitig angeschlossene
Gallin-Kapelle. Sie verdankt ihren Urs]M-ung dem letztwillig geäußerten
Wunsche^) des am 17. Dezember 1365 gestorbenen Bürgermeisters Hermann
Gallin, daß zu seinem und seiner Angehörigen Seelenheil mit <Soo bis 900 Mk.
eine Vikarie, und zwar wenn angängig in der Marienkirche gestiftet werden
möchte. In Erweiterung ihres Auftrages ließen die Testamentsvollstrecker zur
Aufnahme des betreffenden Altars eine eigene Kapelle bauen. Diese wird zuerst
^) St.-A., Brüderschaften, Vol. B.
2) Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 137, 134.
^) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
*) Reg. cap. 5, No. 3.
^) Im Testamente Hermann Gallins von 1364 November 25; St.-x\., Urschr.
l68 DIE MARIENKIRCHE.
am 21. Januar 1376 erwähnt als »neuerdings an der Nordseite errichtet;«')
am 20. Juni desselben Jahres bestätigte Bischof Bertram die zugehörige
Vikarie.^) An den Stifter erinnert noch sein am Schlußstein des Gewölbes
hängendes Wappenschild, eine schwarze Henne in früher goldenem, jetzt rot
gemaltem Felde.
1542 verlieh das Domkapitel dem Bürgermeister Anton von Stiten das
Patronatsrecht über die von ihm mit 200 ^ beschenkte GalHnsche Vikarie;^)
die Kapelle ist also jedenfalls identisch mit einer in den Wochenbüchern 1571
und 1585 nach dessen Sohn, dem 1588 gestorbenen Ratsherrn Gotschalk von
Stiten, benannten. 1592 — 1779 war sie als Lagerraum an die Inhaber der hier
der Kirche vorgebauten Buchläden vermietet, nach denen sie auch in späterer
Zeit bezeichnet ist, so 1642 — 77 nach dem Buchhändler Michel Volks, dessen
Witwe sie weiter bis 1698 benutzte, und i6g8 — 1779 nach der Buchhändler-
familie Böckmanu. Seit 1782 zu anderweitigen profanen Zwecken und zuletzt
als Lagerraum für Obst vermietet, diente sie 1799 — 1850 als Tischlerwerk-
statt des Sargträgers. 17 61 — 1848 befand sich unter ihr ein groi^es Grab-
gewölbe.
In den Jahren 1850 und 185 1 wurde die Kapelle zur Sakristei ein-
gerichtet. Die nach der Kirche zu belegene Mauer mit ihrem jetzigen spitz-
bogigen Eingang \\airde neu aufgeführt, in der Ostwand an Stelle der bis-
herigen äußeren Tür ein Paar »zierlicher Fenster nach dem Vorbilde der
benachbarten Kapelle« angelegt, die Holzdecke und der Fußboden erneut und
der untere Teil der Wände ringsum mit Tafelwerk verkleidet. 1852 schheßlich
wurde der Raum oberhalb der neuen Sakristei zum Kirchenarchiv hergerichtet.
Die Marientiden-, Sänger- oder Beichtkapelle. Erst fast ein
halbes Jahrhundert, nachdem die beiden Langseiten der Kirche völUg mit
Kapellenanbauten besetzt waren, schritt man dazu, den Bau nach Osten
hin zu erweitern, indem man die mittlere der drei in den Chorumgang
eingezogenen Kapellen, in der seit 1291 ein der Jungfrau Maria, der hl.
Elisabeth und den hl. Märtyrern Fabian und Sebastian ge\\'eihter Altar stand, ^)
durch ein über dem Rechteck konstruiertes Gewölbejoch ersetzte und an dieses
eine fünf Seiten eines Achtecks darstellende Kapelle anschloß, so daß hinsichtlich
der inneren Konstruktion sich hier der östliche Abschluß des Chorraumes in
kleinerem Maßstabe wiederholt. Die Kapelle, welche zum ersten Male am
28. September 1444 erwähnt \\'ird*) als neue Kapelle des Rates hinter dem
Uhrwerk (»achter der schive«), ist dem Grundrifs entsprechend einge^^ölbt und
zwar genau nach Art der Gewölbe des Seitenschiftes. Die Gewölbe entwickeln
sich aus Wanddiensten, die denen der Chorpfeiler entsprechen und mit niedrigen
Kapitalen versehen sind. Die unter den Schlußsteinen hängenden beiden
Scheiben zeigen im westlichen Felde einen St. Johannes Evang. und im
östlichen eine Madonna mit dem Kinde.
1) U.-B. der Stadt Lübeck 4, No. 284.
^) Vgl. das Vikarienverzeichiiis.
^) Reg. cap. 5, l\'o. iiS.
■*') U.-B. der Stadt Lübeck 8, No. 254.
DIE MARIENKIRCIIi:. 169
Dal.^ die Kapelle \()in Kate gebaut ist, erklärt sieh /um teil aus
dem ihm 1,^57 hischöriicherseits zuj,a'staiulcnen Besitze des l'atronatsreclites
über die \ ikarie des eben erwalinten Altars hinter dem Chor, '1 deren
Vermögen \ ier Jahre s])äter um 200 Mark vermehrt war.-) Die zunächst
vorkommenden Bezeichnungen als Katskapelle hinter der ( ühr-iSeheibe
(1462 — 81) oder dem Hochaltar (147 i) oder als »capella sanctorum i-abiani
et Sebastiani ac Fdizabeth« (1467, 1474) werden, seitdem 1462 in ihr ein
ständiger feierlicher (Gottesdienst mit Lobgesängen zu Khren der Jungfrau
Maria eingerichtet war,^) allmähli( h \erdrängt durch die Namen Marientiden-
oder Sängerkapelle. Seit 1541) dient sie an Stelle der 'l'olt'nkapelle als
»Beichtkapelle.«'*)
Die ehemalige Hcrckschc Kapelle. Als Sakristei der .Säii<;erka|)ellc
war dieser und der nördlichen C"h()runii.;an<.;skapelle eine xon dem 1521 \'er-
storbenen ßüi'gcniieister Tidcniann Herck gestiftete kleine Kapelle angeschlossen,
tlie in späterer Zeit nur vom Kirchhof aus zugänglich war. Sie ist bei der
in die Jahre I(S40 — 1848 fallenden FLrneuennig der östlichen Streike] )feiler
beseitigt worden.
Die Kapelle wurde nach den in ihr zur \'erteilung gelangenden .\rmen-
präbenden ihres Stifters die Prövenkaj)elle benannt. Sie unterstand nebst den
Legaten der Verwaltung des ältesten Bürgermeisters. In dieser Kigenschaft
trat sie 1801 der Bürgermeister Dr. H. (3. Bünekau an die Kirche ab,
deren A'orsteher er zugleich war.
Die Kapellen im Innern der Kirche. Seit dem b.nde des 14 jahi
hunderts wurde auch das Innere der Kirche für Kapellengriindungen in
Anspruch genommen.
Die Olclesloe-Kapelle. Zunächst wurde dem i^ürger (jcrhard Oldesloe,
dem Stifter des Armenhauses Glockengießerstraße No. 8, \'on der nördlichen
\^orhalle (Totentanzkapelle) der östlich des frei.stehendcn ehemaligen Strebe-
pfeilers gelegene Raum überlassen; am 9. Januar 1398 erhielten zwei von ihm
an dem dortigen neuen Altar dotierte X'ikarien die bischöfliche Bestätigung.'')
An ihren beiden Langseiten schließt je ein hölzernes Schrankenwerk die Kapelle
ab. Die Mitte des kleinen Raumes nimmt noch heute der (^irabstein des am
26. Juni 1402 verstorbenen Stifters ein.^)
1462 übertrug Bischof Arnold dem Bürgermeister Bertold Witik und
dessen Nachkommen das Patronatsrecht über die beiden dortigen \'ikarien.^)
1630 räumten die Erben des 1588 verstorbenen Biü-germeistcrs Joachim
Lüneburg als derzeitige Inhaber der Kapelle dem Superintendenten imd den
1) U.-B. der Stadt Lübeck 4, No, 63.
''') Das. 3, No. 407.
^) Vgl. Wehrmanns Aufsatz über »Die ehemalige Sänger-Kapelle in der .Marien-Kirche,«
Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. i, S. 365 ff.
*) Sie wird zuerst 1549, i. Woche nach Plingsten (Juni 16.— 22.) im WB. als «de senger
offte bychtcapellen« bezeichnet.
*) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
^) Vgl. unter »Grabplatten.«
'') U.-B. der Stadt Lübeck 10, No. 200.
I/o UTE MARIENKIRCHE.
Geistlichen der Kirche das Recht ein, »ihren Austritt nach der Kanzel daraus
zu nehmen.«^) Sie hat daraufhin bis 1851 als Sakristei gedient.
Die Bergenfahr er -Kapelle. Am Ende des 14. Jahrhunderts \\urde
ferner nach mehrjährigen Verhandlungen der Raum z\\ischen den beiden
Türmen der Genossenschaft der Lübecker Bergenfahrer als Kapelle überwiesen
und am 10. Juni 1401 an dem nordseitig daselbst neuerrichteten St. Olav-
Altar, der bis 1652 gestanden hat, eine Vikarie gegründet.^)
Eine zweite Vikarie für diesen Altar wurde 141 1 aus dem Nachlaß des
Bergenfahrers Johann Holste, eine dritte 1476 infolge letztwilliger Bestimmung
des Bergenfahrers Hinrich INIöller gestiftet.^) Der noch gegenwärtig in der
Kapelle angebrachte schöne Altarschrein entstammt einem 1 5 2 1 an der
Südwand der Kapelle aus dem Nachlaß Brun Hovemann des Jüngeren
gegründeten Altar. ^)
Die Nowgorodfahrer-Kapelle. Nicht mehr vorhanden ist die Kapelle
einer anderen kaufmännischen Genossenschaft, der Lübecker Nowgorodfahrer,
welche sich an die Ostwand der südlichen Vorhalle anlehnte. Sie ist zweifellos
1439 zuerst errichtet, denn in diesem Jahre dotierten die Nowgorodfahrer aufs
neue eine bereits 1270 an betreffender Stelle gestiftete Vikarie, deren Einkünfte
nicht mehr zum Unterhalt des mit ihr belehnten Priesters ausreichten; zugleich
wurden sie befugt, den alten Altar einige Schritte weiter nach der Mitte der
Kirche hin zu verlegen.^) 1464 ließ die Genossenschaft die bisherige Kapelle,
welche »seer klen unde ovel stofferet was,« erweitern und gleich der ganzen
Vorhalle neu ausschmücken.^) An den drei freistehenden Seiten war sie
jedenfalls durch ein mäßig hohes hölzernes Schrankenwerk mit geschnitztem
Laub,*') wohl einer oberen Blattwerkgallerie nach Art derjenigen vor der
düsteren Kapelle, abgeschlossen, ^^'ährend die ostseitige Mauer blau bemalt
war. Überragt wurde sie von den schon 1385 hier vorhandenen Bildsäulen
der Heiligen drei Könige,^) nach denen sie auch benannt worden ist.
Von einer dieser Statuen ist offenbar die ihr 1666 beigelegte Be-
zeichnung »Mohrenkapelle« hergeleüet.^) 1655 — 1734 war sie an die Inhaber
eines neben der Vorhalle angebauten Buchladens vermietet, die sie schon
früher unentgeltlich als Lagerraum benutzt hatten. 1657 ist ihr Altar ab-
gebrochen. Einem öfteren Verlangen der Vorsteher der Kirche entsprechend,
ließen die Nowgorodfahrer 1768 die baufällige Kapelle beseitigen; als Entgelt
1) Zweites Suihlbuch, Bl. 326.
^) F. Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik (Berlin 1900), S. CXXVI ff.
und S. 290 ff.
*) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
*) Vgl. das Vikarienverzeichnis und U.-B. der Stadt Lübeck 7, No. 802.
^) St.-A., Buch der Nowgorodfahrer-Älterleute 1450 — 73.
«) Vgl. S. 133.
') Im Vorsteher -Protokollbuch 1743— 1831 heißt sie unter 1768 (Bl. 82 b) »die alte
zerfallene Capelle, worüber die Heiligen 3 Könige stehen und hart an des Herrn Bürgermeisters
Tesdorpf Capelle ist.« Vgl. S. 164.
*) Kunrat v. Hövelen, Der . . . Stadt Lübeck . . . Herrligkeit, S. 57.
DIE MARIENKIRCHE. I71
liir dieses Zugeständnis wurde ihnen die bisher \()n einem l'reistuhl ein-
genommene gegenüberliegende Ecke des Süderschilites zum Aufbau eines
neuen Ciestühls für die Älterleute des Kollegiums überlassen. Bei den
damaligen Aufräumungsarbeiten werden auch die Bildsäulen der Heil, drei
Könige beseitigt sein.
Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden die beiden hohen ge-
wölbten Räume unter den Türmen (\'gl. S. 146) zu Ka|)cllcn eingerichtet.
Die Grevcraden-Ka])clle. Die Kapelle unter dem Norderturm ist
am 3. März 1493 dem hl. Kreuz, der Jungfrau Maria, dem Evangelisten Johannes
und dem hl. Hieron\nius geweiht worden, wie die geschnitzte Friesinschrift
der die Kapelle xon dem Langhau.se abschließenden Schranken angibt;^) am
23. Februar des folgenden Jahres .stifteten die um die Au.sstattung der Ka])elle
besonders verdienten Brüder Hinrich und Adolf (xrcveratle eine X'ikarie an
dem in der Xordostecke des inneren Raumes errichteten Altar, der mit
einer ebenfalls 1494 vom Meister Hermann Rode gemalten Altartafel ^)
geschmückt wurde.
Bereits am 17. Mai 1494 wurde eine zweite \'ikarie an diesem Altar
aus dem Nachlaß des 1489 gestorbenen Goldschmiedes Dietrich Loff gestiftet,
zu dessen Testamentsvollstreckern der oben erwähnte Adolf (ireverade gehörte.^)
Noch 1539 ist die Kapelle nach dem hl. Kreuz benannt, weil in ihr bis zur
Reformation jeden PVeitag die hl. Kreuz-Messe celebriert wurde; später kommt
neben der weiteren ursprünglichen Bezeichnung als (ireveraden- Kapelle der
Name Orgelkapelle vor, da sich an ihrer Südseite der Aufgang zur großen
Orgel betindet. 1 7 6 1 ist der Altar abgebrochen ; ein ihn umgebendes kunst-
voll gearbeitetes messingnes Gitter, das 3 Schiffspfund 9 Liespfund und
4 Pfund (471 kg) schwer war, wurde damals zum Metallwert, das Pfund zu
7 V2 Schillingen, an den Glockengießer Adam Planer verkauft.*)
Die Schinkel- Kapelle. Der Raum unter dem die Glocken bergenden
-Süderturm ist als Kapelle hergerichtet von den Testamentsvollstreckern des
.Schleswiger und Lübecker Domherrn Dietrich Stovemann, der nur ganz allgemein
die Stiftung einer Vikarie zu seinem Seelenheil angeordnet hatte; die Vikarie
des neuen Altars wurde am 4. April 1497 bestätigt.^)
Da sich von den Testamentsvollstreckern der Lübecker Kaufmann Arnt
Schinkel um diese Stiftung besonders verdient gemacht hatte durch X'erzicht-
leistung auf den ihm zugefallenen Erbanspruch seines kürzlich verstorbenen
Schwestersohnes, eines gleichnamigen Verwandten des Domherrn, auf einen
Teil der Hinterlassenschaft des letzteren, so wurde das Patronatsrecht der
Vikarie ihm und seinen Nachkommen bis zur vierten Generation einschließlich
übertragen. Dementsprechend war der erste Vikar der Kapelle der Magister
Friedrich Schinkel, der jüngste Sohn des schon am 30. November 1497
0 ^§1- unter »Schrankenwerke.«
^) Vgl. unter »Nebenaltäre.«
^) St.-A. Sacra A\ No. 44 a, Urschr.
*) WB. 1761, 9. W. n. Mich. (Nov. 30.— Dez. 6.)
*) Vgl. das Vikarienverzeichnis.
172 DIE MARIENKIRCHE.
verstorbenen Arnt Schinkel. Von derselben Familie ist auch der von 1501
datierte Altarschrein der Kapelle verehrt. 1506 wurde aus dem Nachlaß des
Kölner Weinhändlers Matthias Nock eine zweite Vikarie zu diesem Altar
gestiftet, die schon sechs Jahre später neu dotiert werden mußte. Im 17. Jahr-
hundert wird der Xame Schinkel -Kapelle allmählich verdrängt durch die
Bezeichnungen »Bedeklocken-,« »Bedemyssen-« oder »Bedecapelle,« weil von
hier aus die Betglocke gezogen wird; in späterer Zeit überwiegt der Name
Sargträgerkapelle.
Die ehemalige Heiseker-Kapelle. Schließlich ist in den Jahren
1517 — 1519^) von dem im März 1537 gestorbenen Bürger Bartholonicäus
Heiseker an der Nordwand des Lettners, rechts \-on der hier nachmals auf-
geführten hölzernen Wendeltreppe, eine kleine Kai^elle errichtet. Sie bestand
aus einem hohen messingnen Gitter\\erk, vermutlich in der Art der gleichzeitigen
Chorschranken, das einen mit der Bildsäule der schmerzensreichen Muttergottes,
»dem bilde Marien medelidinge, « geschmückten Altar umschloß.
Der Altar hat bis 1774 gestanden. Das im folgenden Jahre als altes
Messing, das Pfund zu 8 f5, nach Hamburg verkaufte Gitter wog 2955 Pfund
(1477 V2 kg.V-^)
Ausmalung. \'on einer farbigen Behandlung des Kircheninneren, die
mutmaßlich kurz nach Vollendung des Baues zur Ausführung gebracht wurde,
sind mehrfach Spuren erhalten. Hinter der Orgel an der Westwand und auch
im nördlichen Seitenschiffe läßt sich eine Quaderung der geputzten Wandfläche
mit roten Linien erkennen, auch ersieht man aus aufgedeckten Resten an der
Südseite des Mittelschiffes in der Nähe der Orgel, daß früher die Ge\\'ölbe-
kappen mit farbigen Linien und Ranken, die Fensterlaibungen und Gurtbögen
mit reicheren geometrischen Mustern geschmückt waren. ^) Im Jahre 1886
hat man probeweise die Südervorhalle in Anlehnung an diese alte Dekoration
ausgemalt.
In der Briefkapelle waren die Kapitale und Konsolen einst vergoldet.
Seit dem 15. Jahrhundert sind die Flächen mit einem weißen Kalk-
anstrich versehen, die hervortretenden Gliederungen dagegen mit grauer Ölfarbe
abgetönt worden.
Soweit ersichtlich, ist die Kirche 1476 zum ersten Male geweißt. Die
betreffende chronikalische Angabe, welche in Verbindung mit einer Nachricht
über eine gleichzeitige Ausmalung der Lettnerbrüstung auftritt (vgl. S 188),
wird sich jedoch nur auf das mitdere Gewölbe beziehen, denn erst elf Jahre
zuvor waren »vor 7 weifte to markede wart to malende mester Johan«
1) Die ehemals in der Kapelle aufgehängte Gedenktafel des Stifters ist von 15 17 datiert.
(Vgl. unter «Gedenktafeln.«) Ein Verzeichnis des zum dortigen Marienbilde und zum Altar gehörigen
Schmuckes beginnt: »Anno 1519, do dat myssinges werck myt der thobehoringe vorendiget was,
dat de ersame Bartolomeus Heiseker heft gegeven Gade to lave und Marien siner benedieden
moder, . . .«; Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 11, S. 184.
^ WB. 1775, 5, W. n. Johannis Juli 23—29).
") Vgl. Ad. Schwiening, MiUelalterliche Malereien in den Kirchen Lübecks (mit zwei
Tafeln Abbildungen in Farbendruck) in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 2, S. 26 ff.
DIK MARIENKIRCHE. I73
2\ Mark ge/ahll worden lAltestcs l\c(liminysl)U( h IJl. 23, unter 14^)5). Als
1571 und 1572 die Kin hr neu gclüiulit wurde, erhielt der Maler Sylvester
van S\\f)llc S Mark, dat he . . . de strenge undcr dem gewelffte gron
forniaUle 1 W l!. 1572, S W. n. l'lnigsten). 1592 wurde die Kirche ..mit
allen Ciewölben und Ka|)ellen abermals neu geweii.U und im folgenden
Sommer für die Ausmalung der (lewölbe, »hoge und syde aldcrwegen, für
84 V2 Mark Farbe verbraucht (WH. 1593, i). W. n. Miih.i. üei der deiii-
nächstigen Erneuerung des Kalkputzes in den Jahren iCjcjG 98 ist keine
Ausgabe fin- Malerarbeit angeführt; 1781 wurden beim Wiederauffrischen der
Tünche die Ciewölberij^pen schwarz gestrichen. 1875 schlielMii h ist das
Chorgewölbe neu geweilk.
Reste tlgiirlicher Wandmalereien haben sich hinter der grol.scii ( )r<4el
in zwei von Niniben umstrahlten lleiligenköpfen erhalten, deren (jestalten, wie
es scheint, zwei nach oben hin spitzbogig- ge.schlos.sene F'elder au.sgefüUt, also
\ermutlich die Zwickel zwischen den Konsolen einer älteren Orgel eingenommen
haben; außerdem sind 1884 am westlichen Pfeilerpaar des Mittelschififes Reste
\'on Heiligendarstellungen in übernatürlicher Größe gefunden wf)rden. .Auch
die Nordseite cies zweiten Süder})feilers trug ehemals ein \-oii dem 13 50 ge-
storbenen Ratsherrn Wedekin Klingenberg und dessen I^hefrau 1 fildegund
gestiftetes Wandgemälde des hl. Christo])h, das noch 1668 erneut worden ist.')
Hei der Aufstellung des Ritterschen Epitaphs an diesem Pfeiler in den ersten
Jahren des 18. Jahrhunderts ist das (iemälde zerst(")rt oder wenigstens dem
Auge entzogen worden; dagegen hat sich die unterhalb desselben aufgehängte
und erst 18 5 3 von ihrem alten Platze entfernte bemalte eichene (Gedenktafel
der Stifter im Kirchenarchi\- erhalten. 90 cm hoch untl 54 cm breit, trägt
sie unterhalb der \\'ap])enschilde des Klingenbergschen Ehepaares auf weil.Nem
Grunde in schwarzen Minuskeln — nur die Anfangsbuchstaben der einzelnen
Reihen sind Majuskeln — die folgenden beiden Strophen, deren erstere als
Wechselrede zwischen dem hl. Christoph und dem Jesuskinde, die andere als
Eürbitte des Heiligen für die .Stifter gedacht ist:
'^c üiftU icliC3 HiinbL'iiiii:
jbcö UiMijljct ba3 bUinmc \]nx-^c biiii:
T>u tjnft t; traiiljcnbc liii (lu.ir.
IDn trcuft bcö l)ciiiiiiLViriilteG IjcriMi.
C:^\^ bin- Innl irij iiint trliliUMi lun-iMi
i)crt3 mibe aiibc fi.innc.
Ößif mur, bas ic^ gcUiiiniu%
lliclic l)Ln*L% biiiiL* ijUibc,
Unbc ücniljnf iniu'-) minu' fdilubc.
1) Nach dem WB. wurden 166S, 10. W. n. Neuj. (März 1 — 7) »die Stellgen gemacht an
dem Pfeiler ... zu dem Grossen Christofifer, welcher zukünfftige Woche soll renoviret werden.«
In der 10. W. n. Ost. (Mai 24—30) und S. W. n. Mich. (Nov. 15—21) erhielt der Maler Kurt
Essegern zusammen 13 Taler »für das er den Grossen Christoph gleich der H. Bürgermeister Stuhl
über an dem Pfeiler hingemahlet.«
^) myr myr heißt es auf der Tafel.
174 DIE MARIENKIRCHE.
^ri) tiiibtic tiiufj, iclic Ijcrc initn,
Por bcn gtjctrlilncn Ijcr IncbiMiiiu
Cinngljcittierrij liiibc liar^) IjiiiiMi finc frDlilnc[n],
T^a., ]t yii brcbe iiio.scn raliliuMu
Ponjijiif cn ai itrc nniffcbat,
T>c tjiir crc Inf üc0angl)LMi Ijat.
Mad} yn tys öiiitrc nft gtjcgljcluni;
IDcG glpif 1111, Ijcrir, biiii cliiinjljc icluMit
r(n öyucm rplic aiic cnbc flmticr alle niiiffclucnbc/^)
Wohl ebenfalls als Wandmalereien aufzufassen sind zwei 1477 und 1478
an der Südwand und der Nord^^'and der Bergenfahrerkapelle angebrachte
ehemalige Darstellungen des hl. Christoph und der Verkündigung Maria.
Das Schüttungsrechnungsbuch der Bergenfahrer berichtet: »Desse
schaffers (des Winters 1476/77) leten uppmalen Cristoffers bylde under den
thoren int suden. — Item desse scaffers (des Winters 1477/78) tugeden unde
leten under den thoren Marien bodescop malen int norden for 1 2 mr. «
(Bruns, Die Lüb. Bergenfahrer und ihre Chronistik, S. 246 f.)
Der Fußboden der Kirche ist mit Grabsteinen unter Zuhilfenahme von
Mauersteinen, stellenweise auch auf kurze Strecken mit Fliesen belegt.
Von dem mittelalterlichen Fußboden-
belag des Altarraumes fanden sich unter dem
1479 aufgestellten Sakramentshause, als
dieses 1855 etwas ^\•eiter nordwärts versetzt
wurde, einen Fuß tief unter dem zweifellos
1696/97 beim Bau des Hochaltars erhöhten
Fußboden z^\•ölf in Kalk eingelassene und
mit Kalk ausoestrichene sechs.seitioe Zieoel
von nebenstehender Zeichnung. Ein Teil
derselben wird im kulturhistorischen Museum
(Nr. 171) aufbewahrt.
1591 wurde der Chorraum im Anschluß Siegel vom ehemaligen Fußboden
an die Ausschmückung des Lettners und 1602 des Altarraumes.
aufs neue mit verschiedenfarbig glasierten
Tonplatten ausgelegt. Reste von ihnen sind nicht erhalten.
1591 6. W. n. Ostern (Mai 16 — 22) wurde bezahlt »Duder Blomen
dem potter vyverleye farve bunten astrack, l^o in dem groten köre vorlecht
is, 2500, dat hundert tho 28 fi, dot int gelt 43 ^ 1 2 fi.« 1602 heißt es
unter der Osterwoche (April 4 — 10): >AIidwekens dem ])otter van Ratzeborch
up dusent astrack tho maken, so int choer scholen gelecht werden, gegeffen
2 daler, is 4 .^ 2 fü,« unter 8. W. n. Ostern (Mai 30 — ^Juni 5): »Dingstages
betalt Claus Bueschen dem potter van Ratzeborg 1000 astrack, so in dat
hoge choer schal gelecht werden, groen gel brum (1), for it hundert gegeffen
2 # 8 |5, is 25 ^.« WB.
^) vor vor wiederholt die Tafel.
^ myssewende = Wendung zum Schlimmen, Not.
DIE MARIENKIRCHE. I75
Auch die Sänocrkapellc wies im 16. Jahrhundert einen I-'hesenbela.L; auf.
'543- 5- ^^ ■ '" ^•<-''i l'ii^tt-^n i^März 11 — 17) vermerkt der Wrrkmeister
Lorenz johannscn im \\\\.: Item noch let yek in der sengerea|)ellen den
astrack, de doK h (Kl> kerekhern ( Joh. Walhofl") l)ej,M-atl"t {^a-loelk'th worlh
unde ock suß anie anderen orde \orsim(ken waß, weddcr in dm kalk hru;;,L(en,
kostet 9V2 |3'.«
Der Mosaikful^boden dei- früheren (ierwckannuer stammt erst aus dem
jaln-e 1S47. (\'ol. S. 167.)
Glasmalereien. Die X'erolasuni;- der hohen Kirelienfenster besteht nnt
Ausnahme der ilas AlittelschilV untl die Heichtkapelle im ( )sten absehhelxaiden
sechs Fenster und der ch-ei Fenster der Weslhont, die sämtHch im 19. laln--
hundert mit Glasgemidden ausoefüllt sind, sowie ferner abgesehen xon den
schon erwähnten kleinen bunten I'enstern in den beiden nordöstlichen Kapellen,
aus rautenförmigen, in Hlei oefa(.\ten weilten Scheiben.
Fhemals trugen die meisten Fenster die Wappen lübeckischer ( ieschlechter
oder (Tcno.ssenschaften, von denen sie gestiftet oder erneuert waren, oder andere
kleine bimte Darstellungen.
Ausführliche Angaben bieten die Wochenrechnungen der Jahre 1572 — 74
über die damals wiederhergestellten Fenster des Mittelschififes, ^) welche einer
chronikalischen Nachricht zufolge"^) bereits 1476 erneut waren.
Die dort an der Südseite zwischen dem von Osten aus zweiten Chor-
pfeilcr und dem sechsten Pfeiler des Fanghauses gelegenen neun Fenster
werden bezeichnet als:
1. »der Beren lucht;« unter ihr hingen am dritten ("horpfeiler ehemals drei
Wappenschilde der Familie IJere;
2. »der Plosskowen ere lucht,« unweit der Cirabstiitten und mehrerer ehe-
maliger Epitaphien der Familie Pleskow;
3. die Fucht, ^^iiyt der wyntmolen,« vermutlich dem vier goldene Wind-
mühlenflügel auf rotem Grunde^) aufweisenden Wappen des Ratsherrn
Kort Möller [gest. T478V
4. die Fucht »myt knasten, « unter denen wohl die im Wapi)en des Ratsherrn
Hermann Klaholt (gest. 1498) einen Sparren begleitenden drei verstümmelten
Eichäste zu verstehen sind;
»de 5. unde 6. lucht;«
7. »de lucht myt den plochsallen« ^^Pflugscharen);
8. »de lucht der wantsnyder;«
9. »de lucht . . . myt Kollers wapen , « d. h. dem Wai)pen des Ratsherrn
(1538 — 63") und Kirchenvorstehers (1530 — 63^ Heinrich Köhler, dessen
Grab unterhalb dieses Fensters an der Nordseite des sechsten Süder-
pfeilers lag.'*)
Die gegenüberliegenden nordseitigen Fenster des Mittelschifies werden,
von Westen her beginnend, benannt:
*) Vgl. Th. Hach, Ehemalige Wappenfenster in der Marienkirche, Miu. d. V. f. Lüb.
Gesch. 5, S. iS ff.
^) Gerens Chronik (Bruns, Lüb. Bergenfahrer) S. 369.
^) V. Melle, Familiarum Lubecensium clariorum Syntagma (Handschr. der Stadtbibl.) S. 271.
*) Suihlbuch IS. I.
1/6 DIE MARIENKIRCHE.
1. die Lucht >->der Bergefarer;«
2. die Lucht, »dar de bar unde de hunt ynne steydt;«
»de 3. lucht myt dem knaste unde dem rossenkranse, « vermutHch mit dem
eben erwähnten Wappen des Ratsherrn Hermann Klaholt und den drei
Rosenkränzen seiner Gattin (lertrud Greverade;
4. die Lucht, »dar de name Jesus yne steydt;«
5. die Lucht, »myt der Warendorper wapen,« vor der Warendorp-Kapelle;
6. die Lucht, »dar Kastorp eyr wapen inne steyt;«
»de 7. lucht [myt] Styten wapen;«
»de 8. lucht myt der Kerckrynges wapen;«
die 9. Lucht »mit der Grawerdes wapen.«
In einem weiteren Fenster, vermutlich einem der drei östlichen des
Mittelschiffes, stand nach Angabe von 1577 »der Gewerdes wapen. «^) Von
fünf ostwärts vom Chor gelegenen Fenstern, die 1586 ausgebessert wurden,
wird das ostseitige der Kapelle des Norderumgangs nach den Familien
»Hagenowe unde Wygerlynck« benannt, während die beiden ostwärts gerichteten
Fenster der Kapelle des Süderumganges »der Kastdorpen wapen« und »de[r]
Ylhoren wapen« trugen.^) Übereinstimmend mit der letzteren Angabe heißt
es 1674 in den Wochenrechnungen, daß ein südwärts hinter dem Chor
belegenes Fenster -mit einem Hörn« geziert gewesen sei,^) zweifellos dem
ein goldenes Hiefhorn im roten Felde aufweisenden Ilhornschen Wappen,^)
das auch am dortigen Gewölbe hängt. L^as Fenster oberhalb der nord-
östlichen Kirchtür, neben der die Familie Dartßowe 1420 einen Altar
hatte bauen lassen, war nach Angabe von 1662 »mit der Dartßowen Wapen
besetzet.«^) Bekannt ist ferner, daß die Fenster der Gallin-Kapelle etwa bis
1700 das Gallinsche Wappen trugen^) und das Fenster der Bergenfahrer-
Kapelle noch um dieselbe Zeit ein Bild des hl. Olav aufwies. '')
Glasmalereien von Größerem Umfanoe befanden sich, soweit ersichtlich,
nur in der überhaupt mit besonderer Sorgfalt ausgeschmückten Sängerkapelle.
1 5 2 1 wurde im dortigen Mittelfenster ein \'om Lübecker Rat gestiftetes
Glasgemälde angebracht. Es ist 1839 von diesem Platze entfernt worden und
bildet seit 1872 den Hauptbestandteil des Fensters über dem Westportal.
Entsprechend dem Charakter der »capelle Unser Leven Frouwen tyde« zeigt
das farbenprächtige Kunstwerk (Abb.) in den fünf oberen Scheibenreihen die
Krönung der Maria durch die Dreifaltigkeit auf reichem architektonischen
Hintergrunde, der bereits in den Formen vollendeter Renaissance gehalten ist
und damit den auswärtigen, vermutlich oberdeutschen Ursprung des Werkes
erkennen läßt. Den unteren, drei Reihen Scheiben umfassenden Teil nehmen
vier abwechselnd den lübischen Adler und die weiß-roten lübischen Farben
enthaltende Schilde mit gekrönten Helmen ein, die paarweise von Rundbögen
mit prunkvollen Festonverzierungen überwölbt \\'erden.
1) WB. 1577, 6. W. n. Ostern (Mai 12—18).
*) WB. 1586, 10. W. n. Mich. (Dezember 4— lo).
8) WB. 1674, 6. W. n. Mich. (November 8—14).
*) V. Melle, Syntagma, S. 271.
^) WB. 1662, 13. W. n. Neujahr (23-29).
6) Lub. Rel, S. 155.
^) Kunrat v. Hövelen, Der Stadt Lübeck . . . Herrlichkeit (1666), S. 59; Lebermann,
Die Beglückte . . . Stadt Lübeck (1697) S. 113.
Glasgemälde mit der Krönung der Maria.
l>Ii-; MAKIKAKIRCIIK. IJJ
Im städtischen Ausnalifliuch ' i hcil.st i's uiUlt dein I\l'( hnungsjahr 1516/17:
»Utegeven up diit vinster in des rac\es capcUe achter der schiven 120 inr.«
Über die Anbringung des l'ensters l)cric-htet das Stiftungsbiich der Sänger-
kapelle:''') ;^Anno 1521 den i^. in Icbruario wart dat nye glazevinster
ghci>ettet in L'nser 1 ,e\ cn Xrouwcn ( apelle i)avent allaer; dy[tl hofft de raetd
\an Lubccke betaelt undc dacrlho gheghevcn 150 mark, unde kostede der
ca])ellcn tho Isettcndc mit ene m\t andere 32 mark 15 s<hillinghe I.ub. ;
Die niclit erhaltenen (ilasmalcrcicn in den \ier iibri^en Kapcllciifenstern,
welche \ernuillich ebenfalls Darstellungen aus dein Ahirienlebeii enthielten,
stammten aus den jabi-en 13^,^ und 1324.
Das Stit'tungsbucli der Sängercapelle"^) meldet über ihre Anbringung:
»Anno 1523 woerden tle ander twe nye glazevinster ghesettet in der lienger-
capelle; hyr ghe\en uiil> tho de testamentarien ßelighen her Tydeman Barken
burgheniester 300 mr., dat l>e unli oeverwißedden l)y der kysten up denie
raethuße, daer unl> de heren kemenererß enen beßegelden breti" up ghegheven
hebben, jaerlickß tho vorrenten 15 mark. Desse vinster kosten tho ßettendc
mit ene mit ander 51 mark 10 schillinghe I,ubeckß Anno Domini
1524 woerden de lesten twe nye gla/.e\ inster ghel^ettet in Marien capellen,
kosten tho ßettende deme glaßwerker unde de[me] smede mit ene myt ander
60 mark 6 f) 8 penninghe.« Eine getuschte Zeichnung des in einem dieser
Eenster befindlichen Wap])ens von Elisabeth lierck geb. Möller igest. 1533)
hat von Melle seinem Familiarum Lubecensium clariorum Syntagma (S. 351)
ein\erleibt.
Die Mehrzahl der in der ALarienkirche vorhandenen (Jlasmalereien
entstammt aus dem 1399 und in den beiden tollenden Jahren erbauten Chor
der 18 18 abgebrochenen Burgkirche. Eines der dortigen Fenster, und
zwar wahrscheinlich das nachstehend (S. 180 ft") behandelte mittlere östliche mit
der Darstellung der Marien-Magdalenen-Legende, ^) war \-on dem 1406 ge-
storbenen Bürgermeister Henning von Rentelen,"*) ein anderes 1437 \on der
I leil. Leichnams-Brüderschaft zur Burg") gestiftet worden. Xachdem durch Rat-
und Bürgerschluß vom 17. September 1836 die bis dahin in Kisten auf dem
Chor der Katharinenkirche aufbewahrten Glasmalereien aus der Burgkirche
der Marienkirche überwiesen waren, ist 1840 ein Teil xon ihnen,") soweit
erforderlich, unter Leitung des Malers C.J. Milde xom (;iasermei.ster J. Achelius
wiederhergestellt worden. Noch in demselben Jahr sind drei derselben in die
drei ostseitigen Fensterluchten der l^eichtkapelle eingesetzt worden.')
^) St.-A., Handschriften No. 341.
•^) St.-A., Bl. 25, St.-A.
^) Neben diesem Fenster hing das Epitaph des Henning von Rentelen.
■*) Vgl. U.-B. der Stadt Lübeck 6, Nr. 179 und W. Brehiner, die Glasfenster in der
Beichtkapelle zu St. Marien, Mitt. d. \\ f. Lüb. Gesch. i, S. 109 ff.
^') Ein die Jahre 141 5 -1520 umfassendes Rechnungsbuch dieser Brüderschaft (St.-A.,
Brüderschaften) vermerkt unter 1437: «Item dem glazemaker vor de nygen vinster to der Borch
28 mr. Item de wiren vor dat glazewerk to vormakende unde de iseren, [de] darto hören, 9 mr.
iß Item deme smede vor wintyseren unde vor de stifte to deme glasewerke 4V2 mr. 2 ß.«
") Der Rest befindet sich in Kisten verpackt in einer Kammer neben dem Kirchenarchiv.
') Abgebildet in den »Denkmälern bildender Kunst in Lübeck,« 2. Heft, Tafel I.
V2
i/S
DIE MARIENKIRCHE.
Das nordöstliche dieser Fenster
(Abb.) schildert in fünf quadratischen
Feldern die Auffindung des heiligen
Kreuzes. Die einzelnen Szenen sind
\'()n einer reichen architektonischen Um-
rahmung eingefaßt, an deren seitlichen
Säulen Statuetten musizierender Jung-
frauen unter Baldachinen angebracht
sind. Sie stellen, von unten auf ge-
zählt, dar:
1 . Der Kaiser Konstantin, dessen
Heer unter dem Zeichen des
Kreuzes kämpft, besiegt seinen
r^eind Maxentius.
2. Konstantins Mutter, die Kaise-
rin Helena, bedroht die Juden
mit Feuer, um zu erfahren,
wo das hl. Kreuz \'ergraben
liegt, und läßt des Propheten
Simons Sohn Judas, der den
Ort weiß und verheimlicht, in
eine Grube werfen.
3. Judas gräbt die Kreuze des
Heilands und der beiden
Schacher aus.
4. Das hl. Kreuz wird vor den
beiden andern durch seine
wundertätige Heilung einer
Kranken erkannt. \)
5. Die Verehrung des hl. Kreuzes,
zu dem Judas, der unter den
Namen Quiriacus getauft und
zum i^ischof von Jerusalem
erhoben ist, auf sein Gebet hin
auch die zugehörigen Nägel
aufgefunden hat.
Nordöstliches Fenster der Beichtkapelle.
Untere Hälfte.
Das ostseitige Fenster der Beicht-
kapelle zeigt in zwiebeiförmigen mittleren
Ausschnitten, die von z\vei wellenförmig aufsteigenden rankenbesetzten Stengeln
umschlossen werden, fünf Bilder aus der Legende des hl. Hieron}'mus, während
die seitlichen Flächen Brustbilder musizierender Engel zwischen Ranken auf-
weisen (Abb.). Der Inhalt der Hau])tbilder ist:
*) Abgebildet ebenda, Tafel III c.
niK MAKIKXKIRCHE.
179
I. Der sclnvcr crkraiiklr juiii^c I liLTonyimis, der mcIi m scinni lichcr-
phaiUasicn vor (iottcs Ccrichl ciitnickl tulill, wird auf (k-sscn ( Icliciß
wegen des Sludiunis luidiiischer Sclinrieii «;e.^eilx-lt. ualiieiid i Ieili«;e
für ihn bitten.
2. Dei- m kk.slcrliclu-r Ah-e
schiecU-nlu'it k-bciidc Kardinal
I lieroiiNinus zielil einem ilnii
hiilfesuchend nahenden I.owen
einen I )i>iii an^ Ary I 'i;iii|..c. '1
3. 1 )ein zahnim'w ()i(k'nen Löwen
ist die ( )l)hiil über einen I-",sel
anvertraut, (k'i- für (kas Kk).ster
] lol/. aus (k'm iialicn Waide
höh; wiiliiciid jener schkat'l,
einfuhrt ein \ oiiiberziehender
Kaulniaitn (kn klsek
4. Als der kaulmann wieder des
Weges zieht, treibt der Lowe
dessen Kamele und den k^sel
dem Kloster zu; der Kauf
mann erhall \ om Meiii^en die
erbetene \ erzeihung.
5. Die Leiche des Heiligen wird
eingesegnet und seine Seele
\()n khigeln gen I linimel ge-
führt.
Das südösthche Fenster (Abb.)
enthält in zehn zu je zwei nebenein-
ander angebrachten mandorlaformigen
Feldern, von denen jedes l'a.ar aus
einem Kreise und zwei seitlicli in den-
selben hineinschneidenden Halbkrei.sen
gebildet wird, Szenen aus der Legende
des Apostels Petrus ; che dazwischen
freibleibenden Zwickel sind mit Archi-
tektur ausgefüllt. In den fünf Dojjpel-
feldern befinden sich folgende Dar-
stellungen :
I. Der Heiland beruft Petrus und dessen Bruder Andreas zu seinen
Jüngern. Daneben in Fischerkähnen Zebedäus mit seinen Söhnen
Jakobus und Johannes.
üstseiliges Fenster der Beiclitl-capell
Untere Hälfte.
^) Abgebildet ebendn, Tafel III d.
12*
i8o
DIE MARIENKIRCHE.
2. Petrus wird vom Engel aus der Gefangenschaft des Königs Herodes
befreit. Er wird zum Bischof von Rom erhoben.
3. Petrus erweckt vor dem Kaiser Nero einen JüngHng vom Tode, was
der daneben stehende Zauberer Simon nicht vermocht hat. Er ver-
scheucht mit einem geweihten
Brode zwei Hunde, die Simon
gerufen hat, ihn zu zerfleischen.
4. Petrus beschwört vor dem Kaiser
Nero auf Pauhis' Anraten die
bösen Geister, von denen sich
Simon durch die Luft tragen
läßt, worauf dieser abstürzt und
den Hals bricht.
5. Petrus, der vor Nero aus Rom
entweichen will, begegnet dem
Heiland, der zu ihm spricht:
Ich gehe nach Rom und will
mich nochmals kreuzigen lassen,
lu- kehrt weinend um und er-
leidet den Kreuzestod.^)
Die drei ostseitig das hohe
Mittelschiff abschließenden bunten
Fenster") (vgl. den Lichtdruck zu S. 127)
wurden 1843 eingesetzt. Sie sind dem
wahrscheinlich aus den ersten Jahren des
15. Jahrhunderts stammenden-') sechsteiligen
Mittelfenster aus der ( )stfassade der Burg-
kirche entnommen und enthalten je drei
Darstellungen aus der Legende der hl. Maria
Magdalena, der Patronin des Burgklosters, in
vierpaßförmigen Umrahmungen, und zwar:
L Das südö.stliche Fenster:
1 . Der auferstandene Heiland mit
der Siegesfahne erscheint als
Gärtner der Maria Magdalena.
2. Der Heiland erweckt Lazarus, den
Bruder des Heiligen, vom Tode.
3. Die Heilige wird mit ihren Ge-
schwistern Lazarus und Martha, dem Jünger Maximinus und anderen
Christen von den Juden in einem rüder- und steuerlosen Boote aufs
Südöstliches Fenster der Beichtkapelle.
Untere Hälfte.
^) Abgebildet ebenda, Tafel IV c.
'^) Abgebildet ebenda, Tnfel II.
=•) Vgl. S. 177.
DIK MARII'AKFRCIli:.
Sl
Meer hinausgestoßen. Im Hintergrund liegt die Stadt Massilia, wohin
ein luigel das Boot leitet.
II. Das nordöstliche Fenster:
4. Die Heilige erscheint dem heidnischen Fürstenpaare \on Massilia im
Schlafe, um sich und ihren Gefährten
gastliche Aufnahme zu erwirken.
5. Der Fürst von Massilia setzt auf der
Meerfahrt nach Rom seine unterwegs
bei der Geburt eines Knaben verstorbene
Gemahlin auf einer Klij^pe aus und legt
ihr das lebende Kind an die I^rust, es
dem Schutz der hl. Maria Magdalena
empfehlend.
6. Der Fürst findet auf seiner Rückreise
von Rom und dem heili;.4en Lande das
Kind wohlbehalten \or und erweckt
durch die von ihm erflehte Fürbitte der
hl. Maria Magdalena seine Gemahlin
zum Leben. Nach Massilia zurückge-
kehrt, wird er von der Heiligen getauft
und erbaut an Stelle seines niederge-
rissenen heidnischen Tempels eine Kirche.
III. Das mittlere Fenster (Abb.):
7. Der Papst Petrus führt den I'ürsten
nach dem heiligen Lande und zeigt ihm
Jerusalem und den Kalvarienberg. Die
Heilige begleitet sie, dem Fürsten un-
bewußt, mit der für tot auf der Klippe
zurückgelassenen Fürstin.
8. Die Heilige empfängt nach einem dreißig-
jährigen Leben in der Wüste unmittel-
bar vor ihrem Tode das Abendmahl vom
Bischof Maximinus, der sie in einem
marmornen Sarge bestatten \äl>t. ^)
9. Die während ihres Lebens in der Wüste
alltäglich auf sieben Stunden in den
Himmel entrückte Heilige entsendet
einen als Klausner lebenden Priester
nach Aix zum Bischof Maximinus mit
der Weisung, sie zum Abendmahl zu
Mittleres Fenster der Ostseile
des Obergadens. erwarten.
(Nach einer getuschten Federzeichnung -
C. J. Mildes auf der .Stadtbibliothek.) ») Abgebildet ebenda, Tafel IHc.
I82
DIE MARIENKIRCHE.
Während die drei Fenster nach oben hin mit je einem musizierenden
Engelspaar abschUeßen, zeigen die vier seitHchen Zwickel jedes Fensters je
eine von Weinreben umrankte Figur, nämlich:
I. I. Gott Vater aus dem Busche zu Moses redend (2. Mose 3, 4).
2. Die Aposteln Jakobus Major und Matthäus.
IL I. Judas Thaddäus und ein Apostel mit Buch. 2. Die Aposteln
Bartholomäus und Andreas.
III. I. Die Verkündigung. 2. Die Aposteln Thomas und Matthias.
Die ursprüngliche, ihrer Zeitfolge entsprechende Anordnung der einzelnen
Darstellungen und einiger weiterer, teilweise zerstörter Bilder ist aus einer
unmittelbar vor dem Abbruch der Burgkirche vom Maler J. Hauttmann
angefertigten getuschten Federzeichnung^) des dortigen großen Mittelfensters
ersichtlich, die nachstehend typisch zum Ausdruck gebracht ist.
Krönung
der Heiligen.
Musizierendes
Engelpaar.
Entsendunc{ des Priesters.
Thomas.
Verkündigungs-
eriffel.
Andreas.
Petrus und der Fürst
im heiligen Lande.
Zwei Posaunen-
bläser.
Die Heilige dem Fürsten-
paar erscheinend.
Apostel mit Buch. Moses.
Aussetzung
der Christen.
Matthäus. [Lücke.]
Auferweckuntr des Lazarus.
Musizierendes
Engelpaar.
Abendmahl der Heiligen.
Maria.
Wiederauffindung
der Fürstin.
Salomo (?) und die
Königin von Saba(?).
Aussetzung
der Fürstin.
Brennender Busch.
Predigt der IMaria
Magdalena zu Massilia.
Ein Brandopfer.
Christus als Gärtner.
Matthias.
Bartholomäus.
Thaddäus.
[Lücke.]
Im Jahre 1868 wurde ferner im Anschluß an die Erneuerung der West-
front das Fenster der Greveraden -Kap eile mit weiteren, ebenfalls bereits
1840 wiederhergestellten Glasgemälden aus der Burgkirche geschmückt. Sie
stellen in kreisrunden Medaillons, deren Umrahmung in Rankenwerk mit
Kreuzblumen ausläuft, drei Bilder aus dem Leben des Apostels Paulus dar
(Abb.), nämlich:
1. Paulus wird zu Philippi gestäupt (Ai)ostelgesch. 16, 22).
2. Paulus erleidet auf der Meerfahrt nach Rom Schiffbruch bei Malta.
3. Paulus, vor dem Lemobia ihren Schleier ausbreitet, wird zu Rom
enthauptet. ^)
J) Lüb. Stadtbibliothek.
'■'^ Auch als Tafel Illa der »Denkmäler bild, Kunst in Lübeck« abgebildet.
DIE MARIEXKIkCIIK.
Die obere Spitze zeigt den Heiland in einer Mandorla. Xeu entworfen
von Milde ^) ist der untere Teil des Fensters, welcher ein viertes Glasoemälde
mit der Bekehrung des Pauhis auf dem Wege nach Damaskus sowie zu unterst
die Wappen der Kirchenvorsteher Aug. Peter
Rehder (1861—73), Johannes Hasfe (i 861— 71)
und Joh. Heinr. Hanns (1861 — 68) aufweist.
SchliefMich entslaninit noch der Ikirg-
kirche die obere Partie des 1872 erneuten
P^ensters über dem Westportal (Abb.) In
der Mitte hängt der gekreuzigte Heiland am
ewig grünen Baum des Pebens zwischen den
beiden Schachern. Darüber schweben in Wolken
Gott Vater und der heilige Geist \on Engeln
und von Seligen in Gestalt weißer Tauben be-
gleitet, während zu beiden Seiten der Haupt-
gruppe je drei Halbbilder von Pro])heten ange-
bracht sind; das Ganze ist von Ranken um-
rahmt, die dem Lebensbaum entsprossen sind.
*) Mildes Quittung vom 13. Oktober 1868 befindet
sich als No. 67 unter den Kirchenrechnnngen von 186S.
fii
/^ICX
Oberer Teil des Fensters in der
Greveraden-Kapelle.
(Nach einer getuschten Federzeichnung
C. J. Mildes auf der Stadtbibliothek.)
Oberer Teil des Fensters über dem Westportal.
i^Nach einer getuschten Federzeichnung C. J. Mildes
auf der Stadtbibliothek.
i84
DIE MARIENKIRCHE.
Modernen Ursprungs ist dagegen das 1864 eingesetzte dreiteilige Fenster
der Schinkelkapelle. Etwa die Hälfte seiner Scheiben war bereits 1840
gefertigt worden, um si^äter in dem bis 1872 siebenteiligen Fenster zwischen
den Türmen als Einfassung der eben beschriebenen Kreuzigung zu dienen, sie
wurden aber für die Schinkelkapelle verfügbar, nachdem sich die Vorsteherschaft
dafür entschieden hatte , die unverhältnismäßige Breite jenes Fensters zu
beschränken; die übrigen Scheiben sind 1864 von Milde und Achelius her-
gestellt. Den oberen AbschluCs bildet das Lamm Gottes, über dem die Taube
des heiligen Geistes schwebt, daneben steht auf Spruchbändern der Vers Ev.
Joh. I, 29. Im übrigen zeigt das Fenster bunte Mosaikscheiben, die in den
beiden seitlichen Reihen mit je sieben Halbfiguren \'on Engeln, Propheten und
Aposteln, in der Mittelreihe aber mit sechs vierpal3«förmigen Rosetten abwechseln,
während die unterste Scheibe dieser Reihe das Wappen des langjährigen
Bauvorstehers der Marienkirche C. A. Nölting (gest. 1858) aufweist.
Der LeUne
m WestL
Der Lettner. Der den Altarraum nach Westen hin abschließende Lettner
besteht aus drei Teilen: einem steinernen Unterbau, einem hölzernen Oberbau
und einer der nordöstlichen Ecke angefügten hölzernen Wendeltreppe mit Portal.
Den 4,1 m tiefen Unterbau, der 1377 zum ersten Mal erwähnt wird,^)
bilden in der Hauptsache fünf spitzbogige Kreuzgewölbe, die einen freien
') 1377 J'-''"'' 23 verfügte Rixa, Witwe 'rideiiianii Blomenrots; »Item ymagini b. Marie
virginis sub choro do lueain optiinain toghain cum sacru (!).« 1379 Mai 13 vermachte Konstantin
Dil-; MARIlüNKlRCIll-:.
i<S5
Durchblick von dem Mittelschiff nach dem Altarrauin gewähren. Sie ruhen
vorne auf sechs Säulen, von denen die äul.veren den beiden westlichen Chor-
pfeilern fest angeschlossen sind; hinten werden sie von fünf Säulen getragen,
während am Xordende das Gewölbe einem Mauerwerk aufgesetzt ist, dessen
Lettner: Grundriß des Unterbaus und des Oberljaus in Höhe des oberen Fußbodens.
Abschluß wohl erst 1817 säulenartig gestaltet ist.^) Nach Süden wird der Bau
Schoneke der Marienkirche lo ^, »pro quibus ibidem meam eligo sepuhuram sub choro, ubi pater
meus est sepultus.« (Konstantin Schonekes Vater Hermann Seh. machte 1367 August iS sein
Testament.) St -A., Test.
'■*) Nach dem Wochenbuch empfing 1817 Oktober 20 — 26 der Maurermeister Joh. Benj.
Gähd »für Stuckatur Arbeit am Pfeiler unterm Chor und dazu gelieferten Gips 9 ^ 12 ß.«
i86
DIE MARIENKIRCHE.
Lettner: Querschnitt.
durch ein schmales, hinten geschlossenes Gewölbejoch, das sich vorn dem
dortigen Chorpfeiler anlehnt und in seiner Südostecke auf einer zwölften Säule
ruht, bis nahe an die den Altar-
raum umgebende Mauerbrüstung er-
weitert; hinter dem nördlichen Chor-
pfeiler schließt den Unterbau eine
schlichte Mauer ab, an deren Innen-
seite man Reste des 1598 abge-
brochenen^) Lettner -Altars bemerkt.
Die erwähnten zwölf Säulen sind aus
Kalkstein gehauen. Ihre Schäfte haben
bei den beiden mittleren Säulen der
Vorderreihe einen durch Birnstäbe und
Hohlkehlen kräftig gegliederten Grund-
riß (Abb.), während der Grundriß der
übrigen nach dem regelmäßigen Acht-
eck gebildet ist. Die aus Stuck ge-
fertigten Kapitale umrankt fein ge-
arbeitetes Blattwerk, aus dem menschliche Figuren, Tiergestalten, zum Teil solche
phantastischer Art, und Früchte hervorragen (Abb.). An der West- und Südfront
sind die spitzbogigen Gewölbeöffnungen \on Blatt-
werk-Archivolten eingefaßt, die aus oberhalb der
Säulenkapitäle angebrachten Laubwerkkonsolen
herauswachsen; sie schließen sich über den Bogen-
scheiteln zu Konsolen zusammen und gehen von
dort in einen, das breite horizontale Abschluß-
gesims des Unterbaus zierenden Blattfries über.
Gleich der nordseitigen Abschlußmauer entbehrt
die Ostseite jeglichen Schmuckes, selbst die hier
vorspringenden Teile der Säulenkapitäle sind erst
in jüngerer Zeit aus Gips angetragen. Jedenfalls
war hier ursprünglich der Altarraum vom Mittel-
schiff durch eine Mauer abgeschlossen, welche
nur die mittlere Bogenöfifnung als Zugang zu
ersterem freiließ, wie es noch gegenwärtig im Dom
der Fall ist. Entsprechend dem dortigen Aufstieg
führte auch vor Anlage der jetzigen hölzernen
Wendeltreppe (1588/89) etwas weiter südlich eine "1° | , 1 1 n | |T | [
steinerne Treppe vom Altarraum aus auf den ^ ,■ j n ^ c 1 1
'^'^ Lettner: (jriindriß und bocket
Lettner. ''^) lun abgeschrägter Rest des Fundaments ,1^,^. .„itHeren Säulen der Vorderreihe.
^) 1598, 7. W. n. Neujahr (Februar 19 — 25) wird eine Ausgabe gebucht «for dat altar
unter dem coere wechtobreken;« WB.
'') 1591, 10. W. n. Neujahr (Februar 28 — März 6) bezahlte die Kirche 2500 Mauersteine
»tho behoff des gemurden graves bynnen kurs, dar de olde stenen wyndeltreppen erdages gelegen;« WB.
Dil-: MARIEXKIRCIIK
187
dieses früheren Aufgangs ist noch an der Rückseite des nordöstHchen Mauer-
werks sichtbar, ferner befindet sich an der Innenseite der nördlichen Abschluß-
mauer ein einhüftiger gemauerter Bogen, der zweifellos den oberen Teil
der alten Treppe getragen hat. Der Gewölbeunterbau war ehemals bunt
bemalt und das Laubwerk vergoldet; seit 181 7 ist das Ganze mit Ausnahme
der weißgetünchten Gewölbekappen von einem eintönigen grauen Olfarben-
anstrich überzogen.^)
An der Westfront des Unterbaus sind oberhalb der Säulen sechs aus
Stuck gearbeitete, gut halblebensgroße Bildsäulen aufgestellt, deren farbige
Benialung und Vergoldung seit i<Si7 weiß überstrichen ist.') Sie sind jüngeren
Datums als der Aufbau, da ihre gröberen Blattwerkkonsolen nicht zu dem
feinen Laubwerk der Archivolten passen und roh in diese eingefügt sind. Die
Mitte nehmen die Jungfrau Maria und der Verkündigung.sengel ein; nach links
vom Beschauer aus folgen die hl. Anna selbdritt und Elisabeth, die Mutter
Johannis des Täufers, mit ihrem Knaben, der sich zu seinem Lamm herab-
beugt, nach rechts
der Evangelist
Johannes und die
hl. Dorothea, vom
himmlischen Kna-
ben mit dem
Blumenkorb be-
gleitet. Von den
an ihren Konsolen
befe.stigten hölzer-
nen Wappen-
schilden der Stif-
ter haben fünf
unter dem deckenden Anstrich die alte Bemalung ziemlich gut erhalten. Die
beiden mittleren zeigen einen sonst unbekannten geteilten Schild, der auf
schwarzem (?) Grunde in Gold oben einen Wechsel-Zinnen-Balken, unten einen
doppelreihig gewürfelten Sparren aufweist. Weiter südlich hängen ein unbe-
kanntes Wappen, das einen im unteren Winkel von einer unkenntlichen Figur
begleiteten goldenen Schrägen auf blauem Grunde zeigt, und der von Alensche
Wappenschild (vorn von blau und silber dreimal geteilt, hinten in silbernem
Felde ein goldener Klauflügel), das am weitesten nördlich befindliche sehr
schadhafte Wappen kennzeichnet sich durch die Überreste eines den ganzen
Schild teilenden blauen Sparrens und ein in der heraldisch rechten oberen Ecke
erhaltenes rotes (?) Kleeblatt auf Goldgrund als dasjenige 2) des 1428 ge-
storbenen 3) Bürgers Marquard vam Kile, der 1408 und 1409 als Mitglied des
Lettner: Kapitale.
^) Rechnung des Malermeisters D. C. Petersen; K.-A., Rechnungen.
2) Abgebildet bei Milde, Siegel des M.-A., Tafel lo, No. 62.
^ Nach dem Gildebuch der Heil. Leichnams-Brüderschaft ^;St.-A., Brüderschaften, Vol. B)
Bl. 124b.
l88 DIE MARIENKIRCHE.
neuen Rates genannt wird.^) Die Entstehung der Bildsäulen, von denen
übrigens die Johannesstatue 1436 nachweisbar ist,^) wird demnach ungefähr in
das erste Viertel des 15. Jahrhunderts fallen.
Der ursprüngliche hölzerne Oberbau, von dem nur bekannt ist, daß
seine Brüstung 1476 mit Gemälden geschmückt worden ist,^) fiel am Oster-
montag 1508 dem Brande zum Opfer, der sich vom Spielturm aus über das
Mittelschiff verbreitete. Dem einige Jahre später erfolgten Neubau gehören
die gegenwärtige Westfront und die obere Hälfte der seit 1592 durch Über-
kragung in zwei Wandflächen aufgelösten Ostseite (vgl. Abb. S. 186) an.
Die westseitige Brüstung des Oberbaus (Abb. S. 184) überragt
den Unterbau nach vorne um 1,2 m und reicht seitlich bis zur Mitte der
beiden anstol^enden Chorpfeiler. Sie wird gegliedert durch sechs gerade ober-
halb der Säulen des Unterbaus vor flachen Nischen aufgestellte gut halblebens-
groß geschnitzte Statuen, die 181 7 ihre Vergoldung mit einem weißen Olfarben-
anstrich vertauscht haben und bis dahin von spätgotischen Baldachinen über-
dacht waren.*) Die drei nordseitigen Bildsäulen sind, von der Mitte aus
beginnend, St. Anna selbdritt,^) der Evangelist Johannes und Johannes der
Täufer, die südseitigen der Erzengel Michael im Kampf mit dem Drachen, °)
St. Rochus in Pilgerkleidung mit dem Engel neben sich und St. Antonius*^)
mit Buch, Bettelglocke und Stab, zu seinen Füßen das Schweinchen, nach dem
ein im Übrigen vom Mantel des Heiligen verdeckter Teufel seine Kralle aus-
streckt.'') Vor den von nach vorn geknickten kleinen Säulchen getragenen
Konsolen der Statuen halten je zwei schwebende Engel die Wappen der
Stifter, und zwar zeigen die drei nördlichen Schilde^) das Wappen des Rats-
herrn (15 18 — 30) Johann Salige (drei \'on einem Stern überstrahlte Bäume),
die drei südlichen das des 15 18 gestorbenen Bürgers Godart Wigerink (einen
von drei Ringen begleiteten eingebogenen SparrenX Von den durch die Bild-
säulen abgeteilten fünf großen, nahezu quadratischen Feldern der Brüstung weist
das mittlere ebenfalls ein plastisches Werk'') auf, die auf der Mondsichel stehende
(Offenb. 12, i) lebensgroße Madonna, deren mit einer \'ergoldeten messingnen
^) U.-B. der Stadt Lübeck 5, No. 207, 222, 664.
^) 1436 August 2 verfügte Detlef Bonhorst, >.dat dat waslichl vor s. Johans evvangelisten
bylde ewich gheholden werde vor deine chore stände, dar niyn vader der 1432 gestorbene Ratsherr
Marquard Bonhorst i under graven licht;« St.-A., Test.
^; Chronik Christians von Geren (Bruns, Die Lüb. Bergenf'ahrer und ihre Clironislik , S. 369.
■*) Nach einer 181 7 vom Maurermeister B. Gähd gefertigten rohen Zeichnung der Westfront
des Lettners im Kirchenarchiv.
*) Abgebildet bei Goldschniidt, Lüb. Malerei und Plastik, Tafel 33.
«) Das. Tafel 32.
') Die Auswahl dieser Heiligen erklärt sich dadurch, dalJ St. Anna, Michael und Johannes
der Täufer neben der im Mittelfelde angebrachten Jungfrau Maria die Schutzpatrone der Marien-
kirche waren, während der Evangelist Johannes offenbar den Namensheiligen Johann Saliges darstellt
und Godart Wigerink seinem 15 11 Juli 19 errichteten Testament zufolge der Rochus- und der
Antonius-Brüderschaft angehörte.
^) Der mittlere ist abgebrochen.
DIE MARIKN'KIRCIIK. 189
Krone '"i ocschiiiiicktcs Haupt von einer aus hölzernen Stäben zusammengesetzten
Glorie umstrahlt wiicl. Sie teilt die als Menschenantlitz dargestellte Sonnen-
scheibe, die oben und unten von krausen Wolkcngebilden, in denen sich vier
nackte ICngelsfiguren tummeln, seitlich von zwei szepterartigen Stäben eingefaßt
wird. Auf beiden Seiten schliel>en zwei Hündelj^feiler, die jeder von einem
181 7 gefertigten -1 kleinen tubcnblasenden Engel gekrönt werden, das oben
von Mal^^werkbogen umrahmte Feld ab. Die vier übrigen Felder oberhalb der
Bogenöffnungen des Unterbaus enthalten je zwei lebensgroße Gemälde weib-
licher Heiligen auf Goldgrund. Die nordseitigen sind, von der Mitte aus
gezählt, St. Katharina mit Schwert und Rad, den Kaiser Ma.xentius zu ihren
Füßen, St. Lucia, am Hals von einem Pfeile durchbohrt, St. Margaretha mit
dem Drachen und die hl. I'^lisabeth von Thüringen, einen Bettler tröstend.
Die beiden ersten Tafeln tragen das Wappen Johann Saliges, die dritte den
grün-gold-rot geteilten Schild seiner Fhefrau 1,1507 — 17) Richel geb. Bnim.se,
die vierte ist ohne Wapi)en. Südseitig sind dargestellt St. (iertrud mit Lilien-
stengel und Buch, St. Maria Magdalena mit der Salbenbüchse, St. Apollonia
mit Zange und Buch und St. Dorothea mit ihrem Blumenkorb und dem
Knaben. Auf diesen Bildern sind die Wappenschilde der vier l'Jiefrauen Godart
Wigerinks^) angebracht, nämlich i. ein Baum auf Goldgrund, 2. das Klaholtsche
Wappen (ein von drei gestümmelten h'jchenzweigen begleiteter schwarz-weiß
geschachter Sparren auf Goldgrund). 3. das Divessche Wappen (im rot-gold
gespaltenen Schilde zwei streitende Hähne in \er\\echselter Farbe), 4. ein
brauner Adlerrumpf auf Goldgrund. Die den Unterbau seitlich überragenden
Flächen der Brüstung zeigen vier weitere Gemälde, deren Breite ein Viertel
bezw. die Hälfte der vorigen ausmacht. Die beiden schmäleren Flächen an
den lüiden der Frontseite waren ehemals mit den Gestalten Adams und
Evas ausgefüllt,'*) die jedoch bei der 181 7 erfolgten Wiederherstellung sämt-
licher Gemälde der westlichen Brüstung durch den Lübecker Kunsthändler
H. A. SchlegeF) durch zwei gemalte Kandelaber ersetzt worden sind. Die beiden
Schm.alseiten der Brüstung zeigen gegen Norden die auf der Mondsichel
stehende und von hangeln gekrönte Madonna, vor der die kleine Figur des
Stifters, jedenfalls Johann Salige, kniet, und gegen Süden die Dreifaltigkeit (Abb.).
'^ 1612, 15. W. n. Neujahr April 5 — 11 erhielt der Goldschmied Paul Wynter 1^2/3,
»dat he deui iMarienbilde tor dem Gore eyne myssinges Krone wedder gemacket und ein Stuck der
olden vorbetert;« WB.
^ Die Rechnung des Bildhauers D. Pegel über seine Wiederherstellungsarbeiten am Lettner
führt zwei Figuren zu je 10 ^ auf; Rechnungen von 1S17.
^ Vgl. Die Grabplatte Gotthard Wigerinks. In seinem 1511 Juli 19 kurz nach dem
Tode seiner dritten Ehefrau Anna Dives errichteten Testament bedenkt Gotthard Wigerink unter
gewissen Voraussetzungen die Verwandten seiner »selighen husfrouwe Anneken, selighen her Hermen
Claholtes (gest. 1498) dochter;« St.-A., Urschr. Ferner wird 1520 um ^Lucie' Dezember 13 den
»van Anneken syner elyken frowen, zeligen her Herman Klaholtes dochter,« geborenen acht Kindern
weil. Gotthard Wigerinks ein Vermächtnis zugeschrieben; Oberstadtbuch, lib. 12, Jacobi, Bl. 30.
■*) Nach der Zeichnung von B. Gädt (vgl. .S. 1S8, Anm. 4'.
^'; Vorsteher-rrotokoU 1743— 1S32, ,S. 272 und Rechnungen H. A. Schlegels unter 1817.
IQO
DIE MARIENKIRCHE.
An den beiden Ecken der Frontseite und vor
den die vier großen Doppelgemälde scheidenden
schmalen Leisten stehen sechs geschnitzte Figürchen
auf schlanken Säulchen, die durch Knickung ihres
Schaftes vorgekragt sind, um die für die Konsolen
erforderliche Tiefe zu gewinnen. Von diesen
Statuetten sind die vier mittleren kenntlich als
St. Christoph, St. Bartolomäus, St. Nikolaus und
St. Sebastian. Den unteren Abschluß der Brüstung
bilden vierzehn gotische Friesfüllungen in drei
verschiedenen Mustern und hängende MaLswerk-
bögen. In die oberhalb der sechs großen Bild-
säulen 1817 durch die Beseitigung der gotischen
Baldachine (vgl. S. 188) frei gewordenen Flächen
ist neues, vierpaßartig angeordnetes Maßwerk ein-
gesetzt^), darüber sind schrm geschnitzte ältere
Friesfüllungen angebracht, die, nach ihrer Größe
zu schließen, dem 1806 wiederhergestellten Bergen-
fahrerstuhl (vgl. unter Gestühl ) angehört haben.
Gekrönt wird die Westfront gleich den übrigen
Seiten des Oberbaus durch eine ebenfalls 18 17
geschnitzte derbe Spitzbogengallerie.
Nach den vorhandenen Wappen ist zweifel-
los die nordseitige Hälfte der Brüstung von Johann
Salige, die südseitige von Godart Wigerink gestiftet.
Der Bau fällt einerseits nach dem Sommer 15 13,
da Godart Wigerink um diese Zeit, zwei Jahre
nach dem Tode seiner dritten Gattin, seine vierte
Ehe einging,^) andererseits kann als Abschluß der
damaligen Arbeiten das Jahr 1520 gelten, da die
bis 18 17 im mittleren Gewölbebogen des Unter-
baus befindliche Eingangstür zum Altarraum, deren
Holzwerk 1852 dem großen Nowgorodfahrerstuhl
als Rückwand eingefügt ist, das Wigerinksche
Lettnerbrüstung:
Die Dreifaltigkeit.
1) Die Rechnung des Bildhauers D. Pegel führt u. a.
sechs Füllungen zu je 6 ^ auf; Rechnungen von 1817.
2) Das Oberstadtbuch dib 11, Petri Bl. 25) vermerkt
unter 15 13 um (Augustini cp.) August 28: »Tho Godert
Wideringk (!) sindt ghekamen myt syner eetliken (!) husfrouwen
Anneke in brutschath eyn huß efte tvi^c boden under eynem dakc, so me gheyt van dem markede
na der Holstenstraten dat ander huße vamme orde.« Ferner wurde Mitte 15 13 bis Mitte 1514
Anneke Wygerdynks als Schwester in die St. Antonius-Brüderschaft aufgenommen, der 1496/97
»Gowert (!) Wyggeryng unde syn vrouwe« und 1499/1500 Anneke Wygeringz (geb. Klaholt) bei-
getreten waren; SchafTer- Rechnungsbuch der St. Antonius -Brüderschaft 1415—1520 (St.-A.,
Brüderschaften).
DIE MARIENKIRCHE.
191
Wappen mit der Jahreszahl 1520 trägt.') Während der unter die besten
Lübecker Künstler zu rechnende Maler unbekannt ist, rühren die plastischen
Werke vom Bildschnitzer Benedikt Dreyer her, wie ein Vergleich der Antonius-
statue mit der nachweislich von diesem Meister gefertigten I lauptligur des
1522 entstandenen Antonius-Altarschreins aus der Burgkirche lehrt. "•'^
Aus derselben Bauzeit stammt die beträchtlich niedrigere ehemalige
ostseitige Lettnerbriistung, welche seit 1592 die obere Hälfte der damals
Lettner: Teil der östlichen Brüstunij.
durch Überkragung in zwei Wandflächen aufgelösten gegenwärtigen Ostfront
bildet. Sie wird durch die von Säulchen getragenen und von gotischen
Baldachinen überdachten Statuetten des Heilands mit der Weltkugel und der
1) Nach [Lebermann], Die Beglückte und Geschmückte Stadt Lübeck (1697I S. 106, befand
sich Godart Wigerinks Wappen »an den beyden höltzernen Altar-Thüren unter dem Chor mit der
Jahr-Zahl 1720, wiewohl einige Antiquarien diese 7 für eine 5 nach der alten Zahl-Art wollen
auslegen.«-
^) Vgl. Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik, S. 22.
192 DIE MARIENKIRCHE.
zwölf Apostel, deren Arme mit den Attributen grö(3tenteils fehlen, in vierzehn
mit Tafelbildern geschmückte Füllungen geschieden. Die ungefähre Mitte
(Abb.) nehmen, an sechster bis achter Stelle, der Heiland mit der Weltkugel
zwischen der Madonna mit dem Kinde und der hl. Anna selbdritt ein; nach
Süden hin folgen Petrus, Andreas, Johannes, Jakobus d. Jung, (mit dem
Wollbogen) und ein Apostel ohne Attribut, nach Norden hin Paulus, Jakobus
d. Alt., Thomas (mit Jag"dspiei?s), Philippus (mit Kreuz und Buch), Matthäus
(hinterücks vom Schwert durchbohrt) und Thaddäus (mit BeilV Den unteren
Abschlul.^ bilden zwei Reihen durchbrochener Rankenwerkfriese.
Unterhalb der Brüstung hing bis zu dem 1592 — 95 erfolgten Umbau
dieser Seite ein vom Bürgermeister Tidemann Berck gestiftetes, längst unter-
gegangenes (iemälde der Anbetung der hl. drei Könige. Der Chronist
Hinrich Rehbein berichtet') kurz vor Entfernung dieses Bildes: »Dieser her
Tidemann hatt bey seinem leben das kunstreiche malwerck uff tuech, so in
der Maryenkirche im choor über den peiden choortüeren gemahlet, ferttigen
laßen und up peiden enden seiner frawen und sein conterfait setzen lassen.
Er ist in gestaltt undter den heiligen 3 königen der erste und der da in den
kniehen sitzet, das kindlein Jesum anbetende, und ist des h. Tidemans sein
wahres conterfait.'
Die übrigen Teile des Lettners tragen Renaissancecharakter und sind
1588—95 vom Kirchentischler Jochim Wernke''^) d. Alt. gefertigt. Über den
Fortgang der Arbeiten gewähren die Wochenbücher der Kirche erschöpfende
Auskunft. ^)
Der Umbau, durch den zugleich der bisherige Oberbau nach Osten hin
bis an die beiden nächsten Chorpfeiler erweitert wurde (vgl. die Abb. S. 185),
begann mit der h>neuerung der Xordseite (1588 — 91) und zwar zunächst mit
der lü'richtung der hölzernen Wendeltreppe lAbb.) an Stelle der bisherigen
steinernen (vgl. S. 186). Ihr Brüstungsgeländer wird von fünf in Muschel-
nischen zwischen je zwei Hermenpilastern aulgestellten Tugendgestalten in sechs
vom Maler Gregor \'on Gehrden"*) mit mäl.Mgen (lemälden ausgestattete Flächen
geschieden; ihnen schließt sich zu unterst, von einem weiteren Hermenpilaster
abgetrennt, ein schmales Feld an, das eine gemalte weibliche Figur mit der
Jahreszahl 1589 zeigt. Den Handgriff und die Hermen stützen zierliche
Konsolen. Die sechs größeren Felder enthalten je drei als Gegenstücke neben-
einander gestellte Szenen aus dem alten und dem neuen Testament, und zwar,
von unten beginnend:
^) Handschrift der Stadtbibliothek zu Lübeck, Heft J, S. 515A. Über den Chronisten
vgl. Briins, Hans. Geschichtsbl. 1900, S. 166 f.
"■*) Er schreibt sich eigenhändig »Jochgyhym Wernke« im Lchrlingsannahmebuch des Tischler-
ainles; St.-A., Tischlerakten. Seit 1565 selbständig in Eübeck tätig, ist er Ende Februar 1604
gestorben; WB. 1604, 2. W. n. Neujahr (Februar 26 bis März 31.
^; Die betreffenden Nachrichten sind zur Entlastung des Textes im 11. Heft der Mitt. d.
V. f. Lüb. Gesch., S. 69 — 75, veröffentlicht.
"*) Gregor von Gerden erwarb 1569 um iniser. Dom. April 24 das Haus Fischergrube
No. 18, das 1592 um (Martini) November 11 seiner Witwe Clara und seinen Söhnen Moritz und
Gregor zugescln-ieben wurde; Oberstadtbuch. Er ist »kurtzer zeit« vor 1591 Januar 16 gestorben;
Th. Hach in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 2, S. 180.
DIE MARIENKIRCHE.
193
I. Die Gesetzgebung am Sinai. 2. Maria und Joseph mit dem neu-
geborenen Christkind.
3. Die Aufrichtung der ehernen 4. Die Kreuzigung Christi.
Schlange.
5. Jonas vom Msche ausgespieen. 6. Die Auferstehung Christi.
Letlaer: Noixlseite.
13
194 l^IE MARIENKIRCHE.
Die zur Treppe führende Tür wird von zwei auf bemalten Postamenten
stehenden Säulen mit reich geschnitzten unteren Schaftringen eingefaßt, \\elche
ein Gesims mit vorgehängten Löwenköpfen tragen. Die Türfläche ist nach
der Weise der Renaissance mit einer architektonischen Füllung geschmückt,
welche z^^'ei einst vermutlich mit Malerei gezierte, jetzt marmorfarbig gestrichene
Felder umschließt und gekrönt wird durch ein von Pilasterhermen getragenes
Gesims mit flachem Giebeldreieck, an dessen Seiten je ein nach einer Blumen-
vase pickender Vogel sitzt. Die Intarsien dieses Aufbaues sind seit 1817
übermalt. Über dem Hauptgesims erhebt sich ein zierlicher reichgeschnitzter
Giebelaufbau, dessen mittlere Quadernische ein liebliches Halbbild der Madonna
mit dem Kinde ^) füllt.
Die 1590/91 gebaute nordseitige Lettnerbrüstung wird durch sechs
Säulen, die gleich dem auf ihnen ruhenden Gesims mit dessen vorgehängten
Löwenkopfkonsolen dem zierlicheren Aufbau des Treppenportals nachgebildet
sind, in drei größere mittlere und zwei schmale seitliche Felder gegliedert.
In den ersteren umschließen rundbogige flache Pilasternischen drei auf Gold-
grund gemalte lebensgroße Figuren: den auf der etwas tiefer gelegenen oberen
Treppentür dargestellten segnenden Heiland zwischen Martha und Maria
Magdalena. Rechts oberhalb des letzteren Gemäldes hat der Maler ^) auf
einem aufgeschlagenen Buche, das ein Engel hält, vermerkt: lOHAN | WILLIN '<]
GES AN il NO 1591. In den beiden äußeren Feldern ist ein kleiner Einbau mit
einer Muschelnische angebracht, in denen zwei ehemals bunt bemalte, jetzt
weißgestrichene Apostelfiguren (Petrus und Paulus [}]) aufgestellt sind.
An der 1592 entstandenen südlichen Brüstung (Abb.) wiederholen
sich die Säulen und das Gesims der Nordseite, doch umrahmen sie hier vier
gleich große Felder mit den Gemälden der vier Evangelisten, deren Namen
inmitten reich geschnitzter Kartuschen unterhalb der Bilder stehen. Auf den
hohen Säulensockeln sind die fünf Sinne in Gestalt weiblicher Figuren gemalt.
Der Name des Künstlers 3oI]an IPtUiiiges fec. steht links oberhalb der Johannes-
figur. Die Gemälde beider Schmalseiten sind gleich denen der Westfront 18 17
vom Kun.sthändler H. A. Schlegel wiederhergestellt.
Ebenfalls im Jahre 1592, noch vor dem Umbau der Südseite, ist der
Lettner, wohl aus akustischen Rücksichten, mit einem zweiten oberen Fuß-
boden versehen, der 1,3 m über dem älteren liegt und unter Überkragung
*) Lichtdruckabbildung bei P. Hasfe, Aus der Gesch. der Lüb. Malerei von 1550 — 1700,
Tafel II. Da der Giebelaufsatz, »de deckelße,» erst gleichzeitig mit der nordseitigen oberen
Lettnerbrüstung gefertigt ist (vgl. Mitt. il, S. 71), so dürfte gleich den dortigen Gemälden auch
das bisher dem Gregor von Gehrden zugeschriebene kleine Madonnenbild von Johann Willinges
gemalt sein.
*) Johann Willinges, der anerkannt tüchtigste Lübecker Maler seiner Zeit, erwarb 1590
die Meisterschaft, indem er gleichzeitig die Witwe des Malers Silvester von SwoUe ehelichte, und
ist am 24. August 1625 gestorben. Nähere Mitteilungen über sein Leben und Wirken seien einer
Einzelschrift vorbehalten.
DIK MAKIKNKIRCIIE.
195
der svut I ni über den Unterbau vorspringenden bisherigen ostseitigen Brüstung
I)is an die beiden nächsten Chorpfeiler reicht (Abb. S. 185 f.). Infolgedessen ist
die Ost Seite in zwei senkrechte W'andflächen und zwei untere Ansichtssachen
aufgelöst. Die obere Brüstungswand trägt, wie schon bemerkt, die vorhin
beschriebene gotische .\u.sstattung der älteren Ostfront. Die der etwas er-
niedrigten unteren Brüstung vorgesetzte Vertäfelungsfläche , welche an beiden
Seiten im rechten Winkel umbiegend bis an das erwiihnte Pfeilerpaar fort-
geführt i.st, wird durch Hermenpila.ster in zwölf Felder abgeteilt, die 1595 \-on
LeUner; Südliche Brüstung.
Joh. W'illinges mit Gemälden neutestamentlichen Inhalts geschmückt worden
sind (vgl. Abb. S. 191). Sie stellen dar:
1. Die Taufe im Jordan;
2. die Hochzeit zu Cana;
3. die Austreibung der Wechsler aus dem Tempel;
4. das Gleichnis vom barmherzigen Samariter;
5. die Heilung des Gichtbrüchigen;
6. Jesus und Nikodemus;
7. die Bekehrung des Paulus;
8. die Auferweckung des Lazarus;
9. die Fußsalbung des Heilands durch Maria Magdalena;
10. die Kreuzigung;
11. die Auferstehung;
12. die Himmelfahrt.
196 DTE MARIENKIRCHE.
Am unteren Rande der Kreuzigungsszene steht I WIL 1595. Die
Gemälde sind gleich den vierzehn oberen Bildern 185 i von C. J. Milde wieder-
hergestellt worden. Die beiden ^\•agerechten unteren Flächen sind mit ein-
fachen Kassetten versehen, in deren Grund große Muster in verschiedenfarbigen
Hölzern eingesetzt sind.
Die Hochaltäre.
Die älteste Altartafel des Hochaltars, von der wir Kunde haben,
ist 1407 durch Feuer zerstört worden, und zwar, \\'ie es scheint, erst kurze
Zeit nach ihrer Errichtung.
»In deme sulven jare Christi (1407) in der nacht der apostele Philippi
et Jacobi (Mai i) do vorbrande to Unser Leven Vrowen uppe deme hoghen
altare de taftele unde achter dem aitar de zeygher mit al der syrheit unde
iimme dat altar de cancellen in deme sanctuario al umme;« Chroniken der
deutschen Städte, Lübeck, IL Band S. 142.
1406 April 26 verfügte Johann Nyenborch: »Item gheve ik to Unser
Leven Vrowen kerken to der taffeien des hoghen altares myne twee sulverne
schalen unde V2 dozyn sulverne lepele«, 1406 Mai 18 Johann Oldenborgh:
»Item do ecclesie b. Virginis Marie illas 1 2 V2 mr. quitas ad salutem anime
mee, quas exposui ad fundacionem summi altaris in predicta ecclesia;«
St.-A., Test.
Diese Tafel wurde durch ein nach mehr als zehnjähriger Arbeit 1425
vollendetes Doppeltript}'chon mit Predella ersetzt, das bis 1696 ge-
standen hat.
141 4 März 28 und 141 5 April 17 bestimmte Reyner van den Finsten:
»Item to Unser Leven Vrouwen to der groten monstrancien geve ik 5 mr.
Item darsulves to der tafelen, de men nu nye maket up dat hoge altar, geve
ik 5 mark.« Ferner vermachten Johann Colleman 141 5 August 30 »to dem
buwe Unser Vrowen kerken« 5 ^ »unde darsulves to der nyen taffeien« 3 #,
Hans Angerman 1424 März 11 »to der tafelen hir to Unser Vrowen kerken
up dat hoghe alter« i ^ und Hermann Millius > tho Unser Leven Vrouwen
to der nyen tafelen tho hulpe« 5 ^. St.-A., Test. — Das Werk trug nach
von Melles Angabe (Lub. Relig. S. 195) die Aufschrift: »Anno Domini
MCCCCXXV presens tabula est completa.«
Von der gemalten Außenseite dieses Schreins ist mit Sicherheit die
1,63 m lange und 0,60 m hohe Füllung des linken Türflügels der Predella
erhalten. 1850 von C. J. Milde und vor wenigen Jahren abermals von
Joh. Nöhring restauriert, zeigt ihre Außenfläche, auf Goldgrund gemalt, die
vom Beschauer aus nach links gewandten, den gleichen unentwickelten (jesichts-
typus tragenden Brustbilder fünf heiliger Jungfrauen, die durch die Aufschriften
ihrer — auf dem nebenstehenden Lichtdruck freilich nicht hervortretenden —
Nimben und durch ihre Attribute als Dorothea, Barbara, Margareta, Agnes
(agnctit) und Aj^ollonia gekennzeichnet werden. Die Malweise erinnert an die
des Kölner Meisters Wilhelm. Die Tafel, deren mit einer dicken Kreideschicht
überzogene und vergoldete Rückseite ehemals drei geschnitzte P^igurengruppen
barg, ist neuerdings im Süderschiff am ostseitigen Ende des großen Schonen-
fahreroestühls aufoehänot.
IHK MARIENKIRCIIK.
197
Da \<)ii tlcni Meister der eben l)escliriehenen linislbilder uiuerl^ennhar
aucli zwei auseinanderges.ä^te 0,67 111 liohe und 0,43 ni breite Tafelbilder
oemalt sind, die 1S55 aus Privatbesitz^) den zum Lübecker Museum vereinigten
ölientlichen Kunstsammlungen überwiesen wurden, so wird in ihnen brichst wahr-
scheinlich ein Stück eines der beiden äußeren Altarflügel vorliegen. XOn ik-n
beiden 1900 von Job. Xöhring restaurierten Stücken (Kulturhist. Museum Xo. 137
und 13S) zeigt das eine, \ermutlich der Außenseite angehörige Bild (Abb.) auf
rotem, mit goldenen Sternen bescäeten Grunde zwei /Xpo.stel mit Schwert und
mit Lanze, also St. Paulus oder St. INLatthäus und St. Thomas. Seine eliemalige
Rück.seite (Abb. S. 198) stellt auf
Goldgrund die Hotschaft des \'er-
kündigungsengels an die \'or einem
niedrigen Betpult knieende Jungfrau
Maria dar; auf den Nimben beider liest
man (.iiictc • ijljaurici • amjLiUG und
faiicta • niiiria • Uinja • liinjin ;
ihre Spruchbänder lauten ,1UC iTlMi'iil
pirnfiil bnö tccinn uml crcc aiuiiia
boinini fint miriji fcöni ...
Die Außenseiten der beiden früher
in der Bergenfahrerkapelle aufgestellten
Innenflügel'^) sind nach ihrer Wieder-
herstellung durch C. J. Milde 185 1 bei
der Einrichtung der gegenwärtigen
Sakristei in das dortige nordsei tige
Pannelwerk eingefügt worden (2 Abb.).
Jeder P^lügel weist auf Goldgrund in
zwei 1,55 m langen Reihen sechs
0,88 m hohe P^elder mit ebensovielen
vergoldeten und bemalten geschnitzten
Reliefdarstellungen aus dem Leben der
Jungfrau Maria und des Heilands auf,
die von je zwei turmartigen zwei-
geschossigen Baldachinen überdacht
werden. Der vom Beschauer aus linksseitig angebrachte Flügel enthält:
I. die Geburt der Maria, 2. Maria Darstellung im Temjjel, 3. Maria in der
Schule, 4. Maria bei Elisabeth, 5. Maria mit Engeln das neugeborene Christ-
kind anbetend, 6. die Beschneidung Christi; der rechtsseitige F'lügel: i. das
hl. Abendmahl, 2. die Fußwaschung, 3. Christus in Gethsemane, 4. die Marter
Christi, 5. Christus vor Pilatus, 6. die Kreuztragung. Unterhalb der beiden
Gemälde vom ehemalig-en Hochaltar.
1) Als Geschenk des Bürgermeisters Dr. jur. C. L. Roeck; Verzeichnis der lübeckischen
Kunstaltertümer, welche sich auf dem oberen Chor der St. Katharinenkirche befinden (Lübeck 1855),
Nr. 137 und 138.
^) Vgl. zum Folgenden «Neue Lübeckische Blätter,« Jahrgang 1852, S. 225 f.
198
DIE MARIENKIRCHE.
Flügel sind in je drei 0,56 m hohen Feldern, die oben von Baldachinen in
Gestalt von je drei Rundbögen abgeschlossen werden, sechs kleinere Gruppen
gleichen Charakters aufgestellt. Sie entstammen den Innenseiten der beiden
Gemälde vom ehemaligen Hochaltar.
Schnit7,\verk vom fheiiuiligirn lluchallar.
Srlmitzwerk vom ehemaligen Hochaltar.
DIE MARIENKIRCHE. 199
Prcdcllaflü^cl und hal)cii /um ( ie^^cnstand : i. Christi Darstellung; ini 'Icnipcl,
2. die Anbetun^i; der hl. drei Könige, 3. den IkHhlcheniitischcn KindcTuiord,
4. den i\uferstandenen, wie er sich der Maria Maj^dalena ofifenbart, 5. die
1 linimelfahrt Christi, 6. die Aus»icßuno; des heili,y;en Geistes. Mannigfache
in die 1 landlung \-erfl()chtene individuelle Züge legen Zeugnis ab x'on dem
Bemühen des unbekannten Schnitzers, seinen StolT durch lebensvolle Aus-
gestaltung" dem Beschauer niUier zu bringen.^)
Die Innenseiten der beiden inneren l''lügel und die grol.Nc Mitlcllafcl,
die zusammen eine Breite von etwa 7 m umfal.^ten, enthielten, wenigstens in
den letzten Jahrzehnten der Heiligenverehrung, inmitten einer vornehmlich aus
l'ialen und Baldachinen zusammengesetzten vergoldeten Architektur 52 größere
und 39 kleinere silberne Statuetten^) im Gesamtgewicht von 457 lötigen Mark
und 1 V2 Dot oder von 109,231 kg. Sie sind 1533 zurzeit des W'ullenweverschen
Regimentes der Geldnot des Staates zum Opfer gefallen.
Diese Bildwerke waren in drei Reihen von versehiedencr Höhe an-
geordnet. Die Mittelreihe barg als Hauptgestalten die i'iguren des Heilands
und der von ihm gekrönten Maria im Gewicht von 4,677 und von etwa
4,538 kg; zu beiden Seiten derselben befanden sich je sieben durchschnittlich
3,210 kg schwere Statuetten, nämlich Maria mit dem Verkündigungsengel
und die Aposteln Petrus, Jakobus Major, Andreas, "Diomas und Mattheus auf
der einen Seite, auf der andern die Aposteln Paulus, Johannes, Simon und
Philippus, der hl. Olav und die Aposteln Bartholomäus und Mathias. Zwischen
diesen sechszehn Statuetten waren achtzehn durchschnittlich 0,253 kg schwere
Figürchen angebracht, jedenfalls je eine vor den die einzelnen Felder ein-
schließenden Säulchen und vielleicht ein Engel mit der Himmelskrone über
dem Mittelbilde der Maria. Zu unterst waren siebzehn durchschnittlich
1,761 kg schwere Statuetten aufgestellt: in der Mitte Christus als Schmerzens-
mann zwischen zwei Engeln mit der Lanze und dem Kreuz und zu beiden
Seiten je sieben weibliche Heilige, nämlich nach links hin Margaretha, l-rsula,
Barbara, Katharina, Dorothea, eine unbenannte Heilige und Gertrud, nach
rechts hin Agnes, Maria Magdalena, ApoUonia, ein vom Werkmeister Paul
Slagge (1473 — 87) gestiftetes nicht näher bezeichnetes Heiligenbild, Walpurgis,
eine zweite Apollonia und Maria Egyptiaca. Die obere Reihe füllten in der
Mitte die 2,279 kg schwere Taufe im Jordan (Johannes, Christus und der
heil. Geist) und zu beiden Seiten dieser Gruppe je neun Heiligenfiguren im
durchschnittlichen Gewicht von 875 Gramm, nämlich Jakobus Major, 1461
gestiftet,^) Antonius, Erasmus, Maria Magdalena, Cosmas, Damianus, Nikolaus,
Lewinus und Magnus auf der einen Seite, und auf der andern zweimal die
hl. Anna, Stephanus, ein ungenannter Prophet, Laurentius, Moses, Katharina
und die Aposteln Johannes und Andreas. Zwischen ihnen waren einund-
zwanzig durchschnittlich 117 Gramm schwere Figürchen angebracht, offenbar
je eine vor den die neunzehn Felder begrenzenden Säulchen und vielleicht
ein Gott Yater oberhalb der Taufgruppe.
Die Architektur der beiden Innenfiügel ist 185 1 nach ihrer Wieder-
herstellung durch den Hamburger Bildhauer J. P. N. Martin in freier Anordnung
^) Vgl. Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik bis zum Jahre 1530, S. 9.
^) Vgl. das Verzeichnis derselben in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. il, S. 179 ff.
«) Das. S. 173.
200 DIE MARIENKIRCHE.
und Ergänzung unter Benutzung des damals noch vorhandenen leeren Alittel-
schrankes zu zwei Altarflügeln zusammengesetzt, ^\•elche die Westseite der
Sakristei einnehmen; sie sind an Stelle der untergegangenen silbernen Statuetten
mit den weißgemalten Gipsfiguren von acht Aposteln und je zehn Heiligen
und kleinen musizierenden Engeln gefüllt, die aus der Werkstatt des Nürnberger
Bildhauers Bernhard Afinger stammen und den Statuen an Peter Vischers
Sebaldusgrabe nachgebildet sind.
Da auf dem Altarschrein noch in der letzten Zeit seines Bestehens die
Statuen der Jungfrau Maria und des Apostels Johannes aufgestellt waren, ^) so
wird die Krönung des Ganzen ursprünglich der Heiland am Kreuz gebildet
haben. ^) Vielleicht ist dieses Stück in einem beschädigten, 1,24 m hohen gut
geschnitzten gotischen Kruzifixus erhalten, der nebst seinem 3,13 m hohen und
1,55 m breiten Kreuze auf dem Boden oberhalb der südlichen Vorhalle auf-
bewahrt wird.^)
Nach Westen hin schloß den Hochaltar ein messingnes Gitterwerk ab,
das vom Bürgermeister Tidemann Berck (gest. 1521) gestiftet war und sein
und seiner Ehefrau Elisabeth geb. Möller Wappen trug.^) Als es 1696 zu-
gleich mit dem Altar abgebrochen wurde, sind aus den 1655 Pfund schweren
Gitterstäben"'*) zum größten Teile die Baluster der vor dem gegenwärtigen
marmornen Altar angebrachten Brüstung gegossen.*')
Tetzicrer Hochaltar. Der gegenwärtige, in guten barocken Eormen
gehaltene, prunkvoll wirkende marmorne Hochaltar (Abb.) ist als ein Geschenk
des Ratsherrn (1692 — 1709) und Vorstehers der Marienkirche (1680 — 1709)
Thomas Friedenhagen vom Bildhauer Thomas Ouellinus aus Antwerpen ent-
worfen und ausgeführt. Der am 10. August 1696 begonnene Bau des am
15. August 1697 eingeweihten Werkes kostete nach Ausweis der vorhandenen
Abrechnung'') 26590 ^ 1 5 j^ lüb., von welcher Summe der Künstler für den
von ihm gelieferten Marmor und für seine Arbeit 2 1 000 ^ erhielt. Der Altar
ist 1798/99 und 1878 wiederhergestellt.
Der hohe zweigeschossige Unterbau besteht aus weißen Marmorfeldern
in schwarzer Umrahmung". Im oberen Mittelfelde ist in Basrelief die Einsetzung"
des hl. Abendmahles dargestellt. Darüber ragt in einer von drei leicht
^) Nach von Melles Angabe (Lub. Relig. S. 195), zu dessen Zeit diese beiden jetzt längst
nicht mehr vorhandenen Statuen in der Gerwekammer aufbewahrt wurden.
'^) Er ist vermutlich 16S6 beseitigt worden, denn als damals die neue Uhr oberhalb des
Altars aufgestellt werden sollte, ordneten die Vorsteher an, »das oberste Theil vom Althar, welches
zimlich mörb und wurmfressig war, herunter zu nehmen und eine gantz ne\\ e Stellung wieder dahin
zu machen;« WB. 1686, 22. W. n. Ostern (August 29 — September 4).
*) ^^§^- unter »Bildwerke.«
*) V. Melle, Familiarum Lubecensium clariorum Syntagma (Handschrift der Lüb. Stadt-
bibliothek) unter Berck.
^) Im WB. heißt es unter 1697, 7. W. n. Mich. (November 14 — 20): »Dito von Sr. Wohlw.
H. Thomas Friedenhagen für abgekaufftes alt Messing, so vor diesem vorn an dem großen Althar
in dem Chor gewesen, gewogen 7 Schi? 18 Lii; 3 "ffi a 7 /3, entfangen thut 724 ^ i ß.«
«) Vgl. S. 202.
') St.-A., Marienkirche. Vgl. auch M:tt. d. V. f. Lüb. Gesch. 2, S. 42 ff., S. 78.
DIE MARIENKIRCHE.
:oi
vorspriiiocndcn I'ilaslcrii ocolie-derlcn schwar/en Mittclnisclic der Heiland am
Kreuz zwischen den (k-stalten der Maria und des Johannes empor. Auf jeder
Seile der Nisclie stehen zwei gleich den vorerwähnten Pilastern mit weißen
korintischen Kapitalen abschließende glatte Säulen aus rotem Marmor. Zwischen
ihnen ist links \ om l^eschauer
aus die SN'nibolische i'igur
des (ilauhens mit Kelch und
Hihel, rechts die der 1 lolt-
nung mit lliiini.x und .\nker
autgcstelll. ( )])erhall) des
sich Übel- den ganzen ISau
hinziehenden \ieltach \er-
kröpften Gesimses, dessen
schwarzes Gebälk wirkungs-
\()11 \-on einem weißen Friese
unterbrochen wird, w(')lbt
sich über der Mittelnische
eine flache I falbkupj)el, deren
mit ( )rnamenten bedeckter
vergoldeter Grund je \ier
achteckige und runde licht-
blaue Medaillons umschließt.
Mitten über ihr erhebt sich
vor dem von zwei Posaunen-
engeln flankierten, in ge-
schweiften l'\)rmen auf-
steigenden hohen giebelför-
migen Oberbau zwischen zwei
Putten und zwei Cherubim-
köpfen die Gestalt des Auf-
erstandenen mit der Sieges-
fahne. Inmitten des den Bau
krönenden durchbrochenen
Giebelgesimses entschwebt
einer Wolke die von einer
Glorie umstrahlte Taube des
hl. Geistes. Zu den Seiten des
Unterbaues stehen auf zwei
. ,r 1 , ausgekragten Konsolen die
Jetziger Iloclialtar. ^ °
Büste des Stifters mit der
Unterschrift NATUS AÜ 1627 DEN 25 OCTOBER, DENATUS ANNO 1709 DEN
20 APRIL und dessen Wappen (z\\'ei einander zugewandte Tauben unter einem
Palmbaum, auf dem tielm eine auffliegende Taube). Unterhalb der Gestalten
des Glaubens und der Hoffnuno- befinden sich die vom Schreibmeister Peter
202
DIE MARIENKIRCHE.
Tiedemanii entworfenen Inschriften: ANNO 1697 IST DIESER ALTAR
GOTT ZU EHREN UND HEILIGEM GEBRAUCH VON HERRN
THOMAS FRIEDENHAGEN RATHMANN DIESER STADT AUS GUTEM
FREIEN WILLEN VEREHRET WORDEN, und: GOTT WOLLE DIESEN
ALTAR UND KIRCHE SAMPT DER GANZEN WERTHEN STADT IN
GUTEM FRIEDEN UND RUHE ERHALTEN BIS AN DEN LIEBEN
JÜNGSTEN TAG. AMEN!
Die den x'\ltar nach Westen hin abschheßende niedrige Balustrade zeigt
zwischen sechs breiten hölzernen Pfosten mit großen Kugelaufsätzen 54 ge-
drungene messingne Baluster von 0,74 m Höhe. Die zwischen den vier seit-
lichen Rahmen enthaltenen 44 Säulen sind, 1421 Pfund schwer, 1697 aus dem
Metall des Schrankenwerks des früheren Hochaltars gegossen,^) während die
zehn zusammen nur 70 Pfund \\'iegenden Säulen der die Mitte bildenden
Doppeltür erst 1800 im Anscliluß an die damalige Wiederherstellung des
Altars gefertigt sind. ^)
Die Nebenaltäre.
Außer dem oben beschriebenen ehemaligen Hauptaltar befanden sich
früher in der Marienkirche mit lunschluß ihrer Kapellen gegen vierzig Neben-
altäre. Über sie gibt im einzelnen das nachstehende Verzeichnis der Vikarien-
stiftungen Aufschluß.
Num-
mer^)
Datum
der Be-
stätigung
Stifter
G e \\- e i h t
Lage des Altars
Quelle
I
1257
April 17
Alfwin Swarte
(Niger).
ad honorem
s. Bartholomei ap.
(bii der vunte)^)
ÜB. des
Bistums
Lübeck I
No. 129.
^) ^gl- S. 200. — In der oben erwähnten Abrechnung über die Baukosten des Frieden-
hagenschen Altars heißt es: »Pro die höltzerne Versetzung, darin die Messingspfeiler, an den
Schnitger Joachim Gättens zahlt 152 ^. Pro 6 höltzerne Knöpfe auf das Gitterwerk 6 ^ 12/3
Pro 44 Meßingspfeiler zu das Gitterwerk zu machen ä 7 ^ r= 308 ^.«
^) Vgl. WB. 1800 Februar 17 — 23: »An Beckenschläger J. N. Wieh für 10 Stück neue
meßingene Pfeiler zu die neuen Altarthüren, gewogen 70 ^ ä 3 ^, laut Rechnung mit 210 ^.«
^) Die vorangestellte Zahl bezeichnet die Nummerierung und Reihenfolge der Vikarien in
dem 1513 angelegten Verzeichnis des Dompropstes D. Albert Broker (Registrum Alberti Broker
im Großherz. Haus- und Zentral-Archiv zu Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 22,
Bl. 69—78).
*) 1462 Januar 6 bestimmte Hinrik van Hacheden d. Jung, letztwillig: »Item wil ik, dat
me de lampen vor dem altare s. Bartholomei bii der vunte to Unser Leven Frouwen schal alle jar
beköstigen lo bernende mit viff marken;« St.-A., Test.
DIE MARIENKIRCHE.
20'
Num-
mer
I )atuin
der Be-
stätigung
Stifter
1268
Geweiht
Lage lies Altars
Gerhard (quondaiii b. Kathcrinc
Sigesti filius) f.
1270 Hinr. V. Isernlo.''^) (s. Margarete.)^)
Juni 27 I
1274 Ritter Uetlev v.
Aug. 9 Bocwolde f.
1275
März 24
Johs. Frese
(Frisonis) f.
in honore s. crucis.
(in honore
b. Andree.)*)
I 291 um Ecbert Schilder. ") in honorem omni-
Ostern pot. dei et glorio-
sissime matris ejus
virg. Marie, b.
EUzabeth vidue et
SS. Fabiani et
Sebastiani mart.
— I 1304 Nik.Vrowedhe f. ')
März 16
(am \\ Miiiliilrilcr
zwischen der
Alen- und der
Oldesloe-Kapelle. ^)
(an der ( )st\vand
der südlichen Vor-
halle; vgl. S. 170.)
(an der Nordseite
der Umfassungs-
mauer des Hoch-
chors; vgl. 1395
Dez. 31.)
(in parte australi.)^)
retro choruni ad
Orienten! (vgl. unter
1357)-
Quelle
l .-!;. des
Bistums
Lübeck I
No. 200.
Daselbst
No. 210.
Daselbst
No. 241.
Dasell)st
No. 243.
L'.-l',. der
Stadt
Lübeck 3
No. 407.
Mecklenb.
U.-B. 5
No. 2918.
*) 1508 Juli 21 süfteten die Testamentsvollstrecker des Domherrn D. Joh. Stammel in der
Marienkirche »ad altare s. Katherine in latere aquilonari, ubi ascenditur ad Organa vicariorum ac
ad librariam eorundem« (vgl. S. 167), eine Kommende zu Ehren des Heilands, der Jungfrau Maria,
des Apostels Thomas, des hl. Eustachius und seiner Gefährten und der hl. Barbara; St.-A., Olden-
burg, Registrum capituli 5, Nr. 24. Ferner verlieh Bischof Arnold 1462 Juli 30 dem Bürgermeister
Bertold Witik das Patronatsrecht für die von Gerhard Oldesloe (s. unter 1398) gestiftete Vikarie
»ad altare in capella per eundem Gherardum versus partem septentrionalem prope altare b. Katherine
ex opposito chori ibidem erecta et constructa;« Reg. cap. 4, No. 131.
^) Am Rande bei Alb. Broker: »Societas mercatorum der Nouwervarers« (s. unter
1439 Juli 0-
•■') Nach einer Urkunde des Domkapitels von 1274; U.-B. des Bistums Lübeck i, No. 235.
Die Urkunde über die Neugründung dieser Vikarie durch die Nowgorodfahrer von 1439 Juli I
läßt sie jedoch den gleichen Schutzheiligen wie die jüngere geweiht sein.
■*) Vgl. U.-B. des Bistums Lübeck i, No. 256 und No. 254 Anm.
^) 15 19 Oktober I stifteten die Testamentsvollstrecker weil. Joh. Hoppers »ad altare s. Andree
apostoli in parte australi situm» eine Kommende »ad laudem gloriamque dei omnipotentis necnon
deipare Virginis ac s. Anne et omnium sanctorum«; Reg. cap. 5, No. 55. Der Altar scheint
identisch mit dem nach der Stiftungsurkunde von 1378 August 13 am 3. oder 4. Süderpfeiler belegenen.
'^) 1357 März 12 neu bestätigt; U.-B. der Stadt Lübeck 4, No. 63.
') Laut letztwilliger Verfügung von 1289 April 7; U.-B. der Stadt Lübeck i, No. 583.
204
DIE MARIENKIRCHE.
Num-
Datum
der Be-
Stifter
Geweiht
Lage des Altars
Quelle
mer
stätigung
15
1320
Konstantine!. Alt. ^)
ad honorem dei
(ante ambonem.) ^) U.-B. des
April 6
omnipot. et ss.
Philippi et Jacobi
ap.
Bistums
Lübeck I
No. 488.
12 3)
1327
Arnold Kahle
—
—
Daselbst
Sept. 24
(Calvus) t-
No. 526.
5, 6
1328
Herrn. Klendenst. *)
I. in honorem s.
(rechts vom Ein-
Okt. 7
Michaelis ar-
gang zur nach-
changeli.
maligen Sänger-
Daselbst
kapelle.) ^)
No. 538.
2. in honorem s. —
Andree ap. 1
8—10
1328
Ratsherr Arnold
3 Vikarien^) in capella, '') quam dictus
Dez. I
Wlome.
Arnoldus jam construxit suis sumptibus
in honorem s. Johannis ewangeliste
(vgl. S. 161).
Daselbst
'No. 540.
1 1
1328
Alb. V. Bardewich
in honorem
(versus partem
Dez. I
t-
s. Mathye ap.
Orientalen!; vgl.
unter 1401 Juli 17.)
7
1331
Joh. Goldoghe f.
in honorem dei et
(ad austrum retro
Daselbst
Juli 2 2
s. Mathei ap.
januam superio-
rem/) qua itur de
ecclesia ad domum
consulatus). ^)
No. 564.
1) 1378 Juli 16 teilweise neu dotiert; Mecklenb. U.-B. 19, No. 11 124.
^) Wohl identisch mit dem 1379 April 3 (Mecklenb. U.-B., No. 111S7) gelegentlich einer
Ablaß Verleihung seitens des Bischofs von Ratzeburg angeführten »altare apostolorum bb. Philippi,
Jacobi et Laurencii ante ambonem situm.«
^) Zusatz im Register des Albert Broker: »hodie tamen incorporata est pro decano.i
*) 1327 Dezember 11 wurde dem Stifter und seinen Nachkommen das Präsentationsrecht
für beide Vikarien verliehen unter der Bedingung, daß er die betreffenden »duo altaria perpetua
seu vicarias« binnen Jahresfrist errichten und dotieren würde; Reg. cap. 2, No. 21.
^) 1520 Februar i stifteten die Testamentsvollstrecker des (ßergenfahrers) Dirik Scrivers
»tome altare s. Michaelis in Unser Leven Frouwen kerken tor forderen hant des inganges der
tyde Unser Leven Frouwen f' eine ewige Kommende zu Ehren des Heilands, der Jungfrau Maria,
der hl. Anna und der .Aposteln Philippus und Jakobus; Reg. cap. 5, No. 56. Nach einer Nieder-
stadibucheintragung von 1525 April 10 lag diese Kommende )>by der ßenngercappellen nha dem
ingange van der Fleschou\\ erstraten tho s. Michaelis altar.«
*) Zusatz im Register des Albert Broker: »2. eciam vicaria sive media incorporata est hodie
mense episcopali.«
') »in capella signi<f nach dem Register des A.lbert Broker; vgl. auch unter 1523 Januar 25.
*) 1618, 8. W. n. Mich. (Nov. 22 — 28) wurde »dat Altar, dar Doctor Petrus Haagen sehl.
Epitaphium gesettet, wechgebracken« (WB.); nach Rehbeins Chronik ^Handschrift der Stadtbibliothek)
^- 359 war dies der Knochenhaueraltar (vgl. auch oben S. 131). Im Niederstadtbuch wird bereits
1328 (unter in nativ. Domini und unter Laurencii) ein »altare carnificum« erwähnt.
®) Randbemerkung zum Verzeichnis der Vikarien der Marienkirche im Liber Theoderici
Grebbin von etwa 1527; St.-A. Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 17.
DIE MARIENKIRCHE.
205
Num-
mer
Datum
der Be-
stätigung
1334
Okt. 27
Mai T, ]
1347
März 7
1347
März 7
1353
Mai I 7
Stifter
Joh. Gheysmar.
Geweiht
Ratsherr (lott-
srhalk
V. Warendori).
Joh. V. Geysmarf.
Herrn. Keyser j
und
Gottfried Lana;he.
Wilh.
y. Warendorp.
ad lionorem omni-
pot. dei sueque pie
matris Marie et
b. Jacobi ap.
ad lionorem onini-
pot. dei sueijue pie
matris Marie ac
SS. Symonis et Jude
ap.
zwei Vikarien ad
ipsius (d. h. domini
nostri Jhesu Christi)
laudem et gloriam
ejusc[ue benedictis-
sime matris Marie
et b. Jacobi ap.
et omnium sanc-
torum.
ad honorem omni-
pot. dei ejusque
benedictissime
matris ac omnium
sanctorum.
ad honorem omnip.
dei ejusque bene-
dictissime matris
virg. Marie,
b. Mathie ap. et
s. Barbare virg.
ac omnium sanc-
torum.
Ouelle
Reg
No.
laj).
MI
(in einer an der
Nordseite des
Langschififes be-
legenen Kapelle ;
vgl. S. 162.)
in (•a])C'lla (b. Marie l'.-l!. des
virg. in latere sep- iJistum:-
tentrionali '), quam
pro])riis suis sump-
tibus construxit.
ad altare per
ipsum ... ad
honorem dei omni-
pot. sueque pie
matris Marie et
b. Jacobi aj). con-
structum (vgl. unter
1334)-
(ad aquilonem
versus, que [vicaria]
est ex occidente
ascendendo in
ordine capella
([uarta.)')
in capella per eun-
dem Wilhelmum . . .
constructa. ^)
Lübeck I
No. 615.
Mecklenb.
U.-B. IG
No. 6734.
Reg.cap. 2
No. 195.
Reg.cap. 2
No. 243.
1357 Der Li^ibecker Rat in honorem in capella media ad ; U.-B. der
März I 2
(mittelst einer
Stiftung des x\rnold
Levendige f.)
b. Jacobi apostoli j partem australem.
majoris et s. Ger
trudis virCT.
Stadt
Lübeck 4
No. 6-?.
') Randbemerkung zum Verzeichnis der Vikarien der Marienkirche im Liber Theoderici
Grebbin von etwa 1527; St.-A. Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 17.
^) Vgl. S. 164.
2o6
DIE MARIENKIRCHE.
Num-
Datum
der Be-
Stifter
Geweiht Lage des Altars
Quelle
mer
stätigung
20
1357
Der Lübecker
wie 1 2 9 1 um
retro chorum ipsius
U.-B.
März 12
Rat. »)
Ostern.
ecclesie ad altare
b. Elizabeth
et ss. Fabiani et
Sebastiani. ^)
der Stadt
Lübeck 4
No. 63.
21
1362
Tymmo v. Seghe-
in honorem dei (in der Segeberg-
Reg.cap. 2
Nov. 24
berghe.
genetricis virg. Kapelle; vgl.
Marie, Mathei ap. , S. 165 und unter
ac decem milium ' 1378 Aug. 13.)
No. 232.
beatormn.
23
1373
Hinr. Vlint f.
ad hon. omnipot.
in quadam capella
Reg.cap. 3
Juni 31
dei ejusque bea-
tissime genetricis
virg. Marie, ss.
Bartolomei ap. et
trium regum.
de predicti Hinrici
Vhnt bonis con-
structa et edificata
(vgl. unter 1474
und S. 165).
No. 10.
24
1376
Bürgermeister
ad laudem et hon.
in capella , quam
Daselbst
Juni 2 0
Herrn, (iallin f.
omnipot. dei ejus-
que benedicte ma-
tris et gloriose virg.
Marie ac bb. Petri
et Pauli ap. nec-
non ss. Barbare et
Dorothee virg.
ipsi (testamentarii)
ad hoc in parte
aquilonari versus
orientem noviter
construi fecerunt.
(Vgl. S. 167.)
No. II.
26
1378
Vikar Erdvan
in hon. omnipot.
ad altare vicarie,
Mecklenb.
Aug. 13
Mankemos j und
dei ejusque bene-
quam ntmc tenet
U.-B. 19
Peter v. Hereke.
dictissime matris
dominus Tidericus No. 1 1 1 30.
virg. Marie necnon
Frese, in oppositum
bb. Johannis
capelle de bonis
ewang. et Georgii
quondam Tymmo-
mart.
nis de Zegeberge
in dicta ecclesia
erecte et constructe.
(Vgl. unter 1362.)
^) Vgl. U.-B. der Stadt Lübeck 3, No. 270, 273, 407.
'') 148 1 Juli 17 stiftete Bürgermeister Hinrich von Stiten 400 Mark »in ene vormeringhe
unde vorbeteringhe der renthe unde upkome der ewyghen vicarien, de de rad tho Lubeke gestichtet
unde ghemaket hefift tho der ere godes, Marien syner werden moder unde tho der ere der hilighen
martelere Fabiani unde Sebastiani unde der hilighen vrouwen s. Elizabeth, patronen dersulven
vicarien, tho deme altare in des rades cappellen in Unser Leven Vrouwen kerken bynnen Lubeke
achter der schiven in dat osten van dersulven kercken;« Lub. Relig. S. 214 d—f (nach unbe-
kannter Quelle).
DIE MARIENKIRCHE
207
Num-
mer
Datum
der Be-
stätigung
Stifter
Geweiht
Lage des Altars
Quelle
25
1378
Dez. 17
Herrn. Warendorp
46
1378^)
27
28-30
1380
Nov. 23
1385
Sept. 20
Nik. und Everh.
V. Alen f.
ad laudem et hon.
omnipot. dei ac
b. Andree ap. et
Stephani protho-
martiris.
Joh. V. Verden f. in honore omniimi
sanctorum.
Bertold Holthusen.
drei Vikarien in
honorem omnipot.
dei ejusque bene-
dictissime matris
virg. Marie, sancte
crucis, b. Johannis
ap. et ewang. et
sanctorum decem
milKum mihtum.
in quadam capella
ejusdem ecclesie
alias per dominum
Godscalcum pie
memorie , patrem
dicti Hermanni,
edificata (vgl. 1336
Mai 31).
ad altare situm in
capella lateris sep-
tentrionalis secun-
da descendendo in
ordine per eosdem
Nicolaum et Exer-
hardum de Alen
constructa.
ad altare de bonis
memorati Johannis
de Verden
constructum et
erectum. ^
ad altare . . . per
predictum Bertol-
dum Holthusen
erectum et con-
structum (in capella
sua ex opposito
den Engen Kram-
boden in capella
trium regum seu
potius que est
vicina [capelle] ^)
trium regum).*)
Reg. cap. 3
No. 16.
U.-B. der
Stadt
Lübeck 5
No. 537.
Reg. cap. 3
No. 18.
Daselbst
No. 20.
^) Laut der Bestätigungsurkunde von 14 15 Juli 12, »quia littere hujusmodi vicarie . . .
minime exstiterant;« U.-B. der Stadt Lübeck 5, No. 537.
^) 1369 März 18 vermachte Johann von Verden zum Bau der Marienkirche 50 ^, »pro
quibus ibidem ante meum altare eligo sepeliri,« und lO ^ Reute sowie drei Buden in der Effen-
grube »ad meam vicariam per me fundatam in ecclesia b. Marie virginis apud illam perpetue
permanendos.« 1363 Oktober 9 verfügte Reymar von Verden: »In ecclesia b. Marie virginis juxta
altare b. Olavi (vgl. unter 1406 März 17) in sepulchro fratris mei meam eligo sepulturam.«
St.-A., Test.
^) capelle fehlt.
*) Randbemerkung zum Verzeichnis der Vikaried der Marienkirche im Liber Theoderici
Grebbin von etwa 1527; St.-A. Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 17.
208
DIE MARIENKIRCHE.
Num-
Datum
der Be-
Stifter
Geweiht
1
Lage des Altars
Quelle
mer
stätigung
31
1394
Nov. 12
Ludeke Dynningh.
ad laudem et hon.
omnipot. dei ejus-
que benedicte
matris et gloriose
virg. Marie et b.
Catherine virg.
(im Norderschiff
am 5. Pfeiler; vgl.
unter 1508
März 31).
Reg.cap.3
No. 21.
45
1394
Domherr Herm. ; in honorem omni- ad altare s. Mathie
Daselbst
Dez. 20
v. Rozstok.
pot. dei ejusque 1 aj). (vgl. unter
benedicte matris et 1326 Dez. i).
gloriose virg. Marie
No. 60.
ac bb. Johannis
bapt., Blasii,
Nicolai et omnium
sanctorum.
32,33
1395
März 6
Herm. van der
Molen
(de Molendino) f.
I . in honorem om-
nipot. dei ejusque
benedicte matris et
gloriose virg. Marie,
s. Bartholomei ap.,
Allexii confess., s.
Barbare virg. et om-
nium sanctorum.
ad altare in
capella . . . cum
bonis predicti
testatoris erecta et
constructa (in ca-
pella superiori
Daselbst
No. 22.
2 . in honorem (usw.
versus orientem in
Daselbst
wie unter i bis)
Marie, s. Jacobi
majoris ap., s.
Cristopheri mart.,
s. Margarete virg.
parte meridio-
nali^) bezw. Inder
oversten cappel-
len to der suder-
syden) ^).
No. 62.
et omnium sanc-
torum.
34
1395
Joh. Vischbeke j.
ad laudem et hon. ad altare s. crucis
Daselbst
Dez. 31
omnipot. dei (usw.
wie oben bis) Marie
et SS. Petri et Pauli
ap. et b. Dorothee
virg.
in superiori parte
ejusdem ecclesie in
parte aquilonari
prope chorum ip-
sius ecclesie situm.
No. 23.
35
1397
Mai 5
Älterleute der ad laudem et lion.
Schoncnfahrer. omnii)Ot. dei (usw.
ad altare per preli-
batam societatem
Daselbst
No. 24.
wie oben bis) Marie
et SS. Johannis
bapt., Thome ap.
in parte australi ^)
ejusdem ecclesie de
novo erectum et
et Gervasii conf.
constructum.
^) Randbemerkung zum Verzeichnis der Vikarien der Marienkirche im Liber Theoderici
Grebbin von etwa 1527; St.-A. Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 17.
2) U.-ß. der Stadt Lübeck 7, No. 813.
^) Am zweiten NN'andpfeilcr des Süderscliiffs; vgl. S. 215.
DIE MARTKNKIRCIIK.
209
Datum
der Be-
stätigung
36,37 1397
Nov. 10
38,39^ 1398
Jan. 9
1400
Jan. 8
1401
Juni S
140t
Juli 17
1406
März I 7
Stifter
Henneke Jürgens
(Cieorgii).
Gerhard Oldeslo.
Geweiht
Lage des Altars
Joh. Bruscowe.
Älterleute der
Bertfenfahrer.
Herder Bolte f.
Ratsherr Hinr.
V. Hachede j.
1. in honorem li.
Katharine.
2. in honorem h.
Anthonii.
1. in honore b.
Andree ap.
2. in honore bb.
Fabiani et Se-
bastiani marti-
rum.
sub titulo et voca-
bulo b. Barbare
sub titulo seu vo-
cabulo b. Marie
virg., b. Olavi, b.
Sunive et omnium
sanctorum.
sub tit. et vocab.
gloriosissime virg.
Marie omniumque
beatorum angelo-
rum et s. Andree
ap.
sub tit. et vocab.
b. Bertolomei ap.
et SS. Katerine et
Dorothee virg.
sancteque Anne
matris beatissime
virg. Marie.
ad alturc b. Bar-
tholomei (vgl. unter
1257)-
ad altare b. Mathei
a]). (vgl. unter
133I)-
ad altare in capella
per predictum
(ierhardum erecta
et construrta (pro-
pe porticum). ^)
ad altare situm in
capella vulgariter
dicta Tymmonis de
Zegeberge versus
partem meridiona-
lem situata.
sub turri (an der
Nordwand
der Bergenfahrer-
kapelle). ^)
ad altare b. Mathie Reg.cap.
Quelle
U.-B. der
Stadt
Lübeck 4
No. 664.
Reg.cap. 3
No. 26.
Daselbst
No. 27.
U.-B. der
Stadt
Lübeck 5
No. 17.
ap. versus
partem Orientalen!
situatum.
ad altare s. Olavi
martiris in latere
meridionali quasi
in opposito capelle
s. Anne ad Orien-
ten! situat[um],^)
ultimum tamen in
eodem latere ad
occidentem.
No. 2g.
Daselbst
No. .^o.
1) Randbemerkung zum Verzeichnis der Vikarien der Marienkirche im Liber Theoderici
Grebbin von etwa 1527; St.-A. Oldenburg, Handschriften des Bistums Lübeck A No. 17. Nach
Angabe von 1462 (U.-B. der Stadt Lübeck 10, No. 200) lag der Altar »in capella per eundum
Gherardum versus partem septemtrionalem prope altare b. Katherine (vgl. unter 1268) ex opposito
chori ibidem erecta et constructa.t
') Vgl. S. 170.
^) situatam.
14
210
DIE MARIENKIRCHE.
Num-
Datum
der Be-
Stifter
Geweiht
Lage des Altars
Quelle
mcr
stätigung
44
141 1
Joh. Hülste f.
in honorem omni-
ad altare s. Olavi
U.-B. der
April 1 8
pot. dei ejusque
sub turibus (vgl.
Stadt
benedicte matris et
unter 1401 Juni 8).
Lübeck 5
gloriose virg. Marie
No. 364.
sanctaruuKjue Ger-
trudis et Barbare
virg.
47
1420
Ratsherr Joh.
ad laudem et ho-
ad altare situm
Reg.cap.3
Jan. 19
Darsow nebst vier
norem sancte et
])roiie capellam in
No. 85.
Neffen.
individue trinitatis,
beate Marie, Bar-
bare, Catherine vir-
ginum.
absidia lateris sep-
tentrionalis primo
descendendo a
janua superiori in
ordine per eosdem
constructum. ^)
48
1420
Priester Herni.
sub tit. et vocal).
ad altare situm in
Daselbst
Febr. 16
Koningii.
omnipot. dei ejus-
que benedicte ma-
tris Marie virg.
gloriose ac bb.
Johannis bapt. et
Johannis ewang.
ca])ella cpiarta in
ordine lateris sep-
tentrionalis ascen-
dendo versus
chorum (vgl. unter
I347-)
No. 87.
49
1421
Joh. Stenbeke.
sub vocabulo ss.
ad altare in ecclesia
Daselbst
Sept. 30
Jacobi aj). et Ni-
colai conf. et om-
b. Marie virg.
Lubicensis ultimum
No. 91.
niuni sanctorum. in descensu et in
parte meridionali
situm.
—
1427
Der Priester
ad laudem et hon.
in capella septen-
U.-B. der
Nov. 29
Hinrich Kote und
omnii)ot. dei glo-
trionalis jtartis . . .
Stadt
(ierhard Klote. ^j
rioseque matris
Marie sub -s'ocabulo
s. Mathei ap. et
ewang.
in descensu ultima.
Lübeck 7
No. 80.
—
1439
Alterleute der
ad hon. sancte
in ecclesia b. Marie
' Daselbst
Juli I
Nowgorodfahrer.
crucis beatorumque
Petri ap. ac Georgii
mart.
virg. Lubicensis in
parte australi prope
ymagines ss. trium
regum in ascensu
ejusdem ecclesie.^)
No. 802.
^) Nach einer Buchung im Memorieiikalender des Domes (einverleibt dem Registrum Alberti
Broker) unter dem 17. März lag eine Vikarie der Familie Dartzouwe «in ecclesia b. Virginis ad
altare situm prope ostium superius in latcre septentrionali.«
'^) Unter Neudotierung der schon 1359 bestehenden Vikarie ihres Großvaters Hinrich
Witte; vgl. S. 163.
^) Vgl. S. 170. — 1475 J*^"' 2 stiftete Joh. Luderhusen »ad altare in capella vulgariter
der Nougardevarer nuncupata« eine Kommende zu Ehren der Jungfrau Maria; Archiv der Handels-
kammer zu Lübeck, Nowgorodfahrer No. 54 Abschrift des 17. Jahrh.
DIK MARIENKIRCHE.
21 I
Nuin-
mer
52
Datum
der Be-
stätigung
Stifter
I-age des Altars
Quelle
T474
De/. 2
1476
Aug. 2
1491
Dez. 17
1493
März 2 2
Hinr. Grvmmolt.
Hinr. Moller
in capella in parle Reg.cap. 4
australi versus occi-
(lentem ad altare
s. IJartolomei (vgl.
unter 1373).
ad laudem et hon.
domini nostri Jesu
Christi ejusque
gloriose virg. et
matris Marie et spe-
cialiter ss. Mathei
ap. et Apolonie
virg. et mart. et om-
nium sanctorum.
ad laudem et hon. ad altare der Ber-
domini nostri Jesu gervarer vulgariter
Christi sueque virg. ' nuncu])atum (vgl.
matris Marie, s. unter 1401 Juni 8).
Ülavi omniumqui
Kerstian Bade.
sanctorum.
ad laudem et hon.
omnipot. dei ejus-
que benedicte
matris Marie virg.
gloriose ac s. Jo-
hannis bapt. et b.
Margarete virg. et
mart.
Anna (Witwe des I sub titulo et no-
Michael) Crripes- mine s. Anne vidue.
hörn.
1494 Hinr. und Adolf
Febr. 2^ Greverade (fratres
cives LubicensesY
ad hon. sancte
crucis, SS. Johannis
evang. et Jheronimi
conf. aliorumque
patronum prefate
capelle.
ad altare s. Johan-
nis bapt. et b.
Margarete \irg., ad
quod nunc alia
reperitur tundata
vicaria, quam ho-
norabilis vir domi-
nus JoachimVikinc-
husen vicarius
possidet in ecclesia
b. Marie virg. Lu-
bicensis in absidia
lateris australis.
ad altare s.trinitatis
penultimum in
descensu a choro
ecclesie in latere
aquilonari.
ad altare situm in
capella sub turri
boreali per eosdem
ceterosque dei
cultores de novo
constructa et edi-
ficata digneque
ornata ac per nos
consecrata.
No.
Daselbst
No. 118.
Daselbst
No. M2.
Daselbst
No. i^.^.
1 )aselbst
No. i:;6.
') No. 51 des Brokerschen Registers betrifft eine Vikarienstiftung des Rates für die Kapelle
Maria am Stegel.
14*
2l2
DIE MARIENKIRCHE.
Num-
Datum
der Be-
Stifter
Geweiht Lage des Altars
Quelle
mcr
stätigung
1
1
57
1494
Dietrich Loeff f.
ad hon. omnipot.
ad altare situm in
St.-A.
Mai 17
dei et gloriose virg.
capella sub turre (!)
Lübeck,
Marie sancteque
boreali de novo
Trese
crucis ac ss. Jo-
constructa et edi-
Sacra A^
hannis evang. et
ficata et })er nos
No. 44 a,
Jeronimi conf. alio-
consecrata.
Urschr.
rumque patronum.
58
^495
Christian Swarte.
in honorem omni-
ad altare in capella
Reg.cap.4
Juli 2 2
pot. dei sueque
gloriose virg. matris
Marie sanctique
Matheiap. et evang.
ac s. Anne gene-
tricis matris dei.
ac[uilonari secunda
a porta ecclesie,
qua itur ad eccle-
siam ascendendo
versus chorum, vul-
gariter der Alen
nuncupata (vgl.
unter 1378).
No. 137.
59
1497
Domherr Dietrich
ad laudem et glo-
ad altare capelle
Daselbst
April 4
Stovemann f und
riam omnipot. dei
noviter edificate
No. 140.
Arndt Schinkel.
beatissime sue
genetricis Marie, s.
Johannis bapt. ac
bb. Petri et Pauli
Thomeque ap. et
omnium dei sanc-
torum.
australis lateris in
fine et sub turri.
1497
Christian Northoff
in honorem omni-
in ca])ella ultima
Daselbst
Aug. 31
nebst drei Ge-
pot dei et gloriose
versus partem atjui-
No. 142.
schwistern.
virg. Marie ejus
matris et s. Bar-
tholomei ap. et b.
Marie Magdalene.
lonarem, qua itur
versus plateam
vulgariter dictam
Vifhusen (vgl. unter
1427).
_
1499
Joh. Reze f.
in honorem omni-
ad altare novum
Daselbst
Dez. I 7
pot. dei glorioseque
virg. sue matris
Marie ac ss. Jacobi
majoris ap.,
Christofferi mart.,
Sunneve et Gher-
trudis virginum.
in eadem ecclesia
ad statuam inferio-
rem partis australis.
No. 145.
DIE MARIENKIRCHE.
IS uin-
mer
Datum
der Be-
stätigung
Stifter
Ci e w e i h t
Lage des Altars
Quelle
1506
Der Kölner Kauf-
ad gloriani et lau- ad altare in ca])ella
Reg.cap.5
Dez. 9
mann Matthias
Noeck j. ')
dem omnipot. dei [ inferiori sub turri
suecjue matris glo- lateris australis no-
riosissime virginis. viter consecrata,
ornata et preparata
No. 16.
(vgl. unter 1497
April 4).
_
1508
Domherr D.
ad laudem et glo-
ad altare ultimum
Daselbst
März 31
Bartolomeus Elers
nebst drei
Geschwistern.
riani omni])ot. dei situm ad columnam
ejusque matris ac , penultimam in
s. Anne. 1 ])arte aquilonari de
No. 20.
choro descenden-
do, ([uod quondam
Ludekinus Dyn-
ninck civis Lubi-
censis construi fecit
(vgl. unter 1394
Nov. 1 2).
_
1521
Brun Hoveman
1
ad laudem . . . sub turrilius et
Daselbst
Aug. 8
d. Jung, t-
omnipot. deisancte- majoribus organis
que . . . dei gene- ibidem ad partem
tricis ]\Iarie nee- australem.
non [Lücke].
No. 62.
__
1523
Gerhard Hid-
ad hon. omnipot. | in capella signi . . .
Daselbst
Jan. 25
dinckhusen f und
dei gloriosissime- ad altare secundum
No. 68.
der Ratsherr Kon-
que virg. Marie
in parte aquilonari
rad Wibbekinck.
matris ejus ac ss.
Mathei ap. et
Leonardi conf.
de choro descen-
dendo dedicatum
in honorem ss.
Philippi et Jacobi
ap.
—
r
Taleke Kule.^)
—
—
—
1) 15 12 Oktober 28 wird diese Vikarie «ex bonis Alberti Hakebornes« von dessen
Testamentsvollstreckern neu dotiert, »quoiiiam prochdolor taliter erecte vicarie dos ipsa . . . periit«;
Reg. cap. 5, No. 29.
'') Am Schlüsse eines nachträglich fortgeführten Verzeichnisses der damaligen Vikare der
Marienkirche im Registrum Alberti Broker (Bl. Ii8b) heißt es: ^^Taleke Kule: Valentin Mull vac.«
Eine Stiftungsurkunde liegt nicht vor, wohl aber ein 15 il (mandages na quasimodogeniti) April 28
datiertes Testament (St.-A., Urschr.) der «Taleke zeligen Peter Kulen nagelaten wedewe« mit der
Bestimmung: »Item so wil ick, dat myne testamentarien eyne vikarie to eyner ewigen missen maken,
unde de hovetsumme schal syn 600 mr. unde dat leen schal ersten hebbcn Valentyn Mul . . . .«
Ist etwa die beabsichtigte Stiftung nicht vollzogen?
124
DIE MARIENKIRCHE.
Von den mittelalterlichen Altartischen ist nur ein einziger, der 1362
an der Ostwand der Segeberg -Kapelle errichtete, erhalten. Er besteht aus
einem i m hohen, 1,66 m breiten und 1,25 m tiefen gemauerten Aufbau, der
mit einer o, 1 3 m dicken nach unten hin abgeschrägten Kalksteinplatte belegt
ist, die an ihrem oberen Rande 1,75 ;< 1,32 m
mißt. An seiner Südseite ist in Höhe des
Fußbodens eine gewölbte, früher verschließ-
bare Nische angebracht, die zweifellos zur
Aufnahme der Altargeräte bestimmt war.
Verhältnismäßig gering ist die Anzahl
der ganz oder bruchstückweise erhaltenen
Altarschreine.
Das älteste, in der Malweise dem
früheren Hochaltar nahestehende Kunster-
zeugnis
ist ein 1,^0 m hohes und bis
0,41 m breites, beiderseits bemaltes Bruch-
stück eines Altar flügels (Abb.), das in
dem 1903 durch einen Neubau ersetzten älteren
Werkhause von St. Marien als Schornsteinver-
kleidung angebracht war. Das dicke Eichen-
brett ist, wie üblich, auf beiden Seiten mit
grober Leinwand überzogen, der eine Kreide-
Schicht als Malgrund aufgelegt ist. Die eine
besser erhaltene Seite zeigt auf Goldgrund,
in den die Monogramme ifj^ und ):|.iq mit
einander abwechselnd eingeprickelt sind, das
linke Drittel der Kreuzigungsszene. Vorne
ist Maria mit ihren Gefährtinnen Maria Mag-
dalena, Maria Cleophä und Maria Salomä
dargestellt, hinter dieser Gruppe ein älterer
Mann mit spitzem Judenhut, vermutlich Joseph
von Arimathia, und neben ihm ein jüngerer
mit der heiligen Lanze, weiter links der
sterbende bußfertige Schacher. Von der
Mittelgruppe ist im wesentlichen nur einer
der das Blut des Erlösers auffangenden Engel
erhalten. Die Kehrseite, die mit einem weißen
Kalkanstrich überzogen war, weist als rechts-
seitige von drei Heiligenfiguren, welche die
ganze Fläche einnahmen, vor einer bemerkens-
werten Säulenarchitektur einen Bischof auf,
der durch seinen Nimbus als (iilU'tUö linCO-
ItlUCt CJ-iifCOpUft bestimmt wird. Die Wahl
Bruchstück eines wahrscheinlich
vom ehemaligen Schonenfahreraltar
stammenden Altarflügels.
DIE MARIENKIRCHE. 21 5
dieses Heili<^eii, des Scluit/.i);itr()ns der Schiffer uinl der secfalirenden Kiiuf-
leute, deutet darauf hiu, dafN das l^ruchstück deui 1397 an der Südwand
gegenüber dem zweiten 1 'feilerpaar errichteten Altar der Schoncnfahrer angehört
hat, zumal dieses der einzige Altar ist, der von sämtlichen im iS. Jahrhundert
noch x'orhandenen Altarschreinen vermißt wird. Als 1579 der zugehöri^'e
Altartisch abgebrochen wurde, um einem neu aufzuführenden Ratsstuhl Platz
zu machen, ist tler Altarschrank oberhalb des letzteren wieder auf"eh;inot
worden, wo er zuletzt 17.S7 nachweisbar ist.^) lün mit dem \Vap])en der
Schoncnfahrer (drei I läringen) bezeichnetes Bi-uchstück vom vergoldeten, 0,52 m
hohen l^aldachin der Haupttafel wird im Museum aufbewahrt.^)
Über die Entstehung des Altarschreins lierichtet das älteste Protokoll-
l)U(h der Schoncnfahrer^) unter 1397: »Vortmer so heft gekostet de taffeie,
de uppe des copmans altare steyt, mit alle der tobehoringe, also de voet,
dar se uppe steyt, unde dat schür, dat dar bovene is, unde dat beide, dat
darby steyt, unde al, des de maier darto gearbeydet heft an dem altare unde
ok an dem stolte , de summe is vertich mark Lubesch , tlut cme darvore
gegheven ward vor eyn unde vor ander. A) In demselben Buche heißt es
unter 1579 (Bl. 25b): »Sho hebben nhu de dho gewesen olderkide unde
bysitteren ... de altarstaffell ahn de wandt by der ratlude neye gestoltte
mit den beyden missinges armen unde waslichtte darup macken latten unde
henne selten latten unde hebben de taffeil laten up dat neie uthbetteren unde
ock vorgulden unde mallen latten mit des copmans wapen«; und (Bl. 26):
»Also steitt up des allters taffeie mit golden bockstaven sampt des copmans
wappende gemallet unde geschreffen: Anno 1579 up hemmelfardt Christi is
dusse altarestaffel dorch den Schonnefarercopman beweilliget hir ahn dussen
piller tho settende to eweiger gedechtneyse. <
Auf zwei zusammengehörigen Altarflügeln \'on je 2,01 m Höhe
und 0,71 m Breite (Abb. S. 216), die sich auf dem Boden über der Süder-
vorhalle befanden und 1901 \on Job. Xöhring wiederhergestellt sind, ist außen-
seitig der Beginn und die Vollendung der Erlöserlauf bahn Christi gemalt. Das
Hauptbild des rechten Flügels zeigt die Taufe im Jordan mit dem in \\\)lken
schwebenden Gott Vater, der die Taube des hl. GeLstes entsendet; auf seinem
Spruchbande steht: i")ic • cft • flliUG • lllCUG • tiUH'tllG. Gegenüber kst die
Dreifaltigkeit abgebildet. Den Hintergrund bildet in beiden Fällen eine öde
Flußlandschaft. Die beiden Brustbilder auf der Basis stellen den Propheten
Jesaias und König David dar, wie die Inschriften ihrer gewundenen Spruch-
bänder vi-r[o ♦ iiaj: ♦ finnütiG ♦ in ♦ öcfcrta ♦ parate ♦ liia ♦ bni ♦
(Jesaias 40, 3) und T>i):it ♦ buö ♦ büiiiiiiD ♦ lucQ ♦ fcöe ♦ ti ♦ bcjTtnG ♦ niciö
(Psalm 110,1) ausweisen. P2in Vergleich der Jordantaufe mit demselben Motiv
auf dem inschriftlich von 1479 datierten Hochaltar der Domkirche zu Aarhus,^)
') V. Melle, Gründliche Nachricht von . . . Lübeck, 3. Aufl., S. 169.
^) Nr. iS92/S9b (nicht ausgestellt'.
^) Archiv der Handelskammer, Schonenfahrer No. 169, Bl. 12.
*) Vgl. Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 26.
*) F. Beckett, Altertavler i Danmark fra den senere middelalder (Kopenhagen 1S95), S. 26
nebst Tafel 6.
2l6
DIE MARIENKIRCHE.
dessen Gemälde urkundlichen Nachrichten zufolge i) der Lübecker Meister
Bernt Notke^) geliefert hat, stellt es außer Zweifel, daß die obigen Bilder
eben diesem Meister zuzuschreiben sind.
Die in eine obere und eine untere Hälfte zerlegten beiden Innenseiten
enthielten unter reichgeschmückten Maßwerkbaldachinen, von denen einer
erhalten ist, vier verloren gegangene geschnitzte Gruppen.
Ein geschlossen 1,64 m hohes und 1,88 m
Der Greveraden-Altar
breites gemaltes Ditpy chon
ist 1494 vom Lübecker
Maler Hermann Rode^)
für den damals neu
errichteten Altar*) der
Greveraden- oder Heiligen-
Kreuz-Kapelle gefertigt.
1846 von C. J. Milde wie-
derhergestellt, ist es 1904
von der Ostwand der nörd-
lichen Kapelle des Chor-
umgangs an die Nordwand
der Beichtkapelle versetzt.
Außenseitig (Abb.)
sind grau in grau unter
einem niedrigen geschweif-
ten Spitzbogen mit der
Aussicht in drei radiante
Seitenkapellen die Patrone
der Greveraden - Kapelle
und ihres Altars darge-
stellt: in der Mitte der
Heiland am Kreuz , zu
seiner Rechten Maria und
Johannes, auf der andern
Seite der hl. Hieron}'mus,
der knieend mit der stein-
bewehrten Rechten zum
Schlage gegen die entblößte Brust ausholt. Unterschrift:
TRANSIS QVIA TV MIHI CAVSA DOLORIS. 1494.
Altarflügel mit Gemälden des Meisters Bernt Notke.
ASPICE QVI
^) A. Hagedorn in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 3, S. 220.
■'') Bernt Notke war seit 1467 in Lübeck tätig und ist 1517 oder kurz zuvor als Werk-
meister der Petrikirche gestorben; A. Goldschmidt, Rode und Notke, zwei Lübecker Maler des
15. Jahrhunderts, in Ztschr. f. bild. Kunst, N. F. XII S. 55 ff.
^ Das. S. 35; vgl. über Kodes Leben Bruns, Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch 10, S 8
*) Vgl. S. 211.
DIE MARIENKIRCHE.
217
Die Innenseite des Mügels (Abb.) schildert in einem bürgerlich aus-
gestatteten Zinimer den Tod der Maria. An der eben entschlafenen Gottes-
nuitter, der ein luigel die Augen zudrückt, vollziehen die zwölf A])oste! die
kirchliche Einsegnung, wahrend die verklärte Gestalt der Verstorbenen von
\'ier luigeln gen 1 limmel eini)()rgeführt wird. Durch eine rundbogige Fenster-
cffiunig erblickt man die den Sarg zu Cirabe tragenden Apostel.
Die feste Tafel (Abb.) zeigt die figurenreiclie Darstellung des Todes
Christi. Vorne hängt am Kreuze der entseelte Heiland, dessen rechte Seite
soeben ein Kriegsknecht mit dem Speere getroffen hat, während ein anderer
Greveraden-Altar von 1494. Außenseite.
Knecht noch das Rohr mit dem Essigschwamm emporhält. Links im Vorder-
grund die hingesunkene Maria und ihre Begleiterinnen mit Johannes und Joseph
von Arimathia; auf der andern Seite Pilatus mit berittenem Gefolge. Weiter
rückwärts die beiden Schacher, deren Seelen von einem Engel und einem
Teufel entführt werden. Im Mittelgrunde der Zug der Frauen nach Golgatha,
die Kreuztragung und der als Patron des Altars auch hier angebrachte hl.
Hieronymus, sich vor dem Bilde des Gekreuzigten kasteiend. Den Hintergrund
füllt eine bergige Landschaft mit der Ansicht von Jerusalem, die dem i486
erschienenen Reisewerk des Mainzer Domdechanten Bernhard von Breydenbach
entnommen ist.
2lS
DIE MARIENKIRCHE.
Tnptychon von 1499. Ein 1,72 m hohes, 1,15 m breites Triptvchon,
das 1892 an das Museum abgegeben ist (Kult. Mus. 1892/129), entstammt, wie
die Auswahl der innenseitig angebrachten geschnitzten Heiligenbilder erkennen
läßt, einem 1499 aus dem Nachlaß des Bergenfahrers Hans Rese^) im ^^•est-
lichen Teile des Süderschiffes errichteten Altar, welcher dem Heiland, der
Jungfrau Maria und den Heiligen Jakobus Major, Christoferus, Sunniva (Patronin
der Stadt Bergen in
Norwegen) und Gertrud
geweiht war.-)
Die 1 902 von
Joh. Nöhring wieder-
hergestellte Außenseite
der beiden Flügel (Abb.)
enthält acht gemalte
Heilige, auf jedem
Flügel z\\ei Paare über-
einander. Sie stehen
auf einem Fliesenbelag
vor einer Brüstungs-
mauer, und z\\-ar hängt
hinter jeder Figur ein
Teppichstreifen herab,
der den Ausblick in
eine den Hintergrund
bildende Landschaft
unterbricht. Der rechte
Flügel zeigt oben die
Aposteln Petrus und
Paulus, unten St. Hie-
ron\-mus mit dem Lö-
wen und St. Nikolaus
im bischöflichen Ornate,
der linke Flügel oben
St. Laurentius mit dem
Roste und einen Heili-
gen, der in der Rechten
ein Brödchen, in der
Linken, wie es scheint, ein Pritschholz hält, unten die hl. Jungfrauen Maria
Magdalena und Apollonia.
Innen findet sich reich vergoldetes und bemaltes Schnitzwerk auf teppich-
artig gemustertem Goldgrund. In den beiden IHügeln waren unter spitzbogig
geschweiften maßwerkbesetzten Baldachinen ursprünglich acht Heiligenstatuetten
0 Vgl. Bruns, Die Lüb. Bergenfahrer und ihre Chronistilc S 127 f
') Vgl. S. 212.
Triptychoii von 1499. Außenseite.
IHE M AK IKN KIRCHE.
219
in gleicher Anordmino wie tue Hilder der Außenseite aufgestellt. Die vier
oberen Figuren fehlen; ihre der l\iick\vand eingepreßten Nimben tragen in
der Reihenfolge von links nach rechts vom Beschauer aus die Aufschriften:
I. STniTVS . IKCIOHVS • ORTT • PIl .... 2. SäIITH • OliGR • ORÄ •
PIU) • HO .... 3- S/^IlTiX • H7kKHiT:R7v • OR .... 4. SmiTTl •
SIIIäVT^ ! • OR .... Die vier unteren Inguren .sind: i. St. Katharina,
2. St. Dorothea, deren
1 laupt ein Blumenkranz
schmückt, mit Körbchen
und l'almzweig, neben
sich den Knaben, 3. St.
Antonius mit aufge-
schlagenem Buch, einem
fehlenden Attribut (er-
gänzt durch das Anto-
niuskreuz) und dem
Schweinchen, 4. St.
Gertrud , gekrönt mit
ihrer Kapelle. In ihren
Nimben steht: SKUTK
KKTSnuiK OK . . .;
smiTÄ-DORKTes;-
OR . . .; SraiTVS •
T^riTOlUVS . . .;
SmiTHi-GeRDRVT-
OR . . . . Den Mittel-
schrein (x-\bb.) teilt senk-
recht eine Scheidewand,
deren vordere Kante
verkleidet wird durch
zwei baldachinüber-
dachte Säulchen, die
ehemals kleine Statuet-
ten trugen. In den bei-
den Hälften stehen unter
dreiseitig vorspringen-
den Baldachinen die
Madonna und der hl. Christoph mit dem Jesuskind. Auf ihren Nimben liest
man: Ge(?R[OTieT + SISTV + I IhRIH + ÄliDBR . . ., . ÄIITVS +
GIiRISTORGR . . . und lIiBSVS + VKll + IKSäRÖ .... Die Basen
sämtlicher Figuren weisen Maßwerkfüllunoen auf.
Triptyclion von 1499. Mitteltafel.
Der Schinkel- Altar. Ein von 1501 datiertes gemaltes Diptychon
mit Predella, das ohne die letztere 2,45 m hoch und 1,92 m breit ist, gehörte
220
DIE MARIENKIRCHE.
ursprünglich dem 1497 errichteten Altar der Schinkel-Kapelle^) an. 1671 in
einem hölzernen Verschlage rechts vom ehemaligen Eingang zur Gallin-
Kapelle angebracht,^) ist es seit dem Umbau dieser Kapelle zur Sakristei
(1851) im Süderschiff über dem Schonenfahrergestühl aufgehängt.
Die grau in grau gemalte Außenseite (Abb.) zeigt inmitten eines aus
zwei seitlichen Säulen und oberem flachen Rundbogen gebildeten, mit zierlichem
Maßwerk in Form von Ranken geschmückten Portals die von Engeln in
Wolken umschwebte
auf der Mondsichel
stehende Madonna
. im Strahlenkranz,
über deren Haupte
ein Engel die Him-
melskrone hält.
Links und rechts von
ihr befinden sich der
Apostel Johannes
und Johannes der
Täufer, letzterer auf
sein zwischen beiden
stehendes Lamm
deutend. Die Sockel
der beiden Säulen
zeigen zwei gelehnte
Schilde mit dem
Wappen der Familie
Schinkel oder Jage-
hase ^) (unter einem
Baum ein von einem
Hunde gejagter
Altar von 1501 aus der Schinkel-Kapelle. Außenseite.
1) Vgl. S. 171 f.
"'') Nach Ausweis
des Wochenbuches wurden
1671, 23. W. n. Ost.
(September 24 — 30) und
in den beiden folgenden
Wochen »zwei Ziinmer-
leute gelohnet, so das
Bindewerck zugehawen, welches anstatt des eisern Tralwercks für der Capelle bei Ulrich Wedsteins
Bude (er war den Rentenbüchern der Kirche zufolge seit 1662 Mieter eines Buchladens, »so dar
licht for der Karckdare, als inen na der Abboteken uthgeit«) in der Kirchen sol auffgerichtet
werden und daran das gemalte Stuck in der Behtcapel stehende, so Herr Conrad Schinckel (Rats-
herr seit 1659, gest. als Bürgermeister 1682) zugehöret und an dem Ohrt zum Zirat der Kirchen
zu setzen verehret.«
^) 1474 November 29 errichtete »Arnt Schinkel, anders genomet Jagehase,« sein Testament;
St.-A., Urschr.
Altar von 1501 aus der Schinkel-Kapelle.
Innenseite des Flügels.
DIE MARIENKIRCHE. 221
Hase)^) und der Schinkelschen Marke, die sich auch, ein wenig abweichend, auf
der festen Tafel dieses Altars und auf dem Grabstein^) des um die Dotierung
der betreffenden X'ikarie verdienten Kaufmanns Arnt Schinkel (gest. 1497
November 30) findet. Die Stiftung des Altarschreins ist demnach zweifellos
auf eine Anordnung des letzteren zurückzuführen, dessen S(jhn, der Magister
Friedrich Schinkel, übrigens auch der erste Vikar der betreffenden Kapelle
war. Am Fuße des Genicäldes steht: KVH SäIKIoKSSIIIK IIT^RIÄ • I mTBR
Der • HH(?Iira (IHIjT • POKTä PÄKÄDrSI • DOirillTI IIVHDI • TV (IS
SIIIBVLT^UIS VIR(-'Ü FVI17\: • TV (lOUCIHlMSTl IkdSVll SIlKl F(l(l-
(ITYTO • TV PHPeRISTI aRBÄTORBII HT SäLiVäTORBM MVIIDI •
III qVO H(?0 HÖH DVRITO • OWK PRO IIB IhBSVM DIIiBBTVII
RIIiIVII_ TV VII • BT lilBBRÄ IIB AB OIIIIIRVS IIÄLIS. 7^1 IBM.
Kuo imi 1501.
Auf der Vorderseite der jetzt die Form eines niedrigen Kastens zeigenden
Predella sind, ebenfalls grau in grau, unter flachen, auf Säulen ruhenden Bögen
Christus als Schmerzensmann und die vier lateinischen Kirchenlehrer mit
Siiruchbändern gemalt, deren Aufschriften lauten:
I ?luguftimiG • infpii'ir • rcbcmtario • Iniincra.
2. 4?>rcijoriuG • paffiö • crifti • ab • nuMiioriam • rLniocctur.
3. (Christus:) (jjija • fum • Ina • licritae • et • Uita.
4- 3fcraniimiG • paffio • tiia ■ tnic • finonlarc • cft • rLMncbium.
5- ^'mürofiiiG • uoli • tantarum • 0tiliuiKi • öcneficioni.
Die Rahmen der beiden inneren figurenreichen Tafeln enthalten oben
einen mit stilisiertem Laubwerk umwundenen Stab, an den Langseiten in
Hohlkehlen je zwei Säulchen, auf denen ehemals Statuetten unter Baldachinen
standen, und unten je dreizehn kleine Nischen, die unter Rundbögen zweifellos
Brustbilder von Heiligen bargen; die oberen Winkel sind mit Maßwerk gefüllt.
Die Innenseite des Flügels (Abb.) zeigt im Vordergrunde die Anbetung
und Begabung des Christkindes durch die hl. drei Könige, die gleich der
Maria in prächtige, mit besonderer Sorgfalt behandelte Gewänder gekleidet
sind. Im Hintergrunde, der mit einer burgenbesetzten Küstenpartie abschließt,
ziehen die Könige von drei verschiedenen Seiten der vom Sterne überstrahlten
Hütte von Bethlehem zu. Das Bindeglied zwischen beiden Teilen des Gemäldes
machen die Hirten mit ihrer weidenden Herde aus.
Die Haupttafel (Abb.) stellt vorne denselben Moment der Kreuzigung
in gleicher Anordnung der Gruppen dar wie die 1494 von Hermann Rode
gemalte Altartafel der Greveraden-Kapelle (S. 216 f.). Den Mittelgrund füllen
Berittene, eine von spielenden Kindern begleitete Frauengruppe, deren Haupt-
figur die hl. Veronika mit dem Schweißtuche Christi ist, w^eiterhin Kriegs-
knechte, um den Mantel des Gekreuzigten hadernd. Den Hintergrund bildet
*) Vgl. das Siegel des (Magisters) Freiedrich Schinkel (1522) bei Milde, Siegel des M.-A.
Tafel 13, No. iii.
'^ Vgl. dessen Abbildung unter »Grabplatten.« Das gleiche Zeichen ist auch als Waren-
marke Arnt Schinkels bezeugt; Hanserecesse, III. Abt. 2. Band S. 10.
222
DIE MARIENKIRCHE.
eine mit Figuren belebte, von einem Fluß durchzogene bewachsene Hügel-
landschaft mit Jerusalem und einem an das Lübecker Burgtor mit seiner
ursprünglichen Bedachung erinnernden Außenwerk. Die Anordnung der Kreuze,
der Typus des Heilands und des Schachers zu seiner Rechten, die Stellung
der beiden Knechte mit dem Speer und dem Essigschwamm, die Be^\•egungs-
motive der Maria und weitere Einzelheiten stimmen fast genau überein mit
dem Kreuzigungsbilde von
1494; ferner ist auf der
Anbetung der Könige ein
ähnlicher achteckiger Tisch
mit dem gleichen läng-
lichen Weizenbrote und
dem für Lübeck charak-
teristischen Gebäck, dem
dreiseitigen Schönroggen,
angebracht, wie sie sich
auf jenem Altarschrein im
Sterbezimmer der Maria
finden. Während das Werk
durch diese Übereinstim-
mungen sich gleichfalls
als eine Schöpfung Her-
mann Rodes ausweist, sind
dagegen die Gesichter,
Hände und Gewänder weit
schärfer und plastischer
dargestellt, als es seiner
Malweise eigen ist. ^) Die
Erklärung dieser Doppel-
natur des Schreines liegt
jedenfalls in der urkund-
lich erwiesenen Tatsache,
daß Rode im Jahre 1500
vom Siechtum befallen
wurde, an dem er noch
Mitte 1504 daniederlag;^)
er wird also den Altar-
schrein begonnen, ein anderer tüchtiger Lübecker Meister ihn 1501 vollendet
haben. Wie es scheint, hat letzterer sein Porträt auf der Kreuzigungstafel in
dem mit Barett und langer Schaube bekleideten Manne angebracht, der hinter
dem in der Ecke zur Rechten auf die Axt gelehnten Kriegsknecht steht.
Maricnalu
ri;enncisterkapel
Auüeaseite.
1) Vgl. Goldschmidt, Rode und Notke, S. 39.
2) Bruns, Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 10, S. S ff, 48 ff.
Altar von 1501 aus der Schinkel-Kapelle.
Ilaupttafel.
DIE iMARTIONKIRCHE.
Der Marienaltar aus der Bürgermeistcrkapelle. Wohl in das
zweite Jahrzehnt des 1 6. Jahrhunderts, wenn nicht etwas später, ist ein 1,91 ni
liohes und 1,22 ni breites Triptychon zu setzen. »Seit Alters an der Ostseite
tler l^ürgermeisterkapelie befindUch,« ist es 1870 an die Ostwand der Kiister-
kapelle, seinen heutigen Platz, versetzt.^)
Auf der 1901 von Joh. Nöhrin<j- wiederhergestellten, zuvor fast un-
kenntlichen gemalten Außenseite (Abb.) empfängt die Jungfrau Maria den
auf einem frei schweben-
den Spruchbande ange-
brachten Gruß des Ver-
kündigungsengels: "Jl'lic •
ijViii'ia • piLMia • bonilnUö •
tCClUli; den I Untergrund
bildet eine schlichte Halle.
Innen vergoldetes
und bemaltes .Schnitzwerk
auf geblümtem Goldgrund.
Die beiden Flügel zeigen
je zwei Gruppen aus der
heiligen Sippe, und zwar
der rechte Flügel oben die
Verlobung Joachims und
Annas, unten Maria Salomä
und Zebedäus mit ihren
beiden Kindern Jakobus
Major und Johannes
Evang., der linke Flügel
oben die heilige Familie,
unten Maria Cleophä und
Alpheus mit ihren vier
Kindern. Den Mittelschrein
(Abb.) füllt die auf dem
Halbmond stehende Ma-
donna mit Nimbus und
Strahlenglorie inmitten
eines mandorlaförmigen
Marienaltar aus der Bürgermeislerkapellc. Mitteltatel.
Wolkenkranzes. Sie führte
in der Rechten einen jetzt abgebrochenen Gegenstand, nach dem das Jesuskind
^) Jimmerthals handschriftliche Chronik der Marienkirche unter 1870; K.-A. — Nach den
WB. wurden 1575, 4. W. n. Weihn. (Januar 16—22) 2 ^ verausgabt, »eynen lycksteyn to leyen
yn s. Annen kap[e]len — wart uth der heren kapelen fan dem altare genamen — unde den steyn
to leyen fan der knackenhower altare« (vgl. S. 204 Anm. 8). Wahrscheinlich beziehen sich auf
dieselben beiden Altäre zwei Ausgaben unter 1574. 8. W. n. Mich. (November 21—27) für »it altar
to brecken« und »yn der kercke 2 altarstafelen aftonemen unde eyne wedder to seyten.«
224 DIE MARIENKIRCHE.
greift. Auf dem Nimbus steht: KVB MÄRT'. STGIjIjä DGI IIäTGR 'Rhll'K.
Dem Wolkenkranz entschwebt zu oberst ein Engel, der jedenfalls ursprünglich
eine Krone über dem Haupte der Himmelskönigin hielt, während an beiden
Seiten je sechs männliche Halbfiguren ohne Attribute, offenbar die zwölf
Apostel, aus ihm hervorragen. Die weitere Umrahmung sowohl des Haupt-
bildes wie auch der vier kleinen Gruppen bekundet bereits den Geist der
Renaissance, indem die älteren gotischen Maßwerkbaldachine hier durch frei
gestaltetes Rankenwerk ersetzt sind, das auf seitlichen, ihrer Aste beraubten
schlanken Baumstämmen mit konsolen- und sockelartigen Verstärkungen ruht;
die Füllungen in den Basen der fünf Gruppen bestehen ebenfalls aus Blüten-
und Rankenwerk.
Ein 3,19 m hohes, 2,22 m breites gemaltes Triptychon von 15 18,
das oben mit einer in steiler Wellenlinie ansteigenden Spitze abschließt, wird
seit Waagen^) übereinstimmend, wiewohl ohne ausreichende Begründung, dem
Jan Mostaert zugeschrieben.
Die Außenseite (Abb.) zeigt in parkartiger, mit Tieren besetzter tropischer
Landschaft den Sündenfall Adams und Evas und im Hintergrunde links in
kleinem Maßstabe deren Austreibung aus dem Paradiese. Die fast lebensgroßen
Figuren von Adam und Eva sind außerordentlich naturalistisch zur Darstellung
gebracht. Unten in den beiden mittleren Ecken sind später die Wappen des
Ratsherrn (1558 — 71) Gotthard von Hövelen und seiner Gattin Margaretha
geb. von Brömse hineingemalt.
Auf der Innenseite des rechten Flügels ist die heilige Nacht dargestel! ■
(Abb.). Vor einer Renaissancehalle kniet die Jungfrau Maria, hinter der Joseph
eine Kerze hält, mit segnend ausgebreiteten Händen vor dem von himmlischer
Klarheit umstrahlten und von Engeln angebeteten Jesuskindlein; in der Höhe
erscheint, von zwei Engeln getragen, Gott Vater mit segnend erhobener
Rechten; ganz im Hintergrunde sind auf einer flachen Höhe die Hirten mit
ihrer weidenden Herde angebracht. Die Innenseite des linken Flügels enthält
die Flucht nach Egypten (Abb.), eine Nachbildung aus dem Dürerschen
Marienleben.
Die Haupttafel (Abb.), deren Hintergrund eine bvu-genreiche Landschaft
bildet, zeigt vor der phantastisch-üppigen Renaissancearchitektur eines ver-
fallenden und als Stall dienenden Palastes die Anbetung der heiligen drei
Könige. Als zwei derselben sind links von der Madonna der unbekannte
Stifter und dessen Gattin abgebildet, deren Wappen vermutlich durch die
vorhin erwähnten ersetzt sind; rechts, weiter abseits, steht der Mohrenkönig,
dessen Gefolge im Vorhofe verweilt. Im Mittelgrunde erblickt man Joseph
und zwei den neugeborenen Heiland suchende Hirten. An einem Pfeiler
rechts vom Kopfe des Mohrenkönigs findet sich die Jahreszahl 1518. Am
^) Deutsches Kunstblatt 1S46 No. 29 und G. F. Waagen, Handlnich der Geschichte der
Malerei fiSöa) I, i S. 143. Immerhin ist der Nachweis, daß die Gemälde niederländischen Ursprungs
sind, nicht erbracht. Manche Züge derselben erinnern vielmehr an oberdeutsche Vorbilder.
Triptychon von 151S. Außenseite.
Triptychon von 1518. Innenseite der Flügel.
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Triptychon von 1518. Mitteltafel.
DIE MARIENKIRCHE. 225
linken Ivaiule des (ienialdes ist hintei- der I laupl^ruppe die knieeiule V\<rur
des obengenannten Ratsherrn und Vorstehers der Marienkirche (lolthard
von Hövehi, durch den \ielleicht der Altarschrein erst in diese Kirche
oelangt ist, nachträoUch eingcfiii;t. Da er hier als fast Fünfzigjähriger, aui"
seiner weiterhin beschriebenen, nach seinem Tode (1575 Dezember 12) gc-
tertigten messingnen (iedenkplatte etwa in der Mitte der sechziger Lebensjahre
dargestellt ist, so wird die Stiftung um 1555 erfolgt sein.
Das Werk hing ehemals in der südlichen Ka])elle des Chorunigangs
an der der Beichtkapelle zuniichst gelegenen Wand') unterhalb des nicht mehr
vorhandenen Wappenepitaphs Gotthards von Höveln^); nach seiner Restaurierung
durch C. J. Milde im Jahre 1849, der 1821 eine andere durch den Porträt-
maler Jean Werner Greve voraufgegangen war,^) ist es an die nordseitige
Wand der entsprechenden nördlichen Kapelle umgehängt worden. 1904 ist es
\ on Job. Nöhring neu gefirnißt.
Der Marienaltar von 15 18. Der jetzt in der Hriefkapelle aufgestellte
große Marienaltar, ein Doppeltriptychon mit Predella, die am oberen Rande
die aufgemalte Jahreszahl 15 18 trägt, ist Antwerj^ener Ursprungs, wie die an
mehreren Stellen auf dem Kopfe und zwischen den l^'üßen der F"iguren ein-
gebrannte Marke dieser Stadt, das Händchen, erweist.^) Das Werk ist 1522
von dem aus der Grafschaft Cleve gebürtigen") Lübecker Kaufmann Johann
Hone für die Marientidenkapelle gestiftet.
Das Stiftungsbuch dieser Ka])elle (vgl. S. 177) berichtet (Bl. 25):
»Anno Domini 1522 passche ghaff Johan Boenne de nye taeffele up dat
altaer in Unßer Leven Vrouwen capellen unde kostede tho ßettende viiff
mark unde 3 V^ schillinck. God sy syn ewighe loen.«
Oben in einer Wellenlinie mit mittlerer P^rhöhung abschließend erhebt
sich der 2,54 m breite Altarschrein 2,86 m über der Predella. Letztere, die
innen 0,54x2,06 m mißt, weist an beiden Seiten segmentförmige mit größten-
teils erloschenen Spruchbändern bemalte PZinbuchtungen auf, die durch Maßwerk
und drei seitlich vorgesetzte Säulchen verziert sind (vgl. die Abb. des Mittel-
schreins). In die beiden oberen Zwickel der Vorderseite sind nachträglich zwei
kleine gemalte Wappenschilde eingesetzt, von denen der rechts vom Beschauer
befindliche (ein Arm mit zwei Bohnenstauden) ohne Zweifel das redende
^) Kunrat von Hövelen , Der . . . Stadt Lübek . . . Herrlichkeit (Lübeck 1666) S. 52
und andere.
'■^1 Lub. Relig., S. 193.
^) Greve erhielt dafür 120 ^, Milde 75 ^; K.-A., Rechnungen von 1821 und 1849.
*) Vgl. A. Matthaei, Werke der Holzplastik in Schleswig-Holstein bis zum Jahre 1530
(Leipzig 1901) S. 197 Anm. Fr. Schlie wies das Schnitzwerk dieses Altars dem Brüsseler Meister
Jan Borman, die Gemälde anfangs dem Bernaert van Orley, später der Schule von Löwen zu;
Fr. Schlie, Das Altarwerk ... zu Güstrow, Anm. 2 ( vgl. auch W. Bode, Gesch. der deutschen
Plastik S. 216) und Repertorium für Kunstwissenschaft 13, S. 409. Gegen die Zurückführung auf
Jan Borman erklärte sich A. Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik S. 23.
*) 1499 Juni 5 ging »Johan Bone, uth deme lande to Cleve gebarn,« mit Hans Salige
(vgl. S. 18S) eine Handelsgesellschaft ein; St.-A., Niederstadtbuch.
15
226 DIE MARIENKIRCHE.
Wappen des Johann Bone, der linke das seiner unbekannten Ehefrau darstellt;
das Werk ist also erst nach seiner Vollendung vom Stifter erworben. Die
beiden ursprünglichen Predellaflügel fehlen; an ihrer Stelle sind 1873 zwei
schlichte Türen angebracht.^)
Der geschlossene Schrein stellt in einem Renaissancezimmer die Ver-
kündigung (Abb.) dar: von links naht der Erzengel mit dem üblichen Gruße
StllC • gracia • plcna • im§ • tCCUin auf flatterndem Bande der vor einem
niedrigen Betpult knieenden Jungfrau Maria, einer Verkörperung demutsvoller
Ergebung in den göttlichen Ratschluß, die auch in den Worten ihres Spruch-
bandes ^tct ♦ aticiila • tni • fiat • iiiidji • fccubuin • bcrtiuni • tuum zum
Ausdruck gelangt.
Nach Öffnung der Außenflügel erblickt man auf den vier sichtbar
werdenden Flächen je zwei Gemälde übereinander. Die beiden äußeren Flügel
enthalten vier Szenen aus dem Leben der Eltern der Maria (Abb.) und zwar
1. die Vermählung Joachims und Annas,
2. die Zurückweisung ihres Opfers um ihrer Kinderlosigkeit willen,
3. ihr Dankesopfer, nachdem ihnen der Engel des Herrn die Geburt
der Maria verhießen hat,
4. ihre Beschenkimg der Armen beim Austritt aus dem Tempel.
Auf den Außenseiten der Innenflügel finden sich vier Darstellungen
aus dem Marienleben (Abb.), nämlich
1. die Anbetung der Hirten,
2. die Anbetung der heil, drei Könige,
3. die Beschneidung Christi,
4. die Flucht nach Egypten.
Die acht Gemälde stehen unter dem Einfluß des 1504 — 10 entstandenen
Dürerschen Marienlebens.''') Fast in allen Einzelheiten diesem entlehnt ist die
Gruppe der heiligen Familie auf der Flucht, insbesondere Joseph und das von
ihm am Zügel geführte Maultier, übernommen ist ferner die Figur der hl. Anna
bei der Zurückweisung des Opfers und die der hl. Jungfrau bei der Anbetung
der Könige. In der Regel weisen die dargestellten Personen den jüdischen
Typus in mehr oder minder edlen Physiognomieen auf; eine Ausnahme hiervon
macht außer den beschenkten Armen und einigen Nebenfiguren die in der
Vermählungsszene angebrachte Gestalt eines zeitgenössisch gekleideten blond-
gelockten Mannes in der Mitte der dreißiger Jahre, in dem wir das Selbst-
porträt des unbekannten Malers erblicken dürfen.
Der völlig geöffnete Schrein birgt gleich der Predella prächtiges reich-
vergoldetes Schnitzwerk in P^eldern von ungleicher Form und Größe. Die
unten schlicht gehaltenen Rückwände sind in mittlerer Höhe ihrer ganzen
^) Vgl. A. Goldschmidt, a. a. O., Tafel 37. Bei der Aufnahme des Altars für dieses Werk
sind die Türen als störende Zutaten abgenommen.
^) Albrecht Dürer, Das Leben der Jungfrau Maria. Nach Probedrucken im Kupferstich-
kabinet der Kunsthalle zu Hamburg herausgegeben von A. Lichtwark (Hamburg 1898). Ferner Dürer,
des Meisters Gemälde, Kupferstiche und Holzschnitte in 447 Abbildungen (1904) S. 191 — 204.
Marienaltar von 1518.
Außenseite.
Marienaltar von 1518.
Innenseite der Außenflügel.
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Marienaltar von 1518.
Außenseite der Innenflügel.
Marienaltar von 1518.
Innenseite der Innenflügel.
Marienaltar von 1518.
Milteltafel mit Predella.
DIE MARIENKIRCHE. 22/
Breite nach als LY^nster ausgebiklet, während ihnen oben kunstvoll gearbeitete
Baldachine vorgesetzt sind, welche, Stalaktitenbildungen vergleichbar, sich aus
zahlreichen hangenden Pfeilern zusammensetzen, die durch Querstege und mit
zierlichem Maßwerk besetzte Bögen \'erbunden sind.
Von den einmal quergeteilten beiden Innenflügeln (Abb.) zeigt der rechte
oben die (ieburt der Maria, unten die Darstellung Christi im Tempel. Die
obere Hälfte des linken Flügels füllt ein Stammbaum des Heilands: ein in
den Herzen Joachims und Annas wurzelnder Baum entfaltet sich, wohl nach
Jesaias ii, i (et egredietur virga de radice Jesse, et flos de radicc ejus ascendet),
zu einer Blüte, in der auf einer Mondsichel in fkamnienartiger Glorie die
Hinmielskönigin mit dem Jesuskind thront; zu beiden Seiten dieser Gruppe
stehen drei männliche und drei weibliche Anverwandte, während in der Mitte
ein Engel ein tiiC ItOftlT ftllUtlG arigillCUl beschriebenes Spruchband hält.
Die untere Hälfte dieses Flügels zeigt den im Tempel lehrenden Jesusknaben.
Der Mittelschrein (Abb.) wird durch zwei mit Statuetten besetzte Säulen
seiner ganzen Höhe nach in drei Teile zerlegt, die hinwiederum durch Ouer-
teilung in große obere Felder und Basen von ungleicher Höhe geschieden
werden. Die Hauptgruppe in der Mitte stellt den Tod der von Aposteln ein-
gesegneten Mutter Gottes dar, deren verklärte Gestalt von Engeln empor-
getragen \\'ird. Rundum am Baldachin des Sterbebettes ist der Anfang des
Hymnus 3;nlJiolata -^ intacta -^ et ^ cafta ^ t^ ^ .I^laria') verzeichnet.
Die etwas tiefer gelegten großen Seitenfelder sind von leidtragenden weiteren
Aposteln und Angehörigen der Maria eingenommen. In der mittleren, höheren
Basis ist die Grabtragung der Maria angebracht, in den beiden seitlichen, die
in z\\ei quadratische Nischen zerlegt sind, links vom Beschauer aus die Ver-
kündigung und eine im wesentlichen zerstörte Gruppe, rechts das von Aposteln
umstandene Grab der Maria und der an der Offenbarung schreibende Evangelist
Johannes. Die großen Teilungssäulen tragen zvi oberst die kleinen Statuetten
der Anna selbdritt und Johannis des Täufers, weiter abwärts diejenigen eines
musizierenden Engels, eines Papstes (Gregor I.) und zweier Bischöfe (wahr-
scheinlich Augustinus und Ambrosius); von vier zu beiden Seiten des Mittel-
schrgines in annähernd gleicher Höhe mit den sechs vorigen ehemals aufge-
stellt gewesenen weiteren Statuetten ist nur diejenige der hl. Katharina als
linke obere erhalten.
Die Predella schließlich umfaßt, in der Reihenfolge von links nach
rechts, den Tempelgang der Maria, eine wegen des Fehlens der vorderen
Gruppe unkenntliche Szene und den Besuch der Maria bei Elisabeth.
Der Altarschrein ist 1790 von seiner ursprünglichen Stelle an der Ost-
seite der Sänger- oder Beichtkapelle entfernt und zunächst in der Greveraden-
Kapelle oberhalb der zum Norderturm führenden Tür aufgehängt ^vorden.
1846 wurde er, nach Wiederherstellung seiner Gemälde durch C. J. Milde,
an der Nordwand der Bergenfahrerkapelle auf einem gemauerten, mit einer
') Vgl. Daniel, Thesaurus Ilymnologicus 2, S. 326.
15*
228 DIE MARIENKIRCHE.
Marniorpiatte belegten Altartische aufgestellt und ist mit dem letzteren 1873
an die Ostseite der Brief kapeile versetzt worden. 1904 sind die Gemälde von
Joh. Nöhring aufs neue gereinigt und gefirnilk.
Der 1,56 m hohe und 1,48 m breite Altarschrein der Bergenfahrer-
kapelle, in seiner jetzigen Gestalt ein gemaltes Diptychon, ursprünglich aber
ein Doppeldiptychon, ist auf Grund eines am 9. Oktober 1522 getroffenen
Abkommens^) im Auftrage der Testamentsvollstrecker des Bergenfahrers Tideke
Roleves für den damals an der Südwand der Kapelle neuerrichteten jüngeren
Bergenfahreraltar^) vom Lübecker Meister Johann Kemmer^) gemalt und im
März 1524 abgeliefert worden. Das Werk gehört der Schule des jugendlichen
Lukas Kranach an.^) Nachdem es eine Zeitlang an der Westseite der Oldesloe-
Kapelle angebracht gewesen Mar, ist es seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts
an der jNordwand der Bergenfahrerkapelle aufgehängt.
Außenseitig erblickt man vor einem auch auf den andeenr beiden
Gemälden angewandten schwach gemusterten (joldgrund drei Schutzheilige
deutscher Kaufmannsgilden in Bergen, nämlich die hl. Katharina zwischen
St. Barbara und St. Dorothea, mit den üblichen Attributen (Abb.)
Die Innenseite desselben Flügels (Abb.) stellt den Moment der Kreuz-
abnahme dar, wie der von einer Leiter aus über das Kreuz gebeugte
Nikodemus den starren Leichnam des Heilands in die Arme Josephs von
Arimathia gleiten läßt; links von dieser Gruppe sind Maria, deren beide Stief-
schwestern und der Apostel Johannes angebracht, rechts die in die Knie
gesunkene Maria Magdalena und deren Schwester Martha; den Hintergrund
bildet eine bergige Landschaft mit Jerusalem und dem Ölberg.
Die frühere Außenseite des inneren Flügels (Abb.) zeigt König Olav,
den Schutzpatron der Bergenfahrer, zwischen den Evangelisten Johannes und
Matthäus. Der im reifen Mannesalter dargestellte König, der über dem
Harnisch eine pelz\erbrämte Schaube trägt, hält den Reichsapfel und eine
Hellebarde, durch welche der Künstler die dem Heiligen sonst eigentümliche
krumme norwegische Axt ersetzt hat; sein linker Fuß tritt auf die Vordertatze
eines Drachen, dessen Menschenantlitz die Züge des Königs im jugendlichen
Alter aufweist als ein Sinnbild des von ihm verworfenen Heidentums. Der
Apostel Johannes ist herkömmlicherweise mit dem Giftbecher dargestellt, der
in kostbare Meßgewänder gekleidete Matthäus führt in der Rechten das
Schwert, mit dem er nach vollbrachter Messe hinterrücks durchbohrt wurde,
während ein vom Mittelfinger der Linken herabhängendes Zahlbrett auf seinen
früheren heidnischen Zöllnerstand deutet.
') Gedr. bei Bruns, Die Lüb. Bergenfahrer und ihre Chronistik, S. 298 f.; daraus wieder-
holt bei Th. Gaedertz, Johann Keminer, der Meister des St. ( )lavaltars in der Marienkirche zu
Lübeck, S. 6 f.
'^; Vgl. S. 213 und Bruns, a. a. O., S. 295 ff.
'^) Er erwarb 1528 das Haus Königstraße Ko. 38 und ist zuletzt 1540 nachweisbar; Bruns,
a. a. O., S. CXXXl und Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 10, S. 10 und 52.
*) Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik, S. 27.
Bergenfahreraltar von 1524.
Außenseite.
' ^'^^'*''^*'^'?'?^^^WT53^^S^53S8RKJÄT^3r^"' ::."■
Bergenfahreraltar von 1524.
Innenseite des Außenflügels.
Bergenfahreraltar von 1524.
Jetzige Haupttafel. (Früher Außenseite des Iiinenflügels.)
DU': MARIENKIRCMH
229
Die geschnitzte Innenseite des letzteren Mugels enthielt dem oben
angeführten LiefernngsNertrage zufolge die lebensgroßen Figuren dreier 1 leiligen,
]\ochus, .Antonius und Sel)astian, und an den beiden Langsciten in je sechs
noch xorhandenen leeren Nischen^) die Statuetten der zwölf Apostel, während
die Mitteltafel die heilige Sippe (»s. Annen siechte«), ein um jene Zeit überaus
hiuifiges Altarschmuckmotiv, aufwies.
\^ielleicht ist die letztere Gruppe in einer bei 1,29 m Höhe allercHngs
nur 1,09 m breiten geschnitzten Darstellung der heiligen Sipjie (Abb.)
erhalten, die 1892 vom KirchenNorstande dem Mu.seum überwiesen ist (Kulturhist.
Museum No. 1892/128).
In der Mitte der s}-mme-
trischen Gruppe thront
die I1I. Anna, zu deren
I'\ifsen die iMadonna mit
dem Jesuskind und deren
ebenfalls von ihren Kin-
dern begleitete Stief-
schwestern Maria Cleophä
und Maria Salomä sitzen.
Dem 'rhron,sesseI zunächst
stehen Joseph und Joachim,
neben ihnen Alpheus und
Zebedeus, während weiter
rückwärts Cleophas und
Salomas sichtbar sind. Mit
Ausnahme der als Nonne
gekleideten hl. x\nna
tragen die erwachsenen
Personen wie auch der
kleine Jakobus Major
prächtige, mit peinlicher
Sorgfalt gemusterte ver-
schiedenartige Brokatge-
wänder.
Der sog. Dreifaltigkeitsaltar ist ein gemaltes Doppeltriptjxhon von
2,30 m Höhe und 1.77 m Breite mit oberem, nach der Mitte zu ansteigendem
und mit Rankenwerk geziertem wellenlinigem Abschluß, der jedoch von der
wagerecht verlaufenden, in einem breiten gekehlten Gesimse endigenden Rück-
wand überragt wird. ^) Der älteste nachweisbare und wohl ursprüngliche Platz
dieses Werkes war die Nordseite des vierten südlichen Mittelschiffspfeilers;
Die heilige Sippe.
^) Vgl. die Beschreibung der Rückseite im 7. Jahresbericht d. V. von Kunstfreunden in
Lübeck (1889) S. 9 ;^auch bei Bruns, a. a. O., S. CXXXIII, Anm i mitgeteilt).
'^) Vgl. über diesen Altar Th. Hach im 9. Jahresbericht d. V. von Kunstfreunden in Lübeck
(.1888/89) S. 8—14.
230
DIE MARIENKIRCHE.
von dort durch das 1702 errichtete Epitaph des Ratsherrn Daniel Klett ver-
drängt,^) ist es bald darauf in der nördlichen Kapelle hinter dem Altar auf-
gehängt und 1849 an seine gegenwärtige Stelle an der Südwand der dortigen
südlichen Kapelle überführt worden.
Die Außenseite (Abb.) zeigt in einer Renaissancehalle die weißgekleideten
Gestalten der Jungfrau Maria und des mit segnend erhobener Rechten ihr
Der Dreifaltigkeitsaltar. Außenseite.
die Heilbotschaft ' verkündenden Erzengels Gabriel. Auf vielgewundenen
^) 1704 April 7 beschließen die Vorsteher: »Daß schöne Gemählte von der Offenbahrung
sanct Johannis, welches von dem Pfeiler, allwo des sehl. Herrn Kletten Epitaphium an gehangen,
abgenommen, soll wieder an dem negsten Pfeiler unterwerts nach dem Westen angebracht werden;«
Vorsteher-Protokoll 1650 — 1734, Bl. 162. Die Ausführung dieses Beschlusses wird jedoch unter-
blieben sein, da am fünften Süderpfeiler kurz darauf das Epitaph des Ratsherrn Hermann Focke
errichtet wurde.
Der Dreifaltigkeilsaltar bei geöffneten Außenflügeln.
Vom Beschauer aus linke Hälfte.
Der Dreifaltigkeitsaltai- bei geöffneten Außenflügelii.
Vom Beschauer aus rechte Hälfte.
DIE MARIENKIRCHE 23 I
Spruchbantlcrn liest man die Worte des Lukasevangeliunis AVE • GRACIA •
PLENA • DOMINVS • TECVM • und ECCE • ANCILLA • DOMINI • FIAT •
MICH! • SECONDO • VERBV • TVOM.
Werden die beiden Aul^enflügel zurückgeschlagen, so erblickt man
(Abb.) \or einer symmetrisch angelegten reichgeschmückten Durchgangshalle
im Renaissancestil, durch welche der Blick weit hinaus in eine mit mannig-
fachen Bauten niederdeutschen und italienischen Charakters besetzte Landschaft
schweift, die vier lateinischen Kirchenlehrer im vollen kirchlichen Ornate: die
energie volle Figur des Papstes Gregor I., den in das Studium eines Buches
\ertieften hl. Hieronymus mit dem Löwen hinter sich, den voll milden Ernstes
dreinschauenden hl. Augustinus mit dem Herzen in der Rechten, und, in fast
gleicher Stellung wie diesen, den sinnenden hl. Ambrosius.
Auf dem linken der nach Öffnung der inneren Flügel sich darbietenden
Gemälde (Abb.) kniet auf einem von palastartigen Gebäuden begrenzten freien
Platze der Kaiser Augustus, den Blick zur Madonnenerscheinung am Himmel
erhoben, auf welche die hinter ihm stehende tiburtinische Sib\-lle deutet,
pjnem kleinen \iereckigen \"orbau im Mittelgrund sind die Brustbilder dreier
Männer, oftenbar der Stifter, nachträglich eingefügt, und zwar scheinen die
beiden jüngeren von ihnen, nach der Porträtähnlichkeit zu schließen, Brüder
zu sein. Ebenfalls später hinzugesetzt sind die Bronzestatuen, welche sich
über den geschweiften Giebelfeldern dieses Vorbaus erheben, während der
Turm im Hintergrunde insofern unvollendet geblieben ist, als die hinteren
Säulchen des achtseitigen oberen Geschosses, in dem die Glocke hängt, zwar
angelegt, aber nicht ausgeführt sind.^) Der gegenüberstehende Altarflügel
stellt den Evangelisten Johannes dar, wie er auf der Insel Patmos am achten
Kapitel seiner Offenbarung (»die erste bis vierte Posaune«) schreibt. Xur der
Johannes und die Landschaft des Vordergrundes beruhen auf eigener P>findung
des Malers, dagegen ist die Vision nebst der ganzen übrigen Landschaft dem
1498 entstandenen Dürerschen Holzschnitt »die sieben Posaunenengel«^) genau
nachgebildet, wenngleich mit Ausnahme der hier des beschränkten Raumes
wegen fehlenden vmteren beiden luigel.
Auch von der im großen Mittelfelde dargestellten Anbetung der Drei-
einigkeit durch die Heiligen der Kirche ist die obere Hälfte dem 1 5 11 er-
schienenen großen Dürerschen Holzschnittblatte mit der Dreifaltigkeit^) fast
genau entlehnt. Den Vordergrund der unteren Hälfte des Gemäldes nehmen,
in anbetender Stellung auf Wolken knieend, Maria und Johannes der Täufer
ein; hinter jener sind Katharina und INIaria Magdalena, hinter diesem Petrus
und Paulus je an der Spitze einer langen Schar \\eiblicher und männlicher
Heiliger dargestellt. Die geflügelten Engelsköpfe in den beiden unteren Ecken,
die absonderlichen Gebilde kleiner schwebender Engel im Hintergrunde sowie
auch vermutlich die übermäßige Verlängerung der Schleppgewänder der beiden
1) Hach, a. a. O., S. 13.
^ Dürer, Des Meisters Gemälde, Kupferstiche und Holzschnitte (1904). S. 172.
») Das. S. 250.
232 DIE MARIENKIRCHE.
unteren Engel der Dreifaltigkeitsgruppe werden einer 1817 erfolgten teihveisen
Qbermalung') dieses Bildes zur Last zu legen sein.
Der Vereinigung der einzelnen Gemälde des Altars zu einem Ganzen
liegt die Idee einer Darstellung des Reiches Gottes von seinen Anfängen in
der Verkündigung Christi bis zu seiner Vollendung in der \^erehrung der
Dreieinigkeit durch die Gemeinde der Heiligen im Himmel zugrunde.^) In
bezug auf den Meister dieses wohl ans Ende der zwanziger Jahre des 16. Jahr-
hunderts zu setzenden Altarschreins gehen die Meinungen auseinander. Fr. Schlie
erklärt ihn, an der zuerst von G. F. Waagen geäußerten^) und daraufhin
geltend gewordenen älteren Ansicht festhaltend, für eine Schöpfung des
Bernaert van Orley aus dessen letzten sch^^•ächeren Periode,^) A. Goldschmidt
hält unter Bestreitung der Urheberschaft C)rle}-s am niederländischen Ursprung
des Werkes fest,^) während Th. Hach es für einen unbekannten Lübecker
Maler, vielleicht einen dem Bernaert van Orley sehr nahestehenden Schüler,
in Anspruch nimmt. ^)
Das Sakramentshaus, eine prächtige gotische Erzgußarbeit, ist 1476 — 79
auf Kosten der Marienkirche gefertigt und am 9. Juli 1479 aufgestellt.'') Ent-
worfen hat es der Lübecker Goldschmied Klaus Rughesee, gegossen der
Erzgießer Klaus Grude, und zwar aus 22 Schiffspfund 11 Liespfund und
9V2 Pfund (= 6323 V2 S) Kupfer.^) Die Gesamtkosten des Werkes betrugen
einschließlich der ehemaligen Vergoldung 3 1 1 2 # 2 fi. Von den hölzernen
Modellen, die der Tischler Walter^) für die Gußformen geschnitzt hat, ist noch
eine größere Anzahl im Museum-') vorhanden.
Den vom 27. September 1476 datierten Kontrakt der Kirchenvorsteher
mit beiden Meistern sowie eine Zusammenstellung der Kosten des Werkes
hat W. Brehmer im 4. Bande der Zeitschrift d. V. f. Lüb. Gesch. S. 91 ff.
mitgeteilt. — Klaus Rughesee erwarb 1469 das Haus Königstraße No. 191,
das 1491 seinen Erben zugeschrieben wurde (Oberstadtbuch); 1483 Juli 15
kommt er als Ältermann des Lübecker Goldschmiedeamtes vor (Niederstadt-
buch). Klaus Grude besaß 1480 — 93 das Haus Kupferschmiedestraße No. 13
und seit 1493 das Haus Fischergrube No. 46, das erst 1555 seitens der
Vorsteher der Petrikirche wieder veräußert wurde (Oberstadtbuch).
1855 ist das Sakramentshaus von seiner bisherigen Stelle unmittelbar
nördlich des Hochaltars entfernt und nach Wiederherstellung seiner fehlenden
1) Hach, a. a. O., S. 13.
^ [Funck,] Die Merkwürdigkeiten der Marienkirche, 3. Aufl., S. 26.
^) Deutsches Kunstblatt, Jahrgang 1846 S. 115 und Handbuch der Geschichte der
Malerei I I, S. 292.
*) Fr. Schlie, Das Altarwerk der beiden Brüsseler Meister Jan Borman und Bernaert van
Orley in der Pfarrkirche zu Güstrow, Text Anm. 4 und im Repertorium für Kunstwissenschaft
XIII, S. 411.
^) Lüb. Malerei und Plastik S. 26 f.
^ Hach, a. a. O., S. 14.
'') Gerens Chronik S. 373 bei Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik.
®) Ältestes Rechnungsbuch (1448 — 1529) im K.-A., Bl. 52.
°) Kulturhist. Museum No. 1892/80.
Dlli MARIENKIRCHE.
iiiul hcscliiulii^tcn 'l'cilc sowie- unter Beseitigung- cler alten Vergoldung; etwas
weiter abseits vom Hochaltar, dicht vor dem zweiten n()rdlichen Chor])feiler,
wieder aufgebaut.
Die ^a-öberen unteren Ergänzungsteile, insbesondere drei böwen ('zu-
sammen 333 V2 'S schwer), sechs größere und fünf kleinere Statuetten (zu-
sammen 95 V2 ^ bezw. 12 ^ schwer), sechs Postamente (61 'tß schwer) und
»IG Stück gotische Blattverzierungen,« sind in der Tremser (iießerei von
Gebr. Hasfe, die feineren oberen Teile vom Cielbgießer J. C. Schröder nach
Zeichnungen des Malers C. J. Milde gegossen
und sämtliche neuen 'J'eile \om (iraveur
H. Schmidt nachmodelliert; Kirchenrech-
nungen 1853—55.
Das 9,5 m hohe Ciborium (Abb.) hat die
(jestalt eines zierlichen, reichgegliederten goti-
schen Tiirmchens, dessen (jrundform ein Sechs-
eck bildet. Es wird von fünf ruhenden Löwen
getragen; seine sechste, dem Chorj)feiler zuge-
wandte Seite stützt ein schlichter Sandsteinblock.
Der Unterbau besteht aus einem kräftigen mit
Skulpturen bedeckten mittleren Pfosten und sechs
schlanken Eckpfeilern, zwischen denen unter
Rankengew'inden Engel mit Kreuzigungsattributen
in den Händen knieen. Auf einem Gesims des
Mittelpfostens liest man: .nirolailö : nirtljCfCC *
niirifiiüer : et : .OicoiauG : o^nibcn : crif-
figuiUG : nie : fcccrunt : Oratc : öcuiii : yro :
eis. Vor den Seitenflächen des verschließbaren
Tabernakels stehen unter prächtigen Baldachinen
auf Konsolen sechs Statuetten, und zwar vor
der Tür — kleiner als die andern — der seine
Wundmale weisende Heiland unter einem ge-
schweiften Spitzbogen, vor den übrigen Seiten
die Madonna mit dem Kinde, Katharina, Johannes
der Täufer, Maria Magdalena und Anna selb-
dritt. Die abgeschrägten Ecken sind mit zwölf,
zu je zwei übereinander aufgestellten Apostel-
figürchen geschmückt. Den unteren Rand des
Hostienschränkchens umzieht die stark gekürzte
Inschrift: ijcc : .miia : 1110 : cca^ : ijrvij:» : ycrfccta : bomiiio : Ijiiirico :
caftDiTi ; procoiifuic : luticrD : öcrc : canfuic : j,irnbifariüiiG : et : pauia :
fiaggcn : oycrario : oratc : trcum : pro : cip. Der in zwei Stockwerken
aufsteigende, aus Pfeilern und Säulchen gebildete durchbrochene obere Teil, der
dem Tabernakel zunächst die Statuette der Madonna umschließt, ist in reichster
Abwechselung mit Gallerien, Wasserspeiern, Figürchen, Wimpergen, Gibelchen
und Fialen geziert; den krabbenbesetzten, mit einem Rautenkranz umwundenen
Sakramentshaus. Unterer Teil.
234
DIE MARIENKIRCHE.
N-
Helm des Türmchens krönt eine doppelte Kreuzblume, die noch von dem
Bilde des Gekreuzigten überragt wird.
Zwei längst untergegangene schöne geschnitzte Monstranzen waren
bis 1619 im südlichen Chorumgang aufgestellt. Nach des damaligen Chronisten
Hinrich Rehbeins Bericht (Handschrift der Stadtbibliothek, S. 359) hatte
anläßlich der Wiedereinsetzung der Knochenhauerzunft nach dem Aufruhr des
Jahres 1384 dieses Amt »zur Dancksage und unsterb-
lichs Gedechtniß die peiden künstlichen auch zirlichen
aus Holtze geschnittene Monstransen in Marienkirche
verehredt undt machen laßen, so dha beim Chore undt
Bürgermeistercappell uf 2 steineren Pfeiler (an gemeltte
treulose Faction stets zu gedencken) dahin gesetzt worden.
Ob das nun woel zu der Zeit wie auch noch zu dieser
Zeit ein schönes Ornament und Zirhat der Kirchen ge-
wesen, auch von Fremden auslendischen kunstliebenden
Leuten geloebet und hoch gerhümet, ist es doch Anno 1 6 1 9
baven am Ennd desselben Jahrs (nicht weiß ich, zu waß
End) da wegkgenommen und die Bedklockencappel ex
conspectu hominum stuckweiß gesetzet worden.«
Die Kanzel.
Eine seit 1892 im Museum (Kulturhist. Museum
No. 1892/127) befindliche geschnitzte reizvolle Darstellung
der Verkündigungsszene (Abb.) ist jedenfalls mit Recht
als che Deckelbekrönung eines vorreformatorischen
Predigtstuhls in Anspruch genommen.^) Der Neubau
eines solchen vernotwendigte sich infolge des Brandes, der
I 508 das Mittelschiff heimsuchte, doch wird die Entstehung
dieser Bekrönung kaum vor Ablauf des nächsten Jahr-
zehntes fallen, da sie bereits der Übergangszeit von der
Gotik zur Renaissance angehört. Sie besteht aus zwei
durchbrochen gearbeiteten Tafeln in der h^orm aufrechter
rechtwinkliger Dreiecke. Den Aufbau stützen zwei innen-
seitige durch zahlreiche, meist kelchförmige Einschnürungen
gegliederte säulenartige Baumstämme, die mit stilisiertem
Laubwerk umsponnen sind, aus dem Engelsfigürchen heraus-
ragen. Links vom Beschauer aus kniet die Jungfrau
Maria, »ein frisches, echt norddeutsches Kind mit an-
mutigem ernstfreundlichem Ausdrucke, ^\•ie nach innen
gekehrt den Worten des Engels lauschend.«^) Über ihr
thront in strahlenden Wolken Gott Vater mit der Welt-
kugel. Von seinem Herzen aus ergießt sich ein Strahlenbündel mit dem
kreuztragenden Jesuskindlein auf die Auserwählte, über der die Taube des
Heiligen Geistes schwebt. Der Jungfrau gegenüber deutet der eben erst den
Boden berührende Erzengel Gabriel mit segnend erhobener Rechten auf sein
i
Sakramentshaus.
Oberer Teil.
^) Führer durch das Museum, 5. Aufl., S. 36.
*) Vgl. Th. Hach, Die Anfänge der Renaissance in Lübeck (1
S. II ff.
DIE MARIENKIRCHE.
235
Spruchband mit dem englischen Gruße hin. Den oberen Teil dieser Hälfte
bildet, wohl nach Offenb. Joh. 12, 9, die Ausstoßung des Satans und seiner
Engel vom Himmel auf die Erde.
In den Jahren 1533 und 1534 wurde eine neue hölzerne Kanzel im
evangelischen Charakter von einem Meister Jakob, zweifellos Jakob Reyge
oder Rey/) erbaut. Der im Aj)ril 1533 vorweg angebrachte Schalldeckel
muß von einfacher Art gewesen sein, da zwischen seiner Bestellung und seiner
Ablieferung höchstens zwei Wochen lagen. Der ein Jahr spiiter errichtete
Predigtstuhl, welcher sich
jetzt in der Kirche zu
Zarrentin in Mecklenburg-
Schwerin befindet untl in
den Kunst- und Geschichts-
Denkmälern dieses Landes
beschrieben ist,^) weist in
den h'üUungen fünf figuren-
reiche Renaissancercliefs
mit niederdeutschen In-
schriften auf.
Auf diesen Kan-
zelbau beziehen sich
folgende Angaben in
dem vom Werkmeister
Lorenz Johannsen ge-
führten ältesten
^\'ochenbuch der
Kirche: 1533, 4. W.
in den Fasten (März
23 — 29): »Item alilie
yck dath vordeckeise
aver den preddyck-
stoel myth deme
snyddeker vordyn-
gede, ehme tho gadeß-
gelde gegeven yß
6 «3i. « 6. W. in den
Fasten (April 6 — 12): »Item noch deß dynxtedages gelonth 4 dregers, de
dath captel baven dem preddickstole vame snyddeker halden, deme manne
10 «3i, yß 3 jä^ 4 o3i. Item noch, alse dath captel upgebrocht word, deme
volcke thoßamende gegeven tho ber yß i jS.« 8. W. n. Pfingsten
Quli 27 — August 2): »Item des mydwekenß deme snyddeker deß verdeckelß
Bekröiiung eines ehemaligen Kanzeldeckels.
'■) Nur dieser Meister führt 1534 im Lehrlings- Annahmebuch des Tischleramtes (St.-A.,
Tischlerakten* den Vornamen Jakob. — Sein Testament (St.-A., Urschr.) ist von 1560 (^ass. Marie)
August 15 datiert.
^) F. Schlie, Die Kunst- und Geschichts-Denkinäler des Großherzogtums Mecklenburg-
Schwerin, 3. Band, S. 104 f. Vgl. auch die Angabe bei Kunrat von Hövelen, Der . . . Stadt
Lübek , . . Herrligkeit (1666) S. 57 f.
236 DIE MARIENKIRCHE.
halven baven deme preddyckstole gegeven yß 3 #.« In der 5. W. n. Mich.
(November 2 — 8) wurden dem Maler »brede unde papyr tome scm- baven deme
preddyckstole« vergütet. 1534, 6. W. in den Fasten (März 29 — April 4):
>:>Item noch, alse de predyckstol gesettet wordt, 4 dregeren, de ehnie halden
yn de kercken, gegeven yß 3 fü.« 1534, 5- W. n. Mich. (November i — 7):
»Item des dinxtedages gegeven Jacob deme snyddeker uth bovele der vor-
stender, ßo he noch enthachter waß deß nyen preddyckstolß halven, yß
7 V2 ^- Item noch den gesellen to dranckgelde van deß vordeckelseß unde
deß preddyckstolß halven yß 6 f5'.«
1 596 wurde zu dieser Kanzel vom Kirchentischler Jochim Werncke d.
Alt. ein neuer Aufgang geliefert, der einschließlich seiner schönen Renaissance-
tür 1 20 Mark kostete.
In einer 1601 Januar 28 gehaltenen Abrechnung der Vorsteherschaft
mit Jochim Werncke und dessen gleichnamigem Sohne heißt es: »hyr is mit
ingerekent dat daergerichte oder der inganck und treppe des predigstols, so
de hern Vorsteher anno 96. den 21. Februarii mit Jochim Werneken dem
olden vordinget an holte und arbeidesloene lueth des karckenboekes umb
120 ^; WB. 1601, 4. W. n. Neujahr (Januar 25 — 31).
Am 13. Juni 1699, acht Jahre nach ihrem Abbruch, ist »die alte
Cantzel cum Pertinentiis an H. Andreae, Pastor zu Zarrentien in Mecklenburg,
verkauft und überlaßen für 100 -^.«■^)
Die gegenwärtige Kanzel (Abb.), welche sich gleich den früheren
am zweiten Norderpfeiler des Mittelschiffs befindet, ist aus einem Vermächtnis
des am 28. April 1687 gestorbenen^) Seidenkrämers Hinrich Eckhoff und auf
Kosten seiner Witwe Dorothea, geb. Bulmering (gest. 1699) vom Bildhauer
Georg Friedrich Brusewindt entworfen imd ausgeführt. Sie wurde im Frühling
1 69 1 aufgebaut. ^)
Das Testament Hinrich Eckhofts von 1687 April 22 besagt: »Ebener-
maßen und gleichwie der Kirchen zu St. Marien alhie gerne ein Gedächtnis
gönne, so wil zu Erbauung eines neuen Predigstuhls verehret haben drey-
dausent Marck Lubsch solchergestalt, daß meine Testamentarii denselben unten
von Marmor und Alabaster, die Decke von feinen Holtze machen und an
denselben meinen Nahmen imd Wapen setzen laßen sollen;« St.-A., Test.
Der Predigtstuhl und die Wandung der ihm ostseitig angeschlossenen
Treppe bestehen aus Marmor, und zv,ar sind der Grund schwarz, die vor-
gesetzten Säulchen rot und der figürliche Schmuck weiß. Die fünf Seiten
des aus dem Achteck konstruierten Predigtstuhls sind von je zwei Säulchen
eingefaßt, zwischen denen unter Rundbögen fünf Figuren stehen, nämlich im
') WB. 1699, 10. W. n. Ostern.
*) Nach der Inschrift seines ehemaligen Grabsteins in der Marienkirche; Schröder, Topo-
graphie 3, S. 264.
^) Das Vorsteher-Protokoll berichtet unter 1691 April S: »Nachdem der Kanzelbauer in
Kegenwardt des sei. Eckhoffs testamentarien so gahr gewiiie versprochen undt versichert, dafern
die alte Cantzel d. 27. dieses abgebrochen wirdt, die neuwe alßdan kegen diesem bevorstehenden
Pfingsten (Mai 23) in solchen Stande zu bringen, daß die Predigten darauff können gehalten werden,
deßwegen ist beliebet, an dem begerten Tage dieselbe abzubrechen.« Eingeweiht wurde die neue
Kanzel am 18. Juni desselben Jahres; WB. 1691, 10. W. n. Ostern.
DIE MARIENKIRCHE.
237
Mittelfelde der segnende Ileihind, ihm zur Rechten die Evangelisten Matthäus
und Johannes und zu seiner Linken Markus und Lukas. Den letzteren schließen
sich an der Treppenwandung in gleicher Anordnung Petrus, Paulus, Moses und
Johannes tler Täufer an. Das I''ufNgcstell der Mosesstatue trägt die .\ufschrift:
J{Q )69) - //-'.-'. ^7 Av7/.')
Das (lebälk des xon zwei
Marmorsäulen flankierten
hölzernen Portals schließt
oben mit einem iliirch-
brochenen (iicbcl ab, di-n
die Figur der christlichen
Liebe zwischen den hin-
gelagerten (jestalten des
Glaubens und der Hoff-
nung krönt. Unterhalb
ersterer ist des Stifters
marmornes \\'aj)pen (eine
lüche innerhalb eines
runtlen Palisadenzaunes)
und die Inschrift:
HINRICH ■ ECKHOFF
AN NO -1691 -angebracht.
Die obere Füllung der
einfachen Tür ist mit der
hölzernen Statuette des
ein Lamm an seinem
Busen tragenden (Jesaias
40, 1 1 ) Heilands ge-
schmückt. Zwei nahezu
lebensgroße hölzerne Bild-
säulen der Aposteln Petrus
und Paulus^), auf denen
ursprünglich die Kanzel
Die Kanzel. ruhte, .sind bereits 1699
wieder entfernt, weil sie den Zugang zu den dortigen Sitzplätzen behinderten,
und durch einen mit Holzwerk verkleideten eisernen Träger ersetzt.^)
1) Nach dem Wochenbuche der Jakobikirche ließ 1687 November 4 »Georg Friederich
Brusewindt sein Kindt auffm Kirchhoff untern Kirchenstein begraben.«
'■*) Jetzt im Kulturhistor. Museum No. 1 892/1 46 a u. b.
^) 1699, 24. W. n. Ostern (September 17 — 231 ordneten die Vorsteher an, daß, »nachdem
die unter der neuen Cantzel stehende großen Bilder denen Frauenspersohnen, so ihre Stellen daselbst
haben, im Ein- und Ausgehen sehr verhinderlich gewesen, . . . anstatt der beiden eisernen Stangen,
auff welchen die Cantzel vorhin ruhete, auch die grossen Bilder, so daran fast gemacht, nur eine
Stange mit 2 Arme solte in die Stelle gesetzet werden, welches auch glücklich verrichtet worden;« WB.
238
DIE MARIENKIRCHE.
Der über dem Zwölfeck konstruierte große hölzerne Schalldeckel, der
mit Rücksicht auf die günstigere Schallwirkung sehr nahe über der Kanzel
angebracht ist und dadurch erdrtickend wirkt, enthält in zwei Stockwerken
Die Taufe.
zwischen zentrisch angeordneten Laubwerk\-oluten unten neun Engel mit den
Symbolen des Leidens Christi und oben vier Putten; gekrönt wird er von
der Figur des auf der Weltkugel stehenden auferstandenen Heilands mit der
Siegesfahne.
DIE MARIENKIRCHE.'
239
Die Treppenwangen an der Taufe.
Die Taufe. Die im Mittelschift" gegenüber der Hergenfahrerkapellc und
somit nahe dem ursprünglichen Haupteingang aufgestellte Taufe (Abb.) besteht
aus einem Unterbau, dem ehernen Taufkessel und einem hölzernen Deckel,
der an langer, aus Lederriemen zusammengesetzter Kette vom (iewölbe
herabhängt.
Der einem kreisrunden Fundament aufgesetzte gemauerte achteckige
Unterbau weist an den Seiten derbe aus Kalkstein gehauene Maß\\'erkver-
zierungen auf. Darüber erhebt sich ein seiner Form nach im zweiten Jahr-
zehnt des 16. Jahrhunderts, also kurz nach dem Brande von 1508, gegossenes
Alessinggitter in hölzerner Umrahmung. Acht den Eckpfosten vorgesetzte
kräftige Messingsäulen tragen unvermittelt das gleich den Pfosten außenseitig
mit Messing verkleidete obere Rahmstück. Dazwischen befinden sich, auf die
acht Seiten verteilt, dreÜMg ganze und achtzehn seitliche halbe 0,98 m hohe
Gitterstäbe, die oben durch geschA\'eifte, mit Maßwerk und Krabben verzierte
Spitzbögen verbunden sind. Zu der westseitigen Doppeltür führt eine vier-
stufige eichene Treppe empor, deren Wangen (Abb.) im Stil des letzten Viertels
des 16. Jahrhunderts geschnitzt sind.
Das laut Inschrift 1337 von Hans Apengeter gegossene frühgotische
Tauffaß (Abb. S. 240) ist eine schwächere Nachbildung der gut ein Menschen-
alter zu\'or für die Marienkirche zu Wismar von einem unbekannten Meister
gegossenen Fünte. ^) Es ruht in der Mitte auf einem kelchförmigen Fuße.
Als seitliche Stützen dienen drei auf das rechte Knie niedergesunkene, in
lange Gewänder gehüllte Engelsfiguren mit Ansätzen zum Einlassen der nicht
mehr vorhandenen Flügel; die Haltung ihrer Hände scheint anzudeuten, daß
sie ehemals Spruchbänder getragen haben. Den unteren Rand des Kessels
umzieht ein Kranz aus freistehenden Weinblättern und Trauben, die allerdings
eher Tannenzapfen gleichen. Die wahrscheinlich ursprünglich vergoldete, 1866
aber mit Goldbronze angestrichene äußere Wandung ist mit zwei nach oben
hin von je einem Schriftstreifen begrenzten Reihen teilweise bunt bemalter
neutestamentlicher Einzelfiguren und Szenen bedeckt, die, wenngleich der
^) F. Schlie, Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-
Schwerin 2, S. 39.
240
DIE MARIENKIRCHE.
Gliederbau und die nackten Körperteile ziemlich unproptjrtioniert und roh
gearbeitet sind, eine ungewöhnlich würdige Gewandung aufweisen.^) Sie
sind unter krabbenbesetzten und von Kreuzblumen gekrönten Giebeln oder
Rundbögen verschiedener Spannweite angeordnet, die von seitlichen, in
Fialen endenden Säulchen getragen werden. In der untern Reihe finden sich,
wenn man im Südwesten beginnend nach links fortschreitet , folgende Dar-
stellungen: I. Christi Taufe im Jordan; 2. und 3. Christus wird in der Wüste
vom Teufel versucht; 4. Christus betet in Gethsemane; 5. Chri.sti Geißelung
(l — 5 in der Abb.); 6. — 10. die fünf törichten Jungfrauen, mit dem Mittelstück
Das TauffalJ.
zerbrochener Kreuzesfahnen in den rechten Händen, während die linken Hände
der zweiten und vierten Jungfrau umgekehrte Lampen, die der drei übrigen
langgehörnte Bocksköpfe''') halten; 11. der trauende Apostel Johannes; 12. der
in die Knie gesunkene gebundene Christus mit der Dornenkrone; 13. die
') ^^S^- Th. Hach, Zur Geschiclite der Erzgießkunst, Repertorium für Kunstwissen-
schaft 4, S. 180.
^ Dasselbe Attribut hält eine im Museum befindliche Statue der jüdischen Synagoge aus
der Burgkirche sowie die gleiche Repräsentantin auf der Predella des Hochaltars der Kirche zum
heiligen Kreuz in Rostock; Schlie, a a. O., i S. 1S4.
DIE MARIKNKIRCEIE. 24 1
trauernde Maria; 14. — 18. die fünf klugen Jungfrauen mit flatternden Kreuzes-
falinen in den rechten Händen, während die Unken Hände der ersten, cb-itten
und fünften hnigfrau brennende Lampen, die der beiden übrigen Kelche mit
Hostien halten. In der oberen Reihe befinden sich vom Südosten aus nach
rechts gezählt: 1. Christus am Kreuz zwischen Maria und lohannes; 2. Christi
I hülenfahrt; 3. Christi Auferstehung; 4. Christi Himmelfahrt; 5. — 10. sechs
Apostel, \-on denen der erste mit einem Palmzweig imd Buch, Johannes mit
dem Kelch, Thadd.äus (?) mit der Keule (r), ein x'ierter mit einem Buch, Jakobus
d. Alt. mit Pilgerstab und Hut und Petrus mit dem Schlüssel bezeichnet sind;
11. die anbetende Maria; 12. Christus in einer Mandorla als Weltrichter auf
dem Regenbogen thronend; 13. der anbetende Johannes; 14. — 19. sechs
.\postel, von denen Paulus mit dem Schwert, l^artholomäus mit dem Messer,
Andreas mit dem Schrägkreuz und die drei letzten nur mit lUichern bezeichnet
sind (8 — 17 in der Abb.).
Von den beiden Inschriften in erhabenen Majuskeln lautet die obere:
ÄIU/O • OÜl • SIV • (Klü • XXXVII • III ?U(-IL(I7v • FHchddO-
SSHS • PHUKHdSVSÜ • HSt • PRüSBWi? • ÜPVS •
^RÄRra • weS • SO ÄLdiBIl • GSßKIjeU •
GüHOKiii • iiBRu • eveKoe ^mu • kusu •
QRISS • DI DI • SRäRo9 • IiBHS • C-BüBDBI/ •
G^fiÄDB • IiBRÜ • lOIiB • ämi ■ SBIiBPBftSSBDBU •
Die untere lautet:
eiöDö asRSSGsss • niBhc • iiasnBLRiKa •
IWSRB • SRWBtt • DIB ÜB R • DKRC^FIKB •
XPB • 2iaR(?IH • äLLB • STaSSP:D7^(3 •
DE«^E • DI • Die • VÄfo • 6P:sP7^KEc: • IiÄc •
hKüS • H:PEtt(?ECER • WKS • IiB • GEÜTiim •
VRD • WKS ■ GEBORll • imü • SäSSEULKHo •
Zwei am oberen Rande angebrachte Ansätze tragen die Wappen^) der
beiden eben genannten Ratsherrn Evert van Alen (gest. 1342) und Johann
van Schepenstede (gest. 1340), die zweifellos damals die Vorsteher der Marien-
kirche waren. ^) Unter dem ferner in der Inschrift \orkommenden »Dartwich«
wird der 1330 urkundlich erwähnte Werkmeister der Marienkirche Hartwich
zu verstehen sein.^) Der Gießer Hans Apengeter .schließlich, der auch 1327
einen großen Bronzeleuchter für die Marienkirche zu Kolbei-g und 1344 das
Taufbecken für die Nikolaikirche zu Kiel gefertigt hat, ist 1332 — 1341 als
Eigentümer des als > fabrica« bezeichneten, früher einem Bildgießer des Namens
Hermann Keyser gehörigen Grundstücks Breitestraße No. 36 (Südecke der
Beckergrube) nachweisbar. ^)
^) Abgebildet bei Milde, Siegel des M.-A., Tafel 3, No. 24 und 25.
^) Johann van Schepenstede ist als solcher in einer Urkunde von 1330 (U.-B. der Stadt
Lübeck 2 No. 516) bezeugt, in der auch »Hartwicus magister operis ecclesie s. virginis Marie«
genannt wird.
^) Vgl- 1^- Hach im Repertorium für Kunstwissenschaft 4, S. 178 f.
16
242 DIE MARIENKIRCHE.
Der wahrscheinlich 1631 gefertigte^) hölzerne Taufdeckel ist ein auf
achteckiger Basis sich erhebender tempelartiger Aufbau im Barockstil. Das
untere Geschoß bilden vier reichverzierte größere Säulen und vier zwischen
diesen angebrachte kleinere Säulenstellungen mit rundbogigen Pilasteröffnungen,
vor denen die vier Evangelisten, begleitet vom Engel, Löwen, Stier und Adler,
sitzen. Von der ursprünglich die Taufe im Jordan darstellenden Mittelgruppe ^)
ist nur der Johannes erhalten. Das obere Geschoß besteht aus vier Pilaster-
paaren, vor denen ebensoviele Engel mit Werkzeugen des Leidens Christi
stehen. Die Mitte der seitlich mit Putten geschmückten Verdachung nimmt
der Heiland mit den Kindlein ein. hLhemals vollständig vergoldet und ver-
silbert, ist der Taufdeckel seit 175 1 in schwarz, weiß, braun und gold ge-
halten und 1866 in gleicher Weise wiederhergestellt.^)
Die Orgeln.
Die große Orgel.
Eine Orgel in der Marienkirche ist zum ersten Male 1377 durch die
Erwähnung eines für sie angestellten Organisten bezeugt.^)
1396 wurde \'om Rate der Bau einer neuen großen Orgel zwischen
den beiden Türmen eingeleitet^) und in den nächstfolgenden Jahren zur Aus-
führung gebracht.''')
Wahrscheinlich ist das Werk beim Brande des Mittelschiffes im Jahre 1 508
dermaßen beschädigt worden, daß eine gänzliche h>neuerung desselben geboten
war. Dieser Bau, dem die gegenwärtige Fassade entstammt, fand 15 16 — 15 18
statt und soll über 7000 Gulden (= 10500 Mark lüb. gekostet haben.") Als
Erbauer des Tonwerks gilt späteren unbeglaubigten Nachrichten zufolge der
nachmalige (bis 1555) Organist der Marienkirche Meister Bartold Hering.
Über diesen Bau berichtet das äheste Rechnungsbuch der Kirche
(Bl. 65 f.) bei den Jahresabrechnungen unter (1517 uppe der kynder dach)
15 16 Dezember 28: >Ttem noch heft de warckmester (Martin Flor) gebouwet
eyn nye orgelen, . . . is all ungerekent gebleven . . .,« unter 15 18 (mandach
vor lichtmissen) Februar i: »Item noch heft Märten Floer gebuwet dat nye
orgelen, und wes dat heft gekostet, is noch nycht affgerekent, « unter 15 19
(donredach vor lichtmyssen) Januar 27: »Unde uppe disse thyt wordt aff-
gerekent, [wes] dat grote orgelen heft gekost, . . . unde in des warckmester[s]
bock is de utgifte int lange geschreven;: (Hand des Ratsherrn Hermann
') 1632 Januar 19 erhielt der Zimmermann Hans Rump 6 ß Trinkgeld dafür, »das ehr
auf dem hohen Gewelbe das Gewicht von dem neuen Tauffdeckel besehen;« WB. 1632, 3. VV.
n. Neujahr.
") Jimmerthals handschriftliche Chronik unter 1866.
^) Im Testament des Tidemann Diidessche von 1377 Juli 20 heißt es: »Item domino
Rothgero, organiste ecclesie b. Marie virginis, do 3 marcas Lub.;« St.-A., Test.
*) Vgl. Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 22 f.
*) Es verfügten Henning Sware 1396 März 21: »Item do 5 mr. Lub. ad Organa b. Marie
virginis,« Everhard Rutzenberch 1397 November 19: »Item do ad structuram organorum in ecclesia
b. Marie virginis 5 mr. Lub.,« 1399 Mai 29 Johann Nyebur: »Item do ad structuram ecclesie b.
Marie 5 mr. Item provisi ad nova organa ibidem 10 mr., que ad eadem exponentur;« St.-A., Test.
®) Chronik des Reimar Keck (Handschrift der Stadtbibliothek) unter 15 18.
Die große Orgel .
DIE MARreNKIRCHE. 243
Falke). — 15 16 April 1 uiul Mai 6 vermachten Runiboll l'rese d. Jung, und
der Kaufgeselle Hans Mensingk »tome buwete des Orgelwerkes to Unser
Leven Frouweuv je 5 ^. , September 6 Mathiius van P>remen »tome nygen
orgelwercke zu St. Marien 2 Gulden, September 22 Hermann van Minden
»tome buwete der orgelen Unser Leven Frouwen kerken« 5 ^., 1517
September 14 Lambert HoNinan to den groten nyen orgelen to Unlk>r
Leven Frowen 2 dulden; St.-A., Test.
Das Werk erfuhr in den Jahren 1560 — 61, 1597 — 98, 1637 — 4U 1733
und 1758 umfangreichere Erweiterungen.^) Von ihnen ist die Fassade jedoch
nur insofern berührt worden, als 1561 ein Rückpositiv an die Stelle des bis-
herigen mittleren Pfeifenregisters der unteren Hälfte trat. 1851 — 54 ist die
altersschwach gewordene Orgel durch das gegenwärtige hervorragende Ton-
werk, eine Schöpfung der Orgelbaunieister Joh. Friedr. Schulze und Sohn aus
Paulinzelle, ersetzt worden. Bei diesem Bau blieb die alte Fassade mit ihren
glänzenden Zinnpfeifen als Schmuckstück bestehen, jedoch unter Beseitigung
des die Reinheit ihres gotischen Stiles beeinträchtigenden Rückpositivs von
1561, dessen Prospekt alsbald beim Bau einer neuen kleinen Orgel auf dem
Sängerchor Verwendung fand. ^)
Die in zwei Stockwerke gegliederte prächtige P^assade (Abb.), deren in
spätgotischen Formen geschnitztes reichvergoldetes Holzwerk jetzt einen braun-
roten Anstrich zeigt, während der früher blaue Grund hinter den durchbrochenen
Ornamenten lichtgrün gehalten ist, ruht auf vier mit Rippen besetzten großen
glatten Konsolen, die jede von einer unter der Wucht der ihr aufgebürdeten
Last sich krümmenden hölzernen P'igur getragen werden. Diesen Unterbau
schließt nach oben hin ein mit Wappen besetzter geschnitzter Rankenfries ab.
Das untere Stockwerk enthält in der Mitte drei auf ähnliche kleinere Konsolen
aufgesetzte, in je drei Achtecksseiten vorspringende Ausbauten, von denen der
mittlere, 1854 an Stelle des damals beseitigten Rückpositivs errichtete Ausbau
mit gotischem Rankenwerk, ^) die beiden äußeren mit Orgelpfeifen gefüllt sind.
Ihnen schließt sich nach beiden Seiten hin je ein in der Fassadenfläche liegendes
Pfeifenregister und eine geschnitzte Brüstung mit oberem, 1852 gefertigtem
hölzernen Gitterwerk an. Phantastische, aus geschweiften, mit Krabben und
Kreuzblumen besetzten Spitzbögen sowie aus geraden und gekrümmten Fialen
bestehende obere Gesimse krönen das Stockwerk, während die zunächst über
den Pfeifen freibleibenden Räume sowie zwei mit dem lübeckischen Adler-
wappen und dem weiß-roten Wappenschilde der Stadt gezierte kräftig aus-
geschweifte Seitenstücke mit Rankenwerk überzogen sind. Das obere höhere
Stockwerk ist seiner ganzen Breite nach in fünf symmetrisch angeordnete
Pfeifengruppen von ungleicher Höhe gegliedert. Üppiges, zu Blütenkelchen
sich entfaltendes Rankenwerk verdeckt den Raum zwischen ihnen und ihren
1) Vgl. H. Jimmerthal, Beschreibung der großen Orgel in der St. Marienkirche zu Lübeck
(1859), S. 4 ff.
^) Vgl. S. 248. Weitere Teile befinden sich im Kulturhist. Museum No. 1892/14S.
ä) Nach Entwürfen C. J. Mildes vom Lübecker Bildschnitzer J. D. Boy ausgeführt;
Rechnungen von 1854, No. 63.
16*
244 I^IE MARIENKIRCHE.
oberen wagerechten Abschlußgesimsen. Auf den letzteren sind, überragt von
kräftigem Fialen- und Rankenwerk, das den ganzen Raum bis zum Gewölbe
auszufüllen strebt, lünf neuerdings weiß bemalte figürliche Darstellungen an-
gebracht: in der Mitte die Statue der auf der Mondsichel stehenden Madonna,
auf den Gesimsen der beiden benachbarten, niedrigeren Pfeifengruppen die
in flachem Relief geschnitzten Halbfiguren König Davids mit der Harfe und
des Propheten Jesaias, beide mit Spruchbändern^) in den Händen, und schließ-
lich über den beiden äußeren Pfeifengruppen zwei schwebende Posaunenengel.
Die drei ersteren Bildwerke sind augenscheinlich älteren Ursj^rungs als die
Fassade und vermutlich aus dem am Ende des 14. Jahrhunderts erbauten
Werke übernommen; dagegen tragen die beiden Engel barocken Charakter:
sie sind gelegentlich einer 1705 erfolgten Wiederherstellung der Fassade vom
Bildhauer Hans Frese gefertigt.^) Die Gesimse unterhalb der Engel und der
Madonna werden durch offenbar ebenfalls erst 1705 angebrachte Bänder teil-
weise verdeckt, welche die Anfangsstrophe des Hymnus angelicus^): GLORIA
IN EXCELSIS DEO tragen. Aus derselben Zeit stammen auch die am
unteren Friese der Fassade befindlichen fünf Wappen, und zwar gehören die
vier äul^eren den damaligen Vorstehern der Kirche, dem Bürgermeister Anton
Winckler (1701 — 1707), dem Ratsherrn Thomas Friedenhagen (1681 — 1709),
Gerhard Ritter (1689 — ^T^l) und Jakob Hübens (1699 — 1731) an, während
das von einer Schrifttafel begleitete mittlere Wappen des Kirchenvorstehers
(162 1 — 1637) und Ratsherrn Johann Füchting, welches hier bei dem 1637 — ^641
vollzogenen Umbau der Orgel als Ausdruck des Dankes für ein von ihm hierzu
ausgesetztes Legat von 1000 Reichstalern ^) (3000 ^ lüb.) angebracht worden
war, damals erneut worden ist.^) Auf der Inschrifttafel steht: Aö \6^0 l^at
fjerr 301x^11 5üdUing i^atl^soerwan^tcr ^ie (Drgcl c>or Kirdie 5uin <5icrratl] roioviren
laffen, darunter: Aö \706 bat nad]geK'ii^5 bic firdie tic[e örgell 5U meieren sicratl]
abermabi roioviroi Diiö ocrgülbcn laffcn. An den beiden benachbarten Pfeilern
des Mittelschiffes hängen zwei grolle zinnerne Orgelpfeifen, die jede von einer
geschnitzten Engelsfigur getragen und von einer schwebenden Krone überdacht
werden. Sie sind zweifellos 1561 bei Anbringung des mehrfach erwähnten
^) Inschriften, jedenfalls von 1705: 'iobct ihn mit pofaiincn, lobet ihn mit pfalter uub
^arfen Psalm 150, 3) und: Iliib C5 miib eine iuitbe au^aobiMi poti ben (!) Stamm JW'
(Jesaias 11, i).
^j 1705, 25. W. n. Ostern (September 27 — Oktober 3 wurden »2 kleine Stellunge an
die auff der großen Orgel neu gemachte 2 Engeln, umb deren Flügeln zu versilbern,« aufgeführt;
WB. Vgl. ferner WB. 1706, 7. W. n. Neujahr (Februar 7 — 13): »Hans Fresen des Bildhauers
Rechnung beleufft sich auff 255 ^ 8 /3, ist bedungen und bezahlt mit 200 .^.« Der Bildhauer
Hans Frese war 1702 Februar 9 zum Bürger angenommen; St.-A., Bürgermatrikel.
^) Daniel, Thesaurus Hymnologicus 2, S. 266.
*) 1638, 20. W. n. Ostern August 5 — 11) und 1640, 18. W. n. Ostern (August 2 — 8)
wurden je 1500 ^ an die Kirche ausgezahlt; WB.
^) Vgl. WB. 1707, 7. W. n. Neujahr (Februar 6 — 12;: »Noch ward . . . sehl. Johan
Füchtings Wapen und Nahmen, so vor Staffirung der großen Orgel an dem Stuehl gemahlet gewesen
und deswegen vergangen, jelzo zwischen der Herrn Vorsteher ihre Wapen wieder hingemacht.«
DIE MARIENKIRCHE.
?45
Rückpositivs aus der Mitte des unteren Stockwerks hierher überführt worden')
und bildeten bis 1851 einen Bestandteil des Registers. Von zwei zu diesen
Pfeilern gezogenen, die Fassade stützenden Tragebalken, denen auch früher
die die Windführung zu diesen Pfeifen \ermittelnden Kanäle angeschlossen
waren, zeigt der nordseitige Balken in Gokl die Inschrift: HOC • OPVS •
RENOVATUM • ANNO • CHRISTI • SALVATORIS • 1598 ■ AMPLISSIMIS •
CLARISSIMISQUE • VIRIS • D • GOTHARDO • AB • HOEVELEN •
CONSVLE • ET • GEOR-
GIO • A- STITEN • SENA-
TORE • PROVISORIBVS •
HVIVS • ECCLESIAE, der
südseitige die Wap])en des
eben genannten Ratsherrn
(ieorg von Stiten und der
beiden damaligen bürger-
lichen Kirchenvorsteher
Anton Hagenower (1593 —
1601) und .\nton Brandes
(^1591 — 1627). lune Anzahl
großer Flügeltüren aus be-
malter, auf Holzrahmen ge-
spannter Leinewand") schütz-
ten die Orgel bis 1851 gegen
das Eindringen des Staubes.
Früher mit den Bildern der
Jungfrau Maria, der hl. Anna,
Johannes des Täufers und
des PLrzengels Michael als
Patronen der Marienkirche
geschmückt,^) wiesen diese
Flügel seit ihrer letzten Er-
neuerung im Jahre 1706
einen braunroten Anstrich
mit spärlichen \ergoldeten
Rokokoverzierungen auf. *)
Die kleine r)rgel.
) ^S^- 'i'S folgende Anm.
2j Vgl. WB. 1561, 3. W. n. Michaelis (Oktober 19 — 25): »Item noch gegeven vor idt
louwent, dar de 6 floegels tho den neddersten beiden posativen buten und bynnen mede betageii
worden, is 16 ^ 15 /3 7 -^J. Item noch m[ester] Hans Eggerdes dem maier gegeven vor disse
vorgescreven floegels mit allerleie varwe tho vormalende und de gantzen orgelen achter dem snitwarcke
mit blawe upt nye wedder uththofullende, de beiden propheten und de wapen wedder to stofferende
unde tho vorguldende sampt den beiden krönen baven und den beiden engelen under den groten
pipen an den phyleren tho vorguldende und to stofferende, alse tho sende, ys in all samptlick 80 .^.«
^) v. Melle, Entwurf der Lub. Rel. von 1706/07, S. 183 und Gründl. Nachricht, 3. Aufl., S. 167.
■*) Sie befinden sich jetzt auf dem Obergeschoß über der Sakristei.
246
DIE MARIENKIRCHE.
Die kleine Orgel. Die auf dem Obergeschoß über der ehemaligen
Gerwekammer mit der Front nach der Totentanzkapelle, dem alten »Beicht-
haus,« aufgestellte sog. kleine Orgel (Abb., vgl. auch weiter unten die Seiten-
ansicht derselben auf der Abb. des großen Wickedeschen Epitaphs), welche
mit ihrem schlichten braunroten Anstrich, den sie seit 1760 trägt, sehr gegen
das {trächtige große Werk abfällt, besteht aus einem oberen Hauptwerk spät-
gotischen Ursprungs und einem mit der Orgelbühne in die Kapelle vor-
springenden und von einem Balkengerüst getragenen Rückpositiv im Renaissance-
charakter. Ein als »Orgel der Vikare« bezeichnetes Werk ist an dieser
Stelle zuerst 1508 mit Sicherheit nachweisbar.^) Höchstwahrscheinlich ist es
um 1475 gebaut, denn damals sind mehrfach Legate zu einer neuen Orgel
in St. Marien ausgesetzt worden. Dieser älteren < )rgel wird die gotische
Fassade des Hauptwerks angehört haben,
während das Rückpositiv jedenfalls bei
einem 1547/48 vorgenommenen Umbau
des Werkes entstanden ist, über den
die Wochenbücher leider nur recht
summarische Angaben enthalten. Das
jetzige Tonwerk oder ein Teil desselben
soll aus derKatharinenkirche stammen.''^)
Es verfügten Bertolt van
Hamelen 1475 J^^^i ^ • '' Ock geve
ik to den nyen orgelen in Unser
Leven Vroiiwen kerken 5 markLub.«
und Hermann Molrinckhusen 1477
August 9 : » Item geve ik to den
nyen orghelen to Unser Leven
Vrouwen ene mr. ;« St.-A., Test. —
Das WB. berichtet 1547, 6. W. n.
Michaelis (November 6 — 12): »Item
des dunnerdages Steffen Molhusen
unde Frederyck Tolner uth bovele
der heren vorstendere des orgel-
warckes halven in deme bychthuse,
so se vorlecht liedden up rekenscop unde, betalynge, gegeven is 200 ^.«
1548, I. W. n. Pfingsten (Mai 27 — Juni 2) empfängt ersterer 100 ^, »so
he unde Frederyck Tollener des orgelen halven yn dem bichthuse vorlecht;«
1548, 12. W. n. Pfingsten (August 12 — 18) wird l)eiden der Restbetrag mit
133 ^ II |5 >^ gegeven van wegen des orgelen in dem bych[t]huse, so se
vorlecht hedden unde de heren vorstender my bevalen em wedder to gevende.«
Das gotische Hauptwerk umfalk fünf Pfeifengruppen. Die beiden äußeren
und größten sind von zwei oben mit Zinnenkränzen geschmückten Türmen
umschlossen; von den dazwischen liegenden Gruppen werden die beiden seit-
lichen von geschweiften, mit Krabben und Kreuzblumen besetzten Giebeln
Konsoleiifiifur unterhallj der kleinen < )rP'el.
') Vgl. S. 203 Anm. i .
*) Lub. Relig. S. 156. Nach dem Entwurf der Lub. Relig. (S. 155,1 beruht diese Nach-
richt auf Hörsälen.
DIE MARIEiNKIRCHE. 247
gekrönt, während die etwas höhere mittlere einen von feinem fensterRirmigen
Maliwerk flankierten geschweiften Giebel inmitten eines Zinnenkranzes aufweist.
Das den Raum oberhalb der Pfeifen füllende Schnitzwerk zeigt an den beiden
Türnien reiches mit Blüten durchsetztes Rankenwerk, an den drei mittleren
Gru})i)en dagegen Mal.^werkmuster.
Gotischen Charakters ist ferner ein unteres, vom Gesims über dem
Totentanze teilweise verdecktes Reliefbrustbild eines Propheten mit Schriftrolle
(Abb), das zweifellos als Träger der ursprünglichen, vermutlich 1653 durch
eine jetzige schlichte Vertäfelung ersetzten Konsole gedient hat.
Das jüngere Rückpositiv besteht ebenfalls aus fünf Pfeifenregistern, die
jedes von einem Türmchen mit flacher Giebeherdachung zusammengefaßt
werden; über und unter den Pfeifen findet sich schönes Renaissanceschnitzwerk.
Die bei einem 1653/54 vorgenommenen Umbau des Werkes neugefertigte, dem
Rückpositiv angeschlossene Brüstung des Orgelchors trägt rechts vom Beschauer
aus die Wappen^) der damaligen Kirchenvorsteher, des Bürgermeisters Dr. jur.
Christoff Gerdes (i 641 — 61), der Ratsherrn Matthäus Rodde (r644 — 69) und
Hermann von Lengerken (1654 — 68) und des Bürgers Hieronymus Prunsterer
(1648 — 68); linksseitig sind bei einer 1760 erfolgten Erweiterung des Ton-
werks die Vorsteherwappen des Bürgermeisters Joh. Friedr. Carstens (1758 — 61),
des Ratsherrn Hermann Brüningk (1749 — 60) und der Bürger Henrich Wöhr-
mann (1750 — 85) und Joh. Casp. Ausborn (1756 — 60) hinzugesetzt.
Vier ebenfalls 1760 angebrachte Orgelflügel aus bemalter Leinewand
sind 1846 wieder beseitigt. Die dem unteren Tragebalken aufgemalte Inschrift
Rcnovatum Ainio 180s bezieht sich auf eine damalige umfangreiche Ausbesserung
des Tonwerks und Neubemalung der Fassade.
Eine dritte Orgel bescheidenen Umfangs wurde 1492 für den in der
Sängerkapelle regelmäßig abgehaltenen Gottesdienst zu hehren der Jungfrau
Maria auf Betreiben des V^orstehers dieser Kapelle und nachmaligen Ratsherrn
und Bürgermeisters (1500 — 15 12) Hinrich Castorp angeschafft und oberhalb
der Gerwekammer mit der Front nach Süden zu aufgestellt. Von diesem
Werke ist noch an der ursprünglichen Stelle die von drei schlichten Konsolen
gestützte und in der Mitte balkonartig in den Chorumgang hineinragende
Brüstung vorhanden (Abb. 5. 248). Sie zeigt auf jetzt lichtgrün gestrichenem
Grunde elf schön geschnitzte durchbrochene Mal?Nwerkfüllungen.
Über den Bau berichtet das Stiftungsbuch der Sängerkapelle (Bl. 19):
»Anno [i4]92 de leet maken Henrick Castorpp dat orghelen voer der lyberie
^) Es heißt in den Wochenbüchern 1653, 10. W. n. Michaelis iDezember 4—10): »An der
kleinen Orgell ein Gerüst gemachet, das der Tischer (der Kirchentischler Hinrich Warnemünde!
die newe Pannel hat anschlagen können ...;•' 1654, 12. W. n. Michaelis (Dezember 17—23):
«Ein Stellung an die Pannel an der kleinen Orgel zu machen und wegzubrechen, da der Mahler
die Wapen anmachte und die Pannehl anstrich, is I ^ 4 ß\« 1654, 13. W. n. Michaelis
(Dezember 24—30): »Noch Cordt Eßegern deß Mahlerß [Rechnung], so die Pannel und Wapen
auch noch 5 Breter oben unterm Wercke an der kleinen Orgell staffieret, beläufft sich 54 ^, selbe
ist bedungen zu 30 ^, so ihme jetzo zahlt, 30 ^.«
248
DIE MARIENKIRCHE.
in Unßer I.even Vrouwen karken myt ^■oll)oert des ganßen rades niyt aller
thobehoeringhe tho nutte und behoeff der ßengercapellen , unde koste myt
alleme unghelde een hundert unde 80 mark Lubeß ; dyt heft he ghebeden
by 8 {ii van vrouwen unde maus tho lave unde ter ere Unser Leben Vrouwen
tho ereme deenste, den men dar yn der capellen holt.«
Die kleine Orgel auf dem Sängerchor, wo man sich 1664 — 1818
eines Positivs bedient hatte, ist 1853/54 vorzugsweise aus Bestandteilen der
älteren großen Orgel gebaut worden. Als oberer Hauptteil der Fassade wurde
das 1561 vom Tischler Gert Bulle (gest. 1564) gefertigte^) und aus diesem
Jahre datierte mehrfach erwähnte Rückpositiv der großen Orgel verwandt.
Es enthält fünf Pfeifengruppen, deren höhere mittlere als halbkreisförmiges,
von einer Kuppel gekröntes Türmchen vor den mit flachen Giebeln abgedachten
seitlichen Gruppen vorspringt (vgl. den Lichtdruck zu S. 127); das Schnitz-
werk ist im Re-
naissancecharakter
gehalten. Die untere
Hälfte ist mit einer
gleich breiten ge-
schnitzten Tafel aus
der Barockzeit ver-
kleidet, die ehedem
an der großen Orgel
die Rückwand des
Raumes für den
Spieler bildete. -)
Das Tonwerk ist
1900 durch ein
neues ersetzt.
Brüstung der ehemaligen Orgel von 1492.
Das die Front
gegen Osten kehrende astronomische Uhrwerk nimmt gleich der oberhalb
desselben aufgestellten Stundenuhr, deren Zifferblatt nach Westen gerichtet
ist, den Raum zwischen den beiden östlichen Chorjochpfeilern ein.
Bereits das älteste, 1405 an dieser Stelle erbaute^) Uhrwerk, welches zwei
Jahre später durch Feuer zerstört^) und alsbald wieder erneuert worden ist,
regelte die Umdrehung einer Kalenderscheibe, welche — seit 1562 allerdings
unter Neuverwendung ihrer Rückseite — bis 1888 im Gebrauch geblieben ist.
Diese im Durchmesser 1,36 m große hölzerne Scheibe, die sich jetzt zusammen
mit dem ebenfalls 1888 — 90 erneuten Planetarium von 1561/62 im Kultur-
historischen Museum (No. 1892/145) befindet, ist nahe ihrem Rande durch
1) Das WB. vermerkt unter 1561, 3. W. n. Michaelis (Oktober 19—25): »Item noch gegeven
Gert Bullen dem sniddeker vor sinen und sines gesellen arbeit tho der groten orgelen ys 21 ^ 14 ß.«
^) Jimmerthals handschrifü. Chronik der Marienkirche unter 1853.
3) Vgl. S. 253.
*) Vgl. S. 196.
DIE MARIENKIRCHE. 249
kleine Löcher in 365 Teile zerlegt; daneben steht nach außen hin der aus
den Anfangssilben oder Anfangsbuchstaben der einzelnen Tage des Jahres
zusammengesetzte sog. Cisiojanus. ') Weiter nach innen zu ist sie vom Mittel-
punkte aus in zwölf Monatsabschnitte geteilt, in tlenen ebensoviele Inschriften
zu lesen sind, welche die Mondphasen betreffen; letztere selbst waren auf einer
kleinen beweglichen mittleren Scheibe abgebildet.^)
In seiner gegenwärtigen Form ist das astronomische Uhrwerk ein-
schließlich seiner schönen Renaissancefassade (Abb. zu S. 252) in ilen Jahren
1561 — 1566 entstanden. Es besteht seiner äußeren Anlage nach aus drei über-
einander angeordneten Abteilungen: einer Kalenderscheibe, einem Planetarium
und dem mit einem Glockenspiel und einem Trompetenwerk \er!)undenen
sog. »Apostelwerk« oder Kurfürstenwerk. Das Triebwerk ist vom Mechaniker
]\Tathias van Ofs konstruiert, während die Umrahmung nebst dem innern Auf-
bau aus der Werkstatt des Tischlers Hinrich Matthes^) hervorgegangen ist.
1 )ie bemerkenswertesten Angaben, welche das WB. über die Arbeit des
.Matthias van Ofs bietet, lauten: 1561, g. W. n. Pfingsten (Juli 27 — August 2):
»Item des dunnerdages gegeven hern Antonio van Stiten*) enen daler, den
he Mattyese van Oss dem seyermaker thom gadespenninge gegeven hadde,
alse de seyger in Marienkarcken mit aller thobehoringe wedder verdich tho
makende mit eme bedinget wort, is i -^ 1 5 |5'. Item noch gegeven Mattiesse
van Oss des seygers halven up rekenschop uth bovele des hern Antonii van
Stiten borgermeisters is 20 ^.« Er erhält im weiteren Verlauf von 1561
drei Abschlagszahlungen im Gesamtbetrage von 80 -§., ferner in der 15. \V.
n. Pfingsten (September 7 — 13) »2 schipIT isern, welcks he mit der karcken
baven sine besoldinge bedinget hefft, kosten ys 20 -^,« und drei Wochen
später »enen ossen, so eme baven sine besoldinge des seygers halven gelavet,
vor 8 daler myn eyn ordt, ys 15 -^ 3 «3i.« 1562, i. W. n. Weihnachten
(1561 Dezember 28 — 1562 Januar 3): »Item so hebben de hern vor-
stender . . . mit Mattyese van Oss dem seigermaker den calender up der
schyven vor dem seyger mit olyefarwe to schrivende vordinget vor 30 ^;
hirvan eme de helffte gegeven is 15 -^.« In der i. W. in den Fasten
(Februar 15 — 21") erhält Matthias van Ofs 45 ^ und in der 6. W. n. Pfingsten
(Juni 28 — Juli 4) weitere 20 # auf Abschlag. 1562, 15. W. n. Pfingsten
(August 30 — September 5): »Item noch gelont twen dregern vor den seyger
uth des seygermakers huse up den karckhoff tho voerende, is 6 jÄ
Item noch gelont dren mhans, de den seyger up de karcken wunden, is i -^.«
1562, 19. W. n. Pfingsten (September 27 — Oktober 3): »Item des friedages
Mattyesse van Oss dem seygermaker gegeven de reste der 200 #, darvor
de seyger in Marienkarcken dorch de heren vorstendere anno 61. in der
9. weken na pynxsten wedder verdich to makende vordinget wort, is 35 ^;
noch em 15 ^, so ehm nastunden vor den calender up der schyven to
schrivende, . . . is tho gelde 50 1^.« 1562, i r. W. n. Michaelis (Dezember 13 — 19):
') ^^gl- Wehrmann, Der Memorienkalender der Marienkirche in Lübeck, Ztschr. d. V. f.
Lüb. Gesch. 6, S. 106, 141.
^) Jimmerthal, Die astronom. Uhr in der Marienk. zu Lübeck (1861) S. Ii fif.
^) Hinrich Mats (Matthes) wird in dem Lehrlingsannahmebuch des Lüb. Tischleramts
(St.-A.) 155g — 78 als Meister genannt. 1583 verkauft seine Witwe Katharina das ihm 1559 zuge-
schriebene Haus Engelsgrube No. 35; Oberstadtbuch.
*) Vorsteher der Marienkirche 1535 — 64.
250 DIE MARIENKIRCHE.
»Item des sonavendes Mattyese van Oss dem seygermaker gegeven uth l)Ovele
der hern vorstendere to dranckgelde, alse idt warck rede is, 12 daler, is
23 # 4 t^'-«
1563, 7- ^^- n. Weihnachten (Februar 7 — 13): »Item des mandages
hebben de heren vorstendere . . . mit jMattyesse van Oss deme seygermaker
gehandeh, eyn spelwarck mit 15 wolgestemden klockens und 7 planeten, de uth
und wedder in de doereken (ein ider to siner tydt) gan schoelen, sampt dem
keyser und soven choerforsten, de dem salvator nygen schoelen, sampt anderer
meren tobehoeringe , alse idt schrift'tlick van eme avergegeven iß , van sinen
iseren und leddere to den beigen — nichtes butenbescheden , allene des
sniddekers arbeit vor den kaiser und de choerforsten to snidende und idt
maehvarck — in Marienkarcken l)aven dem seyger achter dem chore to
makende, und eme darvor thogesecht 250 ^. Wen overst sulck warck rede
und vuUendiget is und alles wol tho vuller noege gemaket, willen de hern
vorstendere densulven meyster baven sin Ion mit 10 .^ vorehren. . . . Hirup
em to gadesgelde gegeven i daler, noch eme gege\-en einhundert ^ up
rekenschop siner besoldinge, alse he bogerde, ys tho hope loi ^ 15 |^.«
Er erhält ferner 1564, 5. W. n. Ostern (Mai 7 — 15) bis 1566, 6. W. in den
Fasten (April 7 — 13) in vier Teilbeträgen 160^, 1565, 15. W. n. Pfingsten
(September 23 — 29) »vor dre klene klocken to kopen- 4 ^, 11. W. n.
Michaelis (Dezember 9 — 15) für »twe klene klocken« und für seine Arbeit
»im seygertorne ahn der kinderklocken« 2 V2 # und in der folgenden Woche
»tho Noerenl.)argeschen klocken« 2 ^. 1566, 8. W. n. Pfingsten (Juli 28 —
August 3): »Item so hebben de hern vorstender mit Mattyas van Oss gerekent
und em de reste van weegen des seygers und des spelwarckes achter oft't
baven der schyven in der karcken tho geven mi bevalen, 50 ^; und dewile
he sick beklaget, dat he ahn dem arbeide bekopslaget were und in schult
daraver geraden, hebbe ick uth bevele der hern eme dem seygermaker ge-
geven baven de 50 -^ noch hundert daler, . . . yss 243 ^13 fi.«
Ferner vermeldet das WB. nachstehendes über die Anfertigung des
inneren Gerüstes und der Fassade. 1561, 17. ^^^ n. Pfingsten (September 21 — 27):
»Item noch gegeven 2 dregers vor den stoll thom seyger achter dem chore
uth der Engelschengroven ^) vam sniddeker tho haiende is 3 |^.« 1561,
18. W. n. Pfingsten (September 28 — Oktober 4): »Item noch hebben de
heren vorstendere . . . mit Hinrick Mattess dem sniddeker enen nygen
ramen vor den seyger achter dem chore mit aller thobehoeringe, alse he ydt
entworpen hefft, van sinen holten und up sine unkost tho makende vordinget
vor 80 daler; hirup eme tho enem gadespenninge gegeven V2 daler, is
15V2 |3'-« Er erhält die 80 Taler oder 155 ^ in fünf Teilzahlungen in der
Zeit von 1561, 6. W. n. Michaelis (November 9 — 15) bis 1563, 5. W. n.
Weihnachten (Januar 24 — 30). 1561, 10. W. nach MichaeUs (Dezember 7 — 13):
»Item des mydwekens gegeven Gerdt Leferlinck dem mhaler, de ahm seyger
und der schyven vor dem seyger achter dem chore arbeydet, myt vulborde
der hern vorstendere up rekenschop, is 30 ^. Item noch Blasius Schütten
dem goltsleger gegeven vor 5 c fyn goltt, so Gert de maier to der schyven
vor dem seyger gebruket hefft, it hundert 2 V2 #, ys i 2 V2 -^■« In derselben
Woche wird auch »de Stellinge vor der schyven achter dem chore« ab-
gebrochen und wieder auf den Turm gewunden. 1562, i. W. n. Pfingsten
(Mai 24 — 30): »Item noch gelont 6 mhans vor etliken arbeit in der karcken,
alse de holten vrese baven den nygen ramen vor dem seyger gesettet wort, is
mit dem bere in all i ^ i V2 ja'-«- 1562, 6. W. n. Pfingsten (Juni 28 — Juli 4):
') Vgl. S. 249 Anm. 3.
DIE MARIENKIRCHE. 25 I
»Item noch C.crdt \';ilcken gegeven vor 3 V2 bock halfif geslagen goldt, so
thor schwcn und thom seyger gebruket, idt bock i V2 ^, ys 25 ^.« 8. W.
n. Pfingsten ijuli 12 — 18): »Item des dunnerdages gegeven Gerdt Lefiferlinck
dem mhaler, de ahm seyger und der schyven vor dem seyger achter dem
chore arbeidet, mit \ull)orde der hern vorstendere up rekenschop is 40 |^..«
156,:;, (). W. n, Weilinachten (Februar 21 — 27): »Item noch gegeven dem
maier \or s}ncn arbeit, den he ahm seyger gedan und noch vordan an nygen
spelwarcke baven dem seyger, welchs anno 63. in der 7 weken na winachten
vordinget is (vgL S. 250), dhon schall, ys 100 ^.« 1563, 4. W. in den
Fasten (März 21 — 27): altern noch gegeven Hynrick Mattess dem sniddeker
vor den l)hoen, dar de seyger uppe steit, und den stol tom seyger \an sinem
holte to maken und it nyge pannelwarck achter dem seyger na dem chore
und vor allen andern arbeit, so he vor und na ahm seyger gedan, is 40 ^.«
1564, 7. W. n. Weihnachten (Februar 6 — 12): »Item des dunnerdages ge-
geven Hynrick Mattese dem snyddeker up rekenschop vor den salvator, den
keyser und de choervorsten to snyden, is 12 daler, 23 ^. 4 |^.« 1564,
5. W. in den Fasten (März 19 — 25): »Item noch gegeven Hynrick Mattese
de reste alse g daler vor den keyser und 7 choervorsten to snyden und dem
volcke to dranckgelde vor den voerigen arbeit i daler und i ortt, is 19 ^
13 l") 9 .vi.<^< 1565, -■ ^^ ■ n. Michaelis: »Item noch gegeven N. beferlinges
der malerschen vor etlick vorguldent und andern arbeit, so noch kortens ahm
seyger gesehen is, 6 ^ 6 f3'.«
Die Kaien der Scheibe und das Planetenwerk werden von einem
gemeinsamen Mechanismiis getrieben, der unabhängig" ist \'on dem der Stunden-
uhr. Er ist 1629 einer umfänglichen Reparatur unterzogen, 1752/53 nach
längerem Stillstande und 1809 abermals erneut und schließlich 1888 — 90
durch ein den Gang des Planetariums in verx'ollkommneter Weise regelndes
Triebwerk ersetzt, das aus der Groß-Uhren-Fabrik von Ed. Korfhage & Söhne
zu Euer in Westfalen stammt. Bei dieser letzten Wiederherstellung sind auch
die meisten dem Auge sich darbietenden Teile beider Werke erneut.
Die weiße Kalenderscheibe rotiert inmitten eines unteren großen vier-
eckigen Blattes, dessen blauer Grund mit dem Tierkreise und in den Ecken
mit den vier Evangelistenzeichen belegt ist. Sie weist zwei größere konzen-
trische Ringe und in der Glitte eine kleine, etwas erhabene Scheibe auf. Der
äußere Ring gibt in vier Kreisen die Sonntagsbuchstaben zur Bezeichnung der
Wochentage, die Tagesdaten des Jahres durch alle Monate, die Namen der
Tage und die Zeit des Sonnenaufgangs von zwei zu zwei Tagen an; eine am
linken Rande angebrachte Hand, deren Dienst bis 1752 die Figur eines alten
Mannes mit einem Stabe versah,^) zeigt auf das jeweilige Tagesdatum. Der
innere Ring enthält in sechs Kreisen die Jahreszahlen eines bestimmten Zeit-
raums, deren Sonntagsbuchstaben, die goldene Zahl, den Sonnenzirkel, den
Ostersonntag und die Anzahl der Wochen und Tage zwischen Weihnachten und
Fastnacht. Dieser seit 1562 dreimal erneute Kalender umfaßt gegenwärtig che
Jahre von 1855 — 1999. Die mittlere Scheibe verzeichnet für eine Reihe von
') 1617, 9. W. n. Ostern (Juni 22 — 28) wurde der »sticken up den scepter am seyer-
wercke, damit dat menneken up den tall der dage wiset, gemaket;« Wß.
252 DIE MARIENKIRCHE.
Jahren die in Lübeck sichtbaren Sonnen- und Mondfinsternisse nach Form
und Zeitpunkt, gegenwärtig 54 für den bereits abgelaufenen Zeitraum von
1855 — 1901. Die Achse schheßt vorne mit einer strahlenden Sonne ab.
Das obere, mehr in den Vordergrund gerückte quadratische Blatt, dessen
Ecken die Relieffiguren der vier alten Weltweisen mit den Schriftbändern
ALBVMAZER AIT, PLATO IN TIMEO, ARISTOTELES DICIT AREA
SOLIS und PTOLOMEVS DICIT einnehmen, enthält den in zweimal zwölf
Stunden abgeteilten Stundenzirkel und das am Rande in viermal 90 Grad
eingeteilte Planisphärium mit 24 Streifen für die Tages- und Nachtstunden.
Über diesem Grunde dreht sich zunächst der blaue exzentrische Streifen des
Tierkreises, mittelst dessen sich der Stand jedes Himmelszeichens zur Mittags-
linie, der der Sonne in der Ekliptik und der der Planeten im Tierkreise ab-
lesen läßt. Die scheinbare Bewegung der Sonne, des Mondes und der fünf
alten Planeten um die Erde wird durch sieben Zeiger mit diesen Gestirnen ver-
anschaulicht. Die an der Spitze des Stundenzeigers angebrachte Strahlensonne
wird von den beiden inneren Planeten Merkur und Venus begleitet, die bald
als Morgensterne ihr voraufgehen, bald als Abendsterne ihr folgen. Die drei
äußeren Planeten Mars, Jupiter und Saturn vollführen außer ihrem täglichen Um-
lauf durch den Stundenzirkel ihre eigene scheinbare Bewegung von Westen nach
Osten in unregelmäßiger, bald rascherer, bald langsamerer, bald rückläufiger Gang-
art. Die halb vergoldete, halb schwarze Mondkugel dreht sich außer um die
Erde um ihre eigene Achse und stellt somit das Wachsen und Abnehmen dieses
Gestirns dar; die Spitze ihres Gegenzeigers trägt eine früher sich täglich einmal
um sich selbst drehende vergoldete Scheibe, die in der Mitte den halben Mond
auf schwarzem Grunde, am Rande die zw^eimal zwölf Tagesstunden aufweist;
eine an der Stange des Zeigers angebrachte Hand war bestimmt, die jeweilige
Tageszeit anzugeben. Den Mittelpunkt des Ganzen bildet die aus umstrahlten
Wolken ragende Halbfipur des Heilands. Schließlich befinden sich zu beiden
Seiten des großen Zifferblattes z\\-ei ehemals dem Uhrwerk angeschlossene
schwarze Säulen von lediglich astrologischem Interesse, die den wechselnden Ein-
fluß der Gestirne auf die einzelnen Tages- und Nachtstunden darstellen sollten.
Der Z\\'eiteilung des Aufbaus entspricht die Gliederung der in edlen
Renaissanceformen gehaltenen Umrahmung, deren teilweise vergoldetes,
meisterhaft ausgeführtes Schnitzwerk sich wirkungsvoll von seinem blau be-
malten Grunde abhebt. Das untere große Blatt wird seitlich von zwei in der
Rahmenfläche liegenden, mit hohen schlichten Sockeln, reich ornamentierten
Schäften und jonisierenden Kapitalen ausgestatteten breiten Pilastern eingefaßt.
Ihnen sind zwei entsprechend abgeteilte reichverzierte verkröpfte Pilaster von
quadratischer Form vorgesetzt. Auf ihren Sockeln sind in Muschelnischen
symbolische geflügelte weibliche Figuren und unter diesen je ein die Bedeutung
der Figur versinnbildlichendes Tier eingeschnitzt. Es sind dies in der Reihen-
folge von links nach rechts:
tt toniirijcit «lit Schwert und Fackel, darunter ein Bär;
Öß ÖCgcrte, in einen Wecken beißend, darunter ein lungernder Wolf (.-);
Das astronomische Uhrwerk.
4
DIE MARIENKIRCHE.
253
bC niviiijcit, stark entblößt, darunter ein Hund (?) \'or einem offenen
oefüllten Goldsack;
ÖL* UllUiiöi]L''it mit einer Kanne und griffbereiter Rechten, tlaiunter ein
Schwein vor einem Schnuitz-
hjuilclien;
bc ilofilVt, 'iiit (Geschmeide ge-
schmückt und sich be-
spiegelnd, darunter ein
Roß;
bc tlMdjCit iiiit schlatT herab-
hängenden Mügeln, dai-
unter ein ICsel.
Aus den zierlichen, in hohem
Relief geschnitzten Ornamenten der
SchaftftiUungen (Abb.) wachsen in
der Mitte aus Blattkelchen nackte
Halbfigürchen hervor, von denen che
beiden vorderseitigen, zwei liebliche
Engel, Kartuschen mit der Aufschrilt
ANNO — 1562 halten. Das auf
den jonisierenden Kapitalen ruhende
Gesims ist in der Mitte konsolen-
artig im spitzen Winkel vorgekröpft
und wird hier \'on einem Cherubim-
kopf mit breiter, lachend \'erzogener
unterer Gesichtshälfte getragen. Ein
unter ihm füllhornartig nach beiden
Seiten sich entfaltendes Rankemverk
endigt in zwei schmalen Bändern
mit der Aufschrift:
VOol fantk maafen bcrid^te Du my!
Dat icf alle IMann Ü10 Vande \\\
Die Gesimsfläche enthält in
lateinischen Majuskeln links die
Überschrift der ältesten Kalender-
scheibe von 1405:
HOC HOROLOGIVM FAC-
TVM EST PRIMVM ANNO
CHRISTI 1405, HANC REM-
PVBLI[cam] GVBERNANTIBVS
D[ominis] PROCONSVLIBUS HENRICO WESTHOFF ET GOSWINO
KLINGENBERCH, PROVISORIBVS HUIUS ECCLESIAE, IPSO DIE
PVRIFICATIONIS MARIAE;
Pilaster am astronomischen Uhrwerk,
254 DIK MARIENKIRCHE.
rechts die Verse:
ADSPECTVM CAELI, SOLIS LVNAEQVE NITOREM,
LUMINA PER CERTOS IGNEM DVCENTIA CVRSVS,
VT FLVAT HORA FVGAX ATQVE IRREVOCABI LIS ANNVS,
HOC TIBI, CONSPICIENS, OCVLIS HAVRIRE LICEBIT,
SED RESONOS QVOTIES MODVLOS CAMPANA REMITTIT,
PROTINVS ASTRIPOTENS NVMEN LAVDARE MEMENTO.
Zu beiden Seiten der oberen Hälfte des Aufbaus stehen vor zwei in
der Rahmenfläche Hegenden schUchten Pflastern zwei kaneflierte Säulen mit
zierlichen Sockelfüllungen, reichgeschnitzten unteren Schaftringen und Kom-
positenkapitälen. Das verkröpfte, mit geschnitztem Friese verzierte obere
Gesims springt in der Mitte in fünf Zehnecksseiten balkonartig vor.
Den unteren Abschluß der bis auf die Sockelhöhe der Chorpfeiler
hinabreichenden Umrahmung bildet eine schwarz gestrichene Tafel mit ge-
schweifter unterer Einfassung, deren Mitte eine grinsende Maske einnimmt. Die
dortige ursprüngliche Inschrift, die mit des Büttels Strafe den bedrohte, der
das Kunstwerk nicht »ungeschanferet unde unbeflecket« lassen würde, ist 1809
durch eine andere erbaulichen Charakters ersetzt worden. Ein 1753 ange-
brachtes, bis zur Kopfhöhe reichendes schmiedeeisernes Gitter, dem sich nach
oben hin ein AO 1759 datiertes Drahtgeflecht anschließt, schützt das Kalender-
werk vor frevelnden Händen.
Auf den inneren vertieften Seitenflächen des unteren Rahmens sind in
lateinischen Majuskeln Nachrichten aus der Geschichte des Uhr\\'erks aufgemalt,
und zwar links die stark gekürzte Inschrift von 1753:
HOROL[ogium] HOC ASTRON [omicum] ANTE ANN[os] CCCXLII[Xy)
CONSTRfuctum] TEMP[orumJ INJVR[iam] SVBINDE EXPERTVM RE-
PA RAT VM EST:
I. A[nno] C[hristi] MDLXIII., A SVIS NATALIBVS CLVII., PRAE-
FECTIS H[ujus] T[emplil VIRIS CLARISSimis] ANTfonio] A STITEN
CO[nsulej MAGN[ifico| ET HENRicoi KOEHLER SENAT[ore], FER[ia]
ASC[ensionis] CHR[istij;
II. Afnno] C[hri.sti] MDCXXIX., POST RENOV[ationem] PRIM[am]
LXVII., PRAEFECTIS H[ujus] Tfempli] REIP[ublicae] LVBfecensis] CO[nsule]
MAGN^ifico] LAVR[entio] MOELLER NECNON IVERGEN PAVLSEN
ET JOH[anne] FUECHTING VTROQUE SENATprej ET DIETER^ico]
BRÖMSE;
IM. A[nno] C[hristi] MDCCLIII., POST RENfovationem] ALTERAM
CXXIV., ADDTIO AVCTOQVE DECORE EXTERN[o] SVIS QVASI EX
RVINIS REDD[itum!, PRAESVL[flms] (H[()c] Tiemporelj^) CONS[uleJ MAG-
N[ifico] HENRICO RVST, HERM[anno] BRUENINGK ET JOH[anne] GER-
H[ardo] FÜRSTENAVSENATORIB[usl ET HENR[icoJ WÖHRMANN CIVE.
1) Es muß statt CCCXLII heißen CCCXLIIX, wie auch in den Beschreibungen des Uhr-
werks von 1753 und i86i steht (1405 -|- 348 =: 1753).
2; H. T. statt F. H.
DIE MARIENKIRCHE. 255
Rechts befinden sicli zwei Inschriften des 19. Jalii-lumderts:
Anno C[hristij MCCCIX., POST RENOVfationem] TERTIAM LVII.,
HOC HOROLOGIUM ITERUM RENOVATUM ET NOVUS CON-
STRUGTUS EST ORBIS SOLIS LUNAEQUE ECCLIPSES AD ANNUM
MDCCCLXXV USQUE INDICANS, PRAEFECTIS H;ujus T,eni|)liJ
COnsulej MAGNIFICO D,..ct(. RE JOHANNE CASPARO LINDENBERG.
NICOLAO JAGOBO KEUSCH SENAT[()re], DIEDERICO STOLTERFOHT
ET HENRICO NÖLTING CIVIBUS. und'
RENOVATUM ANNO MCCCLXXXIX.
Der überaus zierhch geschnitzte obere Aufbau in der (irundfonn
eines gleichseitigen Dreiecks enthäh das der Stundenulu" angeschlossene Kur-
fürstenwerk, dessen Mechanismus 1595, 1/5 5 ^^^^^^ 1*^5*^ ausgebessert worden
ist, sowie das Glockenspiel und das Trompetenwerk, die, 1752/53 erneut. Längst
wieder aufgehört haben zu funktionieren. Der Aufbau wird gegliedert durch
sechs verschieden hohe Säulchen, auf denen sich kleine, von dreiseitigen
Giebeln überdachte Portale erheben. Zwischen den beiden mittleren und
größten Säulen steht der Heiland mit der Weltkugel unter einem Baldacliin.
t'ber dem letzteren springt, gleich ihm in fünf Zehnecksseiten, ein kleiner
Cilockenturm vor, der das hier angebrachte, vierzehn Glocken umfassende
Glockenspiel verdeckt, das früher allstündlich eine Strophe spielte. Er trägt
an seinem oberen Teile zehn lediglich als Schmuckstücke dienende Glöckchen,
während an seiner unteren Brüstung die 1753 von der Westfront der Kirche
hierher versetzte^) kleine volltönende Stundenglocke ^) hängt. Rechts von
dieser Glocke steht als Sinnbild der Zeit ein alter bärtiger Mann mit dem
Glockenhammer in der Rechten und einem Stundenglas in der Linken, auf
der andern Seite das Bild der Vergänglichkeit, eine weibliche Figur mit einer
gesenkten Fackel und einem Totenkopf, die bei jedem Glockenschlage ihr
Antlitz abwendet. Eine inmitten- des Türmchens angebrachte Janusstatuette
stellt in einem alten Manne die Vergangenheit, in einer jugendlichen weiblichen
Figur die Zukunft dar. Gleich den vorerwähnten sechs Säulen wird auch die
Mitte von einem kleinen Portale mit dreiseitigem Giebel gekrönt. Vor den
sieben Portalen stehen unter vergoldeten Zeichen des Tierkreises Personifikationen
der im Planetenwerke enthaltenen sieben Gestirne: zu oberst der Sonnengott
Apollo, links in absteigender Reihenfolge Diana als Mondgöttin, Merkur und
Venus mit dem Amor, rechts Mars und Jupiter, während der vor dem untersten
Portal angebracht gewesene Saturn jetzt fehlt. Zu beiden Seiten des Mittel-
baus erblickt man unter vier schlanken Renaissancegiebeln, von denen die
beiden inneren das Datum der letzten umfassenden Wiederherstellung des
1) Es heißt im Vorsteher-Protokoll von 1743 — 1832 unter 1754 Januar 14 bei Begleichung
der Rechnung des Uhrmachers G. F. Kühn: »Item den Vollschlag in der Kirchen, so über der
Orgel gewesen, alda weg und hinter das Altar, allwo die Vergänglichkeit den Kopf drehet und die
Zeit schlaget, wieder angebracht, dafür ^ 40.«
^) Siehe näheres unter «Glocken.«
256
DIE MARIENKIRCHE.
Werkes, ANNO 1753, tragen, zwei größere und zwei kleine Flügeltüren.
Sobald es mittags zwölf Uhr geschlagen hat, treten aus der größeren Tür zur
Rechten des Beschauers der Kaiser und die sieben Kurfürsten in Prozession
heraus, ziehen mit einer Verbeugung" vor dem Heiland vorüber, der über jedem
eine segnende Handbewegung macht, und verschwinden durch die entsprechende
linksseitige Tür. Zwei ihrer Tracht nach 1753 erneute Lübecker Ratsdiener, ^)
die ursprünglich mit den Fürsten durch die kleineren Türen auf- und abtraten,
jetzt aber einander zugewandt vor denselben stehen, verneigen sich ehrerbietig
vor jedem der hohen Herren, während zwei auf beiden Ecken aufgestellte
Engel ihre einst mit weiß -roten Fahnen geschmückten^) Posaunen ansetzen;
zugleich blies das jetzt verstummte Trompeten\^'erk einen Akkord.
Die Seh ranken werke.
Das älteste, dem
15. Jahrhundert ange-
hörige Schrankenwerk
der Kirche schließt die
Oldesloe - Kapelle
nordseitig gegen die
Totentanzkapelle ab. Es
besteht aus drei ungleich
großen Rahmen mit dia-
gonal gekreuzten Eisen-
stäben und einem durch-
gehenden oberen Friese,
dessen ausgestochenes
gotisches Rankenwerk
durch drei leere Schilde
in kreisförmigen Um-
rahmungen unterbrochen
wird. Den oberen Ab-
Bronzene Gitterstäbe
der Schinkel-Kapelle, der Greveraden-Kapelle und der Chorschranken.
Schluß bildet wie beim weiter unten behandelten Totentanz eine wulstförmige
Rekrönung avis dem Jahre 1701.
Die Schrankenwerke aus dem letzten Jahrzehnt des 15. und den beiden
ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts sind sämtlich mit spätgotischen bronzenen
Gitterstäben versehen.
Das älteste unter ihnen i.st 1493 oder 1494 vor der damals unter dem
Norderturm eingerichteten Greveraden-Kapelle erbaut. Von seinen sechs
gleich großen Rahmen enthalten die vier inneren, von denen die beiden
^) 1596, 13. W. n. Neujahr (März 2i — 27) wurden für je i V2 Ellen »roden unde wytten
syndell (Seidenstoff), so achter dat kor up dem seyer iho den trometen gekamen,« 7 V2 /3 veraus-
gabt und 1629, 8. W. n. Ostern (Mai 24 — 30) »dem Schneider Claus Fincken für die beiden Hauß-
diener Rocke zu machen , darzu ehr den Kirsey gethan , noch an der Engel Trommeten 2 Fahnen
gemacht, darzu er Dafft und Seide gethan,« 8 .^ 10 /3 gezahlt; WB.
DIE .MARIENKIRCHE.
257
mittleren als Türflügel dienen, jeder drei ganze und zwei halbe seitliche Gitter-
stäbe mit oberem geschnitzten Maßwerk; im übrigen zeigt es feste, meist
schlichte Tafelungen. Die 1,68 m hohen mehrfach gegliederten Stäbe (Abb.)
sind in ihrer unteren Phälfte sechskantig", in der oberen rund; das Maßwerk
besteht aus geschweiften Bögen, die infolge Uberkreuzung rautenförmige Cie-
bilde darstellen. Das von einer neueren grob geschnitzten Kreuzblumengallerie
überragte Gesims trägt auf beiden Seiten eine fortlaufende, in erhabenen
gotischen Minuskeln geschnitzte Inschrift, die an der Innenseite braun über-
strichen ist, während sie sich nach dem Langhause zu in Gold von einem
abwechselnd blauen und roten Grunde abhebt. Sie lautet (innenseitig): aimo •
öiTi • inccccjrciii • boniinica • rcminiGccrc') • i-anfCLiMta • cft • \]Ci ■ lamMia •
j.un* • rdun'LMiöum-) • bomimnn • Cticoticricinii • ?lrnbL*o • ci.iiGiDi.umi •
XiiüiiLMiHMn • in
IjnnorLMii • faiutL* •
cniciö • üLMtc •
liinjiniö • .iXlaric
(außenseitig:) ^(0
ijamiiG • tipoftDii
n ■ clKimjciiftL* • n
ÜLMti • :lL*raniini
confcfforiG • cujus
annilicrfariuö • bc*
öiiMtioniö • öics •
pcraijctur • öomi*
niiM • prariniti •
ante • .inidjiiLMiG.
Dem vorigen
Schrankenwerk
gleicht das einige
Jahre später anzu-
setzende der unter
dem Süderturm gelegenen Schinkel-Kapelle bis auf wenige Einzelheiten.
Die sechskantigen Gitterstäbe, deren oberes Viertel gedreht ist, sind einschließ-
lich ihres ebenfalls gegossenen oberen Maßwerks 1,96 m hoch; das letztere
ist mit unteren Maßwerkbögen, mit Krabben und mit oberen Gitterstäbchen
geschmückt (Abb.). Die sechs geschnitzten Friesfüllungen des Gesimses zeigen
miteinander gekreuzte geschweifte Bögen in Gold auf rotem und blauem Grunde.
Das 1496 neu errichtete 3) Schrankenwerk vor der Sänger kap eile
(vgl. den Lichtdruck zu S. 252) besteht ebenfalls aus sechs gleich großen
Bekrönung des Gitterwerks vor der Sängerkapelle.
^) März 3.
^) Das Wort reverendum ist getilgt.
^) Bereits 1465 war «des rades kapelle« (vgl. S. 168) »mit lyliien boven der dore« ge-
schmückt worden; St.-A., Ausgaberolle der Kämmerei von 1465/66.
258
DIE MARIENKIRCHE.
Rahmen, von denen die beiden mittleren die Türi^ügel bilden, lis zeigt zu
Unterst geschnitzte Pergamentrollenfüllungen, und dariiber in jedem Rahmen
ein aus vier ganzen und zwei halben seitlichen Bronzestäben zusammengesetztes
Gitterwerk von 1,90 m Höhe. Die in ihrer unteren Hälfte sechskantigen
Stäbe haben im dritten Viertel einen glatt -runden, im vierten Viertel einen
gedrehten Schaft, die bronzene Gitterkrönung gleicht der geschnitzten vor der
Greveraden-Kapelle. Von hervorragender Schönheit ist eine dem oberen Quer-
balken aufgesetzte Schnitzwerkgallerie (Abb. S. 257). Zwischen sieben, den
Gitterstäben mit Ausnahme ihres glatt -runden Schaftviertels nachgebildeten
kleinen Kandelabern, die jeder von zwei mit Maßwerk und Krabben
Gilterwerk südlich vom Hochaltar.
besetzten geschweiften Bögen gestützt werden, ragen bis zur gleichen Höhe
sechs in einer Kreuzblumenspitze und zwei seitlichen Fialen endigende krabben-
besetzte Portale empor, deren oben von zierlichen halben Sechspässen eingefaßte
Öffnungen abwechselnd männliche und weibliche, bis zur Kniehöhe reichende
Figuren umschließen. Im Jahre 1790 ist diese (iallerie wiederhergestellt, das
übrige Holzwerk dagegen gänzlich erneuert worden.
Über die Entstehung dieser Schranken berichtet das mehrfach angeführte
Stiftungsbuch der Sängerkapelle (Bl. 19): »Anno [i4]96 leet Hynrick Castori)])
maken dat ßcranckwarck myt wyllen des rades voer der cappellen myt den
beyden oertstoelen unde messinghes i)yleren , hiir y\l tho 5 V2 schippunt
DIE MARIENKIRCnK
259
Oberer Teil des Schrankeinverks vor der Tutcntaii/kapclle.
(r=: 770 kg) mesßynghes, unde steet myt aller unkost Ikirnma drehuiidcTl
niaick. Dyt gelt heft he ])rocuieert Ijy 3 unde veer gülden, ßo he konde,
linde ghinc dar nycht van thovoeren.«
\Ter den eben beschriebenen ganz gleichartige Stabwerke aus der Zeit
von I49<S — 1500 (Abb.) füllen paarweise die Öffnungen zwischen den zweiten
und tl ritten Chorjochpfeilern oberhalb der gleichzeitig entstandenen vier
Kalksteinreliefs aus der Leidensgeschichte Christi. ^) Beide Stabwerkpaare,
deren Gitterstäbe einschließlich ihrer aus zwei Hälften zusammengesetzten Maß-
werkbekrönung 1,86 m hoch sind, werden in der Mitte durch ein zierliches
schlankes Säulenbündel geschieden und seitlich je durch eine gleich letzterem
aus Kalkstein gearbeitete von Säulchen eingefaßte Hohlkehle begrenzt, von deren
bildnerischem Schmuck nur eine kleine Konsole erhalten ist. Den oberen Abschluß
bildet ein unten mit einem Weinlaubstreifen besetztes und von feingearbeiteten
jVIaßwerkbögen mit niedrigen Kreuzblumen sowie von einer Mittelfiale überragtes
geschnitztes Gesims, dessen Anstrich der Farbe des Kalksteins angepaßt ist.
Das von 1506 datierte Schrankenwerk am Hingang zur Totentanz-
kapelle umschließt ein 1,69 m hohes Gitterwerk, das in den beiden mittleren
Türflügeln je drei ganze und zwei halbe, in zwei breiteren seitlichen Rahmen
je fünf ganze und zwei halbe Stäbe aufweist (Abb.). Während die Maßwerk-
bögen den vorigen gleichen, sind die Säulenschäfte zu je einem Viertel sechs-
kantig, glatt-rund und nach rechts und nach links gedreht. Das obere Gesims
enthält nach der Kirche zu in vier Feldern vorzügliche spätgotische Ranken\\erk-
füllungen und rückseitig die in freistehenden Minuskeln geschnitzte In.schrift:
IUI ber iTürt uukö l[eliünj') IjerF iljü W^ i" '■"'•''■'>■' ^»l* ^i- ^^^' *"^'^'l^ere und
der jetzige Leuchteraufsatz dieses Schrankenwerks sind weiterhin behandelt.^)
0 ^S^- unter »Bildwerke.«
^) Ausgebrochen.
^) Vgl. den Abschnitt vLeuchtkörper. «
26o
DIE MARIENKIRCHE.
(Jberer Teil des Schrankenwerks vor der Oldesloe-Kapelle.
Eine Umbildung des gotischen Stiles, »welche nicht ohne Einwirkung
der Renaissance zu denken ist,«^) lassen drei weitere, in ihrem Typus genau
gleiche Gitterwerke erkennen : das von 1 5 1 8 datierte vor der Bergenfahrer-
kapelle, das vor der Kapelle des Gerhard Oldesloe und das vor der Wlome-
oder Küsterkapelle. Während die Scäulenstäbe den obigen von 1 506 ent-
sprechen, sind die schlanken überkreuzten Maßwerkbögen mit gekrümmten
kleinen Ansätzen versehen, die ihnen das Aussehen gestutzter Aste geben.
Das Gitterwerk vor der Bergenfahrerkai)elle (Abb. S. 273) bildet
einen Teil des dortigen Bergenfahrergestühls und ist im Zusammenhang mit
diesem beschrieben.
Das Schrankenwerk der Oldesloe-Kapelle (Abb.) enthält in einer
mittleren Tür und einem linken Felde je ein aus drei ganzen und zwei seit-
lichen halben, in einem breiten Rahmen zur Rechten ein aus zehn ganzen und
zwei seitlichen halben Stäben zusammengesetztes Gitter von 1,58 m
Höhe. Sein Gesims, das von einer aus Bögen und Kreuzblumen
zusammengesetzten plumpen neueren Gallerie gekrönt wird, um-
schließt auf beiden Seiten je vier prächtige durchbrochene Ranken-
füllungen, von denen die innenseitig über der Tür angebrachte
einen Schild mit der nebenstehenden unbekannten Marke trägt.
Das Schrankenwerk vor der Küsterkapelle (Abb.), dessen Gitterstäbe
einschließlich ihrer Maßwerkbekrönung 1,60 m hoch sind, zeigt über dem drei
durchbrochene gotische Füllungen umfassenden Friese einen überaus reich
geschnitzten barocken Aufsatz aus den siebenziger Jahren '^) des 17. Jahrhunderts.
Phantastisches Laubwerk ziert seine Basis, die in zwei ovalen Öffnungen
den Vers Ev. Joh. 3, 16 umschließt. Zwei von Wein umrankte gewundene
^) Lübcke, Gesch. der Renaissance in Deutschland II, S. 276.
^ Seine Säulen stimmen genau überein mit denen des links daneben hängenden v. Höveln-
schen Epitaphs von 1676.
DIE MARIENKIRCHE.
261
Säulen tragen im \"erein mit je zwei ornamentierten l'ilastern das mit üppij^em
Hlattwerk besetzte verkröpfte Gesims. In tler Mitte umrankt ein xon zierlichen
Putten belebter Diestel-
blattkranz eine Christus-
statue von bewegter
Haltung. Zu beiden
Seiten der Basis und
auf dem Gesims sind
die Statuen der vier
kLxangelisten aufgestellt.
I )ie reich.stc Aus-
bildung in spätgoti-
schem, von der Re-
naissance beeinflußtem
Stile zeigt das an den
beiden L a n g s e i t e n
des Altar r a u m e s der
nahezu mannshohen
Umfassungsmauer auf-
gesetzte Gitterwerk, das
1520^) an die Stelle
einer gleich nach dem
Brande von 1407^) er-
ri chteten ^) eisernen ^)
Einfriedigung trat.
Beide Seiten enthalten
zwischen dem zweiten
und dritten Chorpfeiler
je zwölf ganze und acht
halbe seitliche Bronze-
stäbe, von denen zw^ei
bezw". vier auf eine
mittlere zweiflügelige
Tür mit unteren Per-
gamentrollenfüllungen
entfallen, und zwischen
dem dritten und \'ierten
Chorpfeiler je achtzehn
sanze und sechs halbe
Schrankenwerk vor üer Küsterkapelle.
1) Vgl. S. 263.
") Vgl. S. 196.
^) Im Rechnungsjahre 1407 Februar 22 — 1408 Februar 21 wurden vom Rate 49 Mark
Opfergeld »gegeven to den ghadderen in Unser Vrouwen kerken«; U.-B. der Stadt Lübeck 5, S. 179.
*) U.-B. der Stadt Lübeck 8, No. 94.
202
DIE MARIENKIRCHE.
Stäbe, außerdem kommt für die Südseite, dem Aufgang zum Singechor gegen-
über, ein Rahmstück mit sieben ganzen und zwei halben Stäben hinzu, so daß
insgesamt 6"] ganze und 30 halbe seitliche Stäbe vorhanden sind. Diese (s.
Abb. S. 256), 2,27 m hoch, sind in der unteren mehrfach gegliederten Hälfte
sechskantig, im nächsten Viertel in der Regel glatt-rund, sonst ebenfalls sechs-
kantig und im oberen Viertel teils nach rechts gedreht, teils z\\'eimal im Zick-
zack gedreht, teils schließlich — in neun Fällen — gewellt. Ihre Maßwerk-
bekrönung (Abb.) besteht
aus geschweiften Bögen
mit reichem Krabben-
schmuck. Dem nach außen
zu als große Hohlkehle
dargestellten Hauptgesims
ist auf der Innenseite ein
Friesstreifen eingelegt, der
in fein geschnitzten Minus-
keln nordseitig eine dem
Propheten Micha Kap. 6
Vers 5 und 6 entlehnte
Frage, südseitig als Ant-
wort Kap. 2 Vers 10 und
1 1 des Philipperbriefes auf-
weist. Diese Inschriften^)
lauten:
Am nördlichen
Schrankenwerk: -|ilidicc •
in • bcin • 6 • trnt • bu •
tic • Hmicft • T>c • ijc*
rcLljtiiOcit • bco • Ijcrcmi •
Inat • li UiLTbc_- im • liun*^
biijcG • offcrc_ bcm • ||
[l)LU-en • Y) biib • iclf •
lucrbc • ljoe0ljc_ • bat •
linc bcm • Ijoöljc • Ijcrcn •
Viniü • to • cruimjcn • be
üarml}crtiLijcit.
Am südlichen Schrankenwerk: pljili).ipL*fili
Oberer Teil der Chorschranken.
inbciii • n.iiiic • iljcfU
^) In der 1494 zu lAibeck von Stephan Arndes gedruckten Bibel lauten beide Stellen:
»Up dat du scheidest bekennen de rechtverdicheyt des heren. Wat schal ik werdich offeren deme
heran? Ick schal boghen myne knee deme hoghen gada. Schal ick ame nicht offeren ofterj'nghe,
de man vorbrend unde jarygha kalvere . . .?« und »Dath in dam namen ihesu werde (!) gheboghet
alle kne der hemmelschen, dar ardeschen unde der heischen creaturen unde ene islike tunghe be-
kenne, dat de hera jhasus christus is in der ere gades des vaders. Darumme, mine alderlevest, . . .«
^) Durch das von Hövelnsche Sandsteinepitaph verdeckt.
DIK MARIKN'KIRCllli.
26'
Oberer Abschluß des Tafelwerks vor der Molen-Kapel
liirifti Inorbc •■' ■ ^thocßUct ■ alle • um ■ bin* ijLMiicifdnMi • Imb ■ L'rbeffrtK •
liiTb ■ der • i)ci(d]c ■ Im • n\c • itiiiHc • tlnjc • ItiMUMinct bat • bi' • i]ci'c •
iljcfliG • criftliG • IG • inbci ijlürie • ijabcG • bco • liabcrc. • bar •
Auf dem (lesinis erhebt sich eine prächtige Schnitzwerkgallerie, be-
stehend aus ineinandergeschobenen, mit Ma(]i\\erk gezierten Bögen, die von
Fialen unterbrochen und von krabbenbesetzten geschweiften (jiebelchen und
aufstrebenden Ranken überragt werden.
Von den zugehörigen westseitigen Schranken, die bei der Wiederher-
steUung des Lettners im Jahre 18 17 entfernt sind in der Absicht, einen freien
DurchbUck vom MittelschüT nach dem Altar zu gewinnen, sind noch drei,
1852 zur Ausbesserung des großen Nowgorodfahrerstuhls verwandte nicht
ganz mannshohe Pergamentrollen -Täfelungen vorhanden, deren Breite dem
halben Abstand der hinteren Lettnersäulen entspricht. Eine dieser Täfelungen,
die der ehemaligen mittleren Doppeltür angehört hat,^) trägt die Jahreszahl
1520 und das W'igerinksche Wappen; es ist also jedenfalls das ganze Schranken-
werk gleich der südseitigen Hälfte der westlichen Lettnerbrüstung von dem
15 18 \'erstorbenen Bürger Godart Wigerink oder dessen Testamentsvollstreckern
gestiftet. Den jetzigen westlichen Abschluß des Altarraumes bildet ein 18 17
gefertigtes niedriges Brüstungsgeländer, das in drei mittleren Doppeltüren und
zwei seitlichen Rahmstücken 34 ganze und 16 halbe Bronzestäbe umfaßt, die
einschließlich ihrer dem älteren Schrankenwerk nachgebildeten Maßwerkbe-
krönung 90 cm hoch sind und von der Tremser Gießerei der Gebr. Hasfe
geliefert sind.
1) Vgl. S. 191.
204
DIE MARIENKIRCHE.
Zwei gleiche, je fünf ganze vind zwei halbe Bronzestäbe enthaltende
Gitter, die 1845 in derselben Gießerei hergestellt sind, schließen, um dies vor-
wegzunehmen, die beiden Türbögen der früheren Gerwekammer.
Aus der Übergangszeit von der Gotik zur Renaissance stammt zunächst
das die Molen-Kapelle gegen den Chorumgang abschließende hohe Tafel-
werk, dessen obere
große Felder mit
diagonal gekreuzten
Eisenstäben vergit-
tert sind , während
es unten feste mit
]\Iaß\\'erkbögen ge-
schmückte Füllungen
aufweist. Über dem
oberen Rahmholz
läuft ein fünfteiliger
Fries. In seinen der
Kirche zugekehrten
Feldern umschließt
schönes durch-
brochenes Blattwerk
einen Löwenkopf
oder ein Medaillon
mit kleiner Halb-
figur; die rückseiti-
gen Füllungen zeigen
verschiedenartiges
Maßwerk. Gekrönt
wird das Ganze von
einer aus großen fünf-
teiligen Blüten und
kleinen Lilien zu-
sammengesetzten
Gallerie(Abb.S.263).
Schrankeiiw crk vur der LiüigernieisterkapeUc
Von ähnlicher
Anordnung sind die
Gitterwerke vor der
Stotebrügge- und vor der Segeberg-Kapelle. Bei ersterem bildet den
oberen Abschluß ein durchbrochener Laubwerkfries und eine teilweise erneute
Blütengallerie, bei letzterem ein durchbrochener steif gemusterter Maßwerkfries
und eine aus unteren Maßwerkbögen und oberem Blattwerk zusammengesetzte
Bekrönung.
DIE MARIENKIRCHE.
>65
Das drei große (iitter aus diagonal tlurclicinandcr oestcckten I^isenst;il)cn
umschlicl^endc Sclirankcnwcrk xor der Bürgernieisterkapelle (Al)l).) ist im
Stile der k'rührenaissance gehalten.
Vier kräftige kanellierte Säulen mit hohen
Postamenten, denen je eine
Füllung mit einer Mittelfigur
— Liebe, (jerechtigkeit,
(ilaube und 1 loffnung — vor-
gesetzt ist, tragen ein mit
reichen ausgestochenen 1^'ries-
mustern und mittleren Relief-
köpfchen geschmücktes Ge-
sims. Über dem mittleren,
als Tür dienenden P'elde ragt
ein hoher Giebelaufsatz auf,
der in einer reich profilierten
breiten Umrahmung eine zier-
lich geschnitzte Reliefdar-
stellung der Anbetung des
Christkindes durch die flirten
zeigt. Zu beiden Seiten
dieses Aufbaus ist durch-
brochenes, von Putten und
Vögeln belebtes Schnitz-
werk im Kartuschencharakter
angeordnet. Vermutlich ist
das Werk gleichzeitig mit
den im Jahre 1574 an der
Bürgermeisterkapelle vorge-
nommenen baulichen Ver-
änderungen *) errichtet.
Die B r e m ersehe
Grabkapelle wird durch
ein in den dreißiger Jahren des
17. Jahrhunderts errichtetes
reiches barockes Schranken-
werk (Abb.) abgeschlossen.
Eine bunt bemalte reliefför-
mige Mosesstatue in flacher
barocker Nische zeichnet die
Füllung der linksseitig be-
legenen Tür vor den drei übrigen schlichten unteren Täfelungen aus. Darüber
befindet sich zwischen drei senkrechten Rahmhölzern, denen geschnitzte
Schrankenwerk vor der Bremer-Kapelle.
1) Vgl. S. 15S.
266
DIE MARIENKIRCHE.
Hermenpilaster vorgesetzt sind, ein ]:)rächtiges Bronzegitter von i , 1 1 m Höhe.
Die Stäbe zeigen abwechselnd die Form von doppelseitig ausgebildeten, in
der Mitte durchbrochenen Hernienpilastern und von schlanken, nach unten hin
sich verjüngenden säulenartigen Pfosten; sie werden verbunden durch Rund-
bögen, die mit krausem Rankenwerk und herabhängenden Trauben verziert
sind. Über dem oberen Querholz erhebt sich zwischen flachen Giebelansätzen
ein bizarrer durchbrochener Aufbau. Er umfaßt über einer mit reichem
Kartuschen werk umrahmten Inschrifttafel drei von Säulen eingefaßte Nischen,
deren mittlere und größte eine Statuette des segnenden Heilands mit der
Weltkugel umschließt; sein verkröpftes Gebälk wird von den Statuetten des
Glaubens, der Liebe und der Hoffnung gekrönt. Zwei auf den Giebelansätzen
hingelagerte Putten halten die von Lorbeerkränzen umrahmten Wappen des
Gitter vor der Köhler-Kapelle.
am 15. (3ktober 1636 gestorbenen Kaufmanns Hinrich Bremer, der am
4. Oktober 1630 diese Kapelle erwarb, (im blauen, von einem goldenen Balken
geteilten Schilde oben zwei goldene Sterne, unten drei goldene Kugeln; auf
dem Helm ein goldener Stern) und seiner am letztgenannten Tage gestorbenen
Ehefrau Elisabeth geb. Paschen (im blauen Schilde ein mit zwei goldenen
Sternen belegter roter Pfahl, dem beiderseits eine halbe goldene Lilie ange-
schlossen ist; auf dem Helm ein goldener Stern zwischen zwei goldenen Lilien-
stauden). Die Basis des Aufbaus trägt in ihrer kartuschenförmigen Umrahmung
die Todesdaten des Ehepaares.
Das vor der Kohl ersehen Grabkapelle 1656 errichtete Schranken-
werk zeigt unten schlichte Täfelungen und darüber tlrei Rahmen mit prächtigen,
in durchstecktcr Arbeit geschmiedeten teilweise vergoldeten Gittern, von denen
DIE MARIENKIRCHE. 267
(las mittlere den Kölilerscheii Wappenscliilcl uiiisclilie(st (Abb.). 1 )ie obere S|)itz-
boojge Ollnuiig der Kapelle füllt ein schmiedeeiserner Stammbaum mit den auf
lüscnblech gemalten Wappen und Namen des Bürgermeisters Dr. /Vnton Köhler
(gest. 1658) und seiner reihenweise nach vier Generationen aufgeführten dreißig
letzten Vorfahren; er trägt am FuLsende die gemalte Inschrift: EX • HISCE •
RADICIBVS • PROGNATVS • DN • ANTON • KOLER • CONSVL • HOC • DORMI-
TORIVM . SIBI . FAMILIAE • DESCENDENTIBVS . F • F • 1656.
1656, y. AV. n. Ostern (Juni i — 6) vergütet Bürgermeister Anton Köhler
der Kirche 1 2 13^ für Kalk »zu s[einer] Magnifficenz] Capell, welche s[eine]
Hoch\v[eisheit] jetzo einrichten leßet;« WB. — Das Wetteprotokoll (St.-A.)
vermerkt unter 1656 Mai 23: »AuiT Clage des H. Burgermeisters Doct.
Anthonii Cöelerl> ist Johan Caßen^) einem Maliler durch den Wettediener
anbefohlen, dai.^ er wohlgemeltem Herrn nach Kaut del> Contracts mit der
Arbeit in St. Marien in der Capelle befordern soll, dannt solches gegen die
heil. Feyertagen fertig werden können, bey Straffe der Wette.«
\^)r der Divessen-Kapelle befindet sich eine niedrige Brüstung mit
derbem Rokokoaufsatz.
Das mit hohen bronzenen Gitterstäben versehene Schrankenwerk vor
der Warendorp-Kapelle stammt trotz seiner annähernd gotischen Formen
aus dem letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts. Der dreiteilige obere F"ries
enthält durchbrochene Maßwerkfüllungen in der Art derjenigen vor der Sege-
berg-Kapelle, während die Bekrönung im allgemeinen den Chorschranken
nachgebildet i.st.
Die Rodde- und die Wöhrmann-Kapelle sind durch neuere schmiede-
eiserne Gitter, die beiden Eingänge zur früheren Gerwekammer, wie schon
(S. 264) erwähnt, durch niedrige Barrieren mit gotisierenden Bronzestäben aus
dem Jahre 1846 abgeschlossen.
Das Gestühl.
Gotische Zeit. Ein aus 24 Klappsitzen bestehendes, seit 1801 grau
übermaltes und gegenwärtig arg vernachlässigtes Gestühl, das in die erste
Hälfte oder die Mitte des 15. Jahrhunderts zu setzen ist, zieht sich in der
Bürgermeister kapeile vor der breiten Fensteröffnung, dem anstoßenden
Teile der Ostwand und vor der Westwand hin. Wie der Augenschein lehrt, ist
es in den südlichen Vorbau der Kapelle (vgl. S. 158) erst später hineingebaut
oder richtiger gesagt hineingezwängt. Hohe Seitenwangen mit oberen wimperg-
artigen Endigungen schließen es beiderseits ab. Die niedrigen Zwischenwangen
sind vorne mit runden Säulchen und mit Handstützen in der Form kleiner
Tierköpfe geschmückt, während die unter den schmalen Klappsitzen an-
gebrachten Miserikordien aus einfachen schlanken Konsolen bestehen. Die
schlichte hohe Rückwand ist am oberen Ende mit Maßwerkbögen verkleidet;
darüber wölbt sich in einer Hohlkehle die von einer Zinnengallerie mit
^) Der Maler Johann Caße war 1652 August 26 Bürger geworden; St.-A., Bürgermatrikel.
268
DIE MARIENKIRCHE.
zierlichen Maßwerkmustern gekrönte Verdachung (Abb.). Vor den Sitzen der
Fensternische erhebt sich zwischen zwei von Blütenkelchen gekrönten Wangen
eine Brüstung, die außenseitig mit einem oberen Weinrankenfries verziert ist.
Zwei vor den ostseitigen Plätzen errichtete Bänke zeigen in den dreieckigen
oder blütenförmigen oberen Endigungen ihrer Seitenwangen in sieben Fällen
Blattwerkmuster oder Tiergestalten, nämlich einen vor drei Vögeln die Orgel
spielenden Esel (Abb.), eine Katze mit Maus, einen Drachen und andere
phantastische Gebilde; das achte, der Kirchenmitte zugekehrte Endstück um-
schließt einen lübischen Adlerschild. Unterhalb des letzteren ist auf der
Wangenfläche eine geschnitzte Mannesfigur mit leerem Spruchband dargestellt;
die übrigen Flächen
entbehren des bild-
nerischen Schmucks.
'•'CsUl
Eine in der
Totentanzkaj^elle
ringsum an den
Wänden sich hin-
ziehende breite nied-
rige Sitzbank ist
offenbar gleichzeitig
mit dem in seiner
ursprünglichen Ge-
stalt 1463 dort an-
gebrachten Toten-
tanz entstanden.
Ihreschlicht getäfelte
Rückwand wird
gegen die einmün-
denden Türen durch
Seitenwangen abge-
schlossen, deren einzigen Schmuck ein nach vorne hin umgebogenes krabben-
artiges Blatt bildet. In gleicher Weise verziert sind die der Bank in einigen
Abständen aufgesetzten, mit seitlich angefügten Armlehnen versehenen Zwischen-
wangen (Abb.), durch welche sieben Einzelplätze lehnstuhlartig abgeteilt werden.
In den Ausgang des 15. Jahrhunderts gehört seinen Hauptbestandteilen
nach der am dritten Süderpfeiler gegenüber der Kanzel aufgebaute 2,93 m
hohe und 2,47 m breite viersitzige Vorsteherstuhl. Er ist 1858 aus dem
Privatbesitz des damaligen Inhabers vom »Hotel Stadt Hamburg,« G. J. Pflüg,
angekauft, der ihn aus dem Schmiedestuhl der Petrikirche (vgl. S. 54) und
weiterem dorther .stammenden Schnitzwerk hatte zusammensetzen lassen. Die
Wangen, in denen die mit Miserikordien versehenen Klappsitze laufen, sind vorne
mit oberen und unteren achteckigen Säulchen, mit Handstützen in F'orm
kleiner vorspringender Köpfe und mit schmalen Armlehnen ausgestattet; unter
oberer Abschluß des Gestühls in der Bürgermeisterkapelle.
DIE MARIENKIRCHE.
269
Stuhhvange in der
Bürgernieisterkapelle.
den Miserikordien zeichnet sich eine als Meerjungfrau aus-
gebildete vor den in Maskenform gehaltenen übrigen aus.
Auf den beiden höheren Seitenwangen lagern Drachen,
aus deren weitgeöffnetem Rachen gewundene Ecksäulchen
aufragen. Sie werden gleich drei den Armlehnen der
Zwischenwangen aufgesetzten zierlichen Säulchen von
kleinen nackten Jünglingsfiguren gekrönt. Die Täfelung
der Rückwand zeigt Pergamentrollenmuster und obere mit
Rankenwerk gefüllte Friese, von denen die beiden mittleren
die Jahreszahl 1626 tragen. Eine Doppelreihe gleicher
Friesfullungen schmückt das Gesims der vorgebogenen
Verdachung; ^) eine dritte obere Reihe ist bei der Auf-
stellung des Stuhles in der Marienkirche aus vorhandenem
alten Schnitzwerk hinzugefügt.")
1858 Mai 22 wurden an (i. J. Ptiüg für einen
alten restaurirten, mit reichem Schnitzwerk ausgestattetem
Kirchenstuhl von Eichenholz, mit 4 Plätzen und einem
Baldachin, zur Benutzung der Herren Vorsteher be-
stimmt, • 20 Louisd'or oder 275 ^ gezahlt-, Wochenzettel 1858 Mai 16 — 22.
Um das Jahr 1 500 anzusetzen ist eine mit anderem älteren Schnitzwerk
1892 dem Museum^) überwiesene 1,17 m hohe und 0,79 m breite Stuhlrück-
wand, von deren vier gleich großen Füllungen
die beiden oberen senkrecht laufende Pergament-
rollenmuster, die beiden unteren einen wilden Mann
und eine Frauengestalt mit dem von Tunenschen
Wappenschild (Abb. S. 270) aufweisen. Als
Stifter wird der 1501 gestorbene und in der Marien-
kirche beerdigte Bürgermeister Ludeke von Tunen,
der letzte namhafte Vertreter dieser Familie, gelten
können.
Der fast die ganze Länge der Südwand
zwischen dem E^ingang zur Divessen-Kapelle und der
südwestlichen Kirchentür einnehmende Schonen-
fahrerstuhl (Abb. S. 271) ist 1506 an die Stelle
des damals beseitigten ältesten Gestühls dieser
Genossenschaft getreten, welches 1397 vom zweiten
südlichen Wandpfeiler hierher versetzt worden war,^)
in de
Stuhlwange
• Totentanzkapelle.
1) Vgl. weiter unten die Abb. des Siricius-Epitaphs.
^) Jimmerthals handschriftliche Chronik der Marienkirche
unter 185S.
^) Kulturhist. Museum 1S92/117.
*) Im ältesten Protokollbuch der Schonenfahrer heißt
es unter 1397: j'Item dem tymmermanne, de nam erstes males dat
olde stolete up van des copmans wegene unde he settede dat
wedder dalewart by der neddersten capellen, unde do makede he
dat nye stolete vor dat altar . . . ;« Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 26.
270
DIE MARIENKIRCHE.
Füllungen vom ehemaligen Tunenschen Stuhl.
um dem damals neu errichteten Schonenfahreraltar und einer vor letzterem
angebrachten doppelten Sitzreihe Platz 7ai machen.
Das 9,40 m lange und t,,S^ m breite Gestühl besteht aus einer hohen
Rückwand mit Bal-
dachin und angeschlos-
senen Seitenwangen
und aus acht Bänken,
denen gleich der vor-
deren schlicht getäfelten
Brüstung freistehende
linke Seitenwangen vor-
gesetzt sind Die letz-
teren laufen aus in
einen von zwei Fialen
eingeschlossenen ge-
schweiften Giebel mit
Krabbenschmuck und
Kreuzblumenspitze,
während die beiden
vorne in einer Fiale
endigenden hinteren
Wangen mittelst krabbenbesetzter Bögen zu zwei den Baldachin der Rückwand
tragenden gewundenen Säulchen hinübergeleitet sind. i\uf den Flächen der
zehn linken Wangen sind in rundbogigen Nischen Relieffiguren geschnitzt,
nämlich, in der Reihenfolge von vorne
nach hinten, die Madonna, die Aposteln
Johannes, Petrus und Andreas, der
den Teufel besiegende St. Michael,
St. Dorothea mit dem Blumenkorb,
St. Christoph, St. Gertrud mit einer
Kapelle, St. Antonius mit seinem
Schweinchen und der vom Engel und
vom Hündchen begleitete St. Rochus.
Die Fläche zwischen dem Rundbogen
und dem oberen Abschluß der Wangen
füllen gelehnte Schilde mit dem lübi-
schen Adler, dem geteilten Wappen-
schilde der Stadt und dem Schonen-
fahrerwappen (drei Heringe). An der
Rückwand befinden sich iunf Klapp-
sitze mit Miserikordien in der Form
männlicher Köpfe; die von runden Armlehnen überdeckten, an ihrem oberen
Teile mit Pergamentrollenmustern gezierten Zwischenwangen sind mit kleinen
Tiergestalten als Handstützen besetzt (Abb.). Die mittlere Höhe der Rückwand
Klappsitz und Zwischenwange
vom Schonenfalirersluhl.
DIE MARIENKIRCHK
Der bchunciifahrerstuhl.
2/2 DIE MARIENKIRCHE.
nehmen drei große offene Rahmen ein, in die je vier ganze und zwei halbe
seitliche bronzene Gitterstäbe mit oberem hölzernen Rankenwerk eingesetzt
sind. Der unten von sechs durchbrochenen feinen Rankenfüllungen auf ab-
wechselnd rotem und blauem Grunde abgeschlossene Baldachin wird außer
von den seitlichen Wangen von fünf in einer hölzernen Hohlkehle liegenden
Rippen getragen. Letztere leiten über in kleine schlanke Fialen, die das aus
drei Reihen freistehender prächtiger Rankenmuster zusammengesetzte Gesims
durchschneiden. Die Rückseite trägt oberhalb des Gitterwerks die in goldenen
Minuskeln aufgemalte Inschrift: na Ücr ÜOlt Ctjrifti llllKG Ijcrcu vVl C Üi jai*
ba irtcn bc fiocynian öcr fdjancliar bcffc ftoic niaucn in ö'Iöcg [iiamcn]
Die feinen Schnitzereien des Baldachins sind 1850 vom Hamburger Bildhauer
J. P. N. Martin, die Seitenwangen 1874 vom Bildhauer J. Kaffsack wieder-
hergestellt worden, wobei die Petrusfigur gänzlich erneuert wurde.
Dem Schonenfahrerstuhl in seinen Einzelheiten ähnlich ist der neuer-
dings links vor dem Eingange zur Oldesloe -Kapelle aufgestellte zweisitzige
Nenstedesche Erbstuhl. Er stand ehemals im Mittelschiffe nahe dem
Taufbecken^) und wird also bei der Erneuerung des dortigen Gestühls infolge
des Brandes von 1508 gebaut sein. Sein Stifter ist wahrscheinlich Ludeke
Nenstede, der 1504 ein beim Begräbnis seines Vaters gebrauchtes schwarz-
sammetes Bahrtuch an die Sängerkapelle schenkte'^) und 1526 als deren Vor-
steher genannt wird,^) ein jüngerer Bruder des Ratsherrn (1509 — 29) Hinrich
Nenstede.
Die beiden Seitenwangen zeigen an der Außenfläche in rundbogigen
Nischen je eine Apostelfigur, rechts vermutlich Bartholomäus mit abge-
brochenem Messer, links Thomas mit dem Richtscheit; darüber erhebt sich
zwischen zwei Fialen ein von einer Kreuzblume gekrönter geschwungener
krabbenbesetzter Giebel, der das Nenstedesche Wappen (im schräggeteilten
Schilde oben fünf linke Schrägteilungen, unten eine Rose)*) einschließt. Die
schlicht gelassenen inneren Flächen des Gestühls entbehren des sonst üblichen
viertelkreisförmigen Ausschnittes für die auf Leisten aufschlagenden Klapp-
sitze. Die mit vorderen Säulchen gezierte Zwischenwange schließt oben mit
einer runden Armlehne ab. Als Miserikordien dienen ein Mannes- und ein
Frauenantlitz.
Das der ganzen westlichen Seite des Mittelschiffes vorgebaute Bergen-
fahrergestühl (Abb.) ist .seiner Inschrift nach 15 18 errichtet, vermutlich nach-
dem das 1481 erwähnte'^) ältere dortige Gestühl der Genossenschaft gleich der
15 16 — 18 erneuten großen Orgel vom Brande des Jahres i 50S in Mitleidenschaft
') 1601 Oktober 31 verkaufte Heinrich Nenstede seinen Stand »in der Nensteden erffstole
by der doepe gelegen;« Steinbuch 1597 — 1636, S. 39.
") Stiftungsbuch der Sängerkapelle (St.-A.), Bl. 21 b.
^) Oberstadtbuch lib. 12, Marie Bl. 75.
*) Vgl. das Siegel Ludeke Nenstedes bei Milde, Siegel des M.-A., Tafel 12, No. 96.
^) Bruns, Die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik, S. 248.
DIE MARIENKIRCHE.
-/ J
gezogen war. Ks besteht aus zwei achtsitzigen, je 5,26 m langen und 1,56 m
tiefen, symmetrisch angelegten Stuhlreihen, deren hohe Rückwände mit der
zwischen ihnen gelegenen lungangstür zur Bergenfahrerkapelle ein Ganzes bilden.
Nach vorne werden beide Hälften abgeschlossen durch eine 1,60 m
hohe schlicht getäfelte Brüstung mit Seitenstücken, auf deren in geschwungener
Linie aufsteigendem oberen Ende je eine das Bergenfahrerwappen oder das
norwegische \Vai)pen haltende Mannesfigur lagert. Das südliche Scitenstück
Der Bersenfahrerstuhl.
fehlt; es ist nebst der ehemals dort befindlichen niedrigen Stuhltür bei einer
1806 erfolgten Wiederherstellung des fast gänzlich verfallenen Gestühls«^)
durch eine hohe Tür mit Rokokoverzierungen und dem plump geschnitzten
Wappen des Kollegiums ersetzt. Die mit schmalen Armlehnen überdeckten
Zwischenwangen, in denen die schlichten Klappsitze laufen, sind mit Mannes-
köpfen als Handstützen und zwei vorderen achteckigen Säulchen geschmückt;
ihre oberen Füllungen zeigen flache Pergamentrollenmuster. Auf den beiden
*) Vgl. den in den Lübeckischen Blättern 1S94 S. 248 mitgeteilten Bericht des Werkmeisters.
18
274
DIE MARIENKIRCHE.
^f^',
der Kapellentür benachbarten Seitenwangen, die im Eselsrücken hochgeführt
sind und in zwei vor der Rückwand aufragenden gewundenen schlanken Säulen
ihre Fortsetzung finden, um als Stützen des seit 1806 beseitigten Baldachins
zu dienen, kauern ein lesender Mönch und ein Narr mit einem Dudelsack; an
den äußeren Seiten schließt
eine hohe Täfelung die Sitz-
reihen gegen das hier vor-
springende Mauerwerk ab.
Die Flächen der fünf vor-
handenen Seitenwangen ent-
halten in rundbogigen Nischen
je eine Relieffigur; südseitig
vom Kapelleneingang be-
finden sich voine der Ver-
kündigungsengel (Abb.),
hinten die Jungfrau Maria,
über der das Bergenfahrer-
wappen angebracht ist (Abb.) ;
ihnen gegenüber trägt die
vordere Wange die hl.
Katharina, die hintere König
Olav mit Kelch und Helle-
barde, den Drachen des
Heidentums unter seinen
Füßen, und darüber das nor-
wegische Wappen; die vor-
dere nördliche Wange schliefe
lieh zeigt die hl. Sunniva,
die Schutzpatronin der Stadt
Bergen, mit dem Felsblock
im Arme, der sie auf ihr
Gebet hin verschüttete.
Die Rückwand besteht
oberhalb der drei nach der
Kapellentür zu belegenen
Sitze aus einem großen nahe-
zu quadratischen Rahmen, der
ein bronzenes Gitterwerk mit
oberem, in geschweiften
Bögen verschlungenem Maßwerk') umschließt; ihr übriger, vor der Mauer be-
legener Teil wird in Höhe des Gitters in drei horizontale Reihen Täfelungen
aufgelöst. Die untere Reihe weist hohe schlichte Füllungen auf. Die
! :^^'i^
Brüstungswange
vom Bergenfalirctstuhl.
Hintere- Seitenwange
vom Ber<renfahrerstiihl.
') Vgl. S. 260.
DIE MARIENKIRCHE.
275
Füllungen am Bergenfalirerstuhl.
schmalen, jetzt ebenfalls glatt getäfelten mittleren Rahmen bargen ehemals
geschnitzte Friesfüllungen, die 1806 beseitigt und teilweise elf Jahre später zur
Ausschmückung der westseitigen Lettnerbrüstung verwandt sind,i) auch gehört
hierher jedenfalls eine im Museum aufbewahrte entsprechend große Füllung
mit der Jahreszahl 1518, deren Ziffern durch zwei Pilgerstäbe, ein Winkelmaß
und einen Rosenkranz dargestellt sind (Abb. S. 282). Die obere Reihe schließ-
lich zeigt auf abwechselnd rotem und blauem Grunde iuni' trefflich gearbeitete
quadratische Rankenwerkfüllungen mit je einem Wappenschilde (Abb.\ Die
letzteren enthalten, für beide Gestühlshälften von Norden her gezählt, das
Wappen der Lübecker Bergenfahrer (im gespaltenen Schilde vorn ein halber
lübischer Adler, hinten ein geköpfter gekrönter Stockfisch), den norwegischen
Lö^^•en, den lubischen Doppeladler, den geteilten lübischen Wappenschild und
das Wappen des Kontors zu Bergen (gleich dem Bergenfahrerwappen mit ver-
setzten Hälften). Den oberen Abschluß der ganzen Rückwand gegen den
ehemaligen Baldachin bildet ein schöner Rankenfries auf blauem und rotem
Grunde. Die die Mitte einnehmende Tür zur. Bergenfahrerkapelle zeigt in
ihren beiden Flügeln oberhalb schlichter Täfelungen ein Gitterwerk, das sich
von dem der Stuhlrückwände nur durch eine etwas weitläufigere Anordnung
unterscheidet; die Stelle des oberen Frieses vertritt hier eine geschnitzte ve^
goldete Minuskelinschrift, deren zweite rückseitige Hälfte neuerdings von einem
vorgelegten Balken verdeckt wird. Sie lautet: 1518 alle tlfc pUct fint lit
biridi friUcr tcftc[mLMit ijljcijcticn bat cm rtot gncbirij }i]r) Die die Stuhl-
rückwände krönende grob geschnitzte Gallerie von Malswerkspitzbögen und
Kreuzblumen ist 1806 von dem mit der Wiederherstellung des Gestühls beauf-
tragtenj^ildhauei- J. D. Pegel gefertigt. 3) Fin seit 1868 über der Kapellentür
V^^gTsTTgo.
^) Die zweite Hälfte nach Lub. Relig. S. iSo.
^) 1806 Februar 13 erhielt der Bildhauer J. D. Pegel ^ wegen accordirte Arbeit an der
Bergenfahrerkapelle laut Rechnung 134 ^;« WB. unter 1806 Februar 10—16.
18*
2/6
DIE MARIENKIRCHE.
angebrachter barocker Leuchteraufsatz stammt vom Eingang zur Totentanz-
kapelle. ^)
Den Rankenfüllungen am Bergenfahrergestühl nahe ver\Aandt sind drei
im Kulturhistorischen Museum (No. 1892/64) aufbewahrte, hervorragend schön
geschnitzte lübische Wappen vom älteren Bürgermeisterstuhl, der durch
den 1574/75 entstandenen gegenwärtigen Senatsstuhl von seinem Platze an
der Ostseite des zweiten Süderpfeilers verdrängt worden ist und darauf längere
Zeit in der zur Bürgermeisterkapelle gezogenen straßenseitigen Hälfte der
Düsteren Kapelle gestanden hat.^) Von den drei zweifellos über den mittleren
Sitzen des Gestühls angebracht gewesenen Füllungen zeigt die größere, 0,52 m
hohe und 0,61 m breite (Abb. S. 123) den von einem gekrönten Spangenhelm
mit wachsendem Adler
überragten lübischen
Adlerschild, während die
beiden 0,41 m hohen und
0,49 m breiten kleineren
den geteilten lübischen
Wappenschild mit ge-
kröntem Stechhelm ent-
halten (Abb.); den übrigen
Raum der drei Tafeln
füllen die als kühn ge-
schwungene durch-
brochene Ranken ausge-
bildeten Helmdecken.
Auch das Gitterwerk des
jetzigen Senatsstuhles (vgl.
S. 287) stammt vom älte-
ren Bürgermeisterstuhl ;
einige nicht weiter be-
merkenswerte Reste der rotgepolsterten Sitze befinden sich aut dem Boden
über der südlichen Vorhalle.
Drei auf dem Sängerchor der östlichen und der südlichen Brüstung
angeschlossene gotische Sitzreihen, die seit dem Neubau der Chororgel im Jahre
1900 zusammen noch achtzehn Plätze umfassen,^) sind zweifellos um 1520 unmittel-
bar nach Vollendung des Oberbaus gefertigt und 1592 beim Bau des dortigen
oberen Fußbodens an ihre jetzige Stelle gelangt. Während ihre kräftigen glatten
Seitenwangen ein hochgestelltes Rechteck mit abgeschrägter oberer Vorderecke
Fülluna; vom ehemalig^en o-otischen Bürg-ermeisterstuhl.
^) S. weiterhin unter »Standleuchter.«
^ 1585 März 30 wurde »eyn rum yn der düsteren kappelen for dem olden borgermeyster-
gestolte for dem selygen heren borgemester Johan Brockes« verkauft; WB. 15S5 unter 3. W. n.
Pfingsten (Juni 13 — 19). Vgl. auch S. 285.
^) Fünf damals beseitigte Zwischenwangen werden in der Bürgermeisterkapelle aufbewahrt.
DIE MARIENKIRCHE.
77
darstellen, sind die mit runden Armlehnen abscbliel>enden Zwischenwangen
vorne mit den iiblichen achteckigen Säulchen und Handstützen in Form einer
von einem einfachen J31atte überdeckten Kugel ausgestattet; als Miserikordien
dienen schlichte Konsolen.
Zehn gleiche Zwischenwangen, die jedenfalls der 1592 an ihrer ursprüng-
lichen .Stelle belassenen und i<S54 beim Bau der Chororgel blof^gelegten und
beseitigten ostseitigen Sitzreihe^) des .Singechors angehört haben, sind I.S56
beim Umbau des Gestühls der Kirchendiele als Banklehnen verarbeitet worden,
ebenso vier einfache nur mit
Kugeln als Handstützen ver-
sehene und acht mit Köpfen
und Säulchen gezierte ehe-
malige gotische Zwischen-
wangen unbekannter Her-
kunft.
Vier meisterhaft ge-
arbeitete Bänke, drei fünf-
sitzige und eine dreisitzige,
sind 1521 für die Sänger-
kapelle gestiftet, wo sie bis
1790 an den beiden Lang-
seiten aufgestellt waren. ^)
Das Stiftungsbuch
der Sängerkapelle ( Bl. 25)
berichtet : » Anno i 5 2 i
doe werden (!) de nye
stoelen gheßettet in der
capellen, de gheven alß
an der ene ßiden Emuntd
Wylmßen unde de ander
ßide ßelighe Goedert
Wyggerinck unde Run-
bolt Vreße.c
Die von kleeblatt-
förniigen Armlehnen über-
deckten Zwischenwangen, in
denen die schlichten Klappsitze laufen, sind wie üblich mit Köpfen als Handstützen
und mit oberen und unteren achtkantigen Säulchen ausgestattet, ihre Füllungen
zeigen Pergamentrollenmuster, ebenso diejenigen der Rückwand. Der letzteren
ist eine von starken Rahmen eingefalke Gallerie aufgesetzt, die aus gedrungenen
Bank von 1521 aus der Sängerkapelle.
^) Jimmerthals handschriftliche Chronik der Marienkirche unter 1854.
2) Es heißt Ende 1790 im Vorsteher-Protokoll von 1743 — 1832 (S. 166): «Imgleichen
sind die alten Gestühle aus der [Beicht-]Capelle geräumet, vier neue Beichtstühle hineingesetzet und
von den alten Gestühlen einige seitwärts angebracht, wie auch zwey neue meßingene Armleuchter
in den Seitenmauern befestiget geworden.«
278
DIE MARIENKIRCHE.
Säulchen und mit Maßwerk besetzten Rundbögen gebildet wird. Die schlicht
gelassenen höheren Seitenwangen tragen in sattelförmigen oberen Ausschnitten
knieende Mannes- und Frauengestalten mit den Wappenschilden der Stifter
und weiter rückwärts kleinere meist hingelagerte Figuren, teilweise in humor-
vollen Stellungen. Die drei fünfsitzigen Bänke, von denen die hier an zweiter
Stelle aufgeführte nachträglich um ein Drittel ihres rechten Endsitzes verkürzt
ist, maßen bei einer Tiefe von 0,60 m jede 3,61 m in der Länge. Sie zeigen
als Schildhalter: i. die nach rechts gewandten Figuren eines Geharnischten
und eines alten Mannes mit dem Wappenschilde Godart Wigerinks (Abb. S. 277);
2. die ebenfalls nach rechts gewandten Figuren einer Jungfrau (Abb.) und eines
bartlosen Mannes mit der Marke Rumbolt Vreses; 3. die nach links gewandten
Figuren eines bärtigen Mannes
und einer Jungfrau mit dem
Wappen des i 5 2 1 gestorbenen ^)
Emund Wilmsen (auf schlichtem
Grunde ein mit drei Kugeln
belegter Balken^]). Die 2,19 m
lange und 0,54 m tiefe drei-
sitzige Bank schließlich trägt
als Schildhalter zwei einander
zugekehrte Jungfrauen mit dem-
selben Wappen. Die beiden
ersteren Bänke sind 1904 aus
der Bergenfahrerkapelle in die
Briefkapelle versetzt, die beiden
letzteren stehen an der nörd-
lichen Kirchenwand.
Oberhalb dieser Bänke
waren schön geschnitzte Wand-
vertäfelungen angebracht,
deren einzelne Abschnitte die
von je vier rechteckigen Per-
gamentrollenfüllungen umschlos-
senen kleinen quadratischen Wappentafeln der oben genannten Stifter enthalten.
Je zwei dieser Teile mit drei Wilmsenschen und einem Wigerinkschen Wappen
sind 1859 zu den beiden Türen verarbeitet, die von der Greveraden-Kapelle
aus zur großen Orgel (Abb.) und zum Norderturm führen; zwei weitere
1,43x0,56 m und 1,80x0,87 "1 große Stücke der Vertäfelung, von denen das
erstere noch zwei Marken Rumbolt Vreses aufweist, befinden sich im Museum.^)
') Emonth Wilmüen machte am 24. Mai 1521 sein Testament (St.-A., Urschr.). Am
6. September desselben Jahres hielt die Heiligen-Leichnams-Brüderschaft zur Burg seine Totenfeier
fSt.-A., Rechnungsbuch dieser Brüderschaft von 1521 — 23).
*) Vgl. Milde, Siegel des M,-A., Tafel 14 Nr. 127.
^) Kulturhist. Museum Nr. 1892/125 und 126 (letzteres im Depot).
Wangenbekrönung von 1521.
DIE MARIENKIRCHE.
279
Von tlcii eben behandelten vier Hanken unterscheiden sich - ab<^esehen
von den hohen Seitenwangen und der rückseitigen Rundbogengallerie — zwei
ihnen offenbar gleichzeitige achtsitzige Gcstühle in der Sängerkapelle mu-
durch die gleichfalls fehlenden unteren PerganientroUentäfelungcn der Rück-
wand. Ursprünglich freistehend, sind sie 1791 nach luitfernung der obigen
Biüike an die beiden Langseiten dieser Kapelle versetzt/) wobei sie wegen
Ivaunimangels an den rechten landen um einen oder mehrere Sitzplätze verkürzt
worden sind.
!mu-...^..~-iiüBU'™'Mmi ^^^ ^°" ^5-3 datierte, ursprünglich
I l-j^*^^^~^ '^^'^^"l dicht neben dem mittleren südseitigen Portal
I I — j^i/t :-i-z-^ > ■' B der Kirche an der Westwand der Südervor-
halle aufgebaute große Nowgorod fahrer-
stuhl (Abb. S. 280) zeichnet sich durch eine
5,80 m hohe und 3,51 m breite, von schmalen
.Seitenwangen eingeschlossene baldachinbe-
krönte Rückwand aus. Als der Stuhl 1852
an die Nordwestecke der Vorhalle versetzt
wurde, wo er jetzt den 1768 gebauten jüngeren
Nowgorodfahrerstuhl (S. 301) ostseitig ab-
schließt, ist seine offenbar stark beschädigte
ehemalige Sitzreihe nebst dem mit dem
Wappen der Genossenschaft geschmückten^)
unteren Teile der Rückwand beseitigt und
ilurch eine einfache Bank sowie durch drei
nahezu quadratische, mit je drei Pergament-
rollenfüllungen versehene Brüstungen ersetzt
worden, die bis 18 17 den Altarraum west-
seitig abschlössen und von denen die mittlere
das W^igerinksche Wappen mit der Jahreszahl
1520 trägt. ^)
Die viermal senkrecht geteilte Rück-
wand zeigt von unten nach oben abwechselnd
je drei Reihen Täfelungen und Friesfüllungen.
Die unterste Reihe der Täfelungen enthält
links vom Beschauer aus zwei glatte Felder, während die drei übrigen Rahmen
jeder ein 1,07 m hohes messingenes Gitterwerk umschließen. Letzteres besteht aus
zwei ganzen und zwei halben seitlichen Säulchen mit spitzbogigem oberen Ab-
schluß, und zwar trägt jeder Bogen oben zwei Eichenblätter und unten zwei
Eichenzweige mit je drei hängenden P^icheln. Es folgen nach oben hin ein aus
wagerechten feinen Peroamentrollen oebildeter Fries, eine Reihe hoher halbgeteilter
lUUjl
Tür zur Orgeltreppe.
^) Vgl- S. 277 Anm. 2.
^1 Im WB. wird 1663, 13. W. n. Ostern (Juni 12 — 18) der »Stuhl beim Engen Krambuden
mit der Nawgartfahrer Wapen« erwähnt.
^) Vgl. S. 190 f.
28o
DIE MARIENKIRCHE.
Felder mit gleichen Füllungen in senkrechter Anordnung der Rollen, ein
prächtiger geschnitzter Rankenfries, eine Reihe glatter Felder und schließlich
ein Friesstreifen mit der geschnitzten Minuskelinschrift na tCl* rcljCÜOlt rijrifti
Der Nowgorodfahrerstuhl.
Un^ Ijercn ni ÜC jCjCiii. Darüberl wölbt sich der vorne durch eine Ranken-
werkgallerie mit herabhängenden unteren Zapfen abgeschlossene Baldachin.
Die schmalen Seitenwangen, die mittelst einer geschwungenen Linie je in eine
DIE MARIENKIRCHE.
2«I
sclilankc, der Rückwand \'ort;cleote Säule übergehen, tragen sitzende iMguren:
die rechte einen die Oueri)feife si)ielenden Landsknecht, die Hnke einen Dudel-
sacki)feifer. W'älirend die ehemals der Kirchenwand zugekehrte rechte Wange
schlicht gelassen ist, sind auf der
Außenfläche der linken in Rund-
bogennischen ein Gott Vater (Abb.)
und darüber die von einem Spruch-
band umzogene Halbfigur eines
l^ärtigen Mannes dargestellt. Die
letztere ist größtenteils, der Dudel-
sackpfeifer gänzlich von J. Kaff-
sack im Jahre 1874 erneuert
worden. ^)
Eine dem gegenwärtigen
und ehemaligen Gestühl der Sänger-
oder Beichtkapelle ähnliche fünf-
sitzige Stuhl reihe mit schlichten
Täfelungen und verschiedenartig
charakterisierten lebensvollen
Miserikordienmasken ist neuer-
dings westseitig in der früheren
Gerwekammer aufgestellt. Die
rechte niedrige Seitenwange ist
dadurch bemerken.swert , daß der
an ihr als Handstütze geschnitzte
Narrenkopf ausnahmsweise voll
den Sitzen zugewandt ist; den
linksseitigen Abschluß bildet eine
Zwischenwange. Den beiden
äußeren Armlehnen sind zwei
schildhaltende Renaissancelöwen
aufgesetzt, die nebst fünf anderen
1591 vom Kirchentischler Jochim
Wernke für den Altarraum ge-
liefert sind.^)
Unbekannter Herkunft ist
ferner ein viersitziges spätgotisches
T, r f ^T ^^ 1, . T.1 Gestühl vor der Düsteren
Relief am Nowgorodfahrerstunl.
Kapelle,^) das die üblichen
Zwischenwangen, runde Armlehnen und Pergamentrollenfüllungen aufw^eist (Abb.).
1) Laut Quittung vom 27. Juli 1874 empfing er für diese Arbeit 27 Taler; K.-A., Rechnungen.
'■*) Vgl. S. 290.
ä) Bis 16 19 hatten an dieser Stelle die Knochenhauer ihr Gestühl.
202
DIE MARIENKIRCHE.
Die Miserikordien der beiden
linken Klappsitze stellen
ein ausdrucksvoll geschnitztes
Mannes- und ein Frauenantlitz
dar; die beiden andern, zwei
männliche Masken, sind moder-
nen Ursprungs.-^) Die im üb-
rigen schlicht orehaltene erhöhte
linke Seitenwange schließt oben
mit einem Gemenge von Ran-
ken und Früchten ab, aus dem
der nackte Oberkörper eines
Mannes hervorragt, der einem
Fisch den Rachen aufreißt; die
rechte Seitenwange mit den an-
stoßenden Sitzen ist abgesägt.
Von einer arößeren An-
sitz und Seitenwange des Stuhles vor der Düsteren Kapelle.
zahl im Museum befindlicher spätgotischer Gestühl- und anderer Füllungen aus der
Marienkirche sind die bemei-kenswertesten Muster hier in Abbildung beigegeben.
Füllungen aus der Marienkirche im Museum zu Lübeck.
') Sie sind 1S87 vom Bildhauer Carl Meyer geschnitzt.
DIE MARIENKIRCHE.
28-
Unter dem Gestühl aus der Rcnaissancezcit ist das älteste der
1,53 111 lange, 1,25 ni tiefe geschlossene zweisitzige Stuhl des Hürger-
nieisters Ambrosius Meyer^) aus dem Jahre 1566 (Abb.). V^on seiner
ursprünglichen Stelle an der Ostseite des ersten Süderpfeilers ist der Stuhl
1856 an seine jetzige, rechts vor dem Schrankenwerk der Küsterkapelle, ver-
setzt und 1883 aus »stark verkommenem« Zustande wiederhergestellt worden,
wobei die Säulchen und Zajifcn der Rückwand und ein Teil des Schnitzwerks ^)
xöllig erneut worden sind.
Die hochgeführte Rückwand zeigt oberhalb der in den Wangen laufenden
gepolsterten Klappsitze zwischen
drei freistehenden gedrechselten
Säulchen zwei reiche mit Intarsien
geschmückte Täfelungen, welche die
von flachen Muschelnischen um-
schlo.ssenen Wappen des .Stifters
(im Schilde drei Sensen, auf dem
Helm zwei nach vorn geneigte spitze
Hörner) und seiner I^^hefrau Marga-
retha (irammendorp (im Schilde
ein mit drei zweiblättrigen Blüten-
zweigen ^) belegter Balken, auf dem
Helm ein gleicher Zweig) enthalten,
und darüber zwischen drei kürzeren
Säulchen zwei Friesfüllungen mit
vorspringenden kleinen Medaillon-
köpfen. Den oberen Abschluß bildet
eine mittelst Hohlkehle vorgewölbte
Verdachung, die zwischen gedrehten
Zapfen drei vordere und zwei seit-
liche flache Giebelchen trägt, aus
deren Feldern kleine Köpfe, unter
ihnen ein lieblicher Mädchenkopf,
unvermittelt hervorragen; unten am
vorderen Gesims liest man : I N I -
TIVM • SAPIENTIAE • TIMOR •
DOM INI • ANNO • DOMINI • 1566. Die vordere und die linksseitige
Brüstung sind mit geschnitzten oberen Friesstreifen besetzt. Je ein vorderes
.Stuhl des Bürgermeisters Ambrosius Meyer.
1) 1583 Januar 28 wurde den Kmdern des weil. Bürgermeisters Ambrosius Meyer (gest.
1571) die Stätte, »darup er selyge fader den mansstoyl by synem leffende for syn eygen gelt
buen unde seten laten,« gegen Entrichtung von 100 ^ zugeschrieben; WB. 1583, 5. W. n. Neujahr.
^) Der Rechnung des Bildhauers F. Eckel zufolge wurden neu geschnitzt: drei Füllungen,
sechs Säulenkapitäle, ein Engelskopf und zwei » Ritterköpfe << ; K.-A., Rechnungen von 1883 No. 85.
ä) In einer um 1635 angelegten Ratsliste (St.-A.) zeigt das Grammendorpsche Wappen an
Stelle dieser Blütenzweige drei Kleeblätter.
284
DIE MARIENKIRCHE.
und ein hinteres Wangenstück von verschiedener Höhe überragen die seithchen
Brüstungen; die beiden rechtsseitigen zeigen das Meyersche und das Pawessche
Wappen ^) (im Schilde ein mit zwei Pfauenfedern belegter breiter Balken, auf dem
Helm zwei Pfauenfedern), die linksseitigen eine wohl an Stelle des Grammen-
dorpschen Wappens erst 1883 angebrachte Kartusche mit P'rauenkopf und das
Wappen der F'amilie Buxtehude^) (im geteilten Schilde oben zwei Pfähle,
unten ein Heidenrumpf, der auch den Helm ziert).
Das aus dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts erhaltene Gestühl ist
nachweislich vom Kirchentischler Jochim Wernke d. Alt.^) gefertigt worden.
Von vier »langen Stühlen,« die der Meister 1571 und im Februar 1572
für das Norderschiff ^) geliefert hat, befinden sich dort noch ein viersitziger
(Abb.) und ein dreisitziger, der letztere mit der Jahreszahl 1571, während den
beiden nicht mehr vorhandenen
Stühlen zwei an das Museum
abgegebene, von 1570 und 1571
datierte Friesfüllungen , ^) die
unverkennbar aus Wernkes
Werkstatt hervorgegangen sind,
angehört haben dürften; ein
fünfter, ebenfalls im Norder-
schiff aufgestellter zweisitziger
Stuhl wird identisch sein mit
einem von ihm im Frühling 1572
für dasselbe gefertigten »End-
stuhl.«
Das Wochenbuch be-
richtet : 1 5 7 I Osterwoche
(April 15 — 21): »Item dem
snyteker Jochem Warneken
botalt den langen stol unde
eynen stol achter daran ge-
macket, myt eme fordynget
for 60 ^\ hyran yn botalynge eme gegefFen den olden stol for 15 ^, unde
eme den resl gegefFen, ys 45 ^. Den stol to seyten myt dem ungelde is
I .^.« 157 1, 7- W. n. Ostern (Mai 27 — Juni 2): »Item Jochem Warneken
fordynget eynen langen stol^) yn de kercken to macken, fordynget myt der
Viersitziger Stuhl im Norderschiff.
*) Vgl. Milde, Siegel des M.-A., Tafel 13 Nr. 98.
■■') Vgl. das. Tafel 10, No. 59. Des Stifters Vater, der Ratsherr Johann Meyer (^gest. 15 iS),
war in zweiter Ehe mit Anna Buxtehude vermählt.
*) Vgl. S. 192 Anm. 2.
*) Hinrich Rebein berichtet in seiner Chronik (Handschrift der Stadtbibliothek, S. 797):
»Anno eodem [i5]7l ist das alte gestillte in Marienkirch hinter der cantzel an der norderseidt
alles wegkgenomen.«
*) Erstere, 56 cm lang und 24 cm hoch, im Gewerbemuseum Hz 188; letztere, 45 cm lang
und 24 cm hoch, im Kulturhist. Museum No. 1892/71.
*) In derselben Woche wurden vier neue messingne Armleuchter (der Leuchtenmacher, der
Büttenbinder, der Krämer und der Kannengießer) »up der nordersyden baffen de nyen stoyle«
angebracht; WB.
DIE MARIENKIRCHE. 285
geseien drunckgclde Ibr 43 ^'..« 1571, 11. W. n. Michaelis (Dezember 9 — 15):
»Item myt dem snyteker Jochem Warneken gerekent unde botalt eynen langen
stol for Hans Butei)agen syner kapele (vgl. S. 163), darfor enie gegeffen myt
der gesellen dranckgelde ys tosamende ys 43 ^.« 1572, 6. W. n. Weihnachten
(Februar 3 — 9): »Item eyn frychdage botalt dem snyteker Jochem Warneken
eynen langen stol yn der kercken to macken, fordynget for 40 ^, unde der
gesellen dranckgelt unde den stol to seten ys 3 .§., is 43 -^.« 1572, 4. W.
in den Fasten (März 16 — 22): ?Iteni eyn donnerdage myt Hans Roden yn
der Mengestraten gerekent unde eine botalt 60 stucke uthgelessen wagenschat
to den langen Stollen yn de kercke to macken unde eme for it stucke 9 |^,
is 33 # 12 1^.« 1572, 7. W. n. Ostern (Mai 18 — 24): »Item dem snyteker
Jochem Warneken fordynget for den endestol fan smk'iu holte up der norder-
sydt yn der kercke, eme gegefen 26 ^.«
Die drei vorhandenen gleichartigen Gestühle stehen in ihrer Anordnung
noch unter gotischem Einfluß. Die vorne mit Schncirkeln abschlielÄcnden seit-
lichen und Zwischenuangen tragen in der Mitte Hantlstützen in Form kleiner
Köpfe, darüber sind als Zierstiicke eine oder zwei h'igürchen in zum Teil derb-
humor\()llen Stellungen angebracht. Die Armlehnen der beiden größeren
Sti.ihle sind, ähnlich den Sitzreihen von 1521, kleeblattartig geformt, die des
JLUigeren zweisitzigen Stuhles dagegen nachträglich schmal und scharfkantig
ausgebildet. Die Rückwände zeigen oberhalb der Sitze je eine 20 cm hohe
geschnitzte Füllung von 45 — 70 cm Länge; die mit jenen gleich hohen luid-
wangen werden \'on ruhenden Löwen gekrönt.
Das hervorragendste Werk Jochim Wernkes ist der 1574 und 1575
entstandene, ursprünglich fünfsitzige Bürgermeisterstuhl, der bis 1856 an der
Ostseite des zweiten südlichen Langschiftpfeilers mit der h'ront nach dem
Altar hin aufgestellt war und seitdem die Nord.seite des ersten Süderpfeilers
einnimmt. 1862 ist er, nachdem durch die Verfassungsreform von 1851 die
Zahl der Senatsmitglieder von zwanzig auf vierzehn und die der Bürgermeister
von vier auf einen verringert war, durch Einfügung einer vorderen Sitzreihe,
die eine Verlängerung der seitlichen Brüstungen vernotwendigte, zum gegen-
wärtigen zehnsitzigen Senatsstuhl (Abb. S. 286) umgebaut.
Im WB. heißt es: 1575, 5- W. n. Weihnachten (Januar 23 — 29):
»Item eyn donnerdage dem snyteker Jochem Warneken botalt up der heren
borgermester stoylte, [dat] ') he yn de kercke macket, eme gegefen hundert ^,
de he entfangen hefft, 100 ^.« 1575, 7. W. in den Fasten (März 27 —
April 2): »Item eyn donnerdage gereckent myt dem snyteker Jochem Warneken,
der heren borgemester stol nye to macken, eme nu nach gegefen unde getalt,
is 210 # Item nach 8 maus gelont, den nyen stol yn de kercke
to bryngen unde den olden stol yn der heren borgermester kappelen to seyten,
de man 4 ^', is 2 ^.« 1575, ir. W. n. MichaeHs (Dezember 11 — 17):
»Item eyn frychdage dem snyteker Jochem Warneken gegefen unde tor genoge
de reyst fan des borgemesters stoylle, welck eme de kercke nach schuldych
was, ys 80 -^.«
Während die vorne mit Schnörkeln und Handstützen abschließenden
Zwischenwangen der hinteren Sitzreihe Renaissancecharakter tragen, gehören
1) dat fehlt.
286
DIE MARIENKIRCHE.
Der Senatsstuhl.
DIE MARIENKIRCHE.
287
die an den dortigen Khippsitzen hefindliclien Miserikordicnkopfe, xon denen
der des rechten luulsitzes dnrch eine Konsole ersetzt ist, der (lotik an und
entstammen wahrscheinlich dem älteren liiürgernieisterstnhl (vol. S. 276). Die
beiden Seitenwangen werden von einem Meermann nnd einem Meerweib ge-
krönt und sind als zierliche Säulen an der Rückwand hochgefiihrt. Letztere
ist in fünf Felder \-on verschiedener Breite gegliedert. Die beiden äußeren
größeren Rahmen umschließen je ein aus zwei ganzen und zwei halben seit-
lichen Säulen mit oberem Maßwerk bestehendes sj)ätgotisches Bronzegitter \'on
1,76 m Höhe, das zweifellos dem älteren Bürgermeisterstuhl entnommen ist.')
Die drei dazwischen liegenden Felder, von denen die beiden dem (jitterwerk
zunächst befindlichen wegen dessen größerer Breite schmäler angelegt sind als
das mittlere, zeigen in ihrer oberen Hälfte zwischen korintisierenden Säulclu-n
mit ornamentierten unteren
Schaftdritteln nach dem Vor-
bilde des älteren Stuhles
Füllungen mit dem lübischen
Doppeladler (Abb.) und dem ge-
teilten lübischen Wappenschilde,
während die untere Hälfte
schlicht gehalten ist. Ein den
fünf Sitzplätzen entsprechend
gleichmäßig abp"eteilter ge-
schnitzter Fries schließt die
Rückwand gegen die im Viertel-
kreis vorgebogene Verdachung
ab. An dem verkröpften Ge-
sims der letzteren liest man in
erhabenen xergoldeten Buch-
staben vorne den Hexameter
MAGNIFICI LOCVS HIC
PATRVM SEDESQVE SE-
NAT VS und zu beiden Seiten
ANNO — 1575. Die Krönung des Baldachins bilden acht Tugendstatuetten
und zwischen ihnen fünf vordere und zwei seitliche Medaillonkartuschen.
Die vordere Brüstung des Stuhles enthält fünf von Hermenpilastern
eingefaßte reich geschnitzte Kartuschenfüllungen mit Muschelnischen, welche
die durch Unterschriften gekennzeichneten Relieftiguren der FIDES, SPES,
CARITAS (Abb. S. 288), FORTITVDO und TEMPERANTIA umschließen; darüber
zieht sich ein schmaler fünfteiliger Fries hin. Die Außenflächen der hinteren
Seitenwangen zeigen in Muschelnischen rechts den zwei Schwerter führenden
Apostel Paulus mit der Unterschrift Pavlvs WART ZVM APOSTEL AMT
Mittlere FüUuiiij der Rückwand des Senatsstuhles.
^) Nach dem WB. wurden 1574, 5. W. n. Michaelis (Oktober 31— November 6), also
während der Bauzeit des Stuhles, i V2 # verausgabt, um »de myssynges tralyen an des borgermester
stole reyen to macken.«
288
DIE MARIENKIRCHE.
BERVFEN ZV DAMASCO VND IST ENTHOVET VAN NERONE ZV ROM , links
den lammtragenden bartlosen Heiland mit der Legende DiT IS DAT LAMM
Gades DAT DER WARLT Svnde DRICHT. Auf den Türflächen sind in
Kartuschenfüllungen mit Bogennischen rechtsseitig die Gestalt der PACIENCIA,
linksseitig die der PRVDENCIA dargestellt. Während die erstere Füllung noch
ihren ursprünglichen seitlichen Abschluß durch zwei Hermen aufweist, sind
die durch zwei Pilaster ersetzten Hermen der linksseitigen Tür 1862 bei Ein-
fügung der vorderen Sitzreihe an der rechtsseitigen Brüstung als Pfosten der
zur neuen Eingangstür hergerichteten dortigen vorderen Fläche angebracht.
Auf letzterer erblickt man in einer Muschelnische den segnenden Heiland mit
der Weltkugel; über seinem Haupte steht die Jahreszahl 1574, zu seinen
Füßen: ICK PIN DE Wech DE
WARHEIT VND DAT LEVENT.
Die entsprechende linksseitige
Nische enthält DE gerech-
TICHEIT mit der Unterschrift
Richte recht vnd schone
DEN RIKEN NICHT; neben die-
ser Figur sind 1862 zwei Her-
menpilaster unbekannter Her-
kunft und über denselben eine
die Wappen der Familien von
Brömbse (ein doppelköpnger
Adler auf zweimal geteiltem
Schilde) und Bere^) (ein Bär)
aufweisende schlichte Füllung
eingefügt, die ohne Frage dem
bis 1856 an der Nordseite des
zweiten Süderpfeilers aufgestell-
ten ehemaligen dreisitzigen von
Brömbseschen Erbstuhl''') ent-
stammt. Reste älteren Schnitz-
werks und zwei aus modernem
durchbrochenen Rankenwerk bestehende Aufsätze bilden den oberen Abschluß
der seitlichen Brüstungen.
Nicht mehr vorhanden ist ein vom Ratsherrn (1573 — 97) Johann
Spangenberg geschenkter^) Ratsstuhl, der 1579 vor dem zweiten Wandpfeiler
*) Der Ratsherr Dietrich Brömbse (gest. 150S) war mit Margareta Bere verehelicht. Da
das Brömbsesche Wappen erst seit 1532 den Adler führt, wird der Stuhl von dem Sohne dieses
Ehepaares, dem Ratsherrn (1541 — 63) Heinrich Brömbse gestiftet sein.
*) 1689 Juli 13 verkauften drei Gebrüder von Brömbse einen der drei Plätze in dem »beyin
andern Südpfeiler vom Chor ab« belegenen »Bronibsen Stuel . . ., davon in den Kirchenbüchern bis
dato keine Nachricht zu finden«; Protocollum de anno 1683, Bl. 12.
*) Nach der »aus einer alten Handschrift« geschöpften Angabe des Kirchenvorstehers
L. Ph. Roeck vom Jahre 1783; Vorsteher-Protokoll 1743 — 1832, Bl. 136.
re Küllun
es Senatsstuhles.
nri-: marirnkirciih. 289
des Süderschiffs errichtet wurde, narhdein bereits ein früher dort behndhc.hes
zweireihiges Gestühl der Schonenfahrer seit 1555 von den Ratsherren benutzt
worden war, da ihr etwas weiter östhc.h gelegener älterer Stuhl') nicht aus-
reichenden Raum bot. I )as W'ochenbuch verzeichnet nur folgende aus diesem
Bau der Kirche erwachsene Ausgal)e unter 1579, 5. AN', n. i'lingsten
(Juli 5 — 11): > Item mester Assemus^) yt altar, [umme]^) den grünt to dem
nyen raydesstoylte to leyen, afftobrecken, 24 |^, dem steynl)ruer 1 2 f\, unde
dem folcke by dem stole to seyten tosamen to bere 12 fS, is yn als j; //..«
Dem älteren l'rotokollbut h der Schonenfahrer zufolge'*) liefs der Rat um
Himmelfahrt (28. Mai) 1579 den Schonenfahreraltar nebst dem dortigen
(Tcstühl abbrechen und »eren neyen stoll \or de doctoren unde radesheren
untle ock vor de fromden gesantten dar w edder henne setten.«
Das neue Ciestühl, dessen Front altarwärts gerichtet war, enthielt bei
einer Länge von 18V2 Fuß (5,32 m) und einer Breite von 13 Fuß (3,74 ni)
vor der hohen, mit einem messingnen Ciitterwerk gezierten Rückwand fünf
durch Zwischenwangen abgeteilte Plätze und vier vordere Sitzbänke. ^) Es
ist 1782 durch einen neuen Ratsstuhl (vgl. S. 301) ersetzt worden.
Einem 1588 am sechsten Süderpfeiler von Warnke erbauten hohen
achtsitzigen Kirchenstuhl entstammen jedenfalls eine dem Museum überwiesene,")
1,56 m hohe und 3,49 m breite vernachlässigte Brüstung, die sich aus vier
durch Pilaster getrennten Quadernischen zusammensetzt, sowie eine ebenfalls
dort befindliche 0,64 m breite zugehörige Stuhltür mit dem Datuiii ANNO 1588.
Die Arbeit ist den drei folgenden Stücken von 1591 nahe verwandt.
Das älteste Stuhlbuch berichtet (S. 251): »Anno 1588 in dyssem
sommer hebben myne hern vorstender Marienkarcken . . . eynen nyen manß-
stoll lathen buwen up der karcken unkostinge umme den lesten piler up dem
westende by der dope, alse men na dem warckhuße hen uthgeit, unde synt
in dyssem stole vorordenet achte stende myt armelenen unde i klappe.«
Dem WB. zufolge wurden 1589, 22. W. n. Ostern (August 31 — September 6)
»mester Jochim Warneken van wegen des nyen stols betalt 90 ^.«
Von einem 1591 von Wernke für den Altarraum gefertigten Bürger-
meisterstuhl, der bis 18 17 den Raum zwischen dem dritten und dem vierten
nördlichen Chorpfeiler eingenommen hat,^) ist die im Rechnungsbuch als
»dat lange vorstucke myt 5 upstande docken . (Figuren) bezeichnete vordere
Brüstung erhalten in der Rückwand der am weitesten östlich gelegenen,
1856 gebauten Sitzreihe des Mittelschiffs. Sie zeigt vier von Hermenpilastern
eingefaßte 0,64 m breite Felder mit schlichten Bogennischen, die von aus-
drucks\'oll zusammengestellten Intarsien umschlossen werden, sowie einen oberen
') Im ältesten Rechnungsbuch der Kirche {S. 321 findet sich unter 1470 eine Ausgabe
»vor dekkenisere to den vinsteren boven des rades stole.« 1603 wurde ein Grab »tweischen dem
olden rathsherngestolte und der Newfarer capellen« umgeschrieben; Steinbuch I597 — 1636, Bl. 44.
'^) Gemeint ist der Maurermeister Asmus Oldenborch.
^) Stau «unde.«
■*) Archiv der Handelskammer, Schonenfahrer No. 169, Bl. 24 f.
^) St.-A., Rathaus, Ratsstand II Vol. D.
®) Gewerbemuseum Hz 142.
') Nach dem WB. 1599, 2. W. n. Neujahr, lag »her Timan Bercken begreffnisse (vgl.
unter »Grabplatten«) im koere foer dem langen burgermeystersstoele.«
19
290
DIE MARIENKIRCHE.
durch Konsolen gegliederten Fries mit kleinen QuaderfüUungen aus verschiedenen
Holzarten (Abb.). Bei ihrer Neuverwendung im Jahre 1856 ist diese Brüstung
durch zwei an beiden Enden angefügte schmale schlichte Bogennischen auf
eine den Bänken des Mittelschiffes entsprechende Länge gebracht. Als Seiten-
wangen dienen zwei weitere Hermenpilaster.
Im WB. heiik es: 1591, Pfingstwoche (Mai 23 — 30): »Noch vor
I hundert Lybawes klen wagenschot gegeven van der lastadyen up den karck-
hoff unde tho des snytkers büß to bryngen, gegeven is 7 j3. Dyt wagen-
schot hefft her Hynrick Stornynck ^) der karcken voreret tho behoft' eynes
nyen stols im köre tho buwen.« 1591, 21. W. n. Ostern (August 29 —
September 4): »Noch Jochim Warneken dem snytker gegeven up dat arbeyt
im köre wegen des i langen gestolte, dar myne heren burgermeysters plegen
in tho stan, wen se tho rade gan, ock wes he dar))}' unde in dem köre
noch maken schall an den anderen gestolten , ehme nu wegen dysses
arbeydes up rekenynge''^) gegeven ... 50 -^.« 1591, 13. W. n. Abchaelis
(Dezember 25 — 31): »Noch dytho
myne heren vorstender gerekent
myt dem snytker Jochim Warneken,
ehme betalt vor de 7 louwen, so
he gesneden in dat grote kor, vor
dat stucke 3 -/t, unde vor dat langt'
vorstucke m}t 5 uj)Stande docken,
so ock uthgesneden, unde ock dat
nye pannellwarck, so up de olden
stole is angemacket ock myt den
gesemsen , is 55 -fi , also dem
snytker an gelde l)erekent tho be-
talen 76 -^; des hadde he van
der karcken entfangen 30 stucke
wagenschot, synt ehme ock tho-
gegeven , gerekent u]) 4 ^, also
dat he [yn] alles krycht vor dat
arbe\'t wo bavenfemeldet, 80 A.« Siulilrückwand am Dslcnde des Mittelschifles.
Eine zweite frühere J^rüstung gleichen Charakters, die jedoch sechs
durch Hermenpilaster getrennte holder von 0,66 m Breite umfaßt und deren
äußere Hermen))ilaster als Seitenwangen verwandt sind, ist 1856 als Rückwand
der im Mittelschiff" der Kanzel gegenüber aufgebauten hintersten Sitzreihe ver-
arbeitet worden. Sie entstammt jedenfalls dem bis 1817 an der Südseite des
Altarraums befindlichen Ratsgestühl, ^) über dessen Entstehung die W'ochen-
bücher nichts enthalten.
Ein ebenfalls 1591 fiu- den Altarraum \on Wernke gefertigtes Pannel-
werk^) befindet sich jetzt zwischen dem zweiten imd dem dritten nördlichen
') Ratsherr 1580 — 92, seil 1581 Vorsteher der Kirche.
*) Vgl. die Angaben unter 1591, 15. W. n. Ostern, in Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. Ii, S. 71.
^) Nach Leberinann, Die beglückte und geschmückte Stadt Lübeck (1697), S. 107 befand
sich im Altarraume »beyderseits der Obrigkeit Versammlungs-Kirchen-Gestuhlte, worauß sie zum
Rath-Hause geführet werden.«
*) S. die obige Abrechnung unter 1591, 13. W. n. Michaelis.
niK MARIENKIRCHE.
291
Chorpfciler als Verkleidung' dcv den Hochaltar umziehenden Mauerbrüstung.
I*".s enthcält \'ier 0,64 ni breite, \()n 1 ,oS ni hohen i'ilastern eingefaßte h'elder,
deren Rundbögen den gleichen Intarsicnschniuck wie die beiden oben be-
handelten l^rüstun^en aufweisen; ein oberes Gesims zeiot acht von vorj^ehänoften
Konsolen abgeteilte geschnitzte I-ullungen.
t'bcraus einfach gehalten ist ein an die Ostseite des ersten Norder-
pfeilers fest angebauter
dreisitziger Stuhl von
I 5<j7, der an beiden lüiden
\'on schildhahenden I .('iweii
gekr(")nt wird.
\\n ältesten Stuhl-
hiich der Kirche (Hl.
211) heii>t es: Anno
1597 10. jami. heh-
ben de vorordentcn
vorsther Marien
kercken an der norder-
siden datt erste altar
an dem erste piler
wechbrecken laten und
darsullvest wedderum
henn bouwen laten
enen frouwenstoll van
3 schapj)en . . .«
Von einem 1 598
nacli Norden zu unter dem
Lettner errichteten ge-
schlossenen viersitzigen
Stuhl, der rechts die Plätze
der beiden bürgerlichen
Kirchenvorsteher, links die
der jeweilig amtierenden
beiden Diakone oder
Almosenpfleger enthielt^)
und 1 8 1 7 entfernt wortlen
ist, finden sich noch im
Museum^) zwei geschnitzte und bemalte Füllungen von 0,52 m Länge und
0,16 m Höhe. Beide zeigen einen von einem Meermann und einem Meerweib
gehaltenen Schild, von denen der eine einen lubischen Adler, der andere die
mit zwei gekreuzten Klingelbeuteln belegten lubischen Farben aufweist.
Das WB. berichtet unter 1598, 7. W. n. Neujahr (Februar 19 — 25):
»Item den klockenluedern for dat altar under dem coere wechtobreken . . .,
»Honoratiorenstuhl« neben dem Altar.
') »Nachricht von der Marienkiiclie« Bl. 77b; K.-A.
^ Kulturhist. Museum No. 1892/73 a und b.
292
DIE MARIENKIRCHE.
Füllungen von 1649
(vierte südliche Stuhlgruppe, Ostseite, und zweite südliche Stuhlgriippe, Südseite).
den nien stoel der Vorsteher und diackcn vom schnitker tho halen und hen-
tosetten gegeffen arbeidesloen 2 If, tho liere 3 f). . . . Item m[ester] Jochim dem
schnitker gegeffen vor den nien stoel under dem coere tho macken, alse it Anton
Hagenower^) mit ohme vordinget, 10 dalcr und den knechten 6 f5' bergelt, 21 ^.»
Eine weitere im Museum^) aufbewahrte 39 x 18 cm gro(3>e FiiUung, die
in einer Kartusche die Angabe ANNO 1598 enthält, rührt wahrscheinlich \ on
dem damals - reparierten '< älteren DiakonenstuhF) her.
Eines der letzten größeren Werke Jochim W'ernkes ist der im Jahre 1600
südwärts vom Hochaltar errichtete »Honoratiorenstuhl *) (Abb. S. 291). Seine
zwischen dem ersten und zweiten dortigen Chorpfeiler eingebaute hohe Rückwand
enthält zwischen fünf Hermenpilastern vier Quadernischen, deren Bögen durch
aufgesetzte dunkelfarbige Hölzer belebt werden. Die vorgebogene Verdachung"
krönen die Statuetten der Hoffnung, der Klugheit, der Gerechtigkeit, der Eiebe
und des Glaubens und zwischen ihnen vier Kartuschen, die in Muschelnischen je
ein aus Wolken ragendes Evangelistenbrustbild umschließen. Nach Westen
zu ist der Stuhl um den in betreffender Höhe mit schlichten Täfelungen
verkleideten anstoßenden Chorpfeiler verlängert. Die
sieben mit einfachen Quadernischen besetzten Feldern.
jetzigen Hochaltars (1697) dessem Grundriß angepaßt.
^) Kirchenvorsteher 1593 — 1601.
*j Gewerbemuseum Hz 187.
') Wß. 1598, 10. W. n. Neujahr und 12. W. n. Ostern.
*) Er wird 1663 als Stuhl, »wo die Graduirte sitzen« (K.-A., »Nachricht von der Marienkirche«
unter Leuchter), später (Lub. Relig. S. 197) als »subsellium, quod honoratiores convivae dominicae
occupant.c bezeichnet.
Brüstung besteht aus
Sie ist beim Bau des
DIK iMAKIHNKIRCllK.
29:
Füllungen von 1652 mit der Sapientia und der Justitia
(erste nördliche Stuhlgruppe, Westseite).
1600 in der 4. A\'. n. Michaelis (Oktober 26 — November i) wurden
»foer nagel mit kleinen ko])pen, so tho dem nien stoele bym bogen altare
gekomen« 8 |3 , in der 12. W. n. Michaelis (Dezember 21 — 27), als am
Weihnachtsabend >de doer an dem nien stole im core by dem altare dorch
den schmit angeschlagen« wurde, für Nägel 3 0 gezahlt. Die Tischlerarbeit
ist in der Jahresabrechnung mit Wernke nicht besonders aufgeführt.
In die letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts gehören ferner zwei vor
dem Bergenfahrergestühl aufgestellte schlichte Bänke, deren niedrige, am
oberen Ende außenseitig ausgestochenen Seitenwangen mit zwei V'oluten und
einer obeliskenförmigen Spitze abschließen (Abb. S. 273).
Von den an das Museum überwiesenen Stuhlverzierungen aus dieser
Zeit seien noch erwähnt zwei Wangenbekrönungen mit dem Wappen der
h\amilie Möter oder Müter'), deren einer rückseitig die Jahreszahl 1582 ein-
geritzt ist (Kulturhist. Museum 1 892/1 20 a und b), zwei Friesfüllungen mit dem
gleichen Wappen (Gewerbemuseum Hz 193) und z\\ei das von Hövelnsche
Wap])en aufweisende Wangenbekrönungen (Kulturhist. Museum 1 892/1 19), die
jedenfalls einem bis 1855 am ersten Südet-pfeiler aufgestellt gewesenen Erb-
stuhl dieser Familie aus dem Jahre 1604^) entstammen.
Vierzehn frühere Seiten- und Zwischenwangen im Renaissancecharakter
sind 1856 zu Seitenstücken im Mittelschiff aufgestellter Bänke verarbeitet.
^) Vgl. unter den Armleuchtern aus der Renaissancezeit.
^) In einem »Verzeichnis der Gestühle und Capellen in St. Marienkirche« von 1683 (K.-A.)
aufgeführt als »1 Mansstuhl mit einer Stelle aber 2 Klappen, so mit H. Gottharl von Höfelen
Nähme untern ao 1604.«
194
DIE MARIENKIRCHE.
Füllung vuii 1655 mit tanzender Fortuna i^zweite südliche Stulilgruppe, Ostseite
Der Barockzeit, und zwar dem Zeitraum von 1648 — 1675 entstammen
die Bestandteile der Stuhlgruppen an den fünf östlichen Pfeilerpaaren
des Mittelschiffs mit Ausnahme der 1829 aus neuem Material errichteten
am dritten Süderpfeiler. Die 1,25 — 1,37 m hohen Brüstungen, welche diese
neun Gruppen umschließen, sind zu oberst mit einer Reihe bemerkens-
werter Friesfüllungen von fast ausnahmslos 14 — 15 cm Höhe geschmückt.
Ihre gegenwärtige verwirrende Verteilung aus den Jahren 1853 — 1856 weicht
zum Teil wesentlich von der ursprünglichen Anordnung ab.
Die 1648 — 1675 vorgenommene Erneuerung des Gestühls im Mittelschiff,
von der nur dasjenige am ersten Süderpfeiler unberührt blieb,') geschah in
nachstehender Reihefolge.
Vom Kirchentischler Jochim Wittfoht^) sind gebaut:
1648 am fünften Süderpfeiler nordseitig drei fünfsitzige Reihen
(No. I — 15 nach älterer Bezeichnung), ostseitig eine neunsitzige Reihe
(No. 16 — 24) und vor letzterer ein gleich langer, dem Amte der Zuschläger
eingeräumter Freistuhl, ^) während an der Süd- und Westseite drei nicht
mehr vorhandene Erbstühle bestehen blieben.
1649 im April am zweiten Süderpfeiler, wo ostseitig der Bürger-
meisterstuhl, nordseitig der von Brömbsesche Erbstuhl (vgl. S. 288) stand,
nach Westen zu neun Stände in zwei Reihen (No. i — 4 und 5 — 9) und
dahinter zwei Stände (No. 10, ii).*)
1649 im November am x'ierten Süderpfeiler nordseitig drei dreisitzige
Reihen (No. i — 9), westseitig eine siebensitzige (No. 10 — 16) und ostseitig
ein langer Freistuhl. ^) Im folgenden Jahre wurde auch der südseitig ge-
legene Lafferdessche Erbstand (No. 18, 19) erneut und um einen Sitz
(Nr. 17) erweitert.
') Hier standen fünf kleinere Gestühle, darunter der Meyersche Erbstuhl (vgl. S. 283).
^ Er ist 1640 Juni 30 zum Bürger aufgenoninien (St.-A., Bürgerinatrikel) und 1653 ge-
storben (WB. 1653, 5- W. n. Michaelis).
») Stuhlbuch II BI. 64b; WB. 164S, 9. W. n. Ostern (Juni li — 17).
*) Stuhlbuch II Bl. 79; WB. 1649, 9- W. n. Ostern (Mai 20—261.
*) Stuhlbuch II Bl. 28 b; nach dem WB. erhielt Wittfoht 1650 Februar 18 für dies Gestühl
einschließlich des Gesellentrinkgeldes 254 ^.
DIE MARIENKIRCHK.
>95
Füllung von 1655 mit einem das SchweißUich der lil. Ver(jnika hallenden Engel
(zweite südliche Stuhlgruppe, NordseilcJ.
1652 am ersten Norderpfeiler süd.sciti_<j- drei viersitzige Reihen und
eine fünfsitzige (No. i — 12, 13 — 17), westlich dieser Grup])e und des
Pfeilers zwei achtsitzige Reihen (No. 18 — j^).^)
Von W'ittfohts Amtsnachfolger Heinrich W'arnenuindc") sind gefertigt:
1655 nm den dritten Süderpfeiler ^y Stände.^)
1659 am sechsten Süderpfeiler vor dem 1588 gebauten hohen
Stuhh< (vgl. S. 289) eine fünfsitzige Reihe.'*)
1660 am sechsten Norderpfeiler südseitig vier viersitzige Reihen
(No. I — 16).5)
1666 am fünften Norderj)feiler südseitig zwei siebensitzige (No. i — 14)
und vier fünfsitzige Reihen (No. 15 — 34).'')
1671 um den vierten Norderpfeiler 62 Stände') in .sechs Reihen,
die gleich den beiden folgenden Gruppen einschließlich des Pfeilers ein
Rechteck bildeten (No. i — 62).
1675 um den dritten Norderpfeiler 51 Stände^) in fiinf Reihen
(No. 63 — 113) und, ebenfalls
1675, um den zweiten Norderpfeiler 66 Stände in sechs Reihen
(No. 114 — 179).
Bei dem Umbau von 1853 — i^S^^ <^ler die am westlichen Pfeilerpaar
belegenen Plätze völlig beseitigte, wurden zunächst die nord.seitigen Gruppen,
und zwar nacheinander die dritte (von 1675), vierte (von 1671), fünfte (von
^) Nach dem WB. 1652, 10. W. n. Michaelis (Dezember 5 — iij erhielt Wittfoht für diese
33 Stände 363 ^.
'') Er wurde 1649 Januar iS Bürger (St.-A., Bürgermatrikel) und ist 1691 gestorben i^K.-A.,
Klappenbuch I Bl. 76 b).
^J Stuhlbuch I Bl. Ii6b; WB. 1655, 13. W. n. Michaelis (Dezember 23 — 29).
*) Stuhlbuch I Bl. I ; WB. 1659, 25. W. n. Ostern (September 18—24).
5) Stuhlbuch I Bl. 16; WB. 1660, 9. W. n. Ostern (Juni 17— 23I
^) Stuhlbuch I Bl. 290b; nach dem WB. 1666, 2. W. n. Michaelis (Oktober 7—13) wurden
sie mit 330 ^ bezahlt.
'j Nach dem WB. 1672, 10. W. n. Ostern (Juni 9 — 15) wurden sie mit 620 ^ bezahlt.
*) Nach dem WB. 1675, 6. W. n. Ostern (Mai 9 — 15) kostete der Bau dieser und der
folgenden Gruppe zusammen 926 ^.
296
DIE MARIENKIRCHE.
Füllung von 1659 mit einer die Klugheit darstellenden l'ulte
(vierte südliche Stuhlgruppe, Nordseite).
1666), zweite (von 1675) und erste (von 1652), abgebrochen und neu errichtet.
Es folgte 1855 nacheinander der Abbruch und Wiederaufbau der \'ierten
und fünften südUchen Gruppe (von 1649 und 1648), während im folgenden
Jahr die ZA\'eite südliche Gruppe (von 1649) ^^cl das Gestühl am ersten Süder-
pfeiler — unter Versetzung des Bürgermeisterstuhls von jenem an diesen
Pfeiler — ihre peeenwärtioe Zusammensetzuno- erhielten. Es zeioen seitdem
von den nördlichen Gruppen die
dritte (jetzt No. 81 — 122): 26 größere, 6 kleinere EüUungen, davon datiert keine,
1:1671,
i : 1666,
- 1:1675,
[1:1675,
14:1652,
vierte ( ■-
■■ 123-172):
29
= 14
fünfte ( -
= 173-216):
26
6
zweite (' =
-' 29-79):
30
■■ 13
erste ( =
1-28):
zusammen
19
8
130
= 47
\'on den südlichen Gruppen die
vierte (jetzt No. 55-103):^) 36 größere.
fünfte { -
= 104-156):
34
'-
zweite ( =
= 23-69):
') 34
'-
erste ( =
1-22):
zusammen
19
■• Il^
123
I
I kleinere Füllung,
davon datiert
li: 1659,
f = keine,
1:1655,
(1:1649,
[ 1 : 1660,
Wie diese Datierung der Füllungen und ihr Charakter sowie auch die
vielfach aufs neue verwendeten oberen Abschlußleisten mit den alten Platz-
nummern erkennen lassen, sind beim nordseitigen Umbau nur geringe Ver-
schiebungen aus einer in die andere Gruppe infolge Verarbeitung vereinzelter
Restbestände eingetreten; dagegen haben bei der Auffiihrung der vier südlichen
Gruppen außer den zugehörigen Füllungen sowohl diejenigen der damals ein-
gegangenen Gruppen am sechsten Norderpfeiler (von 1660) und am sechsten
^) No. 55 — 69 sind an der Südseite doppelt vorhanden.
DIE MARIENKIRCHE
297
Füllung von 1659 mit einer die Mäßigkeit darstelletulen Pulle
(vierte südliche Stuhlgruppe, Nordseile).
Süderpfeiler (von 1659), wie auch diejenigen von der bereits 1829 abgebrochenen
dritten südUchen Gruppe (\on 1655) Verwendung gefunden.
Die in der west- und der südseitigen Briistung der fünften südHchen
Gruppe enthaltenen Füllungen von 1648, welche bei 15 cni Höhe teils
54 — 55 cm lang, teils beim Umbau etwas verkürzt sind, und die gleich großen
von 1649 (Abb. S. 292), welche die vierte dortige Gruppe mit Ausnahme der
Nordseite schmücken sowie öfters an der zweiten und ersten südlichen Gruppe
\orkommen, charakterisieren sich durch ein im wesentlichen gleichartiges, meist
in Blumen oder phantastischen Blütenkelchen, vereinzelt auch in Tiergestalten
endigendes Rankenwerk, denen in mehreren Fällen fratzenhafte im Profil ge-
sehene Masken angeschlossen sind; die Mitte nehmen in der Regel mensch-
liche Figuren oder Brustbilder von gedrungenem, zum Plumpen neigendem
Körperbau ein. Von ganz ähnlicher Ausführung sind je zwei gleichzeitige
mit unbekannten Wappen gezierte Füllungen von 58 cm bezw. auf 50 cm
\erkürzter Länge an der West- und der Südseite der \ierten südlichen Gruppe.
Bei den größeren Füllungen der ersten nördlichen Gruppe \on 1652
(Abb. S. 293), deren Länge zwischen 39 und 52 cm schwankt, tritt die figür-
liche Ausstattung mehr hervor: am häufigsten kommen liegende P^rauengestalten
in , o\'aler Kartuschenumrahmung oder \\ohlproportionierte stehende ?^Iittel-
figuren vor, als seitlicher Schmuck sind neben Ranken, Engeln und ALisken
\^'3gel und tritonenförmige Geschöpfe verwandt. Die kleineren, bis zu 14 cm
langen Füllungen enthalten vorwiegend Mannes- und Frauenköpfe, Masken,
Blumen und Früchte.
Die an der zweiten südlichen Gruppe vorherrschenden und .siebenmal
an der Nordseite der fünften südlichen Gruppe vertretenen 55 cm langen
Füllungen von 1655 (Abb. S. 294 und 295) zeichnen sich ebenfalls durch
ihren kräftig hervortretenden, mehrfach zu niedlichen Genreszenen vereinigten
figürlichen Schmuck aus; besonders häufig sind auch als Mittelfiguren Engel
mit den verschiedenartigsten Leidensattributen Christi in reifenartiger ovaler
Umrahmung gewählt.
298
DIE MARIENKIRCHE.
Füllung von 1660 mit dem Apostel Judns Thaddäus Gewerbemuseum Hz 191).
In den der Xordseite der \ierten südlichen Gruppe eingefügten fünf
Füllungen von 1659 (Abb. S. 296 und 297) sind inmitten abwechselungs-
reichen bewegten Rankenwerks Putten mit Tugenden- Attributen (Stärke, Liebe,
Glaube, Klugheit und Mäßigkeit) dargestellt.
Die dreizehn h\illungen von 1660, deren Länge in der Regel 51 cm
beträgt, zeigen die von Rankenwerk umzogenen zierlichen Gestalten des
Heilands und der mit ihren Attributen bezeichneten zwölf Apostel (Abb.).
Unter ihnen weist die nordseitig an der ersten südlichen Gruppe angebrachte
stark beschädigte und verkürzte Platte mit der Christusfigur in zwei seitlichen
AMMPl 1660
Kartuschen die Datierung noMiMi ADIDN auf \'on den Füllungen mit den
^ uuiviiiNi 2^ MART.
Apostelgestalten befinden sich eine neben der vorigen, vier an der Nordseite
der vierten südlichen Gruppe und fünf weitere, deren Höhe jedoch das Mafi
der andern (14 cm) um 5 cm übertriftt, an der Ostseite der fünften dortigen
Gruppe, während die beiden andern beim Umbau unbenutzt geblieben und
später dem Museum^) überwiesen sind.
Die an den vier westlichen Gruppen der Xordseite verbliebenen und
ab und zu auch an den übrigen Gruppen vorkommenden h^ül hingen von
1666, 167 1 und 1675 (Abb. S. 299 und 300) sind im allgemeinen von gröberer
Zeichnung und Ausführung und nach Darstellung und Größe nicht so scharf
voneinander zu scheiden als diejenigen aus den fünfziger Jahren. Die größeren
von ihnen, w-elche in der Regel 47 cm, sonst 39 — 50 cm, ausnahmsweise auch
(fünfmal an der dritten Gruppe) 66 cm lang sind, zeigen außer Blumen, Blumen-
gewinden und Früchten in überwiegender Mehrzahl barockes Rankenwerk,
zum Teil mit figürlichem Schmuck; unter letzterem sind eine Anzahl Masken
mit gut getroffenem verschiedenartigem Gesichtsausdruck bemerkenswert, ferner
kommen nackte Knabengestalten, Cherubimköpfe und P^ngelsfiguren sowie
einige mäßig gelungene Christus- und Apostelgestalten vor. Die kleineren,
bis zu 19 cm langen P^üUungen enthalten Blumen, l^lütenzweige, h^rüchte,
Putten, Köpfe, Masken und Schnörkel.
^) Gewerbemuseum Hz 190 und 191.
[)IK MARIKNKIRCHE.
299
Füllung von 1671 (vierte nördliche Stuhlgruppi.-, < )stseilc;.
\'on den im Museum befindlichen FüUunoen aus dem Mittelschiff seien
noch \icr mit Wappen bezeichnete aus den Jahren 164S und 1649 angeführt,
Ucämlich eine 57x14 cm hohe mit dem Wap])en der r^amilie Lüneburg
(3 Türme)/) eine 44x15 cm große mit dem Wibekingschen Wappen (auf-
fliegender Kranich)^) und zwei 36x14 cm große mit dem I^ornefeldschen
Wappen (ein Brunnen) zwischen den Buchstaben M und BF.-'')
Das an der Südwand gegenüber dem dritten Pfeilerpaar belegene Ge-
stühl, welches früher in der Regel als »Trauerstuhl« und in einem i6cS3
aufgenommenen Verzeichnis der Kirchenplätze als »freye Mansstühle, worinnen
die Trauerleute bey den Leichbegangnußen eintreten, < benannt ist, um-
faßt drei mit schlichten Seitenwangen abschließende Bänke und eine 1,60 m
hohe, 5,04 m lange freistehende vordere Brüstung mit acht oberen Fries-
füllungen aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Die Wangen der vordersten
Bank sind seit 1800 mit dem Wappen des SchonenfahrerkoUegiums gezeichnet,
das zu der damaligen Wiederherstellung des Stuhles 150 # beisteuerte, »weil
solches einigen Anspruch an diesen Stuhl zu haben vermeinte.«^)
Die Gestühle des 18. und 19. Jahrhunderts. Der im Rokoko-
charakter gehaltene, vor dem vierten südlichen Wandpfeiler, westlich des
*) Gewerbemuseum Hz 193 a. 164S Dezember 13 kaufte Alexander Lüneburg für seinen
Sohn Heinrich einen Stand (No. 22") im neuerrichteten Gestühl am fünften Süderpfeiler; Stuhl-
buch II, Bl. 76.
2) Kulturhist. Museum No. 1892/69. 1649 wurden mit der Gruppe am zweiten Süderpfeiler
der Erbstand Paul Wibekings (No. 4; und der Stand seines Bruders Lorenz (Nr. 3) erneut, «deren
eine, der Erbstandt, außwendig mit der Wibekinge Wapen , dem fliegenden Kranich, gemacht;«
Stuhlbuch II, Bl. 79.
ä) Das. No. 1892/70. 1649 Mai i wurden zwei Stände (No. 10 und 11) der zweiten
südseitigen Stuhlgruppe erblich dem Matthias Bornefeld (Ratsherr 1659—69) für 400 ^ verkauft;
Stuhlbuch II Bl. 86.
*) Kirchenprotokoll des Werkmeisters von Königslöw, S. 85.
?oo
DIE MARIENKIRCHE.
Füllung von 1675 (zweite nördliche Stuhlgruppe, Nordseite).
großen Schonenfahrerstuhls belegene Stuhl der Schonen fahrer-Alter-
leute^) (Abb.) ist auf Grund eines am 9. März 1756 gefaßten Beschlusses^)
des SchonenfahrerkoUegiums nach dem luitwurf des städtischen Baumeisters
Johann Adolf Soher vom Tischler Joh. Hinr. Lübbers und vom Bildschnitzer
Herrn. Andr. Ellerroht gefertigt.^) Er umfaßt vier gepolsterte Sitzbänke, zu
denen von einem linksseitig angeschlossenen Gange aus ebensoviele niedrige
Türen führen. Das Ganze
umgibt eine über der Basis
1,27 m hohe, 4,80 m lange
und 3,84 m tiefe Brüstung,
die gleich den vorerwähnten
Türen mit Rokokoornamenten
verziert ist. Sie schließt vorne
an beiden Enden mit Pilastern
ab, deren Kartuschenbekrönung
(heraldisch) rechts einen halben
Doppeladler, links die drei
') 1555 """i 1579 war den
Schonenfahrern je eine Bank des älteren
dortigen Gestühls eingeräumt worden,
die eine als Entgelt für die dem Rate
zugestandene Benutzung ihrer bis 1579
vor dem zweiten südlichen Wandpfeiler
gelegenen Sitzreihen, die andere beim
Abbruch dieser Plätze anläßlich der
Errichtung des von Joh. Spangen-
berg gestifteten älteren Ratsstuhls (vgl.
S. 289),
'■') Archiv der Handelskammer,
Schonen fahrerakten, Protokollbuch No.
315 S. 79.
^) Das. No. 721, Rechnungen
1755/56 No. 50
Stuhl der Schonenfahrer-^Vlterleute.
DIE MARIENKIRCHE.
301
I lerini^c des Schoncnfahrciwappcns zeigt. Die linksseitige Brüstung trägt die
Jahreszahl 1756.
Ein Lehnstuhl und dreizehn Stühle, tlie auf der X'orderseite der
Iviicklehne mit zwei gekreuzten Klingelbeuteln und der Jahreszahl 1758 ge-
zeichnet sind, stammen zweifellos aus der ehemals xon den Diakonen als
X'ersammlungsraum benutzten resdorpf-Kajjelle. Die sehr morschen Stiicke
sind jetzt in iler Dixessen-Kapelle untergebracht.
Der 2,37 m breite und 3,61 m tiefe jüngere Novvgorodfahrerst uhl
ist 176(S \om Tischler Christian Branderus und dem oben genannten Bildhauer
Herrn. Andr. {'"Ilerroht gebaut.')
I.S49 vom Nowgorodfahrerkoile-
gium der Kirche zum Eigentum
überlassen, ist er drei Jaln-e
spiiter imter Beseitigung seiner
rechten Seitenwand dem grollen
gotischen Stuhle dieser Genossen-
schaft rückseitig angeschlos.sen.
l{r umfafk drei tlreisitzige ge-
polsterte l^änke, zu denen von
links her drei hohe Türen fuhren,
während \'orne über der gleich
ihnen mit Rokokotjrnamenten be-
setzten niedrigen Brüstung eine
geschweifte J^ekrönung schwebt.
Der vor dem zweiten
südlichen W'andpfeiler belegene
frühere Ratsstuhl ist nach
einem bereits 1 762 vom Stadt-
baumeister J. A. Soher entwor-
fenen und damals vom Senate
genehmigten Grundriß-) 1782
vom Tischler A. P. Voigt und vom Bildhauer Ludwigsen ausgeführt.^) Eine
im Stile Ludwig XVI. gehaltene 1,62 m hohe Brüstung (Abb.), die vorn
5,65 m und seitlich 4,09 m mißt, umschließt einen rechtsseitigen Vorraum
und vier auf je sechs Plätze berechnete Bänke, deren 1783 nachträglich an-
gebrachte Eingangstüren später wieder beseitigt sind. Nachdem im Mai 1862
der Bürgermeisterstuhl zum gegenwärtigen zehnsitzigen Senatsstuhl umgebaut
war, ist das Gestühl durch Senatsdekret vom ii. Juni desselben Jahres der
Kirche überwiesen.
Brüstuno; des früheren Ratsstuhls.
ij Archiv der Handelskammer, Nowgorodfahrerakten No. 48 i^Rechnungen).
^ St.-A., Rathaus, Ratsstand II, Vol. D.
^) Nach den Bauhofs-Protokollen (Staatsarchiv, Handschriften No. 591) wurde die Arbeit
Juli 17S2 mit Voigt zu 1000 ^ und mit Ludwigsen zu 500 ^ bedungen (S. 679, 682}.
?02
DIE MARIENKIRCHE.
X
=PiuiA>
Die späteren Gestühle sind ohne kunstgeschichtliclies Interesse.
1790 wurden an Stelle der »für die Priester als für die Beichtenden
sehr unbequemen« ^) bisherigen Beichtstühle unter Verwendung älteren
Schnitzwerks vier neue vom Tischler J. L.
L. Hagen und vom Bildhauer D. J. Boy
gefertigt, von denen noch drei in der Beicht-
kapelle stehen.
18 17 sind von Hagen und dem
Tischler J. Ch. B. Morian die beiden, je
sieben Bänke umfassenden schlichten Kom-
munikantenstühle des Altarraums gebaut.
1829 ist, ebenfalls von Hagen, die
Stuhlgru])i^e am dritten Süderpfeiler des
Langhauses, der sogenannte große Spiegel,
gebaut, der von einer 1,40 m hcjhen, an
den vier Ecken abgerundeten und mit
einem oberen Spitzbogenfries geschmückten
Brüstung umgeben ist.
Schließlich sind im Anschluß an den
J<^53 — 56 vorgenommenen Umbau der neun
übrigen Stuhlgruppen des Hauptschiffs die
bis dahin den dortigen mittleren Raum ein-
nehmenden kleinen, meistens schlecht und
gänzlich unbrauchbar gewordenen Stühle-)
bis zum iMiihjahr 1857 ersetzt durch 34 Bänke
und zwei Sitzreihen, während weiter westlich,
zwischen dem sechsten Pfeilerpaar, vier neu-
gefertigte kürzere Bänke Aufstellung fanden.
Soweit die Seitenstücke nicht aus alten
Znischcnwangen bestehen, sind sie — und
das trifft für dreißig dieser l^änke zu
nach Zeichnungen des Malers C. J. Milde
von den Stuhlmachern J. H. Dahms und
H. C. Wichmann gearbeitet. Zwei gleiche
Bänke sind vor der vorderen Säulenreihe
des Lettners aufgestellt worden.
Wandschrank aus der Schinkel-Kapelle.
Schränke.
lim dem 1 5. Jahrhundert angehoriger
längst unbenutzter sechsseitiger Schrank
von 1,28 m Höhe und 0,87 m Durchmesser, der zurzeit in der Bergenfahrer-
kapell^^^, zeigt auf der schlicht gelassenen ungeteilten Türseite ^noch den
') Vorsteher-Protokoll von 17S7 April 16.
) K.-A., p-asc. .Stuhlwärterinnen.
DIE MARIENKIRCHE.
30:
teilweise ausoebrochcncn alten l^eschla^', während die fünf übrigen Seiten mit
oberen iiiul unteren einfaehen l'eri^anientroUenfiillungen \er.selien sind.
Aus dem iXnfang des 16. Jahrhunderts strunnit ein bis xor kurzem an
der Südwand der Schinkel-Kapelle betindUcher scliöner Wandschrank (i\bb.).
Über der noch \'()rhandenen oberen Schranktür, che ein geschmiedeter, durch-
brocliener Heschkag mit roter luchunterlage auszeichnet, umrahmt ein \(in
gedrehten Säulchen getragener und von zwei Malen flankierter x'orspringender
(iiebelbaldachin mit Maßwerk-, Krabben- und Kreuzblumenschmuck und hinterem
(htterwerk eine tlrei Seiten eines Achtecks darstellende überwölbte Kapelle.
In ihr kniet die Reliefligur Johannes des Täufers, begleitet \()n seinem Lamme,
xor einem xAltar, dessen Aufsatz die Kreuzigungsgru])pe bildet. 1 )urch die
freigelassene mittlere hYMisteröffnung erblickt man die gleichfalls als Relief
behandelte Jordantaufe \'or einer gemalten Stadtansicht, iiber der (iott \'ater
.Sluckligurcii der Aposteln Petrus und Johannes, eines Engels und der Junyliau Maria.
mit tler Taube und dem Spruchband i)U ■ C • flli '^ • lluniG • bilCCtllG • i •
([\.\Q • ÜUl • L'ijllll.llilL"in schwebt. Das Stück ist aus sehr verkommenem Zu-
stande 1903 \on W. ALaus zu Frankfurt a. M. wiederhergestellt und seitdem
an die Xordwand der Brief kapeile versetzt.
Bildwerke.
Die ältesten plastischen Werke aus der Marienkirche sind sechzehn
sitzende Stuckfiguren des Heilands, von dem jedoch nur der Unterkörper
erhalten ist, der Jungfrau Maria, der zwölf Apostel, die ein Buch, eine Schrift-
rolle oder auch ein Attribut in Händen halten, und zweier Engel mit Werk-
zeugen des Leidens Christi (Abb.). Die seit 1864 im Museum befindlichen,^)
ursprünglich bunt bemalten Figuren sind 1840 in der nordseitig der Kirche
') Kullurhist. Museum No. 1206 a — q.
304
DIE MARIENKIRCHE.
gegenüber gelegenen Wehde beim Abbruch einer Garteneinfassung, zu deren
Fundament sie verwandt waren, wieder zum Vorschein gekommen. VermutUch
sind sie früher an der Innenseite der Umfassungsmauer des Altarraums auf-
gestellt gewesen^) und um 1520 bei Errichtung der gegenwärtigen Chor-
schranken beseitigt worden. Die 84 cm hohen Figuren der x-lpostel und
der Engel zeigen in den Formen ihrer Thronsessel und dem unbestimmten
Faltenwurf ihrer Gewänder noch romanischen Charakter, während die in den
Maßen etwas größer gehaltenen Statuen des Heilands und der Maria durch
ihre schlankeren Körperformen und ihre gleichmäßig in weichen Längsfalten
abfallende Kleidung sich als früh-
gotische Werke ausweisen.^) Die
vierzehn ersteren Bildsäulen gehören
etwa in den Anfang, die beiden
letzteren etwa in die zweite Hälfte
des 14. Jahrhunderts.^)
Von einer vielleicht schon
1350, sicher 1432 zuerst bezeugten
lebensgroßen sitzenden S t e i n f i g u r
des hl. 01a V, die auf einem vor-
springenden Mauerwerk am süd-
lichen Ende des Bergenfahrerstuhls
aufgestellt war, hat sich nur eine
grau getuschte Federzeichnung
(Abb.) in einer »Museum Lubicense«
benannten, im Staatsarchiv befind-
lichen Sammlung des Lübecker
Syndikus und Dompro])stes Johann
Karl Heinrich Dreyer (gest. 1802)
erhalten. Das 1787 zuletzt nach-
weisbare Bildwerk ist wahrschein-
lich bei der 1806 vorgenommenen
Wiederherstellung des Bergenfahrer-
stuhls entfernt worden.
1350 März 12 vermachte
Johann Uphovel »domino Thiderico sacerdoti legenti missam retro s. Olavum
viro seni in ecclesia Domine Nostre« 10 ^; 1432 Dezember 2 besaß Hermann
Pael ein Grab »in den ummegange jegen den pilre, daran gebildet is, wo s.
Oleff uppen stole sittet;« 1443 Dezember 19 setzte Hinrich Goyleke 5 #
aus, »was mede to kopende in de ere s. Glaves vor synem groten bylde
neddene in der kerken to bernende« ; St.-A., Testamente.
Federzeichnung der ehemaligen St. Olav-Bildsäule.
^) 1396 August 8 setzte Johann Steen letztwillig 10 ^ aus, »cum quibus comparetur cera
pro luminibus ante ymagines angelorum in coro ecclesie b. Marie virginis Lubecensis ardendis;«
St.-A., Test.
^ Vgl. A. Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik bis 1530, S. 8 nebst Tafel 4, wo zehn
dieser Figuren abgebildet sind.
DIE MARIENKIRCHE.
305
Bestimmt datiert durch die früher an ihrem J^aldachin^) angebrachte und
mit tliesem verloren gegangene Inschrift »Ano • Dni • M • CCCC • XX • Gertrud^) ■
confectum.« ist eine liebhchc lebensgroße S t e i n f i g u r d e r M a d o n n a
(Abi).). Sie schmückte ursprünglich einen vom Ratsherrn Johann Darssow
und \ier Brudersöhnen desselben zu Anfang 1420 gestifteten kleinen Altar,
der links neben der nordostlichen Kirchentür stand. ^) Die heilige Jungfrau,
deren von welligem aufgelöstem Jlaar umrahmtes,
leicht zur Seite gewandtes Antlitz einen sinnenden
Ausdruck trägt, hält in ihren Armen lässig das
nackte Jesuskind, dessen Linke ein IMumenkörbchen
umspannt; ihr prächtig gemustertes, früher ver-
goldetes Gewand fällt in leichtem natürlichem
Faltenwurf herab. Die Statue ist 1671 teilweise
ergänzt und neu vergoldet. Um die Mitte des
19. Jahrhunderts wurde sie in der Bergenfahrer-
kapelle auf einem der früher (S. 152) beschriebenen
romanischen Kai)itäle aufgestellt, welches unsere,
einer älteren Aufnahme entnommene Abbildung
mit enthält, und ist von dort 1881 in das West-
portal versetzt worden, wo sie leider den Unbilden
des Wetters ausgesetzt war. 1905 erhielt sie ihren
Platz vor dem Eingang" zur früheren Gerwekammer.
In der Zeit vom 3 1 . Oktober bis 2 3 . No-
vember 1671 wurden für das Marienbild >bey
Michal Volcks Capein« (die damals an den
Buchhändler Michael Volk vermietete Gallin-
Kapelle) 2 1 Bücher Gold gekauft und zu dem
Schnitzwerk über und unter diesem Bilde 5 bezw.
3 Bücher Gold; WB. 167 1, 5.-8. W. n.
Michaelis. Zwei Wochen später (Dezember 3 — 9)
heißt es dort: »Noch hat der Steinhower an
dem new gezierten Marienbüdt die Krone aufm
Kopff fast gemacht, dem Kindtchen eine Handt
angesetzet und an denen untersten Bildern
etzHche Stücke, so abgestoßen gewesen, wieder
angeleimet, auch 2 eiserne Haken mit Bley be-
Steinfiaur festiget, ihm davor geben laut Rechnung 3 #.«
der Maria mit dem Kinde.
Etwa gleichaltrig mit diesem Werke sind
acht verstümmelte und zum Teil zertrümmerte mittelgroße Stuckfiguren,
von denen je vier in der Roddeschen Kapelle und im Kulturhistorischen Museum
aufbewahrt werden. Sie sind »wegen der gleichen Behandlung der Haare und
der sorgsam ausgeführten Fußzehen und Finger mit kleinen Querriefelungen
') «Zu ihren Raupten« nach von Melles Entwurf zur Lub. Relig. S. 152.
'■') März 17.
^) Vgl. ,S. 210.
3o6
DIE MARIENKIRCHE.
oben auf den Gelenken sowie auch des Faltenwurfes' jedenfalls einem und
demselben Meister zuzuschreiben. \) Unter den vier ersteren von 1,07 — i,ii m
Höhe wird die eine durch die ihr beigegebene Keule als Judas Thaddäus be-
zeichnet, die drei übrigen Apostelfiguren, von denen hier zwei in Abbildung
beipeeeben sind, haben mit den Händen ihre Attribute verloren. Von den
vier im Museum befindlichen Statuen, deren defekter Zustand ebenfalls eine
nähere Bestimmung ausschließt, sind zwei (Xo. 1207a und c) 1,15 m hoch,
die beiden andern, eine h^igur mit Tonsur im geistlichen Ordensgewande
(No. 1207 b) und eine Bischofs-
figur (Xo. I207d) messen 94
und 96 cm. '^) Vermutlich \\'aren
diese Bildwerke ehemals an den
beiden Langseiten der Bergen-
fahrerkapelle aufgestellt. -')
VAn beschädigter hölzerner
Kruzifixus (Abb.) von 1,24 m
Höhe hat sich mit dem 3,13 ni
hohen und 1,55 m breiten zu-
gehörigen Kreuze, das gleich
ihm mit Resten bemalter und
xergoldeter Leinw and überzogen
ist, :auf dem l^oden oberhalb
der Südervorhalle erhalten. Er
war wahrscheinlich entweder
über dem 1425 x'oUendeten
früheren Hochaltar'^) oder in
der Südervorhalle angebracht.
1406 April 13 be-
stimmt Werner Hooj) be-
züglich einer von ihm mit
3 -^ Rente neu gestifteten
Memorie in der Marien-
kirche: »vor de 3 mr.
schulen de prestere villye
holden up s. Mycheles dach
na der vesper vor deme Apu.^iclfigureii aus Stuck.
groten cruce by den hilghen
dren koningen (vgl. S. 170) unde des neghesten daghes darna selemyssen
to deme hoghen altare . . . .« Ferner wendet das 1384 Dezember 16
^) A. Goldschmidt, Lüb. Malerei und Plastik bis zum Jahre 1530, S. 12. \'gl. auch
F. Knorr, Der Meister des Neukirchener Altars, wo iS. 33 ff.) die nahe Verwandtschaft der obigen
Bildwerke und der eben behandelten Madonnenfigur mit dem im Kieler ThaulowMuseum befind-
lichen Neukirchener Altar hervorgehoben wird.
■■') Die Köpfe der drei letzteren sind bei Goldschmidt, Tafel 13 abgebildet.
ä) Vgl. S. 314.
*) Vgl. S. 200.
Dil', MAI
;nkirciik.
307
ausgestellte Testament des Gerhard xon Molnc
sedere apiul magnum crucifixuni in ccclesia b
stücke zu. St.-A., Test.
»uni ceco presbitero solenti
Marie« mehrere KleidunüS-
Aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt eine am W'and-
pfcilcr zwischen der Bürgermeister- und der Düsteren Kapelle aufgestellte, aus
Sandstein gehauene .\ntoniusstatue (Abb. S. 308), die an ihrer einfachen
Konsole tlas Wappen des Katsherrn (1460 — ']6) Hermann .Sundesbeke (im ge-
lehnten Schilde ein dreifaches schwarzes Kreuz,
auf dem Helm ein 1 lundsrumpf) trägt. ^) Der in
ein langes weißes Mönchsgewand gekleidete greise
Heilige tritt zum Zeichen siegreich überstandener
Versuchungen auf zwei ])latt am l^oden liegende
kleine Teufelsgestalten; die Linke, von der tlie
Bettelglocke herabhängt, h;ilt ein aufgeschlagenes
]^uch, die Rechte stützt sich auf einen eisenbe-
schlagenen Stab in der Form des Antonius- oder
äg\-j)tischen Kreuzes. Ihre jetzige, in matten Tönen
gehaltene Bemalung hat die Statue 1878 erhalten,
wobei ihre ehemals vergoldeten Teile bronziert
worden sind; gleichzeitig ist auch ihr arg be-
schädigter gotischer l^aldachin notdürftig wieder-
hergestellt. -) Vielleicht .steht die Stiftung fieser
Bildsäule damit im Zusammenhang, daß im Sommer
1457 die Älterleute der Antonius-Briiderschaft zur
l^urg, der Hermann Sundesbeke seit 1444 ange-
hörte,^) auf dem Marienkirchhof vor der Düsteren
Kapelle eine kleine Bude zur wöchentlichen Almosen-
verteilung bauen liefien.'*)
Als die hervorragendsten plastischen Bild-
werke Lübecks gelten^) mit Recht \ier aus Kalk-
.stein geschnittene Hochreliefs vom Ende des
15. Jahrhunderts, welche Szenen aus der Leiden s-
oeschichte Christi darstellen") (Abb.). Sie sind
Gotischer Kruzifixus
1) Vgl. Milde, Siegel des M.-A., Tafel 9, Xo. 86.
'^) Jimmerthals handschriftl. Chronik der Marienkirche
unter 1S7S.
3) Fundationsbuch der St. Antonius-Brüderschaft (St.-A., Brüderschaften) S. 51. Außerdem
haben Hinrich Sunderbeke (!) (seit 1439), Bernd Sundesbeke (seit 1440), Greteke S., Hermanns
Ehefrau (seit 1446), sowie Gerd und Margreta S. (seit 1475) dieser Brüderschaft angehört; das.
S. 48 — 77.
*) Vgl. U.-B. der Stadt Lübeck 9, No. 664 und von Melle, Gründl. Nachricht, 3. Aufl., S. 340.
^) W. Bode, Deutsche Plastik, S. 222.
«) Vgl. die mit vier Lichtdrucktafeln ausgestattete Beschreibung der Reliefs von Th. Hach
im 6. Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden in Lübeck (1885/86) S. 8 f.
20*
308
DIE MARIENKIRCHE.
i I
im Chorumgange paarweise an den beiden Schrägseiten der den Altarrauni
ostwärts umscliließenden Brüstung angebracht (vgl. Abb. S. 258). Ihre Höhe
beträgt 0,88 ni, ihre Länge 1,86 m.
Das am weitesten nordA\ärts befindliche schildert unter der Überschrift
A CENA SVRGIT MAIESTAS ALTA LAVATQVE 4<
DISCIPVLIS VNDA PVRIFICANTE PEDES ♦
den Moment der Fußwaschung, \\ie Petrus, als ihm der
Heiland vor den versammelten Jüngern das Wasser über
die Füße gießen will, mit abwehrender Geste spricht:
Nimmermehr sollst Du mir die Füße ^\■aschen (Ev.
Joh. 13, 8). Die beiden hinter diesem Vorgang stehen-
den Figuren, ein feister Mönch und ein Geistlicher, der
sich, wie es scheint, vor den Ausdünstungen der Füße
die Nase zuhält, sind offenbar von dem unbekannten
Bildhauer als Gegenstück zu der Selbsterniedrigung des
Herrn hinzugesetzt.
Das benachbarte Bildwerk zeigt den Heiland,
dessen Haupt nur hier von einem Nimbus umstrahlt
wird, mit seinen Jüngern beim Abendmahl. Gesichts-
züge und Kleidung der letzteren sind genau dieselben
wie bei der Fußwaschung. Die Überschrift lautet:
CENANTI PRESENS ADERAT PIA TVRBA ED[en.s]
AGN[vm]
VMBRA FVGIT: VITE PIGNVS ET ARRA
DATVR 4<
Von den beiden gegen Südosten gekehrten Reliefs
enthält das vom Beschauer aus zur Rechten befindliche
unter der Überschrift
ORAT : CONVERSVS NRA AD MORTALIA
CORPVS »i«
CONCVTIT VTQUE PAVOR SANGVINE MA-
NAT AQVA
in der Hauptsache drei Szenen aus der Nacht im Hofe
Gethsemane, nämlich: i. Christus findet Petrus und die
beiden Söhne Zebedäi, die er zurückgelassen hat, schlafend
und weckt den ersteren; 2. dem betenden Heiland er-
scheint ein Engel vom Himmel und stärkt ihn [Kv.
Lucä 22, 43); 3. »Und es kam, daß er mit dem Tode
rang, und betete heftiger. Pls ward aber sein Schweiß
wie Blutstropfen, die fielen auf die PLrde« (Ev. Lucä 22,
44). Im Hintergrunde führt Judas die ausgesandten Kriegsknechte »mit P^ackeln,
Lampen und Waffen« (Ev. Joh. 18, 3) in den Hof. In der oberen linken
Ecke zeigt der Versucher dem Heiland von einem Berge aus alle Reiche der
Welt und ihre Herrlichkeit (Ev. Matth. 4, 8; Ev. Lucä 4, 5 f.).
Bildsäule
des hl. Antonius.
w-fr^^f^V»"^
> \y .fy^-^'mp<^'^:v.':^^\ ;
2^2?^^4i^;i]
l^lÄM^iiC^ ■^ä'^i ;
DIE MARIENKIRCHE. 309
Das vierte Hildwerk ist in zwei gleich oroßc Gruppen i^eteilt. Rechts
tVai^t Jesus die Häscher: Wen suchet Ihr? Sic antwDrten : Jesuni von Nazareth.
»Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bins, wiclien sie zurück und fielen zu
Hoden V. (Ev. Joh. 18, 6). Links der Judaskuß und die Gefant^ennahnie Christi,
ihuieben Petrus über dem Knecht Malchus das Scliwert schwingend. Im
Hintergründe che fliehenden Jünger Jakobus und Johannes. Überschrift:
VT CAPITUR: MITI VERBO PERCVSSA RVEBAT •
CEV FORET HOREENDO ! FVLMINE STRATA COHORS.
W. Bode steht in .seiner »Deutschen Pkvstik < ') cHese Rehefs in den lebens-
\()llen Köpfen und im hörnst der DarsteUung den Werken von Adam Kraft an
che Seite. -Die Gewanckuig, . urteilt er, -ist etwas zu unruhig und ohne größere
Moti\e, während die Figuren in der Haltung fast zu ruhig, im Ausdruck teil-
weise zu ernst und stumm erscheinen, doch sind sie x'on trefflich indixidueller
Durchbildung der Köpfe.
1584 sind die damals arg verstümmelten Bildwerke von einem nicht
weiter bekannten Steinmetzmeister Peter, und zw-ar, wie der Augenschein lehrt,
aus Holz wieder ergänzt worden.^)
Oberhalb und seitlich der einzelnen Reliefs rankt sich in einer Hohl-
kehle frei entwickeltes Laubwerk hin. Die Wurzel eines dieser Laubwerk-
streifen, eines links von der Abendmahlsszene aufstrebenden Kichengeästes,
wird von einer schwarzen Maus benagt, die ehemals als das Wahrzeichen
Lübecks galt.
Zu beiden Seiten jeder Reliefgruppe sind vor den glatten Mächen der
Chorpfeiler in viereckigen Feldern hervorragend gut gezeichnete verkürzte Relief-
figuren als Schildhalter dargestellt, von denen die etwas größeren beiden nord-
seitigen (Abb. S. 311) sich durch erhabenere und schwungvollere Modellierung
vor den beiden andern (Abb. S. 310) auszeichnen. Originell ist die phantasie-
volle Art, wie die Köpfe dieser Figuren, ihr Haarschmuck und weitere Zutaten
als Wappenhelme, Helmkleinodien und Helmdecken verwandt sind. Von den
vier Schilden zeigen drei das Saligesche Wappen (vgl. S. 188), während der
am weitesten südwärts befindliche Schild, welcher einen mit Wellenlinien be-
leoten Balken aufweist, wahrscheinlich das redende Wappen der Familie
Stenbeke darstellt.^) Nach oben schließt sich an die Felder je ein breiter
Streifen an. Diese trugen ehemals erhaben gearbeitete lateinische Distichen,
die aber bis auf ^\•enige, schwer zu entziffernde Reste*) mit roh geführten
Meißelschlägen getilgt sind; unversehrt geblieben sind jedoch zwei an der
>) S. 222.
^) Vgl. S. 311.
^) Nach von Melles Syntagma ivgl. S. 200 Anm. 4; Bl. 504 führte diese Familie (aus
welcher der Kaufmann Klaus Stenbeke kurz vor 1450 starb; U.-B. der Stadt Lübeck 8, Nr. 717)
»einen gelben Fluß im silbernen Schilde.«
■*) Neben dem dritten Relief steht;
O GURGITE CHRISTI
M PURGES CRIMINA CUNCTA PRECE.
lO
DIE MARIENKIRCHE.
Wappenfiguren neben der südlichen Reliefgruppe hinter dem Hochaltar.
n()r(l('),stlichen Grui)|)e unterhalb der Verse aiii^ebrachte Tagesdaten — rechts
MOCCCCOXCVIII - II 0CT0B9, Hnks XVC - U MAN — , die jedenfalls
den Beginn und den Abschluß der Arbeiten an dem Kunstwerk festlegen
sollten. In dieselben Jahre weisen auch die Formen des die Pfeileröffnungen
oberhalb der Reliefs schließenden schweren Messinggitters. ^) Wappen und
Zeitangaben lassen darauf schließen, daß als die Stifter der Bildwerke der zu
Ende des 15. Jahrhunderts gestorbene Lübecker Kaufmann Marquart Salige,-)
dessen Ehefrau Telseke^) demnach eine geborene Stenbeke gewesen sein müßte,
und sein damals noch lediger Sohn,*) der nachmalige (15 18 — 30) Ratsherr
Hans Salige anzusehen sind. Oberhalb des Schriftstreifens erheben sich vor
den Pfeilerflächen ebenfalls aus Kalkstein gearbeitete Maßwerkverblendungen;
am P'uße derselben springen Platten vor, die zweifellos ehemals Statuetten
getragen haben. Ein Maßwerkfries schließt das Ganze nach unten hin ab.
Die Bemalung und Vergoldung, welche die Bildwerke bei ihrer Wieder-
herstellung im Jahre 1584 erhielten, sowie ein späterer grauer Anstrich sind
1887 beseitigt worden. Die eisernen Schutzgitter und ihre zweifellos vom
damaligen Kirchentischler Jochim Wernke d. Alt. gefertigte Umrahmung, deren
') Vgl. S. 259.
'') Ostern 1500 überwiesen die Testamentsvollstrecker des weil. Marquart Salige, nämlich
Hermann Ruckerdinck und Hans Salige, der Sohn des Verstorbenen, der Sängerkapelle 150 ^;
Stiftungshuch der Sängerkapelle (St.-A.j 131. 20 b. — Ferner wurde das 1459 von Marquart S. er-
worbene Haus Fischstraße No. 15 auf Grund seines Testamentes Ende 1501 seinem Sohne Hans
zugeschrieben; Oberstadtbuch lib. 10, Marie Bl. 64.
^) So nennt Marquart S. in zwei Testamenten von 1462 und 1464 (St.-A.) seine Ehefrau.
Denselben Vornamen führt übrigens auch Klaus Stenbekes Witwe vgl. S. 309, Anm. 3 .
*) Er verheiratete sich erst 1507 mit Richel Brömse; vgl. S. 1S9.
DIE MARIEN'KIRCHE.
". I I
:*»:?'
V
Wappetihgureii neben der nördlichen Reliefgruppe liinier dem lluchallar.
schöngeschnitzte Pfosten mit auf den obigen Lichtdrucken enthalten sind,
stammen ebenfalls aus dem Jahre 1584.
Über die damalige Wiederherstellung berichtet das WB. unter 1584,
2. W. in den Fasten (März 8 — 14): »Item dem steynhower mester Peyter,
welck uth bofel myner heren forstender, [de] myt eme fordynget hebben de
passyon des byltwerckes achter dem seyerwercke wedder to macken, dat
geschamfert unde tobracken was, koppe, nessen unde oren, beme (!), arme,
hande und foyte wedder antoseyten, welck de heren forstenders myt eme
doe fordynget hebben for sefentich marck, daruj) eme botalt 60 jtf.\ nach
den 8. april mester Peter de rest gegefen 10 ^ (up dessen dach ys dat
gadderwerck geseytet to reuneferende) de suma is 70 ^. — Item noch den
22. april Antonves Hagenowen botalt eyn stucke ysseren tralyenwerck, darvor
eme gegefen 10 -,^; unde Frans Busck dem smede to forlengen darto 44 oge
unde nach eyn nye stucke darto gemacket, darynne synt 238 oge, unde
2 endestucke for de wapen, yder endestucke 57 oge, synt tosamen 396 oge
to 14 ^, ys 28 -^ 14 |5; unde eme gereckent de Stangen unde de polde-
faste, dar dat gaderwerck up steyt, i ^ 2 f>; kostet de yseren tralyenwerck
for dem garen Kristi achter den seyer tosamen 40 $. Nach fan den heren
by dem buchhaffe Arnoides Benyes^) botalt 2 stucke olt gaderwerck, eme
darfor botalt 15 ^, .unde dem smeyde gans umetosmeyden gegefen 14 #
unde dregegelt fan dem buchhafe tom smeyde, fan dem smeyde tom snyteker
unde maier vn der kercken, de unkostynge i ^; ys dat yserwerck tosamende
70 ^. Nach dem maller Sylfester fan Swolle dat arbeydt to staferen unde
to malende up syne seydelen botalt ys 15 -^; tosamen is 8[5] # (statt 80 $).
Summa aver dosse wecken ys 155 ^.«
Ungefähr gleichaltrig mit den um 1520 vom Meister Benedikt Dreyer
geschnitzten sieben eroßen Heiligenbildern vor der westlichen Lettnerbrüstung
') D. h. dein Ratsherrn Arnold Bonnus.
12
DIE MARIENKIRCHE.
(vgl. S. i88) ist eine vielleicht aus derselben Werkstatt hervorgegangene/)
am Nordende dieser Seite des Lettnerunterbaus auf schlichtem achtseitigem
Sockel aufgestellte halblebensgroße hölzerne Mönchsfigur, die eine Mulde
voller Goldstücke in einen kleinen eisernen Gotteskasten entleert, und viel-
leicht als eine Karikatur auf den damaligen Ablaßhandel aufzufassen ist. Im
17. Jahrhundert wird die Bildsäule auch als St. Nikolaus benannt,^) wohl
wegen der diesem Heiligen beigelegten Bescherungen. Die spätere Sage
sieht in ihr das Bildnis eines Kirchendiebes, der, als er nachmals reich nach
Lübeck zurückkehrte, heimlich an Stelle jedes von ihm dem Gotteskasten
entnommenen Scherfs einen Goldgulden wieder hineingeschüttet haben soU.^)
Aus der letzten Zeit der Heiligenver-
ehrung stammt ferner die an der Ostseite
des ersten Süderpfeilers vor einer hölzernen
Rückwand aufgestellte, trefflich geschnitzte
lebensgroße Bildsäule des Evangelisten
Johannes (Abb.). Der in vornehmer, ruhiger
Haltung dargestellte Apostel, über dessen
Haupte die Taube des heil. Geistes schwebt,
während zu seinen Füßen der Adler auf der
geschlossenen Bibel sitzt, hat die Rechte
segnend erhoben, seine Linke hält den Gift-
kelch, in dem sich die Schlange ringelt. Den
Saum seines reichgemusterten, seit 1878 an
Stelle der ursprünglichen Vergoldung mit
Goldbronze überstrichenen Mantels bedecken
drei Bibelstellen aus dem Anfang des Johannis-
evangeliums (Kap. i, Vers i, 6 und 14) in
der Fassung der Vulgata. An den drei
vorderen Seiten der aus dem Sechseck kon-
struierten Konsole sind die Zeichen der drei
übrigen Evangelisten angebracht, deren Namen
auf Schriftbändern sowie am oberen Rande
der Konsole verzeichnet .sind. Die gemusterte
und vergoldete Rückwand zeigt zu unterst grau in grau eine Silhouette Lübecks
die jedoch nach einwandfreier mündlicher Überlieferung erst 1878 vom Maler
Ch. P. W. Stolle hinzugefügt ist. Zwei der schlichten seitlichen Umrahmung der
Rückwand vorgesetzte einfache schlanke Säulen, die oben im rechten Winkel
vorgeknickt sind, stützen den 1878 wiederhergestellten sechsseitigen Baldachin.
Der Mann mit der Goldmulde.
') Goldschmidt, a. a. O., S. 22.
^) Das WB. erwähnt 1608, 4. W. n. Michaelis (Oktober 23 — 29) »dat isern Kastken, so
by der myssinges Capellen (vgl. S. 172) by dem Bilde s. Claus angehefftet, « 1638, 2. W. n. Neu-
jahr (Januar 7 — 13) »das Kastken furm Cohre bei dem Bilde, das Golt außtheilet,« 1646, 7. W.
n. Neujahr (F'ebruar 15 — 21) den kleinen Gotteskasten »bei St. Clages.«
^) Deecke, Lüb. Geschichten und Sagen (1852) S. 2S8.
Dil-: MARIENKIRCFIE.
31,
Nachricliten über nicht erlialtene iiiittehilterl ichc lÜldwcTkc.
In der St. Annen- oder llriefkapelle. 1352 Ajiril 15 setzte Luhhert
Omeke für die Marienkirche 40 ^. aus, falls ihm und seiner Khefrau ein
Begräbnis gewährt werden würde »in capella juxta turrim supra Platea Piscium,
in (pia ])osita est ymago dominice resurrectionis. « ^) 1405 Oktober 6 ver-
machte der Notar Johann P>aexs 2 ^ »uni virgini nomine Margareta ([uondam
in capella s. Anne ad Dominam Nostram ymagines
custodicnti et nunc in domo i)auperum in Platea
C'anum existenti.« ^) 1434 Ai)ril 24 bestimmte
Hinrich Tors, daß »vor deme bylde der cruce-
dracht unses heren in s. Annen capellen» ein vier-
pfündiges Licht gebrannt werden sollte.') 1450
August 28 gal) Klaus 'Preptouwe 30 ^ für Wachs
zu Lichtern, »de men selten unde bernen schole
vor Unser Leven Vruwen bilde in s. Annen
capellen, so lange dat was reket.« ') 1453 August 9
setzte Anthonius (ilashagen der vrouwen, dede
nu syt in s. Annen capellen \or den bilden,«
5 ^ aus. ^) Ferner erwähnt ein nie ht lange vor
der Reformation aufgenommenes Verzeichnis der
klenodien in s. Annen capelle« ein dortiges
»s. Annen bilde,« »dat Marienbilde« und »dat
bilde Marien medelidinge. « "^) 1533 Juli 24 ließ
der Werkmeister Lorenz Johannsfen : uth bevele
deß kerckheren unde der vorstender de bylde uth
s. Annen capelle bryngen.«^)
Weitere Ahirienbilder. 1367 September 14
vermachte die Witwe Gudeke Pod ihr scharlach-
farbiges Obergewand »ad Dominam Nostram ymagini
b. Marie virginis,« 1377 Juni 23 die Witwe Rixa
Blomenrot ihr bestes Obergewand »ymagini b. Marie
virginis sub choro.«') 1383 März 27 bestimmte
Evert Nyenborch 10 ^ »to eyner waskerssen vor
Unser Vrowen beide, dat ik maken lete an dat
norden in Unser Vrowen kerken.«-') 1443 Ok-
tober II gab Hans van (ihetelen »deme nyen
ALirienbelde in Unser Vrowen kerken up deme
chore* 3 ^, 145 1 August 26 und 1452 Juni 4
Dionysius Travenvoget ein Licht »vor L'nser Leven
Vruwen bilde der losinge« in der Marienkirche,')
1488 Januar 15 der Diener im Ratsweinkeller Daem
van Dinxlaken »to hulpe LTnser Leven Frouwen
bilde tor loesinghe in L^nser Leven Frouwen kerken
bynnen Lubeke to eynem nyen tabernakel to
buwende« 4 ^. Schließlich schmückte ein »bild
Marien medehdinge« den Altar der 1774 abge-
brochenen Heiseker-Kapelle.'*)
Bildsäule
des Evangelisten Johannes.
^) St.-A., Testamente.
'■') Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 11, S. 1S6.
ä) WB. 1533, 7. W. n. Pfingsten.
*) Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 11, S. 184.
;I4 DIE MARIENKIRCHE.
An der Ostwand der südlichen Vorhalle standen oberhalb der Nowgorod-
fahrerkapelle die hölzernen lebensgroßen^) Bildsäulen der Jungfrau Maria und
der hl. drei Könige. Jedenfalls bezieht sich auf diese Gruj^pe ein 1390
September 5 von Herbord van Lynne ausgesetztes Vermächtnis von igo #,
»de quibus 7 perpetua luminaria in ecclesia b. Marie coram ymaginibus
b. Marie et regum pendendo habentur. «^) 1768 zuletzt erwähnt,^) scheinen
diese Bildwerke noch in demselben Jahre zugleich mit der Nowgorodfahrer-
kapelle beseitigt zu sein.
In der Bergenfahrerkapelle sind Ende 1800 »die auf beyden vSeiten
von einer Massa angebrachten Figuren abgebrochen.«*) Sie stammten aus
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, denn 1406 steUte der Bergenfahrer
Matthias Burdeer für den Fall, daß man in dieser Kapelle »de apostelebelde
setten« würde, die Mittel zur Anfertigung »der twyer apostele beide Symonis
unde Jude« bereit,-'') 1438 Oktober 6 gab Dietrich Nyenborch 30 ^, um an
allen Heiligentagen ein Licht vor »s. Cristofifers bylde under den orghelen«-)
zu halten, und von weiteren Bergenfahrern wurden 1458 »een licht vor
s. Adrian under dem thorne« und 1464 »een licht vor s. Adrianus unde
een licht vor s. Anthonius under deme torne« gestiftet.'') Ferner hing noch
1787 an der Nordwand dieser Kapelle »eine geschnitzte hölzerne Tafel,« die
in einem mit aufgeschnittenem Bauche auf einem Tische liegenden Menschen
das Martyrium eines Heiligen (St. Erasmus?) darstellte.'')
In der Sängerkapelle ließen seit 1460 die Paternostermacher ein Licht
»vor s. Hillen- und seit 1470 der Bürgermeister Hinrich Kastorp ein Licht
»vor s. Annen bilde« brennen,^) ferner führt 1475 der Bischof Iwan von Reval
anläßlich einer Ablaßverleihung als dort befindlich auf »certas flagellacionis
domini nostri Jhesu Christi, b. Marie genetricis argenteam ac s. Anne
ymagines.« ^)
1601 wurde »dat stucke murs, so an dem piler tendest h. Ambrosio
Meyers erffen stoelle^") angeflicket, darup eine heydensche gotze gestanden,«
beim Bau eines dortigen Frauenstuhles abgebrochen.^^)
Bildwerke an der Außenseite der Kirche. 1532 März 27 ließ der
Werkmeister »dath bylde by deme köre unde vor der apoteken wechnemen
unde up dat welffte wynden.«*^) 1591 Mai 9 — 15 erhielten drei Arbeits-
leute je einen Tagelohn, welche »de olden bylde up de karcken ock dat
rum reyn makeden, dar de nye bockladen up dem ostende der karcken by
der Haßenporten gebuwet.«^^) Im Oktober 1603 sollte »an dem orde jegen
den Hassenporten afifer, darinne olde gotzen gestanden,« ein neuer Buchladen
gebaut werden.^*)
*) V. Melle, Entwurf zur Lub. Relig., S. 161.
*) St.-A., Test.
') ^gl- S. 170, Anm. 7.
*) Bruns, Die Lüb. Bergenfahrer und ihre Chronisiik, S. CXXXIV Anm. 4.
5) Das. S. 42.
^) Das. S. 100, 106.
'') Gründl. Nachricht, 3. Aufl., S. 166.
") U.-B. der Stadt Lübeck 10, No. 533, No. 548.
^) St.-A., Sacra Ai No. 35, Urschr.
'«) Vgl. S. 2S3.
11) WB. 1601, 13. W. n. Neujahr.
'*) WB. 1532, 6. W. in den Fasten.
**) WB. 1591, 5. W. n. Ostern.
'■•y Rentebuch 1581 — 1647, Bl. 269; K.-A.
DIE MARIENKIRCHE.
315
Als 1 6o<S/o9 an der Aulk'iiseile der ■rotcnlanzkapcllc ein ücinliaus
angebaut wurde, das 1762 erneut und 1835 abgebrochen ist, wurden am
(). Februar 1 6oq ^Mn[ester] Hans dem stenhower in der Papcnstrate entrichtet
up (hit bilde oder liistorien uth dem Eseciebx tho howen, so in <hit niee
l)enhues gesettet is,« 20 ^. und am 27. Februar weitere 15 ^. »up de beiden
l)ilde und syne sten sampt iwen dadenkoppen, so hee gearbeidet und in dat
nie benhues gesettet.«^) Der (legenstand der gröi>eren Darstellung war
zweifellos die Auferweckung der Totengebeine des Hauses Israel nach dem
l'roi)heten Hesekiel Ka]). 37, wie aueh folgende, noch 1835 am l'.einhaus
befindliche Inschrift^^ erkennen läfU:
»Telluris gremio caro i[uae
tumulata putrepit,
Surget in extremo glorificata die.
Non eipiidem vitae caput insu-
l)erabile Christus
Sanguine cjuae peperit membra
perire smet.
S. J- F. Anno 1608.«
Das in der \\ arcndorp-
Kapelle befindliche schöne
marmorne Grabdenkmal
des 1788 hier beigesetzten
lUirgermeisters Joachim
Peters (Abb.) ist eine
Schöpfung des späteren Straß-
burger Bildhauers Landolin
Ohnmacht (1760 — 1834) aus
der Zeit seines Hamburger
Aufenthaltes (1794 — 97)-^)
lüne der Antike nachgebil-
dete edle Frauengestalt tritt
an die auf hohem^ runden
Sockel stehende Büste des
Verstorbenen heran, um ihm
aus der Hand eines Kindes,
das sie in den Armen hält,
den Kranz des Verdienstes
darzubringen. Die Inschrift am Sockel lautet: D[is] M[anibus] JOACH im]
PETERS REIP[ublicae] LVBECicnsis] CONS[ulis] PRIM[arii] NAT[i] MDCCXli.
DEFVNCT[i] MDCCLXXXVIII. PIETAS P[osuit].
Die seit 1835 in der Tesdorpf-Kapelle aufgestellte*) Marmor büste
des 1824 gestorbenen Bürgermeisters Dr. jur. Johann Matthäus Tesdorpf
tandolin Ohnmacht: Grabdenkmal des Bürgermeisters
Joachim Peters.
1) WB. 1609, 6. W. und 9. W. n. Neujahr.
^) Jimmerthals handschrifü. Chronik der Marienkirche unter 1835.
^) Hamburgisches Künstler-Lexicon i (1854) S. 183.
*) Jimmerthals Chronik unter 1S35.
3i6
DIE MARIENKIRCHE.
(Abb.) ist anläßlich der Feier seiner fünfzigjährigen Amtsführung^) am
2. Oktober 1823 vom Senate gestiftet, wie auf dem breiten Sockel angegeben
i.st. Sie ist ein Werk des Direktors der Berliner Kunstakademie Joh. Gottfr.
Schadow. '^)
Nicht unerwähnt bleiben möge noch die im äußeren Winkel zwischen
den beiden südöstlichen Strebepfeilern der Rriefkapelle etwa in oberer Ab-
schlußhöhe der Fenster angebrachte So cm hohe verwitterte Kalksteinfigur
eines kauernden Männchens in roher und naiver Ausführung (Abb. als
Schlußstück). Die Figur ist anscheinend einer vielleicht ursprünglich an einen
ehemaligen Wasserspeier anknüpfenden Sage zuliebe hier aufgestellt. Sie stellt
den »steinalten Mann« dar, der, wie die
Sage meldet,^) um nichts anderes gebetet
hatte, als daß ihn Gott lange am Leben
lassen möchte, ob er schon steinalt
würde; als nun diese Bitte, ihm selbst
zur Last, in Erfüllung ging, soll er sich
auf der Suche nach dem Tod, der um
Mitternacht in der Marienkirche umging,
an diese Stelle verstiegen haben und hier
schließlich zu Stein geworden sein.
Gemälde.*)
Der volkstümliche Totentanz
(i\bb.), welcher das Mauerwerk der nach
ihm benannten Kapelle oberhalb des
dortigen Gestühls ringsum bekleidet, ist
ein im Jahre 1701 vom Kirchenmaler
Anton Wortmann ^) in getreuer Nach-
bildung eines älteren Werkes neu auf
Leinewand übertragenes 1,93 m hohes
Gemälde, das von einer gleichaltrigen
wulstartigen braungestrichenen Holzbe-
krönung überragt wird. Bei dieser Er-
neuerung sind die ausdrucksvollen niederdeutschen Verse am Fuße des alten
') Er war am 2. Oktober 1773 zum Ratssekretär, 1794 zum Senator und 1S06 zum
Bürgermeister erwählt worden.
^) Vgl. Oscar L. Tesdorpf, Mittheilungen über das Tesdorpfsche Geschlecht (Hamburg
1887) S. 123 f.
') Deecke, Lüb. Geschichten und Sagen, S. 272.
*) Ohne die besonders (S. 332 ff.) aufgeführten Porträts.
*) über ihn vermerkt das amtliche Meister- und Verlehnungsbuch (St,-A. , Handschriften
Nr. 135): »Anthon Worthman ist mit seinen wiewol schlecht befundenen Probestück von den Eltesten
vorgestellel , doch weil er sehl. Corth Fruchtenigs armselige Witwe heyrathen will, in Ansehung
deßen auff der Eltesten Bitte biß zu Auffweisung seines Meisterstücks zugelaßen worden den 28. April
Ao. 1686. Den 5. Novembr. ist sein Meisterstück vorgezeiget und er zum Meister eingeschrieben.«
Er war 1689 — 1727 Kirchenmaler an St. Marien.
J. G. Schadow: Büste des Bürgermeisters
Dr. J. M. Tesdorpf.
I
DIE MARIKNKIRCHE. 317
Gemäldes, welche, soweit sie noch lesbar waren, vom damaligen Prediocr an
St. Marien luul nachmalioen Senior Jakob von Melle überliefert sind,^) durch
flache hochdeutsche Reime aus der I'Y'der des Prä/x'])l()rs am St. Annen-
kloster xXathanael Schiott (gest. 1703) ersetzt worden.
Das Wochenbuch verzeichnet anläßlich dieser Wiederherstellunt; mir
folgende Ausgaben: 1701, 3. W. n. Ostern (A])ril 10 — 16): »Sonnabendl hat
H. Jacob Hübens unser Mittvorsteher der Kirchen wegen zu dem neuen
Todtentantz in der Kindercajjelle, welchen der Mahler zu verfertigen imter
Händen hat, gekaufft i22''/4'" Kllen Rohleinen ä 4V4 fj = 32 # 6 fj« und
1702, 5. W. n. Neujahr (Januar 29 — Februar 4): ».Anthon ^Vortmans des
Gläsers (Schreibfehler für »INbüilers) Rechnung beleufft sich 873 // 13 js',
selbe gezahlt mit 630 -^.«"^)
Voran hupft eine auf der Querpfeife zum Tanze aufspielende Gestalt
des Todes und fordert jedermann ohne Ansehen der Person auf, in den Reigen
zu treten:
To dessem dansse rope ik alghemene
Pawest, keiser unde alle creaturen,
Arme, rike, grote unde klene,
Tredet vort, wente nu en helpet nen truren,
wie der alte Text einsetzt. Dem Rufe folgen, von je einer Tode.sgestalt gefiihrt,
die Vertreter der verschiedensten geistlichen und weltlichen Stände : Papst,
Kaiser, Kaiserin, Kardinal, König, Bischof, Herzog — dessen Figur bei iler 1801
\()rgenommenen Erweiterung der außenseitigen Kapellentür herausgeschnitten
und noch teilweise im Kirchenarchiv vorhanden ist — , Abt, Ritter, Karthäuser,
l^ürgermeister, Domherr, Edelmann, Arzt, Wucherer, Kaplan, Amtmann —
ursprünglich der Kaufmann, während die übernächste P'igur des letzteren den
Handwerker (ambachtman oder amptman nach älterer Bezeichnung) darstellen
solP) — , Küster, Kaufmann, Klausner, Bauer, Jüngling, Jungfrau und Wiegen-
kind, zusammen 24 Personen.
Da der frühere Text mit den Worten '>Anno Domini M CCCC LXIII
in vigilia assumpcionis Marie (August 14) schloß, so ist das ursprüngliche
Gemälde offenbar damals noch unter dem Eindrucke der Pest entstanden, die
145 1 Lübeck heimgesucht hatte und die aufs neue 1463 in Oberdeutschland
und 1464 in den Seestädten wütete;^) auch entsprechen die Kostüme durchaus
^) Gedruckt in dem 1S66 zu Lübeck erschienenen Werke »Der Todlentanz in der Marien-
kirche zu Lübeck. Nach einer Zeichnung von C. J. Milde, mit erläuterndem Text von Prof.
W. Mantels.« Vgl. ferner: Der Lübecker Todlentanz. Ein Versuch zur Herstellung des alten
niederdeutschen Textes von Dr. Hermann Baethcke (Berlin 1873) S. 48 ff. und W. Mantels' Be-
sprechung beider Werke in den Göttingischen gelehrten Anzeigen, Jahrg. 1873, S. 721 ff.
'^) Anton Wortmanns Jahresrechnung betrug 1701, 4. W. n. Neujahr Januar 23 — 29} 50 ^
8 ß, bezahlt mit 42 ^, 1703, 9. W. n. Neujahr (Februar 25 — März 3) 322 ^ 14 ß, bezahlt
mit 161 (M ^.
^) Vgl. Mantels, Todtentanz, S. 8.
*) Vgl. Gerens Chronik (bei Bruns, die Lübecker Bergenfahrer und ihre Chronistik) S. 353
und Lüb. Chroniken (herausgeg. von Grautoff) 2 S. 278.
3l8 DIE MARIENKIRCHE,
den damaligen Trachten. In seiner Ausführung war das Werk höchstwahr-
scheinhch beeinflußt durch einen 1460 im Druck erschienenen hochdeutschen
Totentanz, mit dem es in der SteUung der Figuren und in Einzelheiten ihrer
Gewandung mehrfache Übereinstimmungen zeigt. ^) Wie eine 1873 angestellte^)
und 1903 wiederholte örtliche Untersuchung ergab, ist von diesem, zweifellos
1701 herausgeschnittenen älteren Gemälde unterhalb des jetzigen oberen Ab-
schlusses noch ein schmaler bemalter Leinwandstreifen erhalten;^) dagegen ist
ein darüber befindliches, ebenfalls jetzt verdecktes Renaissancegesims mit oberer,
in einer Hohlkehle vorgebogener Bekrönung, welche blaue Farbenspuren und
plastisch hervortretende vergoldete Papiersterne auh\eist, anläßlich einer 1588
vom Kirchenmaler Silvester van Swolle*) vorgenommenen Wiederauffrischung
des Gemäldes und Erneuerung seiner schadhaft gewordenen Partien angebracht.
Über die damalige Wiederherstellung des Totentanzes gil)t das WB.
folgende Auskunft. 1588, 6. W. n. Ostern (Mai 12 — 18) wurden 10 brede
ein lennewant tho behoff des dodendantz, de ein tho 3 j5«, und in der
14. W. n. Ostern (Juli 7 — 13) für den Maler Silvester »tho behoff des doden-
dantz 3 smale ein lennewant under tho foderen für 4 V2 ^ gekauft. In der
7. W. n. Michaelis (November 10 — 16) wurden 4 f^ verausgabt »vor 2 füren
brede tho sagen«, die teilweise »tho dem dodendantze tho bekleden unde
uththoflycken« dienten. In der 10. W. n. Michaelis (Dezember i — 7) wurden
gekauft » I V2 hundert fyn geslagen golt tho behofif des dodendantz baven in
I blawen velde myt Sternen tho bemacken, darvor gegeven 3 ^ i 2 13
Noch nahalen laten Va hundert golt tho behoff der Sternen tho dem doden-
dantz, is I # 4 fö.« In der 11. W. n. Michaehs (Dezember 8 — 14) wurden
»den sagers vor 8 schulpsnede dorch 2 eken brede tho behoff lysten umme
den dodendantz \an tho maken,« 9 0 gegeben. In der Neujahrswoche 1589
wurde die auf 93 ^4 ^ lautende Rechnung des Malers Silvester »van wegen
des, so he by der karcken unde karckenw^anynge dat 88. jar hefift gemalet,
hyr myt in gerekent de dodendantz, so he up dat nye dyt jar upgeluchtet, «
mit 69 ^ beglichen. 1589, 8. W. n. Neujahr (Februar 23 — März i) wurden
»vor penninck unde scharfnegell myt klenen koppen tho behoff der lysten
im dodendanze anthonegelen« 9 V2 f5 und schließlich in der 12. W. n. Neu-
jahr (März 23 — 29) an den Kirchenvorsteher Johann Bremer »vor i lank
dycke droge eken bret van 36 scho lank, dre vote bret, tho behoff der lysten
im dodendantz tho maken« 2 Taler oder 4 -^ 2 fü verausgabt.
In der Totentanzkapelle, die ehedem im Volksmunde auch als Plaudcr-
ka])elle bezeichnet wurde, hängt ferner ein etwa zu Anfang des letzten Viertels
des 15. Jahrhunderts auf Holz gemaltes 0,75 m hohes und 0,49 m breites Bild
') Baethcke, a a. O. S. 40 f.
0 Vgk ^- Mantels, Der Lübecker Todtentanz vor seiner Erneuerung i. J. 1701 i^Anzeiger
für Kunde der deutschen Vorzeit 1873) Sp. 158 ff. (mit Berichtigungen und Ergänzungen der älteren
Arbeit desselben Verfassers).
•*j Mantels hält es mangels einschlägiger Nachrichten für ausgeschlossen, daß der Totentanz
bereits 1463 auf Leinwand gemalt sein könne, und glaubt deshalb eine ältere Übertragung von
Holz auf Leinwand annehmen zu müssen, indes trifft jene Voraussetzung nicht zu, denn schon 1453
August 9 verfügt Anton Glashagen (St.-A., Test.) letztwillig über ein »vormalet laken.«
*) Silvester van S wolle, der seit 157 1 als Kirchenmaler an St. Marien nachweisbar ist,
starb im März 1589; WB. 15S9, 12. \V. n. Neujahr (März 23—29).
DIK MARIENKIRCHE.
319
dreier schwatzender Männer (Abb.) mit Rosenkränzen in den Händen.
1 unter ihnen huiern (h'ei schattenartige tUirre Teufelsgestalten, über denen ein
Sprucliband mit den Worten Xiii} bÜUci UÜlJ sch\vel)t. Die l'nterschrift lautet:
ijiir All filjOLMc alle bc ijlmic iiunMic _
de alle tiit ijaeii inaffeu nii ber Herne.
Das l^ild ist 1701 \'on Anton W'ortmann unter der Überscluitt „IVarnuna
für ^or plau^orov in ^cr Kirdy^n" und 1S50 aufs neue unter Beseitigung dieser
Worte \()n C. }. Milde wiederhergestellt worden.
l'ngetahr gleichaltrig i.st ein 1,30 m liohes und 1,01 m breites Tafei-
bilil mit drei Heiligen (Abb. S.
20). Auf einer I^ühne, deren Rückwand
mit einem glatt ges])annten gemusterten
Teppich verhängt ist, stehen hinter ch'ei
Bogenöftnungen in der Mitte St. Bartholo-
mäus mit dem Messer in perlen- imd edel-
steinbesetztem langem Gewände mit über-
geworfenem Mantel, rechts von ihm ge-
harnischt der Ritter St. Georg, den durch-
bohrten Lindwurm unter seinen Füßen,
links St. Adrian in bürgerlicher Tracht,
die abgehauene Linke in der Rechten
haltend. Am unteren Rande des schlich-
ten Rahmens sind die Xamen der drei
Heiligen aufgemalt. Das an der Ost-
wand der Divessen-Kapelle aufgehängte
Gemälde') ist zuletzt 1849 von C. J. Milde
wiederhergestellt worden.
Etwas jüngeren Ursprungs ist ein
1,28 m hohes und 0,69 m breites Tafel-
bild mit St. Patroklus (Abb. S. 321),
dessen Name am oberen Rande des
schmalen Leistenrahmens aufgemalt ist.
Der geharnischt im königlichen Schmucke
dargestellte Heilige, dessen Rechte ein bloßes Schwert hält, während von
seiner Linken eine Tartsche herabhängt, steht in einer hochgelegenen Vor-
halle, durch deren Bogenöffnungen der Blick über die Umfassungsmauer eines
Hofraums hin\\eg auf eine den Hintergrund füllende Stadt fällt. Das Bild
ist vermutlich von einem aus Soest, der Verehrungsstätte des hl. Patroklus,
zugezogenen Bürger gestiftet, da der Heilige in Lübeck nicht weiter vor-
kommt. In der Divessen-Kapelle.
-.. allf tif ftriif ninin "
«Warnung tür der Plauderey in der Kirchen.
1) Nach Angabe von 1787 (Griindl. Nachricht, 3. Aufl., S. 168 und 182) hingen zwei
»ahe Ahartafeln,« unter denen wahrscheinlich dieses und das folgende Gemälde zu verstehen sind,
am Wandpfeiler zwischen der Segeberg- und der Divessen-Kapelle und am vierten Norderpfeiler.
;20
DIE MARIENKIRCHE.
Gedenktafel an den am 30. Oktober 1489 auf der Fahrt zwischen
Bero-en und Lübeck südhch von Ekersund erfolgten Schiffbruch des Hans
Ben, 1,87 m hoch und 1,68 m breit. Ein an der Reling vorn mit den
Wappenschilden der Lübecker Bergenfahrer, hinten mit lübischen Schilden
dicht behängter Dreimaster ist vom Sturm gegen eine klippenreiche Flachküste
oeworfen, welche die Besatzung zum Teil mit hLrfolg zu erreichen strebt.
Darüber stehen der unbekannte Stifter, vermutlich ein aus diesem Schii^'bruch
Geretteter Bergenfahrer, und dessen Ehefrau zu beiden Seiten des Gekreuzigten.
Links und rechts dieser Gruppe schweben Spruchbänder mit den Aufschriften:
?lnno ti0miiii m ica ixxm öcg fntiaijcö lior alle ijabcö ijiUjiMi bo tilcff
fiilinpci* i]anö ücn liy bc Itcr^LUTcifr luir beun luniiiunbe mit x^Tüi '"'i"
bt^ ijot al ijncbidj )i. yatcr uoftcr hex o) alle criften feeicn und:
al>rij gilben gefcllen Ijolbet iiirijt ta lidjt
er iji to fcejt'L* ffat ijat jo to ber üidjt
et luaö (0 Hart ene tut
bat Ulli liiifer leüeiibeö lulirben i^liib
cn yater nofter lior alle triften (eelen.
Das seit alters her an der Westwand der Briefkapelle aufgehängte Ge-
miilde ist nach Angaben
auf dem schlichten Rah-
men 1584, 1720 und 1862
— zuletzt von C. J. Milde
— restauriert worden und
dadurch als Kunstwerk
verdorben.
Tafelbild mit der
in Ölfarben auf Kreide-
grund gemalten Greg o r s -
messe') (Abb.), 2,50 m
hoch und 3,57 m breit,
unter einem im Viertel -
kreise vorgewölbten goti-
schen Schutzdach , das
vorne mit drei von
1) Vgl. A. Güldschmidt,
Die Gregorsmesse in der Marien-
kirche in Lübeck , Zeitschr. für
Christi. Kunst, 9. Jahrg. (1896)
Sp. 225 ff. (mit Abb.); abge-
druckt im 17. Jahresber. d. V.
von Kunstfreunden in Lübeck
(1898) S. 7 ff. (mit Abb. der
Tafel vor und nach ihrer Wieder-
herstellung im Jahre 1895).
St. Georg, St. Bartolomäus und St. Adrian.
Die Gregorsmesse.
)Ii: MARIENKIRCHE.
321
Kreuzblumen s^ekrnnten Kiell)()^en luul mit einei' oljcren Spit/.boi^enoaleric
abschlieiNt.
X'or dem Altar einer kleinen "otischen Ka|)elle, durch dessen spitz-
boi;iges Portal das Auge auf eine von i iausern uniiJebene Kirche fällt, kniet
betend Papst Gregor I., begleitet \'on einer Schar vornehmer Geistlicher. Sein
ver/Äickter Blick ruht auf der nur ihm sichtbaren Erscheinung des Leibes
Christi mit der Dornenkrone, den Sj)uren der Geißelung und den Kreu/igungs-
wundmalen, aus denen sich das
Blut des Erlösers in den Altar-
kclch ergiefU. i\bges(jndert \ om
(jcfolge kniet im Vordergrund
zur Linken des Pai)stes der
Stifter, ein Geistlicher. Das auf
dem Klipeus seines Mantels an-
gebrachte GreveradescheWappen
(auf schwarzem Grunde oben
zwei grüne Kränze mit je fünf
weißen und fünf roten Rosen,
unten eine halb weiße, halb rote
Rose), welches sich auch auf
dem untern Zipfel der Kasula
des Papstes sowie dreimal am
Schutzdach findet, weist ihn als
den im Januar 1 501 zu Löwen ver-
storbenen Priester und Lübecker
Domherrn Adolf Greverade aus.
In dem ihm gegenüberstehenden
einzigen Laien des Bildes ist
jedenfalls sein Neffe und Nach-
laßvollzieher, der Lübecker Bür-
ger Hinrich Greverade, darge-
stellt, der anscheinend das auf-
gerollte Testament in der Linken
hält. xA.uch der im Hintergrunde
ganz zur Rechten stehende Kar-
dinal trägt, wie seine Porträt-
ähnlichkeit mit dem Domherrn
erkennen läßt, die Züge eines Familienmitgliedes.
Als ungefährer Zeitpunkt der Stiftung des Gemäldes \\ird das Jahr 1 504
gelten können, in welchem Hinrich Greverade laut letztwilliger Anordnung seines
Oheims eine Vikarie in der von ihm neu ausgebauten Greveraden-Kapelle des
Domes stiftete, welche er alsbald mit dem Memlingschen Altarschrein schmückte.
Das Bild zeigt, »verglichen mit den gleichzeitigen Werken der Lübecker
Schule, mit keiner der bekannten Schöpfungen genügende Verwandtschaft,
21
St. Patroklus.
322
DIE MARIENKIRCHE.
um es bestimmt einer der Gruppen einzuordnen. ^) Da es in der Marien-
kirche nur einen Greveraden- Altar gegeben hat") und dessen Tafel bekannt
ist (vgl. S. 216), so wird das Bild wahrscheinlich lediglich zur Ausstattung
der Familienkapelle bestimmt gewesen sein. Bei seiner ersten Erwähnung im
Jahre 1666 sowie im folgenden Jahrhundert hing es an der Südwand der süd-
lichen Kapelle des Chorumganges, später gelangte es in die Greveraden- und
von da in die Bergenfahrerkapelle; seit seiner 1895 erfolgten Restaurierung
durch Joh. Nöhring ist es wieder an seiner früheren Stelle im Chorumgang
anoebracht.
Denkgemälde auf Holz
für den am 12. Januar 1540
gestorbenen Ratsherrn Hinrich
Kerkring (Abb.), mit dem
Rahmen 1,34 m hcjch und
0,89 m breit. Der Verstorbene
kniet vor dem gekreuzigten
Heiland, den eine Schar von
hangeln und Engelsköpfen um-
gibt. Achtzehn zum Erlöser
aufschauende weiße Schafe,
deren Zahl derjenigen der Kin-
der Hinrich Kerkrings gleich-
kommt, umdrängen das Kreuz
oder springen auf dasselbe zu.
Eine unten angefügte Schrift-
tafel enthält zwischen den
Wappenschilden des Ratsherrn
und seiner Hlhefrau Katharina
geb. Joris (drei grüne Kränze
auf Gold) den aus vier latei-
nischen Distichen bestehenden
Nachruf und das Todesdatum.
Ein schöner schmaler Rahmen
iJeiikgeinälde für den Ratsherrn Ilinrieh Kerkring
*) Goldschinidt, a. a. O., S. 9. — Hasfe (Burchard Wulff, ein Lübecker Maler des
17. Jahrh., S. 5 Anm. 2) .schreibt das Gemälde »trotz mancher Bedenken« dem Bernt Notke zu.
") Am 30. April 1504 bestätigte Bischof Dietrich Arndes dem Hinrich Greverade und
seinen Mittestamentarien die Stiftung einer Vikarie in der nordseitig belegenen Marienkapelle
des Domes (Reg. cap. 5, No. 10); nach Angabe einer bischöflichen Urkunde von 15 14 !,Reg.
cap. 5, No. 34) wurde aus dieser Kapelle, der vierten von Westen her, eine der beiden
dortigen älteren Vikarien am 6. September 1504 — tatsächlich jedoch am 6. August 1504 (Reg.
episcopi 4, No. 86) — nach der von Westen her sechsten südlichen Kapelle des Domes verlegt.
Aus diesen Angaben ist bei Goldschmidt, a. a. O., Sp. 230, irrtümlich die Behauptung hergeleitet
worden, daß »Bischof Dietrich den Testamentarien des verstorbenen Adolf Greverade noch eine
andere Vikarie bestätigte am Altar der vierten nördlichen Kapelle der Marienkirche.«
DTK iMARIENKIRCHK. 323
in tlcn l'Ornicn der iM-iihivnaissuncc umschließt l^ilcl uiul Inschrifl. An tlcr
Ostseite des zweiten Suderpfeilers.
Denk^eniakle auf 1 lol/ für den am 10. Mar/, 1543 im 4S. I A'hensiahre
gestorbenen ersten e\anoelisclien I'astor der Marienkirclu? Johann W'alliorf
(Abb. S. 324), 1,04 m hoch und 2,30 m breit. In der Mitte nimmt (hei
Viertel der Höhe eine schwarze Tafel mit den charakteri.sti.schen Versen ein:
Epitaphium Dni Joannis Walhoff.
Johannes Walhoff pietatis dogmate clarus
Ooncedens fatis hac requiescit humo.
Primus in hoc templo Pastor praeconia Christi
Praedicat ingenti pectore voce fide.
Et graviter damnat Romanae sedis abusus
Testificans solam justificare fidem.
Abstulit ante diem lethalis calculus illum
Sed modo cum Christo vivit in arce poli.
Obiit anno MDXLIII decimo die Martii, Pastoratus sui XIIII.
aetatis vero suae XLVIII.
Dari.iber erblickt man den Geistlichen auf der Kanzel, wie er in einer
kleinen Renaissancekapelle zur andächtig" lauschenden Gemeinde ]:)redigt. Den
Hintergrund zur Linken sowie die von Zuhörern freigelas.sene rechte Seite des
Hildes tuUt eine durch große Bogenöffnungen sichtbar werdende Landschaft
mit biblischen Szenen, offenbar bestimmt, den Inhalt der Predigt vor Augen
zu führen: links der Sündenfall, Moses die Gesetzestafeln empfangend und
Moses die eherne Schlange aufrichtend, während im Mittelgrund als Gegen-
stück der Gekreuzigte aufragt; rechts im Vordergrund der aus dem Felsen-
grabe hervortretende auferstandene Heiland, den Tod und den als brüllenden
Löwen dargestellten Versucher besiegend und der Schlange den Kopf zer-
tretend , im Hintergrunde Jerusalem und die dem Grabe zueilenden Frauen.
Am äußeren Pfeiler der linken Bogenöffnung steht die eben noch teilweise
lesbare Aufschrift: . . . N ? S HB 154-4. Ursprünglich an der nordöstlichen
Wand der Beichtkapelle, wo Johann \\\alhoff bestattet wurde, jetzt in der
Sakristei.
Denkgemälde auf Holz für den am 6. September 1529 gestorbenen
Ratsherrn Lambert W'itinchof und seine am 27. Dezember 1552 ge-
storbene Ehefrau Maraaretha geb. Bere, frühere Witwe des Ratsherrn
Dietrich Brömse. Das 1,26 m hohe, 0,80 m breite Tafelbild (Abb. S. 325)
stellt in waldiger Flußlandschaft die Taufe Christi dar, auf den der heil. Geist
mittelst dreier vom Munde Gott Vaters ausgehender Strahlen herniederschwebt.
An der Spitze des die Taufe begehrenden Volkes richtet ein Landsknecht an
Johannes die Frage: Inat fcljOlC ÜIU büll, worauf dieser erwidert: Jjot rCLijt-
fcljaULMl frudjt bcr ItOtC, lUCC 3. Dies Gebot wird sogleich seitens der
Menge in mannigfacher Weise betätigt. Dahinter legt ein Mann, den Blick
)24
DIE MARIENKIRCHE.
DIE MARIEiNKIRCHE.
J-5
erwartungsvoll auf den Täufer richtend, (gemäß Lucä 3, 9) die Axt an einen
von Wetterstrahlen uni/Aickten verdorrten Baum, in dessen nestartig entwick'elter
Krone eine Gesellschaft beim Gelage sitzt. Im X'ordergrund kniet zu beiden
Seiten der aufgemalten Inschrifttafel das Witinchofsche l^hepaar. Der einfache
Leistenrahmen trägt am unteren Rande drei kleine Wappenschilde, den Bereschen
z\\ischen dem Witinchofschen und dem Brömseschen. Die Tafel hing noch
1787 am Wandpfeiler zwischen der Bergenfahrer- und der Greveraden-Kapelle;
1S52 gelangte sie aus dem Besitz des Senators Dr. C. L. Roeck an das Museum.')
Eine »gemalte
Tafel« mit Namen und
Todesdaten von Thomas
von Acken (gest. 1565
Juni 8), Dorothea von
Acken (gest. 1565 Sep-
tember 30) und Hinrich
von Acken (gest. 1565
Oktober 11) hing früher
an der Westwand der
Divessen -Kapelle,^) wo
sie zuletzt 1742 nach-
weisbar ist.
Denkgemälde auf Holz
iur Bartold W'ilms, seine
h^hefrau Hille geb. Bonnus
und zwei Töchter, die sämt-
lich innerhalb des Zeitraums
vom 15. Oktober bis 24. De
zember i 567 gestorben sind.
Das 2,18 m hohe und 1,96 m
breite sehr vernachlässigte
Bild stellt die Auferweckung
des Lazarus dar. Es ist I DE-
LAVAL FECIT gezeichnet,
ferner sind zu beiden Seiten
der Jahreszahl
1568 ein gel-
ber Schild mit
der nebenstehenden Marke und das Bonnussche Wappenschild
(auf schwarzem Grunde eine rote Rose inmitten eines weißen
Dornenkranzes, darüber eine auffliegende Taube mit einem Öl-
zweig) angebracht. Auf der Basis des aus zwei Pilastern mit oberem Ge-
bälk bestehenden Rahmens ist ein \äer sechszeilige Strophen umfassender
Denkgemälde für den Ratsherrn Lambert Witinchof
und dessen Ehefrau Marearetha.
') Jetzt Kulturhist. Museum No. 122.
2) Lub. Rehg. S. 1S5.
326 DIE MARIENKIRCHE.
niederdeutscher Nachruf trivialen Charakters^) aufgemalt. UrsprünoUch an der
Innenseite des Schrankenwerks der Greveraden-Kapelle nach Süden zu, jetzt
an der Südwand der Schinkel-Kapelle.
Kin 1,52 ni hohes untl 1,20 m breites Tafelbild"'^) zeigt als Hauptgruppe
die Verehrung des Christkindes durch die Hirten; im Mittelgrund ist
links die Verkündigung Maria, rechts die Anbetung der Könige angebracht;
im Hintergrund vernehmen die von himmlischer Klarheit umleuchteten Hirten
die Heilsbotschaft des Engels. Ganz vorne findet sich die Bezeichnung
k
DELAVAL FECIT zwischen der schwru'z auf selbem Schilde
1
gemalten nebenstehenden Marke und der Jahreszahl 1569. Die
Figuren und Gruppen sind zum Teil zwei von 1565 und 1566
datierten Gemälden desselben Meisters in der Petrikirche (vgl. S. 80) und der
Katharinenkirche entlehnt. 1787 vor der Gallin-Kapelle, jetzt an der Südwand
der Greveraden-Kapelle aufgehängt.
Denkgemälde auf Holz für den am 19. November 1568 im 17. Lebens-
jahre gestorbenen Schüler Boetius Paysen, gestiftet von seinem Vater, dem
Flensburger Ratsherrn Paul Paysen.^) Das 1,52 m hohe und 1,34 m breite.
^
DE LAVAL FECIT und 1570 oezeichnete Bild stellt die Taufe im
Jordan dar; im Vordergrund knieen links Luther und Melanchton, rechts
der Verstorbene; in den Ecken sind vier Ahnenwappen angebracht. L^rsprüng-
lich an der Nordseite des sechsten Norderpfeilers, ^) jetzt an cier Südwand der
(jreveraden-Kapelle aufgehängt.
Kin ehemaliges Denkgemälde auf Holz für den der Inschrift^) nach
»am avende der hemelfahrt Christi« (29. April) 1573 im 16. Lebensjahre
gestorbenen Schüler Lorenz Christiansen, Sohn des Bürgermeisters von
Tendern Karsten Andersen, stellte die Himmelfahrt Christi mit der knieenden
schwarzgekleideten Figur des Verstorbenen dar. Es hing in der südlichen
Kapelle des Chorumgangs und war 1787 noch vorhanden.
') Gedr. W. Mantels, Beiträge zur lübisch-hansisclieii Gesch., S. 376 und B. Spiegel,
Hermann Bonnus (2. Aufl., Göttingen 1S92), S. 141.
'•') Lichtdruck bei P. Hasl'e, Aus der Gesch. der Lüb. Malerei von 1550 — 1700, Tafel I.
^) Lub. Relig. S. 212.
*) 1624, 14. W. n. Ostern '^Juli 4 — 10) wurde ein Grab, »so am neddersten Piler in
der Kirche an der Nordersiden belegen, drüber am Piler eine Tafel oder Epitaplium deß edlen
Boetii Paysen,« mit neuen Bohlen belegt; WB.
'^) Lub. Relig. S. 192.
DIE MARIKMvIRCllE. 327
Über ein sonst spurlos untergegangenes kleines l>il(l heit.U es i^oS in
einer Abrin hiunig ' ' mil (U'ni Maler Johann Willinges: Noch 1 klen stucke
dockes gemalet in dal kor, darup de offerunge niyt olyefarwen , darvor
is 20 -#.«
Die frühere l>rüstung oberhalb der (lallin-Kapelle war mit den von
1600 datierten (lemälden der Propheten Jesaias, Jeremias, Hesekiel und
Daniel geschmückt. 'i Sie werden /Ailetzt 1841 als »sehr beschädigt« auf-
geführt^) und sind jedenfalls ein Jahrzehnt später l)eim Umbau der Kapelle
zur Sakristei beseitigt.
Ein von den Bundmacher- oder Kürschnergesellen gestiftetes (iemälde
der Austreibung der Wechsler aus dem Temjjel, das nach seinen In-
schriften 1630 und 1735 wiederhergestellt war,^) befand sich an der Südseite
des vierten südlichen Chorjifeilers. Es wird 1787 zuletzt erwähnt.
Ein »(iemälde von der Ewigkeit-- hing nach .Angabe voh 1697
am ersten Süderpfeiler.^) Vielleicht ist es identisch mit einem 1787 west-
seitig am Eingang zur d'otentanzkapelle angel)rachten Bild vom jiingsten
Gericht.« *5)
Ein altes, von der Eamilie Köhler gestiftetes (iemälde hing noch
1787 an der Südwand über dem Schonenfahrerstuhl. ^)
Ein Denkgemälde der Familie Hagenower, das vermutlich nach
dem Ableben des Kirchenvorstehers (1593 — i6oi) Anton Hagenower gestiftet^)
und 1742 noch vorhanden war,'') hing an der Nordwand der Brief kapeile.
Denkgeniälde für die Familie Göttinck, ohne den Rahmen 2,24 m
hoch und 1,57 m breit, gezeichnet JOHAN WILLINGES 1619. Das 1904
aus ganz verwahrlostem Zustande von Joh. Nöhring wiederhergestellte Tafelbild
(Abb.) zeigt den Heiland im Hause Simons, wie ihm Maria, des Lazarus Schwester,
die Fiiße .salbt (Ev. Joh. 12, 3); im Hintergrund ist die dienende Martha
mit der Bereitung des Mahles beschäftigt. Den von zwei schlanken Pilastern
mit Gebälk und oberem Aufbau gebildeten ausdrucksvollen Renaissancerahmen
krönt eine segnende Christusstatuette zwischen der Caritas und einer weiteren
verstümmelten Tugendfigur, die ihrer Haltung nach als Fides zu deuten ist.
Das untere breite Querholz des Rahmens trägt in der Mitte die Aufschrift:
:inno \594 : \ö. OCTOB. Starff Zinna (Sottincfs. Sdid^ücf. ^Imio \60ö Ven
2\. OCTOBRIS 5tarff Der urbare rjarnien c^ottincF, tSctrefcu Borger vn^
^) WB. 1595, II. W. n. Michaelis (Dezember 7 — 13).
■^ Liib. Relig. S. 155.
^ [Funk,] Die Merkwürdigkeiten der Marienkirche in Lübeck, 2. Aufl., S. 30.
*) Lub. Relig. S 201.
^) [Lebermann,] Die Beglückte und Geschmückte Stadt Lübeck, S. 116.
^) Gründl. Nachricht, 3. Aufl., S. 163.
') Das. S. 168, Lub. Relig. S. 184.
®j 1605 Juli 29 kaufte der Kirchenvorsteher Wilhelm .Scholle ein Grab »in s. Annen
capellen twisschen dem bogen piler und der karckenmuren , daranne der Hagenower bildnisse ge-
hangen;« Steinbuch 1597 — 1636, S, 62.
^) Gründl. Nachricht, 2. Aufl., S. 131.
328
DIE MARIENKIRCHE.
23argefarer \el 2Umo \6 (nachgetragen: 25 Den 9. NOVEN) Starff (Elfabe
(5ottingc5 Sclicblid]. Daneben die Brustbilder der drei genannten Personen:
links dasjenige Hermann Gottincks, neben dem bis zur erwähnten Wiederher-
stellung ein offenbar im
Kindesalter verstorbener
Knabe dargestellt war ;
rechts die der beiden
Frauen, anscheinend Mut-
ter und Tochter. Ur-
sprünglich an der Nord-
wand der Bergenfahrer-
kapelle, in der das
Göttincksche Grab lag ;
1904 von der Nordwand
der Schinkel-Kapelle in
die nordseitige Kapelle
des östlichen Chorumgangs
versetzt.
Ein ehemaliges
Bild der Sindflut
ist nur im Wochen-
buche nachweisbar,
indem 1645 J^^^^ ^^
Dietrich Kloecke »für
eine Taeffel, soll sein
von der Sintflott, hin-
tern Cohre oben seiner
seligen Fruwen Be-
grebniße« die Auf-
stellungsgebühr mit
50 ^ entrichtete.^)
Kleines, 0,54 m
hohes und 0,36 m breites
Tafelbild mit dem Ge-
kreuzigten zwischen der
von Johannes begleiteten
Maria und einem knieen-
den Engel, 1896 von Joh.
Nöhring restauriert (Abb.).
Unterhalb des Kreuzes
befindet sich das Zeichen
des Künstlers BiVF
(= Burchard Wulff fecit),
1) WB. 1645, I5.\V. n.
Ostern (Juli 13 — 19).
Johann Willinges: Denkgemälde für die Familie Göttinck
DIK MARIENKIRCHE.
329
in der rechten unteren l'xke die Jiilireszahl 1662. Von (\i:\\ an \ an l)ycl<schc
Vorbilder erinnernden Gestalten ist die Engelsfigur der in der kgl. Pinakothek
zu München befindiichen »Beweinung Christi« dieses Meisters entnommen.^)
Das l^ild ist einem alteren schadhaft gewordenen Gemälde mit dem >IIaupte
l"hristi^< übergemalt. Bei dieser lü-neuerung wurde der alte viereckige gotische
Rahmen aus l^ichenholz, der noch tlen Rest einer vorgewölbten Ik'krc'niung
aufweist, durch Beifügung
eines oberen (jesimses
und einer barocken Ran-
kenwerkumkleidung aus
i^'öhrenholz dem (ie-
schmacke der Zeit ange-
paßt. \w dem Reste der
Verdachung steht die oftcn-
bar vom älteren Bilde
stammende Inschrift:
ASPICE QUI TRANSIS
QUIATU MIHI CAUSA
DO LCR IS.-) Ursprüng-
lich in die Bürgermeister-
kai)elle gehörig, neuer-
dings in der Sakristei
aufgehängt.
Das WB. be-
richtet unter 1662,
10. W. n. Ostern
(Juni I — 7): »Noch
haben meine H. Vor-
steher auf Anfordern
s. Magnif. H. Gott-
schalfk] von Wickeden
Burgermeisters ein
klein Bild, so vorhin
in der H. Burger-
meister Capellen über
dem Leuchter stand,
weil deß H. Christi
Haupt, so drauf ge-
mahlet gewesen, meh-
rentheils vergangen,
endern, beim Tischer umb den Rahmen etwaz herumb machen und durch
ein Conterfeyer Nahmens Burchardt Wulff daß Kreutz deß H. Christi
drauf schildern laßen; dafür ihm geben 14 *^, seiner Magd, die solches
brachte, 6 |^' Drinckgelt, thut 42 .^ 6 f?;. Noch Hinrich unserm Klocken-
Burchard Wulff: Christus am Kreuz.
1) Vgl. P. Hasfe, Burchard Wulff, ein Lüb. Maler des 17. Jahrhunderts (1898), S. 9; ders..
Aus der Gesch. der Lüb. Malerei von 1550 — 1700 (1900) S. 5.
^ Vgl. S. 216.
330 DIE MARIENKIRCHE.
leuter, daß er ein Loch in der H. Burgermeister Capel über dem Leuchter
etwaz höher geschlagen, daran dai> Bild gehangen, 2 |^.«
Tafelbild auf Leinwand, 1,23 ni hoch und i m breit, den toten
Heiland am Kreuze vor einem dunklen W'olkenhimmel darstellend; gute
Kopie eines unbekannten Meisters nach dem oberen Teile des van Dyckschen
Gemäldes »Christus am Kreuz« in der kgl. Pinakothek zu München. Das mit der
Aufschrift Cafpar v. Elpcn obiit Anno \676 und dessen Wappen bezeichnete
Gemälde ist 18 17 vom Zeichenlehrer und Maler J. L. W. Förster (1769 — 1833),
der auch eine erweiterte Kopie des Bildes fiu- die Jakobikirche gemalt hat,
wiederhergestellt^) und erst seitdem in der ^Marienkirche nachweisbar. Jeden-
falls ist es zugleich mit dem folgenden Bilde der Katharinenkirche entnommen,
in der fri.iher am westlichsten Norderpfeiler ein Gemälde des gekreuzigten
Heilands hing. ^)
Ein lebensgroßes auf Leinwand gemaltes Vollbild des D. Martin
Luther mit dem Schwan ist im wesentlichen nach einem Kranachschen
Lutherbilde kopiert. Von dem in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts
lebenden Kaufmann Jf)hann Sievers fiu' die Katharinenkirche zusammen mit
einem dort noch befindlichen Bilde des Kurfürsten Johann h^'iedrich von
Sachsen gestiftet,^) ist es 181 7 von J. L. \V. Förster wiederhergestellt und im
folgenden Jahre an der Ostwand der Beichtkapelle aufgehängt.^) Jetzt in
der Sakristei.
Großes, 3,88 m hohes, 2,97 m breites Tafelbild der Bußpredigt des
Propheten Nathan vor David (2. Sam. 13), gezeichnet
FR. ÖSTE REICH'-)
faciebat
1688
Jl. Dcccnib:
Der geschnitzte Rokokorahmen des recht mäl^igen Bildes trägt am unteren
Rande das Wappen des Ratsherrn und Kirchenvorstehers Dr. jur. Heinrich
Balemann (gest. 1693), von dem das Gemälde gestiftet ist. Im Süderschiff an
der Rückseite des großen Nowgorodfahrerstuhls.
Schließlich bewahrt die Marienkirche zwei Gemälde des aus Lübeck
gebürtigen Malers PViedrich Overbeck (1789 — 1869).
Das ältere, der figurenreiche P^inzug in Jerusalem < (Abb.), ist als
erstes größeres Werk Overbecks 1809 in Wien begonnen und nach langer
*) Nach Angabe des Malers Jean Werner Greve in seinem 1821 aufgestellten »Raisonnirenden
Verzeichnis über die in der Marienkirche zu Lübeck befindlichen Gemälde« (St.-A.).
'■^) Lub. Relig. S. 392.
3) Das. S. 389.
*) Greves »Raisonnirendes Verzeichnis« von 182 1 unter Xo. 2.
*) F'ranz Österreich, aus Braunschweig gebürtig, war seit 1664 selbständig in Lübeck
tätig und starb zwischen 1693 und 1697; Hasfe, I5./l6. Jahresbericht d. V. von Kunstfreunden in
Lübeck, S. 18 ff.
DIE MARIENKIKCIIK.
-I ■> 1
Unterbrechuno 1S24 in Rom xoHendet. ') Ks wurde im foli^cMiden fahre für
die Kirche erworben und an der Südwand der Beichtkapelle in einem eichenen
Verschlage aufoestellt.
In der Mitte des Bildes reitet auf dem Kselsfüllen der I leiland mit
segnend erhobener Rechten. I{r wird links \•^m Petrus begleitet, rechts von
Jakobus d. Alt. und Johannes, die zwi.sclien sich ihre Mutter Maria Salomä
führen. Dieser (iruppe folgen die iibrigen Jvinger, von denen ludas Ischariot
ein wenig" ab.seits grübelnd einherschreitet; ho.siannarufende Manner mit Palm-
zweigen eilen dem Heiland voraus. Vom Ölberge her dnüigt ihm eine Volks-
menge nach, unter der sich viele Geheilte befinden; weiteres V^olk harrt seiner
Ankunft vor dem xon einer
Wetterwolke bedrohten Jerusalem
oder strömt ihm xon dort ent-
gegen. Dies sind die älteren
Partien des Bildes. Im Vorder-
grunde streckt Maria bewill-
kommnend die Arme nach dem
Sohne aus; neben ihr sitzt Maria
Magdalena, während Maria
Cleophä den Mantel vor dem
Messias ausbreitet. Weiter links
führt des Künstlers Gattin Nina
ihren fünfjährigen Knaben
Alphons an der Hand. Hinter
den Aposteln hat der Maler sich
selbst mit befreundeten Künstlern
dargestellt. Vor der Baumgruppe
im Mittelgrund erblickt man
seinen Vater, den 1821 \er-
storbenen Lübecker Bürgermeister
Dr. Gh. A. Overbeck, dessen
Johann Willinges: Halbbild des Superintendenten
M. Georg Stampelius.
Porträtähnlichkeit ein Vollbart verschleiert, mit seiner Gattin und seinen drei
Töchtern.
Das andere, im Auftrage eines 1837 gebildeten A^ereins für den Er-
werb eines Overbeckschen Gemäldes« 1841 — 46 entstandene BikP) (Abb.) stellt
nach des Künstlers eigenen Worten^) »die Trauer um den Eingebornen
Gottes-Sohn« dar in einem ergreifenden Moment zwischen der Kreuzabnahme
*■) Vgl. [Funk], Die Merkwürdigkeiten der Marien-Kirche in Lübeck, 2. Aufl. (1841) S. 22
Anm. 2 und M. Howitt, Friedrich Overbeck (Freiburg i. B. 1886), i, S. 484 ff.
'■') Howitt, Overbeck 2, S. 91 ff. und Akten des obengenannten Vereins im Lüb. Staats-
archiv. Der Künstler erhielt für das Bild 1000 hoUänd. Dukaten oder, einschließlich Wechsel-
kosten, 8097 ^ IT, ß lüb. (=: 9707 jfC 37 V2 4). Erste Abrechnung von 1847 Februar 4.
^) Schreiben Overbecks an den Syndikus Dr. Curtius , Rom 1846 März 7; Auszug im
Staatsarchiv.
DIE MARIENKIRCHE.
und der Grablegung. Es befindet sich an der Ostwand in der eigens für die
Aufnahme dieses Gemäldes neu hergerichteten alten Gerwekammer. »Zur
Erläuterung des Bildes,« bemerkt O verbeck bei dessen Ablieferung,^) »ist wohl
nichts weiter nötig als die Personen näher zu bezeichnen, die folgendermaßen
gedacht sind. Die heilige Jungfrau in der Mitte, die die Hand ihres göttlichen
Sohnes faßt, dürfte hinreichend kenntlich sein; neben ihr knieend Johannes;
über dem Haupte des Herrn Magdalena weinend, zu seinen Füßen sitzend
Maria, die Schwester der Martha, indem ich der Meynung derjenigen gefolgt
bin, die diese von der Büßerin Magdalena unterschieden wissen wollen; Martha
hinter der h. Jungfrau mit aus-
gebreiteten Armen herbeyeilend ;
und Lazarus hinten am Felsen
gelehnt; Maria Cleophä aber
auf der andern Seite hinter der
h. Jungfrau sitzend; die beyden
folgenden Männer aber Joseph
von Arimathia und Nicodemus;
von ferne noch Salome und
Johanna^) herzukommend.«
Porträts.
Nicht mehr vorhanden
ist eine noch 1787 erwähnte
viereckige Tafel mit dem
Bildnis des am i . Januar
1548 gestorbenen Pastors
M. Johann Böckmann
und einem sechs Distichen
umfassenden Nachruf. ^) Sie
hing am Wandpfeiler west-
lich der Gallin-Kapelle.
Lebensgroßes auf Holz
gemaltes Brustbild des am
19. P'ebruar 1622 im 61. Lebens-
jahr gestorbenen Superintenden-
ten M.GeorgStampel ins (Abb.
S. 331). Auf der Bibel, die er mit der Linken umfaßt, steht die Jahreszahl 1622
und über dieser ganz klein das Monogramm des Malers Johann Willinges ■^.
Den unteren Teil des mannshohen Bildes füllt die Inschrift. Früher in der
Beichtkapelle, jetzt in der Sakristei.
Vier Porträts von Mitgliedern der P^amilie Bremer in der seit 1636
ihr gehörigen Kapelle, und zwar
') Siehe S. 331 Anm. 3.
'•') Nachfolgerin des Herrn; Ev. Lucä 8, 3.
^) Lub. Relig. S. 154.
Porträt der Anna Bremer.
DIE MARIENKIRCHE.
333
1. ein auf I lolz «gemaltes, 86 cm liolics untl G"] cm breites Bild mit
der llalbfigur des am 15. Oktober 1636 im 55. Lebensjahre gestorbenen
Kaufmanns Hinrich Bremer, hi der rechten oberen l'xke steht das l-5remcrsche
\Vai)pen zwischen den Buchstaben H und B; darüber EtaTIS SV/E 29
Anno 1608,M darunter HlNRICH BREMER mit dem spateren Zusatz Senior:
2. ein auf Holz i^emaltes Bild \'on gleicher J<~orm und (Iroße mit der
Halbfigur der am 4. Oktober 1630 nach eben vollendetem 39. Lebensjahre
gestorbenen h^iefrau des V'origen, Elisabeth geb. Paschen, die als kaum zwanzig-
jährig dargestellt ist;
3. das auf Kupfer gemalte, 70 cm hohe und 55 cm breite ovale Brust-
bild von Hinrich Bremers gleichnamigen Sohne, der als etwa Sechzigjähriger
dargestellt ist und Anfang Dezember
16S4 starb.-) Aufschrift: HlNRICH
Bremer Junior;
4. das auf Leinwand gemalte,
95 cm hohe und 67 cm breite ovale
Kniebild der etwa im 30. Lebens-
jahre dargestellten Ehefrau des
letzteren Anna geb. Bartels (Abb.
S. 332). Sie starb Anfang Februar
1698 und ist gleich ihrem Gatten in
der Familiengruft bestattet worden.^)
Aufschrift: ANNA BREMERS Ge-
BOHREN Bartels.
Auf Holz gemaltes lebens-
großes Bild in voller Figur des am
12. April 1643 im 58. Lebensjahre
gestorbenen Superintendenten
D. Nikolaus Hunnius, gezeichnet
Z. KNILLER F. 4) Früher im
Chorumgang am ersten südlichen
Chorpfeiler, jetzt in der Sakristei.
Matthias Black: Bildnis des Pastors
M. Michael Siricius (Ausschnitt).
Auf Holz gemaltes lebensgroßes Bild in voller Figur des laut Inschrift^)
1589 geborenen und am 7. Dezember 1648 gestorbenen Pastors M. Michael
1) Da Hinrich Bremer nach der Aufschrift seines Grabsteins im Alter von 54 Jahren
6 Monaten und 8 Tagen gestorben ist, so wird die obige Zahl 29 bei einer späteren Übermalung
aus 26 verderbt sein.
'"') WB. 1684, 10. W. n. Michaelis (November 30 — Dezember 6).
ä) WB. 1698, 6. W. n. Neujahr (Januar 30 — Februar 5).
*) Der am 16. November 161 1 zu Eisleben geborene Zacharias Kniller, Vater des berühmten
Malers Gottfried Kniller, wurde am 24. Mai 1650 »von den Herrn der Wette begünstiget, Contrafaite
und ander künstliche perspectivische Stücken mit eigner Hand, keineßwegß aber gemeine Malerarbeydt
zu machen und zu verfertigen,« (St.-A., Wetteprotokolle) und starb am 4. April 1675 als Werk-
meister der Katharinenkirche.
^) Gedr. von Seelen, Athenae Lubecenses II, S. 330.
334 DIE MARIENKIRCHE.
Siricius (Abb. S. 333). Unter dem in der linken oberen Txke angebrachten
Wappen steht: /ETATIS 57 — ANNO 1646 M. BLACK pinxit.') Früher
im Chorumgang am zweiten südlichen Chorpfeiler, jetzt in der Sakristei.
Sieben dem Zeitraum von 1671 bis 1756 angehörende, auf Leinwand
gemalte lebensgroße Pastorenbilder in voller Figur mit unterer hölzerner Inschrift-
tafel hängen seit 1846 in der Greveraden-Kapelle. Sie sind mit Ausnahme des
jüngsten von schlichten schwarzen Leistenrahmen umgeben.
1. Bildnis des laut Inschrift am i. März 1595 zu Blexen in Oldenburg-
geborenen und am 17. Februar 1671 gestorbenen Superintendenten D. Meno
Hanneken. Früher an der Südseite des dritten südlichen Chorpfeilers.
2. Bildnis des laut Inschrift^) am 13. Mai 161 5 geborenen und am
25. Juni 1672 gestorbenen Pastors Albert Balemann, gezeichnet 7>. Wulff.
Fecit. Früher an der Südwand der Beichtkapelle.
3. Bildnis des am 26. April 1624 zu Winzig in Schlesien geborenen
und am 2. März 1683 gestorbenen Superintendenten D. Samuel Pomarius.
Früher an der Südseite des vierten südlichen Chorpfeilers.
4. Bildnis des am 11. Januar 1698 im 58. Lebensjahre gestorbenen
Su]:)erintendenten D. August Pfeiffer. Früher an der Südseite des fünften
südlichen Chorpfeilers.
5. Bildnis des am 2. August 1641 zu Marburg geborenen und am
24. April 1706 gestorbenen Pastors M. Balthasar Gerhard Hanneken.
P'rüher an der südöstlichen Wand der Beichtkapelle.
6. Bildnis des am 11. Augu.st 1667 zu Leipzig geborenen und am
25. März 1728 gestorbenen Superintendenten D. Georg Hinrich Götze,
von J. M. von der Hude^) gemalt. Früher an der Südseite des ersten
Süderpfeilers.
7. Bildnis des am 26. September 1679 zu Dresden geborenen
und am 7. April 1767 gestorbenen langjährigen Superintendenten
D. Johann Gottlob Carpzow, gezeichnet:
Im Rokokorahmen. Früher im Chorumgang am zweiten südlichen
Chorpfeiler.
Epitaphien.
Die Epitaphien aus der gotischen Stilperiode sind sämtlich dem Zahne
der Zeit zum Opfer gefallen. Sie stellten Wappenschilde durch Stand und
Geburt hervorragender Männer dar und waren zum Teil mit deren Namen
und Todesdaten versehen. In der Regel hingen sie möglichst nahe der be-
treffenden Grabstätte. Das, soweit ersichtlich, älteste unter ihnen, des 1369
') Der aus Lübeck gebürtige Maler Matthias Black wurde 1649 November 16 als Frei-
meister zugelassen und starb nicht lange vor Mitte 1696; Hasfe, 15. und 16. Jahresbericht d. V. v.
Kunstfreunden in Lübeck, S. 15 ff.
'*) Gedr. von Seelen, Athenae Lubeccnses, i S. 270.
') Nach Angabe J. W. Greves in seinem »Raisonnirenden Verzeichnis« i,vgl. S. 330
Anm. i). Der Maler Jürgen Matthias von der Hude ist 1690 zu Lübeck geboren und daselbst
1751 Juli 4 gestorben; vgl. v. Lütgendorff in der 1900 erschienenen Festschrift ^^Das Museum zu
Lübeck« S 165 f.
DIF, MAKIKNK[RCin-:. 335
gestorbenen lUirgernieisters ISnin \\'aren(k)ri), war aus Metall, alle übrigen aus
Holz gearbeitet. Nachweisbar sintl folgende ältere l^|)ita])liien. ')
Eines der l'"aniilie xon Alen, aus der l)is 141 o sechs Mitglieder im
Rate gesessen haben, an der Ostseite des dritten Norderpfeilers.
Eines der Familie von Attendorn, wohl dasjenige des 1396 gestorbenen
lUirgermeisters (ierhard xon Attendorn, in der r)ürgermeisterka])elle.
I )rei der Familie Eere, wahrscheinlich diejenigen^) des J>ürgermeisters
Johann liere (gest. 145 1), seines Sohnes, des vor dem Hochaltar bestatteten
Ratsherrn und X'orstehers der Marienkirche Ludeke Bere (gest. 1488), und
dessen Sohnes, des Ratsherrn und Kirchenvorstehers Johann I^ere fgest. 1508).
Sie hingen an der Innenseite des dritten iKirdlichen C'horiiteilers.
Das Wappen des Bürgermeisters Tidemann Berck (gest. 15 21), an der
Innenseite des dritten nördlichen Chorpfeilers über seinem dortigen (irabe.^)
Feines der Familie Blomenrod, das vermutlich entweder dem Tide-
mann Blomenrod (vgl. S. 166) oder dem zwischen 1415 und 1429 verstorbenen
Zirkelbruder Nikolaus Blomenrod angehört hat, an der Innenseite des vierten
nördlichen Chorpfeilers.
Drei der F'amilie Darssow, aus der bis 15 17 sechs Mitglieder dem
Rate angehört haben , über der nordöstlichen Kirchentür, neben welcher der
Darssowsche Altar stand."*)
Mehrere der Familie von Hachecie, vermutlich diejenigen der Rats-
herrn Hinrich v. H. (gest. 1403) und seines Sohnes und Enkels, des Zirkel-
bruders Hinrich v. H. und des Ratsherrn Dr. jur. Hinrich ^•. H. (gest. 1473).
Sie hingen an der Nordseite des fünften Süderpfeilers und sind 1703 bei
Errichtung des Fockeschen F'.pitaphs beseitigt.
Zwei der Familie Kollnuinn, wahrscheinlich diejenigen des Bürger-
meisters Johann K. (gest. 1454) und seines Sohnes Hermann K. Sie hingen
an der Nordseite des vierten Süderpfeilers und sind 1702 bei F>richtung des
Klettschen Epitaphs beseitigt.
Eines der F'amilie Meteier, wahrscheinlich dasjenige des Ratsherrn
Hinrich j\L (gest. 1433), an der Westseite des ersten Norderpfeilers.
Das Wappen des Bürgermeisters Gerhard van Minden (gest. 1462),
an der Innenseite des vierten nördlichen Chorpfeilers.
F^in über der nordwestlichen Kirchentür angebrachtes Wappen mit drei
Eberköiifen, offenbar das einen von drei schwarzen Eberköpfen begleiteten
schwarzen Sparren in goldenem Felde darstellende"^) Wappen der Familie
Persevale, aus welcher der Bürgermeister Johann Persevale (gest. 1398) dem
Rate angehört hat.
1) Vornehmlich aus v. Melles Lubeca Religiosa. — Eine Anzahl »verweseter« Epitaphien,
darunter mehrere der Familie Darssow, sind 1664 beseitigt worden, nachdem während der Früh-
predigt am 14. Januar ein am fünften Süderpfeiler angebrachter morsch gewordener Helm herab-
gestürzt war; WB. 1664, 3. W. n. Neujahr (Januar 10—16).
'•'; Der vierte Ratsherr aus dieser Familie, des Bürgermeisters Johann Beres gleichnamiger
Sohn (gest. 14571, '*' in der Burgkirche bestattet worden.
^) Vgl. unter »Grabplatten«.
*) Vgl. S. 210.
^) V. Melle, Syntagma, Bl. 404.
336 DIE MARIENKIRCHE.
Das Wappen des Bürgermeisters und Vorstehers der Marienkirche^)
Jakob Pleskow (gest. 1381), an der Innenseite des dritten nördhchen Chor-
pfeilers. Zwei weitere Pleskowsche Schilde, jedenfalls diejenigen des Bürger-
meisters Jordan P. (gest. 1425) und des Ratsherrn Gottfried P. (gest. 145 1)
hingen an der Nordseite des ersten Süderpfeilers.
Das Wappen des Bürgermeisters Hinrich Rapesulver (gest. 1440),
an der Innenseite des vierten südlichen Chorpfeilers.
Zwei der Familie Russenberg, wahrscheinlich diejenigen des Ratsherrn
Johann R. (gest. 145 1) und seines Sohnes des Zirkelbruders Hinrich R. Sie
hingen an der Nordseite des vierten Süderpfeilers und sind 1702 bei der Er-
richtung des Klettschen Epitaphs beseitigt.
Eines der Familie Swerting, zweifellos dasjenige des Bürgermeisters
Simon S. (gest. 1388), an der Nordseite des ersten Süderpfeilers.
Das Wappen des Bürgermeisters Ludeke van Thunen (gest. 1501) an
der Nordseite des ersten Süderpfeilers.
Das Wappen des Bürgermeisters Bruno Warendorp (gest. 1369), be-
stehend aus einem bronzenen Schilde und einem eisernen Helm, an der
Innenseite des vierten nördlichen Chorpfeilers unweit seines Grabsteins.^)
Von drei weiteren Wappenschilden der Familie Warendorp hingen zwei an
der Südseite des ersten Norderpfeilers und eines an der Südseite des zweiten
Norderpfeilers.
Drei der Familie Westphal, vermutlich diejenigen des Ratsherrn
Hermann W. (gest. 1433) ^"*^ seines Sohnes und Enkels, des Bürgermeisters
Johann W. (gest. 1474) und des Ratsherrn Hinrich W. (gest. 1505), an der
Innenseite des vierten nördlichen Chorpfeilers.
Sieben der Familie van Wickede, an der Südseite des ersten Norder-
pfeilers. Von ihnen gehörte das oberste mit unleserlicher Aufschrift wahrschein-
lich dem Ratsherrn Johann v. W. (gest. 147 1) an, während die übrigen zwei
Söhnen desselben, nämlich Gotschalk v. W. (gest. 1487) und dem Bürger-
meister Hermann v. W. (gest. 1501), sowie vier Enkeln des ersteren, nämlich
dem Ratsherrn Johann v. W. (gest. 1509), Hermann v. W. (gest. 15 15), dem
Ratsherrn Gottschalk v. W. (gest. 1526) und dem Bürgermeister Thomas v. W.
(gest. 1527) inschriftlich beigelegt waren.
Die Denkoemäkie für den Ratsherrn Hinrich Kerkring (gest. 1540)
und den Pastor Johann Walhoff (gest. 1543) sind S. 322 f. beschrieben.
Das ehemalige Wappen des am 2. Juni 1544 gestorbenen Bürger-
meisters Joachim Gerken hing an der Innenseite des vierten südlichen
Chorpfeilers, ^) das
ehemalige kleine Wappen des 1547 zu Lübeck gestorbenen "'^) Rigischen
Bürgermeisters Konrad Dürkop mit der Aufschrift »H. Conrad Duerkop
etwan burgermeister der Stadt Riga« an der Südseite des dritten Süderpfeilers.^)
') Kämmereibuch der Jahre 1356 — 87 (St.-A., Handschriften No. 340 Bl. 21) unter 1373
und 1379.
'^ Vgl. unter »Grabplatten«.
*) Lub. Relig. S. 201.
*) Vgl. Böthführ, die Rigische Ratslinie von 1226 — 1876, S. 126 f.
^) Lub. Relig. S. 209.
DIE MARIliiN'KlRClIE.
337
Von dem I''i>itaph für den am 12. Februar 154S im 44. Lebensjalire
oest()rl)enen ersten liibeckischen Superintendenten Ma^. Hermann l^onnus
ist in der Hür<^ermeisteikapelle nocli die 1,2^) m Iiolie und 2,64 m breite ein-
fache schwarze (iedenktafel xorhanden , aul" (k-r ein oben in ck-r Ablte aufge-
legter Leistenrahmen von 40 cm I lohe und 50 cm Breite ein im Auftrage
des Rates gemahes Porträt des Verstorbenen auf dem Totenbette') umscliloß.
l'.ine wohl gleichzeitige, 0,38 m hohe und 0,55 m breite Kopie dieses unter-
gegangenen Hildes befindet sich auf der
Lübecker Stadtbibliothek. Unter dem er-
wähnten inneren Rahmen steht das Todes-
datum, w'iüirend links und rechts je fünf die
X'ertlienste des Verstorbenen rühmende
Distichen'-) aufgemalt sind. Bis 1790 hing
das Epitaph an der sück'istlichen Wand der
Beichtkapelle über der Grabstätte ties llei'-
mann Bonnus.
Ehemaliges W'apiJcn des laut In-
schrift"') am 4. August 1552 gestorbenen
Fritz ^•an Stiten, an der Südseite des
dritten Norderpfeilers.
Das Denkgemälde für den Ratsherrn
Lambert Witinchof (gest. 1529) und dessen
Ehefrau (gest. 1552) ist S. 323 beschrieben.
Das älteste vorhandene Wappenepita])h
ist das im Charakter der Frührenaissance
gehaltene (Abb.) des am 4. Mai 1555 ge-
storbenen l^ürgermeisters Gotthard \'on
Hövelen (im goldenen Schilde ein gebogener
roter Balken, der mit drei grünen Hügeln
belegt ist, auf dem Stechhelm ein roter
Hirschkopf). Zu unterst steht auf einer
schmalen Schriftrolle D. GOTHARD AB
Epilaph des Bürgenueislcrs
Gotthard von Hövelen d. Alt
HOVELEN COS OB /IT 4. MAII A" i^sS-
An der Westseite des zweiten Süderpfeilers.
EhemaUges Wappen des laut bi-
schrift^) am 25. Oktober 1562 gestorbenen
Hart wich van Stiten, an der Südseite des dritten Norderpfeilers.
Epitaph für den laut der bischrift aus der Grafschaft Schaumburg ge-
bürtigen und am 24. Mai 1563 im 80. Lebensjahr gestorbenen Ratsherrn und
Vorsteher der Marienkirche Hinrich Köhler (Abb. S. 338), bestehend aus
'■) Vgl. W. Mantels, Beiträge zur lübisch-hansischen Geschichte, S. 374 ff.
^) Gedr. B. Spiegel, Hermann Bonnus, S. 137 Anm. 2.
») Lub. Relig. S. 208.
338
DIE MARIENKIRCHE.
dessen Wappen (im goldenen Schilde ein Eichzweig", auf dem Stechhelm ein
Eichblatt zwischen zwei Asten), einer einfachen Inschrifttafel und dem von
einer Renaissancekartusche umrahmten Porträtkopf des Verstorbenen. Bis
1854 links vor der Bergenfahrerkapelle über den dort noch befindlichen
Epitaphien seiner beiden 1641 und 1664 gestorbenen Enkel, seit 1871 rechts
vor dieser Kapelle aufgehängt.
Ehemaliges Wappen des laut Inschrift^)
am 18. Oktober 1563 gestorbenen Ratsherrn
Hinrich Brömse, an der Innenseite des
dritten südlichen Chorpfeilers.
Ehemaliges Wappen des laut bischrift^)
am 18. Juni 1564 gestorbenen Bürgermeisters
Anton von Stiten, an der Südseite des dritten
Norderpfeilers.
F.hemaliges Wappen des spätestens 1567
zu Lübeck gestorbenen früheren (1547 — 59)
Rigischen Ratsherrn Werner Mey, 1667 noch
vorhanden,^) jedoch von Melle bereits unbe-
kannt; am dritten Süderpfeiler oder der gegen-
überliegenden Wand.
Die Denkgemälde für Bertold Wilms
(gest. 1567) und Boetius Paysen (gest. 1568)
sind S. 325 f. behandelt.
Ein im Jahre 1800 beseitigtes, an der
Nordwand der nördlichen Chorumgangskapelle
angebrachtes »gemaltes Epitaph« für den am
II. September 1568 gestorbenen Bürgermeister
Paul Wibbeking umfaßte dessen Bildnis, eine
hischrift und einen aus zwölf Distichen be-
stehenden Nachruf.*) Über diesem Epitajib
hing das gleichfalls nicht mehr vorhandene
Wappen des Bürgermeisters.
Ehemaliges mit bischrifttafel^) versehenes
Epitaph des am 27. April 157 1 gestorbenen
Bürgermeisters Ambrosius Meyer; an der
Westseite des Mittel] )feilers der südlichen Vor-
halle.
Epit.T[)li des Ralsherni
Ilinrich Köhler d. Alt.
Das bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts über der Tür zur Gerwe-
kammer aufgehängte Epitaph des am i. November 1571 gestorbenen Bürgers
Hermann Siegmann bestand aus einem Delavalschen Gemälde") mit dem
^) Lub. Relig. S. 199.
^ Das. S. 208.
^) Vgl. unter den Armleuchtern aus der Renaissancezeit.
*) Gedr. v. Seelen, Athenae Lubecenses l, S. 124.
*) Cujus inscriptio deleta est; Lub. Relig. S. 188.
^) Griindl. Nachricht, 3. AulL, S. 161.
I)[I-: MARIENKIRCHE.
339
Bildnis des WM-storbcnenM und einer noch in der ßürgernieisterkapelle \or-
handenen o,So m hohen und 2,31 m breiten schhchten Inschrifttafel. Auf
letzterer ist bei einer 1671 vorgenommenen Wiederherstellun»;-) das Tock-siahr
MDLXXI in MDXXXI verderbt.
Kht'inaligcs, mit Namen und 'rodesd
"odesdatum vcrsclH-nes Wappen des am
12. 1 )ezeinlier 1571 ge-
storheiU'n KatsluTin ( '. ot t-
liard von lloxcln, an
der Xo^(lo^t\vand der süd-
lichen Kapelle des Chor-
umgangs oberhalb des hier
früher auft^ehangten , mit
den Schilden des \on
Hövelnschen Ehepaares
gezeichneten Altarschreins
von 15 18 (vgl. S. 224 f.).
Ehemaliges steiner-
nes Epitaph für den laut
Inschrift"'') aus Braun-
schweig gebürtigen , am
2 2 . Dezember 1572 im
49. Lebensjahr gestorbenen
l)ürgermeister und früheren
Syndikus Dr. jur. Her-
mann Vechtelde. Links
vor dem Eingang zur
Beichtkapelle. Als es Ende
1800 wegen Baufälligkeit
abgebrochen wurde , ist
die steinerne Inschrifttafel
in die Nordwand der
Beichtkapelle eingemauert
worden.
Epitaph für tlen am
6. September 1575 ge.storbenen
Kaufmann Walter Holsten.
In gutem Renaissancestil aus
Holz gefertigtes Denkmal
(Abb.). Zwei auf Sockel ge-
stellte schlanke Säulen mit
Epitaph des Walter Holsten.
i) Lub. Relig. S. 157.
'^ 1671 September 6 zahlten
die Verwalter des Siegmannschen
Testamentes 3^8/3, "daß Epfitafium
verneuen zu laßen;« St -A , Rechnungs-
buch der Testamentsverwalter von
162S — 70, Anhang Bl. 19.
») Lub. Relig. S. 151 f.
340
DIE MARIENKIRCHE.
geradem oberen Gesims umschließen ein ohne Z\\eifel von Jost de Laval ge-
maltes, 1578 datiertes großes Tafelbild der Auferstehung Christi. Im Vorder-
grund des Bildes kniet der V' erstorbene; im Hintergrunde links schreiten die
drei Frauen dem Grabe zu, während rechts der Prophet Jonas vom Fisch
verschlungen wird. Die Zusammenstellung dieser Motive erklärt die am Ge-
sims angebrachte Inschrift:
MORTVVS EST CHRISTVS SVPERATA AST MORTE REVIXIT
CEV JONAS VIVVS PISCE VORATVS ADEST. 1578.
Auf der Fläche zwischen den beiden Säulensockeln sind die nieder-
deutschen Bibelstellen Ev. Matth. 12, 40 und Römer 5, 10 aufgemalt; darunter
steht: anno d^rift : \575 : ben 6 feptember 3^ roolter Iiolftcn feUgen im I^ern ent=
[d^Iapen. Inmitten eines oberen i\uf baus mit flachem , \'on zwei Säulen ge-
tragenen Giebel ist in einer
Bogennische Gott -Vater mit der
Weltkugel, darüber im Giebel-
felde die Taube des hl. Geistes
dargestellt; zwei seitliche kleine
Felder enthalten die in grau ge-
malten .symbolischen Figuren des
Glaubens und der Liebe. Den
unteren Abschluß bildet eine
Kartusche mit mittlerem ge-
schnitzten Cherubimkopf und zwei
gemalten schlummernden Knaben
mit Stundenglas und Totenkopf.
Das im Norderschifif am sechsten
Wandpfeiler aufgehängte Denk-
mal i.st 1747 laut Aufschrift und
ferner aufs neue 1849 \'on C. J.
Milde wiederhergestellt worden.
KhemaligesWaj)pen des
laut Inschrift^) am 19. Juli
1577 gestorbenen Bürgers
GerdtStotebrügge, 1579'"^)
an der Südseite des zweiten
Norderpfeilers errichtet und
1694 an die Südwand der
Schinkel-Kapelle umgehängt.^)
1) Lub. Relig. S. 182.
'^ 1579 März 9 zahlte »Metteken
Stoylebruen , dat se ereii seligen inane
Gert Stotebruen syn wapen na to hangen
laten,« 50 ^, von deren Zinsen die Kirche
ein Licht »in s. Annen kapellen« halten
sollte; WB. 1579, i. W. in den Fasten
(März 8 — 16).
Epitaph des Hinrich Conradi.
DIE MAKIlixNKlRCIlE.
341
Ehemaliges Wappen des laut Inschrift^) um 17. Oktober 1580 ge-
storbenen Bürgermeisters und Vorstehers der Marienkirche Heinrich Plonnies,
an der Xordseite des ersten nordlicluMi Chori^feilers.
I'",hemaliges \\'a]ipcn des laut Inschrift^) aus Plön gebürtigen, am
29. Mar/, 1585 im 72. Lebensjahr gestorbenen l>ürgermeisters Johann
Brokes, links vor der lUirgermcisterkapelle, bei der er liegraben ist."^)
Ehemaliges \\'a])pcn des laut InschritV*' am 6. März 1586 im :,\. I.ebens-
jahre gestorbenen A n t o n v o n
Stiten, an der Südseite des dritten
Norderpfeilers.
Khemaliges Wai)])en des laut
Inschritt'*) am 11. l'ebruar 1588
im 58. Lebensjahr gestorbenen Rats-
herrn (lottschalk von Stiten,
ebenda.
Iq:)itaph für den am 28. Antust
1588 gestorbenen Büroer JI in rieh
Conrad! (Abb.). ¥Än im Mittelfeld
ruiidbogig' abgeschlossener, mit Quadern
und reichem Kartuschenwerk gezierter
Rahmen, dem zwei kanellierte Säulen
mit Schaftrinoen vorgesetzt sind, um-
gibt mit der Schrifttafel das Motivbild,
eine auf Holz gemalte Kreuzigungs-
gruppe, in deren Vordergrund der Ver-
storbene anbetend kniet, während
hinten der Prophet Jonas vom Schiffs-
volk ins Meer gestürzt und \'om b'isch
ans Land gespieen wird. Im unteren
Kartuschenwerk ist ein Schild mit der
Conradischen Marke angebracht. Über
dem mit vorgehängten Löwenköpfen ge-
schmückten Gesims erhebt sich zwischen
zwei weiblichen Statuetten, deren Attri-
bute fehlen, ein v^on Pilasterhermen ge-
tragener Aufbau, der im mittleren, von
Quadern eingefaßten r'elde ein kleines
Gemälde der Auferstehung, im oberen
Gesims und dem flachen Giebelfeld die
Taube des hl. Geistes und ein Brustbild
Gott -Vaters umschließt. Gekrönt wird
Epitaph des Ratsherrn
Hinrich Wcdemhoff d. AU.
i) Lub. Relig. S. 196.
2) Das.'.S. 190.
3) Vgl. S. 276 Anm. 2.
*) Lub. Relig. S. 209.
342
DIE MARIENKIRCHE.
das Ganze von einer Statuette des auferstandenen Heilands. Am Wandpfeiler
zwischen der Oldesloe-Kapelle und der Gerwekammer.
Dem vorigen ähnlich ist das Epitaph für den am 22. Februar 1589
gestorbenen Ratsherrn Hin rieh Wedemhoff (Abb. S. 241). Zwei nach dem
Vorbilde der 1590 — 92 entstandenen beiden Schmalseiten der Lettnerbrüstung
gefertigte korintisierende Säulen mit vierseitigen bemalten Postamenten und
ornamentierten Schaftringen tragen ein mit vorgehängten Löwenkopf konsolen und
geschnitzten Friesfüllungen geziertes Gesims.
Das große Mittelfeld füllt ein HESEKIEL 37
I. WILLINGES. F. 1597 gezeichnetes gutes
Tafelbild der Auferweckung der Totenge-
beine des Hauses Israel durch den Propheten
Hesekiel (Hesekiel 37, 10) mit der knieen-
den Figur des Verstorbenen im Vordergrund.
Darunter die Inschrifttafel und ein schönes
Kartuschenwerk. Den oberen Abschluß bildet
ein von Hermenpilastern getragener Giebel-
bau, der in einer Bogennische das Wedem-
hoffsche Wappen (im gcjldenen Schilde eine
Weide mit einem W^iedehopf inmitten eines
Palisadenzauns mit vorderer überdachter
Pforte, auf dem Stechhelm ein Wiedehopf)
umschließt; er wird flankiert und gekrönt
von den Statuetten der Gerechtigkeit, der
Klugheit und der Stärke. Rechts neben dem
Eingang zur Beichtkapelle.
n
DNHERri^lVSADORNEf
ORDiMiS. C0rSL*B'5
SEMiOR ft OBüT ANO
CHIUSTi;5 91DE2AfRl
fJA-)9
— C5>r -Igl»
Epitaph für den 1522 geborenen, 1589
gestorbenen preußischen Vizekanzler Anton
Köhler. Es umfaßt das Köhlersche Wappen
(vgl. S. 338), eine zum Teil erloschene In-
schrifttafel und den Porträtkopf des Ver-
storbenen, beide in Renaissanceumrahmungen.
Das seinem Stil zufolge bald nach dem Ab-
leben des Vizekanzlers gefertigte Denkmal
ist erst 1643, offenbar gleichzeitig mit dem seines 1641 gestorbenen Sohnes
Hinrich Köhler,^) in der Marienkirche aufgehängt.^) Bis 1854 neben dem
oben beschriebenen PLpitaph seines Vaters Hinrich Köhler, seit 187 1 an der
Südwand der Greveraden-Kapelle.
Epitaph des Bürgermeisters
Hermann von Dorne d. Alt.
') Vgl. S. 354.
*) 1643 August 21 zahlte Bürgermeister Dr. Anton Köhler an die Kirche 50 ^, »so für
des Vaters Herrn Antoni Kohlers Wapen aufzuhengen ist gegeben worden;« WB. 1643, 21. W. n.
Ostern (August 20 — 26).
DIE MARIENKIRCHE.
343
Wappen des am 2. April 1594 im 59. Lebensjahr gestorbenen lUirger-
meisters und Vorstehers der Marienkirche Hermann von Dorne (auf blauem
Schilde in o()ld ein dornartig oeschweifter S])arren, der oben von einem Mond
und einem Stern, unten von einer Taube begleitet wird, auf dem Stechhelm
drei langgestielte goldene Rosen); darunter in zierlicher Renaissanceunn-ahmung
die Inschrifttafel (Abb.). Bis 185 1 rechts vor der Bergenfahrcrkapcllc, seit-
dem über der Tür zur Sakristei.
Ehemaliges Wappen des laut Inschrift^)
am 28. September 1595 im 77. Lebensjahr ge-
storbenen Ratsherrn Johann Kerckrinck;
an der Nordseite des fünften Norderpfeilers,
wo noch zwei weitere nicht nälier bezeich-
nete Kerkringsche Wa])])eii hingen.^)
Ganz ähnlich dem I^pitaph des l^ürger-
meisters Hermann von Dorne, neben dem es
stets gehangen hat, ist dasjenige des am
19. August 1600 gestorbenen Bürgermeisters
Dr. jur. Hermann Warmböke (im goldenen
Schilde eine Buche, auf dem Spangenhelm ein
schwarzer Flügel).
Epitaph für den am 16. h^ebruar 1602
im Alter von fünfzig Jahren gestorbenen Rats-
JB^^^^^AjäM herrn Henning Parcham (Abb.), bestehend
aus dessen Wappen (auf dem \'on Schnörkeln
umrandeten blauen Schilde eine Kleestaude
inmitten eines mit silbernen Rosen besetzten
Kranzes, den drei dreizackige Kronen über-
höhen, auf dem Stechhelm drei Stangen mit
denselben Kronen), der von zwei fackeltragen-
den Putten flankierten Schrifttafel und einer
unteren Renaissancekartusche, die zwischen
zwei geflügelten Meerjungfern im ovalen Mittel-
felde eine schlummernde Putte mit Stunden-
glas und Totengebeinen zeigt. i84<S von
C. J. Milde wiederhergestellt. An der Nord-
ostseite des ersten Süderpfeilers.
1603 April 16 wurde den Testamentsvollstreckern Herrn Henning
Parchams u. a. gestattet, »ein epytavium tho ehren und syner gedechtniss
an den ersten püer tegen Heysekels capellen belegen na tho setten;« WB.
1603, 15. W. n, Neujahr (April 10 — 16).
Epiupli des Ratsherrn
Henning Parcham.
1) Lub. Relig. S. 201.
2) Reste zweier Kerkringschen Wappen, deren Schilde unversehrt sind, befinden sich auf
dem Boden über der südlichen Vorhalle.
344
DIE MARIENKIRCHE.
Wappen des am 6. September 1602 im 66. Lebensjahre gestorbenen
Patriziers Theodor Karckrinck (im goldenen Schilde ein schwarzer gekrönter
Löwe, auf dem Stechhelm ein aufgezäumter Kameelkopf) mit unterer Schrifttafel
in schmaler Renaissanceeinfassung. An der Ostseite des vierten Süderpfeilers.
Ehemaliges Wappen des laut Inschrift^) am 6. August 1535 geborenen
und am 27. Oktober 1605 gestorbenen Patriziers Heinrich K er k ring; an
der Ostseite des ersten
Süderpfeilers, wo früher
noch ein weiteres Ker-
kringsches Wappen hing.
\Vapj:)en des nach der
ursprünglichen Inschrift'"^) am
23. Ai)riP) 1607 gestorbenen
Ratsherrn Hermann von
Dorne d. Jung., ganz ähn-
lich tlem oben (S. 343) be-
schriebenen seines gleich-
namigen Vaters. An der
Westseite des zweiten Norder-
pfeilers.
Wappen (vgl. S. 3^7)
des am 23. April 1607 ge-
storbenen Patriziers Johann
von Hövclen, mit unterer
viereckiger Schrifttafel in
schmaler Renaissanceum-
rahmung. An der Nordost-
wand der südlichen Kapelle
des Chorumgangs.
Epitaph für den am
I. März i6o<S im 54. Lebens-
jahr gestorbenen Ratsherrn
•) I>ub. Relig. S. 206.
'^) Sie lautete nach Lub.
Relig. S. 205: »Dn. Ilermannus a
Dorne junior vir ordinis senatorii pie
obiit in Christo 1607 die 23. aprilis.«
Die gegenwärtige, offenbar bei einer
1851 von C. J. Milde vorgenommenen
Wiederherstellung verderbte Inschrift
schließt «... obiit anno Christi
1602 die 24 aprilis a. 60 retatis «
^) Die Ratsliste (St.-A.) gibt
den 22. April 1607 als seinen Todes-
tag an. Epitaph^des Bürgermeisters (JoUhard von Hüveleii d. Jün<i
DTK MARIENKIRCHE.
345
Haltliasar Laffcrdes, bestehend aus dessen Wappen (im «gespaltenen
Schilde vorn \ier abwechselnd goldene und mit je einem ^oldenen Stern
belegte schwar/e I^'elder, hinten auf blauem ( iiunde ein biauncr i Jirsch-
ko])!', der auch als I lelmkleinod dient), einer von zwei I-igürchen mit abge-
brochenen Attributen ((ilaube und Lieber) eingefaßten Schriftlafel und einer
unteren Kartusche mit ovalem Relief. 1864 neu bemalt und vergoldet. An
der Ostseite des sechsten Süderpfeilers.
Bemaltes und teilweise vergoldetes Sandsteindenkmal in edlen I<\)rmen
deutscher Renaissance für den laut Inschrift am 16. März 1609 im 64. Lebens-
jahr gestorbenen Bürgermeister Gotthard von Hövelen (Abb.). Zwischen
zwei Pilastern, die ein hohes Gebälk tragen, umschließt eine l\undb(^geiuiische
ein die Aulerweckung des Lazarus darstellendes schönes alabasternes Hoch-
relief von 1,03 m Höhe und 0,73 m Breite, in dessen Vordergrund der Bürger-
meister und seine Ehefrau Anna geb. Schilling mit ihren Wappen abgebildet
sind. Den Fries des Gesimses sowie eine untere Tafel bedecken Inschriften.')
Neben ersterer sind die durch Schriftbänder mit den Worten HOVELEN und
BROMSE bezeichneten Wappen der heitern des Verstorbenen angebracht,
wiihrend die Pilaster die mit den Unterschriften (links vom Beschauer aus:)
STOTEBRVG, SCHAFFHVS, WESTPHAL, (rechts:) BERCK, BRVNS
untl EVINCKHVS versehenen Wai)pen seiner sechs Ahnfrauen zweiten und
dritten Gliedes in willkürlicher Anordnung tragen. Das verwandtschaftliche
X'erhältnis veranschaulicht der nachstehende Stammbaum.
Johann v. Hövelen
zu Dortmund.
Ehefrau :
Margaretha von
S c h a f f h a u s e n
aus Soest.
Bürgermeister
Gotthard
V. Hövelen
t 1555-
Hans Stotebrügge
t 15 18.
I'diefrau :
Katharina Bruns.
Bürgermeister
Hinrich v. Brömse
f I 502. Ehefrau:
Elisabeth W^est-
p h a 1 .
Zweite Ehefrau :
Barbara Stote-
brügge.
Bürgermeister
Nikolaus
V. Brömse
t 1562.
Heinrich Berck
j I 518. Ehefrau:
Katharina Lange,
Witwe des Rats-
herrn Tidemann
E v i n g h u s e n
(t 1504)-
Ehefrau :
Margaretha
Berck.
Ratsherr Gotthard v. Hövelen
t 1571-
Margaretha v. Brömse.
Gotthard von Hövelen f 1609.
Gekrönt wird das Gebälk von einem am oberen linde beschädigten
Kartuschenwerk, dessen mittlere Muschelnische eine verstümmelte, anscheinend
den Heiland darstellende Figur birgt und dem seitlich z\\^ei ruhende Putten
mit Flöten, Totenkopf und Stundenglas vorgelagert sind. An der Südostseite
des dritten nördlichen Chorpfeilers.
^) Gedr. v. Seelen, Athenae Lubecenses I, S. 120.
346
DIE MARIENKIRCHE.
Über diesem Epitaph hing ehemals das zum gröf^ten Teil noch auf
dem Boden über der südlichen Vorhalle aufbewahrte geschnitzte Wappen des
Verstorbenen.
Größtenteils erhaltenes, mit Schrifttafel versehenes Wappen des am
I. April 1612 im 84. Lebens-
jahr gestorbenen Ratsherrn
Georg von Stiten. Ehe-
mals an der Südseite des
dritten Norderpfeilers, jetzt
auf dem Boden über der
südlichen Vorhalle, wo sich
auch die aus Schild und Helm-
decken bestehenden Reste
eines weiteren von Stiten-
schen Epitaphs befinden.
1613 Juli 16 ver-
spricht (der damalige
Kirchenmaler an St.
Marien) Michel Dakes,
sein rückständiges Korn-
geld dem Maleramt zu
entrichten, »sobalde he
das Epitaphium in Marien-
karcke ferdich hefft, dar
ehm die Stittensche for
botallen sali;« St.-A.,
Wetteprotokolle.
Epitaph für den laut
der Inschrift aus Münster
gebürtigen, am 23. Septem-
ber 161 2 im 57. Lebensjahr
(aetatis anno 57., mense i.,
die 2.) gestorbenen Ratsherrn
Johann Glandorp (Abb.).
In der Hauptsache aus
weißem, teilweise bemaltem
und vergoldetem Kalkstein
bestehend, zeigt es zwischen
zwei roten Marmorsäulen, die von zwei Engeln flankiert werden, in einfachem
Bogenfelde ein 1,17 m hohes, 0,74 m breites Alabasterrelief der Grablegung.
Vor demselben knieen auf der nach unten hin in einer Kartusche mit Schrift-
tafel abschließenden Basis die Figuren des Ratsherrn und seiner Ehefrau Anna
geb. Seling (gest. 1625). Über dem schmalen Gesims erhebt .sich ein dem
Hauptteil cähnlicher, von einem durchbrochenen Giebel überdachter Aufbau,
Epitaph des Ratsherrn Johann Glandorp.
DIE MARIENKIRCHE.
347
MittelfoUl in zierlicher Uniralimuno- ein ^Medaillon mit den Worten
MONVMENTVM EIVS ERIT GLORIOSVM.
beiden Seiten dieses Aufijaus hielten zwei Putten,
ESAI li umschließt. Zu
deren eine al:)<;ebr()chen
ist, das (ilandorpsche
(im Schilde ein von
tlrei Sternen l)e^leiteter
geschweifter Sparren,
auf dem I leim ein Stern
zwischen zwei Hörnern)
und das Selingsche
\\'ap])en in medaillon-
formigen lunfassungen.
Dahinter stehen die
l-'iguren des Glaubens
und der Hoffnung,
während als (iiebelbe-
krönung vermutlich eine
jetzt mitten vor dem
oberen Aufbau aufge-
stellte Putte diente.
An der Südseite des
vierten nördlichen Chor-
pfeilers.
1 6 1 3 Juni 1 3
wurde den Testa-
ments Vollstreckern
weil. Herrn Johann
Glandorp ein neues
gemauertes Grab
»im groten Khoer
twischen dem
missinges Traillien-
wercke unde den
Stande der Heren
Burgermeister
sietzwertt (!)« für
1 2 00 .^ unter der
Bedingung ver-
kauft, daß sie ihm
»an den roden
Kerckenpieler, dar-
by Her Johan
Glandorp bestedi-
get , ein zierlich
steinern Epitapihum« nebst einem alljährlich mit zwei Wachslichtern zu
unterhaltenden zweiarmigen Leuchter setzen lassen sollten; Steinbuch
1597 — 1636, S. 103.
Epitaph des Syndikus Dr. Peter Hagen.
348 DIE MARIENKIRCHE.
Epitaph für den laut der Inschrift 1554 zu Lippstadt geborenen und
am 30. Oktober 1614 gestorbenen Syndikus Dr. jur. Peter Hagen (Abb.
S. 347), 161 8 von seiner Witwe Elisabeth geb. Fabricius errichtet. Großes,
schön geschnitztes Denkmal in üppigem, zum Barocken neigendem Stile der
Hochrenaissance mit reicher Bemalung und Vergoldung. Der untere Teil
enthält ein Gemälde mit dem vor dem Gekreuzigten knieenden Ehepaare und
eine untere sowie zwei seitliche Inschrifttafeln in reichen, von Putten und
Halbfiguren belebten Umrahmungen. Der vorspringende Mittelbau, dessen
verkröpftes Gebälk von zwei, schlichten Pilastern vorgesetzten Säulen mit reich
ornamentierten Sockeln und Schäften getragen wird, umfaßt ein größeres
mittleres Gemälde der Himmelfahrt Christi und zwei kleinere seitliche von
zierlichen Umrahmungen eingefaßte Bilder, welche die Heilung der Frau vom
Blutgang (Marc. 5, 25 — 34) und — mit Bezugnahme auf eine sechsjährige Ge-
fangenschaft^) des Syndikus vor seiner Berufung nach Lübeck — die Befreiung
des Apostels Petrus aus dem Gefängnis (Apostelgesch. 12, 6 — 9) darstellen.
Über den kleineren Bildern sind die Figuren der Hoffnung und des Glaubens,
am oberen Gesims die Wappen des Ehepaares angebracht. Den oberen Ab-
schluß bildet ein das Gemälde Gott -Vaters mit der Weltkugel umschließender
von Säulen getragener Aufbau, neben dem die Gestalten der Stärke und der
Klugheit aufgestellt .sind, während sein flaches Giebeldach drei weibliche
Figuren überragen, die trotz des Verlustes ihrer Attribute aus ihrer Haltung
als die Gerechtigkeit, Liebe und Mäßigkeit kenntlich sind. Am Wandpfeiler
zwischen der südöstlichen Tür und der Molen-Kapelle.
161S November 23 wurde »dat Altar, dar Doctor Petrus Haagen sehl.
Epitaphium gesettet, wechgebracken;« WB. 161 8, 8. W. n. Michaelis
(November 22 — 28). Er war »in ein gemurde Graf besuden an dat Cohr
begraben;« WB. 1614, 5. AV. n. INIichaelis (Oktober 30 — November 5).
Ehemaliges hölzernes Epitaph für den am 2 1 . Februar 1 6 1 6 im
70. Lebensjahr gestorbenen Bürgermeister Ur. jur. Jakob Bording mit
dessen Bildnis und Schrifttafel. ^) An der Südostwand der nördlichen Kapelle
des Chorumgangs; 1800 wegen Baufälligkeit beseitigt.
Ehemaliges alabasternes Epitaph der laut Inschrift^) am 24. August 16 16
im 68. Lebensjahre gestorbenen Witwe des Ratsherrn Gottschalk von Stiten*)
Margaretha geh. von Höveln. An der mittleren Wand der südhchen
Kapelle des C'horumgangs; 1787 zuletzt nachweisbar.
') Die Inschrift berichtet: .->. . . illustrium nobilium et Rerump. advocationibus praeclarus
in magni Principis Imperii, contra quem suis clientelibus advocatus erat, malevolorum calumniis
incitati odium et carcerem iinmeritum incurrit, ex quo cum in poenam capitis deposceretur, pro
vita, fama et bonis defensandis, in publico sanguinarii judicii foro feliciter bis causam sibi suam
dixit, muhorum criminum reus quidem sed nullius jure pactus et convictus, post exantlatos VI. anno
carceris squallores, repagulis slupendo more convulsis in pristinam se libertatem vindicavit . . . .«
'^) Lub. Relig. S. 132.
») Das. S. 192. . •
*) Vgl. S. 341.
DIE MAKIKNKIRCHE.
349
F.pitaph für den (am 20. Mai) 16 iS im 74. Lebensjahre oestorbenen
früheren mecklenburoischen Kanzler Dr. jur. Daniel Zöllner (Abb.) Zier-
licher Renai.ssanceaufbau au.s teilwei.se bemallem und xer^oldetem Sandstein
und Alabaster. Zwei ioni-
sierende Säulen und ein auf
ihnen ruhendes, mit vov-
springenden Louenkopfkon-
solen und der .\ufschrift
MIRACVLVM AMORIS
versehenes niedriges (iebälk
umrahmen ein lebhaft be-
wegtes, gut gearbeitetes Ala-
basterrelief der Kreuzab-
nahme. Vor den Säulen
knieen der X'erstorbene und
seine Ehefrau. Zu beiden
Seiten des Hauptteils um-
schlossen rundbogige Nischen
mit den Überschriften
GENES und III CAP. die
Statuetten Adams und lA'as
nach dem Sündenfall, von
denen nur die letztere er-
halten ist. Über dem Ge-
sims erhebt sich auf einem
schlichten Unterbau, der die
jedenfalls aus ANNO ■ M •
DCXVIII verderbte!) Jahres-
zahl ANNO • M . DCVIII
und eine aus Daniel 9, 24
entnommene Hibelstelle trägt,
in kranzförmiger Umrahmung
ein von zwei Putten gehal-
tenes Relief der Auferstehung.
Von zwei auf den Löwen-
kopfkonsolen aufgestellten
Statuetten ist nur noch die
linke vorhanden, der gleich
einer weiteren, das Ganze
Epitaph des Dr. Daniel Zöllner. krönenden Figur die Arme
mit den Attributen fehlen.
Zu beiden Seiten des Oberbaus umschließen zwei von kleinen Obelisken
*) In der Lub. Relig. S. 21;
numerum legitur . . . .«
heißt es: »In hoc (epitaphio) preler anno MDCXVIII
350 DIE MARIENKIRCHE.
überragte Kartuschen die Wappen der Familien Zöllner (im Schilde über einem
mit einem Degen belegten Balken ein wachsender Löwe mit einer Tartsche
auf der rechten Pranke, auf dem Spangenhelm ein wachsender Löwe zwischen
zwei Hirschgeweihen) und Schilling (im geteilten Schilde oben ein gestutzter
Eichast, unten ein Steinbock, auf dem Stechhelm ein wachsender Steinbock).
Zu Unterst übereinander zwei Kartuschen mit Inschriften. Das an der Ostseite
des fünften Süderpfeilers befindliche Epitaph ist 1849 ^'^^ C. J. Milde neu
bemalt und vergoldet.
Das Denkgemälde für die Familie Göttinck ist S. 327 f. beschrieben.
Ehemaliges Wappen des laut Inschrift^) am 7. Januar 1621 im 57. Lebens-
jahre gestorbenen Bürgermeisters Matthäus Rossen; an der Ostwand der
südlichen Vorhalle.
Wappen des laut der Inschrift am 3. (3ktober 1567 geborenen und am
19. Dezember 1623 gestorbenen Bürgermeisters Hinrich Brokes (im Schilde,
den ein mit zwei goldenen Enten belegter roter Balken teilt, oben in gold
drei grüne Weidenzweige, unten lichtgrünes Wasser; das Helmkleinnod — drei
Weidenzweige — ist abgebrochen); darunter zwei Inschrifttafeln mit einem
Distichon bezw. dem Geburts- und Todesdatum in einer dem unteren Teil
des Hagenschen Epitaphs ähnlichen Unn-ahmung. Rechts oberhalb der
Molen-Kapelle.
Wappen des laut der Inschrift am 15. April 1627 im 6y. Lebensjahre
gestorbenen Bürgermeisters und Vorstehers der Marienkirche Alexander
Lüneburg (im rot^) erscheinenden Schilde drei goldene zweistöckige Türme,
auf dem Stechhelm ein Mannesrumpf mit flatternder Kopfbinde), darunter eine
Schrifttafel in barocker, von Putten belebter Umrahmung. An der Ostseite
des zweiten Süderpfeilers.
Epitaph für den laut der Inschrift am 19. April 1627 siebenundvierzig-
jährig gestorbenen Ratsherrn Bernhard Wedenhoff, bestehend aus dem
Wappen (vgl. S. 342), einer unteren Schrifttafel in barocker L^mrahmung mit
teilweise abgefallenem figürlichen Schmuck und dem auf Holz gemalten Porträt-
kopf des Verstorbenen; 1629 errichtet. Bis vor kurzem an der Südwand der
südlichen Kapelle des Chorumgangs, neuerdings in der Bürgermeisterkapelle.
1629 Juli 20 verehrte Paul Wibbeking »als verordneter Vormundt
seligen Herr Bereut Wedenhaves Erben für des seligen Herren Wapen auf-
zuhencken« der Kirche 10 Reichstaler (= 30 ^); WB. 162g, 16. W. n.
Ostern (Juli 19 — 25).
Wappen des laut der Inschrift am 28. Oktober 1541 geborenen untl
am 5. August 1628 gestorbenen Ratsherrn Joachim Wibckink (im goldenen
0 Lub. Relig. S. 189.
*) Die Grundfarbe des Lüneburgischen Wappens ist sonst blau.
Epitaph des Bürgeniieislers Dr. Lorenz Möller.
352
DIE MARIENKIRCHE.
Schilde ein auffliegender silberner Kranich, auf dem Stechhelm ein silberner
Kranichkopf); darunter eine Kartusche mit Schrifttafel. Links vor der
Beichtkapelle.
Wappen des laut der Inschrift aus Münster i. \V. gebürtigen, am
20. Juni 1630 im 66. Lebensjahre »inter pias meditationes« ^) gestorbenen
Bürgermeisters Johann Vinhagen (in dem von einem roten Balken in blau
und silber geteilten Schilde oben zwei goldene Sterne, unten eine Hagebutten-
staude mit drei Früchten, auf dem Stechhelm ein Hagebuttenzweig) mit unterer
Schrifttafel in ähnlicher Umrah-
mung wie beim Lüneburgschen
Wappen. Nordostseitig am
Pfeiler der südlichen Vorhalle.
Großes reichgeschnitztes
barockes Denkmal für den laut der
Inschrift^) am 24. März 1560 zu
Lübeck geborenen und am 8. März
1634 gestorbenen Bürgermeister
und Vorsteher der Marienkirche
Dr. jur. Lorenz Möller (Abb.
S. 351), errichtet von seiner
Witwe Magdalena geb. Bonnus
und seiner Tochter Anna. Der
mittlere Hauptteil zeigt zwischen
zwei von Säulen eingefaßten schma-
len Muschelnischen, in denen zwei
weibliche Statuetten, anscheinend
Glaube und Hoffnung, aufgestellt
sind, im hohen rundbogigen
Mittelfelde ein gleich den übrigen
Gemälden dieses Denkmals auf
Kupfer gemaltes figurenreiches
Bild der Kreuzigung,^) das
^) Er ist »am Sontage den 20. Juni
Nachmittage in der Kirchen im Burger-
meisterstule im Beiwesen der andern
Herren Burgermeister nach Ablesunge des
Textes niedergesuncken und todt ge-
blieben;« WB. 1630, 13. W. n. Ostern
(Juni 20 — 26).
*) Gedr. bei von Seelen, Athenae
Lubecenses i, S. 122.
■') Lichtdruckabbildung bei 1'.
Hasfe, Aus der Gesch. d. Lüb. Malerei
1550— 1700. Tafel IV.
Epitaph des Ratsherrn Johann P^üchtinc
DIE MARIENKIRCHE. 353
Hans V. Hembfen 1630') ^^czcichncl ist. Das vcrkropftc boj^cntlirmi^c (icljiilk
stützen \()rn zwei schwach <;cuundene von Wein umrankte Säulen, deren
reichgeghederte Konsolen von zwei schwebenden Putten getragen werden.
Der auf zwei Säulen ruhende Oberbau umschließt ein viereckiges Gemälde
der Auferstehung, sein von der Statuette der Liebe gekrönter phantastischer
Giebel das MöUersche Wappen (im gespaltenen Schilde xorn zwei ineinander-
geschlungene Weinreben auf silbernem, hinten ein halbes goldenes Mühlrad
auf rotem Grunde, auf dem S])angenhelm eine Weinrebe zwischen zwei Hüffel-
h()rnern). Zwei weitere Wappen sintl in Kartuschenumraliiniingen zu beiden
Seiten oberhalb des Mittelbaus angebracht: links vom Beschauer aus wahr-
scheinlich dasjenige der unbekannten Mutter des Bürgermeisters, rechts das
Honnussche Wappen (vgl. S. 325) seiner Ehefrau. Den unteren Ab.schluß
bilden in reichen Umrahmungen das ovale Brustbild des Verstorbenen und
tue Inschrifttafel. Tugendgestalten, deren Attribute jedoch fehlen, Putten,
Ilalbfiguren und Engelsköpfe beleben die Architektur und das seitliche
Schnörkelwerk. An der Westseite des Pfeilers in der Totcntanzkapelle.
Wappen des laut der Inschrift am 4. Oktober 1565 geborenen und
am 26. Mai 1635 gestorbenen Ratsherrn Hartwich von Stiten (im ge-
spaltenen Schiide vorn ein halber schwarzer gekrönter Ochsenko])f in gold,
hinten ein goldener rechter Schrägbalken in rot, auf dem Stechhelm ein roter
mit goldenem Schrägbalken belegter Flügel). Die Helmdecken sind gleich
der barocken Umrahmung einer unteren Schrifttafel von Putten belebt. An
der Ostseite des dritten Norderpfeilers.
Epitaph für den laut der Inschrift am 12. März 1570 zu Nürnberg ge-
borenen und am 7. Januar 1637 gestorbenen Ratsherrn P^ranz Prünsterer,
1641 errichtet. Zu oberst das von zwei Engeln gestützte Wappen (das erste
und vierte Feld des gevierten Schildes ist rot -blau gespalten mit silberner
faszettierter Teilung, das zweite und dritte Feld zeigt auf Gold einen gepanzerten
Arm mit einer Fackel, der teilweise zerstörte gekrönte Spangenhelm trägt zwei
gepanzerte Arme, die ursprünglich P'ackeln hielten). Die Umrahmung der
undeutlich gewordenen Schrifttafel und für den abgefallenen, seit 1892 im
Museum aufbewahrten Porträtkopf-) ist von Halbfiguren und Putten belebt.
An der Südostseite des Pfeilers der Totentanzkapelle.
Dem WB. zufolge zahlte »Jeronimus Prinster« 1641 Juli 31 -wegen
seines Vaters Heren Frans Prinsters Wapen in der Kirchen aufzuhencken der
Kirchen Gebur< mit 50 ^.
p:pitaph für den laut der Inschrift aus Rietberg in Westfalen gebürtigen, am
24. Mai 1637 im 65. Lebensjahre gestorbenen Ratsherrn und X'orsteher der Marien-
kirche Johann P^üchting und seine aus Kiel gebürtige, am 2. P^ebruar 1636
im 54. Lebensjahre gestorbene Ehefrau Margaretha geb. von Lengerke (Abb.).
') Vgl. über diesen aus Lübeck gebürtigen und 1625 als Freimeister zugelassenen Maler
P. Hasfe in Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 7, S. 312 ff. 1618 Oktober 22 wurde »Hans von
Hemifsen i Conterfeyer« zum Bürger aufgenommen; St.-A., Bürgermalrikel.
^ Kulturhist. Museum 1 892/149.
23
354
DIE MARIENKIRCHE.
Schöner Renaissanceaufbau aus schwarzem
Reliefs und Figuren aus Alabaster. Der
hebende Hauptteil zeigt in dem von zwei
Mittelfelde ein Relief der Auferstehung, \\
Pilastern abschließende schmale Seitenfelder
des Glaubens und der Hoffnung enthalten.
Gebälk ragt zwischen Giebelansätzen, hinter
denen das Füchtingsche Ehepaar kniet, ein
von zwei Hermenpilastern getragener Ober-
bau empor, der in einem Rundbogenfelde
ein Relief der Himmelfahrt umschließt. Den
oberen bogenförmig ansteigenden Giebel
durchbricht eine von der Statuette der Liebe
gekrönte Kartusche mit dem Reliefbilde
des als Knaben mit Totenkopf und Stunden-
glas dargestellten Todes; daneben halten
Putten den Füchtingschen (ein springender
Hirsch vor drei Bäumen) und den von
Lengerkeschen (vgl. S. 358) Wappenschild.
Zu Unterst die Schrifttafel in kartuschen-
artioer Umrahmung. Im NorderschitT am
vierten Wandpfeiler.
Wappen des laut der Inschrift^) am
2. März 1638 im 60. Lebensjahre ge-
storbenen Ratsherrn und Vorstehers der
Marienkirche Dietrich Brömse (grün-
gold-roter mit einem do])pelköpfigen schwar-
zen Adler belegter Schild, auf dem ge-
krönten Spangenhelm fehlt das sonst aus zwei
Büfifelhörnern mit angeschlossenen Flügeln
bestehende Kleinod) mit unterer größten-
teils unleserlich gewordener Schrifttafel in
barocker l^iinfassung. Ehemals an der Innen-
seite des dritten südlichen Chorpfeilers, jetzt
auf dem Boden über der südlichen Vorhalle.
, rotem und ^\•eißem Marmor mit
auf einfachem Unterbau sich er-
Säulen eingefaßten vorspringenden
ährend zwei nach außen hin mit
in Rundbogennischen die Statuetten
Über dem schlichten verkröpften
Epitaph des Ratsherrn Thomas Störning.
Epitaph für den laut der Inschrift^) 1576 geborenen und am 27. März 1641
gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher der Marienkirche Hin rieh Köhler
(abgebildet weiter unten neben dem Epitaph des 1731 gestorbenen Bürger-
meisters Jakob Hübens). Zu oberst das Köhlersche Wappen (vgl. S. jj8),
darunter die Inschrifttafel und der Porträtkopf in einer von Figürchen und Engels-
köpfen belebten Umrahmung. An der Westwand südlich der Bergenfahrerkapelle.
^) Lub. Relig. S. 199.
'■') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. I, S. 142.
DIE MARIENKIRCHE.
355
Epitaph für den laut der Inschrift am 21. Oktober 1641 im 71. Lebens-
jahre (postquam LXX annos VI nicnscs XXVI dies vixisset) oestorbenen
Ratsherrn Thomas Stornino (Abb.), 1647 vom Hildhaucr Jakob von Sandten
gefertigt.^) Zu oberst das von zwei kleinen luioeln "ehaltene Wappen (im
blauen Schilde ein von drei silbernen Storchköpfen begleiteter roter Spai-rcn,
auf dem reichvergoldeten Stechhelm ein silberner Storchko])f zwischen zwei
mit einem roten Sjxarren belegten goldenen Flügeln), darunter tue Inschrifttafel
und der Porträtkopf in ähnlicher Umrahmung wie beim xorigen I^pitapli. An
der Nordseite des fünften Norderpfeilers.
1647 Dczeniher 16 zahlte
dem \VI5. zufolge Albert von
Dassel als 'restamentsvollstrecker
weil. Herrn 'l'honias Störnings
der Kirche 60 ^ »für den Zu-
laß deß Epitaphii, so am andern
Pfeiler von unten auf an der
Norderseite ist angehenget.«
h4)itai)h für den laut Inschrift
am 18. Januar 1575 zu Lübeck ge-
borenen und am 20. März 1643 nach
dreißigjähriger Wirksamkeit als Rek-
tor der Lübecker gelehrten Schule
gestorbenen Mag. Jcjhannes Kirch-
mann (Abb.). Zwei geschnitzte
Säulen, die ein vorspringendes Ge-
bälk mit krönender Kartusche tragen,
umrahmen im Verein mit einer unteren
Schrifttafel das zweifellos von
Zacharias Kniller"-') auf Holz gemalte
viereckige Brustbild des Gelehrten.
Barockes Rankenwerk faßt seitlich
und unten die Umrahmung ein. An
der Westseite des zweiten Süder-
pfeilers.
Epitaph des Mag. Johannes Kirchniann.
Epitaph für den am 10. Oktober 1645 im 'j^. Lebensjahre gestorbenen
Ratsherrn und Vorsteher der Marienkirche Georg Paulsen, den die Inschrift
auf Grund des ihm 1640 verliehenen kaiserlichen Adelsbriefes ^) als »H. Georg
Pawels von Weisenow Ritter« bezeichnet. Geschnitztes W^appenschild (um
^) Vgl. Ed. Hach in Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 7, S. 142. — »Jacob van Santen ein
Sniddeker« war 1643 September 7 zum Bürger aufgenommen; St.-A., Bürgermatrikel.
^) Es zeigt dieselbe Ausführung wie ein in der Stadtbibliothek befindliches, 1646 Z K
gezeichnetes lebensgroßes Vollbild Kirchmanns; vgl. v. Lütgendorf in der 1900 erschienenen P'est-
schrift »Das Museum zu Lübeck,« S. 158.
^) Vgl. Wehrmann, Das Lübeckische Patriziat (Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 5) S. 344 f.
23*
356 DIE MARIENKIRCHE.
einen dem Wickedeschen W^appen (vgl. S. 359) genau nachgeahmten Herz-
schild in vier Feldern: i. in blau zwei abgewandte goldene Kronen überein-
ander, 2. in Silber ein Eichzweig, 3. in silber ein goldener Pfau, 4. in blau
ein mit vier roten Rosen besetzter Kranz) mit zwei Spangenhelmen (von denen
der heraldisch rechte drei Pfauenfedern, der linke drei Turnierlanzen mit
Fähnlein trägt); darunter die Inschrifttafel, neben der in Nischen zwischen
zwei Säulchen die Statuetten des Glaubens und der Hoffnung aufgestellt sind,
und der Porträtkopf in reicher von Putten belebter barocker Unn'ahmung. An
der Westseite des zweiten südlichen Chorpfeilers.
I{pita])h für den laut der Inschrift') am ii. September 1584 geborenen
und am 9. Januar 165 1 gestorbenen Bürgermeister Hinrich Wedemhof,
Ende 1652 errichtet. Während das geschnitzte W^appen (vgl. S. 342) noch
seine ursprüngliche Stelle an der Südwand der südlichen Kapelle des Chor-
umgangs einnimmt, befindet sich die untere Hälfte des Epitaphs seit 1892 im
Museum.^) Sie umfal'Nt die unleserlich gewordene Schrifttafel und den Porträt-
kopf in barocker von Figürchen und Engelsköpfen belebter Umrahmung, die
oben und unten je zwei Wappen trägt, nämlich diejenigen der vier Schwieger-
söhne des Verstorbenen: der Bürgermeister Hermann von Dorne (vgl. S. 359)
und Gottschalk von Wickede (vgl. S. 359), des Ratsherrn Gotthard von Brömse
(vgl. S. 364) und des 1654 gestorbenen Patriziers Alexander Lüneburg.
Das \VK. berichtet unter 1652, 13. W. n. Michaelis (1652 Dezember 26 —
1653 Januar i): »Noch ist zu sehl. H. Bürgermeisters H. Henrici Weden-
hoffs Epitaphium zu beugen von der Kirchen geschafifet 2 Liel?>^ alt Blei
ä 'S 2 ja', thut 3 ^ 8 fi.« 1653 Januar 24 wurde die Gebühr »wegen
sehl. H. Henrici Wödenhoffs Burgermeisters Epita])hium aufzuhengen« mit
60 ^ entrichtet; WB. 1653, 4. W. n. Neujahr (Januar 23 — 2g).
PZpitaph für den laut der Inschrift^) 1574 geborenen und (am 24. August)
1652 gestorbenen Bürgermeister Otto Brokes, 1654 errichtet. Zu oberst das
Brokessche Wappen (vgl. S. 350), dessen teilweise vergoldeter Spangenhelm
Reste des Kleinods trägt; darunter die Inschrifttafel und der Porträtkopf in
barocker, von Putten und Engeln mit den Leidenswerkzeugen Christi belebter
Unn-ahmung. Am Wandpfeiler links \-or der Bürgermeisterkapelle.
Das WB. meldet unter 1654, 9. W. n. Michaelis (November 26 — De-
zember 2): »Noch haben mit BewiUigung meiner H. Vorsteher H. Otto
Brokeß weilandt Burgermeisters dieser Stadt nachgelaßene Erben del.'' sehl. H.
Wapen und Billdt am Pfeiler bei der H. Burgermeister Capell anhencken
laßen, weßentwegen sie der Kirchen für den Zulaß geben müßen 60 ^.«
Epitaph für den laut der Inschrift 1595 geborenen und (am 29. November)
1655 gestorbenen Ratsherrn Gotthard von Hövelen, bestehend aus dessen
Wappen (vgl. S. 337), einer Schrifttafel und dem Porträtkopf in barocker
*) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 123.
'^) Kulturhist. Museum No. 1892/144.
*) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 131.
DIE MARIKNKIRCIIK. 357
Umrahiiuino. l-",liciiials an der Südseite des zweiten siidlichen Chorpfeilers,
jetzt auf dem Boden über der siidlichen \^)rlialle.
Das Wl). berichtet unter 1658, 8. \V. n. Michaelis (November 21 — 27):
»Noch haben sehl. H. (lodthard von Hövelen, gewesenen C'annnerhcrren dieser
Stadt, nagelaßene Erben deß sehl. Herren \\'a])en an einen Pfeiler del?! Chores,
woselbst inwendig im Chore sehl. H. Jürgen l'auHk'n auch henget, befestigen
laßen; dafür haben sie . . . geben 60 ^.«
Epitaph für tlen laut der Inschrift') am 12. Oktober 1657 im 50. Lebens-
jahre gestorbenen Ratsherrn Johann Pöpping, 1658 errichtet. Zu oberst
das Wappen (im gevierten Schilde: i. in blau ein \'on zwei grünen Klee-
blättern begleiteter und eine goldene Sonne einschließender goldener Sparren,
2. und 3. in gold ein schwarzer gekrönter Adler, 4. ein aus dem rechten
Obereck hervorgehender rotbekleideter Arm, der eine Sonnenblume (?) hält;
das Kleinod des goldverzierten Spangenhelms fehlt); darunter Schrifttafel und
Porträtkopf in einfacher von Halbfiguren und Puttenköjjfen belebter barocker
Umrahmung. An der Nordseite des dritten Norderpfeilers.
Im WB. heißt es unter 1658, 7. W. n. Michaelis (November 14 — -20):
»Noch haben die H. Vormunder sehl. H. Johan Pöppings Wapen an der
Norderseiten der Kirchen am Pfeiler, dran die Cantzel befestiget, aufhengen
laßen; dafür haben sie . . . gegeben 20 >f^, sind 60 ^.«
P^pitaph für den laut der Inschrift am 6. Mai 1602 zu Lüneburg ge-
borenen und am 24. Mai 1659 gestorbenen Ratsherrn Albert von Dassel,
1659 von seiner Witwe Katharina geb. Plönnies gestiftet. Das Hauptstück
bildet das große Wappen (im silbernen Schilde drei im Dreipaß gestellte, mit
einem roten Balken belegte längliche grüne Blätter, auf dem gekrönten Spangenhelm
drei gleiche Blätter an einem langen Stengel zwischen zwei mit roten Binden
gezierten silbernen Büffelhörnern). Es wird umschlossen von einem aus sech-
zehn Schilden zusammengesetzten Kranze männlicher und weiblicher Ahnen-
wappen des von Dasselschen Geschlechtes, die mit Ausnahme der beiden
unteren Schilde, von denen derjenige der rechts vom Beschauer aus befind-
lichen weiblichen Reihe leer ist, Schriftbänder mit den zugehörigen Namen ^)
tragen. Der untere Teil umfaßt die Schrifttafel und den Porträtkopf des
Verstorbenen in zierlicher, von Figürchen belebter barocker Umrahmung, die
oben das CATHARINA PLÖNNIES VIDUA bezeichnete Wappen der Stifterin trägt.
An der Nordseite des ersten Süderpfeilers.
Im WB. heißt es unter 1659, 11. W. n. Neujahr (März 13 — 19):
»Mittwoch hat mit Consens der H. Vorsteher Fr. Catharina Dasselß ihres
sehl. H. Wapen aufhencken laßen; dafür hat sie der Kirchen geben, wie
andere für diesem gethan, 20 .»J^, sind 60 -^.«
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 258.
'■') Die weiblichen Namen sind in aufsteigender Reihenfolge: Maria Jungen, Metta Urslers,
Metta Jungen, Sophia Stoteroggen, Gesche Stoteroggen, Elisabeth Töbings und Catharina Düsterhop;
vgl. den Dasselschen Stammbaum bei J. H. Büttner, Genealogiae oder Stamm- und Geschlechts-
Register der vornehmsten Lüneburgischen Adelichen Patricien-Geschlechter ; Lüneburg 1704).
358 DIE MARIENKIRCHE.
Epitaph für den am i8. August 1645 im 76. Lebensjahre gestorbenen
Ratsherrn Georg von Lengerke, Anfang 1660 errichtet. Zu oberst das
P T
Wappen (in dem mit den goldenen Buchstaben g |_ belegten blauen Schilde
ein goldener Falke mit roter Kappe, der auf einem auf grünbewachsenem
Felsboden liegenden braunen Aste sitzt und der auch den reichvergoldeten
Stechhelm ziert) mit stark geschweiften von Engelsfigürchen belebten Decken;
darunter die von den Statuetten des Glaubens und der Hoffnung flankierte
Schrifttafel und der gleich dieser von barockem Rankemverk eingefaßte Porträt-
kopf. An der Nordseite des vierten Norderpfeilers.
Es heißt im Vorsteher -Protokoll 1650 — 1742 (Bl. 127 b) unter 1660
Januar 9: »S. Wollw. H. Herman van Lengercken (Ratsherr 1654 — 68) hat
den 3. Januar seineß sehl. Vätern Epithaphium hengen laßen; ob auch die
Kirche deßenthalber zu genießen?« und am Rande: »Hievon ist nichts
gekommen.«
Größtenteils verloren gegangenes P^pitaph für den am 27. November 1659
im 31. Lebensjahre gestorbenen Domherrn und Erbherrn auf Brandenbaum
Bruno von Warendorf, Anfang 1662 errichtet. Es bestand aus dem
Wappen, von dem der Schild (vgl. S. 131) und die barocken Helmdecken
sich auf dem Boden über der südlichen Vorhalle erhalten haben, einer Schrift-
tafeP) und dem von Matthias Black gemalten^) Porträtkopf. Früher an der
0.stwand der Warendorf-Kapelle, wo der Domherr am 2. Dezember 1659
bestattet ist. ^)
1662 Februar 18 zahlte Junker Thomas Heinrich von Wickede der
Kirche 10 -^^ oder 30 ^, »welche weiland H. Brunonis von Warendorffen
Canonici der Stifttskirchen alhie in Lübeck hinterlaßene Fr. Wittibe und
Erben der Kirchen auß freyen Willen vorehret, weil sie ihres sehl. Liebsten
vorbenandt Wapen den 8. Januarii dieses Jahres in der Warendorften Capellen
aufhencken lassen;« WB. 1662, 8. W. n. Neujahr (Februar 16 — 22).
Epitaph für den am 7. September 1658 im 73. Lebensjahre gestorbenen
Bürgermeister Dr. jur. Anton von Köhler, der Inschrift*) nach 1664 er-
richtet. Das Wappen weicht insofern von dem oben (S. 338) abgebildeten
Köhlerschen Wappen ab, als es, infolge der 1653 geschehenen Erhebung des
Bürgermeisters in den Adelsstand, in seiner vorderen Hälfte einen halben
schwarzen doppelköpfigen Adler auf silbernem Felde zeigt, während die hintere
Hälfte das ältere Köhlersche Wappen enthält. Darunter die Inschrifttafel und
der von Matthias Black gemalte^) Porträtkopf des Verstorbenen in barocker,
von Putten belebter Umrahmung. Links vor der Bergenfahrerkapelle neben
dem Epitaph seines Bruders, des 1641 gestorbenen Bürgermeisters Hinrich
Köhler (vgl. S. 354).
1) Inschrift Lub. Relig. S. 187.
^ P. Hasfe im 15/16. Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden S. 16.
') WB. 1659, 9. W. n. Michaelis (November 27 — Dezember 3).
*) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 157.
*) Vgl. P. Hasfe im IS./16. Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden S. 17.
DIE MARIENKIRCHK
359
l'Lpitaph fiir den laut der Inschrift ani i<j. Juni 1661 im 71. Lebensjahre
gestorbenen Hürgernicister untl Vorsteher der INhu'ienkirche Hr. jur. Christoph
Gerdas, 1665 errichtet (Abb.). Zu oberst das Wapi:)en (in dem von bhiuer
Leiste oeteilten Schilde oben in gold drei grüne Kleebl.ätter, unten in silber
drei rote Herzen; von den drei Kleeblättern des 1 lelmkieinods ist nur das
mittlere erhalten); darunter die Inschrifttafel und der Porträtkopf in barocker
Rankenwerkumrahmung mit den F'iguren des Glaubens und der Hoffnung.
An der W'estwand nördlich der Hcrgenfahrerkapelle.
Das WB. berichtet unter 1665,
9. W. n. Neujahr (Februar 26 — Miirz 4):
»Diese Woche haben H. C'hristoff Gerdas
J. U. D. weiland eltisten Burgermeisters
und gewesenen Vorstehers dieser Kirchen
nachgelal?ien ?>ben ihres in Gott ruhenden
H. Vaters und Schwiegervaters P'.pitaphium
in St. Marienkirchen unter der großen
Orgel nordtwerts bei der alten l''ahnen . . .
aufrichten laßen . . .«
Epitaph für den am 16. Mai 1665 im
Alter von 60 Jahren gestorbenen Bürger-
meister und Vorsteher der Marienkirche
Hermann von Dorne, laut der Inschrift')
1667 errichtet. Zu oberst das von Dornesche
Wappen (vgl. S. 343); darunter zwischen
den ursprünglich in Säulennischen aufge-
stellten Statuetten des Glaubens und der
Gerechtigkeit die Inschrifttafel und der von
Matthias Black gemalte-) Porträtkopf, den
barockes Rankenwerk umschließt. An der
Westseite des ersten Norderpfeilers.
Epitaph für den am 3. Januar 1667
im 70. Lebensjahre gestorbenen Bürger-
meister Gottschalk von Wickede, 1673
errichtet (Abb. S. 360). Das reichgeschnitzte
barocke Denkmal zeigt zu oberst das große
Wickedesche Wappen (im geteilten Schilde
oben ein ^\'achsender sch\\arzer Adler in gold, unten ein goldener Sparren
in schwarz; auf dem Spangenhelm zwei lange spitze Hörner, die viermal
schwalbenschwanzartig in blau und gold geteilt sind), darunter das auf Kupfer
gemalte Brustbild des Bürgermeisters. Letzteres umschließt ein aus zwanzig
mit Namensunterschriften versehenen Wappen gebildeter Kranz, der zu unterst
die Wappen des Verstorbenen und seiner zweiten Gattin Dorothea Wedenhofif,
Epitaph des Bürgermeisters
Dr. Christoph Gerdes.
') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 120.
2) P. Hasfe im 15./ 16. Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden S. 16.
\6o
DIE MARIENKIRCHE.
darüber linksseitig die Wappen neun Wickedescher Ahnen bis auf den 1367
gestorbenen Bürgermeister Hermann v. W., rechtsseitig diejenigen ihrer Ehe-
frauen^) enthält. Zu beiden Seiten des Kranzes stehen vor Rundbogennischen,
die von gewundenen Säulen eingefaßt sind, zwei Karyatidenengel und über
diesen auf einem verkröpften Gebälk die Statuetten zweier geharnischter Ritter.
An den Sockeln der eben
erwähnten Säulen sind die
Wappen der vier übrigen
Gattinnen des Bürger-
meisters, Katharina Möller,
Margaretha Lüneburg,
Ursula Dorothea von
Decken und Margaretha
Sophia Elvers, aufgehängt,
während die reiche barocke
Umrahmung der zu unterst
angebrachten Schrifttafel ^)
die Wappen der drei
Schwiegersöhne des Bür-
germeisters, des Ratsherrn
Lukas Stauber (gest.
1669), des Patriziers Hein-
rich Kerkring (gest. 1692)
und des kaiserlichen Re-
sidenten Heinrich Adrian
Müller (gest. 1706), auf-
weist. An der Südseite
des ersten Norderpfeilers.
Das WB. be-
richtet unter 1673,
9. W. n. Michaelis,
(November 23 — 29):
»Dinstags sandt H.
Thomas Hinrich von
Wickeden Rahtsver-
wandter 60 ^ wegen
seines Vaters weiland
H. Burgermeister Got-
schalck von Wickeden Wapen, so er an verwichenen Sonnaljend mit Be-
willigung der H. Vorsteher nordwers oben an dem ersten Pfeiler beym Chore
aufhengen laßen.«
Epitapli des Bürgermeisters Gottschalk von Wickede.
') Es sind dies in aufsteigender Reihenfolge: i. Anna Lüneburg, 2. Elsabe von Mechtshus,
3. Agneta Schmidt, 4. Geseke van Calven, 5. Heileke Bere, 6. Heileke Lüneburg, 7. Margaretha
Meteier, 8. Hillegunde van Essen, 9. Gertrud Pape.
'■') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 125.
nib: iMAKIKNKIRCIII-:.
361
l^pitapli für (IcMi laut der Iiisclirilt') am 20. Juli lOoo /.u Lübeck geborenen
und am 4. Mai 1668 gestorbenen I lauptpastor Mag. Jakob StolteiToht. In
einer Rundbogennische, die von zwei vorgesetzten gewundenen und xon Wein-
reben umrankten Säulen eingefaßt wird, ist das von Matthias Black gemalte'^) ovale
Brustbild angebracht. Putten, zum Teil mit Leidensattributen Christi, beleben und
krönen die barocke phantastische Umrahmung. Zu unterst eine herzförmige In-
schrifttafel. y\n der Xordwand der Heicht-
kapelle.
Epitaph für den laut der Inschrift
am 28. März 1664 im 51. Lebensjahre ge-
storbenen Ratsherrn l'eter Isernhagen,
1671 errichtet (Abb.). Das mitdere Haupt-
stiick bildet ein nach J. \V. Greves An-
gabe^) »M. Schatz 167 1« gezeichnetes, auf
Kupfer gemaltes großes ovales l^ild der
Kreuzabnahme, in dessen aus Blumen,
Früchten und Ranken zusammengesetzter
kranzförmiger Umrahmung sich kleine Kngels-
figuren tummeln. Darüber das von fackel-
haltenden Putten flankierte, im blauen Schilde
eine Relieffigur der Hoftnung zeigende
Wappen, dessen Stechhelm eine den ganzen
Aufbau krönende Statuette der Hoffnung
trägt. Zu unterst Schrifttafel und Porträt-
kojjf in barocker von Engeln und Engel-
köpfen belebter Umrahmung. Am dritten
Wandj)feiler des Norderschiffs.
Das WB. berichtet unter 167 1,
I. W. n. Michaelis (Oktober i — 7):
»Noch liesen weilandt H. Peter Isern-
hagen gewesener Rahtman alhie nach-
gelassene Erben auf Vergünstigung der
H. Vorsteher ein Epitaphium nordwers
in der Kirchen auffrichten, wesentwegen
sie der Kirchen gegeben 20 »^ , sind
60 #.« Die Erlaubnis hierzu war ihnen
am II. Januar 1669 erteilt worden;
Vorsteher-Protokoll 1650 — 1743, Bl- 59-
Epitaph des Ratsherrn Peter Isernhagen.
14. Februar 1671 im 68.
Epitaph für den laut der Inschrift^)
Lebensjahre gestorbenen früheren Lübecker
') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. 2, S. 348.
^ Hasfe, 15/16. Jahresbericht des Vereins von Kunstfreunden in Lübeck, S. 17.
^) In dem 1821 vom Porträtmaler Jean Werner Greve aufgestellten »raisonnirenden Ver-
zeichnis über die in der Marienkirche zu Lübeck befindlichen Gemälde.« Die durch den hohen
Standort des Gemäldes erschwerte Nachprüfung dieser Angabe blieb ergebnislos.
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. I, S. 120.
362
DIE MARIENKIRCHE.
Bürgermeister und nachmaligen holsteinischen Rat und Vizekanzler Gotthard
von Hövelen, 1676 errichtet (Abb.). Geschnitzter spätbarocker Aufbau mit
reicher Vergoldung. Zwei von Putten getragene weinumrankte gewundene
Säulen, neben denen vor schmalen Muschelnischen zwei symbolische weibliche
Figuren, anscheinend Friedfertigkeit und Klugheit, aufgestellt .sind, stützen ein
aufwärts gebogenes Gebälk, dessen mit Figürchen besetzten phantastischen
durchbrochenen Giebel eine Minerva krönt. Im Mittelfelde das von Hövelnsche
Wappen inmitten eines aus sechzehn kleinen Wappen gebildeten Kranzes, der
zu Unterst die VON HOVELEN
und LVNEBVRGE unterschriebe-
nen Wappen des Verstorbenen und
seiner ersten Ehefrau Cäcilia Lüne-
burg enthält, während die Schrift-
bänder der übrigen Wappen links
an zweiter, dritter und siebenter
Stelle VON HOVELEN, an vierter
bis sechster und achter Stelle
KLEVORN, STOTEBRVGGEN,
VON BROMSEN und V.SVDER-
MAN, rechts an zweiter, dritter
und fünfter Stelle V. SCHAF-
HAVSS, VON WISTRATE und
V. KLEPPING, an vierter und
sechster bis achter Stelle VON
HOVELEN lauten. 1) Der untere
Teil umfaßt das von zwei Putten
flankierte auf Kupfer gemalte Bru.st-
bild Gotthard von Hövelens und
die Inschrift in üppigen Ranken-
werkumrahmungen , an denen vier
kleine Wappen angebracht sind,
nämlich diejenigen der zweiten und
dritten Ehefrau des Vizekanzlers
Katharina Brokes und Magdalena
von Brömbse sowie die beiden Ge-
4LSä
Epitaph des Vizekanzlers Gotthard von Hövelen.
schlechtswappen seiner vier Schwiegersöhne, von denen je zwei der Familie
*) Die letzten Vorfahren des Vizekanzlers waren:
Johann von Hövelen zu Dortmund; Margaretha von Schaf hausen.
Bürgermeister Gotthard v. H., j 1555; zweite Ehefrau: Barbara Stotebrügge.
Ratsherr Gotthard v. H., f 1571; Margaretha von Brömbse.
Christian v. H., j 1630; Engel Clevorn.
Gotthard v. H., f 167 1.
DIE MARIENKIRCHE.
363
von Dorne untl von Wickcdc angeluirtcn. y\in zweiten \\';uulpteiler des
Norderschiffs.
1676 Januar 18 wurde auf das Begehren der Erben des Vizekanzlers
»umb deß sehl. Herrn Epitaphium an dem Pfeiler für der Herrn Burger-
meister Stuele vor dem großen Christoffer (vgl. S. 173) auffzuhengen « be-
schlossen: >Mveil die Leiche in s. Jacobß Kirchen beerdiget und man kein
Exempel hat, daß in einer Kirclien die Bestetigung der Leichen, in der
andern aber die Auffrichtung
eines Epitaphii geschehe, solches
auch denen Kirchen zum großen
Prejuditz gereichen wurde, daß,
wan die Erben die Leiche in
diese Kirche werden beisetzen
laßen, der Kirchen ihre gebuhrl.
Unkostungen vernugen, sie an
einen andern Orth und zwar nicht
an den begehrten Pfeiler (weil
der Pfeiler an der Seiten des
großen Christofifers niemahl solte
behenget werden) solches Epi-
taphium auffrichten muegen;«
Vorsteher-Protokoll 1650— i 743,
S. 76 b. — 1676 März 31
wurde »wegen des sei. H. Vice-
cancelers H. Gotthardt von
Hövelen Epitaphii auffzurichten«
die Kirchengebühr mit 150 ^
bezahlt; WB. 1676, i. Vv. n.
Ostern.
Epitaph für den am 28. März
1674 im 57. Lebensjahre gestorbenen
Ratsherrn Heinrich Wedemhof,
1677 errichtet (Abb.). LJm das auf
Holz gemalte, von einem Lorbeer-
kranze umrahmte Brustbild des Ver-
storbenen zieht sich ein aus sech-
zehn willkürlich angeordneten Wap-
pen Wedemhofscher Ahnen und
ihrer Ehefrauen gebildeter Kranz, ^)
den unten eine Putte mit emporgehaltenem Stundenglase unterbricht. Auf der
aus Blattwerk und Blumengewinden bestehenden reichvergoldeten spätbarocken
Einfassung thronen zwei größere Putten, die das den Aufbau krönende
Wedemhofsche Wappen (vgl. S. 342) stützen. Den unteren Abschluß bilden,
Epitaph des Ratsherrn Heinrich Wedemhof.
1) Der Kranz umfaßt, abgesehen von den acht Wedemhofschen Wappen, linksseitig von
unten auf gezählt an zweiter und sechster Stelle die Wappen von Cathr. Plonnies und Anna
V. Detten, rechtsseitig an erster, dritter bis fünfter, siebenter und achter Stelle diejenigen von
Agn. Osnabrüggen, Maria v. Büsschen, Anna Wibbekings, Catharina Paels, Anna Horstmans und
Sophia Ketteier.
364 DIE MARIENKIRCHE.
von Rankenwerk umschlossen, die Schrifttafel und die beiden nebeneinander
gesetzten Wappen des Ratsherrn und seiner Witwe Gesche von Elveren.
Ursprünghch im Norderschiff Hnks von der Totentanzkapelle errichtet, ist das
Epitaph 1706, um dem des Bürgermeisters Hieron}mus von Dorne Platz zu
machen, an seinen jetzigen Platz am W'andpfeiler rechts der Bürgermeister-
kapelle umgehängt worden.^)
1677 März 27 wurde die (jebühr »wegen sei. H. Hinrici Wedenhoffs
Ephitaphium auffzurichten « mit 60 ^ gezahlt; WB. 1677, 13. W. n. Neujahr.
Epitaph für den am 24. Oktober 1673 im 61. Lebensjahre gestorbenen
Ratsherrn Gotthard von Brömse. Großes reichgeschnitztes und fast ganz
vergoldetes Denkmal in ähnlicher Form wie das nebenstehend abgebildete
Epitaph des Matthäus Rodde. Zwei ovale auf Holz gemalte Bilder, von
denen das größere obere, welches F. O. [== Eranz Oesterreich) 1679 gezeichnet
sein soll,^) die Belebung der Totengebeine durch den Propheten Hesekiel
(Hesekiel Kap. ^y) darstellt, während das untere das Brustbild des Verstorbenen
zeigt, werden von einem Lorbeerkranze umschlungen, der unten das größere
Wappen des Ratsherrn und darüber achtzehn kleine mit Schriftbändern ver-
sehene Ahnenwappen trägt, und zwar sind linksseitig die Wappenschilde der
von Brömseschen Ahnherren angeordnet, rechts diejenigen ihrer P^hefrauen
(in aufsteigender Reihenfolge: Margaretha von Hövelen, Katharina von Kalven,
Magdalena Lüneburg, Margaretha Beer, Gesche Tobinges, P^lisabeth Westphal,
Richel Sootmeister, Katharina von Muellen und Gertrud von Kruse). P2ine
verschnörkelte, von der Statue der Liebe gekrönte und von vielen Eigürchen
belebte l^lattwerkumrahmung umschließt das Ganze. Am fünften Wandpfeiler
des Norderschififs.
1678 November 5 entrichteten (iotthard von Brömses Erben »die von
den H. Vorsteherrn begehrte 50 Rthlr., umb deßen Epitaphium in der Kirchen
untenwerdts sei. H. Füchtingß . . . aufrichten zu laßen;« WB. 1678, 6. W.
n. Michaelis (November 3 — 9).
h^.pitaph für den laut der Inschrift^) (am 29. November) 1677 im
79. Lebensjahre gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher der Marienkirche
Matthäus Rodde (Abb.). P^s zeigt inmitten einer krausen, reichvergoldeten
und von zahlreichen Putten sowie von Statuetten und Halbfiguren belebten
Blattwerkumrahmung untereinander das von einem Lorbeerkranze eingefaßte
Wappen des Verstorbenen (im blauen Schilde ein springender schwarzer Hund
mit einem Knochen im Maule und goldenem Halsband mit Ring; auf dem
Spangenhelm derselbe Hund wachsend zwischen zwei l^üfifelhörnern) und
sein von einem Blumenkranze umrahmtes auf Kupfer gemaltes Brustbild.
Zwischen Wappen und Bild sind nebeneinander die kleineren Wappen der
beiden P^hefrauen des Bürgermeisters, Anna Prünsterer (vgl. S. 353) und
Katharina Schumacher (im blauen Schilde drei silberne Lilien, auf dem
0 Vgl. S. 376.
*) Nach J. W. Greves »raisonnirendem Verzeichnis«; vgl. S. 361, Anin. 3.
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 211.
DIE MARIENKIRCHE.
365
Span^cnhclni eine silhenie Lilie), um! unlerhalh des l'orlrats <.V\v Inschritttalel
an(j;el3racht. Das ursprünglich am zweiten Udidlichen ( horpteiler ni'hen dem
Altar aufoehängte Denkmal ist, als 1855 das Sakramentshäuschen naher an
diesen I'feiler gerückt wurde, an den zweiten W'andpfeiler des Süderschiffes
\erselzt worden. ')
1673 l'cbruar 3 erhielt Bürgermeister Nhitthäus Rodde von seinen Mit-
vorstehern an der Nhu-icn-
kirche die Zusage, dal.N nach
seinem Abiehen sein Kpitaph
»im Chor . . . an dem
ersten Pfeiler nördlicher
Seiten frey und ohne einige
P'.ntgeltung« von seinen P>ben
errichtet werden könnte; Vor-
steher-Protokoll 1650 1743,
erste beschriebene Seite.
Epitaph für den am
2<S. März 1680 gestorbenen Rats-
herrn und Vc^rsteher der Marien-
kirche Caspar von Deginck.
Das dem vorigen ähnliche Denk-
mal zeigt inmitten einer von
Tugendgestalten belebten und
von hangeln mit Leidensattributen
gekrönten reichgeschnitzten
Laubwerkeinfassung das große
Degincksche Wappen (im blauen
Schilde zwei gekreuzte goldene
Spontons, auf dem Spangenhelm
dieselben Spontons zwischen zwei
goldenen Flügeln) in einem
Eichenkranz, darunter tlas von
einem Blumenkranz umrahmte
auf Kupfer gemalte Halbporträt,
das der Inschrift zufolge den
Ratsherrn im 66. Lebensjahre
darstellt, und zu unterst die In-
schrifttafel. Im Altarraum am
vierten südlichen Chorpfeiler.
FZpitaph für den laut der
Inschrift'^) 1607 geborenen und
Epitaph des Bürgermeisters Matthäus Rodde.
1) Wochenzettel, 1855, März
—31 und April 8 — 14.
') Gedr. bei von Seelen , a. a.
I, S. 256.
366
DIE MARIENKIRCHE.
am 27. September 1686 gestorbenen Ratsherrn Friedrich Plönnies, 1687
errichtet. Das auf Holz gemalte lebensgroße Porträt in halber Figur um-
schließt ein bereits im Rokokogeschmack geschnitzter breiter ovaler Rahmen,
der acht Wappen mit unteren Schriftbändern trägt, nämlich links die Wappen
des Verstorbenen und seiner letzten drei Ahnen, rechts diejenigen der be-
treffenden Ehefrauen (Anna Wedenhoff, Elisabet von Stiten, Anna Kerkring
und Margareta Witik); ^) darunter die Schrifttafel in schlichter Laubwerkein-
fassung. An der Nordseite des ersten nördlichen Chorpfeilers.
1687 August 9 wurde »wegen
Auffrichtung H. Friderici Plönnies
weilandt Rahtsverwandten alhier in
Lübeck Ephitaphii der Kirchen
Gebühr entfangen, 150 -^.« WB.
1687, 20. W. n. Ostern.
Epitaph für den laut der In-
schrift am 6. März 1633 geborenen
und am 24. September 1689 gestorbe-
nen Ratsherrn Dietrich Bartels,
1693 errichtet (Abb.). Größtes hölzer-
nes Denkmal in frühen Rokokoformen.
Zwei seitliche Säulenpaare, zwischen
denen die Statuen des Glaubens und
der Hoffnung aufgestellt sind, tragen
im Verein mit zwei schlichten Pilastern
das mehrfach verkröpfte, im Bogen
hochgeführte Gebälk Auf seiner Mitte
erhebt sich das Bartelssche Wappen
(im blau-gold geteilten Schilde ein auf-
gerichteter schwarzer Bär, der in seinen
Vordertatzen eine goldene Krone hält,
auf dem gekrönten Spangenhelm der-
selbe Bär wachsend) zwischen den
sitzenden Figuren eines Jünglings mit
einem Lorbeerkranz und des geflügel-
ten Sensenmanns, während weiter seit-
wärts die Statuen der Gerechtigkeit und der Liebe stehen. Die große mittlere
Bogennische füllt ein auf Kupfer gemaltes, von italienischen Vorbildern beein-
flußtes^) Bild der Auferweckung des Lazarus in schmalem, von Engeln belebten
Laubwerkrahmen. Vor der Basis ist das Brustbild des Verstorbenen zwischen
Epitaph des Ratsherrn Dietrich Bartels.
^) Die Inschrift nennt sie eine geborene »v. Witten, k doch stellt das zugehörige Witiksche
Wappen (im blauen Schilde dre um ein silbernes Kleeblatt im Dreipaß gestellte Weißfische; vgl.
Milde, Siegel des M.-A. Tafel 14, 128) außer Frage, daß jener Name auf eine spätere fehlerhafte
Übermalung zurückzuführen ist.
^) Vgl. P. Hasfe, Aus der Geschichte der Lübecker Malerei von 1550 — 1700, S. 6.
DIE MARrKNKIRCHE.
367
zwei sitzenden weiblichen Figuren aufgehängt, von denen die linke klagend
eine Flammen- und eine Aschenurne, die rechte einen Rosenzweig hält. Die
zu Unterst angebrachte Schrifttafel wird von einem dichten Blattwerk mit zwei
Engeln und der ruhenden Figur des Todes umschlossen; letztere hält ein auf-
geschlagenes Buch, in das die Namen des Ratsherrn (DIETERJCVS BARTELS)
und seiner beiden laiefrauen (ENGEL BART. GEB. POORTEN und
AGNETA BART. GB. SIEMBSSEN, eingetragen sind. An der Sudseite
des fünften Norderpfeilers.
1693 Aut^ust I 1 wurde we^^cn
Auffrichtung des sehl. H. Dieterici
Barthelsen Kpitaphii alhier in der
Kirchen der Kirchen (Gerechtigkeit
entfangen, 150 ^;« WB. 1693,
17. W. n. Ostern.
Epitaph für den am 16. August
1625 geborenen und am 22. Dezember
1691 gestorbenen Ratsherrn Kon r ad
von Dorne, 1694 von seiner Witwe
Katharina geb. Cleneke (gest. 17 12)
errichtet (Abb.). Reicher, dem vorigen
ähnlicher Rokokoaufbau in Holz.
Sechs chorintisierende .Säulen, \on
denen die beiden mittleren ein auf
Kupfer gemaltes gutes Bild der Grab-
legung Christi, 1) die beiden äußeren
Paare zwei in Muschelnischen aufge-
stellte weibliche Statuen mit Palmen-
zweig und Spiegel einschließen, stützen
das auf beiden Seiten nach rückwärts
geschwungene und in der Mitte von
einem flachen Giebel überwölbte ver-
kröpfte Gebälk, vor dem ein Posaunen-
engel schwebt. Zu oberst steht das
von Dornesche Wappen (vgl. S. 343)
zwischen einer weiblichen Figur, die
ein von einem Kreise umschlossenes
Dreieck hält, und einem geflügelten Sensenmann mit dem Stundenglas. An
der Basis des Mittelfeldes ist das von einem ovalen Laubwerkrahmen um-
schlossene vortrefflich gemalte Brustbild^) des Verstorbenen zwischen zwei
sitzenden Frauengestalten angebracht, von denen die eine ein Lamm trägt, die
andere weinend ein flammendes Herz emporhält. Den unteren Abschluß bildet
Epitaph des Ratsherrn Konrad von Dorne.
Tafel VII.
^) Lichtdruckabbildung bei Hasfe, Aus der Gesch. der Lüb. Malerei von 1550 — 1700,
''') Das. Tafel VIII.
368
DIE MARIENKIRCHE.
ein ausgespanntes Tuch mit der aufgemalten Inschrift. An der Südseite des
zweiten Norderpfeilers.
1693, 4. W. n. Michaelis (Oktober 22—28) wurde Herrn Cord von
Dornes Witwe für dessen Epitaph »der ander Pfeiler nordtwerdts vom Chor
al) . . . vergönnet« und die Gebühr
mit 150 ^ entrichtet; WB. Am
Rande ist vermerkt: »Anno 1694
in der ersten Woche nach Michaelis
(September 30 — Oktober 6) ward
dieses Epitaphium auftgerichtet.«
Epitaph für den laut der In-
schrift^) am 28. Oktober 1610 ge-
borenen und am 23. Mai 1693 ge-
storbenen Bürgermeister Heinrich
Kerkring, 1695 errichtet (Abb.).
Zwei von Pflastern eingefaßte seitliche
Säulenpaare, die das verkröpfte wage-
rechte Gebälk des hohen hölzernen
Aufbaus tragen, umschließen im breiten
Mittelfelde das auf Leinwand gemalte,
G. Kniller. f. löyö gezeichnete vor-
treffliche lebensgroße Vollbild des
Bürgermeisters, 2) dessen Umrahmung
ein von schwebenden Putten gehaltenes
Blumengewinde bildet. Ein über dem
Mittelfelde aufragender Oberbau zeigt
das Kerkringsche Wappen (vgl. S. 344),
vor dessen Wappenmantel um den
Schild die goldene Kette der Zirkel-
brüder gelegt ist; darunter hängt vor
dem Gebälk eine Medaille mit der
Dreieinigkeit und das Abzeichen der
Zirkelgesellschaft. Vergoldete Tugend-
gestalten stehen vor den vier unteren
Pilastern und zu beiden Seiten des
Oberbaus, dessen dreieckigen Giebel
zwischen zwei anbetenden Engeln die
Figur des Auferstandenen krönt. An
der Basis ist die von Putten umgebene
und von Palmenzweigen eingefaßte
Schrifttafel angebracht, zu unterst ein ausgespanntes Tuch mit der Relieffigur
des Todes. An der Südseite des vierten Norderpfeilers.
Epiiaph des Bürgermeisters Heinrich Kerkriiu
') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 170.
'0 T.ichtdruckal)bildung bei Hasfe, Aus der Gesch. der Lül). Malerei von 1550— 1700, Tafel VI.
DIE MARIENKIRCHE.
369
1695 Juli 5 wurden .wegen des wohlselil. Herrn liurgermeisters Heinrici
Kirchrings Epitapliii, so an dem negsten Xorderpfeiler unterwerdts der Cant/el
auffgerichtet , der Kirchen Jura mit 150 // entrichtet; \\'I>. 1695, 15. W.
n. Ostern.
Epitaph
und am 20. Juh
für den laut der Inschrift^) am 8. Februar 1643 t^eborcnen
1693 gestorbenen Ratsherrn und Vorsteher der Marienkirche
Dr. jur. Heinrich i^ alemann,
1695 errichtet. Großer höl-
zerner Aufbau, ähnlich dem
Bartclsschen Epitaph. Ein
mehrfach verkröpftes, in der
Mitte im Rundbogen hochge-
fuhrtes Gebälk ruht zu beiden
Seiten auf vier chorintisieren-
den Säulen, von denen je die
drei vorderen zu einer Gruppe
vereinigt sind, während die
seitwärts zurückgestellte vierte
Säule von ersteren durch die
in Muschelnischen aufgestellten
Statuen der Gerechtigkeit und
der Klugheit getrennt ist. Die
derart umschlossene große
mittlere Bogennische enthält
in zierlichem, von F^ngels-
figuren belebtem Rokoko-
rahmen ein auf Leinwand ge-
maltes Bild des im Garten
Gethsemane betenden Heilands,
dem ein Engel den stärkenden
Kelch bringt. Zu oberst
zwischen zwei symbolischen
weiblichen Figuren das von
Engeln gehaltene Balemann-
sche Wappen (im vorderen
geteilten Felde des gespaltenen
Schildes oben der vierte Teil
eines schwarzen Adlers in gold, unten eine herabhängende Erdbeerranke in
Silber, hinten zwei silberne Sparren in rot; auf dem Helm eine Erdbeerranke
zwischen zwei roten Hörnern). An der Basis das Brustbild des Ratsherrn,
darunter die Inschrifttafel in einer Blattwerkumrahmung, von der zwei den Tod
symbolisierende Gestalten sich abheben. Am dritten Wandpfeiler des Süderschiffs.
Epitaph des Ratsherrn Hartwich von Stiten
und seines Geschlechts.
M Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 235.
370 DIE MARIENKIRCHE.
1695 Dezember 12 ward des sehl. H. Hinrici Bahlmans J. U. D. und
Rathsverwandten Epitaphium in der Kirchen an der Süderseiten auf^gehenget;«
WB. i6q5, II. W. n. MichaeUs.
Marmorepitaph für die mit dem Ratsherrn Hart wich von Stiten am
22. Mai 1692 erloschene, seit dem 14. Jahrhundert in Lübeck ansässige FamiUe
von Stiten, 1699 errichtet (Abb. S. 369). Vor einer von zwei obehskenartigen
Stelen flankierten und von einer Flammenurne gekrönten hohen Rückwand
halten die als Greis mit dem Stundenglas verkörperte Zeit und der als Gerippe
dargestellte Tod die in Form einer Grabplatte gestaltete Inschrifttafel , über
der ein Posaunenengel schwebt. Zu beiden Seiten dieser Gruppe sitzen zwei
trauernde Putten mit Kartuschen, die den Namenszug des letzten Familien-
sprosses tragen. Zwei weitere Putten, die zwischen sich eine überkrönte
Kartusche mit dem Wappenschilde des Geschlechts (vgl. S. 353) halten,
schweben vor dem konsolenartigen Unterbau. Am Rande des letzteren sind
auf kleinen runden Medaillons vierzehn Wappen befestigt, und zwar befinden
sich links vom Beschauer aus sieben von Stitensche Wappen, die das Geschlecht
bis zu dem 1484 gestorbenen Bürgermeister Hinrich von Stiten zurückverfolgen,
auf der den weiblichen Familienmitgliedern eingeräumten rechten Seite ent-
sj)rechen jedoch nur die an erster, dritter, sechster und siebenter Stelle von
unten aus vertretenen Wapj^en der Geschlechter Köhler, von Plönnies, Kerkring
und Fincken dem Stammbaum der Familie, während an zweiter, vierter und
fünfter Stelle, wo anstatt der hierher gehörigen Wetkenschen, Wibbekingschen
und Grawertschen Wappen zweimal das von Stitensche und einmal das von
Plönniessche Wappen wiederholt sind, offenbar spätere willkürliche Ergänzungen
vorliegen. Das am vierten Wandpfeiler des Süderschififes errichtete Denkmal
ist gezeichnet T. QU ELLIN US FECIT.
1699 November 6 wurde vom Bürgermeister Hieronymus von Dorne
»wegen AuftVichtung sehl. Hartwig von Stitens weilandt Rahtverwandten
alhier Epitaphii die Kirchengebühr mit 150 ^ gezahlt; WB. 1699, 6. W
n. Michaelis.
Epitaph für den am i. Juli 1630 geborenen und am 4. Mai 1696 ge-
storbenen Bürgermeister Johann Siricius, 1702 errichtet (Abb. \ Auf kräftiger,
in der Mitte sarkophagartig ausgebildeter Basis erhebt sich ein der Profilierung
des ihn tragenden dritten südlichen Mittelschififpfeilers angepaßter hoher
hölzerner Aufbau, dessen verkröpftes Gebälk zu beiden Seiten auf zwei
schlanken Säulen ruht. In der Mitte stützt ein niedriger umrankter Sockel das
von einem Laubwerkkranze umrahmte Brustbild des Verstorbenen. Über dem-
selben hält ein schwebender Engel einen Lorbeerkranz und ein MORIEN DO
VI VIT beschriebenes Band. Zur Rechten des Bildes vom Beschauer aus steht
die mit der Mauerkrone bezeichnete klagende Lubeca, links die mit dem
Kronos identifizierte geflügelte Gestalt des Todes, während weiter seitwärts
zwischen den beiden Säulenpaaren zwei trauernde weibliche Figuren angebracht
sind. Über der Mitte erhebt sich zwischen zwei sitzenden Putten ein niedriger
Oberbau, dessen durchbrochenen Giebel ein Ln<jel krönt. Eine vor der Basis
DIK MARIi;.\K[kClll':.
371
herabhängende TuchroUc trägt die Inschrift. Zu unlcrst unlschhel.^t eine Kartusche
das Wappen des Bürgermeisters (im goldenen Schilde eine Weintraube, auf dem
Helm eine schlanke grüne Pyramide mit goldenen Kugeln an den I'xken).
1702 A])ril 10 wurden »wegen des wohlsehl. H. lUirgcrmeister Sirici
Epitai)hii, so künft"tig in der Kirchen an dem gleich der Cuntzel über stehenden
Pfeiler autTgehenget werden soll, der
Kirchen Jura'< mit 150 //. entrichtet;
\\r>. 1702, 15. W. n. Xeujalir.
I-.pitaph für den am S. Mai 1632
zu Suhl geborenen und am 14. Juni 1700
gestorbenen Ratsherrn Johann Daniel
Klett, laut der Inschrift 1702 er-
richtet (Abb. S. 372). (irol.Ncs hölzernes
Denkmal, im Aufbau ganz ähnlich dem
des Bürgermeisters Siricius. Über einem
mittleren hohen Sockel, den ein am
sarkophagartig gestalteten Unterbau
sich anklammerndes Skelett mit der
Inschrift versieht, halten vier Putten
das mit Blumengewinden umgebene
ovale Brustbild des Verstorbenen. Da-
neben sind ein Engel mit einer Tuba
und eine sitzende trauernde weibliche
Figur, weiterhin die Statuen des
Glaubens und der Hoffnung angebracht.
Den flachen runden Giebel des Ober-
baus krönt der .Sensenmann mit dem
Stundenglas. Zu unterst umschließt
eine Kartusche das Wappen (im Schilde
ein silberner Adler auf rotem Grunde
oberhalb des vorn viermal schräglinks,
hinten viermal schrägrechts von gold
und schwarz geteilten Schildfußes ; auf
dem Helm derselbe Adler). An der
Nordseite des vierten Süderpfeilers.
1701 September 29 entrichtete
die Witwe des Ratsherrn mit 150 -^
»der Kirchen Gebühr wegen dessen
Epitaphii, so nach Verfertigung des-
selben in der Kirchen an den vierdten Pfeiler Süderseiten auffgerichtet werden
soll;« \VB. 1701, 27. W. n. Ostern.
Epitaph für den laut der Inschrift M am 27. September 1622 geborenen
am I. September 1700 gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher der
E]iitaph des Bürgermeisters Johann Siricius.
und
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. ü. i, S. 208.
372
DIE MARIENKIRCHE.
Marienkirche Dr. jur. Johann Ritter. Hölzernes Denkmal in riesigen Ver-
hältnissen (abgebildet auf dem Lichtdruck zu S. 127). Auf dem einfachen
Unterbau, der die schlichte ovale Inschrifttafel trägt, steht ein bauchiger
Sarkophag. Über ihm halten zwei Putten das auf Kupfer gemalte Brustbild
des Verstorbenen; daneben sitzt eine trauernde weibliche Figur mit Todes-
emblemen. Die Rückwand bildet ein
oben mit einem Kreuze abschließender
mächtiger Obelisk, vor dem eine Putte
mit dem von einer Kartusche um-
schlossenen kleinen weißen Wappen-
schilde des Bürgermeisters (vorn ein
halber lübischer Adler, hinten neun
Tropfen [?]) schwebt. An der Nordseite
des zweiten Süderpfeilers.
Epitaph für den am 2. Februar
1622 geborenen und am 22. Oktober
1700 gestorbenen Pastor M. Bernhard
Kredit ing. Ein reichgeschnitzter ver-
goldeter Rokokorahmen umschließt das
mäßig auf Holz gemalte Brustbild des Ver-
storbenen nebst der darunter befindlichen
Inschrifttafel. Auf der linken Schulter
des Porträts steht :
darüber:
I H ysledekind fecit
Ao 1698 •
. AO • 1698 ■ ry u 4- ■
/ETAT . 77 . ^'^' Oberst m-
mitten einer Kartusche eine Marke
zwischen einem Totenkopf und einem
Stundenglase. An der Ostseite des
zweiten nördlichen Chorpfeilers.
Epitaph für den laut der In-
schrift^) am 8. Dezember 1644 ge-
borenen und am 26. Dezember 1700
gestorbenen Ratsherrn Franz Bern-
hard Rodde, 1703 errichtet. Hölzerne
Rokokostele in Marmorimitation. Vor
der von zwei Obelisken mit aufgesetzten
Flammenurnen flankierten Rückwand,
deren geschweiftes Gesims zwei Putten mit dem Roddeschen Wappen (vgl.
S. 364) krönen, halten der Tod und zwei schwebende Putten das Gottfried
Kniller zugeschriebene,^) auf Kupfer gemalte Brustbild des Ratsherrn. Daneben
Eiiilaph des Ratsherrn Joh. Dan. Klett.
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 259.
'^) Vgl. [Funk], Die Merkwürdigkeiten der Marienkirche, 2. Aufl., S. 13 und Hasfe, Aus
der Gesch. der Lüb. Malerei, S. 5.
Dil-: MARlENKIRCllK.
373
1703
sitzt eine trauernde weibliche Figur. Der Unterhau tragt die Schrifttafel. An
der Südwestseite des dritten nördliclien Chorpfeilers.
1702 April 6 beschlossen die Vorsteher: »Des salil. lln. i'ranls lU-rt'iidt
Rodden sein Epitaphium soll im Cohr nebenst seinen wollscliligcn Hr. \ alter
(vgl. S. 365) gehangen werden;« Vorsteher-Protokoll 1650 — 1743- ^- 'S''^'*-
Oktober 31 zahlte Katharina Rodde die (lebiihr wegen ihres sehl.
Kheliebsten H. l-ranlz P.ern-
hard Rodden weil. Rathsver-
wandten dieser Stadt auffge-
richteten l-',pitaphium im hohen
Choer« mit 150 ^. ; WB.
1703, 5. NN', n. Michaelis.
Epitaph fiar den laut der
Inschrift^) am 7. September 1634
geborenen und am 20. Mai 1701
gestorbenen Ratslierrn Hermann
Pocke, 1703 errichtet (Abb.V
Hölzerner Aufbau in reichem
Rokokostil. Zwei seitliche Säulen-
paare, welche die Statuen der Ge-
rechtigkeit und der Hoffnung ein-
schließen, tragen das verkröpfte ge-
schwungene Gebälk. Vordem Mittel-
felde halten zwei schwebende Engel
und zwei Putten ein auf zwei zusam-
mengenieteten Kupferplatten gemal-
tes großes ovales Bild der Kreuz-
tragung. Ein Posaunenengel krönt
den mit einem flachen Rundgiebel ab-
schließenden Oberbau. Vor diesem
flankieren zwei symbolische Frauen-
gestalten, die eine mit Eorbeer-
kranz und Palmenzweig, die andere
mit Spiegel und Merkurstab be-
zeichnet, das Fockesche \Va])pen
(im blauen Schilde hält ein Arm
ein silbernes Focksegel mit gol-
dener Raa und goldenem Mast,
auf dem Spangenhelm derselbe
Arm mit dem Segel). An der
Basis ist das ovale Brustbild des
Ratsherrn und darunter eine \'on
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. U.
Epitaph des Ratsherrn Hermann Pocke.
2, S. 30.
374
DIE MARIENKIRCHE.
Rankenwerk eingefaßte Kartusche mit der Inschrift angebracht. An der Nord-
seite des fünften Süderp feilers.
1703 Februar 24 zahlte Dr. jur. Heinrich Focke »der Kirchen Jura
wegen [seines] sehl. H. \'aters Epitaphium, so am andern Süderp feiler von
unten herauff auffgerichtet werden soll,<
n. Neujahr.
mit 150 -^; WB. 1703, 8. W.
Marmorepitaph in eleganten Rokokoformen für den am 1 1. Dezember 1624
geborenen und am 8. September 1702
gestorbenen Ratsherrn Adolf Brüning,
1706 errichtet (Abb.). Vor der hohen
Rückwand, deren von einer Flammenurne
gekrönten oberen Abschluß eine goldene
Muschel mit blauen Einlagen bildet, wie
sie ähnlich die große Mittelnische des
Hochaltars zeigt, hält der Sensenmann
das auf Kupfer gemalte Brustbild des
Verstorbenen sowie ein die Inschrift
tragendes ausgespanntes Tuch, dessen
anderes Ende eine emporfliegende Putte
gefaßt hat. Eine weitere, mit Posaune
und gesenkter Fackel bezeichnete Putte
schwebt über dieser Gruppe, eine dritte
steht, wehmutsvoll auf die umgekehrte
I'ackel gelehnt, seitwärts neben dem
Bildnis. Der Unterbau trägt in der Mitte
das Brüningsche \\'api)en (im Schilde ein
geflügeltes Roß mit einem Kleeblatt im
Maule, auf dem Spangenhelm dasselbe
Roß wachsend) und am unteren Ende
die eingemeißelten Worte T: QU EL-
LIN US : FECIT. Am fünften Wand-
pfeiler des Süderschifis.
1705 November 14 zahlte Adolf
Brüning >/der Kirchen Jura wegen s.
wohlsehHgen Vaters Epitaphium, so
nach Verfertigung desselben an dem
untersten Pfeiler norderseiten auffge-
richtet werden soll.« Am Rande neben dieser Buchung steht: »1706
Michaeli ward dieses Epitaphium an der Süderseiten über der Schonenfahrer
Gestüelte aufgerichtet.« WB. 1705, 6. \V. n. Michaelis.
MarmorejHtaph für den laut der Inschrift^) am 24. Juli 1646 geborenen
und am 12. Oktober 1704 gestorbenen Bürgermeister Hieronymus von
Dorne, 1706 von lliomas Quellinus gefertigt^) (Abb. S. ^y6). Über dem von
') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 162 f.
^) Lub. Relig. S. 173.
Epitaph des Ratsherrn Adolf Brüninc
Dil-; MARIKNRIRCIII':
375
lani;<;cstrccl<tcn ^csch\\iin<;L'ncn KoiisoKmi ll.inkicrtcn l'nU'il);ui mit dei' Inschrift-
talcl und dem von 1 )()rnc.schcn Wappen ei-heben sich zu beiden Seiten der
hohen Kückwaiul zwischen zwei Liktorenhündehi und Kartuschen mit Masken
zwei von kleinen Fhmimenurnen (^ekninte obeHskenartige Stelen mit je acht
voro"ehän<^tcn Wappen, deren Unterschriften in der Reilicn folge xon unten
nach oben lauten (links vom Beschauer aus): VON DORNE, WIBBEKINGE,
HALEHOLTSCOHE, VON STANGE, VON LÜNEBURG, KORT-
SACKEN, KERCRINGE, VON JORIS, (rechts:) VON WETKE, VON
SPRECKELSEN, VON STITEN, MEIER, VON WICKEDEN, MECHTES-
HAUSEN, VON LÜNEBURG, VON STITEN. l-.s smd die Wappen und
Namen der Eltern des i^ürgermeisters und ihrer beiderseitigen sieben letzten
Ahnfrauen, wie sich aus der folgenden Stammtafel ergibt:
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Bürgermeister Hermann von Dorne
f 1665
Margaretha von Wetken f 1687
Bürgermeister Hieron}-mus von Dorne t 1704.
In der Mitte stützen zwei Putten das auf Kupfer gemalte Brustbild des
Verstorbenen, auf welches eine mit dem S}-mbol der Ewigkeit bezeichnete
schmerzbewegte liegende Frauengestalt mit der erhobenen Rechten deutet.
176
DIE MARIENKIRCHE.
Darüber hält der eine Flammenurne tragende Sensenmann mit Hülfe zweier
weiterer Putten ein ausgespanntes Tuch, auf dem der Name, die Würden und
die letzten Vorfahren des Bürgermeisters \'erzeichnet sind. Im Xorderschiff
westlich neben der Totentanzkapelle.
Das WB. berichtet unter 1706, 4. W. n. Michaelis (Oktober 24 — 30):
»Von H. Herrn. Hinrico van Dorne der Kirchen Jura entfangen wegen seines
hochseligen H. Vaters H. Jeronimy von Dorne, weiland Burgermeisters alhier
in Lübeck, marmornes Epitaphium an dem Pfeiler nach der Todtentanz-
Capelle, allwo des auch wohl-
seligen H. Hinrici Wedenhoffs
weiland Rathherrn hieselbst Tafel
mit seinem Kffigio (vgl. S. 364)
gehangen, nun aber . . . von dem
Ohrte abgenommen und an dem
Pfeiler bey der H. Burgermeister
Capelle wieder hin transportiret
worden,- ist 150 ^.«
E|)itaph aus schwarzem Marmor
für den laut der Inschrift') 1639 ge-
borenen und 1705 (Juni 16) gestorbenen
Bürgermeister Gotthard von Ker-
kring, 1707 vom Bildhauer Johann
Parese ^) gefertigt. Hoher Aufbau in
geschweiften Formen mit oberem
Obelisken, vor dem zwei Putten eine
Kartusche mit dem Wappen halten.
In der Mitte setzt der Tod das auf
Kupfer gemalte Brustbild auf ein
Postament, neben dem eine trauernde
weibliche Figur steht. Zu beiden
Seiten schweben Putten, die — jetzt
fehlende — Blumengewinde hielten.
Den vorderen Teil des Unterbaues
bedeckt die Inschrift. Am zweiten
Wandpfeiler des Süderschiffs.
Epitaph des Bürgermeisters
Hieronymus von Dorne.
1707 Februar 14 wurde die
(iebühr wegen Bürgermeister (rott-
hard von Kirchrings Epitaph, »so
nach Verfertigung desselben an den Pfeiler süderseiten bey sehl. Doct. Bahl-
mans (lemählte (vgl. S. 330) auffgerichtet werden soll,« mit 150 ^'. entrichtet;
WB. 1707, 8. W. n. Neujahr (Februar 13 — 19).
Epitaph aus schwarzem, rotem und weißem Marmor für den laut der
Inschrift^) am 27. November 1657 geborenen und am 15. P'ebruar 1707
') Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 172.
■'') Lub. Relig. S. 188.
^) Gedr. bei von Seelen, a. a. O. i, S. 225 f.
Dlli MARIKNKIRCllK.
m
gestorbenen Büro-ermeistcr und Vorsteher der Marienkirche Dr. jur. Anton
Winckler (Abb.). Das von Ihonias OueUinus i;ererti<;te') Denkmal zei^t in
der Mitte auf einem die hiscln-ift tragenden hohen Sockel die l'ortr.'Ubüste des
Bürgermeisters zwischen zwei auf Voluten sitzenden Putten mit (^q.\\ Symbolen
der Rechtsj)flege und der Konsularwürde. Auf dem oberen Gesims ruht eine
Minerva; neben ihr halt eine l'utte eine Kartusche mit dem W'incklerschen
W'appenzeichen (ein aus Wolken ragender
.\rm mit einem rechten Winkel). Ijii hinter
dieser (Gruppe über einem Hluniengew inde
nach Art eines W'appenmantels ausgespannter
Vorhang x'erdeckt zum Teil den aus einer
Stele mit krr)nender h^lammenurne bestehen-
den oberen .Abschluß der Rückwand.
Marmorepitaj)h für den am 12. Sep-
tember 1639 geborenen und am 3 1 . Juli 17 14
gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher der
Marienkirche L C. Johann Westken. Vor
der mitttelgroßen stelenförmigen schwarzen
Rückwand, die von der voller Inbrunst zu
dem Bilde des Gekreuzigten aufschauenden
Gestalt des Glaubens gekrönt wird, steht
zwischen den auf Voluten hingelagerten Ge-
stalten der Liebe und der Hoffnung das auf
Kupfer gemalte Brustbild des Verstorbenen.
Die bischrifttafel und der Wappenschild (ein
schildhaltender Löwe) sind vor dem sarkophag-
artigen Unterbau angebracht, an dem zu
unter.st HIERONIM9 • I • HASSEN BERG •
FECIT. eingemeißelt ist. ^) Am sechsten
Wandpfeiler des Süderschiffs.
Epitaph aus schwarzem, rotem, grauem
und weißem Marmor für den am 1 1 . No-
vember 1648 geborenen und am 27. Dezember
1723 gestorbenen Bürgermeister Peter
Hinrich Tesdorpf. In geschwungenen
Rokokoformen gearbeitetes dem Winckler-
schen ähnliches Denkmal. Entsprechend dem Tesdorpfschen Wappenspruch
PIE • HON ESTE . TEMPERANTER sitzen zu beiden Seiten des auf Kupfer ge-
malten Brustbildes die Gestalten der Rechtschaffenheit und der Mäßigkeit,
während die kleinere Fieur des Glaubens auf dem oberen Gesims kniet. Hinter
Epitaph des Bürgermeisters
Dr. Anton Winckler.
1) Lub. Relig. S. 156.
^) Nach dem WB. der Ägidienkirche wurde am 7. Januar 1743 »Jeronimus Jacob Haffen-
berg gewesener Steinmetzmeister begraben in die Dohmskirche mit I Stund Außläuten.«
3/8 DIE MARIENKIRCHE.
der letzteren ist ein Wappenmantel ausgebreitet, über dem der Tod mit Hippe
und Stundenglas ruht. Der Unterbau trägt den von einer gekrönten Kartusche
umschlossenen Wappenschild (ein springender Hirsch) und die Schrifttafel.
Rechts neben der Tesdorpf-Kapelle.
Epitaph für den 1655 geborenen und 1729 (März 4) gestorbenen Bürger-
meister und Vorsteher der Marienkirche Adolph Matthäus Rodde. Hölzerner,
schwarz und weiß bemalter dreigeschossiger Aufbau in Rokokoformen. Zu
beiden Seiten des den Mittelpunkt bildenden, auf Kupfer gemalten Brustbildes
tragen die Gestalten des Glaubens und der Hoffnung als Karyatiden das ver-
kröpfte Gebälk, auf dem sich der mit dem Roddeschen Wappen geschmückte,
von einer kleinen Figur des Auferstandenen gekrönte Oberbau erhebt. An
der Basis eine Kartusche mit der Inschrift. Nordseitig am dritten südlichen
Chorpfeiler.
Dem Vorsteher-Protokoll (S. 179) zufolge hatte der Verstorl)ene bereits
17 17 selbst den betreffenden Pfeiler zur Aufstellung seines Epitaphs bestimmt.
Epitaph für den am 29. April 1666 zu Lübeck geborenen und am
9. Mai 1730 gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher der Marienkirche
Hermann Rodde. Auf der die Inschrift tragenden kräftigen Basis des
mächtigen hölzernen Denkmals steht ein Sarko])hag, neben dem die lebens-
großen Gestalten des Glaubens und der Gerechtigkeit sitzen. Darüber erhebt
sich ein in drei Abstufungen gegliederter hoher stelenartiger Aufbau mit dem
Roddeschen Wappen und dem von einem schwebenden Posaunenengel ge-
haltenen, von J. M. von der Hude gemalten^) Brustbild. An der Nordseite
des sechsten Norderpfeilers.
Epitaph aus schwarzem, grauem, rotem und weißem Marmor für den
am 6. Mai 1654 geborenen und am 9. April 1731 gestorbenen Bürgermeister
und Vorsteher der Marienkirche Jakob Hübens (Abb.). Vor der stelenartigen,
von einer Kartusche mit dem Wappen (im geteilten Schilde drei .sitzende
Vögel, auf dem Spangenhelm ein sitzender Vogel zwischen zwei Hörnern)
gekrönten Rückwand hält ein sch\\'ebender Engel das Brustbild, neben dem
eine kleine trauernde Putte mit Stundenolas und Gesenkter F'ackel sitzt. Die
Inschrifttafel trägt der konsolenartige Unterbau. An der Westwand zwischen
der Schinkel- und der Bergenfahrerkapelle.
Epitaph für den am 13. Juni 1743 im 84. Lebensjahre gestorbenen und
in der Burgkirche bestatteten Senior und Pastor M. Jakob von Melle.
Hölzernes Denkmal von mäßiger Größe. Vor der mit einem purpurfarbigen
Wappenmantel behangenen stelenartigen Rückwand ist das von J. M. v. d.
Hude gemalte^) Brustbild angebracht, über welchem ein Engel mit dem Sinn-
bild der Ewigkeit schwebt, während daneben eine trauernde weibliche Plgur
') [Funk,] Die Merkwürdigkeiten der Marienkirche, 2. Aull., S. 41.
*) Das. S. 29.
DIK MARIKNKIRCIll-;.
379
mit gesenkter I'^ackcl steht. Auf der Basis sind I'jnblenie der Wissensclialt
aufgebaut, welche auf tue gelehrte Tätigkeit des namentlich um die \\v-
schliefHing der lübeckischen (ieschichte hervorragend verdienten Mannes hin-
weisen. l*>ine herabhängende geöffnete Schriftrolle ist mit Namen und Todes-
tlatum \ersehen. Den unteren Abschluß bildet das \Vap]:»en. An der Ostseite
des dritten nördlichen C'horpfeilers.
Epitaph aus schwarzem untl weißem Marmor für den am I 5. November 1677
geborenen und am 2S. Mai 1750 gestorbenen Bürgermeister und Vorsteher
der Marienkirche Heinrich
B alemann, 1751 errichtet.
Das in s[)äten Rokokoformen
gehaltene Denkmal zeigt vor
der hohen vom Wappen (vgl.
S. 369) gekrönten Riickwand
in flacher Rundbogennische
die Porträtbü.ste des Ver-
storbenen zwischen den Per-
sonifikationen der Gerechtig-
keit und der mit einem Füll-
horn bezeichneten Freigebig-
keit (?). Den von einem
Fngelskopf getragenen Unter-
bau bedeckt die Inschrift.
Links von der südöstlichen
Kirchentür.
17^1 Januar 1 1 be-
stimmten die Vorsteher,
daß »bei Auffrichtung des
Epitaphii sehl. H. Consul
Balemanss der Maurer-
meister der Kirche die Auf-
sicht führen sollte ; ^'or-
steher- Protokoll 1743 —
1832, Bl. 15 b.
Epitaph des Bürgermeisters Jakob Hübens.
Im Hintergrunde das Epitaph des Bürgermeisters
Hinrich Köhler (vgl. S. 354)-
Epitaph für den 1681
geborenen und 1750 (Novem-
ber 3) gestorbenen Pastor M. Bernhard von der Hude. Hölzernes Denkmal
in späten Rokokoformen. Eine über dem sarkophagartigen Unterbau auf-
ragende Stele trägt an ihrer Vorderseite das vom Bruder des Verstorbenen,
J. M. v. d. Hude^ gemalte i) Brustbild, über dem ein kleiner Posaunenengel
schwebt. An der Südwand der Beichtkapelle.
Epitaph für den am 11. April 171 5 zu Ratzeburg geborenen und am
15. Februar 1755 gestorbenen Pastor Christoph Gotthold Kohlreif. Vor
1) Das. S. 23 f.
380 DIE MARIENKIRCHE.
einer einfachen hölzernen Stele steht auf einem die Inschrift und das kleine
Wappen tragenden Postament das von Johann Jakob Tischbein (1725 — 91)
gemalte^) Brustbild zwischen Attributen der Gelehrsamkeit und einem Engel
mit Kranz und gesenkter Fackel. Am Wandpfeiler rechts neben der Sakristei.
Epitaph für den 1700 zu Rostock geborenen und am 8. April 1759
gestorbenen Pastor D. Johann Hermann Becker. Das hölzerne Denkmal
zeigt zwischen z\\'ei trauernden Putten eine Rokokokartusche mit gedrängter
Inschrift und darunter das Wappen. An der Nordwestseite des zweiten nörd-
lichen Chorpfeilers.
P2pitaph für den am 18. Oktober 1718 zu Lübeck geborenen und am
15. April 1765 gestorbenen Pastor Friedrich Joachim Seh nobel. Vor der
hölzernen stelenartigen Rückwand steht das von J. J. Tischbein gemalte^)
Brustbild, neben dem zwei Putten trauern, \\ährend über ihm ein Posaunen-
engel schwebt. Rechts neben der nordöstlichen Kirchentür.
Epitaph für den am 23. Juni 1703 geborenen und am 6. April 1768
gestorbenen Bürgermeister und früheren Vorsteher der Marienkirche Hin rieh
Dietrich Balemann. Hölzerner Aufbau in späten Rokokoformen. Vor
einer mit dem Wappen gekrönten breiten Stele hält der kniende Sensenmann
das von J. J. Tischbein auf Kupfer gemalte^) Brustbild. Zu beiden Seiten
dieser Gruppe sitzen zwei Putten mit den Emblemen der Gerechtigkeit und
der Klugheit. Der schlichte Unterbau trägt die Inschrift. An der Nordost-
seite des Pfeilers der südlichen V^orhalle.
Epitaph für den am 21. Mai 1773 im 6']. Lebensjahre gestorbenen
Bürgermeister Dr. jur. Hinrich Brokes. Das dem vorigen ähnliche Denkmal
i.st 1776 errichtet. Vor einer schlanken Stele stützt eine Putte das von
J. J. Tischbein auf Kupfer gemalte^) Brustbild, über welches die zur Seite
stehende Figur der Gerechtigkeit einen goldenen Lorbeerkranz hält, während
in einiger Höhe ein Posaunenengel schwebt. Den sarkophagartigen bauchigen
Unterbau bedecken ein symbolisches Relief und die von dem Wappen über-
ragte Inschrift. An der Ostwand der südlichen Vorhalle.
1776 Oktober 8 beschlossen die Vorsteher, der Bürgermeisterin Brokes
vorstellen zu lassen, »wegen das gemachte Epitaphium ihres seel. Herrn
Gemahl, da er kein Vorsteher an dieser Kirche gewesen,« der Kirche
100 Taler zu verehren; Vorsteher-Protokoll 1743 — 1832, Bl. 108. Zu einer
1777 Februar 10 erneut beschlossenen diesbezüglichen Anregung ist am Rande
vermerkt: »Ist geschehen, aber nichts erfolget;« das. Bl. iio.
Epitaph für den am 14. Juli 1721 geborenen und am 14. Mai 1790
gestorbenen Bürgermeister PT'anz Bernhard Rodde. Das im Stile des
Kaiserreiches gearbeitete Denkmal, welches die Umrahmung des Portals der
^) Das. S. 29.
'') Das. S. 56.
DIE MARIKNKIRCm:. 38 1
Rocklcschen (iral)kai)cllc nach oben hin abschließt, besteht aus einem stufen-
förniio- ansteigenden, von einem Akar gekrönten höl/.ernen Aufbau, xor dem
zwischen einer trauernden und einer <;kuibio- /um I (immel aufbkckenden weib-
Hchen Marmorti^ur tkas von J. J. Tischbein auf Kupfer oenialte^) Hrustbikl
angebracht ist. Darunter ist che kange schmale Inschrifttafel ocsonderl in die
marmoi-ne NLauerverkleidung eingelassen, während das kleine Wappen den
portalbogen ziert.
k^pitaph für den am 10. Akärz 1731 geborenen und am 5. August 1795
gestorbenen Senior und Pastor ilinrich von der llude. Hölzernes Denkmal
im beginnenden k'.mpiregeschmack. Auf einem die hischrift tragenden
sarkophagartigen Unterbau erhebt sich ein Obelisk, \'or welchem das von
1^'riedr. Karl Gröger (1789 — 1838) gemalte^) Brustbild zwischen einem Säulen-
stumpf mit Todesemblemen und einer weiblichen higur aufgestellt ist. An
der Südwand der Beichtka])elle.
Aus grauem Marmor gearbeiteter, von einer weißen .Aschenurne ge-
krönter Obelisk für den am 31. März 1733 zu Stettin geborenen und am
3. Mai 1796 gestorbenen Superintendenten D. Johann Adolf Schinmexer
mit dem von Gröger gemalten^) PcM'trätkopf und eingegrabener Inschrift, An-
fang 1798 errichtet. Zur ebenen Erde an der Ostwand der Beichtkapelle.
1798 Februar 5 wurden der Kirche 7 5 # i |3' für Baumateriahen ver-
gütet, »so bei Errichtung des Monumentes des wohlsehl. Herrn Doctor und
Superintendent Schinmeyer gebraucht worden;« WB.
Epitaph für den am 12. August 1733 zu Eübeck geborenen und am
23. Januar 1799 gestorbenen Pastor Johann Hermann Harmsen. Hölzernes
Denkmal im PLmpiregeschmack. Auf einem mit der Inschrift versehenen
Sarkophag trägt eine schwarze kanellierte Säule das von Gröger gemalte*)
Brustbild. An der Ostwand der südlichen Vorhalle.
Epitaph für den am 15. Juli 1740 geborenen und am 28. xApril 1824
gestorbenen Bürgermei.ster und Vorsteher der Marienkirche Dr. jur. Johann
Caspar Lindenberg. In eine breite graue Marmorstele, deren Sockel
zwischen zwei in schmalen Vertiefungen aufgestellten schlanken schwarzen
Aschenurnen die Inschrifttafel trägt, ist das von J. L. W. Förster gemalte
Brustbild eingelassen. An der Ostwand der südlichen Vorhalle.
Gedenktafeln.
Die Inschriften an den beiden Türmen und die beiden Gedenktafeln
der Wöhrmann-Kapelle sind bereits in anderem Zusammenhange (S. 137, 145,
162) aufgeführt.
1) Das. S. 41.
^) Das. S. 24.
3) Das. S. 22.
*) Das. S. 55.
382
DIE MARIENKIRCHE.
An der Nordseite des ersten nördlichen Langschiffpfeilers ist eine
Kalksteinplatte eingemauert, die bestimmt war, die Erinnerung an eine
Stiftung des am 7. September 1378 verstorbenen Apothekers Hartwich Stoot
für die Priester der Marien-
kirche und an dessen all-
jährlich am 6. September
abzuhaltende Memorie ^)
wachzuhalten. Ihre in er-
habenen gotischen Minus-
keln eingemeißelte In-
schrift lautet: !?tmiO
bomini m tca iXTi'^ni in
yrofefto iiatiliitatiö
.il'laric oüiit liautUniiiCi
ftoüt nuonbani aporijc
carinii in Inü. niii bcbit
omniluiG prcGüntljcriö
Ijac in ciciefia LCiclirnn
tiüuG X marras annuatini
ab oiJiataG et bina n
iii inariMG ciebcni vyü
annua (na nicniaria
oratc pro co.
Die ohne die Um-
rahmung 89 cm hohe und
57 cm breite schön gra-
vierte messingne Gedenk-
tafel des Bartolomäus
Heisegger aus dem
Jahre i 5 1 7 (Abb.) ent-
stammt der von ihm
gleichzeitig an der Nord-
wand des Lettners erbau-
ten kleinen Schranken-
werkkapelle, die bis 1774
bestanden hat. '"^j Der Stif-
ter, hinter dem schützend
sein Namensheiliger St.
Bartolomäus steht, kniet
betend vor seinem auf
einem aufgerollten Tep[)ich hingestreckten Leichnam. Zur Linken hält die
Cleilenktalel
') Vgl. Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 131.
^) Vgl. S. 172.
Dil-: MARIKN'KIRCIIK. 383
Jungfrau Maria das Jesuskind, wclclics mit einem I lammer i;ei;c-n die Zeit^locke
einer reiclnerzierten gotischen Uhr schliigt. Die Rückwand bildet ein aus-
oesi)annter Teppich, dessen feines Muster ckirch eingelassenen roten Siegellack
her\c)rgehobcn wird. Rankenwerk in I längekamm- und l^^ischblasenform um-
säumt den oberen Teil der in geschwungenen Linien ansteigenden Platte,
deren Spitze die Heiseggersche Marke fiiUt. l'jne untere Schrifttafel mit
schwarzem Siegellackgrund enthält das Gebet des Stifters:
0 ♦ IIKKITT ♦ Hin ♦ IIIDDÜIjKIIIH ♦ T^7ns :
KHIl ♦ GODH ♦ VllOa ♦ DGII ♦ MIlISRn" ♦
IIHKH ♦ inHlU ♦ l)KT ♦ IIIDDHlid
T^A^SKÜ ♦ UÜ ♦ KKIUTH ♦ (-"UIXIS ♦ V
DG ♦ MIHRG ♦ KRIIHR ♦ SHLH ♦. AI IH ♦
Den unteren Abschluß der Schrift])latte bildet die Jahi-eszahl 1517 und
ein geschweifter Schild mit der Heiseggerschen Marke zwischen den Ikich-
staben b^H. Seit ihrer 1864 erfolgten Wiederherstellung durch den Graveur
H. Schmidt und der Ergänzung ihres eichenen Rahmens durch den i^ildhauer
H. C W'ichmann ist die Tafel an der Üstseite des ersten Si.iderpfeilers aufgehängt.
Gedenktafel des 1571 gestorbenen Ratsherrn Gotthard xon
Hövelen und seiner Gattin Margaretha geb. von Brömse. Die aus sieben
Stücken zusammengesetzte und mittelst Nägeln mit rosettenförmigen Unter-
lagsscheiben in einem hölzernen Rahmen befestigte 2,49 m hohe und 1,43 m
breite gut gravierte Messingplatte stellt die Himmelfahrt Christi dar. Zwei
auf dem Hügel stehende Engel, welche einem v(jn 1571 datierten und mit
dem von Hövelnschen Wappen bezeichneten Delavalschen Himmelfahrtsbilde
in der Katharinenkirche entlehnt sind, deuten auf den emporschwebenden
Heiland, von dem nur der untere Teil der Gewandung und die Füße sichtbar
sind, während im übrigen seine Gestalt durch Wolken und eine von Engeln
gehaltene Kartusche mit der Inschrift (Ev. Job. 20, 17)
AD PATREM MEVM AD DEVM MEVM
ET PATREM VESTRVM ET DEVM VESTRVM
verdeckt wird. Um den Hügel knien die fünfhundert Jünger und ganz im
Vordergrund das mit seinen Familienwappen bezeichnete von Hövelnsche Ehe-
paar. Auf einer großen unteren Kartusche .steht unter dem Hilde des ]\Iannes:
D • GOTHARDVS • AB ■ HOVELEN • SENATOR •
OBIIT • AO . 1571 • 12 • DIE • DECEMBRIS •
unter dem der Frau:
FILIA NICOLAI BROMSEN QVI CONSVL EQVESQVE
AVRATVS FVERAT MARGARI AB HOVLEN ERAS
TV VERAE PIETATIS AMANS ET HONESTA FVISTI
MVNERA PAVPERIBVS MVLTA BENIGNA DABAS
DONEC AD AETERNAE REVOCERIS GAVDIA VITAE
MORTVA NVNC RECVBAS IVSTIFICATA FIDE.
Im sudlichen Chorumgang links vom dortigen Portal.
584
DIE MARIENKIRCHE.
Die achtunddreißig Namen enthaltende kupferne Gedenktafel der im
Freiheitskriege Gefallenen aus dem lübeckischen Kontingent der hansea-
tischen Legion ist gemäfi Rat- und Bürgerschluß vom 3. September 18 16
nach einem Entwurf des Stadtbaumeisters J. Gh. Lillie errichtet. Die oben
im S])itzbogen abschliei3ende, 2,87 m hohe und 1,16 m breite Tafel, welche
aus zwei der Gießerei von Simon Hasfe zu Trems entstammenden Kupfer-
platten zusammengesetzt ist, ist vom Kupferstecher G. H. Tischbein zu Bremen
mit den Inschriften versehen, während die schlichte schwarzmarmorne Ein-
fassung vom Steinhauermeister G. P. Reme geliefert ist. ^) An der Westseite
des ersten Süderpfeilers.
Das am 26. Mai 1873 von Rat und Bürgerschaft beschlossene und am
18. November 1873 eingeweihte Denkmal für die im Kriege 1870/71
gefallenen Eübecker ist vom Architekt J. Grabau entworfen und in der
Hertzogschen Steinhauerei zu Hildesheim ausgeführt. Es besteht aus drei
108 Namen umfassenden je 2,25 m
hohen und 0,90 m breiten schwarzen
Marmortafeln mit gotischer Sandstein-
umrahmung. Das schlichte bronzene
Schutzgitter ist im folgenden Jahre
nach dem Entwurf des Baudirektors
Dr. J. Krieg vom Kupferschmied
J. J. Hübner aus dem Metall eroberter
französischer Geschütze gegossen. An
der mittleren Wand der nördlichen
Chorumgangskapelle.
Grabplatten. Bruchstück eines Grabsteins von 1290.
Von einer Aufnahme sämtlicher
Grab[)latten der Kirche konnte hier um so eher Abstand genommen werden,
da ihre Inschriften neuerdings fast vollzählig veröffentlicht worden sind.-) Es
sind deshalb nur diejenigen Platten berücksichtigt, welche ihrer Ausführung
wegen oder weil sie Ratsherrn oder Stiftern von Kapellen und Vikarien an-
gehören, Anspruch auf besondere Beachtung haben.
Das älteste Stück (Abb.) ist der obere Teil eines i,iö m breiten
Grabsteins mit der Umschrift in vertieften Majuskeln KllÜO Ulü • SU : üü •
IjXXXX • [obiit] [fundator hujus] HLiSHRIS +.
Das Bruchstück ist seit 1879 in der Südwand der Greveraden-Kapelle ein-
gemauert, wohin es aus dem nördlichen Seitenschiff gelangte.^) Vielleicht
gehörte es dem Grabstein Gerhards, des Stifters des Katharinenaltars*) an.
') St.-A., Hanseatische Legion.
'^) F. Techen, Die Grabsteine der Lübeckischen Kirchen; Zeitschr. d. V. f. Lüb.
Gesch. 8, S. 54 ff.
*j Jimmerthals Chronik unter 1S79.
*) Vgl. S. 203.
DIE MARIENKIRCIIK. 3<^5
Zuletzt 1787 nachwcishar ist die messingne (irubplatte des um
21. August 132g gestorbenen Ratsherrn Arnold Wlome und seiner am
15. Februar desselben Jahres gestorbenen Tochter (lertrud in der von ersterem
erbauten Kapelle.^) Die Mitte der Platte nahmen die- eingravierten lebens-
großen Gestalten beider Verstorbenen ein, deren im Relief dargestellte (Ge-
sichter und Hände jedoch aus bemaltem Holz bestanden.''') Auf einem
Spruchbande stand: »üonavi habeo. Negavi doleo.« An den I.angseiten
befanden sich kleine T5ilder mit Inschriften, zusammen sechzehn Hexameter,
in denen der Ratsherr die Unterlassung zahlreicher Werke der Barmherzigkeit
bedauert und seine Seele der Gnade Gottes empfiehlt.^) Am Rande stand die
Umschrift: »Anno domini millesimo tricesimo vicesimo nono tribus diebus
ante Bartholomei obiit Arnoldus Wlome. Eodem anno cpiarta die post
Valentini obiit Ghertrudis filia eins. Anima ejus et anime omnium fidelium
defunctorum per misericordiam dei requiescant in pace. Amen.« Seit 1657
war die Platte in einem hölzernen Rahmen an der Westwand der Kapelle
aufgehängt.
Ebenfalls nicht mehr vorhanden ist eine noch um 1720 in der Waren-
dorp-Kapelle befindliche messingne Grabplatte mit den Bildnissen des am
14. Juli 1359 gestorbenen Stifters dieser Kapelle Wilhelm Warendorp,
seiner 1379 noch lebenden Ehefrau Elisabeth*) und ihres zwischen den beiden
Gatten dargestellten kleinen Sohnes. Die Umschrift^) lautete: »Anno domini
M CCC L IX in die profesto divisionis apostolorum obiit Willelmus de Waren-
dorp, cujus anima requiescat in pace. Amen. Anno domini M CCC [Lücke]
obiit domina Elizabet uxor domini Willelmi de Warendorp.« Um das Haupt
des Knaben zog sich die Inschrift: »Anno domini M CCC L X in vigilia
palmarum (März 28) obiit Hermannus de Warendorp filius suus. Orate pro
anima ejus.« Beseitigt ist die Platte wahrscheinlich beim Umbau der Kapelle
zu einer Grabstätte für Elisabeth Hakes, die 1724 die Kapelle erwarb und
1736 dort beigesetzt wurde.
Die Mitte der Segeberg-- Kapelle bedeckt der 2,32x1,12 m große
schlichte Grabstein ihres am 2. August 1364 gestorbenen Stifters Timm von
Segeberg. Die in den Ecken durch kreisrunde Vertiefungen für die abge-
rissenen metallenen Evangelistenzeichen unterbrochene, in erhabenen Minuskeln
ausgemeißelte Umschrift lautet: Die jaCCt tilllO bC fClJ^ticrgVlC cMi IllÜi-
CLMifi^ et funtiator Ijujup cauj^icilc qui e auna üaniini m ca l [jilt]^) bic
^tcpljani papc. In die Mitte des Steines ist ein gelehnter kupferner Schild
eingelassen, der von einem Balken aus diagonal schraffiertem Zinn schräg-
rechts geteilt ist.
1) Vgl. S. 161.
'^ Lub. Relig. S. 173 f.
3) Gedruckt Hans. Geschichtsblätter 1883 S. 22 f. und Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 8, S. 86.
^) 1379 Juni 9 verfügte --.Elyzabeth relicta domini Wilhehni de Warendorpe: Item assigno
ad hoc 20 mr. Lub., cum quibus comparentur perpetui redditus i mr. ad meliorandum structuram
capelle in ecclesia b. Marie;« St.-A., Test.
^) Lub. Relig. S. 187; vgl. W. Brehmer, Hans. Geschichtsbl. 1883 S. 24.
«j Die stark abgetretene Jahreszahl ist bezeugt durch Angabe von 1581 in einem «Hinrich
Kölers Testament 1561« benannten Manuskript der Stadtbibliothek.
25
;86
DIE MARIENKIRCHE.
Ehemalige messingne Grabplatte des am 17. Dezember 1365 gestorbenen
Bürgermeisters Hermann Gallin in der aus seinem Nachlaß gebauten
Kapelle. Sein Testament vom 25. November 1364 besagt: »Item ecclesie
Domine Nostre do 20 mr. den., pro quibus ibidem in ecclesia eligo sepeliri,
ubi provisores mei conparabunt et poni facient sui)er meum sepulcrum unum
Flamingicum auricalceis figuracionibus bene factum lapidem funeralem.« ^)
Um 1700 war nur noch die steinerne Unterlage der Grabplatte vorhanden.
Ehemaliger Grabstein des am 24.
Divessen-Kapelle Hin rieh Vlynt und
Jahres gestorbenen Ehefrau Margaretha
mit der Inschrift:'^) »Anno domini
M CCC L XVII in die beati 15artho-
Ifomei obiit Hinricus Vlynt ^)] fundator
hujus cappelle et in eodem anno feria
secunda post Martini obiit Margareta
vxor ejus. Orate pro eis.«
Grabstein des Bürgermeisters B r u n
Warendorp, der am 21. August 1369
als Befehlshaber der hansischen Streit-
macht gegen Dänemark auf Schonen
seinen Tod fand. In die Mitte des
Steines ist die aus drei Messingplatten
zusammengesetzte, in einen langen eng-
anschließenden Rock gekleidete 1,85 m
hohe Figur des Verstorbenen eingelassen,
dessen in langen Schnabelschuhen
steckende Füße auf einen Löwen treten
(Abb.). Die verhältnismäßig roh ausge-
führte Arbeit scheint lübeckischen Ur-
sprungs zu sein. Anläßlich der 500jährigen
Gedächtnisfeier des 1370 zu Stralsund
geschlossenen hansisch-dänischen Friedens
ist die Platte 1871 von ihrem unsprüng-
lichen, jetzt durch einen Denkstein be-
zeichneten Platze im Altarraum entfernt
und unter Wiederherstellung ihrer abge-
rissenen, jedoch im Wortlaut vom Chro-
nisten Reimar Kock überlieferten messing-
nen Umschrift in der südöstlichen Kape
August 1367 gestorbenen Stifters der
seiner am 25. November desselben
B.
mmmm&smiWiBm0
Grabstein des Bürgermeisters Brun Warendorp.
(Nach einer Federzeichnung C. J. Mildes
auf der Stadtbibliothek.)
le des Chorumoanos aufoerichtet
^) St.-A., Testamente.
*) Lub. Relig. S. 185; Lüb. Geschlechter Bl. 154.
^) Die Richtigkeit der obigen Ergänzung v. Melles wird dadurch bestätigt, daß 1367
November 9 »Margareta relicta Hinrici Vlintes corpore debilisr^ ihr Testament (St.-A., Urschrift)
errichtete, auch heißt es im Memorienkalender unter dem 24. August: »Eodem die erit memoria
Hinrici Vlynt in capella sua« (Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 6, S. 130).
IMK MARIKNKIRCIIK
387
worden.') Die l^iiiscliritt lautet: Anno doinini M CCC" L XIX feria 111 ante
festuni Bartholoniei ohiit in Schania donnmis ISiimo de W'arendorp, filiiis
doniini (jottschalci proconsulis et capitaneus hujus ci\itatis tunc teinporis in
guerra regis Danoruni, cujus cor])us jiic scpultuni. Orate pro eo.
Khemaligcr Grabstein des ani 15. Juli i3<S<S L,a'storI)enen und iti der
von ihm gestifteten Kapelle beigesetzten Bertold \()n 1 1 ol t luiseii und seiner
P'diefrau Hildegund mit den Inschriften:^) »Anno domini l\l CCC L XXXVIII
ipso feste divisionis apostolorum obiit r)Crtoldus de Holthusen. In eodem
anno feria secunda ]iost diem ])almarum obiit Hille uxor ejus. ( )rate ])ro eis.«
?>hemaliger Grabstein des am i. .August i3<Si gestorbenen hochver-
dienten Bürgermeisters Jakob Pleskow und seiner Gattin Herdeke, im Altar-
raum. Umschrift:^) »Anno domini M CCC L
XXXI in die ad vincula Petri obiit dominus
Jacobus Plescowe proconsul Lubicensis. Anno
domini M CCCC V in die Andree apostoli
obiit domina Herdeke, uxor ejus. Orate pro eis.«
Der 2,40 X 1,38 m große Grabstein (Abb.)
des am 26. Juni 1402 gestorbenen Gerhard
Odesloe und seiner im Juni 1425 gestorbenen
dritten I^hefrau Wilmod nimmt noch heute die
Mitte der von ersterem 1 398 gestifteten kleinen
Kapelle in der nördlichen Vorhalle ein. Unter
zwei von einer schlanken mittleren Säule ge-
tragenen Wimpergen sind die schon stark aus-
getretenen Gestalten der Gatten eingemeißelt.
Sie halten Spruchbänder mit den zum Teil un-
deutlich gewordenen Inschriften: HatL* bci lllifC-
rcrc mci und ^uijciDruni öoiuiiui cfto inidji
pivl. Neben den Figuren sind am Rande deren
Wappen aus Messing aufgelegt, nämlich i. im
gespaltenen Schilde vorn drei übereinanderge-
stellte Rauten, hinten ein halber doppelköpfiger
Adler, 2. eine nach links überzwerch gelegte Lilie. Die außerdem in den
Ecken durch kreisrunde Vertiefungen Rir die abgerissenen vier Evangelisten-
zeichen unterbrochene, in erhabenen Minuskeln ausgemeißelte Umschrift lautet:
Grabstein des Gerhard Oldesloe.
?lno : Olli : m*^ : ctcc^J ii^)_:
ötjLTarbuG : aöcfiac. ?lno : bni
in
bic • iolj.imiiö : et
nv
CCCC
mi"
vanii '. 0
■ ^anifacii
') Vgl. W. Mantels, Hans. Geschichtsblätler, Jahrg. 1S71 S. 132 ft". und W. Brehmer,
das., Jahrg. 1884 S. 20 f.
'-') Lab. Relig. S. 1S9; Techen, a. a. O., S. 87.
3) Lub. Relig. S. 203.
*) Undeutlich; von Melle (Lub. Relig. S. 157, Lüb. Geschlechter Bl. 424) liest 1405,
Techen (Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 8, S. 76) 1402. Die letztere Lesart ist die richtige, da
eine Anzahl Oberstadtbucheintragungen unter 1404 invocavit (Februar 17) den »Wilmodi relicte
Gherardi Odeslou« von ihrem Ehemanne zugefallenen Nachlaß betreften.
25*
388 DIE MARIENKIRCHE.
0 ' iDullcniUt '■ UfDl* • Ci9. Auf die Figur des Mannes ist später das
Kerkringsche Löwenwappen eingehauen.
Ein die linke untere Ecke darstellendes Bruchstück vom Grabstein des
am 25. Mai 14 11 gestorbenen (demokratischen) Bürgermeisters Hermann
von Allen und seiner am 25. Dezember 142 1 gestorbenen Ehefrau Sophie
hat sich neben dem sechsten Süderpfeiler erhalten. Die Mittelfläche zeigt
Teile einer eingemeißelten Frauengestalt mit seitlichen schlanken Säulchen;
am Rande befinden sich in der linken unteren Ecke in runder Umrahmung
ein Bru.stbild des Apostels Jakobus Major und darüber in erhabenen Minuskeln
die Worte: ^i^\\ \\\ tic liati rijrifti. Die Umschrift des ehemals in der
Gallin-Kapelle befindlichen Steines, auf dem vier Wappen^) eingehauen waren,
lautete:^) »Anno domini M CCCC XI feria II ante pentecosten obiit dominus
Hermannus de Allen proconsul Lub. Anno domini M CCCC XXII in die
nati christi obiit domina Soffeke uxor ejus. Orate pro ea.«
Der 2,52x1,56 m große Grabstein des am 19. Oktober 1394 ge-
storbenen Lübecker Bürgers Marquard van der Molen und seiner Familie
bedeckt die Mitte der Molen-Kapelle. In der Mitte das Molensche Wappen
(im gespaltenen Schilde vorn drei Teilungen, hinten ein halbes Mühlrad). Die
einheitlich eingemeißelte Umschrift zwischen den vier Evangelistenzeichen
lautet: ^i7o : Olli : m : ui u iiii '• feria : ii : an : bicm : rtaüi : 0 :
marnuarti' : öc : nioicntiina : auo : bni : 111 : cccc niii : 0 : man;iuari3' :
fili' : ci' : aiia : bni : 111 : tttt %f '.^)
Grabstein mit dem in voller Figur eingemeißelten Bildnis des am
3. August 1464 gestorbenen lübeckischen Syndikus Dr. Simon Batz, der
ein Spruchband mit den erloschenen Worten »miserere mei« hält. Die Um-
schrift lautete: »Anno domini M CCCC L XIIII die veneris post ad vincula
Petri obiit excellens arcium et vtriusque juris doctor Symon Batz de Homborch
sindicus Lubicensis.« ^) 1894 von seinem ursprünglichen Platz in der Beicht-
kapelle entfernt, ist der Stein im folgenden Jahr zur Pflasterung des Kirchhofes
vor dem Westportal verwandt, wo seitdem Bild und Schrift fast gänzlich ab-
getreten sind. Der obere Rand des 1,48 m breiten Steins fehlt.
Ehemalige messingne Grabplatte des am 6. Mai 1488 gestorbenen
Ratsherrn Ludolf Bere, im Altarraum nahe der Balustrade vor dem Hoch-
altar. Umschrift: »A. D. M CCCC L XXXVIII in die Johannis ante portam
Latinam obiit dominus Ludolphus Bere consul Lubicensis. Orate Deum
pro eo.«^)
*) Abgebildet bei von Melle, Fainiliarum Lub. clarioruni syntagma (Handschr. der Stadt-
bibl), Bl. 7.
'') Lub. Relig. S. 155.
*) Der Schluß fehlt.
*) Lub. Relig. S. 149; Techen, a. a. O., S. 81.
^) Lub. Relig. S. 202.
DIE MARIENKIRCHE.
389
Grabstein des Stifters tler zweiten, 1494 bestätigten X'ikarie der
Greveraden-Kapelle, des am i. Januar 1489 gestorbenen Goldschmiedes Diet-
rich Loeff, 2,24x1,38 m groß. Früher in tler Totentanzkapelle, .seit 1895
\-()r der Westfront der Kirche an fünfter Stelle \-on .Süden her. l'mschrift:
nnno öuinini in cccc l xxxix in bic cirLiuniifioniö boniini 0 biöcrilt loeff
cninö aninia rLninieiuat in pacc.
Grabstein des am 13. Juni 1495
gestorbenen KölnerW'einhändlers und
Stifters der zweiten V' ikarie am Altar
der .Schi nkel- Kapelle
Matthias N o e c k ,
2,08 X 1,29 m groß,
in der Schinkel-
Kapelle. In der Mitte
die nebenstehende
Marke, am Rande zwischen den
vier Evangelistenzeichen die Um-
schrift: ü^lnno boniini 111 a'i'i' vfli
auK aniMibc trinitatiö )tav^ •
.jnatl)ino • .OoLUl!. :ln beni
fuiluMi i.ir in beiii liiii baii)
.inicOaLMir. ftarf .JÜartcn .iHuir.
Grabstein des um die Stiftung
des Altars der Schinkel-Kapelle ver-
dienten, am 30. November 1 497 gestor-
benen Kaufmanns .Amt Schinkel
(Abb.), 2,16x1,19 m groß, seit
1 883 an der Nordwand dieser Kapelle
aufgerichtet. In der Mitte ein von
einem Schriftband umgebener, \on
großen Würmern und Kröten be-
nagter Leichnam, zwischen dessen
Füßen ein Schild mit der Schinkel-
schen Marke angebracht ist. Am
Rande zwischen den vier Evan-
bni • m • cccc ^cliii • bic • äbrcc • o •
Die Fortsetzung auf der Langseite zur
Linken ist gleich der Aufschrift des Spruchbandes getilgt, um .späteren
Grabschriften Platz zu machen.
Grabstein des .Arnt .Schinkel.
gelistenzeichen die Umschrift: "Jlnno
anit • fLijiitCi • ?lno • bni • m
Grabstein des am 29. JuU 1503 gestorbenen Ratsherrn Johann Kynkel
und seiner ihn überlebenden Ehefrau Anna geb. Basedow. Die Mitte des
2,42x1,26 m großen Steines nimmt ein vom dortigen Gestühl verdecktes
390
DIE MARIENKIRCHE.
Allianzwappen ein. In den Ecken vier gelehnte Schilde: links oben und
rechts unten der Kinkelsche (ein von drei — oben zwei, unten ein — Herzen
begleiteter Balken), links unten der Basedowsche (ein mit zwei Sicheln be-
legter Balken), der vierte ist unkenntlich. Dazwischen die Umschrift in er-
habenen Minuskeln: [?lnnD 111 \jf IIl] 111 bie XPX lllCllfi^ inlii') ö ti0millll5
3fot)aiiiie5 Üunftci confui. [Oratc bcuni pro eo. ?lniio iii lif [Lücke]
ij [Lücke] mcnfie [Lücke] g ?liiiia livüi* cjuG. OiMtc tiLnuii pro ca.
Im Mittelschiff vor der Kanzel.
%^ .
■\-^-^
-> 4
3
%
•^/Z Vl^^ "^^ r^
Grabplatte des Hermann Hutterock. Obere Hälfte.
Messingne, aus drei Stücken zusammengesetzte Grabplatte des am
20. November 1505 gestorbenen Kaufmanns Hermann Hutterock und seiner
Familie (Abb.), 2,16x1,20 m groß. Sie ist 1864 von ihrem ursprünglichen
Platz in der Beichtkapelle entfernt und an der Westwand der Südervorhalle
in einem eichenen Rahmen aufsehänet.
') Nach der ältesten Ratslinie (St.-A.) starb er 1503 (des vrydages na Jacobi) Juli 28.
DIE MARIENKIRCHE. 391
Unter einem ootischen Haldnchin, dessen i^escliweifte n(><;"en \()n Mal.V
werk, Ranken und naturalistischen Zweiten uni<;ehen sind und \nv dessen
seitlichen Pteilern die kleinen Figuren des Apostels Johannes und der hl.
Barbara stehen, ruhen die in faltige Leichentücher oehüUten Körjjer des \'er-
storbenen und seiner Gattin, deren Köi)fe auf Kissen gebettet sind. Die
Schattierung der Zeichnung ist durch Schraffur bewirkt, der \'ertiefte (irund
mit einer schwarzen harzartigen Pasta ausgefüllt. Um die Kripfe des l^hepaares
ziehen sich zwei Schriftbänder mit den Aufschriften: J)ir • IJL'ijt • ÜDiUMlUMl •
Dcrnieu tiutterDru • o • jrlif • U • annw bic €iifaftet • ijat • Ijcüc • öc •
(CiL* • und Pilo • .iHctHc • }in • Ijiiffrluc • .-f^tarff • jrlif [Lücke]') vi%üb fi.i •
bei* • fclCll • iTllCbJdj. Die vertiefte Schrift des ersten Bandes ist mit roter,
der Grund der Schrift des -zweiten Bandes mit blauer Pasta au.sgefüllt. Zu
den P'üßen des Mannes befindet sich das Hutterocksche Wappen (ein Medusen-
haujit), letzterem gegenüber ein Schild, der inmitten eines runden geflochtenen
Zaunes drei Bohnenstauden und somit zweifellos das redende Wappen tler
I'amilie Bonhoff^) darstellt. Oberhalb des Mannes sind am Baldachin oben
und seitlich zwei weitere kleinere Hutterocksche Wappen, die seiner Söhne
Karsten und Hans, angebracht, ihnen gegenüber das nicht weiter bekannte
\Wappen von Karstens Lhefrau Gertrud^) (im gespaltenen Schilde \'orn eine
grüne Weintraube mit Blätterstengel, hinten ein rechtsgekehrter schwarzer
Flügel) und ein leerer Schild. Am Rande, der in den Ecken die vier
Evangelistenzeichen aufweist, steht oben beginnend (auf grünem Grunde):
ÜarftF- }i ■ fo • ftarf • jclif [Lücke] gat l)cti \i ich\ T»rlitl!r \i liliffrlne •
ftarf x'ti^ [Lücke] ijot fii bcr feie nnebirij; (auf blauem Grunde:) ^mi ürober
Öan^ • OÜI.It J.iif [Lücke] got • IjeÜ • (nn (ele; (auf rotem Grunde:) ^mi )x\lK
[Lücke] it ftarf ):lif [Lücke] 4%ot )i bei* feie gnebi[d)].
Die 2,15x1,19 m große bronzene Grabplatte des am 24. April i5i<S
gestorbenen, um die Kirche hochverdienten*) Kaufmanns (jodart Wigerinck
und seiner vier Ehefrauen (Abb. S. 393) war ursprünglich an der ehemaligen
westlichen L^mfassungsmauer des Altarraums unter der südlichen Hälfte des
Lettners aufgestellt;''') als hier 1670 ein neuer Kirchenstuhl gebaut werden
^) Sie lebte noch 1527 und starb spätestens 1529; Oberstadtbuch.
''') 1504 wurden »Hermen Hutterocke unde syner eethken(!) husfromven Melken tf 22 '/a ^
Rente und 25 ^ Rente zugeschrieben, die ihnen Hans Bonhoff vermacht hatte; Oberstadtbuch 10,
Marienkirchspiel Bl. 91 unter 1504 purific. Marie.
^) Ihre Ehe scheint erst 150S geschlossen zu sein, denn Karsten Hutterock wurde im
Rechnungsjahr Mitte 1507 bis Mitte 1508, »Kersten Hutterock syn husfrow Drutke« aber erst
1508/09 in die Antoniusbrüderschaft zur Burgkirche aufgenommen; St.-A. , Schaffer-Rechnungsbuch
der St. Antonius-Brüderschaft 1415 — 1520.
■*) Vgl. S. 190, 263 und 277. Er wohnte seit 1503 Schüsselbuden No. 20 (jetzige Privatbank).
*) 1598 befand sich des Bürgermeisters Hermann Valckes Leichenstein »under dem choere
beneffenst der VVigeringe missinges stene in de muere gesettet;« 1630 wurde eine Grabstätte »furm
chore am großen Pfeiler (dem fünften südlichen Chorpfeiler) kegen der Wiggeringen meßingen
Stein belegen« an Hermann Werlhof verkauft. Steinbuch von 1597— 1636, S. 26 und 204b.
392 DIE MARIENKIRCHE.
sollte, wurde sie an die innere Seite der Xordwand des Lettners versetzt •/)
seit 1864 ist sie in der südlichen Vorhalle in einem eichenen Rahmen rechts
neben der Hutterockschen Grabplatte aufgehängt. Die meisterhaft in frühem
Renaissancestil gezeichnete und in kräftigem Relief tadellos gegossene Platte
entstammt zweifellos der Werkstatt Peter Vischers in Nürnberg.^) Nur die vier
Medaillons in den Ecken und die beiden Langseiten des Randes sind besonders
gegossen, im übrigen besteht die Platte aus einem einzigen Stück.
Die Mitte nimmt das Wigerincksche Wappen ein (im Schild ein von
drei Ringen begleiteter eingebogener geschachter Sparren, auf dem Helm zwei
verschränkt durch einen Ring gesteckte Streitkolben). Den Hintergrund des
Wappens bildet eine vorn von zwei Säulen mit oberem Mauerwerk abge-
schlossene hohe Muschelnische, deren Grund als Holzwand charakterisiert ist.
Auf dem Säulengebälk stehen zwei posaunenblasende Putten. Die an ihren
Hörnern befestigten Tücher und Bänder flattern in kühnem Schwünge empor
und füllen den Raum zwischen der Muschel und einem äußeren Rundbogen,
den zwei mit reichen Schaftornamenten geschmückte, gleich den beiden Säulen
auf einem kräftigen Unterbau ruhende Pilaster tragen. Unterhalb des Schildes
sind ein Löwe und ein Hund angebracht, die sich um eine Kugel streiten.
Eine andere vorzüglich komponierte und im Gegensatz zur vorigen wildbewegte
Kampfesszene spielt sich in einer halbkreisförmigen Nische des Unterbaus ab:
ein geflügelter Jungferndrache stürzt sich auf eine andere, in eine Ranke
endigende Drachengestalt mit Mannsrumpf, die sich schreiend des Angriffs zu
erwehren trachtet. Den Rand der Platte bedeckt die Inschrift: ANNO DNI
MDXVIIL MESIS APRILIS XXIIIL OBIIT G0DHARD9 WIGERINCK
Gl VIS LVBECK. GRATE <P EG. Sie wird in den Ecken unterbrochen
von großen kreisrunden Medaillons mit den Wappen der vier P'rauen^) des
Verstorbenen. Ihre Umschriften lauten:
AN MGGGGXCVII DIE MM IVL : GBMT ANNA WIGERINCK.
AN MDX DIE Xllll lANV : GBIIT ANNA WIGERINGK.
AN MDXI . Dj_E III IVLII . GBIIT ANNA WIGERINGK.
Die letzte, AN MD beginnende Umschrift ist unausgefüUt geblieben.
Die Bestellung der Grabplatte bei Peter Vischer erklärt sich aus den
Geschäftsbeziehungen, die Godart Wigerinck nach Nürnberg und zu den
Fuggern unterhielt. Bei der im Jahre 1509 vorgenommenen Abrechnung'')
über den Gewinn aus der zu Nürnberg 1493 in lateinischer und 1494 in
deutscher Ausgabe erschienenen Hartmann Schedeischen Chronica mundi wird
unter den zahlreichen Ausständen ein Betrag von 16 Gulden 15 |3' verrechnet,
') 1670 wurde »die Messiiigplate unterm Chore von ihrer Stelle weggenommen und
wiederumb nordwers unterm Chor an der Maur aufgerichtet;« \VB. 1670, 26. W. n. Ostern
(September 25 — Oktober 1).
0 ^gl- W- Bode, Gesch. der deutschen Plastik (1SS5), S. 154 und F. Schlie im Repertorium
für Kunstwissenschaft (1890) Xlll, S. 409.
») Vgl. S. 189.
*) Veröffentlicht in den Mitt des Instituts für Österreich. Geschichtsforschung 5, S. 124 ff.
und bei H. Thode, Die Malcrschule von Nürnberg im XIV. und XV. Jahrb., S. 239 ff.
DIK MARIKNKIRCHE.
393
\
■ I A cpinpr vier Ehefrauen.
Grabplatte Godart Wiger.ncks und seiner
394 DIE MARIENKIRCHE.
den »Gedort(!) Wigerick zu Lübeck« für bezogene Exemplare schuldete.
In der Ausgabenrolle der lübeckischen Kämmerei von 1 5 1 2 heißt es :
»Utgeven Godert Wiggerink van koppers wegen den Fockeren tokamende
van unsen borgeren gekofift 291 1 mr. 14 fS 10 <^. Utgeven Godert Wiggerink,
dat mester Hennyngus Osthusen ^) to Austborch untf. hadde , myd deme
interesse 157 mr. 1 2 fi. « Ferner befand sich unter den Meßgewändern der
Marienkirche laut eines 1533 aufgenommenen Verzeichnisses^) »i kappelle
wyt gülden laken unde i antependium van den Fockeren und Wyggerynge
gekamen. «
Die aus sieben Stücken zusammengesetzte messingne Grabplatte des
am 7. Juli 1521 gestorbenen Bürgermeisters Tidemann Berck und seiner
im Januar 1533 gestorbenen Gattin Elisabeth geb. Möller (Abb.) bedeckte
ehemals die im Chor nahe dem dritten nördlichen Chorpfeiler gelegene Grab-
stätte dieses Ehepaares; seit 1848 hängt sie in einem hölzernen Rahmen west-
lich neben dem Aufgang zum Sängerchor (vgl. die Abb. S. 193). Bei einer
Breite von 1,50 m betrug ihre um das untere Viertel auf 1,95 m verringerte
Höhe ursprünglich 2,68 m. Das fehlende Stück ist bald nach dem Ableben
des Bürgermeisters Gotthard von Höveln (1609) und seiner Ehefrau Anna (161 2),
die in dem ihnen durch Erbschaft zugefallenen^) Berckschen Grabe bestattet
worden sind, abgenommen und durch die genau gleich große und vermutlich
aus dem betreffenden Metall gegossene Grabplatte dieses h^hepaares (vgl.
S- 399) ersetzt worden.^)
Die in ornamentaler Hinsicht meisterhaft gravierte Platte ist nieder-
ländischen Ursprungs, wie der Dialekt ihrer Inschriften erweist. In der Mitte
ruht das Ehepaar mit zusammengelegten Händen, die Häupter auf Kissen ge-
bettet, welche gleich dem darunter gebreiteten Teppich reiche Granatapfel-
muster aufweisen. Über den Figuren schweben die nach der Mitte zu ge-
lehnten Wappenschilde der Familien Berck (s. S. 130) und Möller (im ge-
spaltenen Schilde vorn eine halbe Lilie, hinten ein halbes Mühlrad), ersterer
mit Helm und Decken, letzterer ohne diese Zutaten und von einem Engel
gehalten. Der von einem mit Laubwerk umwundenen Stabe eingefaßte breite
Rand enthält in vierpaßförmigen Umrahmungen in den oberen Ecken je eine
sitzende Figur mit Spruchband und in der ursprünglichen Mitte der Lang-
seiten abermals die Wappenschilde des Ehepaares. Den übrigen Raum durch-
ziehen gewellte Spruchbänder mit den Inschriften: [Hier licht begrauen her
^) Stadtschreiber von Lübeck.
^) Rechnungsbuch von 1529 — 60, Bl. 88b; K.-A.
^) 1596 Oktober 21 zahlte Bürgermeister Gotthard von Hövelcn an die Kirche 12 Reichs-
taler für die Umschrift »eyns stens in Marienkarcken im köre gelegen mit kopper afferiecht und
an de Haevelen von h. Timan Barcken verstammet;« WB. 1598 Januar 10 übertrugen ihm seine
Brüder Klaus, Christian und Johann ihr Erbrecht auf diesen Stein, »dar ires oldervaders (Heinrich
Berck, vgl. den Stammbaum auf S. 345) broder her Timen Barcke under begraffen licht;« Stein-
buch 1597 — 1636, Bl. 18. Das Grab blieb bis 1762 im Besitz der von Hövelnschen Familie;
Prolocollum de Anno 1683, Bl. 292.
*) Noch um 1840 bildete diese Grabplatte den unteren Teil der Berckschen; Schröders
Topographie 3, S. 260.
DIE MARIENKIRCHE.
395
T\(icnian herck bor ijijcniin'tcr ba* lUaöt lulicrlic • I>L' ft.irff int jam- •
111 • lif ♦ V ♦ vi ♦ U1.1 tLMi ■ (aiiLMib • badj bcö .jn.uMitö Crmi •; mui: Di^r
Grabplatte des Bürgermeisters ridemann Berck.
(Nach C. J. Milde, Denkmäler bildender Kunst in Lübeck, i. Heft, Tafel V.)
iidjt ücßraucn lirouUic • 43ii5aljetlj Ijcr CiibcniaiiG öcrdf^ tjuufurautnc f.'j
Öcrift .iBocirc^ ÖC ftarff iut jacr • in • lif • siS up ten . . . dach des Maents
1) f — filia.
396 DIE MARIENKIRCHE.
Januar].^) In den von dieser Inschrift freigelassenen Flächen der Umrahmung
sind Szenen aus dem Menschenleben mit erläuternden kleinen Spruchbändern
angebracht, und zwar, mit dem oberen Rande beginnend:
Bild : Spruchband :
1. Neugeborenes Kind. gfjcßorc • in • tocne •
2. Kind auf dem Krankenbette. met • joorgfjc • gfjcuoet •
3. Knabe mit einem Steckenpferd. lirocfcepc • dmc •
4. Jüngling mit einem P'alken. tluctr • jonrijpit • öoct •
5. Junger Kaufmann am Zahltische lui • piiiir • om • goct •
Geld einnehmend.
6. Der Kaufmann in Sorgen. flau • es • min • mocö •
7. Gereifter Mann am Kaminfeuer. fjouöfjciö • fomt • an •
8 — 1 1 fehlen.
12. Der Kranke betet mit einem an öal • fal • mt} • ßafcn •
seinem Bette knieenden Engel.
13. Der Kranke wirft einen letzten aöicu • ccröfrijc • ffatc •
Blick auf seinen Silberschatz.
14. Der Sterbende nimmt Abschied aöicu • Btptoöic •
von seinen Angehörigen.
15. Sterbeszene. $t • iltoct • mij[n]e • {Tfratcn •
16. Der Tote. grjcöTct • miins • JHaric •
Auf den Spruchbändern der beiden oberen Eckfiguren steht: äO • mors •
quam ■ amara • tft • memoria • fua und (Eonffitutum • cpt • fjominißus • fcmcl • mori.
Grabstein des am 15. Februar 1529 gestorbenen Ratsherrn Johann
von Kempen, 1,97x1,18 m groß, früher in der Beichtkapelle, seit 1895 auf
dem nordseitigen Kirchhof neben der Kapelle Maria am Stegel. In der Mitte
in kreisrunder Umrahmung der Wappenschild des Ratsherrn (ein Baum inmitten
eines runden Palisadenzaunes mit vorderer Tür). Am Rande in der linken
oberen und rechten unteren Ecke ebenfalls dieser Schild, während die in den
beiden anderen Ecken angebrachten Wappen unkenntlich sind; dazwischen die
teilweise abgetretene Umschrift ^tnilD [1529] ÖCll 15 fcöniaril ftnrf [selige
her Johan van] l'iClllJJCU Jlt[adtman dusser Stadt Lübeck, dem]c got giiabC.^)
Grabstein des am 15. Dezember 1537 gestorbenen Bürgermeisters Dr.
jur. Matthäus Pakebusch, 2,99x2,34 m groß, unter dem Lettner nach
Norden zu. Die ganze Breite der Mitte füllen zwei plastisch gemeißelte
Wappen; vom heraldisch rechtsseitigen Pakebuschschen Wappen ist nur noch
der mit Hörnern gezierte Helm kenntlich, das linke, zweifellos des Bürger-
meisters Ehefrau Katharina geb. Runge angehörend, zeigt im gespaltenen Schilde
vorn zwei Rosen übereinander, hinten einen der Spaltungslinie angeschlossenen
*) ^533 Januar 13 wurde »vor de Berckeßken i sarck, ludenth 2 stunde unde de grafft
yn der kerken« bestellt; WB. 1533, 3. W. n. Weihnachten (Januar 12 — 18).
^ Ergänzt nach Lub. Relig. S. 150; vgl. Techen, a. a. O., S. 85.
DIR MARIKNKIRCIIE.
397
Eichast mit drei Blattern uiul aiil dem I leim einen l'Jcliasl mit drei siebenden
Bliittern. Die zweireihige Lhiterschrift ist unleserhch. 1 )ie in den l'xken von
den vier hLvangelistenzeichen unterbrochene erhabene l'msehrift lautet auf drei
Seiten: '?lnno blü [M L XXVII die] x'ü lllLMll'io bcCLMHOriG ') DÜlit ClJlTöiUÖ et
maijm.lfii'UG liir et bainimiG • jX^at[heusj paUCÜUld); die Schrift der Lang-
seite zur Linken ist ab<^eschlagen.
Khemalige messingne Grabplatte des aus Dortmund gebürtigen und im
Alter von 86 Jahren am 4. Mai 1555 gestorbenen Ijürgermeisters Ci ot 1 li aid
von Hövelen d. Alt. mit dem von Hövelnschen Wappen^) und einer drei
Distichen umfassenden Inschrift;'') darunter stand »Anno 1555 obiit 4. Maji.«
Im Mittelschiff zwischen dem zweiten
Pfeilerpaar.
Von dem bis 1894 im Chorum-
gang belegenen Grabstein des Rats-
herrn Hin rieh G ruter und seiner
Ehefrau Dorothea geb. Dives \\ird das
0,94 m hohe und 0,59 m breite
gravierte messingne Mittelstück in der
Bürgermeisterka[)elle aufbewahrt. Im
Felde eines von zwei seitlichen orna-
mentierten Pilastern getragenen flachen
Giebels hält ein wachsendes gefli.igeltes
Gerippe ein Band mit der Inschrift
Dilles btnge5 eine imic. In der Mitte
oben: ANNO 1524 DEN 27 JVLIVS
STARF Her Hinrick grvter seli-
ger GEDECHTNIS. ANNO 1548 DEN
26 September starf Dortie
Grvters den godt beide gnedich
Sl; darunter die gegeneinander ge-
lehnten Wappen der Familien Gruter
(ein mit einem Quadrat belegtes Rad,
dessen vier Speichen jede durch ein
Kreuz verlängert sind, auf dem Helm eine Lilie) und Dives (im gespaltenen
Schilde zwei streitende Hähne, auf dem Helm ein wachsender Hahn mit ge-
spreizten Flügeln). Auf der Basis: qemaM vwbe geled]t anno \öö7.
1608 Oktober 18 verkauften die Erben des Ratsherrn Hinrich Gruter
ein Grab mit dem Leichenstein »an der Sudersidt tegen der Hern Burger-
meyster Capellen affer;« WB. 1608, 3. W. n. Michaelis.
Grabstein Hermann Kremers d. Alt.
') Die Ratsliste legt seinen Todestag auf den 14. Dezember 1537.
''') 1762 Februar 12 wurde u. a. »das in der Kirche sub Nr. 318 belegene, mit einer
messingenen Plate belegte Grab, auf welcher Plate der Nähme Gotthard von Höveln, die Jahrs-
zahl 1555 befindlich auch das von Hövelnsche Wapen gestochen ist,« dem preuß. Kriegsrat Georg
Anton von Höveln als Erben zugeschrieben; K.-A., Protocoltum de Anno 1683, Bl. 292.
s) Gedr. Techen, a. a. O., S. 88.
398
DIE MARIENKIRCHE.
Grabstein Hermann Kremers des Älteren und seiner Ehefrau Anna
geb. Ilehorn, 2,65x1,71 m groß (Abb. S. 397). In der Mitte hält vor einer
Rundbogennische ein wilder Mann, dessen Vüße verdeckt sind durch eine
Tafel mit der Inschrift HERMEN • KREM ER • VND • SINEN • ERVEN •
(darunter nachgetragen: DE OLDE.), zwei Schilde, von denen das heraldisch
rechte eine von drei in den Dreipaß gestellten Lilien beseitete Rose, das andere
ein Hifthorn,^ das Ilehornsche Wappenzeichen, aufweist. Umschrift zwischen den
vier Evangelistenzeichen: ^no • 1560 • bc • 23 auijllfti • ftnvf • Ijcniieu •
ftrcmcr • ti7 • 00t • gnebid) • fii • %m • 1560 ti7 • 21 fcpteniüer • ftarf • aiina ;
lirClllCVG • bcr • llOt • ITIUIÖC • lii der südöstlichen Kapelle des Chorumgangs.
Grabstein des am 8. März 1561
gestorbenen Ratsherrn Andreas
Busmann und seiner Ehefrau Ger-
trud geb. Meßmann, 2,37x1,72 m
groß (Abb.). In der Mitte die von
einem wilden Manne an einem Bande
gehaltenen Wappen des Ehepaares,
nämlich i. in dem von einem nach
unten zu rundbogig gezackten Balken
geteilten Schilde oben der Rumpf
eines wilden Mannes mit einer Keule
über der Schulter, unten ein einen
Stern einschaltender Sparren, auf
dem Helme derselbe Mannesrumpf;
2. ein von drei dreizinkigen Kronen
begleiteter geschachter Sparren, auf
dem Helme zwei Arme mit denselben
Kronen. In den Ecken dieselben
Schilde in vierpaßförmigen Um-
rahmungen; dazwischen die Umschrift
5lina irJöi bcn I! inartiiio ftarf
!jcr anbrea^ üufnian i^md, später
eingemeißeh: ^inn 1580 biMi 27, ayril ftavf a3ürbnit üufnian. in fler
(jrevcraden-Kapelle.
Grabstein des am 18. August 1564 gestorbenen Ratsherrn Joachim
Klepel, 2,14x1,40 m groß. Mittelstück und Umschrift aus Messing. Eine
auf ersterem angebrachte, nur bruchstückweise überlieferte Inschrift (drei
Distichen) ist gänzlich, die Umschrift größtenteils abgetreten. Sie lautete:
[ANNO CHRISTI 1564 DIE 18 AVGVSTI PIE DECESSIT CLARISSIMVS
VIR DOMINVS JOACHIMVS KLEPEL SENATOR LVBICENSIS,
NATVS IN DVCATV MEGALBVRGENSI [OPPIDO FREDELAN DT.]
Im Mittelschiff.
Grabstein des Ratsherrn A.ndreas Biismann.
DIE MARIENKIRCHE.
399
Ein in einem ;illeren (iral)stein eingelassenes, 0,97 m liolies und 0,61 ni
iM'eites stark abgetretenes messingnes Mittelstück zeigt in einer von zwei
Säulen flankierten Renaissancenische, deren Giebelfeld das Brustbild (jott-X'aters
oder des Heilands schmückt, die von einem lüigel gehaltenen W'appenschilcle
der h\'unilien W'ibbeking untl Nenstede; von einer am h\uulament angebrachten
\ierzeiligen Inschrift, die jedenfalls die Grabschrift tles 1509 geborenen und
mit Engel Nenstede (gest. 1569 Oktober 4) verheirateten Cord XVibbeking
darstellt, ist noch zu lesen:
2lnnc< \57 ton p
tonibcv nad}
iribbofincf
ana^o /etatis ... 6 ... . t^ott ....
Im Mittelschiff nahe dem ersten Süderpfeiler.
Grabstein des am 29. März 1585 gestorbenen
Bürgermeisters Johann Brokes und seiner Ehe-
frau Katharina geb. Köhnen, 2,48x1,65 m groß
(xA.bb.). In einer doppelten Muschelnische kniet
auf Kissen das einander zugewandte Ehepaar,
darunter sind am Fundament das Brokessche (vgl.
S. 350) und das Köhnensche Wappen (ein auf
einem Hügel stehender Wiedehopf, der auch als
Helmkleinod dient) angebracht. Umschrift zwischen
den vier Evangelistenzeichen: [ANNO • 1585 •
DEN • 29 • MARTI! • IS • DER • ERBARE ■
VND • WOLWISE • HER • JOHAN • |BRO KES ■
[BORGERMEISTER • IN J GOT • ENT-
SLAPEN • [ANNO] IS •
FROW • CATHARINA • BROKES • SELICH •
GESTORBEN • DER • GOT • GNEDICH • Sl •
In der der Bürgermeisterkapelle zugeteilten äußeren Hälfte der Molen-Kapelle, i)
Die seit 1869 an der Außenseite der südlichen Umfassungsmauer des
Altarraumes in einem Rahmen aufgehängte gravierte Grabplatte des Bürger-
meisters Gotthard von Hövelen d. Jung, und seiner Gattin Anna Schillinges,
in Komposition und Ausführung ein plumpes Machwerk, bildete, wie schon
S. 394 erwähnt, ehemals den unteren Abschluß der Berckschen Platte. Bei
einer Breite von 1,50 m 0,62 m hoch, enthält sie in zwei durch einen Pfeiler
mit vorgesetztem Hermenpilaster getrennten Rundbogennischen die Wappen
des h:hepaares. Darüber steht in einer oberen Schriftreihe: H • GOTHARD :
VAN • HOVELEN • BVRGERMESTER • ANNA • SCHILLINGES • und
unter dieser Reihe über dem Hövelenschen Wappen DICES : ANNO • 1609 •
DEN . 16 • MARTZY •, über dem Schillingesschen Wappen (im geteilten
Grabstein des Bürgermeisters
Johann Brokes.
1) Über den Erwerb der Grabstelle vgl. S. 276 Anm. 2.
400 DIE MARIENKIRCHE.
Schilde oben ein Eichast, unten ein springendes Reh, auf dem Hehne ein
wachsendes Reh) DISCES : ANNO • 1612 • DEN • 15 • JANVARII • Am
Mittelpfeiler hängt eine kleine Tafel mit den Worten WARHElT BESTEHET .
LVGEN VORGEHET.
Alterer Grabstein mit dem in Bronze gravierten Wappenschild des
am i6. November 1616 gestorbenen Ratsherrn Hin rieh Pasche (ein mit
zwei Sternen belegter Pfahl, dem rechts und links eine halbe Lilie angeschlossen
ist). Aufschrift: ^inridP Pafd^e üit^ [inen Crocn. Im Norderschiff nahe dem
fünften Pfeiler.
1608 Juli 21 wurde dem Ratsherrn Hinrich Paschen ein von Hinrich
van Hellen an ihn vererbtes »an der nordersydt zwischen der doepe und
dem lesten piler na dem groten orgell« belegenes Grab mit dem obigen
Stein zugeschrieben; Steinbuch 1597 — 1636 Bl. 75b. Vgl. Techen, a. a.
O., S. 61.
Schlichter Grabstein des am 16. Februar 1602 gestorbenen Ratsherrn
Henning Parcham und seiner Ehefrau Gesche. Eine am äul3eren Rande
3,43 X 2,32 m messende Bronzeeinlage zeigt zwischen den erhaben gearbeiteten
vier Evangelistenzeichen die Umschrift in vertiefter ]">aktur: ^nno * in02 •
hm ' 16 • februarq • 5tarü • öer • CrjrcntucJ! • ünö • luoluiifer • J^er • l^^nninö •
f)ard]am • JEafr^manu • 5em • (Boot • önaöe. %n\\o • 162Ü • ötn • 28 • lulij •
5tarli • öic • €f]rüarc • Unö • Cugeuffamc • fraUiü • (Bcfdjc • "parrTjams • öer •
(Boot • gnaöc. Im Norderschiff unter dem Parchamschen P^pitaph.
Grabstein des am 15. April 1627 gestorbenen Bürgermeisters Dr. jur.
Alexander Lüneburg und seiner ersten PLhefrau Gertrud geb. Wedemhoff,
2,77x1,72 m groß. Das gleich der Umschrift in Messing gravierte Mittel-
stück enthält in reicher Umrahmung das unkenntlich gewordene Familien-
wappen mit der zweireihigen Unterschrift ^0rr Jllf^anöer [Hunßßurg ßltilter]
BurgcnUßifter [Öiefcr Btaöt?]. Die größtenteils abgetretene L^mschrift zeigt in
den Ecken vier kreisrunde erhabene Medaillons, auf denen noch im linken
untern das Lüneburgsche Wappen und im linken oberen das Wedemhoffsche
Wappen kenntlich ist; dazwischen steht in vertiefter P^raktur: ^nno ]62[? öfll
15. Itprilis llarÜ ^crr Jllejfanöcr Jlüueßuro, eltifter Bürgcrmcifter öicfcr
5taöt(?;. Jlnno 1599] hm 19. Iljjrins ftarß (Baröruöt iUünclhirgcs, öcncn (Bott
tooUß gncöidl fein. Zwischen dem ersten Süderpfeiler und dem Lettner.
Grabstein des Kaufmanns Hinrich Bremer und seiner Ehefrau Elisabeth
geb. Paschen, 2,89 m lang und 2,05 m breit. In der Mitte nebeneinander
in ovalen Vertiefungen das Bremersche und das Paschensche Wappen (vgl.
S. 266) mit den Unterschriften fjiiu-id] i3remcr und £Ii[abct i^rcnier. Die in
den Ecken von vier Kartuschen mit Sprüchen unterbrochene Umschrift lautet:
2{o \656 ben \5 0ctobr. [tarf fjinrtd] i^rcmcr [eines :-llterf 5^ J>ai- 6 Zllonat
8 Vage. 2lo \650 tm ^. 0ctober ftarb £Ii[abet 23renier5 3bres 2lhev\ 59 3ar
ätoey bage. In der Bremer-Kapelle.
DIE MARIENKIRCHE. 4OI
2,44x1,90 m großer Grabstein des laut der auf einer Rronzeeinlage
enthaltenen längeren lateinischen Umschrift^) am 25. Juli 1567 geborenen und
am 9. Juni 1641 zu Lübeck gestorbenen ])()mmerschen Ritters und Rates sowie
Schloßhauptmanns zu Wolgast Christoph von Neukirch. l'.in gleich der
Umschrift sauber gestochenes fünfeckiges bronzenes Mittelfeld \'on o,9<S m
Höhe und 0,63 m I^reite trägt das \\'a]j})en des Verstorbenen (im Schilde
drei Sparren, auf dem llelm sieben Pfauenfedern) mit der Unterschrift
CHRISTOFER V. N El KIRCH. Im Altarraum, nahe dem vierten nördlichen
Chor[)feiler.
Grabstein des am 10. Oktober 1645 gestorbenen Ratsherrn Jürgen
Paalsen, 3,26x2,38 m groß. Die Schildzeichen und die beiden Ilelm-
kleinode des in einer 1,60 m hohen und 1,39 m breiten ovalen Bronzeeinlage
erhaben dargestellten Paulsenschen Wappens (vgl. S. 355 f.) sind bis auf geringe
Überreste abgeschliffen und dafür 1727 die \\'ai)penzeichen des Ratsherrn
und späteren Bürgermeisters (gestorben am 9. Januar 1737) Joh. Heinr.
Dreyer (im Schilde ein mit drei Kreiseln belegter Balken, der oben von
zwei Sternen, unten von einem Stern begleitet wird; auf dem Helm ein Kreisel
zwischen zwei F"lügeln) und dessen zweiter Ehefrau (gestorben 1751) Christina
Barbara Langlotzen (im Schilde ein von einer Schlange umwundener nach
unten gerichteter Pfeil, auf dem Helme drei Ähren) der vorderen bezw. der
hinteren Hälfte des Wappens in stümperhafter Ausführung eingraviert. P2ine
unterhalb des Wappens eingelassene bronzene Kartusche umschließt an Stelle
der ebenfalls entfernten ursprünglichen Grabschrift die roh eingravierten Worte
Herr Iohan Henrich Dreyer RatsverWandter und seinen erben
ERBLICH Ao 1727. Im Altarraum, nahe dem dritten südlichen Chorpfeiler.
Grabstein des am 26. Mai 1654 gestorbenen Kaufmanns Heinrich
Schlüter, 3,23x1,97 m groß. P^ine 2,25 m hohe und 1,42 m breite Bronze-
einlage umfaßt in der Mitte das Wappen des Verstorbenen (im Schilde oben
eine Rose, unten ein von einem Schlüssel durchbohrtes Herz, auf dem Helm
ein wachsendes Gerippe mit einem Stundenglas in der Rechten und mit dem
vom Schlüssel durchbohrten Herzen in der Linken) und seitlich davon die
kleineren Wappen seiner beiden Plhefrauen, von denen das heraldisch rechte
im Schilde wie auf dem Helme drei aus einem Herzen wachsende Blumen
und auf einem Bande die Unterschrift Margareta Mccklcnlwygs zeigt, während
das linke im gespaltenen Schilde vorne fünf Balken und hinten einen gegen
die Teilung aufgerichteten Windhund mit Halsband, auf dem Helme denselben
Hund wachsend und die Unterschrift Anna Margareta Hnnnius aufweist. Den
unteren Abschluß der Bronzeeinlage bildet eine Kartusche mit der Inschrift
i^cinrid] Sdilutor i^urcjcr unt» fauffl^anblcr in £übecf, geboren 511 Sditücrin im
jalir \595, geftorben 2hnto \^ö\ Öen 26. JlTay, den oberen Abschluß ein von
einem Cherubimkopf überragtes Schild mit dem ersten Satz von Jesaias 26, 19.
Vor den Stufen zum Hochaltar.
1) Im Worüaut bei Techen, Zeitschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 8, S. 74.
26
402
DIE MARIENKIRCHE.
Messingne gravierte Grabplatte des am 29. November 1677 gestorbenen
Bürgermeisters Mattheus Rodde (Abb.). 1658 auf dem an der Nordseite
im Altarraum belegenen Roddeschen Grabe angebracht, ist sie 1869 an der
Innenseite der Nordwand des Lettners in einem eichenen Rahmen aufgehängt
worden. Die aus zwei Stücken zusammengesetzte, 2,05 m hohe und 1,35 m
breite Platte zeigt vor einer Rundbogennische, auf deren flachem Giebel Schlaf
und Tod lagern, zwischen zwei Engeln die drei in der Form eines Dreiecks
aufoestellten Wappen (vgl. S. 364) des Bürgermeisters und seiner beiden Ehe-
frauen Anna Prünsterer (1621 — }^7) und Katharina Schumacher (1639 — 75).
Den unteren Abschluß bilden, von Kartuschen umrahmt, der Spruch Römer 8
Vers 1 1 und die Inschrift £)crrn 21Tattl^ni5
2^obt>cn uii^ [einen i£rben €rblid]. 2ln :
\658. Gezeichnet ist die Platte IVo/ff-
gau^i^ Hartnumn fccit.
Mattheus Rodde kaufte 1645
Juni 5 ein »im Cohre furm Stuhle,
darauß die Herren Burgermeister
pflegen zu Rate zu gehn, zwischen
Herrn Burgermeisters Herr Godert
van Hovelen (vgl. S. 394 Anm. 3)
und des Neukirchen (vgl. S. 401)
Grabe« belegenes gemauertes Grab
für 400 Reichstaler. Ein Nach-
trag zu dieser Buchung besagt :
»Anno 1658 den 4. Junii hat S.
Wollw. H. Mattheus Rodde, Raht-
verwanter und unser Mittvorsteher,
eine meßings Plate auf seinen Stein
legen laßen.« Steinbuch 1636 — 94,
Bl- 55-
anMaum-$üxni-ifa(4i) n
Der 2,61 X 1,70 m große Grab-
stein des am 19. Juni 1661 gestorbenen
Bürgermeisters Dr. jur. Christoph
Gerdes zeigt in ovaler Vertiefung GrabplaUe des Bürgermeisters Matlheus- Rodde.
das 0,84 m hohe, 0,76 m breite
plastische Wappen des Bürgermeisters (vgl. S. 359) und darunter die Inschrift:
% Crjriftoplf (Bcröcs j. u. ö. €Ififtcn Buröcrmciftcru unö .Seinen (Erlicn. In
der Greveraden- Kapelle.
Grabstein des am 3. Januar 1667 gestorbenen Bürgermeisters Gott-
schalk von Wickede, 2,70x1,81 m groß. In einer Kartusche das Wickede-
sche Wappen mit der Unterschrift: Dns. GodtsCALCUS A WiCKEDEN Reip.
LUB. Patr. Ppoconsul OBIIT Aö 1667. 3. JAN.; darunter auf einem Schrift-
band: HAEREDIBUS SEPELIENDO NON ALIENANDO jus ESTO. In der Bürger-
meisterkapelle.
DIK iMARIKNKIRCIlE. 403
Grabstein des am 2. September 1668 gestorbenen Ratsherrn T.orenz
Petersen, 3,16x2,10 m oroß. Die Mitte nimmt das von einer ovalen
Kartusche umschlossene \Vapj)en (im Schilde ein gegen einen Haiim auf-
gerichteter Bock, auf dem Helme ein wachsender Hock) ein; darüber schwebt
ein Schriftband mit den Worten »fjcri- Corout^ Potcrfon I^al^tf.oonr'an^tov iSntfd^Hoff
in (Ilnifto folialid] ^huio 1668 Den 2 Septembris; zu unterst in Kartuschen
die Inschrift i)cvvn iorcnti pctcrfcu ^uhcboricio bogrobni^ ^Inno ^()()7. und die
erste Hälfte des Verses Jesaias 26, 19. Vor den Stufen zum Hochaltar.
Ein älterer im Mittelschiff nahe dem dritten Süderpfeiler befnidlicher
Grabstein trägt das 0,51 m hohe in Messing gravierte Wappen des am
26. Februar 1682 gestorbenen Hauptmanns im Lübecker Ratsweinkcller
Daniel Jacobi, das im geschweiften Schilde den Apostel Jakobus d. Alt.,
auf dem Helme einen Arm mit einer Weintraube aufweist. Darüber die In-
schrift: T)anicl 3'-i>^'^t'i im^ Seinen *£rhen £rI•>Iid^ \67^.
167 1 Mai 22 kaufte Daniel Jacol)! den seit 1572 Hcrnianii Üriugk
zugeschriebenen Grabstein No. 359; Steinbuch 1636 — 96, Bl. 210b.
Der 2,55 X 1,43 m große Grabstein des am 28. März 1674 gestorbenen
Ratsherrn Hinrich Wedem ho ff zeigt in einer Kartusche' das Wedemhoft'sche
Wapi)en mit der Unterschrift: fjcrni . i^einvid] . iUc»5einboft • i^n^ . Seinen ♦
frben • ^huio ♦ Hö?'^. Mitten in der Bürgermeisterkapelle.
Grabstein des am 28. März 1680 gestorbenen Ratsherrn Caspar
Deging, 2,85x2, 15 m groß. In der Mitte ein dreiseitiger gelehnter Bronze-
schild mit dem Degingschen Wappen (vgl. S. 365) und der Jahreszahl 1675
in den oberen Ecken. Darunter ist eine Kartusche mit der Inschrift X^errn
daj'par iion Deaingf vnb Seinen €vben iSrblid^ \675 eingemeißelt. Die bronzene
Umschrift ist abgerissen. Im Altarraum vor dem mittelsten Joch des Lettners. —
Ein ostseitig sich anschließender 1,52x1 m großer Stein, welcher drei in
Form eines Dreiecks angeordnete Weihkreuze trägt und sich dadurch als Teil
einer früheren Altarplatte ausweist, zeigt eine im Durchmesser 0,46 m große
kreisrunde Bronzeeinlage mit dem sauber gra\ierten Degingschen Wappen
nebst der Umschrift IVicin fjoffnung un^ mein Suüerfid^t hßb 3dl ciuff c^ottes
gna^ geridit fl' Anuo löys <§$; darunter ist eingemeißelt OSTIUM Sepulchri.
Grabstein des am 8. Januar 1675 gestorbenen Ratsherrn Hermann
Petersen und seiner am 8. Januar 1670 gestorbenen zweiten Ehefrau Margareta
geb. Hakes. lüne Kartusche umschließt das in einer ovalen Vertiefung er-
haben eingemeißelte, stark abgetretene Wappen des Ratsherrn (im Schild ein
Hirsch vor einem Baum, auf dem Helme ein wachsender Hirsch) und die
Unterschrift ^errn l^erman pctcrfen unb Seinen €rben (Srblid]. Darunter ein
Schriftband mit den unleserlich gewordenen Todesdaten des Ehepaares. Vor
den Stufen zum Hochaltar.
404
DIE MARIENKIRCHE.
Der Grabstein des am i. September 1757 gestorbenen Bürgermeisters
Hin rieh Rust enthält zu oberst dessen Wappenschild (drei Ähren) und
darunter die Inschrift ]^ivvn X^inridj l^uft Bürgcrmcxffcr öiüfer Biiitit un5
fßinüll (Erßen crßlidj. %mo rH3. Der obere Rand des 1,37 m breiten
Steines mit dem Helmkleinod (ein Kleeblatt zwischen zwei Hörnern) fehlt.
Früher in der südlichen Vorhalle, seit 1895 nordwestlich der Kirche beim
Durcho-ang; zum Schüsselbuden.
Hängende Leuchtkörper.
In einem dem Chronisten Reimar Kock zugeschriebenen Berichte über
die Einführung der Reformation in Lübeck i) heißt es: »An. 1531 d. 19. JuU
ward geslaten, dat men ut den kerken de missingsluchter wolde nehmen und
laten dar quarterslangen und falkenetten van gheten thom behof der stadt, et
factum est ita.« Infolge der Aus-
führung dieses Beschlusses haben sich
in den Lübecker Kirchen mit Aus-
nahme des Domes metallene Kron-
leuchter und Wandarme aus gotischer
Zeit nicht erhalten.
Kronleuchter.
Aus dem Mittelalter ist für
die Marienkirche nur ein Kron-
leuchter des Schneideramtes nach-
weisbar, indem 1485 Hans von
Munster » 2 mark to den lichten
uppe der scroder krönen to Unser
Leven Vrowen vor dem chore«
vermachte. '^)
Der Renaissance gehört eine Kronleuchter in der Sakristei.
seit 185 1 in der Sakristei aufgehängte
kleine Lichterkrone (Abb.) aus dem Siechenhause in der kl. Burgstraße''')
an, die 1581 unter dem Inventar des dortigen Refektoriums als »i missinges
cron mit 6 arm« aufgeführt wird.^) An dem vielfach gegliederten Schaft, der
unten in einen Tierkopf mit einem Ring im Maule auslänft, während seinen
oberen Abschluß ein Krieger mit Schwert und Rundschild bildet, sitzen die
sechs S-förmigen Arme, deren Mittclbunde und freie Endigungen die h^orm
von Schlangenköpfen haben.
'j Ausführliche Geschichte der Lübeckischen Kirchen-Reformation in den Jahren 1529 bis
1531, herausgegeben von F. Petersen (Lübeck 1830), S. 133.
'■'j St.-A., Test, von 1485 Mai 6.
^) Laut Kassabuch der Kirche wurden am i. Oktober 1851 »für einen alten Kronenleuchter,
welcher in der Sakristei aufgehängt ist,« 12 ^ verausgabt. Die vom folgenden Tage datierte
Quittung (1851 No. 42) ist von Senator Dr. von der Ilude »als Präses der Siechenhaussektion der
Armenanstalt« ausgestellt.
*) St.-A., Brüderschaften, Rechnungsbuch des Krahnen-Konvents, Bl. 4b.
DIR MARIENKIRCHE.
405
Von einem ehemals xor der Bcr^enfahrerkapelle liängenden, /.ulelzt
1766 erwähnten kleinen fiinfarmii^en Kronlenchter aus der Renaissancezeit, der
in dem 15S1 aufgestellten Lichterx'erzeichnis der Kirche beschrieben wird als
»eine missinges hangende kröne niyth s. Olffess bilde und m\-th 5 becken uiul
5 lichten, jedes \'an i V2 ff, i-st nur noch die 60 cm hohe ( )lavstatuette
(Abb.) vorhanden, welclie seit 1806 als Krönung eines jetzt über dem i'",ingang
zur Totcntanzkapelle angebrachten Leuchteraufsatzes (\'gl. S. 351 und 423) dient.
Der Heilige, dessen Haupt ein bekröntes
l^arett bedeckt, ist geharnischt mit überge-
himgtem Mantel dargestellt; seine Rechte
umspannt den Schaft einer 1 lellebarde, die
Linke hält den Reichsapfel.
Die beiden g r ö ß e r e n Kron-
leuchter der Kirche, die im Altairaum
neben den Stuhlgruppen für die Kom-
munikanten hängen, sind in den l'"ornien
des Empirestils gegossen, lüne unten mit
Blättern belegte große glatte Kugel , an
der ein Ring mit einem I'>uchtzai)fen liängt,
trägt an einem ihre Mitte umziehenden,
mit Rosetten geschmückten Streifen sechs
in würfelförmige Ansätze eingehängte, im
Halbkreis gebogene Arme, die unterhalb
der Lichterschalen mit je einem \\\a])pen-
schilde versehen sind. Nach oben hin
laufen sechs zentral auf die Kugel gestellte
Ranken, Staubfäden gleich, in einen um-
gestürzten Bütenkelch zusammen. Die
Schilde der nordseitigen Krone zeigen drei-
mal das Glandorpsche Wappen, zweimal
das von Hövelnsche und einmal die Kirchen-
marke, die der südlichen Krone sämtlich
den lübischen W'appenschild; eine dem-
entsprechende Anzahl von Lichtern uurde
dem Verzeichnis des Jahres 1800 zufolge
für beide Kronen aus Legaten des Rats-
herrn Johann Glandorp (gest. 16 12) und des Bürgermeisters Gotthard von
Hövelen (gest. 1609), von der Kirche und von der Stadtkasse aus dem bei
ihr belegten Lichterlegat des Ratsherrn Jürgen Paulsen (gest. 1645) geliefert.
Jedenfalls haben die von den erwähnten drei Ratsmitgliedern gestifteten ehe-
maligen Leuchter (vgl. S. 416 und 420) und eine gleich ihnen ehemals im
Altarraum angebrachte Lampe aus dem Jahre 1540 (vgl. S. 406 f.) ihre Lichter
und ihr Metall zu den beiden Kronen beigesteuert. Von 1860 bis zur
Olavstatuelte des ehemaligen Kronleuchlers
der Bergenfahrerkapelle.
406 DIE MARIENKIRCHE.
Einführung der Gasbeleuchtung der Kirche im Jahre i86(S sind beide Kronen
nebst dem der Kirche damals leihweise überlassenen großen Kronleuchter
der St. Katharinenkirche im MittelschilT aufgehängt gewesen.
Dem WB. zufolge erhielten 1800 Dezember 8 — 14 »Gelbgießer Schröder
seine Bursche nach Ablieferung der beyden neuen Licht-Kronen im Altar«
2 ^ Trinkgeld. Die damalige Jahresrechnung des Bildhauers Joh. Dav. Pegel
enthält: »Zu die messinge Krohn-Leuchter Modelle gemacht, 18 ^, « die der
Gelbgießer Martin Christian Schröder & Söhne unter Dezember 8 : »2 messingen
Krohn Leuchter, gewogen 375 't^ä 2 # 8 fi, macht 937 ^ 8 f(i
Hirauf entfangen 351 'S alt Messing ä 'S 10 fi, macht 219 ^ 6 j5';«
Kirchenrechnungen von 1800.
Ehemalige T r a n 1 a m p e n .
1431 stiftete Hans Waterhus für die Bergenfahrerkapelle eine 1528
noch vorhandene Tranlampe. ^)
1481 erhielten die A-'orsteher der Sängerkapelle von Hinrich Greverade
130 ^, um »tho Unßer Leven Vrouwen yn deme koer voer deme hoghen
altaer ene lampe barnende dach unde nacht mit träne« zu halten, und ferner
von den Testamentsvollstreckern Walter Leydens einen Rentebrief im gleichen
Betrage »voer ene lampe barnende tho holdende dach und nach yn Unser
Leven Frouwen capellen, daer de ßenger ßingen.«^)
1484 versprachen dieselben Vorsteher den Testamentsvollstreckern Hans
von Lones, für die Zuwendung von fünf Liespfund Wachs und 200 .^ »to
ewigen tiiden ene bernende lampe myt träne to holdende, bernende dach
unde nacht vor der capellen, dar de nu hanget, welck de negeste cappelle
is boven der heren trezekameren, vor deme altare s. Cosme unde Damiani.«^)
1495 '^^ß Hinrich Castorp mit 10 ^ aus dem Nachlaß seines Oheims
Hans Castorp zwei messingne Lampen, eine für den Chor, die andere für
die Sängerkapelle, fertigen.^)
Ferner brannte gemäß letztwilliger Verfügung^) des 1529 gestorbenen
Ratsherrn Lambert Wikinghoff eine Lampe über dessen vor der Greveraden-
Kapelle belegenem Grabe.*')
Ehemalige Lampen und Becken für W^achskerzen.
1540 wurde für den Altarraum eine messingne I>ampe gegossen,'') auf
der in der Folgezeit ein zweipfündiges Licht brannte. 1543 wurden zwei
neue Lichterbecken, die je eine dreipfündige Kerze trugen, im Mittelschifl'
aufgehängt, das eine westlich des zweiten Pfeilerpaares, das andere, dessen
^) Bruns, Die Lüb. ßergenfahrer und ihre Chronistik, S. 303.
^ St.-A., Stiftungsbuch der Sängerkapelle, Bl. 18.
^) Niederstadtbuch unter 1484 convers. s. Pauli (Januar 25).
*) Stiftungsbuch der Sängerkapelle, Bl. 19.
'') St.-A., Testament von 1521 August 17.
®) 1539 November 27 wurden i /3 4 ^ verausgabt »vor 8 vadein tovveß tor lampen vor
des hyligen crutzeß capellen ;<; WB. 1539, 8. W. n. Michaelis.
') 1540, 4. W. n. Michaelis (Oktober 24 — 30) gab der Werkmeister Lorenz Johannsfen,
als er »de lampen ynth kor beugende unde verdych maken leth,« einem Manne i V2 /J, 1541,
8. W. n. Weihnachten (Februar 13 — 19) »den apengeterknechten van wegen der lampen im köre
unde myssyngeß luchteicn« 4 ß.
DIE MARIKNKIRCIIE. 40/
l'nterhaltung den Rigafahrern oblag, l)ei der 'l'aiife;') ein drittes IJccken ans
dem Jahre 1546 hing in der südlichen Vorhalle vor dem großen Stuhl der
Nowgorod fahrer^) und wurde von diesen mit Lichtern versorgt. Die drei crsteren
dieser Beleuchtungskörper haben bis zum Knde des 18. Jahrhunderts, der
vierte bis 1768 bestanden.
Ein si)ätcres, im Altarraum aufgehängtes großes Becken^) wird in einem
Lichterverzeichnis "*) von 1663 beschrieben als »ein meßings Becken mit 6 krausen
Krönichen, in der Mitte mit i Spitzen und auf den 6 krausen Krönichen
jedem auch i Spitze;- im nächstjüngslen Lichterverzeichnis von 1766^) kommt
es nicht mehr vor.
Ehemalige Laternen.
Eine 1581 — 1766 nachweisbare hangende glasen lutarne miith 1 lichte,«
durch welche die frühere Witinghoftsche Lampe (vgl. S. 406) ersetzt war,
hing vor der Greveraden-Kapelle und wurde »von sfeligen] Wintinckhoffes (!)
testamente, des sein epitaphium (vgl. S. 325) vor dem lichte, geholden.«'')
Eine andere, ebenfalls 1581 zuerst aufgeführte, von den Bergenfahrern
unterhaltene »hangende glasen lutherne vor Schinkels ka])pelle miith i luchte«'')
kommt zuletzt 1646 vor als »große eisern Luchte an der Bargefahrer Stuhle.« '')
Eine dritte, 1336 als »luchte vor s. Annen capellen«^) bezeichnete
Laterne, die von dem 1526 gestorbenen Bürgermeister Bernt Bomhauer ge-
stiftet war, hing an der Außenseite der Kirche rechts vom Eingang zur Brief-
kapelle. Am 22. März 17 18 beschlossen die Vorsteher, daß diese Laterne
sollte »abgenommen und das Kupfer, so daran vorhanden, zum Bauw der
Kirchen mit angewendet werden; und weil sich befunden, dass der Stift"ter
dieser Leuchten sein Waepen im Stein gehauwen, welcher mit Namen Berendt
Bohmhauer unter der Leuchten stehet, so soll dieses Waepen wieder in der
Mauer, alhvo die Leuchten gestanden, gemauret werden.«^) Das betreffende
redende Wappen (ein wilder Mann, der einen Baum fällt) l:)efindet sich noch
gegenwärtig an der alten Stelle.
\1 Das WB. meldet unter 1543 in der 3. W. n. Michaelis (November 4 — 10) : »Item noch
gegeven vor 2 becken, de yn der kerken under lychten hangen schoelen, nth bovele her Antonius
van Styten (Vorsteher 1535 — 64) is 6 ^;« in der folgenden Woche: »Item vor iS knope an de
Stangen to deme becken, so yck uth bovele her Antonius maken leth, is 4V2 ß]" in der nächst-
folgenden Woche: »Item deß ßonavendes deme meler vor de knope unde iserwerck, ßo to deme
becken qwam yeghen dem preddyckstole, is I ^ 2 /3;« in der 10. W. n. Michaelis (Dezember 2 — 8):
»Item noch deß ßonavendes deme meler deß beckenß halvenen by der doepe gegheven is 8 /J 8 ^j.«
^) Im WB. heißt es unter 1546, 2. W. n. Pfingsten (Juni 27 — Juli 3': )Jtem noch kostet
it becken unde iserwarck samp den knopen, so vor der Nouwerfarer stole hengeth, is in al 7 ^.
11V2 ß.« Nach einem Lichterverzeichnis von 15S1 (Stuhlbuch I Bl. 275 ff.) hing es »gegen der
myddelsten karckdoren« der Südseite.
^) 1673, 12. W. n. Michaelis (Dezember 14 — 20'') wurde »die große Lampe von 7 Licht,
so gestern (Dezember 17) nacht heruntergefallen, wiederunib aufgehenget, darzu sind 6 Nothhelffer
genommen ä i '/a ß\« WB.
■*) In einem »Nachricht von der St. Marienkirche« betitelten Sammelband im K.-A.,
Bl. Sob ff.
^) Vorsteher-Protokoll 1743 — 1S32, Bl. 78 f.
8) Stuhlbuch I S. 275 ff.
') WB. 1646, 4. W. n. Michaelis (Oktober 25 — November i).
^ WB. 1536, II. W. n. Michaelis (Dezember 10—16).
^) Vorsteher-Protokoll 1650— 1743, S. 181.
4o8
DIE MARIENKIRCHE.
Ehemalige Ouerbäume.
Von zwei in den Lichterverzeichnissen von 1581 und 1663 aufgeführten
»bemalten Querbäumen« oder Balken, die für je sieben Lichter eingerichtet
waren, hing der eine vor dem Hochaltar, der andere, 1494 von Hinrich
Prume gestiftete^) in der Sängerkapelle.
Wandleuchter.
Aus der Periode der Renaissance, die hinsichtlich der Leuchterformen
den Zeitraum von 1540 bis gegen 1620 umfaßt, sind einunddreißig einarmige,
achtzehn doppelarmige und ein dreiarmiger Wandleuchter \^orhanden, die glekh
allen übrigen aus Messing gegossen sind.
Von den einarmigen Wand-
leuchtern, die sämtlich in einer
S-Linie mit Mittelbund geschwungen
sind, weisen dreißig den gleichen
nebenstehend abgebildeten T}'pus
auf; zwölf derselben hängen gegen-
wärtig im Süderschiff, elf im Norder-
schiff, vier an der Westseite des
Lettners und drei im südlichen Chor-
umgang. Das Modell für sie ist,
wie es scheint, i 540 vom Maler und
Bildhauer Benedikt Dreyer im Auf-
trage der Kirche entworfen und ein
Teil von ihnen noch vor Ablauf
eines Jahres gegossen ; ^) acht andere
sind nachweislich 1 569 gefertigt.
1540 März 3 erhielt
»Benedictus Dreyger vor dat
munster tho den myssyngeß
armen to snydende unde twe
brede to varwende« i -^ 2 fj;
WB. 1540, 3. W. in den Fasten
(Februar 28 — März 6). — 1569, 10. W. n. lAIichaelis (Dezember 4—10) wurden
»eynen kronengeyter yn den Fyffhusen (jedenfalls Jasper Bennecke; Hach,
Anfänge der Renaissance in Lübeck, S. 28 Anm. 2) gelefifert uth der ge[r]ffe-
kamer 25 ^ olt myssynckgudt, darfan heft he for de kercken gegaten
8 myssynges arme, wegen wedder 28 <!?, for de 3 afferyge punde eme gegeffen
18 fa unde for de 25 ® ummetogeyten 4 # 14 f5', is tosamende 6 ^;« WB.
Von den dreißig gleichartigen Leuchtern tragen nur noch drei ihre
ursprünglichen Wappenschilde. Es sind dies ein an seiner alten Stelle rechts
vor der Bürgermeisterkapelle befindlicher Arm mit dem Amtswappen der
*) Stiftungsbuch der Sängerkapelle (Bl. 19b), das ihn als .den leuchterboem , de dar
henghet myt 7 waßlichte,« bezeichnet.
0 Vgl. S. 406 Anm. 7. _ Die ältesten inschriftlich datierten Wandarme dieser Art sind
fünf in der Jakobikirche aus dem Jahre 1543 und einer in der Ägidienkirche aus dem Jahre 1544.
Wandarm mit dem Möterschen Wappen.
DIE MARIENKIRCHE. 409
Knoclienhaucr (ein Hammel) und zwei ursprünglich im Mittelschiff, seit der
lünführung der Gasbeleuchtuni^ im Jahre 1868 aber im Norderschiff am vierten
und fünften Norderpfeiler (Abb. S. 408) angebrachte Arme mit dem Wappen
der r^amilie Möter oder Müter^) (auf diagonal schraffiertem Grunde ein Hirsch,
den eine aus dem rechten bezw. linken Obereck aus einem (-rewölk sich ihm
entgegenstreckende Hand im Laufe hemmt [motetj). Stifter der beiden ;\rme
»m}-th der Mütcrs wapen, . wie sie 1581 bezeichnet werden, ist zweifellos der
1547 und 1558 im ältesten Stuhlbuch der Kirche^) genannte und als .Schwager
des 1555 gestorbenen Bürgermeisters (jotthard von Höxelen nacliweisbare^)
Tönnies Moetter (Motter, Müter).
Die vier Arme an der Westseite des Lettners sind seit 1800 (\'gl.
S. 422) mit dem Amtszeichen der Pantoffelmacher (ein Pantoffel) und der
Aufschrift das Ampt der Pantoffel inacJwr versehen; ein weiterer, am zweiten
Wandpfeiler des Süderschiffes angebrachter Arm, den zu unterhalten die Riga-
fahrer übernahmen, als ihr bis dahin bei der Taufe aufgehängtes Lichterbecken
(vgl. S. 406 f.) beseitigt wurde, zeigt, ebenfalls seit 1800, ein Schild^) mit dem
Wappen dieser Genossenschaft (vorn ein halber Doppeladler, hinten drei halbe
Schlüssel) und der Aufschrift Dieses Licht zcird von der Ri^^afahier Comp,
iinteidialteu. Gestiftet A" 1^16. Erneuert A^ 1800.
Von den übrigen hierher gehörigen zweiundzwanzig Wandarmen haben
elf ehemals Schilde getragen, da ihr unteres kolbenartiges luide noch das
Loch für die Schildschraube aufweist; die Schilde selbst sind teils \'erloren
gegangen, teils willkürlicherweise an doppelarmige Leuchter versetzt worden.
In dem mehrfach erwähnten Lichterverzeichnis von 1581 werden außer
den drei noch mit ihren alten vSchilden versehenen und den vier am Lettner
betindlichen Leuchtern folgende siebenundzwanzig Wandarme dieser Art'^)
aufgeführt:
Zwei x\rme »under der Schonefarer wapen bafen dem nyen radesstole«
(vgl. S. 288), die dort noch 1663 hingen. Eines ihrer Schilde mit dem
•Schonenfahrerwappen (drei Häringe) und der Jahreszahl 1543 ist später an
einen barocken Doppelarm (vgl. S. 419) versetzt.
Ein Arm unter dem Wappen »sfeligen] Gerdt Oldenborges,« der im
Juni 1552 gestorben ist,^) im Süderschiff.
0 ^§1- J- N- t^üttiier, Genealogiae oder Stamm- und Geschlechts-Register der vornehmsten
Lüneburgischen Adelichen Patricien-Geschlechter (Lüneburg 1704) unter »Die Miither. «
'^) Sluhlbuch I S. 149 und 144.
^) von Hövelnsche Familienchronik (Handschr. der Stadtbibliothek).
■*) iSoo April 7 — 13 wurden an den Graveur (Gh. G.) Ficker »für 5 messingene Schilder,
so an die in der Kirchen befindlichen Lichtarme der Pantoffelmacher und Zuschläger gekommen,«
je I ^, iSoo November 3 — 9 »an Pettschierstecher Ficker, der die Inschrift an den Rigafahrer
Lichtarm in der Kirchen auf die messingene Plate gestochen,« 3 ^ S /J gezahlt; WB.
^) Außerdem werden 15S1 neun kleinere Wandarme aufgeführt — nämlich sieben auf
dem Sängerchor, einer an der Kanzel und ein 1579 von Metteke, Witwe des zwei Jahre zuvor
gestorbenen Gerdt Stotebrügge gestifteter »unter Stotebrugen wapen« (vgl. S. 340 Anm. 2) in der
Briefkapelle — sowie eine »iseren plathe« des Junkers Klaus Rantzau an der Südseite des ersten
Süderpfeilers.
*') WB. 1552, 3. W. n. Pfingsten.
4IO
DIE MARIENKIRCHE.
Ein von den Meyerschen Erben unterhaltener Arm »baten Meyrs mans-
stole (vgl. S. 283) vor s. Johans bilde.«
Ein Arm »under s[eligen] Warner Meye wapen und marke,« nach dem
Verzeichnis von 1663 »für Warner Meyers (!) Epitaphium« (vgl. S. 338),
jedenfalls 1570 gestiftet. ■*) Im Süderschiff am dritten Pfeiler oder an der
gegenüberliegenden Wand.
Zwei 1577 gestiftete^) Arme »under der garbreder wapen,« an der
Südwand über dem großen Schonenfahrerstuhl. Seit 1800 wird jedoch an
dieser Stelle ein von den (iarbereitern unterhaltener Doppel arm aufgeführt;
an einem solchen (vgl. S. 414) hängt jetzt ein 1577 datiertes Schild mit
dem Amtswappen der Garbereiler.
Ein Arm »under van Elpen marcke,« an der Südwand über dem
Schonenfahrerältesten-Stuhl. Das 1581 datierte Schild ist 1868 an einen
Doppelarm (vgl. S. 414) versetzt.
Ein Arm »under »s[eligen] Hans Tegetmeyers und Jurien Laffers^)
wapen,« 1663 nach Erneuerung
des Schildes aufgeführt als
»einfacher Arm unter Laffers
Wapen.« Im Süderschiff, ver-
mutlich am vierten Süder-
pfeiler, wo Jürgen Laffers
seinen Erbstand hatte. ^) Das
betreffende Schild befindet sich
jetzt an einem Doppelarm (vgl.
S. 414).
Ein Arm »under der
snider wapen,« 1663 als »Arm
mit der Scher« bezeichnet;
im Süderschiff.
Ein Arm »under Lawrens
Grothen marcke« im nörd-
lichen Chorumgang »achter der
orgeltreppen. «
Ein »von s[eligen] Hin-
rick Carstens« vermachter
Arm in der Totentanzkapelle unter der kleinen Orgel.
Ein von Markus Helmstede und Hans Meyer gestifteter und 1581 von
ersterem unterhaltener Arm,^) im Mittelschiff bei der Kanzel.
Vier von den Bergenfahrern unterhaltene Arme in deren Kapelle.
Zehn von der Kirche mit Lichtern versehene Arme, davon acht im
Mittelschiff und je einer über dem großen Schonenfahrerstuhl und in der
Küsterkapelle.
Wandarm aus der Bürgenneisterkapelle.
^) ^570 (i'i <^cii 8 dageii Michaelis) November 11 — 17 bescheinigt der Lübecker Rat, daß
die Testamentsvollstrecker Werner Meys bei ihm 3 Mark Jahresrente zur Lieferung zweier Lichter
gekauft haben; K.-A., Lichter, Gleichzeit. Abschr.
^) ''S??) 3- W. n. Neujahr (Januar 13 — 19) erhielt der Maurermeister Asmus (Oldenborg)
4 ß, um »2 luchterarme to seyten, vv^elck de garbreyders der kerke foreret hebben;« WB.
^) Jürgen Laffers (Lafferdes), dem 1543 — 91 das Haus Königstraße No. 44 zugeschrieben
stand, war mit Hans Tegetmeyers Schwester Katharina verheiratet.
*) Stuhlbuch II Bl. 268 f.
^) '5^3' 9- W. n. Michaelis (November 24 — 30) überwiesen die Erben der beiden obigen
Stifter der Kirche 50 ^ zur Anschaffung der Lichter; WB. -
DiK MARii:xiviuciii:. 411
Ein etwas s^rößcrcr und rciclier ruis<;cstatlclcr Arm im Rcnaissancc-
charakter (iXbl).) weist sicli diircli sein Schild mit dem luhischen Doppeladler
als ein früher in der Hüri^enneisterkapeile an<jebrachter Leuchter aus; nach
dem Verzeichnis von 1581 hatten ihn (He l^ürgermeister mit Liclitern zu ver-
sorgen, während 1663 »kein Licht mehr draufif gelialten« wurde. Seit 1868
ist er nordseiti«; am Pfeiler der südlichen X'orhalle angebracht.
Die achtzehn \'orhandenen D()])pe lärme im Ivenaissancechar akter
entstammen dem Zeitraum von etwa 1570 — 1620. Ihre beiden Arme sind in
der Mitte durch einen gech-ehten Ring mit zwei entgegengesetzt gerichteten
Akanthusblättern gegliedert und laufen nach unten liin volutenfcirmig in einen
Fischkopf mit einem Schnörkel aus; ihr kräftigerer S-förmiger Schaft ist teil-
weise mit Blattwerk belegt und endigt unten in dreizehn Fällen (No. i — 13)
in einen Fischkopf (Abb. S. 412), sonst in einen Cherubimkopf (Abb. S. 413).
Unter den fünf letzteren Doppelarmen zeigt der Parchamsche von 1605 eine
etwas reichere Ausstattung (Abb. S. 414). Diese Leuchter sind:
1. ein vom ehemaligen Epitaph des 1568 verstorbenen Bürgermeisters
Paul ^\^ibbeking (vgl. S. 338) stammender Doppelarm unter dem Wibbeking-
schen Wappen (vgl. S. 299) und einem im Jahre 1800 hinzugesetzten Schilde
mit einer Lischrift, welche besagt, daß der Leuchter nebst den zugehörigen
Lichtern vom genannten Bürgermeister gestiftet sei. Diese Angabe trifft
jedoch nicht ganz zu, da nach dem Lichterverzeichnis von 1581 sich neben
jenem P^^itaph zwei von des Bürgermeisters Söhnen, dem Rat.sherrn (1578 — 1628)
Joachim W. und Georg W., unterhaltene Doppelarme befanden, die nach dem
Lichterverzeichnis von 1663 »unter Wibbekings Wapen mit I. W. und »unter
G. W.« standen, auch hat ersterer 161 3 ein noch bestehendes Lichterlegat
für seinen Leuchter ausgesetzt.^) Seit 1868 ist der Doppelarm an der Nord-
seite des fünften Süderpfeilers angebracht.
2. Ein 1571 gegossener Doppelarm des Amtes der l^üttenmacher oder
Kleinbinder. Das obere Schaftende trägt die Statuette des hl. Christophs; auf
dem 1743 erneuten Schilde ist das Amtszeichen der Kleinbinder (eine hölzerne
Milchkanne mit darüber gestelltem geöffnetem Zirkel) mit der Unterschrift
DAS AMPT DER KLEIN BIN DER. 1743. eingraviert. P>üher am zweiten
Wandpfeiler des Norderschiffs, seit 1868 an der Südseite des sechsten
Norderpfeilers.
Das WB. berichtet unter 157 1, 7. W. n. Ostern (Mai 27 — Juni 2):
»Item up der nordersyten haften de nyen stoyle (vgl. S. 284 f.) seyten laten
4 nye arme fan. myssinge. Den luchtenmackers unde den butekenmackers
to hulpe gegefen 107 pund kerckenluchters fan den altaren, de kramers unde
') Verzeichnis der Privat-Wohltätigkeitsanstalten im lübeckischen Freistaate (1901) S. 151. —
In seinem Testament von 1626 Mai 22 verfügte Joachim Wibbeking, ^das auf den (!) in bemelter
(Marien-) Kirchen hinter dem Cohre vorhandenen Leuchter mit zwee Armen unter der Wiebekinge
Wapen von den von mir belegten ewigen Rentegeldern durch meine Testamentarien die darauf ge-
hörende Wachslichter zu rechter Zeit verschaffet und gesetzt und bemelter Leuchter also erhalten
werden soll;« St.-A., Urschr.
412
DIE MARIENKIRCHE.
kanengeyters hebben ere arme gans gegefen. Uptoseyten de 4 arme hebbe
yck to ungelde vorlech[t] 3 -^.«
3. Ein 1572 von Matthias Benning gegossener Doppelarm des Amtes
der Nädler (Abb.). Auf dem Schilde das Amtswappen (zwei gekreuzte Angel-
haken zwischen einem Haken und einer Öse), darunter auf einer Bandrolle
die Inschrift DER NETELER ARM VND LICHT. Früher an der Südseite
des Pfeilers der Totentanzkapelle, seit 1868 in der Brief kapeile rechts neben
dem inneren Portal.
Im WB. heißt es unter 1572, 3. W. n. Weihnachten (Januar 13 — 19):
»Item mester Matz de (!) busengeyter eme gegefen, welck den neytelers wart
gegefen to crem arme to hulpe, 4 lispundt olt gudt uth der gerfekameren ;
for den arm hebbe yck gegefen to seyten 8 |5' . . . .«
4. Ein vom Epitaph des 1571 gestorbenen Kaufmanns Hermann Sieg-
mann (vgl. S. 338) stammender
Doppelarm. Das viereckige
Schild zeigt die Aufschrift
ANNO 1575 und darunter
nebeneinander die Wappen des
Verstorbenen (auf geteiltem
Schilde ein Baum, unter dem
eine Robbe liegt) und seiner
Ehefrau Christine geb. Mues^j
(auf einem beiderseits von einem
Stern begleiteten Balken eine
Maus). Der Leuchter hing bis
1850 über dem Eingang zur
Gerwekammer, wo er 1868 aufs
neue angebracht ist.
5. Ein vom Kürschner
Jürgen Ranne gestifteter Doppel-
arm. Das von einer Bandrolle
mit der Inschrift IVRGEN RANNE AO [15]77 überragte Doppelschild zeigt
des Stifters Wappen (ein Baum zwischen zwei einander zugewandten sitzenden
Eichhörnchen) und seine nebenstehende Marke; bei der P^in-
richtung des Armes für die Gasbeleuchtung ist hinter dem Vor-
namen die Jahrhundertzahl 1 5 und zu beiden Seiten der Marke
die Jahreszahl 18 — 68 roh eingegraben. Darüber die Statuette
eines geflügelten Engels mit einem Buch unter dem linken Arm,
während das Attribut in seiner erhobenen Rechten abgebrochen
ist. Früher an der Südseite des vierten Norderpfeilers, seit 1868 an der
Nordseite des sechsten Süderpfeilers.
Doppelarm des Nädleramtes.
^) Nach dem WB. 1571, 5. W. n. Michaelis (Oktober 28 — November 3) Tochter von
Heine Mues, dessen bei Milde, Siegel des M.-A., Tafel 12 No. 95 abgebildetes Siegel mit ihrem
Wappen übereinstimmt.
DIK MARIENKIRCIIi:.
413
Das I.ichterverzeichnis von 1581 bemerkt zu diesem ])üi>pelai"m: , Diith
hefft Julien Ronre ein corlkrer vormaketh und is de arm under seinem wapen.
\'ide in dem warckmester l)Ocke Nr. [Lücke], anno 1577 de 6. wecke in
der vasten : Jurrienn Ronre und sein elike husfrouwe holden desse lycht de
tydth eres levendes, na erer beyder dode der karcken angelat^eth tho geben
150 ^, darfian de lychte zu halten.»')
6. Ein zu dem 1578 errichteten l-'.pitaph de.s 1575 ge-
storbenen Kaufmanns Wolter \-an Hülsten (vgl. S. 339) gehöriger
Doppelarm. Das Schild trägt die nebenstehende Marke und
die Aufschrift WOLTER • VAN HÜLSTEN • 1575. Darüber
dieselbe Engelstatuette wie am vorigen Leuchter. Seit 186S
an der Südseite des dritten nördlichen Chor|)feilers.
7. Ein Doppelarm des
Amtes der Huntfutterer oder
Kürschner. .Auf dem vier-
eckigen Schilde zu oljcrst die
Aufschrift ANNO 1581 LETEN
DE BVNTMAKER DESSEN
ARM MAKE VN ORE GE-
SELLEN HOLDEN DE
LICHTE, darunter ein von
einem Euchs gejagtes Eich-
hörnchen. Die Statuette stellt
einen Bischof mit Kelch und
abgebrochenem Krumstab dar.
Ursprünglich an der Südseite
des vierten südlichen Chor-
pfeilers, seit 1868 an der Nord-
seite des dritten südlichen Chor-
pfeilers.
8. und 9. Zwei Do])]:)el-
arme mit dem Wappen des 16 16
gestorbenen Bürgermeisters Dr.
Jakob Bording (ein durch vier
absteigende Spitzen geteilter
Schild) unter den von altersschwacher oder stümperhafter Hand eingravierten
Überschriften i\ 3acobu5 ^or^iucj AO \6\6 und fj. 3acfobo5 Borbincf AO \6\6.
Nach den Lichterverzeichnissen von 1663 und 1766 gab es jedoch nur einen
Doppelarm »unter sehl. H. Bordings Wapen,« der bei dessen 1800 beseitigten
Epitaph (vgl. S. 348) angebracht war; erst das Lichterverzeichnis des letzt-
erwcähnten Jahres führt zwei aus dem Bordingschen Testament unterhaltene
Doppelarme auf, einen an der alten Stelle, den anderen in der südlichen
Kapelle des Chorumgangs. Seit 1868 hängen die Leuchter in den der Beicht-
kapelle zunächst gelegenen Ecken der beiden Umgangskapellen.
Doppelann des Ratsherrn Johann Spangenbercli.
^) Vgl. das Verzeichnis der Privat-Wohltätigkeitsanstalten, S. 69.
414
DIE MARIENKIRCHE.
10. Ein Doppelarm mit der Statuette der hl. Anna selbdritt und einem
von einem einarmigen Leuchter (vgl. S. 410) stammenden Doppelschild, das
heraldisch rechts das Lafferdessche Wappen (vgl. S. 345), links die Aufschrift
IVRGEN LAFFERS ERVEN trägt. Seit 1868 an der Südseite des fünften
Norderpfeilers.
11. Ein Doppelarm mit der Statuette des Evangelisten Johannes; seit
1868 an der Südseite des vierten nördlichen Chorpfeilers.
12. Ein Doppelarm mit der Statuette eines geharnischten Kriegers mit
geschwungenem Schwert; seit 1868 an der Nordseite des vierten südlichen
Chorpfeilers.
13. Ein auseinander genommener Doppelarm, dessen beide Arme 1806
zu dem Leuchteraufsatz der Bergenfahrer (vgl. S. 423) verarbeitet sind, während
sein als Leuchterarm verwandter
Schaft seit 1868 nordseitig am
vierten nördlichen Chorpfeiler
hängt.
14. Ein vom Ratsherrn
(1573 — 89) Johann Spangenberch
gestifteter und ursprünglich gegen-
über dem 1579 auf dessen Kosten
gebauten ehemaligen Ratsstuhl
am zweiten Süderpfeiler befestig-
ter Doppelarm (Abb. S. 413).
Das angehängte Schild zeigt des
Stifters Wappen (eine Burg,
zwischen deren drei Türmen zwei
Wächter stehen) und seine Marke
zwischen den Buchstaben H und
S; die Unterschrift lautet '?1'U0
i.Soo ijcfft i)cr rfaijau M^an^
öcnöardj biiffrn ?lnu tcr
ftCrliCU lior *i3rctt. Seit 1868 an der Südseite des dritten südlichen Chorpfeilers.
15. Ein Doppelarm mit dem Schilde des einarmigen Leuchters der Gar-
bereiter (vgl. S. 410), das unter der Überschrift DER GARBREDER ARM
1577 deren Amtswappen (ein dreibeiniger Kessel zwischen einem Abschaum-
löfifel und einer Schöpfkelle) trägt. Am Wandpfeiler links vom Bergenfahrerstuhl.
16. Ein Doppelarm, dessen Schild 1868 einem 1581 von drei Gebrüdern
von Elpen (oder Lennepen) gestifteten einarmigen Leuchter (vgl. S. 410) ent-
nommen ist. Es zeigt die Lischrift
ANO -MD- LXXXI • HEBBEN
HANS I
VAN LENPEN
Parchainscher üoppelarm.
lASPER
HINRICK
DVSSEN
ARM • MAKEN • LATEN
DIE MAKIENKIRCUb:. 415
und darunter das von l^li)ensche Wappen (in der t^eteilten vorderen Hälfte
des gespaltenen Schildes oben ein L(n\e, in der hinteren ein vierreihig ge-
schachter Balken). Am Wandpfeiler rechts vom Bergenfahrerstuhl.
17. lün Doppelarm, der seit 1800 (vgl. S. 422) ein herzförmiges Schild
mit dem Amtswappen der Zuschläger und Packer (ein mit einem Treibeisen
in Form eines Schrägkreuzes gestellter hi)lzerncr Hammer) und der Unterschrift
liüs Amt der Zuschläi^cr u. Packer trägt. Früher an der Südwand der süd-
lichen Kapelle des Chorumgangs, seit 1868 an der Nordseite des fünften nörd-
Hchen Chorpfeilers.
18. Der bereits erwähnte Parchamschc Doppelarm fAhb.) trägt ein
\Schild mit der Aufschrift HER HENNINCK PARCHAM RATHMANN 1605.
^rüher unterhalb des Parchamschen l'>pitaphs (S. 343), seit 1868 an der Süd-
jeite des fünften südlichen Chorpfeilers.
In den Lichterverzeichnissen von 1581 und 1663 werden aul3>er den
oben unter No. i — 8, 14 und 18 beschriebenen noch folgende dreizehn
Doppelarme aus der Renaissancezeit aufgeführt:
1. Ein 157 1 gestifteter*) Doppelarm »under der cramcr wapen,« der
noch iSoo seinen ursprünglichen Platz am ersten Wandpfeiler des Norder-
schifts einnahm. Vielleicht ist er identisch mit dem Doppelarm, der die
St. Annenstatuette trägt (S. 414), da diese Heilige die Schutzpatronin der
Brüderschaft der Krämer war.
2. Ein 157 1 gestifteter*) Doppelarm »under der kannengeter wapen«,
am dritten Wandpfeiler des Norderschiffs. Er ist 1774 vom Amte der Zinn-
gießer durch einen neuen ersetzt (vgl. S. 421).
3. Ein 157 1 gestifteter') Doppelarm »under der kam und kuhten-
macker wapen,« 1800 noch vorhanden. ursprünglich am vierten Wand-
pfeiler des Norderschiffs.
4. Ein 1579 gestifteter"-) Do])iielarm under der wanthboreder wapen;«
am ersten Wandpfeiler des Süderschiffs.
5. Ein nur 1581 aufgeführter Doj^pelarm unter der Marke der damaligen
Eigentümer der Bremer-Kapelle (vgl. S. 163); am fünften Wandpfeiler des
Norderschiffs. Er ist später durch den Bremerschen Doppelarm (vgl. S. 420)
ersetzt.
6. Ein zum ehemaligen Epitaph des Bürgermeisters Dr. Hermann von
Vechtelde (S. 339) gehöriger, erst 1663 aufgeführter Doppelarm, zu dessen
Versorgung mit Lichtern ein Jahr zuvor 170 # belegt waren. ^) 1766 und
1800 wird an seiner Stelle ein einarmiger Leuchter aufgeführt.
7. Ein am Epitaph Hinrich Conradis (S. 341) angebrachter Doppelarm.
Seit 1776 wurde aus dem betreffenden Lichterlegat »wegen Mangels der
Einnahme« nur noch ein Licht geliefert, »dagegen hat die Kirche den einen
Arm des Leuchters abgenommen und behalten.«'^)
8. Ein Doppelarm »unter Wedemhoffs Wapen« beim Epitaph des Rats-
herrn Hinrich Wedenhoff (S. 342), gleich den fünf folgenden Leuchtern 1766
noch aufgeführt.
1) Vgl. S. 411 f.
''') Nach dem Wß. wurden 1579, 14. W. n. Michaelis (Dezember 27 — 15S0 Januar 2)
5 ß verausgabt, »der waiitboreyilers eyren arm to seyten. «
'^) Urkunde von 1662 März 8; St.-A., Sacra No. 61, Urschr.
*) Vorsteher-Protokoll von 1776 Oktober 8.
4i6
DIE MARIENKIRCHE.
9. Ein 1599^) von dem am 24. Februar 1609 gestorbenen^) Luder
von Dorne gestifteter Doppelarm, an der Südseite des ersten Süderpfeilers.
10. Ein laut letztwilliger Verfügung^) des 1609 gestorbenen Bürger-
meisters Gotthard von Höveln bei dessen Epitaph (S. 345) angebrachter
Doppelarm. Er ist gleich dem folgenden wahrscheinlich im Jahre 1800
eingeschmolzen (vgl. S. 405).
11. Ein vor dem Epitaph des Ratsherrn Johann Glandorp (ß. 346)
unter dessen Wappen angebrachter Doppelarm.
12. und 13. Zwei Doppelarme »unter Stiten und Höveln Wapen« in
der südlichen Kapelle des Chorumgangs, zweifellos von der 161 6 gestorbenen
Witwe des Ratsherrn Gottschalk von Stiten Margaretha geb. von Höveln ge-
stiftet, deren ehemaliges Epitaph (S. 348) sich an dieser Stelle befand.
Der einzige dreiarmige Wand-
leuchte r aus der Renaissancezeit (Abb.)
hing ursprünglich unter der Marke des
1547 gestorbenen Ratsherrn Hermann
Scluite'') über dessen Grabe an der Nord-
seite des Kanzelpfeilers. Als 1584 der
Bürger Hans Burmester dieses der Kirche
anheimgefallene Grab erwarb, verpflichtete
er sich, für die drei Lichter jahrlich zwölt
Pfund Wachs zu liefern'') und setzte zu
dem Behuf elf Jahre später ein noch be-
stehendes Legat von 300 Mark aus.^)
Das 1584 erneute Schild, welches nach
dem Lichterverzeichnis von 1663 »sehl.
Burmesters Marck und Nahmen« trug,
ist nicht erhalten. Seit 1868 an der
Westseite des Kanzelpfeilers.
Ein vierarmiger Wandleucli-
ter, der nach dem Verzeichnis von
1581 unter dem Wappen und der
Marke des 1542 gestorbenen Rats-
herrn Karsten Timmermann am Pfeiler
neben der Chortrej)pe hing und 1663
von Markus Tiedemann unterhalten
wurde,'') ist nicht viel später von letzterem durch einen zweiarmigen barocken
Leuchter ersetzt worden (vgl. S. 418).
Dreiarmisrer Renaissanceleuchter.
^) Verzeichnis von 1663.
^ Stuhlbuch I S. 224.
^ Er verfügte 1607 Juli 2: »Noch sollen niine Erben schuldich sein, einen niessings
Armen oder Leuchter vorfertigen und im Chor baven minen Begreffnuß setten laten, tho welcker
Underholding und Waßlicht ich jarlickes 4 ^ gebe.« St.-A., Testamente.
*) Verzeichnis von 15S1.
*) Der 1584 November 23 abgeschlossene Vertrag ist dem Niederstadtbuch einverleibt.
") Verzeichnis der Privat- Wohltätigkeitsanstalten, S. 24 f.
') Das Verzeichnis von 1663 bemerkt: »Hält jetzo Marx Tiedemann, kömpt von Carsten
Timmerman.«
DIE MARIENKIRCHE.
417
Barocken Charakters sind ein einarmiger, sieben doppeiarmige und
zwei dreiarmige W'andleuchter.
Der einarmige Leuchter, welcher 1868 ostseitig zwischen dem nord-
westhchen Portal und dem vorgebauten Windfang angebracht ist, entspricht
in seiner Form den beiden kerzentragenden Armen des nachstehend abge-
bildeten Spangenberchschen Leuchters. l'> scheint identisch zu sein mit einem
1663 in der Briefkapelle befindlichen Wandarm unter dem Wappen des um
1660 gestorbenen \) Jost Lukas.
Von den barocken Doppelarmen ist der älteste datierte ein 1626 vom
Kaufmann Hans Spangenberch gestifteter (Abb.). Sein der Wand zugekehrtes
Halbteil bildet eine geschweifte Ranke, die hinten in einen Strauß, vorne in
die Halbfigur eines Engels
ausläuft, der auf einer Stange
die beiden Ouerarme trägt.
Diese sind ebenfalls ranken-
förmig gestaltet und endigen
nach der Mitte des Leuchters
zu in einen menschlichen
Kopf, seitlich in eine Blume.
Ihren Treffpunkt krönt eine
edel geformte nackte weib-
liche Figur. Vor der Mitte
des Leuchters ist ein schön
graviertes Schild ange-
schraubt. Es zeigt unter der
Überschrift MEMENTO MORI
zu beiden Seiten einer Engels-
figur in ovalen Umrahmungen
die Wappen des Stifters (auf
einem Ast eine auffliegende
Taube, die auch als Helmkleinod dient) und seiner am 11. Oktober 1651 ge-
storbenen'-) Ehefrau Margaretha geb. Helwich (hinter einem Palisadenzaun drei
Hopfenstauden, deren heraldisch linke in ein f) ausrankt; auf dem Helm die-
selben Stauden). Die untere Hälfte des Schildes bildet eine Tafel mit der
Lischrift 2(nno \626 (?cn 25 Septembris iiat bcr jj frbar l)an^ Spaugonborgf Mofon
:)lnn !j mit 3we\ tcad]5' '£icd\teven bicfcr Kirdien || 511 ewigen tagen barauff 511
I^alton 5ur 1' freun^tlidicn gebcditiui^ üorebrett, weiter unten folgen der Name
HANS SPANGENBERCH und Todesembleme. An seiner ursprünglichen
Stelle, der Westseite des vierten Norderpfeilers, ist der Leuchter zuletzt 1766,
an seiner gegenwärtigen, der Südseite des zweiten Norderpfeilers, zuerst 1800
nachweisbar.
Doppelarm des Hans Spangenberch.
1) Stuhlbuch I Bl. 34.
2) Stuhlbuch II Bl. 141.
27
4i8
DIE MARIENKIRCHE.
In seinem Testamente vom 24. September 1626 (St.-A., Urschr.) ver-
füo-te Hans Spangenbergk: »Weiter so sollen auch meine Testamentarii . . .
in Sankt Marien Kirchen hieselbst nahent an meiner Begrebnuß einen messings
Leuchtterarm mitt zween Pipen aus meinem Nachlaeß» machen und dahin
setzen lassen, darbeneben aber zu continuirlicher Unterhaltunge zweyer Wachs-
Hchter darselbst 150 Marck autT gewisse Rentten belegen und bestettigen.«
Am 25. September wurde ihm seines Schwiegervaters Peter Helwichs Grab
in der Marienkirche zugeschrieben (Steinbuch 1597 — 1633, Bl. 181 b), am
28. September das Begräbnis »vor Hanß Spangenberch von Münden bordich«
bestellt (WB. 1626, 24. W. n. Ostern.)
Ein gleicher Doppelarm, der nach 1663^) von Markus Tiedemann ge-
stiftet ist und noch jetzt seinen ursprünglichen Platz an der Nordseite des
dritten nördlichen Chorpfeilers einnimmt, zeigt auf dem Schilde das plastisch
modellierte Wappen des Stifters (in der vorderen Hälfte ein Rosenzweig, in
der hinteren ein wilder Mann
mit einer über die rechte
Schulter gelegten Keule;
auf dem Helm wachsend
ein wilder Mann mit drei
Rosen in der Linken) mit
der Unterschrift MARCVS
TIEDEMAN.
Ein 1633 vom Krämer
Matthias Vehoff^) geschenk-
ter ähnlicher, etwas größerer
Leuchter (Abb.) endigt am
hinteren Arm in einen Tier-
kopf und eine Blüte, an den
beiden Querarmen in einen
Tierkopf und eine Blume;
er wird gekrönt von der
Statuette des Christkindes mit der Weltkugel. Ein mitten vor dem Leuchter
angebrachtes Schild zeigt unterhalb des Spruches MEMENTO MORI die
von einem Engel gehaltenen Wappen des Gebers (ein Viehstall inmitten eines
Palisadenzaunes, der vorne mit einem Gatter, hinten mit einem Baum ab-
schließt; auf dem Helm ein Baum zwischen zwei Büffelhörnern) und seiner
verstorbenen lüiefrau Margaretha (im Schilde und auf dem Helm drei Klee-
blätter) mit den Unterschriften
HODIE MIHI CRAS TIBI
2natl]ias l'^l]cI]off " *^ iluircjarita Dl^olioffcf.;
auf 'dem unteren Teile des Schildes steht: ^hio \Uöö ITiavüni bat c'cr ^Srbar
niatthtas Dl]eIjof j: un^ bof^^bon Iiausfrau^ 21Taraarita rbobofcf., fo ^cn \2 IVuivtix
Vehoffscher Doppelann.
1) Vgl. S. 416.
'■') Er ist am 7. Januar 1657 gestorben; .Stuhlbuch II BI. 2S7.
DIK MAKIKNKIRCUK. 410
in c55ott l'olia cntfd^Iaffon, Mcfou vlnn mit 5U10Y iJ-"'ti'."l]£. !£id]toron tiefer Kird]cn 5U j|
oipiaeii tao.cn iJarauff 311 fialtcn lunb ilircr frcunbt(id]en l^abov 511 cjc^encfen vev'
ehvct. Bis 1868 an der Südseite des viertcMi südlichen ("horpfcilcrs, seitdem
an der Südseite des ersten Norderpfcilcrs.
Von diesem Leuchter unterscheidet sich ein zu dem 1695 an der Süd-
seite des vierten Norderjjfeiler errichteten l'^pitaph des Bürj^ermeisters Heinrich
Kerkring" (S. 368) gehöriger nur dackirch, ckü> sein tler Wand zugekelirtes
Stück \orne in eine sternförmige Blume statt in eine Blüte endigt, sowie durch
seine muschelförmigen Lichterbecken. Das angehängte plastische Schild zeigt
auf einem Wappenmantel das von tler Kette der Zirkelbrüder mit unterem
Dreifaltigkeits-Medaillon umschlossene Kerkringsche Wappen, dessen I lelm-
kleinod fehlt.
Lin mit dem Kerkringschen übereinstimmender Leuchter, der seit 1868
im Mittelschiff am zweiten Süderpfeiler hängt, trägt eine kleine Jünglingsstatuette
untl ein neueres Schild mit der Kirchenmarke.
Ein weiterer Doppelleuchter, über dessen Ursprung" ebenfalls bestimmte
Nachrichten nicht vorliegen, gleicht hinsichtlich des rückwärtigen Stückes dem
Vehoffschen Leuchter, hinsichtlich der Ouerarme dem Spangenberchschen und
dem Tiedemannschen. Gekrönt \\ird er tlurch die kleine Statuette des segnen-
den Heilands mit der Weltkugel; sein mit dem Schonenfahrerwappen und der
Jahreszahl 1543 gezeichnetes Schild entstammt einem einarmigen Renaissance-
leuchter (vgl. S. 409).
Wahrscheinlich sind die beiden letzteren Leuchter identisch mit einem
dem Lichterverzeichnis von 1663 zufolge im Süderschiff angebrachten Doppel-
arm »unter Wilhelm Medings Nahmen« und mit einem 1663 und 1755')
nachweisbaren Doppelarm unter dem Wappen des Anfang 1640 verstorbenen
Kirchenvorstehers Hermann Werlhof, der über dessen Grabe ^) an der West-
seite des fünften südlichen Chorpfeilers hing.
Ein 1636 vom Ratsherrn Thomas Störning der Kirche verehrter Doppel-
arm (s. die Abb. S. 286) zeigt als hinteres Stück eine beiderseits in Voluten
auslaufende Ranke; die beiden Ouerarme entsprechen in ihrer Grundform
denen der Renaissancezeit und hängen an einer mittleren Kugel, die vorne
die Aufschrift trägt • HER • THOMAS i STORNI NOK ■ ANNO • 1636 •
und gekrönt wird von einer die Wappen des Ratsherrn und seiner Ehefrau
Elisabeth geb. Wibbeking umrahmenden Kartusche. Der Leuchter ist 1868
von der Nordseite des fünften Norderpfeilers, wo des Stifters Epitaph (S. 354 f.)
hängt, an den Senatsstuhl versetzt.
In seinem Testament von 1641 Mai 4 bestimmte Thomas Störning
jährlich 8 # zur Beschaffung zweier 3 V2 pfundiger Lichter für seinen »meßings
Arm mit zweyen Leuchtern auffwert meiner Begrebnii^ an dem Pfeiler;«
St.-A., Testamente.
^) K.-A. unter »Lichter und Leuchter.«
"0 Vgl. S. 391 Anm. 5.
420
DIE MARIENKIRCHE.
Von den beiden dreiarm igen Leuchtern ist der eine von dem 1636
gestorbenen Kaufmann Hinrich Bremer oder aus dessen Nachlaß gestiftet.
Sowohl der hintere Träger wie auch die gleich ihm S-förmigen beiden seit-
lichen Arme stellen eine am Schwanzende zusammengerollte Schlange dar,
aus deren Rachen das letzte, aufwärts geschweifte Stück der Kurve hervorragt.
Das mittlere Bindeglied dieser drei Teile bildet eine das Bremerschc und das
Paschensche Wappen (vgl. S. 266) umschließende Kartusche; eine auf ihr
sitzende Putte trägt die dritte Lichterschale auf dem Kopfe. Ursprünglich am
Wandpfeiler westlich der Bremer-Kapelle, seit 1868 an der Nordseite des
dritten Süderpfeilers.
Der größte und prunkvollste Leuchter der Kirche ist aus dem Nachlaß
des 1637 gestorbenen Ratsherrn Johann Füchting errichtet und befindet sich
vor dessen Epitaph (Abb. S. 352). Seinen Träger bildet eine doppelt ge-
schweifte Ranke, die hinten in die Halbfigur eines Engels mit rückwärtigem
Tierkopf, vorne in eine harp\-ienförmige Halbfigur endigt. Sie wird gestützt
durch eine von der Wand her schräg aufsteigende Stange, an
der das nebenstehende Schild mit der F'üchtingschen Marke be-
festigt ist. Die in ornamentaler Hinsicht dem Träger des Vehoff-
schen Leuchters gleichenden beiden seitlichen Arme sind einer
mittleren achtkantig abgeschrägten Kugel angeschlossen, der ein
die mittlere Lichterschale tragender schlanker achtseitiger Schaft
aufgesetzt ist. Vor letzterem hängt ein großes graviertes Schild mit den
Wappen des Ratsherrn (S. 354) und seiner vor ihm verstorbenen Ehefrau
Margareta geb. Lengerke (S. 358) und mit der Unterschrift:
^. 3c>I?^i" ^üditingf Haljtniann
üub Dor[tel]cr tiefer Kird]en I]at tiefen
2trnx mit 5 Wadis Oditeren 511 £it)tgeii 'Za--
gen tarauff 5U I^alten Dorortenet ont üoreI-;rett
umb fein unt feiner feiigen I^au^fraueu
ITlargareta ^üditinges
bahey 511 gebencfen
Ein dritter dreiarmiger Leuchter, der mit dem Wappen des 1645 ge-
storbenen Ratsherrn Jürgen Paulsen gezeichnet war, hing ehemals unter dessen
Epitaph (S. 355). 1766 zuletzt erwähnt, ist er jedenfalls mit zum Guß der
beiden Kronleuchter des Altarraumes verwandt worden (vgl. S. 405).
Die jüngsten, in nüchternen Formen gehaltenen Wandleuchter, drei
einarmige und zwei Doppelarme, stammen aus den Jahren 1768 — I79i-
Zwei derselben, ein einarmiger und ein Dopj^elleuchter, deren Arme
aus einfachen Schnörkeln bestehen, sind 1768 auf Bestellung der Nowgorod-
fahrer als Ersatz für ihr damals beseitigtes Lichterbecken (vgl. S. 407) und
^) Die Jahreszahl entspricht der des 1636 Oktober 15 errichteten Füchtingschen Testamentes
(vgl. Verzeichnis der Privat-Wohltätigkeitsanstalten, S. 39 ff.)
DIE MARIENKIRCUi:. 421
für ihren bisherigen Lichterbauni (vgl. S. 422) vom liiltlhauer Dietrich Jürgen
Boy modelHert und voni (ilockengießcr ^Vdani Planer gegossen.^) Sie wurden
über dem gleichzeitig neu errichteten kleinen Nowgorodfahrerstuhl (vgl. S. 301)
und an der Ostwand der Südervorhalle, wo bisher die Nowgorodfahrerkapelle
gestanden hatte, angebracht, um das Anrecht des Kollegiums auf diesen eben
freigelegten Platz (vgl. S. 170) zum Au.sdruck zu bringen.-) Heide Leuchter
tragen Schilde mit der erhaben gegos.senen Aufschrift NOUWOGRODS-
FAHRER ANNO 1768. Seit 1S68 hängt der einarmige Leuchter über der
Tür zur Sakristei, der dopj)elarniige südseitig am Pfeiler der Süderxorhalle.
Die gleiche P^orm wie letzterer hat ein Doppelarm, den 1774 die
Kannen- oder Zinngießer an Stelle ihres vermutlich unbrauchbar gewordenen
älteren Leuchters (S. 415) fertigen ließen. Das plastisch modellierte Schild
zeigt vom Beschauer aus links einen Becher mit Deckel, rechts eine Kanne;
die Unterschrift lautet: DAS • AMPT • DER • ZINNGIESSER • ANNO • 1774.
Seit 1868 an der Westw^and der Südervorhalle.
Zwei mit einander übereinstimmende einfache S-förmige Arme, deren
hinteres P2nde in eine Spirale ausläuft, befinden sich seit 1868 vor dem
Conradischen Epitaph (Abb. S. 340) und südseitig am Pfeiler der Totentanz-
kapelle. Es sind zweifellos dieselben, welche 1791 der Ratsgießer J. G. \V.
Landre im Auftrage der Kirche für die Beichtkapelle gegossen hat. ^)
Standleuchter.
Dem Museum überwiesen^) sind zwei verhältnismäßig gut erhaltene
vergoldete spätgotische Lichter bau nie von 2,19 bezw. 2,25 m Höhe, von
denen 1,65 bezw. 1,50 m auf die in mittlerer Höhe mit einem sechsseitigen
Knauf besetzten Stangen entfallen. Beiden gemeinsam ist ein mit Rippen und
Krabben besetztes sechsseitiges Kelchkapitäl und zwei dessen oberer Platte
angeschlossene reich gegliederte kleine Strebepfeiler; letztere tragen bei dem
einen Leuchter ein zweigeschossiges sechsseitiges Tabernakel von zierlichen
Architekturformen (Abb. S. 422), bei dem andern umrahmen sie ein schönes
durchbrochenes Maßwerkmuster (Abb. S. 423); der ehemalige figürliche
Schmuck fehlt.
Von vier weiteren Lichterbäumen gotischen Charakters befinden sich
Überreste auf dem Boden über der südlichen Vorhalle. Es sind
zwei 2,25 m hohe, mit runden Knäufen versehene Stangen, die je
eine durch sechs krabbenbesetzte Rippen gegliederte Konsole von 27 cm
Höhe tragen;
^) Archiv der Handelskammer, Nowgorodfahrerakten No. 48 (Rechnungen von 1764 — 99).
Planer erhielt laut Rechnung vom 29. August 176S für die beiden zusammen 119 Pfund schweren
Leuchter, das Pfund zu i ^ 4. ß gerechnet, 148 ^ 12 , '.
^) Das. No. 33 a (Ältesten-Protokoll von 1766—98, S. 6).
^) Die auf loS ^ 6 ß lautende Rechnung Landres über beide Leuchter wurde am
14. Februar 1791 mit 102 ^ beglichen. WB.
*j Kulturhist. Museum No. 1S92/132 und 1892/133.
422
DIE MARIENKIRCHE.
eine 2,40 m hohe, mit sechskantigeni Knauf versehene Stange, deren
40 cm hohe obere kelchförmige Konsole acht mit Maßwerk besetzte
Rippen zeigt;
eine 2,25 m hohe, oben abgesägte Stange mit sechskantigem Knauf.
Vorhanden waren ehemals nachweislich folgende zehn Lichterbäunie:
Ein vor den ehemaligen Bildwerken der hl. drei Könige (S. 314) in der
Nowgorodfahrerkapelle aufgestellter »vormalder holten bomm,«^) für den die
Älterleute und die Frachtherrn der Nowgorodfahrer jährlich zwei Lichter zu
liefern hatten.
Vier am sog. Trauerstuhl (S. 299) angebrachte, mit dem AVappen der
Pantoffelmacher bezeichnete »stände vorgulde
bome. « ^) Bei der Erneuerung des betreffenden
Stuhles im Jahre 1800 wurden die zugehörigen
vier Lichter, von denen die Meister und die Ge-
sellen des Amtes je zwei zu unterhalten hatten,
auf die vier an der Westseite des Lettners befind-
lichen Wandarme versetzt (vgl. S. 409).
Zwei dem ehemaligen »Zuschlägerstuhl,« einer
zwischen dem vierten und fünften Süderpfeiler be-
legenen Bank, angeschlossene »stände vorgulde
holten bome« ') unter dem Amtswappen der Zu-
schläger und Packer. Die von diesem Amte jähr-
lich zu liefernden beiden Lichter wurden im Jahre
1800, um sie »ebenfalls nützlicher für die Erleuch-
tung der Kirche anzuwenden,« unter Beseitigung
der Lichterbäume für einen damals in der südlichen
Kapelle des Chorumgangs befindlichen Doppelarm
(S. 415) bestimmt.^)
Zwei am Nowgorodfahrerstuhl angebrachte,
nur 1663 aufgeführte »Bäume,« auf denen damals
keine Lichte mehr gehalten wurden.
Ein nur 1663 aufgeführter »kleiner Baum«
am Gestühl in der Divessen-Kapelle.
Alte Leuchteraufsätze in Form kleiner
hölzerner Kandelaber haben sich nur auf der
1496 geschnitzten schönen Gallerie des Schranken-
werks vor der Beichtkapelle erhalten (vgl. S. 257 f.).
Die beiden äußeren weisen noch die ursprünglichen
Lichterdorne auf, während die fimf mittleren seit 1868 Gasbrenner in der Form
von Kerzen tragen.
Ehemals befanden sich auch, dem Lichterverzeichnis von 1581 zufolge,
auf den Chorschranken zwischen den beiden ersten und zweiten Chorpfeilern
je sechs für einpfündige Lichter bestimmte Leuchter; das Verzeichnis von
1663 führt für die Nordseite ebenfalls sechs, dagegen »südwerts am Altare
über dem Sthule, wo die Graduirte sitzen,« (S. 292) nur vier Leuchter auf.
I
Gotischer Lichterbauni.
*) Lichterverzeichnis von 1581.
''') Vorsteher-Protokoll 1743 — 1832, S. 207!.
niK MARIHNKIRCIIl«:.
423
Ähnliche kleine Kandelaber standen auf der gleichaltrit^en , 1774 be-
seitigten Einfriedigung der nur im \'er/eiehnis \on i66j5 in dieser IIiiisi(hl
erwähnten »Heisekels Capelle mit 8 Leuchtern. <
Die auf den Schranken vor der Schinkel- und der ( Irexeraden-Kapclle
angebrachten hölzernen Kandelaber, je drei an der Zahl, und vierzehn etwas
kleinere auf der westseitigen Lettnerbrüstung sind erst 1868 bei Einführung
der (lasbeleuchtung gefertigt.
Schließlich befinden sich über den lüngängen zur l^ergenfahrer- und
zur Totentanzkapelle zwei mchrarmige Leuclitcraufsatzc, die ihren Platz
1868 mit einander vertauscht haben.
Der erstere dreiarmige Leuchter zeigt einen in frühbarocken Formen
geschnitzten, mittelst zweier Voluten breit aus-
ladenden Fuß, der vorne und rückseitig in einer
Kartusche das Doppel\\a])|)en des 1634 gestorbenen
Hürgermeisters Dr. Lorenz Möller und seiner Ehe-
frau Maodalena oeb. Bonnus enthält (s. die Abb.
S. 273); in der Mitte trägt er einen gerade auf-
steigenden Schaft, seitlich zwei S-förmige Arme,
sämtlich aus Messing. Dieses Stück ist offenbar
gleichzeitig mit dem über dem Eingang zur Toten-
tanzkapelle aufgehängten großen Möllerschen
h^Mtaph (S. 351 f.) gestiftet.
Der andere, im Jahre 1806 vom Bildhauer
f. D. Pegel für das Schrankenwerk der Bergen-
fahrcrkapelle gefertigte Aufsatz^) (Abb. S. 351)
setzt sich zusammen aus einem in zwei derbe
Voluten auslaufenden sockelartigen Fuß, dessen
Vorderseite in kleinen Kartuschen übereinander
das Bergenfahrerwappen und eine Harpj-e zeigt,
zwei ihm seitlich angeschlossenen Armen von einem
dopi^elarmigen Renaissancewandleuchter (S. 414)
und der auf dem Mittelstück sich erhebenden
Statuette des hl. Olav vom ehemaligen Kron-
leuchter der Bergenfahrer (Abb. S. 405).
Gotischer Lichterbaum.
Das Silbergerät.
Der reiche Bestand an silbernen Statuen, Monstranzen, Reliquienbehältern,
Kannen, Kelchen, Kreuzen und sonstigen Werken der Goldschmiedekunst, den
die Marienkirche zur Zeit der Heiligenverehrung besaß, 2) ist 1533 nebst den
Schätzen der übrigen Kirchen und denen der Trese mit wenigen Ausnahmen ein-
geschmolzen und zu Kriegsrüstungen \'erwandt worden;^) nur zwei hier als No. i
1) Pegel erhielt am 13. Februar 1S06 außer 134 $ «wegen accordirte Arbeit an der
Bergenfahrer Kapelle« 16 ^ «für das Mittelstück über die Kapell-Thüren;« WB.
2) Vgl. das in den Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. il, S. 177 ff. veröffentlichte Verzeichnis.
^) G. Waitz, Lübeck unter Jürgen WuUenwever und die Europäische Politik i, S. 200.
424
DIE MARIENKIRCHE.
und No. 3 aufgeführte Stücke haben sich aus jener vorreformatorischen Zeit
erhalten. Vorhanden sind:
I. Ein 27 cm hoher silbervergoldeter Altarkelch von gotischer Grund-
form (Abb.). Der sechspassige Fuß zeigt im ersten und dritten Kreisabschnitt
die eingravierten Wappen der Familien von Wickede (vgl. S. 359) und Darssow
(vgl. S. 442) mit den Unterschriften DOIIIIIVS ♦ IlHRIlÄIIlIVS • VKU ♦
WlOKeDeil • PROaOlISVLi • und iraTIiILDIS ♦ DäRIOW • VXOR •
6IVS • Man würde hiernach den Kelch in die Zeit zwischen der 1488 oder
1489 erfolgten') Wahl Hermann von Wickedes zum Bürgermeister und dessen
Ableben am 8. April 1501 setzen, doch spricht für eine spätere Entstehung
desselben, daß die verschlungenen Orna-
mente, welche die vier übrigen Kreisab-
schnitte des Fußes füllen und die untere
Hälfte der Schale umgeben, bereits im
Renaissancecharakter gehalten sind. Der
Rand des Fußes trägt den lübeckischen
Silberstempel und als Meisterzeichen ein
Stundenglas. In eine beträchtlich jüngere
Zeit als der Fuß, der Schaft und die
Schale fallen der Knauf, den oben und
unten ein von Figürchen belebtes zierliches
Rankenwerk in erhabener Arbeit und da-
zwischen je drei Blumenmedaillons mit
Resten schwarzer Emaille schmücken, so-
wie die beiden ähnlichen Schaftringe. Da
der Schaft gelötet ist und durch zwei
Nieten zusammengehalten wird, 1644 aber
für die Reparatur und Neuvergoldung eines
Altarkelches mit abgebrochenem Fuße 1 8 #
verausgabt wurden,^) so scheint die jetzige
Zusammensetzung des Kelches aus diesem
Jahre zu stammen. 1581 wog er zusammen
mit einem kleinen Löffel (vgl. No. 18)
72 Lot (= 1042 Gramm); sein jetziges Gewicht beträgt 1030 Gramm.
Ein Verzeichnis »van dem silbergeschir, so anno 1581 bi Marien karken
boffunden (K.-A., Rentebuch von 1581 — 1647 Bl- 249) meldet: »Item noch
is bii dem hegen altare ein vorguldeth kelck unde[r] Dassowen unde Wyckeden
wapen unde i klein lepel, wycht thosamen 72 lodt.«
I
Wickede -Darssowscher Kelch.
^) Er kommt als Ratsherr zum letzten Male 1488 Juli 29, als Bürgermeister zum ersten
Male 1489 März 12 vor, Hanserecesse III 2, No. 270 § 31 und No. 255.
0 Vgi- WB. 1644, in der Michaeliswoche (September 29 — Oktober 5): »Sonnabent für
emen Kelck vom Altar, dar der Fueß ist abgebrochen gewesen, wider beim Goldtschmide machen
laßen, darzu an Golde für 2 Ducaten gekommen, noch an Machelohn dafür geben 2 Reichsthaler,
thutt zusammen 6 Reiclisihaler, seint 18 ^.«
DIE MARIENKIRCHE.
425
2. lun gcniälN X'orstandsbcschlusses vom 19. März i<S57 von C". J. Milde
entworfener und \'oni Goldschmied Johann Jacob Heinrich Paasch') gefertigter
26 cm hoher silbervergoldeter Altarkelch in schlichter gotischer Form. Den
Fuß bildet ein Sechspaß, der mit Maßwerk in Fischblasenform gezierte Knauf
ist mit sechs abwechselnd roten und grünen Halbedelsteinen besetzt. Lübeckischer
Silberstempel; Meisterzeichen: | Faasch \. Gewicht: 999 (iramm.
Nach den Wochenzetteln erhielt 185S Junuar 15: J. H. Faasch für
Älteste Patene.
I neuen silbernen im Feuer vergoldeten Altarkelch nach einer Zeichnung
von Milde, 67V2 Loth (= 995 Gramm) schwer, laut Quitung Nr. 100 (unter
1857) 275 #.«
3. Silbervergoldete emaillierte Patene (Abb.) von 16,5 cm Durch-
messer, wohl noch dem 13. Jahrhundert angehörend. In einem die Mitte
einnehmenden ptüh grundierten mandorlaförmigen Ausschnitt sitzt auf schlichtem
1) In den Lüb. Adreßbüchern 1838 — 1860 genannt.
426 DIE MARIENKIRCHE.
romanischen Tronsessel der segnende Heiland mit der Weltkugel in violettem
Gewände und blauem Mantel, \\'ährend in den beiden halbmondförmigen seit-
lichen Zwickeln die vier Evangelistenzeichen auf blauem Grunde stehen. Am
Rande, wo, wie im rechten Zwickel, die Emaille stellenweise abgeblättert ist,
sind in grünen und blauen Feldern dreizehn Halbfiguren musizierender Engel
unter flachen, von Säulen getragenen Rundbögen dargestellt. Ohne Werk-
zeichen. 293 Gramm schwer.
Nach dem Verzeichnis von 1581 befand sich »in der kisten bi dem
warckmester upp dem warcknhuße in bewaringe« unter anderm »i groth
geammelorth (= emaillierter) kelck myth der patenen,« die zusammen
60 Lot wogen.
4. Schlichte silbervergoldete Patene, im Durchmesser 19 cm groß.
Auf der oberen Seite ein kurzarmiges lateinisches Kreuz. 1766 vom Gold-
schmied Heinrich Georg Schmiedeknecht ^) an Stelle einer ihm in Gegenrech-
nung gegebenen älteren Patene gefertigt. Lübeckischer Silberstempel; das
]\l-förmige Meisterzeichen ist undeutlich. Gewicht: 208 Gramm.
Das Wochenbuch meldet unter 1767, i. W. n. Neujahr (von Januar i — 10
gerechnet): »Herrn Vorsteher Roeck wegen eines neuen silbernen Oblaten
Teller nach Angebung des alten, dessen Gewicht i4^li Loth ä 28 jä^ =
25 ^ 6 J5' betrug, und nach Decord von i ^ 14 f^ auf Schmiedeknechts
Rechnung von 54 ^ 14 f> den Betrag von 27 ^ 10 |5'.«
5. Schichte silberne Patene, im Durchmesser 15,6 cm groß. Auf der
oberen Seite die eineeorabene Kirchenmarke zwischen dem lübeckischen Silber-
stempel und dem Meisterzeichen An^ire ,^) darunter die Jahreszahl 1843. Auf
der unteren Seite ein lateinisches Kreuz. Gewicht: 140 Gramm. Geschenk
des Pastors (1829 — 59) D. Joh. Aeg. Funk.^)
6. — 13. Vier in Verwahrung der drei Geistlichen der Marienkirche be-
findhche kleine silbervergoldete Krankenkommunionskelche mit Patenen,
nämlich:
6. Ein um 1500 gefertigter, 10 cm hoher gotischer Kelch mit sechs-
paßförmigem Fuß, von dessen gravierten Kreisabschnitten zwei mit Maß-
werk geschmückt sind, während die vier übrigen die Halbbilder der
Madonna und des Apostels Andreas, einen Kruzifixus und das Halbbild
des Apostels Johannes umschließen. Der Knauf ist beträchtlich jünger. In-
folge Erneuerung des angelöteten unteren Randes fehlen die Werkzeichen.
(Bei Herrn Senior D. Ranke.)
7. Ein II cm hoher Kelch von gleicher Grundform, vielleicht von
1574. Von den Kreisabschnitten des sechspassigen Fußes sind fünf schlicht
gelassen, im sechsten ist eine 17 mm hohe plastische Madonna auf einem
^) H. G. Schmiedeknecht wurde am 28. Juli 1763 Burger und besaß seit dem 12. Oktober 1764
eine Goldschmiedsbude an der Breitenstraße (St.-A., Wetterentenbücher). Ältermann seit 1790, hat
er 1800 »seine Bude verkaufet und [ist] demnächst vom Amt abgetreten« (St-A., Goldschmiedeakten).
^ Der Goldschmied Gotthilf Johannes Lange wurde 1S18 Mai 5 Bürger und starb 1856
Februar 23.
^) Nach Angabe von H. Jimmerthal aus dem Jahre 1851; K.-A.
DIU MARIENKIRCHE.
427
eingravierten Strahlenkranz und ülier einem I lalhniond autgenietet. Lüb.
Silberstempel; Meisterzeichen: ein von einer I land (Klaue.^) gehaltenes Beil.
(Bei Herrn Pastor Marth.)
8. VAn ähnlich geformter Kelch von 11,5 cm Höhe zeigt auf dem
einen Kreisabschnitt des Fußes das Halbbild einer Madonna inmitten eines
Strahlenkranzes, auf den übrigen, ebenfalls eingraviert, je eine großblättrige
Ptianzenstaudc. Lüb. Silber.stempel ; Meisterzeichen: ein stehender Halb-
mond. (Bei Herrn Pastor Becker.)
9. Ein 11,4 cm hoher Kelch in gotischer Grundform aus der Mitte
des 19. Jahrhunderts. Lüb.
Silbcrstempel ; Meister-
zeichen: ein E auf einem
Schilde. (Bei Herrn Senior
U. Ranke.)
10. — 13. Von den
\ier 8 — 9 cm im Durch-
messer haltenden ein-
fachen Patenen sind die
beiden älteren, deren eine
am Rande ein eingravier-
tes Kreuz in einem Kreise
zeigt, ohne Werkzeichen,
die beiden anderen modern
und : Schwartzkopf « ge-
zeichnet.
Das WB. berichtet
unter 1574, 16. W. n.
Pfingsten (September
12 — 18): »Item her
Johan Hessen dem
menyster ^) avergeantwert
eynen forgulden kelck
myt eyn poyteyn, wycht
tosamende 1 1 loyt eyn
quenteyn, yt loyt 2 #
4 fi, ys fan der kercken
sulffer, is 25 ^ 5 15; yt kofer(n darto to macken, darfor is V2 # 5 1^-«
14. Eine aus dem Nachlaß des am 4. ^Lai 1555 gestorbenen Bürger-
meisters und Vorstehers der Marienkirche Gotthard von Hövelen geschenkte
29 cm hohe silberne und teilweise vergoldete weitbauchige Weinkanne mit
geschupptem Griff und Ausguß (Abb.). Sie zeigt auf der Bauchfläche die
Wappen des Gebers (vgl. S. 337) und seiner zweiten Ehefrau 2) Barbara, geborene
.Weinkanne aus dem Nachlaß des Bürgermeisters
Gotthard von Hövelen d. Alt.
1) Prediger 1573 — 98.
■^ Gotthard von Hövelens dritte Ehefrau Anna Warmböke starb 1552, die Kanne hat sich
also längere Zeit in seinem Besitz befunden.
428 DIE MARIENKIRCHE.
Stotebrügge (drei in den Dreipaß gestellte Flügel, auf dem Helm ein Flügel)
zu beiden Seiten des Ausgusses und unterhalb des letzteren in kleinen Ziffern
die Jahreszahl 1555. Auf dem Rande des runden Fußes ist eingraviert:
LEGATV * HERN * GODERT * VÄ * HOVELE * BVRGEM * DER *
KERKE * DIV/E '^ MARI/E * VP * DAT * HOGE * ALTAR * DE *
BLÖDE * CHRISTI * TO * EREN ^. Lübeckischer Silberstempel; Meister-
zeichen: ein Fuchs. Das 1581 auf 91 Loth (= 1330 Gramm) angegebene
Gewicht beträgt jetzt infolge einer 1634 vorgenommenen Ausbesserung^)
1345 Gramm.
Das Verzeichnis von 1581 führt an erster Stelle auf: »Item eine grothe
sulfiferen weinkanne anno 15 . . van s. h. Goderth van Hoffelen by de
karken gegeven, wycht 91 lodth.«
15. Der vorigen fast genau nachgebildet ist eine 35 cm hohe silberne,
teilweise vergoldete Weinkanne, welche der Ratsherr Benedikt Slicker (ge-
storben 1591) am 17. März 1580 gestiftet hat. Sie trägt auf dem Deckel die
eingravierten Wappen des Stifters (im gespaltenen Schilde zwei Lilien) und
seiner (1597 gestorbenen) Ehefrau Margaretha geb. Helmcke (ein Ahornast).
Auf dem Rande des_Fußes steht: LEGATVM * HERN * BENEDICT! *
SLICKER * RATMA t DER * KERCKE ■■■'' DW/E * MARI/E * VP *
DAT * HOGE * ALTAR * DE * BLÖDE * CHRISTI * TÖ * EREN -^^-.
Lübeckischer Silberstempel; Meisterzeichen: eine Pflanzenstaude mit langem
Blütenschaft. Auf der Unterseite des Fußes steht: 144 : Lodtt (= 2105 Gramm).
Ihr jetziges Gewicht beträgt 2065 Gramm.
Das WB. meldet unter 1580, 4. W. in den Fasten (März 13 — 19):
»Item eyn donnerdage hefft de erbar here her Benedixste Slycker Maryen
kercken foreret unde up dat böge altar gegefen eyne groyte sulfferen wyn-
kannen, wycht eyn hundert ferundefertych loyt . . .«
16. Von ähnlicher Form ist auch eine dritte, 31 cm hohe, teilweise
vergoldete silberne Weinkanne mit schlichtem Griff und Ausguß, die 1729
der Goldschmied Hans Jochem Floht ^) auf Bestellung der Kirche gefertigt
hat. Auf dem Deckel steht die von Ornamenten eingefaßte Kirchenmarke.
Lübeckischer Silberstempel; Meisterzeichen unkenntlich. Unter dem Fuß:
i^ Zfötiges] Silber, «-[legt] loi ^,1^. L (= 1480 Gramm). Jetziges Gewicht
1464 Gramm.
Das WB. berichtet unter 1729, 2. W. n. Michaelis (Oktober 9 — 15):
»Montag mit hohen Consens der Tit. Herren Vorsteher noch eine neue Wein-
kanne auf den hohen Althaer machen laßen, so gewogen 10474^) Loth;
hierzu hatt der Goldtschmidt (Hans Jochem Floht nach einem Vermerk des
^) ^S^' WB. 1634, 8. W. n. Neujahr (Februar 16 — 22): »Für eine silberne Kanne, so
aufs Altar gebraucht wirtt, die im Rohr gelecket, darumb ein silbern Bandt gelegt, dafür ge-
geben I ^ 14 /3.<r
'') Hans Jochim Floht (Flethe) wurde 1702 September 2 Bürger und am gleichen Tage
mit einer Goldschmiedbude an der Breitenstraße belehnt, die 1738 Mai 31 sein Nachfolger Diederich
Philipp Zachau übernahm; St.-A., Wetterentenbücher.
^) So; Schreibfehler.
DIE MARIKNKIRCIIE. 429
Vorstehers Adolph Rodde auf eiiiein dem A'orslelier- l'rolokoll 1650 — 1734,
Bl. 193 einliegenden Blatt) an 14 lüth. Silber laut Meinor. fol. 190 et 192b
aus der eisernen Küste auf denn Werckluuisc ein]>fangen . . 9 1 'V» I-oth,
hierzu hatt er noch gelieftert 9 V2
I o I V* '■
Für das geliefferte Silber ä Loth 29 j5 Macherlohn und auswendig an einigen
Stellen zu \erguldten a L[oth] 6 fS, das Kirchenmark darauf zu stechen 1 2 j5',
thut zusammen 56 ^, bezahlet mit 52 -^ 12 pf.«
17. Rechteckige, auf vier ilachcn Kugeln ruhende silberne Oblaten -
lade mit vergoldeten Kanten und einem Tragegriff am Deckel. Höhe des
Kastens /V^ cm, Länge 18 cm, l^reite 10 cm. Auf der X'ordcrseite das
sauber gravierte Bild der auf dem Monde stehenden Madonna im Strahlen-
kranze. 168 1 vom Goldschmied Johann Hasse') aus einer 38 Loth schweren
älteren Hostienlade ^) gefertigt. Lübeckischer Silberstcmpel; Meisterzeichen
(undeutlich) IH. Neu 42 Loth (614 Gramm) schwer, jetziges (iewicht eben-
falls 614 Gramm.
Über die Neuanfertigung berichtet das WB. unter 1681, 7. W. n.
Ostern (Mai 15 — 21): »Weiln das silberne Lädtchen, worinn die Hostien
aufm Althar verwahret werden, mehrentheils unbrauchbar gewesen, als ist
selbiges mit Verbesserung 4 Lohdt Silber, so der Goldschmidt Johan Haß
dartzu gethan, gantz new gemacht und an den Kanten vorgüldet worden.
Das alte Lädchen wog 38 Lohdt. Vor solche Arbeidt und ein Marien-
bildchen drauffzustecken hat Thomas Fredenhagen Mittvorsteher beordert zu
zahlen 30 ^.<'
18. Ein zur Oblatenlade gehöriger einfacher silberner Löffel von
12 cm Länge. Das obere Stielende ist kugelförmig, die flache Schaufel mit
sieben Längsschlitzen versehen. Stempel und Meisterzeichen fehlen. Gewicht
12 Gramm.
19. — 20. Ein Paar Altarleuchter aus dünnem Silberblech, 50 cm
hoch. Der bauchige, einer Lampenglocke ähnliche Euß, der von zwei Zügen
umwundene Schaft und der abnehmbare Lichtteller sind von stark getriebenen
Blumengewinden umrankt. Auf dem Euß das Wappen des unbekannten
Stifters (zwei Weinblätter und ein Ring, der auch als Helmkleinod dient; zu
beiden Seiten des letzteren die Buchstaben A und R). Am unteren Ende des
Schaftes steht in geprickelter Schrift Anno i6pi Den 6. Novenih. Lübeckischer
Silberstempel; rechts davon das Meisterzeichen HS (Heinrich Schmidt), =^) links
ein r. Das Gewicht der Leuchter wurde 1853 mit Einschluß von 68 und
62 Lot Blei im Euße derselben auf 177 und 186V2 Lot festgestellt.
^) Johann Hasse besaß seit 1659 eine an der Breitestraße belegene Goldschmiedsbude, die
1692 Dethleff S'.rothinan übernahm; St.-A., Wetterentenbuch.
■'') 1561, 9. W. n. Pfingsten (Jidi 27 — August 2) wurden »Jasper Wulve dem goltsmede
vor it sulvern ciborium by ydt altar up alle veer orden wedder tho lodende und reyen tho makende«
I ^ 15 /3 gegeben; WB.
ä) Heinrich Schmidt, der 16S4 Oktober 16 Bürger wurde, besaß seit 1685 November 4
eine Goldschmiedsbude am Markte, die 1704 Juli 10 Jürgen Seelke übernahm.
430 DIE MARIENKIRCHE.
Vor Stiftung dieser beiden Stücke waren messingne Altarleuchter im
Gebrauch.
Im Leuchterinventar von 1581 sind »2 missinges Richter uff dem bogen
althare . . . jeder luchter tho einem lychte van 3 'S?« verzeichnet.
1658, 12. W. n. Michaelis (Dezember 19 — 25) haben die Vorsteher
»2 newe Altarleuchter, weil die alten zerbrochen, machen laßen bei Niclaus
Wiesen, e. e. Rahts Gießern, wegen 72 'S, ä ^ bedungen i ^, sind
72 ^^« WB.
21. Silberne, 25 cm hohe Taufkanne in geschweiften Rokokoformen.
Der Deckel trägt auf einem mittleren Buckel ein graviertes Marienbild und auf
dessen Innenseite drei Vorsteherwappen mit den Umschriften H : HenriCUS •
Balemann • CoNSUL, H • Hermann • Woldt • Senator • und Diederich •
Jürgen • Qualmann •; unterhalb des ersteren Wappens steht die Jahres-
zahl 1740. Lübeckischer Silberstempel; Meisterzeichen: eine sitzende Taube
zwischen den Buchstaben J und D (Jochim Dietz).^) Gewicht: 1,2 kg.
22. Silberne Taufschale von 34 cm Durchmesser und 9 cm Höhe
mit tiefer, fast halbkugelförmiger Kumme. Der 6 cm breite Rand zeigt oben
das gleiche Marienbild wie die Taufkanne und unten dieselben Wappen mit
den gleichen Umschriften und der Jahreszahl 1 740. Stempel und Meisterzeichen
wie oben. Gewicht: 1,375 kg.
Im WB. heißt es unter 1740, 2. W. n. Michaelis (Oktober 2 — 8):
Für das von nebigen ^) anzuschaften beliebte
silberne Taufbecken und Gießkanne, welche zu-
sammen 177 Loth gewogen , b[e]rechnet Jochim
Diez ä 2 ^ pro Loth 354#
Und für die Marienbilder und Wappen zu stechen 10 -^
364 #
Dagegen er nebenbesagter Maßen in Bezahlung
empfangen 85 V2 Loth alt Silber ä 30 |5 . . . 160 .^ 5 j3'
Noch ihm detrahirt für V2 Loth, so das neue
weniger gewogen i -^
161 # 5 f^
bleiben 202^11!^
Trinckgeld dem Gesellen und Jungen . i#4l^
Ist also von nebigen 446 $ 12 ^^) bezahlt 203 ^ 15 ß.
Die bis dahin gebrauchte Taufkanne war von Zinn. 1668, 11. W. n.
Neujahr (März 8 — 14) wurden »dem Kannengießer Berend Timmerman für
die Taufkanne umbzugiessen 10 |äl und für der Kirchen Marck und Nahm
aufzustechen 3 \ti gegeben.«
23. und 24. Ein Paar silberne mit rotem Sammet gefütterte Klingel-
beutel in zylindrischer Form; Höhe 19 cm, im Durchmesser etwa 11 cm.
Vorne die Madonna auf dem Mond mit einem Lilienszepter in der Rechten,
daneben je ein Medaillon mit Kopf, im übrigen ist die Außenseite von
^) Jochim Dietz wurde 1705 Juni 18 Bürger und übernahm 1705 Juli 18 eine Gold-
schmiedsbude an der Breitenstraße. Seit 1711 Ältester des Goldschmiedeamtes, ist er 1749 gestorben.
*) Die 1733 beschlossene Veräußerung der auf alten Meßgewändern befindlichen Perlen,
Gold- und Silberstickereien u. dergl. hatte 446 ^ 12 /' erbracht; Einnahmenseite derselben Woche.
DIE MARIENKIRCHE. 431
Ornamenten und ( iuirlanclen im Ivokokocharaktcr bedeckt; alles in octriehener
Arbeit. Am oberen Rande die eingravierte Inschrift Ainitr /h-roi j^odes :
A'i i68g. Auf dem achtkantigen Ansatz zum Aufsetzen des Stieles die In-
schrift: Jakob Cappelen. Hinrich Volckinan. Ant/wjiy Back/iiiscn. A. S. Matthias
Wannr Knicker. Gottfrid LainbrecJit , Nkolacs Conrad t. Ghocr. Jochim
Ili/irich Mull. ]'alcnti)i Hirsch. |{ Martoi AldacJi. Amio j/2o. Die somit
wahrscheinlich 1689 von der sonst unbekannten Anna Bevenrode gestifteten
beiden Klingelbeutel sintl im Oktober 1720 auf Kosten der oben genannten
neun Diakone der Alarienkirche umgegossen. Liibeckischer Silberstempel;
Meisterzeichen H • S, ') darunter zwei gekreuzte Palmenzweige (?).
Das Protokollbuch der Diakone (K.-A., Lit. C, VA. 24 13) l^erichtet:
»Anno 1720 in Octobri haben wir samptliche Diaconi die alte Klingebeutel
umgißen laßen und wegen Machelohn an Goltdschmit laut unterschriebene
Rechnung bezahlt 27 ^, sodaß ein jeder Diaconus von seinen Eigenen dazu
außgegeben 3 ^ wegen Machelohn.«
25. und 26. Ein Paar silberne, mit Leder gefütterte Klingelbeutel,
in Form und Grölte den vorigen ähnlich \"orne in getriebener Arbeit die
Madonna im Strahlenkranz, darunter • S • M •; im iibrigen ist die durch achit
eingetriebene Züge geteilte zylindrische Außenseite von eingraviertem Ranken-
werk mit Blumen bedeckt. Auf der Außenseite des Bodens ist St. Anna
selbstdritt mit der Marke f(^\% eingraviert, auf dem Ansatz für den Stiel
steht Afiiio 1771. Die Klingelbeutel sind im letzterwähnten Jahre auf Be-
stellung der Vorsteherschaft gefertigt und zwar diente als Muster gemäß der
am 17. Dezember 1770 von den Diakonen getroffenen Auswahl'') ein (1755)
vom Kaufmann Jens Behn an die Jakobikirche geschenkter Klingelbeutel.
Lübeckischer Silberstempel; Meisterzeichen " . g . " (Hans Jürgen Berg).^)
Die Glocken.
Die Marienkirche besitzt neunzehn sämtlich aus Bronze gegossene Glocken.
Elf derselben hängen in der Glockenstube des Süderturms.
I. Unter ihnen ist die größte der Puls oder die Pulsglocke.
Es hat nacheinander fünf Glocken dieser Art gegeben. Über die
älteste aus dem Jahre 1466 wird berichtet:'^) »Anno 66. ummetrend Johannis
1) Die Buchstaben H S können damals die Goldschmiede Hans Schacht (Bürger seit 1705
April 2), Hinrich Schmidt (Nikolaus' Sohn, Bürger seit 17 13 Juli 13) oder Hinrich Schlave (Bürger
seit 17 18 September 7) bezeichnen; St.-A., Bürgerbuch.
2) Protokollbuch der Diakone, K.-A., Lit. E No. 2, S. 24.
^) Hans Jürgen Berg, der 1758 August 31 Bürger wurde, besaß seit 1762 Juli 6 eine
Goldschmiedsbude am Markte. Amtsältester seit 1781, hat er 1805 »seine Profession niedergeleget
und sein Goldschmiede-Amt verkauft.« Er ist am 15. August 1808 in der Ägidienkirche bestattet.
*) Ältestes Rechnungsbuch (1448— 1529) Bl. 27 f. im K.-A.; gedr. Ztschr. d. V. f. Lüb.
Gesch. 5 S. 161 f. und U.-B. der Stadt Lübeck 11 No. 398.
432
DIE MARIENKIRCHE.
mytsommer (Juni 24) ghoet mester Gerd Klinge^) van Bremen ene klokke
to behoff Unser Leven Vrowen kerken bynnen Lubecke, darto is gekomen
48 schippunt (6720 kg) Anno 66 des sondages na s. Peters
dage in der arne (August 3) wart de grote nye klokke gewiget, Gloriosa
genand . . . .« Sie hat bis 1545 bestanden. Im folgenden Jahre wurde
sie vom damahgen Ratsbüchsengießer ^) Meister Gert van Mervelt aus Flens-
burg^) neu gegossen, nachdem dem Gießer Klaus Wachtel das Werk zweimal
mißlungen war.*) Über die am 4. Juni 1546 gehaltene Abrechnung mit
Meister Gert vermerkt der Werkmeister: »So hefft de klocke wagen 47 schyp-
punt 7 lispunt 3 markpunt; des hebben ehm de heren vorstenders to getelone
togesecht vor yder scyppunt up syn eventur to getende is 9 j^, is de summa
van der klocken
to getende, welcker
yck ehm tor noege
betalt undegegeven
hebbe, is 426 -^
2 |5. « '") Diese
Glocke war dem-
nach 6630 V2 kg
schwer. 1632
stürzte sie beim
Läuten ab. Wohl
infolge ihrer hierbei
erlittenen Beschä-
digungen wurde
1646 der Rats-
büchsenmeister
(1632 — 57) Anton
Wiese aus Braun-
schweig mit ihrem
Umguß betraut. ^)
Diese dritte Glocke
ist jedoch bereits
nach zwölfjährigem
Gebrauch gesprun-
gen. Auch eine
hierauf hauptsäch-
lich aus dem alten
Glockengut vom
Ratsgießer (1657— Die Pulsglocke.
65) Nikolaus Wiese
gefertigte vierte Pulsglocke, die gegen 6580 kg wog und am 23. September 1659
eingeläutet wurde,'') war nach wenigen Jahren unbrauchbar geworden.
^) Vgl. über ihn Th. Hach, Zur Gesch. der Erzgießkunst (Repertorium für Kunstwissen-
schaft 3) S. 160 ff.
^) Es heißt im Wetterentenbuch von 14S9 — 1573 (St.-A., Handschriften No. 298) Bl. 43:
Dat bussengeterhus ) Mester Gert van Mervelt gifft up pasken
gifft des jars 20 ^ / fülle jar anno 46. Item anno 47. dedit.
^) Vgl. Th. Hach, Die Anfänge der Renaissance in Lübeck, S. 26.
*) WB. 1545, 7. und 12. W. n. Pfingsten und 1546, 3. W. n, Ostern.
"*) WB. 1546, 5. W. n. Ostern.
^ Er erhielt dafür 801 ^; WB. 1646, 8. W. n. Michaelis und 1647, 3. W. n. Michaelis.
') WB. 1659, 25. W. n. Ostern und 13. W. n. Michaelis.
DTK MARIP:NKIRCni:. 433
Die gegenwärtioc ]\ilsolocke (Abb.) ist am 2. April 1669 von dem
aus Hamburg" stammenden Lübecker Ratsgießer (1665 — 95) Albert Ik'nningk
aus vorwiegend neuem IMetall gegossen^) und am folgenden Adventsabend
(27. November) eingeläutet worden. Sie wog neu 7134 kg und niK.U im I )urcli-
messer 2,26 m, in der Höhe 1,85 m.
Unterhalb eines aus stilisiertem stehenden j^lattwerk gebikleten Kranzes
fassen drei mit Rosetten besetzte Streifen die folgende doppelreihige Inschrift
des Glockenhalses ein:
GOTT ALLEIN DIE EHRE A ANNO 1668 ■ WIE H • MATTH/EUS
RODDE . BURGERMEISTER • H • HERMANN VON LENGERKEN •
RATHSUERWANTER • HIERONIMUS PRUNSTERER
VND THOMAS PLONNIES. BURGERE • DER KIRCHEN ST •
MARIEN VOORSTEHERE WAEREN • GOSS MICH DURCH GOTTES
BEISTANT . ALBERT BENNINGK. IN LÜBECK:
Der der Inschrift zunächst gelegene Teil der Fläche ist mit spitzenartig
durchbrochenem Rankenwerk überzogen, das nach unten hin zackenförmig ab-
schließt; zwischen den Zacken stehen nach Südwesten zu die Worte LE1CHTR(!)
VERACHT . ALS GEMACHT :. Auf der Südseite trägt das Mittelfeld das 58 cm
hohe flache Relief bi kl der in einer Strahlenglorie auf dem Monde stehenden
und von zwei Engeln gekrönten Muttergottes mit Kind und Szepter; auf der
Nordseite stehen die Wappen der oben genannten \'ier Vorsteher zu je zwei
nebeneinander angeordnet zwischen den Worten DA PACEM DOM INE —
IN DIEBUS NOSTRIS. Der Schlagring, den gegen das Mittelfeld hin ein
von stilisiertem Blattwerk eingefaßter dreifacher Reifen abgrenzt, zeigt den
Schriftstreifen :
ZUR PREDIGT. ZUM GEBETT, ICH L/EUT AUCH ZU DEMO)
LEICHEN ,\
KRIEG. FEUER DEUT ICH AN. GEB FRIED • VND FREUDENS-
ZEICHEN ,V
GIB lESU DAS IN FRIED VND FREUD ICH STETES SCHALL ,j-
WEND AB VON DIESER STADT • PEST. FEUER. VBERFALL :
Unterhalb dieser Inschrift befindet sich ein von zwei Reifen eingefaßter
Blatt\\'erkstreifen niit kleinen musizierenden Putten.
Die zweitgrößte, sog. Bürger- oder Betglocke ist 1713 von Lorenz
Stralborn an Stelle der damals geborstenen sog. alten Glocke, Boltzen-,
Bürger- oder Ceremonienglocke (sermonglocke) aus dem Jahre 1361 gegossen.
Diese Glocke trug am Halse die Inschrift:
Signum dono (!) choro, fleo funera, festa decoro,
Te colo, virgo pia, post te vocor ergo Maria,
und auf dem Felde die Jahreszahl 1361; Mitt. d. Y. f. Lüb. Gesch. 11 S. 40.
1) Der 1668 Juni i8 geschlossene Vertrag und die 1671 August 22 gehaltene Abrechnung
mit dem Gießer sind in den Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 11 S. 38 f. veröffentlicht.
434 DIE MARIENKIRCHE.
Als Glockenspeise wurden das 4784 Vü kg schwere Metall der alten
Glocke und außerdem 700 kg Kupfer und 279 kg Zinn verbraucht. Die
fertige Glocke, welche am 9. Dezember 171 3 eingeläutet wurde, wog 10 122 'S
oder 5061 kg.*) Ihr Durchmesser beträgt 1,90 m, ihre Höhe 1,55 m.
Den Glockenhals umschliefk zu oberst ein Rankenkranz mit umgekehrten
exotischen Vögeln. Ein von zwei Reifen eingefaßter Blattwerkstreifen scheidet
ihn von der folgenden, auf der Nordseite durch ein Blatt geteilten Inschrift:
KOMMT LASSET UNS ANBETEN UND KNIEN UND NIDER-
FALLEN FÜR DEM HERRN, DER UNS GEMACHT HATT • PSA :
XCV . V : VI .
Spitzenartig herabhängendes üppiges Rankenwerk, das am oberen Rande
mit Vögeln durchsetzt ist, bildet den Übergang zum Mittelfelde. Dieses trägt
auf der Nordseite den Vers:
GOTT SCHUTTE STETES WOHLERGEHEN •
AUFF ALLE DIE DER KIRCH VORSTEHEN .
und darunter die Namen der Vorsteher:
H . JOHANNES WESTKEN BURGERMEISTER •
H . GERHARDT RITTER RATHSV ERWAN DTE R •
H . JACOB HÜBENS BURGER .
H . ADOLFF BRVNINGK BURGER .
Die Südseite enthält den Vers:")
ICH LEUTE ZU DER KIRCH UND KOMM DOCH NICHT HINEIN •
ACH MÖCHTEN ALLE DIE MICH HÖREN SELIG SEYN ♦
und darunter ein Reliefbild der auf dem Monde stehenden Madonna im
Strahlenkranz, neben dem die Wappen der vier eben genannten Vorsteher zu
je zwei untereinander angebracht sind. Schmetterlingsartige Cherubimköpfe
umschweben die Inschriften und Darstellungen der Fläche, die durch einen
fünffachen Reifen gegen den Schlagring abgegrenzt wird. Letzteren umgeben
ein Rankenkranz mit umgekehrten Vögeln, ein von zwei Reifen eingefaßter
Blattwerkstreifen und die nachstehende, durch ein Blatt geteilte Schriftreihe:
GOTT ZU EHREN, DER KIRCHE ZUM NUTZEN HABEN
DIE JETZIGER ZEIT HERREN VORSTEHER MIT GÖTTLICHER
HULFFE MICH GIESSEN LASSEN IN LÜBECK DURCH LAURENTZ
STRAELBORN ANNO 1713 •
Die drittgrößte, sog. Sonntagsglocke, welche im 16. Jahrhundert als
»St. Johannes« benannt wurde, ^) ist 1508 zur Zeit des Werkmeisters Martin
1) Vgl. Mitt. d. V. f. I.üb. Gesch. 11 S. 41.
'■*) Denselben Vers trägt auch die 1735 von Lorenz Strahlborn gegossene größere Glocke
der Kirche zu Perlin bei Wittenburg; Schlie, Kunst- und Geschichtsdenkmäler Mecklenburgs 3, S. 75.
^) 1541, I. W. n. Weihnachten (1540 Dezember 26 — 1541 Januar i) ließ der Werk-
meister »den knepel tor groten klocken unde tho Johnße wedder maken« und 1541, II. W. n.
Pfingsten (August 21 — 27) »den knepel to Johanse vorbeteren;« 1585, i. W. in den Fasten
(Februar 28 — März 6) wurden 20 /3 verausgabt, »up dem klocktoren eyne klocken ume to hangen,
sante Johans genant.« WB.
DIE MARIENKIRCHE.
435
-0 '^- "^ \ V
Inschrift der AljcndirU
Flor, und zwar jedenfalls von dem damals für die Marienkirche tiitigen')
Lübecker Glockengießer Hin rieh van Kampen gegossen. Sie hiilt bei einer
Höhe von 1,26 m im Durchmesser 1,71 m. Ihren Hals umgibt zu oberst
ein Kranz stilisierter Blüten, der gleich einer von ihm durch einen dreifachen
Reifen geschiedenen Schriftreihe bis auf wenige Stellen im Guß mißlungen ist.
Den Anfang der verstümmelten Inschrift bezeichnet ein Medaillon mit einem
Christuskopf; als Trennungszeichen der einzehien Worte dienen ein Kreuz,
sechzehn mehr oder weniger gut ausgeprägte l^lumenstücke (im folgenden
durch ein B wiedergegeben) und drei rautenförmige Punkte. Sie lautet:
. ... 'i* .... ^ B i§ B niiin B nanic(?) B . . . . B cini B . . . . B bat B
.... B ... B ... B ... B .... B myt B ninncin B .... B ... .
♦ Üan ♦ ■ • •• n O- Die beiden ersten Worte sollten wahrscheinlich
funtC jaljan^, die drei letzten Ijinriix linil ltanil.iLMl lauten. Auf einem von
einem Doppelreifen und einem einfachen Reifen eingeschlossenen schmalen
Streifen, der in einigen Abständen mit den gleichen Blumenstücken und da-
zwischen mit kleinen Rosetten belegt ist, folgt eine zweite Schriftreihe. Diese
wird durch ein Medaillon mit den Leidenswerkzeugen Christi geteilt, während
die einzelnen Worte in der Regel ebenfalls durch Blumenstücke (B) getrennt
werden. Sie lautet: iinilO B ipni B nmO B \jc B Viiij B ^cii B nuidj B
[it]') B cntgcibcii B cftc B gcncten ♦ harten '*' üFlor B ijcft B um B
iatcn B rjctCU ♦ O- An diese Schriftreihe schliel3t sich nach unten hin ein
schlichter Streifen und ein Kranz hängender Blüten an. Das Mittelfeld trägt
auf der Nordseite das einschließlich der Konsole 2j cm hohe Reliefbild des
Evangelisten Johannes, nach dem die Glocke benannt war, und südseitig die
24 cm hohe Figur der auf dem Monde stehenden Madonna in einer Flammen-
glorie. Ein von je zwei schwach hervortretenden Reifen eingefaßter, kräftig
modellierter Reifen grenzt den mit drei Reifen besetzten Schlagring gegen das
Mittelfeld ab. Die sechs Glockenohren sind mit weiblichen Köpfen geschmückt.
4. Die nicht mehr im Gebrauch befindliche Abendglocke hält bei
einer Höhe von i m im Durchmesser 1,20 m. Ihren Hals umgibt die oben
und unten von einem Doppelreifen eingeschlossene Schriftreihe (Abb.) IN
') Vgl. S. 438 Anm. 2. Das älteste Rechnungsbuch der Kirche bemerkt unter 1512— 1514
(Bl. 63 f.), daß die Vorsteher noch keine Abrechnung mit dem Werkmeister gehalten hätten wegen
»I grote clocke, de op den groten torne gegatten is« (bezw. »de up (in) dem grote[n] torne hanghet«).
'■') Lücke für zwei Buchstaben.
28'^
43Ö
DIE MARIENKIRCHE.
ONORE • BEATISSIME • NARIE • VIRGINIS I V ^, deren nur in den
Umrissen modellierte Buchstaben die Glocke in das 13. Jahrhundert verweisen.
Von dem glatten Mittelfelde heben sich fünf Reliefdarstellungen (Abb.)
ab, nämlich
1. westseitig eine 8,6 cm hohe thronende Frauengestalt mit einem zu
ihr aufschauenden geflügelten Tiere, also wahrscheinlich St. Margareta mit
dem Drachen;
2. südseitig ein 2,4 cm hoher Christuskopf;
3. ostseitig ein im Durchmesser 5 cm haltendes Medaillon mit der
Verkündigung;
4. nordseitig ein im Durchmesser 6 cm großes Medaillon mit einem
straußartigen
Vogel oder
Drachen, dessen
radförmig ge-
schwungener
Schweif in Ran-
kenwerk aus-
läuft ;
5 . nord-
westseitig ein im
Durchmesser
4,8 cm halten-
des Medaillon
mit dem zwi-
schen Johannes
und Maria ab-
gebildeten Hei-
land am Kreuz,
dessen Füße
nach älterer Dar-
stellungsweise
nebeneinander gelegt sind und dessen Blut, wie es scheint, von fünf Engeln
aufgefangen wird.
Ein von zwei schwach hervortretenden Doppelreifen eingefaßter kräftig
ausgebildeter Reifen scheidet das Mittelfeld vom glatten Schlagring.
5. Eine im Durchmesser 0,86 m große und 0,70 m hohe Glocke
zeichnet sich nur durch ein beiderseits von zwei Reifen eingeschlossenes Band
am Halse und drei das Mittelfeld vom Schlagring scheidende Reifen aus. Sie
wird etwa gleichaltrig mit der folgenden sein.
6. Diese Glocke, deren Durchmesser 0,81 m und deren Höhe 0,66 m
beträgt, zeigt am Halse die nach oben und unten hin von je vier schmalen
Reifen eingefaßte Inschrift aiino boillinoO) lllilCfcntO (0 * ccirc *«* XXJi ' iaxt '
Reliefdarstellungen auf der Abendglocke.
DIE MARIENKIRCHE. 437
ro • bcmUlL^ • piinjUcftlMl • ^* iljCfllÖ *; blicht untdiialb tlcs letzten W^jitcs
steht auf der Mäclie: ^\\, Den Schlagring grenzt nach oben hhi ein dreifacher
Reifen ab.
7. Eine im Durchmesser 0,65 m hakende, 0,53 m hohe Glocke trcägt
am Halse ein durch je zwei Reifen eingeschlossenes Hand, auf dessen einer
Hälfte die den Formen ihrer gotischen Mimiskeln nach ebenfalls ins 15. Jahr-
hundert gehörende Inschrift steht: ÜjcfllG IKl.virLMlllÖ VCX ilibCOrllUl. Das
Mittelfeld wird xom Schlagring durcli drei Reifen abgegrenzt.
8. I'.ine achte Glocke hat die gleiche Größe wie die vorige. Ihren
Hals umgibt ein mit schönem gotischen Blattwerk umwundener Ast, der
nach oben und unten hin \on einem Doppelreifen eingefaßt wird. Den durcli
drei Reifen vom Mittelfelde abgegrenzten Schlagring schmiickt ein mit einem
Handstreifen umwundener Stab. Ihren Verzierungen nach gehört die Glocke
in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts.
9. Die Rats- oder Kinderglocke, welche früher geläutet wurde,
wenn der Rat in Prozession von der Kirche zu seinen Sitzungen aufs Rathaus
zog und wenn Kinder in der Kirche getauft wurden, ist im Juli 1650 vom
Ratsgießer Anton Wiese gegossen und wog bei ihrer Ablieferung 357 fl; oder
178V2 kg.') Ihr Durchmesser beträgt 0,64 m, ihre Höhe 0,53 m. Den
Glockenhals umgibt ein von zwei Doppelreifen eingefaßtes Schriftband, dem
sich nach unten hin ein Kranz aus fünfeckigen, mit Blattwerkornamenten ge-
füllten Schilden anscliließt; unterhalb der letzteren .steht auf dem Mittelfelde
der fast zwei Reihen lange Rest der Inschrift. Diese lautet
(auf dem Schriftband:) AVF • BEFEHL • H • CHRISTOF • GERDES ♦
I.V. D . VND . E . L . T . BVRGERM : H • HERMAN • V . DORN ®
(auf der Fläche:) H • MATTH/EI • RODDEN • RAHTS : VND • H •
HIERONYMI . PRVNSTERERS • INGESAMT,:; • VORST ©
DER . KIR : S . MARIEN • GOES • MICH • ANTONI • WIESE •
IN . LVBECK . ANNO 1650 ® Zwischen dem Mittelfeld und dem Schlag-
ring sowie auf letzterem befinden sich je vier Reifen von verschiedener Stärke.
Die Glocke hing ursprünglich im Dachreiter; um diesen zu entlasten ist sie
1783 in den Süderturm übergeführt.'^)
Zu" ihrem Gull, wurde eine 1562 vom Ratsherrn und Kirchenvorsteher
Hinrich Köhler gestiftete Glocke eingeschmolzen, welche 322 ffi wog und
die Inschrift trug: »Gades wort bUfft ewig. Mi goet Mattis Benninck 1562.
H. Hinrich Köler dede it« (statt dedit); WB. 1650, 9. W. n. Ostern (Juni 9 — 15).
1556 wurde für »de klocken ime seygertorne, dar de heren mede tho
rathuse geludt werden, unde to twen siegen de koster mede ludt, « eine neue
Welle gemacht; WB. 1556, 2. W. n. Plingsten (Juni 7 — 13). 1566, 11. W.
n. Michaelis (Dezember 15 — 21) wurden »gegeven Mattesse dem klockengeter
vor ene nyge klocken in den seygertorn to gheten up rekenschop is 40 ^.«
Diese Glocke wurde 1567, 5. W. n. Weihnachten (Januar 26 — Februar i)
1) Über ihren Guß s. Mitt. d. V. f. Lüb. Gesch. 1 1 S. 36 f.
'^) Kirchenprotokoll des Werkmeisters J. W. C. von Königlöw S. 150.
438 DIE MARIENKIRCHE.
im Dachreiter aufgehängt; WB. 1584 JuH 13 verkauften die Vorsteher
»Matzs Bennynck dem bussengeyter eyne gebracken klocken fan dem seyer-
toren, wycht eyn schypp. eyn lysp., is 294 p.;« WB. unter 1585, 5. AV. n.
Pfingsten (Juni 27 — Juh 3).
10. Eine sehr schlanke Glocke, die 0,35 m im Durchmesser bei einer
Höhe von 0,32 m hält, zeigt als einzigen Schmuck zwei Reifen am Halse
und zwei weitere nur schwach hervortretende Reifen am oberen Ende des
Schlagrings.
11. Die kleinste Glocke, welche von alters her als Zeichenglocke
benannt wird,^) weil mit ihr, deren helle Stimme die übrigen Glocken über-
tönt, das Zeichen zum Aufhören des Läutens gegeben wird, ist ebenfalls ohne
Inschrift und nur mit drei schwach hervortretenden Reifen — zweien am Halse
und einem oberhalb des Schlagrings — ausgestattet.
12. — 18. Sieben weitere Glocken hängen im Dachreiter des Mittel-
schiffs, dem Spielturm. Sie sind sämtlich vom Lübecker Glockengießer Hinrich
van Kämpen^) in den Jahren 1508 — 15 10 bei der Neuerrichtung des Spiel-
turms ^) nach dem Brande vom Ostermontag 1508 gefertigt.
Den Hals dieser Glocken umgibt je eine einreihige Minuskelinschrift,
die beiderseits durch drei Reifen begrenzt wird; an diese schließt sich nach
oben und unten hin je ein Kranz stehender und hängender stilisierter Blüten
spätgotischen Charakters an.^)
Die in der Mitte hängende, 1 5 10 gegossene große Stundenglocke (Ton eis)
hat einen Durchmesser von 1,46 m und eine Höhe von 1,10 m. Ihr Schrift-
band wird am Anfang und in der Mitte nach oben und unten hin überragt
durch das 9 cm hohe Reliefbild Johannes des Täufers mit dem Lamm im
linken Arme. Zu seinen Füßen ist ein gelehntes Schild mit einem Löwen,
dem Kerkringschen Wappentiere, angebracht. Nach diesem Anzeichen zu
schließen, scheint die Glocke vom Ratsherrn Johann Kerkring gestiftet zu sein,
der 1508 — 16 neben dem Bürgermeister Tidemann Berk Vorsteher der Marien-
kirche war.^) Die Umschrift lautet:
') Im März 1462 verfügte der Rat anläßlich des Aufenthalts König Christians I. von
Dänemark in Lübeck, daß bei etwaigem Tumulte der Werkmeister von St. Marien »solde opsluten
de kerken und under dem torne luden eyn kleyn klockessken, dat men nomet de tekenklokke,
und wan dat de wechters oppe dem torne horden, solden se darsulvest de klokken slaen;« Ztschr.
d. V. f. Lüb. Gesch. 4, S. 298.
^) Hinrich van Kampen, der 14S4 im Testament des Kord van Reyste genannt vi^ird (St.-A.,
Test.), bewohnte seit 1495 ^'"^ Bude am Markte, welche die St. Leonardus-Brüderschaft in diesem
Jahre für eine Hypothek von 300 ^ übernahm (St.-A., Rechnungsbuch der St. Leonardus-Brüder-
schaft, Bl. 61 b). 1512 um (cath. Petri) Februar 22 erwarb »mester Hinrich van Campen eyn
klockengeter« das Haus Große Burgstraße No. 47; 1524 um (Michaelis) September 29 wurde es
von den Vormündern seiner Witwe Dorothea und seines Sohnes Heinrich dem Büchsengießer Hans
Schillinck verkauft (Oberstadtbuch).
') Vgl. S. 145.
*) Von sämtlichen Inschriften befinden sich Gipsabgüsse im Kulturhist. Museum.
*) Ztschr. d. V. f. Lüb. Gesch. 5 S. 163. Vgl. sein Siegel bei Milde, Siegel des M.-A.,
Tafel 6, No. 40.
DIE MARIENKIRCHE. 439
'^tt (niünzcnähnliclics Medaillon mit der hl. Anna scllxlritt) fcntUlll ®
a ® rijl'ifto ® tuftriö (rundes Medaillon mit dem Lamm Gottes) üiniörtj')
(undeutliche Münze) pinMCtirt (rundes Medaillon mit dem von einem luiocl
gehaltenen Schweißtuch der hl. Veronika) lU'ÜC (rundes Medaillon mit Werk-
zeugen des Leidens Christi) Ijac (Figur des Täufers) in (nicht ganz deutlich
ausgeprägte Münze mit drei ins Dreieck gestellten Schilden, jedenfalls die
Rückseite eines lübeckischen Markstückes vom Jahre 1506)^) dailDG (holsteinische
Münze mit einer gekrönten ALmnesfigur und dem Xesselblattwappen) aiMlia ®
fcrcntc ® nolios^ ^ .martcn ® f^or ® Ijcft ® liun-dhncftcr +.
Die sechs übrigen, rund um die vf)rige aufgehängten (ilocken des Dach-
reiters bilden das Glockenspiel. Sie messen:
1. (Ton b) im Durchmesser 0,84 m, in der Höhe 0,64 m,
2. ( = c) = = 0,76 - , - - - 0,57 = ,
3. ( - d) - = 0,67 - , ■'- - 0,52 '- ,
4. ( = es) = = 0,63 = , = = = 0,48 '- ,
5- ( = 0 = = 0,55 '- , = = = 0,43 = ,
6. { - g) - - 0,49 - . - - - 0,39 '- .
Die größte oder Viertelschlaggiocke trägt die Inschrift: 45ot '-^ bc •
late^ #= cm ^ wtttW) ^ niartcn ^ flor ^ ict ^ Unf ^ anß_^
ijctcn. (Größere Blume.) Dinriidi 5i3 lia ^ üanijjcu * anno ^3 boni *
)cUf ^ ij: Hb
Die zweitgrößte oder Halbschlagsglocke, die beiden näch.stfolgenden
und die kleinste Glocke verzeichnen zusammen das Antiphon Salve regina^)
mit Ausnahme der vorletzten Strophe.
Auf der Halbschlagsglocke steht: .f^alUC ® rcgiina ® matcr »**
niiKricorbic ® uita ® duiccbo ® et ® \vti 513 noftra 51? failic ® ab ^
tt ^ cianiaimiG 512 +
auf der drittgrößten: ):ulCG ^ fnll^) ?!3 CbC 5l3 ab ^ tC 5t? fUGpiramll!^ St?
gcincntcö si? et ?!3 ficntc^ 5^ un ^ ijac ^3 iacriniaruni 50 balle +
auf der viertgrößten: epa ^St ergo i'i at ^% UDcata*') f^ noftra %-i
pHos f^ tiiD^ i'* nmfericorbe^ i*f oculo^ i% ab i-i noe %% conberte ^-i +
auf der kleinsten: o 5I3 CiemcnG ?!3 0 5!3 pia 5!3 0 ^3 bUlCI^ Sfe lliarita 5S3 5i3
a ^ ^f3 ^ nien 5J3 Ht*
Auf der 1508 datierten zweitkleinsten Glocke schließlich steht zu lesen:
öabe linbc benjügen alle bcne icft nnit nmneni fiijalle Ijinricli ban
ftanipen anno biil üc • biii +
1) 300X 5 + 2 X 5 = 1510.
■'') Abgebildet und beschrieben bei Hoffmann, Gesch. der freien und Hansestadt Lübeck H,
Tafel II No. 18 und S. 226.
^) nete statt nete.
*) Daniel, Thesaurus hymnologicus 2, S. 321.
^) :^ exules filii.
®) statt advocata.
440 DIE MARIENKIRCHE.
19. Die bereits im anderen Zusammenhange (S. 255) erwähnte Stunden-
glocke des astronomischen Uhrwerks mißt bei 19 cm Höhe 27 cm im
unteren Durchmesser. Ihren Hals umgeben drei Reifen. Zwischen den beiden
oberen steht:
Viuuo bni + in ° an + j:iiii° ° miit ° rtoöc ° üun + iü gc + raticti +
l)inrili - öolößcran ° Ijeft ° my + ijt ° nuicct - nuiria ° Ijclf +
Die beiden unteren Reifen schließen einen schmalen, aus kleinen vier-
blättrigen Blüten gebildeten Fries ein; nach unten hin folgt ein zierlicher
Bogenfries.
Altarvorhänge.
Den ältesten im Gebrauch befindlichen Altarvorhang aus karmoisinrotem
Sammet hat nebst zwei gleichartigen Schemeldecken und einem Meßgewand
(vgl. S. 442) der Ratsherr Thomas Friedenhagen gleichzeitig mit dem Altar
gestiftet. Er ist vorne und an den beiden Seitenteilen von einem i 5 cm breiten
in Silber gestickten Rankenwerk mit großen goldenen Blüten eingefaßt, ferner
ist mitten auf der Vorderseite das in Seide, Gold und Silber gestickte Wappen
des Stifters (vgl. S. 201) zwischen zwei Palmenzweigen und der Jahreszahl 1697
aufgenäht. Die Schemeldecken zeigen die gleiche Einfassung.
Am Schluß der Abrechnung über den von Thomas Friedenhagen ge-
stifteten Altar (vgl. S. 200) heißt es:
»Pr. dem Seidenkrahmer Andreas Ohm zahl[t] für 38 Ellen roth Sammet
mit Linnen zu das Altharlacken und Meßgewand 360 ^.
Pr. dem Perlensticker Hans Hanneman für das Altharlacken und Meß-
gewand zu sticken mit dem Gold und Silber bedungen 800 ^. Pr. seiner
Tochter Biergeld 30 ^, seiner Frau 10 ^, 840 ^.
Pr. ein silbern Hacken in das Meßgewand S -^ T fS.
Pr. 17^/4 Ell. Hollandsch Linnen zu dem Priesterhembd ä 3^ 53-^4 1^.
Pr. II Ell. Spitzen um das Altharlacken a 3 ^ 8 |^ 38 # 8 |^'.
Pr. das Priesterhembd und Altharlacken zu nehen 4 ^.«
Ein weiterer Altarvorhang und zwei zugehörige Schemelüberzüge sind
aus violettem Sammet gefertigt und mit schweren Goldfransen besetzt. Die
Stoffe hierzu sind 1806 vom neuerwählten Bürgermeister Matt he us Rodde
namens der Erben seines Schwiegervaters, des Bürgermeisters Joachim Peters
(gest. 1788), der Kirche geschenkt, verarbeitet sind sie jedoch erst 1825.
Der jüngste, aus purpurrotem Sammet mit Goldstickerei bestehende Vor-
hang sowie zwei zugehörige Schemeldecken stammen aus dem Jahre 1905.
Dem Museum überwiesen ist ein gelbseidener golddurchwirkter und
moirierter Altarvorhang von 1723 und zwei Schemeldecken vom gleichen
Stoff. Sie zeigen als einzigen Schmuck eine in Silberfäden gestickte Borte
aus Blüten und Ranken. Kulturhist. Museum 1893/82 a — c.
Im WB. heißt es 1723, 18. W. n. 0.stern (JuU 25 — 31): »Ingl. Sr
Magnif. Hern Burgem. Rodden Mägdgen für die gekauffte 32 El. goldnen
Mohr zum Althartuche und Schemeln das Geld zugestehet ä El. 4 #, thut
128 .^;« 1723, II. W. n. Michaelis (Dezember 12 — 18): »An C. M. Müllern
für die Althardecke und Schemeldecken zu sticken gegeben und zwar für
DIE MARIENKIRCHE. 44 1
30 V2 Kl. ;i 5 /; , tluit 1 5 2 V-' -§■ , hierauf luilt sie in der 4. Worhc luicli
Mich. empf. 60 fi, heute den Rest 9272 •^.«
Ein Kircheninvenhir von 1581') verzeichnet folgende nicht mehr
vorhandene Stücke:
1. »Eine liste, so nicn ujipe de teste unune dath hoge altar gebruketh,
darujip an sultVer und vorguldeth wycht 6 niarck lodych 6 lodth '/- (|uentin.
Anno 1543 van der karcken getugeth und vorbetert, kosteth summa de \ f)r-
beteringe 148 ^ 15 |5'.« Das Wochenbuch bestätigt diese Angabe durch
folgende Eintragung des Werkmeisters Lorenz Johannsfen unter 1543, 1. W.
n. Weihnachten (1542 Dezember 31 — 1543 Januar 6): Item l.so letli yck
iith bovele myner heren vorstenderen ene lysten vor dath hoghe altar maken,
woch 6 -^ lodich unde 6 loth V2 cjuentyn, yt loth 26 |^, is to gelde 165 ^
1 5 J5' 3 «3i; del?i hebbcn my de vorstender an suher uth der gervekamer
darto gedan is 17 loth, darvan hefft de goldsmyt \t loth angenamen vor
I ^, is 17 -^, hirto reß ehme, welker yck ehme ghegeven hebbe, is
148 # 15 f^'-«
2. »Eine liste um dath hoge altare anno 1549 van der karcken gelde
getugeth.« Das WB. berichtet über diese Anschaffung unter 1549, 9- W- n.
Weihnachten (Februar 24 — März 2): »Item des sonavendes noch myt Tomaß
Dreyger unde selygen Hynrick Dreygers gesellen gerekenrh des smydes halven
to der altarlisten, so my de borgermester her Antonius van Stiten bevalen
hefft maken to laten; so hefft he, sovele de arbeyt belanget to makende unde
myt mynem golde to vorguldende, vordenth is 30 ^. Item so is darup vor-
guldet, dat ick darto gedan hebbe, 12 engelott^) unde i Hinricusnobel, is
to gelde 56 ^ 12 j^'. «
3. »I vorhanck tho dem hogen altare van i gülden stucke.«
4. »I vorhanck van roden sampt thom hogen altare.« Im Rechnungs-
buch der Kirche von 1529 — 60 heißt es (Bl. 87) zu 1533: »Item 6 rode
hilgenmantels flowel myt gülden Sternen besticket gedan Lauentio to eynem
vorhengelse tome hogen altare.«
Meßgewänder.
Von den überaus zahlreichen liturgischen Ge\\ändern der Marienkirche
aus katholischer Zeit haben sich nur wenige Reste erhalten. Es sind:
I. Der prächtige gelbe rotdurchwirkte Seidenbrokatstoff eines alten
Meßgewandes. Das Muster zeigt zwischen dicht verschlungenen Ästen ab-
wechselnd Blüten und drei ineinandergeschlungene Ringe mit strahlenden spitz
geschliftenen Edelsteinen. Der Stoff ist 1760 aufs neue zu einem Meßgewande^)
verarbeitet, das mit einer schmalen Silberborte eingefaßt und auf dem Rücken,
ebenfalls in Silber, mit dem Namen -in- inmitten eines Strahlenkranzes bestickt
ist. Kulturhist. Museum 1893/81.
Das Vorsteher-Protokoll 1713— 1832 berichtet (Bl. 58): »1760 Okt. 5
ist von den auf dem Wercksahl hegendes (!) von Brocade Meesgewandt ab-
genomen, wovon ein neues verfertiget und am Altar geliefert, welches mit
1) Rentebuch 1 581 — 1647, Bl. 250.
'•') Goldmünze mit dem Bilde eines Engels; sie galt 1546 4 ^ 4 /3, 1579 4 ^ 10 /J;
Schiller und Lübben, Mittelniederd. Wörterb. I, S. 663.
^) Der Gebrauch der Meßgewänder wurde in Lübeck mit dem Pfingstsonntage 1791
abgeschafft.
442 DIE MARIENKIRCHE.
neu silbern Canten gezieret und ausgewircket, so durch Wittwe Brunsche für
9 "^ gemacht worden.« Außerdem wurden dem Hauptbuch zufolge 1760
Dezember 15 an »H. Vorsteher Wöhrmann wegen Meßgewand (!) bezahlet
51 #•«
2. Ein zu einer 3,45x0,78 m großen Decke zusammengestückter
gelber mit rotem Granatapfehiiuster durchwirkter Seidenbrokatstoff und ein
gleicher, ganz ähnlich gemusterter, zu zwei sackförmigen Schemelüberzügen
verarbeiteter Stoff. Der Decke sind die je von einem aus breiten Gold- und
Silberstreifen geflochtenen Ringe umrahmten gestickten Wappen der Familien
von Wickede (vgl. S. 359)^) und Dartzow (auf goldenem Felde ein schwarz-
weiß geschachter Schrägen, dessen oberer Winkel einen Mannesrumpf mit Kopf-
binde einschließt) aufgenäht, während von den beiden Überzügen der eine das
von Wickedesche, ^) der andere das Dartzowsche Wappen inmitten einer gleich
ihnen aufgenähten goldgestickten Dornenkrone trägt. Die Stoffe sind zweifellos
von dem 1501 gestorbenen Bürgermeister Hermann von Wickede und dessen
Ehefrau Mathilde geborene Dartzow (vgl. S. 424) gestiftet. Kulturhist. Museum
1893/833— c.
Dem Kircheninventar von 15S1 zufolge befanden sich u. a. in einem
Schranke beim Hochaltar »ein missegewanth van einem golden stucke,
daruffe der Wyckeden und Daßouwen wapen« und in der Gerwekammer
»2 diackenrocke van rodem geblomden sampth myth i golden grunth,
2 alffen, 2 omytten, 2 stolsye, (!) 3 armbande under Wyckeden und Daßowen
wapen;« Rentebuch 1580 — 1647, Bk 250, 252.
3. Als Schmalseiten sind den beiden eben angeführten Schemelüber-
zügen je zwei 60 cm hohe und 14 cm breite schön gestickte Streifen eingesetzt,
die wahrscheinlich ursprünglich als Besatz einer Kasula gedient haben. Sie
zeigen untereinander je zwei Heilige unter einem von seitlichen Säulen ge-
tragenen geschweiften Krabbengiebel vor einem architektonischen Hintergrund.
Die Heiligen sind:
a) Maria mit dem Kinde und ein Heiliger mit unkenntlichem Attribut.
Zu den Füßen der letzteren Figur ist ein Wappenschild aufgenäht,
von dem jedoch nur der Goldgrund erhalten ist.
b) St. Barbara und ein an das St. Patroklusgemälde (S. 321) erinnernder
geharnischter Heiliger mit übergehängtem Mantel. Die Tartsche
an seinem linken Arm zeigt auf rot-weiß geviertem Grunde einen
goldenen Löwen.
c) St. Anna selbdritt und der Evangelist Johannes. Ein zu unterst auf-
genähter Wappenschild stellt auf Goldgrund einen aus grünem Schild-
fuß wachsenden roten Löwen dar.
d) St. Katharina mit dem Rade, jedoch ohne Schwert, und St. Georg,
der das Schwert gegen den Drachen schwingt und in der Linken
eine Tartsche ohne Wappenbild hält.
') Die unlere Schildhälfte zeigt jedoch grünen statt des sonst üblichen blauen Grundes.
DIE MARIENKIRCHE. 443
Das schon erwähnte, 1697 \()n Thomas l'^riedenha^en »geschenkte
Meßgewand (vgl. S. 440), welches vorne das übliche Gabelkreuz zeigt, ist
mit dem gleichen Rankenwerk wie dessen Altarvorhang eingefaßt. Den ganzen
Rücken bedeckt Stickerei in gröberer Ausführung. Zu oberst ist der Name
lESVS in einer ovalen Glorie angebracht, die von einem abwechselnd mit
Engelsköpfen und Sternen besetzten VVolkenkranzc umgeben wird; in der
Mitte halten zwei schwebende luigcl mit Palmcnwedeln einen Lorbeerkranz,
der ein flammendes Herz umschliel.U; zu unterst sitzen zwei Tauben auf zwei
gekreuzten Palmwedeln. Kulturhist. Museum 1891/S0.
Gotteskasten.
Die Kirche besitzt drei Gotteskasten aus vorreformatorischer Zeit, näm-
lich zwei mit schweren Eisenbändern dicht beschlagene hölzerne Truhen, deren
eine im 16. und 17. Jahrhundert als »de buwkiste, so by der doepe steit,«
oder ähnlich bezeichnet wird, und ein viereckiges kleines eisernes Kästchen,
das von alters her neben der hölzernen Bildsäule mit der Goldmulde angebracht
(s. Abb. S. 312) und wohl gleichzeitig mit ihr gefertigt ist.
Totenbahren.
Die Tragebalken sind aus Eschenholz, das übrige aus luchenholz. Der
Grund ist schwarz gestrichen, die Verzierungen jedoch bunt bemalt und meist
mit spärlicher Vergoldung versehen.
1. Mittelgroße Bahre. Die 2,98 m langen Tragebalken, deren einer
außenseitig die eingeschnitzte Jahreszahl 1639 zeigt, enden in Knäufen; an
einem derselben hat sich ein vorgesetzter Engelskopf ^) erhalten. Den Füßen
sind Hermenpilaster vorgelegt, neben denen in barockem Schnörkelwerk aus-
gegründete Zwickel eingeschoben sind. Kulturhist. Museum 1893/217.
Das WB. enthält unter 1639, 3. W. n. Neujahr (Januar 13 — 19):
»Donnerstag Hans Goetken unsen Kirchenmahler für eine neuwe Todtenbahre
anzustreichen und die Bildecken daran vorguldet geben 7 -^.«
2. Einige Jahrzehnte jünger ist eine Kinderbahre mit 2,56 m langen
Tragebalken von obiger Form. Neben den Hermenpilastern der Füße sind
je zwei halbgroße, unter der Last eines barocken Schnörkels vornübergebückte
Putten angebracht. Kulturhist. Museum 1893/218.
3. Große Bahre. Die 4,98 m langen Tragebalken endigen in Tier-
köpfen. Die Füße schmückt außenseitig Band- und Blattwerk, das die zu
einem Monogramm vereinigten Buchstaben HSK umschließt; auf ihrer Innen-
seite ist ANNO 1716 eingeschnitzt. Kulturhist. Museum 1893/216.
4. Große Bahre. Die 5,32 m langen Tragebalken, auf deren einem
ANNO 1734 eingeschnitten ist, endigen in Engelsköpfen. Den Füßen ist
Rokokoblattwerk mit den Halbfiguren zweier schwebender Engel und darüber
die Kirchenmarke vorgesetzt. Kulturhist. Museum 1903/150.
1) 1697, 12. W. n. Neujahr (März 14 — 20) wurden »Meister Johan Jacob Budden dem
Bildlhauer alhie für 9 Leichbahren mit iS neuen Engelliöppffen und 2 Bildern zu besetzen, auch
was sonsten an denselben zu repariren nöthig gewesen gemacht, zahlt 18 ^.«
444
DIE MARIENKIRCHE.
5. Große Bahre. Die 5,20 m langen Tragebalken mit dem einge-
schnittenen Datum ANNO 1734 endigen in Löwenköpfen. Den Füßen ist
Rokokoschnitzwerk vorgesetzt. Auf dem Gewölbe über der großen Orgel.
Fahnen.
Eine über der eisernen Ankerstange zwischen dem ersten Norderpfeiler
des Langhauses und dem benachbarten Chor-
pfeiler aufgehängte dänische Schiffs-
flagge (Abb.), das älteste überhaupt vor-
handene dänische Feldzeichen, ist 1427 von
den Lübeckern in ihrem und der benach-
barten Hansestädte Kriege gegen König-
Erich den Pommern erbeutet. ^) Die stellen-
weise vermoderte Flagge, welche in der
Länge 3,80 m, in der Breite 1,42 m mißt,
ist aus drei Stücken groben Leders zusammen-
gesetzt und auf beiden Seiten mit den
gleichen Figuren und Wappen in stark ver-
blichener Ölfarbe bemalt;^) außerdem sind
am äußeren Rande zwei (auf der Abb.
nicht mit enthaltene) Quadrate roten Flaggen-
tuchs in geringem Abstände voneinander
angestückt. Das erste, innere Feld der
Flagge, das um etwa ein Sechstel seiner
ursprünglichen Länge verkürzt und jetzt von
nahezu quadratischer Form ist, zeigt auf
weißem, schwach mit roten Rosen besätem
Grunde die Madonna und den mit Pilger-
stab und Muschel bezeichneten Apostel
Jakobus Major. Die übrige bemalte Fläche
wird durch das 8 cm breite weiße Danebrog-
kreuz in vier schwarz umrandete Felder zer-
legt. Diese enthalten: i. das alte dänische
König.swappen , drei blaue Leoparden in
gold, 2. das schwedische Wappen, drei
goldene Kronen in blau, 3. den goldenen
norwegischen Löwen mit der Axt in blau,
4. einen schwarzen Greif in rot, der entweder,
Dänische Schiffsflagge von 1427.
^) Vgl. H. Petersen , Et Dansk Flag fra Unionstiden i Maria-Kirken i Lübeck (Kopen-
hagen 1882) mit Abbildung der Flagge nach einer von Prof. Magnus Petersen 1881 für das
Nationalmuseum in Frederiksborg genommenen Kopie. Eine weitere, ebenfalls 1881 vom Maler
Ch. P. W. Stolle auf Leinwand in natürlicher Größe angefertigte Kopie, die in der Bürgermeister-
kapelle aufbewahrt wird, liegt der obigen Abbildung zugrunde.
^ 157 1 Juli 30 wurde »myt dem maier Sylfester fan SwoUe gerekent for de banner yn
der kercken uptomalen 7 ^j« WB,
DIE MARIKXKIRCIIK. 445
König Erichs Abstammung gemäß, als das Wappentier des pommerschen
Fürstenhauses zu deuten ist oder^) den dänisciien Künigstitel lex Sclavorum«
ausch'ückt.
Eine zweite Schiffs flagge, die des Seeräubers und dänischen Partei-
gängers Martin Pechlin, welche die Kapitäne Karsten Tode d. Alt. von
Lübeck und Klaus Went von Wismar mit heimkehrenden Bergenfahrcni am
3. November 1526 östlich von Kap Lindesnäs erobert hatten,^) hing ehemals
über der nördhchen Hälfte des I^ergenfahrergestühls nahe unter der großen
Orgel. Einer getuschten Abbildung in der Rehbeinschen Chronik^} zufolge
bestand die Flagge aus sechs abwechselnd violetten und hellgrünen Längs-
streifen. Schon zu Anfang des 18. Ldirhunderts waren nur noch die Stange
und wenige Tuchfetzen übrig.
Schließlich sind die Fahne und die Standarte des lübeckischen
Kontingentes der hanseatischen Legion von 18 13, welche am 19. Oktober 18 14
feierlich in die Kirche überführt wurden, an der Westseite des ersten .Süder-
pfeilers aufgehängt (vgl. den Lichtdruck zu S. 127). Die weißseidenen Feld-
zeichen tragen auf beiden Seiten das rote Hanseatenkreuz und in den inneren
backen je einen lübischen Adler; auf der einen Fläche hat das Kreuz die
L^nterschrift (Sott uüt uns!, auf der andern in seinen oberen Winkeln die Jahres-
zahl 1813 und die Unterschrift Dout)'d]Iaub ober üob!, alles in Gold gestickt.
Das Kirchenarchiv.
L'nter den zahlreichen Bänden des Kirchenarchivs befinden sich einige
in gepreßte Lederdecken gebundene, die jedoch kaum von kunstgeschicht-
lichem Literesse sind.
ALt bunt gemalten Vorsteherwappen sind auf ihren ersten Blättern
dreizehn der von 1531 — 1834 reichenden Wochen- oder W^erkmeister-Rech-
nungsbücher geziert, nämlich diejenigen über die Jahre 1647 — 53, 1654 — 61,
1662—69, 1670—77, 1686—95, 1705— IL 1712—22, 1723— 33> 1734—44.
1745 — 53, 1754 — 61, 1762 — 72 und 1773 — 88. xA.m sorgfältigsten sind die
im jüngsten dieser Bücher enthaltenen Wappen ausgeführt.
Abgebildet sind die Wappen folgender Kirchen\orsteher:
Bürgermeister Dr. Christoph Gerdes (zweimal) . . . Vorsteher 1641 — 61
Ratsherr Hermann von Dorne (zweimal) -- 1645 — 52
als Bürgermeister '- 1661 — 65
Ratsherr Matthäus Rodde sen. (viermal) = 1644 — 69
als Bürgermeister = 1671 — 77
Cordt von Wangers '- 1639 — 47
Hieronymus Prünsterer (zweimal) = 1648 — 61
Hermann von Lengerke, seit 1654 Ratsherr (zweimal) . -- 1654 — 68
Bürgermeister Dr. David Gloxin = 1669 — 71
Ratsherr Caspar von Deging = 1670 — 80
^) Wie Petersen, a. a. O. S. 41 ff., für wahrscheinlicher hält.
''') Vgl. Hansische Geschichtsblätter 1876, S. 91.
^) Handschrift der .Stadtbibliothek, S. 649.
446
DIE MARIENKIRCHE.
Thomas Plönnies Vorsteher 1668 — 78
Matthäus Rodde jun = 1670 — 74
Bürgermeister Johann Ritter - 1689 — 1700
Ratsherr Dr. Heinrich Balemann . = 1682 — 93
Anton Brandes = 1676 — 88
Thomas Friedenhagen, seit 1692 Ratsherr (zweimal) . = 1681 — 1709
Bürgermeister Dr. Anton Winckler - 1701 — 07
Ratsherr Gerhard Ritter (zweimal) = 1689 — 17 17
Jakob Hübens, seit 17 15 Ratsherr (dreimal) .... = 1699 — 1731
Bürgermeister Johann Westken -- 1707 — 14
Adolf Brüning = 17 12 — 14
Bürgermeister Adolf Matthäus Rodde = 171 7 — 29
Nikolaus Carstens, seit 1728 Ratsherr (zweimal) ... = 17 18 — 35
Dietrich Fritzmann = 1724 — 28
Bürgermeister J. U. L. Heinrich Balemann (dreimal) . = 1730 — 50
Diedrich Jürgen Qualmann = 17 33 — 44
Christian David Evers = 17 33 — 4°
Ratsherr Hermann Woldt = 1736 — 48
Hermann Brüning, seit 1749 Ratsherr = ^743 — 60
Johann Gerhard Fürstenau, seit 1749 Ratsherr (zweimal) = 1748 — 54
Ratsherr J. C. Johann Friedrich Carstens (zweimal) . . = 1748 — 50
als Bürgermeister = 1758 — 61
Bürgermeister Heinrich Rust (zweimal) = 1750 — 57
Hinrich Wöhrmann (viermal) = 17 5° — 85
Ratsherr Johann Caspar Ausborn = 1756 — 61
Ratsherr Heinrich Diedrich Balemann -■ 1760 — 61
Nikolaus Barward Mentze (zweimal) = 1761 — 63
Bürgermeister Daniel Haecks (dreimal) = 17 61 — 78
Ratsherr Johann Christoph Plesfing (zweimal) .... -- 1761 — 73
Ludwig Philipp Roeck (zweimal) = 1764 — 9^
Ratsherr Wilhelm Carl Krupp -- 17 73 — 74
Ratsherr Joachim Matthäus Lütkens ■ = 17 74 — 7 7
Gotthard Friedrich Carstens = ^777 — 80
Bürgermeister Georg Wilhelm Detharding = 1778 — 82
Ratsherr Anton Diedrich Wilcken = 1780 — 90
Bürgermeister Joachim Peters = 1783 — 88
Johann Nikolaus Weltner = 1786 — 1802
Als Maler der vier Wappen des 1686 angelegten Wochenbuches
(Ritter, Balemann, Brandes, Friedenhagen) wird Johann Hinrich Schwartz
genannt,^) während von den zehn Wappen des jüngsten Wochenbuches vier
*) »Noch habe vorn in diesem Buche altem Gebrauch nach der jetzigen Herrn Vorsteher
Wappen lassen machen, darvor Hanß Hinrich Schwartz zahlt 4 ^;« WB. 1686, 3. W. n. Neujahr
(Januar 10 — 16). »Johan Hinr. Swartze Maler« war 1682 Mai 4 Bürger geworden; St.-A.,
Bürgermatrikel.
DIE MARIENKIRCIIH.
447
aus dem Jahre 1773 (Haecks, Krupp, Wöhrmann, Roecks) und eines aus dem
folgenden Jahre (Lütkens) vom Konterfeier und Porträtmaler Johann Philipp
Bleiel, ^) die fünf letzten 1779 — 1787 von »Friese« verfertigt sind.^) Die
übrigen Wappen scheinen, da sie in den Wochenrechnungen nicht aufgeführt
werden, von den jeweiligen Kirchenmalern herzurühren und unter den Jahres-
rechnungen dieser Handwerker beglichen zu sein. Als Kirchenmaler an
St. Marien sind für den betreffenden Zeitraum nachweisbar: Hans Goetke
(1639 — 50), Jochim Hagen (1650 — 52), Gebert P'ajen (1653/54), Kort
Eßegern (1654 — 68), Jürgen Kunkel (1669 — 76), Jochim Dencker (1677 — 86),
Anton Wortmann (1689 — 1727), Jürgen Hinrich Rave (1628 — 38), Johann
Gottlieb Alexis (1639 — 41) und Berend Watzen (1742 — 73).
') Johann Philipp Bleiel, der 1756 Februar 28 zum Freimeister zugelassen wurde und
1775 starb (St.-A., Malerakten), erhielt 1773 September 20 — 26 für die vier ersten Wappen 24 ^,
und 1774 März 14 — 20 für das letztere 6 ^.
^) Friese erhielt 1778 Juli 13 — 19, 1779 April 12 — 18, 1781 Januar 8 — 14, 1784
März 15 — 21 und 1787 November 12 — 18 für diese Wappen je 6 ^.
Das »steinalle Männchen«
(vgl. S. 316).
Personen -Verzeichnis.
Abkürzungen: BM = Bürgermeister, RH = Ratsherr.
Ehelrauen sind ohne Rücksicht auf die alphal^etische Reihenfolge der Vornamen liinter ihren
Ehemännern aufgeführt.
deren Wappen
241.
207.
Achelitis, J., ('ilasermeister 177, 184.
Acken, v., Dorothea 325.
= Hinr. 325.
= Thomas 325.
Aebell, David, Organist 60.
Herrn., Organist 60.
Albert IL (^Suerbeer), Krzbischof \on
Riga 15 5;
Aldach, Martin 431.
Alen, V., Famihe 335
187.
■- Eberh., RH
= ' Eberh. 166,
'- Holt, RH 166 f.
-- Nikol. 166, 207.
Alexis, Joh. Oottl., Maler 447
Allen, V., Herrn., BM 338.
Sophie 338.
Altwein, Aug., Maler 89.
Angermann, Hans ig6.
Apengeter, Hans, Gießer 239,
Arens, David 163.
Margaretha, Meisterin im Heil.
Geist-Hosp. 485.
Simon 95.
Katharina 95.
Attendorn, v., Familie 335.
'. - Volmar 15.
Ausborn, Joh. Caspar, RH 247, 446.
B.
241.
Bade, Kerstian 211.
Baexs, Joh., Notar 313.
Bagge, Joh. Friedr. 104.
0" 1643)
446.
379,
446.
Balemann, Alb., Tastor 334.
Heinr., Dr. , " RH
330, 369 f., 376,
Heinr., BM (f 1750)
43O' 446, 487-
Heinr. Dietr., BM 380,
Bardewich, v., Alb. 204.
Barsdau, Hinr. 1 )iedr., Werkmeister 36 f.
Bartels, Dietr., RH 366 f.
Engel geb. Poorten 367.
Agneta geb. Siembsfen 367.
Basedow, Dietr., RH 41, 49.
Bauer, Ferd., Vergolder 76.
Bauert, Barthold 104.
Beckemann, Hans, Maler 52.
Becker, Joh. Herm., Pastor 380.
Beermann, Ulr. 65.
Behncke, Stephan Hinr., BM 104.
Beisner, Christian 65, 104.
Beke,- v. d., Bernt 24.
Belhngkhoff (Belckhaven), Ant., Krämer
60, 81, 93.
Katharina 81.
Ben, Hans, Schifter 320.
Bengellstorpp, Jochim, Maler 105.
Benneke, Jasper, Kronengießer 408.
Benning, Alb., Ratsgiei^er 433.
(Benengk, Benneckhen), Mat-
thias, Ratsgießer 108, 136,
412, 437 f-
Benser, Arn. Gottfr. 104.
Berck (Barck), Tidemann, BM 130 169,
177, 192, 200, 289, 335,
394, 481, 486, 494;
Wappen 130.
32*
500
PERSONEN-VERZEICHNIS.
Berck (Barck), Elisabeth geb. Möller
1/7. 200, 394 f.
Bere, Heileke 360.
= Joh., BM (-r 1451) 335-
- Joh. (t 1457) 335.
. Joh., RH (t 1508) 335.
= Luder, RH 233, 335, 388.
Berg, Hans Jürgen, Goldschmied 98,
431-
Berskamp, Joh. 33, 30.
Bevenrodes, Anna 431.
Beyer, Hinr., Mauiermeister 25, 43.
Biester, F. B., Werkmeister 32, 31:), 71.
Bilderbeck, Herrn . 104.
Black, Matthias, Konterfeier 334, 358!'.,
361.
Bleiel, Joh. Phil., Konterfeier 446.
Blohm, Jürgen 104.
Blom, Luder, Töpfer 174.
Blomenrod, Nikolaus 335.
'- Tidemann 160, 335.
Rixa geb. v. Alen 166 f.,
184. ö'^l^-
Boetke, Hans, Maler 105.
Böhme, Joh. Georg, BM 104.
Böckmann, Joh., Fastor 332.
Boldt, Heinr. Friedr., Tischler 57.
Bolte, Herder 209.
Bom, Marquard 15.
Bomhauer, Bernt, RH 407.
Bone, Joh., Kaufmann 225 f.
Bonhorst, Detlef 188.
Bonnus (Bonnius), Arnold, BM 75, 92,
97, 103, 311-
■' Herrn., Superintendent 337.
Bording, Jakob, Dr., BM 348, 412.
Börm, H. N., Stadtbaumeister 142.
Bornefeld, Matthias, RH 80, 103, 299.
Boy, Diedr. Jürgen, Bildhauer 53, 302,
421.
= Joh. Dan., Bildhauer 243.
Boye, Matthias, Vikar 17.
l>oystorp, Conr., Priester 16.
Hranderus, Christian, Tischler 301.
Brandes, Ant. 245, 446.
Brant, Konrad 466.
Brawe, Hans 30, 31.
r>remer, Heinr. d. Alt. (f 1636) 163,
266, m> 400, 420.
= Elisabeth geb. Paschen 266,
333, 400, 420.
Heinr. d. Jung, (f 1684) 2>IZ-
Anna geb. Bartels 2)ZZ-
Brekewold, Conr., BM 19, 21.
Brettschneider, F. E., Gelbgießer 47.
Brokes, Hinr., BM (j 1623) 103, 350.
Hinr., Dr., BM (f 1773) 104,
380.
(Brockes^ Joh., BM 103, 276,
399- 431-
■' ■- Katharina geb. Köh-
nen 399.
Otto, BM 103, 356.
Broling, Joh., RH 18, 2^5.
Ih-ömbse, v., Dietr., RH (j 1508) 288.
■■ Margaretha geb. Bere 288,
364-
= Dietr., RH (f 1638) 254,
354-
» Dietr., RH, später Reichs-
hofrat (f 1671) 162.
-- Gotthard, RH 356, 364.
'- Heinr., Dr., BM (f 1502)
345-
= ■- Elisabeth geb. Westphal
345. 364-
« Heinr., RH (t 1563) 288,
338.
= = Heinr., 104.
= Nikolaus, BM 345.
= Margarethageb. Berck 345.
= Wappenbeschreibung 189,
354-
Brügen, v. d., ^L^gdalena 487.
Brüggen, v. d. (^de Ponte), Gotfried 466.
: - : -. Siegfried, RH
466.
Brüning, Adolf, RH (v 1702) 374.
Adolf, Kaufmann (j I714) 46,
f., 10
i74, 434. 44^'-
Herrn., RH 247, 254, 446.
= Nikolaus 22, 104 f.
Anna Magdalena 22.
Wappenbeschreibung 374.
Bruns, Beruh. 487.
Bruscowe, Joh. 209.
Brusewindt, G. F., Bildhauer 236 f.
Buchwald (Bocwolde), v., Detlef, Ritter
203.
Bück, Hans, Zimmermann 109.
Bücken, v., Herm. 12.
Budde, Joh. Jak., Bildhauer 443.
Buesch, Klaus, Töpfer 174.
Buffgen, Kilian, Konterfeier 61.
Bulle, Gerd, Tischler 248.
Büneckau, H. (;., Dr., BM 169.
PERSONKN-VERZP.ICHXIS.
501
lJurckart, Ciottsclialk, ( )rgell)aucr 60 f.
lUirdeer, Matthias, JJcrgenfahrer 314.
llurghardi, Adde Beruh., Pastor 78.
lUisk, Hans, Kleinschmidt 50.
üusinck, Baltzer, Kujiferschmidt 115.
lUisuKin, Anch., RH ^(j.S.
Ccrtrud geb. Meßmann 398.
Müsse lien, \., Maria 363.
liutepage, Hans, 163, 285.
l'.uts (Biitten\ Dorothea, MeistcMin im
HeiL-(ieist-Hosp. 485 f.
Buxteluide, Familie 286.
C siehe K.
D.
Hahms, J. H., Stuhlmacher 302.
I )ale, xiim, (lerh. 15.
Damert, Hinr., Steinhauer 1 1 3 f .
Darssow, Familie 132, 335.
Joh., RH 210, 305.
Dassel, v., Alb., RH 355, 357.
'- Katharina geb. Plönnies 357.
Dax (Dakes), Michel, Maler 48, 105,
117, 346.
Deging, v., Caspar, RH 36=;, 403, 445.
Dehling, David 487.
Maria 487.
Dehnal, Jost, Konterteier 81 — 84, 8q,
3-5' 3o8. 340. o'^^o-
Dencker, Jochim, Maler 447.
Detl)arg, Lor., Goldschmied 98.
Detharding, Georg Wilh., Dr., BM 104,
446.
Dettcn, y., Anna 363.
Dieck (Dieke), vam, Joh., RH 75, 95,
T03.
Diemant, Ant., RH 49.
Dietrich (Arndes\ Bischof von Lübeck
257- 322, 460.
Dietz, Jochim, Goldschmied 430, 487.
Dinningh, Ludeke 163, 208.
Dinxlaken, \., Daem 313.
F)ivach, Joh. 487.
Dives (Divessen\ Hinr. 166.
(Divitzen), David, BM 166.
Wap])enbeschreibung 189.
Dobberan, Hinr. Glockengießer 440.
1 )orendörp, Hans, Maler 105, 118.
Dorne, v., Herrn., BM (r 1594"^ 343,
37 5-
= Herrn., RH [;]- 1607) 344,
375-
Dorne, \., Ilcrm., B.M 1 v 1665") 356,
3 .S ' ' . 3 7 5' 437' 445-
Herm. Hinr. 376.
Hieron., Ü.M 370, 374 ft".
= Konr., RH 367 f.
Kathar. geb. Clcncke 3(17 f.
Luder 416.
= = Wa|)penbes(hreibvmg 343.
Ddrtinund, v., Hinr. 16.
I >rc\ cn>tede, Georg, Pastor 88.
Dre\er, ücnedikt, lÜIdschnitzer 191,
312 f., 408.
= Joh. Hcinr., UM -,2, 77, 104,
401 .
= Kristina geb. Langlotzen 401.
Dreyger, Hinr., Goldscjnnied 441.
'J'homas 441.
Dubbe, Herm. 91.
Dudessche, Tidemann 242.
Dürkop, Konrad, BM von Riga 336.
Düsterhop, Katharina 357.
Duvensee, Hinr. 31.
E.
Fxkhoff, Herm., Seidenkrämer 236 f.
Dorothea geb. Bulmering 236 f.
Eggers (Eggerdes), Hans, >raler 117,
245-
FMcksmann, Herm. 486.
Eiseier, Benedix, Maler 62, 90.
Elers, F5arthol., Domherr 213.
Elleroht, Herm. Andr. , Bildhauer 62,
300 f.
Elpen i^Lennepen), v., Caspar 330.
= = = Hans 414.
< = = Hinr. 414.
= Jasper 414.
FLmsinckhotl', Jürgen, ^^'erkmeister 34,
97. 113-
Engelke, Martin 480.
Engels, Pontius, Kleinschmidt 7,7,.
Erasmi, Christoph Anton, Pastor 77.
Escher, Gottschalk, Maler 75.
Eskenborch, Joh., Prediger 100.
Essegern, Kord, Maler 173, 247, 447.
Essen, v., Hildegund 360.
Evers, Christian David 446.
Tonnies d. Alt., Tischler 65.
: Tonnies d. Jung., Tischler 55,
61, 63, 65.
Evinghusen, Tidemann 345.
IMargaretha 345.
;o2
PERSONEN -VERZEICHNIS.
Paasch, J. J- H., Goldschmied 425.
Fajen, Gebert, Maler 447.
Ficker, Gh. G., Graveur 40g.
Finsten, v. d., Reyner 196.
Fischer, Hans, Goldschläger ^t,.
Floht, H. J., Goldschmied 428.
Flor, Martin, Werkmeister 242, 435, 43g.
Florian, J. Ch. B., Tischler 302.
Focke, Herrn., RH (v 1701) 162, 230,
37 3-
Herrn., kaiserl. Resident (y 1731)
162.
= Hinr., Dr. jur. 374.
Wappenbeschreibung 373.
Förster, J. L. W., Maler 330, 381.
Frese, Bernh. 103.
Hans, Bildhauer 244, 376.
Joh. 203.
Rumbolt 243, 277 f.
Freudenberg, Jakob d. Alt. 18, 22.
Jakob d. Jung. 22.
Friedenhagen, Thomas, RH 200 ff.,
244, 440, 443, 444.
Friese, Maler (.^) 446.
Fritzmann, Dietr. 446.
Frölich, Joh. Christian, Dr. 57.
Fruchtenig, Korth, Maler 316.
Füchting, Joh., RH 244, 254, 353 f.,
420.
= Margar. geb. v. Lengerke
353> 420.
Funk, Joh. Aegidius, Pastor 426.
Fürstenau, Joh. Gerh., RH 254, 446.
G.
Gähd, Joh. Benj., Maurermeister 185,
188 f.
Gallin, Herrn., BM 167 f., 206.
Gättens, Joachim, Tischler 202.
Gehren (Gerden), v., -(Tregor, Maler 55,
ig2, 194.
= Moritz, Maler 48,
55- 192-
Genzier, Martin, Architekt 140.
Gerdes, Christoph, Dr., BM 246, 35g,
402, 437, 445.
Gerken, Joachim, BM 336.
Gerwer, Joh., RH 30.
Getelen, v., Hans 313.
Gewerdes, Familie 7g.
Geysmer, v., Joh. 162, 205.
Ghoer, v., Nik. Konr. 431.
Glandorp, Joh., RH 346 f., 405, 416.
Anna geb. Seling 364.
Glashagen, Ant. 313, 318.
Gloxin, David, Dr., BM 103, 445.
Goetke, Hans, Maler 443, 447.
Goldoghe, Joh. 204.
Gösselke, Adam, Wirt 8g.
Göttinck, Herrn., Bergenfahrer 327 f.
Anna 327.
Elsabe 328.
Götze, Georg Heinr., D., Superintendent
334-
Joh., Prediger 478.
Goyleke, Hinr. 304.
Grabau, J., Architekt 384.
Grahl, Joh. Mich., Maurermeister 43.
Grale, v., (lerh. 453.
Grammendorp, Familie 283.
Grawert, Fritz, RH 7g.
Green, Friedr., BM 104.
Grentzin, Cierh., RH qi.
(jreve, J. AV., Portratmaler 225.
Greven, v., Bernd, Werkmeister 22.
Greverade, Adolf, Domherr 321 f.
Adolf 171, 211.
Hinr. 171, 211, 321 f.
Grimmolt i(rrymmolt), Hinr. 166, 211.
Gripeshorn, Anna 211.
Gröger, PYiedr. Karl, Maler 381.
Groneman (Groman), Kasten, Tischler 54.
Gronowe, Arn. 164.
Groot, Bernh. Lor., RH 104, 108.
Grosch, H. F., Küster roi.
Grote, Albert 17, 22.
Martin 4g8.
Grothe, Lorenz 410.
Grude, Nik., Erzgießer 232 f.
Gruter, Hinr., RH 3g 7.
Dorothea geb. Dives 3g7.
Gruwell (Grüell), (ieorg, RH 70, 103,
105, 113.
= Anna 70.
(iütschow, Carl Abraham 104.
H.
Hacheden, v., Hinr., RH (f 1403) 335.
Hinr.
15'
-. Hinr., Dr., RH (r 1473)
20g, 335.
' Hinr. d. Jung. 202.
Hacks, Elisabeth 165.
PERSONEN- VERZEICHNIS.
503
Haecks, Dan., WM 104, 446.
Hagedorn, Aug. Friedr. 104.
lleinr. 103.
Hagen, Peter, Dr., Syndikus 204, 348.
Klisal). geb. I''al)ricins 34S.
Hagen, jorliini, Maler 447.
J. L. L., Tiscliler 302.
Hagennwer, Anl. 245, 292, 311, 327.
Hake, Ant. 103.
Hakeborn, Alb. 213.
Haleholtsche, Anna 375.
Hamelen, v., IJertold 246.
Hamer, Job., RH 466.
Hamerden, v., Jak. 162.
Hanneken, Balth. (lerh., Pastor 334.
Meno , D., Superintendent
334-
Hanneman, Hans, Perlensticker 440.
Harms, Job. Heinr. 183.
Harmsen, Job. Herm., Pastor 381.
Hartig, Job. ^hittb., Pildbauer 46.
Hasfe, Job., (loldscbniied 429.
Job., Kaufmann, 1S3.
Job. Priester 17.
= Nikolaus i 7 .
Hassenberg, Hier. Jak., Steinmetzmeister
7 7' 377-
Hauttmann, J., Maler 182.
Havemann, Timm, Krcämer 70, 84, 04.
Heidensfeldt, Paul ig 2.
Heise, Godeke 18.
Heiseker, Bartbol. 172, 382 f.
Heittmann, Hans, Dacbdeckermeister
115-
Helms, Adam, Pastor 87.
Helrastede, Markus 410.
Hehvicb, Peter 418.
Hembsen, v., Hans, Maler 353.
rientelmann, Hans, Orgelbauer 62.
Hereke, v., Peter 206.
Hering, Arendt 104, 108.
Bartold, Organist 242.
Hertze, Job., BM 494.
Hesse, Job., Pastor 76.
= Job., Prediger 427.
Hiddinckbusen, Gerb. 213.
Hinckeldeyn, Evert 164.
: Hinr. 164.
Hintze, Herm., RH 46 f, 103.
Hirscb, Val. 431.
Höckel, Dietr. 73 ft".
HoiT, Samuel, Goldscbmied 99.
Hokeis, Magdalena 100.
Holste, Hinr. 480.
Job., Bergenfabrer 170, 210.
Flolslen, W'altcr, Kaufmann 339 t., 413.
Hollbusen, \., P)ertold 164, 207, 387.
= Hildegund 387.
H()()|i, Werner 306.
Hopper, Job. 203.
Horstmanns, Anna 363.
Hövelen, v., Christian 362.
Engel gel). Cle\orn 362.
'- (iottbal-d, BM (t 1555)
97. 337- 345. 362, 397,
427 f.
Barbara geb. Stotebrügge
345- 362, 427 f.
Anna geb. Warmböke 97.
= Gotthard , RH (f 1571)
224 f-, 33'), 345- 383-
Margar. geb. v. Brümbse
224- 345- 362, 383.
■■ Gottbard, 15M (r 1609)
97. 103. 245, 293, 345,
394, 399- 405, 41^'-
Anna geb. Scbilling 345,
394- 399-
= Gottbard, RH (f 1655)
356 f.
Gotthard, BM s])äter Vize-
kanzler (fi67i) 103, 362.
Kathar. geb. Brokes 362.
^ ■- ■- Magdal. geb. v. Brombse
362.
Joh. zu Dortmund 345.
Margar. geb. SchafFhausen
345-
Johann (f 1607'! 344.
Margar etha 364.
Familienwappen 337.
Hoveman, Brun 170, 213.
Hinr., Kaufmann 18.
Hoyman, Lamb. 243.
Hübens, Jak., BM 244, 317, 378, 434,
446.
Hübner, J. J., Kupferschmied 384.
Hude, V. d., Bernb., Pastor 379.
Hinr., Pastor 381.
Jürgen Matthias , Maler
334. 378 f-
Hüne, Werner, RH 466.
Hunnius, Nik., D., Sujjerintendent 2>32,-
Huppert, Claus 103.
Hutterock, Herrn., Kaufmann 390 f.
Metke 390 f.
504
PERSONEN -VERZEICHNIS.
Hutterock, Hans 390 f.
= Kersten 390 f.
Gertrud 390 f.
J.
Jacobi, Dan., Hauptmann im Ratswein-
keller 403.
Dan., Kaufmann (nebst Familie)
117-
Ilehorn, Familie 131.
Johannsen, Lor., Werkmeister 175,
313 f., 406, 441.
Joris, Familie 322.
Isernhagen, Peter, RH 361.
Iselhorst, Job. Arn. 104.
Isernlo, v., Hinr. 203.
Junge, Alb. 15.
Jungen, Maria 357.
Metta 357.
Jürgens, Henneke 209.
K und C.
Kaffsack, J., Bildhauer 272, 281.
Kahle, Arn. 204.
Kaie, Hinr., Zimmermeister 30.
Kaltschmidt, Orgelbauer 62 f.
Calven, v., (ieseke 360.
= (Kalven), v., Kathar. 364.
Camen, v., Joh., 466 f.
Kam])en, v., Hinr., dlockengießer 435,
438 f.
Kampferbeck, Job., RH (f 1573) 103.
Job., KM (t 1639) 103.
Cappelen, Jak., 431.
Carpzow, Joh. Gottlob, D., Super-
intendent 334.
Carstens, Gotthard b'riedr. 446.
= Hinr. 410.
Joh. Friedr., BM 104, 247,
446.
Joachim Lüder, BM 104.
Käselau, Herm. Hinr. 65, 104.
Casforp, V., Gerlach 15.
Hans 406.
Hinr., BM (-1- 1488) 233, 314.
Hinr., BM (f i 5 i 2) 247, 258,
406.
Caße, Job., Maler 267.
Kemmer, Joh., Maler 228.
Kempen, v., Job., RH 396.
Kerkring, Agneta 375.
Anna 336.
Gotthard, BM 376.
^. 375-
360.
368 f.,
Kerkring, Hinr., RH (f 1540^
Katbar. gel). Joris 32
Hinr. (r 1605) 344.
Hinr. (f 1692) 103,
Hinr., BM (f 1693)
419.
Job., RH 131, 438.
Paul 103.
Theodor 344.
Ketteier, Sophia 363.
Keusch, Nik. Jak., RH 255.
Keyser, Herm. 161 f., 205.
Chateauneuf, de, Alexis, Baumeister 167.
Christiansen, Lor., Schüler 326.
Kile, vam, Marcp 187.
Kirchmann, Job., Rektor 355.
Klaholt, Herm., RH i57f.,\89.
Klendest, Herm. 204.
Klei)el, Joachim, RH 398.
Klett, Joh. Dan., RH 230, 371.
Klicks, Maurermeister 36.
Klinge, Gerd, Glockengießer 432.
Klingenberg (Clingenberch), Everb. 16.
Goswin, BM 253.
Job., RH 67 ff.'
Wedekin, RH 173 f.
Hildegund i 73 f.
Clipeator, Ecbert 466 f.
Kloecke, Dietr. 328.
Klot, Gerb. 163, 210.
Knieper, Matthias Warner 431.
Kniller, Gottfr., Maler 333, 368, 372.
Zacharias, Maler 87, t,t,;^, 355.
Knöcker, Jak. 22.
Koch, Jak., Seidenbändler 95.
Köhler, Familie 327, Wa])pen 338, 358.
Anton 163.
Anton, A'izekanzler(t 1589) 342.
Anton, r)r., BM (f 1658) 163,
267, 343. 358.
Hinr., RH (T 1563) 175, 254,
337. 342, 437-
Hinr., BM (y 1641) 103, 345.
Koblreif, Christoph Gotthold, Pastor 379.
Kolbek, Peter 484.
Colleman, Job. i()6.
Kollmann, Gebb. 166.
Herrn. 335.
Job., P.M 335.
Architekt 49, 68.
Koningh, Herm., Priester 162, 210.
Conradi, Hinr. 341, 415.
Koppen, l'riedr. Chr., Pastor 99.
PEkSOXL':.\'-VEKZL-:iClIXI.S.
505
Koppen, Joli. Cicrli., Pastor 7S.
Korfhage, Kd., rhrcnfahrikant 251.
Ivortsack, Anna ,175.
Cosfelde, \., Hinr. 4()7.
Kosse, Hinr. 1 ().
Kosscn, Mattliaus, üM 3S'^-
Kos\el(l, I Aideke 16.
Kote, Hinr. 163.
: Hinr., Priester 2 1 o.
Wilh., Maler 39, 90, 118.
Kraft, Reyneke 17, 22.
Krackow, Jürgen 103.
("ratz (Kratze), Job. 98, 103.
Agnes 98.
K^e^•ell)one, Konr. 16.
Krechting, ]iernh., Pastor 373.
Kremer, Herni. 398.
Anna geb. Ileborn 398.
Krieg, Jub, Dr., tlaudirektor 44, 384.
Kriescbe, Job. Dav., Cilockengiel^er 37,
107 f.
Crohn, Job. Ad., Dr., 104.
Krumbstroe, Hinr. 103.
Krupp, Wilb. Carb RH 448.
Kübn, Georg Friedr. , Ubrmacher 34,
^55-
Kille, Taleke 213.
Kumpel, Jürgen 103.
Künig, Hinr., Hauptmann 84.
Kunkel, Jürgen, Maler 447.
Kurtzbals, Ernst Herrn. 104.
Kynkel, Job., RH 389 f.
Anna geb. Basedow 389.
Kynt, Hans 49.
Lafferdes, Baltb., RH 345.
Latters, Jürgen 410, 414.
Lambrecht, GotttV. 431.
Lammesboved, Ludeke 72.
Grete 72.
Lamprecbt, Dietr. Gottfr. 104.
Landre, J. G. W., Ratsgießer 421.
Lang, Job. Cbristopb 104.
Lange, Andr. 103.
G. J., Goldscbmied 426.
Langefeld, Jochim, Zimmermeister 144.
Langhe, Gottfr. 205.
Lau, J. L. F. 65.
Leesten, v., Job. 15.
Leferlinck, Gerdt, ^Liler 250 f.
Lefevre, Dietr. 65.
Job. Phil. 66, 99.
Lefevre, Adelb. Galb. geb. P.illerbeck
66, 99.
Lembke, Gal)r. Christian, Dr., 1!.\1 104.
Lengerke, v., Georg, RH 358.
: Herm., RH 358,443,445.
Leuten, w, Gert, Gewandscbneider 18,
26.
I-entzeken, Margaretlia 17.
Levendige, .\rn, 165, 205.
Leyden, AN'alter 406.
Lillie, J. Cb., Stadtbamneister 47, 384.
Lindenberg, Caspar, RH 76.
Joh. Caspar, BM 255, 381.
Lindholtz, Aug. Simon, BM 104.
Loeff, Dietr. , (>oldschmidt 171, 212,
389-
Lobmann, Lauritz, Bleidecker 37.
Lohne, Martin 166.
Lohry, Em. Nik., Steinhauer 72.
Lone, V., Hans 406.
Losenkampes, Katharina 486.
Lübbers, Jost Hinr., Tischler 300.
Luderbusen, Job. 210.
Lüdinghausen, Ant., BM 12, 22, 79, 103.
Job., RH 22, 103.
Ludwigsen, Bildbauer 301.
Lukas, Jost 417.
Lünel)urg, Alexander, BM (f 1627) 103,
113. 35O' 400-
= Gertrud geb. Wedemhoff 400.
Alexander (t 1654) 299, 356.
'- Anna 360, 375.
Heileke 360.
Joachim, BM 103, 169.
Katharina 375.
Magdalene 364.
= Familienwappen 350.
Lunninck, Hans, Goldschmied 97.
Luther, Martin, D. 326, 330.
Lütkens, Joachim Matthäus, RH 446.
Lütteke, Herm. 12.
Lynne, v., Herbord 314.
M.
Mankemos, Erdvan, Vikar 206.
^Larkus, Hinr., Organist 60.
Marquard, Gottbard d. Alt. 22.
Anna geb. Lüdinghausen 22.
Gottbard d. Jung., BM 22,
7 5 t^-' i°3-
foh., Dr., BM 22, 103, iio.
Otto Christoph, Dr. 22.
Martin, J. P. N., Bildhauer 199, 272.
5o6
PERSONEN- VERZEICHNIS.
Mats (Matthes), Hinr., Tischler 249 ff.
Maus, W., Architekt zu Frankfurt a. M.
303-
Mechtshusen, v., Elsabe 360, 375.
Meding, Wilh. 419.
Medow, Augustin, Maler 87.
Melanchton, Philipp 330.
Melle, V., Jak., Senior 378.
Mensingk, Hans 243.
Mentze, Nik. Barward 446.
Mervelt, v., Gert, Ratsgießer 432.
Meteier, Hinr., RH 335.
Margaretha 360.
Mey, Werner, RH von Riga 338, 410.
Meyer, Albrecht, Werkmeister 31.
Ambrosius, F5M 2S3, 314, 338,
410.
= Margar. geb. (iranimendorp 283.
Magdalene 375.
: Hans 410.
Hermann, EM (f 1528) 78,
131, 498.
Hermann ( f 1575) 82.
'- Elisab. geb. v. Brömbse 82.
Joh. Casp., Glockengießer 106,
108.
Müde, Garl Julius, Maler 72, 167, 177,
181, 183 f., 196 f., 225, 227, 243,
302, 319 f-, 340. 343. 35°- 425.
495-
Millius, Herm. 196.
Minden, v., Herm. 243.
= Gerh., BM 335.
Molen, V. d., Herm. 157, 208.
= = Marq., 388.
Moetter (Müter), Tonnies 165, 409.
Molhusen, Steffen, Orgelbauer 246.
MöUenhoff, Erasmus, Prediger 468.
Moller (Moler), Hinr., Töpfer 95.
'- '- Elsabe 95.
Moller, Hinr., Bergenfahrer 170, 211,
395-
Kort, RH 175.
Möller, Albert, Tischler 53.
• Arnold d. Alt., Schreibmeister
484.
= Lorenz, Dr., BM 254, 351 ff.,
42 I.
'- Magdalena geb. ISonnus 352,
42 I.
Anna 352.
Molne, V., Gerh. 307.
Molrinckhusen, Herm. 246.
Morkerken, Thomas d. Alt. und drei
Brüder 16, 21.
= Thomas d. Jung., BM 16,
2 I.
Mornewech, Bertram, RH 466.
Gertrud 12, 15.
Mostaert, Jan, Maler 224.
Moyelke, Everh. 49.
Muellen, v., Katharina 364.
Muir, Martin, Kölner Weinhändler 389.
Mull, Joch. Hinr. 431.
\'al., Vikar 213.
Müller, Heinr. Adrian, kais. Resident
360.
Munster, v., Hans 404.
Mynnow, Claus 30.
N.
Nenstede, Hinr., RH 272.
Ludeke 272.
Neukirch, v., Christoph, Ritter 401.
Nicolai, Joh., Pastor 88.
Niemann, Christ. Alb., Dr., RH 65, 104.
Niestad, Christian, Priester 16.
Ludeke 17.
Nikolai, Georg, Student 79.
Nodden, v., Cord, Orgelbauer 59.
Noeck, Matthias, Kölner Weinhändler
172, 213, 389.
Nöhring, Joh., Kunstj^hotograph 196 f.,
215, 223, 228, 322, 328.
Nölck, Joh. Friedr., Orgelbauer 62.
Nölting, C. A. 184.
Friedr., BM 104.
Hinr. 255.
Nordhofif, Karsten 163, 212.
Notke, Bernt, Maler 133, 216, 322.
Nyebur, Joh. 242.
Nyenborch, Dietr. 314.
Evert 313.
: Joh. 196.
Nygestad, Hinr. 30, 42.
O.
Offen, Hinr., Zimmenuann 105.
Ofifhen s. v. Ofs.
Ohnmacht, Landolin, 15ildhaucr 315.
Ohrt, A., Maler 76.
Oldenborch, Asmus, Maurermeister 84,
289, 410.
Oldenborg, Gerdt 409.
Joh. 196.
Oldenhoft', Herm. 97, 103.
PERSONEN- VERZiaCI IMS.
507
( )klcsloe, derh. i6c), 203, 20(), 387.
= Wilmod 3H7.
( )ineke, Lubl)ert 313.
( )rley, v., Bernaert, Maler 225, 232.
( )snal)rüggen, Agnes 363.
Ofs, V. (Offhen), Matthias, ^[ecluiiiiker,
105, 249 f.
( )stendorp, Dietr., Tischler 33.
()stermann, Matthias 103.
Osterreich, Franz, Maler 330, 364.
Ostinchiisen, v., Hiiir. 466 f.
()\erl)eck, Christ. Atl., BM 104.
Friech-., Maler 330 ft".
l'ael, Herrn. 304.
Paels, Katharina 363.
Pakebusch, Matthäus, Dr., 15M 396 f.
Kathar. geb. Runge 396.
l'ape, (iertrud 360.
Parcham, Henning, RH 343, 400, 415.
Gesche 400.
Pasche, Hinr., RH 400.
Passowe, Karsten 164.
Paulsen, Jürgen, RH 254, 355 ff., 401,
405, 420.
Pawes, Familie 284.
Paysen, Boetius, Schüler 326.
Pechlin, Martin, Seeräuber 445.
Pegel, Joh. Dav., Bildhauer 189, 275,
406, 421.
Persevale, Joh., BM 335.
Peterius, Jeron., Organist 62.
Peters, Joachim, BM 104, 108, 165,
315- 440, 44^5-
Petersen, Abraham, Maler 46, 55!'., i 18.
Georg 2 2 .
Anna Maria 22.
Herrn., RH 403.
Lorenz, RH 403.
X. H., Maler 105.
Pfaff, Carl Aug. 65.
Pfeiffer, Aug., D., Superintendent 334.
Pflüg, G. J.", Hotelwirt 54, 268 f.
Planer, Adam, Glockengießer 171, 421.
Pleskow, Gottfr., RH 387.
Jakob, BM 38 7.
Jordan,. BM 387.
Plesfing, Joh. Christoph, RH 446.
joh. Phil., BM 104.
Plitt, Gust. 104.
Plonnies, Friedr., RH 366.
Anna geb. Wedenhoff ^66.
Plonnies, Hcinr. 341.
Katharina 363.
'Thomas 433, 445.
Pod, (iudeke 313.
Pollecke (Pollicke), Andr., l'hrma(her
34, 62, 105 f.
Pomarius, Samuel, D., Superintendent
334-
Pöpping, Joh., RH 357.
Prume, Hinr. 408.
Prünsterer, l-'ranz, RH 353.
(Prinster), Hieron. 247, 352,
433. 437, 445-
Q.
Qualmann, Diedr. Jürgen 430, 446.
Quellinus, Thomas, Bildhauer 374, 377.
R.
Rabe, Joh. Val., Bildhauer S3-
Raetke, Joh., Organist 62.
Rahp, A. P., Turmdecker 38.
Ranne, Jürgen, Kürschner 412 f.
Rantzau, Claus, Junker 409.
Rapesulver, Hinr., BM 336, 498.
Ratzeborch, Konr., Priester 17.
Rave, Jürgen Hinr., Maler 447.
Reddelien, C. B., Werkmeister 10
Rehder, Aug. Peter 183.
Rensborch, Hinr., Maler 105.
Reusen, v.. Reiner, Pastor 79.
Rentelen, v., Henning, BM 177.
Rese (Reze), Joh., Bergenfahrer
218. ' "
Retzen, \-., Hinr., Dr. 163.
Reuter, Gerh., Kaufmann 56.
Margar. geb. Carstens 57.
Reyge (Rey), Jak., Tischler 235 f.
Richertz, Georg Dav., BM 104.
Ritter, (ieorg, Pastor 88.
Gerh., RH 244, 434, 446
Joh., Dr., BM 372, 446,
Joh., Pastor 57, 76 f.
Rodde, Ad., Kaufmann 164.
Margar. 164.
Ad. Matthäus, BM 104,
446.
RH T
4')7-
378,
700"!
Franz Beruh
372 f
Katharina 373.
Franz Beruh., BM (f 1790
[64, 380.
Herm., BM 378.
5o8
PERSONEN -VERZEICHNIS.
Rodde, Matthäus, BM (f 1677) 103,
247. 364, 402, 433. 497-
s Anna geb. Prünsterer 364, 402.
Kathar. geb. Schumacher 364,
402.
Matthäus (f 1674) 446.
Matthäus, KM (f 1761) 487.
Matthäus, BM (bis 18 lO) 440.
Familienwappen 364.
Rode, Hans I 13, I I 5.
Herm., Maler I/I, 216, 22 1 f.
Roden, v., Hans, Uhrmacher 33 f.
Roeck, Carl Ludw., Dr., BM 197, 325.
Herm. Hinr., RH 65, 104.
Ludw. Phil., BM -]-, 104, 288,
426, 446.
Roleves, Tideke, Bergenfahrer 228.
Roseler, Phil., Maler 67, 85, 105.
Rozstok, V., Herm., Domherr 208.
Rughese, Klaus, (loldschmied 232 f.
Ruleberg, Engelbert 48.
Rump, Hans, Zimmermann 242.
Rumpingh, Hinr., Werkmeister 30.
Runeman, Hinr., Priester 17.
Ruschenberg, Joh. 14.
Russenberg, Hinr. 336.
'- ^ Joh., RH 336.
Rust, Hinr., BM 104, 254, 404, 446,
487.
Rutzenberg, Everh. 242.
S.
Sadenhold, Herm. 30.
Sauge, Joh., RH 188 ff., 225, 310.
Richel geb. Brömbse 189.
Marq., Kaufmann 310.
Santen, v., Hans . 50.
= Jakob, Tischler 355.
Schaffenrat, Werner 466.
Schatz, M., Maler 361.
Schepenstede, v. Joh., RH 241.
Scherer, Hans, Orgelliauer 62.
Schilder, Ecbert 1 50, 203.
Schilling, Familie 3 50.
Schinkel, Arnt, Kaufmann 17 1 f., 2 12,
221, 389.
Friedr., Priester 171, 22 1.
Schinmeyer, Joh. Ad., 1)., Su|)erintendent
381.
Schlegel, H.A., Kunsthändler 189, 194.
Schiott, Nathanael, Präzeptor 317.
Schlüter, Hinr., Kaufmann 401.
Marg. geb. Mecklenburg 401.
Schlüter, Anna Marg. geb. Hunnius 401 .
Schmiedeknecht, H. (1., (ioldschmied
426.
Schmidt, Agneta 360.
= Heinr., Goldschmied 429.
Heinr., Graveur 233, 383.
Schnauer, Jürgen Hinr., Gelbgießer 91.
Schnol)el, Friedr. Joach., Pastor 380.
Schnoor, H. A. H., Schlossermeister 140.
Schoneborch, v., Gerh., Glockengießer
107, 109.
Schoneke, Herm. 185.
Konstantin 185.
Schröder, Herm. Hinr., Zimmermeister
IT. 42.
J. C., Gelbgießer 6"], 233.
"m. C., Gelbgießer 406.
Schulze, Joh. Friedr., Orgelbauer 243.
Schumacher, Joh., Klosterschreiber 165.
Schute, Herrn., RH 416.
Schwartz, Joh. Hinr., Maler 446.
Scriver (Sriver), Dietr. , Bergenfahrer
204, 275.
Scutte, Hans 484.
Segeberg, v., Timm 165, 206, 385.
Senftenberg, v., Hans Friedr., Fähnrich
84.
Siegmann, Herm. 388, 4 12.
Christine geb. Mues 412.
Siricius, Joh., RH 3 70 f.
Michael, Pastor 334.
Slagge, Paul, Werkmeister 199, 233.
Slicker, Benedikt, RH 428.
Marg. geb. Helmcke 428.
Slüter, Wilh., Domherr 17.
Snidewint, Werkmeister 30.
Soherr, Joh. Ad., Stadtbaumeister '}^6,
42, 300 f.
Sonnin, Ernst Georg, Baumeister 36.
Sootmeister, Richel 364.
vSj)angenberch, Hans, Kaufmann 41 7 f-
Marg. geb. Helwich 417.
Spangenberg, Joh., RH 288, 414-
Spetzler, Joh. Ant., Stadtbaumeister 44.
Sprekelsen, v., Gesche 375-
Stallbuck, Hans, Zimmermeister I 19.
Stammel, Joh., D., Domherr 203.
Stampelius, Georg, Sui)erintendent 332.
Stange, Anna 375.
Hartwig, RH 78.
Stauber, Lukas, RH 360.
Steen, Joh. 304.
Wolhard 104.
PERSONEN- VF:RZ[-:ICI IMS.
509
Steffens (Steftan), Lukas 57, 79, 97, 103.
Steinbock, Job. Casji., 'liscbliT 5^.
Stekcniest, Bernli. i 5 f.
Stellvvagen, l'"iie(b-., Orgelbauer 60, 62.
Stenrot, Job. 30.
Sliebb C'ust. Ad 65.
Stilen, V., Anton, UM [j 1 542) 168,
249, 254, 407, 441.
= Anton, BAI (f 1564) 338.
= Anton (j 1586) 341.
= Ebsabetb 366.
= Fritz ^^:^y.
(leorg, RH 245, 346.
= Gotschalk, RH 168, 341,
348, 416.
'- Marg. geb. v. Hövebi 416.
Hartwich (j 1562) 337.
= Hartwich (f 1577) 79.
= Hartwich, RH (t 1635) 353.
= Hartwich, RH (f 1692) 370.
' Hinr., BM 2c6.
Margaretha 375-
' = Margaretha 375-
Stolle, Ch. P. AV., Maler 312, 444, 464.
Hans 485.
Stolterfoht, Hernh. Hinr., Krämer 57-
Dietr. 255.
Jakob, Pastor 361.
StöUzner, Wilh., Maler 45.
Stoot, Hartwich. Apotheker 382.
Störning (Stornynck), Hinr., RH 290.
(Storningk), Thomas, RH 103,
355^ 419-
Stotebrügge, (lerd 340, 409.
Aletteke 340, 409.
= Hans 165, 345.
Kathar. geb. IJruns 345-
Stoteroggen, Ciesche 357-
Sophia 357.
Stovemann, Dietr., Domherr 171, 212.
Stralborn, Dietr., Ratsgießer 487.
Lorenz, Ratsgießer 433 f.
Stube (Stuh\ Joh., Maler 55, 90, 105.
Suhl, Wilh. Ludw., Prediger lOO.
Sundesbeke, Herrn., RH 307.
Sware, Henning 242.
Swarte, Alfwin 202.
Christian 167, 2 12.
Taleke 167.
Swerting, Simon, BM 336.
Swineborch, v., (lodeke 12.
SwoUe, V., Sylvester, Maler 173, 194,
311, 318, 444.
Symeshusen, Hinr. 22.
'- Konrad, Barbier l'cj, 22.
'l'anck, Joaihim, Dr., BM 65, 104.
Tanke, Dionisius, RH 78.
Taschenmaker, Ludw., BM 48.
Tausch, Th. P. H., Dr. 166.
'l'egelen, w, Hans. ( iolds( limit'd 61.
Tegetnieyer, Hans 410.
Tesdorjjf, joli. Matthäus, U.M 164, 31 5f.
l'eter Heim., BM 104, 164,
377-
Beter Heinr. 487.
Tiedemann, .Markus 416, 418.
Peter, Schreibmeister 202.
Timmermann, Berend, Zinngiel-ser 430.
Karsten, RH 416.
'Fischbein, (1. H., Kupferstecher 384.
Joh. Jak., .Nfaler 380 f.
Töbings, Elisab. 357-
(Tobinges), (lesche 364.
Tode, Karsten, Schifter 445.
Todinghusen, Margaretha 483.
Tors, Joh. 313.
'IVavenvoget, Dion. 313.
Treptouwe, Klaus 313.
Trümmer, Ludw. Ad., Hauptpastor 65.
Tunen, v., Ludeke, BM 269, 336.
Twedorf, Job., ( lerichtsschreiber 163.
U.
Uphovel, Joh. 304.
Uptöger, Hans, Koch 468, 483 f.
Elsal.)e 468, 483 f.
Urslers, Metta 357.
V.
Vechtelde (Vechtel), Herm., Dr., BM
103, 339. 4'4-
Vehoff, Matthias, Krämer 418.
Margaretha 418.
Vek, Matthias 18, 22.
Vensch (Vent), Hans, Maler 55 f., 90.
Verden, v., Joh. 207.
= - Reymar 207.
Vermehren, Paul 104.
Verwer, Heine 16.
Vette, Carsten 103.
Vickinghusen, Famihe "/S.
Victor, Joh. Dan., Prediger 88.
Vinhagen, Joh., BM 352.
Vischbeke, v., Joh. 208.
5IO
PERSONEN - VERZEICHNIS.
Vischer, Job., (ioldschläger lo6.
= Peter, Erzgießer zu Nürnberg
392-
Vlint (Vlynt), Hinr. 165 f., 206, 386.
jNIargaretha 386.
Voeg, Ad. Heinr., BM 104.
Vogel, Christ., Orgelbauer 62.
Voigt, A. P., Tischler 301.
Volckman, Hinr. 43 I .
Volks, Michel, Buchhändler 168.
Volprecht, Jürgen 104, 108.
Voss, Sivert, Maler 105.
Vrowedhe, Nik. 12, 157, 203.
W.
Wachtel, Klaus, (iießer 432.
Walhof}", Joh., Pastor 323 f.
Wangers, v., Cordt 445.
Walther, Zimmermeister 36, 42.
Warendorp, v., Bruno, BM t,(>6 f.
'- Bruno, Domherr 358.
'- Gotschalk, RH 162,
205.
= = Hermann 163, 207.
= Wilhelm 164,205,384.
= Elisabeth 384.
= = Wappenbeschreibung
131-
Warmböke, Herm., BINI Dr. 343.
(Wernboek), Hieron., RH
97-
Warnemiuide, Hinr., 'i'ischler 247, 295.
Waterhus, Hans, Bergenfahrer 406.
Watzen, Herend, Maler 447.
Wedekind, J. H., Maler 372.
Wedenhoft; Beruh., RH 350.
Hinr., RH (f 1589) 342,
415.
Hinr., BM (f 1651) 356.
Hinr., RH (f 1674) 363 f.,
37^, 403-
Gesche geb. v. Elveren 364.
Wappenbeschreibung 342.
Wedstein, Ulr., Buchhändler 167.
Weltner, Joh. Nik. 446.
Wendt, Jak., Kleinschmidt I19.
Went, Klaus, Schififer 445.
Wenth, Siegfried 15.
Werlhof, Herm. 419.
Wernke, Jochim d. Alt., 'l'ischler 192,
236, 284 f., 289 f., 292 f., 310.
Jochim d. Jung., Tischler 236.
Westhoff, Hinr., BM 253.
Westken, Joh., BM 104 f., ^jy, 434, 446.
Westmann, J. H., Chirurg 91.
West])hal, Familie 336.
Elisabeth 364.
Wetken, v., Margaretha 375.
Weyland, Zimmergeselle ^6.
Wibbeking, Anna j6j.
Klsabe 375.
Georg 411.
Joachim, RH 350, 41 ].
Konrad, RH 213.
Kord 399.
Engel geb. Nenstede 399.
Lorenz 299.
Paul, BM :^38, 411.
Paul 299, 350.
Familienwappen 299.
Wichmann, H. C, Stuhlmacher 302, 383.
Wickede, v., Anna 375-
Bernhard 104.
= Gottschalk (f 1487) 336.
= Gottschalk, RH (y 1526)
'- Gottschalk, BM (f 1667)
329, 356, 359 f-, 402.
Kathar. geb. Möller 360.
Dorothea geb. Wedenhoff
359-
Marg. geb. Lüneburg 360.
Ursula Dor. geb. V. Decken
360.
= Marg. Sophia geb. Elvers
360.
= Herm., BM (f 1501) 336,
424, 442.
Math. geb. Darssow 424,
442.
= Herm. (f I 5 l 5) 336.
= Joh., RH (t 147 0 33^-
- Joh., RH (t 1509) 336.
= Thomas Hinr., RH 358,
360.
Wappenbeschreibung 359.
Wiedeburg, P. L., Chirurg 91.
Wich, J. N., Beckenschläger 202.
Wiese, Anton, Ratsgießer 432, 434, 437.
Nik., Ratsgießer 429, 432.
Wigerinck, Godart, Kaufmann 188 — 19L
263, 277 ff., 391—394.
Anna 189, 392.
Anna geb. Klaholt 189, 392.
Anna geb. Dives 189, 392.
Anna 189, 392.
PERSONEN- VERZEICILXIS.
511
Wilckeii, Ant. Diedr., KU 446.
Peter Hinr., 104.
\\'ildfanck, Carl (lottfr. 104.
Willinges, J oh., Miilvv <S5, 194 ff., 327,
33^- 34-^-
Wilms, Harlold 325.
Hille geb. Bonnus 325.
\Vilnisen, Kmund 27(S.
Wiiukler, Anton, Di., UM 103, 244,
377' 446.
Winde (Wynn), Haltzer, 'Tischler 5- '•.
57, 61 f., 67, 100, 105, 115, 117.
Winters, J. Salome 487.
Winthem, v., Franz, Priester 480.
Wirinchusen, v., Godeke 6y.
Witik (Wytik\ Bertold, BM 30, 169,
203.
Margaretha 336.
Witinchof (Wikinghof), Lamb., RH 323,
406 f.
= Marg. geb. liere
3:^3-
Witte, Hinr., BM 131.
Hinr. 163.
Peter 93.
Elisabeth 93.
Wittfoedt, .\snnis, 'l'ischler 50.
Wittfoht, Jochim, Tischler 294 f.
WiUinghe, v., Uietr., 1 )onidekan 15.
Wlome, .\rn., RH 161, 204, 385.
(iertrud 385.
Wohlers, ("ath., .Meisterin im il-Clcist-
Hosp. 485.
Wöhrmann, v., Christ. Heinr., (General-
konsul 162.
Hinr. 162, 247, 254, 446.
Engel geb. 'resdori)f 162.
Woldebeke, Herrn 16.
Wolder, Hans, Maurermeister I 16.
Woldt, Herm., RH 431, 444, 487.
Wolf, Juliane 485.
Wolfraht (^\■ulfraht), Diedr lO.]. f.
Wortmann, Ant., Maler 3 16 f , 319, 447.
Wou (Woew), Cerh., Clockengießer 107.
Wulf, Jasper, (joldschmidt 429.
Wulff, Buchard, Konterfeier 328 f., 334.
Wynter, Paul, C.oldschmidt 189.
Z.
Zietz, F. A. 'l'h., Pastor 65.
Zöllner, Dan., Dr., Kanzler 349.
Glasgemälde m der Kirche des Heil.-Geist-Hospitals
(vgl. S. 476).
^G)-
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Druckerei von H. G. Rahtgens in LL-beck.
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N Die Bau- und Kimstdenkmaler
6886 der Freien und Hansestadt
L8B3 Lübeck
Bd. 2
T.2