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Full text of "Die Bau- und Kunstdenkmäler der Freien und Hansestadt Lübeck. Hrsg. von der Baudeputation"

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I   ) 


Die 


Bau-  und    Kunstdenkmäler 


der 


Freien  und  Hansestadt 

Lübeck. 


-^- 


Herausgegeben    von    der   Baiideputatiun. 


-^ 

Band  II: 
Petrikirche.     Marienkirche.     Heil. -Geist-Hospital. 

Bearbeitet  von 

Bezirksbauinspektor  Dr.   F.    Hirsch, 

Stadtbaurat  G.  Schaumann  und  Dr.   F.   Bruns. 


LÜBECK    1906. 


Verlae    von    Bernhard    Xöhrins;. 


WENDLAND 


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Vorwort. 


pÄjl'ie  Inventarisation  der  liibcckischen  Bau-  und  Kunstdenkmäler,  von  der 
f^ZM'  wir  hiermit  den  zweiten  Hand  der  ()fifentlichkeit  überleben,  wird  im 
ganzen  drei  liände  umfassen.  Wälirend  der  \orlieuen<K'  Hand  die  I*etrikii-clie, 
die  Marienkirche  und  das  1  leiHgen-Cieist-Hospital  enthalt,  sollen  im  ersten 
Band  außer  einer  allgemeinen  Baugeschichte  der  Stadt  mit  ihren  Befestigungen 
das  Rathaus  und  die  Domkirche,  im  dritten  Bande  die  übrigen  Kirchen,  die 
Klöster,  Privatgebäude  und  schließlich  die  Denkmäler  des  Landgebietes  be- 
handelt \\erden. 

Wenn  wir  die  Veröffentlichung  nicht  mit  dem  ersten  Bande  begonnen 
haben,  so  leitete  uns  dabei  haujjtsächlich  die  Erwägung,  daß  die  eingehende 
Bearbeitung  der  einzelnen  Denkmäler  Ergebnisse  zeitigen  könnte,  die  für  die 
allgemeine  B augeschichte  der  Stadt  von  Bedeutung  sein  möchten,  daß 
wir  gewissermaßen  erst  die  einzelnen  Bausteine  sammeln  und  zurichten  müßten, 
um   aus  ihnen  am   Schlüsse  den   Gesamtbau  zu  errichten. 

Die  Geschichte  der  Lübecker  Denkmäler  ist  zwar  durch  die  Eorschungen 
zahlreicher  einheimischer  Gelehrter,  unter  denen  Jakob  von  Melle  (f  1/43), 
C.  J.  Milde  (f  1875),  W.  Brehmer  (j  1905),  Th.  Hach  und  P.  Hasfe  an  erster 
Stelle  genannt  werden  müssen,  bis  zu  einem  Grade  aufgeklärt,  der  es  ermög- 
liehen  würde,  die  Aufgabe  tler  Inventarisation  auf  das  Zusammenfassen  der 
bisherigen  Ergebnisse  zu  beschränken  und  auf  eigene  Untersuchung  zu  ver- 
zichten. In  Hinblick  indessen  auf  die  neueren  Inventarisationen  anderer 
Staaten,  die  meist  mit  erschöpfender  Gründlichkeit  die  Geschichte  der  Denk- 
mäler behandeln,  glaubten  die  Verfa.sser  in  dieser  Richtung  ihre  Aufgabe  um 
so  weniger  einschränken  zu  sollen,  als  ein  Teil  der  Denkmäler  eine  wissen- 
schaftliche Bearbeitung  überhaupt  noch  nicht  erfahren  hat  und  sie  daher  schon 
aus  diesem  Grunde  gezwungen  waren,  den  Quellen  nachzugehen  und  die 
Denkmäler  selbst  eingehend  zu  untersuchen.  Dazu  kam  die  Erwägung,  daß 
ein  für  die  Kunstgeschichte  des  deutschen  und  aul3ierdeutschen  Nordens  so 
bedeutendes  und  andererseits  in  sich  abgeschlossenes  Kunstgebiet  wie  das  der 
Stadt  Lübeck  nicht  leicht  zu  eingehend  bearbeitet  werden  kann,  wenn  die 
Arbeit  für  die  vergleichende  Kunstforschung  von  Wert  sein  soll,  und  schließ- 
Uch  hatten  die  Verfasser  auch  auf  das  Interesse  Rücksicht  zu  nehmen,  das  in 
Lübeck  nicht  nur  der  Gelehrte,  sondern  jeder  Bürger  den  Werken  der  Väter 
und  ihrer  Geschichte  entgegenbringt. 


VI  VORWORT. 

Es  liegt  auf  der  Hand,  daß  bei  dieser  Auffassung"  der  Aufgabe  die 
Arbeit  nur  schrittweise  gefördert  werden  konnte,  zumal  die  Bearbeiter  sich 
der  Aufgabe  zum  Teil  nur  nebenamtlich  widmen  konnten.  Zwar  fanden  die 
Bearbeiter  dieses  Bandes  eine  unter  der  Oberleitung  des  früheren  Baudirektors, 
jetzigen  Oberbaurats  Schwiening  in  München ,  von  dem  Regierungsbaumeister 
Max  Grube  verfa(?ste  kurze  Beschreibung  der  Denkmäler  mit  einer  Reihe  von 
zeichnerischen  Aufnahmen  vor,  von  denen  einige  in  diesem  Bande  wieder- 
gegeben sind,  aber  hiermit  war  nur  erst  eine  Grundlage  geschaffen,  auf  der 
sich  die  vorliegenden  Bearbeitungen  als  durchaus  selbständige  Arbeiten  auf- 
bauen. Während  der  Baudirektor  Schaumann ,  zurzeit  Stadtbaurat  in  Frank- 
furt a.  M.,  mit  der  Bearbeitung  des  Heiligen-Geist-Hospitals  und  anderer  Bau- 
werke beschäftigt  war,  wurde  auf  seinen  Antrag  dem  Regierungsbaumeister 
Dr.  Fritz  Hirsch,  zurzeit  Bezirksbauinspektor  in  Bruchsal,  die  Bearbeitung  der 
Petrikirche  übertragen.  Nach  dessen  Austritt  aus  dem  lübeckischen  Staats- 
dienste trat  an  seine  Stelle  Herr  Dr.  phil.  F.  Bruns,  mit  dem  der  Baudirektor 
Schaumann  zunächst  die  Marienkirche  in  der  Weise  bearbeitete,  daß  ersterer 
das  urkundliche  Material  sammelte  und  die  Denkmäler  in  der  Kirche  beschrieb, 
während  dem  letzteren  die  Bearbeituno-  des  Bauwerkes  und  seiner  Bauoe- 
schichte  oblag.  Auch  für  das  Heiligen- Geist-Hospital  hat  Herr  Dr.  Bruns 
durch   Forschungen  im  Staatsarchiv  schätzenswerte  Beiträge  geliefert. 

Die  Drucklegung  des  vorliegenden  Bandes  wurde  durch  Rat-  und 
Bürgerschluß  vom  23.  März  1904  ermöglicht.  Der  Druck  wurde  der  Firma 
H.  G.  Rahtgens  zu  Lübeck  übertragen.  Was  die  Abbildungen  betrifft,  so 
sind  die  zeichnerischen  Aufnahmen  alle  für  den  vorliegenden  Zweck  besonders 
gefertigt.  Die  der  Petrikirche  sind  eigenhändige  Arbeiten  des  Herrn  Dr.  Hirsch, 
während  die  übrigen  Zeichnungen,  abgesehen  von  einigen  Blättern  des 
Regierungsbaumeisters  Grube,  von  verschiedenen  Architekten  des  Stadtbau- 
amtes angefertigt  sind. 

Die  photographischen  Aufnahmen  lagen  in  den  Händen  der  Kunstanstalt 
von  Johannes  Nöhring,  die  auch  die  dem  Bande  eingehefteten  Lichtdrucke 
geliefert  hat. 

Lübeck,  im  Dezember   1905. 

Die  Baudeputation 

der 

Freien  und  Hansestadt  Lübeck. 


Inhalt. 


Seite 

Die  Petrikirche I  — 119 

Das  Kirchengebäude i — 44 

Erste  GrüiKlung i  f_ 

Ältester  B.'uirest 2 — 4 

Kirche  des  Übergangsstiles 4 — 10 

I'Lrster  gotischer  Bau 10  ff. 

Verlängerung  der  Kirche 12  ff. 

Erweiterung  der  dreischiffigen  Kirche  7,uv  fünfschiffigen 14 — 20 

Die  Kapellen 21 — 27 

Morkerkenkapelle  2  I .  St.  Barbarakapelle  2  l .  (ioldschmiede- 
kapelte  21.  Schniiedekapelle  21.  Lüdinghausen-  oder  Marciuard- 
kapelle  22.  St.  .-Xnnenkapelle  23.  Lünelnn-ger  Kapelle  23. 
Sakristei   23.      >huientidenkapelle   25. 

Doi)])eltürmige  Anlage 27 — 30 

W'estturm 30 — 41 

Nachrichten  tiber  den  Bau  30.  Obere  (ieschosse  31.  Turm- 
uhr  33.      Äußere   'l'urmarchitektur   31.      'I'urmpyramide   ^/. 

Dachreiter 41  f. 

Dacheindeckung 42 

Reparaturen 42  h. 

Die  Kunst  in  der  Kirche 45  —  iii 

Altäre 45 — 49 

Der  Hauptaltar  45      Der  alte  Hochaltar  47.     Nebenaltäre  48. 

Sakranientshäuschen 49 

Gestühl : 49 — 54 

Die  Kirchenbänke  49.  Stuhlrückwand  von  1599  S^'  ^ '^^- 
steherstuhl  53.  Ehemaliger  Vorsteherstuhl  53.  Krämerstuhl  53.  Ge- 
wandschneiderstuhl 54.    Stuhl  der  Predigerfrauen  54.   Beichtstuhl  54. 

Schülerchor 54  ß"- 

Männerchor 5^ 

Kanzel 5^—59 

Älteste  Kanzel  56.  Zweite  Kanzel  57.  Projektierte  Kanzel 
57.     Jetzige  Kanzel    57- 

Orgeln 59—^5 

Älteste   Orgeln    59.      Orgel  von    1529.      Große  Orgel  60. 


VI  INHALT. 

Seite 

Taufe 66  L 

Grabplatten 6y — 72 

Älteste  Grabplatte  6j.  Messinggrabplatte  des  Ratsherrn') 
Job.  Klingenberg  6y.  Die  übrigen  Metallgrabplatten  69.  (Iral)- 
stein   des  Jürgen   Gruwel   70.      Die   übrigen   Grabsteine   70. 

Gedenktafel  des  Ludeke  Lanimeshoved 72  f. 

Epitaphien 73 — 80 

Dietr.  Höckel  y^.  Bürgermeister"-^)  Arn.  Bonnus  75.  RH 
Job.  vom  Dieck  75.  BM  Gothard  Marquard  75.  Pastor  Caspar 
Lindenberg  ^6.  Pastor  Job.  Hesse  yö.  Pastor  Job.  Ritter  76. 
BM  Job.  Heinr.  Dreyer  yy.  Pastor  Christoph  Ant.  Erasmi  yy. 
BM  Ludw.  Phil.  Roeck  yy.  Pastor  Adde  Bernh.  Burghardi  78. 
Pastor  Joh.    Gerh.    Koppen   78.      Ehemalige  Epitaphien   78. 

Tafelbilder 80—89 

Geburt  Christi  80.  Verklärung  Christi  81.  Gedenkbild  des 
Herm.  Meyer  82.  Dreieinigkeit  83.  Seefahrerbild  84.  Züchtigung 
Heliodors  85.  Kreuzigung  Christi  85.  ^Nleiersches  Gedenkbild 
mit  dem  nackten  Kind  85.  Pastor  Adam  Helms  87.  Pastor 
Georg  Drevenstede  88.  Prediger  Joh.  Dan.  Vietor  88.  Pastor 
Joh.  Nicolai  88.  Pastor  Cieorg  Ritter  88.  Bild  der  Gold- 
schmiede  88.      Nicht   mehr  vorhandenes   Bild   89. 

Wandmalerei 89  f 

Kronleuchter 90 

Wandleuchter 91 — 96 

Einarmige  Wandleuchter  91.  Doppelarmige  \A'andleuchter 
93.      Nicht   mehr  vorhandene   Leuchter  95. 

Gitterwerke 96 

Türklcjpfer 96  f. 

Die  Schätze  der  Sakristei 97 — 100 

Nicht  mehr  vorhandene  Kirchengeräte 100  f 

Das  Petriarchiv lOi  — 105 

Die  Büchereinbände    lOl.      Malereien   in   den   Büchern    103. 

Uhren 105  ff. 

Glocken 107  ff. 

Glocken  des  Westturms    107.     (ilocken  des  Dachreiters   109. 

Kunstwerke  im  Museum 109  ff. 

Die  Leichenhalle       112 — 119. 

Die  Marienkirche 121 — 447 

Die  ältesten  Marktkirchen 123  ff 

Baubeschreibung  der  Marienkirche 125 — 150 

Allgemeine    Baubeschreil)ung    125.      Pfeiler    127.       Gewölbe 
130.      Südliche  Vorhalle    132.      Briefkapelle    133.      bassaden    139. 


*)  Weiter  unten  RH  abgekürzt. 
^)  Weiter  unten  BM  abgekürzt. 


INHALT.  VII 

Seite 

Portale  139.  Außenseite  der  Anbauten  142.  Dach  des  Hoch- 
schififes  143.  Dachreiter  144.  Die  Westtürme  143.  Der  alte 
Mittelturm    146.      Die   Helnipyraniidcn    14S. 

Haugeschichte  der   Kirche 150 — 157 

Die  Kapcllenanbautcn 157  — 169 

Bürgermeisterka])elle,  Molen-Kapelle,  'l'rese  157-  Totenlanz- 
kapelle  160.  Die  fünf  Kapellen  des  Norderschiffs  161.  Holthusen- 
oder  Tesdorpf-Kapelle  164.  Die  vier  Kapellen  des  Süderschiffs 
164.  Alen-Kapelle  oder  (lerwekammer  166.  Ciallin- Kapelle 
(Sakristei"^  167.  Sänger-  oder  Beichtka])elle  16S.  Khemal.  Berck- 
sche   Kapelle    169. 

Die  Kapellen  im   Innern  der  Kirche 169 — 172 

Oldesloe-Kapelle  169  Bergenfahrer-Kaitelle  170.  Khemal. 
Nowgorodfahrer-Kapelle  1 70.  (ireveraden-Kai)elle  171.  Schinkel- 
Kai^elle    171.      Ehemal.    Heiseker-Kapelle    172. 

Ausmalung  der  Kirche 172  — 174 

Fußboden  der  Kirche 174^^- 

Glasmalereien 175  —  ^^4 

?".hemal.  Wappennialereien  175.  (dasgemälde  mit  der  Krönung 
der  Maria  176.  Die  Glasgemälde  der  Beichtkapelle  177.  Die  Glas- 
gemälde an  der  Ostseite  des  Obergadens  180.  Das  Fenster  der 
Greveraden-Kapelle  1S2.  Oberer  Teil  des  Fensters  über  dem 
Westportal    183.      Das   Fenster  der  Schinkel-Kai)elle    184. 

Lettner  oder  Sängerchor 184 — 196 

Unterbau  184.  Westliche  Brüstung  des  Oberbaues  188. 
Obere  Hälfte  der  östlichen  Brüstung  191.  Chortreppe  192. 
Nördliche  Brüstung  194  Südliche  Brüstung  195.  lautere  Hälfte 
der  östlichen  Brüstung    195. 

Hochaltäre 196—202 

Äheste  Altartafel  196.  Doppeltrij)tychon  von  142  5  196. 
Jetziger   Hochaltar   200. 

Xebenaltäre 202—232 

Verzeichnis  der  Vikarien  202.  Altartisch  in  der  Segeberg- 
Kapelle  214.  Bruchstück  eines  Flügels  vom  Schonenfahrer-Altar 
214.  Altarflügel  mit  Gemälden  Bernt  Notkes  215.  Greveraden- 
Altar  216.  Triptychon  von  1499  2l8.  Schinkel-Altar  219. 
Alarienaltar  aus  der  Bürgermeisterkapelle  223.  Triptychon  von 
15  18  224.  Marienaltar  aus  der  Sängerkapelle  225.  Bergenfahrer- 
Altar   228.      Heil.   Sippe   229.      Dreifaltigkeits-Altar   229. 

Sakramentshaus -3-      -34 

Entstehung  und  Wiederherstellung  232.  Beschreibung  233. 
Ehemal.   Monstranzen   234. 

Kanzel 234—238 

Bekrönung  eines  vorreformatorischen  Kanzeldeckels  234. 
Kanzel  von    1 533/34   -3S-     Jetzige  Kanzel   236. 

Taufe , 239—242 

Unterbau   239.      Tauffaß   239.      Taufdeckel    242. 


VIII  INHALT. 

Seite 

Orgeln 242—248 

Große  Orgel  242.  Kleine  Orgel  246.  Orgel  von  1492  247. 
Orgel   auf  dem   Sängerchor   248. 

Astronomisches  Uhrwerk ....    248 — 256 

Ältere  Werke  248.  Entstehung  des  jetzigen  '\^■erkes  249. 
Kalenderscheibe  und  Planetenwerk  251.  Umrahmung  252.  Oberer 
Aufbau   255. 

Schrankenwerke 256 — 267 

Nördliches  Gitterwerk  der  Oldesloe-Kapelle  256.  Greveraden- 
Kapelle  256.  Schinkel-Kapelle  257.  Sängerkapelle  257.  Stab- 
werke über  den  Passionsgruppen  im  Chorumgang  259.  'l'otentanz- 
kapelle  259.  Bergen fahrerkapelle  260.  Südliches  Schrankenwerk 
der  Oldesloe-Kapelle  260.  Küsterkapelle  260.  Chorschranken 
261.  ]\Iolen-Kapelle  264.  Stotebrügge- und  Segeberg-Kapelle  264. 
Bürgermeisterkapelle  265  Bremer-Kapelle  265.  Köhler-Kapelle  266. 
Divessen-Kapelle  267.  Warendorp-Kapelle  267.  Rodde-Kapelle, 
Wöhrmann-Kapelle  und   Gerwekammer   267. 

Gestühl 267 — 302 

Gotische  Zeit:  Gestühl  der  Bürgermeisterkapelle  267.  Bänke 
der  Totentanzkapelle  268.  Vorsteherstuhl  268.  Stuhlrückwand 
mit  dem  Tunenschen  Wappen  269  Schonenfahrerstuhl  269. 
Bergenfahrerstuhl  272.  Bruchstücke  des  älteren  Bürgermeister- 
Stuhls  276,  Sitze  auf  dem  Sängerchor  276.  Bänke  aus  der 
Sängerkapelle  277.  Wandvertäfelungen  aus  der  Sängerkapelle  278. 
Sitzreihen  in  der  Sängerkapelle  279.  Nowgorodfahrerstuhl  von 
1523  279.  Sitzreihe  in  der  Gerwekammer  281.  Sitzreihe  vor 
der  Molen-Kapelle   281.      Gotische   Füllungen   im   Museum   282. 

Renaissancezeit:  Stuhl  des  BM  Ambrosius  Meyer  283.  Bänke 
im  Norderschiff  284.  Senatsstuhl  285.  Ehemal.  Ratsstuhl  288. 
Brüstung  von  1588  289.  Brüstungen  aus  dem  Chor  289.  Pannel- 
werk  im  Chor  290.  Stuhl  am  ersten  Norderpfeiler  291.  Füllungen 
vom  Diakonenstuhl  291.  Honoratiorenstuhl  292.  Bänke  vor  dem 
Bergenfahrerstuhl  293.  Reste  ehemaliger  Renaissancestühle  293. 
Barockzeit:  Bau  der  Stuhlgruppen  des  Mittelschiffs  294. 
Umbau  derselben  295.  Füllungen  von  1648 — 75  -97-  Trauer- 
Stuhl   299. 

18.  und  19.  Jahrhundert:  Stuhl  der  Schonenfahrer-Alterleute 
300.  Diakonenstühle  301.  Nowgorodfahrerstuhl  von  1768  301. 
Ratsstuhl  im  Süderschiff  301.  Beichtstühle  302.  Kommunikanten- 
bänke  302.        Großer  Spiegel      302.      ijänke   im   Mittelschiff  302. 

Schränke 302  f. 

Sechsseitiger  Schrank  302.  A\"andschrank  aus  der  Schinkel- 
Kapelle   303. 

Bildwerke 303 — 316 

Stuckfiguren  des  Heilands,  der  Maria,  zweier  Engel  und  der 
Apostel  303.  Ehemal.  Steinfigur  St.  Olafs  304.  Steinfigur  der 
Madonna  305.  Stuckfiguren  von  ca.  142  5  305.  Hölzerner 
Kruzifixus  306.  Steinfigur  des  Hl.  Antonius  307.  Kalkstein- 
reliefs    mit     der     Passion     307.        Mönch     mit     Goldmulde     312. 


INHALT.  IX 


Seite 


Bildsäule  des  Evangelisten  Johannes  3 12.  Nachrichten  über  ehe- 
malige Rildwerke  313.  .Marmordenkmal  des  BM  Peters  315. 
Büste  des  BM   Dr.     Tesdorpf  315.      Das   steinalte   Männchen   316. 

(Icniiilde 316 — 332 

Totentanz  316.  15ild  dreier  schwatzender  Männer  318. 
St.  Georg,  St.  Bartolomäus  imd  St.  Adrian  319.  St  Patroklus  319. 
SchitTbruch  des  Hans  Ben  320.  Gregorsmesse  320.  Denkgemälde 
des  RH  Hinrich  Kerkring  322.  W'alhoflfsches  Denkgemälde  323. 
Witinchotsches  Denkgemälde  323.  Wilmssches  Denkgcmälde  325. 
Anbetung  der  Hirten  326.  Paysenschcs  Denkgcmälde  326. 
Göttincksches  Denkgemälde  327.  B.  Wulff:  Christus  am  Kreuz 
328.  V.  Elpensches  Bild  des  Heilands  am  Kreuz  330  lüld  des 
D.  Martin  Luther  330.  Bußpredigt  des  Propheten  Nathan  33O. 
Kin/ug   in  Jerusalem    330.      Pewcinung   ("hristi    33 1. 

Porträts 332  ff. 

Superintendent  (ieorg  Stampelius  332.  Porträts  der  l'amiHe 
Bremer  333.  Sui)erint.  Nik.  Hunnius  333.  Pastor  Mich.  Siricius 
333  Superint.  D  Meno  Hanneken  334.  Pastor  Alb.  Balemann 
334.  Superint.  1)  Samuel  Pomarius  334.  Superint.  D.  Aug. 
Pfeiffer  334.  Pastor  Balt.  Gerli.  Haiuicken  334.  Supcriiit.  D. 
Georg  Hinr    Götze    334.      Sujierint.   D.  Joh.  Gottlob  (_"ari)zo\v    334 

b^pitaphien 334 — 381 

Ehemal.  gotische  Epitaphien  334.  Superint.  Herrn  l'onnus 
337.  BM  Gotthard  v.  Hovelen  (f  1555)  337.  RH  Iliiir.  K()hler 
337.  Herm.  Siegmann  338.  Walter  Holsten  339.  Hiiu-.  Conradi 
341.  RH  Hinr.  Wedemhoff  (f  1589)  342.  Vizekanzler  Ant. 
Köhler  342.  BM  Plerm.  v  Dorne  (f  1594^  343.  BM  Dr.  Herm. 
Warmböke  343  RH  Henning  Parcham  343.  Theodor  Karckrinck 
344.  RH  Herm.  v.  Dorne  (f  l6oy)  344.  joh.  v.  Hövelen 
344.  RH  Balthasar  Lafferdes  344  BM  Gotthard  v.  Hövelen 
(t  1609)  345.  RH  Georg  v.  Stiten  346.  RH  Joh.  Glandorp 
346.  Syndikus  Dr.  Peter  Hagen  348  Dr.  Dan  Zöllner  349. 
BM  Hinr.  Brokes  (f  1623)  350.  ];5M  Alex  JAineburg  350. 
RH  Beruh.  Wedenhoff  350.  RH  Joachim  Wibekink  350.  BM 
Joh.  Vinhugen  352  15M  Dr  Lorenz  xMöller  352.  RH  Hartw. 
V.  Stiten  353.  RH  Eranz  Prünsterer  353  RH  Joh.  Eüchting 
353.  RH  Dietr.  Brömse  354.  BM  Hinr.  Köhler  354.  RH 
Thomas  Störning  355.  Rektor  joh.  Kirchmarin  355.  RH  Georg 
Paulsen  355.  BM  Hinr.  Wedemhof  356.  BM  Otto  Brokes  356. 
RH  Gotthard  v.  Hövelen  (t  1655)  356.  RH  Joh.  Pöpjung  357. 
RH  Alb  V.  Dassel  357.  RH  Georg  v.  Lengerke  358  Bruno 
V.  Warendorf  358  BM  Dr  Ant  v  Köhler  358.  BM  Dr. 
Christoph  Gerdes  359.  BM  Herm.  v  Dorne  (j  1 665)  359  BM 
Gottschalk  v.  Wickede  359  Pastor  Jak.  Stolterfoht  361  RH 
Peter  Isernhagen  361.  Vizekanzler  Gotthard  v.  Hövelen  361 .  RH 
Heinr.  Wedemhoff  (r  1674)  363  RH  Gotthard  v  Brömse  364. 
BM  Matthäus  Rodde  364  RH  Caspar  v.  Deginck  365  RH 
"  Friedr.  Plönnies  365.  RH  Dietr.  Bartels  366.  RH  Konr.  v. 
Dorne  367.  BM  Heinr.  Kerkring  368.  RH  Dr  Heinr.  Balemann 
(t   1693)   369.     RH    Hartw.  v.  Stiten   370.     BM  Joh    Siricius   370. 


X  INHALT. 

Seite 

RH  Joh.  Dan.  Klett  371.  BM  Dr.  Joh.  Ritter  371.  Pastor 
Bernh.  Krechting  372.  RH  Franz  Bernh.  Rodde  372.  RH  Herrn. 
Focke  373  RH  Ad.  Brüning  374.  BM  Hieron.  v.  Dorne  374. 
BM  Gotthard  v.  Kerkring  376.  BM  Dr.  Ant  Winckler  376. 
BM  Ich.  Westken  377.  BM  Peter  Hinr.  Tesdorpf  377.  BM 
Ad.  Älatthäus  Rodde  378.  BM  Herrn.  Rodde  378.  BM  Jakob 
Hübens  378.  Senior  Jakob  v.  Melle  378.  BM  Heinr.  Balemann 
(t  1750)  379.  Pastor  Bernh.  v.  d.  Hude  379  Pastor  Ch.  G. 
Kohlreif  379.  Pastor  1).  Joh  Becker  3 80.  Pastor  F.  J.  Schnobel 
380.  BM  Hinr.  Dietr.  Balemann  380.  BM  Dr.  Heinr.  Brokes 
(t  '^77?))  380-  I^M  Franz  Bernh.  Rodde  380.  Senior  Hinr.  v. 
d.  Hude  381.  Superint  D.  Joh.  Ad.  Schinmeyer  381.  Pastor 
J.   H.   Harmsen    381.      BM   Dr.  J,   C.   Lindenberg   381. 

Gedenktafeln 381 — 384 

Gedenktafel  des  Hartwich  Stoot  382,  des  Barth.  Heisegger 
382,  des  RH  Gotth.  v.  Hövelen  383,  der  im  Freiheitskriege  ge- 
fallenen  Lübecker   384,   der    1870/71    gefallenen   Lübecker   384. 

Grabplatten 384 — 404 

Bruchstück  von  1290  384  Timm  v.  Segeberg  385.  BM 
Brun  ^^'arendorp  386.  Gerh.  Oldesloe  387.  BM.  Herrn,  v.  Allen 
388.  Marq  v.  d.  Molen  388.  Syndikus  Dr.  Simon  Batz  388. 
Dietr.  Loeft"  389.  Matthias  Noeck  389.  Arnt  Schinkel  389. 
RH  Joh.  Kynkel  389.  Herm.  Hutterock  390  (iodart  Wigerinck 
391.  BM  Tid.  Berck  394.  RH  Joh.  v.  Kempen  396.  BM  Dr. 
Matth.  Pakebusch  396.  RH  Hinr.  Gruter  397.  Herm.  Kremer 
398.  RH  Andr.  Busmann  398.  RH  Joachim  Ivlepel  398.  Cord 
Wibbeking  399  BM  Joh.  Brokes  399.  BM  Gothard  v.  Hövelen 
(j  1609)  399.  RH  Hinr.  Pasche  400.  RH  Henning  Parcham 
400.  BM  Dr.  Alex.  Lüneburg  400.  Hinr.  Bremer  400.  Ritter 
Christoph  v.  Neukirch  40 1.  RH  Jürgen  Paulsen  40 1.  BM  Joh. 
Hinr.  Dreyer  401.  Heinr.  Schlüter  401.  BM  Matthäus  Rodde 
402.     BM   Dr.  Christoph  Gerdes  402.     BM  Gottschalk  v.  Wickede 

402.  RH  Lor.  Petersen  403.  Dan.  Jacobi  403.  RH  Hinr. 
Wedemhofif  403.     RH  Caspar  v.  Deging  403.     RH  Herm.  Petersen 

403.  BM   Hinr.    Rust  404. 

Hängende  Leuchtkörper 404 — 408 

Kronleuchter  404.  Ehemal.  Franlampen  406.  Fhemal. 
Lampen  und  PJecken  für  AVachskerzen  406.  Fhemal.  Laternen 
407.      Fhemal.   Querbaume  408. 

Wandleuchter 408 — 421 

Wandleuchter  der  Renaissancezeit  408.  Wandleuchter  der 
Barockzeit  417.      AVandleuchter  von    1768 — 91    421. 

Standleuchter 421  ff. 

Lichterbäume  42 1.      Leuchteraufsätze  422. 

Silbergerät 423 — 431 

Altarkelche  und  Patenen  424.  Weinkannen  427.  Oblaten- 
lade mit  Löffel  429.  Altarleuchter  429.  Taufkanne  und  Tauf- 
schale 430.      Klingelbeutel  430. 


INHALT. 


XI 


Seite 

(jlocken 431 — 440 

(ilocken   im   Süderturm    431.      (ilocken    im    Dachrciu-r    43H. 
Stiindenglocke  des   astronomischen    L'hrwerks  440. 

Allarxorhanoe ... 

Meksgcwänder 

Gotteskastcn         

Tüteiibalircii • 


I' ahnen 

1  )a,s  Kirchenarclii\- 


440  r. 

441  IT. 

443 
443  f- 

444 
445  ''■ 


Das  Heiligen-Geist-Hospital 449 — 498 

Gründung   und    \  cilegung   des    I  lospitals 45 1  ff, 

Gebäude  des  Hospitals 453  f. 

Keller 454—457 

Kirche 457 — 487 

Baubeschreibung  457.  Ikiu/.eil  der  Kirche^  463.  Wand- 
malereien 464.  Lettner  469  Ghismalereien  476.  .Altäre  476. 
Kanzel  480  jMarientiden4N.a|)elle  4S0  Kinzelfiguren  48 1 .  (jC- 
denktafeln  483  Leuchtkörper  484.  Silbergeräte  486.  (loltes- 
kasten   487.      (ilocken    487. 

Langes  Haus 488—  491 

Ouerbau 49^  <"• 

Bauteil  an  der  Gröpelgrube 492  f. 

Archiv 493—496 

Herrenzimmer 49^  ^■ 

Inschriften 497  '• 


Die  Marienkirche. 


Von 


Stadtbaurat    GuSTAV   ScHAUMANN    zu    Frankfurt    a.    M. 


Dr.  phil.  Friedrich  Bruns  zu  Lübeck. 


Die  Marienkirche 
vom  Petrikirchturm  aus  gesehen. 


Lübisches   Wappen  vom  ehemaligen  Bürgermeisterstuhl. 


ie  ältesten  Marktkirchen.  In  seiner  Slaxenchronik  berichtet  Ilelmokl, 
der  l'larrer  xon  Bosau,  (lal.N  \icelin  im  |ahre  l  1 50  die  Marktkirche  zu 
Lübeck  geweiht  habe.')  Diese  Marktkirche  der  im  Jalire  115:;  durch  eine 
Feuersbrunst  zerstörten  Stadt  Adolfs  von  Schaumljin'g  hig  jedocli  nicht  an 
der  Stelle  der  jetzigen  Marienkirche,  sondern,  wie  Helniold  selbst  berichtet,'^) 
am  Fuße  des  Hügels,  auf  welchem  die  spätere  Stadt  erbaut  w .  i'de,  und  zwar 
wahrscheinlich  in  der  Nähe  des  (iroßen  Bauhofes,  wo  nach  Hrehmer  der 
MaYktplatz  der  ältesten  Stadtanlage  zu  suchen  ist.  ^) 

Als  dann  im  Jahre  i  1 59  unter  dem  m.ächtigen  Schutze  Heinrichs  des 
Löwen  die  neue  Stadt  gegründet  wurde,  \\ird  mit  dem  Markte  zugleich 
auch  die  neue  Marktkirche  entstanden  sein.  Auch  von  dieser  Kirche  sind 
keine  Spuren  mehr  nachzuweisen.  Zwar  sind  Reste  einer  älteren  Kirche  noch 
heute  in  der  Marienkirche  erhalten,  aber  diese  gehören  einem  Bau  von  so 
großartigen  Abmessungen   an,    wie   er   nicht   hat   errichtet  werden  können,    als 


*)  Helmold,   Chron.   Slav.   I,   c.   69. 

^)   Das.    I,    c.    58:     Porro   forensis   ecclesia   in   curani    parrocliic  ad   radices   inontis   posita  est. 

^)   W.   Brehmer,  Zeitschrift  d.   Ver.   f.   Lüb.   (Jesch.   5,   S.    130. 


124 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Gallin-Kapell 
oder  Sakristi 


Alen-Kapell 

oder 
Gerwekamiiu' 


kapelle. 


Wöhrniann-Kapelle, 


Sän^^er-  oder 
Beichtkapelle. 


t  -r  T  T  -r- i—r  T  -r  T^ 


Grundriß   der  Marienkirche. 


Molen-  Oller 
düstere  Kapelle, 


BUrgermeister- 
ka  pelle. 


Tesrlorpf-Kicpell 


Wiinndorp-Kapelle. 


Stotebrügge-Kapelle. 


Segeberfj-Kapelle. 


Di  vesseii -Kapelle. 


kapelle. 


Schinkrl-KapcUe. 


DIE   .MAKIKNKIRCHE.  I25 

es  galt,  in  möglichster  l^ile  dem  ( iotlesdieiiste  eines  neugegründeten  Maiktes 
eine  Stätte  zu  bereiten.  Dafür,  dal.s  diese  Kirche  nur  klein  gewesen  ist,  spricht 
auch  der  l'mstand,  clal.s  sie  xon  dem  bereits  1  163  verstorbenen  Bischof  Gerold 
dem  Domkapitel  iiberwiesen  wortlen  ist,  also  zu  dieser  Zeit  bereits  vollendet 
war,  und  dal>  sclion  im  Jahre  1170,  als  mil  der  Bestätiginig  jener  Überweisung 
die  Marienkirche  zum  ersten  Male  urkundlich  erwiihnl  wird,'')  numero  crescente 
hdelium  eine  zweite  Kirche,  die  i^etrikirche,  in  unmittelbarer  Xiihe  des  Marktes 
gebaut  wurde.  Von  dieser  Kirche,  die,  wie  Hrehmer  annimmt,  in  der  I  [aupt- 
sache   aus   Holz")   errichtet  sein   wird,    sind    keinerlei   Reste   auf  uns  gekommen. 

Baubeschreibung  der  Marienkirche. 

Allgemeine  Haiibeschreibung.  Die  Marienkirche  ist  in  ihrer  heutigen 
(iestalt  eine  dreischiffige  gotische  Basilika  mit  aus  dem  .Vchteck  gebildetem 
Chor  mit  Umgang  und  drei  Chorkapellen,  mit  zwei  W'esttürmen  und  einem 
Dachreiter.  Die  Seitenschiffe  sind  in  ihrer  ganzen  Liinge  mit  Kapellenanbauten 
besetzt.  22  freistehemle  i'feilei-,  xon  den  \\'andi)feilern  der  Tin'me  abgesehen, 
tragen  den  Obergaden. 

Die  Höhe  des  Mittelschiftes  beträgt  über  dem  l<\i(.M)oden ,  welcher  \-on 
Westen  nach  Osten  um  nahezu  1,20  m  ansteigt,  in  dem  den  Türmen  zunächst 
gelegenen  Joch  38,5  m,  die  Höhe  der  Seitenschiffe  20,70  m.  Das  Abttelschiff" 
i.st  zwischen  den  Pfeilern  12,60  m  breit,  die  Seitenschiffe  8,25  m.  Die  Länge 
der  Kirche  beträgt  von  den  Türmen  bis  an  die  Ostwand  der  mittleren  Chor- 
kapelle 85,80  m. 

Die  Kirche  hat  sieben  Portale,  und  zwar  eines  in  der  Westfront  zwischen 
den  Türmen,  z^\'ei  in  den  beiden  Langschififswänden  im  ersten  Gewölbejoch 
zunächst  den  Türmen,  zwei  in  den  Anbauten  des  siebenten  Joches  und  zwei 
kleinere  Portale  an  den  ostseitigen  absidialen  Abschlüssen  der  Seitenschiffe. 

Nach  Art  der  übrigen  gotischen  Dome  der  Ostseegruppe  sind  die  Chor- 
kapellen dem  Chorumgange  nicht  vorgelegt,  sondern  in  denselben  hineinge- 
zogen; indessen  unterscheidet  sich  der  Umgang  von  St.  Marien  von  den 
gleichartigen  Chorschlüssen,  deren  Ursprung  bekanntlich  auf  die  Kathedrale 
von  Soissons^)  zurückgeführt  wird  und  der  sich  u.  a.  auch  beim  Lübecker 
Dome  findet,  insofern,  als  die  ersten  beiden  Chorkapellen  infolge  der  ver- 
hältnismäßig sehr  großen  Breite  der  Seitenschifte  nicht  voll  ausgebildet  sind, 
vielmehr  über  die  Außenwände  der  letzteren  nicht  hervorragen  und  so  gewisser- 
maßen einen  aus  zwei  Sechseckseiten  gebildeten  absidialen  Abschluß  der  Seiten- 
schiffe  darstellen.     Offenbar   sind    auch  diese  Abschlüsse  niemals  als  Kapellen 


1)  U.-B.  d.  Bist.  Lübeck  I,  No.  9  (1170  Nov.  21). 

^  Daß  die  ältesten  Kirchen  unserer  Gegend  in  der  Regel  Holzbauten  waren,  bestätigt 
Schlie's  Bericht  über  die  Klosterkirche  zu  Doberan ;  F.  Schlie,  Die  Kunst-  und  Geschichtsdenk- 
inäler  des  Großherzogtums  Mecklenburg-Schwerin,  Bd.   3,   S.   560. 

^)  Schnaase  u.  a.  leiten  das  Chorsyslem  der  Marienkirche  von  der  flandrischen  Gruppe 
dieses  Systems  (Brügge,  Tournay)  her.  Es  liegt  aber  kein  Grund  vor,  nicht  auf  das  älteste  Bauwerk 
dieser  Art,  die  Kathedrale  von  Soissons,  zurückzugehen,  weshalb  wir  das  System  in  der  Folge  kurz 
als  das  von   Soissons  bezeichnen  werden.      (Vgl.   unter   »Baugeschichte  der  Kirche.«) 


126 


DIE  MARIENKIRCHE. 


aufgefaßt  worden,  da  in  ihrer  freien  Außenwand  Eingänge  zu  den  Seitenschiffen 
angelegt  wurden. 

Die   ungeheure   Kühnheit   des   Konstruktionssystems    ist    aus    der   Ouer- 
schnittszeichnung  (Abb.)  zu  erkennen.     Gewaltige  Strebebögen  übertragen  den 


Querschnitt   durch   die   Kirche   mit  der   Briefkapelle,   nach   Westen  gesehen. 


Inneres  der  Marienkirche. 


DIE  MARIENKIRCHE.  \2J 

Schub  des  Oberoadens  auf  weit  ausladende  Strebepfeiler  der  Seitenschiffe. 
Zwischen  den  Pfeilern  ist  das  Mauerwerk  des  (  Iber^adens  \erschwacht,  so  da(.^ 
über  den  Arkaden  in  der  Höhe  des  Triforiunis  ein  innerer  L'in<jan<;  entstellt,  der 
jedoch  in  der  westlichen  Hälfte  nicht  ilurch  die  Pfeiler  hindurch^eführt  ist.  (S. 
Abb.  S.  129.)  P'.in  ebensolcher  (ian^-  befand  sich  unter  tlen  Seitenschiffsfenstern 
der  Langwände  des  Chores  (Abb.).  l^r  ist  aber  durch  die  Kai)ellenanbauten 
größtenteils  zerstört.  Dieser  Gang  war  an  der  Xord.seite  durch  einen  an  das 
östliche  Ende  des  Seitenschiffes  angebauten  Trepi)enturni    zug.änglich,    welcher 


Grundriß  der  östlichen  Hälfte  in   Höhe  des  Laufganges  unter  den  Seitenschiffsfenstern. 


bis  auf  den  Dachboden  des  Seitenschiffes  führt.  An  der  Südseite  ist  ein  ent- 
sprechender Treppenturm  nicht  vorlianden,  sondern  nur  eine  innere  Wendel- 
treppe, die  aber  mit  dem  erwähnten  Laufgange  in  keiner  X^erbindung  steht, 
sondern  jüngeren  Ursprunges  ist.     (Vgl.  unter   >^Trese.«) 

Die  Pfeiler.  Obwohl  das  Innere  der  Kirche  (Abb.)  bezüglich  seiner 
Abmessungen  einheitUch  durchgebildet  ist,  zerfällt  es  in  formaler  Beziehung 
in  zwei  deutlich  getrennte  Teile  und  zwar  hauptsächlich  durch  die  verschieden- 
artige   Ausbildunp;    der    Pfeiler.      Die    Scheide    bildet    das    von    allen    anderen 


128 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Pfeiler  des  Langschiffes.      Grundriß  und   Sockelprofil. 


Pfeilern  in  der  Form  abweichende  erste  Pfeilerpaar  des  Langhauses,  von  dem 
Ouergange  vor  dem  Lettner,  d.  i.   vom  Chor  aus  gerechnet.  ^) 

Die  übrigen  fünf  Pfeilerpaare  des  Langschiffes  (Abb.)  haben  einen 
quadratischen  Kern  mit  starken  Halbsäulen  auf  den  abgeschrägten  Ecken.  Als 
Gewölbestützen  sind  diesem  Kern  halbrunde  mit  je  fünf  kreisrunden  Diensten 
besetzte  Pfeiler  vorgelegt,  während  der  den  Obergaden  tragende  Gurt  durch 
rechteckige  Vorlagen  verstärkt 
ist,    deren  Ecken   mit  dünnen 

Birnstäben  profiliert  sind. 
Diese  Vorlagen  durchschnei- 
den das  Pfeilerkapitäl,  welches 
mit  dem  der  Seitenschiffs- 
dien.ste  auf  gleicher  Höhe  liegt, 
während  die  Mittelschiftsdienste 

ohne  L^nterbrechung  \'om 
Sockel  bis  zum  Kämpfer  des 
Gewölbes  durchgeführt  sind, 
wo  sie  gleichfalls  in  Kapitalen 
endigen.  Die  Pfeilersockel  ent- 
sprechen in  ihrer  Gliederung 
dem  Pfeilerquerschnitt.  Sie 
bestehen  aus  Kalkstein  und 
haben  ein  sehr  flach  profiliertes 
Sockelgesims.  Die  Kapitale 
sind  einfache  Kelchkapitäle 
aus  Stuckmasse  mit  aufge- 
setzten, nicht  besonders  schön 
modellierten  Blättern. 

Die  Pfeiler  der  Ost- 
hälfte (Abb.)  mit  dem  Chore 
haben  zwar  auch  einen  recht- 
eckigen Kern,  doch  i.st  der- 
selbe von  den  reichen  mit 
Birnstäben ,  Rundstäben  und 
Hohlkehlen  profilierten  Diens- 
ten ganz  bedeckt,  so  daß  die 

Pfeiler  zu  Bündelpfeilern  werden.  Die  Gliederungen  sind  feiner  und  reicher  als 
die  der  westlichen  Pfeiler.  Der  Sockel  ist  aus  zwei  Absätzen  gebildet,  von  denen 
der  untere  etwa  50  cm,  der  obere  etwa  30  cm  hoch  ist.  Die  Sockelgesimse 
sind    denen    der   Westpfeiler    ähnlich.      Die   Kapitale    der   Pfeiler    und   Dienste 


Chorpfeiler.      Grundriß   und  Sockelprofil. 


1)  Wir  numerieren  in  der  Folge,  entsprechend  der  in  den  Werken  des  Seniors  von  Melle 
üblichen  Bezeichnung,  sowohl  die  lo  Pfeiler  des  Chores  wie  die  12  Pfeiler  des  Langschiffes  in  der 
Richtung  von  Osten  nach  Westen. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


129 


bestellen    auch    liier   aus    Stuckniasse;    sie    zeigen    einfachen    lilattschmuck   und 
sind  hoher  als  die  Kapitale  der  wcsdichen  Schiffshälfte. 

Die  W'andjifeiler  (Abb.)  sind  den  Vorlagen  der  freien  Pfeiler  entsprechend 
ausgebildet.  Kine  Ausnahme  hiervon  machen  nur  zwei  Wandpfeiler  des  süd- 
lichen  Seiten.schiftes,   und  zwar  tler  letzte  und  der  dritdctzte  des  Chores,   welche 


Wanilpfeiler  der  ( isth.Hlfte.    Gru^(lril.^  und  Sockelprofil. 


Waiidpfeiler  im  südlichen  Seitenschiff. 


lediglich  aus  X'iertelstäben,  und  zwar  acht  an  der  Zahl,  gebildet  werden,  von  denen 
die  beiden  mittelsten  zu  einem  fast  halbrunden  Stabe  sich  \ereinigen  (Abb.).  Sie 
entsprechen  in  ihrer  Ausbildung  den  Pfeilervorlagen  des  ersten  Pfeilerpaares  der 

Westhälfte,  das,  wie 
erwähnt,  die  Scheide 
zwischen  den  vorbe- 
schriebenen beiden 
Kirchenhälften  bildet. 
Diese  beiden 
Pfeiler  verdienen  eine 
besondere  Beachtung, 
weil  sie  offensichtlich 
Reste  einer  älteren 
Kirche  sind.  Während 
die  Arkadenbögen  des 
Langschiffes  ganz  un- 
vermittelt auf  den 
westlichen  Vorlagen 
dieser  quadratischen 
Pfeiler  ansetzen,  sind 
den  letzteren  an  der 
Ostseite  Halbpfeiler 
vorgelegt,  welche  den 

Bündelpfeilern  des 
Chores  entsprechen. 
Hierbei  hat  aber  die 
Schiefheit  der  Axen, 
die  wohl  schon  dem 
älteren  Bau  eigen  war, 
dahin  geführt,  daß  von 
Teil  des  Längsschnittes.  ^em   nördlichen  alten 


I30  DIE  MARIENKIRCHE. 

Pfeiler  ein  Stück  abgenommen  \\'erden  mußte,  wodurch  er  bedeutend  ver- 
schmälert wurde.  Indessen  ist  diese  Verschmälerung  nicht  in  der  ganzen  Breite 
des  Pfeilers  vorgenommen,  sie  \'erläuft  vielmehr  schräg,  so  daß  an  der  Innen- 
seite die  volle  Breite  des  Pfeilers  geblieben  ist.  Zu  dieser  unkonstruktiven 
Anordnung  kann  nur  die  Rücksicht  auf  den  alten  Bogen  über  den  Pfeilern 
gezwungen  haben,  der  also  zu  der  Zeit,  als  man  die  neuen  Chorpfeiler  baute, 
noch  vorhanden  gewesen  sein  muß.  Seine  Reste  sind  noch  heute  erkennbar, 
denn  da  an  diesem  ersten  Pfeilerpaare  die  Dienste,  welche  die  Gewölbe  des 
Obergadens  tragen,  erst  in  der  Höhe  des  Scheitels  des  vormaligen  Querbogens 
beginnen,  so  sind  in  dem  Mauerwerk,  auf  welches  sie  sich  stützen,  zweifellos 
die  Reste  jenes  Bogens  erhalten.  Betrachten  wir  diese  Pfeiler  genauer,  so  er- 
kennen wir  an  dem  quadratischen  Grundriß  mit  rechteckigen  Vorlagen,  be- 
sonders aber  an  der  verdoppelten  Vorlage  der  Innenseite  Pfeiler,  ^^•ie  sie  als 
Vierungspfeiler  bei  romanischen  Kirchen,  so  beispielsweise  auch  beim  Lübecker 
Dome,  vorkommen.  Die  Pocken  sind  mit  sch\\'achen  Rundstäben  versehen,  die 
an  den  Vorlagen  im  Mittelschiff  höher  hinaufgehen  als  auf  der  Westseite  der 
Pfeiler;  man  darf  demnach  vermuten,  daß  die  Bögen  der  Langschififarkaden 
niedriger  waren  als  die  Querbögen,  daß  die  alte  Kirche  also  das  sogenannte  ge- 
bundene System  hatte.  Die  Steine  zeigen  die  der  romanischen  Kunst  eigene 
sorgfältige  Bearbeitung  und  die  charakteristische  Scharrierung.  Sie  sind  9  cm 
hoch;  auf  einen  Meter  in  der  Höhe  gehen  etwas  mehr  als  neun  Schichten.  Die 
Hellte  Weite  zwischen  den  beiden  Pfeilern  beträgt  10,1  m.  Die  diesen  Pfeilern 
nach  den  Seitenschiffen  zu  vorgelegten  Dienste  so\\'ie  die  entsprechenden  Wand- 
pfeiler in  den  Seitenschiffen  sind  lediglich  aus  Viertelstäben  zusammengesetzt, 
gleichen  also  den  oben  er\\'ähnten  beiden  Wandpfeilern  im  südlichen  Seiten- 
schiff des  Chores. 

Die  Gewölbe.  Die  Kirche  ist,  abgesehen  von  den  mit  Sterngewölben 
überspannten  Turmkapellen,  durchweg  mit  Kreuzgewölben  überdeckt,  deren 
Gurtbögen  nur  als  Rippen  von  der  Stärke  der  Diagonalrippen  in  die  Er- 
scheinung treten.  Die  Gewölbe  sind  V2  Stein  stark  und  auf  den  Schwalben- 
schwanz gewölbt.  Sie  sind  zum  Teil  mit  den  Außen\\änden  und  den  Balken 
durch  starke  eiserne  Anker  verbunden.  Unter  den  Schlußsteinen  sind  hölzerne 
kreisrunde  Scheiben  aufgehängt,  welche  im  Mittelschifte  mit  zehn,  in  den  Seiten- 
schiffen mit  acht  ausstrahlenden  gotischen  Blättern  besetzt  sind. 

Die  Scheiben  des  Mittelschiffes  zeigen  in  der  Reihenfolge  von  Osten 
nach  Westen: 

1 .  ein  Lamm  Gottes  mit  der  Siegesfahne ; 

2.  den  lübischen  Adler; 

3.  den  weiß-roten  lübischen  Schild; 

4.  den  Wappenschild  des  Bürgermeisters  (1500 — 21)  und  Vorstehers 
der  Marienkirche  (schon  1 506)  Tidemann  Berck  (auf  (joldgrund  ein 
grünes  fünfteiliges  sternförmiges  l^latt  mit  darüber  schwebender 
kleiner  blauer  Mondsichel) ;  ^) 

^)   Vgl.  weiter  unten  die  Abbildung  der  Tid.  Berckscben  Grabplatte. 


DIE  MARIENKIRCHE.  I3I 

5.  ein  Warendorpschcs  I'aniilicnwappcn  (auf  Goldgrund  in  blau  ein  zu 
beiden  Seiten  vuu  einer  Leiste  beoleiteter  schriiurechter  Balken,  der 
mit  drei   goldenen   iliegenden   \'(')oeln   belegt  ist); 

6.  das  Wappen  des  Bürgermeisters  (15  10 — 18)  I  lermann  Meyer*)  (drei- 
faches güldenes  Kreuz  auf  rotem  Grunde); 

7.  ein  W'ickedesches  Wappen,^)  jedenfalls  dasjenige  des  Bürgermeisters 
(151  I — 29)  Thomas  von  W'ickede; 

S.  das  Wappen  des  Bürgermeisters  (15 13 — 23)  Heinrich  Witte  (zwei 
goldene  mit  roten  Rosen  belegte  Flügel  auf  blauem  Grunde);-') 

9.  ein  Kerkringsches  Waj)pen  (schwarzer  gekrönter  Löwe  auf  goldenem 
eirunde),  jedenfalls  dasjenige  des  Ratsherrn  (1484 — 15 16)  und  Vor- 
stehers der  Marienkirche  (seit   1508)  Johann  Kerkring. 

Fünf  dieser  Wappen  gehören  demnach  den  \-ier  Lübecker  Bürger- 
meistern und  den  beiden  Vorstehern  der  Kirche  aus  den  Jahren  1513  — 15 16 
an,  sie  sind  also  zweifelsohne  bei  der  Wiederherstellung  des  im  Jahre  1508 
teilweise  abgebrannten  Daches  des  Obergadens^)  hier  angebracht;  aus  welchem 
Grunde  man  ihnen  das  Wappen  der  1504 — 1558  nicht  im  Rate  vertretenen 
Familie  Warendorj)  beigefügt  hat,   ist  nicht  ersichtlich. 

Die  Scheiben  der  Seitenschiffe  zeigen  in  ihrer  Mehrzahl  geschnitzte 
Figuren  auf  blauem,  mit  goldenen  Sternen  besetztem  Grunde.  Mehrere  dieser 
Figuren  sind  aber  niclit  melir  vorhanden;  an  ihrer  Stelle  ist  der  Grund  dann 
ganz  blau  bemalt  worden. 

Vom  Süderturm  beginnend  zeigen  die  Scheiben: 

Im  Süderschiff:  zwei  blaue  Felder,  St.  Bartholomäus,  St.  Johannes  Fv., 
eine  ALidonna  auf  dem  Halbmond,  ein  blaues  Feld,  das  einen  gekrönten 
Russenkopf  darstellende  Wajipen  der  Xowgorodfahrer  (vgl.   S.    133). 

Im  Chorumgang:  den  lübischen  Schild,  den  lübischen  Adler  mit 
Brustschild  (vor  der  Bürgermeisterkapelle),  St.  Martin  (über  dem  bis  161 8 
am  drittletzten  Wandpfeiler  des  Chorumganges  belegenen  Altar  der  Knochen- 
hauer, ^)  deren  1483  gestiftete  Brüderschaft  »de  broderscop  Unser  Leven 
X^rouwen  unde  s.  Martens  der  knakenhowere  bynnen  Lubeke«  benannt  war,^) 
das  in  rotem  Felde  ein  goldenes  Hifthorn  aufweisende  W'appen  der  Familie 
Ileliorn  (über  dem  dieses  Wappen  mit  enthaltenden  Kremerschen  Grabstein, 
ehemals  auch  in  einem  Fenster^)  der  dortigen  Chorkapelle),  eine  Maria  mit 
dem  Kinde  (vor  der  Marientiden-  oder  Sängerkapelle),  zwei  Engel,  die  eine 
Monstranz  tragen,  das  Wappen  der  Familie  Darssow,    welches   auf  Goldgrund 


1)  Vgl.  Milde,  Siegel  des  Mittelalters,  Tafel  8  No.  65  und  S.  59. 

^)   Vgl.   unten   das  Epitaph  des  Bürgermeisters  Gotschalk  von  Wickede  (gest.    1667). 

3)  Vgl.   Milde,   a.   a.   O.,  Tafel    14  No.    129   und  S.   85. 

*)  Vgl.  S.    143. 

^)  Vgl.   das  weiter  unten   mitgeteilte  Vikarienverzeichnis  unter   133 1   Juli   22. 

^)  St.-A.,  Brüderschaften,   Stiftungsbuch  der  Knochenhauer-Brüderschaft. 

')   ^gl-   tinter   «Glasmalereien.« 

9* 


132  DIE  MARIENKIRCHE. 

ein  doppelreihig  .sch\\arzweiß  gewürfeltes  Andreaskreuz  zeigt,  dessen  oberer 
\\'inkel  einen  wachsenden  Mann  mit  weißer  Kopfbinde  einschließt  (über  dem 
ehemaligen  Darssowschen  Altar), ^)  zwei  blaue  Felder; 

Im  Norderschifif:  St.  Petrus,  einen  gleich  den  folgenden  Figuren  der 
Scheibe  aufgemalten  Heiligen  mit  Buch,  ein  blaues  Feld,  St.  Jakobus  Major, 
St.  Johannes  Fv.,   eine  gemalte  Sonne,    ein  blaues  I-'eld. 

Südliche  \"orhalle.  Ein  eigentliches  (Juerschiff  besitzt  die  Kirche 
nicht.  An  seine  Stelle  treten  zweijochige  Erweiterungen  der  Seitenschi fte,  von 
denen  die  der  Südseite  als  Vorhalle  für  den  Haupteingang  vom  Markt  her 
dient.  Ihre  Gewölbe  stützen  sich  mit  denen  des  Seitenschiffes  auf  einen  frei- 
stehenden Backsteinpfeiler  (Abb.),  der  nicht,  wie  der  entsprechende  Pfeiler  der 
gegenüberliegenden  Totenkapelle,  den  alten  Strebepfeiler  des  Seitenschiffes  auf 
den  ersten  Blick  erkennen  läßt,  sondern,  weil  er  ringsum  gleichartig  ausgebildet 
ist,  von  unten  auf  für  die  Wölbung  der 
Vorhalle  und  des  Seitenschiffes  bestimmt 
war.  Da  er  vorhanden  sein  muf>te,  als 
die  Gurtbögen  geschlagen  wurden,  so 
kann  er  nicht  wohl  später  als  die  übrigen 
Teile  des  Chores  errichtet  sein.  Die 
beiden  benachbarten  Strebepfeiler  da- 
oeoen  standen  bereits,  als  die  Vorhalle 
gebaut  wurde,  denn  man  erkennt  deut- 
lich, wie  sie  durch  Abscharrieren  \er- 
schmälert  worden  sind,  damit  der  Fauf- 
gang  unter  den  Chorfenstern  an  den 
Wänden  der  Kapelle  herumgeführt  wer- 

_,  "  Pfeiler  der  Südervorhalle. 

den    konnte    (s.    Abb.    S.    127).      Dieser 

scheinbare  Widerspruch  lö.st  sich  dadurch,  daß  jene  abscharrierten  Pleiler 
schon  \orhanden  waren,  als  der  Bau  des  gotischen  Chores  begann,  nicht  aber 
der  Mittelpfeiler.      Wir  werden  hierauf  weiter  unten  zurückkommen.^) 

Die  Vorhalle  hat  in  der  westlichen  Tra\ee  der  Südwand  ein  reich  ge- 
gliedertes Portal  aus  Gothländer  Kalkstein,  über  demselben  und  im  benach- 
barten Felde  je  ein  großes  dreiteiliges  P"enster.  Auch  die  Ost-  und  Westwand 
hatten  ursprünglich  Fenster,  doch  sind  dieselben  \'ermauert,  als  im  Osten  die 
Bürgermeisterkapelle,  im  W  esten  die  Warendorp-Kapelle  angebaut  wurden.  Die 
letztere  bedingte  wegen  ihrer  geringen  Tiefe  zwar  nicht  die  Vermauerung  des 
ganzen  Fensters,  man  hat  dieses  anfangs  auch  nur  verschmälert,  aber  später 
ist  auch  "das  verschmälerte  Fenster  aus  einem  nicht  erkennbaren  Grimde  zu- 
gemauert worden,  wie  man  an  den  teilweise  erhaltenen  Laibungskanten  \vahr- 
nehmen    kann.      Unter    den    Schlußsteinen    der    beiden    Kreuzgewölbe    hängen 

0   ^§1-   ^^^  Vikarienverzeichnis  unter    1420  Januar    19. 
^)   ^S^-  "'i'^'-*r   »Baugeschichte  der  Kirche.« 


Dil«;  MAKii.xKiRciii;.  133 

Scheiben  nach  Ait  derjenigen  im  Seitenschiti".  Sie  Iragen  tlas,  wie  erwähnt, 
auch  in  dem  einen  der  beiden  anstoßenden  Gewölbe  sich  findende  Wappen 
der   Xowgorodfahrer,  die  in  der  X'orlialle  eine   Ka])elle  besaßen.*) 

Die  drei  Scheiben  mit  den  Kusscnköptcn  sind  nebst  einer  verloren 
gegangenen  Nierlcn  anlälMii  h  des  in  die  Jahre  1464 — 67  fallenden  Neiibaus 
der  Nowgorodfahrerkapelle  von  dem  nicht  weiter  bekannten  Bildschnitzer 
Egidius  gefertigt  und  vom  Meister  Bernt  Notke  bemalt,  wie  die  vom  3.  August 
1467  datierte  Abrechnung  mit  folgenden  ^^'orten  bezeugt:  »Item  noc:h  heb 
wy    geven    mester   Ilies   vor  de   lo\er  to   snyden   unde   4   schiven   in   de   welffte 

unde   vor   schappe   in    de   ka])elU'n    in    al    sununa    56  nu' Itcni    noch 

geven  mester  IScrndc  dem  maier  Nor  de  lover  unde  4  schyven  int  wclfite  in 
al  summa  iiö  nn-,  St.-A.,  liuch  der  Älterleute  der  Nowgorodfahrer  von 
1450—73- 

l)i'ierkapelle.  1  )ie  Ihiet  kapeile  ist  ein  \  ierecki^er,  etwas  schiefwink- 
liger Raum  xon  IJ  m  Länge  und  8,35  m  Breite,  iler  nördlich  an  das  siidliche 
Seitenschiti'    und    westlich    an    den    Süderlin-m    "renzt.       1  )urch    reichueuliederte 


—    gj?  .^Kärt/it 


spitzbogige  Portale  in  der  Achse  des  letzten  Kirchenjoches  ist  die  Kapelle 
sowohl  mit  der  Kirche  als  auch  mit  dem  Kirchhofe  verbunden.  Die  Länge 
des  Raumes  entspricht  der  Tiefe  der  beiden  letzten  Joche  des  Langhauses, 
wiewohl  mit  der  Abweichung,  daß  die  Ostwand,  N\elche  den  \-orletzten  Strebe- 
pfeiler  ersetzt,    über   die  Achse   dieses  Pfeilers  um  etwa  die  Dicke  der  Mauer 

*j  Vgl.   unter   «Kapellen   im   Innern   der  ls.irche.« 


134 


DIE  MARIENKIRCHE. 


"W':^'''' 


vor- 
ist 
da- 
die 


hinausgeschoben  ist.  Das  Langhaus  und  diese  Kapelle  gehören  daher  offenbar 
nicht  zu  ein  und  demselben  Bauplan.  Der  untere  Teil  des  letzten  Strebepfeilers, 
welcher  in  die  Kapelle  fallen  würde,  ist  an  die  Südwand  der  Kapelle  versetzt, 
wo  er  den  Gewölbeschub 
des  hohen  Mittelschiffes 
vermittelst  eines  gewal- 
tigen, über  das  Pultdach 
der  Kapelle  gespannten 
Strebebogens  aufnimmt. 
(S.  Abb.  S.  126.)  Daß 
hier  der  Strebepfeiler  des 
Seitenschiffes  beim  Bau 
der  Kapelle  bereits 
handen  gewesen  sei 
nicht  nachzuweisen , 
gegen  erkennt  man 
Spuren  des  nächsten  vor- 
letzten Strebepfeilers  an 
der  Schrägung  der  Kapel- 
lenwand im  Innern  und 
noch  deutlicher  an  den 
Resten  seines  Mauerwerks 
über  den  Gewölben  der 
Kapelle     (Abb.    S.     133). 

Diese  Reste  sind  nur 
wenige  Schichten  hoch; 
alsdann  setzt  über  der  gan- 
zen Länge  der  Kapellen- 
wand eine  einheitlich  ge- 
mauerte Wand  an,  welche 
etwaige  frühere  Öffnungen 
des  Seitenschiffes  nicht  er- 
kennen läßt.  Aus  dieser 
Wand     sind     unmittelbar 


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I     I     I 


unter  dem 
Stützen  für 
welche     die 


Dache  die 
die  Pfeiler, 
Strebebögen 


Briefkapelle.     Querschnitt  und  Gewölbe. 


des  Mittelschiffes  aufneh- 
men, ausgekragt.  Die  Aus- 
kragung des  letzten  Pfei- 
lers wird  durch  Granit- 
quader gebildet,  während  der  Schub  des  zweitletzten  Strebebogens  durch  in  die 
Ecke  gelegte  spitzbogige  Tonnengewölbe  auf  die  Ostwand  der  Kapelle  über- 
tragen wird.     Der  beschriebene  Befund  zeigt  deutlich,   dal.s  die  Strebejjfeiler  des 


DIE  MARIENKIRCHE. 


135 


Seitenschiffes  in  ihren  oberen  Teilen  noch  nicht  \()rh;nulen  waren,  als  (he 
Kapelle  oel)aut  wurde,  tlal.s  diese  also  nicht  jün<;er  ist  als  die  west- 
lichsten Teile  des  Langhauses. 

Aus  Zieoeln  oemauerte,  acliteckioe  Dienste  teilen  die  W.uulllaclien  \n 
drei  bezw.  sechs  PY-lder,  tleren  jedes  ein  hV>nster  oder  eine  iUende  enthält  (Abb.). 
Die  Sockel  dieser  Dienste  bestehen  aus  Granit.  Sie  schauen  nur  wenig  iiber 
dein  Inißboden  hervor,  haben  eine  achteckige  Grundrißforni  und  eine  einfache 
Trolilierung,  tlie  aus  einem  Wulste  und  einer  darüber  liegenden,  zum  Schafte 
übei-führendeu   sehr   Ilachen    1  lohlkehle   Ijcsteht. 


Kapitale  und  Konsolen  in  der  Briefkapelle. 


Das  reiche  und  zierliche  Sterngewölbe  (Abb.)  der  Kapelle  ruht  auf  zwei 
achteckigen,  8,40  m  hohen  Säulen  aus  Bornholmer  Granit,  die  nur  32  cm  im 
Durchmesser  haben.  Während  der  westliche  Säulenschaft  aus  einem  einzigen 
Stücke  besteht,  ist  der  östliche  aus  zwei  Stücken  zusammengesetzt,  deren  Fuge 
etwa  I V2  m  unterhalb  des  Kapitals  liegt.  An  den  aus  rotem  Gothländer 
Kalckstein  gearbeiteten  Sockeln  beider  Säulen  vermitteln  auf  einer  quadratischen 
Grundplatte  an  jeder  Ecke  zwei  nach  oben  wachsende  Blätter  den  Übergang 
zu  dem  runden  kräftigen  Wulst,  aus  welchem  eine  flache  Hohlkehle  in  zwei 
niedrige  achteckige  Oberglieder  überleitet.  Auf  diese  setzt  der  Säulenschaft 
indessen  nicht  unvermittelt  auf,  der  Fuß  jeden  Schaftes  ist  vielmehr  nachträg- 
lich   mit    einem    Bronzering    imigeben,    der    die   Stütze    vor  X^erschiebung   und 


136  DIE  MARIENKIRCHE. 

damit  vor  ungieichmälMgem  Druck  hat  bewahren  sollen.  Dies  l^estreben  tritt 
bei  dem  i  594  angelegten  Schuh  der  östlichen  Säule,  dessen  verbreiterter  unterer 
Rand  über  die  oberen  Sockelglieder  hinüber  faßt,  besonders  deutlich  hervor. 
Er  besteht  aus  zwei  halbachteckigen  Hälften,  deren  zusammenstoßende  Laschen 
durch  Niete  verbunden  sind.  Alter  als  dieser  Schuh  ist  derjenige  der  west- 
lichen Säule.  Auch  er  setzt  sich  aus  zwei  Hälften  zusammen,  die  durcli 
ineinander  greifende  Ösen,  durch  welche  ein  gemeinsamer  Bolzen  gesteckt  ist, 
vereinigt  werden. 

Die  Wochenbücher  der  Marienkirche  (im  folgenden  WB.  abgekürzt) 
berichten  unter  1594,  12.  Woche  nach  Neujahr  (März  24 — 30):  »Noch  hefft 
mester  Matz  de  bussengeter  (Matthias  Benning)  gegaten  i  nyen  bant  van 
grapengudt  umme  den  i  pyler  in  s.  iVnnen  kapellen,  was  nedden  uthgebraken, 
umme  aller  fare  wyllen  den  bant  dar  laten  umme  maken ,  hefft  gewagen 
4V2  lys'tP  3  markU,  synt  alles  66  ^;  ehme  vor  dat  mark^  betalet  5  j5',  den 
knechten   dranckgelt  4   f5,   dot   alles    20   ^    14   j3.  ^' 

Die  reich  ausgearbeiteten  Kapitale  und  Konsolen  (Abb.)  zeigen,  daß 
die  erfinderische  Phantasie  des  Meisters  in  figürlichen  Darstellungen  nicht 
immer  gleichmäßig  von  der  Technik  unterstützt  wurde.  Bei  einigen  der 
Kapitale,  deren  Oberglieder  durchweg  verschiedenartige  Profilierungen  auf- 
weisen, genügt  ein  ausschließlich  aus  Blattwerk  bestehender  Schmuck,  der  seine 
Formen  zumeist  dem  Weinstock  oder  dem  Feigenbaum  entlehnt  hat,  bei 
anderen  treten  die  Blätter  in  Verbindung  mit  Gestalten  aus  der  Tierfabel  auf 
oder  auch  wohl  mit  einem  menschlichen  Kopfe,  während  bei  noch  anderen 
rein  figürlichen  Szenen  zu  erkennen  sind.  An  einem  Kapital,  das  einen  Mönch 
und  eine  ihn  anlockende  Nonne  zeigt,  trägt  die  Platte  die  etwas  anzügliche 
.In.schrift:    IiÖDWILi  •  SVDÖGIie  DISISDG  :  SVIiDHGhe.^) 

Diejenigen  Dienste,  welche  auf  die  Portale  treiTen  oder  vielleicht  den 
für  einen  Altar  bestimmten  Raum  beschränken  würden,  sind  etwa  in  halber 
Höhe  abgeschnitten  und  ruhen  hier  auf  Konsolen,  welche  ausnahmslos  von 
einer  Figur  gestützt  werden.  In  den  an  der  Ostwand  angebrachten  männ- 
lichen Konsolträgern  wird  man  vielleicht  den  Steinmetzen  und  den  Baumeister 
erblicken  dürfen. 

Was  die  Fenster  betrilTt,  deren  Gewände  und  Pfosten  mit  gebräuchlichen 
Profilsteinen  aus  Backstein  aufgemauert  sind,  so  hat  keines  derselben  sein 
ursprüngliches  Maßwerk  bewahrt.  Es  sind  nämlich  ältere  oder  jüngere  Er- 
neuerungen, die,  in  Zementguß  oder  Sandstein  hergestellt,  die  alten  Formen 
doch  nur  annähernd  wiedergeben.^)  Wo  aber  von  vornherein  das  anscheinend 
ebenfalls  aus  Kunststein  hergestellte  Maßwerk  vor  eine  feste  Wand  gesetzt 
war,  also  an  den  Blenden,  haben  .sich  die  fein  profilierten  Formen  unberührt 
erhalten.     Hervorzuheben    sind   drei   schöne,    gut   erhaltene   Maßwerke   an   der 


^)  Das  soll  heißen:   »he  wil  sundeghen,   dit  (die  Nonne)  is  de  sciildeghe.« 
^)   "^35    ist    die  Brief  kapeile    mit    einem  Kostenaufwand    von    2477   ^    i^  ß    »in-  und  aus- 
wendig  renovirt   und    mit    neuen    Fenstern    versehen;«    Vorsteher-Protokoll.     Das    Maßwerk    ist   zum 
Teil    1862   erneuert. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


^37 


Xordwand  (Abi).).  .XiiLNcrdcin 
bcfiiulet  sich  an  den  anderen  drei 
Wänden  je  eine  I^lende.  ( )ber- 
halb  der  beiden  Portale  sind  je 
zwei  kleinere  Fenster  anu^eordnet. 
Die  Sohlbänke  der  I'enster  und 
Blenden  bestellen  aus  einfachen 
Schrägen;  in  der  nortlöstlichen 
Ecke,  wo  das  Mauerwerk  des 
Strebepfeilers  durch  ICinbrechen 
tiefer  Nischen  nicht  mehr  <;e- 
schwächt  werden  konnte,  hat  man 
Maßwerk  und  Pfosten  \or  die 
Wandfläche  gelegt.  Die  Ri|)|)en 
der  Gewölbe  haben  ein  Hirnstab- 
I)r()fil.  Im  jähre  1S34  sind  die 
Gew  ölbe  vollstiuidig  erneuert  und 
haben  wohl  bei  dieser  Gelegen- 
heit die  vf)n  den  Schnitt])unkten 
der  Rippen  herabhängenden  höl- 
zernen Zapfen  bekommen.  Den 
Eingang  aus  der  Kapelle  in  die 
Kirche  bildet  ein  reich  geglieder- 
tes spitzbogiges  Portal  mit  zier- 
lichen Laubwerkkapitälen.  (Abb. 
S.  142.) 
Die  beiden  hintereinander  Hegenden  Portale  kennzeichnen  die  Kapelle 
durchaus  als  eine  monumentale  \\)rhalle  des  Schiffes,  die  an  dieser  Stelle,  als 
nach  dem  Markte  zu  belegen,  von  größerer  Wichtigkeit  war  als  das  West- 
portal, das  bei  St.  Marien  stets  nur  von  untergeordneter  Bedeutung  gewesen  ist. 
Eine  in  die  westliche  Wand  der  Kapelle  eingemauerte  Kalksteinplatte 
trägt  in  gotischen  Majuskeln  die  Inschrift: 

SVRRI  :  PRinaiPljfT  :  DiTfiS  :  ffi  :  eRifl  :  (I 
DVO  :  qSlUR 

eana  :  q'  :  OilVHUhil  :  Pm  :  HVIC  :  UHU 
SIBI  :  SCR^]Ucfl  :  sRHRIfl. 

Die  diesen  Versen  nach  im  Jahre  13 10  gebaute  Kapelle  war  jedoch 
nicht,  wie  man  aus  ihnen  weiter  entnehmen  könnte,  der  Muttergottes  geweiht, 
die  hier  offenbar  nur  als  die  Schutzheilige  der  Kirche  angerufen  wird,  sondern 
sie  ist  nachweislich  schon  seit  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  nach  der  hl.  Anna 
benannt  worden,  deren  Bildsäule  hier  auch  unter  anderen  bis  1533  gestanden 
hat.  1)     Ihre  außerdem  vorkommende  und  bis  in  die  Gegenwart  üblich  gebliebene 


Fensterblende  in   der  Briefkapel'e. 


^)  Vgl.   unter   <> Bildwerken.« 


138 


DIE  MARIENKIRCHE. 


DIE  MARIENKIRCHE.  I  39 

xolkstüniliclic  HczeichiiuiiL;  als  lirief kapeile  ist  ahne  I'^raoe  auf  den  Umstand 
zurückzuführen,  daß  in  ihr')  oleichwie  auf  dem  Marienkirchhofe ^)  öffentliche 
Schreiber  ihren  Stand  gehabt  haben;  die  Angabe,  dal.N  hier  Ablaßbriefe  ver- 
kauft sein  sollen,  ist  geschichtlich  nicht  zu  erhärten  und  jedenfalls  lediglich 
aus  diesem  Namen  hergeleitet  worden. 

Die  ]\-issaden.  Das  Äußere  der  Kirche  macht  einen  gewaltigen  h>in- 
druck  nicht  nur  durch  die  das  gewöhnliche  Maß  weit  überschreitenden  (inißen- 
verhältnisse,  sondern  auch  durch  die  sinnfällige  Klarheit  der  Konstruktion,  die 
um  so  mehr  in  die  Augen  springt,  als  jegliches  verzierende  Beiwerk,  wie  es 
die  Kathedralen  des  Südens  auszeichnet,  fehlt.  Die  Fassaden  enthalten  so 
gut  wie  nichts,  was  nicht  durch  die  Konstruktion  des  Innenraunu's  und  die 
Rücksicht  auf  die  Angriffe  der  Witterung  bedingt  ist.  Fast  die  einzigen  Zier- 
formen, wenn  man  sie  als  solche  bezeichnen  will,  sind  die  l'rofilierungen  der 
Fensterlaibungen,  die  bei  dem  ganzen  Bau  ziemlich  einheitlich  ausgebildet  sind. 

Die  außerordentlich  hohen,  meist  dreiteiligen,  in  den  Anbauten  aber 
auch  vierteiligen  Fenster  nehmen  in  ihrer  Breite  etwa  die  Hälfte  der  I-'elder- 
breite  zwischen  den  Strebepfeilern  ein.  Die  Fenster  des  Obergadens  sind 
nicht  in  ihrer  ursprünglichen  Höhe  vorhanden,  da  die  Dächer  der  Seitenschiffe, 
wie  man  auf  dem  Dachboden  erkennt,  anfänglich  weniger  hoch  waren,  bei 
einer  h^rneuerung  in  späterer  Zeit  aber  so  steil  gemacht  worden  sind,  daß  sie 
um  etwa  einen  Meter  in  das  Lichte  der  alten  h'enster  hineinragen.  Die  Mauer 
des  Obergadens  ist  über  den  Fenstern  x'erstärkt,  indem  spitzbogige  Wandbögen 
zwischen  den  Strebepfeilern  geschlagen  worden  sind,  welche  die  \"erdickimg 
der  Mauer  tragen.  Gleichsam  als  Stützen  der  Strebebögen  an  der  Mauer  des 
Obergadens  sind  teils  runde,  teils  halbachteckige  Säulchen  \()r  die  Mauer 
gelegt.  Die  Strebepfeiler  sind  über  der  Mauer  des  Seitenschiffes  durchbrochen, 
so  daß  ein  Laufgang  in  der  Dachrinne  hergestellt  ist,  indessen  auch  hier, 
wie  bei  den  Laufgängen  im  Innern  der  Kirche,  nur  über  der  östlichen  Hälfte 
des  Baues. 

Die  Portale.  Das  westliche  Hauptportal  ist  an  die  Innenseite  der 
sehr  starken  Mauer  gelegt  und  der  in  der  Mauerstiu'ke  \'erbleibende  Raum 
als  offene  Vorhalle  ausgebildet.  Diese  ist  jedoch  Jahrhunderte  hindurch  ver- 
mauert gewesen,  wozu  jedenfalls  die  kurz  vor  1400  geschehene  Einrichtung 
des  Raumes  zwischen  den  beiden  Türmen  zur  Bergenfahrerkapelle  den  Anlaß 
gegeben   hat,    und    erst    1872    wieder   freigelegt   worden.^)      In  der  Außenflucht 


^)  Z.  B.  heißt  es  am  Schluß  einer  1363  aufgestelUen  Abrechnung  über  gewisse  Einkünfte 
des  Heiligen  Geist-Hospitals:  »el  hec  computatio  facta  est  in  capella  b.  Anne  annexa  ecclesie  b. 
Marie  virginis   in  Lubeke;«   Lüb.   U.-B.   3   No.  464. 

2)  Vgl.  W.  Brehmer  in  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.   2,  S.    160. 

^)  Im  folgenden  Jahre  ist  auch  das  vor  dem  Hauptportal  gelegene  Haus  des  Schüsselbudens 
abgebrochen,  um  hier  eine  westseitige  Zuwegung  zu  gewinnen.  Es  war  zu  diesem  Zwecke  bereits 
1839  von  der  Vorsteherschaft  angekauft. 


140 


DIE  MARIENKIRCHE. 


hat  man  damals  eine  mittlere  Doppelsäule  aus  Sandstein,  ^^•elche  ein  einfaches 
durchbrochenes  Maßwerk  trägt,  eingesetzt  und  die  beiden  so  entstandenen 
Öftnungen  durch  geschmiedete  eiserne  Pforten  mit  sehr  schönen  Gittern  in 
Renaissanceformen  1)  geschlossen.  Das  Netzgewölbe  des  Innenraumes  ruht  auf 
vier  Eckdiensten,  die  in  halber  Höhe  auf  einem  blattgeschmückten  Sandstein- 
konsolchen  enden,  während  an  jeder  Seitenwand  ein  mittlerer  Dienst  herabläuft. 
Die  Kapitale  und  ein  die  Wandflächen  wagerecht  teilendes  Sandsteingesims 
sind  mit  feinem  Blattwerk  ge- 
ziert. Oberhalb  dieses  Gurt- 
gesimses ist  die  Wandfläche 
zurückgesetzt  und  es  erhebt 
sich,  frei  vor  dieselbe  vorge- 
stellt, eine  ^littelsäule,  die 
zwei  spitzbogige  Blenden  mit 
Maßwerk  abteilt.  Das  eigent- 
liche Portal  besitzt  ein  mit 
zwei  in  eine  große  Hohlkehle 
gelegten  Rundstabbündeln  ge- 
gliedertes Gewände  mit  Blatt- 

werkkapitälen.  Die  spitz- 
bogige  Öftnung  wird  durch 
einen  \\agerechten  Kämpfer- 
stein unterbrochen,  unter  dem 
sich  die  durch  einen  Sand- 
steinpfosten getrennten  beiden 
Türen  befinden.  In  das  obere 
Bogenfeld  ist  ein  einfaches 
Backsteinmaßwerk  eingesetzt, 
\\ährend  die  beiden  mit  moder- 
nen Türen  \erschlossenen 
unteren  Öffnungen  als  Ein- 
gänge dienen.  Vor  dem  Mittel- 
pfosten  war  i<S8i  — 1904  auf 
einer  neuen,  kurzen,  schweren 
Säule  eine  Marienstatue  auf- 
gestellt. 2) 

Die  übrigen  sechs  Por- 
tale sind  einfache  spitzbogige 
Öffnungen  mit  mehr  oder  weniger  reich  profilierten  Gewänden  aus  Kalkstem, 
an  dessen  Stelle  beim  Portal  der  Totentanzkai)elle  und  im  Bogen  des  nörd- 
lichen  Chorportales    Backstein    tritt.      Das    südliche    Chorportal    ist    in    seinem 

1)  Sie    sind    von    Martin  Genzier    zu  Hamburg    entwürfen    und    vom   Schlossermeister  H.   A. 
H.   Schnoor  ausgeführt;  Jimmerthals  handschriftl.   Chronik  der  Marienkirche  unter   1872. 
'^)  ^gl-  unter  »Bildwerken.« 


Westliches  Hauptportal. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


141 


Portal  zur  Südervorhalle. 


ursprün^^lichcn  Zustaml  nicht  fiiiaUen;  es  ist  1777  nacli  einem  I'"nl\\ui-r  von 
Sollen'  durch  einen  geputzten  Uundhogen  ersetzt.  X'or  allen  l'orlalen,  mit  Aus- 
nahme (lesjenigen  znr  Briefkapelle  und  zur  Totentanzkapelle,  sind  in  dem  Zeit- 
raum \()n  1798 — 1854  häßliche  Vorbauten  aus  Backstein  mit  spitzl)()gigen  l'ortal- 
dti'nungen  errichtet  worden.      Sie  dienen  als  W'indfänge,  haben  aber  mutmal.Mich 

nebenbei  tlen  Zweck  gehabt, 
die  .stark  verwitterten  eigent- 
lichen Portale  zn  \erdecken. 
deren  l'Jiieueiung  im  andeien 
l'"allc  nach  der  Anschauungs- 
wei.se  der  Zeit  wohl  kaum 
hätte  umgangen  werden  krin- 
nen.  So  hat  die  X'orsehung 
oder  die  lünsicht  der  Bau- 
vorsteher sie  vor  einer  ver- 
ständnislo.sen  »Restauration« 
bewahrt ,  um  sie  einer  der- 
einstigen würdigen  Wieder- 
herstellung zu  erhallen,  l)ei 
der  dann  die  häßlichen  X'or- 
bauten  hoticntlich  wieder  \er- 
schwindcu  werden.  I  )ann 
mag  man  die  \\  indtange  in 
das  Innere  legen  und  die 
wiederhergestellten  Portale 
an  Stelle  der  heutigen  sehr 
dürftigen  Bretttüren  mit  Türen 
versehen,  die  des  vornehm- 
sten Gotteshauses  der  Stadt 
würdig  .sind. 

Über  die  verschieden- 
artige Profilierung  der  Portal- 
wände geben  unsere  xAbbil- 
dungen  Aufschluß.  Während 
das  Portal  zur  Südervorhalle 
und  das  Portal  neben  dem 
Norderturm,  jenes  mit  Bündel- 
säulchen,  dieses  mit  einfachen 
Rundsäulen ,  die  charakte- 
ristischen tiefen  Hohlkehlen  der  P^rühgotik  zeigen,  sind  bei  den  Portalen  der 
Briefkapelle  die  Säulchen  auf  die  abgeschrägte  Laibungsfläche  gesetzt.  Sie 
haben  hier  die  Form  eines  halben  Vierpasses  mit  zugespitzter  Vorderkante 
und  ähneln  so  den  oben  beschriebenen  X'iertelstabpfeilern  im  östlichen  Teile 
des  Süderschiftes. 


Portal  neben  dem  Norderturm. 


142 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Außenseite  der  Anbauten.  Der  einfache  Aufri(3  des  ursprünglichen 
Baues  erliält  eine  für  die  malerische  Wirkung  des  Ganzen  nicht  unwillkommene 
Bereicherung  durch  eine  grolle  Zahl  von  Anbauten,  von  denen  wir  im  Vor- 
stehenden nur  die  Südervorhalle 
und  die  Briefkapelle  erwähnt  haben, 
da  wir  die  übigen  weiter  unten 
eingehend  besprechen  werden.^) 
Während  die  Briefkapelle  sich 
jetzt    mit    einem    hohen    Pultdach 


^)  Außer  den  Kapellenanbauten 
hatte  die  Kirche  ehedem  noch  eine  Reihe 
weiterer  Anhängsel ,  die  aber  im  Verlaufe 
des  19.  Jahrhunderts  beseitigt  worden  sind. 
Am  12.  Februar  1826  berichtet  der  Stadt- 
baumeister H.  N.  Börm  an  die  Vorsteher 
der  Marienkirche:  »Ferner  sind  die  Ge- 
bäude zu  betrachten,  die  sämmtlich  an  die 
Kirche  und  zwischen  ihren  Pfeilern  ange- 
baut sind,  deren  Zahl  sehr  groß  ist.  Dahin 
gehört  a)  das  Haus  des  Türmers,  b)  zwey 
Wohnungen  für  Glockenläuter,  c)  das  Haus 
des  Küsters,  d)  fünf  vermietete  Laden, 
e)  zwei  vermietete  Holzräume,  f)  ein  Spritzen- 
haus, g)  zwey  Kalckhäuser,  h)  ein  Zeug- 
haus der  Glockenläuter,  i)  ein  Zimmerhaus, 
k^:  eine  Wagenremise  für  den  Superinten- 
denten ,  1)  ein  Holzraum  für  den  Kirchen- 
vogt. Diese  18  verschiedenen  Piecen  lehnen 
sich  sämtlich  an  die  Hauptmauern  der  Kirche 
an.  Sie  sind  sämtlich,  was  ihre  Ansicht 
anlangt,  ein  Greuel  für  jedes  menschliche 
Gefühl,  indem  sie  nicht  nur  an  sich  häss- 
lich  und  formlos  sind,  sondern  auch  die 
herrlichen  und  grossen  Umrisse  und  Formen 
der  schönen  Kirche  verdecken  und  ver- 
stecken.«     (Akten  des  Bauamtes.) 

Der  Bericht  ist  auch  insofern  nicht 
ohne  Interesse,  als  Börm  die  Frage  auf- 
wirft, woher  es  komme,  daß  das  Gotteshaus, 
wie  auch  die  Jakobikirche,  so  nach  »Laune 
und  Zufall«  entstellt  worden  sei,  und  er  den 
Grund  dafür  lediglich  in  der  Machtvoll- 
kommenheit der  Bauvorsteher  erblickt, 
»denn  wenn  auch  seine  Mitvorsteher  zu- 
stimmen müssen,  so  hat  er  keinen  Wider- 
spruch zu  erwarten,  da  die  spezielle  Kenntnis 


Äußeres  Portal  der  Briefkapelle. 


^^^ 


Inneres   Portal   der  Briefkapelle. 


wirklich  einen  ungeheuren  Zeitaufwand  er- 


solcher  Gebäude  und  namentlich  der  Marienkirche 
fordert.«  »Aber  nun  tritt  er  ab  und  ein  anderer  an  seine  Stelle.  Mit  dem  neuen  Vorsteher  wechseln 
nun  auch  die  Ansichten,  Pläne  und  Rücksichten,  nach  welchen  vorher  verfahren  ist,  die  oft  denen 
des  abgegangenen  Vorstehers  schnurstracks  entgegentreten  müssen.« 


DIK  MARIENKIRCHE.  I43 

an  das  Seitenschiff  anlehnt,  hat  die  Südervorhalle  mit  den  ihr  benachbarten 
Anbauten  ein  besonderes  Satteldach  erhalten,  gleichwie  die  entsprechenden 
Anbauten  an  der  Norderseite,  die  aber  außerdem  durch  zwei  nach  Xorden 
oerichtete  Giebel  ausgezeichnet  sind.  An  dem  Ostgiebel  dieses  Anbaues  ragt 
die  oben  erwähnte  Wendeltreppe  als  ein  kleines,  mit  einem  spitzen  Kupferdach 
abgedecktes  Türmchen  über  die  Mauer  des  Seitenschiffes  empor;  sie  bildet 
hier  den  Zugang  zu  dem  Umgang  in  den  Dachrinnen  des  Seitenschiffes.  Die 
am  äul.^ersten  Ostende  der  Kirche  angebaute  Marientidenkapelle  hat  ein  be- 
sonderes, ])yramidal  gestaltetes  Dach  erhalten,  das  oben  in  einen  vergoldeten 
Knaul"  mit  einer  Fahne  endigt,  welche  die  .Mutter  Gottes,  in  Kupferblech  aus- 
gestanzt und  vergoldet,  zeigt. 

Das  Material  der  Fassaden  ist  durchweg  ein  hellroter  Handstrichstein 
von  8,5  cm  Höhe,  so  dal^  10V2  Schichten  auf  i  m  Höhe  kommen.  Bei  einigen 
Anbauten,  so  an  der  Bürgermeisterkapelle,  wechseln  die  roten  Steine  schicht- 
weise mit  dunkelbraungrün  glasierten  Schichten  ab  (»Wechselschichten -).  An 
\  ielen  Stellen,  namentlich  an  den  Ecken  der  Türme  und  da,  wo  es  galt  Bau- 
teile mit  einander  zu  \erbinden,  die  verschieden  stark  belastet  sind,  sind  Granit- 
quader eingemauert.     Der  Sockel  des  Gebäudes  besteht  durchweg  aus  Granit. 

Das  Dach  des  Hochschiffes  hat  nur  zum  geringen  Teil  seine  ursj)rüng- 
liche  Bauart  behalten,  da  es  im  Jahre  1508  durch  einen  Brand  zerstört  wurde. 
Reimar  Kocks  Chronik  berichtet  über  diesen  Brand:  Des  mandages  in  den 
paschen  (April  24)  is  de  kleine  thorn  tho  Lübeck  up  Marien  kerke,  dar  de 
seyer  inne  henck,  durch  vorsumenisse  des  kösters  angestecket  undt  is  dee 
gantze  kercke  vorbrandt,  id  is  dorch  dat  klockentaw,  welck  nedder  gefallen, 
dat  gantze  gestuelte  vorbrandt.«  Ferner  meldet  ein  nur  in  dem  1706/07 
niedergeschriebenen  Entwürfe^)  der  Lubeca  Religiosa  des  Seniors  \"on  Melle 
überlieferter  gleichzeitiger  Bericht  unbekannten  Ursprungs:  Anno  1508  van 
der  hilgen  paschen  nacht  up  den  mandach  i^April  23/24)  do  brande  Unser 
Leven  Vrowen  kerken  gesperrte  up  7  sperte  na  äff  myt  dem  klenen  seyertorne 
myt  4  docken,  was  ser  daerlick  gesiebte,  unde  was  myt  blye  schone  ghe- 
decket.«  Man  kann  an  der  Dachkonstruktion  deutlich  erkennen,  welche  Teile 
dem  Brande  zum  Opfer  gefallen  sind;  nur  die  Binder  über  den  ersten  drei 
Jochen,  von  den  Türmen  aus  gerechnet,  kennzeichnen  sich  durch  ihre  Kon- 
struktion als  der  Rest  des  alten  Daches,  an  dessen  östlichem  Ende  zudem 
Brandspuren  deutlich  erkennbar  sind.  In  diesen  drei  Jochen  liegen  über  jeder 
Pfeilerachse  zwei  durchgehende  Balken  und  dazwischen  je  \ier  Stichbalken, 
welche,  einerseits  auf  der  Mauer  aufliegend,  mit  dem  anderen  Ende  in  einen 
Wechselbalken  eingezapft  sind.  Auf  diesen  Balken  stehen  die  Sjjarren,  welche 
durch  eine  dreifache  Kehlbalkenlage  gestützt  und  durch  Kreuzstreben,  die  in 
der  Nähe  des  Sparrenfußes  mit  den  Balken  überblattet  sind,  abgesteift  werden 
(vgl.  S.  126).  Die  Kehlbalken  und  Streben  sind  mit  den  übrigen  Hölzern 
und    unter    sich    überblattet.      Mit   dieser  Dachkonstruktion    sind    die   Gewölbe 


*)  Im  Besitz  des  Herrn   Gerhard  von  Melle  zu  Lübeck. 


144  DIE  MARIENKIRCHE. 

durch  zahlreiche  Hängeeisen  verbunden,  und  wohl  aus  diesem  Grunde  ist  in 
einigen  Bindern  der  unterste  Balken  durch  ein  kräftiges  Hängewerk  nachträg- 
lich verstärkt  worden. 

Abweichend  von  dieser  Bauart  des  Dachstuhles,  die  als  die  im  Mittel- 
alter übliche  vermutlich  als  die  ursprüngliche  angesehen  werden  darf,  hat 
der  übrige  Teil  des  Hochschiffes  mit  dem  Chore  nach  dem  Brande  ein  Kehl- 
balkendach mit  liegendem  Stuhl  erhalten.  Es  sind  hier  auch  drei  Kehl- 
balkenlagen, wenngleich  in  einer  etwas  anderen  Höhenlage,  vorhanden,  aber 
die  Weite  der  Sparren  ist  erheblich  größer  als  in  den  drei  Westjochen, 
denn  in  der  Pfeilerachse  liegt  allemal  nur  ein  Balken,  über  dem  dör  Binder 
steht,  und  zwischen  den  Hauptbindern  sind  nur  drei  Gespärre.  In  dem 
mittleren  dieser  letzteren  wiederholt  sich  der  liegende  Stuhl.  Die  beiden 
untersten  Kehlbalken  sind  in  der  Mitte  durch  Pfetten  getragen,  welche  in  den 
Hauptbindern  durch  auf  dem  Balken  stehende  Pfosten  unterstützt  werden. 

Der  Dachreiter  wird  von  acht  zentral  gestellten  Halbbindern  getragen, 
von  denen  je  zw  ei  ihr  Auflager  auf  den  Balken  der  Dachbinder  des  Dachreiter- 
joches finden,  während  die  übrigen  vier  auf  Stichbalken  ruhen.  Da  die  Binder- 
balken, welche  somit  durch  den  Schub  der  Binder  des  Dachreiters  sehr  stark 
belastet  werden,  nicht  frei  liegen,  sondern  in  ihrer  ganzen  Länge  auf  der 
hochgeführten  Übermauerung  der  Gurtbolzen  ruhen,  so  war  es  wohl  unaus- 
bleiblich, dai3»  durch  das  Gewicht  und  die  Bewegungen  des  Dachreiters  auch 
das  Mauerwerk  in  Mitleidenschaft  gezogen  wurde.  Tatsächlich  sind  auch  die 
oberen  Teile  der  Pfeiler  hier  erheblich  nach  innen  ausgewichen  und  zahlreiche 
eiserne  Verankerungen  dieser  Pfeiler  des  Gewölbes  und  des  Dachverbandes 
beweisen,  daß  man  bestrebt  war,  den  Angriff  der  Diagonalkräfte  auf  die 
Pfeiler  möglichst  zu  verringern.  Gleichwohl  mul^te  man  sich  noch  167 1  ent- 
schließen, über  den  erwähnten  beiden  Gurtbögen  starke  Hängewerke  zu  er- 
richten, um  durch  sie  den  Druck  der  beiden  Binder  des  Dachreiters  abzufangen 
und  nach  den  Seitenmauern  des  Obergadens  zu  übertragen.^)  Durch  diese 
nachträglich  hergestellten  Hängewerke  ist  der  Längsverband  des  übrigen  Dach- 
stuhles teilweise  durchschnitten  worden. 

Der  außerordentlich  schlanke,  mit  Blei  gedeckte  Dachreiter  ist  in  seinem 
mittleren  Teile  offen  und  zeigt  hier  die  durch  Andreaskreuze  bewirkte  Ver- 
strebung seiner  acht  Pfosten;  unmittelbar  darüber  ist  der  Rand  seiner 
größten  Glocke  erkennbar,  die  sich  im  übrigen  in  dem  Helm  verbirgt.  Zur 
größeren  Festigkeit,  nicht  nur  zur  Zierde,  wie  der  Laie  geneigt  ist  anzunehmen. 


^)  Das  Wochenbuch  berichtet  unter  1671:  »Den  5.  July,  nachdem  die  Herren  Vorsteher 
sattsam  erkand,  wie  das  hohe  Gewölbe  in  unserer  Kirchen  von  der  Last  des  kleinen  Thurms  der- 
gestalt beschwert  werde,  das  auch  zu  besorgen,  es  möchte  eines  mit  dem  andern  Jahr  zur  Kirchen 
hineinfallen,  haben  selbige  mit  Jochim  Langefeld,  hiesiger  Kirchen  Zimmermeister,  geredet,  auff  was 
Art  dem  Gewölbe  köndte  geholffen  werden,  da  sich  dan  befunden,  das  es  durch  ein  sogenandtes 
Hangelwerck  müste  angehalten  und  dadurch  zugleich  der  Thurm  gestützet  werden;  worauf  die 
Herren  Vorsteher  sich  auch  mit  gedachtem  Zimmermeister  verglichen,  das  er  das  gantze  Werck  mit 
Darthuung  des  Holtzes  vor  475   ^  verfertigen  solle.« 


DIE  MARIENKIRCHE.  I45 

hat  der  Dachreiter  einen  Kranz  von  acht  Fialen  bekommen.  Gegen  sie  ist 
das  Gewicht  des  Hehnes  abgestrebt,  das  sie  ihrerseits  auf  liie  großen  Streben, 
welche  den  Turm  abstützen,  übertragen.  Durch  eine  Querverbindung  zwischen 
den  Fialen  und  den  Turmpfosten  ist  eine  Art  Galerie  hergestellt,  die  den 
Dachreiter  in  der  Höhe  des  Firstes  des  Hauptdnches  umgiebt.  Die  schlanke 
Spitze  des  Dachreiters,  deren  Kanten  mit  vergoldeten  Krabben  besetzt  sind, 
endet  in  eine  Helmstange  mit  Knopf  und  Mahn.  Der  schöne  Turm  ist  der 
Ersatz  für  den  in  dem  Brande  von  1508  untergegangenen  Seyer.«  Auf  dem 
obersten  Boden  im  Helm  findet  sich  die  Inschrift  aufgemalt:  i^oy  bo  lUiU't 
öllföL"  tliniC  innliCt.  Die  Umfassungswände  trugen  ursprünglich  figürlichen 
Schmuck,  und  zwar  erkennt  man  auf  ihrer  im  großen  Holzschnitt  von  1560 
abgebildeten  Nordseite  ilie  Madonna  zwischen  zwei  knieenden  Engeln. 

Auf  der  Sjjitze  des  Hochschiffdaches  über  dem  Chore  erhebt  sich  eine 
Helmstange  mit  vergoldetem  Knauf  und  einem  grol.^en.  verzierten  und  ver- 
goldeten schmiedeeisernen  Kreuze. 

Die  Türme.  Die  ungeheuer  wuchtige  Wirkung  der  beiden  Westtürme 
(vgl.  die  Abbildungen  zum  Titelblatt  und  auf  S.  126)  beruht  in  der  Haupt- 
sache darin,  daß  auch  sie  lediglich  ihre  innere  Struktur  zum  Ausdruck  bringen 
und  Schmuckformen  nur  zu  dem  Zwecke  verwenden,  diesen  Ausdruck  zu  ver- 
stärken. So  sind  die  Geschosse  der  Türme  deutlich  dadurch  gekennzeichnet, 
dal>  sie  mit  einem  niedrigen  Kalksteingesims  in  der  Höhe  der  l^alkenlagen 
abgedeckt  sind,  über  dem  das  nächste  Geschol.N  allemal  gegen  das  untere  etwas 
eingezogen  ist,  so  da(.^  das  Außenmaß  des  obersten  Geschosses  um  mehr  als 
einen  Meter  geringer  ist,  als  das  des  Erdgeschosses  Um  den  Eindruck  der 
horizontalen  Gliederung  zu  verstärken,  sind  unter  den  Gesimsen  große  Friese 
aus  Kreisen  oder  Vierpässen  mit  geputzten  Innenflächen  in  die  Mauer  gelegt. 
Das  Erdgeschoß  reicht  bis  zur  Gesimshöhe  des  Seitenschiffes;  darüber  erheben 
sich  vier  weit  niedrigere,  unter  sich  nahezu  gleich  hohe  Geschosse,  jedes  mit 
je  zwei  spitzbogigen,  durch  eine  Mittelsäule  aufgeteilten  Offnungen  in  den 
Auß>enwänden. 

In  die  östliche  Außenwand  des  Norderturmes  ist  dicht  vor  dem  an- 
stoßenden Kirchenportal  eine  Kalksteinplatte  mit  einer  in  gotischen  Majuskeln 
eingemeißelten  Inschrift  eingelassen.  Diese  Inschrift,  von  der  ein  Teil 
durch  den  1799  hier  aufgeführten  Backsteinvorbau  (vgl.  S.  141)  verdeckt 
ist, ^)  lautet: 

svRRif)  pii[inaiP] 

m  svoc  [m  m\] 
m  a  Dvo  jBiim]. 

Der  Bau  des  Norderturmes  ist  also  1304  in  Angriff  genommen,  während 
die  Arbeiten  am  Süderturm,  wie  die  vorhin  (S.  137)  angeführte  Inschrifttafel 
in  der  Briefkapelle  meldet,    13 10  begonnen  sind. 


^)   Ihr  voller  Wortlaut  ist  in  der  Lub.   Relig.   S.    146  überliefert. 


146  DIE  MARIENKIRCHE. 

Die  Erdgeschosse  der  Türme  sind  mit  Sterngewölben  überdeckt,  während 
ein  Kreuzgewölbe  den  Raum  zwischen  den  Türmen  überspannt.  Im  Süderturm 
setzen  die  Gewölbe  auf  Eckdienste  mit  plumpen,  nicht  ausgearbeiteten  Kapitalen 
auf,  wogegen  im  Norderturm  kleeblattförmig  profilierte  Dienste  mit  reichen, 
durchbrochen  gearbeiteten  Blattwerkkapitälen  die  Gewölbe  tragen  Die  mit 
Blumen  besetzten  hölzernen  Schlußsteinscheiben  zeigen  im  südlichen  Erdgeschoß, 
der  Schinkel-Kai>elle,  viermal  den  lübischen  Wappenschild,  in  der  Norder- 
oder Greveraden-Kapelle  im  Hauptschlußstein  den  segnenden  Heiland  und  in 
vier  Nebenschlußsteinen  die  Zeichen  der  Evangelisten.  Von  dem  letztgenannten 
Räume  aus  führt  in  der  äußeren  Nordwand  eine  gemauerte  Wendelstiege  bis 
zum  dritten  Obergeschoß  des  Turmes.  Außerdem  befindet  sich  hier  der  Auf- 
gang zur  Orgel  in  der  Gestalt  eines  achteckigen,  in  die  Südwestecke  dieser 
Kapelle  eingebauten  Treppenturmes,  von  dessen  Austritt  aus  man  mittelst  eines 
vorgekragten  offenen  Ganges  zur  Tür  nach  dem  Orgelboden  gelangt.  Das 
oberste  Geschoß  des  Süderturmes  ist  das  Glockenhaus.  Im  ersten  Ober- 
geschosse jedes  Turmes  befindet  sich  ein  groi^es  hölzernes  Winderad  von 
6,60  m  Durchmesser  und    1,80  m  Breite.     Sonst  sind  die  Türme  leer. 

Der  alte  Mittelturm.  Zu  den  Innenmauern  der  beiden  Türme  sind 
die  Mauern  eines  älteren  Turmes  verwendet  worden,  dessen  Auf>enarchitektur 
jetzt  im  Innern  der  Türme  und  der  Kirche  wie  auch  an  der 
Westfront  zum  Teil  noch  sichtbar  ist.  Von  der  Architektur 
der  unteren  Geschosse  dieses  Turmes  ist  wenig  erhalten.  In 
einem  Grabgewölbe  der  Schinkel-Kapelle  findet  man  unversehrt 
das  sonst  fast  überall  durch  allmähliche  Erhöhung  des  h\iß- 
bodens  verschüttete  Sockelgesims  (Abb.).  Es  besteht  aus  einem 
flachen,  scharf  unterschnittenen  Wulst  mit  kleiner  Hohlkehle 
darüber;  das  Material  ist  Kalkstein.  Ferner  bemerkt  man  im 
Erdgeschoß  der  beiden  neuen  Türme  auf  der  Mitte  der  Außen- 
wände des  alten  Turmes  die  Spuren  einer  abgeschlagenen  Lisene      ,  '  "'^.^^^i"" 

^  ö  ö  f]pg  Mittelturmes. 

oder   eines  Pfeilers.     Das   übertünchte  Mauerwerk  bietet  keinen 

Anhaltspunkt    für   die  Datierung   dieser  Teile.     Romanisches  Mauerwerk    ist  es 

nicht;   auf  einen  Meter  gehen  bereits   loV*   Schichten  Mauerwerks. 

Deutlichere  Reste  der  alten  Architektur  finden  wir  erst  in  gröfverer 
Höhe,  dort,  wo  zu  Veränderungen  des  Mauerwerkes  keine  Veranlassung  mehr 
vorlag.  VAwa.  in  der  Höhe  des  Kämpfers  des  jetzigen  Mittelschiftes  umzieht 
den  Turm  ein  l>ies  von  rundbogigen  Dreipässen,  die  auf  zwei  ausgekragten 
l^acksteinen  ruhen;  er  entwickelt  sich  auf  jeder  Turmseite  aus  zwei  Ecklisenen 
und  einer  Mittellisene,  also  wohl  jener  Lisene,  deren  Spuren  wir  im  Erdgeschoß 
der  Türme  bemerkten.  Hinter  der  Orgel  und  auf  der  Westseite  ist  dieser 
Fries  ohne  weiteres  zu  erkennen.  Die  Westseite  gibt  überdies  durch  die  beiden 
großen  senkrechten  Fugen,  welche  das  ältere  Mauerwerk  von  dem  jüngeren 
trennen,  ein  deutliches  Bild  der  Breite  des  alten  Turmes.  Aber  über  dem 
Dreipaßfriese  ist  die  Architektur  der  Westseite  nicht  mehr  die  alte,    sie  findet 


C\ 


IHK  MARIENKIRCHE. 


U7 


I    I 


Grundriß  des  ubercn    l'urmgeschosses. 


sich  vielmehr  nur  auf  den  anderen  drei  Seiten  des  Turmes,  wie  aus  der  Quer- 
schnittszeichnung (S.  126^  und  dem  Grundrisse  des  oberen  Turmgeschosses  (Abb.) 
ersiclithch    ist.     Zwanzig   Schichten    über    den    Dreipässen    umzieht    den   Turm 

ein  16  cm  hohes  Kalkstein- 
band mit  Schräge,  das  gleich 
zeitig  die  Sohlbank  für  die 
<  )tTnungen  des  folgenden  Ge- 
schosses bildet.  Hier  ist  die 
ganze  Mauerstärke  in  zwei 
Hälften  geteilt,  von  denen 
die  innere  in  zwei  spitzbogige 
Arkaden  auf  jeder  Seite  auf- 
gelöst ist;  die  Mittelpfeiler 
dieser  Arkaden  sind  lauf- 
gangartig  durchbrochen.  Für 
ein  großes  Kreuzgewölbe  sind  die  Schildbögen  vorhanden;  es  scheint  aber 
niemals  ausgeführt  zu  sein,  vielleicht  weil  man  inzwischen  den  Hau  der  beiden 
neuen  Türme  beschlossen  hatte.  Die  äußere  Mauerhälfte  ist  auf  jeder  Turm- 
seite  in    zwei   spitzbogige  Blendarkaden    aufgelöst,   deren    Laihungsprofil   außer 

einer  rechtwinkligen  Kante 
ein  2 1  cm  starker  Drei- 
viertelstab bildet.  Hogen- 
ansätze  auf  beiden  Seiten 
lassen  erkennen,  daß  die 
Öffnung  in  ihrer  unteren 
Hälfte  ehedem  zweiteilig 
war,  so  daß  den  Viertel- 
stäben Rundsäulen  in  der 
Mitte  werden  entsprochen 
haben.  Die  Säulen  aber 
standen  frei  vor  der  Mauer, 
die  nur  geringfügige  Ofthun- 
gen  aufweist.  Man  hat 
sich  offenbar  gescheut,  die 

Turmwände  mit  grollen 
Öffnungen  zu  durchbrechen, 
und  erzielte  durch  die  Blen- 
den gleichwohl  eine  Archi- 
tektur großen  Maßstabes, 
wie  sie  für  diese  Höhe  er- 
forderlich war.  In  unserer 
Abbildung  ist  die  Rekon- 
struktion dieser  Blenden  an- 
Sfedeutet.      Die    dort    nicht 


Fenster  an  der  Nordseite  des  Mittelturmes. 


148  iJIE  MARIENKIRCHE. 

mit  Fugenteilung-  versehenen  Säulen ,  Rundecken  und  Bögen  waren  mit 
einem  feinen  Gj'psputz  überzogen,  der  zum  Teil  noch  erhalten  ist.  Der  Zweck 
dieses  Überzuges  ist  unerfindlich.  Über  den  l^lenden  ist  das  alte  Mauerwerk 
ganz  unregelmäßig  in  das  neuere  übergeführt. 

In  dem  beschriebenen  Geschosse  mündet  eine  alte,  in  der  Südwand  des 
Turmes  liegende  Wendeltreppe,  die  aber  nur  noch  um  ein  kurzes  Stück  bis 
unter  den  Dreipaßfries  hinunterführt;  sie  war  durch  schmale  Mauerschlitze  er- 
hellt. Der  untere  Teil  dieser  Treppe  wird  \'or  der  Mauer  gelegen  haben  und 
beim  l^au  der  neuen  Türme  abgebrochen  worden  sein. 

Die  architektonischen  Formen  des  alten  Mittelturmes  deuten  auf  die 
Zeit  der  Frühgotik.  Die  Steine  sind  8V2  cm  hoch,  so  daß  annähernd 
10V2  Schichten  auf  einen  Meter  kommen;  die  Scharrierung  der  älteren  Zeit 
ist  nirgends  mehr  zu  sehen.  Auch  die  neuen  Türme  sind  in  demselben  Stein- 
maß ausgeführt,  zeigen  aber  im  Innern,  wo  die  ursprüngliche  Mauerfläche,  die 
in  den  Außenflächen  oftmals  ausgebessert  wurde,  erhalten  ist,  auffallenderweise 
nicht  den  sonst  im  Mittelalter  üblichen  Verband,  sondern  den  Rlockverband: 
Läuferschichten  und  Rinderschichten  wechseln  in  regelmäßiger  Folge  ab. 

Die  Helmpyramiden.  Über  dem  vierten  Obergeschosse  der  Türme 
beginnt  die  Helmpyramide,  deren  Kanten  ohne  jede  Unterbrechung  bis  zum 
Knauf  hinanlaufen.  Sie  ist  \'on  achteckiger  Grundrißform,  und  zwar  derart, 
daß  sich  vier  Kanten  auf  die  Ecken  des  Turmkörpers  setzen,  während  die 
vier  dazwischen  liegenden  Kanten ,  die  sonst  über  das  Mauerwerk  hinaus- 
schießen würden,  durch  große  Schildgiebel,  die  auf  allen  vier  Seiten  der  Türme 
errichtet  sind,  abgefangen  werden.  Die  Fläche  dieser  Giebel  ist  teils  reich, 
teils  weniger  reich  durch  Ziegelmusterung  geschmückt;  sie  endigen  alle  in 
einen  dicken  vergoldeten  kupfernen  Knauf,  dessen  horizontaler  Durchmesser 
90  cm  beträgt. 

Die  aus  dem  Jahre  1350  stammende^)  ursprüngliche  Konstruktion  der 
in  sieben  Stockwerke  eingeteilten  Helme  hat  im  Laufe  der  Zeit  manche 
Veränderungen  erfahren;  wir  geben  eine  Zeichnung  der  Konstruktion  des 
Süderturmes,  wie  sie  im  Jahre  1882  durch  eine  umfangreiche  Reparatur  des 
gesamten  Gespärres  hergestellt  wurde.  Damals  ist  in  Verbindung  mit  der 
Herstellung  einer  neuen  Kupferdeckung  der  Helme  beider  Türme,  die  not- 
wendig wurde,  weil  die  alte,  zum  größten  Teil  aus  Blei  bestehende  Eindeckung 
schadhaft  geworden  war,  eine  Richtung«  beider  Turmhelme  vorgenommen 
worden.  Hierbei  wurde  so  verfahren,  daß  die  Helme  nicht  in  eine  vollkommen 
senkrechte  Lage,  sondern  in  die  Verlängerung  der  Achsen  des  Turmmauer- 
werks gebracht  wurden,  weil  das  Mauerwerk  auch  erheblich  aus  dem  Lot  ge- 
wichen ist  und  daher  die  senkrechte  Stellung  der  Helme,  wie  man  fürchtete, 
einen  unschönen  Knick  im  Verlaufe  der  Turmlinien  herbeiführen  würde.  Die 
Ausweichung   des    Mauerwerks   beträgt   noch   heute   beim    Norderturm    1,18    m 


')   Vgl.   Chroniken  der  deutschen   Städte,   Lübeck    i,   S.   522:     «In   deine  sulven  jare   (1350) 
do  wart  dat  sperrete  ghehouwen   unde  upgerichtet  to  den   tornen  Unser  Leven  Vrouwen  to  Lubeke.« 


der  nordUcrier\  ausserwsna 
des  Turmoerusies. 


I'Ii;   .MARIENKFRCIIK. 


Abtl  Grundrisse  m  oen  Honzoniaieoenen  i-i! 


*^  ill  i^  ^'?«naur\5(Hr Sparten  siosa  iisKaiMr^nKB 


149 


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Die  Helmpyramide  des  Süderturmes. 


150  DIE  MARIENKIRCHE. 

nach  Westen  und  1,88  m  nach  Norden,  beim  Süderturm  0,97  m  nach  Westen 
und  1,61  m  nach  Süden.  Nach  der  in  den  Jahren  1882  und  1884  vorge- 
nommenen »Richtung ;<  der  Turmhehne  beträgt  die  Höhe  des  Süderturmes  bis 
zur  Oberkante  des  Hahnkammes  124,85  m,  wovon  73,08  m  auf  das  Mauer- 
werk bis  zur  Schiklgiebelspitze,  46,85  m  auf  den  Hehii  bis  zur  Unterkante 
des  Knaufs  und  4,92  m  auf  die  Spitze  entfallen,  während  der  Xorderturm 
126,15  m  hoch  ist,  von  welcher  Höhe  73,19  m  bis  zur  Schildgiebelspitze, 
48,04  m  bis  zur  Unterkante  des  Knaufes  und  der  Rest  mit  wiederum  4,92  m 
auf  die  Spitze  bis  zum  Hahnenkamm  entfallen.  Die  Knäufe  haben  einen 
Durchmesser  von  1,10  m.^)  Knäufe  und  Hähne  sind  wiederholt  erneuert 
worden,  der  Hahn  des  Xorderturmes  zuletzt  1666  und  1729,  der  des  Süder- 
turmes   1758. 

Baugeschichte  der  Kirche.  Da  die  bisher  besprochenen  Bauteile  der 
Kirche  ein  organisches  Ganze  bilden,  während  die  noch  zu  besprechenden, 
meist  dem  14.  Jahrhundert  entstammenden  Kapellen  Zutaten  sind,  ^\•elche  die 
Klarheit  des  ursprünglichen  Planes  nur  beeinträchtigen,  so  ist  hier  der  Ort,  auf 
die  Baugeschichte  der  Kirche  einen  Blick  zu  werfen.  Wir  tun  dies  in  dem  Be- 
wußtsein, dal?N  die  Baugeschichte  des  ursprünglichen  Planes  unserer  Marienkirche 
von  der  größten  Bedeutung  für  die  Entwicklung  der  mittelalterlichen  Baukunst 
an  der  Ostseeküste  ist  und  daß  daher  kein  Weg  unbegangen  bleiben  darf, 
der  aus  dem  hierüber  inmier  noch  liegenden  Dunkel  ins  Licht  zu  führen 
geeignet  ist. 

Leider  erhellen  die  wenigen  urkundlichen  Daten,  die  uns  aus  dem  12. 
und  13.  Jahrhundert  erhalten  sind,  unseren  Weg  nur  wenig.  Die  älteste, 
noch  in  den  \"ikarienverzeichnissen  des  Lübecker  Domkapitels  aus  dem  An- 
fange des  16.  Jahrhunderts  als  bestehend  aufgeführte  Vikarie^)  der  Kirche 
stammt  aus  dem  Jahre  1257,  und  zwar  war  der  betreffende  Altar,  wie  sich 
aus  anderem  Zusammenhange  ergiebt,  »bii  der  vunte«  gelegen.  Mehrere  der 
in  den  Jahren  1268,  1270,  1274  und  1275  gegründeten  Altäre  lagen  in  der 
östlichen  Hälfte  der  Kirche.  Die  W^eihe  eines  Hochaltars  ist  nicht  überliefert. 
Im  Jahre  1291  gründete  F^ckbert  Schilder  einen  Altar  :retro  chorum  ad 
orientem.«  Hier  wird  zum  ersten  Male  ein  Raum  hinter  dem  Chore  erwähnt, 
und  man  geht  jedenfalls  nicht  fehl  in  der  Annahme,  daß  es  sich  um  den 
Chorumgang  handelt,  der  also  im  Jahre  1291  vollendet  gewesen  sein  mul>. 
Mit  diesen  Angaben  sind  die  Inschriften  an  den  Türmen,  welche  uns  die 
Jahre  1304  und  13 10  als  den  Beginn  der  Turmbauten  bezeichnen,  sehr  wohl 
in  Einklang  zu  bringen,  denn  der  Bau  ist,  wie  wir  bereits  bei  Betrachtung 
der  Briefkapelle  nachweisen  konnten,  von  Osten  nach  Westen  \'orgeschritten. 
Hierfür  liefert  auch  die  I'orm  der  Pfeiler  einen  Beweis,  insofern  die  Dienste 
der  Pfeiler  der  Westhälfte  in  der  Nordervorhalle  wiederkehren ,  die  unzweifel- 
haft jünger  ist  als  die  Osthälfte  mit  dem  Chore.     Über  die  Zeit  der  Gründung 


')  Akten  des  Bauamtes. 

^)  Vgl.  das  dem  Abschnitt  »Nebenaltäre«   beigegebene  Verzeichnis  der  Vikanen. 


DIE  MAKIEXKTRCHE.  I5I 

des  ucucn  Chores  uiul  die  l);ui\()r^;in_i;e  xor  dc-i"si-ll)eii  «^ehi'H  uns  aber  die 
Urkunden  l<einei'lei  unmittelbare  Anliallspunkte.  AllLi.emein  ist  seither  die 
zweite  Haltte  des  13.  Jahrhunderts  als  die  lüitslehunj^s/.eit  dci-  Kirche  an- 
genommen worden,  und  zwar  hat  man  die  X'eranlassung  zu  dem  Neubau  auf 
einen  der  großen  l^rimde  jenes  Jahrhundeits  zurückgeführt.  Während  friiher 
angenommen  wurde,  daß  der  Brand  vou  \  2jf)  die  altere  Kirche  zerstört  habe  — 
dieses    Datum    findet   sich    auch    noch    bei    Dehio    und    \-on    üezold')  nimmt 

l^rehmer  den  Hrantl  \(>n  1251  an,  da  nach  seinen  l  ntersuchungen  das  I'"euer 
\-()n  1276  nur  den  Norden  der  Stadt  zerstört  haben  soll.^)  Wir  werden  dieser 
Annahme  nur  beitreten  können,  wenn  das  Zeugnis  des  Hauwerkes  selbst  dem 
nicht  widerspricht,  denn  an  urkundlichen  Daten,  welche  für  das  Jahr  1251 
unbedingt  beweiskrättig  w.ären,  iehlt  es.  Die  oben  erwähnten  \  ikaiienstiltungen 
deuten,  da  in  ihrer  l'^olge  nach  dem  Jahre  1275  eine  lange  Pause  (bis  1291) 
eintritt,  eher  auf  das  Brandjahr  1  276,  aber  bew  eisenti  hierfür  sind  sie  natürlich 
nicht.  Da(>  im  Jahre  1257  ein  Altar  bii  der  vunte  errichtet  werden  konnte, 
wenn  tlie  Kirche  1251  durch  l-Jrand  zerstört  war,  und  es  richtig  ist,  da(.^  beim 
Neubau  mit  dem  Chore  begonnen  wurde,  ist  höchst  unwahrscheinlich,  andrer- 
seits aber  ist  es  denkbar,  daß  man  in  diesem  I-'alle  schon  I26(S  in  den  Seiten- 
gängen des  neuen  Chores  Altäre  errichten  konnte.  Diese  Widersprüche  können, 
wenn  überhaupt,  nur  durch  die  Untersuchung"  des  Bauvorganges,  wie  ihn  die 
Konstruktionen  und   Formen  des  Bauwerkes  erkennen  lassen,   gelöst  werden. 

Wir  haben  in  der  Baubeschreibung  gesehen,  daß  in  der  gegenwärtigen 
Kirche  sowohl  Reste  aus  der  romanischen,  als  auch  solche  aus  frühgotischer 
Zeit  enthalten  sind.  Zu  jenen  gehört  das  erste  I'feilerpaar  des  Mittelschiffes, 
vom  Lettner  aus  gerechnet. 

Die  schon  oben  ausgesprochene  X'ermutimg,  dat.N  dieses  Pfeilerpaar  die 
Vierungspfeiler  einer  nach  dem  gebundenen  System  gebauten  romanischen 
Basilika  gebildet  habe,  findet  eine  überraschende  l^estätigung  dadurch,  daß 
wir  in  den  entsprechenden  Wandpfeilern  und  in  den  um  zwei  Joche  weiter 
nach  Osten  gelegenen  Wandpfeilern  Mauerwerk  der  älteren  Art  finden,  ja  daß 
wir  in  dem  nordöstlichsten  dieser  Pfeiler  wohlerhaltenes  romanisches  Außen- 
mauerwerk mit  einer  P^cklisene  feststellen  können.  Wenn  wir  nach 
diesen  Resten  eine  romanische  X'ierung  mit  QüerschilT  zu  rekonstruieren  ver- 
suchen, deren  Höhe  uns  annähernd  durch  die  Reste  des  Vierungsbogens  ge- 
geben ist,  so  erhalten  wir  eine  Kirche  von  so  gewaltigen  Abmes.sungen ,  daß 
wir  in  ihr  die  bei  der  Gründung  der  Stadt  im  Jahre  1  i  59  gebaute  ALarktkirche, 
die,  wie  wir  wi.ssen,  schon  im  Jahre  1 1 70  die  Zahl  der  Gläubigen  nicht  mehr 
zu  fassen  vermochte,^)  nicht  vermuten  können.  X'ielmehr  liegt  die  \^ermutung 
nahe,  daß  wir  es  hier  bereits  mit  einer  zweiten  Marktkirche  zu  tun  haben, 
welche  die  Bürger  an  Stelle  des  ersten,  mutma(]»lich  aus  Holz  errichteten  Baues 
nach    dem    Muster    des   Domplanes,    den    Heinrich    der   Löwe    im  Jahre    1173 


^)  Dehio  und  von  Betzold,   Die  kirchliche  Baukunst  des  Abendlandes,   Band  II,   S.    183. 
-)   Zeitschr.  d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.,   Bd.   5,  S.    144  ff. 
3)  Vgl.  S.    125. 


i;2 


DIE  MARIENKIRCHE. 


von  Braunschweig  mitgebracht 
hatte,  erbauten,  und  zwar,  um 
die  Bischofskirche  in  den 
Schatten  zu  stellen,  mit  be- 
deutend größeren  Abmessun- 
pen.  Die  Breite  des  Mittel- 
Schiffes  beträgt  beim  Dom 
9,40  m,  bei  der  romanischen 
Marienkirche  aber  fast  12  m! 
Als  weitere  Reste  der 
romanischen  Kirche  haben  sich 
vier  aus  Kalkstein  gehauene 
Säulenkapitäle  erhalten ,  \on 
denen  zwei  in  der  Gre\eraden- 
kapelle,  die  beiden  andern  im 
Museum    (Kulturhist.    Museum 

No.  1892/143)  aufbewahrt 
werden.  Die  ersteren,  ^\  eiche 
bei  38  und  35  cm  Höhe  von 
einer  Bündelsäule  mit  sechs 
Diensten  zu  einer  c]uadrati- 
schen  Auflagerfläche  über- 
führen, zeigen  schlichten  Blatt- 
werkschmuck. Ein  am  meisten 
beachtenswerter  oberer  Blatt- 
werkstreifen an  dem  einen 
dieser  Kapitale,  das  einige 
Jahrzehnte  lang  bis  1881  als 
Konsole  für  die  damals  in  der 

Bergenfahrerkapelle  aufge- 
stellte Marienstatue  von  1420 
gedient  hat,  ist  weiter  unten 
zusammen  mit  dieser  abgebil- 
det. ^)  Die  beiden  anderen 
Kapitale,  welche  bei  36  und 
34  cm  Höhe  unten  ebenfalls 
nach  einer  Bündelsäule  gestal- 
tet sind,  zeichnen  sich  durch 
reichen  figürlichen  Schmuck 
aus.  An  dem  einen,  das  oben 
die  Form  eines  Achtecks  hat, 
füllt    etwa     drei    Viertel     der 


^)    Siehe    unter     den    »Bild- 


werken.« 


Romanische  Kapitale. 


Dil-:  MARIKXKIRCIIK.  I53 

Llächc  ein  jcdcntalls  als  1  )arsl(,-lluiii;  der  I.ist  jakolis  zur  .Mehrung  seines  \'ieh- 
standes  (l.  Mos,  30)  /u  deutendes  I""lachrelief,  das  auf  jeder  Seile  niil  einem 
herabhängenden  längHchen  Blatte  abschlie(>t.  Der  Teil  links  von  der  neben- 
stehend abgebildeten  I  lauptgruijpe  ist  bis  auf  ein  ruhendes  Kind  zerstört; 
nach  rechts  hin  folgt  ein  \-on  zwei  Ziegen  benagter  Hauni,  auf  dem  zwei 
Vögel  sitzen.  Auf  dem  übrigen  Viertel  der  Fläche  erblickt  man  einen  Engel 
mit  Spruchband  und  einen  ihm  zugewandten  bärtigen  Mann,  der  ersteren  am 
Gewände  festhält,  vermutlich  eine  Wiedergabe  von  Jakobs  Gebetskanipf  nach 
I.  Mos.  32  (»Ich  lasse  dich  nicht,  tlu  segnest  mich  denn.  ).  Das  andere 
Kapital,  welches  oben  siebeneckig  in  der  Weise  abschliel.^l,  daß  fünf  Seiten 
einem  gleichseitigen  Achteck  entnommen  sind,  enthält  drei  neutestamentliche 
Szenen,  nämlich  in  der  Reihenfolge  \'on  rechts  nach  links:  1.  Christus  und 
den  ungläubigen  'I'homas  (Abb.),  2.  die  Himmelfahrt,  3.  die  .Ausgießung  des 
hl.   Geistes  (Abb.). 

Die  Kennzeichen  tler  frühgotischen  Hauweise  zeigen  der  alte  W'estturm 
und  die  lediglich  aus  Viertelstäben  gebildeten  Wandpfeiler.  Diese  Pfeiler 
wiederholen  sich  an  der  Südseite  der  Kirche  dreimal  mit  Überspringung  des 
freistehenden  Pfeilers  der  Südervorhalle  und  tles  Wandpfeilers  zwischen  der 
Bürgermeister-  und  der  Molenkapelle.  Die  Vermutung,  dafs  diese  Pfeiler  älter 
sind,  als  der  im  System  von  Soissons  gebaute  Chor  mit  seinen  reichen  Bündel- 
pfeilern wird  durch  den  Umstand  bewiesen,  daß  der  östlichste  dieser  Pfeiler, 
an  den  die  erste  Chorkapelle  ansetzt,  nicht  —  wie  an  der  Xordseite  —  in 
der  Richtung  des  Gewölbeschubes,  sondern  rechtwinklig  zur  Mauer  steht,  ein 
Beweis,  daß  bei  der  Errichtung  dieses  Pfeilers  an  den  Chor  von 
Soissons  noch  nicht  gedacht  wurde.  Hieraus  erklärt  es  sich  auch,  daß  das 
System  von  Soissons  nicht  rein  zum  Ausdruck  gekommen  ist,  denn  bei  diesem 
S)-stem  resultiert  die  Seitenschiffsbreite  aus  der  Sechsecksseite  der  Chorkapelle, 
die  der  Achtecksseite  des  Chores  um  so  mehr  gleich  ist,  je  mehr  die  Form 
der  Kapellen  sich  dem  Kreise  nähert.  Hier  aber  war  die  Seitenschiffsbreite 
bereits  gegeben,  als  man  zu  dem  System  von  Soissons  überging,  und  zwar 
war  diese  Breite  so  groß,  daß  die  erste  Chorkapelle  nicht  zur  freien  Ent- 
wicklung gelangen  konnte,  sondern  \on  dem  Seitenschiffe  aufgenommen  wurde. 
Offenbar  liegt  dieser  auffallenden  Breite  der  Seitenschiffe  die  Idee  einer  Hallen- 
kirche zu  Grunde,  wie  dies  auch  bei  den  Wismarschen  Kirchen  nachge- 
wiesen ist. ') 

Es  entsteht  nun  hier  die  Frage,  ob  wir  in  unseren  Pfeilern  die  Reste 
einer  Hallenkirche  \or  uns  haben  oder  nur  den  Anfang  eines  solchen  Baues, 
der  in  das  basilikale  Svstem  mit  Oberschifif  übergeleitet  wurde.     Um  die  Frage 


*"",  Noch  heute  enthält  St.  Marien  in  Wismar  in  den  beiden  seitlichen  Turmanbauten  deut- 
liche Reste  einer  Hallenkirche,  und  von  St.  Jürgen  in  Wismar  sagt  Schlie  (Kunst-  und  Geschichts- 
denkmäler Mecklenburgs  2,  S.  71):  »Die  Seitenschiffe  des  Langhauses  haben  eine  so  auffallende 
Breite,  daß  man  hierin  den  Einfluß  der  ursprünglich  auf  eine  Hallenkirche  berechneten  Turmanlage 
erkennt,  die  mit  der  von  St.  xMarien  auffallend  übereinstimmt  und  von  dem  Baumeister,  welcher  die 
basilikale  Kreuzkirche  mit  Oberschift'  ersann  und  ausführte,  ohne  Zweifel  bereits  vorgefunden  wurde.« 


154  I)IE  MARIENKIRCHE. 

zu  beantworten,  müssen  wir  alle  diejenigen  Bauteile  zusammenfassen,  die  etwa 
als  Reste  einer  Hallenkirche  angesehen  werden  könnten.  Dazu  gehören  nicht 
das  romanische  Pfeilerpaar  und  nicht  die  Pfeiler  der  Westhälfte,  denn  diese 
sind  durchweg  mit  ihren  Diensten  in  Verband  gemauert  und  daher  von  unten 
auf  fiu-  den  basilikalen  Aufbau  bestimmt  gewesen,  auch  sind  sie  ja,  wie  wir 
nachgewiesen  haben  (S.  134  und  150),  jünger  als  die  Chorpfeiler.  Aber 
könnte  nicht  der  Westturm  einer  Hallenkirche  zugehört  haben  .^  Daß  er  älter 
ist  als  die  Langschiffspfeiler  ergibt  sich  ohne  weiteres  daraus,  daß  deren 
Arkadenbögen  auf  die  W^andpfeiler  des  Turmes  ebenso  unvermittelt  aufgesetzt 
sind  wie  auf  die  romanischen  Pfeiler  und  auch  mit  ihnen  nicht  in  der  gleichen 
Flucht  liegen,  vielmehr  stimmt  die  Achse  der  Turmwandpfeiler  mit  derjenigen 
der  romanischen  Pfeiler  überein.  Indessen  ist  folgendes  zu  beachten:  Zu  der 
Höhe  der  Basilika,  wie  wir  sie  aus  den  Resten  des  Vierungsbogens  annäherungs- 
weise konstruieren  können,  paßt  auch  genau  die  Höhe  der  wohlerhaltenen 
Durchgangsöffnung  in  der  Ostmauer  des  Turmes,  welche  ehedem  den  Turm 
mit  dem  Dachboden  des  Langschiffes  verband.  Eben  dieser  Durchgang  be- 
weist aber,  daß  das  zu  dem  Turm  gehörige  Langhaus  eine  Hallenkirche  nicht 
gewesen  sein  kann,  denn  das  gewaltige,  die  drei  Schiffe  überspannende  Dach 
einer  solchen  Kirche,  deren  Höhe  durch  den  Durchgang  bestimmt  ist,  würde 
weit  über  den  großen  Dreipaßfries  des  Turmes  hinausgeragt  haben.  Nehmen 
wir  noch  hinzu,  daß  von  einem  romanischen  Turmbau,  wie  A\'ir  ihn  bei  der 
romanischen  Basilika  vermuten  müßten,  auch  nicht  die  geringsten  Spuren 
nachzuweisen  sind,  so  erscheint  es  unzweifelhaft,  daß  der  Turm,  wennschon 
er  eine  jüngere  Bauart  zeigt  als  die  sonstigen  romanischen  Reste,  dennoch 
der  romanischen  Kirche  angehört  hat,  vielleicht  als  deren  jüngstes  Glied,  das, 
nach  den  r\)rmen  zu  urteilen,  sehr  wohl  noch  im  Bau  begriffen  gewesen  sein 
kann,  als  man  die  östliche  Hälfte  der  Kirche  bereits  umzubauen  begann. 

Die  vermeintlichen  Reste  einer  frühgotischen  Hallenkirche  beschränken 
sich  hiernach  auf  die  erwähnten  Viertelstabpfeiler  des  Chorbaues.  Zu  ihnen 
werden  aber  auch  die  Umfassungsmauern  der  Südervorhalle  gehören,  so  weit 
sie  nicht  noch  romanischen  Ursprungs  sind,  denn  hinter  dem  südwestlichen 
Eckpfeiler  findet  man  hier,  nur  vom  Laufgang  aus  sichtbar,  ein  frühgotisches 
P'enstergewände,  das  durch  den  Eckpfeiler  verdeckt  wird,  also  einem  Bau  an- 
gehören muß,  der  älter  ist,  als  das  konstruktive  System  der  Vorhalle,  das 
hiernach  zwischen  die  Lhiifassungswände  später  eingesetzt  sein  muß.  (S.  Abb. 
S.  159.)  Außerdem  sind  über  den  beiden  Seitenschiffen  in  der  Achse  des 
romanischen  Pfeilerpaares  über  den  Gewölben  die  Gurtbögen  erhalten,  welche 
sich  aus  den  Viertelstabwandpfeilern  entwickeln;  sie  sind  genau  wie  die  Pfeiler 
profiliert,  aber  die  letzten  Schichten  des  Bogens  sind  aus  gewöhnlichen, 
unprofilierten  Steinen  gemauert. 

Diese  verhältnismäßig  geringen  Reste  lassen  einen  sicheren  Schluß 
darauf  nicht  zu,  wie  weit  der  Bau  der  frühgotischen  Hallenkirche  bereits  vor- 
geschritten oder  ob  er  sogar  schon  vollentlet  war,  als  man  zu  dem  basilikalen 
System   überging.     Jedenfalls   folgen   sich   diese  beiden  Bauten  auf  dem   P\if3e, 


DIE  MARIENKIRCHE.  155 

da  wir  den  r)CL;inn  des  fruh^otischcii  l>aucs,  iiacli  ilcn  Irinnen  zu  urteilen, 
nicht  \'()r  1250  ansel/en  kiinnen  und  da  der  neue  Chol-  bereits  12^1  in  l^e- 
nutzung   war. 

Wenn  man  aber  betlenkl,  llal.^  tler  ^e\\  alti^e  15au  bereits  im  Jahre  1 304 
bei  den  Türmen  an^elan^t  und  der  westhchste  Teil  des  Langhauses,  wie  wir 
bei  der  Hetrachtuni.^  der  Hriefkapelle  gesehen  haben,  13 10  im  Bau  begrilTen 
war,  so  ist  man  gezwungen,  (k'u  Hcginn  des  heutigen  Ciiorbaucs  möghchst 
weit  gegen  che  Mitte  des  13.  jaluiumderts  zurückzuschieben.  Wir  (Hirten  es 
tkaher  auch  wohl  aut  ilen  Hau  dieses  Chores  beziehen,  wenn  l'jv.bischof 
Albert  II.  (Suerbccr)  dem  Rate  zu  Lübeck  auf  seine  Hitte  lOO  Mk.  lub.  ül^er- 
weist  als  einen  Beitrag  ad  decorem  et  honorem  dei  et  nove  tabrice  in 
ci\itate  \estra  Lubeke  erigendc,  da  diese  Urkunde  in  das  siebente  Jahrzehnt 
des   13.  Jahrhunderts  fällt.  ^) 

Es  ist  daher  sehr  wahrscheinlich,  daß  der  frühgotische  Bau  schon  bald 
nach  der  Mitte  des  Jahrhunderts  in  das  französische  Kathedralsystem  über- 
geführt wurde.  Einen  Anhaltspunkt  bietet  der  Beginn  des  Domchores,  der  in 
das  Jahr  1266  fällt.  DafN  dieser  Chor  älter  ist  als  der  \'on  St.  Marien,  kann 
nicht  bewiesen  werden,  da  der  hierfür  angeführte  Grund,-)  nämlich  dafs  die 
Domherren,  die  meistens  einige  Jahre  in  Paris  oder  Orleans  studierten,  das 
System  von  Soissons  nach  Lübeck  übermittelt  hätten,^)  ebensowohl  für  die 
Marienkirche  in  Anspruch  genommen  werden  kann,  weil  in  dieser  Kirche 
bereits  seit  11 70  das  Domkapitel  den  Gottesdienst  versah;  und  in  der  Tat 
mögen  die  Domherren  die  Übermittler  gewesen  .sein,  denn  die  \erbreitete  An- 
nahme, daß  das  Chors}-stem  \'on  St.  Marien  von  der  flandrischen  Gruppe  des 
Systems  von  Soissons,  d.  i.  den  Kathedralen  von  Tourna}-  und  Utrecht,  ferner 
der  Marienkirche  xon  Brügge  und  Sankt  Ba\-o  in  Gent  abstamme,  entbehrt 
jedes  urkundlichen  Beleges. 

Hat  die  vorstehende  Untersuchung  ergeben,  daßs  mit  dem  Bau  der 
heutigen  Marienkirche  bald  nach  der  IMitte  des  13.  Jahrhunderts  begonnen 
worden  ist,  so  kann  die  Ursache  des  Baues,  wenn  sie  in  einem  l^rande  gesucht 
werden  soll,  nur  der  Brand  von  125 1,  nicht  der  von  1276  sein.  Indessen, 
wie  der  ganze  Bauvorgang  sich  uns  darstellt:  ein  Bau  in  zwei  deutlich  ge- 
trennten Hau])tabschnitten,  bei  dem  von  dem  alten  Bau  fast  nur  die  diese 
Abschnitte  trennenden  Pfeiler  mit  ihren  Bogen  stehen  bleiben,  läßt  doch  mehr 
auf  einen  planmäßigen  Umbau  .schließen,  bei  dem  es  darauf  ankam,  die  eine 
Hälfte  der  Kirche  in  Benutzung  zu  erhalten,  \\ährend  die  andere  im  Bau  be- 
griffen war. 

Mag  aber  dem  sein,  wie  ihm  wolle:  soviel  steht  fest,  daß  der  Chor 
von  St.  Marien   als   der  erste  aller  Chöre  der  Ostseegruppe  vollendet  \\urde 


^)  Der  Brief  des  1272  verstorbenen  Erzbischofs  erwähnt  als  einen  »bone  niemorie  civis 
Lubicensis«  den  »dominus  Wilhelmus  Albus,«  der  1259  Januar  15  zuletzt  urkundlich  genannt  wird 
(U.-B,  der  Stadt  Lübeck  i,  No.  244)  und  nach  v.  Melle  (^Gründl.  Nachricht,  3.  Aufl.,  S.  41)  noch 
1261  gelebt  hat. 

^)  Th.   Hach,  Der  Dom   zu  Lübeck,  S.   6  und  22. 


156 


DIE  MARIENKIRCHE. 


und  Jahrzehnte  vor  der  Vollendung  des  Domchores  (1335)  die  Bewunderung  der 
Zeitgenossen  erregt  und  die  Bürger  der  befreundeten  Städte  zur  Nacheiferung 
angespornt  hatte.  So,  wie  er  gebaut  ist,  ist  er  jedoch  nie  wiederholt  worden, 
weder  in  so  ge\\'altigen  Abmessungen,  noch  in  so  unmittelbarem  Anschluß  an 
die  Bauart  der  französischen  Kathe- 
dralen. Bei  St.  Marien  ist  von  eigent- 
licher Backsteinbaukunst,  \\'ie  wir  sie 
weit  vollendeter  nachher  in  Doberan, 
Wismar ,  Schwerin  und  Lüneburg 
finden,  kaum  die  Rede,  indem  fast 
nur  die  Mauermassen  und  die  unge- 
oliederten  Flächen  aus  Backstein  be- 

o 

stehen,  während  die  Gesimse,  die 
Sockel,  die  Pfeilerschrägen  und  die 
Portale  durchaus  aus  Sandstein  her- 
gestellt sind  und  den  französischen 
Ursprung  der  Formen  leicht  erkennen 
lassen. 

Wir  möchten  sogar  vermuten, 
daß  auch  die  Abdeckungen  der  Strebe- 
pfeiler, die  eine  spätere  Zeit  beseitigt 
hat,  um  den  Pfeilerstümpfen  kupferne 
Mützen  überzuziehen  als  besseren 
Schutz  gegen  die  Unbilden  des  nor- 
dischen Klimas,  daß  auch  diese  Ab- 
deckungen einstmals  zierlich  aus 
Werkstein  gehauen  waren.  Von  dem 
alten  Hauptgesims  der  Seitenschiffe 
hat  sich  nur  an  einer  Stelle  ein  Rest 
erhalten,  nämlich  unter  den  schützen- 
den Dächern  der  Kapelle  an  der 
Nordseite.  Dort  findet  sich  das  Sand- 
steingesims mit  der  eingearbeiteten 
Rinne,  und  die  Abwässerung  ist  auch 
hier  wie  bei  den  französischen  Kathe- 
dralen bewirkt:  Ein  kleiner  Kanal 
führt    das    Wasser    quer    durch    den 

Strebepfeiler  in  einen  steinernen 
Wasserspeier,    der  sich  aus  dem  Ge- 


Wasserspeier und  Profile  des  Hauptgesimses. 


sims  entwickelt.  Nur  ein  solcher  Wasserspeier,  einen  Mönch  darstellend,  der 
aus  einem  Gefäße  Wasser  ausgießt,  ist  erhalten.  Jetzt  sind  die  Kupferdächer 
der  Kirche  und  ihrer  Anbauten  über  die  Mauern  hinweggezogen  und  alle 
Strebepfeiler  und  Strebebögen  sind  sorgfältig  mit  Kupfer  abgedeckt,  wo  nicht 
umhüllt,    gewiß   ein   vortreft'liches   Mittel,    die   Mauern   zu   erhalten.     Der   Laie 


DIE  MARIENKIRCHE. 


157 


ciiiplimlct  nicht  das  kudiiiu'iUaiv  ilicscr  Architektur  der  ;;c\\altij;e  l'äiuh-uck, 
den  (Hcse  aufoetünntcn  Maucniiasscn  machen,  enhaickt  die  .ästhetische  Kritik 
ini  Keime  — ;  wer  sich  aber  t'inmal  ihis  Hild  vov  Augen  bestellt  hat,  wie  es 
einstmals  war,  der  kann  den  Wunsch  nicht  unterch-iicken,  daß  ein  Meister 
kommen  möoe,  der  (Hesem  für  (He  Haugeschichtc  unseres  Nordens  so  wiclitigen 
liauwerke   seine   ursprunj^Hche   Schönheit   wiedergeben   möge. 

Die  Kapellenanbauten.  Alsbald  nach  TYM-tigstelhuig  des  Haues  mit  der 
Briefkapelle  und  der  Siiderxorhalle  fing  man  ;ui ,  die  Kiichc  mit  weiteren 
Kapellcnanbauten   zu   umgeben. 

lUirgermeisterkapelle.     Molen- Kapel  le.     Trese.     I'.ine  der  ältesten 

Kapellen   scheint   die   bereits   oben    erwähnte    Hiirgermeisterkapelle    zu    sein,    die 

an   der  Ostseite   der  Süder\()rhalle   liegt.      Sie   hat   ann.ahernd   die    liefe   und   die 

Höhe    dieser    X'orhalle    und    die    Hreite    eines    Seitenschiffsjoches.       Ilire    l'jit- 

stehungszeit  ist  unbekannt.') 

Ihr   schließt   sich   nach   Osten  eine  Ka|)elle   \'on   anniihernd  der  gleichen 

Größe,   die  Molen-Kapelle,   an.      Diese  ist  erst  kurz   \or  1395  gebaut,   denn  am 

6.   März  dieses  Jahres  wurden  am  Altar  der  von  den    le.sta- 

^TX^^      mentsvollstreckern  Hermanns  \-on  der  Molen  (de  Molendino) 

errichteten  Kapelle  zwei  ebenfalls  aus  dessen  Nachlaß  dotierte 

\'ikarien   gestiftet,^)   einer  urkundlichen    Nachricht   von    1439 

zufolge  aber  war  eine  derselben     in  dei-  obersten  Kapelle  an 

der   Süderseite  <    belegen.^)      Am    Schlufvstein    des   (jewölbes 

hängt   in    vierpaßförmiger   Umrahmung    der   w    d.   Molen.sche 

Wappenschild,    welcher  heraldisch  rechts  ein  weißes  Feld,  links  ein  schwarzes 

Mühlrad  auf  rotem  Felde  zeigt  (Abb.). 

Daß     die     Bürgermeister- 

»  kai)elle    älter   ist   als   die    .Molen- 

_  Kapelle,  ergibt  sich  aus  der  noch 

^  vorhandenen     T^ensterötTnung     in 

der  Trennungswand  der  beiden 
Kapellen.  Ihr  ehemaliger  Ost- 
giebel ist  unter  dem  schützenden 
Satteldache,  welches  jetzt  beide 
Kapellen  zusamt  der  Südervorhalle 
überdeckt,  wohlerhalten  (Abb.). 

')  Wahrscheinlich  bezieht  es  sich 
auf  die  Bürgermeisterkapelle,  wenn  am 
7.  April  1289  der  Bürger  Nikolaus 
Vrowedhe  »zum  Bau  der  Kapelle  in  der 
Kirche  St.  Marien«  100  lübsche  Mark 
letztwillig  aussetzt,  denn  wir  wissen  von 
keinem  anderen  Kapellenbau  in  dieser 
Zeit;  St.-A.,  Urschrift. 

'")  ^^S^-  <^^s  Vikarienverzeichnis. 
Oslgiebel  der  Bürgermeisterkapelle.  ^]   Lüb.   U.-B.   7,  No.   813. 


1     1 

\/        \/ 

\ 

158  DIE  MARIENKIRCHE. 

In  der  Bürgermeisterkapelle  ist  noch  im  Mittelalter  durch  den  Einbau 
eines  Obergeschosses,  dessen  Fußboden  etwa  6,6  m  über  dem  Fußboden  der 
Kapelle  liegt,  die  Trese  hergestellt  worden,  die  Schatzkammer  des  Rates, 
welche  der  Stadt  »handvesten«  bis  auf  den  heutigen  Tag  bewahrt.  Der  Raum 
wurde  rings  von  Mauern  umgeben  und  mit  einem  Gewölbe  abgedeckt.  Die 
Art,  wie  die  östliche  dieser  Mauern,  welche  gegenwärtig  die  Tür  der  Trese 
enthält,  in  das  Fenster  eingesetzt  \\'orden  ist,  ^\'elches  nach  dieser  Seite  hin 
die  Rürgermeisterkapelle  vor  dem  Bau  der  MolenTvapelle  besaß,  läßt  darauf 
schließen,  daß  der  Treseneinbau  erst  nach  der  Errichtung  der  letzteren  vor- 
genommen worden  ist.  Den  Zugang  zur  Trese  bildet  ein  Gewölbe,  welches, 
1,08  m  höher  als  das  der  Trese,  in  die  Molen-Kapelle  eingespannt  worden 
ist,  mit  einer  kleinen  gemauerten  Wendeltreppe  in  der  nordöstlichen  Ecke  der 
Kapelle  als  Aufgang.  Die  zierliche  Ausbildung  der  Rippen  und  Konsolen 
cUeses  Gewölbes,  welches  die  beiden  großen  Fenster  der  Kapelle  durchschneidet, 
wie  auch  die  Form  der  Wappen  der  Stadt  in  den  Schlußsteinen  kennzeichnen 
das  Ge\\'ölbe  als  ein  Erzeugnis  der  frühen  Renaissance,  wie  sie  in  der  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  in  Lübeck  auftritt.  Die  Stadtwappen  in  den  Schluß- 
steinen lassen  erkennen,  daß  der  überwölbte  Raum  dem  Rate  gehörte,  und 
man  wird  daher  nicht  fehl  gehen,  \\enn  man  annimmt,  daß  gleichzeitig  mit 
der  Einziehung  des  Gewölbes  auch  die  Verbindung  dieses  Raumes  mit  der 
Bürgermeisterkapelle  durch  Ausbrechen  der  Mauer  ^)  und  Einziehen  des  jetzt 
vorhandenen  Spitzbogens  in  dem  südlichen  Joche  hergestellt  wurde. 

Wo  der  Zugang  zur  Trese  vor  Herstellung  des  gegenwärtigen  Zuganges 
gewesen  ist,  läßt  sich  nicht  nachweisen.  Auffallenderweise  wird  die  Molen- 
Kapelle  trotz  ihrer  beiden  großen  dreiteiligen  Fenster  schon  1441  die  >- düstere 
Kapelle '<  genannt,^)  so  daß  man  vermuten  möchte,  es  sei  schon  vor  Herstellung 
des  Renaissancegewölbes  eine  ältere  Zwischendecke,  vielleicht  als  Zugang  zur 
Trese,  hier  vorhanden  gewesen,  die  dann,  wenn  sie  in  der  Höhe  des  Tresen- 
fußbodens gelegen  hätte,  allerdings  die  Kapelle  »düster«  gemacht  haben  würde, 
weil  die  Fenster,  deren  unterer  Teil  jetzt  dem  Räume  etwas  Licht  gibt,  dann 
ganz  über  der  Decke  gelegen  haben  würden. 

Eine  zweite  Vergrößerung  hat  die  Bürgermeisterkapelle  dadurch  erfahren, 
daß  die  Südwand  bis  an  die  Flucht  der  Strebepfeiler  vorgeschoben  wurde. 
Der  so  entstandene  Vorbau  erstreckt  sich  auch  über  die  Trese  und  ist  ober- 
halb derselben  mit  einem  Pultdach,  das  mit  Kupfer  gedeckt  ist,  abgedeckt. 
Gleichzeitig  mit  diesem  Vorbau  wurde  unmittelbar  an  dem  Eckstrebepfeiler 
der  Vorhalle  ein  zweiter  Strebepfeiler  bis  an  das  Dachgesims  emporgeführt. 
Diese  Bauteile  zeigen  im  Äußern  wohlerhaltene  Wechselschichten.  Die  Bürger- 
meisterkapelle wird  durch  ein  großes,  flachbogiges  Fenster,  die  Trese  durch 
zwei  kleinere  Fenster  erhellt.  Alle  diese  Fenster  haben  eine  starke  doppelte 
Vergitterung.     In  gleicher  Weise  sind  die  Öffnungen  der  Trese  in  der  Ost-  und 


^)  Im  Mai    1574  wird   den  Glockenläutern  Loliii  dafür  gezahlt,    «dat   se  de  düsteren  kapeilen 
lUhbreken;«  WB. 

2)   U.-B.   der  Stadt   Lübeck   8,   No.   31. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


159 


Wcstwand  \'croittert,  \\'ährencl  die  Einoanostiir  aus  starkem  liiisenblech  besteht. 
Über   einer   tiacli    dein   Seitenschiff   führenden,   jetzt    vermauerten   ÖtTnung-  ra""t 
ein  eiserner  W'indearm   mit   Rolle  in   das  Seitenschiff  hinein,    der    wolil   benutzt 
wurde,  um  die  schweren  eichenen 
Truhen,      in     welchen     sich     che 
Schät/.e     des      Rates      befanden, 
hinauf/.uw  inden. 

Solcher  1  ruhen  stehen 
jetzt  noch  etliche  zwanzig  Stück 
auf  dem  (iewölbe  über  der  Trese. 
Sie  sind  ohne  Zierrat  aus  scliwe- 
rem  Eichenholz.  Ihres  bihalts 
sind  sie  seit  Wullenwevers  Zeit 
beraubt. 

Wie  man  aus  der  vor- 
stehenden Beschreibung"  sieht,  ist 
an  diesem  Teil  der  Kirche  sehr 
oft  gebaut  worden.  Wir  haben 
versucht,  in  einer  besonderen 
Abbildung  die  verschiedenaltrigen 
Hauteile  als  solche  zu  kennzeich- 
nen, vermögen  sie  aber  nicht 
mit  Sicherheit  zu  datieren. 

Im  Jahre  i  298  heißt  es  in 
einer  Autzeichnung  des  lübecki- 
schen Kanzlers  Albrecht  von 
Bardewik  über  die  Ämterver- 
teilung unter  den  Ratsherren :  her 
Ghert  van  Bardewic  de  bewarede 
de  tresecameren ,  dar  der  Stades 

hantvestene  inne  lichghet. -.  ^) 
Und  daß  diese  tresecamere  wohl 
schon  in  der  Marienkirche  zu 
suchen  ist,  geht  aus  einer  Ver- 
ordnung hervor,  die  im  Jahre  1 3  2 1 
Lübeck  in  Gemeinschaft  mit  den 
Städten  Hamburg,  Rostock,  Stral- 
sund und  Greifswald  erließ,  deren 
Schlußsatz  nämlich  die  Bemerkung 
enthält,    daß  die  Urschrift  dieser 

Verfügung  niedergelegt  sei      in   Unser  Leven  Vrouwen  kerken,    dar   des   rades 
to  Lubeke  andere  breve  sin  in  vorwaringe.«  ^) 


Oberer  Grundriß   der  Südervorhalle, 
der  Bürgermeisterkapelle  und  der  Molen-Kapelle. 


')  Die  Chroniken  der  deutschen   Städte,   Lübeck   2,   S.   302. 
'■'J   U.-B.   der  Stadt  Lübeck  2,   S.   355. 


l6o  DIE  MARIENKIRCHE. 

Die  Toten  tanz  kapeile.  Der  älteste  Anbau  an  der  Nordseite  ist  die 
Totentanzkapelle,  welche,  der  Südervorhalle  entsprechend,  zwei  Joche  des 
Norderseitenschiffes  nach  Norden  um  eine  Jochtiefe  verbreitert.  Die  Um- 
fassungsmauern schließen  sich  den  äußeren  Strebepfeilern  der  beiden  Joche 
an,  während  der  mittlere  Strebepfeiler  in  unveränderter  Form  als  Mittelstütze 
für  die  Ge\\'ölbe  benutzt  \\urde.  Die  letzteren  erreichen  die  Höhe  des  Seiten- 
schiffes und  \\erden  aus  Wanddiensten  von  der  Form  derer  des  Langhauses  — 
Halbkreis  mit  vorgelegten  Rundsäulchen  —  entwickelt.  Die  Halle  hat  in  jedem 
Gewölbefelde  ein  großes  Fenster.  Der  unter  den  h^enstern  an  der  Nord\\'and 
des  Chorumganges  befindliche  Laufgang  wurde  an  den  Wänden  der  Kapelle 
herumgeführt. 

An  urkundlichen  Nachrichten  über  den  Bau  und  den  Zweck  der 
Kapelle  fehlt  es,  doch  wird  man  nach  Analogie  anderer  Bauten  und  wegen 
des  in  ihr  angebrachten  Totentanzes  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  in  ihr 
die  Totenkapelle  vermutet.  Von  den  beiden  Gewölbescheiben,  welche  unter 
den  Schlußsteinen  der  Kreuzgewölbe  hängen,  zeigt  die  westliche  eine  ge- 
schnitzte Darstellung  der  Flucht  nach  Fgypten,  während  die  östliche  blau 
bemalt  ist. 

Wahrscheinlich  ist  unter  diesem  Anl)au  eine  1425  erwähnte  »capella 
sanctorum  Johannis  evangeliste  et  Nicolai  ecclesie  b.  Marie  Lubicensis  in 
latere  septentrionali  apud  januam,  que  ducit  ad  dotem^)  ejusdem  ecclesie« 
zu  verstehen.  In  den  Wochenbüchern  der  Kirche  wird  die  Kapelle  1536 
und  1548  als  »bychthus, «  nach  Verlegung  der  Beichte  in  die  Sängerkapelle 
(vgl.  S.  169)  1566  als  »altes  Beichthaus,  da  der  Todtentanz  gemalt  ist«  und 
1628   schlieiMich   als    »dodencapella«    bezeichnet. 

Die  übrigen  der  Nord-  und  der  Südseite  der  Kirche  vor- 
gebauten Kapellen  entstammen  dem  Zeitraum  von  1328  bis  1385  und 
stellen  drei  verschiedene  Typen  dar. 

Der  älteste  Typus,  wie  ihn  die  an  der  Nordseite  des  Langschififes  be- 
legenen, bis  um  die  Mitte  jenes  Jahrhunderts  entstandenen  fünf  Kapellen  sowie 
eine  der  südlichen  Vorhalle  1385  angebaute  kleine  Kapelle  aufweisen,  ist  der 
einfachste.  Die  nur  etwa  zwei  Fünftel  der  Höhe  der  Kirchen^^'and  erreichenden 
Anbauten  liegen  zwischen  den  Strebepfeilern  vnid  sind  jede  für  sich  mit  einem 
in  den  Kirchenbüchern  früher  als  »Schauer«  bezeichnetem  Pultdache  überdeckt, 
das  die  hohen  Fenster  des  Seitenschiffes  bezw.  der  Vorhalle  ursprünglich  un- 
berührt ließ.  Die  vier  in  den  Jahren  1353 — 'J'^  der  Südwand  zwischen  der 
dortigen  Vorhalle  und  der  Briefkapelle  angeschlossenen  Kapellen  sind  ebenfalls 
zwischen  die  Strebepfeiler  eingebaut,  erreichen  jedoch  nahezu  die  Höhe  des 
Süderschififes ,  so  daß  dessen  Dach  über  sie  hinweggezogen  ^\'erden  konnte; 
die  hohen  Kirchenfenster  sind  gewissermaßen  als  Außenwand  dieser  Anbauten 
vorgeschoben.      Zwei  den  Strebepfeilern  östlich  der  Totentanzkapelle  um    1370 


^)  So    ist    nach    der    Urschrift    in    Oldenburg    zu    lesen    statt   januam,    wie    der   Abdruck    im 
Lüb.  U.-B.  6,  No.   713  angibt. 


DIE  MARIENKIRCHE.  l6l 

angebaute  Kapellen  sehliel.Mich  hiklen  gleicli  der  xorliiii  hehandelten  Molen- 
oder düsteren  Kapelle  von  1395  (lewölbejoche  von  annähernd  gleicher  Größe 
wie  diejenigen   der   beiden    X'orhallen. 

X'on  der  ursprünglichen  Struktur  der  dem  Xorderschi  ff  angebauten 
fünf  kleinen  Kapellen  ist  wenig  oder  nichts  erhalten.  Abgesehen  xon 
früheren  Wiederherstellungen,  insbesondere  um  1570,  sind  sie  18^7,  wie  das 
Kirchenprotokoll  angibt/)  ganz  neu  umgebaut  und  ihr  Äußeres  mit  dem 
Iiaustilc  der  ganzen  Kirche  mehr  in  Einklang  gel^racht.  hLs  wurde  damals 
das  dreiteilige  niedrige  Fenster  jeder  Kapelle,  wie  es  die  Norderansicht  der 
Kirche  in  dem  1S30  erschienenen  Schlösser-  und  Tischbeinschen  Werke  zeigt, 
durch  je  zwei  lünzelfenster  ersetzt  und  ferner  der  obere  i\and  der  erhöhten 
..\ul5enwand  nach  dem  Vorbild  des  benaclibarten  Xordwestportals  mit  einem 
Spitzbogenfries  aus  Sandstein  versehen.  Fünf  Jahre  später  sind  die  Kapellen 
neu  mit  Kupfer  gedeckt. 

Die  am  weitesten  östlich  gelegene  W^ome-  oder  Küstcrkapel  le  ist 
vom  Ratsherrn  und  Vorsteher  der  Marienkirche  Arnold  Wlome  zu  lehren  des 
kLvangeUsten  Johannes  errichtet;  drei  von  ihm  für  den  dortigen  .Vltar  dotierte 
Vikarien  erliielten  am  i.  Dezember  1328  die  bischöfliche  Bestätigung.^)  Die 
kunstvoll  gearbeitete  messingne  Grabplatte^)  des  am  21.  August  1329  ver- 
storbenen Stifters  wurde,  als  man  1657  den  Altar  abbrach,  um  Raum  zu  ge- 
winnen für  drei  neu  aufzustellende  Kirchenstühle,  in  einem  hölzernen  Rahmen 
an  der  Westwand  der  Kapelle  aufgehängt,  wo  sie  zuletzt  1787  nachweisbar  ist. 

In  dem  1450  angelegten  IVIemorienkalender  der  Marienkirche*)  wird 
die  Kapelle  noch  als  die  des  Arnold  Wlome,  später  als  »capella  signi«  ^)  oder 
»capelle  des  tekens«  bezeichnet.  Nach  der  Reformation  diente  sie  als  Sakristei. 
Seitdem  letztere  1630  in  den  Nebenraum  der  Totentanzkapelle  verlegt  war, 
wird  die  Kapelle  zunächst  (1634)  als  »alte  Predigercapelle«  und  seit  1647 
als  »Küsterkapelle«  aufgeführt,  zweifellos  weil  damals  dem  Küster  ein  Kirchen- 
stand in  ihr  eingeräumt  wurde  und  sie  auch  jedenfalls  identisch  ist  mit  der 
»Capell,  für  welcher  der  Cüster  die  Psalmen  anzufangen  plegt«  (1657).  Ihr 
jetziger  innerer  Ausbau  stammt  gleich  dem  äußeren  aus  dem  Jahre  1837. 
1870  ist  sie  zu  einem  heizbaren  Raum  für  den  Gebrauch  der  Geistlichen 
eingerichtet.      Sie  dient  jetzt  zeitweilig  als  Werkstätte. 

Die  Wöhrmann-Kapelle.  Die  zweite  Kapelle  nach  Westen  hin  ist 
zuerst  am  7.  März  1347  durch  eine  X'ikarienstiftung  aus  dem  Nachlaß  des 
Lübecker  Bürgers  Hermann  Keyser^)  bezeugt.  Zwar  enthält  diese  Urkunde 
keine  Angabe  über  die  Lage  des  betreffenden  Altars,  doch  erhellt  letztere 
daraus,  daß  am  2.  Oktober  1520  der  Rat  von  Lüneburg  bescheinigte,  vom 
Priester  Jakob  Schomaker,  ;  vicario  der  anderen  capellen  van  dem  bichthuse 
nedder\\art  in  der   norders\^den  in  der  kercken  Unser  Le\'en   Frouwen  b>-nnen 


^)  Vorsteher-Protokoll    1832— 1870,   S.  40. 

^)  Vgl.   das  weiter  unten   mitgeteilte  Vikarienverzeichnis. 

^)  Vgl.  unter   »Grabplatten.« 

*)  Zeitschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  6,  S.   129. 


l62  DIE  MARIENKIRCHE. 

Lübeck,  welcher  (!)  vicarie  erstmalß  uth  den  guderen  Hermen  Keisers  zeliger 
dechtnisse,  wandages  Borgers  to  Lübeck,  fundiert  und  gestichtet , « ^)  das  mit 
25  Mk.  jährlich  zu  verzinsende  Stiftungskapital  von  500  Mk.  empfangen  zu 
haben.     E^ine  zweite  Vikarie  stiftete   1420  der  Priester  Hermann  Koningk.  ^) 

1635  und  1636  gehörte  die  Kapelle  nachweislich  dem  Bürger  Thomas 
Runge.  Bei  der  Auseinandersetzung  seiner  Erben  fiel  sie  1656  Jakob  von 
Hämerden  zu.  Dieser  veräußerte  sie  im  folgenden  Jahre  an  den  Erbherrn 
auf  Steinrade  und  späteren  Lübecker  Ratsherrn  (1659 — 69)  Dietrich  von 
Brömbse,  der  167 1  als  kaiserlicher  Reichshofsrat  starb.  Fünf  Jahre  später 
ging  sie  von  den  Brömbseschen  Erben  durch  Kauf  an  den  späteren  Ratsherrn 
(1692  — 1701)  Hermann  Focke  über.  Bei  der  1726  geschehenen  Zuschrift 
der  Kapelle  auf  seinen  Sohn,  den  kaiserlichen  Residenten  Hermann  Focke, 
wurde  bestimmt,  daß  sie  fünfzig  Jahre  nach  dessen  dortiger  Beisetzung  ver- 
schlossen bleiben  und  alsdann  der  Kirche  zufallen  sollte.  Noch  vor  dem 
Ende  dieser  mit  dem  3 1 .  Mai  1 7  8 1  ablaufenden  Frist  erwarb  sie  am 
IG.  Dezember  1776  der  Seidenhändler  und  Kirchenvorsteher  Hinrich  Wöhr- 
mann  für  900  Mk.  lüb.  zu  unveräul3>erlichem  Familienbesitz  (Protokollbuch 
1684 — 1780,  S.  354b).  Auf  dieses  Abkommen  nimmt  eine  über  dem  Ein- 
gang angebrachte  schwarze  Marmortafel  bezug,  deren  vergoldete  Inschrift  lautet: 

DORMITORIUM 

CONIUGUM   SEMISECULARIUM3) 

HENRICI   WÖHRMANN 

MERCATORIS 

ET   PER   XXXV  ANNOS   HUIUS  TEMPLI    PRAEFECTI 

ET 

ENGEL   NATAE   TESDORPF 

EORUMQUE    HEREDUM. 

VID.   LIB.   ECCLES.   FOL.  CCCLIIII    B. 

x\n  der  Westwand  der  Kapelle  ist  1877  einem  Urenkel  dieses  Ehe- 
paares, dem  am  13.  März  1S74  zu  Mentone  verstorbenen  kais.  deutschen 
(ieneralkonsul  für  Liv-  und  Kurland  Christian  Heinrich  von  Wöhrmann,  von 
dessen   Witwe   eine   schlichte   (yedenktafel   aus   weißem   ]\harmor  gesetzt. 

Köhler-  und  l^remer-Kapelle.  Von  den  beiden  nächstfolgenden 
Kajjellen  ist  die  eine  wahrscheinlich  1334,  die  andere  zweifellos  1336  zuerst 
nachweisbar.  Pls  stiftete  nämlich  der  Bürger  Johann  xon  Ge}-smer  am 
27.  Oktober  1334  eine  Vikarie  für  einen  der  Jungfrau  Maria  und  dem  Apostel 
Jakobus  geweihten  Altar  ^)  und  außerdem  durch  letztwillige  Verfügung  für  den- 
selben Altar  zwei  1347  bestätigte  Vikarien,  die  für  den  L^nterhalt  »duorum 
perpetuorum  capellanorum,  also  zweier  auf  eine  Kapelle  intitulierter  Priester 
bestimmt    waren.  ^)      Lerner    dotierte    der    Rat.sherr   Gotschalk   \'on   W'arendorp 


^)  Urschr.   im   Großherz.   Haus-  und  Zentralarchiv  zu  Oldenburg. 

^)  Vg^-   *^^s  Vikarienverzeichnis. 

^)  Hinrich  Wöhrmann  starb  1 785  Oktober  8 ,  seine  ihm  1 734  Juli  7  angetraute  Gattin 
Catharina  Engel  Tesdorpf   1789  Juni   2. 

*)  Vielleicht  steht  mit  dieser  Stiftung  in  ursächlichem  Zusammenhang,  daß  die  Scheibe 
am  Schlußstein  des  vor  der  mittleren  Kapelle  gelegenen  Norderjoches  das  Halbbild  des  Apostels 
Jakobus  trägt  (vgl.   S.    132  . 


DIE  MARIENKIRCIIIv  163 

am  31.  Mai  1336  eine  \'ikarie  für  eine  von  ihm  an  der  Nordseitc  der  Kirche 
oebante  Kapelle;  eine  zweite  X'ikarie  lui'  den  d<)rti<;en  Altar  wurde  137''^  aus 
dem   Xachlal^  seines  Sohnes   I  lermann  gestiftet.') 

Die  mittlere  Kapelle  fiel  1635  durch  Vergleich  der  Erben  des  Lübecker 
Bürgers  Anton  Köhler  dessen  Sohn,  dem  späteren  Bürgermeister  (1642 — 58) 
Dr.  jur.  Anton  Köhler  zu  und  wurde  am  31.  März  1654  ihm  imd  seinen  Nach- 
kommen als  unveräußerliches  Kigentum  zugeschrieben  (Steinbuch  1636 — 94, 
S.  107b).  1656  wurde  sie  von  ihm  neu  ausgebaut  und  mit  dem  jetzigen 
schmiedeeisernen  (ritterwerk  versehen;  weitere  umfängliche  Wiederherstellungs- 
arbeiten fanden  1743  und  1834  statt.  N;u  h  dem  Aussterben  der  Familie 
K(")hler  ist  die  Kapelle    1803    in   den   Besitz   der  Kirche  übergegangen. 

Die  vierte  Kapelle  wird  1553  als  »Butepagen  capelle,«  1573  als  »Hans 
Butepagen  syne  cai^elle«  aufgeführt.  Im  nächsten  Jahre  befand  sie  sich  im 
Besitz  seiner  Erben,  und  zwar  werden  als  solche  1585  der  Bürger  David 
Arens  und  »der  (Tcrichtsschreiber,«  zweifellos  Johann  Twedorf,  genannt. 
Mit  dieser  Angabe  steht  im  Einklang,  daß  nach  einer  Aufzeichnung  von 
1581  die  Wachslichter  zu  einem  »vor  Buthei)agen  capelle«  angebrachten 
zweiarmigen  Leuchter  von  Daviith  Arens,  Winterkampth  und  Twedor  (!)« 
zu  liefern  waren,  »und  is  de  arm  under  crem  marke.«  1629  mußte  die 
dringend  nötige  bauliche  Wiederherstellung  der  Kapelle  vom  Kirchenvorstand 
übernommen  werden,  weil  mit  den  damaligen,  meist  auswärtigen  F.igentümern 
dersell)en  keine  Einigung  zu  erzielen  war.  Zur  künftigen  \'ermeidung  der- 
artiger Unzuträglichkeiten  verfügte  der  Rat,  daß  das  Eigentumsrecht  in  eine 
Hand  übergehen  solle.  Daraufhin  erwarb  Dr.  Heinrich  von  Retzen  zu  dem 
bereits  früher  von  ihm  gekauften  Halbteil  auch  den  anderen  und  veräußerte 
alsbald  nach  Rückzahlung  der  Baukosten  an  die  Kirche  die  Kapelle  an  den 
Kaufmann  Heinrich  Bremer,  dem  sie  am  4.  Oktober  1630  erblich  zuge- 
schrieben wurde  (Ältestes  Stuhlbuch,  S.  207  b).  Von  ihm  stammt  das  die 
Kapelle  abschließende  prunkvolle  l)arocke  Schrankenwerk.  1840  wurde  sie 
zuletzt  aus  den  Zinsen  eines  für  ihre  Unterhaltung  von  der  Familie  Bremer 
hinterlegten   Kapitals   wiederhergestellt. 

Die  Rodde-Ka pelle.  Die  am  weitesten  westlich  gelegene  Kapelle 
der  Nordseite  ist  erstmalig  in  dem  am  14.  August  1359  errichteten  Testament 
ihres  Gründers  Hinrich  Witte  erwähnt;'^)  außerdem  bedenkt  am  10.  April  1387 
der  Bergenfahrer  Ludeke  Dinning  letztwillig  einen  Priester,  »de  dar  lest  in 
Unser  Vrowen  kerken  to  Lubeke  in  Hinrik  Witten  capellen.«^)  1427  wurde 
die  Vikarie  dieser  als  untersten  an  der  Nordseite  bezeichneten  Kapelle  von 
zwei  Enkeln  des  Stifters,   Hinrich  Kote  und  Gerhard  Klot,   neu   dotiert.^) 

In  dem  1450  angelegten  Memorienkalender  der  Kirche  wird  die  Kapelle 
als  die  des  Priesters  Hinrich  Kothe  aufgeführt.  1497  stifteten  der  Bürger 
Karsten  Nordhoff  und    dessen  drei  Geschwister  in  ihr  eine  weitere  Vikarie.^) 


^)   Vgl.   das  Vikarienverzeichnis. 

-)    »Primo  ecclesie  Domine  Nostre  do    10  mr.  den.,  pro  quibus  ibidem   in   mea  capella  eligo 

sepeliri Item  ad  comparandum  bona  utilia  mee  cappella  do  500  mr.   den.,  velut  proficue 

meis  provisoribus  videbitur  placere.«      St.-A.,  Test. 

3)  St.-A.,  Test. 

*)  Nach  dem  Vikarienverzeichnis  und  einem  den  Stammbaum  der  Familie  enthaltenden 
notariellen   Zeugnis  von    1467   Februar  27   im   Großherz.   Haus-  und  Zentral-Archiv  zu  Oldenburg. 


164  DIE  MARIENKIRCHE. 

1570  wird  sie  nach  Karsten  Passowe,  einem  Enkel  Karsten  Nordhoffs,  1630 
und  1668  als  »der  Hinckeldeyen  Capelle«  benannt.  1693  übertrugen  sämt- 
liche Nachkommen  Karsten  Nordhoffs,  vertreten  durch  Heinrich  und  Evert 
Hinckeldeyn,  die  Kapelle  an  ihre  Miterbin  Margaretha  Rodde,  Witwe  des 
Kaufmanns  Adolf  Rodde.  ^)  1792  wurde  sie  sämtlichen  Erben  des  Bürger- 
meisters Franz  Bernhard  Rodde  (gest.  1790),  dessen  Epitaph  über  dem  Ein- 
gang angebracht  ist,   zugeschrieben.  ^) 

Die  Holthusen-  oder  Tesdorpf-Kapelle.  Den  fünf  Kapellen  des 
Norderschiffes  entspricht  ihrer  l^auart  nach  die  der  südlichen  Vorhalle  an- 
geschlossene Kapelle  mit  dem  Unterschiede,  daß  sie  neuerdings  kein  Fenster 
besitzt.  Gebaut  ist  sie  spätestens  1385,  denn  am  20.  September  dieses  Jahres 
stiftete  Bertold  Holthusen,  dessen  Grabstein  sich  noch  um  1720  in  ihr  befand,^) 
drei  Vikarien  an  einem  von  ihm  errichteten  Altar,  und  kurz  darauf,  am 
II.  November,  urkundete  er  über  den  Kauf  zweier  Lüneburger  Sülzpfannen, 
deren  Erträge  in  der  Hauptsache  diesen  »in  der  cappelen  by  den  hilghen  dren 
koninghen«   (vgl.   S.    170)  belegenen  Vikarien  zukommen  sollten.^) 

Im  16.  und  17.  Jahrhundert  führte  die  Kapelle  im  Volksmunde  den 
vom  oberen  Teil  der  Butterbude  auf  dem  Marktplatz  entlehnten  Spott- 
namen »dat  Vinkenbur.  V  Seit  dem  Beginn  des  17.  Jahrhunderts  bis  1825 
diente  sie  den  Diakonen  oder  Armenpflegern  der  Kirche  als  Versammlungs- 
raum. 17  14  ist  sie  von  dem  zehn  Jahre  später  hier  beigesetzten  Bürgermeister 
Peter  Hinrich  Tesdorpf  für  1300  Mark  erworben  und  seitdem  im  Besitze 
dieser  Familie  verblieben.  Nachdem  1825  ihr  Dach  mit  Kupfer  gedeckt 
war,  wurde  sie  1835  für  die  Aufstellung  der  Marmorbüste  des  1824  ver- 
storbenen Bürgermeisters  Johann  Matthäus  Tesdorpf  hergerichtet.  Ihr  bei 
diesem  Anlaß  durch  eine  Bretterwand  von  innen  verkleidetes  Fenster  ist  1875 
durch  eine  doppelte  Blende  ersetzt.  Der  bunte  Anstrich,  den  sie  seit  1887 
trägt,   ist    1903   erneut   worden. 

Die  vier  kleinen  Kapellen  am  Süderschiff.  Die  vier  dem  Süder- 
schiffe  vorgebauten  kleineren  Kapellen  sind  in  den  Jahren  1353 — 73  und  zwar 
ebenfalls  in  der  Reihenfolge  von  Osten  nach  Westen  entstanden.  1859 — 64 
sind  ihre  Südwände  von  Grund  aus  neu  aufgeführt,  A\obei  die  Strebepfeiler 
zwischen  der  zweiten  und  dritten  und  zwischen  dieser  und  der  vierten  Kapelle 
ihre  jetzige  stufenförmig  sich  verjüngende  Form  erhielten  und  die  bisherigen 
zwei  Fenster  der  beiden  ö.stlichen  Kapellen  durch  je  eines  ersetzt  wurden. 

Die  Warendorp-Kapell  e.  Die  am  weitesten  nach  Osten  gelegene 
Kapelle  ist  von  dem  1359  gestorbenen  Lübecker  Bürger  Wilhelm  von  Waren- 
dorp  gebaut,  der  am  17.  Mai  1353  für  sie  eine  Vikarie  gestiftet  hat.^)  Sein 
Grabstein  war  noch  um    1720  dort  vorhanden.^) 


^)  Steinbuch   1634 — 94,  S.   333  b. 

2)  Stuhlbuch  Nr.  XII  Bl.  42. 

^)  Vgl.  unter  »Grabplatten.« 

*)  Urschrift  mit  Siegel  im  St.-A.  zu  Oldenburg.  —  1391  Juni  23  verfügte  Arnold  Gronowe: 
»Item  do  10  marcas  Lub.  ad  capellam  Bertoldi  Holthusen  in  ecclesia  b.  Marie,  cum  quibus  clenodia 
ad  ipsius  usus  comparentur;«   St.-A.,  Test. 

^)  Vgl.  das   Vikarienverzeichnis. 


DFK   .MAR[i:.\KIRClll-:.  165 

Xacluk'ni  die  Kapelle  1718  sämtlichen  Warendorfschen  ICrbcn  zuge- 
schrieben war,  wurde  sie  von  ihnen  sechs  Jahre  sjKiter  an  die  1736  hier 
beigesetzte  Witwe  des  Rigaer  Ratsherrn  Peter  Hacks,  Elisabeth  geb.  von 
Reutern  veräußert.  1784  verzichteten  deren  in  Riga  ansässige  Krben  auf 
den  Besitz  der  Kapelle,  um  der  Pflicht  ihrer  Instandhaltung  ülierhoben  zu 
sein.  Im  nächsten  Jahre  wurde  sie  für  500  Taler  als  (Irabstätte  an  den 
Bürgermeister  Joachim  Peters  (gest.  1788)  verkauft,  dessen  Marmordenkmal 
sie  schmückt. 

Die  Stotebrüg-ge-Kapelle.  Die  wcsL.sciüg  sich  anschließende  Kapelle 
ist  aus  dem  Nachlaß  des  spätestens  1352  gestorbenen  Arnold  Le\en(lige 
gebaut.  Das  für  die  zugehörige  Vikarie  bestimmte  Stiftungskapital  wurde 
dem  Rate  überantwortet,  der  eben  damals  durch  päpstliches  Privileg  \om 
16.  Dezember  1354  sich  die  Befugnis  erwirkt  hatte,  in  der  Marienkirche  drei 
Altiu'c  mit  je  zwei  X'ikaricu  zu  stiften  und  für  letztere  das  Präsentationsrecht 
auszuüben.  Von  den  drei  daravifhin  dem  Bischof  in  Vorschlag  gebrachten 
Priestern  versagte  dieser  jedoch  zweien,  unter  ihnen  dem  für  diese  Kapelle 
präsentierten,  die  Bestätigung;  erst  durch  Vergleich  vom  12.  März  1357  ge- 
stand er  dem  Rate  die  Dotierung  und  Besetzung  \'ier  besonders  benannter 
X'ikarien  —  zweier  in  der  Marienkirche  und  je  einer  in  der  Jakobi-  und  der 
Agidienkirche  —  zu,  während  der  Rat  davon  Abstand  nahm,  seine  beim 
jxäpstlichen  Stuhle  eingelegte  Beschwerde  weiter  zu  verfolgen.  P2ine  der  in 
diesem  Vergleiche  aufgeführten  Vikarien  war  »die  zum  Altar  in  der  mittleren 
Kapelle  an  der  Südseite«  der  Marienkirche  gehörige  Vikarie  des  .Vrnold 
Levendige.  ^)  Später  ist  die  Kapelle  nach  dem  15 18  gestorbenen  Hans  Stote- 
brügge,  der  ihre  \"ikarie  neu  dotiert  hat,   benannt. 

1546  ist  der  Anbau  als  »capelle,  dar  Tonnieß  Moetter^  ynne  steit,«  1565 
als  »Niestiden  capelle  jagen  dem  preddiickstole  belegen«  und  1576  als  »Muters 
capellen«  bezeichnet.  1680  ließ  sie  der  Klosterschreiber  zu  St.  Annen 
Johann   Schumacher  als  damaliger  Besitzer  neu  in   Stand  setzen.^) 

Die  Segeberg-Kapelle.  Die  dritte  Kapelle  muß  1357  bereits  gebaut 
oder  wenigstens  im  Bau  gewesen  sein,  weil  die  vorige  Kapelle  damals  als 
»mittlere«  bezeichnet  v.ird.  Ihr  Gründer  war  nach  der  Inschrift  des  dort  noch 
vorhandenen  Grabsteins*)  der  Bürger  Timm  Segeberg.  Die  zugehörige  Vikarie 
ist  erst   1362,  eine  zweite   1400  gestiftet.^) 

Die  Kapelle  ist  zunächst  im  Besitze  der  Familie  Segeberg  geblieben; 
als  diese,  soweit  bekannt,  mit  der  vierten  Generation  ausstarb,  ging  die  Pflicht 
ihrer  baulichen  Unterhaltung  auf  die  noch  bestehende  Segeberg-Stiftung  über. 

Die  Divessen -Kapelle.  Die  unterste  Kapelle  der  Südseite  ist  infolge 
letztwilliger  Anordnung  des  am  24.  August  1367  gestorbenen  Bürgers  Heinrich 
Vlint^)  gebaut.     Ostern  1372  wurde  das  zur  Besoldung  des  Kaplans  erforderliche 

1)  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  4,  No.  63,  64. 

^  Vgl.  unter  den   »Leuchtern.« 

^)  [Lebermann,]  Die  beglückte  und  geschmückte  Stadt  Lübeck  (1697),  S.    112. 

*)  Vgl.  unter  »Grabplatten.« 

*)  Vgl.   das  Vikarienverzeichnis. 


l66  DIE  MARIENKIRCHE. 

Kapital  sichergestellt^)  und  am  i.  Juli  1373  die  betreffende  Vikarie,  welche 
dem  Heiland,  der  Jungfrau  Maria,  dem  Apostel  Bartholomäus  und  den  hl.  drei 
Königen  geweiht  war,  von  Bischof  Bertram  bestätigt.^) 

Am  16.  Juni  1438  wurde  dem  Bürger  Heinrich  Dives  oder  Divessen 
das  Patronatsrecht  über  die  Vikarie  mit  Rücksicht  auf  die  von  ihm  in  Aus- 
sicht gesteUte  Vermehrung  ihrer  Einkünfte  übertragen.^)  Wenig  später  muß 
die  folgende,  nach  v.  Melles  Angabe^)  an  der  Innenseite  der  ehemaligen 
Kapellentür  angebrachte  Inschrift  sein,  die  jedoch  hinsichtlich  des  Gründungs- 
datums  \erderbt   oder  irrtümlich   ist. 

»Anno   milleno  tricentesimo   quoque  deno, 
Oculi   dum   sonuit,   Bertramus   aram   benedixit. 
Vlynt  hanc   fundavit,   Hynrik   Dyveszen   redditus  auxit. 
Det   Deus  hys  requiem  semper  retinere  perhennem, 
Et  sint  in   requie  propter  dei  vulnera  quinque. 
Patronique  una  cum  Bartolo   magi  Maria. 

Pudorem  tollit  multitudo   peccancium.« 

1474  stiftete  Heinrich  Grimmolt,  der  Vater  des  nachmaligen  gleich- 
namigen Lübecker  Bischofs  (15 10 — 23),  am  Bartholomäusaltar  dieser  Kapelle 
eine  neue  Vikarie^),  deren  Patronatsrecht  151 1  die  Kinder  des  zwei  Jahre 
zuvor  verstorbenen  Bürgermeisters  David  Divitzen  und  Enkel  des  oben  ge- 
nannten Heinrich  Divessen  nach  erfolgtem  Ableben  des  Bischofs  erwarben.^) 
Später  gelangte  die  Kapelle  an  die  Familien  von  Aken  und  Kolthof  Den 
Kirchenbüchern  zufolge  ist  sie  1762  von  Dr.  Th.  P.  H.  von  Tausch  an  Gebhard 
Kollmann  und  aufs  neue  1 8 1  o  an  Heinrich  ]\Iartin  Lohne  veräußert.  1 8 1  7 
ist  das  Gewölbe  renoviert;  das  gleichzeitig  neu  aufgeführte  Fenster  ist  beim 
Neubau  der  Südwand   1861 — 64  durch  ein  anderes  ersetzt. 

An  die  Totentanzkapelle  schließen  sich  nach  Osten  zwei  weitere  Kapellen 
an,  deren  Gewölbe  die  Höhe  des  Seitenschiffs  erreichen. 

Die  der  Totentanzkapelle  zunächst  gelegene  von  Alen-Kapelle  oder 
Gerwekammer  ist  von  den  Briidern  Nikolaus  und  Eberhard  \'on  Alen,  und  zwar 
vermutlich  auf  letztwillige  Anordnung  ihres  am  3.  Dezember  1367  gestorbenen 
Vaters,  des  Ratsherrn  Holt  von  Alen,  gegründet.^)  Die  Kapelle  wird  1369 
zum  ersten  Mal  erwähnt.^)  1378  stiftete  Nikolaus  von  Alens  Tochter  Rixa, 
\\  itw  e  des  Büroers  Tidemann  Blomenrod,  fiu'  den  dortioen  Altar  eine  \^ikarie.  ^) 


^)  Ein  städtisches  Kämmereibuch  (^St.-A.,  Handschriften  Xo.  340,  Bl.  21 J  berichtet  hierüber: 
»Hinricus  Schonewedder  presentavit  nobis  400  mr.  denar.,  pro  quibus  dabimus  omni  anno  20  mr. 
ad  usum  vicarie  Hinrici  Vlynt  bis  in  anno  sublevandas,  videlicet  Michaelis  et  pasche.  Intravit  anno 
1372   pasche Primo  habet   72.   Michaelis  .   .   .   .« 

'^)  Vgl.   das  Vikarienverzeichnis. 

^)  Großherz.   Haus-  und  Zentralarchiv  zu  Oldenburg,   Reg.   cap.   4,   No.   87. 

*)  Lub.  Relig.,  S.   1S5. 

^)  Reg.  cap.  5,  No.  26. 

^)  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  5,  No.   537. 

'')  1369  September  10  bestimmte  Wolburgis  Grevesmolen:  »Item  domino  Lamberto  de 
Wismaria  in  capella  domine  Rixe  de  Alen  legenti  meum  do  diurnale.«  1377  Juni  23  vermachte 
»Rixa  relicta  Tidemanni  Blomenrot«  einem  Priester,  der  '>in  mea  capella  ecclesie  b.  Marie  omni  die 
celebret  missam  per  unum  annum,«    10  ^.     St.-A.,  Test. 


DIK  MARIKNKIKCHK.  167 

Als  Aufhewalnun^sort  der  Mcssoewiindcr  der  Marienkirche  wird  die  Kapelle 
später  in  der  Regel  als  »garvvekamer«  bezeichnet.  Vor  1466  —  denn  in 
diesem  Jahre  ließ  die  I  leiligen  T.eichnams-Brüderscliaft  znr  lkir<r  eine  Kiste 
mit  ihren  Urkunden  >  umme  fluider  vorwaringhe  willen  to  Unser  Leven 
X'rouwen  in  de  kerke  lM)\en  der  oerwekameren  uppe  de  liberye«  brin^jcn ')  — 
ist  in  das  betreffende  Gewölbejoch  ein  ObergeschofN  eingebaut,  das  in  der 
Mitte  von  einer  freistehenden  Granitsäule  getragen  wird,  uiüu-end  das  ollenbar 
gleichzeitig  hergestellte  Obergeschoß  der  anstofkMKlen  Gallin-Kapelle  auf  einer 
Balkenlage  ruht  (vgl.  die  Abb.  S.  124).  Dieser  Unterschied  in  der  I')auart  i.st 
nuitmal.Nlieli  darauf  zurückzuführen,  daß  das  Gewölbe  über  der  Gerwekammer 
bestinuut  war,  die  Last  der  —  allerdings  erst  1 50cS  hier  nachweisbaren  — 
zweitgrößten  Orgel  der  Kirche  zu  tragen,  der  östliche  Teil  des  ( )berbaus 
dagegen  nur  zur  Aufstellung  der   Kirchenbil)liothek  diente. 

Im  Memorienkalender  der  Kirche  wird  die  Ka])elle  sowolil  nach  dem 
Ratsherrn  Holt  von  Alen  wie  auch  nach  dessen  Enkelin  Ri.\a  benannt.^)  1495 
stifteten  Christian  und  Taleke  Swarte  in  ihr  eine  zweite  \'ikane.^)  1503  kommt 
sie  noch  als  »capella  de  Alen,«*)  seitdem  nur  als  (ierwekammer  vor.  1670 — 76 
war  sie  an  den  Buchhändler  Ulrich  Wedstein  vermietet,  der  auch  einen  neben 
der  nordöstlichen  Kirchentür  belegenen  Buchladen  in  Pacht  hatte;  bald  darauf 
ist  sie  als  Diele  zu  dem  ihr  \orgebauten  Küsterhause  hinzugezogen.  Nachdem 
letzteres  1841  abgebrochen  war,  wurde  im  folgenden  Jahre  das  hohe  Fenster 
des  Obergeschosses  gleich  den  beiden  benachbarten,  ebenfalls  teilweise  durch 
die  Küsterwohnung  verdeckt  gewesenen  Fenstern  neu  aufgeführt  und  im  unteren 
Räume  zwei  kleine  bunte  Fenster  nach  einer  vom  Hamburger  Baumeister 
Chäteauneuf  gelieferten  Zeichnung  eingerichtet. 

1845  wurde  die  Südwand  der  Kapelle  niedergelegt  und  durch  zwei 
spitzbogige  Eingänge  ersetzt,  welche  man  im  nächsten  Jahre  durch  zwei 
niedrige  Barrieren  abschloß;  zugleich  wurde  der  h\ißboden  der  Kapelle,  um 
ihr  eine  größere  Höhe  zu  geben,  einen  h\iß  tiefer  gelegt  und  der  Sockel  der 
freistehenden  Säule  neu  behauen.  Nachdem  noch  im  Juni  i<S47  der  nach 
Angaben  des  Malers  C.  J.  Milde  aus  gebrannten  Ziegeln  gefertigte  Mosaik- 
fußboden gelegt  war,  konnte  im  nächsten  Monat  das  eben  vollendete  Over- 
becksche  Gemälde  der  Trauer  um  den  Leichnam  Christi  hier  Aufstellung  hnden. 

Gleichaltrig  mit  der  Alen-Kai)elle  ist  die  ihr  ostseitig  angeschlossene 
Gallin-Kapelle.  Sie  verdankt  ihren  Urs]M-ung  dem  letztwillig  geäußerten 
Wunsche^)  des  am  17.  Dezember  1365  gestorbenen  Bürgermeisters  Hermann 
Gallin,  daß  zu  seinem  und  seiner  Angehörigen  Seelenheil  mit  <Soo  bis  900  Mk. 
eine  Vikarie,  und  zwar  wenn  angängig  in  der  Marienkirche  gestiftet  werden 
möchte.  In  Erweiterung  ihres  Auftrages  ließen  die  Testamentsvollstrecker  zur 
Aufnahme  des  betreffenden  Altars  eine  eigene  Kapelle  bauen.    Diese  wird  zuerst 


^)  St.-A.,  Brüderschaften,   Vol.  B. 

2)  Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  6,  S.   137,    134. 

^)  Vgl.   das  Vikarienverzeichnis. 

*)  Reg.  cap.  5,  No.   3. 

^)  Im  Testamente  Hermann   Gallins  von    1364  November  25;  St.-x\.,  Urschr. 


l68  DIE  MARIENKIRCHE. 

am  21.  Januar  1376  erwähnt  als  »neuerdings  an  der  Nordseite  errichtet;«') 
am  20.  Juni  desselben  Jahres  bestätigte  Bischof  Bertram  die  zugehörige 
Vikarie.^)  An  den  Stifter  erinnert  noch  sein  am  Schlußstein  des  Gewölbes 
hängendes  Wappenschild,  eine  schwarze  Henne  in  früher  goldenem,  jetzt  rot 
gemaltem  Felde. 

1542   verlieh   das   Domkapitel   dem   Bürgermeister  Anton   von   Stiten   das 
Patronatsrecht  über  die  von  ihm  mit    200  ^  beschenkte   GalHnsche  Vikarie;^) 
die  Kapelle  ist  also  jedenfalls  identisch  mit  einer  in  den  Wochenbüchern   1571 
und   1585   nach  dessen  Sohn,   dem  1588  gestorbenen  Ratsherrn  Gotschalk  von 
Stiten,  benannten.     1592  — 1779  war  sie  als  Lagerraum  an  die  Inhaber  der  hier 
der  Kirche   vorgebauten  Buchläden   vermietet,   nach   denen  sie  auch  in  späterer 
Zeit  bezeichnet  ist,   so  1642 — 77  nach  dem  Buchhändler  Michel  Volks,  dessen 
Witwe  sie  weiter  bis  1698  benutzte,  und  i6g8 — 1779  nach  der  Buchhändler- 
familie Böckmanu.      Seit   1782   zu  anderweitigen  profanen  Zwecken  und  zuletzt 
als  Lagerraum    für   Obst   vermietet,    diente    sie    1799 — 1850   als  Tischlerwerk- 
statt  des  Sargträgers.      17  61  — 1848    befand    sich   unter   ihr  ein  groi^es  Grab- 
gewölbe. 
In   den  Jahren    1850    und    185 1    wurde    die   Kapelle    zur   Sakristei    ein- 
gerichtet.    Die   nach   der  Kirche   zu    belegene  Mauer  mit  ihrem  jetzigen  spitz- 
bogigen    Eingang    \\airde    neu   aufgeführt,    in   der   Ostwand    an    Stelle   der   bis- 
herigen   äußeren    Tür    ein    Paar    »zierlicher    Fenster    nach    dem    Vorbilde    der 
benachbarten  Kapelle«   angelegt,  die  Holzdecke  und  der  Fußboden  erneut  und 
der  untere  Teil  der  Wände  ringsum  mit  Tafelwerk  verkleidet.     1852  schheßlich 
wurde  der  Raum  oberhalb  der  neuen  Sakristei  zum  Kirchenarchiv  hergerichtet. 

Die  Marientiden-,  Sänger-  oder  Beichtkapelle.  Erst  fast  ein 
halbes  Jahrhundert,  nachdem  die  beiden  Langseiten  der  Kirche  völUg  mit 
Kapellenanbauten  besetzt  waren,  schritt  man  dazu,  den  Bau  nach  Osten 
hin  zu  erweitern,  indem  man  die  mittlere  der  drei  in  den  Chorumgang 
eingezogenen  Kapellen,  in  der  seit  1291  ein  der  Jungfrau  Maria,  der  hl. 
Elisabeth  und  den  hl.  Märtyrern  Fabian  und  Sebastian  ge\\'eihter  Altar  stand,  ^) 
durch  ein  über  dem  Rechteck  konstruiertes  Gewölbejoch  ersetzte  und  an  dieses 
eine  fünf  Seiten  eines  Achtecks  darstellende  Kapelle  anschloß,  so  daß  hinsichtlich 
der  inneren  Konstruktion  sich  hier  der  östliche  Abschluß  des  Chorraumes  in 
kleinerem  Maßstabe  wiederholt.  Die  Kapelle,  welche  zum  ersten  Male  am 
28.  September  1444  erwähnt  \\'ird*)  als  neue  Kapelle  des  Rates  hinter  dem 
Uhrwerk  (»achter  der  schive«),  ist  dem  Grundrifs  entsprechend  einge^^ölbt  und 
zwar  genau  nach  Art  der  Gewölbe  des  Seitenschiftes.  Die  Gewölbe  entwickeln 
sich  aus  Wanddiensten,  die  denen  der  Chorpfeiler  entsprechen  und  mit  niedrigen 
Kapitalen  versehen  sind.  Die  unter  den  Schlußsteinen  hängenden  beiden 
Scheiben  zeigen  im  westlichen  Felde  einen  St.  Johannes  Evang.  und  im 
östlichen  eine  Madonna  mit  dem  Kinde. 


1)  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  4,  No.  284. 

^)  Vgl.   das   Vikarienverzeichiiis. 

^)  Reg.  cap.   5,  l\'o.    iiS. 

■*')  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  8,  No.  254. 


DIE  MARIENKIRCIIi:.  169 

Dal.^  die  Kapelle  \()in  Kate  gebaut  ist,  erklärt  sieh  /um  teil  aus 
dem  ihm  1,^57  hischöriicherseits  zuj,a'staiulcnen  Besitze  des  l'atronatsreclites 
über  die  \  ikarie  des  eben  erwalinten  Altars  hinter  dem  Chor,  '1  deren 
Vermögen  \  ier  Jahre  s])äter  um  200  Mark  vermehrt  war.-)  Die  zunächst 
vorkommenden  Bezeichnungen  als  Katskapelle  hinter  der  ( ühr-iSeheibe 
(1462 — 81)  oder  dem  Hochaltar  (147  i)  oder  als  »capella  sanctorum  i-abiani 
et  Sebastiani  ac  Fdizabeth«  (1467,  1474)  werden,  seitdem  1462  in  ihr  ein 
ständiger  feierlicher  (Gottesdienst  mit  Lobgesängen  zu  Khren  der  Jungfrau 
Maria  eingerichtet  war,^)  allmähli(  h  \erdrängt  durch  die  Namen  Marientiden- 
oder  Sängerkapelle.  Seit  1541)  dient  sie  an  Stelle  der  'l'olt'nkapelle  als 
»Beichtkapelle.«'*) 

Die  ehemalige  Hcrckschc  Kapelle.  Als  Sakristei  der  .Säii<;erka|)ellc 
war  dieser  und  der  nördlichen  C"h()runii.;an<.;skapelle  eine  xon  dem  1521  \'er- 
storbenen  ßüi'gcniieister  Tidcniann  Herck  gestiftete  kleine  Kapelle  angeschlossen, 
tlie  in  späterer  Zeit  nur  vom  Kirchhof  aus  zugänglich  war.  Sie  ist  bei  der 
in  die  Jahre  I(S40 — 1848  fallenden  FLrneuennig  der  östlichen  Streike] )feiler 
beseitigt  worden. 

Die  Kapelle  wurde  nach  den  in  ihr  zur  \'erteilung  gelangenden  .\rmen- 
präbenden  ihres  Stifters  die  Prövenkaj)elle  benannt.  Sie  unterstand  nebst  den 
Legaten  der  Verwaltung  des  ältesten  Bürgermeisters.  In  dieser  Kigenschaft 
trat  sie  1801  der  Bürgermeister  Dr.  H.  (3.  Bünekau  an  die  Kirche  ab, 
deren  A'orsteher  er  zugleich   war. 

Die    Kapellen    im    Innern    der    Kirche.      Seit    dem     b.nde    des     14     jahi 
hunderts    wurde    auch     das     Innere     der    Kirche    für    Kapellengriindungen    in 
Anspruch  genommen. 

Die  Olclesloe-Kapelle.  Zunächst  wurde  dem  i^ürger  (jcrhard  Oldesloe, 
dem  Stifter  des  Armenhauses  Glockengießerstraße  No.  8,  \'on  der  nördlichen 
\^orhalle  (Totentanzkapelle)  der  östlich  des  frei.stehendcn  ehemaligen  Strebe- 
pfeilers gelegene  Raum  überlassen;  am  9.  Januar  1398  erhielten  zwei  von  ihm 
an  dem  dortigen  neuen  Altar  dotierte  X'ikarien  die  bischöfliche  Bestätigung.'') 
An  ihren  beiden  Langseiten  schließt  je  ein  hölzernes  Schrankenwerk  die  Kapelle 
ab.  Die  Mitte  des  kleinen  Raumes  nimmt  noch  heute  der  (^irabstein  des  am 
26.  Juni    1402  verstorbenen  Stifters  ein.^) 

1462  übertrug  Bischof  Arnold  dem  Bürgermeister  Bertold  Witik  und 
dessen  Nachkommen  das  Patronatsrecht  über  die  beiden  dortigen  \'ikarien.^) 
1630  räumten  die  Erben  des  1588  verstorbenen  Biü-germeistcrs  Joachim 
Lüneburg   als   derzeitige   Inhaber    der  Kapelle  dem   Superintendenten    imd    den 


1)  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  4,  No,  63. 

''')  Das.  3,  No.  407. 

^)  Vgl.  Wehrmanns  Aufsatz  über  »Die  ehemalige  Sänger-Kapelle  in  der  .Marien-Kirche,« 
Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.    i,  S.  365  ff. 

*)  Sie  wird  zuerst  1549,  i.  Woche  nach  Plingsten  (Juni  16.— 22.)  im  WB.  als  «de  senger 
offte  bychtcapellen«    bezeichnet. 

*)  Vgl.  das  Vikarienverzeichnis. 

^)  Vgl.  unter   »Grabplatten.« 

'')  U.-B.  der  Stadt  Lübeck   10,  No.  200. 


I/o  UTE  MARIENKIRCHE. 

Geistlichen  der  Kirche   das  Recht  ein,    »ihren  Austritt  nach  der  Kanzel  daraus 
zu  nehmen.«^)     Sie  hat  daraufhin  bis    1851    als  Sakristei  gedient. 

Die  Bergenfahr  er -Kapelle.  Am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  \\urde 
ferner  nach  mehrjährigen  Verhandlungen  der  Raum  z\\ischen  den  beiden 
Türmen  der  Genossenschaft  der  Lübecker  Bergenfahrer  als  Kapelle  überwiesen 
und  am  10.  Juni  1401  an  dem  nordseitig  daselbst  neuerrichteten  St.  Olav- 
Altar,  der  bis   1652  gestanden  hat,  eine  Vikarie  gegründet.^) 

Eine  zweite  Vikarie  für  diesen  Altar  wurde  141 1  aus  dem  Nachlaß  des 
Bergenfahrers  Johann  Holste,  eine  dritte  1476  infolge  letztwilliger  Bestimmung 
des  Bergenfahrers  Hinrich  INIöller  gestiftet.^)  Der  noch  gegenwärtig  in  der 
Kapelle  angebrachte  schöne  Altarschrein  entstammt  einem  1 5  2 1  an  der 
Südwand  der  Kapelle  aus  dem  Nachlaß  Brun  Hovemann  des  Jüngeren 
gegründeten  Altar.  ^) 

Die  Nowgorodfahrer-Kapelle.  Nicht  mehr  vorhanden  ist  die  Kapelle 
einer  anderen  kaufmännischen  Genossenschaft,  der  Lübecker  Nowgorodfahrer, 
welche  sich  an  die  Ostwand  der  südlichen  Vorhalle  anlehnte.  Sie  ist  zweifellos 
1439  zuerst  errichtet,  denn  in  diesem  Jahre  dotierten  die  Nowgorodfahrer  aufs 
neue  eine  bereits  1270  an  betreffender  Stelle  gestiftete  Vikarie,  deren  Einkünfte 
nicht  mehr  zum  Unterhalt  des  mit  ihr  belehnten  Priesters  ausreichten;  zugleich 
wurden  sie  befugt,  den  alten  Altar  einige  Schritte  weiter  nach  der  Mitte  der 
Kirche  hin  zu  verlegen.^)  1464  ließ  die  Genossenschaft  die  bisherige  Kapelle, 
welche  »seer  klen  unde  ovel  stofferet  was,«  erweitern  und  gleich  der  ganzen 
Vorhalle  neu  ausschmücken.^)  An  den  drei  freistehenden  Seiten  war  sie 
jedenfalls  durch  ein  mäßig  hohes  hölzernes  Schrankenwerk  mit  geschnitztem 
Laub,*')  wohl  einer  oberen  Blattwerkgallerie  nach  Art  derjenigen  vor  der 
düsteren  Kapelle,  abgeschlossen,  ^^'ährend  die  ostseitige  Mauer  blau  bemalt 
war.  Überragt  wurde  sie  von  den  schon  1385  hier  vorhandenen  Bildsäulen 
der  Heiligen  drei  Könige,^)  nach  denen  sie  auch  benannt  worden  ist. 

Von  einer  dieser  Statuen  ist  offenbar  die  ihr  1666  beigelegte  Be- 
zeichnung »Mohrenkapelle«  hergeleüet.^)  1655  — 1734  war  sie  an  die  Inhaber 
eines  neben  der  Vorhalle  angebauten  Buchladens  vermietet,  die  sie  schon 
früher  unentgeltlich  als  Lagerraum  benutzt  hatten.  1657  ist  ihr  Altar  ab- 
gebrochen. Einem  öfteren  Verlangen  der  Vorsteher  der  Kirche  entsprechend, 
ließen  die  Nowgorodfahrer  1768   die  baufällige  Kapelle  beseitigen;  als  Entgelt 


1)  Zweites  Suihlbuch,  Bl.   326. 

^)  F.  Bruns,  Die  Lübecker  Bergenfahrer  und  ihre  Chronistik  (Berlin  1900),  S.  CXXVI  ff. 
und  S.   290  ff. 

*)  Vgl.   das  Vikarienverzeichnis. 

*)  Vgl.  das  Vikarienverzeichnis  und  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  7,  No.  802. 

^)  St.-A.,  Buch  der  Nowgorodfahrer-Älterleute   1450 — 73. 

«)  Vgl.  S.    133. 

')  Im  Vorsteher -Protokollbuch  1743— 1831  heißt  sie  unter  1768  (Bl.  82  b)  »die  alte 
zerfallene  Capelle,  worüber  die  Heiligen  3  Könige  stehen  und  hart  an  des  Herrn  Bürgermeisters 
Tesdorpf  Capelle  ist.«     Vgl.  S.    164. 

*)  Kunrat  v.  Hövelen,  Der  .  .   .  Stadt  Lübeck  .  .   .  Herrligkeit,  S.   57. 


DIE  MARIENKIRCHE.  I71 

liir  dieses  Zugeständnis  wurde  ihnen  die  bisher  \()n  einem  l'reistuhl  ein- 
genommene gegenüberliegende  Ecke  des  Süderschilites  zum  Aufbau  eines 
neuen  Ciestühls  für  die  Älterleute  des  Kollegiums  überlassen.  Bei  den 
damaligen  Aufräumungsarbeiten  werden  auch  die  Bildsäulen  der  Heil,  drei 
Könige  beseitigt  sein. 

Erst  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts  wurden  die  beiden  hohen  ge- 
wölbten  Räume  unter  den  Türmen   (\'gl.   S.    146)  zu   Ka|)cllcn  eingerichtet. 

Die  Grevcraden-Ka])clle.  Die  Kapelle  unter  dem  Norderturm  ist 
am  3.  März  1493  dem  hl.  Kreuz,  der  Jungfrau  Maria,  dem  Evangelisten  Johannes 
und  dem  hl.  Hieron\nius  geweiht  worden,  wie  die  geschnitzte  Friesinschrift 
der  die  Kapelle  xon  dem  Langhau.se  abschließenden  Schranken  angibt;^)  am 
23.  Februar  des  folgenden  Jahres  .stifteten  die  um  die  Au.sstattung  der  Ka])elle 
besonders  verdienten  Brüder  Hinrich  und  Adolf  (xrcveratle  eine  X'ikarie  an 
dem  in  der  Xordostecke  des  inneren  Raumes  errichteten  Altar,  der  mit 
einer  ebenfalls  1494  vom  Meister  Hermann  Rode  gemalten  Altartafel  ^) 
geschmückt  wurde. 

Bereits  am  17.  Mai  1494  wurde  eine  zweite  \'ikarie  an  diesem  Altar 
aus  dem  Nachlaß  des  1489  gestorbenen  Goldschmiedes  Dietrich  Loff  gestiftet, 
zu  dessen  Testamentsvollstreckern  der  oben  erwähnte  Adolf  (ireverade  gehörte.^) 
Noch  1539  ist  die  Kapelle  nach  dem  hl.  Kreuz  benannt,  weil  in  ihr  bis  zur 
Reformation  jeden  PVeitag  die  hl.  Kreuz-Messe  celebriert  wurde;  später  kommt 
neben  der  weiteren  ursprünglichen  Bezeichnung  als  (ireveraden- Kapelle  der 
Name  Orgelkapelle  vor,  da  sich  an  ihrer  Südseite  der  Aufgang  zur  großen 
Orgel  betindet.  1 7  6 1  ist  der  Altar  abgebrochen ;  ein  ihn  umgebendes  kunst- 
voll gearbeitetes  messingnes  Gitter,  das  3  Schiffspfund  9  Liespfund  und 
4  Pfund  (471  kg)  schwer  war,  wurde  damals  zum  Metallwert,  das  Pfund  zu 
7  V2    Schillingen,   an   den   Glockengießer  Adam   Planer  verkauft.*) 

Die  Schinkel- Kapelle.  Der  Raum  unter  dem  die  Glocken  bergenden 
-Süderturm  ist  als  Kapelle  hergerichtet  von  den  Testamentsvollstreckern  des 
.Schleswiger  und  Lübecker  Domherrn  Dietrich  Stovemann,  der  nur  ganz  allgemein 
die  Stiftung  einer  Vikarie  zu  seinem  Seelenheil  angeordnet  hatte;  die  Vikarie 
des  neuen  Altars  wurde  am  4.  April   1497  bestätigt.^) 

Da  sich  von  den  Testamentsvollstreckern  der  Lübecker  Kaufmann  Arnt 
Schinkel  um  diese  Stiftung  besonders  verdient  gemacht  hatte  durch  X'erzicht- 
leistung  auf  den  ihm  zugefallenen  Erbanspruch  seines  kürzlich  verstorbenen 
Schwestersohnes,  eines  gleichnamigen  Verwandten  des  Domherrn,  auf  einen 
Teil  der  Hinterlassenschaft  des  letzteren,  so  wurde  das  Patronatsrecht  der 
Vikarie  ihm  und  seinen  Nachkommen  bis  zur  vierten  Generation  einschließlich 
übertragen.  Dementsprechend  war  der  erste  Vikar  der  Kapelle  der  Magister 
Friedrich    Schinkel,    der   jüngste   Sohn    des    schon    am    30.    November    1497 


0  ^§1-  unter  »Schrankenwerke.« 

^)   Vgl.   unter   »Nebenaltäre.« 

^)   St.-A.   Sacra  A\  No.  44  a,  Urschr. 

*)  WB.    1761,   9.   W.   n.  Mich.   (Nov.  30.— Dez.   6.) 

*)  Vgl.  das  Vikarienverzeichnis. 


172  DIE  MARIENKIRCHE. 

verstorbenen  Arnt  Schinkel.  Von  derselben  Familie  ist  auch  der  von  1501 
datierte  Altarschrein  der  Kapelle  verehrt.  1506  wurde  aus  dem  Nachlaß  des 
Kölner  Weinhändlers  Matthias  Nock  eine  zweite  Vikarie  zu  diesem  Altar 
gestiftet,  die  schon  sechs  Jahre  später  neu  dotiert  werden  mußte.  Im  17.  Jahr- 
hundert wird  der  Xame  Schinkel -Kapelle  allmählich  verdrängt  durch  die 
Bezeichnungen  »Bedeklocken-,«  »Bedemyssen-«  oder  »Bedecapelle,«  weil  von 
hier  aus  die  Betglocke  gezogen  wird;  in  späterer  Zeit  überwiegt  der  Name 
Sargträgerkapelle. 

Die  ehemalige  Heiseker-Kapelle.  Schließlich  ist  in  den  Jahren 
1517 — 1519^)  von  dem  im  März  1537  gestorbenen  Bürger  Bartholonicäus 
Heiseker  an  der  Nordwand  des  Lettners,  rechts  \-on  der  hier  nachmals  auf- 
geführten hölzernen  Wendeltreppe,  eine  kleine  Kai^elle  errichtet.  Sie  bestand 
aus  einem  hohen  messingnen  Gitter\\erk,  vermutlich  in  der  Art  der  gleichzeitigen 
Chorschranken,  das  einen  mit  der  Bildsäule  der  schmerzensreichen  Muttergottes, 
»dem  bilde  Marien  medelidinge, «   geschmückten  Altar  umschloß. 

Der  Altar  hat  bis  1774  gestanden.  Das  im  folgenden  Jahre  als  altes 
Messing,  das  Pfund  zu  8  f5,  nach  Hamburg  verkaufte  Gitter  wog  2955  Pfund 
(1477  V2   kg.V-^) 

Ausmalung.  \'on  einer  farbigen  Behandlung  des  Kircheninneren,  die 
mutmaßlich  kurz  nach  Vollendung  des  Baues  zur  Ausführung  gebracht  wurde, 
sind  mehrfach  Spuren  erhalten.  Hinter  der  Orgel  an  der  Westwand  und  auch 
im  nördlichen  Seitenschiffe  läßt  sich  eine  Quaderung  der  geputzten  Wandfläche 
mit  roten  Linien  erkennen,  auch  ersieht  man  aus  aufgedeckten  Resten  an  der 
Südseite  des  Mittelschiffes  in  der  Nähe  der  Orgel,  daß  früher  die  Ge\\'ölbe- 
kappen  mit  farbigen  Linien  und  Ranken,  die  Fensterlaibungen  und  Gurtbögen 
mit  reicheren  geometrischen  Mustern  geschmückt  waren.  ^)  Im  Jahre  1886 
hat  man  probeweise  die  Südervorhalle  in  Anlehnung  an  diese  alte  Dekoration 
ausgemalt. 

In  der  Briefkapelle   waren   die  Kapitale   und  Konsolen    einst   vergoldet. 

Seit  dem  15.  Jahrhundert  sind  die  Flächen  mit  einem  weißen  Kalk- 
anstrich versehen,  die  hervortretenden  Gliederungen  dagegen  mit  grauer  Ölfarbe 
abgetönt  worden. 

Soweit  ersichtlich,  ist  die  Kirche  1476  zum  ersten  Male  geweißt.  Die 
betreffende  chronikalische  Angabe,  welche  in  Verbindung  mit  einer  Nachricht 
über  eine  gleichzeitige  Ausmalung  der  Lettnerbrüstung  auftritt  (vgl.  S  188), 
wird  sich  jedoch  nur  auf  das  mitdere  Gewölbe  beziehen,  denn  erst  elf  Jahre 
zuvor    waren     »vor    7     weifte    to    markede    wart    to    malende    mester    Johan« 


1)  Die  ehemals  in  der  Kapelle  aufgehängte  Gedenktafel  des  Stifters  ist  von  15 17  datiert. 
(Vgl.  unter  «Gedenktafeln.«)  Ein  Verzeichnis  des  zum  dortigen  Marienbilde  und  zum  Altar  gehörigen 
Schmuckes  beginnt:  »Anno  1519,  do  dat  myssinges  werck  myt  der  thobehoringe  vorendiget  was, 
dat  de  ersame  Bartolomeus  Heiseker  heft  gegeven  Gade  to  lave  und  Marien  siner  benedieden 
moder,   .   .  .«;  Mitt.  d.   V.  f.   Lüb.  Gesch.    11,  S.    184. 

^  WB.    1775,   5,   W.   n.  Johannis     Juli   23—29). 

")  Vgl.  Ad.  Schwiening,  MiUelalterliche  Malereien  in  den  Kirchen  Lübecks  (mit  zwei 
Tafeln  Abbildungen  in  Farbendruck)  in  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  2,  S.  26  ff. 


DIK  MARIENKIRCHE.  I73 

2\  Mark  ge/ahll  worden  lAltestcs  l\c(liminysl)U(  h  IJl.  23,  unter  14^)5).  Als 
1571  und  1572  die  Kin  hr  neu  gclüiulit  wurde,  erhielt  der  Maler  Sylvester 
van  S\\f)llc  S  Mark,  dat  he  .  .  .  de  strenge  undcr  dem  gewelffte  gron 
forniaUle  1 W  l!.  1572,  S  W.  n.  l'lnigsten).  1592  wurde  die  Kirche  ..mit 
allen  Ciewölben  und  Ka|)ellen  abermals  neu  geweii.U  und  im  folgenden 
Sommer  für  die  Ausmalung  der  (lewölbe,  »hoge  und  syde  aldcrwegen,  für 
84  V2  Mark  Farbe  verbraucht  (WH.  1593,  i).  W.  n.  Miih.i.  üei  der  deiii- 
nächstigen  Erneuerung  des  Kalkputzes  in  den  Jahren  iCjcjG  98  ist  keine 
Ausgabe  fin-  Malerarbeit  angeführt;  1781  wurden  beim  Wiederauffrischen  der 
Tünche  die  Ciewölberij^pen  schwarz  gestrichen.  1875  schlielMii  h  ist  das 
Chorgewölbe  neu  geweilk. 

Reste  tlgiirlicher  Wandmalereien  haben  sich  hinter  der  grol.scii  (  )r<4el 
in  zwei  von  Niniben  umstrahlten  lleiligenköpfen  erhalten,  deren  (jestalten,  wie 
es  scheint,  zwei  nach  oben  hin  spitzbogig-  ge.schlos.sene  F'elder  au.sgefüUt,  also 
\ermutlich  die  Zwickel  zwischen  den  Konsolen  einer  älteren  Orgel  eingenommen 
haben;  außerdem  sind  1884  am  westlichen  Pfeilerpaar  des  Mittelschififes  Reste 
\'on  Heiligendarstellungen  in  übernatürlicher  Größe  gefunden  wf)rden.  .Auch 
die  Nordseite  cies  zweiten  Süder})feilers  trug  ehemals  ein  \-oii  dem  13 50  ge- 
storbenen Ratsherrn  Wedekin  Klingenberg  und  dessen  I^hefrau  1  fildegund 
gestiftetes  Wandgemälde  des  hl.  Christo])h,  das  noch  1668  erneut  worden  ist.') 
Hei  der  Aufstellung  des  Ritterschen  Epitaphs  an  diesem  Pfeiler  in  den  ersten 
Jahren  des  18.  Jahrhunderts  ist  das  (iemälde  zerst(")rt  oder  wenigstens  dem 
Auge  entzogen  worden;  dagegen  hat  sich  die  unterhalb  desselben  aufgehängte 
und  erst  18 5 3  von  ihrem  alten  Platze  entfernte  bemalte  eichene  (Gedenktafel 
der  Stifter  im  Kirchenarchi\-  erhalten.  90  cm  hoch  untl  54  cm  breit,  trägt 
sie  unterhalb  der  \\'ap])enschilde  des  Klingenbergschen  Ehepaares  auf  weil.Nem 
Grunde  in  schwarzen  Minuskeln  —  nur  die  Anfangsbuchstaben  der  einzelnen 
Reihen  sind  Majuskeln  —  die  folgenden  beiden  Strophen,  deren  erstere  als 
Wechselrede  zwischen  dem  hl.  Christoph  und  dem  Jesuskinde,  die  andere  als 
Eürbitte  des  Heiligen  für  die  .Stifter  gedacht  ist: 

'^c  üiftU  icliC3  HiinbL'iiiii: 

jbcö  UiMijljct  ba3  bUinmc  \]nx-^c  biiii: 

T>u  tjnft  t;  traiiljcnbc  liii  (lu.ir. 

IDn  trcuft  bcö  l)ciiiiiiLViriilteG  IjcriMi. 

C:^\^  bin-  Innl  irij  iiint  trliliUMi  lun-iMi 

i)crt3  mibe  aiibc  fi.innc. 

Ößif  mur,  bas  ic^  gcUiiiniu% 

lliclic  l)Ln*L%  biiiiL*  ijUibc, 

Unbc  ücniljnf  iniu'-)  minu'  fdilubc. 


1)  Nach  dem  WB.  wurden  166S,  10.  W.  n.  Neuj.  (März  1  —  7)  »die  Stellgen  gemacht  an 
dem  Pfeiler  ...  zu  dem  Grossen  Christofifer,  welcher  zukünfftige  Woche  soll  renoviret  werden.« 
In  der  10.  W.  n.  Ost.  (Mai  24—30)  und  S.  W.  n.  Mich.  (Nov.  15—21)  erhielt  der  Maler  Kurt 
Essegern  zusammen  13  Taler  »für  das  er  den  Grossen  Christoph  gleich  der  H.  Bürgermeister  Stuhl 
über  an  dem  Pfeiler  hingemahlet.« 

^)  myr  myr  heißt  es  auf  der  Tafel. 


174  DIE  MARIENKIRCHE. 

^ri)  tiiibtic  tiiufj,  iclic  Ijcrc  initn, 

Por  bcn  gtjctrlilncn  Ijcr  IncbiMiiiu 

Cinngljcittierrij  liiibc  liar^)  IjiiiiMi  finc  frDlilnc[n], 

T^a.,  ]t  yii  brcbe  iiio.scn  raliliuMu 

Ponjijiif  cn  ai  itrc  nniffcbat, 

T>c  tjiir  crc  Inf  üc0angl)LMi  Ijat. 

Mad}  yn  tys  öiiitrc  nft  gtjcgljcluni; 

IDcG  glpif  1111,  Ijcrir,  biiii  cliiinjljc  icluMit 

r(n  öyucm  rplic  aiic  cnbc  flmticr  alle  niiiffclucnbc/^) 

Wohl  ebenfalls  als  Wandmalereien  aufzufassen  sind  zwei  1477  und  1478 
an  der  Südwand  und  der  Nord^^'and  der  Bergenfahrerkapelle  angebrachte 
ehemalige  Darstellungen  des  hl.   Christoph  und  der  Verkündigung  Maria. 

Das  Schüttungsrechnungsbuch  der  Bergenfahrer  berichtet:  »Desse 
schaffers  (des  Winters  1476/77)  leten  uppmalen  Cristoffers  bylde  under  den 
thoren  int  suden.  —  Item  desse  scaffers  (des  Winters  1477/78)  tugeden  unde 
leten  under  den  thoren  Marien  bodescop  malen  int  norden  for  1 2  mr. « 
(Bruns,   Die  Lüb.   Bergenfahrer  und   ihre   Chronistik,    S.    246   f.) 

Der  Fußboden   der  Kirche  ist  mit  Grabsteinen  unter  Zuhilfenahme  von 

Mauersteinen,  stellenweise  auch  auf  kurze  Strecken  mit  Fliesen  belegt. 

Von   dem    mittelalterlichen    Fußboden- 
belag des  Altarraumes  fanden  sich  unter  dem 

1479      aufgestellten      Sakramentshause,      als 

dieses   1855    etwas   ^\•eiter   nordwärts    versetzt 

wurde,    einen   Fuß   tief  unter   dem    zweifellos 

1696/97    beim    Bau    des    Hochaltars    erhöhten 

Fußboden    z^\•ölf    in    Kalk    eingelassene    und 

mit    Kalk    ausoestrichene    sechs.seitioe    Zieoel 

von     nebenstehender    Zeichnung.       Ein    Teil 

derselben  wird  im  kulturhistorischen  Museum 

(Nr.    171)  aufbewahrt. 

1591  wurde  der  Chorraum  im  Anschluß  Siegel  vom  ehemaligen  Fußboden 

an  die  Ausschmückung  des  Lettners  und  1602  des  Altarraumes. 

aufs    neue    mit     verschiedenfarbig    glasierten 

Tonplatten  ausgelegt.     Reste  von  ihnen  sind  nicht  erhalten. 

1591  6.  W.  n.  Ostern  (Mai  16 — 22)  wurde  bezahlt  »Duder  Blomen 
dem  potter  vyverleye  farve  bunten  astrack,  l^o  in  dem  groten  köre  vorlecht 
is,  2500,  dat  hundert  tho  28  fi,  dot  int  gelt  43  ^  1 2  fi.«  1602  heißt  es 
unter  der  Osterwoche  (April  4 — 10):  >AIidwekens  dem  ])otter  van  Ratzeborch 
up  dusent  astrack  tho  maken,  so  int  choer  scholen  gelecht  werden,  gegeffen 
2  daler,  is  4  .^  2  fü,«  unter  8.  W.  n.  Ostern  (Mai  30 — ^Juni  5):  »Dingstages 
betalt  Claus  Bueschen  dem  potter  van  Ratzeborg  1000  astrack,  so  in  dat 
hoge  choer  schal  gelecht  werden,  groen  gel  brum  (1),  for  it  hundert  gegeffen 
2   #  8   |5,  is   25    ^.«      WB. 

^)  vor  vor  wiederholt  die  Tafel. 

^  myssewende  =  Wendung  zum   Schlimmen,   Not. 


DIE  MARIENKIRCHE.  I75 

Auch  die  Sänocrkapellc  wies  im  16.  Jahrhundert  einen  I-'hesenbela.L;  auf. 
'543-  5-  ^^  ■  '"  ^•<-''i  l'ii^tt-^n  i^März  11 — 17)  vermerkt  der  Wrrkmeister 
Lorenz  johannscn  im  \\\\.:  Item  noch  let  yek  in  der  sengerea|)ellen  den 
astrack,  de  doK  h  (Kl>  kerekhern  ( Joh.  Walhofl")  l)ej,M-atl"t  {^a-loelk'th  worlh 
unde  ock  suß  anie  anderen  orde  \orsim(ken  waß,  weddcr  in  dm  kalk  hru;;,L(en, 
kostet   9V2    |3'.« 

Der  Mosaikful^boden  dei-  früheren  (ierwckannuer  stammt  erst  aus  dem 
jaln-e    1S47.      (\'ol.    S.    167.) 

Glasmalereien.  Die  X'erolasuni;-  der  hohen  Kirelienfenster  besteht  nnt 
Ausnahme  der  ilas  AlittelschilV  untl  die  Heichtkapelle  im  (  )sten  absehhelxaiden 
sechs  Fenster  und  der  ch-ei  Fenster  der  Weslhont,  die  sämtHch  im  19.  laln-- 
hundert  mit  Glasgemidden  ausoefüllt  sind,  sowie  ferner  abgesehen  xon  den 
schon  erwähnten  kleinen  bunten  I'enstern  in  den  beiden  nordöstlichen  Kapellen, 
aus  rautenförmigen,   in    Hlei   oefa(.\ten   weilten   Scheiben. 

Fhemals  trugen  die  meisten  Fenster  die  Wappen  lübeckischer  ( ieschlechter 
oder  (Tcno.ssenschaften,  von  denen  sie  gestiftet  oder  erneuert  waren,  oder  andere 
kleine  bimte  Darstellungen. 

Ausführliche  Angaben  bieten  die  Wochenrechnungen  der  Jahre  1572 — 74 
über  die  damals  wiederhergestellten  Fenster  des  Mittelschififes,  ^)  welche  einer 
chronikalischen   Nachricht  zufolge"^)  bereits    1476   erneut  waren. 

Die  dort  an  der  Südseite  zwischen  dem  von  Osten  aus  zweiten  Chor- 
pfeilcr  und  dem  sechsten  Pfeiler  des  Fanghauses  gelegenen  neun  Fenster 
werden  bezeichnet  als: 

1.  »der  Beren  lucht;«  unter  ihr  hingen  am  dritten  ("horpfeiler  ehemals  drei 
Wappenschilde  der  Familie   IJere; 

2.  »der  Plosskowen  ere  lucht,«  unweit  der  Cirabstiitten  und  mehrerer  ehe- 
maliger  Epitaphien   der  Familie   Pleskow; 

3.  die  Fucht,  ^^iiyt  der  wyntmolen,«  vermutlich  dem  vier  goldene  Wind- 
mühlenflügel auf  rotem  Grunde^)  aufweisenden  Wappen  des  Ratsherrn 
Kort  Möller  [gest.    T478V 

4.  die  Fucht  »myt  knasten, «  unter  denen  wohl  die  im  Wapi)en  des  Ratsherrn 
Hermann  Klaholt  (gest.  1498)  einen  Sparren  begleitenden  drei  verstümmelten 
Eichäste  zu  verstehen   sind; 

»de   5.  unde  6.   lucht;« 

7.  »de  lucht  myt  den   plochsallen«    ^^Pflugscharen); 

8.  »de  lucht  der  wantsnyder;« 

9.  »de  lucht  .  .  .  myt  Kollers  wapen , «  d.  h.  dem  Wai)pen  des  Ratsherrn 
(1538 — 63")  und  Kirchenvorstehers  (1530 — 63^  Heinrich  Köhler,  dessen 
Grab  unterhalb  dieses  Fensters  an  der  Nordseite  des  sechsten  Süder- 
pfeilers  lag.'*) 

Die  gegenüberliegenden  nordseitigen  Fenster  des  Mittelschifies  werden, 
von  Westen  her  beginnend,   benannt: 


*)  Vgl.    Th.  Hach,     Ehemalige    Wappenfenster    in    der    Marienkirche,    Miu.    d.    V.    f.    Lüb. 
Gesch.  5,  S.   iS  ff. 

^)  Gerens  Chronik  (Bruns,  Lüb.  Bergenfahrer)  S.   369. 

^)  V.  Melle,  Familiarum  Lubecensium  clariorum  Syntagma  (Handschr.  der  Stadtbibl.)  S.  271. 

*)  Suihlbuch  IS.    I. 


1/6  DIE  MARIENKIRCHE. 

1.  die  Lucht   >->der  Bergefarer;« 

2.  die   Lucht,    »dar  de  bar  unde  de   hunt  ynne  steydt;« 

»de  3.  lucht  myt  dem  knaste  unde  dem  rossenkranse, «  vermutHch  mit  dem 
eben  erwähnten  Wappen  des  Ratsherrn  Hermann  Klaholt  und  den  drei 
Rosenkränzen   seiner  Gattin   (lertrud   Greverade; 

4.  die  Lucht,    »dar  de  name  Jesus  yne   steydt;« 

5.  die   Lucht,    »myt  der  Warendorper  wapen,«    vor  der  Warendorp-Kapelle; 

6.  die  Lucht,    »dar  Kastorp   eyr  wapen   inne   steyt;« 
»de   7.   lucht   [myt]   Styten  wapen;« 

»de   8.   lucht   myt  der  Kerckrynges   wapen;« 
die  9.   Lucht   »mit  der  Grawerdes  wapen.« 

In    einem    weiteren    Fenster,    vermutlich    einem    der    drei    östlichen    des 
Mittelschiffes,   stand  nach  Angabe  von   1577    »der  Gewerdes  wapen. «^)     Von 
fünf  ostwärts  vom  Chor   gelegenen  Fenstern,    die    1586    ausgebessert   wurden, 
wird     das     ostseitige     der    Kapelle     des    Norderumgangs     nach     den    Familien 
»Hagenowe  unde  Wygerlynck«  benannt,  während  die  beiden  ostwärts  gerichteten 
Fenster  der  Kapelle   des  Süderumganges   »der  Kastdorpen  wapen«   und   »de[r] 
Ylhoren   wapen«    trugen.^)     Übereinstimmend    mit    der  letzteren   Angabe  heißt 
es     1674    in    den    Wochenrechnungen,    daß    ein    südwärts    hinter    dem    Chor 
belegenes    Fenster    -mit    einem    Hörn«    geziert   gewesen    sei,^)    zweifellos    dem 
ein  goldenes    Hiefhorn    im    roten   Felde    aufweisenden    Ilhornschen  Wappen,^) 
das    auch    am    dortigen    Gewölbe    hängt.       L^as    Fenster    oberhalb    der    nord- 
östlichen    Kirchtür,     neben     der     die     Familie     Dartßowe     1420     einen    Altar 
hatte  bauen  lassen,   war  nach   Angabe   von    1662    »mit  der   Dartßowen  Wapen 
besetzet.«^)     Bekannt  ist  ferner,   daß    die  Fenster   der  Gallin-Kapelle  etwa  bis 
1700    das    Gallinsche    Wappen    trugen^)    und    das    Fenster    der    Bergenfahrer- 
Kapelle  noch  um  dieselbe  Zeit  ein  Bild  des  hl.   Olav  aufwies. '') 
Glasmalereien  von  Größerem  Umfanoe  befanden  sich,  soweit  ersichtlich, 
nur  in  der  überhaupt  mit  besonderer  Sorgfalt  ausgeschmückten  Sängerkapelle. 
1 5  2 1   wurde  im  dortigen  Mittelfenster  ein  \'om  Lübecker  Rat  gestiftetes 
Glasgemälde  angebracht.     Es  ist   1839  von  diesem  Platze  entfernt  worden  und 
bildet    seit    1872    den    Hauptbestandteil    des    Fensters    über    dem    Westportal. 
Entsprechend  dem    Charakter   der   »capelle   Unser  Leven  Frouwen    tyde«   zeigt 
das  farbenprächtige    Kunstwerk  (Abb.)    in    den  fünf  oberen    Scheibenreihen  die 
Krönung    der    Maria    durch    die    Dreifaltigkeit    auf    reichem    architektonischen 
Hintergrunde,  der  bereits  in  den  Formen    vollendeter  Renaissance  gehalten  ist 
und   damit   den   auswärtigen,   vermutlich   oberdeutschen    Ursprung   des   Werkes 
erkennen   läßt.     Den  unteren,  drei  Reihen  Scheiben  umfassenden  Teil  nehmen 
vier   abwechselnd   den    lübischen   Adler    und    die    weiß-roten   lübischen    Farben 
enthaltende  Schilde  mit  gekrönten  Helmen  ein,   die  paarweise  von  Rundbögen 
mit  prunkvollen  Festonverzierungen  überwölbt  \\'erden. 


1)  WB.    1577,   6.   W.   n.   Ostern  (Mai   12—18). 

*)  WB.    1586,    10.   W.   n.   Mich.   (Dezember  4— lo). 

8)  WB.   1674,  6.  W.   n.  Mich.  (November  8—14). 

*)  V.  Melle,  Syntagma,  S.  271. 

^)  WB.    1662,    13.   W.   n.   Neujahr  (23-29). 

6)  Lub.   Rel,  S.    155. 

^)  Kunrat    v.   Hövelen,    Der    Stadt    Lübeck   .   .   .   Herrlichkeit    (1666),    S.    59;    Lebermann, 
Die  Beglückte  .  .  .  Stadt  Lübeck  (1697)  S.   113. 


Glasgemälde  mit  der  Krönung  der  Maria. 


l>Ii-;    MAKIKAKIRCIIK.  IJJ 

Im  städtischen  Ausnalifliuch  '  i  hcil.st  i's  uiUlt  dein  I\l'(  hnungsjahr  1516/17: 
»Utegeven  up  diit  vinster  in  des  rac\es  capcUe  achter  der  schiven  120  inr.« 
Über  die  Anbringung  des  l'ensters  l)cric-htet  das  Stiftungsbiich  der  Sänger- 
kapelle:''') ;^Anno  1521  den  i^.  in  Icbruario  wart  dat  nye  glazevinster 
ghci>ettet  in  L'nser  1  ,e\  cn  Xrouwcn  (  apelle  i)avent  allaer;  dy[tl  hofft  de  raetd 
\an  Lubccke  betaelt  undc  dacrlho  gheghevcn  150  mark,  unde  kostede  der 
ca])ellcn    tho   Isettcndc   mit    ene   m\t    andere    32    mark    15    s<hillinghe    I.ub.  ; 

Die  niclit  erhaltenen  (ilasmalcrcicn  in  den  \ier  iibri^en  Kapcllciifenstern, 
welche    \ernuillich    ebenfalls    Darstellungen    aus    dein    Ahirienlebeii     enthielten, 

stammten   aus   den  jabi-en    13^,^    und    1324. 

Das  Stit'tungsbucli  der  Sängercapelle"^)  meldet  über  ihre  Anbringung: 
»Anno  1523  woerden  tle  ander  twe  nye  glazevinster  ghesettet  in  der  lienger- 
capelle;  hyr  ghe\en  uiil>  tho  de  testamentarien  ßelighen  her  Tydeman  Barken 
burgheniester  300  mr.,  dat  l>e  unli  oeverwißedden  l)y  der  kysten  up  denie 
raethuße,  daer  unl>  de  heren  kemenererß  enen  beßegelden  breti"  up  ghegheven 
hebben,  jaerlickß   tho   vorrenten    15    mark.      Desse  vinster   kosten  tho  ßettendc 

mit   ene  mit  ander   51    mark    10  schillinghe    I,ubeckß Anno  Domini 

1524  woerden  de  lesten  twe  nye  gla/.e\  inster  ghel^ettet  in  Marien  capellen, 
kosten  tho  ßettende  deme  glaßwerker  unde  de[me]  smede  mit  ene  myt  ander 
60  mark  6  f)  8  penninghe.«  Eine  getuschte  Zeichnung  des  in  einem  dieser 
Eenster  befindlichen  Wap])ens  von  Elisabeth  lierck  geb.  Möller  igest.  1533) 
hat  von  Melle  seinem  Familiarum  Lubecensium  clariorum  Syntagma  (S.  351) 
ein\erleibt. 

Die  Mehrzahl  der  in  der  ALarienkirche  vorhandenen  (Jlasmalereien 
entstammt  aus  dem  1399  und  in  den  beiden  tollenden  Jahren  erbauten  Chor 
der  18 18  abgebrochenen  Burgkirche.  Eines  der  dortigen  Fenster,  und 
zwar  wahrscheinlich  das  nachstehend  (S.  180  ft")  behandelte  mittlere  östliche  mit 
der  Darstellung  der  Marien-Magdalenen-Legende, ^)  war  \-on  dem  1406  ge- 
storbenen Bürgermeister  Henning  von  Rentelen,"*)  ein  anderes  1437  \on  der 
I  leil.  Leichnams-Brüderschaft  zur  Burg")  gestiftet  worden.  Xachdem  durch  Rat- 
und  Bürgerschluß  vom  17.  September  1836  die  bis  dahin  in  Kisten  auf  dem 
Chor  der  Katharinenkirche  aufbewahrten  Glasmalereien  aus  der  Burgkirche 
der  Marienkirche  überwiesen  waren,  ist  1840  ein  Teil  xon  ihnen,")  soweit 
erforderlich,  unter  Leitung  des  Malers  C.J.  Milde  xom  (;iasermei.ster  J.  Achelius 
wiederhergestellt  worden.  Noch  in  demselben  Jahr  sind  drei  derselben  in  die 
drei  ostseitigen  Fensterluchten  der  l^eichtkapelle  eingesetzt  worden.') 


^)  St.-A.,  Handschriften   No.   341. 

•^)  St.-A.,  Bl.  25,  St.-A. 

^)  Neben  diesem   Fenster  hing  das  Epitaph  des  Henning  von  Rentelen. 

■*)  Vgl.  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  6,  Nr.  179  und  W.  Brehiner,  die  Glasfenster  in  der 
Beichtkapelle  zu  St.   Marien,   Mitt.   d.   \\   f.   Lüb.   Gesch.    i,   S.    109   ff. 

^')  Ein  die  Jahre  141 5 -1520  umfassendes  Rechnungsbuch  dieser  Brüderschaft  (St.-A., 
Brüderschaften)  vermerkt  unter  1437:  «Item  dem  glazemaker  vor  de  nygen  vinster  to  der  Borch 
28  mr.  Item  de  wiren  vor  dat  glazewerk  to  vormakende  unde  de  iseren,  [de]  darto  hören,  9  mr. 
iß Item  deme  smede  vor  wintyseren  unde  vor  de  stifte  to  deme  glasewerke  4V2  mr.  2  ß.« 

")  Der  Rest    befindet    sich    in   Kisten  verpackt  in  einer  Kammer  neben  dem  Kirchenarchiv. 

')  Abgebildet  in   den    »Denkmälern   bildender  Kunst  in  Lübeck,«    2.   Heft,  Tafel  I. 

V2 


i/S 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Das  nordöstliche  dieser  Fenster 
(Abb.)  schildert  in  fünf  quadratischen 
Feldern  die  Auffindung  des  heiligen 
Kreuzes.  Die  einzelnen  Szenen  sind 
\'()n  einer  reichen  architektonischen  Um- 
rahmung eingefaßt,  an  deren  seitlichen 
Säulen  Statuetten  musizierender  Jung- 
frauen unter  Baldachinen  angebracht 
sind.  Sie  stellen,  von  unten  auf  ge- 
zählt,  dar: 

1 .  Der  Kaiser  Konstantin,  dessen 
Heer  unter  dem  Zeichen  des 
Kreuzes  kämpft,  besiegt  seinen 
r^eind  Maxentius. 

2.  Konstantins  Mutter,  die  Kaise- 
rin Helena,  bedroht  die  Juden 
mit  Feuer,  um  zu  erfahren, 
wo  das  hl.  Kreuz  \'ergraben 
liegt,  und  läßt  des  Propheten 
Simons  Sohn  Judas,  der  den 
Ort  weiß  und  verheimlicht,  in 
eine  Grube  werfen. 

3.  Judas  gräbt  die  Kreuze  des 
Heilands  und  der  beiden 
Schacher  aus. 

4.  Das  hl.  Kreuz  wird  vor  den 
beiden  andern  durch  seine 
wundertätige  Heilung  einer 
Kranken  erkannt.  \) 

5.  Die  Verehrung  des  hl.  Kreuzes, 
zu  dem  Judas,  der  unter  den 
Namen  Quiriacus  getauft  und 
zum  i^ischof  von  Jerusalem 
erhoben  ist,  auf  sein  Gebet  hin 
auch  die  zugehörigen  Nägel 
aufgefunden  hat. 


Nordöstliches  Fenster  der  Beichtkapelle. 
Untere  Hälfte. 


Das  ostseitige  Fenster  der  Beicht- 
kapelle zeigt  in  zwiebeiförmigen  mittleren 

Ausschnitten,  die  von  z\vei  wellenförmig  aufsteigenden  rankenbesetzten  Stengeln 
umschlossen  werden,  fünf  Bilder  aus  der  Legende  des  hl.  Hieron}'mus,  während 
die  seitlichen  Flächen  Brustbilder  musizierender  Engel  zwischen  Ranken  auf- 
weisen (Abb.).     Der  Inhalt  der  Hau])tbilder  ist: 


*)  Abgebildet  ebenda,  Tafel  III  c. 


niK   MAKIKXKIRCHE. 


179 


I.  Der  sclnvcr  crkraiiklr  juiii^c  I  liLTonyimis,  der  mcIi  m  scinni  lichcr- 
phaiUasicn  vor  (iottcs  Ccrichl  ciitnickl  tulill,  wird  auf  (k-sscn  ( Icliciß 
wegen  des  Sludiunis  luidiiischer  Sclinrieii  «;e.^eilx-lt.  ualiieiid  i  Ieili«;e 
für  ihn   bitten. 

2.  Dei-  m  kk.slcrliclu-r  Ah-e 
schiecU-nlu'it  k-bciidc  Kardinal 
I  lieroiiNinus  zielil  einem  ilnii 
hiilfesuchend  nahenden  I.owen 
einen    I  )i>iii    an^   Ary   I 'i;iii|..c.  '1 

3.  1  )ein  zahnim'w  ()i(k'nen  Löwen 
ist  die  (  )l)hiil  über  einen  I-",sel 
anvertraut,  (k'i-  für  (kas  Kk).ster 
]  lol/.  aus  (k'm  iialicn  Waide 
höh;  wiiliiciid  jener  schkat'l, 
einfuhrt  ein  \ oiiiberziehender 
Kaulniaitn    (kn    klsek 

4.  Als  der  kaulmann  wieder  des 
Weges  zieht,  treibt  der  Lowe 
dessen  Kamele  und  den  k^sel 
dem  Kloster  zu;  der  Kauf 
mann  erhall  \  om  Meiii^en  die 
erbetene   \  erzeihung. 

5.  Die  Leiche  des  Heiligen  wird 
eingesegnet  und  seine  Seele 
\()n  khigeln  gen  I  linimel  ge- 
führt. 

Das  südösthche  Fenster  (Abb.) 
enthält  in  zehn  zu  je  zwei  nebenein- 
ander angebrachten  mandorlaformigen 
Feldern,  von  denen  jedes  l'a.ar  aus 
einem  Kreise  und  zwei  seitlicli  in  den- 
selben hineinschneidenden  Halbkrei.sen 
gebildet  wird,  Szenen  aus  der  Legende 
des  Apostels  Petrus ;  che  dazwischen 
freibleibenden  Zwickel  sind  mit  Archi- 
tektur ausgefüllt.  In  den  fünf  Dojjpel- 
feldern  befinden  sich  folgende  Dar- 
stellungen : 
I.  Der    Heiland    beruft   Petrus    und    dessen    Bruder   Andreas    zu    seinen 

Jüngern.      Daneben    in    Fischerkähnen   Zebedäus    mit   seinen    Söhnen 

Jakobus  und  Johannes. 


üstseiliges   Fenster   der   Beiclitl-capell 
Untere  Hälfte. 


^)  Abgebildet  ebendn,   Tafel   III  d. 


12* 


i8o 


DIE  MARIENKIRCHE. 


2.  Petrus  wird  vom  Engel  aus  der  Gefangenschaft  des  Königs  Herodes 
befreit.     Er  wird  zum  Bischof  von  Rom  erhoben. 

3.  Petrus  erweckt  vor  dem  Kaiser  Nero  einen  JüngHng  vom  Tode,  was 
der  daneben  stehende  Zauberer  Simon  nicht  vermocht  hat.  Er  ver- 
scheucht    mit    einem    geweihten 

Brode    zwei    Hunde,    die   Simon 
gerufen  hat,    ihn    zu  zerfleischen. 

4.  Petrus  beschwört  vor  dem  Kaiser 
Nero  auf  Pauhis'  Anraten  die 
bösen  Geister,  von  denen  sich 
Simon  durch  die  Luft  tragen 
läßt,  worauf  dieser  abstürzt  und 
den  Hals  bricht. 

5.  Petrus,  der  vor  Nero  aus  Rom 
entweichen  will,  begegnet  dem 
Heiland,  der  zu  ihm  spricht: 
Ich  gehe  nach  Rom  und  will 
mich  nochmals  kreuzigen  lassen, 
lu-  kehrt  weinend  um  und  er- 
leidet den  Kreuzestod.^) 

Die  drei  ostseitig  das  hohe 
Mittelschiff  abschließenden  bunten 
Fenster")  (vgl.  den  Lichtdruck  zu  S.  127) 
wurden  1843  eingesetzt.  Sie  sind  dem 
wahrscheinlich  aus  den  ersten  Jahren  des 
15. Jahrhunderts  stammenden-')  sechsteiligen 
Mittelfenster  aus  der  ( )stfassade  der  Burg- 
kirche entnommen  und  enthalten  je  drei 
Darstellungen  aus  der  Legende  der  hl.  Maria 
Magdalena,  der  Patronin  des  Burgklosters,  in 
vierpaßförmigen  Umrahmungen,  und  zwar: 
L  Das  südö.stliche  Fenster: 

1 .  Der  auferstandene  Heiland  mit 
der  Siegesfahne  erscheint  als 
Gärtner  der  Maria  Magdalena. 

2.  Der  Heiland  erweckt  Lazarus,  den 
Bruder  des  Heiligen,  vom  Tode. 

3.  Die  Heilige   wird   mit   ihren    Ge- 
schwistern Lazarus  und  Martha,  dem  Jünger  Maximinus  und  anderen 
Christen   von   den  Juden    in  einem   rüder-  und  steuerlosen  Boote  aufs 


Südöstliches  Fenster  der  Beichtkapelle. 
Untere  Hälfte. 


^)  Abgebildet  ebenda,  Tafel  IV c. 

'^)   Abgebildet  ebenda,   Tnfel   II. 
=•)  Vgl.  S.    177. 


DIK   MARII'AKFRCIli:. 


Sl 


Meer  hinausgestoßen.     Im  Hintergrund  liegt  die  Stadt  Massilia,  wohin 
ein  luigel  das  Boot  leitet. 
II.    Das  nordöstliche  Fenster: 

4.  Die  Heilige  erscheint  dem  heidnischen  Fürstenpaare  \on  Massilia  im 

Schlafe,    um   sich    und    ihren   Gefährten 
gastliche  Aufnahme  zu  erwirken. 

5.  Der  Fürst  von  Massilia  setzt  auf  der 
Meerfahrt  nach  Rom  seine  unterwegs 
bei  der  Geburt  eines  Knaben  verstorbene 
Gemahlin  auf  einer  Klij^pe  aus  und  legt 
ihr  das  lebende  Kind  an  die  I^rust,  es 
dem  Schutz  der  hl.  Maria  Magdalena 
empfehlend. 

6.  Der  Fürst  findet  auf  seiner  Rückreise 
von  Rom  und  dem  heili;.4en  Lande  das 
Kind  wohlbehalten  \or  und  erweckt 
durch  die  von  ihm  erflehte  Fürbitte  der 
hl.  Maria  Magdalena  seine  Gemahlin 
zum  Leben.  Nach  Massilia  zurückge- 
kehrt, wird  er  von  der  Heiligen  getauft 
und  erbaut  an  Stelle  seines  niederge- 
rissenen heidnischen  Tempels  eine  Kirche. 

III.    Das  mittlere  Fenster  (Abb.): 

7.  Der  Papst  Petrus  führt  den  I'ürsten 
nach  dem  heiligen  Lande  und  zeigt  ihm 
Jerusalem  und  den  Kalvarienberg.  Die 
Heilige  begleitet  sie,  dem  Fürsten  un- 
bewußt, mit  der  für  tot  auf  der  Klippe 
zurückgelassenen  Fürstin. 

8.  Die  Heilige  empfängt  nach  einem  dreißig- 
jährigen Leben  in  der  Wüste  unmittel- 
bar vor  ihrem  Tode  das  Abendmahl  vom 
Bischof  Maximinus,  der  sie  in  einem 
marmornen  Sarge  bestatten  \äl>t.  ^) 

9.  Die  während  ihres  Lebens  in  der  Wüste 
alltäglich  auf  sieben  Stunden  in  den 
Himmel  entrückte  Heilige  entsendet 
einen  als  Klausner  lebenden  Priester 
nach  Aix  zum  Bischof  Maximinus  mit 
der   Weisung,    sie    zum   Abendmahl   zu 

Mittleres  Fenster  der  Ostseile 

des  Obergadens.  erwarten. 

(Nach  einer  getuschten  Federzeichnung  - 

C.  J.  Mildes   auf  der  .Stadtbibliothek.)  »)  Abgebildet  ebenda,   Tafel    IHc. 


I82 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Während  die  drei  Fenster  nach  oben  hin  mit  je  einem  musizierenden 
Engelspaar  abschUeßen,  zeigen  die  vier  seitHchen  Zwickel  jedes  Fensters  je 
eine  von  Weinreben  umrankte  Figur,   nämlich: 

I.   I.  Gott   Vater    aus    dem   Busche    zu   Moses    redend    (2.    Mose   3,    4). 

2.  Die  Aposteln  Jakobus  Major  und  Matthäus. 
IL    I.  Judas   Thaddäus    und    ein    Apostel    mit    Buch.      2.    Die    Aposteln 

Bartholomäus  und  Andreas. 
III.    I.  Die  Verkündigung.     2.  Die  Aposteln  Thomas  und  Matthias. 

Die  ursprüngliche,  ihrer  Zeitfolge  entsprechende  Anordnung  der  einzelnen 
Darstellungen  und  einiger  weiterer,  teilweise  zerstörter  Bilder  ist  aus  einer 
unmittelbar  vor  dem  Abbruch  der  Burgkirche  vom  Maler  J.  Hauttmann 
angefertigten  getuschten  Federzeichnung^)  des  dortigen  großen  Mittelfensters 
ersichtlich,   die   nachstehend   typisch   zum   Ausdruck  gebracht  ist. 


Krönung 
der  Heiligen. 


Musizierendes 
Engelpaar. 

Entsendunc{   des   Priesters. 


Thomas. 


Verkündigungs- 
eriffel. 


Andreas. 


Petrus  und   der  Fürst 
im  heiligen  Lande. 

Zwei   Posaunen- 
bläser. 

Die   Heilige  dem   Fürsten- 
paar erscheinend. 
Apostel  mit  Buch.  Moses. 

Aussetzung 
der  Christen. 

Matthäus.  [Lücke.] 

Auferweckuntr   des  Lazarus. 


Musizierendes 
Engelpaar. 

Abendmahl  der  Heiligen. 

Maria. 

Wiederauffindung 

der  Fürstin. 

Salomo  (?)  und  die 
Königin  von  Saba(?). 

Aussetzung 
der  Fürstin. 
Brennender  Busch. 

Predigt  der  IMaria 
Magdalena  zu   Massilia. 

Ein  Brandopfer. 

Christus  als   Gärtner. 


Matthias. 


Bartholomäus. 


Thaddäus. 


[Lücke.] 


Im  Jahre  1868  wurde  ferner  im  Anschluß  an  die  Erneuerung  der  West- 
front das  Fenster  der  Greveraden -Kap eile  mit  weiteren,  ebenfalls  bereits 
1840  wiederhergestellten  Glasgemälden  aus  der  Burgkirche  geschmückt.  Sie 
stellen  in  kreisrunden  Medaillons,  deren  Umrahmung  in  Rankenwerk  mit 
Kreuzblumen  ausläuft,  drei  Bilder  aus  dem  Leben  des  Apostels  Paulus  dar 
(Abb.),  nämlich: 

1.  Paulus  wird  zu  Philippi  gestäupt  (Ai)ostelgesch.    16,   22). 

2.  Paulus   erleidet   auf  der  Meerfahrt   nach  Rom  Schiffbruch  bei  Malta. 

3.  Paulus,    vor   dem    Lemobia   ihren    Schleier   ausbreitet,    wird   zu   Rom 
enthauptet.  ^) 


J)  Lüb.  Stadtbibliothek. 

'■'^  Auch  als  Tafel  Illa  der  »Denkmäler  bild,  Kunst  in  Lübeck«   abgebildet. 


DIE  MARIEXKIkCIIK. 


Die  obere  Spitze  zeigt  den  Heiland  in  einer  Mandorla.  Xeu  entworfen 
von  Milde ^)  ist  der  untere  Teil  des  Fensters,  welcher  ein  viertes  Glasoemälde 
mit  der  Bekehrung  des  Pauhis  auf  dem  Wege  nach  Damaskus  sowie  zu  unterst 

die  Wappen  der  Kirchenvorsteher  Aug.  Peter 
Rehder  (1861—73),  Johannes  Hasfe  (i  861— 71) 
und  Joh.   Heinr.  Hanns  (1861 — 68)  aufweist. 

SchliefMich  entslaninit  noch  der  Ikirg- 
kirche  die  obere  Partie  des  1872  erneuten 
P^ensters  über  dem  Westportal  (Abb.)  In 
der  Mitte  hängt  der  gekreuzigte  Heiland  am 
ewig  grünen  Baum  des  Pebens  zwischen  den 
beiden  Schachern.  Darüber  schweben  in  Wolken 
Gott  Vater  und  der  heilige  Geist  \on  Engeln 
und  von  Seligen  in  Gestalt  weißer  Tauben  be- 
gleitet, während  zu  beiden  Seiten  der  Haupt- 
gruppe je  drei  Halbbilder  von  Pro])heten  ange- 
bracht sind;  das  Ganze  ist  von  Ranken  um- 
rahmt,   die   dem    Lebensbaum   entsprossen   sind. 

*)  Mildes  Quittung  vom  13.  Oktober  1868  befindet 
sich  als  No.   67   unter  den  Kirchenrechnnngen   von    186S. 


fii 


/^ICX 


Oberer  Teil  des  Fensters   in  der 

Greveraden-Kapelle. 

(Nach  einer  getuschten  Federzeichnung 

C.  J.  Mildes  auf  der  Stadtbibliothek.) 


Oberer  Teil  des   Fensters  über  dem   Westportal. 

i^Nach  einer  getuschten  Federzeichnung  C.  J.  Mildes 

auf  der  Stadtbibliothek. 


i84 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Modernen  Ursprungs  ist  dagegen  das  1864  eingesetzte  dreiteilige  Fenster 
der  Schinkelkapelle.  Etwa  die  Hälfte  seiner  Scheiben  war  bereits  1840 
gefertigt  worden,  um  si^äter  in  dem  bis  1872  siebenteiligen  Fenster  zwischen 
den  Türmen  als  Einfassung  der  eben  beschriebenen  Kreuzigung  zu  dienen,  sie 
wurden  aber  für  die  Schinkelkapelle  verfügbar,  nachdem  sich  die  Vorsteherschaft 
dafür  entschieden  hatte ,  die  unverhältnismäßige  Breite  jenes  Fensters  zu 
beschränken;  die  übrigen  Scheiben  sind  1864  von  Milde  und  Achelius  her- 
gestellt. Den  oberen  AbschluCs  bildet  das  Lamm  Gottes,  über  dem  die  Taube 
des  heiligen  Geistes  schwebt,  daneben  steht  auf  Spruchbändern  der  Vers  Ev. 
Joh.  I,  29.  Im  übrigen  zeigt  das  Fenster  bunte  Mosaikscheiben,  die  in  den 
beiden  seitlichen  Reihen  mit  je  sieben  Halbfiguren  \'on  Engeln,  Propheten  und 
Aposteln,  in  der  Mittelreihe  aber  mit  sechs  vierpal3«förmigen  Rosetten  abwechseln, 
während  die  unterste  Scheibe  dieser  Reihe  das  Wappen  des  langjährigen 
Bauvorstehers  der  Marienkirche  C.   A.   Nölting  (gest.    1858)  aufweist. 


Der  LeUne 


m   WestL 


Der  Lettner.  Der  den  Altarraum  nach  Westen  hin  abschließende  Lettner 
besteht  aus  drei  Teilen:  einem  steinernen  Unterbau,  einem  hölzernen  Oberbau 
und  einer  der  nordöstlichen  Ecke  angefügten  hölzernen  Wendeltreppe  mit  Portal. 

Den  4,1  m  tiefen  Unterbau,  der  1377  zum  ersten  Mal  erwähnt  wird,^) 
bilden    in    der    Hauptsache    fünf   spitzbogige    Kreuzgewölbe,     die    einen    freien 


')   1377   J'-''"''    23     verfügte    Rixa,    Witwe    'rideiiianii    Blomenrots;     »Item    ymagini    b.    Marie 
virginis    sub    choro   do   lueain    optiinain   toghain   cum   sacru  (!).«      1379   Mai    13   vermachte   Konstantin 


Dil-;    MARIlüNKlRCIll-:. 


i<S5 


Durchblick  von  dem  Mittelschiff  nach  dem  Altarrauin  gewähren.  Sie  ruhen 
vorne  auf  sechs  Säulen,  von  denen  die  äul.veren  den  beiden  westlichen  Chor- 
pfeilern fest  angeschlossen  sind;  hinten  werden  sie  von  fünf  Säulen  getragen, 
während    am   Xordende   das  Gewölbe   einem    Mauerwerk   aufgesetzt    ist,    dessen 


Lettner:     Grundriß   des   Unterbaus   und  des  Oberljaus  in  Höhe  des  oberen  Fußbodens. 

Abschluß  wohl  erst  1817  säulenartig  gestaltet  ist.^)    Nach  Süden  wird  der  Bau 

Schoneke  der  Marienkirche  lo  ^,  »pro  quibus  ibidem  meam  eligo  sepuhuram  sub  choro,  ubi  pater 
meus  est  sepultus.«  (Konstantin  Schonekes  Vater  Hermann  Seh.  machte  1367  August  iS  sein 
Testament.)     St  -A.,  Test. 

'■*)  Nach    dem    Wochenbuch    empfing    1817    Oktober    20 — 26    der    Maurermeister   Joh.   Benj. 
Gähd   »für  Stuckatur  Arbeit  am  Pfeiler  unterm   Chor  und  dazu  gelieferten   Gips  9   ^   12  ß.« 


i86 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Lettner:    Querschnitt. 


durch  ein  schmales,  hinten  geschlossenes  Gewölbejoch,  das  sich  vorn  dem 
dortigen  Chorpfeiler  anlehnt  und  in  seiner  Südostecke  auf  einer  zwölften  Säule 
ruht,  bis  nahe  an  die  den  Altar- 
raum umgebende  Mauerbrüstung  er- 
weitert; hinter  dem  nördlichen  Chor- 
pfeiler schließt  den  Unterbau  eine 
schlichte  Mauer  ab,  an  deren  Innen- 
seite man  Reste  des  1598  abge- 
brochenen^) Lettner -Altars  bemerkt. 
Die  erwähnten  zwölf  Säulen  sind  aus 
Kalkstein  gehauen.  Ihre  Schäfte  haben 
bei  den  beiden  mittleren  Säulen  der 
Vorderreihe  einen  durch  Birnstäbe  und 
Hohlkehlen  kräftig  gegliederten  Grund- 
riß (Abb.),  während  der  Grundriß  der 
übrigen  nach  dem  regelmäßigen  Acht- 
eck gebildet  ist.  Die  aus  Stuck  ge- 
fertigten Kapitale  umrankt  fein  ge- 
arbeitetes Blattwerk,  aus  dem  menschliche  Figuren,  Tiergestalten,  zum  Teil  solche 
phantastischer  Art,  und  Früchte  hervorragen  (Abb.).  An  der  West-  und  Südfront 
sind  die  spitzbogigen  Gewölbeöffnungen  \on  Blatt- 
werk-Archivolten  eingefaßt,  die  aus  oberhalb  der 
Säulenkapitäle  angebrachten  Laubwerkkonsolen 
herauswachsen;  sie  schließen  sich  über  den  Bogen- 
scheiteln  zu  Konsolen  zusammen  und  gehen  von 
dort  in  einen,  das  breite  horizontale  Abschluß- 
gesims des  Unterbaus  zierenden  Blattfries  über. 
Gleich  der  nordseitigen  Abschlußmauer  entbehrt 
die  Ostseite  jeglichen  Schmuckes,  selbst  die  hier 
vorspringenden  Teile  der  Säulenkapitäle  sind  erst 
in  jüngerer  Zeit  aus  Gips  angetragen.  Jedenfalls 
war  hier  ursprünglich  der  Altarraum  vom  Mittel- 
schiff durch  eine  Mauer  abgeschlossen,  welche 
nur  die  mittlere  Bogenöfifnung  als  Zugang  zu 
ersterem  freiließ,  wie  es  noch  gegenwärtig  im  Dom 
der  Fall  ist.  Entsprechend  dem  dortigen  Aufstieg 
führte  auch  vor  Anlage  der  jetzigen  hölzernen 
Wendeltreppe  (1588/89)  etwas  weiter  südlich  eine  "1°  | , 1 1  n | |T  |  [ 

steinerne    Treppe    vom    Altarraum    aus    auf    den        ^  ,■      j  n      ^  c    1   1 

'^'^  Lettner:    (jriindriß   und  bocket 

Lettner.  ''^)    lun  abgeschrägter  Rest  des  Fundaments   ,1^,^.  .„itHeren  Säulen  der  Vorderreihe. 


^)  1598,  7.  W.  n.  Neujahr  (Februar  19 — 25)  wird  eine  Ausgabe  gebucht  «for  dat  altar 
unter  dem  coere  wechtobreken;«    WB. 

'')  1591,  10.  W.  n.  Neujahr  (Februar  28  — März  6)  bezahlte  die  Kirche  2500  Mauersteine 
»tho  behoff  des  gemurden  graves  bynnen  kurs,  dar  de  olde  stenen  wyndeltreppen  erdages  gelegen;«  WB. 


Dil-:  MARIEXKIRCIIK 


187 


dieses  früheren  Aufgangs  ist  noch  an  der  Rückseite  des  nordöstHchen  Mauer- 
werks sichtbar,  ferner  befindet  sich  an  der  Innenseite  der  nördlichen  Abschluß- 
mauer ein  einhüftiger  gemauerter  Bogen,  der  zweifellos  den  oberen  Teil 
der  alten  Treppe  getragen  hat.  Der  Gewölbeunterbau  war  ehemals  bunt 
bemalt  und  das  Laubwerk  vergoldet;  seit  181 7  ist  das  Ganze  mit  Ausnahme 
der  weißgetünchten  Gewölbekappen  von  einem  eintönigen  grauen  Olfarben- 
anstrich  überzogen.^) 

An  der  Westfront  des  Unterbaus  sind  oberhalb  der  Säulen  sechs  aus 
Stuck  gearbeitete,  gut  halblebensgroße  Bildsäulen  aufgestellt,  deren  farbige 
Benialung  und  Vergoldung  seit  i<Si7  weiß  überstrichen  ist.')  Sie  sind  jüngeren 
Datums  als  der  Aufbau,  da  ihre  gröberen  Blattwerkkonsolen  nicht  zu  dem 
feinen  Laubwerk  der  Archivolten  passen  und  roh  in  diese  eingefügt  sind.  Die 
Mitte  nehmen  die  Jungfrau  Maria  und  der  Verkündigung.sengel  ein;  nach  links 
vom  Beschauer  aus  folgen  die  hl.  Anna  selbdritt  und  Elisabeth,  die  Mutter 
Johannis  des  Täufers,  mit  ihrem  Knaben,  der  sich  zu  seinem  Lamm  herab- 
beugt, nach  rechts 

der  Evangelist 
Johannes  und  die 
hl.  Dorothea,  vom 
himmlischen  Kna- 
ben mit  dem 
Blumenkorb     be- 
gleitet.   Von  den 
an  ihren  Konsolen 
befe.stigten  hölzer- 
nen Wappen- 
schilden der  Stif- 
ter    haben     fünf 

unter  dem  deckenden  Anstrich  die  alte  Bemalung  ziemlich  gut  erhalten.  Die 
beiden  mittleren  zeigen  einen  sonst  unbekannten  geteilten  Schild,  der  auf 
schwarzem  (?)  Grunde  in  Gold  oben  einen  Wechsel-Zinnen-Balken,  unten  einen 
doppelreihig  gewürfelten  Sparren  aufweist.  Weiter  südlich  hängen  ein  unbe- 
kanntes Wappen,  das  einen  im  unteren  Winkel  von  einer  unkenntlichen  Figur 
begleiteten  goldenen  Schrägen  auf  blauem  Grunde  zeigt,  und  der  von  Alensche 
Wappenschild  (vorn  von  blau  und  silber  dreimal  geteilt,  hinten  in  silbernem 
Felde  ein  goldener  Klauflügel),  das  am  weitesten  nördlich  befindliche  sehr 
schadhafte  Wappen  kennzeichnet  sich  durch  die  Überreste  eines  den  ganzen 
Schild  teilenden  blauen  Sparrens  und  ein  in  der  heraldisch  rechten  oberen  Ecke 
erhaltenes  rotes  (?)  Kleeblatt  auf  Goldgrund  als  dasjenige  2)  des  1428  ge- 
storbenen 3)  Bürgers  Marquard  vam  Kile,  der   1408  und   1409  als  Mitglied  des 


Lettner:    Kapitale. 


^)  Rechnung  des  Malermeisters  D.   C.   Petersen;  K.-A.,   Rechnungen. 

2)  Abgebildet  bei  Milde,  Siegel  des  M.-A.,  Tafel   lo,  No.  62. 

^  Nach   dem  Gildebuch   der  Heil.  Leichnams-Brüderschaft   ^;St.-A.,  Brüderschaften,  Vol.  B) 


Bl.   124b. 


l88  DIE  MARIENKIRCHE. 

neuen  Rates  genannt  wird.^)  Die  Entstehung  der  Bildsäulen,  von  denen 
übrigens  die  Johannesstatue  1436  nachweisbar  ist,^)  wird  demnach  ungefähr  in 
das  erste  Viertel  des   15.  Jahrhunderts  fallen. 

Der  ursprüngliche  hölzerne  Oberbau,  von  dem  nur  bekannt  ist,  daß 
seine  Brüstung  1476  mit  Gemälden  geschmückt  worden  ist,^)  fiel  am  Oster- 
montag 1508  dem  Brande  zum  Opfer,  der  sich  vom  Spielturm  aus  über  das 
Mittelschiff  verbreitete.  Dem  einige  Jahre  später  erfolgten  Neubau  gehören 
die  gegenwärtige  Westfront  und  die  obere  Hälfte  der  seit  1592  durch  Über- 
kragung in  zwei  Wandflächen  aufgelösten  Ostseite  (vgl.  Abb.   S.    186)  an. 

Die  westseitige  Brüstung  des  Oberbaus  (Abb.  S.  184)  überragt 
den  Unterbau  nach  vorne  um  1,2  m  und  reicht  seitlich  bis  zur  Mitte  der 
beiden  anstol^enden  Chorpfeiler.  Sie  wird  gegliedert  durch  sechs  gerade  ober- 
halb der  Säulen  des  Unterbaus  vor  flachen  Nischen  aufgestellte  gut  halblebens- 
groß geschnitzte  Statuen,  die  181 7  ihre  Vergoldung  mit  einem  weißen  Olfarben- 
anstrich  vertauscht  haben  und  bis  dahin  von  spätgotischen  Baldachinen  über- 
dacht waren.*)  Die  drei  nordseitigen  Bildsäulen  sind,  von  der  Mitte  aus 
beginnend,  St.  Anna  selbdritt,^)  der  Evangelist  Johannes  und  Johannes  der 
Täufer,  die  südseitigen  der  Erzengel  Michael  im  Kampf  mit  dem  Drachen, °) 
St.  Rochus  in  Pilgerkleidung  mit  dem  Engel  neben  sich  und  St.  Antonius*^) 
mit  Buch,  Bettelglocke  und  Stab,  zu  seinen  Füßen  das  Schweinchen,  nach  dem 
ein  im  Übrigen  vom  Mantel  des  Heiligen  verdeckter  Teufel  seine  Kralle  aus- 
streckt.'') Vor  den  von  nach  vorn  geknickten  kleinen  Säulchen  getragenen 
Konsolen  der  Statuen  halten  je  zwei  schwebende  Engel  die  Wappen  der 
Stifter,  und  zwar  zeigen  die  drei  nördlichen  Schilde^)  das  Wappen  des  Rats- 
herrn (15 18 — 30)  Johann  Salige  (drei  \'on  einem  Stern  überstrahlte  Bäume), 
die  drei  südlichen  das  des  15 18  gestorbenen  Bürgers  Godart  Wigerink  (einen 
von  drei  Ringen  begleiteten  eingebogenen  SparrenX  Von  den  durch  die  Bild- 
säulen abgeteilten  fünf  großen,  nahezu  quadratischen  Feldern  der  Brüstung  weist 
das  mittlere  ebenfalls  ein  plastisches  Werk'')  auf,  die  auf  der  Mondsichel  stehende 
(Offenb.   12,    i)  lebensgroße  Madonna,   deren  mit  einer  \'ergoldeten  messingnen 

^)  U.-B.   der  Stadt  Lübeck  5,  No.   207,   222,   664. 

^)  1436  August  2  verfügte  Detlef  Bonhorst,  >.dat  dat  waslichl  vor  s.  Johans  evvangelisten 
bylde  ewich  gheholden  werde  vor  deine  chore  stände,  dar  niyn  vader  der  1432  gestorbene  Ratsherr 
Marquard   Bonhorst i  under  graven  licht;«   St.-A.,   Test. 

^;  Chronik  Christians  von  Geren  (Bruns,  Die  Lüb.  Bergenf'ahrer  und  ihre  Clironislik  ,  S.  369. 

■*)  Nach  einer  181 7  vom  Maurermeister  B.  Gähd  gefertigten  rohen  Zeichnung  der  Westfront 
des  Lettners  im   Kirchenarchiv. 

*)  Abgebildet  bei   Goldschniidt,   Lüb.    Malerei    und   Plastik,   Tafel  33. 

«)  Das.  Tafel  32. 

')  Die  Auswahl  dieser  Heiligen  erklärt  sich  dadurch,  dalJ  St.  Anna,  Michael  und  Johannes 
der  Täufer  neben  der  im  Mittelfelde  angebrachten  Jungfrau  Maria  die  Schutzpatrone  der  Marien- 
kirche waren,  während  der  Evangelist  Johannes  offenbar  den  Namensheiligen  Johann  Saliges  darstellt 
und  Godart  Wigerink  seinem  15 11  Juli  19  errichteten  Testament  zufolge  der  Rochus-  und  der 
Antonius-Brüderschaft  angehörte. 

^)  Der  mittlere   ist  abgebrochen. 


DIE  MARIKN'KIRCIIK.  189 

Krone '"i  ocschiiiiicktcs  Haupt  von  einer  aus  hölzernen  Stäben  zusammengesetzten 
Glorie  umstrahlt  wiicl.  Sie  teilt  die  als  Menschenantlitz  dargestellte  Sonnen- 
scheibe, die  oben  und  unten  von  krausen  Wolkcngebilden,  in  denen  sich  vier 
nackte  ICngelsfiguren  tummeln,  seitlich  von  zwei  szepterartigen  Stäben  eingefaßt 
wird.  Auf  beiden  Seiten  schliel>en  zwei  Hündelj^feiler,  die  jeder  von  einem 
181 7  gefertigten -1  kleinen  tubcnblasenden  Engel  gekrönt  werden,  das  oben 
von  Mal^^werkbogen  umrahmte  Feld  ab.  Die  vier  übrigen  Felder  oberhalb  der 
Bogenöffnungen  des  Unterbaus  enthalten  je  zwei  lebensgroße  Gemälde  weib- 
licher Heiligen  auf  Goldgrund.  Die  nordseitigen  sind,  von  der  Mitte  aus 
gezählt,  St.  Katharina  mit  Schwert  und  Rad,  den  Kaiser  Ma.xentius  zu  ihren 
Füßen,  St.  Lucia,  am  Hals  von  einem  Pfeile  durchbohrt,  St.  Margaretha  mit 
dem  Drachen  und  die  hl.  I'^lisabeth  von  Thüringen,  einen  Bettler  tröstend. 
Die  beiden  ersten  Tafeln  tragen  das  Wappen  Johann  Saliges,  die  dritte  den 
grün-gold-rot  geteilten  Schild  seiner  Fhefrau  1,1507  — 17)  Richel  geb.  Bnim.se, 
die  vierte  ist  ohne  Wapi)en.  Südseitig  sind  dargestellt  St.  (iertrud  mit  Lilien- 
stengel und  Buch,  St.  Maria  Magdalena  mit  der  Salbenbüchse,  St.  Apollonia 
mit  Zange  und  Buch  und  St.  Dorothea  mit  ihrem  Blumenkorb  und  dem 
Knaben.  Auf  diesen  Bildern  sind  die  Wappenschilde  der  vier  l'Jiefrauen  Godart 
Wigerinks^)  angebracht,  nämlich  i.  ein  Baum  auf  Goldgrund,  2.  das  Klaholtsche 
Wappen  (ein  von  drei  gestümmelten  h'jchenzweigen  begleiteter  schwarz-weiß 
geschachter  Sparren  auf  Goldgrund).  3.  das  Divessche  Wappen  (im  rot-gold 
gespaltenen  Schilde  zwei  streitende  Hähne  in  \er\\echselter  Farbe),  4.  ein 
brauner  Adlerrumpf  auf  Goldgrund.  Die  den  Unterbau  seitlich  überragenden 
Flächen  der  Brüstung  zeigen  vier  weitere  Gemälde,  deren  Breite  ein  Viertel 
bezw.  die  Hälfte  der  vorigen  ausmacht.  Die  beiden  schmäleren  Flächen  an 
den  lüiden  der  Frontseite  waren  ehemals  mit  den  Gestalten  Adams  und 
Evas  ausgefüllt,'*)  die  jedoch  bei  der  181 7  erfolgten  Wiederherstellung  sämt- 
licher Gemälde  der  westlichen  Brüstung  durch  den  Lübecker  Kunsthändler 
H.  A.  SchlegeF)  durch  zwei  gemalte  Kandelaber  ersetzt  worden  sind.  Die  beiden 
Schm.alseiten  der  Brüstung  zeigen  gegen  Norden  die  auf  der  Mondsichel 
stehende  und  von  hangeln  gekrönte  Madonna,  vor  der  die  kleine  Figur  des 
Stifters,  jedenfalls  Johann  Salige,  kniet,  und  gegen  Süden  die  Dreifaltigkeit  (Abb.). 


'^  1612,  15.  W.  n.  Neujahr  April  5  — 11  erhielt  der  Goldschmied  Paul  Wynter  1^2/3, 
»dat  he  deui  iMarienbilde  tor  dem  Gore  eyne  myssinges  Krone  wedder  gemacket  und  ein  Stuck  der 
olden  vorbetert;«   WB. 

^  Die  Rechnung  des  Bildhauers  D.  Pegel  über  seine  Wiederherstellungsarbeiten  am  Lettner 
führt  zwei  Figuren   zu  je    10   ^   auf;   Rechnungen  von    1S17. 

^  Vgl.  Die  Grabplatte  Gotthard  Wigerinks.  In  seinem  1511  Juli  19  kurz  nach  dem 
Tode  seiner  dritten  Ehefrau  Anna  Dives  errichteten  Testament  bedenkt  Gotthard  Wigerink  unter 
gewissen  Voraussetzungen  die  Verwandten  seiner  »selighen  husfrouwe  Anneken,  selighen  her  Hermen 
Claholtes  (gest.  1498)  dochter;«  St.-A.,  Urschr.  Ferner  wird  1520  um  ^Lucie'  Dezember  13  den 
»van  Anneken  syner  elyken  frowen,  zeligen  her  Herman  Klaholtes  dochter,«  geborenen  acht  Kindern 
weil.    Gotthard    Wigerinks    ein   Vermächtnis    zugeschrieben;    Oberstadtbuch,    lib.    12,    Jacobi,    Bl.   30. 

■*)  Nach  der  Zeichnung  von   B.   Gädt  (vgl.   .S.    1S8,   Anm.   4'. 

^';  Vorsteher-rrotokoU    1743— 1S32,  ,S.    272    und    Rechnungen  H.   A.   Schlegels    unter   1817. 


IQO 


DIE  MARIENKIRCHE. 


An  den  beiden  Ecken  der  Frontseite  und  vor 
den  die  vier  großen  Doppelgemälde  scheidenden 
schmalen  Leisten  stehen  sechs  geschnitzte  Figürchen 
auf  schlanken  Säulchen,  die  durch  Knickung  ihres 
Schaftes  vorgekragt  sind,  um  die  für  die  Konsolen 
erforderliche  Tiefe  zu  gewinnen.  Von  diesen 
Statuetten  sind  die  vier  mittleren  kenntlich  als 
St.  Christoph,  St.  Bartolomäus,  St.  Nikolaus  und 
St.  Sebastian.  Den  unteren  Abschluß  der  Brüstung 
bilden  vierzehn  gotische  Friesfüllungen  in  drei 
verschiedenen  Mustern  und  hängende  MaLswerk- 
bögen.  In  die  oberhalb  der  sechs  großen  Bild- 
säulen 1817  durch  die  Beseitigung  der  gotischen 
Baldachine  (vgl.  S.  188)  frei  gewordenen  Flächen 
ist  neues,  vierpaßartig  angeordnetes  Maßwerk  ein- 
gesetzt^), darüber  sind  schrm  geschnitzte  ältere 
Friesfüllungen  angebracht,  die,  nach  ihrer  Größe 
zu  schließen,  dem  1806  wiederhergestellten  Bergen- 
fahrerstuhl  (vgl.  unter  Gestühl  )  angehört  haben. 
Gekrönt  wird  die  Westfront  gleich  den  übrigen 
Seiten  des  Oberbaus  durch  eine  ebenfalls  18 17 
geschnitzte  derbe  Spitzbogengallerie. 

Nach  den  vorhandenen  Wappen  ist  zweifel- 
los die  nordseitige  Hälfte  der  Brüstung  von  Johann 
Salige,  die  südseitige  von  Godart  Wigerink  gestiftet. 
Der  Bau  fällt  einerseits  nach  dem  Sommer  15 13, 
da  Godart  Wigerink  um  diese  Zeit,  zwei  Jahre 
nach  dem  Tode  seiner  dritten  Gattin,  seine  vierte 
Ehe  einging,^)  andererseits  kann  als  Abschluß  der 
damaligen  Arbeiten  das  Jahr  1520  gelten,  da  die 
bis  18 17  im  mittleren  Gewölbebogen  des  Unter- 
baus befindliche  Eingangstür  zum  Altarraum,  deren 
Holzwerk  1852  dem  großen  Nowgorodfahrerstuhl 
als    Rückwand     eingefügt     ist,     das    Wigerinksche 


Lettnerbrüstung: 
Die   Dreifaltigkeit. 


1)  Die  Rechnung  des  Bildhauers  D.  Pegel  führt  u.  a. 
sechs  Füllungen  zu  je  6  ^  auf;  Rechnungen  von   1817. 

2)  Das  Oberstadtbuch  dib  11,  Petri  Bl.  25)  vermerkt 
unter  15 13  um  (Augustini  cp.)  August  28:  »Tho  Godert 
Wideringk  (!)  sindt  ghekamen   myt  syner  eetliken  (!)  husfrouwen 

Anneke  in  brutschath  eyn  huß  efte  tvi^c  boden  under  eynem  dakc,  so  me  gheyt  van  dem  markede 
na  der  Holstenstraten  dat  ander  huße  vamme  orde.«  Ferner  wurde  Mitte  15 13  bis  Mitte  1514 
Anneke  Wygerdynks  als  Schwester  in  die  St.  Antonius-Brüderschaft  aufgenommen,  der  1496/97 
»Gowert  (!)  Wyggeryng  unde  syn  vrouwe«  und  1499/1500  Anneke  Wygeringz  (geb.  Klaholt)  bei- 
getreten waren;  SchafTer- Rechnungsbuch  der  St.  Antonius -Brüderschaft  1415—1520  (St.-A., 
Brüderschaften). 


DIE  MARIENKIRCHE. 


191 


Wappen  mit  der  Jahreszahl  1520  trägt.')  Während  der  unter  die  besten 
Lübecker  Künstler  zu  rechnende  Maler  unbekannt  ist,  rühren  die  plastischen 
Werke  vom  Bildschnitzer  Benedikt  Dreyer  her,  wie  ein  Vergleich  der  Antonius- 
statue mit  der  nachweislich  von  diesem  Meister  gefertigten  I  lauptligur  des 
1522  entstandenen  Antonius-Altarschreins  aus  der  Burgkirche  lehrt.  "•'^ 

Aus    derselben    Bauzeit    stammt    die    beträchtlich    niedrigere    ehemalige 
ostseitige    Lettnerbriistung,    welche   seit    1592    die    obere    Hälfte   der   damals 


Lettner:    Teil  der  östlichen   Brüstunij. 

durch  Überkragung  in  zwei  Wandflächen  aufgelösten  gegenwärtigen  Ostfront 
bildet.  Sie  wird  durch  die  von  Säulchen  getragenen  und  von  gotischen 
Baldachinen   überdachten  Statuetten   des  Heilands   mit   der  Weltkugel   und  der 


1)  Nach  [Lebermann],  Die  Beglückte  und  Geschmückte  Stadt  Lübeck  (1697I  S.  106,  befand 
sich  Godart  Wigerinks  Wappen  »an  den  beyden  höltzernen  Altar-Thüren  unter  dem  Chor  mit  der 
Jahr-Zahl  1720,  wiewohl  einige  Antiquarien  diese  7  für  eine  5  nach  der  alten  Zahl-Art  wollen 
auslegen.«- 

^)  Vgl.   Goldschmidt,   Lüb.   Malerei   und  Plastik,   S.   22. 


192  DIE  MARIENKIRCHE. 

zwölf  Apostel,  deren  Arme  mit  den  Attributen  grö(3tenteils  fehlen,  in  vierzehn 
mit  Tafelbildern  geschmückte  Füllungen  geschieden.  Die  ungefähre  Mitte 
(Abb.)  nehmen,  an  sechster  bis  achter  Stelle,  der  Heiland  mit  der  Weltkugel 
zwischen  der  Madonna  mit  dem  Kinde  und  der  hl.  Anna  selbdritt  ein;  nach 
Süden  hin  folgen  Petrus,  Andreas,  Johannes,  Jakobus  d.  Jung,  (mit  dem 
Wollbogen)  und  ein  Apostel  ohne  Attribut,  nach  Norden  hin  Paulus,  Jakobus 
d.  Alt.,  Thomas  (mit  Jag"dspiei?s),  Philippus  (mit  Kreuz  und  Buch),  Matthäus 
(hinterücks  vom  Schwert  durchbohrt)  und  Thaddäus  (mit  BeilV  Den  unteren 
Abschlul.^  bilden  zwei  Reihen  durchbrochener  Rankenwerkfriese. 

Unterhalb  der  Brüstung  hing  bis  zu  dem  1592 — 95  erfolgten  Umbau 
dieser  Seite  ein  vom  Bürgermeister  Tidemann  Berck  gestiftetes,  längst  unter- 
gegangenes (iemälde  der  Anbetung  der  hl.  drei  Könige.  Der  Chronist 
Hinrich  Rehbein  berichtet')  kurz  vor  Entfernung  dieses  Bildes:  »Dieser  her 
Tidemann  hatt  bey  seinem  leben  das  kunstreiche  malwerck  uff  tuech,  so  in 
der  Maryenkirche  im  choor  über  den  peiden  choortüeren  gemahlet,  ferttigen 
laßen  und  up  peiden  enden  seiner  frawen  und  sein  conterfait  setzen  lassen. 
Er  ist  in  gestaltt  undter  den  heiligen  3  königen  der  erste  und  der  da  in  den 
kniehen  sitzet,  das  kindlein  Jesum  anbetende,  und  ist  des  h.  Tidemans  sein 
wahres  conterfait.' 

Die  übrigen  Teile  des  Lettners  tragen  Renaissancecharakter  und  sind 
1588—95  vom  Kirchentischler  Jochim  Wernke''^)  d.  Alt.  gefertigt.  Über  den 
Fortgang  der  Arbeiten  gewähren  die  Wochenbücher  der  Kirche  erschöpfende 
Auskunft.  ^) 

Der  Umbau,  durch  den  zugleich  der  bisherige  Oberbau  nach  Osten  hin 
bis  an  die  beiden  nächsten  Chorpfeiler  erweitert  wurde  (vgl.  die  Abb.  S.  185), 
begann  mit  der  h>neuerung  der  Xordseite  (1588 — 91)  und  zwar  zunächst  mit 
der  lü'richtung  der  hölzernen  Wendeltreppe  lAbb.)  an  Stelle  der  bisherigen 
steinernen  (vgl.  S.  186).  Ihr  Brüstungsgeländer  wird  von  fünf  in  Muschel- 
nischen zwischen  je  zwei  Hermenpilastern  aulgestellten  Tugendgestalten  in  sechs 
vom  Maler  Gregor  \'on  Gehrden"*)  mit  mäl.Mgen  (lemälden  ausgestattete  Flächen 
geschieden;  ihnen  schließt  sich  zu  unterst,  von  einem  weiteren  Hermenpilaster 
abgetrennt,  ein  schmales  Feld  an,  das  eine  gemalte  weibliche  Figur  mit  der 
Jahreszahl  1589  zeigt.  Den  Handgriff  und  die  Hermen  stützen  zierliche 
Konsolen.  Die  sechs  größeren  Felder  enthalten  je  drei  als  Gegenstücke  neben- 
einander gestellte  Szenen  aus  dem  alten  und  dem  neuen  Testament,  und  zwar, 
von  unten  beginnend: 

^)  Handschrift  der  Stadtbibliothek  zu  Lübeck,  Heft  J,  S.  515A.  Über  den  Chronisten 
vgl.   Briins,   Hans.   Geschichtsbl.    1900,   S.    166  f. 

"■*)  Er  schreibt  sich  eigenhändig  »Jochgyhym  Wernke«  im  Lchrlingsannahmebuch  des  Tischler- 
ainles;  St.-A.,  Tischlerakten.  Seit  1565  selbständig  in  Eübeck  tätig,  ist  er  Ende  Februar  1604 
gestorben;   WB.    1604,   2.   W.   n.  Neujahr  (Februar  26  bis  März  31. 

^;  Die  betreffenden  Nachrichten  sind  zur  Entlastung  des  Textes  im  11.  Heft  der  Mitt.  d. 
V.   f.   Lüb.   Gesch.,  S.   69 — 75,  veröffentlicht. 

"*)  Gregor  von  Gerden  erwarb  1569  um  iniser.  Dom.  April  24  das  Haus  Fischergrube 
No.  18,  das  1592  um  (Martini)  November  11  seiner  Witwe  Clara  und  seinen  Söhnen  Moritz  und 
Gregor  zugescln-ieben  wurde;  Oberstadtbuch.  Er  ist  »kurtzer  zeit«  vor  1591  Januar  16  gestorben; 
Th.  Hach  in  Mitt.  d.   V.  f.  Lüb.  Gesch.  2,  S.   180. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


193 


I.    Die  Gesetzgebung  am  Sinai.  2.    Maria   und  Joseph   mit   dem   neu- 

geborenen Christkind. 
3.    Die     Aufrichtung     der      ehernen  4.    Die  Kreuzigung  Christi. 

Schlange. 
5.   Jonas  vom   Msche  ausgespieen.  6.    Die  Auferstehung  Christi. 


Letlaer:    Noixlseite. 


13 


194  l^IE  MARIENKIRCHE. 

Die  zur  Treppe  führende  Tür  wird  von  zwei  auf  bemalten  Postamenten 
stehenden  Säulen  mit  reich  geschnitzten  unteren  Schaftringen  eingefaßt,  \\elche 
ein  Gesims  mit  vorgehängten  Löwenköpfen  tragen.  Die  Türfläche  ist  nach 
der  Weise  der  Renaissance  mit  einer  architektonischen  Füllung  geschmückt, 
welche  z^^'ei  einst  vermutlich  mit  Malerei  gezierte,  jetzt  marmorfarbig  gestrichene 
Felder  umschließt  und  gekrönt  wird  durch  ein  von  Pilasterhermen  getragenes 
Gesims  mit  flachem  Giebeldreieck,  an  dessen  Seiten  je  ein  nach  einer  Blumen- 
vase pickender  Vogel  sitzt.  Die  Intarsien  dieses  Aufbaues  sind  seit  1817 
übermalt.  Über  dem  Hauptgesims  erhebt  sich  ein  zierlicher  reichgeschnitzter 
Giebelaufbau,  dessen  mittlere  Quadernische  ein  liebliches  Halbbild  der  Madonna 
mit  dem  Kinde  ^)  füllt. 

Die  1590/91  gebaute  nordseitige  Lettnerbrüstung  wird  durch  sechs 
Säulen,  die  gleich  dem  auf  ihnen  ruhenden  Gesims  mit  dessen  vorgehängten 
Löwenkopfkonsolen  dem  zierlicheren  Aufbau  des  Treppenportals  nachgebildet 
sind,  in  drei  größere  mittlere  und  zwei  schmale  seitliche  Felder  gegliedert. 
In  den  ersteren  umschließen  rundbogige  flache  Pilasternischen  drei  auf  Gold- 
grund gemalte  lebensgroße  Figuren:  den  auf  der  etwas  tiefer  gelegenen  oberen 
Treppentür  dargestellten  segnenden  Heiland  zwischen  Martha  und  Maria 
Magdalena.  Rechts  oberhalb  des  letzteren  Gemäldes  hat  der  Maler  ^)  auf 
einem  aufgeschlagenen  Buche,  das  ein  Engel  hält,  vermerkt:  lOHAN  |  WILLIN  '<] 
GES  AN  il  NO  1591.  In  den  beiden  äußeren  Feldern  ist  ein  kleiner  Einbau  mit 
einer  Muschelnische  angebracht,  in  denen  zwei  ehemals  bunt  bemalte,  jetzt 
weißgestrichene  Apostelfiguren  (Petrus  und  Paulus  [}])  aufgestellt  sind. 

An  der  1592  entstandenen  südlichen  Brüstung  (Abb.)  wiederholen 
sich  die  Säulen  und  das  Gesims  der  Nordseite,  doch  umrahmen  sie  hier  vier 
gleich  große  Felder  mit  den  Gemälden  der  vier  Evangelisten,  deren  Namen 
inmitten  reich  geschnitzter  Kartuschen  unterhalb  der  Bilder  stehen.  Auf  den 
hohen  Säulensockeln  sind  die  fünf  Sinne  in  Gestalt  weiblicher  Figuren  gemalt. 
Der  Name  des  Künstlers  3oI]an  IPtUiiiges  fec.  steht  links  oberhalb  der  Johannes- 
figur. Die  Gemälde  beider  Schmalseiten  sind  gleich  denen  der  Westfront  18 17 
vom  Kun.sthändler  H.  A.   Schlegel  wiederhergestellt. 

Ebenfalls  im  Jahre  1592,  noch  vor  dem  Umbau  der  Südseite,  ist  der 
Lettner,  wohl  aus  akustischen  Rücksichten,  mit  einem  zweiten  oberen  Fuß- 
boden  versehen,    der    1,3    m    über   dem   älteren   liegt   und   unter   Überkragung 


*)  Lichtdruckabbildung  bei  P.  Hasfe,  Aus  der  Gesch.  der  Lüb.  Malerei  von  1550 — 1700, 
Tafel  II.  Da  der  Giebelaufsatz,  »de  deckelße,»  erst  gleichzeitig  mit  der  nordseitigen  oberen 
Lettnerbrüstung  gefertigt  ist  (vgl.  Mitt.  il,  S.  71),  so  dürfte  gleich  den  dortigen  Gemälden  auch 
das  bisher  dem  Gregor  von  Gehrden  zugeschriebene  kleine  Madonnenbild  von  Johann  Willinges 
gemalt  sein. 

*)  Johann  Willinges,  der  anerkannt  tüchtigste  Lübecker  Maler  seiner  Zeit,  erwarb  1590 
die  Meisterschaft,  indem  er  gleichzeitig  die  Witwe  des  Malers  Silvester  von  SwoUe  ehelichte,  und 
ist  am  24.  August  1625  gestorben.  Nähere  Mitteilungen  über  sein  Leben  und  Wirken  seien  einer 
Einzelschrift  vorbehalten. 


DIK  MAKIKNKIRCIIE. 


195 


der  svut  I  ni  über  den  Unterbau  vorspringenden  bisherigen  ostseitigen  Brüstung 
I)is  an  die  beiden  nächsten  Chorpfeiler  reicht  (Abb.  S.  185  f.).  Infolgedessen  ist 
die  Ost  Seite  in  zwei  senkrechte  W'andflächen  und  zwei  untere  Ansichtssachen 
aufgelöst.  Die  obere  Brüstungswand  trägt,  wie  schon  bemerkt,  die  vorhin 
beschriebene  gotische  .\u.sstattung  der  älteren  Ostfront.  Die  der  etwas  er- 
niedrigten unteren  Brüstung  vorgesetzte  Vertäfelungsfläche ,  welche  an  beiden 
Seiten  im  rechten  Winkel  umbiegend  bis  an  das  erwiihnte  Pfeilerpaar  fort- 
geführt i.st,   wird  durch  Hermenpila.ster  in  zwölf  Felder  abgeteilt,   die    1595   \-on 


LeUner;   Südliche   Brüstung. 


Joh.    W'illinges    mit   Gemälden    neutestamentlichen    Inhalts   geschmückt    worden 
sind  (vgl.   Abb.   S.    191).     Sie  stellen  dar: 

1.  Die  Taufe  im  Jordan; 

2.  die  Hochzeit  zu  Cana; 

3.  die  Austreibung  der  Wechsler  aus  dem  Tempel; 

4.  das  Gleichnis  vom  barmherzigen  Samariter; 

5.  die  Heilung  des  Gichtbrüchigen; 

6.  Jesus  und  Nikodemus; 

7.  die  Bekehrung  des  Paulus; 

8.  die  Auferweckung  des  Lazarus; 

9.  die  Fußsalbung  des  Heilands  durch  Maria  Magdalena; 

10.  die  Kreuzigung; 

11.  die  Auferstehung; 

12.  die  Himmelfahrt. 


196  DTE  MARIENKIRCHE. 

Am  unteren  Rande  der  Kreuzigungsszene  steht  I  WIL 1595.     Die 

Gemälde  sind  gleich  den  vierzehn  oberen  Bildern  185  i  von  C.  J.  Milde  wieder- 
hergestellt worden.  Die  beiden  ^\•agerechten  unteren  Flächen  sind  mit  ein- 
fachen Kassetten  versehen,  in  deren  Grund  große  Muster  in  verschiedenfarbigen 
Hölzern  eingesetzt  sind. 

Die  Hochaltäre. 

Die  älteste  Altartafel  des  Hochaltars,  von  der  wir  Kunde  haben, 
ist  1407  durch  Feuer  zerstört  worden,  und  zwar,  \\'ie  es  scheint,  erst  kurze 
Zeit  nach  ihrer  Errichtung. 

»In  deme  sulven  jare  Christi  (1407)  in  der  nacht  der  apostele  Philippi 
et  Jacobi  (Mai  i)  do  vorbrande  to  Unser  Leven  Vrowen  uppe  deme  hoghen 
altare  de  taftele  unde  achter  dem  aitar  de  zeygher  mit  al  der  syrheit  unde 
iimme  dat  altar  de  cancellen  in  deme  sanctuario  al  umme;«  Chroniken  der 
deutschen   Städte,  Lübeck,  IL   Band  S.    142. 

1406   April   26  verfügte  Johann  Nyenborch:     »Item   gheve   ik  to  Unser 
Leven  Vrowen  kerken  to  der  taffeien  des  hoghen  altares  myne  twee  sulverne 
schalen  unde    V2    dozyn    sulverne  lepele«,    1406   Mai    18  Johann   Oldenborgh: 
»Item    do   ecclesie  b.   Virginis   Marie  illas    1 2  V2   mr.   quitas   ad   salutem   anime 
mee,     quas     exposui     ad    fundacionem    summi    altaris    in    predicta    ecclesia;« 
St.-A.,  Test. 
Diese  Tafel   wurde   durch   ein   nach   mehr  als  zehnjähriger  Arbeit   1425 
vollendetes    Doppeltript}'chon    mit    Predella    ersetzt,    das    bis    1696    ge- 
standen hat. 

141 4  März  28  und  141 5  April  17  bestimmte  Reyner  van  den  Finsten: 
»Item  to  Unser  Leven  Vrouwen  to  der  groten  monstrancien  geve  ik  5  mr. 
Item  darsulves  to  der  tafelen,  de  men  nu  nye  maket  up  dat  hoge  altar,  geve 
ik  5  mark.«  Ferner  vermachten  Johann  Colleman  141 5  August  30  »to  dem 
buwe  Unser  Vrowen  kerken«  5  ^  »unde  darsulves  to  der  nyen  taffeien«  3  #, 
Hans  Angerman  1424  März  11  »to  der  tafelen  hir  to  Unser  Vrowen  kerken 
up  dat  hoghe  alter«  i  ^  und  Hermann  Millius  >  tho  Unser  Leven  Vrouwen 
to  der  nyen  tafelen  tho  hulpe«  5  ^.  St.-A.,  Test.  —  Das  Werk  trug  nach 
von  Melles  Angabe  (Lub.  Relig.  S.  195)  die  Aufschrift:  »Anno  Domini 
MCCCCXXV   presens   tabula  est   completa.« 

Von  der  gemalten  Außenseite  dieses  Schreins  ist  mit  Sicherheit  die 
1,63  m  lange  und  0,60  m  hohe  Füllung  des  linken  Türflügels  der  Predella 
erhalten.  1850  von  C.  J.  Milde  und  vor  wenigen  Jahren  abermals  von 
Joh.  Nöhring  restauriert,  zeigt  ihre  Außenfläche,  auf  Goldgrund  gemalt,  die 
vom  Beschauer  aus  nach  links  gewandten,  den  gleichen  unentwickelten  (jesichts- 
typus  tragenden  Brustbilder  fünf  heiliger  Jungfrauen,  die  durch  die  Aufschriften 
ihrer  —  auf  dem  nebenstehenden  Lichtdruck  freilich  nicht  hervortretenden  — 
Nimben  und  durch  ihre  Attribute  als  Dorothea,  Barbara,  Margareta,  Agnes 
(agnctit)  und  Aj^ollonia  gekennzeichnet  werden.  Die  Malweise  erinnert  an  die 
des  Kölner  Meisters  Wilhelm.  Die  Tafel,  deren  mit  einer  dicken  Kreideschicht 
überzogene  und  vergoldete  Rückseite  ehemals  drei  geschnitzte  P^igurengruppen 
barg,  ist  neuerdings  im  Süderschiff  am  ostseitigen  Ende  des  großen  Schonen- 
fahreroestühls  aufoehänot. 


IHK  MARIENKIRCIIK. 


197 


Da  \<)ii  tlcni  Meister  der  eben  l)escliriehenen  linislbilder  uiuerl^ennhar 
aucli  zwei  auseinanderges.ä^te  0,67  111  liohe  und  0,43  ni  breite  Tafelbilder 
oemalt  sind,  die  1S55  aus  Privatbesitz^)  den  zum  Lübecker  Museum  vereinigten 
ölientlichen  Kunstsammlungen  überwiesen  wurden,  so  wird  in  ihnen  brichst  wahr- 
scheinlich ein  Stück  eines  der  beiden  äußeren  Altarflügel  vorliegen.  XOn  ik-n 
beiden  1900  von  Job.  Xöhring  restaurierten  Stücken  (Kulturhist.  Museum  Xo.  137 
und  13S)  zeigt  das  eine,  \ermutlich  der  Außenseite  angehörige  Bild  (Abb.)  auf 
rotem,  mit  goldenen  Sternen  bescäeten  Grunde  zwei  /Xpo.stel  mit  Schwert  und 
mit  Lanze,  also  St.  Paulus  oder  St.  INLatthäus  und  St.  Thomas.     Seine  eliemalige 

Rück.seite     (Abb.     S.      198)     stellt     auf 


Goldgrund  die  Hotschaft  des  \'er- 
kündigungsengels  an  die  \'or  einem 
niedrigen  Betpult  knieende  Jungfrau 
Maria  dar;  auf  den  Nimben  beider  liest 
man  (.iiictc  •  ijljaurici  •  amjLiUG  und 
faiicta  •  niiiria  •  Uinja  •  liinjin         ; 

ihre  Spruchbänder   lauten    ,1UC   iTlMi'iil 

pirnfiil  bnö  tccinn  uml  crcc  aiuiiia 
boinini  fint  miriji  fcöni     ... 

Die  Außenseiten  der  beiden  früher 
in  der  Bergenfahrerkapelle  aufgestellten 
Innenflügel'^)  sind  nach  ihrer  Wieder- 
herstellung durch  C.  J.  Milde  185 1  bei 
der  Einrichtung  der  gegenwärtigen 
Sakristei  in  das  dortige  nordsei  tige 
Pannelwerk  eingefügt  worden  (2  Abb.). 
Jeder  P^lügel  weist  auf  Goldgrund  in 
zwei  1,55  m  langen  Reihen  sechs 
0,88  m  hohe  P^elder  mit  ebensovielen 
vergoldeten  und  bemalten  geschnitzten 
Reliefdarstellungen  aus  dem  Leben  der 
Jungfrau  Maria  und  des  Heilands  auf, 
die  von  je  zwei  turmartigen  zwei- 
geschossigen Baldachinen  überdacht 
werden.  Der  vom  Beschauer  aus  linksseitig  angebrachte  Flügel  enthält: 
I.  die  Geburt  der  Maria,  2.  Maria  Darstellung  im  Temjjel,  3.  Maria  in  der 
Schule,  4.  Maria  bei  Elisabeth,  5.  Maria  mit  Engeln  das  neugeborene  Christ- 
kind anbetend,  6.  die  Beschneidung  Christi;  der  rechtsseitige  F'lügel:  i.  das 
hl.  Abendmahl,  2.  die  Fußwaschung,  3.  Christus  in  Gethsemane,  4.  die  Marter 
Christi,    5.  Christus   vor   Pilatus,    6.  die   Kreuztragung.     Unterhalb   der   beiden 


Gemälde  vom   ehemalig-en   Hochaltar. 


1)  Als  Geschenk  des  Bürgermeisters  Dr.  jur.  C.  L.  Roeck;  Verzeichnis  der  lübeckischen 
Kunstaltertümer,  welche  sich  auf  dem  oberen  Chor  der  St.  Katharinenkirche  befinden  (Lübeck  1855), 
Nr.    137   und   138. 

^)  Vgl.   zum  Folgenden    «Neue  Lübeckische  Blätter,«  Jahrgang    1852,   S.   225   f. 


198 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Flügel  sind  in  je  drei  0,56  m  hohen  Feldern,  die  oben  von  Baldachinen  in 
Gestalt  von  je  drei  Rundbögen  abgeschlossen  werden,  sechs  kleinere  Gruppen 
gleichen    Charakters   aufgestellt.     Sie   entstammen   den   Innenseiten   der   beiden 


Gemälde  vom  ehemaligen  Hochaltar. 


Schnit7,\verk  vom   fheiiuiligirn    lluchallar. 


Srlmitzwerk  vom  ehemaligen  Hochaltar. 


DIE  MARIENKIRCHE.  199 

Prcdcllaflü^cl  und  hal)cii  /um  ( ie^^cnstand :  i.  Christi  Darstellung;  ini  'Icnipcl, 
2.  die  Anbetun^i;  der  hl.  drei  Könige,  3.  den  IkHhlcheniitischcn  KindcTuiord, 
4.  den  i\uferstandenen,  wie  er  sich  der  Maria  Maj^dalena  ofifenbart,  5.  die 
1  linimelfahrt  Christi,  6.  die  Aus»icßuno;  des  heili,y;en  Geistes.  Mannigfache 
in  die  1  landlung  \-erfl()chtene  individuelle  Züge  legen  Zeugnis  ab  x'on  dem 
Bemühen  des  unbekannten  Schnitzers,  seinen  StolT  durch  lebensvolle  Aus- 
gestaltung" dem  Beschauer  niUier  zu  bringen.^) 

Die  Innenseiten  der  beiden  inneren  l''lügel  und  die  grol.Nc  Mitlcllafcl, 
die  zusammen  eine  Breite  von  etwa  7  m  umfal.^ten,  enthielten,  wenigstens  in 
den  letzten  Jahrzehnten  der  Heiligenverehrung,  inmitten  einer  vornehmlich  aus 
l'ialen  und  Baldachinen  zusammengesetzten  vergoldeten  Architektur  52  größere 
und  39  kleinere  silberne  Statuetten^)  im  Gesamtgewicht  von  457  lötigen  Mark 
und  1  V2  Dot  oder  von  109,231  kg.  Sie  sind  1533  zurzeit  des  W'ullenweverschen 
Regimentes  der  Geldnot  des  Staates  zum  Opfer  gefallen. 

Diese  Bildwerke  waren  in  drei  Reihen  von  versehiedencr  Höhe  an- 
geordnet. Die  Mittelreihe  barg  als  Hauptgestalten  die  i'iguren  des  Heilands 
und  der  von  ihm  gekrönten  Maria  im  Gewicht  von  4,677  und  von  etwa 
4,538  kg;  zu  beiden  Seiten  derselben  befanden  sich  je  sieben  durchschnittlich 
3,210  kg  schwere  Statuetten,  nämlich  Maria  mit  dem  Verkündigungsengel 
und  die  Aposteln  Petrus,  Jakobus  Major,  Andreas,  "Diomas  und  Mattheus  auf 
der  einen  Seite,  auf  der  andern  die  Aposteln  Paulus,  Johannes,  Simon  und 
Philippus,  der  hl.  Olav  und  die  Aposteln  Bartholomäus  und  Mathias.  Zwischen 
diesen  sechszehn  Statuetten  waren  achtzehn  durchschnittlich  0,253  kg  schwere 
Figürchen  angebracht,  jedenfalls  je  eine  vor  den  die  einzelnen  Felder  ein- 
schließenden Säulchen  und  vielleicht  ein  Engel  mit  der  Himmelskrone  über 
dem  Mittelbilde  der  Maria.  Zu  unterst  waren  siebzehn  durchschnittlich 
1,761  kg  schwere  Statuetten  aufgestellt:  in  der  Mitte  Christus  als  Schmerzens- 
mann zwischen  zwei  Engeln  mit  der  Lanze  und  dem  Kreuz  und  zu  beiden 
Seiten  je  sieben  weibliche  Heilige,  nämlich  nach  links  hin  Margaretha,  l-rsula, 
Barbara,  Katharina,  Dorothea,  eine  unbenannte  Heilige  und  Gertrud,  nach 
rechts  hin  Agnes,  Maria  Magdalena,  ApoUonia,  ein  vom  Werkmeister  Paul 
Slagge  (1473 — 87)  gestiftetes  nicht  näher  bezeichnetes  Heiligenbild,  Walpurgis, 
eine  zweite  Apollonia  und  Maria  Egyptiaca.  Die  obere  Reihe  füllten  in  der 
Mitte  die  2,279  kg  schwere  Taufe  im  Jordan  (Johannes,  Christus  und  der 
heil.  Geist)  und  zu  beiden  Seiten  dieser  Gruppe  je  neun  Heiligenfiguren  im 
durchschnittlichen  Gewicht  von  875  Gramm,  nämlich  Jakobus  Major,  1461 
gestiftet,^)  Antonius,  Erasmus,  Maria  Magdalena,  Cosmas,  Damianus,  Nikolaus, 
Lewinus  und  Magnus  auf  der  einen  Seite,  und  auf  der  andern  zweimal  die 
hl.  Anna,  Stephanus,  ein  ungenannter  Prophet,  Laurentius,  Moses,  Katharina 
und  die  Aposteln  Johannes  und  Andreas.  Zwischen  ihnen  waren  einund- 
zwanzig durchschnittlich  117  Gramm  schwere  Figürchen  angebracht,  offenbar 
je  eine  vor  den  die  neunzehn  Felder  begrenzenden  Säulchen  und  vielleicht 
ein  Gott  Yater  oberhalb  der  Taufgruppe. 
Die  Architektur  der  beiden  Innenfiügel  ist  185 1  nach  ihrer  Wieder- 
herstellung durch  den  Hamburger  Bildhauer  J.  P.  N.  Martin  in  freier  Anordnung 


^)  Vgl.   Goldschmidt,  Lüb.   Malerei  und  Plastik  bis  zum  Jahre    1530,   S.   9. 

^)  Vgl.   das  Verzeichnis   derselben  in  Mitt.   d.   V.  f.   Lüb.   Gesch.    il,   S.    179  ff. 

«)  Das.  S.    173. 


200  DIE  MARIENKIRCHE. 

und  Ergänzung  unter  Benutzung  des  damals  noch  vorhandenen  leeren  Alittel- 
schrankes  zu  zwei  Altarflügeln  zusammengesetzt,  ^\•elche  die  Westseite  der 
Sakristei  einnehmen;  sie  sind  an  Stelle  der  untergegangenen  silbernen  Statuetten 
mit  den  weißgemalten  Gipsfiguren  von  acht  Aposteln  und  je  zehn  Heiligen 
und  kleinen  musizierenden  Engeln  gefüllt,  die  aus  der  Werkstatt  des  Nürnberger 
Bildhauers  Bernhard  Afinger  stammen  und  den  Statuen  an  Peter  Vischers 
Sebaldusgrabe  nachgebildet  sind. 

Da  auf  dem  Altarschrein  noch  in  der  letzten  Zeit  seines  Bestehens  die 
Statuen  der  Jungfrau  Maria  und  des  Apostels  Johannes  aufgestellt  waren,  ^)  so 
wird  die  Krönung  des  Ganzen  ursprünglich  der  Heiland  am  Kreuz  gebildet 
haben.  ^)  Vielleicht  ist  dieses  Stück  in  einem  beschädigten,  1,24  m  hohen  gut 
geschnitzten  gotischen  Kruzifixus  erhalten,  der  nebst  seinem  3,13  m  hohen  und 
1,55  m  breiten  Kreuze  auf  dem  Boden  oberhalb  der  südlichen  Vorhalle  auf- 
bewahrt wird.^) 

Nach  Westen  hin  schloß  den  Hochaltar  ein  messingnes  Gitterwerk  ab, 
das  vom  Bürgermeister  Tidemann  Berck  (gest.  1521)  gestiftet  war  und  sein 
und  seiner  Ehefrau  Elisabeth  geb.  Möller  Wappen  trug.^)  Als  es  1696  zu- 
gleich mit  dem  Altar  abgebrochen  wurde,  sind  aus  den  1655  Pfund  schweren 
Gitterstäben"'*)  zum  größten  Teile  die  Baluster  der  vor  dem  gegenwärtigen 
marmornen   Altar  angebrachten   Brüstung  gegossen.*') 

Tetzicrer  Hochaltar.  Der  gegenwärtige,  in  guten  barocken  Eormen 
gehaltene,  prunkvoll  wirkende  marmorne  Hochaltar  (Abb.)  ist  als  ein  Geschenk 
des  Ratsherrn  (1692 — 1709)  und  Vorstehers  der  Marienkirche  (1680 — 1709) 
Thomas  Friedenhagen  vom  Bildhauer  Thomas  Ouellinus  aus  Antwerpen  ent- 
worfen und  ausgeführt.  Der  am  10.  August  1696  begonnene  Bau  des  am 
15.  August  1697  eingeweihten  Werkes  kostete  nach  Ausweis  der  vorhandenen 
Abrechnung'')  26590  ^  1 5  j^  lüb.,  von  welcher  Summe  der  Künstler  für  den 
von  ihm  gelieferten  Marmor  und  für  seine  Arbeit  2 1  000  ^  erhielt.  Der  Altar 
ist    1798/99  und    1878   wiederhergestellt. 

Der  hohe  zweigeschossige  Unterbau  besteht  aus  weißen  Marmorfeldern 
in  schwarzer  Umrahmung".  Im  oberen  Mittelfelde  ist  in  Basrelief  die  Einsetzung" 
des    hl.    Abendmahles    dargestellt.      Darüber    ragt    in    einer    von    drei    leicht 


^)  Nach  von  Melles  Angabe  (Lub.  Relig.  S.  195),  zu  dessen  Zeit  diese  beiden  jetzt  längst 
nicht  mehr  vorhandenen   Statuen   in  der  Gerwekammer  aufbewahrt  wurden. 

'^)  Er  ist  vermutlich  16S6  beseitigt  worden,  denn  als  damals  die  neue  Uhr  oberhalb  des 
Altars  aufgestellt  werden  sollte,  ordneten  die  Vorsteher  an,  »das  oberste  Theil  vom  Althar,  welches 
zimlich  mörb  und  wurmfressig  war,  herunter  zu  nehmen  und  eine  gantz  ne\\  e  Stellung  wieder  dahin 
zu  machen;«   WB.    1686,   22.  W.  n.  Ostern  (August  29 — September  4). 

*)  ^^§^-  unter   »Bildwerke.« 

*)  V.  Melle,  Familiarum  Lubecensium  clariorum  Syntagma  (Handschrift  der  Lüb.  Stadt- 
bibliothek) unter  Berck. 

^)  Im  WB.  heißt  es  unter  1697,  7.  W.  n.  Mich.  (November  14 — 20):  »Dito  von  Sr.  Wohlw. 
H.  Thomas  Friedenhagen  für  abgekaufftes  alt  Messing,  so  vor  diesem  vorn  an  dem  großen  Althar 
in  dem   Chor  gewesen,  gewogen   7   Schi?    18   Lii;  3   "ffi  a   7   /3,   entfangen   thut    724   ^    i    ß.« 

«)  Vgl.   S.   202. 

')   St.-A.,   Marienkirche.      Vgl.   auch  M:tt.   d.    V.   f.   Lüb.   Gesch.   2,   S.   42   ff.,   S.    78. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


:oi 


vorspriiiocndcn  I'ilaslcrii  ocolie-derlcn  schwar/en  Mittclnisclic  der  Heiland  am 
Kreuz  zwischen  den  (k-stalten  der  Maria  und  des  Johannes  empor.  Auf  jeder 
Seile  der  Nisclie  stehen  zwei  gleich  den  vorerwähnten  Pilastern  mit  weißen 
korintischen  Kapitalen  abschließende  glatte  Säulen  aus  rotem  Marmor.    Zwischen 

ihnen  ist  links  \ om  l^eschauer 
aus    die    SN'nibolische    i'igur 
des  (ilauhens  mit  Kelch  und 
Hihel,    rechts    die    der    1  lolt- 
nung  mit  lliiini.x   und  .\nker 
autgcstelll.        (  )])erhall)     des 
sich    Übel-    den    ganzen    ISau 
hinziehenden      \ieltach     \er- 
kröpften    Gesimses,    dessen 
schwarzes  Gebälk  wirkungs- 
\()11  \-on  einem  weißen  Friese 
unterbrochen      wird,      w(')lbt 
sich     über    der    Mittelnische 
eine  flache  I  falbkupj)el,  deren 
mit    ( )rnamenten    bedeckter 
vergoldeter    Grund    je     \ier 
achteckige   und   runde  licht- 
blaue Medaillons  umschließt. 
Mitten  über   ihr  erhebt  sich 
vor  dem  von  zwei  Posaunen- 
engeln    flankierten,     in    ge- 
schweiften l'\)rmen  auf- 
steigenden   hohen   giebelför- 
migen  Oberbau  zwischen  zwei 
Putten   und   zwei  Cherubim- 
köpfen die  Gestalt  des  Auf- 
erstandenen mit  der  Sieges- 
fahne.   Inmitten  des  den  Bau 
krönenden     durchbrochenen 
Giebelgesimses      entschwebt 
einer   Wolke    die   von   einer 
Glorie  umstrahlte  Taube  des 
hl.  Geistes.  Zu  den  Seiten  des 
Unterbaues  stehen  auf  zwei 
.  ,r    1   ,  ausgekragten    Konsolen    die 

Jetziger  Iloclialtar.  ^  ° 

Büste  des  Stifters  mit  der 
Unterschrift  NATUS  AÜ  1627  DEN  25  OCTOBER,  DENATUS  ANNO  1709  DEN 
20  APRIL  und  dessen  Wappen  (z\\'ei  einander  zugewandte  Tauben  unter  einem 
Palmbaum,  auf  dem  tielm  eine  auffliegende  Taube).  Unterhalb  der  Gestalten 
des  Glaubens   und   der    Hoffnuno-   befinden   sich    die    vom  Schreibmeister  Peter 


202 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Tiedemanii  entworfenen  Inschriften:  ANNO  1697  IST  DIESER  ALTAR 
GOTT  ZU  EHREN  UND  HEILIGEM  GEBRAUCH  VON  HERRN 
THOMAS  FRIEDENHAGEN  RATHMANN  DIESER  STADT  AUS  GUTEM 
FREIEN  WILLEN  VEREHRET  WORDEN,  und:  GOTT  WOLLE  DIESEN 
ALTAR  UND  KIRCHE  SAMPT  DER  GANZEN  WERTHEN  STADT  IN 
GUTEM  FRIEDEN  UND  RUHE  ERHALTEN  BIS  AN  DEN  LIEBEN 
JÜNGSTEN  TAG.     AMEN! 

Die  den  x'\ltar  nach  Westen  hin  abschheßende  niedrige  Balustrade  zeigt 
zwischen  sechs  breiten  hölzernen  Pfosten  mit  großen  Kugelaufsätzen  54  ge- 
drungene messingne  Baluster  von  0,74  m  Höhe.  Die  zwischen  den  vier  seit- 
lichen Rahmen  enthaltenen  44  Säulen  sind,  1421  Pfund  schwer,  1697  aus  dem 
Metall  des  Schrankenwerks  des  früheren  Hochaltars  gegossen,^)  während  die 
zehn  zusammen  nur  70  Pfund  \\'iegenden  Säulen  der  die  Mitte  bildenden 
Doppeltür  erst  1800  im  Anscliluß  an  die  damalige  Wiederherstellung  des 
Altars  gefertigt  sind.  ^) 

Die  Nebenaltäre. 

Außer  dem  oben  beschriebenen  ehemaligen  Hauptaltar  befanden  sich 
früher  in  der  Marienkirche  mit  lunschluß  ihrer  Kapellen  gegen  vierzig  Neben- 
altäre. Über  sie  gibt  im  einzelnen  das  nachstehende  Verzeichnis  der  Vikarien- 
stiftungen  Aufschluß. 


Num- 
mer^) 

Datum 
der  Be- 
stätigung 

Stifter 

G  e  \\-  e  i  h  t 

Lage  des  Altars 

Quelle 

I 

1257 
April  17 

Alfwin  Swarte 

(Niger). 

ad  honorem 
s.  Bartholomei  ap. 

(bii  der  vunte)^) 

ÜB.  des 

Bistums 

Lübeck  I 

No.    129. 

^)  ^gl-  S.  200.  —  In  der  oben  erwähnten  Abrechnung  über  die  Baukosten  des  Frieden- 
hagenschen    Altars    heißt    es:     »Pro    die    höltzerne    Versetzung,     darin    die    Messingspfeiler,    an    den 

Schnitger  Joachim  Gättens  zahlt  152  ^.    Pro  6  höltzerne  Knöpfe  auf  das  Gitterwerk  6  ^  12/3 

Pro  44  Meßingspfeiler  zu  das  Gitterwerk  zu  machen  ä   7    ^  r=  308   ^.« 

^)  Vgl.  WB.  1800  Februar  17 — 23:  »An  Beckenschläger  J.  N.  Wieh  für  10  Stück  neue 
meßingene  Pfeiler  zu  die  neuen   Altarthüren,  gewogen   70  ^  ä  3    ^,   laut  Rechnung  mit  210   ^.« 

^)  Die  vorangestellte  Zahl  bezeichnet  die  Nummerierung  und  Reihenfolge  der  Vikarien  in 
dem  1513  angelegten  Verzeichnis  des  Dompropstes  D.  Albert  Broker  (Registrum  Alberti  Broker 
im  Großherz.  Haus-  und  Zentral-Archiv  zu  Oldenburg,  Handschriften  des  Bistums  Lübeck  A  No.  22, 
Bl.   69—78). 

*)  1462  Januar  6  bestimmte  Hinrik  van  Hacheden  d.  Jung,  letztwillig:  »Item  wil  ik,  dat 
me  de  lampen  vor  dem  altare  s.  Bartholomei  bii  der  vunte  to  Unser  Leven  Frouwen  schal  alle  jar 
beköstigen  lo  bernende  mit  viff  marken;«    St.-A.,  Test. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


20' 


Num- 
mer 


I )atuin 
der  Be- 
stätigung 


Stifter 


1268 


Geweiht 


Lage  lies  Altars 


Gerhard (quondaiii        b.    Kathcrinc 
Sigesti  filius)  f. 


1270       Hinr.  V.  Isernlo.''^)      (s.   Margarete.)^) 
Juni    27  I 


1274      Ritter    Uetlev    v. 
Aug.   9  Bocwolde  f. 


1275 
März  24 


Johs.   Frese 
(Frisonis)  f. 


in  honore  s.  crucis. 


(in  honore 
b.  Andree.)*) 


I  291  um   Ecbert  Schilder. ")    in  honorem  omni- 
Ostern  pot.   dei  et  glorio- 

sissime  matris  ejus 

virg.   Marie,   b. 

EUzabeth  vidue  et 

SS.   Fabiani  et 

Sebastiani  mart. 


—    I     1304      Nik.Vrowedhe f. ') 
März   16 


(am    \\  Miiiliilrilcr 

zwischen  der 

Alen-  und  der 

Oldesloe-Kapelle.  ^) 

(an  der  ( )st\vand 
der  südlichen  Vor- 
halle; vgl.  S.  170.) 

(an    der   Nordseite 
der   Umfassungs- 
mauer   des    Hoch- 
chors;   vgl.     1395 
Dez.    31.) 

(in  parte  australi.)^) 


retro     choruni     ad 
Orienten!  (vgl.  unter 

1357)- 


Quelle 


l  .-!;.   des 

Bistums 

Lübeck    I 

No.   200. 

Daselbst 
No.    210. 

Daselbst 
No.   241. 


Dasell)st 
No.   243. 

L'.-l',.   der 

Stadt 
Lübeck  3 
No.  407. 


Mecklenb. 

U.-B.   5 

No.  2918. 


*)  1508  Juli  21  süfteten  die  Testamentsvollstrecker  des  Domherrn  D.  Joh.  Stammel  in  der 
Marienkirche  »ad  altare  s.  Katherine  in  latere  aquilonari,  ubi  ascenditur  ad  Organa  vicariorum  ac 
ad  librariam  eorundem«  (vgl.  S.  167),  eine  Kommende  zu  Ehren  des  Heilands,  der  Jungfrau  Maria, 
des  Apostels  Thomas,  des  hl.  Eustachius  und  seiner  Gefährten  und  der  hl.  Barbara;  St.-A.,  Olden- 
burg, Registrum  capituli  5,  Nr.  24.  Ferner  verlieh  Bischof  Arnold  1462  Juli  30  dem  Bürgermeister 
Bertold  Witik  das  Patronatsrecht  für  die  von  Gerhard  Oldesloe  (s.  unter  1398)  gestiftete  Vikarie 
»ad  altare  in  capella  per  eundem  Gherardum  versus  partem  septentrionalem  prope  altare  b.  Katherine 
ex  opposito  chori  ibidem  erecta  et  constructa;«  Reg.  cap.  4,  No.   131. 

^)   Am    Rande    bei    Alb.    Broker:      »Societas     mercatorum     der     Nouwervarers«     (s.    unter 

1439  Juli    0- 

•■')  Nach  einer  Urkunde  des  Domkapitels  von  1274;  U.-B.  des  Bistums  Lübeck  i,  No.  235. 
Die  Urkunde  über  die  Neugründung  dieser  Vikarie  durch  die  Nowgorodfahrer  von  1439  Juli  I 
läßt  sie  jedoch  den  gleichen   Schutzheiligen  wie  die  jüngere  geweiht  sein. 

■*)  Vgl.  U.-B.  des  Bistums  Lübeck   i,  No.   256  und  No.  254  Anm. 

^)  15 19  Oktober  I  stifteten  die  Testamentsvollstrecker  weil.  Joh.  Hoppers  »ad  altare  s.  Andree 
apostoli  in  parte  australi  situm»  eine  Kommende  »ad  laudem  gloriamque  dei  omnipotentis  necnon 
deipare  Virginis  ac  s.  Anne  et  omnium  sanctorum«;  Reg.  cap.  5,  No.  55.  Der  Altar  scheint 
identisch  mit  dem  nach  der  Stiftungsurkunde  von  1378  August  13  am  3.  oder  4.  Süderpfeiler  belegenen. 

'^)    1357   März    12   neu  bestätigt;   U.-B.  der  Stadt  Lübeck  4,  No.   63. 

')  Laut  letztwilliger  Verfügung  von   1289  April  7;  U.-B.  der  Stadt  Lübeck   i,  No.  583. 


204 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Num- 

Datum 
der  Be- 

Stifter 

Geweiht 

Lage  des   Altars 

Quelle 

mer 

stätigung 

15 

1320 

Konstantine!.  Alt.  ^) 

ad     honorem     dei 

(ante  ambonem.)  ^)    U.-B.   des 

April   6 

omnipot.   et  ss. 

Philippi    et  Jacobi 

ap. 

Bistums 
Lübeck   I 
No.   488. 

12  3) 

1327 

Arnold  Kahle 

— 

— 

Daselbst 

Sept.  24 

(Calvus)  t- 

No.   526. 

5,   6 

1328 

Herrn. Klendenst.  *) 

I.    in    honorem    s. 

(rechts     vom    Ein- 

Okt.  7 

Michaelis       ar- 

gang  zur  nach- 

changeli. 

maligen  Sänger- 

Daselbst 

kapelle.)  ^) 

No.   538. 

2.    in    honorem    s.                   — 

Andree  ap.         1 

8—10 

1328 

Ratsherr  Arnold 

3  Vikarien^)  in  capella, '')   quam  dictus 

Dez.    I 

Wlome. 

Arnoldus  jam  construxit  suis  sumptibus 
in    honorem    s.    Johannis    ewangeliste 
(vgl.   S.    161). 

Daselbst 
'No.   540. 

1 1 

1328 

Alb.  V.  Bardewich 

in  honorem 

(versus  partem 

Dez.    I 

t- 

s.   Mathye  ap. 

Orientalen!;    vgl. 
unter  1401  Juli  17.) 

7 

1331 

Joh.  Goldoghe  f. 

in  honorem  dei  et 

(ad    austrum    retro 

Daselbst 

Juli   2  2 

s.   Mathei  ap. 

januam   superio- 

rem/)  qua  itur  de 

ecclesia  ad  domum 

consulatus).  ^) 

No.   564. 

1)   1378  Juli   16  teilweise  neu  dotiert;  Mecklenb.  U.-B.    19,  No.   11  124. 

^)  Wohl  identisch  mit  dem  1379  April  3  (Mecklenb.  U.-B.,  No.  111S7)  gelegentlich  einer 
Ablaß  Verleihung  seitens  des  Bischofs  von  Ratzeburg  angeführten  »altare  apostolorum  bb.  Philippi, 
Jacobi   et  Laurencii  ante  ambonem  situm.« 

^)   Zusatz   im  Register  des   Albert  Broker:    »hodie  tamen   incorporata  est  pro   decano.i 

*)  1327  Dezember  11  wurde  dem  Stifter  und  seinen  Nachkommen  das  Präsentationsrecht 
für  beide  Vikarien  verliehen  unter  der  Bedingung,  daß  er  die  betreffenden  »duo  altaria  perpetua 
seu  vicarias«   binnen   Jahresfrist  errichten  und  dotieren  würde;   Reg.   cap.   2,  No.   21. 

^)  1520  Februar  i  stifteten  die  Testamentsvollstrecker  des  (ßergenfahrers)  Dirik  Scrivers 
»tome  altare  s.  Michaelis  in  Unser  Leven  Frouwen  kerken  tor  forderen  hant  des  inganges  der 
tyde  Unser  Leven  Frouwen f'  eine  ewige  Kommende  zu  Ehren  des  Heilands,  der  Jungfrau  Maria, 
der  hl.  Anna  und  der  .Aposteln  Philippus  und  Jakobus;  Reg.  cap.  5,  No.  56.  Nach  einer  Nieder- 
stadibucheintragung  von  1525  April  10  lag  diese  Kommende  )>by  der  ßenngercappellen  nha  dem 
ingange  van   der  Fleschou\\ erstraten   tho  s.   Michaelis  altar.« 

*)  Zusatz  im  Register  des  Albert  Broker:  »2.  eciam  vicaria  sive  media  incorporata  est  hodie 
mense  episcopali.« 

')   »in  capella  signi<f    nach  dem  Register  des  A.lbert  Broker;   vgl.  auch  unter  1523  Januar  25. 

*)  1618,  8.  W.  n.  Mich.  (Nov.  22 — 28)  wurde  »dat  Altar,  dar  Doctor  Petrus  Haagen  sehl. 
Epitaphium  gesettet,  wechgebracken«  (WB.);  nach  Rehbeins  Chronik  ^Handschrift  der  Stadtbibliothek) 
^-  359  war  dies  der  Knochenhaueraltar  (vgl.  auch  oben  S.  131).  Im  Niederstadtbuch  wird  bereits 
1328   (unter  in  nativ.   Domini   und  unter  Laurencii)  ein   »altare  carnificum«   erwähnt. 

®)  Randbemerkung  zum  Verzeichnis  der  Vikarien  der  Marienkirche  im  Liber  Theoderici 
Grebbin  von  etwa    1527;   St.-A.   Oldenburg,  Handschriften   des  Bistums  Lübeck  A  No.    17. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


205 


Num- 
mer 


Datum 
der  Be- 
stätigung 


1334 

Okt.   27 


Mai    T,  ] 


1347 
März   7 


1347 
März   7 


1353 
Mai    I  7 


Stifter 


Joh.   Gheysmar. 


Geweiht 


Ratsherr   (lott- 

srhalk 
V.   Warendori). 


Joh.  V.  Geysmarf. 


Herrn.   Keyser  j 

und 
Gottfried  Lana;he. 


Wilh. 
y.   Warendorp. 


ad  lionorem  omni- 

pot.  dei  sueque  pie 

matris      Marie     et 

b.   Jacobi   ap. 


ad  lionorem  onini- 
pot.  dei  sueijue  pie 
matris  Marie  ac 
SS.  Symonis  et  Jude 
ap. 

zwei  Vikarien  ad 
ipsius  (d.  h.  domini 
nostri  Jhesu  Christi) 
laudem  et  gloriam 
ejusc[ue  benedictis- 
sime  matris  Marie 
et  b.  Jacobi  ap. 
et  omnium  sanc- 
torum. 

ad  honorem  omni- 
pot.     dei     ejusque 

benedictissime 

matris  ac   omnium 

sanctorum. 


ad  honorem  omnip. 
dei  ejusque  bene- 
dictissime     matris 

virg.   Marie, 
b.    Mathie    ap.    et 
s.     Barbare      virg. 
ac    omnium    sanc- 
torum. 


Ouelle 


Reg 
No. 


laj). 
MI 


(in     einer    an    der 

Nordseite  des 
Langschififes       be- 
legenen    Kapelle ; 
vgl.   S.    162.) 


in  (•a])C'lla  (b.  Marie    l'.-l!.    des 
virg.  in  latere  sep-      iJistum:- 
tentrionali '),  quam 
pro])riis  suis  sump- 
tibus  construxit. 


ad  altare  per 
ipsum  ...  ad 
honorem  dei  omni- 
pot.  sueque  pie 
matris  Marie  et 
b.  Jacobi  aj).  con- 
structum  (vgl.  unter 
1334)- 


(ad   aquilonem 

versus,  que  [vicaria] 

est     ex    occidente 

ascendendo  in 

ordine    capella 

([uarta.)') 

in  capella  per  eun- 

dem  Wilhelmum  . . . 

constructa.  ^) 


Lübeck   I 
No.  615. 


Mecklenb. 
U.-B.  IG 
No.  6734. 


Reg.cap.  2 
No.   195. 


Reg.cap.  2 
No.   243. 


1357       Der  Li^ibecker  Rat  in   honorem  in  capella  media  ad  ;  U.-B.   der 


März  I  2 


(mittelst  einer 

Stiftung  des  x\rnold 

Levendige  f.) 


b.   Jacobi    apostoli  j  partem    australem. 
majoris  et  s.   Ger 
trudis  virCT. 


Stadt 

Lübeck   4 

No.   6-?. 


')  Randbemerkung   zum    Verzeichnis    der    Vikarien    der    Marienkirche    im    Liber    Theoderici 
Grebbin  von  etwa   1527;  St.-A.  Oldenburg,  Handschriften  des  Bistums  Lübeck  A  No.   17. 
^)  Vgl.  S.    164. 


2o6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Num- 

Datum 
der  Be- 

Stifter 

Geweiht                     Lage  des   Altars 

Quelle 

mer 

stätigung 

20 

1357 

Der  Lübecker 

wie   1 2  9 1   um 

retro  chorum  ipsius 

U.-B. 

März  12 

Rat. ») 

Ostern. 

ecclesie    ad   altare 

b.   Elizabeth 

et  ss.   Fabiani  et 

Sebastiani.  ^) 

der  Stadt 

Lübeck  4 

No.   63. 

21 

1362 

Tymmo  v.  Seghe- 

in      honorem      dei    (in    der    Segeberg- 

Reg.cap.  2 

Nov.  24 

berghe. 

genetricis  virg.            Kapelle;   vgl. 
Marie,   Mathei  ap.  ,  S.    165   und   unter 
ac    decem    milium  '     1378   Aug.    13.) 

No.   232. 

beatormn. 

23 

1373 

Hinr.   Vlint  f. 

ad    hon.    omnipot. 

in  quadam  capella 

Reg.cap.  3 

Juni  31 

dei     ejusque    bea- 
tissime     genetricis 
virg.     Marie,      ss. 
Bartolomei    ap.    et 
trium   regum. 

de  predicti  Hinrici 
Vhnt     bonis     con- 
structa  et  edificata 
(vgl.     unter     1474 
und   S.    165). 

No.   10. 

24 

1376 

Bürgermeister 

ad  laudem  et  hon. 

in    capella ,    quam 

Daselbst 

Juni   2  0 

Herrn,   (iallin  f. 

omnipot.   dei  ejus- 
que benedicte  ma- 
tris  et  gloriose  virg. 
Marie  ac  bb.  Petri 
et   Pauli    ap.    nec- 
non  ss.  Barbare  et 
Dorothee  virg. 

ipsi   (testamentarii) 

ad    hoc    in    parte 

aquilonari  versus 

orientem  noviter 

construi     fecerunt. 

(Vgl.   S.    167.) 

No.   II. 

26 

1378 

Vikar  Erdvan 

in    hon.    omnipot. 

ad    altare    vicarie, 

Mecklenb. 

Aug.  13 

Mankemos  j  und 

dei    ejusque   bene- 

quam    ntmc    tenet 

U.-B.    19 

Peter  v.  Hereke. 

dictissime  matris 

dominus  Tidericus  No.  1 1 1 30. 

virg.  Marie  necnon 

Frese,  in  oppositum 

bb.  Johannis 

capelle     de    bonis 

ewang.   et  Georgii 

quondam  Tymmo- 

mart. 

nis    de   Zegeberge 
in     dicta    ecclesia 
erecte  et  constructe. 
(Vgl.   unter  1362.) 

^)  Vgl.  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  3,  No.   270,   273,  407. 

'')  148 1  Juli  17  stiftete  Bürgermeister  Hinrich  von  Stiten  400  Mark  »in  ene  vormeringhe 
unde  vorbeteringhe  der  renthe  unde  upkome  der  ewyghen  vicarien,  de  de  rad  tho  Lubeke  gestichtet 
unde  ghemaket  hefift  tho  der  ere  godes,  Marien  syner  werden  moder  unde  tho  der  ere  der  hilighen 
martelere  Fabiani  unde  Sebastiani  unde  der  hilighen  vrouwen  s.  Elizabeth,  patronen  dersulven 
vicarien,  tho  deme  altare  in  des  rades  cappellen  in  Unser  Leven  Vrouwen  kerken  bynnen  Lubeke 
achter  der  schiven  in  dat  osten  van  dersulven  kercken;«  Lub.  Relig.  S.  214 d—f  (nach  unbe- 
kannter Quelle). 


DIE  MARIENKIRCHE 


207 


Num- 
mer 


Datum 
der  Be- 
stätigung 


Stifter 


Geweiht 


Lage  des  Altars 


Quelle 


25 


1378 
Dez.   17 


Herrn.  Warendorp 


46 


1378^) 


27 


28-30 


1380 
Nov.  23 


1385 
Sept.  20 


Nik.  und  Everh. 
V.  Alen  f. 


ad  laudem  et  hon. 
omnipot.  dei  ac 
b.  Andree  ap.  et 
Stephani  protho- 
martiris. 


Joh.  V.  Verden  f.    in  honore  omniimi 
sanctorum. 


Bertold  Holthusen. 


drei  Vikarien  in 
honorem  omnipot. 
dei   ejusque   bene- 

dictissime  matris 
virg.  Marie,  sancte 
crucis,  b.  Johannis 
ap.    et    ewang.    et 
sanctorum     decem 

milKum   mihtum. 


in  quadam  capella 
ejusdem  ecclesie 

alias  per  dominum 
Godscalcum   pie 

memorie ,  patrem 
dicti  Hermanni, 

edificata  (vgl.  1336 
Mai   31). 

ad  altare  situm  in 
capella  lateris  sep- 
tentrionalis  secun- 
da  descendendo  in 
ordine  per  eosdem 
Nicolaum  et  Exer- 
hardum  de  Alen 
constructa. 

ad  altare  de  bonis 

memorati  Johannis 

de  Verden 

constructum   et 

erectum.  ^ 

ad   altare  .  .  .   per 
predictum     Bertol- 

dum  Holthusen 
erectum  et  con- 
structum (in  capella 
sua  ex  opposito 
den  Engen  Kram- 
boden in  capella 
trium     regum     seu 

potius  que  est 

vicina    [capelle]  ^) 

trium  regum).*) 


Reg.  cap.  3 
No.   16. 


U.-B.  der 

Stadt 
Lübeck   5 
No.   537. 


Reg.  cap.  3 
No.   18. 


Daselbst 
No.   20. 


^)  Laut  der  Bestätigungsurkunde  von  14 15  Juli  12,  »quia  littere  hujusmodi  vicarie  .  .  . 
minime  exstiterant;«  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  5,  No.   537. 

^)  1369  März  18  vermachte  Johann  von  Verden  zum  Bau  der  Marienkirche  50  ^,  »pro 
quibus  ibidem  ante  meum  altare  eligo  sepeliri,«  und  lO  ^  Reute  sowie  drei  Buden  in  der  Effen- 
grube  »ad  meam  vicariam  per  me  fundatam  in  ecclesia  b.  Marie  virginis  apud  illam  perpetue 
permanendos.«  1363  Oktober  9  verfügte  Reymar  von  Verden:  »In  ecclesia  b.  Marie  virginis  juxta 
altare  b.  Olavi  (vgl.  unter  1406  März  17)  in  sepulchro  fratris  mei  meam  eligo  sepulturam.« 
St.-A.,  Test. 

^)  capelle  fehlt. 

*)  Randbemerkung  zum  Verzeichnis  der  Vikaried  der  Marienkirche  im  Liber  Theoderici 
Grebbin  von  etwa    1527;   St.-A.   Oldenburg,   Handschriften  des  Bistums  Lübeck   A  No.    17. 


208 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Num- 

Datum 
der  Be- 

Stifter 

Geweiht 

1 
Lage  des  Altars 

Quelle 

mer 

stätigung 

31 

1394 
Nov.  12 

Ludeke  Dynningh. 

ad  laudem  et  hon. 
omnipot.   dei  ejus- 

que  benedicte 
matris    et   gloriose 
virg.    Marie    et   b. 

Catherine  virg. 

(im  Norderschiff 

am  5.  Pfeiler;  vgl. 

unter    1508 

März   31). 

Reg.cap.3 

No.   21. 

45 

1394 

Domherr  Herm.   ;  in   honorem  omni-    ad  altare  s.  Mathie 

Daselbst 

Dez.   20 

v.    Rozstok. 

pot.     dei     ejusque  1      aj).   (vgl.   unter 
benedicte  matris  et        1326   Dez.    i). 
gloriose  virg.  Marie 

No.   60. 

ac     bb.     Johannis 

bapt.,   Blasii, 
Nicolai  et  omnium 

sanctorum. 

32,33 

1395 
März  6 

Herm.   van   der 

Molen 

(de  Molendino)  f. 

I .  in  honorem  om- 
nipot.   dei  ejusque 
benedicte  matris  et 
gloriose  virg. Marie, 
s.  Bartholomei  ap., 
Allexii  confess.,   s. 
Barbare  virg.  et  om- 
nium  sanctorum. 

ad   altare  in 
capella   .   .  .   cum 

bonis   predicti 
testatoris  erecta  et 
constructa  (in  ca- 
pella superiori 

Daselbst 
No.   22. 

2 .  in  honorem  (usw. 

versus  orientem  in 

Daselbst 

wie    unter     i     bis) 
Marie,     s.    Jacobi 

majoris  ap.,   s. 
Cristopheri    mart., 
s.   Margarete  virg. 

parte  meridio- 

nali^)  bezw.  Inder 

oversten     cappel- 

len   to   der  suder- 

syden)  ^). 

No.   62. 

et    omnium    sanc- 

torum. 

34 

1395 

Joh.  Vischbeke  j. 

ad  laudem  et  hon.    ad   altare   s.  crucis 

Daselbst 

Dez.   31 

omnipot.  dei  (usw. 
wie  oben  bis)  Marie 
et  SS.  Petri  et  Pauli 
ap.  et  b.  Dorothee 
virg. 

in    superiori    parte 
ejusdem  ecclesie  in 

parte  aquilonari 
prope    chorum    ip- 
sius  ecclesie  situm. 

No.   23. 

35 

1397 
Mai   5 

Älterleute   der       ad  laudem  et  lion. 
Schoncnfahrer.      omnii)Ot.  dei  (usw. 

ad  altare  per  preli- 
batam     societatem 

Daselbst 
No.   24. 

wie  oben  bis)  Marie 

et  SS.  Johannis 
bapt.,    Thome    ap. 

in    parte    australi  ^) 
ejusdem  ecclesie  de 
novo     erectum     et 

et  Gervasii  conf. 

constructum. 

^)  Randbemerkung    zum    Verzeichnis    der    Vikarien    der    Marienkirche    im    Liber    Theoderici 
Grebbin  von  etwa    1527;   St.-A.   Oldenburg,  Handschriften   des  Bistums  Lübeck   A  No.    17. 
2)  U.-ß.   der  Stadt  Lübeck   7,  No.   813. 
^)   Am   zweiten   NN'andpfeilcr  des  Süderscliiffs;   vgl.   S.    215. 


DIE  MARTKNKIRCIIK. 


209 


Datum 
der  Be- 
stätigung 


36,37       1397 
Nov.   10 


38,39^     1398 
Jan.    9 


1400 
Jan.    8 


1401 
Juni   S 


140t 
Juli    17 


1406 
März  I  7 


Stifter 


Henneke  Jürgens 
(Cieorgii). 


Gerhard   Oldeslo. 


Geweiht 


Lage  des  Altars 


Joh.   Bruscowe. 


Älterleute  der 
Bertfenfahrer. 


Herder  Bolte  f. 


Ratsherr  Hinr. 
V.   Hachede  j. 


1.  in  honorem  li. 
Katharine. 

2.  in  honorem  h. 
Anthonii. 

1.  in  honore  b. 
Andree   ap. 

2.  in  honore  bb. 
Fabiani  et  Se- 
bastiani  marti- 
rum. 

sub   titulo  et  voca- 
bulo      b.     Barbare 


sub  titulo  seu  vo- 
cabulo  b.  Marie 
virg.,  b.  Olavi,  b. 
Sunive  et  omnium 
sanctorum. 

sub  tit.  et  vocab. 
gloriosissime  virg. 
Marie  omniumque 
beatorum  angelo- 
rum  et  s.  Andree 
ap. 

sub    tit.    et  vocab. 

b.    Bertolomei   ap. 

et    SS.   Katerine  et 

Dorothee  virg. 

sancteque    Anne 

matris     beatissime 

virg.  Marie. 


ad    alturc    b.    Bar- 
tholomei  (vgl.  unter 

1257)- 

ad  altare  b.  Mathei 

a]).    (vgl.    unter 

133I)- 

ad  altare  in  capella 

per  predictum 

(ierhardum  erecta 

et  construrta  (pro- 

pe  porticum).  ^) 

ad  altare  situm  in 
capella  vulgariter 
dicta  Tymmonis  de 
Zegeberge  versus 
partem  meridiona- 
lem  situata. 

sub  turri  (an  der 
Nordwand 

der  Bergenfahrer- 
kapelle).  ^) 


ad  altare  b.  Mathie   Reg.cap. 


Quelle 


U.-B.  der 

Stadt 
Lübeck  4 
No.   664. 


Reg.cap.  3 
No.   26. 


Daselbst 
No.   27. 


U.-B.  der 

Stadt 

Lübeck  5 

No.   17. 


ap.   versus 

partem    Orientalen! 

situatum. 


ad  altare  s.  Olavi 
martiris  in  latere 
meridionali  quasi 
in  opposito  capelle 
s.  Anne  ad  Orien- 
ten! situat[um],^) 
ultimum  tamen  in 
eodem  latere  ad 
occidentem. 


No.   2g. 


Daselbst 
No.  .^o. 


1)  Randbemerkung  zum  Verzeichnis  der  Vikarien  der  Marienkirche  im  Liber  Theoderici 
Grebbin  von  etwa  1527;  St.-A.  Oldenburg,  Handschriften  des  Bistums  Lübeck  A  No.  17.  Nach 
Angabe  von  1462  (U.-B.  der  Stadt  Lübeck  10,  No.  200)  lag  der  Altar  »in  capella  per  eundum 
Gherardum  versus  partem  septemtrionalem  prope  altare  b.  Katherine  (vgl.  unter  1268)  ex  opposito 
chori   ibidem  erecta  et  constructa.t 

')  Vgl.  S.   170. 

^)  situatam. 

14 


210 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Num- 

Datum 
der  Be- 

Stifter 

Geweiht 

Lage  des   Altars 

Quelle 

mcr 

stätigung 

44 

141 1 

Joh.   Hülste  f. 

in  honorem   omni- 

ad   altare  s.   Olavi 

U.-B.   der 

April  1 8 

pot.     dei     ejusque 

sub     turibus     (vgl. 

Stadt 

benedicte  matris  et 

unter  1401  Juni  8). 

Lübeck  5 

gloriose  virg.  Marie 

No.  364. 

sanctaruuKjue  Ger- 

trudis   et    Barbare 

virg. 

47 

1420 

Ratsherr  Joh. 

ad    laudem    et   ho- 

ad  altare   situm 

Reg.cap.3 

Jan.    19 

Darsow  nebst  vier 

norem     sancte     et 

])roiie   capellam  in 

No.  85. 

Neffen. 

individue  trinitatis, 
beate    Marie,    Bar- 
bare, Catherine  vir- 
ginum. 

absidia  lateris  sep- 
tentrionalis    primo 

descendendo   a 
janua    superiori   in 
ordine  per  eosdem 

constructum.  ^) 

48 

1420 

Priester   Herni. 

sub   tit.    et    vocal). 

ad   altare  situm  in 

Daselbst 

Febr.  16 

Koningii. 

omnipot.   dei  ejus- 
que benedicte  ma- 
tris     Marie      virg. 

gloriose   ac  bb. 

Johannis    bapt.    et 

Johannis  ewang. 

ca])ella    cpiarta    in 
ordine  lateris   sep- 
tentrionalis    ascen- 

dendo   versus 

chorum  (vgl.  unter 

I347-) 

No.   87. 

49 

1421 

Joh.   Stenbeke. 

sub     vocabulo     ss. 

ad  altare  in  ecclesia 

Daselbst 

Sept.  30 

Jacobi    aj).    et    Ni- 
colai  conf.    et  om- 

b.   Marie  virg. 
Lubicensis  ultimum 

No.  91. 

niuni    sanctorum.      in    descensu    et  in 

parte      meridionali 

situm. 

— 

1427 

Der  Priester 

ad  laudem  et  hon. 

in    capella   septen- 

U.-B.   der 

Nov.  29 

Hinrich  Kote  und 

omnii)ot.    dei    glo- 

trionalis  jtartis  .  .  . 

Stadt 

(ierhard   Klote.  ^j 

rioseque  matris 

Marie  sub  -s'ocabulo 

s.    Mathei    ap.    et 

ewang. 

in  descensu  ultima. 

Lübeck   7 
No.   80. 

— 

1439 

Alterleute  der 

ad   hon.   sancte 

in  ecclesia  b.  Marie 

'  Daselbst 

Juli    I 

Nowgorodfahrer. 

crucis  beatorumque 

Petri  ap.  ac  Georgii 

mart. 

virg.  Lubicensis  in 
parte  australi  prope 
ymagines  ss.  trium 
regum    in    ascensu 
ejusdem  ecclesie.^) 

No.  802. 

^)  Nach  einer  Buchung  im  Memorieiikalender  des  Domes  (einverleibt  dem  Registrum  Alberti 
Broker)  unter  dem  17.  März  lag  eine  Vikarie  der  Familie  Dartzouwe  «in  ecclesia  b.  Virginis  ad 
altare  situm  prope  ostium  superius   in  latcre  septentrionali.« 

'^)  Unter  Neudotierung  der  schon  1359  bestehenden  Vikarie  ihres  Großvaters  Hinrich 
Witte;  vgl.  S.    163. 

^)  Vgl.  S.  170.  —  1475  J*^"'  2  stiftete  Joh.  Luderhusen  »ad  altare  in  capella  vulgariter 
der  Nougardevarer  nuncupata«  eine  Kommende  zu  Ehren  der  Jungfrau  Maria;  Archiv  der  Handels- 
kammer zu  Lübeck,   Nowgorodfahrer  No.   54   Abschrift  des    17.  Jahrh. 


DIK  MARIENKIRCHE. 


21  I 


Nuin- 
mer 


52 


Datum 
der  Be- 
stätigung 


Stifter 


I-age  des   Altars 


Quelle 


T474 
De/.    2 


1476 
Aug.    2 


1491 
Dez.    17 


1493 
März  2  2 


Hinr.   Grvmmolt. 


Hinr.   Moller 


in  capella  in  parle    Reg.cap.  4 


australi  versus  occi- 

(lentem    ad    altare 

s.   IJartolomei  (vgl. 

unter    1373). 


ad  laudem  et  hon. 
domini  nostri  Jesu 

Christi  ejusque 
gloriose  virg.  et 
matris  Marie  et  spe- 
cialiter  ss.  Mathei 
ap.  et  Apolonie 
virg.  et  mart.  et  om- 

nium  sanctorum. 


ad  laudem  et  hon.  ad  altare  der  Ber- 
domini  nostri  Jesu  gervarer  vulgariter 
Christi  sueque  virg.  '  nuncu])atum  (vgl. 
matris  Marie,  s.  unter  1401  Juni  8). 
Ülavi    omniumqui 


Kerstian   Bade. 


sanctorum. 

ad  laudem  et  hon. 
omnipot.  dei  ejus- 
que benedicte 
matris  Marie  virg. 
gloriose  ac  s.  Jo- 
hannis  bapt.  et  b. 
Margarete  virg.  et 
mart. 


Anna  (Witwe  des  I  sub    titulo    et    no- 
Michael)     Crripes-    mine  s.  Anne  vidue. 
hörn. 


1494       Hinr.    und    Adolf 

Febr.  2^    Greverade  (fratres 

cives  LubicensesY 


ad  hon.  sancte 
crucis,  SS.  Johannis 
evang.  et  Jheronimi 
conf.  aliorumque 
patronum  prefate 
capelle. 


ad  altare  s.  Johan- 
nis bapt.  et  b. 
Margarete  \irg.,  ad 
quod  nunc  alia 
reperitur  tundata 
vicaria,  quam  ho- 
norabilis  vir  domi- 
nus JoachimVikinc- 

husen  vicarius 
possidet  in  ecclesia 
b.  Marie  virg.  Lu- 
bicensis  in  absidia 

lateris  australis. 

ad  altare  s.trinitatis 

penultimum  in 

descensu    a    choro 

ecclesie    in    latere 

aquilonari. 

ad  altare  situm  in 
capella  sub  turri 
boreali  per  eosdem 

ceterosque  dei 
cultores    de    novo 
constructa   et    edi- 

ficata  digneque 

ornata  ac  per  nos 

consecrata. 


No. 


Daselbst 
No.    118. 


Daselbst 

No.     M2. 


Daselbst 
No.    i^.^. 


1 )aselbst 
No.    i:;6. 


')  No.  51  des  Brokerschen  Registers  betrifft  eine  Vikarienstiftung  des  Rates  für  die  Kapelle 
Maria  am  Stegel. 

14* 


2l2 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Num- 

Datum 
der  Be- 

Stifter 

Geweiht                     Lage  des  Altars 

Quelle 

mcr 

stätigung 

1 
1 

57 

1494 

Dietrich  Loeff  f. 

ad    hon.    omnipot. 

ad   altare  situm  in 

St.-A. 

Mai    17 

dei  et  gloriose  virg. 

capella  sub  turre  (!) 

Lübeck, 

Marie  sancteque 

boreali     de     novo 

Trese 

crucis    ac    ss.    Jo- 

constructa    et    edi- 

Sacra  A^ 

hannis     evang.     et 

ficata    et    })er    nos 

No.   44  a, 

Jeronimi  conf.  alio- 

consecrata. 

Urschr. 

rumque   patronum. 

58 

^495 

Christian   Swarte. 

in  honorem   omni- 

ad altare  in  capella 

Reg.cap.4 

Juli    2  2 

pot.      dei      sueque 
gloriose  virg.  matris 

Marie  sanctique 

Matheiap.  et  evang. 

ac    s.   Anne    gene- 

tricis  matris   dei. 

ac[uilonari  secunda 

a    porta     ecclesie, 

qua  itur  ad  eccle- 

siam  ascendendo 

versus  chorum,  vul- 

gariter     der     Alen 

nuncupata  (vgl. 

unter    1378). 

No.    137. 

59 

1497 

Domherr  Dietrich 

ad  laudem  et  glo- 

ad     altare    capelle 

Daselbst 

April  4 

Stovemann  f  und 

riam   omnipot.   dei 

noviter  edificate 

No.    140. 

Arndt  Schinkel. 

beatissime  sue 
genetricis  Marie,  s. 
Johannis    bapt.    ac 
bb.   Petri    et   Pauli 
Thomeque    ap.    et 
omnium    dei   sanc- 
torum. 

australis    lateris   in 
fine    et    sub    turri. 

1497 

Christian  Northoff 

in   honorem   omni- 

in    ca])ella    ultima 

Daselbst 

Aug.  31 

nebst     drei      Ge- 

pot dei  et  gloriose 

versus  partem  atjui- 

No.    142. 

schwistern. 

virg.     Marie     ejus 
matris    et    s.    Bar- 
tholomei  ap.  et  b. 
Marie    Magdalene. 

lonarem,    qua    itur 

versus   plateam 

vulgariter      dictam 

Vifhusen  (vgl.  unter 

1427). 

_ 

1499 

Joh.    Reze  f. 

in  honorem   omni- 

ad    altare     novum 

Daselbst 

Dez.    I  7 

pot.  dei  glorioseque 
virg.   sue   matris 

Marie  ac  ss.  Jacobi 
majoris   ap., 

Christofferi    mart., 

Sunneve   et   Gher- 
trudis  virginum. 

in    eadem  ecclesia 
ad  statuam  inferio- 
rem partis  australis. 

No.   145. 

DIE  MARIENKIRCHE. 


IS  uin- 
mer 

Datum 
der  Be- 
stätigung 

Stifter 

Ci  e  w  e  i  h  t 

Lage  des  Altars 

Quelle 

1506 

Der  Kölner  Kauf- 

ad gloriani  et  lau-    ad  altare  in  ca])ella 

Reg.cap.5 

Dez.   9 

mann   Matthias 
Noeck  j. ') 

dem    omnipot.   dei  [  inferiori    sub    turri 
suecjue  matris  glo-    lateris  australis  no- 
riosissime  virginis.      viter  consecrata, 
ornata  et  preparata 

No.    16. 

(vgl.     unter     1497 

April   4). 

_ 

1508 

Domherr  D. 

ad  laudem   et  glo- 

ad   altare  ultimum 

Daselbst 

März  31 

Bartolomeus  Elers 

nebst  drei 

Geschwistern. 

riani   omni])ot.   dei    situm  ad  columnam 
ejusque    matris    ac  ,      penultimam  in 
s.   Anne.           1  ])arte  aquilonari  de 

No.   20. 

choro     descenden- 

do,  ([uod  quondam 

Ludekinus   Dyn- 

ninck    civis    Lubi- 

censis  construi  fecit 

(vgl.     unter     1394 

Nov.    1 2). 

_ 

1521 

Brun   Hoveman 

1 
ad    laudem    .     .     .       sub   turrilius  et 

Daselbst 

Aug.  8 

d.  Jung,   t- 

omnipot. deisancte-    majoribus     organis 
que  .  .  .  dei  gene-    ibidem   ad   partem 
tricis     ]\Iarie     nee-            australem. 
non   [Lücke]. 

No.  62. 

__ 

1523 

Gerhard   Hid- 

ad    hon.    omnipot.  |  in  capella  signi  .  .  . 

Daselbst 

Jan.    25 

dinckhusen  f  und 

dei     gloriosissime-    ad  altare  secundum 

No.  68. 

der  Ratsherr  Kon- 

que    virg.     Marie 

in  parte  aquilonari 

rad   Wibbekinck. 

matris    ejus    ac  ss. 

Mathei  ap.   et 

Leonardi    conf. 

de    choro    descen- 
dendo     dedicatum 

in  honorem  ss. 

Philippi    et  Jacobi 

ap. 

— 

r 

Taleke  Kule.^) 

— 

— 

— 

1)  15 12  Oktober  28  wird  diese  Vikarie  «ex  bonis  Alberti  Hakebornes«  von  dessen 
Testamentsvollstreckern  neu  dotiert,  »quoiiiam  prochdolor  taliter  erecte  vicarie  dos  ipsa  .  .  .  periit«; 
Reg.   cap.    5,   No.   29. 

'')  Am  Schlüsse  eines  nachträglich  fortgeführten  Verzeichnisses  der  damaligen  Vikare  der 
Marienkirche  im  Registrum  Alberti  Broker  (Bl.  Ii8b)  heißt  es:  ^^Taleke  Kule:  Valentin  Mull  vac.« 
Eine  Stiftungsurkunde  liegt  nicht  vor,  wohl  aber  ein  15  il  (mandages  na  quasimodogeniti)  April  28 
datiertes  Testament  (St.-A.,  Urschr.)  der  «Taleke  zeligen  Peter  Kulen  nagelaten  wedewe«  mit  der 
Bestimmung:  »Item  so  wil  ick,  dat  myne  testamentarien  eyne  vikarie  to  eyner  ewigen  missen  maken, 
unde  de  hovetsumme  schal  syn  600  mr.  unde  dat  leen  schal  ersten  hebbcn  Valentyn  Mul  .  .  .  .« 
Ist  etwa  die  beabsichtigte  Stiftung  nicht  vollzogen? 


124 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Von  den  mittelalterlichen  Altartischen  ist  nur  ein  einziger,  der  1362 
an  der  Ostwand  der  Segeberg -Kapelle  errichtete,  erhalten.  Er  besteht  aus 
einem  i  m  hohen,  1,66  m  breiten  und  1,25  m  tiefen  gemauerten  Aufbau,  der 
mit  einer  o,  1 3  m  dicken  nach  unten  hin  abgeschrägten  Kalksteinplatte  belegt 
ist,  die  an  ihrem  oberen  Rande  1,75  ;<  1,32  m 
mißt.  An  seiner  Südseite  ist  in  Höhe  des 
Fußbodens  eine  gewölbte,  früher  verschließ- 
bare Nische  angebracht,  die  zweifellos  zur 
Aufnahme  der  Altargeräte  bestimmt  war. 

Verhältnismäßig  gering  ist  die  Anzahl 
der  ganz  oder  bruchstückweise  erhaltenen 
Altarschreine. 

Das  älteste,  in  der  Malweise  dem 
früheren     Hochaltar     nahestehende     Kunster- 


zeugnis 


ist    ein    1,^0    m    hohes    und    bis 


0,41  m  breites,  beiderseits  bemaltes  Bruch- 
stück eines  Altar flügels  (Abb.),  das  in 
dem  1903  durch  einen  Neubau  ersetzten  älteren 
Werkhause  von  St.  Marien  als  Schornsteinver- 
kleidung angebracht  war.  Das  dicke  Eichen- 
brett ist,  wie  üblich,  auf  beiden  Seiten  mit 
grober  Leinwand  überzogen,  der  eine  Kreide- 
Schicht  als  Malgrund  aufgelegt  ist.  Die  eine 
besser  erhaltene  Seite  zeigt  auf  Goldgrund, 
in  den  die  Monogramme  ifj^  und  ):|.iq  mit 
einander  abwechselnd  eingeprickelt  sind,  das 
linke  Drittel  der  Kreuzigungsszene.  Vorne 
ist  Maria  mit  ihren  Gefährtinnen  Maria  Mag- 
dalena, Maria  Cleophä  und  Maria  Salomä 
dargestellt,  hinter  dieser  Gruppe  ein  älterer 
Mann  mit  spitzem  Judenhut,  vermutlich  Joseph 
von  Arimathia,  und  neben  ihm  ein  jüngerer 
mit  der  heiligen  Lanze,  weiter  links  der 
sterbende  bußfertige  Schacher.  Von  der 
Mittelgruppe  ist  im  wesentlichen  nur  einer 
der  das  Blut  des  Erlösers  auffangenden  Engel 
erhalten.  Die  Kehrseite,  die  mit  einem  weißen 
Kalkanstrich  überzogen  war,  weist  als  rechts- 
seitige von  drei  Heiligenfiguren,  welche  die 
ganze  Fläche  einnahmen,  vor  einer  bemerkens- 
werten Säulenarchitektur  einen  Bischof  auf, 
der  durch  seinen  Nimbus  als  (iilU'tUö  linCO- 
ItlUCt    CJ-iifCOpUft    bestimmt    wird.      Die   Wahl 


Bruchstück  eines  wahrscheinlich 

vom   ehemaligen   Schonenfahreraltar 

stammenden   Altarflügels. 


DIE  MARIENKIRCHE.  21  5 

dieses  Heili<^eii,  des  Scluit/.i);itr()ns  der  Schiffer  uinl  der  secfalirenden  Kiiuf- 
leute,  deutet  darauf  hiu,  dafN  das  l^ruchstück  deui  1397  an  der  Südwand 
gegenüber  dem  zweiten  1 'feilerpaar  errichteten  Altar  der  Schoncnfahrer  angehört 
hat,  zumal  dieses  der  einzige  Altar  ist,  der  von  sämtlichen  im  iS.  Jahrhundert 
noch  x'orhandenen  Altarschreinen  vermißt  wird.  Als  1579  der  zugehöri^'e 
Altartisch  abgebrochen  wurde,  um  einem  neu  aufzuführenden  Ratsstuhl  Platz 
zu  machen,  ist  tler  Altarschrank  oberhalb  des  letzteren  wieder  auf"eh;inot 
worden,  wo  er  zuletzt  17.S7  nachweisbar  ist.^)  lün  mit  dem  \Vap])en  der 
Schoncnfahrer  (drei  I  läringen)  bezeichnetes  Bi-uchstück  vom  vergoldeten,  0,52  m 
hohen   l^aldachin  der  Haupttafel  wird  im  Museum  aufbewahrt.^) 

Über  die  Entstehung  des  Altarschreins  lierichtet  das  älteste  Protokoll- 
l)U(h  der  Schoncnfahrer^)  unter  1397:  »Vortmer  so  heft  gekostet  de  taffeie, 
de  uppe  des  copmans  altare  steyt,  mit  alle  der  tobehoringe,  also  de  voet, 
dar  se  uppe  steyt,  unde  dat  schür,  dat  dar  bovene  is,  unde  dat  beide,  dat 
darby  steyt,  unde  al,  des  de  maier  darto  gearbeydet  heft  an  dem  altare  unde 
ok  an  dem  stolte ,  de  summe  is  vertich  mark  Lubesch ,  tlut  cme  darvore 
gegheven  ward  vor  eyn  unde  vor  ander.  A)  In  demselben  Buche  heißt  es 
unter  1579  (Bl.  25b):  »Sho  hebben  nhu  de  dho  gewesen  olderkide  unde 
bysitteren  ...  de  altarstaffell  ahn  de  wandt  by  der  ratlude  neye  gestoltte 
mit  den  beyden  missinges  armen  unde  waslichtte  darup  macken  latten  unde 
henne  selten  latten  unde  hebben  de  taffeil  laten  up  dat  neie  uthbetteren  unde 
ock  vorgulden  unde  mallen  latten  mit  des  copmans  wapen«;  und  (Bl.  26): 
»Also  steitt  up  des  allters  taffeie  mit  golden  bockstaven  sampt  des  copmans 
wappende  gemallet  unde  geschreffen:  Anno  1579  up  hemmelfardt  Christi  is 
dusse  altarestaffel  dorch  den  Schonnefarercopman  beweilliget  hir  ahn  dussen 
piller  tho  settende  to  eweiger  gedechtneyse.  < 

Auf  zwei  zusammengehörigen  Altarflügeln  \'on  je  2,01  m  Höhe 
und  0,71  m  Breite  (Abb.  S.  216),  die  sich  auf  dem  Boden  über  der  Süder- 
vorhalle  befanden  und  1901  \on  Job.  Xöhring  wiederhergestellt  sind,  ist  außen- 
seitig der  Beginn  und  die  Vollendung  der  Erlöserlauf  bahn  Christi  gemalt.  Das 
Hauptbild  des  rechten  Flügels  zeigt  die  Taufe  im  Jordan  mit  dem  in  \\\)lken 
schwebenden  Gott  Vater,  der  die  Taube  des  hl.  GeLstes  entsendet;  auf  seinem 
Spruchbande  steht:  i")ic  •  cft  •  flliUG  •  lllCUG  •  tiUH'tllG.  Gegenüber  kst  die 
Dreifaltigkeit  abgebildet.  Den  Hintergrund  bildet  in  beiden  Fällen  eine  öde 
Flußlandschaft.  Die  beiden  Brustbilder  auf  der  Basis  stellen  den  Propheten 
Jesaias  und  König  David  dar,  wie  die  Inschriften  ihrer  gewundenen  Spruch- 
bänder vi-r[o  ♦  iiaj:  ♦  finnütiG  ♦  in  ♦  öcfcrta  ♦  parate  ♦  liia  ♦  bni  ♦ 
(Jesaias  40,  3)  und  T>i):it  ♦  buö  ♦  büiiiiiiD  ♦  lucQ  ♦  fcöe  ♦  ti  ♦  bcjTtnG  ♦  niciö 

(Psalm  110,1)  ausweisen.  P2in  Vergleich  der  Jordantaufe  mit  demselben  Motiv 
auf  dem  inschriftlich  von  1479  datierten  Hochaltar  der  Domkirche  zu  Aarhus,^) 


')  V.   Melle,   Gründliche  Nachricht  von   .   .   .   Lübeck,   3.   Aufl.,   S.    169. 
^)  Nr.    iS92/S9b  (nicht  ausgestellt'. 

^)   Archiv  der  Handelskammer,   Schonenfahrer  No.    169,   Bl.    12. 
*)  Vgl.   Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  6,  S.   26. 

*)  F.  Beckett,   Altertavler   i   Danmark  fra  den  senere  middelalder  (Kopenhagen  1S95),  S.  26 
nebst  Tafel  6. 


2l6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


dessen  Gemälde  urkundlichen  Nachrichten  zufolge  i)  der  Lübecker  Meister 
Bernt  Notke^)  geliefert  hat,  stellt  es  außer  Zweifel,  daß  die  obigen  Bilder 
eben  diesem  Meister  zuzuschreiben  sind. 

Die  in  eine  obere  und  eine  untere  Hälfte  zerlegten  beiden  Innenseiten 
enthielten  unter  reichgeschmückten  Maßwerkbaldachinen,  von  denen  einer 
erhalten  ist,   vier  verloren  gegangene  geschnitzte  Gruppen. 


Ein  geschlossen    1,64  m  hohes  und    1,88  m 


Der  Greveraden-Altar 
breites  gemaltes  Ditpy chon 
ist    1494    vom    Lübecker 
Maler     Hermann     Rode^) 

für  den  damals  neu 
errichteten  Altar*)  der 
Greveraden-  oder  Heiligen- 
Kreuz-Kapelle  gefertigt. 
1846  von  C.  J.  Milde  wie- 
derhergestellt, ist  es  1904 
von  der  Ostwand  der  nörd- 
lichen Kapelle  des  Chor- 
umgangs an  die  Nordwand 
der  Beichtkapelle  versetzt. 
Außenseitig  (Abb.) 
sind  grau  in  grau  unter 
einem  niedrigen  geschweif- 
ten Spitzbogen  mit  der 
Aussicht  in  drei  radiante 
Seitenkapellen  die  Patrone 
der  Greveraden  -  Kapelle 
und  ihres  Altars  darge- 
stellt: in  der  Mitte  der 
Heiland  am  Kreuz ,  zu 
seiner  Rechten  Maria  und 
Johannes,  auf  der  andern 
Seite  der  hl.  Hieron}'mus, 
der  knieend  mit  der  stein- 
bewehrten  Rechten  zum 
Schlage  gegen  die  entblößte  Brust  ausholt.  Unterschrift: 
TRANSIS  QVIA  TV  MIHI  CAVSA  DOLORIS.     1494. 


Altarflügel   mit   Gemälden   des  Meisters   Bernt   Notke. 


ASPICE    QVI 


^)  A.  Hagedorn  in  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  3,   S.   220. 

■'')  Bernt  Notke  war  seit  1467  in  Lübeck  tätig  und  ist  1517  oder  kurz  zuvor  als  Werk- 
meister der  Petrikirche  gestorben;  A.  Goldschmidt,  Rode  und  Notke,  zwei  Lübecker  Maler  des 
15.  Jahrhunderts,  in  Ztschr.  f.  bild.  Kunst,  N.  F.  XII  S.  55  ff. 

^  Das.  S.  35;  vgl.  über  Kodes  Leben  Bruns,  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch    10,  S    8 

*)  Vgl.  S.  211. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


217 


Die  Innenseite  des  Mügels  (Abb.)  schildert  in  einem  bürgerlich  aus- 
gestatteten Zinimer  den  Tod  der  Maria.  An  der  eben  entschlafenen  Gottes- 
nuitter,  der  ein  luigel  die  Augen  zudrückt,  vollziehen  die  zwölf  A])oste!  die 
kirchliche  Einsegnung,  wahrend  die  verklärte  Gestalt  der  Verstorbenen  von 
\'ier  luigeln  gen  1  limmel  eini)()rgeführt  wird.  Durch  eine  rundbogige  Fenster- 
cffiunig  erblickt  man  die  den  Sarg  zu  Cirabe  tragenden  Apostel. 

Die  feste  Tafel  (Abb.)  zeigt  die  figurenreiclie  Darstellung  des  Todes 
Christi.  Vorne  hängt  am  Kreuze  der  entseelte  Heiland,  dessen  rechte  Seite 
soeben   ein  Kriegsknecht   mit   dem  Speere   getroffen  hat,  während  ein  anderer 


Greveraden-Altar  von    1494.     Außenseite. 

Knecht  noch  das  Rohr  mit  dem  Essigschwamm  emporhält.  Links  im  Vorder- 
grund die  hingesunkene  Maria  und  ihre  Begleiterinnen  mit  Johannes  und  Joseph 
von  Arimathia;  auf  der  andern  Seite  Pilatus  mit  berittenem  Gefolge.  Weiter 
rückwärts  die  beiden  Schacher,  deren  Seelen  von  einem  Engel  und  einem 
Teufel  entführt  werden.  Im  Mittelgrunde  der  Zug  der  Frauen  nach  Golgatha, 
die  Kreuztragung  und  der  als  Patron  des  Altars  auch  hier  angebrachte  hl. 
Hieronymus,  sich  vor  dem  Bilde  des  Gekreuzigten  kasteiend.  Den  Hintergrund 
füllt  eine  bergige  Landschaft  mit  der  Ansicht  von  Jerusalem,  die  dem  i486 
erschienenen  Reisewerk  des  Mainzer  Domdechanten  Bernhard  von  Breydenbach 
entnommen  ist. 


2lS 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Tnptychon  von  1499.  Ein  1,72  m  hohes,  1,15  m  breites  Triptvchon, 
das  1892  an  das  Museum  abgegeben  ist  (Kult.  Mus.  1892/129),  entstammt,  wie 
die  Auswahl  der  innenseitig  angebrachten  geschnitzten  Heiligenbilder  erkennen 
läßt,  einem  1499  aus  dem  Nachlaß  des  Bergenfahrers  Hans  Rese^)  im  ^^•est- 
lichen  Teile  des  Süderschiffes  errichteten  Altar,  welcher  dem  Heiland,  der 
Jungfrau  Maria  und  den  Heiligen  Jakobus  Major,  Christoferus,  Sunniva  (Patronin 
der  Stadt  Bergen  in 
Norwegen)  und  Gertrud 
geweiht  war.-) 

Die  1 902  von 
Joh.  Nöhring  wieder- 
hergestellte Außenseite 
der  beiden  Flügel  (Abb.) 
enthält     acht     gemalte 

Heilige,  auf  jedem 
Flügel  z\\ei  Paare  über- 
einander. Sie  stehen 
auf  einem  Fliesenbelag 
vor  einer  Brüstungs- 
mauer, und  z\\-ar  hängt 
hinter  jeder  Figur  ein 
Teppichstreifen  herab, 
der  den  Ausblick  in 
eine    den    Hintergrund 

bildende  Landschaft 
unterbricht.  Der  rechte 
Flügel  zeigt  oben  die 
Aposteln  Petrus  und 
Paulus,  unten  St.  Hie- 
ron\-mus  mit  dem  Lö- 
wen und  St.  Nikolaus 
im  bischöflichen  Ornate, 
der  linke  Flügel  oben 
St.  Laurentius  mit  dem 
Roste  und  einen  Heili- 
gen, der  in  der  Rechten 
ein  Brödchen,  in  der 
Linken,  wie  es  scheint,  ein  Pritschholz  hält,  unten  die  hl.  Jungfrauen  Maria 
Magdalena  und  Apollonia. 

Innen  findet  sich  reich  vergoldetes  und  bemaltes  Schnitzwerk  auf  teppich- 
artig gemustertem  Goldgrund.  In  den  beiden  IHügeln  waren  unter  spitzbogig 
geschweiften  maßwerkbesetzten  Baldachinen  ursprünglich  acht  Heiligenstatuetten 

0  Vgl.   Bruns,   Die  Lüb.   Bergenfahrer  und   ihre  Chronistilc    S     127   f 
')  Vgl.  S.   212. 


Triptychoii  von    1499.      Außenseite. 


IHE  M AK IKN KIRCHE. 


219 


in  gleicher  Anordmino  wie  tue  Hilder  der  Außenseite  aufgestellt.  Die  vier 
oberen  Figuren  fehlen;  ihre  der  l\iick\vand  eingepreßten  Nimben  tragen  in 
der  Reihenfolge  von  links  nach  rechts  vom  Beschauer  aus  die  Aufschriften: 
I.  STniTVS  .  IKCIOHVS  •  ORTT  •  PIl  ....  2.  SäIITH  •  OliGR  •  ORÄ  • 
PIU)  •  HO  ....  3-  S/^IlTiX  •  H7kKHiT:R7v  •  OR  ....  4.  SmiTTl  • 
SIIIäVT^  !  •  OR  ....      Die    vier    unteren    Inguren    .sind:     i.    St.    Katharina, 

2.  St.  Dorothea,  deren 
1  laupt  ein  Blumenkranz 
schmückt,  mit  Körbchen 
und  l'almzweig,  neben 
sich  den  Knaben,  3.  St. 
Antonius  mit  aufge- 
schlagenem Buch,  einem 
fehlenden  Attribut  (er- 
gänzt durch  das  Anto- 
niuskreuz)     und      dem 

Schweinchen,  4.   St. 
Gertrud ,    gekrönt    mit 
ihrer  Kapelle.    In  ihren 
Nimben  steht:  SKUTK 
KKTSnuiK  OK  .  .  .; 

smiTÄ-DORKTes;- 

OR  .   .   .;    SraiTVS  • 

T^riTOlUVS  .  .  .; 
SmiTHi-GeRDRVT- 

OR  .  .  .  .  Den  Mittel- 
schrein (x-\bb.)  teilt  senk- 
recht eine  Scheidewand, 
deren  vordere  Kante 
verkleidet    wird    durch 

zwei  baldachinüber- 
dachte Säulchen,  die 
ehemals  kleine  Statuet- 
ten trugen.  In  den  bei- 
den Hälften  stehen  unter 
dreiseitig  vorspringen- 
den Baldachinen  die 
Madonna  und  der  hl.  Christoph  mit  dem  Jesuskind.  Auf  ihren  Nimben  liest 
man:  Ge(?R[OTieT  +  SISTV  +  I  IhRIH  +  ÄliDBR  .  .  .,  .  ÄIITVS  + 
GIiRISTORGR  .  .  .  und  lIiBSVS  +  VKll  +  IKSäRÖ  ....  Die  Basen 
sämtlicher  Figuren  weisen  Maßwerkfüllunoen  auf. 


Triptyclion   von    1499.      Mitteltafel. 


Der    Schinkel- Altar.      Ein    von    1501    datiertes    gemaltes    Diptychon 
mit  Predella,  das  ohne  die  letztere  2,45  m  hoch  und   1,92  m  breit  ist,  gehörte 


220 


DIE  MARIENKIRCHE. 


ursprünglich  dem  1497  errichteten  Altar  der  Schinkel-Kapelle^)  an.  1671  in 
einem  hölzernen  Verschlage  rechts  vom  ehemaligen  Eingang  zur  Gallin- 
Kapelle  angebracht,^)  ist  es  seit  dem  Umbau  dieser  Kapelle  zur  Sakristei 
(1851)  im  Süderschiff  über  dem  Schonenfahrergestühl  aufgehängt. 

Die   grau   in    grau   gemalte  Außenseite  (Abb.)   zeigt   inmitten   eines    aus 
zwei  seitlichen  Säulen  und  oberem  flachen  Rundbogen  gebildeten,  mit  zierlichem 
Maßwerk    in    Form    von    Ranken    geschmückten    Portals    die    von    Engeln    in 
Wolken  umschwebte 
auf  der   Mondsichel 
stehende      Madonna 
.  im  Strahlenkranz, 
über    deren    Haupte 
ein  Engel  die  Him- 
melskrone hält. 
Links  und  rechts  von 
ihr  befinden  sich  der 

Apostel  Johannes 
und     Johannes     der 
Täufer,  letzterer  auf 
sein  zwischen  beiden 

stehendes  Lamm 
deutend.  Die  Sockel 
der  beiden  Säulen 
zeigen  zwei  gelehnte 
Schilde  mit  dem 
Wappen  der  Familie 
Schinkel  oder  Jage- 
hase ^)  (unter  einem 
Baum  ein  von  einem 

Hunde  gejagter 


Altar  von    1501    aus   der  Schinkel-Kapelle.      Außenseite. 


1)  Vgl.  S.  171  f. 

"'')  Nach  Ausweis 
des  Wochenbuches  wurden 
1671,  23.  W.  n.  Ost. 
(September  24 — 30)  und 
in  den  beiden  folgenden 
Wochen  »zwei  Ziinmer- 
leute     gelohnet,     so     das 

Bindewerck  zugehawen,  welches  anstatt  des  eisern  Tralwercks  für  der  Capelle  bei  Ulrich  Wedsteins 
Bude  (er  war  den  Rentenbüchern  der  Kirche  zufolge  seit  1662  Mieter  eines  Buchladens,  »so  dar 
licht  for  der  Karckdare,  als  inen  na  der  Abboteken  uthgeit«)  in  der  Kirchen  sol  auffgerichtet 
werden  und  daran  das  gemalte  Stuck  in  der  Behtcapel  stehende,  so  Herr  Conrad  Schinckel  (Rats- 
herr seit  1659,  gest.  als  Bürgermeister  1682)  zugehöret  und  an  dem  Ohrt  zum  Zirat  der  Kirchen 
zu  setzen  verehret.« 

^)   1474  November  29  errichtete  »Arnt  Schinkel,  anders  genomet  Jagehase,«  sein  Testament; 
St.-A.,  Urschr. 


Altar  von   1501   aus  der  Schinkel-Kapelle. 
Innenseite  des  Flügels. 


DIE  MARIENKIRCHE.  221 

Hase)^)  und  der  Schinkelschen  Marke,  die  sich  auch,  ein  wenig  abweichend,  auf 
der  festen  Tafel  dieses  Altars  und  auf  dem  Grabstein^)  des  um  die  Dotierung 
der  betreffenden  X'ikarie  verdienten  Kaufmanns  Arnt  Schinkel  (gest.  1497 
November  30)  findet.  Die  Stiftung  des  Altarschreins  ist  demnach  zweifellos 
auf  eine  Anordnung  des  letzteren  zurückzuführen,  dessen  S(jhn,  der  Magister 
Friedrich  Schinkel,  übrigens  auch  der  erste  Vikar  der  betreffenden  Kapelle 
war.  Am  Fuße  des  Genicäldes  steht:  KVH  SäIKIoKSSIIIK  IIT^RIÄ  •  I  mTBR 
Der  •  HH(?Iira  (IHIjT  •  POKTä  PÄKÄDrSI  •  DOirillTI  IIVHDI  •  TV  (IS 
SIIIBVLT^UIS  VIR(-'Ü  FVI17\:  •  TV  (lOUCIHlMSTl  IkdSVll  SIlKl  F(l(l- 
(ITYTO  •  TV  PHPeRISTI  aRBÄTORBII  HT  SäLiVäTORBM  MVIIDI  • 
III  qVO  H(?0  HÖH  DVRITO  •  OWK  PRO  IIB  IhBSVM  DIIiBBTVII 
RIIiIVII_  TV VII   •   BT    lilBBRÄ    IIB    AB    OIIIIIRVS    IIÄLIS.     7^1  IBM. 

Kuo  imi  1501. 

Auf  der  Vorderseite  der  jetzt  die  Form  eines  niedrigen  Kastens  zeigenden 
Predella  sind,  ebenfalls  grau  in  grau,  unter  flachen,  auf  Säulen  ruhenden  Bögen 
Christus  als  Schmerzensmann  und  die  vier  lateinischen  Kirchenlehrer  mit 
Siiruchbändern  gemalt,  deren  Aufschriften  lauten: 

I    ?luguftimiG  •  infpii'ir  •  rcbcmtario  •  Iniincra. 

2.  4?>rcijoriuG  •  paffiö  •  crifti  •  ab  •  nuMiioriam  •  rLniocctur. 

3.  (Christus:)  (jjija  •  fum  •  Ina  •  licritae  •  et  •  Uita. 

4-  3fcraniimiG  •  paffio  •  tiia  ■  tnic  •  finonlarc  •  cft  •  rLMncbium. 

5-  ^'mürofiiiG  •  uoli  •  tantarum  •  0tiliuiKi  •  öcneficioni. 

Die  Rahmen  der  beiden  inneren  figurenreichen  Tafeln  enthalten  oben 
einen  mit  stilisiertem  Laubwerk  umwundenen  Stab,  an  den  Langseiten  in 
Hohlkehlen  je  zwei  Säulchen,  auf  denen  ehemals  Statuetten  unter  Baldachinen 
standen,  und  unten  je  dreizehn  kleine  Nischen,  die  unter  Rundbögen  zweifellos 
Brustbilder  von  Heiligen  bargen;  die  oberen  Winkel  sind  mit  Maßwerk  gefüllt. 

Die  Innenseite  des  Flügels  (Abb.)  zeigt  im  Vordergrunde  die  Anbetung 
und  Begabung  des  Christkindes  durch  die  hl.  drei  Könige,  die  gleich  der 
Maria  in  prächtige,  mit  besonderer  Sorgfalt  behandelte  Gewänder  gekleidet 
sind.  Im  Hintergrunde,  der  mit  einer  burgenbesetzten  Küstenpartie  abschließt, 
ziehen  die  Könige  von  drei  verschiedenen  Seiten  der  vom  Sterne  überstrahlten 
Hütte  von  Bethlehem  zu.  Das  Bindeglied  zwischen  beiden  Teilen  des  Gemäldes 
machen  die  Hirten  mit  ihrer  weidenden  Herde  aus. 

Die  Haupttafel  (Abb.)  stellt  vorne  denselben  Moment  der  Kreuzigung 
in  gleicher  Anordnung  der  Gruppen  dar  wie  die  1494  von  Hermann  Rode 
gemalte  Altartafel  der  Greveraden-Kapelle  (S.  216  f.).  Den  Mittelgrund  füllen 
Berittene,  eine  von  spielenden  Kindern  begleitete  Frauengruppe,  deren  Haupt- 
figur die  hl.  Veronika  mit  dem  Schweißtuche  Christi  ist,  w^eiterhin  Kriegs- 
knechte,   um   den  Mantel   des  Gekreuzigten   hadernd.     Den  Hintergrund  bildet 


*)  Vgl.  das  Siegel  des  (Magisters)  Freiedrich  Schinkel  (1522)  bei  Milde,  Siegel  des  M.-A. 
Tafel   13,  No.    iii. 

'^  Vgl.  dessen  Abbildung  unter  »Grabplatten.«  Das  gleiche  Zeichen  ist  auch  als  Waren- 
marke Arnt  Schinkels  bezeugt;  Hanserecesse,  III.   Abt.   2.  Band    S.    10. 


222 


DIE  MARIENKIRCHE. 


eine    mit   Figuren    belebte,    von   einem   Fluß   durchzogene   bewachsene   Hügel- 
landschaft   mit   Jerusalem    und    einem    an    das    Lübecker    Burgtor    mit    seiner 
ursprünglichen  Bedachung  erinnernden  Außenwerk.    Die  Anordnung  der  Kreuze, 
der  Typus   des   Heilands   und   des   Schachers   zu   seiner  Rechten,    die  Stellung 
der  beiden  Knechte  mit  dem  Speer  und  dem  Essigschwamm,    die  Be^\•egungs- 
motive    der   Maria    und   weitere    Einzelheiten   stimmen   fast   genau   überein   mit 
dem  Kreuzigungsbilde  von 
1494;    ferner    ist   auf  der 
Anbetung  der  Könige  ein 
ähnlicher  achteckiger  Tisch 
mit    dem    gleichen    läng- 
lichen   Weizenbrote     und 
dem    für   Lübeck   charak- 
teristischen Gebäck,    dem 
dreiseitigen   Schönroggen, 
angebracht,    wie   sie   sich 
auf  jenem  Altarschrein  im 
Sterbezimmer    der    Maria 
finden.  Während  das  Werk 
durch    diese   Übereinstim- 
mungen    sich     gleichfalls 
als    eine    Schöpfung   Her- 
mann Rodes  ausweist,  sind 
dagegen      die     Gesichter, 
Hände  und  Gewänder  weit 
schärfer     und     plastischer 
dargestellt,    als   es   seiner 
Malweise  eigen  ist.  ^)    Die 
Erklärung   dieser  Doppel- 
natur  des  Schreines   liegt 
jedenfalls   in   der   urkund- 
lich erwiesenen  Tatsache, 
daß  Rode  im  Jahre    1500 
vom     Siechtum      befallen 
wurde,    an    dem   er   noch 
Mitte  1504  daniederlag;^) 
er    wird    also    den    Altar- 
schrein begonnen,    ein   anderer  tüchtiger  Lübecker  Meister  ihn   1501   vollendet 
haben.     Wie  es  scheint,  hat  letzterer  sein  Porträt   auf  der  Kreuzigungstafel  in 
dem  mit  Barett  und  langer  Schaube  bekleideten  Manne  angebracht,  der  hinter 
dem  in  der  Ecke  zur  Rechten  auf  die  Axt  gelehnten  Kriegsknecht  steht. 


Maricnalu 


ri;enncisterkapel 


Auüeaseite. 


1)  Vgl.  Goldschmidt,  Rode  und  Notke,  S.  39. 

2)  Bruns,  Mitt.   d.  V.  f.  Lüb.   Gesch.    10,   S.   S  ff,  48  ff. 


Altar  von    1501    aus  der  Schinkel-Kapelle. 
Ilaupttafel. 


DIE  iMARTIONKIRCHE. 


Der  Marienaltar  aus  der  Bürgermeistcrkapelle.  Wohl  in  das 
zweite  Jahrzehnt  des  1 6.  Jahrhunderts,  wenn  nicht  etwas  später,  ist  ein  1,91  ni 
liohes  und  1,22  ni  breites  Triptychon  zu  setzen.  »Seit  Alters  an  der  Ostseite 
tler  l^ürgermeisterkapelie  befindUch,«  ist  es  1870  an  die  Ostwand  der  Kiister- 
kapelle,  seinen  heutigen  Platz,   versetzt.^) 

Auf  der  1901  von  Joh.  Nöhrin<j-  wiederhergestellten,  zuvor  fast  un- 
kenntlichen   gemalten    Außenseite    (Abb.)     empfängt    die   Jungfrau    Maria    den 

auf  einem  frei  schweben- 
den Spruchbande  ange- 
brachten Gruß  des  Ver- 
kündigungsengels:   "Jl'lic  • 

ijViii'ia  •  piLMia  •  bonilnUö  • 

tCClUli;  den  I  Untergrund 
bildet  eine  schlichte  Halle. 
Innen  vergoldetes 
und  bemaltes  .Schnitzwerk 
auf  geblümtem  Goldgrund. 
Die  beiden  Flügel  zeigen 
je  zwei  Gruppen  aus  der 
heiligen  Sippe,  und  zwar 
der  rechte  Flügel  oben  die 
Verlobung  Joachims  und 
Annas,  unten  Maria  Salomä 
und  Zebedäus  mit  ihren 
beiden    Kindern    Jakobus 

Major  und  Johannes 
Evang.,  der  linke  Flügel 
oben  die  heilige  Familie, 
unten  Maria  Cleophä  und 
Alpheus  mit  ihren  vier 
Kindern.  Den  Mittelschrein 
(Abb.)  füllt  die  auf  dem 
Halbmond  stehende  Ma- 
donna   mit    Nimbus    und 

Strahlenglorie  inmitten 
eines       mandorlaförmigen 

Marienaltar  aus   der  Bürgermeislerkapellc.      Mitteltatel. 

Wolkenkranzes.  Sie  führte 
in  der  Rechten  einen  jetzt  abgebrochenen  Gegenstand,  nach  dem  das  Jesuskind 


^)  Jimmerthals  handschriftliche  Chronik  der  Marienkirche  unter  1870;  K.-A.  —  Nach  den 
WB.  wurden  1575,  4.  W.  n.  Weihn.  (Januar  16—22)  2  ^  verausgabt,  »eynen  lycksteyn  to  leyen 
yn  s.  Annen  kap[e]len  —  wart  uth  der  heren  kapelen  fan  dem  altare  genamen  —  unde  den  steyn 
to  leyen  fan  der  knackenhower  altare«  (vgl.  S.  204  Anm.  8).  Wahrscheinlich  beziehen  sich  auf 
dieselben  beiden  Altäre  zwei  Ausgaben  unter  1574.  8.  W.  n.  Mich.  (November  21—27)  für  »it  altar 
to  brecken«   und   »yn  der  kercke   2   altarstafelen  aftonemen  unde  eyne  wedder  to  seyten.« 


224  DIE  MARIENKIRCHE. 

greift.  Auf  dem  Nimbus  steht:  KVB  MÄRT'.  STGIjIjä  DGI  IIäTGR  'Rhll'K. 
Dem  Wolkenkranz  entschwebt  zu  oberst  ein  Engel,  der  jedenfalls  ursprünglich 
eine  Krone  über  dem  Haupte  der  Himmelskönigin  hielt,  während  an  beiden 
Seiten  je  sechs  männliche  Halbfiguren  ohne  Attribute,  offenbar  die  zwölf 
Apostel,  aus  ihm  hervorragen.  Die  weitere  Umrahmung  sowohl  des  Haupt- 
bildes wie  auch  der  vier  kleinen  Gruppen  bekundet  bereits  den  Geist  der 
Renaissance,  indem  die  älteren  gotischen  Maßwerkbaldachine  hier  durch  frei 
gestaltetes  Rankenwerk  ersetzt  sind,  das  auf  seitlichen,  ihrer  Aste  beraubten 
schlanken  Baumstämmen  mit  konsolen-  und  sockelartigen  Verstärkungen  ruht; 
die  Füllungen  in  den  Basen  der  fünf  Gruppen  bestehen  ebenfalls  aus  Blüten- 
und  Rankenwerk. 

Ein  3,19  m  hohes,  2,22  m  breites  gemaltes  Triptychon  von  15 18, 
das  oben  mit  einer  in  steiler  Wellenlinie  ansteigenden  Spitze  abschließt,  wird 
seit  Waagen^)  übereinstimmend,  wiewohl  ohne  ausreichende  Begründung,  dem 
Jan  Mostaert  zugeschrieben. 

Die  Außenseite  (Abb.)  zeigt  in  parkartiger,  mit  Tieren  besetzter  tropischer 
Landschaft  den  Sündenfall  Adams  und  Evas  und  im  Hintergrunde  links  in 
kleinem  Maßstabe  deren  Austreibung  aus  dem  Paradiese.  Die  fast  lebensgroßen 
Figuren  von  Adam  und  Eva  sind  außerordentlich  naturalistisch  zur  Darstellung 
gebracht.  Unten  in  den  beiden  mittleren  Ecken  sind  später  die  Wappen  des 
Ratsherrn  (1558 — 71)  Gotthard  von  Hövelen  und  seiner  Gattin  Margaretha 
geb.  von  Brömse  hineingemalt. 

Auf  der  Innenseite  des  rechten  Flügels  ist  die  heilige  Nacht  dargestel!  ■ 
(Abb.).  Vor  einer  Renaissancehalle  kniet  die  Jungfrau  Maria,  hinter  der  Joseph 
eine  Kerze  hält,  mit  segnend  ausgebreiteten  Händen  vor  dem  von  himmlischer 
Klarheit  umstrahlten  und  von  Engeln  angebeteten  Jesuskindlein;  in  der  Höhe 
erscheint,  von  zwei  Engeln  getragen,  Gott  Vater  mit  segnend  erhobener 
Rechten;  ganz  im  Hintergrunde  sind  auf  einer  flachen  Höhe  die  Hirten  mit 
ihrer  weidenden  Herde  angebracht.  Die  Innenseite  des  linken  Flügels  enthält 
die  Flucht  nach  Egypten  (Abb.),  eine  Nachbildung  aus  dem  Dürerschen 
Marienleben. 

Die  Haupttafel  (Abb.),  deren  Hintergrund  eine  bvu-genreiche  Landschaft 
bildet,  zeigt  vor  der  phantastisch-üppigen  Renaissancearchitektur  eines  ver- 
fallenden und  als  Stall  dienenden  Palastes  die  Anbetung  der  heiligen  drei 
Könige.  Als  zwei  derselben  sind  links  von  der  Madonna  der  unbekannte 
Stifter  und  dessen  Gattin  abgebildet,  deren  Wappen  vermutlich  durch  die 
vorhin  erwähnten  ersetzt  sind;  rechts,  weiter  abseits,  steht  der  Mohrenkönig, 
dessen  Gefolge  im  Vorhofe  verweilt.  Im  Mittelgrunde  erblickt  man  Joseph 
und  zwei  den  neugeborenen  Heiland  suchende  Hirten.  An  einem  Pfeiler 
rechts    vom   Kopfe    des   Mohrenkönigs    findet    sich    die  Jahreszahl   1518.      Am 


^)  Deutsches  Kunstblatt  1S46  No.  29  und  G.  F.  Waagen,  Handlnich  der  Geschichte  der 
Malerei  fiSöa)  I,  i  S.  143.  Immerhin  ist  der  Nachweis,  daß  die  Gemälde  niederländischen  Ursprungs 
sind,   nicht  erbracht.      Manche  Züge  derselben  erinnern  vielmehr  an  oberdeutsche  Vorbilder. 


Triptychon    von    151S.      Außenseite. 


Triptychon  von    1518.      Innenseite  der  Flügel. 


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Triptychon  von    1518.      Mitteltafel. 


DIE  MARIENKIRCHE.  225 

linken  Ivaiule  des  (ienialdes  ist  hintei-  der  I  laupl^ruppe  die  knieeiule  V\<rur 
des  obengenannten  Ratsherrn  und  Vorstehers  der  Marienkirche  (lolthard 
von  Hövehi,  durch  den  \ielleicht  der  Altarschrein  erst  in  diese  Kirche 
oelangt  ist,  nachträoUch  eingcfiii;t.  Da  er  hier  als  fast  Fünfzigjähriger,  aui" 
seiner  weiterhin  beschriebenen,  nach  seinem  Tode  (1575  Dezember  12)  gc- 
tertigten  messingnen  (iedenkplatte  etwa  in  der  Mitte  der  sechziger  Lebensjahre 
dargestellt  ist,  so  wird  die  Stiftung  um    1555   erfolgt  sein. 

Das  Werk  hing  ehemals  in  der  südlichen  Ka])elle  des  Chorunigangs 
an  der  der  Beichtkapelle  zuniichst  gelegenen  Wand')  unterhalb  des  nicht  mehr 
vorhandenen  Wappenepitaphs  Gotthards  von  Höveln^);  nach  seiner  Restaurierung 
durch  C.  J.  Milde  im  Jahre  1849,  der  1821  eine  andere  durch  den  Porträt- 
maler Jean  Werner  Greve  voraufgegangen  war,^)  ist  es  an  die  nordseitige 
Wand  der  entsprechenden  nördlichen  Kapelle  umgehängt  worden.  1904  ist  es 
\  on  Job.   Nöhring  neu  gefirnißt. 

Der  Marienaltar  von  15  18.  Der  jetzt  in  der  Hriefkapelle  aufgestellte 
große  Marienaltar,  ein  Doppeltriptychon  mit  Predella,  die  am  oberen  Rande 
die  aufgemalte  Jahreszahl  15 18  trägt,  ist  Antwerj^ener  Ursprungs,  wie  die  an 
mehreren  Stellen  auf  dem  Kopfe  und  zwischen  den  l^'üßen  der  F"iguren  ein- 
gebrannte Marke  dieser  Stadt,  das  Händchen,  erweist.^)  Das  Werk  ist  1522 
von  dem  aus  der  Grafschaft  Cleve  gebürtigen")  Lübecker  Kaufmann  Johann 
Hone  für  die  Marientidenkapelle  gestiftet. 

Das    Stiftungsbuch     dieser    Ka])elle     (vgl.    S.     177)     berichtet    (Bl.     25): 
»Anno    Domini    1522     passche    ghaff  Johan    Boenne    de    nye    taeffele    up    dat 
altaer    in    Unßer    Leven    Vrouwen    capellen    unde    kostede    tho    ßettende    viiff 
mark  unde   3  V^    schillinck.      God  sy  syn   ewighe  loen.« 
Oben  in  einer  Wellenlinie   mit    mittlerer  P^rhöhung    abschließend  erhebt 
sich  der  2,54  m  breite  Altarschrein   2,86  m    über   der  Predella.      Letztere,    die 
innen  0,54x2,06  m  mißt,   weist  an  beiden  Seiten  segmentförmige  mit  größten- 
teils erloschenen  Spruchbändern  bemalte  PZinbuchtungen  auf,  die  durch  Maßwerk 
und   drei   seitlich  vorgesetzte  Säulchen  verziert  sind  (vgl.  die  Abb.  des  Mittel- 
schreins).    In  die  beiden  oberen  Zwickel  der  Vorderseite  sind  nachträglich  zwei 
kleine  gemalte  Wappenschilde  eingesetzt,  von  denen  der  rechts  vom  Beschauer 
befindliche    (ein    Arm     mit    zwei    Bohnenstauden)     ohne    Zweifel     das    redende 


^)  Kunrat  von  Hövelen ,  Der  .  .  .  Stadt  Lübek  .  .  .  Herrlichkeit  (Lübeck  1666)  S.  52 
und  andere. 

'■^1  Lub.  Relig.,  S.    193. 

^)  Greve  erhielt  dafür    120   ^,   Milde    75    ^;   K.-A.,   Rechnungen  von    1821    und    1849. 

*)  Vgl.  A.  Matthaei,  Werke  der  Holzplastik  in  Schleswig-Holstein  bis  zum  Jahre  1530 
(Leipzig  1901)  S.  197  Anm.  Fr.  Schlie  wies  das  Schnitzwerk  dieses  Altars  dem  Brüsseler  Meister 
Jan  Borman,  die  Gemälde  anfangs  dem  Bernaert  van  Orley,  später  der  Schule  von  Löwen  zu; 
Fr.  Schlie,  Das  Altarwerk  ...  zu  Güstrow,  Anm.  2  ( vgl.  auch  W.  Bode,  Gesch.  der  deutschen 
Plastik  S.  216)  und  Repertorium  für  Kunstwissenschaft  13,  S.  409.  Gegen  die  Zurückführung  auf 
Jan  Borman  erklärte  sich  A.   Goldschmidt,   Lüb.   Malerei  und  Plastik  S.   23. 

*)  1499  Juni  5  ging  »Johan  Bone,  uth  deme  lande  to  Cleve  gebarn,«  mit  Hans  Salige 
(vgl.   S.    18S)  eine  Handelsgesellschaft  ein;   St.-A.,  Niederstadtbuch. 

15 


226  DIE  MARIENKIRCHE. 

Wappen  des  Johann  Bone,  der  linke  das  seiner  unbekannten  Ehefrau  darstellt; 
das  Werk  ist  also  erst  nach  seiner  Vollendung  vom  Stifter  erworben.  Die 
beiden  ursprünglichen  Predellaflügel  fehlen;  an  ihrer  Stelle  sind  1873  zwei 
schlichte  Türen  angebracht.^) 

Der  geschlossene  Schrein  stellt  in  einem  Renaissancezimmer  die  Ver- 
kündigung (Abb.)  dar:  von  links  naht  der  Erzengel  mit  dem  üblichen  Gruße 
StllC  •  gracia  •  plcna  •  im§  •  tCCUin  auf  flatterndem  Bande  der  vor  einem 
niedrigen  Betpult  knieenden  Jungfrau  Maria,  einer  Verkörperung  demutsvoller 
Ergebung  in  den  göttlichen  Ratschluß,  die  auch  in  den  Worten  ihres  Spruch- 
bandes ^tct  ♦  aticiila  •  tni  •  fiat  •  iiiidji  •  fccubuin  •  bcrtiuni  •  tuum  zum 

Ausdruck  gelangt. 

Nach  Öffnung  der  Außenflügel  erblickt  man  auf  den  vier  sichtbar 
werdenden  Flächen  je  zwei  Gemälde  übereinander.  Die  beiden  äußeren  Flügel 
enthalten   vier  Szenen   aus   dem  Leben  der  Eltern  der  Maria  (Abb.)  und  zwar 

1.  die  Vermählung  Joachims  und  Annas, 

2.  die  Zurückweisung  ihres  Opfers  um  ihrer  Kinderlosigkeit  willen, 

3.  ihr   Dankesopfer,    nachdem   ihnen   der  Engel   des  Herrn    die  Geburt 
der  Maria  verhießen  hat, 

4.  ihre  Beschenkimg  der  Armen  beim  Austritt  aus  dem  Tempel. 

Auf  den  Außenseiten  der  Innenflügel  finden  sich  vier  Darstellungen 
aus  dem  Marienleben  (Abb.),  nämlich 

1.  die  Anbetung  der  Hirten, 

2.  die  Anbetung  der  heil,  drei  Könige, 

3.  die  Beschneidung  Christi, 

4.  die  Flucht  nach  Egypten. 

Die  acht  Gemälde  stehen  unter  dem  Einfluß  des  1504 — 10  entstandenen 
Dürerschen  Marienlebens.''')  Fast  in  allen  Einzelheiten  diesem  entlehnt  ist  die 
Gruppe  der  heiligen  Familie  auf  der  Flucht,  insbesondere  Joseph  und  das  von 
ihm  am  Zügel  geführte  Maultier,  übernommen  ist  ferner  die  Figur  der  hl.  Anna 
bei  der  Zurückweisung  des  Opfers  und  die  der  hl.  Jungfrau  bei  der  Anbetung 
der  Könige.  In  der  Regel  weisen  die  dargestellten  Personen  den  jüdischen 
Typus  in  mehr  oder  minder  edlen  Physiognomieen  auf;  eine  Ausnahme  hiervon 
macht  außer  den  beschenkten  Armen  und  einigen  Nebenfiguren  die  in  der 
Vermählungsszene  angebrachte  Gestalt  eines  zeitgenössisch  gekleideten  blond- 
gelockten Mannes  in  der  Mitte  der  dreißiger  Jahre,  in  dem  wir  das  Selbst- 
porträt des  unbekannten  Malers  erblicken  dürfen. 

Der  völlig  geöffnete  Schrein  birgt  gleich  der  Predella  prächtiges  reich- 
vergoldetes Schnitzwerk  in  P^eldern  von  ungleicher  Form  und  Größe.  Die 
unten    schlicht    gehaltenen    Rückwände    sind    in    mittlerer    Höhe    ihrer    ganzen 


^)  Vgl.  A.  Goldschmidt,  a.  a.  O.,  Tafel  37.  Bei  der  Aufnahme  des  Altars  für  dieses  Werk 
sind  die  Türen  als  störende  Zutaten  abgenommen. 

^)  Albrecht  Dürer,  Das  Leben  der  Jungfrau  Maria.  Nach  Probedrucken  im  Kupferstich- 
kabinet  der  Kunsthalle  zu  Hamburg  herausgegeben  von  A.  Lichtwark  (Hamburg  1898).  Ferner  Dürer, 
des  Meisters  Gemälde,  Kupferstiche  und  Holzschnitte  in  447  Abbildungen  (1904)  S.   191  —  204. 


Marienaltar  von    1518. 
Außenseite. 


Marienaltar  von    1518. 
Innenseite  der  Außenflügel. 


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Marienaltar  von    1518. 
Außenseite  der  Innenflügel. 


Marienaltar  von    1518. 
Innenseite  der  Innenflügel. 


Marienaltar  von    1518. 
Milteltafel  mit  Predella. 


DIE  MARIENKIRCHE.  22/ 

Breite  nach  als  LY^nster  ausgebiklet,  während  ihnen  oben  kunstvoll  gearbeitete 
Baldachine  vorgesetzt  sind,  welche,  Stalaktitenbildungen  vergleichbar,  sich  aus 
zahlreichen  hangenden  Pfeilern  zusammensetzen,  die  durch  Querstege  und  mit 
zierlichem  Maßwerk  besetzte  Bögen  \'erbunden  sind. 

Von  den  einmal  quergeteilten  beiden  Innenflügeln  (Abb.)  zeigt  der  rechte 
oben  die  (ieburt  der  Maria,  unten  die  Darstellung  Christi  im  Tempel.  Die 
obere  Hälfte  des  linken  Flügels  füllt  ein  Stammbaum  des  Heilands:  ein  in 
den  Herzen  Joachims  und  Annas  wurzelnder  Baum  entfaltet  sich,  wohl  nach 
Jesaias  ii,  i  (et  egredietur  virga  de  radice  Jesse,  et  flos  de  radicc  ejus  ascendet), 
zu  einer  Blüte,  in  der  auf  einer  Mondsichel  in  fkamnienartiger  Glorie  die 
Hinmielskönigin  mit  dem  Jesuskind  thront;  zu  beiden  Seiten  dieser  Gruppe 
stehen  drei  männliche  und  drei  weibliche  Anverwandte,  während  in  der  Mitte 
ein  Engel  ein  tiiC  ItOftlT  ftllUtlG  arigillCUl  beschriebenes  Spruchband  hält. 
Die  untere  Hälfte  dieses  Flügels  zeigt  den  im  Tempel  lehrenden  Jesusknaben. 

Der  Mittelschrein  (Abb.)  wird  durch  zwei  mit  Statuetten  besetzte  Säulen 
seiner  ganzen  Höhe  nach  in  drei  Teile  zerlegt,  die  hinwiederum  durch  Ouer- 
teilung  in  große  obere  Felder  und  Basen  von  ungleicher  Höhe  geschieden 
werden.  Die  Hauptgruppe  in  der  Mitte  stellt  den  Tod  der  von  Aposteln  ein- 
gesegneten Mutter  Gottes  dar,  deren  verklärte  Gestalt  von  Engeln  empor- 
getragen  \\'ird.  Rundum  am  Baldachin  des  Sterbebettes  ist  der  Anfang  des 
Hymnus  3;nlJiolata  -^  intacta  -^  et  ^  cafta  ^  t^  ^  .I^laria')  verzeichnet. 
Die  etwas  tiefer  gelegten  großen  Seitenfelder  sind  von  leidtragenden  weiteren 
Aposteln  und  Angehörigen  der  Maria  eingenommen.  In  der  mittleren,  höheren 
Basis  ist  die  Grabtragung  der  Maria  angebracht,  in  den  beiden  seitlichen,  die 
in  z\\ei  quadratische  Nischen  zerlegt  sind,  links  vom  Beschauer  aus  die  Ver- 
kündigung und  eine  im  wesentlichen  zerstörte  Gruppe,  rechts  das  von  Aposteln 
umstandene  Grab  der  Maria  und  der  an  der  Offenbarung  schreibende  Evangelist 
Johannes.  Die  großen  Teilungssäulen  tragen  zvi  oberst  die  kleinen  Statuetten 
der  Anna  selbdritt  und  Johannis  des  Täufers,  weiter  abwärts  diejenigen  eines 
musizierenden  Engels,  eines  Papstes  (Gregor  I.)  und  zweier  Bischöfe  (wahr- 
scheinlich Augustinus  und  Ambrosius);  von  vier  zu  beiden  Seiten  des  Mittel- 
schrgines  in  annähernd  gleicher  Höhe  mit  den  sechs  vorigen  ehemals  aufge- 
stellt gewesenen  weiteren  Statuetten  ist  nur  diejenige  der  hl.  Katharina  als 
linke  obere  erhalten. 

Die  Predella  schließlich  umfaßt,  in  der  Reihenfolge  von  links  nach 
rechts,  den  Tempelgang  der  Maria,  eine  wegen  des  Fehlens  der  vorderen 
Gruppe  unkenntliche  Szene  und  den  Besuch  der  Maria  bei  Elisabeth. 

Der  Altarschrein  ist  1790  von  seiner  ursprünglichen  Stelle  an  der  Ost- 
seite der  Sänger-  oder  Beichtkapelle  entfernt  und  zunächst  in  der  Greveraden- 
Kapelle  oberhalb  der  zum  Norderturm  führenden  Tür  aufgehängt  ^vorden. 
1846  wurde  er,  nach  Wiederherstellung  seiner  Gemälde  durch  C.  J.  Milde, 
an   der  Nordwand   der   Bergenfahrerkapelle   auf  einem    gemauerten,    mit   einer 


')  Vgl.   Daniel,  Thesaurus  Ilymnologicus   2,   S.   326. 

15* 


228  DIE  MARIENKIRCHE. 

Marniorpiatte  belegten  Altartische  aufgestellt  und  ist  mit  dem  letzteren  1873 
an  die  Ostseite  der  Brief  kapeile  versetzt  worden.  1904  sind  die  Gemälde  von 
Joh.   Nöhring  aufs  neue  gereinigt  und  gefirnilk. 

Der  1,56  m  hohe  und  1,48  m  breite  Altarschrein  der  Bergenfahrer- 
kapelle,  in  seiner  jetzigen  Gestalt  ein  gemaltes  Diptychon,  ursprünglich  aber 
ein  Doppeldiptychon,  ist  auf  Grund  eines  am  9.  Oktober  1522  getroffenen 
Abkommens^)  im  Auftrage  der  Testamentsvollstrecker  des  Bergenfahrers  Tideke 
Roleves  für  den  damals  an  der  Südwand  der  Kapelle  neuerrichteten  jüngeren 
Bergenfahreraltar^)  vom  Lübecker  Meister  Johann  Kemmer^)  gemalt  und  im 
März  1524  abgeliefert  worden.  Das  Werk  gehört  der  Schule  des  jugendlichen 
Lukas  Kranach  an.^)  Nachdem  es  eine  Zeitlang  an  der  Westseite  der  Oldesloe- 
Kapelle  angebracht  gewesen  Mar,  ist  es  seit  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts 
an  der  jNordwand  der  Bergenfahrerkapelle  aufgehängt. 

Außenseitig  erblickt  man  vor  einem  auch  auf  den  andeenr  beiden 
Gemälden  angewandten  schwach  gemusterten  (joldgrund  drei  Schutzheilige 
deutscher  Kaufmannsgilden  in  Bergen,  nämlich  die  hl.  Katharina  zwischen 
St.   Barbara  und  St.   Dorothea,    mit  den  üblichen  Attributen  (Abb.) 

Die  Innenseite  desselben  Flügels  (Abb.)  stellt  den  Moment  der  Kreuz- 
abnahme dar,  wie  der  von  einer  Leiter  aus  über  das  Kreuz  gebeugte 
Nikodemus  den  starren  Leichnam  des  Heilands  in  die  Arme  Josephs  von 
Arimathia  gleiten  läßt;  links  von  dieser  Gruppe  sind  Maria,  deren  beide  Stief- 
schwestern und  der  Apostel  Johannes  angebracht,  rechts  die  in  die  Knie 
gesunkene  Maria  Magdalena  und  deren  Schwester  Martha;  den  Hintergrund 
bildet  eine  bergige  Landschaft  mit  Jerusalem  und  dem  Ölberg. 

Die  frühere  Außenseite  des  inneren  Flügels  (Abb.)  zeigt  König  Olav, 
den  Schutzpatron  der  Bergenfahrer,  zwischen  den  Evangelisten  Johannes  und 
Matthäus.  Der  im  reifen  Mannesalter  dargestellte  König,  der  über  dem 
Harnisch  eine  pelz\erbrämte  Schaube  trägt,  hält  den  Reichsapfel  und  eine 
Hellebarde,  durch  welche  der  Künstler  die  dem  Heiligen  sonst  eigentümliche 
krumme  norwegische  Axt  ersetzt  hat;  sein  linker  Fuß  tritt  auf  die  Vordertatze 
eines  Drachen,  dessen  Menschenantlitz  die  Züge  des  Königs  im  jugendlichen 
Alter  aufweist  als  ein  Sinnbild  des  von  ihm  verworfenen  Heidentums.  Der 
Apostel  Johannes  ist  herkömmlicherweise  mit  dem  Giftbecher  dargestellt,  der 
in  kostbare  Meßgewänder  gekleidete  Matthäus  führt  in  der  Rechten  das 
Schwert,  mit  dem  er  nach  vollbrachter  Messe  hinterrücks  durchbohrt  wurde, 
während  ein  vom  Mittelfinger  der  Linken  herabhängendes  Zahlbrett  auf  seinen 
früheren  heidnischen  Zöllnerstand  deutet. 


')  Gedr.  bei  Bruns,  Die  Lüb.  Bergenfahrer  und  ihre  Chronistik,  S.  298  f.;  daraus  wieder- 
holt bei  Th.  Gaedertz,  Johann  Keminer,  der  Meister  des  St.  ( )lavaltars  in  der  Marienkirche  zu 
Lübeck,  S.  6  f. 

'^;  Vgl.   S.   213   und  Bruns,   a.   a.   O.,   S.   295   ff. 

'^)  Er  erwarb  1528  das  Haus  Königstraße  Ko.  38  und  ist  zuletzt  1540  nachweisbar;  Bruns, 
a.   a.   O.,   S.   CXXXl  und  Mitt.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.    10,   S.    10  und   52. 

*)  Goldschmidt,   Lüb.   Malerei   und   Plastik,   S.   27. 


Bergenfahreraltar   von    1524. 
Außenseite. 


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Bergenfahreraltar  von  1524. 
Innenseite    des    Außenflügels. 


Bergenfahreraltar   von    1524. 
Jetzige  Haupttafel.      (Früher  Außenseite  des  Iiinenflügels.) 


DU':  MARIENKIRCMH 


229 


Die  geschnitzte  Innenseite  des  letzteren  Mugels  enthielt  dem  oben 
angeführten  LiefernngsNertrage  zufolge  die  lebensgroßen  Figuren  dreier  1  leiligen, 
]\ochus,  .Antonius  und  Sel)astian,  und  an  den  beiden  Langsciten  in  je  sechs 
noch  xorhandenen  leeren  Nischen^)  die  Statuetten  der  zwölf  Apostel,  während 
die  Mitteltafel  die  heilige  Sippe  (»s.  Annen  siechte«),  ein  um  jene  Zeit  überaus 
hiuifiges  Altarschmuckmotiv,  aufwies. 

\^ielleicht  ist  die  letztere  Gruppe  in  einer  bei  1,29  m  Höhe  allercHngs 
nur  1,09  m  breiten  geschnitzten  Darstellung  der  heiligen  Sipjie  (Abb.) 
erhalten,  die  1892  vom  KirchenNorstande  dem  Mu.seum  überwiesen  ist  (Kulturhist. 

Museum  No.  1892/128). 
In  der  Mitte  der  s}-mme- 
trischen  Gruppe  thront 
die  I1I.  Anna,  zu  deren 
I'\ifsen  die  iMadonna  mit 
dem  Jesuskind  und  deren 
ebenfalls  von  ihren  Kin- 
dern begleitete  Stief- 
schwestern Maria  Cleophä 
und  Maria  Salomä  sitzen. 
Dem  'rhron,sesseI  zunächst 
stehen  Joseph  und  Joachim, 
neben  ihnen  Alpheus  und 
Zebedeus,  während  weiter 
rückwärts  Cleophas  und 
Salomas  sichtbar  sind.  Mit 
Ausnahme  der  als  Nonne 

gekleideten  hl.   x\nna 
tragen     die     erwachsenen 
Personen     wie     auch     der 

kleine  Jakobus  Major 
prächtige,  mit  peinlicher 
Sorgfalt  gemusterte  ver- 
schiedenartige Brokatge- 
wänder. 
Der  sog.  Dreifaltigkeitsaltar  ist  ein  gemaltes  Doppeltriptjxhon  von 
2,30  m  Höhe  und  1.77  m  Breite  mit  oberem,  nach  der  Mitte  zu  ansteigendem 
und  mit  Rankenwerk  geziertem  wellenlinigem  Abschluß,  der  jedoch  von  der 
wagerecht  verlaufenden,  in  einem  breiten  gekehlten  Gesimse  endigenden  Rück- 
wand überragt  wird.  ^)  Der  älteste  nachweisbare  und  wohl  ursprüngliche  Platz 
dieses   Werkes    war    die    Nordseite    des    vierten    südlichen    Mittelschiffspfeilers; 


Die  heilige   Sippe. 


^)  Vgl.  die  Beschreibung  der  Rückseite  im  7.  Jahresbericht  d.  V.  von  Kunstfreunden  in 
Lübeck  (1889)  S.   9  ;^auch  bei  Bruns,   a.   a.   O.,   S.   CXXXIII,   Anm     i    mitgeteilt). 

'^)  Vgl.  über  diesen  Altar  Th.  Hach  im  9.  Jahresbericht  d.  V.  von  Kunstfreunden  in  Lübeck 
(.1888/89)  S.  8—14. 


230 


DIE  MARIENKIRCHE. 


von  dort  durch  das  1702  errichtete  Epitaph  des  Ratsherrn  Daniel  Klett  ver- 
drängt,^) ist  es  bald  darauf  in  der  nördlichen  Kapelle  hinter  dem  Altar  auf- 
gehängt und  1849  an  seine  gegenwärtige  Stelle  an  der  Südwand  der  dortigen 
südlichen  Kapelle  überführt  worden. 

Die  Außenseite  (Abb.)  zeigt  in  einer  Renaissancehalle  die  weißgekleideten 
Gestalten    der  Jungfrau    Maria    und    des    mit    segnend    erhobener   Rechten    ihr 


Der  Dreifaltigkeitsaltar.     Außenseite. 


die     Heilbotschaft  '  verkündenden     Erzengels     Gabriel.       Auf    vielgewundenen 


^)  1704  April  7  beschließen  die  Vorsteher:  »Daß  schöne  Gemählte  von  der  Offenbahrung 
sanct  Johannis,  welches  von  dem  Pfeiler,  allwo  des  sehl.  Herrn  Kletten  Epitaphium  an  gehangen, 
abgenommen,  soll  wieder  an  dem  negsten  Pfeiler  unterwerts  nach  dem  Westen  angebracht  werden;« 
Vorsteher-Protokoll  1650 — 1734,  Bl.  162.  Die  Ausführung  dieses  Beschlusses  wird  jedoch  unter- 
blieben sein,  da  am  fünften  Süderpfeiler  kurz  darauf  das  Epitaph  des  Ratsherrn  Hermann  Focke 
errichtet  wurde. 


Der  Dreifaltigkeilsaltar  bei  geöffneten   Außenflügeln. 
Vom  Beschauer  aus  linke  Hälfte. 


Der  Dreifaltigkeitsaltai-  bei  geöffneten   Außenflügelii. 
Vom  Beschauer  aus  rechte  Hälfte. 


DIE  MARIENKIRCHE  23  I 

Spruchbantlcrn  liest  man  die  Worte  des  Lukasevangeliunis  AVE  •  GRACIA  • 
PLENA  •  DOMINVS  •  TECVM  •  und  ECCE  •  ANCILLA  •  DOMINI  •  FIAT  • 
MICH!  •  SECONDO  •  VERBV  •  TVOM. 

Werden  die  beiden  Aul^enflügel  zurückgeschlagen,  so  erblickt  man 
(Abb.)  \or  einer  symmetrisch  angelegten  reichgeschmückten  Durchgangshalle 
im  Renaissancestil,  durch  welche  der  Blick  weit  hinaus  in  eine  mit  mannig- 
fachen Bauten  niederdeutschen  und  italienischen  Charakters  besetzte  Landschaft 
schweift,  die  vier  lateinischen  Kirchenlehrer  im  vollen  kirchlichen  Ornate:  die 
energie volle  Figur  des  Papstes  Gregor  I.,  den  in  das  Studium  eines  Buches 
\ertieften  hl.  Hieronymus  mit  dem  Löwen  hinter  sich,  den  voll  milden  Ernstes 
dreinschauenden  hl.  Augustinus  mit  dem  Herzen  in  der  Rechten,  und,  in  fast 
gleicher  Stellung  wie  diesen,  den  sinnenden  hl.  Ambrosius. 

Auf  dem  linken  der  nach  Öffnung  der  inneren  Flügel  sich  darbietenden 
Gemälde  (Abb.)  kniet  auf  einem  von  palastartigen  Gebäuden  begrenzten  freien 
Platze  der  Kaiser  Augustus,  den  Blick  zur  Madonnenerscheinung  am  Himmel 
erhoben,  auf  welche  die  hinter  ihm  stehende  tiburtinische  Sib\-lle  deutet, 
pjnem  kleinen  \iereckigen  \"orbau  im  Mittelgrund  sind  die  Brustbilder  dreier 
Männer,  oftenbar  der  Stifter,  nachträglich  eingefügt,  und  zwar  scheinen  die 
beiden  jüngeren  von  ihnen,  nach  der  Porträtähnlichkeit  zu  schließen,  Brüder 
zu  sein.  Ebenfalls  später  hinzugesetzt  sind  die  Bronzestatuen,  welche  sich 
über  den  geschweiften  Giebelfeldern  dieses  Vorbaus  erheben,  während  der 
Turm  im  Hintergrunde  insofern  unvollendet  geblieben  ist,  als  die  hinteren 
Säulchen  des  achtseitigen  oberen  Geschosses,  in  dem  die  Glocke  hängt,  zwar 
angelegt,  aber  nicht  ausgeführt  sind.^)  Der  gegenüberstehende  Altarflügel 
stellt  den  Evangelisten  Johannes  dar,  wie  er  auf  der  Insel  Patmos  am  achten 
Kapitel  seiner  Offenbarung  (»die  erste  bis  vierte  Posaune«)  schreibt.  Xur  der 
Johannes  und  die  Landschaft  des  Vordergrundes  beruhen  auf  eigener  P>findung 
des  Malers,  dagegen  ist  die  Vision  nebst  der  ganzen  übrigen  Landschaft  dem 
1498  entstandenen  Dürerschen  Holzschnitt  »die  sieben  Posaunenengel«^)  genau 
nachgebildet,  wenngleich  mit  Ausnahme  der  hier  des  beschränkten  Raumes 
wegen  fehlenden  vmteren  beiden  luigel. 

Auch  von  der  im  großen  Mittelfelde  dargestellten  Anbetung  der  Drei- 
einigkeit durch  die  Heiligen  der  Kirche  ist  die  obere  Hälfte  dem  1 5 11  er- 
schienenen großen  Dürerschen  Holzschnittblatte  mit  der  Dreifaltigkeit^)  fast 
genau  entlehnt.  Den  Vordergrund  der  unteren  Hälfte  des  Gemäldes  nehmen, 
in  anbetender  Stellung  auf  Wolken  knieend,  Maria  und  Johannes  der  Täufer 
ein;  hinter  jener  sind  Katharina  und  INIaria  Magdalena,  hinter  diesem  Petrus 
und  Paulus  je  an  der  Spitze  einer  langen  Schar  \\eiblicher  und  männlicher 
Heiliger  dargestellt.  Die  geflügelten  Engelsköpfe  in  den  beiden  unteren  Ecken, 
die  absonderlichen  Gebilde  kleiner  schwebender  Engel  im  Hintergrunde  sowie 
auch  vermutlich  die  übermäßige  Verlängerung  der  Schleppgewänder  der  beiden 


1)  Hach,  a.  a.  O.,  S.   13. 

^  Dürer,  Des  Meisters   Gemälde,   Kupferstiche  und  Holzschnitte  (1904).  S.    172. 

»)  Das.  S.  250. 


232  DIE  MARIENKIRCHE. 

unteren  Engel  der  Dreifaltigkeitsgruppe  werden  einer   1817  erfolgten  teihveisen 
Qbermalung')  dieses  Bildes  zur  Last  zu  legen  sein. 

Der  Vereinigung  der  einzelnen  Gemälde  des  Altars  zu  einem  Ganzen 
liegt  die  Idee  einer  Darstellung  des  Reiches  Gottes  von  seinen  Anfängen  in 
der  Verkündigung  Christi  bis  zu  seiner  Vollendung  in  der  \^erehrung  der 
Dreieinigkeit  durch  die  Gemeinde  der  Heiligen  im  Himmel  zugrunde.^)  In 
bezug  auf  den  Meister  dieses  wohl  ans  Ende  der  zwanziger  Jahre  des  16.  Jahr- 
hunderts zu  setzenden  Altarschreins  gehen  die  Meinungen  auseinander.  Fr.  Schlie 
erklärt  ihn,  an  der  zuerst  von  G.  F.  Waagen  geäußerten^)  und  daraufhin 
geltend  gewordenen  älteren  Ansicht  festhaltend,  für  eine  Schöpfung  des 
Bernaert  van  Orley  aus  dessen  letzten  sch^^•ächeren  Periode,^)  A.  Goldschmidt 
hält  unter  Bestreitung  der  Urheberschaft  C)rle}-s  am  niederländischen  Ursprung 
des  Werkes  fest,^)  während  Th.  Hach  es  für  einen  unbekannten  Lübecker 
Maler,  vielleicht  einen  dem  Bernaert  van  Orley  sehr  nahestehenden  Schüler, 
in  Anspruch  nimmt.  ^) 

Das  Sakramentshaus,  eine  prächtige  gotische  Erzgußarbeit,  ist  1476 — 79 
auf  Kosten  der  Marienkirche  gefertigt  und  am  9.  Juli  1479  aufgestellt.'')  Ent- 
worfen hat  es  der  Lübecker  Goldschmied  Klaus  Rughesee,  gegossen  der 
Erzgießer  Klaus  Grude,  und  zwar  aus  22  Schiffspfund  11  Liespfund  und 
9V2  Pfund  (=  6323 V2  S)  Kupfer.^)  Die  Gesamtkosten  des  Werkes  betrugen 
einschließlich  der  ehemaligen  Vergoldung  3 1 1 2  #  2  fi.  Von  den  hölzernen 
Modellen,  die  der  Tischler  Walter^)  für  die  Gußformen  geschnitzt  hat,  ist  noch 
eine  größere  Anzahl  im  Museum-')  vorhanden. 

Den  vom  27.  September  1476  datierten  Kontrakt  der  Kirchenvorsteher 
mit  beiden  Meistern  sowie  eine  Zusammenstellung  der  Kosten  des  Werkes 
hat  W.  Brehmer  im  4.  Bande  der  Zeitschrift  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  S.  91  ff. 
mitgeteilt.  —  Klaus  Rughesee  erwarb  1469  das  Haus  Königstraße  No.  191, 
das  1491  seinen  Erben  zugeschrieben  wurde  (Oberstadtbuch);  1483  Juli  15 
kommt  er  als  Ältermann  des  Lübecker  Goldschmiedeamtes  vor  (Niederstadt- 
buch). Klaus  Grude  besaß  1480 — 93  das  Haus  Kupferschmiedestraße  No.  13 
und  seit  1493  das  Haus  Fischergrube  No.  46,  das  erst  1555  seitens  der 
Vorsteher  der  Petrikirche  wieder  veräußert  wurde  (Oberstadtbuch). 
1855  ist  das  Sakramentshaus  von  seiner  bisherigen  Stelle  unmittelbar 
nördlich  des  Hochaltars  entfernt  und  nach  Wiederherstellung   seiner    fehlenden 


1)  Hach,  a.  a.  O.,  S.    13. 

^  [Funck,]   Die  Merkwürdigkeiten   der  Marienkirche,   3.   Aufl.,   S.   26. 

^)  Deutsches  Kunstblatt,  Jahrgang  1846  S.  115  und  Handbuch  der  Geschichte  der 
Malerei   I    I,   S.   292. 

*)  Fr.  Schlie,  Das  Altarwerk  der  beiden  Brüsseler  Meister  Jan  Borman  und  Bernaert  van 
Orley  in  der  Pfarrkirche  zu  Güstrow,  Text  Anm.  4  und  im  Repertorium  für  Kunstwissenschaft 
XIII,  S.  411. 

^)  Lüb.  Malerei  und  Plastik  S.   26  f. 

^  Hach,  a.  a.  O.,  S.    14. 

'')  Gerens  Chronik  S.  373  bei  Bruns,  Die  Lübecker  Bergenfahrer  und  ihre  Chronistik. 

®)  Ältestes  Rechnungsbuch  (1448 — 1529)  im  K.-A.,  Bl.  52. 

°)  Kulturhist.   Museum  No.    1892/80. 


Dlli  MARIENKIRCHE. 


iiiul  hcscliiulii^tcn  'l'cilc  sowie-  unter  Beseitigung-  cler  alten  Vergoldung;  etwas 
weiter  abseits  vom  Hochaltar,  dicht  vor  dem  zweiten  n()rdlichen  Chor])feiler, 
wieder  aufgebaut. 

Die  ^a-öberen  unteren  Ergänzungsteile,  insbesondere  drei  böwen  ('zu- 
sammen 333  V2  'S  schwer),  sechs  größere  und  fünf  kleinere  Statuetten  (zu- 
sammen 95  V2  ^  bezw.  12  ^  schwer),  sechs  Postamente  (61  'tß  schwer)  und 
»IG  Stück  gotische  Blattverzierungen,«  sind  in  der  Tremser  (iießerei  von 
Gebr.    Hasfe,   die   feineren   oberen  Teile  vom   Cielbgießer  J.   C.  Schröder  nach 

Zeichnungen  des  Malers  C.  J.  Milde  gegossen 
und  sämtliche  neuen  'J'eile  \om  (iraveur 
H.  Schmidt  nachmodelliert;  Kirchenrech- 
nungen   1853—55. 

Das  9,5  m  hohe  Ciborium  (Abb.)  hat  die 
(jestalt  eines  zierlichen,  reichgegliederten  goti- 
schen Tiirmchens,  dessen  (jrundform  ein  Sechs- 
eck bildet.  Es  wird  von  fünf  ruhenden  Löwen 
getragen;  seine  sechste,  dem  Chorj)feiler  zuge- 
wandte Seite  stützt  ein  schlichter  Sandsteinblock. 
Der  Unterbau  besteht  aus  einem  kräftigen  mit 
Skulpturen  bedeckten  mittleren  Pfosten  und  sechs 
schlanken  Eckpfeilern,  zwischen  denen  unter 
Rankengew'inden  Engel  mit  Kreuzigungsattributen 
in  den  Händen  knieen.  Auf  einem  Gesims  des 
Mittelpfostens  liest  man:   .nirolailö  :  nirtljCfCC  * 

niirifiiüer  :  et  :  .OicoiauG  :  o^nibcn  :  crif- 
figuiUG  :  nie  :  fcccrunt  :  Oratc  :  öcuiii  :  yro  : 

eis.  Vor  den  Seitenflächen  des  verschließbaren 
Tabernakels  stehen  unter  prächtigen  Baldachinen 
auf  Konsolen  sechs  Statuetten,  und  zwar  vor 
der  Tür  —  kleiner  als  die  andern  —  der  seine 
Wundmale  weisende  Heiland  unter  einem  ge- 
schweiften Spitzbogen,  vor  den  übrigen  Seiten 
die  Madonna  mit  dem  Kinde,  Katharina,  Johannes 
der  Täufer,  Maria  Magdalena  und  Anna  selb- 
dritt.  Die  abgeschrägten  Ecken  sind  mit  zwölf, 
zu  je  zwei  übereinander  aufgestellten  Apostel- 
figürchen  geschmückt.  Den  unteren  Rand  des 
Hostienschränkchens  umzieht  die  stark  gekürzte 

Inschrift:  ijcc  :  .miia  :  1110  :  cca^  :  ijrvij:»  :  ycrfccta  :  bomiiio  :  Ijiiirico  : 
caftDiTi  ;  procoiifuic  :  luticrD  :  öcrc  :  canfuic  :  j,irnbifariüiiG  :  et  :  pauia  : 
fiaggcn  :  oycrario  :  oratc  :  trcum  :  pro  :  cip.    Der  in  zwei  Stockwerken 

aufsteigende,  aus  Pfeilern  und  Säulchen  gebildete  durchbrochene  obere  Teil,  der 
dem  Tabernakel  zunächst  die  Statuette  der  Madonna  umschließt,  ist  in  reichster 
Abwechselung  mit  Gallerien,  Wasserspeiern,  Figürchen,  Wimpergen,  Gibelchen 
und  Fialen  geziert;  den  krabbenbesetzten,  mit  einem  Rautenkranz  umwundenen 


Sakramentshaus.     Unterer  Teil. 


234 


DIE  MARIENKIRCHE. 


N- 


Helm   des   Türmchens    krönt    eine    doppelte   Kreuzblume,    die    noch    von   dem 
Bilde  des  Gekreuzigten  überragt  wird. 

Zwei  längst  untergegangene  schöne  geschnitzte  Monstranzen  waren 
bis  1619  im  südlichen  Chorumgang  aufgestellt.  Nach  des  damaligen  Chronisten 
Hinrich  Rehbeins  Bericht  (Handschrift  der  Stadtbibliothek,  S.  359)  hatte 
anläßlich  der  Wiedereinsetzung  der  Knochenhauerzunft  nach  dem  Aufruhr  des 
Jahres  1384  dieses  Amt  »zur  Dancksage  und  unsterb- 
lichs  Gedechtniß  die  peiden  künstlichen  auch  zirlichen 
aus  Holtze  geschnittene  Monstransen  in  Marienkirche 
verehredt  undt  machen  laßen,  so  dha  beim  Chore  undt 
Bürgermeistercappell  uf  2  steineren  Pfeiler  (an  gemeltte 
treulose  Faction  stets  zu  gedencken)  dahin  gesetzt  worden. 
Ob  das  nun  woel  zu  der  Zeit  wie  auch  noch  zu  dieser 
Zeit  ein  schönes  Ornament  und  Zirhat  der  Kirchen  ge- 
wesen, auch  von  Fremden  auslendischen  kunstliebenden 
Leuten  geloebet  und  hoch  gerhümet,  ist  es  doch  Anno  1 6 1 9 
baven  am  Ennd  desselben  Jahrs  (nicht  weiß  ich,  zu  waß 
End)  da  wegkgenommen  und  die  Bedklockencappel  ex 
conspectu  hominum  stuckweiß  gesetzet  worden.« 

Die  Kanzel. 

Eine  seit  1892  im  Museum  (Kulturhist.  Museum 
No.  1892/127)  befindliche  geschnitzte  reizvolle  Darstellung 
der  Verkündigungsszene  (Abb.)  ist  jedenfalls  mit  Recht 
als  che  Deckelbekrönung  eines  vorreformatorischen 
Predigtstuhls  in  Anspruch  genommen.^)  Der  Neubau 
eines  solchen  vernotwendigte  sich  infolge  des  Brandes,  der 
I  508  das  Mittelschiff  heimsuchte,  doch  wird  die  Entstehung 
dieser  Bekrönung  kaum  vor  Ablauf  des  nächsten  Jahr- 
zehntes fallen,  da  sie  bereits  der  Übergangszeit  von  der 
Gotik  zur  Renaissance  angehört.  Sie  besteht  aus  zwei 
durchbrochen  gearbeiteten  Tafeln  in  der  h^orm  aufrechter 
rechtwinkliger  Dreiecke.  Den  Aufbau  stützen  zwei  innen- 
seitige durch  zahlreiche,  meist  kelchförmige  Einschnürungen 
gegliederte  säulenartige  Baumstämme,  die  mit  stilisiertem 
Laubwerk  umsponnen  sind,  aus  dem  Engelsfigürchen  heraus- 
ragen. Links  vom  Beschauer  aus  kniet  die  Jungfrau 
Maria,  »ein  frisches,  echt  norddeutsches  Kind  mit  an- 
mutigem ernstfreundlichem  Ausdrucke,  ^\•ie  nach  innen 
gekehrt  den  Worten  des  Engels  lauschend.«^)  Über  ihr 
thront  in  strahlenden  Wolken  Gott  Vater  mit  der  Welt- 
kugel. Von  seinem  Herzen  aus  ergießt  sich  ein  Strahlenbündel  mit  dem 
kreuztragenden  Jesuskindlein  auf  die  Auserwählte,  über  der  die  Taube  des 
Heiligen  Geistes  schwebt.  Der  Jungfrau  gegenüber  deutet  der  eben  erst  den 
Boden   berührende  Erzengel  Gabriel   mit   segnend   erhobener  Rechten   auf  sein 


i 


Sakramentshaus. 
Oberer  Teil. 


^)  Führer  durch  das  Museum,   5.   Aufl.,   S.   36. 

*)  Vgl.  Th.  Hach,  Die  Anfänge  der  Renaissance  in  Lübeck  (1 


S.   II   ff. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


235 


Spruchband  mit  dem  englischen  Gruße  hin.  Den  oberen  Teil  dieser  Hälfte 
bildet,  wohl  nach  Offenb.  Joh.  12,  9,  die  Ausstoßung  des  Satans  und  seiner 
Engel  vom   Himmel  auf  die  Erde. 

In  den  Jahren  1533  und  1534  wurde  eine  neue  hölzerne  Kanzel  im 
evangelischen  Charakter  von  einem  Meister  Jakob,  zweifellos  Jakob  Reyge 
oder  Rey/)  erbaut.  Der  im  Aj)ril  1533  vorweg  angebrachte  Schalldeckel 
muß  von  einfacher  Art  gewesen  sein,  da  zwischen  seiner  Bestellung  und  seiner 
Ablieferung    höchstens    zwei   Wochen    lagen.      Der    ein  Jahr    spiiter    errichtete 

Predigtstuhl,  welcher  sich 
jetzt  in  der  Kirche  zu 
Zarrentin  in  Mecklenburg- 
Schwerin  befindet  untl  in 
den  Kunst-  und  Geschichts- 
Denkmälern  dieses  Landes 
beschrieben  ist,^)  weist  in 
den  h'üUungen  fünf  figuren- 
reiche Renaissancercliefs 
mit  niederdeutschen  In- 
schriften auf. 

Auf  diesen  Kan- 
zelbau beziehen  sich 
folgende  Angaben  in 
dem  vom  Werkmeister 
Lorenz  Johannsen  ge- 
führten ältesten 
^\'ochenbuch  der 
Kirche:  1533,  4.  W. 
in  den  Fasten  (März 
23 — 29):  »Item  alilie 
yck  dath  vordeckeise 
aver    den     preddyck- 

stoel  myth   deme 

snyddeker        vordyn- 

gede,  ehme  tho  gadeß- 

gelde      gegeven      yß 

6  «3i. «     6.  W.   in  den 

Fasten   (April  6 — 12):    »Item    noch    deß    dynxtedages   gelonth    4  dregers,    de 

dath  captel    baven    dem    preddickstole    vame    snyddeker    halden,   deme  manne 

10  «3i,    yß   3   jä^  4  o3i.     Item   noch,    alse  dath  captel  upgebrocht  word,    deme 

volcke     thoßamende     gegeven     tho     ber     yß     i     jS.«        8.    W.     n.     Pfingsten 

Quli  27 — August  2):    »Item  des  mydwekenß  deme  snyddeker  deß  verdeckelß 


Bekröiiung  eines  ehemaligen  Kanzeldeckels. 


'■)  Nur  dieser  Meister  führt  1534  im  Lehrlings- Annahmebuch  des  Tischleramtes  (St.-A., 
Tischlerakten*  den  Vornamen  Jakob.  —  Sein  Testament  (St.-A.,  Urschr.)  ist  von  1560  (^ass.  Marie) 
August  15  datiert. 

^)  F.  Schlie,  Die  Kunst-  und  Geschichts-Denkinäler  des  Großherzogtums  Mecklenburg- 
Schwerin,  3.  Band,  S.  104  f.  Vgl.  auch  die  Angabe  bei  Kunrat  von  Hövelen,  Der  .  .  .  Stadt 
Lübek  ,  .  .  Herrligkeit  (1666)  S.   57  f. 


236  DIE  MARIENKIRCHE. 

halven  baven  deme  preddyckstole  gegeven  yß  3  #.«      In  der  5.  W.  n.  Mich. 
(November  2 — 8)  wurden  dem  Maler  »brede  unde  papyr  tome  scm-  baven  deme 
preddyckstole«    vergütet.      1534,    6.   W.    in   den  Fasten  (März    29  —  April   4): 
>:>Item  noch,   alse  de  predyckstol  gesettet  wordt,   4  dregeren,   de  ehnie  halden 
yn   de  kercken,   gegeven  yß   3  fü.«      1534,    5-  W.  n.  Mich.  (November  i — 7): 
»Item    des    dinxtedages    gegeven  Jacob    deme    snyddeker    uth    bovele  der  vor- 
stender,    ßo    he    noch    enthachter    waß    deß    nyen    preddyckstolß    halven,    yß 
7  V2   ^-      Item  noch  den  gesellen  to  dranckgelde  van  deß  vordeckelseß  unde 
deß   preddyckstolß   halven   yß   6   f5'.« 
1 596   wurde   zu    dieser  Kanzel  vom  Kirchentischler  Jochim  Werncke  d. 
Alt.   ein  neuer  Aufgang  geliefert,  der  einschließlich  seiner  schönen  Renaissance- 
tür  1 20  Mark  kostete. 

In  einer  1601  Januar  28  gehaltenen  Abrechnung  der  Vorsteherschaft 
mit  Jochim  Werncke  und  dessen  gleichnamigem  Sohne  heißt  es:  »hyr  is  mit 
ingerekent  dat  daergerichte  oder  der  inganck  und  treppe  des  predigstols,  so 
de  hern  Vorsteher  anno  96.  den  21.  Februarii  mit  Jochim  Werneken  dem 
olden  vordinget  an  holte  und  arbeidesloene  lueth  des  karckenboekes  umb 
120   ^;   WB.    1601,   4.   W.   n.   Neujahr  (Januar   25 — 31). 

Am  13.  Juni  1699,  acht  Jahre  nach  ihrem  Abbruch,  ist  »die  alte 
Cantzel  cum  Pertinentiis  an  H.  Andreae,  Pastor  zu  Zarrentien  in  Mecklenburg, 
verkauft  und  überlaßen  für   100  -^.«■^) 

Die  gegenwärtige  Kanzel  (Abb.),  welche  sich  gleich  den  früheren 
am  zweiten  Norderpfeiler  des  Mittelschiffs  befindet,  ist  aus  einem  Vermächtnis 
des  am  28.  April  1687  gestorbenen^)  Seidenkrämers  Hinrich  Eckhoff  und  auf 
Kosten  seiner  Witwe  Dorothea,  geb.  Bulmering  (gest.  1699)  vom  Bildhauer 
Georg  Friedrich  Brusewindt  entworfen  imd  ausgeführt.  Sie  wurde  im  Frühling 
1 69 1    aufgebaut.  ^) 

Das  Testament  Hinrich  Eckhofts  von  1687  April  22  besagt:  »Ebener- 
maßen und  gleichwie  der  Kirchen  zu  St.  Marien  alhie  gerne  ein  Gedächtnis 
gönne,  so  wil  zu  Erbauung  eines  neuen  Predigstuhls  verehret  haben  drey- 
dausent  Marck  Lubsch  solchergestalt,  daß  meine  Testamentarii  denselben  unten 
von  Marmor  und  Alabaster,  die  Decke  von  feinen  Holtze  machen  und  an 
denselben  meinen  Nahmen  imd   Wapen  setzen  laßen  sollen;«   St.-A.,   Test. 

Der  Predigtstuhl  und  die  Wandung  der  ihm  ostseitig  angeschlossenen 
Treppe  bestehen  aus  Marmor,  und  zv,ar  sind  der  Grund  schwarz,  die  vor- 
gesetzten Säulchen  rot  und  der  figürliche  Schmuck  weiß.  Die  fünf  Seiten 
des  aus  dem  Achteck  konstruierten  Predigtstuhls  sind  von  je  zwei  Säulchen 
eingefaßt,    zwischen   denen  unter  Rundbögen  fünf  Figuren  stehen,    nämlich  im 


')  WB.    1699,    10.   W.   n.   Ostern. 

*)  Nach  der  Inschrift  seines  ehemaligen  Grabsteins  in  der  Marienkirche;  Schröder,  Topo- 
graphie 3,   S.   264. 

^)  Das  Vorsteher-Protokoll  berichtet  unter  1691  April  S:  »Nachdem  der  Kanzelbauer  in 
Kegenwardt  des  sei.  Eckhoffs  testamentarien  so  gahr  gewiiie  versprochen  undt  versichert,  dafern 
die  alte  Cantzel  d.  27.  dieses  abgebrochen  wirdt,  die  neuwe  alßdan  kegen  diesem  bevorstehenden 
Pfingsten  (Mai  23)  in  solchen  Stande  zu  bringen,  daß  die  Predigten  darauff  können  gehalten  werden, 
deßwegen  ist  beliebet,  an  dem  begerten  Tage  dieselbe  abzubrechen.«  Eingeweiht  wurde  die  neue 
Kanzel  am    18.  Juni   desselben  Jahres;   WB.    1691,    10.    W.   n.   Ostern. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


237 


Mittelfelde  der  segnende  Ileihind,  ihm  zur  Rechten  die  Evangelisten  Matthäus 
und  Johannes  und  zu  seiner  Linken  Markus  und  Lukas.  Den  letzteren  schließen 
sich  an  der  Treppenwandung  in  gleicher  Anordnung  Petrus,   Paulus,   Moses  und 

Johannes  tler  Täufer   an.      Das  I''ufNgcstell   der  Mosesstatue  trägt  die  .\ufschrift: 

J{Q  )69)    -  //-'.-'.  ^7  Av7/.') 

Das  (lebälk  des  xon  zwei 
Marmorsäulen  flankierten 
hölzernen  Portals  schließt 
oben  mit  einem  iliirch- 
brochenen  (iicbcl  ab,  di-n 
die  Figur  der  christlichen 
Liebe  zwischen  den  hin- 
gelagerten (jestalten  des 
Glaubens  und  der  Hoff- 
nung krönt.  Unterhalb 
ersterer  ist  des  Stifters 
marmornes  \\'aj)pen  (eine 

lüche  innerhalb  eines 
runtlen      Palisadenzaunes) 

und  die  Inschrift: 
HINRICH  ■  ECKHOFF 
AN  NO -1691  -angebracht. 
Die  obere  Füllung  der 
einfachen  Tür  ist  mit  der 
hölzernen     Statuette     des 

ein  Lamm  an  seinem 
Busen    tragenden    (Jesaias 

40,  1 1 )  Heilands  ge- 
schmückt. Zwei  nahezu 
lebensgroße  hölzerne  Bild- 
säulen der  Aposteln  Petrus 
und  Paulus^),  auf  denen 
ursprünglich  die  Kanzel 
Die  Kanzel.  ruhte,    .sind    bereits    1699 

wieder  entfernt,  weil  sie  den  Zugang  zu  den  dortigen  Sitzplätzen  behinderten, 
und  durch  einen  mit  Holzwerk  verkleideten  eisernen  Träger  ersetzt.^) 


1)  Nach  dem  Wochenbuche  der  Jakobikirche  ließ  1687  November  4  »Georg  Friederich 
Brusewindt  sein  Kindt  auffm   Kirchhoff  untern  Kirchenstein  begraben.« 

'■*)  Jetzt  im   Kulturhistor.   Museum  No.    1 892/1 46  a  u.  b. 

^)  1699,  24.  W.  n.  Ostern  (September  17  —  231  ordneten  die  Vorsteher  an,  daß,  »nachdem 
die  unter  der  neuen  Cantzel  stehende  großen  Bilder  denen  Frauenspersohnen,  so  ihre  Stellen  daselbst 
haben,  im  Ein-  und  Ausgehen  sehr  verhinderlich  gewesen,  .  .  .  anstatt  der  beiden  eisernen  Stangen, 
auff  welchen  die  Cantzel  vorhin  ruhete,  auch  die  grossen  Bilder,  so  daran  fast  gemacht,  nur  eine 
Stange  mit  2  Arme  solte  in  die  Stelle  gesetzet  werden,  welches  auch  glücklich  verrichtet  worden;«  WB. 


238 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Der  über  dem  Zwölfeck  konstruierte  große  hölzerne  Schalldeckel,  der 
mit  Rücksicht  auf  die  günstigere  Schallwirkung  sehr  nahe  über  der  Kanzel 
angebracht   ist   und   dadurch    erdrtickend    wirkt,    enthält    in   zwei    Stockwerken 


Die  Taufe. 


zwischen  zentrisch  angeordneten  Laubwerk\-oluten  unten  neun  Engel  mit  den 
Symbolen  des  Leidens  Christi  und  oben  vier  Putten;  gekrönt  wird  er  von 
der  Figur  des  auf  der  Weltkugel  stehenden  auferstandenen  Heilands  mit  der 
Siegesfahne. 


DIE  MARIENKIRCHE.' 


239 


Die  Treppenwangen  an   der  Taufe. 


Die  Taufe.  Die  im  Mittelschift"  gegenüber  der  Hergenfahrerkapellc  und 
somit  nahe  dem  ursprünglichen  Haupteingang  aufgestellte  Taufe  (Abb.)  besteht 
aus  einem  Unterbau,  dem  ehernen  Taufkessel  und  einem  hölzernen  Deckel, 
der  an  langer,  aus  Lederriemen  zusammengesetzter  Kette  vom  (iewölbe 
herabhängt. 

Der  einem  kreisrunden  Fundament  aufgesetzte  gemauerte  achteckige 
Unterbau  weist  an  den  Seiten  derbe  aus  Kalkstein  gehauene  Maß\\'erkver- 
zierungen  auf.  Darüber  erhebt  sich  ein  seiner  Form  nach  im  zweiten  Jahr- 
zehnt des  16.  Jahrhunderts,  also  kurz  nach  dem  Brande  von  1508,  gegossenes 
Alessinggitter  in  hölzerner  Umrahmung.  Acht  den  Eckpfosten  vorgesetzte 
kräftige  Messingsäulen  tragen  unvermittelt  das  gleich  den  Pfosten  außenseitig 
mit  Messing  verkleidete  obere  Rahmstück.  Dazwischen  befinden  sich,  auf  die 
acht  Seiten  verteilt,  dreÜMg  ganze  und  achtzehn  seitliche  halbe  0,98  m  hohe 
Gitterstäbe,  die  oben  durch  geschA\'eifte,  mit  Maßwerk  und  Krabben  verzierte 
Spitzbögen  verbunden  sind.  Zu  der  westseitigen  Doppeltür  führt  eine  vier- 
stufige eichene  Treppe  empor,  deren  Wangen  (Abb.)  im  Stil  des  letzten  Viertels 
des    16.  Jahrhunderts  geschnitzt  sind. 

Das  laut  Inschrift  1337  von  Hans  Apengeter  gegossene  frühgotische 
Tauffaß  (Abb.  S.  240)  ist  eine  schwächere  Nachbildung  der  gut  ein  Menschen- 
alter zu\'or  für  die  Marienkirche  zu  Wismar  von  einem  unbekannten  Meister 
gegossenen  Fünte.  ^)  Es  ruht  in  der  Mitte  auf  einem  kelchförmigen  Fuße. 
Als  seitliche  Stützen  dienen  drei  auf  das  rechte  Knie  niedergesunkene,  in 
lange  Gewänder  gehüllte  Engelsfiguren  mit  Ansätzen  zum  Einlassen  der  nicht 
mehr  vorhandenen  Flügel;  die  Haltung  ihrer  Hände  scheint  anzudeuten,  daß 
sie  ehemals  Spruchbänder  getragen  haben.  Den  unteren  Rand  des  Kessels 
umzieht  ein  Kranz  aus  freistehenden  Weinblättern  und  Trauben,  die  allerdings 
eher  Tannenzapfen  gleichen.  Die  wahrscheinlich  ursprünglich  vergoldete,  1866 
aber  mit  Goldbronze  angestrichene  äußere  Wandung  ist  mit  zwei  nach  oben 
hin  von  je  einem  Schriftstreifen  begrenzten  Reihen  teilweise  bunt  bemalter 
neutestamentlicher    Einzelfiguren    und    Szenen    bedeckt,    die,    wenngleich    der 


^)  F.    Schlie,    Die    Kunst-    und    Geschichts-Denkmäler    des    Großherzogtums    Mecklenburg- 
Schwerin   2,   S.   39. 


240 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Gliederbau  und  die  nackten  Körperteile  ziemlich  unproptjrtioniert  und  roh 
gearbeitet  sind,  eine  ungewöhnlich  würdige  Gewandung  aufweisen.^)  Sie 
sind  unter  krabbenbesetzten  und  von  Kreuzblumen  gekrönten  Giebeln  oder 
Rundbögen  verschiedener  Spannweite  angeordnet,  die  von  seitlichen,  in 
Fialen  endenden  Säulchen  getragen  werden.  In  der  untern  Reihe  finden  sich, 
wenn  man  im  Südwesten  beginnend  nach  links  fortschreitet ,  folgende  Dar- 
stellungen: I.  Christi  Taufe  im  Jordan;  2.  und  3.  Christus  wird  in  der  Wüste 
vom  Teufel  versucht;  4.  Christus  betet  in  Gethsemane;  5.  Chri.sti  Geißelung 
(l — 5   in  der  Abb.);   6. — 10.   die  fünf  törichten  Jungfrauen,   mit  dem  Mittelstück 


Das   TauffalJ. 


zerbrochener  Kreuzesfahnen  in  den  rechten  Händen,  während  die  linken  Hände 
der  zweiten  und  vierten  Jungfrau  umgekehrte  Lampen,  die  der  drei  übrigen 
langgehörnte  Bocksköpfe''')  halten;  11.  der  trauende  Apostel  Johannes;  12.  der 
in    die    Knie    gesunkene    gebundene    Christus    mit    der    Dornenkrone;     13.    die 


')  ^^S^-  Th.  Hach,  Zur  Geschiclite  der  Erzgießkunst,  Repertorium  für  Kunstwissen- 
schaft 4,  S.    180. 

^  Dasselbe  Attribut  hält  eine  im  Museum  befindliche  Statue  der  jüdischen  Synagoge  aus 
der  Burgkirche  sowie  die  gleiche  Repräsentantin  auf  der  Predella  des  Hochaltars  der  Kirche  zum 
heiligen  Kreuz  in   Rostock;   Schlie,   a    a.   O.,    i    S.    1S4. 


DIE  MARIKNKIRCEIE.  24 1 

trauernde  Maria;  14. — 18.  die  fünf  klugen  Jungfrauen  mit  flatternden  Kreuzes- 
falinen  in  den  rechten  Händen,  während  die  Unken  Hände  der  ersten,  cb-itten 
und  fünften  hnigfrau  brennende  Lampen,  die  der  beiden  übrigen  Kelche  mit 
Hostien  halten.  In  der  oberen  Reihe  befinden  sich  vom  Südosten  aus  nach 
rechts  gezählt:  1.  Christus  am  Kreuz  zwischen  Maria  und  lohannes;  2.  Christi 
I  hülenfahrt;  3.  Christi  Auferstehung;  4.  Christi  Himmelfahrt;  5. — 10.  sechs 
Apostel,  \-on  denen  der  erste  mit  einem  Palmzweig  imd  Buch,  Johannes  mit 
dem  Kelch,  Thadd.äus  (?)  mit  der  Keule  (r),  ein  x'ierter  mit  einem  Buch,  Jakobus 
d.  Alt.  mit  Pilgerstab  und  Hut  und  Petrus  mit  dem  Schlüssel  bezeichnet  sind; 
11.  die  anbetende  Maria;  12.  Christus  in  einer  Mandorla  als  Weltrichter  auf 
dem  Regenbogen  thronend;  13.  der  anbetende  Johannes;  14. — 19.  sechs 
.\postel,  von  denen  Paulus  mit  dem  Schwert,  l^artholomäus  mit  dem  Messer, 
Andreas  mit  dem  Schrägkreuz  und  die  drei  letzten  nur  mit  lUichern  bezeichnet 
sind  (8 — 17  in  der  Abb.). 

Von  den  beiden  Inschriften  in  erhabenen  Majuskeln   lautet  die  obere: 

ÄIU/O  •  OÜl  •  SIV  •  (Klü  •  XXXVII  •  III  ?U(-IL(I7v  •  FHchddO- 
SSHS  •  PHUKHdSVSÜ  •  HSt  •  PRüSBWi?  •  ÜPVS  • 

^RÄRra  •  weS  •  SO  ÄLdiBIl  •  GSßKIjeU  • 

GüHOKiii  •  iiBRu  •  eveKoe  ^mu  •  kusu  • 

QRISS  •  DI  DI  •  SRäRo9  •  IiBHS  •  C-BüBDBI/  • 
G^fiÄDB  •  IiBRÜ  •  lOIiB  •  ämi  ■  SBIiBPBftSSBDBU  • 
Die  untere  lautet: 

eiöDö  asRSSGsss  •  niBhc  •  iiasnBLRiKa  • 

IWSRB  •  SRWBtt  •  DIB  ÜB  R  •  DKRC^FIKB  • 

XPB  •  2iaR(?IH  •  äLLB  •  STaSSP:D7^(3  • 

DE«^E  •  DI  •  Die  •  VÄfo  •  6P:sP7^KEc:  •  IiÄc  • 

hKüS  •  H:PEtt(?ECER  •  WKS  •  IiB  •  GEÜTiim  • 

VRD  •  WKS  ■  GEBORll  •  imü  •  SäSSEULKHo  • 
Zwei  am  oberen  Rande  angebrachte  Ansätze  tragen  die  Wappen^)  der 
beiden  eben  genannten  Ratsherrn  Evert  van  Alen  (gest.  1342)  und  Johann 
van  Schepenstede  (gest.  1340),  die  zweifellos  damals  die  Vorsteher  der  Marien- 
kirche waren. ^)  Unter  dem  ferner  in  der  Inschrift  \orkommenden  »Dartwich« 
wird  der  1330  urkundlich  erwähnte  Werkmeister  der  Marienkirche  Hartwich 
zu  verstehen  sein.^)  Der  Gießer  Hans  Apengeter  .schließlich,  der  auch  1327 
einen  großen  Bronzeleuchter  für  die  Marienkirche  zu  Kolbei-g  und  1344  das 
Taufbecken  für  die  Nikolaikirche  zu  Kiel  gefertigt  hat,  ist  1332 — 1341  als 
Eigentümer  des  als  >  fabrica«  bezeichneten,  früher  einem  Bildgießer  des  Namens 
Hermann  Keyser  gehörigen  Grundstücks  Breitestraße  No.  36  (Südecke  der 
Beckergrube)  nachweisbar.  ^) 


^)  Abgebildet  bei   Milde,   Siegel   des  M.-A.,  Tafel  3,   No.   24  und  25. 

^)  Johann  van  Schepenstede  ist  als  solcher  in  einer  Urkunde  von  1330  (U.-B.  der  Stadt 
Lübeck  2  No.  516)  bezeugt,  in  der  auch  »Hartwicus  magister  operis  ecclesie  s.  virginis  Marie« 
genannt  wird. 

^)  Vgl-   1^-   Hach   im  Repertorium   für   Kunstwissenschaft  4,   S.    178   f. 

16 


242  DIE  MARIENKIRCHE. 

Der  wahrscheinlich  1631  gefertigte^)  hölzerne  Taufdeckel  ist  ein  auf 
achteckiger  Basis  sich  erhebender  tempelartiger  Aufbau  im  Barockstil.  Das 
untere  Geschoß  bilden  vier  reichverzierte  größere  Säulen  und  vier  zwischen 
diesen  angebrachte  kleinere  Säulenstellungen  mit  rundbogigen  Pilasteröffnungen, 
vor  denen  die  vier  Evangelisten,  begleitet  vom  Engel,  Löwen,  Stier  und  Adler, 
sitzen.  Von  der  ursprünglich  die  Taufe  im  Jordan  darstellenden  Mittelgruppe  ^) 
ist  nur  der  Johannes  erhalten.  Das  obere  Geschoß  besteht  aus  vier  Pilaster- 
paaren,  vor  denen  ebensoviele  Engel  mit  Werkzeugen  des  Leidens  Christi 
stehen.  Die  Mitte  der  seitlich  mit  Putten  geschmückten  Verdachung  nimmt 
der  Heiland  mit  den  Kindlein  ein.  hLhemals  vollständig  vergoldet  und  ver- 
silbert, ist  der  Taufdeckel  seit  175 1  in  schwarz,  weiß,  braun  und  gold  ge- 
halten und   1866  in  gleicher  Weise  wiederhergestellt.^) 

Die  Orgeln. 

Die  große  Orgel. 

Eine  Orgel  in  der  Marienkirche  ist  zum  ersten  Male  1377  durch  die 
Erwähnung  eines  für  sie  angestellten  Organisten  bezeugt.^) 

1396  wurde  \'om  Rate  der  Bau  einer  neuen  großen  Orgel  zwischen 
den  beiden  Türmen  eingeleitet^)  und  in  den  nächstfolgenden  Jahren  zur  Aus- 
führung gebracht.''') 

Wahrscheinlich  ist  das  Werk  beim  Brande  des  Mittelschiffes  im  Jahre  1 508 
dermaßen  beschädigt  worden,  daß  eine  gänzliche  h>neuerung  desselben  geboten 
war.  Dieser  Bau,  dem  die  gegenwärtige  Fassade  entstammt,  fand  15 16 — 15 18 
statt  und  soll  über  7000  Gulden  (=  10500  Mark  lüb.  gekostet  haben.")  Als 
Erbauer  des  Tonwerks  gilt  späteren  unbeglaubigten  Nachrichten  zufolge  der 
nachmalige  (bis   1555)  Organist  der  Marienkirche  Meister  Bartold  Hering. 

Über  diesen  Bau  berichtet  das  äheste  Rechnungsbuch  der  Kirche 
(Bl.  65  f.)  bei  den  Jahresabrechnungen  unter  (1517  uppe  der  kynder  dach) 
15 16  Dezember  28:  >Ttem  noch  heft  de  warckmester  (Martin  Flor)  gebouwet 
eyn  nye  orgelen,  .  .  .  is  all  ungerekent  gebleven  .  .  .,«  unter  15 18  (mandach 
vor  lichtmissen)  Februar  i:  »Item  noch  heft  Märten  Floer  gebuwet  dat  nye 
orgelen,  und  wes  dat  heft  gekostet,  is  noch  nycht  affgerekent, «  unter  15 19 
(donredach  vor  lichtmyssen)  Januar  27:  »Unde  uppe  disse  thyt  wordt  aff- 
gerekent, [wes]  dat  grote  orgelen  heft  gekost,  .  .  .  unde  in  des  warckmester[s] 
bock    is    de    utgifte    int    lange    geschreven;:     (Hand    des    Ratsherrn    Hermann 


')  1632  Januar  19  erhielt  der  Zimmermann  Hans  Rump  6  ß  Trinkgeld  dafür,  »das  ehr 
auf  dem  hohen  Gewelbe  das  Gewicht  von  dem  neuen  Tauffdeckel  besehen;«  WB.  1632,  3.  VV. 
n.   Neujahr. 

")  Jimmerthals  handschriftliche   Chronik  unter    1866. 

^)  Im  Testament  des  Tidemann  Diidessche  von  1377  Juli  20  heißt  es:  »Item  domino 
Rothgero,   organiste  ecclesie  b.   Marie  virginis,   do   3   marcas  Lub.;«   St.-A.,   Test. 

*)  Vgl.  Mitt.   d.  V.   f.  Lüb.   Gesch.  6,  S.  22  f. 

*)  Es  verfügten  Henning  Sware  1396  März  21:  »Item  do  5  mr.  Lub.  ad  Organa  b.  Marie 
virginis,«  Everhard  Rutzenberch  1397  November  19:  »Item  do  ad  structuram  organorum  in  ecclesia 
b.  Marie  virginis  5  mr.  Lub.,«  1399  Mai  29  Johann  Nyebur:  »Item  do  ad  structuram  ecclesie  b. 
Marie  5   mr.     Item  provisi  ad  nova  organa  ibidem   10  mr.,  que  ad  eadem  exponentur;«  St.-A.,  Test. 

®)  Chronik  des  Reimar  Keck   (Handschrift  der  Stadtbibliothek)   unter    15 18. 


Die  große  Orgel . 


DIE  MARreNKIRCHE.  243 

Falke).   —    15 16  April    1    uiul    Mai  6    vermachten    Runiboll   l'rese  d.  Jung,  und 
der    Kaufgeselle    Hans    Mensingk     »tome    buwete    des    Orgelwerkes    to     Unser 
Leven    Frouweuv    je    5    ^. ,    September   6    Mathiius    van    P>remen    »tome    nygen 
orgelwercke      zu   St.    Marien    2    Gulden,    September   22    Hermann   van   Minden 
»tome     buwete     der     orgelen     Unser    Leven    Frouwen     kerken«     5     ^.,     1517 
September     14     Lambert    HoNinan       to    den    groten    nyen    orgelen    to    Unlk>r 
Leven   Frowen      2    dulden;   St.-A.,   Test. 
Das  Werk  erfuhr  in  den  Jahren    1560 — 61,    1597 — 98,    1637 — 4U    1733 
und    1758  umfangreichere  Erweiterungen.^)     Von  ihnen  ist  die  Fassade  jedoch 
nur   insofern    berührt   worden,    als   1561    ein  Rückpositiv   an  die  Stelle  des  bis- 
herigen   mittleren   Pfeifenregisters    der   unteren   Hälfte   trat.      1851 — 54   ist   die 
altersschwach    gewordene   Orgel    durch    das   gegenwärtige   hervorragende   Ton- 
werk,   eine  Schöpfung  der  Orgelbaunieister  Joh.  Friedr.   Schulze  und  Sohn  aus 
Paulinzelle,    ersetzt  worden.     Bei  diesem  Bau  blieb  die  alte  Fassade  mit  ihren 
glänzenden    Zinnpfeifen   als   Schmuckstück   bestehen,    jedoch   unter   Beseitigung 
des   die    Reinheit    ihres    gotischen   Stiles    beeinträchtigenden    Rückpositivs    von 
1561,    dessen  Prospekt   alsbald   beim  Bau   einer   neuen   kleinen  Orgel  auf  dem 
Sängerchor  Verwendung  fand.  ^) 

Die  in  zwei  Stockwerke  gegliederte  prächtige  P^assade  (Abb.),  deren  in 
spätgotischen  Formen  geschnitztes  reichvergoldetes  Holzwerk  jetzt  einen  braun- 
roten Anstrich  zeigt,  während  der  früher  blaue  Grund  hinter  den  durchbrochenen 
Ornamenten  lichtgrün  gehalten  ist,  ruht  auf  vier  mit  Rippen  besetzten  großen 
glatten  Konsolen,  die  jede  von  einer  unter  der  Wucht  der  ihr  aufgebürdeten 
Last  sich  krümmenden  hölzernen  P'igur  getragen  werden.  Diesen  Unterbau 
schließt  nach  oben  hin  ein  mit  Wappen  besetzter  geschnitzter  Rankenfries  ab. 
Das  untere  Stockwerk  enthält  in  der  Mitte  drei  auf  ähnliche  kleinere  Konsolen 
aufgesetzte,  in  je  drei  Achtecksseiten  vorspringende  Ausbauten,  von  denen  der 
mittlere,  1854  an  Stelle  des  damals  beseitigten  Rückpositivs  errichtete  Ausbau 
mit  gotischem  Rankenwerk,  ^)  die  beiden  äußeren  mit  Orgelpfeifen  gefüllt  sind. 
Ihnen  schließt  sich  nach  beiden  Seiten  hin  je  ein  in  der  Fassadenfläche  liegendes 
Pfeifenregister  und  eine  geschnitzte  Brüstung  mit  oberem,  1852  gefertigtem 
hölzernen  Gitterwerk  an.  Phantastische,  aus  geschweiften,  mit  Krabben  und 
Kreuzblumen  besetzten  Spitzbögen  sowie  aus  geraden  und  gekrümmten  Fialen 
bestehende  obere  Gesimse  krönen  das  Stockwerk,  während  die  zunächst  über 
den  Pfeifen  freibleibenden  Räume  sowie  zwei  mit  dem  lübeckischen  Adler- 
wappen und  dem  weiß-roten  Wappenschilde  der  Stadt  gezierte  kräftig  aus- 
geschweifte Seitenstücke  mit  Rankenwerk  überzogen  sind.  Das  obere  höhere 
Stockwerk  ist  seiner  ganzen  Breite  nach  in  fünf  symmetrisch  angeordnete 
Pfeifengruppen  von  ungleicher  Höhe  gegliedert.  Üppiges,  zu  Blütenkelchen 
sich   entfaltendes   Rankenwerk   verdeckt    den   Raum    zwischen   ihnen   und   ihren 


1)  Vgl.  H.  Jimmerthal,  Beschreibung  der  großen  Orgel  in   der  St.  Marienkirche  zu  Lübeck 
(1859),  S.  4  ff. 

^)  Vgl.   S.   248.      Weitere  Teile  befinden   sich  im  Kulturhist.   Museum  No.    1892/14S. 

ä)  Nach    Entwürfen    C.    J.    Mildes     vom    Lübecker    Bildschnitzer    J.    D.    Boy    ausgeführt; 
Rechnungen  von    1854,  No.   63. 

16* 


244  I^IE  MARIENKIRCHE. 

oberen  wagerechten  Abschlußgesimsen.  Auf  den  letzteren  sind,  überragt  von 
kräftigem  Fialen-  und  Rankenwerk,  das  den  ganzen  Raum  bis  zum  Gewölbe 
auszufüllen  strebt,  lünf  neuerdings  weiß  bemalte  figürliche  Darstellungen  an- 
gebracht: in  der  Mitte  die  Statue  der  auf  der  Mondsichel  stehenden  Madonna, 
auf  den  Gesimsen  der  beiden  benachbarten,  niedrigeren  Pfeifengruppen  die 
in  flachem  Relief  geschnitzten  Halbfiguren  König  Davids  mit  der  Harfe  und 
des  Propheten  Jesaias,  beide  mit  Spruchbändern^)  in  den  Händen,  und  schließ- 
lich über  den  beiden  äußeren  Pfeifengruppen  zwei  schwebende  Posaunenengel. 
Die  drei  ersteren  Bildwerke  sind  augenscheinlich  älteren  Ursj^rungs  als  die 
Fassade  und  vermutlich  aus  dem  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  erbauten 
Werke  übernommen;  dagegen  tragen  die  beiden  Engel  barocken  Charakter: 
sie  sind  gelegentlich  einer  1705  erfolgten  Wiederherstellung  der  Fassade  vom 
Bildhauer  Hans  Frese  gefertigt.^)  Die  Gesimse  unterhalb  der  Engel  und  der 
Madonna  werden  durch  offenbar  ebenfalls  erst  1705  angebrachte  Bänder  teil- 
weise verdeckt,  welche  die  Anfangsstrophe  des  Hymnus  angelicus^):  GLORIA 
IN  EXCELSIS  DEO  tragen.  Aus  derselben  Zeit  stammen  auch  die  am 
unteren  Friese  der  Fassade  befindlichen  fünf  Wappen,  und  zwar  gehören  die 
vier  äul^eren  den  damaligen  Vorstehern  der  Kirche,  dem  Bürgermeister  Anton 
Winckler  (1701  — 1707),  dem  Ratsherrn  Thomas  Friedenhagen  (1681  — 1709), 
Gerhard  Ritter  (1689 — ^T^l)  und  Jakob  Hübens  (1699 — 1731)  an,  während 
das  von  einer  Schrifttafel  begleitete  mittlere  Wappen  des  Kirchenvorstehers 
(162 1  — 1637)  und  Ratsherrn  Johann  Füchting,  welches  hier  bei  dem  1637 — ^641 
vollzogenen  Umbau  der  Orgel  als  Ausdruck  des  Dankes  für  ein  von  ihm  hierzu 
ausgesetztes  Legat  von  1000  Reichstalern ^)  (3000  ^  lüb.)  angebracht  worden 
war,  damals  erneut  worden  ist.^)  Auf  der  Inschrifttafel  steht:  Aö  \6^0  l^at 
fjerr  301x^11  5üdUing  i^atl^soerwan^tcr  ^ie  (Drgcl  c>or  Kirdie  5uin  <5icrratl]  roioviren 
laffen,  darunter:  Aö  \706  bat  nad]geK'ii^5  bic  firdie  tic[e  örgell  5U  meieren  sicratl] 
abermabi  roioviroi  Diiö  ocrgülbcn  laffcn.  An  den  beiden  benachbarten  Pfeilern 
des  Mittelschiffes  hängen  zwei  grolle  zinnerne  Orgelpfeifen,  die  jede  von  einer 
geschnitzten  Engelsfigur  getragen  und  von  einer  schwebenden  Krone  überdacht 
werden.     Sie    sind    zweifellos    1561    bei   Anbringung    des    mehrfach   erwähnten 


^)  Inschriften,  jedenfalls  von  1705:  'iobct  ihn  mit  pofaiincn,  lobet  ihn  mit  pfalter  uub 
^arfen  Psalm  150,  3)  und:  Iliib  C5  miib  eine  iuitbe  au^aobiMi  poti  ben  (!)  Stamm  JW' 
(Jesaias   11,    i). 

^j  1705,  25.  W.  n.  Ostern  (September  27 — Oktober  3  wurden  »2  kleine  Stellunge  an 
die  auff  der  großen  Orgel  neu  gemachte  2  Engeln,  umb  deren  Flügeln  zu  versilbern,«  aufgeführt; 
WB.  Vgl.  ferner  WB.  1706,  7.  W.  n.  Neujahr  (Februar  7 — 13):  »Hans  Fresen  des  Bildhauers 
Rechnung  beleufft  sich  auff  255  ^  8  /3,  ist  bedungen  und  bezahlt  mit  200  .^.«  Der  Bildhauer 
Hans  Frese  war    1702   Februar  9   zum  Bürger  angenommen;   St.-A.,   Bürgermatrikel. 

^)  Daniel,   Thesaurus  Hymnologicus   2,   S.   266. 

*)  1638,  20.  W.  n.  Ostern  August  5  — 11)  und  1640,  18.  W.  n.  Ostern  (August  2 — 8) 
wurden  je    1500   ^   an   die  Kirche  ausgezahlt;   WB. 

^)  Vgl.  WB.  1707,  7.  W.  n.  Neujahr  (Februar  6  — 12;:  »Noch  ward  .  .  .  sehl.  Johan 
Füchtings  Wapen  und  Nahmen,  so  vor  Staffirung  der  großen  Orgel  an  dem  Stuehl  gemahlet  gewesen 
und  deswegen  vergangen,  jelzo  zwischen  der  Herrn  Vorsteher  ihre  Wapen  wieder  hingemacht.« 


DIE  MARIENKIRCHE. 


?45 


Rückpositivs  aus  der  Mitte  des  unteren  Stockwerks  hierher  überführt  worden') 
und  bildeten  bis  1851  einen  Bestandteil  des  Registers.  Von  zwei  zu  diesen 
Pfeilern  gezogenen,  die  Fassade  stützenden  Tragebalken,  denen  auch  früher 
die  die  Windführung  zu  diesen  Pfeifen  \ermittelnden  Kanäle  angeschlossen 
waren,  zeigt  der  nordseitige  Balken  in  Gokl  die  Inschrift:  HOC  •  OPVS  • 
RENOVATUM  •  ANNO  •  CHRISTI  •  SALVATORIS  •  1598  ■  AMPLISSIMIS  • 
CLARISSIMISQUE    •    VIRIS    •    D    •    GOTHARDO   •   AB   •    HOEVELEN    • 

CONSVLE   •   ET  •  GEOR- 

GIO  •  A-  STITEN  •  SENA- 
TORE  •  PROVISORIBVS  • 
HVIVS  •  ECCLESIAE,  der 
südseitige  die  Wap])en  des 
eben  genannten  Ratsherrn 
(ieorg  von  Stiten  und  der 
beiden  damaligen  bürger- 
lichen Kirchenvorsteher 
Anton  Hagenower  (1593 — 
1601)  und  .\nton  Brandes 
(^1591  — 1627).  lune  Anzahl 
großer  Flügeltüren  aus  be- 
malter, auf  Holzrahmen  ge- 
spannter Leinewand")  schütz- 
ten die  Orgel  bis  1851  gegen 
das  Eindringen  des  Staubes. 
Früher  mit  den  Bildern  der 
Jungfrau  Maria,  der  hl.  Anna, 
Johannes  des  Täufers  und 
des  PLrzengels  Michael  als 
Patronen  der  Marienkirche 
geschmückt,^)  wiesen  diese 
Flügel  seit  ihrer  letzten  Er- 
neuerung im  Jahre  1706 
einen  braunroten  Anstrich 
mit  spärlichen  \ergoldeten 
Rokokoverzierungen  auf.  *) 


Die  kleine   r)rgel. 

)  ^S^-   'i'S    folgende   Anm. 

2j  Vgl.  WB.  1561,  3.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  19 — 25):  »Item  noch  gegeven  vor  idt 
louwent,  dar  de  6  floegels  tho  den  neddersten  beiden  posativen  buten  und  bynnen  mede  betageii 
worden,  is  16  ^  15  /3  7  -^J.  Item  noch  m[ester]  Hans  Eggerdes  dem  maier  gegeven  vor  disse 
vorgescreven  floegels  mit  allerleie  varwe  tho  vormalende  und  de  gantzen  orgelen  achter  dem  snitwarcke 
mit  blawe  upt  nye  wedder  uththofullende,  de  beiden  propheten  und  de  wapen  wedder  to  stofferende 
unde  tho  vorguldende  sampt  den  beiden  krönen  baven  und  den  beiden  engelen  under  den  groten 
pipen  an  den  phyleren  tho  vorguldende  und  to  stofferende,   alse  tho  sende,  ys  in  all  samptlick  80  .^.« 

^)  v.  Melle,  Entwurf  der  Lub.  Rel.  von  1706/07,  S.  183  und  Gründl.  Nachricht,  3.  Aufl.,  S.  167. 

■*)  Sie  befinden  sich  jetzt  auf  dem  Obergeschoß  über  der  Sakristei. 


246 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Die  kleine  Orgel.  Die  auf  dem  Obergeschoß  über  der  ehemaligen 
Gerwekammer  mit  der  Front  nach  der  Totentanzkapelle,  dem  alten  »Beicht- 
haus,« aufgestellte  sog.  kleine  Orgel  (Abb.,  vgl.  auch  weiter  unten  die  Seiten- 
ansicht derselben  auf  der  Abb.  des  großen  Wickedeschen  Epitaphs),  welche 
mit  ihrem  schlichten  braunroten  Anstrich,  den  sie  seit  1760  trägt,  sehr  gegen 
das  {trächtige  große  Werk  abfällt,  besteht  aus  einem  oberen  Hauptwerk  spät- 
gotischen Ursprungs  und  einem  mit  der  Orgelbühne  in  die  Kapelle  vor- 
springenden und  von  einem  Balkengerüst  getragenen  Rückpositiv  im  Renaissance- 
charakter. Ein  als  »Orgel  der  Vikare«  bezeichnetes  Werk  ist  an  dieser 
Stelle  zuerst  1508  mit  Sicherheit  nachweisbar.^)  Höchstwahrscheinlich  ist  es 
um  1475  gebaut,  denn  damals  sind  mehrfach  Legate  zu  einer  neuen  Orgel 
in  St.  Marien  ausgesetzt  worden.  Dieser  älteren  <  )rgel  wird  die  gotische 
Fassade  des  Hauptwerks  angehört  haben, 
während  das  Rückpositiv  jedenfalls  bei 
einem  1547/48  vorgenommenen  Umbau 
des  Werkes  entstanden  ist,  über  den 
die  Wochenbücher  leider  nur  recht 
summarische  Angaben  enthalten.  Das 
jetzige  Tonwerk  oder  ein  Teil  desselben 
soll  aus  derKatharinenkirche  stammen.''^) 
Es      verfügten      Bertolt       van 

Hamelen    1475   J^^^i   ^  •    ''  Ock   geve 

ik   to    den    nyen    orgelen    in    Unser 

Leven  Vroiiwen  kerken  5  markLub.« 

und    Hermann   Molrinckhusen   1477 

August    9 :     » Item    geve    ik   to   den 

nyen      orghelen     to     Unser     Leven 

Vrouwen  ene  mr. ;«   St.-A.,  Test.  — 

Das  WB.   berichtet    1547,    6.  W.   n. 

Michaelis  (November  6 — 12):   »Item 

des    dunnerdages    Steffen    Molhusen 

unde   Frederyck  Tolner   uth   bovele 

der    heren    vorstendere    des    orgel- 

warckes  halven   in   deme  bychthuse, 

so    se    vorlecht    liedden    up    rekenscop    unde,  betalynge,    gegeven    is    200    ^.« 

1548,    I.   W.   n.   Pfingsten    (Mai    27 — Juni    2)    empfängt    ersterer    100   ^,    »so 

he  unde  Frederyck  Tollener  des  orgelen  halven   yn   dem   bichthuse  vorlecht;« 

1548,    12.   W.   n.   Pfingsten  (August    12  — 18)  wird   l)eiden   der  Restbetrag  mit 

133    ^    II    |5    >^ gegeven    van    wegen    des  orgelen    in    dem   bych[t]huse,    so    se 

vorlecht  hedden  unde  de  heren  vorstender  my  bevalen  em  wedder  to  gevende.« 
Das  gotische  Hauptwerk  umfalk  fünf  Pfeifengruppen.    Die  beiden  äußeren 
und    größten    sind    von   zwei   oben   mit    Zinnenkränzen    geschmückten   Türmen 
umschlossen;    von   den   dazwischen   liegenden  Gruppen   werden  die  beiden  seit- 
lichen   von    geschweiften,    mit   Krabben    und    Kreuzblumen    besetzten    Giebeln 


Konsoleiifiifur   unterhallj   der   kleinen   <  )rP'el. 


')  Vgl.   S.   203   Anm.    i . 

*)  Lub.  Relig.   S.    156.     Nach    dem   Entwurf    der  Lub.   Relig.    (S.    155,1    beruht    diese  Nach- 
richt auf  Hörsälen. 


DIE  MARIEiNKIRCHE.  247 

gekrönt,  während  die  etwas  höhere  mittlere  einen  von  feinem  fensterRirmigen 
Maliwerk  flankierten  geschweiften  Giebel  inmitten  eines  Zinnenkranzes  aufweist. 
Das  den  Raum  oberhalb  der  Pfeifen  füllende  Schnitzwerk  zeigt  an  den  beiden 
Türnien  reiches  mit  Blüten  durchsetztes  Rankenwerk,  an  den  drei  mittleren 
Gru})i)en  dagegen  Mal.^werkmuster. 

Gotischen  Charakters  ist  ferner  ein  unteres,  vom  Gesims  über  dem 
Totentanze  teilweise  verdecktes  Reliefbrustbild  eines  Propheten  mit  Schriftrolle 
(Abb),  das  zweifellos  als  Träger  der  ursprünglichen,  vermutlich  1653  durch 
eine  jetzige  schlichte  Vertäfelung  ersetzten  Konsole  gedient  hat. 

Das  jüngere  Rückpositiv  besteht  ebenfalls  aus  fünf  Pfeifenregistern,  die 
jedes  von  einem  Türmchen  mit  flacher  Giebeherdachung  zusammengefaßt 
werden;  über  und  unter  den  Pfeifen  findet  sich  schönes  Renaissanceschnitzwerk. 
Die  bei  einem  1653/54  vorgenommenen  Umbau  des  Werkes  neugefertigte,  dem 
Rückpositiv  angeschlossene  Brüstung  des  Orgelchors  trägt  rechts  vom  Beschauer 
aus  die  Wappen^)  der  damaligen  Kirchenvorsteher,  des  Bürgermeisters  Dr.  jur. 
Christoff  Gerdes  (i 641  — 61),  der  Ratsherrn  Matthäus  Rodde  (r644 — 69)  und 
Hermann  von  Lengerken  (1654 — 68)  und  des  Bürgers  Hieronymus  Prunsterer 
(1648 — 68);  linksseitig  sind  bei  einer  1760  erfolgten  Erweiterung  des  Ton- 
werks die  Vorsteherwappen  des  Bürgermeisters  Joh.  Friedr.  Carstens  (1758 — 61), 
des  Ratsherrn  Hermann  Brüningk  (1749 — 60)  und  der  Bürger  Henrich  Wöhr- 
mann  (1750 — 85)  und  Joh.  Casp.  Ausborn  (1756 — 60)  hinzugesetzt. 

Vier  ebenfalls  1760  angebrachte  Orgelflügel  aus  bemalter  Leinewand 
sind  1846  wieder  beseitigt.  Die  dem  unteren  Tragebalken  aufgemalte  Inschrift 
Rcnovatum  Ainio  180s  bezieht  sich  auf  eine  damalige  umfangreiche  Ausbesserung 
des  Tonwerks  und  Neubemalung  der  Fassade. 

Eine  dritte  Orgel  bescheidenen  Umfangs  wurde  1492  für  den  in  der 
Sängerkapelle  regelmäßig  abgehaltenen  Gottesdienst  zu  hehren  der  Jungfrau 
Maria  auf  Betreiben  des  V^orstehers  dieser  Kapelle  und  nachmaligen  Ratsherrn 
und  Bürgermeisters  (1500 — 15 12)  Hinrich  Castorp  angeschafft  und  oberhalb 
der  Gerwekammer  mit  der  Front  nach  Süden  zu  aufgestellt.  Von  diesem 
Werke  ist  noch  an  der  ursprünglichen  Stelle  die  von  drei  schlichten  Konsolen 
gestützte  und  in  der  Mitte  balkonartig  in  den  Chorumgang  hineinragende 
Brüstung  vorhanden  (Abb.  5.  248).  Sie  zeigt  auf  jetzt  lichtgrün  gestrichenem 
Grunde  elf  schön  geschnitzte  durchbrochene  Mal?Nwerkfüllungen. 

Über    den   Bau    berichtet    das   Stiftungsbuch    der   Sängerkapelle  (Bl.    19): 
»Anno   [i4]92    de  leet  maken  Henrick  Castorpp   dat  orghelen  voer  der  lyberie 


^)  Es  heißt  in  den  Wochenbüchern  1653,  10.  W.  n.  Michaelis  iDezember  4—10):  »An  der 
kleinen  Orgell  ein  Gerüst  gemachet,  das  der  Tischer  (der  Kirchentischler  Hinrich  Warnemünde! 
die  newe  Pannel  hat  anschlagen  können  ...;•'  1654,  12.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  17—23): 
«Ein  Stellung  an  die  Pannel  an  der  kleinen  Orgel  zu  machen  und  wegzubrechen,  da  der  Mahler 
die  Wapen  anmachte  und  die  Pannehl  anstrich,  is  I  ^  4  ß\«  1654,  13.  W.  n.  Michaelis 
(Dezember  24—30):  »Noch  Cordt  Eßegern  deß  Mahlerß  [Rechnung],  so  die  Pannel  und  Wapen 
auch  noch  5  Breter  oben  unterm  Wercke  an  der  kleinen  Orgell  staffieret,  beläufft  sich  54  ^,  selbe 
ist  bedungen  zu  30   ^,  so   ihme  jetzo  zahlt,   30   ^.« 


248 


DIE  MARIENKIRCHE. 


in  Unßer  I.even  Vrouwen  karken  myt  ^■oll)oert  des  ganßen  rades  niyt  aller 
thobehoeringhe  tho  nutte  und  behoeff  der  ßengercapellen ,  unde  koste  myt 
alleme  unghelde  een  hundert  unde  80  mark  Lubeß ;  dyt  heft  he  ghebeden 
by  8  {ii  van  vrouwen  unde  maus  tho  lave  unde  ter  ere  Unser  Leben  Vrouwen 
tho   ereme   deenste,   den   men   dar  yn   der  capellen  holt.« 

Die  kleine  Orgel  auf  dem  Sängerchor,  wo  man  sich  1664 — 1818 
eines  Positivs  bedient  hatte,  ist  1853/54  vorzugsweise  aus  Bestandteilen  der 
älteren  großen  Orgel  gebaut  worden.  Als  oberer  Hauptteil  der  Fassade  wurde 
das  1561  vom  Tischler  Gert  Bulle  (gest.  1564)  gefertigte^)  und  aus  diesem 
Jahre  datierte  mehrfach  erwähnte  Rückpositiv  der  großen  Orgel  verwandt. 
Es  enthält  fünf  Pfeifengruppen,  deren  höhere  mittlere  als  halbkreisförmiges, 
von  einer  Kuppel  gekröntes  Türmchen  vor  den  mit  flachen  Giebeln  abgedachten 
seitlichen  Gruppen  vorspringt  (vgl.  den  Lichtdruck  zu  S.  127);  das  Schnitz- 
werk ist  im  Re- 
naissancecharakter 
gehalten.  Die  untere 
Hälfte  ist  mit  einer 
gleich  breiten  ge- 
schnitzten Tafel  aus 
der  Barockzeit  ver- 
kleidet, die  ehedem 
an  der  großen  Orgel 
die  Rückwand  des 
Raumes      für      den 

Spieler    bildete.  -) 
Das     Tonwerk     ist 

1900  durch  ein 
neues  ersetzt. 

Brüstung  der  ehemaligen   Orgel  von    1492. 

Das  die  Front 
gegen    Osten    kehrende    astronomische    Uhrwerk    nimmt    gleich    der    oberhalb 
desselben    aufgestellten    Stundenuhr,    deren    Zifferblatt    nach   Westen    gerichtet 
ist,  den  Raum  zwischen  den  beiden  östlichen  Chorjochpfeilern  ein. 

Bereits  das  älteste,  1405  an  dieser  Stelle  erbaute^)  Uhrwerk,  welches  zwei 
Jahre  später  durch  Feuer  zerstört^)  und  alsbald  wieder  erneuert  worden  ist, 
regelte  die  Umdrehung  einer  Kalenderscheibe,  welche  —  seit  1562  allerdings 
unter  Neuverwendung  ihrer  Rückseite  —  bis  1888  im  Gebrauch  geblieben  ist. 
Diese  im  Durchmesser  1,36  m  große  hölzerne  Scheibe,  die  sich  jetzt  zusammen 
mit  dem  ebenfalls  1888 — 90  erneuten  Planetarium  von  1561/62  im  Kultur- 
historischen  Museum    (No.    1892/145)    befindet,    ist    nahe    ihrem   Rande    durch 


1)  Das  WB.  vermerkt  unter  1561,  3.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  19—25):   »Item  noch  gegeven 
Gert  Bullen   dem  sniddeker  vor  sinen  und  sines  gesellen  arbeit  tho  der  groten  orgelen  ys  21  ^   14  ß.« 
^)  Jimmerthals  handschrifü.   Chronik  der  Marienkirche  unter    1853. 
3)  Vgl.  S.  253. 
*)  Vgl.  S.   196. 


DIE  MARIENKIRCHE.  249 

kleine  Löcher  in  365  Teile  zerlegt;  daneben  steht  nach  außen  hin  der  aus 
den  Anfangssilben  oder  Anfangsbuchstaben  der  einzelnen  Tage  des  Jahres 
zusammengesetzte  sog.  Cisiojanus. ')  Weiter  nach  innen  zu  ist  sie  vom  Mittel- 
punkte aus  in  zwölf  Monatsabschnitte  geteilt,  in  tlenen  ebensoviele  Inschriften 
zu  lesen  sind,  welche  die  Mondphasen  betreffen;  letztere  selbst  waren  auf  einer 
kleinen   beweglichen   mittleren  Scheibe  abgebildet.^) 

In  seiner  gegenwärtigen  Form  ist  das  astronomische  Uhrwerk  ein- 
schließlich seiner  schönen  Renaissancefassade  (Abb.  zu  S.  252)  in  ilen  Jahren 
1561  — 1566  entstanden.  Es  besteht  seiner  äußeren  Anlage  nach  aus  drei  über- 
einander angeordneten  Abteilungen:  einer  Kalenderscheibe,  einem  Planetarium 
und  dem  mit  einem  Glockenspiel  und  einem  Trompetenwerk  \er!)undenen 
sog.  »Apostelwerk«  oder  Kurfürstenwerk.  Das  Triebwerk  ist  vom  Mechaniker 
]\Tathias  van  Ofs  konstruiert,  während  die  Umrahmung  nebst  dem  innern  Auf- 
bau aus  der  Werkstatt  des  Tischlers  Hinrich  Matthes^)  hervorgegangen  ist. 

1  )ie  bemerkenswertesten  Angaben,  welche  das  WB.  über  die  Arbeit  des 
.Matthias  van  Ofs  bietet,  lauten:  1561,  g.  W.  n.  Pfingsten  (Juli  27 — August  2): 
»Item  des  dunnerdages  gegeven  hern  Antonio  van  Stiten*)  enen  daler,  den 
he  Mattyese  van  Oss  dem  seyermaker  thom  gadespenninge  gegeven  hadde, 
alse  de  seyger  in  Marienkarcken  mit  aller  thobehoringe  wedder  verdich  tho 
makende  mit  eme  bedinget  wort,  is  i  -^  1 5  |5'.  Item  noch  gegeven  Mattiesse 
van  Oss  des  seygers  halven  up  rekenschop  uth  bovele  des  hern  Antonii  van 
Stiten  borgermeisters  is  20  ^.«  Er  erhält  im  weiteren  Verlauf  von  1561 
drei  Abschlagszahlungen  im  Gesamtbetrage  von  80  -§.,  ferner  in  der  15.  \V. 
n.  Pfingsten  (September  7  — 13)  »2  schipIT  isern,  welcks  he  mit  der  karcken 
baven  sine  besoldinge  bedinget  hefft,  kosten  ys  20  -^,«  und  drei  Wochen 
später  »enen  ossen,  so  eme  baven  sine  besoldinge  des  seygers  halven  gelavet, 
vor  8  daler  myn  eyn  ordt,  ys  15  -^  3  «3i.«  1562,  i.  W.  n.  Weihnachten 
(1561  Dezember  28  —  1562  Januar  3):  »Item  so  hebben  de  hern  vor- 
stender  .  .  .  mit  Mattyese  van  Oss  dem  seigermaker  den  calender  up  der 
schyven  vor  dem  seyger  mit  olyefarwe  to  schrivende  vordinget  vor  30  ^; 
hirvan  eme  de  helffte  gegeven  is  15  -^.«  In  der  i.  W.  in  den  Fasten 
(Februar  15  —  21")  erhält  Matthias  van  Ofs  45  ^  und  in  der  6.  W.  n.  Pfingsten 
(Juni  28 — Juli  4)  weitere  20  #  auf  Abschlag.  1562,  15.  W.  n.  Pfingsten 
(August  30  —  September  5):    »Item  noch  gelont  twen   dregern   vor  den  seyger 

uth  des  seygermakers  huse  up   den  karckhoff  tho  voerende,   is   6    jÄ 

Item  noch  gelont  dren  mhans,  de  den  seyger  up  de  karcken  wunden,  is  i  -^.« 
1562,  19.  W.  n.  Pfingsten  (September  27 — Oktober  3):  »Item  des  friedages 
Mattyesse  van  Oss  dem  seygermaker  gegeven  de  reste  der  200  #,  darvor 
de  seyger  in  Marienkarcken  dorch  de  heren  vorstendere  anno  61.  in  der 
9.  weken  na  pynxsten  wedder  verdich  to  makende  vordinget  wort,  is  35  ^; 
noch  em  15  ^,  so  ehm  nastunden  vor  den  calender  up  der  schyven  to 
schrivende,  .  .  .  is  tho  gelde  50  1^.«    1562,  i  r.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  13  — 19): 


')  ^^gl-  Wehrmann,  Der  Memorienkalender  der  Marienkirche  in  Lübeck,  Ztschr.  d.  V.  f. 
Lüb.  Gesch.  6,  S.    106,    141. 

^)  Jimmerthal,   Die  astronom.   Uhr  in  der  Marienk.   zu  Lübeck  (1861)  S.    Ii    fif. 

^)  Hinrich  Mats  (Matthes)  wird  in  dem  Lehrlingsannahmebuch  des  Lüb.  Tischleramts 
(St.-A.)  155g — 78  als  Meister  genannt.  1583  verkauft  seine  Witwe  Katharina  das  ihm  1559  zuge- 
schriebene Haus  Engelsgrube  No.   35;   Oberstadtbuch. 

*)  Vorsteher  der  Marienkirche   1535  —  64. 


250  DIE  MARIENKIRCHE. 

»Item   des  sonavendes  Mattyese  van  Oss  dem  seygermaker  gegeven  uth  l)Ovele 
der  hern  vorstendere    to    dranckgelde,    alse    idt   warck    rede    is,     12    daler,    is 

23   #   4   t^'-« 

1563,  7-  ^^-  n.  Weihnachten  (Februar  7  — 13):  »Item  des  mandages 
hebben  de  heren  vorstendere  .  .  .  mit  jMattyesse  van  Oss  deme  seygermaker 
gehandeh,  eyn  spelwarck  mit  15  wolgestemden  klockens  und  7  planeten,  de  uth 
und  wedder  in  de  doereken  (ein  ider  to  siner  tydt)  gan  schoelen,  sampt  dem 
keyser  und  soven  choerforsten,  de  dem  salvator  nygen  schoelen,  sampt  anderer 
meren  tobehoeringe ,  alse  idt  schrift'tlick  van  eme  avergegeven  iß ,  van  sinen 
iseren  und  leddere  to  den  beigen  —  nichtes  butenbescheden ,  allene  des 
sniddekers  arbeit  vor  den  kaiser  und  de  choerforsten  to  snidende  und  idt 
maehvarck  —  in  Marienkarcken  l)aven  dem  seyger  achter  dem  chore  to 
makende,  und  eme  darvor  thogesecht  250  ^.  Wen  overst  sulck  warck  rede 
und  vuUendiget  is  und  alles  wol  tho  vuller  noege  gemaket,  willen  de  hern 
vorstendere  densulven  meyster  baven  sin  Ion  mit  10  .^  vorehren.  .  .  .  Hirup 
em  to  gadesgelde  gegeven  i  daler,  noch  eme  gege\-en  einhundert  ^  up 
rekenschop  siner  besoldinge,  alse  he  bogerde,  ys  tho  hope  loi  ^  15  |^.« 
Er  erhält  ferner  1564,  5.  W.  n.  Ostern  (Mai  7  — 15)  bis  1566,  6.  W.  in  den 
Fasten  (April  7  — 13)  in  vier  Teilbeträgen  160^,  1565,  15.  W.  n.  Pfingsten 
(September  23 — 29)  »vor  dre  klene  klocken  to  kopen-  4  ^,  11.  W.  n. 
Michaelis  (Dezember  9 — 15)  für  »twe  klene  klocken«  und  für  seine  Arbeit 
»im  seygertorne  ahn  der  kinderklocken«  2  V2  #  und  in  der  folgenden  Woche 
»tho  Noerenl.)argeschen  klocken«  2  ^.  1566,  8.  W.  n.  Pfingsten  (Juli  28 — 
August  3):  »Item  so  hebben  de  hern  vorstender  mit  Mattyas  van  Oss  gerekent 
und  em  de  reste  van  weegen  des  seygers  und  des  spelwarckes  achter  oft't 
baven  der  schyven  in  der  karcken  tho  geven  mi  bevalen,  50  ^;  und  dewile 
he  sick  beklaget,  dat  he  ahn  dem  arbeide  bekopslaget  were  und  in  schult 
daraver  geraden,  hebbe  ick  uth  bevele  der  hern  eme  dem  seygermaker  ge- 
geven baven  de   50   -^  noch  hundert  daler,    .    .    .   yss    243   ^13    fi.« 

Ferner  vermeldet  das  WB.  nachstehendes  über  die  Anfertigung  des 
inneren  Gerüstes  und  der  Fassade.  1561,  17.  ^^^  n.  Pfingsten  (September  21  —  27): 
»Item  noch  gegeven  2  dregers  vor  den  stoll  thom  seyger  achter  dem  chore 
uth  der  Engelschengroven ^)  vam  sniddeker  tho  haiende  is  3  |^.«  1561, 
18.  W.  n.  Pfingsten  (September  28 — Oktober  4):  »Item  noch  hebben  de 
heren  vorstendere  .  .  .  mit  Hinrick  Mattess  dem  sniddeker  enen  nygen 
ramen  vor  den  seyger  achter  dem  chore  mit  aller  thobehoeringe,  alse  he  ydt 
entworpen  hefft,  van  sinen  holten  und  up  sine  unkost  tho  makende  vordinget 
vor  80  daler;  hirup  eme  tho  enem  gadespenninge  gegeven  V2  daler,  is 
15V2  |3'-«  Er  erhält  die  80  Taler  oder  155  ^  in  fünf  Teilzahlungen  in  der 
Zeit  von  1561,  6.  W.  n.  Michaelis  (November  9 — 15)  bis  1563,  5.  W.  n. 
Weihnachten  (Januar  24 — 30).  1561,  10.  W.  nach  MichaeUs  (Dezember  7  — 13): 
»Item  des  mydwekens  gegeven  Gerdt  Leferlinck  dem  mhaler,  de  ahm  seyger 
und  der  schyven  vor  dem  seyger  achter  dem  chore  arbeydet,  myt  vulborde 
der  hern  vorstendere  up  rekenschop,  is  30  ^.  Item  noch  Blasius  Schütten 
dem  goltsleger  gegeven  vor  5  c  fyn  goltt,  so  Gert  de  maier  to  der  schyven 
vor  dem  seyger  gebruket  hefft,  it  hundert  2  V2  #,  ys  i  2  V2  -^■«  In  derselben 
Woche  wird  auch  »de  Stellinge  vor  der  schyven  achter  dem  chore«  ab- 
gebrochen und  wieder  auf  den  Turm  gewunden.  1562,  i.  W.  n.  Pfingsten 
(Mai  24 — 30):  »Item  noch  gelont  6  mhans  vor  etliken  arbeit  in  der  karcken, 
alse  de  holten  vrese  baven  den  nygen  ramen  vor  dem  seyger  gesettet  wort,  is 
mit  dem  bere  in  all  i  ^  i  V2   ja'-«-      1562,  6.  W.  n.  Pfingsten  (Juni  28 — Juli  4): 


')   Vgl.   S.   249   Anm.   3. 


DIE  MARIENKIRCHE.  25  I 

»Item  noch  C.crdt  \';ilcken  gegeven  vor  3 V2  bock  halfif  geslagen  goldt,  so 
thor  schwcn  und  thom  seyger  gebruket,  idt  bock  i  V2  ^,  ys  25  ^.«  8.  W. 
n.  Pfingsten  ijuli  12 — 18):  »Item  des  dunnerdages  gegeven  Gerdt  Lefiferlinck 
dem  mhaler,  de  ahm  seyger  und  der  schyven  vor  dem  seyger  achter  dem 
chore  arbeidet,  mit  \ull)orde  der  hern  vorstendere  up  rekenschop  is  40  |^..« 
156,:;,  ().  W.  n,  Weilinachten  (Februar  21 — 27):  »Item  noch  gegeven  dem 
maier  \or  s}ncn  arbeit,  den  he  ahm  seyger  gedan  und  noch  vordan  an  nygen 
spelwarcke  baven  dem  seyger,  welchs  anno  63.  in  der  7  weken  na  winachten 
vordinget  is  (vgL  S.  250),  dhon  schall,  ys  100  ^.«  1563,  4.  W.  in  den 
Fasten  (März  21 — 27):  altern  noch  gegeven  Hynrick  Mattess  dem  sniddeker 
vor  den  l)hoen,  dar  de  seyger  uppe  steit,  und  den  stol  tom  seyger  \an  sinem 
holte  to  maken  und  it  nyge  pannelwarck  achter  dem  seyger  na  dem  chore 
und  vor  allen  andern  arbeit,  so  he  vor  und  na  ahm  seyger  gedan,  is  40  ^.« 
1564,  7.  W.  n.  Weihnachten  (Februar  6 — 12):  »Item  des  dunnerdages  ge- 
geven Hynrick  Mattese  dem  snyddeker  up  rekenschop  vor  den  salvator,  den 
keyser  und  de  choervorsten  to  snyden,  is  12  daler,  23  ^.  4  |^.«  1564, 
5.  W.  in  den  Fasten  (März  19 — 25):  »Item  noch  gegeven  Hynrick  Mattese 
de  reste  alse  g  daler  vor  den  keyser  und  7  choervorsten  to  snyden  und  dem 
volcke  to  dranckgelde  vor  den  voerigen  arbeit  i  daler  und  i  ortt,  is  19  ^ 
13  l")  9  .vi.<^<  1565,  -■  ^^  ■  n.  Michaelis:  »Item  noch  gegeven  N.  beferlinges 
der  malerschen  vor  etlick  vorguldent  und  andern  arbeit,  so  noch  kortens  ahm 
seyger  gesehen  is,   6   ^   6   f3'.« 

Die  Kaien  der  Scheibe  und  das  Planetenwerk  werden  von  einem 
gemeinsamen  Mechanismiis  getrieben,  der  unabhängig"  ist  \'on  dem  der  Stunden- 
uhr. Er  ist  1629  einer  umfänglichen  Reparatur  unterzogen,  1752/53  nach 
längerem  Stillstande  und  1809  abermals  erneut  und  schließlich  1888 — 90 
durch  ein  den  Gang  des  Planetariums  in  verx'ollkommneter  Weise  regelndes 
Triebwerk  ersetzt,  das  aus  der  Groß-Uhren-Fabrik  von  Ed.  Korfhage  &  Söhne 
zu  Euer  in  Westfalen  stammt.  Bei  dieser  letzten  Wiederherstellung  sind  auch 
die  meisten  dem  Auge  sich  darbietenden  Teile  beider  Werke  erneut. 

Die  weiße  Kalenderscheibe  rotiert  inmitten  eines  unteren  großen  vier- 
eckigen Blattes,  dessen  blauer  Grund  mit  dem  Tierkreise  und  in  den  Ecken 
mit  den  vier  Evangelistenzeichen  belegt  ist.  Sie  weist  zwei  größere  konzen- 
trische Ringe  und  in  der  Glitte  eine  kleine,  etwas  erhabene  Scheibe  auf.  Der 
äußere  Ring  gibt  in  vier  Kreisen  die  Sonntagsbuchstaben  zur  Bezeichnung  der 
Wochentage,  die  Tagesdaten  des  Jahres  durch  alle  Monate,  die  Namen  der 
Tage  und  die  Zeit  des  Sonnenaufgangs  von  zwei  zu  zwei  Tagen  an;  eine  am 
linken  Rande  angebrachte  Hand,  deren  Dienst  bis  1752  die  Figur  eines  alten 
Mannes  mit  einem  Stabe  versah,^)  zeigt  auf  das  jeweilige  Tagesdatum.  Der 
innere  Ring  enthält  in  sechs  Kreisen  die  Jahreszahlen  eines  bestimmten  Zeit- 
raums, deren  Sonntagsbuchstaben,  die  goldene  Zahl,  den  Sonnenzirkel,  den 
Ostersonntag  und  die  Anzahl  der  Wochen  und  Tage  zwischen  Weihnachten  und 
Fastnacht.  Dieser  seit  1562  dreimal  erneute  Kalender  umfaßt  gegenwärtig  che 
Jahre  von   1855 — 1999.     Die   mittlere  Scheibe   verzeichnet   für  eine  Reihe  von 


')    1617,    9.   W.    n.   Ostern    (Juni  22 — 28)    wurde    der    »sticken    up    den    scepter   am    seyer- 
wercke,   damit  dat  menneken  up  den  tall  der  dage  wiset,  gemaket;«   Wß. 


252  DIE  MARIENKIRCHE. 

Jahren  die  in  Lübeck  sichtbaren  Sonnen-  und  Mondfinsternisse  nach  Form 
und  Zeitpunkt,  gegenwärtig  54  für  den  bereits  abgelaufenen  Zeitraum  von 
1855 — 1901.     Die  Achse  schheßt  vorne  mit  einer  strahlenden  Sonne  ab. 

Das  obere,  mehr  in  den  Vordergrund  gerückte  quadratische  Blatt,  dessen 
Ecken  die  Relieffiguren  der  vier  alten  Weltweisen  mit  den  Schriftbändern 
ALBVMAZER  AIT,  PLATO  IN  TIMEO,  ARISTOTELES  DICIT  AREA 
SOLIS  und  PTOLOMEVS  DICIT  einnehmen,  enthält  den  in  zweimal  zwölf 
Stunden  abgeteilten  Stundenzirkel  und  das  am  Rande  in  viermal  90  Grad 
eingeteilte  Planisphärium  mit  24  Streifen  für  die  Tages-  und  Nachtstunden. 
Über  diesem  Grunde  dreht  sich  zunächst  der  blaue  exzentrische  Streifen  des 
Tierkreises,  mittelst  dessen  sich  der  Stand  jedes  Himmelszeichens  zur  Mittags- 
linie, der  der  Sonne  in  der  Ekliptik  und  der  der  Planeten  im  Tierkreise  ab- 
lesen läßt.  Die  scheinbare  Bewegung  der  Sonne,  des  Mondes  und  der  fünf 
alten  Planeten  um  die  Erde  wird  durch  sieben  Zeiger  mit  diesen  Gestirnen  ver- 
anschaulicht. Die  an  der  Spitze  des  Stundenzeigers  angebrachte  Strahlensonne 
wird  von  den  beiden  inneren  Planeten  Merkur  und  Venus  begleitet,  die  bald 
als  Morgensterne  ihr  voraufgehen,  bald  als  Abendsterne  ihr  folgen.  Die  drei 
äußeren  Planeten  Mars,  Jupiter  und  Saturn  vollführen  außer  ihrem  täglichen  Um- 
lauf durch  den  Stundenzirkel  ihre  eigene  scheinbare  Bewegung  von  Westen  nach 
Osten  in  unregelmäßiger,  bald  rascherer,  bald  langsamerer,  bald  rückläufiger  Gang- 
art. Die  halb  vergoldete,  halb  schwarze  Mondkugel  dreht  sich  außer  um  die 
Erde  um  ihre  eigene  Achse  und  stellt  somit  das  Wachsen  und  Abnehmen  dieses 
Gestirns  dar;  die  Spitze  ihres  Gegenzeigers  trägt  eine  früher  sich  täglich  einmal 
um  sich  selbst  drehende  vergoldete  Scheibe,  die  in  der  Mitte  den  halben  Mond 
auf  schwarzem  Grunde,  am  Rande  die  zw^eimal  zwölf  Tagesstunden  aufweist; 
eine  an  der  Stange  des  Zeigers  angebrachte  Hand  war  bestimmt,  die  jeweilige 
Tageszeit  anzugeben.  Den  Mittelpunkt  des  Ganzen  bildet  die  aus  umstrahlten 
Wolken  ragende  Halbfipur  des  Heilands.  Schließlich  befinden  sich  zu  beiden 
Seiten  des  großen  Zifferblattes  z\\-ei  ehemals  dem  Uhrwerk  angeschlossene 
schwarze  Säulen  von  lediglich  astrologischem  Interesse,  die  den  wechselnden  Ein- 
fluß der  Gestirne  auf  die  einzelnen  Tages-  und  Nachtstunden  darstellen  sollten. 
Der  Z\\'eiteilung  des  Aufbaus  entspricht  die  Gliederung  der  in  edlen 
Renaissanceformen  gehaltenen  Umrahmung,  deren  teilweise  vergoldetes, 
meisterhaft  ausgeführtes  Schnitzwerk  sich  wirkungsvoll  von  seinem  blau  be- 
malten Grunde  abhebt.  Das  untere  große  Blatt  wird  seitlich  von  zwei  in  der 
Rahmenfläche  liegenden,  mit  hohen  schlichten  Sockeln,  reich  ornamentierten 
Schäften  und  jonisierenden  Kapitalen  ausgestatteten  breiten  Pilastern  eingefaßt. 
Ihnen  sind  zwei  entsprechend  abgeteilte  reichverzierte  verkröpfte  Pilaster  von 
quadratischer  Form  vorgesetzt.  Auf  ihren  Sockeln  sind  in  Muschelnischen 
symbolische  geflügelte  weibliche  Figuren  und  unter  diesen  je  ein  die  Bedeutung 
der  Figur  versinnbildlichendes  Tier  eingeschnitzt.  Es  sind  dies  in  der  Reihen- 
folge von  links  nach  rechts: 

tt  toniirijcit  «lit  Schwert  und  Fackel,   darunter  ein   Bär; 

Öß  ÖCgcrte,  in  einen  Wecken  beißend,  darunter  ein   lungernder  Wolf  (.-); 


Das  astronomische  Uhrwerk. 


4 


DIE  MARIENKIRCHE. 


253 


bC    niviiijcit,     stark    entblößt,    darunter    ein    Hund    (?)    \'or    einem    offenen 

oefüllten  Goldsack; 
ÖL*    UllUiiöi]L''it    mit    einer    Kanne    und    griffbereiter    Rechten,    tlaiunter    ein 

Schwein  vor  einem  Schnuitz- 
hjuilclien; 
bc  ilofilVt,   'iiit  (Geschmeide  ge- 
schmückt     und      sich      be- 
spiegelnd,      darunter       ein 
Roß; 
bc    tlMdjCit    iiiit    schlatT   herab- 
hängenden    Mügeln,      dai- 
unter  ein    ICsel. 
Aus  den  zierlichen,  in  hohem 
Relief  geschnitzten  Ornamenten  der 
SchaftftiUungen    (Abb.)    wachsen    in 
der   Mitte    aus   Blattkelchen   nackte 
Halbfigürchen  hervor,  von  denen  che 
beiden  vorderseitigen,  zwei  liebliche 
Engel,  Kartuschen  mit  der  Aufschrilt 
ANNO  —  1562    halten.      Das   auf 
den  jonisierenden  Kapitalen  ruhende 
Gesims    ist   in   der   Mitte   konsolen- 
artig im  spitzen  Winkel  vorgekröpft 
und  wird  hier  \'on  einem  Cherubim- 
kopf mit  breiter,  lachend  \'erzogener 
unterer  Gesichtshälfte  getragen.    Ein 
unter  ihm  füllhornartig  nach  beiden 
Seiten  sich  entfaltendes  Rankemverk 
endigt    in    zwei    schmalen    Bändern 
mit  der  Aufschrift: 
VOol  fantk  maafen  bcrid^te  Du  my! 
Dat  icf  alle  IMann  Ü10  Vande  \\\ 

Die  Gesimsfläche  enthält  in 
lateinischen  Majuskeln  links  die 
Überschrift  der  ältesten  Kalender- 
scheibe von   1405: 

HOC  HOROLOGIVM  FAC- 

TVM      EST      PRIMVM      ANNO 

CHRISTI    1405,     HANC     REM- 

PVBLI[cam]    GVBERNANTIBVS 

D[ominis]     PROCONSVLIBUS    HENRICO    WESTHOFF     ET    GOSWINO 

KLINGENBERCH,    PROVISORIBVS    HUIUS    ECCLESIAE,    IPSO    DIE 

PVRIFICATIONIS   MARIAE; 


Pilaster  am  astronomischen   Uhrwerk, 


254  DIK  MARIENKIRCHE. 

rechts  die  Verse: 
ADSPECTVM   CAELI,  SOLIS   LVNAEQVE   NITOREM, 
LUMINA   PER   CERTOS   IGNEM    DVCENTIA  CVRSVS, 
VT   FLVAT   HORA   FVGAX  ATQVE   IRREVOCABI LIS  ANNVS, 
HOC  TIBI,  CONSPICIENS,  OCVLIS   HAVRIRE   LICEBIT, 
SED   RESONOS  QVOTIES   MODVLOS  CAMPANA   REMITTIT, 
PROTINVS  ASTRIPOTENS   NVMEN    LAVDARE    MEMENTO. 

Zu  beiden  Seiten  der  oberen  Hälfte  des  Aufbaus  stehen  vor  zwei  in 
der  Rahmenfläche  Hegenden  schUchten  Pflastern  zwei  kaneflierte  Säulen  mit 
zierlichen  Sockelfüllungen,  reichgeschnitzten  unteren  Schaftringen  und  Kom- 
positenkapitälen.  Das  verkröpfte,  mit  geschnitztem  Friese  verzierte  obere 
Gesims  springt  in  der  Mitte  in  fünf  Zehnecksseiten  balkonartig  vor. 

Den  unteren  Abschluß  der  bis  auf  die  Sockelhöhe  der  Chorpfeiler 
hinabreichenden  Umrahmung  bildet  eine  schwarz  gestrichene  Tafel  mit  ge- 
schweifter unterer  Einfassung,  deren  Mitte  eine  grinsende  Maske  einnimmt.  Die 
dortige  ursprüngliche  Inschrift,  die  mit  des  Büttels  Strafe  den  bedrohte,  der 
das  Kunstwerk  nicht  »ungeschanferet  unde  unbeflecket«  lassen  würde,  ist  1809 
durch  eine  andere  erbaulichen  Charakters  ersetzt  worden.  Ein  1753  ange- 
brachtes, bis  zur  Kopfhöhe  reichendes  schmiedeeisernes  Gitter,  dem  sich  nach 
oben  hin  ein  AO  1759  datiertes  Drahtgeflecht  anschließt,  schützt  das  Kalender- 
werk vor  frevelnden  Händen. 

Auf  den  inneren  vertieften  Seitenflächen  des  unteren  Rahmens  sind  in 
lateinischen  Majuskeln  Nachrichten  aus  der  Geschichte  des  Uhr\\'erks  aufgemalt, 
und  zwar  links  die  stark  gekürzte  Inschrift  von   1753: 

HOROL[ogium]  HOC  ASTRON [omicum]  ANTE  ANN[os]  CCCXLII[Xy) 
CONSTRfuctum]  TEMP[orumJ  INJVR[iam]  SVBINDE  EXPERTVM  RE- 
PA RAT  VM    EST: 

I.  A[nno]  C[hristi]  MDLXIII.,  A  SVIS  NATALIBVS  CLVII.,  PRAE- 
FECTIS  H[ujus]  T[emplil  VIRIS  CLARISSimis]  ANTfonio]  A  STITEN 
CO[nsulej  MAGN[ifico|  ET  HENRicoi  KOEHLER  SENAT[ore],  FER[ia] 
ASC[ensionis]   CHR[istij; 

II.  Afnno]  C[hri.sti]  MDCXXIX.,  POST  RENOV[ationem]  PRIM[am] 
LXVII.,  PRAEFECTIS  H[ujus]  Tfempli]  REIP[ublicae]  LVBfecensis]  CO[nsule] 
MAGN^ifico]  LAVR[entio]  MOELLER  NECNON  IVERGEN  PAVLSEN 
ET  JOH[anne]  FUECHTING  VTROQUE  SENATprej  ET  DIETER^ico] 
BRÖMSE; 

IM.  A[nno]  C[hristi]  MDCCLIII.,  POST  RENfovationem]  ALTERAM 
CXXIV.,  ADDTIO  AVCTOQVE  DECORE  EXTERN[o]  SVIS  QVASI  EX 
RVINIS  REDD[itum!,  PRAESVL[flms]  (H[()c]  Tiemporelj^)  CONS[uleJ  MAG- 
N[ifico]  HENRICO  RVST,  HERM[anno]  BRUENINGK  ET  JOH[anne]  GER- 
H[ardo]  FÜRSTENAVSENATORIB[usl  ET  HENR[icoJ  WÖHRMANN  CIVE. 


1)  Es  muß  statt  CCCXLII  heißen   CCCXLIIX,    wie    auch   in  den  Beschreibungen  des  Uhr- 
werks von    1753  und   i86i   steht  (1405  -|-  348  =:   1753). 
2;  H.  T.  statt  F.   H. 


DIE  MARIENKIRCHE.  255 

Rechts  befinden  sicli  zwei  Inschriften  des  19.  Jalii-lumderts: 
Anno  C[hristij  MCCCIX.,  POST  RENOVfationem]  TERTIAM  LVII., 
HOC  HOROLOGIUM  ITERUM  RENOVATUM  ET  NOVUS  CON- 
STRUGTUS  EST  ORBIS  SOLIS  LUNAEQUE  ECCLIPSES  AD  ANNUM 
MDCCCLXXV  USQUE  INDICANS,  PRAEFECTIS  H;ujus  T,eni|)liJ 
COnsulej  MAGNIFICO  D,..ct(.  RE  JOHANNE  CASPARO  LINDENBERG. 
NICOLAO  JAGOBO  KEUSCH  SENAT[()re],  DIEDERICO  STOLTERFOHT 
ET   HENRICO   NÖLTING   CIVIBUS.  und' 

RENOVATUM   ANNO   MCCCLXXXIX. 

Der  überaus  zierhch  geschnitzte  obere  Aufbau  in  der  (irundfonn 
eines  gleichseitigen  Dreiecks  enthäh  das  der  Stundenulu"  angeschlossene  Kur- 
fürstenwerk, dessen  Mechanismus  1595,  1/5  5  ^^^^^^  1*^5*^  ausgebessert  worden 
ist,  sowie  das  Glockenspiel  und  das  Trompetenwerk,  die,  1752/53  erneut.  Längst 
wieder  aufgehört  haben  zu  funktionieren.  Der  Aufbau  wird  gegliedert  durch 
sechs  verschieden  hohe  Säulchen,  auf  denen  sich  kleine,  von  dreiseitigen 
Giebeln  überdachte  Portale  erheben.  Zwischen  den  beiden  mittleren  und 
größten  Säulen  steht  der  Heiland  mit  der  Weltkugel  unter  einem  Baldacliin. 
t'ber  dem  letzteren  springt,  gleich  ihm  in  fünf  Zehnecksseiten,  ein  kleiner 
Cilockenturm  vor,  der  das  hier  angebrachte,  vierzehn  Glocken  umfassende 
Glockenspiel  verdeckt,  das  früher  allstündlich  eine  Strophe  spielte.  Er  trägt 
an  seinem  oberen  Teile  zehn  lediglich  als  Schmuckstücke  dienende  Glöckchen, 
während  an  seiner  unteren  Brüstung  die  1753  von  der  Westfront  der  Kirche 
hierher  versetzte^)  kleine  volltönende  Stundenglocke ^)  hängt.  Rechts  von 
dieser  Glocke  steht  als  Sinnbild  der  Zeit  ein  alter  bärtiger  Mann  mit  dem 
Glockenhammer  in  der  Rechten  und  einem  Stundenglas  in  der  Linken,  auf 
der  andern  Seite  das  Bild  der  Vergänglichkeit,  eine  weibliche  Figur  mit  einer 
gesenkten  Fackel  und  einem  Totenkopf,  die  bei  jedem  Glockenschlage  ihr 
Antlitz  abwendet.  Eine  inmitten-  des  Türmchens  angebrachte  Janusstatuette 
stellt  in  einem  alten  Manne  die  Vergangenheit,  in  einer  jugendlichen  weiblichen 
Figur  die  Zukunft  dar.  Gleich  den  vorerwähnten  sechs  Säulen  wird  auch  die 
Mitte  von  einem  kleinen  Portale  mit  dreiseitigem  Giebel  gekrönt.  Vor  den 
sieben  Portalen  stehen  unter  vergoldeten  Zeichen  des  Tierkreises  Personifikationen 
der  im  Planetenwerke  enthaltenen  sieben  Gestirne:  zu  oberst  der  Sonnengott 
Apollo,  links  in  absteigender  Reihenfolge  Diana  als  Mondgöttin,  Merkur  und 
Venus  mit  dem  Amor,  rechts  Mars  und  Jupiter,  während  der  vor  dem  untersten 
Portal  angebracht  gewesene  Saturn  jetzt  fehlt.  Zu  beiden  Seiten  des  Mittel- 
baus erblickt  man  unter  vier  schlanken  Renaissancegiebeln,  von  denen  die 
beiden    inneren    das    Datum    der    letzten    umfassenden    Wiederherstellung    des 


1)  Es  heißt  im  Vorsteher-Protokoll  von  1743  — 1832  unter  1754  Januar  14  bei  Begleichung 
der  Rechnung  des  Uhrmachers  G.  F.  Kühn:  »Item  den  Vollschlag  in  der  Kirchen,  so  über  der 
Orgel  gewesen,  alda  weg  und  hinter  das  Altar,  allwo  die  Vergänglichkeit  den  Kopf  drehet  und  die 
Zeit  schlaget,  wieder  angebracht,   dafür  ^   40.« 

^)  Siehe  näheres  unter   «Glocken.« 


256 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Werkes,  ANNO  1753,  tragen,  zwei  größere  und  zwei  kleine  Flügeltüren. 
Sobald  es  mittags  zwölf  Uhr  geschlagen  hat,  treten  aus  der  größeren  Tür  zur 
Rechten  des  Beschauers  der  Kaiser  und  die  sieben  Kurfürsten  in  Prozession 
heraus,  ziehen  mit  einer  Verbeugung"  vor  dem  Heiland  vorüber,  der  über  jedem 
eine  segnende  Handbewegung  macht,  und  verschwinden  durch  die  entsprechende 
linksseitige  Tür.  Zwei  ihrer  Tracht  nach  1753  erneute  Lübecker  Ratsdiener, ^) 
die  ursprünglich  mit  den  Fürsten  durch  die  kleineren  Türen  auf-  und  abtraten, 
jetzt  aber  einander  zugewandt  vor  denselben  stehen,  verneigen  sich  ehrerbietig 
vor  jedem  der  hohen  Herren,  während  zwei  auf  beiden  Ecken  aufgestellte 
Engel  ihre  einst  mit  weiß -roten  Fahnen  geschmückten^)  Posaunen  ansetzen; 
zugleich  blies  das  jetzt  verstummte  Trompeten\^'erk  einen  Akkord. 


Die  Seh  ranken  werke. 

Das  älteste,  dem 
15.  Jahrhundert  ange- 
hörige  Schrankenwerk 
der  Kirche  schließt  die 
Oldesloe  -  Kapelle 

nordseitig  gegen  die 
Totentanzkapelle  ab.  Es 
besteht  aus  drei  ungleich 
großen  Rahmen  mit  dia- 
gonal gekreuzten  Eisen- 
stäben und  einem  durch- 
gehenden oberen  Friese, 
dessen  ausgestochenes 
gotisches  Rankenwerk 
durch  drei  leere  Schilde 
in  kreisförmigen  Um- 
rahmungen unterbrochen 
wird.     Den   oberen   Ab- 


Bronzene  Gitterstäbe 
der  Schinkel-Kapelle,  der  Greveraden-Kapelle  und  der  Chorschranken. 


Schluß   bildet   wie   beim  weiter  unten  behandelten  Totentanz  eine  wulstförmige 
Rekrönung  avis  dem  Jahre   1701. 

Die  Schrankenwerke  aus  dem  letzten  Jahrzehnt  des  15.  und  den  beiden 
ersten  Jahrzehnten  des  16.  Jahrhunderts  sind  sämtlich  mit  spätgotischen  bronzenen 
Gitterstäben   versehen. 

Das  älteste  unter  ihnen  i.st  1493  oder  1494  vor  der  damals  unter  dem 
Norderturm  eingerichteten  Greveraden-Kapelle  erbaut.  Von  seinen  sechs 
gleich    großen    Rahmen    enthalten    die    vier    inneren,    von    denen    die    beiden 


^)  1596,  13.  W.  n.  Neujahr  (März  2i  —  27)  wurden  für  je  i  V2  Ellen  »roden  unde  wytten 
syndell  (Seidenstoff),  so  achter  dat  kor  up  dem  seyer  iho  den  trometen  gekamen,«  7  V2  /3  veraus- 
gabt und  1629,  8.  W.  n.  Ostern  (Mai  24 — 30)  »dem  Schneider  Claus  Fincken  für  die  beiden  Hauß- 
diener  Rocke  zu  machen ,  darzu  ehr  den  Kirsey  gethan ,  noch  an  der  Engel  Trommeten  2  Fahnen 
gemacht,  darzu  er  Dafft  und  Seide  gethan,«   8  .^   10  /3  gezahlt;  WB. 


DIE  .MARIENKIRCHE. 


257 


mittleren  als  Türflügel  dienen,  jeder  drei  ganze  und  zwei  halbe  seitliche  Gitter- 
stäbe mit  oberem  geschnitzten  Maßwerk;  im  übrigen  zeigt  es  feste,  meist 
schlichte  Tafelungen.  Die  1,68  m  hohen  mehrfach  gegliederten  Stäbe  (Abb.) 
sind  in  ihrer  unteren  Phälfte  sechskantig",  in  der  oberen  rund;  das  Maßwerk 
besteht  aus  geschweiften  Bögen,  die  infolge  Uberkreuzung  rautenförmige  Cie- 
bilde  darstellen.  Das  von  einer  neueren  grob  geschnitzten  Kreuzblumengallerie 
überragte  Gesims  trägt  auf  beiden  Seiten  eine  fortlaufende,  in  erhabenen 
gotischen  Minuskeln  geschnitzte  Inschrift,  die  an  der  Innenseite  braun  über- 
strichen ist,  während  sie  sich  nach  dem  Langhause  zu  in  Gold  von  einem 
abwechselnd  blauen  und  roten  Grunde  abhebt.     Sie  lautet  (innenseitig):   aimo  • 

öiTi  •  inccccjrciii  •  boniinica  •  rcminiGccrc')  •  i-anfCLiMta  •  cft  •  \]Ci  ■  lamMia  • 
j.un*  •  rdun'LMiöum-)  •  bomimnn  •   Cticoticricinii  •  ?lrnbL*o   •   ci.iiGiDi.umi   • 

XiiüiiLMiHMn    •     in 

IjnnorLMii  •  faiutL*  • 

cniciö   •   üLMtc  • 

liinjiniö    •    .iXlaric 

(außenseitig:)       ^(0 

ijamiiG  •  tipoftDii 
n  ■  clKimjciiftL*  •  n 
ÜLMti  •  :lL*raniini 
confcfforiG  •  cujus 
annilicrfariuö  •  bc* 
öiiMtioniö  •  öics  • 
pcraijctur  •  öomi* 
niiM  •  prariniti  • 
ante  •  .inidjiiLMiG. 

Dem  vorigen 
Schrankenwerk 
gleicht     das     einige 
Jahre     später    anzu- 
setzende   der    unter 

dem  Süderturm  gelegenen  Schinkel-Kapelle  bis  auf  wenige  Einzelheiten. 
Die  sechskantigen  Gitterstäbe,  deren  oberes  Viertel  gedreht  ist,  sind  einschließ- 
lich ihres  ebenfalls  gegossenen  oberen  Maßwerks  1,96  m  hoch;  das  letztere 
ist  mit  unteren  Maßwerkbögen,  mit  Krabben  und  mit  oberen  Gitterstäbchen 
geschmückt  (Abb.).  Die  sechs  geschnitzten  Friesfüllungen  des  Gesimses  zeigen 
miteinander  gekreuzte  geschweifte  Bögen  in  Gold  auf  rotem  und  blauem  Grunde. 

Das    1496    neu    errichtete 3)    Schrankenwerk    vor    der    Sänger kap eile 
(vgl.    den   Lichtdruck   zu    S.    252)    besteht    ebenfalls    aus    sechs    gleich    großen 


Bekrönung  des  Gitterwerks  vor  der  Sängerkapelle. 


^)  März  3. 

^)  Das   Wort  reverendum   ist  getilgt. 

^)  Bereits    1465    war    «des    rades    kapelle«    (vgl.   S.    168)    »mit    lyliien  boven  der  dore«  ge- 
schmückt worden;  St.-A.,  Ausgaberolle  der  Kämmerei  von   1465/66. 


258 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Rahmen,  von  denen  die  beiden  mittleren  die  Türi^ügel  bilden,  lis  zeigt  zu 
Unterst  geschnitzte  Pergamentrollenfüllungen,  und  dariiber  in  jedem  Rahmen 
ein  aus  vier  ganzen  und  zwei  halben  seitlichen  Bronzestäben  zusammengesetztes 
Gitterwerk  von  1,90  m  Höhe.  Die  in  ihrer  unteren  Hälfte  sechskantigen 
Stäbe  haben  im  dritten  Viertel  einen  glatt -runden,  im  vierten  Viertel  einen 
gedrehten  Schaft,  die  bronzene  Gitterkrönung  gleicht  der  geschnitzten  vor  der 
Greveraden-Kapelle.  Von  hervorragender  Schönheit  ist  eine  dem  oberen  Quer- 
balken aufgesetzte  Schnitzwerkgallerie  (Abb.  S.  257).  Zwischen  sieben,  den 
Gitterstäben  mit  Ausnahme  ihres  glatt -runden  Schaftviertels  nachgebildeten 
kleinen     Kandelabern,      die     jeder     von     zwei     mit     Maßwerk     und     Krabben 


Gilterwerk  südlich   vom   Hochaltar. 


besetzten  geschweiften  Bögen  gestützt  werden,  ragen  bis  zur  gleichen  Höhe 
sechs  in  einer  Kreuzblumenspitze  und  zwei  seitlichen  Fialen  endigende  krabben- 
besetzte Portale  empor,  deren  oben  von  zierlichen  halben  Sechspässen  eingefaßte 
Öffnungen  abwechselnd  männliche  und  weibliche,  bis  zur  Kniehöhe  reichende 
Figuren  umschließen.  Im  Jahre  1790  ist  diese  (iallerie  wiederhergestellt,  das 
übrige  Holzwerk  dagegen  gänzlich  erneuert  worden. 

Über  die  Entstehung  dieser  Schranken  berichtet  das  mehrfach  angeführte 
Stiftungsbuch  der  Sängerkapelle  (Bl.  19):  »Anno  [i4]96  leet  Hynrick  Castori)]) 
maken  dat  ßcranckwarck  myt  wyllen  des  rades  voer  der  cappellen  myt  den 
beyden     oertstoelen     unde    messinghes    i)yleren ,     hiir    y\l    tho    5  V2    schippunt 


DIE  MARIENKIRCnK 


259 


Oberer  Teil   des   Schrankeinverks   vor  der  Tutcntaii/kapclle. 


(r=:  770  kg)  mesßynghes,  unde  steet  myt  aller  unkost  Ikirnma  drehuiidcTl 
niaick.  Dyt  gelt  heft  he  ])rocuieert  Ijy  3  unde  veer  gülden,  ßo  he  konde, 
linde  ghinc   dar   nycht   van   thovoeren.« 

\Ter  den  eben  beschriebenen  ganz  gleichartige  Stabwerke  aus  der  Zeit 
von  I49<S — 1500  (Abb.)  füllen  paarweise  die  Öffnungen  zwischen  den  zweiten 
und  tl ritten  Chorjochpfeilern  oberhalb  der  gleichzeitig  entstandenen  vier 
Kalksteinreliefs  aus  der  Leidensgeschichte  Christi.  ^)  Beide  Stabwerkpaare, 
deren  Gitterstäbe  einschließlich  ihrer  aus  zwei  Hälften  zusammengesetzten  Maß- 
werkbekrönung  1,86  m  hoch  sind,  werden  in  der  Mitte  durch  ein  zierliches 
schlankes  Säulenbündel  geschieden  und  seitlich  je  durch  eine  gleich  letzterem 
aus  Kalkstein  gearbeitete  von  Säulchen  eingefaßte  Hohlkehle  begrenzt,  von  deren 
bildnerischem  Schmuck  nur  eine  kleine  Konsole  erhalten  ist.  Den  oberen  Abschluß 
bildet  ein  unten  mit  einem  Weinlaubstreifen  besetztes  und  von  feingearbeiteten 
jVIaßwerkbögen  mit  niedrigen  Kreuzblumen  sowie  von  einer  Mittelfiale  überragtes 
geschnitztes   Gesims,    dessen  Anstrich   der  Farbe   des  Kalksteins   angepaßt   ist. 

Das  von  1506  datierte  Schrankenwerk  am  Hingang  zur  Totentanz- 
kapelle  umschließt  ein  1,69  m  hohes  Gitterwerk,  das  in  den  beiden  mittleren 
Türflügeln  je  drei  ganze  und  zwei  halbe,  in  zwei  breiteren  seitlichen  Rahmen 
je  fünf  ganze  und  zwei  halbe  Stäbe  aufweist  (Abb.).  Während  die  Maßwerk- 
bögen den  vorigen  gleichen,  sind  die  Säulenschäfte  zu  je  einem  Viertel  sechs- 
kantig, glatt-rund  und  nach  rechts  und  nach  links  gedreht.  Das  obere  Gesims 
enthält  nach  der  Kirche  zu  in  vier  Feldern  vorzügliche  spätgotische  Ranken\\erk- 
füllungen   und    rückseitig   die    in    freistehenden    Minuskeln    geschnitzte  In.schrift: 

IUI  ber  iTürt  uukö  l[eliünj')  IjerF  iljü  W^  i"  '■"'•''■'>■'  ^»l*  ^i-    ^^^'  *"^'^'l^ere  und 

der  jetzige  Leuchteraufsatz   dieses  Schrankenwerks   sind    weiterhin  behandelt.^) 


0   ^S^-  unter  »Bildwerke.« 

^)  Ausgebrochen. 

^)   Vgl.   den  Abschnitt    vLeuchtkörper. « 


26o 


DIE  MARIENKIRCHE. 


(Jberer  Teil   des  Schrankenwerks  vor  der  Oldesloe-Kapelle. 

Eine  Umbildung  des  gotischen  Stiles,  »welche  nicht  ohne  Einwirkung 
der  Renaissance  zu  denken  ist,«^)  lassen  drei  weitere,  in  ihrem  Typus  genau 
gleiche  Gitterwerke  erkennen :  das  von  1 5 1 8  datierte  vor  der  Bergenfahrer- 
kapelle,  das  vor  der  Kapelle  des  Gerhard  Oldesloe  und  das  vor  der  Wlome- 
oder  Küsterkapelle.  Während  die  Scäulenstäbe  den  obigen  von  1 506  ent- 
sprechen, sind  die  schlanken  überkreuzten  Maßwerkbögen  mit  gekrümmten 
kleinen  Ansätzen  versehen,  die  ihnen  das  Aussehen  gestutzter  Aste  geben. 

Das  Gitterwerk  vor  der  Bergenfahrerkai)elle  (Abb.  S.  273)  bildet 
einen  Teil  des  dortigen  Bergenfahrergestühls  und  ist  im  Zusammenhang  mit 
diesem  beschrieben. 

Das  Schrankenwerk  der  Oldesloe-Kapelle  (Abb.)  enthält  in  einer 
mittleren  Tür  und  einem  linken  Felde  je  ein  aus  drei  ganzen  und  zwei  seit- 
lichen halben,  in  einem  breiten  Rahmen  zur  Rechten  ein  aus  zehn  ganzen  und 
zwei  seitlichen  halben  Stäben  zusammengesetztes  Gitter  von  1,58  m 
Höhe.  Sein  Gesims,  das  von  einer  aus  Bögen  und  Kreuzblumen 
zusammengesetzten  plumpen  neueren  Gallerie  gekrönt  wird,  um- 
schließt auf  beiden  Seiten  je  vier  prächtige  durchbrochene  Ranken- 
füllungen, von  denen  die  innenseitig  über  der  Tür  angebrachte 
einen  Schild   mit   der   nebenstehenden   unbekannten  Marke  trägt. 

Das  Schrankenwerk  vor  der  Küsterkapelle  (Abb.),  dessen  Gitterstäbe 
einschließlich  ihrer  Maßwerkbekrönung  1,60  m  hoch  sind,  zeigt  über  dem  drei 
durchbrochene  gotische  Füllungen  umfassenden  Friese  einen  überaus  reich 
geschnitzten  barocken  Aufsatz  aus  den  siebenziger  Jahren '^)  des  17.  Jahrhunderts. 
Phantastisches  Laubwerk  ziert  seine  Basis,  die  in  zwei  ovalen  Öffnungen 
den  Vers  Ev.  Joh.   3,    16   umschließt.     Zwei    von   Wein    umrankte    gewundene 


^)  Lübcke,  Gesch.  der  Renaissance  in  Deutschland  II,  S.  276. 

^  Seine  Säulen  stimmen  genau  überein  mit  denen  des  links  daneben  hängenden  v.  Höveln- 
schen  Epitaphs  von    1676. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


261 


Säulen  tragen   im  \"erein  mit  je  zwei  ornamentierten  l'ilastern  das  mit  üppij^em 
Hlattwerk   besetzte  verkröpfte  Gesims.     In  tler  Mitte  umrankt  ein  xon  zierlichen 

Putten  belebter  Diestel- 
blattkranz  eine  Christus- 
statue von  bewegter 
Haltung.  Zu  beiden 
Seiten  der  Basis  und 
auf  dem  Gesims  sind 
die  Statuen  der  vier 
kLxangelisten  aufgestellt. 

I  )ie  reich.stc  Aus- 
bildung in  spätgoti- 
schem, von  der  Re- 
naissance beeinflußtem 
Stile  zeigt  das  an  den 
beiden  L  a  n  g  s  e  i  t  e  n 
des  Altar  r  a  u  m  e  s  der 

nahezu  mannshohen 
Umfassungsmauer  auf- 
gesetzte Gitterwerk,  das 
1520^)  an  die  Stelle 
einer  gleich  nach  dem 
Brande  von  1407^)  er- 
ri  chteten  ^)       eisernen  ^) 

Einfriedigung  trat. 
Beide  Seiten   enthalten 
zwischen    dem    zweiten 
und  dritten  Chorpfeiler 
je  zwölf  ganze  und  acht 
halbe  seitliche  Bronze- 
stäbe,   von  denen  zw^ei 
bezw".     vier     auf     eine 
mittlere  zweiflügelige 
Tür    mit    unteren    Per- 
gamentrollenfüllungen 
entfallen,  und  zwischen 
dem  dritten  und  \'ierten 
Chorpfeiler  je  achtzehn 
sanze  und  sechs  halbe 


Schrankenwerk   vor  üer   Küsterkapelle. 


1)  Vgl.   S.  263. 

")  Vgl.  S.   196. 

^)   Im   Rechnungsjahre    1407    Februar  22  —  1408  Februar  21    wurden    vom    Rate    49  Mark 
Opfergeld   »gegeven  to  den  ghadderen  in  Unser  Vrouwen  kerken«;  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  5,  S.  179. 
*)  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  8,  No.  94. 


202 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Stäbe,  außerdem  kommt  für  die  Südseite,  dem  Aufgang  zum  Singechor  gegen- 
über, ein  Rahmstück  mit  sieben  ganzen  und  zwei  halben  Stäben  hinzu,  so  daß 
insgesamt  6"]  ganze  und  30  halbe  seitliche  Stäbe  vorhanden  sind.  Diese  (s. 
Abb.  S.  256),  2,27  m  hoch,  sind  in  der  unteren  mehrfach  gegliederten  Hälfte 
sechskantig,  im  nächsten  Viertel  in  der  Regel  glatt-rund,  sonst  ebenfalls  sechs- 
kantig und  im  oberen  Viertel  teils  nach  rechts  gedreht,  teils  z\\'eimal  im  Zick- 
zack gedreht,  teils  schließlich  —  in  neun  Fällen  —  gewellt.  Ihre  Maßwerk- 
bekrönung  (Abb.)  besteht 
aus  geschweiften  Bögen 
mit  reichem  Krabben- 
schmuck. Dem  nach  außen 
zu  als  große  Hohlkehle 
dargestellten  Hauptgesims 
ist  auf  der  Innenseite  ein 
Friesstreifen  eingelegt,  der 
in  fein  geschnitzten  Minus- 
keln nordseitig  eine  dem 
Propheten  Micha  Kap.  6 
Vers  5  und  6  entlehnte 
Frage,  südseitig  als  Ant- 
wort Kap.  2  Vers  10  und 
1 1  des  Philipperbriefes  auf- 
weist. Diese  Inschriften^) 
lauten: 

Am       nördlichen 
Schrankenwerk:  -|ilidicc  • 

in  •  bcin  •  6  •  trnt  •  bu  • 
tic  •  Hmicft  •  T>c  •  ijc* 
rcLljtiiOcit  •  bco  •  Ijcrcmi  • 
Inat  •  li  UiLTbc_-  im  •  liun*^ 
biijcG  •  offcrc_  bcm  •  || 
[l)LU-en  •  Y)  biib  •  iclf  • 
lucrbc  •  ljoe0ljc_  •  bat  • 
linc  bcm  •  Ijoöljc  •  Ijcrcn  • 
Viniü  •  to  •  cruimjcn  •  be 
üarml}crtiLijcit. 

Am  südlichen  Schrankenwerk:    pljili).ipL*fili 


Oberer  Teil   der   Chorschranken. 


inbciii  •  n.iiiic  •  iljcfU 


^)  In  der  1494  zu  lAibeck  von  Stephan  Arndes  gedruckten  Bibel  lauten  beide  Stellen: 
»Up  dat  du  scheidest  bekennen  de  rechtverdicheyt  des  heren.  Wat  schal  ik  werdich  offeren  deme 
heran?  Ick  schal  boghen  myne  knee  deme  hoghen  gada.  Schal  ick  ame  nicht  offeren  ofterj'nghe, 
de  man  vorbrend  unde  jarygha  kalvere  .  .  .?«  und  »Dath  in  dam  namen  ihesu  werde  (!)  gheboghet 
alle  kne  der  hemmelschen,  dar  ardeschen  unde  der  heischen  creaturen  unde  ene  islike  tunghe  be- 
kenne, dat  de  hera  jhasus  christus  is  in  der  ere  gades  des  vaders.    Darumme,  mine  alderlevest,  .  .  .« 

^)  Durch  das  von  Hövelnsche  Sandsteinepitaph  verdeckt. 


DIK  MARIKN'KIRCllli. 


26' 


Oberer  Abschluß    des  Tafelwerks  vor  der  Molen-Kapel 


liirifti  Inorbc  •■'  ■  ^thocßUct  ■  alle  •  um  ■  bin*  ijLMiicifdnMi  •  Imb  ■  L'rbeffrtK  • 
liiTb  ■  der  •  i)ci(d]c  ■  Im  •  n\c  •  itiiiHc  •  tlnjc  •  ItiMUMinct  bat  •  bi'  •  i]ci'c  • 
iljcfliG  •  criftliG  •  IG  •  inbci     ijlürie  •  ijabcG  •  bco  •  liabcrc.  •  bar  • 

Auf  dem  (lesinis  erhebt  sich  eine  prächtige  Schnitzwerkgallerie,  be- 
stehend aus  ineinandergeschobenen,  mit  Ma(]i\\erk  gezierten  Bögen,  die  von 
Fialen  unterbrochen  und  von  krabbenbesetzten  geschweiften  (jiebelchen  und 
aufstrebenden  Ranken  überragt  werden. 

Von  den  zugehörigen  westseitigen  Schranken,  die  bei  der  Wiederher- 
steUung  des  Lettners  im  Jahre  18 17  entfernt  sind  in  der  Absicht,  einen  freien 
DurchbUck  vom  MittelschüT  nach  dem  Altar  zu  gewinnen,  sind  noch  drei, 
1852  zur  Ausbesserung  des  großen  Nowgorodfahrerstuhls  verwandte  nicht 
ganz  mannshohe  Pergamentrollen -Täfelungen  vorhanden,  deren  Breite  dem 
halben  Abstand  der  hinteren  Lettnersäulen  entspricht.  Eine  dieser  Täfelungen, 
die  der  ehemaligen  mittleren  Doppeltür  angehört  hat,^)  trägt  die  Jahreszahl 
1520  und  das  W'igerinksche  Wappen;  es  ist  also  jedenfalls  das  ganze  Schranken- 
werk gleich  der  südseitigen  Hälfte  der  westlichen  Lettnerbrüstung  von  dem 
15  18  \'erstorbenen  Bürger  Godart  Wigerink  oder  dessen  Testamentsvollstreckern 
gestiftet.  Den  jetzigen  westlichen  Abschluß  des  Altarraumes  bildet  ein  18 17 
gefertigtes  niedriges  Brüstungsgeländer,  das  in  drei  mittleren  Doppeltüren  und 
zwei  seitlichen  Rahmstücken  34  ganze  und  16  halbe  Bronzestäbe  umfaßt,  die 
einschließlich  ihrer  dem  älteren  Schrankenwerk  nachgebildeten  Maßwerkbe- 
krönung  90  cm  hoch  sind  und  von  der  Tremser  Gießerei  der  Gebr.  Hasfe 
geliefert  sind. 

1)  Vgl.  S.   191. 


204 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Zwei  gleiche,  je  fünf  ganze  vind  zwei  halbe  Bronzestäbe  enthaltende 
Gitter,  die  1845  in  derselben  Gießerei  hergestellt  sind,  schließen,  um  dies  vor- 
wegzunehmen,  die  beiden  Türbögen  der  früheren  Gerwekammer. 

Aus  der  Übergangszeit  von  der  Gotik  zur  Renaissance  stammt  zunächst 
das  die  Molen-Kapelle  gegen  den  Chorumgang  abschließende  hohe  Tafel- 
werk, dessen  obere 
große  Felder  mit 
diagonal  gekreuzten 
Eisenstäben  vergit- 
tert sind ,  während 
es  unten  feste  mit 
]\Iaß\\'erkbögen  ge- 
schmückte Füllungen 
aufweist.    Über  dem 

oberen   Rahmholz 
läuft  ein  fünfteiliger 
Fries.    In  seinen  der 
Kirche    zugekehrten 
Feldern     umschließt 

schönes  durch- 
brochenes Blattwerk 

einen  Löwenkopf 
oder    ein    Medaillon 
mit     kleiner     Halb- 
figur;   die   rückseiti- 
gen Füllungen  zeigen 
verschiedenartiges 
Maßwerk.      Gekrönt 
wird  das  Ganze  von 
einer  aus  großen  fünf- 
teiligen   Blüten    und 
kleinen     Lilien     zu- 
sammengesetzten 
Gallerie(Abb.S.263). 


Schrankeiiw  crk  vur  der  LiüigernieisterkapeUc 


Von  ähnlicher 
Anordnung  sind  die 
Gitterwerke  vor  der 

Stotebrügge-  und  vor  der  Segeberg-Kapelle.  Bei  ersterem  bildet  den 
oberen  Abschluß  ein  durchbrochener  Laubwerkfries  und  eine  teilweise  erneute 
Blütengallerie,  bei  letzterem  ein  durchbrochener  steif  gemusterter  Maßwerkfries 
und  eine  aus  unteren  Maßwerkbögen  und  oberem  Blattwerk  zusammengesetzte 
Bekrönung. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


>65 


Das  drei  große  (iitter  aus  diagonal  tlurclicinandcr  oestcckten  I^isenst;il)cn 
umschlicl^endc  Sclirankcnwcrk    xor   der  Bürgernieisterkapelle  (Al)l).)  ist  im 


Stile  der  k'rührenaissance  gehalten. 


Vier  kräftige  kanellierte  Säulen  mit  hohen 
Postamenten,  denen  je  eine 
Füllung  mit  einer  Mittelfigur 
—  Liebe,  (jerechtigkeit, 
(ilaube  und  1  loffnung  —  vor- 
gesetzt ist,  tragen  ein  mit 
reichen  ausgestochenen  1^'ries- 
mustern  und  mittleren  Relief- 
köpfchen geschmücktes  Ge- 
sims. Über  dem  mittleren, 
als  Tür  dienenden  P'elde  ragt 
ein  hoher  Giebelaufsatz  auf, 
der  in  einer  reich  profilierten 
breiten  Umrahmung  eine  zier- 
lich geschnitzte  Reliefdar- 
stellung der  Anbetung  des 
Christkindes  durch  die  flirten 
zeigt.  Zu  beiden  Seiten 
dieses  Aufbaus  ist  durch- 
brochenes,   von    Putten    und 

Vögeln  belebtes  Schnitz- 
werk im  Kartuschencharakter 
angeordnet.  Vermutlich  ist 
das  Werk  gleichzeitig  mit 
den  im  Jahre  1574  an  der 
Bürgermeisterkapelle  vorge- 
nommenen baulichen  Ver- 
änderungen *)  errichtet. 

Die  B  r  e  m  ersehe 
Grabkapelle  wird  durch 
ein  in  den  dreißiger  Jahren  des 
17.  Jahrhunderts  errichtetes 
reiches  barockes  Schranken- 
werk (Abb.)  abgeschlossen. 
Eine  bunt  bemalte  reliefför- 
mige  Mosesstatue  in  flacher 
barocker  Nische  zeichnet  die 
Füllung  der  linksseitig  be- 
legenen Tür  vor  den  drei  übrigen  schlichten  unteren  Täfelungen  aus.  Darüber 
befindet    sich    zwischen     drei     senkrechten    Rahmhölzern,     denen     geschnitzte 


Schrankenwerk  vor  der  Bremer-Kapelle. 


1)  Vgl.  S.   15S. 


266 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Hermenpilaster  vorgesetzt  sind,  ein  ]:)rächtiges  Bronzegitter  von  i ,  1 1  m  Höhe. 
Die  Stäbe  zeigen  abwechselnd  die  Form  von  doppelseitig  ausgebildeten,  in 
der  Mitte  durchbrochenen  Hernienpilastern  und  von  schlanken,  nach  unten  hin 
sich  verjüngenden  säulenartigen  Pfosten;  sie  werden  verbunden  durch  Rund- 
bögen, die  mit  krausem  Rankenwerk  und  herabhängenden  Trauben  verziert 
sind.  Über  dem  oberen  Querholz  erhebt  sich  zwischen  flachen  Giebelansätzen 
ein  bizarrer  durchbrochener  Aufbau.  Er  umfaßt  über  einer  mit  reichem 
Kartuschen  werk  umrahmten  Inschrifttafel  drei  von  Säulen  eingefaßte  Nischen, 
deren  mittlere  und  größte  eine  Statuette  des  segnenden  Heilands  mit  der 
Weltkugel  umschließt;  sein  verkröpftes  Gebälk  wird  von  den  Statuetten  des 
Glaubens,  der  Liebe  und  der  Hoffnung  gekrönt.  Zwei  auf  den  Giebelansätzen 
hingelagerte    Putten    halten   die   von    Lorbeerkränzen    umrahmten   Wappen   des 


Gitter  vor  der  Köhler-Kapelle. 


am  15.  (3ktober  1636  gestorbenen  Kaufmanns  Hinrich  Bremer,  der  am 
4.  Oktober  1630  diese  Kapelle  erwarb,  (im  blauen,  von  einem  goldenen  Balken 
geteilten  Schilde  oben  zwei  goldene  Sterne,  unten  drei  goldene  Kugeln;  auf 
dem  Helm  ein  goldener  Stern)  und  seiner  am  letztgenannten  Tage  gestorbenen 
Ehefrau  Elisabeth  geb.  Paschen  (im  blauen  Schilde  ein  mit  zwei  goldenen 
Sternen  belegter  roter  Pfahl,  dem  beiderseits  eine  halbe  goldene  Lilie  ange- 
schlossen ist;  auf  dem  Helm  ein  goldener  Stern  zwischen  zwei  goldenen  Lilien- 
stauden). Die  Basis  des  Aufbaus  trägt  in  ihrer  kartuschenförmigen  Umrahmung 
die  Todesdaten  des  Ehepaares. 

Das  vor  der  Kohl  ersehen  Grabkapelle  1656  errichtete  Schranken- 
werk zeigt  unten  schlichte  Täfelungen  und  darüber  tlrei  Rahmen  mit  prächtigen, 
in  durchstecktcr  Arbeit  geschmiedeten  teilweise  vergoldeten  Gittern,  von  denen 


DIE  MARIENKIRCHE.  267 

(las  mittlere  den  Kölilerscheii  Wappenscliilcl  uiiisclilie(st  (Abb.).  1  )ie  obere  S|)itz- 
boojge  Ollnuiig  der  Kapelle  füllt  ein  schmiedeeiserner  Stammbaum  mit  den  auf 
lüscnblech  gemalten  Wappen  und  Namen  des  Bürgermeisters  Dr.  /Vnton  Köhler 
(gest.  1658)  und  seiner  reihenweise  nach  vier  Generationen  aufgeführten  dreißig 
letzten  Vorfahren;  er  trägt  am  FuLsende  die  gemalte  Inschrift:  EX  •  HISCE  • 
RADICIBVS  •  PROGNATVS  •  DN  •  ANTON  •  KOLER  •  CONSVL  •  HOC  •  DORMI- 
TORIVM   .  SIBI   .   FAMILIAE   •   DESCENDENTIBVS  .   F  •   F  •  1656. 

1656,  y.  AV.  n.  Ostern  (Juni  i — 6)  vergütet  Bürgermeister  Anton  Köhler 
der  Kirche  1 2  13^  für  Kalk  »zu  s[einer]  Magnifficenz]  Capell,  welche  s[eine] 
Hoch\v[eisheit]  jetzo  einrichten  leßet;«  WB.  —  Das  Wetteprotokoll  (St.-A.) 
vermerkt  unter  1656  Mai  23:  »AuiT  Clage  des  H.  Burgermeisters  Doct. 
Anthonii  Cöelerl>  ist  Johan  Caßen^)  einem  Maliler  durch  den  Wettediener 
anbefohlen,  dai.^  er  wohlgemeltem  Herrn  nach  Kaut  del>  Contracts  mit  der 
Arbeit  in  St.  Marien  in  der  Capelle  befordern  soll,  dannt  solches  gegen  die 
heil.   Feyertagen   fertig   werden   können,   bey   Straffe  der  Wette.« 

\^)r  der  Divessen-Kapelle  befindet  sich  eine  niedrige  Brüstung  mit 
derbem   Rokokoaufsatz. 

Das  mit  hohen  bronzenen  Gitterstäben  versehene  Schrankenwerk  vor 
der  Warendorp-Kapelle  stammt  trotz  seiner  annähernd  gotischen  Formen 
aus  dem  letzten  Jahrzehnt  des  18.  Jahrhunderts.  Der  dreiteilige  obere  F"ries 
enthält  durchbrochene  Maßwerkfüllungen  in  der  Art  derjenigen  vor  der  Sege- 
berg-Kapelle, während  die  Bekrönung  im  allgemeinen  den  Chorschranken 
nachgebildet  i.st. 

Die  Rodde-  und  die  Wöhrmann-Kapelle  sind  durch  neuere  schmiede- 
eiserne Gitter,  die  beiden  Eingänge  zur  früheren  Gerwekammer,  wie  schon 
(S.  264)  erwähnt,  durch  niedrige  Barrieren  mit  gotisierenden  Bronzestäben  aus 
dem  Jahre    1846  abgeschlossen. 

Das  Gestühl. 

Gotische  Zeit.  Ein  aus  24  Klappsitzen  bestehendes,  seit  1801  grau 
übermaltes  und  gegenwärtig  arg  vernachlässigtes  Gestühl,  das  in  die  erste 
Hälfte  oder  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  zu  setzen  ist,  zieht  sich  in  der 
Bürgermeister  kapeile  vor  der  breiten  Fensteröffnung,  dem  anstoßenden 
Teile  der  Ostwand  und  vor  der  Westwand  hin.  Wie  der  Augenschein  lehrt,  ist 
es  in  den  südlichen  Vorbau  der  Kapelle  (vgl.  S.  158)  erst  später  hineingebaut 
oder  richtiger  gesagt  hineingezwängt.  Hohe  Seitenwangen  mit  oberen  wimperg- 
artigen Endigungen  schließen  es  beiderseits  ab.  Die  niedrigen  Zwischenwangen 
sind  vorne  mit  runden  Säulchen  und  mit  Handstützen  in  der  Form  kleiner 
Tierköpfe  geschmückt,  während  die  unter  den  schmalen  Klappsitzen  an- 
gebrachten Miserikordien  aus  einfachen  schlanken  Konsolen  bestehen.  Die 
schlichte  hohe  Rückwand  ist  am  oberen  Ende  mit  Maßwerkbögen  verkleidet; 
darüber    wölbt    sich    in    einer    Hohlkehle    die    von    einer    Zinnengallerie    mit 


^)  Der  Maler  Johann  Caße  war    1652   August  26   Bürger  geworden;   St.-A.,  Bürgermatrikel. 


268 


DIE  MARIENKIRCHE. 


zierlichen  Maßwerkmustern  gekrönte  Verdachung  (Abb.).  Vor  den  Sitzen  der 
Fensternische  erhebt  sich  zwischen  zwei  von  Blütenkelchen  gekrönten  Wangen 
eine  Brüstung,  die  außenseitig  mit  einem  oberen  Weinrankenfries  verziert  ist. 
Zwei  vor  den  ostseitigen  Plätzen  errichtete  Bänke  zeigen  in  den  dreieckigen 
oder  blütenförmigen  oberen  Endigungen  ihrer  Seitenwangen  in  sieben  Fällen 
Blattwerkmuster  oder  Tiergestalten,  nämlich  einen  vor  drei  Vögeln  die  Orgel 
spielenden  Esel  (Abb.),  eine  Katze  mit  Maus,  einen  Drachen  und  andere 
phantastische  Gebilde;  das  achte,  der  Kirchenmitte  zugekehrte  Endstück  um- 
schließt einen  lübischen  Adlerschild.  Unterhalb  des  letzteren  ist  auf  der 
Wangenfläche  eine  geschnitzte  Mannesfigur  mit  leerem  Spruchband  dargestellt; 
die  übrigen  Flächen 
entbehren  des  bild- 
nerischen Schmucks. 


'•'CsUl 


Eine    in    der 
Totentanzkaj^elle 

ringsum  an  den 
Wänden     sich     hin- 
ziehende breite  nied- 
rige Sitzbank  ist 
offenbar  gleichzeitig 
mit    dem    in    seiner 
ursprünglichen     Ge- 
stalt   1463    dort   an- 
gebrachten Toten- 
tanz entstanden. 
Ihreschlicht  getäfelte 

Rückwand  wird 
gegen  die  einmün- 
denden Türen  durch 
Seitenwangen  abge- 
schlossen, deren  einzigen  Schmuck  ein  nach  vorne  hin  umgebogenes  krabben- 
artiges Blatt  bildet.  In  gleicher  Weise  verziert  sind  die  der  Bank  in  einigen 
Abständen  aufgesetzten,  mit  seitlich  angefügten  Armlehnen  versehenen  Zwischen- 
wangen (Abb.),  durch  welche  sieben  Einzelplätze  lehnstuhlartig  abgeteilt  werden. 

In  den  Ausgang  des  15.  Jahrhunderts  gehört  seinen  Hauptbestandteilen 
nach  der  am  dritten  Süderpfeiler  gegenüber  der  Kanzel  aufgebaute  2,93  m 
hohe  und  2,47  m  breite  viersitzige  Vorsteherstuhl.  Er  ist  1858  aus  dem 
Privatbesitz  des  damaligen  Inhabers  vom  »Hotel  Stadt  Hamburg,«  G.  J.  Pflüg, 
angekauft,  der  ihn  aus  dem  Schmiedestuhl  der  Petrikirche  (vgl.  S.  54)  und 
weiterem  dorther  .stammenden  Schnitzwerk  hatte  zusammensetzen  lassen.  Die 
Wangen,  in  denen  die  mit  Miserikordien  versehenen  Klappsitze  laufen,  sind  vorne 
mit  oberen  und  unteren  achteckigen  Säulchen,  mit  Handstützen  in  F'orm 
kleiner  vorspringender  Köpfe  und  mit  schmalen  Armlehnen  ausgestattet;  unter 


oberer  Abschluß   des  Gestühls   in   der  Bürgermeisterkapelle. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


269 


Stuhhvange  in   der 
Bürgernieisterkapelle. 


den  Miserikordien  zeichnet  sich  eine  als  Meerjungfrau  aus- 
gebildete vor  den  in  Maskenform  gehaltenen  übrigen  aus. 
Auf  den  beiden  höheren  Seitenwangen  lagern  Drachen, 
aus  deren  weitgeöffnetem  Rachen  gewundene  Ecksäulchen 
aufragen.  Sie  werden  gleich  drei  den  Armlehnen  der 
Zwischenwangen  aufgesetzten  zierlichen  Säulchen  von 
kleinen  nackten  Jünglingsfiguren  gekrönt.  Die  Täfelung 
der  Rückwand  zeigt  Pergamentrollenmuster  und  obere  mit 
Rankenwerk  gefüllte  Friese,  von  denen  die  beiden  mittleren 
die  Jahreszahl  1626  tragen.  Eine  Doppelreihe  gleicher 
Friesfullungen  schmückt  das  Gesims  der  vorgebogenen 
Verdachung;  ^)  eine  dritte  obere  Reihe  ist  bei  der  Auf- 
stellung des  Stuhles  in  der  Marienkirche  aus  vorhandenem 
alten  Schnitzwerk  hinzugefügt.") 

1858   Mai   22    wurden    an      (i.  J.    Ptiüg  für  einen 
alten  restaurirten,  mit  reichem  Schnitzwerk  ausgestattetem 
Kirchenstuhl   von  Eichenholz,   mit  4  Plätzen  und  einem 
Baldachin,    zur    Benutzung    der    Herren    Vorsteher    be- 
stimmt, •    20   Louisd'or  oder   275  ^  gezahlt-,  Wochenzettel    1858  Mai  16 — 22. 

Um  das  Jahr  1 500  anzusetzen  ist  eine  mit  anderem  älteren  Schnitzwerk 
1892  dem  Museum^)  überwiesene  1,17  m  hohe  und  0,79  m  breite  Stuhlrück- 
wand, von  deren  vier  gleich  großen  Füllungen 
die  beiden  oberen  senkrecht  laufende  Pergament- 
rollenmuster, die  beiden  unteren  einen  wilden  Mann 
und  eine  Frauengestalt  mit  dem  von  Tunenschen 
Wappenschild  (Abb.  S.  270)  aufweisen.  Als 
Stifter  wird  der  1501  gestorbene  und  in  der  Marien- 
kirche beerdigte  Bürgermeister  Ludeke  von  Tunen, 
der  letzte  namhafte  Vertreter  dieser  Familie,  gelten 
können. 

Der  fast  die  ganze  Länge  der  Südwand 
zwischen  dem  E^ingang  zur  Divessen-Kapelle  und  der 
südwestlichen  Kirchentür  einnehmende  Schonen- 
fahrerstuhl  (Abb.  S.  271)  ist  1506  an  die  Stelle 
des  damals  beseitigten  ältesten  Gestühls  dieser 
Genossenschaft  getreten,  welches  1397  vom  zweiten 
südlichen  Wandpfeiler  hierher  versetzt  worden  war,^) 


in   de 


Stuhlwange 
•  Totentanzkapelle. 


1)  Vgl.   weiter  unten   die  Abb.   des  Siricius-Epitaphs. 

^)  Jimmerthals  handschriftliche  Chronik  der  Marienkirche 
unter    185S. 

^)  Kulturhist.   Museum    1S92/117. 

*)  Im  ältesten  Protokollbuch  der  Schonenfahrer  heißt 
es  unter  1397:  j'Item  dem  tymmermanne,  de  nam  erstes  males  dat 
olde  stolete  up  van  des  copmans  wegene  unde  he  settede  dat 
wedder  dalewart  by  der  neddersten  capellen,  unde  do  makede  he 
dat  nye  stolete  vor  dat  altar  .  .  . ;«  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  6,  S.  26. 


270 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Füllungen  vom   ehemaligen  Tunenschen   Stuhl. 


um    dem    damals    neu    errichteten   Schonenfahreraltar   und   einer  vor   letzterem 
angebrachten  doppelten  Sitzreihe  Platz  7ai  machen. 

Das  9,40  m  lange  und  t,,S^  m  breite  Gestühl  besteht  aus  einer  hohen 
Rückwand  mit  Bal- 
dachin und  angeschlos- 
senen Seitenwangen 
und  aus  acht  Bänken, 
denen  gleich  der  vor- 
deren schlicht  getäfelten 
Brüstung  freistehende 
linke  Seitenwangen  vor- 
gesetzt sind  Die  letz- 
teren laufen  aus  in 
einen   von   zwei  Fialen 

eingeschlossenen  ge- 
schweiften   Giebel    mit 
Krabbenschmuck      und 

Kreuzblumenspitze, 
während      die      beiden 
vorne     in     einer    Fiale 

endigenden  hinteren 
Wangen  mittelst  krabbenbesetzter  Bögen  zu  zwei  den  Baldachin  der  Rückwand 
tragenden  gewundenen  Säulchen  hinübergeleitet  sind.  i\uf  den  Flächen  der 
zehn  linken  Wangen  sind  in  rundbogigen  Nischen  Relieffiguren  geschnitzt, 
nämlich,  in  der  Reihenfolge  von  vorne 
nach  hinten,  die  Madonna,  die  Aposteln 
Johannes,  Petrus  und  Andreas,  der 
den  Teufel  besiegende  St.  Michael, 
St.  Dorothea  mit  dem  Blumenkorb, 
St.  Christoph,  St.  Gertrud  mit  einer 
Kapelle,  St.  Antonius  mit  seinem 
Schweinchen  und  der  vom  Engel  und 
vom  Hündchen  begleitete  St.  Rochus. 
Die  Fläche  zwischen  dem  Rundbogen 
und  dem  oberen  Abschluß  der  Wangen 
füllen  gelehnte  Schilde  mit  dem  lübi- 
schen  Adler,  dem  geteilten  Wappen- 
schilde der  Stadt  und  dem  Schonen- 
fahrerwappen  (drei  Heringe).  An  der 
Rückwand  befinden  sich  iunf  Klapp- 
sitze mit  Miserikordien  in  der  Form 
männlicher  Köpfe;  die  von  runden  Armlehnen  überdeckten,  an  ihrem  oberen 
Teile  mit  Pergamentrollenmustern  gezierten  Zwischenwangen  sind  mit  kleinen 
Tiergestalten  als  Handstützen  besetzt  (Abb.).    Die  mittlere  Höhe  der  Rückwand 


Klappsitz  und   Zwischenwange 
vom   Schonenfalirersluhl. 


DIE  MARIENKIRCHK 


Der  bchunciifahrerstuhl. 


2/2  DIE  MARIENKIRCHE. 

nehmen  drei  große  offene  Rahmen  ein,  in  die  je  vier  ganze  und  zwei  halbe 
seitliche  bronzene  Gitterstäbe  mit  oberem  hölzernen  Rankenwerk  eingesetzt 
sind.  Der  unten  von  sechs  durchbrochenen  feinen  Rankenfüllungen  auf  ab- 
wechselnd rotem  und  blauem  Grunde  abgeschlossene  Baldachin  wird  außer 
von  den  seitlichen  Wangen  von  fünf  in  einer  hölzernen  Hohlkehle  liegenden 
Rippen  getragen.  Letztere  leiten  über  in  kleine  schlanke  Fialen,  die  das  aus 
drei  Reihen  freistehender  prächtiger  Rankenmuster  zusammengesetzte  Gesims 
durchschneiden.  Die  Rückseite  trägt  oberhalb  des  Gitterwerks  die  in  goldenen 
Minuskeln  aufgemalte  Inschrift:  na  Ücr  ÜOlt   Ctjrifti   llllKG    Ijcrcu   vVl   C  Üi  jai* 

ba  irtcn  bc  fiocynian  öcr  fdjancliar  bcffc  ftoic  niaucn  in  ö'Iöcg  [iiamcn] 

Die  feinen  Schnitzereien  des  Baldachins  sind  1850  vom  Hamburger  Bildhauer 
J.  P.  N.  Martin,  die  Seitenwangen  1874  vom  Bildhauer  J.  Kaffsack  wieder- 
hergestellt worden,  wobei  die  Petrusfigur  gänzlich  erneuert  wurde. 

Dem  Schonenfahrerstuhl  in  seinen  Einzelheiten  ähnlich  ist  der  neuer- 
dings links  vor  dem  Eingange  zur  Oldesloe -Kapelle  aufgestellte  zweisitzige 
Nenstedesche  Erbstuhl.  Er  stand  ehemals  im  Mittelschiffe  nahe  dem 
Taufbecken^)  und  wird  also  bei  der  Erneuerung  des  dortigen  Gestühls  infolge 
des  Brandes  von  1508  gebaut  sein.  Sein  Stifter  ist  wahrscheinlich  Ludeke 
Nenstede,  der  1504  ein  beim  Begräbnis  seines  Vaters  gebrauchtes  schwarz- 
sammetes  Bahrtuch  an  die  Sängerkapelle  schenkte'^)  und  1526  als  deren  Vor- 
steher genannt  wird,^)  ein  jüngerer  Bruder  des  Ratsherrn  (1509 — 29)  Hinrich 
Nenstede. 

Die  beiden  Seitenwangen  zeigen  an  der  Außenfläche  in  rundbogigen 
Nischen  je  eine  Apostelfigur,  rechts  vermutlich  Bartholomäus  mit  abge- 
brochenem Messer,  links  Thomas  mit  dem  Richtscheit;  darüber  erhebt  sich 
zwischen  zwei  Fialen  ein  von  einer  Kreuzblume  gekrönter  geschwungener 
krabbenbesetzter  Giebel,  der  das  Nenstedesche  Wappen  (im  schräggeteilten 
Schilde  oben  fünf  linke  Schrägteilungen,  unten  eine  Rose)*)  einschließt.  Die 
schlicht  gelassenen  inneren  Flächen  des  Gestühls  entbehren  des  sonst  üblichen 
viertelkreisförmigen  Ausschnittes  für  die  auf  Leisten  aufschlagenden  Klapp- 
sitze. Die  mit  vorderen  Säulchen  gezierte  Zwischenwange  schließt  oben  mit 
einer  runden  Armlehne  ab.  Als  Miserikordien  dienen  ein  Mannes-  und  ein 
Frauenantlitz. 

Das  der  ganzen  westlichen  Seite  des  Mittelschiffes  vorgebaute  Bergen- 
fahrergestühl  (Abb.)  ist  .seiner  Inschrift  nach  15 18  errichtet,  vermutlich  nach- 
dem das  1481  erwähnte'^)  ältere  dortige  Gestühl  der  Genossenschaft  gleich  der 
15 16 — 18  erneuten  großen  Orgel  vom  Brande  des  Jahres  i  50S  in  Mitleidenschaft 


')    1601  Oktober  31  verkaufte  Heinrich  Nenstede  seinen  Stand  »in  der  Nensteden  erffstole 
by  der  doepe  gelegen;«   Steinbuch   1597 — 1636,  S.  39. 

")  Stiftungsbuch  der  Sängerkapelle  (St.-A.),  Bl.  21  b. 

^)  Oberstadtbuch  lib.   12,  Marie  Bl.   75. 

*)  Vgl.  das  Siegel  Ludeke  Nenstedes  bei  Milde,  Siegel  des  M.-A.,  Tafel   12,  No.  96. 

^)  Bruns,   Die  Lübecker  Bergenfahrer  und   ihre  Chronistik,   S.   248. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


-/ J 


gezogen  war.  Ks  besteht  aus  zwei  achtsitzigen,  je  5,26  m  langen  und  1,56  m 
tiefen,  symmetrisch  angelegten  Stuhlreihen,  deren  hohe  Rückwände  mit  der 
zwischen  ihnen  gelegenen  lungangstür  zur  Bergenfahrerkapelle  ein  Ganzes  bilden. 
Nach  vorne  werden  beide  Hälften  abgeschlossen  durch  eine  1,60  m 
hohe  schlicht  getäfelte  Brüstung  mit  Seitenstücken,  auf  deren  in  geschwungener 
Linie  aufsteigendem  oberen  Ende  je  eine  das  Bergenfahrerwappen  oder  das 
norwegische  \Vai)pen    haltende   Mannesfigur   lagert.      Das    südliche   Scitenstück 


Der  Bersenfahrerstuhl. 


fehlt;  es  ist  nebst  der  ehemals  dort  befindlichen  niedrigen  Stuhltür  bei  einer 
1806  erfolgten  Wiederherstellung  des  fast  gänzlich  verfallenen  Gestühls«^) 
durch  eine  hohe  Tür  mit  Rokokoverzierungen  und  dem  plump  geschnitzten 
Wappen  des  Kollegiums  ersetzt.  Die  mit  schmalen  Armlehnen  überdeckten 
Zwischenwangen,  in  denen  die  schlichten  Klappsitze  laufen,  sind  mit  Mannes- 
köpfen als  Handstützen  und  zwei  vorderen  achteckigen  Säulchen  geschmückt; 
ihre   oberen  Füllungen   zeigen    flache  Pergamentrollenmuster.     Auf  den   beiden 

*)   Vgl.  den  in  den  Lübeckischen  Blättern  1S94  S.  248  mitgeteilten  Bericht  des  Werkmeisters. 

18 


274 


DIE  MARIENKIRCHE. 


^f^', 


der  Kapellentür  benachbarten  Seitenwangen,  die  im  Eselsrücken  hochgeführt 
sind  und  in  zwei  vor  der  Rückwand  aufragenden  gewundenen  schlanken  Säulen 
ihre  Fortsetzung  finden,  um  als  Stützen  des  seit  1806  beseitigten  Baldachins 
zu  dienen,  kauern  ein  lesender  Mönch  und  ein  Narr  mit  einem  Dudelsack;  an 

den  äußeren  Seiten  schließt 
eine  hohe  Täfelung  die  Sitz- 
reihen gegen  das  hier  vor- 
springende Mauerwerk  ab. 
Die  Flächen  der  fünf  vor- 
handenen Seitenwangen  ent- 
halten in  rundbogigen  Nischen 
je  eine  Relieffigur;  südseitig 
vom  Kapelleneingang  be- 
finden sich  voine  der  Ver- 
kündigungsengel (Abb.), 
hinten  die  Jungfrau  Maria, 
über  der  das  Bergenfahrer- 
wappen  angebracht  ist  (Abb.) ; 
ihnen    gegenüber    trägt    die 

vordere  Wange  die  hl. 
Katharina,  die  hintere  König 
Olav   mit   Kelch    und   Helle- 
barde,     den     Drachen     des 

Heidentums  unter  seinen 
Füßen,  und  darüber  das  nor- 
wegische Wappen;  die  vor- 
dere nördliche  Wange  schliefe 
lieh  zeigt  die  hl.  Sunniva, 
die  Schutzpatronin  der  Stadt 
Bergen,  mit  dem  Felsblock 
im  Arme,  der  sie  auf  ihr 
Gebet  hin  verschüttete. 

Die  Rückwand  besteht 
oberhalb   der   drei   nach   der 
Kapellentür      zu      belegenen 
Sitze  aus  einem  großen  nahe- 
zu quadratischen  Rahmen,  der 
ein  bronzenes  Gitterwerk  mit 
oberem,   in  geschweiften 
Bögen  verschlungenem  Maßwerk')  umschließt;    ihr  übriger,   vor  der  Mauer  be- 
legener Teil   wird    in  Höhe   des   Gitters  in  drei  horizontale  Reihen  Täfelungen 
aufgelöst.       Die     untere     Reihe     weist     hohe     schlichte     Füllungen     auf.       Die 


!    :^^'i^ 


Brüstungswange 
vom  Bergenfalirctstuhl. 


Hintere-   Seitenwange 

vom   Ber<renfahrerstiihl. 


')  Vgl.  S.  260. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


275 


Füllungen  am   Bergenfalirerstuhl. 


schmalen,    jetzt    ebenfalls    glatt    getäfelten    mittleren   Rahmen    bargen   ehemals 
geschnitzte  Friesfüllungen,  die   1806  beseitigt  und  teilweise  elf  Jahre  später  zur 
Ausschmückung  der  westseitigen  Lettnerbrüstung  verwandt  sind,i)  auch  gehört 
hierher   jedenfalls    eine    im   Museum   aufbewahrte   entsprechend   große   Füllung 
mit  der  Jahreszahl   1518,  deren  Ziffern  durch  zwei  Pilgerstäbe,  ein  Winkelmaß 
und  einen  Rosenkranz  dargestellt  sind  (Abb.  S.  282).     Die  obere  Reihe  schließ- 
lich zeigt  auf  abwechselnd  rotem  und  blauem  Grunde  iuni'  trefflich  gearbeitete 
quadratische    Rankenwerkfüllungen    mit  je   einem   Wappenschilde   (Abb.\     Die 
letzteren    enthalten,    für    beide    Gestühlshälften    von   Norden    her  gezählt,    das 
Wappen   der  Lübecker  Bergenfahrer   (im   gespaltenen  Schilde   vorn   ein    halber 
lübischer  Adler,    hinten    ein   geköpfter  gekrönter  Stockfisch),  den  norwegischen 
Lö^^•en,    den  lubischen  Doppeladler,    den  geteilten  lübischen  Wappenschild  und 
das  Wappen  des  Kontors  zu  Bergen  (gleich  dem  Bergenfahrerwappen  mit  ver- 
setzten   Hälften).     Den    oberen    Abschluß    der    ganzen    Rückwand    gegen    den 
ehemaligen   Baldachin    bildet    ein    schöner   Rankenfries   auf  blauem   und    rotem 
Grunde.      Die    die    Mitte    einnehmende    Tür    zur.   Bergenfahrerkapelle    zeigt    in 
ihren    beiden  Flügeln   oberhalb   schlichter  Täfelungen   ein  Gitterwerk,   das  sich 
von   dem   der  Stuhlrückwände   nur   durch   eine   etwas  weitläufigere  Anordnung 
unterscheidet;    die  Stelle   des   oberen  Frieses   vertritt  hier  eine  geschnitzte  ve^ 
goldete  Minuskelinschrift,   deren  zweite  rückseitige  Hälfte  neuerdings  von  einem 
vorgelegten   Balken   verdeckt   wird.     Sie  lautet:    1518   alle  tlfc   pUct   fint  lit 
biridi  friUcr  tcftc[mLMit  ijljcijcticn  bat  cm  rtot  gncbirij  }i]r)    Die  die  Stuhl- 
rückwände   krönende    grob    geschnitzte   Gallerie    von  Malswerkspitzbögen    und 
Kreuzblumen  ist   1806  von  dem  mit  der  Wiederherstellung  des  Gestühls  beauf- 
tragtenj^ildhauei-  J.  D.  Pegel  gefertigt.  3)     Fin  seit   1868  über  der  Kapellentür 

V^^gTsTTgo. 

^)  Die  zweite  Hälfte  nach  Lub.  Relig.  S.   iSo. 

^)    1806   Februar   13    erhielt    der    Bildhauer   J.   D.  Pegel    ^ wegen    accordirte    Arbeit    an    der 
Bergenfahrerkapelle  laut  Rechnung   134  ^;«   WB.  unter   1806  Februar   10—16. 

18* 


2/6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


angebrachter    barocker  Leuchteraufsatz    stammt   vom    Eingang   zur   Totentanz- 
kapelle. ^) 

Den  Rankenfüllungen  am  Bergenfahrergestühl  nahe  ver\Aandt  sind  drei 
im  Kulturhistorischen  Museum  (No.  1892/64)  aufbewahrte,  hervorragend  schön 
geschnitzte  lübische  Wappen  vom  älteren  Bürgermeisterstuhl,  der  durch 
den  1574/75  entstandenen  gegenwärtigen  Senatsstuhl  von  seinem  Platze  an 
der  Ostseite  des  zweiten  Süderpfeilers  verdrängt  worden  ist  und  darauf  längere 
Zeit  in  der  zur  Bürgermeisterkapelle  gezogenen  straßenseitigen  Hälfte  der 
Düsteren  Kapelle  gestanden  hat.^)  Von  den  drei  zweifellos  über  den  mittleren 
Sitzen  des  Gestühls  angebracht  gewesenen  Füllungen  zeigt  die  größere,  0,52  m 
hohe  und  0,61  m  breite  (Abb.  S.  123)  den  von  einem  gekrönten  Spangenhelm 
mit     wachsendem     Adler 

überragten    lübischen 
Adlerschild,    während    die 
beiden  0,41  m  hohen  und 
0,49   m   breiten   kleineren 
den      geteilten     lübischen 

Wappenschild  mit  ge- 
kröntem   Stechhelm     ent- 
halten (Abb.);  den  übrigen 
Raum     der     drei     Tafeln 
füllen    die    als    kühn    ge- 
schwungene   durch- 
brochene   Ranken    ausge- 
bildeten Helmdecken. 
Auch   das  Gitterwerk  des 
jetzigen  Senatsstuhles  (vgl. 
S.  287)  stammt  vom  älte- 
ren      Bürgermeisterstuhl ; 
einige     nicht     weiter     be- 
merkenswerte  Reste    der    rotgepolsterten    Sitze    befinden    sich   aut   dem    Boden 
über  der  südlichen  Vorhalle. 

Drei  auf  dem  Sängerchor  der  östlichen  und  der  südlichen  Brüstung 
angeschlossene  gotische  Sitzreihen,  die  seit  dem  Neubau  der  Chororgel  im  Jahre 
1900  zusammen  noch  achtzehn  Plätze  umfassen,^)  sind  zweifellos  um  1520  unmittel- 
bar nach  Vollendung  des  Oberbaus  gefertigt  und  1592  beim  Bau  des  dortigen 
oberen  Fußbodens  an  ihre  jetzige  Stelle  gelangt.  Während  ihre  kräftigen  glatten 
Seitenwangen  ein  hochgestelltes  Rechteck  mit  abgeschrägter  oberer  Vorderecke 


Fülluna;  vom  ehemalig^en  o-otischen  Bürg-ermeisterstuhl. 


^)  S.  weiterhin  unter  »Standleuchter.« 

^  1585  März  30  wurde  »eyn  rum  yn  der  düsteren  kappelen  for  dem  olden  borgermeyster- 
gestolte  for  dem  selygen  heren  borgemester  Johan  Brockes«  verkauft;  WB.  15S5  unter  3.  W.  n. 
Pfingsten  (Juni   13  — 19).     Vgl.  auch  S.   285. 

^)  Fünf  damals  beseitigte   Zwischenwangen  werden   in   der  Bürgermeisterkapelle  aufbewahrt. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


77 


darstellen,  sind  die  mit  runden  Armlehnen  abscbliel>enden  Zwischenwangen 
vorne  mit  den  iiblichen  achteckigen  Säulchen  und  Handstützen  in  Form  einer 
von  einem  einfachen  J31atte  überdeckten  Kugel  ausgestattet;  als  Miserikordien 
dienen  schlichte  Konsolen. 

Zehn  gleiche  Zwischenwangen,  die  jedenfalls  der  1592  an  ihrer  ursprüng- 
lichen .Stelle  belassenen  und  i<S54  beim  Bau  der  Chororgel  blof^gelegten  und 
beseitigten  ostseitigen  Sitzreihe^)  des  .Singechors  angehört  haben,  sind  I.S56 
beim  Umbau  des  Gestühls  der  Kirchendiele  als  Banklehnen  verarbeitet  worden, 

ebenso  vier  einfache  nur  mit 
Kugeln  als  Handstützen  ver- 
sehene und  acht  mit  Köpfen 
und  Säulchen  gezierte  ehe- 
malige gotische  Zwischen- 
wangen unbekannter  Her- 
kunft. 

Vier  meisterhaft  ge- 
arbeitete Bänke,  drei  fünf- 
sitzige  und  eine  dreisitzige, 
sind  1521  für  die  Sänger- 
kapelle gestiftet,  wo  sie  bis 
1790  an  den  beiden  Lang- 
seiten aufgestellt  waren.  ^) 

Das  Stiftungsbuch 
der  Sängerkapelle  ( Bl.  25) 
berichtet :  »  Anno  i  5  2  i 
doe  werden  (!)  de  nye 
stoelen  gheßettet  in  der 
capellen,  de  gheven  alß 
an  der  ene  ßiden  Emuntd 
Wylmßen  unde  de  ander 
ßide  ßelighe  Goedert 
Wyggerinck  unde  Run- 
bolt  Vreße.c 
Die  von  kleeblatt- 
förniigen  Armlehnen  über- 
deckten Zwischenwangen,  in 
denen  die  schlichten  Klappsitze  laufen,  sind  wie  üblich  mit  Köpfen  als  Handstützen 
und  mit  oberen  und  unteren  achtkantigen  Säulchen  ausgestattet,  ihre  Füllungen 
zeigen  Pergamentrollenmuster,  ebenso  diejenigen  der  Rückwand.  Der  letzteren 
ist  eine  von  starken  Rahmen  eingefalke  Gallerie  aufgesetzt,  die  aus  gedrungenen 


Bank   von    1521    aus   der  Sängerkapelle. 


^)  Jimmerthals  handschriftliche   Chronik  der  Marienkirche  unter    1854. 

2)  Es  heißt  Ende  1790  im  Vorsteher-Protokoll  von  1743  — 1832  (S.  166):  «Imgleichen 
sind  die  alten  Gestühle  aus  der  [Beicht-]Capelle  geräumet,  vier  neue  Beichtstühle  hineingesetzet  und 
von  den  alten  Gestühlen  einige  seitwärts  angebracht,  wie  auch  zwey  neue  meßingene  Armleuchter 
in  den  Seitenmauern  befestiget  geworden.« 


278 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Säulchen  und  mit  Maßwerk  besetzten  Rundbögen  gebildet  wird.  Die  schlicht 
gelassenen  höheren  Seitenwangen  tragen  in  sattelförmigen  oberen  Ausschnitten 
knieende  Mannes-  und  Frauengestalten  mit  den  Wappenschilden  der  Stifter 
und  weiter  rückwärts  kleinere  meist  hingelagerte  Figuren,  teilweise  in  humor- 
vollen Stellungen.  Die  drei  fünfsitzigen  Bänke,  von  denen  die  hier  an  zweiter 
Stelle  aufgeführte  nachträglich  um  ein  Drittel  ihres  rechten  Endsitzes  verkürzt 
ist,  maßen  bei  einer  Tiefe  von  0,60  m  jede  3,61  m  in  der  Länge.  Sie  zeigen 
als  Schildhalter:  i.  die  nach  rechts  gewandten  Figuren  eines  Geharnischten 
und  eines  alten  Mannes  mit  dem  Wappenschilde  Godart  Wigerinks  (Abb.  S.  277); 
2.  die  ebenfalls  nach  rechts  gewandten  Figuren  einer  Jungfrau  (Abb.)  und  eines 
bartlosen  Mannes  mit  der  Marke  Rumbolt  Vreses;  3.  die  nach  links  gewandten 
Figuren  eines  bärtigen  Mannes 
und  einer  Jungfrau  mit  dem 
Wappen  des  i  5  2 1  gestorbenen  ^) 
Emund  Wilmsen  (auf  schlichtem 
Grunde  ein  mit  drei  Kugeln 
belegter  Balken^]).  Die  2,19  m 
lange  und  0,54  m  tiefe  drei- 
sitzige Bank  schließlich  trägt 
als  Schildhalter  zwei  einander 
zugekehrte  Jungfrauen  mit  dem- 
selben Wappen.  Die  beiden 
ersteren  Bänke  sind  1904  aus 
der  Bergenfahrerkapelle  in  die 
Briefkapelle  versetzt,  die  beiden 
letzteren  stehen  an  der  nörd- 
lichen Kirchenwand. 

Oberhalb    dieser    Bänke 
waren  schön  geschnitzte  Wand- 

vertäfelungen  angebracht, 
deren  einzelne  Abschnitte  die 
von  je  vier  rechteckigen  Per- 
gamentrollenfüllungen umschlos- 
senen kleinen  quadratischen  Wappentafeln  der  oben  genannten  Stifter  enthalten. 
Je  zwei  dieser  Teile  mit  drei  Wilmsenschen  und  einem  Wigerinkschen  Wappen 
sind  1859  zu  den  beiden  Türen  verarbeitet,  die  von  der  Greveraden-Kapelle 
aus  zur  großen  Orgel  (Abb.)  und  zum  Norderturm  führen;  zwei  weitere 
1,43x0,56  m  und  1,80x0,87  "1  große  Stücke  der  Vertäfelung,  von  denen  das 
erstere  noch  zwei  Marken  Rumbolt  Vreses  aufweist,  befinden  sich  im  Museum.^) 

')  Emonth  Wilmüen  machte  am  24.  Mai  1521  sein  Testament  (St.-A.,  Urschr.).  Am 
6.  September  desselben  Jahres  hielt  die  Heiligen-Leichnams-Brüderschaft  zur  Burg  seine  Totenfeier 
fSt.-A.,  Rechnungsbuch  dieser  Brüderschaft  von   1521 — 23). 

*)  Vgl.  Milde,  Siegel  des  M,-A.,  Tafel  14  Nr.   127. 

^)  Kulturhist.  Museum  Nr.    1892/125  und   126  (letzteres  im  Depot). 


Wangenbekrönung  von    1521. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


279 


Von  tlcii  eben  behandelten  vier  Hanken  unterscheiden  sich  -  ab<^esehen 
von  den  hohen  Seitenwangen  und  der  rückseitigen  Rundbogengallerie  —  zwei 
ihnen  offenbar  gleichzeitige  achtsitzige  Gcstühle  in  der  Sängerkapelle  mu- 
durch  die  gleichfalls  fehlenden  unteren  PerganientroUentäfelungcn  der  Rück- 
wand. Ursprünglich  freistehend,  sind  sie  1791  nach  luitfernung  der  obigen 
Biüike  an  die  beiden  Langseiten  dieser  Kapelle  versetzt/)  wobei  sie  wegen 
Ivaunimangels  an  den  rechten  landen  um  einen  oder  mehrere  Sitzplätze  verkürzt 
worden  sind. 

!mu-...^..~-iiüBU'™'Mmi  ^^^    ^°"    ^5-3    datierte,    ursprünglich 

I  l-j^*^^^~^  '^^'^^"l      dicht  neben  dem  mittleren  südseitigen  Portal 

I         I  — j^i/t :-i-z-^ >     ■'  B       der  Kirche   an   der  Westwand   der  Südervor- 

halle  aufgebaute  große  Nowgorod  fahrer- 
stuhl (Abb.  S.  280)  zeichnet  sich  durch  eine 
5,80  m  hohe  und  3,51  m  breite,  von  schmalen 
.Seitenwangen  eingeschlossene  baldachinbe- 
krönte Rückwand  aus.  Als  der  Stuhl  1852 
an  die  Nordwestecke  der  Vorhalle  versetzt 
wurde,  wo  er  jetzt  den  1768  gebauten  jüngeren 
Nowgorodfahrerstuhl  (S.  301)  ostseitig  ab- 
schließt, ist  seine  offenbar  stark  beschädigte 
ehemalige  Sitzreihe  nebst  dem  mit  dem 
Wappen  der  Genossenschaft  geschmückten^) 
unteren  Teile  der  Rückwand  beseitigt  und 
ilurch  eine  einfache  Bank  sowie  durch  drei 
nahezu  quadratische,  mit  je  drei  Pergament- 
rollenfüllungen versehene  Brüstungen  ersetzt 
worden,  die  bis  18 17  den  Altarraum  west- 
seitig abschlössen  und  von  denen  die  mittlere 
das  W^igerinksche  Wappen  mit  der  Jahreszahl 
1520  trägt.  ^) 

Die  viermal  senkrecht  geteilte  Rück- 
wand zeigt  von  unten  nach  oben  abwechselnd 
je  drei  Reihen  Täfelungen  und  Friesfüllungen. 
Die  unterste  Reihe  der  Täfelungen  enthält 
links  vom  Beschauer  aus  zwei  glatte  Felder,  während  die  drei  übrigen  Rahmen 
jeder  ein  1,07  m  hohes  messingenes  Gitterwerk  umschließen.  Letzteres  besteht  aus 
zwei  ganzen  und  zwei  halben  seitlichen  Säulchen  mit  spitzbogigem  oberen  Ab- 
schluß, und  zwar  trägt  jeder  Bogen  oben  zwei  Eichenblätter  und  unten  zwei 
Eichenzweige  mit  je  drei  hängenden  P^icheln.  Es  folgen  nach  oben  hin  ein  aus 
wagerechten  feinen  Peroamentrollen  oebildeter  Fries,  eine  Reihe  hoher  halbgeteilter 


lUUjl 


Tür  zur  Orgeltreppe. 


^)  Vgl-   S.   277   Anm.   2. 

^1  Im  WB.  wird   1663,    13.  W.  n.  Ostern  (Juni   12  — 18)  der  »Stuhl  beim  Engen  Krambuden 
mit  der  Nawgartfahrer  Wapen«   erwähnt. 
^)  Vgl.   S.    190  f. 


28o 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Felder  mit  gleichen  Füllungen  in  senkrechter  Anordnung  der  Rollen,  ein 
prächtiger  geschnitzter  Rankenfries,  eine  Reihe  glatter  Felder  und  schließlich 
ein  Friesstreifen  mit  der  geschnitzten  Minuskelinschrift  na   tCl*  rcljCÜOlt   rijrifti 


Der  Nowgorodfahrerstuhl. 


Un^  Ijercn  ni  ÜC  jCjCiii.  Darüberl wölbt  sich  der  vorne  durch  eine  Ranken- 
werkgallerie  mit  herabhängenden  unteren  Zapfen  abgeschlossene  Baldachin. 
Die  schmalen  Seitenwangen,  die  mittelst  einer  geschwungenen  Linie  je  in  eine 


DIE  MARIENKIRCHE. 


2«I 


sclilankc,  der  Rückwand  \'ort;cleote  Säule  übergehen,  tragen  sitzende  iMguren: 
die  rechte  einen  die  Oueri)feife  si)ielenden  Landsknecht,  die  Hnke  einen  Dudel- 
sacki)feifer.     W'älirend  die  ehemals  der  Kirchenwand  zugekehrte  rechte  Wange 

schlicht  gelassen  ist,  sind  auf  der 
Außenfläche  der  linken  in  Rund- 
bogennischen ein  Gott  Vater  (Abb.) 
und  darüber  die  von  einem  Spruch- 
band umzogene  Halbfigur  eines 
l^ärtigen  Mannes  dargestellt.  Die 
letztere  ist  größtenteils,  der  Dudel- 
sackpfeifer gänzlich  von  J.  Kaff- 
sack im  Jahre  1874  erneuert 
worden.  ^) 

Eine  dem  gegenwärtigen 
und  ehemaligen  Gestühl  der  Sänger- 
oder Beichtkapelle  ähnliche  fünf- 
sitzige  Stuhl  reihe  mit  schlichten 
Täfelungen    und    verschiedenartig 

charakterisierten  lebensvollen 
Miserikordienmasken  ist  neuer- 
dings westseitig  in  der  früheren 
Gerwekammer  aufgestellt.  Die 
rechte  niedrige  Seitenwange  ist 
dadurch  bemerken.swert ,  daß  der 
an  ihr  als  Handstütze  geschnitzte 
Narrenkopf  ausnahmsweise  voll 
den  Sitzen  zugewandt  ist;  den 
linksseitigen  Abschluß  bildet  eine 

Zwischenwange.  Den  beiden 
äußeren  Armlehnen  sind  zwei 
schildhaltende  Renaissancelöwen 
aufgesetzt,  die  nebst  fünf  anderen 
1591  vom  Kirchentischler  Jochim 
Wernke  für  den  Altarraum  ge- 
liefert sind.^) 

Unbekannter   Herkunft    ist 

ferner  ein  viersitziges  spätgotisches 

T,  r  f        ^T  ^^  1,      .  T.1  Gestühl     vor     der     Düsteren 

Relief  am  Nowgorodfahrerstunl. 

Kapelle,^)      das      die      üblichen 
Zwischenwangen,  runde  Armlehnen  und  Pergamentrollenfüllungen  aufw^eist  (Abb.). 

1)  Laut  Quittung  vom  27.  Juli  1874  empfing  er  für  diese  Arbeit  27  Taler;  K.-A.,  Rechnungen. 

'■*)  Vgl.  S.  290. 

ä)  Bis    16 19  hatten  an   dieser  Stelle  die  Knochenhauer  ihr  Gestühl. 


202 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Die   Miserikordien   der   beiden 

linken  Klappsitze  stellen 
ein  ausdrucksvoll  geschnitztes 
Mannes-  und  ein  Frauenantlitz 
dar;  die  beiden  andern,  zwei 
männliche  Masken,  sind  moder- 
nen Ursprungs.-^)  Die  im  üb- 
rigen schlicht  orehaltene  erhöhte 
linke  Seitenwange  schließt  oben 
mit  einem  Gemenge  von  Ran- 
ken und  Früchten  ab,  aus  dem 
der  nackte  Oberkörper  eines 
Mannes  hervorragt,  der  einem 
Fisch  den  Rachen  aufreißt;  die 
rechte  Seitenwange  mit  den  an- 
stoßenden Sitzen  ist  abgesägt. 

Von  einer  arößeren  An- 


sitz und  Seitenwange  des  Stuhles  vor  der  Düsteren  Kapelle. 


zahl  im  Museum  befindlicher  spätgotischer  Gestühl-  und  anderer  Füllungen  aus  der 
Marienkirche  sind  die  bemei-kenswertesten  Muster  hier  in  Abbildung  beigegeben. 


Füllungen  aus   der  Marienkirche   im  Museum  zu  Lübeck. 


')  Sie  sind    1S87   vom  Bildhauer  Carl   Meyer  geschnitzt. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


28- 


Unter  dem  Gestühl  aus  der  Rcnaissancezcit  ist  das  älteste  der 
1,53  111  lange,  1,25  ni  tiefe  geschlossene  zweisitzige  Stuhl  des  Hürger- 
nieisters  Ambrosius  Meyer^)  aus  dem  Jahre  1566  (Abb.).  V^on  seiner 
ursprünglichen  Stelle  an  der  Ostseite  des  ersten  Süderpfeilers  ist  der  Stuhl 
1856  an  seine  jetzige,  rechts  vor  dem  Schrankenwerk  der  Küsterkapelle,  ver- 
setzt und  1883  aus  »stark  verkommenem«  Zustande  wiederhergestellt  worden, 
wobei  die  Säulchen  und  Zajifcn  der  Rückwand  und  ein  Teil  des  Schnitzwerks ^) 
xöllig  erneut  worden  sind. 

Die  hochgeführte  Rückwand  zeigt  oberhalb  der  in  den  Wangen  laufenden 

gepolsterten     Klappsitze      zwischen 

drei  freistehenden  gedrechselten 
Säulchen  zwei  reiche  mit  Intarsien 
geschmückte  Täfelungen,  welche  die 
von  flachen  Muschelnischen  um- 
schlo.ssenen  Wappen  des  .Stifters 
(im  Schilde  drei  Sensen,  auf  dem 
Helm  zwei  nach  vorn  geneigte  spitze 
Hörner)  und  seiner  I^^hefrau  Marga- 
retha  (irammendorp  (im  Schilde 
ein  mit  drei  zweiblättrigen  Blüten- 
zweigen ^)  belegter  Balken,  auf  dem 
Helm  ein  gleicher  Zweig)  enthalten, 
und  darüber  zwischen  drei  kürzeren 
Säulchen  zwei  Friesfüllungen  mit 
vorspringenden  kleinen  Medaillon- 
köpfen. Den  oberen  Abschluß  bildet 
eine  mittelst  Hohlkehle  vorgewölbte 
Verdachung,  die  zwischen  gedrehten 
Zapfen  drei  vordere  und  zwei  seit- 
liche flache  Giebelchen  trägt,  aus 
deren  Feldern  kleine  Köpfe,  unter 
ihnen  ein  lieblicher  Mädchenkopf, 
unvermittelt  hervorragen;  unten  am 
vorderen  Gesims  liest  man :  I  N  I  - 
TIVM  •  SAPIENTIAE  •  TIMOR  • 
DOM  INI  •  ANNO  •  DOMINI  •  1566.  Die  vordere  und  die  linksseitige 
Brüstung   sind   mit   geschnitzten    oberen  Friesstreifen   besetzt.     Je   ein  vorderes 


.Stuhl  des  Bürgermeisters  Ambrosius  Meyer. 


1)  1583  Januar  28  wurde  den  Kmdern  des  weil.  Bürgermeisters  Ambrosius  Meyer  (gest. 
1571)  die  Stätte,  »darup  er  selyge  fader  den  mansstoyl  by  synem  leffende  for  syn  eygen  gelt 
buen  unde  seten  laten,«   gegen  Entrichtung  von    100  ^  zugeschrieben;  WB.  1583,   5.  W.  n.  Neujahr. 

^)  Der  Rechnung  des  Bildhauers  F.  Eckel  zufolge  wurden  neu  geschnitzt:  drei  Füllungen, 
sechs  Säulenkapitäle,   ein  Engelskopf  und  zwei   » Ritterköpfe << ;   K.-A.,   Rechnungen  von  1883  No.  85. 

ä)  In  einer  um  1635  angelegten  Ratsliste  (St.-A.)  zeigt  das  Grammendorpsche  Wappen  an 
Stelle  dieser  Blütenzweige  drei  Kleeblätter. 


284 


DIE  MARIENKIRCHE. 


und  ein  hinteres  Wangenstück  von  verschiedener  Höhe  überragen  die  seithchen 
Brüstungen;  die  beiden  rechtsseitigen  zeigen  das  Meyersche  und  das  Pawessche 
Wappen  ^)  (im  Schilde  ein  mit  zwei  Pfauenfedern  belegter  breiter  Balken,  auf  dem 
Helm  zwei  Pfauenfedern),  die  linksseitigen  eine  wohl  an  Stelle  des  Grammen- 
dorpschen  Wappens  erst  1883  angebrachte  Kartusche  mit  P'rauenkopf  und  das 
Wappen  der  F'amilie  Buxtehude^)  (im  geteilten  Schilde  oben  zwei  Pfähle, 
unten  ein  Heidenrumpf,  der  auch  den  Helm  ziert). 

Das  aus  dem  letzten  Drittel  des  16.  Jahrhunderts  erhaltene  Gestühl  ist 
nachweislich  vom  Kirchentischler  Jochim  Wernke  d.  Alt.^)  gefertigt  worden. 
Von  vier  »langen  Stühlen,«  die  der  Meister  1571  und  im  Februar  1572 
für  das  Norderschiff ^)  geliefert  hat,  befinden  sich  dort  noch  ein  viersitziger 
(Abb.)  und  ein  dreisitziger,  der  letztere  mit  der  Jahreszahl  1571,  während  den 
beiden  nicht  mehr  vorhandenen 
Stühlen  zwei  an  das  Museum 
abgegebene,  von  1570  und  1571 
datierte     Friesfüllungen ,  ^)      die 

unverkennbar  aus  Wernkes 
Werkstatt  hervorgegangen  sind, 
angehört  haben  dürften;  ein 
fünfter,  ebenfalls  im  Norder- 
schiff aufgestellter  zweisitziger 
Stuhl  wird  identisch  sein  mit 
einem  von  ihm  im  Frühling  1572 
für  dasselbe  gefertigten  »End- 
stuhl.« 

Das  Wochenbuch  be- 
richtet :  1 5  7  I  Osterwoche 
(April  15  —  21):  »Item  dem 
snyteker  Jochem  Warneken 
botalt  den  langen  stol  unde 
eynen  stol  achter  daran  ge- 
macket,  myt  eme  fordynget 
for  60  ^\  hyran  yn  botalynge  eme  gegefFen  den  olden  stol  for  15  ^,  unde 
eme  den  resl  gegefFen,  ys  45  ^.  Den  stol  to  seyten  myt  dem  ungelde  is 
I  .^.«  157 1,  7-  W.  n.  Ostern  (Mai  27 — Juni  2):  »Item  Jochem  Warneken 
fordynget  eynen   langen  stol^)  yn   de   kercken   to    macken,    fordynget    myt    der 


Viersitziger  Stuhl  im  Norderschiff. 


*)  Vgl.  Milde,  Siegel  des  M.-A.,  Tafel   13  Nr.  98. 

■■')  Vgl.  das.  Tafel  10,  No.  59.  Des  Stifters  Vater,  der  Ratsherr  Johann  Meyer  (^gest.  15 iS), 
war  in  zweiter  Ehe  mit  Anna  Buxtehude  vermählt. 

*)  Vgl.  S.   192  Anm.  2. 

*)  Hinrich  Rebein  berichtet  in  seiner  Chronik  (Handschrift  der  Stadtbibliothek,  S.  797): 
»Anno  eodem  [i5]7l  ist  das  alte  gestillte  in  Marienkirch  hinter  der  cantzel  an  der  norderseidt 
alles  wegkgenomen.« 

*)  Erstere,  56  cm  lang  und  24  cm  hoch,  im  Gewerbemuseum  Hz  188;  letztere,  45  cm  lang 
und  24  cm  hoch,   im  Kulturhist.   Museum  No.    1892/71. 

*)  In  derselben  Woche  wurden  vier  neue  messingne  Armleuchter  (der  Leuchtenmacher,  der 
Büttenbinder,  der  Krämer  und  der  Kannengießer)  »up  der  nordersyden  baffen  de  nyen  stoyle« 
angebracht;  WB. 


DIE  MARIENKIRCHE.  285 

geseien  drunckgclde  Ibr  43  ^'..«      1571,   11.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  9 — 15): 
»Item  myt  dem  snyteker  Jochem  Warneken  gerekent  unde  botalt  eynen  langen 
stol  for  Hans  Butei)agen  syner  kapele  (vgl.  S.  163),   darfor  enie  gegeffen   myt 
der  gesellen  dranckgelde  ys  tosamende  ys  43  ^.«     1572,  6.  W.  n.  Weihnachten 
(Februar   3 — 9):    »Item   eyn   frychdage  botalt  dem   snyteker  Jochem   Warneken 
eynen  langen  stol  yn  der  kercken  to  macken,   fordynget  for  40  ^,  unde  der 
gesellen  dranckgelt  unde  den   stol   to  seten  ys   3   .§.,  is  43  -^.«      1572,   4.  W. 
in  den  Fasten  (März    16 — 22):    ?Iteni    eyn    donnerdage    myt   Hans   Roden  yn 
der  Mengestraten  gerekent  unde  eine  botalt  60  stucke  uthgelessen  wagenschat 
to  den  langen  Stollen  yn  de  kercke  to  macken  unde  eme  for  it  stucke  9   |^, 
is   33  #    12   1^.«      1572,    7.  W.  n.  Ostern  (Mai    18 — 24):    »Item   dem   snyteker 
Jochem  Warneken   fordynget   for  den   endestol    fan   smk'iu  holte  up  der  norder- 
sydt  yn  der  kercke,    eme  gegefen    26   ^.« 
Die  drei  vorhandenen  gleichartigen  Gestühle  stehen  in  ihrer  Anordnung 
noch  unter  gotischem  Einfluß.     Die  vorne  mit  Schncirkeln  abschlielÄcnden  seit- 
lichen und  Zwischenuangen    tragen    in  der  Mitte  Hantlstützen  in   Form  kleiner 
Köpfe,   darüber  sind  als  Zierstiicke  eine  oder  zwei  h'igürchen  in  zum  Teil  derb- 
humor\()llen    Stellungen    angebracht.       Die    Armlehnen    der    beiden    größeren 
Sti.ihle   sind,    ähnlich   den  Sitzreihen  von    1521,  kleeblattartig  geformt,  die  des 
JLUigeren    zweisitzigen    Stuhles   dagegen    nachträglich    schmal    und   scharfkantig 
ausgebildet.     Die  Rückwände   zeigen   oberhalb   der  Sitze  je   eine    20  cm   hohe 
geschnitzte  Füllung  von  45 — 70  cm  Länge;    die    mit  jenen  gleich  hohen  luid- 
wangen  werden  \'on  ruhenden  Löwen  gekrönt. 

Das  hervorragendste  Werk  Jochim  Wernkes  ist  der  1574  und  1575 
entstandene,  ursprünglich  fünfsitzige  Bürgermeisterstuhl,  der  bis  1856  an  der 
Ostseite  des  zweiten  südlichen  Langschiftpfeilers  mit  der  h'ront  nach  dem 
Altar  hin  aufgestellt  war  und  seitdem  die  Nord.seite  des  ersten  Süderpfeilers 
einnimmt.  1862  ist  er,  nachdem  durch  die  Verfassungsreform  von  1851  die 
Zahl  der  Senatsmitglieder  von  zwanzig  auf  vierzehn  und  die  der  Bürgermeister 
von  vier  auf  einen  verringert  war,  durch  Einfügung  einer  vorderen  Sitzreihe, 
die  eine  Verlängerung  der  seitlichen  Brüstungen  vernotwendigte,  zum  gegen- 
wärtigen zehnsitzigen  Senatsstuhl  (Abb.   S.   286)  umgebaut. 

Im  WB.  heißt  es:  1575,  5-  W.  n.  Weihnachten  (Januar  23 — 29): 
»Item  eyn  donnerdage  dem  snyteker  Jochem  Warneken  botalt  up  der  heren 
borgermester  stoylte,  [dat] ')  he  yn  de  kercke  macket,  eme  gegefen  hundert  ^, 
de  he  entfangen  hefft,  100  ^.«  1575,  7.  W.  in  den  Fasten  (März  27  — 
April  2):  »Item  eyn  donnerdage  gereckent  myt  dem  snyteker  Jochem  Warneken, 
der  heren  borgemester  stol  nye  to  macken,   eme  nu  nach  gegefen  unde  getalt, 

is    210  # Item   nach   8   maus  gelont,   den  nyen  stol  yn  de  kercke 

to  bryngen  unde  den  olden  stol  yn  der  heren  borgermester  kappelen  to  seyten, 
de  man  4  ^',  is  2  ^.«  1575,  ir.  W.  n.  MichaeHs  (Dezember  11 — 17): 
»Item  eyn  frychdage  dem  snyteker  Jochem  Warneken  gegefen  unde  tor  genoge 
de  reyst  fan  des  borgemesters  stoylle,  welck  eme  de  kercke  nach  schuldych 
was,  ys  80  -^.« 
Während  die  vorne  mit  Schnörkeln  und  Handstützen  abschließenden 
Zwischenwangen   der   hinteren    Sitzreihe  Renaissancecharakter   tragen,    gehören 

1)  dat  fehlt. 


286 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Der  Senatsstuhl. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


287 


die  an  den  dortigen  Khippsitzen  hefindliclien  Miserikordicnkopfe,  xon  denen 
der  des  rechten  luulsitzes  dnrch  eine  Konsole  ersetzt  ist,  der  (lotik  an  und 
entstammen  wahrscheinlich  dem  älteren  liiürgernieisterstnhl  (vol.  S.  276).  Die 
beiden  Seitenwangen  werden  von  einem  Meermann  nnd  einem  Meerweib  ge- 
krönt und  sind  als  zierliche  Säulen  an  der  Rückwand  hochgefiihrt.  Letztere 
ist  in  fünf  Felder  \-on  verschiedener  Breite  gegliedert.  Die  beiden  äußeren 
größeren  Rahmen  umschließen  je  ein  aus  zwei  ganzen  und  zwei  halben  seit- 
lichen Säulen  mit  oberem  Maßwerk  bestehendes  sj)ätgotisches  Bronzegitter  \'on 
1,76  m  Höhe,  das  zweifellos  dem  älteren  Bürgermeisterstuhl  entnommen  ist.') 
Die  drei  dazwischen  liegenden  Felder,  von  denen  die  beiden  dem  (jitterwerk 
zunächst  befindlichen  wegen  dessen  größerer  Breite  schmäler  angelegt  sind  als 
das  mittlere,   zeigen  in  ihrer  oberen   Hälfte    zwischen  korintisierenden  Säulclu-n 

mit  ornamentierten  unteren 
Schaftdritteln    nach    dem    Vor- 
bilde des  älteren  Stuhles 
Füllungen    mit    dem    lübischen 
Doppeladler  (Abb.)  und  dem  ge- 
teilten lübischen  Wappenschilde, 

während  die  untere  Hälfte 
schlicht   gehalten   ist.     Ein  den 
fünf    Sitzplätzen     entsprechend 

gleichmäßig  abp"eteilter  ge- 
schnitzter  Fries  schließt  die 
Rückwand  gegen  die  im  Viertel- 
kreis vorgebogene  Verdachung 
ab.  An  dem  verkröpften  Ge- 
sims der  letzteren  liest  man  in 
erhabenen  xergoldeten  Buch- 
staben   vorne    den    Hexameter 

MAGNIFICI    LOCVS  HIC 
PATRVM     SEDESQVE    SE- 
NAT VS    und   zu   beiden  Seiten 
ANNO  —  1575.     Die  Krönung   des  Baldachins   bilden  acht  Tugendstatuetten 
und  zwischen  ihnen  fünf  vordere  und  zwei  seitliche  Medaillonkartuschen. 

Die  vordere  Brüstung  des  Stuhles  enthält  fünf  von  Hermenpilastern 
eingefaßte  reich  geschnitzte  Kartuschenfüllungen  mit  Muschelnischen,  welche 
die  durch  Unterschriften  gekennzeichneten  Relieftiguren  der  FIDES,  SPES, 
CARITAS  (Abb.  S.  288),  FORTITVDO  und  TEMPERANTIA  umschließen;  darüber 
zieht  sich  ein  schmaler  fünfteiliger  Fries  hin.  Die  Außenflächen  der  hinteren 
Seitenwangen  zeigen  in  Muschelnischen  rechts  den  zwei  Schwerter  führenden 
Apostel    Paulus    mit    der    Unterschrift    Pavlvs    WART    ZVM    APOSTEL    AMT 


Mittlere  FüUuiiij  der  Rückwand  des  Senatsstuhles. 


^)  Nach  dem  WB.  wurden  1574,  5.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  31— November  6),  also 
während  der  Bauzeit  des  Stuhles,  i  V2  #  verausgabt,  um  »de  myssynges  tralyen  an  des  borgermester 
stole  reyen   to  macken.« 


288 


DIE  MARIENKIRCHE. 


BERVFEN  ZV  DAMASCO  VND  IST  ENTHOVET  VAN  NERONE  ZV  ROM ,  links 
den  lammtragenden  bartlosen  Heiland  mit  der  Legende  DiT  IS  DAT  LAMM 
Gades  DAT  DER  WARLT  Svnde  DRICHT.  Auf  den  Türflächen  sind  in 
Kartuschenfüllungen  mit  Bogennischen  rechtsseitig  die  Gestalt  der  PACIENCIA, 
linksseitig  die  der  PRVDENCIA  dargestellt.  Während  die  erstere  Füllung  noch 
ihren  ursprünglichen  seitlichen  Abschluß  durch  zwei  Hermen  aufweist,  sind 
die  durch  zwei  Pilaster  ersetzten  Hermen  der  linksseitigen  Tür  1862  bei  Ein- 
fügung der  vorderen  Sitzreihe  an  der  rechtsseitigen  Brüstung  als  Pfosten  der 
zur  neuen  Eingangstür  hergerichteten  dortigen  vorderen  Fläche  angebracht. 
Auf  letzterer  erblickt  man  in  einer  Muschelnische  den  segnenden  Heiland  mit 
der  Weltkugel;  über  seinem  Haupte  steht  die  Jahreszahl  1574,  zu  seinen 
Füßen:  ICK  PIN  DE  Wech  DE 
WARHEIT  VND  DAT  LEVENT. 
Die  entsprechende  linksseitige 
Nische  enthält  DE  gerech- 
TICHEIT  mit  der  Unterschrift 
Richte  recht  vnd  schone 
DEN  RIKEN  NICHT;  neben  die- 
ser Figur  sind  1862  zwei  Her- 
menpilaster  unbekannter  Her- 
kunft und  über  denselben  eine 
die  Wappen  der  Familien  von 
Brömbse  (ein  doppelköpnger 
Adler  auf  zweimal  geteiltem 
Schilde)  und  Bere^)  (ein  Bär) 
aufweisende  schlichte  Füllung 
eingefügt,  die  ohne  Frage  dem 
bis  1856  an  der  Nordseite  des 
zweiten  Süderpfeilers  aufgestell- 
ten ehemaligen  dreisitzigen  von 
Brömbseschen  Erbstuhl''')  ent- 
stammt. Reste  älteren  Schnitz- 
werks und  zwei  aus  modernem 

durchbrochenen  Rankenwerk  bestehende  Aufsätze  bilden  den  oberen  Abschluß 
der  seitlichen  Brüstungen. 

Nicht    mehr     vorhanden     ist     ein     vom     Ratsherrn    (1573 — 97)    Johann 
Spangenberg  geschenkter^)  Ratsstuhl,  der  1579  vor  dem  zweiten  Wandpfeiler 

*)  Der  Ratsherr  Dietrich  Brömbse  (gest.  150S)  war  mit  Margareta  Bere  verehelicht.  Da 
das  Brömbsesche  Wappen  erst  seit  1532  den  Adler  führt,  wird  der  Stuhl  von  dem  Sohne  dieses 
Ehepaares,  dem  Ratsherrn  (1541 — 63)  Heinrich  Brömbse  gestiftet  sein. 

*)  1689  Juli  13  verkauften  drei  Gebrüder  von  Brömbse  einen  der  drei  Plätze  in  dem  »beyin 
andern  Südpfeiler  vom  Chor  ab«  belegenen  »Bronibsen  Stuel  .  .  .,  davon  in  den  Kirchenbüchern  bis 
dato  keine  Nachricht  zu  finden«;  Protocollum  de  anno   1683,  Bl.    12. 

*)  Nach  der  »aus  einer  alten  Handschrift«  geschöpften  Angabe  des  Kirchenvorstehers 
L.  Ph.  Roeck  vom  Jahre   1783;  Vorsteher-Protokoll   1743 — 1832,  Bl.    136. 


re   Küllun 


es   Senatsstuhles. 


nri-:  marirnkirciih.  289 

des  Süderschiffs  errichtet  wurde,  narhdein  bereits  ein  früher  dort  behndhc.hes 
zweireihiges  Gestühl  der  Schonenfahrer  seit  1555  von  den  Ratsherren  benutzt 
worden  war,  da  ihr  etwas  weiter  östhc.h  gelegener  älterer  Stuhl')  nicht  aus- 
reichenden Raum  bot.  I  )as  W'ochenbuch  verzeichnet  nur  folgende  aus  diesem 
Bau  der  Kirche  erwachsene  Ausgal)e  unter  1579,  5.  AN',  n.  i'lingsten 
(Juli  5  — 11):  >  Item  mester  Assemus^)  yt  altar,  [umme]^)  den  grünt  to  dem 
nyen  raydesstoylte  to  leyen,  afftobrecken,  24  |^,  dem  steynl)ruer  1  2  f\,  unde 
dem  folcke  by  dem  stole  to  seyten  tosamen  to  bere  12  fS,  is  yn  als  j;  //..« 
Dem  älteren  l'rotokollbut  h  der  Schonenfahrer  zufolge'*)  liefs  der  Rat  um 
Himmelfahrt  (28.  Mai)  1579  den  Schonenfahreraltar  nebst  dem  dortigen 
(Tcstühl  abbrechen  und  »eren  neyen  stoll  \or  de  doctoren  unde  radesheren 
untle   ock   vor   de   fromden   gesantten    dar   w  edder   henne   setten.« 

Das  neue  Ciestühl,  dessen  Front  altarwärts  gerichtet  war,  enthielt  bei 
einer  Länge  von  18V2  Fuß  (5,32  m)  und  einer  Breite  von  13  Fuß  (3,74  ni) 
vor  der  hohen,  mit  einem  messingnen  Ciitterwerk  gezierten  Rückwand  fünf 
durch  Zwischenwangen  abgeteilte  Plätze  und  vier  vordere  Sitzbänke.  ^)  Es 
ist    1782    durch   einen    neuen    Ratsstuhl  (vgl.    S.    301)  ersetzt   worden. 

Einem  1588  am  sechsten  Süderpfeiler  von  Warnke  erbauten  hohen 
achtsitzigen  Kirchenstuhl  entstammen  jedenfalls  eine  dem  Museum  überwiesene,") 
1,56  m  hohe  und  3,49  m  breite  vernachlässigte  Brüstung,  die  sich  aus  vier 
durch  Pilaster  getrennten  Quadernischen  zusammensetzt,  sowie  eine  ebenfalls 
dort  befindliche  0,64  m  breite  zugehörige  Stuhltür  mit  dem  Datuiii  ANNO  1588. 
Die  Arbeit  ist  den  drei  folgenden  Stücken  von    1591   nahe  verwandt. 

Das  älteste  Stuhlbuch  berichtet  (S.  251):  »Anno  1588  in  dyssem 
sommer  hebben  myne  hern  vorstender  Marienkarcken  .  .  .  eynen  nyen  manß- 
stoll  lathen  buwen  up  der  karcken  unkostinge  umme  den  lesten  piler  up  dem 
westende  by  der  dope,  alse  men  na  dem  warckhuße  hen  uthgeit,  unde  synt 
in  dyssem  stole  vorordenet  achte  stende  myt  armelenen  unde  i  klappe.« 
Dem  WB.  zufolge  wurden  1589,  22.  W.  n.  Ostern  (August  31 — September  6) 
»mester  Jochim  Warneken   van   wegen   des   nyen   stols  betalt   90   ^.« 

Von  einem  1591  von  Wernke  für  den  Altarraum  gefertigten  Bürger- 
meisterstuhl, der  bis  18 17  den  Raum  zwischen  dem  dritten  und  dem  vierten 
nördlichen  Chorpfeiler  eingenommen  hat,^)  ist  die  im  Rechnungsbuch  als 
»dat  lange  vorstucke  myt  5  upstande  docken  .  (Figuren)  bezeichnete  vordere 
Brüstung  erhalten  in  der  Rückwand  der  am  weitesten  östlich  gelegenen, 
1856  gebauten  Sitzreihe  des  Mittelschiffs.  Sie  zeigt  vier  von  Hermenpilastern 
eingefaßte  0,64  m  breite  Felder  mit  schlichten  Bogennischen,  die  von  aus- 
drucks\'oll  zusammengestellten  Intarsien  umschlossen  werden,  sowie  einen  oberen 


')  Im  ältesten  Rechnungsbuch  der  Kirche  {S.  321  findet  sich  unter  1470  eine  Ausgabe 
»vor  dekkenisere  to  den  vinsteren  boven  des  rades  stole.«  1603  wurde  ein  Grab  »tweischen  dem 
olden   rathsherngestolte  und  der  Newfarer  capellen«   umgeschrieben;   Steinbuch    I597 — 1636,  Bl.   44. 

'^)  Gemeint  ist  der  Maurermeister  Asmus  Oldenborch. 

^)  Stau   «unde.« 

■*)  Archiv  der  Handelskammer,   Schonenfahrer  No.    169,   Bl.   24  f. 

^)  St.-A.,   Rathaus,  Ratsstand  II  Vol.   D. 

®)  Gewerbemuseum   Hz   142. 

')  Nach  dem  WB.  1599,  2.  W.  n.  Neujahr,  lag  »her  Timan  Bercken  begreffnisse  (vgl. 
unter   »Grabplatten«)   im  koere  foer  dem   langen  burgermeystersstoele.« 

19 


290 


DIE  MARIENKIRCHE. 


durch  Konsolen  gegliederten  Fries  mit  kleinen  QuaderfüUungen  aus  verschiedenen 
Holzarten  (Abb.).  Bei  ihrer  Neuverwendung  im  Jahre  1856  ist  diese  Brüstung 
durch  zwei  an  beiden  Enden  angefügte  schmale  schlichte  Bogennischen  auf 
eine  den  Bänken  des  Mittelschiffes  entsprechende  Länge  gebracht.  Als  Seiten- 
wangen dienen  zwei  weitere  Hermenpilaster. 

Im  WB.  heiik  es:  1591,  Pfingstwoche  (Mai  23 — 30):  »Noch  vor 
I  hundert  Lybawes  klen  wagenschot  gegeven  van  der  lastadyen  up  den  karck- 
hoff  unde  tho  des  snytkers  büß  to  bryngen,  gegeven  is  7  j3.  Dyt  wagen- 
schot hefft  her  Hynrick  Stornynck  ^)  der  karcken  voreret  tho  behoft'  eynes 
nyen  stols  im  köre  tho  buwen.«  1591,  21.  W.  n.  Ostern  (August  29  — 
September  4):  »Noch  Jochim  Warneken  dem  snytker  gegeven  up  dat  arbeyt 
im  köre  wegen  des  i  langen  gestolte,  dar  myne  heren  burgermeysters  plegen 
in  tho  stan,  wen  se  tho  rade  gan,  ock  wes  he  dar))}'  unde  in  dem  köre 
noch  maken  schall  an  den  anderen  gestolten ,  ehme  nu  wegen  dysses 
arbeydes  up  rekenynge''^)  gegeven  ...  50  -^.«  1591,  13.  W.  n.  Abchaelis 
(Dezember  25 — 31):  »Noch  dytho 
myne  heren  vorstender  gerekent 
myt  dem  snytker  Jochim  Warneken, 
ehme  betalt  vor  de  7  louwen,  so 
he  gesneden  in  dat  grote  kor,  vor 
dat  stucke  3  -/t,  unde  vor  dat  langt' 
vorstucke  m}t  5  uj)Stande  docken, 
so  ock  uthgesneden,  unde  ock  dat 
nye  pannellwarck,  so  up  de  olden 
stole  is  angemacket  ock  myt  den 
gesemsen ,  is  55  -fi ,  also  dem 
snytker  an  gelde  l)erekent  tho  be- 
talen  76  -^;  des  hadde  he  van 
der  karcken  entfangen  30  stucke 
wagenschot,  synt  ehme  ock  tho- 
gegeven ,  gerekent  u])  4  ^,  also 
dat  he  [yn]  alles  krycht  vor  dat 
arbe\'t     wo    bavenfemeldet,    80   A.«  Siulilrückwand  am  Dslcnde  des  Mittelschifles. 

Eine  zweite  frühere  J^rüstung  gleichen  Charakters,  die  jedoch  sechs 
durch  Hermenpilaster  getrennte  holder  von  0,66  m  Breite  umfaßt  und  deren 
äußere  Hermen))ilaster  als  Seitenwangen  verwandt  sind,  ist  1856  als  Rückwand 
der  im  Mittelschiff"  der  Kanzel  gegenüber  aufgebauten  hintersten  Sitzreihe  ver- 
arbeitet worden.  Sie  entstammt  jedenfalls  dem  bis  1817  an  der  Südseite  des 
Altarraums  befindlichen  Ratsgestühl,  ^)  über  dessen  Entstehung  die  W'ochen- 
bücher  nichts  enthalten. 


Ein  ebenfalls  1591  fiu-  den  Altarraum  \on  Wernke  gefertigtes  Pannel- 
werk^)    befindet   sich    jetzt    zwischen    dem    zweiten   imd  dem  dritten   nördlichen 

')  Ratsherr   1580 — 92,   seil    1581    Vorsteher  der  Kirche. 

*)  Vgl.   die  Angaben  unter   1591,    15.  W.  n.  Ostern,   in  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  Ii,  S.  71. 

^)  Nach  Leberinann,  Die  beglückte  und  geschmückte  Stadt  Lübeck  (1697),  S.  107  befand 
sich  im  Altarraume  »beyderseits  der  Obrigkeit  Versammlungs-Kirchen-Gestuhlte,  worauß  sie  zum 
Rath-Hause  geführet  werden.« 

*)  S.   die  obige  Abrechnung  unter    1591,    13.   W.   n.   Michaelis. 


niK  MARIENKIRCHE. 


291 


Chorpfciler  als  Verkleidung'  dcv  den  Hochaltar  umziehenden  Mauerbrüstung. 
I*".s  enthcält  \'ier  0,64  ni  breite,  \()n  1  ,oS  ni  hohen  i'ilastern  eingefaßte  h'elder, 
deren  Rundbögen  den  gleichen  Intarsicnschniuck  wie  die  beiden  oben  be- 
handelten l^rüstun^en  aufweisen;  ein  oberes  Gesims  zeiot  acht  von  vorj^ehänoften 
Konsolen   abgeteilte   geschnitzte    I-ullungen. 

t'bcraus  einfach  gehalten  ist  ein  an  die  Ostseite  des  ersten  Norder- 
pfeilers fest  angebauter 
dreisitziger  Stuhl  von 
I  5<j7,  der  an  beiden  lüiden 
\'on  schildhahenden  I  .('iweii 
gekr(")nt   wird. 

\\n  ältesten  Stuhl- 
hiich  der  Kirche  (Hl. 
211)  heii>t  es:  Anno 
1597  10.  jami.  heh- 
ben     de    vorordentcn 

vorsther  Marien 
kercken  an  der  norder- 
siden  datt  erste  altar 
an  dem  erste  piler 
wechbrecken  laten  und 
darsullvest  wedderum 
henn  bouwen  laten 
enen  frouwenstoll  van 
3   schapj)en   .    .    .« 

Von     einem     1 598 
nacli  Norden  zu  unter  dem 

Lettner  errichteten  ge- 
schlossenen viersitzigen 
Stuhl,  der  rechts  die  Plätze 
der  beiden  bürgerlichen 
Kirchenvorsteher,  links  die 
der    jeweilig    amtierenden 

beiden  Diakone  oder 
Almosenpfleger  enthielt^) 
und  1 8 1 7  entfernt  wortlen 
ist,  finden  sich  noch  im 
Museum^)  zwei  geschnitzte  und  bemalte  Füllungen  von  0,52  m  Länge  und 
0,16  m  Höhe.  Beide  zeigen  einen  von  einem  Meermann  und  einem  Meerweib 
gehaltenen  Schild,  von  denen  der  eine  einen  lubischen  Adler,  der  andere  die 
mit  zwei  gekreuzten  Klingelbeuteln  belegten  lubischen  Farben  aufweist. 

Das  WB.    berichtet    unter    1598,    7.   W.    n.   Neujahr   (Februar    19 — 25): 
»Item   den   klockenluedern   for   dat   altar  under  dem   coere  wechtobreken  .  .  ., 


»Honoratiorenstuhl«    neben   dem  Altar. 


')  »Nachricht  von  der  Marienkiiclie«   Bl.    77b;   K.-A. 
^  Kulturhist.  Museum  No.    1892/73  a  und  b. 


292 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Füllungen   von    1649 
(vierte  südliche  Stuhlgruppe,   Ostseite,   und  zweite  südliche  Stuhlgriippe,   Südseite). 


den  nien  stoel  der  Vorsteher  und  diackcn  vom  schnitker  tho  halen  und  hen- 
tosetten  gegeffen  arbeidesloen  2  If,  tho  liere  3  f).  .  .  .  Item  m[ester]  Jochim  dem 
schnitker  gegeffen  vor  den  nien  stoel  under  dem  coere  tho  macken,  alse  it  Anton 
Hagenower^)  mit  ohme  vordinget,  10  dalcr  und  den  knechten  6  f5'  bergelt,  21  ^.» 

Eine  weitere  im  Museum^)  aufbewahrte  39  x  18  cm  gro(3>e  FiiUung,  die 
in  einer  Kartusche  die  Angabe  ANNO  1598  enthält,  rührt  wahrscheinlich  \  on 
dem  damals    -  reparierten '<   älteren  DiakonenstuhF)  her. 

Eines  der  letzten  größeren  Werke  Jochim  W'ernkes  ist  der  im  Jahre  1600 
südwärts  vom  Hochaltar  errichtete  »Honoratiorenstuhl  *)  (Abb.  S.  291).  Seine 
zwischen  dem  ersten  und  zweiten  dortigen  Chorpfeiler  eingebaute  hohe  Rückwand 
enthält  zwischen  fünf  Hermenpilastern  vier  Quadernischen,  deren  Bögen  durch 
aufgesetzte  dunkelfarbige  Hölzer  belebt  werden.  Die  vorgebogene  Verdachung" 
krönen  die  Statuetten  der  Hoffnung,  der  Klugheit,  der  Gerechtigkeit,  der  Eiebe 
und  des  Glaubens  und  zwischen  ihnen  vier  Kartuschen,  die  in  Muschelnischen  je 
ein  aus  Wolken  ragendes  Evangelistenbrustbild  umschließen.  Nach  Westen 
zu  ist  der  Stuhl  um  den  in  betreffender  Höhe  mit  schlichten  Täfelungen 
verkleideten  anstoßenden  Chorpfeiler  verlängert.  Die 
sieben  mit  einfachen  Quadernischen  besetzten  Feldern. 
jetzigen  Hochaltars  (1697)  dessem  Grundriß  angepaßt. 

^)  Kirchenvorsteher   1593 — 1601. 

*j  Gewerbemuseum  Hz   187. 

')  Wß.    1598,    10.   W.   n.   Neujahr  und    12.   W.   n.   Ostern. 

*)  Er  wird  1663  als  Stuhl,  »wo  die  Graduirte  sitzen«  (K.-A.,  »Nachricht  von  der  Marienkirche« 
unter  Leuchter),  später  (Lub.  Relig.  S.  197)  als  »subsellium,  quod  honoratiores  convivae  dominicae 
occupant.c   bezeichnet. 


Brüstung    besteht    aus 
Sie  ist  beim  Bau  des 


DIK   iMAKIHNKIRCllK. 


29: 


Füllungen   von    1652    mit   der  Sapientia  und  der  Justitia 
(erste   nördliche   Stuhlgruppe,   Westseite). 

1600  in  der  4.  A\'.  n.  Michaelis  (Oktober  26 — November  i)  wurden 
»foer  nagel  mit  kleinen  ko])pen,  so  tho  dem  nien  stoele  bym  bogen  altare 
gekomen«  8  |3 ,  in  der  12.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  21  —  27),  als  am 
Weihnachtsabend  >de  doer  an  dem  nien  stole  im  core  by  dem  altare  dorch 
den  schmit  angeschlagen«  wurde,  für  Nägel  3  0  gezahlt.  Die  Tischlerarbeit 
ist  in   der  Jahresabrechnung   mit  Wernke   nicht  besonders   aufgeführt. 

In  die  letzten  Jahrzehnte  des  16.  Jahrhunderts  gehören  ferner  zwei  vor 
dem  Bergenfahrergestühl  aufgestellte  schlichte  Bänke,  deren  niedrige,  am 
oberen  Ende  außenseitig  ausgestochenen  Seitenwangen  mit  zwei  V'oluten  und 
einer  obeliskenförmigen   Spitze  abschließen  (Abb.   S.   273). 

Von  den  an  das  Museum  überwiesenen  Stuhlverzierungen  aus  dieser 
Zeit  seien  noch  erwähnt  zwei  Wangenbekrönungen  mit  dem  Wappen  der 
h\amilie  Möter  oder  Müter'),  deren  einer  rückseitig  die  Jahreszahl  1582  ein- 
geritzt ist  (Kulturhist.  Museum  1 892/1 20  a  und  b),  zwei  Friesfüllungen  mit  dem 
gleichen  Wappen  (Gewerbemuseum  Hz  193)  und  z\\ei  das  von  Hövelnsche 
Wap])en  aufweisende  Wangenbekrönungen  (Kulturhist.  Museum  1 892/1 19),  die 
jedenfalls  einem  bis  1855  am  ersten  Südet-pfeiler  aufgestellt  gewesenen  Erb- 
stuhl dieser  Familie  aus  dem  Jahre    1604^)  entstammen. 

Vierzehn  frühere  Seiten-  und  Zwischenwangen  im  Renaissancecharakter 
sind    1856  zu  Seitenstücken  im  Mittelschiff  aufgestellter  Bänke  verarbeitet. 


^)  Vgl.   unter  den  Armleuchtern  aus  der  Renaissancezeit. 

^)  In  einem  »Verzeichnis  der  Gestühle  und  Capellen  in  St.  Marienkirche«  von  1683  (K.-A.) 
aufgeführt  als  »1  Mansstuhl  mit  einer  Stelle  aber  2  Klappen,  so  mit  H.  Gottharl  von  Höfelen 
Nähme  untern  ao    1604.« 


194 


DIE   MARIENKIRCHE. 


Füllung  vuii    1655    mit   tanzender   Fortuna  i^zweite  südliche  Stulilgruppe,   Ostseite 


Der  Barockzeit,  und  zwar  dem  Zeitraum  von  1648 — 1675  entstammen 
die  Bestandteile  der  Stuhlgruppen  an  den  fünf  östlichen  Pfeilerpaaren 
des  Mittelschiffs  mit  Ausnahme  der  1829  aus  neuem  Material  errichteten 
am  dritten  Süderpfeiler.  Die  1,25 — 1,37  m  hohen  Brüstungen,  welche  diese 
neun  Gruppen  umschließen,  sind  zu  oberst  mit  einer  Reihe  bemerkens- 
werter Friesfüllungen  von  fast  ausnahmslos  14 — 15  cm  Höhe  geschmückt. 
Ihre  gegenwärtige  verwirrende  Verteilung  aus  den  Jahren  1853 — 1856  weicht 
zum  Teil  wesentlich  von  der  ursprünglichen  Anordnung  ab. 

Die  1648 — 1675  vorgenommene  Erneuerung  des  Gestühls  im  Mittelschiff, 
von  der  nur  dasjenige  am  ersten  Süderpfeiler  unberührt  blieb,')  geschah  in 
nachstehender  Reihefolge. 

Vom  Kirchentischler  Jochim  Wittfoht^)  sind  gebaut: 

1648  am  fünften  Süderpfeiler  nordseitig  drei  fünfsitzige  Reihen 
(No.  I  — 15  nach  älterer  Bezeichnung),  ostseitig  eine  neunsitzige  Reihe 
(No.  16 — 24)  und  vor  letzterer  ein  gleich  langer,  dem  Amte  der  Zuschläger 
eingeräumter  Freistuhl, ^)  während  an  der  Süd-  und  Westseite  drei  nicht 
mehr  vorhandene  Erbstühle  bestehen  blieben. 

1649  im  April  am  zweiten  Süderpfeiler,  wo  ostseitig  der  Bürger- 
meisterstuhl, nordseitig  der  von  Brömbsesche  Erbstuhl  (vgl.  S.  288)  stand, 
nach  Westen  zu  neun  Stände  in  zwei  Reihen  (No.  i — 4  und  5 — 9)  und 
dahinter  zwei  Stände  (No.    10,    ii).*) 

1649  im  November  am  x'ierten  Süderpfeiler  nordseitig  drei  dreisitzige 
Reihen  (No.  i — 9),  westseitig  eine  siebensitzige  (No.  10 — 16)  und  ostseitig 
ein  langer  Freistuhl.  ^)  Im  folgenden  Jahre  wurde  auch  der  südseitig  ge- 
legene Lafferdessche  Erbstand  (No.  18,  19)  erneut  und  um  einen  Sitz 
(Nr.    17)  erweitert. 


')  Hier  standen  fünf  kleinere  Gestühle,   darunter  der  Meyersche   Erbstuhl  (vgl.   S.   283). 

^  Er  ist  1640  Juni  30  zum  Bürger  aufgenoninien  (St.-A.,  Bürgerinatrikel)  und  1653  ge- 
storben (WB.    1653,   5-  W.  n.  Michaelis). 

»)  Stuhlbuch   II  BI.   64b;   WB.    164S,   9.   W.   n.   Ostern  (Juni    li  — 17). 

*)  Stuhlbuch  II  Bl.   79;   WB.    1649,  9-  W.  n.   Ostern  (Mai  20—261. 

*)  Stuhlbuch  II  Bl.  28  b;  nach  dem  WB.  erhielt  Wittfoht  1650  Februar  18  für  dies  Gestühl 
einschließlich  des   Gesellentrinkgeldes   254   ^. 


DIE  MARIENKIRCHK. 


>95 


Füllung  von    1655    mit  einem   das  SchweißUich  der  lil.    Ver(jnika   hallenden   Engel 
(zweite  südliche  Stuhlgruppe,   NordseilcJ. 

1652  am  ersten  Norderpfeiler  süd.sciti_<j-  drei  viersitzige  Reihen  und 
eine  fünfsitzige  (No.  i  — 12,  13 — 17),  westlich  dieser  Grup])e  und  des 
Pfeilers  zwei  achtsitzige   Reihen  (No.    18 — j^).^) 

Von  W'ittfohts   Amtsnachfolger    Heinrich    W'arnenuindc")   sind    gefertigt: 
1655   nm  den  dritten   Süderpfeiler  ^y  Stände.^) 

1659  am  sechsten  Süderpfeiler  vor  dem  1588  gebauten  hohen 
Stuhh<   (vgl.   S.   289)  eine  fünfsitzige  Reihe.'*) 

1660  am  sechsten  Norderpfeiler  südseitig  vier  viersitzige  Reihen 
(No.    I  — 16).5) 

1666  am  fünften  Norderj)feiler  südseitig  zwei  siebensitzige  (No.  i  — 14) 
und  vier  fünfsitzige  Reihen   (No.    15 — 34).'') 

1671  um  den  vierten  Norderpfeiler  62  Stände')  in  .sechs  Reihen, 
die  gleich  den  beiden  folgenden  Gruppen  einschließlich  des  Pfeilers  ein 
Rechteck  bildeten  (No.    i — 62). 

1675  um  den  dritten  Norderpfeiler  51  Stände^)  in  fiinf  Reihen 
(No.  63 — 113)  und,  ebenfalls 

1675,  um  den  zweiten  Norderpfeiler  66  Stände  in  sechs  Reihen 
(No.    114 — 179). 

Bei  dem  Umbau  von  1853 — i^S^^  <^ler  die  am  westlichen  Pfeilerpaar 
belegenen  Plätze  völlig  beseitigte,  wurden  zunächst  die  nord.seitigen  Gruppen, 
und    zwar   nacheinander   die   dritte    (von    1675),    vierte    (von    1671),    fünfte    (von 


^)  Nach  dem  WB.  1652,  10.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  5  —  iij  erhielt  Wittfoht  für  diese 
33   Stände   363    ^. 

'')  Er  wurde  1649  Januar  iS  Bürger  (St.-A.,  Bürgermatrikel)  und  ist  1691  gestorben  i^K.-A., 
Klappenbuch   I  Bl.    76  b). 

^J  Stuhlbuch  I  Bl.    Ii6b;   WB.    1655,    13.   W.   n.   Michaelis  (Dezember  23 — 29). 

*)  Stuhlbuch   I  Bl.    I  ;   WB.    1659,   25.   W.   n.   Ostern  (September   18—24). 

5)  Stuhlbuch   I  Bl.    16;   WB.    1660,   9.   W.   n.   Ostern   (Juni    17— 23I 

^)  Stuhlbuch  I  Bl.  290b;  nach  dem  WB.  1666,  2.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  7—13)  wurden 
sie   mit  330   ^   bezahlt. 

'j  Nach    dem   WB.    1672,    10.   W.   n.   Ostern  (Juni   9 — 15)  wurden   sie   mit  620   ^   bezahlt. 

*)  Nach  dem  WB.  1675,  6.  W.  n.  Ostern  (Mai  9 — 15)  kostete  der  Bau  dieser  und  der 
folgenden   Gruppe  zusammen   926   ^. 


296 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Füllung  von    1659   mit  einer  die   Klugheit  darstellenden   l'ulte 
(vierte  südliche   Stuhlgruppe,   Nordseite). 


1666),  zweite  (von  1675)  und  erste  (von  1652),  abgebrochen  und  neu  errichtet. 
Es  folgte  1855  nacheinander  der  Abbruch  und  Wiederaufbau  der  \'ierten 
und  fünften  südUchen  Gruppe  (von  1649  und  1648),  während  im  folgenden 
Jahr  die  ZA\'eite  südliche  Gruppe  (von  1649)  ^^cl  das  Gestühl  am  ersten  Süder- 
pfeiler  —  unter  Versetzung  des  Bürgermeisterstuhls  von  jenem  an  diesen 
Pfeiler  —  ihre   peeenwärtioe   Zusammensetzuno-   erhielten.      Es   zeioen   seitdem 

von  den  nördlichen  Gruppen  die 
dritte    (jetzt  No.  81  —  122):     26  größere,  6  kleinere  EüUungen,  davon  datiert  keine, 

1:1671, 
i :  1666, 

-  1:1675, 
[1:1675, 
14:1652, 


vierte  (     ■- 

■■   123-172): 

29 

=       14 

fünfte  (     - 

=   173-216): 

26 

6 

zweite  ('   = 

-'       29-79): 

30 

■■      13 

erste    (     = 

1-28): 
zusammen 

19 

8 

130 

=      47 

\'on  den  südlichen  Gruppen  die 
vierte  (jetzt  No.  55-103):^)    36  größere. 


fünfte  {     - 

=   104-156): 

34 

'- 

zweite  (     = 

=       23-69): 

')  34 

'- 

erste    (    = 

1-22): 
zusammen 

19 

■•            Il^ 

123 

I 

I  kleinere  Füllung, 


davon  datiert 

li:  1659, 

f  =          keine, 

1:1655, 

(1:1649, 

[  1 :  1660, 


Wie  diese  Datierung  der  Füllungen  und  ihr  Charakter  sowie  auch  die 
vielfach  aufs  neue  verwendeten  oberen  Abschlußleisten  mit  den  alten  Platz- 
nummern erkennen  lassen,  sind  beim  nordseitigen  Umbau  nur  geringe  Ver- 
schiebungen aus  einer  in  die  andere  Gruppe  infolge  Verarbeitung  vereinzelter 
Restbestände  eingetreten;  dagegen  haben  bei  der  Auffiihrung  der  vier  südlichen 
Gruppen  außer  den  zugehörigen  Füllungen  sowohl  diejenigen  der  damals  ein- 
gegangenen Gruppen    am   sechsten  Norderpfeiler   (von    1660)   und  am  sechsten 


^)  No.  55 — 69  sind  an  der  Südseite  doppelt  vorhanden. 


DIE  MARIENKIRCHE 


297 


Füllung  von    1659   mit  einer  die   Mäßigkeit  darstelletulen   Pulle 
(vierte  südliche   Stuhlgruppe,  Nordseile). 


Süderpfeiler  (von  1659),  wie  auch  diejenigen  von  der  bereits  1829  abgebrochenen 
dritten  südUchen  Gruppe  (\on    1655)  Verwendung  gefunden. 

Die  in  der  west-  und  der  südseitigen  Briistung  der  fünften  südHchen 
Gruppe  enthaltenen  Füllungen  von  1648,  welche  bei  15  cni  Höhe  teils 
54 — 55  cm  lang,  teils  beim  Umbau  etwas  verkürzt  sind,  und  die  gleich  großen 
von  1649  (Abb.  S.  292),  welche  die  vierte  dortige  Gruppe  mit  Ausnahme  der 
Nordseite  schmücken  sowie  öfters  an  der  zweiten  und  ersten  südlichen  Gruppe 
\orkommen,  charakterisieren  sich  durch  ein  im  wesentlichen  gleichartiges,  meist 
in  Blumen  oder  phantastischen  Blütenkelchen,  vereinzelt  auch  in  Tiergestalten 
endigendes  Rankenwerk,  denen  in  mehreren  Fällen  fratzenhafte  im  Profil  ge- 
sehene Masken  angeschlossen  sind;  die  Mitte  nehmen  in  der  Regel  mensch- 
liche Figuren  oder  Brustbilder  von  gedrungenem,  zum  Plumpen  neigendem 
Körperbau  ein.  Von  ganz  ähnlicher  Ausführung  sind  je  zwei  gleichzeitige 
mit  unbekannten  Wappen  gezierte  Füllungen  von  58  cm  bezw.  auf  50  cm 
\erkürzter  Länge  an  der  West-  und  der  Südseite  der  \ierten  südlichen  Gruppe. 

Bei  den  größeren  Füllungen  der  ersten  nördlichen  Gruppe  \on  1652 
(Abb.  S.  293),  deren  Länge  zwischen  39  und  52  cm  schwankt,  tritt  die  figür- 
liche Ausstattung  mehr  hervor:  am  häufigsten  kommen  liegende  P^rauengestalten 
in  ,  o\'aler  Kartuschenumrahmung  oder  \\ohlproportionierte  stehende  ?^Iittel- 
figuren  vor,  als  seitlicher  Schmuck  sind  neben  Ranken,  Engeln  und  ALisken 
\^'3gel  und  tritonenförmige  Geschöpfe  verwandt.  Die  kleineren,  bis  zu  14  cm 
langen  Füllungen  enthalten  vorwiegend  Mannes-  und  Frauenköpfe,  Masken, 
Blumen  und  Früchte. 

Die  an  der  zweiten  südlichen  Gruppe  vorherrschenden  und  .siebenmal 
an  der  Nordseite  der  fünften  südlichen  Gruppe  vertretenen  55  cm  langen 
Füllungen  von  1655  (Abb.  S.  294  und  295)  zeichnen  sich  ebenfalls  durch 
ihren  kräftig  hervortretenden,  mehrfach  zu  niedlichen  Genreszenen  vereinigten 
figürlichen  Schmuck  aus;  besonders  häufig  sind  auch  als  Mittelfiguren  Engel 
mit  den  verschiedenartigsten  Leidensattributen  Christi  in  reifenartiger  ovaler 
Umrahmung  gewählt. 


298 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Füllung  von    1660   mit   dem   Apostel  Judns  Thaddäus    Gewerbemuseum  Hz    191). 

In  den  der  Xordseite  der  \ierten  südlichen  Gruppe  eingefügten  fünf 
Füllungen  von  1659  (Abb.  S.  296  und  297)  sind  inmitten  abwechselungs- 
reichen bewegten  Rankenwerks  Putten  mit  Tugenden- Attributen  (Stärke,  Liebe, 
Glaube,  Klugheit  und   Mäßigkeit)  dargestellt. 

Die  dreizehn  h\illungen  von  1660,  deren  Länge  in  der  Regel  51  cm 
beträgt,  zeigen  die  von  Rankenwerk  umzogenen  zierlichen  Gestalten  des 
Heilands  und  der  mit  ihren  Attributen  bezeichneten  zwölf  Apostel  (Abb.). 
Unter  ihnen  weist  die  nordseitig  an  der  ersten  südlichen  Gruppe  angebrachte 
stark  beschädigte  und  verkürzte  Platte  mit  der  Christusfigur  in  zwei  seitlichen 

AMMPl  1660 

Kartuschen  die  Datierung   noMiMi      ADIDN      auf      \'on  den  Füllungen  mit  den 

^     uuiviiiNi    2^    MART. 

Apostelgestalten  befinden  sich  eine  neben  der  vorigen,  vier  an  der  Nordseite 
der  vierten  südlichen  Gruppe  und  fünf  weitere,  deren  Höhe  jedoch  das  Mafi 
der  andern  (14  cm)  um  5  cm  übertriftt,  an  der  Ostseite  der  fünften  dortigen 
Gruppe,  während  die  beiden  andern  beim  Umbau  unbenutzt  geblieben  und 
später  dem  Museum^)  überwiesen  sind. 

Die  an  den  vier  westlichen  Gruppen  der  Xordseite  verbliebenen  und 
ab  und  zu  auch  an  den  übrigen  Gruppen  vorkommenden  h^ül hingen  von 
1666,  167 1  und  1675  (Abb.  S.  299  und  300)  sind  im  allgemeinen  von  gröberer 
Zeichnung  und  Ausführung  und  nach  Darstellung  und  Größe  nicht  so  scharf 
voneinander  zu  scheiden  als  diejenigen  aus  den  fünfziger  Jahren.  Die  größeren 
von  ihnen,  w-elche  in  der  Regel  47  cm,  sonst  39 — 50  cm,  ausnahmsweise  auch 
(fünfmal  an  der  dritten  Gruppe)  66  cm  lang  sind,  zeigen  außer  Blumen,  Blumen- 
gewinden und  Früchten  in  überwiegender  Mehrzahl  barockes  Rankenwerk, 
zum  Teil  mit  figürlichem  Schmuck;  unter  letzterem  sind  eine  Anzahl  Masken 
mit  gut  getroffenem  verschiedenartigem  Gesichtsausdruck  bemerkenswert,  ferner 
kommen  nackte  Knabengestalten,  Cherubimköpfe  und  P^ngelsfiguren  sowie 
einige  mäßig  gelungene  Christus-  und  Apostelgestalten  vor.  Die  kleineren, 
bis  zu  19  cm  langen  P^üUungen  enthalten  Blumen,  l^lütenzweige,  h^rüchte, 
Putten,  Köpfe,  Masken  und  Schnörkel. 


^)  Gewerbemuseum    Hz    190  und    191. 


[)IK  MARIKNKIRCHE. 


299 


Füllung   von    1671    (vierte   nördliche  Stuhlgruppi.-,   <  )stseilc;. 

\'on  den  im  Museum  befindlichen  FüUunoen  aus  dem  Mittelschiff  seien 
noch  \icr  mit  Wappen  bezeichnete  aus  den  Jahren  164S  und  1649  angeführt, 
Ucämlich  eine  57x14  cm  hohe  mit  dem  Wap])en  der  r^amilie  Lüneburg 
(3  Türme)/)  eine  44x15  cm  große  mit  dem  Wibekingschen  Wappen  (auf- 
fliegender Kranich)^)  und  zwei  36x14  cm  große  mit  dem  I^ornefeldschen 
Wappen  (ein  Brunnen)  zwischen  den  Buchstaben   M   und   BF.-'') 

Das  an  der  Südwand  gegenüber  dem  dritten  Pfeilerpaar  belegene  Ge- 
stühl, welches  früher  in  der  Regel  als  »Trauerstuhl«  und  in  einem  i6cS3 
aufgenommenen  Verzeichnis  der  Kirchenplätze  als  »freye  Mansstühle,  worinnen 
die  Trauerleute  bey  den  Leichbegangnußen  eintreten,  <  benannt  ist,  um- 
faßt drei  mit  schlichten  Seitenwangen  abschließende  Bänke  und  eine  1,60  m 
hohe,  5,04  m  lange  freistehende  vordere  Brüstung  mit  acht  oberen  Fries- 
füllungen aus  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  Die  Wangen  der  vordersten 
Bank  sind  seit  1800  mit  dem  Wappen  des  SchonenfahrerkoUegiums  gezeichnet, 
das  zu  der  damaligen  Wiederherstellung  des  Stuhles  150  #  beisteuerte,  »weil 
solches  einigen  Anspruch  an  diesen   Stuhl  zu  haben  vermeinte.«^) 


Die    Gestühle    des    18.    und    19.   Jahrhunderts.      Der    im    Rokoko- 
charakter   gehaltene,    vor    dem    vierten    südlichen    Wandpfeiler,    westlich    des 


*)  Gewerbemuseum  Hz  193  a.  164S  Dezember  13  kaufte  Alexander  Lüneburg  für  seinen 
Sohn  Heinrich  einen  Stand  (No.  22")  im  neuerrichteten  Gestühl  am  fünften  Süderpfeiler;  Stuhl- 
buch II,   Bl.    76. 

2)  Kulturhist.  Museum  No.  1892/69.  1649  wurden  mit  der  Gruppe  am  zweiten  Süderpfeiler 
der  Erbstand  Paul  Wibekings  (No.  4;  und  der  Stand  seines  Bruders  Lorenz  (Nr.  3)  erneut,  «deren 
eine,  der  Erbstandt,  außwendig  mit  der  Wibekinge  Wapen ,  dem  fliegenden  Kranich,  gemacht;« 
Stuhlbuch  II,   Bl.   79. 

ä)  Das.  No.  1892/70.  1649  Mai  i  wurden  zwei  Stände  (No.  10  und  11)  der  zweiten 
südseitigen  Stuhlgruppe  erblich  dem  Matthias  Bornefeld  (Ratsherr  1659—69)  für  400  ^  verkauft; 
Stuhlbuch  II  Bl.  86. 

*)  Kirchenprotokoll  des  Werkmeisters  von  Königslöw,   S.  85. 


?oo 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Füllung  von    1675    (zweite   nördliche   Stuhlgruppe,   Nordseite). 


großen     Schonenfahrerstuhls     belegene     Stuhl     der     Schonen  fahrer-Alter- 

leute^)  (Abb.)   ist   auf  Grund   eines    am  9.   März    1756   gefaßten   Beschlusses^) 

des   SchonenfahrerkoUegiums    nach    dem    luitwurf  des   städtischen    Baumeisters 

Johann   Adolf  Soher   vom  Tischler  Joh.   Hinr.   Lübbers    und   vom  Bildschnitzer 

Herrn.  Andr.   Ellerroht   gefertigt.^)     Er   umfaßt   vier   gepolsterte   Sitzbänke,    zu 

denen   von   einem    linksseitig   angeschlossenen  Gange    aus   ebensoviele  niedrige 

Türen      führen.        Das     Ganze 

umgibt     eine     über    der    Basis 

1,27    m    hohe,     4,80    m    lange 

und     3,84    m     tiefe     Brüstung, 

die     gleich     den    vorerwähnten 

Türen    mit    Rokokoornamenten 

verziert  ist.     Sie  schließt  vorne 

an  beiden  Enden   mit  Pilastern 

ab,  deren  Kartuschenbekrönung 

(heraldisch)  rechts  einen  halben 

Doppeladler,      links      die     drei 


')  1555  """i  1579  war  den 
Schonenfahrern  je  eine  Bank  des  älteren 
dortigen  Gestühls  eingeräumt  worden, 
die  eine  als  Entgelt  für  die  dem  Rate 
zugestandene  Benutzung  ihrer  bis  1579 
vor  dem  zweiten  südlichen  Wandpfeiler 
gelegenen  Sitzreihen,  die  andere  beim 
Abbruch  dieser  Plätze  anläßlich  der 
Errichtung  des  von  Joh.  Spangen- 
berg gestifteten  älteren  Ratsstuhls  (vgl. 
S.  289), 

'■')  Archiv  der  Handelskammer, 
Schonen fahrerakten,  Protokollbuch  No. 
315   S.   79. 

^)  Das.  No.  721,  Rechnungen 
1755/56  No.   50 


Stuhl  der  Schonenfahrer-^Vlterleute. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


301 


I  lerini^c  des  Schoncnfahrciwappcns    zeigt.      Die  linksseitige  Brüstung  trägt  die 
Jahreszahl  1756. 

Ein  Lehnstuhl  und  dreizehn  Stühle,  tlie  auf  der  X'orderseite  der 
Iviicklehne  mit  zwei  gekreuzten  Klingelbeuteln  und  der  Jahreszahl  1758  ge- 
zeichnet sind,  stammen  zweifellos  aus  der  ehemals  xon  den  Diakonen  als 
X'ersammlungsraum  benutzten  resdorpf-Kajjelle.  Die  sehr  morschen  Stiicke 
sind   jetzt   in   iler   Dixessen-Kapelle   untergebracht. 

Der  2,37  m  breite  und  3,61  m  tiefe  jüngere  Novvgorodfahrerst uhl 
ist  176(S   \om  Tischler  Christian  Branderus  und  dem  oben  genannten  Bildhauer 

Herrn.  Andr.  {'"Ilerroht  gebaut.') 
I.S49  vom  Nowgorodfahrerkoile- 
gium  der  Kirche  zum  Eigentum 
überlassen,  ist  er  drei  Jaln-e 
spiiter  imter  Beseitigung  seiner 
rechten  Seitenwand  dem  grollen 
gotischen  Stuhle  dieser  Genossen- 
schaft rückseitig  angeschlos.sen. 
l{r  umfafk  drei  tlreisitzige  ge- 
polsterte l^änke,  zu  denen  von 
links  her  drei  hohe  Türen  fuhren, 
während  \'orne  über  der  gleich 
ihnen  mit  Rokokotjrnamenten  be- 
setzten niedrigen  Brüstung  eine 
geschweifte  J^ekrönung   schwebt. 

Der  vor  dem  zweiten 
südlichen  W'andpfeiler  belegene 
frühere  Ratsstuhl  ist  nach 
einem  bereits  1 762  vom  Stadt- 
baumeister J.  A.  Soher  entwor- 
fenen und  damals  vom  Senate 
genehmigten  Grundriß-)  1782 
vom  Tischler  A.  P.  Voigt  und  vom  Bildhauer  Ludwigsen  ausgeführt.^)  Eine 
im  Stile  Ludwig  XVI.  gehaltene  1,62  m  hohe  Brüstung  (Abb.),  die  vorn 
5,65  m  und  seitlich  4,09  m  mißt,  umschließt  einen  rechtsseitigen  Vorraum 
und  vier  auf  je  sechs  Plätze  berechnete  Bänke,  deren  1783  nachträglich  an- 
gebrachte Eingangstüren  später  wieder  beseitigt  sind.  Nachdem  im  Mai  1862 
der  Bürgermeisterstuhl  zum  gegenwärtigen  zehnsitzigen  Senatsstuhl  umgebaut 
war,  ist  das  Gestühl  durch  Senatsdekret  vom  ii.  Juni  desselben  Jahres  der 
Kirche  überwiesen. 


Brüstuno;  des   früheren   Ratsstuhls. 


ij  Archiv  der  Handelskammer,   Nowgorodfahrerakten  No.  48   i^Rechnungen). 
^  St.-A.,   Rathaus,  Ratsstand  II,   Vol.   D. 

^)  Nach  den  Bauhofs-Protokollen  (Staatsarchiv,    Handschriften  No.   591)    wurde    die  Arbeit 
Juli    17S2   mit  Voigt  zu    1000   ^  und   mit  Ludwigsen  zu   500   ^   bedungen  (S.  679,   682}. 


?02 


DIE  MARIENKIRCHE. 


X 


=PiuiA> 


Die  späteren  Gestühle  sind  ohne  kunstgeschichtliclies  Interesse. 

1790    wurden   an    Stelle   der    »für   die   Priester   als   für   die    Beichtenden 

sehr      unbequemen«  ^)      bisherigen     Beichtstühle      unter     Verwendung      älteren 

Schnitzwerks   vier   neue  vom  Tischler  J.   L. 

L.    Hagen    und    vom   Bildhauer    D.   J.    Boy 

gefertigt,  von  denen  noch  drei  in  der  Beicht- 
kapelle stehen. 

18 17     sind     von     Hagen     und     dem 

Tischler   J.    Ch.    B.    Morian    die    beiden,    je 

sieben   Bänke   umfassenden  schlichten   Kom- 
munikantenstühle des  Altarraums  gebaut. 

1829   ist,    ebenfalls   von    Hagen,    die 

Stuhlgru])i^e     am     dritten    Süderpfeiler    des 

Langhauses,  der  sogenannte  große  Spiegel, 

gebaut,    der    von   einer    1,40   m    hcjhen,    an 

den     vier     Ecken     abgerundeten     und     mit 

einem  oberen  Spitzbogenfries  geschmückten 

Brüstung  umgeben  ist. 

Schließlich  sind  im  Anschluß  an  den 

J<^53 — 56  vorgenommenen  Umbau  der  neun 
übrigen  Stuhlgruppen  des  Hauptschiffs  die 
bis  dahin  den  dortigen  mittleren  Raum  ein- 
nehmenden kleinen,  meistens  schlecht  und 
gänzlich  unbrauchbar  gewordenen  Stühle-) 
bis  zum  iMiihjahr  1857  ersetzt  durch  34  Bänke 
und  zwei  Sitzreihen,  während  weiter  westlich, 
zwischen  dem  sechsten  Pfeilerpaar,  vier  neu- 
gefertigte kürzere  Bänke  Aufstellung  fanden. 
Soweit  die  Seitenstücke  nicht  aus  alten 
Znischcnwangen   bestehen,    sind    sie  —  und 

das    trifft    für    dreißig    dieser   l^änke   zu    

nach  Zeichnungen  des  Malers  C.  J.  Milde 
von  den  Stuhlmachern  J.  H.  Dahms  und 
H.  C.  Wichmann  gearbeitet.  Zwei  gleiche 
Bänke  sind  vor  der  vorderen  Säulenreihe 
des  Lettners  aufgestellt   worden. 


Wandschrank  aus   der   Schinkel-Kapelle. 


Schränke. 

lim  dem   1  5.  Jahrhundert  angehoriger 
längst  unbenutzter  sechsseitiger  Schrank 
von   1,28  m  Höhe  und  0,87  m  Durchmesser,    der  zurzeit  in  der  Bergenfahrer- 
kapell^^^,    zeigt   auf  der  schlicht  gelassenen  ungeteilten  Türseite  ^noch  den 

')  Vorsteher-Protokoll   von    17S7   April    16. 
)  K.-A.,   p-asc.   .Stuhlwärterinnen. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


30: 


teilweise  ausoebrochcncn   alten   l^eschla^',    während  die  fünf  übrigen   Seiten   mit 
oberen    iiiul   unteren   einfaehen    l'eri^anientroUenfiillungen   \er.selien   sind. 

Aus  dem  iXnfang  des  16.  Jahrhunderts  strunnit  ein  bis  xor  kurzem  an 
der  Südwand  der  Schinkel-Kapelle  betindUcher  scliöner  Wandschrank  (i\bb.). 
Über  der  noch  \'()rhandenen  oberen  Schranktür,  che  ein  geschmiedeter,  durch- 
brocliener  Heschkag  mit  roter  luchunterlage  auszeichnet,  umrahmt  ein  \(in 
gedrehten  Säulchen  getragener  und  von  zwei  Malen  flankierter  x'orspringender 
(iiebelbaldachin  mit  Maßwerk-,  Krabben-  und  Kreuzblumenschmuck  und  hinterem 
(htterwerk  eine  tlrei  Seiten  eines  Achtecks  darstellende  überwölbte  Kapelle. 
In  ihr  kniet  die  Reliefligur  Johannes  des  Täufers,  begleitet  \()n  seinem  Lamme, 
xor  einem  xAltar,  dessen  Aufsatz  die  Kreuzigungsgru])pe  bildet.  1  )urch  die 
freigelassene  mittlere  hYMisteröffnung  erblickt  man  die  gleichfalls  als  Relief 
behandelte   Jordantaufe    \'or   einer  gemalten  Stadtansicht,    iiber  der  (iott   \'ater 


.Sluckligurcii   der   Aposteln   Petrus   und  Johannes,   eines   Engels   und   der  Junyliau   Maria. 

mit  tler  Taube  und  dem  Spruchband  i)U  ■  C  •  flli  '^  •  lluniG  •  bilCCtllG  •  i  • 
([\.\Q  •  ÜUl  •  L'ijllll.llilL"in  schwebt.  Das  Stück  ist  aus  sehr  verkommenem  Zu- 
stande 1903  \on  W.  ALaus  zu  Frankfurt  a.  M.  wiederhergestellt  und  seitdem 
an  die  Xordwand  der  Brief  kapeile  versetzt. 

Bildwerke. 

Die  ältesten  plastischen  Werke  aus  der  Marienkirche  sind  sechzehn 
sitzende  Stuckfiguren  des  Heilands,  von  dem  jedoch  nur  der  Unterkörper 
erhalten  ist,  der  Jungfrau  Maria,  der  zwölf  Apostel,  die  ein  Buch,  eine  Schrift- 
rolle oder  auch  ein  Attribut  in  Händen  halten,  und  zweier  Engel  mit  Werk- 
zeugen des  Leidens  Christi  (Abb.).  Die  seit  1864  im  Museum  befindlichen,^) 
ursprünglich   bunt   bemalten    Figuren   sind    1840   in   der   nordseitig   der   Kirche 


')  Kullurhist.   Museum   No.    1206  a — q. 


304 


DIE  MARIENKIRCHE. 


gegenüber  gelegenen  Wehde  beim  Abbruch  einer  Garteneinfassung,  zu  deren 
Fundament  sie  verwandt  waren,  wieder  zum  Vorschein  gekommen.  VermutUch 
sind  sie  früher  an  der  Innenseite  der  Umfassungsmauer  des  Altarraums  auf- 
gestellt gewesen^)  und  um  1520  bei  Errichtung  der  gegenwärtigen  Chor- 
schranken beseitigt  worden.  Die  84  cm  hohen  Figuren  der  x-lpostel  und 
der  Engel  zeigen  in  den  Formen  ihrer  Thronsessel  und  dem  unbestimmten 
Faltenwurf  ihrer  Gewänder  noch  romanischen  Charakter,  während  die  in  den 
Maßen  etwas  größer  gehaltenen  Statuen  des  Heilands  und  der  Maria  durch 
ihre  schlankeren  Körperformen  und  ihre  gleichmäßig  in  weichen  Längsfalten 
abfallende  Kleidung  sich  als  früh- 
gotische Werke  ausweisen.^)  Die 
vierzehn  ersteren  Bildsäulen  gehören 
etwa  in  den  Anfang,  die  beiden 
letzteren  etwa  in  die  zweite  Hälfte 
des   14.  Jahrhunderts.^) 

Von  einer  vielleicht  schon 
1350,  sicher  1432  zuerst  bezeugten 
lebensgroßen  sitzenden  S  t  e  i  n  f i  g  u  r 
des  hl.  01a V,  die  auf  einem  vor- 
springenden Mauerwerk  am  süd- 
lichen Ende  des  Bergenfahrerstuhls 
aufgestellt    war,    hat   sich   nur   eine 

grau  getuschte  Federzeichnung 
(Abb.)  in  einer  »Museum  Lubicense« 
benannten,  im  Staatsarchiv  befind- 
lichen Sammlung  des  Lübecker 
Syndikus  und  Dompro])stes  Johann 
Karl  Heinrich  Dreyer  (gest.  1802) 
erhalten.  Das  1787  zuletzt  nach- 
weisbare Bildwerk  ist  wahrschein- 
lich bei  der  1806  vorgenommenen 
Wiederherstellung  des  Bergenfahrer- 
stuhls entfernt  worden. 

1350  März  12  vermachte 
Johann  Uphovel  »domino  Thiderico  sacerdoti  legenti  missam  retro  s.  Olavum 
viro  seni  in  ecclesia  Domine  Nostre«  10  ^;  1432  Dezember  2  besaß  Hermann 
Pael  ein  Grab  »in  den  ummegange  jegen  den  pilre,  daran  gebildet  is,  wo  s. 
Oleff  uppen  stole  sittet;«  1443  Dezember  19  setzte  Hinrich  Goyleke  5  # 
aus,  »was  mede  to  kopende  in  de  ere  s.  Glaves  vor  synem  groten  bylde 
neddene  in  der  kerken   to  bernende«  ;   St.-A.,   Testamente. 


Federzeichnung  der  ehemaligen  St.   Olav-Bildsäule. 


^)  1396  August  8  setzte  Johann  Steen  letztwillig  10  ^  aus,  »cum  quibus  comparetur  cera 
pro  luminibus  ante  ymagines  angelorum  in  coro  ecclesie  b.  Marie  virginis  Lubecensis  ardendis;« 
St.-A.,  Test. 

^  Vgl.  A.  Goldschmidt,  Lüb.  Malerei  und  Plastik  bis  1530,  S.  8  nebst  Tafel  4,  wo  zehn 
dieser  Figuren  abgebildet  sind. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


305 


Bestimmt  datiert  durch  die  früher  an  ihrem  J^aldachin^)  angebrachte  und 
mit  tliesem  verloren  gegangene  Inschrift  »Ano  •  Dni  •  M  •  CCCC  •  XX  •  Gertrud^)  ■ 
confectum.«  ist  eine  liebhchc  lebensgroße  S  t  e  i  n  f  i  g  u  r  d  e  r  M  a  d  o  n  n  a 
(Abi).).  Sie  schmückte  ursprünglich  einen  vom  Ratsherrn  Johann  Darssow 
und  \ier  Brudersöhnen  desselben  zu  Anfang  1420  gestifteten  kleinen  Altar, 
der    links    neben    der    nordostlichen    Kirchentür    stand. ^)      Die    heilige   Jungfrau, 

deren   von  welligem    aufgelöstem  Jlaar  umrahmtes, 
leicht  zur  Seite  gewandtes  Antlitz  einen  sinnenden 
Ausdruck    trägt,    hält    in    ihren    Armen    lässig   das 
nackte  Jesuskind,  dessen  Linke  ein  IMumenkörbchen 
umspannt;    ihr    prächtig    gemustertes,     früher    ver- 
goldetes    Gewand     fällt     in     leichtem     natürlichem 
Faltenwurf   herab.      Die    Statue    ist    1671    teilweise 
ergänzt    und    neu    vergoldet.      Um    die    Mitte    des 
19.   Jahrhunderts    wurde    sie    in    der   Bergenfahrer- 
kapelle  auf  einem  der  früher  (S.  152)  beschriebenen 
romanischen   Kai)itäle   aufgestellt,    welches   unsere, 
einer    älteren    Aufnahme    entnommene    Abbildung 
mit   enthält,    und   ist   von    dort    1881    in  das  West- 
portal versetzt  worden,  wo  sie  leider  den  Unbilden 
des  Wetters  ausgesetzt  war.     1905  erhielt  sie  ihren 
Platz  vor  dem  Eingang"  zur  früheren  Gerwekammer. 
In   der  Zeit  vom   3 1 .  Oktober  bis  2  3 .  No- 
vember   1671    wurden    für    das   Marienbild    >bey 
Michal    Volcks     Capein«     (die     damals    an    den 
Buchhändler     Michael    Volk     vermietete     Gallin- 
Kapelle)   2 1    Bücher   Gold    gekauft   und    zu  dem 
Schnitzwerk  über  und  unter  diesem  Bilde  5  bezw. 
3    Bücher    Gold;    WB.     167 1,     5.-8.    W.     n. 
Michaelis.    Zwei  Wochen  später  (Dezember  3 — 9) 
heißt    es    dort:     »Noch    hat    der    Steinhower    an 
dem  new  gezierten   Marienbüdt  die  Krone  aufm 
Kopff  fast  gemacht,   dem  Kindtchen  eine  Handt 
angesetzet     und     an     denen     untersten     Bildern 
etzHche  Stücke,    so  abgestoßen  gewesen,    wieder 
angeleimet,   auch    2  eiserne  Haken  mit   Bley  be- 
Steinfiaur  festiget,   ihm  davor  geben  laut  Rechnung   3  #.« 

der  Maria  mit  dem  Kinde. 

Etwa  gleichaltrig  mit  diesem  Werke  sind 
acht  verstümmelte  und  zum  Teil  zertrümmerte  mittelgroße  Stuckfiguren, 
von  denen  je  vier  in  der  Roddeschen  Kapelle  und  im  Kulturhistorischen  Museum 
aufbewahrt  werden.  Sie  sind  »wegen  der  gleichen  Behandlung  der  Haare  und 
der    sorgsam   ausgeführten   Fußzehen   und  Finger   mit   kleinen   Querriefelungen 


')   «Zu  ihren  Raupten«    nach  von  Melles   Entwurf  zur  Lub.    Relig.   S.    152. 
'■')  März   17. 
^)  Vgl.   ,S.   210. 


3o6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


oben  auf  den  Gelenken  sowie  auch  des  Faltenwurfes'  jedenfalls  einem  und 
demselben  Meister  zuzuschreiben.  \)  Unter  den  vier  ersteren  von  1,07 — i,ii  m 
Höhe  wird  die  eine  durch  die  ihr  beigegebene  Keule  als  Judas  Thaddäus  be- 
zeichnet, die  drei  übrigen  Apostelfiguren,  von  denen  hier  zwei  in  Abbildung 
beipeeeben  sind,  haben  mit  den  Händen  ihre  Attribute  verloren.  Von  den 
vier  im  Museum  befindlichen  Statuen,  deren  defekter  Zustand  ebenfalls  eine 
nähere  Bestimmung  ausschließt,  sind  zwei  (Xo.  1207a  und  c)  1,15  m  hoch, 
die  beiden  andern,  eine  h^igur  mit  Tonsur  im  geistlichen  Ordensgewande 
(No.  1207  b)  und  eine  Bischofs- 
figur (Xo.  I207d)  messen  94 
und  96  cm.  '^)  Vermutlich  \\'aren 
diese  Bildwerke  ehemals  an  den 
beiden  Langseiten  der  Bergen- 
fahrerkapelle  aufgestellt.  -') 

VAn  beschädigter  hölzerner 

Kruzifixus  (Abb.)  von  1,24  m 

Höhe  hat  sich  mit  dem  3,13  ni 

hohen    und    1,55   m   breiten  zu- 
gehörigen   Kreuze,    das    gleich 

ihm    mit    Resten    bemalter   und 

xergoldeter  Leinw and  überzogen 

ist,  :auf   dem    l^oden    oberhalb 

der  Südervorhalle  erhalten.     Er 

war     wahrscheinlich      entweder 

über     dem      1425      x'oUendeten 

früheren    Hochaltar'^)     oder     in 

der  Südervorhalle  angebracht. 
1406  April  13  be- 
stimmt Werner  Hooj)  be- 
züglich einer  von  ihm  mit 
3  -^  Rente  neu  gestifteten 
Memorie  in  der  Marien- 
kirche: »vor  de  3  mr. 
schulen  de  prestere  villye 
holden  up  s.  Mycheles  dach 
na    der    vesper    vor    deme  Apu.^iclfigureii  aus  Stuck. 

groten  cruce  by  den  hilghen 

dren   koningen   (vgl.    S.    170)    unde    des    neghesten   daghes   darna   selemyssen 
to    deme    hoghen    altare    .    .    .    .«      Ferner    wendet    das    1384    Dezember    16 


^)  A.  Goldschmidt,  Lüb.  Malerei  und  Plastik  bis  zum  Jahre  1530,  S.  12.  \'gl.  auch 
F.  Knorr,  Der  Meister  des  Neukirchener  Altars,  wo  iS.  33  ff.)  die  nahe  Verwandtschaft  der  obigen 
Bildwerke  und  der  eben  behandelten  Madonnenfigur  mit  dem  im  Kieler  ThaulowMuseum  befind- 
lichen Neukirchener  Altar  hervorgehoben  wird. 

■■')   Die  Köpfe  der  drei   letzteren   sind  bei   Goldschmidt,   Tafel    13   abgebildet. 

ä)  Vgl.  S.  314. 

*)  Vgl.  S.  200. 


Dil',   MAI 


;nkirciik. 


307 


ausgestellte  Testament  des  Gerhard  xon  Molnc 
sedere  apiul  magnum  crucifixuni  in  ccclesia  b 
stücke   zu.      St.-A.,   Test. 


»uni    ceco    presbitero    solenti 
Marie«    mehrere    KleidunüS- 


Aus  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  stammt  eine  am  W'and- 
pfcilcr  zwischen  der  Bürgermeister-  und  der  Düsteren  Kapelle  aufgestellte,  aus 
Sandstein  gehauene  .\ntoniusstatue  (Abb.  S.  308),  die  an  ihrer  einfachen 
Konsole  tlas  Wappen  des  Katsherrn  (1460 — ']6)  Hermann  .Sundesbeke  (im  ge- 
lehnten Schilde  ein  dreifaches  schwarzes  Kreuz, 
auf  dem  Helm  ein  1  lundsrumpf)  trägt.  ^)  Der  in 
ein  langes  weißes  Mönchsgewand  gekleidete  greise 
Heilige  tritt  zum  Zeichen  siegreich  überstandener 
Versuchungen  auf  zwei  ])latt  am  l^oden  liegende 
kleine  Teufelsgestalten;  die  Linke,  von  der  tlie 
Bettelglocke  herabhängt,  h;ilt  ein  aufgeschlagenes 
]^uch,  die  Rechte  stützt  sich  auf  einen  eisenbe- 
schlagenen Stab  in  der  Form  des  Antonius-  oder 
äg\-j)tischen  Kreuzes.  Ihre  jetzige,  in  matten  Tönen 
gehaltene  Bemalung  hat  die  Statue  1878  erhalten, 
wobei  ihre  ehemals  vergoldeten  Teile  bronziert 
worden  sind;  gleichzeitig  ist  auch  ihr  arg  be- 
schädigter gotischer  l^aldachin  notdürftig  wieder- 
hergestellt. -)  Vielleicht  .steht  die  Stiftung  fieser 
Bildsäule  damit  im  Zusammenhang,  daß  im  Sommer 
1457  die  Älterleute  der  Antonius-Briiderschaft  zur 
l^urg,  der  Hermann  Sundesbeke  seit  1444  ange- 
hörte,^) auf  dem  Marienkirchhof  vor  der  Düsteren 
Kapelle  eine  kleine  Bude  zur  wöchentlichen  Almosen- 
verteilung bauen  liefien.'*) 

Als  die  hervorragendsten  plastischen  Bild- 
werke Lübecks  gelten^)  mit  Recht  \ier  aus  Kalk- 
.stein  geschnittene  Hochreliefs  vom  Ende  des 
15.  Jahrhunderts,  welche  Szenen  aus  der  Leiden s- 
oeschichte  Christi  darstellen")  (Abb.).      Sie  sind 


Gotischer   Kruzifixus 


1)  Vgl.  Milde,   Siegel  des  M.-A.,   Tafel  9,  Xo.   86. 
'^)  Jimmerthals    handschriftl.    Chronik    der    Marienkirche 
unter    1S7S. 
3)   Fundationsbuch   der  St.  Antonius-Brüderschaft  (St.-A.,  Brüderschaften)  S.  51.      Außerdem 
haben    Hinrich    Sunderbeke  (!)    (seit    1439),    Bernd    Sundesbeke    (seit   1440),    Greteke   S.,    Hermanns 
Ehefrau    (seit   1446),    sowie    Gerd    und    Margreta    S.    (seit    1475)    dieser  Brüderschaft    angehört;    das. 
S.  48  — 77. 

*)   Vgl.  U.-B.  der  Stadt  Lübeck  9,  No.  664  und  von  Melle,  Gründl.  Nachricht,  3.  Aufl.,  S.  340. 
^)  W.  Bode,  Deutsche  Plastik,  S.  222. 

«)  Vgl.   die  mit  vier  Lichtdrucktafeln  ausgestattete  Beschreibung  der  Reliefs   von  Th.   Hach 
im   6.  Jahresbericht  des  Vereins  von  Kunstfreunden   in  Lübeck  (1885/86)  S.   8  f. 

20* 


308 


DIE  MARIENKIRCHE. 


i  I 


im  Chorumgange  paarweise  an  den  beiden  Schrägseiten  der  den  Altarrauni 
ostwärts  umscliließenden  Brüstung  angebracht  (vgl.  Abb.  S.  258).  Ihre  Höhe 
beträgt  0,88  ni,  ihre  Länge   1,86  m. 

Das   am    weitesten  nordA\ärts  befindliche  schildert  unter  der  Überschrift 
A  CENA  SVRGIT  MAIESTAS  ALTA  LAVATQVE  4< 

DISCIPVLIS  VNDA  PVRIFICANTE  PEDES  ♦ 
den  Moment  der  Fußwaschung,  \\ie  Petrus,  als  ihm  der 
Heiland  vor  den  versammelten  Jüngern  das  Wasser  über 
die  Füße  gießen  will,  mit  abwehrender  Geste  spricht: 
Nimmermehr  sollst  Du  mir  die  Füße  ^\■aschen  (Ev. 
Joh.  13,  8).  Die  beiden  hinter  diesem  Vorgang  stehen- 
den Figuren,  ein  feister  Mönch  und  ein  Geistlicher,  der 
sich,  wie  es  scheint,  vor  den  Ausdünstungen  der  Füße 
die  Nase  zuhält,  sind  offenbar  von  dem  unbekannten 
Bildhauer  als  Gegenstück  zu  der  Selbsterniedrigung  des 
Herrn  hinzugesetzt. 

Das  benachbarte  Bildwerk  zeigt  den  Heiland, 
dessen  Haupt  nur  hier  von  einem  Nimbus  umstrahlt 
wird,  mit  seinen  Jüngern  beim  Abendmahl.  Gesichts- 
züge und  Kleidung  der  letzteren  sind  genau  dieselben 
wie  bei  der  Fußwaschung.  Die  Überschrift  lautet: 
CENANTI   PRESENS  ADERAT  PIA  TVRBA  ED[en.s] 

AGN[vm] 

VMBRA   FVGIT:    VITE    PIGNVS    ET  ARRA 

DATVR  4< 
Von  den  beiden  gegen  Südosten  gekehrten  Reliefs 
enthält  das  vom   Beschauer    aus  zur  Rechten  befindliche 
unter  der  Überschrift 

ORAT    :    CONVERSVS      NRA     AD      MORTALIA 

CORPVS  »i« 

CONCVTIT    VTQUE    PAVOR    SANGVINE    MA- 

NAT  AQVA 
in  der  Hauptsache  drei  Szenen  aus  der  Nacht  im  Hofe 
Gethsemane,  nämlich:  i.  Christus  findet  Petrus  und  die 
beiden  Söhne  Zebedäi,  die  er  zurückgelassen  hat,  schlafend 
und  weckt  den  ersteren;  2.  dem  betenden  Heiland  er- 
scheint ein  Engel  vom  Himmel  und  stärkt  ihn  [Kv. 
Lucä  22,  43);  3.  »Und  es  kam,  daß  er  mit  dem  Tode 
rang,  und  betete  heftiger.  Pls  ward  aber  sein  Schweiß 
wie  Blutstropfen,  die  fielen  auf  die  PLrde«  (Ev.  Lucä  22, 

44).  Im  Hintergrunde  führt  Judas  die  ausgesandten  Kriegsknechte  »mit  P^ackeln, 
Lampen  und  Waffen«  (Ev.  Joh.  18,  3)  in  den  Hof.  In  der  oberen  linken 
Ecke  zeigt  der  Versucher  dem  Heiland  von  einem  Berge  aus  alle  Reiche  der 
Welt  und  ihre  Herrlichkeit  (Ev.   Matth.  4,   8;   Ev.  Lucä  4,   5  f.). 


Bildsäule 
des  hl.   Antonius. 


w-fr^^f^V»"^ 


>  \y  .fy^-^'mp<^'^:v.':^^\ ; 


2^2?^^4i^;i] 


l^lÄM^iiC^  ■^ä'^i  ; 


DIE  MARIENKIRCHE.  309 

Das  vierte  Hildwerk  ist  in  zwei  gleich  oroßc  Gruppen  i^eteilt.  Rechts 
tVai^t  Jesus  die  Häscher:  Wen  suchet  Ihr?  Sic  antwDrten :  Jesuni  von  Nazareth. 
»Als  nun  Jesus  zu  ihnen  sprach:  Ich  bins,  wiclien  sie  zurück  und  fielen  zu 
Hoden V.  (Ev.  Joh.  18,  6).  Links  der  Judaskuß  und  die  Gefant^ennahnie  Christi, 
ihuieben  Petrus  über  dem  Knecht  Malchus  das  Scliwert  schwingend.  Im 
Hintergründe  che  fliehenden  Jünger  Jakobus  und  Johannes.  Überschrift: 
VT   CAPITUR:    MITI    VERBO    PERCVSSA    RVEBAT   • 

CEV    FORET    HOREENDO    !     FVLMINE    STRATA   COHORS. 

W.  Bode  steht  in  .seiner  »Deutschen  Pkvstik  <  ')  cHese  Rehefs  in  den  lebens- 
\()llen  Köpfen  und  im  hörnst  der  DarsteUung  den  Werken  von  Adam  Kraft  an 
che  Seite.  -Die  Gewanckuig,  .  urteilt  er,  -ist  etwas  zu  unruhig  und  ohne  größere 
Moti\e,  während  die  Figuren  in  der  Haltung  fast  zu  ruhig,  im  Ausdruck  teil- 
weise zu  ernst  und  stumm  erscheinen,  doch  sind  sie  x'on  trefflich  indixidueller 
Durchbildung  der  Köpfe. 

1584  sind  die  damals  arg  verstümmelten  Bildwerke  von  einem  nicht 
weiter  bekannten  Steinmetzmeister  Peter,  und  zw-ar,  wie  der  Augenschein  lehrt, 
aus  Holz  wieder  ergänzt  worden.^) 

Oberhalb  und  seitlich  der  einzelnen  Reliefs  rankt  sich  in  einer  Hohl- 
kehle frei  entwickeltes  Laubwerk  hin.  Die  Wurzel  eines  dieser  Laubwerk- 
streifen, eines  links  von  der  Abendmahlsszene  aufstrebenden  Kichengeästes, 
wird  von  einer  schwarzen  Maus  benagt,  die  ehemals  als  das  Wahrzeichen 
Lübecks  galt. 

Zu  beiden  Seiten  jeder  Reliefgruppe  sind  vor  den  glatten  Mächen  der 
Chorpfeiler  in  viereckigen  Feldern  hervorragend  gut  gezeichnete  verkürzte  Relief- 
figuren  als  Schildhalter  dargestellt,  von  denen  die  etwas  größeren  beiden  nord- 
seitigen  (Abb.  S.  311)  sich  durch  erhabenere  und  schwungvollere  Modellierung 
vor  den  beiden  andern  (Abb.  S.  310)  auszeichnen.  Originell  ist  die  phantasie- 
volle Art,  wie  die  Köpfe  dieser  Figuren,  ihr  Haarschmuck  und  weitere  Zutaten 
als  Wappenhelme,  Helmkleinodien  und  Helmdecken  verwandt  sind.  Von  den 
vier  Schilden  zeigen  drei  das  Saligesche  Wappen  (vgl.  S.  188),  während  der 
am  weitesten  südwärts  befindliche  Schild,  welcher  einen  mit  Wellenlinien  be- 
leoten  Balken  aufweist,  wahrscheinlich  das  redende  Wappen  der  Familie 
Stenbeke  darstellt.^)  Nach  oben  schließt  sich  an  die  Felder  je  ein  breiter 
Streifen  an.  Diese  trugen  ehemals  erhaben  gearbeitete  lateinische  Distichen, 
die  aber  bis  auf  ^\•enige,  schwer  zu  entziffernde  Reste*)  mit  roh  geführten 
Meißelschlägen   getilgt    sind;    unversehrt    geblieben    sind   jedoch    zwei    an    der 


>)  S.  222. 
^)  Vgl.  S.  311. 

^)  Nach    von    Melles    Syntagma    ivgl.    S.    200    Anm.   4;    Bl.    504    führte    diese    Familie   (aus 
welcher    der  Kaufmann   Klaus  Stenbeke    kurz    vor   1450    starb;    U.-B.   der  Stadt  Lübeck  8,  Nr.   717) 
»einen  gelben  Fluß   im  silbernen   Schilde.« 
■*)  Neben  dem   dritten  Relief  steht; 

O GURGITE  CHRISTI 

M PURGES  CRIMINA  CUNCTA  PRECE. 


lO 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Wappenfiguren   neben  der  südlichen  Reliefgruppe  hinter  dem   Hochaltar. 


n()r(l('),stlichen  Grui)|)e  unterhalb  der  Verse  aiii^ebrachte  Tagesdaten  —  rechts 
MOCCCCOXCVIII  -  II  0CT0B9,  Hnks  XVC  -  U  MAN  — ,  die  jedenfalls 
den  Beginn  und  den  Abschluß  der  Arbeiten  an  dem  Kunstwerk  festlegen 
sollten.  In  dieselben  Jahre  weisen  auch  die  Formen  des  die  Pfeileröffnungen 
oberhalb  der  Reliefs  schließenden  schweren  Messinggitters.  ^)  Wappen  und 
Zeitangaben  lassen  darauf  schließen,  daß  als  die  Stifter  der  Bildwerke  der  zu 
Ende  des  15.  Jahrhunderts  gestorbene  Lübecker  Kaufmann  Marquart  Salige,-) 
dessen  Ehefrau  Telseke^)  demnach  eine  geborene  Stenbeke  gewesen  sein  müßte, 
und  sein  damals  noch  lediger  Sohn,*)  der  nachmalige  (15 18 — 30)  Ratsherr 
Hans  Salige  anzusehen  sind.  Oberhalb  des  Schriftstreifens  erheben  sich  vor 
den  Pfeilerflächen  ebenfalls  aus  Kalkstein  gearbeitete  Maßwerkverblendungen; 
am  P'uße  derselben  springen  Platten  vor,  die  zweifellos  ehemals  Statuetten 
getragen  haben.     Ein  Maßwerkfries  schließt  das  Ganze  nach  unten  hin  ab. 

Die  Bemalung  und  Vergoldung,  welche  die  Bildwerke  bei  ihrer  Wieder- 
herstellung im  Jahre  1584  erhielten,  sowie  ein  späterer  grauer  Anstrich  sind 
1887  beseitigt  worden.  Die  eisernen  Schutzgitter  und  ihre  zweifellos  vom 
damaligen  Kirchentischler  Jochim  Wernke  d.  Alt.   gefertigte  Umrahmung,  deren 


')  Vgl.  S.  259. 

'')  Ostern  1500  überwiesen  die  Testamentsvollstrecker  des  weil.  Marquart  Salige,  nämlich 
Hermann  Ruckerdinck  und  Hans  Salige,  der  Sohn  des  Verstorbenen,  der  Sängerkapelle  150  ^; 
Stiftungshuch  der  Sängerkapelle  (St.-A.j  131.  20  b.  —  Ferner  wurde  das  1459  von  Marquart  S.  er- 
worbene Haus  Fischstraße  No.  15  auf  Grund  seines  Testamentes  Ende  1501  seinem  Sohne  Hans 
zugeschrieben;  Oberstadtbuch  lib.    10,   Marie  Bl.  64. 

^)  So  nennt  Marquart  S.  in  zwei  Testamenten  von  1462  und  1464  (St.-A.)  seine  Ehefrau. 
Denselben  Vornamen   führt  übrigens  auch  Klaus   Stenbekes  Witwe    vgl.   S.   309,   Anm.   3  . 

*)  Er  verheiratete  sich  erst   1507   mit  Richel   Brömse;   vgl.   S.    1S9. 


DIE  MARIEN'KIRCHE. 


".  I  I 


:*»:?' 


V 


Wappetihgureii    neben   der   nördlichen   Reliefgruppe   liinier   dem   lluchallar. 

schöngeschnitzte    Pfosten     mit     auf    den     obigen    Lichtdrucken    enthalten    sind, 

stammen  ebenfalls  aus  dem  Jahre    1584. 

Über  die  damalige  Wiederherstellung  berichtet  das  WB.  unter  1584, 
2.  W.  in  den  Fasten  (März  8 — 14):  »Item  dem  steynhower  mester  Peyter, 
welck  uth  bofel  myner  heren  forstender,  [de]  myt  eme  fordynget  hebben  de 
passyon  des  byltwerckes  achter  dem  seyerwercke  wedder  to  macken,  dat 
geschamfert  unde  tobracken  was,  koppe,  nessen  unde  oren,  beme  (!),  arme, 
hande  und  foyte  wedder  antoseyten,  welck  de  heren  forstenders  myt  eme 
doe  fordynget  hebben  for  sefentich  marck,  daruj)  eme  botalt  60  jtf.\  nach 
den  8.  april  mester  Peter  de  rest  gegefen  10  ^  (up  dessen  dach  ys  dat 
gadderwerck  geseytet  to  reuneferende)  de  suma  is  70  ^.  —  Item  noch  den 
22.  april  Antonves  Hagenowen  botalt  eyn  stucke  ysseren  tralyenwerck,  darvor 
eme  gegefen  10  -,^;  unde  Frans  Busck  dem  smede  to  forlengen  darto  44  oge 
unde  nach  eyn  nye  stucke  darto  gemacket,  darynne  synt  238  oge,  unde 
2  endestucke  for  de  wapen,  yder  endestucke  57  oge,  synt  tosamen  396  oge 
to  14  ^,  ys  28  -^  14  |5;  unde  eme  gereckent  de  Stangen  unde  de  polde- 
faste,  dar  dat  gaderwerck  up  steyt,  i  ^  2  f>;  kostet  de  yseren  tralyenwerck 
for  dem  garen  Kristi  achter  den  seyer  tosamen  40  $.  Nach  fan  den  heren 
by  dem  buchhaffe  Arnoides  Benyes^)  botalt  2  stucke  olt  gaderwerck,  eme 
darfor  botalt  15  ^,  .unde  dem  smeyde  gans  umetosmeyden  gegefen  14  # 
unde  dregegelt  fan  dem  buchhafe  tom  smeyde,  fan  dem  smeyde  tom  snyteker 
unde  maier  vn  der  kercken,  de  unkostynge  i  ^;  ys  dat  yserwerck  tosamende 
70  ^.  Nach  dem  maller  Sylfester  fan  Swolle  dat  arbeydt  to  staferen  unde 
to  malende  up  syne  seydelen  botalt  ys  15  -^;  tosamen  is  8[5]  #  (statt  80  $). 
Summa  aver  dosse  wecken  ys  155  ^.« 
Ungefähr   gleichaltrig   mit   den    um    1520  vom   Meister  Benedikt  Dreyer 

geschnitzten  sieben  eroßen   Heiligenbildern  vor  der  westlichen  Lettnerbrüstung 


')   D.   h.   dein   Ratsherrn   Arnold  Bonnus. 


12 


DIE  MARIENKIRCHE. 


(vgl.  S.  i88)  ist  eine  vielleicht  aus  derselben  Werkstatt  hervorgegangene/) 
am  Nordende  dieser  Seite  des  Lettnerunterbaus  auf  schlichtem  achtseitigem 
Sockel  aufgestellte  halblebensgroße  hölzerne  Mönchsfigur,  die  eine  Mulde 
voller  Goldstücke  in  einen  kleinen  eisernen  Gotteskasten  entleert,  und  viel- 
leicht als  eine  Karikatur  auf  den  damaligen  Ablaßhandel  aufzufassen  ist.  Im 
17.  Jahrhundert  wird  die  Bildsäule  auch  als  St.  Nikolaus  benannt,^)  wohl 
wegen  der  diesem  Heiligen  beigelegten  Bescherungen.  Die  spätere  Sage 
sieht  in  ihr  das  Bildnis  eines  Kirchendiebes,  der,  als  er  nachmals  reich  nach 
Lübeck  zurückkehrte,  heimlich  an  Stelle  jedes  von  ihm  dem  Gotteskasten 
entnommenen   Scherfs   einen   Goldgulden   wieder   hineingeschüttet   haben   soU.^) 

Aus  der  letzten  Zeit  der  Heiligenver- 
ehrung stammt  ferner  die  an  der  Ostseite 
des  ersten  Süderpfeilers  vor  einer  hölzernen 
Rückwand  aufgestellte,  trefflich  geschnitzte 
lebensgroße  Bildsäule  des  Evangelisten 
Johannes  (Abb.).  Der  in  vornehmer,  ruhiger 
Haltung  dargestellte  Apostel,  über  dessen 
Haupte  die  Taube  des  heil.  Geistes  schwebt, 
während  zu  seinen  Füßen  der  Adler  auf  der 
geschlossenen  Bibel  sitzt,  hat  die  Rechte 
segnend  erhoben,  seine  Linke  hält  den  Gift- 
kelch, in  dem  sich  die  Schlange  ringelt.  Den 
Saum  seines  reichgemusterten,  seit  1878  an 
Stelle  der  ursprünglichen  Vergoldung  mit 
Goldbronze  überstrichenen  Mantels  bedecken 
drei  Bibelstellen  aus  dem  Anfang  des  Johannis- 
evangeliums  (Kap.  i,  Vers  i,  6  und  14)  in 
der  Fassung  der  Vulgata.  An  den  drei 
vorderen  Seiten  der  aus  dem  Sechseck  kon- 
struierten Konsole  sind  die  Zeichen  der  drei 
übrigen  Evangelisten  angebracht,  deren  Namen 
auf  Schriftbändern  sowie  am  oberen  Rande 
der  Konsole  verzeichnet  .sind.    Die  gemusterte 

und  vergoldete  Rückwand  zeigt  zu  unterst  grau  in  grau  eine  Silhouette  Lübecks 
die  jedoch  nach  einwandfreier  mündlicher  Überlieferung  erst  1878  vom  Maler 
Ch.  P.  W.  Stolle  hinzugefügt  ist.  Zwei  der  schlichten  seitlichen  Umrahmung  der 
Rückwand  vorgesetzte  einfache  schlanke  Säulen,  die  oben  im  rechten  Winkel 
vorgeknickt  sind,  stützen  den    1878  wiederhergestellten  sechsseitigen  Baldachin. 


Der  Mann   mit  der  Goldmulde. 


')  Goldschmidt,  a.  a.  O.,  S.  22. 

^)  Das  WB.  erwähnt  1608,  4.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  23 — 29)  »dat  isern  Kastken,  so 
by  der  myssinges  Capellen  (vgl.  S.  172)  by  dem  Bilde  s.  Claus  angehefftet, «  1638,  2.  W.  n.  Neu- 
jahr (Januar  7 — 13)  »das  Kastken  furm  Cohre  bei  dem  Bilde,  das  Golt  außtheilet,«  1646,  7.  W. 
n.  Neujahr  (F'ebruar   15 — 21)  den  kleinen  Gotteskasten   »bei  St.  Clages.« 

^)  Deecke,  Lüb.  Geschichten  und  Sagen  (1852)  S.  2S8. 


Dil-:  MARIENKIRCFIE. 


31, 


Nachricliten  über  nicht  erlialtene  iiiittehilterl  ichc  lÜldwcTkc. 
In  der  St.  Annen-  oder  llriefkapelle.  1352  Ajiril  15  setzte  Luhhert 
Omeke  für  die  Marienkirche  40  ^.  aus,  falls  ihm  und  seiner  Khefrau  ein 
Begräbnis  gewährt  werden  würde  »in  capella  juxta  turrim  supra  Platea  Piscium, 
in  (pia  ])osita  est  ymago  dominice  resurrectionis. «  ^)  1405  Oktober  6  ver- 
machte  der  Notar  Johann  P>aexs    2  ^    »uni  virgini  nomine  Margareta  ([uondam 

in  capella  s.  Anne  ad  Dominam  Nostram  ymagines 
custodicnti  et  nunc  in  domo  i)auperum  in  Platea 
C'anum  existenti.«  ^)  1434  Ai)ril  24  bestimmte 
Hinrich  Tors,  daß  »vor  deme  bylde  der  cruce- 
dracht  unses  heren  in  s.  Annen  capellen»  ein  vier- 
pfündiges  Licht  gebrannt  werden  sollte.')  1450 
August  28  gal)  Klaus  'Preptouwe  30  ^  für  Wachs 
zu  Lichtern,  »de  men  selten  unde  bernen  schole 
vor  Unser  Leven  Vruwen  bilde  in  s.  Annen 
capellen,  so  lange  dat  was  reket.«  ')  1453  August  9 
setzte  Anthonius  (ilashagen  der  vrouwen,  dede 
nu  syt  in  s.  Annen  capellen  \or  den  bilden,« 
5  ^  aus.  ^)  Ferner  erwähnt  ein  nie  ht  lange  vor 
der  Reformation  aufgenommenes  Verzeichnis  der 
klenodien  in  s.  Annen  capelle«  ein  dortiges 
»s.  Annen  bilde,«  »dat  Marienbilde«  und  »dat 
bilde  Marien  medelidinge. « "^)  1533  Juli  24  ließ 
der  Werkmeister  Lorenz  Johannsfen  :  uth  bevele 
deß  kerckheren  unde  der  vorstender  de  bylde  uth 
s.   Annen  capelle  bryngen.«^) 

Weitere  Ahirienbilder.  1367  September  14 
vermachte  die  Witwe  Gudeke  Pod  ihr  scharlach- 
farbiges Obergewand  »ad  Dominam  Nostram  ymagini 
b.  Marie  virginis,«  1377  Juni  23  die  Witwe  Rixa 
Blomenrot  ihr  bestes  Obergewand  »ymagini  b.  Marie 
virginis  sub  choro.«')  1383  März  27  bestimmte 
Evert  Nyenborch  10  ^  »to  eyner  waskerssen  vor 
Unser  Vrowen  beide,  dat  ik  maken  lete  an  dat 
norden  in  Unser  Vrowen  kerken.«-')  1443  Ok- 
tober II  gab  Hans  van  (ihetelen  »deme  nyen 
ALirienbelde  in  Unser  Vrowen  kerken  up  deme 
chore*  3  ^,  145 1  August  26  und  1452  Juni  4 
Dionysius  Travenvoget  ein  Licht  »vor  L'nser  Leven 
Vruwen  bilde  der  losinge«  in  der  Marienkirche,') 
1488  Januar  15  der  Diener  im  Ratsweinkeller  Daem 
van  Dinxlaken  »to  hulpe  LTnser  Leven  Frouwen 
bilde  tor  loesinghe  in  L^nser  Leven  Frouwen  kerken 
bynnen  Lubeke  to  eynem  nyen  tabernakel  to 
buwende«  4  ^.  Schließlich  schmückte  ein  »bild 
Marien  medehdinge«  den  Altar  der  1774  abge- 
brochenen Heiseker-Kapelle.'*) 


Bildsäule 
des  Evangelisten  Johannes. 


^)  St.-A.,  Testamente. 

'■')  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.   11,  S.    1S6. 

ä)  WB.    1533,   7.   W.   n.   Pfingsten. 

*)  Mitt.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.   11,  S.   184. 


;I4  DIE  MARIENKIRCHE. 

An  der  Ostwand  der  südlichen  Vorhalle  standen  oberhalb  der  Nowgorod- 
fahrerkapelle die  hölzernen  lebensgroßen^)  Bildsäulen  der  Jungfrau  Maria  und 
der  hl.  drei  Könige.  Jedenfalls  bezieht  sich  auf  diese  Gruj^pe  ein  1390 
September  5  von  Herbord  van  Lynne  ausgesetztes  Vermächtnis  von  igo  #, 
»de  quibus  7  perpetua  luminaria  in  ecclesia  b.  Marie  coram  ymaginibus 
b.  Marie  et  regum  pendendo  habentur. «^)  1768  zuletzt  erwähnt,^)  scheinen 
diese  Bildwerke  noch  in  demselben  Jahre  zugleich  mit  der  Nowgorodfahrer- 
kapelle beseitigt  zu  sein. 

In  der  Bergenfahrerkapelle  sind  Ende  1800  »die  auf  beyden  vSeiten 
von  einer  Massa  angebrachten  Figuren  abgebrochen.«*)  Sie  stammten  aus 
der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts,  denn  1406  steUte  der  Bergenfahrer 
Matthias  Burdeer  für  den  Fall,  daß  man  in  dieser  Kapelle  »de  apostelebelde 
setten«  würde,  die  Mittel  zur  Anfertigung  »der  twyer  apostele  beide  Symonis 
unde  Jude«  bereit,-'')  1438  Oktober  6  gab  Dietrich  Nyenborch  30  ^,  um  an 
allen  Heiligentagen  ein  Licht  vor  »s.  Cristofifers  bylde  under  den  orghelen«-) 
zu  halten,  und  von  weiteren  Bergenfahrern  wurden  1458  »een  licht  vor 
s.  Adrian  under  dem  thorne«  und  1464  »een  licht  vor  s.  Adrianus  unde 
een  licht  vor  s.  Anthonius  under  deme  torne«  gestiftet.'')  Ferner  hing  noch 
1787  an  der  Nordwand  dieser  Kapelle  »eine  geschnitzte  hölzerne  Tafel,«  die 
in  einem  mit  aufgeschnittenem  Bauche  auf  einem  Tische  liegenden  Menschen 
das   Martyrium   eines   Heiligen  (St.   Erasmus?)  darstellte.'') 

In  der  Sängerkapelle  ließen  seit  1460  die  Paternostermacher  ein  Licht 
»vor  s.  Hillen-  und  seit  1470  der  Bürgermeister  Hinrich  Kastorp  ein  Licht 
»vor  s.  Annen  bilde«  brennen,^)  ferner  führt  1475  der  Bischof  Iwan  von  Reval 
anläßlich  einer  Ablaßverleihung  als  dort  befindlich  auf  »certas  flagellacionis 
domini  nostri  Jhesu  Christi,  b.  Marie  genetricis  argenteam  ac  s.  Anne 
ymagines.«  ^) 

1601  wurde  »dat  stucke  murs,  so  an  dem  piler  tendest  h.  Ambrosio 
Meyers  erffen  stoelle^")  angeflicket,  darup  eine  heydensche  gotze  gestanden,« 
beim   Bau  eines  dortigen   Frauenstuhles   abgebrochen.^^) 

Bildwerke  an  der  Außenseite  der  Kirche.  1532  März  27  ließ  der 
Werkmeister  »dath  bylde  by  deme  köre  unde  vor  der  apoteken  wechnemen 
unde  up  dat  welffte  wynden.«*^)  1591  Mai  9 — 15  erhielten  drei  Arbeits- 
leute je  einen  Tagelohn,  welche  »de  olden  bylde  up  de  karcken  ock  dat 
rum  reyn  makeden,  dar  de  nye  bockladen  up  dem  ostende  der  karcken  by 
der  Haßenporten  gebuwet.«^^)  Im  Oktober  1603  sollte  »an  dem  orde  jegen 
den  Hassenporten  afifer,  darinne  olde  gotzen  gestanden,«  ein  neuer  Buchladen 
gebaut  werden.^*) 


*)  V.  Melle,  Entwurf  zur  Lub.   Relig.,   S.    161. 

*)  St.-A.,  Test. 

')  ^gl-   S.    170,    Anm.   7. 

*)  Bruns,   Die   Lüb.   Bergenfahrer   und   ihre   Chronisiik,   S.   CXXXIV  Anm.   4. 

5)  Das.   S.   42. 

^)  Das.  S.    100,    106. 

'')  Gründl.   Nachricht,   3.  Aufl.,   S.    166. 

")  U.-B.  der  Stadt  Lübeck   10,  No.  533,  No.   548. 

^)  St.-A.,   Sacra   Ai   No.   35,   Urschr. 
'«)  Vgl.   S.   2S3. 

11)  WB.    1601,   13.  W.  n.  Neujahr. 
'*)  WB.    1532,   6.   W.   in   den   Fasten. 
**)  WB.    1591,   5.    W.   n.   Ostern. 
'■•y  Rentebuch   1581  — 1647,  Bl.  269;   K.-A. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


315 


Als  1 6o<S/o9  an  der  Aulk'iiseile  der  ■rotcnlanzkapcllc  ein  ücinliaus 
angebaut  wurde,  das  1762  erneut  und  1835  abgebrochen  ist,  wurden  am 
().  Februar  1 6oq  ^Mn[ester]  Hans  dem  stenhower  in  der  Papcnstrate  entrichtet 
up  (hit  bilde  oder  liistorien  uth  dem  Eseciebx  tho  howen,  so  in  <hit  niee 
l)enhues  gesettet  is,«  20  ^.  und  am  27.  Februar  weitere  15  ^.  »up  de  beiden 
l)ilde  und  syne  sten  sampt  iwen  dadenkoppen,  so  hee  gearbeidet  und  in  dat 
nie  benhues  gesettet.«^)  Der  (legenstand  der  gröi>eren  Darstellung  war 
zweifellos  die  Auferweckung  der  Totengebeine  des  Hauses  Israel  nach  dem 
l'roi)heten  Hesekiel  Ka]).  37,  wie  aueh  folgende,  noch  1835  am  l'.einhaus 
befindliche    Inschrift^^   erkennen    läfU: 

»Telluris     gremio     caro     i[uae 

tumulata  putrepit, 
Surget  in  extremo  glorificata  die. 
Non  eipiidem  vitae  caput  insu- 

l)erabile   Christus 
Sanguine  cjuae  peperit  membra 
perire  smet. 
S.  J-   F.    Anno    1608.« 

Das  in  der  \\  arcndorp- 

Kapelle    befindliche     schöne 

marmorne   Grabdenkmal 

des    1788    hier   beigesetzten 

lUirgermeisters   Joachim 

Peters  (Abb.)  ist  eine 
Schöpfung  des  späteren  Straß- 
burger   Bildhauers    Landolin 
Ohnmacht  (1760 — 1834)  aus 
der    Zeit   seines   Hamburger 
Aufenthaltes  (1794 — 97)-^) 
lüne    der   Antike    nachgebil- 
dete edle  Frauengestalt  tritt 
an    die    auf    hohem^    runden 
Sockel    stehende    Büste    des 
Verstorbenen  heran,  um  ihm 
aus  der  Hand  eines  Kindes, 
das   sie   in  den  Armen  hält, 
den   Kranz    des   Verdienstes 
darzubringen.      Die    Inschrift    am    Sockel    lautet:     D[is]     M[anibus]    JOACH  im] 
PETERS  REIP[ublicae]  LVBECicnsis]  CONS[ulis]  PRIM[arii]  NAT[i]  MDCCXli. 
DEFVNCT[i]   MDCCLXXXVIII.       PIETAS    P[osuit]. 

Die    seit    1835     in    der    Tesdorpf-Kapelle    aufgestellte*)    Marmor büste 
des    1824  gestorbenen   Bürgermeisters  Dr.  jur.  Johann  Matthäus  Tesdorpf 


tandolin  Ohnmacht:    Grabdenkmal   des  Bürgermeisters 
Joachim   Peters. 


1)  WB.    1609,   6.   W.   und  9.   W.   n.   Neujahr. 

^)  Jimmerthals  handschrifü.   Chronik  der  Marienkirche  unter   1835. 

^)  Hamburgisches   Künstler-Lexicon    i   (1854)  S.    183. 

*)  Jimmerthals   Chronik   unter    1S35. 


3i6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


(Abb.)  ist  anläßlich  der  Feier  seiner  fünfzigjährigen  Amtsführung^)  am 
2.  Oktober  1823  vom  Senate  gestiftet,  wie  auf  dem  breiten  Sockel  angegeben 
i.st.  Sie  ist  ein  Werk  des  Direktors  der  Berliner  Kunstakademie  Joh.  Gottfr. 
Schadow.  '^) 

Nicht  unerwähnt  bleiben  möge  noch  die  im  äußeren  Winkel  zwischen 
den  beiden  südöstlichen  Strebepfeilern  der  Rriefkapelle  etwa  in  oberer  Ab- 
schlußhöhe der  Fenster  angebrachte  So  cm  hohe  verwitterte  Kalksteinfigur 
eines  kauernden  Männchens  in  roher  und  naiver  Ausführung  (Abb.  als 
Schlußstück).  Die  Figur  ist  anscheinend  einer  vielleicht  ursprünglich  an  einen 
ehemaligen  Wasserspeier  anknüpfenden  Sage  zuliebe  hier  aufgestellt.  Sie  stellt 
den  »steinalten  Mann«  dar,  der,  wie  die 
Sage  meldet,^)  um  nichts  anderes  gebetet 
hatte,  als  daß  ihn  Gott  lange  am  Leben 
lassen  möchte,  ob  er  schon  steinalt 
würde;  als  nun  diese  Bitte,  ihm  selbst 
zur  Last,  in  Erfüllung  ging,  soll  er  sich 
auf  der  Suche  nach  dem  Tod,  der  um 
Mitternacht  in  der  Marienkirche  umging, 
an  diese  Stelle  verstiegen  haben  und  hier 
schließlich  zu  Stein  geworden  sein. 

Gemälde.*) 

Der  volkstümliche  Totentanz 
(i\bb.),  welcher  das  Mauerwerk  der  nach 
ihm  benannten  Kapelle  oberhalb  des 
dortigen  Gestühls  ringsum  bekleidet,  ist 
ein  im  Jahre  1701  vom  Kirchenmaler 
Anton  Wortmann  ^)  in  getreuer  Nach- 
bildung eines  älteren  Werkes  neu  auf 
Leinewand  übertragenes  1,93  m  hohes 
Gemälde,  das  von  einer  gleichaltrigen 
wulstartigen  braungestrichenen  Holzbe- 
krönung  überragt  wird.  Bei  dieser  Er- 
neuerung  sind   die   ausdrucksvollen   niederdeutschen  Verse   am  Fuße  des  alten 

')  Er  war  am  2.  Oktober  1773  zum  Ratssekretär,  1794  zum  Senator  und  1S06  zum 
Bürgermeister  erwählt  worden. 

^)  Vgl.  Oscar  L.  Tesdorpf,  Mittheilungen  über  das  Tesdorpfsche  Geschlecht  (Hamburg 
1887)  S.    123  f. 

')  Deecke,  Lüb.  Geschichten  und  Sagen,  S.   272. 

*)  Ohne  die  besonders  (S.   332  ff.)  aufgeführten  Porträts. 

*)  über  ihn  vermerkt  das  amtliche  Meister-  und  Verlehnungsbuch  (St,-A. ,  Handschriften 
Nr.  135):  »Anthon  Worthman  ist  mit  seinen  wiewol  schlecht  befundenen  Probestück  von  den  Eltesten 
vorgestellel ,  doch  weil  er  sehl.  Corth  Fruchtenigs  armselige  Witwe  heyrathen  will,  in  Ansehung 
deßen  auff  der  Eltesten  Bitte  biß  zu  Auffweisung  seines  Meisterstücks  zugelaßen  worden  den  28.  April 
Ao.  1686.  Den  5.  Novembr.  ist  sein  Meisterstück  vorgezeiget  und  er  zum  Meister  eingeschrieben.« 
Er  war   1689 — 1727   Kirchenmaler  an  St.   Marien. 


J.   G.   Schadow:    Büste  des  Bürgermeisters 
Dr.  J.  M.  Tesdorpf. 


I 


DIE  MARIKNKIRCHE.  317 

Gemäldes,  welche,  soweit  sie  noch  lesbar  waren,  vom  damaligen  Prediocr  an 
St.  Marien  luul  nachmalioen  Senior  Jakob  von  Melle  überliefert  sind,^)  durch 
flache  hochdeutsche  Reime  aus  der  I'Y'der  des  Prä/x'])l()rs  am  St.  Annen- 
kloster xXathanael  Schiott  (gest.    1703)  ersetzt  worden. 

Das  Wochenbuch  verzeichnet  anläßlich  dieser  Wiederherstellunt;  mir 
folgende  Ausgaben:  1701,  3.  W.  n.  Ostern  (A])ril  10 — 16):  »Sonnabendl  hat 
H.  Jacob  Hübens  unser  Mittvorsteher  der  Kirchen  wegen  zu  dem  neuen 
Todtentantz  in  der  Kindercajjelle,  welchen  der  Mahler  zu  verfertigen  imter 
Händen  hat,  gekaufft  i22''/4'"  Kllen  Rohleinen  ä  4V4  fj  =  32  #  6  fj«  und 
1702,  5.  W.  n.  Neujahr  (Januar  29  —  Februar  4):  ».Anthon  ^Vortmans  des 
Gläsers  (Schreibfehler  für  »INbüilers)  Rechnung  beleufft  sich  873  //  13  js', 
selbe  gezahlt  mit   630  -^.«"^) 

Voran  hupft  eine  auf  der  Querpfeife  zum  Tanze  aufspielende  Gestalt 
des  Todes  und  fordert  jedermann  ohne  Ansehen  der  Person  auf,  in  den  Reigen 
zu  treten: 

To  dessem  dansse  rope  ik  alghemene 

Pawest,  keiser  unde  alle  creaturen, 

Arme,   rike,   grote  unde  klene, 

Tredet  vort,  wente  nu  en  helpet  nen  truren, 
wie  der  alte  Text  einsetzt.  Dem  Rufe  folgen,  von  je  einer  Tode.sgestalt  gefiihrt, 
die  Vertreter  der  verschiedensten  geistlichen  und  weltlichen  Stände :  Papst, 
Kaiser,  Kaiserin,  Kardinal,  König,  Bischof,  Herzog  —  dessen  Figur  bei  iler  1801 
\()rgenommenen  Erweiterung  der  außenseitigen  Kapellentür  herausgeschnitten 
und  noch  teilweise  im  Kirchenarchiv  vorhanden  ist  — ,  Abt,  Ritter,  Karthäuser, 
l^ürgermeister,  Domherr,  Edelmann,  Arzt,  Wucherer,  Kaplan,  Amtmann  — 
ursprünglich  der  Kaufmann,  während  die  übernächste  P'igur  des  letzteren  den 
Handwerker  (ambachtman  oder  amptman  nach  älterer  Bezeichnung)  darstellen 
solP)  — ,  Küster,  Kaufmann,  Klausner,  Bauer,  Jüngling,  Jungfrau  und  Wiegen- 
kind,  zusammen   24  Personen. 

Da  der  frühere  Text  mit  den  Worten  '>Anno  Domini  M  CCCC  LXIII 
in  vigilia  assumpcionis  Marie  (August  14)  schloß,  so  ist  das  ursprüngliche 
Gemälde  offenbar  damals  noch  unter  dem  Eindrucke  der  Pest  entstanden,  die 
145 1  Lübeck  heimgesucht  hatte  und  die  aufs  neue  1463  in  Oberdeutschland 
und   1464  in  den  Seestädten  wütete;^)  auch  entsprechen  die  Kostüme  durchaus 


^)  Gedruckt  in  dem  1S66  zu  Lübeck  erschienenen  Werke  »Der  Todlentanz  in  der  Marien- 
kirche zu  Lübeck.  Nach  einer  Zeichnung  von  C.  J.  Milde,  mit  erläuterndem  Text  von  Prof. 
W.  Mantels.«  Vgl.  ferner:  Der  Lübecker  Todlentanz.  Ein  Versuch  zur  Herstellung  des  alten 
niederdeutschen  Textes  von  Dr.  Hermann  Baethcke  (Berlin  1873)  S.  48  ff.  und  W.  Mantels'  Be- 
sprechung beider  Werke   in   den  Göttingischen  gelehrten   Anzeigen,  Jahrg.    1873,   S.    721   ff. 

'^)  Anton  Wortmanns  Jahresrechnung  betrug  1701,  4.  W.  n.  Neujahr  Januar  23  —  29}  50  ^ 
8  ß,  bezahlt  mit  42  ^,  1703,  9.  W.  n.  Neujahr  (Februar  25  —  März  3)  322  ^  14  ß,  bezahlt 
mit   161  (M   ^. 

^)  Vgl.  Mantels,  Todtentanz,   S.   8. 

*)  Vgl.  Gerens  Chronik  (bei  Bruns,  die  Lübecker  Bergenfahrer  und  ihre  Chronistik)  S.  353 
und   Lüb.   Chroniken   (herausgeg.   von  Grautoff)  2   S.   278. 


3l8  DIE  MARIENKIRCHE, 

den  damaligen  Trachten.  In  seiner  Ausführung  war  das  Werk  höchstwahr- 
scheinhch  beeinflußt  durch  einen  1460  im  Druck  erschienenen  hochdeutschen 
Totentanz,  mit  dem  es  in  der  SteUung  der  Figuren  und  in  Einzelheiten  ihrer 
Gewandung  mehrfache  Übereinstimmungen  zeigt.  ^)  Wie  eine  1873  angestellte^) 
und  1903  wiederholte  örtliche  Untersuchung  ergab,  ist  von  diesem,  zweifellos 
1701  herausgeschnittenen  älteren  Gemälde  unterhalb  des  jetzigen  oberen  Ab- 
schlusses noch  ein  schmaler  bemalter  Leinwandstreifen  erhalten;^)  dagegen  ist 
ein  darüber  befindliches,  ebenfalls  jetzt  verdecktes  Renaissancegesims  mit  oberer, 
in  einer  Hohlkehle  vorgebogener  Bekrönung,  welche  blaue  Farbenspuren  und 
plastisch  hervortretende  vergoldete  Papiersterne  auh\eist,  anläßlich  einer  1588 
vom  Kirchenmaler  Silvester  van  Swolle*)  vorgenommenen  Wiederauffrischung 
des  Gemäldes  und  Erneuerung  seiner  schadhaft  gewordenen  Partien  angebracht. 

Über  die  damalige  Wiederherstellung  des  Totentanzes  gil)t  das  WB. 
folgende  Auskunft.  1588,  6.  W.  n.  Ostern  (Mai  12  — 18)  wurden  10  brede 
ein  lennewant  tho  behoff  des  dodendantz,  de  ein  tho  3  j5«,  und  in  der 
14.  W.  n.  Ostern  (Juli  7  — 13)  für  den  Maler  Silvester  »tho  behoff  des  doden- 
dantz 3  smale  ein  lennewant  under  tho  foderen  für  4  V2  ^  gekauft.  In  der 
7.  W.  n.  Michaelis  (November  10 — 16)  wurden  4  f^  verausgabt  »vor  2  füren 
brede  tho  sagen«,  die  teilweise  »tho  dem  dodendantze  tho  bekleden  unde 
uththoflycken«  dienten.  In  der  10.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  i — 7)  wurden 
gekauft    » I  V2    hundert   fyn  geslagen  golt  tho   behofif  des   dodendantz   baven   in 

I  blawen  velde  myt  Sternen  tho  bemacken,  darvor  gegeven  3  ^   i  2  13 

Noch  nahalen  laten  Va  hundert  golt  tho  behoff  der  Sternen  tho  dem  doden- 
dantz, is  I  #  4  fö.«  In  der  11.  W.  n.  Michaehs  (Dezember  8 — 14)  wurden 
»den  sagers  vor  8  schulpsnede  dorch  2  eken  brede  tho  behoff  lysten  umme 
den  dodendantz  \an  tho  maken,«  9  0  gegeben.  In  der  Neujahrswoche  1589 
wurde  die  auf  93  ^4  ^  lautende  Rechnung  des  Malers  Silvester  »van  wegen 
des,  so  he  by  der  karcken  unde  karckenw^anynge  dat  88.  jar  hefift  gemalet, 
hyr  myt  in  gerekent  de  dodendantz,  so  he  up  dat  nye  dyt  jar  upgeluchtet, « 
mit  69  ^  beglichen.  1589,  8.  W.  n.  Neujahr  (Februar  23  —  März  i)  wurden 
»vor  penninck  unde  scharfnegell  myt  klenen  koppen  tho  behoff  der  lysten 
im  dodendanze  anthonegelen«  9  V2  f5  und  schließlich  in  der  12.  W.  n.  Neu- 
jahr (März  23 — 29)  an  den  Kirchenvorsteher  Johann  Bremer  »vor  i  lank 
dycke  droge  eken  bret  van  36  scho  lank,  dre  vote  bret,  tho  behoff  der  lysten 
im   dodendantz   tho  maken«    2   Taler  oder  4  -^   2    fü  verausgabt. 

In  der  Totentanzkapelle,  die  ehedem  im  Volksmunde  auch  als  Plaudcr- 
ka])elle  bezeichnet  wurde,  hängt  ferner  ein  etwa  zu  Anfang  des  letzten  Viertels 
des  15.  Jahrhunderts  auf  Holz  gemaltes  0,75  m  hohes  und  0,49  m  breites  Bild 


')  Baethcke,  a    a.  O.   S.  40  f. 

0  Vgk  ^-  Mantels,  Der  Lübecker  Todtentanz  vor  seiner  Erneuerung  i.  J.  1701  i^Anzeiger 
für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  1873)  Sp.  158  ff.  (mit  Berichtigungen  und  Ergänzungen  der  älteren 
Arbeit   desselben  Verfassers). 

•*j  Mantels  hält  es  mangels  einschlägiger  Nachrichten  für  ausgeschlossen,  daß  der  Totentanz 
bereits  1463  auf  Leinwand  gemalt  sein  könne,  und  glaubt  deshalb  eine  ältere  Übertragung  von 
Holz  auf  Leinwand  annehmen  zu  müssen,  indes  trifft  jene  Voraussetzung  nicht  zu,  denn  schon  1453 
August  9  verfügt  Anton  Glashagen  (St.-A.,   Test.)  letztwillig  über  ein    »vormalet   laken.« 

*)  Silvester  van  S wolle,  der  seit  157 1  als  Kirchenmaler  an  St.  Marien  nachweisbar  ist, 
starb   im   März   1589;  WB.    15S9,    12.    \V.   n.  Neujahr  (März  23—29). 


DIK   MARIENKIRCHE. 


319 


dreier  schwatzender  Männer  (Abb.)  mit  Rosenkränzen  in  den  Händen. 
1  unter  ihnen  huiern  (h'ei  schattenartige  tUirre  Teufelsgestalten,  über  denen  ein 
Sprucliband  mit  den  Worten  Xiii}  bÜUci  UÜlJ  sch\vel)t.     Die  l'nterschrift  lautet: 

ijiir  All  filjOLMc  alle  bc  ijlmic  iiunMic    _ 
de  alle  tiit  ijaeii  inaffeu  nii  ber  Herne. 

Das  l^ild  ist  1701  \'on  Anton  W'ortmann  unter  der  Überscluitt  „IVarnuna 
für  ^or  plau^orov  in  ^cr  Kirdy^n"  und  1S50  aufs  neue  unter  Beseitigung  dieser 
Worte   \()n   C.    }.    Milde   wiederhergestellt   worden. 

l'ngetahr  gleichaltrig    i.st   ein    1,30  m  liohes  und    1,01    m   breites  Tafei- 


bilil   mit   drei    Heiligen   (Abb.    S. 


20).  Auf  einer  I^ühne,  deren  Rückwand 
mit  einem  glatt  ges])annten  gemusterten 
Teppich  verhängt  ist,  stehen  hinter  ch'ei 
Bogenöftnungen  in  der  Mitte  St.  Bartholo- 
mäus mit  dem  Messer  in  perlen-  imd  edel- 
steinbesetztem langem  Gewände  mit  über- 
geworfenem Mantel,  rechts  von  ihm  ge- 
harnischt der  Ritter  St.  Georg,  den  durch- 
bohrten Lindwurm  unter  seinen  Füßen, 
links  St.  Adrian  in  bürgerlicher  Tracht, 
die  abgehauene  Linke  in  der  Rechten 
haltend.  Am  unteren  Rande  des  schlich- 
ten Rahmens  sind  die  Xamen  der  drei 
Heiligen  aufgemalt.  Das  an  der  Ost- 
wand der  Divessen-Kapelle  aufgehängte 
Gemälde')  ist  zuletzt  1849  von  C.  J.  Milde 
wiederhergestellt  worden. 

Etwas  jüngeren  Ursprungs  ist  ein 
1,28  m  hohes  und  0,69  m  breites  Tafel- 
bild mit  St.  Patroklus  (Abb.  S.  321), 
dessen  Name  am  oberen  Rande  des 
schmalen  Leistenrahmens  aufgemalt  ist. 
Der  geharnischt  im  königlichen  Schmucke 
dargestellte  Heilige,  dessen  Rechte  ein  bloßes  Schwert  hält,  während  von 
seiner  Linken  eine  Tartsche  herabhängt,  steht  in  einer  hochgelegenen  Vor- 
halle, durch  deren  Bogenöffnungen  der  Blick  über  die  Umfassungsmauer  eines 
Hofraums  hin\\eg  auf  eine  den  Hintergrund  füllende  Stadt  fällt.  Das  Bild 
ist  vermutlich  von  einem  aus  Soest,  der  Verehrungsstätte  des  hl.  Patroklus, 
zugezogenen  Bürger  gestiftet,  da  der  Heilige  in  Lübeck  nicht  weiter  vor- 
kommt.    In  der  Divessen-Kapelle. 


-..  allf  tif  ftriif  ninin " 

«Warnung  tür  der  Plauderey  in  der  Kirchen. 


1)  Nach  Angabe  von  1787  (Griindl.  Nachricht,  3.  Aufl.,  S.  168  und  182)  hingen  zwei 
»ahe  Ahartafeln,«  unter  denen  wahrscheinlich  dieses  und  das  folgende  Gemälde  zu  verstehen  sind, 
am   Wandpfeiler  zwischen   der  Segeberg-  und  der  Divessen-Kapelle  und  am  vierten  Norderpfeiler. 


;20 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Gedenktafel  an  den  am  30.  Oktober  1489  auf  der  Fahrt  zwischen 
Bero-en  und  Lübeck  südhch  von  Ekersund  erfolgten  Schiffbruch  des  Hans 
Ben,  1,87  m  hoch  und  1,68  m  breit.  Ein  an  der  Reling  vorn  mit  den 
Wappenschilden  der  Lübecker  Bergenfahrer,  hinten  mit  lübischen  Schilden 
dicht  behängter  Dreimaster  ist  vom  Sturm  gegen  eine  klippenreiche  Flachküste 
oeworfen,  welche  die  Besatzung  zum  Teil  mit  hLrfolg  zu  erreichen  strebt. 
Darüber  stehen  der  unbekannte  Stifter,  vermutlich  ein  aus  diesem  Schii^'bruch 
Geretteter  Bergenfahrer,  und  dessen  Ehefrau  zu  beiden  Seiten  des  Gekreuzigten. 
Links  und  rechts  dieser  Gruppe  schweben  Spruchbänder  mit  den  Aufschriften: 

?lnno  ti0miiii  m  ica  ixxm  öcg  fntiaijcö  lior  alle  ijabcö  ijiUjiMi  bo  tilcff 
fiilinpci*  i]anö  ücn  liy  bc  Itcr^LUTcifr  luir  beun  luniiiunbe  mit  x^Tüi  '"'i" 
bt^  ijot  al  ijncbidj  )i.    yatcr  uoftcr  hex  o)  alle  criften  feeicn  und: 
al>rij  gilben  gefcllen  Ijolbet  iiirijt  ta  lidjt 
er  iji  to  fcejt'L*  ffat  ijat  jo  to  ber  üidjt 
et  luaö  (0  Hart  ene  tut 
bat  Ulli  liiifer  leüeiibeö  lulirben  i^liib 
cn  yater  nofter  lior  alle  triften  (eelen. 

Das  seit  alters  her  an  der  Westwand  der  Briefkapelle  aufgehängte  Ge- 
miilde    ist   nach   Angaben 
auf   dem    schlichten    Rah- 
men 1584,   1720  und  1862 

—  zuletzt  von  C.  J.  Milde 

—  restauriert  worden  und 
dadurch  als  Kunstwerk 
verdorben. 

Tafelbild  mit  der 
in  Ölfarben  auf  Kreide- 
grund gemalten  Greg  o  r s  - 
messe')  (Abb.),  2,50  m 
hoch  und  3,57  m  breit, 
unter  einem  im  Viertel - 
kreise  vorgewölbten  goti- 
schen Schutzdach ,  das 
vorne    mit    drei    von 


1)  Vgl.  A.  Güldschmidt, 
Die  Gregorsmesse  in  der  Marien- 
kirche in  Lübeck ,  Zeitschr.  für 
Christi.  Kunst,  9.  Jahrg.  (1896) 
Sp.  225  ff.  (mit  Abb.);  abge- 
druckt im  17.  Jahresber.  d.  V. 
von  Kunstfreunden  in  Lübeck 
(1898)  S.  7  ff.  (mit  Abb.  der 
Tafel  vor  und  nach  ihrer  Wieder- 
herstellung im  Jahre   1895). 


St.   Georg,   St.  Bartolomäus  und  St.   Adrian. 


Die  Gregorsmesse. 


)Ii:  MARIENKIRCHE. 


321 


Kreuzblumen    s^ekrnnten    Kiell)()^en    luul    mit     einei'    oljcren    Spit/.boi^enoaleric 
abschlieiNt. 

X'or  dem  Altar  einer  kleinen  "otischen  Ka|)elle,  durch  dessen  spitz- 
boi;iges  Portal  das  Auge  auf  eine  von  i  iausern  uniiJebene  Kirche  fällt,  kniet 
betend  Papst  Gregor  I.,  begleitet  \'on  einer  Schar  vornehmer  Geistlicher.  Sein 
ver/Äickter  Blick  ruht  auf  der  nur  ihm  sichtbaren  Erscheinung  des  Leibes 
Christi  mit  der  Dornenkrone,   den  Sj)uren   der  Geißelung  und  den  Kreu/igungs- 

wundmalen,  aus  denen  sich  das 
Blut  des  Erlösers  in  den  Altar- 
kclch  ergiefU.  i\bges(jndert  \  om 
(jcfolge  kniet  im  Vordergrund 
zur  Linken  des  Pai)stes  der 
Stifter,  ein  Geistlicher.  Das  auf 
dem  Klipeus  seines  Mantels  an- 
gebrachte GreveradescheWappen 
(auf  schwarzem  Grunde  oben 
zwei  grüne  Kränze  mit  je  fünf 
weißen  und  fünf  roten  Rosen, 
unten  eine  halb  weiße,  halb  rote 
Rose),  welches  sich  auch  auf 
dem  untern  Zipfel  der  Kasula 
des  Papstes  sowie  dreimal  am 
Schutzdach  findet,  weist  ihn  als 
den  im  Januar  1  501  zu  Löwen  ver- 
storbenen Priester  und  Lübecker 
Domherrn  Adolf  Greverade  aus. 
In  dem  ihm  gegenüberstehenden 
einzigen  Laien  des  Bildes  ist 
jedenfalls  sein  Neffe  und  Nach- 
laßvollzieher, der  Lübecker  Bür- 
ger Hinrich  Greverade,  darge- 
stellt, der  anscheinend  das  auf- 
gerollte Testament  in  der  Linken 
hält.  xA.uch  der  im  Hintergrunde 
ganz  zur  Rechten  stehende  Kar- 
dinal trägt,  wie  seine  Porträt- 
ähnlichkeit mit  dem  Domherrn 
erkennen  läßt,  die  Züge  eines  Familienmitgliedes. 

Als  ungefährer  Zeitpunkt  der  Stiftung  des  Gemäldes  \\ird  das  Jahr  1 504 
gelten  können,  in  welchem  Hinrich  Greverade  laut  letztwilliger  Anordnung  seines 
Oheims  eine  Vikarie  in  der  von  ihm  neu  ausgebauten  Greveraden-Kapelle  des 
Domes  stiftete,  welche  er  alsbald  mit  dem  Memlingschen  Altarschrein  schmückte. 
Das  Bild  zeigt,  »verglichen  mit  den  gleichzeitigen  Werken  der  Lübecker 
Schule,    mit    keiner    der    bekannten    Schöpfungen    genügende    Verwandtschaft, 

21 


St.   Patroklus. 


322 


DIE  MARIENKIRCHE. 


um  es  bestimmt  einer  der  Gruppen  einzuordnen.  ^)  Da  es  in  der  Marien- 
kirche nur  einen  Greveraden- Altar  gegeben  hat")  und  dessen  Tafel  bekannt 
ist  (vgl.  S.  216),  so  wird  das  Bild  wahrscheinlich  lediglich  zur  Ausstattung 
der  Familienkapelle  bestimmt  gewesen  sein.  Bei  seiner  ersten  Erwähnung  im 
Jahre  1666  sowie  im  folgenden  Jahrhundert  hing  es  an  der  Südwand  der  süd- 
lichen Kapelle  des  Chorumganges,  später  gelangte  es  in  die  Greveraden-  und 
von  da  in  die  Bergenfahrerkapelle;  seit  seiner  1895  erfolgten  Restaurierung 
durch  Joh.  Nöhring  ist  es  wieder  an  seiner  früheren  Stelle  im  Chorumgang 
anoebracht. 


Denkgemälde  auf  Holz 
für  den  am  12.  Januar  1540 
gestorbenen  Ratsherrn  Hinrich 
Kerkring  (Abb.),  mit  dem 
Rahmen  1,34  m  hcjch  und 
0,89  m  breit.  Der  Verstorbene 
kniet  vor  dem  gekreuzigten 
Heiland,  den  eine  Schar  von 
hangeln  und  Engelsköpfen  um- 
gibt.      Achtzehn    zum     Erlöser 

aufschauende  weiße  Schafe, 
deren  Zahl  derjenigen  der  Kin- 
der Hinrich  Kerkrings  gleich- 
kommt, umdrängen  das  Kreuz 
oder  springen  auf  dasselbe  zu. 
Eine  unten  angefügte  Schrift- 
tafel enthält  zwischen  den 
Wappenschilden  des  Ratsherrn 
und  seiner  Hlhefrau  Katharina 
geb.  Joris  (drei  grüne  Kränze 
auf  Gold)  den  aus  vier  latei- 
nischen Distichen  bestehenden 
Nachruf  und  das  Todesdatum. 
Ein   schöner  schmaler  Rahmen 


iJeiikgeinälde  für  den  Ratsherrn  Ilinrieh   Kerkring 


*)  Goldschinidt,  a.  a.  O.,  S.  9.  —  Hasfe  (Burchard  Wulff,  ein  Lübecker  Maler  des 
17.  Jahrh.,   S.   5   Anm.   2)    .schreibt    das  Gemälde    »trotz    mancher    Bedenken«    dem  Bernt  Notke    zu. 

")  Am  30.  April  1504  bestätigte  Bischof  Dietrich  Arndes  dem  Hinrich  Greverade  und 
seinen  Mittestamentarien  die  Stiftung  einer  Vikarie  in  der  nordseitig  belegenen  Marienkapelle 
des  Domes  (Reg.  cap.  5,  No.  10);  nach  Angabe  einer  bischöflichen  Urkunde  von  15 14  !,Reg. 
cap.  5,  No.  34)  wurde  aus  dieser  Kapelle,  der  vierten  von  Westen  her,  eine  der  beiden 
dortigen  älteren  Vikarien  am  6.  September  1504  —  tatsächlich  jedoch  am  6.  August  1504  (Reg. 
episcopi  4,  No.  86)  —  nach  der  von  Westen  her  sechsten  südlichen  Kapelle  des  Domes  verlegt. 
Aus  diesen  Angaben  ist  bei  Goldschmidt,  a.  a.  O.,  Sp.  230,  irrtümlich  die  Behauptung  hergeleitet 
worden,  daß  »Bischof  Dietrich  den  Testamentarien  des  verstorbenen  Adolf  Greverade  noch  eine 
andere  Vikarie  bestätigte  am   Altar  der  vierten   nördlichen  Kapelle  der  Marienkirche.« 


DTK  iMARIENKIRCHK.  323 

in    tlcn    l'Ornicn    der    iM-iihivnaissuncc    umschließt    l^ilcl    uiul    Inschrifl.       An    tlcr 
Ostseite  des  zweiten   Suderpfeilers. 

Denk^eniakle  auf  1  lol/  für  den  am  10.  Mar/,  1543  im  4S.  I  A'hensiahre 
gestorbenen  ersten  e\anoelisclien  I'astor  der  Marienkirclu?  Johann  W'alliorf 
(Abb.  S.  324),  1,04  m  hoch  und  2,30  m  breit.  In  der  Mitte  nimmt  (hei 
Viertel    der  Höhe    eine    schwarze  Tafel   mit  den  charakteri.sti.schen   Versen  ein: 

Epitaphium  Dni  Joannis  Walhoff. 
Johannes  Walhoff  pietatis  dogmate  clarus 

Ooncedens  fatis  hac  requiescit  humo. 
Primus  in  hoc  templo  Pastor  praeconia  Christi 

Praedicat  ingenti  pectore  voce  fide. 
Et  graviter  damnat  Romanae  sedis  abusus 

Testificans  solam  justificare  fidem. 
Abstulit  ante  diem  lethalis  calculus  illum 
Sed  modo  cum  Christo  vivit  in  arce  poli. 
Obiit  anno  MDXLIII  decimo  die  Martii,   Pastoratus  sui  XIIII. 
aetatis  vero  suae  XLVIII. 
Dari.iber   erblickt   man    den  Geistlichen  auf  der  Kanzel,   wie  er  in  einer 
kleinen  Renaissancekapelle  zur  andächtig"  lauschenden  Gemeinde  ]:)redigt.     Den 
Hintergrund  zur  Linken  sowie  die  von  Zuhörern  freigelas.sene  rechte  Seite  des 
Hildes    tuUt    eine    durch    große    Bogenöffnungen    sichtbar   werdende   Landschaft 
mit  biblischen  Szenen,    offenbar    bestimmt,    den  Inhalt  der  Predigt  vor  Augen 
zu    führen:    links    der    Sündenfall,    Moses   die    Gesetzestafeln    empfangend    und 
Moses   die    eherne    Schlange    aufrichtend,    während   im    Mittelgrund    als  Gegen- 
stück  der   Gekreuzigte   aufragt;    rechts   im   Vordergrund   der   aus    dem    Felsen- 
grabe hervortretende  auferstandene  Heiland,    den  Tod  und  den  als  brüllenden 
Löwen    dargestellten    Versucher    besiegend    und    der    Schlange    den    Kopf  zer- 
tretend ,    im    Hintergrunde  Jerusalem    und   die   dem    Grabe    zueilenden    Frauen. 
Am    äußeren    Pfeiler   der   linken    Bogenöffnung   steht    die    eben    noch    teilweise 
lesbare  Aufschrift:    .   .   .    N  ?  S    HB   154-4.     Ursprünglich   an  der  nordöstlichen 
Wand    der    Beichtkapelle,    wo  Johann    \\\alhoff   bestattet    wurde,    jetzt    in    der 
Sakristei. 

Denkgemälde  auf  Holz  für  den  am  6.  September  1529  gestorbenen 
Ratsherrn  Lambert  W'itinchof  und  seine  am  27.  Dezember  1552  ge- 
storbene Ehefrau  Maraaretha  geb.  Bere,  frühere  Witwe  des  Ratsherrn 
Dietrich  Brömse.  Das  1,26  m  hohe,  0,80  m  breite  Tafelbild  (Abb.  S.  325) 
stellt  in  waldiger  Flußlandschaft  die  Taufe  Christi  dar,  auf  den  der  heil.  Geist 
mittelst  dreier  vom  Munde  Gott  Vaters  ausgehender  Strahlen  herniederschwebt. 
An  der  Spitze  des  die  Taufe  begehrenden  Volkes  richtet  ein  Landsknecht  an 
Johannes  die  Frage:  Inat  fcljOlC  ÜIU  büll,  worauf  dieser  erwidert:  Jjot  rCLijt- 
fcljaULMl  frudjt  bcr  ItOtC,  lUCC  3.  Dies  Gebot  wird  sogleich  seitens  der 
Menge   in   mannigfacher  Weise    betätigt.     Dahinter   legt   ein    Mann,    den  Blick 


)24 


DIE  MARIENKIRCHE. 


DIE  MARIEiNKIRCHE. 


J-5 


erwartungsvoll  auf  den  Täufer  richtend,  (gemäß  Lucä  3,  9)  die  Axt  an  einen 
von  Wetterstrahlen  uni/Aickten  verdorrten  Baum,  in  dessen  nestartig  entwick'elter 
Krone  eine  Gesellschaft  beim  Gelage  sitzt.  Im  X'ordergrund  kniet  zu  beiden 
Seiten  der  aufgemalten  Inschrifttafel  das  Witinchofsche  l^hepaar.  Der  einfache 
Leistenrahmen  trägt  am  unteren  Rande  drei  kleine  Wappenschilde,  den  Bereschen 
z\\ischen  dem  Witinchofschen  und  dem  Brömseschen.  Die  Tafel  hing  noch 
1787  am  Wandpfeiler  zwischen  der  Bergenfahrer-  und  der  Greveraden-Kapelle; 
1S52  gelangte  sie  aus  dem  Besitz  des  Senators  Dr.  C.  L.  Roeck  an  das  Museum.') 

Eine  »gemalte 
Tafel«  mit  Namen  und 
Todesdaten  von  Thomas 
von  Acken  (gest.  1565 
Juni  8),  Dorothea  von 
Acken  (gest.  1565  Sep- 
tember 30)  und  Hinrich 
von  Acken  (gest.  1565 
Oktober  11)  hing  früher 
an  der  Westwand  der 
Divessen -Kapelle,^)  wo 
sie  zuletzt  1742  nach- 
weisbar ist. 

Denkgemälde  auf  Holz 
iur  Bartold  W'ilms,  seine 
h^hefrau  Hille  geb.  Bonnus 
und  zwei  Töchter,  die  sämt- 
lich innerhalb  des  Zeitraums 
vom  15.  Oktober  bis  24.  De 
zember  i  567  gestorben  sind. 
Das  2,18  m  hohe  und  1,96  m 
breite  sehr  vernachlässigte 
Bild  stellt  die  Auferweckung 
des  Lazarus  dar.  Es  ist  I  DE- 
LAVAL  FECIT  gezeichnet, 
ferner  sind  zu  beiden  Seiten 
der  Jahreszahl 
1568  ein  gel- 
ber Schild  mit 
der  nebenstehenden  Marke  und  das  Bonnussche  Wappenschild 
(auf  schwarzem  Grunde  eine  rote  Rose  inmitten  eines  weißen 
Dornenkranzes,  darüber  eine  auffliegende  Taube  mit  einem  Öl- 
zweig) angebracht.  Auf  der  Basis  des  aus  zwei  Pilastern  mit  oberem  Ge- 
bälk   bestehenden    Rahmens    ist    ein    \äer    sechszeilige    Strophen    umfassender 


Denkgemälde  für  den  Ratsherrn  Lambert  Witinchof 
und  dessen  Ehefrau  Marearetha. 


')  Jetzt  Kulturhist.  Museum  No.    122. 
2)  Lub.  Rehg.  S.    1S5. 


326  DIE  MARIENKIRCHE. 

niederdeutscher  Nachruf  trivialen  Charakters^)  aufgemalt.  UrsprünoUch  an  der 
Innenseite  des  Schrankenwerks  der  Greveraden-Kapelle  nach  Süden  zu,  jetzt 
an  der  Südwand  der  Schinkel-Kapelle. 

Kin  1,52  ni  hohes  untl  1,20  m  breites  Tafelbild"'^)  zeigt  als  Hauptgruppe 
die  Verehrung  des  Christkindes  durch  die  Hirten;  im  Mittelgrund  ist 
links  die  Verkündigung  Maria,  rechts  die  Anbetung  der  Könige  angebracht; 
im  Hintergrund  vernehmen  die  von  himmlischer  Klarheit  umleuchteten  Hirten 
die    Heilsbotschaft    des    Engels.       Ganz    vorne    findet    sich    die    Bezeichnung 


k 


DELAVAL   FECIT   zwischen    der   schwru'z    auf  selbem   Schilde 


1 


gemalten  nebenstehenden  Marke  und  der  Jahreszahl  1569.  Die 
Figuren  und  Gruppen  sind  zum  Teil  zwei  von  1565  und  1566 
datierten  Gemälden  desselben  Meisters  in  der  Petrikirche  (vgl.  S.  80)  und  der 
Katharinenkirche  entlehnt.  1787  vor  der  Gallin-Kapelle,  jetzt  an  der  Südwand 
der  Greveraden-Kapelle  aufgehängt. 

Denkgemälde  auf  Holz  für  den  am  19.  November  1568  im  17.  Lebens- 
jahre gestorbenen  Schüler  Boetius  Paysen,  gestiftet  von  seinem  Vater,  dem 
Flensburger  Ratsherrn  Paul  Paysen.^)     Das    1,52  m   hohe    und    1,34  m   breite. 


^ 


DE    LAVAL    FECIT    und    1570    oezeichnete    Bild    stellt    die    Taufe    im 


Jordan  dar;  im  Vordergrund  knieen  links  Luther  und  Melanchton,  rechts 
der  Verstorbene;  in  den  Ecken  sind  vier  Ahnenwappen  angebracht.  L^rsprüng- 
lich  an  der  Nordseite  des  sechsten  Norderpfeilers,  ^)  jetzt  an  cier  Südwand  der 
(jreveraden-Kapelle  aufgehängt. 

Kin  ehemaliges  Denkgemälde  auf  Holz  für  den  der  Inschrift^)  nach 
»am  avende  der  hemelfahrt  Christi«  (29.  April)  1573  im  16.  Lebensjahre 
gestorbenen  Schüler  Lorenz  Christiansen,  Sohn  des  Bürgermeisters  von 
Tendern  Karsten  Andersen,  stellte  die  Himmelfahrt  Christi  mit  der  knieenden 
schwarzgekleideten  Figur  des  Verstorbenen  dar.  Es  hing  in  der  südlichen 
Kapelle  des   Chorumgangs  und  war    1787    noch   vorhanden. 


')  Gedr.  W.  Mantels,  Beiträge  zur  lübisch-hansisclieii  Gesch.,  S.  376  und  B.  Spiegel, 
Hermann  Bonnus  (2.   Aufl.,   Göttingen    1S92),   S.    141. 

'•')  Lichtdruck    bei   P.   Hasl'e,    Aus    der  Gesch.    der  Lüb.   Malerei   von    1550 — 1700,   Tafel   I. 

^)  Lub.   Relig.  S.   212. 

*)  1624,  14.  W.  n.  Ostern  '^Juli  4 — 10)  wurde  ein  Grab,  »so  am  neddersten  Piler  in 
der  Kirche  an  der  Nordersiden  belegen,  drüber  am  Piler  eine  Tafel  oder  Epitaplium  deß  edlen 
Boetii  Paysen,«   mit  neuen  Bohlen  belegt;   WB. 

'^)  Lub.  Relig.  S.    192. 


DIE  MARIKMvIRCllE.  327 

Über    ein    sonst    spurlos  untergegangenes   kleines    l>il(l   heit.U   es    i^oS    in 

einer    Abrin  hiunig ' '    mil    (U'ni  Maler  Johann    Willinges:       Noch    1    klen    stucke 

dockes    gemalet     in    dal    kor,  darup    de    offerunge    niyt    olyefarwen ,    darvor 
is   20  -#.« 

Die  frühere  l>rüstung  oberhalb  der  (lallin-Kapelle  war  mit  den  von 
1600  datierten  (lemälden  der  Propheten  Jesaias,  Jeremias,  Hesekiel  und 
Daniel  geschmückt. 'i  Sie  werden  /Ailetzt  1841  als  »sehr  beschädigt«  auf- 
geführt^)   und    sind   jedenfalls    ein  Jahrzehnt    später  l)eim    Umbau  der  Kapelle 

zur   Sakristei   beseitigt. 

Ein  von  den  Bundmacher-  oder  Kürschnergesellen  gestiftetes  (iemälde 
der  Austreibung  der  Wechsler  aus  dem  Temjjel,  das  nach  seinen  In- 
schriften 1630  und  1735  wiederhergestellt  war,^)  befand  sich  an  der  Südseite 
des   vierten   südlichen   Chorjifeilers.      Es   wird    1787    zuletzt  erwähnt. 

Ein  »(iemälde  von  der  Ewigkeit--  hing  nach  .Angabe  voh  1697 
am  ersten  Süderpfeiler.^)  Vielleicht  ist  es  identisch  mit  einem  1787  west- 
seitig am  Eingang  zur  d'otentanzkapelle  angel)rachten  Bild  vom  jiingsten 
Gericht.«  *5) 

Ein  altes,  von  der  Eamilie  Köhler  gestiftetes  (iemälde  hing  noch 
1787    an   der   Südwand  über  dem   Schonenfahrerstuhl.  ^) 

Ein  Denkgemälde  der  Familie  Hagenower,  das  vermutlich  nach 
dem  Ableben  des  Kirchenvorstehers  (1593 — i6oi)  Anton  Hagenower  gestiftet^) 
und    1742    noch    vorhanden    war,'')   hing    an    der  Nordwand  der  Brief  kapeile. 

Denkgeniälde  für  die  Familie  Göttinck,  ohne  den  Rahmen  2,24  m 
hoch  und  1,57  m  breit,  gezeichnet  JOHAN  WILLINGES  1619.  Das  1904 
aus  ganz  verwahrlostem  Zustande  von  Joh.  Nöhring  wiederhergestellte  Tafelbild 
(Abb.)  zeigt  den  Heiland  im  Hause  Simons,  wie  ihm  Maria,  des  Lazarus  Schwester, 
die  Fiiße  .salbt  (Ev.  Joh.  12,  3);  im  Hintergrund  ist  die  dienende  Martha 
mit  der  Bereitung  des  Mahles  beschäftigt.  Den  von  zwei  schlanken  Pilastern 
mit  Gebälk  und  oberem  Aufbau  gebildeten  ausdrucksvollen  Renaissancerahmen 
krönt  eine  segnende  Christusstatuette  zwischen  der  Caritas  und  einer  weiteren 
verstümmelten  Tugendfigur,  die  ihrer  Haltung  nach  als  Fides  zu  deuten  ist. 
Das  untere  breite  Querholz  des  Rahmens  trägt  in  der  Mitte  die  Aufschrift: 
:inno  \594  :  \ö.  OCTOB.  Starff  Zinna  (Sottincfs.  Sdid^ücf.  ^Imio  \60ö  Ven 
2\.    OCTOBRIS     5tarff    Der    urbare    rjarnien    c^ottincF,     tSctrefcu    Borger    vn^ 


^)  WB.    1595,    II.    W.   n.   Michaelis  (Dezember   7  — 13). 

■^  Liib.  Relig.  S.    155. 

^  [Funk,]   Die  Merkwürdigkeiten   der  Marienkirche   in   Lübeck,   2.   Aufl.,   S.   30. 

*)  Lub.   Relig.   S    201. 

^)  [Lebermann,]   Die  Beglückte   und  Geschmückte  Stadt   Lübeck,   S.    116. 

^)  Gründl.  Nachricht,   3.   Aufl.,   S.    163. 

')  Das.  S.   168,  Lub.  Relig.  S.    184. 

®j  1605  Juli  29  kaufte  der  Kirchenvorsteher  Wilhelm  .Scholle  ein  Grab  »in  s.  Annen 
capellen  twisschen  dem  bogen  piler  und  der  karckenmuren ,  daranne  der  Hagenower  bildnisse  ge- 
hangen;«   Steinbuch    1597 — 1636,   S,   62. 

^)  Gründl.   Nachricht,   2.    Aufl.,   S.    131. 


328 


DIE  MARIENKIRCHE. 


23argefarer    \el      2Umo    \6    (nachgetragen:    25    Den   9.    NOVEN)    Starff    (Elfabe 
(5ottingc5   Sclicblid].      Daneben    die    Brustbilder    der    drei    genannten   Personen: 
links  dasjenige  Hermann  Gottincks,    neben  dem  bis  zur  erwähnten  Wiederher- 
stellung   ein    offenbar    im 
Kindesalter     verstorbener 
Knabe     dargestellt     war ; 

rechts  die  der  beiden 
Frauen,  anscheinend  Mut- 
ter    und     Tochter.       Ur- 
sprünglich   an    der   Nord- 
wand    der     Bergenfahrer- 

kapelle,  in  der  das 
Göttincksche  Grab  lag ; 
1904  von  der  Nordwand 
der  Schinkel-Kapelle  in 
die  nordseitige  Kapelle 
des  östlichen  Chorumgangs 
versetzt. 

Ein  ehemaliges 
Bild  der  Sindflut 
ist  nur  im  Wochen- 
buche nachweisbar, 
indem  1645  J^^^^  ^^ 
Dietrich  Kloecke  »für 
eine  Taeffel,  soll  sein 
von  der  Sintflott,  hin- 
tern Cohre  oben  seiner 
seligen  Fruwen  Be- 
grebniße«  die  Auf- 
stellungsgebühr mit 
50  ^  entrichtete.^) 

Kleines,  0,54  m 
hohes  und  0,36  m  breites 
Tafelbild  mit  dem  Ge- 
kreuzigten zwischen  der 
von  Johannes  begleiteten 
Maria  und  einem  knieen- 
den Engel,  1896  von  Joh. 
Nöhring  restauriert  (Abb.). 
Unterhalb  des  Kreuzes 
befindet  sich  das  Zeichen 

des  Künstlers  BiVF 
(=  Burchard  Wulff  fecit), 


1)  WB.  1645,  I5.\V.  n. 
Ostern  (Juli  13 — 19). 


Johann   Willinges:   Denkgemälde  für  die  Familie   Göttinck 


DIK  MARIENKIRCHE. 


329 


in  der  rechten  unteren  l'xke  die  Jiilireszahl  1662.  Von  (\i:\\  an  \  an  l)ycl<schc 
Vorbilder  erinnernden  Gestalten  ist  die  Engelsfigur  der  in  der  kgl.  Pinakothek 
zu  München  befindiichen  »Beweinung  Christi«  dieses  Meisters  entnommen.^) 
Das  l^ild  ist  einem  alteren  schadhaft  gewordenen  Gemälde  mit  dem  >IIaupte 
l"hristi^<  übergemalt.  Bei  dieser  lü-neuerung  wurde  der  alte  viereckige  gotische 
Rahmen    aus    l^ichenholz,    der    noch    tlen    Rest   einer   vorgewölbten   Ik'krc'niung 

aufweist,  durch  Beifügung 
eines  oberen  (jesimses 
und  einer  barocken  Ran- 
kenwerkumkleidung       aus 

i^'öhrenholz  dem   (ie- 
schmacke   der   Zeit    ange- 
paßt.    \w  dem  Reste  der 
Verdachung  steht  die  oftcn- 
bar     vom     älteren     Bilde 

stammende  Inschrift: 
ASPICE  QUI  TRANSIS 
QUIATU  MIHI  CAUSA 
DO  LCR  IS.-)  Ursprüng- 
lich in  die  Bürgermeister- 
kai)elle  gehörig,  neuer- 
dings in  der  Sakristei 
aufgehängt. 

Das  WB.  be- 
richtet unter  1662, 
10.  W.  n.  Ostern 
(Juni  I — 7):  »Noch 
haben  meine  H.  Vor- 
steher auf  Anfordern 
s.  Magnif.  H.  Gott- 
schalfk]  von  Wickeden 

Burgermeisters  ein 
klein   Bild,   so  vorhin 
in     der     H.     Burger- 
meister Capellen  über 
dem   Leuchter   stand, 
weil    deß    H.    Christi 
Haupt,    so    drauf  ge- 
mahlet gewesen,  meh- 
rentheils     vergangen, 
endern,    beim  Tischer   umb    den   Rahmen    etwaz    herumb    machen    und    durch 
ein     Conterfeyer     Nahmens     Burchardt    Wulff    daß     Kreutz     deß     H.     Christi 
drauf  schildern    laßen;    dafür    ihm    geben    14  *^,    seiner    Magd,    die    solches 
brachte,    6   |^'  Drinckgelt,    thut   42   .^    6   f?;.     Noch  Hinrich   unserm  Klocken- 


Burchard  Wulff:    Christus  am  Kreuz. 


1)  Vgl.  P.  Hasfe,   Burchard  Wulff,   ein  Lüb.  Maler  des  17.  Jahrhunderts  (1898),   S.  9;   ders.. 
Aus  der  Gesch.  der  Lüb.  Malerei  von   1550 — 1700  (1900)  S.  5. 
^  Vgl.  S.  216. 


330  DIE  MARIENKIRCHE. 

leuter,    daß    er    ein   Loch    in   der   H.    Burgermeister  Capel   über  dem   Leuchter 
etwaz  höher  geschlagen,   daran   dai>   Bild  gehangen,    2    |^.« 

Tafelbild  auf  Leinwand,  1,23  ni  hoch  und  i  m  breit,  den  toten 
Heiland  am  Kreuze  vor  einem  dunklen  W'olkenhimmel  darstellend;  gute 
Kopie  eines  unbekannten  Meisters  nach  dem  oberen  Teile  des  van  Dyckschen 
Gemäldes  »Christus  am  Kreuz«  in  der  kgl.  Pinakothek  zu  München.  Das  mit  der 
Aufschrift  Cafpar  v.  Elpcn  obiit  Anno  \676  und  dessen  Wappen  bezeichnete 
Gemälde  ist  18 17  vom  Zeichenlehrer  und  Maler  J.  L.  W.  Förster  (1769 — 1833), 
der  auch  eine  erweiterte  Kopie  des  Bildes  fiu-  die  Jakobikirche  gemalt  hat, 
wiederhergestellt^)  und  erst  seitdem  in  der  ^Marienkirche  nachweisbar.  Jeden- 
falls ist  es  zugleich  mit  dem  folgenden  Bilde  der  Katharinenkirche  entnommen, 
in  der  fri.iher  am  westlichsten  Norderpfeiler  ein  Gemälde  des  gekreuzigten 
Heilands  hing.  ^) 

Ein  lebensgroßes  auf  Leinwand  gemaltes  Vollbild  des  D.  Martin 
Luther  mit  dem  Schwan  ist  im  wesentlichen  nach  einem  Kranachschen 
Lutherbilde  kopiert.  Von  dem  in  der  zweiten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts 
lebenden  Kaufmann  Jf)hann  Sievers  fiu'  die  Katharinenkirche  zusammen  mit 
einem  dort  noch  befindlichen  Bilde  des  Kurfürsten  Johann  h^'iedrich  von 
Sachsen  gestiftet,^)  ist  es  181 7  von  J.  L.  \V.  Förster  wiederhergestellt  und  im 
folgenden  Jahre  an  der  Ostwand  der  Beichtkapelle  aufgehängt.^)  Jetzt  in 
der  Sakristei. 

Großes,  3,88  m  hohes,  2,97  m  breites  Tafelbild  der  Bußpredigt  des 
Propheten  Nathan  vor  David  (2.   Sam.    13),  gezeichnet 

FR.   ÖSTE REICH'-) 

faciebat 

1688 

Jl.   Dcccnib: 

Der    geschnitzte    Rokokorahmen    des   recht    mäl^igen    Bildes    trägt    am    unteren 

Rande    das   Wappen    des   Ratsherrn    und    Kirchenvorstehers   Dr.   jur.   Heinrich 

Balemann  (gest.  1693),  von  dem  das  Gemälde  gestiftet  ist.     Im  Süderschiff  an 

der  Rückseite  des  großen  Nowgorodfahrerstuhls. 

Schließlich  bewahrt  die  Marienkirche  zwei  Gemälde  des  aus  Lübeck 
gebürtigen   Malers  PViedrich  Overbeck  (1789 — 1869). 

Das  ältere,  der  figurenreiche  P^inzug  in  Jerusalem  <  (Abb.),  ist  als 
erstes    größeres   Werk   Overbecks    1809    in   Wien    begonnen    und   nach    langer 


*)  Nach  Angabe  des  Malers  Jean  Werner  Greve  in  seinem  1821  aufgestellten  »Raisonnirenden 
Verzeichnis  über  die   in  der  Marienkirche  zu  Lübeck  befindlichen   Gemälde«   (St.-A.). 

'■^)  Lub.  Relig.  S.  392. 

3)  Das.  S.  389. 

*)  Greves   »Raisonnirendes  Verzeichnis«    von    182 1    unter  Xo.   2. 

*)  F'ranz  Österreich,  aus  Braunschweig  gebürtig,  war  seit  1664  selbständig  in  Lübeck 
tätig  und  starb  zwischen  1693  und  1697;  Hasfe,  I5./l6.  Jahresbericht  d.  V.  von  Kunstfreunden  in 
Lübeck,  S.    18  ff. 


DIE  MARIENKIKCIIK. 


-I  ■>  1 


Unterbrechuno  1S24  in  Rom  xoHendet. ')  Ks  wurde  im  foli^cMiden  fahre  für 
die  Kirche  erworben  und  an  der  Südwand  der  Beichtkapelle  in  einem  eichenen 
Verschlage  aufoestellt. 

In  der  Mitte  des  Bildes  reitet  auf  dem  Kselsfüllen  der  I  leiland  mit 
segnend  erhobener  Rechten.  I{r  wird  links  \•^m  Petrus  begleitet,  rechts  von 
Jakobus  d.  Alt.  und  Johannes,  die  zwi.sclien  sich  ihre  Mutter  Maria  Salomä 
führen.  Dieser  (iruppe  folgen  die  iibrigen  Jvinger,  von  denen  ludas  Ischariot 
ein  wenig"  ab.seits  grübelnd  einherschreitet;  ho.siannarufende  Manner  mit  Palm- 
zweigen eilen  dem  Heiland  voraus.  Vom  Ölberge  her  dnüigt  ihm  eine  Volks- 
menge nach,   unter  der  sich   viele  Geheilte  befinden;   weiteres  V^olk  harrt  seiner 

Ankunft  vor  dem  xon  einer 
Wetterwolke  bedrohten  Jerusalem 
oder  strömt  ihm  xon  dort  ent- 
gegen. Dies  sind  die  älteren 
Partien  des  Bildes.  Im  Vorder- 
grunde streckt  Maria  bewill- 
kommnend die  Arme  nach  dem 
Sohne  aus;  neben  ihr  sitzt  Maria 

Magdalena,  während  Maria 
Cleophä    den    Mantel     vor    dem 
Messias  ausbreitet.     Weiter  links 
führt   des  Künstlers  Gattin  Nina 

ihren  fünfjährigen  Knaben 
Alphons   an    der    Hand.      Hinter 
den  Aposteln  hat  der  Maler  sich 
selbst  mit  befreundeten  Künstlern 
dargestellt.    Vor  der  Baumgruppe 

im  Mittelgrund  erblickt  man 
seinen     Vater,     den     1821      \er- 
storbenen  Lübecker  Bürgermeister 
Dr.    Gh.    A.    Overbeck,    dessen 


Johann   Willinges:   Halbbild  des  Superintendenten 
M.   Georg  Stampelius. 


Porträtähnlichkeit   ein  Vollbart    verschleiert,    mit  seiner  Gattin  und  seinen  drei 
Töchtern. 

Das  andere,  im  Auftrage  eines  1837  gebildeten  A^ereins  für  den  Er- 
werb eines  Overbeckschen  Gemäldes«  1841 — 46  entstandene  BikP)  (Abb.)  stellt 
nach  des  Künstlers  eigenen  Worten^)  »die  Trauer  um  den  Eingebornen 
Gottes-Sohn«  dar  in  einem  ergreifenden  Moment  zwischen  der  Kreuzabnahme 


*■)  Vgl.  [Funk],  Die  Merkwürdigkeiten  der  Marien-Kirche  in  Lübeck,  2.  Aufl.  (1841)  S.  22 
Anm.   2   und  M.  Howitt,  Friedrich  Overbeck  (Freiburg  i.  B.    1886),    i,   S.  484  ff. 

'■')  Howitt,  Overbeck  2,  S.  91  ff.  und  Akten  des  obengenannten  Vereins  im  Lüb.  Staats- 
archiv. Der  Künstler  erhielt  für  das  Bild  1000  hoUänd.  Dukaten  oder,  einschließlich  Wechsel- 
kosten, 8097   ^    IT,   ß  lüb.   (=:  9707   jfC  37  V2    4).     Erste  Abrechnung  von    1847   Februar  4. 

^)  Schreiben  Overbecks  an  den  Syndikus  Dr.  Curtius ,  Rom  1846  März  7;  Auszug  im 
Staatsarchiv. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


und  der  Grablegung.  Es  befindet  sich  an  der  Ostwand  in  der  eigens  für  die 
Aufnahme  dieses  Gemäldes  neu  hergerichteten  alten  Gerwekammer.  »Zur 
Erläuterung  des  Bildes,«  bemerkt  O verbeck  bei  dessen  Ablieferung,^)  »ist  wohl 
nichts  weiter  nötig  als  die  Personen  näher  zu  bezeichnen,  die  folgendermaßen 
gedacht  sind.  Die  heilige  Jungfrau  in  der  Mitte,  die  die  Hand  ihres  göttlichen 
Sohnes  faßt,  dürfte  hinreichend  kenntlich  sein;  neben  ihr  knieend  Johannes; 
über  dem  Haupte  des  Herrn  Magdalena  weinend,  zu  seinen  Füßen  sitzend 
Maria,  die  Schwester  der  Martha,  indem  ich  der  Meynung  derjenigen  gefolgt 
bin,  die  diese  von  der  Büßerin  Magdalena  unterschieden  wissen  wollen;  Martha 
hinter  der  h.  Jungfrau  mit  aus- 
gebreiteten Armen  herbeyeilend ; 
und  Lazarus  hinten  am  Felsen 
gelehnt;  Maria  Cleophä  aber 
auf  der  andern  Seite  hinter  der 
h.  Jungfrau  sitzend;  die  beyden 
folgenden  Männer  aber  Joseph 
von  Arimathia  und  Nicodemus; 
von  ferne  noch  Salome  und 
Johanna^)  herzukommend.« 

Porträts. 

Nicht  mehr  vorhanden 
ist  eine  noch  1787  erwähnte 
viereckige  Tafel  mit  dem 
Bildnis  des  am  i .  Januar 
1548  gestorbenen  Pastors 
M.  Johann  Böckmann 
und  einem  sechs  Distichen 
umfassenden  Nachruf.  ^)  Sie 
hing  am  Wandpfeiler  west- 
lich der  Gallin-Kapelle. 

Lebensgroßes  auf  Holz 
gemaltes  Brustbild  des  am 
19.  P'ebruar  1622  im  61.  Lebens- 
jahr gestorbenen  Superintenden- 
ten M.GeorgStampel  ins  (Abb. 

S.  331).  Auf  der  Bibel,  die  er  mit  der  Linken  umfaßt,  steht  die  Jahreszahl  1622 
und  über  dieser  ganz  klein  das  Monogramm  des  Malers  Johann  Willinges  ■^. 
Den  unteren  Teil  des  mannshohen  Bildes  füllt  die  Inschrift.  Früher  in  der 
Beichtkapelle,  jetzt  in  der  Sakristei. 

Vier  Porträts   von  Mitgliedern   der  P^amilie  Bremer   in   der   seit   1636 
ihr  gehörigen  Kapelle,  und  zwar 

')   Siehe  S.   331    Anm.   3. 

'•')  Nachfolgerin  des  Herrn;  Ev.  Lucä  8,  3. 

^)  Lub.  Relig.  S.   154. 


Porträt  der  Anna  Bremer. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


333 


1.  ein  auf  I  lolz  «gemaltes,  86  cm  liolics  untl  G"]  cm  breites  Bild  mit 
der  llalbfigur  des  am  15.  Oktober  1636  im  55.  Lebensjahre  gestorbenen 
Kaufmanns  Hinrich  Bremer,  hi  der  rechten  oberen  l'xke  steht  das  l-5remcrsche 
\Vai)pen  zwischen  den  Buchstaben  H  und  B;  darüber  EtaTIS  SV/E  29 
Anno  1608,M   darunter   HlNRICH   BREMER   mit  dem   spateren   Zusatz   Senior: 

2.  ein  auf  Holz  i^emaltes  Bild  \'on  gleicher  J<~orm  und  (Iroße  mit  der 
Halbfigur  der  am  4.  Oktober  1630  nach  eben  vollendetem  39.  Lebensjahre 
gestorbenen  h^iefrau  des  V'origen,  Elisabeth  geb.  Paschen,  die  als  kaum  zwanzig- 
jährig dargestellt  ist; 

3.  das  auf  Kupfer  gemalte,  70  cm  hohe  und  55  cm  breite  ovale  Brust- 
bild  von  Hinrich  Bremers  gleichnamigen  Sohne,   der  als  etwa  Sechzigjähriger 

dargestellt  ist  und  Anfang  Dezember 
16S4  starb.-)  Aufschrift:  HlNRICH 
Bremer  Junior; 

4.  das  auf  Leinwand  gemalte, 
95  cm  hohe  und  67  cm  breite  ovale 
Kniebild  der  etwa  im  30.  Lebens- 
jahre dargestellten  Ehefrau  des 
letzteren  Anna  geb.  Bartels  (Abb. 
S.  332).  Sie  starb  Anfang  Februar 
1698  und  ist  gleich  ihrem  Gatten  in 
der  Familiengruft  bestattet  worden.^) 
Aufschrift:  ANNA  BREMERS  Ge- 
BOHREN  Bartels. 

Auf  Holz  gemaltes  lebens- 
großes Bild  in  voller  Figur  des  am 
12.  April    1643  im   58.  Lebensjahre 

gestorbenen  Superintendenten 
D.  Nikolaus  Hunnius,  gezeichnet 
Z.     KNILLER     F.  4)       Früher    im 
Chorumgang    am    ersten    südlichen 
Chorpfeiler,    jetzt   in   der   Sakristei. 


Matthias  Black:    Bildnis  des  Pastors 
M.  Michael  Siricius  (Ausschnitt). 


Auf  Holz  gemaltes  lebensgroßes  Bild  in  voller  Figur  des  laut  Inschrift^) 
1589  geborenen  und  am  7.  Dezember   1648  gestorbenen  Pastors  M.   Michael 


1)  Da  Hinrich  Bremer  nach  der  Aufschrift  seines  Grabsteins  im  Alter  von  54  Jahren 
6  Monaten  und  8  Tagen  gestorben  ist,  so  wird  die  obige  Zahl  29  bei  einer  späteren  Übermalung 
aus  26  verderbt  sein. 

'"')  WB.    1684,    10.   W.   n.  Michaelis  (November  30  —  Dezember  6). 

ä)  WB.    1698,   6.   W.   n.  Neujahr  (Januar  30  —  Februar  5). 

*)  Der  am  16.  November  161 1  zu  Eisleben  geborene  Zacharias  Kniller,  Vater  des  berühmten 
Malers  Gottfried  Kniller,  wurde  am  24.  Mai  1650  »von  den  Herrn  der  Wette  begünstiget,  Contrafaite 
und  ander  künstliche  perspectivische  Stücken  mit  eigner  Hand,  keineßwegß  aber  gemeine  Malerarbeydt 
zu  machen  und  zu  verfertigen,«  (St.-A.,  Wetteprotokolle)  und  starb  am  4.  April  1675  als  Werk- 
meister der  Katharinenkirche. 

^)  Gedr.   von   Seelen,   Athenae  Lubecenses  II,   S.   330. 


334  DIE  MARIENKIRCHE. 

Siricius  (Abb.  S.  333).  Unter  dem  in  der  linken  oberen  Txke  angebrachten 
Wappen  steht:  /ETATIS  57  — ANNO  1646  M.  BLACK  pinxit.')  Früher 
im  Chorumgang  am  zweiten  südlichen   Chorpfeiler,  jetzt  in  der  Sakristei. 

Sieben  dem  Zeitraum  von  1671  bis  1756  angehörende,  auf  Leinwand 
gemalte  lebensgroße  Pastorenbilder  in  voller  Figur  mit  unterer  hölzerner  Inschrift- 
tafel hängen  seit  1846  in  der  Greveraden-Kapelle.  Sie  sind  mit  Ausnahme  des 
jüngsten  von  schlichten  schwarzen  Leistenrahmen  umgeben. 

1.  Bildnis  des  laut  Inschrift  am  i.  März  1595  zu  Blexen  in  Oldenburg- 
geborenen  und  am  17.  Februar  1671  gestorbenen  Superintendenten  D.  Meno 
Hanneken.      Früher  an   der  Südseite  des  dritten  südlichen  Chorpfeilers. 

2.  Bildnis  des  laut  Inschrift^)  am  13.  Mai  161 5  geborenen  und  am 
25.  Juni  1672  gestorbenen  Pastors  Albert  Balemann,  gezeichnet  7>.  Wulff. 
Fecit.     Früher  an  der  Südwand  der  Beichtkapelle. 

3.  Bildnis  des  am  26.  April  1624  zu  Winzig  in  Schlesien  geborenen 
und  am  2.  März  1683  gestorbenen  Superintendenten  D.  Samuel  Pomarius. 
Früher  an  der  Südseite  des  vierten  südlichen  Chorpfeilers. 

4.  Bildnis  des  am  11.  Januar  1698  im  58.  Lebensjahre  gestorbenen 
Su]:)erintendenten  D.  August  Pfeiffer.  Früher  an  der  Südseite  des  fünften 
südlichen  Chorpfeilers. 

5.  Bildnis    des    am    2.    August    1641    zu    Marburg    geborenen    und    am 

24.  April  1706  gestorbenen  Pastors  M.  Balthasar  Gerhard  Hanneken. 
P'rüher  an  der  südöstlichen  Wand  der  Beichtkapelle. 

6.  Bildnis    des    am    11.    Augu.st    1667    zu   Leipzig    geborenen    und    am 

25.  März  1728  gestorbenen  Superintendenten  D.  Georg  Hinrich  Götze, 
von  J.  M.  von  der  Hude^)  gemalt.  Früher  an  der  Südseite  des  ersten 
Süderpfeilers. 

7.  Bildnis  des  am  26.  September  1679  zu  Dresden  geborenen 
und  am  7.  April  1767  gestorbenen  langjährigen  Superintendenten 
D.  Johann  Gottlob  Carpzow,   gezeichnet: 

Im    Rokokorahmen.      Früher   im    Chorumgang   am    zweiten    südlichen 
Chorpfeiler. 

Epitaphien. 

Die  Epitaphien  aus  der  gotischen  Stilperiode  sind  sämtlich  dem  Zahne 
der  Zeit  zum  Opfer  gefallen.  Sie  stellten  Wappenschilde  durch  Stand  und 
Geburt  hervorragender  Männer  dar  und  waren  zum  Teil  mit  deren  Namen 
und  Todesdaten  versehen.  In  der  Regel  hingen  sie  möglichst  nahe  der  be- 
treffenden  Grabstätte.      Das,   soweit  ersichtlich,   älteste  unter  ihnen,   des    1369 


')  Der  aus  Lübeck  gebürtige  Maler  Matthias  Black  wurde  1649  November  16  als  Frei- 
meister zugelassen  und  starb  nicht  lange  vor  Mitte  1696;  Hasfe,  15.  und  16.  Jahresbericht  d.  V.  v. 
Kunstfreunden   in  Lübeck,  S.    15  ff. 

'*)  Gedr.  von   Seelen,   Athenae  Lubeccnses,    i    S.   270. 

')  Nach  Angabe  J.  W.  Greves  in  seinem  »Raisonnirenden  Verzeichnis«  i,vgl.  S.  330 
Anm.  i).  Der  Maler  Jürgen  Matthias  von  der  Hude  ist  1690  zu  Lübeck  geboren  und  daselbst 
1751  Juli  4  gestorben;  vgl.  v.  Lütgendorff  in  der  1900  erschienenen  Festschrift  ^^Das  Museum  zu 
Lübeck«   S    165  f. 


DIF,  MAKIKNK[RCin-:.  335 

gestorbenen  lUirgernieisters   ISnin   \\'aren(k)ri),    war   aus  Metall,    alle    übrigen    aus 
Holz  gearbeitet.      Nachweisbar   sintl    folgende   ältere    l^|)ita])liien. ') 

Eines  der  l'"aniilie  xon  Alen,  aus  der  l)is  141  o  sechs  Mitglieder  im 
Rate  gesessen   haben,   an   der  Ostseite   des   dritten   Norderpfeilers. 

Eines  der  Familie  von  Attendorn,  wohl  dasjenige  des  1396  gestorbenen 
lUirgermeisters   (ierhard   xon    Attendorn,    in    der   r)ürgermeisterka])elle. 

I  )rei  der  Familie  Eere,  wahrscheinlich  diejenigen^)  des  J>ürgermeisters 
Johann  liere  (gest.  145 1),  seines  Sohnes,  des  vor  dem  Hochaltar  bestatteten 
Ratsherrn  und  X'orstehers  der  Marienkirche  Ludeke  Bere  (gest.  1488),  und 
dessen  Sohnes,  des  Ratsherrn  und  Kirchenvorstehers  Johann  I^ere  fgest.  1508). 
Sie  hingen    an   der   Innenseite    des   dritten    iKirdlichen    C'horiiteilers. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  Tidemann  Berck  (gest.  15  21),  an  der 
Innenseite    des  dritten   nördlichen   Chorpfeilers    über  seinem   dortigen   (irabe.^) 

Feines  der  Familie  Blomenrod,  das  vermutlich  entweder  dem  Tide- 
mann Blomenrod  (vgl.  S.  166)  oder  dem  zwischen  1415  und  1429  verstorbenen 
Zirkelbruder  Nikolaus   Blomenrod   angehört  hat,   an   der  Innenseite  des  vierten 

nördlichen   Chorpfeilers. 

Drei  der  F'amilie  Darssow,  aus  der  bis  15 17  sechs  Mitglieder  dem 
Rate  angehört  haben ,  über  der  nordöstlichen  Kirchentür,  neben  welcher  der 
Darssowsche   Altar   stand."*) 

Mehrere  der  Familie  von  Hachecie,  vermutlich  diejenigen  der  Rats- 
herrn Hinrich  v.  H.  (gest.  1403)  und  seines  Sohnes  und  Enkels,  des  Zirkel- 
bruders Hinrich  v.  H.  und  des  Ratsherrn  Dr.  jur.  Hinrich  ^•.  H.  (gest.  1473). 
Sie  hingen  an  der  Nordseite  des  fünften  Süderpfeilers  und  sind  1703  bei 
Errichtung  des  Fockeschen   F'.pitaphs  beseitigt. 

Zwei  der  Familie  Kollnuinn,  wahrscheinlich  diejenigen  des  Bürger- 
meisters Johann  K.  (gest.  1454)  und  seines  Sohnes  Hermann  K.  Sie  hingen 
an  der  Nordseite  des  vierten  Süderpfeilers  und  sind  1702  bei  F>richtung  des 
Klettschen   Epitaphs   beseitigt. 

Eines  der  F'amilie  Meteier,  wahrscheinlich  dasjenige  des  Ratsherrn 
Hinrich   j\L   (gest.    1433),   an   der  Westseite  des  ersten   Norderpfeilers. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  Gerhard  van  Minden  (gest.  1462), 
an  der  Innenseite  des  vierten  nördlichen  Chorpfeilers. 

F^in  über  der  nordwestlichen  Kirchentür  angebrachtes  Wappen  mit  drei 
Eberköiifen,  offenbar  das  einen  von  drei  schwarzen  Eberköpfen  begleiteten 
schwarzen  Sparren  in  goldenem  Felde  darstellende"^)  Wappen  der  Familie 
Persevale,  aus  welcher  der  Bürgermeister  Johann  Persevale  (gest.  1398)  dem 
Rate   angehört  hat. 


1)  Vornehmlich  aus  v.  Melles  Lubeca  Religiosa.  —  Eine  Anzahl  »verweseter«  Epitaphien, 
darunter  mehrere  der  Familie  Darssow,  sind  1664  beseitigt  worden,  nachdem  während  der  Früh- 
predigt am  14.  Januar  ein  am  fünften  Süderpfeiler  angebrachter  morsch  gewordener  Helm  herab- 
gestürzt war;   WB.    1664,   3.   W.   n.   Neujahr  (Januar   10—16). 

'•';  Der  vierte  Ratsherr  aus  dieser  Familie,  des  Bürgermeisters  Johann  Beres  gleichnamiger 
Sohn  (gest.    14571,   '*'  in   der  Burgkirche  bestattet  worden. 

^)   Vgl.  unter   »Grabplatten«. 

*)  Vgl.   S.   210. 

^)  V.   Melle,   Syntagma,   Bl.   404. 


336  DIE  MARIENKIRCHE. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  und  Vorstehers  der  Marienkirche^) 
Jakob  Pleskow  (gest.  1381),  an  der  Innenseite  des  dritten  nördhchen  Chor- 
pfeilers. Zwei  weitere  Pleskowsche  Schilde,  jedenfalls  diejenigen  des  Bürger- 
meisters Jordan  P.  (gest.  1425)  und  des  Ratsherrn  Gottfried  P.  (gest.  145 1) 
hingen  an  der  Nordseite  des  ersten  Süderpfeilers. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  Hinrich  Rapesulver  (gest.  1440), 
an  der  Innenseite  des  vierten  südlichen  Chorpfeilers. 

Zwei  der  Familie  Russenberg,  wahrscheinlich  diejenigen  des  Ratsherrn 
Johann  R.  (gest.  145 1)  und  seines  Sohnes  des  Zirkelbruders  Hinrich  R.  Sie 
hingen  an  der  Nordseite  des  vierten  Süderpfeilers  und  sind  1702  bei  der  Er- 
richtung des  Klettschen  Epitaphs  beseitigt. 

Eines  der  Familie  Swerting,  zweifellos  dasjenige  des  Bürgermeisters 
Simon  S.  (gest.    1388),   an  der  Nordseite  des  ersten  Süderpfeilers. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  Ludeke  van  Thunen  (gest.  1501)  an 
der  Nordseite  des  ersten  Süderpfeilers. 

Das  Wappen  des  Bürgermeisters  Bruno  Warendorp  (gest.  1369),  be- 
stehend aus  einem  bronzenen  Schilde  und  einem  eisernen  Helm,  an  der 
Innenseite  des  vierten  nördlichen  Chorpfeilers  unweit  seines  Grabsteins.^) 
Von  drei  weiteren  Wappenschilden  der  Familie  Warendorp  hingen  zwei  an 
der  Südseite  des  ersten  Norderpfeilers  und  eines  an  der  Südseite  des  zweiten 
Norderpfeilers. 

Drei  der  Familie  Westphal,  vermutlich  diejenigen  des  Ratsherrn 
Hermann  W.  (gest.  1433)  ^"*^  seines  Sohnes  und  Enkels,  des  Bürgermeisters 
Johann  W.  (gest.  1474)  und  des  Ratsherrn  Hinrich  W.  (gest.  1505),  an  der 
Innenseite  des  vierten  nördlichen   Chorpfeilers. 

Sieben  der  Familie  van  Wickede,  an  der  Südseite  des  ersten  Norder- 
pfeilers. Von  ihnen  gehörte  das  oberste  mit  unleserlicher  Aufschrift  wahrschein- 
lich dem  Ratsherrn  Johann  v.  W.  (gest.  147 1)  an,  während  die  übrigen  zwei 
Söhnen  desselben,  nämlich  Gotschalk  v.  W.  (gest.  1487)  und  dem  Bürger- 
meister Hermann  v.  W.  (gest.  1501),  sowie  vier  Enkeln  des  ersteren,  nämlich 
dem  Ratsherrn  Johann  v.  W.  (gest.  1509),  Hermann  v.  W.  (gest.  15 15),  dem 
Ratsherrn  Gottschalk  v.  W.  (gest.  1526)  und  dem  Bürgermeister  Thomas  v.  W. 
(gest.    1527)  inschriftlich   beigelegt   waren. 

Die  Denkoemäkie   für  den  Ratsherrn    Hinrich    Kerkring   (gest.    1540) 
und  den  Pastor  Johann  Walhoff  (gest.    1543)  sind  S.   322  f.   beschrieben. 

Das  ehemalige  Wappen  des  am  2.  Juni  1544  gestorbenen  Bürger- 
meisters Joachim  Gerken  hing  an  der  Innenseite  des  vierten  südlichen 
Chorpfeilers,  ^)  das 

ehemalige  kleine  Wappen  des  1547  zu  Lübeck  gestorbenen "'^)  Rigischen 
Bürgermeisters  Konrad  Dürkop  mit  der  Aufschrift  »H.  Conrad  Duerkop 
etwan  burgermeister  der  Stadt  Riga«   an  der  Südseite  des  dritten  Süderpfeilers.^) 


')  Kämmereibuch  der  Jahre    1356 — 87   (St.-A.,    Handschriften  No.   340  Bl.   21)   unter   1373 
und   1379. 

'^  Vgl.  unter   »Grabplatten«. 

*)  Lub.  Relig.  S.  201. 

*)  Vgl.  Böthführ,   die  Rigische  Ratslinie  von    1226 — 1876,   S.    126  f. 

^)  Lub.  Relig.  S.  209. 


DIE  MARIliiN'KlRClIE. 


337 


Von  dem  I''i>itaph  für  den  am  12.  Februar  154S  im  44.  Lebensjalire 
oest()rl)enen  ersten  liibeckischen  Superintendenten  Ma^.  Hermann  l^onnus 
ist  in  der  Hür<^ermeisteikapelle  nocli  die  1,2^)  m  Iiolie  und  2,64  m  breite  ein- 
fache schwarze  (iedenktafel  xorhanden ,  aul"  (k-r  ein  oben  in  ck-r  Ablte  aufge- 
legter Leistenrahmen  von  40  cm  I  lohe  und  50  cm  Breite  ein  im  Auftrage 
des  Rates  gemahes  Porträt  des  Verstorbenen  auf  dem  Totenbette')  umscliloß. 
l'.ine  wohl  gleichzeitige,  0,38  m  hohe  und  0,55  m  breite  Kopie  dieses  unter- 
gegangenen Hildes  befindet  sich  auf  der 
Lübecker  Stadtbibliothek.  Unter  dem  er- 
wähnten inneren  Rahmen  steht  das  Todes- 
datum,   w'iüirend   links   und   rechts  je   fünf  die 

X'ertlienste  des  Verstorbenen  rühmende 
Distichen'-)    aufgemalt    sind.      Bis    1790    hing 
das  Epitaph    an    der   sück'istlichen   Wand  der 
Beichtkapelle    über   der  Grabstätte    ties    llei'- 
mann   Bonnus. 

Ehemaliges  W'apiJcn  des  laut  In- 
schrift"') am  4.  August  1552  gestorbenen 
Fritz  ^•an  Stiten,  an  der  Südseite  des 
dritten   Norderpfeilers. 

Das  Denkgemälde  für  den  Ratsherrn 
Lambert  Witinchof  (gest.  1529)  und  dessen 
Ehefrau  (gest.    1552)  ist  S.   323  beschrieben. 

Das  älteste  vorhandene  Wappenepita])h 
ist  das  im  Charakter  der  Frührenaissance 
gehaltene  (Abb.)  des  am  4.  Mai  1555  ge- 
storbenen l^ürgermeisters  Gotthard  \'on 
Hövelen  (im  goldenen  Schilde  ein  gebogener 
roter  Balken,  der  mit  drei  grünen  Hügeln 
belegt  ist,  auf  dem  Stechhelm  ein  roter 
Hirschkopf).  Zu  unterst  steht  auf  einer 
schmalen    Schriftrolle    D.    GOTHARD    AB 


Epilaph  des   Bürgenueislcrs 
Gotthard  von  Hövelen  d.   Alt 


HOVELEN  COS  OB /IT  4.  MAII  A"  i^sS- 
An  der  Westseite  des  zweiten  Süderpfeilers. 


EhemaUges     Wappen     des     laut     bi- 
schrift^)  am  25.  Oktober  1562  gestorbenen 
Hart  wich   van   Stiten,   an   der  Südseite  des   dritten   Norderpfeilers. 

Epitaph  für  den  laut  der  bischrift  aus  der  Grafschaft  Schaumburg  ge- 
bürtigen und  am  24.  Mai  1563  im  80.  Lebensjahr  gestorbenen  Ratsherrn  und 
Vorsteher   der   Marienkirche    Hinrich    Köhler   (Abb.   S.   338),    bestehend   aus 

'■)  Vgl.   W.   Mantels,   Beiträge   zur  lübisch-hansischen  Geschichte,   S.   374  ff. 
^)  Gedr.   B.   Spiegel,   Hermann  Bonnus,   S.    137   Anm.   2. 
»)  Lub.  Relig.  S.  208. 


338 


DIE  MARIENKIRCHE. 


dessen  Wappen  (im  goldenen  Schilde  ein  Eichzweig",  auf  dem  Stechhelm  ein 
Eichblatt  zwischen  zwei  Asten),  einer  einfachen  Inschrifttafel  und  dem  von 
einer  Renaissancekartusche  umrahmten  Porträtkopf  des  Verstorbenen.  Bis 
1854  links  vor  der  Bergenfahrerkapelle  über  den  dort  noch  befindlichen 
Epitaphien  seiner  beiden  1641  und  1664  gestorbenen  Enkel,  seit  1871  rechts 
vor  dieser  Kapelle  aufgehängt. 

Ehemaliges  Wappen  des  laut  Inschrift^) 
am  18.  Oktober  1563  gestorbenen  Ratsherrn 
Hinrich  Brömse,  an  der  Innenseite  des 
dritten   südlichen   Chorpfeilers. 

Ehemaliges  Wappen  des  laut  bischrift^) 
am  18.  Juni  1564  gestorbenen  Bürgermeisters 
Anton  von  Stiten,  an  der  Südseite  des  dritten 
Norderpfeilers. 

F.hemaliges  Wappen  des  spätestens  1567 
zu  Lübeck  gestorbenen  früheren  (1547 — 59) 
Rigischen  Ratsherrn  Werner  Mey,  1667  noch 
vorhanden,^)  jedoch  von  Melle  bereits  unbe- 
kannt; am  dritten  Süderpfeiler  oder  der  gegen- 
überliegenden Wand. 

Die  Denkgemälde  für  Bertold  Wilms 
(gest.  1567)  und  Boetius  Paysen  (gest.  1568) 
sind  S.   325  f.  behandelt. 

Ein  im  Jahre  1800  beseitigtes,  an  der 
Nordwand  der  nördlichen  Chorumgangskapelle 
angebrachtes  »gemaltes  Epitaph«  für  den  am 
II.  September  1568  gestorbenen  Bürgermeister 
Paul  Wibbeking  umfaßte  dessen  Bildnis,  eine 
hischrift  und  einen  aus  zwölf  Distichen  be- 
stehenden Nachruf.*)  Über  diesem  Epitajib 
hing  das  gleichfalls  nicht  mehr  vorhandene 
Wappen  des   Bürgermeisters. 

Ehemaliges  mit  bischrifttafel^)  versehenes 
Epitaph  des  am  27.  April  157 1  gestorbenen 
Bürgermeisters  Ambrosius  Meyer;  an  der 
Westseite  des  Mittel]  )feilers  der  südlichen  Vor- 
halle. 


Epit.T[)li   des   Ralsherni 
Ilinrich    Köhler    d.    Alt. 


Das  bis  zur  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  über  der  Tür  zur  Gerwe- 
kammer  aufgehängte  Epitaph  des  am  i.  November  1571  gestorbenen  Bürgers 
Hermann  Siegmann   bestand    aus   einem    Delavalschen   Gemälde")    mit    dem 

^)  Lub.  Relig.  S.   199. 

^  Das.  S.   208. 

^)  Vgl.   unter  den  Armleuchtern  aus  der  Renaissancezeit. 

*)  Gedr.  v.  Seelen,  Athenae  Lubecenses   l,  S.   124. 

*)  Cujus  inscriptio  deleta  est;   Lub.  Relig.  S.    188. 

^)  Griindl.   Nachricht,   3.   AulL,   S.    161. 


I)[I-:  MARIENKIRCHE. 


339 


Bildnis  des  WM-storbcnenM  und  einer  noch  in  der  ßürgernieisterkapelle  \or- 
handenen  o,So  m  hohen  und  2,31  m  breiten  schhchten  Inschrifttafel.  Auf 
letzterer  ist  bei  einer  1671  vorgenommenen  Wiederherstellun»;-)  das  Tock-siahr 
MDLXXI   in  MDXXXI   verderbt. 


Kht'inaligcs,    mit    Namen    und   'rodesd 


"odesdatum  vcrsclH-nes  Wappen  des  am 
12.  1  )ezeinlier  1571  ge- 
storheiU'n  KatsluTin  ( '.  ot  t- 
liard  von  lloxcln,  an 
der  Xo^(lo^t\vand  der  süd- 
lichen Kapelle  des  Chor- 
umgangs  oberhalb  des  hier 
früher  auft^ehangten ,  mit 
den  Schilden  des  \on 
Hövelnschen  Ehepaares 
gezeichneten  Altarschreins 
von   15 18  (vgl.  S.   224  f.). 

Ehemaliges    steiner- 
nes  Epitaph    für  den  laut 

Inschrift"'')  aus  Braun- 
schweig gebürtigen ,  am 
2  2 .  Dezember  1572  im 
49.  Lebensjahr  gestorbenen 
l)ürgermeister  und  früheren 
Syndikus  Dr.  jur.  Her- 
mann Vechtelde.  Links 
vor  dem  Eingang  zur 
Beichtkapelle.  Als  es  Ende 
1800  wegen  Baufälligkeit 
abgebrochen  wurde ,  ist 
die  steinerne  Inschrifttafel 

in   die   Nordwand   der 
Beichtkapelle  eingemauert 
worden. 

Epitaph  für  tlen  am 
6.  September  1575  ge.storbenen 
Kaufmann  Walter  Holsten. 
In   gutem  Renaissancestil    aus 

Holz  gefertigtes  Denkmal 
(Abb.).     Zwei   auf  Sockel  ge- 
stellte    schlanke    Säulen     mit 


Epitaph  des  Walter  Holsten. 


i)  Lub.  Relig.  S.   157. 

'^  1671  September  6  zahlten 
die  Verwalter  des  Siegmannschen 
Testamentes  3^8/3,  "daß  Epfitafium 
verneuen  zu  laßen;«  St  -A  ,  Rechnungs- 
buch der  Testamentsverwalter  von 
162S  — 70,   Anhang  Bl.    19. 

»)  Lub.  Relig.  S.    151  f. 


340 


DIE  MARIENKIRCHE. 


geradem  oberen  Gesims  umschließen  ein  ohne  Z\\eifel  von  Jost  de  Laval  ge- 
maltes, 1578  datiertes  großes  Tafelbild  der  Auferstehung  Christi.  Im  Vorder- 
grund des  Bildes  kniet  der  V' erstorbene;  im  Hintergrunde  links  schreiten  die 
drei  Frauen  dem  Grabe  zu,  während  rechts  der  Prophet  Jonas  vom  Fisch 
verschlungen  wird.  Die  Zusammenstellung  dieser  Motive  erklärt  die  am  Ge- 
sims angebrachte  Inschrift: 

MORTVVS   EST  CHRISTVS  SVPERATA  AST   MORTE    REVIXIT 
CEV  JONAS  VIVVS   PISCE  VORATVS  ADEST.     1578. 

Auf  der  Fläche  zwischen  den  beiden  Säulensockeln  sind  die  nieder- 
deutschen Bibelstellen  Ev.  Matth.  12,  40  und  Römer  5,  10  aufgemalt;  darunter 
steht:  anno  d^rift  :  \575  :  ben  6  feptember  3^  roolter  Iiolftcn  feUgen  im  I^ern  ent= 
[d^Iapen.  Inmitten  eines  oberen  i\uf baus  mit  flachem ,  \'on  zwei  Säulen  ge- 
tragenen Giebel  ist  in  einer 
Bogennische  Gott -Vater  mit  der 
Weltkugel,  darüber  im  Giebel- 
felde die  Taube  des  hl.  Geistes 
dargestellt;  zwei  seitliche  kleine 
Felder  enthalten  die  in  grau  ge- 
malten .symbolischen  Figuren  des 
Glaubens  und  der  Liebe.  Den 
unteren  Abschluß  bildet  eine 
Kartusche  mit  mittlerem  ge- 
schnitzten Cherubimkopf  und  zwei 
gemalten  schlummernden  Knaben 
mit  Stundenglas  und  Totenkopf. 
Das  im  Norderschifif  am  sechsten 
Wandpfeiler  aufgehängte  Denk- 
mal i.st  1747  laut  Aufschrift  und 
ferner  aufs  neue  1849  \'on  C.  J. 
Milde    wiederhergestellt    worden. 

KhemaligesWaj)pen  des 
laut  Inschrift^)  am  19.  Juli 
1577  gestorbenen  Bürgers 
GerdtStotebrügge,  1579'"^) 
an  der  Südseite  des  zweiten 
Norderpfeilers  errichtet  und 
1694  an  die  Südwand  der 
Schinkel-Kapelle  umgehängt.^) 


1)  Lub.  Relig.  S.    182. 

'^  1579  März  9  zahlte  »Metteken 
Stoylebruen ,  dat  se  ereii  seligen  inane 
Gert  Stotebruen  syn  wapen  na  to  hangen 
laten,«  50  ^,  von  deren  Zinsen  die  Kirche 
ein  Licht  »in  s.  Annen  kapellen«  halten 
sollte;  WB.  1579,  i.  W.  in  den  Fasten 
(März  8 — 16). 


Epitaph  des  Hinrich   Conradi. 


DIE  MAKIlixNKlRCIlE. 


341 


Ehemaliges  Wappen  des  laut  Inschrift^)  um  17.  Oktober  1580  ge- 
storbenen Bürgermeisters  und  Vorstehers  der  Marienkirche  Heinrich  Plonnies, 
an   der   Xordseite  des  ersten   nordlicluMi   Chori^feilers. 

I'",hemaliges  \\'a]ipcn  des  laut  Inschrift^)  aus  Plön  gebürtigen,  am 
29.  Mar/,  1585  im  72.  Lebensjahr  gestorbenen  l>ürgermeisters  Johann 
Brokes,    links   vor   der    lUirgermcisterkapelle,    bei    der  er   liegraben    ist."^) 

Ehemaliges  \\'a])pcn  des  laut  InschritV*'  am  6.  März  1586  im    :,\.  I.ebens- 

jahre  gestorbenen  A  n  t  o  n  v  o  n 
Stiten,  an  der  Südseite  des  dritten 
Norderpfeilers. 

Khemaliges  Wai)])en  des  laut 
Inschritt'*)  am  11.  l'ebruar  1588 
im  58.  Lebensjahr  gestorbenen  Rats- 
herrn (lottschalk  von  Stiten, 
ebenda. 

Iq:)itaph  für  den  am  28.  Antust 
1588  gestorbenen  Büroer  JI  in  rieh 
Conrad!  (Abb.).  ¥Än  im  Mittelfeld 
ruiidbogig'  abgeschlossener,  mit  Quadern 
und  reichem  Kartuschenwerk  gezierter 
Rahmen,  dem  zwei  kanellierte  Säulen 
mit  Schaftrinoen  vorgesetzt  sind,  um- 
gibt  mit  der  Schrifttafel  das  Motivbild, 
eine  auf  Holz  gemalte  Kreuzigungs- 
gruppe, in  deren  Vordergrund  der  Ver- 
storbene anbetend  kniet,  während 
hinten  der  Prophet  Jonas  vom  Schiffs- 
volk  ins  Meer  gestürzt  und  \'om  b'isch 
ans  Land  gespieen  wird.  Im  unteren 
Kartuschenwerk  ist  ein  Schild  mit  der 
Conradischen  Marke  angebracht.  Über 
dem  mit  vorgehängten  Löwenköpfen  ge- 
schmückten Gesims  erhebt  sich  zwischen 
zwei  weiblichen  Statuetten,  deren  Attri- 
bute fehlen,  ein  v^on  Pilasterhermen  ge- 
tragener Aufbau,  der  im  mittleren,  von 
Quadern  eingefaßten  r'elde  ein  kleines 
Gemälde  der  Auferstehung,  im  oberen 
Gesims  und  dem  flachen  Giebelfeld  die 
Taube  des  hl.  Geistes  und  ein  Brustbild 
Gott -Vaters   umschließt.     Gekrönt  wird 


Epitaph   des  Ratsherrn 
Hinrich  Wcdemhoff  d.   AU. 


i)  Lub.  Relig.  S.   196. 

2)  Das.'.S.   190. 

3)  Vgl.   S.   276  Anm.   2. 
*)  Lub.  Relig.  S.  209. 


342 


DIE  MARIENKIRCHE. 


das  Ganze  von  einer  Statuette  des  auferstandenen  Heilands.     Am  Wandpfeiler 
zwischen  der  Oldesloe-Kapelle  und  der  Gerwekammer. 

Dem  vorigen  ähnlich  ist  das  Epitaph  für  den  am  22.  Februar  1589 
gestorbenen  Ratsherrn  Hin  rieh  Wedemhoff  (Abb.  S.  241).  Zwei  nach  dem 
Vorbilde  der  1590 — 92  entstandenen  beiden  Schmalseiten  der  Lettnerbrüstung 
gefertigte  korintisierende  Säulen  mit  vierseitigen  bemalten  Postamenten  und 
ornamentierten  Schaftringen  tragen  ein  mit  vorgehängten  Löwenkopf  konsolen  und 
geschnitzten  Friesfüllungen  geziertes  Gesims. 
Das  große  Mittelfeld  füllt  ein  HESEKIEL  37 
I.  WILLINGES.  F.  1597  gezeichnetes  gutes 
Tafelbild  der  Auferweckung  der  Totenge- 
beine des  Hauses  Israel  durch  den  Propheten 
Hesekiel  (Hesekiel  37,  10)  mit  der  knieen- 
den Figur  des  Verstorbenen  im  Vordergrund. 
Darunter  die  Inschrifttafel  und  ein  schönes 
Kartuschenwerk.  Den  oberen  Abschluß  bildet 
ein  von  Hermenpilastern  getragener  Giebel- 
bau, der  in  einer  Bogennische  das  Wedem- 
hoffsche  Wappen  (im  gcjldenen  Schilde  eine 
Weide  mit  einem  W^iedehopf  inmitten  eines 
Palisadenzauns  mit  vorderer  überdachter 
Pforte,  auf  dem  Stechhelm  ein  Wiedehopf) 
umschließt;  er  wird  flankiert  und  gekrönt 
von  den  Statuetten  der  Gerechtigkeit,  der 
Klugheit  und  der  Stärke.  Rechts  neben  dem 
Eingang  zur  Beichtkapelle. 


n 


DNHERri^lVSADORNEf 
ORDiMiS.  C0rSL*B'5 
SEMiOR  ft  OBüT  ANO 
CHIUSTi;5  91DE2AfRl 

fJA-)9 


—  C5>r   -Igl» 


Epitaph  für  den  1522  geborenen,  1589 
gestorbenen  preußischen  Vizekanzler  Anton 
Köhler.  Es  umfaßt  das  Köhlersche  Wappen 
(vgl.  S.  338),  eine  zum  Teil  erloschene  In- 
schrifttafel und  den  Porträtkopf  des  Ver- 
storbenen, beide  in  Renaissanceumrahmungen. 
Das  seinem  Stil  zufolge  bald  nach  dem  Ab- 
leben   des   Vizekanzlers    gefertigte   Denkmal 

ist  erst  1643,  offenbar  gleichzeitig  mit  dem  seines  1641  gestorbenen  Sohnes 
Hinrich  Köhler,^)  in  der  Marienkirche  aufgehängt.^)  Bis  1854  neben  dem 
oben  beschriebenen  PLpitaph  seines  Vaters  Hinrich  Köhler,  seit  187 1  an  der 
Südwand  der  Greveraden-Kapelle. 


Epitaph  des  Bürgermeisters 
Hermann    von    Dorne    d.  Alt. 


')  Vgl.  S.  354. 

*)  1643  August  21  zahlte  Bürgermeister  Dr.  Anton  Köhler  an  die  Kirche  50  ^,  »so  für 
des  Vaters  Herrn  Antoni  Kohlers  Wapen  aufzuhengen  ist  gegeben  worden;«  WB.  1643,  21.  W.  n. 
Ostern  (August  20 — 26). 


DIE  MARIENKIRCHE. 


343 


Wappen  des  am  2.  April  1594  im  59.  Lebensjahr  gestorbenen  lUirger- 
meisters  und  Vorstehers  der  Marienkirche  Hermann  von  Dorne  (auf  blauem 
Schilde  in  o()ld  ein  dornartig  oeschweifter  S])arren,  der  oben  von  einem  Mond 
und  einem  Stern,  unten  von  einer  Taube  begleitet  wird,  auf  dem  Stechhelm 
drei  langgestielte  goldene  Rosen);  darunter  in  zierlicher  Renaissanceunn-ahmung 
die  Inschrifttafel  (Abb.).  Bis  185 1  rechts  vor  der  Bergenfahrcrkapcllc,  seit- 
dem über  der  Tür  zur  Sakristei. 

Ehemaliges  Wappen  des  laut  Inschrift^) 
am  28.  September  1595  im  77.  Lebensjahr  ge- 
storbenen Ratsherrn  Johann  Kerckrinck; 
an  der  Nordseite  des  fünften  Norderpfeilers, 
wo  noch  zwei  weitere  nicht  nälier  bezeich- 
nete Kerkringsche   Wa])])eii   hingen.^) 

Ganz  ähnlich  dem  I^pitaph  des  l^ürger- 
meisters  Hermann  von  Dorne,  neben  dem  es 
stets  gehangen  hat,  ist  dasjenige  des  am 
19.  August  1600  gestorbenen  Bürgermeisters 
Dr.  jur.  Hermann  Warmböke  (im  goldenen 
Schilde  eine  Buche,  auf  dem  Spangenhelm  ein 
schwarzer  Flügel). 

Epitaph    für   den  am    16.   h^ebruar    1602 
im  Alter  von  fünfzig  Jahren  gestorbenen  Rats- 
JB^^^^^AjäM  herrn   Henning  Parcham    (Abb.),    bestehend 

aus  dessen  Wappen  (auf  dem  \'on  Schnörkeln 
umrandeten    blauen    Schilde    eine    Kleestaude 
inmitten    eines    mit   silbernen    Rosen   besetzten 
Kranzes,    den    drei    dreizackige   Kronen    über- 
höhen,   auf  dem    Stechhelm    drei    Stangen    mit 
denselben  Kronen),  der  von  zwei  fackeltragen- 
den   Putten    flankierten    Schrifttafel    und    einer 
unteren     Renaissancekartusche,     die     zwischen 
zwei  geflügelten  Meerjungfern  im  ovalen  Mittel- 
felde   eine    schlummernde   Putte    mit   Stunden- 
glas    und     Totengebeinen     zeigt.       i84<S     von 
C.  J.  Milde   wiederhergestellt.      An   der   Nord- 
ostseite des  ersten  Süderpfeilers. 
1603    April     16     wurde     den    Testamentsvollstreckern     Herrn     Henning 
Parchams    u.   a.    gestattet,     »ein    epytavium    tho    ehren   und    syner   gedechtniss 
an  den  ersten  püer  tegen  Heysekels    capellen   belegen    na   tho    setten;«    WB. 
1603,    15.   W.   n,   Neujahr  (April   10 — 16). 


Epiupli   des  Ratsherrn 
Henning  Parcham. 


1)  Lub.  Relig.  S.  201. 

2)  Reste    zweier  Kerkringschen   Wappen,    deren  Schilde  unversehrt  sind,    befinden   sich  auf 
dem  Boden  über  der  südlichen  Vorhalle. 


344 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Wappen  des  am  6.  September  1602  im  66.  Lebensjahre  gestorbenen 
Patriziers  Theodor  Karckrinck  (im  goldenen  Schilde  ein  schwarzer  gekrönter 
Löwe,  auf  dem  Stechhelm  ein  aufgezäumter  Kameelkopf)  mit  unterer  Schrifttafel 
in  schmaler  Renaissanceeinfassung.     An  der  Ostseite  des  vierten  Süderpfeilers. 

Ehemaliges  Wappen  des  laut  Inschrift^)  am  6.  August  1535  geborenen 
und  am  27.  Oktober  1605  gestorbenen  Patriziers  Heinrich  K er k ring;  an 
der  Ostseite  des  ersten 
Süderpfeilers,  wo  früher 
noch  ein  weiteres  Ker- 
kringsches  Wappen  hing. 

\Vapj:)en  des  nach  der 
ursprünglichen  Inschrift'"^)  am 
23.  Ai)riP)  1607  gestorbenen 
Ratsherrn  Hermann  von 
Dorne  d.  Jung.,  ganz  ähn- 
lich tlem  oben  (S.  343)  be- 
schriebenen seines  gleich- 
namigen Vaters.  An  der 
Westseite  des  zweiten  Norder- 
pfeilers. 

Wappen  (vgl.  S.  3^7) 
des  am  23.  April  1607  ge- 
storbenen Patriziers  Johann 
von  Hövclen,  mit  unterer 
viereckiger      Schrifttafel      in 

schmaler  Renaissanceum- 
rahmung.    An  der  Nordost- 
wand  der  südlichen  Kapelle 
des  Chorumgangs. 

Epitaph  für  den  am 
I.  März  i6o<S  im  54.  Lebens- 
jahr   gestorbenen    Ratsherrn 

•)  I>ub.  Relig.  S.   206. 

'^)  Sie  lautete  nach  Lub. 
Relig.  S.  205:  »Dn.  Ilermannus  a 
Dorne  junior  vir  ordinis  senatorii  pie 
obiit  in  Christo  1607  die  23.  aprilis.« 
Die  gegenwärtige,  offenbar  bei  einer 
1851  von  C.  J.  Milde  vorgenommenen 
Wiederherstellung  verderbte  Inschrift 
schließt  «...  obiit  anno  Christi 
1602   die  24  aprilis  a.   60  retatis  « 

^)  Die  Ratsliste  (St.-A.)  gibt 
den  22.  April  1607  als  seinen  Todes- 
tag an.  Epitaph^des  Bürgermeisters  (JoUhard  von  Hüveleii  d.  Jün<i 


DTK  MARIENKIRCHE. 


345 


Haltliasar  Laffcrdes,  bestehend  aus  dessen  Wappen  (im  «gespaltenen 
Schilde  vorn  \ier  abwechselnd  goldene  und  mit  je  einem  ^oldenen  Stern 
belegte  schwar/e  I^'elder,  hinten  auf  blauem  ( iiunde  ein  biauncr  i  Jirsch- 
ko])!',  der  auch  als  I  lelmkleinod  dient),  einer  von  zwei  I-igürchen  mit  abge- 
brochenen Attributen  ((ilaube  und  Lieber)  eingefaßten  Schriftlafel  und  einer 
unteren  Kartusche  mit  ovalem  Relief.  1864  neu  bemalt  und  vergoldet.  An 
der  Ostseite  des  sechsten   Süderpfeilers. 

Bemaltes  und  teilweise  vergoldetes  Sandsteindenkmal  in  edlen  I<\)rmen 
deutscher  Renaissance  für  den  laut  Inschrift  am  16.  März  1609  im  64.  Lebens- 
jahr gestorbenen  Bürgermeister  Gotthard  von  Hövelen  (Abb.).  Zwischen 
zwei  Pilastern,  die  ein  hohes  Gebälk  tragen,  umschließt  eine  l\undb(^geiuiische 
ein  die  Aulerweckung  des  Lazarus  darstellendes  schönes  alabasternes  Hoch- 
relief von  1,03  m  Höhe  und  0,73  m  Breite,  in  dessen  Vordergrund  der  Bürger- 
meister und  seine  Ehefrau  Anna  geb.  Schilling  mit  ihren  Wappen  abgebildet 
sind.  Den  Fries  des  Gesimses  sowie  eine  untere  Tafel  bedecken  Inschriften.') 
Neben  ersterer  sind  die  durch  Schriftbänder  mit  den  Worten  HOVELEN  und 
BROMSE  bezeichneten  Wappen  der  heitern  des  Verstorbenen  angebracht, 
wiihrend  die  Pilaster  die  mit  den  Unterschriften  (links  vom  Beschauer  aus:) 
STOTEBRVG,  SCHAFFHVS,  WESTPHAL,  (rechts:)  BERCK,  BRVNS 
untl  EVINCKHVS  versehenen  Wai)pen  seiner  sechs  Ahnfrauen  zweiten  und 
dritten  Gliedes  in  willkürlicher  Anordnung  tragen.  Das  verwandtschaftliche 
X'erhältnis  veranschaulicht  der  nachstehende  Stammbaum. 


Johann  v.  Hövelen 

zu  Dortmund. 

Ehefrau : 

Margaretha     von 

S  c  h  a  f  f  h  a  u  s  e  n 

aus  Soest. 

Bürgermeister 

Gotthard 

V.   Hövelen 

t   1555- 


Hans  Stotebrügge 

t    15  18. 

I'diefrau : 
Katharina  Bruns. 


Bürgermeister 

Hinrich  v.  Brömse 

f  I  502.    Ehefrau: 

Elisabeth   W^est- 

p  h  a  1 . 


Zweite   Ehefrau : 
Barbara     Stote- 
brügge. 


Bürgermeister 

Nikolaus 

V.   Brömse 

t    1562. 


Heinrich  Berck 
j  I  518.  Ehefrau: 
Katharina  Lange, 
Witwe  des  Rats- 
herrn Tidemann 
E  v  i  n  g  h  u  s  e  n 
(t    1504)- 

Ehefrau : 

Margaretha 

Berck. 


Ratsherr  Gotthard  v.  Hövelen 

t    1571- 


Margaretha  v.   Brömse. 


Gotthard  von  Hövelen  f  1609. 
Gekrönt  wird  das  Gebälk  von  einem  am  oberen  linde  beschädigten 
Kartuschenwerk,  dessen  mittlere  Muschelnische  eine  verstümmelte,  anscheinend 
den  Heiland  darstellende  Figur  birgt  und  dem  seitlich  z\\^ei  ruhende  Putten 
mit  Flöten,  Totenkopf  und  Stundenglas  vorgelagert  sind.  An  der  Südostseite 
des  dritten  nördlichen  Chorpfeilers. 


^)  Gedr.  v.  Seelen,  Athenae  Lubecenses   I,  S.   120. 


346 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Über  diesem  Epitaph  hing  ehemals  das  zum  gröf^ten  Teil  noch  auf 
dem  Boden  über  der  südlichen  Vorhalle  aufbewahrte  geschnitzte  Wappen  des 
Verstorbenen. 


Größtenteils  erhaltenes,  mit  Schrifttafel  versehenes  Wappen  des  am 
I.  April  1612  im  84.  Lebens- 
jahr gestorbenen  Ratsherrn 
Georg  von  Stiten.  Ehe- 
mals an  der  Südseite  des 
dritten  Norderpfeilers,  jetzt 
auf  dem  Boden  über  der 
südlichen  Vorhalle,  wo  sich 
auch  die  aus  Schild  und  Helm- 
decken bestehenden  Reste 
eines  weiteren  von  Stiten- 
schen  Epitaphs  befinden. 

1613   Juli   16   ver- 
spricht     (der      damalige 

Kirchenmaler  an  St. 
Marien)  Michel  Dakes, 
sein  rückständiges  Korn- 
geld dem  Maleramt  zu 
entrichten,  »sobalde  he 
das  Epitaphium  in  Marien- 
karcke  ferdich  hefft,  dar 
ehm  die  Stittensche  for 
botallen  sali;«  St.-A., 
Wetteprotokolle. 

Epitaph  für  den  laut 
der  Inschrift  aus  Münster 
gebürtigen,  am  23.  Septem- 
ber 161 2  im  57.  Lebensjahr 
(aetatis  anno  57.,  mense  i., 
die  2.)  gestorbenen  Ratsherrn 
Johann    Glandorp    (Abb.). 

In  der  Hauptsache  aus 
weißem,  teilweise  bemaltem 
und  vergoldetem  Kalkstein 
bestehend,  zeigt  es  zwischen 
zwei  roten  Marmorsäulen,  die  von  zwei  Engeln  flankiert  werden,  in  einfachem 
Bogenfelde  ein  1,17  m  hohes,  0,74  m  breites  Alabasterrelief  der  Grablegung. 
Vor  demselben  knieen  auf  der  nach  unten  hin  in  einer  Kartusche  mit  Schrift- 
tafel abschließenden  Basis  die  Figuren  des  Ratsherrn  und  seiner  Ehefrau  Anna 
geb.  Seling  (gest.  1625).  Über  dem  schmalen  Gesims  erhebt  .sich  ein  dem 
Hauptteil   cähnlicher,    von    einem    durchbrochenen   Giebel    überdachter   Aufbau, 


Epitaph   des  Ratsherrn  Johann   Glandorp. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


347 


MittelfoUl     in    zierlicher    Uniralimuno-    ein    ^Medaillon    mit    den    Worten 


MONVMENTVM     EIVS     ERIT    GLORIOSVM. 
beiden    Seiten    dieses   Aufijaus    hielten    zwei    Putten, 


ESAI  li  umschließt.  Zu 
deren  eine  al:)<;ebr()chen 
ist,  das  (ilandorpsche 
(im  Schilde  ein  von 
tlrei  Sternen  l)e^leiteter 
geschweifter  Sparren, 
auf  dem  I  leim  ein  Stern 
zwischen  zwei  Hörnern) 

und   das   Selingsche 
\\'ap])en    in    medaillon- 
formigen  lunfassungen. 
Dahinter      stehen      die 
l-'iguren    des   Glaubens 

und  der  Hoffnung, 
während  als  (iiebelbe- 
krönung  vermutlich  eine 
jetzt  mitten  vor  dem 
oberen  Aufbau  aufge- 
stellte Putte  diente. 
An  der  Südseite  des 
vierten  nördlichen  Chor- 
pfeilers. 

1 6 1 3  Juni  1 3 
wurde  den  Testa- 
ments Vollstreckern 
weil.  Herrn  Johann 
Glandorp  ein  neues 
gemauertes  Grab 
»im  groten  Khoer 

twischen  dem 
missinges  Traillien- 
wercke    unde    den 
Stande  der  Heren 

Burgermeister 
sietzwertt   (!)«      für 
1 2  00  .^  unter  der 

Bedingung  ver- 
kauft, daß  sie  ihm 
»an      den      roden 
Kerckenpieler,  dar- 

by  Her  Johan 

Glandorp    bestedi- 

get ,     ein     zierlich 

steinern    Epitapihum«     nebst    einem     alljährlich     mit    zwei    Wachslichtern     zu 

unterhaltenden     zweiarmigen     Leuchter      setzen     lassen      sollten;      Steinbuch 

1597  — 1636,   S.    103. 


Epitaph   des  Syndikus  Dr.   Peter  Hagen. 


348  DIE  MARIENKIRCHE. 

Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift  1554  zu  Lippstadt  geborenen  und 
am  30.  Oktober  1614  gestorbenen  Syndikus  Dr.  jur.  Peter  Hagen  (Abb. 
S.  347),  161 8  von  seiner  Witwe  Elisabeth  geb.  Fabricius  errichtet.  Großes, 
schön  geschnitztes  Denkmal  in  üppigem,  zum  Barocken  neigendem  Stile  der 
Hochrenaissance  mit  reicher  Bemalung  und  Vergoldung.  Der  untere  Teil 
enthält  ein  Gemälde  mit  dem  vor  dem  Gekreuzigten  knieenden  Ehepaare  und 
eine  untere  sowie  zwei  seitliche  Inschrifttafeln  in  reichen,  von  Putten  und 
Halbfiguren  belebten  Umrahmungen.  Der  vorspringende  Mittelbau,  dessen 
verkröpftes  Gebälk  von  zwei,  schlichten  Pilastern  vorgesetzten  Säulen  mit  reich 
ornamentierten  Sockeln  und  Schäften  getragen  wird,  umfaßt  ein  größeres 
mittleres  Gemälde  der  Himmelfahrt  Christi  und  zwei  kleinere  seitliche  von 
zierlichen  Umrahmungen  eingefaßte  Bilder,  welche  die  Heilung  der  Frau  vom 
Blutgang  (Marc.  5,  25 — 34)  und  —  mit  Bezugnahme  auf  eine  sechsjährige  Ge- 
fangenschaft^) des  Syndikus  vor  seiner  Berufung  nach  Lübeck  —  die  Befreiung 
des  Apostels  Petrus  aus  dem  Gefängnis  (Apostelgesch.  12,  6 — 9)  darstellen. 
Über  den  kleineren  Bildern  sind  die  Figuren  der  Hoffnung  und  des  Glaubens, 
am  oberen  Gesims  die  Wappen  des  Ehepaares  angebracht.  Den  oberen  Ab- 
schluß bildet  ein  das  Gemälde  Gott -Vaters  mit  der  Weltkugel  umschließender 
von  Säulen  getragener  Aufbau,  neben  dem  die  Gestalten  der  Stärke  und  der 
Klugheit  aufgestellt  .sind,  während  sein  flaches  Giebeldach  drei  weibliche 
Figuren  überragen,  die  trotz  des  Verlustes  ihrer  Attribute  aus  ihrer  Haltung 
als  die  Gerechtigkeit,  Liebe  und  Mäßigkeit  kenntlich  sind.  Am  Wandpfeiler 
zwischen  der  südöstlichen  Tür  und  der  Molen-Kapelle. 

161S  November  23  wurde  »dat  Altar,  dar  Doctor  Petrus  Haagen  sehl. 
Epitaphium  gesettet,  wechgebracken;«  WB.  161 8,  8.  W.  n.  Michaelis 
(November  22  —  28).  Er  war  »in  ein  gemurde  Graf  besuden  an  dat  Cohr 
begraben;«    WB.    1614,    5.   AV.   n.   INIichaelis  (Oktober   30  —  November   5). 

Ehemaliges  hölzernes  Epitaph  für  den  am  2 1 .  Februar  1 6 1 6  im 
70.  Lebensjahr  gestorbenen  Bürgermeister  Ur.  jur.  Jakob  Bording  mit 
dessen  Bildnis  und  Schrifttafel.  ^)  An  der  Südostwand  der  nördlichen  Kapelle 
des   Chorumgangs;    1800   wegen   Baufälligkeit  beseitigt. 

Ehemaliges  alabasternes  Epitaph  der  laut  Inschrift^)  am  24.  August  16 16 
im  68.  Lebensjahre  gestorbenen  Witwe  des  Ratsherrn  Gottschalk  von  Stiten*) 
Margaretha  geh.  von  Höveln.  An  der  mittleren  Wand  der  südhchen 
Kapelle   des   C'horumgangs;    1787    zuletzt   nachweisbar. 


')  Die  Inschrift  berichtet:  .->.  .  .  illustrium  nobilium  et  Rerump.  advocationibus  praeclarus 
in  magni  Principis  Imperii,  contra  quem  suis  clientelibus  advocatus  erat,  malevolorum  calumniis 
incitati  odium  et  carcerem  iinmeritum  incurrit,  ex  quo  cum  in  poenam  capitis  deposceretur,  pro 
vita,  fama  et  bonis  defensandis,  in  publico  sanguinarii  judicii  foro  feliciter  bis  causam  sibi  suam 
dixit,  muhorum  criminum  reus  quidem  sed  nullius  jure  pactus  et  convictus,  post  exantlatos  VI.  anno 
carceris    squallores,    repagulis    slupendo   more  convulsis  in  pristinam  se  libertatem  vindicavit   .   .   .   .« 

'^)  Lub.  Relig.  S.    132. 

»)  Das.  S.   192.  .  • 

*)  Vgl.  S.  341. 


DIE  MAKIKNKIRCHE. 


349 


F.pitaph  für  den  (am  20.  Mai)  16 iS  im  74.  Lebensjahre  oestorbenen 
früheren  mecklenburoischen  Kanzler  Dr.  jur.  Daniel  Zöllner  (Abb.)  Zier- 
licher   Renai.ssanceaufbau    au.s    teilwei.se    bemallem    und    xer^oldetem    Sandstein 

und  Alabaster.  Zwei  ioni- 
sierende Säulen  und  ein  auf 
ihnen  ruhendes,  mit  vov- 
springenden  Louenkopfkon- 
solen      und      der      .\ufschrift 

MIRACVLVM  AMORIS 
versehenes  niedriges  (iebälk 
umrahmen  ein  lebhaft  be- 
wegtes, gut  gearbeitetes  Ala- 
basterrelief der  Kreuzab- 
nahme. Vor  den  Säulen 
knieen  der  X'erstorbene  und 
seine  Ehefrau.  Zu  beiden 
Seiten  des  Hauptteils  um- 
schlossen rundbogige  Nischen 

mit  den  Überschriften 
GENES  und  III  CAP.  die 
Statuetten  Adams  und  lA'as 
nach  dem  Sündenfall,  von 
denen  nur  die  letztere  er- 
halten ist.  Über  dem  Ge- 
sims erhebt  sich  auf  einem 
schlichten  Unterbau,  der  die 
jedenfalls  aus  ANNO  ■  M  • 
DCXVIII  verderbte!)  Jahres- 
zahl ANNO  •  M  .  DCVIII 
und  eine  aus  Daniel  9,  24 
entnommene  Hibelstelle  trägt, 
in  kranzförmiger  Umrahmung 
ein  von  zwei  Putten  gehal- 
tenes Relief  der  Auferstehung. 
Von  zwei  auf  den  Löwen- 
kopfkonsolen  aufgestellten 
Statuetten  ist  nur  noch  die 
linke  vorhanden,  der  gleich 
einer  weiteren,  das  Ganze 
Epitaph  des  Dr.  Daniel  Zöllner.  krönenden    Figur    die   Arme 

mit    den    Attributen    fehlen. 
Zu    beiden    Seiten    des    Oberbaus    umschließen    zwei    von    kleinen    Obelisken 


*)  In    der    Lub.    Relig.    S.    21; 
numerum  legitur  .   .   .   .« 


heißt    es:     »In    hoc    (epitaphio)    preler    anno    MDCXVIII 


350  DIE  MARIENKIRCHE. 

überragte  Kartuschen  die  Wappen  der  Familien  Zöllner  (im  Schilde  über  einem 
mit  einem  Degen  belegten  Balken  ein  wachsender  Löwe  mit  einer  Tartsche 
auf  der  rechten  Pranke,  auf  dem  Spangenhelm  ein  wachsender  Löwe  zwischen 
zwei  Hirschgeweihen)  und  Schilling  (im  geteilten  Schilde  oben  ein  gestutzter 
Eichast,  unten  ein  Steinbock,  auf  dem  Stechhelm  ein  wachsender  Steinbock). 
Zu  Unterst  übereinander  zwei  Kartuschen  mit  Inschriften.  Das  an  der  Ostseite 
des  fünften  Süderpfeilers  befindliche  Epitaph  ist  1849  ^'^^  C.  J.  Milde  neu 
bemalt  und  vergoldet. 

Das  Denkgemälde  für  die  Familie  Göttinck  ist  S.  327  f.  beschrieben. 

Ehemaliges  Wappen  des  laut  Inschrift^)  am  7.  Januar  1621  im  57.  Lebens- 
jahre gestorbenen  Bürgermeisters  Matthäus  Rossen;  an  der  Ostwand  der 
südlichen   Vorhalle. 

Wappen  des  laut  der  Inschrift  am  3.  (3ktober  1567  geborenen  und  am 
19.  Dezember  1623  gestorbenen  Bürgermeisters  Hinrich  Brokes  (im  Schilde, 
den  ein  mit  zwei  goldenen  Enten  belegter  roter  Balken  teilt,  oben  in  gold 
drei  grüne  Weidenzweige,  unten  lichtgrünes  Wasser;  das  Helmkleinnod  —  drei 
Weidenzweige  —  ist  abgebrochen);  darunter  zwei  Inschrifttafeln  mit  einem 
Distichon  bezw.  dem  Geburts-  und  Todesdatum  in  einer  dem  unteren  Teil 
des  Hagenschen  Epitaphs  ähnlichen  Unn-ahmung.  Rechts  oberhalb  der 
Molen-Kapelle. 

Wappen  des  laut  der  Inschrift  am  15.  April  1627  im  6y.  Lebensjahre 
gestorbenen  Bürgermeisters  und  Vorstehers  der  Marienkirche  Alexander 
Lüneburg  (im  rot^)  erscheinenden  Schilde  drei  goldene  zweistöckige  Türme, 
auf  dem  Stechhelm  ein  Mannesrumpf  mit  flatternder  Kopfbinde),  darunter  eine 
Schrifttafel  in  barocker,  von  Putten  belebter  Umrahmung.  An  der  Ostseite 
des  zweiten  Süderpfeilers. 

Epitaph   für  den  laut  der  Inschrift  am    19.  April    1627   siebenundvierzig- 
jährig    gestorbenen    Ratsherrn    Bernhard    Wedenhoff,    bestehend    aus    dem 
Wappen  (vgl.   S.   342),    einer   unteren  Schrifttafel    in  barocker  L^mrahmung  mit 
teilweise  abgefallenem  figürlichen  Schmuck  und  dem  auf  Holz  gemalten  Porträt- 
kopf des  Verstorbenen;    1629  errichtet.     Bis  vor  kurzem  an  der  Südwand  der 
südlichen  Kapelle   des   Chorumgangs,    neuerdings   in   der  Bürgermeisterkapelle. 
1629    Juli    20     verehrte     Paul    Wibbeking    »als     verordneter    Vormundt 
seligen    Herr    Bereut  Wedenhaves   Erben    für    des    seligen   Herren   Wapen    auf- 
zuhencken«    der    Kirche    10    Reichstaler    (=    30    ^);    WB.    162g,    16.    W.    n. 
Ostern   (Juli    19 — 25). 

Wappen  des  laut  der  Inschrift  am  28.  Oktober  1541  geborenen  untl 
am   5.  August  1628  gestorbenen  Ratsherrn  Joachim   Wibckink   (im  goldenen 


0  Lub.  Relig.  S.   189. 

*)  Die  Grundfarbe  des  Lüneburgischen  Wappens   ist  sonst  blau. 


Epitaph  des  Bürgeniieislers  Dr.  Lorenz  Möller. 


352 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Schilde  ein  auffliegender  silberner  Kranich,  auf  dem  Stechhelm  ein  silberner 
Kranichkopf);  darunter  eine  Kartusche  mit  Schrifttafel.  Links  vor  der 
Beichtkapelle. 

Wappen  des  laut  der  Inschrift  aus  Münster  i.  \V.  gebürtigen,  am 
20.  Juni  1630  im  66.  Lebensjahre  »inter  pias  meditationes«  ^)  gestorbenen 
Bürgermeisters  Johann  Vinhagen  (in  dem  von  einem  roten  Balken  in  blau 
und  silber  geteilten  Schilde  oben  zwei  goldene  Sterne,  unten  eine  Hagebutten- 
staude mit  drei  Früchten,  auf  dem  Stechhelm  ein  Hagebuttenzweig)  mit  unterer 
Schrifttafel  in  ähnlicher  Umrah- 
mung  wie    beim   Lüneburgschen 

Wappen.     Nordostseitig  am 
Pfeiler    der    südlichen    Vorhalle. 

Großes  reichgeschnitztes 
barockes  Denkmal  für  den  laut  der 
Inschrift^)  am  24.  März  1560  zu 
Lübeck  geborenen  und  am  8.  März 
1634  gestorbenen  Bürgermeister 
und  Vorsteher  der  Marienkirche 
Dr.  jur.  Lorenz  Möller  (Abb. 
S.  351),  errichtet  von  seiner 
Witwe  Magdalena  geb.  Bonnus 
und  seiner  Tochter  Anna.  Der 
mittlere  Hauptteil  zeigt  zwischen 
zwei  von  Säulen  eingefaßten  schma- 
len Muschelnischen,  in  denen  zwei 
weibliche  Statuetten,  anscheinend 
Glaube  und  Hoffnung,  aufgestellt 

sind,  im  hohen  rundbogigen 
Mittelfelde  ein  gleich  den  übrigen 
Gemälden    dieses    Denkmals    auf 
Kupfer    gemaltes     figurenreiches 
Bild      der      Kreuzigung,^)      das 


^)  Er  ist  »am  Sontage  den  20. Juni 
Nachmittage  in  der  Kirchen  im  Burger- 
meisterstule  im  Beiwesen  der  andern 
Herren  Burgermeister  nach  Ablesunge  des 
Textes  niedergesuncken  und  todt  ge- 
blieben;« WB.  1630,  13.  W.  n.  Ostern 
(Juni   20 — 26). 

*)  Gedr.  bei  von  Seelen,  Athenae 
Lubecenses   i,  S.    122. 

■')  Lichtdruckabbildung  bei  1'. 
Hasfe,  Aus  der  Gesch.  d.  Lüb.  Malerei 
1550— 1700.  Tafel  IV. 


Epitaph  des   Ratsherrn  Johann  P^üchtinc 


DIE  MARIENKIRCHE.  353 

Hans  V.  Hembfen  1630')  ^^czcichncl  ist.  Das  vcrkropftc  boj^cntlirmi^c  (icljiilk 
stützen  \()rn  zwei  schwach  <;cuundene  von  Wein  umrankte  Säulen,  deren 
reichgeghederte  Konsolen  von  zwei  schwebenden  Putten  getragen  werden. 
Der  auf  zwei  Säulen  ruhende  Oberbau  umschließt  ein  viereckiges  Gemälde 
der  Auferstehung,  sein  von  der  Statuette  der  Liebe  gekrönter  phantastischer 
Giebel  das  MöUersche  Wappen  (im  gespaltenen  Schilde  xorn  zwei  ineinander- 
geschlungene  Weinreben  auf  silbernem,  hinten  ein  halbes  goldenes  Mühlrad 
auf  rotem  Grunde,  auf  dem  S])angenhelm  eine  Weinrebe  zwischen  zwei  Hüffel- 
h()rnern).  Zwei  weitere  Wappen  sintl  in  Kartuschenumraliiniingen  zu  beiden 
Seiten  oberhalb  des  Mittelbaus  angebracht:  links  vom  Beschauer  aus  wahr- 
scheinlich dasjenige  der  unbekannten  Mutter  des  Bürgermeisters,  rechts  das 
Honnussche  Wappen  (vgl.  S.  325)  seiner  Ehefrau.  Den  unteren  Ab.schluß 
bilden  in  reichen  Umrahmungen  das  ovale  Brustbild  des  Verstorbenen  und 
tue  Inschrifttafel.  Tugendgestalten,  deren  Attribute  jedoch  fehlen,  Putten, 
Ilalbfiguren  und  Engelsköpfe  beleben  die  Architektur  und  das  seitliche 
Schnörkelwerk.      An  der  Westseite  des  Pfeilers  in  der  Totcntanzkapelle. 

Wappen  des  laut  der  Inschrift  am  4.  Oktober  1565  geborenen  und 
am  26.  Mai  1635  gestorbenen  Ratsherrn  Hartwich  von  Stiten  (im  ge- 
spaltenen Schiide  vorn  ein  halber  schwarzer  gekrönter  Ochsenko])f  in  gold, 
hinten  ein  goldener  rechter  Schrägbalken  in  rot,  auf  dem  Stechhelm  ein  roter 
mit  goldenem  Schrägbalken  belegter  Flügel).  Die  Helmdecken  sind  gleich 
der  barocken  Umrahmung  einer  unteren  Schrifttafel  von  Putten  belebt.  An 
der  Ostseite  des  dritten  Norderpfeilers. 

Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift  am  12.  März  1570  zu  Nürnberg  ge- 
borenen und  am  7.  Januar  1637  gestorbenen  Ratsherrn  P^ranz  Prünsterer, 
1641  errichtet.  Zu  oberst  das  von  zwei  Engeln  gestützte  Wappen  (das  erste 
und  vierte  Feld  des  gevierten  Schildes  ist  rot -blau  gespalten  mit  silberner 
faszettierter  Teilung,  das  zweite  und  dritte  Feld  zeigt  auf  Gold  einen  gepanzerten 
Arm  mit  einer  Fackel,  der  teilweise  zerstörte  gekrönte  Spangenhelm  trägt  zwei 
gepanzerte  Arme,  die  ursprünglich  P'ackeln  hielten).  Die  Umrahmung  der 
undeutlich  gewordenen  Schrifttafel  und  für  den  abgefallenen,  seit  1892  im 
Museum  aufbewahrten  Porträtkopf-)  ist  von  Halbfiguren  und  Putten  belebt. 
An  der  Südostseite  des  Pfeilers  der  Totentanzkapelle. 

Dem    WB.    zufolge    zahlte    »Jeronimus    Prinster«    1641    Juli    31     -wegen 

seines  Vaters   Heren   Frans  Prinsters  Wapen  in   der  Kirchen   aufzuhencken   der 

Kirchen   Gebur<    mit   50   ^. 

p:pitaph  für  den  laut  der  Inschrift  aus  Rietberg  in  Westfalen  gebürtigen,  am 
24.  Mai  1637  im  65.  Lebensjahre  gestorbenen  Ratsherrn  und  X'orsteher  der  Marien- 
kirche Johann  P^üchting  und  seine  aus  Kiel  gebürtige,  am  2.  P^ebruar  1636 
im   54.  Lebensjahre  gestorbene  Ehefrau  Margaretha  geb.  von  Lengerke  (Abb.). 

')  Vgl.  über  diesen  aus  Lübeck  gebürtigen  und  1625  als  Freimeister  zugelassenen  Maler 
P.  Hasfe  in  Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  7,  S.  312  ff.  1618  Oktober  22  wurde  »Hans  von 
Hemifsen    i    Conterfeyer«   zum   Bürger  aufgenommen;   St.-A.,  Bürgermalrikel. 

^  Kulturhist.   Museum    1 892/149. 

23 


354 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Schöner  Renaissanceaufbau  aus  schwarzem 
Reliefs  und  Figuren  aus  Alabaster.  Der 
hebende  Hauptteil  zeigt  in  dem  von  zwei 
Mittelfelde  ein  Relief  der  Auferstehung,  \\ 
Pilastern  abschließende  schmale  Seitenfelder 
des  Glaubens  und  der  Hoffnung  enthalten. 
Gebälk  ragt  zwischen  Giebelansätzen,  hinter 
denen  das  Füchtingsche  Ehepaar  kniet,  ein 
von  zwei  Hermenpilastern  getragener  Ober- 
bau empor,  der  in  einem  Rundbogenfelde 
ein  Relief  der  Himmelfahrt  umschließt.  Den 
oberen  bogenförmig  ansteigenden  Giebel 
durchbricht  eine  von  der  Statuette  der  Liebe 
gekrönte  Kartusche  mit  dem  Reliefbilde 
des  als  Knaben  mit  Totenkopf  und  Stunden- 
glas dargestellten  Todes;  daneben  halten 
Putten  den  Füchtingschen  (ein  springender 
Hirsch  vor  drei  Bäumen)  und  den  von 
Lengerkeschen  (vgl.  S.  358)  Wappenschild. 
Zu  Unterst  die  Schrifttafel  in  kartuschen- 
artioer  Umrahmung.  Im  NorderschitT  am 
vierten  Wandpfeiler. 

Wappen  des  laut  der  Inschrift^)  am 
2.  März  1638  im  60.  Lebensjahre  ge- 
storbenen Ratsherrn  und  Vorstehers  der 
Marienkirche  Dietrich  Brömse  (grün- 
gold-roter  mit  einem  do])pelköpfigen  schwar- 
zen Adler  belegter  Schild,  auf  dem  ge- 
krönten Spangenhelm  fehlt  das  sonst  aus  zwei 
Büfifelhörnern  mit  angeschlossenen  Flügeln 
bestehende  Kleinod)  mit  unterer  größten- 
teils unleserlich  gewordener  Schrifttafel  in 
barocker  l^iinfassung.  Ehemals  an  der  Innen- 
seite des  dritten  südlichen  Chorpfeilers,  jetzt 
auf  dem  Boden  über  der  südlichen  Vorhalle. 


,  rotem  und  ^\•eißem  Marmor  mit 
auf  einfachem  Unterbau  sich  er- 
Säulen eingefaßten  vorspringenden 
ährend  zwei  nach  außen  hin  mit 
in  Rundbogennischen  die  Statuetten 
Über   dem    schlichten  verkröpften 


Epitaph  des  Ratsherrn  Thomas  Störning. 


Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift^)  1576  geborenen  und  am  27.  März  1641 
gestorbenen  Bürgermeister  und  Vorsteher  der  Marienkirche  Hin  rieh  Köhler 
(abgebildet  weiter  unten  neben  dem  Epitaph  des  1731  gestorbenen  Bürger- 
meisters Jakob  Hübens).  Zu  oberst  das  Köhlersche  Wappen  (vgl.  S.  jj8), 
darunter  die  Inschrifttafel  und  der  Porträtkopf  in  einer  von  Figürchen  und  Engels- 
köpfen belebten  Umrahmung.    An  der  Westwand  südlich  der  Bergenfahrerkapelle. 


^)  Lub.  Relig.  S.    199. 

'■')  Gedr.   bei  von   Seelen,   a.   a.   O.    I,   S.    142. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


355 


Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift  am  21.  Oktober  1641  im  71.  Lebens- 
jahre (postquam  LXX  annos  VI  nicnscs  XXVI  dies  vixisset)  oestorbenen 
Ratsherrn  Thomas  Stornino  (Abb.),  1647  vom  Hildhaucr  Jakob  von  Sandten 
gefertigt.^)  Zu  oberst  das  von  zwei  kleinen  luioeln  "ehaltene  Wappen  (im 
blauen  Schilde  ein  von  drei  silbernen  Storchköpfen  begleiteter  roter  Spai-rcn, 
auf  dem  reichvergoldeten  Stechhelm  ein  silberner  Storchko])f  zwischen  zwei 
mit  einem  roten  Sjxarren  belegten  goldenen  Flügeln),  darunter  tue  Inschrifttafel 
und  der  Porträtkopf  in  ähnlicher  Umrahmung  wie  beim  xorigen  I^pitapli.  An 
der  Nordseite  des  fünften   Norderpfeilers. 

1647  Dczeniher  16  zahlte 
dem  \VI5.  zufolge  Albert  von 
Dassel  als  'restamentsvollstrecker 
weil.  Herrn  'l'honias  Störnings 
der  Kirche  60  ^  »für  den  Zu- 
laß  deß  Epitaphii,  so  am  andern 
Pfeiler  von  unten  auf  an  der 
Norderseite  ist  angehenget.« 

h4)itai)h  für  den  laut  Inschrift 
am  18.  Januar  1575  zu  Lübeck  ge- 
borenen und  am  20.  März  1643  nach 
dreißigjähriger  Wirksamkeit  als  Rek- 
tor der  Lübecker  gelehrten  Schule 
gestorbenen  Mag.  Jcjhannes  Kirch- 
mann (Abb.).  Zwei  geschnitzte 
Säulen,  die  ein  vorspringendes  Ge- 
bälk mit  krönender  Kartusche  tragen, 
umrahmen  im  Verein  mit  einer  unteren 

Schrifttafel  das  zweifellos  von 
Zacharias  Kniller"-')  auf  Holz  gemalte 
viereckige  Brustbild  des  Gelehrten. 
Barockes  Rankenwerk  faßt  seitlich 
und  unten  die  Umrahmung  ein.  An 
der  Westseite  des  zweiten  Süder- 
pfeilers. 


Epitaph  des  Mag.  Johannes  Kirchniann. 


Epitaph  für  den  am  10.  Oktober  1645  im  'j^.  Lebensjahre  gestorbenen 
Ratsherrn  und  Vorsteher  der  Marienkirche  Georg  Paulsen,  den  die  Inschrift 
auf  Grund  des  ihm  1640  verliehenen  kaiserlichen  Adelsbriefes ^)  als  »H.  Georg 
Pawels    von    Weisenow    Ritter«    bezeichnet.      Geschnitztes    W^appenschild    (um 


^)  Vgl.  Ed.  Hach  in  Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  7,  S.  142.  —  »Jacob  van  Santen  ein 
Sniddeker«   war   1643   September   7   zum   Bürger  aufgenommen;  St.-A.,  Bürgermatrikel. 

^)  Es  zeigt  dieselbe  Ausführung  wie  ein  in  der  Stadtbibliothek  befindliches,  1646  Z  K 
gezeichnetes  lebensgroßes  Vollbild  Kirchmanns;  vgl.  v.  Lütgendorf  in  der  1900  erschienenen  P'est- 
schrift   »Das  Museum  zu  Lübeck,«   S.    158. 

^)  Vgl.   Wehrmann,    Das    Lübeckische    Patriziat   (Ztschr.  d.   V.   f.  Lüb.   Gesch.   5)    S.   344  f. 

23* 


356  DIE  MARIENKIRCHE. 

einen  dem  Wickedeschen  W^appen  (vgl.  S.  359)  genau  nachgeahmten  Herz- 
schild in  vier  Feldern:  i.  in  blau  zwei  abgewandte  goldene  Kronen  überein- 
ander, 2.  in  Silber  ein  Eichzweig,  3.  in  silber  ein  goldener  Pfau,  4.  in  blau 
ein  mit  vier  roten  Rosen  besetzter  Kranz)  mit  zwei  Spangenhelmen  (von  denen 
der  heraldisch  rechte  drei  Pfauenfedern,  der  linke  drei  Turnierlanzen  mit 
Fähnlein  trägt);  darunter  die  Inschrifttafel,  neben  der  in  Nischen  zwischen 
zwei  Säulchen  die  Statuetten  des  Glaubens  und  der  Hoffnung  aufgestellt  sind, 
und  der  Porträtkopf  in  reicher  von  Putten  belebter  barocker  Unn'ahmung.  An 
der  Westseite  des  zweiten  südlichen  Chorpfeilers. 

I{pita])h  für  den  laut  der  Inschrift')  am  ii.  September  1584  geborenen 
und  am  9.  Januar  165 1  gestorbenen  Bürgermeister  Hinrich  Wedemhof, 
Ende  1652  errichtet.  Während  das  geschnitzte  W^appen  (vgl.  S.  342)  noch 
seine  ursprüngliche  Stelle  an  der  Südwand  der  südlichen  Kapelle  des  Chor- 
umgangs einnimmt,  befindet  sich  die  untere  Hälfte  des  Epitaphs  seit  1892  im 
Museum.^)  Sie  umfal'Nt  die  unleserlich  gewordene  Schrifttafel  und  den  Porträt- 
kopf in  barocker  von  Figürchen  und  Engelsköpfen  belebter  Umrahmung,  die 
oben  und  unten  je  zwei  Wappen  trägt,  nämlich  diejenigen  der  vier  Schwieger- 
söhne des  Verstorbenen:  der  Bürgermeister  Hermann  von  Dorne  (vgl.  S.  359) 
und  Gottschalk  von  Wickede  (vgl.  S.  359),  des  Ratsherrn  Gotthard  von  Brömse 
(vgl.  S.   364)  und  des   1654  gestorbenen  Patriziers  Alexander  Lüneburg. 

Das  \VK.  berichtet  unter  1652,  13.  W.  n.  Michaelis  (1652  Dezember  26  — 
1653  Januar  i):  »Noch  ist  zu  sehl.  H.  Bürgermeisters  H.  Henrici  Weden- 
hoffs  Epitaphium  zu  beugen  von  der  Kirchen  geschafifet  2  Liel?>^  alt  Blei 
ä  'S  2  ja',  thut  3  ^  8  fi.«  1653  Januar  24  wurde  die  Gebühr  »wegen 
sehl.  H.  Henrici  Wödenhoffs  Burgermeisters  Epita])hium  aufzuhengen«  mit 
60   ^   entrichtet;  WB.    1653,   4.   W.   n.   Neujahr  (Januar   23 — 2g). 

PZpitaph  für  den  laut  der  Inschrift^)  1574  geborenen  und  (am  24.  August) 
1652  gestorbenen  Bürgermeister  Otto  Brokes,  1654  errichtet.  Zu  oberst  das 
Brokessche  Wappen  (vgl.  S.  350),  dessen  teilweise  vergoldeter  Spangenhelm 
Reste  des  Kleinods  trägt;  darunter  die  Inschrifttafel  und  der  Porträtkopf  in 
barocker,  von  Putten  und  Engeln  mit  den  Leidenswerkzeugen  Christi  belebter 
Unn-ahmung.      Am  Wandpfeiler  links  \-or  der  Bürgermeisterkapelle. 

Das  WB.  meldet  unter  1654,  9.  W.  n.  Michaelis  (November  26  —  De- 
zember 2):  »Noch  haben  mit  BewiUigung  meiner  H.  Vorsteher  H.  Otto 
Brokeß  weilandt  Burgermeisters  dieser  Stadt  nachgelaßene  Erben  del.''  sehl.  H. 
Wapen  und  Billdt  am  Pfeiler  bei  der  H.  Burgermeister  Capell  anhencken 
laßen,   weßentwegen  sie  der  Kirchen  für  den   Zulaß  geben  müßen   60   ^.« 

Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift  1595  geborenen  und  (am  29.  November) 
1655  gestorbenen  Ratsherrn  Gotthard  von  Hövelen,  bestehend  aus  dessen 
Wappen    (vgl.    S.    337),    einer    Schrifttafel    und    dem    Porträtkopf   in    barocker 


*)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.   123. 

'^)  Kulturhist.  Museum  No.    1892/144. 

*)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.    131. 


DIE  MARIKNKIRCIIK.  357 

Umrahiiuino.      l-",liciiials    an    der    Südseite    des    zweiten    siidlichen    Chorpfeilers, 
jetzt   auf  dem    Boden   über  der  siidlichen    \^)rlialle. 

Das  Wl).  berichtet  unter  1658,  8.  \V.  n.  Michaelis  (November  21 — 27): 
»Noch  haben  sehl.  H.  (lodthard  von  Hövelen,  gewesenen  C'annnerhcrren  dieser 
Stadt,  nagelaßene  Erben  deß  sehl.  Herren  \\'a])en  an  einen  Pfeiler  del?!  Chores, 
woselbst  inwendig  im  Chore  sehl.  H.  Jürgen  l'auHk'n  auch  henget,  befestigen 
laßen;   dafür  haben   sie   .    .    .   geben   60   ^.« 

Epitaph  für  tlen  laut  der  Inschrift')  am  12.  Oktober  1657  im  50.  Lebens- 
jahre gestorbenen  Ratsherrn  Johann  Pöpping,  1658  errichtet.  Zu  oberst 
das  Wappen  (im  gevierten  Schilde:  i.  in  blau  ein  \'on  zwei  grünen  Klee- 
blättern begleiteter  und  eine  goldene  Sonne  einschließender  goldener  Sparren, 
2.  und  3.  in  gold  ein  schwarzer  gekrönter  Adler,  4.  ein  aus  dem  rechten 
Obereck  hervorgehender  rotbekleideter  Arm,  der  eine  Sonnenblume  (?)  hält; 
das  Kleinod  des  goldverzierten  Spangenhelms  fehlt);  darunter  Schrifttafel  und 
Porträtkopf  in  einfacher  von  Halbfiguren  und  Puttenköjjfen  belebter  barocker 
Umrahmung.     An  der  Nordseite  des  dritten  Norderpfeilers. 

Im  WB.  heißt  es  unter  1658,  7.  W.  n.  Michaelis  (November  14 — -20): 
»Noch  haben  die  H.  Vormunder  sehl.  H.  Johan  Pöppings  Wapen  an  der 
Norderseiten  der  Kirchen  am  Pfeiler,  dran  die  Cantzel  befestiget,  aufhengen 
laßen;   dafür  haben  sie   .    .    .   gegeben    20    >f^,   sind   60   ^.« 

P^pitaph  für  den  laut  der  Inschrift  am  6.  Mai  1602  zu  Lüneburg  ge- 
borenen und  am  24.  Mai  1659  gestorbenen  Ratsherrn  Albert  von  Dassel, 
1659  von  seiner  Witwe  Katharina  geb.  Plönnies  gestiftet.  Das  Hauptstück 
bildet  das  große  Wappen  (im  silbernen  Schilde  drei  im  Dreipaß  gestellte,  mit 
einem  roten  Balken  belegte  längliche  grüne  Blätter,  auf  dem  gekrönten  Spangenhelm 
drei  gleiche  Blätter  an  einem  langen  Stengel  zwischen  zwei  mit  roten  Binden 
gezierten  silbernen  Büffelhörnern).  Es  wird  umschlossen  von  einem  aus  sech- 
zehn Schilden  zusammengesetzten  Kranze  männlicher  und  weiblicher  Ahnen- 
wappen des  von  Dasselschen  Geschlechtes,  die  mit  Ausnahme  der  beiden 
unteren  Schilde,  von  denen  derjenige  der  rechts  vom  Beschauer  aus  befind- 
lichen weiblichen  Reihe  leer  ist,  Schriftbänder  mit  den  zugehörigen  Namen ^) 
tragen.  Der  untere  Teil  umfaßt  die  Schrifttafel  und  den  Porträtkopf  des 
Verstorbenen  in  zierlicher,  von  Figürchen  belebter  barocker  Umrahmung,  die 
oben  das  CATHARINA  PLÖNNIES  VIDUA  bezeichnete  Wappen  der  Stifterin  trägt. 
An  der  Nordseite  des  ersten  Süderpfeilers. 

Im  WB.  heißt  es  unter  1659,  11.  W.  n.  Neujahr  (März  13 — 19): 
»Mittwoch  hat  mit  Consens  der  H.  Vorsteher  Fr.  Catharina  Dasselß  ihres 
sehl.  H.  Wapen  aufhencken  laßen;  dafür  hat  sie  der  Kirchen  geben,  wie 
andere  für  diesem  gethan,    20  .»J^,   sind   60  -^.« 


^)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.  258. 

'■')  Die  weiblichen  Namen  sind  in  aufsteigender  Reihenfolge:  Maria  Jungen,  Metta  Urslers, 
Metta  Jungen,  Sophia  Stoteroggen,  Gesche  Stoteroggen,  Elisabeth  Töbings  und  Catharina  Düsterhop; 
vgl.  den  Dasselschen  Stammbaum  bei  J.  H.  Büttner,  Genealogiae  oder  Stamm-  und  Geschlechts- 
Register  der  vornehmsten  Lüneburgischen  Adelichen  Patricien-Geschlechter  ;  Lüneburg   1704). 


358  DIE  MARIENKIRCHE. 

Epitaph  für  den  am  i8.  August  1645  im  76.  Lebensjahre  gestorbenen 
Ratsherrn    Georg    von   Lengerke,    Anfang    1660    errichtet.     Zu    oberst    das 

P  T 
Wappen   (in   dem   mit   den   goldenen   Buchstaben  g  |_   belegten  blauen  Schilde 

ein  goldener  Falke  mit  roter  Kappe,  der  auf  einem  auf  grünbewachsenem 
Felsboden  liegenden  braunen  Aste  sitzt  und  der  auch  den  reichvergoldeten 
Stechhelm  ziert)  mit  stark  geschweiften  von  Engelsfigürchen  belebten  Decken; 
darunter  die  von  den  Statuetten  des  Glaubens  und  der  Hoffnung  flankierte 
Schrifttafel  und  der  gleich  dieser  von  barockem  Rankemverk  eingefaßte  Porträt- 
kopf.    An  der  Nordseite  des  vierten  Norderpfeilers. 

Es  heißt  im  Vorsteher -Protokoll  1650 — 1742  (Bl.  127  b)  unter  1660 
Januar  9:  »S.  Wollw.  H.  Herman  van  Lengercken  (Ratsherr  1654 — 68)  hat 
den  3.  Januar  seineß  sehl.  Vätern  Epithaphium  hengen  laßen;  ob  auch  die 
Kirche  deßenthalber  zu  genießen?«  und  am  Rande:  »Hievon  ist  nichts 
gekommen.« 

Größtenteils  verloren  gegangenes  P^pitaph  für  den  am  27.  November  1659 
im  31.  Lebensjahre  gestorbenen  Domherrn  und  Erbherrn  auf  Brandenbaum 
Bruno  von  Warendorf,  Anfang  1662  errichtet.  Es  bestand  aus  dem 
Wappen,  von  dem  der  Schild  (vgl.  S.  131)  und  die  barocken  Helmdecken 
sich  auf  dem  Boden  über  der  südlichen  Vorhalle  erhalten  haben,  einer  Schrift- 
tafeP)  und  dem  von  Matthias  Black  gemalten^)  Porträtkopf.  Früher  an  der 
0.stwand  der  Warendorf-Kapelle,  wo  der  Domherr  am  2.  Dezember  1659 
bestattet  ist.  ^) 

1662  Februar  18  zahlte  Junker  Thomas  Heinrich  von  Wickede  der 
Kirche  10  -^^  oder  30  ^,  »welche  weiland  H.  Brunonis  von  Warendorffen 
Canonici  der  Stifttskirchen  alhie  in  Lübeck  hinterlaßene  Fr.  Wittibe  und 
Erben  der  Kirchen  auß  freyen  Willen  vorehret,  weil  sie  ihres  sehl.  Liebsten 
vorbenandt  Wapen  den  8.  Januarii  dieses  Jahres  in  der  Warendorften  Capellen 
aufhencken  lassen;«    WB.    1662,   8.   W.   n.   Neujahr  (Februar    16 — 22). 

Epitaph  für  den  am  7.  September  1658  im  73.  Lebensjahre  gestorbenen 
Bürgermeister  Dr.  jur.  Anton  von  Köhler,  der  Inschrift*)  nach  1664  er- 
richtet. Das  Wappen  weicht  insofern  von  dem  oben  (S.  338)  abgebildeten 
Köhlerschen  Wappen  ab,  als  es,  infolge  der  1653  geschehenen  Erhebung  des 
Bürgermeisters  in  den  Adelsstand,  in  seiner  vorderen  Hälfte  einen  halben 
schwarzen  doppelköpfigen  Adler  auf  silbernem  Felde  zeigt,  während  die  hintere 
Hälfte  das  ältere  Köhlersche  Wappen  enthält.  Darunter  die  Inschrifttafel  und 
der  von  Matthias  Black  gemalte^)  Porträtkopf  des  Verstorbenen  in  barocker, 
von  Putten  belebter  Umrahmung.  Links  vor  der  Bergenfahrerkapelle  neben 
dem  Epitaph  seines  Bruders,  des  1641  gestorbenen  Bürgermeisters  Hinrich 
Köhler  (vgl.  S.  354). 

1)  Inschrift  Lub.  Relig.  S.   187. 

^  P.  Hasfe  im   15/16.  Jahresbericht  des  Vereins  von  Kunstfreunden  S.    16. 

')  WB.   1659,  9.  W.  n.  Michaelis  (November  27  —  Dezember  3). 

*)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.   i,  S.    157. 

*)  Vgl.  P.  Hasfe  im    IS./16.  Jahresbericht  des  Vereins  von   Kunstfreunden  S.    17. 


DIE  MARIENKIRCHK 


359 


l'Lpitaph  fiir  den  laut  der  Inschrift  ani  i<j.  Juni  1661  im  71.  Lebensjahre 
gestorbenen  Hürgernicister  untl  Vorsteher  der  INhu'ienkirche  Hr.  jur.  Christoph 
Gerdas,  1665  errichtet  (Abb.).  Zu  oberst  das  Wapi:)en  (in  dem  von  bhiuer 
Leiste  oeteilten  Schilde  oben  in  gold  drei  grüne  Kleebl.ätter,  unten  in  silber 
drei  rote  Herzen;  von  den  drei  Kleeblättern  des  1  lelmkieinods  ist  nur  das 
mittlere  erhalten);  darunter  die  Inschrifttafel  und  der  Porträtkopf  in  barocker 
Rankenwerkumrahmung  mit  den  F'iguren  des  Glaubens  und  der  Hoffnung. 
An  der  W'estwand   nördlich  der  Hcrgenfahrerkapelle. 

Das  WB.  berichtet  unter  1665, 
9.  W.  n.  Neujahr  (Februar  26  —  Miirz  4): 
»Diese  Woche  haben  H.  C'hristoff  Gerdas 
J.  U.  D.  weiland  eltisten  Burgermeisters 
und  gewesenen  Vorstehers  dieser  Kirchen 
nachgelal?ien  ?>ben  ihres  in  Gott  ruhenden 
H.  Vaters  und  Schwiegervaters  P'.pitaphium 
in  St.  Marienkirchen  unter  der  großen 
Orgel  nordtwerts  bei  der  alten  l''ahnen  .  .  . 
aufrichten  laßen   .    .    .« 

Epitaph  für  den  am  16.  Mai  1665  im 
Alter  von  60  Jahren  gestorbenen  Bürger- 
meister und  Vorsteher  der  Marienkirche 
Hermann  von  Dorne,  laut  der  Inschrift') 
1667  errichtet.  Zu  oberst  das  von  Dornesche 
Wappen  (vgl.  S.  343);  darunter  zwischen 
den  ursprünglich  in  Säulennischen  aufge- 
stellten Statuetten  des  Glaubens  und  der 
Gerechtigkeit  die  Inschrifttafel  und  der  von 
Matthias  Black  gemalte-)  Porträtkopf,  den 
barockes  Rankenwerk  umschließt.  An  der 
Westseite  des  ersten  Norderpfeilers. 

Epitaph  für  den  am  3.  Januar  1667 
im  70.  Lebensjahre  gestorbenen  Bürger- 
meister Gottschalk  von  Wickede,  1673 
errichtet  (Abb.  S.  360).  Das  reichgeschnitzte 
barocke  Denkmal  zeigt  zu  oberst  das  große 
Wickedesche  Wappen  (im  geteilten  Schilde 
oben  ein  ^\'achsender  sch\\arzer  Adler  in  gold,  unten  ein  goldener  Sparren 
in  schwarz;  auf  dem  Spangenhelm  zwei  lange  spitze  Hörner,  die  viermal 
schwalbenschwanzartig  in  blau  und  gold  geteilt  sind),  darunter  das  auf  Kupfer 
gemalte  Brustbild  des  Bürgermeisters.  Letzteres  umschließt  ein  aus  zwanzig 
mit  Namensunterschriften  versehenen  Wappen  gebildeter  Kranz,  der  zu  unterst 
die  Wappen  des  Verstorbenen  und  seiner  zweiten  Gattin  Dorothea  Wedenhofif, 


Epitaph  des  Bürgermeisters 
Dr.   Christoph  Gerdes. 


')  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.   i,  S.   120. 

2)  P.  Hasfe  im    15./ 16.  Jahresbericht  des  Vereins  von  Kunstfreunden  S.    16. 


\6o 


DIE  MARIENKIRCHE. 


darüber  linksseitig  die  Wappen  neun  Wickedescher  Ahnen  bis  auf  den  1367 
gestorbenen  Bürgermeister  Hermann  v.  W.,  rechtsseitig  diejenigen  ihrer  Ehe- 
frauen^) enthält.  Zu  beiden  Seiten  des  Kranzes  stehen  vor  Rundbogennischen, 
die  von  gewundenen  Säulen  eingefaßt  sind,  zwei  Karyatidenengel  und  über 
diesen  auf  einem  verkröpften  Gebälk  die  Statuetten  zweier  geharnischter  Ritter. 
An  den  Sockeln  der  eben 
erwähnten  Säulen  sind  die 
Wappen  der  vier  übrigen 
Gattinnen  des  Bürger- 
meisters, Katharina  Möller, 

Margaretha  Lüneburg, 
Ursula  Dorothea  von 
Decken  und  Margaretha 
Sophia  Elvers,  aufgehängt, 
während  die  reiche  barocke 
Umrahmung  der  zu  unterst 
angebrachten  Schrifttafel  ^) 
die  Wappen  der  drei 
Schwiegersöhne  des  Bür- 
germeisters, des  Ratsherrn 

Lukas  Stauber  (gest. 
1669),  des  Patriziers  Hein- 
rich Kerkring  (gest.  1692) 
und   des   kaiserlichen    Re- 
sidenten  Heinrich  Adrian 
Müller    (gest.    1706),    auf- 
weist.     An    der    Südseite 
des  ersten  Norderpfeilers. 
Das    WB.     be- 
richtet    unter     1673, 
9.    W.     n.    Michaelis, 
(November    23 — 29): 
»Dinstags    sandt    H. 
Thomas  Hinrich   von 
Wickeden     Rahtsver- 
wandter  60  ^  wegen 
seines  Vaters  weiland 
H.  Burgermeister  Got- 

schalck  von  Wickeden  Wapen,  so  er  an  verwichenen  Sonnaljend  mit  Be- 
willigung der  H.  Vorsteher  nordwers  oben  an  dem  ersten  Pfeiler  beym  Chore 
aufhengen  laßen.« 


Epitapli   des   Bürgermeisters  Gottschalk   von   Wickede. 


')  Es  sind  dies  in  aufsteigender  Reihenfolge:  i.  Anna  Lüneburg,  2.  Elsabe  von  Mechtshus, 
3.  Agneta  Schmidt,  4.  Geseke  van  Calven,  5.  Heileke  Bere,  6.  Heileke  Lüneburg,  7.  Margaretha 
Meteier,  8.  Hillegunde  van  Essen,  9.   Gertrud  Pape. 

'■')  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.   i,  S.   125. 


nib:  iMAKIKNKIRCIII-:. 


361 


l^pitapli  für  (IcMi  laut  der  Iiisclirilt')  am  20.  Juli  lOoo  /.u  Lübeck  geborenen 
und  am  4.  Mai  1668  gestorbenen  I  lauptpastor  Mag.  Jakob  StolteiToht.  In 
einer  Rundbogennische,  die  von  zwei  vorgesetzten  gewundenen  und  xon  Wein- 
reben umrankten  Säulen  eingefaßt  wird,  ist  das  von  Matthias  Black  gemalte'^)  ovale 
Brustbild  angebracht.  Putten,  zum  Teil  mit  Leidensattributen  Christi,  beleben  und 
krönen  die  barocke  phantastische  Umrahmung.  Zu  unterst  eine  herzförmige  In- 
schrifttafel. y\n  der  Xordwand  der  Heicht- 
kapelle. 

Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift 
am  28.  März  1664  im  51.  Lebensjahre  ge- 
storbenen Ratsherrn  l'eter  Isernhagen, 
1671  errichtet  (Abb.).  Das  mitdere  Haupt- 
stiick  bildet  ein  nach  J.  \V.  Greves  An- 
gabe^) »M.  Schatz  167 1«  gezeichnetes,  auf 
Kupfer  gemaltes  großes  ovales  l^ild  der 
Kreuzabnahme,  in  dessen  aus  Blumen, 
Früchten  und  Ranken  zusammengesetzter 
kranzförmiger  Umrahmung  sich  kleine  Kngels- 
figuren  tummeln.  Darüber  das  von  fackel- 
haltenden Putten  flankierte,  im  blauen  Schilde 
eine  Relieffigur  der  Hoftnung  zeigende 
Wappen,  dessen  Stechhelm  eine  den  ganzen 
Aufbau  krönende  Statuette  der  Hoffnung 
trägt.  Zu  unterst  Schrifttafel  und  Porträt- 
kojjf  in  barocker  von  Engeln  und  Engel- 
köpfen belebter  Umrahmung.  Am  dritten 
Wandj)feiler  des  Norderschiffs. 

Das  WB.  berichtet  unter  167 1, 
I.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  i — 7): 
»Noch  liesen  weilandt  H.  Peter  Isern- 
hagen gewesener  Rahtman  alhie  nach- 
gelassene Erben  auf  Vergünstigung  der 
H.  Vorsteher  ein  Epitaphium  nordwers 
in  der  Kirchen  auffrichten,  wesentwegen 
sie  der  Kirchen  gegeben  20  »^ ,  sind 
60  #.«  Die  Erlaubnis  hierzu  war  ihnen 
am  II.  Januar  1669  erteilt  worden; 
Vorsteher-Protokoll   1650 — 1743,  Bl-  59- 


Epitaph  des  Ratsherrn  Peter  Isernhagen. 


14.    Februar    1671    im    68. 


Epitaph    für   den   laut   der  Inschrift^) 
Lebensjahre    gestorbenen    früheren    Lübecker 


')  Gedr.   bei  von   Seelen,  a.  a.   O.   2,   S.   348. 

^  Hasfe,    15/16.  Jahresbericht  des  Vereins  von  Kunstfreunden  in  Lübeck,   S.    17. 

^)  In  dem  1821  vom  Porträtmaler  Jean  Werner  Greve  aufgestellten  »raisonnirenden  Ver- 
zeichnis über  die  in  der  Marienkirche  zu  Lübeck  befindlichen  Gemälde.«  Die  durch  den  hohen 
Standort  des  Gemäldes  erschwerte  Nachprüfung  dieser  Angabe  blieb  ergebnislos. 

^)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    I,  S.    120. 


362 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Bürgermeister  und  nachmaligen  holsteinischen  Rat  und  Vizekanzler  Gotthard 
von  Hövelen,  1676  errichtet  (Abb.).  Geschnitzter  spätbarocker  Aufbau  mit 
reicher  Vergoldung.  Zwei  von  Putten  getragene  weinumrankte  gewundene 
Säulen,  neben  denen  vor  schmalen  Muschelnischen  zwei  symbolische  weibliche 
Figuren,  anscheinend  Friedfertigkeit  und  Klugheit,  aufgestellt  .sind,  stützen  ein 
aufwärts  gebogenes  Gebälk,  dessen  mit  Figürchen  besetzten  phantastischen 
durchbrochenen  Giebel  eine  Minerva  krönt.  Im  Mittelfelde  das  von  Hövelnsche 
Wappen  inmitten  eines  aus  sechzehn  kleinen  Wappen  gebildeten  Kranzes,  der 
zu  Unterst  die  VON  HOVELEN 
und  LVNEBVRGE  unterschriebe- 
nen Wappen  des  Verstorbenen  und 
seiner  ersten  Ehefrau  Cäcilia  Lüne- 
burg enthält,  während  die  Schrift- 
bänder der  übrigen  Wappen  links 
an  zweiter,  dritter  und  siebenter 
Stelle  VON  HOVELEN,  an  vierter 
bis  sechster  und  achter  Stelle 
KLEVORN,  STOTEBRVGGEN, 
VON  BROMSEN  und  V.SVDER- 
MAN,  rechts  an  zweiter,  dritter 
und  fünfter  Stelle  V.  SCHAF- 
HAVSS,  VON  WISTRATE  und 
V.  KLEPPING,  an  vierter  und 
sechster  bis  achter  Stelle  VON 
HOVELEN  lauten.  1)  Der  untere 
Teil  umfaßt  das  von  zwei  Putten 
flankierte  auf  Kupfer  gemalte  Bru.st- 
bild  Gotthard  von  Hövelens  und 
die  Inschrift  in  üppigen  Ranken- 
werkumrahmungen ,  an  denen  vier 
kleine  Wappen  angebracht  sind, 
nämlich  diejenigen  der  zweiten  und 
dritten  Ehefrau  des  Vizekanzlers 
Katharina  Brokes  und  Magdalena 
von  Brömbse  sowie  die  beiden  Ge- 


4LSä 


Epitaph  des   Vizekanzlers   Gotthard  von  Hövelen. 

schlechtswappen   seiner   vier  Schwiegersöhne,    von   denen  je   zwei   der   Familie 


*)  Die  letzten  Vorfahren  des  Vizekanzlers  waren: 

Johann   von  Hövelen   zu  Dortmund;    Margaretha  von   Schaf  hausen. 

Bürgermeister  Gotthard  v.   H.,  j   1555;   zweite  Ehefrau:   Barbara  Stotebrügge. 

Ratsherr   Gotthard   v.   H.,   f    1571;   Margaretha   von   Brömbse. 

Christian   v.   H.,   j    1630;   Engel   Clevorn. 

Gotthard  v.   H.,  f    167 1. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


363 


von    Dorne    untl     von    Wickcdc    angeluirtcn.      y\in     zweiten    \\';uulpteiler    des 
Norderschiffs. 

1676  Januar  18  wurde  auf  das  Begehren  der  Erben  des  Vizekanzlers 
»umb  deß  sehl.  Herrn  Epitaphium  an  dem  Pfeiler  für  der  Herrn  Burger- 
meister Stuele  vor  dem  großen  Christoffer  (vgl.  S.  173)  auffzuhengen «  be- 
schlossen: >Mveil  die  Leiche  in  s.  Jacobß  Kirchen  beerdiget  und  man  kein 
Exempel    hat,    daß    in    einer    Kirclien    die    Bestetigung    der    Leichen,     in    der 

andern  aber  die  Auffrichtung 
eines  Epitaphii  geschehe,  solches 
auch  denen  Kirchen  zum  großen 
Prejuditz  gereichen  wurde,  daß, 
wan  die  Erben  die  Leiche  in 
diese  Kirche  werden  beisetzen 
laßen,  der  Kirchen  ihre  gebuhrl. 
Unkostungen  vernugen,  sie  an 
einen  andern  Orth  und  zwar  nicht 
an  den  begehrten  Pfeiler  (weil 
der  Pfeiler  an  der  Seiten  des 
großen  Christofifers  niemahl  solte 
behenget  werden)  solches  Epi- 
taphium auffrichten  muegen;« 
Vorsteher-Protokoll  1650— i  743, 
S.  76  b.  —  1676  März  31 
wurde  »wegen  des  sei.  H.  Vice- 
cancelers  H.  Gotthardt  von 
Hövelen  Epitaphii  auffzurichten« 
die  Kirchengebühr  mit  150  ^ 
bezahlt;  WB.  1676,  i.  Vv.  n. 
Ostern. 

Epitaph  für  den  am  28.  März 
1674  im  57.  Lebensjahre  gestorbenen 
Ratsherrn  Heinrich  Wedemhof, 
1677  errichtet  (Abb.).  LJm  das  auf 
Holz  gemalte,  von  einem  Lorbeer- 
kranze umrahmte  Brustbild  des  Ver- 
storbenen zieht  sich  ein  aus  sech- 
zehn willkürlich  angeordneten  Wap- 
pen Wedemhofscher  Ahnen  und 
ihrer  Ehefrauen  gebildeter  Kranz,  ^) 
den  unten  eine  Putte  mit  emporgehaltenem  Stundenglase  unterbricht.  Auf  der 
aus  Blattwerk  und  Blumengewinden  bestehenden  reichvergoldeten  spätbarocken 
Einfassung  thronen  zwei  größere  Putten,  die  das  den  Aufbau  krönende 
Wedemhofsche  Wappen  (vgl.  S.   342)  stützen.     Den   unteren  Abschluß  bilden, 


Epitaph  des  Ratsherrn  Heinrich   Wedemhof. 


1)  Der  Kranz  umfaßt,  abgesehen  von  den  acht  Wedemhofschen  Wappen,  linksseitig  von 
unten  auf  gezählt  an  zweiter  und  sechster  Stelle  die  Wappen  von  Cathr.  Plonnies  und  Anna 
V.  Detten,  rechtsseitig  an  erster,  dritter  bis  fünfter,  siebenter  und  achter  Stelle  diejenigen  von 
Agn.  Osnabrüggen,  Maria  v.  Büsschen,  Anna  Wibbekings,  Catharina  Paels,  Anna  Horstmans  und 
Sophia  Ketteier. 


364  DIE  MARIENKIRCHE. 

von  Rankenwerk  umschlossen,  die  Schrifttafel  und  die  beiden  nebeneinander 
gesetzten  Wappen  des  Ratsherrn  und  seiner  Witwe  Gesche  von  Elveren. 
Ursprünghch  im  Norderschiff  Hnks  von  der  Totentanzkapelle  errichtet,  ist  das 
Epitaph  1706,  um  dem  des  Bürgermeisters  Hieron}mus  von  Dorne  Platz  zu 
machen,  an  seinen  jetzigen  Platz  am  W'andpfeiler  rechts  der  Bürgermeister- 
kapelle umgehängt  worden.^) 

1677  März  27  wurde  die  (jebühr  »wegen  sei.  H.  Hinrici  Wedenhoffs 
Ephitaphium  auffzurichten «    mit   60  ^  gezahlt;  WB.   1677,   13.  W.  n.  Neujahr. 

Epitaph  für  den  am  24.  Oktober  1673  im  61.  Lebensjahre  gestorbenen 
Ratsherrn  Gotthard  von  Brömse.  Großes  reichgeschnitztes  und  fast  ganz 
vergoldetes  Denkmal  in  ähnlicher  Form  wie  das  nebenstehend  abgebildete 
Epitaph  des  Matthäus  Rodde.  Zwei  ovale  auf  Holz  gemalte  Bilder,  von 
denen  das  größere  obere,  welches  F.  O.  [==  Eranz  Oesterreich)  1679  gezeichnet 
sein  soll,^)  die  Belebung  der  Totengebeine  durch  den  Propheten  Hesekiel 
(Hesekiel  Kap.  ^y)  darstellt,  während  das  untere  das  Brustbild  des  Verstorbenen 
zeigt,  werden  von  einem  Lorbeerkranze  umschlungen,  der  unten  das  größere 
Wappen  des  Ratsherrn  und  darüber  achtzehn  kleine  mit  Schriftbändern  ver- 
sehene Ahnenwappen  trägt,  und  zwar  sind  linksseitig  die  Wappenschilde  der 
von  Brömseschen  Ahnherren  angeordnet,  rechts  diejenigen  ihrer  P^hefrauen 
(in  aufsteigender  Reihenfolge:  Margaretha  von  Hövelen,  Katharina  von  Kalven, 
Magdalena  Lüneburg,  Margaretha  Beer,  Gesche  Tobinges,  P^lisabeth  Westphal, 
Richel  Sootmeister,  Katharina  von  Muellen  und  Gertrud  von  Kruse).  P2ine 
verschnörkelte,  von  der  Statue  der  Liebe  gekrönte  und  von  vielen  Eigürchen 
belebte  l^lattwerkumrahmung  umschließt  das  Ganze.  Am  fünften  Wandpfeiler 
des  Norderschififs. 

1678  November  5  entrichteten  (iotthard  von  Brömses  Erben  »die  von 
den  H.  Vorsteherrn  begehrte  50  Rthlr.,  umb  deßen  Epitaphium  in  der  Kirchen 
untenwerdts  sei.  H.  Füchtingß  .  .  .  aufrichten  zu  laßen;«  WB.  1678,  6.  W. 
n.   Michaelis  (November  3 — 9). 

h^.pitaph  für  den  laut  der  Inschrift^)  (am  29.  November)  1677  im 
79.  Lebensjahre  gestorbenen  Bürgermeister  und  Vorsteher  der  Marienkirche 
Matthäus  Rodde  (Abb.).  P^s  zeigt  inmitten  einer  krausen,  reichvergoldeten 
und  von  zahlreichen  Putten  sowie  von  Statuetten  und  Halbfiguren  belebten 
Blattwerkumrahmung  untereinander  das  von  einem  Lorbeerkranze  eingefaßte 
Wappen  des  Verstorbenen  (im  blauen  Schilde  ein  springender  schwarzer  Hund 
mit  einem  Knochen  im  Maule  und  goldenem  Halsband  mit  Ring;  auf  dem 
Spangenhelm  derselbe  Hund  wachsend  zwischen  zwei  l^üfifelhörnern)  und 
sein  von  einem  Blumenkranze  umrahmtes  auf  Kupfer  gemaltes  Brustbild. 
Zwischen  Wappen  und  Bild  sind  nebeneinander  die  kleineren  Wappen  der 
beiden  P^hefrauen  des  Bürgermeisters,  Anna  Prünsterer  (vgl.  S.  353)  und 
Katharina    Schumacher    (im    blauen    Schilde    drei    silberne    Lilien,    auf    dem 


0  Vgl.  S.  376. 

*)  Nach  J.   W.   Greves   »raisonnirendem   Verzeichnis«;   vgl.   S.   361,   Anin.   3. 
^)  Gedr.   bei   von   Seelen,   a.   a.   O.    i,   S.   211. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


365 


Span^cnhclni  eine  silhenie  Lilie),  um!  unlerhalh  des  l'orlrats  <.V\v  Inschritttalel 
an(j;el3racht.  Das  ursprünglich  am  zweiten  Udidlichen  (  horpteiler  ni'hen  dem 
Altar  aufoehängte  Denkmal  ist,  als  1855  das  Sakramentshäuschen  naher  an 
diesen  I'feiler  gerückt  wurde,  an  den  zweiten  W'andpfeiler  des  Süderschiffes 
\erselzt  worden. ') 

1673  l'cbruar  3  erhielt  Bürgermeister  Nhitthäus  Rodde  von  seinen  Mit- 
vorstehern an  der  Nhu-icn- 
kirche  die  Zusage,  dal.N  nach 
seinem  Abiehen  sein  Kpitaph 
»im     Chor     .     .     .     an     dem 

ersten  Pfeiler  nördlicher 
Seiten  frey  und  ohne  einige 
P'.ntgeltung«  von  seinen  P>ben 
errichtet  werden  könnte;  Vor- 
steher-Protokoll 1650  1743, 
erste  beschriebene   Seite. 

Epitaph  für  den  am 
2<S.  März  1680  gestorbenen  Rats- 
herrn und  Vc^rsteher  der  Marien- 
kirche Caspar  von  Deginck. 
Das  dem  vorigen  ähnliche  Denk- 
mal zeigt  inmitten  einer  von 
Tugendgestalten  belebten  und 
von  hangeln  mit  Leidensattributen 

gekrönten  reichgeschnitzten 
Laubwerkeinfassung  das  große 
Degincksche  Wappen  (im  blauen 
Schilde  zwei  gekreuzte  goldene 
Spontons,  auf  dem  Spangenhelm 
dieselben  Spontons  zwischen  zwei 
goldenen  Flügeln)  in  einem 
Eichenkranz,  darunter  tlas  von 
einem  Blumenkranz  umrahmte 
auf  Kupfer  gemalte  Halbporträt, 
das  der  Inschrift  zufolge  den 
Ratsherrn  im  66.  Lebensjahre 
darstellt,  und  zu  unterst  die  In- 
schrifttafel. Im  Altarraum  am 
vierten  südlichen  Chorpfeiler. 

FZpitaph  für  den  laut  der 
Inschrift'^)    1607    geborenen    und 


Epitaph  des   Bürgermeisters  Matthäus   Rodde. 


1)  Wochenzettel,  1855,  März 
—31    und  April  8  — 14. 

')  Gedr.  bei  von  Seelen ,  a.  a. 
I,  S.  256. 


366 


DIE  MARIENKIRCHE. 


am  27.  September  1686  gestorbenen  Ratsherrn  Friedrich  Plönnies,  1687 
errichtet.  Das  auf  Holz  gemalte  lebensgroße  Porträt  in  halber  Figur  um- 
schließt ein  bereits  im  Rokokogeschmack  geschnitzter  breiter  ovaler  Rahmen, 
der  acht  Wappen  mit  unteren  Schriftbändern  trägt,  nämlich  links  die  Wappen 
des  Verstorbenen  und  seiner  letzten  drei  Ahnen,  rechts  diejenigen  der  be- 
treffenden Ehefrauen  (Anna  Wedenhoff,  Elisabet  von  Stiten,  Anna  Kerkring 
und  Margareta  Witik);  ^)  darunter  die  Schrifttafel  in  schlichter  Laubwerkein- 
fassung. An  der  Nordseite  des  ersten  nördlichen  Chorpfeilers. 
1687  August  9  wurde  »wegen 

Auffrichtung    H.   Friderici  Plönnies 

weilandt  Rahtsverwandten  alhier  in 

Lübeck     Ephitaphii     der     Kirchen 

Gebühr  entfangen,    150   -^.«      WB. 

1687,    20.   W.   n.   Ostern. 

Epitaph  für  den  laut  der  In- 
schrift am  6.  März  1633  geborenen 
und  am  24.  September  1689  gestorbe- 
nen Ratsherrn  Dietrich  Bartels, 
1693  errichtet  (Abb.).  Größtes  hölzer- 
nes Denkmal  in  frühen  Rokokoformen. 
Zwei  seitliche  Säulenpaare,  zwischen 
denen  die  Statuen  des  Glaubens  und 
der  Hoffnung  aufgestellt  sind,  tragen 
im  Verein  mit  zwei  schlichten  Pilastern 
das  mehrfach  verkröpfte,  im  Bogen 
hochgeführte  Gebälk  Auf  seiner  Mitte 
erhebt  sich  das  Bartelssche  Wappen 
(im  blau-gold  geteilten  Schilde  ein  auf- 
gerichteter schwarzer  Bär,  der  in  seinen 
Vordertatzen  eine  goldene  Krone  hält, 
auf  dem  gekrönten  Spangenhelm  der- 
selbe Bär  wachsend)  zwischen  den 
sitzenden  Figuren  eines  Jünglings  mit 
einem  Lorbeerkranz  und  des  geflügel- 
ten Sensenmanns,  während  weiter  seit- 
wärts die  Statuen  der  Gerechtigkeit  und  der  Liebe  stehen.  Die  große  mittlere 
Bogennische  füllt  ein  auf  Kupfer  gemaltes,  von  italienischen  Vorbildern  beein- 
flußtes^) Bild  der  Auferweckung  des  Lazarus  in  schmalem,  von  Engeln  belebten 
Laubwerkrahmen.     Vor  der  Basis  ist  das  Brustbild  des  Verstorbenen  zwischen 


Epitaph   des   Ratsherrn   Dietrich   Bartels. 


^)  Die  Inschrift  nennt  sie  eine  geborene  »v.  Witten, k  doch  stellt  das  zugehörige  Witiksche 
Wappen  (im  blauen  Schilde  dre  um  ein  silbernes  Kleeblatt  im  Dreipaß  gestellte  Weißfische;  vgl. 
Milde,  Siegel  des  M.-A.  Tafel  14,  128)  außer  Frage,  daß  jener  Name  auf  eine  spätere  fehlerhafte 
Übermalung  zurückzuführen  ist. 

^)  Vgl.   P.  Hasfe,   Aus  der  Geschichte  der  Lübecker  Malerei  von    1550 — 1700,   S.   6. 


DIE  MARrKNKIRCHE. 


367 


zwei  sitzenden  weiblichen  Figuren  aufgehängt,  von  denen  die  linke  klagend 
eine  Flammen-  und  eine  Aschenurne,  die  rechte  einen  Rosenzweig  hält.  Die 
zu  Unterst  angebrachte  Schrifttafel  wird  von  einem  dichten  Blattwerk  mit  zwei 
Engeln  und  der  ruhenden  Figur  des  Todes  umschlossen;  letztere  hält  ein  auf- 
geschlagenes Buch,  in  das  die  Namen  des  Ratsherrn  (DIETERJCVS  BARTELS) 
und  seiner  beiden  laiefrauen  (ENGEL  BART.  GEB.  POORTEN  und 
AGNETA  BART.  GB.  SIEMBSSEN,  eingetragen  sind.  An  der  Sudseite 
des  fünften   Norderpfeilers. 

1693  Aut^ust  I  1  wurde  we^^cn 
Auffrichtung  des  sehl.  H.  Dieterici 
Barthelsen  Kpitaphii  alhier  in  der 
Kirchen  der  Kirchen  (Gerechtigkeit 
entfangen,  150  ^;«  WB.  1693, 
17.   W.   n.   Ostern. 

Epitaph  für  den  am  16.  August 
1625  geborenen  und  am  22.  Dezember 
1691  gestorbenen  Ratsherrn  Kon r ad 
von  Dorne,  1694  von  seiner  Witwe 
Katharina  geb.  Cleneke  (gest.  17 12) 
errichtet  (Abb.).    Reicher,  dem  vorigen 

ähnlicher  Rokokoaufbau  in  Holz. 
Sechs  chorintisierende  .Säulen,  \on 
denen  die  beiden  mittleren  ein  auf 
Kupfer  gemaltes  gutes  Bild  der  Grab- 
legung Christi,  1)  die  beiden  äußeren 
Paare  zwei  in  Muschelnischen  aufge- 
stellte weibliche  Statuen  mit  Palmen- 
zweig und  Spiegel  einschließen,  stützen 
das  auf  beiden  Seiten  nach  rückwärts 
geschwungene  und  in  der  Mitte  von 
einem  flachen  Giebel  überwölbte  ver- 
kröpfte Gebälk,  vor  dem  ein  Posaunen- 
engel schwebt.  Zu  oberst  steht  das 
von  Dornesche  Wappen  (vgl.  S.  343) 
zwischen  einer  weiblichen  Figur,  die 
ein  von  einem  Kreise  umschlossenes 
Dreieck  hält,  und  einem  geflügelten  Sensenmann  mit  dem  Stundenglas.  An 
der  Basis  des  Mittelfeldes  ist  das  von  einem  ovalen  Laubwerkrahmen  um- 
schlossene vortrefflich  gemalte  Brustbild^)  des  Verstorbenen  zwischen  zwei 
sitzenden  Frauengestalten  angebracht,  von  denen  die  eine  ein  Lamm  trägt,  die 
andere  weinend  ein  flammendes  Herz  emporhält.     Den  unteren  Abschluß  bildet 


Epitaph   des   Ratsherrn   Konrad  von    Dorne. 


Tafel   VII. 


^)  Lichtdruckabbildung    bei    Hasfe,    Aus    der    Gesch.    der    Lüb.    Malerei    von    1550 — 1700, 


''')  Das.   Tafel   VIII. 


368 


DIE  MARIENKIRCHE. 


ein   ausgespanntes  Tuch    mit   der  aufgemalten  Inschrift.     An   der  Südseite   des 
zweiten   Norderpfeilers. 

1693,    4.   W.    n.   Michaelis   (Oktober    22—28)   wurde    Herrn    Cord   von 

Dornes  Witwe    für    dessen   Epitaph    »der  ander  Pfeiler  nordtwerdts   vom   Chor 

al)  .  .  .  vergönnet«  und  die  Gebühr 

mit    150    ^    entrichtet;    WB.      Am 

Rande  ist  vermerkt:    »Anno    1694 

in  der  ersten  Woche  nach  Michaelis 

(September  30  —  Oktober  6)  ward 

dieses  Epitaphium   auftgerichtet.« 

Epitaph    für    den    laut    der   In- 
schrift^)   am    28.    Oktober     1610    ge- 
borenen   und    am    23.    Mai    1693    ge- 
storbenen    Bürgermeister     Heinrich 
Kerkring,      1695      errichtet     (Abb.). 
Zwei  von  Pflastern  eingefaßte  seitliche 
Säulenpaare,   die  das  verkröpfte  wage- 
rechte   Gebälk    des    hohen    hölzernen 
Aufbaus  tragen,  umschließen  im  breiten 
Mittelfelde  das  auf  Leinwand  gemalte, 
G.    Kniller.  f.    löyö   gezeichnete   vor- 
treffliche    lebensgroße     Vollbild      des 
Bürgermeisters,  2)    dessen    Umrahmung 
ein  von  schwebenden  Putten  gehaltenes 
Blumengewinde  bildet.     Ein  über  dem 
Mittelfelde   aufragender  Oberbau  zeigt 
das  Kerkringsche  Wappen  (vgl.  S.  344), 
vor    dessen    Wappenmantel     um    den 
Schild    die    goldene   Kette   der   Zirkel- 
brüder gelegt  ist;    darunter  hängt  vor 
dem    Gebälk    eine    Medaille    mit    der 
Dreieinigkeit    und    das   Abzeichen   der 
Zirkelgesellschaft.    Vergoldete  Tugend- 
gestalten stehen   vor  den  vier  unteren 
Pilastern    und    zu    beiden    Seiten    des 
Oberbaus,    dessen    dreieckigen    Giebel 
zwischen   zwei  anbetenden  Engeln  die 
Figur  des  Auferstandenen  krönt.     An 
der  Basis  ist  die  von  Putten  umgebene 
und     von     Palmenzweigen     eingefaßte 
Schrifttafel  angebracht,  zu  unterst   ein    ausgespanntes  Tuch  mit  der  Relieffigur 
des  Todes.     An  der  Südseite  des  vierten  Norderpfeilers. 


Epiiaph   des  Bürgermeisters  Heinrich  Kerkriiu 


')  Gedr.   bei   von   Seelen,  a.   a.   O.    i,   S.    170. 

'0  T.ichtdruckal)bildung  bei  Hasfe,  Aus  der  Gesch.  der  Lül).  Malerei  von  1550— 1700,  Tafel  VI. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


369 


1695  Juli  5  wurden  .wegen  des  wohlselil.  Herrn  liurgermeisters  Heinrici 
Kirchrings  Epitapliii,  so  an  dem  negsten  Xorderpfeiler  unterwerdts  der  Cant/el 
auffgerichtet ,  der  Kirchen  Jura  mit  150  //  entrichtet;  \\'I>.  1695,  15.  W. 
n.   Ostern. 


Epitaph 
und  am   20.  Juh 


für    den    laut    der   Inschrift^)    am    8.    Februar    1643    t^eborcnen 
1693    gestorbenen  Ratsherrn    und  Vorsteher  der  Marienkirche 

Dr.  jur.  Heinrich  i^ alemann, 
1695  errichtet.  Großer  höl- 
zerner Aufbau,  ähnlich  dem 
Bartclsschen  Epitaph.  Ein 
mehrfach  verkröpftes,  in  der 
Mitte  im  Rundbogen  hochge- 
fuhrtes  Gebälk  ruht  zu  beiden 
Seiten  auf  vier  chorintisieren- 
den  Säulen,  von  denen  je  die 
drei  vorderen  zu  einer  Gruppe 
vereinigt  sind,  während  die 
seitwärts  zurückgestellte  vierte 
Säule  von  ersteren  durch  die 
in  Muschelnischen  aufgestellten 
Statuen  der  Gerechtigkeit  und 
der  Klugheit  getrennt  ist.  Die 
derart  umschlossene  große 
mittlere  Bogennische  enthält 
in     zierlichem,     von     F^ngels- 

figuren  belebtem  Rokoko- 
rahmen ein  auf  Leinwand  ge- 
maltes Bild  des  im  Garten 
Gethsemane  betenden  Heilands, 
dem  ein  Engel  den  stärkenden 
Kelch  bringt.  Zu  oberst 
zwischen  zwei  symbolischen 
weiblichen  Figuren  das  von 
Engeln  gehaltene  Balemann- 
sche  Wappen  (im  vorderen 
geteilten  Felde  des  gespaltenen 
Schildes  oben  der  vierte  Teil 
eines  schwarzen  Adlers  in  gold,  unten  eine  herabhängende  Erdbeerranke  in 
Silber,  hinten  zwei  silberne  Sparren  in  rot;  auf  dem  Helm  eine  Erdbeerranke 
zwischen  zwei  roten  Hörnern).  An  der  Basis  das  Brustbild  des  Ratsherrn, 
darunter  die  Inschrifttafel  in  einer  Blattwerkumrahmung,  von  der  zwei  den  Tod 
symbolisierende  Gestalten  sich  abheben.    Am  dritten  Wandpfeiler  des  Süderschiffs. 


Epitaph  des  Ratsherrn  Hartwich  von  Stiten 
und  seines   Geschlechts. 


M  Gedr.   bei  von   Seelen,   a.  a.   O.    i,   S.   235. 


370  DIE  MARIENKIRCHE. 

1695  Dezember  12  ward  des  sehl.  H.  Hinrici  Bahlmans  J.  U.  D.  und 
Rathsverwandten  Epitaphium  in  der  Kirchen  an  der  Süderseiten  auf^gehenget;« 
WB.    i6q5,    II.   W.   n.   MichaeUs. 

Marmorepitaph  für  die  mit  dem  Ratsherrn  Hart  wich  von  Stiten  am 
22.  Mai  1692  erloschene,  seit  dem  14.  Jahrhundert  in  Lübeck  ansässige  FamiUe 
von  Stiten,  1699  errichtet  (Abb.  S.  369).  Vor  einer  von  zwei  obehskenartigen 
Stelen  flankierten  und  von  einer  Flammenurne  gekrönten  hohen  Rückwand 
halten  die  als  Greis  mit  dem  Stundenglas  verkörperte  Zeit  und  der  als  Gerippe 
dargestellte  Tod  die  in  Form  einer  Grabplatte  gestaltete  Inschrifttafel ,  über 
der  ein  Posaunenengel  schwebt.  Zu  beiden  Seiten  dieser  Gruppe  sitzen  zwei 
trauernde  Putten  mit  Kartuschen,  die  den  Namenszug  des  letzten  Familien- 
sprosses tragen.  Zwei  weitere  Putten,  die  zwischen  sich  eine  überkrönte 
Kartusche  mit  dem  Wappenschilde  des  Geschlechts  (vgl.  S.  353)  halten, 
schweben  vor  dem  konsolenartigen  Unterbau.  Am  Rande  des  letzteren  sind 
auf  kleinen  runden  Medaillons  vierzehn  Wappen  befestigt,  und  zwar  befinden 
sich  links  vom  Beschauer  aus  sieben  von  Stitensche  Wappen,  die  das  Geschlecht 
bis  zu  dem  1484  gestorbenen  Bürgermeister  Hinrich  von  Stiten  zurückverfolgen, 
auf  der  den  weiblichen  Familienmitgliedern  eingeräumten  rechten  Seite  ent- 
sj)rechen  jedoch  nur  die  an  erster,  dritter,  sechster  und  siebenter  Stelle  von 
unten  aus  vertretenen  Wapj^en  der  Geschlechter  Köhler,  von  Plönnies,  Kerkring 
und  Fincken  dem  Stammbaum  der  Familie,  während  an  zweiter,  vierter  und 
fünfter  Stelle,  wo  anstatt  der  hierher  gehörigen  Wetkenschen,  Wibbekingschen 
und  Grawertschen  Wappen  zweimal  das  von  Stitensche  und  einmal  das  von 
Plönniessche  Wappen  wiederholt  sind,  offenbar  spätere  willkürliche  Ergänzungen 
vorliegen.  Das  am  vierten  Wandpfeiler  des  Süderschififes  errichtete  Denkmal 
ist  gezeichnet  T.  QU  ELLIN  US    FECIT. 

1699  November  6  wurde  vom  Bürgermeister  Hieronymus  von  Dorne 
»wegen  AuftVichtung  sehl.  Hartwig  von  Stitens  weilandt  Rahtverwandten 
alhier  Epitaphii  die  Kirchengebühr  mit  150  ^  gezahlt;  WB.  1699,  6.  W 
n.   Michaelis. 

Epitaph  für  den  am  i.  Juli  1630  geborenen  und  am  4.  Mai  1696  ge- 
storbenen Bürgermeister  Johann  Siricius,  1702  errichtet  (Abb. \  Auf  kräftiger, 
in  der  Mitte  sarkophagartig  ausgebildeter  Basis  erhebt  sich  ein  der  Profilierung 
des  ihn  tragenden  dritten  südlichen  Mittelschififpfeilers  angepaßter  hoher 
hölzerner  Aufbau,  dessen  verkröpftes  Gebälk  zu  beiden  Seiten  auf  zwei 
schlanken  Säulen  ruht.  In  der  Mitte  stützt  ein  niedriger  umrankter  Sockel  das 
von  einem  Laubwerkkranze  umrahmte  Brustbild  des  Verstorbenen.  Über  dem- 
selben hält  ein  schwebender  Engel  einen  Lorbeerkranz  und  ein  MORIEN  DO 
VI  VIT  beschriebenes  Band.  Zur  Rechten  des  Bildes  vom  Beschauer  aus  steht 
die  mit  der  Mauerkrone  bezeichnete  klagende  Lubeca,  links  die  mit  dem 
Kronos  identifizierte  geflügelte  Gestalt  des  Todes,  während  weiter  seitwärts 
zwischen  den  beiden  Säulenpaaren  zwei  trauernde  weibliche  Figuren  angebracht 
sind.  Über  der  Mitte  erhebt  sich  zwischen  zwei  sitzenden  Putten  ein  niedriger 
Oberbau,  dessen  durchbrochenen  Giebel  ein   Ln<jel  krönt.      Eine  vor  der  Basis 


DIK    MARIi;.\K[kClll':. 


371 


herabhängende  TuchroUc  trägt  die  Inschrift.  Zu  unlcrst  unlschhel.^t  eine  Kartusche 
das  Wappen  des  Bürgermeisters  (im  goldenen  Schilde  eine  Weintraube,  auf  dem 
Helm  eine  schlanke  grüne   Pyramide  mit  goldenen  Kugeln  an  den   I'xken). 

1702    A])ril    10    wurden    »wegen    des    wohlsehl.    H.    lUirgcrmeister    Sirici 
Epitai)hii,  so  künft"tig  in  der  Kirchen  an  dem  gleich  der  Cuntzel  über  stehenden 

Pfeiler  autTgehenget  werden  soll,  der 
Kirchen  Jura'<  mit  150  //.  entrichtet; 
\\r>.    1702,    15.    W.    n.    Xeujalir. 

I-.pitaph  für  den  am  S.  Mai  1632 
zu  Suhl  geborenen  und  am  14.  Juni  1700 
gestorbenen  Ratsherrn  Johann  Daniel 
Klett,  laut  der  Inschrift  1702  er- 
richtet (Abb.  S.  372).  (irol.Ncs  hölzernes 
Denkmal,  im  Aufbau  ganz  ähnlich  dem 
des  Bürgermeisters  Siricius.  Über  einem 
mittleren  hohen  Sockel,  den  ein  am 
sarkophagartig  gestalteten  Unterbau 
sich  anklammerndes  Skelett  mit  der 
Inschrift  versieht,  halten  vier  Putten 
das  mit  Blumengewinden  umgebene 
ovale  Brustbild  des  Verstorbenen.  Da- 
neben sind  ein  Engel  mit  einer  Tuba 
und    eine   sitzende   trauernde   weibliche 

Figur,  weiterhin  die  Statuen  des 
Glaubens  und  der  Hoffnung  angebracht. 
Den  flachen  runden  Giebel  des  Ober- 
baus krönt  der  .Sensenmann  mit  dem 
Stundenglas.  Zu  unterst  umschließt 
eine  Kartusche  das  Wappen  (im  Schilde 
ein  silberner  Adler  auf  rotem  Grunde 
oberhalb  des  vorn  viermal  schräglinks, 
hinten  viermal  schrägrechts  von  gold 
und  schwarz  geteilten  Schildfußes ;  auf 
dem  Helm  derselbe  Adler).  An  der 
Nordseite  des  vierten  Süderpfeilers. 

1701  September  29  entrichtete 
die  Witwe  des  Ratsherrn  mit  150  -^ 
»der  Kirchen  Gebühr  wegen   dessen 
Epitaphii,   so  nach  Verfertigung  des- 
selben  in   der  Kirchen   an  den  vierdten  Pfeiler  Süderseiten  auffgerichtet  werden 
soll;«    \VB.    1701,    27.   W.   n.   Ostern. 

Epitaph  für  den  laut  der  Inschrift M  am  27.  September  1622  geborenen 
am    I.    September    1700    gestorbenen    Bürgermeister    und    Vorsteher    der 


E]iitaph  des  Bürgermeisters  Johann  Siricius. 


und 


^)  Gedr.   bei   von   Seelen,   a.   a.   ü.    i,   S.   208. 


372 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Marienkirche  Dr.  jur.  Johann  Ritter.  Hölzernes  Denkmal  in  riesigen  Ver- 
hältnissen (abgebildet  auf  dem  Lichtdruck  zu  S.  127).  Auf  dem  einfachen 
Unterbau,  der  die  schlichte  ovale  Inschrifttafel  trägt,  steht  ein  bauchiger 
Sarkophag.  Über  ihm  halten  zwei  Putten  das  auf  Kupfer  gemalte  Brustbild 
des  Verstorbenen;  daneben  sitzt  eine  trauernde  weibliche  Figur  mit  Todes- 
emblemen. Die  Rückwand  bildet  ein 
oben  mit  einem  Kreuze  abschließender 
mächtiger  Obelisk,  vor  dem  eine  Putte 
mit  dem  von  einer  Kartusche  um- 
schlossenen kleinen  weißen  Wappen- 
schilde des  Bürgermeisters  (vorn  ein 
halber  lübischer  Adler,  hinten  neun 
Tropfen  [?])  schwebt.  An  der  Nordseite 
des  zweiten  Süderpfeilers. 

Epitaph  für  den  am  2.  Februar 
1622  geborenen  und  am  22.  Oktober 
1700  gestorbenen  Pastor  M.  Bernhard 
Kredit ing.  Ein  reichgeschnitzter  ver- 
goldeter Rokokorahmen  umschließt  das 
mäßig  auf  Holz  gemalte  Brustbild  des  Ver- 
storbenen nebst  der  darunter  befindlichen 
Inschrifttafel.     Auf  der   linken  Schulter 

des    Porträts    steht : 


darüber: 


I     H     ysledekind  fecit 
Ao  1698  • 
.  AO  •  1698  ■         ry  u        4-     ■ 

/ETAT  .  77  .      ^'^'     Oberst    m- 

mitten  einer  Kartusche  eine  Marke 
zwischen  einem  Totenkopf  und  einem 
Stundenglase.  An  der  Ostseite  des 
zweiten  nördlichen  Chorpfeilers. 

Epitaph  für  den  laut  der  In- 
schrift^) am  8.  Dezember  1644  ge- 
borenen und  am  26.  Dezember  1700 
gestorbenen  Ratsherrn  Franz  Bern- 
hard Rodde,  1703  errichtet.  Hölzerne 
Rokokostele  in  Marmorimitation.  Vor 
der  von  zwei  Obelisken  mit  aufgesetzten 
Flammenurnen     flankierten     Rückwand, 

deren  geschweiftes  Gesims  zwei  Putten  mit  dem  Roddeschen  Wappen  (vgl. 
S.  364)  krönen,  halten  der  Tod  und  zwei  schwebende  Putten  das  Gottfried 
Kniller  zugeschriebene,^)  auf  Kupfer  gemalte  Brustbild  des  Ratsherrn.     Daneben 


Eiiilaph  des   Ratsherrn  Joh.   Dan.   Klett. 


^)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.  259. 

'^)  Vgl.    [Funk],    Die    Merkwürdigkeiten  der  Marienkirche,   2.   Aufl.,   S.    13    und  Hasfe,  Aus 
der  Gesch.  der  Lüb.  Malerei,  S.   5. 


Dil-:  MARlENKIRCllK. 


373 


1703 


sitzt  eine  trauernde  weibliche  Figur.      Der  Unterhau  tragt  die  Schrifttafel.     An 
der  Südwestseite  des  dritten  nördliclien  Chorpfeilers. 

1702  April  6  beschlossen  die  Vorsteher:  »Des  salil.  lln.  i'ranls  lU-rt'iidt 
Rodden  sein  Epitaphium  soll  im  Cohr  nebenst  seinen  wollscliligcn  Hr.  \  alter 
(vgl.  S.  365)  gehangen  werden;«  Vorsteher-Protokoll  1650 — 1743-  ^-  'S''^'*- 
Oktober    31    zahlte    Katharina    Rodde    die    (lebiihr    wegen    ihres    sehl. 

Kheliebsten  H.  l-ranlz  P.ern- 
hard  Rodden  weil.  Rathsver- 
wandten  dieser  Stadt  auffge- 
richteten  l-',pitaphium  im  hohen 
Choer«  mit  150  ^. ;  WB. 
1703,    5.    NN',    n.    Michaelis. 

Epitaph  fiar  den  laut  der 
Inschrift^)  am  7.  September  1634 
geborenen  und  am  20.  Mai  1701 
gestorbenen  Ratslierrn  Hermann 
Pocke,  1703  errichtet  (Abb.V 
Hölzerner  Aufbau  in  reichem 
Rokokostil.  Zwei  seitliche  Säulen- 
paare, welche  die  Statuen  der  Ge- 
rechtigkeit und  der  Hoffnung  ein- 
schließen, tragen  das  verkröpfte  ge- 
schwungene Gebälk.  Vordem  Mittel- 
felde halten  zwei  schwebende  Engel 
und  zwei  Putten  ein  auf  zwei  zusam- 
mengenieteten Kupferplatten  gemal- 
tes großes  ovales  Bild  der  Kreuz- 
tragung.  Ein  Posaunenengel  krönt 
den  mit  einem  flachen  Rundgiebel  ab- 
schließenden Oberbau.  Vor  diesem 
flankieren  zwei  symbolische  Frauen- 
gestalten, die  eine  mit  Eorbeer- 
kranz  und  Palmenzweig,  die  andere 
mit  Spiegel  und  Merkurstab  be- 
zeichnet, das  Fockesche  \Va])pen 
(im  blauen  Schilde  hält  ein  Arm 
ein  silbernes  Focksegel  mit  gol- 
dener Raa  und  goldenem  Mast, 
auf  dem  Spangenhelm  derselbe 
Arm  mit  dem  Segel).  An  der 
Basis  ist  das  ovale  Brustbild  des 
Ratsherrn    und    darunter   eine  \'on 


^)  Gedr.  bei  von  Seelen,   a.  a.  U. 


Epitaph  des  Ratsherrn   Hermann  Pocke. 


2,   S.   30. 


374 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Rankenwerk  eingefaßte  Kartusche  mit  der  Inschrift  angebracht.     An  der  Nord- 
seite des  fünften  Süderp  feilers. 

1703    Februar    24    zahlte    Dr.   jur.    Heinrich    Focke    »der    Kirchen    Jura 
wegen    [seines]    sehl.   H.   \'aters    Epitaphium,    so    am    andern   Süderp  feiler    von 


unten    herauff    auffgerichtet    werden    soll,< 
n.   Neujahr. 


mit     150    -^;    WB.    1703,     8.    W. 


Marmorepitaph  in  eleganten  Rokokoformen  für  den  am  1 1.  Dezember  1624 

geborenen    und    am    8.    September    1702 

gestorbenen  Ratsherrn  Adolf  Brüning, 

1706    errichtet   (Abb.).      Vor    der    hohen 

Rückwand,  deren  von  einer  Flammenurne 

gekrönten  oberen  Abschluß  eine  goldene 

Muschel  mit  blauen  Einlagen  bildet,   wie 

sie    ähnlich    die    große    Mittelnische    des 

Hochaltars    zeigt,    hält    der    Sensenmann 

das    auf   Kupfer    gemalte    Brustbild    des 

Verstorbenen     sowie     ein     die     Inschrift 

tragendes    ausgespanntes     Tuch,     dessen 

anderes  Ende   eine   emporfliegende  Putte 

gefaßt  hat.     Eine    weitere,    mit    Posaune 

und   gesenkter   Fackel   bezeichnete   Putte 

schwebt  über   dieser  Gruppe,    eine  dritte 

steht,    wehmutsvoll    auf   die    umgekehrte 

I'ackel     gelehnt,     seitwärts     neben     dem 

Bildnis.     Der  Unterbau  trägt  in  der  Mitte 

das  Brüningsche  \\'api)en  (im  Schilde  ein 

geflügeltes  Roß   mit   einem  Kleeblatt   im 

Maule,    auf   dem    Spangenhelm    dasselbe 

Roß    wachsend)     und    am    unteren    Ende 

die  eingemeißelten  Worte  T:  QU  EL- 
LIN US  :  FECIT.  Am  fünften  Wand- 
pfeiler des  Süderschifis. 

1705  November  14  zahlte  Adolf 
Brüning  >/der  Kirchen  Jura  wegen  s. 
wohlsehHgen  Vaters  Epitaphium,  so 
nach  Verfertigung  desselben  an  dem 
untersten  Pfeiler  norderseiten  auffge- 
richtet werden  soll.«  Am  Rande  neben  dieser  Buchung  steht:  »1706 
Michaeli  ward  dieses  Epitaphium  an  der  Süderseiten  über  der  Schonenfahrer 
Gestüelte  aufgerichtet.«      WB.    1705,   6.    \V.   n.   Michaelis. 

MarmorejHtaph  für  den  laut  der  Inschrift^)  am  24.  Juli  1646  geborenen 
und  am  12.  Oktober  1704  gestorbenen  Bürgermeister  Hieronymus  von 
Dorne,    1706  von  lliomas  Quellinus  gefertigt^)  (Abb.  S.   ^y6).     Über  dem  von 

')  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.   i,  S.   162  f. 
^)  Lub.  Relig.  S.    173. 


Epitaph  des   Ratsherrn   Adolf  Brüninc 


Dil-;   MARIKNRIRCIII': 


375 


lani;<;cstrccl<tcn  ^csch\\iin<;L'ncn  KoiisoKmi  ll.inkicrtcn  l'nU'il);ui  mit  dei'  Inschrift- 
talcl  und  dem  von  1  )()rnc.schcn  Wappen  ei-heben  sich  zu  beiden  Seiten  der 
hohen  Kückwaiul  zwischen  zwei  Liktorenhündehi  und  Kartuschen  mit  Masken 
zwei  von  kleinen  Fhmimenurnen  (^ekninte  obeHskenartige  Stelen  mit  je  acht 
voro"ehän<^tcn  Wappen,  deren  Unterschriften  in  der  Reilicn folge  xon  unten 
nach  oben  lauten  (links  vom  Beschauer  aus):  VON  DORNE,  WIBBEKINGE, 
HALEHOLTSCOHE,  VON  STANGE,  VON  LÜNEBURG,  KORT- 
SACKEN,  KERCRINGE,  VON  JORIS,  (rechts:)  VON  WETKE,  VON 
SPRECKELSEN,  VON  STITEN,  MEIER,  VON  WICKEDEN,  MECHTES- 
HAUSEN,  VON  LÜNEBURG,  VON  STITEN.  l-.s  smd  die  Wappen  und 
Namen  der  Eltern  des  i^ürgermeisters  und  ihrer  beiderseitigen  sieben  letzten 
Ahnfrauen,  wie  sich  aus  der  folgenden  Stammtafel  ergibt: 


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Bürgermeister  Hermann  von  Dorne 
f    1665 


Margaretha  von  Wetken  f    1687 


Bürgermeister  Hieron}-mus  von  Dorne  t    1704. 

In  der  Mitte  stützen  zwei  Putten  das  auf  Kupfer  gemalte  Brustbild  des 
Verstorbenen,  auf  welches  eine  mit  dem  S}-mbol  der  Ewigkeit  bezeichnete 
schmerzbewegte    liegende    Frauengestalt    mit    der    erhobenen    Rechten    deutet. 


176 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Darüber  hält  der  eine  Flammenurne  tragende  Sensenmann  mit  Hülfe  zweier 
weiterer  Putten  ein  ausgespanntes  Tuch,  auf  dem  der  Name,  die  Würden  und 
die  letzten  Vorfahren  des  Bürgermeisters  \'erzeichnet  sind.  Im  Xorderschiff 
westlich  neben  der  Totentanzkapelle. 

Das  WB.  berichtet  unter  1706,  4.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  24 — 30): 
»Von  H.  Herrn.  Hinrico  van  Dorne  der  Kirchen  Jura  entfangen  wegen  seines 
hochseligen  H.  Vaters  H.  Jeronimy  von  Dorne,  weiland  Burgermeisters  alhier 
in  Lübeck,  marmornes  Epitaphium  an  dem  Pfeiler  nach  der  Todtentanz- 
Capelle,  allwo  des  auch  wohl- 
seligen     H.      Hinrici      Wedenhoffs 


weiland  Rathherrn  hieselbst  Tafel 
mit  seinem  Kffigio  (vgl.  S.  364) 
gehangen,  nun  aber  .  .  .  von  dem 
Ohrte  abgenommen  und  an  dem 
Pfeiler  bey  der  H.  Burgermeister 
Capelle  wieder  hin  transportiret 
worden,-  ist    150    ^.« 

E|)itaph  aus  schwarzem  Marmor 
für  den  laut  der  Inschrift')  1639  ge- 
borenen und  1705  (Juni  16)  gestorbenen 
Bürgermeister  Gotthard  von  Ker- 
kring,  1707  vom  Bildhauer  Johann 
Parese  ^)  gefertigt.  Hoher  Aufbau  in 
geschweiften  Formen  mit  oberem 
Obelisken,  vor  dem  zwei  Putten  eine 
Kartusche  mit  dem  Wappen  halten. 
In  der  Mitte  setzt  der  Tod  das  auf 
Kupfer  gemalte  Brustbild  auf  ein 
Postament,  neben  dem  eine  trauernde 
weibliche  Figur  steht.  Zu  beiden 
Seiten  schweben  Putten,  die  —  jetzt 
fehlende  —  Blumengewinde  hielten. 
Den  vorderen  Teil  des  Unterbaues 
bedeckt  die  Inschrift.  Am  zweiten 
Wandpfeiler  des  Süderschiffs. 


Epitaph   des  Bürgermeisters 
Hieronymus  von  Dorne. 


1707  Februar  14  wurde  die 
(iebühr  wegen  Bürgermeister  (rott- 
hard  von  Kirchrings   Epitaph,    »so 

nach  Verfertigung  desselben  an  den  Pfeiler  süderseiten  bey  sehl.  Doct.  Bahl- 
mans  (lemählte  (vgl.  S.  330)  auffgerichtet  werden  soll,«  mit  150  ^'.  entrichtet; 
WB.    1707,    8.   W.   n.   Neujahr  (Februar    13 — 19). 

Epitaph  aus  schwarzem,    rotem    und  weißem   Marmor    für   den    laut    der 
Inschrift^)    am    27.    November    1657     geborenen    und    am     15.    P'ebruar    1707 


')  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.    172. 

■'')  Lub.  Relig.   S.    188. 

^)  Gedr.  bei  von  Seelen,  a.  a.  O.    i,  S.   225  f. 


Dlli  MARIKNKIRCllK. 


m 


gestorbenen  Büro-ermeistcr  und  Vorsteher  der  Marienkirche  Dr.  jur.  Anton 
Winckler  (Abb.).  Das  von  Ihonias  OueUinus  i;ererti<;te')  Denkmal  zei^t  in 
der  Mitte  auf  einem  die  hiscln-ift  tragenden  hohen  Sockel  die  l'ortr.'Ubüste  des 
Bürgermeisters  zwischen  zwei  auf  Voluten  sitzenden  Putten  mit  (^q.\\  Symbolen 
der  Rechtsj)flege  und  der  Konsularwürde.  Auf  dem  oberen  Gesims  ruht  eine 
Minerva;    neben    ihr    halt    eine    l'utte    eine    Kartusche    mit   dem    W'incklerschen 

W'appenzeichen  (ein  aus  Wolken  ragender 
.\rm  mit  einem  rechten  Winkel).  Ijii  hinter 
dieser  (Gruppe  über  einem  Hluniengew  inde 
nach  Art  eines  W'appenmantels  ausgespannter 
Vorhang  x'erdeckt  zum  Teil  den  aus  einer 
Stele  mit  krr)nender  h^lammenurne  bestehen- 
den  oberen   .Abschluß  der   Rückwand. 

Marmorepitaj)h  für  den  am  12.  Sep- 
tember 1639  geborenen  und  am  3  1 .  Juli  17 14 
gestorbenen  Bürgermeister  und  Vorsteher  der 
Marienkirche  L  C.  Johann  Westken.  Vor 
der  mitttelgroßen  stelenförmigen  schwarzen 
Rückwand,  die  von  der  voller  Inbrunst  zu 
dem  Bilde  des  Gekreuzigten  aufschauenden 
Gestalt  des  Glaubens  gekrönt  wird,  steht 
zwischen  den  auf  Voluten  hingelagerten  Ge- 
stalten der  Liebe  und  der  Hoffnung  das  auf 
Kupfer  gemalte  Brustbild  des  Verstorbenen. 
Die  bischrifttafel  und  der  Wappenschild  (ein 
schildhaltender  Löwe)  sind  vor  dem  sarkophag- 
artigen Unterbau  angebracht,  an  dem  zu 
unter.st  HIERONIM9  •  I  •  HASSEN  BERG  • 
FECIT.  eingemeißelt  ist.  ^)  Am  sechsten 
Wandpfeiler  des  Süderschiffs. 

Epitaph  aus  schwarzem,  rotem,  grauem 
und  weißem  Marmor  für  den  am  1 1 .  No- 
vember 1648  geborenen  und  am  27.  Dezember 
1723  gestorbenen  Bürgermeister  Peter 
Hinrich  Tesdorpf.  In  geschwungenen 
Rokokoformen  gearbeitetes  dem  Winckler- 
schen  ähnliches  Denkmal.  Entsprechend  dem  Tesdorpfschen  Wappenspruch 
PIE  •  HON  ESTE  .  TEMPERANTER  sitzen  zu  beiden  Seiten  des  auf  Kupfer  ge- 
malten Brustbildes  die  Gestalten  der  Rechtschaffenheit  und  der  Mäßigkeit, 
während  die  kleinere  Fieur  des  Glaubens  auf  dem  oberen  Gesims  kniet.     Hinter 


Epitaph  des  Bürgermeisters 
Dr.   Anton  Winckler. 


1)  Lub.  Relig.   S.    156. 

^)  Nach  dem   WB.   der  Ägidienkirche    wurde  am   7.  Januar    1743    »Jeronimus  Jacob   Haffen- 
berg gewesener  Steinmetzmeister  begraben  in  die  Dohmskirche   mit   I    Stund   Außläuten.« 


3/8  DIE  MARIENKIRCHE. 

der  letzteren  ist  ein  Wappenmantel  ausgebreitet,  über  dem  der  Tod  mit  Hippe 
und  Stundenglas  ruht.  Der  Unterbau  trägt  den  von  einer  gekrönten  Kartusche 
umschlossenen  Wappenschild  (ein  springender  Hirsch)  und  die  Schrifttafel. 
Rechts  neben  der  Tesdorpf-Kapelle. 

Epitaph  für  den  1655  geborenen  und  1729  (März  4)  gestorbenen  Bürger- 
meister und  Vorsteher  der  Marienkirche  Adolph  Matthäus  Rodde.  Hölzerner, 
schwarz  und  weiß  bemalter  dreigeschossiger  Aufbau  in  Rokokoformen.  Zu 
beiden  Seiten  des  den  Mittelpunkt  bildenden,  auf  Kupfer  gemalten  Brustbildes 
tragen  die  Gestalten  des  Glaubens  und  der  Hoffnung  als  Karyatiden  das  ver- 
kröpfte Gebälk,  auf  dem  sich  der  mit  dem  Roddeschen  Wappen  geschmückte, 
von  einer  kleinen  Figur  des  Auferstandenen  gekrönte  Oberbau  erhebt.  An 
der  Basis  eine  Kartusche  mit  der  Inschrift.  Nordseitig  am  dritten  südlichen 
Chorpfeiler. 

Dem   Vorsteher-Protokoll   (S.    179)  zufolge  hatte   der  Verstorl)ene   bereits 
17  17    selbst  den  betreffenden  Pfeiler  zur  Aufstellung  seines  Epitaphs  bestimmt. 

Epitaph  für  den  am  29.  April  1666  zu  Lübeck  geborenen  und  am 
9.  Mai  1730  gestorbenen  Bürgermeister  und  Vorsteher  der  Marienkirche 
Hermann  Rodde.  Auf  der  die  Inschrift  tragenden  kräftigen  Basis  des 
mächtigen  hölzernen  Denkmals  steht  ein  Sarko])hag,  neben  dem  die  lebens- 
großen Gestalten  des  Glaubens  und  der  Gerechtigkeit  sitzen.  Darüber  erhebt 
sich  ein  in  drei  Abstufungen  gegliederter  hoher  stelenartiger  Aufbau  mit  dem 
Roddeschen  Wappen  und  dem  von  einem  schwebenden  Posaunenengel  ge- 
haltenen, von  J.  M.  von  der  Hude  gemalten^)  Brustbild.  An  der  Nordseite 
des  sechsten  Norderpfeilers. 

Epitaph  aus  schwarzem,  grauem,  rotem  und  weißem  Marmor  für  den 
am  6.  Mai  1654  geborenen  und  am  9.  April  1731  gestorbenen  Bürgermeister 
und  Vorsteher  der  Marienkirche  Jakob  Hübens  (Abb.).  Vor  der  stelenartigen, 
von  einer  Kartusche  mit  dem  Wappen  (im  geteilten  Schilde  drei  .sitzende 
Vögel,  auf  dem  Spangenhelm  ein  sitzender  Vogel  zwischen  zwei  Hörnern) 
gekrönten  Rückwand  hält  ein  sch\\'ebender  Engel  das  Brustbild,  neben  dem 
eine  kleine  trauernde  Putte  mit  Stundenolas  und  Gesenkter  F'ackel  sitzt.  Die 
Inschrifttafel  trägt  der  konsolenartige  Unterbau.  An  der  Westwand  zwischen 
der  Schinkel-  und  der  Bergenfahrerkapelle. 

Epitaph  für  den  am  13.  Juni  1743  im  84.  Lebensjahre  gestorbenen  und 
in  der  Burgkirche  bestatteten  Senior  und  Pastor  M.  Jakob  von  Melle. 
Hölzernes  Denkmal  von  mäßiger  Größe.  Vor  der  mit  einem  purpurfarbigen 
Wappenmantel  behangenen  stelenartigen  Rückwand  ist  das  von  J.  M.  v.  d. 
Hude  gemalte^)  Brustbild  angebracht,  über  welchem  ein  Engel  mit  dem  Sinn- 
bild  der  Ewigkeit   schwebt,    während   daneben    eine   trauernde  weibliche  Plgur 


')  [Funk,]  Die  Merkwürdigkeiten  der  Marienkirche,   2.   Aull.,  S.  41. 
*)  Das.  S.  29. 


DIK  MARIKNKIRCIll-;. 


379 


mit  gesenkter  I'^ackcl  steht.  Auf  der  Basis  sind  I'jnblenie  der  Wissensclialt 
aufgebaut,  welche  auf  tue  gelehrte  Tätigkeit  des  namentlich  um  die  \\v- 
schliefHing  der  lübeckischen  (ieschichte  hervorragend  verdienten  Mannes  hin- 
weisen. l*>ine  herabhängende  geöffnete  Schriftrolle  ist  mit  Namen  und  Todes- 
tlatum  \ersehen.  Den  unteren  Abschluß  bildet  das  \Vap]:»en.  An  der  Ostseite 
des  dritten   nördlichen   C'horpfeilers. 

Epitaph  aus  schwarzem  untl  weißem  Marmor  für  den  am  I  5.  November  1677 
geborenen    und    am    2S.    Mai    1750    gestorbenen    Bürgermeister    und    Vorsteher 

der  Marienkirche  Heinrich 
B  alemann,  1751  errichtet. 
Das  in  s[)äten  Rokokoformen 
gehaltene  Denkmal  zeigt  vor 
der  hohen  vom  Wappen  (vgl. 
S.  369)  gekrönten  Riickwand 
in  flacher  Rundbogennische 
die  Porträtbü.ste  des  Ver- 
storbenen zwischen  den  Per- 
sonifikationen der  Gerechtig- 
keit und  der  mit  einem  Füll- 
horn bezeichneten  Freigebig- 
keit (?).  Den  von  einem 
Fngelskopf  getragenen  Unter- 
bau bedeckt  die  Inschrift. 
Links  von  der  südöstlichen 
Kirchentür. 

17^1  Januar  1 1  be- 
stimmten die  Vorsteher, 
daß  »bei  Auffrichtung  des 
Epitaphii  sehl.  H.  Consul 
Balemanss  der  Maurer- 
meister der  Kirche  die  Auf- 
sicht führen  sollte ;  ^'or- 
steher- Protokoll  1743  — 
1832,   Bl.    15  b. 


Epitaph  des  Bürgermeisters  Jakob  Hübens. 

Im   Hintergrunde  das  Epitaph  des  Bürgermeisters 

Hinrich   Köhler  (vgl.   S.   354)- 


Epitaph  für  den  1681 
geborenen  und  1750  (Novem- 
ber 3)  gestorbenen  Pastor  M.  Bernhard  von  der  Hude.  Hölzernes  Denkmal 
in  späten  Rokokoformen.  Eine  über  dem  sarkophagartigen  Unterbau  auf- 
ragende Stele  trägt  an  ihrer  Vorderseite  das  vom  Bruder  des  Verstorbenen, 
J.  M.  v.  d.  Hude^  gemalte i)  Brustbild,  über  dem  ein  kleiner  Posaunenengel 
schwebt.     An  der  Südwand  der  Beichtkapelle. 

Epitaph   für   den    am  11.  April   171 5    zu  Ratzeburg   geborenen   und   am 
15.  Februar   1755    gestorbenen  Pastor  Christoph  Gotthold  Kohlreif.     Vor 


1)  Das.  S.  23  f. 


380  DIE  MARIENKIRCHE. 

einer  einfachen  hölzernen  Stele  steht  auf  einem  die  Inschrift  und  das  kleine 
Wappen  tragenden  Postament  das  von  Johann  Jakob  Tischbein  (1725 — 91) 
gemalte^)  Brustbild  zwischen  Attributen  der  Gelehrsamkeit  und  einem  Engel 
mit  Kranz  und  gesenkter  Fackel.    Am  Wandpfeiler  rechts  neben  der  Sakristei. 

Epitaph  für  den  1700  zu  Rostock  geborenen  und  am  8.  April  1759 
gestorbenen  Pastor  D.  Johann  Hermann  Becker.  Das  hölzerne  Denkmal 
zeigt  zwischen  z\\'ei  trauernden  Putten  eine  Rokokokartusche  mit  gedrängter 
Inschrift  und  darunter  das  Wappen.  An  der  Nordwestseite  des  zweiten  nörd- 
lichen Chorpfeilers. 

P2pitaph  für  den  am  18.  Oktober  1718  zu  Lübeck  geborenen  und  am 
15.  April  1765  gestorbenen  Pastor  Friedrich  Joachim  Seh  nobel.  Vor  der 
hölzernen  stelenartigen  Rückwand  steht  das  von  J.  J.  Tischbein  gemalte^) 
Brustbild,  neben  dem  zwei  Putten  trauern,  \\ährend  über  ihm  ein  Posaunen- 
engel schwebt.     Rechts  neben  der  nordöstlichen  Kirchentür. 

Epitaph  für  den  am  23.  Juni  1703  geborenen  und  am  6.  April  1768 
gestorbenen  Bürgermeister  und  früheren  Vorsteher  der  Marienkirche  Hin  rieh 
Dietrich  Balemann.  Hölzerner  Aufbau  in  späten  Rokokoformen.  Vor 
einer  mit  dem  Wappen  gekrönten  breiten  Stele  hält  der  kniende  Sensenmann 
das  von  J.  J.  Tischbein  auf  Kupfer  gemalte^)  Brustbild.  Zu  beiden  Seiten 
dieser  Gruppe  sitzen  zwei  Putten  mit  den  Emblemen  der  Gerechtigkeit  und 
der  Klugheit.  Der  schlichte  Unterbau  trägt  die  Inschrift.  An  der  Nordost- 
seite des  Pfeilers  der  südlichen  V^orhalle. 

Epitaph  für  den  am  21.  Mai  1773  im  6'].  Lebensjahre  gestorbenen 
Bürgermeister  Dr.  jur.  Hinrich  Brokes.  Das  dem  vorigen  ähnliche  Denkmal 
i.st  1776  errichtet.  Vor  einer  schlanken  Stele  stützt  eine  Putte  das  von 
J.  J.  Tischbein  auf  Kupfer  gemalte^)  Brustbild,  über  welches  die  zur  Seite 
stehende  Figur  der  Gerechtigkeit  einen  goldenen  Lorbeerkranz  hält,  während 
in  einiger  Höhe  ein  Posaunenengel  schwebt.  Den  sarkophagartigen  bauchigen 
Unterbau  bedecken  ein  symbolisches  Relief  und  die  von  dem  Wappen  über- 
ragte Inschrift.     An  der  Ostwand  der  südlichen  Vorhalle. 

1776  Oktober  8  beschlossen  die  Vorsteher,  der  Bürgermeisterin  Brokes 
vorstellen  zu  lassen,  »wegen  das  gemachte  Epitaphium  ihres  seel.  Herrn 
Gemahl,  da  er  kein  Vorsteher  an  dieser  Kirche  gewesen,«  der  Kirche 
100  Taler  zu  verehren;  Vorsteher-Protokoll  1743 — 1832,  Bl.  108.  Zu  einer 
1777  Februar  10  erneut  beschlossenen  diesbezüglichen  Anregung  ist  am  Rande 
vermerkt:    »Ist  geschehen,   aber  nichts   erfolget;«    das.   Bl.    iio. 

Epitaph  für  den  am  14.  Juli  1721  geborenen  und  am  14.  Mai  1790 
gestorbenen  Bürgermeister  PT'anz  Bernhard  Rodde.  Das  im  Stile  des 
Kaiserreiches   gearbeitete  Denkmal,    welches   die  Umrahmung   des    Portals   der 


^)  Das.  S.  29. 
'')  Das.   S.   56. 


DIE  MARIKNKIRCm:.  38 1 

Rocklcschen  (iral)kai)cllc  nach  oben  hin  abschließt,  besteht  aus  einem  stufen- 
förniio-  ansteigenden,  von  einem  Akar  gekrönten  höl/.ernen  Aufbau,  xor  dem 
zwischen  einer  trauernden  und  einer  <;kuibio-  /um  I  (immel  aufbkckenden  weib- 
Hchen  Marmorti^ur  tkas  von  J.  J.  Tischbein  auf  Kupfer  oenialte^)  Hrustbikl 
angebracht  ist.  Darunter  ist  che  kange  schmale  Inschrifttafel  ocsonderl  in  die 
marmoi-ne  NLauerverkleidung  eingelassen,  während  das  kleine  Wappen  den 
portalbogen  ziert. 

k^pitaph  für  den  am  10.  Akärz  1731  geborenen  und  am  5.  August  1795 
gestorbenen  Senior  und  Pastor  ilinrich  von  der  llude.  Hölzernes  Denkmal 
im  beginnenden  k'.mpiregeschmack.  Auf  einem  die  hischrift  tragenden 
sarkophagartigen  Unterbau  erhebt  sich  ein  Obelisk,  \'or  welchem  das  von 
1^'riedr.  Karl  Gröger  (1789 — 1838)  gemalte^)  Brustbild  zwischen  einem  Säulen- 
stumpf mit  Todesemblemen  und  einer  weiblichen  higur  aufgestellt  ist.  An 
der  Südwand  der  Beichtka])elle. 

Aus  grauem  Marmor  gearbeiteter,  von  einer  weißen  .Aschenurne  ge- 
krönter Obelisk  für  den  am  31.  März  1733  zu  Stettin  geborenen  und  am 
3.  Mai  1796  gestorbenen  Superintendenten  D.  Johann  Adolf  Schinmexer 
mit  dem  von  Gröger  gemalten^)  PcM'trätkopf  und  eingegrabener  Inschrift,  An- 
fang  1798  errichtet.     Zur  ebenen  Erde  an  der  Ostwand  der  Beichtkapelle. 

1798  Februar  5  wurden  der  Kirche  7  5  #  i  |3'  für  Baumateriahen  ver- 
gütet, »so  bei  Errichtung  des  Monumentes  des  wohlsehl.  Herrn  Doctor  und 
Superintendent   Schinmeyer  gebraucht   worden;«    WB. 

Epitaph  für  den  am  12.  August  1733  zu  Eübeck  geborenen  und  am 
23.  Januar  1799  gestorbenen  Pastor  Johann  Hermann  Harmsen.  Hölzernes 
Denkmal  im  PLmpiregeschmack.  Auf  einem  mit  der  Inschrift  versehenen 
Sarkophag  trägt  eine  schwarze  kanellierte  Säule  das  von  Gröger  gemalte*) 
Brustbild.      An  der  Ostwand  der  südlichen  Vorhalle. 

Epitaph  für  den  am  15.  Juli  1740  geborenen  und  am  28.  xApril  1824 
gestorbenen  Bürgermei.ster  und  Vorsteher  der  Marienkirche  Dr.  jur.  Johann 
Caspar  Lindenberg.  In  eine  breite  graue  Marmorstele,  deren  Sockel 
zwischen  zwei  in  schmalen  Vertiefungen  aufgestellten  schlanken  schwarzen 
Aschenurnen  die  Inschrifttafel  trägt,  ist  das  von  J.  L.  W.  Förster  gemalte 
Brustbild  eingelassen.     An  der  Ostwand  der  südlichen  Vorhalle. 

Gedenktafeln. 

Die  Inschriften  an  den  beiden  Türmen  und  die  beiden  Gedenktafeln 
der  Wöhrmann-Kapelle  sind  bereits  in  anderem  Zusammenhange  (S.  137,  145, 
162)  aufgeführt. 


1)  Das.  S.  41. 
^)  Das.  S.  24. 
3)  Das.  S.  22. 
*)  Das.   S.    55. 


382 


DIE  MARIENKIRCHE. 


An    der    Nordseite    des    ersten    nördlichen    Langschiffpfeilers    ist    eine 
Kalksteinplatte    eingemauert,    die    bestimmt    war,    die    Erinnerung    an    eine 
Stiftung   des   am  7.   September   1378  verstorbenen  Apothekers  Hartwich  Stoot 
für  die  Priester  der  Marien- 
kirche und  an  dessen  all- 
jährlich am  6.  September 
abzuhaltende       Memorie  ^) 
wachzuhalten.     Ihre  in  er- 
habenen gotischen  Minus- 
keln     eingemeißelte      In- 
schrift lautet:    !?tmiO 

bomini  m  tca  iXTi'^ni  in 

yrofefto  iiatiliitatiö 
.il'laric  oüiit  liautUniiiCi 
ftoüt  nuonbani   aporijc 
carinii  in  Inü.  niii  bcbit 
omniluiG     prcGüntljcriö 
Ijac  in  ciciefia  LCiclirnn 
tiüuG  X  marras  annuatini 
ab   oiJiataG   et  bina   n 
iii   inariMG   ciebcni   vyü 
annua      (na      nicniaria 
oratc  pro  co. 

Die  ohne  die  Um- 
rahmung 89  cm  hohe  und 
57  cm  breite  schön  gra- 
vierte messingne  Gedenk- 
tafel des  Bartolomäus 

Heisegger  aus  dem 
Jahre  i  5 1 7  (Abb.)  ent- 
stammt der  von  ihm 
gleichzeitig  an  der  Nord- 
wand des  Lettners  erbau- 
ten kleinen  Schranken- 
werkkapelle,  die  bis  1774 
bestanden  hat.  '"^j  Der  Stif- 
ter, hinter  dem  schützend 
sein  Namensheiliger  St. 
Bartolomäus  steht,  kniet 
betend  vor  seinem  auf 
einem    aufgerollten   Tep[)ich    hingestreckten    Leichnam.      Zur    Linken    hält    die 


Cleilenktalel 


')  Vgl.   Ztschr.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.   6,  S.    131. 
^)   Vgl.   S.    172. 


Dil-:   MARIKN'KIRCIIK.  383 

Jungfrau  Maria  das  Jesuskind,  wclclics  mit  einem  I  lammer  i;ei;c-n  die  Zeit^locke 
einer  reiclnerzierten  gotischen  Uhr  schliigt.  Die  Rückwand  bildet  ein  aus- 
oesi)annter  Teppich,  dessen  feines  Muster  ckirch  eingelassenen  roten  Siegellack 
her\c)rgehobcn  wird.  Rankenwerk  in  I  längekamm-  und  l^^ischblasenform  um- 
säumt den  oberen  Teil  der  in  geschwungenen  Linien  ansteigenden  Platte, 
deren  Spitze  die  Heiseggersche  Marke  fiiUt.  l'jne  untere  Schrifttafel  mit 
schwarzem  Siegellackgrund   enthält  das  Gebet  des  Stifters: 

0  ♦  IIKKITT  ♦  Hin  ♦  IIIDDÜIjKIIIH  ♦  T^7ns  : 
KHIl  ♦  GODH  ♦  VllOa  ♦  DGII  ♦  MIlISRn"  ♦ 
IIHKH   ♦   inHlU   ♦   l)KT  ♦  IIIDDHlid 
T^A^SKÜ  ♦  UÜ  ♦  KKIUTH  ♦  (-"UIXIS  ♦  V 
DG  ♦  MIHRG  ♦  KRIIHR  ♦  SHLH  ♦.  AI  IH  ♦ 
Den    unteren   Abschluß    der  Schrift])latte   bildet   die  Jahi-eszahl   1517   und 
ein    geschweifter   Schild    mit    der   Heiseggerschen    Marke    zwischen    den    Ikich- 
staben   b^H.      Seit  ihrer   1864  erfolgten  Wiederherstellung  durch  den  Graveur 
H.   Schmidt    und  der  Ergänzung  ihres  eichenen   Rahmens  durch   den    i^ildhauer 
H.  C  W'ichmann  ist  die  Tafel  an  der  Üstseite  des  ersten  Si.iderpfeilers  aufgehängt. 

Gedenktafel  des  1571  gestorbenen  Ratsherrn  Gotthard  xon 
Hövelen  und  seiner  Gattin  Margaretha  geb.  von  Brömse.  Die  aus  sieben 
Stücken  zusammengesetzte  und  mittelst  Nägeln  mit  rosettenförmigen  Unter- 
lagsscheiben in  einem  hölzernen  Rahmen  befestigte  2,49  m  hohe  und  1,43  m 
breite  gut  gravierte  Messingplatte  stellt  die  Himmelfahrt  Christi  dar.  Zwei 
auf  dem  Hügel  stehende  Engel,  welche  einem  v(jn  1571  datierten  und  mit 
dem  von  Hövelnschen  Wappen  bezeichneten  Delavalschen  Himmelfahrtsbilde 
in  der  Katharinenkirche  entlehnt  sind,  deuten  auf  den  emporschwebenden 
Heiland,  von  dem  nur  der  untere  Teil  der  Gewandung  und  die  Füße  sichtbar 
sind,  während  im  übrigen  seine  Gestalt  durch  Wolken  und  eine  von  Engeln 
gehaltene  Kartusche  mit  der  Inschrift  (Ev.  Job.    20,    17) 

AD   PATREM    MEVM  AD   DEVM    MEVM 

ET   PATREM   VESTRVM  ET  DEVM   VESTRVM 

verdeckt   wird.      Um    den    Hügel    knien    die    fünfhundert  Jünger   und   ganz    im 
Vordergrund  das  mit  seinen  Familienwappen  bezeichnete  von  Hövelnsche  Ehe- 
paar.     Auf  einer  großen  unteren  Kartusche  .steht  unter  dem  Hilde  des  ]\Iannes: 
D  •  GOTHARDVS  •  AB  ■   HOVELEN   •  SENATOR  • 
OBIIT  •  AO  .  1571   •  12  •   DIE  •   DECEMBRIS  • 
unter  dem   der  Frau: 

FILIA    NICOLAI    BROMSEN    QVI    CONSVL    EQVESQVE 
AVRATVS    FVERAT    MARGARI    AB    HOVLEN    ERAS 
TV   VERAE    PIETATIS   AMANS    ET    HONESTA    FVISTI 
MVNERA    PAVPERIBVS    MVLTA    BENIGNA    DABAS 
DONEC    AD    AETERNAE    REVOCERIS   GAVDIA    VITAE 
MORTVA    NVNC    RECVBAS    IVSTIFICATA    FIDE. 
Im   sudlichen   Chorumgang  links   vom  dortigen   Portal. 


584 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Die  achtunddreißig  Namen  enthaltende  kupferne  Gedenktafel  der  im 
Freiheitskriege  Gefallenen  aus  dem  lübeckischen  Kontingent  der  hansea- 
tischen Legion  ist  gemäfi  Rat-  und  Bürgerschluß  vom  3.  September  18 16 
nach  einem  Entwurf  des  Stadtbaumeisters  J.  Gh.  Lillie  errichtet.  Die  oben 
im  S])itzbogen  abschliei3ende,  2,87  m  hohe  und  1,16  m  breite  Tafel,  welche 
aus  zwei  der  Gießerei  von  Simon  Hasfe  zu  Trems  entstammenden  Kupfer- 
platten zusammengesetzt  ist,  ist  vom  Kupferstecher  G.  H.  Tischbein  zu  Bremen 
mit  den  Inschriften  versehen,  während  die  schlichte  schwarzmarmorne  Ein- 
fassung vom  Steinhauermeister  G.  P.  Reme  geliefert  ist.  ^)  An  der  Westseite 
des  ersten  Süderpfeilers. 

Das  am  26.  Mai  1873  von  Rat  und  Bürgerschaft  beschlossene  und  am 
18.  November  1873  eingeweihte  Denkmal  für  die  im  Kriege  1870/71 
gefallenen  Eübecker  ist  vom  Architekt  J.  Grabau  entworfen  und  in  der 
Hertzogschen  Steinhauerei  zu  Hildesheim  ausgeführt.  Es  besteht  aus  drei 
108  Namen  umfassenden  je  2,25  m 
hohen  und  0,90  m  breiten  schwarzen 
Marmortafeln  mit  gotischer  Sandstein- 
umrahmung. Das  schlichte  bronzene 
Schutzgitter  ist  im  folgenden  Jahre 
nach  dem  Entwurf  des  Baudirektors 
Dr.  J.  Krieg  vom  Kupferschmied 
J.  J.  Hübner  aus  dem  Metall  eroberter 
französischer  Geschütze  gegossen.  An 
der  mittleren  Wand  der  nördlichen 
Chorumgangskapelle. 

Grabplatten.  Bruchstück  eines   Grabsteins  von    1290. 

Von  einer  Aufnahme  sämtlicher 
Grab[)latten  der  Kirche  konnte  hier  um  so  eher  Abstand  genommen  werden, 
da  ihre  Inschriften  neuerdings  fast  vollzählig  veröffentlicht  worden  sind.-)  Es 
sind  deshalb  nur  diejenigen  Platten  berücksichtigt,  welche  ihrer  Ausführung 
wegen  oder  weil  sie  Ratsherrn  oder  Stiftern  von  Kapellen  und  Vikarien  an- 
gehören, Anspruch  auf  besondere  Beachtung  haben. 

Das  älteste  Stück  (Abb.)  ist  der  obere  Teil  eines  i,iö  m  breiten 
Grabsteins    mit   der  Umschrift  in  vertieften  Majuskeln   KllÜO  Ulü  •  SU  :  üü  • 

IjXXXX  • [obiit] [fundator  hujus]    HLiSHRIS  +. 

Das  Bruchstück  ist  seit  1879  in  der  Südwand  der  Greveraden-Kapelle  ein- 
gemauert, wohin  es  aus  dem  nördlichen  Seitenschiff  gelangte.^)  Vielleicht 
gehörte  es  dem  Grabstein  Gerhards,  des  Stifters  des  Katharinenaltars*)  an. 

')  St.-A.,  Hanseatische  Legion. 

'^)  F.  Techen,  Die  Grabsteine  der  Lübeckischen  Kirchen;  Zeitschr.  d.  V.  f.  Lüb. 
Gesch.  8,  S.   54  ff. 

*j  Jimmerthals  Chronik  unter    1S79. 
*)  Vgl.  S.   203. 


DIE  MARIENKIRCIIK.  3<^5 

Zuletzt  1787  nachwcishar  ist  die  messingne  (irubplatte  des  um 
21.  August  132g  gestorbenen  Ratsherrn  Arnold  Wlome  und  seiner  am 
15.  Februar  desselben  Jahres  gestorbenen  Tochter  (lertrud  in  der  von  ersterem 
erbauten  Kapelle.^)  Die  Mitte  der  Platte  nahmen  die-  eingravierten  lebens- 
großen Gestalten  beider  Verstorbenen  ein,  deren  im  Relief  dargestellte  (Ge- 
sichter und  Hände  jedoch  aus  bemaltem  Holz  bestanden.''')  Auf  einem 
Spruchbande  stand:  »üonavi  habeo.  Negavi  doleo.«  An  den  I.angseiten 
befanden  sich  kleine  T5ilder  mit  Inschriften,  zusammen  sechzehn  Hexameter, 
in  denen  der  Ratsherr  die  Unterlassung  zahlreicher  Werke  der  Barmherzigkeit 
bedauert  und  seine  Seele  der  Gnade  Gottes  empfiehlt.^)  Am  Rande  stand  die 
Umschrift:  »Anno  domini  millesimo  tricesimo  vicesimo  nono  tribus  diebus 
ante  Bartholomei  obiit  Arnoldus  Wlome.  Eodem  anno  cpiarta  die  post 
Valentini  obiit  Ghertrudis  filia  eins.  Anima  ejus  et  anime  omnium  fidelium 
defunctorum  per  misericordiam  dei  requiescant  in  pace.  Amen.«  Seit  1657 
war  die  Platte  in  einem  hölzernen  Rahmen  an  der  Westwand  der  Kapelle 
aufgehängt. 

Ebenfalls  nicht  mehr  vorhanden  ist  eine  noch  um  1720  in  der  Waren- 
dorp-Kapelle  befindliche  messingne  Grabplatte  mit  den  Bildnissen  des  am 
14.  Juli  1359  gestorbenen  Stifters  dieser  Kapelle  Wilhelm  Warendorp, 
seiner  1379  noch  lebenden  Ehefrau  Elisabeth*)  und  ihres  zwischen  den  beiden 
Gatten  dargestellten  kleinen  Sohnes.  Die  Umschrift^)  lautete:  »Anno  domini 
M  CCC  L  IX  in  die  profesto  divisionis  apostolorum  obiit  Willelmus  de  Waren- 
dorp, cujus  anima  requiescat  in  pace.  Amen.  Anno  domini  M  CCC  [Lücke] 
obiit  domina  Elizabet  uxor  domini  Willelmi  de  Warendorp.«  Um  das  Haupt 
des  Knaben  zog  sich  die  Inschrift:  »Anno  domini  M  CCC  L  X  in  vigilia 
palmarum  (März  28)  obiit  Hermannus  de  Warendorp  filius  suus.  Orate  pro 
anima  ejus.«  Beseitigt  ist  die  Platte  wahrscheinlich  beim  Umbau  der  Kapelle 
zu  einer  Grabstätte  für  Elisabeth  Hakes,  die  1724  die  Kapelle  erwarb  und 
1736  dort  beigesetzt  wurde. 

Die  Mitte  der  Segeberg-- Kapelle  bedeckt  der  2,32x1,12  m  große 
schlichte  Grabstein  ihres  am  2.  August  1364  gestorbenen  Stifters  Timm  von 
Segeberg.  Die  in  den  Ecken  durch  kreisrunde  Vertiefungen  für  die  abge- 
rissenen metallenen  Evangelistenzeichen  unterbrochene,  in  erhabenen  Minuskeln 
ausgemeißelte    Umschrift    lautet:    Die    jaCCt    tilllO    bC    fClJ^ticrgVlC    cMi    IllÜi- 

CLMifi^  et  funtiator  Ijujup  cauj^icilc  qui  e  auna  üaniini  m  ca  l  [jilt]^)  bic 

^tcpljani  papc.  In  die  Mitte  des  Steines  ist  ein  gelehnter  kupferner  Schild 
eingelassen,  der  von  einem  Balken  aus  diagonal  schraffiertem  Zinn  schräg- 
rechts  geteilt  ist. 


1)  Vgl.  S.   161. 

'^  Lub.  Relig.  S.    173  f. 

3)  Gedruckt  Hans.  Geschichtsblätter  1883  S.  22  f.  und  Zeitschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  8,  S.  86. 

^)  1379  Juni  9  verfügte  --.Elyzabeth  relicta  domini  Wilhehni  de  Warendorpe:  Item  assigno 
ad  hoc  20  mr.  Lub.,  cum  quibus  comparentur  perpetui  redditus  i  mr.  ad  meliorandum  structuram 
capelle  in  ecclesia  b.   Marie;«   St.-A.,  Test. 

^)  Lub.  Relig.   S.    187;   vgl.   W.   Brehmer,  Hans.   Geschichtsbl.    1883   S.   24. 

«j  Die  stark  abgetretene  Jahreszahl  ist  bezeugt  durch  Angabe  von  1581  in  einem  «Hinrich 
Kölers  Testament    1561«   benannten   Manuskript  der  Stadtbibliothek. 

25 


;86 


DIE   MARIENKIRCHE. 


Ehemalige  messingne  Grabplatte  des  am  17.  Dezember  1365  gestorbenen 
Bürgermeisters  Hermann  Gallin  in  der  aus  seinem  Nachlaß  gebauten 
Kapelle.  Sein  Testament  vom  25.  November  1364  besagt:  »Item  ecclesie 
Domine  Nostre  do  20  mr.  den.,  pro  quibus  ibidem  in  ecclesia  eligo  sepeliri, 
ubi  provisores  mei  conparabunt  et  poni  facient  sui)er  meum  sepulcrum  unum 
Flamingicum  auricalceis  figuracionibus  bene  factum  lapidem  funeralem.«  ^) 
Um    1700    war    nur    noch    die    steinerne   Unterlage   der   Grabplatte  vorhanden. 


Ehemaliger  Grabstein  des  am  24. 
Divessen-Kapelle  Hin  rieh  Vlynt  und 
Jahres  gestorbenen  Ehefrau  Margaretha 
mit  der  Inschrift:'^)  »Anno  domini 
M  CCC  L  XVII  in  die  beati  15artho- 
Ifomei  obiit  Hinricus  Vlynt ^)]  fundator 
hujus  cappelle  et  in  eodem  anno  feria 
secunda  post  Martini  obiit  Margareta 
vxor  ejus.      Orate  pro   eis.« 

Grabstein  des  Bürgermeisters  B  r  u  n 
Warendorp,  der  am  21.  August  1369 
als  Befehlshaber  der  hansischen  Streit- 
macht gegen  Dänemark  auf  Schonen 
seinen  Tod  fand.  In  die  Mitte  des 
Steines  ist  die  aus  drei  Messingplatten 
zusammengesetzte,  in  einen  langen  eng- 
anschließenden Rock  gekleidete  1,85  m 
hohe  Figur  des  Verstorbenen  eingelassen, 

dessen  in  langen  Schnabelschuhen 
steckende  Füße  auf  einen  Löwen  treten 
(Abb.).  Die  verhältnismäßig  roh  ausge- 
führte Arbeit  scheint  lübeckischen  Ur- 
sprungs zu  sein.  Anläßlich  der  500jährigen 
Gedächtnisfeier  des  1370  zu  Stralsund 
geschlossenen  hansisch-dänischen  Friedens 
ist  die  Platte  1871  von  ihrem  unsprüng- 
lichen,  jetzt  durch  einen  Denkstein  be- 
zeichneten Platze  im  Altarraum  entfernt 
und  unter  Wiederherstellung  ihrer  abge- 
rissenen, jedoch  im  Wortlaut  vom  Chro- 
nisten Reimar  Kock  überlieferten  messing- 
nen   Umschrift    in    der    südöstlichen    Kape 


August  1367   gestorbenen  Stifters  der 
seiner    am    25.    November   desselben 


B. 


mmmm&smiWiBm0 


Grabstein  des  Bürgermeisters  Brun  Warendorp. 

(Nach  einer  Federzeichnung  C.  J.    Mildes 

auf  der  Stadtbibliothek.) 

le    des    Chorumoanos    aufoerichtet 


^)  St.-A.,  Testamente. 

*)  Lub.  Relig.  S.   185;  Lüb.  Geschlechter  Bl.    154. 

^)  Die  Richtigkeit  der  obigen  Ergänzung  v.  Melles  wird  dadurch  bestätigt,  daß  1367 
November  9  »Margareta  relicta  Hinrici  Vlintes  corpore  debilisr^  ihr  Testament  (St.-A.,  Urschrift) 
errichtete,  auch  heißt  es  im  Memorienkalender  unter  dem  24.  August:  »Eodem  die  erit  memoria 
Hinrici   Vlynt  in  capella  sua«   (Zeitschr.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.   6,   S.    130). 


IMK  MARIKNKIRCIIK 


387 


worden.')  Die  l^iiiscliritt  lautet:  Anno  doinini  M  CCC"  L  XIX  feria  111  ante 
festuni  Bartholoniei  ohiit  in  Schania  donnmis  ISiimo  de  W'arendorp,  filiiis 
doniini  (jottschalci  proconsulis  et  capitaneus  hujus  ci\itatis  tunc  teinporis  in 
guerra  regis  Danoruni,   cujus  cor])us  jiic  scpultuni.      Orate  pro  eo. 

Khemaligcr  Grabstein  des  ani  15.  Juli  i3<S<S  L,a'storI)enen  und  iti  der 
von  ihm  gestifteten  Kapelle  beigesetzten  Bertold  \()n  1 1  ol  t  luiseii  und  seiner 
P'diefrau  Hildegund  mit  den  Inschriften:^)  »Anno  domini  l\l  CCC  L  XXXVIII 
ipso  feste  divisionis  apostolorum  obiit  r)Crtoldus  de  Holthusen.  In  eodem 
anno  feria  secunda  ]iost  diem  ])almarum  obiit   Hille  uxor  ejus.     ( )rate  ])ro  eis.« 

?>hemaliger  Grabstein  des  am  i.  .August  i3<Si  gestorbenen  hochver- 
dienten Bürgermeisters  Jakob  Pleskow  und  seiner  Gattin  Herdeke,  im  Altar- 
raum. Umschrift:^)  »Anno  domini  M  CCC  L 
XXXI  in  die  ad  vincula  Petri  obiit  dominus 
Jacobus  Plescowe  proconsul  Lubicensis.  Anno 
domini  M  CCCC  V  in  die  Andree  apostoli 
obiit  domina  Herdeke,  uxor  ejus.   Orate  pro  eis.« 

Der  2,40  X  1,38  m  große  Grabstein  (Abb.) 
des  am  26.  Juni  1402  gestorbenen  Gerhard 
Odesloe  und  seiner  im  Juni  1425  gestorbenen 
dritten  I^hefrau  Wilmod  nimmt  noch  heute  die 
Mitte  der  von  ersterem  1 398  gestifteten  kleinen 
Kapelle  in  der  nördlichen  Vorhalle  ein.  Unter 
zwei  von  einer  schlanken  mittleren  Säule  ge- 
tragenen Wimpergen  sind  die  schon  stark  aus- 
getretenen Gestalten  der  Gatten  eingemeißelt. 
Sie  halten  Spruchbänder  mit  den  zum  Teil  un- 
deutlich gewordenen  Inschriften:    HatL*  bci   lllifC- 

rcrc  mci   und  ^uijciDruni  öoiuiiui  cfto  inidji 

pivl.     Neben   den  Figuren   sind   am   Rande  deren 
Wappen    aus   Messing    aufgelegt,    nämlich    i.    im 
gespaltenen    Schilde     vorn    drei    übereinanderge- 
stellte  Rauten,    hinten    ein   halber   doppelköpfiger 
Adler,    2.    eine   nach    links   überzwerch   gelegte   Lilie.      Die   außerdem   in   den 
Ecken   durch   kreisrunde  Vertiefungen   Rir   die   abgerissenen   vier  Evangelisten- 
zeichen unterbrochene,  in  erhabenen  Minuskeln  ausgemeißelte  Umschrift  lautet: 


Grabstein   des  Gerhard  Oldesloe. 


?lno  :  Olli  :  m*^  :  ctcc^J  ii^)_: 
ötjLTarbuG  :  aöcfiac.    ?lno  :  bni 


in 


bic  •  iolj.imiiö   :  et 


nv 


CCCC 


mi" 


vanii  '.   0 
■  ^anifacii 


')  Vgl.  W.  Mantels,  Hans.  Geschichtsblätler,  Jahrg.  1S71  S.  132  ft".  und  W.  Brehmer, 
das.,  Jahrg.    1884  S.    20  f. 

'-')  Lab.   Relig.   S.    1S9;   Techen,   a.  a.   O.,   S.   87. 

3)   Lub.   Relig.   S.   203. 

*)  Undeutlich;  von  Melle  (Lub.  Relig.  S.  157,  Lüb.  Geschlechter  Bl.  424)  liest  1405, 
Techen  (Zeitschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  8,  S.  76)  1402.  Die  letztere  Lesart  ist  die  richtige,  da 
eine  Anzahl  Oberstadtbucheintragungen  unter  1404  invocavit  (Februar  17)  den  »Wilmodi  relicte 
Gherardi   Odeslou«    von   ihrem   Ehemanne  zugefallenen  Nachlaß   betreften. 

25* 


388  DIE  MARIENKIRCHE. 

0  '  iDullcniUt  '■  UfDl*  •  Ci9.  Auf  die  Figur  des  Mannes  ist  später  das 
Kerkringsche  Löwenwappen  eingehauen. 

Ein  die  linke  untere  Ecke  darstellendes  Bruchstück  vom  Grabstein  des 
am  25.  Mai  14 11  gestorbenen  (demokratischen)  Bürgermeisters  Hermann 
von  Allen  und  seiner  am  25.  Dezember  142 1  gestorbenen  Ehefrau  Sophie 
hat  sich  neben  dem  sechsten  Süderpfeiler  erhalten.  Die  Mittelfläche  zeigt 
Teile  einer  eingemeißelten  Frauengestalt  mit  seitlichen  schlanken  Säulchen; 
am  Rande  befinden  sich  in  der  linken  unteren  Ecke  in  runder  Umrahmung 
ein  Bru.stbild  des  Apostels  Jakobus  Major  und  darüber  in  erhabenen  Minuskeln 
die  Worte:  ^i^\\  \\\  tic  liati  rijrifti.  Die  Umschrift  des  ehemals  in  der 
Gallin-Kapelle  befindlichen  Steines,  auf  dem  vier  Wappen^)  eingehauen  waren, 
lautete:^)  »Anno  domini  M  CCCC  XI  feria  II  ante  pentecosten  obiit  dominus 
Hermannus  de  Allen  proconsul  Lub.  Anno  domini  M  CCCC  XXII  in  die 
nati  christi  obiit  domina  Soffeke  uxor  ejus.     Orate  pro  ea.« 

Der  2,52x1,56  m  große  Grabstein  des  am  19.  Oktober  1394  ge- 
storbenen Lübecker  Bürgers  Marquard  van  der  Molen  und  seiner  Familie 
bedeckt  die  Mitte  der  Molen-Kapelle.  In  der  Mitte  das  Molensche  Wappen 
(im  gespaltenen  Schilde  vorn  drei  Teilungen,  hinten  ein  halbes  Mühlrad).  Die 
einheitlich     eingemeißelte    Umschrift     zwischen    den    vier    Evangelistenzeichen 

lautet:  ^i7o  :  Olli  :  m  :  ui  u  iiii  '•  feria  :  ii  :  an  :  bicm  :  rtaüi  :  0  : 
marnuarti'  :  öc  :  nioicntiina  :  auo  :  bni  :  111  :  cccc  niii  :  0  :  man;iuari3'  : 
fili'  :  ci'  :  aiia  :  bni  :  111  :  tttt  %f  '.^) 

Grabstein  mit  dem  in  voller  Figur  eingemeißelten  Bildnis  des  am 
3.  August  1464  gestorbenen  lübeckischen  Syndikus  Dr.  Simon  Batz,  der 
ein  Spruchband  mit  den  erloschenen  Worten  »miserere  mei«  hält.  Die  Um- 
schrift lautete:  »Anno  domini  M  CCCC  L  XIIII  die  veneris  post  ad  vincula 
Petri  obiit  excellens  arcium  et  vtriusque  juris  doctor  Symon  Batz  de  Homborch 
sindicus  Lubicensis.«  ^)  1894  von  seinem  ursprünglichen  Platz  in  der  Beicht- 
kapelle entfernt,  ist  der  Stein  im  folgenden  Jahr  zur  Pflasterung  des  Kirchhofes 
vor  dem  Westportal  verwandt,  wo  seitdem  Bild  und  Schrift  fast  gänzlich  ab- 
getreten sind.     Der  obere  Rand  des   1,48  m  breiten  Steins  fehlt. 

Ehemalige  messingne  Grabplatte  des  am  6.  Mai  1488  gestorbenen 
Ratsherrn  Ludolf  Bere,  im  Altarraum  nahe  der  Balustrade  vor  dem  Hoch- 
altar. Umschrift:  »A.  D.  M  CCCC  L  XXXVIII  in  die  Johannis  ante  portam 
Latinam  obiit  dominus  Ludolphus  Bere  consul  Lubicensis.  Orate  Deum 
pro  eo.«^) 


*)  Abgebildet    bei    von   Melle,    Fainiliarum   Lub.   clarioruni    syntagma  (Handschr.   der  Stadt- 
bibl),  Bl.   7. 

'')  Lub.  Relig.  S.    155. 

*)  Der  Schluß  fehlt. 

*)  Lub.  Relig.  S.    149;  Techen,  a.  a.  O.,  S.  81. 

^)  Lub.  Relig.  S.  202. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


389 


Grabstein  des  Stifters  tler  zweiten,  1494  bestätigten  X'ikarie  der 
Greveraden-Kapelle,  des  am  i.  Januar  1489  gestorbenen  Goldschmiedes  Diet- 
rich Loeff,  2,24x1,38  m  groß.  Früher  in  tler  Totentanzkapelle,  .seit  1895 
\-()r   der  Westfront   der   Kirche    an    fünfter    Stelle    \-on    .Süden    her.      l'mschrift: 

nnno  öuinini  in  cccc  l  xxxix  in  bic   cirLiuniifioniö   boniini  0  biöcrilt  loeff 
cninö  aninia  rLninieiuat  in  pacc. 

Grabstein  des  am  13. Juni  1495 
gestorbenen  KölnerW'einhändlers  und 
Stifters  der  zweiten  V' ikarie  am  Altar 
der  .Schi nkel- Kapelle 
Matthias  N  o  e  c  k , 
2,08  X  1,29  m  groß, 

in  der  Schinkel- 
Kapelle.  In  der  Mitte 
die  nebenstehende 
Marke,  am  Rande  zwischen  den 
vier  Evangelistenzeichen  die  Um- 
schrift: ü^lnno  boniini  111  a'i'i'  vfli 
auK  aniMibc  trinitatiö  )tav^  • 
.jnatl)ino  •  .OoLUl!.  :ln  beni 
fuiluMi  i.ir  in  beiii  liiii  baii) 
.inicOaLMir.   ftarf  .JÜartcn  .iHuir. 

Grabstein  des  um  die  Stiftung 
des  Altars  der  Schinkel-Kapelle  ver- 
dienten, am  30.  November  1 497  gestor- 
benen Kaufmanns  .Amt  Schinkel 
(Abb.),  2,16x1,19  m  groß,  seit 
1 883  an  der  Nordwand  dieser  Kapelle 
aufgerichtet.  In  der  Mitte  ein  von 
einem  Schriftband  umgebener,  \on 
großen  Würmern  und  Kröten  be- 
nagter Leichnam,  zwischen  dessen 
Füßen  ein  Schild  mit  der  Schinkel- 
schen  Marke  angebracht  ist.  Am 
Rande     zwischen     den    vier    Evan- 

bni  •  m  •  cccc  ^cliii  •  bic  •  äbrcc  •  o  • 

Die  Fortsetzung  auf  der  Langseite  zur 
Linken  ist  gleich  der  Aufschrift  des  Spruchbandes  getilgt,  um  .späteren 
Grabschriften  Platz  zu  machen. 


Grabstein   des   .Arnt  .Schinkel. 

gelistenzeichen    die   Umschrift:    "Jlnno 

anit  •  fLijiitCi  •  ?lno  •  bni  •  m 


Grabstein  des  am  29.  JuU  1503  gestorbenen  Ratsherrn  Johann  Kynkel 
und  seiner  ihn  überlebenden  Ehefrau  Anna  geb.  Basedow.  Die  Mitte  des 
2,42x1,26   m    großen   Steines    nimmt    ein    vom    dortigen   Gestühl    verdecktes 


390 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Allianzwappen  ein.  In  den  Ecken  vier  gelehnte  Schilde:  links  oben  und 
rechts  unten  der  Kinkelsche  (ein  von  drei  —  oben  zwei,  unten  ein  —  Herzen 
begleiteter  Balken),  links  unten  der  Basedowsche  (ein  mit  zwei  Sicheln  be- 
legter Balken),  der  vierte  ist  unkenntlich.  Dazwischen  die  Umschrift  in  er- 
habenen Minuskeln:    [?lnnD    111  \jf  IIl]    111    bie    XPX   lllCllfi^    inlii')    ö   ti0millll5 

3fot)aiiiie5  Üunftci  confui.  [Oratc  bcuni  pro  eo.  ?lniio  iii  lif  [Lücke] 
ij   [Lücke]    mcnfie   [Lücke]    g   ?liiiia   livüi*   cjuG.     OiMtc    tiLnuii    pro    ca. 

Im  Mittelschiff  vor  der  Kanzel. 


%^ . 


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->  4 


3 


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Grabplatte   des   Hermann   Hutterock.     Obere  Hälfte. 

Messingne,  aus  drei  Stücken  zusammengesetzte  Grabplatte  des  am 
20.  November  1505  gestorbenen  Kaufmanns  Hermann  Hutterock  und  seiner 
Familie  (Abb.),  2,16x1,20  m  groß.  Sie  ist  1864  von  ihrem  ursprünglichen 
Platz  in  der  Beichtkapelle  entfernt  und  an  der  Westwand  der  Südervorhalle 
in  einem  eichenen  Rahmen  aufsehänet. 


')  Nach  der  ältesten  Ratslinie  (St.-A.)  starb  er    1503   (des  vrydages   na  Jacobi)  Juli   28. 


DIE  MARIENKIRCHE.  391 

Unter  einem  ootischen  Haldnchin,  dessen  i^escliweifte  n(><;"en  \()n  Mal.V 
werk,  Ranken  und  naturalistischen  Zweiten  uni<;ehen  sind  und  \nv  dessen 
seitlichen  Pteilern  die  kleinen  Figuren  des  Apostels  Johannes  und  der  hl. 
Barbara  stehen,  ruhen  die  in  faltige  Leichentücher  oehüUten  Körjjer  des  \'er- 
storbenen  und  seiner  Gattin,  deren  Köi)fe  auf  Kissen  gebettet  sind.  Die 
Schattierung  der  Zeichnung  ist  durch  Schraffur  bewirkt,  der  \'ertiefte  (irund 
mit  einer  schwarzen  harzartigen  Pasta  ausgefüllt.  Um  die  Kripfe  des  l^hepaares 
ziehen  sich  zwei   Schriftbänder   mit  den   Aufschriften:    J)ir  •  IJL'ijt  •  ÜDiUMlUMl  • 

Dcrnieu  tiutterDru  •  o  •  jrlif  •  U  •  annw  bic  €iifaftet  •  ijat  •  Ijcüc  •  öc  • 
(CiL*  •  und  Pilo  •  .iHctHc  •  }in  •  Ijiiffrluc  •  .-f^tarff  •  jrlif  [Lücke]')    vi%üb  fi.i  • 

bei*  •  fclCll  •  iTllCbJdj.  Die  vertiefte  Schrift  des  ersten  Bandes  ist  mit  roter, 
der  Grund  der  Schrift  des  -zweiten  Bandes  mit  blauer  Pasta  au.sgefüllt.  Zu 
den  P'üßen  des  Mannes  befindet  sich  das  Hutterocksche  Wappen  (ein  Medusen- 
haujit),  letzterem  gegenüber  ein  Schild,  der  inmitten  eines  runden  geflochtenen 
Zaunes  drei  Bohnenstauden  und  somit  zweifellos  das  redende  Wappen  tler 
I'amilie  Bonhoff^)  darstellt.  Oberhalb  des  Mannes  sind  am  Baldachin  oben 
und  seitlich  zwei  weitere  kleinere  Hutterocksche  Wappen,  die  seiner  Söhne 
Karsten  und  Hans,  angebracht,  ihnen  gegenüber  das  nicht  weiter  bekannte 
\Wappen  von  Karstens  Lhefrau  Gertrud^)  (im  gespaltenen  Schilde  \'orn  eine 
grüne  Weintraube  mit  Blätterstengel,  hinten  ein  rechtsgekehrter  schwarzer 
Flügel)  und  ein  leerer  Schild.  Am  Rande,  der  in  den  Ecken  die  vier 
Evangelistenzeichen    aufweist,     steht    oben    beginnend    (auf    grünem    Grunde): 

ÜarftF-  }i  ■  fo  •  ftarf  •  jclif  [Lücke]  gat  l)cti  \i  ich\  T»rlitl!r  \i  liliffrlne  • 
ftarf  x'ti^  [Lücke]  ijot  fii  bcr  feie  nnebirij;  (auf  blauem  Grunde:)  ^mi  ürober 

Öan^  •  OÜI.It  J.iif   [Lücke]   got  •  IjeÜ  •  (nn  (ele;   (auf  rotem  Grunde:)  ^mi  )x\lK 

[Lücke]  it  ftarf  ):lif  [Lücke]    4%ot  )i  bei*  feie  gnebi[d)]. 

Die  2,15x1,19  m  große  bronzene  Grabplatte  des  am  24.  April  i5i<S 
gestorbenen,  um  die  Kirche  hochverdienten*)  Kaufmanns  (jodart  Wigerinck 
und  seiner  vier  Ehefrauen  (Abb.  S.  393)  war  ursprünglich  an  der  ehemaligen 
westlichen  L^mfassungsmauer  des  Altarraums  unter  der  südlichen  Hälfte  des 
Lettners    aufgestellt;''')    als    hier    1670    ein    neuer   Kirchenstuhl    gebaut   werden 


^)  Sie  lebte  noch    1527   und  starb   spätestens   1529;   Oberstadtbuch. 

''')  1504  wurden  »Hermen  Hutterocke  unde  syner  eethken(!)  husfromven  Melken tf  22 '/a  ^ 
Rente  und  25  ^  Rente  zugeschrieben,  die  ihnen  Hans  Bonhoff  vermacht  hatte;  Oberstadtbuch  10, 
Marienkirchspiel  Bl.   91    unter   1504  purific.   Marie. 

^)  Ihre  Ehe  scheint  erst  150S  geschlossen  zu  sein,  denn  Karsten  Hutterock  wurde  im 
Rechnungsjahr  Mitte  1507  bis  Mitte  1508,  »Kersten  Hutterock  syn  husfrow  Drutke«  aber  erst 
1508/09  in  die  Antoniusbrüderschaft  zur  Burgkirche  aufgenommen;  St.-A. ,  Schaffer-Rechnungsbuch 
der  St.   Antonius-Brüderschaft    1415  — 1520. 

■*)   Vgl.  S.  190,  263  und  277.    Er  wohnte  seit  1503  Schüsselbuden  No.  20  (jetzige  Privatbank). 

*)  1598  befand  sich  des  Bürgermeisters  Hermann  Valckes  Leichenstein  »under  dem  choere 
beneffenst  der  VVigeringe  missinges  stene  in  de  muere  gesettet;«  1630  wurde  eine  Grabstätte  »furm 
chore  am  großen  Pfeiler  (dem  fünften  südlichen  Chorpfeiler)  kegen  der  Wiggeringen  meßingen 
Stein  belegen«   an  Hermann   Werlhof  verkauft.      Steinbuch  von    1597— 1636,   S.   26  und  204b. 


392  DIE  MARIENKIRCHE. 

sollte,  wurde  sie  an  die  innere  Seite  der  Xordwand  des  Lettners  versetzt •/) 
seit  1864  ist  sie  in  der  südlichen  Vorhalle  in  einem  eichenen  Rahmen  rechts 
neben  der  Hutterockschen  Grabplatte  aufgehängt.  Die  meisterhaft  in  frühem 
Renaissancestil  gezeichnete  und  in  kräftigem  Relief  tadellos  gegossene  Platte 
entstammt  zweifellos  der  Werkstatt  Peter  Vischers  in  Nürnberg.^)  Nur  die  vier 
Medaillons  in  den  Ecken  und  die  beiden  Langseiten  des  Randes  sind  besonders 
gegossen,  im  übrigen  besteht  die  Platte  aus  einem  einzigen  Stück. 

Die  Mitte  nimmt  das  Wigerincksche  Wappen  ein  (im  Schild  ein  von 
drei  Ringen  begleiteter  eingebogener  geschachter  Sparren,  auf  dem  Helm  zwei 
verschränkt  durch  einen  Ring  gesteckte  Streitkolben).  Den  Hintergrund  des 
Wappens  bildet  eine  vorn  von  zwei  Säulen  mit  oberem  Mauerwerk  abge- 
schlossene hohe  Muschelnische,  deren  Grund  als  Holzwand  charakterisiert  ist. 
Auf  dem  Säulengebälk  stehen  zwei  posaunenblasende  Putten.  Die  an  ihren 
Hörnern  befestigten  Tücher  und  Bänder  flattern  in  kühnem  Schwünge  empor 
und  füllen  den  Raum  zwischen  der  Muschel  und  einem  äußeren  Rundbogen, 
den  zwei  mit  reichen  Schaftornamenten  geschmückte,  gleich  den  beiden  Säulen 
auf  einem  kräftigen  Unterbau  ruhende  Pilaster  tragen.  Unterhalb  des  Schildes 
sind  ein  Löwe  und  ein  Hund  angebracht,  die  sich  um  eine  Kugel  streiten. 
Eine  andere  vorzüglich  komponierte  und  im  Gegensatz  zur  vorigen  wildbewegte 
Kampfesszene  spielt  sich  in  einer  halbkreisförmigen  Nische  des  Unterbaus  ab: 
ein  geflügelter  Jungferndrache  stürzt  sich  auf  eine  andere,  in  eine  Ranke 
endigende  Drachengestalt  mit  Mannsrumpf,  die  sich  schreiend  des  Angriffs  zu 
erwehren  trachtet.  Den  Rand  der  Platte  bedeckt  die  Inschrift:  ANNO  DNI 
MDXVIIL  MESIS  APRILIS  XXIIIL  OBIIT  G0DHARD9  WIGERINCK 
Gl  VIS  LVBECK.  GRATE  <P  EG.  Sie  wird  in  den  Ecken  unterbrochen 
von  großen  kreisrunden  Medaillons  mit  den  Wappen  der  vier  P'rauen^)  des 
Verstorbenen.     Ihre  Umschriften  lauten: 

AN    MGGGGXCVII    DIE    MM    IVL  :   GBMT  ANNA   WIGERINCK. 

AN    MDX    DIE    Xllll    lANV   :   GBIIT   ANNA   WIGERINGK. 

AN    MDXI   .   Dj_E    III    IVLII   .  GBIIT  ANNA   WIGERINGK. 

Die  letzte,   AN    MD  beginnende   Umschrift  ist  unausgefüUt  geblieben. 

Die  Bestellung  der  Grabplatte  bei  Peter  Vischer  erklärt  sich  aus  den 
Geschäftsbeziehungen,  die  Godart  Wigerinck  nach  Nürnberg  und  zu  den 
Fuggern  unterhielt.  Bei  der  im  Jahre  1509  vorgenommenen  Abrechnung'') 
über  den  Gewinn  aus  der  zu  Nürnberg  1493  in  lateinischer  und  1494  in 
deutscher  Ausgabe  erschienenen  Hartmann  Schedeischen  Chronica  mundi  wird 
unter  den  zahlreichen  Ausständen  ein  Betrag  von  16  Gulden  15   |3'  verrechnet, 

')  1670  wurde  »die  Messiiigplate  unterm  Chore  von  ihrer  Stelle  weggenommen  und 
wiederumb  nordwers  unterm  Chor  an  der  Maur  aufgerichtet;«  \VB.  1670,  26.  W.  n.  Ostern 
(September  25  —  Oktober   1). 

0  ^gl-  W-  Bode,  Gesch.  der  deutschen  Plastik  (1SS5),  S.  154  und  F.  Schlie  im  Repertorium 
für  Kunstwissenschaft  (1890)  Xlll,   S.   409. 

»)  Vgl.  S.    189. 

*)  Veröffentlicht  in  den  Mitt  des  Instituts  für  Österreich.  Geschichtsforschung  5,  S.  124  ff. 
und  bei  H.  Thode,  Die  Malcrschule  von  Nürnberg  im  XIV.   und  XV.  Jahrb.,   S.  239  ff. 


DIK  MARIKNKIRCHE. 


393 


\ 


■     I  A   cpinpr  vier  Ehefrauen. 

Grabplatte  Godart  Wiger.ncks  und  seiner 


394  DIE  MARIENKIRCHE. 

den  »Gedort(!)  Wigerick  zu  Lübeck«  für  bezogene  Exemplare  schuldete. 
In  der  Ausgabenrolle  der  lübeckischen  Kämmerei  von  1 5 1 2  heißt  es : 
»Utgeven  Godert  Wiggerink  van  koppers  wegen  den  Fockeren  tokamende 
van  unsen  borgeren  gekofift  291 1  mr.  14  fS  10  <^.  Utgeven  Godert  Wiggerink, 
dat  mester  Hennyngus  Osthusen  ^)  to  Austborch  untf.  hadde ,  myd  deme 
interesse  157  mr.  1 2  fi. «  Ferner  befand  sich  unter  den  Meßgewändern  der 
Marienkirche  laut  eines  1533  aufgenommenen  Verzeichnisses^)  »i  kappelle 
wyt  gülden  laken  unde  i  antependium  van  den  Fockeren  und  Wyggerynge 
gekamen. « 

Die  aus  sieben  Stücken  zusammengesetzte  messingne  Grabplatte  des 
am  7.  Juli  1521  gestorbenen  Bürgermeisters  Tidemann  Berck  und  seiner 
im  Januar  1533  gestorbenen  Gattin  Elisabeth  geb.  Möller  (Abb.)  bedeckte 
ehemals  die  im  Chor  nahe  dem  dritten  nördlichen  Chorpfeiler  gelegene  Grab- 
stätte dieses  Ehepaares;  seit  1848  hängt  sie  in  einem  hölzernen  Rahmen  west- 
lich neben  dem  Aufgang  zum  Sängerchor  (vgl.  die  Abb.  S.  193).  Bei  einer 
Breite  von  1,50  m  betrug  ihre  um  das  untere  Viertel  auf  1,95  m  verringerte 
Höhe  ursprünglich  2,68  m.  Das  fehlende  Stück  ist  bald  nach  dem  Ableben 
des  Bürgermeisters  Gotthard  von  Höveln  (1609)  und  seiner  Ehefrau  Anna  (161 2), 
die  in  dem  ihnen  durch  Erbschaft  zugefallenen^)  Berckschen  Grabe  bestattet 
worden  sind,  abgenommen  und  durch  die  genau  gleich  große  und  vermutlich 
aus  dem  betreffenden  Metall  gegossene  Grabplatte  dieses  h^hepaares  (vgl. 
S-   399)  ersetzt  worden.^) 

Die  in  ornamentaler  Hinsicht  meisterhaft  gravierte  Platte  ist  nieder- 
ländischen Ursprungs,  wie  der  Dialekt  ihrer  Inschriften  erweist.  In  der  Mitte 
ruht  das  Ehepaar  mit  zusammengelegten  Händen,  die  Häupter  auf  Kissen  ge- 
bettet, welche  gleich  dem  darunter  gebreiteten  Teppich  reiche  Granatapfel- 
muster aufweisen.  Über  den  Figuren  schweben  die  nach  der  Mitte  zu  ge- 
lehnten Wappenschilde  der  Familien  Berck  (s.  S.  130)  und  Möller  (im  ge- 
spaltenen Schilde  vorn  eine  halbe  Lilie,  hinten  ein  halbes  Mühlrad),  ersterer 
mit  Helm  und  Decken,  letzterer  ohne  diese  Zutaten  und  von  einem  Engel 
gehalten.  Der  von  einem  mit  Laubwerk  umwundenen  Stabe  eingefaßte  breite 
Rand  enthält  in  vierpaßförmigen  Umrahmungen  in  den  oberen  Ecken  je  eine 
sitzende  Figur  mit  Spruchband  und  in  der  ursprünglichen  Mitte  der  Lang- 
seiten abermals  die  Wappenschilde  des  Ehepaares.  Den  übrigen  Raum  durch- 
ziehen   gewellte   Spruchbänder    mit   den    Inschriften:    [Hier   licht   begrauen   her 


^)  Stadtschreiber  von  Lübeck. 

^)  Rechnungsbuch  von   1529 — 60,  Bl.  88b;  K.-A. 

^)  1596  Oktober  21  zahlte  Bürgermeister  Gotthard  von  Hövelcn  an  die  Kirche  12  Reichs- 
taler für  die  Umschrift  »eyns  stens  in  Marienkarcken  im  köre  gelegen  mit  kopper  afferiecht  und 
an  de  Haevelen  von  h.  Timan  Barcken  verstammet;«  WB.  1598  Januar  10  übertrugen  ihm  seine 
Brüder  Klaus,  Christian  und  Johann  ihr  Erbrecht  auf  diesen  Stein,  »dar  ires  oldervaders  (Heinrich 
Berck,  vgl.  den  Stammbaum  auf  S.  345)  broder  her  Timen  Barcke  under  begraffen  licht;«  Stein- 
buch 1597 — 1636,  Bl.  18.  Das  Grab  blieb  bis  1762  im  Besitz  der  von  Hövelnschen  Familie; 
Prolocollum  de  Anno    1683,   Bl.   292. 

*)  Noch  um  1840  bildete  diese  Grabplatte  den  unteren  Teil  der  Berckschen;  Schröders 
Topographie  3,  S.   260. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


395 


T\(icnian   herck   bor  ijijcniin'tcr   ba*  lUaöt   lulicrlic  •  I>L'  ft.irff  int  jam-  • 
111  •  lif  ♦  V  ♦  vi  ♦  U1.1  tLMi  ■  (aiiLMib  •  badj  bcö  .jn.uMitö  Crmi  •;  mui:    Di^r 


Grabplatte   des  Bürgermeisters    ridemann  Berck. 
(Nach   C.  J.   Milde,   Denkmäler  bildender  Kunst  in  Lübeck,    i.   Heft,   Tafel  V.) 

iidjt  ücßraucn  lirouUic  •  43ii5aljetlj  Ijcr  CiibcniaiiG  öcrdf^  tjuufurautnc  f.'j 

Öcrift  .iBocirc^  ÖC  ftarff  iut  jacr  •  in  •  lif  •  siS  up  ten  .  .  .  dach  des  Maents 

1)   f  —  filia. 


396  DIE  MARIENKIRCHE. 

Januar].^)  In  den  von  dieser  Inschrift  freigelassenen  Flächen  der  Umrahmung 
sind  Szenen  aus  dem  Menschenleben  mit  erläuternden  kleinen  Spruchbändern 
angebracht,  und  zwar,  mit  dem  oberen  Rande  beginnend: 

Bild :  Spruchband : 

1.  Neugeborenes  Kind.  gfjcßorc  •  in  •  tocne  • 

2.  Kind  auf  dem  Krankenbette.  met  •  joorgfjc  •  gfjcuoet  • 

3.  Knabe   mit   einem  Steckenpferd.  lirocfcepc  •  dmc  • 

4.  Jüngling  mit  einem  P'alken.  tluctr  •  jonrijpit  •  öoct  • 

5.  Junger  Kaufmann  am  Zahltische  lui  •  piiiir  •  om  •  goct  • 
Geld  einnehmend. 

6.  Der  Kaufmann  in  Sorgen.  flau  •  es  •  min  •  mocö  • 

7.  Gereifter  Mann   am  Kaminfeuer.  fjouöfjciö  •  fomt  •  an  • 
8 — 1 1   fehlen. 

12.  Der  Kranke  betet  mit  einem  an  öal  •  fal  •  mt}  •  ßafcn  • 
seinem  Bette  knieenden  Engel. 

13.  Der   Kranke    wirft   einen   letzten  aöicu  •  ccröfrijc  •  ffatc  • 
Blick  auf  seinen  Silberschatz. 

14.  Der  Sterbende   nimmt  Abschied  aöicu  •  Btptoöic  • 
von  seinen  Angehörigen. 

15.  Sterbeszene.  $t  •  iltoct  •  mij[n]e  •  {Tfratcn  • 

16.  Der  Tote.  grjcöTct  •  miins  •  JHaric  • 

Auf  den  Spruchbändern  der  beiden  oberen  Eckfiguren  steht:  äO  •  mors  • 
quam  ■  amara  •  tft  •  memoria  •  fua  und  (Eonffitutum  •  cpt  •  fjominißus  •  fcmcl  •  mori. 

Grabstein  des  am  15.  Februar  1529  gestorbenen  Ratsherrn  Johann 
von  Kempen,  1,97x1,18  m  groß,  früher  in  der  Beichtkapelle,  seit  1895  auf 
dem  nordseitigen  Kirchhof  neben  der  Kapelle  Maria  am  Stegel.  In  der  Mitte 
in  kreisrunder  Umrahmung  der  Wappenschild  des  Ratsherrn  (ein  Baum  inmitten 
eines  runden  Palisadenzaunes  mit  vorderer  Tür).  Am  Rande  in  der  linken 
oberen  und  rechten  unteren  Ecke  ebenfalls  dieser  Schild,  während  die  in  den 
beiden  anderen  Ecken  angebrachten  Wappen  unkenntlich  sind;  dazwischen  die 
teilweise  abgetretene  Umschrift  ^tnilD  [1529]  ÖCll  15  fcöniaril  ftnrf  [selige 
her  Johan  van]   l'iClllJJCU  Jlt[adtman  dusser  Stadt  Lübeck,   dem]c  got   giiabC.^) 

Grabstein  des  am  15.  Dezember  1537  gestorbenen  Bürgermeisters  Dr. 
jur.  Matthäus  Pakebusch,  2,99x2,34  m  groß,  unter  dem  Lettner  nach 
Norden  zu.  Die  ganze  Breite  der  Mitte  füllen  zwei  plastisch  gemeißelte 
Wappen;  vom  heraldisch  rechtsseitigen  Pakebuschschen  Wappen  ist  nur  noch 
der  mit  Hörnern  gezierte  Helm  kenntlich,  das  linke,  zweifellos  des  Bürger- 
meisters Ehefrau  Katharina  geb.  Runge  angehörend,  zeigt  im  gespaltenen  Schilde 
vorn  zwei  Rosen  übereinander,  hinten  einen  der  Spaltungslinie  angeschlossenen 


*)   ^533  Januar   13    wurde    »vor    de  Berckeßken    i    sarck,    ludenth   2   stunde    unde  de  grafft 
yn  der  kerken«   bestellt;   WB.    1533,   3.   W.   n.   Weihnachten  (Januar    12  — 18). 
^  Ergänzt  nach  Lub.   Relig.   S.    150;  vgl.  Techen,   a.   a.   O.,   S.   85. 


DIR  MARIKNKIRCIIE. 


397 


Eichast  mit  drei  Blattern  uiul  aiil  dem  I  leim  einen  l'Jcliasl  mit  drei  siebenden 
Bliittern.  Die  zweireihige  Lhiterschrift  ist  unleserhch.  1  )ie  in  den  l'xken  von 
den  vier  hLvangelistenzeichen  unterbrochene  erhabene  l'msehrift  lautet  auf  drei 
Seiten:  '?lnno  blü  [M  L  XXVII  die]  x'ü  lllLMll'io  bcCLMHOriG ')  DÜlit  ClJlTöiUÖ  et 
maijm.lfii'UG  liir  et  bainimiG  •  jX^at[heusj  paUCÜUld);  die  Schrift  der  Lang- 
seite zur   Linken   ist  ab<^eschlagen. 

Khemalige  messingne  Grabplatte  des  aus  Dortmund  gebürtigen  und  im 
Alter  von  86  Jahren  am  4.  Mai  1555  gestorbenen  Ijürgermeisters  Ci  ot  1  li  aid 
von  Hövelen  d.  Alt.  mit  dem  von  Hövelnschen  Wappen^)  und  einer  drei 
Distichen   umfassenden   Inschrift;'')  darunter  stand   »Anno   1555  obiit  4.  Maji.« 

Im  Mittelschiff  zwischen  dem  zweiten 

Pfeilerpaar. 

Von  dem  bis  1894  im  Chorum- 
gang belegenen  Grabstein  des  Rats- 
herrn Hin  rieh  G  ruter  und  seiner 
Ehefrau  Dorothea  geb.  Dives  \\ird  das 
0,94  m  hohe  und  0,59  m  breite 
gravierte  messingne  Mittelstück  in  der 
Bürgermeisterka[)elle  aufbewahrt.  Im 
Felde  eines  von  zwei  seitlichen  orna- 
mentierten Pilastern  getragenen  flachen 
Giebels  hält  ein  wachsendes  gefli.igeltes 
Gerippe  ein  Band  mit  der  Inschrift 
Dilles  btnge5  eine  imic.  In  der  Mitte 
oben:       ANNO     1524     DEN     27    JVLIVS 

STARF  Her  Hinrick  grvter  seli- 
ger   GEDECHTNIS.      ANNO    1548    DEN 

26  September  starf   Dortie 
Grvters  den  godt  beide  gnedich 
Sl;     darunter    die    gegeneinander    ge- 
lehnten Wappen   der   Familien   Gruter 
(ein  mit  einem  Quadrat  belegtes  Rad, 
dessen    vier   Speichen  jede   durch   ein 
Kreuz    verlängert   sind,    auf  dem  Helm   eine  Lilie)    und  Dives   (im  gespaltenen 
Schilde   zwei   streitende  Hähne,    auf  dem  Helm   ein  wachsender  Hahn  mit  ge- 
spreizten Flügeln).     Auf  der  Basis:   qemaM  vwbe  geled]t  anno   \öö7. 

1608  Oktober  18  verkauften  die  Erben  des  Ratsherrn  Hinrich  Gruter 
ein  Grab  mit  dem  Leichenstein  »an  der  Sudersidt  tegen  der  Hern  Burger- 
meyster  Capellen   affer;«    WB.    1608,    3.   W.   n.   Michaelis. 


Grabstein  Hermann  Kremers  d.   Alt. 


')   Die  Ratsliste  legt  seinen  Todestag  auf  den    14.   Dezember   1537. 

''')  1762  Februar  12  wurde  u.  a.  »das  in  der  Kirche  sub  Nr.  318  belegene,  mit  einer 
messingenen  Plate  belegte  Grab,  auf  welcher  Plate  der  Nähme  Gotthard  von  Höveln,  die  Jahrs- 
zahl 1555  befindlich  auch  das  von  Hövelnsche  Wapen  gestochen  ist,«  dem  preuß.  Kriegsrat  Georg 
Anton  von  Höveln  als   Erben  zugeschrieben;   K.-A.,   Protocoltum   de  Anno    1683,  Bl.   292. 

s)  Gedr.  Techen,   a.  a.  O.,   S.  88. 


398 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Grabstein  Hermann  Kremers  des  Älteren  und  seiner  Ehefrau  Anna 
geb.  Ilehorn,  2,65x1,71  m  groß  (Abb.  S.  397).  In  der  Mitte  hält  vor  einer 
Rundbogennische  ein  wilder  Mann,  dessen  Vüße  verdeckt  sind  durch  eine 
Tafel  mit  der  Inschrift  HERMEN  •  KREM  ER  •  VND  •  SINEN  •  ERVEN  • 
(darunter  nachgetragen:  DE  OLDE.),  zwei  Schilde,  von  denen  das  heraldisch 
rechte  eine  von  drei  in  den  Dreipaß  gestellten  Lilien  beseitete  Rose,  das  andere 
ein  Hifthorn,^  das  Ilehornsche  Wappenzeichen,  aufweist.  Umschrift  zwischen  den 
vier    Evangelistenzeichen:     ^no  •   1560  •  bc  •  23    auijllfti  •  ftnvf  •  Ijcniieu   • 

ftrcmcr  •  ti7  •  00t  •  gnebid)  •  fii  •  %m  •  1560  ti7  •  21  fcpteniüer  •  ftarf  •  aiina  ; 

lirClllCVG  •  bcr  •  llOt  •  ITIUIÖC  •     lii  der  südöstlichen  Kapelle  des  Chorumgangs. 


Grabstein  des  am  8.  März  1561 
gestorbenen  Ratsherrn  Andreas 
Busmann  und  seiner  Ehefrau  Ger- 
trud geb.  Meßmann,  2,37x1,72  m 
groß  (Abb.).  In  der  Mitte  die  von 
einem  wilden  Manne  an  einem  Bande 
gehaltenen  Wappen  des  Ehepaares, 
nämlich  i.  in  dem  von  einem  nach 
unten  zu  rundbogig  gezackten  Balken 
geteilten  Schilde  oben  der  Rumpf 
eines  wilden  Mannes  mit  einer  Keule 
über  der  Schulter,  unten  ein  einen 
Stern  einschaltender  Sparren,  auf 
dem  Helme  derselbe  Mannesrumpf; 
2.  ein  von  drei  dreizinkigen  Kronen 
begleiteter  geschachter  Sparren,  auf 
dem  Helme  zwei  Arme  mit  denselben 
Kronen.  In  den  Ecken  dieselben 
Schilde  in  vierpaßförmigen  Um- 
rahmungen; dazwischen  die  Umschrift 

5lina  irJöi  bcn  I!  inartiiio  ftarf 
!jcr  anbrea^  üufnian  i^md,  später 
eingemeißeh:   ^inn    1580   biMi   27,  ayril    ftavf   a3ürbnit   üufnian.     in  fler 

(jrevcraden-Kapelle. 

Grabstein  des  am  18.  August  1564  gestorbenen  Ratsherrn  Joachim 
Klepel,  2,14x1,40  m  groß.  Mittelstück  und  Umschrift  aus  Messing.  Eine 
auf  ersterem  angebrachte,  nur  bruchstückweise  überlieferte  Inschrift  (drei 
Distichen)  ist  gänzlich,  die  Umschrift  größtenteils  abgetreten.  Sie  lautete: 
[ANNO  CHRISTI  1564  DIE  18  AVGVSTI  PIE  DECESSIT  CLARISSIMVS 
VIR  DOMINVS  JOACHIMVS  KLEPEL  SENATOR  LVBICENSIS, 
NATVS  IN  DVCATV  MEGALBVRGENSI  [OPPIDO  FREDELAN  DT.] 
Im  Mittelschiff. 


Grabstein   des   Ratsherrn   A.ndreas  Biismann. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


399 


Ein  in  einem  ;illeren  (iral)stein  eingelassenes,  0,97  m  liolies  und  0,61  ni 
iM'eites  stark  abgetretenes  messingnes  Mittelstück  zeigt  in  einer  von  zwei 
Säulen  flankierten  Renaissancenische,  deren  Giebelfeld  das  Brustbild  (jott-X'aters 
oder  des  Heilands  schmückt,  die  von  einem  lüigel  gehaltenen  W'appenschilcle 
der  h\'unilien  W'ibbeking  untl  Nenstede;  von  einer  am  h\uulament  angebrachten 
\ierzeiligen  Inschrift,  die  jedenfalls  die  Grabschrift  tles  1509  geborenen  und 
mit  Engel  Nenstede  (gest.  1569  Oktober  4)  verheirateten  Cord  XVibbeking 
darstellt,  ist  noch  zu  lesen: 

2lnnc<   \57 ton  p 

tonibcv  nad} 

iribbofincf 

ana^o  /etatis  ...  6  ...   .  t^ott  .... 
Im  Mittelschiff  nahe  dem  ersten  Süderpfeiler. 

Grabstein  des  am  29.  März  1585  gestorbenen 
Bürgermeisters  Johann  Brokes  und  seiner  Ehe- 
frau Katharina  geb.  Köhnen,  2,48x1,65  m  groß 
(xA.bb.).  In  einer  doppelten  Muschelnische  kniet 
auf  Kissen  das  einander  zugewandte  Ehepaar, 
darunter  sind  am  Fundament  das  Brokessche  (vgl. 
S.  350)  und  das  Köhnensche  Wappen  (ein  auf 
einem  Hügel  stehender  Wiedehopf,  der  auch  als 
Helmkleinod  dient)  angebracht.  Umschrift  zwischen 
den  vier  Evangelistenzeichen:  [ANNO  •  1585  • 
DEN  •  29  •  MARTI!  •  IS  •  DER  •  ERBARE  ■ 
VND  •  WOLWISE  •  HER  •  JOHAN  •  |BRO  KES  ■ 
[BORGERMEISTER  •  IN    J   GOT  •   ENT- 

SLAPEN   •  [ANNO] IS  • 

FROW  •   CATHARINA  •   BROKES  •  SELICH   • 
GESTORBEN  •  DER  •  GOT  •  GNEDICH  •  Sl  • 
In  der  der  Bürgermeisterkapelle  zugeteilten  äußeren  Hälfte  der  Molen-Kapelle,  i) 

Die  seit  1869  an  der  Außenseite  der  südlichen  Umfassungsmauer  des 
Altarraumes  in  einem  Rahmen  aufgehängte  gravierte  Grabplatte  des  Bürger- 
meisters Gotthard  von  Hövelen  d.  Jung,  und  seiner  Gattin  Anna  Schillinges, 
in  Komposition  und  Ausführung  ein  plumpes  Machwerk,  bildete,  wie  schon 
S.  394  erwähnt,  ehemals  den  unteren  Abschluß  der  Berckschen  Platte.  Bei 
einer  Breite  von  1,50  m  0,62  m  hoch,  enthält  sie  in  zwei  durch  einen  Pfeiler 
mit  vorgesetztem  Hermenpilaster  getrennten  Rundbogennischen  die  Wappen 
des  h:hepaares.  Darüber  steht  in  einer  oberen  Schriftreihe:  H  •  GOTHARD  : 
VAN  •  HOVELEN  •  BVRGERMESTER  •  ANNA  •  SCHILLINGES  •  und 
unter  dieser  Reihe  über  dem  Hövelenschen  Wappen  DICES  :  ANNO  •  1609  • 
DEN    .  16  •   MARTZY  •,    über    dem    Schillingesschen    Wappen    (im    geteilten 


Grabstein   des  Bürgermeisters 
Johann  Brokes. 


1)  Über  den   Erwerb  der  Grabstelle  vgl.   S.   276   Anm.   2. 


400  DIE  MARIENKIRCHE. 

Schilde  oben  ein  Eichast,  unten  ein  springendes  Reh,  auf  dem  Hehne  ein 
wachsendes  Reh)  DISCES  :  ANNO  •  1612  •  DEN  •  15  •  JANVARII  •  Am 
Mittelpfeiler  hängt  eine  kleine  Tafel  mit  den  Worten  WARHElT  BESTEHET  . 
LVGEN   VORGEHET. 

Alterer  Grabstein  mit  dem  in  Bronze  gravierten  Wappenschild  des 
am  i6.  November  1616  gestorbenen  Ratsherrn  Hin  rieh  Pasche  (ein  mit 
zwei  Sternen  belegter  Pfahl,  dem  rechts  und  links  eine  halbe  Lilie  angeschlossen 
ist).  Aufschrift:  ^inridP  Pafd^e  üit^  [inen  Crocn.  Im  Norderschiff  nahe  dem 
fünften  Pfeiler. 

1608  Juli  21  wurde  dem  Ratsherrn  Hinrich  Paschen  ein  von  Hinrich 
van  Hellen  an  ihn  vererbtes  »an  der  nordersydt  zwischen  der  doepe  und 
dem  lesten  piler  na  dem  groten  orgell«  belegenes  Grab  mit  dem  obigen 
Stein  zugeschrieben;  Steinbuch  1597  — 1636  Bl.  75b.  Vgl.  Techen,  a.  a. 
O.,   S.   61. 

Schlichter  Grabstein  des  am  16.  Februar  1602  gestorbenen  Ratsherrn 
Henning  Parcham  und  seiner  Ehefrau  Gesche.  Eine  am  äul3eren  Rande 
3,43  X  2,32  m  messende  Bronzeeinlage  zeigt  zwischen  den  erhaben  gearbeiteten 
vier  Evangelistenzeichen  die  Umschrift  in  vertiefter  ]">aktur:  ^nno  *  in02  • 
hm  '  16  •  februarq  •  5tarü  •  öer  •  CrjrcntucJ!  •  ünö  •  luoluiifer  •  J^er  •  l^^nninö  • 
f)ard]am  •  JEafr^manu  •  5em  •  (Boot  •  önaöe.  %n\\o  •  162Ü  •  ötn  •  28  •  lulij  • 
5tarli  •  öic  •  €f]rüarc  •  Unö  •  Cugeuffamc  •  fraUiü  •  (Bcfdjc  •  "parrTjams  •  öer  • 
(Boot  •  gnaöc.     Im  Norderschiff  unter  dem  Parchamschen  P^pitaph. 

Grabstein  des  am  15.  April  1627  gestorbenen  Bürgermeisters  Dr.  jur. 
Alexander  Lüneburg  und  seiner  ersten  PLhefrau  Gertrud  geb.  Wedemhoff, 
2,77x1,72  m  groß.  Das  gleich  der  Umschrift  in  Messing  gravierte  Mittel- 
stück enthält  in  reicher  Umrahmung  das  unkenntlich  gewordene  Familien- 
wappen mit  der  zweireihigen  Unterschrift  ^0rr  Jllf^anöer  [Hunßßurg  ßltilter] 
BurgcnUßifter  [Öiefcr  Btaöt?].  Die  größtenteils  abgetretene  L^mschrift  zeigt  in 
den  Ecken  vier  kreisrunde  erhabene  Medaillons,  auf  denen  noch  im  linken 
untern  das  Lüneburgsche  Wappen  und  im  linken  oberen  das  Wedemhoffsche 
Wappen  kenntlich  ist;  dazwischen  steht  in  vertiefter  P^raktur:  ^nno  ]62[?  öfll 
15.  Itprilis  llarÜ  ^crr  Jllejfanöcr  Jlüueßuro,  eltifter  Bürgcrmcifter  öicfcr 
5taöt(?;.  Jlnno  1599]  hm  19.  Iljjrins  ftarß  (Baröruöt  iUünclhirgcs,  öcncn  (Bott 
tooUß  gncöidl  fein.     Zwischen  dem  ersten  Süderpfeiler  und  dem  Lettner. 

Grabstein  des  Kaufmanns  Hinrich  Bremer  und  seiner  Ehefrau  Elisabeth 
geb.  Paschen,  2,89  m  lang  und  2,05  m  breit.  In  der  Mitte  nebeneinander 
in  ovalen  Vertiefungen  das  Bremersche  und  das  Paschensche  Wappen  (vgl. 
S.  266)  mit  den  Unterschriften  fjiiu-id]  i3remcr  und  £Ii[abct  i^rcnier.  Die  in 
den  Ecken  von  vier  Kartuschen  mit  Sprüchen  unterbrochene  Umschrift  lautet: 
2{o  \656  ben  \5  0ctobr.  [tarf  fjinrtd]  i^rcmcr  [eines  :-llterf  5^  J>ai-  6  Zllonat 
8  Vage.  2lo  \650  tm  ^.  0ctober  ftarb  £Ii[abet  23renier5  3bres  2lhev\  59  3ar 
ätoey  bage.     In  der  Bremer-Kapelle. 


DIE  MARIENKIRCHE.  4OI 

2,44x1,90  m  großer  Grabstein  des  laut  der  auf  einer  Rronzeeinlage 
enthaltenen  längeren  lateinischen  Umschrift^)  am  25.  Juli  1567  geborenen  und 
am  9.  Juni  1641  zu  Lübeck  gestorbenen  ])()mmerschen  Ritters  und  Rates  sowie 
Schloßhauptmanns  zu  Wolgast  Christoph  von  Neukirch.  l'.in  gleich  der 
Umschrift  sauber  gestochenes  fünfeckiges  bronzenes  Mittelfeld  \'on  o,9<S  m 
Höhe  und  0,63  m  I^reite  trägt  das  \\'a]j})en  des  Verstorbenen  (im  Schilde 
drei  Sparren,  auf  dem  llelm  sieben  Pfauenfedern)  mit  der  Unterschrift 
CHRISTOFER  V.  N  El  KIRCH.  Im  Altarraum,  nahe  dem  vierten  nördlichen 
Chor[)feiler. 

Grabstein  des  am  10.  Oktober  1645  gestorbenen  Ratsherrn  Jürgen 
Paalsen,  3,26x2,38  m  groß.  Die  Schildzeichen  und  die  beiden  Ilelm- 
kleinode  des  in  einer  1,60  m  hohen  und  1,39  m  breiten  ovalen  Bronzeeinlage 
erhaben  dargestellten  Paulsenschen  Wappens  (vgl.  S.  355  f.)  sind  bis  auf  geringe 
Überreste  abgeschliffen  und  dafür  1727  die  \\'ai)penzeichen  des  Ratsherrn 
und  späteren  Bürgermeisters  (gestorben  am  9.  Januar  1737)  Joh.  Heinr. 
Dreyer  (im  Schilde  ein  mit  drei  Kreiseln  belegter  Balken,  der  oben  von 
zwei  Sternen,  unten  von  einem  Stern  begleitet  wird;  auf  dem  Helm  ein  Kreisel 
zwischen  zwei  F"lügeln)  und  dessen  zweiter  Ehefrau  (gestorben  1751)  Christina 
Barbara  Langlotzen  (im  Schilde  ein  von  einer  Schlange  umwundener  nach 
unten  gerichteter  Pfeil,  auf  dem  Helme  drei  Ähren)  der  vorderen  bezw.  der 
hinteren  Hälfte  des  Wappens  in  stümperhafter  Ausführung  eingraviert.  P2ine 
unterhalb  des  Wappens  eingelassene  bronzene  Kartusche  umschließt  an  Stelle 
der  ebenfalls  entfernten  ursprünglichen  Grabschrift  die  roh  eingravierten  Worte 
Herr  Iohan  Henrich  Dreyer  RatsverWandter  und  seinen  erben 
ERBLICH   Ao  1727.     Im  Altarraum,   nahe  dem  dritten  südlichen  Chorpfeiler. 

Grabstein  des  am  26.  Mai  1654  gestorbenen  Kaufmanns  Heinrich 
Schlüter,  3,23x1,97  m  groß.  P^ine  2,25  m  hohe  und  1,42  m  breite  Bronze- 
einlage umfaßt  in  der  Mitte  das  Wappen  des  Verstorbenen  (im  Schilde  oben 
eine  Rose,  unten  ein  von  einem  Schlüssel  durchbohrtes  Herz,  auf  dem  Helm 
ein  wachsendes  Gerippe  mit  einem  Stundenglas  in  der  Rechten  und  mit  dem 
vom  Schlüssel  durchbohrten  Herzen  in  der  Linken)  und  seitlich  davon  die 
kleineren  Wappen  seiner  beiden  Plhefrauen,  von  denen  das  heraldisch  rechte 
im  Schilde  wie  auf  dem  Helme  drei  aus  einem  Herzen  wachsende  Blumen 
und  auf  einem  Bande  die  Unterschrift  Margareta  Mccklcnlwygs  zeigt,  während 
das  linke  im  gespaltenen  Schilde  vorne  fünf  Balken  und  hinten  einen  gegen 
die  Teilung  aufgerichteten  Windhund  mit  Halsband,  auf  dem  Helme  denselben 
Hund  wachsend  und  die  Unterschrift  Anna  Margareta  Hnnnius  aufweist.  Den 
unteren  Abschluß  der  Bronzeeinlage  bildet  eine  Kartusche  mit  der  Inschrift 
i^cinrid]  Sdilutor  i^urcjcr  unt»  fauffl^anblcr  in  £übecf,  geboren  511  Sditücrin  im 
jalir  \595,  geftorben  2hnto  \^ö\  Öen  26.  JlTay,  den  oberen  Abschluß  ein  von 
einem  Cherubimkopf  überragtes  Schild  mit  dem  ersten  Satz  von  Jesaias  26,  19. 
Vor  den  Stufen  zum  Hochaltar. 

1)  Im   Worüaut  bei  Techen,   Zeitschr.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.   8,   S.   74. 

26 


402 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Messingne  gravierte  Grabplatte  des  am  29.  November  1677  gestorbenen 
Bürgermeisters  Mattheus  Rodde  (Abb.).  1658  auf  dem  an  der  Nordseite 
im  Altarraum  belegenen  Roddeschen  Grabe  angebracht,  ist  sie  1869  an  der 
Innenseite  der  Nordwand  des  Lettners  in  einem  eichenen  Rahmen  aufgehängt 
worden.  Die  aus  zwei  Stücken  zusammengesetzte,  2,05  m  hohe  und  1,35  m 
breite  Platte  zeigt  vor  einer  Rundbogennische,  auf  deren  flachem  Giebel  Schlaf 
und  Tod  lagern,  zwischen  zwei  Engeln  die  drei  in  der  Form  eines  Dreiecks 
aufoestellten  Wappen  (vgl.  S.  364)  des  Bürgermeisters  und  seiner  beiden  Ehe- 
frauen Anna  Prünsterer  (1621 — }^7)  und  Katharina  Schumacher  (1639 — 75). 
Den  unteren  Abschluß  bilden,  von  Kartuschen  umrahmt,  der  Spruch  Römer  8 
Vers  1 1  und  die  Inschrift  £)crrn  21Tattl^ni5 
2^obt>cn  uii^  [einen  i£rben  €rblid].  2ln  : 
\658.  Gezeichnet  ist  die  Platte  IVo/ff- 
gau^i^  Hartnumn  fccit. 

Mattheus  Rodde  kaufte  1645 
Juni  5  ein  »im  Cohre  furm  Stuhle, 
darauß  die  Herren  Burgermeister 
pflegen  zu  Rate  zu  gehn,  zwischen 
Herrn  Burgermeisters  Herr  Godert 
van  Hovelen  (vgl.  S.  394  Anm.  3) 
und  des  Neukirchen  (vgl.  S.  401) 
Grabe«  belegenes  gemauertes  Grab 
für  400  Reichstaler.  Ein  Nach- 
trag zu  dieser  Buchung  besagt : 
»Anno  1658  den  4.  Junii  hat  S. 
Wollw.  H.  Mattheus  Rodde,  Raht- 
verwanter  und  unser  Mittvorsteher, 
eine  meßings  Plate  auf  seinen  Stein 
legen  laßen.«  Steinbuch  1636 — 94, 
Bl-   55- 


anMaum-$üxni-ifa(4i)  n 


Der  2,61  X  1,70  m  große  Grab- 
stein des  am  19.  Juni  1661  gestorbenen 
Bürgermeisters     Dr.    jur.     Christoph 

Gerdes      zeigt     in      ovaler     Vertiefung         GrabplaUe  des   Bürgermeisters  Matlheus- Rodde. 

das     0,84    m     hohe,     0,76    m    breite 

plastische  Wappen  des  Bürgermeisters  (vgl.  S.  359)  und  darunter  die  Inschrift: 

%  Crjriftoplf  (Bcröcs  j.  u.  ö.  €Ififtcn  Buröcrmciftcru  unö  .Seinen  (Erlicn.    In 
der  Greveraden- Kapelle. 


Grabstein  des  am  3.  Januar  1667  gestorbenen  Bürgermeisters  Gott- 
schalk von  Wickede,  2,70x1,81  m  groß.  In  einer  Kartusche  das  Wickede- 
sche  Wappen  mit  der  Unterschrift:  Dns.  GodtsCALCUS  A  WiCKEDEN  Reip. 
LUB.  Patr.  Ppoconsul  OBIIT  Aö  1667.  3.  JAN.;  darunter  auf  einem  Schrift- 
band: HAEREDIBUS  SEPELIENDO  NON  ALIENANDO  jus  ESTO.  In  der  Bürger- 
meisterkapelle. 


DIK   iMARIKNKIRCIlE.  403 

Grabstein  des  am  2.  September  1668  gestorbenen  Ratsherrn  T.orenz 
Petersen,  3,16x2,10  m  oroß.  Die  Mitte  nimmt  das  von  einer  ovalen 
Kartusche  umschlossene  \Vapj)en  (im  Schilde  ein  gegen  einen  Haiim  auf- 
gerichteter Bock,  auf  dem  Helme  ein  wachsender  Hock)  ein;  darüber  schwebt 
ein  Schriftband  mit  den  Worten  »fjcri-  Corout^  Potcrfon  I^al^tf.oonr'an^tov  iSntfd^Hoff 
in  (Ilnifto  folialid]  ^huio  1668  Den  2  Septembris;  zu  unterst  in  Kartuschen 
die  Inschrift  i)cvvn  iorcnti  pctcrfcu  ^uhcboricio  bogrobni^  ^Inno  ^()()7.  und  die 
erste  Hälfte  des  Verses  Jesaias  26,    19.      Vor  den  Stufen  zum   Hochaltar. 

Ein  älterer  im  Mittelschiff  nahe  dem  dritten  Süderpfeiler  befnidlicher 
Grabstein  trägt  das  0,51  m  hohe  in  Messing  gravierte  Wappen  des  am 
26.  Februar  1682  gestorbenen  Hauptmanns  im  Lübecker  Ratsweinkcller 
Daniel  Jacobi,  das  im  geschweiften  Schilde  den  Apostel  Jakobus  d.  Alt., 
auf  dem  Helme  einen  Arm  mit  einer  Weintraube  aufweist.  Darüber  die  In- 
schrift: T)anicl  3'-i>^'^t'i  im^  Seinen   *£rhen  £rI•>Iid^      \67^. 

167 1    Mai    22     kaufte    Daniel    Jacol)!    den     seit    1572    Hcrnianii    Üriugk 
zugeschriebenen   Grabstein   No.    359;   Steinbuch    1636 — 96,   Bl.    210b. 

Der  2,55  X  1,43  m  große  Grabstein  des  am  28.  März  1674  gestorbenen 
Ratsherrn  Hinrich  Wedem  ho  ff  zeigt  in  einer  Kartusche' das  Wedemhoft'sche 
Wapi)en  mit  der  Unterschrift:  fjcrni  .  i^einvid]  .  iUc»5einboft  •  i^n^  .  Seinen  ♦ 
frben  •  ^huio  ♦    Hö?'^.     Mitten  in  der  Bürgermeisterkapelle. 

Grabstein  des  am  28.  März  1680  gestorbenen  Ratsherrn  Caspar 
Deging,  2,85x2, 15  m  groß.  In  der  Mitte  ein  dreiseitiger  gelehnter  Bronze- 
schild mit  dem  Degingschen  Wappen  (vgl.  S.  365)  und  der  Jahreszahl  1675 
in  den  oberen  Ecken.  Darunter  ist  eine  Kartusche  mit  der  Inschrift  X^errn 
daj'par  iion  Deaingf  vnb  Seinen  €vben  iSrblid^  \675  eingemeißelt.  Die  bronzene 
Umschrift  ist  abgerissen.  Im  Altarraum  vor  dem  mittelsten  Joch  des  Lettners.  — 
Ein  ostseitig  sich  anschließender  1,52x1  m  großer  Stein,  welcher  drei  in 
Form  eines  Dreiecks  angeordnete  Weihkreuze  trägt  und  sich  dadurch  als  Teil 
einer  früheren  Altarplatte  ausweist,  zeigt  eine  im  Durchmesser  0,46  m  große 
kreisrunde  Bronzeeinlage  mit  dem  sauber  gra\ierten  Degingschen  Wappen 
nebst  der  Umschrift  IVicin  fjoffnung  un^  mein  Suüerfid^t  hßb  3dl  ciuff  c^ottes 
gna^  geridit  fl'  Anuo  löys  <§$;    darunter  ist  eingemeißelt  OSTIUM   Sepulchri. 

Grabstein  des  am  8.  Januar  1675  gestorbenen  Ratsherrn  Hermann 
Petersen  und  seiner  am  8.  Januar  1670  gestorbenen  zweiten  Ehefrau  Margareta 
geb.  Hakes.  lüne  Kartusche  umschließt  das  in  einer  ovalen  Vertiefung  er- 
haben eingemeißelte,  stark  abgetretene  Wappen  des  Ratsherrn  (im  Schild  ein 
Hirsch  vor  einem  Baum,  auf  dem  Helme  ein  wachsender  Hirsch)  und  die 
Unterschrift  ^errn  l^erman  pctcrfen  unb  Seinen  €rben  (Srblid].  Darunter  ein 
Schriftband  mit  den  unleserlich  gewordenen  Todesdaten  des  Ehepaares.  Vor 
den  Stufen  zum  Hochaltar. 


404 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Der  Grabstein  des  am  i.  September  1757  gestorbenen  Bürgermeisters 
Hin  rieh  Rust  enthält  zu  oberst  dessen  Wappenschild  (drei  Ähren)  und 
darunter  die  Inschrift  ]^ivvn  X^inridj  l^uft  Bürgcrmcxffcr  öiüfer  Biiitit  un5 
fßinüll  (Erßen  crßlidj.  %mo  rH3.  Der  obere  Rand  des  1,37  m  breiten 
Steines  mit  dem  Helmkleinod  (ein  Kleeblatt  zwischen  zwei  Hörnern)  fehlt. 
Früher  in  der  südlichen  Vorhalle,  seit  1895  nordwestlich  der  Kirche  beim 
Durcho-ang;  zum  Schüsselbuden. 

Hängende  Leuchtkörper. 

In  einem  dem  Chronisten  Reimar  Kock  zugeschriebenen  Berichte  über 
die  Einführung  der  Reformation  in  Lübeck i)  heißt  es:  »An.  1531  d.  19.  JuU 
ward  geslaten,  dat  men  ut  den  kerken  de  missingsluchter  wolde  nehmen  und 
laten  dar  quarterslangen  und  falkenetten  van  gheten  thom  behof  der  stadt,  et 
factum  est  ita.«  Infolge  der  Aus- 
führung dieses  Beschlusses  haben  sich 
in  den  Lübecker  Kirchen  mit  Aus- 
nahme des  Domes  metallene  Kron- 
leuchter und  Wandarme  aus  gotischer 
Zeit  nicht  erhalten. 

Kronleuchter. 

Aus  dem  Mittelalter  ist  für 
die  Marienkirche  nur  ein  Kron- 
leuchter des  Schneideramtes  nach- 
weisbar, indem  1485  Hans  von 
Munster  » 2  mark  to  den  lichten 
uppe  der  scroder  krönen  to  Unser 
Leven  Vrowen  vor  dem  chore« 
vermachte.  '^) 

Der     Renaissance     gehört     eine  Kronleuchter  in   der  Sakristei. 

seit   185 1   in  der  Sakristei  aufgehängte 

kleine  Lichterkrone  (Abb.)  aus  dem  Siechenhause  in  der  kl.  Burgstraße''') 
an,  die  1581  unter  dem  Inventar  des  dortigen  Refektoriums  als  »i  missinges 
cron  mit  6  arm«  aufgeführt  wird.^)  An  dem  vielfach  gegliederten  Schaft,  der 
unten  in  einen  Tierkopf  mit  einem  Ring  im  Maule  auslänft,  während  seinen 
oberen  Abschluß  ein  Krieger  mit  Schwert  und  Rundschild  bildet,  sitzen  die 
sechs  S-förmigen  Arme,  deren  Mittclbunde  und  freie  Endigungen  die  h^orm 
von  Schlangenköpfen  haben. 


'j  Ausführliche  Geschichte  der  Lübeckischen  Kirchen-Reformation  in  den  Jahren  1529  bis 
1531,  herausgegeben   von   F.   Petersen   (Lübeck    1830),   S.    133. 

'■'j  St.-A.,  Test,  von    1485   Mai   6. 

^)  Laut  Kassabuch  der  Kirche  wurden  am  i.  Oktober  1851  »für  einen  alten  Kronenleuchter, 
welcher  in  der  Sakristei  aufgehängt  ist,«  12  ^  verausgabt.  Die  vom  folgenden  Tage  datierte 
Quittung  (1851  No.  42)  ist  von  Senator  Dr.  von  der  Ilude  »als  Präses  der  Siechenhaussektion  der 
Armenanstalt«   ausgestellt. 

*)  St.-A.,  Brüderschaften,   Rechnungsbuch  des  Krahnen-Konvents,  Bl.   4b. 


DIR  MARIENKIRCHE. 


405 


Von  einem  ehemals  xor  der  Bcr^enfahrerkapelle  liängenden,  /.ulelzt 
1766  erwähnten  kleinen  fiinfarmii^en  Kronlenchter  aus  der  Renaissancezeit,  der 
in  dem  15S1  aufgestellten  Lichterx'erzeichnis  der  Kirche  beschrieben  wird  als 
»eine  missinges  hangende  kröne  niyth  s.  Olffess  bilde  und  m\-th  5  becken  uiul 
5  lichten,  jedes  \'an  i  V2  ff,  i-st  nur  noch  die  60  cm  hohe  ( )lavstatuette 
(Abb.)  vorhanden,  welclie  seit  1806  als  Krönung  eines  jetzt  über  dem  i'",ingang 
zur  Totcntanzkapelle  angebrachten  Leuchteraufsatzes  (\'gl.  S.  351  und  423)  dient. 

Der  Heilige,  dessen  Haupt  ein  bekröntes 
l^arett  bedeckt,  ist  geharnischt  mit  überge- 
himgtem  Mantel  dargestellt;  seine  Rechte 
umspannt  den  Schaft  einer  1  lellebarde,  die 
Linke  hält  den  Reichsapfel. 

Die  beiden  g  r  ö  ß  e  r  e  n  Kron- 
leuchter der  Kirche,  die  im  Altairaum 
neben  den  Stuhlgruppen  für  die  Kom- 
munikanten hängen,  sind  in  den  l'"ornien 
des  Empirestils  gegossen,  lüne  unten  mit 
Blättern  belegte  große  glatte  Kugel ,  an 
der  ein  Ring  mit  einem  I'>uchtzai)fen  liängt, 
trägt  an  einem  ihre  Mitte  umziehenden, 
mit  Rosetten  geschmückten  Streifen  sechs 
in  würfelförmige  Ansätze  eingehängte,  im 
Halbkreis  gebogene  Arme,  die  unterhalb 
der  Lichterschalen  mit  je  einem  \\\a])pen- 
schilde  versehen  sind.  Nach  oben  hin 
laufen  sechs  zentral  auf  die  Kugel  gestellte 
Ranken,  Staubfäden  gleich,  in  einen  um- 
gestürzten Bütenkelch  zusammen.  Die 
Schilde  der  nordseitigen  Krone  zeigen  drei- 
mal das  Glandorpsche  Wappen,  zweimal 
das  von  Hövelnsche  und  einmal  die  Kirchen- 
marke, die  der  südlichen  Krone  sämtlich 
den  lübischen  W'appenschild;  eine  dem- 
entsprechende  Anzahl  von  Lichtern  uurde 
dem  Verzeichnis  des  Jahres  1800  zufolge 
für  beide  Kronen  aus  Legaten  des  Rats- 
herrn Johann  Glandorp  (gest.  16 12)  und  des  Bürgermeisters  Gotthard  von 
Hövelen  (gest.  1609),  von  der  Kirche  und  von  der  Stadtkasse  aus  dem  bei 
ihr  belegten  Lichterlegat  des  Ratsherrn  Jürgen  Paulsen  (gest.  1645)  geliefert. 
Jedenfalls  haben  die  von  den  erwähnten  drei  Ratsmitgliedern  gestifteten  ehe- 
maligen Leuchter  (vgl.  S.  416  und  420)  und  eine  gleich  ihnen  ehemals  im 
Altarraum  angebrachte  Lampe  aus  dem  Jahre  1540  (vgl.  S.  406  f.)  ihre  Lichter 
und    ihr    Metall    zu    den    beiden    Kronen    beigesteuert.      Von     1860    bis    zur 


Olavstatuelte  des  ehemaligen  Kronleuchlers 
der  Bergenfahrerkapelle. 


406  DIE  MARIENKIRCHE. 

Einführung  der  Gasbeleuchtung  der  Kirche  im  Jahre  i86(S  sind  beide  Kronen 
nebst  dem  der  Kirche  damals  leihweise  überlassenen  großen  Kronleuchter 
der  St.  Katharinenkirche  im  MittelschilT  aufgehängt  gewesen. 

Dem  WB.  zufolge  erhielten  1800  Dezember  8 — 14  »Gelbgießer  Schröder 
seine  Bursche  nach  Ablieferung  der  beyden  neuen  Licht-Kronen  im  Altar« 
2  ^  Trinkgeld.  Die  damalige  Jahresrechnung  des  Bildhauers  Joh.  Dav.  Pegel 
enthält:  »Zu  die  messinge  Krohn-Leuchter  Modelle  gemacht,  18  ^, «  die  der 
Gelbgießer  Martin  Christian  Schröder  &  Söhne  unter  Dezember  8 :   »2  messingen 

Krohn  Leuchter,   gewogen   375    't^ä    2   #   8   fi,   macht   937    ^   8    f(i 

Hirauf    entfangen    351    'S    alt    Messing    ä    'S     10    fi,    macht     219    ^    6    j5';« 
Kirchenrechnungen  von    1800. 

Ehemalige  T  r  a  n  1  a  m  p  e  n . 

1431  stiftete  Hans  Waterhus  für  die  Bergenfahrerkapelle  eine  1528 
noch  vorhandene  Tranlampe.  ^) 

1481  erhielten  die  A-'orsteher  der  Sängerkapelle  von  Hinrich  Greverade 
130  ^,  um  »tho  Unßer  Leven  Vrouwen  yn  deme  koer  voer  deme  hoghen 
altaer  ene  lampe  barnende  dach  unde  nacht  mit  träne«  zu  halten,  und  ferner 
von  den  Testamentsvollstreckern  Walter  Leydens  einen  Rentebrief  im  gleichen 
Betrage  »voer  ene  lampe  barnende  tho  holdende  dach  und  nach  yn  Unser 
Leven   Frouwen   capellen,   daer  de   ßenger  ßingen.«^) 

1484  versprachen  dieselben  Vorsteher  den  Testamentsvollstreckern  Hans 
von  Lones,  für  die  Zuwendung  von  fünf  Liespfund  Wachs  und  200  .^  »to 
ewigen  tiiden  ene  bernende  lampe  myt  träne  to  holdende,  bernende  dach 
unde  nacht  vor  der  capellen,  dar  de  nu  hanget,  welck  de  negeste  cappelle 
is  boven   der  heren  trezekameren,   vor  deme  altare  s.  Cosme  unde  Damiani.«^) 

1495  '^^ß  Hinrich  Castorp  mit  10  ^  aus  dem  Nachlaß  seines  Oheims 
Hans  Castorp  zwei  messingne  Lampen,  eine  für  den  Chor,  die  andere  für 
die  Sängerkapelle,   fertigen.^) 

Ferner  brannte  gemäß  letztwilliger  Verfügung^)  des  1529  gestorbenen 
Ratsherrn  Lambert  Wikinghoff  eine  Lampe  über  dessen  vor  der  Greveraden- 
Kapelle  belegenem   Grabe.*') 

Ehemalige  Lampen  und  Becken  für  W^achskerzen. 

1540  wurde  für  den  Altarraum  eine  messingne  I>ampe  gegossen,'')  auf 
der  in  der  Folgezeit  ein  zweipfündiges  Licht  brannte.  1543  wurden  zwei 
neue  Lichterbecken,  die  je  eine  dreipfündige  Kerze  trugen,  im  Mittelschifl' 
aufgehängt,    das   eine  westlich  des  zweiten  Pfeilerpaares,    das   andere,    dessen 


^)  Bruns,   Die  Lüb.   ßergenfahrer  und   ihre  Chronistik,   S.   303. 

^  St.-A.,  Stiftungsbuch  der  Sängerkapelle,   Bl.    18. 

^)  Niederstadtbuch  unter   1484  convers.  s.  Pauli  (Januar  25). 

*)  Stiftungsbuch  der  Sängerkapelle,   Bl.    19. 

'')  St.-A.,  Testament  von    1521    August    17. 

®)  1539  November  27  wurden  i  /3  4  ^  verausgabt  »vor  8  vadein  tovveß  tor  lampen  vor 
des  hyligen  crutzeß   capellen  ;<;   WB.    1539,   8.   W.   n.   Michaelis. 

')  1540,  4.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  24 — 30)  gab  der  Werkmeister  Lorenz  Johannsfen, 
als  er  »de  lampen  ynth  kor  beugende  unde  verdych  maken  leth,«  einem  Manne  i  V2  /J,  1541, 
8.  W.  n.  Weihnachten  (Februar  13 — 19)  »den  apengeterknechten  van  wegen  der  lampen  im  köre 
unde  myssyngeß  luchteicn«   4  ß. 


DIE  MARIKNKIRCIIE.  40/ 

l'nterhaltung  den  Rigafahrern  oblag,  l)ei  der  'l'aiife;')  ein  drittes  IJccken  ans 
dem  Jahre  1546  hing  in  der  südlichen  Vorhalle  vor  dem  großen  Stuhl  der 
Nowgorod fahrer^)  und  wurde  von  diesen  mit  Lichtern  versorgt.  Die  drei  crsteren 
dieser  Beleuchtungskörper  haben  bis  zum  Knde  des  18.  Jahrhunderts,  der 
vierte  bis    1768   bestanden. 

Ein  si)ätcres,  im  Altarraum  aufgehängtes  großes  Becken^)  wird  in  einem 
Lichterverzeichnis "*)  von  1663  beschrieben  als  »ein  meßings  Becken  mit  6  krausen 
Krönichen,  in  der  Mitte  mit  i  Spitzen  und  auf  den  6  krausen  Krönichen 
jedem  auch  i  Spitze;-  im  nächstjüngslen  Lichterverzeichnis  von  1766^)  kommt 
es   nicht   mehr  vor. 

Ehemalige  Laternen. 

Eine  1581  — 1766  nachweisbare  hangende  glasen  lutarne  miith  1  lichte,« 
durch  welche  die  frühere  Witinghoftsche  Lampe  (vgl.  S.  406)  ersetzt  war, 
hing  vor  der  Greveraden-Kapelle  und  wurde  »von  sfeligen]  Wintinckhoffes  (!) 
testamente,    des    sein    epitaphium    (vgl.   S.    325)    vor  dem   lichte,    geholden.«'') 

Eine  andere,  ebenfalls  1581  zuerst  aufgeführte,  von  den  Bergenfahrern 
unterhaltene  »hangende  glasen  lutherne  vor  Schinkels  ka])pelle  miith  i  luchte«'') 
kommt  zuletzt  1646  vor  als  »große  eisern  Luchte  an  der  Bargefahrer  Stuhle.« '') 

Eine  dritte,  1336  als  »luchte  vor  s.  Annen  capellen«^)  bezeichnete 
Laterne,  die  von  dem  1526  gestorbenen  Bürgermeister  Bernt  Bomhauer  ge- 
stiftet war,  hing  an  der  Außenseite  der  Kirche  rechts  vom  Eingang  zur  Brief- 
kapelle. Am  22.  März  17 18  beschlossen  die  Vorsteher,  daß  diese  Laterne 
sollte  »abgenommen  und  das  Kupfer,  so  daran  vorhanden,  zum  Bauw  der 
Kirchen  mit  angewendet  werden;  und  weil  sich  befunden,  dass  der  Stift"ter 
dieser  Leuchten  sein  Waepen  im  Stein  gehauwen,  welcher  mit  Namen  Berendt 
Bohmhauer  unter  der  Leuchten  stehet,  so  soll  dieses  Waepen  wieder  in  der 
Mauer,  alhvo  die  Leuchten  gestanden,  gemauret  werden.«^)  Das  betreffende 
redende  Wappen  (ein  wilder  Mann,  der  einen  Baum  fällt)  l:)efindet  sich  noch 
gegenwärtig  an  der  alten  Stelle. 


\1  Das  WB.  meldet  unter  1543  in  der  3.  W.  n.  Michaelis  (November  4  —  10) :  »Item  noch 
gegeven  vor  2  becken,  de  yn  der  kerken  under  lychten  hangen  schoelen,  nth  bovele  her  Antonius 
van  Styten  (Vorsteher  1535  —  64)  is  6  ^;«  in  der  folgenden  Woche:  »Item  vor  iS  knope  an  de 
Stangen  to  deme  becken,  so  yck  uth  bovele  her  Antonius  maken  leth,  is  4V2  ß]"  in  der  nächst- 
folgenden Woche:  »Item  deß  ßonavendes  deme  meler  vor  de  knope  unde  iserwerck,  ßo  to  deme 
becken  qwam  yeghen  dem  preddyckstole,  is  I  ^  2  /3;«  in  der  10.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  2 — 8): 
»Item   noch  deß  ßonavendes  deme  meler  deß  beckenß  halvenen  by  der  doepe  gegheven  is  8  /J  8  ^j.« 

^)  Im  WB.  heißt  es  unter  1546,  2.  W.  n.  Pfingsten  (Juni  27 — Juli  3':  )Jtem  noch  kostet 
it  becken  unde  iserwarck  samp  den  knopen,  so  vor  der  Nouwerfarer  stole  hengeth,  is  in  al  7  ^. 
11V2  ß.«  Nach  einem  Lichterverzeichnis  von  15S1  (Stuhlbuch  I  Bl.  275  ff.)  hing  es  »gegen  der 
myddelsten  karckdoren«   der  Südseite. 

^)  1673,  12.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  14  —  20'')  wurde  »die  große  Lampe  von  7  Licht, 
so  gestern  (Dezember  17)  nacht  heruntergefallen,  wiederunib  aufgehenget,  darzu  sind  6  Nothhelffer 
genommen  ä    i '/a    ß\«   WB. 

■*)  In  einem  »Nachricht  von  der  St.  Marienkirche«  betitelten  Sammelband  im  K.-A., 
Bl.   Sob  ff. 

^)  Vorsteher-Protokoll    1743  — 1S32,   Bl.  78  f. 

8)  Stuhlbuch  I  S.    275  ff. 

')  WB.    1646,   4.   W.   n.   Michaelis   (Oktober   25  —  November   i). 

^  WB.    1536,    II.   W.   n.   Michaelis  (Dezember   10—16). 

^)   Vorsteher-Protokoll    1650— 1743,   S.    181. 


4o8 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Ehemalige  Ouerbäume. 

Von  zwei  in  den  Lichterverzeichnissen  von  1581  und  1663  aufgeführten 
»bemalten  Querbäumen«  oder  Balken,  die  für  je  sieben  Lichter  eingerichtet 
waren,  hing  der  eine  vor  dem  Hochaltar,  der  andere,  1494  von  Hinrich 
Prume  gestiftete^)  in  der  Sängerkapelle. 

Wandleuchter. 

Aus  der  Periode  der  Renaissance,  die  hinsichtlich  der  Leuchterformen 
den  Zeitraum  von  1540  bis  gegen  1620  umfaßt,  sind  einunddreißig  einarmige, 
achtzehn  doppelarmige  und  ein  dreiarmiger  Wandleuchter  \^orhanden,  die  glekh 
allen  übrigen  aus  Messing  gegossen  sind. 

Von  den  einarmigen  Wand- 
leuchtern, die  sämtlich  in  einer 
S-Linie  mit  Mittelbund  geschwungen 
sind,  weisen  dreißig  den  gleichen 
nebenstehend  abgebildeten  T}'pus 
auf;  zwölf  derselben  hängen  gegen- 
wärtig im  Süderschiff,  elf  im  Norder- 
schiff, vier  an  der  Westseite  des 
Lettners  und  drei  im  südlichen  Chor- 
umgang. Das  Modell  für  sie  ist, 
wie  es  scheint,  i  540  vom  Maler  und 
Bildhauer  Benedikt  Dreyer  im  Auf- 
trage der  Kirche  entworfen  und  ein 
Teil  von  ihnen  noch  vor  Ablauf 
eines  Jahres  gegossen ;  ^)  acht  andere 
sind  nachweislich    1 569  gefertigt. 

1540  März  3  erhielt 
»Benedictus  Dreyger  vor  dat 
munster  tho  den  myssyngeß 
armen  to  snydende  unde  twe 
brede  to  varwende«  i  -^  2  fj; 
WB.   1540,  3.  W.  in  den  Fasten 

(Februar  28  — März  6).  —  1569,  10.  W.  n.  lAIichaelis  (Dezember  4—10)  wurden 

»eynen   kronengeyter   yn    den   Fyffhusen    (jedenfalls  Jasper   Bennecke;    Hach, 

Anfänge  der  Renaissance  in  Lübeck,   S.  28  Anm.  2)  gelefifert  uth  der  ge[r]ffe- 

kamer    25    ^    olt    myssynckgudt,     darfan    heft    he    for    de    kercken    gegaten 

8  myssynges  arme,  wegen  wedder  28  <!?,  for  de  3  afferyge  punde  eme  gegeffen 

18  fa  unde  for  de  25  ®  ummetogeyten   4  #   14  f5',   is  tosamende   6  ^;«   WB. 

Von    den    dreißig    gleichartigen    Leuchtern    tragen    nur    noch    drei   ihre 

ursprünglichen  Wappenschilde.     Es   sind  dies  ein  an  seiner  alten  Stelle  rechts 

vor    der    Bürgermeisterkapelle    befindlicher    Arm    mit    dem    Amtswappen    der 

*)  Stiftungsbuch  der  Sängerkapelle  (Bl.  19b),  das  ihn  als  .den  leuchterboem ,  de  dar 
henghet  myt  7  waßlichte,«  bezeichnet. 

0  Vgl.  S.  406  Anm.  7.  _  Die  ältesten  inschriftlich  datierten  Wandarme  dieser  Art  sind 
fünf  in  der  Jakobikirche  aus  dem  Jahre   1543   und  einer  in   der  Ägidienkirche  aus  dem  Jahre  1544. 


Wandarm   mit  dem   Möterschen   Wappen. 


DIE  MARIENKIRCHE.  409 

Knoclienhaucr  (ein  Hammel)  und  zwei  ursprünglich  im  Mittelschiff,  seit  der 
lünführung  der  Gasbeleuchtuni^  im  Jahre  1868  aber  im  Norderschiff  am  vierten 
und  fünften  Norderpfeiler  (Abb.  S.  408)  angebrachte  Arme  mit  dem  Wappen 
der  r^amilie  Möter  oder  Müter^)  (auf  diagonal  schraffiertem  Grunde  ein  Hirsch, 
den  eine  aus  dem  rechten  bezw.  linken  Obereck  aus  einem  (-rewölk  sich  ihm 
entgegenstreckende  Hand  im  Laufe  hemmt  [motetj).  Stifter  der  beiden  ;\rme 
»m}-th  der  Mütcrs  wapen,  .  wie  sie  1581  bezeichnet  werden,  ist  zweifellos  der 
1547  und  1558  im  ältesten  Stuhlbuch  der  Kirche^)  genannte  und  als  .Schwager 
des  1555  gestorbenen  Bürgermeisters  (jotthard  von  Höxelen  nacliweisbare^) 
Tönnies  Moetter  (Motter,   Müter). 

Die  vier  Arme  an  der  Westseite  des  Lettners  sind  seit  1800  (\'gl. 
S.  422)  mit  dem  Amtszeichen  der  Pantoffelmacher  (ein  Pantoffel)  und  der 
Aufschrift  das  Ampt  der  Pantoffel inacJwr  versehen;  ein  weiterer,  am  zweiten 
Wandpfeiler  des  Süderschiffes  angebrachter  Arm,  den  zu  unterhalten  die  Riga- 
fahrer übernahmen,  als  ihr  bis  dahin  bei  der  Taufe  aufgehängtes  Lichterbecken 
(vgl.  S.  406  f.)  beseitigt  wurde,  zeigt,  ebenfalls  seit  1800,  ein  Schild^)  mit  dem 
Wappen  dieser  Genossenschaft  (vorn  ein  halber  Doppeladler,  hinten  drei  halbe 
Schlüssel)  und  der  Aufschrift  Dieses  Licht  zcird  von  der  Ri^^afahier  Comp, 
iinteidialteu.      Gestiftet  A"  1^16.     Erneuert  A^  1800. 

Von  den  übrigen  hierher  gehörigen  zweiundzwanzig  Wandarmen  haben 

elf  ehemals    Schilde    getragen,    da    ihr    unteres    kolbenartiges    luide    noch    das 

Loch    für   die    Schildschraube   aufweist;    die    Schilde    selbst   sind    teils   \'erloren 

gegangen,    teils   willkürlicherweise   an   doppelarmige  Leuchter  versetzt  worden. 

In  dem   mehrfach   erwähnten  Lichterverzeichnis  von  1581    werden  außer 

den   drei   noch   mit  ihren  alten   vSchilden  versehenen   und   den  vier  am  Lettner 

betindlichen    Leuchtern     folgende     siebenundzwanzig    Wandarme     dieser    Art'^) 

aufgeführt: 

Zwei   x\rme    »under  der  Schonefarer  wapen  bafen  dem  nyen  radesstole« 

(vgl.    S.    288),    die    dort    noch    1663    hingen.      Eines    ihrer    Schilde    mit    dem 

•Schonenfahrerwappen    (drei    Häringe)   und    der   Jahreszahl    1543    ist  später  an 

einen  barocken   Doppelarm  (vgl.   S.   419)  versetzt. 

Ein    Arm    unter    dem    Wappen    »sfeligen]    Gerdt    Oldenborges,«    der    im 

Juni    1552   gestorben  ist,^)  im   Süderschiff. 


0  ^§1-  J-  N-  t^üttiier,  Genealogiae  oder  Stamm-  und  Geschlechts-Register  der  vornehmsten 
Lüneburgischen  Adelichen  Patricien-Geschlechter  (Lüneburg    1704)  unter   »Die  Miither. « 

'^)   Sluhlbuch  I  S.    149  und   144. 

^)  von  Hövelnsche  Familienchronik  (Handschr.   der  Stadtbibliothek). 

■*)  iSoo  April  7 — 13  wurden  an  den  Graveur  (Gh.  G.)  Ficker  »für  5  messingene  Schilder, 
so  an  die  in  der  Kirchen  befindlichen  Lichtarme  der  Pantoffelmacher  und  Zuschläger  gekommen,« 
je  I  ^,  iSoo  November  3 — 9  »an  Pettschierstecher  Ficker,  der  die  Inschrift  an  den  Rigafahrer 
Lichtarm   in  der  Kirchen  auf  die  messingene  Plate  gestochen,«   3   ^  S  /J  gezahlt;   WB. 

^)  Außerdem  werden  15S1  neun  kleinere  Wandarme  aufgeführt  —  nämlich  sieben  auf 
dem  Sängerchor,  einer  an  der  Kanzel  und  ein  1579  von  Metteke,  Witwe  des  zwei  Jahre  zuvor 
gestorbenen  Gerdt  Stotebrügge  gestifteter  »unter  Stotebrugen  wapen«  (vgl.  S.  340  Anm.  2)  in  der 
Briefkapelle  —  sowie  eine  »iseren  plathe«  des  Junkers  Klaus  Rantzau  an  der  Südseite  des  ersten 
Süderpfeilers. 

*')  WB.    1552,   3.  W.   n.   Pfingsten. 


4IO 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Ein  von  den  Meyerschen  Erben  unterhaltener  Arm  »baten  Meyrs  mans- 
stole  (vgl.   S.    283)  vor  s.  Johans  bilde.« 

Ein  Arm  »under  s[eligen]  Warner  Meye  wapen  und  marke,«  nach  dem 
Verzeichnis  von  1663  »für  Warner  Meyers  (!)  Epitaphium«  (vgl.  S.  338), 
jedenfalls  1570  gestiftet.  ■*)  Im  Süderschiff  am  dritten  Pfeiler  oder  an  der 
gegenüberliegenden  Wand. 

Zwei  1577  gestiftete^)  Arme  »under  der  garbreder  wapen,«  an  der 
Südwand  über  dem  großen  Schonenfahrerstuhl.  Seit  1800  wird  jedoch  an 
dieser  Stelle  ein  von  den  (iarbereitern  unterhaltener  Doppel  arm  aufgeführt; 
an  einem  solchen  (vgl.  S.  414)  hängt  jetzt  ein  1577  datiertes  Schild  mit 
dem  Amtswappen   der  Garbereiler. 

Ein  Arm  »under  van  Elpen  marcke,«  an  der  Südwand  über  dem 
Schonenfahrerältesten-Stuhl.  Das  1581  datierte  Schild  ist  1868  an  einen 
Doppelarm  (vgl.   S.   414)  versetzt. 

Ein  Arm  »under  »s[eligen]  Hans  Tegetmeyers  und  Jurien  Laffers^) 
wapen,«  1663  nach  Erneuerung 
des  Schildes  aufgeführt  als 
»einfacher  Arm  unter  Laffers 
Wapen.«  Im  Süderschiff,  ver- 
mutlich am  vierten  Süder- 
pfeiler,  wo  Jürgen  Laffers 
seinen  Erbstand  hatte.  ^)  Das 
betreffende  Schild  befindet  sich 
jetzt  an  einem  Doppelarm  (vgl. 
S.   414). 

Ein  Arm  »under  der 
snider  wapen,«  1663  als  »Arm 
mit  der  Scher«  bezeichnet; 
im   Süderschiff. 

Ein  Arm  »under  Lawrens 
Grothen  marcke«  im  nörd- 
lichen Chorumgang  »achter  der 
orgeltreppen. « 

Ein  »von  s[eligen]  Hin- 
rick Carstens«  vermachter 
Arm  in   der  Totentanzkapelle  unter  der  kleinen   Orgel. 

Ein  von  Markus  Helmstede  und  Hans  Meyer  gestifteter  und  1581  von 
ersterem  unterhaltener  Arm,^)  im   Mittelschiff  bei  der  Kanzel. 

Vier  von  den   Bergenfahrern  unterhaltene  Arme  in  deren  Kapelle. 

Zehn  von  der  Kirche  mit  Lichtern  versehene  Arme,  davon  acht  im 
Mittelschiff  und  je  einer  über  dem  großen  Schonenfahrerstuhl  und  in  der 
Küsterkapelle. 


Wandarm  aus  der  Bürgenneisterkapelle. 


^)  ^570  (i'i  <^cii  8  dageii  Michaelis)  November  11  — 17  bescheinigt  der  Lübecker  Rat,  daß 
die  Testamentsvollstrecker  Werner  Meys  bei  ihm  3  Mark  Jahresrente  zur  Lieferung  zweier  Lichter 
gekauft  haben;  K.-A.,  Lichter,  Gleichzeit.  Abschr. 

^)  ''S??)  3-  W.  n.  Neujahr  (Januar  13  — 19)  erhielt  der  Maurermeister  Asmus  (Oldenborg) 
4  ß,  um   »2   luchterarme  to  seyten,   vv^elck   de  garbreyders   der  kerke  foreret  hebben;«    WB. 

^)  Jürgen  Laffers  (Lafferdes),  dem  1543  —  91  das  Haus  Königstraße  No.  44  zugeschrieben 
stand,  war  mit  Hans   Tegetmeyers   Schwester  Katharina  verheiratet. 

*)  Stuhlbuch  II  Bl.  268  f. 

^)  '5^3'  9-  W.  n.  Michaelis  (November  24 — 30)  überwiesen  die  Erben  der  beiden  obigen 
Stifter  der  Kirche   50   ^  zur  Anschaffung  der  Lichter;  WB.    - 


DiK  MARii:xiviuciii:.  411 

Ein  etwas  s^rößcrcr  und  rciclier  ruis<;cstatlclcr  Arm  im  Rcnaissancc- 
charakter  (iXbl).)  weist  sicli  diircli  sein  Schild  mit  dem  luhischen  Doppeladler 
als  ein  früher  in  der  Hüri^enneisterkapeile  an<jebrachter  Leuchter  aus;  nach 
dem  Verzeichnis  von  1581  hatten  ihn  (He  l^ürgermeister  mit  Liclitern  zu  ver- 
sorgen, während  1663  »kein  Licht  mehr  draufif  gelialten«  wurde.  Seit  1868 
ist  er   nordseiti«;   am    Pfeiler  der  südlichen   X'orhalle   angebracht. 

Die  achtzehn  \'orhandenen  D()])pe lärme  im  Ivenaissancechar akter 
entstammen  dem  Zeitraum  von  etwa  1570 — 1620.  Ihre  beiden  Arme  sind  in 
der  Mitte  durch  einen  gech-ehten  Ring  mit  zwei  entgegengesetzt  gerichteten 
Akanthusblättern  gegliedert  und  laufen  nach  unten  liin  volutenfcirmig  in  einen 
Fischkopf  mit  einem  Schnörkel  aus;  ihr  kräftigerer  S-förmiger  Schaft  ist  teil- 
weise mit  Blattwerk  belegt  und  endigt  unten  in  dreizehn  Fällen  (No.  i  — 13) 
in  einen  Fischkopf  (Abb.  S.  412),  sonst  in  einen  Cherubimkopf  (Abb.  S.  413). 
Unter  den  fünf  letzteren  Doppelarmen  zeigt  der  Parchamsche  von  1605  eine 
etwas  reichere   Ausstattung  (Abb.   S.  414).     Diese  Leuchter  sind: 

1.  ein  vom  ehemaligen  Epitaph  des  1568  verstorbenen  Bürgermeisters 
Paul  ^\^ibbeking  (vgl.  S.  338)  stammender  Doppelarm  unter  dem  Wibbeking- 
schen  Wappen  (vgl.  S.  299)  und  einem  im  Jahre  1800  hinzugesetzten  Schilde 
mit  einer  Lischrift,  welche  besagt,  daß  der  Leuchter  nebst  den  zugehörigen 
Lichtern  vom  genannten  Bürgermeister  gestiftet  sei.  Diese  Angabe  trifft 
jedoch  nicht  ganz  zu,  da  nach  dem  Lichterverzeichnis  von  1581  sich  neben 
jenem  P^^itaph  zwei  von  des  Bürgermeisters  Söhnen,  dem  Rat.sherrn  (1578 — 1628) 
Joachim  W.  und  Georg  W.,  unterhaltene  Doppelarme  befanden,  die  nach  dem 
Lichterverzeichnis  von  1663  »unter  Wibbekings  Wapen  mit  I.  W.  und  »unter 
G.  W.«  standen,  auch  hat  ersterer  161 3  ein  noch  bestehendes  Lichterlegat 
für  seinen  Leuchter  ausgesetzt.^)  Seit  1868  ist  der  Doppelarm  an  der  Nord- 
seite des  fünften  Süderpfeilers  angebracht. 

2.  Ein  1571  gegossener  Doppelarm  des  Amtes  der  l^üttenmacher  oder 
Kleinbinder.  Das  obere  Schaftende  trägt  die  Statuette  des  hl.  Christophs;  auf 
dem  1743  erneuten  Schilde  ist  das  Amtszeichen  der  Kleinbinder  (eine  hölzerne 
Milchkanne  mit  darüber  gestelltem  geöffnetem  Zirkel)  mit  der  Unterschrift 
DAS  AMPT  DER  KLEIN  BIN  DER.  1743.  eingraviert.  P>üher  am  zweiten 
Wandpfeiler  des  Norderschiffs,  seit  1868  an  der  Südseite  des  sechsten 
Norderpfeilers. 

Das  WB.  berichtet  unter  157 1,  7.  W.  n.  Ostern  (Mai  27 — Juni  2): 
»Item  up  der  nordersyten  haften  de  nyen  stoyle  (vgl.  S.  284  f.)  seyten  laten 
4  nye  arme  fan.  myssinge.  Den  luchtenmackers  unde  den  butekenmackers 
to  hulpe  gegefen    107  pund  kerckenluchters   fan  den  altaren,   de  kramers  unde 


')  Verzeichnis  der  Privat-Wohltätigkeitsanstalten  im  lübeckischen  Freistaate  (1901)  S.  151.  — 
In  seinem  Testament  von  1626  Mai  22  verfügte  Joachim  Wibbeking,  ^das  auf  den  (!)  in  bemelter 
(Marien-)  Kirchen  hinter  dem  Cohre  vorhandenen  Leuchter  mit  zwee  Armen  unter  der  Wiebekinge 
Wapen  von  den  von  mir  belegten  ewigen  Rentegeldern  durch  meine  Testamentarien  die  darauf  ge- 
hörende Wachslichter  zu  rechter  Zeit  verschaffet  und  gesetzt  und  bemelter  Leuchter  also  erhalten 
werden  soll;«    St.-A.,  Urschr. 


412 


DIE  MARIENKIRCHE. 


kanengeyters  hebben  ere  arme  gans  gegefen.      Uptoseyten    de   4   arme    hebbe 
yck  to  ungelde  vorlech[t]   3   -^.« 

3.  Ein  1572  von  Matthias  Benning  gegossener  Doppelarm  des  Amtes 
der  Nädler  (Abb.).  Auf  dem  Schilde  das  Amtswappen  (zwei  gekreuzte  Angel- 
haken zwischen  einem  Haken  und  einer  Öse),  darunter  auf  einer  Bandrolle 
die  Inschrift  DER  NETELER  ARM  VND  LICHT.  Früher  an  der  Südseite 
des  Pfeilers  der  Totentanzkapelle,  seit  1868  in  der  Brief  kapeile  rechts  neben 
dem  inneren  Portal. 

Im  WB.  heißt  es  unter  1572,  3.  W.  n.  Weihnachten  (Januar  13 — 19): 
»Item  mester  Matz  de  (!)  busengeyter  eme  gegefen,  welck  den  neytelers  wart 
gegefen  to  crem  arme  to  hulpe,  4  lispundt  olt  gudt  uth  der  gerfekameren ; 
for  den  arm  hebbe  yck  gegefen  to  seyten   8   |5'  .   .   .   .« 

4.  Ein  vom  Epitaph  des  1571  gestorbenen  Kaufmanns  Hermann  Sieg- 
mann (vgl.  S.  338)  stammender 

Doppelarm.  Das  viereckige 
Schild  zeigt  die  Aufschrift 
ANNO  1575  und  darunter 
nebeneinander  die  Wappen  des 

Verstorbenen  (auf  geteiltem 
Schilde  ein  Baum,  unter  dem 
eine  Robbe  liegt)  und  seiner 
Ehefrau  Christine  geb.  Mues^j 
(auf  einem  beiderseits  von  einem 
Stern  begleiteten  Balken  eine 
Maus).  Der  Leuchter  hing  bis 
1850  über  dem  Eingang  zur 
Gerwekammer,  wo  er  1868  aufs 
neue  angebracht  ist. 

5.  Ein  vom  Kürschner 
Jürgen  Ranne  gestifteter  Doppel- 
arm.    Das  von  einer  Bandrolle 

mit  der  Inschrift  IVRGEN  RANNE  AO  [15]77  überragte  Doppelschild  zeigt 
des  Stifters  Wappen  (ein  Baum  zwischen  zwei  einander  zugewandten  sitzenden 
Eichhörnchen)  und  seine  nebenstehende  Marke;  bei  der  P^in- 
richtung  des  Armes  für  die  Gasbeleuchtung  ist  hinter  dem  Vor- 
namen die  Jahrhundertzahl  1 5  und  zu  beiden  Seiten  der  Marke 
die  Jahreszahl  18 — 68  roh  eingegraben.  Darüber  die  Statuette 
eines  geflügelten  Engels  mit  einem  Buch  unter  dem  linken  Arm, 
während  das  Attribut  in  seiner  erhobenen  Rechten  abgebrochen 
ist.  Früher  an  der  Südseite  des  vierten  Norderpfeilers,  seit  1868  an  der 
Nordseite  des  sechsten  Süderpfeilers. 


Doppelarm   des  Nädleramtes. 


^)  Nach  dem  WB.  1571,  5.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  28  —  November  3)  Tochter  von 
Heine  Mues,  dessen  bei  Milde,  Siegel  des  M.-A.,  Tafel  12  No.  95  abgebildetes  Siegel  mit  ihrem 
Wappen  übereinstimmt. 


DIK  MARIENKIRCIIi:. 


413 


Das  I.ichterverzeichnis   von   1581    bemerkt  zu  diesem  ])üi>pelai"m:    ,  Diith 
hefft  Julien  Ronre  ein  corlkrer  vormaketh  und  is  de  arm  under  seinem  wapen. 
\'ide    in    dem    warckmester    l)Ocke    Nr.    [Lücke],    anno    1577    de    6.   wecke    in 
der  vasten :    Jurrienn   Ronre    und    sein    elike  husfrouwe  holden    desse  lycht  de 
tydth   eres   levendes,    na  erer  beyder  dode  der  karcken   angelat^eth   tho  geben 
150   ^,   darfian   de  lychte   zu  halten.»') 
6.    Ein   zu    dem    1578    errichteten    l-'.pitaph    de.s    1575    ge- 
storbenen Kaufmanns  Wolter  \-an  Hülsten  (vgl.  S.  339)  gehöriger 
Doppelarm.      Das    Schild    trägt    die    nebenstehende    Marke    und 
die  Aufschrift  WOLTER  •  VAN    HÜLSTEN    •  1575.     Darüber 
dieselbe   Engelstatuette    wie    am    vorigen    Leuchter.      Seit    186S 
an  der  Südseite  des  dritten  nördlichen   Chor|)feilers. 

7.  Ein  Doppelarm  des 
Amtes  der  Huntfutterer  oder 
Kürschner.  .Auf  dem  vier- 
eckigen Schilde  zu  oljcrst  die 
Aufschrift  ANNO  1581  LETEN 
DE  BVNTMAKER  DESSEN 
ARM  MAKE  VN  ORE  GE- 
SELLEN   HOLDEN    DE 

LICHTE,  darunter  ein  von 
einem  Euchs  gejagtes  Eich- 
hörnchen. Die  Statuette  stellt 
einen  Bischof  mit  Kelch  und 
abgebrochenem  Krumstab  dar. 
Ursprünglich  an  der  Südseite 
des  vierten  südlichen  Chor- 
pfeilers, seit  1868  an  der  Nord- 
seite des  dritten  südlichen  Chor- 
pfeilers. 

8.  und  9.  Zwei  Do])]:)el- 
arme  mit  dem  Wappen  des  16 16 
gestorbenen  Bürgermeisters  Dr. 
Jakob  Bording  (ein  durch  vier 
absteigende     Spitzen     geteilter 

Schild)  unter  den  von  altersschwacher  oder  stümperhafter  Hand  eingravierten 
Überschriften  i\  3acobu5  ^or^iucj  AO  \6\6  und  fj.  3acfobo5  Borbincf  AO  \6\6. 
Nach  den  Lichterverzeichnissen  von  1663  und  1766  gab  es  jedoch  nur  einen 
Doppelarm  »unter  sehl.  H.  Bordings  Wapen,«  der  bei  dessen  1800  beseitigten 
Epitaph  (vgl.  S.  348)  angebracht  war;  erst  das  Lichterverzeichnis  des  letzt- 
erwcähnten  Jahres  führt  zwei  aus  dem  Bordingschen  Testament  unterhaltene 
Doppelarme  auf,  einen  an  der  alten  Stelle,  den  anderen  in  der  südlichen 
Kapelle  des  Chorumgangs.  Seit  1868  hängen  die  Leuchter  in  den  der  Beicht- 
kapelle zunächst  gelegenen  Ecken  der  beiden  Umgangskapellen. 


Doppelann  des  Ratsherrn  Johann   Spangenbercli. 


^)   Vgl.  das   Verzeichnis  der  Privat-Wohltätigkeitsanstalten,   S.   69. 


414 


DIE  MARIENKIRCHE. 


10.  Ein  Doppelarm  mit  der  Statuette  der  hl.  Anna  selbdritt  und  einem 
von  einem  einarmigen  Leuchter  (vgl.  S.  410)  stammenden  Doppelschild,  das 
heraldisch  rechts  das  Lafferdessche  Wappen  (vgl.  S.  345),  links  die  Aufschrift 
IVRGEN  LAFFERS  ERVEN  trägt.  Seit  1868  an  der  Südseite  des  fünften 
Norderpfeilers. 

11.  Ein  Doppelarm  mit  der  Statuette  des  Evangelisten  Johannes;  seit 
1868  an  der  Südseite  des  vierten  nördlichen  Chorpfeilers. 

12.  Ein  Doppelarm  mit  der  Statuette  eines  geharnischten  Kriegers  mit 
geschwungenem  Schwert;  seit  1868  an  der  Nordseite  des  vierten  südlichen 
Chorpfeilers. 

13.  Ein  auseinander  genommener  Doppelarm,  dessen  beide  Arme  1806 
zu  dem  Leuchteraufsatz  der  Bergenfahrer  (vgl.  S.  423)  verarbeitet  sind,  während 
sein  als  Leuchterarm  verwandter 

Schaft  seit  1868  nordseitig  am 
vierten  nördlichen  Chorpfeiler 
hängt. 

14.  Ein  vom  Ratsherrn 
(1573 — 89)  Johann  Spangenberch 
gestifteter  und  ursprünglich  gegen- 
über dem  1579  auf  dessen  Kosten 
gebauten  ehemaligen  Ratsstuhl 
am  zweiten  Süderpfeiler  befestig- 
ter Doppelarm  (Abb.  S.  413). 
Das  angehängte  Schild  zeigt  des 
Stifters  Wappen  (eine  Burg, 
zwischen  deren  drei  Türmen  zwei 
Wächter  stehen)  und  seine  Marke 
zwischen  den  Buchstaben  H  und 
S;    die  Unterschrift   lautet   '?1'U0 

i.Soo  ijcfft  i)cr  rfaijau  M^an^ 
öcnöardj     biiffrn    ?lnu    tcr 

ftCrliCU  lior  *i3rctt.    Seit  1868  an  der  Südseite  des  dritten  südlichen  Chorpfeilers. 

15.  Ein  Doppelarm  mit  dem  Schilde  des  einarmigen  Leuchters  der  Gar- 
bereiter (vgl.  S.  410),  das  unter  der  Überschrift  DER  GARBREDER  ARM 
1577  deren  Amtswappen  (ein  dreibeiniger  Kessel  zwischen  einem  Abschaum- 
löfifel  und  einer  Schöpfkelle)  trägt.    Am  Wandpfeiler  links  vom  Bergenfahrerstuhl. 

16.  Ein  Doppelarm,  dessen  Schild  1868  einem  1581  von  drei  Gebrüdern 
von  Elpen  (oder  Lennepen)  gestifteten  einarmigen  Leuchter  (vgl.  S.  410)  ent- 
nommen ist.     Es  zeigt  die  Lischrift 

ANO  -MD-    LXXXI   •   HEBBEN 
HANS  I 

VAN    LENPEN 


Parchainscher  üoppelarm. 


lASPER 

HINRICK 

DVSSEN 


ARM   •   MAKEN   •   LATEN 


DIE  MAKIENKIRCUb:.  415 

und  darunter  das  von  l^li)ensche  Wappen  (in  der  t^eteilten  vorderen  Hälfte 
des  gespaltenen  Schildes  oben  ein  L(n\e,  in  der  hinteren  ein  vierreihig  ge- 
schachter Balken).     Am   Wandpfeiler  rechts  vom  Bergenfahrerstuhl. 

17.  lün  Doppelarm,  der  seit  1800  (vgl.  S.  422)  ein  herzförmiges  Schild 
mit  dem  Amtswappen  der  Zuschläger  und  Packer  (ein  mit  einem  Treibeisen 
in  Form  eines  Schrägkreuzes  gestellter  hi)lzerncr  Hammer)  und  der  Unterschrift 
liüs  Amt  der  Zuschläi^cr  u.  Packer  trägt.  Früher  an  der  Südwand  der  süd- 
lichen Kapelle  des  Chorumgangs,  seit  1868  an  der  Nordseite  des  fünften  nörd- 
Hchen  Chorpfeilers. 

18.  Der  bereits  erwähnte  Parchamschc  Doppelarm  fAhb.)  trägt  ein 
\Schild  mit  der  Aufschrift  HER  HENNINCK  PARCHAM   RATHMANN  1605. 

^rüher  unterhalb   des  Parchamschen   l'>pitaphs  (S.   343),  seit   1868  an  der  Süd- 
jeite  des  fünften  südlichen  Chorpfeilers. 

In  den  Lichterverzeichnissen  von  1581  und  1663  werden  aul3>er  den 
oben  unter  No.  i — 8,  14  und  18  beschriebenen  noch  folgende  dreizehn 
Doppelarme   aus   der  Renaissancezeit  aufgeführt: 

1.  Ein  157 1  gestifteter*)  Doppelarm  »under  der  cramcr  wapen,«  der 
noch  iSoo  seinen  ursprünglichen  Platz  am  ersten  Wandpfeiler  des  Norder- 
schifts  einnahm.  Vielleicht  ist  er  identisch  mit  dem  Doppelarm,  der  die 
St.  Annenstatuette  trägt  (S.  414),  da  diese  Heilige  die  Schutzpatronin  der 
Brüderschaft  der  Krämer  war. 

2.  Ein  157 1  gestifteter*)  Doppelarm  »under  der  kannengeter  wapen«, 
am  dritten  Wandpfeiler  des  Norderschiffs.  Er  ist  1774  vom  Amte  der  Zinn- 
gießer durch   einen   neuen   ersetzt  (vgl.   S.   421). 

3.  Ein  157 1  gestifteter')  Doppelarm  »under  der  kam  und  kuhten- 
macker  wapen,«  1800  noch  vorhanden.  ursprünglich  am  vierten  Wand- 
pfeiler des  Norderschiffs. 

4.  Ein  1579  gestifteter"-)  Do])iielarm  under  der  wanthboreder  wapen;« 
am   ersten  Wandpfeiler  des  Süderschiffs. 

5.  Ein  nur  1581  aufgeführter  Doj^pelarm  unter  der  Marke  der  damaligen 
Eigentümer  der  Bremer-Kapelle  (vgl.  S.  163);  am  fünften  Wandpfeiler  des 
Norderschiffs.  Er  ist  später  durch  den  Bremerschen  Doppelarm  (vgl.  S.  420) 
ersetzt. 

6.  Ein  zum  ehemaligen  Epitaph  des  Bürgermeisters  Dr.  Hermann  von 
Vechtelde  (S.  339)  gehöriger,  erst  1663  aufgeführter  Doppelarm,  zu  dessen 
Versorgung  mit  Lichtern  ein  Jahr  zuvor  170  #  belegt  waren. ^)  1766  und 
1800   wird  an  seiner  Stelle  ein  einarmiger  Leuchter  aufgeführt. 

7.  Ein  am  Epitaph  Hinrich  Conradis  (S.  341)  angebrachter  Doppelarm. 
Seit  1776  wurde  aus  dem  betreffenden  Lichterlegat  »wegen  Mangels  der 
Einnahme«  nur  noch  ein  Licht  geliefert,  »dagegen  hat  die  Kirche  den  einen 
Arm   des   Leuchters   abgenommen  und  behalten.«'^) 

8.  Ein  Doppelarm  »unter  Wedemhoffs  Wapen«  beim  Epitaph  des  Rats- 
herrn Hinrich  Wedenhoff  (S.  342),  gleich  den  fünf  folgenden  Leuchtern  1766 
noch   aufgeführt. 


1)  Vgl.  S.  411  f. 

''')  Nach    dem  Wß.    wurden    1579,    14.   W.    n.    Michaelis    (Dezember  27  —  15S0    Januar  2) 
5   ß  verausgabt,    »der  waiitboreyilers  eyren   arm   to  seyten. « 

'^)  Urkunde  von    1662  März  8;   St.-A.,   Sacra  No.  61,  Urschr. 
*)  Vorsteher-Protokoll  von    1776   Oktober  8. 


4i6 


DIE  MARIENKIRCHE. 


9.    Ein    1599^)   von    dem    am    24.   Februar    1609    gestorbenen^)  Luder 
von  Dorne   gestifteter   Doppelarm,    an   der   Südseite   des    ersten  Süderpfeilers. 

10.  Ein  laut  letztwilliger  Verfügung^)  des  1609  gestorbenen  Bürger- 
meisters Gotthard  von  Höveln  bei  dessen  Epitaph  (S.  345)  angebrachter 
Doppelarm.  Er  ist  gleich  dem  folgenden  wahrscheinlich  im  Jahre  1800 
eingeschmolzen  (vgl.   S.   405). 

11.  Ein  vor  dem  Epitaph  des  Ratsherrn  Johann  Glandorp  (ß.  346) 
unter  dessen  Wappen   angebrachter   Doppelarm. 

12.  und  13.  Zwei  Doppelarme  »unter  Stiten  und  Höveln  Wapen«  in 
der  südlichen  Kapelle  des  Chorumgangs,  zweifellos  von  der  161 6  gestorbenen 
Witwe  des  Ratsherrn  Gottschalk  von  Stiten  Margaretha  geb.  von  Höveln  ge- 
stiftet,  deren  ehemaliges  Epitaph  (S.    348)  sich   an   dieser  Stelle  befand. 

Der  einzige  dreiarmige  Wand- 
leuchte r  aus  der  Renaissancezeit  (Abb.) 
hing  ursprünglich  unter  der  Marke  des 
1547  gestorbenen  Ratsherrn  Hermann 
Scluite'')  über  dessen  Grabe  an  der  Nord- 
seite des  Kanzelpfeilers.  Als  1584  der 
Bürger  Hans  Burmester  dieses  der  Kirche 
anheimgefallene  Grab  erwarb,  verpflichtete 
er  sich,  für  die  drei  Lichter  jahrlich  zwölt 
Pfund  Wachs  zu  liefern'')  und  setzte  zu 
dem  Behuf  elf  Jahre  später  ein  noch  be- 
stehendes Legat  von  300  Mark  aus.^) 
Das  1584  erneute  Schild,  welches  nach 
dem  Lichterverzeichnis  von  1663  »sehl. 
Burmesters  Marck  und  Nahmen«  trug, 
ist  nicht  erhalten.  Seit  1868  an  der 
Westseite  des  Kanzelpfeilers. 

Ein  vierarmiger  Wandleucli- 
ter,  der  nach  dem  Verzeichnis  von 
1581  unter  dem  Wappen  und  der 
Marke  des  1542  gestorbenen  Rats- 
herrn Karsten  Timmermann  am  Pfeiler 
neben  der  Chortrej)pe  hing  und  1663 
von    Markus    Tiedemann    unterhalten 

wurde,'')  ist  nicht  viel  später  von  letzterem  durch  einen  zweiarmigen  barocken 
Leuchter  ersetzt  worden  (vgl.   S.   418). 


Dreiarmisrer  Renaissanceleuchter. 


^)  Verzeichnis  von   1663. 

^  Stuhlbuch  I  S.   224. 

^  Er  verfügte  1607  Juli  2:  »Noch  sollen  niine  Erben  schuldich  sein,  einen  niessings 
Armen  oder  Leuchter  vorfertigen  und  im  Chor  baven  minen  Begreffnuß  setten  laten,  tho  welcker 
Underholding  und  Waßlicht  ich  jarlickes  4   ^  gebe.«      St.-A.,   Testamente. 

*)  Verzeichnis  von    15S1. 

*)  Der   1584  November  23   abgeschlossene  Vertrag  ist  dem   Niederstadtbuch  einverleibt. 

")  Verzeichnis   der  Privat- Wohltätigkeitsanstalten,   S.   24  f. 

')  Das  Verzeichnis  von  1663  bemerkt:  »Hält  jetzo  Marx  Tiedemann,  kömpt  von  Carsten 
Timmerman.« 


DIE  MARIENKIRCHE. 


417 


Barocken  Charakters  sind  ein  einarmiger,  sieben  doppeiarmige  und 
zwei  dreiarmige  W'andleuchter. 

Der  einarmige  Leuchter,  welcher  1868  ostseitig  zwischen  dem  nord- 
westhchen  Portal  und  dem  vorgebauten  Windfang  angebracht  ist,  entspricht 
in  seiner  Form  den  beiden  kerzentragenden  Armen  des  nachstehend  abge- 
bildeten Spangenberchschen  Leuchters.  l'>  scheint  identisch  zu  sein  mit  einem 
1663  in  der  Briefkapelle  befindlichen  Wandarm  unter  dem  Wappen  des  um 
1660  gestorbenen  \)  Jost  Lukas. 

Von  den  barocken  Doppelarmen  ist  der  älteste  datierte  ein  1626  vom 
Kaufmann  Hans  Spangenberch  gestifteter  (Abb.).  Sein  der  Wand  zugekehrtes 
Halbteil   bildet   eine   geschweifte  Ranke,    die   hinten    in  einen  Strauß,  vorne  in 

die  Halbfigur  eines  Engels 
ausläuft,  der  auf  einer  Stange 
die  beiden  Ouerarme  trägt. 
Diese  sind  ebenfalls  ranken- 
förmig  gestaltet  und  endigen 
nach  der  Mitte  des  Leuchters 
zu  in  einen  menschlichen 
Kopf,  seitlich  in  eine  Blume. 
Ihren  Treffpunkt  krönt  eine 
edel  geformte  nackte  weib- 
liche Figur.  Vor  der  Mitte 
des  Leuchters   ist   ein  schön 

graviertes  Schild  ange- 
schraubt. Es  zeigt  unter  der 
Überschrift  MEMENTO  MORI 
zu  beiden  Seiten  einer  Engels- 
figur in  ovalen  Umrahmungen 
die  Wappen  des  Stifters  (auf 
einem  Ast  eine  auffliegende 
Taube,  die  auch  als  Helmkleinod  dient)  und  seiner  am  11.  Oktober  1651  ge- 
storbenen'-) Ehefrau  Margaretha  geb.  Helwich  (hinter  einem  Palisadenzaun  drei 
Hopfenstauden,  deren  heraldisch  linke  in  ein  f)  ausrankt;  auf  dem  Helm  die- 
selben Stauden).  Die  untere  Hälfte  des  Schildes  bildet  eine  Tafel  mit  der 
Lischrift  2(nno  \626  (?cn  25  Septembris  iiat  bcr  jj  frbar  l)an^  Spaugonborgf  Mofon 
:)lnn  !j  mit  3we\  tcad]5'  '£icd\teven  bicfcr  Kirdien  ||  511  ewigen  tagen  barauff  511 
I^alton  5ur  1'  freun^tlidicn  gebcditiui^  üorebrett,  weiter  unten  folgen  der  Name 
HANS  SPANGENBERCH  und  Todesembleme.  An  seiner  ursprünglichen 
Stelle,  der  Westseite  des  vierten  Norderpfeilers,  ist  der  Leuchter  zuletzt  1766, 
an  seiner  gegenwärtigen,  der  Südseite  des  zweiten  Norderpfeilers,  zuerst  1800 
nachweisbar. 


Doppelarm   des  Hans   Spangenberch. 


1)  Stuhlbuch  I  Bl.  34. 

2)  Stuhlbuch  II  Bl.  141. 


27 


4i8 


DIE  MARIENKIRCHE. 


In  seinem  Testamente  vom  24.  September  1626  (St.-A.,  Urschr.)  ver- 
füo-te  Hans  Spangenbergk:  »Weiter  so  sollen  auch  meine  Testamentarii  .  .  . 
in  Sankt  Marien  Kirchen  hieselbst  nahent  an  meiner  Begrebnuß  einen  messings 
Leuchtterarm  mitt  zween  Pipen  aus  meinem  Nachlaeß»  machen  und  dahin 
setzen  lassen,  darbeneben  aber  zu  continuirlicher  Unterhaltunge  zweyer  Wachs- 
Hchter  darselbst  150  Marck  autT  gewisse  Rentten  belegen  und  bestettigen.« 
Am  25.  September  wurde  ihm  seines  Schwiegervaters  Peter  Helwichs  Grab 
in  der  Marienkirche  zugeschrieben  (Steinbuch  1597  — 1633,  Bl.  181  b),  am 
28.  September  das  Begräbnis  »vor  Hanß  Spangenberch  von  Münden  bordich« 
bestellt  (WB.    1626,    24.   W.   n.   Ostern.) 

Ein  gleicher  Doppelarm,  der  nach  1663^)  von  Markus  Tiedemann  ge- 
stiftet ist  und  noch  jetzt  seinen  ursprünglichen  Platz  an  der  Nordseite  des 
dritten  nördlichen  Chorpfeilers  einnimmt,  zeigt  auf  dem  Schilde  das  plastisch 
modellierte  Wappen  des  Stifters  (in  der  vorderen  Hälfte  ein  Rosenzweig,  in 
der  hinteren  ein  wilder  Mann 
mit  einer  über  die  rechte 
Schulter  gelegten  Keule; 
auf  dem  Helm  wachsend 
ein  wilder  Mann  mit  drei 
Rosen  in  der  Linken)  mit 
der  Unterschrift  MARCVS 
TIEDEMAN. 

Ein  1633  vom  Krämer 
Matthias  Vehoff^)  geschenk- 
ter ähnlicher,  etwas  größerer 
Leuchter  (Abb.)  endigt  am 
hinteren  Arm  in  einen  Tier- 
kopf und  eine  Blüte,  an  den 
beiden  Querarmen  in  einen 
Tierkopf  und  eine  Blume; 
er    wird     gekrönt    von    der 

Statuette  des  Christkindes  mit  der  Weltkugel.  Ein  mitten  vor  dem  Leuchter 
angebrachtes  Schild  zeigt  unterhalb  des  Spruches  MEMENTO  MORI  die 
von  einem  Engel  gehaltenen  Wappen  des  Gebers  (ein  Viehstall  inmitten  eines 
Palisadenzaunes,  der  vorne  mit  einem  Gatter,  hinten  mit  einem  Baum  ab- 
schließt; auf  dem  Helm  ein  Baum  zwischen  zwei  Büffelhörnern)  und  seiner 
verstorbenen  lüiefrau  Margaretha  (im  Schilde  und  auf  dem  Helm  drei  Klee- 
blätter) mit  den  Unterschriften 

HODIE   MIHI  CRAS  TIBI 

2natl]ias  l'^l]cI]off     "  *^      iluircjarita  Dl^olioffcf.; 
auf 'dem   unteren   Teile   des    Schildes   steht:    ^hio    \Uöö   ITiavüni    bat   c'cr   ^Srbar 
niatthtas  Dl]eIjof  j:  un^  bof^^bon  Iiausfrau^  21Taraarita  rbobofcf.,  fo  ^cn       \2  IVuivtix 


Vehoffscher  Doppelann. 


1)  Vgl.  S.  416. 

'■')  Er  ist  am   7.  Januar    1657   gestorben;   .Stuhlbuch   II   BI.   2S7. 


DIK   MAKIKNKIRCUK.  410 

in  c55ott  l'olia  cntfd^Iaffon,  Mcfou  vlnn  mit  5U10Y  iJ-"'ti'."l]£.  !£id]toron  tiefer  Kird]cn  5U  j| 
oipiaeii  tao.cn  iJarauff  311  fialtcn  lunb  ilircr  frcunbt(id]en  l^abov  511  cjc^encfen  vev' 
ehvct.  Bis  1868  an  der  Südseite  des  viertcMi  südlichen  ("horpfcilcrs,  seitdem 
an  der  Südseite  des  ersten  Norderpfcilcrs. 

Von  diesem  Leuchter  unterscheidet  sich  ein  zu  dem  1695  an  der  Süd- 
seite des  vierten  Norderjjfeiler  errichteten  l'^pitaph  des  Bürj^ermeisters  Heinrich 
Kerkring"  (S.  368)  gehöriger  nur  dackirch,  ckü>  sein  tler  Wand  zugekelirtes 
Stück  \orne  in  eine  sternförmige  Blume  statt  in  eine  Blüte  endigt,  sowie  durch 
seine  muschelförmigen  Lichterbecken.  Das  angehängte  plastische  Schild  zeigt 
auf  einem  Wappenmantel  das  von  tler  Kette  der  Zirkelbrüder  mit  unterem 
Dreifaltigkeits-Medaillon  umschlossene  Kerkringsche  Wappen,  dessen  I  lelm- 
kleinod   fehlt. 

Lin  mit  dem  Kerkringschen  übereinstimmender  Leuchter,  der  seit  1868 
im  Mittelschiff  am  zweiten  Süderpfeiler  hängt,  trägt  eine  kleine  Jünglingsstatuette 
untl  ein  neueres  Schild  mit  der  Kirchenmarke. 

Ein  weiterer  Doppelleuchter,  über  dessen  Ursprung"  ebenfalls  bestimmte 
Nachrichten  nicht  vorliegen,  gleicht  hinsichtlich  des  rückwärtigen  Stückes  dem 
Vehoffschen  Leuchter,  hinsichtlich  der  Ouerarme  dem  Spangenberchschen  und 
dem  Tiedemannschen.  Gekrönt  \\ird  er  tlurch  die  kleine  Statuette  des  segnen- 
den Heilands  mit  der  Weltkugel;  sein  mit  dem  Schonenfahrerwappen  und  der 
Jahreszahl  1543  gezeichnetes  Schild  entstammt  einem  einarmigen  Renaissance- 
leuchter (vgl.   S.  409). 

Wahrscheinlich  sind  die  beiden  letzteren  Leuchter  identisch  mit  einem 
dem  Lichterverzeichnis  von  1663  zufolge  im  Süderschiff  angebrachten  Doppel- 
arm »unter  Wilhelm  Medings  Nahmen«  und  mit  einem  1663  und  1755') 
nachweisbaren  Doppelarm  unter  dem  Wappen  des  Anfang  1640  verstorbenen 
Kirchenvorstehers  Hermann  Werlhof,  der  über  dessen  Grabe  ^)  an  der  West- 
seite des   fünften   südlichen   Chorpfeilers  hing. 

Ein  1636  vom  Ratsherrn  Thomas  Störning  der  Kirche  verehrter  Doppel- 
arm (s.  die  Abb.  S.  286)  zeigt  als  hinteres  Stück  eine  beiderseits  in  Voluten 
auslaufende  Ranke;  die  beiden  Ouerarme  entsprechen  in  ihrer  Grundform 
denen  der  Renaissancezeit  und  hängen  an  einer  mittleren  Kugel,  die  vorne 
die  Aufschrift  trägt  •  HER  •  THOMAS  i  STORNI  NOK  ■  ANNO  •  1636  • 
und  gekrönt  wird  von  einer  die  Wappen  des  Ratsherrn  und  seiner  Ehefrau 
Elisabeth  geb.  Wibbeking  umrahmenden  Kartusche.  Der  Leuchter  ist  1868 
von  der  Nordseite  des  fünften  Norderpfeilers,  wo  des  Stifters  Epitaph  (S.  354  f.) 
hängt,  an  den  Senatsstuhl  versetzt. 

In  seinem  Testament  von  1641  Mai  4  bestimmte  Thomas  Störning 
jährlich  8  #  zur  Beschaffung  zweier  3  V2  pfundiger  Lichter  für  seinen  »meßings 
Arm  mit  zweyen  Leuchtern  auffwert  meiner  Begrebnii^  an  dem  Pfeiler;« 
St.-A.,  Testamente. 


^)  K.-A.   unter   »Lichter  und  Leuchter.« 
"0  Vgl.   S.   391    Anm.   5. 


420 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Von  den  beiden  dreiarm  igen  Leuchtern  ist  der  eine  von  dem  1636 
gestorbenen  Kaufmann  Hinrich  Bremer  oder  aus  dessen  Nachlaß  gestiftet. 
Sowohl  der  hintere  Träger  wie  auch  die  gleich  ihm  S-förmigen  beiden  seit- 
lichen Arme  stellen  eine  am  Schwanzende  zusammengerollte  Schlange  dar, 
aus  deren  Rachen  das  letzte,  aufwärts  geschweifte  Stück  der  Kurve  hervorragt. 
Das  mittlere  Bindeglied  dieser  drei  Teile  bildet  eine  das  Bremerschc  und  das 
Paschensche  Wappen  (vgl.  S.  266)  umschließende  Kartusche;  eine  auf  ihr 
sitzende  Putte  trägt  die  dritte  Lichterschale  auf  dem  Kopfe.  Ursprünglich  am 
Wandpfeiler  westlich  der  Bremer-Kapelle,  seit  1868  an  der  Nordseite  des 
dritten  Süderpfeilers. 

Der  größte  und  prunkvollste  Leuchter  der  Kirche  ist  aus  dem  Nachlaß 
des  1637  gestorbenen  Ratsherrn  Johann  Füchting  errichtet  und  befindet  sich 
vor  dessen  Epitaph  (Abb.  S.  352).  Seinen  Träger  bildet  eine  doppelt  ge- 
schweifte Ranke,  die  hinten  in  die  Halbfigur  eines  Engels  mit  rückwärtigem 
Tierkopf,  vorne  in  eine  harp\-ienförmige  Halbfigur  endigt.  Sie  wird  gestützt 
durch  eine  von  der  Wand  her  schräg  aufsteigende  Stange,  an 
der  das  nebenstehende  Schild  mit  der  F'üchtingschen  Marke  be- 
festigt ist.  Die  in  ornamentaler  Hinsicht  dem  Träger  des  Vehoff- 
schen  Leuchters  gleichenden  beiden  seitlichen  Arme  sind  einer 
mittleren  achtkantig  abgeschrägten  Kugel  angeschlossen,  der  ein 
die  mittlere  Lichterschale  tragender  schlanker  achtseitiger  Schaft 
aufgesetzt  ist.  Vor  letzterem  hängt  ein  großes  graviertes  Schild  mit  den 
Wappen  des  Ratsherrn  (S.  354)  und  seiner  vor  ihm  verstorbenen  Ehefrau 
Margareta  geb.   Lengerke  (S.   358)  und  mit  der  Unterschrift: 

^.  3c>I?^i"  ^üditingf  Haljtniann 

üub  Dor[tel]cr  tiefer  Kird]en  I]at  tiefen 

2trnx  mit  5  Wadis  Oditeren  511  £it)tgeii  'Za-- 

gen  tarauff  5U  I^alten  Dorortenet  ont  üoreI-;rett 

umb  fein  unt  feiner  feiigen  I^au^fraueu 

ITlargareta  ^üditinges 

bahey  511  gebencfen 

Ein  dritter  dreiarmiger  Leuchter,  der  mit  dem  Wappen  des  1645  ge- 
storbenen Ratsherrn  Jürgen  Paulsen  gezeichnet  war,  hing  ehemals  unter  dessen 
Epitaph  (S.  355).  1766  zuletzt  erwähnt,  ist  er  jedenfalls  mit  zum  Guß  der 
beiden  Kronleuchter  des  Altarraumes  verwandt  worden  (vgl.   S.   405). 

Die  jüngsten,  in  nüchternen  Formen  gehaltenen  Wandleuchter,  drei 
einarmige  und  zwei  Doppelarme,  stammen  aus  den  Jahren    1768 — I79i- 

Zwei  derselben,  ein  einarmiger  und  ein  Dopj^elleuchter,  deren  Arme 
aus  einfachen  Schnörkeln  bestehen,  sind  1768  auf  Bestellung  der  Nowgorod- 
fahrer  als   Ersatz   für   ihr   damals   beseitigtes   Lichterbecken   (vgl.    S.  407)   und 


^)  Die  Jahreszahl  entspricht  der  des  1636  Oktober  15  errichteten  Füchtingschen  Testamentes 
(vgl.  Verzeichnis  der  Privat-Wohltätigkeitsanstalten,   S.   39  ff.) 


DIE  MARIENKIRCUi:.  421 

für  ihren  bisherigen  Lichterbauni  (vgl.  S.  422)  vom  liiltlhauer  Dietrich  Jürgen 
Boy  modelHert  und  voni  (ilockengießcr  ^Vdani  Planer  gegossen.^)  Sie  wurden 
über  dem  gleichzeitig  neu  errichteten  kleinen  Nowgorodfahrerstuhl  (vgl.  S.  301) 
und  an  der  Ostwand  der  Südervorhalle,  wo  bisher  die  Nowgorodfahrerkapelle 
gestanden  hatte,  angebracht,  um  das  Anrecht  des  Kollegiums  auf  diesen  eben 
freigelegten  Platz  (vgl.  S.  170)  zum  Au.sdruck  zu  bringen.-)  Heide  Leuchter 
tragen  Schilde  mit  der  erhaben  gegos.senen  Aufschrift  NOUWOGRODS- 
FAHRER  ANNO  1768.  Seit  1S68  hängt  der  einarmige  Leuchter  über  der 
Tür  zur  Sakristei,   der  dopj)elarniige  südseitig  am   Pfeiler  der  Süderxorhalle. 

Die  gleiche  P^orm  wie  letzterer  hat  ein  Doppelarm,  den  1774  die 
Kannen-  oder  Zinngießer  an  Stelle  ihres  vermutlich  unbrauchbar  gewordenen 
älteren  Leuchters  (S.  415)  fertigen  ließen.  Das  plastisch  modellierte  Schild 
zeigt  vom  Beschauer  aus  links  einen  Becher  mit  Deckel,  rechts  eine  Kanne; 
die  Unterschrift  lautet:  DAS  •  AMPT  •  DER  •  ZINNGIESSER  •  ANNO  •  1774. 
Seit   1868  an  der  Westw^and  der  Südervorhalle. 

Zwei  mit  einander  übereinstimmende  einfache  S-förmige  Arme,  deren 
hinteres  P2nde  in  eine  Spirale  ausläuft,  befinden  sich  seit  1868  vor  dem 
Conradischen  Epitaph  (Abb.  S.  340)  und  südseitig  am  Pfeiler  der  Totentanz- 
kapelle. Es  sind  zweifellos  dieselben,  welche  1791  der  Ratsgießer  J.  G.  \V. 
Landre  im  Auftrage  der  Kirche  für  die  Beichtkapelle  gegossen  hat.  ^) 

Standleuchter. 

Dem  Museum  überwiesen^)  sind  zwei  verhältnismäßig  gut  erhaltene 
vergoldete  spätgotische  Lichter  bau  nie  von  2,19  bezw.  2,25  m  Höhe,  von 
denen  1,65  bezw.  1,50  m  auf  die  in  mittlerer  Höhe  mit  einem  sechsseitigen 
Knauf  besetzten  Stangen  entfallen.  Beiden  gemeinsam  ist  ein  mit  Rippen  und 
Krabben  besetztes  sechsseitiges  Kelchkapitäl  und  zwei  dessen  oberer  Platte 
angeschlossene  reich  gegliederte  kleine  Strebepfeiler;  letztere  tragen  bei  dem 
einen  Leuchter  ein  zweigeschossiges  sechsseitiges  Tabernakel  von  zierlichen 
Architekturformen  (Abb.  S.  422),  bei  dem  andern  umrahmen  sie  ein  schönes 
durchbrochenes  Maßwerkmuster  (Abb.  S.  423);  der  ehemalige  figürliche 
Schmuck  fehlt. 

Von  vier  weiteren  Lichterbäumen  gotischen  Charakters  befinden  sich 
Überreste  auf  dem  Boden  über  der  südlichen  Vorhalle.     Es  sind 

zwei  2,25  m  hohe,  mit  runden  Knäufen  versehene  Stangen,  die  je 
eine  durch  sechs  krabbenbesetzte  Rippen  gegliederte  Konsole  von  27  cm 
Höhe  tragen; 


^)  Archiv  der  Handelskammer,  Nowgorodfahrerakten  No.  48  (Rechnungen  von  1764 — 99). 
Planer  erhielt  laut  Rechnung  vom  29.  August  176S  für  die  beiden  zusammen  119  Pfund  schweren 
Leuchter,  das  Pfund  zu   i    ^  4.  ß  gerechnet,    148   ^    12    ,  '. 

^)  Das.  No.   33  a  (Ältesten-Protokoll  von   1766—98,   S.   6). 

^)  Die  auf  loS  ^  6  ß  lautende  Rechnung  Landres  über  beide  Leuchter  wurde  am 
14.   Februar   1791    mit    102   ^  beglichen.      WB. 

*j  Kulturhist.  Museum  No.   1S92/132  und   1892/133. 


422 


DIE  MARIENKIRCHE. 


eine  2,40  m  hohe,  mit  sechskantigeni  Knauf  versehene  Stange,  deren 
40  cm  hohe  obere  kelchförmige  Konsole  acht  mit  Maßwerk  besetzte 
Rippen  zeigt; 

eine  2,25   m  hohe,  oben  abgesägte  Stange  mit  sechskantigem  Knauf. 

Vorhanden  waren   ehemals  nachweislich   folgende   zehn   Lichterbäunie: 

Ein  vor  den  ehemaligen  Bildwerken  der  hl.  drei  Könige  (S.  314)  in  der 
Nowgorodfahrerkapelle  aufgestellter  »vormalder  holten  bomm,«^)  für  den  die 
Älterleute  und  die  Frachtherrn  der  Nowgorodfahrer  jährlich  zwei  Lichter  zu 
liefern  hatten. 

Vier  am  sog.  Trauerstuhl  (S.  299)  angebrachte,  mit  dem  AVappen  der 
Pantoffelmacher  bezeichnete  »stände  vorgulde 
bome. « ^)  Bei  der  Erneuerung  des  betreffenden 
Stuhles  im  Jahre  1800  wurden  die  zugehörigen 
vier  Lichter,  von  denen  die  Meister  und  die  Ge- 
sellen des  Amtes  je  zwei  zu  unterhalten  hatten, 
auf  die  vier  an  der  Westseite  des  Lettners  befind- 
lichen Wandarme  versetzt  (vgl.   S.   409). 

Zwei  dem  ehemaligen  »Zuschlägerstuhl,«  einer 
zwischen  dem  vierten  und  fünften  Süderpfeiler  be- 
legenen Bank,  angeschlossene  »stände  vorgulde 
holten  bome«  ')  unter  dem  Amtswappen  der  Zu- 
schläger  und  Packer.  Die  von  diesem  Amte  jähr- 
lich zu  liefernden  beiden  Lichter  wurden  im  Jahre 
1800,  um  sie  »ebenfalls  nützlicher  für  die  Erleuch- 
tung der  Kirche  anzuwenden,«  unter  Beseitigung 
der  Lichterbäume  für  einen  damals  in  der  südlichen 
Kapelle  des  Chorumgangs  befindlichen  Doppelarm 
(S.   415)  bestimmt.^) 

Zwei  am  Nowgorodfahrerstuhl  angebrachte, 
nur  1663  aufgeführte  »Bäume,«  auf  denen  damals 
keine  Lichte  mehr  gehalten  wurden. 

Ein  nur  1663  aufgeführter  »kleiner  Baum« 
am  Gestühl  in  der   Divessen-Kapelle. 

Alte  Leuchteraufsätze  in  Form  kleiner 
hölzerner  Kandelaber  haben  sich  nur  auf  der 
1496  geschnitzten  schönen  Gallerie  des  Schranken- 
werks vor  der  Beichtkapelle  erhalten  (vgl.  S.  257  f.). 
Die    beiden   äußeren   weisen    noch   die   ursprünglichen 

Lichterdorne  auf,  während  die  fimf  mittleren  seit  1868  Gasbrenner  in  der  Form 
von  Kerzen  tragen. 

Ehemals  befanden  sich  auch,  dem  Lichterverzeichnis  von  1581  zufolge, 
auf  den  Chorschranken  zwischen  den  beiden  ersten  und  zweiten  Chorpfeilern 
je  sechs  für  einpfündige  Lichter  bestimmte  Leuchter;  das  Verzeichnis  von 
1663  führt  für  die  Nordseite  ebenfalls  sechs,  dagegen  »südwerts  am  Altare 
über  dem   Sthule,    wo   die   Graduirte  sitzen,«    (S.    292)  nur   vier  Leuchter    auf. 


I 


Gotischer  Lichterbauni. 


*)  Lichterverzeichnis  von    1581. 

''')  Vorsteher-Protokoll    1743 — 1832,   S.   207!. 


niK  MARIHNKIRCIIl«:. 


423 


Ähnliche  kleine  Kandelaber  standen  auf  der  gleichaltrit^en ,  1774  be- 
seitigten Einfriedigung  der  nur  im  \'er/eiehnis  \on  i66j5  in  dieser  IIiiisi(hl 
erwähnten    »Heisekels   Capelle   mit   8    Leuchtern.  < 

Die  auf  den  Schranken  vor  der  Schinkel-  und  der  ( Irexeraden-Kapclle 
angebrachten  hölzernen  Kandelaber,  je  drei  an  der  Zahl,  und  vierzehn  etwas 
kleinere  auf  der  westseitigen  Lettnerbrüstung  sind  erst  1868  bei  Einführung 
der  (lasbeleuchtung  gefertigt. 

Schließlich  befinden  sich  über  den  lüngängen  zur  l^ergenfahrer-  und 
zur  Totentanzkapelle  zwei  mchrarmige  Leuclitcraufsatzc,  die  ihren  Platz 
1868  mit  einander  vertauscht  haben. 

Der  erstere  dreiarmige  Leuchter  zeigt  einen  in  frühbarocken  Formen 
geschnitzten,  mittelst  zweier  Voluten  breit  aus- 
ladenden Fuß,  der  vorne  und  rückseitig  in  einer 
Kartusche  das  Doppel\\a])|)en  des  1634  gestorbenen 
Hürgermeisters  Dr.  Lorenz  Möller  und  seiner  Ehe- 
frau Maodalena  oeb.  Bonnus  enthält  (s.  die  Abb. 
S.  273);  in  der  Mitte  trägt  er  einen  gerade  auf- 
steigenden Schaft,  seitlich  zwei  S-förmige  Arme, 
sämtlich  aus  Messing.  Dieses  Stück  ist  offenbar 
gleichzeitig  mit  dem  über  dem  Eingang  zur  Toten- 
tanzkapelle aufgehängten  großen  Möllerschen 
h^Mtaph  (S.   351  f.)  gestiftet. 

Der  andere,  im  Jahre  1806  vom  Bildhauer 
f.  D.  Pegel  für  das  Schrankenwerk  der  Bergen- 
fahrcrkapelle  gefertigte  Aufsatz^)  (Abb.  S.  351) 
setzt  sich  zusammen  aus  einem  in  zwei  derbe 
Voluten  auslaufenden  sockelartigen  Fuß,  dessen 
Vorderseite  in  kleinen  Kartuschen  übereinander 
das  Bergenfahrerwappen  und  eine  Harpj-e  zeigt, 
zwei  ihm  seitlich  angeschlossenen  Armen  von  einem 
dopi^elarmigen  Renaissancewandleuchter  (S.  414) 
und  der  auf  dem  Mittelstück  sich  erhebenden 
Statuette  des  hl.  Olav  vom  ehemaligen  Kron- 
leuchter der  Bergenfahrer  (Abb.   S.  405). 


Gotischer  Lichterbaum. 


Das  Silbergerät. 

Der  reiche  Bestand  an  silbernen  Statuen,  Monstranzen,  Reliquienbehältern, 
Kannen,  Kelchen,  Kreuzen  und  sonstigen  Werken  der  Goldschmiedekunst,  den 
die  Marienkirche  zur  Zeit  der  Heiligenverehrung  besaß, 2)  ist  1533  nebst  den 
Schätzen  der  übrigen  Kirchen  und  denen  der  Trese  mit  wenigen  Ausnahmen  ein- 
geschmolzen und  zu  Kriegsrüstungen  \'erwandt  worden;^)  nur  zwei  hier  als  No.  i 


1)  Pegel    erhielt    am    13.    Februar    1S06    außer    134    $     «wegen    accordirte    Arbeit    an    der 
Bergenfahrer   Kapelle«    16   ^    «für  das  Mittelstück  über  die  Kapell-Thüren;«   WB. 

2)  Vgl.   das  in  den  Mitt.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.    il,   S.    177  ff.   veröffentlichte  Verzeichnis. 
^)  G.   Waitz,  Lübeck  unter  Jürgen  WuUenwever  und  die  Europäische  Politik   i,  S.   200. 


424 


DIE  MARIENKIRCHE. 


und  No.   3    aufgeführte  Stücke   haben   sich   aus  jener   vorreformatorischen  Zeit 
erhalten.     Vorhanden  sind: 

I.  Ein  27  cm  hoher  silbervergoldeter  Altarkelch  von  gotischer  Grund- 
form (Abb.).  Der  sechspassige  Fuß  zeigt  im  ersten  und  dritten  Kreisabschnitt 
die  eingravierten  Wappen  der  Familien  von  Wickede  (vgl.  S.  359)  und  Darssow 
(vgl.  S.  442)  mit  den  Unterschriften  DOIIIIIVS  ♦  IlHRIlÄIIlIVS  •  VKU  ♦ 
WlOKeDeil  •  PROaOlISVLi  •  und  iraTIiILDIS  ♦  DäRIOW  •  VXOR  • 
6IVS  •  Man  würde  hiernach  den  Kelch  in  die  Zeit  zwischen  der  1488  oder 
1489  erfolgten')  Wahl  Hermann  von  Wickedes  zum  Bürgermeister  und  dessen 
Ableben  am  8.  April  1501  setzen,  doch  spricht  für  eine  spätere  Entstehung 
desselben,  daß  die  verschlungenen  Orna- 
mente, welche  die  vier  übrigen  Kreisab- 
schnitte des  Fußes  füllen  und  die  untere 
Hälfte  der  Schale  umgeben,  bereits  im 
Renaissancecharakter  gehalten  sind.  Der 
Rand  des  Fußes  trägt  den  lübeckischen 
Silberstempel  und  als  Meisterzeichen  ein 
Stundenglas.  In  eine  beträchtlich  jüngere 
Zeit  als  der  Fuß,  der  Schaft  und  die 
Schale  fallen  der  Knauf,  den  oben  und 
unten  ein  von  Figürchen  belebtes  zierliches 
Rankenwerk  in  erhabener  Arbeit  und  da- 
zwischen je  drei  Blumenmedaillons  mit 
Resten  schwarzer  Emaille  schmücken,  so- 
wie die  beiden  ähnlichen  Schaftringe.  Da 
der  Schaft  gelötet  ist  und  durch  zwei 
Nieten  zusammengehalten  wird,  1644  aber 
für  die  Reparatur  und  Neuvergoldung  eines 
Altarkelches  mit  abgebrochenem  Fuße  1 8  # 
verausgabt  wurden,^)  so  scheint  die  jetzige 
Zusammensetzung  des  Kelches  aus  diesem 
Jahre  zu  stammen.  1581  wog  er  zusammen 
mit  einem  kleinen  Löffel  (vgl.  No.  18) 
72  Lot  (=   1042  Gramm);  sein  jetziges  Gewicht  beträgt    1030  Gramm. 

Ein  Verzeichnis  »van  dem  silbergeschir,  so  anno  1581  bi  Marien  karken 
boffunden  (K.-A.,  Rentebuch  von  1581  — 1647  Bl-  249)  meldet:  »Item  noch 
is  bii  dem  hegen  altare  ein  vorguldeth  kelck  unde[r]  Dassowen  unde  Wyckeden 
wapen  unde   i   klein  lepel,  wycht  thosamen   72   lodt.« 


I 


Wickede -Darssowscher  Kelch. 


^)  Er  kommt  als  Ratsherr  zum  letzten  Male  1488  Juli  29,  als  Bürgermeister  zum  ersten 
Male   1489  März  12  vor,  Hanserecesse  III  2,  No.  270  §  31   und  No.  255. 

0  Vgi-  WB.  1644,  in  der  Michaeliswoche  (September  29  —  Oktober  5):  »Sonnabent  für 
emen  Kelck  vom  Altar,  dar  der  Fueß  ist  abgebrochen  gewesen,  wider  beim  Goldtschmide  machen 
laßen,  darzu  an  Golde  für  2  Ducaten  gekommen,  noch  an  Machelohn  dafür  geben  2  Reichsthaler, 
thutt  zusammen  6  Reiclisihaler,  seint   18   ^.« 


DIE  MARIENKIRCHE. 


425 


2.  lun  gcniälN  X'orstandsbcschlusses  vom  19.  März  i<S57  von  C".  J.  Milde 
entworfener  und  \'oni  Goldschmied  Johann  Jacob  Heinrich  Paasch')  gefertigter 
26  cm  hoher  silbervergoldeter  Altarkelch  in  schlichter  gotischer  Form.  Den 
Fuß  bildet  ein  Sechspaß,  der  mit  Maßwerk  in  Fischblasenform  gezierte  Knauf 
ist  mit  sechs  abwechselnd  roten  und  grünen  Halbedelsteinen  besetzt.  Lübeckischer 
Silberstempel;    Meisterzeichen:  |  Faasch  \.      Gewicht:  999  (iramm. 

Nach    den   Wochenzetteln    erhielt    185S    Junuar    15:      J.   H.   Faasch    für 


Älteste  Patene. 


I    neuen    silbernen    im    Feuer    vergoldeten    Altarkelch    nach    einer    Zeichnung 
von  Milde,    67V2  Loth  (=   995  Gramm)  schwer,   laut  Quitung  Nr.   100  (unter 
1857)   275    #.« 
3.    Silbervergoldete   emaillierte   Patene   (Abb.)   von    16,5    cm   Durch- 
messer,   wohl    noch    dem    13.  Jahrhundert    angehörend.      In    einem    die    Mitte 
einnehmenden  ptüh  grundierten  mandorlaförmigen  Ausschnitt  sitzt  auf  schlichtem 


1)  In   den  Lüb.   Adreßbüchern    1838 — 1860  genannt. 


426  DIE  MARIENKIRCHE. 

romanischen  Tronsessel  der  segnende  Heiland  mit  der  Weltkugel  in  violettem 
Gewände  und  blauem  Mantel,  \\'ährend  in  den  beiden  halbmondförmigen  seit- 
lichen Zwickeln  die  vier  Evangelistenzeichen  auf  blauem  Grunde  stehen.  Am 
Rande,  wo,  wie  im  rechten  Zwickel,  die  Emaille  stellenweise  abgeblättert  ist, 
sind  in  grünen  und  blauen  Feldern  dreizehn  Halbfiguren  musizierender  Engel 
unter  flachen,  von  Säulen  getragenen  Rundbögen  dargestellt.  Ohne  Werk- 
zeichen.    293   Gramm  schwer. 

Nach  dem  Verzeichnis  von  1581  befand  sich  »in  der  kisten  bi  dem 
warckmester  upp  dem  warcknhuße  in  bewaringe«  unter  anderm  »i  groth 
geammelorth  (=  emaillierter)  kelck  myth  der  patenen,«  die  zusammen 
60   Lot  wogen. 

4.  Schlichte  silbervergoldete  Patene,  im  Durchmesser  19  cm  groß. 
Auf  der  oberen  Seite  ein  kurzarmiges  lateinisches  Kreuz.  1766  vom  Gold- 
schmied Heinrich  Georg  Schmiedeknecht ^)  an  Stelle  einer  ihm  in  Gegenrech- 
nung gegebenen  älteren  Patene  gefertigt.  Lübeckischer  Silberstempel;  das 
]\l-förmige  Meisterzeichen  ist  undeutlich.     Gewicht:   208   Gramm. 

Das  Wochenbuch  meldet  unter  1767,  i.  W.  n.  Neujahr  (von  Januar  i  — 10 
gerechnet):  »Herrn  Vorsteher  Roeck  wegen  eines  neuen  silbernen  Oblaten 
Teller  nach  Angebung  des  alten,  dessen  Gewicht  i4^li  Loth  ä  28  jä^  = 
25  ^  6  J5'  betrug,  und  nach  Decord  von  i  ^  14  f^  auf  Schmiedeknechts 
Rechnung  von    54   ^    14    f>   den   Betrag  von    27    ^    10    |5'.« 

5.  Schichte  silberne  Patene,  im  Durchmesser  15,6  cm  groß.  Auf  der 
oberen  Seite  die  eineeorabene  Kirchenmarke  zwischen  dem  lübeckischen  Silber- 


stempel  und  dem  Meisterzeichen     An^ire  ,^)  darunter  die  Jahreszahl  1843.    Auf 


der   unteren   Seite   ein   lateinisches   Kreuz.      Gewicht:    140  Gramm.      Geschenk 
des  Pastors  (1829 — 59)  D.  Joh.  Aeg.   Funk.^) 

6. — 13.  Vier  in  Verwahrung  der  drei  Geistlichen  der  Marienkirche  be- 
findhche  kleine  silbervergoldete  Krankenkommunionskelche  mit  Patenen, 
nämlich: 

6.  Ein  um  1500  gefertigter,  10  cm  hoher  gotischer  Kelch  mit  sechs- 
paßförmigem  Fuß,  von  dessen  gravierten  Kreisabschnitten  zwei  mit  Maß- 
werk geschmückt  sind,  während  die  vier  übrigen  die  Halbbilder  der 
Madonna  und  des  Apostels  Andreas,  einen  Kruzifixus  und  das  Halbbild 
des  Apostels  Johannes  umschließen.  Der  Knauf  ist  beträchtlich  jünger.  In- 
folge Erneuerung  des  angelöteten  unteren  Randes  fehlen  die  Werkzeichen. 
(Bei  Herrn  Senior  D.  Ranke.) 

7.  Ein  II  cm  hoher  Kelch  von  gleicher  Grundform,  vielleicht  von 
1574.  Von  den  Kreisabschnitten  des  sechspassigen  Fußes  sind  fünf  schlicht 
gelassen,  im  sechsten  ist  eine   17  mm  hohe  plastische  Madonna  auf  einem 


^)  H.  G.  Schmiedeknecht  wurde  am  28.  Juli  1763  Burger  und  besaß  seit  dem  12.  Oktober  1764 
eine  Goldschmiedsbude  an  der  Breitenstraße  (St.-A.,  Wetterentenbücher).  Ältermann  seit  1790,  hat 
er  1800  »seine  Bude  verkaufet  und  [ist]  demnächst  vom  Amt  abgetreten«  (St-A.,  Goldschmiedeakten). 

^  Der  Goldschmied  Gotthilf  Johannes  Lange  wurde  1S18  Mai  5  Bürger  und  starb  1856 
Februar  23. 

^)  Nach  Angabe  von  H.  Jimmerthal  aus  dem  Jahre   1851;  K.-A. 


DIU  MARIENKIRCHE. 


427 


eingravierten  Strahlenkranz  und  ülier  einem  I  lalhniond  autgenietet.  Lüb. 
Silberstempel;  Meisterzeichen:  ein  von  einer  I  land  (Klaue.^)  gehaltenes  Beil. 
(Bei  Herrn  Pastor  Marth.) 

8.  VAn  ähnlich  geformter  Kelch  von  11,5  cm  Höhe  zeigt  auf  dem 
einen  Kreisabschnitt  des  Fußes  das  Halbbild  einer  Madonna  inmitten  eines 
Strahlenkranzes,  auf  den  übrigen,  ebenfalls  eingraviert,  je  eine  großblättrige 
Ptianzenstaudc.  Lüb.  Silber.stempel ;  Meisterzeichen:  ein  stehender  Halb- 
mond.     (Bei  Herrn  Pastor  Becker.) 

9.  Ein    11,4  cm    hoher   Kelch    in    gotischer  Grundform   aus  der  Mitte 

des  19.  Jahrhunderts.  Lüb. 
Silbcrstempel ;  Meister- 
zeichen: ein  E  auf  einem 
Schilde.  (Bei  Herrn  Senior 
U.   Ranke.) 

10. — 13.  Von  den 
\ier  8 — 9  cm  im  Durch- 
messer haltenden  ein- 
fachen Patenen  sind  die 
beiden  älteren,  deren  eine 
am  Rande  ein  eingravier- 
tes Kreuz  in  einem  Kreise 
zeigt,  ohne  Werkzeichen, 
die  beiden  anderen  modern 
und  :  Schwartzkopf «  ge- 
zeichnet. 

Das  WB.  berichtet 
unter    1574,    16.   W.    n. 

Pfingsten  (September 
12  — 18):        »Item      her 

Johan  Hessen  dem 
menyster  ^)  avergeantwert 
eynen  forgulden  kelck 
myt  eyn  poyteyn,  wycht 
tosamende  1 1  loyt  eyn 
quenteyn,  yt  loyt  2  # 
4  fi,  ys  fan  der  kercken 

sulffer,  is  25  ^  5  15;  yt  kofer(n  darto  to  macken,  darfor  is  V2  #  5  1^-« 
14.  Eine  aus  dem  Nachlaß  des  am  4.  ^Lai  1555  gestorbenen  Bürger- 
meisters und  Vorstehers  der  Marienkirche  Gotthard  von  Hövelen  geschenkte 
29  cm  hohe  silberne  und  teilweise  vergoldete  weitbauchige  Weinkanne  mit 
geschupptem  Griff  und  Ausguß  (Abb.).  Sie  zeigt  auf  der  Bauchfläche  die 
Wappen  des  Gebers  (vgl.  S.  337)  und  seiner  zweiten  Ehefrau 2)  Barbara,  geborene 


.Weinkanne  aus  dem  Nachlaß   des  Bürgermeisters 
Gotthard  von   Hövelen  d.  Alt. 


1)  Prediger   1573  —  98. 

■^  Gotthard  von  Hövelens  dritte  Ehefrau  Anna  Warmböke  starb    1552,   die  Kanne  hat  sich 
also  längere  Zeit  in  seinem  Besitz   befunden. 


428  DIE  MARIENKIRCHE. 

Stotebrügge  (drei  in  den  Dreipaß  gestellte  Flügel,  auf  dem  Helm  ein  Flügel) 
zu  beiden  Seiten  des  Ausgusses  und  unterhalb  des  letzteren  in  kleinen  Ziffern 
die  Jahreszahl  1555.  Auf  dem  Rande  des  runden  Fußes  ist  eingraviert: 
LEGATV  *  HERN  *  GODERT  *  VÄ  *  HOVELE  *  BVRGEM  *  DER  * 
KERKE  *  DIV/E  '^  MARI/E  *  VP  *  DAT  *  HOGE  *  ALTAR  *  DE  * 
BLÖDE  *  CHRISTI  *  TO  *  EREN  ^.  Lübeckischer  Silberstempel;  Meister- 
zeichen: ein  Fuchs.  Das  1581  auf  91  Loth  (=  1330  Gramm)  angegebene 
Gewicht  beträgt  jetzt  infolge  einer  1634  vorgenommenen  Ausbesserung^) 
1345   Gramm. 

Das  Verzeichnis  von  1581    führt  an  erster  Stelle  auf:    »Item  eine  grothe 

sulfiferen    weinkanne    anno    15    .   .    van    s.    h.    Goderth    van    Hoffelen    by    de 

karken  gegeven,   wycht   91    lodth.« 

15.  Der  vorigen  fast  genau  nachgebildet  ist  eine  35  cm  hohe  silberne, 
teilweise  vergoldete  Weinkanne,  welche  der  Ratsherr  Benedikt  Slicker  (ge- 
storben 1591)  am  17.  März  1580  gestiftet  hat.  Sie  trägt  auf  dem  Deckel  die 
eingravierten  Wappen  des  Stifters  (im  gespaltenen  Schilde  zwei  Lilien)  und 
seiner  (1597  gestorbenen)  Ehefrau  Margaretha  geb.  Helmcke  (ein  Ahornast). 
Auf  dem  Rande  des_Fußes  steht:  LEGATVM  *  HERN  *  BENEDICT!  * 
SLICKER  *  RATMA  t  DER  *  KERCKE  ■■■''  DW/E  *  MARI/E  *  VP  * 
DAT  *  HOGE  *  ALTAR  *  DE  *  BLÖDE  *  CHRISTI  *  TÖ  *  EREN  -^^-. 
Lübeckischer  Silberstempel;  Meisterzeichen:  eine  Pflanzenstaude  mit  langem 
Blütenschaft.  Auf  der  Unterseite  des  Fußes  steht:  144  :  Lodtt  (=  2105  Gramm). 
Ihr  jetziges  Gewicht  beträgt  2065   Gramm. 

Das  WB.  meldet  unter  1580,  4.  W.  in  den  Fasten  (März  13 — 19): 
»Item  eyn  donnerdage  hefft  de  erbar  here  her  Benedixste  Slycker  Maryen 
kercken  foreret  unde  up  dat  böge  altar  gegefen  eyne  groyte  sulfferen  wyn- 
kannen,   wycht  eyn   hundert   ferundefertych   loyt   .   .    .« 

16.  Von  ähnlicher  Form  ist  auch  eine  dritte,  31  cm  hohe,  teilweise 
vergoldete  silberne  Weinkanne  mit  schlichtem  Griff  und  Ausguß,  die  1729 
der  Goldschmied  Hans  Jochem  Floht ^)  auf  Bestellung  der  Kirche  gefertigt 
hat.  Auf  dem  Deckel  steht  die  von  Ornamenten  eingefaßte  Kirchenmarke. 
Lübeckischer  Silberstempel;  Meisterzeichen  unkenntlich.  Unter  dem  Fuß: 
i^  Zfötiges]  Silber,  «-[legt]  loi  ^,1^.  L  (=  1480  Gramm).  Jetziges  Gewicht 
1464  Gramm. 

Das  WB.  berichtet  unter  1729,  2.  W.  n.  Michaelis  (Oktober  9  — 15): 
»Montag  mit  hohen  Consens  der  Tit.  Herren  Vorsteher  noch  eine  neue  Wein- 
kanne auf  den  hohen  Althaer  machen  laßen,  so  gewogen  10474^)  Loth; 
hierzu   hatt    der  Goldtschmidt   (Hans  Jochem  Floht    nach  einem  Vermerk  des 


^)  ^S^'  WB.  1634,  8.  W.  n.  Neujahr  (Februar  16  —  22):  »Für  eine  silberne  Kanne,  so 
aufs  Altar  gebraucht  wirtt,  die  im  Rohr  gelecket,  darumb  ein  silbern  Bandt  gelegt,  dafür  ge- 
geben   I    ^    14  /3.<r 

'')  Hans  Jochim  Floht  (Flethe)  wurde  1702  September  2  Bürger  und  am  gleichen  Tage 
mit  einer  Goldschmiedbude  an  der  Breitenstraße  belehnt,  die  1738  Mai  31  sein  Nachfolger  Diederich 
Philipp  Zachau  übernahm;  St.-A.,  Wetterentenbücher. 

^)  So;  Schreibfehler. 


DIE  MARIKNKIRCIIE.  429 

Vorstehers  Adolph  Rodde  auf  eiiiein  dem  A'orslelier- l'rolokoll  1650 — 1734, 
Bl.  193  einliegenden  Blatt)  an  14  lüth.  Silber  laut  Meinor.  fol.  190  et  192b 
aus  der  eisernen  Küste  auf  denn  Werckluuisc  ein]>fangen  .  .  9 1 'V»  I-oth, 
hierzu  hatt  er  noch  gelieftert 9  V2 

I  o  I  V*        '■ 


Für  das  geliefferte  Silber  ä  Loth    29  j5  Macherlohn  und   auswendig  an  einigen 
Stellen   zu   \erguldten  a  L[oth]  6  fS,   das  Kirchenmark  darauf  zu  stechen   1 2   j5', 

thut   zusammen    56   ^,   bezahlet  mit    52    -^    12    pf.« 

17.  Rechteckige,  auf  vier  ilachcn  Kugeln  ruhende  silberne  Oblaten - 
lade  mit  vergoldeten  Kanten  und  einem  Tragegriff  am  Deckel.  Höhe  des 
Kastens  /V^  cm,  Länge  18  cm,  l^reite  10  cm.  Auf  der  X'ordcrseite  das 
sauber  gravierte  Bild  der  auf  dem  Monde  stehenden  Madonna  im  Strahlen- 
kranze. 168 1  vom  Goldschmied  Johann  Hasse')  aus  einer  38  Loth  schweren 
älteren  Hostienlade  ^)  gefertigt.  Lübeckischer  Silberstcmpel;  Meisterzeichen 
(undeutlich)  IH.  Neu  42  Loth  (614  Gramm)  schwer,  jetziges  (iewicht  eben- 
falls 614  Gramm. 

Über  die  Neuanfertigung  berichtet  das  WB.  unter  1681,  7.  W.  n. 
Ostern  (Mai  15 — 21):  »Weiln  das  silberne  Lädtchen,  worinn  die  Hostien 
aufm  Althar  verwahret  werden,  mehrentheils  unbrauchbar  gewesen,  als  ist 
selbiges  mit  Verbesserung  4  Lohdt  Silber,  so  der  Goldschmidt  Johan  Haß 
dartzu  gethan,  gantz  new  gemacht  und  an  den  Kanten  vorgüldet  worden. 
Das  alte  Lädchen  wog  38  Lohdt.  Vor  solche  Arbeidt  und  ein  Marien- 
bildchen  drauffzustecken  hat  Thomas  Fredenhagen  Mittvorsteher  beordert  zu 
zahlen   30   ^.<' 

18.  Ein  zur  Oblatenlade  gehöriger  einfacher  silberner  Löffel  von 
12  cm  Länge.  Das  obere  Stielende  ist  kugelförmig,  die  flache  Schaufel  mit 
sieben  Längsschlitzen  versehen.  Stempel  und  Meisterzeichen  fehlen.  Gewicht 
12   Gramm. 

19. — 20.  Ein  Paar  Altarleuchter  aus  dünnem  Silberblech,  50  cm 
hoch.  Der  bauchige,  einer  Lampenglocke  ähnliche  Euß,  der  von  zwei  Zügen 
umwundene  Schaft  und  der  abnehmbare  Lichtteller  sind  von  stark  getriebenen 
Blumengewinden  umrankt.  Auf  dem  Euß  das  Wappen  des  unbekannten 
Stifters  (zwei  Weinblätter  und  ein  Ring,  der  auch  als  Helmkleinod  dient;  zu 
beiden  Seiten  des  letzteren  die  Buchstaben  A  und  R).  Am  unteren  Ende  des 
Schaftes  steht  in  geprickelter  Schrift  Anno  i6pi  Den  6.  Novenih.  Lübeckischer 
Silberstempel;  rechts  davon  das  Meisterzeichen  HS  (Heinrich  Schmidt),  =^)  links 
ein  r.  Das  Gewicht  der  Leuchter  wurde  1853  mit  Einschluß  von  68  und 
62  Lot  Blei  im  Euße  derselben  auf  177  und   186V2   Lot  festgestellt. 


^)  Johann  Hasse  besaß  seit  1659  eine  an  der  Breitestraße  belegene  Goldschmiedsbude,  die 
1692   Dethleff  S'.rothinan  übernahm;   St.-A.,   Wetterentenbuch. 

■'')  1561,  9.  W.  n.  Pfingsten  (Jidi  27  —  August  2)  wurden  »Jasper  Wulve  dem  goltsmede 
vor  it  sulvern  ciborium  by  ydt  altar  up  alle  veer  orden  wedder  tho  lodende  und  reyen  tho  makende« 
I    ^    15   /3  gegeben;   WB. 

ä)  Heinrich  Schmidt,  der  16S4  Oktober  16  Bürger  wurde,  besaß  seit  1685  November  4 
eine  Goldschmiedsbude  am   Markte,   die   1704  Juli    10  Jürgen  Seelke  übernahm. 


430  DIE  MARIENKIRCHE. 

Vor  Stiftung  dieser  beiden  Stücke  waren  messingne  Altarleuchter  im 
Gebrauch. 

Im  Leuchterinventar  von  1581  sind  »2  missinges  Richter  uff  dem  bogen 
althare   .    .    .  jeder  luchter  tho   einem  lychte  van    3   'S?«    verzeichnet. 

1658,  12.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  19 — 25)  haben  die  Vorsteher 
»2  newe  Altarleuchter,  weil  die  alten  zerbrochen,  machen  laßen  bei  Niclaus 
Wiesen,  e.  e.  Rahts  Gießern,  wegen  72  'S,  ä  ^  bedungen  i  ^,  sind 
72   ^^«   WB. 

21.  Silberne,  25  cm  hohe  Taufkanne  in  geschweiften  Rokokoformen. 
Der  Deckel  trägt  auf  einem  mittleren  Buckel  ein  graviertes  Marienbild  und  auf 
dessen  Innenseite  drei  Vorsteherwappen  mit  den  Umschriften  H  :  HenriCUS  • 
Balemann  •  CoNSUL,  H  •  Hermann  •  Woldt  •  Senator  •  und  Diederich  • 
Jürgen  •  Qualmann  •;  unterhalb  des  ersteren  Wappens  steht  die  Jahres- 
zahl 1740.  Lübeckischer  Silberstempel;  Meisterzeichen:  eine  sitzende  Taube 
zwischen  den  Buchstaben  J   und   D  (Jochim  Dietz).^)     Gewicht:    1,2  kg. 

22.  Silberne  Taufschale  von  34  cm  Durchmesser  und  9  cm  Höhe 
mit  tiefer,  fast  halbkugelförmiger  Kumme.  Der  6  cm  breite  Rand  zeigt  oben 
das  gleiche  Marienbild  wie  die  Taufkanne  und  unten  dieselben  Wappen  mit 
den  gleichen  Umschriften  und  der  Jahreszahl  1 740.  Stempel  und  Meisterzeichen 
wie  oben.     Gewicht:    1,375   kg. 

Im  WB.  heißt  es  unter   1740,    2.   W.   n.   Michaelis  (Oktober   2 — 8): 

Für  das  von  nebigen  ^)  anzuschaften  beliebte 
silberne  Taufbecken  und  Gießkanne,  welche  zu- 
sammen    177     Loth    gewogen ,    b[e]rechnet    Jochim 

Diez  ä   2   ^  pro   Loth 354# 

Und   für  die   Marienbilder  und  Wappen   zu  stechen      10  -^ 

364  # 

Dagegen     er     nebenbesagter    Maßen    in    Bezahlung 

empfangen   85  V2    Loth   alt   Silber  ä   30   |5      .      .      .    160  .^  5  j3' 

Noch    ihm    detrahirt    für     V2     Loth,    so    das    neue 

weniger  gewogen i  -^ 

161  #     5  f^ 

bleiben 202^11!^ 

Trinckgeld  dem  Gesellen  und  Jungen       . i#4l^ 

Ist  also  von  nebigen  446  $    12    ^^)  bezahlt 203  ^  15  ß. 

Die  bis  dahin  gebrauchte  Taufkanne  war  von  Zinn.  1668,  11.  W.  n. 
Neujahr  (März  8 — 14)  wurden  »dem  Kannengießer  Berend  Timmerman  für 
die  Taufkanne  umbzugiessen  10  |äl  und  für  der  Kirchen  Marck  und  Nahm 
aufzustechen   3   \ti  gegeben.« 

23.  und  24.  Ein  Paar  silberne  mit  rotem  Sammet  gefütterte  Klingel- 
beutel in  zylindrischer  Form;  Höhe  19  cm,  im  Durchmesser  etwa  11  cm. 
Vorne  die  Madonna  auf  dem  Mond  mit  einem  Lilienszepter  in  der  Rechten, 
daneben    je    ein    Medaillon    mit    Kopf,     im     übrigen    ist    die    Außenseite    von 

^)  Jochim  Dietz  wurde  1705  Juni  18  Bürger  und  übernahm  1705  Juli  18  eine  Gold- 
schmiedsbude an  der  Breitenstraße.     Seit  1711  Ältester  des  Goldschmiedeamtes,  ist  er  1749  gestorben. 

*)  Die  1733  beschlossene  Veräußerung  der  auf  alten  Meßgewändern  befindlichen  Perlen, 
Gold-  und  Silberstickereien   u.   dergl.  hatte  446  ^  12  /'  erbracht;   Einnahmenseite  derselben  Woche. 


DIE  MARIENKIRCHE.  431 

Ornamenten  und  ( iuirlanclen  im  Ivokokocharaktcr  bedeckt;  alles  in  octriehener 
Arbeit.  Am  oberen  Rande  die  eingravierte  Inschrift  Ainitr  /h-roi j^odes  : 
A'i  i68g.  Auf  dem  achtkantigen  Ansatz  zum  Aufsetzen  des  Stieles  die  In- 
schrift: Jakob  Cappelen.  Hinrich  Volckinan.  Ant/wjiy  Back/iiiscn.  A.  S.  Matthias 
Wannr  Knicker.  Gottfrid  LainbrecJit ,  Nkolacs  Conrad  t.  Ghocr.  Jochim 
Ili/irich  Mull.  ]'alcnti)i  Hirsch.  |{  Martoi  AldacJi.  Amio  j/2o.  Die  somit 
wahrscheinlich  1689  von  der  sonst  unbekannten  Anna  Bevenrode  gestifteten 
beiden  Klingelbeutel  sintl  im  Oktober  1720  auf  Kosten  der  oben  genannten 
neun  Diakone  der  Alarienkirche  umgegossen.  Liibeckischer  Silberstempel; 
Meisterzeichen   H  •  S, ')  darunter  zwei  gekreuzte   Palmenzweige  (?). 

Das  Protokollbuch  der  Diakone  (K.-A.,  Lit.  C,  VA.  24 13)  l^erichtet: 
»Anno  1720  in  Octobri  haben  wir  samptliche  Diaconi  die  alte  Klingebeutel 
umgißen  laßen  und  wegen  Machelohn  an  Goltdschmit  laut  unterschriebene 
Rechnung  bezahlt  27  ^,  sodaß  ein  jeder  Diaconus  von  seinen  Eigenen  dazu 
außgegeben  3   ^  wegen  Machelohn.« 

25.  und  26.  Ein  Paar  silberne,  mit  Leder  gefütterte  Klingelbeutel, 
in  Form  und  Grölte  den  vorigen  ähnlich  \"orne  in  getriebener  Arbeit  die 
Madonna  im  Strahlenkranz,  darunter  •  S  •  M  •;  im  iibrigen  ist  die  durch  achit 
eingetriebene  Züge  geteilte  zylindrische  Außenseite  von  eingraviertem  Ranken- 
werk   mit    Blumen    bedeckt.      Auf   der   Außenseite    des    Bodens    ist   St.    Anna 


selbstdritt   mit  der  Marke    f(^\%    eingraviert,    auf  dem    Ansatz    für   den    Stiel 


steht  Afiiio  1771.  Die  Klingelbeutel  sind  im  letzterwähnten  Jahre  auf  Be- 
stellung der  Vorsteherschaft  gefertigt  und  zwar  diente  als  Muster  gemäß  der 
am  17.  Dezember  1770  von  den  Diakonen  getroffenen  Auswahl'')  ein  (1755) 
vom    Kaufmann    Jens    Behn    an    die   Jakobikirche    geschenkter    Klingelbeutel. 

Lübeckischer  Silberstempel;   Meisterzeichen  "  .  g  .  "  (Hans  Jürgen  Berg).^) 

Die  Glocken. 

Die  Marienkirche  besitzt  neunzehn  sämtlich  aus  Bronze  gegossene  Glocken. 
Elf  derselben  hängen  in  der  Glockenstube  des  Süderturms. 
I.    Unter  ihnen  ist  die  größte  der  Puls  oder  die  Pulsglocke. 

Es    hat    nacheinander    fünf    Glocken     dieser    Art    gegeben.       Über    die 
älteste  aus   dem  Jahre  1466   wird  berichtet:'^)    »Anno  66.  ummetrend  Johannis 


1)  Die  Buchstaben  H  S  können  damals  die  Goldschmiede  Hans  Schacht  (Bürger  seit  1705 
April  2),  Hinrich  Schmidt  (Nikolaus'  Sohn,  Bürger  seit  17 13  Juli  13)  oder  Hinrich  Schlave  (Bürger 
seit   17 18   September   7)  bezeichnen;   St.-A.,  Bürgerbuch. 

2)  Protokollbuch  der  Diakone,   K.-A.,   Lit.  E  No.   2,   S.   24. 

^)  Hans  Jürgen  Berg,  der  1758  August  31  Bürger  wurde,  besaß  seit  1762  Juli  6  eine 
Goldschmiedsbude  am  Markte.  Amtsältester  seit  1781,  hat  er  1805  »seine  Profession  niedergeleget 
und  sein   Goldschmiede-Amt    verkauft.«      Er  ist  am    15.   August   1808   in  der  Ägidienkirche  bestattet. 

*)  Ältestes  Rechnungsbuch  (1448— 1529)  Bl.  27  f.  im  K.-A.;  gedr.  Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb. 
Gesch.    5   S.    161  f.   und  U.-B.   der  Stadt  Lübeck    11    No.   398. 


432 


DIE  MARIENKIRCHE. 


mytsommer   (Juni    24)   ghoet    mester    Gerd    Klinge^)    van    Bremen    ene    klokke 
to    behoff  Unser  Leven  Vrowen    kerken    bynnen  Lubecke,    darto    is    gekomen 

48    schippunt    (6720   kg) Anno    66    des    sondages    na   s.    Peters 

dage  in  der  arne  (August  3)  wart  de  grote  nye  klokke  gewiget,  Gloriosa 
genand  .  .  .  .«  Sie  hat  bis  1545  bestanden.  Im  folgenden  Jahre  wurde 
sie  vom  damahgen  Ratsbüchsengießer  ^)  Meister  Gert  van  Mervelt  aus  Flens- 
burg^) neu  gegossen,  nachdem  dem  Gießer  Klaus  Wachtel  das  Werk  zweimal 
mißlungen  war.*)  Über  die  am  4.  Juni  1546  gehaltene  Abrechnung  mit 
Meister  Gert  vermerkt  der  Werkmeister:  »So  hefft  de  klocke  wagen  47  schyp- 
punt  7  lispunt  3  markpunt;  des  hebben  ehm  de  heren  vorstenders  to  getelone 
togesecht  vor  yder  scyppunt  up  syn  eventur  to  getende  is  9  j^,  is  de  summa 
van  der  klocken 
to  getende,  welcker 
yck  ehm  tor  noege 
betalt  undegegeven 
hebbe,  is  426  -^ 
2  |5. «  '")  Diese 
Glocke  war  dem- 
nach    6630  V2     kg 

schwer.  1632 
stürzte  sie  beim 
Läuten  ab.  Wohl 
infolge  ihrer  hierbei 
erlittenen  Beschä- 
digungen wurde 
1646  der  Rats- 
büchsenmeister 
(1632 — 57)  Anton 
Wiese  aus  Braun- 
schweig mit  ihrem 
Umguß  betraut.  ^) 
Diese  dritte  Glocke 
ist  jedoch  bereits 
nach  zwölfjährigem 
Gebrauch  gesprun- 
gen. Auch  eine 
hierauf  hauptsäch- 
lich aus  dem  alten 
Glockengut      vom 

Ratsgießer  (1657—  Die  Pulsglocke. 

65)  Nikolaus  Wiese 

gefertigte  vierte  Pulsglocke,  die  gegen  6580  kg  wog  und  am  23.  September  1659 

eingeläutet  wurde,'')  war  nach  wenigen  Jahren  unbrauchbar  geworden. 


^)  Vgl.    über    ihn    Th.   Hach,    Zur  Gesch.    der  Erzgießkunst  (Repertorium    für   Kunstwissen- 
schaft 3)  S.    160  ff. 

^)  Es    heißt    im   Wetterentenbuch  von    14S9  — 1573  (St.-A.,  Handschriften  No.   298)  Bl.  43: 
Dat  bussengeterhus  )   Mester  Gert  van  Mervelt  gifft  up  pasken 
gifft  des  jars  20  ^   /  fülle  jar  anno  46.     Item  anno  47.   dedit. 

^)  Vgl.   Th.   Hach,   Die  Anfänge  der  Renaissance  in  Lübeck,   S.   26. 

*)  WB.    1545,    7.   und    12.   W.   n.   Pfingsten  und    1546,   3.   W.   n,  Ostern. 

"*)  WB.    1546,   5.  W.   n.   Ostern. 

^  Er  erhielt  dafür  801    ^;  WB.    1646,   8.   W.   n.   Michaelis  und    1647,   3.  W.   n.   Michaelis. 

')  WB.    1659,   25.   W.   n.   Ostern  und    13.    W.   n.   Michaelis. 


DTK   MARIP:NKIRCni:.  433 

Die  gegenwärtioc  ]\ilsolocke  (Abb.)  ist  am  2.  April  1669  von  dem 
aus  Hamburg"  stammenden  Lübecker  Ratsgießer  (1665 — 95)  Albert  Ik'nningk 
aus  vorwiegend  neuem  IMetall  gegossen^)  und  am  folgenden  Adventsabend 
(27.  November)  eingeläutet  worden.  Sie  wog  neu  7134  kg  und  niK.U  im  I  )urcli- 
messer  2,26  m,  in  der  Höhe   1,85   m. 

Unterhalb  eines  aus  stilisiertem  stehenden  j^lattwerk  gebikleten  Kranzes 
fassen  drei  mit  Rosetten  besetzte  Streifen  die  folgende  doppelreihige  Inschrift 
des  Glockenhalses  ein: 

GOTT  ALLEIN  DIE  EHRE  A  ANNO  1668  ■  WIE  H  •  MATTH/EUS 
RODDE  .  BURGERMEISTER  •  H  •  HERMANN  VON  LENGERKEN  • 
RATHSUERWANTER  •   HIERONIMUS    PRUNSTERER 

VND  THOMAS  PLONNIES.  BURGERE  •  DER  KIRCHEN  ST  • 
MARIEN  VOORSTEHERE  WAEREN  •  GOSS  MICH  DURCH  GOTTES 
BEISTANT  .  ALBERT   BENNINGK.   IN    LÜBECK: 

Der  der  Inschrift  zunächst  gelegene  Teil  der  Fläche  ist  mit  spitzenartig 
durchbrochenem  Rankenwerk  überzogen,  das  nach  unten  hin  zackenförmig  ab- 
schließt; zwischen  den  Zacken  stehen  nach  Südwesten  zu  die  Worte  LE1CHTR(!) 
VERACHT  .  ALS  GEMACHT  :.  Auf  der  Südseite  trägt  das  Mittelfeld  das  58  cm 
hohe  flache  Relief bi kl  der  in  einer  Strahlenglorie  auf  dem  Monde  stehenden 
und  von  zwei  Engeln  gekrönten  Muttergottes  mit  Kind  und  Szepter;  auf  der 
Nordseite  stehen  die  Wappen  der  oben  genannten  \'ier  Vorsteher  zu  je  zwei 
nebeneinander  angeordnet  zwischen  den  Worten  DA  PACEM  DOM  INE  — 
IN  DIEBUS  NOSTRIS.  Der  Schlagring,  den  gegen  das  Mittelfeld  hin  ein 
von  stilisiertem  Blattwerk  eingefaßter  dreifacher  Reifen  abgrenzt,  zeigt  den 
Schriftstreifen : 

ZUR    PREDIGT.    ZUM    GEBETT,    ICH    L/EUT   AUCH   ZU    DEMO) 

LEICHEN    ,\ 
KRIEG.  FEUER    DEUT   ICH   AN.  GEB    FRIED  •  VND  FREUDENS- 

ZEICHEN    ,V 
GIB   lESU    DAS   IN    FRIED  VND   FREUD  ICH  STETES  SCHALL  ,j- 
WEND   AB  VON    DIESER   STADT  •   PEST.   FEUER.  VBERFALL  : 
Unterhalb  dieser  Inschrift  befindet  sich  ein  von   zwei  Reifen  eingefaßter 
Blatt\\'erkstreifen  niit  kleinen  musizierenden  Putten. 

Die  zweitgrößte,  sog.  Bürger-  oder  Betglocke  ist  1713  von  Lorenz 
Stralborn  an  Stelle  der  damals  geborstenen  sog.  alten  Glocke,  Boltzen-, 
Bürger-  oder  Ceremonienglocke  (sermonglocke)  aus  dem  Jahre   1361   gegossen. 

Diese   Glocke  trug  am   Halse  die  Inschrift: 

Signum   dono  (!)  choro,   fleo   funera,   festa  decoro, 
Te   colo,   virgo  pia,   post  te  vocor  ergo  Maria, 
und  auf  dem  Felde  die  Jahreszahl  1361;  Mitt.  d.  Y.  f.  Lüb.  Gesch.   11  S.  40. 


1)  Der    1668  Juni  i8  geschlossene  Vertrag  und  die    1671    August  22  gehaltene  Abrechnung 
mit  dem   Gießer  sind  in  den   Mitt.   d.   V.   f.   Lüb.   Gesch.    11    S.   38  f.  veröffentlicht. 


434  DIE  MARIENKIRCHE. 

Als  Glockenspeise  wurden  das  4784  Vü  kg  schwere  Metall  der  alten 
Glocke  und  außerdem  700  kg  Kupfer  und  279  kg  Zinn  verbraucht.  Die 
fertige  Glocke,  welche  am  9.  Dezember  171 3  eingeläutet  wurde,  wog  10  122  'S 
oder  5061   kg.*)     Ihr  Durchmesser  beträgt   1,90  m,  ihre  Höhe   1,55   m. 

Den  Glockenhals  umschliefk  zu  oberst  ein  Rankenkranz  mit  umgekehrten 
exotischen  Vögeln.  Ein  von  zwei  Reifen  eingefaßter  Blattwerkstreifen  scheidet 
ihn  von  der  folgenden,  auf  der  Nordseite  durch  ein  Blatt  geteilten  Inschrift: 
KOMMT  LASSET  UNS  ANBETEN  UND  KNIEN  UND  NIDER- 
FALLEN  FÜR  DEM  HERRN,  DER  UNS  GEMACHT  HATT  •  PSA  : 
XCV  .  V  :  VI  . 

Spitzenartig  herabhängendes  üppiges  Rankenwerk,  das  am  oberen  Rande 
mit  Vögeln  durchsetzt  ist,  bildet  den  Übergang  zum  Mittelfelde.  Dieses  trägt 
auf  der  Nordseite  den  Vers: 

GOTT  SCHUTTE   STETES  WOHLERGEHEN  • 
AUFF  ALLE    DIE    DER    KIRCH    VORSTEHEN  . 
und  darunter  die  Namen  der  Vorsteher: 

H  .  JOHANNES   WESTKEN    BURGERMEISTER  • 
H   .  GERHARDT  RITTER    RATHSV ERWAN DTE R  • 
H  .  JACOB    HÜBENS    BURGER  . 
H  .  ADOLFF   BRVNINGK    BURGER  . 
Die  Südseite  enthält  den  Vers:") 
ICH    LEUTE   ZU    DER    KIRCH    UND   KOMM    DOCH   NICHT  HINEIN  • 
ACH    MÖCHTEN    ALLE    DIE    MICH    HÖREN    SELIG    SEYN  ♦ 
und    darunter    ein    Reliefbild    der    auf    dem    Monde    stehenden    Madonna    im 
Strahlenkranz,  neben  dem  die  Wappen  der  vier  eben  genannten  Vorsteher  zu 
je    zwei    untereinander    angebracht    sind.      Schmetterlingsartige   Cherubimköpfe 
umschweben   die   Inschriften    und    Darstellungen   der   Fläche,    die    durch    einen 
fünffachen  Reifen  gegen  den  Schlagring  abgegrenzt  wird.     Letzteren  umgeben 
ein   Rankenkranz   mit   umgekehrten   Vögeln,    ein    von   zwei    Reifen   eingefaßter 
Blattwerkstreifen   und   die   nachstehende,    durch   ein  Blatt   geteilte   Schriftreihe: 
GOTT    ZU     EHREN,     DER     KIRCHE    ZUM     NUTZEN     HABEN 
DIE     JETZIGER     ZEIT    HERREN     VORSTEHER     MIT    GÖTTLICHER 
HULFFE   MICH   GIESSEN    LASSEN    IN  LÜBECK  DURCH   LAURENTZ 
STRAELBORN  ANNO  1713  • 

Die  drittgrößte,  sog.  Sonntagsglocke,  welche  im  16.  Jahrhundert  als 
»St.  Johannes«    benannt   wurde, ^)   ist    1508    zur  Zeit   des  Werkmeisters   Martin 


1)  Vgl.  Mitt.  d.  V.  f.  I.üb.   Gesch.    11    S.  41. 

'■*)  Denselben  Vers  trägt  auch  die  1735  von  Lorenz  Strahlborn  gegossene  größere  Glocke 
der  Kirche  zu  Perlin  bei  Wittenburg;   Schlie,  Kunst-  und  Geschichtsdenkmäler  Mecklenburgs  3,  S.  75. 

^)  1541,  I.  W.  n.  Weihnachten  (1540  Dezember  26  —  1541  Januar  i)  ließ  der  Werk- 
meister »den  knepel  tor  groten  klocken  unde  tho  Johnße  wedder  maken«  und  1541,  II.  W.  n. 
Pfingsten  (August  21 — 27)  »den  knepel  to  Johanse  vorbeteren;«  1585,  i.  W.  in  den  Fasten 
(Februar  28  —  März  6)  wurden  20  /3  verausgabt,  »up  dem  klocktoren  eyne  klocken  ume  to  hangen, 
sante  Johans  genant.«      WB. 


DIE  MARIENKIRCHE. 


435 


-0    '^- "^  \   V 


Inschrift   der  AljcndirU 


Flor,  und  zwar  jedenfalls  von  dem  damals  für  die  Marienkirche  tiitigen') 
Lübecker  Glockengießer  Hin  rieh  van  Kampen  gegossen.  Sie  hiilt  bei  einer 
Höhe  von  1,26  m  im  Durchmesser  1,71  m.  Ihren  Hals  umgibt  zu  oberst 
ein  Kranz  stilisierter  Blüten,  der  gleich  einer  von  ihm  durch  einen  dreifachen 
Reifen  geschiedenen  Schriftreihe  bis  auf  wenige  Stellen  im  Guß  mißlungen  ist. 
Den  Anfang  der  verstümmelten  Inschrift  bezeichnet  ein  Medaillon  mit  einem 
Christuskopf;  als  Trennungszeichen  der  einzehien  Worte  dienen  ein  Kreuz, 
sechzehn  mehr  oder  weniger  gut  ausgeprägte  l^lumenstücke  (im  folgenden 
durch    ein    B    wiedergegeben)    und    drei    rautenförmige    Punkte.      Sie    lautet: 

.  ...  'i*  ....  ^  B  i§  B  niiin  B  nanic(?)  B  .  .  .  .  B  cini  B  .  .  .  .  B  bat  B 
....  B  ...  B  ...  B  ...  B  ....  B  myt  B  ninncin  B  ....  B  ...  . 

♦  Üan  ♦   ■   •   ••  n  O-     Die  beiden  ersten  Worte  sollten  wahrscheinlich 

funtC  jaljan^,  die  drei  letzten  Ijinriix  linil  ltanil.iLMl  lauten.  Auf  einem  von 
einem  Doppelreifen  und  einem  einfachen  Reifen  eingeschlossenen  schmalen 
Streifen,  der  in  einigen  Abständen  mit  den  gleichen  Blumenstücken  und  da- 
zwischen mit  kleinen  Rosetten  belegt  ist,  folgt  eine  zweite  Schriftreihe.  Diese 
wird  durch  ein  Medaillon  mit  den  Leidenswerkzeugen  Christi  geteilt,  während 
die  einzelnen  Worte  in  der  Regel  ebenfalls  durch  Blumenstücke  (B)  getrennt 
werden.     Sie   lautet:    iinilO    B    ipni    B   nmO   B   \jc   B   Viiij    B   ^cii   B  nuidj   B 

[it]')  B  cntgcibcii  B  cftc  B  gcncten  ♦   harten  '*'  üFlor  B  ijcft  B  um  B 

iatcn  B  rjctCU  ♦  O-  An  diese  Schriftreihe  schliel3t  sich  nach  unten  hin  ein 
schlichter  Streifen  und  ein  Kranz  hängender  Blüten  an.  Das  Mittelfeld  trägt 
auf  der  Nordseite  das  einschließlich  der  Konsole  2j  cm  hohe  Reliefbild  des 
Evangelisten  Johannes,  nach  dem  die  Glocke  benannt  war,  und  südseitig  die 
24  cm  hohe  Figur  der  auf  dem  Monde  stehenden  Madonna  in  einer  Flammen- 
glorie. Ein  von  je  zwei  schwach  hervortretenden  Reifen  eingefaßter,  kräftig 
modellierter  Reifen  grenzt  den  mit  drei  Reifen  besetzten  Schlagring  gegen  das 
Mittelfeld  ab.  Die  sechs  Glockenohren  sind  mit  weiblichen  Köpfen  geschmückt. 
4.  Die  nicht  mehr  im  Gebrauch  befindliche  Abendglocke  hält  bei 
einer  Höhe  von  i  m  im  Durchmesser  1,20  m.  Ihren  Hals  umgibt  die  oben 
und    unten    von    einem    Doppelreifen    eingeschlossene    Schriftreihe    (Abb.)    IN 

')  Vgl.  S.  438  Anm.  2.  Das  älteste  Rechnungsbuch  der  Kirche  bemerkt  unter  1512— 1514 
(Bl.  63  f.),  daß  die  Vorsteher  noch  keine  Abrechnung  mit  dem  Werkmeister  gehalten  hätten  wegen 
»I  grote  clocke,   de  op  den  groten  torne  gegatten  is«  (bezw.  »de  up  (in)  dem  grote[n]  torne  hanghet«). 

'■')  Lücke  für  zwei  Buchstaben. 

28'^ 


43Ö 


DIE  MARIENKIRCHE. 


ONORE  •  BEATISSIME  •  NARIE  •  VIRGINIS  I  V  ^,  deren  nur  in  den 
Umrissen  modellierte  Buchstaben  die  Glocke  in  das  13.  Jahrhundert  verweisen. 
Von  dem  glatten  Mittelfelde  heben  sich  fünf  Reliefdarstellungen  (Abb.) 
ab,  nämlich 

1.  westseitig  eine  8,6  cm  hohe  thronende  Frauengestalt  mit  einem  zu 
ihr  aufschauenden  geflügelten  Tiere,  also  wahrscheinlich  St.  Margareta  mit 
dem  Drachen; 

2.  südseitig  ein  2,4  cm  hoher  Christuskopf; 

3.  ostseitig  ein  im  Durchmesser  5  cm  haltendes  Medaillon  mit  der 
Verkündigung; 

4.  nordseitig  ein    im  Durchmesser  6  cm  großes  Medaillon  mit  einem 
straußartigen 

Vogel  oder 
Drachen,  dessen 
radförmig  ge- 
schwungener 
Schweif  in  Ran- 
kenwerk aus- 
läuft ; 

5 .  nord- 
westseitig  ein  im 

Durchmesser 
4,8  cm  halten- 
des Medaillon 
mit  dem  zwi- 
schen Johannes 
und  Maria  ab- 
gebildeten Hei- 
land am  Kreuz, 

dessen  Füße 
nach  älterer  Dar- 
stellungsweise 
nebeneinander  gelegt  sind  und  dessen  Blut,  wie  es  scheint,   von  fünf  Engeln 
aufgefangen  wird. 

Ein  von  zwei  schwach  hervortretenden  Doppelreifen  eingefaßter  kräftig 
ausgebildeter  Reifen  scheidet  das  Mittelfeld  vom  glatten  Schlagring. 

5.  Eine  im  Durchmesser  0,86  m  große  und  0,70  m  hohe  Glocke 
zeichnet  sich  nur  durch  ein  beiderseits  von  zwei  Reifen  eingeschlossenes  Band 
am  Halse  und  drei  das  Mittelfeld  vom  Schlagring  scheidende  Reifen  aus.  Sie 
wird  etwa  gleichaltrig  mit  der  folgenden  sein. 

6.  Diese  Glocke,  deren  Durchmesser  0,81  m  und  deren  Höhe  0,66  m 
beträgt,  zeigt  am  Halse  die  nach  oben  und  unten  hin  von  je  vier  schmalen 
Reifen  eingefaßte  Inschrift    aiino   boillinoO)  lllilCfcntO  (0  *  ccirc  *«*  XXJi  '  iaxt  ' 


Reliefdarstellungen  auf  der  Abendglocke. 


DIE  MARIENKIRCHE.  437 

ro  •  bcmUlL^  •  piinjUcftlMl  •  ^*  iljCfllÖ  *;  blicht  untdiialb  tlcs  letzten  W^jitcs 
steht  auf  der  Mäclie:  ^\\,  Den  Schlagring  grenzt  nach  oben  hhi  ein  dreifacher 
Reifen  ab. 

7.  Eine  im  Durchmesser  0,65  m  hakende,  0,53  m  hohe  Glocke  trcägt 
am  Halse  ein  durch  je  zwei  Reifen  eingeschlossenes  Hand,  auf  dessen  einer 
Hälfte  die  den  Formen  ihrer  gotischen  Mimiskeln  nach  ebenfalls  ins  15.  Jahr- 
hundert  gehörende    Inschrift   steht:     ÜjcfllG    IKl.virLMlllÖ    VCX    ilibCOrllUl.  Das 

Mittelfeld  wird   xom  Schlagring  durcli   drei   Reifen  abgegrenzt. 

8.  I'.ine  achte  Glocke  hat  die  gleiche  Größe  wie  die  vorige.  Ihren 
Hals  umgibt  ein  mit  schönem  gotischen  Blattwerk  umwundener  Ast,  der 
nach  oben  und  unten  hin  \on  einem  Doppelreifen  eingefaßt  wird.  Den  durcli 
drei  Reifen  vom  Mittelfelde  abgegrenzten  Schlagring  schmiickt  ein  mit  einem 
Handstreifen  umwundener  Stab.  Ihren  Verzierungen  nach  gehört  die  Glocke 
in  die  zweite  Hälfte  des    13.  Jahrhunderts. 

9.  Die  Rats-  oder  Kinderglocke,  welche  früher  geläutet  wurde, 
wenn  der  Rat  in  Prozession  von  der  Kirche  zu  seinen  Sitzungen  aufs  Rathaus 
zog  und  wenn  Kinder  in  der  Kirche  getauft  wurden,  ist  im  Juli  1650  vom 
Ratsgießer  Anton  Wiese  gegossen  und  wog  bei  ihrer  Ablieferung  357  fl;  oder 
178V2  kg.')  Ihr  Durchmesser  beträgt  0,64  m,  ihre  Höhe  0,53  m.  Den 
Glockenhals  umgibt  ein  von  zwei  Doppelreifen  eingefaßtes  Schriftband,  dem 
sich  nach  unten  hin  ein  Kranz  aus  fünfeckigen,  mit  Blattwerkornamenten  ge- 
füllten Schilden  anscliließt;  unterhalb  der  letzteren  .steht  auf  dem  Mittelfelde 
der  fast  zwei   Reihen  lange  Rest  der  Inschrift.      Diese  lautet 

(auf  dem  Schriftband:)  AVF  •  BEFEHL  •  H  •  CHRISTOF  •  GERDES  ♦ 
I.V.   D  .  VND  .   E  .  L  .  T  .  BVRGERM   :   H   •   HERMAN  •  V  .  DORN   ® 
(auf  der  Fläche:)    H  •  MATTH/EI  •  RODDEN  •  RAHTS  :  VND  •  H  • 
HIERONYMI  .  PRVNSTERERS  •  INGESAMT,:;  •  VORST  © 

DER  .  KIR  :  S  .  MARIEN  •  GOES  •  MICH  •  ANTONI  •  WIESE  • 
IN  .  LVBECK  .  ANNO  1650  ®  Zwischen  dem  Mittelfeld  und  dem  Schlag- 
ring sowie  auf  letzterem  befinden  sich  je  vier  Reifen  von  verschiedener  Stärke. 
Die  Glocke  hing  ursprünglich  im  Dachreiter;  um  diesen  zu  entlasten  ist  sie 
1783   in  den  Süderturm  übergeführt.'^) 

Zu"  ihrem  Gull,  wurde  eine  1562  vom  Ratsherrn  und  Kirchenvorsteher 
Hinrich  Köhler  gestiftete  Glocke  eingeschmolzen,  welche  322  ffi  wog  und 
die  Inschrift  trug:  »Gades  wort  bUfft  ewig.  Mi  goet  Mattis  Benninck  1562. 
H.  Hinrich  Köler  dede  it«  (statt  dedit);  WB.  1650,  9.  W.  n.  Ostern  (Juni  9 — 15). 
1556  wurde  für  »de  klocken  ime  seygertorne,  dar  de  heren  mede  tho 
rathuse  geludt  werden,  unde  to  twen  siegen  de  koster  mede  ludt, «  eine  neue 
Welle  gemacht;  WB.  1556,  2.  W.  n.  Plingsten  (Juni  7  — 13).  1566,  11.  W. 
n.  Michaelis  (Dezember  15  —  21)  wurden  »gegeven  Mattesse  dem  klockengeter 
vor  ene  nyge  klocken  in  den  seygertorn  to  gheten  up  rekenschop  is  40  ^.« 
Diese  Glocke    wurde    1567,    5.   W.   n.   Weihnachten    (Januar   26  —  Februar    i) 


1)  Über  ihren   Guß   s.   Mitt.   d.   V.  f.   Lüb.   Gesch.    1 1    S.   36  f. 

'^)  Kirchenprotokoll  des  Werkmeisters  J.   W.   C.  von   Königlöw  S.    150. 


438  DIE  MARIENKIRCHE. 

im  Dachreiter  aufgehängt;  WB.  1584  JuH  13  verkauften  die  Vorsteher 
»Matzs  Bennynck  dem  bussengeyter  eyne  gebracken  klocken  fan  dem  seyer- 
toren,  wycht  eyn  schypp.  eyn  lysp.,  is  294  p.;«  WB.  unter  1585,  5.  AV.  n. 
Pfingsten  (Juni    27 — Juh   3). 

10.  Eine  sehr  schlanke  Glocke,  die  0,35  m  im  Durchmesser  bei  einer 
Höhe  von  0,32  m  hält,  zeigt  als  einzigen  Schmuck  zwei  Reifen  am  Halse 
und  zwei  weitere  nur  schwach  hervortretende  Reifen  am  oberen  Ende  des 
Schlagrings. 

11.  Die  kleinste  Glocke,  welche  von  alters  her  als  Zeichenglocke 
benannt  wird,^)  weil  mit  ihr,  deren  helle  Stimme  die  übrigen  Glocken  über- 
tönt, das  Zeichen  zum  Aufhören  des  Läutens  gegeben  wird,  ist  ebenfalls  ohne 
Inschrift  und  nur  mit  drei  schwach  hervortretenden  Reifen  —  zweien  am  Halse 
und  einem  oberhalb  des  Schlagrings  —  ausgestattet. 

12. — 18.  Sieben  weitere  Glocken  hängen  im  Dachreiter  des  Mittel- 
schiffs, dem  Spielturm.  Sie  sind  sämtlich  vom  Lübecker  Glockengießer  Hinrich 
van  Kämpen^)  in  den  Jahren  1508 — 15 10  bei  der  Neuerrichtung  des  Spiel- 
turms ^)  nach  dem  Brande  vom  Ostermontag   1508  gefertigt. 

Den  Hals  dieser  Glocken  umgibt  je  eine  einreihige  Minuskelinschrift, 
die  beiderseits  durch  drei  Reifen  begrenzt  wird;  an  diese  schließt  sich  nach 
oben  und  unten  hin  je  ein  Kranz  stehender  und  hängender  stilisierter  Blüten 
spätgotischen  Charakters  an.^) 

Die  in  der  Mitte  hängende,  1 5 10  gegossene  große  Stundenglocke  (Ton  eis) 
hat  einen  Durchmesser  von  1,46  m  und  eine  Höhe  von  1,10  m.  Ihr  Schrift- 
band wird  am  Anfang  und  in  der  Mitte  nach  oben  und  unten  hin  überragt 
durch  das  9  cm  hohe  Reliefbild  Johannes  des  Täufers  mit  dem  Lamm  im 
linken  Arme.  Zu  seinen  Füßen  ist  ein  gelehntes  Schild  mit  einem  Löwen, 
dem  Kerkringschen  Wappentiere,  angebracht.  Nach  diesem  Anzeichen  zu 
schließen,  scheint  die  Glocke  vom  Ratsherrn  Johann  Kerkring  gestiftet  zu  sein, 
der  1508 — 16  neben  dem  Bürgermeister  Tidemann  Berk  Vorsteher  der  Marien- 
kirche war.^)     Die  Umschrift  lautet: 


')  Im  März  1462  verfügte  der  Rat  anläßlich  des  Aufenthalts  König  Christians  I.  von 
Dänemark  in  Lübeck,  daß  bei  etwaigem  Tumulte  der  Werkmeister  von  St.  Marien  »solde  opsluten 
de  kerken  und  under  dem  torne  luden  eyn  kleyn  klockessken,  dat  men  nomet  de  tekenklokke, 
und  wan  dat  de  wechters  oppe  dem  torne  horden,  solden  se  darsulvest  de  klokken  slaen;«  Ztschr. 
d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  4,  S.   298. 

^)  Hinrich  van  Kampen,  der  14S4  im  Testament  des  Kord  van  Reyste  genannt  vi^ird  (St.-A., 
Test.),  bewohnte  seit  1495  ^'"^  Bude  am  Markte,  welche  die  St.  Leonardus-Brüderschaft  in  diesem 
Jahre  für  eine  Hypothek  von  300  ^  übernahm  (St.-A.,  Rechnungsbuch  der  St.  Leonardus-Brüder- 
schaft, Bl.  61  b).  1512  um  (cath.  Petri)  Februar  22  erwarb  »mester  Hinrich  van  Campen  eyn 
klockengeter«  das  Haus  Große  Burgstraße  No.  47;  1524  um  (Michaelis)  September  29  wurde  es 
von  den  Vormündern  seiner  Witwe  Dorothea  und  seines  Sohnes  Heinrich  dem  Büchsengießer  Hans 
Schillinck  verkauft  (Oberstadtbuch). 

')  Vgl.  S.    145. 

*)  Von  sämtlichen   Inschriften  befinden  sich  Gipsabgüsse  im  Kulturhist.  Museum. 

*)  Ztschr.  d.  V.  f.  Lüb.  Gesch.  5  S.  163.  Vgl.  sein  Siegel  bei  Milde,  Siegel  des  M.-A., 
Tafel  6,  No.  40. 


DIE  MARIENKIRCHE.  439 

'^tt  (niünzcnähnliclics  Medaillon  mit  der  hl.  Anna  scllxlritt)  fcntUlll  ® 
a  ®  rijl'ifto  ®  tuftriö  (rundes  Medaillon  mit  dem  Lamm  Gottes)  üiniörtj') 
(undeutliche  Münze)  pinMCtirt  (rundes  Medaillon  mit  dem  von  einem  luiocl 
gehaltenen  Schweißtuch  der  hl.  Veronika)  lU'ÜC  (rundes  Medaillon  mit  Werk- 
zeugen des  Leidens  Christi)  Ijac  (Figur  des  Täufers)  in  (nicht  ganz  deutlich 
ausgeprägte  Münze  mit  drei  ins  Dreieck  gestellten  Schilden,  jedenfalls  die 
Rückseite  eines  lübeckischen  Markstückes  vom  Jahre  1506)^)  dailDG  (holsteinische 
Münze  mit  einer  gekrönten  ALmnesfigur  und  dem  Xesselblattwappen)   aiMlia  ® 

fcrcntc  ®  nolios^  ^  .martcn  ®  f^or  ®  Ijcft  ®  liun-dhncftcr  +. 

Die  sechs  übrigen,  rund  um  die  vf)rige  aufgehängten  (ilocken  des  Dach- 
reiters bilden  das  Glockenspiel.     Sie  messen: 

1.  (Ton  b)  im  Durchmesser  0,84  m,   in  der  Höhe  0,64  m, 

2.  (    =      c)     =  =  0,76    -  ,    -       -  -  0,57    =  , 

3.  (    -      d)     -  =  0,67    -  ,    ■'-         -  0,52    '-  , 

4.  (  =  es)  =  =  0,63  =  ,  =  =  =  0,48  '-  , 
5-  (  =  0  =  =  0,55  '-  ,  =  =  =  0,43  =  , 
6.  {    -     g)    -               -            0,49    -  .    -      -         -  0,39    '-  . 

Die   größte   oder    Viertelschlaggiocke   trägt   die   Inschrift:    45ot  '-^  bc  • 

late^  #=  cm  ^  wtttW)  ^  niartcn  ^  flor  ^  ict  ^  Unf  ^  anß_^ 
ijctcn.  (Größere  Blume.)  Dinriidi  5i3  lia  ^  üanijjcu  *  anno  ^3  boni  * 
)cUf  ^  ij:  Hb 

Die  zweitgrößte  oder  Halbschlagsglocke,  die  beiden  näch.stfolgenden 
und  die  kleinste  Glocke  verzeichnen  zusammen  das  Antiphon  Salve  regina^) 
mit  Ausnahme  der  vorletzten  Strophe. 

Auf    der    Halbschlagsglocke    steht:     .f^alUC    ®    rcgiina    ®    matcr    »** 

niiKricorbic  ®  uita  ®  duiccbo  ®  et  ®  \vti  513  noftra  51?  failic  ®  ab  ^ 
tt  ^  cianiaimiG  512  + 

auf  der  drittgrößten:  ):ulCG   ^  fnll^)  ?!3   CbC  5l3  ab  ^  tC  5t?  fUGpiramll!^  St? 

gcincntcö  si?  et  ?!3  ficntc^  5^  un  ^  ijac  ^3  iacriniaruni  50  balle  + 

auf  der  viertgrößten:  epa  ^St  ergo  i'i  at  ^%  UDcata*')  f^  noftra  %-i 
pHos  f^  tiiD^  i'*  nmfericorbe^  i*f  oculo^  i%  ab  i-i  noe  %%  conberte  ^-i  + 

auf  der  kleinsten:   o   5I3  CiemcnG   ?!3  0  5!3  pia  5!3  0  ^3  bUlCI^  Sfe  lliarita  5S3  5i3 

a  ^  ^f3  ^  nien  5J3  Ht* 

Auf  der   1508  datierten  zweitkleinsten  Glocke  schließlich  steht  zu  lesen: 

öabe  linbc  benjügen  alle  bcne  icft  nnit  nmneni  fiijalle  Ijinricli  ban 
ftanipen  anno  biil  üc  •  biii  + 


1)  300X  5  +  2  X  5  =  1510. 

■'')   Abgebildet  und  beschrieben  bei  Hoffmann,   Gesch.   der  freien  und  Hansestadt  Lübeck  H, 
Tafel  II  No.   18  und  S.  226. 
^)   nete  statt  nete. 

*)  Daniel,   Thesaurus  hymnologicus   2,   S.   321. 
^)  :^  exules  filii. 
®)  statt  advocata. 


440  DIE  MARIENKIRCHE. 

19.  Die  bereits  im  anderen  Zusammenhange  (S.  255)  erwähnte  Stunden- 
glocke des  astronomischen  Uhrwerks  mißt  bei  19  cm  Höhe  27  cm  im 
unteren  Durchmesser.  Ihren  Hals  umgeben  drei  Reifen.  Zwischen  den  beiden 
oberen  steht: 

Viuuo     bni  +  in  °  an  +  j:iiii°  °  miit  °  rtoöc  °  üun  +  iü  gc  +  raticti  + 
l)inrili  -  öolößcran  °  Ijeft  °  my  +  ijt  °  nuicct  -  nuiria  °  Ijclf  + 

Die  beiden  unteren  Reifen  schließen  einen  schmalen,  aus  kleinen  vier- 
blättrigen Blüten  gebildeten  Fries  ein;  nach  unten  hin  folgt  ein  zierlicher 
Bogenfries. 

Altarvorhänge. 

Den  ältesten  im  Gebrauch  befindlichen  Altarvorhang  aus  karmoisinrotem 
Sammet  hat  nebst  zwei  gleichartigen  Schemeldecken  und  einem  Meßgewand 
(vgl.  S.  442)  der  Ratsherr  Thomas  Friedenhagen  gleichzeitig  mit  dem  Altar 
gestiftet.  Er  ist  vorne  und  an  den  beiden  Seitenteilen  von  einem  i  5  cm  breiten 
in  Silber  gestickten  Rankenwerk  mit  großen  goldenen  Blüten  eingefaßt,  ferner 
ist  mitten  auf  der  Vorderseite  das  in  Seide,  Gold  und  Silber  gestickte  Wappen 
des  Stifters  (vgl.  S.  201)  zwischen  zwei  Palmenzweigen  und  der  Jahreszahl  1697 
aufgenäht.     Die  Schemeldecken  zeigen  die  gleiche  Einfassung. 

Am  Schluß  der  Abrechnung  über  den  von  Thomas  Friedenhagen  ge- 
stifteten  Altar  (vgl.   S.    200)  heißt  es: 

»Pr.  dem  Seidenkrahmer  Andreas  Ohm  zahl[t]  für  38  Ellen  roth  Sammet 
mit  Linnen  zu  das  Altharlacken   und   Meßgewand   360  ^. 

Pr.  dem  Perlensticker  Hans  Hanneman  für  das  Altharlacken  und  Meß- 
gewand zu  sticken  mit  dem  Gold  und  Silber  bedungen  800  ^.  Pr.  seiner 
Tochter  Biergeld   30    ^,   seiner   Frau    10   ^,   840   ^. 

Pr.   ein   silbern   Hacken   in  das  Meßgewand   S   -^   T    fS. 
Pr.   17^/4  Ell.  Hollandsch  Linnen  zu  dem  Priesterhembd  ä  3^  53-^4  1^. 
Pr.    II    Ell.   Spitzen  um   das  Altharlacken   a   3   ^   8   |^   38   #   8    |^'. 
Pr.   das   Priesterhembd  und   Altharlacken   zu  nehen   4   ^.« 

Ein  weiterer  Altarvorhang  und  zwei  zugehörige  Schemelüberzüge  sind 
aus  violettem  Sammet  gefertigt  und  mit  schweren  Goldfransen  besetzt.  Die 
Stoffe  hierzu  sind  1806  vom  neuerwählten  Bürgermeister  Matt  he  us  Rodde 
namens  der  Erben  seines  Schwiegervaters,  des  Bürgermeisters  Joachim  Peters 
(gest.    1788),  der  Kirche  geschenkt,   verarbeitet  sind  sie  jedoch  erst   1825. 

Der  jüngste,  aus  purpurrotem  Sammet  mit  Goldstickerei  bestehende  Vor- 
hang sowie  zwei  zugehörige  Schemeldecken  stammen  aus  dem  Jahre   1905. 

Dem  Museum  überwiesen  ist  ein  gelbseidener  golddurchwirkter  und 
moirierter  Altarvorhang  von  1723  und  zwei  Schemeldecken  vom  gleichen 
Stoff.  Sie  zeigen  als  einzigen  Schmuck  eine  in  Silberfäden  gestickte  Borte 
aus  Blüten  und  Ranken.     Kulturhist.   Museum    1893/82  a — c. 

Im  WB.  heißt  es  1723,  18.  W.  n.  0.stern  (JuU  25 — 31):  »Ingl.  Sr 
Magnif.  Hern  Burgem.  Rodden  Mägdgen  für  die  gekauffte  32  El.  goldnen 
Mohr  zum  Althartuche  und  Schemeln  das  Geld  zugestehet  ä  El.  4  #,  thut 
128  .^;«  1723,  II.  W.  n.  Michaelis  (Dezember  12 — 18):  »An  C.  M.  Müllern 
für   die   Althardecke   und    Schemeldecken    zu    sticken    gegeben   und   zwar   für 


DIE  MARIENKIRCHE.  44 1 

30  V2    Kl.    ;i    5     /;  ,    tluit     1  5  2  V-'    -§■ ,    hierauf    luilt    sie    in    der    4.    Worhc    luicli 
Mich.   empf.    60    fi,   heute  den   Rest   9272    •^.« 

Ein  Kircheninvenhir  von  1581')  verzeichnet  folgende  nicht  mehr 
vorhandene  Stücke: 

1.  »Eine  liste,  so  nicn  ujipe  de  teste  unune  dath  hoge  altar  gebruketh, 
darujip  an  sultVer  und  vorguldeth  wycht  6  niarck  lodych  6  lodth  '/-  (|uentin. 
Anno  1543  van  der  karcken  getugeth  und  vorbetert,  kosteth  summa  de  \  f)r- 
beteringe  148  ^  15  |5'.«  Das  Wochenbuch  bestätigt  diese  Angabe  durch 
folgende  Eintragung  des  Werkmeisters  Lorenz  Johannsfen  unter  1543,  1.  W. 
n.  Weihnachten  (1542  Dezember  31  —  1543  Januar  6):  Item  l.so  letli  yck 
iith  bovele  myner  heren  vorstenderen  ene  lysten  vor  dath  hoghe  altar  maken, 
woch  6  -^  lodich  unde  6  loth  V2  cjuentyn,  yt  loth  26  |^,  is  to  gelde  165  ^ 
1 5  J5'  3  «3i;  del?i  hebbcn  my  de  vorstender  an  suher  uth  der  gervekamer 
darto  gedan  is  17  loth,  darvan  hefft  de  goldsmyt  \t  loth  angenamen  vor 
I     ^,    is     17     -^,     hirto    reß    ehme,     welker    yck    ehme    ghegeven    hebbe,    is 

148   #    15    f^'-« 

2.  »Eine  liste  um  dath  hoge  altare  anno  1549  van  der  karcken  gelde 
getugeth.«  Das  WB.  berichtet  über  diese  Anschaffung  unter  1549,  9-  W-  n. 
Weihnachten  (Februar  24  —  März  2):  »Item  des  sonavendes  noch  myt  Tomaß 
Dreyger  unde  selygen  Hynrick  Dreygers  gesellen  gerekenrh  des  smydes  halven 
to  der  altarlisten,  so  my  de  borgermester  her  Antonius  van  Stiten  bevalen 
hefft  maken  to  laten;  so  hefft  he,  sovele  de  arbeyt  belanget  to  makende  unde 
myt  mynem  golde  to  vorguldende,  vordenth  is  30  ^.  Item  so  is  darup  vor- 
guldet,  dat  ick  darto  gedan  hebbe,  12  engelott^)  unde  i  Hinricusnobel,  is 
to  gelde   56  ^   12    j^'. « 

3.  »I    vorhanck  tho  dem  hogen   altare  van    i    gülden  stucke.« 

4.  »I  vorhanck  van  roden  sampt  thom  hogen  altare.«  Im  Rechnungs- 
buch der  Kirche  von  1529 — 60  heißt  es  (Bl.  87)  zu  1533:  »Item  6  rode 
hilgenmantels  flowel  myt  gülden  Sternen  besticket  gedan  Lauentio  to  eynem 
vorhengelse  tome  hogen   altare.« 

Meßgewänder. 

Von  den  überaus  zahlreichen  liturgischen  Ge\\ändern  der  Marienkirche 
aus  katholischer  Zeit  haben  sich  nur  wenige  Reste  erhalten.     Es  sind: 

I.  Der  prächtige  gelbe  rotdurchwirkte  Seidenbrokatstoff  eines  alten 
Meßgewandes.  Das  Muster  zeigt  zwischen  dicht  verschlungenen  Ästen  ab- 
wechselnd Blüten  und  drei  ineinandergeschlungene  Ringe  mit  strahlenden  spitz 
geschliftenen  Edelsteinen.  Der  Stoff  ist  1760  aufs  neue  zu  einem  Meßgewande^) 
verarbeitet,  das  mit  einer  schmalen  Silberborte  eingefaßt  und  auf  dem  Rücken, 
ebenfalls  in  Silber,  mit  dem  Namen  -in-  inmitten  eines  Strahlenkranzes  bestickt 
ist.      Kulturhist.   Museum    1893/81. 

Das  Vorsteher-Protokoll  1713— 1832  berichtet  (Bl.  58):  »1760  Okt.  5 
ist  von  den  auf  dem  Wercksahl  hegendes  (!)  von  Brocade  Meesgewandt  ab- 
genomen,    wovon    ein    neues    verfertiget   und    am   Altar   geliefert,    welches    mit 


1)  Rentebuch    1 581  — 1647,   Bl.    250. 

'•')  Goldmünze  mit  dem  Bilde  eines  Engels;  sie  galt  1546  4  ^  4  /3,  1579  4  ^  10  /J; 
Schiller  und   Lübben,   Mittelniederd.   Wörterb.   I,    S.   663. 

^)  Der  Gebrauch  der  Meßgewänder  wurde  in  Lübeck  mit  dem  Pfingstsonntage  1791 
abgeschafft. 


442  DIE  MARIENKIRCHE. 

neu  silbern  Canten  gezieret  und  ausgewircket,  so  durch  Wittwe  Brunsche  für 
9  "^  gemacht  worden.«  Außerdem  wurden  dem  Hauptbuch  zufolge  1760 
Dezember    15    an    »H.    Vorsteher   Wöhrmann    wegen    Meßgewand  (!)    bezahlet 

51   #•« 

2.  Ein  zu  einer  3,45x0,78  m  großen  Decke  zusammengestückter 
gelber  mit  rotem  Granatapfehiiuster  durchwirkter  Seidenbrokatstoff  und  ein 
gleicher,  ganz  ähnlich  gemusterter,  zu  zwei  sackförmigen  Schemelüberzügen 
verarbeiteter  Stoff.  Der  Decke  sind  die  je  von  einem  aus  breiten  Gold-  und 
Silberstreifen  geflochtenen  Ringe  umrahmten  gestickten  Wappen  der  Familien 
von  Wickede  (vgl.  S.  359)^)  und  Dartzow  (auf  goldenem  Felde  ein  schwarz- 
weiß geschachter  Schrägen,  dessen  oberer  Winkel  einen  Mannesrumpf  mit  Kopf- 
binde einschließt)  aufgenäht,  während  von  den  beiden  Überzügen  der  eine  das 
von  Wickedesche,  ^)  der  andere  das  Dartzowsche  Wappen  inmitten  einer  gleich 
ihnen  aufgenähten  goldgestickten  Dornenkrone  trägt.  Die  Stoffe  sind  zweifellos 
von  dem  1501  gestorbenen  Bürgermeister  Hermann  von  Wickede  und  dessen 
Ehefrau  Mathilde  geborene  Dartzow  (vgl.  S.  424)  gestiftet.  Kulturhist.  Museum 
1893/833— c. 

Dem  Kircheninventar  von  15S1  zufolge  befanden  sich  u.  a.  in  einem 
Schranke  beim  Hochaltar  »ein  missegewanth  van  einem  golden  stucke, 
daruffe  der  Wyckeden  und  Daßouwen  wapen«  und  in  der  Gerwekammer 
»2  diackenrocke  van  rodem  geblomden  sampth  myth  i  golden  grunth, 
2  alffen,  2  omytten,  2  stolsye,  (!)  3  armbande  under  Wyckeden  und  Daßowen 
wapen;«   Rentebuch   1580 — 1647,  Bk    250,    252. 

3.  Als  Schmalseiten  sind  den  beiden  eben  angeführten  Schemelüber- 
zügen je  zwei  60  cm  hohe  und  14  cm  breite  schön  gestickte  Streifen  eingesetzt, 
die  wahrscheinlich  ursprünglich  als  Besatz  einer  Kasula  gedient  haben.  Sie 
zeigen  untereinander  je  zwei  Heilige  unter  einem  von  seitlichen  Säulen  ge- 
tragenen geschweiften  Krabbengiebel  vor  einem  architektonischen  Hintergrund. 
Die  Heiligen  sind: 

a)  Maria  mit  dem  Kinde  und  ein  Heiliger  mit  unkenntlichem  Attribut. 
Zu  den  Füßen  der  letzteren  Figur  ist  ein  Wappenschild  aufgenäht, 
von  dem  jedoch  nur  der  Goldgrund  erhalten  ist. 

b)  St.  Barbara  und  ein  an  das  St.  Patroklusgemälde  (S.  321)  erinnernder 
geharnischter  Heiliger  mit  übergehängtem  Mantel.  Die  Tartsche 
an  seinem  linken  Arm  zeigt  auf  rot-weiß  geviertem  Grunde  einen 
goldenen  Löwen. 

c)  St.  Anna  selbdritt  und  der  Evangelist  Johannes.  Ein  zu  unterst  auf- 
genähter Wappenschild  stellt  auf  Goldgrund  einen  aus  grünem  Schild- 
fuß wachsenden  roten  Löwen  dar. 

d)  St.  Katharina  mit  dem  Rade,  jedoch  ohne  Schwert,  und  St.  Georg, 
der  das  Schwert  gegen  den  Drachen  schwingt  und  in  der  Linken 
eine  Tartsche  ohne  Wappenbild  hält. 


')  Die  unlere  Schildhälfte  zeigt  jedoch  grünen   statt  des  sonst  üblichen  blauen  Grundes. 


DIE  MARIENKIRCHE.  443 

Das  schon  erwähnte,  1697  \()n  Thomas  l'^riedenha^en  »geschenkte 
Meßgewand  (vgl.  S.  440),  welches  vorne  das  übliche  Gabelkreuz  zeigt,  ist 
mit  dem  gleichen  Rankenwerk  wie  dessen  Altarvorhang  eingefaßt.  Den  ganzen 
Rücken  bedeckt  Stickerei  in  gröberer  Ausführung.  Zu  oberst  ist  der  Name 
lESVS  in  einer  ovalen  Glorie  angebracht,  die  von  einem  abwechselnd  mit 
Engelsköpfen  und  Sternen  besetzten  VVolkenkranzc  umgeben  wird;  in  der 
Mitte  halten  zwei  schwebende  luigcl  mit  Palmcnwedeln  einen  Lorbeerkranz, 
der  ein  flammendes  Herz  umschliel.U;  zu  unterst  sitzen  zwei  Tauben  auf  zwei 
gekreuzten  Palmwedeln.      Kulturhist.   Museum    1891/S0. 

Gotteskasten. 

Die  Kirche  besitzt  drei  Gotteskasten  aus  vorreformatorischer  Zeit,  näm- 
lich zwei  mit  schweren  Eisenbändern  dicht  beschlagene  hölzerne  Truhen,  deren 
eine  im  16.  und  17.  Jahrhundert  als  »de  buwkiste,  so  by  der  doepe  steit,« 
oder  ähnlich  bezeichnet  wird,  und  ein  viereckiges  kleines  eisernes  Kästchen, 
das  von  alters  her  neben  der  hölzernen  Bildsäule  mit  der  Goldmulde  angebracht 
(s.  Abb.   S.   312)  und  wohl  gleichzeitig  mit  ihr  gefertigt  ist. 

Totenbahren. 

Die  Tragebalken  sind  aus  Eschenholz,  das  übrige  aus  luchenholz.  Der 
Grund  ist  schwarz  gestrichen,  die  Verzierungen  jedoch  bunt  bemalt  und  meist 
mit  spärlicher  Vergoldung  versehen. 

1.  Mittelgroße  Bahre.  Die  2,98  m  langen  Tragebalken,  deren  einer 
außenseitig  die  eingeschnitzte  Jahreszahl  1639  zeigt,  enden  in  Knäufen;  an 
einem  derselben  hat  sich  ein  vorgesetzter  Engelskopf  ^)  erhalten.  Den  Füßen 
sind  Hermenpilaster  vorgelegt,  neben  denen  in  barockem  Schnörkelwerk  aus- 
gegründete Zwickel  eingeschoben  sind.     Kulturhist.   Museum    1893/217. 

Das  WB.  enthält  unter  1639,  3.  W.  n.  Neujahr  (Januar  13 — 19): 
»Donnerstag  Hans  Goetken  unsen  Kirchenmahler  für  eine  neuwe  Todtenbahre 
anzustreichen  und  die   Bildecken   daran   vorguldet  geben   7   -^.« 

2.  Einige  Jahrzehnte  jünger  ist  eine  Kinderbahre  mit  2,56  m  langen 
Tragebalken  von  obiger  Form.  Neben  den  Hermenpilastern  der  Füße  sind 
je  zwei  halbgroße,  unter  der  Last  eines  barocken  Schnörkels  vornübergebückte 
Putten  angebracht.     Kulturhist.   Museum    1893/218. 

3.  Große  Bahre.  Die  4,98  m  langen  Tragebalken  endigen  in  Tier- 
köpfen. Die  Füße  schmückt  außenseitig  Band-  und  Blattwerk,  das  die  zu 
einem  Monogramm  vereinigten  Buchstaben  HSK  umschließt;  auf  ihrer  Innen- 
seite ist  ANNO  1716  eingeschnitzt.     Kulturhist.  Museum   1893/216. 

4.  Große  Bahre.  Die  5,32  m  langen  Tragebalken,  auf  deren  einem 
ANNO  1734  eingeschnitten  ist,  endigen  in  Engelsköpfen.  Den  Füßen  ist 
Rokokoblattwerk  mit  den  Halbfiguren  zweier  schwebender  Engel  und  darüber 
die  Kirchenmarke  vorgesetzt.     Kulturhist.  Museum   1903/150. 


1)  1697,  12.  W.  n.  Neujahr  (März  14 — 20)  wurden  »Meister  Johan  Jacob  Budden  dem 
Bildlhauer  alhie  für  9  Leichbahren  mit  iS  neuen  Engelliöppffen  und  2  Bildern  zu  besetzen,  auch 
was  sonsten  an   denselben  zu  repariren  nöthig  gewesen  gemacht,   zahlt   18   ^.« 


444 


DIE  MARIENKIRCHE. 


5.  Große  Bahre.  Die  5,20  m  langen  Tragebalken  mit  dem  einge- 
schnittenen Datum  ANNO  1734  endigen  in  Löwenköpfen.  Den  Füßen  ist 
Rokokoschnitzwerk  vorgesetzt.     Auf  dem  Gewölbe  über  der  großen  Orgel. 

Fahnen. 

Eine  über  der  eisernen  Ankerstange  zwischen  dem  ersten  Norderpfeiler 
des  Langhauses  und  dem  benachbarten  Chor- 
pfeiler aufgehängte  dänische  Schiffs- 
flagge (Abb.),  das  älteste  überhaupt  vor- 
handene dänische  Feldzeichen,  ist  1427  von 
den  Lübeckern  in  ihrem  und  der  benach- 
barten Hansestädte  Kriege  gegen  König- 
Erich  den  Pommern  erbeutet.  ^)  Die  stellen- 
weise vermoderte  Flagge,  welche  in  der 
Länge  3,80  m,  in  der  Breite  1,42  m  mißt, 
ist  aus  drei  Stücken  groben  Leders  zusammen- 
gesetzt und  auf  beiden  Seiten  mit  den 
gleichen  Figuren  und  Wappen  in  stark  ver- 
blichener Ölfarbe  bemalt;^)  außerdem  sind 
am  äußeren  Rande  zwei  (auf  der  Abb. 
nicht  mit  enthaltene)  Quadrate  roten  Flaggen- 
tuchs in  geringem  Abstände  voneinander 
angestückt.  Das  erste,  innere  Feld  der 
Flagge,  das  um  etwa  ein  Sechstel  seiner 
ursprünglichen  Länge  verkürzt  und  jetzt  von 
nahezu  quadratischer  Form  ist,  zeigt  auf 
weißem,  schwach  mit  roten  Rosen  besätem 
Grunde  die  Madonna  und  den  mit  Pilger- 
stab und  Muschel  bezeichneten  Apostel 
Jakobus  Major.  Die  übrige  bemalte  Fläche 
wird  durch  das  8  cm  breite  weiße  Danebrog- 
kreuz  in  vier  schwarz  umrandete  Felder  zer- 
legt. Diese  enthalten:  i.  das  alte  dänische 
König.swappen ,  drei  blaue  Leoparden  in 
gold,  2.  das  schwedische  Wappen,  drei 
goldene  Kronen  in  blau,  3.  den  goldenen 
norwegischen  Löwen  mit  der  Axt  in  blau, 
4.  einen  schwarzen  Greif  in  rot,  der  entweder, 


Dänische  Schiffsflagge  von    1427. 


^)  Vgl.  H.  Petersen ,  Et  Dansk  Flag  fra  Unionstiden  i  Maria-Kirken  i  Lübeck  (Kopen- 
hagen 1882)  mit  Abbildung  der  Flagge  nach  einer  von  Prof.  Magnus  Petersen  1881  für  das 
Nationalmuseum  in  Frederiksborg  genommenen  Kopie.  Eine  weitere,  ebenfalls  1881  vom  Maler 
Ch.  P.  W.  Stolle  auf  Leinwand  in  natürlicher  Größe  angefertigte  Kopie,  die  in  der  Bürgermeister- 
kapelle aufbewahrt  wird,  liegt  der  obigen   Abbildung  zugrunde. 

^  157 1  Juli  30  wurde  »myt  dem  maier  Sylfester  fan  SwoUe  gerekent  for  de  banner  yn 
der  kercken  uptomalen   7    ^j«   WB, 


DIE   MARIKXKIRCIIK.  445 

König  Erichs  Abstammung  gemäß,  als  das  Wappentier  des  pommerschen 
Fürstenhauses  zu  deuten  ist  oder^)  den  dänisciien  Künigstitel  lex  Sclavorum« 
ausch'ückt. 

Eine  zweite  Schiffs  flagge,  die  des  Seeräubers  und  dänischen  Partei- 
gängers Martin  Pechlin,  welche  die  Kapitäne  Karsten  Tode  d.  Alt.  von 
Lübeck  und  Klaus  Went  von  Wismar  mit  heimkehrenden  Bergenfahrcni  am 
3.  November  1526  östlich  von  Kap  Lindesnäs  erobert  hatten,^)  hing  ehemals 
über  der  nördhchen  Hälfte  des  I^ergenfahrergestühls  nahe  unter  der  großen 
Orgel.  Einer  getuschten  Abbildung  in  der  Rehbeinschen  Chronik^}  zufolge 
bestand  die  Flagge  aus  sechs  abwechselnd  violetten  und  hellgrünen  Längs- 
streifen. Schon  zu  Anfang  des  18.  Ldirhunderts  waren  nur  noch  die  Stange 
und   wenige  Tuchfetzen   übrig. 

Schließlich  sind  die  Fahne  und  die  Standarte  des  lübeckischen 
Kontingentes  der  hanseatischen  Legion  von  18 13,  welche  am  19.  Oktober  18 14 
feierlich  in  die  Kirche  überführt  wurden,  an  der  Westseite  des  ersten  .Süder- 
pfeilers  aufgehängt  (vgl.  den  Lichtdruck  zu  S.  127).  Die  weißseidenen  Feld- 
zeichen tragen  auf  beiden  Seiten  das  rote  Hanseatenkreuz  und  in  den  inneren 
backen  je  einen  lübischen  Adler;  auf  der  einen  Fläche  hat  das  Kreuz  die 
L^nterschrift  (Sott  uüt  uns!,  auf  der  andern  in  seinen  oberen  Winkeln  die  Jahres- 
zahl  1813    und   die  Unterschrift   Dout)'d]Iaub   ober    üob!,    alles  in  Gold  gestickt. 

Das  Kirchenarchiv. 

L'nter  den  zahlreichen  Bänden  des  Kirchenarchivs  befinden  sich  einige 
in  gepreßte  Lederdecken  gebundene,  die  jedoch  kaum  von  kunstgeschicht- 
lichem Literesse  sind. 

ALt  bunt  gemalten  Vorsteherwappen  sind  auf  ihren  ersten  Blättern 
dreizehn  der  von  1531  — 1834  reichenden  Wochen-  oder  W^erkmeister-Rech- 
nungsbücher  geziert,  nämlich  diejenigen  über  die  Jahre  1647 — 53,  1654 — 61, 
1662—69,  1670—77,  1686—95,  1705— IL  1712—22,  1723— 33>  1734—44. 
1745 — 53,  1754 — 61,  1762 — 72  und  1773 — 88.  xA.m  sorgfältigsten  sind  die 
im  jüngsten  dieser  Bücher  enthaltenen  Wappen  ausgeführt. 

Abgebildet   sind   die  Wappen   folgender  Kirchen\orsteher: 
Bürgermeister   Dr.   Christoph   Gerdes  (zweimal)       .      .      .   Vorsteher    1641 — 61 

Ratsherr  Hermann   von   Dorne  (zweimal) --  1645 — 52 

als  Bürgermeister '-  1661 — 65 

Ratsherr  Matthäus   Rodde  sen.   (viermal) =  1644 — 69 

als  Bürgermeister =  1671 — 77 

Cordt  von   Wangers '-  1639 — 47 

Hieronymus  Prünsterer  (zweimal) =  1648 — 61 

Hermann  von  Lengerke,   seit    1654   Ratsherr  (zweimal)  .  --  1654 — 68 

Bürgermeister  Dr.   David   Gloxin =  1669 — 71 

Ratsherr  Caspar  von   Deging =  1670 — 80 

^)  Wie  Petersen,   a.  a.  O.   S.  41  ff.,   für  wahrscheinlicher  hält. 
''')   Vgl.  Hansische  Geschichtsblätter   1876,  S.  91. 
^)  Handschrift  der  .Stadtbibliothek,   S.   649. 


446 


DIE  MARIENKIRCHE. 


Thomas  Plönnies Vorsteher   1668 — 78 

Matthäus  Rodde  jun =  1670 — 74 

Bürgermeister  Johann   Ritter -  1689 — 1700 

Ratsherr  Dr.   Heinrich   Balemann  . =  1682 — 93 

Anton   Brandes =  1676 — 88 

Thomas   Friedenhagen,   seit   1692    Ratsherr  (zweimal)      .  =  1681  — 1709 

Bürgermeister  Dr.   Anton  Winckler -  1701 — 07 

Ratsherr  Gerhard   Ritter  (zweimal) =  1689 — 17 17 

Jakob  Hübens,   seit   17 15   Ratsherr  (dreimal)    ....  =  1699 — 1731 

Bürgermeister  Johann  Westken --  1707  — 14 

Adolf  Brüning =  17  12  — 14 

Bürgermeister  Adolf  Matthäus  Rodde =  171  7  —  29 

Nikolaus   Carstens,   seit    1728   Ratsherr  (zweimal)  ...  =  17  18 — 35 

Dietrich  Fritzmann =  1724 — 28 

Bürgermeister  J.   U.   L.   Heinrich   Balemann  (dreimal)      .  =  1730 — 50 

Diedrich  Jürgen  Qualmann =  17 33 — 44 

Christian  David  Evers =  17 33 — 4° 

Ratsherr  Hermann  Woldt =  1736 — 48 

Hermann  Brüning,   seit    1749   Ratsherr =  ^743 — 60 

Johann   Gerhard  Fürstenau,   seit  1749  Ratsherr  (zweimal)  =  1748 — 54 

Ratsherr  J.   C.  Johann  Friedrich   Carstens  (zweimal)  .      .  =  1748 — 50 

als  Bürgermeister =  1758 — 61 

Bürgermeister  Heinrich  Rust  (zweimal) =  1750 — 57 

Hinrich  Wöhrmann  (viermal) =  17  5° — 85 

Ratsherr  Johann   Caspar  Ausborn =  1756 — 61 

Ratsherr  Heinrich  Diedrich  Balemann -■  1760 — 61 

Nikolaus   Barward  Mentze  (zweimal) =  1761 — 63 

Bürgermeister   Daniel   Haecks  (dreimal) =  17  61 — 78 

Ratsherr  Johann   Christoph   Plesfing  (zweimal)  ....  --  1761 — 73 

Ludwig  Philipp   Roeck  (zweimal) =  1764 — 9^ 

Ratsherr  Wilhelm  Carl  Krupp --  17 73 — 74 

Ratsherr  Joachim  Matthäus  Lütkens ■    =  17 74 — 7  7 

Gotthard  Friedrich   Carstens =  ^777 — 80 

Bürgermeister   Georg  Wilhelm   Detharding =  1778 — 82 

Ratsherr  Anton   Diedrich   Wilcken =  1780 — 90 

Bürgermeister  Joachim  Peters =  1783 — 88 

Johann  Nikolaus  Weltner =  1786 — 1802 

Als  Maler  der  vier  Wappen  des  1686  angelegten  Wochenbuches 
(Ritter,  Balemann,  Brandes,  Friedenhagen)  wird  Johann  Hinrich  Schwartz 
genannt,^)   während   von    den   zehn  Wappen  des  jüngsten  Wochenbuches  vier 


*)  »Noch  habe  vorn  in  diesem  Buche  altem  Gebrauch  nach  der  jetzigen  Herrn  Vorsteher 
Wappen  lassen  machen,  darvor  Hanß  Hinrich  Schwartz  zahlt  4  ^;«  WB.  1686,  3.  W.  n.  Neujahr 
(Januar  10 — 16).  »Johan  Hinr.  Swartze  Maler«  war  1682  Mai  4  Bürger  geworden;  St.-A., 
Bürgermatrikel. 


DIE  MARIENKIRCIIH. 


447 


aus  dem  Jahre  1773  (Haecks,  Krupp,  Wöhrmann,  Roecks)  und  eines  aus  dem 
folgenden  Jahre  (Lütkens)  vom  Konterfeier  und  Porträtmaler  Johann  Philipp 
Bleiel,  ^)  die  fünf  letzten  1779 — 1787  von  »Friese«  verfertigt  sind.^)  Die 
übrigen  Wappen  scheinen,  da  sie  in  den  Wochenrechnungen  nicht  aufgeführt 
werden,  von  den  jeweiligen  Kirchenmalern  herzurühren  und  unter  den  Jahres- 
rechnungen dieser  Handwerker  beglichen  zu  sein.  Als  Kirchenmaler  an 
St.  Marien  sind  für  den  betreffenden  Zeitraum  nachweisbar:  Hans  Goetke 
(1639 — 50),  Jochim  Hagen  (1650 — 52),  Gebert  P'ajen  (1653/54),  Kort 
Eßegern  (1654 — 68),  Jürgen  Kunkel  (1669 — 76),  Jochim  Dencker  (1677 — 86), 
Anton  Wortmann  (1689 — 1727),  Jürgen  Hinrich  Rave  (1628 — 38),  Johann 
Gottlieb  Alexis  (1639 — 41)  und  Berend  Watzen  (1742 — 73). 


')  Johann  Philipp  Bleiel,  der  1756  Februar  28  zum  Freimeister  zugelassen  wurde  und 
1775  starb  (St.-A.,  Malerakten),  erhielt  1773  September  20 — 26  für  die  vier  ersten  Wappen  24  ^, 
und    1774  März    14 — 20  für  das   letztere  6   ^. 

^)  Friese  erhielt  1778  Juli  13 — 19,  1779  April  12  — 18,  1781  Januar  8 — 14,  1784 
März   15 — 21  und   1787  November   12 — 18  für  diese  Wappen  je  6    ^. 


Das   »steinalle  Männchen« 
(vgl.  S.  316). 


Personen  -Verzeichnis. 


Abkürzungen:    BM  =  Bürgermeister,    RH  =  Ratsherr. 
Ehelrauen   sind  ohne  Rücksicht  auf  die  alphal^etische   Reihenfolge   der  Vornamen   liinter  ihren 

Ehemännern  aufgeführt. 


deren   Wappen 


241. 
207. 


Achelitis,  J.,   ('ilasermeister    177,    184. 
Acken,   v.,    Dorothea   325. 

=     Hinr.    325. 

=     Thomas   325. 
Aebell,    David,   Organist   60. 

Herrn.,   Organist   60. 
Albert    IL    (^Suerbeer),     Krzbischof    \on 

Riga    15  5; 
Aldach,   Martin   431. 
Alen,   V.,    Famihe   335 
187. 
■-     Eberh.,    RH 
=         '     Eberh.    166, 

'-     Holt,   RH    166  f. 
--     Nikol.    166,    207. 
Alexis,  Joh.   Oottl.,   Maler   447 
Allen,   V.,   Herrn.,   BM   338. 

Sophie   338. 
Altwein,   Aug.,   Maler   89. 
Angermann,   Hans    ig6. 
Apengeter,   Hans,   Gießer   239, 
Arens,    David    163. 

Margaretha,   Meisterin  im  Heil. 
Geist-Hosp.   485. 
Simon    95. 
Katharina   95. 
Attendorn,   v.,   Familie   335. 

'.  -      Volmar    15. 

Ausborn,  Joh.   Caspar,   RH    247,   446. 


B. 


241. 


Bade,  Kerstian   211. 
Baexs,  Joh.,   Notar   313. 
Bagge,  Joh.   Friedr.    104. 


0"    1643) 
446. 

379, 

446. 


Balemann,  Alb.,  Tastor  334. 
Heinr.,  Dr. ,  "  RH 
330,  369  f.,  376, 
Heinr.,    BM    (f    1750) 

43O'   446,    487- 
Heinr.  Dietr.,  BM  380, 
Bardewich,   v.,    Alb.    204. 
Barsdau,  Hinr.  1  )iedr.,  Werkmeister  36  f. 
Bartels,    Dietr.,   RH    366  f. 

Engel   geb.   Poorten   367. 
Agneta  geb.   Siembsfen   367. 
Basedow,    Dietr.,   RH   41,   49. 
Bauer,   Ferd.,   Vergolder   76. 
Bauert,   Barthold    104. 
Beckemann,   Hans,   Maler   52. 
Becker,  Joh.   Herm.,   Pastor   380. 
Beermann,   Ulr.    65. 
Behncke,   Stephan   Hinr.,   BM    104. 
Beisner,   Christian   65,    104. 
Beke,-  v.   d.,    Bernt   24. 
Belhngkhoff  (Belckhaven),  Ant.,  Krämer 

60,    81,    93. 
Katharina  81. 
Ben,   Hans,   Schifter   320. 
Bengellstorpp,   Jochim,   Maler   105. 
Benneke,  Jasper,   Kronengießer  408. 
Benning,   Alb.,   Ratsgiei^er   433. 

(Benengk,   Benneckhen),   Mat- 
thias,   Ratsgießer    108,    136, 
412,   437  f- 
Benser,   Arn.   Gottfr.    104. 
Berck  (Barck),  Tidemann,  BM  130  169, 
177,  192,  200,  289,  335, 
394,     481,     486,     494; 
Wappen    130. 

32* 


500 


PERSONEN-VERZEICHNIS. 


Berck    (Barck),    Elisabeth    geb.    Möller 

1/7.    200,    394  f. 
Bere,    Heileke   360. 

=       Joh.,   BM  (-r   1451)  335- 

-       Joh.  (t    1457)  335. 

.       Joh.,   RH  (t   1508)  335. 

=        Luder,   RH    233,    335,    388. 
Berg,    Hans   Jürgen,    Goldschmied    98, 

431- 
Berskamp,  Joh.    33,    30. 
Bevenrodes,   Anna   431. 
Beyer,    Hinr.,   Mauiermeister    25,    43. 
Biester,  F.  B.,  Werkmeister  32,  31:),  71. 
Bilderbeck,   Herrn .    104. 
Black,  Matthias,  Konterfeier  334,  358!'., 

361. 
Bleiel,  Joh.    Phil.,   Konterfeier   446. 
Blohm,  Jürgen    104. 
Blom,   Luder,   Töpfer    174. 
Blomenrod,   Nikolaus   335. 

'-  Tidemann    160,    335. 

Rixa    geb.    v.    Alen    166  f., 

184.    ö'^l^- 
Boetke,   Hans,   Maler   105. 
Böhme,  Joh.   Georg,   BM    104. 
Böckmann,  Joh.,   Fastor   332. 
Boldt,   Heinr.   Friedr.,   Tischler   57. 
Bolte,   Herder   209. 
Bom,   Marquard    15. 
Bomhauer,   Bernt,   RH   407. 
Bone,  Joh.,   Kaufmann    225  f. 
Bonhorst,   Detlef  188. 
Bonnus  (Bonnius),   Arnold,  BM  75,  92, 

97,    103,    311- 
■'         Herrn.,   Superintendent   337. 
Bording,  Jakob,    Dr.,   BM   348,   412. 
Börm,   H.   N.,   Stadtbaumeister    142. 
Bornefeld,  Matthias,  RH  80,   103,  299. 
Boy,   Diedr.  Jürgen,  Bildhauer  53,  302, 
421. 
=       Joh.    Dan.,    Bildhauer    243. 
Boye,   Matthias,    Vikar    17. 
l>oystorp,    Conr.,    Priester    16. 
Hranderus,   Christian,   Tischler   301. 
Brandes,   Ant.    245,   446. 
Brant,   Konrad   466. 
Brawe,   Hans   30,    31. 
r>remer,    Heinr.   d.   Alt.   (f    1636)    163, 
266,    m>   400,    420. 
=  Elisabeth    geb.    Paschen     266, 

333,   400,   420. 
Heinr.  d.  Jung,  (f   1684)  2>IZ- 
Anna  geb.    Bartels    2)ZZ- 


Brekewold,   Conr.,   BM    19,    21. 

Brettschneider,   F.   E.,   Gelbgießer  47. 

Brokes,   Hinr.,   BM  (j  1623)  103,  350. 

Hinr.,    Dr.,    BM   (f   1773)  104, 

380. 

(Brockes^  Joh.,   BM   103,  276, 

399-   431- 
■'  ■-  Katharina  geb.  Köh- 

nen    399. 
Otto,    BM    103,    356. 
Broling,  Joh.,    RH    18,    2^5. 
Ih-ömbse,  v.,   Dietr.,  RH  (j   1508)   288. 
■■     Margaretha  geb.  Bere  288, 

364- 
=     Dietr.,  RH  (f  1638)  254, 

354- 

»     Dietr.,  RH,  später  Reichs- 
hofrat (f    1671)    162. 

--     Gotthard,    RH    356,    364. 

'-     Heinr.,   Dr.,  BM  (f   1502) 

345- 
=  ■-     Elisabeth     geb.     Westphal 

345.    364- 
«     Heinr.,  RH  (t  1563)  288, 

338. 
=  =     Heinr.,   104. 

=     Nikolaus,   BM   345. 

=     Margarethageb.  Berck  345. 

=     Wappenbeschreibung   189, 

354- 
Brügen,   v.   d.,    ^L^gdalena   487. 
Brüggen,  v.  d.  (^de  Ponte),  Gotfried  466. 
:    -      :         -.        Siegfried,  RH 
466. 
Brüning,    Adolf,    RH   (v    1702)   374. 

Adolf,  Kaufmann  (j  I714)  46, 


f.,    10 


i74,    434.    44^'- 


Herrn.,   RH   247,    254,   446. 
=  Nikolaus    22,    104  f. 

Anna   Magdalena    22. 

Wappenbeschreibung   374. 
Bruns,    Beruh.    487. 
Bruscowe,  Joh.    209. 
Brusewindt,    G.    F.,   Bildhauer   236  f. 
Buchwald  (Bocwolde),  v.,    Detlef,   Ritter 

203. 
Bück,    Hans,    Zimmermann    109. 
Bücken,   v.,    Herm.    12. 
Budde,  Joh.  Jak.,    Bildhauer   443. 
Buesch,   Klaus,   Töpfer    174. 
Buffgen,   Kilian,    Konterfeier   61. 
Bulle,   Gerd,   Tischler    248. 
Büneckau,    H.    (;.,    Dr.,    BM    169. 


PERSONKN-VERZP.ICHXIS. 


501 


lJurckart,    Ciottsclialk,    (  )rgell)aucr    60   f. 
lUirdeer,   Matthias,   JJcrgenfahrer   314. 
llurghardi,   Adde   Beruh.,   Pastor   78. 
lUisk,   Hans,   Kleinschmidt   50. 
üusinck,    Baltzer,    Kujiferschmidt    115. 
lUisuKin,    Anch.,    RH    ^(j.S. 

Ccrtrud  geb.  Meßmann   398. 
Müsse  lien,    \.,    Maria   363. 
liutepage,    Hans,    163,    285. 
l'.uts  (Biitten\    Dorothea,    MeistcMin   im 

HeiL-(ieist-Hosp.   485  f. 
Buxteluide,    Familie    286. 

C   siehe   K. 

D. 

Hahms,  J.    H.,    Stuhlmacher   302. 
I  )ale,    xiim,    (lerh.    15. 
Damert,    Hinr.,   Steinhauer    1 1 3  f . 
Darssow,   Familie    132,    335. 

Joh.,    RH    210,    305. 
Dassel,   v.,   Alb.,   RH   355,   357. 

'-     Katharina  geb.  Plönnies  357. 
Dax  (Dakes),    Michel,    Maler    48,    105, 

117,    346. 
Deging,  v.,  Caspar,  RH  36=;,  403,  445. 
Dehling,    David    487. 
Maria   487. 
Dehnal,   Jost,    Konterteier    81 — 84,   8q, 

3-5'    3o8.    340.    o'^^o- 
Dencker,   Jochim,    Maler   447. 
Detl)arg,   Lor.,    Goldschmied   98. 
Detharding,  Georg  Wilh.,  Dr.,  BM   104, 

446. 
Dettcn,    y.,    Anna    363. 
Dieck   (Dieke),    vam,   Joh.,    RH    75,  95, 

T03. 
Diemant,    Ant.,   RH   49. 
Dietrich   (Arndes\    Bischof  von  Lübeck 

257-    322,   460. 
Dietz,  Jochim,   Goldschmied   430,  487. 
Dinningh,   Ludeke    163,    208. 
Dinxlaken,    \.,    Daem   313. 
F)ivach,   Joh.    487. 
Dives  (Divessen\    Hinr.    166. 

(Divitzen),    David,   BM    166. 
Wap])enbeschreibung    189. 
Dobberan,    Hinr.    Glockengießer  440. 
1  )orendörp,    Hans,   Maler    105,    118. 
Dorne,   v.,    Herrn.,    BM    (r    1594"^   343, 

37  5- 
=      Herrn.,    RH   [;]-    1607)    344, 

375- 


Dorne,    \.,    Ilcrm.,    B.M    1  v    1665")   356, 

3  .S ' ' .    3  7  5'    437'    445- 
Herm.    Hinr.    376. 
Hieron.,    Ü.M   370,    374  ft". 
=      Konr.,    RH    367  f. 

Kathar.  geb.  Clcncke  3(17  f. 
Luder  416. 
=  =      Wa|)penbes(hreibvmg    343. 

Ddrtinund,    v.,    Hinr.    16. 
I  >rc\  cn>tede,    Georg,    Pastor   88. 
Dre\er,     ücnedikt,     lÜIdschnitzer     191, 
312  f.,    408. 
=  Joh.  Hcinr.,   UM    -,2,   77,    104, 

401 . 
=  Kristina  geb.   Langlotzen    401. 

Dreyger,    Hinr.,    Goldscjnnied    441. 

'J'homas   441. 
Dubbe,   Herm.   91. 
Dudessche,   Tidemann    242. 
Dürkop,   Konrad,    BM   von    Riga    336. 
Düsterhop,    Katharina    357. 
Duvensee,    Hinr.    31. 


E. 

Fxkhoff,    Herm.,   Seidenkrämer    236  f. 

Dorothea  geb.  Bulmering  236  f. 
Eggers  (Eggerdes),    Hans,    >raler    117, 

245- 
FMcksmann,    Herm.    486. 

Eiseier,   Benedix,   Maler   62,    90. 

Elers,   F5arthol.,    Domherr    213. 

Elleroht,    Herm.    Andr. ,    Bildhauer    62, 

300  f. 

Elpen   i^Lennepen),   v.,   Caspar   330. 

=  =  =     Hans   414. 

<  =  =     Hinr.    414. 

=     Jasper  414. 

FLmsinckhotl',    Jürgen,    ^^'erkmeister    34, 

97.    113- 
Engelke,   Martin   480. 
Engels,   Pontius,   Kleinschmidt    7,7,. 
Erasmi,   Christoph   Anton,   Pastor   77. 
Escher,   Gottschalk,   Maler   75. 
Eskenborch,  Joh.,   Prediger    100. 
Essegern,   Kord,    Maler  173,   247,  447. 
Essen,   v.,   Hildegund   360. 
Evers,   Christian   David   446. 

Tonnies  d.   Alt.,   Tischler   65. 
:        Tonnies    d.    Jung.,    Tischler    55, 
61,   63,   65. 
Evinghusen,   Tidemann   345. 
IMargaretha   345. 


;o2 


PERSONEN -VERZEICHNIS. 


Paasch,  J.   J-   H.,    Goldschmied   425. 
Fajen,   Gebert,   Maler   447. 
Ficker,   Gh.    G.,    Graveur   40g. 
Finsten,   v.   d.,   Reyner    196. 
Fischer,   Hans,   Goldschläger   ^t,. 
Floht,   H.  J.,   Goldschmied   428. 
Flor,  Martin,  Werkmeister  242,  435,  43g. 
Florian,  J.   Ch.    B.,   Tischler   302. 
Focke,  Herrn.,  RH  (v  1701)   162,   230, 

37  3- 

Herrn.,  kaiserl.  Resident  (y  1731) 
162. 
=        Hinr.,  Dr.  jur.   374. 

Wappenbeschreibung   373. 
Förster,  J.   L.   W.,   Maler   330,    381. 
Frese,   Bernh.    103. 

Hans,   Bildhauer   244,    376. 
Joh.    203. 

Rumbolt    243,    277  f. 
Freudenberg,  Jakob   d.   Alt.    18,    22. 

Jakob   d.  Jung.    22. 
Friedenhagen,     Thomas,     RH     200  ff., 

244,   440,   443,   444. 
Friese,   Maler  (.^)  446. 
Fritzmann,    Dietr.   446. 
Frölich,  Joh.   Christian,    Dr.    57. 
Fruchtenig,   Korth,   Maler   316. 
Füchting,  Joh.,    RH    244,    254,    353  f., 
420. 
=  Margar.     geb.     v.     Lengerke 

353>   420. 
Funk,  Joh.   Aegidius,   Pastor   426. 
Fürstenau,    Joh.   Gerh.,    RH    254,    446. 

G. 

Gähd,    Joh.   Benj.,   Maurermeister    185, 

188  f. 
Gallin,    Herrn.,   BM    167  f.,    206. 
Gättens,  Joachim,   Tischler   202. 
Gehren  (Gerden),  v., -(Tregor,  Maler  55, 
ig2,    194. 
=     Moritz,  Maler   48, 

55-    192- 
Genzier,  Martin,   Architekt   140. 
Gerdes,   Christoph,   Dr.,  BM   246,  35g, 

402,   437,   445. 
Gerken,  Joachim,   BM   336. 
Gerwer,  Joh.,   RH   30. 
Getelen,  v.,  Hans  313. 
Gewerdes,  Familie   7g. 
Geysmer,  v.,  Joh.    162,    205. 


Ghoer,   v.,   Nik.    Konr.   431. 
Glandorp,   Joh.,   RH   346  f.,    405,  416. 

Anna  geb.    Seling   364. 
Glashagen,   Ant.    313,    318. 
Gloxin,   David,    Dr.,    BM    103,    445. 
Goetke,   Hans,   Maler   443,    447. 
Goldoghe,  Joh.    204. 
Gösselke,   Adam,   Wirt   8g. 
Göttinck,   Herrn.,   Bergenfahrer   327  f. 

Anna   327. 

Elsabe   328. 
Götze,  Georg  Heinr.,  D.,  Superintendent 

334- 

Joh.,   Prediger   478. 
Goyleke,   Hinr.   304. 
Grabau,   J.,   Architekt    384. 
Grahl,  Joh.   Mich.,   Maurermeister   43. 
Grale,   v.,   (lerh.   453. 
Grammendorp,   Familie    283. 
Grawert,   Fritz,   RH    7g. 
Green,   Friedr.,   BM    104. 
Grentzin,   Cierh.,   RH   qi. 
(jreve,  J.   AV.,   Portratmaler    225. 
Greven,   v.,   Bernd,   Werkmeister   22. 
Greverade,    Adolf,    Domherr   321  f. 

Adolf  171,    211. 

Hinr.    171,    211,    321  f. 
Grimmolt  i(rrymmolt),   Hinr.    166,   211. 
Gripeshorn,   Anna    211. 
Gröger,   PYiedr.   Karl,   Maler   381. 
Groneman  (Groman),  Kasten,  Tischler  54. 
Gronowe,   Arn.    164. 
Groot,   Bernh.   Lor.,   RH    104,    108. 
Grosch,    H.    F.,    Küster    roi. 
Grote,   Albert    17,    22. 

Martin   4g8. 
Grothe,   Lorenz   410. 
Grude,   Nik.,   Erzgießer   232  f. 
Gruter,    Hinr.,   RH   3g 7. 

Dorothea  geb.   Dives   3g7. 
Gruwell  (Grüell),   (ieorg,   RH    70,    103, 
105,    113. 

=  Anna   70. 

(iütschow,    Carl   Abraham    104. 


H. 

Hacheden,  v.,  Hinr.,  RH  (f  1403)  335. 


Hinr. 


15' 


-.     Hinr.,  Dr.,  RH  (r  1473) 

20g,   335. 
'     Hinr.   d.  Jung.    202. 
Hacks,   Elisabeth    165. 


PERSONEN- VERZEICHNIS. 


503 


Haecks,    Dan.,    WM    104,    446. 
Hagedorn,    Aug.    Friedr.    104. 

lleinr.    103. 
Hagen,    Peter,   Dr.,  Syndikus   204,  348. 

Klisal).    geb.    I''al)ricins    34S. 
Hagen,   jorliini,    Maler   447. 

J.    L.    L.,    Tiscliler   302. 
Hagennwer,    Anl.    245,    292,   311,  327. 
Hake,    Ant.    103. 
Hakeborn,    Alb.    213. 
Haleholtsche,    Anna    375. 
Hamelen,   v.,   IJertold    246. 
Hamer,  Job.,    RH   466. 
Hamerden,   v.,  Jak.    162. 
Hanneken,   Balth.   (lerh.,    Pastor  334. 
Meno ,     D.,    Superintendent 

334- 
Hanneman,    Hans,    Perlensticker   440. 
Harms,  Job.   Heinr.    183. 
Harmsen,  Job.   Herm.,    Pastor  381. 
Hartig,   Job.    ^hittb.,    Pildbauer   46. 
Hasfe,  Job.,   (loldscbniied   429. 
Job.,   Kaufmann,    1S3. 
Job.   Priester    17. 
=        Nikolaus    i  7 . 
Hassenberg,  Hier.  Jak.,  Steinmetzmeister 

7  7'    377- 
Hauttmann,   J.,   Maler    182. 
Havemann,  Timm,  Krcämer   70,  84,  04. 
Heidensfeldt,   Paul    ig 2. 
Heise,    Godeke    18. 
Heiseker,   Bartbol.    172,    382  f. 
Heittmann,     Hans,     Dacbdeckermeister 

115- 
Helms,   Adam,    Pastor   87. 
Helrastede,   Markus   410. 
Hehvicb,   Peter  418. 
Hembsen,   v.,    Hans,    Maler   353. 
rientelmann,   Hans,   Orgelbauer   62. 
Hereke,   v.,   Peter   206. 
Hering,   Arendt    104,    108. 

Bartold,    Organist    242. 
Hertze,   Job.,   BM  494. 
Hesse,  Job.,   Pastor   76. 

=        Job.,   Prediger   427. 
Hiddinckbusen,   Gerb.    213. 
Hinckeldeyn,   Evert    164. 
:  Hinr.    164. 

Hintze,    Herm.,    RH   46  f,    103. 
Hirscb,    Val.    431. 
Höckel,    Dietr.    73  ft". 
HoiT,   Samuel,   Goldscbmied   99. 
Hokeis,   Magdalena    100. 


Holste,    Hinr.    480. 

Job.,    Bergenfabrer    170,    210. 
Flolslen,  W'altcr,   Kaufmann  339  t.,  413. 
Hollbusen,    \.,    P)ertold    164,    207,   387. 

=      Hildegund    387. 
H()()|i,    Werner   306. 
Hopper,   Job.    203. 
Horstmanns,    Anna   363. 
Hövelen,    v.,    Christian    362. 

Engel   gel).    Cle\orn     362. 
'-      (iottbal-d,    BM    (t    1555) 
97.    337-  345.   362,    397, 
427  f. 

Barbara   geb.   Stotebrügge 
345-   362,   427  f. 
Anna  geb.  Warmböke  97. 
=      Gotthard  ,     RH    (f    1571) 

224  f-,    33'),    345-    383- 
Margar.   geb.   v.    Brümbse 
224-   345-    362,    383. 
■■      Gottbard,     15M    (r    1609) 
97.    103.    245,    293,  345, 
394,   399-   405,   41^'- 
Anna  geb.   Scbilling  345, 

394-    399- 
=     Gottbard,     RH    (f    1655) 

356  f. 

Gotthard,  BM  s])äter  Vize- 
kanzler (fi67i)  103,  362. 
Kathar.  geb.  Brokes   362. 
^  ■-  ■-     Magdal.   geb.   v.   Brombse 

362. 

Joh.   zu   Dortmund   345. 
Margar.  geb.  SchafFhausen 

345- 

Johann  (f    1607'!   344. 

Margar etha   364. 

Familienwappen   337. 
Hoveman,    Brun    170,    213. 

Hinr.,    Kaufmann    18. 
Hoyman,   Lamb.    243. 
Hübens,  Jak.,  BM  244,  317,  378,  434, 

446. 
Hübner,  J.  J.,   Kupferschmied  384. 
Hude,   V.   d.,   Bernb.,   Pastor   379. 

Hinr.,   Pastor   381. 

Jürgen     Matthias ,     Maler 

334.   378  f- 
Hüne,   Werner,   RH   466. 
Hunnius,  Nik.,  D.,  Sujjerintendent  2>32,- 
Huppert,   Claus    103. 
Hutterock,   Herrn.,   Kaufmann   390  f. 
Metke  390  f. 


504 


PERSONEN  -VERZEICHNIS. 


Hutterock,   Hans   390  f. 
=  Kersten   390  f. 

Gertrud   390  f. 

J. 

Jacobi,   Dan.,  Hauptmann    im  Ratswein- 
keller  403. 
Dan.,  Kaufmann  (nebst  Familie) 

117- 

Ilehorn,   Familie    131. 

Johannsen,      Lor.,     Werkmeister      175, 

313  f.,   406,   441. 
Joris,    Familie    322. 
Isernhagen,    Peter,    RH   361. 
Iselhorst,   Job.   Arn.    104. 
Isernlo,   v.,   Hinr.    203. 
Junge,   Alb.    15. 
Jungen,   Maria   357. 
Metta   357. 
Jürgens,   Henneke    209. 

K   und    C. 

Kaffsack,  J.,    Bildhauer    272,    281. 
Kahle,   Arn.    204. 
Kaie,   Hinr.,   Zimmermeister   30. 
Kaltschmidt,   Orgelbauer   62  f. 
Calven,   v.,   (ieseke  360. 

=  (Kalven),   v.,   Kathar.    364. 

Camen,   v.,   Joh.,    466  f. 
Kam])en,  v.,  Hinr.,  dlockengießer  435, 

438  f. 
Kampferbeck,  Job.,    RH  (f  1573)    103. 
Job.,   KM  (t   1639)    103. 
Cappelen,  Jak.,   431. 
Carpzow,     Joh.     Gottlob,     D.,     Super- 
intendent  334. 
Carstens,   Gotthard   b'riedr.    446. 
=  Hinr.    410. 

Joh.   Friedr.,    BM    104,    247, 
446. 

Joachim   Lüder,   BM    104. 
Käselau,   Herm.   Hinr.    65,    104. 
Casforp,   V.,   Gerlach    15. 
Hans  406. 

Hinr.,  BM  (-1-  1488)  233,  314. 
Hinr.,  BM  (f  i  5  i  2)  247,  258, 
406. 
Caße,  Job.,   Maler   267. 
Kemmer,  Joh.,   Maler   228. 
Kempen,   v.,  Job.,   RH   396. 
Kerkring,   Agneta   375. 
Anna  336. 
Gotthard,   BM   376. 


^.  375- 

360. 
368  f., 


Kerkring,  Hinr.,  RH  (f  1540^ 
Katbar.  gel).  Joris  32 
Hinr.  (r  1605)  344. 
Hinr.  (f  1692)  103, 
Hinr.,  BM  (f  1693) 
419. 
Job.,    RH    131,    438. 

Paul    103. 
Theodor   344. 
Ketteier,   Sophia   363. 
Keusch,   Nik.  Jak.,    RH    255. 
Keyser,    Herm.    161  f.,    205. 
Chateauneuf,  de,  Alexis,  Baumeister  167. 
Christiansen,   Lor.,   Schüler   326. 
Kile,   vam,   Marcp    187. 
Kirchmann,  Job.,    Rektor  355. 
Klaholt,    Herm.,    RH    i57f.,\89. 
Klendest,    Herm.    204. 
Klei)el,  Joachim,    RH    398. 
Klett,  Joh.    Dan.,    RH    230,    371. 
Klicks,   Maurermeister   36. 
Klinge,   Gerd,   Glockengießer  432. 
Klingenberg  (Clingenberch),  Everb.    16. 
Goswin,   BM   253. 
Job.,    RH   67  ff.' 
Wedekin,   RH    173  f. 
Hildegund    i  73  f. 
Clipeator,   Ecbert   466  f. 
Kloecke,    Dietr.   328. 
Klot,   Gerb.    163,    210. 
Knieper,   Matthias   Warner  431. 
Kniller,   Gottfr.,   Maler   333,    368,  372. 
Zacharias,  Maler  87,  t,t,;^,  355. 
Knöcker,  Jak.    22. 
Koch,   Jak.,    Seidenbändler   95. 
Köhler,  Familie  327,  Wa])pen  338,  358. 
Anton    163. 

Anton,  A'izekanzler(t  1589)  342. 
Anton,    r)r.,    BM  (f  1658)  163, 

267,    343.    358. 

Hinr.,    RH   (T  1563)    175,   254, 

337.    342,    437- 
Hinr.,    BM  (y  1641)    103,   345. 
Koblreif,  Christoph  Gotthold,  Pastor  379. 
Kolbek,    Peter   484. 
Colleman,    Job.    i()6. 
Kollmann,    Gebb.    166. 

Herrn.    335. 

Job.,    P.M   335. 

Architekt   49,    68. 
Koningh,    Herm.,    Priester    162,    210. 
Conradi,    Hinr.    341,    415. 
Koppen,    l'riedr.    Chr.,    Pastor   99. 


PEkSOXL':.\'-VEKZL-:iClIXI.S. 


505 


Koppen,   Joli.    Cicrli.,    Pastor    7S. 

Korfhage,    Kd.,    rhrcnfahrikant    251. 

Ivortsack,    Anna    ,175. 

Cosfelde,    \.,    Hinr.    4()7. 

Kosse,    Hinr.    1  (). 

Kosscn,    Mattliaus,    üM    3S'^- 

Kos\el(l,    I  Aideke    16. 

Kote,    Hinr.    163. 

:        Hinr.,    Priester    2  1  o. 

Wilh.,    Maler  39,    90,    118. 
Kraft,    Reyneke    17,    22. 
Krackow,  Jürgen    103. 
("ratz  (Kratze),   Job.    98,    103. 

Agnes   98. 
K^e^•ell)one,    Konr.    16. 
Krechting,    ]iernh.,    Pastor   373. 
Kremer,    Herni.   398. 

Anna  geb.    Ileborn   398. 
Krieg,   Jub,    Dr.,    tlaudirektor    44,   384. 
Kriescbe,  Job.  Dav.,  Cilockengiel^er  37, 

107  f. 
Crohn,   Job.    Ad.,    Dr.,    104. 
Krumbstroe,    Hinr.    103. 
Krupp,   Wilb.   Carb    RH   448. 
Kübn,    Georg   Friedr. ,    Ubrmacher    34, 

^55- 
Kille,   Taleke   213. 
Kumpel,  Jürgen    103. 
Künig,    Hinr.,    Hauptmann    84. 
Kunkel,    Jürgen,   Maler  447. 
Kurtzbals,    Ernst    Herrn.    104. 
Kynkel,  Job.,    RH    389  f. 

Anna  geb.    Basedow   389. 
Kynt,    Hans   49. 


Lafferdes,    Baltb.,    RH    345. 
Latters,  Jürgen   410,    414. 
Lambrecht,   GotttV.   431. 
Lammesboved,    Ludeke    72. 

Grete    72. 
Lamprecbt,    Dietr.    Gottfr.    104. 
Landre,  J.   G.   W.,   Ratsgießer   421. 
Lang,   Job.    Cbristopb    104. 
Lange,    Andr.    103. 

G.  J.,   Goldscbmied    426. 
Langefeld,  Jochim,  Zimmermeister    144. 
Langhe,   Gottfr.    205. 
Lau,  J.   L.   F.    65. 
Leesten,   v.,   Job.    15. 
Leferlinck,   Gerdt,   ^Liler    250  f. 
Lefevre,    Dietr.    65. 

Job.   Phil.    66,    99. 


Lefevre,    Adelb.    Galb.    geb.    P.illerbeck 

66,    99. 
Lembke,  Gal)r.  Christian,   Dr.,  1!.\1    104. 
Lengerke,   v.,   Georg,    RH   358. 

:      Herm., RH  358,443,445. 
Leuten,    w,  Gert,  Gewandscbneider    18, 

26. 
I-entzeken,    Margaretlia    17. 
Levendige,    .\rn,    165,    205. 
Leyden,   AN'alter    406. 
Lillie,  J.  Cb.,  Stadtbamneister  47,    384. 
Lindenberg,   Caspar,    RH   76. 

Joh.  Caspar,  BM  255,  381. 
Lindholtz,    Aug.   Simon,   BM    104. 
Loeff,    Dietr. ,   (>oldschmidt     171,    212, 

389- 
Lobmann,   Lauritz,    Bleidecker   37. 
Lohne,   Martin    166. 
Lohry,   Em.   Nik.,   Steinhauer   72. 
Lone,   V.,    Hans   406. 
Losenkampes,   Katharina   486. 
Lübbers,  Jost   Hinr.,   Tischler  300. 
Luderbusen,   Job.    210. 
Lüdinghausen,  Ant.,  BM  12,  22,  79,  103. 

Job.,   RH   22,    103. 
Ludwigsen,    Bildbauer    301. 
Lukas,  Jost   417. 
Lünel)urg,  Alexander,  BM  (f  1627)  103, 

113.    35O'   400- 
=  Gertrud  geb.  Wedemhoff  400. 

Alexander  (t  1654)  299,  356. 
'-  Anna   360,    375. 

Heileke  360. 
Joachim,   BM    103,    169. 
Katharina   375. 
Magdalene   364. 
=  Familienwappen   350. 

Lunninck,    Hans,   Goldschmied   97. 
Luther,   Martin,   D.    326,    330. 
Lütkens,  Joachim   Matthäus,    RH   446. 
Lütteke,   Herm.    12. 
Lynne,   v.,    Herbord   314. 

M. 

Mankemos,    Erdvan,    Vikar    206. 
^Larkus,    Hinr.,    Organist    60. 
Marquard,    Gottbard  d.   Alt.    22. 

Anna  geb.  Lüdinghausen  22. 

Gottbard  d.  Jung.,    BM   22, 

7  5  t^-'    i°3- 

foh.,  Dr.,  BM  22,  103,  iio. 
Otto   Christoph,    Dr.    22. 
Martin,  J.    P.   N.,   Bildhauer    199,    272. 


5o6 


PERSONEN- VERZEICHNIS. 


Mats  (Matthes),    Hinr.,   Tischler    249  ff. 
Maus,  W.,  Architekt  zu  Frankfurt  a.  M. 

303- 
Mechtshusen,   v.,   Elsabe   360,    375. 

Meding,   Wilh.    419. 
Medow,   Augustin,   Maler   87. 
Melanchton,    Philipp   330. 
Melle,   V.,  Jak.,   Senior   378. 
Mensingk,    Hans    243. 
Mentze,   Nik.   Barward   446. 
Mervelt,   v.,   Gert,    Ratsgießer   432. 
Meteier,    Hinr.,   RH    335. 
Margaretha   360. 
Mey,  Werner,  RH  von  Riga   338,   410. 
Meyer,   Albrecht,   Werkmeister   31. 

Ambrosius,  F5M  2S3,  314,  338, 
410. 
=         Margar.  geb.  (iranimendorp  283. 

Magdalene   375. 
:         Hans   410. 

Hermann,     EM    (f     1528)     78, 
131,   498. 

Hermann  (  f    1575)   82. 
'-         Elisab.   geb.   v.    Brömbse   82. 
Joh.  Casp.,   Glockengießer  106, 
108. 
Müde,  Garl  Julius,  Maler  72,  167,  177, 
181,    183  f.,   196  f.,   225,   227,   243, 
302,    319  f-,    340.    343.    35°-    425. 

495- 
Millius,   Herm.    196. 

Minden,   v.,    Herm.    243. 

=     Gerh.,   BM   335. 

Molen,   V.   d.,    Herm.    157,    208. 

=      =     Marq.,    388. 

Moetter  (Müter),   Tonnies    165,   409. 

Molhusen,   Steffen,   Orgelbauer   246. 

MöUenhoff,   Erasmus,   Prediger   468. 

Moller  (Moler),   Hinr.,   Töpfer   95. 

'-  '-  Elsabe   95. 

Moller,    Hinr.,    Bergenfahrer    170,    211, 

395- 

Kort,   RH    175. 

Möller,   Albert,   Tischler   53. 

•         Arnold    d.   Alt.,    Schreibmeister 

484. 
=         Lorenz,   Dr.,    BM    254,    351  ff., 

42  I. 
'-         Magdalena    geb.     ISonnus    352, 
42  I. 

Anna   352. 
Molne,  V.,   Gerh.   307. 
Molrinckhusen,   Herm.    246. 


Morkerken,   Thomas    d.    Alt.    und    drei 
Brüder    16,    21. 
=  Thomas   d.  Jung.,   BM    16, 

2  I. 
Mornewech,   Bertram,    RH   466. 

Gertrud    12,    15. 
Mostaert,  Jan,   Maler   224. 
Moyelke,   Everh.    49. 
Muellen,   v.,   Katharina   364. 
Muir,   Martin,  Kölner  Weinhändler  389. 
Mull,   Joch.    Hinr.    431. 
\'al.,    Vikar   213. 
Müller,    Heinr.    Adrian,    kais.    Resident 

360. 
Munster,    v.,    Hans   404. 
Mynnow,    Claus    30. 

N. 
Nenstede,   Hinr.,   RH    272. 

Ludeke    272. 
Neukirch,   v.,   Christoph,   Ritter   401. 
Nicolai,  Joh.,   Pastor   88. 
Niemann,  Christ.  Alb.,  Dr.,  RH  65,  104. 
Niestad,   Christian,    Priester    16. 

Ludeke    17. 
Nikolai,   Georg,   Student   79. 
Nodden,   v.,   Cord,   Orgelbauer   59. 
Noeck,    Matthias,    Kölner  Weinhändler 

172,    213,    389. 
Nöhring,  Joh.,  Kunstj^hotograph    196  f., 

215,    223,    228,    322,    328. 
Nölck,   Joh.   Friedr.,   Orgelbauer   62. 
Nölting,   C.   A.    184. 

Friedr.,    BM    104. 
Hinr.    255. 
Nordhofif,   Karsten    163,    212. 
Notke,    Bernt,   Maler    133,    216,    322. 
Nyebur,   Joh.    242. 
Nyenborch,    Dietr.    314. 
Evert   313. 
:  Joh.    196. 

Nygestad,    Hinr.    30,   42. 

O. 

Offen,   Hinr.,    Zimmenuann    105. 

Ofifhen  s.  v.   Ofs. 

Ohnmacht,    Landolin,    15ildhaucr   315. 

Ohrt,    A.,   Maler   76. 

Oldenborch,   Asmus,    Maurermeister  84, 

289,   410. 
Oldenborg,   Gerdt   409. 

Joh.    196. 
Oldenhoft',    Herm.    97,    103. 


PERSONEN- VERZiaCI  IMS. 


507 


( )klcsloe,   derh.    i6c),    203,    20(),   387. 

=  Wilmod   3H7. 

( )ineke,    Lubl)ert    313. 
( )rley,   v.,   Bernaert,    Maler   225,    232. 
( )snal)rüggen,   Agnes   363. 
Ofs,   V.  (Offhen),  Matthias,  ^[ecluiiiiker, 

105,    249  f. 
( )stendorp,    Dietr.,   Tischler   33. 
()stermann,    Matthias    103. 
Osterreich,    Franz,    Maler   330,    364. 
Ostinchiisen,    v.,    Hiiir.    466  f. 
()\erl)eck,   Christ.    Atl.,    BM    104. 
Friech-.,    Maler   330  ft". 


l'ael,   Herrn.    304. 
Paels,   Katharina   363. 
Pakebusch,   Matthäus,    Dr.,    15M    396  f. 
Kathar.   geb.    Runge    396. 
l'ape,   (iertrud   360. 
Parcham,  Henning,   RH  343,  400,  415. 

Gesche   400. 
Pasche,    Hinr.,    RH   400. 
Passowe,   Karsten    164. 
Paulsen,  Jürgen,  RH  254,  355  ff.,  401, 

405,  420. 
Pawes,   Familie   284. 
Paysen,   Boetius,   Schüler   326. 
Pechlin,   Martin,   Seeräuber  445. 
Pegel,  Joh.   Dav.,    Bildhauer    189,    275, 

406,  421. 
Persevale,  Joh.,   BM   335. 
Peterius,   Jeron.,   Organist   62. 

Peters,    Joachim,    BM     104,    108,    165, 

315-    440,    44^5- 
Petersen,  Abraham,  Maler  46,  55!'.,  i  18. 

Georg   2  2 . 

Anna  Maria    22. 

Herrn.,    RH   403. 

Lorenz,   RH   403. 

X.    H.,   Maler    105. 
Pfaff,   Carl   Aug.    65. 
Pfeiffer,   Aug.,    D.,  Superintendent   334. 
Pflüg,   G.  J.",   Hotelwirt   54,    268  f. 
Planer,  Adam,  Glockengießer  171,  421. 
Pleskow,   Gottfr.,   RH   387. 

Jakob,   BM   38 7. 

Jordan,.  BM   387. 
Plesfing,  Joh.   Christoph,   RH    446. 

joh.   Phil.,   BM    104. 
Plitt,   Gust.    104. 
Plonnies,   Friedr.,   RH    366. 

Anna  geb.   Wedenhoff   ^66. 


Plonnies,    Hcinr.    341. 

Katharina   363. 
'Thomas   433,    445. 
Pod,   (iudeke  313. 
Pollecke  (Pollicke),    Andr.,     l'hrma(her 

34,    62,    105  f. 
Pomarius,    Samuel,    D.,    Superintendent 

334- 
Pöpping,  Joh.,   RH  357. 
Prume,    Hinr.   408. 
Prünsterer,    l-'ranz,    RH   353. 

(Prinster),  Hieron.  247,  352, 

433.   437,   445- 

Q. 

Qualmann,    Diedr.  Jürgen   430,    446. 
Quellinus,  Thomas,  Bildhauer  374,  377. 


R. 

Rabe,  Joh.   Val.,    Bildhauer   S3- 
Raetke,  Joh.,   Organist   62. 
Rahp,   A.    P.,   Turmdecker   38. 
Ranne,  Jürgen,   Kürschner   412  f. 
Rantzau,   Claus,  Junker  409. 
Rapesulver,   Hinr.,   BM   336,    498. 
Ratzeborch,   Konr.,    Priester    17. 
Rave,  Jürgen   Hinr.,   Maler   447. 
Reddelien,   C.    B.,   Werkmeister    10 
Rehder,   Aug.    Peter    183. 
Rensborch,   Hinr.,   Maler   105. 
Reusen,   v..    Reiner,   Pastor   79. 
Rentelen,   v.,   Henning,   BM   177. 
Rese    (Reze),    Joh.,    Bergenfahrer 

218.       '      " 
Retzen,    \-.,    Hinr.,    Dr.    163. 
Reuter,   Gerh.,   Kaufmann    56. 

Margar.   geb.   Carstens   57. 
Reyge  (Rey),  Jak.,   Tischler   235  f. 
Richertz,   Georg  Dav.,   BM    104. 
Ritter,   (ieorg,   Pastor   88. 

Gerh.,   RH   244,   434,   446 
Joh.,    Dr.,   BM    372,   446, 
Joh.,    Pastor    57,    76  f. 
Rodde,   Ad.,   Kaufmann    164. 

Margar.    164. 

Ad.   Matthäus,    BM    104, 

446. 

RH     T 


4')7- 

378, 

700"! 


Franz     Beruh 

372  f 

Katharina    373. 

Franz    Beruh.,     BM    (f     1790 

[64,    380. 

Herm.,   BM   378. 


5o8 


PERSONEN -VERZEICHNIS. 


Rodde,   Matthäus,    BM    (f    1677)    103, 

247.    364,    402,   433.   497- 
s         Anna  geb.  Prünsterer  364,  402. 

Kathar.   geb.  Schumacher   364, 

402. 

Matthäus  (f    1674)   446. 

Matthäus,   KM  (f    1761)  487. 

Matthäus,   BM  (bis   18  lO)  440. 

Familienwappen    364. 
Rode,   Hans    I  13,    I  I  5. 

Herm.,   Maler    I/I,    216,    22  1  f. 
Roden,   v.,   Hans,   Uhrmacher   33  f. 
Roeck,  Carl  Ludw.,  Dr.,  BM   197,  325. 

Herm.    Hinr.,   RH   65,    104. 

Ludw.  Phil.,  BM   -]-,   104,  288, 

426,   446. 
Roleves,   Tideke,    Bergenfahrer   228. 
Roseler,    Phil.,   Maler  67,   85,    105. 
Rozstok,   V.,   Herm.,    Domherr   208. 
Rughese,   Klaus,   (loldschmied   232  f. 
Ruleberg,   Engelbert  48. 
Rump,    Hans,   Zimmermann    242. 
Rumpingh,   Hinr.,   Werkmeister   30. 
Runeman,   Hinr.,    Priester    17. 
Ruschenberg,  Joh.    14. 
Russenberg,   Hinr.    336. 

'-        ^    Joh.,    RH   336. 
Rust,   Hinr.,    BM    104,    254,   404,  446, 

487. 
Rutzenberg,   Everh.    242. 

S. 

Sadenhold,    Herm.    30. 
Sauge,  Joh.,   RH    188  ff.,   225,    310. 
Richel  geb.   Brömbse    189. 
Marq.,    Kaufmann    310. 
Santen,   v.,   Hans  .  50. 

=     Jakob,   Tischler   355. 
Schaffenrat,   Werner  466. 
Schatz,   M.,   Maler   361. 
Schepenstede,   v.  Joh.,    RH   241. 
Scherer,    Hans,   Orgelliauer  62. 
Schilder,   Ecbert    1 50,    203. 
Schilling,   Familie   3  50. 
Schinkel,   Arnt,   Kaufmann    17 1  f.,   2  12, 

221,    389. 

Friedr.,   Priester    171,    22  1. 
Schinmeyer,  Joh.  Ad.,  1).,  Su|)erintendent 

381. 
Schlegel,  H.A.,  Kunsthändler  189,  194. 
Schiott,   Nathanael,   Präzeptor   317. 
Schlüter,   Hinr.,   Kaufmann  401. 

Marg.  geb.  Mecklenburg  401. 


Schlüter,   Anna  Marg.  geb.  Hunnius  401 . 
Schmiedeknecht,    H.    (1.,    (ioldschmied 

426. 
Schmidt,   Agneta   360. 

=  Heinr.,   Goldschmied   429. 

Heinr.,   Graveur   233,    383. 
Schnauer,  Jürgen  Hinr.,  Gelbgießer  91. 
Schnol)el,    Friedr.  Joach.,   Pastor   380. 
Schnoor,  H.  A.  H.,  Schlossermeister  140. 
Schoneborch,   v.,   Gerh.,    Glockengießer 

107,    109. 
Schoneke,   Herm.    185. 

Konstantin    185. 
Schröder,    Herm.   Hinr.,    Zimmermeister 

IT.  42. 

J.   C.,   Gelbgießer  6"],   233. 
"m.   C.,   Gelbgießer  406. 
Schulze,  Joh.    Friedr.,   Orgelbauer    243. 
Schumacher,  Joh.,  Klosterschreiber   165. 
Schute,   Herrn.,   RH   416. 
Schwartz,  Joh.    Hinr.,    Maler  446. 
Scriver     (Sriver),     Dietr. ,     Bergenfahrer 

204,    275. 
Scutte,   Hans   484. 

Segeberg,   v.,   Timm    165,    206,    385. 
Senftenberg,  v.,   Hans  Friedr.,  Fähnrich 

84. 
Siegmann,    Herm.    388,    4 12. 

Christine  geb.    Mues  412. 
Siricius,  Joh.,    RH    3 70  f. 

Michael,   Pastor   334. 
Slagge,   Paul,   Werkmeister    199,    233. 
Slicker,   Benedikt,   RH   428. 

Marg.   geb.    Helmcke   428. 
Slüter,    Wilh.,    Domherr    17. 
Snidewint,   Werkmeister   30. 
Soherr,    Joh.    Ad.,    Stadtbaumeister    '}^6, 

42,    300  f. 
Sonnin,   Ernst  Georg,   Baumeister   36. 
Sootmeister,    Richel   364. 
vSj)angenberch,   Hans,   Kaufmann   41 7  f- 
Marg.  geb.  Helwich  417. 
Spangenberg,  Joh.,    RH    288,   414- 
Spetzler,  Joh.  Ant.,  Stadtbaumeister  44. 
Sprekelsen,   v.,   Gesche   375- 
Stallbuck,    Hans,    Zimmermeister    I  19. 
Stammel,  Joh.,    D.,    Domherr   203. 
Stampelius,  Georg,  Sui)erintendent  332. 
Stange,   Anna   375. 

Hartwig,  RH  78. 
Stauber,  Lukas,  RH  360. 
Steen,  Joh.   304. 

Wolhard    104. 


PERSONEN- VF:RZ[-:ICI  IMS. 


509 


Steffens  (Steftan),  Lukas  57,  79,  97,  103. 
Steinbock,  Job.   Casji.,   'liscbliT    5^. 
Stekcniest,    Bernli.    i  5  f. 
Stellvvagen,    l'"iie(b-.,  Orgelbauer  60,  62. 
Stenrot,  Job.    30. 
Sliebb    C'ust.    Ad    65. 
Stilen,    V.,    Anton,    UM    [j    1 542)     168, 
249,    254,    407,    441. 
=      Anton,    BAI   (f    1564)    338. 
=      Anton   (j    1586)    341. 
=     Ebsabetb    366. 
=      Fritz    ^^:^y. 

(leorg,    RH    245,    346. 
=      Gotschalk,     RH    168,    341, 

348,   416. 
'-     Marg.   geb.   v.    Hövebi   416. 

Hartwich  (j    1562)   337. 
=      Hartwich  (f    1577)   79. 
=      Hartwich,  RH  (t  1635)  353. 
=      Hartwich,  RH  (f  1692)  370. 
'     Hinr.,   BM   2c6. 
Margaretha   375- 
'  =     Margaretha   375- 

Stolle,  Ch.  P.  AV.,  Maler  312,  444,  464. 

Hans   485. 
Stolterfoht,    Hernh.    Hinr.,    Krämer   57- 
Dietr.    255. 
Jakob,   Pastor   361. 
StöUzner,   Wilh.,   Maler  45. 
Stoot,   Hartwich.   Apotheker   382. 
Störning  (Stornynck),    Hinr.,    RH   290. 
(Storningk),  Thomas,  RH   103, 

355^  419- 
Stotebrügge,   (lerd    340,   409. 

Aletteke   340,   409. 
=  Hans    165,    345. 

Kathar.   geb.    IJruns    345- 
Stoteroggen,   Ciesche   357- 
Sophia   357. 
Stovemann,    Dietr.,  Domherr    171,  212. 
Stralborn,    Dietr.,    Ratsgießer  487. 

Lorenz,    Ratsgießer  433  f. 
Stube  (Stuh\  Joh.,   Maler   55,  90,    105. 
Suhl,    Wilh.    Ludw.,    Prediger    lOO. 
Sundesbeke,   Herrn.,    RH    307. 
Sware,    Henning   242. 
Swarte,   Alfwin   202. 

Christian    167,    2  12. 
Taleke    167. 
Swerting,   Simon,   BM   336. 
Swineborch,   v.,   (lodeke    12. 
SwoUe,   V.,   Sylvester,   Maler    173,    194, 
311,    318,   444. 


Symeshusen,    Hinr.    22. 

'-  Konrad,    Barbier    l'cj,    22. 


'l'anck,  Joaihim,    Dr.,    BM    65,    104. 
Tanke,    Dionisius,    RH    78. 
Taschenmaker,    Ludw.,    BM   48. 
Tausch,   Th.    P.    H.,    Dr.    166. 
'l'egelen,    w,    Hans.    ( iolds(  limit'd   61. 
Tegetnieyer,    Hans   410. 
Tesdorjjf,  joli.  Matthäus,  U.M   164,  31  5f. 
l'eter    Heim.,    BM     104,    164, 

377- 

Beter    Heinr.    487. 
Tiedemann,    .Markus   416,   418. 

Peter,   Schreibmeister    202. 
Timmermann,    Berend,  Zinngiel-ser  430. 

Karsten,    RH   416. 
'Fischbein,    (1.    H.,    Kupferstecher    384. 

Joh.   Jak.,    .Nfaler    380  f. 
Töbings,    Elisab.    357- 

(Tobinges),    (lesche    364. 
Tode,   Karsten,   Schifter  445. 
Todinghusen,   Margaretha  483. 
Tors,  Joh.    313. 
'IVavenvoget,    Dion.    313. 
Treptouwe,   Klaus   313. 
Trümmer,    Ludw.  Ad.,   Hauptpastor  65. 
Tunen,   v.,    Ludeke,   BM    269,    336. 
Twedorf,  Job.,    ( lerichtsschreiber    163. 

U. 

Uphovel,  Joh.    304. 

Uptöger,    Hans,    Koch   468,    483  f. 

Elsal.)e   468,   483  f. 
Urslers,   Metta   357. 

V. 

Vechtelde  (Vechtel),    Herm.,    Dr.,    BM 

103,    339.   4'4- 
Vehoff,   Matthias,   Krämer  418. 

Margaretha  418. 
Vek,   Matthias    18,    22. 
Vensch  (Vent),    Hans,   Maler   55  f.,  90. 
Verden,   v.,  Joh.    207. 

=  -      Reymar   207. 

Vermehren,   Paul    104. 
Verwer,   Heine    16. 
Vette,   Carsten    103. 
Vickinghusen,   Famihe   "/S. 
Victor,  Joh.    Dan.,   Prediger  88. 
Vinhagen,  Joh.,   BM   352. 
Vischbeke,   v.,  Joh.   208. 


5IO 


PERSONEN  -  VERZEICHNIS. 


Vischer,  Job.,   (ioldschläger    lo6. 

=  Peter,    Erzgießer   zu   Nürnberg 

392- 
Vlint  (Vlynt),    Hinr.    165  f.,    206,    386. 

jNIargaretha   386. 
Voeg,   Ad.    Heinr.,   BM    104. 
Vogel,   Christ.,   Orgelbauer  62. 
Voigt,   A.   P.,   Tischler   301. 
Volckman,   Hinr.   43  I . 
Volks,   Michel,   Buchhändler    168. 
Volprecht,  Jürgen    104,    108. 
Voss,   Sivert,   Maler    105. 
Vrowedhe,   Nik.    12,    157,   203. 

W. 

Wachtel,   Klaus,   (iießer  432. 
Walhof}",  Joh.,   Pastor   323  f. 
Wangers,   v.,   Cordt  445. 
Walther,   Zimmermeister   36,    42. 
Warendorp,   v.,   Bruno,   BM    t,(>6  f. 

'-     Bruno,    Domherr   358. 
'-     Gotschalk,     RH      162, 
205. 
=  =     Hermann    163,   207. 

=     Wilhelm  164,205,384. 
=     Elisabeth   384. 
=  =     Wappenbeschreibung 

131- 
Warmböke,   Herm.,   BINI   Dr.    343. 

(Wernboek),    Hieron.,    RH 

97- 
Warnemiuide,  Hinr.,  'i'ischler  247,  295. 
Waterhus,    Hans,   Bergenfahrer  406. 
Watzen,    Herend,   Maler  447. 
Wedekind,  J.   H.,   Maler  372. 
Wedenhoft;   Beruh.,   RH   350. 

Hinr.,  RH  (f  1589)  342, 

415. 

Hinr.,  BM  (f  1651)  356. 

Hinr.,  RH  (f  1674)  363  f., 

37^,   403- 

Gesche  geb.  v.  Elveren  364. 

Wappenbeschreibung   342. 
Wedstein,   Ulr.,   Buchhändler    167. 
Weltner,  Joh.    Nik.   446. 
Wendt,  Jak.,   Kleinschmidt    I19. 
Went,  Klaus,   Schififer  445. 
Wenth,   Siegfried    15. 
Werlhof,   Herm.   419. 
Wernke,  Jochim  d.  Alt.,   'l'ischler   192, 
236,  284  f.,  289  f.,  292  f.,  310. 
Jochim  d.  Jung.,  Tischler  236. 
Westhoff,   Hinr.,   BM  253. 


Westken,  Joh.,  BM  104  f.,  ^jy,  434,  446. 
Westmann,  J.    H.,   Chirurg  91. 
West])hal,    Familie   336. 

Elisabeth    364. 
Wetken,   v.,   Margaretha   375. 
Weyland,  Zimmergeselle   ^6. 
Wibbeking,   Anna   j6j. 

Klsabe   375. 

Georg  411. 

Joachim,    RH   350,   41  ]. 

Konrad,    RH   213. 

Kord   399. 

Engel  geb.   Nenstede    399. 

Lorenz   299. 

Paul,  BM   :^38,  411. 

Paul   299,   350. 

Familienwappen   299. 
Wichmann,  H.  C,  Stuhlmacher  302,  383. 
Wickede,   v.,   Anna   375- 

Bernhard    104. 
=      Gottschalk  (f   1487)  336. 
=      Gottschalk,   RH  (y   1526) 

'-      Gottschalk,    BM  (f   1667) 

329,  356,  359  f-,  402. 
Kathar.  geb.  Möller   360. 
Dorothea  geb.  Wedenhoff 

359- 

Marg.  geb.  Lüneburg  360. 

Ursula  Dor.  geb.  V.  Decken 

360. 
=      Marg.  Sophia  geb.  Elvers 

360. 
=      Herm.,  BM  (f  1501)  336, 

424,   442. 

Math.  geb.   Darssow   424, 

442. 
=      Herm.   (f    I  5  l  5)   336. 
=     Joh.,   RH  (t    147 0    33^- 
-     Joh.,   RH  (t    1509)    336. 
=     Thomas   Hinr.,    RH   358, 

360. 

Wappenbeschreibung  359. 
Wiedeburg,    P.    L.,    Chirurg   91. 
Wich,  J.    N.,   Beckenschläger   202. 
Wiese,  Anton,  Ratsgießer  432,  434,  437. 

Nik.,    Ratsgießer  429,   432. 
Wigerinck,  Godart,  Kaufmann  188 — 19L 
263,    277  ff.,    391—394. 
Anna    189,    392. 
Anna  geb.  Klaholt  189,  392. 
Anna  geb.   Dives    189,    392. 
Anna    189,    392. 


PERSONEN- VERZEICILXIS. 


511 


Wilckeii,    Ant.    Diedr.,    KU   446. 

Peter  Hinr.,    104. 
\\'ildfanck,    Carl    (lottfr.    104. 
Willinges,  J oh.,  Miilvv  <S5,   194  ff.,  327, 

33^-   34-^- 
Wilms,    Harlold    325. 

Hille  geb.   Bonnus   325. 
\Vilnisen,   Kmund   27(S. 
Wiiukler,    Anton,    Di.,    UM     103,    244, 

377'  446. 
Winde  (Wynn),    Haltzer,    'Tischler    5-  '•. 
57,   61  f.,  67,    100,    105,    115,    117. 
Winters,  J.    Salome   487. 
Winthem,   v.,    Franz,   Priester  480. 
Wirinchusen,   v.,   Godeke  6y. 
Witik  (Wytik\    Bertold,    BM    30,    169, 
203. 

Margaretha    336. 
Witinchof  (Wikinghof),  Lamb.,  RH  323, 
406  f. 
=  Marg.   geb.   liere 

3:^3- 
Witte,    Hinr.,    BM    131. 
Hinr.    163. 
Peter  93. 
Elisabeth   93. 


Wittfoedt,    .\snnis,    'l'ischler    50. 

Wittfoht,   Jochim,    Tischler    294  f. 

WiUinghe,    v.,    Uietr.,    1  )onidekan    15. 

Wlome,    .\rn.,    RH    161,    204,    385. 
(iertrud    385. 

Wohlers,    ("ath.,    .Meisterin    im    il-Clcist- 
Hosp.   485. 

Wöhrmann,    v.,  Christ.   Heinr.,  (General- 
konsul   162. 

Hinr.    162,  247,  254,  446. 
Engel    geb.   'resdori)f    162. 

Woldebeke,    Herrn     16. 

Wolder,    Hans,    Maurermeister    I  16. 

Woldt,   Herm.,    RH   431,   444,   487. 

Wolf,  Juliane  485. 

Wolfraht   (^\■ulfraht),    Diedr     lO.].  f. 

Wortmann,  Ant.,  Maler  3  16  f ,  319,  447. 

Wou  (Woew),  Cerh.,  Clockengießer  107. 

Wulf,  Jasper,   (joldschmidt  429. 

Wulff,  Buchard,  Konterfeier  328  f.,  334. 

Wynter,    Paul,    C.oldschmidt    189. 

Z. 

Zietz,   F.   A.   'l'h.,   Pastor  65. 
Zöllner,    Dan.,    Dr.,    Kanzler   349. 


Glasgemälde   m   der  Kirche  des  Heil.-Geist-Hospitals 
(vgl.  S.  476). 


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6886  der  Freien  und  Hansestadt 

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Bd. 2 
T.2