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Full text of "Die Chronik des Hippolytos im Matritensis graecus 121"

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Librarg of the Dibinitg School. 





Bought with money 
GIVEN DY 
THE SOCIETY 
FOR rROMOTING 


THEOLOGICAL EDUCATION. 





Received 6 ke .1905-2 pst1906. 








TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 


ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 


AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR vom GEBHARDT ox» ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE — VIERZEHNTER BAND 


DER GANZEN REIHE XXIX. BAND 





LEIPZIG 
J. C. HINRICHS'scHE BUCHHANDLUNG 
1906 





ó Asc. pe - 


INHALT DES 14. BANDES DER NEUEN FOLGE 


(DER GANZEN REIHE XXIX. BAND) 


Bauer, Ad., Die Chronik des Hippolytos im Matritensis graecus 121. 
Nebst einer Abhandlung über den Stadiasmus maris magni 
von O. Cuntz. Mit einer Abbildung im Text und 5 Tafeln. | 
VI, 288 Seiten. 190095. 





Heft 1 


Goltz, Ed. v. d., “όγος σωτηρίας πρὸς τὴν» παρϑένον (de virginitate). | Heft 2a 
Eine echte Schrift des Athanasius. IV, 144 Seiten. 1900. I) ^ 


Goitz, Ed. v. d., Tischgebete und Abendmahlsgebete in der alt- | Heft 2b 
christlichen und in der griechischen Kirche. 67 Seiten. 1905. / 


Leipoldt, Joh., Didymus der Blinde von Alexandria. III, 143 Seiten. | Heft 3 
1905. 


Berendts, A., Die Zeugnisse vom Christentum im slavischen „De | Heft 4 
bello Judaico“ des Josephus. IV, 19 Seiten. 140%. ] 


[ Xil “πε ὦ 
ΨΑΝῚ 5 Ι906ὺ, 
4 DIE. -ς ter, 


CHRONIK DES HIPPOLYTOS 


VON 


ADOLF BAUER 


NEBST EINER 
ABHANDLUNG ÜBER DEN STADIASMUS MARIS MAGNI 


VON 


OTTO CUNTZ 


MIT 1 ABBILDUNG IM TEXT UND 5 TAFELN 





LEIPZIG 
J. C HINRICHS’'sene BUCHHANDLUNG 
1905 


Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig. 


—M— — -..-.᾿ Ξ».. . — 9 — 0 — ..-.-.-. c — — — —MÀ— —— o — .ὄ»ὄ —— -ὔ -..... .»---..--.-.. ——— 


Als Furtseizung xu den 


GRIECHISCHEN 


CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLERN 
DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Herausg. v. d. Kirchenväter-Commission der Kgl. Preuß. Akadeınie der Wissenschaften 
erschien vor kurzem: 


Koptisch-gnostische Schriften. Die Pistis Sophia. Die beiden Bücher 
des Jeü. Unbekanntes altgnostisches Werk. Herausgegeben von 
Carr. Scuwrpr,. Mit Einleitung und dreifachem Register. (27!/, Bogen). 
‚Koptisch-gnostische Schriften Bd. I] 1905. M. 13.50 


Früher erschienen : 


Adamantius. Der Dialog περὶ τῆς εἰς ϑεὸν 60975 πίστεως. Herausg. v. 
W. H. van DE SANDE BARKHUYZEN. Mit Einleitg. u. dreif. Register. 
(19°/; Bogen) 1901. M. 10 — 


Clemens Alexandrinus. Protrepticus und Paedagogus. Herausgegeben 
von Orro Sr&uimN. Mit Einleitung und dreitachem Register zu den 
Scholien. (271, Bogen). [Clemens Alexandrinus Bd. 1j 1905. M. 13.50 


Eusebius. Über Constantins Leben. — C's Rede an die Heilige Ver- 
sammlung. — Tricennatsrede an Constantin. Hrsg. v. J. A. HEIKEL. Mit 
Einleitg. u. dreif. Reg. (29'/; Bogen). (Eusebius, Band I] 1902. M. 14.50 

— Die Kirchengeschichte mit der lateinischen Übersetzung des Rurixus. 
Herausgegeben von En. ScnwanTz und TH. MowMsEN (+). I. Hälfte 
(317g Bogen). [Eusebius, Band II, 1] 1903. * M. 16 — 

— Das Onomastikon der biblischen Ortsnamen, mit der lateinischen Über- 
setzung des Hieronymus. Hrsg. von E. KrosrERMANN. Mit Ein- 
leitung, doppeltem Register und einer Karte von Palästina. 
15%, Bogen). 1904. [Eusebius, Band III, 1j u M. 8— 

— Die Theophanie. Die griechischen Bruchstücke und Übersetzung der 
syrischen Überlieferung. Hrsg. v. H. GmEssMANN. Mit Einleitg. u. 
vierf. Reg. (15*4 Bogen) 1904. [Eusebius, Band III, 3] M. 9.50 

Buch Henoch. Herausgeg. von Jou. FreMMING und L. RADERMACHER. 
Mit Einleitung und vierfachem Register. (11!, Bogen) 1901. *M. 5.50 


Hippolyt. Kommentar zum Buche Daniel und die Fragmente d. Kommentars 
zum Hohenliede. Herausg. v. G, N. Boxwersch. — Kleine exegetische 
und homiletische Schriften. Herausgeg. von H. Acneuıs. 253%, u. 


20 Bogen). ([Hippolyt, Band I] 1897. M. 185 — 
Oracula Sibyllina. Bearbeitet von Jom. Gerrckex. Mit Einleitung und 
doppeltem Register. (181. Bogen). 1902. M. 9.50 
Origenes. Schrift vom Martyrium (exhortatio). — Die acht Bücher gegen 
Celsus. — Die Schrift vom Gebet (de oratione) _ Herausg. von 
P. KoEerscHaAv. Mit Einleitung und dreifachen Register. (2024 und 
21» Bogen) (Origenes, Band I/II] 1899. M. 25 — 


— Jeremiabomilien. — Klagelielerkommentar. — Erklärung der Samuel- 
und kónigsbücher. Hrsg. v. E. KrosTERMANN. Mit Einleitg. u. dreif. 


Rez. (2514, Bogen) (Origenes, Band III] 1901. M. 12.50 
— Der Jobanueskommentar. Hrsg. v. E. PREUCSCHEN. Mit Einleitg. u. 
vierf. Reg. (18!/, Bogen). [Origenes Band IV] 1903. M. 24.50 


Gebunden in geschmackrolle Hullfran:bände je M. 2.50 mehr. 
*Vorläufig nur in Interimskartonage je 50 Pf. 


Fortsetzung auf der 3. Umschlagseite. 


DIE 


CHRONIK DES HIPPOLYTOS 


IM MATRITENSIS GRAECUS 121 


VON 


ADOLF BAUER 


NEBST EINER 


ABHANDLUNG ÜBER DEN STADIASMUS MARIS MAGNI 


VON 


OTTO CUNTZ 


ν΄ 
MIT 1 ABBILDUNG IM TEXT UND 5 TAFELN 





qf. 
LEIPZIG 
J. C. HINRICHS’scue BUCHHANDLUNG 
1905 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 
AUSGABE DER ÁLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR v. GEBHARDT UND ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE XIV. BAND 1. HEFT 


Druck von August Pries in Leipzig. 


ALFRED voy GUTSCHMID 


UND 


THEODOR MOMMSEN 


GEDÄCHTNIS 


Sigla der Handschriften. 


Im Text des liber generationis I 

B: ein Berolinensis aus dem 9. Jahrhundert, der die Chronik des Hie- 
ronymus, die Chronik und die Fasten des Hydatius und am Schluß 
Fol. 184 ff, am Ende verstümmelt, den lib. gen. 1 enthält. Ältere 
Bezeichnungen der ursprünglich aus Trier stammenden, dann in 
Sirmonds Besitz befindlichen Hs. sind: Paris. Claromontanus no. 636, 
Meermannianus no. 715, Philippsianus no. 1829; in Schönes Ausgabe 
des Hieronymus und bei Frick, chron. min, wird die Hs. mit M 
bezeichnet; B!, B? bezeichnet die erste und zweite Hand in diesem 
Codex. 

Οὐ: gehen, wie Mommsen, chron. min. I p. 80 zeigte, auf denselben 
Archetypus zurück; C!, C?, G!, G? bezeichnet die erste und zweite 
Hand in diesen Codices. 

C: Philippsianus no. 12 266 aus dem 10./11. Jahrhundert, enthält den dem 
Eusebios zugeschriebenen lib. gen. I nebst verschiedenen auf Bibli- 
sches bezüglichen Traktaten. 

(1: Sangallensis no. 133 aus dem 9. Jahrhundert; dem auf Fol. 454 be- 
ginnenden lib. gen. gehen ähnliche Traktate vorher wie in C, andere 
folgen. 

F: Parisinus Lat. 10910 aus dem 7./8. Jahrhundert, die beste Hs. des 

Fredegarschen Corpus; bei Frick mit P bezeichnet. 

: Londiniensis, Mus. Britt. 5251 aus dem 9. Jahrhundert. 

: bezeichnet die Hss., die nur den Diamerismos des lib. gen. | unter 

dem Titel «scarpsum ex cronica Origenis» enthalten: 

a) einen Cavensis des 11. Jahrhunderta. 

b) den Parisinus Lat. no. 7418 aus dem 14. Jahrhundert; bei Frick 
mit Pi bezeichnet. 

c) den Matritensis A 16 der Nationalbibliothek in Madrid aus dem 
13. Jahrhundert. 


Im Text des liber generationis II 
V: Vindobonensis no. 3416 aus dem 15. Jahrhundert, enthält den Chro- 
nographen von 354. 


Im Text des liber genealogus a. 427 
F: zwei Florentiner Handschriften (S. Maria novella no. 623 und Laur. 
plut. 20, 54) aus dem 10./11. Jahrhundert. 
(1: Sangallensis no. 133 s. oben. 
L: Lucensis no. 490 aus dem S. Jahrhundert. 
T: Taurinensis I 6. VI 28 aus dem 7. Jahrhundert; bei Frick mit B 
bezeichnet und unter dem Titel origo humani generis abgedruckt. 


Näheres über die genannten und sonst vorhandenen Handschriften 
bieten Frick und Mommsen in den praefationes der chronica minora. 


on 





Inhaltsverzeichnis. 


Seite 

Einleitung . . . . MM ΕἝὟἜἌ 1 
1. Beschreibung und Herkunft der Handschrift 2... s. s. s.s. d 
2. Der erhaltene Text der Chronik des Hippolytos . . . . . . . 90 
Beilage 1 Cod. Vindob. theol. 153 . . . . 0. s. 5. . 18h 
Beilage II Die Liste der 72 Völker im Matr. 121 0... . 180 

3. Die Chronik des Hippolytos . . . 2. s. s... 140 
Beilage 11 Hippolytos xar. mao. ale. X 30, 31 0... 5. . 158 

4. Nachwirkung der Chronik des Hippodytos . . . . . . . . . 162 
a) Epiphanios von Kypros . . . . . . 2 2 . nenn. 163 

b) Der liber genealogus a. 4 . . . . . . . . . . . . 16 

c) Die Alexandriner . . . 1689 


d) Die Byzantiner; die Osterchronik und Synkellos ». 8b, 1f . 125 
e) Die von einer kürzenden Aischenquelle abhängigen Byzan- 


tiner . . . 0. s. n n n. s. s. s. 14 

f) Die Antiochener, der Synkellos P. '82 , 10ff, der Parisinus 1712 
und Kedrenos . . . . . . . . . . . . . . . .. 909 
g) Die Syrer und Armenier. . . . . . . . . . . . .. 299 
h) Ergebnis . . 0. .505.e. 981 
5. Der Stadiasmus Maris Magni v von Otto Cuntz 0... s. s. s. 243 
Indices . . . e ee s e s. ng s. s. s. s. s. s. PZN 
Nachträge und Berichtigungen ee SS 

Beigaben. | 

Die alte Quaternionenbezeichnung und die des K. Laskaris auf Folio 
67 Recto . . 2 . . . . . νὸν νιν νιν νιν νιν νι νιν, 13 
Tafelam 
Schlusse 


Die Handschrift des K. Laskaris auf Folio 30 Recto 
Schluß der Chronographie des Nikephoros, Folio 50 Verso mit No- 


tizen des K. Laskaris . . . ΠΠ 
Anfang der Chronik des Hippolytos, Folio 31 Recto mit der Qua- 

ternionenbezeichnung des K. Laskaris . . . . . . . . . . MI 
Anfang des Stadiasmos, Folio 63 Verso . . . 2 . . . . . .. IV 


Die Bearbeitungen des Diamerisamos . . . . . . . . . ... V 


Einleitung. 


Im folgenden wird nachgewiesen, daß der anonym über- 
lieferte Text des Cod. Graec. 121 der nach 1712 begründeten 
Madrider Nationalbibliothek auf Folio 51 Recto bis zum Schlusse 
Fol. 82 Verso die griechische Originalfassung des Anfanges der 
Chronik des Hippolytos von Rom enthält!. 

Die zur Wiederherstellung des bisher verlorenen griechischen 
Originales vorliegenden Hilfsmittel sind zuletzt und am voll- 
ständigsten bei A. Harnack (Gesch. d. altchristl. Literatur I 
626 ff, II, 2, 236 ff, 549 ff) zusammengestellt. Ducange hatte 
zuerst die Ansicht ausgesprochen, die von Mommsen, A. v. Gut- 
schmid, H. Gelzer u. a. geteilt und näher begründet wurde, 
daß die beiden sogenannten libri generationis und die ihnen 
entsprechenden Abschnitte bei dem sogenannten Barbarus des 
Scaliger drei voneinander unabhängige lateinische Übersetzungen 
der Chronik des römischen Gegenpapstes seien. Ebenso war 





1) Vgl. meine Mitteilung an A. Harnack in dessen Gesch. d. altchr. 
Lit. I1 2, 239 ff und die Veröffentlichung des Proómiums in dem Privat- 
druck: „Drei Proömien unserem Freunde W. Gurlitt überreicht zum 7. März 
1904". Ich habe die ursprünglich zu anderen Zwecken erbetene Hand- 
schrift (vgl. meine und J. Strzygowskis Publikation: Eine alexandrinische 
Weltchronik, Denkschr. d. phil.-hist. Kl. d. Wiener Akademie 51. Bd.) im 
Sommer 1903 auf der Grazer Universitätsbibliothek durch längere Zeit 
benutzen kónnen. Dafür sage ich auch hier dem Vorstand der National- 
bibliothek, Herrn Menendez y Pelayo, den verbindlichsten Dank; er ge- 
stattete auch die Anfertigung der beigegebenen photographischen Tafeln. 
Ebenso danke ich den k. k. Ministerien des Unterrichts und des Äußeren 
sowie der k. u. k. Gesandtschaft in Madrid, die die Entlehnung der Hand- 
schrift vermittelten. H. Schenkl habe ich für eine Kollation meiner Ab- 
schrift mit dem Original, der Wiener Hofbibliothek für die Übersendung 
von zwei Handschriften, dem Kloster der Mechitaristen in Wien für Zu- 
sendung derJerusalemer Ausgabe der Chronik des Mar-Michael, H. Schu- 
chardt für eine Übersetzung dieses armenischen Textes und H. Gelzer 
für eine Abschrift seiner Kollation des Cod. Paris. 1712 zu danken. 

Texte u. Untersuchungen ete. NF XIV, 1 1 


2 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


dureh inhaltliche und formelle Übereinstimmungen dieser Über- 
setzungen mit spüteren, besonders zwei byzantinischen Autoren 
(Osterchronik und Synkellos) bekannt, daß die Chronik des 
Hippolytos in sehr zahlreichen Brechungen in späteren Chroniken 
sich erhalten hat. Mommsen (Mon.Germ. auct. antiquiss. IX cltron. 
min. I p. 80) konnte daher für einen Rekonstruktionsversuch die 
folgende Anweisung geben: Librum Hippolyti Graece deperditum, 
qualem auctor emisit, aliqua tenus restituere poterit qui rem 
aggredietur adhibitis subsidiis omnibus tam Graecis quam Lati- 
nis: nam excerpta inde multa supersunt apud scriptorem chronici 
paschalis et apud Georgium Syncellum aliosque auctores com- 
plures, quorum conspectum dedit Alfredus de Gutschmid [Kl]. 
Schr. V 240 ff, 585 ff]; quaeque in Latinis versionibus culpe 
interpretum libraroriumve obscurata sunt, plerumque statim 
explanat adhibita recensio Graeca ..... nos ut noluimus Hip- 
polytianorum chronicorum restitutionem aggredi, Latinas ver- 
siones quae supersunt in hac editione proposuimus ita plenas et 
ita correctas, ut per libros expleri et emendari potuerunt, absti- 
nentes a coniecturis, ne per eas incideremus in ipsius libelli 
retractationem a nostri operis consilio et fine alienam. 

Die Grundlage dieser in der Ausgabe der Werke des Hippo- 
lytos in den «griechischen christlichen Schriftstellern der ersten 
drei Jahrhunderte» zu lósenden Aufgabe ist jedoch in jüngster 
Zeit bestritten worden. K. Frick trat in der praefatio seiner 
Ausgabe der chronica minora (Leipz. Teubner 1892 p. XXIX sqq.) 
für die Ansicht ein, daf in den libri generationis die Chronik 
des Hippolytos — opus satis amplum et a libro generationis 
longe alienum — nur gelegentlich neben anderen Quellen be- 
nutzt sei, C. Wachsmuth (Einleitg. in d. Stud. d. alten Gesch. 
158 ff) schloß sich diesen Ausführungen an und bezeichnet die 
libri generationis geradezu als Pseudo-Hippolytos. Widerspruch ist 
dagegen nur von Harnack (a. a. O. I 645, Il. 1. 149 Anm.; 2. 237) 
und von Lightfoot (Clem. of Rome II 399) erhoben worden. 

Die folgende Abhandlung wird beweisen, dal die Ansicht 
Frieks wenigstens für den Anfang der Chronik, einschließlich 
des Diamerismos, nicht zutrifft!. Die ältere Ansicht ist richtig: 


1) Für die auf den Diamerismos folgenden Abschnitte trifft jedoch 
Fricks Vermutung insofern zu, als sich unten einige Anhaltspunkte dafür 
ergeben werden, daf die Übersetzer in diesen gekürzt haben. 


Einleitung. à 


die libri generationis sind in der Hauptsache eine bloße Über- 
setzung aus Hippolytos; noch genauer als diese beiden Über- 
setzer gibt jedoch der Barbarus den Wortlaut des Hippolytos 
wieder. Die von Mommsen gekennzeichneten Voraussetzungen 
für die Hekonstruktion des griechischen Originales sind also 
nach wie vor gegeben. Den wichtigsten Behelf dazu bietet jetzt 
der Matritensis 121, soweit darin der Text der Chronik erhalten 
ist. Aber auch für die auf den Diamerismos folgenden Ab- 
schnitte liegt jetzt ein hoffentlich gleichwertiges neues Hilfs- 
mittel in der noch unveróffentlichten armenischen Übersetzung 
vor, die Gregor Chalatiantz in zwei Handschriften in Venedig 
und Etschmiadzin aufgefunden hat!. 


1. Beschreibung und Herkunft der Handschrift. 


Die Blátter der von Iriarte (Regiae bibl. Matr. codd. Graec. 
mss. p. 480) mit 121 bezeichneten Pergamenthandschrift?, die 
jetzt die Signatur 4701 trägt, messen 15 cm in der Breite und 
20 em in der Höhe. Die beschriebene Fläche ist 10,5 cm breit 
und 13,5 em hoch. Auf jeder Seite stehen 17 Zeilen einer 
schönen, zierlichen Minuskel. Die Handschrift ist keineswegs 
so schlecht erhalten, als die Beschreibung lriartes ver- 
muten läßt. 


1) Vgl. G. Chalatiantz in der Wiener Zeitschr. f. Kunde des Morgen- 
landes XVII, 182; J. Dräseke, Ztschr. f. wissensch. Theologie XLVII 108ff; 
A. Harnack a. a. O. II. 2, 549. Wenn die Übereinstimmung dieses armeni- 
sehen Textes mit dem der libri generationis so genau ist, wie Chalatiantz 
angibt, so sehe ich keinen Grund zu bezweifeln, daß. die von ihm auf. 
gefundene Compilation aus Moses von Chorene, Andreas (um 350) und 
Ananias Schirakatzi (7. Jhdt.) am Anfang eine Übersetzung der Chronik 
des Hippolytos als Einlage enthält. Es gelang mir nicht, von dem Ent- 
decker eine Abschrift dieses für den Vergleich mit dem Matr. und den 
lib. gen. wichtigen Textes zu erhalten; Chalatiantz kündigte nur das Er- 
scheinen des armenischen Textes nebst lateinischer Übersetzung für das 
Ende 1904 an. 

2) Die Handschrift war ursprünglich mit 120 bezeichnet, die Nummer 
121 trágt der bei Iriarte (a.a. O.) als Nr. 120 beschriebene Codex. Die 
Vertauschung der Ziffern, welche die Durchstreichung der älteren Signatur 
1120) auf der Innenseite des Deckels zur Folge hatte (s. oben im Text, 
ist vermutlich nur eine von Iriartes nicht seltenen Flüchtigkeiten. 

1* 


4 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Iriarte wies sie fälschlich dem Anfang des 14. Jahrhunderts 
zu. Dies berichtigten schon E. Miller, der sie ins 9. Jahr- 
hundert setzte, und A. Martin, der sie dem 10. oder 11. Jahr- 
hundert zuwies (die Stellen vgl. unten). Ich werde später nach- 
weisen, daß der Matr. 121 von demselben Schreiber geschrieben 
ist, wie der Matr. 71, den Iriarte ebenfalls zu spät ins 13. Jahr- 
hundert datiert Matr. 71 zusammen mit dem einzigen grie- 
chischen Codex der Biblioteca Vittorio Emanuele in Rom, einem 
Pergamentcodex in 4? mit 33 Zeilen Text auf jeder Seite, bil- 
deten ursprünglich eine, Iliasscholien enthaltende Handschrift. Es 
ist daher bei der Zeitbestimmung der Schrift des Matr. 121 auch 
darauf Bezug zu nehmen, wie competente Forscher diesen von 
mir nicht verglichenen Codex (Romanus + Matr. 71) datierten. 
Den Matr.71 wies nun ein so vorzüglicher Kenner wie Ch. Graux 
(die Stellen vgl. unten) dem 9. oder 10. Jahrhundert zu, während 
Ruelle und Torstrik meinten, bis ins 11. und 12. Jahrhundert 
herabgehen zu müssen. Den Cod. der Biblioteca Vittorio Ema- 
nuele datierte Ch. Graux ins 11. Jahrhundert — wohl haupt- 
sächlich deshalb irrtümlich so spät, weil er dessen Schreiber 
fälschlich für identisch mit dem des Cod. Escorialensis der Ilias 
hielt — O. v. Gebhardt dagegen bemerkte, daß der Romanus der 
Ilasschohen «noch aus dem 10, schwerlich aus dem 11. Jahr- 
hundert sei». Mir scheint am wahrscheinlichsten, daß der Ma- 
tritensis 121 und somit auch der Cod. der Iliasscholien (Roman. 
+ Matr. 71) im 10. Jahrhundert geschrieben sind, das späteste 
mógliche Datum ist der Anfang des 11. Jahrhunderts. 

Der Codex ist in Pergamentdeckel halb steif gebunden, die 
Nähte des Einbandes sind mit zusammengedrehten grünen und 
roten Seidenfäden hergestellt. Auf dem Rücken des Einbandes 
steht der Lánge nach von einer etwa dem 16. oder 17. Jahr- 
hundert angehórenden Hand: Chronicon anonimo und unten über 
quer geschrieben die Bezifferung No. 120 (vgl. oben S. 3 Anm. 1), 
ebenda befindet sich der jetzige Signaturzettel mit der Bezeich- 
nung Mss. 4701 aufgeklebt. Auf der Außenseite des Vorder- 
deckels steht am oberen Rande in der Mitte die Zahl 114, ver- 
mutlich eine Signatur des Codex aus der Zeit, bevor er in den 
Besitz der Nationalbibliothek kam. Auf die Innenseite des 
Vorderdeckels ist ein Papierblatt niedergeklebt, auf dem links 
oben in der Ecke noch einmal das jetzige Signaturzettelchen 


Einleitung. 5 


angebracht ist. Darunter steht von einer Hand des 17. oder 
18. Jahrhunderts die Bemerkung: Del Ser Conde de Miranda 
No. 120. Diese Zahl ist später mit Bleistift ausgestrichen (vgl. 
S. 3 Anm. 1). Der rückwärtige Deckel, auf dessen Innenseite 
ebenfalls ein Papierblatt angeklebt ist, trägt keine schriftlichen 
Bemerkungen. Dasselbe Papier wie auf der Innenseite der 
Deckel wurde auch für zwei nach dem letzten Pergamentfolio 
am Schlusse der Handschrift eingebundene leere Blätter ver- 
wendet. | 

Auf den Vorderdeckel folgt ein Vorsteckblatt, das aus zwei 
aneinandergeklebten Papierblättern besteht. Das erste ist aus 
demselben Papier geschnitten, das auf den Innenseiten der Deckel 
und am Ende der Handschrift verwendet wurde. Das zweite 
für das Vorsteckblatt verwendete Papierblatt ist dagegen viel 
ülter und diente wahrscheinlich als Umschlagblatt, bevor die 
Handschrift ihren jetzigen Einband erhielt. Auf der Vorder- 
seite dieses Vorsteckblattes steht von einer, wie es scheint, der 
auf dem Rücken vorfindlichen Schrift gleichzeitigen Hand oben: 
Genealogia de Adan en griego No. 120. Dieser Text ist mit 
Tinte, die Zahl mit Bleistift durchstrichen, darunter steht von 
einer späteren, wohl erst dem 19. Jahrhundert zuzuweisenden 
Hand: chronologieum compendium incerto auctore. Auf der 
Rückseite des Vorsteckblattes steht oben von einer Hand viel- 
leicht noch des 16. Jahrhunderts: Chronicon et stadiasmus aucto- 
ris Anonymi vale una dozena de R!e, 

Auf das Vorsteckblatt folgen 82 oben rechts von einer Hand 
des 18. Jahrhunderts bezifferte Blätter!. Die 29 ersten sind aus 
Pergament, dann folgen als Folio 30 und 31 zwei von der 


1) A. Paz y Mélia, Vorstand der Handschriftenabteilung an der 
kgl. Bibliothek zu Madrid, hült auf meine Anfrage für müglich, aber nicht 
für sicher, daß die Paginierung der Handschrift von Iriarte herrührt. 
Unter den Notizen auf dem Deckel und dem Vorsteckblatt jedoch rührt 
nach seiner Angabe sicher keine von Iriarte her, sie sind von verschie- 
denen unbekannten Händen des 16. bis 19. Jahrhunderts geschrieben. Aus 
diesen Notizen, dem Einband und anderen äußeren Anhaltspunkten ließen 
sich die Schicksale der Handschrift seit dem Tode des Laskaris wahr- 
scheinlich noch genauer feststellen; allein für die Entstehung des Fonds 
grec der Madrider Nationalbibliothek fehlt bis jetzt ein gleich vorzüg- 
liches Hilfsmittel, wie es Ch. Graux' Essai für die Bibliothek des 
Escurial bietet. 


6 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


gleichen Hand wie die vorhergehenden bezifferte mit eingebun- 
dene Papierblátter; die Folien 32—82 sind wiederum aus Per- 
gament, auf Folio 82 folgen endlich die zwei schon erwähnten 
nicht bezifferten und leeren Papierblätter. 

Die Blätter 30 und 31 bestehen aus einem schönen, weichen, 
von dem sonst in dem Codex vorhandenen ganz verschiedenen 
Papier, wie solches im 15. Jahrhundert verwendet wurde, auch 
die Hand, welche diese beiden. Blätter beschrieben hat, gehört 
dem 15. Jahrhundert an. Dieselbe Hand begann schon am Ende 
des vorhergehenden Pergamentblattes (29 Verso) die in der Hand- 
schrift selbst mit Basileios I. (867—886) endende Liste der byzan- 
tinischen Kaiser zu vervollständigen; auf den beiden Blättern 30 
und 31 wird sie bis zur Eroberung Konstantinopels durch die 
Türken fortgesetzt!, und anläßlich dieses Ereignisses gedenkt 
der Continuator des älteren Chroniktextes auch des Umstandes, 
daß er selbst dabei von den Türken gefangen genommen worden 
sei: xal αὐτὸς σὺν πολλοῖς ἄλλοις ἐνταύϑη καὶ ἐγὼ αἰχμάλω- 
τος γέγονα. Der Inhalt allein macht es schon zweifellos, daß 
dieser Zusatz von dem bekannten Gelehrten Konstantinos 
Laskaris herrührt; aus dessen Besitz stammt also die Hand- 
schrift. 

K. Laskaris pflegte in die ihm gehörenden Codices häufig 
ähnliche auf seine Person bezügliche Eintragungen zu machen. 
Eine solche enthält z. B. die ganz von ihm geschriebene und 
verfaßte Chronik Cod. Matr. 72 auf Folio 140 ff (Iriarte a. a. O. 
p. 265), einen ähnlichen Zusatz fügte er zu der von ihm in 
Rhodos erworbenen Handschrift Matr. 85 auf Fol. 257 hinzu 
(Iriarte p. 352), desgleichen zu der in Neapel gekauften Hand- 
schrift Matr. 22 (Iriarte p. 84). Von den 125 bei Iriarte be- 
schriebenen Codices, die sich in dem mit N bezeichneten Schrank 
der Madrider Nationalbibliothek befinden, stammen  überdies 
mehr als die Hälfte, 76?, aus dem einstigen Besitz dieses ge- 


1) Die Anfangsbuchstaben der Namen der Kaiser sind mit roter 
Farbe geschrieben (vgl. Taf. I). 

2) Ein betrüchtlicher Teil griechischer Handschriften der Madrider 
Bibliothek, die aber in Iriartes Katalog nicht angeführt sind, stammt 
&us dem Besitz des Francesco de Mendoza y Bobadilla, des Kardinals von 
Burgos, wie Ch. Graux, Essai sur les origines du fonds grec de l’Escu- 
rial, Bibl. de l'école des hautes études, sciences phil. et hist. fasc. 46, p. 61 


Einleitung. 7 


lehrten Griechen. Endlich beweist auch ein Vergleich der bei- 
gegebenen Schriftprobe dieses Zusatzes (Taf. I) mit dem Facsi- 
mile der Hand des Konstantinos Laskaris bei Graux und Martin, 
Facsimilés de manuscrits grecs d'Espagne Pl. II, No. 6, Pl. XVIII, 
No. 60 und 62!, daß er den Zusatz auf Fol 30 und 31 im 
Matr. 121 geschrieben hat. 

Dies ist schon von lriarte (a. a. Ὁ. p. 480) richtig erkannt 
- worden. Nach K. Laskaris besaß den Codex 121 ein Graf Mi- 
randa?, wie aus der Notiz auf der Innenseite des Vorderdeckels 
und überdies aus einer Angabe Iriartes (a. a. Ὁ.) zu entnehmen 
ist. Durch den Grafen Miranda kam die Handschrift Ende des 
18. Jahrhunderts (Iriarte sagt in seinem 1769 gedruckten 
Katalog: cod. nuper ex comite Mirandae inter alios comparatus) 
in die Nationalbibliothek. 

Ungewiß bleibt, ob die Handschrift aus dem Besitze des 
K. Laskaris direkt in den des Grafen Miranda kam. Obwohl 
die Schicksale der Bibliothek des Laskaris noch nicht genau 
festgestellt sind, so muß doch als wahrscheinlich gelten, daß die 
Handschrift durch verschiedene Hände ging, ehe sie Graf Mi- 
randa erwarb. 

Über die Büchersammlung des K. Laskaris liegen nur fol- 
gende Nachrichten vor. Graux-Martin (im Text zu den Facsi- 
milés de manuscr. grecs d'Espagne p. 121) geben an, daf 
Laskaris nach seinem am Anfang des 16. Jahrhunderts erfolgten 
Tode seine Bibliothek der Stadt Messina vermachte, dal) sie 
dann nach Palermo und von da nach Spanien gebracht wurde. 
Bei der Überführung nach Spanien intervenierte Juan Francisco 





gezeigt hat. Über diese Handschriften, deren Katalogisierung Iriarte 
zwar beabsichtigt, aber nicht ausgeführt hatte, vgl. E. Miller, Notices 
et extraits des mss. de la bibl. Nationale XXXI/2. p. 1 ff. 

1) Das eine dieser Facsimilia gab Ch. Graux schon in einem Auf. 
satz über K. Laskaris im Annuaire de l'assoc. pour l'encouragement des 
etudes grecques XI (1877) p. 147; danach wiederholt in den Oeuvres de 
Ch. Graux II p. 531. 

2) Aus dem Besitz dieses (Grafen Miranda stammen auch zwei 
Handschriften des Escurial (Graux, Essai p. 70, 71). Sie gehören einer 
Gruppe von 21 Handschriften an, die teils von A. Darmarios, teils von 
Kalosynas geschrieben sind und stammen teils aus dem Besitze Mirandas, 
teils aus dem von Velasco, gehörten also nicht zu dem Fonds des Kardinals 
von Burgos. 


8 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Pacheco y Mendoza, Herzog von Uzede und Statthalter von 
Sizilien zur Zeit Philipps V., des Begründers der königlichen, 
jetzigen Nationalbibliothek zu Madrid. Damit ist aber nur das 
Schicksal des Großteiles der aus Laskaris’ Besitz stammenden, 
jetzt im Schrank N der Nationalbibliothek aufbewahrten Codices 
bezeichnet, andere haben andere Fata gehabt; z. B. das schon 
erwähnte Stück einer Handschrift der lliasscholien, das jetzt in 
der Biblioteca Vittorio Emanuele in Rom sich befindet (oben S. 4). 
Dieses Bruchstück einer Handschrift, deren Rest nach Madrid 
kam, besaß ursprünglich Muret (1526—1585), seit 1563 befand 
es sich in Rom, wo es in das 1622 gegründete Jesuitenkollegium 
de propaganda fide und von da 1870 an dessen jetzigen Auf- 
bewahrungsort kam (Maaß, Hermes XIX, S. 559 ff). Aber auch 
in die Bibliotheque nationale nach Paris und in andere Bibliotheken 
kamen Handschriften aus dem Besitze des Konstantinos Laskaris 
(vgl. die Nachweise bei Gardthausen, Griech. Paläogr. S. 318 
und Byzantinisches Archiv, Heft 3) 2. 


1) Diese Angabe geht auf Iriarte zurück (a. a. O. der praefatio); 
sie ist bei Valentinelli, Delle bibliotheche della Spagna, Sitzungsber. d. 
Wiener Akad. XXXIII (1860), p. 22 und bei Ch. Graux, Rapport sur une 
mission en Espagne in den Archives des missions scientifiques 3éme série 
vol. V, p. 124 wiederholt. Etwas genauere, auf Galli, Annali di Messina 
t. II, p. 437 beruhende Angaben macht Legrand, Bibliographie Hellénique 
t. I introd. p. LXXXIII. Danach vermachte Laskaris seine Bibliothek 
dem Klerus von Messina — come noi letto abbiamo nella schedola origi- 
nale di suo proprio carattere. Sie wurde in einem Zimmer des tesoro 
publico von Messina aufbewahrt, durch den Grafen von Santo-Stefano 
aber 1679 nach Palermo und von da nach Spanien gebracht. 


2) Zwei im Vatikan befindliche und einen Ottobonianus aus dem 
Besitz des Konstantinos erwühnt W. Weinberger in seiner Tryphiodor- 
ausgabe (Leipzig, Teubner, praef. p. VI, VIII. Nach dem Zeugnis des 
Angelo Rocca besaß ferner F. Ursinus 1584 in seiner Bibliothek Bücher 
der beiden Laskaris, unseres Konstantinos und seines Bruders Johannes 
(Janus), vgl. Nolhac, La bibliotheque de Fulvio Orsini 1887, Bibl. de l'école 
des hautes études, sciences phil. vol. 74, p. 110, 151ff. — Diese Brüder 
Laskaris werden gelegentlich verwechselt, z. B. Hermes XI 301, wo es 
sich um eine Mailänder, von Janus Laskaris auf seiner 1492 nach Grie- 
chenland unternommenen Reise (E. Piccolomini, Rivist. di filologia II [1874], 
p. 401) erworbene Handschrift des Dionysios von Halikarnaß handelt. 
Diese war also weder in Messina (vgl. Hermes XII 511) noch in Spanien 
zu suchen, wo sich jetzt die Mehrzahl der Handschriften des Konstantinos 


Einleitung. 9 


Da nun nach Iriartes ausdrücklicher Angabe der Codex 121 
erst Ende des 18. Jahrhunderts und zwar durch einen Grafen 
Miranda in die Nationalbibliothek kam, so kann er nicht zu 
dem Hauptstock der Erwerbungen in dem mit N bezeichneten 
Schrank gehören, die J. F. Pacheco y Mendoza vermittelt hatte. 
Meine Bemühungen, über diesen Grafen Miranda und seine 
Bibliothek näheres festzustellen, waren jedoch vergeblich. A. Paz 
y Melia, Vorstand der Handschriftenabteilung der Madrider 
Bibliothek und zugleich Archivar des Herzogs von Alba, auf 
den der Titel der Grafen von Miranda überging, konnte mir 
keine nähere Auskunft geben. Die Papiere der secretarie der 
Herzöge von Alba liefern über Verkauf oder Schenkung von 
Büchern an die Nationalbibliothek keinerlei Anhaltspunkte. 
A. Beer in Wien, dem Verfasser der Handschriftenschätze 
Spaniens, verdanke ich die Nachricht, daß die Nationalbibliothek 
auch noch andere als griechische Handschriften besitzt, die aus 
dem Besitz eines der Grafen von Miranda stammen, die seit Hein- 
rich IV. diesen Titel führen und früher de Zufiiga hießen. 
A. Beer vermutet, daß der Besitzer jener Bibliothek, aus der 
der Matr. 121 stammt, der bei Zedler, Universallexikon LXIV 
(1759) S. 369 als damals jüngster Sproß der Familie genannte 
Emanuel Franz de Zufiga XIIL, Graf von Miranda sei, der sich 
1728 vermühlte. Es muß also vorläufig dahingestellt bleiben, 
welche Schicksale der Matr. 121 seit dem Tode des Laskaris 


befindet, während die des Janus meist in Bibliotheken Italiens und Frank- 
reichs aufbewahrt sind. Über Janus Laskaris ist die vorzügliche Arbeit 
von K. K. Müller, Centralblatt f. Bibliotheksw. I, S. 3392 Ε΄ maßgebend, 
zu der jedoch die Nachträge bei Weinberger, Jahresbericht üb. d. Fort- 
schritte der klass. Altertumsw. Bd. 98, S. 214ff zu vergleichen sind. Über 
Konstantinos Laskaris handeln nach Legrand, Bibliogr. Hell. I, p. LXXI f 
Nolhac (a. a. O.) und Ch. Graux (a. a. O.) am ausführlichsten. Zu den 
bei diesen und bei Gardthausen (a. a. O.) gegebenen Literaturnachweisen 
trägt W. Weinberger brieflich noch nach: Villemain, La vie de C. Las- 
caris, Paris 1825, auch in deutscher Übersetzung erschienen. Über die 
Familie Laskaris ist ferner zu vergleichen Amati, Archivio storico Italiano 
3me serie III (1866), p. 161. L. Dorez, Revue des biblioth. V 325 unter- 
scheidet neben dem bekannten Janus Laskaris,:. der sich früher Johannes 
nannte, noch einen dritten Bruder, der ausschließlich den Namen Johannes 
führte; in seiner Abhandlung sind einige auf ihn bezügliche Nachrichten 


abgedruckt. 


10 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


(nach 1500) bis zu seiner Erwerbung durch die Nationalbibliothek 
in Madrid gehabt hat. 

Allein über seine Schicksale in der Zeit, bevor ihn Konstan- 
tinos Laskaris für seine Bibliothek erwarb, läßt sich doch noch 
etwas feststellen. 

Die Pergamentblütter zeigen nämlich, außer der schon er- 
wühnten Foliierung rechts oben, noch zwei Quaternionenbezeich- 
nungen: die eine unten in der Mitte, die andere rechts unten. 
Die eine stammt aus dem 15. Jahrhundert, die andere ist sehr 
viel ülter und, wie die Schrift des Codex selbst, dem 10., spá- 
testens dem Anfang des 11. Jahrhunderts zuzuweisen. Von 
beiden Bezeichnungen bieten die Tafeln und unten S. 13 Proben. 
Ferner fügte dieselbe Hand des 15. Jahrhunderts, die die jüngere 
der beiden Quaternionenbezeichnungen geschrieben hat, auf der 
letzten Seite eines jeden Quaternio rechts unten in der Ecke als 
Custos die Anfangsworte der ersten Seite des nächsten Quaternio 
hinzu. Dies geschah, um die richtige Reihenfolge der losen 
Quaternionen festzuhalten vor oder beim Einbinden. 

Die Quaternionen bestehen normal aus 4 Blattlagen, also 
16 Seiten. Auf der ersten Seite eines jeden sind von der Haud 
des 15. Jahrhunderts unten in der Mitte des Blattrandes die 
Ziffern a—ı eingetragen. Der erste in dieser Weise auf Fol. 1 
mit a bezeichnete Quaternio war vor dem Einbinden defekt, 
denn er wird jetzt durch einen Rückenfalz aus Pergament noch 
besonders zusammengehalten. Der dazu verwendete Streifen ist 
auf Folio 1 Recto zum Teil über die Initiale A des ersten 
Wortes ‘Adau und über die folgenden Ordnungszahlen vor den 
Namen der Erzvüter übergeklebt, weshalb auch die Initiale auf 
dem Streifen nochmals nachgemalt wurde. Noch übler muß 
der Zusammenhang des zweiten Quaternio vor dem Einbinden 
gewesen sein, denn dessen Blütter sind nicht nur gleichfalls durch 
einen Pergamentstreifen in besonderem Falz gefalit, sondern es 
ist sogar jedes einzelne Blatt von derselben Hand, die die Qua- 
ternionenziffern und Custoden schrieb, um die Reihenfolge zu 
sichern, überdies noch mit den Ziffern a—6 in der Mitte unten 


1) Bei K. K. Müller, Centralblatt f. Bibliothekswesen I, 8. 350 finde 
ich die Notiz aus dem Cod. Laur. 28, 20: olim Laurentii de Medicis reper- 
tus inter libros comitis Johannis Mirandulani. Sollte diese Angabe mit 
dem „Grafen Miranda“ etwas zu tun haben? 


Einleitung. 11 


bezeichnet. Bei den folgenden Quaternionen waren solche Nach- 
hilfen nicht erforderlich, sie tragen auf der ersten Seite ledig- 
lich ihre Ziffer. Auf der letzten Seite des zehnten Quaternio 
Fol. 82 Verso steht rechts unten gleichfalls das erste Wort einer 
folgenden, jetzt fehlenden Seite: ἀχρωτήριον als Custos (vgl. 
unten die Abhandlg. von O. Cuntz). Daraus ist zu schließen, daß, 
als vor Anfertigung des jetzigen Einbandes die Quaternionen- 
bezifferung und die Custoden geschrieben wurden, mindestens 
noch ein Blatt der Hs. vorhanden war. 

Bei diesen Eintragungen unterlief dem Schreiber einmal ein 
Versehen, das er tilgte. Auf Folio 65 Verso steht unten rechts 
in der Ecke weggewischt, aber noch leserlich das erste Wort 
von Folio 66 Recto und auf diesem unten in der Mitte 9, was 
zu tilgen vergessen wurde. Der neue Quaternio beginnt näm- 
lich erst mit Folio 67 Recto; nachdem der auf Fol. 65 V. und 
66 R. begangene Fehler bemerkt und an der ersten Stelle auch 
getilgt worden war, erfolgte erst richtig auf Fol. 66 Verso die 
Ansetzung des Kustos und der Zahl 9 auf Folio 67 Recto. Die- 
selbe Hand, von der diese Quaternionenziffern und die Custoden 
herrühren, hat endlich am Rande der Handschrift eine Anzahl 
mehr oder minder ausführliche Randnotizen eingetragen!. (Vgl. 
Taf. II oben.) 

Diese Ziffern, Custoden und Randnotizen rühren, wie ein 
Vergleich mit der Eintragung auf Folio 29 Verso und auf den 
beiden Bombyzinblättern 30 und 31 (oben S. 6) lehrt, sämtlich 
von Konstantinos Laskaris her?. Er erwarb also den jetzigen 
Codex Matritensis in einem sehr schlimmen Zustand. Er bestand 
damals aus einem Bündel einzelner Blätter und Quaternionen, 
die erst Laskaris ordnete, bezifferte und späterhin bei seinen 
Studien mit Zusützen ausstattete. Gebunden wurde die Hand- 
schrift noch später, wobei das oder die auf Folio 82 folgenden 


1) Es finden sich ferner an den Außenrändern der 50 ersten Blätter 
von dem Schreiber der Handschrift selbst herrührende, durch Beschneiden 
häufig verstümmelte Marginalien, kurze Inhaltsangaben des nebenstehen- 
den Textes (vgl. Taf. IV die einzige derartige Notiz auf fol. 51—82). 

2) Schon Iriarte, dem die Hand des Konst. Laskaris aus den zahl- 
reichen Handschriften der Nationalbibliothek genau bekannt war, bemerkte 
richtig, daß der auf dem letzten Blatt Folio 82 Verso erhaltene Custos 
unzweifelhaft von K. Laskaris geschrieben sei. 


19 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Blätter, die zu Laskaris Zeit noch vorhanden waren, verloren 
gingen. Auf diesen Einband wurde, noch bevor die Handschrift 
nach Madrid kam, die Zahl 114 als Nummer (vielleicht der 
Bibliothek Miranda) eingetragen. Iriarte sah sie schon in 
ihrem jetzigen Einband, denn er gibt an, daß sie aus 88 
Blüttern bestehe; diese Ziffer erhült man aber, wenn man zu den 
numerierten Pergament- und Bombyzinfolien (82) die 2 leeren 
Blätter am Ende, ferner die beiden jetzt auf die Deckel 
niedergeklebten Papierblütter und endlich das Vorsteckblatt so- 
wie das alte, mit diesem jetzt nur lose, also anscheinend spüter 
bei einer Reparatur zusammengeklebte Papierblatt (oben S. 5) 
hinzurechnet. 

Was Konstantinos Laskaris erwarb, war aber nicht nur 
ein loses Bündel einzelner Blätter und Quaternionen, sondern 
auch bloß ein kleiner Rest eines ursprünglich sehr umfangreichen 
Codex. Dies lehrt die zweite, ältere, der Niederschrift des Textes 
gleichzeitige, also dem 10/11. Jahrhundert angehörende Quater- 
nionenbezifferung. Auf der ersten Seite jedes Quaternio finden 
sich nämlich rechts unten in der Ecke, anfänglich energisch, 
später lässiger radiert, durch Beschneiden der Blätter überdies 
zum Teil verstümmelte Zeichengruppen, die ebenfalls zur Nu- 
merierung der 8 Blätter umfassenden Quaternionen dienten. Sie 
bestehen aus einem τετράδιον aufzulösenden Zeichen und 
darunter stehenden Ziffern (vgl. Abb. S. 13; auf Taf. II sind bei 
der Reproduktion die schwachen Spuren nicht zum Vorschein ge- 
kommen) Auf dem abgegriffenen und schmutzigen Folio 1 Recto 
ist davon jede Spur verschwunden, Folio 9 Hecto erkennt man 
die Ziffer x, Folio 17 Recto x und Spuren eines 9, Folio 25 ein 
A, Folio 35 (richtig wäre 33, hier sind aber bei der jetzigen Be- 
zifferung ebenso wie bei allen folgenden die beiden Papierfolien 
30 und 31 mitgezühlt) A und Spuren von «, auf Folio 43 und 
51 Recto sind die Reste des Zeichens für rerpadıov erkennbar, 
die darunter stehenden Zahlen aber weggeschnitten. Vollkommen 
deutlich ist dagegen die Bezeichnung mit den Zahlen Ad, 4e, ἃς 
auf den Folien 59, 67 und 75 Recto erhalten (vgl. die Abbil- 
dung auf S. 13). 

Dem jetzigen und schon zu K. Laskaris Zeit ersten Qua- 
ternio gingen also ursprünglich noch 26 vorher und dem letzten, 
dem 36. folgte in dem vollstándigen Codex noch eine Anzahl 


Einleitung. 13 


Quaternionen (auf denen mindestens noch der Rest des Stadiasmus 
und der Chronik des Hippolytos stand). Die Blätter, die Laskaris 
erwarb, bildeten also nur die mittleren 10 Quaternionen einer 
einst sehr umfangreichen Handschrift. 

Vermutungsweise läßt sich endlich noch feststellen, woher 
K. Laskaris die Handschrift bezog. Er hatte die Gewohnheit, 
in sehr viele der von ihm gekauften Handschriften den Ort des 
Ankaufs und das Datum einzutragen; diese Notizen finden sich 





Cod. Matr. 121, Folio 67 Recto 
Die alte und die Quaternionenbezeichnung des K. Laskaris 
(im Maßstab des Originals) 


zumeist am Ende der Codices (Beispiele bei Iriarte, Graux, 
Annuaire XI, Nolhac, bibl. de l'école etc. vol. 74, Weinberger, 
Tryphiodor. Eine solche Eintragung fehlt nun allerdings in 
dem Matritensis 121 vermutlich nur deshalb, weil dessen letztes 
oder dessen letzte Blütter nach Laskaris Tod in Verlust ge- 
rieten. Allein der von demselben Schreiber wie Matritensis 121 
geschriebene Matritensis 71!, dessen Anfang in dem früher er- 


1) Daß einerseits der Romanus der lliasscholien und Matr. 71 und 
anderseits Matr. 121 von derselben Hand geschrieben sind, lehrt ein 
Vergleich der dieser Abhandlung beigegebenen Tafeln mit dem Facsimile 
bei Graux-Martin pl. II 5. 6. Auch die Formate beider Handschriften 


14 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


wühnten Romanus (oben S. 4) erhalten ist, enthält eine solche 
Provenienzangabe. Sie ist bei Graux-Martin pl. 116 facsimi- 
liert, und danach hat Laskaris diese Handschrift in Messina 
erworben, wo er spätestens seit 1466 lebte. Alle Wahrschein- 
lichkeit spricht also dafür, daf auch der Matritensis 121 zur 
selben Zeit und am selben Orte von Laskaris gekauft wurde, 
da er ursprünglich aus derselben, zu Laskaris’ Zeit in den 
Handel gebrachten, spütestens seit dem 10. Jahrhundert bestehen- 
den Bibliothek stammte wie Matr. 71. 

Diese Annahme wird zur Gewißheit, weil der Matritensis 71, 
abgesehen von der gleichen Schrift, auch dieselbe äußere Be- 
schaffenheit aufweist, die an dem Matritensis 121 beobachtet 
wurde (oben S.10ff). Ich entnehme deren Beschreibung Ruelles 
vortrefflichem Bericht in den Archives des miss. scientifiques 
3me serie vol. 1] p. 572ff!. Der Matr. 71 zählt 178 Folien, deren 
' Format nicht angegeben ist; wenn das Facsimile pl.II 5 bei Graux- 
Martin in natürlicher Größe angefertigt ist, so war das Format 
identisch mit dem von Matritensis 121. Auf Folio 177 Verso 
steht von der Hand des Konstantinos Laskaris: Kovorar- 
τῖνος ὁ Λάσχαρις καὶ τοῦτο ἐν Meoov τῆς Σικελίας ὠνήσατο. 
Le fol. 2 commence le deuxieme quaternion; le fol. 6 commence 
le troisieme, marqué d'un chiffre à demi rasé par la reliure; le 


sind dem Facsimile zufolge gleich, die Zahl der Zeilen auf der Seite ist 
dagegen verschieden (33 und 17). Bei Graux und Martin (Text p. 14 ff) 
werden als Besonderheiten der Minuskelschrift von Matr. 71 folgende her- 
vorgehoben: Einzelne Worte wie ovx, vóoo, xyov$, λαξ zeigen am Schluß 
einen Apostroph, der Circumflex und beim Artikel co», τὴν der Gravis stehen 
häufig erst über dem auf den Vokal folgenden Buchstaben, das ı subscrip- 
tum fehlt vollstándig, die Schrift steht nicht über, sondern unter den mit 
dem Griffel vorgerissenen Linien, der Doppelpunkt bei anlautendem ı und 
v ist selten angewendet, Kürzungen finden sich ebenfalls nur ganz wenige: 
xa ov und am Zeilenende ag, ebenso sind die Uncialformen selten, von 
À kommt keine vor, dagegen von » am Wortende. Endlich zeigen « und 
σ am Ende der Zeilen mitunter einen Schwanz. Alle diese Eigentümlich- 
keiten finden sich in dem gleichen Ausmaß auch in der Schrift des Matr. 121, 
die meisten sind auch auf den beigegebenen Tafeln in Beispielen vertreten. 

1) Ruelle wies in diesem Aufsatz schon darauf hin, daß der Matr. 71 
die Fortsetzung des Romanus der lliasscholien enthält. E. Maaß hat dann 
Hermes XIX $. 3250 ff. und Schol. Graeca in Hom. lliadem vol. V praef. 
y. XXII gezeigt, daß der Romanus und der Matritensis Bestandteile einer 
und derselben Handschrift bilden. 


Einleitung. 15 


fol. 12 commence le quatriéme: quaternion. Je conclus de ces 
observations que le volume n'est pas arrivé complet dans les 
mains de Lascaris; que le savant grec se sera empressé de nu- 
méroter les quaternions, lesquels ne sont pas égaux entre eux; 
que, dans le temps écoulé entre lachat et la reliure, le premier 
quaternion et peut-étre aussi ceux qui terminent le manuscrit 
auront perdu quelques feuillets, et que la pagination, qui se suit 
sans interruption, est venue postérieurement au travail du relieur. 
Diese Beschreibung schildert genau denselben Sachverhalt, der 
soeben bezüglich des Matr. 121 festgestellt wurde; wir dürfen 
daher als sichergestellt erachten, daß K. Laskaris sowohl den 
Matr. 71 als auch den Matr. 121 wührend seines Aufenthaltes in 
Messina, also Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts 
von demselben Hündler, beide in demselben tüblen Zustand ge- 
kauft hat. Dieser Händler war augenscheinlich in den Besitz 
arg zugerichteter Handschriften vorläufig unbekannter Herkunft! 
gekommen, die er überdies, um hóheren Gewinn zu erzielen, noch 
zerlegte und bruchstückweise an verschiedene Liebhaber ver- 
kaufte? Da sich nun in dem Romanus, den nachweislich zuerst 
Muret besaß, der Anfang zu dem von K. Laskaris erworbenen 
Matr. 71 hinzugefunden hat, so darf die Hoffnung nicht ganz 
aufgegeben werden, daß auch zu dem Matr. 121 vielleicht der 
fehlende Anfang oder das fehlende Ende noch hinzugefunden 
werden. 

Der Matritensis 121 war bisher keineswegs ganz unbekannt, 
ja der darin enthaltene Text ist zum Teil schon veróffentlicht. 

Schon Iriarte (a.a. Ὁ.) hatte richtig bemerkt, daß auf den 


1) K. Laskaris hat Handschriften an sehr verschiedenen Orten Ita- 
liens und Griechenlands erworben und zum Abschreiben entlehnt (vgl. 
Legrand, Bibl. Hell. I p. LXXV note 2). Einer derjenigen, die ihm Hand- 
schriften zum Abschreiben liehen, war Sergios Stissos aus Tarent; vgl. 
die bei Nolhac, Bibl de l'école des hautes études 74. p. 153 u. 445 
publizierte Subskription des K. Laskaris aus dem Jahre 1498 in einer 
griech. Handschrift der Pariser Nationalbibliothek. Derselbe Sergios ver- 
sorgte aber auch Janus Laskaris mit Handschriften, vgl. K. K. Müller, 
Centralbl. f. Bibliotheksw. I. S. 361 u. 402 ff. 

2) Daß auch der Romanus aus Laskaris’ Bibliothek stammt, wie 
E. Maaß annimmt, ist nicht richtig, da Laskaris sonst auf dem Matri- 
tensis 71 die Quaternionenbezeichnung nicht mit a begonnen hätte. Sein 
erster nachweisbarer Besitzer ist vielmehr Muret. 


16 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


50 ersten, bisher noch nicht gedruckten Blättern der Handschrift 
unter der Überschrift + «ρονογραφία σύντομος ἀφ᾽ οὗ ἡ ol- 
κουμένη ἐχτί | σϑὴ καὶ 0 πρῶτος ἄνθρωπος das sogenannte 
χρονογραφιχὸν σύντομον des Patriarchen Nikephoros von Kon- 
stantinopel enthalten ist!. Der Text der eigentlichen Chronik 
des Nikephoros endet auf Folio 29 Verso von erster Hand mit 
dem Kaiser Basileios I; er wurde, wie schon bemerkt (oben S. 6), 
von Konstantinos Laskaris hier und auf den folgenden bei- 
den eingefügten Papierblättern 30 und 31 fortgesetzt bis zur 
Eroberung Konstantinopels. Hierauf folgen Folio 32 ff die noch 
zur Chronographie des Nikephoros gehörigen Listen der römischen 
Kaiserinnen, der Bischöfe von Konstantinopel usw., geschrieben 
wiederum von der ersten Hand; sie enden auf Folio 50 Verso mit 
dem üblichen Computus, der die Chronographie des Nikephoros 
in den Handschriften beschließt (s. Taf. II). 

Auf Folio 51 Recto (s. Tafel IIT) beginnt unter der Über- 
schrift - συναγωγὴ χρόνων καὶ ἐτῶν ἀπὸ χτίσεως xó | σμου 
ἕως τῆς ἐνεστώσης ἡμέρας eine zweite, ebenfalls anonym ge- 
lassene Chronographie, die bis zum Schlusse der Handschrift 
Folio 82 Verso reicht und, wie sich zeigen wird, eben die Chronik 
des Hippolytos ist. 

Von diesem zweiten Teil des also ursprünglich eine Samm- 
lung verschiedener Chronographien enthaltenden umfangreichen 
Miscellancodex ist schon einiges gedruckt; man hat jedoch durch- 
gängig verkannt, daß von Folio 51 Recto bis 82 Verso die Abschrift 
eines und desselben Werkes vorliegt, dessen Schluß mit den 
auf 82 folgenden Folien verloren gegangen ist. 

Iriarte (a. a. O. pag. 494) unterschied in seiner sehr mangel- 
haften Inhaltsangabe irrtümlich vier anonym überlieferte Schriften. 
Als erste bezeichnete er richtig die Chronographie des Nikephoros. 
Die zweite nach seiner Meinung von Folio 51 Recto bis Folio 55 
Recto reichende Schrift sollte eine kurze Darstellung des Dia- 
merismos, d. h. der Verteilung der Erde unter die Söhne Noés 
und ihre Nachkommen enthalten. Darauf sollte von Folio 55 
Recto bis 63 Verso eine zweite, von einem anderen Verfasser 


1) Es ist zuletzt herausgegeben von C. de Boor, Lpzg. Teubner 
1880 Nicephori archiepiscopi Constantinopolitani opuscula historica p. 79 1, 
Der Text des Matritensis gehört zu den erweiterten Fassungen dieser 
Chronographie; ich werde darüber an anderem Orte berichten. 


Einleitung. 17 


herrührende ausführlichere Fassung desselben Gegenstandes als 
dritter Teil folgen, und der Rest, Folio 63 Verso bis 82 Verso, 
sollte den unvollständigen, von einem vierten Autor herrührenden 
σταδιασμὸς τῆς μεγάλης ϑαλασσης enthalten‘. In seinem teil- 
weisen Abdruck der Anfänge dieser Schriften unterließ es Iriarte, 
gerade das Wichtigste mitzuteilen: die Folio 511f erhaltenen 
Capitelüberschriften und die Vorrede zu der Chronik, woraus 
Hippolytos als Verfasser alles Folgenden sich durch den Ver- 
gleich mit den beiden libri generationis längst hätte feststellen 
lassen. Aber auch keiner von den Forschern, die nach Iriarte 
die Handschrift eingesehen haben, schenkte diesen Blättern ge- 
nügende Aufmerksamkeit. 


Iriartes irrige Unterscheidung dreier verschiedener Werke 
auf den Folio 51 Recto folgenden Blättern beruht auf Über- 
schätzung einer Äußerlichkeit der Schrift und auf mangelhaftem 
Studium des Inhaltes; Iriarte hielt nämlich die durch größere 
Schrift ausgezeichneten Überschriften einzelner Abschnitte des- ᾿ 
selben Werkes für die Titel besonderer Schriften. Ein Blick auf 
die ganz gleichen, mit größeren Buchstaben geschriebenen Über- 
schriften einzelner Abschnitte innerhalb der Chronographie des 
Nikephoros (s. Taf. II) hätte ihn vor diesem Irrtum bewahren 
müssen, den A. v. Gutschmid (Kl. Schriften V 614 ff) vermóge 
seiner überlegenen Sachkenntnis scharfsinnig wenigstens teilweise 
schon berichtigte. Aus Iriartes Angaben über den Inhalt 
stellte dieser Forscher zunächst fest, daß auf Folio 51 Recto bis 
63 Recto nicht zwei verschiedene, eine kürzere und eine längere, 
sondern nur eine Fassung des Diamerismos vorliegt?; v. Gut- 
schmid glaubte aber (a.a. O. 705), da er die Handschrift nicht 
gesehen hatte, daß sie gleich dem Matr. 84 und dem Vind. 171 


1) Diesen Stadiasmus maris magni druckte Iriarte vollständig, aber 
mangelhaft ab, Letronne (Journal d. Savants 1844 p. 301) ließ sich aus 
Madrid eine neue Kollation besorgen, die jedoch nur an 6—7 Stellen von 
Iriartes Abdruck abwich. 


2) Iriarte hielt nämlich den ersten auf Japhet und seine Nachkommen 
bezüglichen Abschnitt des Diamerismos fülschlich für eine kürzere Re- 
cension des ganzen Werkes und machte sich darüber keinerlei Gedanken, 
daß dann in der von ihm als die ausführlichere bezeichneten Fassung 
Folio 55ff Japhet und seine Söhne überhaupt nicht vorgekommen würen. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 


2 


18 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


«eine geographische Mischhandschrift> sei, was für gar keinen 
dieser drei Codices zutrifft. 

Hartnäckiger erhielt sich daher Iriartes irrige Behauptung, 
daß der auf Folio 63 Verso beginnende, mit einer Capitelüber- 
schrift versehene Stadiasmos ein selbständiges Werk sei. Als 
solches wurde er von Gail im II. Bande der Petits Géographes 
p. 400 ff, von Hoffmann, Leipzig 1841 und zuletzt nach aber- 
maliger, viele Versehen Iriartes bessernder Vergleichung der Hand- 
schrift durch E. Miller von C. Müller in den Geographi Graeci 
minores I S. 427 ff herausgegeben. C. Müller datierte überdies 
in der praefatio (p. CXXVIII) die Abfassung des Stadiasmos irr- 
tümlich zwischen 250 und 300 n. Chr. Diese falsche Datierung 
acceptierte v. Gutsch mid, und so kam es, daß er den zweiten Irr- 
tum Iriartes — die behauptete Selbständigkeit des Stadiasmos — 
nicht durchschaute, obwohl ihm (Kl. Schr. V 238, 263 ff) wie schon 
E. Miller (a. u. a. O.) aufgefallen war, daß die den Stadiasmos mit 
- dem vorhergehenden Text des Diamerismos verbindende Einleitung 
(unten S. 128) mit den von Hippolytos im Proómium der Chronik 
und im Diamerismos (S. 124) verwendeten Ausdrücken (die v. Gut- 
schmid aus den libri generationis kannte) auffallende Ähnlich- 
"keit zeige. So kam v. Gutschmid zu dem Schlusse, daß der 
Stadiasmos keinen Bestandteil des ursprünglichen Diamerismos 
gebildet habe, dessen älteste Recension von Hippolytos schon 
235—238 geschrieben wurde, wührend sich vielmehr jetzt als 
zweifellos ergibt, daß gerade Hippolytos zuerst dieses dem ur- 
sprünglichen Diamerismos allerdings wahrscheinlich fremde Stück 
in seine Bearbeitung einfügte. 

Das Berge- und Flüsseverzeichnis des Diamerismos unserer 
Handschrift auf Folio 62 Recto ff veröffentlichte nebst zahlreichen 
Verbesserungen zu dem von lriarte abgedruckten Text des Sta- 
diasmos zuerst E. Miller (Journ. d. Savants 1844 p. 300 ff) auf 
Grund einer Vergleichung der Handschrift. Er stellte ganz richtig 
fest, daß dieses Verzeichnis und der ihm vorangehende Diamerismos 
nicht nur von demselben Autor herrühren, sondern auch zu dem- 
selben Werke dieses Autors gehören müssen, weil in der Ver- 
bindung des Diamerismos mit diesem Verzeichnis durch die 
Worte: δεδειγμένων ovv τῶν ὀνομάτων τῶν δώδεκα ὀρέων 
die schon im Diamerismos angewendete Phrase δεδειγμένων οὖν 
τούτων wiederholt werde. Allein auch E. Miller war nur an 


Einleitung. 19 


dem Text des Stadiasmos interessiert und ging der Frage nicht 
nach, wie weit diese von ihm festgestellte Zugehörigkeit zu dem- 
selben Werke innerhalb der Handschrift reiche. 

C. Müller benutzte für seine Sonderausgabe des Stadiasmos 
die Collation von E. Miller (praef. p. XVII) und bemerkte 
richtig (p. 427 Anm.), daß im Matritensis von Folio 53—62 
nur eine, der im Chronicon paschale und beim Barbarus er- 
haltenen ühnliche Fassung des Diamerismos vorliege; über den 
Folio 51—53 erhaltenen Text und über das Verhältnis des Sta- 
diasmos und Diamerismos äußerte er sich aber überhaupt nicht. 

Während also die genannten Forscher ihr Augenmerk fast 
ausschließlich dem Inhalt der letzten 20 Blätter der Handschrift 
zuwendeten, interessierte sich A. Martin, der die Handschrift 
abermals einsah, nur für jenen Teil der Chronographie des Nike- 
phoros, der stichometrische Angaben über die Bücher des Alten 
und Neuen Testaments enthält (Folio 47 Verso bis Folio 49 Verso). 

Endlich hat, wie ein bei Folio 53 R eingelegter kleiner Zettel 
lehrt, auch B. Violet den Codex in der Hand gehabt. Dieser 
Forscher bemerkt 15. VII. 1899 zu c. 44 (S. 44): «διαμερισμὸς 
τῆς γῆς. Textus Latinus eiusdem operis invenitur Madr. nacional 
A 16 fol 99 v? — 100 r? »Scarpsum ex chronica Origenis««. 
Violet scheint diese richtige Beobachtung nicht weiter verfolgt 
zu haben. Madr. nac. A 16 ist nämlich die von Mommsen chron. 
min. I p. 79 (Mon. Germ. auct. antiquiss. IX) mit O, c bezeichnete 
Handschrift des liber generationis I, der einen der erhaltenen la- 
teinischen Übersetzungen der Chronik des Hippolytos. 

Nach meiner folgenden Ausgabe läßt sich nun der Vergleich 
zwischen dem Text des Matritensis 121 von Folio 51 R ange- 
fangen mit den beiden libri generationis und dem Barbarus des 
Sealiger leicht anstellen, und daraus ergibt sich ohne weiteres, daß 
unsere Handschrift neben der auf den ersten 50 Blättern erhaltenen 


1) M. betont Mélanges G. B. Rossi, suppl. aux Méianges d'archéol. 
et d'histoire publiés par Ecole francaise de Rome vol XII. die 
Wichtigkeit dieser Handschrift für den Text der Chronographie des Nike- 
phoros und hebt hervor, daß sie für die Genesis richtig 4300 und nicht 1300 
Stichen angebe, wie die von de Boor benutzten Codices. Diese sticho- 
metrischen Angaben des Matritensis sind zuerst bei Iriarte (a. a. O. 
p. 482) und danach von Credner, Zur Geschichte des Kanons, Halle 
1847 S. 113 abgedruckt. 


0 x* 


“u 


20 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chronographie des Nikephoros unter der Überschrift συναγωγὴ 
χρόνων κτλ. nur noch ein Werk enthält: den griechischen Text 
der Chronik des Hippolytos, der mitten in dem zu deren Dia- 
merismos gehörenden Stadiasmos abbricht. 

Das lange verbreitete und geglaubte Gerticht, daß in Spanien, 
in der Bibliothek des Escurial, eine griechische, bei dem Brande 
von 1741 vernichtete Handschrift der Chronik des Hippolytos vor- 
handen war (Knust Archiv VIII 227), wurde durch Ch. Graux (bei 
Mommsen chron. min. I p. 86 Anm. 5 und in seinem Essai sur 
les origines du fonds grecs de l'Escurial) widerlegt: Knust hatte, 
durch den in älteren Katalogen erhaltenen Titel irregeführt, eine 
von Darmarios angefertigte Abschrift des Vatic. 1941, der das 
Chronicon paschale enthält, als Chronik des Hippolytos be- 
zeichnet. Der Matritensis 121 erfüllt nun wenigstens zum Teil 
die Hoffnungen, die an Knusts Angabe geknüpft worden waren. 


2. Der erhaltene Text der Chronik des Hippolytos. 


Den Text der Chronik bildet (Folio 51 Recto ff) eine von 
Hippolytos selbst verfaßte! Capitelübersicht, ihr folgt die Vorrede 
und dieser eine kurze Darstellung der Ereignisse von der Erschaffung 
bis zur Völkerzerstreuung, die als βίβλος γενέσεως ἀνϑρώπων 
bezeichnet wird?, Hierauf folgt der Diamerismos, der den ora- 
διασμὸς τῆς μεγάλης ϑαλάσσης mit umfaßt, in sehr ausführlicher 
Fassung”. Wie die Bemerkung (c. 43): ἀλλ᾽ ἐν ἄλλοις βίβλοις 
εὐρήσεις πλατυτέρως τὴν ἀρχὴν, ἡμεῖς δὲ τὸν διαμερισμὸν 
μόνον ἐν συντόμῳ γεγράφαμεν lehrt, war sich Hippolytos bewußt, 
daß in der Kürze des ersten Teils und in der verhältnismäßig aus- 





1) Sowohl die einzelnen Bücher der sogenannten Philosophumena, 
richtig χατὰ πασῶν αἱρέσεων zu betitelnden Schrift, als auch theologische 
Traktate des Hippolytos enthalten solche von dem Verfasser herrührende 
Inhaltsangaben. 

2) Dieser Untertitel des ersten Abschnittes wurde in den zwei als 
liber generationis I und II bekannten lateinischen Übersetzungen als Ge- 
samttitel gebraucht. 

3) Diese besondere Ausführlichkeit des Diamerismos in der Chronik 
des Hippolytos bewirkte, daß von Iriurte bis auf A. v. Gutsch mid stets 
wiederholt wurde, der Matr. 121 enthalte lediglich eine griechische Fassung 
des Diamerismos, 


Text. 21 


führlichen Darstellung des Diamerismos eine Besonderheit seiner 
Chronik gelegen sei. Mitten im Stadiasmos bricht die Handschrift 
ab. Von den 17 anfangs aufgezählten Capiteln fehlen also 13, die 
jedoch, wenn darin auf die lateinischen Übersetzungen ein Verlaß 
ist, die erhaltenen ersten vier an Umfang kaum übertroffen haben 
dürften. Im Matritensis 121 scheint also ungefähr die Hälfte des 
Werkes erhalten zu sein, falls nicht die lateinischen Übersetzer 
gegen Ende sehr viel stürker gekürzt haben als anfangs; in 
diesem Falle wäre etwa die kleinere Hälfte des griechischen 
Textes erhalten. | 

Das einfachste und übersichtlichste Verfahren bei Veröffent- 
lichung des erhaltenen Anfanges der Chronik, ein bloßer Abdruck 
des emendierten Textes der Handschrift, erwies sich als unanwend- 
bar, da diese Ausgabe durch die Möglichkeit steten Vergleichens 
mit den lateinischen Übersetzungen zugleich den Beweis für den 
bippolytischen Ursprung der griechischen Fassung erbringen 
maßte. Aber noch andere Gründe sprachen dafür, die umständ- 
lichere Druckeinrichtung in vier Parallelkolumnen zu wählen. In 
der christlichen Chronikenliteratur läßt sich nur selten mit voller 
Bestimmtheit feststellen, ob ein Text die bloß gelegentlich kürzende 
oder ergänzende Abschrift, die Übersetzung oder aber die 
förmliche Bearbeitung eines anderen, uns erhaltenen ähnlichen 
Werkes ist. Die ausführlichere Fassung eines Satzes in einem 
jüngeren Texte kann an und für sich ebenso oft die Erweiterung 
eines älteren Textes sein wie die ursprüngliche, in dem älteren 
Text aber gekürzte Fassung des Originales. Die kürzere Fassung 
eines Satzes in den jüngeren Quellen kann umgekehrt an und 
für sich ebensogut ein Auszug aus einer ausführlicher gehaltenen 
Vorlage sein wie der echte, in älteren Quellen erweiterte Wort- 
laut. Gibt es doch in dem Bereich dieser Literatur kaum eine 
Abschrift, die nicht gewisse eigentümliche Zusätze oder Aus- 
lassungen zeigte, besonders in jenen Partien der Chroniken, deren 
selbständige Erweiterung lediglich einige Kenntnis des Alten 
Testamentes erforderte. 

Der Matritensis 121 enthält zwar sicherlich bloß eine ge- 
getreue Abschrift und zwar eine alte und verhältnismäßig sehr 
gute des griechischen Originaltextes und weder einen Auszug 
noch eine Bearbeitung der Chronik des Hippolytos von Rom, 
allein diese Erkenntnis berechtigt keineswegs, nun die latei- 


33 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nischen Übersetzungen und die zahlreichen späteren Auszüge als 
überflüssig beiseite zu legen, um so weniger, da der Matritensis 
die aus dem 10/11. Jahrhundert herrührende Kopie eines im 
3. Jahrhundert abgefaßten Werkes ist und Lücken und Fehler 
enthält, für deren Ausfüllung und Verbesserung die abgeleiteten 
Fassungen unentbehrlich sind. Die Ausgabe mußte also nach 
wie vor nach den von Mommsen formulierten kritischen Grund- 
sätzen gemacht werden: adhibitis subsidiis omnibus tam Graecis 
quam Latinis, wenn diesen auch jetzt nur mehr eine geringere 
Bedeutung zukommt. 

Deshalb enthült die erste Kolumne die dem griechischen 
Original am nächsten stehende lateinische Fassung des Barbarus 
des Scaliger, die zweite den Madrider Text, die dritte und vierte 
die Texte der beiden libri generationis. 

Der Barbarus des Sealiger ist eine im 7. oder 8. Jahrhundert 
angefertigte mangelhafte Übersetzung einer alexandrinischen, mit 
Bildern versehenen Weltchronik aus dem Anfang des 5. Jahr- 
hunderts!, Sie ist nur in einer einzigen Pariser Handschrift (Bibl. 
nat. man. lat. No. 4884) erhalten?, die genau nach dem Original 
von A. Schöne im Appendix zu seiner Ausgabe der Chronik 
des Eusebius (l.p. 177 ff) abgedruckt ist. Dieser das Original 
vollstándig ersetzende Abdruck bei Schóne liegt auch den beiden 
letzten Veröffentlichungen: der teilweisen bei Mommsen (a. a. O. 
chron. min. I p. 91 ff mit der Bezeichnung Chrorficon Alexan- 
drinum) und der vollstándigen bei K. Frick (chronica minora I. 
Leipz. Teubn. 1892 p. 184 ff) zugrunde; Frick hat dem latei- 
nischen Text auch eine Zurückübersetzung ins Griechische bei- 
gegeben. 

Die beiden libri generationis sind zuerst auf Grund des ge- 
samten Handschriftenmaterials von Mommsen (a. a. O. p. 89 ff) 
und von K. Frick (a.a. O. p. 2 und p. 80 ff) ediert. Als liber 
generationis II bezeichnete Mommsen jene Fassung, die sich nur 
in den Handschriften des Chronographen von 354 erhalten hat. Die 


1) Ein griechisches auf Papyrusfragmenten erhaltenes Seitenstück zu 
der Vorlage des Barbarus ist der Papyrus Golenisdev (Denkschriften der 
Wiener Akad. 51. Bd.) 

2) Die Hamburger Handschrift ist ein wertloses Apographon der 
Pariser, wie zuletzt J. J. Hoeveler, Festschr. d. hóheren Lehranstalten 
Kölns zur 43. Philol.-Vers., Bonn 1895, S. 193 ff dargetan hat. 


Text. 23 


Abfassung dieser Übersetzung fällt noch vor 334, denn in diesem 
Jahre endet die ältere Chronik, die der Chronograph von 354 
als Vorlage benutzte. In die Chronik von 334 hat nur ein Teil 
der Übersetzung des griechischen Originals der Chronik des Hippo- 
lytos Aufnahme gefunden. Der liber generationis I dagegen 
ist eine ausführlichere, vollständig erhaltene, in Einzelnem ab- 
weichende, also von der in der Chronik von 334 benutzten un- 
abhängige Übersetzung desselben griechischen Originalwerkes. Er 
ist teils selbständig in mehreren Handschriften, teils als Einlage in 
dem sogenannten Fredegar erhalten, worüber Mommsens Aus- 
gabe und die Vorrede bei Frick! nähere Auskunft geben. Der 
lib. gen. I ist nach A. v. Gutschmids Nachweis (Kl. Schriften V 
S. 620) vor 460 verfaßt, weil er in diesem Jahre von dem jün- 
geren Árnobius in seinem Kommentar zum 104. Psalm schon 
benutzt wurde. Es zeigte sich als notwendig, die handschrift- 
lichen Varianten der beiden libri generationis nach Mommsens 
und Fricks Ausgaben ebenfalls in diese Ausgabe aufzunehmen, 
denn es stellt sich jetzt heraus, daß den Übersetzern nicht eine, 
sondern mehrere, in Einzelheiten verschiedene griechische Hand- 
schriften der Chronik vorlagen, die unserem Texte teils nahe 
stehen, teils aber auch von diesem abweichen, und daß ferner 
teils von den Übersetzern selbst, teils aber auch erst von den 
Abschreibern Änderungen vorgenommen wurden. 

Aus dem Vergleich dieser drei lateinischen Fassungen mit 
dem griechischen Text ergibt sich sogleich, daß schon Mommsen 
den Sachverhalt richtig erkannt hatte: Der alexandrinische Chro- 
nist aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts, den der Barbarus über- 
setzte, folgte der griechischen Vorlage am treuesten, die beiden 
libri generationis kürzen dagegen, der ältere (lib. gen. II) mehr, 
der jüngere (lib. gen. I) weniger; bald gibt der eine, bald der 
andere das Original genauer wieder. 

Zur Ergänzung des 110. gen. Il, der minder vollständig er- 
haltenen Übersetzung, kommt ferner in Betracht, was der so- 
genannte liber genealogus a. 427 von den Diamerismos betreffen- 
den Stücken enthält (Mommsen, chron. min. I p. 160ff), denn 
diese sind aus dem liber generationis II — nicht aus Hippo- 


1)Frick nennt in seiner Ausgabe den lib. gen. II das chronicon 
a. 334, den lib. gen. I dagegen schlechtweg liber generationis. 


24 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


lytos direkt — entlehnt, wie im 4. Abschnitt nachgewiesen wird. 
Deshalb wurden in der dem lib. gen. II eingeräumten Kolumne 
solche Angaben des liber genealogus abgedruckt und zwar im Va- 
riantenverzeichnis dann, wenn die betreffende Stelle überdies durch 
die Chronik von 334 erhalten ist, als Text der Kolumne in 
Petit, wenn dies nicht der Fall, also die in der Chronik von 
334 benutzte lateinische Übersetzung des Hippolytos uns nur 
durch den lib. geneal. erhalten ist. 

Zweifellose Zusätze der Übersetzer sind in den drei latei- 
nischen Fassungen durch kleinen Druck unterschieden, Über- 
setzungsfehler dagegen nicht korrigiert, da sie zu den Eigentüm- 
lichkeiten dieser Autoren gehören. Auch in dem griechischen 
Text ist nur weniges und nur in zweifellosen Füllen verbessert; 
die Namensformen sind grundsätzlich ungeändert gelassen. 
Fehlende Akzente, die Majuskeln bei Eigennamen, Interpunktion 
und sonst einige Kleinigkeiten sind dagegen stillschweigend hinzu- 
gefügt oder gebessert. Nach dem Vorbild von Mommsens 
Ausgabe wurden (in einigen Füllen jedoch auf Grund von Auf- 
schlüssen, die der griechische Text gab, abweichend von diesem) 
' die einzelnen Abschnitte durchgezählt. Die in der Textkolumne 
des Matritensis teils links am Rande, teils im Text in Verbindung 
mit R. und V. angebrachten Ziffern bezeichnen die Seiten der 
Handschrift. Eckige Klammern ([]) bedeuten im Text zu Tilgen- 
des, spitze Klammern (()) von mir Ergünztes. Die Varianten 
der Überlieferung der beiden libri gen. sind nach Mommsens 
Ausgabe der besseren Übersichtlichkeit wegen stets am Schlusse 
jedes besonders bezifferten Abschnittes hinzugefügt, ebenda stehen 
die von Mommsen ermittelten Verbesserungen!; die adnotatio 
critica zum griechischen Text steht dagegen unten in den An- 
merkungen, wo auch die zu allen vier Fassungen nótigsten er- 
klärenden Bemerkungen untergebracht sind. Bei umfangreicheren 
Namenlisten wurden nach Mommsens Vorgang eingeklammerte 
() Ordnungsziffern eingefügt; außerhalb der Klammer stehende 
Ziffern solcher Listen sind dagegen überliefert. Die Siglen der 
Handschriftvarianten bei den libri generationis sind dieselben 
wie bei Mommsen. Beim lib. gen. I bezeichnet B einen Bero- 





1) Dazu ist auch das Variantenverzeichnis in Fricks Ausgabe zu 
vergleichen, aus dem ich nur einiges Wenige aufgenommen habe. 


Text. 35 


linensis d. 9. Jahrh, F die beste Handschrift des Fredegarschen 
Corpus, einen Parisinus des 7/8. Jahrhunderts. Unter O sind drei 
Handschriften: ein Cavensis des 11., ein Parisinus des 14. und ein 
Matritensis des 12. Jahrhunderts zusammengefaßt. G und C sind 
Abschriften desselben, jetzt an Interesse gewinnenden Archetypus, 
der háufig gegen die anderen das Ursprüngliche bewahrt hat; 
G ist ein Sangallensis des 9., C ein Phillippsianus des 10. Jahr- 
hunderts. H bezeichnet einen von Mommsen nicht verwerteten, 
von Francis Bickley für Fricks Ausgabe (praef. p. CCXII) ver- 
glichenen Londiniensis des 9. Jahrhunderts. Über die Handschriften 
des Chronographen von 354 geben Mommsen (a. a. O. p. 14) und 
Frick (praef. p. CCXV) Aufschluß; den mit V bezeichneten 
Vindobonensis des 16. Jahrhunderts verglich S. Mekler noch- 
mals für Frick. Die sogenannten Philosophumena, richtig xara 
πασῶν αἱρέσεων betitelte Schrift des Hippolytos ist nach der 
Ausgabe von Duncker und Schneidewin Góttingen 1859, die 
anderen theologischen Schriften des Hippolytos sind nach der 
Berliner Ausgabe der Griechischen christlichen Schriftsteller der 
ersten drei Jahrhunderte Band I angeführt. Von den sehr 
zahlreichen sonst erhaltenen Fassungen des Diamerismos stehen 
dem des Hippolytos der Osterchronist und der Synkellos am 
nüchsten. Deshalb wurden die Parallelstellen aus diesen beiden 
. Byzantinern in den Noten vollstándig verzeichnet aber nicht alle 
ausgeschrieben, die Ermittlung von deren Quellen aber auf den 
4. Abschnitt aufgespart. 

Schon bisher bestanden die triftigsten Gründe für die An- 
nahme, daß die im Jahre 234/5 abgefaßte Chronik des Hippo- 
lytos von Rom das griechische Original der drei in Rede stehen- 
den lateinischen Übersetzungen sei. Was dafür von Ducange 
(Chron. pasch. II ed. Bonn. p. 23 ff), Mommsen (Abhdlg. d. sächs. 
Ges. d. Wiss. II, S. 585 ff; Mon. Germ. auct. antiquiss. IX p. 84 ff), 
A. v. Gutschmid (Kl. Schriften V, 614 u. 0), Gelzer (Sextus Iulius 
Africanus II, S. 1 ff), Harnack (Gesch. d. altchristl. Literatur I, 
S. 626 ff, II. 2, S. 236 und 549 ff) und anderen Forschern geltend 
gemacht wurde, fasse ich im dritten Abschnitt S. 140 ff zu- 
sammen; hier genügt es zu bemerken, daß der griechische Text 
diese Annahme als zweifellos richtig erweist. 

Die Chronik des Hippolytos wurde ferner freier als bei den 
genannten drei Lateinern noch in mehreren späteren chronogra- 


26 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


phischen Werken, griechischen und orientalischen, teils direkt, 
teils indirekt benutzt; die beiden wichtigsten schon erwähnten, 
die Osterchronik und Georgios der Synkellos, gehen durch 
Vermittlung der alexandrinischen Chronik (Panodoros und An- 
nianos) auf Hippolytos zurück. Allein für die Herstellung des 
griechischen Textes kommen, soweit der Matritensis vorliegt, 
diese späteren Ableitungen, einschließlich der Osterchronik und 
des Synkellos, doch nur gelegentlich in Betracht. Deshalb konnte 
von einem vollständigen Abdruck der entsprechenden Abschnitte 
aus diesen Chroniken, der die Übersichtlichkeit nur gestört hätte, 
abgesehen werden. Dagegen ließ sich das Verhältnis dieser ab- 
geleiteten Quellen zueinander viel genauer und sicherer fest- 
stellen als zu der Zeit, da A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V, 240 ff, 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 
(51R) 1. a + συναγωγὴ χρό- 
νῶν καὶ ἐτῶν ἀπὸ κτίσεως 
χόσμου ἕως τῆς ἐνεστώσης ἢ- 
μέρας. 


2. Τῆς γῆς διαμερισϑείσης 


1. Wie alle Überschriften mit 

größeren Buchstaben; « von 1. Hand, 

der Zahlstrich ist später hinzugefügt; α΄ bezeichnet das folgende als 
erstes Buch (vgl. Taf. II). 

2. T als Initiale ausgerückt. Das Kolon nach Νῶε, die lib. gen. und 
unten c. 44 fordern nicht, daß τ. y. ὁ διαμερισμός verbessert werde. Da 
die Inseln im Text der Chronik keinen besonderen Abschnitt bilden, so 
ist πόσαι νῆσοι ἐπίσημοι noch zu c. 2 zu ziehen. 

1—3. Der Ankündigung in c. 1 entspricht unten Matr. 22—42 und 
entspricht, wie lib. gen. I 227 ff und Barb. 9108 (S. 132 ff) beweisen, 
der auf den Stadiasmos folgende Teil der Chronik. C.? entspricht unten 


Text. 37 
5851f) sich um die Lösung dieser Aufgabe bemühte. Davon 
ist in dem vierten, die Nachwirkung der Chronik des Hippolytos 
betitelten Abschnitt gehandelt. 

Aus dem Matritensis ergab sich, daß der bisher als selb- 
ständiges Werk geltende und auf die Jahre 250—300 n. Chr. 
datierte Stadiasmos vielmehr einen Bestandteil der schon 234/5 
abgeschlossenen Chronik des Hippolytos bildete. Der Stadiasmos 
muß daher älter sein als das Jahr 234/55. O. Cuntz steuerte 
deshalb auf meine Bitte im 5. Abschnitt die Ergebnisse seiner 
Untersuchung über dessen Abfassungszeit bei und lieferte zu 
der unzureichenden Ausgabe in den Geographi Graeci minores 
Nachträge und Berichtigungen nach einer von ihm vorgenom- 
menen zweimaligen Collation der Handschrift. 


Liber generationis I. 
1. Dinumeratio temporum et 


Liber generationis II. 
1. In hoc libro sunt congre- 


annorum & generatione saeculi 


usque in hunc diem. 
liber generationis ab adam usque ad 


gationes temporum vel annorum 
8 constitutione mundi usque in 
hodiernum diem. 


ordinem (hunc diem Krusch) quae conti- 
netur in hoc libro dinum. t. et a. gene- 
rationis saeculi (so Εἰ, generationes B) 
usque in hunc diem B F; haec sunt diu- 
tissime per diversa quaesita sic dinum. 
t. et a. (et a. fehlt G) a generatione sae- 
culi ab adam usque in consulatum (-tu G) 
ualentiniani (ualentini G) et ualentis anni 
sunt. vdCCCCXXVIII GC; incipit liber 
generationibus adam H. 


2. Terrae divisio tribus filiis 2. Divisiones terrae tribus 


Matr. 43—201, dem c. 3 unten Matr. 202—223 beziehentlich bis 234, dem 
c. 4 unten 237—239, dem c. 5 unten 235, 236. Matr. 240 wird dann der 
in der Inhaltsangabe nicht besonders erwühnte Stadiasmos eingeschoben. 
Zu solchen „Entgleisungen“ in der Komposition vgl. was K. J. Neumann 
(Hippolytos von Eom in seiner Stellung zu Staat und Welt S. 11, 15, 50) 
über das Verhältnis des Proómiums und des Inhaltes von περὲ τοῦ &vti- 
zelorov bemerkt. 

1—18. Inhaltsangaben vor den Proömien vgl. bei Hippol. xar. πασῶν 
αἵρεσ. am Anfang der Bücher; der Inhaltsangabe von περὶ τοῦ ἀντι- 
χρίστου (c. 5) geht dagegen das an Theophilos gerichtete Proömium 


voraus. 
V 


u 


98 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 
τοῖς τρισὶν υἱοῖς τοῦ Νῶε ga- 
νέρωσις τῶν ἐϑνῶν᾽ τίνες ix 
τίνων γεγένηνται καὶ ποίας 
ἕχαστος αὐτῶν πόλεις xal χώ- 
ρας κεχλήρωνται" πόσαι νῆσοι 
ἐπίσημοι. 


3. τίνες àx ποίων ἄποιχοι 
ἐγένοντο. 

4, πόσοι ποταμοὶ ὀνομαστοί. 

5. πόσα 0Q7 ὀνομαστά. 


, , 
6. πόσοι xpıral xol τίς x00a 
ἔτη ἔχρινε τὸν λαόν. 


7. πόσοι βασιλεῖς ἐν τῇ Ἰου- 
δαίᾳ φυλῇ καὶ τίς πόσα ἔτη 
ἐβασίλευσεν. 

8. ἀπόδειξις περὶ τοῦ Πάσχα 
xal (τίς) πότε ἐτήρησεν ἀπὸ 
Μωυσέως συγχαταψηφιζομέ- 
νῶν καὶ τῶν χρόνων μέχρι τῆς 
ἐνεστώσης ἡμέρας. 


6—18. Das diesen Inhaltsangaben 
Entsprechende ist nur beim Barb. 
und in den libri gen. erhalten, die ich nach Mommsen, chron. min. I 
1158 zitiere. C. 6 — lib. gen. I 249—268, lib. gen. II 92—109, Barb. 230 — 
263; c. 7 — l. g. I 268—304, 1. g. II 109—139, Barb. 263—315; c. 8 — 1. g. 
I 304—316, 1. g. II 139—148, der Abschnitt fehlt beim Barb.; c. 9 — 1l. g. 
] 316—330, 1. g. 11 184—198, fehlt wie alle folgenden beim Barb.; c. 10 = 
l. g. 1331, fehlt 1. g. II; c. 11 — 1. g. 1 332, 1. g. IL 167; c. 12—1. g. I 
333, 1. g. II 168; c. 13 — 1. g. I 334, l. g. II 170; c. 14 — 1. g. I 335, fehlt 
l. g. II; c. 15 — 1. g. I 336—353, 1. g. II 149—106; c. 16 — 1. g. 1354— 3061, 
l. g. I1 117; c. 17 =]. g. 1 362—376, 1. g. I1 199—217; c. 18— 1. g. 1 377— 398, 
fehlt 1. g. II. Der im l. g. I 231—248 und Barb. 202—229 (unten S. 132/3 
c. 227 u. 210ff) auf das FluBverzeichnis folgenden Abschnitt über die Erzvüter 
von der Flut bis Josua ist von Hippolytos in der Capitelübersicht übergangen; 
er wird nach seiner Gewohnheit erst im Proómium c. 20 angekündigt. 
8, 2 τίς ist im Matr. ausgefallen. 


Text. 


. Liber generationis I. 
Noae: declaratio gentium, quae 
ex quibus factae sint et quas 
singule terras ei civitates sor- 
titae sunt, quantae insulae 
clarae. 


et quas singule (-las G) t. et c. sor- 
titae (-ti 6) sunt FGC, fehlt B. 


3. qui ex quibus gentibus 
iransmigraverunt. 

4. quot flumina nominata. 

5. quot montes nominati. 

statt 4. 5 quod m. et fl. GC. 

6. quot iudices et quis quot 
annis populum iudicavit. 

et GC, fehlt BF. 

1. quot reges in tribu luda 
et quis quot annis regnavit. 


8. declaratio paschae et quis 
quando servavit ex temporibus 
Moysi in hunc diem. 

fehlt GC. 





4. 5. Entsprechend der Inhaltsan- 
gabe von GC sind unten S. 121ff im 
Text des lib. gen. I 224, 225 zuerst die 
Berge, dann dieFlüsse aufgezählt. Im 
griechischen Text c. 235, 237 und beim 
Barbarus c. 207, 209 (vgl. auch die 
daneben abgedruckten Texte Matr. 
84, Vind. 171 und die Laterc. Alex.) 
gehen ebenfalls die Berge voraus 
und die Flüsse folgen, wührend in 
der Inhaltsangabe die Reihenfolge 
umgekehrt ist. Diese Vertauschung 
in der Inhalteangabe geht also auf 
Hippolytos zurück; erst im Arche- 
typus von GC wurde die Reihenfolge 
der im Texte enteprechend geändert. 


29 


Liber generationis II. 
filis Noe post diluvium, mani- 
festaciones gentium, que gentes 
ex quibus nate sunt et quas 
singuli eorum provincias et ci- 
vitates hereditaverunt, quot in- 
sule manifeste. 


3. qui ex quibus gentibus 
advené facti sunt. 

4. quot flumina opinata. 

5. quot. montes nominati. 


6. quot iudices et quis eorum 
quot annos iudicavit populum. 


7. quot reges in tribu Iudeo- 
rum et quis eorum quot annos 
regnavit. 

8. ostensio pasche, quis ex 
quo pascha servavit a Moysen 
computatis annis. 


30 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 

9. βασιλεῖς Περσῶν ἀπὸ Kv- 
ρου καὶ τίς πόσα ἔτη ἐβασί- 
λευσε. 

unten 17. 


unten 18. 


10. χρόνος ὀλυμπιάδων ἀπὸ 
᾿Ιφίτου ἕως τῆς ἐνεστώσης ὁ- 
λυμπιάδος. 


11. ὀνόματα πατριαρχῶν ἀπὸ 
γενέσεος. 


12. ὀνόματα προφητῶν. 
13. γυναῖχες προφήτιδες. 


10. ἀπὸ τούτου cod. 
11. χαὶ γενέσεως cod. 


Text. 31 


Liber generationis I. Liber generationis Il. 
9. reges Persarum a Cyro et 9. tempora regum Persarum 
quis quot annis regnavit. a Cyro et quis quot annis 
nach 17 GC. regnavit. 


10. reges Macedonum ab unten 16. 
Alexandro et quis quot annis 
regnavit. 

nach 15 GC. 

11. imperatores Romanorum unten 17. 
ab Augusto et quis quot annis | 
imperavit. 

nach 9 GC. 

12. tempora olympiadum ab fehlt. 
Ipito usque in praesentem olym- 


piadem. 

fehit GC. 

13. nomina patriarcharum a 10. nomina patriarcharum a 
generatione. geneseos. 

nach 14 G. 

14. nomina prophetarum. 11. nomina prophetarum. 

118. nomina apostolorum. 
15. mulieres prophetissae. 12. mulieres prophetisse. 


nach 16 G, nach 18 C. 


9—19. Über die bisherigen Rekon- 11a. Ist, wie schon erkannt wurde, 
struktionen dieses Inhaltsverzeich- ein Zusatz und der Chronik des Hippo- 
nissesauf Grund der beidenlibrigene-  lytos fremd. 
rationis vgl. Krusch, N. Archiv 7.468 
und Mommsen, Abhdlgn. d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. II 588ff. Die 
Fredegarsche Fassung des lib. gen. I enthält im Text am Schluß noch- 
mals ein Verzeichnis der jüdischen Kónige, das jedoch, wie Krusch (a. 
a. O. 470) und Mommsen (a. a. O. 589; chron. min. I p. 79) gezeigt 
haben, ein Nachtrag vermutlich des Fredegar ist. Mommsen hat es 
daher in seinen Text des lib. gen. I überhaupt nicht aufgenommen. Frick 
(chron. min. praef. LIff und in der Ausgabe selbst) hält irrtümlich das 
erste Verzeichnis der jüdischen Künige für einen Zusatz, obwohl es im 
Text an der richtigen, der Inhaltsangabe entsprechenden Stelle steht, das 
interpolierte am Schluß dagegen für das aus dem griechischen Original 
stammende. 

10. 11. Die Reihenfolge ist im lib. gen. 1 durch Vorausnehmen beider 
Abschnitte (im Widerspruch zu der Anordnung im Text des lib. gen. I, 
zur Inhaltsangabe und zum Text des lib. gen. II) gestört. In der Vor- 
lage der Hss. GC wurde die Anordnung noch eingreifender geändert. 


32 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). ^ Codex Matritensis. 


14. βασιλέων Ἑβραίων ὀνό- 
ματα. 


15. βασιλεῖς οἱ ἐν Σαμαρείᾳ 
βασιλεύσαντες τῶν dexa φυ- 
λῶν, τίς ὁπόσα ἔτη ifa (51. 
σίλευσεν. 

16. ἀρχιερέων ὀνόματα. 


11. (βασιλεῖς Μακεδόνων ἀπὸ 
Alsgavdpov καὶ τίς πόσα ἔτη 
ἐβασίλευσεν. 

18. βασιλεῖς Ῥωμαίων) ἀπὸ 
Αὐγούστου, τίς πόσα ἔτη ἐβα- 
σίλευσεν. 


19. Ἐπειδήπερ δεῖ κατὰ navra 
ἕτοιμον τυγχάνειν τὸν τῆς ἀλη- 


16.17.18. ὀνόματα ἀπὸ Αὐγούστον 

die Hs. Aus den libri gen. ergibt 

sich, daß nicht nur βασιλεῖς Ῥωμαίων oder β. P. ὀνόματα, sondern auch 

c. 17 ausgefallen ist. Die Größe der Lücke entspricht ziemlich genau der 

Länge zweier Zeilen der Hs. Das Capitelverzeichnis ist jetzt durch den 

Matr. gesichert; die Chronik des Hippolytos enthielt also keinen Papst- 
katalog (vgl. unten S. 156 ff). 

19—21 Diese abermalige, wieder verschiedenes Neue bietende Inhalts- 
angabe nicht des ganzen Werkes, sondern des ersten bis Abschnitt 8 rei- 
chenden Teiles der Chronik, in der aber z. B. der Stadiasmos abermals 
übergangen wird, entspricht ganz der Art des Hippolytos, der es augen- 
scheinlich liebt, allmählich und stückweise, immer wieder Neues ver- 
ratend, die Leser auf den mannigfaltigen Inhalt seiner Schriften vorzube- 
reiten; vgl. die Anfangscapitel der oben S.26 zu c.1—5 angeführten Schriften. 
Daß der βίβλος γενέσεως den eigentlichen Anfang machen werde (vgl. 21), 


Text. 


Liber generationis ]. 


16. nomina regum  Hebreo- 
rum. 

regum ex iuda nach 18 G, fehlt C. 

17. et regum qui in Samaria 
regnaverunt supra x tribus et 
quis quot annos regnavit. 

regum (reges C) samariae nach 10 GC. 

18. nomina sacerdotum. 

nach 18 G, nach 14 C. 

oben 10. 


oben 11. 


18a. [nomina episcoporum Romae 
et quis quot annis praefuit.] 
so B, emperm F. Mommsen bemerkt da- 


zu: evidenti errore , frustra tuetur 
Kruschius Archiv 7. 469. Das Capitel ἕω 
in GC, statt dessen einfügen: 


und diese aufzählen. In diesen 
sind ri Capitel folgen dorm den 
8. 5 H 6. 7. 18. 14 (14. 18 
9. 18. 16 (fehit C). 1 . 10. 17. 9. 11; 8 v. 
3 feMen. 


19. Quoniam quidem oportet 
instructum esse veritatis diaco- 


— — 


33 


. Liber generationis II. 
13. nomina regum Hebreorum. 


14. reges qui in Samaria 
regnaverunt et quis eorum quot 
annos regnavit. 


15. sacerdotum nomina. 


16. nomina regum Machedo- 
num ab Alexandro et quis quot 
annos regnavit. 

17. imperatorum Romanorum 
nomina ἃ Gaio Iulio Caesare et 
consulibus. ' 


18. Quoniamque oportet per 
omnia paratum esse veritatis mi- 


17. Da nach allen Inhaltsangaben 
und nach dem Text des lib. gen. I 
(Mommsen p. 137, c. 378) der Kai- 
serkatalog mit Augustus beginnt, 
so ist dieser Anfang der Liste als 
hippolytisch erwiesen, a Gaio Iulio 
Caesare etc. im lib. gen. II. also eine 
Änderung des lateinischen Über- 
setzers, 


Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 3 


24 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 
ϑείας dıaxovov, &vayxatov 7y17- 
σάμην, ἀγαπητέ μου ἀδελφὲ, ἐν 
συντόμῳ ποιήσασϑαι λόγους Ex 
τῶν ἁγίων γραφῶν πρὸς κατ- 
αρτισμόν σοι φιλομαϑίας, ὅπως 
di ἐπιτόμων ἀποδείξεων οὐχ 
ἀργῶς μεμεριμνημένων τὸν ἐξ- 
αχριβασμὸν τῶν κατὰ τὴν ἀλή- 
ϑειαν ἡμῖν ἀναγκαίως ἐπιζητου- 
μένων ἐν ὀλίγῳ καταλαβώμεϑα, 
ἐχκόπτοντες πρότερον τὴν δι 
ἀμαϑίας γενομένην ἔριν, ἥτις 
σχοτίζουσα τὸν νοῦν ἀμαϑέστε- 
Qo» τὸν τοιοῦτον προβιβάσει. 
20. ἡμεῖς δὲ φιλομαϑῶς laco- 
ρεῖν βουλόμενοι ἐπιγνωσόμεϑα 
κατὰ ἀχρίβειαν τῶν τε ἐϑνῶν 
τὸν διαμερισμὸν καὶ τὴν τῶν 
πατέρων ἐξαρεϑμουμένην γενε- 
αλογίαν, τόν τε τῆς παροιχίας 
καιρὸν, καὶ τῶν πολέμων συμ- 
βολὰς, καὶ τῆς τῶν χριτῶν 
κατὰ χρόνους διοιχήσεως καὶ 


19, 3 ἀναγχαίως die Hs. 
20, 1 οἱ δὲ g. i. ß. die Hs; mög- 
lich ist daher auch οἱ δὲ g. i. B. ἐπιγνώσονται. 


ist weder in 2—18 noch hier gesagt. Daß auf den Diamerismos τῶ» πα- 
τέρων ἐξαριϑμουμένη yevealoyla folgen werde, was, wie der lib. gen. I. 
Mommsen 231—248 und der Barb. 202—229 (vgl. unten S. 132/3 1. g. I 227, 
Barb. 210 ff) beweisen, ganz richtig ist, wird auch erst c. 21 nachgetragen 
und fehlt in der ersten Inhaltsangabe. Ferner zeigen die Textabschnitte über 
die Könige (Mommsen 1. g. I 268 ff, 1. g. II 109 ff, Barb. 263 ff), daß 
wirklich, wie hier angekündigt wird, die unter ihnen auftretenden Pro- 
pheten genannt waren. In demselben Zusammenhang sind die αἰχμαλωσίαι 
erwühnt und es findet sich auch den folgenden Sützen dieser Übersicht 
Entsprechendes, worauf 1. g. 1 304, Barb. 139 der Abschnitt über die Pascha- 
feiern folgt. Zu 19 ff vgl. Hipp. xat. nao. aig. X 30 βουλόμενοι τοῖς φιλο- 
μαϑέσιν ἐπιδεικνύναι, ἣν ἔχομεν στοργὴν περὶ τὸ ϑεῖον τήν ve ἀδίσταχτον 
γνῶσιν, ἣν ἐν πόνοις χεχτήμεϑα περὶ τὴν ἀλήϑειαν. Hipp. περὲ Χριστοῦ 


Text. 


Liber generationis I. 

num, necessarium existimavi, fra- 
ter carissime, hos in brevi de 
sanctis scripturis facere sermones 
ad  corroborandam doctrinam 
tuam, ut per paucas enarrationes 
non sine causa inquisitas virtu- 
tes veritalis citius agnoscamus, 
abscindentes prius indoctorum 
generatam contentionem, quae 
obumbrant sensum huiuscemodi 
indoctum edoceat. 


8 ne necessarium B — 6 corroboran- 
dum Βα — 12 sensum) Εἰ, fehlt B. 


20. Summa autem cum indu- 
stria praevidere cupientes iuxta 
veritatem cognoscimus gentium 
divisiones et parentum dinume- 
ratam generationem, intrabita- 
tionis quoque tempora et bello- 
rum commissiones et iudicum 
tempora dispensationis et regum 
annos et prophetarum tempora, 


35 


Liber generationis II. 
nistrum, optimum arbitratus sum 
compendiosum sermonem facere 
ad congruam sapientiam: opus 
est etenim per ostensionem non 
vacue cogitantes, sed liquidum 
secundum veritatem historie in- 
quirere in brevi que adprehen- 
dimus, amputantes primum con- 
tenciones ignorantium, quae ge- 
nerant litem et obscurant sensum 
ignorantium que possunt studeri. 


1 quoniamque V, quorum omnium die 
anderen Hss. — 5 opost etenim V ; vielleicht 
die Glosse ὅπως = ut enim — 18 qui V. 

19. Qui autem diligenter vo- 
lunt et studiose historiam dis- 
cere, cognoscant gentium divi- 
siones et patrum genealogiam et 
temporum V peregrinationes et 
civitatum conventiones et iudi- 
cum dispositiones et regum tem- 
pora et prophetarum, quae au- 
tem captivitates in populo fu- 


xal περὶ τοῦ ἀντιχρίστου. 1. Βοιληϑέντι σοι xat! ἀχρίβειαν ἐχμαϑεῖν và 
προτεϑέντα ὑπὸ σοῦ ἡμῖν χεφάλαια, ἀγαπητέ μου ἀδελφὲ Θεόφιλε, εὖ- 
λογον ἡγησάμην, ἀφϑόνως ἀρυσάμενος ὡς ἐξ ἁγίας πηγῆς ἐξ αὐτῶν τῶν 
ϑείων γραφῶν καταστῆσαί σοι xav ὀφθαλμὸν τὰ ζητούμενα.... D. Ἀλλ᾽ 
ἐπειδὴ χαιρὸς λοιπὸν ἀπαιτεῖ πρὸς τὰ προχείμενα, αἰταρχῶν ὄντων 
τῶν ἐν τῷ προοιμίῳ εἰς δόξαν ϑεοῦ εἰρημένων, δίκαιόν ἐστιν ἡμᾶς ἀφαψα- 
μένους αὐτῶν τῶν ϑείων γραφῶν ἐπιδεῖξαι δι᾿ αὐτῶν, τίς καὶ ποταπὴ ἡ 
τοῦ ἀντιχρίστου παρουσία, ποίῳ δὲ xci xal χρόνῳ ὁ ἄνομος ànoxa- 
λυφϑήσεται, πόϑεν δὲ καὶ ἐκ ποίας φιλῆς, χαὶ τί τὸ τούτου ὄνομα xtà. 
vgl 67 ταῦτά σοι διὰ βραχέων ἐξ ἀγάπης τῆς πρὸς τὸν κύριον ἀρισάμενος 
ἐξ ἁγίων γραφῶν ὡς εὐόδμων, καὶ πλέξας στέφανον énovgáriov προσφέρω 
σοί, ἀγαπητέ μου ἀδελφὲ Θεόφιλε, xvÀ. Vgl. xat. πασ. aig. IV 42; V 17, 
45; VII 14. 
3* 


10 


5 


36 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 
Ν 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 


τῶν βασιλέων καιροὺς, καὶ προ- 10 
φητῶν χρόνους, τίνες ἐπὶ τί- 
vov βασιλέων γεγένηνται" ὃ- 
ποῖαι (52 R.) δὲ αἰχμαλωσίαι 
τῷ λαῷ ἐπὶ τίνων βασιλέων 
καὶ χριτῶν συμβεβήχασι᾽ τίνες 15 
δὲ ἀρχιερεῖς τίσι χρόνοις ἱερά- 
tevoav' τίς δὲ ὁ μερισμὸς τῶν 
καιρῶν καὶ λαῶν γεγένηται" 
πῶς δὲ ἡ καταγωγὴ τοῦ σπέρ- 
ματος Ἰσραὴλ ix πατέρων εἰς 90 
Χριστὸν πεπλήρωται" καὶ τίνα 
χαὶ πόσα τῶν χρόνων καταριϑ- 
μεῖται ἔτη ἀπὸ κτίσεως χύσμου 
ἕως τῆς ἐνεστώσης ἡμέρας. 

21. ἔδοξε δὲ ἡμῖν ἐναρξαμέ- 
vot ἀπὸ τῆς γενέσεως τὴν κατὰ 
λόγον ἀπόδειξιν, καϑὼς ἀπαι- 
tel, ἐν συντόμῳ φανερῶσαι, οὐχ 
ἐξ ἰδίας μαρτυρίας (ἀλλ᾽ ἐχ τῶν 5 
ἁγίων γραφῶν τεχμηριωσαμέ- 
γοις). ἐντεῦϑεν τοίνυν ἀφορ- 
μὰς λαβόντες τὸν» κατὰ τάξιν 
λόγον ix τῆς χενέσεως πειρώ- 
μεϑα ποιεῖσϑαι. 


22. βίβλος γενέσεως ἀνϑρώ- 
xov. 


20, 16 τοῖς χρόνοις ἱερατεύσαντες 
die Hs. 19 ὅπως δὲ ἡ. x. die Hs. 
2, 5 Die Lücke der Hs. beträgt ungefähr den Umfang einer Zeile. 
Zum Proömium des Hipp. vgl. das des Pseudo-Skymnos, Geogr. Gr. min. 
I p. 196. 
22. Diesem Untertitel des ersten aus Genes. D. lff geschüpften Ab- 
schnittes geht in der Hs. etwas freier Raum auf der Zeile vorher. 


Text. 


Liber generationis I. 

qui et quibus regibus nati sunt, 
quales captivitates populi qui- 
bus regibus et quibus iudicibus 
contigerint quique sacerdotes 
quibus temporibus fuerint et 
quae divisio, quae perditio facta 
sit, quo autem modo generatio 
seminis Israhel de patribus in 
Christo conpleta sit et quot 
quantique per quanta tempora 
dinumerentur anni & creatura 
saeculi usque in hunc diem. 


8 dispensationes die Hss. — 10 nati s. 
q. c. p. ἢ. regibus F, fehlt B — 16 gene- 
ratione Bs — 30 dimumerentur B. 

21. Existimavimus autem in- 
eiplentes a Genesi iuxta verbum 
ostensionem, sicut expetit, decla- 
rare, non ex nostra quadam parte, 
sed ex ipsis sanctis scripturis 
testificari. Hinc ergo occursio- 
nem arripientes iuxta ordinem 
de Genesi sermonem faciemus. 


4 partem Ba — 6 testificati Momms. 
Die Hss. GC lassen 19, 1 Quoniam quidem 
bis 21, 6 Hinc ergo incipiemus et iuxta 
ete, aus. 


516 Explicit prefatio. fehlt GC. 
21b Incipit narratio. fehlt GC. 


22. Liber generationis homi- 
num. 


37 


Liber generationis 1]. 


erunt, sub quibus regibus et 10 


iudicibus contigerunt, qui autem 
sacerdotes fuerunt vel quibus 
temporibus sacerdotium funxe- 
runt, quae autem divisiones tem- 


porum et populorum facte sunt, 15 


ut autem discensio senum Is- 
rael ex patribus in Christo ad- 
impleretur et quot et quanta 
tempora dinumerantur annorum 


a constitucione mundi usque in 20 


hodiernum diem. 


5 temporum peregr. Frick, tempora pe- 
regrinationis Momm. — 16 senum V, se- 
minis Momm. 


20. Visum est nobis sermo- 
nem & Geneseos facere non ex 
proprio argumento, sed de sacris 
scripturis testimonia tollentes. 
Hinc ergo initium sumimus se- 
eundum ordinationem a Gene- 
seos acceptam. 


208 Explicit prefatio. 
20b Incipit chronica Horosii. 


21. Liber generationis mundi. 





— M —MMMMM — 


215 Ὁ, 206, b. Diese der Terminologie der lateinischen Handschriften 
entsprechenden Bemerkungen sind Zusütze der Übersetzer oder Abschreiber 
und haben mit dem Hippolytostexte nichts zu tun, wie die falsche Be- 
ziehung von 20b auf Orosius überdies dartut. 

22. 21. Dieser Untertitel wurde in einigen lateinischen Fassungen 
(8. oben die Varianten zu c. 1 des lib. gen. I) zum Gesamttitel und blieb 
in der wissenschaftlichen Terminologie bis heute als solcher üblich. 


38 


Chron. Alex. (Barbarus). 


1. Primus homo factus est a deo, 
cui nomen erat Adam, uxor autem 
eius Aeva. 

2. Ab Adam usque ad dilivium 
Noe generationes X, anni autem duo 
milia ducenti quadraginta duo. 

13 Zeüen leer. 

3. Adam factus est annorum ducen- 
torum treginta et sic genuit Seth. 
mortuus est autem Adam annorum 
noningentorum treginta. 

4. Seth autem vixit annos CV: fiunt 
simul anni quadringenti XXXV: et 
genuit Enos. mortuus est autem Seth 
&nnorum noningentorum duodecim. 


CV Schreibfehler statt CCV, wie die Sum- 
mierung lehrt, 


5. Enos autem vixit annos CXC: 
fiunt simul anni sexcenti quinqua- 
ginta quinque: et genuit Cainan. 
mortuus est autem Enos annorum 
noningentorum quinque. 

sexcenti quinq. quinque Schreibfehler für 
sex. viginti quinque, wis die folgenden Zah- 
len lehren. 

6. Cainan autem vixit annos CLXX: 
fiunt. simul anni DCC nonaginta 
quinque: et genuit Malelehel. mor- 
tuus est autem Cainan annorum no- 
ningentorum XC. 

7. Malelehel autem vixit annos 
centum sexaginta quinque: fiunt 
simul anni noningenti sexaginta: et 
genuit lIared. mortuus est autem 
Malelehel annorum octingentorum 
nonaginta. 

8. Iared autem vixit annos cen- 
tum sexaginta duos: fiunt simul anni 
mille centum viginti duo: et genuit 
Enoch. mortuus est autem lared 
annorum noningentorum LXII. 


——— 


1ff Der Alexandriner gibt den 
Anfang ausführlicher als die Chronik 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
23. Ἧ ἡμέρᾳ ἐποίησεν ὃ ϑεὸς 
τὸν Adau, κατ᾽ elxova ϑεοῦ 
ἐποίησεν αὐτόν. 


24, ἔζησε δὲ Adau ἔτη σλ 
καὶ ἐγέννησε τὸν X59. 
25. καὶ ἔζησε Σὴϑ ἔτη σὲ καὶ 


ἐγέννησε τὸν Ἐνώς. 


26. xai ἔζησε Ἐνὼς ἔτη 04 
xal ἐγέννησε τὸν Καϊνᾶν. 


21. καὶ ἔζησε Καϊνὰν ἔτη 00 
καὶ ἐγέννησε τὸν ιαλελεήλ. 


28. xci ἔζησε Μαλελεὴλ ἔτη 
o&e καὶ ἐγέννησε τὸν Ἰάρεδ. 


29. (520) καὶ ἔζησε Ἰάρεδ ἔτη 
o&ß καὶ ἐγέννησε τὸν "Evo. 


des Hippolytos; erst beim Diamerismos (c. 24 unten S.46) angelangt, schließt 
er sich genau an diesen an. Die freien Zeilen der Pariser Hs. bezeichnen 
die Stellen, an denen die griechische Vorlage Miniaturen hatte. 


Text, 


Liber generationis I. 
23. Quo die fecit. deus Adam 


ad imaginem dei fecit eos. 
fecit eos fehlt GC. 


24. vixit autem Adam annis 
CCXXX et genuit Seth. 
so B, CXXX F, COXX G. 


25. vıxit autem Seth annis 
CCV et genuit Enos. 


26. et vixit Enos annis CLXL 
et genuit, Cainan. 


27. et vixit Cainan annis CLXX 
et genuit Meleleel. 
maleleel G, malelel C!, malaleel C?. 


28. et vixit Meleleel annis 
CLXII et genuit laret. 


malelee]! G, malelel C', malaleel C? 
und andere bessere Hss., fehit B; CLXV G, 
CLX C. 


29. et vixit laret annis CLXII 
et genuit Enoc. 


39 


Liber generationis II. 
22. Qua die fecit deus Adam 
ad imaginem et similitudinem 
suam. 


23. Adam annorum CXXX ge- 
nuit Seth. 


24. Seth annorum CC genuit 
Enos. 


25. Enos annorum CXC ge- 


nuit Cainan. 
caman V. 


26. Cainan annorum CLXX 
genuit Malaleel. . 


caman V. 


27. Malaleel annorum CLXVI 
genuit lareth. 


28. Iareth annorum CCLXVI 
genuit Enoch. 





l. g. 1 24 und l. g. II 23ff. Im Verhältnis zu den Zahlenverderbnissen 


dieser beiden lateinischen Übersetzungen ist die Überlieferung des Bar- 
barus schon erheblich besser. Die Zahlen des griechischen Textes sind 
sehr gut überliefert, was um so bemerkenswerter ist, als später im Stadi- 
asmos sehr viele verschriebene Zahlen sich finden. 





40 


Chron. Alex. (Barbarus). 


9. Enoch autem vixit annos cen- 
tum sexaginta V: fiunt simul anni 
mille ducenti octuaginta VII: et ge- 
nuit Mathusalam. placuit autem 
Bnoch deo factus annorum tricen- 
torum sexaginta quinque et trans- 
latus est. 

10. Mathusalam autem vixit annos 
CLXVII: fiunt simul anni mille qua- 
dringenti LIIIIT: et genuit Lamech. 
mortuus est autem Mathusalam anno- 
rum noningentorum LXVIIII. 

11. Lamech autem vixit annos 
CLXXXVIII: fiunt simul anni mille 
DCXLII: et genuit Noe. mortuus 
est autem Lamech annorum septin- 
gentorum. 

12. Factus est autem Noe anno- 
rum quingentorum: fiunt simul anni 
‘duo milia CXLII et genuit Noe tres 
filios Sem, Cham et Iafeth. 

13. Hier folgt eine sehr ausführ- 
liche, bei Mommsen mit abgedruckte 
Darstellung der Flut, als Noe 600 
Jahre alt war (Sems Alter 4st nicht 
angegeben), die, wie der Mair. und 
die lib. gen. zeigen, nicht bei Hippo- 
Iytos stand. 

14. Fiunt autem simul ab Adam 
usque ad diluvium Noe anni duo 
milia ducenti quadraginta duo. 

26 Zeilen leer. 

15. et a diluvio Noe usque ad 
turris aedificationem et confusione 
linguarum generationes sex, anni 
autem quingenti quinquaginta octo. 

16. Hii autem sunt filii Noe: Sem, 
Cham et Iafeth post diluvium sic: 


in der Hs. ausgefallen. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
30. xal ἔζησε Ἐνὼχ ἔτη 08€ 
καὶ ἐγέννησε τὸν ἢῆῆαϑουσάλα. 


31. χαὶ ἔζησε Μαϑουσάλα 
ἔτη 080 καὶ ἐγέννησε τὸν Aa- 


μεχ. 


32. χαὶ ἔζησε Λάμεχ ἔτη 0x7 
xal ἐγέννησε τὸν Νῶε. 


33. xal ἦν Νῶε ἐτῶν ᾧ καὶ 
ἐγέννησε τρεῖς υἱοὺς, τὸν Σὴμ, 
τὸν Χὰμ, τὸν Ἰάφεϑ. 

34. μετὰ δὲ ἔτη Q τοῦ τεχϑῆ- 
vor τὸν Σὴμ γίνεται ὁ κατα- 
κλυσμὸς ὄντος τοῦ Νῶε ἐτῶν y. 


35. γίνονται οὖν ἀπὸ ᾿Αδὰμ 
ἕως τοῦ καταχλυσμοῦ γενεαὶ 


δέχα, ἔτη βίο) μβ 





36. αὕτη ἡ γένεσις Σήμ. 


35. Die Hunderte der Summe sind 
Dieselbe 


Summe gibt Hippolytos im Kommentar zur Apokalypse fr. 22 (Die griech. 
christl. Schriftst. I. 2, Hipp. -Kl. Schriften &. 238). 


Text. 4 


Liber generationis 1. 


30. et vixit Enoc annis CLXV 
et genuit Matusalam. 


31. et vixit Matusalam annis 
CXVII et genuit Lamec. 
CLXVII G, CLXV C. 


39. et vixit Lamec annis 


CLXXXVIII et genuit Noe. 
CXXIII GC. 


33. et erat Noe annorum D 
et genuit tres filios Sem, Cham 
et Iafeth. 


34. Post annos autem C, post- 
quam generatus est Sem, fit 
diluvium, cum esset annorum 
sescentorum Noe. 


35. Fiuntergo ab Adam usque 
ad diluvium generationes X, 


anni JÍCCXLII. 
gen. XI F. 


36. Hae sunt generationes 
Sem. 


Liber generationis II. 


29. Enoc annorum CLXV ge- 
nuit Matusala. 


30. Matusala ann. CLXXX VII 


genuit Lamech. 


31. Lamech annorum CLXXII 
genuit Noe: fiunt simul anni 
DCXLI. 

DCXCII korrigiert aus DCXLII V. 


32. Noe annorum D genuit 
filios tres Sem, Cham et lafeth. 


33. Erat autem Sem annorum 
C, quando factum est diluvium, 
cum esset Noe annorum DC. 


94. Fiunt ergo ab Adam usque 
ad diluvium anni duo milia 


CCXLII, generationes X. 


35. Hesunt generationes Sem. 


31. Die Summe ist, wiederen Fehlen 
in den anderen Ableitungen zeigt, ein 


Zusatz des Übersetzers oder Schreibers; es fehlen die Tausende, nur die Hun- 
derte stimmen mit den Posten, die 1646 geben, jedoch schlecht überliefert sind. 


42 
Chron. Alex. (Barbarus). 


17. Sem factus est annorum CI: 
fiunt simul anni duo milia trecenti 
quadraginta tres: et genuit Arfaxad. 


18. Arfaxad autem vixit annos 
centum treginta V: fiunt simul anni 
duo milia quadringenti septuaginta 
octo: et genuit Cainan. 

19. Cainan autem vixit annos cen- 
tum treginta: fiunt simul anni duo 
milia sexcenti octo: et genuit Salam. 


20. Salam autem vixit annos cen- 
tum treginta: fiunt simul anni duo 
milia septingenti treginta octo: et 
genuit Eber. 

21. Eber autem vixit annos centu 
. XXXIIII: fiunt simul anni duo milia 
octingenti duodecim: et genuit Fa- 
lech [et Ragau fratrem eius]. 


duo mil. oct. duodec. „ohroibfehler für 
2872, wie die PoslenxaM lehrt 


2—23. In diesem Abschnitt liegen 
bei dem Alexandriner zwei mitein- 
ander unvereinbare Rechnungen vor. 
Auch wenn die 3 Schreibfehler c. 4, 
5 und 21 korrigiert werden, bleibt 
der Widerspruch: 2242 Jahre bis 
zur Flut + 558 Jahre von der Flut 
bis zum Turmbau (c. 15) = 2800 
Jahre mit der (23) angegebenen Ge- 
samtsumme 2878 und der Posten- 
summe 2872 (21) bestehen. Sem wird 
ferner einmal mit 100 Jahren vor 
(13), einmal mit 101 Jahre nach 
der Flut (17) gerechnet; auf diese 
zweimalige Einrechnung der Jahre 
Sems geht die Differenz zurück, 
welche die 2800 oder mehr Jahre 
betragenden Summen von der des 
Hippolytos (2767) unterscheidet. Hip- 
polytos’ Chronik kann also in diesem 
1. Abschnitt von dem Alexandriner 
höchstens neben einer zweiten Quelle 
benutzt sein. Vgl. die Anm. zu 
Mat. 43 S, 44. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

37. Σὴμ ὧν ἐτῶν  ἐγέν- 
vnoe τὸν ᾿Αρφαξὰδ ἔτους δευ- 
τέρου μετὰ τὸν κατακλυσμόν. 
38. καὶ ἔζησεν ᾿ἀρφαξὰδ ἔτη 
QA& xal ἐγέννησε τὸν Καϊνάν. 


39. χαὶ ἔζησε Καϊνὰν ἔτη o4 
καὶ ἐγέννησε τὸν Σάλα. 


40. xal ἔζησε Σάλα ἔτη gà 
xal ἐγέννησε τὸν Ἔβερ. 


41. xai ἔζησεν Ἔβερ ἔτη QA 
καὶ ἐγέννησε τὸν Φάλεγ. 


22—42. Dieser erste Teil der Chro- 
nik des Hippolytos ist im Matr. mit 
Ausnahme der einen c. 35 ergänzten 
Ziffer korrekt überliefert, wie die 
Übereinstimmung der Posten und 
der Summenangaben beweist. Von 
Genes. 5, 1ff nach der Septuaginta 
unterscheidet sich nur c. 41, in dem 
130 und nicht 134 Jahre gegeben 
werden, wie die Lateiner im Text 
haben. Hipp. ignorierte in seiner 
Rechnung, daß Arphaxad im 2. Jahre 
nach der Flut geboren wird (37), und 
erhielt so von Adam bis Falek 2242 
+525=2767 Jahre. An der lücken- 
haft überlieferten Stelle Hipp. χατὰ 
πασ. αἱρέσ. X, 30 steht für die 5 
Generationen von Noe bis Eber die 
Summe 495 Jahre; diese erhält man 
auch nach dem Text der Chronik: 
Sem 100 + Arphaxad 135 + Kainan 
130 + Sala 130 — 495. 


Text. 


Liber generationis I. 


37. Sem cum esset annorum 
C, genuit Arfaxat anno II post 
diluvium. 

38. et vixit Arfaxat annis 


CXXXV et genuit Cainan. 


39. et vixit Cainanannis CXX X 


et genuit Sala. 
salam GC. 


40. et vixit Sala annis CXXX 


et genuit Eber. 
salam GC. 


41. etvixi&EberannisCXX XIITI 


43 


Liber generationis II. 


36. Sem post diluvium anno 


secundo genuit Arfaxath. 
Sem fehlt V. 


37. Arfaxathannorum CX XX VI 
genuit Cainan. 


38. Cainan annorum CXXXI 
genuit Sala. 


39. Sala annorum CXXX ge- 


nuit Eber 
Ebes V. 


40. Eber annorum CXXXIIII 


et genuit Falec. 
CXXXIII Gc. 


genuit Faleg. 


l g. I 24-42 und l. g. II 23—41. Die Zahlen der beiden lib. gen. 
sind nicht nur durch Schreibversehen entstellt, sondern zum Teil auch 
willkürlich geändert; zu diesen Änderungen gehört auch die Einsetzung 
von 134 (var. 133) Jahren bei Eber, was die Septuaginta bietet, während 
die Vorlage oder Rechnung des Hippolytos 130 ergab, eine Zahl, die sich 
in keiner anderen Quelle findet. Infolge dieser Änderung sind die Sum- 
menzahlen von 525 und 2767 auf 529 und 2771 (bezw. mit dem »biennium« 
auf 2773) erhöht worden. Im lib. gen. II 37, 38 ist das biennium so einge- 
bracht, daß Arphaxad 136 statt 135, der zweite Kainan 131 statt 130 Jahre 
erhielt. Bei den Vätern vor der Flut macht im lib. gen. II die Summe 
der schlecht überlieferten Posten 2246 und nicht, wie die Summenan- 
gabe c. 34 lautet, 2242 Jahre aus. Allein korrigiert dürfen diese Zahlen 
nicht werden; hier haben die Hände späterer Rechner gewaltet. Im lib. 
gen. I sind die besonders in der Hs. G besser überlieferten Zahlen wahr- 
scheinlich mittelst der Sept. bewerkstelligte spätere Korrekturen (vgl. 
oben S. 29 Anm. zu 4. 5 des lib. gen. I). 


44 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 

22. Hier folgt eine ausführliche, 
bei Mommsen mi abgedruckte Dar- 
stellung des Turmbaues und der Völ- 
kerzerstreuung, die ebenfalls nicht 
aus Hippolytos stammt. 

23. Fiunt autem simul ab Adam 42, ἐπὶ τούτου γενεαὶ πέντε, 
usque ad turris aedificationem et ἔτη φχε, ἀπὸ δὲ ᾿Αδὰμ γενεαὶ 
dispersionem terrae generationes ie. Ec βφὲξ 
quindecim, anni duo milia octin- ,, | frei ᾿ 
genti LXXVIII. 

14 Zeilen leer. 





43. (53 R.) + ἀρχὴ τοῦ χρο- 
voyoapov. ἀλλ᾽ ἐν ἄλλοις βί- 
βλοις εὑρήσεις πλατυτέρως τὴν 
ἀρχὴν, ἡμεῖς δὲ τὸν διαμερι- 
σμὸν μόνον ἐν συντόμῳ γεγρά- 
φαμεν. γίνονται οὖν ὁμοῦ ἀπὸ 
᾿Αδὰμ ἕως τῆς πυργοποιίας xal 
συγχύσεως τῶν γλωσσῶν γε- 
νεαὶ μὲν ἐξ ἔτη δὲ ‚Bo. 

44. X διαμερεισμὸς τῆς γῆς." 


43. 44. Mit größeren Buchstaben 
geschrieben wie Taf. II u. III die 
Überschriften. — 43, 9 ‚“w die Hs.; der Schreibfehler ist sowohl nach dem 
vorhergehenden Text wie auch deshalb zu korrigieren, weil beim Barb. 
zweimal (c. 14 + 15 oben S. 40 und c. 212 unten S. 132) die Zahl 2800 
vorkommt. Iriarte p. 484 bemerkt zu dieser Überschrift: Calligraphi, 
ut videtur, annotatio; dies ist falsch. Hippolytos bezeichnet sich noch 
einmal wie hier in einer Übergangsformel der Chronik als χρονογράφος: 
Necesse enim est ad historiam currere chronographum per Ebreorum 
regna etc. (Barb. Schöne p. 200, Frick p. 246, ed. Mommsen c. 258 
S. 119). 

Die Sätze der Chronik c. 43, 44 haben alle Übersetzer ausgelassen; 
daß sie aber dennoch hierher gehören und echt sind, beweist also der 
Alexandriner, demzufolge sich Hippolytos auf diese Bemerkung zurück- 
bezogen hat. Ἀρχὴ τοῦ χρονογράφου bildet den Abschluß der cc. 23—42; 
die Worte: ἀλλ᾽ ἐν ἄλλοις βίβλοις χτλ. zielen auf andere Chroniken. 

Neu und der c. 42 gegebenen Summe scheinbar widersprechend ist 
die Zahl 2800 (statt 2767). Aber c. 42 ist die Zeit von Adam bis zur Ge. 


Text. 45 


Liber generationis I. Liber generationis II. 


42. usque ad hune generatio- 41. Fiunt simul anni DXXXI, 
nes V,anni DXXVIIII: ab Adam generationes V: ab Adam gene- 
autem generationes XV, anni rationes XV, anni IIDCCLXXIII. 
sunt IIDCCLXXI 

sunt ergo a diluvio usque ad natiui- 


II 
tatem falech anni DXXXI (DXXVII C) 
cum illo biennio quod memoravi supe- 
rius post diluvio secundo anno genitum 
arfaxat GC. — II DCCLXXIII G. 


burt des Phalek angegeben, hier die Zeit von Adam bis zum Turmbau, 
den Hippolytos also in Phaleks 33. Jahr setzte, dessen 100 Jahre er erst 
später einrechnete (vgl. Barb. 214 unten S. 132). Damit sind die Rekon- 
struktionsversuche Gelzers (S. Jul. Afric. II, S. 4 u. 3168) zu vergleichen. 
Diese 2800 Jahre, die auch beim Barb. im Widerspruch mit einer zweiten 
von ihm befolgten Rechnung erscheinen (oben S. 42 Anm. zu Barb. 
c. 2—23), dann aber seiner Rechnung von der Völkerzerstreuung an zu- 
grunde liegen, sind also keineswegs zu eliminieren, sondern sie stammen 
aus Hippolytos’ Chronik, der somit bis zur Flut 2242, bis zur Geburt 
Phaleks 2767 und bis zur Völkerzerstreuung 2800 Jahre rechnete, anders 
also als sein ülterer Zeitgenosse Africanus, der 2262 Jahre bis zur Flut 
zählte (Gelzer a. a. O. I 52, die Ziffer ist dreimal bezeugt) und von dem 
sich Hippolytos auch dadurch unterscheidet, daß er den zweiten Kainan, 
der bei Africanus noch fehlte, nach der Flut mitzählt. 


46 


Chron. Alex. (Barbarus). 
24. Terrae divisiones tres 
fills Noe post diluvio factum 
est sic Sem, Cham et Iapheth. 


25. Trium fratrum secundum 
tribum partiti sunt super terram, 

26. et Sem primogenito a 
Persida et Bactrium usque in 
India longitudo, latitudo autem 
ab India usque Rinocorurum. 


27. Cham autem secundo ab 
Rinocorurum usque Garirum. 


28. Iafeth autem tertio a Mi- 
dia usque Garirum ad aqui- 
lonem. 

29. Habet autem lafeth flu- 
vium Tigrem, qui dividet Me- 
diam et Babyloniam in terra 
Assyriorum. 


29. Die letzten Worte sind ein 
Zusatz, sei es des Alexandriners, sei 
es des Übersetzers. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

45. Τῆς γῆς ὁ διαμερισμὸς 
τοῖς τρισὶν υἱοῖς τοῦ Νιῶε μετὰ 
τὸν χαταχλυσμὸν ἐγένετο ov- 
TO; τῷ Σὴμ, τῷ Χὰμ καὶ τῷ 
᾿Ιάφεϑ. 

46. Τῶν τριῶν ἀδελφῶν αἱ 
φυλαὶ διεμερίσϑησαν, 

47. xdi τῷ μὲν Σὴμ τῷ 
πρωτοτόχῳ ἀπὸ Περσίδος καὶ 
Βάχτρων ἕως Ἰνδικῆς τὸ μῆ- 
χος, πλάτος δὲ ἀπὸ τῆς Ἰνδι- 
xij; ἕως “Ρινοχορούρων. 


48. Χὰμ δὲ τῷ δευτέρῳ ἀπὸ 
Ῥινοχορούρων ἕως Γαδείρων 
τὰ πρὸς νότον. 


49. Ἰάφεϑ δὲ τῷ τρίτῳ ἀπὸ 
Μηδίας ἕως Γαδείρων τὰ πρὸς 
βορρᾶν. 

50. Ἔχει δὲ Ἰάφεϑ ποταμὸν 
Τίγριν, τὸν διορίζοντα Μη- 
δίαν xci Βαβυλωνίαν. 





45. Anfangsbuchstabe ausgerückt. 

45. 46. A. v. Gutschmids (Kl. 
Schrift. V 650, 655) Versuche, aus 
den drei lateinischen Übersetzungen 
den griechischen Wortlaut der Vor- 
lage zu ermitteln, sind nicht ge- 
lungen, wie der Matr. jetzt zeigt. 
Das Gleiche gilt von Fricks (chron. 
min. p. 9 u. 87) Bemühungen. 

47. Nach dem ersten &wg steht in 
der Hs. noch £g o; zwischen o u. o 
ist radiert. 40. ῆηδείας die Hs. 

50. Mndelav die He. 


Text. 


Liber generationis 1. 

43. Divisio terrae tribus filiis 
Noe post diluvium, Sem, Cham, 
lafet. 

nach terrae steht et B., fehlt GC. 


44. Trium fratrum tribus di- 
visae sunt, 

45. et Sem quidem primoge- 
nito & Persida et Bactris usque 
in India longe usque in Rino- 
coryris est. 

nach primogenito fügt O: pars facta 
est ein — persida (persidam bactris 
(bactrix G) longe (longi G, in longum 
Ct) usque rinooururis (rinocoruris C») GC. 

46. Cham autem secundo a 
Rinocoruris usque Gadira ad 
austrum. 

ygedira G , 


ram C, 
austrum f 


47. lafet autem III a Media 
usque Gadira ad borram. 


usque italiam et gadeb G, usque ita- 
ae gad.. C’, usque italiae ad gades C*, 


48. Habet autem lafet flumen 
Tigndem, qui dividit Mediam 
et Babiloniam. 

frumen Β'. 

49 s. S. 49. 


„riraat B, ca- 
n BF. 


49. 50. Die Reihenfolge ist in 
den Hss. umgekehrt; Sem und Eu- 
frat gehen vorher. Dies kehrt nur 
bei Arnobius wieder, der den lib. 
gen. I benutzte (A. v. Gutschmid, 
Kl. Schr. V 620). 


47 


Liber generationis 1]. 
42. Divisio terre tribus filiis 
Noe post diluvium. 


43. Trium fratrum in tribus 
partibus divisa est terra, 

44. Sem vero prioris filii por- 
tio est a Persida et ab austro 
usque in India et Rinocorura 
longitudo: et habet fluvium Eu- 


fraten. 
vgl. lib. geneal. 111 wnfen S. 97. 


88. Cham vero secundus filius 
Noe a Rinocorura usque ad 
Cades, que est ab austro: et 
habet fluvium Geon qui vocatur 
Nylus. 








43. partibus ist späterer, aus 
mangelndem Verständnis von „in 
tribus“ entsprungener Zusatz. 

44. Der Zusatz über den Euphrat 
als Fluß Sems schon an dieser Stelle 
rührt daher, weil diese lateinische 
Bearbeitung im folgenden die An- 
ordnung geändert und stark gekürzt 
hat. In ah austro steckt wohl 
a Bactris. 

88. Vgl. Anm. zu 44. 


48 


Chron. Alex. (Barbarus). 


30. Cham autem habet flu- 
vium Geon, qui vocatur Nilus. 


31. Sem autem Eufraten. 


32. Confusae sunt autem lin- 
guae super terram post dilu- 
vium: fuerunt autem quae con- 


32. 34. Frick, chron. min. p. 104 
hält septuaginta beidemal irrtümlich 
für einen Lesefehler des Übersetzers 
(statt 08). Schon A. v. Gutschmid 
(Kl. Schr. V 696 ff) erkannte, daß die 
Zahl 70 nicht korrigiert werden 
dürfe, da sie in späteren Ableitungen 
(beim sogenannten lulius Pollux h. 
ph. p. 66, 68 ed. Hardt, in den &x- 
Aoyal ἱστοριῶν, bei Georgios Mo- 
nachos und anderen eine näher ver- 
wandte Gruppe bildenden Zeugen, 
vgl. unten Abschnitt 4) wiederkehrt. 
Diese und der Barb. haben also die 
Zahlen des Hipp. bewahrt, die in 
den lib. gen. korrigiert wurden. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

51.0 δὲ Χὰμ ἔχει (53 V. 
ποταμὸν Γηὼν τὸν καλούμε- 
vov Nellov χρυσορρύαν. 

52. ὁ δὲ Σὴμ ἔχει ποταμοὺς 
δύο᾽ τὸν Βυφράτην καὶ τὸν 
Φισών. 

58. Συνεχύϑησαν δὲ αἱ γλῶσ- 
σαι μετὰ τὸν χαταχλυσμὸν ἐπὶ 
τῆς γῆς ἦσαν οὖν αἱ συγχυ- 


51. “άμεχ irrig von der ersten 
Hand, Χὰμ Korrektur einer späteren 
Hand (13. Jhdt.?) Der Zusatz χρυ- 
σορρόαν findet sich an einer späteren 
Stelle des Diamerismos im chron. 
pasch. p.53. 13 Bonn. ἔχει δὲ ποταμὸν 
Γηὼν τὸν xal nayvßaropa χαλούμε- 
γον Νεῖλον χαὶ χρυσορρόαν. An der- 
selben Stelle wie der Matr. bieten 
ihn Johannes Antioch. fr. 2. 17, 
C. Müller, frag. hist. gr. IV p. 541, 
der Synkellos p. 83. 1 Bonn. und Ke- 
drenos p. 24. 6 Bonn. ποταμὸν δὲ dıo- 
olGovra τὸν Νεῖλον, ὃς xal Γεὼν 
καὶ χρυσορρόας λέγεται. Er stand 
also ursprünglich bei Hippolytos, 
wurde aber in beiden Übersetzungen 
weggelassen, die in diesen beiden 


Abschnitten gekürzt sind. A. v. Gutschmid, Kl. Schr. V 670, Anm. 
vermutet zu der Stelle der Osterchronik, das Wort παχυβάτωρ sei einem 
Dichter aus der Schule des Nonnos entlehnt — παχυβάτορα Νεῖλον eigne 
sich zum Schluß eines Hexameters. Von der Bezeichnung χρυσορρόαν gilt 
dasselbe, vgl. unten Anm. zu c. 239. Als χρυσορρόας wird der Nil schon 
bei Athenaeus V 203c bezeichnet; Kaibel zitiert dazu Greg. Naz. or. 21 
p. 1116 ed. Migne vol XXXV ποιητοῦ δ᾽ ἦν ἄρα xal τὸν Νεῖλον εἰπεῖν 
τὸν χρυσορρόαν ὄντως xal εὔσταχυν κτλ. 

52. Der in den Übersetzungen und späteren Ableitungen fehlende 
Phison stammt aus Genes. 2, 11. 

53—55. Hippolytos unterscheidet also 72 Sprachen und 70 am Turmbau 
beteiligte Völker und deren Stammvüter. Die Liste der Stammvüter 
c. 56ff enthält daher nur 70 (c. 175 Iektan, von dem kein Volk abgeleitet 
wird, eingerechnet) und nicht wie die meisten anderen 72 Namen; die Liste 
der Sprachen c. 200 dagegen enthült 72 Namen (denn die Araber, Paphla- 


Text. 49 


Liber generationis I. Liber generationis II. 
50. et Cham Geon qui voca- 
tur Nilus. 


49. Sem autem Eufraten. 


51. Confusae sunt autem lin- 
guae post diluvium. erant au- 
tem quae confusae sunt linguae 


gonier und Phryger sind, wie Barb. und lib. gen. I beweisen, in der Hs. 
ausgefallen) und c. 198 heißt es dieser Unterscheidung entsprechend: ὁμοῦ 
φυλαὶ of. 

Sie geht darauf zurück, daß die jüdische Überlieferung 70, die christ- 
liche dagegen nach der Septuaginta 72 Sprachen zühlte (vgl. Langlois, 
chronique de Michel le Grand, Venise 1866, p. 31, note 2). Hippolytos 
suchte also in der Chronik durch seine Unterscheidung der 70 Turmbauer 
und der 72 Sprachen zu vermitteln. In anderen seiner Werke folgt er 
dagegen auch bezüglich der Turmbauer der christlichen Vulgärüber- 
lieferung: Hipp. xat. zac. ale. X 30 ... ἦσαν δὲ οὗτοι og ἔϑνη, ὧν xal 
τὰ ὀνόματα ἐχτετείμεϑα ἐν ἑτέραις βίβλοις bezieht sich auf c. 200 der 
Chronik, mit der die Stelle somit in Übereinstimmung ist; dagegen rech- 
net er 72 Stammväter ebenda X 31, p. 534. 78 γεννῶνται éx τῶν τριῶν 
παῖδες χατὰ γένος of, ἐκ μὲν τοῦ Σὴμ xe, ἐκ δὲ τοῦ Ἰάφεϑ i, ἐκ δὲ τοῦ 
Xäu AB (vgl. unten Beilage III). Ebenso ist in der syrischen Einleitung 
zu den Psalmen fr. 1 (Hipp. Kl. Schrift. S. 127) der christlichen Vulgata 
entsprechend von 72 turmbauenden Völkern die Rede, weil für die Be- 
weisführung an dieser Stelle die Zahl 70 nicht zu brauchen war (289: 4 
72). Solche Inkonsequenzen bei dem vielschreibenden Autor finden 
sich auch sonst. Im Danielkommentar IV 3, p. 190. 12 ff wird die Perser- 
herrschaft erst mit 230, dann nach anderen mit 245 Jahren ange- 
geben; dagegen rechnete Hipp. in der Chronik (lib. gen. I c. 330 
Mommsen) und im Danielkommentar II 12, p. 68, 1 schlechtweg nur 245 
Jahre, ohne die andere Zahl zu berücksichtigen (vgl. Gelzer, Sext. Iul. 
Afr. 11 16). 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, ı 4 


Chron. Alex. (Barbarus). 
fusae sunt linguae septuaginta 
duo: qui autem turrem aedifica- 
bant, fuerunt gentes septuaginta, 
qui in linguis super faciem ter- 
rae divisae sunt. 


33. Nebrod autem gigans fi- 
lius Chus Ethiopu iste pro ci- 
baria eorum venando porrigebat 
eis feras. 

34. Nomina autem septuaginta 
sunt haec: 


35. fili Iafeth, filio Noe ter- 
tio iuniori: 

36. (1) Gamer, a quo Cappa- 
doci. 


37. et (2) Magog, a quo Chal- 
dei et Galates. 


38. et (3) Made, a quo Midi. 
39. et (4) Yoias, a quo Greci 
et Hiones. 


35. iuniori ist späteres Glossem; 
das Wort steht am Schlusse einer 
Zeile im Parisin. fol. 4b (Schöne 
p. 180), es ist daher Zusatz eines 
Lesers, dem auffiel, daß der jüngste 
Sohn an erster Stelle stand, wäh- 
rend in anderen Chroniken der erst- 
geborene Sem vorangeht. 

37. Κελτοὶ mit Χαλδαῖοι vom 
Übersetzer verwechselt; wahrschein- 
lich bot die Vorlage Keiraioı wie 
Chron. pasch. 46, 10 Bonn. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
ϑεῖσαι γλῶσσαι oß, οἱ δὲ τὸν 
πύργον οἰχοδομήσαντες ἦσαν 
ἔϑνη o, οἱ καὶ ἐν γλώσσαις av- 
τῶν ἐπὶ προσώπου τῆς γῆς 
διεμερίσϑησαν. 


54. Νεβρὼδ δὲ ὁ γίγας, υἱὸς 
Χοὺς τοῦ Al$lonoc, οὗτος εἰς 
τὴν βρῶσιν αὐτοῖς χυνηγῶν 
ἐχωρήγει ϑηρία φαγεῖν. 

55. Τὰ δὲ ὀνόματα τῶν E- 
Bdounxovra ἐστι ταῦτα" 


56. υἱοὶ Ἰάφεϑ τοῦ τρίτου 
υἱοῦ Not 

57. (1) Γάμερ, ἀφ᾽ οὗ Καπ- 
πάδοκες. 


58. (2) Mayoy, ἀφ᾽ οὗ Κελ- 
τοὶ xal Γαλάται. 


59. (3) Madaı, ἀφ᾽ οὗ Μῆδοι. 
60. (4) Ἰωύαν, ἀφ᾽ oo "E4- 
ληνες καὶ Ἴωνες. 





53. οα statt 08 — προσύόπου die 
Hs. Rechts am Rand von der Hand 
des K. Laskaris: πίερὶ] γλωσσῶν. 

56. Anfangsbuchstabe ausgerückt. 

ö6ff. Vgl. Chron. pasch. p. 46. 
9ff und unten Abschnitt 4, Synk. 
p. 91. 3 ff. 

60. Vgl. Hipp. xat. πασ. αἱρέσ. 
X 31 Ἑλλήνων, ὧν πατὴρ £x tovtov 
(1. ἐκ vov) Ἰάφεϑ γεννᾶται, ὄνομα 
Ἰωΐαν, ἐξ οὐ “Ἕλληνες χαὶ Ἴωνες. 

60. 61. Inzwischen ist Elisa über- 
gangen, der Gen. 10, 2, in der Septua- 


ginta und in andern Recensionen, z. B. Chron. pasch. 46. 16 Bonn., ge- 
nannt ist; von ihm sollen die Μαῦροι abstammen. 


Text. 51 


Liber generationis 1. 


LXXII et qui turrem aedifica- 
bant erant gentes LXXII, quae 
eliam in linguis super faciem 
tocius terrae divisae sunt. 


confusi sunt tribns G und ähnlich C — 
GC bieten beidemale LXX und quae lin- 
guae statt q. etiam in linguis. 


52. Nebrot autem gigans fi- 
lius Chus Aethiops in escam 
Mediis venando subministrabat 
bestias in cibum. 

53. Vocabula autem LXXII 
haec sunt: 

LXX GC. 

54. filii Iafet: 


55. (1) Gamer, ex quo Cap- 
padoces. 

gomer CO, gam Ὁ — satt ex hat B! et. 

56. (2) Magog, de quo Celtae 
et Galatae. 

magor C mogor G, geltae B. 

57. (3) Madae, de quo Medi. 

58. (4) Iuvan, de quo Greci 


et Iones. 


medii uan BF, medi iuuan C, medi 
iuam G. 


51—53. Den Wortlaut und die 
Zahlen gibt nur der Barb. richtig 
wieder; GC dagegen haben die Zah- 
len gemäß der zweiten, die anderen 
Handschriften gemäß der ersten bei 
Hippolytos angegebenen Zahl aus- 
geglichen und so alle die Unter- 
scheidung ihrer Quelle verwischt. 

52. Der Übersetzer verlas αὐτοῖς 
zu Μήδοις. 


Liber generationis II. 


Lib. genealog. 167 ff. Mommsen, 
chron. min. I p. 168. 
167. Incipiunt generationes lafet 
filii Noe. 
169. 170. (1) Gamer, ex quo Cappa- 
doces. 


175.176. (2) Magog: ex ipso Celatae 
et Galatae. 

celte F, et Galatae fehlt F. 

177. 148. (3) Madias, ex quo Medii. 

180. (4) Lotham: hic optinuit Gre- 
ciam. 

189. 190. (5) Elisa: ex ipso Siculi. 











167 ff. Ich gebe Mommsens Text 
gekürzt, meist ohne die Varianten 
und ohne die aus den Onomastica 
sacra stammenden  Namenserklá- 
rungen. Die springenden Zahlen 
geben die Reihenfolge im lib. ge- 
neal. 


4* 


52 
Chron. Alex. (Barbarus). 


40. et (5) Thobail, a quo 
Thettalı. 


41. et (6) Mosoch, a quo Il- 
lyrici. 


42. et (7) Thiras, a quo Thraci. 


43. et (8) Chattaim, a quo Ma- 
cedoni. 


44. et fili Gamer, filio Iafeth 
tertio filio Noe: 

45. (9) Aschanath, a quo Sar- 
mati. 


46. et (10) Erisfan, a quo 
Rodii. 

47. et (11) Thorgaman, a quo 
Armenii. . 


48. et filii filiorum Iafeth filii 
Noe: 
49. (12) Elisa, a quo Siculi. 


50. et (13) Thareis, a quo 
Iberi, qui et Tyrannii. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
61. (5) Θωβὲλ, ἀφ᾽ οὗ οἱ Θετ- 
ταλοί. 


62. (6) Μοσὸχ, ἀφ᾽ οὗ οἱ Ἰλύ- 
Qtot. 


63. (7) Θήρας, ἀφ᾽ ov οἱ 
Θρᾶχες. 
64. (S) Χαταὶν, ἀφ᾽ ov οἱ Ma- 


κέδονες. 
eine halbe Zeile frei. 


65. Fiol Γάμερ, τοῦ υἱοῦ 
τοῦ Ἰάφεϑ τοῦ υἱοῦ τοῦ Νῶε: 

66. (9) "4oyava9, ap’ οὗ Σαρ- 
μάται. 


67. (10) Ἐρισφὰν, ἀφ᾽ οὗ οἱ 
Ῥόδιοι. 


68. (11) Θωργαμὰ, ap οὗ 
"Aou£vtor. 
eine halbe Zeile frei. 


69. (54 R.) Fiol ἸΙωύαν, υἱοῦ 
᾿Ιάφεϑ' τοῦ υἱοῦ τοῦ Νῶε; 

70. (12) Ἐλισσὰ, ἀφ᾽ οὗ οἱ 
Σιχελοί. 

71. (13) Θαρσεῖς, ap’ οὗ Ἴβη- 
pec (οἷ) καὶ Τυρηνοί. 


44. tertio Zusatz des Übersetzers, 
vgl. 35 u. 58. 

46. Der Barb. hat hier allein den 
ursprünglichen Wortlaut bewahrt, 
Rodii ist nicht Conjectur, wie A. 
v. Gutschmid (Kl. Schr. V 663) 
meinte. 

48. filiorum, da Ἰωΐαν zu υἱῶν 
verlesen oder verhört wurde. 


64. ῆαχέδονες im Schreiben kor- 
rigiert aus Maxtdwreg. 

65. Anfangsbuchstabe ausgerückt. 

69. Anfangsbuchstabe ausgerückt. 

‘0. οἱ über der Zeile nachge- 
tragen. 

71. T. χαὶ T. die Hs.; oi ist vor 
xcl einzusetzen, da es beide La- 
teiner lasen. 


Text. 53 


Liber generationis 1. 


59. (5) Thobel, unde Ettha- 


lienses. 
thessalienses O. 
60. (6) Mosoc, unde Illyryci. 


61. (7) Thiras, unde Traces. 
iras GC. 


62. (8) Cetthyn, unde Mace- 


dones. 


elisa GC — trociane frigiiae (statt Tro- 
iani Phryges) nach unde eingefügt in F. 


63. et filu Gamer: 


64. (9) Ascanaz, de quo Sar- 


matae. 
aschanat GC. 
65. (10) Rifan, de quo Sauro- 


matae. 
rufan F, saurobatae GC. 


66. (11) Thogorma, de quo 
Armenii. 

tergama G, thbergam C, thogor F. 

67. et fili Iuuan: 

so GC, filiiuan B, filii iuuan F. 

68. (12) Elisan, unde Siculi. 

eliuan C. 

69. (13) Tharsis, ex quo Hi- 
beri, qui et Tyrreni. 


62. Der Ersatz von Cetthyn durch 
Elisa — der zwischen 58 und 59 in 


Liber generationis II. 
191.192. (6) Thober, ex quo Hettali. 


193. 194. (7) Mosoc, ex quo Defan- 
tes Inlyrii. 

delfantes illiriis F. 

195. 196. (8) Thyras: hii Kartha- 
ginem obtinuerunt. 


T 1965. ex quo Traces et Tyrii, 
obtinuerunt. Carthaginem ut coloni. 


qui 


171. huic (sc. Gamer) erant fili 
tres: 


(9) Agganaz. — vgl. unten 186. 
172. (10) Rifat — vgl. unten 182b. 


173. 174. (11) Thargama, ex quo 
Armeni. 


1898, et de ipso (sc. Lotham) nati 
sunt filii quattuor: 


sex T. 
(12) Elisa. T 1820, Esrifan. ex 
quo Saurobatae. 


T 183b. (13) Tharsis, ex quo Hi- 
berii. 


der Vorlage übergangen war — ist abermals ein Beweis willkürlicher 
redaktioneller Änderungen in dem Archetypus von CG. 

65. Sarmatae statt Rodii erst fülschlich aus der vorhergehenden Zeile 
wiederholt, dann, mit Benutzung des unten c. 80 folgenden Völkerver- 
zeichnisses 16) u. 17), das zweimalige Sarmatae zu Sarmatae und Sauro- 
batae variiert. Auch darin geht der Archetypus von GC seine eigenen 


Wege, vgl. unten 71. 


54 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 
51. et (14) Ctici, a quo Romei 
qui et Latini. 


52. Omnes isti filii Iafeth ter- 
tio filio Noe: ex istis dispersae 
sunt insulae gentium: sunt au- 
tem .et (15) Cypri ex Citteis ex 
filiorum lafeth: simul gentes 
quindecim. 

53. Invenimus autem qui ab 
aquilone sunt ex ipsis, ex tribu 
Citteis. 

54. Est autem de Elladii gen- 
tes omnes ex ipso, excepto his 
qui habitaverunt in postero ibi 
es Saitei, qui habitaverunt circa 
mare honorabilem civitatem, quae 


vocatur Athenas. 
es — id est Momm. 


54. circa mare Zusatz des Alexan- 
driners oder des lateinischen Über- 
setzers; die Worte stehen beim Bar- 
barus am Ende einer Zeile. 


Codex Matritensis. 
72. (14) καὶ Κίτιοι, ἀφ᾽ ov 
Ῥωμαῖοι (ol) xci Λατῖνοι. 


73. Πάντες οὗτοι viol Ἰάφεϑ 
τοῦ τρίτου υἱοῦ ΝΝΗῶε. ix τού- 
tov ἀφωρίσϑησαν νῆσοι τῶν 
ἐθνῶν. (15) εἰσὶ δὲ καὶ οἱ Kv- 
πριοι ἐχ τῶν Κιτιέων ix τῶν 
υἱῶν Ἰάφεϑ' ὁμοῦ ἔϑνη τε. 

74. Ἔτι δὲ εὐρίσχομεν καὶ 
τοὺς ἐν βορρᾷ ὄντας ἐξ αὐτῶν 
ὁμοφύλους τῶν Κιτιέων. 

15. Ἔστι δὲ καὶ τὰ ἐχ τῆς 
Ἑλλάδος ἔϑνη πάντα ἐξ αὐτοῦ 
ἐχτὸς τῶν μετῳχηχότων ὕστε- 
ρον ἐκεῖ οἷον Σαϊτῶν, οἱ κατ- 
ῴχησαν τιμωμένην πόλιν τὴν 
καλουμένην ᾿ϑήνας 


72. Κεχίτιοι die Ha.; xal beweist, 
daf die Aufzählung hier endete. Zu 
οἱ vgl. Anm. 71. 

73. ὅπου statt ὁμοῦ die Hs. Hip- 

polytos benutzt anscheinend eine 


Stammvüterliste mit den zugehörigen Völkern, worin der in der Sept. zu 
Ῥόδιοι gewordene Dodanim fehlte; anderseits ist ihm die Zahl 15 für 
die Iaphetsöhne bekannt, die er somit durch Hinzufügung der Kyprier 
ergänzt; vgl. Hipp. xat. πασ. ale. X 31. p. 534. 79 ἐχ δὲ τοῦ Ἰάφεϑ ie. 
Ἔχ τούτων --- ἐθνῶν Citat aus Genes. 10, 5, vgl. Synk. p. 92, 3ff u. 6f. 

14. Von hier an bis c. 79 reicht eine wahrscheinlich von Hippolytos selbst 
vorgenommene Erweiterung des ihm vorliegenden &lteren Diamerismos. 

75. Diese Ableitung der Athener aus dem ügyptischen Sais, wodurch 
sie zu ausgewanderten Chamiten gemacht werden, ist nicht aus dem 
schon bei Herodot wiederholt bezeugten Neith-Athenakult in Sais er- 
schlossen, sondern geht auf Platon. Tim. c. 3 (21 E) μάλα δὲ φιλαϑήναιοι 
x«l τινα τρόπον olxeloı τῶν δ᾽ εἶναί φασι zurück; sie kann also schon in 
jüdisch-hellenistischen Bearbeitungen des Diamerismos gestanden haben. 
Zu 75—18 vgl. Chron. pasch. p. 47, 7 ff; Synk. p. 92, 7ff. 


Text. 


Liber generationis I. 
70. (14) Cithii, de quo Ro- 
mani, qui et Latini. 
71. (15) Rodii. 


et de quo erthodi O, rodi uiui et 
priami F. 


72. omnes XV: de his exti- 
ierunt insulae gentium: sunt 
autem (16) Cyprü ex Citiensi- 
bus ex Iafet. 

s0 GC, ciuensibus B. 


73. Si quidem invenimus et 
eos, qui sunt ad borram ex 
ipsis de ea tribu Citiensium. 

74. Sunt autem ex ipsis etiam 
gentes, quae sunt in Heliada 
praeter eos qui postmodum ad- 
venerunt ibi, ut puta Sitorum 
qui habitaverunt civitatem, quae 


apud Grecos honoratur, Athenas 


heliada C!', eliada G, helada C?, hel- 
lada O, etiada BF. — ut p. sitorum (si- 
taurum C) GC, statt ut p. sit. haben: re- 
F, fehlt in O. Es ist, wis 


zu βασιλέων verlesen. — civitatem FGC, 
civitate B. 


71. Ist späterer Zusatz des lateini- 
schen Übersetzers oder eines Redac- 
tors, der die Summenangabe (15 Ja- 
phetebhne) in 72 voranstellte; in- 
folgedessen fehlte in seiner Aufzäh- 
lung scheinbar eine Nummer, die 
durch Rodi ergünzt wurde. Dies 
kann jedoch erst geschehen sein, 
nachdem die Rodier von ihrer Stelle 
(oben 65) verdrängt waren, an der 
sie als Nachkommen des Erisfan bei 
Hipp. 67 gestanden hatten. Der Matr. 
und Barb. haben hier allein das Ur- 
sprüngliche; v. Gutsch mids Erkl&- 
rung (Kl. Sehr. V 663) geht fehl. 


99 


Liber generationis II. 
T 184b. (14) Cittbim, ex quo Mace- 
dones. 
T 1805. (15) Rhodii, ex quo Ar- 


menii. 
F 1878. alibi T 186. Ascanaz, 
Dodam...exquo ex quo Sarmatae. 


Romani et La- T 187b, Tyrre- 
tini. nin, ex quo Romani 
et Latini. 


182a—185b. Die Hss. LFG nennen 
nur die Namen von vier Stamm- 
vätern ohne die der Völker, weshalb 
die Angaben von T, wo deren sechs 
genannt werden, in den Text ge- 
setzt sind. Erst 1878 erscheint in 
F wieder ein Völkername. 


96 
Chron. Alex. (Barbarus). 
55. simul autem et Thibas, 


qui Sidonii sunt acolae, de 
Cathmo Aginoru. 


56. Chalcedonii autem Tyranni 
peregrini fuerunt 


57. et ali simili modo qui 
posthac in Ellada migraverunt. 


98. Haec sunt autem gentes 
Iafeth tertio filio Noe a Midia 
usque ad speriam a parte Oceani 
adtendens ad aquilonem sic: 


59. 1) Midii 2) Albani 3) Gar- 
gani 4) Errei 5) Armeni 6) Ama- 
zoni 7) Coli 8) Corzini 9) Den- 


56. Nur der Alexandriner gibt hier 
Hippolytos richtig wieder. 

58. Der Alexandriner fügte zum 
Text desHippolytos am Schluß οὕτως 
hinzu, was der Barb. mit sic über- 
setzte; vgl. Chron. pasch. p. 47, 14, 
Synk. p. 92, 13, 

59. No. 35) Calli qui et Latini ist 
Latini bloß versehentliche Wieder- 
holung des im Paris. gerade darüber 
stehenden Wortes, es muß statt La- 
tini Celtae heißen. 41) Illyrici vor 
Basantii ist dagegen trotz 23) kein 
" Versehen. Die Ibirii und Galli 38), 39) 
stehen, wie die Übereinstimmung 
mit dem lib. gen. I beweist, hier in 
der ursprünglichen Reihenfolge, die 
im Matr. gestört ist. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
76. χαὶ τὰς (Onßas, οἱ ΣΙι- 
δωνίων ἄποικοί εἰσιν ἐκ Kad- 
μου ᾿4γήγ)νορος. 


77. χαὶ οἱ Χαλχηδόνιοι δὲ 
τῶν Τυρρηνίων εἰσὶν ἄποιχοι, 


78. xal εἴ τινες ἄλλοι εἰς 
Ἑλλάδα μετῴκησαν. 


79. Ταῦτα δὲ τὰ τοῦ ᾿Ιάφεϑ' 
ἔϑνη ἀπὸ Μηδίας ἕως τοῦ ἕ- 
σπερίου κατέσπαρται oxtavoo 
βλέποντα πρὸς βορρᾶν" 


80. 1) Μῆδοι 2) ᾿ἄλβανοί 3) 
Γαργανοί 4) Ἐρραῖοι 5) ᾿Αρμέ- 
vıoı 6) Aualoves T) Kool 

76. τὰς νόρας statt vogog die Hs. 
Die aus den Übersetzungen ergänzte 
Lücke beträgt genau die Länge 
einer Zeile. Auch das ist eine Re- 
miniscenz aus bekannter classischer 
Überlieferung. 

77. Καρχηδόνιοι δὲ Τυρρηνίων εἰσὶν 
ἄποικοι Chron. pasch. p. 47, 11. 

78. Nach μετῴχησαν freier Raum 
von der Größe dieses Wortes in der Hs. 

79. 80. Vgl. Chron. pasch. p. 47, 
13ff und unten Abschnitt 4; Synk. 
p. 92, 12 und 13ff. 

80. Dieses, wie alle folgenden V6l- 
kerlisten ohne Rücksicht auf die vor- 
hergehenden, bei den Stammvütern 
schon genannten Völker um viele 
Namen vermehrte (von 15 Stamm- 


Text. 57 


Liber generationis 1. Liber generationis IL 


75. et Thebeorum, quoniam 
Sidoniorum sunt inhabitatores 


ex Cadmo Agenoris filio 


ex c. a. filio) C, ex gadmo ageneris G, 
fehlt BFO. Br 


76. et Charcedonis Tyrorum 
sunt inhabitatores 

fehlt BFO, ist nur erhalten GC. 

77. et quicumque sunt alii 
similiter post haec apud Halla- 
dam transmigraverunt. 

helledam G. 

78. cognoscimus autem haec ex 
lege et prophetis, erant ergo de 
Iafet ad confusionem turris tribus 
XV et Liber genealogus p. 169 Mommsen. 


79. hae gentes Iafet a Media 197. 198. Hii sunt octo filii Iafeth 
usque vesperum Oceani diffusae nepotes Noe et sunt termini eorum a 


sunt adtendentes usque ad bor- Media usque ad Gadis, quae est ad 
ram: aquilonem. 


uespertinum GC. — Oceani B?FC!, 
occiani G, oceane B!, oceanum C?. 


80. 1) Medi 2) Albani 3) Gar- 
gani 4) Arrei 5) Armeni 6) 
Amazones 7) Culi 8) Corzieni 


76. oí δὲ Χαλδαῖοι (1. Χαλχηδόνιοι) 
Τυρίων εἰσὶν &xoixoi Synk. p. 92, 11. 

78. Als Zusatz schon erkannt: v. Gutschmid (Kl. Schr. V 662) und 
Frick (Chron. min. p. 12). 

80. Die Anordnung der Numen dieser Liste in GC (vgl. 8.59) geht, wie die 
regelmäßigen Differenzen zwischen den Zahlen lehren, auf ein in drei Co- 
lumnen geschriebenes, auf zwei Seiten (von 25 an begann die zweite Seite) 
verteiltes, columnenweise zu lesendes Verzeichnis der Vorlage zurück, das 
auf der ersten Seite fälschlich zeilenweise gelesen wurde. Dabei gingen 
zwei Namen verloren. Die nach 15) eingeschobenen Völker sind ein Zusatz 
aus Epiph. &yxvg. 113, Dind. I 216, der älter ist als der Archetypus von 
GC; dies bestätigt Samuel von Ani, der 51 Völker laphets zählt, die von 
ihm benutzte Hippolytoshs. war also ebenfalls nach Epiph. erweitert (vgl. 
Absch. 4). 25) Hellenes irrig aus dem griechischen Text herübergenommen, 
bei Samuel sind sie sogar als besonderes Volk gezählt. 26) Lybyes ist ent- 
stellt aus Alyvpeg, gemeint sind die Liburnier. A. v. Gutschmids (Kl. Schr. 
V 665) Classification der Fassungen dieser Liste ist nicht richtig; im lib. 
gen. I wird die des Hipp. nur wenig entstellt und erweitert wiedergegeben. 


58 


Chron. Alex. (Barbarus). 

nagi 10) Cappadoci 11) Pafla- 
goni 12) Mariandini 13) Taba- 
rini 14) Challyri 15) Mosso- 
niei 16) Sarmati 17) Saurobati 
18) Meoti 19) Scythi 20) Tau- 
rini 21) Thraci 22) Bastarni 
23) Illyrici 24) Macedoni 25) 
Greci 26) Ligyrü 27) Istri 
28) Hunni 29) Dauni 30) Iapy- 
gi 31) Colabri 32) Oppici 33) 
Latini qui et Romei. 34) Ty- 
ranni 35) Calli qui et Latini 
36) Ligistini 37) Celtibini 38) 
Ibiri 39) Galli 40) Aquitanii 
41) Illyrici 42) Basantii 43) Cyr- 
tani 44) Lysitani 45) Huaccai 
46) Cynii 47) Brittani, qui in 
insulis habitant. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
8) Καζηνοί 9) Asvvaynvoi 10) 
Καππάδοχες 11) Παφλαγόνες 
(54 V.) 12) Μαριανδηνοί 13) 
Ταβαρηνοί 14) Xarvßes (15) 
Mooovvoıxoı 16) Σαρμάται 17) 
Σαυρομάται 18) Μαιῶται 19) 
Σκχύϑες 20) Ταύριοι) 21) Θρᾷ- . 
χες 22) Βασταρνοί 23) Ἰλυ- 
ριοί 24) Μαχεδόνες 25) "ER- 
Anves 26) Λίγυρες (27) Ἰστροί 
28) Ovevvol 29) δΔαυνεῖς 30) 
Ἰάπυγες 31) Καλαβροί 32) Oz- 
πιχκοί 33) Δαλτῖνοι οἱ καὶ Po- 
μαῖοι 34) Τυρρηνοί 35) Γάλλιοι 
(oí xal) Κελτοί 36) Avyıorıvol 
37) Κελτίβηρες 39) Γάλλοι 38) 
Ἴβηρες 40) C4yxovatiwol (41) 
Ἰλλυρικοίδ 42) Βάσαντες 43) 


Im Paris. fol. 5 R. v. V. stehen die Na- 
men in 4 ungleichen Columnen, die xzeilen- 
weise xu lesen sind (vgl. Schöne, Eus. 
ehron. I App. 181, 182). 


Kvo(tavol 44) Avoıravıoı 45) 
Osaxxalou 46) Κόννιοε 47) 
Βρετταννοί, ol ἐν vn)oorg ol- 
χοῦντες. 





vätern werden 47 Völker abgeleitet) 

Verzeichnis ist im Matr. lückenhaft 
überliefert. Hinter den Χάλυβες 14) fehlen sechs, hinter den “ίγυρες 26) 
abermals sechs, am Schluß nach 40) fünf Völkernamen und die Worte 
οἱ ἐν vn; es sind also in einer Vorlage gerade drei Zeilen ausgefallen 
oder unleserlich gewesen; ebenso ist 35) ol xal wie dfter (vgl. 71, 72) 
ausgefallen. Die Unterscheidung 35) I'éàAvo: und 39) Γάλλοι rührt nicht 
vom Schreiber, sondern schon von Hippolytos her, dagegen ist die Um- 
stellung von 38), 89) ein Versehen des Schreibers der Hs.; bei 40 fehlt 
der Anlaut. Die fehlenden Nawmen.sind nach denen des Chron. pasch. 
47, 15 ff Bonn. ergänzt; nur statt 32) ‘Innıxoi habe ich Ὀππιχοί ge- 
schrieben. Die Gründe, weshalb im Chron. pasch. die Reihenfolge schein- 
bar eine andere ist, hat A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V 27431ff) dargelegt. 
43) Κυρσοῖς" olxoüvres die Hs., was der Abschreiber des Matr. für einen 
Ortsnamen hielt. Die HKövvıoı 46) sind die Kövıoı des Polyb. X. 7, 5 
u. &. in Lusitanien (Frick, Index d. Chron. min. p. 516 s. v. Cunienses), 
die Obevvol 28) sind das bei Strabon IV 204, 206 Οὐἰέννωνες, bei Dio 
Cass. 54, 20 Οὐέννιοι genannte rütische Volk, das Augustus unter- 


Text. 


Liber generationis I. 
9) Benageni 10) Cappadoces 11) 
Paflagones 12) Mariandeni 13) 
Tibarenses 14) Chalibes 15) 
Mossynnoti (— Colchi — Melan- 
ceni) 16) Sarmatae 17) Sauro- 
batae 18) Meothes 19) Scytes 
20) Tauri 21) Thraces 22) Ba- 
starni 23) Illuri 24) Macedones 
25) Hellenes Greci 26) Lybyes 
27) Histri 28) Vieni 29) Dauni 
30) lapiges 31) Calabri 32) 
Opiei 33) Latini qui et Romani 
34) Tyrrenni 35) Galli, qui et 
Celtae 36) Lybyestini 37) Celti- 
beri 38) Hiberi 39) Galli 40) 
Aquitani 41) Illuriani 42) Basa- 
notes 43) Cyrtani 44) Lusitani 
45) Voccei 46) Cunienses 47) Brit- 
tones qui et in insulis habitant. 


6) amaiones F, amaxoni G, amoxobi C. 
7) choli F, 6011 CGO. 8) gorzeni CO, gor- 
cen G, corzeini F. 12) mariendini GC. 
14) chalihes C, clabes G. 15) mossioni GC, 
oxosinnoti O, — malanceni C, malancini G, 
melacleni O. 17) saurobace F, sauromatae 
B*O. 19) scite C, sirthae G. 234) libes C. 
27) hystri Ὁ, istri B. 38) uenni GC. 80) ia- 
japyges ges O, dapues BF. im) c&- 
en S ici 96) libistini GC. 42) ba- 
santes . 48) cystani ἮΝ 44) lusetani 
G, lasecani C. 45) uaeeti GC. 46) clunni 
GC. I» GC ist die Ordnung. folgende: 1. 9. 
Melanceni. 2. 10. 16. 8. 11. 18. 4. 12. 19. 
5. 13. 20. 6. 14. 21. 7. 15. 22. 8. Colchi. 
23. 24. 25—38. 40—47; es fehlen 17. 89. 
Hellenes stand in der Vorlage von GC nicht, 
sondern nur Greci. 


warf. Hinter 41) Ἰλλυριχοί versteckt sich der sonst Ἰλουργῆται oder 








Liber generationis II. 





59 


Ἰλεργέται genannte spanische Stamm. Die Βάσαντες 42) sind vermut- 


lich die Bastetani in Südspanien, die Kveraroi 43) die Carpetani. 


Die 


Taoyavoi 3) sind das mythische kaukasische Volk der Tapyaeeis, 
deren Gebiet als Παργαρήνη bezeichnet wird. Die Ἐρραῖοι 4) sind die 
Bewohner der Landschaft Aria. Die ζαζηνοί 8) sind, wie die richtigeren 
Formen der lateinischen Übersetzungen lehren, die Bewohner der armeni- 
schen Landschaft Κορδονήνη. Die Aevvaynvoi 9) sind vielleicht die Adır- 
βηνοί. Die übrigen Namen sind ohne weiteres verständlich, vgl. die In- 
dices bei Mommsen, auct. antiq. XIII und bei Frick a. a. O. 


60 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. ‚Barbarus). 
60. Qui autem sapiunt ex 
ipsis litteris, hii sunt: 
61. 1) Ibirii 2) Latini qui 
utuntur Romei 3) Spani 4) Greci 
5) Midi 6) Armenii. 


62. Sunt autem termina eorum 
a Midia usque Garirum quod 
ad aquilonem: laterae autem a 
fluvio et fluvium usque Mastu- 
sias contra solem. 


63. Provintiae autem eorum 
sunt haec: 1) Midia 2) Albania 
3) Amazonia 4) Ármenia parva 
et magna 5) Cappadocia 6) 
Paflagonia 7) Galatia 8) Col- 
chus 9) India Achaia 10) Bospo- 


62) Der Barbarus übersetzt Ilion 
konstant mit solem; das Wort war 
schon in seiner Vorlage ebenso ver- 
schrieben wie im Matr. Vgl. unten 
Abschnitt 4. 


Codex Matritensis. 


81. Oi δὲ ἐπιστάμενοι αὐ- 
τῶν γράμματα εἰσίν" 

82. 1) Ἴβηρες 2) Λατῖνοι, οἷς 
χρῶνται οἱ Ῥωμαῖοι 3) Σπά- 
νοι 4) Ἕλληνες 5) Mijóot 6) Ao- 
μένιοι. 

83. Ἔστι δὲ τὰ ὁρια αὐτῶν 
ἀπὸ Μηδίας ἕως Γαδείρων τὰ 
πρὸς βορρᾶν, εὗρος δὲ ἀπὸ Πο- 
ταμίδος ποταμοῦ ἕως Mactov- 
σίας τῆς κατὰ Ἴλιον. 


84. Ai δὲ χῶραι εἰσὶν αὑται" 
1) Mndia 6) Παφλαγονία 2)’AR- 
Bavia 3) Auatovic 4) Ἀρμενία 
μικρὰ καὶ μεγάλη 5) Καππαδο- 
xía 7) Γαλατία 8) Κολχίς 9) 
Ἰνδική Ayala 10) Βοσπορινήῇ 


81) Vgl. Chron. pasch. p. 48, 3 und 
unten Abschnitt 4. Synk. p. 93, 2. 

82) Vgl. Chron. pasch. p. 48, 3 ff 
und unten Abschnitt 4. Synk. p. 93, 3. 

83) ὄρια, εὗρος und statt Ἴλιον--- 


ἥλιον die Hs.; Ilion erweist lib. 
gen. I als das Ursprüngliche. Mastusia liegt auf dem thrakischen Cher- 
sones. Die Corruptel Ποταμίδος statt Tavaidos stand schon bei Hippo- 
lytos. Vgl. Chron. pasch. p. 48, 8 und unten Abschnitt 4. Synk. p. 93, 4 ff; 
beim Synkellos p. 93, 5 ist Ποταμίδος korrigiert. 

84) A von αἱ größerer Buchstabe. 1) Μήδεια die Hs. 4) μεγάλη von 
erster Hd. corrigiert aus -Aux. 9) Vor Ἰνδιχή Punkt, zwischen T7vó. und 
Ayala kein größerer Zwischenraum wie sonst zwischen den Namen 
dieser Liste. 20) Κολχις die Hs., während bei 8) der Accent richtig ge- 
setzt ist; der Schreiber war also bei 20) über die Namensform im un- 
klaren; Molchia, Mollis beweisen, daß die Corruptel sehr alt ist, gemeint 
ist MoAocoíg. 20) und 28) sind im Matr. ausgefallen. Zwischen 30) und 
31) steht in der Hs. ein Punkt. 32) ἧς Correctur von erster Hand 
auf Rasur, darunter stand οὗ. 6) steht im Matr. zwischen 1) und 2), 
37) zwischen 33) und 24); diese Verschiebungen rühren daher, daß die 
Namen wahrscheinlich aus einer folgenden Zeile in die vorhergehende 
gerieten. 


Text. 61 


Liber generationis I. 
$1. Qui autem eorum no- 
verunt litteras, hi sunt: 
82. 1) Hiberi 2) Latini, qui 
vocantur Romani 3) Hispani 


4) Greci 5) Medi 6) Armeni. 


2) B, quibus utuntur GC. 4) 5) FO, medi 
greci GC, greci (ohne medi) B. 


83. Sunt autem fines eorum 
a Media ad borram usque Ga- 
diram, & Potameda fluvio usque 


Mastusia ad Ilion. 


a Media GCO, fehlt in BF. — mastucia 
ad olion G, maturciam ad olion C. 


84. Terrae autem eorum hae 
sunt: 1) Media 2) Albania 3) 
Amazonia 49) Ármenia minor 
4b) Armenia maior 5) Cappa- 
docia 6) Paflagonia 7) Galatia 
8) Cholcis 9) Indice 10) Bospho- 


S2) Die unrichtige Übersetzung 
von οἷς χρῶνται ist dem Archetypus 
von GC fremd geblieben, oder von 
dessen Redactor verbessert. 


84) Am Schluß sind die Namen in 
etwas anderer Ordnung. 9) ist der 
erste Teil allein erhalten. Der Zu- 
satz zu 27) kehrt bei einigen spä- 
leren Ableitungen wieder. 33) ist 
falsche Conjectur eines Redactors, 
zu der das folgende an falsche Stelle 
geratene Lusitania den AnstoB gab; 
gemeint ist damit Callaecia in Spa- 
nien. Das richtige: Gallia, d. h. Ober- 
italien, bieten der Matr. und Barb. 
Der Redactor zerlegte ferner 4) in 
zwei Länder. 15) und 16) haben die 
Plätze getauscht, 38) Gallia ist 
späterer Zusatz; vgl. Chron. pasch. 
p. 48, 13 und unten Abschnitt 4, 
Synk. p. 93, 14. 


Liber generationis II. 


Liber genealogus Mommsen p. 169. 


199. ipsi obtinuerunt Pamphiliam, 
Partiam et omnem Greciam, Rodiam 
Ciliciam, inde Rodi, Citi, Mazianite 
cum Kartaginiensibus et Tharsensi- 
bus. 


199. Diese von dem lib. gen. I 
und daher auch von Hippolytos 
stark abweichende Stelle ist nur der 
Vollständigkeit wegen angeführt. 


62 
Chron. Alex. (Barbarus). 
rina 11) Meotia 12) Derris 13) 
Sarmatia 14) Tauriannia 15) Ba- 
starnia 16) Scythia 17) Thracia 
18) Macedonia 19) Dermatia 
20) Molchia 21) Thettalia 22) 
Lucria 23) Byotia 24) Etolia 
25) Attica 26) Achaia 27) Pe- 
lepponissus 28) Acarnia 29) Ipi- 
rotia 30) Illyria 31) Lucidissima 
32) Adracia, a quo Hadriaticum 
pelagus 33) Gallia 34) Tuscinia 
35) Lysitania 36) Messalia 37) 
Italia 38) Celtica 39) Spano- 
gallia 40) lbiria 41) Spania 


magna. 
Nach c. 64 simul... quadraginta stehen auf 
einem freien um von 25 Zeilen mit Zwi- 


schenräumen wieder fast dieselben Namen — 
die Subseriptionen von Bildern der griechi- 
schen Vorlage — mit folgenden Varianten: 
4) fehlt der Zusaix parva et m., 9) steht statt 
Achaia — Italia verschrieben, 29) ipeirotia, 
81) Il]lychinitia, wovon Lucidissima im Tezt 
die Übersetzung ist, 32) adriacia. Im Text 
steht hinter 35) Lysitania am Rande nochmals 
Midia (vgl. d. Abdruck bei Schöne a. a. O. 
p. 183), das in den Bildersubscriptionen an 
erster Stelle fehlt. Dieser Name 1st an eine 
falsche Stelle geraten, daher im Text das 
xweitemal xu lilgen und an den Anfang der 
Subseriptionen xu selxen. 39) spanocallia. 
Reihenfolge der Subscriptionen : 1—26, nach 
26 fehlt 27 und es folgen: 80, 28, 33, 38, 94, 
85, 36, 37, 33 ohne Zusalx, 81, 29, 39, 40; 41 
fehlt ebenfalls. Im Tezt ist 9) India—Achaia, 
in den Subscriptionen India — Italia so ge- 
schrieben, als ob dies zwei Länder wären, 
dagegen Illyria lucidiesima im Tert xu- 
sammengeschrieben, in den Subscriplionen 
getrennt. Die Subscriplionen bieten 40, der 
Text. 41 (mit dem zweiten Media scheinbar 
42) Namen, wenn Groß- und Kleinarmenien, 
ebenso wis India—Achaia je als ein Land 
zählen. 9) India ist verderbt, ᾿. 1yai« dagegen 
richtig ; es ist die Stadt dieses Namens und 
ihr Gebiet am Pontus '"Aywa zulua Arr. 
per. 18. 4 Ptol. V. 9. 8. Strab. XI 495; 
der Zusatz 'Ivdıx; im Matritensis, der 
dieses Achaia von dem bekannten, unter 26) 
genannten unterscheidet, ist vielleicht in IIov- 
rıxn Xu verbessern. Der Matr. lehrt, daß 
Hippolytos’ Liste 41 Namen enthielt; die 
Summe c. 46 ist daher beim Barbarus ver- 
mullich mit Bexug auf die 40 Bilder abge- 
rundet. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritengis. 
11) Μαιῶτις 12) Δέρρης 13) 
Σαρματίς 14) Ταυριανή 15) 
Βασταρνίς 16) «ΣΣχυϑία 17) 
Θράχη 18) Μακεδονία 19) Δελ- 
ματία 20) Πἤολχίς 21) Θεσσα- 
Ala 22) Μωχρίς 23) Βοιωτία 
24) Αἰτωλία 25) Arttıxn 26) 
(Ayala) 27) Πελοπόννησος 28) 
CAxagvavia) 29) ᾿Ππειρώτης 
30) Ἰλλυρίς 31) ἡ Δυχνίτις 32) 
᾿Αδριανή, ap ἧς (55 R) τὸ 
᾿Αδριαχὸν πέλαγος 33) Γαλλία 
37) Ἰταλία 34) Θουσχηνή 35) 
Avoıravia 36) Μεσαλία 38) 
Keitis 39) Σπανογαλία 40) 
Ἰβηρία 41) Zxaría ἡ μεγαλῆ. 


Text. 


Liber generationis I. 

rina 11) Meotia 12) Derres 13) 
Sarmatia 14) Tauriana 16) Scy- 
thia 15) Bastarnia 17) Thracia 
18) Machedonia 19) Dalmatia 
20) Mollis 21) Thessalia 22) 
Locria 23) Boetia 24) Betolia 
25) Attica 26) Achaia 27) Pel. 
lenia, quae apellatur Pelleponen- 
sus 28) Acarnea 29) Epirotia 
30) Illyria 31) Auchinitis 32) 
Hadriace, ex qua pelagus Ha- 
driaticum 33) Calcecia 35) Lu- 
sitania 37) Italia 34) Thuscena 
36) Massalia 38) Celtes Gallia 
39) Hispanogalia 40) Hiberia 
41) Hispania maior. 

2) albana B 5) amazonia GEO, ama- 
latia F. à) p de collis Gk S00 borbori- 
nam C, bosbodinam G. 11) meotiam GC, 
media BF, moesia O. 12) so C, derris O, 
dersis G, deris F, erris B. 16) schitia F, 
scytbiae B, scitia GC. 27) pallenia C, 
pallennia G. 81) so C, auchnitis G, euch- 
nitis F, aodinius B, auhnytis O. 33) gal- 
licia F, gallia GC. 34) so C, tuscynia G, 
thusgenc B, thugene F. 38) Gallia fehl 


in C. 39) is snogalia F, hispanogallia GO, 
hispania gallia . 


Liber generationis II. 


63 


64 


Chron. Alex. (Barbarus). 


64. simul provintiae lafeth 
quadraginta. 

Darauf folgen die oben zu 68 ausgeschrie- 
benen Bildersubscriptionen , 40 an ZaM, 
da das in den Text geraleno Media milzu- 
zählen ist. 

65. .... usque ad Brittaniacas 
insulas, quae ad aquilonem re- 


spiciunt. 


66. Sunt autem eis et insulae 
commune autem: 


67. 1) Sicilia 2) Eubya 3) Ro- 
dus 4) Chius 5) Lesbus 6) Cy- 
thira 7) Zacynthus 8) Cefalinia 
9) Thaci 10) Corcyra et 11) qui 
in circuitu sunt 12) parte Asiae 


qui vocatur lonia. 


Es folgt freier Raum im Umfang von 
12 Zeilen und dann abermals durch Zwi- 
schenräune getrennte Bildersubscriplionen. 
Var: 2 eubia 13. ionis in Asia. Die Reihen- 
folge ist: 1. 8. 4. 8. 5. 7. 9. 10. 11; 8 
und 6 fehlen, ebenso qui in circuitu sunt, 
d. h. die Kykladen, 


68. Fluvius autem est eis Ti- 
gris dividens Midiam et Babi- 
loniam. 





64. Die Zahl ist nicht ursprüng- 
lich, sie entspricht der Anzahl der 
Bilder und nicht der der Namen im 
Text. 

05. Hier ist der Text etwas ver- 
kürzt, einer der wenigen Fülle, in 
denen der lib. gen. I das Original 
genauer wiedergibt als der Alexan- 
driner. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


85. ὁμοῦ μα. 


86. Ἐνταῦϑα καταλήγει τὰ 
ὅρια τοῦ Ἰάφεϑ ἕως Βρεταν- 
νιχῶν νήσων, πᾶσαί tt πρὸς 
βορρᾶν βλέπουσαι. 

87. Εἰσὶ δὲ αὐτοῖς καὶ νῆσοι 
ἐπίκοιναι αὗται" 


88. 1) Σιχελία 2) Evfota 3) 


“Ῥόδος 4) Xtoc 5) Δέσβος 6) Kv- 


ϑήρα 7) Ζάχυνϑος 8) Κεφαλη- 
vía 9) Ἰϑάχη 10) Κέρκυρα καὶ 
11) αἱ Κυχλάδες καὶ 12) μέρος 
τι τῆς ᾿Ασίας τὸ καλούμενον 
Ἰωνία. 


89. Arat αἱ νῆσοι τῷ μέρει 
τοῦ Ἰάφεϑ. 

90. Ποταμὸς δέ ἐστιν αὐτοῖς 
(Tiygıs) διορίζων Μηδίαν (xai) 
Βαβυλωνίαν. 


85. Nur hier ist die richtige Ziffer 
erhalten, die der berichtigten Zahl 
der Länder in den drei lateinischen 
Fassungen entspricht. 

86. ὄρια die Hs., ebenso 91. Vgl. 
Chron. pasch. p. 48,19; Synk. p.93,15. 

87. Vgl. Chron. pasch. p. 48, 20; 
Synk. p. 93, 10. 

88. Am Rande ,»jco:ı“ von der 
Hand des Konstantinos Laskaris. 


S9. Obwohl dieser Satz in beiden Übersetzungen, beim Osterchronisten 
p. 19, 3, sowie beim Synkellos p, 93, 19 fehlt, ist er doch wohl ursprünglich. 
90. Vgl. 50 und Chron. pasch. p. 49, 3; Synk. p. 93, 19. 


Text. 


Liber generationis I. 


fehlt. 
85. Hucusque definit terra 
Iafet usque ad Brittanicas in- 


sulas omnes ad borram respi- 
cientes. 

$6. Sunt autem his et insulae 
istae Britannicae: 

brittania GC. 

S7. 1) Sicilia 2) Euboea 3) 
Rhodus 4) Chius 5) Lesbus 6) 
Chitera 7) Iacentus 8) Cefalenia 
9) Ithagae 10) Corcyra et 11) 
Cyclades insulae et 12) pars 
quaedam Asiae quae appellatur 


lonia. 


7) iecintus G, siacintus C, zacinthus 
O. 9) so C, itacae G, itbaec B, iabech F. 


8S. Flumen est autem his Ti- 
gris dividens inter Mediam et 
Babyloniam. 





86. Brittanicae ist irrtümlich aus 
c. 85 wiederholt; schon im Arche- 
typus von GC wurde es zum folgen- 
den Inselkatalog gezogen und des- 
halb die Einzahl gegeben; da auch 
Epipbanios diesen Zusatz hat (Dind. 
I 217, vgl. oben Anm. zu c. 80), so 
kann auch eine absichtliche Erwei- 
terung der Inselliste vorliegen, die 
älter ist als der Archetypus von GC. 


65 


Liber generationis II. 


Libergenealogus Mommsen p.160 ff. 


200. et habent insulas, quae aspi- 
ciunt aquilonem Britias, 


Sicilia, Eubia, Rodus, Chios, Les- 
bus, Citera, Trace, Sacintus, Cefa- 
lenia, Corgira. 


soccinctus et falenia traces F. 


2018. quae ha- 201b. et est illis 
bent fluvium Ty- fluvius Tigris, qui 
gris. dividit in Media 

et Babylonia. 


200. Trace, traces verschrieben für 
Ithace. 


Texte u. Untersuchungen ete. NF XIY,1 ὃ 


66 


Chron. Alex. (Barbarus). 


69. Haec sunt termini (la- 
feth) tertio filio Noe. 


70. Genealogia Cham secundo 
filio Noe. 

71. Filii autem Cham secundo 
filio Noe: 

72. (1) Chus primogenitus, ex 
quo Ethiopi, 

73. (2) et Mestreim, ex quo 
Egypti, 


74. (3) et Fud, ex quo Tro- 
glodyti, 

75. (4) et Chanaan, ex quo 
Afri et Funici. 


76. Filii autem Chus Ethiopu 
filio Cham secundo filio Noe: 


71. (5) Sabat 
7S. (6) et Eugilat 


79. (7) et Sabascatha 


80. (8) et Regma 
81. (9) et Secathath. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


91. Ταῦτά ἐστε τὰ ὅρια τοῦ 
Ἰάφεϑ τοῦ τρίτου υἱοῦ Νῶε. 

Eine halbe und eine Zeile frei. 

92. + T'evealoyla τοῦ Χὰμ 
(tod) δευτέρου υἱοῦ τοῦ Νῶε. 

93. Οἱ δὲ υἱοὶ Χὰμ τοῦ δευ- 
τέρου υἱοῦ τοῦ Not: 

94. (1) πρῶτος Χοὺς, ἐξ οὗ 
αἰϑίοπες, 

95. (2) (xal) ΜΜεστραεὶμ, ἐξ οὗ 
Αἰγύπτιοι, 


96. (3) καὶ Φοὺδ, ἐξ οὗ Tow- 
γλοδύται, 
97. (4) xa Χανὰν, ἐξ οὗ (4- 


᾿φροῦ καὶ Φοίνιχες. 


93. (55 V) Οἱ δὲ υἱοὶ Χοὺς 
τοῦ Αἰϑίοπος {τοῦ υἱοῦ Χὰμ 
τοῦ δευτέρου) υἱοῦ Νῶε" 

99. (5) Σαβὰ 

100. (6) καὶ Εὐηλὰτ 


101. (7) καὶ Σεβακαϑὰϑ 
102. (8) καὶ Peyua 
103. (9) xal Σεκατϑά. 


104. οὗτοι AlYlores πρῶτοι 
κατὰ τὰς φυλὰς αὐτῶν. 


91. Vgl. Chron. pasch. p. 49, 4. 
92, Überschrift in größeren Buch- 
staben; β υἱοῦ die Hs. 


03ff. Vgl. Chron. pasch. p. 49, 9 ff; Synk. p.87,9 ff und unten Abschnitt 4. 
τ, Xaav erste Hand, » ist später eingefügt. 
104. Fehlt in den Übersetzungen, ist aber ursprünglich, da vorher 


keine von den Söhnen des Chus abstammenden Völker angegeben sind; 
das Chron. pasch. p. 50, 3ff und der Synk. p. 87, 16 ff u. a. haben 
hier die Namen afrikanischer Völker eingefügt, die bei Hippolytos noch 
fehlten. 


Text. 67 


Liber generationis I. 


89. Hi sunt fines Iafet. 


fehlt. 


90. Filii autem Cham: 


cham autem hii sunt filii xxx GC. 


91. (1) Chus, ex quo Aethiopes. 


92. (2) Mestraim, ex quo Ae- 
gyptii. 

mestrem GC. 

93. (3) Fud, de quo Troglo- 
ditae. 

94. (4) Chanaam, de quo Afri 
et Fenices. 

chanaan GC. 

95. et filii Chus: 

Nach Chus fügt O nebroth gigas et ein, 
rgl. 104. 


96. (5) Saba 
97. (6) Evilat 
euila GC. 


95. (7) Sabata 
so GC, sabat BF. 


99. (8) Regma 
100. (9) et Sagabacata 


sesagata C, sesacatam G, sabachata F, 
seba et chusa O. 


%. Die von Hippolytos abwei- 
chende Zahl XXX rührt von dem Re- 


dactor des Archetypus von GC her 


(vgl. oben 51, 53, 80, 86 u. ὅ.). 


Liber generationis II. 


Liber genealogus Mommsen p. 160. 


113. Incipiunt generationes Cham 
fili Noe. 


116. Cham genuit (1) Chus, ex quo 
Aethyopes. 


117. de (2) Mestrau Aegypti. 


118. de (3) Ful Trogoditae. 


119. de (4) Canaam Afri et Phoe- 
nices. 


120. et de ipso (sc. Chus) nati sunt 
filii sex et ista nomina eorum: 


121. 
123. 


primitivus (Ὁ) Saba. 
secundus (6) Evilad. 


124. tertius (7) Sabata. 


125. quartus (8) Regma. 
128. quintus vero filius Chus (9) 
Sabacatha. 


125ff. Die Anordnung in dem Text 
des lib. geneal. wird durch die vor- 
gesetzten Zahlen bezeichnet. 


68 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 


82. et filii Regma filio Chus 105. Καὶ υἱοὶ Peyua τοῦ υἱοῦ 
filio Cham secundo filio Noe: — Xovc τοῦ Aldlonos {τοῦ υἱοῦ 
Xau) τοῦ (devrepov) υἱοῦ Νῶε; 

83. (10) Sabat 106. (10) Σάβατον 


84. (11) et Iudadad. 107. (11) καὶ Jovóaó 


10s. (12) xci Νεβρὼδ ὁ yiyaz 
à Aldıow. 

85. et Chus genuit (12) Ne- 109. γέγραπται yag? καὶ Xov 
brud Ethiopem et venatorem et ἐγέννησε τὸν Νεβρὼδ᾽ τὸν Ai- 
gigantem. ϑίοπα γίγαντα χυνηγόν — az 

| Νεβρὼδ γίγας κυνηγός. 

86. Et Aegyptiorum patrias 110. Καὶ Aiyvariov πατριαὶ 
cum Mestreim patre eorum octo. σὺν Meotpasiu τῷ πατρὶ αὖ- 
dieit autem sie: τῶν ὀχτώ. λέγει γὰρ οὕτως; 


87. οἱ Mestreim genuit illus 111. xci Meorgasiu ἐγέννησε 
(13) Lydiim, ex quo facti sunt (13) τοὺς Δυδιεὶμ, ἐξ οὗ ἐγένον- 


Lydii. to Avdıoı. 
SS. et illus (14) Enemigim, 112. xcà (14) τοὺς Τενιεὶμ. 
ex quo Pamphili. & οὗ Παμφύλιοι. 





105. Υ von viol anfangs: größerer 
Buchstabe und ausgerückt; υἱοῦ vor 
Noe von erster Hand übergeschrieben. 
108. Die Übersetzer haben diesen Satz und den Anfang des c. 109 fol- 
genden ersten Citats aus Gen. 10, 8 ausgelassen. In der Septuaginta wird 
aber Nebrod nicht als Äthiope, sondern als Assyrer und als Sohn des Chus 
bezeichnet (vgl. Hippolytos c. 94), während er nach c. 108 als Sohn Regmas 
erscheint. Auch das zweite Citat e. 109 stammt aus Gen. 10, 9; es ist kein 
späterer Zusatz, denn es kehrt im Chron. pasch. p. 20, 12 Bonn. an dieser 
Stelle wieder. Als Äthiope wird Nebrod um Chus willen in der jüdischen 
Überlieferung (vgl. Joseph. antt. I 4, 2; 6, 2) bezeichnet; ale Sohn Regmas 
wie Hipp. c. 108 erscheint er auch chr. pasch. p. 50, 11. Die Pseudoclemen- 
tinen (Chron. pasch. p. 15, 16ff) suchen zwischen den widersprechenden, von 
Hipp. kombinierten (vgl. Note zu Hipp. c. 053—525) Versionen zu vermitteln. 
112. rot statt τοὺς die Hs. 


Text. 


Liber generationis 1. 


101. Filii autem Regma: 


102. Saba 
seba C. 
103. Iudadan. 


iududan GC, et dadan BO, et dedan F. 
Nach 103 fügt Ö hinzu: Saba, de quo Sa- 
baei, Euilatb, de quo Getuli, Sabata, ἃ 
quo "Trabes, Dadan, & quo Aethiopes oc- 
cidentali plagae. 


104. et Chus genuit (12) Ne- 


bruth gigantem. 
eigantem fehlt BF; die ganxe Notix fehlt 
95. 


105. Et Aegyptiorum patriae 
cum Mesrain patre ipsorum VIII. 
dicit enim: 

mestrem G, mestram C!, mesrem C?, 

106. et Mestraim genuit (13) 
Ludiin, unde Lydii. 


mestraim F, mesraim B, mestrem GC", 
mesrem C? — lodim GC. lud im F. 


107.(14)Enemim, dequo Pamfili. 


et meminigiin C, et menegiin G, et 
nemigin O. 


—— ——— mn ——————— —À ——— —————— e 


104. In der Vorlage der mit O 
bezeichneten Hss. änderte also eben- 
falls ein Redactor Einzelheiten. Die 
in der Bibel nicht begründete Be- 
zeichnung des Nebrod als Äthiopen 
ist in allen Hss. getilgt; nur beim 
Barb. 85 hat sich ein Rest des Ur- 
eprünglichen in Nebrud Ethiopem 
erhalten. Dagegen ist die der Bibel 
und Hipp. c. 54 widersprechende 
Angabe Hipp. 108, daß Nebrod ein 
Sohn Regmas war, durchweg ge- 


tilgt. 


69 


Liber generationis II. 
Liber genealogus Mommsen p. 160. 
126. huie (sc. Regma) erant filii 


duo: 


primitivus (10) Sabam. 


127. secundus (11) Iuda. 


129. sextus (sc. filius Chus) vero 
(12) Nebrot, hie est Nebrot gigans, 
qui fuit venator ante dominum. 

130. inde nascuntur Chaldaei etc. 


1358. hic (sc. Mestrem) obtinuit 
Egyptum, huie nati erant filii sex: 


134. 136. ipse (sc. Mestrem) genuit 
(13) Ludin, ex quo Lybii. 


137. secundus (14) Emimegim. 


70 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 


89. et illus (18) Labiim, ex 
quo Libii. 

90. et illus (16) Nefthabiim, 
ex quo Fygabii. 

91. et illus (17) Patrosoniim, 
ex quo Licii. 


92. et illus (19) Cathfthoriim, 
ex quo Cilicii. 


93. Chananeorum autem pa- 
irias cum Chanahan patre eorum 
sunt duodecim. dicit enim sic: 


94. et Chanahan genuit (20) 
Sidona primogenitum 


95. et (21) Chetteum 


91. Nach diesem Abschnitt ist die 
Übersetzung von Hipp. 116 ausge- 
fallen oder unterdrückt, da Hippo- 
lytos mit Genes. 10, 14 nicht stimmt. 

93ff. Der Text des Alexandriners 
allein gibt den echten, freilich et- 
was unbiblischen Hippolytos wie- 
der. 





Codex Matritensis. 


113. xal (15) τοὺς Aaßıeiu, 
ἐξ οὗ Λίβυες. 

114. xal (16) τοὺς Δίεφϑα- 
λεὶμ, ἐξ οὗ Φυγάδες. 

11ὅ. χαὶ (17) τοὺς Πατροσο- 
νιεὶμ, ἐξ οὗ Λύχιοι. 


116. καὶ (18) τοὺς Φυλιστιξὶϊα, 
ἐξ οὗ Φοίνικες. 

117. καὶ(19) τοὺς Καφϑοριεὶμ. 
ἐξ οὗ Κίλιχες. 


118. Χαναναίων δὲ πατριαὶ 
σὺν Χαναὰν τῷ πατρὶ αὐτῶν 
εἰσὶ ιβ. λέγεε γὰρ οὕτως" 

119. χαὶ Χαναὰν ἐγέννησε 


τὸν (20) Σιδῶνα πρωτότοχον 


120. xai (21) τὸν Χετταῖον 


114. φιγαδες die Hs. Alte Cor- 
ruptel, daher im lib. gen. I über- 
haupt nicht übersetzt; sie hat, wie 
deren Wiederkehr unten 132 No. 16 
und der Alexandriner beweisen, schon 
bei Hippolytos gestanden. Die Oster- 
chronik p. 51, 9 gibt an dieser Stelle 
Φρύγες, ob aus besserer Überliefe- 
rung oder durch Conjectur, ist nicht 
zu entscheiden. 

115. πατρὸς ὀνιεὶμ die Hs. 


116. Der Gen. 10, 14 genannte Χασμωνιείμ, dessen Sohn erst Φυλιστιείμ 
ist, wurde von Hippolytos anscheinend übergangen. Falls dieser hier 


Text. 71 


Liber generationis I. 


108. (15) Labiin, de quo Libies. 
so GC, labain BF — so GC, laboes BF. 
109. (16) Neptoin. 


so B*F, neptoen B', neptalin GC, neph- 
talim O. 


110. (17) et Patrosonim, unde 


Cretes 
patrosoniin GC. 


111. (18) Casluin, unde Lycii. 


cusionim C, chusienim G. 


112. unde exierunt Filistiim. 
filistini G, phylistini F. 


113. et (19) Capturin, unde 
Cileces. 

captorim GC, eaptoroin F. 

114. Chananeorum sunt pa- 
triae cum patre eorum X. dicit 
enim: 

XII F, fehlt bei GC. 

115. et Chanaam genuit (20) 
Sidona primogenitum, ex quo Si- 
donii. 

genuitum B». 


116. et (21) Chetheum. 


cheum B», cettheum C, etthaeum G. 


117. et (22) Iebyseum. 


110—113 ist nach Gen. 10, 14 vom 
Redactor corrigiert. 

115 u. 117 enthalten Zusütze (der 
zweite aus Gen. 10, 16), die Hippolytos 
fremd sind. 


Liber generationis II. 
Liber genealogus Mommsen y. 167. 
138. tertius (15) Latin. 


139. quartus (16) Neptabin. 


140. quintus (17) Patrosin. 


141. sextus (18) Caslonin. de ipso 
Caslonin. nati sunt Filistini et (19) 
Chapterini. 


143. nam ipsi Chanaan nati sunt 
filii undecim: 


144. primitivus (20) Sydona, de 
isto nati sunt Sydonienses etc. 


145. secundus vero (21) Cettheus. 


146. tertius (22) lebuseus. 


wirklich Φοίνιχες statt Φιλισταῖοι geschrieben hat, so ist dies ein Ver- 
sehen, weil er die 97 Phóniker als Nachkommen Chanaans nennt. 
117. Nach Κίλιχες kleiner freier Raum. 


1 
τὼ 


Chron. Alex. (Barbarus). 


96. et (22) Amorreum 
97. et (23) Gergeseum 


98. et (24) Aeggeum 


99. et (25) Aruceum, ex quo 
Tripolitani. 


100. et (26) Asethneum, ex 
quo Orthosiasti. 

101. et (27) Arudium, ex quo 
Aradıi. 

102. et (28) Samareum 


103. et (29) Ferezeum 
104. et (30) Amathium. 


105. Est autem habitatio eo- 
rum ad Rinocorurum usque Ga- 
rirum aspiciente ad septentrio- 
nem longitudo. 

106. Quae autem ex ipsis na- 
tae sunt gentes: 





105. septentrionem falsche Über- 
setzung von πρὸς νότον. 


in 118 und wird durch den Barbarus gewährleistet. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


121. xal (22) τὸν .Auogoatov 

122. (56 R.) xa1(23) vov Γερ- 
7E00clov 

123. χαὶ (24) τὸν Εὐαῖον 


124. 
ἐξ οὗ 


xal (25) τὸν Apovxelov, 
Τριπολῖται. 


125. xai (26) τὸν νσενναῖον, 
ἐξ οὗ Ὀρϑωσιασταί. 
126. xal (27) τὸν ’Apadıov, 
ἐξ οὗ Apadıoı. 

127. xai (28) τὸν ΣΣαμορραῖον, 
ἐξ οὗ Σαμαρεῖται. 


128. (xai (29) τὸν Φερεζαῖον, 
ἐξ ov Φερεζαῖοι.) 

129. xai (30) τὸν ᾿ψματϑῆ, 
ἐξ οὗ ᾿Αμαϑούσιοι. 

130. Ἔστι δὲ καὶ αὐτῶν ἡ κατ- 
oıxia ἀπὸ Ῥινοχορούρων ἕως 
Γαδείρων τὰ πρὸς νότον ἐπὶ 
μῆχος. 

131. Ta δὲ ἐχ τούτων γεν- 
νηϑέντα ἔϑνη᾽ 








121. Das zweite o des Namens 
später eingefügt. 

128. Die Ausfüllung der Lücke im 
Matr. ist geboten durch die Zahl 
Φερεξζαῖος kommt 


Gen. 10, 17 nicht vor; er ist also ein fingierter Stammvater des in der 


Bibel öfter genannten kanaunitischen Volkes der Pherezüer. 


Da bei den 


vorhergehenden und nachfolgenden Stammvätern die Völker standen, so 
ist so gut als sicher, daß Hippolytos ἐξ ov Φερεζαῖοι hinzufügte. 
130. Das zweite o von 'Pwox. ist in der Hs. corrigiert. Vgl. Chron. 


pasch. p. 52, 9; Synk. p. 89, 7. 


131. Vgl. Synk. p. 89, 8; im Chron. pasch. p. 52, 11 fehlt die Völkerliste. 


Text. 13 


Liber generationis I. Liber generationis II. 
Liber genealogus Mommsen p. 167. 
118. et (23) Amorreum 147. quartus (23) Amorreus. 
119. et (24) Gergesseum 148. quintus (24) Gergesseus. 
120. et (25) Araceum 149. sextus (26) Euveus. 
et eu. ehum C, et eueum G, et auru- 
chaeum 
121. et (26) Euueum, ex quo 150. 151. septimus (25) Aruceus, ex 
Tripolitae quo Tripolitani. 


et aeueum ex quo tr. F, et arracheum 
unde tr. C, et arucheum unde tribolite G. 


122. et (27) Aseneam 152. octavus (27) Asenneus. 

asenneum G. 

123. et (28) Aradium, unde 153. nonus (28) Azyrius. 
Aradii. 

124. et (29) Samaream, unde 154. decimus (29) Samareus. 
Samaritae. 

u. S, nur ἐπ GC, BFO lassen den Zusatz aus. 


125. et (30) Amathi, unde 155. undecimus (30) Amattheus. 
Amathusi. 

126. Est autem habitatio 157. quorum terminum habitatio- 
eorum a Rinocoruris usque Ga- nis eorum a Rinocorura usque ad 


diram ad notum Gadis ad austrum. 
ad n. C, ad portum G, fehlt im B. 


127. Ex his autem nascuntur 162. Gentes vero, quae de ipsis 
gentes hae: sunt: 
. gentes hae GC, reges (regna O) vel 
gentes BFO. 


190. 121. Der Redactor von GC 
hat auch hier die schlecht überlie- 
ferten Namensformen verbessert. 

120 ff. Nur der Archetypus von GC hat 124 den Zusatz bewahrt, der 
auch Barb. 102 fehlt; dagegen ist die Einfügung 117 ebenso wie die Aus- 
lassung des Pherezaios nach 124 in allen Hss. der lib. gen. nach der 
Bibel korrigiert. Außerdem sind 120 und 121 umgestellt, daher die Tri- 
politae von einem anderen Stammvater abgeleitet werden. 


74 


Chron. Alex. (Barbarus). 


107. 1) Ethiopi 2) Troglodyti 
3) Aggei 4) Gagarini 5) Isabini 
6) Piscescomeduli 7) Ellaini 8) 
Aegyptii 9) Finici 10) Libyi 11) 
Marmaridi 12) Carii 13) Psyl- 
liti 14) Myssi 15) Mososini 16) 
Fygadii 17) Maconii 18) Bythy- 
ni 19) Nomadii 20) Lycii 21) 
Mariandini 22) Pamphyli 23) 
Mososini 24) Pissidii 25) Autalei 
26) Cilicii 27) Maurisii 28) Criti 
29) Magartei 30) Numidii 31) 
Macarıi 32) Nasamonii. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


132. 1) Αὐἰϑίοπες 2) TowyAo- 
δύται 3) Ayyato. 4) Taynvoi 
5) Ἰσαχηνοί 6) Ἰχϑυοφάγοι 7) 
Ἑλλανιχοί 8) Αἰγύπτιοι 9) Φοί- 
vıxes 10) “ίβυες 11) Maguaoí- 
δες 12) Κάρες 13) Ψυλλίται 14) 
σοί 15) Μοσυνοί 16) Φυγά- 
des 17) Maxoves 18) Βιϑυνοί 
19) Νομάδες 20) Avxıoı 21) Ma- 
otavdnvol 22) Πάμφυλοι 23) 
(Moooovvot) 24) Πισιδηνοί 25) 
Αὐγαλαῖοι 26) Κίλικες 27) Mav- 
ρούσιοι 28) Κρῆτες 29) Mayao- 


ται 30) Novudes 31) (Maxa- 
Quoc) 32) Νασαμζωνλέδες. 


132. Die Namen sind in der Hs. 

durch Punkte und größere Zwischen- 

räume getrennt; 23), 31) sind nach den Übersetzungen ergänzt; eine An- 
zahl der in diesen corrupt überlieferten Namen sind im Matr. richtig über- 
liefert. Mit dem vorhergehenden Stammväterverzeichnis und den dort bei 
einigen Stammvätern erwähnten Völkern besteht hier so wenig wie bei 
den japhetitischen Listen ein Zusammenhang. Sechs der früher genannten 
Völker kommen hier nicht wieder, dafür viele andere neu vor; von 
30 Stammvätern werden 32 Völker abgeleitet. Geographisches Wissen 
und Genesis vertrugen sich schon damals nicht. Die Ἀγγαῖοι 3) sind die 
Bewohner des bei Ptolemäus erwähnten Ortes "Ayyg in Arabia felix. 4) ist, 
wie nun Hippolytos lehrt, mit dem öfter (z. B. unten 200 No. 27 Barb. IX) 
erwähnten arabischen Volk, dessen Name auch Tainvol, Tuivoi geschrieben 
wird, zu identificieren. 5) bisher vermutungsweise mit den Sabäern iden- 
tificiert, wird wegen der Nachbarschaft der Ταΐηνοι (vgl. unten 200 No. 31, 
Barb. XI) vielmehr die Xaxgvoí oder Zapaxyvoi im glücklichen Arabien 
bezeichnen. 7) sind die Bewohner des Ἐλάνα oder "EAava, jetzt Ailän 
genannten Ortes am Golf von Akaba. 15) sind nicht die Μυσσίνοικοι am 
Pontus, sondern die Bewohner des phrygischen Mooívaz. 17) hat nichts 
mit den Maxaoıoı 31) = Macrones zu tun, sondern bezeichnet vielleicht die 


Text. :75 


Liber generationis I. 


128. 1) Aethiopes 2) Troglo- 
ditae 3) Aggei 4) Aggagenı 5) 
Isabini 6) lethyofagi 7) Vel- 
lani 8) Aegyptii 9) Fenices 10) 
Lybyes 11) Marmaredae 12) Chari 
13) Filitae 14) Mysi 15) Mos- 
synoeti 16) Friges 17) Magones 
18) Bithyni 19) Nomades 20) 
Lycinii 21) Mariandeni 22) Pam- 


Liber generationis II. 

Liber genealogus Mommsen p. 168. 

102. 1) Aethyopes 2) Trogoditae 
5) Isabini 6) Sciofagi 7) Alani 8) 
Aegypti 9) Phoenices 10) Lybii 11) 
Marmarici 12) Car 13) Phylistei 
14) Mussi 15) Mussonici 16) Friges 
17) Macedones 18) Bitinii 19) No- 
madi 26) Cilices 27) Maurusi 28) 
Cretes 29) Magartheni 30) Numidi 
31) Meroni, 


fyli 23) Misudi 24) Pisideni 25) 
Lygalli 26) Cilices 27) Maurosii 
28) Cretae 29) Magartae 30) Nu- 
midiae 31) Macrones 32) Naso- 


mones. 
2) trogoditae C^. 8) agacei O. 4) aga- 
geni O, fehlt BF. 5) sabini C, sabani G. 


7) bellanii F, helmani GC. 11) marmaritae 
GC. 12) carpi GC. 18) pellictae C, pelli- 
cia G, fallitae F. 14) miysini C. 15) mor- 
mosneci C, ungefähr ebenso G. 17) mace- 
dones C, macidonis G. 20) licii FGC. 31) ma- 
riandini GC. 22) pampili GC. 23) mimsudi 
B’, mynsudi F, moysisidii C, mossisidi G. 
84) pisidiseni B'. 25) Jycalli F, licalli C, 
fehlt G. 28) cretes C, tes G. 89) magarthae 
G, margartae C. 30) numidae F. 32) nasa- 
mones 60. 


128. Die Namen sind hier beson- 
ders arg entetellt, wie der Vergleich 
mit dem Matr. lehrt; hier hat auch der Redactor von GC nicht viel zu 
bessern gewußt. 


Bewohner der bei Plin. VI 29, 179 erwähnten äthiopischen Stadt Mascoa, 
var. Macum. 19) und 30) bezeichnen zwei verschiedene Völker. 23) könnte, 
wenn die Form im lib. gen. I als bestüberlieferte gelten darf, die Micov« 
oder Miocova genannte Stadt vom karthagischen Meerbusen bezeichnen. 
Die Ordnung der Namen ist gegen Ende nicht mehr geographisch: 17 und 
23, zwei afrikanische Völker, sind eingesprengt zwischen kleinasiatische. 
Eine ursprünglich genau geographisch geordnete Liste wurde also schon 
vor Hippolytos in Unordnung gebracht. 25) sind die Bewohner der Oase 
Αὔγιλα. 29) bleibt rütselhaft. 31) wird gewöhnlich mit den c. 200 No. 24 - 
Barb. LXX von Hippolytos Σποράδες, beim Barb. Boradii genannten Volk 
identificiert, ob mit Recht steht dahin; auch A. v. Gutschmids Deutung 
(Kl. Schr. V 686) befriedigt nicht. Die übrigen Völker sind teils bekannt, 
teils geben die Indices bei Mommsen und Frick darüber Aufschluß. 
Vgl. Synk. p. 89, 88. 


76 
Chron. Alex. (Barbarus). 


108. Hii possident ab Egypto 
usque ad septentrionalem Ocoa- 
num gentes XXXII. 


109. Quiautem ex ipsis sciunt 
litteras, sunt haec: 

110. 1) Fynici 2) Egyptü 
3) Pamphyli 4) Frygii. 


111. Est autem terminum 
Cham ab Rinocorurum qui ex- 
tendit à Syria et Ethiopia us- 
que Garirum. 


112. Nomina autem provin- 
tiarum sunt haec: 


113. 1) Egyptus cum omni- 
bus qui in circuitu eius sunt. 

114. 2) Ethiopia, quae aspicit 
ad Indos 


115. 3) et alia Ethiopia, unde 
egreditur Ethioporum fluvius 
Geon, qui vocatur Nilus. 


108. Derselbe Übersetzungsfehler 
wie 105. Die Summe dürfte, wie 
schon A. v. Gutschmid (Kl. Schr. 
V 681) vermutete, ein Zusatz des 
Alexandriners oder des Übersetzers 
sein. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


T > 
133. Ovroı διαχατέχουσιν ἀπὸ 
Αἰγύπτου ἕως τοῦ νοτιαίου 
P] « 
ὠκεανοῦ. 


134. Οἱ δὲ ἐπιστάμενοι αὖ- 
τῶν γράμματα" 

135. 1) Φοίνιχες 2) Alyv- 
πτιοι (56 V.) 3) Πάμφυλοι 4) 
Φρύγες. 

136. Ἔστι δὲ τὰ ὅρια τοῦ 
Χὰμ ἀπὸ Ῥινοχορούρων τῆς 
ὁριζούσης Συρίαν xal Alyv- 
πτον xol Αἰϑιοπίαν ἕως IT adei- 
ρων ἐπὶ μῆχος. 

131. Τὰ δὲ ὀνόματα τῶν χω- 
ρῶν ἐστι ταῦτα" 


138. 1) Αἴγυπτος σὺν τοῖς 
περὶ αὐτὴν πᾶσιν. 

139. 2) AlYıorla ἡ βλέπουσα 
χατὰ Ἰνδούς 


140. xai (3) ἑτέρα Aldıoria, . 
ῦὅϑεν ἐχπορεύεται Γηὼν ὁ (τῶν = 
Ai9i:0xov) ποταμὸς, ὃ καλού--- 
μενος Διεῖλος. 


——— € — — -.......-. .-.-............-..--- —À 


133. Nach dx. etwas freier Raum. 4 
Vgl. Chron. pasch. p. 52, 6; Synk-a 


p. 89, 15. 
134. Vgl. Chron. pasch. p. 52, 7 7" 
Synk. p. 89, 10. 
135. Φρύγες von erster Hans 
auf Rasur; es scheint ursprünglie—= 


Φυγάδες hier gestanden zu haben, vgl. oben 114 und 132 No. 16. Vg. 
Chron. pasch. p. 52, τ ff; Synk. p. 80, 17. 

137 ff. Vgl. Chron. pasch. p. 52, 11ff; Synk. p. 89, 17ff. 

138, Während $4 die Länder Japhets und 194 die Länder Sems bloß 


Text. 77 


Liber generationis 1. 


129. Hi possident ab Aegypto 


usque ad Oceanum. 
Das c. 130 steht unten nach 148 S. 81; der 


darin enthaltene  Inselkatalog Chams ist in 
den Has. fälschlich an diese Stelle geraten. 

131. Qui autem eorum sunt 
litterati, hi sunt: 

132. 1) Fenices 2) Aegypti 
3) Pamfyli 4) Fryges. 

3) pampili G, pampilii C. 

133. Sunt autem fines Cham 
a Rinocoryris, quae dividit Sy- 
ram et Aegyptum usque Ga- 
rira in longum. 

gadira G, gadiram C. 

134. Nomina autem gentium 

haec sunt: 


135. 1) Aegiptus. 


136. 2) Ethiopia, quae tendit 
adversus Indiam. 
et ethiopia B, adtendit GC. 


137. 3) et altera Aethiopia, 
unde proficiscitur flumen Aethio- 
pum 


Liber generationis Il. 
Liber genealogus Mommsen p. 168. 


163. qui optinuerunt ab Aegyp- 
tum usque ad Oceanum 


a Rinocorura, «quae dividet Sy- 
riam et Aegyptum usque ad Gadis 
longitudinem. 


Liber generationis II. 
14. Nomina provinciarum eo- 


rum sunt hec: 


lib. geneal. 164 quibus sunt civitates 
seu regiones: 


75. 1) Egiptus. 

lib. geneal. Aegyptus. 

76. 2) Ethiopia, que respicit 
Indiam. 


lib. geneal. Aethyopia quae aspicit In- 
diam 


17. 3) et alia Ethiopia, unde 
prodit fluvius 


lib. geneal. et alia Aethyopia, unde 
prodit 


«4 fi. Die Zahlen der Capitel 
springen hier von 44, bezw. SS (vgl. 


oben 8.47) auf 74, weil im lib. gen. II Sem vor Cham gestellt ist und 


Japhet fehlt. 


aufgezählt werden, erhalten die chamitischen meist Zusätze, die ihre Lage 


näher bestimmen. 


Ich habe daher, Mommsen folgend, diese Namen 


nicht, wie 84 und 104, zu einem Capitel zusammengefaßt. 


/ 


D 


TS A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 
116. 4) Rubra, qui aspicit ad 
(ad] orientem. 


117. 5) Thebaida tota. 


118. 6) Libya, 
usque Corcyna. 


qui extendit 


119. 7) Marmaris et omnia, 
quae in circuitu eius sunt. 

120. 8) Syrta habens gentes 
tres: Nasamona, Macas, Tauta- 
meus. 


121. 9) Libya alia, qui respi- 
cit et extendit usque ad mino- 
rem Syrtiam. 


122. 10) Numeda. 
123. 11) Massyris. 


124. 12) Mauritania, qui ex- 
tendit usque Eracleoticum ter- 
minum contra Garari. 


125. Tum habet, qui aspicit 
ad aquilonem, qui circa mare 
sunt: 


121. Frick vermutete mit Recht, 
daß qui respicit die Übersetzung 
von ἡ ἀποβλέποισα xal nagextei- 
γουσα der Vorlage ist, in der ἡ ἀπο- 
βλέπουσα für ἡ ἀπὸ λέπτεως ver- 
schrieben war. 


Codex Matritensis. 


141. 4) Ἐρυϑρὰ 7?) βλέπουσα 
κατὰ ἀνατολάς. 


142. 5) Onßeis oAn. 


143. 6) Διβύη 7 παρεχτεί- 
vovoa μέχρι Κορχυρίνης. 


144. 7) Μιαρμαρὶς xal τὰ περὶ 
αὐτὴν πάντα. 

145. 8) Σύρτις ἔχουσα ἔϑνη 
τρία᾽ Νασαμόνας, Maxac, Ταυ- 
ταμαίους. 


146. 9) Διβύη ἑτέρα ἡ παρεχ- 
τείνουσα (ἀπὸ Aínttoc) μέχρι 
μικρᾶς Σύρτεος. 

147. 10) Διουμίδα. 


148. 11) Maoovgic. 


149. 12) Μαυριτανία 7) παρ- 
ἐχτείνουσα μέχρι “Πρακλείων 
στηλῶν κατέναντι Γαδείρων. 


150. Ἔχει δὲ ἐν τοῖς κατὰ 
βορρῶν τὰ πρὸς Yalaccav' 





143. Wie der Barb. und die Va- 
rianten im lib. gen. I zeigen, schrieb 
Hippolytos wirklich Κορχυρίνη; ge- 
meint ist Κυρήνη. 

146. Die Einfügung von ἀπὸ AE- 
πτεως ist durch die Übereinstimmung 
der drei lateinischen Übersetzungen 
gefordert. 


150. 151. Vgl. Chron. pasch. p. 52, 19 und unten Abschnitt 4; Synk. p.90, 6. 


Text. 


Liber generationis I. 


138. 4) Erythara, quod est Ru- 


brum adtendens ad orientem. 
eritra C, entra G. 


139. 5) Thebea. 


140. 6) Lybiae, quae extendit 


usque Cyrenen. 


usque BFC, con C!, cor G. contra C*. 
cyrenen C, cyrinem F, cirene 6, fehlt in B. 


141. 7) Marmaris. 

so GCFO, fehlt in B. 

142. 8) Syrtes habens gentes 
has: Nasamonas, Macas, Tauta- 


meos. 
magas taurones GC. 


143. 9) Lybyae, quae a Lepti 
extendit usque minorem Syrtem. 


144. 10) Numidia. 
145. 11) Masseria. 


asyria C, assiria G. 


146. 12) Mauritania, quae ex- 
tendit usque Herculeas, quod est 
Heracleoticas, stellas contra Ga- 


diram. 

columnas C, cellas G. 

147. Habent autem ad borran; 
maritimam: 

habet B. 





79 


Liber generationis II. 
7S. 4) Rubrus, qui respicit 


contra orientem. 


lib. geneal. Rubus fluvius, qui aspicit 
contra orientem. 


79. 5) Thebaidis. 

lib. geneal. Thebais. 

80. 6) Libia, que extenditur 
usque ad Cyrinem, quae est Pen- 


thapolis. 


lib. geneal. Libia, quae extendit ad Cy- 
rena8, quae est Pentapoli. 


51. 7) Marmarices. 
lib. geneal. Marmaris. 


82) S) Syrthes 
Tautaniei. 

lib. geneal. Sirtis, Nasamonas, Tauta- 
mona. 

83. 9) Libya Lecti magna, quae 
extenditur usque ad Syrtia minus. 


lib. geneal. Lyiba, Lepthimagna, quae 
extendit usque ad Syria minus. 


$4. 10) Nomidia 
lib. geneal. Numidia. 
85. 11) Masyris. 
Was in der Hs. des lib. gen. II hier 


folgt, steht später, S, 93 nach c. 69. 
b. geneal. Masuria. 


$7) 12) et Mauritanea, que ex- 
tenditur usque ad Herculis sta- 


tuam. 


lib. geneal. M&uretanea, quae extendit 
usque ad statuam Herculis. 


Nascimenia 





138. und 78. Beide libri generationis haben denselben Fehler, daß sie 
die Provinz Erythra des Cham überspringen und sie statt des Nil als 


Fluß bezeichnen. 


82. Nascimenia, Corruptel für Na- 
samones, die Macae sind ausgefallen. 
83. Gemeint ist a Leptimagna ... 
ad Syrti minus, vgl. die Belege bei 
A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V 654). 


80 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 

126. 13) Ciliciam 14) Pam- 
phyliam 15) Pissidiam 16) Mys- 
siam 17) Lygdoniam 18) Frygiam 
19) Camiliam 20) Lyciam 21) 
Cargam 22) Lydiam 23) Troa- 
dam 24) Eoliam 25) Bithyniam 


antiquam, qui vocatur Frygia. 


Auf einem freien Raum von 20 Zeiten 
werden diese 13 Namen im Nominalir als 
Subscriptionen zu Bildern wiederholt. Vari- 
anten sind: 15) pisidia 18) mysia 17) lig- 
donia 21) caria 25) bithynia, ohne Zusatz: 
die Reihenfolge ist dieselbe. 


127. simul provintias XIII 


128. Sunt autem eis et Insu- 
las communae: 


129. 1) Corsula 2) Lapanduoa 
3) Gaula 4) Melitia 5) Cercina 
6) Minna 7) Taurana $) Sar- 
dana 9) Galata 10) Gorsuna 11) 


126. Zu der alexandrinischen Chro- 
nik, die der Barb. übersetzte, bietet 
der Papyrus Goleni&cev eine Paral- 
lele, in dem jedoch die Reihenfolge 
der Namen anders ist und noch ein 
zweites Mysien vorkommt, so daß 
im gauzen 15 Provinzen aufgezühlt 
waren (Abhdlg. d. Wien. Akad. Bd. 51, 
S. 238). Der Barb. verbindet fülsch- 
lich Bithynien mit Altphrygien. 

127. Wie A. v. Gutschmid (Kl. 
Schr. V 668) schon richtig gesehen 
hat, ist das ein Zusatz des Barbarus 
oder schon des Alexandriners, den 
jener übersetzte. Die Zahl ist falsch 
(13 statt 14), weil beim Barb. Bi- 
thynien und Altphrygien als eine 
Provinz gerechnet sind. 

129. Dieser Inselkatalog mit den- 
selben, aber anders geordneten Namen 
und einer Karte ist ebenfalls teilweise 
im Pap. Goleniscev a. a. O. erhalten. 


Codex Matritensis. 


151. 13) Atkıxlav 14) Παμ- 
pvilav 15) Πισιδίαν 16) Mv- 
oíav 17) Μυγδονίαν 18) Φρυ- 
yíav 19) Καμηλίαν (57 R.) 20) 
Avxíav 21) Καρίαν 22) Avdiav 
23) Tooaóa 24) AloAiav 25) 
Βιϑυνίαν 26) τὴν ἀρχαίαν xa- 
λουμένην Φρυγίαν. 


152. Ἔχει δὲ καὶ νήσους ἐπι- 
χοίνους Taode' 


153. 1) Κόρσυλα 2) Aana- 
δουσα 3) Γαῦλος 4) Meiltn 
5) Κέρχινα 6) Mnvis 7) Ταυ- 
ριανίς 8) Σαρδανίς 9) Γαλάτη 


151. Statt 26) Ψρυγίαν hat die Hs. 
Τρωάδα, was irrige Wiederholung 
aus der vorhergehenden Zeile ist. 
Während in der Hs. die vorhergehen- 
den Namen durch Zwischenräume 
getrennt sind, ist 25), 26) auf einer 
Zeile in continuo geschrieben. Hip- 
polytos zählte gleichwohl 14 (nicht 
13 Nordprovinzen wie der Barb.); er 
unterschied also Bithynien und Alt- 
phrygien. Dies beweisen das rectifi- 
eierte (v. Gutschmid, Kl. Schr. V 
250, 068) Verzeichnis der Osterchro- 
nik p. 52,20 und der Synk. y. 90, 6. 

152. 153. Vgl. Chron. pasch. p. 53, 
3ff; Synk. p. 90, 10ff. 

153. Am Rande steht von Laskaris' 
Hand νῇσοι. Die Namen sind durch 
Zwischenräume getrennt; ein solcher 
zwischen 25) und 20) lehrt also, daß 
25) die Insel Megiste an der kari- 
schen Küste bezeichnet. 3), 10), 12) 


Text. ς 1 


Liber generationis I. 

148. 13) Ciliciam 14) Pamfi- 
liam 15) Pisidiam 16) Mysiam 
17) Lycaoniam 18) Frigiam 19) 
Camaliam 20) Lyciam 21) Ca- 
ram 22) Lydiam 23) Mysiam 
aliam 24) Troadem 25) Aolidem 
26) Bytyniam 27) veterem Fry- 


giam altiorem, 


16) moesiam GC. 23) moesiam GC. 25) 
asaeoliam G, et aeoliam C. 27) altiorem fehlt 
in GC. 


Liber generationis II. 


Liber genealogus Mommsen y. 108. 
13023. sunt autem insulae in 105. et sunt illis insulae: 


his communes hae: 
hae BF, XXVI GC. 


130b. 1) Corsola 2) Lupadusa 
3) Gaudius 4) Meletae 5) Cer- 
cenna 6) Menis 7) Sardinia 8) 
Galata 9) Corsuna 10) Cretae 





148. Diese Fassung gibt wie der 
Papyrus Goleniscev 15 Namen, da 
Altphrygien und Bithynien getrennt 
und 23) das zweite Mysien eingefügt 
sind. Zu dieser Erweiterung scheint 
die spátere Provinzialeinteilung des 


1) Cossura 2) Lampadusa 3) Gau- 
los 4) Meleta 5) Circina 6) Moenis 
7) Sardinia 8) Galata 9) Corsica 
10) Cretes 11) Rhodos 12) Thera 


165. Es fehlen: Taurana, wahr- 
scheinlich, weil es als Dittographie 
von 7) und vor 24) Megiste, weil es 
als Beiwort angesehen wurde. 11) 
ist die bei Hipp. verderbte Namens- 
form corrigiert. 


römischen Reiches Anlaß gegeben zu 

haben; altiorem ist ein Zusatz des Redactors, das seit Diokletian von Alt- 

phrygien unterschiedene Gebiet l'hrygia epictetos liegt tatsächlich tiefer. 
1308 und b s. S. 83. 


haben in der Hs. im Anlaut 7' statt I’; bei 23) ist ursprünglicher Circum- 
flex corrigiert. Tavguewvig 7) und Σαρδανίς 8) hielt A. v. Gutschmid 
(a. a. O. 669) irrig für eine Dittographie, 7) ist vielmehr der bei Ptole- 
mäus 3, 1, 9 erwähnte Taroıcrog σχόπελος an der Westküste von Bruttium. 
19) ist aus einer Verbindung von 3) Γαῦλος mit 12) Ῥύδος dadurch ent- 
standen, daß eine Vorlage, in der die Namen in 3 Columnen zu 8 geordnet 
waren, wobei Gaulos neben Rhodos zu stehen kommt, zeilenweise gelesen 
wurde. 14) ist Karpathos. Ἐπίχοινοι heißen diese Inseln bei Hippolytos, 
wie 155 beweist, weil sie von Cham und Japhet bewohnt wurden; später 
stellte man die ἐπίσημοι dazu in Gegensatz, verstand also ἐπέχοιροι im 
Sinne von „gewöhnlich“. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, ı 0 


s2 


Chron. Alex. (Barbarus). 


Crita 12) Gauloroda 13) Thira 
14) Cariatha 15) Asta vetera 16) 
Chius 17) Lesbus 18) Teneda 
19) Iambra 20) Iasa 21) Samus 
22) Cous 23) Cnidus 24) Nisyra 
25) magna Cyprus. 


130. simul insulas XXV 


Es folgt freier Raum von 13 Zeilen, der 
in der Vorlage eine Inselkarte enthielt. 


130. Weil Meyiorn mit magna 
übersetzt und mit dem folgenden 
Cyprus verbunden wurde, sind hier 
nur 25 statt 26 Inseln gezählt. 





A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


10) Γορσύνη 11) Κρήτη 12) 
Taviopiön 13) Θῆρα 14) Ka- 
οἰαϑος 15) "Aorunalıa 16) Χῖος 
17) Μέσβος 1S) Tevedoc 19) 
"Jußeos 20) ’Iaoos 21) Σάμος 
22) Κῶος 23) Κνίδος 24) Ni. 
συρος 25) Meyiorn 26) Kwv- 
προς. 


154. ὁμοῦ νῆσοι xs. 


T ^ ^ , 
155. Avtaı αἱ νῆσοι óovást- 
^ s Pd 3,7 
ovo, τῷ Χαμ xal τῷ lag? 
τοῖς δύο viors τοῦ Νῶε. 


154. x& die Hs. verschrieben für 
xc. Da dieser Satz sowohl beim Bar- 
barus als auch anticipiert 1308 in 
den Hss. GC des lib. gen. I (X. 81) 
steht, so kann er kein späterer Zu- 
satz sein, wie z. B. Barb. 108. Da ferner 
die Zahl xg in der einzigen maß- 
gebenden Hs. des Chron. pasch., dem 
Vaticanus, wiederkehrt, so muß sie 
als die echte Zahl des Hippolytos 
gelten, die also auch der Redactor 
von GC des lib. gen. I bewahrt 
hat. 

155. Diesen unentbehrlichen Satz 
haben nur der Matr. und dem Sinne 
nach Chron. pasch. p. 53, 8 er 
halten; die Übersetzer, die ἐπίκοι- 
vot νῆσοι als „gewöhnliche“ Inseln 
verstanden, wußten damit nichts an- 
zufangen. 


Text. 


Liber generationis 1. 


11) Gaulus rhedae 12) Thera 
13) Careatus 14) Astypala 15) 
Chius 16) Lesbius 17) Tenedos 
18) Imbrus 19) Iassus 20) Sa- 
mus 21) Cobus 22) Chnidos 
23) Nisurus 24) Megistae 25) 
Cyprus. 


1) eorsula C, cursola G. 2) lopadusa 
C, lapadosa G. 3) gaddus GC. 4) melitiac 
€, miliciae G. 5) cercina GC. 6) moenis 
GC. 7) cardinia B, gardinia F. 8) galatae 
GC. 9) corsina C, corsisna G. 11) caulus 
rhode GC. 13) carcatas GC. 14) astipalla 
C, asthipela G. 15) thius GC. 16) iesbos 
C, iebus ὦ. 20) fehlt in BF. 21) thius GC. 
21) 25) megessae cypros U, cypros me- 
gisse C. 


1308 und b. Diese beiden Capitel 
stehen in allen Hss. des lib. gen. 
irrtümlich an der durch die vorge- 
getzte Ziffer bezeichneten Stelle (oben 
S. 77). Die Summe XXVI, die in den 
Hes. GC schon in 1308 und nicht, 
wie bei Hipp. und beim Barb. am 
Schlusse der Liste steht, wird daher 
ein Zusatz des Redactors sein. Da 
er die richtige Summe 26 gab, so 
wird Taurana vor 7) in beiden Hss. 
bloß ausgefallen sein; der Arche- 
typus von GC dürfte also nach einer 
besseren Hs. der Chronik des Hip- 
polytos corrigiert sein und des- 
halb gleichwohl die richtige Zahl 
bieten. 


83 


Liber generationis 11. 

Liber genealogus Mommsen p. 168. 
13) Carpatus 14) Chios 15) Astipa- 
lis 16) Lesbus 17) Tenedus 18) lam- 
rus 19) lassus 20) Samos 21) Cho- 
mos 22) Chydus 23) Nisyrus 24) 
Ciprus. 


6* 


84 


Chron. Alex. (Barbarus). 


131. Habet enım et fluvium 
Geon, qui vocatur Nilus, qui 
cireuit Egyptum et Ethiopiam: 
dividet inter Cham et Iafeth ab 
ore occidul maris. 


132. Haec est genealogia Cham 
secundo filio Noe. 


133. De Sem autem primo- 
genito filio Noe sunt tribus 
viginti quinque: hii contra orien- 
tem habitaverunt. 


134. (1) Elam, unde Elimei. 


135. (2) et Asur, unde As- 
syrii. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


156. Ἔχει δὲ Χὰμ ποταμὸν 
Γηὼν τὸν καλούμενον Νεῖλον 
τὸν κυχλοῦντα πᾶσαν τὴν Ái- 
γυπτον (xai) Αἰϑιοπίαν" ὁρί- 
ζει δὲ μεταξὺ τοῦ Χὰμ καὶ 
τοῦ lagtÓ τὸ στόμα τῆς ἕσπε- 
ρινῆς ϑαλάσοης. 

157. Avrn τοῦ Χὰμ 7» γε- 
νεαλογία (Tod δευτέρου υἱοῦ 
tov Νῶε). + 

Ζιοοὶ Zeilen frei. 

158. (57 V) + Tevsaloyia 
τοῦ Σὴμ. τοῦ πρωτοτόχου υἱοῦ 
Noe. , 

159. Ἐχ δὲ τοῦ Σὴμ, τοῦ 
zQorotoxov υἱοῦ Νῶε, εἰσὶ 
φυλαὶ X&' αὕται πρὸς ἀνατο- 
λὰς ᾧχῆσαν. 


160. (1) ’Eiau, ὅϑεν οἱ 'Eav- 
μαῖοι. 


161. (2) xal *4oovo, ὅϑεν οἱ 
᾿Ασσύριοι. 


156. τὴ» Αἴγυπτον Αἰϑιοπίας die 
Hs.; vgl. Chron. pasch. p. 53, 12, 
Synk. p. 90, 13 u. oben c. ὃ]. 

157. Nach dem Barbarus ergänzt, 
fehlt in der Hs. am Ende einer Seite; 
vgl. Chron. pasch. p. 33, 15. 

155. Größere Buchstaben; diese 


Überschrift haben die Übersetzer an dieser Stelle ausgelassen, im lib. 
gen. I und II ist deshalb 152 und 46 (s. S. $5) eingefügt. 


159. οὗτοι πρὸς d. die Hs. 


160ff. Vgl. Chron. pasch. p. 54, lif und unten Abschnitt 4; Synk. 


" p. 85, Sf. 


Text. 85 


Liber generationis 1. Liber generationis 1I. 
Liber genealogus Mommsen p. 167. 
149. Habet etiam insulas has: 159. ipsa est terra Chanaan, quae 
Sardiniam, Cretam, Cyprum et flu- habet fluvium Geon. 
men Geon, qui appellatur Ni- 
lus: dividit autem inter Cham 
et inter lafet hos vespertini 
maris. 
Das :weite inter fehlt in GC. 
150. Haec media Cham gene- 
ratio. 


151. De Sem autem seniore 45. Nomina filiorum Sem pri- 
filio Noe sunt tribus cogniti mogeniti Noe: tribus XXV: hi 
XXV: hi ad orientem inhabi- habitaverunt contra orientem. 


taverunt. lib. geneal. Momm. p. 164; 64. inci- 
piunt generationes Sem fili Noe. 


cognitae B?. 

152. Filii Sem: 46. Filii autem Sem: 

153. (1) Aelam, de quo Aely- 47. (1) Helam, ex quo Hela- 
mel. mite. 


lib. geneal. 68*, 70. Elam, inde nati 
sunt Elamitae. 


154. (2) et Assur, de quo 48. (2) Asyr, ex quo Asyrii. 


Ássirli. lib. geneal, 74« de ipso Assyr nati sunt 
^ . . . Assyri ete. 

assur d. q. /chit in B. — syri C, siri G. 

149. Den Zusatz hat schon Momm- 43 schlieBt in der Hs., da Sem 


sen ἃ. a. O. als solchen ausge- vorausgeht, an 44 (oben S. 47) an. 
echieden; dieser kleinere Katalog der 
νῆσοι ἐπίσημοι findet sich erst in 
den jüngeren Versionen des Diamerismos regelmäßig (vgl. Anm. zu Hipp. 
S. S1) Chron. pasch. p. 53, 10 steht falsch: ἑτέρας νήσους, obwohl alle 
drei Namen schon im großen Katalog vorkommen. In der Osterchronik 
steht ferner der kleine Katalog nach dem großen, beim Synkellos p. 90, 9 
vor diesem; alles Beweise, daß er nicht ursprünglich ist. 

150. In „media“ steckt entweder eine Entstellung von δευτέρου oder 
eine Reminiscenz an den ausgefallenen Satz Matr. 155, wonach die Inseln 
zwischen Cham und Japhet geteilt waren. 


86 


Chron. Alex. (Barbarus). 


136. (3) et Arfarad, unde 
Chaldei. 


137. (4) et Lud, unde Ala- 
zonli. 
138. (5) et Futh, unde Persi. 


139. (6) et Aram, unde Yantii. 


140. et filius Aram, filii Sem, 
filio Noe: 

141. (7) qui et Hul, ex quo 
nascuntur Lydii. 


——— 2 — — — — m .- 


140. 141. Der lateinische Cbor- 
setzer las oder verstand Og καὶ OU, 
und schrieb infolgedessen 140 et filius 
statt et filii und 141 qui statt Os. 


unterdrückt, vgl. Φερεζαῖος oben 128. 


A, Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
162. (3) xal Ἡρφαξὰδ, 
οἱ Χαλδαῖοι. 


163. (4) xci Aovd, oi 
"AAatovstz. 

164. (5) xal Φοὺδ, oi 
Πέρσαι. 

165. (6) xol ᾿ἀρὰμ, ot 
Alirau. 


166. xai viol Apau, vio: 
υἱοῦ Νῶε" 

167. (7) Ὡσχαιοὺλ. ὅϑε 
νῶνται Κόλχοι (3). 


103. Aov9otó die Hs. 

104. Dieser in der Septuag: 
22 fehlende Stammvater stan 
der Barb. beweist, bei Hipy 
in den lib. gen. ist er wi 
mit Genesis nicht Übereinstin 
Die Nennung Phuds bei: 


barus ist also nieht Randglosse (v. Gutschmid, Kl. Schr. V 641 
bibelkundigen Lesers, der sich erinnerte, daß dieser mit Lud zus: 
öfter genannt wird. Oben 96 hatte Hipp., Gen. 10, 6 entsprechend 
schon einmal als Sohn des Cham genannt und die Troglodyten v: 
abgeleitet. 

165. Dies Volk bleibt nach wie vor ein Rätsel. 

107. "Qc x«l OCA ist von Hippolytos als ein Name verstanden, w 
es Gen. 10, 23 zwei bedeutet und daher auch von den Späteren gi 
wird. Die Kolchier werden aber in keiner anderen Fassung von C 
Ul abgeleitet; Chron. pasch. p. 54, 11 leitet von Os die Madıraioı, ' 
wie die beiden Lateiner die Lydier ab: Aó270:( scheint also im M: 
«Ἰνδοί verschrieben zu sein; daß Hipp. 111 die Lydier schon einn 
Ludim abgeleitet hatte, spricht nicht dagegen. 


Text. 47 


Liber generationis I. 


155. (3) et Arfaxat, unde Cha- 
lidaei. 
ealdei FCG. 


156. (4) et Ludii, unde La- 
zones. 


lazoni (íazoni C) et ludin (ludini C) de 
lasones (iasones C) CU. 


157. (5) et Aram, unde Etes 
prioris. 

unde cytes F, de quo secae GÜ', de 
quo chorecae (3. 


158. hos excidit Abraham. 


et chaman in O hinzugefügt. 


159. et fili Aram: 


160. (6) Osceul, de quo Lidii. 


osceul G, osceui B, osceun F, chore- 
caeiul C? auf weggewischtem Buchstaben, us 
et sur O. 


153. Zusatz des Übersetzers. 

159. Im Parisinus 4871 ist mit 
Benutzung von' Gen. 10, 23 die Stelle 
159—163 folgendermaBen geündert: 
filii autem Aram, nepotes Sem III: 
primum Geram, ex quo Gesphani, 
secundus Mosoch, ex quo Masseni, 
II] Hul, ex quo Ármomuoeni, quar- 
tus Obs, ex quo Heliniste. 


Liber generationis II. 


49. (3) Arfaxat, ex quo Chal- 
dei. 


lib. geneal. Momms. p. 165; 70. 77 Ar- 
faxat, ex quo Chaldaei. 


50. (4) Luth, ex quo Lazici. 


lib. geneal. ?8. 79 Lud, ex quo Lazones. 


51. (5) Haram, ex quo Iturei. 


lib. geneal. 80. 81 Aram, ex quo Itei 
nati sunt. 


Liber genealogus Mommnsen p. 165. 


828, De ipso Aram nati sunt filii 
quattuor: 


52. ze Bul, ex quo (6) Lidii. 
lib. geneal. 83. 84. 86 primitivus fllius 


nomine Obs, secundus Ul, ex quo Armenii 
veniunt. 


Ὺ 


85 


Chron. Alex. (Barbarus\. 


142. (8) et Gather, unde Gas- 
finii. 


143. (9) et Mosoch, unde Mos- 
8121]. 


144. et Arfaxad genuit Cai- 
nan (10), unde fiunt qui ab 
oriente Samaritae. 


145. Cainan autem genuit Sa- 
lathee (11), unde fiunt Salathii. 


146. et Salathee genuit Eber 
(12), unde fiunt Ebrei. 


147. Eber autem nati sunt ei 
fili duo: 


148. Falec (13), unde ascendit 
generatio Abrahae 


149. et Ectam fratrem eius. 


— --- 





144ff. Von hier an gibt nur der 
Barbarus den Text des Hippolytos 
getreu wieder; die libri generationis 
streichen 10) Kainan. 

149ff. Hier hat nur der Barbarus 
die Reihenfolge des Hippolytos bei- 
behalten. 





A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


168. (8) χαὶ Γαϑὲρ, ὅϑεν I'ao- 
φηνοί. 


169. (9) χαὶ Μοσὸχ, ὅϑεν 
Moovvot. 


170. xai ᾿ἀρφαξὰδ ἐγέννησε 
τὸν Καϊνὰν (10), ὁϑεν γίνον- 
ται οἱ πρὸς ἀνατολὰς Σαμί- 
ται (?). 

171. καὶ Καϊνὰν ἐγέννησε τὸν 
Σαλαϑιὴλ (11), ὃϑεν γεννῶνται 
oil) ΣΣαλαϑιαῖοι. 

172. καὶ Σαλαϑιὴλ ἐγέννησε 
τὸν Ἔβερ (12), ὅϑεν γεννῶνται 
Eßeatoı. 

173. χαὶ τῷ Ἔβερ ἐγεννή- 
ϑησαν υἱοὶ δύο" 

174. πρῶτος Φάλεχ (13), ὅϑεν 
χατάγεται τὸ γένος τοῦ ᾿Αβραάμ 


- > € 2 " 
175. xai Iextav ὁ ἀδελφὸς 
> P 
αὐτοῦ. 





168. Γασφηνοί steht vielleicht statt 
Kaonıavoi ; Kaonıavn heißt das Land 
zwischen dem Kaukasus und dem 
Kaspisee. 

1609. Die Mossynoikoi, die auch 
Möcovvoı genannt werden, kommen 
schon 80 No. 15 vor. Über die 132, 
No. 15 und 33 genannten Moocrvoí 
und Moooovvoi vgl. die Anm. z. d. St. 





1:0. Die Genealogie Arfaxads mit dem zweiten Kainan ist aus der 


Septuaginta Gen. 10, 24; die Osterchronik p. 54, 15 leitet von Kainan 11 
die Σαρμάται ab. Hippolytos hat wahrscheinlich so geschrieben wie die 
Osterchr. und durch den Zusatz „die östlichen“ diese Sarmaten von den 66 
und SO No. 16 erwähnten Japhetnachkommen unterschieden. 

lil. Ist ein nach dem Eponymos frei gebildeter Volksname. 


Text. 39 


Liber generationis 1. 


161. (7) et Garter, de quo 


Gasfeni. 
gatera C?, catel G, gate.. C!, 


162. (8) et Mosoc, unde Mas- 
syni. 
masseni G, mo..... C', mosocheni C7. 


163. et Arfaxat 


chanaan a quo chananei fügt C? hinzu. 


164. genuit (9) Sala. 


165. et Sala genuit (10) Heber, 


unde Hebrei. 


163—165 et arfaxat per salam genuit 
eber GC. 


166. et Heber nati sunt duo 
filu: 
167. (11) Falec, unde ducitur 


genus Abraham. 


falech unde G, falech de quo C, salech 
unde O, falec (falet F) et deboc unde BF 
(deboc statt de quo). 


168. et lectan. 


et iectan (iectam C) CG, et íactan O, 
A mitem (tacten F) et iectam (lectau 


Liber generationis II. 


53. Gathera, ex quo (7) Gas- 


feni. 


lib. geneal. 87. 88 tertius Gatera, ex 
quo Casfeni. 


lib geneal. Momms. p. 165 89 
quartus vero Mosoch. 


90 nam filius Sem sextus qui dicitur 
Chanaam 91 ex quo veniunt Lydii. 


94. Arfaxad, 


55. ex quo (8) Sala. 


lib. geneal. ?4 de ipso enim Arfaxat 
natus est Sala. 


56. Sala, ex quo (9) Heber. 


lib. geneal. 96 ex ipso Sala natus est 
Eber. 97 Sala ergo genuit Phalech. 98 
Fhalech genuit Ragau. 99 Ragau genuit 
Seruch. 


57. Heber, 


58. ex quo (10) Faleeg ° 


59. et lectan. 


90 


Chron. Alex. (Barbarus). 


150. Ectam autem genuit Er- 
modad (14), unde nascuntur In- 
dii. 


151. et Saleph (15), unde nas- 
cuntur Bactrianii. 


152. et Aram (16), unde [et] 
Arabii. 


153. et Iduram (17), unde et 
Milii. 


154. et Ethil (19), unde Arri- 
anii. 


155. et Abimeil (19), unde Yr- 
canii. 


156. et Declam (20), unde Ce- 
drysii. 


152 ist et nach Analogie von 153 
vor dem Namen eingeschoben. 

153. Καρμήλιοι verlesen für xal 
ήλιοι, dann xal mit et übersetzt. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

176. Ἰεκτὰν δὲ ὁ ἀδελ(58 R)- 
φὸς Φάλεχ ἐγέννησε τὸν ἘΔλ- 
μωδὰδ (14) ὅϑεν γεννῶνται 
οἱ Ἰνδοί. 

177. χαὶ τὸν Σαλὲφ (15), 
ὅϑεν οἱ Βακτριανοί. 


178. καὶ τὸν ’Apau (16), ὅϑεν 
οἱ "ἄραβες. 


119. xai "TK Ójovoau (17), ὅϑεν 
Καρμήλιοι. 


180. xai Αἰϑὴλ (18), ὅϑεν οἱ 
᾿Αρειανοί. 


181. καὶ ᾿Αβιμεὴλ (19), ὅϑεν 
"Yoxavtot. 


182. xai Δεχλὰμ (20), ὅϑεν 
Κεδρούσιοι. 


176. Der Zusatz ὁ ἀδελφὸς Φάλεχ 
ist vielleicht eine in den Text ge- 
ratene Glosse. Das von Jektan ab- 
stammende Volk fehlt, von den 25 
φυλαί, die c. 159 angekündigt wer- 
den, fehlt daher auch eine. 


177. Von hier an stimmen die Namen der Stammvüter nicht mehr 


zu Gen. 10, 26ff. 


179. Den richtigen Namen Καρμήλιοι bietet der Matr., er findet sich 


nur noch in den Hss. GC des lib. gen. I ähnlich, Man hat bisher das 
hier genannte Volk mit den Bewohnern von KAa«uaAia (gewöhnlich Ka- 
Bakleı in Südkleinasien identificiert. Dagegen spricht, daß Καμαλία unter 
den Nordprovinzen Chams (oben c. 151 No. 19) vorkommt. (Gemeint sind 
also die Bewohner des Berges Karmel. T d‘ovodn ist der in der Genesis 
Ὀδορρά genannte Sohn Jektans. 


Text. 91 


Liber generationis I. 


169. Iectan autem genuit El- 
modab (12), de quo Indi. 


170. et Salef (13), de quo 
Bactriani. 

falec GC. 

171. et Asarmot (14), de quo 
Arabes priores. 

arsamot B’, salmoth GC. 


172. et Cyduram (15), de quo 


Camehi. 


cyduran F, duran B, iarat C, iarad G, 
iarach O. — carmeli GC, kamei F. 


173. et Derra (16), de quo Mardi. 

odor GC, adorra O. 

174. et Ezei (17), de quo Ar- 
riani. 

... Zel C', iezel GC*, hezel O. — ar- 
rani GC. 

177. et Abimeel (1S), de quo 
Hircani. 

abimelel C, abimelech GF. 

175. et Declam (19), de quo 


Cedrusi. 
acham G, acam C. 


— —— ———— [m — ——M $——— 


171. priores steht im Widerspruch 
mit 178, wo die '"4oafe; πρῶτοι 
nochmals stehen; es ist also Zusatz 
des Redactors, der hier und im lib. 
gen. 11 vieles änderte, vgl. lib. ge- 
neal. 102, 109. Auch 176 S. 93 ist 
priores Zusatz. 


Liber generationis II. 


60. lectan genuit Helmodat 
(8), ex quo Indii. 


Helmodat steht im V zweimal. 


lib. Feneal. Momms. p. 165 100 de Iec- 
tan Indii. 


61. Sala (12), ex quo Betrii. 


lib. geneal. 101 de Salech Bactriani. 


62. Aram (13), ex quo Árabes. 


ib. geneal. 102 de Soromot Arabes 
u. 


63. Hiduram (14), ex quo Ga- 


mer. 
lib. geneal. 103 de Iduram Camerii. 


64. Oderba (15), ex quo Mardii. 
lib. geneal. 104 de Odera Mardi. 


65. Lezel (16), ex quo Parti. 


lib. geneal. 106 Momms. p. 166 de Ie- 
zel Paiti. 


70. Abimelech (17), ex quo 
Hircani. 

lib. geneal. 108 de Abimelech Scani. 

66. Dehelam (18), ex quo Ze- 
dirusii. 

lib. geneal. 106 de Clam Cedrusi. 


— —— — - — —M— —— 


63. Gamer ist verschrieben statt 
des Namens des Volkes. 

65. Partii ist Schreibfehler. 

‘0. Vgl. Anm. zu lib. gen. I. 17. 


172. Ist die Form carmeli wieder ein Beweis der Güte der Vorlage 


von GC. 


173. Derra oder Oderba ist identisch mit Cyduram 1:2, 


was der Re- 


dactor übersah, der aus Gen. 10, 27 den Namen hier einfügte. 
177. Abimeel steht in den lib. gen. und im lib. geneal. wie Gen. 10, 2s 


nach 20) Gebal. 


92 A. Bauer, Chronik de: Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus;. 


157. et Gebal (21), unde Scy- 
thii. 


158. et Sabal (22), unde Ada- 
mosynii. 

159. et Huir (23), unde Ar- 
meni. 


160. et Eugee (24), unde Nudi 
sapientes. 


158. Vgl. A. v. Gutschmid (KI. 


Schr. V 641), der die Adamosynii 
irrig als Glossem erklärte. 


Codex Matritensis. 
183. xoi Γεβὰλ (21), ot 
Σχύϑες. 


151. χαὶ Σαβὰτ (23). 
"AAauootvol. 


155. xai Tovro (23). 08 
uctor (?). 


156. x«i Eveai (24), 
Γυμνοσοφισταί. 


155. Ἑρμαῖοι ist vielleic 
derbt. Die Ersetzung dieses ] 
durch die Armenier in all 
Übersetzungen scheint glei 
unrichtig, da die Armenier 
phetiten von Thorgama oben 
No. 5, 84 No. 4 schon genanr 
bei einem so bekannten Nai 
zweimalige Nennung bei Hip 
kaum anzunehmen. 

15. Eieal verschrieben ! 
ειλά Gen. 10, 24. Es sind nic 
154 angekündigt wird, 25, i 
nur 24 φυλαί, weil von Iekt: 
Volk abgeleitet wird, vgl. 
zu 1:6. 


Text. 


Liber generationis ]. 


176. et Gebal (20), de quo 
Seythii priores. 
lobat C, fehlt in G — sextae G, sexti C. 


178. et Sabat (21), unde Arabi 
prixmi. 

*-ebat C, sebath G — aradii GC. 

179. et Ufir (22), de quo Ar- 
menii. 

*»ufer F. 

180. et Evilat (23), unde Gem- 
nOsofutae. 


. so P quullat F, efllath αν cenilat B'. 
&mosopistae C, gignosopisiae genus 
ΓΕ heiis statt gymn. und folgenden hi F. 
1S1. hi omnes Bactriani. 
et iobao (). 





178. Vgl. oben 171 und 176. Da 
auch lib. gen. 11. 71 dieAraber nennt, 
*9 liegt diese Änderung des Textes 
ebenso vor dem Entstehen der 18- 
teinischen Übersetzungen wie die Um- 
Sellung des Abimeel 177, die Ver- 
dopplung des Odorra 172 und die 
Form Evilat 180. 

, 181. A. v. Gutschmids (Kl. Schr. 
V 649) Conjectur hi omnes ab Iectan 
ist unbaltbar; hi omnes Bactriani ist 
em Zusatz eines Spüteren, der den 
Satz Hipp. 188: πάντων δὲ τῶν υἱῶν 
τοῦ Σὴμ ἐστὶν ἡ χατοιχία ἀπὸ Báx- 
Pony — lib. gen. I, 183 so arg miß- 
'érmtand. Oben c. 151 werden 25 tri- 
bus angekündigt, mit lektan c. 168 
2Der nur 24 Stammvüter gezählt, von 
denen 21 Völker abgeleitet werden; 
Ud und Kainan fehlen, dafür ist 
*rra 16, eingefügt. 





93 
Liber generationis lI. 


67. Asal (19), ex quo Hiscite. 

lib. geneal. Momms. p. 166; 107 de Ga- 
bel Scytae. 

68. Asal autem genuit Melchi. 

69. Melchi genuit duos filios, id 
est Melchi et Melchisedech. 

86. Hiscitopolim, quae est in terra 
Salem Chanaan in regione Sichem 
iuxta civitatem Salem, ubi regnavit 
"Melchisedech sacerdos altissimi. 


11. Sabebi (20), ex quo Árabes. 


lib. geneal. 109 de Sabeu Arabes maius. 


72. Mamsuir (21), ex quo Ar- 
menii. 

amenli V. 

73. Eiulat (22), ex quo Gym- 
nosophiste. 


lib. geneal. 110 de Ebilatb Gymnoso- 
fistae. 


738, Ziezi (23), ex quo Vulgares. 


73. Die Namensform der beiden 
lib. gen. ist gleich der des Sohnes 
des Chus oben Hipp. 100; in der 
Septuaginta lautet sie Εἰειλά. 

738, Zu diesem Glossem vgl. A. 
v. Gutschmid (a. a. O. S. 643). Im 
lib. gen. II c. 45 werden ebenfalls 
29 tribus angekündigt; Mosoch ist 
nur in der Hs. des lib. gen. II nach 
53 ausgefallen, mit Iektan c. 59 sind 
es also 24 Stammvüter, von denen, 
da 73a nicht zählt, 10 Völker abge- 
leitet sind. 6S, 69, S6 sind Zusätze 
des lateinischen Bearbeiters (vgl. - 
A.v. Gutschmid, Kl. Schr. V 643); 
sie sind in den Hss. an den Stellen, 
die die Ziffern ersichtlich machen, 
untergebracht, vgl. oben S. 70 c. 85. 


94 
Chron. Alex. (Barbarus). 


161. Hı omnes de Sem pri- 
mogenito Noe. 


162. Omnium filiorum Sem 
est habitatio a Bactriona usque 
Rinocorurum, qui pertinet usque 
ad Syriam et Aegyptum et mare 
rubrum et ab orae quae est Är- 
sinoita India. 


163. Haec autem, quae ex 
Ipsis factas sunt gentes: 

164. 1) Ebrei qui et Iudei 
2) Pers 3) Midi 4) Peoni 5) 
Ariani 6) Assyrii 7) Yrcani 8) In- 
dii 9) Magardi 10) Parthi 11) 
Germani 12) Elymei 13) Cossei 
14) Arabi antiqui. 15) Cedrusii 


164 No. 14, 16 ist verschrieben. Die 
Corruptel des Textes ist schon sehr 
alt, denn auch Matr. und lib. gen. I 
bieten hier Conjecturen. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


187. Οὗτοι πάντες ἐκ τοῦ 
Σὴμ, τοῦ πρωτοτόχου υἱοῦ 
Not. 

188. Πάντων δὲ τῶν υἱῶν 
τοῦ Σήμ ἐστιν ἡ κατοικία ἀπὸ 
Βάχτρων ἕως Ῥινοχορούρων - 
τῆς ὁριζούσης Συρίαν καὶ Ai- — 
γυπτον καὶ τὴν ἐρυϑρὰν 0a- — 
λασσαν ἀπὸ στόματος τοῦ κατὰ 
τὸν Apowolrnv τῆς Ἰνδικῆς". 

189. Ταῦτα δὲ τὰ ἐὲ avrov 9 
γενόμενα ἔϑνη" 

190. 1) Ἑβραῖοι (ob xai Tov 
datoı 2) Πέρσαι 3) Μῆδοι AL ) 
Παιόνες 5) Apsıavol (6) 4600 —— 
quot) T) Yoxavol 8) Ἰνδοί 9— ) 
Meyagdol 10) Πάρϑοι 11) l'eg—— 
μανοί 12) Ἐλυμαῖοε 13) Koo— 
calo. 14) Apaßes οἱ πρῶτοι [οὐ — ] 


I 








187. Vgl. Chron. pasch. p. δῦ, 109 ; 
Synk. p. 806, 12. 

188. Arsinoe bedeutet die Stad. # 
dieses Namens an dem Südende de 3 
antiken Suezkanals (Strabo XVIMÉK - 
804); die nähere Bezeichnung τῇ == 


Ἰνδιχῆς bezieht sich darauf, daß sie ein Stapelplatz für den indischese* 


Handel war. Wie die Übersetzer 


Wort wie ποταμοῦ, τάφρου oder es ist τοῦ χατὰ zu τῆς xatà . 


lehren, fehlte schon bei Hipp. eix* 
2. . διώ»-τ 


pvyog zu verbessern, Vgl. unten 8, 129 die Stelle des Vind. 171 über 4&- 
σινόης ποταμὸς und Chron. pasch. p. 55, 10ff Synk. p. 86, 12 ff. 


159. Vgl. Chron. pasch. p. δῦ, 14; 


Synk. p. 87, 1. 


190 No. 14. Das zweite ot ist in der Hs. von erster Hand über der 
Zeile nachgetragen, wodurch die Arabi I mit den Cedrusii identificiert 
werden, ebenso sind No. 16 durch Einfügung des jedoch auf der Zeile 
stehenden οἱ χαλούμεγνοι die Arabi II füälschlich mit den Gymnosophisten 
identiticiert, obwohl m der Hs. überall der diese Namen trennende Punkt 
steht. Bei 1) ist ot. und die Assyrer 6) sind überhaupt ausgefallen. Vgl. 
Chron. pasch. p. 55, 14 ff und unten Abschn. 4; Synk. p. 87, 1, 


Text. 95 


Liber generationis 1. Liber generationis II. 


182. omnes autem de tribus filiis 
Noe sunt LXXII. 


158. Omnium autem filiorum 
Sem habitatio est a Bactris us- 
«que Hinocoruris, quae dividit 
Syriam et Aegyptum et rubrum « 
mare ab ore Ársinoes, quae est 
Indiae. 

bacris B. 

184. Hae sunt autem, quae 
sunt faciae ex his gentes: 

185. 1) Hebrei qui Iudaei 2) 
Persae 3) Medi 4) Poenes 5) Ar- 
riani 6) Assyrii 7) Hircani 8) 
Indi 9) Macardi 10) Parthi 
11) Germani 12) Helymei 13) 
C'essei 14) Arabes primi 15) Ce- 
drusii [Seytae] 16) Arabes ve- 





185 No. 15. Scytae ist späterer 

Zunsatz aus 176; was also A. v. Gut- 
sc Ihmid (Kl. Schr. V 674) aus dem Vorkommen der Scythen hier und bei 
E piphanios folgerte, trifft nicht zu. Zu Arabes primi und A. veteres vgl. 
die Anm. zu Barb. 164; es gab also auch Hss. des Hippolytos, die irrig 
Aoaße; ἀρχαῖοι und Ἄραβες πρῶτοι unterschieden (vgl. Hipp. 194 No. 8). 
Den echten Wortlaut läßt der Matr. 190 erkennen: die Apaßes πρῶτοι und 
δεύτεροι kehren im Katalog der 72 Völker wieder (Hipp. 200). Zwingend 
"t freilich diese Parallele nicht, weil die mit der Stammváterliste ver- 
bundenen Völker, die besonderen Völkerlisten und die Lünderlisten zuein- 
ander keinen Bezug haben, sondern jede ohne Rücksicht auf die anderen 
Eebildet ist. So sind z. B. Hipp. 192 Nr. 4 die Chaldäer als schrift- 
kundige Semiten genannt, obwohl sie im semitischen Völkerverzeichnis 
190 nicht, sondern nur in dem Stammväterverzeichnis 162, vorkommen; 
Av. Gutschmid (a. a. O. 673) hat aus solchen Incongruenzen meist zu 

Weitgehende Folgerungen gezogen. 





96 


Chron. Alex. (Barbarus). 
16) Arabi primi 17) Nudi sa- 
pientes. 


165. Extendit autem habita- 
tio eorum usque Rinocorurum 
et usque Cilicia. 


166. Qui autem noverunt ex 
ipsis litteras, sunt: 1) Ebrei qui 
et Iudei 2) Persi. 3) Midi 4) Chal- 
dei 5) Indi 6) Assyrii. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


καλούμενοι 15) Κεδρούσιοι 16) 
“Ἄραβες devregoı [οἱ "xaAov- 
μενοι] 17) I vuvooogıoral. 


191. ΠαρεκτείνεζιΣ δὲ αὐτῶν 
ἡ x«(58 Νη)τοικία ἀπὸ "Hatov- 
πόλεως τῆς ἔσω ἕως Ῥινοχο- 
ρούρων καὶ τῆς Κιλικίας. 


192. Οἱ δὲ ἐπιστάμενοι αὐτῶν 
γράμματα οὗτοι εἰσίν" 1) Ἑβραῖοι 
οἱ xal Ἰουδαῖοε 2) Πέρσαι 
3) Μῆδοι 4) Χαλδαῖοι 5) Ἰνδοί 


6) ᾿σσύριοι. 
167. s. unten S. 98. 
168. Nomina autem provintia- 
rum filiorum Sem sunt haec: 


193. Τὰ δὲ ὀνόματα τῶν χο- 
ρῶν τῶν υἱῶν τοῦ Σήμ ἐστι — 
ταῦτα᾽ 

194. 1) Περσὶς σὺν τοῖς ixi— 

191. παρέχτεινε die Hs. Die Be— 
zeichnung, von wo die χατοικχία be— 
ginnt, muß im Text gestanden haben, obwohl beide Übersetzer sie aus 
ließen, also wahrscheinlich schon in ihrer Vorlage nicht mehr fandenmmm 
Gemeint ist, wie der Zusatz ἔσω beweist, entweder Baalbek oder das be 
Nonnus Dion. 26, 55 genannte indische Heliopolis; das letzte ist mi— 
Rücksicht auf 195 wahrscheinlicher. 

192#. Hippolytos recapitulierte, wie der Matr. 100 ff lehrt, die Grenze 
bestimmungen der drei Teile nochmals. Die Übersetzer bieten nur diem 
erste dieser Recapitulationen und rücken sie an eine frühere Stelle: Bari 
vor 168, Lib. gen. I vor 189; dies beweist, daß sie eine vom Matr. veces 
schiedene Hs. benutzten; 105—148 ist nicht bloße Wiederholung von 41-- 335 
oben S, 40, also im Matr. kein Zusatz. der Hippolytos fremd war. Ess 
drittes Mal stehen diese Angaben bei Hipp. 79, 83, 130, 136, 156, 188 abe ΞΖ 
mals variiert. Zu 192 vgl. Chron. pasch. p. 56, 1; Synk. p. 87, 4. 

193. T am Anfang größer und ausgerückt. Vgl. Chron. pasch. p. 56, 42 
Synk. p. 56, lu. 

14. Die Einfügung von No. 12 nach beiden Übersetzern; vgl. Chrom- 
pasch. p. 56, 78; Synk. p. S6, 17 ff. 


Text. 97 


Liber generationis I. 


teres 17) Sapientes, qui dicun- 


tur gymnosofistae. 


ase! 7) assyrii (arsirii G) hircani GC, hirc. 
, ass. ohne hircani F. 9) magardi 
OC. 15) [sesthe G, sexti C]. 16) so GC, 
ultra BF, posteriores Ο. 17) sap. qui dic. 
mnosofistae (festae B) nudi sapientes 
, gymnosophistae q nudi sapientes 

0, in QC sich gimnosop(h)istae allein. 
186. Habitatio autem eorum 


usque Rinocorura et Cilicia. 


187. Qui autem eorum no- 
verunt litteras, hii sunt: 1) lu- 
daei 2) Persae 3) Medi 4) Chal- 
dei 5) Indi 6) Assyrii 

5) steht in GC nach 1). 

188. s. unten SS. 99. 

189. Vocabula autem gentium 
haec sunt: 


190. 1) Persis 2) Bactrianae 





— — — — —— 





190ff. Von 190 No. 10 bis 200 
No. 63 Hispani etc. haben die Hes. 
GC eine groBe Lücke. 


Texte u. Untersuchungen. NF XIV, 1 


Liber generationis II. 


Lib. genealogus Mommsen p. 166. 


111. Hii tribus Sem sortiti sunt 
terram a Persida et a Bactranon 
usque India longitudine a Rinoco- 
rura usque ad Gadis quae est usque 
ad austrum: ipsa est pars Orientis. 
et habent fluvium Eufraten. 


111. Dieser lib. gen. Il. 44 oben 


S. 47 entsprechende Satz ist im lib. 
geneal. nach 110 (oben 8. 93) einge- 


fügt und deshalb hierher gestellt. 


-] 


98 


Chron. Alex. (Barbarus). 


subiacentibus gentibus 2) Bac- 
triana 3) Yrgania 4) Babilonia 
5) Cordilia 6) Assyria 7) Meso- 
potamia 8) Arabia antiqua 9) 
Elymaea 10) India 11) Arabia 
famosa 12) Cylisiria 13) Com- 
magenia et 14) Funice, quae est 


filiorum Sem. 


Hierauf folgt in der Hs. der Satz 170, 
SN. 100; dann freier Raum von 30 Zeilen, auf 
dem dieselben Namen als Subscriptionen xu 
Bildern nochmals stehen. Varianten: 3) yr- 
canis 4) babylonia 5) cordyna 18) com- 
magina 14) fynicia. Die Heihenfolge ist: 
1—7. 14. 8. 11. 9, dann ist rinocorura ce- 
drusia eingeschoben und es folgen 18. 10; 
dagegen fehlt 12. 


167. Est autem habitatio filio- 
rum Sem primogenito filio Noe 
in longitudine autem India usque 
Rinocorurum, latitudo autem a 
Persida et Bactrium usque in 
inferiore India. 


—— — — 


167. inferiore ist ein Zusatz des 
Übersetzers, v. Gutschmids (a. a. 
O. 614) Conjeetur interiore ist daher 
überflüssig. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
xttu£votc αὐτῇ ἔϑνεσιν 2) Bax- 
τριανή 3) Yoxavia 4) Bofv- 
Aovía 5) Κορδυλία 6) Acovola 
7) Μεσοποταμία 8) ’Apaßla ἡ 
ἀρχαία 9) Ἐλυμαΐς 10) Ἰνδιχή 
11) Apaßia ἡ εὐδαίμων (12) 
Κοιλησυρίαῦς 13) Κομμαγινή 
14) χαὶ ἡ Φοινίχη, ἥπερ ἐστὶ 
τῶν υἱῶν τοῦ Σήμ. 


195. ’Eoti δὲ ἡ κατοικία τῶν 
υἱῶν τοῦ Σὴμ τοῦ πρωτοτό- 
χου υἱοῦ Νῶε μῆχος μὲν ἀπὸ 
τῆς Ἰνδικῆς ἕως Ῥινοχορού- 
ρων, πλάτος δὲ ἀπὸ τῆς Περσί- 
dos καὶ Βάχτρων ἕως τῆς dv- - 
δικῆς. 

196. Τοῦ δὲ Χὰμ τοῦ devre— 
ρου υἱοῦ Nie ἐστιν ἡ xavoixiame 
ἀπὸ Ῥινοχορούρων τῆς ὁρι---- 
ζούσης Συρίαν xol Alyvaror a 
καὶ Aldıorlav ἕως Γαδείρωνκε. 

197. Τοῦ δὲ ᾿άφεϑ τοῦ τρί- ” 
του υἱοῦ Νῶε ἀπὸ Μηδίας (59 R— 
ἕως Γαδείρων τὰ πρὸς βορρᾶ: 
μέρη καὶ νῆσοι ἐπίχοινοι. 


195. Nach Ἰνδικῆς freier Rau 
von ! Zeile. 

197. Die νῆσοι ἐπίχοιναι (so ἃ 35 
Hs.) waren oben 153 bei Cham auf- 
gezühlt, hier werden sie entsprechend 


der Bemerkung 155 beim Japhetteil genannt. Rechts unten am Rande 
von ὅδ V. der Handschrift steht von Laskaris’ Hand als Custos ἕως yaóti; 


vgl. oben S. 10 ff. 


Text. 


Liber generationis 1. 
3) Hyrcania 4) Babylonia 5) Cor- 
dulia 6) Assyria 7) Mesopota- 
mia 8) Arabia vetus 9) Al- 
malas 10) India 11) Arabia eu- 
demon 12) Coeles Syria 13) Com- 
magena 14) et Fynicia, quae est 


filiorum Sem. 


5) corbulia B. 8) arabia spania vetus 
G. 9) alimadas F, elimades C, helimades 
G, elymas 0. 


188. Estautem habitatioeorum, 
id est filiorum Sem in longum 
quidem ab India usque Rino- 
corura, lata autem a Persidae 
et Bactris usque Indiam. 


Liber generationis II. 


99 


100 


Chron. Alex. (Barbarus). 

170. Omnes isti ex trium filio- 
rum Noe tribus LXXII. 

171. Gentes autem, quas dis- 
persit dominus deus super faciem 
omnis terras secundum linguas 
eorum in diebus Falec et Ectam 
fratrem eius in turris aedifica- 
tione, quando confusas sunt 
linguas eorum, sunt autem haec: 


172. I Ebrei qui et Iudei 
II Assyr III Chaldei IV Midi 
V Persi VI Arabi primi et se- 
eundi VII Madiani primi et se- 
eundi VIII Adiabini IX Taiani 
X Salamossini XI Sarracini XII 
Magi XIII Caspian XIV Albani 
XV Indi primi et secundi XVI 
Ethiopi primi et secundi XVII 
Egyptii et Thibei XVIII Libyi 
XIX Chotthei XX Chananei 
XXI Fereze XXII Eugei XXIII 
Amorrei XXIV Gergesei XXV 


den Text des Hippolytos unverkürzt 
bewahrt. 

172. Die Namen sind in der Hs. 
beziffert; nach XVII ist freier Raum 
von 1, nach XLIlI von 3, nach LXIX 
von 2, nach extendunt von 1 Zeile. 
Die Namen sind in 2 Columnen so 
angeordnet, wie es der Abdruck bei 
Schöne, Eus. chron. I App. 186, 187 
veranschaulicht. Die Ordnung ist 
nicht genau geographisch: auf 15 
asiatische folgen 3 afrikanische, dann 
wieder 27 asiatische, hierauf 18 eu- 
ropäische und schließlich 9 afrika- 
nische Völker. Über den Grund dieser 
Störung vgl. unten Beilage II. 


171. Hier hat nur der Barbarus 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


198. Ai πᾶσαι &x τῶν τριῶν» 
υἱῶν τοῦ Νῶε ὁμοῦ φυλαὶ og. 

199. Τὰ δὲ ἔϑνη, ἃ διέσπειρε 
κύριος ὁ ϑεὸς ἐπὶ προσώπου 
πάσης τῆς γῆς ἐν ταῖς ἡμέραις 
Φαλεκ χαὶ Ἰεχτὰν τῶν δύο 
ἀδελφῶν κατὰ τὰς ἰδίας γλῶσ- 
σας αὐτῶν ἐν τῇ πυργοποίιΐᾳ. 
ὅτε συνεχύϑησαν αἱ γλῶσσαι 
αὐτῶν ἔστε ταῦτα' 

200. 1) Ἑβραῖοι οἱ καὶ Ἰου- 
δαῖοι 2) Acovpıoı 5) Χαλδαῖοι 
8) ῆδοι 11) Πέρσαι {--:ραβες 
πρῶτοι καὶ δεύτεροι 15) Ma- 
dinvaloı πρῶτοι 19) Madın- 
ναῖοι δεύτεροε 23) ᾿Αδιαβηνοί 
27) Ταϊηνοί 29) Σαλαμοσηνοί 
31) Sapaxnvol 33) Mayot 35) 
Κάσπιοι 3) ᾿λβανοί 12) Ἰνδοὶ 
πρῶτοι καὶ β 4) .1ἰϑίοπες πρῶ- 
τοι καὶ δεύτεροι 10) «Αἰγύπτιοι 
xai Θηβαῖοι 20) “ίβυες πρῶ- 
τοι xal β 30) Χετταῖοι 28) Xa- 

105. οἱ πάντες die Hs. Über die 
Zahl 72 vgl. die Anm. zu 53—55, S. 48. 

199. T am Anfang grófer und 
ausgerückt; x; ὁ ὃς die Hs. Vgl. 
Chron. pasch. p. 56, 12. 

200. No.22 u.26 ist wie beim Barb. 
LXIX u. LXXlII im Anlaut T statt 
I' geschrieben (vgl. Hipp. 153 No. 3, 
10,12) Mit No. 38 (= Barb. XLVD 
beginnt in der Hs. eine neue Seite; 
vorher steht auf dem unteren Rand 
von 59 ἢ von Laskaris geschrieben 
die Quaternionenbezeichnung 7 und 
rechts in der Ecke die ältere Quater- 
nionennummer 34 (vgl. oben S. 12). 
Gegen Ende sind auf 59 V. die Na- 
men in 4 Columnen mit Zwischen- 





Text. 101 


Liber generationis I. Liber generationis II. 
191. Gentes autem, quae lin- 
guas suas habent, haec sunt: 


192. 1) Hebrei qui et Iudei 
2) Assyrii 3) Chaldaei 4) Persae 
5) Medi 6) Arabes 7) Madiani 
$) Adiabenici 9) Taleni 10) Ala- 
mosenni 11) Saraceni 12) Magi 
13) Caspii 14) Albani 15) Indi 
16) Aethiopes 17) Aegyptii 18) 
Libies 19) Chettei 20) Cananei 
21) Ferezei 22) Euvei 23) Amor- 
rei 24) Gergesei 25) Lebusei 
26) Idumei 27) Samaritae 28) 
Foenices 29) Syri 30) Cilices 
Tharsenses 31) Cappadoces 32) 











— — ——— — mn ὁ  “  -ὀ.-.-.- ——— —— — — — ——— —À M 


192. Die Ordnung ist dieselbe wie 
heim Barb., am Ende sind 3 Namen 
ausgefallen. Bei No. 63 setzen die 
Hss. GC nach der 190 No. 10 (oben 
Ss. 97) beginnenden Lücke wieder 
ein. 


räumen angeordnet; No. τὸ (= Barb. LXI) Axrarıvoi bildet den Schluß 
der Liste und steht allein am Anfang einer Zeile; 3 Namen fehlen, die 
Madınveioı sind dafür geteilt und zählen für 2 Völker, weshalb die Summe 
τὸ anstatt 72 beträgt. Die vorgesetzten Zahlen im Text geben die 
Reihenfolge der Namen im Matr.; Beilage II zeigt, daß Hipp. ursprünglich 
dieselbe Anordnung befolgte wie der Barb. und lib. gen. I. Die bei den 
Übersetzern nicht zu belegende Teilung der Libyer (Barb. XVIII) erweist 
Chron. pasch. p. 56,20 als richtig. Vgl. Chron. pasch. p. 56, 15 ff. 


102 
Chron. Alex. (Barbarus). 
Iebusei XXVI Idomei XXVII 
Samarei XXVIII Fynici XXIX 
Eur XXX Cilidi qui et 
Tharsi XXXI Cappadoci XXXII 
Armenü XXXIII Ibiri XXXIV 
Bibrani XXXV Scythi XXXVI 
Colehi XXXVII Sanni XXXVIII 
Bosporani XXXIX  Asiani 
XL Issauri — XLI Lycaonii 
XLII Pissidi  XLIII Galatas 
XLIV Pamflagoni XLV Flygü 
XLVI Greci qui et Achei XLVII 
Thessali XLVIII Macedonii 
XLIX Thraci L Myssi LI Bessi 
LII Dardani LIII Sarmati LIV 
Germani LV Pannonii LVI No- 
riei LVII Delmatü LVIII Ro- 
mei qui et Cittei LIX Lygurii 
LX Galli qui et Celtei LXI Aqui- 
tanii LXII Britanni LXIII Spani 
qui et Tyranni LXIV Mauri 
LXV Macuaci LXVI Getuli 
LXVI] Afn LXVIII Mazici 
LXIX Taranti exteriores LXX 
Boradii LXXI Celtioni LXXII 
Taramanti exteriores, qui usque 

in Ethiopia extendunt. 


173. [Fiunt simul tribus LXXII] 
istas gentes dispersit dominus 
deus super faciem omnis terrae 





173. Vor istas gentes ist in der 


zweiten Columne freier Raum von 11 
Zeilen, vgl. Schöne a. a. O. p. 187. 
Die Summenangaben sind Zusätze. 





A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 
vavaloı 32) Φερεζαῖοι 31) Ev- 
aloı 36) ’Auopealoı 31) Γέεργε- 
σαῖοε 39) Ἰεβουσσαῖοι 41) Ἶδου- 
uolo. 43) Σαμαρραῖοι 45) Φοί- 
vıres AT) Σύροι 49) Κίλικες οἱ 
καὶ Ταρσεῖς 52) Καππάδοκες 
54) Apuevıoı 56) Ἴβηρες 58) Βι- 
βρανοί 60) Σχύϑαι 61) Κόλχοι 
63) Σαῦνοι 65) Booxogarvoi 
67) Acıavol 68) Ἰσαυροί 69) Av- 
xaoves 6) Πισίδες 9) Γαλάται 
(— Παφλάγονες — Boryıoı) 
59V. 38) Ἕλληνες olxal’Ayaloı 
40) Θεσσαλοί 42) Maxsdoves 
44) Θρᾷκες 46) Mvool 48) Beo- 


= 
«ὦ 
| 
-—— 
— 


σοί 50) Δάρδανοι 51) Σαρμά- — = 
ται 53) Γερμανοί 55) Havvo- — - 


vıoı οἱ καὶ Παίονες 57) Νωρι- — — 


- 


xol 59) Δελμάται 62) Ῥωμαῖοι ^ «" 
oí xcl Λατῖνοι xal Kırıaloaı zm «ei 
64) Aiyvosc 66) Γάλ(λ)οι "E E 


xai Keirtaloı 70) 
7) Borravol 10) Σπάνοι (ol 


᾿Αχυατινοξῶ. « 


eb 
u, 


xci Ἰυρρηνοί 13) Mavpoı 14T am 
Maxovaxoí 17) Taltovaoı 187 438 
"goo. 21) MaLıxes 22) Tapa- Ξε-ὰ 
μαντες οἱ ἐξώτεροι 24) Zxo «:» Ὁ 
oades 25) Κελτίονες 26) Ταρά > à 
μαντες ἐσώτεροι, οἱ foc Ti μα ἢ 


AlYıorias ἐχτείνουσι. 
201. 


Ταῦτα τὰ ἔϑνη, à diem Με 


ὄπειρε κύριος ὁ ϑεὸς ἐπὶ προώ-» «96 
(toU πάσης τῆς γῆς xat -ππστὰ 


-—— 


201. T am Anfang größer url 


ausgerückt, xc ὁ ὃς die Hs, nA 
αὐτῶν am Ende freier Raum vc——22 


1... Zeilenlünge. 


Dieser Satz, eimrz? 








Text. 103 


Liber generationis 1. Liber generationis II. 
rmenii 33) Hibeni 34) Librani 
3) Scytae 36) Colchi 37) Sanni 
3) Bosphorani 39) Asiani 40) 
isaurienses 41) Lycaones 42) 
ysidae 43) Galatae 44) Pafla- 
nes 45) Fryges 46) Achai 
) Tessali 48) Machedones 
)) Traces 50) Mysi 51) Bessi 
) Dardani 53) Sarmatae 54) 
ermani 55) Pannoni Peones 
) Norici 57) Dalmatae 58) Ro- 
ani qui et Latini 59) Ligyres 
) Galli qui et Celtae 61) Aqui- 
ni 62) Brittani 63) Hispani 
ü et Tyrraeni 64) Mauri 65) 
sccuates [et Massenas] 66) Ge- 
lı 67) Afri [qui et Barbares] 
) Mazicei 69) Garamantes [qui 
Marmaredae], qui usque Ae- 


ıopiam extendunt. 


7) so F, madian B 9) istaleni B!, ta- 
σὲ F, tateni O 10) alamossioni F 

labies B'F 22) euei FO 25) gebraei 
jebusei O 63) qui terreni G, qui tirini 
65) bscuaci C, bacauci G; et m. fehlt 
Ὁ 67) qui et abares O; q. e. b. fehlt 
! 68) macizes G, maziges C 69) garam. 
tuli marmarides O. qui et mar. fehlt GC. 


——À — — — — P - - -— ——-- -—-— e ——— — - --π-. - — 


araphrase von Gen. 10, 31, ist beim Barbarus verkürzt wiedergegeben, 
gl. Chron. pasch. p. 57, 16. 


)4 A. Bauer, Chronik des Hipypolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 
cundum linguas eorum, [funt 
mul tribus LXXII.] 


174. Et hoc studui significare 

bi, quales sunt et acolae igno- 
s gentes et interpretationes 
rum et fines et habitationes 
rum et quae vicinas regiones 
rum. 


175. Initiamus scribere ab ori- 
ıte usque in occidente secun- 
ım ordinem. 

176. Persi et Midi acolae facti 
int Parthi et quae in circuitu 
entes pacis usque media Syria. 


Codex Matritensis. 
τὰς ἰδίας γλώσσας αὐτῶν iv 
ταῖς φυλαῖς αὐτῶν καὶ ἐν ταῖς 
χώραις αὐτῶν καὶ ἐν ταῖς n0o- | — 
λεσιν αὐτῶν. 

202. Avayxalov δὲ ἡγησάμην <w 
xal τὰς ἀποικίας αὐτῶν tOVP-— X V 
ἀναγνωσϑέντον ἐϑνῶν xci Tas US 
προσηγορίαςαὐτῶν δηλῶσαί o0. «τοι 
καὶ τὰ κλίματα αὐτῶν, πῶςξ: «x» 
οἰκοῦσι, καὶ ποῖον ἔϑνος πλη-- « ἡ 
(60 R.)oíov τίνος ἐστὶν, ὅπως5 «x» 
μηδὲ τούτων ἄπειρος ὑπάρχῃς. — TU: 

203. Ἄρξομαι δὲ διαγράφειι« = =ı 
ἀπὸ ἀνατολῆς καὶ μέχρι δύσεως. «x» 
(xarà τάξιν). 

204. Τῶν Περσῶν καὶ Mrjóo x. «-xi 
ἄποιχοι γεγόνασι Πάρϑοι xcx—e al 
τὰ πέριξ ἔϑνη τῆς Εἰρήνη. Se 
ἕως τῆς κοιλῆς Συρίας. 





202. Vgl. Chron. pasch. p.57, 188- =f. 
Ein echt hippolytischer Übergang smmg, 
um vorher noch nicht Angekümmr .n- 
digtes einzuschieben. Durch d ilie 


chtige Lesart ἀναγνωσθέντων wird die alte Corruptel ayvworwr in de- er 
orlage des Barbarus (vgl. S. 116), die auch im Chron. pasch. p. 57, ——19 
iederkehrt, glücklich beseitigt und erklärt. Die Ankündigung der xAemmWL 4. 
«ta, die der eine Übersetzer hier wegließ, der andere durch et fin «€*$ 
; habitationes ungenau wiedergab, wird unten 224 wiederholt. Leine 
limatentafel der Osterchronik p. 62, 6ff ist also allerdings, wie A.v.Gu %&- 
:hmid (Kl. Schr. V 263ff) gezeigt hat, aus Ptolemäus geschöpft, abe ==1T 
e stand ebenfalls schon bei Hippolytos und ist nicht erst von dee 33" 
sterchronisten hinzugefügt. Die 204 ff erwähnten Völker faßte aNÉ ==" 
ipp. als Colonien (ἀποικίαι) der im Katalog der 72 genannten a 
ie hinzugefügten näheren Angaben stammen aus antiker Schultraditi >? 
nd widersprechen teilweise den vorher aus dem Diamerismos geschöpft >" 
ngaben (vgl. z. B. 212 und S8). — ὑπάρχεις die Hs. 

203. xat& τάξιν vgl. Barb. und Chron ypasch. p. 58, 2. 

204. T am Anfang größer und ausgerückt. Εἰρήνη ist der seit AT 
reten Säsänidenzeit auftretende, den alten Namen Ariün = du ve 





Text. 105 


Liber generationis I. Liber generationis II. 


193. Necessarium autem pu- 
íavi et inhabitationes gentium 


et cognominationes declarare. 
declarari B. 


194. Ineipiam autem ab ori- 
ente. 


195. Persarum et Medorum 
Anhabitatores Parthi et vicinae 


gzentes pacis usqueSyriam Coelae. 


statt vicinae — bithiniae, stalt pacis —* 
g»aucae GC. 


— -"- ---..--.-. ........- ὁ... — M — — — M — — — — — — ..-..- -.--.-. ———— 


195. Im Archetypus von GC wollte 
der Redactor die unverstündliche 
Übersetzung verbessern. 


dra ma 


» gende neue Landesname Erán == Iràn (Nöldeke, Aufsätze zur persisch. 


"Beh ὦ 149); die Übersetzer und Frick haben dies mißverstanden. 
Si. Chron. pasch. p. 58. 3. 


106 


Chron. Alex. (Barbarus). 


177. Arabi autem acolae facti 
sunt Arabi famosi: isto autem 
nomine nominatur Arabia ab 
omnibus famosa. 


178. Chaldei autem  acolae 
facti sunt Mesopotamite. 

179. Madianite acolae facti 
sunt Cinedocolpitas et Troglo- 
dytas et Piscescomeduli. 


180. Grecorum autem gentes 
et nomina eorum sunt quinque: 
1) Hionii 2) Arcadii 3) Biotii 
4) Eoli 5) Laconii. 


181. Istorum autem acolae 
facti sunt: 1) Pontici 2) et Bi- 
thyni 3) Troi et 4) Asiani 
5) Cari et 6) Lyci 7) Pam- 
phili 8) Cyrinei et 9) insulae 
multae, quae vocantur Cycla- 
das XI, qui Myrtium pelagum 
habent. 


181. Vor et insulae freier Raum von 
3 Zeilen; das Folgende bis einschließ- 
lich 182 1) Andrus steht auf dem 
mittleren Drittel der Seite, rechts 
und links davon ist freier Raum. 
Dann folgen fol. 12a die übrigen 
Namen; auf 2 Zeilen steht vorher 
in kleiner Schrift: insulas elladicas 
quae vocantur cycladas, vgl. Schöne 
ἃ. a. O. p. 185, 189. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

205. Apadov δὲ ἄποικοι ye- 
γόνασι Ἄραβες ol Evdaluoves' 
τούτῳ γὰρ τῷ ὀνόματι προσα- 
γορεύεται εὐδαίμων ᾿Αραβία. 


206. Χαλδαίων δὲ anoızoı = 
γεγόνασι οἱ Μεσοποταμῖται. 

207. ἢαδιηναίων δὲ ἄποιχοεω. 
γεγόνασιν οἱ Κιναιδοχολπῖταα.. 
(καὶ Τρωγλοδύται καὶ Ἰχϑυο-- « 
φάγοι. 

208. ξλλήνων δὲ ἔϑνη xam 
προσηγορίαι εἰσὶ πέντε" 1) Ἴωκ- 
veg 2) ᾿ἄρχαδες 3) Βοιωτοκ-" 
4) Αἰολεῖς 5) Λάχωνες. 


209. Τούτων δὲ ἄποιχοι yexw- 


γόνασι" 1) Ποντικοί 2) καὶ Be 7 


ϑυνοί 3) Τρῷες 4) ᾿ἄσιανει» 
5) Κάρες 6) Μύχιοι 7) Ham 
φυλοι 8) Κυρηναῖοι 9) xal vr 
6οι δὲ πλεῖσται al καλούμενω.. 
Κυχλάδες τα. al τὸ Mvpvraic—m 
πέλαγος περιέχουσιν. 


205. Vgl. Chron. pasch. p. 58, -99 
206. Vgl. Chron. pasch. p. 58, 74 
207. Vgl. Chron. pasch. p. 58, 2*5 


208. Vgl. Chron. 

209. Die Namen 
durch Zwischenräume getrennt; 
Rande rechts steht von erster Haa» 
durch Beschneiden verstümmelt 377 
coi] κυχλ[ά]δες. Vgl. Chron. pasesc Y 
y. 58, 198. [Vgl. oben S. 11, Anua- 1 
wo also zu verbessern ist:  w£2: 
Taf. IV die eine der beiden ein 
zigen deiartigen Notizen auf fO 
51—82]. 


Text. 


Liber generationis I. 
196. Arabum  inhabitatores 
Arabes eudemones: hoc enim 
nomine appellantur Arabia eude- 


mones. 
appellatur arabia eudemones (eade- 
on Ὁ) GC. 


197. Chaldaeorum inhabitato- 
res Mesopotameni. 

198. Madianensium inhabita- 
tores Cynedocolpitae et Troclo- 


ditae et Ictyofagn. 


einedocopolitae GC, trocoditae F, pro- 
cloditae G, progloditae C. 


199. Grecorum autem gentes 
et vocabula V: 1) Iones 2) Ar- 
cades 3) Boeti 4) Aeoli 5) La- 


cones. 


vor Grecorum schiebt B ein: graecorum 
gentes V. 


200. Horum  inhabitatores 
fuerunt: 1) Pontici 2) Bitini 
3) Troes 4) Asian 5) Cari 
6) Licii 7) Pamphili 8) Cyrinei 
et 9) insulae plures, id est Cy- 
clades quidem XI, quae Myrti 


pelagum continent. 


do oari G, oarini C 6) legii BF 9) XI 
FGCO, X B, — sirti statt Myrti GC. 





Liber generationis II. 


107 


105 


Chron. Alex. (Barbarus). 


182. Sunt autem haec: 1) An- 
drus 2) Tinus 3) Tio 4) Naxus 
5) Ceus 6) Curus 7) Dilus 8) Sif- 
nus 9) Nirea 10) Cyrnus 11) Ma- 


rathrum. 

Durch Zwischenräume von 8 freien Zeilen 
getrennt, folgen dieselben Namen noch einmal 
als Subscriplionen von Bildern. Var.: 11) ma- 
rathü. Die Reihenfolge ist: 1. 4. 6. 7. 3. 5. 
9. 9. 10. 8. 11. 

183. Sunt etalias insulas mag- 
nas duodecim, qui etiam et ci- 
vitates plures habent, quae vo- 
cantur Eporadas, in quas habi- 


taverunt Greci. 


184. Sunt autem haec: 1) Eu- 
bia 2) Crita 3) Sicilia 4) Cyprus 
5) Cous 6) Tamus 7) Rodus 
8) Chius 9) Thassus 10) Limnus 
11) Lesbus 12) Samothraci. 


Durch Zwischenrüume von 2 u.3 freien Zei- 
len getrennt, folgen dieselben Namen nochmals 
als Subsoriplionen von Bildern. Var.: 1) eu- 
bya. Dis Reihenfolge ist 1. 8. 5. 9. 10. 12. 
2. 4. 6. 7. 8. 11. Darunter steht in derselben 
Schrift wie der Text: Insulas Elladicas, 
quae vocantur Esporadas. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

210. Εἰσὶ δὲ avrar‘ 1) Avógo 
2) Tnvos 3) Τήω 4) Naso—m 
5) Kalos 6) Κοῦρος T) Anio . 
8) Zipvos 9) Nnosa 10) Κύρ- «« 
νος 11) Μαραϑὼν᾽ ὁμοῦ τα. 





211. (60 V.) Εἰσὶ δὲ αὐτοῖς xac» : 
ἕτεραι νῆσοι μείζονες «B, αἵτινεξεα. - 
καὶ πόλεις ἔχουσι πλείστας Ce 
καλούμεναι Σποράδες, ἐν db om 
ἀπφκίσϑησαν Ἕλληνες. 


212. Εἰσὶ δὲ αὗται" 1) Εὔβοι «— 
2) Κρήτη 3) Σικελία 4) K 5 
προς 5) Κῶος 6) Σάμος 7) PETE 
dos 8) Χῖος 9) Θάσος 10) AWE—I 
uvoc 11) “έσβος 12) Zauo qc —wo 
xn. [ὁμοῦ 1f]. 


210. No. 3; Tyw der Accent son 
erster Hand corrigiert. Damit ist "4072 


gemeint und nicht Tíog in Bithynien, obwohl z. B. auch Knidos in dem 
Inselverzeichnis 153 vorkommt. 5) ist Kos, 6) Tiaoos oder Xvg»e- 
keinesfalls Yxüoos, wie Ducange zu Chron. pasch. p. 58, 15 meinte, 9) da 
gegen deutet dieser richtig als 'Pyvaia; die falsche Namensform stand 
aber, wie die Übersetzer und der Vatic. der Osterchronik beweisen, sckyO 
bei Hipp.; im lib. gen. I ist sie eorrigiert. 10) wahrscheinlich verschrieb: €? 
für Kr9vog, 11) Μαράϑουσσα bei Klazomenae. ὁμοῦ τὰ am Schluß ist 
schwerlich späterer Zusatz, denn es steht auch im Chron. pasch. p. 58, 1 4* 
dagegen sind die im Chron. pasch. p. 59, 3 u. S fehlenden, im Matr. 21 “2, 
214 erhaltenen Summenangaben wahrscheinlich Zusätze. Vgl. Chron. pasc P 
y. 58, 15 ff. 

211. Vgl. Chron. pasch. p. 55, 18. 

212. Am Rande steht von Laskaris Hand νῆσοι, nach if ist frei& Y 
Raum von !4 Zeile. 3) Σικελίᾳ ist unsinnig, hat aber bei Hippolytos ge ^ 


Text. 109 


Liber generationis |. Liber generationis II. 
201. Haec sunt autem nomina 
earum: 1) Andrum 2) Tenum 
3) Teo 4) Naxus 5) Geos 6) Gy- 
arus 7) Delos 8) Syfnus 9) He- 
nea 10) Cyrnos 11) Maraton. 


2) tenuem F, tenoem B 6) cypros GC 
7) delas B, /chit in F 8) so in F, sienus 
GC, syerus O, finus B 10) cimnus C, cym- 
nus GO 11) maration GC. 


202. Sunt autem et aliae in- 
sulae maiores XII, quae etiam 
civitates habent plurimas, quae 
dicuntur Spordes, in quibus in- 
habitaverunt Graeci. 

spodes B, hispotes F, — craeci B. 

203. Haec sunt autem nomina 
earum: 1) Euboea 2) Cretae 
3) Sicilia 4) Cyprus 5) Cous 
6) Samus 7) Rhodus $8) Chyus 
9) Thassus 10) Lemnus 11) Les- 


bus 12) Samotraces. 


5) so F, coos B, chous G, thius C 6) tha- 
mus C, tbamos G 9) so G, tbapsus B, 
tharsus C 12) samothrachia G, samo- 
tratiae C. 


standen; es liegt hier vermutlich eine alte Corruptel vor. "Vgl. Chron. 
pasch. p. 59, 1ff, ferner den ähnlichen Katalog oben c. 88 und das Ver- 
zeichnis der νῆσοι μέγισται in den in ptolemäischer Zeit geschriebenen 
Laterculi Alexandrini (Diels Abhdlg. d. Berl. Akad. 1904 S. 10): 1) Z[v- 
Bora], 2) Κρήτη, 3) Zixeilia, 4) Za]oóv, Ὁ) Κύπρος, 6) [“έσβο]ς, 7) Kro- 
vos, 8) Bailejapleis) κατὰ τὴν Ἰβηρίαν, 9) Αἱ Kv....ura ὡς ne- 
λα[...... Ῥό]δος, Tév[tóog πρὸ τοῦ] στόματίος τοῦ χατὰ] τὸν Ἑλλ[ή- 
σποντον), Προχόγίνησος ἐν τῷ] Ἑλλησίπόντῳ ...... und dazu Hygin. 2706, 
Pseudo-Aristot. de mundo 3038 12, Diod. V 17, Polyb. 111 34. 


110 


Chron. Alex. (Barbarus). 


185. Est autem ab Biotes 
Eubia sicut ab Hiones Ionidis 
civitates sedecim nominatas. 


186. Sunt autem haec: 1) Cla- 
zomena 2) Mitilina 3) Focea 
4) Prünna 5) Erythra 6) Samus 
7) Teus 8) Colofa 9) Chius 
10) Efesus 11) Smyrna 12) Pe- 
rinthus 13) Byzantius 14) Chal- 
cedona 15) Pontus 16) Amissus 


eleuthera. 

Nach 16 eine Zeile frei; dann durch Zwi- 
schenräume von 5 Zeilen getrennt open noch- 
mals dieselben Namen in zwei als 
Überschriften xu Bildern. Var.: 2) mitylyna 
4) Priinnia 8) tamus 11) zayrna. Die Hei- 
henfolge ist: 2. 9. 5. 8. 10. 11. 8. 6. 12. 18. 
14. 4. 7. 15. 16; es fehlt 1. 

187. Romanorum autem, qui 
et Cittei, gentes et acolae sunt 
septem: 1) Tusci 2) Emillisui 
3) Sieinii 4) Campani 5) Apu- 
lisi. 6) Calabrii 7) Lucani. 


188. Afrorum autem gentes 
et acolae sunt V: 1) Nebdini 
2) Cniti 3) Numidi 4) Sii 
5) Nassamonii. 


214. 3) Pwxia die Hs. 
p. 59, 5 ff. 


215. δὲ xai τῶν Kır. die Hs. Nach 7) eine halbe Zeile frei. 


16) Ἐλευϑέρα die Hs. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

213. Ἐστὶν ovv ἀπὸ τῶν Bor- 
ωτῶν Εὐβοια ὥσπερ ἀπὸ τῶν 
Ἰώνων Ἰωνίδες πόλεις ts ὃνο- 
μασταί. 

214. Εἰσὶ δὲ avrov 1) Κλα- 
ζόμεναι 2) Μιτυλήνη 3) Φο- 
x(aya 4) Πριήνη 5) Ἐρυϑραΐ 
6) Σάμος 7) Τέως 8) Κολο- 
gov 9) Χῖος 10) Ἔφεσος 11) 
Σμύρνα 12) Πέρινϑος 13) Βυ- 
ζάντιον 14) Χαλκηδών 15) Πόν- 
τος 16) μισὸς ἐλευϑέρα" [πᾶ- 
σαι tc]. 


215. Ῥωμαίων δὲ τῶν καὶ 
Κιτιέ᾽ν τῶν καὶ Λατίνων κε- 
κλημένων ἔϑνη καὶ ἀποικίαι 
εἰσὶν ἑπτά" (1) Τοὔσχοι 2) Ai- 
μηλίσιοε 3) Σικηνοί 4) Kalu)- 
πανοί 5) ᾿Απουλούσιοι 6) Ka- 
λαβροί T) Aovxavoí. 

316. ἄφρων δὲ ἔϑνη καὶ 
ἀποχίαι εἰσὶ πέντε" 1) Νεβλη- 
vol (61 R.) 2) Krí9o0. 3) Nov- 
udes 4) Zaloı 5) Naoauoves. 


213. ς Correctur erster Hand auf 
Rasur; es scheint aus c. Vgl. Chron. 
pasch. p. 59, 4. 





Vgl. Chron. pasch. 


Die alte 


Corruptel Zıxnvol für Πιχῆνοι stand wahrscheinlich schon bei Hippolytos. 
Zu Λατίνων vgl. 200 No. 62, Barb. LVIII und Chron. pasch. p. 59, 98. 


210. Νούμιλες die Hs.; nach 5 der Rest der Zeile frei. 


2) sind der 


von Ptolemäus 4, 3; 22, 27 Κινίϑιοι genannte Stamm, 1) NeßAnvol identifi- 


Text. 111 


Liber generationis I. Liber generationis II. 

204. Est autem a Boeotia Eu- 
boea, sicuti ab Ione Ionides civi- 
tates XVI 

XV GC. 

205. haec: 1) Cladiomena 2) 
Mitylenae 3) Focea 4) Priene 
5) Erytrae 6) Samos 7) Teos 
8) Colofon 9) Cius 10) Efesus 
11) Smyrna 12) Perintus 13) By- 
zantium 14) Calcedon 15) Pon- 


tus et 16) Amisos libera. 


1) larzomona C’, larzomena C?, larzio- 
mins G 2) mostelena GC 5) eryt B, erit 
F, eristrae GC 9) chius GC 11) zmirna 
C, zimirna G 12) berinthus B. 


206. Romanorum qui et Ci- 
tiensium gentes et inhabitationes 
hae sunt: 1) Tusci 2) Emilienses 
3) Piceni 4) Campani 5) Apu- 
lienses (6) Calabri, 7) Lucani. 


3) picens B. 


207. Afrorum gentes et inhabi- 
tationes hae sunt: 1) Lebdeni 
2) Cinti 3) Numidae 4) Naso- 
mones 5) Saei. 


1) lepdini Er  lepteni O 2) cinitae G 
4) nazomones € 


204. Da GC ebenfalls XVI Namen 
aufzählen, so ist XV bloßer Schreib- 
fehler. 

206. Calabri ist ausgefallen. 


cierte Frick mit den ebenda genannten Νυγβηνοί; im Matr. ist viel- 
leicht Nefönvoi zu corrigieren. 4) scheint nur das Ende eines Namens 
zu sein, an die thrakischen Σάζοι ist natürlich nicht zu denken. Vgl. 
Chron. pasch. p. 59, 12. 


112 


Chron. Alex. (Barbarus). 


189. Sunt autem eis et insu- 
las V civitates habentes: 1) Sar- 
dinia 2) Corsica 3) Girba 4) Cer- 
cina 5) Galata. 


Vor Sardinia steht die Überschrift: insu- 
las &fricae famosas et magnas. Nach 5 
folgen mit Zwischenraum von 1 Zeil dic- 
selben Namen, 1. 2. 4. 8. 5 geordnet, als Uber- 
schriften zu Bildern und darauf 4 Zeilen 
freier. Raum. 

190. Maurorum autem gentes 
et acolae sunt tres: 1) Mosula- 


mi 2) Tiggitanii 3) et Sarinei. 


191. Spanorum autem, qui et 
Tyrinniorum vocantur autem 
Paraconnisii gentes et acolae 
sunt quinque: 1) Lysitanii 2) Be- 
ticii 3) Autrigonii 4) Uuascones 
5) Callaici qui et Aspores vo- 
cantur. 


—— — — [m —M ---- - T———. 


190 No. 3. et Sarinei = xal Xa- 
onvaeis, vgl. v. Gutschmid (Kl. 
Schr. V 700). 

191. Arg entstellt, jetzt erklürt 
der griechische Text alles. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

217. Εἰσὶ δὲ αὐτοῖς xai νῆσοι 
πέντε πόλεις ἔχουσαι" 1) Σαρ- 
δανία 2) Kogowx)a 3) Γίρβα 
4) Κέρχινα 5) Γαλαάτη. 


218. Μαύρων δὲ ἔϑνη καὶ 
ἀποικίαι εἰσὶ τρεῖς" 1) Δίοσσου- 
λαμοί 2) Τι(γγε)τανοί 3) Και- 
σαρηγσεῖς. 


219. Σπάνων δὲ τῶν καὶ 
Τυρρηναίων, καλουμένων δὲ 
Ταρακωννησίων, ἔϑνη καὶ ἀποι- 
κίαι εἰσὶ πέντε᾽ 1) Avoıravol 
2) Βαιτιχκοί 3) «ὐτρίγονοι 4) 
Βάσχωνες 5) Καλλαϊχοὶ οἱ κα- 
λούμενοι A0nopes. 





217. 3) Κορσία die Hs. 3) Τίρβα 
die Hs.; Girba, jetzt Girbi, ist die 
sonst Mrjvıy& genannte Insel in der 
kl. Syrte. Diesen Namen meint die 
Glosse im lib. gen. I 208 mit Be- 
nigga. Dieselbe Glosse steht auch in 





der Osterchronik p. 59,15: 7j νῦν χαλονμένη Miwıyya; es gab also wahr- 


scheinlich Hss. des Hippolytos, die diesen Zusatz schon enthielten. 
Vgl. Chron. pasch. p. 59, 14ff. 


5) der Rest der Zeile frei. 


Nach 


218. Nach 3) etwas freier Raum mitten in der Zeile. Vgl. Chron. pasch. 


y. 50, 17. 


219. de xal τῶν Tree. die Hs., vgl. 215. Ἄσπορες lautete, wie der 
Barb. beweist, der Name bei Hippolytos, danach etwas freier Raum auf 
der Zeile. Vgl. Chron. pasch. p. 59, 19ff. 


Text. 


Liber generationis I. : 
208. Insulae autem hae sunt 
quae habentes civitates: 1) Sar- 
dinia 2) Corsica 3) Girda quae 


et Benigga 4) Cercina 5) Galata. 
8) girba GC, benigna GC. 


209. Maurorum autem gentes 
eL inhabitatores hae sunt: 1) Mu- 
sulani 2) Tingitani 3) Caesari- 
enses. 

1) mosallani G, mosollanila C. 

210. Hispanorum autem gen- 
tes et inhabitatores hae sunt 
Tyranni et Turrenorum qui et 
Terraconenses: 1) Lysitani 2) Be- 
tici 3) Autriconi 4) Vascones 
5) Calleci, qui et Astures. 


hispanorum terrenorum (tirrinorum Q) 
terraconensium (terorconensium G) gen- 
tes et inhabitationes GC 5) galleci GC, 
gallici F. 

211. Insulae autem, quae perti- 
nent ad Hispaniam Terraconensem, 
ires sunt, quae appelantur Vallia- 
ricae. M habent autem civitates V 
has: 1) Ebuso 2) Palma 3) Pollen- 
tia, quae dicitur Maiorica 4) To- 
maene 5) Magone, quae appellantur 

210. An dieser sonst arg mißver- 
standenen Stelle geben GC annähernd 
den richtigen Wortlaut; v. Gut- 
schmids Versuch (a. a. O. 699), 
die Stelle zu heilen, geht fehl. 

211. Als Zusatz schon erkannt, 
vgl. Mommsens und Fricks Aus- 
gaben; v. Gutschmid (a. a. O. 669) 
hielt dies noch für echt. Die Ba- 
learen unter den νῆσοι μέγισται auch 
in den Laterculi Alexandrini, oben 
zu Hipp. 212. 


Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 


Liber generationis 1I. 


113 


114 


Chron. Alex. (Barbarus). 


192. Tallorum autem, qui et 
Narbudisii vocantur, gentes. et 
acolae sunt quattuor: 1) Lug- 
dunii 2) Bilici 3) Sicani 4) Ednii. 


193. Germanorum autem gen- 
tes et acolae sunt quinque: 
1) Marcomallii 2) Bardunii 3) Cu- 
adriü 4) Berdilii 5) Ermunduli. 


194. Sarmatorum autem gen- 
tes et acolae sunt Il: 1) Amaxo- 
bii et 2) Grecosarmates. 

195. Istas gentes et peregri- 
nationes eorum sicut dispersas 
sunt super terram. 


102. Der Vat. des Chron. pasch. 
schreibt p. 60, 3 τ᾽ ἄλλων, fand also 
den Namen ebenso verschrieben vor 
wie der Barbarus, vgl. Hipp. 153 
No. 3, 10, 12; 200 No. 22 u. 26. 

195. Der Text nimmt nur das 
mittlere Drittel am Ende der Seite 
ein, vorher und nachher ist je eine 
Zeile frei gelassen. Darauf folgt am 
Anfang der nüchsten Seite mit klei- 
neren Buchstaben die Überschrift: de 
ignotas gentes. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


220. άλλων δὲ τῶν καὶ 
Na{o)Bovönolov» καλουμένων 
ἔϑνη καὶ ἀποικίαι εἰσὶ τέσσα- 
Qec^ 1) “ουγδουνοί 2) Βελσι- 
xol 3) Xixavol 4) "Βόνοι. 

221. Γερμανῶν δὲ ἔϑνη καὶ 
ἀποιχίαι εἰσὶ πέντε" 1) Mapxo- 
μανοι 2) Βάρδουλοι 3) Κου- 
ἄδροι 4) Βέρδηλοι 5) Eouóv- 
δουλοι. 

222. Σαρματῶν δὲ ἔϑνη καὶ 
ἀποικίαι εἰσὶ δύο" 1) Auasoßıoı 
καὶ 2) [pıxooapuaralı). 

228. Ταῦτα τὰ ἔϑνη καὶ αἱ 
ἀποικίαι αὐτῶν. 


220. Hippolytos schrieb Σικανοί 
für Sequani und "Eóro, für Aedui, 
wie er 2) schrieb, bleibt zweifelhaft; 
1) AovyAovroi die Hs. Vgl. Chron. 
pasch. p. 00, 3. 

221. Fricks Identificierung der 
Bardunii (Barb. 193) mit den Vandali 
wird durch den Matr. bestätigt. 
Die Βέρδηλοι sind die Heruli, vgl. 
Riese, Geogr. Lat. min. 169, 33. 
Vgl. Chron. pasch. p. 60, 5. 

222. Vgl. Chron. pasch. p. 60, 7. 


Text. 


Liber generationis I. 


Minorica. harum inhabitatores fue- 
runt Chananei fugientes a facie Ihesu 
fli Nave. nam et Sidona qui con- 
diderunt, et ipsi Cananei Sidonii et 
qui Pannia condiderunt et ipsi Ca- 
nanei Gadis autem lebusei condi- 
derunt et ipsi similiter profugi. 

So die Hss. BFO ; dagegen fehit der Zu- 
satz in GC. Von nam et Sidona an so 
(aber conciderunt) F, nam et 8. q. c. ca- 
nanei fuerunt et qui panoniam condide- 
runt et ipsi similiter profugi (gadis — 
condiderunt /ehlt) O, sidonii et qui pannia 
cond. et ipsi cananei fehlt B, be:d 
wegen des Homoioteleuton. Der Zusatz rührt 
nicht ton dem Verfasser des Fredegarschen 
Corpus her. 


212. Gallorum autem Narbo- 
nensium gentes et inhabitatio- 
nes ....... 


213. ... 1) Amaxobii 2) Gre- 
cosarmatae. 


212. Lücke im Text, weil der Ab- 
schreiber von Γάλλων auf Σαρμά- 
τῶν übergesprungen ist. 


Liber generationis 1]. 


δλ 


9 


116 


Chron. Alex. (Barbarus). 

196. Et hoc mihi studium fuit 
significare tibi de ignotas gentes 
[et oppidos eorum], et nominatos 
montes et illos principales flu- 
vius, ut ne de hoc inmemor sis. 


197. Initiemus autem dicere 
de illas ignotas gentes ab oriente 
usque ad occiduum solis quo- 
modo habitant. 

198. Il Adiabini 
ultra Arabia interiore: 
autem ultra illos. 


habitant 
Tainaıı 


199. Alamosyni autem ultra 
Arabes in inferiore Arabia. 

200. Saccini autem ultra Ta- 
ones. 


196. Die Corruptel ἀγνώστων statt 
ἀναγνωσϑέντων (vgl. oben 174, unten 
197) kehrt hier, im Chron. pasch. 
p. 60, 9 und im lib. gen. wieder, 
stand also schon in den griechischen 
Texten beider Übersetzer. A. v. Gut- 
schmid (Kl. Schr. V 265) vermutete, 
daß der Barbarus zrt/ouata statt 
xAiuata las und deshalb mit oppi- 
dos übersetzte. 

19s. 199. Die Unterscheidung Ara- 
bia interiore — in inferiore Arabia 
scheint von dem Alexandriner her- 
zurühren. 


224. 228. Die Lücke ist sehr alt, 


lib. gen. I schon unsicher ist. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

224. Kal τοῦτο δὲ ἀναγκαῖοι 
ἔδοξέ uot δηλῶσαί σοι" τὰ κλί 
ματα τῶν ἀναγνωσϑέντων ἐϑ 
νῶν καὶ tà ὀνομαστὰ (61V. 
ὁρη καὶ τοὺς ἐπισήμους ποτα 
μοὺς τοὺς ἀποχέοντας εἰς τὴ. 
ϑάλασσαν, ὅπως μηδὲ τούτω. 
ἄπειρος ὑπάρχῃς. 

225. "ἄρξομαι οὖν λέγειν περ 
τῶν ἀναγνωσθέντων ἐϑνῶ, 
ἀπὸ ἀνατολῶν καὶ μέχρι óva 
μῶν, πῶς οἰκοῦσι. 

226. ᾿Αδιαβηνοὶ πέραν ταῖ 
AoaBor, Ταϊνοὶ xatavrıxp- 
αὐτῶν. 


227. ᾿Αλαμοσινοὶ (δὲ πέρ « 
τῶν Apàaforv: 

228. Σακχκηνοὶ) δὲ πέραν ται 
Ταϊνῶν. 








224. K größer und ausgerüce 
Auch dieser Übergang ist echt hipe- 
lytisch. Mit 223 ist der in der 
haltsangabe unter 3 zuerst am 
kündigte, 202 nochmals erwülz— 
und mit 203 beginnende Absch = 
über die ἀποιχίαι  abgeschlos s9 
Jetzt nimmt Hipp. die ebenfz 
schon einmal (202) angekündigt 
Beschreibung der χλίματα auf um 
fügt die Ankündigung der schon in 
der Inhaltsübersicht erwühnten Ab. 
schnitte über die Berge und Flüss 
(oben 4. 3) hinzu. Vgl. Chron. pasch 
p. 00, 9. 

225. Vgl. Chron. pasch. p. 60, ı( 
220. Vgl. Chron. pasch. p. 60, 1: 
weil die lateinische Übersetzun 


Vgl. Chron. pasch. p. 00, 14 u. 15. In qd« 


Text. 


Liber generationis I. 


214. Et hos autem necessa- 
rium fuit declarare tibi, ne igno- 
tarum gentium vocabula mon- 
tium et manifesta flumina igno- 


rares. 


hoc GC, statt tibi — et ibi B. vocab. 
montium ác, vocab. et gentes BF. 


215. Incipiam ergo dicere de 
gentibus ab Oriente. 


216. Adiabenici et Taieni 


contra Arabiam. 


azabenici C, adzabinicl G, taieni BO, 
tadeni F, taleni C, taeni G. contr. Arab. 
frhlt in GC. 


217. Saraceni. Saraceni alii 


ad Taienos contra Arabiam. 


alii ad T. O, alii ataienos B, alii et 
adenus F, 217 fehlt in GC gans, 








V 703) vermutet irrtümlich, daß in 
der Vorlage χλήματα stand und mit 
vocabula übersetzt wurde; es ıst 
vielmebr ὀνομαστά für ὀνόματα 
verlesen worden. 


214. A. v. Gutschmid (Kl. Schr. 


Liber generationis 1]. 


117 


Liste der «2 Völker 200 No. 31, Barb. XI steht Fapaxnvol. A. v. Gut- 
schmid (Kl. Schr. V 703) versteht unter den Yaxxnvoi die bei Ptol. V 15, 26 
in Σαχχαία wohnenden, von Steph. Byz. Xaxz5roí genannten Araber. Die 
227 Ἡλαμοσινοί genannte Völkerschaft heißt oben 200 No. 29, Barb. X 
Σαλαμοσηνοί, im lib. gen. No. 10 Alamosenni. 


118 


Chron. Alex. (Barbarus). 


201. Albani autem ultra Caspi- 
anorum portas. 


202. Madinii fortiores, qui 
expugnati sunt a Moyse, in Rubro 
maris. 


203. Illa autem modica Madian 
est ultra de illa Rubra mare, 
ubi regnavit Haguel et Iothor 
socer Moysi. 


204. Et ultra Cappadocia in 
dextera Ármenii et Birri et Bir- 
rani, in leva autem Scythi et 
Colchi et Bosporani. 


205. Sanni autem, qui dicun- 
tur Sanniggii, qui et usque Pon- 
tum extendunt, ubi est congre- 
gatio Apsari et Sebastopolis et 
Causo limin et Fasis fluvius. 


203. Vor et Iothor ist qui aus- 
gefallen; es fehlte schon in der Vor- 
lage des Barb. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


229. ᾿Αλβανοὶ δὲ πέραν τῶν 
Κασπίων πυλῶν. 


230. Madınvaloı δὲ οἱ μεί- 
Loves, οἱ πολεμηϑέντες ὑπὸ 
Μωυσέως ἐντὸς τῆς ἐρυϑρᾶς 
ϑαλάσσης οἰχοῦσιν. 

231. H γὰρ μικρὰ Μαδιὰμ 
πέραν ἐστὶ τῆς ἐρυϑρᾶς ϑα- 
λάσσης, ὅπου ἐβασίλευσε Ῥα- 
γουὴλ (6) καὶ Ἰωθὼρ, ὁ πεν- 
ϑερὸς Μωῦσέως. 

232. Καὶ πέραν δὲ τῶν Καπ- 
παδόχων εἰς τὰ δεξιὰ μέρη 
οἰχοῦσιν ᾿Αρμένιοι καὶ Ἴβηρες 
καὶ Βηρανοὶ, εἰς δὲ τὰ εὐώνυ- 
μα μέρη οἰχοῦσι Σχύϑες καὶ 
Κόλχοι καὶ Βοσπορανοί. 

233. Σαῦνοι δὲ οἱ λεγόμενοι 
Σάνιγγες, οἱ ἕως τοῦ Πόντου 
ἐχτείνοντες, ὅπου ἐστὶ παρεμβο- 
λὴ ᾿ἄψαρος (xal Σεβαστόπολις" 
καὶ Ὕσσου λιμὴν (62 Β.) καὶ 
Φάσις ποταμός. 


229. Vgl. Chron. pasch. p. 60, 16. 
230. Vgl. Chron, pasch. p. 60, 17. 
231. "Payovrà xal Ἰωϑὼρ die Hs.; 
es ist 7 für v», A für « verlesen 


und danach ὁ ausgefallen; da ὁ auch schon in der Vorlage Barbarus 
fehlte, so ist die Lücke sehr alt. Die Angabe stammt aus Exod. 2, 16ff. 


Vgl. Chron. pasch. p. 60, 19. 


232. ἁρμένιοι die Hs. Vgl. Chron. paseh. yp. ΟἹ, 3. 
233. Σαΐύνοι und Σάνιγγες, nicht X&vvoi und Σαύιγγες die Hs, vgl. 


oben 200 No. 63, Barb. XXXVII Zaövoı, Sanni. — xai Σεβαστόπολις er- 
günzt nach den Übersetzungen und Chron. pasch. p. 61, 0. Zu zagtu- 
βολὴ Ayapos vgl. Arr. per pont. eux. 7, die Citate bei Müller zu der 
Stelle (Geogr. Gr. min. I 373) bei Pauly-Wissowa u. d. W. und dazu 
die Angabe aus der Schrift über die zwölf Apostel, Lipsius, Die apo- 
kryph. Apostelgesch. I. S. 560, Anm., die mit Hipp. wörtlich stimmt. 


Text. 119 


Liber generationis I. 

218. Albani contra filas Cas- 
pias. 

fyas B, figias F, pilas O. 

219. Madianitae maiores, quos 
expugnavit Moyses, inter Meso- 
potamiam et mare Rubrum. 

maioyses Β΄. 

220. Minor autem Madiam est 
contra mare Rubrum iuxta Ae- 
gyptum, ubi regnavit Rauel socer 
Moysi, qui et Iothro. 

ragohel F, getthor F. 

221. Contra Cappadoces a parte 
dextra Armenii, Hiberii, Birra- 
ni x « κ x Scytae, Colchi, Bos- 
forani. 


222. Sani, quiappellantur San- 
nices usque Pontum extenden- 
tes, ubi est accessus Absariis et 
Sebastopolis et Yssi limen quod 


est portus et Pasius flumen. 


sammi GC. absarus CF, absurus €, 
passius C. 


220. Den Zusatz πλησίον Αἰγύπτου 
hat auch der Osterchronist p. 61, 1. 


Liber generationis II. 


120 


Chron. Alex. (Barbarus). 


206. Usque ad Trapezuntum 
extendunt istas gentes: in leva 
autem parte Nauthi et Labooti. 

207. Montes autem sunt nomi- 
nati duodecim interraexcepto illum 
deo spiratum montem Sina sic: 1) Li- 
banus in Syria inter Biblo et 
Biryto 2) Caucasus in Scythia 
3) Taurus in Cilicia et Cappa- 
docia 4) Aulas in Libya 5) Par- 
nasus in Focida 6) Citherus in 
Byotia 7) Elicus in Teumiso 
8) Parthenius in Eubya 9) Nys- 
seus in Árabia 10) Lycabantus 
in Italia et Gallia 11) Pinnius 
in Chio, quiet Mimas 12) Olym- 
pius autem in Macedonia. 


Nach einem ‚Zwischenraum von 1 Zeile 
folgen durch ein Spalium von 8 Zeilen ge- 





206. i. l. autem etc. ist ein Zusatz 
der alexandrinischen Bearbeitungen 
des Hippolytos, den der vom Barba- 
rus übersetzte Alexandriner hier, der 
im Chron. pasch. benutzte p. 57, 14 
Ναισϑοὶ οἱ καὶ Ναβῶται am Schlusse 
der Liste der 72 Völker nachträgt. 
A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V 686, 
104) hält den Zusatz für ursprüng- 
lich zum Diamerismos gehörig und 
sucht beide Völker unter den von 
Ptolemäus genannten afrikanischen 
nachzuweisen. Beides scheint mir 
verfehlt. 

207. AmAnfang liegt ein selbstän- 
diger Zusatz des Alexandriners vor, 
den der Barb. übersetzte: Hippolytos 
hatte 9) Naroaio» mit dem Sinai iden- 
tificiert, was in dem Text des Barb. 
übergangen wird. Mit Matr. stimmt 
der Vind. 171 und der Chron. pasch. 
p. 601, 18 benutzte Alexandriner. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 

234. Kal ἕως Τραπεζοῦντος 
olxovcı xol παρεχτείνεται τὰ 
ἔϑνη ταῦτα. 

235. -Ε Ὄρη δὲ ὀνομαστά εἰσιν 
ἐν τῇ γῇ δώδεχα" 1) Λίβανος 
ἐν τῇ Συρίᾳ μεταξὺ Βύβλου 
χαὶ Βηρυτοῦ 2) Καύχασος ἐν 
τῇ Σχυϑίᾳ 3) Ταῦρος ἐν τῇ 
Κιλικίᾳ καὶ Καππαδοχίᾳ 4) 
Ἄτλας ἐν τῇ Λιβύῃ ἕως τοῦ 
μεγάλου ποταμοῦ 5) Παρνασὸς 
ἐν τῇ Φωχίδι 6) Κιϑαιρὼν ἐν 
τῇ Βοιωτίᾳ T) Ἑλιχὼν ἐν τῇ 
Τελμισῷ 8) Παρϑένιον ἐν τῇ 
Εὐβοίᾳ 9) ΜΝαυσαῖον τὸ καὶ 
Σινᾶ ἐν τῇ Αραβίᾳ 10) Avxa- 
βαντος ἐν Ἰταλίᾳ καὶ Γαλίᾳ 
11) Πίνιον, ὁ καὶ Miuas ἐν τῇ 





234. Danach eine Zeile frei in der 
Hs. Vgl. Chron. pasch. p. 61, 7. 

235. Ὄρη — δώδεχα Überschrift 
in größeren Buchstaben. 1)—4), 11) 
u.12) εἰς τὴν die Hs. ; nur von 5)—10) 
steht richtig ἐν τῷ d^. u. s. w. Bei 4) 
wird der Zusatz durch Vind. 171 als 
echt erwiesen; v. Gutschmid (KI. 
Schr. V 706) wollte ἕως τοῦ ue- 
γάλου πόρτου verbessern. 7) Τελ- 
μισός = Tevugooóc Berg und Stadt 
in Böotien. 10) Mit dem Namen 
des attischen Lykabettos werden 
hier die Alpen bezeichnet. — Von 
235 an ist der Text des Matr. schon 
bei E. Miller, Journ. d. Sav. 1844, 
S. 303 ff und bei C. Müller, Geogr. 
Gr. min. I 427, Anm. gedruckt. Das 
Chron. pasch. verlegt 10) nach Chios; 
11) weil darunter der Apennin ver- 
standen wird, nach Italien, 8) nach 
Thrakien. Hipp. meinte mit 11) die 


Text. 


Liber generationis I. 


223. Usque Trapezunto exten- 
duntur hae gentes. 


224. Montes autem sunt no- 
minati XII: 1) Libanus 2) Cau- 
casus 3) Taurus 4) Athlans 
9) Parnasus 6) Cityron 7) He- 
licon 8) Parthenius 9) Nisa 
10) Lucabantus 11) Pennius 
12) Olympus. 

1) nennen GC. hier; BFO erst nach 12). 


6) citheron GC 11) s» GC, penitus B, pen- 
thus F, peninus O. 


121 


Cod. Matr. gr. $4 und Cod. 
Vind. phil. 171. 

Matr. gr. 54 fol. 122: Εἰσὶ δὲ 
oon διάφημα καὶ μεγάλα ιβ. a 
(Λίβανος). β Καύχασος, y Ταῦ- 
ρος, d AyAac, € (Avxaßavrog?), 
5 Πήλιον, 5 Παρνασός, ἢ Ki- 
ϑαιρον, 9 (Eiıxov), t Παρϑέ- 
vıov, ta. ᾳυσαῖος, ıB Ὄλυμπος. 

Vind. phil. 171 fol. 381. Ὄρη 
ovouaora φασι iB [xci λέξεις 


τοῦ Ἰώβ] 1) Λίβανος ἐν τῇ Xv- 
ρίᾳ 2) Καύχασος ἐν τῇ Xxv- 
ϑίᾳ 3) Ταῦρος ἐν τῇ Κιλιχίᾳ 
xai τῇ Καππαδοχίᾳ 4) Arias 
ἐν τῇ Διβύϊ ἕως τοῦ μεγάλου 
ποταμοῦ 5) Παρνασὸς ἐν τῇ 


Diese beiden Hss. enthalten aus 
der Chronik des Hipp. nur das 
Berge- und Flüsseverzeichnis, das auch im Chron. pasch. p. 61, 9ff vorliegt. 
Vind. 171 enthült überdies noch die Hipp. 238, 239 entsprechenden Ab- 
schnitte. Im Matr. 84 stehen die Berge, im Vind. 171 die Flüsse zuerst, 
vgl. Anm. zu l. g. 14, 5. Das Stück aus Matr. 84, einer größtenteils von 
K. Laskaris geschriebenen Miscellanhandschrift, hat Iriarte (Codd. Gr. 
reg. bibl. Matr. p. 343) vermutlich nicht ganz correct abgedruckt, die Hs. 
habe ich nicht verglichen. Die Namen der Flüsse sind bei Ir. in 4 Columnen 
zu dreien angeordnet, die der ersten Columne und der erste Name des 
Flüsseverzeichnisses sind ausgefallen, die Zahlen stehen jedoch bei Ir., der 
also wahrscheinlich die Namen nicht lesen konnte. Die Ordnung ist etwas 
gestört, c ist verschrieben oder verlesen für Πίνιον. 

Der Vind. 171 fol. 380ff ist teils von Schubart, Ztschr. f. d. Alter- 
tumswiss. 1841, S. 3001f, teils nach einer Abschrift Büdingers bei À. v. Gut- 
sch mid a. ἃ. O. 8. 705 abgedruckt. Die Hs., die ich verglichen habe, ist, 
wie Nessels Katalog richtig angibt, eine Papierhandschrift —- nicht Perga- 
ment, wie Büdinger meinte, der einiges verlas. Es ist eine gute Minuskel 
des 14. Jhdts.; wie eine Notiz auf fol. 2 R oben angibt, ist die Hs. von 
Busbecq in Konstantinopel (er war von 1554—1502 dort: gekauft. Sie 
enthält fol. 1—355 V. ein griechisches Lexikon, auf dessen 15 ersten Folien 
interlinear slawische Glossen eingetragen sind. Darauf bezieht sich der Ver- 


192 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matntensis. 


irennt und von einem solchen von 5 Zeilen » ^ - _ 
gefogt, auf 2 Zeilen verteilt dieselben Namen Χίῳ 12) Ολυμπος ἐν 7 Me 


selben Reihenfolge als Überschriften zu "la. 
Bildern. Var.: 4) atlanticus 7) eliconius. x£óo1 ἰᾳ 


Πελινναῖον und Míua; genannten 
Berge auf Chios. Vgl. Chron. pasch. 
p. 61, 9ff. 
Dafür, daß dieses Berge- und 
Flüsseverzeichnis auf antike Schul- 
büchertradition zurückgeht, liegt 
jetzt der Beweis durch die auf einem Papyrus ptolemäischer Zeit erhaltenen 
Laterculi Alexandrini (Diels, Abhdlg. d. Berl. Akad. 1904) vor. Die Be- 
nutzung solcher Literatur hat eine Parallele in der Schrift xar. neo. 
αἱρέσ., in der, wie Diels, Doxographi Graeci, Berlin 1879 zeigte, 
in den beiden ersten Büchern eine aus antiker Überlieferung stammende 
διαδοχὴ der Philosophen und eine Sammlung von deren δόξαι be- 
nutzt ist. 


Das Bergeverzeichnis in dem die Laterculi enthaltenden Papyrus 
lautet Col. 10, 1; Diels p. 11: Ὄρη μέγιστα" 1) Ἵμαον' τοῖτο ἐν [τ] Ἰνδιχῷῶ 
2) Καυχάσια ὄρη 3) Τα[ὔ᾽ ρ[ος] ὁ διατείνων μέχρι τῆϊς a ἀἸνατολῆς 4) Πυρή;- 
vn ἕν τῷ Ἰβηρίᾳ 5) Ἀλπιανὰ ὄρη ἐν τῇ “ιγυστιχῇ 0) Ῥιπαῖα ὄρη ἐν τῇ 


Κελτιχῷ τ) Ὄλυμπος ἐν Μακεδονίᾳ 8) ἄϑως 9) Ὄσσα 10) Ilf Autor ...... ; 
11) ἐν vj Opaxy "Plodöan 12) ἐν [τῇ] Πείλοπονν)ήσῳ (Kv]AAg(vg 13) ἐνὶ 
Aaxedaluovı (Tajóyevor 141 K...... BEITOV eee Ai) Col. 11. 


βανος καὶ ᾿Αντιλίβανος, Jdiv[6]vuuog. Zwischen Asırov und Aißavos fehlen 
12 Zeilen (17—29); 14) steht auf derselben Zeile 15 wie Ταύγετον, λειτον 
auf der folgenden 10.; der antike Katalog ist also viel reichhaltiger, als 
der bei Hippolytos benutzte (vgl. das Flüsseverzeiehnis unten S. 124, von 
dem das Gleiche gilt". 


Text. 123 


Liber generationis I. Cod. Matr. gr. 81 und Cod. 
Vind. phil. 171. 

Φοωχίδι 6) Κιϑαιρὼν iv τῇ Βοι- 
otl« 7) Ἑλικὼν ἐν τῇ Τελμη- 
σῷ 8) Παρϑένιον ἐν τῇ Ev(B\oı 
9) Παυσαῖον τὸ καὶ Σινᾶ ἐν 
τῇ Apaple (381 V.) 10) Πήνιον 
καὶ Μεμᾶ ἐν τῇ Χίῳ 11) Av- 
χάβαντος ἐν ᾿Ιταλίᾳ xal ΠΤ αλίᾳ 
12) Ὄλυμπος ἐν τῇ Μακεδονίᾳ 
[13) ἄϑως, ὅρος Θράκης καὶ 
Σάμος 14) Πήλιον ἐν Θεσσα- 
Ala Πιερία ἐν τῇ Maxedoviu 
xai Προχόνησοεϊ. 

Hierauf folgt mit ἦν ἀντὶ τοῦ ἤμην, f ἥτις 


beginnend der Schluß der λέξεις, die Vind. 
171 übrigens enthält. 


merk von später Hand fol. 1: λέξι- 

xov βουλγαριχὸν (vgl. Kopitar He- 

sychii glossogr. discipulus et ἐπι- 

γλωσσοστὴρ Russus Wien 1839, der 

den Codex zu früh ins 11./12. Jhdt. 

datiert). Auf fol. 355 V. bis 380 R. 
stehen Specialwörterverzeichnisse zur Bibel und zu den Onomastica 
sacra Gehöriges, fol. 351 V. folgen abermals biblische Wörterverzeichnisse. 
Dazwischen stehen von fol. 380 V. bis fol. 381 V. das Flüsse- und Berge- 
verzeichnis, deren Überschriften, wie die Anfangsbuchstaben der Worte 
und die Interpunktionen in dem Lexicon rot geschrieben sind. Fol. 381 V. ff 
stehen Specialwörterverzeichnisse zu Job (dessen Überschrift unter die 
der Bergeliste oben S 121 geraten ist), zu den Paroimiai und zu den 
Propheten. Fol. 394 V. endet die unvollständige Hs. mit dem Anfang 
einer Liste von Wörtern, die je nach der Betonung verschiedene Be- 
deutung haben. 

Wie Samos und Prokonnesos an das Ende der Bergeliste geraten 
sind, zeigt A. v. Gutschmid, Kl. Schr. V 708; der Athos und Pelion 
sind Zusätze aus einem vollständigeren Verzeichnis, vgl. das neben- 
stehende der Lat. Alex. 


121 
Chron. Alex. (Barbarus). 


208. Significantes autem no- 
mina montium terrae necesse 
est de illos principales fluvios 
nuntiare tibi. 


209. Fluvii autem sunt no- 
minati quadraginta: 1) Indus, 
qui vocatur Fison et 2) Nilus, 
qui vocatur Geon 3) Tigris et 
4) Eufrates 5) lordanis 6) Ci- 
fissus 7) Taneus 8) Isminius 
9) Erymanthus 10) Alyus 11) 
Assopus 12) Thermodus 13) Era- 
simus 14) Rius 15) Borysthenus 
16) Alfius 17) Taurus 18) Euro- 
tus 19) Meandrus 20) Axxius 
21) Pyramus 22) Orentus [Da- 
nubius] 23) Ebrus 24) Saggarius 
25) Achelmus 26) Pinnius 27) 


209. Die Namen stehen in der Hs. in 





A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


236. Δεδειγμένων οὖν τῶν 
ὀνομάτων τῶν δώδεχα ὀρέων 
τῆς γῆς ἀναγχαῖόν ἔστι καὶ 
τοὺς ἐπισήμους ποταμοὺς δη- 
Ao0aí σοι. 

237. Ποταμοὶ ovv εἰσιν ὀνο- 
μαστοὶ τεσσαράχοντα ἐν τῇ γῇ 
οὕτοι" 1) Ἰνδὸς 6 καλούμενος 
Φισών (62 V.) 2) ΜΜεῖλος ὃ xa- 
λούμενος Γηών 3) Τίγρις 4) 
Βυφράτης 5) Ἰορδάνης 6) Kı- 
φησός T) Τάναϊς 8) Ισμηνός 
9) ᾿Ερύμανϑος 10) “Ἵλυς 11) 
Alcoros 12) Θερμώδων 13) 
Ἐρασῖνος 14) Ῥεῖος 


15) Bo- — 


ρυσϑένης 16) Αλφειός 17) Tav-— 
qoc 18) Εὐρώτας 19) Meavdpos 
20) Agıos 21) Πύραμος MT 
Ooértgc 23) Ἔβρων 24) Xay— 


230. A größer und ausgerückt. Vgl. 





Hipp. περὲ τοῦ ἀντιχρίστου c. 94 de— 
δειγμένων οὖν τῶν ῥητῶν τούτων tij 
τε φυλῆς καὶ τῆς ἀναδείξεως αὐτοῦ καὶ tij; ἀναιρέσεως, τοῦ δὲ ὀνόματος μυστι 
κῶς σεσημασμένου, ἴδωμεν καὶ τὴν πρᾶξιν αὐτοῦ. Vgl. Chron. pasch. p.61, lie 
237. Die Namen sind in 4 zeilenweise zu lesenden Columnen ge — 
schrieben. 9) Θρύμαντος die Hs. 14) bezeichnet den jetzt Rion genannter 
Phasis, vgl. C. Müller, Geogr. Gr. min. 1427, Anm. 39) unbekannt, viel — 
leicht nur andere Schreibung von n anders, schwerlich aber richtig ge - 
deutet bei A. v. Gutschmid a. a. O. 8. 709. Vgl. Chron. pasch. p. 61, 16 
In den Lat. Alex. lautet das Verzeichnis Col. 11, 3: Horauoi οἱ μξ - - 
γιστοι 1) Er τῇ Ἰβηρίᾳ Páóavog ὁ χατὰ Μασσαλίαν 2) Τέβερις ὁ zor = 
Ῥώμην 3) Ἠριδανὸς ὁ εἰς τὸν Ἀδρίαν 4) Ἴστρος, ὁ διὰ Θράκης 5) Boge-7 : 
σϑένης ὁ διὰ τῆς Σκυϑίας 0) Tüvalıls ἐξ Ὑπερβορέων 7) Ὕπανις ὁ δι. «ἡ 
Kui (e ]eotoov 8) Φᾶσις ὁ διὰ Κόλχων 9) Θερμώδ[ω)]ν ὁ διὰ τῆς Alual => 
γικῆς 10) Ἅλυς διὰ Καππαδόχων 11) Εὐφράτης 12) Τίγ]ρις καὶ Hao 4- 
yo; 18) Ὑδάσπης 14) Aoá£y[c ὁ] διὰ S Σαρματίας 15) "Axe[oivgc] 16 ΚὠώπΖ5 
17) Tayyns 18)...... 19) Βοσίτρῃνος, 7. 22—28 fehlen. Z. 29) .... Aor «x- 
pé (Col. 12, 1)oag δι᾿ Aldıoniaz|. ἐν Παμφυλίᾳ διαρ[ρεῖ δι᾽ Μ]σπένδου πο- 
τα[μὸς Εὐρυμέδων. Es folgen die χρηναὶ χάλλισται und die λίμναι. vgl. 
zu diesen Listen überhaupt Vibius Sequester, Riese Geogr. Lat. min. 145 f 


J zeilenweise zu lesenden Columnen. 


Text. 


Liber generationis [. 


Flumina autem sunt mag- 
nominata XL: 1) Idos, 
Fison 2) Nilus, qui et 
3) Tigris 4) Eufrates 
lanis 6) Cefisos 7) Tana 
enos 9) Erymanthus 10) 
(11) Asopus 12) Thermo- 
3) Erasinus 14) Rius 15) 
henes 16) Alfeus 17) Tau- 
8) Eurota 19) Meander 
rmus 20) Axius 21) Pyra- 
(9) Baius 23) Hebrus 24) 
aus 25) Achelous 26) Pe- 
) Ebenus 28) Sperchius 





Statt Orentes, Hipp. 22) steht 
rmus, auch die Reihenfolge 
as anders, wie die vorge- 
denen bei Hipp. entsprechen- 
fern lehren. 





125 


Cod. Matr. gr. 84 und Cod. 
Vind. philos. 171. 


Matr. 84 Ποταμοὶ μέγιστοι 
οὗτοι & {Φεισὼν 0) [xal Aov- 
ναβις] B Γαιὼν ὁ καὶ Νεῖλος 
γ Τίγρις ὃ Εὐφράτης [ἰδοὺ τοῦ 
παραδείσου οἱ τέσσαρες] € Ta- 
voice ς Mnvıog C ᾿Αχλὺύς ῆ "Ao- 
σωπός ϑ Θερμωδών t Ἔρα- 
τεινὸς τὰ Ῥοὸς ιβ Βορυσϑένης 
J Πομφειός ıd Ταῦρος τὲ Ev- 
ρότης τς ΜΈένανδρος εξ Ἑρμός 
τὴ Avgeiog ı$ Πύραμος χ Βιός 
xa Evgos χβ Σαγαριός ΧΥ Ays- 
λιός κχὸ Πηνειός χε Εὐῖνος 
x Σπερχειός xt Ἰστρός xn) Σι- 
μόεις χϑ Σχάμανδρος 2 Τύρ- 
μον λα Παρϑένιος λβ Ρανεός 
AY Ζέτης λό Ῥοδάνος As Hoı- 


Im Matr. S4 sind die Namen sehr 
entstellt und oft nur durch die Par- 
allelüberlieferung kenntlich; Iri- 
arte hat wohl manches verlesen. 
Die Nummern Hipp. 5) 6) 9) 39) feh- 
len; Hipp. 34) Istros fehlt ebenfalls; 


nämlich Torpög verschrieben statt Κάϊστρος, als 37. und letzter 
eht statt Istros Jovvaßıs, der fälschlich auch schon am Anfang 
bist. εζ steht wie lib. gen. I statt des Ὀρέντης -- Ἑρμός. Aya- 
st mittelalterliche Bezeichnung für die Araber; die folgenden Na- 
id die nach dem Gehór geschriebenen arabischen (vgl. A. v. Gut- 
d a.a. O. 716). Bei c ἃ. 8) ist in beiden Hss. der Anlaut 7o wegen 
hergehenden T&valC verloren gegangen. 

Zusätze zu 1) 11) und 12) im Vind. 171 sowie die seltsame Form 
) versucht A. v. Gutschmid 711, hinter diesen Worten zu viel 
amkeit vermutend, zu erklären. Zu dem Zusatz bei 35) vgl. die 
bei A. v. Gutschmid 712 und Galen. de san. tuend. 1 10 Kühn 
Ráteelhaft bleibt der statt Borysthenes stehende Name 15). — Die 
erwandtschaft des Vind. 171 mit Hipp. bewährt sich auch in dem 
S. 129 abgedruckten Stück; hinter vexo« ist anderes, nicht aus 
ttammendes hinzugefügt. A. v. Gutschmid 714 verbessert darin 


126 
Chron. Alex. (Barbarus). 


Euginus 28) Sperchius 29) Gau- 
strus 30) Semoius 31) Scaman- 
drus 32) Styramus 33) Par- 
thenius 34) Istrus 35) Rinus 
36) Betus 37) Rodanus 38) Eri- 
danus 39) Beus 40) Thubiris, 
qui nunc vocatur Thubiris. fiunt 


simul flumina currentes XL. 
Darauf folgt freier Raum von 2 Zeilen; 
hierauf die Beischrift eines Bildes: arbor 
vitae | fluens aquas, dann freier Raum von 
6 Zeilen und am Ende Seite in der 
Schrift des Tertes: maria et flumina con- 
venientes in semet ipsis dant voces. 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codex Matritensis. 


γάριος 25) ᾿Αχελῷος 26) Πινει- 
og 27) Βύηνος 28) Σπερχιός 
20) Κάυστρος 30) Σιμόεις 31) 
Σχάμανδρος 32) Στρυμών 33) 
Παρϑένιος 34) Ἴστρος 35) Ῥῆ- 
νος 36) Βαίτης 37) Ῥόδανος 
38) "Hoidavog 39) Βαῖος 40) 
Θούβηρος ὁ νῦν καλούμενος 
Τιβέρης. ὁμοῦ ποταμοὶ; u. 


238. Οὗτοι οὖν οἱ ποταμῷ! 
περιεχόμενοι τῇ γῇ. 


-- 


238. οἱ περιερχόμενοι τὴν γῆ 
C. Müller a. ἃ. O. περιχεόμενθ! 
v, Gutschmid a. a O. 712. 


Text. 


Liber generationis ]. 


29) Cayster 30) Simois 31) Sca- 
mander 32) Stryfon 33) Par- 
tenius 34) Ister Ilurius qui et 
Danubius 35) Rhenus 37) Rho- 
dannus 36) Betis 35) Heridanus 


qui est Padusas: Eridanum Altino 


dicunt esse ubi Feton dicitur condi- 
disse 40) Thember, qui nunc 
dicitur Tiberis. 

XLI BF 1) indos O 11) osopus C, oso- 
pos G 23) hebron B, ebras F 24) sagga- 
rius C 25) achlelous B, acelbus F 26) pen- 
nius GC 27) euerius F, eueus GC 29) 
caixor O 32) strimon GC 88) qui est — 
condidisse fehlt inBF. In C isl die Reihen- 
folge 1—91. 23. 25. 27. 29. 31. 38. 85. 37. 
Fehl 9— 3). 24. 26. 28. 80, 82. δέ. 86, 38. In F 
t hit 


nach Gen.2,11: Φεισὼν γὰρ Εὐειλὰ τὴν Ἰνδικὴν κυιχλεῖται γῆν. 


127 


Cod. Matr. gr. 84 und Cod. 

Vind. philos. 171. 

davos ἃς Σύβρις AC dovvaßız. 

[“᾿γαρηνοὶ καλοῦσι τοὺς ó πο- 

ταμοὺς οὕτως" ἃ Σιανὶ ὃ καὶ 

Γαιών β Σπιαχὰμ ὁ καὶ Φυσών 

y Τεψιλὴ ὁ καὶ Τίγρις ὃ Ὀλ- 

φερὰ ὁ καὶ Εὐφράτης.) 


Darauf folgt ein Verzeichnis der 11 νῆσοι 
pezıorıı aus. Ptroleindus, 


Vind. phil. 171 fol. 380 V. Ovo- 
ματα ποταμῶν. 0UG λέγουσιν 
ὀνομαστούς" 1) Ἰνδὸς, ὃν κα- 
λοῦσι Φεισὼν [xal Γάγγην καὶ 
Ta varv καὶ (Ὀ)ρέντην] 2) Ner- 
λος, ὁ καλούμενος Γεών 3) Τί- 
roıs 4) Ὑφράτ ς [ὁ καὶ 4άν- 
νουβις)] 5) log avc 6) Kn- 
φισσός͵ 7) Τάναις ͵δὲὺὲ Mavic 
9) Θρύμαντος 10) “ἅλυς 11) 
Aoonog [ἐν Βοιωτίᾳ φϑιδιγὰ 
12) Θερμουδὼν [dv , Kogiv8 o 
13) ’Eoacıwos 14) Ῥειός 15) 
Ἠμαϑὸς 16 Alpeıog 17) Ταῦ- 
ρος 18) Βυρώτας 19) Melav- 
ὄρος 20) ᾿“ξειός a Πύραμος 
22) Ὀρέντης .23) "E, Bow» 24) 
Αὐγάριος 25) Ἀχελῶος 26) Πη- 
νειός 27) Εὐηνός 28) ZREEXELOG 
29) ‚Kavoroos 30) Σιμόεις 91) 
Σχαμανδρος 32) Στρυμών 33) 
Φϑίγαλις 34) Ἴστρος 85) Ῥῆ- 
γος [ὃς λαμβάνων τοὺς τῶν 
βαρβάρων νόϑους παῖδας κτεί- 
νει) 36) Βέτης 37) Ῥωδανός 
38) ᾿Πριδανός 99) Βαιός 40) 
Θοῦβρις (381 R.) ὁ καλούμενος 
Τιβέριος. 

4) Das E wegralliert. 

Οὗτοι τοίνυν οἱ u ποταμοὶ 
περιέρχονται τὴν γῇ». 


Die Be- 


merkung über den Ἀρσινόης ποταμὸς bezieht sich auf dessen Erwäh- 


nung bei Hipp. 188. 


T. 


128 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 


239. Φασὶ δέ τινες doxovv- 
τες ἔμπειροι εἶναι, ὅτι οἱ πρῶ- 
τοι ὅ, οἱ μεγάλοι ποταμοὶ, οἷον 
Φισὼν, Γηὼν, Τίγρις, Εὐφρά- 
ns ἀχατάληπτοι μέν εἰσι, πό- 
ϑὲν ἢ πῶς ἐξέρχονται μὴ εἰ- 
δέναι Tıva. λέγουσι δὲ τοῦτο, 
ὅτι ὅτε πλημμυρεῖ Γηὼν ὁ κα- 
λούμενος Νεῖλος, ὁ ποτίζων 
(63R.) πᾶσαν γῆν “Αἰγύπτου 
καὶ Aldıorlas, οἱ τρεῖς ἄλλοι 
λήγουσι" ἐπὰν δὲ οὗτος μειωϑῇ. 
ἐχεῖνου ὑπερυψοῦνται τοῖς 
νάμασιν. διὸ χαὶ τὰ ὕδατα 
αὐτοὶ ὁμοχροοῦσιν᾽ ὁ γὰρ Ἶορ- 
δάνης λευχώπιδα σύρει τὰ κύ- 
ματα καὶ ἀποχέει ἐν τῇ πρασίᾳ 
ϑαλάσσῃ, ἧτις καλεῖται νεχρά. 

240. Δεδειγμένων οὖν τού- 
τῶν τὸ φιλομαϑὲς καὶ σπου- 
δαῖον ἀγάμενος τῆς σῆς ἀγάπης, 
ἀδελφὲ τιμιώτατε, ἔδοξέ μοι καὶ 
τὸν τῆς μεγάλης ϑαλάσσης στα- 


—— MM — —— — — —— —  -ν-----Ὀς---.,-Ἐ-.-- ο-- -- — —— — — — - - - ὦ -- -Ξ.Ξ-.-.-----.-.-.-.-- Ἀ- ἧ«Κτ 


239. 6 μὴ εἰδέναι klammert Ν ἢ] - 
ler ein und schreibt dann λέγουσι 
δὲ xal τοῦτο, behält dagegen 11 τρεῖς οὗτοι und 15 αὐτοῦ der Hs. bei und 
schreibt mit E. Miller 16 λευχώπια für λευχώπιδα. 15 οὗτοι v. Gut- 
schmid 713, was ich nicht für notwendig halte. Derselbe bemerkt rich- 
tig, daß hier wie oben Hipp. 51 ein Dichter benutzt ist. E. Miller 
führt (a. a. O. S. 304 Anm. 2) eine verwandte Stelle aus Tryphiodoros v. 392 
an: x«l dt πορφύρεον uiv ἑλίσσεται ἔνδοϑι πύργων Aluatos ἐχχυμένου 
πέλαγος xal χῦμα qórow. Der Synkellos (p. 675, 3) gebraucht, wo er 
die Werke des Hippolytos aufzählt, eine ähnliche Ausdrucksweise: xal 
συντόμως φάναι ϑεοφράδης ποταμὸς τῇ ἐχκχλησίᾳ ζώντων ναμάτων γέ- 
7ort .... Am oberen Rande von 603R. iet eine Kritzelei von späterer 
Hand, die λείπει φύλλον zu bedeuten scheint, dann aber, da sich der 
Schreiber überzeugt hatte, daß nichts fehle, wieder weggelöscht wurde. 
240. 3 ἀγάμενος die Hs., Müller &yeuévo. — 7 ἐπαχριβέστατα die Hs., 
Müller ἀχριβέστατα. — Nach 9 ἀρξάμενος fügt M. οὖν ein und setzt 


10 


15 


C 


Text. 129 


Liber generationis I. Vindob. philos. 171 fol. 381 R. 

Φασὶ δέ τινες δοχοῦντες Eu- 
πειροι εἶναι, ὅτι οἱ πρῶτοι τέσ- 
σαρες καὶ μεγάλοι ποταμοὶ. ὃ 
τε Φεισὼν, ὁ Γεὼν, ὁ Τίγρις καὶ 
o Εὐφράτης ἀχατάληπτοι μέν 
εἰσιν, καὶ πόϑεν ἢ πῶς ἐξέρ- 
χονται μὴ εἰδέναι τινά. λέ- 
γουσι δὲ τοῦτο, ὅτι OTE πλημ- 
μυρεῖ o: ποταμὸς Νεῖλος οἱ 
ἄλλοι τρεῖς λείπουσιν οὗτος 
γὰρ ποτίξει πᾶσαν Αἴγυπτον 
καὶ Aldıoniav‘ ἐπὰν δὲ οὗτος 
ἐλαττωϑῇ, ἐχεῖνοι ὑπερυψοῦν- 
ται τοῖς νάμασι. διὸ χαὶ τὰ 
ὕδατα αὐτῶν [ovy] ὁμοχροοῦσι" 
ὁ γὰρ Ἰορδάνης λευχότερα σύ- 
Q& τὰ κύματα καὶ ἀποχέει ἐν 
τῇ πρασίᾳ ϑαλάσσῃ, ἥτις xa- 
λεῖται νεχρά. [ὁ δὲ Εὐφράτης 
ἔστιν ὁ Δάννουβις, Φεισὼν γὰρ 
Εὐείλα τῇ Ἰνδικῇ καλεῖται γῇ 
τὸν Apoıwonv ποταμὸν πρό- 
τερον μὲν ὑπάρχοντα ὡς Alu- 


—— — — — [u [un ———— — —— —— — — — — — —— 


vorher Punkt. — Nach 10 Φαρίτιδος fügt M. mehrere Zeilen ein — vor 12 
τῆς Εὐρώπης setzt er τὰ hinzu, schreibt statt 13 Χαλχηδόνι — Χαλχη- 
dovig. — Statt 15 ϑέλων πάντας xv. schlägt M. vor: ϑέλων de πάντας 
a. c. ἐμφανιῶ xal .... und 19 yodırw δὲ oder γράψας xal τῶν νήσων x2. 
Alle diese Änderungen sind unnötig und beseitigen die Hipp. eigentüm- 
liche Ausdrucksweise. Auch die Unvollständigkeit dieser Inhaltsangabe 
des Stadiasmos ist charakteristisch; die äußersten Endpunkte nach den 
vier Himmelsgegenden genügen übrigens. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 () 


130 


Taf. VW). 


τ' 4). 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). 


Codex Matritensis. 
διασμὸν ἤτοι περίπλουν δηλῶ. 
σαί σοι ἐπαχριβέστατα, ὅπως 
χαὶ τούτων ἀναγνοὺς ἔμπειρο. 
ἔσῃ, ἀρξάμενος ἀπὸ ᾿Αλεξαν 
δρείας τῆς Φαρίτιδος ἕως Διο: 
σχουρίδος τῆς ἐν τῷ Πόντῳ 
κειμένης, καὶ τῆς Εὐρώπης àxt 


Ἱεροῦ τῆς πρὸς τῇ Χαλκηδόν. 


χειμένης μέχρις Ἡρακλεωτιχῶι 
στηλῶν καὶ Γαδείρων. ϑέλωι 
πᾶντας ἀνθρώπους ὠφελεῖν 
Ἐμφανιῶ δὲ καὶ τὰς διαιρέσει: 
ἀπὸ τῆς “σίας πρὸς τὴν Ev 
Qo, γράψας ὧδε καὶ τῶι 
νήσων τὰ ἐπ᾽ ἀλλήλων διαστή. 
ματα, πόσαι τέ elcı xol (63 V. 
τίνες φαίνονται ἐν τῷ πλέει) 
αὐτὰς, καὶ ὁπηλίκαι εἰσὶ, καὶ 
τίσιν ἀνέμοις χρῶνται, xc 
ποῖος ὁ πλοῦς δείξω σοι χατὰ 
ἀλήϑειαν. 

241. T Σταδιασμὸς τῆς Ha 
λάσσης. 

Es folgt der bei C. Müller, Geogr. ΟΞ 
min. I 429—514 abgedruckte Text, den ie 


hier nicht wiederhole ; vgl. O, Cuntz un“ 
in Abschnitt 5. 


241. Die Überschrift ist in grók : 
ren Buchstaben geschrieben (v3 


Daneben steht am Rande von erster Hand πεί(ρὲ) σταδι!ασμοξξ 
9«'440logg; solehe Randnotizen von erster Hand finden sich σι 


Text des Nikephoros fol. 1—50 V. hüufig. — Den Stadiasmos ließen al. 
Übersetzer und Benutzer der Chronik weg. 


Text. 131 
Liber generationis I. Vindob. philos. 171 fol. 381 R. 


γὴν ὕστερον Πτολεμαῖος ὁ Xo- 
τὴρ εἰς διώρυγα τεμὼν, κατ- 


, 4 3 - , ] 
@xXı0E Tag Ev αὐτῷ πολεις!. 
Darauf folgt: "Den ὑνομασεὰ oben S. 121. 


.-=6. filiorum igitur trium Noe 
'Npartitum saeculum divisum et 
dUdem Sem primogenitus accepit 
"entem, Cham autem mediterra- 
"m. Jafet occidentem. 
rum gun frklt B', diuisorem B, diuiso- 


DT '* 
=. Zusatz des Übersetzers. 


(* 


132 ' A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Chron. Alex. (Barbarus). Codex Matritensis. 


210. Significantes autem his Fehlt im Mat., der mitten im Sta- 
omnibus, tempus advenit ad diasmos abbricht. 
textum chronicae currere, annos 
sic ut prius demonstravimus 
dicentes. 


211. Ab Adam usque ad di- 
luvium Noe generationes quidem 
X, anni duo milia ducenti qua- 
draginta duo. 

212. Et a diluvio Noe usque 
ad turris edificationem et con- 
fusione  divisarum linguarum 
generationes quidem sex, anni 
autem quingenti quinq aginta 
octo: fiunt simul anni duo mi- 
lia octingenti. 


213. Et a divisione terrarum 
usque dumgenuit Abraham Isaac, 
generationes quidem sex, anni 
autem sexcenti tres sic: 


214. Post divisionem terrarum 
factus est Falec annorum C: fiunt 
simul anni duo milia noningenti: 
et genuit Ragau etc. 


Vgl. Mommsen, chron. min. I 
p. 112, Frick, p. 220. 








211ff. Über die hier zugrunde liegende Rechnung vgl. oben Note zu 
Hipp. 43 S. 44. 


Es ist nicht nótig, nach der vorstehenden Zusammenstellung 
noch im einzelnen den Nachweis zu führen, daß der Matritensis 121 
denselben griechischen Text und zwar verhältnismäßig vortreff- 
lich überliefert enthält, den der Barbarus aus einer alexandrini- 
schen Chronik, die Verfasser der libri generationis vermutlich 
aus Handschriften übersetzten, die das von dem Alexandriner 
benutzte Werk enthielten. Die Gründe, die dafür sprechen, daf 
dieses Werk, das die lib. gen. direct, der Barb. indirect be- 
nutzten, gerade die Chronik des Hippolytos ist und daf folglich 
im Matritensis 121 dessen griechischer Originaltext vorliegt, 


Text. 133 


Liber generationis 1. Liber generationis II. 
227. Et ostensis gentibus, quae 
de quo creatae sunt, necessario 


decurremus ad annos. 


In GC wird, was oben c. 37—41 sicht, wiec- 
derholt; vorher geht: habemus superius ab 
initio mundi, am Ende sicht: nunc nobis 
ordo est sequendus. 


228. Falec ann. CXXX genuit 
Ragau etc. 


Vgl. Mommsen a. a. O. p. 112, 
Frick a. a. O. p. 220. 


— — 


werden im folgenden Abschnitt dargelegt; auf zahlreiche sti- 
listische und die Disposition betreffende Übereinstimmungen mit 
sonst bekannten Schriften des Hippolytos wurde schon in den 
Anmerkungen hingewiesen. 

Hier sei nur ein allgemeiner Gesichtspunkt bezeichnet, der 
schon genügen würde, um diese Auffassung des Sachverhalts als 
notwendig zu erweisen. Der im Matritensis 121 enthaltene Text 
ist augenscheinlich, trotz seiner nahen Verwandtschaft mit dem 
Barbarus und den beiden libri generationis, von diesen ganz un- 
abhüngig und in einer Handschrift des 10.11. Jahrhunderts als 


134 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


selbständiges Werk überliefert. Mit der alexandrinischen Chro- 
nik, die dem Barbarus vorlag, kann der Matritensis 121 deshalb 
nicht direct zusammenhängen, weil dieser Alexandriner trotz 
sonst genauesten Anschlusses (oben S. 46) den Anfang, die Ca- 
pitelüberschriften und das Proómium wegließ, also seine Vorlage 
in sein eigenes Werk einarbeitete, ihr im Diamerismos mit Aus- 
lassung des ihm gleichgültigen Stadiasmos ganz getreulich folgte, 
dann aber, beim 6. Capitel seiner Vorlage angelangt, diese wieder 
nicht mehr ausschließlich, sondern nur mehr neben anderen 
Quellen benutzte. Der Text im Matritensis ist also keine Fassung 
der alexandrinischen Chronik, die der Barbarus übersetzte, son- 
dern identisch mit der von dem Alexandriner benutzten Vorlage. 
Diese anonyme συναγωγὴ χρόνων ist daher eine vor dem An- 
fang des 5. Jahrhunderts geschriebene Chronik. 

Von derselben Chronik gab es ferner schon seit dem Anfang 
des 4. Jahrhunderts auch Handschriften im Westen: eine benutzte 
der sonst stark kürzende und auswählende, die Capitelüber- 
schriften und das Proömium gleichwohl beibehaltende Über- 
setzer, der in der Chronik von 334 (lib. gen. II) vorliegt, eine 
zweite der vor 460 schreibende Übersetzer des ausführlicher ge- 
haltenen lib. gen. 1. Die Abfassungszeit der unter dem Titel 
συναγωγὴ χρόνων im Matritensis erhaltenen Chronik fällt somit 
vor dasJahr 334. Endlich steht nach den bisherigen Mitteilungen 
von Chalatiantz (oben S. 3) wenigstens so viel fest, daß die von 
ihm aufgefundene armenische Übersetzung, die er dem im 4. Jahr- 
hundert schreibenden Andreas zuweist, auf eine den libri gene- 
rationis sehr nahestehende Quelle zurückgeht. Daraus folgt, 
daß von dieser seit dem Anfang des 5. Jahrhunderts in Alexan- 
drien und seit 334 im Westen bekannten Chronik im griechi- 
schen Osten seit der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts gleich- 
falls Handschriften vorhanden waren. Wir haben es also mit 
einem angesehenen und weit verbreiteten Werke zu tun. Nach 
directen Angaben der libri generationis fällt dessen Niederschrift 
in das Jahr 234/5, der Matritensis erweist dessen Stil und sonstige 
Eigentümlichkeiten als hippolytisch. Der Schluß, daß der Ano- 
nymus der Madrider Miscellanhandschrift von Chroniken eben 
Hippolytos sei, ist somit zwingend; der Matritensis ist die einzige 
aus griechischer Büchertradition stammende, uns erhaltene Hand- 
schrift seines Werkes. 


Beilage I. Cod. Vindob. theol. 153. 135 


Beilage I. Cod. Vindob. theol. 153. 


Unter die selbständig erhaltenen Reste des Diamerismos 
wird seit A. v. Gutschmid auch die genannte Wiener Hand- 
schrift gerechnet, die Kl. Schr. V 613, 616 infolge eines Druck- 
fehlers mit 151 bezeichnet erscheint. Frick (Chron. min. praef. 
p. CCXXID, dem sie in einer Abschrift von T. Schmidt vorlag, 
die er mir freundlichst zur Verfügung stellte, vermutete, daß 
der Vindobonensis.153 auf denselben Archetypus zurückgehe, wie 
der ihm unbekannte Matr. 121. 

Eine genauere Untersuchung des Vind. 153 lehrte folgendes. 
Der, wie Wachsmuth bei Frick richtig bemerkt, dem 13114. 
Jahrh. zuzuschreibende, am Ende arg mitgenommene Papier- 
codex enthält nebst anderen Theologicis auf fol. 294 R.—297 V., 
unten am Ende der Seite durch ein rotes Ornament abgeschlossen, 
einen Tractat des Mónches Barnabas über die Menschwerdung 
Christi. Mit fol. 298 R. beginnt ein Sammelsurium, dem auch 
der als «Diamerismos» bezeichnete Abschnitt angehört. Es ist 
von derselben Hand geschrieben wie alles Vorhergehende und 
enthält 1) ein Stichenverzeichnis der Schriften des Alten Testa- 
ments, 2) die Angabe der Monate, Tage und Stunden des Jahres, 
3) Griechische Sprichwörter, die Unmögliches ausdrücken, 
4) Sprüche der 7 Weisen, die sich auf die Menschwerdung Christi 
beziehen. Diese reichen noch auf fol. 298 V. hinüber. Hier be- 
ginnt auf der siebentletzten Zeile von unten mit roter Initiale 
der Text eines Computus: 


᾿4{πὸ] τοῦ ᾿Αδὰμ ἕως τοῦ κατακλυσμοῦ ἔτη BYAB, ἀπὸ τοῦ 

xataxivouod | ἕως τοῦ πύργου ἔτη uy, ἐκτίσϑη ὁ πύργος 

ἔτη u, ἀπὸ τοῦ πίύργου ἕως] | τοῦ ᾿βραὰμ ἔτη ga, ἐν τῇ Al- 

γύπτῳ ἔτη yÀ, ἔφαγε ὁ λαὸς τὸ μάννα ἔ[τη] is, | ἐκράτησαν 

οἱ xpıral ἔτη Ov, ἀπὸ τῶν χριτῶν ἕως τοῦ Χ(ριστο)ῦ ἔτη CO. 
Das e von ἐχτίσϑη ist τοῦ geschrieben. 


Darauf folgt mit roten Buchstaben bis /Voe, dann mit schwar- 
zen, ausgenommen Χὰμ und '/ape9, die das erstemal ebenfalls 
rot geschrieben sind, folgendes: 


Διαμερισμὸς τῆς γῆς εἰ: τοὺς y υἱοὺς Νῶε: τῷ μὲν Σὶμ τῷ 
, » 2 4 Γ , v , ee ) 
προ τίο] | τόκῳ ἔλαχεν ano Περί[σ]ίδος καὶ Baxtpor ἕως Ih- 





136 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


δικῆς τὸ μῆχος, πλάτος δὲ [ano] | Ἰνδικῆς ἕως Pwoxovoovoov: 
Χὰμ δὲ τῷ δευτέρῳ ἀπὸ Ῥινοχουρούρων | 


Damit schließt fol. 298 V. Der anschließende Text auf 299 R. 
umfaßt noch 4 an den Enden stark verstümmelte Zeilen von 
erster Hand und schließt mit einigen rot gemalten Ornamenten 
ab, auf die unleserliche Kritzeleien einer späteren Hand folgen. 
Nach diesen hat eine jüngere Hand die letzten 4 Zeilen der 
ersten Hand noch einmal in sehr unbeholfenen Buchstaben ab- 
geschrieben, jedoch die Zeilen anders abgebrochen, so daß sie jetzt 
zur.Ergünzung der ersten Aufzeichnung des Textes verwendet 
werden kónnen: 

fol. 299 1. H. Eols I'Jao((]oo» τὰ πρὸς νότον. "Tapes [δὲ τῷ 
τρίτῳ ἀπὸ Mndlas ἕως Γαρίρων τὰ] | πρὸς βορρᾶν. ἔχεε δὲ 
Ἰάφεϑ ποταμὸν tolv Τί] γίριν τὸν διορίζοντα Μηδίαν καὶ 
Βαβυλωνίαν) Ι ὁ δὲ Σὶμ τὸν Ἐφράτην. ἔχει ποταμὸν ὁ δὲ 
Χὰμ ἔχει ποταμὸν I*[Ov τὸν καλούμενον) | Νεῖλον. 


Von der späteren Abschrift ist folgendes in 3 Zeilen erhalten: 
ἕως Γαρίρων τὰ πρὸς νότον. Tape} 
Γαρίρων τὰ πρὸς βορράν. ἔχει δὲ 
τὰ Μηδίαν καὶ Βαβυλωνίαν. ὁ δὲ Xiu.. tgo 

4.3 ta ist der Schluß von διορίζοντα; un .—. BafwvAovu die Hs. 


Weiter steht in der Hs. nichts mehr. Auf den Archetypus 
von Matr. 121 geht also dieses an sich wertlose Excerpt nicht 
zurück; es wird nebst dem vorangehenden Stück aus irgendeiner 
byzantinischen Chronik abgeschrieben sein. Für Hippolytos 
kommt somit weder der Computus noch dieser «Diamerismos» 
in Betracht. 


Beilage II. Die Liste der 72 Vólker im Matr. 121. 


Wie schon oben S. 101 Anm. bemerkt wurde, spricht alles 
dafür, daß Hippolytos die Namen der Liste der 72 Völker in 
derselben Reihenfolge aufzühlte wie der Barbarus und lib. gen. I 
und daß die im Matr. herrschende Unordnung auf spätere Ver- 
derbnis zurückgeht. 

Dieselbe Ordnung wie der Barb. und lib. gen. I weisen vor 
. allem noch zwei andere Fassungen dieser Liste, Chron. pasch. 
p. 56, 15 ff und Josepos ὑπομν. βιβλ. c. 24 (Migne, patrol ser. 


Beilage IIl. Liste der τῷ Völker im Matr. 121. 137 


Graec. vol. 106 p. 32) auf, wo die Namen ebenfalls schon in der 
Handschrift beziffert und daher in ihrer Reihenfolge gesichert 
sind (vgl. v. Gutschmid, Kl. Schr. V 683ff). Die abweichende 
Reihenfolge der Namen im Matritensis ist also, wie A. v. Gut- 
schmid (Kl. Schr. V 241ff) an dem Beispiele der Osterchronik 
gelehrt hat, daraus zu erklären, daß in einem früheren Stadium 
der Überlieferung entweder ein columnenweise geordnetes Ver- 
zeichnis zeilenweise gelesen oder daf der umgekehrte Fehler 
begangen wurde. Ja es kommt sogar vor, daß von zwei verschie- 
denen, aufeinander folgenden Abschreibern beide Fehler nachein- 
ander begangen werden, und daf dann noch andere Versehen 
hinzutreten, wodurch schließlich eine ursprünglich geographische 
Ordnung der Namen bis zur Unkenntlichkeit verwirrt wird. 
Es steht also jene Fassung einer solchen Liste, in der die geo- 
graphische Anordnung besser bewahrt ist, dem Original stets 
näher als die, in denen keine ersichtliche Ordnung herrscht. 

Das erste trifft für die im wesentlichen übereinstimmenden 
Listen des Barb., des lib. gen. I, des Chron. pasch., des Josepos und 
noch für die des Pseudo-Pollux (ed. Hardt p. 76) zu. Sie weichen 
von der geographischen Ordnung nur darin ab, daß sie nach 
den Indern (lib. gen. I Nr. 15) drei afrikanische Völker einschieben, 
die ursprünglich nach Nr. 63, den Spaniern, und vor Nr. 64, 
den Mauri, gestanden haben werden. Ursprünglich waren also 
die Namen nicht numeriert, wie jetzt beim Barb, im Chron. 
pasch. und bei Josepos; sie haben daher auch im lib. gen. I und 
im Matr. keine Nummern. 

Wie nun die Verschiebung der 3 afrikanischen Völkernamen 
bei den genannten Autoren zustande gekommen ist, läßt sich 
noch nachweisen. Dabei setze ich der Kürze und Übersichtlich- 
keit wegen statt der Namen nur Ziffern und zwar jene Ziffern, 
welche für die ursprüngliche, genau geographisch geordnete 
Liste anzunehmen sind: also für die 42 asiatischen Völker 1— 42, 
für die 18 europäischen 43—60, für die 12 afrikanischen 61— 72. 
Bei den genannten Autoren stehen also die drei afrikanischen 
Völker 61. 62. 63 zwischen den asiatischen 15 und 161. Der 


1) Zur Vermeidung von Mißverständnissen sei ausdrücklich bemerkt, 
daß die in dieser Beilage angewendete Bezitferung natürlich eine andere 
ist als die in der Hs. des Barb. überlieferte und ihr entsprechend zu den 


138 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Fehler ist also dadurch entstanden, daß bei einer Anordnung 
der Namen in drei zeilenweise zu lesenden Columnen, die auf 
zwei oder mehr Seiten verteilt waren, die eine die Völker 61. 62. 63 
enthaltende Zeile, vermutlich am Ende einer Seite, übersehen und 
falsch nachgetragen wurde, wie nachstehendes Schema zeigt: 





Legt man nun abermals die ursprüngliche Bezifferung zu“ 
grunde und numeriert inan danach die Namen im Matr. 15 
ihrer jetzigen Reihenfolge, so erhält man folgende Reihe: 1. 2- 
14. 61. 3. 39. 59. 4. 40. 60. 5. 15. 64. 65. 7. 62. 66. 67. 7. 62- 
6S. 69. 8. 70. 71. 72. 9. 17. 10. 16. 11. 18. 12. 19. 13. 20. 21. 42- 
22. 44. 23. 45. 24. 46. 25. 47. 26. 48. 27. 49. 50. 28. 51. 29. 52- 
30. 53. 31. 24. 32. 33. 55. 34. 50. 35. 57. 36. 37. 38. 58. Nr. 6: 
die Araber fehlen, dafür ist 7, die Madınveloı πρῶτοι xci δεύτερο t: 
zerlegt und für zwei Völker gerechnet (vgl. dazu Hipp. 230. 231 ?- 
Es fehlen ferner 41 und 42, somit enthält die Liste tatsächlich 
Namen im lib. gen. I oben 3. 1011f im Text beigesetzte. Die drei ver 
schobenen Völkernamen sind oben im Text mit 16. 17. 18, in der Ber 
lage mit 61. 62. 63 bezeichnet, infolgedessen verschieben sich auch die 
auf 15 folgenden Zahlen entsprechend. 








Beilage 11. Liste der 72 Völker im Matr. 121. 139 


nur 70 Namen. Da jedoch Hipp. 198 φυλαὶ og ankündigt und 
überdies der Barb. sowohl als lib. gen. I beide Namen enthalten, 
so sind die Namen 41 u. 42 im Matr. nur ausgefallen und an 
ihren Stellen zu ergänzen. 

Ein Blick auf die obige Zahlenreihe und deren regelmäßige 
Sprünge in den Ziffern lehrt, daß den Verschiebungen, die der 
Matr. zeigt, gleichfalls eine Regel zugrunde liegen muß. Da 
ferner 61. 62. 63, wie in der vulgären Überlieferung (Barb. usw.), 
vom Ende an den Anfang verschoben sind, so folgt, daß der in 
der vulgären Überlieferung vorhandene Fehler zu den Voraus- 
setzungen des viel ärgeren Durcheinanders im Matr. gehört; die 
Unordnung im Matr. ist also eine Verschlechterung der Unord- 
nung in der Vulgata. Im Text des Hippolytos waren somit die 
Namen schon ursprünglich nicht mehr ganz correct, sondern 
ebenso angeordnet wie beim Barb. und im lib. gen. I. 

Hoffentlich gelingt es den Bemühungen anderer, die Versehen 
genau festzustellen, die einer oder mehrere Schreiber begangen 
haben, so daß das Chaos im Matr. entstand. Als Behelf dafür 
gebe ich die Zahlen columnenweise so angeschrieben, daß deren 
zeilenweise Lesung den Ziffernsprüngen der obigen Reihe ent- 
spricht; allein das Bild der Vorlage, das so entsteht, läßt keine 
befriedigende Deutung zu. Statt zweimal 7 schreibe ich [6] und 
7 und setze die beiden ausgefallenen Namen = [41] [42] em 
(siehe umstehend). 

Vielleicht wurde zunächst in zwei statt in drei Columnen 
geschrieben, weil aber das Format der Hs. nicht ausreichte, unten 
am Ende der Seite mit 36—58 abgebrochen und die restliche, 
39—72 umfassende Namengruppe oben rechts auf derselben Seite, 
wo noch freier Raum war, eingetragen, so daß dann bei zeilen- 
weisem Lesen der Columnen in die Mitte und ans Ende gehórige 
Namen an den Anfang der Liste gerieten. Ein ganz ähnlicher, 
aber schon in ein sehr frühes Stadium der Überlieferung fallen- 
der Vorgang bewirkte eine gleichartige Verschiebung in dem 
chamitischen Inselkatalog und dem Verzeichnis der nördlichen 
Küstenländer Chams des Papyrus Goleniscev (Denkschr. d. Wiener 
Akademie Bd. 51, S. 97 ff). 


140 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


1 
2 14 61 
3 39 59 
4 40 00 
59 15 [41] 64 65 
[6] 62 [42] 66 67 
1 63 68 69 
S 0 71 72 
9 17 
10 16 
11 18 
12 19 
13 20 . 
21 43 
22 44 
23 45 
24 46 
25 47 
26 15 
27 19 80 ° 
28 δι 
20 52 
30 53 
91 54 
32 89. 5 
34 56 
35 57 


36 37 38 58 


3. Die Chronik des Hippolytos. 


Über die Chronik des Hippolytos liegen nur wenige directe 
Angaben vor. Auf der 1551 im Cömeterium an der via Tibur- 
tina gefundenen Statue, einem Werke noch des 3. Jahrhunderts, 
befindet sich an den Seitenflüchen der Kathedra, auf der die 
Gestalt sitzt, eine Ostertafel eingetragen. Auf der abgerundeten 
sehmalen Flüche, die die linke Seite des Sessels mit der Rück- 
wand verbindet, steht ein Verzeichnis der Schriften des Hippo- 


Die Chronik. 141 


lytos, dessen Anfang mit dem fehlenden Oberteil des Sitzbildes 
"verloren gegangen ist!. Unter den erhaltenen Büchertiteln liest 
man 2.12 Χρονικῶν, wozu βίβλος zu denken ist. Damit ist in 
authentischester Weise beglaubigt, daß Hippolytos neben der 
ἀπόδειξις χρύνων τοῦ Πάσχα und dem zum Zwecke der Oster- 
berechnung auf der Kathedra der Statue aufgezeichneten πίναξ 
ein als Χρονικά oder χρονιχῶν βίβλος bezeichnetes Werk ver- 
faßt hat. 

Auf dieses Werk nimmt er nur einmal in der Schrift xara 
πασῶν αἱρέσεων X 30 (p. 532, 48) Bezug. Dies scheint zunächst 
auffällig, weil Hippolytos in seinen theologischen Schriften sich 
häufig auf ältere seiner Arbeiten zu beziehen pflegt; da sich 
aber erweisen wird, daß die Chronik zu seinen spätesten Arbeiten 
gehört, so erscheint dieses einzige Citat ganz begreiflich. An 
dieser Stelle heißt es am Ende einer chronologischen Übersicht 
der Patriarchengeschichte, die den Angaben der libri generationis 
und des Barbarus vollkommen entspricht, nach einer kleinen 
Textlücke, 1 in der von der Völkerzerstreuung die Rede war: ἦσαν 
δὲ οὗτοι οβ ἔϑνη, ὧν καὶ τὰ ὀνόματα ἐκτεϑείμεϑαὰ Ev 
ἑτέραις βίβλοις, μηδὲ τοῦτο παραλιπόντες κατὰ τόπον, 
βουλόμενοι τοῖς φιλομαϑέσιν ἐπιδεικνύναι, ἣν ἔχομεν στοργὴν 
περὶ τὸ ϑεῖον τήν τε ἀδίχαστον γνῶσιν. ἣν ἐν πόνοις κεκτή- 
μεϑα περὶ τὴν ἀλήϑειαν. Damit ist die in der Chronik ent- 
haltene Liste der 72 Völker (Hipp. c. 200 oben S. 100) gemeint. 
Dies geht, von der sachlichen Entsprechung zwischen Citat und 
citierter Stelle abgesehen, auch daraus hervor, daß durch die Er- 
wähnung der φιλομαϑεῖς und der ἀδίκαστος ἐν πόνοις xextn- 
μένη γνῶσις περὶ τὴν ἀλήϑειαν hier genau dieselben Gedanken 
mit ähnlichen Wendungen wieder aufgenommen werden, die sich 
in der Chronik sowohl im Proömium als auch in den Über- 
gangsformeln zwischen den einzelnen Abschnitten ausgesprochen 
finden?. 


1) Die Literatur über diese Inschrift vgl. bei Harnack, Gesch. der 
altchristl. Literat. I 606 ff. 

2) Harnacks jüngst (a. a. O. Il, 2, 236) verstärkt geäußerte Zweifel, 
ob diese Stelle wirklich auf die Chronik zu beziehen sei, vermag ich so 
wenig zu teilen, als dessen Annahme einer zweimaligen Publication der 
Chronik durch Hippolytos selber. Die Gründe gibt die folgende Dar- 
legung über die Abfassungszeit der Chronik. Zu der Angabe dee Hippo- 


142 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Alles, was darüber hinaus über die Chronik des Hippolytos 
festzustellen ist, entnehmen wir den beiden libri generationis und 
dem Barbarus!. Diese drei Lateiner liefern aber über ihre Vor- 
lage genügend sichere Angaben; daran, daß sie Hippolytos be- 
nutzten, konnte schon bisher kein Zweifel bestehen, und diese 
Tatsache ist jetzt durch den Text im Matritensis lediglich be- 
stätigt worden. Was sie bieten, darf also zu Feststellungen über 
die Chronik benutzt werden. 

Aus diesen Übersetzungen wurde zunächst von Mommsen 
die Abfassungszeit der Chronik auf die Jahre 235—238 bestimmt 
(Abhdlg. d. kgl. sáchs. Ges. d. W. II S. 587ff), weil das Kaiser- 
verzeichnis des lib. gen. 1 mit dem letzten Jahre des Alexander 
Severus (März 234— März 235) abschließt und weil an mehreren 
Stellen die Jahressummen bis auf dieses Jahr gezogen werden 
(Chron. min. 1, lib. gen. 1 c. 302, 314, 331, 398)?. Dieses Resul- 
tat stimmt vorzüglich dazu, daß die Ostertafel auf der Statue 
die Jahre 222—237 umfaßt; die Combination beider Tatsachen 
macht es also allein schon zweifellos, daß die im lib. gen. | 


Iytos über die τὸ Turmbauer und 72 Sprachen vgl. oben S. 48 Anu. 
Über die übrigen in den Capiteln 30 und 31 des X. Buches xat. παύ. 
«io£c. enthaltenen Citate ist Beilage IIl zu vergleichen. 

1) Harnack (a. a. O. Il, 2, 236) rechnet zu den Fragmenten, die 
uns direct aus der Chronik des Hippolytos erhalten sind, auch das mit 
καϑὼς ἱστορεῖ Ἱππόλυτος ὃ ἐν ἁγίοις Ρώμης ἐπίσχοπος beginnende, in 
dem sogenannten Iporoyoayelov σύντομον (über dessen Entstehung 
Diekamp, Byz. Ztschr. IX 15 zu vergleichen ist) vorfindliche Citat. Dieses 
deckt sich aber vollständig mit dem Danielcommentar des Hippolytos 
| 2# (p. 4 der Berl. Ausg. Bd. I) und ist daher, wie Bonwetsch (Vor 
bemerkungen zum Danielcommentar p. VIl u. XVII ebenda) bemerkte, 
aus diesem und nicht aus der Chronik entnommen. Wenn also im Xoor. 
ovrt. (Schöne, Euseb. I. App. yp. 65; der Abschnitt, der dieses Citat ent 
hält, mit den Worten: ὑπόμνησις ἐκ τῆς Ἰωσήπου ἀρχαιολογίας xal Ex 
τῶν zoorızwv Ἱππολίτου ἐπισχόπου Ῥώμης κτλ. eingeleitet wird, s 
liegt in der Berufung auf die Chronik ein leicht begreifliches Ver 
sehen vor, da Hippolytos von losia und seinen Söhnen im Danielcom- 
mentar -wie in der Chronik (vgl. Mommsen, chron, min. I y. 12%. 
gehandelt hatte. 

?! Genau 100 Jahre nach ihrer Abfassung wurde also die Chronik 
des Hippolytos von einem Chronisten bis 334 fortgesetzt, dessen Arbeit 
als 9. Stück in die Sammlung des Chronographen von 354 aufgenommen 
wurde; dies ist der sogenaunte lib. gen. II. 


Die Chronik. 143 


übersetzte griechische Chronik eben die des Hippolytos ist. 
Dazu kommt, daß in beiden libri generationis die Geburt Christi 
auf das Jahr 5500 der Welt angesetzt wird; diese von Sextus 
Julius Africanus aufgebrachte Rechnung befolgte aber nach dem 
ausdrücklichen Zeugnis des Synkellos (p. 597 ed. Bonn.) auch 
Hippolytos. Africanus selbst ist überdies als Quelle der libri 
generationis deshalb ausgeschlossen, da seine Chronographie 
schon, sei es mit dem Tode des Macrinus, sei es mit der Re- 
gierung des Heliogabal, 218—222, endete (vgl. Berendts, Texte 
u. Unters. XXVI, 3. H. 77). Hinzu kommt, daß wiederum nach 
einem Citat beim Synkellos (p. 414 ed. Bonn.) Hippolytos in seiner 
Chronik dem Joachim, dem Sohne Joachims drei Jahre und 
nicht wie alle anderen Chronographen drei Monate gab. Die- 
selbe Rechnung findet sich aber sowohl im lib. gen. I (Chron. 
min. I. p. 126) als auch beim Barbarus. Ferner rechnete Hippo- 
lytos für die Perserherrschaft 245 Jahre (eis τὸν Δανιήλ II 12, 
p.68 der Berl. Ausg. vgl. oben die Anm. zu Hippolytos c. 52); 
dieselbe Summe kehrt ebenfalls im lib. gen. I (a. a. O. p. 130) 
wieder. Endlich stimmen die Paschaabstände auf der Ostertafel 
der Statue mit den in beiden lib. gen. enthaltenen Angaben über 
die Paschafeiern vollständig überein, wenn nur einige notwendige 
Verbesserungen der in den Handschriften schlecht überlieferten 
Zahlen vorgenommen werden (Krusch, Neues Archiv VII 457 ff; 
H. Gelzer, Sext. Jul. Afric. II 3). 

Nach alledem konnte es keinem Zweifel unterliegen, daß die 
gemeinsame Vorlage der libri generationis und des Barbarus 
eben die Chronik des Hippolytos war. Aus den Übereinstim- 
mungen dieser drei Lateiner mit dem Texte des Matritensis und 
aus dem Umstand, daß manche ihrer Übersetzungsfehler erst 
durch diesen griechischen Text erklärlich werden, ergibt sich 
nunmehr, daß die in dieser Handschrift anonym überlieferte 
συναγωγὴ χρόνων eben der griechische Originaltext der Chronik 
des Hippolytos ist, für den also alles Giltigkeit hat, was aus 
den libri generationis und dem Barbarus über Abfassungszeit 
und Inhalt ihrer Vorlage gefolgert werden kann. 

Die Abfassungszeit der Chronik läßt sich genauer bestimmen, 
als dies oben im Anschluß an Mommsen geschehen ist. Eine 
Chronik, in der, wie die Eingangsworte besagen, die Ereignisse 
μέχρι τῆς ἐνεστώσης ἡμέρας dargestellt sind, muß in ihrer schließ- 


144 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


lichen Fassung notwendig auf ein bestimmtes Jahr gestellt sein, 
das zugleich das Jahr ihrer Vollendung und Veröffentlichung 
ist. Die Chronik des Hippolytos ist in dieser Hinsicht nicht 
anders zu beurteilen als der Chronograph aus dem 10. Jahre des 
Antoninus, als das Chronikon vom Jahre 334, der Chronograph 
von 354 und so viele andere ähnliche Werke. Daraus ergibt 
sich als unverrückbare Grundlage aller folgenden Betrachtungen, 
daß die Chronik des Hippolytos, da das letzte Regierungsjahr 
des Alexander Severus vom März 234 bis zum März 235 läuft, 
im Jahre 234 geschrieben und spätestens zu Anfang des Jahres 
235 veröffentlicht wurde !. 

Der Abschluß und die Veröffentlichung der Chronik fallt 
also in dasselbe Jahr 235, in welchem Hippolytos mit Pontianus 
von Maximinus Thrax nach Sardinien verbannt wurde: Severo 
et Quintiano cons.? Da Pontianus am 28. September 235 in 


1) Nur unter dieser Voraussetzung konnte Hippolytos an den vier 
oben S. 142 aus dem lib. gen. I angeführten Stellen sagen: usque ad hunc 
annum, qui est XIII imperii Alexandri annus. Der Tod des Alexander 
Severus, dessen Regierungsdauer nach dem lib. gen. 1 (chr. min. I p. 138! 
13 Jahre und 9 Tage betrug, füllt wahrscheinlich auf den 18. oder 19. Márz 
235 (vgl. Rubensohn, Hermes XXV 340 ff, dessen Schlußfolgerung, die 
Chronik sei erst zwischen April und Oktober 235 niedergeschrieben, jedoch 
nicht zutrifft). Bei Schiller, Gesch. d. röm. Kaiserzeit I 783 Anm. 3 
wird irrtümlich als Todesjahr 234 angegeben. Sowohl die Angabe des lib. 
gen. 1 über die Regierungsdauer, die durch Lampridius Al. Sev. 60. 1 und 
Eutropius VIII 23 bestätigt wird, als auch die Münzen mit trib. pot. XIV 
(Cohen Al. Sev. 453, Alex. Sev. & Mamm. 16) wie die Inschriften CIL VI 9001, 
2009 und die antedatierenden Papyri (Fayum towns 90, Amherst pap. 80! 
machen vielmehr zweifellos, daß das 13. Jahr des Alexander rund gerechnet 
gleich ist 234 p. Chr. Für die erste Veröffentlichung einer Chronik, die 
wiederholt usque ad hunc annum, «ui est decimus tertius imperii Ale- 
xandri oder usque in hunc diem datiert, gilt aber dasselbe wie für unsere 
Kalender: sie muß in dem Jahr fertiggestellt und publiciert sein, auf das 
diese Rechnung paßt. Die Angabe, daß Alexander 13 Jahre und 9 Tage 
regiert habe, ist also entweder vom Verfasser oder einem anderen im März 
235 hinzugefügt, als die Ermordung des Kaisers bekannt geworden war. 

2) Die Stelle beim Chronographen von 354, Mommsen, chron. min. 
I. p. 74ff und daraus entstellt im liber pontificalis; vgl. H. Achelis in 
diesen Unters. XVI 4. H. 20 ff. Die von Mommsen (Abhdlg. d. Καὶ. süchs. 
Ges. d. W. II S. 595; noch sehr zurückhaltend geäußerte Vermutung, daß 
diese Notiz, in der Hippolytos nur als presbyter neben dem episcopus 
Pontianus bezeichnet wird, geradezu aus dem Papstkatalog seiner Chronik 


Die Chronik. 145 


Sardinien auf die Würde eines Bischofs von Rom verzichtete 
und am 21. November d. J. Antheros sein Nachfolger wurde, 
so fällt die Verbannung beider spätestens in den Sommer 235. 
Zwischen dem Abschluß der Chronik und dem Beginn des sar- 
dinischen Exils liegt also jedenfalls ein gewisser Zeitraum, und es 
ist durchaus unnötig anzunehmen, Hippolytos habe seine Chronik 
erst im Exil vollendet und herausgegeben. 

Durch diese Feststellung erledigen sich aber die chronologi- 
schen Schwierigkeiten, die bisher die oben S. 141 angeführte, ein 
Citat aus der Chronik enthaltende Stelle xar. πασ. αἱρέσ. X 3U 
gemacht hatte. Sie gründeten sich auf die Annahme, daß die 
ganze Schrift gegen die Häresien einer frühen Zeit des literari- 
schen Schaffens des Hippolytos angehöre, und ferner auf die 
Annahme, daß Hippolytos schon 235, spätestens 236 auf Sar- 
dinien gestorben sei. Daraus ergaben sich scheinbar unlösliche 
Widersprüche: die Chronik wäre in einem anscheinend viel 
früher als 235 geschriebenen Werke schon eitiert worden. Noch 
unwahrscheinlicher schien es aber, die Abfassung der beiden um- 
fangreichen Werke (gegen die Häresien und die Chronik) erst in 
die Zeit des sardinischen Exils zu verlegen. Deshalb gab man 
entweder die nächstliegende Auffassung der Stelle xat. πασ. 
aig. X 30 als Citat aus der Chronik preis, oder man suchte sie 
durch die Annahme zweier verschiedener Ausgaben der Chronik 
durch Hippolytos selbst zu retten. Diese Schwierigkeiten ver- 
mindern sich durch den Nachweis, daf die Chronik vor dem 
Beginn des sardinischen Exils schon veröffentlicht war, sehr er- 
heblich; sie verschwinden deshalb ganz, weil der Tod des Hippo- 
lytos 235 oder 236 durchaus nicht feststeht. 

Die gewöhnliche Annahme, daß die Deposition des Märtyrers 
gerade am 13. August 236 (Chronogr. v. J. 354, Mommsen, chron. 
min. I, p. 72) stattfand, ist, soweit die Jahreszahl in Betracht 
kommt, ganz willkürlich; der Tod und die Beisetzung am 
13. August kónnen ebensogut erst 237 oder 238 stattgefunden 


stamme, ist von späteren Forschern öfter wie eine feststehende Tatsache 

wiederholt worden. So viel Selbstverleugnung braucht man dem Gegen- 

papst nicht zuzutrauen; seine Bezeichnung als Presbyter weist vielmehr 

auf officiell kirchliche Provenienz der Nachricht, die schon deshalb nicht 

aus der Chronik des Hippolytos stammen kann, weil diese, wie ich 

unten B. 150 ff zeigen werde, überhaupt keinen Papstkatalog enthielt. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 10 


146 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


haben; die auf der Statue eingetragene Ostertafel die noch das 
Jahr 237 mit umfaßt, beweist allerdings nicht für dieses spätere 
Datum, spricht aber auch nicht dagegen. Starb aber Hippolytos 
erst im Jahre 237 oder noch später, so blieben ihm auf Sardinien 
für literarische Arbeiten mindestens zwei Jahre zur Verfügung. 

Allein selbst wenn eine spätere Ansetzung seines Todes als 
235 oder 236 nicht zutreffen sollte, für ein Citat aus der Chronik 
im X. Buche xat. πασ. αἷἱρέσ. bleibt noch immer eine ein- 
leuchtende Erklärung übrig. Diese Schrift ist IX 12 (p. 462. 41) 
zufolge geschrieben nach dem Tode des Kallistus, 222 n. Chr.; 
sie enthält in den ersten neun Büchern keine Anspielung, die auf 
die Zeit nach 230 weisen würde (K.J. Neumann, Hippolytos von 
Rom S. 137 u. 0). Es ist aber klar, daß die Indicien für die 
Abfassungszeit dieses umfangreichen Werkes, zudem nicht einmal 
des ersten, das Hippolytos über denselben Gegenstand verfaßt hat, 
anders beurteilt werden müssen, als die in der Chronik enthaltenen. 
Die x«t. xac. aip. vorkommenden chronologischen Indicien treffen 
immer nur für den Abschnitt zu, in dem sie sich finden und 
lehren nichts für das Jahr des Abschlusses und der Veróffent- 
lichung. Nach den vorliegenden Anhaltspunkten ist daher das 
neunte Buch nach 222, das zehnte dagegen deshalb erst im 
Jahre 235 oder später geschrieben, weil X. 30 auf die späte 
stens zu Anfang des Jahres 235 veröffentlichte Chronik als ein 
schon fertig gestellles und bekanntes Werk Bezug genommen 
wird. Diese Schlußfolgerung wird dadurch als richtig bestätigt, 
daß Anhaltspunkte vorliegen, die beweisen, daß das zehnte Buch 
xat. πασ. aip. erst später von Hippolytos zu den vorhergehen- 
den hinzugefügt wurde. Das zehnte Buch enthält nämlich eine 
mit den vorbergehenden Büchern durchaus nicht genau überein- 
stimmende, den Inhalt der Bücher II—IV übergehende Recapi- 
tulation und die Angabe der wahren Lehre. Auch die einlei- 
tenden Worte sprechen dafür, daß es ein späterer Nachtrag 
ist: περὶ οὗ el καὶ πλειστάκις ἀποδείξεις ἐποιήσαμεν καὶ ixa- 
"06 τὸν τῆς ἀληϑείας κανόνα ἀφϑόνως τοῖς βουλομένοις 
ἐπεδείξαμεν, ἀλλά γε καὶ νῦν οὐχ ἄλογον ἐχρίναμεν ἐπὶ xaot 
τοῖς Ἄλλησι δεδοχημένοις καὶ αἱρετικοῖς ὡσεὶ κορωνίδα τῶν» 
βίβλον ἐπενέγκαι ταύτην τὴν ἀπόδειξιν διὰ τῆς δεκάτης βέ- 
34ov (p.496). Durch die Hinzufügung dieses Buches im Jahre 
235 oder in einem der folgenden wurde also das Werk erst 


Die Chronik. 147 


zum Abschluß gebracht. Dieser Abschluß erfolgte nach dem, 
was eben über die Abfassungszeit der Chronik festgestellt wurde, 
schwerlich noch vor der Verbannung in Rom, sondern erst auf 
Sardinien. Es liegt also kein Grund vor, gegen den klaren Wortlaut 
der Stelle zu bestreiten, daß mit dem Citat xat. πασ. ato. X 30 
die Chronik gemeint sei. Damit fällt aber auch die auf die- 
selben irrigen Annahmen gegründete Ansicht K. Fricks, daß im 
lib. gen. I nicht die Chronik selbst, sondern eine spätere Be- 
arbeitung des beträchtlich früher geschriebenen Werkes vorliege, 
das erst der Bearbeiter bis auf das letzte Jahr des Alexander 
Severus fortgesetzt haben soll. 

Der griechische Text ermóglicht ferner im Zusammenhalt mit 
den drei lateinischen Übersetzungen auch über Inhalt und Um- 
fang der Chronik Genaueres zu ermitteln. 

Soweit ein Vergleich mit den drei Übersetzungen möglich 
ist, zeigt sich, daß der Alexandriner, den der Barbarus über- 
setzte, den Wortlaut der Chronik überall, wo er ihr allein folgte, 
so gut wie nicht geändert hat und daß er auch keine Zusätze 
machte. Die beiden Lateiner dagegen kürzten, der Verfasser des 
lib. gen. I weniger, der des lib. gen. II energischer, auch fügten 
sie einiges hinzu; die eingreifenderen Ánderungen, die sie vor- 
nahmen, bezweckten, Widersprüche zwischen Hippolytos und der 
Bibel zu beseitigen. Für jenen Teil der Chronik, der jetzt im 
Original wieder vorliegt, trifft also vollständig zu, was Mommsen 
(Abhandlungen der kgl. sächs. Ges. d. W. I] 596 Anm.) schon 1850 
bemerkt hatte, daß die libri generationis das Werk des Hippolytos 
ziemlich treu wiedergeben. Von einer Epitomierung des Werkes, 
wie Mommsen später (Chron. min. I p. 86) das Verhältnis be- 
zeichnete, kann hóchstens beim lib. gen. II die Rede sein. 

Was jedoch von dem Anfang gilt, braucht für die auf den 
Diamerismos folgenden Teile der Chronik, für die das Original 
fehlt, nicht ebenfalls zu gelten. Gegen Ende ihrer Arbeit kónnen 
die Übersetzer ermüdet sein und daher stärker gekürzt haben; 
möglich ist aber auch, daß Hippolytos selbst nach der sehr breiten 
Behandlung des Diamerismos, die eine Besonderheit seiner Chronik : 
bildete (oben S. 20), sich kürzer faßte, und daß die folgenden Ab- 
schnitte seiner Chronik nicht viel ausführlicher waren, als im 
lib. gen. I. Für die künftige Ausgabe der Chronik wird die Ent- 


scheidung dieser Alternative von Wichtigkeit sein, hier genügt 
10" 


148 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


es, an einigen Beispielen zu zeigen, nach welcher Richtung sie im 
allgemeinen zu treffen ist. Der Barbarus wird auch in den spä- 
teren Abschnitten für die Reconstruction der Chronik des Hippo- 
lytos deshalb als das wichtigste Hilfsmittel zu benutzen sein, 
weil der Matritensis dessen alexandrinische Vorlage als die 
treueste Wiedergabe der Chronik erwiesen hat!. Da Mommsen 
nicht die Chronik des Hippolytos reconstruieren, sondern die libri 
generationis edieren wollte, so beendete er (Chron. min. I p. 129) 
mit: princeps autem sacerdotum erat Hiesus filius Josedec die 
Anführung der Parallelstellen aus dem Barbarus (Chron. Aler) 
und bemerkte, daß er das bei dem Alexandriner Folgende des- 
halb nicht aufgenommen habe, weil es dem liber generationis nur 
wenig entspreche. Dies trifft nicht vollständig zu. Auch in den 
folgenden Partien ist beim Barbarus erweislich noch sehr viel 
hippolytisches Gut enthalten, ja ich bin sogar der Ansicht, daß 
bis dahin, wo die alexandrinische Fastenchronik beginnt (Schóne 
p. 225, Frick p. 330), mittels deren der alexandrinische Chronist 
den bis auf Anastasius vervollstándigten Kaiserkatalog des Hippo- 
lytos fortsetzte, das meiste aus Hippolytos stammt. Dies im 
einzelnen zu besprechen, ist hier nicht der Ort. Ich beschrünke 
mich auf folgende Bemerkungen. 

Während die libri generationis (chron. min. p. 137) nur ein 
dürres Gerippe der reges Macedonum von Alexander bis Kleo- 
patra geben, ist dieses Verzeichnis beim Barbarus (Schöne 
p. 211ff; Frick p. 276ff) ausführlicher gehalten und mit chron: 
kalischen Notizen, besonders Synchronismen aus der jüdischen 
Geschichte, ausgestattet. Diesem ersten Verzeichnis folgt aber 
noch eine zweite, kürzere Fassung derselben Ptolemäerliste bis 
Kleopatra (Schöne p. 222; Frick p. 320) und dieser erst die 
Liste der Hohenpriester. Der Alexandriner entnahm also aus 
zwei verschiedenen Quellen, einer ausführlicheren und eine 
kürzeren, dieselbe Liste zweimal?; die ausführlichere dieser bei- 


1) Auf Hippolytos als Quelle des von dem Barbarus übersetzte? 
Alexandriners hatte nach Mommsen besonders E. Schwartz (Abhdlgr 
d. kgl. Ges. d. W. in Gótt. Bd. 40 S. 54) nachdrücklich hingewiesen. 

2) Solche doppelte Listen, die die Benutzung mehrerer Quellen vet- 
raten, von denen eine immer Hippolytos gewesen sein kann, finden sich 
öfter: die albanisch-römischen Könige (Schöne p, 199, 219; Frick 
y. 242, 302), die Nachfolger des Julius Cäsar (Schöne p. 275; Frick 
p. 324, 330). 





Die Chronik. 149 


den Quellen ist die Chronik des Hippolytos, denn am Ende der 
ersten Liste, nach der Summierung der Jahre von Adam bis zum 
Tod der Kleopatra (Schöne p. 212; Frick p. 280) folgt die 
Bemerkung: et ultra rex non est in Aegypto factus usque in 
hodiernum diem, die des Hippolytos μέχρε τῆς ἐνεστώσης 
ἡμέρας wiedergibt. Unmittelbar darauf folgt ferner eine ganz 
unzweifelhaft abermals  Hippolytos entlehnte Übergangsbe- 
merkung, wie sie im Matritensis sich öfter finden, wenn etwas 
Neues, vorher noch nicht Angekündigtes eingefügt werden soll. 
Hier sind es die Assiriorum regna et tempora, deren Aufzählung 
in den Capitelüberschriften zwar fehlt, die aber augenschein- 
lich dennoch, wie so manches andere, vorkamen. Diese Über- 
gangsbemerkung lautet: Et quia minus sunt in Christianorum 
et Ebreorum libris istos qui foris sunt gentium scripta tem- 
porum, necessitate compulsus praeuidi exquaerere et coniun- 
gere qui apud nos sunt et quos in chronica deos et iroes vocatos 
reges et quae ab eis historialiter acta sunt tradere his in divino 
verbo, incipiens a diebus protopatoris Abraham et Isaac et Jacob 
patriarcharum et Moyse et qui post eos iudices facti sunt in 
Israhel et prophetarum singillatim regna recensare cunctatim, 
ut nobis per omnium scribturarum eorum unitum sit regnum!. 
Es kann sein, daß diese Übergangsbemerkung bei dem Alexan- 
driner nicht mehr an der ursprünglichen Stelle sich befindet, 
denn nach ihrem Inhalt würde man erwarten, sie vor dem Ver- 
zeichnis der Richter und Propheten (Momms. chron. min. I. 
p. 115, 133) zu lesen; aus Hippolytos stammt sie aber jedenfalls?. 


1) Ebenso stammt aus Hippolytos die zwischen den römischen und 
den jüdischen Kónigen überleitende Bemerkung (Schóne p. 200; Frick 
p. 244): Ecce nunc manifestavimus quidem aedificationes Romanorum et 
quomodo quos annos regnaverunt. Necesse enim est ad historiam currere 
chronographum (vgl. oben Hipp. c. 43, S. 44) per Ebreorum regna, quis et 
clarior manifestat tempora singillatim et annos secundum ordinem, wo- 
zu oben S. 132 die Stellen Chron. Alex. c. 210 und lib. gen. I. 227, sowie 
(Schöne p. 225; Frick p. 330) Ecce quidem manifestavimus veraciter 
omnium potestatem regum. "Volumus praecurrere qu’o)d ad Romanorum 
pertinet imperium als verwandt zu vergleichen sind. Auch die beim Bar- 
barus häufg vorkommende Wendung usque in hodiernum diem stammt 
aus Hippolytos. . . 

2) Der auf diese Bemerkung folgende Abschnitt enthält allerdings 
vieles, was auf Africanus als letzte Quelle zurückgeht; dies kann ebenso- 


150 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Daraus folgt, daß die Chronik des Hippolytos außer 
dem Stadiasmos in ihren späteren Partien noch andere Ab- 
schnitte enthielt, die uns weder in den Inhaltsverzeichnissen, 
noch im Texte der libri generationis erhalten sind. Sie war 
also in ihren späteren, mit dem Matritensis nicht mehr ver- 
gleichbaren Abschnitten jedenfalls ausführlicher als die beiden 
libri generationis, die weder die chronikalischen Notizen in 
der Ptolemüerliste noch die angeführte Übergangsbemerkung 
enthalten. Die Verfasser der beiden libri generationis haben so- 
mit ihre Vorlage in den auf den Diamerismos folgenden Ab- 
schnitten stärker gekürzt als vorher. Wenn also auch Hippolytos 
dem Diamerismos einen verhältnismäßig breiten Raum in seiner 
Chronik einräumte und deren erster Teil an Umfang die folgen- 
den Abschnitte übertroffen haben wird, so bestand dennoch der 
Rest keineswegs nur aus so dürren Namenslisten, wie wir sie bei 
den beiden Lateinern lesen. In diesen letzten Abschnitten darf 
also die Tätigkeit dieser beiden Übersetzer als die von Epito- 
matoren bezeichnet werden; für den Anfang des Werkes gilt 
dies nicht, wenigstens nicht im gleichen Maße. 


Dennoch glaube ich nicht, daß die Ansicht mancher Forscher 
zutrifft, die Chronik des Hippolytos sei ein gelehrtes und viel 
selbständige Forschung enthaltendes, sehr umfangreiches Werk 
gewesen. Hippolytos erweist sich vielmehr auch in der Chronik 
vor allem als ein Compilator!, der noch dazu keineswegs sehr 
viele Quellen benutzte und selbständig verarbeitete, wenn er auch 
beträchtlich höher steht als manche der späteren Chronisten. 
Das Fundament seines chronologischen Systems: Christi Geburt 


wohl direct wie durch Vermittlung des Hippolytos, der Africanus bear- 
beitete, zur Kenntnis des Alexandriners gekommen sein; die Übergangs- 
bemerkung stammt aber keinesfalls aus Africanus, da dieser gewiß 
nicht genau denselben Stil schrieb wie Hippolytos. Gelzer (Sext. Iul. 
Afr. II 316) hat also die Bestandteile des Barbarus nicht richtig ge- 
schieden, wenn er von einem ersten «eine Weltchronik bis Kleopatra: 
enthaltenden Teile spricht, mit dem zwei andre Stücke verbunden wor- 
den seien. 

1) Diels zeigt in den Doxographi Graeci, Berlin 1870, daß auch 
das erste Buch χατὰ z«o, αἱρέσ. eine Compilation aus nur zwei Schriften: 
einer διαδοχὴ φιλοσόφων und einer Sammlung von δόξαι darstellt. Beide 
sind ebenfalla den *chulbüchern zuzuzühlen. 


Die Chronik. 151 


im Weltjahr 5500 entnahm er dem Africanus, den er auch sonst 
benutzte, freilich nicht blof ausschrieb, sondern auch eigene Wege 
gehend verwertete!. Die ausführliche Darstellung des Dia- 
merismos scheint aber zunächst sein eigenstes Werk zu sein, weil 
ihm Africanus dafür kein Vorbild bot; gerade dieser Abschnitt, 
der Neues und einen spröden Stoff, wie es scheint, zum erstenmal 
in übersichtlicher Fassung bot, war deshalb für die späteren 
Chroniken maßgebend und wurde immer wieder benutzt. Gleich- 
wohl ist auch der Diamerismos keine originale Schöpfung. Denn 
auch in der Bearbeitung dieses Gegenstandes waren H. schon 
jüdisch-hellenistische Autoren vorangegangen, die die Nachrichten 
der Bibel mit denen der antiken Profangeographie zu einem 
Ganzen verbunden hatten?. Ihre Hauptquellen bildeten dabei 


1) Auf die von A. v. Gutschmid (Kl. Schr. I. 413 ff) behandelte 
Frage über das Verhältnis der Chronik des Hippolytos zu der des Sextus 
lulius Africanus kann im einzelnen hier nicht eingegangen werden; 
dazu fehlt vorlüufig die erforderliche Grundlage: die von H. Gelzer vor- 
bereitete Ausgabe des Africanus. Sicher ist aber, daß der Diamerismos 
bei Africanus ganz kurz abgetan war und daß dessen ausführliche Be- 
handlung eine Besonderheit der Chronik des Hippolytos bildete (vgl. oben 
Hipp. c.43). Müllenhoffs Ansicht (Deutsche Altertumskunde III 268), 
daß der Diamerismos aus der Chronik des S. J. Africanus stamme, ist 
dureh A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V 235 ff; vgl. Momms. chron. min. 
I p. 87) widerlegt. Aber auch in der eigentlichen Chronographie ging 
Hippolytos trotz der Benutzung des Africanus vielfach seine eigenen Wege, 
wie ebenfalls A. v. Gutschmid (a. a. O. vgl. Mommsen ebenda y. 86 
Anm. 4) gezeigt hat. 

2) Die ersten Arbeiten dieser Art entstanden in jüdisch-hellenisti- 
schen Kreisen: Malchus oder Kleodemus wird als Verfasser einer solchen 
Schrift genannt (Schürer, Gesch. d. jüd. Volkes II 737). Erhalten ist 
uns davon nur das sogenannte Buch der Jubiläen oder die kleine Genesis 
aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert, die jedoch mit dem Dia- 
merismos des Hippolytos keine Berührung zeigt, und ein kurz gefaBter 
Abschnitt bei losephus Antiqu. Iud. I. 6. Auch losephus hat mit dem 
Diamerismos des Hippolytos nicht viel gemeinsam; gleichwohl kann nicht 
bezweifelt werden, daß die christlichen Exegeten und Chronographen mit 
dem griechischen alten Testament auch Bearbeitungen des Diamerismos 
aus der jüdisch-hellenistischen Literatur herübergenommen haben. — Lanz 
unabhängig vom Diamerismos des Hippolytos ist nur Epiphanios von 
Kypros im Zyxvootóg und xat& αἱρέσεων (vgl. Abschnitt 41; alle anderen 
erhaltenen christlichen Versionen gehen direct oder indirect auf die 
Chronik des H. zurück. 


152 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


neben der Bibel die antiken Schulbücher; aus solchen scheint 
auch Hippolytos selbst noch einiges entnommen und hinzugefügt 
zu haben, so z. B. das Berge- und Flüsseverzeichnis!. In den Dia- 
merismos fügte er ferner selbst das wertvolle und interessante 
Schiffahrtsbuch des mittelländischen Meeres ein — eine wahr- 
scheinlich in Ägypten entstandene, jedenfalls im griechischen Osten 
redigierte Schrift —; er beweist dadurch ein anerkennenswertes 
Streben, den φελομαϑεῖς verschiedenartiges profanes Material zu- 
gänglich zu machen?. In den späteren, aus dem Matritensis 
nicht mehr zu controllierenden Abschnitten der Chronik benutzte 
Hippolytos ferner, wie Frick (chron. min. praef. p. I ff) zeigte, die 
Stromateis des Clemens von Alexandrien entweder direct, oder 
aber die übereinstimmenden Abschnitte des Clemens und Hippo- 
lytos gehen, wie Harnack vermutete, auf dieselbe ältere Quelle 
zurück. Im ganzen kann also auch des Hippolytos der Ver- 
mittlung einer «allgemeinen historisehen Bildung» auf christ- 
licher Grundlage dienende Chronik nicht wesentlich hóher einge- 
schätzt werden als des Josepos ὑπομνηστιχὸν βιβλίον; Gelzers 
Urteil trifft zu: gelehrte Synchronistik, wie wir sie bei Africanus 
finden, war nicht Sache des Hippolytos (Sext. Jul. Afr. II 15). 
Turmhoch erhebt sich über die Buchfabrikation des schreib- 
seligen? und lehrhaften Hippolytos die Chronik des gelehrten 
Forschers Eusebios. 


1) Vgl. die von Diels (oben S. 122, 121 Anm.) veröffentlichten 
Laterculi Alexandrini und unten Abschnitt 4. 

2) A. v. Gutschmid (Kl. Sehr. V 604) charakterisiert den Diame- 
rismos richtig durch die Bemerkung, daß sich an die biblische Grundlage 
zahlreiche geographische Bruchstücke des classischen Altertums wie Kri- 
stalle an einen Kern angesetzt haben. Dieser Procef begann schon in 
vorchristlicher Zeit: etwa damals, als Manetho und Berossos die orien- 
talischen Überlieferungen bearbeiteten, suchten hellenisierte Juden auch 
die Bibel für griechische Leser mundgerecht zu machen; zu Hippolytos' 
Zeit ging er noch fort, fand aber bald nach dem Erscheinen von dessen 
Chronik mit dem Ende des selbständigen wissenschaftlichen Arbeitens in 
christlichen Kreisen seinen Abschluß. 

3) Diese Eigentümlichkeit des Hippolytos ist durch den Matritensis, 
mit seinen in die ursprüngliche Disposition immer wieder Neues ein- 
schachtelnden Abschnitten, nur bestätigt worden. Schon Volkmar (Die 
Quellen der Ketzergesch. bis zum Nicänum, I. Hippolytos und die römi- 
schen Zeitgenossen. Zürich 1855, S. 94) charakt:risiert diese Art des Hipp., 


Die Chronik. 153 


Wenn man die Entwickelung der christlichen Chroniken- 
literatur vom 3. bis zum 5. Jahrhundert überschaut, so zeigt sich 
im lateinischen Westen wie im griechischen Osten dieselbe Er- 
scheinung: von einem an sich schon ausgiebigen Glauben an das 
geschriebene Wort und dessen hergebrachte Exegese vollzieht 
sich die Entwicklung unter dem Einfluß einer stets starrer werden- 
den Orthodoxie zum stumpfen Buchstabenglauben hin. K. J. Neu- 
mann (Hippolytos von Rom 5S. 134) hat gezeigt, daß schon 
Irenäus und Hippolytos die Ansicht vertreten, in Glaubenssachen 
habe Rom den Anspruch auf den Primat. Um so schlimmer 
war es, daß in der römischen Gemeinde Streitigkeiten ausbrachen, 
die zum Schisma führten. Mit dem Schuster Theodotos und dem 
ersten Gegenpapst Natalis waren allerdings Zephyrinus und sein 
Anhang schnell fertig geworden. Hartnückiger und bedeutsamer 
war der 18 Jahre dauernde Zwist (217 —235) zwischen Hippolytos 
und den drei Püpsten Kallistus, Urbanus und Pontianus; erst die 
Verfolgung durch Maximinus und die Verbannung beider Háupter, 
des Hippolytos und des Pontianus, nach Sardinien machte ihm 
ein Ende. An dem Werke der Ketzerbestreitung in Wort und 
Schrift hatte Hippolytos redlich mitgewirkt, bevor er mit Kalli- 
‚stus über christologische Fragen und über solche der Kirchen- 
disciplin in Konflikt geriet, Kallistus wegen seiner Laxheit und 
Weltlichkeit verketzerte und sich für den wahren Bischof von 
Rom und für den Verkünder der wahren Lehre erklürte, ohne 
jedoch damit durchzudringen. Der Bibel gegenüber wahrte sich 
jedoch Hippolytos, wie die Chronik zeigt, immerhin eine, wenn 
auch maßvolle Freiheit, wenigstens soweit die Angaben der 


die ibm aus den Philosophumena (xat. zac. aio.) entgegengetreten war, 
vortrefflich: «Es genügt Hippolytos nicht, einen Index schon vor jedem 
Buch zu geben, sondern er muf, ehe er zur positiven Darstellung der 
Wahrheit kommt, noch einmal in einem besonderen Buch (X) eine Über- 
sicht der Bücher geben, zum drittenmal X 5 dasselbe sagen, was eine 
bloße Wiederholung von IX 31 ist; er kann schon Gesagtes nicht oft 
genug wiederholen, er ist ein Vielschreiber, der sich auf ἕτεραι βίβλοι 
und schon πλειστάχις Gesagtes immer wieder zurückbezieht;. Dagegen 
ist Volkmars Deutung von ἐν ἑτέραι: βίβλοις X 30 teils auf die Schrift 
περὶ toU παντός, teils auf das exegetische Werk εἰς ra μετὰ τὴν é&a- 
ήμερον falsch; Hippolytos bezieht sich damit, wie oben S. 141ff gezeigt 
wurde, auf die Chronik. 


154 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Genesis über die Völkerzerstreuung in Betracht kommen. Ob 
Kallistus und sein Anhang dem sonst so strengen Hippolytos 
diese Freiheit zum Vorwurf machten, wissen wir nicht; sicher isl, 
daß die meisten Späteren, die seine Chronik benutzten, deren 
Angaben mit denen des Alten Testaments in bessere Überein- 
stimmung zu bringen suchten. Diesem Zweck dienen die einzigen 
nennenswerten Änderungen seiner beiden lateinischen Übersetzer, 
des vor 334 tätigen, der im 110. gen. II erhalten ist, und des vor 
460 (vgl. A. v. Gutschmid, Kl. Schr. V 620) schreibenden, der 
im liber generationis I vorliegt. Daher galt Hippolytos nach 
seinem Tode in der officiellen römischen Kirche allerdings als 
Märtyrer und Heiliger, aber seine Ansprüche als schismatischer 
Papst wurden geflissenilich ignoriert, er wird absichtlich nur als 
schlichter Presbyter bezeichnet (Chronogr. von 354 a. a. O.) und 
auch als Kirchenlehrer hatte deshalb sein Name im Westen 
keinen Klang; seine Chronik wird zwar benutzt, geht aber nicht 
unter seinem Namen. 

Nicht viel anders erging es wenig später im Orient einem 
weit bedeutenderen Manne, Eusebios. Um der sehr maßvollen 
Freiheit willen, die er sich der Bibel gegenüber gewahrt hatte, 
wurde er verketzert, und Machwerke wie die der beiden alexan- 
drinischen Mönche Panodoros und Annianos konnten seiner gelehrten 
Arbeit den Rang ablaufen, weil sie, wie der Synkellos (p. 62 ed. 
Bonn.) rühmend hervorhebt, mit der Schrift und den heiligen Vätern 
genauer übereinstimmten als der im Verdachte mangelhafter 
Rechtgläubigkeit stehende Eusebios. Diese Beurteilung des Eu- 
sebios im Osten hängt mit ähnlichen kirchlichen Bestrebungen 
im Orient zusammen. Auch die alexandrinische Kirche stützte, 
zuerst durch ihre Bischöfe Athanasios und Petros, Roms Ansehen 
in geistlichen Dingen, dann aber gewann hier vollends jene 
Richtung die Herrschaft, die durch den Serapeionzerstörer Theo- 
philos verkörpert wird. Dieser warb als literarischen Bundesge- 
nossen für das Werk der Ketzer- und Heidenbestreitung, das er 
selbst in Ägypten mit roher Faust durchführte, den alten Epi- 


phanios von Kypros. In den Augen dieser Orthodoxen konnte 


Eusebios nichts mehr gelten. 

Wenn gleichwohl auch noch später hier und da ein Verstoß 
gegen das Wort des Kanons vorkommt, so ist dies nicht Toleranz, 
sondern es ist lediglich der Unverstand mangelnder Bildung. der 


Die Chronik. 155 


solche Verbrechen unbeanstandet läßt. Ein Alexandriner (die 
Vorlage des Barb.) schrieb bald nach 412 dem Hippolytos noch 
manches mit dem Alten Testament Unvereinbare gewissenhaft 
nach. Allein er benutzte in seiner Chronik auch das Evangelium 
des Jacobus und erregte damit anscheinend bei seinen Zeitge- 
nossen Anstand. Denn einer von diesen, der anonyme Verfasser 
jener alexandrinischen Chronik, deren Fragmente im Papyrus 
GoleniStev erhalten sind, ersetzte geflissentlich alle Stellen aus 
dem Protevangelium des Jacobus durch die entsprechenden aus 
dem kanonischen Lukas (Denkschr. d. Wiener Akad. Bd. 51 
S. 78ff). Im griechischen Orient lebte jedoch Hippolytos lange 
als gefeierter Lehrer der Kirche fort, seine Werke wurden häufig 
eitiert und öfter benutzt, ins Armenische übersetzt und durch 
Vermittlung der Alexandriner und Antiochener auch in die sy- 
rischen Chroniken aufgenommen. Die Byzantiner, der Oster- 
chronist und der Synkellos, benutzten ihn noch durch Vermitt- 
lung der Alexandriner und sie citieren auch seine theologischen 
Werke. Im 7. oder 8. Jhdt. wurde seine Chronik stark verkürzt 
und auch in dieser Fassung später noch viel benutzt (vgl. Taf. V). 
So erhielt sich von diesem Werke nur eine einzige, noch dazu 
verstümmelte griechische Handschrift, die zudem nicht einmal 
den Namen des Verfassers trägt. 

Die erwähnte, bald nach 412 in Alexandrien mit ausgie- 
biger Benutzung des Hippolytos entstandene Chronik wurde 
im 7. oder 8. Jahrhundert in Frankreich ins Lateinische tiber- 
setzt. Der Übersetzer nahm an deren Widersprüchen mit dem 
Alten Testament und an der Benutzung eines Apokryphons keinen 
Anstoß, wie die Verfasser der libri generationis getan hatten. 
Dazu fehlte dem «Barbarus» das Urteilsvermögen; er schätzte 
seine aus Ägypten stammende Vorlage nicht um des Inhaltes, 
sondern um der rohen Miniaturen willen, durch die nach ügyp- 
tischem Brauch in Alexandrien die Weltchronik zum Bilder- 
buch für die Klóster und wohl auch für das Volk gestaltet 
worden war. Gewissenhaft ließ deshalb der Barbarus alle Stellen 
frei, &n denen die Vorlage Bilder enthielt. Der Parisinus, der 
sein Werk enthält, ist das spüteste Beispiel literarischen Fort- 
wirkens der Chronik des Hippolytos im Westen; von einer Hand 
des ausgehenden 10. Jahrhunderts wird diese Chronik gleich irrig 
dem Georgius Ambionensis oder Victor dem Dischof von Tours 


156 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


zugeschrieben, die libri generationis dagegen gehen in den Hand- 
schriften unter den Namen des Origenes oder Orosius!. So kam 
der Verfasser der überall zugrunde liegenden Chronik gänzlich in 
Vergessenheit, obwohl sein Werk, wie im folgenden Abschnitt ge- 
nauer dargetan wird, so nachhaltig wie kaum ein zweites im 
Osten und Westen auf die Chronikenliteratur gewirkt hat —. 

Die Ausgabe des griechischen Textes der Chronik des Hippo- 
lytos ist nicht der Platz, um alle auf sie bezüglichen, jetzt 
wieder in Fluß gebrachten Fragen zu erörtern. Aber auf eine 
Einzelheit hinzuweisen, will ich schließlich doch nicht versäumen: 
der Matritensis, dessen vorzügliche Überlieferung des Textes 
zweifellos ist, entscheidet für die Ansicht, daß Hippolytos in der 
Chronik keinen Papstkatalog gab. 

Mommsen hatte zuerst vermutet, daß der erste bis 231 
reichende Teil des Papstverzeichnisses bei dem Chronographen 
von 354, der sogenannte Liberianische Katalog. aus der Chronik 
des Hippolytos herrühre. Dagegen hatte Döllinger (Hippolytos 
und Kallistus S. 67 ff) sachliche Bedenken erhoben und gezeigt, 
daß der Liberianus ursprünglich aus einer lateinischen und nicht 
aus einer griechischen Quelle stamme. Auch Krusch (Neues 
Archiv VII S. 469) war auf Grund äußerer, durch die Über- 
lieferung der libri generationis und des sogenannten Fredegar 
gebotener Anhaltspunkte zu dem Schlusse gekommen, es sei 
mindestens zweifelhaft, ob Hippolytos seinem Compendium ein 
Papstverzeichnis beigegeben habe. Döllingers Gründe lassen 
auch die Anhänger von Mommsens und Lightfoots Darlegungen 
gelten (Harnack, Gesch. d. altchristl. Literat. II. 1 S. 151 ff); 
sie nehmen daher an, daß im Liberianus die Liste des Hippolytos 
in verschlechterter und interpolierter Fassung vorliege, daß sie 
einen sowohl Irenäus als Hippolytos fremden Fehler — einen 
Papst Cletus neben Anaclitus — enthalte. 

Die Annahme, daß Hippolytos einen Papstkatalog bot, und 
die Vermutung, daß dieser mit dem Liberianus identisch sei, 
beruht auf der Angabe einer einzigen Handschrift des liber 
generationis I (oben c. 15a), derzufolge als letztes Capitel der 


1) Die geflissentliche Ignorierung des Hippolytos als Kirchenlehrer 
im Westen ergibt sich auch daraus, daß seine theologischen Schriften 
nicht citierö werden. 


Die Chronik. 157 


Chronik in der Inhaltsübersicht angeführt wird: nomina epi- 
scoporum Romae et quis quot annis praefuit. Die Angabe fin- 
det sich nur in dem von Mommsen in seiner Ausgabe über- 
schätzten Berolinensis des lib. gen. I!. Keiner der anderen 
zahlreichen Zeugen weiß an dieser Stelle etwas von einem Papst- 
katalog. Bei Fredegar steht an derselben Stelle der Inhalts- 
übersicht statt episcoporum — emperm, also imperatorum, wozu 
allerdings der Ausdruck praefuit weniger gut paßt, worin aber 
das Ursprüngliche (das Kaiserverzeichnis als letztes Capitel) 
sich doch noch erkennbar erhalten hat. Ferner fehlt in dem 
Archetypus der Handschriften GC des lib. gen. I, dessen Wert 
durch den Vergleich mit dem Matritensis erheblich gestiegen ist, 
diese Notiz ganz, sie fehlt im Inhaltsverzeichnis des lib. gen. II; 
der Papstkatalog selbst fehlt aber auch in allen Handschriften 
der libri generationis im Texte. Hinzu kommt nun noch das 
Inhaltsverzeichnis im Matritensis, das diesen Abschnitt gleichfalls 
nicht erwähnt, sondern wie alle anderen Zeugen mit den römi- 
schen Kaisern schließt. 

Aber auch der Ursprung der falschen Angabe des Beroli- 
nensis láft sich erkennen. In dem Inhaltsverzeichnis des lib. 
gen. I fanden, wie die oben (S. 30 ff) gegebene Zusammenstellung 
lehrt, Verschiebungen statt. Die reges Macedonum und die 
imperatores wurden nach vorne verschoben und als Nr. 10 und 
11 an die reges Persarum angeschlossen; infolgedessen endete 
nun das Inhaltsverzeichnis mit den nomina sacerdotum, woran 
also die Vorlage oder der Schreiber des Berolinensis aus Eigenem 
die christlichen Hohenpriester, die nomina episcoporum Romae, 
fügte, während im Archetypus von GC an derselben Stelle das 
dem Hippolytos ebenfalls fremde Verzeichnis der kanonischen 
Schriften des Alten und Neuen Testamentes eingeschoben wurde. 

Da somit die Chronik des Hippolytos überhaupt keinen 
Papstkatalog enthielt, so kann auch der erste Teil des beim 
Chronographen von 354 eingelegten Papstverzeichnisses (Mom m- 
sen chron. min. ] p. 73ff) nicht von ihm herrühren 3, 


1) Bei Mommsen mit B, bei Frick mit M bezeichnet, Dieselbe 
Hs. meint Rubensohn (Hermes XXV, 5. 343. Anm. 1) mit Cheltenh. 1805. 
2) Man wolle dem nicht entgegenhalten, daß im Inhaltsverzeichnis, 
wie der Stadiasmos und die Assyriorum regna (oben S. 32 Anm., S, 140), so 
auch der Papstkatalog übergangen, im Text aber dennoch enthalten ge- 


158 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Beilage III. Hippolytos xar. xao. αἷρ. X 30, 31. 


Hier sollen die in xat. πασ. aipeo. X 30, 31 enthaltenen 
Citate und die der Stelle zugrunde liegenden Berechnungen ein- 
gehender erörtert werden, um den oben S. 141 ff. geführten Nach- 
weis zu verstärken, daß Hippolytos X 30 die Chronik nicht nur 
citiert, sondern auch das ihr zugrunde liegende Zahlenschema als 
bekannt voraussetzt, und daß also die Chronik zur Zeit der Nie- 
derschrift dieser Stelle schon veröffentlicht gewesen sein muß. 

Das Citat aus der Chronik ist nicht die einzige Bezugnahme 
auf ältere Arbeiten, die Hippolytos X 30 vorbringt. Kurz vor- 
her heißt es von Abraham nach einer Lücke: ... τοῦ ϑεοῦ μετ- 
οἰκεῖ 2x Meoororaulas πόλεως Χαρρὰν εἰς τὴν νῦν μὲν 
Παλαιστίνην xai Ἰουδαίαν προσαγορευομένην χώραν, τότε δὲ 
Χαναανῖτιν, περὶ ἧς καὶ κατὰ τοῦτο τὸ μέρος τὸν λόγον οὐκ 
ἀμελῶς παρεδώχαμεν ἐν ἑτέροις λόγοις. Mit dieser Zurtick- 
verweisung ist aber schwerlich die Chronik gemeint, in der, 
wenigstens soweit wir sie kennen (lib. gen. I c. 237 ff, Barb. 
c. 211 ff, Momms., chron. min. I, p. 113), der Tatsache der 
Einwanderung und des Verweilens des Abraham in Chanaan 
viel kürzer als hier gedacht wird. Hippolytos wird vielmehr 
die geographische Erórterung, auf die er hier anspielt, in einer 
seiner vielen exegetischen Schriften geboten haben. Mit palä- 
stinensischer Geographie mit Bezug auf das Alte Testament hatte 
sich überdies schon sein älterer Zeitgenosse Africanus (Gelzer, 
Sext. Iul. Afr. 1 10) befaßt. 

Was auf dieses Citat unmittelbar folgt, ıst dagegen aus der 
Chronik entnommen, denn es setzt Bekanntschaft mit den in 
diesem Werk gebotenen Zahlen voraus. Die Stelle ist lücken- 
haft überliefert, die fehlenden Zahlen sind daher in der folgen- 
den Wiedergabe eingeklammert. Hippolytos fährt folgender- 
maßen fort: «von da an (d. h. von Abrahams Einwanderung) be- 
gann die Vermehrung in Judäa; das Land hatte seinen Namen 





wesen sein kónne. Dieser Katalog ist an Bedeutung den persischen und 
macedonischen Kónigen und den rómischen Kaisern gleichzustellen und 
durfte daher, wenn er überhaupt vorhanden war, im Inhaltsverzeichnis 
nicht fehlen; vor allem aber hätten ihn die Übersetzer nicht ausgelassen, 
wenn sie ihn im Texte der Chronik gelesen hätten. 


Beilage Ill. Hippolytos xar. nao. aig. X 30, 31. 159 


von dem 4. Sohne Jakobs, Juda, der auch [Israel] hieß. Abraham 
wanderte [75 Jahre alt] von Mesopotamien aus, zeugte mit 100 
Jahren Isaak, dieser mit 60) Jahren den Jakob, dieser mit 87 Jah- 
ren den Levi, dieser mit 40 Jahren den Kaath; Kaath aber zählte 
[3 Jahre], als er mit Jakob nach Ägypten zog!. Folglich beträgt 
die Zeit, die Abraham und sein Geschlecht in dem damals Cha- 
naan genannten Lande zubrachten, 215 Jahre. Abrahams Vater 
war Tharra, dessen Vater Nachor, dessen Vater Seruch, [dessen 
Vater Rhagau, dessen Vater Phaleg, dessen Vater Eber], nach 
dem sie auch Hebräer hießen». Im nächsten Satze steht nach 
einer Lücke, in der von der Völkerzerstreuung zu Phalegs Zeit 
die Rede war, das oben (S. 141) schon angeführte Citat aus der 
Chronik, das die in dieser angeführten Namen der 72 Völker be- 
trifft. Darauf folgt die aufsteigende Genealogie: Eber — Sala 
— Kainan — Arphaxad — Sem — Noé; unter Noé fand dann der 
allgemeine χαταχλυσμὸς statt, den weder Ägypter, noch Chal- 
dáer, noch Griechen erwähnen, nach deren Angaben es vielmehr 
nur Örtliche χαταχλυσμοί zur Zeit des Oxyges und Deukalion 
gab. Mit der Summierung: εἰσὶ οὖν καὶ ἐπὶ τούτων γενεαὶ 
ξ, ἔτη v4e schließt diese Darlegung. 

In dieser Auseinandersetzung wird also ein feststehendes 
System der ältesten Chronologie seit der Flut als bekannt vor- 
ausgesetzt, ohne daß es hier wirklich vorgetragen würde, Hippo- 
lytos hebt nur einige Einzelheiten heraus, um die Endsummen 
215 und 495 zu erweisen. Dieses System ist nicht das des Afri- 
canus, denn es enthält zwischen Sala und Arphaxad den der 
Septuaginta entnommenen zweiten Kainan, den Africanus noch 
nicht kennt (Gelzer, S. Iul. Afr. I 55), während ihn Hippolytos 
in seiner Chronik mitzählte (oben c. 39). Schon aus diesem 
Grunde liegt es also nahe, das mitten in dieser Darlegung er- 
haltene Citat ἐν ἑτέραις βίβλοις auf die Chronik des Hippolytos 
zu beziehen. Hinzu kommt, daß die Chronik nicht nur die da- 
mit angezogene Liste der 72 Völker enthält, sondern daß ihre 
Angaben, wie der Matritensis und die libri generationis zeigen, 


1) Die Handschrift gibt Jakob 87 Jahre; die Herausgeber schreiben 
fälschlich 86 und ergänzen infolgedessen bei Kaath 4 Jahre. Die über- 
lieferte Zahl 87 ist richtig; der Synkellos (p. 108. 18; 219. 4) gibt nach 
Africanus, dem Hippolytos hier folgte, ebenfalls δ: Jahre an. So folgert 
mit Recht auch K. Frick, chron. min. p. 439. 


160 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


auch im Einzelnen mit den xar. πασ. aipeo. X 80 gegebenen 
chronologischen Darlegungen übereinstimmen. 

Die hier befolgte Rechnung: Noé bis Eber — 5 Generationen 
— 495 Jahren, von Eber bis Abraham ebenfalls 5 Generationen, 
Abraham wandert mit 75 Jahren in Chanaan ein, lebt selbst 25 Jahre 
im Lande, er und sein Geschlecht verweilen daselbst 215 Jahre, 
ist dieselbe wie in der Chronik. In dieser werden ebenfalls von 
Sem bis Faleks Geburt und wieder von Eber bis Abraham aus- 
drücklich je fünf Generationen gerechnet (Hipp. c. 42, lib. gen. I, 
c. 238; Mommsen, chron. min. I, p. 113). Ich setze der 
besseren Übersicht wegen die im lib. gen. I, c. 237 ff und beim 
Barbarus c. 211 ff (Mommsen a. a. O.) überlieferten Zahlen neben 
die xar. πασ. aig. X 30 gegebenen: 


lib. gen. I. Barbarus. xat. πασ. cip. 
Abraham 15 J. 75 [75] 
in Chanaan 25 25 25 
Isaak 60 60 60 
Jakob 86 (58) 83 87 
Levi 40 45 40 + [8] = 215. 


Die abweichenden Zahlen des Barbarus sind nicht bloße 
Schreiberversehen, denn sie sind durch die beigefügten Sum- 
mierungszahlen der Adamsjahre 2473, 3556 und 3601 ge- 
schützt; gleichwohl sind sie feblerhaft, wie die der Compen- 
sierung zuliebe gewählte, ganz singulüre Zahl 45 für Levi be- 
weist. In den erhaltenen Übersetzungen aus Hippolytos fehlt 
allerdings eine Angabe darüber, im wievielten Jahre Kaaths der 
Auszug nach Ägypten stattfand. Dennoch kann an der Identität 
des bei Hippolytos in der Chronik und in der Schrift xar. xao. 
αἱρέσ. befolgten Systems kein Zweifel aufkommen, da für die in 
der Chronik fehlende Angabe über Kaaths Alter eine aus Africanus 
erhaltene Nachricht subsidiär eintritt: Africanus gibt ebenfalls 
215 Jahre als Zeit des Aufenthaltes in Chanaan an und versetzt 
den Auszug in Levis 43. Jahr (Gelzer, Sext. Iul. Afr. I 86). 
Wir dürfen also annehmen, daß ihm Hippolytos darin folgte; 
die im lib. gen. I und beim Barbarus verderbten Zahlen müssen 
daher nach den xar. nao. aip. X 30 gebotenen verbessert wer- 
den; im lib. gen. I ist dies zudem nur an der einzigen Stelle 
nötig, an der schon die Handschriften zwischen S6 und 88 


Beilage Ill. Hippolytos xat. zao. ato. X 30, 31. 161 


schwanken; wird hier 57 geschrieben, so ist die Übereinstimmung 
beider Rechnungen vollstándig. 

Auf diese somit durchweg der Chronik entnommenen, 
weil mit ihr stimmenden Angaben folgt xar. xao. aig. X 30 
abermals ein Citat. Hippolytos bemerkt, der fromme Noe habe 
sich mit den Seinen in die Arche geflüchtet, zc καὶ τὰ μέτρα 
xal τὰ λείψανα. xaO Og ἐκτεϑείμεϑα, ἕως νῦν anodelxvv- 
ται ἐν ὄρεσιν ἀραρὰδ καλουμένοις. οὖσι πρὸς τὴν τῶν 
᾿διαβηνῶν χώραν. Dieses Citat bezieht sich auf exegetische 
Schriften des Hippolytos; gemeint sind Stellen wie in Dan. IV 24 
oder die Echtes und Unechtes enthaltende Stelle aus dem Tar- 
gumcommentar (Die griech. christl. Schriftsteller I. Hipp. kleine 
Schriften S. 91), an der jedoch der Name des Berges «Kardu» als 
fremde Zutat auszuscheiden sein dürfte !. 

Aus diesen Prämissen zieht Hippolytos X 30 Ende den in 
der jüdischen und christlichen Exegese des Alten Testaments stets 
wiederholten Schluß, dal; das γένος der ϑεοσεβεῖς älter sei als 
Chaldäer, Ägypter und Hellenen. In c. 31 setzt er auseinander: 
πόϑεν τὸ γένος (τῶν ϑεὸν σεβασαντωνῚ καὶ πότε μετοιχήσαντες 
οὐ τὸ ὄνομα ἐὲ αὐτῶν τῶν χωρῶν μετέσχον, ἀλλ᾽ αὐτοὶ προς- 
ἐποίησαν ix τῶν πρώτως ἀρξάντων καὶ κατοικησάντων xtÀ.; 
damit schlägt er das im Diamerismos der Chronik behandelte 
Thema an (oben S. 49 Anm... Was er hier über Chams Söhne 
sagt, stimmt nur bezüglich Chus und Mestraim mit der Chronik 
(oben S. 66) überein. Von Phud leitet er dagegen hier die Libyer, 
dort die Troglodyten, von Chanaan hier die Chanaanäer, dort die 
Afrikaner und Phönikier ab; diese Völker sollen in ihren ein- 
heimischen Sprachen noch die alten Namen, im Griechischen aber 
die jetzt üblichen Namen führen (vgl. losephus antiq. lud. I 6 ff). 
Dagegen stimmt wieder mit der Chronik (oben S. 50) überein, 
daB er von Javan die Hellenen und lonier ableitet. Die Diffe- 
renzen in diesen Angaben gehen also darauf zurück, daß Hip- 
polytos xar. zao. «ig. X 31 durch losephus a. a. O. beeinflußt 


1) Vgl. die von Wirth, Chronographische Späne S, 7 aus dem Paris. 
suppl. 682 citierte Stelle: Agapar ... xai ἔστιν τὰ ξύλα attij; (der Arche) 
ἐχεῖ ἕως τῆς viv, wie Pergamos von Pamphylien, losephus (antiq. lud. 
I 3, 6), Eusebios und andere Chronographen berichten, daß nämlich der 
Ararat in Armenien zwischen Palästina und Adiabene liege, während er 
nach [ohannes Antiochenus in Pisidien liegt. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 11 


162 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


mit einigen seiner Angaben in der Chronik in Widerspruch ge- 
rät; sie sind übrigens so geringfügig, daß deshalb an der Be- 
zugnahme auf die Chronik in den Cap. 30 u. 31 nicht gezweifelt 
werden kann. 


4. Nachwirkung der Chronik des Hippolytos. 


Die Chronik des Hippolytos, eine keineswegs hervorragende 
Leistung, übte gleichwohl eine sehr nachhaltige Wirkung, denn 
nicht Gelehrsamkeit und Selbständigkeit des Inhalts, sondern die 
Handlichkeit und bequeme Übersicht geben für die Benutzung 
und das Fortleben einer christlichen Weltchronik den Ausschlag. 
Im Westen war diese Wirkung aus den früher angeführten, in 
der persönlichen Stellung des Verfassers zu den Päpsten seiner 
Zeit gelegenen Gründen geringer als im Osten. Im Westen sind 
daher nur zwei Fälle directer Benutzung in dem Zeitraum vor 
334 und nach 460, die beiden lateinischen Übersetzungen, nach- 
weisbar. Im Osten dagegen wurde das Werk in alexandrinischen, 
antiochenischen, byzantinischen, syrischen und armenischen Chro- 
niken teils direct, teils indirect sehr häufig verwertet. 

Davon soll in diesem Abschnitte die Rede sein, jedoch in 
der Hauptsache mit Beschränkung der Untersuchung auf jenen 
Teil der Chronik, von dem der griechische Text im Matritensis 
erhalten ist. Was also im folgenden über das Abhängigkeits- 
verhältnis und die Quellen griechischer und orientalischer Chro- 
niken festgestellt wird, gilt zunächst nur für die den Dia- 
merismos enthaltenden Abschnitte, nicht aber für die darauf fol- 
genden, die orientalische, jüdische, römische oder gar die zeit- 
genóssische Geschichte darstellenden Teile. Ob in diesen Hip- 
polytos ebenfalls verwertet ist, bleibt auch dann noch besonderer 
Untersuchung vorbehalten, wenn dessen Benutzung im Diame- 
rismos feststeht. Trotz dieser Begrenzung ist die Untersuchung 
schon sehr umfangreich geraten; die sonst angestellten Beobach- 
tungen über die Abhängigkeit dieser Chroniken voneinander 
konnten daher nur gelegentlich berücksichtigt werden, sie stim- 
men zumeist zu den von mir gewonnenen Ergebnissen. Wo Wi- 
dersprüche zwischen meinen und den Ergebnissen anderer For- 
scher vorliegen, liegt die Erklärung darin, daß der Diamerismos, 
der überall ein gesondertes, in sich abgeschlossenes Stück bildet, 


Nachwirkung der Chronik. 163 


einer anderen Quelle entnommen ist als die übrigen Abschnitte 
der betreffenden Chronik. 

Es werden also hier die Untersuchungen wieder aufgenom- 
men, die A. v. Gutschmid (Kl. Schr. V 240 ff. 585 ff) über den 
Diamerismos und H. Gelzer (Sext. lul Africanus II) über die 
Weltchroniken seit Hippolytos anstellen. Während aber A. 
v. Gutschmid sich bemühte, aus den erhaltenen Fassungen des 
Diamerismos dessen ursprüngliche, vor Hippolytos liegende Form 
zu ermitteln !, und es für Gelzer sich hauptsächlich darum han- 
delte, in den dem Diamerismos folgenden Abschnitten der Chro- 
niken die Nachwirkung des Africanus festzustellen, setzt sich 
meine Darlegung das Ziel, nachzuweisen, in welchen Chroniken 
und durch welche Vermittlung der Diamerismos des Hippolytos 
benutzt wurde, welche der erhaltenen Fassungen des Diamerismos 
von dem des Hippolytos unbeeinflußt sind. 


a) Epiphanios von Kypros. 


Epiphanios, Bischof von Konstantia auf Kypros, teilt in 
zweien seiner Schriften, im ἀγχυρωτός (c. 112 ff, Dind. vol. I 
p. 215 ff), an dem er 374 noch schrieb (c. 60, Dind. I 155), und 
χατὰ αἱρέσεων (15, II 83, Dind. I 283, IIL 113), woran er 376 
noch arbeitete (1 2, 1I 20, Dind. I 280, 11] 41), mehrere dem Dia- 
merismos des Hippolytos, äußerlich betrachtet, sehr ähnliche 
Stücke mit. 

Im ἀγκυρωτός c. 112 gibt nämlich Epiphanios in seiner 
kurzen Übersicht die Grenzen der drei Lose ähnlich an wie 
Hippolytos c. 47 ff. Er fügt. ferner eine Bemerkung über Rhino- 
korura hinzu (χεῖται δὲ αὕτη Ῥινοκουρούρων (sc. χώρα) ἀνὰ 
μέσον Αἰγύπτου καὶ Παλαιστίνης, ἀντικρὺ τῆς ἐρυϑρᾶς ϑα- 
λάσσης), die zwar nicht an derselben Stelle, wohl aber etwas 
später c. 188 auch bei Hippolytos ähnlich gefaßt sich findet. In 





1) Auf diesen Nachweis ist die bahnbrechende Arbeit v. Gutschmids 
angelegt und zu diesem Zweck bediente sich dieser Forscher der ver- 
schiedenen Fassungen des Diamerismos, als ob sie verschiedene Hand- 
schriften eines verlorenen Archetypus wären, der aus ihnen zu recon- 
struieren ist. Auf S. 613 wird allerdings auch schon von Gutschmid 
auf die Möglichkeit hingewiesen, daß Hippolytos der Verfasser jenes 


Diamerismos sei, von dem uns so viele Ableitungen vorliegen. 
11* 


164 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


der Aufzählung der von den drei Noachiden stammenden Völker 
fügt Epiphanios bei Chain und lapheth auch Inselkataloge hinzu, 
was abermals an Hippolytos erinnert. Allein während bei diesem 
der Bibel entsprechend die Reihenfolge Iapheth, Cham, Sem ist, 
geht bei Epiphanios der erstgeborene Sem voran; Epiphanios 
war selbst ursprünglich Jude und dürfte also diese andere Anord- 
nung einer jüdischen Bearbeitung des Diamerismos entnommen 
haben. Er bemerkt ferner am Schluß dieses Abschnittes, daß 
in seinen Listen sich dieselben Namen wiederholt fänden, und 
rechtfertigt dies folgendermaßen: εἴ που δὲ ὄνομα ἔϑνους ἢ 
νήσου ἐντέταται δισσῶς, ἐν χλήρῳ ἄλλου καὶ πάλιν ἄλλοι 
κατὰ κοινὰ ὅρια, ἢ κατὰ τὰς γενομένας κατὰ καιρὸν ἀποιχίας. 
ἢ κατὰ πρόςληψιν τοῦ Χὰμ, ὃς ἐπλεονέχτησε χαὶ ἔλαβε τοῦ 
Σὴμ μέρους, μηδεὶς ϑαυμαζέτω, ἢ ἀμφιβαλλέτω. Daraus ersieht 
man schon, dafi Epiphanios das ihm vorliegende Material selb- 
ständig verwertete, was ihm unter den Benutzern des Diameris- 
mos eine Sonderstellung sichert. 

In seinen Listen selbst ist zwar ebenfalls eine entfernte Ver- 
wandtschaft mit denen des Hippolytos zu beobachten, allein 
Epiphanios bietet andrerseits soviele ihm eigentümliche Namen, 
er bringt die mit Hippolytos übereinstimmenden in so ganz an- 
derer Ordnung, seine Listen enthalten, wie v. Gutschmid (KI. 
Schr. V 604, 673 ff) ausgeführt hat, so viele eigentümliche Ver- 
sehen und Verschiebungen, daß sie auch bei Annahme sehr 
freien Verfahrens doch nicht aus der Chronik des Hippolytos 
abgeleitet werden können. Während z. B. Hippolytos c. 190 
die Namen von 17 semitischen, c. 132 von 32 chamitischen 
und c. 80 von 47 japhethitischen Vólkern gibt, kündigt Epi- 
phanios nach seiner Liste von 55 (angeblich) semitischen Völkern 
eine Liste von 32 von Cham abstammenden Völkern an, die aber 
in Wirklichkeit 41 Namen umfafit; auf diese folgen dann statt 
der angekündigten 15 in Wirklichkeit 53 Namen von Iapheth 
stammender Völker. Epiphanios fügte also zu den Namen, die 
er in seiner Quelle vorfand, nach Belieben noch andere hinzu; 
nur sein Katalog der chamitischen Inseln stimmt, von einigen 
Corruptelen der Namen abgesehen, sehr gut, der der japhethischen 
Inseln annáhernd mit denen des Hippolytos überein. 

Auch die beiden anderen den Diamerismos betreffenden 
Stellen x«r& aig. 1 5, II 83 zeigen keine nähere Verwandtschaft 


Nachwirkung der Chronik. 165 


mit Hippolytos!. An der ersten wird statt des Ararat bei Hippo- 
lytos der Berg Lubar genannt; diese Angabe stammt, wie A. 
v. Gutschmid (a. a. O. 652) gezeigt hat, aus dem Buch der 
Jubiläen, also ebenfalls aus einer jüdischen Vorlage. Das Län- 
derverzeichnis an der zweiten Stelle (II 83) verrät besonderes 
Interesse für die Länder beiderseits des roten Meeres, was, wie 
v. Gutschmid gezeigt hat, mit der christlichen Mission im 
axumitischen Reiche zur Zeit des Epiphanios zusammenhängt. 

Aus alledem ergibt sich, wie schon A. v. Gutschmid sah, 
daß Epiphanios nicht Hippolytos selbst benutzte, sondern daß 
er aus demselben älteren Material schöpfte wie dieser. 

Epiphanios zeigt auch sonst keine Bekanntschaft mit der 
Chronik des Hippolytos, obwohl er an mehreren Stellen seiner 
Schriften Chroniken benutzte. So eitiert er (xar. αἷρ. ll 20, 
Dind. III 40) differierende Angaben «einiger Chronographen» und 
teilt an anderen Stellen längere Stücke mit, die aus Chroniken 
ausgeschrieben sind (κατ. αἷρ. 1 4, Dind. 1 283; II 22, Dind. 
Ill 486 vgl Dind. I 233, 238; περὶ μέτρων 12, 16, 18, Dind. 
IV 15, 19, 21; ἀγκυρ. c. 59ff. Dind. I 153). Allein keine ein- 
zige dieser Stellen enthült irgendwelche beweiskrüftige Überein- 
stimmungen mit Angaben des Hippolytos (d. h. den libri gene- 
rationis) Es sind nur gewisse durch die Gleichartigkeit des 
Gegenstandes bedingte oder durch beiderseitige Anlehnung an 
die Bibel bewirkte Ähnlichkeiten vorhanden, aber gar keine Über- 
einstimmungen in Besonderheiten, die zum Nachweis eines Ab- 
hängigkeitsverbältnisses geeignet wären. Wenn z. B. eine der 
von Epiphanios aus einer Chronik geschópften Stellen (ayx. 
c. 114 Dind. I 218) mit Hippolytos c. 38, 39 darin überein- 
stimmt, daß sie vor der Flut den Kainan nennt, der bei Africa- 
nus noch nicht erscheint, so beweist diese Übereinstimmung nichts, 
denn dieser Name findet sich in allen späteren chronologischen 
Systemen aus der Septuaginta eingefügt; diese Übereinstimmung 
“ist also um nichts beweiskräftiger, als wenn Epiphanios und Hip- 
polytos übereinstimmend melden, daß nach dem Turmbau 
72 Völker über die Erde zerstreut: worden seien. 


1) Auch aus Africanus oder Eusebios können die Angaben des Epipha- 
nios nicht herrühren, da diese beiden überhaupt keinen Diamerismos in 
ihren Werken boten. 


166 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Anderes spricht direct gegen eine Benutzung der Chronik 
des Hippolytos. Die von Epiphanios eingesehene Chronik en- 
dete nämlich mit Diokletian, denn dieser ist der letzte Kaiser 
der Liste, dem an zwei längeren dieser Chronik entlehnten Stellen 
bei Epiphanios (ayx. c. 60 Dind. I 155; xar. aig. II 20 Dind. 
III 41) die Regierungsjahre beigeschrieben werden, wührend von 
Diokletian bis zu den Endjahren 374 und 376, auf die Epipha- 
nios seine Rechnung stellt, bloß die Namen der Kaiser genannt 
werden. Nach einem häufig zu beobachtenden Brauche fügte 
also Epiphanios zu einer ihm in einer Chronik vorliegenden, mit 
Diokletian endenden Liste der Kaiser die bis auf seine Zeit fehlen- 
den Namen selbst hinzu. Epiphanios kennt somit die Chronik 
des Hippolytos überhaupt nicht !. 

Die den Diamerismos betreffenden Angaben des Epiphanios 
wurden aber von einigen späteren Chronisten benutzt. So ent- 
lehnte ihnen der Osterchronist einiges, wie sich im folgenden 
zeigen wird. Aber auch der Übersetzer des lib. gen. I benutzte 
sie. Epiphanios (ayx. c. 113, Dind. I 216) nennt nämlich in 
seinem Katalog der japhethitischen Vólker nach den Mossynoiken 
die Κόλχοι und Μελασχηνοί, während die in anderen Versionen 
genannten Σαρμάται fehlen und nur die Σαυρομάται genannt 
sind. Die Κόλχοι und Me4aoys5voi fehlen bei Hippolytos?, sie 


1) Dies hat v. Gutschmid richtig erkannt, dessen gelehrte Ver- 
suche, die Listen des Epiphanios zu erklüren und zu verbessern, a. a. O. 
zu vergleichen sind. Dagegen fafite v. G. hier, wie sonst zumeist, die ver- 
schiedenen Versionen des Diamerismos falsch zu mehreren unter sich 
näher verwandten Gruppen zusammen, weil er von der Benutzung des 
Hippolytos in den späteren Chroniken noch keine richtige Vorstellung 
gewinnen konnte, wie dies jetzt mit Hilfe des Matritensis möglich ist. 
Die S. 679 gegebene Classificierung, derzufolge H(ippolytos), d. h. der 
liber generationis, mit E(piphanios) auf der einen, die P(aschalchronik) und 
A(nonymus d. h. der Barbarus) auf der anderen Seite stehen sollen, hat 
sich als unhaltbar erwiesen. Vielmehr stimmen H und A aufs genaueste 
überein, E nimmt dagegen eine Sonderstellung ein. Die Verwandtschaft 
von P mit S(ynkellos) aber erklärt sich, wie ich noch zeigen werde, 
daraus, daß diese beiden Chronisten durch die Vermittlung der alexan- 
drinischen Chronik von Hippolytos abhüngen. Das Verhültnis von P und 
S zu H ist genau dasselbe wie das von A zu H; beidemale sind Alexan- 
driner die Vermittler der Bekanntschaft mit H. 

2) Der griechische Hippolytos c. 80 hat hier allerdings eine Lücke, 


Nachwirkung der Chronik. 167 


finden sich aber, und zwar an derselben Stelle der Liste wie bei 
Epiphanios auch im liber generationis I (oben S. 59). Nun lernt 
man allerdings bei der Beschäftigung mit den christlichen 
Chronisten dem Zufall in solchen Dingen einen nicht geringen 
Einfluß zuzuschreiben, hier scheint aber doch ein solcher aus- 
geschlossen und die Annahme begründet, daß in der Hippolytos- 
handschrift dieses Übersetzers die Liste aus Epiphanios vervoll- 
ständigt war. Dafür daß diese Ergänzung in einem Teile der 
Hippolytoshandschriften schon sehr alt ist, spricht auch Samuel 
von Ani (vgl. unten), dessen Liste 51 Namen zählte, also in 
ähnlicher Weise wie die des Epiphanios erweitert gewesen sein 
muß. Dadurch wird die Abfassung des lib. gen. | zwischen die 
Jahre 374 und 460 festgelegt !. 


b) Der liber genealogus a. 127. 


Das von Mommsen (Chron. min. I 160ff) als liber ge- 
nealogus a. 427, von Frick (Chron. min. 133) als origo humani 
generis bezeichnete Werk? entstand zwischen 105 und 427 in 
Afrika; der Verfasser ist vielleicht Hilarianus. In dem Diameris- 
mos des lib. geneal. wird wie bei Epiphanios die Reihenfolge: 
Sem, Cham, lapheth eingehalten. Allein die Stammväter- und 
Völkerlisten dieser Schrift, die vereinzelt darin gebotenen Völker-, 
Länder- und Inselverzeichnisse stehen schon auf den ersten Blick 
denen des Hippolytos weit näher als die des Epiphanios. Be- 
sonders auffallend ist die Übereinstimmung des Katalogs der 
Inseln Chams und des Verzeichnisses der Länder Chams; auch 
die Namen der Stammväter und der von ihnen abgeleiteten Völker 
pflegen besonders anfangs übereinzustimmen und erst gegen Ende 
sich von einander zu scheiden. Dennoch stammen die Angaben 


allein das Fehlen beider Namen beim Barbarus gibt dafür genügende Ge- 
wühr, da6 sie auch bei ihm nicht genannt waren. 

1) Diese Beziehung des lib. gen. | zu Epiphanios ist auf dem Stemma 
Taf. V nicht ersichtlich gemacht. 

2) Friek betrachtet die unter dem Namen origo erhaltene Fassung 
dieser Schrift als die Quelle des lib. geneal. Dieser Forscher (praef. LXX) 
bemerkte richtig, daB im lib. geneal. unter anderem auch eine den von La- 
garde edierten Onomastica sacra sehr ähnliche Quelle ausgiebig benutzt 
wurde. 


168 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


im liber genealogus nicht direct aus der Chronik des Hippolytos, 
sondern, wie Frick (praef. LXIX) richtig erkannte, aus der einen 
der beiden uns erhaltenen lateinischen Übersetzungen: aus dem 
lib. gen. II. 

Dafür ist entscheidend, daß ein im lib. gen. II (nicht aber 
im griechischen Hippolytos und auch nicht im lib. gen. I) ent- 
haltener Irrtum und ein ebenda vorhandener (bei Hippolytos und 
im lib. gen. I aber fehlender) Zusatz an derselben Stelle im lib. 
genealogus sich wiederfinden. Der bei Hippolytos c. 141 ein Land 
Chams bezeichnende Name ᾿ρυϑρά wurde im lib. gen. II infolge 
eines Mißverständnisses als der Name eines Flusses aufgefaßt, so 
daß es in dieser Übersetzung ganz verkehrt heißt: et alia Ethio- 
pia, unde prodit fluvius Rubrus, qui respicit contra orientem; 
gleich darauf folgt im lib. gen. lI zu Kyrene der Zusatz: quae 
est Penthapolis. Wörtlich damit übereinstimmend steht im liber 
genealogus und nur in diesem: et alia Aethyopia, unde prodit 
Rubus fluvius, qui aspicit contra orientem und gleich darauf zu 
Kyrene ebenfalls: quae est Pentapoli. Andere Übereinstimmungen 
kommen hinzu. Im lib. gen. II und im lib. geneal. fehlen unter 
den afrikanischen Vólkern zwischen den Nasamones und Tau- 
tamei die Macae, die Hippolytos, der Barbarus und der lib. gen. I 
nennen, ebenso findet sich wieder nur im lib. gen. II und im 
lib. geneal. zu Leptis der Zusatz magna, endlich geben nur der 
lib. gen. II und der lib. geneal. den Namen des von Elam stam- 
menden Volkes in der Form (H)elamit(a)e, während Hippolytos und 
die beiden anderen Lateiner ᾿λυμαῖοι, Elimei und Aelymei bie- 
ten!. Für die Genealogie Sems und das Endé des Cham be- 
treffenden Abschnittes steht also fest, dal der liber genealogus 
von dem liber generationis I] abhängt. 

Allein es finden sich doch auch Unterschiede. Im liber ge- 
nealogus wird v. B. im Stammväterverzeichnis Sems von Ul das 
Volk der Armenier und nicht wie im lib. gen. II das der Lydier 
abgeleitet und ein paar solche Differenzen begegnen auch noch 
im folgenden, wie aus der oben (S. 87ff) gegebenen Zusammen- 


1) Die Übersetzer des armenischen Textes des später zu besprechen- 
den Samuel von Ani geben allerdings auch die Form Elamitae; dadurch 
wird jedoch die Beweiskraft des im Texte angeführten Argumentes nicht 
vermindert. Die im Text erwähnten Stellen des lib. gen. II und des lib. - 
geneal. sind oben S. 77, 79, 80 zusammengestellt. 





Nachwirkung der Chronik. 169 


stellung ersichtlich ist. Darin wird man also eigenmächtige Än- 
derungen zu erkennen haben, die sich der Verfasser des liber 
genealogus mit seiner Vorlage — dem liber generationis 1] — . 
gestattete. 

Der Vergleich beider Fassungen läßt sich leider nicht voll- 
ständig durchführen, weil in der Chronik von 334 (lib. gen. II), 
beziehentlich beim Chronographen von 354 nur die die Länder 
Chams und die Stammvüter nach Sem betreffenden Abschnitte 
aus Hippolytos aufgenommen wurden. Da aber anzunehmen ist, 
daß der Verfasser des liber genealogus seinen Diamerismos einer 
und derselben Quelle entnahm, so dürfen auch die bei ihm vor- 
kommenden lapheth und Sem betreffenden Stücke bis zu einem 
gewissen Grade als Ersatz für die in der Chronik von 334 feh- 
lenden Abschnitte des lib. gen. 1 betrachtet werden. Sie sind 
deshalb auch oben (3. 51 ff, 57, 61, 65 ff) unter der Rubrik lib. gen. II 
mit abgedruckt, obwohl deren Text dem verlorenen des lib. gen. 1I 
nicht gerade wórtlich entsprochen zu haben braucht. 

Im liber genealogus liegt uns also der Diamerismos des 
Hippolytos sehr verkürzt und durch den lib. gen. II vermit- 
telt vor!. 


c) Die Alexandriner. 


Direct benutzt wurde die Chronik des Hippolytos zu Anfang 
des 5. Jahrhunderts von mehreren Verfassern alexandrinischer 
Weltchroniken. Von dem einen dieser Alexandriner war schon 
wiederholt die Rede: es ist der nach 412 schreibende Anonymus, 
von dem uns eine lateinische Übersetzung aus dem 7. oder 
$. Jahrhundert im Barbarus des Scaliger erhalten ist. Aus der 
Zusammenstellung seines Textes mit dem des Matritensis ist er- 
sichtlich, daß er den Diamerismos der Chronik des Hippolytos 
sehr getreu wiedergab und nur das Proómium und den Stadias- 
mos wegließ. Überdies wurde durch einige Beobachtungen im 
vorigen Abschnitt (8. 148 ff) festgestellt, daß dieser Alexandriner 





1) Zu der Benutzung des lib. gen. Il durch den Verfasser des liber 
genealogus bietet die Benutzung des lib. gen. I durch den jüngeren Ar- 
nobius in seinem um 460 verfaßten l'sahnencomimnentar (v. Gutschmid 
a. a. O. 619 ff) eine Parallele. 


170 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


auch in den auf den Diamerismos folgenden Abschnitten seines 
Werkes vielfach von Hippolytos abhängt. 

Ich fasse zuerst kurz zusammen, was über die Abfassungs- 
zeit der Vorlage des Barbarus feststeht (vgl. Denkschriften d. 
Wien. Akad. 51. Bd. 82ff). Die Abfassung nach 412, dem Todes- 
jahr des Serapeumzerstörers Theophilos, ergibt sich aus der Nach- 
richt (Schöne 239, Frick 371), daß dieser Patriarch den bischöf- 
lichen Stuhl von Alexandrien 28 Jahre inne hatte. Die lateinische 
Übersetzung in der Pariser Handschrift endet allerdings mit den 
Consuln des Jahres 387; es spricht aber alles dafür, daß die 
griechische Vorlage bis zur Zerstörung des Serapeion (391) oder 
bis zum Tode des Theophilos (412) reichte, das von dem Barba- 
rus übersetzte Exemplar jedoch am Schlusse defect war. Die 
Kaiserliste des Barbarus (Schöne 224, Frick 330), die noch Zeno 
und Anastasios nennt, ohne jedoch deren Regierungsjahre (491 
bis 518) anzugeben, ist daher, wie Frick (praef. LXXXVII) be- 
merkte, von einem Späteren fortgesetzt. Auf den ersten mit 
dieser Kaiserliste endenden, vorzugsweise aus Africanus und Hip- 
polytos geschópften Teil folgt ein zweiter!, der aus anderer 
Quelle stammt. Er beginnt abermals mit Caesar (Schöne 225, 
Frick 330) und als chronologische Grundlage ist darin eine ra- 
vennatische Fastenchronik verwertet, mit deren Angaben die 
Namen der Augustalen ınd auf Alexandrien bezügliche Nach- 
richten verbunden wurden (vgl. Denkschr. d. Wien. Akad. Bd. 51 
S.50ff). Triftige, gleich anzuführende Gründe sprechen dafür, 
dali mindestens dieser zweite Teil aus der Chronik des Alexan- 
driners Annianos stammt; möglich, wenn auch nicht nachweisbar 
ist, dali die ganze in der Übersetzung des Barbarus erhaltene 
Compilation von demselben Annianos herrührt. 

Annianos ist neben Panodoros als Verfasser einer alexan- 
drinischen Mónchschronik aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts 
bekannt. Über diese beiden, literarisch als Einheit zu betrach- 
tenden Autoren berichtet der Synkellos (p. 62, Bonn.) daß sie 
zur Zeit des Patriarchen Theophilos nützliche historische Com- 
pendien verfaßten, und daß das Werk des Annianos kürzer und der 


D) Vgl. oben δ. 1481} die Einwendungen, die gegen die herkömmliche 
Annahme sprechen, daß die vom Barbarus übersetzte alexandrinische 
Quelle aus drei verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt sei. 


Nachwirkung der Chronik. 171 


Schrift wie der Überlieferung der Apostel genauer entsprechend 
war als das des Panodoros, dessen Chronik also jener verkürzte, 
orthodoxer und populärer gestaltete. Der Synkellos (p. 597) be- 
richtet ferner, daß die Chronik des Annianos in die Form eines 
Osterkanons von 11 Cyklen zu 532 Jahren gebracht war, und 
daß der Tod des Theophilos darin einen wichtigen Abschnitt 
bildete (p. 59). Das Werk enthielt chronologische Irrtümer, es 
hatte die Besonderheit, daß darin seit 312 auch die Jahre der 
diokletianischen Ära verzeichnet standen; sowohl Africanus als 
Hippolytos waren darin benutzt. Im Gegensatz zu dieser popu- 
lären Darstellung war, wie Gelzer (Sext. lul. Afric. II 189 ff} 
zeigte, die Chronik des Panodoros eine ausführlich gehaltene und 
gelehrtere Arbeit, die sich ganz besonders die Aufgabe stellte, 
Eusebios zu widerlegen, wo sich dieser mit den Angaben der 
Schrift nicht im Einklang befand (Gelzer 1931f)!. Die Chro- 
niken dieser beiden Alexandriner wurden nicht nur von dem 
Österchronisten und dem Synkellos, sondern, wie Gelzer gezeigt 
hat, noch von vielen Späteren benutzt; Annianos insbesondere ver- 
drängte bei den Orientalen die gelehrte Arbeit des Eusebios. 
Die Gründe, die dafür sprechen, daß mindestens der zweite, 
die ravennatische Fastenchronik enthaltende Teil der vom Bar- 
barus übersetzten alexandrinischen Chronik von Annianos her- 
rührt, wurden zuerst von Gelzer (Zeitschr. f. wissensch. Theol. 
26. Bd. 500) hervorgehoben. Später jedoch (Sext. Iul. Afric. II 
322) modificierte Gelzer seine Ansicht dahin, daß nicht Annia- 
nos selbst, sondern eine etwa 100 Jahre jüngere Bearbeitung 
seiner Chronik beim Barbarus übersetzt sei, weil dessen Kaiser- 
katalog (oben S. 170) bis auf Zeno und Anastasios fortgesetzt sei. 
Ich halte jedoch Gelzers ursprüngliche Ansicht für richtig. 
Denn außer dieser Verlängerung der Kaiserliste enthält der Bar- 
barus kein Indicium, das über das Jahr 412 herabführen würde. 
Selbst wenn man aber für den ersten Teil der beim Barbarus 
übersetzten Chronik eine fórmliche Bearbeitung zu Anfang des 
6. Jahrhunderts zugeben wollte, so würde doch daraus für die 


1) Einer der Hauptvorwürfe des Panodoros gegen Eusebios ist, daß 
dieser bei Berechnung des Intervalls zwischen der Flut und Abraham 
den zweiten Kainan und somit 130 Jahre ausgelassen habe. Diesen aus 
der Septuaginta stamınenden zweiten Kainan kannte auch Africanus nicht, 
"bei Hippolytos ist er dagegen schon eingefügt. 


172 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Abfassungszeit und den Verfasser des zweiten Teiles nichts zu 
folgern sein. In diesem zweiten Teil aber findet sich (Schöne 236, 
Frick 362) der vom Synkellos (p. 597) ausdrücklich als Eigen- 
tümlichkeit der Chronik des Annianos bezeichnete Ostercyklus 
von 532 Jahren angeführt. Da ferner im ersten Teil des Barbarus 
einige, wenn auch nicht ebenso durchschlagende Übereinstim- 
mungen mit Annianos vorkommen, so scheint die Annahme be- 
gründet, daß nicht nur der zweite Teil, sondern überhaupt die 
ganze vom Barbarus übersetzte Chronik die des Annianos ist. 
Gleichwohl habe ich in dem Stemma, das auf Taf. V gegeben ist, 
die alexandrinische Quelle des Barbarus als besonderen Zweig 
der Überlieferung neben Annianos gestellt und nur durch eine 
Linie deren Beziehungen zu Annianos . veranschaulicht. Dies 
geschah deshalb, weil, wie ich später zeigen werde, die von 
Panodoros-Annianos oder einer ihnen sehr nahestehenden Quelle 
abhüngigen Byzantiner (der Osterchronist und der Synkellos) in 
ihrem Diamerismos doch nicht denselben engen Anschluß an Hippo- 
lytos zeigen wie der Barbarus, was doch der Fall sein müßte, wenn 
der Barbarus, die Osterchronik und der Synkellos gerade Annianos 
zur gemeinsamen Vorlage hütten. Diese Beobachtung nótigt also 
vielmehr, eine größere Zahl, wenn auch nur in Einzelheiten sich 
unterscheidender, mit Panodoros und Annianos nahe verwandter 
alexandrinischer Chroniken anzunehmen. Eine solche Vielheit 
einander sehr äbnlicher Werke ist aber nicht nur zur Erklärung 
der Differenzen und Übereinstimmungen in den uns erhaltenen 
Ableitungen erforderlich, sondern sie ist für die alexandrinische 
Chronik zu Anfang des 5. Jahrhunderts jetzt auch dadurch ge- 
radezu erwiesen, dal wir in dem Papyrus Goleniscev eine mit 
der Vorlage des Barbarus zwar auffällig übereinstimmende, gleich- 
wohl nicht identische Chronik kennen gelernt haben. Sicher ist 
auf alle Fälle, daß 1m Diamerismos der alexandrinischen Chro- 
niken aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts Hippolytos sehr ge- 
treu benutzt wurde und daß durch die Vermittlung gerade der 
alexandrinischen Chroniken hippolytisches Gut in die byzan- 
tinischen und orientalischen Chroniken Eingang gefunden hat, 
wofür im folgenden im einzelnen noch die Beweise zu erbringen 
sein werden!, 


1) Daß alle diese alexandrinischen Chroniken im Diamerismos von 


Nachwirkung der Chronik. 173 


Zu diesen Hippolytos benutzenden Alexandrinern (Panodo- 
ros, Annianos, Barbarus) gesellt sich endlich der Verfasser der 
schon genannten Chronik, deren Reste in dem Papyrus Golenis- 
éev vorliegen (Denkschr. d. Wien. Akad. 51. Bd.). Der Verfasser 
dieser gleich der Vorlage des Barbarus reichlich mit Illustra- 
tionen ausgestatteten populären Chronik, die vielleicht auch 
wieder nur ein Auszug aus einem ausführlicheren Werke ist, 
benutzte, wie die Reste des Diamerismos lehren, ebenfalls die 
Chronik des Hippolytos. 

Aber auch spüterhin noch gehórt Hippolytos zu den Quellen 
alexandrinischer Chronisten. Einen solchen benutzte Eutychios 
von Álexandrien oder Said ibn Batrik in seinem contextio gemma- 
rum betitelten, 937 n. Chr. verfaßten Werke ın dem Abschnitt über 
Noe und über die von ihm stammenden Vólker. Dieses Werk 
ist nur in arabischer Übersetzung vorhanden, von Pococke ins 
Lateinische übertragen und danach bei Migne wieder abgedruckt 
(Patrol. ser. Graec. 111. Bd, 919 ff) Den Nachweis über die 
Beziehungen des Diamerismos des Eutychios zu anderen uns 
erhaltenen Quellen brauche ich hier im einzelnen nicht zu wieder- 
holen, weil schon A. v. Gutschmid (a. a. O. 688 ff) auf dessen 
Übereinstimmungen mit der Osterchronik und dem Synkellos auf- 
merksam gemacht hat. Auch hat A. v. Gutsch mid schon richtig 
bemerkt, daß die Übereinstimmung der beiden Byzantiner mit 
Eutychios daher rührt, weil sie gleich diesem auf eine alexan- 
drinische Vorlage zurückgehen, die Eutychios nur etwas freier 
bearbeitete. Dagegen ist es nicht richtig, wenn v. Gutschmid 
nebenher bei Eutychios Benutzung des Epiphanios annimmt. 
Die wenigen und nur scheinbar dafür sprechenden Überein- 
stimmungen beider sind vielmehr durch die Freiheiten bewirkt, 


— — — — 


Hippolytos abhängen, folgt daraus, weil 1. der zur alexandrinischen 
Mönchschronik aus dem Anfang des 5. Jahrhunderts zühlende, von dem 
Barbarus übersetzte Alexandriner den Diamerismos des Hippolytos ge- 
radezu ausschreibt, weil 2. der zu derselben Gruppe von Chroniken ge- 
hórige Anonymus, dessen Reste der Papyrus Goleniscev enthält, ebenfalls 
einen mit dem hippolytischen nahe verwandten Diamerismos hat, und 
weil 3. die von Panodoros und Annianos oder einer ihnen nahe verwandten 
Quelle abhängigen Byzantiner, der Osterchronist und der Synkellos, eben- 
falle Darstellungen des Diamerismos enthalten, die mit Hippolytos großen- 
teils wörtlich übereinstimmen. 


174 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


die sich Eutychios mit seiner alexandrinischen Vorlage erlaubte’; 
ähnlich wie Epiphanios verfahrend, fügte er eine ziemliche An- 
zahl ihm gerade bekannter Völkernamen zu den wenigen hinzu, 
die er in seiner Vorlage fand. In der Reihenfolge der Namen der 
Noachiden stimmt Eutychios gegen Epiphanios mit Hippolytos 
überein, indem er ebenfalls Sem voranstellt. Er gibt ferner bei 
jedem der Drei die Zahl der Stammväter und die Grenzen ihrer 
Erbteile, hierauf die Vólker- und Ländernamen bunt durchein- 
ander, dann die Namen der schriftkundigen Völker und schließ- 
lich den Hauptfluß in jedem der drei Erbteile. Bei Cham und 
Iapheth kommt dazu noch je ein Inselkatalog mit einer Auswahl 
von Namen. Das Schema des hippolytischen Diamerismos ist 
also genau festgehalten, im übrigen freilich aus den kurzen An- 
gaben des Eutychios über die Beschaffenheit seiner alexandrini- 
schen Vorlage nicht viel zu lernen. 

Schließlich führe ich hier einige Tatsachen an, die zwar 
nicht gerade den Diamerismos mehrerer uns noch vorliegender 
Chroniken betreffen, die aber bestätigen, daß dieselben alexandrini- 
schen Chroniken, durch welche die Bekanntschaft mit dem Diame- 
rismos des Hippolytos vermittelt wurde. auch sonst im Westen 
eine Wirkung gehabt haben. Panodoros, Annianos oder eine 
diesen verwandte Chronik liegen vor: bei Orosius (vgl. Zange- 
meister Oros. adv. pag. Corp. script. eccl V praef. XXIII), 
ferner in den Zusützen zum Fuxensis (Regius) des Hieronymus 
(Schöne, Euseb. II praef. XVIII; derselbe: Die Weltchronik des 
Eusebius in ihrer Bearbeitung durch Hieronymus 130ff), im 
sogenannten χρονογραφεῖον σύντομον (Schöne Euseb.] App. 64), 


1) Unter den (iründen, die v. Gutschmid für die Benutzung des 
Epiphanios geltend macht, ist der scheinbarste, daß Eutychios unter den 
beispielsweise angeführten Inseln Iapheths ebenso wie Epiphanios Kypros 
nennt. Jedoch beweist diese Übereinstimmung schon darum nichte, weil 
Kypros bei Hippolytos sowohl im Inselkatalog Chams c. 153 als auch im 
Sporadenkatalog lapheths c. 212 vorkommt. Während aber bei Epiphanios, 
dem Bischof von Konstantia auf Kypros, die zweimalige Nennung gerade 
dieser Insel in seinen Katalogen beabsichtigt ist und durch die darauf fol- 
gende Bemerkung (oben S. 164) gerechtfertigt wird, nennt Eutychios Kypros 
nur aus Versehen unter den Inseln lapheths statt unter denen Chams, wie 
sich daraus ergibt, daß Eutychios (und nur er) die Chaminsel Samos eben- 
falls den Iaphethinseln zuzühlt. Diese Übereinstimmung ist also rein zu- 
fülig und beweist nichts für die Benutzung des Epiphanios. 


Nachwirkung der Chronik. 175 


ferner in den Zusätzen zu Eusebios, die der sogenannte Eclo- 
garius Casauboni bietet (Parisin. graec. 2600, Cramer anecd. 
Paris. Il 115ff vgl. Schöne Euseb. I. App. 242, A. v. Gutschmid 
Kl Schrift. I 443), endlich in der ἐχλογὴ ἱστοριῶν (Parisin. 854, 
Cramer an. Paris. Il 1068, vgl. Gelzer Sext. Iul. Afric. Il 
298 ff). 


d) Die Byzantiner: Osterchronik und 
Synkellos p. 85, 1ff. 


Mit dem 20. Jahre des Kaisers Heraklios, 630 n. Chr., endet 
das unter dem Namen der Osterchronik bekannte Werk eines 
Unbekannten. Es ist nur durch eine einzige Handschrift, den 
Vaticanus, erhalten, auf den alle sonstigen Abschriften zurück- 
gehen (Ch. Graux Archives des miss.scientif. II] me série t. XV 
315, 369). Die Osterchronik enthält p. 44. 16ff. ed. Bonn. einen 
ausführlichen, mit dem des Hippolytos grofienteils wörtlich über- 
einstimmenden Diamerismos (vgl. die oben zu Hippolytos voll- 
ständig angeführten Parallelstellen). Bevor jedoch an die Ver- 
gleichung beider gegangen und deren nahes Abhüngigkeitsver- 
hältnis im einzelnen erörtert wird, ist es nötig, zwei äußerliche 
Hindernisse zu beseitigen, die sich dessen Erkenntnis in den 
Weg stellen. Würde man sich nämlich auf die Citate des Oster- 
chronisten verlassen, so müßte man annehmen, daß sein Diame- 
rismos ganz oder doch zum größten Teile aus Epiphanios 
entnommen sei. Ferner aber machen auch viele seiner Namens- 
listen in der Fassung, in der wir sie jetzt bei dem Osterchronisten 
lesen, den Eindruck, als ob sie von denen des Hippolytos sehr 
verschieden wären. Ich habe daher 1. den Beweis zu erbringen, 
daß die Citate des Osterchronisten irreführen und daß er Epi- 
phanios nur ganz wenige, leicht auszuscheidende Zusätze zu seiner 
eigentlichen Quelle entnommen hat, und ich habe 2. die scharf- 
sinnigen und durchschlagenden Beobachtungen A.v.Gutschmids 
zu verwerten, denen zufolge die Differenzen zwischen Hippolytos 
und den Listen der Osterchronik ausschließlich auf Schreiber- 
versehen zurückgehen, wührend die letzte Vorlage der Oster- 
chronik so genau, als dies überhaupt verlangt werden kann, mit 
Hippolytos übereinstimmt. Nachdem auf diese Weise die ur- 
sprüngliche Fassung wiederhergestellt ist, bleiben also nur mehr 


176 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


die dann noch vorhandenen Differenzen zwischen der Osterchronik 
und Hippolytos zu besprechen, wobei zugleich festzustellen sein . 
wird, ob der Diamerismos des Hippolytos in der Osterchronik 
direct oder indirect. benutzt wurde. 


Nach einer Beschreibung des Turmbaues und nach Erwäh- 
nung der Völkerzerstreuung bemerkt der Osterchronist p. 44, 16: 
ἐπεὶ ovv τούτων ἐμνημονεύσαμεν, διὰ τὴν προχειμένην 1ρο- 
»ογραφίαν δέον ἐ ἐπιμνημονεῦσαι παχυμερῶς τὰ xat ᾿αὐτοὺς ἔ ἔχ τε 
τῶν διδασχαλιῶν Ἐπιφανίου τοῦ Κύπρου χαὶ ἐξ ἑτέρων 
τινῶν, καὶ τίνες 70a» καὶ χατὰ ποίους τόπους “μερισϑέντες 
οἴχησαν λέγει εἰς τὸν ἀγκυρωτὸν αὐτοῦ ix τῆς γενέσεως. 
Hierauf beginnt p. 45, 1 der Diamerismos selbst mit den Worten: 
Iapheth hatte 14 Söhne! und Enkel, Cham 31 und Sem 27. 
Dann heißt es p. 45,5 xol ταῦτα εἰπὼν μνημονεύει (sc. Ἐπι- 
pavıos). Hieran schließt sich eine Darlegung über die Vermehrung 
des Menschengeschlechtes in der Zeit von Arphaxad bis Phalek, 
über dessen Wohnen in Senaar nach der Flut, über den Turm- 
bau und die Zerstreuung, die p. 46, 1 mit den Worten schließt: 
xai ταῦτα Ἐπιφάνιος περὶ τῆς πυργοποιΐας xol περὶ τῶν 
οβ γλωσσῶν, ὃ καὶ μέχρι νῦν παρὰ τοῖς ἀνθρώποις ὡς ἀγνοού- 
μενον ἐπιζητεῖται. δέον δὲ μνημονεῦσαι χαὶ ποῦ κατοίχησαν 
ἕχαστος αὐτῶν μετὰ τὴν μέρισιν χαὶ τὰ ἐξ αὐτῶν ἔϑνη. Es 
werden dann p. 46, 5 die Grenzen von Iapheths Erbteil, dessen 
14 φυλαί, dann 47, 13 die japhethitischen Völker, 48,3 die schrift- 
kundigen unter ihnen, 48, 7 die japhethischen Lünder und 48, 19 
die Inseln Tapheths aufgezühlt. Nach demselben Schema wird 
p. 49, 6 über die 31 φυλαί Chams gehandelt, wobei jedoch p. 52, 6 
das Völkerverzeichnis ausfiel, weshalb die schriftkundigen Völker 
sofort auf die Stammväterliste folgen. Auf p. 53, 17 und zwar 
mit εἶτα πάλιν Ἐπιφάνιος folgt in derselben Anordnung das 
Stück über die 27 φυλαί Sems. Diese Citate machen also den 


—— nn 


1) Diese Zahl 14 (statt 15) ist, wie v. Gutschmid 661 richtig be- 
merkte, eine Besonderheit des Osterchronisten. Hippolytos gab, wie seine 
Chronik c. 73 und die Schrift xar. «to. p. 534. 79 (ed. Duncker und Schnei- 
dewin) beweisen, gleich allen anderen Versionen dem Sem 15 Stammväter. 
Diese Besonderheit bei dem Osterchronisten rührt: daher, daß er, durch 
den Hipp. c. 73 entlehnten Satz in seiner Vorlage πάντες οὗτοι viol Ἰάφεϑ 
irregeführt, die von Airıoı stammenden Kyprier nicht mitzählte. 


Nachwirkung der Chronik. 171 


Eindruck, als ob der Diamerismos des Osterchronisten aus 
Epiphanios entlehnt wäre; dieser Eindruck ist jedoch falsch. 
Trotz der Anführung des ἀγχυρωτός als Quelle p. 44, die 
durch die Wendungen p. 45, 5, 46, 1 und 53, 17 verstärkt wird, 
rührt weder was wir 45, 1—5 lesen, noch was 46, 5ff steht, aus 
Epiphanios her, denn dieser gab dem Cham 32, dem lapheth 15 
und folglich, da er auch 72 Völker rechnete, dem Sem, den er 
überdies voranstellte, 25 Nachkommen (Epiph. &yxvo. c. 113; 
Dind. I 3158. Der angeblich Epiphanios entnommene Satz 
45, 1—5 stammt also vielmehr, wie die Übereinstimmung in den 
Zahlen beweist, aus derselben Quelle, wie der Grundstock des 
p. 46, 5 beginnenden Diamerismos des Osterchronisten, und diese 
Quelle ist weder der ayxvoo tog noch überhaupt Epiphanios. 
Aus Epiphanios stammen nur folgende, leicht auszuschei- 
dende Stellen. Der ganze von p. 45, 5—40, 9 reichende Abschnitt 
ist größtenteils wörtlich, zwar nicht aus dem ἀγχυρωτός, aber aus 
der Schrift xav. aig. I 4,5 (Dind. I 283 ff) entlehnt !; aus dem ayxv- 
ρωτός stammt darin nur der Ausdruck παίδων παῖδες p. 45, 3. 
lm einzelnen ist das Verhältnis zur Vorlage folgendes: chron. 
pasch. p. 45, 5 πέμπτη τοίνυν — 45, 11 που ἐπελέξαντο — Epi- 
phanios xar. ato. Dind. I 284, 26 — 285, 1; chron. pasch. 45, 12 
ἐχεῖσε πρῶτον — 45, 14 τοῦ τόπου — Epiph. a. a. Ο. 283, 21—24; 
chron. pasch. 45, 14 χεῖται δὲ — 46,1 φωνήν — Epiph. a. a. O. 
285, 1—12; jedoch ist hier im chron. pasch. der mit ἀπὸ δὲ τοῦ. 
xAíuatog beginnende Satz ausgelassen, der erst später nach- 
getragen wird. Es folgt chron. pasch. 46, 1 das zweite Epipha- 
nios-Citat und nach einer überleitenden Bemerkung 46, 5ff die 
wirklich dem ἀγχυρωτός (Dind. I 215, 27) entnommene An- 
gabe der Grenzen lapheths; der p. 46, 7 mit οἵτενες beginnende 
Schlußsatz dieses Abschnittes ist dagegen aus Epiph. xer. aig. 
p. 285, 4—6 entnommen, es ist dies der schon erwähnte, früher 
ausgelassene, jetzt nachgetragene Satz. Auch späterhin sind in 
den Diamerismos der Osterchronik noch ein paar Zeilen aus 
Epiphanios eingeschaltet. Was p. 49, 15 steht, ist aus xer. αἷρ. 


—  — — — —À —À —— — 


1) Diese Schrift des Epiphanios hatte der Osterchronist im Vorher- 
gehenden p. 39. 21 schon einmal citiert. Ihre Benutzung p. 45. 5 ff ist 
schon bei A. v. Gutschmid 652, wenn auch nicht ganz zutreffend, 


erórtert. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 1? 


178 ᾿ A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Dind. 286, 5 entnommen. Darauf folgt ein Citat aus den pseudo- 
clementinischen Homilien, die p. 50, 16 nochmals citiert werden. 
Die Grenzbestimmung des Cham im chron. pasch. 49, 6. 7 ist aus 
dem ἀγχυρωτὸς Dind. 215, 25 entnommen; die hier vorkommende, 
in allen anderen Versionen des Diamerismos fehlende Erwühnung 
Ágyptens aber p. 49, 7 stammt nicht aus Epiphanios, dem end- 
lich — und zwar dessen ayxvowroc 215, 21—25 — auch das letzte 
der Citate der Osterchronik p. 53, 17—21 wirklich entnommen ist. 

Der ganze Diamerismos des Osterchronisten (p. 44, 16—62, 5) 
enthält also nur drei aus xar. aig. des Epiphanios eingelegte 
Stellen (45, 5—46, 1; 46, 7. 8; 49, 15—17) und drei Stellen — die 
Angaben der Grenzen der Erbteile — aus dessen ἀγχυρωτός 
(46, 5.6; 49, 6. 7; 53, 17—21). Dazu kommen noch zwei Citate 
aus den Pseudoclementinen und ein auf eine für Ägypten inte- 
ressierte Quelle hinweisender Zusatz p. 49, 7. 8. Alles andere 
stammt, abgesehen von der 8.177 betonten Differenz in den 
Zahlen der Nachkommen der Noachiden, auch deshalb nicht aus 
Epiphanios, weil dessen Vólkerlisten (&yxvo. c. 113ff Dind. 1 215) 
ganz andere Namen aufweisen, als die Osterchronik. Ihr Ver- 
fasser hat also seine wirkliche Quelle, die er nur mit wenigen 
Citaten aufputzte, überhaupt nicht genannt. Es entsteht. also die 
Aufgabe, deren Verfasser zu bestimmen. 

Vergleicht man die Angaben im Diamerismos des Oster- 
chronisten in der überlieferten Form mit denen des Hippolytos, 
so zeigt sich zwar, daß dessen Schema festgehalten ist, und daß 
ferner auch im einzelnen häufig sehr weitgehende wörtliche Be- 
rührungen vorhanden sind, aber man findet daneben auch an- 
scheinend sehr bedeutende Unterschiede. Dieselben Unterschiede 
zeigen sich aber nicht bloß bei dem Vergleich der Osterchronik 
mit Hippolytos, sondern in gleicher Weise auch bei einem Ver- 
gleich mit allen anderen, uns sonst erhaltenen Fassungen des 
Diamerismos. Diese Sonderstellung der Osterchronik ist, wie 
A. v. Gutschmid (a. a. Ο., 240ff) unwiderleglich dargetan hat, 
nur scheinbar und lediglich darauf zurückzuführen, daß deren 
ursprüngliche Vorlage bei wiederholtem Abschreiben durch ganz 
äußerliche Entstellungen gelitten hat. Die Listen, die der Oster- 
' ehronist bietet, stimmen vielmehr in ihrer ursprünglichen, leicht 
wiederherzustellenden Fassung sowohl mit denen des Hippolytos, 
als mit denen der meisten sonst bekannten Fassungen überein. 


Nachwirkung der Chronik. 179 


Das Verderbnis der ursprünglichen Vorlage der Osterchronik 
vollzog sich in drei aufeinander folgenden Stadien, die sich noch 
genau feststellen lassen. v. Gutschmid bezeichnet. diese drei 
Stadien als «Bearbeitungen», die dem jetzigen Text der Oster- 
chronik vorausliegen; er hat jedoch damit den Urhebern dieser 
Textverunstaltungen zu viel Ehre erwiesen. Mit P* bezeichnete 
er die unmittelbare Vorlage des Osterchronisten, deren Verfasser 
eine ältere Bearbeitung PP benutzte, die wiederum aus einer 
älteren P® zurechtgemacht ist!. Nur in einem dieser drei Vor- 
stadien fand in der Tat eine etwas eingreifendere Änderung des 
ursprünglichen Textes statt: Pb oder P* ergänzte nämlich die 
Lücken der Völkernamen in den Stammváterlisten aus einem 
Verzeichnis der 72 Völker, das jedoch mit dem in der Oster- 
chronik selbst p. 56, 15ff enthaltenen nicht identisch war; diesen 
Autor mag man also immerhin als einen Bearbeiter bezeichnen, 
die beiden anderen neben ihm tätigen waren dagegen bloße Ab- 
schreiber. Sie brachten die ursprünglich den hippolytischen 
gleichen Namenslisten ihrer Vorlagen dadurch in die Unordnung, 
in der wir sie jetzt in der Osterchronik lesen, daß sie columnen- 
weise angeschriebene Namen zeilenweise lasen oder in den um- 
gekehrten Fehler verfielen. 

Will man also von der Quelle der Österchronik eine rich- 
tige Vorstellung gewinnen, so dürfen ihre Angaben nicht in der 
jetzt vorliegenden Textgestalt benutzt und mit anderen verglichen 
werden, sondern es muß stets, wie im folgenden geschieht, auf 
die ursprüngliche Fassung zurückgegangen werden. Der folgende 
Vergleich dieser ursprünglichen Fassung mit Hippolytos wird 
ferner lehren, daß trotz vieler und ‚genauer Übereinstimmun- 
gen des Osterchronisten mit der Chronik des Hippolytos diese 
doch nicht die directe Quelle war?, sondern daß dem Österchro- 

1) Pb identificiere v. Gutschmid 263 irrtümlich mit einer angeb- 
lichen älteren, bis 354 reichenden Fassung der Osterchronik, die jedoch, 
wie Gelzer (Sext. lul. Afric. II 138 ff) zeigt, überhaupt nie existierte. 

2) Der Osterchronist citiert allerdings p. 12. 22 die ketzerbestreitende 
Schrift des Hippolytos und polemisiert dagegen (die Stelle selbst findet sich 
aber in der uns erhaltenen Fassung von xar. πασ. aig. nicht). Der Oster- 
chronist führt ferner auch p. 13. 8 einmal das zweite Buch von Hipypo- 
lytos' σύγγραμμα περὶ τοῦ &ylov πάσχα an; allein solche Citate beweisen 
bei ihm, wie oben gezeigt wurde, keineswegs, daß er die angeführten 
Werke auch wirklich benutzte. 


12* 


180 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nisten die Bekanntschaft mit Hippolytos durch einen Alexandriner 
vermittelt wurde, der der Quelle des Barbarus sehr nahe steht, 
aber mit ihr nicht identisch ist. Die Angaben dieses Alexan- 
driners wurden von P® Pb und P* in der oben angegebenen 
Weise entstellt und verwirrt. 

Wie nämlich A. v. Gutschmid 258, ohne jedoch die Beob- 
achtung richtig zu verwerten, bemerkt hat, stammen die Namen 
der 14 Völker, die nach dem Osterchronisten p. 46, 10ff in ganz 
singulärer, in keiner anderen Fassung wiederkehrender Weise 
von den Japhethsöhnen abgeleitet werden, aus einer Liste der 
72 nach dem Turmbau zerstreuten Vólker. Der Vorgang dabei 
war der, daß an die Stelle der sonst mit den 14(15) Iaphethsóhnen 
verbundenen Namen (oben S. 501f) schon in der Vorlage der 
Osterchronik die 13 letzten Namen dieser Liste der 72 Vólker ein- 
gefügt und überdies die sonst von Kír:o: abgeleiteten Ῥωμαῖοι ot 
χαὶ Λατῖνοι mit Ῥύδιοι verbunden wurden. Diese in der Vor- 
lage der Osterchronik benutzte Liste der 72 Völker ist jedoch 
weder die vom Osterchronisten selbst p. 56, 15 gebrachte, die viel- 
mehr am Schluß recht erhebliche Differenzen aufweist, noch die 
des Hippolytos in der im lib. gen. I überlieferten ! Fassung (oben 
S. 101ff), sondern sie ist hier identisch mit der des Barbarus 
c. 172: sie schließt wie diese und nur wie diese mit den Taoc- 
μαντες ἐξώτεροι, stammt also aus einer alexandrinischen, dem 
Barbarus nahe verwandten Chronik. 

Das japhethitische Stammváterverzeichnis des Osterchronisten 
unterscheidet sich von dem des Hippolytos ferner noch dadurch, daß 
Elisa zu seinem Vater Iavan hinaufgerückt ist, daß Chatain fehlt 
und an dessen Stelle Herka erscheint, so daß im ganzen doch die 
Zahl 14 (vgl S. 176) festgehalten wird. Diese Veränderungen 
gehen darauf zurück, daß an Stelle der Reihenfolge bei Hippoly- 
tos die der Stammväternamen nach der Septuaginta (Gen. 10,2 ff) 
gesetzt wurde, wobei jedoch der zweite Elisa durch Herka ersetzt 
oder in Herka verschrieben und am Schluß statt Κήτιοι, Ῥόδιοι 
nur Ῥόδιοι allein als Stammvater genannt ist. 

In der Osterchronik war also ein Redactor tütig, der die 


1) Die Liste im griechischen Hippolytos e. 200 ist in der Anordnung 
der Namen verwirrt (oben 8. 136 ff), weshalb sie hier nicht verglichen wer- 
den kann. 


Nachwirkung der Chronik. 181 


Liste der 72 Völker benutzte, wie sie die alexandrinische Chronik 
(Barbarus) enthielt, und der zugleich auf deren bessere Überein- 
stimmung mit dem Texte der Septuaginta bedacht war. Dieser 
Redactor ging zugleich von der willkürlichen Annahme aus, daß 
in der Liste der 72 Völker die von dem jüngsten Sohne Noes, 
von lapheth, stammenden am Schlusse stünden, weshalb er ge- 
rade die 13 letzten Namen mit seiner der Bibel entnommenen 
Stammväterliste verband !. 

Auf diese Liste folgen nun einige Sätze in der Osterchronik 
p. 47, 7—14, die nahezu wörtlich mit Hippolytos c. 75—79 über- 
einstimmen. Bei näherer Vergleichung ergibt sich folgendes. 
Während in dem durch den lib. gen. 1 c. 79 gestützten Original- 
text des Hippolytos c. 79 der zu dem japhethitischen Vólkerver- 
zeichnis überleitende Satz mit den Worten πρὸς βορρᾶν schließt, 
liest man beim Barbarus c. 58: ad aquilonem sic; ganz ebenso 
heißt es aber auch in der Osterchronik p. 47, 14: πρὸς βορρᾶν 
οὕτως. Zusammen mit dem, was oben (S. 180) über die von den 
Japhethsóhnen abgeleiteten Vólker bemerkt ist, darf auch diese 
Übereinstimmung, obwohl sie nur eine Kleinigkeit betrifft, als Be- 
weis dafür gelten, daß der Osterchronist den Diamerismos des 
Hippolytos aus einer der Vorlage des Barbarus nahe verwandten 
Quelle, also aus einer alexandrinischen Chronik entnahm ἢ 

Hierauf folgen in der Osterchronik p. 47, 15 eine Liste der 
japhethitischen Vólker und p. 48, 3 eine der schriftkundigen 
unter ihnen. Die von allen anderen uns erhaltenen Fassungen 


1) Bei Magog steht p. 46,11 noch ein Zusatz aus anderer Quelle; er rührt 
vielleicht von dem Osterchronisten selbst her. Die im Texte unerürtert 
gebliebene Frage, ob die irrige Verquickung der Liste der japhethitischen 
Stammvüter mit den 13 letzten Namen einer Liste der 72 Völker schon 
in jener alexandrinischen Chronik vorgenommen war, die der Osterchronist 
benutzte, oder ob sie erst in einem späteren Stadium der Überlieferung 
des chronicon paschale vorgenommen wurde, läßt sich mit Hilfe des Bar- 
barus und der Osterchronik allein nicht entscheiden. Im folgenden wird 
sich jedoch zeigen, daß dem ebenfalls aus alexandrinischer Quelle schópfen- 
den Synkellos diese Verbindung fremd ist; daraus folgt also, daß sie den 
Besonderheiten zuzuweisen ist, die von einem Redactor der Osterchronik 
herrübren. 

2) Derselbe Ausdruck kommt außerdem nur noch beim Synkellos 
p. 92. 13 vor, von dem unten gezeigt wird, daß sein Diamerismos eben- 
falls aus der alexandrinischen Chronik stammt. 


182 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


abweichende Reihenfolge und Zahl der Namen dieser beiden 
Listen ist durch bloße Schreiberversehen bewirkt. Sie entstand, 
wie v. Gutschmid 243ff gezeigt hat, dadurch, daß ein ursprüng- 
lich in drei Columnen geordnetes und zeilenweise zu lesendes 
Verzeichnis, dessen erste Hülfte das Ende einer Seite bildete und 
dessen zwéite Hálfte am Anfang der folgenden Seite stand — 
das so gelesen mit dem des Hippolytos stimmte (Pb) —, irrtüm- 
lich columnenweise gelesen wurde (P*). Dieses also schon ver- 
wirrte Verzeichnis schrieb P* in zwei columnenweise zu lesende 
Columnen an, die dann der Schreiber der Osterchronik selbst 
irrtümlich zeilenweise las. Als vierte Columne standen ferner 
bei Pb die Namen der schriftkundigen Völker, die P° überdies 
noch irrtümlich mit den links nebenstehenden Namen der Völker- 
liste zu einer (nun natürlich im Vergleich zu Hippolytos und den 
sonstigen Fassungen doppelt so starken) Liste angeblich schrift- 
kundiger Iaphethvölker p. 48, 3 verband. Diese Entstellungen 
gehören also alle der Überlieferung der Osterchronik an; in der 
ursprünglichen Vorlage stimmten beide Listen, von einer Kleinig- 
keit abgesehen, mit denen des Hippolytos überein !. 

Der p. 48, 7—10 folgende, zum japhethitischen Länderver- 
zeichnis überleitende Satz der Osterchronik stimmt bis auf die 
letzten Worte wiederum wörtlich mit Hippolytos c. 83 überein. 
Während aber am Schluß bei diesem nach dem griechischen, durch 
den liber generationis I herzustellenden Text xar’ Ἴλιον stand’, 


1) Der griechische Text ist an dieser Stelle (Hipp. c. SO) defect, reicht 
aber doch hin, um festzustellen, dat die Τυρρηνοὶ (No. 34) bei Hippo- 
lytos wie in der Vorlage des Barbarus für sich allein genannt waren, 
während die Osterchronik Ἴβηρες οἱ x«i Τυράννιοι bietet und die Iberer 
an der Stelle, wo sie später bei Hippolytos stehen, ausl&üt. Dies geschah 
in der Vorlage der Osterchronik augenscheinlich deshalb, weil man an 
der späteren Stelle in dem Namen eine Dittographie zu erkennen glaubte. 
Zu einer solchen Auffassung bietet der Originaltext des Hippolytos: 
Κελτίβηρες, Γάλλοι, Ἴβηρες keinen Anlaß, wohl aber der Text des Bar- 
barus: Celtibirii, Ibirii, Galli den allerdringendsten Verdacht. Auch diese 
Besonderheit im Texte der Osterchronik findet also ihre Erklärung darin, 
daB die Liste des Hippolytos nicht direct, sondern in einer alexandrini- 
schen Bearbeitung benutzt ist. 

2) Im Matritensis 121 steht allerdings ebenfalls ἥλιον. Daß dies 
aber ein bloßes Versehen des Schreibers ist, lehrt der liber generat. |, 
der Ἴλιον deshalb als hippolytisch erweist, weil eine Correctur durch 


Nachwirkung der Chronik. 183 


lesen wir in der Osterchronik xa$’ ἥλιον wie beim Barbarus 
contra solem, in dessen Vorlage also ebenfalls schon ἥλιον für 
Ἴλιον verschrieben war. Hier liegt also abermals ein Beweis 
vor, daß der Barbarus und die Osterchronik aus miteinander 
nahe verwandten alexandrinischen Chroniken schöpften. | 

Wie das p. 48, 10 folgende japhethitische Länderverzeichnis 
beim Osterchronisten verunstaltet wurde, ist abermals durch A 
v. Gutschmid 247 klargelegt. Die Verwirrung entstand dadurch, 
daß die in zwei Columnen angeordneten und columnenweise zu 
lesenden Namen irrtümlich zeilenweise gelesen wurden. Dabei 
ergibt sich, daß in der Vorlage am Ende der zweiten Columne 
ein ziemlich großer Raum frei blieb, der jedoch kaum, wie 
v. Gutschmid annahm, zur Aufzeichnung der im Diamerismos 
folgenden Sätze verwendet wurde, sondern mit Illustrationen aus- 
gefüllt zu denken ist, wie sie in den alexandrinischen Chroniken 
häufig vorkommen!. In der Vorlage der Osterchronik stimmte 


den lateinischen Übersetzer ganz unwahrscheinlich ist. Diese Auf- 
fassung wird auch durch Samuel von Ani bestätigt, von dem unten noch 
die Rede sein wird. Bei ihm findet sich ebenfalls das Ursprüngliche: 
usque ad Mastusiam, quod est llion. Samuel konnte es im Gegensatz zu 
den ülteren Quellen deshalb bewahren, weil er durch die armenische Über- 
setzung direct von Hippolytos abhängt. Dafür, daß erst in den alexan- 
drinischen Bearbeitungen ἥλιον an die Stelle von Ἴλιον trat, spricht end- 
lich noch, daß auch alle anderen diesem Überlieferungszweig angehören- 
den Fassungen gleich dem Barbarus und dem Osterchronisten ἥλιον bieten; 
so schreibt der Synkellos p. 93. 6, ebenso die Quelle des Kedrenos, d.h. 
der Parisinus 1712 (vgl. unten). Wenn also die Bonner Ausgabe des Kedre- 
nos yp. 25. 8 Ἴλιον bietet, so ist das entweder ein Versehen der Her- 
ausgeber oder es verbesserte schon Kedrenos ἥλιον seiner Vorlage. 

1) Vgl. den Papyrus Golenistev und die Vorlage des Barbarus; der 
Osterchronist benutzte ferner einen, dem im Papyrus Golenistev und bei 
Kosmas vorliegenden sehr ähnlichen, mit Illustrationen versehenen Pro- 
phetenkatalog (vgl. Denkschr. d. Wien. Akad. 51 S. 3C ff). — Über die Namen 
in dem japhethitischen Länderverzeichnis ist noch folgendes zu bemerken. 
Im griechischen Hippolytos ὁ. 84 und ihn lib. gen. I ist Italia früher vor 
Thuscene eingereiht, wühreud es beim Barbarus erst spüter vor Celtica steht. 
In der Vorlage der Osterchronik stand Italien ebenfalls an derselben 
Stelle wie bei Hippolytos. Die Verschiebung beim Barbarus ist also 
entweder dem lateinischen Übersetzer zuzuschreiben, der sich auch in der 
Reihenfolge der Namen bei den Bildersubscriptionen (oben S. 62) einige 
Freiheiten erlaubt zu haben scheint, oder man muß folgern, wofür auch 
manches andere spricht, daß die Vorlage der Osterchronik mit der des 


184 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


dieses Verzeichnis der laphethlánder mit dem des Hippolytos 
genau überein. 

Die in der Österchronik p. 48, 19—49, 5 folgenden Sätze, 
sowie der Inselkatalog Iapheths stimmen dagegen schon in ihrer 
jetzigen Fassung ebenfalls wörtlich mit Hippolytos c. 86 ff überein, 
wenn der im Vaticanus Kopovpa überlieferte Name zu Κόρχυρα 
verbessert wird. Der Barbarus hat dagegen hier, wie die Pa- 
rallelstellen lehren, gekürzt. 

Der folgende Satz p. 49, 6ff ist dem «yxvowrog des Epi- 
phanios entlehnt (oben S. 178), jedoch durch einen Zusatz erwei- 
tert. Es folgt beim Osterchronisten p. 49, 9 das Verzeichnis der 
Stammvüter nach Cham und der von ihnen abgeleiteten Völker. 
Die Sonderbarkeiten dieser Liste rühren, wie v. Gutschmid 256 
zeigt, daher, daß an den Stellen, an denen Hippolytos c. 94 ff nur 
die Stammväternamen ohne die von diesen abgeleiteten Völker bot. 
in der Vorlage der Osterchronik teils aus der Liste der 72 Völker, 
teils aus dem beim Osterchronisten p. 52, 5 fehlenden Verzeichnis der 
chamitischen Vólker Einfügungen gemacht wurden. Hier fanden 
also noch tiefer greifende Umgestaltungen statt als in dem 
Stammväterverzeichnis lapheths. Da aber weder beim Barbarus 
noch, wie ich spüter zeigen werde, beim Synkellos sich Ent- 
sprechendes findet, so gehören auch diese Änderungen nicht der 
alexandrinischen Quelle des Osterchronisten an. sondern sie 
wurden erst innerhalb der Überlieferung der Osterchronik selbst 
vorgenommen. Im einzelnen ist noch folgendes zu dieser Stamm- 
väterliste zu bemerken: Nach Mestraim steht in der Osterchronik 
p. 49, 12 ein Zusatz unbekannter Herkunft (v. Gutschmid 659), 
dem p. 49, 15 zwei Stellen aus Epiphanios und aus den Pseudo- 
clementinen folgen (oben S. 177). Das bei Hippolytos c. 109 zu 
Nebrod angeführte Citat aus dem Alten Testament, das beim 
Barbarus c. 85 verkürzt wiedergegeben ist, bietet die Osterchronik 
p. 50, 12 in noch ausführlicherer, der Bibel entnommener Fassung, 
abermals mit emem Citat aus den Pseudoclementinen verbunden. 
Hier hat also auch der Osterchronist selbst einiges zu seiner Vor- 
lage hinzugefügt. Bei einem Vergleich der Namen der Stamm- 
vüter mit denen bei Hippolytos (und dem genau stimmenden 


Barbarus zwar sehr nahe verwandt, aber nicht identisch war, und daß 
schon sie diese Veränderung des Ursprünglichen enthielt. 


Nachwirkung der Chronik. 1 


qn 


ὃ 


Barbarus) ist wiederum wie bei lapheth (oben 5 . 180) zu beobach- 
ten, daß in der Vorlage der Osterchronik ein Redactor tätig war, 
der eine genauere Übereinstimmung mit dem Text der Septua- 
ginta herstellte: er fügte den Chaslonieim und Jebusaios hinzu, 
ließ aber dafür den Pherezaios weg; er verfuhr also genau so, 
wie der ebenfalls bibelkundige Redactor des lib. gen. I. Hin- 
gegen stimmen die in das Stammväterverzeichnis eingeschobenen 
Sátze p. 51, 4. 5 und p. 51, 14. 15 genau mit Hippolytos c. 110,118 
und dem Barbarus c. 86, 93 überein. 

Nach dem sonst festgehaltenen Schema des Hippolytos hätte 
die Liste der chamitischen Vólker p. 52, 6 folgen sollen; diese 
ist aber, wie schon bemerkt, in der Osterchronik ausgefallen oder 
auch absichtlich weggelassen. Das folgende Verzeichnis der 
schriftkundigen Völker Chams sowie die Angaben über die Grenzen 
seines Erbteiles p. 52, 9 stimmen abermals genau mit Hippolytos 
c. 133 ff und dem Barbarus c. 108ff; nur ist am Ende p. 52, 11 in 
der Osterchronik τὰ πρὸς νότον hinzugesetzt. Auch das chami- 
tische Lánderverzeichnis p. 52, 12 stimmt, nur das bei Hippoly- 
tos c. 141 genannte Land Erythra ist ausgefallen, und am Ende 
fehlen durch Überspringen von einem μέχρε zum nächsten noch- 
mals drei Lándernamen. 

In dem Verzeichnis der nördlichen Küstenlànder p. 52, 19 
und der Inseln Chams p. 53,3 ist die Ordnung, wie v. Gut- 
schmid 249 lehrt, abermals durch Verwechslung von Columnen 
mit Zeilen (oder umgekehrt) gestórt; in der Vorlage war sie 
dieselbe wie bei Hippolytos und beim Barbarus. In der Insel- 
liste ist, beim Osterchronisten, wie ursprünglich bei Hippolytos, 
Meylorn als Insel gerechnet und nicht wie beim Barbarus zu dem 
folgenden Κρήτη gezogen. Den p. 53, 8 beim Osterchronisten ent- 
haltenen Satz, der sich dem Sinne nach wenigstens auch bei Hippo- 
lytos c. 155 findet, übergehen der Barbarus und lib. gen. I ganz. Da- 
rauf folgt in der Osterchronik p. 53, 10, ganz verkehrt mit den 
Worten xai ἑτέρας νήσους eingeleitet, der kleinere, drei schon 
früher genannte Inseln enthaltende Katalog, den Hippolytos so 
wenig als der Barbarus kennen, der sich aber in den meisten späte- 
ren Fassungen des Diamerismos ebenfalls findet. Die Zahl der Inseln 
des großen Katalogs wird im Vatieanus der Osterchronik p. 53,9 
mit 25 angegeben, obwohl 26 Namen vorhergehen, im Text des 
Hippolytos c. 154 steht ebenfalls 25, obschon auch hier 26 Namen 


186 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


genannt sind; der Barbarus gibt gleichfalls die Zahl 25, da er 
aber magna mit Cyprus als Adjektiv verbindet, in Übereinstim- 
mung mit seiner Liste. Diese geringfügigen Differenzen gehen 
durchweg auf Willkürlichkeiten der letzten uns erhaltenen Be- 
arbeiter zurück. An dem bisher festgestellten Ergebnis dieser 
Vergleichung, wonach der Osterchronist seinen Diamerismos einer 
der Vorlage des Barbarus sehr nahe verwandten alexandrinischen 
Chronik entnahm, wird dadurch nichts geündert. 

Auf den kleineren Inselkatalog folgt p. 53, 12 die Erwäh- 
nung des Nil und der Grenzen des Erbteiles Chams, die mit Aus- 
nahme der Worte τὸν xal παχυβάτορα καλούμενον xci XPvoo- 
qoa» mit Hippolytos c. 156ff und dem Barbarus c. 131 ff über- 
einstimmt; der Zusatz yovoogoav steht bei Hippolytos schon an 
der ersten Stelle, wo er den Nil erwühnt, c. 51. Die Grenzbestim- 
mung des Erbteiles Sems p. 53, 17 ff leitet über zu dem Verzeich- 
nis der semitischen Stammväter und der von ihnen abgeleiteten 
Völker p. 54, 1ff. Die Besonderheiten dieser Liste des Obter- 
chronisten sind ebenfalls, wie v. Gutschmid 255 zeigte, durch 
Einschiebungen von Namen aus der Liste der 72 Völker ent- 
standen. Hier ist das Verfahren des in der Vorlage der Oster- 
chronik tátigen Redactors ganz besonders deutlich zu erkennen, 
da er die ursprünglich bei den Stammvütern stehenden Namen 
teilweise festhielt und mit den der 72 Völkerliste entnommenen 
ganz sinnlos durch οἱ xaí verband. Übrigens unterscheidet sich 
die Liste der Stammväter in der Osterchronik noch dadurch von 
der des Hippolytos und des Barbarus, daß mit Gen. 10, 22ff eine 
genauere Übereinstimmung hergestellt ist; es waltete also bei 
dem Redactor hier dieselbe Tendenz wie bei Cham und Japheth 
(v. Gutschmid 251). Die alexandrinisehe Vorlage der Oster 
chronik folgte dagegen anscheinend Hippolytos meist ebenso treu 
wie die vom Barbarus übersetzte alexandrinische Chronik. 

Der folgende Satz p. 55, 10 stimmt genau mit Hippolytos c. 187 
und dem Barbarus, dagegen ist das semitische Völkerverzeichnis 
des Osterchronisten p. 55, 14ff dadurch verwirrt, daß eine in vier 
Columnen angeschriebene Vorlage, die zeilenweise gelesen werden 
sollte, columnenweise gelesen wurde (v. Gutschmid 252). Wird 
dieser Fehler beseitigt, so stimmt diese Liste mit der des Hippo- 
lytos und Barbarus im wesentlichen überein. Jedoch werden in 
der Osterchronik /rvóoi πρῶτοι und δεύτεροι unterschieden, was 


Nachwirkung der Chronik. 187 


aus der 72 Völkerliste herübergenommen ist, ferner stehen in der 
Osterchronik zwischen den Ἀεδρούσιοε und den Apaßes δεύτεροι 
noch 8 Namen, die sowohl bei Hippolytos als beim Barbarus und 
im liber generationis I fehlen. Sie sind ein willkürlicher Zusatz 
des Redactors der Vorlage, dem die Zahl der semitischen Völker 
im Verhältnis zu den chamitischen und japhethitischen zu gering 
schien: er wählte daher diese 8 Namen beliebig unter den Völker- 
namen aus, die er zu der vorangehenden Stammväterliste bei- 
geschrieben hatte. 

Die beiden nächsten Sätze 1n der Osterchronik p. 56, 1ff sind 
im Verhältnis zu Hippolytos c. 191, 192 bloß umgestellt und stimmen 
sonst genau. Die Angabe über die Grenzen von Sems Erbteil 
p. 96, 3 erweckt zwar den Anschein, ausführlicher als bei Hippo- 
lytos gefaßt zu sein; dies kommt jedoch nur daher, daß in der 
Osterchronik zwei Sätze des Hippolytos c. 191 und 195 zu einem 
zusammengezogen sind, wührend sie in der Vorlage des Barbarus 
auseinandergehalten blieben. Das semitische Lünderverzeichnis 
p. 56, 6ff stimmt ebenfalls mit Hippolytos c. 194, nur ist bei IJeooíg 
ein Zusatz weggelassen, dagegen am Schlusse zu Φοινίκη — Συρία 
ἡ ἐξωτέρα hinzugesetzt!. Auch der nächste Satz p. 56, 11 lautet 
ebenso wie bei Hippolytos c. 199. 

Die Liste der 72 Völker, die der Osterchronist p. 56, 151ff 
enthält, stimmt ferner ebenfalls, geringfügige Versehen abgerechnet 
(z. B. geben die Hss. des chron. pasch. statt Madıvaloı πρῶτοι καὶ 
δεύτεροι und ᾿“διαβηνοί --- Madıwaloı, Μαδιναῖοι devrego:,sielassen 
oí xal Ταρσεῖς weg und dergl), genau mit der des Barbarus und 
des Hippolytos c. 200, wenn bei diesem die im Matritensis herr- 
schende Verwirrung durch richtiges Anordnen der Namen behoben 
wird. Erst am Schluß finden sich in der Osterchronik drei Zusätze 
(vgl. v. Gutschmid 686). Davon verdanken zwei: oí xai Ma- 
xopes und oí xal Σποράδες — wozu es in den anderen Fas- 
sungen überhaupt keine Parallelen gibt — ähnlichen Manipula- 
tionen ihren Ursprung, wie sie oben (8. 186) bei den Völkernamen der 
semitischen Stammväterliste beobachtet wurden; diese beiden Zu- 
sätze gehören also zu den redactionellen Änderungen, die mit 
der Vorlage der Osterchronik vorgenommen wurden und deshalb 


1) Den vollständigen Text gibt hier nur der Vaticanus der Oster- 
chronik, er nennt auch Agapla ἡ ἀρχαία und "EAvuat. 


188 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


auf deren Text beschränkt blieben. Dagegen ist der dritte dieser 
Zusätze deshalb wichtig, weil er unter allen erhaltenen Versionen 
des Diamerismos einzig und allein beim Barbarus, allerdings bei 
diesem erst an einer späteren Stelle c. 206 sich vorfindet. Die 
Ναυσϑοὶ οἱ xci Ναβῶται ἕως τῆς Al$ıonlas ἐχτείνουσι in der 
Österchronik p. 57, 14 sind augenscheinlich identisch mit den 
Nauthi et Labooti, die der Barbarus c. 206 mit in leva autem 
parte an den Satz usque ad Trapezuntum extendunt istas gentes 
anfügte und unmittelbar vor seinem Bergeverzeichnis nennt! 
Diese Übereinstimmung beweist abermals unzweideutig, daß der 
Osterchronist von einer mit der Vorlage des Barbarus nahe ver- 
wandten alexandrinischen Chronik abhängt. 

Der auf diese Stelle folgende Satz der Osterchronik p. 57,106. 
die überleitende Bemerkung p. 57, 18 sowie alles, was bis p. 62,6 
über die ἀποικίαι. προσηγορίαε und xAluara gesagt wird, end- 
lich das Berge- und Flüsseverzeichnis ist, von wenigen Unter- 
schieden? abgesehen, eine geringfügig verkürzte, fast wörtliche 
Wiedergabe aus dem Diamerismos des Hippolytos. Diese Über- 
einstimmung ist um so wichtiger, als diese Abschnitte in keiner 
anderen erhaltenen Recension aufler beim Barbarus vorkommen. 
Allein auch von ihnen läßt sich nachweisen, daß sie nicht direct 
aus Hippolytos stammen. Wiederum finden sich nämlich einige 
Besonderheiten, durch die sich der Text des Barbarus von dem 
des Hippolytos unterscheidet, mit dem der Osterchronik aber 
übereinstimmt. Der Barbarus übersetzt, durch eine sehr alte" 
Textverderbnis in seiner Vorlage — ἀγνώστων ἐϑνῶν statt des 
durch den griechischen Text c. 202ff als ursprünglich erwiesenen 
ἀναγνωσθέντων ἐθνῶν — irregeführt, c. 174, 196, 197 ignotas 
und de ignotas gentes. Genau an denselben Stellen p. 57, 19, 


1) In der Osterchronik y. 61, 8 an der entsprechenden Stelle vor 
dem Bergeverzeichnis fehlt dieser Zusatz des Barbarus. 

2) Dahin gehören außer einigen Umstellungen der Namen in den 
Listen und gelegentlichen Schreibfehlern (z. B. p. 58, 1 πλεῖον statt 
πλησίον): der Ausfall dreier Namen p. 59, 10, der Zusatz p.59, 15 ἡ νῦν 
καλουμένη Mivıyya, p. 61, 4 der Ausfall von εἰς δὲ τὰ εὐώνυμα, p. 61, 1? 
ἐν τῷ Θράχῃ statt 2. v. Εὐβοίᾳ und p. 61, 91 der verschriebene Flußname 
Eiouog. 

3) Dies wird dadurch erwiesen, daß der liber generationis I aus 
einem Hippolytosexemplar übersetzt ist, das denselben Fehler enthielt. 


Nachwirkung der Chronik. 189 


p. 60, 9 zeigt auch der Osterchronist dasselbe dem Hippolytos 
fremde Textverderbnis. Ferner war der Name des dritten der 
maurischen Völker, der Καισαρηνσεῖς (bei Hippolytos c. 218) in der 
Vorlage des Barbarus xel Σαρηνσεῖς geschrieben, weshalb er et 
Sarinei übersetzte. Derselbe Fehler kehrt abermals in der Oster- 
chronik p. 59, 18 wieder; hier ist xoà ganz weggelassen und durch 
die Ordnungszahl ersetzt. Es kommt noch hinzu, daß beim Oster- 
chronisten p. 61, 1 zu Klein-Madiam ein Zusatz steht, der zwar 
beim Barbarus c. 203 fehlt, im liber generationis 1 c. 220 sich jedoch 
findet: πλησίον „Alyurrov; dies weist ebenso wie die schon er- 
wühnte gleichartige Hinzufügung p. 49,7 auf eine ägyptische 
Vorlage des Osterchronisten hin!. 

Was nun in der Osterchronik p. 62, 6 ff und nur in dieser 
geboten wird: ein Verzeichnis der berühmten Städte nach den 
7 Klimaten geordnet, ist, wie v. Gutschmid 265 ff gezeigt hat, 
aus Ptolemáus entnommen und nach Annahme dieses Forschers 
von dem Verfasser der Osterchronik selbst ans Ende seines Dia- 
merismos angefügt. Das erste ist richtig, das zweite schwerlich. 
Wie der Matritensis lehrt, fügte Hippolytos allerdings unmit- 
telbar an das Flüsseverzeichnis den Stadiasmos an. Aber es bleibt 
die Möglichkeit, daß nach dem Stadiasmos auch bei ihm das 
Städteverzeichnis noch folgte; freilich könnte es auch erst von dem 
Alexandriner, den der Osterchronist benutzte, hinzugefügt worden 
sein. Für diese letzte Annahme scheint folgendes zu sprechen: 
Hippolytos kündigt c. 224 nur an, daß er von den χλίματα τῶν 
ἀναγνωσθέντων ἐϑνῶν, von den Bergen und Flüssen sprechen 
wolle und geht dann c. 240 mit dedeıyuevov οὖν τούτων zum 
Stadiasmos über. Dagegen fügt der Barbarus in seiner Wieder- 
gabe jener anktindigenden Worte c. 196 zu de ignotas gentes 
noch hinzu: et oppidos eorum, womit er auf ein bei ihm selbst 
allerdings nicht vorhandenes Stádteverzeichnis hinzuweisen scheint, 


1) Auf eine durch diese Übereinstimmung eróffnete Perspective sei 
nur beiläufig hingedeutet. Ich bemerkte schon oben (S. 1886), daß im 
liber generationis | dasselbe Bestreben wie in der Osterchronik zu be- 
obachten sei, die Stammväterlisten des Hippolytos mit Genes. 10 in ge- 
nauere Übereinstimmung zu bringen; wird die hier bemerkte Überein- 
stimmung hinzugenommen, so erscheint die Annahme zulässig, daß der 
lateinische Übersetzer von lib. gen. I ebenfalls ein in Ägypten redigiertes 
Exemplar der Chronik des Hippolytos benutzte. 


190 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


das aber in seiner Vorlage ebenso gestanden haben könnte, wie 
es in der Vorlage des Osterchronisten stand. Aber sicher ist 
auch diese Combination nicht: et oppidos eorum kann auch eine 
Erweiterung des Textes durch den Barbarus selbst sein, die für 
die Beschaffenheit seiner Vorlage nichts beweist. Sicher scheint 
also nur, daß nicht erst der Osterchronist, sondern entweder seine 
alexandrinische Vorlage oder schon Hippolytos selbst! diesen Aus- 
zug aus Ptolemäus anfertigten und mit dem Diamerismos verbanden. 

Diese Darlegung über den Diamerismos der Osterchronik 
schließt also mit einer so lange nicht mit Sicherheit lósbaren 
Frage, als die Fortsetzung von Matritensis 121 nicht aufgefunden 
wird. Im einzelnen bleibt überhaupt bei solchen Untersuchungen 
über die Verwandtschaft von Chroniken manches problematisch, 
da der Móglichkeiten der Erklürung zu viele sind, und weil es 
von solchen Chroniken sehr zahlreiche Abschriften, die sich in 
Einzelheiten unterschieden, neben vielen neuen Redactionen und 
Bearbeitungen gegeben hat. Es muß uns also genügen, deren 
Abhängigkeit der Hauptsache nach festzustellen. Die Beweise 
dafür, daß der Osterchronist eine der Quelle des Barbarus sehr 
nahe verwandte, wie diese Hippolytos benutzende alexandrinische 
Chronik ausschrieb, sind jedoch so zahlreich, daß ich dieses Er- 
gebnis für ganz feststehend halte?. Ebenso sicher ist, daß, ehe 
der Text der Osterchronik seine jetzige Fassung erhielt, die Vor- 
lage teils redactionelle Änderungen erfuhr, teils durch Abschreibe- 
fehler verunstaltet wurde. Diese Veränderungen rühren aber 
nicht von dem alexandrinischen Chronisten her, sondern sie traten 
innerhalb der παράδοσις des Textes der Osterchronik selbst ein, 
weshalb sie auch auf diese beschränkt blieben. Schließlich fügte 
der Osterchronist selbst noch einige Citate aus Epiphanios und 
aus anderen Quellen hinzu. 


1) Da Hippolytos in seinen Ankündigungen des Inhalts spáter fol- 
gender Abschnitte keineswegs vollständig zu sein pflegt, so halte ich 
für das wahrscheinlichste, daß er am Schluß des Stadiasmos mit denselben 
Worten wie der Osterchronist p. 62,0 ἔδοξε χτλ. den Übergang zu dem Städte- 
verzeichnis herstellte; wie zar.rrao. ato. IV 12 beweist, kannte er Ptolemäus. 

2) Obwohl der Osterchronist in späteren Abschnitten seines Werkes 
Spuren der Benutzung des Annianos zeigt (Gelzer, Sext. lul. Afr. Il 
150 ff; Frick, chron. min. praef. p. CIV ff), halte ich es doch für ein Ge- 
bot der Vorsicht, seine alexandrinische Vorlage unbenannt zu lassen. 


Nachwirkung der Chronik. 191 


Das Ergebnis dieser umständlichen und dennoch viel selbst- 
ständige Mitarbeit von dem Leser fordernden Untersuchung wird 
durch die folgende Analyse des Diamerismos beim Synkellos als 
richtig bestätigt. Dabei beschränke ich mich jedoch auf einige 
Hauptargumente, die ebenfalls beweisen, daß der Synkellos seinen 
Diamerismos aus einer alexandrinischen, der vom Osterchronisten 
benutzten sehr nahestehenden, vielleicht sogar mit ihr identischen 
Chronik entnahm !. 

Der Synkellos, der nach $06 schrieb, war ein selbstündigerer 
Schriftsteller als der Verfasser der Osterchronik. Seine Haupt- 
quellen waren, wie Citate dartun und Gelzer (Sext. lul. Afr. II 
176 ff, vgl. oben S. 170ff) ausgeführt hat, Panodoros und Anni- 
anos und deren Benutzung erstreckte sich über die ausdrücklichen 
Citate hinaus auf die ganze Chronik. Der Synkellos? stellte 
selbständige Studien überhaupt nur auf biblischem Gebiet an 
und sah sich durch diese gelegentlich veranlaßt, von seinen bei- 
den Hauptquellen abzugehen. Demnach besteht beim Synkellos 
von vornherein die größte Wahrscheinlichkeit, daß er auch seinen 
Diamerismos einem alexandrinischen Chronisten entnahm. 

In der Tat beobachtet er darin? in der Hauptsache gleich- 
falls das Schema des Hippolytos. Er beginnt p.85 allerdings wie 
Epiphanios mit Sem und nicht mit Iapheth *, zählt die 15 Stamm- 
vüter nach Sem mit den zugehórigen Vólkern auf, gibt die Gren- 
zen von dessen Erbteil und die Liste der semitischen Lünder, an 
welche er p. 87, 1 mit dem unpassenden Übergang τὰ δὲ ἐξ αὐτῶν 
γενόμενα ἔϑνη ταῦτα das Verzeichnis der semitischen Völker und 


1) Beiläufig bemerke ich, daß zu erwägen sein wird, ob den beiden 
aus alexandrinischer Quelle schöpfenden Byzantinern ihre Bekanntschaft. 
mit Africanus direct oder nur durch ihre Hippolytos benutzende Quelle 
vermittelt ist. 

2) Die Citate aus dem Dunielcommentar des Hippolytos beim Synk. 
p. 413, 13. 414, 15. 436, 1 lauten so, daß er diese Schrift wirklich ge- 
kannt haben mag. Dagegen citiert er die Chronik des Hippolytos p. 507, 11 
in Verbindung mit Annianos und Maximos; dieses Werk kannte er daher 
nur aus zweiter oder dritter Hand (v. G&utschmid 622 ff; Gelzer, Sext. 
Iul. Afr. II 188). 

3) Auf den ersten Teil seines Diamerismos p. 82, 10 ff, der nieht aus 
alexandrinischer, sondern aus anderer Überlieferung entnommen ist, komme 
ich unten unter f) zurück. 

4) Der Grund dafür wird unten unter f) ermittelt werden. 


192 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


das der schriftkundigen unter ihnen anfügt. Bei Cham beginnt 
er p. 87,8 wieder mit den Stammvätern, gibt dann die Grenzen des 
Erbteiles der 32 chamitischen Völker, hierauf deren Liste, die Gren- 
zen ihres Gebiets, dann das Verzeichnis der schriftkundigen, 
hierauf den Katalog der chamitischen Länder, dem die Liste der 
nördlichen Küstenländer Chams, die kleine Liste der 3 νῆσοι 
ἐπίσημοι, der große Inselkatalog und schließlich der Satz über 
den Nil folgen. An die Liste der 15 Iaphethiden p. 91, 1 und der von 
ihnen stammenden Völker schließt sich p. 92, 3 eine Bemerkung 
über die 72 Völker und daran ein Nachtrag zu den lapheth- 
völkern (wie bei Hippolytos c. 73); es folgt die Liste der Völker 
Iapheths, das Verzeichnis der schriftkundigen, die Angabe der 
Grenzen von Iapheths Erbteil, die Länder- und Inselliste und 
die Notiz über den Tigris. Biblische Citate und eine vom Syn- 
kellos selbst herrührende Betrachtung bilden den Schluß, 

Der Synkellos entnahm also seiner Vorlage bald mehr bald 
weniger und ünderte auch die Reihenfolge der einzelnen Ab- 
schnitte. Auf solche Differenzen ist also bei dem Vergleich seines 
Textes mit dem der anderen Quellen kein Gewicht zu legen. Es 
genügen daher einige schlagende Übereinstimmungen mit dena 
Barbarus und der Osterchronik, um seine Abhängigkeit von einex 
alexandrinischen Chronik zu erweisen. 

Solche sind vorhanden. Wie beim Osterchronisten und a x3 
derselben Stelle wie bei diesem (p. 47, 14) schließt auch beixx 
Synkellos p. 92,13 der dem japhethitischen Völkerverzeichn 28 
vorangehende Satz mit πρὸς βορρᾶν οὕτως entsprechend des* 
sic des Barbarus c. 58. Diese seiner alexandrinischen Vorlage en &- 
lehnte Ausdrucksweise eignet sich der Synkellos auch selbst ar: 
er allein leitet nämlich alle seine Stammvüterlisten (p. 85, 3- 
87, 7. 91, 2 durchweg mit einem solchen οὕτως ein. Ebenso 
findet sich bei ihm p. 93, 6 die Hippolytos fremde, in der Vor- 
lage des Barbarus aber schon vorhandene Corruptel 74:0» statt 
Ἴλιον wie beim Osterchronisten (p.48, 9 oben S. 182). Dazu kommt 
anderes. Die bei Hippolytos und dem Barbarus fehlenden, beim 
Osterchronisten (p. 51, 11. 15) aber genannten chamitischen Stamm- 
vüter Chaslonieim und Jebusaios finden sich an derselben Stelle 
auch beim Synkellos p. 88, 10. 16. Freilich ist diese hier und 
sonst in den Stammváterlisten zu bemerkende Übereinstimmung 
deshalb weniger beweiskrüftig, weil jede Ausgleichung mit der 





Nachwirkung der Chronik. 193 


jedermann zur Verfügung stehenden Bibel, auch wenn sie un- 
abhängig von verschiedenen Redactoren vorgenommen wurde, 
dasselbe Resultat ergeben mußte; immerhin ist es wahrscheinlich, 
daß sie hier ebenfalls auf den alexandrinischen Bearbeiter des 
Hippolytos zurückgeht. In demselben Satze sagt nämlich Hippo- 
lytos bei Bestimmung der Grenzen der laphethvölker c. 83 nur 
εὖρος δὲ ἀπὸ Ποταμίδος xv, dagegen setzen sowohl der Oster- 
chronist p. 48, 7 als der Synkellos p. 93, 4 vorher zur Ergänzung 
χατὰ μῆχος hinzui. Für die Benutzung nahe verwandter Quellen 
beim Synkellos und in der Osterchronik sprechen ferner noch 
solche Stellen, an denen der Synkellos aus Hippolytos das Ur- 
sprüngliche erhalten hat, während es beim Osterchronisten über- 
gangen ist. So bringt z. B. der Synkellos p. 89, 8 das Verzeich- 
nis der chamitischen Vólker, das in der Osterchronik p. 52, 5 im 
Gegensatz zu der sonst festgehaltenen Anordnung der Abschnitte 
ausgefallen ist. Beim Synkellos p. 89, 20 steht ferner mit Hip- 
polytos c. 141 übereinstimmend das chamitische Land Erythra, das 
in der Osterchronik p. 52, 14 ebenfalls fehlt. Nach Hippolytos 
c. 160 (lib. gen. I c. 153) stammen von Elam die ᾿Βλυμαῖοι (Bar- 
barus: Elimei); dafür steht im chron. pasch. p. 54, 2 übereinstim- 
mend mit dem lib. gen. II Ἐλαμῖται, während der Synkellos 
p. 85, 5 das ursprüngliche 'EAovuatot bietet. Desgleichen hat der 
Synkellos p. 86, 17 zu Περσίς den ursprünglichen (Hipp. c. 194, 
Barb. c. 169) Zusatz: xai τὰ ἐν αὐτῇ ἔϑνη, der im chronicon 
paschale p. 56, 7 ebenfalls fehlt. 

Es darf also als erwiesen gelten, daß die Fassungen des 


1) Dabei ist noch folgendes zu erwägen. Hippolytos gibt nur c. 47, 
195 die Grenzen der Semsöhne mit der näheren Bestimmung χατὰ μῆκος 
— xat& πλάτος. An der dritten Stelle c. 191 fehlt dieser Zusatz, er findet 
sich aber p. 50, 3. 4 in der Osterchronik und y. $6, 12. 15 beim Synkellos, 
wo c. 191 wiedergegeben wird. Hier geht die Erweiterung zweifellos auf 
die alexandrinische Bearbeitung des Hippolytos zurück. In dem oben im 
Text angeführten Falle wird also der Zusatz gleichfalls auf diese Quelle 
zurückgehen. Dies ist um so wahrscheinlicher, als übrigens gerade an der 
Stelle p. 93, 4 der Synkellos eine gewisse Selbstündigkeit zeigt. Wührend 
es im chron. pasch. mit Hippolytos c. S3 und dem Barbarus überein- 
stimmend heißt ἕως Γαδείρων, steht bein Synkellos Ewg διτικοῦ 2xe- 
avob, in der Osterchronik ist ferner βλέποντα zugesetzt, was beim Syn- 
kellos fehlt; der Synkellos schreibt endlich Τανάϊδος statt Ποταμίδος bei 
Hippolytos, dem Barbarus und dem Osterchronisten. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 13 


194 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Diamerismos, die in der Osterchronik und beim Synkellos vor- 
legen, im einzelnen nur wenig veründerte, mit einigen Zusützen 
versehene! Auszüge aus nahe verwandten alexandrinischen Chro- 
niken sind, die zu Panodoros und Annianos enge Beziehungen 
haben. Jedesfalls folgten diese Alexandriner ebenso wie der beim 
Barbarus übersetzte Chronist der Chronik des Hippolytos. Die 
Österchronik und der Synkellos mußten daher unmittelbar nach 
den beiden lateinischen Übersetzungen und dem Barbarus auch bei 
der Herstellung des Textes des Hippolytos berücksichtigt werden. 
Alle im Matritensis enthaltenen, bei den beiden Lateinern und 
beim Barbarus fehlenden Stellen dürfen dann mit Sicherheit als 
ursprünglich hippolytisch betrachtet werden, wenn sie aus der 
Osterchronik oder dem Synkellos belegt werden kónnen. Nur 
für die Herstellung der Namensformen ist eine Ausnahme zu 
machen; dafür dürfen die beiden Byzantiner auch dann nicht als 
maßgebend gelten, wenn sie anscheinend das Richtige bieten; 
denn es besteht der Verdacht, daß in solchen Füllen spätere Cor- 
recturen vorliegen, deren Einführung in den Text des Hippolytos 
unzutreffend wäre. 


e) Die von einer kürzenden Zwischenquelle 
abhängigen Byzantiner. 


Bei byzantinischen Autoren des 9.—12. Jahrhunderts liegen 
5 kürzere, im letzten Ende aber gleichfalls auf Hippolytos zurück- 
gehende Darstellungen des Diamerismos vor, die unter sich so 
viele gemeinsame, Hippolytos fremde Besonderheiten zeigen, daß 
sie von einer Hippolytos teils kürzenden, teils durch andere Be- 
richte erweiternden Zwischenquelle abhängen müssen. Die engere 
Verwandtschaft einiger dieser Fassungen wurde schon von A.v. 
Gutschmid 632ff festgestellt? Für diese Zwischenquelle ist 

1) Den Zusützen, die der Osterchronist aus Epiphanios, den Pseudo- 
clementinen und anderen Quellen machte, stellt sich ein Zusatz beim 
Synkellos p. 87, 13 aus Prokopios de bell. Vand. p. 450, 10 Bonn. und ein 
zweiter längerer p. 82, 10ff zur Seite. Der letzte stammt, wie ich später 
zeigen werde, aus einer antiochenischen Fassung des Diamerismos. 

2) Der Autor, den v. Gutschmid 617 dem Vorgang von Hody folgend 
(Georgios Hamartolos nennt, ist in Wirklichkeit ein mit Georgios Monachos 
(Hamartolos) nahe verwandter, aber nicht identischer Anonymus, dessen 


Nachwirkung der Chronik. 195 


eine auch schon beim Synkellos p. 82, 10 ff begegnende Erzäh- 
lung über das Testament Noes und dessen Verletzung durch 
Chanaan charakteristisch!. Während aber der Synkellos diese 
aus jüdischen Kreisen stammende Erzählung noch, losgelöst von 
seinem aus alexandrinischer Quelle stammenden Diamerismos, 
vorausschickt?, ist sie in den jetzt zu besprechenden Fassungen 
mit Bestandteilen des hippolytischen Diamerismos zu einem un- 
trennbaren Ganzen verbunden. 

Die fünf Autoren sind: 1) Der Anonymus vor dem Oxo- 
niensis des Malalas, entsprechend den zwei. ersten Büchern der 
Bonner Ausgabe des Malalas (vgl. S. 194, Anm.2). 2) Der echte Geor- 
gios Monachos, gewóhnlich Hamartolos genannt, der unter Michael 
(842—867) eine bis 842 reichende Weltchronik verfaßte, die jetzt 
in de Boors Ausgabe, Leipzig 1904/1905, zu benutzen ist. 3) Die 
im Parisinus 854 erhaltenen, von Cramer anecd. Paris. II 243 ff 
herausgegebenen ἐχλογαὶ ἱστοριῶν, deren die spätere Geschichte 
enthaltender Teil von Leon Grammatikos im Jahre 1013 als 
Fortsetzung an ein älteres Werk angefügt wurde (nach einer 
Notiz, die am Schlusse des zweiten erhaltenen Teiles im Paris. 
1711 steht). Der Verfasser jenes älteren Werkes ist höchst 
wahrscheinlich der echte Symeon Logothetes oder Grammatikos, 
der etwa 950 schrieb (Krumbacher, Byz. Literatg. 2. Aufl., 362; 
358). Dieser Text ıst im Bonner Corpus unter dem Namen des 
Fortsetzers, Leon Grammatikos, herausgegeben, ich werde ihn als 
Symeon bezeichnen 3. 4) Theodosios von Melitene, eine mit Leon 
Grammatikos nahe verwandte, bis 948 reichende Compilation, die, 


Text in dem Oxoniensis des Malalas erhalten und in dem Bonner Malalas 
anstatt des fehlenden Anfangs von dessen Chronik abgedruckt ist. 

1) Die Sage von dem Testament Noes entstand im Anschluß an 
Genesis 9 und war wie die von dem Testament Adams, von der Schatz- 
böhle und ähnliche Apokrypha weit verbreitet. Sie ist durch das Buch 
der Jubiläen (vergl. unten) schon für das 1. Jahrhundert nach Chr. be- 
legt. Über die Benutzung solcher Apokryphen bei den Byzantinern ist 
Gelzer, Sext. Iul. Afr. II 967 ff zu vergleichen. 

2) Aus diesem Grunde wird von dem Abschnitt beim Synkellos, der 
p. 82, 10 beginnt, erst unten S. 216 ff die Rede sein. 

3) Andere Handschriften der Chronik des Symeon bei Krumbacher 
350 ff und de Boor Byzant. Ztschr. VI 273ff, X 70ff, Nach de Boors An- 
sicht sind aber alle erhaltenen Handschriften Symeons erweiterte Redac- 
tionen des ursprünglichen Werkes, 

13* 


196 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


von L. Tafel in den Monumenta saecularia, herausgeg. von der 
kgl. bayr. Akademie d. W., III. Classe, 1. Teil, München 1859, 
veróffentlicht ist. 5) Nahe verwandt mit Theodosios ist eine an- 
dere Compilation; der Name ihres Verfassers, Polydeukes (Pol- 
lux), ist ebenso wie der Titel des Werkes ἱστορία φυσική von 
A. Darmarios gefälscht (Preger, Byzant. Ztschr. I, 50 ff, Krum- 
bacher, ebenda 342). Der Text ist herausgegeben von J. Hardt, 
München 1792; ich nenne ihn im folgenden Pseudo-Pollux. 


Anonymus. Georgios Monachos 
Malalas ed. Bonn. p. 13, 5 ff. ed. de Boor p. 54, 11ff. 


1. Φαλὲχ δὲ γενόμενος ἐτῶν QA ἐγέν- 1. — Anon. 1 
vnoe τὸν Ῥαγαῦ xol μετὰ τοῦτο ἔζησεν 
ἔτη 00, καὶ ἀπέϑανε ζήσας τὰ πάντα 
ἔτη τλϑ. 


2. γίνονται ovv ἀπὸ τοῦ ᾿Αδὰμ ἕως 2. — Anon. 2 
τοῦ κατακλυσμοῦ ἔτη βσξβ καὶ ἀπὸ τοῦ 
χαταχλυσμοῦ ἕως τῆς συγχύσεως. τῆς 
πυργοποιίας καὶ τῆς τελευτῆς Φαλὲχ, 0 
ἐστιν μερισμὸς. ἔτη gas. 

3. xal οὕτω γίνεται διαμερισμὸς ἤτοι 3. — Anon. 3; Var. 
διασπορὰ τῶν viov Νῶε xal τῶν ἐξ a9- καὶ γίνεται --- 
τῶν γεννηϑέντων᾽ διόπερ καὶ μέροπες διὸ καὶ μέροπες 
ἐχλήϑησαν ἀπό τε τῆς μεμερισμένης φω- 
νῆς ἀπό τε τοῦ μερισμοῦ τῆς γῆς. 

4. ὁ μέντοι Σὴμ ἐγέννησε τὸν Eau 4.-— Anon. 4; Var.: 
χαὶ ᾿Ασοὺρ καὶ τὸν Apyasad καὶ τὸν καὶ τὸν .40099 — 
Aovd, ὁ δὲ Χὰμ τὸν Χοὺς καὶ τὸν Me- 
σραὶμ xai τὸν Φοὺδ xoi τὸν Χανὰν, ὁ Meopku — Χαναὰν --- 
δὲ Ἰάφεϑ τὸν 1 ἄμερ καὶ τὸν Μαγὼγ καὶ 
τὸν Θηρὰν καὶ τὸν love» καὶ τὸν ἴεχ- Θήρα — ova» καὶ 











-.---ὖῦϑοϑοϑΘϑΟ σ  - ML 








3. Vgl. Epiphanios xat. «to. 1 5 Dind. 1 285: 
ὅϑεν xai μέροπες οὗτοι χέχληνται διὰ τὴν ut- 
μερισμένην φωνήν. Epiphanios ist also in der Vorlage der 5 Chronisten 
ebenso benutzt wie im chron. pasch. p. 45, 21. 


Nachwirkung der Chronik. 197 


Das Verhältnis dieser fünf Autoren suche ich dadurch an- 
schaulich zu machen, daß ich die Texte mit möglichst geringer 
Wiederholung des wörtlich Übereinstimmenden in 5 Columnen 
nebeneinander stelle. Wo sie wörtlich zusammenstimmen, sind 
in der betreffenden Columne nur die Differenzen angemerkt. Die 
handschriftlichen, in den Ausgaben ersichtlichen Varianten sind 
der Übersichtlichkeit wegen übergangen; sie kommen für die Be- 
urteilung des Abhängigkeitsverhältnisses nicht in Betracht. 


Symeon Logothetes. . 
Leo Gramm. ed. Bonn. p. 14 ff; Theodosios Pseudo-Pollux 


Cramer an. Par. II 25 ET ed. Tafel p. 17 ff. ed. Hardt p. 70 ff. 
1. Ἐν ἀρχῇ τῶν ἡμερῶν 1.— Sym.1 1. Οἱ τοῦ Νῶε υἱοὶ 


Φαλὲχ οἱ τοῦ Νῶε υἱοὶ δι- διχονοσήσαντες 
χονοήσαντες τῆς γῆς εἰς éav- χτλ. — Sym. 1 
τοὺς ποιοῦνται τὴν διανέ- 

μησιν. 


2. Φαλὲχ γενόμενος QA 2.=Sym.?2 fehlt. 
ἐτῶν ἐγ. τὸν Ῥ καὶ ἐπιβιώ- 
σας ἔτη σϑ ἐτελεύτησε. 
ἃ. συνάγεται τὰ πάντα 3.— Sym.3 unten S. 199 
ἔτη ἀπὸ Adau ἐπὶ τὴν τοῦ 
Φαλὲχ τελευτὴν ἔτη τρισ- 
χίλια, ὥστε εἰχότως ταύτης 
ἔτυχε τῆς ὀνομασίας 0Daltx. 
i ueols γὰρ ἑρμηνεύεται 4. — Sym.4 unten S. 199 
ἱχατέρας προαναφωνῶν τὰς 
διαιρέσεις. τῆς τε γὰρ γῆς 
τὴν διαχλήρωσιν οἱ τοῦ 
Nàe παῖδες ἐπὶ τούτου ποι- 
οὗνται xal τοῦ ὑπονοου- 
μένου τῶν ἑξακισχιλίων 
ἐτῶν χρόνου ἡ διαίρεσις 
ἐλὶ τῆς τελευτῆς τῶν ἦμε- 
ρῶν γίνεται τούτου. ἡ μὲν 
ἐν a ^ ἀρχῇ, ἡ δὲ ἐπὶ τῷ τέλει 
τῆς ζωῆς αὐτοῦ. 


^ 


198 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Anonymus. 
Malalas ed. Bonn. p. 13, 14 ff. 


τὰν καὶ tov Θόβελ xci τὸν Moooy xci 
τὸν Maóoi, ap οὗ Mndoı γενόμενοι καὶ 
τῶν Βαβυλωνίων χρατήσαντες, ἡ χώρα 
Μηδία προσηγορεύϑη κυρίως xal φερω- 
νύμος. 


5. μετὰ γοῦν τὴν σύγχυσιν χαὶ τὴν 
τοῦ πύργου διάλυσιν μεταστέλλονται οἱ 
τρεῖς υἱοὶ τοῦ Νῶε πᾶντας τοὺς ἐξ av- 
τῶν γενομένους xai διδόασιν αὑτοῖς ἔγ- 
γραφον τῶν τόπων τὴν κατανέμησιν, 
ἤνπερ ix τοῦ πατρὸς Νῶε παρειλήφασι, 
καὶ λαγχάνουσιν ἑχάστῳ καὶ ταῖς ἕχά- 
στου φυλαῖς xal πατριαῖς τόπον xci 
κλίματα xal χώρας καὶ νήσους καὶ πο- 
ταμοὺς κατὰ τὴν ὑποχειμένην ἔχϑεσιν. 

6. xal χαταχληροῦνται τῷ μὲν πρῶωτο- 
τόχῳ υἱῷ Νῶε Σὴμ ἀπὸ Περσίδος καὶ 

, ? 3 « 4 € , 
Baxvoor toc Ἰνδικῆς καὶ Pıivoxovgov- 

L] 2 - PY V 3 4 
ρων τὰ πρὸς ἀνατολὴν, τῷ δὲ Χαμ ἀπὸ 
Ῥινοχουρούρων ἕως ] αδείρων τὰ πρὸς 

, - x Ip I > \ ’ et 
vorov, to δὲ Ιαφεϑ ano NMndias Eos 
Γαδείρων τὰ πρὸς βορρᾶν. 

7. ai δὲ λαχοῖσαι χῶραι τῷ μὲν Σὴμ 

* € 4 % tyr , 
εἰσὶν avra: Περσὶς, Βακτριανη, Yoxavia, 
Βαβυλωνία, Κορόδυαία, ᾿ἸΙσσυρία, Meoo- 

, > , € 2) , > 4 ) 
ποταμία, Apeßia ἡ ἀρχαία, EAvuaic, Iv- 
δικὴ, ᾿Ιραβία ἡ εὐδαίμων, Kou) Συρία, 
Κομμαγηνὴ xci Φοινίχη πᾶσα καὶ πο- 

M > , 
tauoc υφρατης. 
8. steht beim Anonymus erst später p.17,14. 








Mynk. p. 86, 10 ff. 


7. Vgl. Hippol. c. 193; chron. pasch. p. 56, Gff; 


Georgios Monachos 
ed. de Boor p. 55, 1ff. 


τὸν Ἐλισὰ xci τὸν 
Θώβελ — Madan --- 


Μῇήδεια 


ὃ. TL Anon. 5; Var.: 


ὧνπερ — 
τυγχάνουσιν — 
τύποι — 

χῶραι καὶ νῆσοι καὶ 
ποταμοί 

6.-— Anon. 6; Var.: 
κατακληροῦται 


Δ͵]ηδείας καὶ ἕως 
. — Anon. 7: Var.: 


Koodvva 


s. fehlt. 


Nachwirkung der Chronik. 199 


Symeon Logothetes. 
Leo gramm. ed. Bonn. p. 14 ff; Theodosios Pseudo-Pollux 


Cramer an. Par. II 250, 15 ff. ed. Tafel p. 1718. ed. Hardt p. 70 ff. 


5. τότε μεταστέλλονται 5. — Sym. 5; . 2. ueraotellovrau 
χτλ. — Anon.5; Var.: Var.: γοῦν οἱ xtà. — 
ἐξ αὐτῶν καὶ δίδουσιν ---ὐἨ δίδωσι — Sym. 5; Var.: 


ἐξ αὐτῶν γενομέ- 
* , , 
κατανέμησιν καὶ Anyyavov- τυγχάνουσιν νοῦς — δίδωσιν — 


σιν — διανέμησιν xaltvy- 
χάνουσιν --- 
τύποι -- 3. ὥστε bis ἑρμη- 
χῶραι καὶ νῆσοι xci πο- νεύεται — Sym. 3 
ταμοί — u. 4. 
6. τῷ uiv οὖν Σὴμ τῷ 6. — Sym. 6; 4. = Sym. 6; Var.: 
πρωτοτόχῳ υἱῶν Νῶε ano Var: vio vio 


χτλ. = Anon 6; Var: 
Ῥινοχορούρων, τῷ δὲ Χὰμ 
τῷ δευτέρῳ υἱῷ τοῦ Νῶε --- 
Ἰάφεϑ, τῷ τρίτῳ υἱῷ Νῶε 
ἀπὸ Μιηδείας κτλ. 

1. ἔστι δὲ aí λαχοῦσαι χῶ- 71. εἰσὶ δὲ χτλ. 5. εἰσὶ δὲ κτλ. — 
ραι xaT ὄνομα τῷ Σὴμ, τῷ ==Sym.7;Var: Sym.7; Var. 
πρωτοτόκῳ υἱῷ τοῦ Νῶε Πέρσαι — 
αἷδε xtA. — Anon. 7; Var.: 

Κορδύνη — Κορδύνα, Ἐλυμαίς 
πᾶσα, ἔστι δὲ ἐν τῷ μέρει 
αὐτοῦ ποταμὸς ὁ Εὐφράτης. 


8. Vgl. Anm. 5, — Sym.S jehlt. 





8. Hier ist eine längere Stelle 
über Kronos, Zeus, Picus etc. eingeschoben, die beim Anon. erst p. 17, 14 
folgt und nur bei Theodosios sich ebenfalls hier findet. Eine Randnotiz 

: ὥς φησιν φρικανὸς ὁ σοφώτατο:. Vgl. den Barbarus (Schöne 
P. 197, Frick p. 231; Gelzer, Sext. Iul. Afr. I 82. 


BR d 


200 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Anonymus. 
Malalas ed. Bonn. p. 14, 13 ff. 


9. τῷ δὲ Χάμ' Αἴγυπτος, Αἰϑιοπία 
ἡ βλέπουσα κατ᾽ Ινδοὺς, ἑτέρα Αἰϑιοπία, 
ὅϑεν ἐχπορεύεται 0 ποταμὸς τῶν Al- 
ϑιόπων, ᾿ρυϑρὰ ἡ βλέπουσα κατ᾽ ava- 
τολὰς, Θηβαὶς, Λιβύη ἡ παρεχτείνουσα 
μέχρι Κυρήνης, Μαρμαρὶς, Συρτὶς, Λι- 
βύη ἄλλη, Νουμιδία, Μασσυρὶς, ῶαυρι- 
τανία ἡ κατέναντι Γαδείρων. 


10. ἐν δὲ τοῖς χατὰ βορρᾶν τὰ παρὰ 
ϑάλασσαν Eye Κιλικίαν, Παμφυλίαν, 
Πισιδίαν, Μυσίαν, Avxaovlav, Φρυγίαν, 
Καμαλίαν, Avxlav, Καρίαν, Λυδίαν, Mv- 
σίαν ἄλλην, Tooaóa, AloAlóa, Βιϑυνίαν, 
τὴν ἀρχαίαν Φρυγίαν. 

11. xal νήσους ὁμοίως" Σαρδανίαν, Κρή- 
την, Κύπρον καὶ ποταμὸν Γειὼν τὸν καὶ 
Νεῖλον χαλούμενον. 

12. τῷ δὲ Ἰάφεϑ᾽ Μηδία, ᾿Αλβανία, 
Jouevia μικρά τε καὶ μεγάλη, Καππα- 
δοχία. Παμφλαγονία, Γαλατία, Κολχὶς, 
Βύσπορος. Metric, Δέρβη, Σαρματὶς, 
Ταυριανὶς, Βασταρνὶς, Σχυϑία, Θράκη. 
Μακεδονία, Δαλματία, Δολοσσὴ, Θεσσα- 
Ala, Aoxpis, Βοιωτία, Αἰτωλία, ᾿Ἁττιχὴ, 
Ayala, Πελλήνη ἡ καλουμένη Πελο- 
πόννησος, ᾿ἀρχαδία. ᾿Ππειρῶτις, Ἰλλυρὶς, 
Avyvttic, ᾿Ιδριακὴ, ἐξ ἧς τὸ Adoraxov 
πέλαγος. 


9—11. Vgl. Hippol. c. 137 ff; chron. pasch. 
p. 52, 11 ff; Synk. p. 89, 17 ff. 

12. 13. Vgl. Hippol. c. 84 ff; chron. pasch. 
p. 48, 09 £f; Synk. p. 93, 7 f; v. Gutschmid 
Kl. Schr. V 248. 


Georgios Monachos 
ed. de Boor p. 55, 19 ff. 


9. — Anon. 9 


10. — Anon. 10 


11. xcl νήσους πάλιν 
ἔχει κτλ. — Anon. 11. 


12. — Ànon.12; Var.: 
Mndsıa — 
IlagAayovía --- 
Βοσπόρη — Δερβίς --- 
Βουταρνίς --- 


Πελληνὶς ἡ καὶ Ile- 
λοπόννησος 


Nachwirkung der Chronik. 


eon Logothetes. 


m. ed. Bonn. p. 16 ff; 
in. Par. II 251, 17 ff. 


à Χὰμ, τῷ δευτέρῳ 
Voc, ἔλαχον χῶραι 
μα αἵδε χτλ. — 
Var.: ὁ τῶν Al- 
τοταμός --- Συρτίς, 
ἡ ἀπὸ Ποταμέως 
νουσα μέχρις ἄχρας 
—  Mavpıravia 
vovoa μέχρις Hoa- 
)? στηλῶν xaté- 
rdelpov. 
ı δὲ ἐν τοῖς xare- 
ορᾶν τὰ παρὰ ϑά- 
«tA. — Anon. 10); 


: δὲ xal νήσους κτλ. 
11; Ver: Paov 
wuevov Νεῖλον. 
δὲ ᾿Ιάφεϑ,, τῷ voí- 
τοῦ Νῶε, ἔλαχον 
τ᾿ ὄνομα αἵδε" χτλ. 
12; Var.: :AAfavía 
» Aouevla — 

— Δερβίς --- 

ίς — 


’ 


| πέλαγος τὸ „Ador- 


ien, 4j ano xt. vgl. 
143, 146. 

τὴν ἀρχαίαν Φρυγίαν 
tande: ἡ Πισιδίε. 


sovis vgl. Hippol. c.84. 


Theodosios 
ed. Tafel p. 19 ff. 


9. = Sym. 9; 
Var.: 


[4 
ovrar 


10. ἔχεε δὲ ἐν 
τοῖς κατὰ βορ- 
ρᾶν xtà. — 
Sym. 10; Var.: 
Καμαλίαν 


11. -— Sym. 11 


12. — Sym.12; 
Var.: 


τ 
αὐτο — 


Βασταρνί- 


201 
Pseudo-Pollux 
ed. Hardt p. 72 ff. 
6. = Sym. 9 


1. = Theod. 10; 
Var.: 


Kovuallav 


S, — Sym. 11; Var. 
Xaoóíav 


9, — Sym. 12; Var.: 


Σερσῆς — 
Baotaguns— Opc- 
χης, Maxedoviac — 
Ile} tung 


202 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Anonymus. Georgios Monachos 
Malalas ed. Bonn. p. 15, 11ff. ed. de Boor y. ὅθ, 14 fl. 


13. ἔχεε δὲ xal νήσους᾽ Βρεττανίαν, 13.— Anon.13; Var.: 
Σικελίαν, Εὐβοιαν, Ῥόδον, Χῖον, Aéófov. 
Κυϑήραν, Ζάχυνϑον, Κεφαλληνίαν, I9à- 
xg», Κέρκυραν καὶ μέρος τι τῆς ᾿Ασίας, 
τὴν καλουμένην Ἰωνίαν χαὶ ποταμὸν 
Ἰΐγριν, τὸν διορίζοντα μεταξὺ Mmólac ηδείας xai Βαβυ- 
xai Βαβυλωνίας. λῶνος. 


fehlt. fehlt. 


Nachwirkung der Chronik. 203 


Symeon Logothetes. : . 
Leo Gramm. ed. Bonn. p. 14 ff; Theodosios Pseudo-Pollux 


Cramer an. Par. II 252, 384. ed. Tafel p. 19ff. ed. Hardt p. 76 ff. 
13. ἐπὶ (1. εἰσὶ) δὲ αὐτῷ 13. εἰσὶ δὲκτλ. 10. — Theod. 13; 
xal νῆσοι cióe Βρεταννία = Sym. 13;  Var.: 
xtÀ. — Anon. 13; Var.: Var.: 
Keoxvpa καὶ 
ποταμὸς δ᾽ ἐστὶν ἐν τοῖς al Κυχλάδες αὐτοῦ μέρισιν — 


αὐτοῖς μέρεσιν Tíyotg — καὶ μέρος ῆιηδείας xci Βαβυ- 
Βαβυλῶνος.  Aovías. 

14. ix δὲ τῶν τοῦ JágtÓ  14.— Sym.14; 11. ἀπὸ δὲ éxa- 
υἱῶν ἀπὸ uiv τοῦ Γάμερ Var. στου υἱοῦ τοῦ Νῶε 
Γαμαρεῖς οἱ νῦν Γαλάται, εὐρήϑησαν ἐν τῇ 
ἐκ δὲ τοῦ Μαγὼϑ οἱ νῦν πυργοποιίᾷ, ἅπερ 
Σχύϑαι xai ἀπὸ Madov χαὶ εἰς ἔϑνη διῃ- 
Mndoı. 2x δὲ Ἴωνος 'o- ρήϑησαν, ix μὲν 
vtg χαὶ οἱ λοιποὶ "EAAg- τοῦ Σὴμ χε, καὶ 
rtc, ἐχ δὲ τοῦ Θόβελ Θο- τοῦ Χὰμ AB καὶ 
βηλοὶ οἱ νῦν Ἴβηρες. ἀπὸ τοῦ Ἰάφεϑ' τε. τού- 
δὲ Μεσχὼ Meoynvol οἱ νῦν τοῖς διεμερίσϑη- 
Kanradoxss, διὸ καὶ Ma- σαν αἱ γλῶσσαι 
ξαχα ἡ παρ᾽ αὐτοῖς μητρό- xci γεγόνασιν εἰς 
πολις. ἀπὸ δὲ Θήρα Θρᾷ- φυλὰς ἤγουν ἔϑ- 
κες, ἀπὸ δὲ Θάρρου Θαρσεῖς Θάρρων vn .. es folgt die 
οἱ νῦν Κίλικες, ap οὗ xci Liste der 72 Völker; 


14. Dieser Einschub ist Iose- 13. KvxAdóec 11. Vgl. das Ver- 
phus, ant. lud. I 6 entnommen. vgl.Hippol.c.88. zeichnis der 72 VBdl- 


Ebendaher stammt, was in der ker bei Hippol. c. 200, 
ἐχλογὴ ἱστοριῶν, Cram. an. Paris. chron. pasch. p. 56, 15, 
11 170 steht. Iosepos, oz ouv. βιβλίον 


c. 24; Migne, pa- 
trol. ser. Graec. vol. 106 p. 32. Die Listen des P’seudo-Pollux und losepos 
(vgl. v. Gutschmid 685) gehen im letzten Ende auf Hippolytos zurück. 
Die Zahlen der φυλαί. 48 + 40 + 57 — 145 bei Pseudo-Pollux beweisen, 
daß seiner Rechnung ein vollständiger Diamerismos zugrunde liegt. Bei 
Hippolytos c. 80, 132, 190 ergeben die drei Völkerverzeichnisse 47 + 32 
Ἤ 17 — 96 gvàal; rechnet man ferner von den bei Hippolytos c. 204 ff 
aufgezählten ἀποιχίαι die 44 Insel- und Städtenamen ab, so bleiben 20 
Völkernamen; 96 + 50 — 146 ergibt also fast genau die bei Pseudo- 
Pollux hier überlieferte Zahl. 


Georgios Monachos 
ed. de Boor p. 57, 1ff. 


204 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 
Anonymus. 
Malalas ed. Bonn. p. 16, 1ff. 
fehlt. fehlt. 


14. τούτων οὖν τῶν κληροδοτηϑέν- 
των 0 τοῦ Χὰμ υἱὸς Χαναὰν ἰδὼν τὴν 
πρὸς τῷ Λιβάνῳ γῆν og ἀγαϑή τε καὶ 
εὔφορος καὶ κατὰ πολὺ τῆς ἑαυτοῦ δι- 
αλλάττουσα γῆς, τυραννιχῶς καϑήρ- 
πασεν αὐτὴν xol τοὺς ix τοῦ Σὴμ κλή- 
ρους ἐξήλασε καὶ οὕτω πᾶσα ἡ γῆ τῆς 
ἐπαγγελίας τοῦ Χαναὰν προσηγόρευται. 
κἀντεῦϑεν τοίνυν ὁ δίχαιος κριτὴς μετὰ 
ταῦτα τοῖς ἐχ τοῦ Σὴμ υἱοῖς ᾿Ισραὴλ 
ἀπέδωχεν αὐτὴν διὰ Ἰησοῦ τοῦ Ναυῆ, 
χαϑὼς καὶ τῷ ᾿Αβραὰμ προεπηγγείλατο. 


14. τ. o. οὕτω κλη- 
ρωϑέντων xtA. 
Anon. 14; Var. ὅτι 
ἀγαϑή τέ ἐστι xal ev- 
φόρος -- 
κληρονόμους --- 


— 
—— 


προσηγορεύετο. 


προεπηγγείλατο. ól- 
καιος γὰρ ὁ κύριος 
xal δικαιοσύνας ἠγά- 
πῆσεν. 


Nachwirkung der Chronik. 


Symeon Logothetes. 


Leo Gramm. ed. Bonn. y. 17 ff; 
Cramer an. Par. II 252, 14 ff. 


Ταρσὸς ἡ παρὰ Κίλιξι πό- 
λις ἀξιολογωτάτη. 


15. γενομένης δὲ τῆς δη- 
λωϑείσης διανεμήσεως, ὁ 
μὲν Σὴμ, ἔνϑα καὶ ὁ πατὴρ 
αὐτοῦ κατοιχισϑεὶς, τὴν τῆς 
κληρονομίας αὐτοῦ μοῖραν 
εἰς τοὺς παῖδας κατατέμνει 
τοὺς ἑαυτοῦ. 

16. ὁ δὲ (rov) Χὰμ υἱὸς Χα- 
ναὰν xt4. — Anon. 14; Var.: 
ὅτι ἀγαϑή τέ ἐστι xol εὑ- 
φορος -- 


διαλλάττουσα, αὐτόϑι xa- 
Taoxnvol, τῶν τοῦ Σὴμ 
ἐχγόνων ταύτην ἀποτεμό- 
μενος τὴν μοῖραν, καίτοι 
τοῦ πατρὸς αὑτὸν καὶ τῶν 
ἀδελφῶν χωλυόντων xal 
ὑπόμνησιν παρεχομένων, 
ov ὁ πατὴρ Νῶε τοῖς πα- 
ραβαίνουσι αὐτοῦ τὴν xol- 
σιν ἐπηράσατο. ἐντεῦϑεν 
πᾶσα ἡ ym ἐχείνη Χανα- 
vola προσηγορεύϑη. 


nn — ..-.------ -...- ....... o —— «- -------ο. ----.-..-..-. 


16. προσηγορεύετο am Rande. 


Theodosios 


ed. Tafel p. 208. 


15. — Sym. 15 

— Sym.16; 
Var: ἀγαϑή 
ἐστι --- 


ἐχγόνων ἀπο- 
τεμόμενος — 
χκαίγε --- αὐ- 
τῶν καὶ ἀδελ- 
φῶν -- 


προσηγορεύ- 
ετο. 


205 


Pseudo-Pollux 
ed. Hardt p. Sf. 


ὁμοῦ ἔϑνη of. yc- 
γόνασι δὲ ἐξ av- 
τῶν φυλαὶ ρομε, 
ἀπὸ τῶν xr τοῦ 
Σὴμ μῆ, ἀπὸ τῶν 
AB τοῦ Χὰμ φυλαὶ 
u, ἀπὸ τῶν té 


τοῦ Ἰάφεϑ' φυλαὶ 


vL. 
12. ὁ δὲ Σὴμ ἔνϑα 
χτλ. — Sym. 15 


13. ἐπεὶ οὖν οἱ τοῦ 
Χὰμ, μὴ φοβηϑέν- 
τες τὸν ὄρχον χαὶ 
τὴν ἀρὰν τοῦ Νῶε, 
τὴν δοϑείσαν τοῖς 
τρισὶν αὐτοῦ υἱοῖς, 
τοῦ μὴ ἐπιβαίνειν 
ἕνα παρ᾽ αὐτοῖς 
τοῖς ὅροις τοῦ ἀ- 
δελφοῦ. ἐπέβησαν 
χρόνοις ὕστερον 
τοῖς ὅροις τοῦ Σὴμ 
xal κατοιχίσϑησαν 
οἱ Χαναναῖοι καὶ 
τὰ λοιπὰ ὅμοια 
αὐτῶν ἔϑνη. ὁ δὲ 
Σὴμ προπάτωρ i 
τοῦ ᾿Αβραὰμ, ἐξ o 








206 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Anonymus. Georgios Monachos 
Malalas ed. Bonn. p. 16, 9 ff. ed. de Boor p. 57, 11 ff. 
fehlt. fehlt. 


15. Ῥαγαῦ δὲ γενόμενος ἐτῶν ρλβ 15. —= Anon. 15 
ἐγέννησε τὸν Σερούχ κτλ. 





Nachwirkung der Chronik. 


Symeon Logothetes. 


Leo Gramm. ed. Bonn. p. 18 ff; 
Cramer an. Par. II 252, 23 ff. 


17. τῶν τριῶν τοίνυν 
υἱῶν τοῦ Νῶε τριχῆ, καϑ- 
ὡς εἴρηται, τὸν χόσμον 
διανειμαμένων, ἀναγχαῖόν 
ἐστι λοιπὸν ἀναδραμεῖν ἐπὶ 
τὸ προχείμενον" καταλή- 
ξαντες δὲ ἐπὶ τὴν ἐκ Φα- 

€ - ’ 3 
Aix τοῦ Ραγαῦ γένεσιν, ἀρ- 
» Κ΄ , » ») ) - 
ξώμεϑα παλιν ἀπ cvtov. 

13. — Anon. 15 


17. Vgl. die ähnlichen Über- 


gangsformeln bei Hippol. c. 19, 224, 236; Barb. 210. 


Theodosios 
ed. Tafel p. 20ff. 


17. t. t. τ. toU 
Νῶε υἱῶν τρι- 
ınxT1.=Sym. 
17, Var.:deaveı- 
μαμένων καὶ 
τῶν ἑχάστου 
μερῶν δεδη- 
λωμένων. av- 
ayxalov xTA. 


18.— Anon.15 


207 


P’seudo-Pollux 
ed. Hardt p. ‘Sf. 
ὁ Ἰσραήλ. τούτου 
χάριν μετὰ υλ ἐ- 
τῶν τῆς παροικίας 
κατὰ τὸν ῥηϑέντα 


3 € ^ 
βραὰμ ὑπὸ τοῦ 


ϑεοῦ ἐξήγαγε τοὺς 
ἐξ Ἰσραὴλ ἐξ Al- 
γύπτου καὶ ἀπέ- 
δωχε αὑτοῖς τὰ 
ἴδια. τὴν γῆν τῆς 
ἐπαγγελίας, ἐξολο- 
ϑρεύσας τὰ ἐκ τοῦ 
Χὰμ κατοιχισϑέν- 
ta ἐκεῖσε ἔϑνη δί- 
xatoc καὶ ἐν τού- 
τῳ δειχϑεὶς ὁ ϑεός. 


11. τῶν τριῶν τοί- 
νυν τοῦ Νῶε υἱῶν 
xtÀ.--Sym.17; Var. 
διανειμαμένων.χα- 
ταλήξαντες δὲ ἐπὶ 
τὴν ἐκ τοῦ Ἔβερ 
tov Φαλὲχ γένε- 
σιν xtA. 


15. Φαλὲκχ γενόμε- 
pog 9A ἐτῶν γεν» ζ 
τὸν Ῥαγαῦ. τῷ χϑ 
ἔτει τοῦ Φαλὲχ 
ἦρξεν πρῶτον ἣ 
βασιλεία Χαλδαίων 
Βαβυλῶνος κτλ. 


208 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Diese fünf Autoren sondern sich deutlich in zwei unterein- 
ander näher verwandte Gruppen: Georgios Monachos und der 
Anonymus auf der einen, Symeon Logothetes, Theodosios und 
Pseudopollux auf der anderen Seite. Dafür ist die nächstliegende 
Erklärung in der Annahme gegeben, daß der Anonymus aus 
Georgios Monachos, Theodosios und Pseudo-Pollux aus Symeon 
Logothetes schöpften. Die Verwandtschaft beider Gruppen mit- 
einander kann entweder darauf zurückgehen, daß Symeon aus 
einem vollständigeren Georgios schöpfte, oder es können auch 
beide aus einer ausführlicheren älteren Quelle ihre Auswahl selbst- 
ständig getroffen haben. Da aber die Besonderheiten in jeder 
der Gruppen an und für sich auch auf Zutaten von Redactoren 
und Abschreibern ! zurückgehen können, so läßt sich eine sichere 
Entscheidung an diesem Stück allein nicht treffen. Auf diese 
feinere Unterscheidung kommt es übrigens hier nicht an; das 
Wesentliche ist deutlich erkennbar: die Verwandtschaft aller dieser 
Autoren ist so groß, daß sie im letzten Ende auf eine gemein- 
same kürzende Zwischenquelle zurückgehen müssen. Die Vorlage, 
von der die fünf Autoren abhängen, benutzte ferner die Chronik 
des Hippolytos; sie verband einige von dessen Listen mit der 
Erzählung vom Testament Noes und fügte aus Epiphanios einiges 
hinzu; in einem Zweige finden sich auch Anleihen bei Josephus. 
Der Diamerismos, den Hippolytos in seiner Chronik, später der 
Osterchronist und in bescheidenerem Umfang noch der Synkellos 
gegeben hatten, war für die späteren Byzantiner zu umfangreich, 
denn ihre Chroniken nahmen durch die stets ausführlichere Be- 


1) Solche finden sich, wie es scheint, auch hier vor. Nach einer 
Reihe ganz gleichlautender Capitel bei Symeon, Theodosios und Pseudo- 
Pollux gabelt sich die Überlieferung innerhalb dieser Gruppe: Symeon 
und Theodosios schieben c. 14 eine Stelle aus Josephus ein, anstatt deren 
Pseudo-Pollux ein etwas zurechtgemachtes Verzeichnis der 72 Völker gibt, 
das in keiner der 4 anderen Fassungen vorkommt, im letzten Ende aber 
ebenfalls auf die Quelle aller 5 Versionen, die Chronik des Hippolytos, zu- 
rückgeht. A. v. Gutschmid ist der Ansicht — ich gebrauche bei deren 
Wiedergabe die richtigen Benennungen der Autoren, füge aber in der 
Klammer v. Gutschmids Benennungen bei —, daß der Anonymus 
(Hamartolos), Symeon (éxAoya! = L) und Pseudo-Pollux (Pollux) aus einer 
gemeinsamen Quelle schöpften, 'l'heodosios dagegen direct von Symeon. 
(£xAoyai = 1) abhängt. Beweisen läßt sich diese teilweise durch irrige 
Ansichten über die Verfasser dieser Compilationen bewirkte Ansicht nicht 


Nachwirkung der Chronik. 209 


handlung der Geschichte ihrer eigenen Zeit an Umfang immer 
mehr zu. Daher verfiel im 8. oder zu Anfang des 9. Jahrhun- 
derts ein vorläufig unbekannter Autor auf den Gedanken, den 
Anfang der Weltchronik gründlich zu kürzen: er beschränkte den 
Diamerismos auf eine kurze Angabe der Grenzen der drei Lose 
und je ein Länderverzeichnis, dem bei Cham und lapheth noch 
je ein Inselkatalog und die Namen der Flüsse beigefügt waren. 
Diese mit der Erzählung vom Testament Noes verbundene kurze 
Fassung fand, wie ihre häufige Benutzung zeigt, Beifall. 


f) Die Antiochener (Eustathios, Johannes), der Syn- 
kellos p. 82, 10ff, der Parisinus 1712 und Kedrenos. 


In der alexandrinischen Weltchronik ist die Benutzung des 
Hippolytos erst zu Anfang des 5. Jahrhunderts nachweisbar, in 
Antiochien begegnen uns dagegen dessen Spuren schon um rund 
ein Jahrhundert früher. Der älteste Zeuge dafür ist der leiden- 
schaftliche Nicäner Eustathios, seit den dreißiger Jahren des 
4. Jahrhunderts Bischof von Antiochien, in dem ihm zugeschrie- 
benen Commentar zum Hexaemeron, der nach der Ausgabe von 
Leo Allatius Lugdun. 1620 bei Migne, patrol. ser. graec. vol. 18, 
S. 707 ff, abgedruckt ist. Als Quellen nennt Eustathios Clemens 
von Alexandrien, Africanus, Tatian, Josephus und Justus von Ti- 
berias. Aus den einleitenden Capiteln ist sehr anschaulich zu 
lernen, daß in der jüdisch-hellenistischen und christlichen Exe- 
gese, wie für den Diamerismos die antike Geographie und Eth- 
nographie, so für die Darstellung der Weltschöpfung die antike 
Naturgeschichte herangezogen wurde. 

Der Diamerismos bei Eustathios beginnt p. 753 Migne. Die 
Quelle ist anfangs Josephus, ant. Iud. I 6. Eustathios folgt ihr 
größtenteils wörtlich, kürzt nur hier und da oder ändert die 
Reihenfolge ein wenig. Wiederholt läßt sich der Josephustext 
zur Verbesserung des schlecht überlieferten seines Ausschreibers 
verwerten!. Mit p. 755 setzen dagegen Angaben ein, die einer 
anderen Quelle entnommen sind. Mit den Namen der von den 


1) Beim Ausschreiben des Josephus unterlief Eustathios gleich anfangs 
ein Versehen, indem er die Angabe des Josephus über die Grenzen des 
Japhethloses fälschlich auf die Grenzen aller drei Lose bezog. 

Tezte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 14 





210 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


sieben letzten Chanaansöhnen stammenden Völker werden geo- 
graphische Bemerkungen verbunden, die allerdings in der Art 
der bei Josephus vorkommenden gehalten sind, diesem aber nicht 
nur nicht entnommen sind, sondern in directem Widerspruch zu 
ihm stehen, weil Josephus ausdrücklich bemerkt, daß von den 
7 Söhnen Chanaans πλὴν τῶν ὀνομάτων ἐν ταῖς ἱεραῖς βίβλοις 
οὐδὲν ἔχομεν" Ἑβραῖοι γὰρ αὐτῶν ἀνέστησαν τὰς πόλεις, ἐκ τοι- 
avtgc αἰτίας ἐν συμφορᾷ γενομένας. Diese Bemerkungen des 
Eustathios entstammen aber auch nicht aus Hippolytos, der 
c. 118ff von diesen Chanaansöhnen teils überhaupt keine, teils 
andere Völker ableitet und keinerlei geographische Nachrichten 
gibt. Eustathios benutzte vielmehr einen Schriftsteller, der, sei 
es in einem Diamerismos, sei es bei anderem Anlaß, reichlicheres 
auf palüstinensische Geographie bezügliches Material bot! als 
Josephus und Hippolytos. Das Quellenverzeichnis würde gestatten 
an Justus von Tiberias zu denken, aber auch Africanus hatte 
Interesse für die im Alten Testament genannten Örtlichkeiten 
(Gelzer, Sext. Iul. Afr. I. 10). 

Das bei Eustathios p. 757 folgende Verzeichnis der Semsóhne 
und der von ihnen stammenden Völker stimmt ebenfalls noch 
teilweise mit Josephus überein. Es beginnt wie dieser: πέντε 
xal Σὴμ παῖδες ἐγένοντο; dann aber werden in Wirklichkeit, da 
nach Lud und den Lydern noch Καϊνὰν, ap’ ov Kavaraı einge- 
fügt ist, nicht 5 sondern 6 Sóhne Sems genannt. Dieser Zusatz 
stammt wieder nicht aus Hippolytos, sondern Kainan, der an 
dieser Stelle in gar keiner anderen Fassung des Diamerismos er- 
scheint, wurde aus der Septuaginta 10. 22 eingefügt (v. Gut- 
schmid 647). Der Zusatz rührt schwerlich von Eustathios, son- 
dern erst von einem späteren Leser her, der auch von diesem : 
Kainan die Kavaraı (nach v. Gutschmid die Bewohner der 
Handelsstadt dieses Namens am Tigris) ableitete. 

Dagegen beginnen bei den Söhnen Arams vereinzelte An- 
leihen des Eustathios, die entweder direct auf die Chronik des 
Hippolytos oder auf eine ältere alexandrinische Bearbeitung 
zurückgehen können. Von Οὐξ (Οὖσος Joseph., 9c Hippol.) 


1) Aus derselben Quelle stammt bei Eustathios p. 757 auch der bei 
Josephus fehlende Zusatz zu den Semsóhnen: χατέσχον δὲ οὗτοι ἀπὸ 
Μεσοποταμίας ἕως τῶν ὀρέων Ἀραρὰτ, & ἐστιν πρὸς τὴν Ἀρμενίαν. 


Nachwirkung der Chronik. 211 


werden, noch in Übereinstimmung mit Josephus, die Bewohner 
von Damaskos und der Trachonitis abgeleitet, dem Οὐλ aber 
weist Josephus die Armenier, dem Γαϑέρ die Baktrianer, Eusta- 
thios dagegen jenem die Aalovels, diesem die Σταφηνοί zu. Diese 
Angaben sind deshalb schwerlich direct aus Hippolytos c. 167 ent- 
nommen, da dieser QGxatovA als einen Namen faßt, von dem er 
nach dem griechischen. Text die Kolchier, nach den lateinischen 
Übersetzern die Lyder ableitet; die bei Hippolytos von Gather 
abgeleiteten /aopnvol sind hingegen mit den Σταφηνοί des 
Eustathios identisch. Die Trennung von Ὡς und Ov4 findet 
sich aber, wie wir sahen, bei den Alexandrinern, denen der Oster- 
chronist und der Synkellos folgten. Der erste hat p. 54, 10 "2c, 
ἐξ οὗ Madıvaloı, OvA, ἐξ οὗ Λυδοὶ, Γαϑὲρ, ἐξ οὗ Γασφηνοί. beim 
Osterchronisten stammen aber die Madıvaloı aus der Liste der 
72 Völker, sie beweisen also für die Vorlage der Osterchronik 
nichts (v. Gutschmid 256). Der Synkellos hat p. 85,10 ὥς, 
ἀφ᾽ ov Τράχωνες, OvA, ἀφ᾽ ov Mayapdol, Γαϑὲρ, ἀφ᾽ ov 
Ἀρμένιοι". An dieser Stelle bei Eustathios ist also der Anschluß 
an Hippolytos, wenn ein solcher überhaupt vorliegt, zwar noch 
keineswegs enge, immerhin aber eine teilweise Anlehnung an 
dessen alexandrinische Bearbeiter (vor Panodoros-Annianos) móg- 
licherweise schon vorhanden. 

Auch die nächste Angabe des Eustathios, daß von Meooy 
die Maoonvıoı abstammen, ergibt keinen bestimmten Anhalt, da 
sie sowohl mit Josephus als mit Hippolytos und dessen alexan- 
drinischen Bearbeitern im chronicon paschale und beim Synkel- 
los übereinstimmt; die Namen werden nur verschieden geschrieben. 
Von Kainan, dem Sohne Arphaxads, leitet Hippolytos c. 170 die 
«östlichen» Samiten (Barb. Samaritae) ab, was wahrscheinlich für 
Σαρμάται verschrieben ist; hier bietet die Osterchronik das rich- 
tige Σαρμάται (dieser Name stammt nämlich nicht aus der 
72 Völkerliste), der Synkellos dagegen nennt infolge einer Ver- 
schiebung der Namen hier die Γασφηνοί (vgl. oben); beiJosephus ist 
dieser Kainan überhaupt übergangen. Anstatt dessen steht bei Eu- 
stathios: Kalvav, ap ov Xoyyodtavol: ἀπὸ τούτου δὲ xal ἡ ἀστρο- 
voula xci οἰωνισμοὶ ἐπενοήϑησαν. Diese Notiz findet sich nun 





1) Im liber genealogus, oben S. 87, 88 werden von Ul die Armenii, 
von Gatera die Casfeni abgeleitet. 
14* 


^". «f 


912 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


wörtlich gleichlautend bei Johannes von Antiochien (Parisin. 1630, 
C. Müller, frag. hist. Graec. 2, 16 IV, 541; Parisin. suppl. 682, 
Istrin p. 10, vgl. unten); sie ist daher von Eustathios aus Jo- 
hannes oder einem anderen Antiochener entlehnt!. Der Name Zoy- 
rodıavol ist überdies, wie v. Gutschmid bemerkt, die correcte 
Wiedergabe des persischen Cuguda. Die antiochenische Bearbei- 
tung des Diamerismos, aus der Eustathios hier schöpfte, beruhte 
also auf demselben Material, das auch Hippolytos benutzte, ging 
aber übrigens ihre eigenen Wege. Sie ist somit neben Josephus 
als zweite Quelle des Eustathios festgestellt; wahrscheinlich ge- 
hören ihr auch die nicht aus Josephus stammenden geographi- 
schen Bemerkungen bei Eustathios an, von denen oben (S. 210) 
die Rede war. 

Von Sala, dem Sohne Kainans, leiten Hippolytos und die 
Osterchronik die Σαλαϑιαῖοι ab, beim Synkellos steht Σασᾶν, 
ap ov Koocaloı, Josephus nennt nur dessen Namen; Eustathios 
dagegen macht die Σουσιανοί zu dessen Nachkommen. Auch 
diese Besonderheit dürfte somit aus der antiochenischen Quelle 
stammen. Ebenso scheint Eustathios ihr folgend von daAéx die 
᾿Αδιαβηνοί, von "Iexvav die 'Eógauator herzuleiten, während Hip- 
polytos c. 174 von Phalek das Geschlecht Abrahams, von Jektan 
aber überhaupt kein Volk abstammen läßt. Bezüglich Phaleks 


Stimmt die Osterchronik mit Hippolytos, von Jektan dagegen 


leitet sie die Äthiopen ab, was jedoch nicht in Betracht kommt, 
da der Name aus der 72 Völkerliste eingefügt ist. Beim Synkellos 
sind die Namen wiederum verstellt, daher bei ihm mit Phalek (statt 
Σαλεφὶὴ die Baktrer, mit Jektan die Madıvaloı verbunden sind. 
Von Eber werden aus naheliegendem Grunde übereinstimmend 
in allen Fassungen des Diamerismos und daher auch bei Eusta- 
thios die Hebräer abgeleitet. Eustathios bietet jedoch hier aber- 


1) Dieselbe Nachricht über Kainan steht auch bei Barhebraeus p. 7: 
rumor est, eum invenisse astrologiam. Eine ähnliche Angabe aus ver- 
wandter Quelle findet sich auch beim Osterchronisten, jedoch nicht in 
dessen Diamerismos sondern später p. 04, 10 ἐν roig χρόνοις τῆς mvoyo- 
ποιίας ἐκ τοῦ γένους Ἀρφαξὰδ ἀνήρ τις Ἰνδὸς ἀνεφάνη σοφὸς ἀστρονό- 
μος, ὀνόματι Ἀνδουβάριος, ὃς καὶ συνεγράψατο πρῶτος Ἰνδοῖς ἀστρονομίαν 
(was bei Gleye Byz. Ztschr. VIIl 507 nicht erwähnt ist) Endlich wies 
A. v. Gutschinid 648 darauf hin, daß Kainan auch nach dem Buch der 
Jubiläen sich mit Astronomie (nicht Epigraphik, wie v. G. sagt) befaßte. 


Nachwirkung der Chronik. 213 


mals eine zuerst bei ihm nachweisbare, gleichfalls der antioche- 
nischen Bearbeitung des Diamerismos entnommene Notiz, wonach 
die Hebräer allein ihre Sprache bewahrt hätten, weil sich Eber 
nicht am Turmbau beteiligte !. 


Auf diesen Abschnitt folgt bei Eustathios eine chronologische 
Auseinandersetzung, die aus Africanus entnommen ist. Er han- 
delt hierauf p. 760 von den bei Josephus ebenfalls ganz über- 
gangenen Sóhnen Jektans und den von ihnen stammenden Vól- 
kern. Hier ist nun, wie die folgende Zusammenstellung der 
Namen lehrt, die Übereinstimmung mit den alexandrinischen Be- 
arbeitungen des hippolytischen Diamerismos schlagend. 


Hippolytos Barbarus — Chron. pasch. Synkellos Eustathios 
c. 176 ff c. 150 ff p. 54, 20 δ΄ p. 85, 19 ff p. 760 
’Jextav δὲ ὁ Ectam au- Ἰεχτάν - Al- — — 
ἀδελφὸς tem genuit ϑίοπες 


dax ἐγέν- — — — 
νῆσε τὸν 
᾿Ελμωδὰδ- Ermodad- Eiumdad- ᾿Ελμωδὰδ- Σαλμωδὰό- 
Ἰνδοί Indii Ἰνδοί Ἰνδοί Ἰνδοί 
-- — -- Iextav- Mo- -- 
διναῖοι 
Σαλὲφ- Saleph- Σαλὲφ- -- Σάλεφ- 
βαχτρια- DBactriani ββαχτρια- Baxrooı 
vol vol 
’Apau-Aoa- Aram-Ara-  Xaguo0- ᾿Αἀραβὼϑ- ᾿Ασαρμὼϑ- 
βες bii Aoaßes Ἄραβες "Ἄραβες 
-- -- Ἰαρὰχ- Kau- — Ἰαρὰχ- Kao- 
ztALOL uavol 


1) Sie findet sich auch bei Mar-Michael (Jerusalemer Ausgabe 
Ν, 13, Langlois p. 32 vgl. unten) und bei Barhebraeus yp. 9, bei diesem 
in folgender Fassung: 3. Jacobus et Johannes Medinensis putant, linguam 
hebraicam esse primaevam, quae apud Eberum conservata est, qui iustus 
erat, neque in aedificationem turris consentiebat. Beziehungen zur antio- 
chenischen Chronik sind auch bei Mar-Michael von Antiochien nach- 
weisbar (vgl. unten); «national syrisch:, wie Gelzer Sext. Iul. Afr. II 443 
meint, ist also dieses Stück keineswegs, sondern es gehört der griechischen 
Bearbeitung des Diamerismos an. 


214 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Hippolytos ^ Barbarus Chron. pasch. — Synkellos Fustathios 


e. 1798 c. 153 p.50, 4f — p. 86,88 p. 760 
"Ióovoàu- ^ lduram- et Odoppa- Ἰδουρὰμ- Ὀδορρὰ- 
Καρμήλιοι Milii ’Apgravoi Καμήλιοι Μάρδοι 
— — — Δερὰ- Μῆ- — 
dor 
Al9NA-4- Ethil-Arri- AlLHA-Yo- "Ietıa-Agı- Ἰεζεὶλ-᾿4ρ: 
ρειανοί anii xavol avdvol ριανοί 
᾿Αβιμεὴλ- — Abimeil Δέκλα-Κε- δΔεκλὰμ- Κε- Δεκλὰ- Κε- 
Yoxavıoı Yreanü δρούσιοι δρούσιει δρούσιοι 
Δεχλὰμ- Κε- Declam-Ce- ᾿Αβιμεὴλ- _ _ 
δρούσιοι drysii Zxvdaı 
I*&à-Xwi- Gebal-Scy- — Γεβήλ- Σχύ. Pifài-Xe- 
ϑες thii ϑαι ϑαι 


- - - ᾿Αβιμεὴλ- ᾿Αβιμεὴλ- 
Ὑρχανοί Ὑρχανοί 

Σαβὰτ-.1- Sabal-Ada- Σαβαῦ-4- Zaßar-A- Σαβεῦ-4- 
λαμοσινοί ^ mosynii θαβες ἐσώ-  QaBsg Jw- gaßes εὐ 


τεροι δῶν δαίμονες 
Ἰουὴρ- Ἐρ- Huir-Arme- Ovgpelo-Ag- Οὐὴρ-Οὐαρ- Odgle-Ae- 
μαῖοι nii μένιοι ναῖοι μένιοι 


Eöeal-I’vu- Eugee-Nu-  p.54,7 Εὐη- Εὐὴν-Γυμ- Εὐιλὰτ- 
γνοσοφισ- disapien- λὰ-Γυμνο- νοσοφισ- Τυμνοσο- 
ταί. tes. σοφισταί. ταί. φισταί. 


Da in diesem Abschnitt der Osterchronik, soweit er hier 
ausgeschrieben ist, keine Anleihen bei der Liste der 72 Völker 
gemacht wurden (die daraus stammenden mit oí καὶ angefügten 
Namen sind weggelassen), so gewähren deren Angaben von der 
alexandrinischen Vorlage eine zutreffende Vorstellung. Vergleicht 
man nun diese Listen miteinander, so bemerkt man einerseits 
fast in jeder einzelne unwesentliche Verschiebungen und Be 
leiten, andererseits aber auch so erhebliche Übereinstim- 
j daß alle im letzten Ende auf Hippolytos zurückgeführt 
müssen. Die des Eustathios steht aber in ihren Beson- 
den drei aus alexandrinischer Quelle stammenden Fas- 
(Barberus, Osterchronik und Synkellos) so viel näher als 








Nachwirkung der Chronik. 215 


dem Originaltext des Hippolytos, daß sie einer älteren alexandri- 
nischen Bearbeitung von dessen Chronik entnommen sein muß. 


Eustathios erweist sich also in seinem Diamerismos als ein 
verhältnismäßig selbständiger Autor, der neben Josephus, einer 
antiochenischen Bearbeitung des Diamerismos und Africanus für 
seine Liste der Söhne Jektans noch eine ältere alexandrinische 
Chronik heranzog, der er schon im Vorhergehenden anscheinend 
die eine und andere Einzelheit entnommen hatte. 


Aus dem Diamerismos des Johannes ist nur ein einziges 
Fragment überliefert, das von den neueren Forschern bald dem 
Johannes Malalas, bald dem Johannes von Antiochien zuge- 
schrieben wird, das aber zweifellos antiochenischen Ursprungs 
ist!. Es ist in zwei Pariser Handschriften No. 1630 und Parisin. 
suppl. No. 682 erhalten, und aus der ersten lückenhaften von 
C. Müller, fragm. hist. Graec. IV, p. 541 als Fragment 2, 17 des 
Jobannes Antiochenus, aus der zweiten vollständigeren zuerst teil- 
weise von A. Wirth, Chronographische Späne, Frankfurt 1894, 
dann vollständig von V.Istrin als Fragment aus dem ersten 
Buch des Johannes Malalas abgedruckt (Das erste Buch der 
Chronik des Johannes Malalas, Zapiski (Mémoires) der kaiserl. 
russ. Ákad. d. Wissensch. VIII Serie, hist.-philol. Classe Bd. I 
(1897) No. 3, p. 11 ff; vgl. Gleye, Byz.Ztschr. VIII, 506 ff). Um die 
Herstellung des Textes in dem Müllerschen Abdruck bemühte 
sich A. v. Gutschmid 627 erfolgreich, wenn er auch naturgemäß 
nicht überall das Richtige traf. v. Gutschmid bemerkte ferner 
zuerst, daß von allen erhaltenen Fassungen des Diamerismos mit 
diesem Texte des Johannes einzig und allein der p. 82, 10 ff begin- 


— nn — — — 


1) Zu der Streitfrage Malalas— Johannes Antiochenus nehme ich ab- 
sichtlich nicht Stellung. Nach Patzigs Ansicht sind die bei Müller, fragm. 
hist. Graec. IV, 538ff abgedruckten, dem fragm. 6,14 vorhergehenden Bruch- 
stücke aus dem Parisin. 1630 im Ganzen als Reste des Malalas zu be- 
trachten, dessen Werk Johannes Antiochenus nach Patzig ausschrieb. 
Gleye hält dagegen den Johannes Antiochenus für den älteren und für 
den Verfasser eines hóher stehenden Werkes, von dem Malalas nur eine 
vulgäre Bearbeitung veranstaltete. Die byzantinische Zeitschrift enthält 
bis auf Krumbachers Veto (Bd. X 53) sehr zahlreiche Arbeiten über 
diese Streitfrage, von denen ich deshalb absehen darf, weil für meine 
Untersuchung lediglich der antiochenische Ursprung der Johannesfrag- 
mente in Betracht kommt, der von keiner Seite bestritten wird. 


216 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nende Abschnitt des Synkellos verwandt ist, den dieser, aus an- 
derer Quelle als im folgenden schöpfend, vor seinem eigentlichen 
Diamerismos eingefügt hatte. 


Ich stelle die Texte der beiden Parisini, den aus No. 1630 
ohne die Ergänzungen Müllers und v. Gutschmids, den aus 
No. 682 nach Istrins Abdruck mit dem des Synkellos zusammen, 
um ihre nahen Beziehungen ersichtlich zu machen. 


Paris. 682 Paris. 1630 Synk. p. S2, 10ff 
1. λοιπὸν διεμερίς 1. διεμερίσϑησαν 
σϑησαν αἱ φυλαὶ τῶν αἱ φυλαὶ τῶν vi- 
υἱῶν Νῶε, λέγω δὴ ὧν Νῶε 
τοῦ Σὴμ, τοῦ Χάμ, 
τοῦ Ἰάφεϑ' τῶν τρι- 
ὧν ἀδελφῶν. 


2. xai ἔλαβεν ἡ qv- 2. xal ἔλαχεν ἡ l. Σὴμ τῷ πρω- 
AN τοῦ Σὴμ ἀπὸ φυλὴ Σὴμ ἀπὸ τοτόχῳ αὐτοῦ υἱῷ 
Περσίδος χαὶ Bax- Περσίδος xoi . . ἀγοντι ἔτος via ἔδω- 
τρῶν ἕως τῆς Ἰνδι- ἕως .... κεν" ἀπὸ Περσίδος καὶ 
κῆς τὸ μῆκος καὶ τὸ Βάχτρων ἕως lvót- 
πλάτος ἕως Ῥινο- κῆς μῆχος, πλάτος 

, o \ 3 A 2 -- ! 
xovQovQov, 0 ἐστιν δὲ ἀπὸ Ἰνδικῆς ἕως 
ἀπὸ ἀνατολῆς ἕως Ῥινοχουρούρον τῆς 

pe » 4 

μέρους τῆς μεσεμ- Αἰγύπτου, τοι τὰ 
βρίας, xci τὴν Συ- ἀπὸ ἀνατολῆς ἕως 
olav καὶ Mndiav καὶ μέρους τὴς μεσεμ- 
ποταμὸν τὸν χαλού- βρίας, τήν τε Xv 
323 , 32 , 4 , ^ 

μενον kögpartın. βυφρατου olav καὶ Undsav xci 


ποταμὸν διορίζοντα 
2 -- a o9 LI 
αὐτοῦ τὰ ὁρια TOV 


> 

Evpparnv. 
s > - x € - r M 9l - . 
3. 4 ὁὲ τοῦ Χὰμ. ἃ. ἡ δὲ τοῦ Χμ 2. Χὰμ δὲ τῷ jJ 

P - ΄ 1 P] 3 E P 
τοῦ B υἱοῦ Νῶε φυλὴ àx0 .... Qovoov αὐτοῦ υἱῷ ἄγοντι 
” P] 4 [| DOT » a 
ἔλαβεν axo Prvoxo- Eros vxG ἔδωχε τὰ 


2. πλάτος . ἀπὸ "[vóc- 
χῆς) ἕως Ῥιν. Gleye. 


Nachwirkung der Chronik. 


Paris. 682 
ρούρων τῆς Alyua- 
του βλέποντα πρὸς 
νότον ἕως μέρους 
τῆς δύσεως καὶ πᾶ- 
σαν τὴν Διβύην καὶ 
τὸν Νεῖλον ποτα- 
μὸν, τὸν λεγόμενον 
χρυσορύαν καὶ τὴν 
Agoıznv καὶ ἕως τῆς 
“ΜἭαυριτανίας καὶ τῶν 
Ἡραχλεωτιχῶν στη- 
λῶν καὶ τῆς μεγάλης 
ϑαλάσσης τοῦ ᾿Αδρία. 


4. τοῦ δὲ Tapes, 
τοῦ τρίτου υἱοῦ Νῶε 
ἡ φυλὴ ἔλαβεν τὰς 
ἀπὸ Μηδίας ἐπὶ τὴν 
ἄρχτον ἕως Beır- 
τανιχῶν νήσων καὶ 
πάντα τὰ τῆς Πον- 
τικῆς ἕως τοῦ μέ- 
ρους τῆς δύσεως καὶ 
τὸν Δανούβιν καὶ 
τὸν Alav τοὺς πο- 
ταμοὺς x«i τὰ ἐπὶ 
Καυχάσια 097 καὶ ᾿Α- 
βασγούς. καὶ πᾶντα 
τὰ ἔϑνη ἐχεῖνα ἀρ- 
ξάμενος ἀπὸ τοῦ 
Τίγρε ποταμοῦ διε- 
χωρίζοντο Mndlav 
xci Βαβυλωνίαν καὶ 
ἕως τῆς Ποντιχῆς 
ϑαλάσσης τὰ πρὸς 





3. τοῦ Adola Glossem. 


Paris. 1630 
τῆς Alyoxtov.... 


ἕως μέρους τῆς 
δύσεως χαὶ πᾶσαν 
τὴν Λιβύην... τὸν 
Νεῖλον τὸν λεγό- 
μενον χρυσορρύαν 


ἕως AMavpıravlas 
καὶ τῶν HoaxAto- 
τιχῶν στηλῶν καὶ 
τῆς μεγάλης ϑα- 
λάσσης τῆς ᾿“- 
dolav . . 


4. ἡ δὲ τοῦ la- 
DER .... 


ἀπὸ Μηδίας τὴν 

ἐπὶ τὸν ἄρχτον 

ἕως Βριττανιχῶν 

4 

νήσων πάντα τὰ 
- , c 

τοῦ Hlovzov £ .... 


4 , 
τὸν Acavovßıv .. 
, 
τὸν Ταναιν τοὺς 
4 
ποταμοὺς .. τὴν 
2 , » 
ἐπὶ Kavxaota og 
2 , 
xai Aßaoyovs ... 


ἀπὸ Τίγριδος... 


καὶ ἕως τῆς Πον- 
τικῆς ϑαλάσσης τὰ 





211 


Synk. p. 82, 10 ff 
πρὸς νότον καὶ λίβα 
καὶ μέρος τῆς δύ- 
σεως ἀπὸ Ῥινοκου- 
ρούρων τῆς 4ἰγύπ- 
του, Aldıorlav καὶ 
Αἴγυπτον xai Aı- 
βύην, ᾿Δφρικὴν κεὼ 
Mavpırariav ἕως 
“Ηραχλείων στηλῶν, 
ἤτοι ἕως τοῦ ὅδυτι- 
χοῦ καὶ Λιβυχοῦ ώ- 
χεανοῦ, ποταμὸν δι- 
ορίζοντα τὸν Ner- 
λον, ὃς καὶ Γειὼν xai 
χρυσορρόας λέγεται. 

3. Ἰάφεϑ δὲ τῷ 
τρίτῳ υἱῷ αὐτοῦ 
ἄγοντι ἔτος ὕχε ἀπὸ 
Μηδείας τὰ πρὸς 
ἄρχτον καὶ δυσμὰς 
ἕως Γαδείρων καὶ 
Βρεττανιχῶν νήσων. 
᾿ἡρμενίαν καὶ Ἰβη- 
ρίαν, Πόντον, Κόλ- 
χους καὶ τὰς κάτο- 
ziv χώρας καὶ νή- 
σους ἕως ἾἘταλίας 
καὶ Tallıns Σ'πα- 
νιχῆς τε χαὶ Ἀελτι- 
βηρίας χαὶ Avoıra- 
νῶν. 


218 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Paris. 682 Paris, 1630 Synk. p. 82, 10 
τὴν Ῥόδον xci Kv- ano τὸν Ῥόδον 
προν καὶ τὸν ᾿ἅττά- xoi Κύπρον καὶ 
λησιν. τὴν Α 
9. διεμερίσϑησαν δὲ 5. διεμερίσϑησαν 4. οὕτω μερίσας 
αἱ τρεῖς φυλαὶ εἰς δὲ αἱ φυλαὶ καὶ καὶ ἐγγράφως δια- 


τὴν γῆν ἔϑνη o, ἔμειναν ἔϑνη og. ϑέμενος, ὥς φασιν, 


χαϑὼς Εὐσέβιος ὁ ἐπαναγνοὺς τε αὐὖ- 
Παμφύλου 0 σοφό- τοῖς τὴν διαϑήχην 
τατος χρονογράφος αὐτοῦ ἐσφραγίσατο 
ἐξέϑετο ταῦτα. KT. 

Hierauf folgt ein von 


Andubarios, Chus, Ne- 
brod, Kronos und Pi- 
cus handelndes Stück, 
das im Chronikon pa- 
schale p.64, 10ff wórt- 
lich. gleichlautend eben- 
falls an den Diameris- 
mos angefügt erscheint, 
also bei diesem eben- 
falls aus | antiocheni- 
scher Quelle stammt. 


4) τὸν Ἀττάλησιν, viel- 
leicht τὴν Ἰταλίαν zu 
lesen. 


Ein Vergleich dieses eigenartig und kurz gefaßten Diame- 
rismos mit Hippolytos und dessen alexandrinischen Bearbeitungen, 
beim Barbarus, in der Osterchronik und beim Synkellos p. 85, 1 ff, 
ergibt abermals, daß der antiochenische Zweig der Überlieferung 
von allen anderen unabhängig ist. Ebenso zweifellos aber er- 
gibt sich, daß der Synkellos neben dem p. 85, 1 beginnenden 
alexandrinischen auf p. 82, 10 ff diesen antiochenischen Diameris- 
mos benutzte. Denn seine hier in Übereinstimmung mit den 
beiden Parisini gegebenen Grenzbestimmungen der drei Erb- 
teile stehen im Widerspruch zu den p. 85, 1 nach der alexandri- 
nischen Quelle gebotenen Grenzbestimmungen p. 86, 12 ff; 89, 1 ff; 
93, 4 ff. 


Nachwirkung der Chronik. 219 


Wir lernen also durch die beiden Pariser Handschriften ein 
Stück derselben, ihre eigenen Wege gehenden, aber aus gleich- 
artigem Material wie Hippolytos schöpfenden antiochenischen 
Bearbeitung des Diamerismos kennen, von der uns auch bei Eu- 
stathios schon Spuren begegnet sind, und können deren Benutzung 
durch den Synkellos erweisen. 

Die Vermutung A. v. Gutschmids, daß sowohl der Ver- 
fasser des Parisinus 1630 als der Synkellos auf einen verlorenen 
vollständigeren Johannestext zurückgehen, ist durch den Pari- 
sinus suppl. 682 lediglich bestätigt worden. Da aber der Syn- 
kellos noch einiges mehr bietet als der Paris. suppl. 682, so 
ist wahrscheinlich auch dieser Text noch nicht der vollständige 
Johannes. 

Die Angabe des Alters der drei Noachiden zur Zeit des Dia- 
merismos scheint dagegen eine Besonderheit des Synkellos selber 
zu sein, wie schon A. v. Gutschmid vermutete. Überdies ist 
aber beim Synkellos das dem antiochenischen Diamerismos Ent- 
nommene mit der Erzühlung von dem Testament Noes verbun- 
den, wührend in den beiden anderen Fassungen des Johannes 
von dem Testament Noes sich nichts vorfindet. 

Diese selbe Verbindung eines kurzen Diamerismos mit dem 
Testament Noes, die wir soeben beim Synkellos fanden, ist uns 
aber schon einmal bei den 5 von einer kürzenden Zwischenquelle 
abhängigen Chroniken (oben S. 195) begegnet. Allerdings sind die 
Grenzbestimmungen der drei Erbteile bei diesen 5 Chronisten im 
einzelnen wieder etwas verschieden von denen des Synkellos und 
des Antiocheners, allein das für beide charakteristische τὰ ἀπὸ 
ἀνατολῆς bei Sem, τὰ πρὸς νότον bei Cham und τὰ πρὸς agx- 
tor bei Iapheth kehrt doch teils wörtlich, teils wenigstens dem 
Sinne nach auch bei den 5 Autoren wieder. Es besteht also 
augenscheinlich auch ein Zusammenhang zwischen der antioche- 
nischen Chronik und der kürzenden Zwischenquelle und es ergibt 
sich somit, dali wahrscheinlich der vom Synkellos und von der 
kürzenden Zwischenquelle benutzte Antiochener und nicht erst 
der Synkellos die Verbindung mit dem Testament Noes her- 
stellte!. Da ich diese Beziebungen auf dem Stemma Taf. V 

1) Diese Erklärung scheint mir weit wahrscheinlicher, als die An- 
nahme, daß der Synkellos von der kürzenden Zwischenquelle beeinflußt ist. 





220 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nicht ersichtlich machen konnte, so sei das Ergebnis hier sche- 
matisch dargestellt: 


Antiochenischer Diamerismos Die alexandrinische Chronik 
(Johannes) ἫΝ 


VM | — 





Die kürzende Paris. 1630, Chr. pasch. Chr. pasch. Synk. Synk. 
Zwischen- Paris. suppl. 682. p.64, 10ff.— p.46,5ff. p.82, 108. p.85,1ff. 
quelle. 





a) Anon. vor Malalas, 
b) Georgios Monachos, 
c) Symeon Logothetes, 
d) Theodosios Melitenos, 
e) Pseudo-Pollux. 


Der Synkellos folgte also zuerst p. 82, 10ff einer antioche- 
nischen Quelle, mit der er von p. 85, 1 angefangen den Diame- 
rismos einer alexandrischen Chronik verband. Deshalb änderte 
er die in der letzten vorgefundene Reihenfolge der Namen 
(Iapheth, Cham, Sem) und stellte sie der zuerst benutzten 
Quelle entsprechend um (Sem, Cham, lapheth) Als Verbin- 
dung zwischen beiden Stücken fügte er die Betrachtung p. 84, 
6—19 ein, die auch äußerlich durch die Anfangsworte: περὶ ὧν 
ἐν τοῖς ἰδίοις τόποις ... λεχϑήσεται als von ihm selbst verfaßt 
gekennzeichnet ist. 

Der Synkellos bildete dann wiederum die directe Vorlage 
für den Diamerismos im Parisinus 1712, aus dem endlich die 
Chronik des Kedrenos geschöpft ist. 

Die anonyme, im 11. oder 12. Jahrhundert geschriebene, im 
Parisinus 1712 erhaltene Chronik führte Ducange in seinem Va- 
riantenverzeichnis zur Osterchronik (chron. pasch. ed. Bonn. II, 
233 ff) als das Werk des Symeon Logothetes in die Literatur ein; 
A. v. Gutschmid 616 citiert sie deshalb unter diesem falschen 
Namen. Erst Gelzer (Sext. Iul. Afr. II, 280, 357 ff) wies nach, 
daB dieser Text mit Symeon nichts zu tun habe, sondern viel- 
mehr die Quelle darstelle, aus der im Anfang des 12. Jahrhun- 
deris Kedrenos schöpfte (vgl. Praechter, Byz. Ztschr. V, 484ff). 
Ich bezeichne daher diese Chronik als Pseudo-Symeon. 


Nachwirkung der Chronik. 221 


Nach der mir zur Verfügung stehenden Collation H. Gelzers 
gibt der Paris. 1712 folgende Darstellung des Diamerismos. Er 
beginnt mit einem aus Synk. p. 82, 8ff wörtlich entlehnten Stück, 
das auch die Angaben über das Alter der 3 Noachiden zur Zeit 
der Teilung enthält. Von geringfügigen Auslassungen, Varianten 
des Ausdrucks oder auch nur der Schreibung abgesehen, findet 
sich hinter τήν re Συρίαν (Synk. p. 82, 13) ein Zusatz: ἢ xal 
Ἰουδαία λέγεται" Σύρους γὰρ οἱ παλαιοὶ τοὺς Παλαιστιναίους 
ὠνόμαζον. Derselbe Zusatz kehrt auch bei Kedrenos p. 23, 23 
wieder!. Dieses Stück reicht bis Synk. p. 84, 6 πατρῴῳφ ϑεῷ 
λαμπρῶς. Daran wird unmittelbar mit ἐκ τοῦ Σὴμ τοῦ πρώ- 
του viov — Synk. p. 85, 3 der eigentliche Diamerismos angefügt, 
der sich wiederum, von wenigen Varianten der Namen abgesehen, 
mit dessen Darstellung deckt. Zwischen beiden Abschnitten fehlt 
also im Paris. 1712 (und daher auch bei Kedrenos) gerade das 
vom Synkellos selbst herrührende Verbindungsstück p. 84, 6—19 
(vgl oben S. 220). Man kónnte also auf die Vermutung verfallen, 
daß der Paris. 1712 nicht direct aus dem Synkellos schöpfte, 
sondern mit Kedrenos auf eine gemeinsame Quelle zurückgeht. 
Sie muf jedoch deshalb abgelehnt werden, weil sowohl die dem 
Synkellos eigentümliche Angabe des Alters der Noesöhne als 
auch die für ihn ebenso charakteristische Verbindung einer an- 
tiochenischen Quelle mit einer alexandrinischen Chronik im Pa- 
ris. 1712 wiederkehrt; also ließ erst der Verfasser des Paris. 1712 
selbst und nicht schon seine Vorlage den Abschnitt aus Synk. 
p. 84, 6—19 weg. 

Bei dem den Paris. 1712 ausschreibenden Kedrenos findet 
sich nach p.25,7 denWorten: ἐτῶν χιλίων ἑπτακοσίων ὀγδοήκοντα 
ἑπτά in den Handschriften eine große Lücke infolge des Ausfalles 
eines oder mehrerer Blätter; ἕως Παστουσίας τῆς κατὰ Ἴλιον, 
was bei Kedrenos unmittelbar auf die eben angeführten Worte 
folgt, steht beim Synkellos erst p. 93,6. Dieser Abschnitt ent- 
hält im Paris. 1712 zu den schon oben (S. 194, Anm. 1) als Zusatz 
aus Prokopios de bell. Vand. II 10 bezeichneten Worten des 
Synkellos p. 87, 13. 14 noch folgende Ausführung: μαρτυρεῖ δὲ 


1) A. v. Gutschmid 025 bezeichnete irrtümlich Kedrenos selbst ala 
denjenigen, der den ziemlich selbstverständlichen und keine besonderen 
Kenntnisse verratenden Zusatz gemacht habe. 





222 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


τοῦτο καὶ IIpoxorıog ὁ ἱστορικὸς, φάσχων ὡς τὸ τῶν Avßiov 
ἔϑνος οἱ Μαυρούσιοι ἐκ τῆς Παλαιστίνης γῆς ixstos κατοίκη- 
σαν. εἶναι δὲ τούτους, οὺς ἀναγράφει τὰ Bela λόγια Γεργεσαίους 
χαὶ εβουσαίους καὶ τὰ λοιπὰ ἔϑνη, ὅσα πρὸς Ἰησοῦ τοῦ Nau 
κατεπολεμήϑη. τεχμηριοῖ δὲ τὸν λόγον ἀληϑῆ παντάπασιν 
τυγχάνειν ἔχ τινος ἐπιγράμματος καὶ ἀναγνῶναί φησι τοῖς 
Φοινίχων γράμμασι συγκείμενον. εἶναι δὲ τοῦτο ἀγχοῦ κρή- 
γης, ἔνϑα στῆλαι δύο &x λίϑων λευχῶν πεποίηνται, ἐν aic ἐγχε- 
χκόλαπται τάδε" ἡμεῖς ἐσμὲν οἱ φυγόντες ἀπὸ προσώπου Ἰησοῦ 
τοῦ λῃστοῦ τοῦ υἱοῦ Navi. Dieser Zusatz findet sich auch in 
anderen Quellen (vgl. Patzig, Byz. Ztschr. X, 46); wie ein Ver- 
gleich mit diesen lehrt, stammt er im Parisinus 1712 aus der 
Kirchengeschichte des Euagrios IV 18 (Migne patrol. ser. Graec. 
vol 86,2, p. 2736). lm übrigen unterscheidet sich der Text 
des Diamerismos im Parisinus 1712 von dem des Synkellos nur 
durch ganz unerhebliche Varianten der Namensformen. 

Kedrenos unterscheidet sich ebenfalls von seiner Vorlage, 
dem Parisin. 1712, nur durch ganz unerhebliche Varianten und 
bietet keinerlei Zusütze. Diese beiden Autoren, Pseudo-Symeon 
und Kedrenos, stehen also nur durch Vermittlung des Synkellos 
mit der alexandrinischen Chronik und Hippolytos im Zusammen- 
hang. 

g) Die Syrer und Ármenier. 


Dagegen läßt sich wiederum eine directere Benutzung des 
Hippolytos bei einigen orientalischen Chronisten nachweisen. 

Nach A. v. Gutschmids und Gelzers Darlegungen (Sext. 
Iul. Afr. Il 401, 432, 47611) ıst über diese Schriftsteller folgen- 
des vorauszuschicken. Mar-Michael, von 1166—1199 Patriarch 
von Antiochien, verfaßte eine Chronik in syrischer Sprache, deren 
Original vorläufig unzugänglich sich im Besitz eines chaldäischen 
Bischofs befindet; eine seit 1891 im britischen Museum befind- 
liche arabische Übersetzung ist ebenfalls noch nicht veróffent- 
licht. Bekannt sind bisher nur armenische Bearbeitungen: eine 
ausführlichere, die von Langlois: chronique de Michel le Grand, 
patriarche des Syriens Jacobites ... sur la version du prétre 
Ischók, Venise 1868, veröffentlicht wurde !, und eine zwar kürzere, 








1) Die Einleitung und ein Stück des Textes ist auch von Dulaurier, 
Journ. Asiatique 4. série vol. XII p. 281 übersetzt. Die Übertragung ins 


Nachwirkung der Chronik. 223 


aber, wie schon Gelzer (S. 434) bemerkt hatte, vielfach bessere 
Recension, die nur armenisch, Jerusalem 1871, gedruckt ist. End- 
lich veranstaltete Barhebraeus, Maphrian des Orients 1264—1286, 
einen Auszug aus dem Werke Mar-Michaels; der Text des Bar- 
hebraeus oder Abulpharag ist syrisch und lateinisch von Bruns 
und Kirsch: Gregorios Abulpharag sive Barhebraei chronicon, 
Lips. 1789, herausgegeben. Zu bemerken ist noch, daß neben 
Eusebios, ausdrücklichen Citaten bei den Syrern zufolge, die Chro- 
nik des Annianos zu ihren Hauptquellen gehörte. 


Zu diesen auf Mar-Michaels syrische Chronik zurückgehen- 
den Zeugen kommen ferner die Armenier im engeren Sinne, d. h. 
die noch unveröffentlichte, von Chalatiantz aufgefundene Chronik 
des Andreas (oben S. 3 Anm. 1), etwa aus dem Jahre 350, und 
Samuel von Ani, der eine mit dem Jahre 1177 endende Chronik 
verfaßte, für deren Anlage er sich Eusebios als Muster nahm; sie 
ist in lateinischer Übersetzung ediert im Anhang zum armenischen 
Eusebios von Zohrab und A. Mai: Eusebii Pamph. chron. canon. 
libr duo Mailand 1818 und danach bei Migne, patrol. ser. Graec. 
vol 19 wieder abgedruckt. Über noch spütere syrische, arme- 
nische und georgische Schriftsteller, deren Chroniken jedoch hier 
nicht mehr in Betracht kommen, ist Gelzer a. a. O. zu ver- 


gleichen. 


Mar-Michael von Antiochien gibt neben vielen anderen 
Schriftstellern (p. 18 u. 0. ed. Langlois) auch den alexandrinischen 
Mónch Annianos als seine Quelle an, bemerkt aber an der citierten 
Stelle irrig, daß dieser eine «Geschichte von den ältesten Zeiten 
bis auf Kaiser Konstantin verfaßt habe». Daß er gleichwohl 
diesen Alexandriner wirklich kannte und benutzte, beweisen nebst 
den hüufigen Citaten besonders zwei Bemerkungen (Langlois p. 21 
— Barhebr. p. 3 und Langlois p. 23; vgl. p. 25): Mar- Michael 
hebt einmal hervor, daß Annianos das als Henochbuch bekannte 


Armenische rührt von zwei Autoren: David und Ischók her und ist 
nach einer bei Langlois p. 10 abgedruckten Angabe 1248, nach einer 
Notiz am Schluß der Jerusalemer Ausgabe 1246 angefertigt. 

1) Da der eine dieser Syrer, Mar-Michael, ein Antiochener ist 
und eingestandenermaßen Annianos benutzt, so gewinnt der Nachweis 
(oben S. 213), daß der Antiochener Eustathios gleichfalls von einer alexan- 
drinischen Chronik abhängt, auch von dieser Seite her eine Stütze. 


224 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 

Apokryphon benutzt habe!, und merkt an einer anderen Stelle 
eine abweichende Datierung aus dessen Chronik an. Es fragt 
sich also, ob, trotz der Benutzung anderer Quellen, auf dem Um- 
weg tiber Annianos sich bei Mar-Michael noch Spuren des 
Hippolytos nachweisen lassen. Ich setze zu diesem Zweck die 
zwei Fassungen der Jerusalemer Ausgabe und der Übersetzung 


von Langlois nebeneinander: 
' 


Jerusalemer Ausgabe p. 10 ft. 


1. Und es waren die Sóhne 
von Noe: Sem, Iapheth, Cham. 
Im 98. Jahre Sems geschah das 
Wasser, und mit 100 Jahren 
zeugte er einen Sohn. Und es 
teilte Noe unter seine Söhne 
die Erde. 


2. Und er gab dem Sem Per- 
sien und Paktura (d. h. Baktrien) 
bis Indien (bis) gegen Rhino- 
korura, welches ist der Nil; und 
dem Cham gab er von Rhino- 
korura bis Gadiron, dem la- 
pheth gab er von Medien bis 
Gadiron des Nordens. 


9. Das Geschlecht lapheths 
hatte (das Gebiet) von der Quelle 
des Flusses Tigris, welcher teilt 
zwischen Medien und Persien. 
Und das Geschlecht Sems wohnt 
östlich und westlich von Eu- 
phrat und Diklath (Tigris), und 
das Geschlecht Chams hat den 


1) Das Citat ist falsch, denn 


Langlois p. 26 ff. 

1. Noé vécut 350 ans aprés 
le déluge, engendra un fils nom- 
mé Maniton et partagea la terre 
entre ses enfants. 


2. I donna à Sem la Perse, 
la Syrie, la Palestine, jusqu'à 
Rhinocoroura, c'est à dire le Nil 
avec Bectouria; à Cham de 
Rhinocoroura jusqu'à Catiron; 
enfin, Japhet eut pour sa part 
depuis la Médie jusqu'à Catiron 
du nord. 

3. La race japhétique possede 
le territoire qui s'étend de- 
puis les sources du Tigre, qui 
sert de limites entre la Médie 
et la Perse. La race sémitique 
occupe les pays situés à l'orient 
et à l’occident de l'Euphrate et 
du Tigre. La race chamitique 


damit ist nach Gelzer (Sext. Iul. 


Afr. II 440) die kleine Genesis oder das Buch der Jubil&en gemeint. Die 
Angaben, die Mar-Michael diesem Apokryphon entnommen hat, finden 
sich auch beim Synkellos; Langlois und Gelzer bemerken daher mit 
Recht, daß sie sowohl Mar-Michael als dem Synkellos durch Annianos 
oder eine verwandte alexandrinische Chronik vermittelt sind, 


Nachwirkung der Chronik. 


Jerusalemer Ausgabe p. 10 ff. 
Fluß Gehon, welcher teilt die 
Grenze zwischen ihnen. 


4. Und die Söhne lapheths 
sind: die Armenier, Makedonier, 
Meder, Griechen, Lateiner, Ge- 
orgier, Alanen. Die Söhne 
Chams sind: die Inder, Ägyp- 
ter, Hethiter, Jebusäer, Abyssi- 
nier, d. b. die Kuschiten, die Ger- 
geseer, die Aradier (Arut at- 
sik). Die Söhne Sems sind: 
die Assyrier, die Chaldäer, 
welche sind die Syrier (At'u- 
ratsik', K'aldeatsik οὐκ en 
Asorik), die Hebráer, die Fran- 
ken, die Perser. 

5. Und die Semiten haben (das 
Gebiet) von Osten und Westen 
in der Mitte der Erde, und die 
Söhne Iaphets haben den Nor- 
den vom Osten zum Westen und 
die Sóhne Chams den Süden. 


225 


Langlois p. 26 ff. 
possede le fleuve Gihon, qui 
trace entre eux une limite. 


4. Les descendants de Japhet 
sont: les Árméniens, les Macé- 
doniens, les Médes, les Grecs, 
les Latins, les Alains et les 
Géorgiens. Les peuples issus 
de Cham sont: les Egyptiens, 
les Indiens, les Héthéens, les 
Jebuséens, les Abyssins, c'est à 
dire les Couschites, les Amor- 
rhéens, les Gergéséens, les Ara- 
diens. Les fils de Sem sont: 
les Assyriens, les Chaldéens ou 
Syriens, les Hébreux, les Franks, 
les Perses etc. 


5. Les Sémites occupent le 
milieu de la terre, de l'orient à 
l'occident; les Japhétiques occu- 
pent le nord, de lorient à 
loccident et les Chamites, le 
midi. 


Hierzu ist folgendes zu bemerken. Aus c. 2 des Jerusalemer 


Textes, der besser ist als der bei Langlois oder als dessen Über- 
setzung, ist überhaupt erst der Sinn dieses Satzes verständlich. 
Die in c. 4 enthaltene Auswahl von Völkernamen stammt augen- 
scheinlich nicht aus den Völkerlisten, sondern aus den Stamm- 
väterlisten des hippolytischen Diamerismos; bei lapheth sind 
natürlich die Armenier an die Spitze gestellt, die Alanen und 
Georgier am Schlusse hinzugesetzt. Die Franken als Semsöhne 
sind ein durch die Kreuzzüge veranlaßter Zusatz, der beweist, 
daß auch die spätesten Bearbeiter des Diamerismos noch darauf 
bedacht waren, ihnen geläufige Völkernamen in dem biblischen 
Schema unterzubringen. Eine Eigentümlichkeit des Diamerismos, 
den Langlois übersetzte, ist auch, daß er späterhin die 72 
Sprachen so verteilt, daß auf Iapheth 15, auf Cham 38 und auf 


Sem 19 fallen. Da die beiden Armenier stark gekürzt haben, so 
Texte u. Untersuchungen etc, NF XIV, 1 15 


226 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


bieten sie nur wenige Übereinstimmungen mit Hippolytos. Daß diese 
jedoch bei Mar- Michael ursprünglich viel zahlreicher waren, be- 
weist die Wiedergabe von dessen Diamerismos bei Barhebraeus. 
Dieser citiert, seiner Quelle folgend, ebenfalls p. 3 Annianos; sein 
Diamerismos beginnt p. 7, wird aber p. 8 noch fortgesetzt und 
somit zum einen Teil an die Erzählung von der Flut, zum an- 
dern an die Erwähnung des 140. Jahres Phaleks angeknüpft. 
Diese Zerlegung scheint erst Barhebraeus selbst vorgenommen 
zu haben; jedesfalls leitet er den zweiten Teil sehr ungeschickt 
mit den Worten ein: divisa est terra altera vice inter filios No- 
ach. Um ersichtlich zu machen, wie viel die Fassung bei Bar- 
hebraeus noch aus Hippolytos festgehalten hat, setze ich die 
beiden nicht sehr umfangreichen Stücke im Wortlaut her: 

p. 7. Limites Semi fuerunt Persia et Bactriana usque ad 
Indum; posterique eius: Assyrii, Chaldaei, Lydii, Syri, Hebraei et 
Persae. Limites Chami sunt a Rhinocorura usque Gadiram; po- 
steri eius sunt: [πα], Mitzraei (Aegyptii), Hethaei, lebusaei, Hevaei, 
Amoraei, Gergesaei, Arvadaei. Limites lapheti a Media ad Gadiram 
ex latere septentrionali; posterique eius: Macedones, Armeni, Medi, 
Graeci, Romani, Iberi. 

p. 8 divisa est terra altera vice inter filios Noachi. Filiis 
Semi haec possidenda cessit, media pars terrae habitatae usque 
ad finem orientalem: Palaestina, Arabia, Phoenicia, Syria, Meso- 
potamia, Hyrcania, Assyria (regio Sinear), Babylonia, Kerdo, tota 
Persia, Indiae pars septentrionalis, Bactriana. Filiis Chami regio 
australis ab oriente occidentem versus: India interior et australis, 
Cuschaea, Saba, Aegyptus, Libya, Thebais, Africa et contra bo- 
realem plagam: Cilicia, Pamphilia, Pisidia, Mysia, Phrygia, Lycia, 
Lydia et ex insulis Cyprus, Bios (Ceos Kirsch; Chios v. Gutsch.), 
Sicilia et viginti aliae. Filis lapheti regio septentrionalis ab 
oriente usque ad occidentem: regio Alanorum, Turcarum, Media, 
Armenia, Cappadocia, Galatia, Asia, Mysia, Thracia, Alda (Grae- 
eia) regiones Graecorum, Romanorum, Sarmatarum, Slavorum, 
Bulgarorum, Gallorum, Hispanorum usque ad Gariraeos. 

Die kárgliche Auswahl von Namen an der ersten Stelle ist 
ebenfalls den Stammväterlisten entnommen. An der zweiien 
Stelle sind dagegen, besonders bei Cham, die Länderlisten des 
Hippolytos noch sehr deutlich zu erkennen, auch die nördlichen 
Küstenprovinzen und der Inselkatalog erscheinen hier. Einiges, 


Nachwirkung der Chronik. 227 


wie die Türken, Slawen und Bulgaren, sind Zusätze des Barhe- 
braeus selbst. 

A. v. Gutschmid 692ff beobachtete schon richtig, daß dieser 
Abschnitt des Barhebraeus und der Synkellos auf dieselbe Quelle 
zurückgehen; dagegen ist seine Vermutung, daß die gemein- 
same Quelle Johannes Antiochenus gewesen sei, jetzt als hin- 
fällig zu bezeichnen. Auch sonst bedürfen im einzelnen die 
Darlegungen v. Gutschmids vielfach der Correctur. 

Das wirklich aus antiochenischer Quelle entstammende Stück 
beim Synkellos p. 82, 10—85, 1 entspricht nämlich dem, was Bar- 
hebraeus p. 7 bietet, durchaus nicht in dem Maße, wie v. Gut- 
schmid annahm: beim Synkellos fehlen beispielsweise die Vólker- 
namen ganz, er nennt an deren Stelle einige wenige Länder. Die 
gemeinsame Quelle, auf welche die von A. v. Gutschmid hervor- 
gehobenen Übereinstimmungen zurückgehen, ist vielmehr Annianos 
oder eine diesem verwandte alexandrinische Chronik, aus der 
der Synkellos von p.85, 1 angefangen schópfte. Die wirklich 
beweiskrüftigen Parallelen des Synkellos zu Barhebraeus, die 
v. Gutschmid hervorgehoben hat, finden sich eben deshalb erst 
in dem zweiten mit p. 85, 1 beginnenden Abschnitt. Die sämt- 
lichen in den Bearbeitungen des Mar- Michael auftretenden Über- 
einstimmungen mit Hippolytos gehen also nicht auf eine antio- 
chenische, sondern auf Vermittlung durch eine alexandrinische 
Chronik zurück. Ferner lehrt Barhebraeus, daß die beiden an- 
deren Ármenier den Diamerismos des Mar-Michael sehr stark 
zusammenstrichen; aber auch Mar-Michael entnahm seinem Ge- 
wührsmanne Annianos wahrscheinlich noch weit mehr, als wir 
jetzt bei Barhebraeus lesen. 

Der letzte der Autoren, von dem hier zu sprechen ist, Sa- 
muel von Ani, bezeichnet Eusebios und Moses von Khorni als 
seine Hauptquellen, nennt aber neben diesen noch eine Anzahl 
armenischer Gewährsmänner (p. 2 d. Vorrede bei Mai und Zohrab). 
Seine Darstellung des Diamerismos beginnt p. 7ff und zeigt eben- 
falls, wie gleich näher auszuführen ist, sehr zahlreiche Berüh- 
rungen mit der Chronik des Hippolytos. An sich könnte auch 
Samuel Hippolytos durch Vermittlung einer antiochenischen oder 
alexandrinischen Chronik benutzt haben. Allein es lagen schon 
bisher Anhaltspunkte für die Annahme vor, daß er direct 


aus einer armenischen Hippolytosübersetzung oder -bearbeitung 
15* 





228 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


schópfte. Jetzt muß diese Erklärung deshalb als die richtige 
gelten, weil durch den Fund von Chalatiantz festgestellt ist, daß 
es schon seit etwa 350 eine armenische Übersetzung des Hippo- 
lytos gab. 

Zum Diamerismos des Samuel ist folgendes zu bemerken. 
Samuel erachtete für nötig, sich am Schluß deshalb zu entschul- 
digen, weil er von allen drei Noachiden abstammende Vólker genannt 
habe, obschon in der heiligen Schrift nur die Nachkommen Sems 
ausführlicher behandelt, von Cham und [apheth aber nur die 
Namen der Nachkommen genannt seien. Ferner fügte er aus Eige- 
nem in seine Darstellung einige Bibeleitate ein: die Wohnsitze 
der Sóhne Phaleks und Jektans nach Gen. 10. 30, dann ausführ- 
licher als alle anderen Fassungen .des Diamerismos die Stelle 
Gen. 10. 8, 9 über Nebrod, ebenso das Citat über die Wohnsitze 
der gentes Chananaeorum und endlich die Bemerkung: rursus ex 
eodem Geneseos libro vor Aufzählung der Stammväter nach 
lapheth. 

Sowohl dem ersten Bibelcitat als auch dem späteren über 
die Wohnsitze der Chananäer stellt er andere Angaben gegen- 
über, die er mit «et quidem alibi dicitur» und «alio tamen loco 
dicitur» einleitet. Diese so eingeleiteten Angaben über die Grenzen 
der drei Erbteile sind aber wörtlich gleich mit denen bei Hippo- 
lytos;! dabei unterläuft ihm in dem zweiten Falle allerdings das 
Verseben, daß er den auf die Grenzen Chams bezüglichen Satz 
des Hippolytos irrtümlich auf die Nachkommen Chanaans bezog. 
Man sieht ferner noch ganz deutlich, daß in der Vorlage Samuels 
wie bei Hippolytos auf die Aufzählung der Stammväter und der 





1) Vgl. Hipp. c. 188: πάντων δὲ τῶν υἱῶν vot Σήμ ἐστιν ἣ χατοιχία 
ἀπὸ Βάχτρων ἕως Ῥινοχορούρων τῆς ὁριζούσης Συρίαν xal Αἴγυπτον καὶ 
τὴν ἐρνϑρὰν ϑάλασσαν ἀπὸ στόματος toU χατὰ τὸν Ἀρσινοΐτην τῆς ᾿Ινδικῆς. 
Sam. c. 4,1: et quidem alibi dicitur universa Semi soboles tractum omnem 
à Bactrianae finibus incolere Rhinocuram usque, quo loco Syria ab Aegypto 
secernitur, itemque a rubro mari; et ab ora maris, quod est ad Arsinoém 
Indicam. Hipp. c. 130: ἔστι δὲ xal αὐτῶν ἡ κατοικία ἀπὸ Ῥινοχορούρων ἕως 
Γαδείρων τὰ πρὸς νότον ἐπὶ μῆχος. Sam. c. 4, 2: alio tamen loco dicuntur 
hae gentes ἃ Rhinicorura usque Gadiron australes regiones incoluisse. 
Hipp. c. 19: ταῦτα δὲ τὰ τοῦ Ἰάφεϑ ἔϑνη ἀπὸ Μηδίας ἕως voi ἑσπερίου xaté- 
σπαρται ὠχεανοῖ' βλέποντα πρὸς βορρᾶν. Sam. c. 4, 3: hique ἃ Medis ad 
Hesperiam usque pertingunt, quae patet ad oceanum et borealem plagam 
prospectat. 


Nachwirkung der Chronik. 229 


zugehörigen Völker noch besondere Völkerkataloge folgten. Die- 
sen überging Samuel bei Sem, bei Cham aber heißt es: hinc pro- 
seminatae sunt Chananaeorum (statt e filiis Cham) gentes omnino 
triginta duo; damit ist augenscheinlich das Verzeichnis der 
32 chamitischen Völker bei Hippolytos gemeint!. Ebenso heißt 
es bei lapheth: ex his coloni deducti sunt per gentium insulas 
in suas quique regiones, populi omnino quindecim; eine fast 
wörtliche Wiedergabe von Hipp. ὁ. 73 ix τούτων ἀφωρίσϑησαν 
700: τῶν ἐϑνῶν. εἰσὶ δὲ xal οἱ Κύπριοι ix τῶν Κιτιέων ix 
τῶν υἱῶν Ἰάφεϑ' ὁμοῦ ἔϑνη τε. Auch die folgende Angabe 
der Grenzen der 15 Völker (vgl. S. 228 Anm. 1), die Bemerkung 
deinceps recensentur populi LI und die darauf folgende aber- 
malige Angabe der Grenzen der 51 Völker stimmen genau mit 
Hipp. c. 79. 80. 832. Der Barbarus c. 59 nennt allerdings nur 47 
Namen (der lückenhafte Matr. kommt hier nicht in Betracht), 
der lib. gen. | dagegen 49 oder 50 (oben 1. g. c. S0). Die Zahl 51 
bei Samuel dürfte daher kommen, daß bei ihm die Latiner und 
Römer als zwei Völker gezählt sind. 

Während also in diesen Teilen des Diamerismos zwischen 
Hippolytos und Samuel die engste Verwandtschaft besteht, stimmen 
die Angaben über die Stammväter und die ihnen zugehörigen 
Völker hur im allgemeinen, im einzelnen fallen dagegen nicht 
unerhebliche Differenzen auf?, zu denen die Parallelen in der ur- 
sprünglichen Stammváterliste der Osterchronik (v. Gutschmid 
255ff), beim Synkellos, ja sogar in dem nach der Bibel revidierten 
liber generationis I sich finden. Ihre Wiederkehr bei so verschie- 
denen Autoren, von denen der zuletzt genannte doch unzweifelhaft 
außer jeder Beziehung zu Samuel steht, warnt schon davor, zur Er- 


1) Im griechischen Hippolytos c. 132 stehen allerdings nur 30 Nainen, 
weil No. 23 und 31 im Texte des Matritensis ausgefallen sind. 

2) Vgl. z. B. Hipp. c. 83: ἔστι δὲ τὰ ὅρια αὐτῶν ἀπὸ Mndiag ἕως Γαδεί- 
ρων τὰ πρὸς βορρᾶν, εὗρος δὲ ἀπὸ Ποταμίδος ποταμοῖ' ἕως Μαστουσίας 
τῆς χατὰ ἥλιον (1. Ἴλιον) und Samuel c. 4, 3: itemque eorum ditiones per 
aquilonarem tractum a Medis usque Gadiron; patent scilicet ab amne 
Potamino usque ad Mastusiam, quod est Ilion (vgl. oben 3. 132 Anm. 2). 

3) Zu diesen gehört aber nicht, daß Samuel von Gamer die Gamiri 
ableitet, denn dies ist die armenische Benennung der bei Hippolytos an 
derselben Stelle genannten Kappadokier (Mai-Zohrab yp. 43 note 1); ebenso 
sind die von Thorgama abgeleiteten Haicani die Armenier, die Chusii die 
Äthiopen. 


230 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


klärung dieser Übereinstimmungen eine alexandrinische Chronik 
als Mittelglied anzunehmen; hinzu kommt, daß die Parallelen zu 
den Alexandrinern weder schlagend noch zahlreich sind. Diese 
Übereinstimmungen rühren vielmehr daher, daf in der Oster- 
chronik, beim Synkellos, im liber generationis und bei Samuel 
die hippolytischen Stammväter- und Völkerlisten nach der Bibel 
zurechtgemacht wurden. Wie wir sahen, fanden gerade in diesen 
“ Abschnitten des Diamerismos durch spätere Bearbeiter und Re- 
dactoren verhältnismäßig die meisten und selbständigsten Ände- 
rungen statt !; weil sie alle die Ausgleichung mit der Septuaginta 
anstrebten, so mußten sie auch, unabhängig von einander, zu den 
gleichen Ergebnissen kommen. 

Dies ist in A. v. Gutschmids die Quelle des Samuel be- 
treffenden Darlegungen nicht genügend berücksichtigt; gerade 
das Hauptargument, das dieser Forscher für die Verwandtschaft 
des Hippolytos mit Samuel vorbrachte (S. 657), ist aus diesem 
Grunde nicht stichhaltig. v. Gutschmid stützte sich nümlich 
besonders darauf, dafi Hippolytos und Samuel die Philister von 
den Lykiern ableiten, und daf nur diese beiden Autoren den 
Philistern keinen besonderen Stammvater, den Philistieim, geben. 
Nach dem griechischen Text des Hippolytos c. 116 jedoch leitete 
dieser die Phöniker (oder wahrscheinlich die Philister) @gn Phy- 
listieim ab. Die Übereinstimmung von lib. gen. I c. 111 Casluir, 
unde Lycii, unde exierunt Filistim mit den Worten Samuels 
c. 4, 2: Caslinimum, a quo Lycii, unde et genus Philistaeorum 
rührt also daher, daß Samuel und der Verfasser des lib. gen. | 
unabhängig von einander aus Genesis 10. 14 die Worte xal τοὺς 
Xaouwrısiu, ὅϑεν ἐξῆλϑε Φυλιστιείμ einfügten. 

Allein an Stelle dieses nicht mehr beweiskräftigen Argu- 
mentes treten jetzt zu den schon erwähnten Übereinstimmungen 
mit dem Originaltext des Hippolytos andere, die die Abhängig- 
keit Samuels von Hippolytos unwiderleglich erweisen. Ent- 
scheidend für die directe Benutzung des Hippolytos ist folgen- 
des, In dessen Chronik war, besonders bei den Nachkommen 
Chams, nicht zu jedem Namen eines Stammvaters auch der eines 
von ihm abstammenden Volkes angegeben. Darin sahen die 


, . Y) Vgl v. Gutschmids Versuche 639ff. 657ff, die Gründe dieser 
Anderungen zu ermitteln. 


Nachwirkung der Chronik. 231 


meisten späteren Benutzer und Bearbeiter einen Mangel, den sie 
zu beseitigen suchten. Der in der Osterchronik benutzte alexan- 
drinische Chronist half ihm teilweise dadurch ab, daß er bei 
einem Verzeichnis der 72 Völker Anleihen machte (oben S. 179 ff); 
andere halfen sich anders. Die Darstellung des Samuel dagegen 
ist unter allen jüngeren Fassungen des Diamerismos die einzige, 
die gerade an den Stellen, wo Hippolytos neben den Stamm- 
vätern keine Völkernamen nannte, dies ebenfalls unterläßt. Durch 
Streichungen kann diese auffallende Übereinstimmung nicht er- 
zielt worden sein, sie muß also auf directe Benutzung des Hippo- 
lytos zurückgehen. Einzelne Differenzen, die Hippolytos und 
Samuel trotzdem aufweisen, kommen demgegenüber nicht in Be- 
tracht: sie sind teils durch Heranziehen der Septuaginta bei Sa- 
muel, teils aber auch durch die Benutzung uns unbekannter, 
dem Armenier noch zugänglicher Quellen bewirkt! 

Da also der spáteste erhaltene Zeuge in der Hauptsache di- 
rect auf eine armenische Hippolytosübersetzung zurückgeht, so 
haben gerade seine Ángaben für die Herstellung des griechischen 
Textes der Chronik eine verhältnismäßige Wichtigkeit. 


h) Ergebnis. 


Auf Taf. V ist in einem Stemma der verschiedenen Ablei- 
tungen des Diamerismos das Ergebnis der vorstehenden Unter- 
suchungen veranschaulicht; die erhaltenen und veröffentlichten 
Fassungen sind durch Cursivdruck gekennzeichnet. Der Voll- 
ständigkeit wegen sind in dieses Stemma auch zwei Überlieferungs- 
zweige aufgenommen, die auf die Ableitungen aus der Chronik 
des Hippolytos nur gelegentlich eingewirkt haben. Es sind dies 


1) Ohne jede Parallele ist Samuels (c. 4, 2) Ableitung der Daci von 
Caphturim (von dem Hipp. c. 117 die Kilikier herleitete). Von Arukaios 
leitet Samuel ferner nicht bloB wie Hipp. c. 124 die Tripoliten sondern 
auch die Aminaei ab. Über andere Eigentümlichkeiten Samuels ist A. 
v. Gutschmid 645, 657ff zu vergleichen, dessen Erklürungsversuche je- 
doch nicht durchweg gelungen sind. Auch sein Endergebnis ist nicht 
richtig: Eustathios und Samuel sind untereinander keineswegs so nahe 
verwandt, wie v. Gutschmid annahm, daher auch die S. 649 vorgetragene 
Vermutung, daß Eustathios und Samuel aus einer gemeinsamen, antioche- 
nischen Quelle geschöpft hätten, nicht als zutreffend gelten kann. 


232 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


die Bearbeitungen des Diamerismos, die im Buch der Jubiläen 
(Kufále, sive liber Iub., qui idem a Graecis 7 λεπτὴ γένεσις in- 
Scribitur ..., nunc nonnisi in Geez lingua conservatur ... Äe- 
thiopice ad II lib. mss. fidem primum ed. Dillmann, Kiel und 
London 1859; R. H. Charles, the book of J. or the little gen. 
London Black 1902) und bei Josephus Ant. Iud. 1 6ff vorliegen. 
Ihr Verhältnis zu den übrigen Versionen ist in den Unter- 
suchungen A. v. Gutschmids 587ff, 59S1ff klargestellt; ebenso 
hat dieser Forscher gezeigt, welche der erhaltenen Versionen 
von der Darstellung des Josephus beeinflußt sind !. 

In diesem Stemma sind ferner die oben besprochenen (8. 174), 
nicht gerade den Diamerismos betreffenden Anleihen des Orosius, 
des xpovoyo. συντ. u.a. bei den alexandrinischen Chronisten er- 
sichtlich gemacht. Dazu ist noch folgendes zu bemerken. Orosius 
wurde neben die Vorlage des Barbarus, den Papyrus Goleniséev 
und Panodoros-Annianos gestellt, dagegen wurden die Zusätze 
zum Fuxensis des Hieronymus, das χρονογραφεῖον σύντομον und 
der Eclogarius Casauboni (Paris. 2600) als von Panodoros-Anni- 
anos abhängige Versionen bezeichnet. Diese Anordnung und 
Unterscheidung ist nicht striete beweisbar, sie veranschaulicht 
nur eine Möglichkeit; die Verfasser des Fuxensis, des yoor. συντ. 
und des Paris. 2600 können ebensogut alle oder teilweise aus 
Panodoros-Annianos nahe verwandten Quellen und nicht aus 
diesen beiden Autoren selbst geschöpft haben.  Ebensowenig 
läßt sich stricte beweisen, obschon es als höchst wahrscheinlich 
gelten darf, dafi gerade Panodoros-Annianos die Quellen der 
Österchronik und des Synkellos waren; eine jenen beiden nahe 
verwandte Quelle ist an und für sich ebensogut denkbar. Für 
ganz sicher hat nur zu gelten, daß die Zusätze des Orosius aus 
einer alexandrinischen Chronik stammen, die mit Panodoros- 
Annianos nicht identisch sein kann, sondern deshalb etwas älter 
sein wird als diese beiden, weil ihre nach 412 verfaßten Werke 


1) Von den späteren Benutzern des Josephus, die v. Gutschmid 
nachwies, habe ich nur die ἐχλογαὶ ἱστοριῶν in dem Stemma weggelassen, 
weil sie denselben Text enthalten, der unter dem Namen des Symeon Logo- 
thetes als eine der 5, von einer kürzenden Zwischenquelle abhängigen 
Fassungen daselbst citiert ist. Das von Symeon in seine (sonst von den 
Alexandrinern abhüngige) Darstellung eingelegte Stück aus Josephus kehrt 
bei Theodosios Melitenos an derselben Stelle wieder (oben S. 903). 





Nachwirkung der Chronik. 233 


dem Orosius 417 noch nicht zugänglich sein konnten. Endlich ist 
bezüglich dieser Gruppe von Autoren zu bemerken, daß die von 
Josephus beeinflußte und daher in dem Stemma als von ihm ab- 
hängig bezeichnete ἐχλογὴ ἱστοριῶν zu den alexandrinischen 
Chroniken ebenfalls Beziehungen hat, die jedoch ebensowenig 
ersichtlich gemacht werden konnten, wie die Beziehungen des 
Josephus zu Symeon und Theodosios. 

Das Stemma erhebt also keineswegs den Anspruch, alle über- 
haupt vorhandenen Beziehungen der zahlreichen erhaltenen Ab- 
leitungen zu veranschaulichen!; in einigen zweifelhaften Fällen 
ist ferner die Entscheidung, die ich getroffen habe, vielleicht nicht 
die richtige. Solche mögliche Fehlgriffe im einzelnen mußten 
in Kauf genommen werden, um überhaupt ein übersichtliches 
Bild zu erhalten; sie werden sich spáter leicht berichtigen lassen. 
Beiseite gelassen wurden endlich einige versprengt erhaltene, 
gínz kurze Stücke aus dem Diamerismos, deren Herkunft sich 
überhaupt nicht feststellen läßt?: der Katalog der 72 Völker bei 


1) Die von einem der 5 verschiedenen Hauptzweige zu einem oder 
mehreren der andern hinüberführenden, früher nachgewiesenen Verbin- 
dungen sind nirgends durch Verbindungslinien veranschaulicht. Dagegen 
sprachen nicht nur die typographischen Schwierigkeiten, sondern auch 
sachliche Bedenken. Denn diese Beziehungen sind bald nahe und aus- 
giebige, bald auf die Entlehnung nur einer kurzen Notiz beschrünkt. So 
entlehnte z. B. Eustathios aus Josephus sehr vieles, und auch der Syn- 
kellos entnahm aus der antiochenischen Chronik ein umfünglicheres Stück, 
dagegen bietet Epiphanios nur eine ganz kurze Angabe aus dem Buche 
der Jubiläen, Mar-Michael nur einen kurzen Zusatz aus der antiocheni- 
schen Chronik zu seiner sonst aus der alexandrinischen Chronik geschöpften 
Darstellung. Auch sonst finden sich hie und da kurze Josephus entlehnte 
Notizen in aus anderer Quelle stamınende Darstellungen eingestreut, wüh- 
rend 2. B. der Österchronist nur wenige Stellen aus Epiphanios zu seiner 
alexandrinischen Quelle hinzufügte. Ks wäre also ein geradezu irrefüh- 
render Eindruck erweckt worden, wenn diese so verschieden starken An- 
lehnungen alle in gleicher Weise durch Verbindungsstriche ersichtlich ge- 
macht worden würen. 

2) Schwache Spuren des Hipp. finden sich noch bei dem sogenannten 
Ethicus Ister (7. Jhdt.) im Verzeichnis der Japhethsóhne (Lavezak, Mém. 
de l'aead. des Inscr. 1852; E. Wuttke, Die Kosmographie des Istrier 
Aithikos, Leipzig 1853 p. 40) Dieser Ethicus hat nichts zu tun mit dem 
in einigen Handschriften unter demselben Namen überlieferten, aus Oro- 
sius geschópften kosmographischen 'Traktat bei Riese, Geographi Lat. 
min. p. 71ff. 





234 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Josepos (um 500) im ὑπομνηστιχὸν βιβλίον (Migne patrol. ser. 
graec. vol. 106, p. 32), ein paar Stellen bei Kosmas Indiko- 
pleustes (um 550) und beim Anonymus Ravennas (um 680), die 
A. v. Gutschmid (a. a. O. S. 612) auf Epiphanios zurücktühren 
möchte. Durch dieses somit nur die hauptsächlichen Bezieh- 
ungen ! der wichtigsten Autoren zueinander veranschaulichende 
Stemma vervollständige und berichtige ich auch in zwei, den lib. 
genealogus und Samuel von Ani betreffenden Einzelheiten die 
früher gegebenen Übersichten (Denkschriften d. Wiener Akad. 
51. Band, S. 92 und 95). 

Mit Bestimmtheit lassen sich also fünf Hauptzweige des 
Diamerismos, d. ἢ. von Verarbeitungen der Genes. 10 vorliegenden 
Angaben mit profanem, geographisch-ethnographischem Material, 
voneinander sondern. Die beiden ültesten sind zweifellos jüdischen 
Ursprunges: das Buch der Jubiläen und Josephus. Jenes wurde 
von Annianos benutzt und auch bei Epiphanios finden wir eine 
Notiz daraus verwertet. Weiter reichte die Wirkung des Josephus; 
er wurde auch in der christlichen Literatur häufig citiert und 
benutzt. Der dritte Überlieferungszweig ist allein durch Epiphanios 
vertreten, der wahrscheinlich ebenfalls mit jüdischem Material 
arbeitete; seiner Darstellung wurden von Späteren, besonders 
von dem Osterchronisten, nur wenige Angaben entnommen. 

Außerordentlich nachhaltig wirkte dagegen die älteste nach- 
weislich christliche Bearbeitung des Diamerismos durch Hippo- 
lytos: sie beherrscht geradezu die spätere Tradition. Dunkel 
bleibt vorláufig der Ursprung des fünften Zweiges, der antioche- 
nischen Bearbeitung; er kann sowohl jüdischer als christlicher 
Herkunft sein. Eustathios, der älteste erhaltene christliche Ver- 
treter dieses Zweiges, legte seiner Darstellung Josephus zugrunde, 
vervollständigte aber dessen Angaben aus einer antiochenischen 
und aus einer vor Panodoros-Annianos liegenden alexandrinischen 
Bearbeitung. Eine jüngere antiochenische Bearbeitung durch Jo- 
hannes wurde vom Synkellos für eine Einlage benutzt und 
hatte, wie oben (S. 219ff) dargelegt wurde, noch weiterreichende 
Wirkungen. 

1) Citate und Entlehnungen aus Quellen, die mit dem eigentlichen 
Diamerismos überhaupt nichts zu tun haben, wie z. B. die Citate aus den 


pseudoclementinischen Homilien in der Osterchronik oder aus Prokopios 
beim Synkellos, sind selbstverstündlich ganz unberücksichtigt geblieben. 


Nachwirkung der Chronik. 235 


Was vor diesen fünf, ursprünglich voneinander unabhängigen 
Zweigen der Überlieferung des Diamerismos liegt, läßt sich nicht 
mehr feststellen. Der Versuch A. v. Gutschmids, aus den er- 
haltenen Bearbeitungen dessen ursprüngliche Form wiederzuge- 
winnen, muß als mißlungen bezeichnet werden. 

In der späteren, sehr ausgiebigen Benutzung der Chronik 
des Hippolytos lassen sich wiederum 4 Hauptzweige unter- 
scheiden, von denen der alexandrinische der bei weitem reichst- 
entwickelte ist: er entsendet seine Verästelungen sowohl nach 
dem lateinischen Westen. wie nach Byzanz, zu den Antiochenern, 
Syrern und Armeniern. Denn in Ägypten, speziell in Alexandrien, 
trat die Weltchronik, wie die Ausstattung zweier dort entstandener 
Bearbeitungen des Hippolytos zeigt (Vorlage des Barbarus und 
des Papyrus Goleniiéev), wahrscheinlich schon vor dem Anfang 
des 5. Jahrhunderts, als populüres Buch zur Belehrung und Un- 
terhaltung erst neben und dann, vornehmlich in den Klöstern, an 
die Stelle der hellenistischen Schul- und Unterhaltungsbücher, 
über die Reitzensteins Aufsatz (Nachr. d. kgl. Gesellsch. d. 
Wissensch. zu Göttingen, phil. hist. Klasse 1904, 309 ff) zu ver- 
gleichen ist. Zu derselben gleichzeitig die christliche Propaganda 
fórdernden Literatur gehórt der ebenfalls mit Bildern geschmückte 
Kosmas Indikopleustes und der illustrierte Prophetenkatalog !. 
den der Verfasser des Papyrus GoleniSéev und der Osterchronist 
benutzten (Denkschr. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien, 51. Bd. 
30 ff). Die starke Wirkung seines Werkes hatte also Hippolytos 
vor allem den alexandrinischen Bearbeitungen zu danken. 

So kam es, daß neben Eusebios die Chronik des Hippolytos 
am weitesten verbreitet und am häufigsten benutzt wurde, sicher- 
lich wenigstens ihr den Diamerismos bebandelnder Anfang. Das 


1) Treffend betonte Reitzenstein a. a. O. S. 315 Anm. ? das hohe 
Alter der prophetischen Literatur in Ägypten. Nicht nur findet sich die 
älteste Zusammenstellung jüdischer und christlicher Propheten bei Clemens 
von Alexandrien (strom. I. 135, 136), sondern auch die erweiterte, mit 
Bildern versehene Fassung dieses Kutaloges, eine Schrift de prophetis, die 
der Osterchronist benutzte, ist unzweifelhaft in Ägypten entstanden (Denk- 
schriften 51. Bd. 35), wie einzelne Angaben der Prophetenviten beweisen. 
Ebenso entstand in Ägypten das mit diesem Prophetenkatalog oft ver- 
bundene Verzeichnis der Apostel und Jünger (Lipsius, Apokryphe Apostel. 
gesch. I 200). 





236 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


wenig ältere Werk des Africanus enthielt diesen Abschnitt noch 
nicht, aber auch Eusebios bot keinen förmlichen Diamerismos; so 
blieb die Chronik des Hippolytos die maßgebende Darstellung 
dieses Gegenstandes. Sie vermittelte nahezu allein in für weitere 
Kreise verständlicher Fassung die Bekanntschaft mit den Namen 
der wichtigsten zur Zeit ihres Erscheinens bekannten Völker und 
Länder und mit dem Stammbaum der Völker der Erde bis zum 
Turmbau zurück. Für derartige Fiktionen gab und gibt es ein 
zahlreiches und interessiertes Publikum, das auch vor langen 
Namenreihen und trockenen Aufzählungen nicht zurückschreckt !. 
Der schreibselige Hippolytos kam also dem Geschmack seiner 
und späterer Zeiten an solchen Dingen mit richtigem Ver- 
stándnis entgegen und leitete, befriedigt über die Reichhaltigkeit 
seines Diamerismos, diesen mit den Worten ein: aAA. àv ἄλλοις 
βίβλοις εὑρήσεις πλατυτέρως τὴν ἀρχήν᾽ ἡμεῖς δὲ τὸν δια- 
μερισμὸν μόνον ἐν συντόμῳ γεγράφαμεν. 

An und für sich betrachtet ist dieser Abschnitt seiner Chronik 
ein Unding voll innerer Widersprüche, die sich daraus erklären, 
daß durch Jahrhunderte, erst in der jüdisch-hellenistischen Lite- 
ratur, dann in der christlichen, in das durch die Bibel gegebene Fach- 
werk immer neue Füllsel von Völker-, Länder- und Inselkatalogen 
hineingestopft wurden, ohne Rücksicht auf das schon Vorhandene. 
Der Respekt vor dem Wortlaut des Alten Testaments ging auch 
auf solche Bearbeitungen über, und man beschränkte sich des- 
halb auf bloße Zutaten, ohne Rücksicht darauf, ob sie paßten 
oder nicht. Zu einem sicherlich an inneren Widersprüchen schon 
sehr reichen älteren Dismerismos fügte nun Hippolytos seiner- 
seits noch neues, ihm zugängliches Material hinzu. So kam das 
Machwerk zustande, das gut die erste Hälfte seiner Chronik 
bildet. Wer es auf seinen Inhalt hin betrachtet, gewahrt sogleich 
die argen Widersprüche, an denen es leidet. Die Völkernamen 
der Stammväterlisten, die besonderen Völkerlisten jedes der drei 
Noachiden und die Listen der ihnen zugehörigen Länder sind 
willkürlich, ohne Rücksicht auf die notwendige Übereinstimmung 


1) Man vergleiche, um von Hippolytos und seinen Benutzern abzu- 
sehen, was 2. B. Josepos im ὕπομν. βιβλ. in dieser Hinsicht seinen Lesern 
zumutet. Vgl. auch die Vorrede des Pseudo-*kymnos (Geogr. Graec. 
min. 1 196). 


Nachwirkung der Chronik. 237 


untereinander gebildet !; sie werden durch stereotype Wendungen 
und Wiederholungen der Grenzbestimmungen mehr nacheir- 
ander angereiht als miteinander verbunden. Auf diese drei 
Arten von Listen folgt dann ein wiederum ohne Rücksicht auf 
Zahlen und Namen der vorher genannten Völker und Länder 
gebildeter Katalog der 72 beim Turmbau zerstreuten Völker; er 
enthält. teils schon erwähnte, teils aber auch wieder neue Namen. 
Weil nun aber in diesem Rahmenwerk doch noch nicht alles 
Platz gefunden hatte, was der erweiterten Kenntnis von den 
Völkern und Ländern der Erde wissenswert schien, so fügte, wie 
es scheint, Hippolytos selbst unter dem Schlagwort der ἀποικίαι 
noch weitere Ergänzungen hinzu, und er beschrieb in allgemein 
gehaltenen Angaben die Wohnsitze dieser Kolonistenvölker, unter 
denen sich wieder solche finden, die früher schon genannt sind. 
Daran fügte er aus antiken Schulbüchern stammende Verzeich- 
nisse der wichtigsten Berge und Flüsse der Erde und endlich 
das beste, von seinem Sammelfleiß zeugende Stück: den Stadias- 
mos des Mittelmeeres?. Wissenschaftlicher Wert kommt also 
seiner Zusammenstellung nicht zu; sie galt gleichwohl als eine 
vorbildliche Leistung, an der spätere Benutzer nur noch als Re- 
dactoren und Epitomatoren tätig waren, jedoch nicht, um die 
inneren Widersprüche zu beseitigen, sondern nur, um die Listen 
möglichst genau mit der Bibel in Einklang zu bringen; außer 
vereinzelten Namen fügten alle späteren Benutzer nichts mehr 
von Belang hinzu. 

Dieses Urteil über den Diamerismos des Hippolytos, das, 
Eusebios immer ausgenommen, auch über die christliche Welt- 
ehronik überhaupt gefällt werden kann, bedarf jedoch noch einer 
Einschränkung. Alle in jüdischen und seit Sextus Julius Afri- 
canus in christlichen Kreisen entstandenen, an die Bibel sich an- 
lehnenden quasihistorischen Arbeiten machen inhaltlich und for- 
mell einen unerfreulichen Eindruck, sie stehen aber den geringen 
Resten antiker Schulbücher und der populären Kleinliteratur der 
hellenistischen Zeit in vieler Hinsicht nahe. Die jüdischen und 








1) Einzig und allein die Listen der schriftkundigen Völker stimmen 
zu den vorhergehenden Völkerlisten Tapheths, Chams und Sem». 

2) Breusing, die Nautik der Alten p. 6 bemerkt, daß der Sta- 
diasmos das wertvollste der Hilfsbücher für Schiffer sei, das uns aus dem 
Altertum erhalten ist. 


238 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


christlichen Chroniken unterscheiden sich von diesen nur da- 
durch, daß sie den Wortlaut der Bibel immer mehr und mehr 
zur unverbrüchlichen Norm für alles Tatsächliche nehmen, 
formell und inhaltlich sind sie nicht wesentlich schlechter, und 
wissenschaftlich stehen sie nicht viel tiefer als diese ihre antiken 
V orláufer. 

Ein Umstand tritt jedoch jetzt hinzu, der einen Unterschied 
bedingt. Mit dem Christentum kommen überall die literarischen 
Interessen. und die Geschmacksrichtungen der unteren Volks- 
schichten empor, die inferioren literarischen Gattungen, die bis 
dahin niedergehalten und nicht als voll anerkannt worden waren, 
fanden jetzt eine häufigere Pflege; deshalb liegen uns aus christ- 
licher Zeit solche Werke zweiten und letzten Ranges in zahl- 
reicheren Beispielen vor. 

Allein ähnlich minderwertige, auf dieselben Volksschichten 
berechnete Erzeugnisse bestanden auch lüngst vor dem Christen- 
tum. Proben davon bieten die Laterculi Alexandrini aus ptole- 
mäischer Zeit, die ebenfalls aus Handbüchern entnommenen und 
mit dem mythologischen Handbuch des Hyginus verbundenen 
ähnlichen Indices (der Städtegründer, der 7 Weltwunder, der 
7 Weisen, der grófiten Inseln usw.) aus dem ersten oder zweiten 
Jahrhundert n. Chr. ferner ein nach den Herausgebern zwischen 
3) und 200 n. Chr. entstandenes, auf dem Recto eines Papyrus 
stehendes historisches Handbuch, ein Ausläufer der allerdings werk 
hóher stehenden Literaturgattung, die durch die Chronik des 


Apollodoros vertreten ist (Oxyrh. pap. 1, No. XII, p. 25 ff), endlich 


die dureh die Papyrusfunde ebenfalls vermehrten Sammlungen? 
von Paradoxen, Mirabilien, vermischten Geschichten und der- 
gleichen. Diese aus antiker Überlieferung stammenden Schriften 
stellen sich bekannten, ebenfalls der Unterhaltung und Belehrung 
dienenden christlichen Werken, wie z. B. den Κεστοί des Sextus 

Julius Afrieanus und dessen Chronik durchaus zur Seite. ln 

denselben Zusammenhang gehórt auch der Diamerismos und di 

Chronik des Hippolytos. 

Ähnlich wie seine Chronik waren die griechischen Bücher 
beschaffen, in denen die Leute von mangelhafter Sprachkenntnis 
und Bildung lasen, deren Papyrusbriefe jetzt zu Dutzenden in 
Ägypten zutage kommen, sowohl damals, als die antike Cultur 
noch lebendig war, wie spüterhin, da man in christlichen Kreisen 


m. ..  . -- 


Nachwirkung der Chronik. 239 


den Zusammenhang mit ihr für glaubensgefährlich hielt und 
erklärte. Minderwertige Bücher und ungebildete Leser gab es 
zu allen Zeiten. — 

Es erübrigt nun nochmals kurz zusammenzufassen, was die 
vorstehenden Untersuchungen über Anlage und Inhalt der ge- 
samten Chronik des Hippolytos ergeben haben. 

Dieses Werk begann mit einem die wichtigsten Abschnitte 
zwar aufzählenden, jedoch keineswegs vollständigen Capitelver- 
zeichnis (2—18). Auf dieses folgte das Proómium (19—21) und 
hierauf, kürzer gefaßt als in anderen Chroniken, der aus der 
Genesis entlehnte βίβλος γενέσεως ἀνϑρώπων (22—42), d. h. die 
Reihe der Patriarchen bis zur Vóolkerzerstreuung. An die Er- 
wühnung dieses Ereignisses schloß sich eine sehr ausführliche 
Darstellung des Diamerismos (44 ff). 

Er setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen: a) einem 
älteren mit der Liste der 72 Völker endenden Diamerismos 
(44— 202), der aber, wie die Unabhängigkeit der darin enthalte- 
nen Stammváter-, Völker- und Länderlisten lehrt, erst allmählich 
die Fassung erhalten hatte, in der er von Hippolytos benutzt 
wurde!. Es mag sein, dal dieser selbst auch eines und das 


1) In diesem älteren Diamerismos (44—202) werden zunächst die 
Grenzen der drei Erbteile in der Reihenfolge Sem, Cham und Japheth 
(465—49) und hernach in umgekehrter Reihenfolge die großen Flüsse eines 
jeden angegeben (50—52'. Auf eine kurze Notiz (53, 54) über den Turm- 
bau und die Sprachenverwirrung folgt das Verzeichnis der Söhne und 
Enkel Japheths, sowie der von ihnen stammenden 15 Völker (55—79). 
Daran schließt sich eine von dieser Liste unabhängig gebildete der 5 
Japhethvölker (80), in der nur wenige der schon (55— 79) genannten Völker 
sich wiederfinden. Hierauf folgt die Liste der 6 schriftkundigen Japheth- 
völker (82), deren Namen in der Liste der 50 Völker schon durchweg ge- 
nannt sind. Dann werden, im allgemeinen ähnlich wie das erstemal (40), 
im einzelnen aber doch wieder mit neuen geographischen Angaben, aber- 
mals die Grenzen von Japheths Erbteil angegeben (83). Der nächste Ab- 
schnitt enthält eine Liste der 42 Länder Japheths (84), in der zwar ein- 
zelne Namen der vorhergehenden Völkerlisten in der Form von Länder- 
namen wiederholt werden, aber doch auch wiederum viele neue Namen 
enthalten sind. Es folgt ein Katalog der Inseln Japheths (86—88) und 
die nochmalige Erwühnung seines Flusses, des Tigris (00). 

Nach demselben Schema werden die Stammvüter, Vólker, Lünder und 
Inseln Chams (092—157) und Sems (158—194) aufgezählt. In diesen beiden 
Abschnitten besteht der zwischen den Listen zu erwartende Zusammen- 


240 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


andere einfügte, erheblich ist jedoch die Zahl und der Umfang 
dieser Zusätze nicht. Damit verband Hippolytos selbst b) eine 
Aufzählung der ἀχοικίαι der vorhergenannten Völker (203— 224) 
und Angaben über ihre Wohnsitze (225—234), um dadurch das 
unvollständige Erdbild der älteren Vorlage zu ergänzen. Hier- 
auf fügte er ferner c) die auf antike Schulbücher zurückgehenden 
Verzeichnisse der bekanntesten Berge (235) und Flüsse nebst 
einem Excurs über die gemeinsame Quelle der Paradiesesströme 
(236—240) hinzu. Daran schloß er d) den Stadiasmos, eine ur- 
sprünglich der Praxis dienende Anweisung für die Seefahrt im 
Mittelmeere. An dieses im Matr. 121 nur mehr teilweise er- 
haltene Stück fügte Hippolytos endlich e) den aus Ptolemäus 
ausgezogenen Abschnitt über die bekanntesten Städte und deren 
Lage, der nur mehr in der Osterchronik p. 62, 6—64, 8 erhalten 
ist und der mit den Worten: ἔδοξέ μοι καὶ τὰς ἐπισήμους πό- 
λεις τῶν ἑπτὰ χλιμάτων ἐξειπεῖν an das Vorhergehende an- 
gefügt war. Damit schloß der Diamerisinos der Chronik. 
Hierauf begann, eingeleitet mit significantes autem his om- 
nibus tempus advenit ad textum chronicae currere (Barbar. 210 
oben S. 132), die Fortsetzung der eigentlichen Chronik, d. h. 
die Darstellung des den Capiteln 6—18 der Inhaltsangabe Ent- 
sprechenden. Sie begann mit den Patriarchen seit der Völker- 
zerstreuung, darauf folgten die Richter, die Könige des einheit- 
lichen hebrüischen Reiches, die Paschafeiern seit Moses, die 
Könige der Assyrer, die Könige der Perser, die Olympiaden seit 


hang ebenfalls nur zwischen der zweiten Völkerliste und der ihr un- 
mittelbar folgenden der schriftkundigen Völker unter ihnen; im übrigen 
sind die Listen in diesen beiden Abschnitten ebenfalle ohne Rücksicht 
auf einander gebildet. In dem Abschnitt über Cham ist das erste Völker- 
verzeichnis nicht so vollständig wie bei Japheth und Sem: von etwa der 
Hälfte der Stammväter nach Cham sind bloß die Namen genannt und 
fehlen die der von ihnen stammenden Völker (93—120). 

Auf den dritten, Sem behandelnden Abschnitt folgen — nun zum 
drittenmale — Angaben über die Grenzen der drei Erbteile in der Reihen- 
folge Sem, Cham und Japheth wie am Anfang (105—107). Daran schließt 
sich endlich die Liste der τῶ, beim Turmbau zerstreuten Völker (200). 
“je enthält ebenfalls nicht, wie man erwartet, eine Summierung der schon 
genannten Völkernamen, sondern sie wiederholt nur einige und bringt 
im übrigen abermals viele neue. Mit einer kurzen Schlußbemerkung (201) 
endet dieser ältere Diamerismos. 


Nachwirkung der Chronik. 241 


Iphitos, die Kataloge der Patriarchen, Propheten und Prophe- 
tinnen, die Könige der Reiche von Juda und Israel, die Hohen- 
priester, die makedonischen Könige seit Alexander und die rö- 
mischen Kaiser von Augustus bis auf Alexander Severus. Damit 
schloß das Werk, ein Papstverzeichnis war nicht darin ent- 
halten. Oben (S. 148 ff) ist nachgewiesen, daß diese Abschnitte 
der eigentlichen Chronik ausführlicher gehalten waren, als wir 
sie jetzt in den beiden libri generationis lesen, und daß von ihrer 
ursprünglichen Fassung sich noch erhebliche Bestandteile beim 
Barbarus erhalten haben. | 


Hippolytos erweist sich also in der Chronik, wie schon be- 
merkt wurde (S. 152), als fleißiger Schriftsteller, aber doch nur 
als Compilator. In anderen seiner Werke verfuhr er ebenso. In 
den beiden ersten Büchern seiner umfangreichen Schrift gegen 
die Ketzer benutzte er nachweislich nur zwei antike Compendien 
über die Philosophen und ihre Lehrmeinungen und in den spä- 
teren Büchern schrieb er auf lange Strecken (z. B. fast das ganze 
VII. Buch), wie der Vergleich mit Epiphanios zeigt, seinen Lehrer 
Irenaeus aus. Es kommt Hippolytos also überhaupt gar nicht 
darauf an, zu einer inneren Einheit zu verbinden, was er seinen 
Quellen entnahm, sondern er begnügt sich, Excerpte mittels 
stereotyper Übergangsformeln aneinanderzufügen. Er bemüht 
sich ernstlich, den Dienern der Wahrheit eine allgemeine Bil- 
dung zu vermitteln, fordert aber nur, daß sie möglichst viel 
und vielerlei wissen; daß der tote Wissensstoff von der Kritik 
belebt werden müsse, um die Wahrheit zu erkennen, fällt ıhm 
nicht bei. 


Das Bildungsideal, das dem Gegenpapst von Rom vor- 
schwebt, steht, obschon seit Hadrian, vereinzelte Ausnahmen! 
abgerechnet, auch die antike Geschichtschreibung im Verfall 
war, tiefer als dasjenige ihm vergleichbarer, rund um 100 Jahre 
ülterer Autoren, die sich nicht zum Christentum bekannten: des 
Rhetors Florus, der Compilatoren Ampelius und Granius Lici- 





1) Der «letzte große Historiker von Rom», der nach den neuesten 
Forschungen in der historia Augusta erhalten ist, den E. Kornemann 
(Kaiser Hadrian, Leipzig 1903) mit Lollius Urbicus identificiert, behandelte 
noch die ersten Regierungsjahre des Alexander Severus, ist also ein nur 
wenig älterer Zeitgenosse des Hippolytos. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 16 





242 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nianus. Die Chronik des Hippolytos ist so gemacht wie die 
Pliniusepitome seines Zeitgenossen Solinus. 

Noch ungünstiger erscheint sie verglichen mit den inhalts- 
verwandten, an sich ebenfalls keineswegs hervorragenden Lei- 
stungen der gleichzeitigen griechischen Literatur: mit dem etwas 
jüngeren Herennios Dexippos, sogar mit Sammlern wie Aelian 
und Athenaios, um von Dio Cassius, der in dem Jahre starb, 
als die Chronik des Hippolytos erschien, nicht zu reden. 

Allein die christliche Weltchronik setzt, wie schon oben be- 
merkt wurde, nur zum geringsten Teile die antike Chronographie 
und Geschichtschreibung wirklich fort (vgl. Denkschr. d. Wien. 
Akad., 51. Bd., S. 87 ff); ihre Vorbilder sind vielmehr die jüdisch- 
hellenistischen Bearbeitungen des Alten Testaments, und sie 
schöpft ihre Kenntnis von profanen Dingen aus ärmlichen Hand- 
büchern. Der Wert, den sie für uns hat, liegt also darin, daß 
bei den christlichen Chronisten Überreste einer literarischen Un- 
terschichte aus dem Altertum aufgespeichert sind, von der sich 
direct nur weniges erhalten konnte, solange die antike Bildung 
und Cultur noch in Kraft stand und auf die Auslese aus der 
Masse der literarischen Erscheinungen einwirkte. 

Der allgemeine Verfall, der die christliche Literatur nach 
Eusebios kennzeichnet, trat nicht mit einem Male ein. Anfänglich 
finden wir Autoren tonangebend, die für sich noch die Normen 
antiker Bildung und die Forderung nach Wissenschaftlichkeit des 
Inhaltes für verbindlich erachten. Ihre Propaganda für die neue 
Lehre wendet sich an Gebildete und spricht daher deren Sprache; 
so verfuhren Tatian, Clemens von Alexandrien, Origenes und 
Eusebios. Aber mit dem Sieg und der Anerkennung des Christen- 
tums werden solche Männer immer seltener; bald verschwinden 
sie ganz, und die Barbarei macht sich breit, die, schon lange 
ausschließlich auf Gewinnung der Massen bedacht, den für diesen 
Zweck geeignetsten Ton anschlägt. Ein Vorläufer dieser Be- 
strebungen ist schon Sextus Julius Africanus; derselbe Geist 
treibt aber auch sein Wesen in der weit einflußreicheren Chronik 
seines Zeitgenossen Hippolytos von Rom. 


5. Der Stadiasmus Maris Magni. 
Von Otto Cuntz. 


Die vorstehende Abhandlung von Adolf Bauer soll in dieser 
Untersuchung über den Stadiasmus Maris Magni die notwendige 
Ergänzung finden. Sie zerfällt in zwei Teile; im ersten versuche 
ich, soweit es möglich ist, die Abfassungszeit des Stadiasmus zu 
ermitteln, im zweiten gebe ich die nicht unerheblichen Ergeb- 
nisse meiner Nachvergleichung der Handschrift. 

Daß unsere bisher namenlose Küstenbeschreibung ein, aller- 
dings unverbältnismäßig großer, Abschnitt der Chronik des Hippoly- 
tos 1st, hat Bauer! völlig überzeugend dargetan. Sie schließt sich 
nümlich in der einzigen Handschrift, dem Matritensis Graecus 121 
(jetzt 4701), unmittelbar an die andern ethnographischen und 
geographischen Stücke der Chronik an und erscheint als ein 
Teil des sog. Diamerismos; sie trügt ferner an der Spitze eine 
Vorrede?, die mit den Worten δεδειγμένων ovv τούτων auf das 
Vorhergehende hinweist und in der Ausdrucksweise mit ein- 
leitenden oder tiberleitenden Partien der Chronik und anderer 
Schriften des Hippolytos derartig übereinstimmt, daß an der 
Identität des Verfassers nicht gezweifelt werden kann?. Das 
Fehlen des Stadiasmus in der Inhaltsübersicht der Chronik* bat 


1) Oben S. 17 ff. 

2) Müller, Geogr. gr. min. I p.427 f, berichtigt bei Bauer oben S. 128 δ᾽ 

3) Chronik $ 19 ἀγαπητέ μου ἀδελφέ — πρὸς χαταρτισμόν σοι φιλο- 
μαϑίας — ἐξαχριβασμόν — 20 φιλομαϑῶς --- κατὰ ἀχρίβειαν —. 224 xal 
τοῦτο δὲ ἀναγχαῖον ἔδοξέ μοι δηλῶσαί σοι" (ähnlich 202). 236 δεδειγμένων 
οὖν τῶν ὀνομάτων τῶν δώδεκα ὀρέων τῆς γῆς ἀναγχαῖόν ἐστι xal τοὺς 
ἐπισήμους ποταμοὺς δηλῶσαί σοι. Aus χατὰ πασῶν αἱρέσεων X 30 — 
βουλόμενοι τοῖς φιλομαϑέσιν ἐπιδειχνύναι — Aus περὶ Χριστοῦ καὶ περὶ 
τοῦ ἀντιχριστοῦ 1 βουληϑέντι σοι χατ᾽ ἀχρίβειαν ἐχμαϑεῖν τὰ προτε- 
ϑέντα ὑπὸ σοῦ ἡμῖν χεφάλαια, ἀγαπητέ μου ἀδελφὲ Θεόφιλε, εὔλογον hyn- 
σάμην — Vgl. Bauer zur Chronik 10 -- 21]: oben N, 32 ff. 

4) Hinter $ 5 oben S. 28. 

16* 


244 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


durch die Beobachtung der literarischen Gepflogenheiten des Hip- 
polytos eine ausreichende Erklärung gefunden !. 

Diesem Resultat fügt sich die bisher geltende Datierung des 
Stadiasmus nicht. Während die Chronik im Jahre 234 abgefalt 
ist, setzt C. Müller, sein letzter Herausgeber, ihn zwischen 250 
und 300 n. Chr. Sein Ansatz ist also zu prüfen. Ich fasse 
dabei den Stadiasmus als Ganzes und habe daher auf die recht 
zweifelhafte Unterscheidung verschiedener Teile innerhalb des- 
selben durch Müller (a. a. O.) nicht einzugehen. 

Müllers Hauptbeweisstück sind die Angaben über Grof- 
Leptis (S 93): Die Stadt wird hafenlos genannt (ἡ δὲ πόλις 
ἐστὶ λευχὴ ὁλη᾽ λιμένα δὲ οὐχ ἔχει); nun wissen wir aber, daß 
sie in der Kaiserzeit blühte, und daß Septimius Severus, der von 
dort stammte, ihr besondere Wohltaten erwies und sie mit Bauten 
schmückte?. So dürfen wir voraussetzen, daß er auch ihren Hafen 
nicht vernachlässigt haben wird. Daher muß der Stadias- 
mus nach 200 n. Chr. verfaßt sein. Wie bedenklich dieser Schluß 
ist, liegt auf der Hand. Erstens können wir nicht wissen, wie- 
weit die Bautätigkeit des Severus in Leptis sich erstreckt hat. 
Die Herstellung eines brauchbaren Hafens kann angesichts der 
fortgeschrittenen Versandung als unmöglich oder zu kostspielig 
gegolten haben. Ferner aber, wenn ınan den severianischen Hafen 
annimmt, kann man nur folgern, daß die Angabe des Stadiasmus 
entweder vor Severus geschrieben ist oder aber lange nach ihm, 
als sein Hafen schon wieder verfallen war, d. h. etwa im 4. Jahr- 
hundert. Während des 3. Jahrhunderts müßte er doch benutzbar 
gewesen sein. Ebensowenig kann ich die untere Zeitgrenze, 
die Müller ermittelt, gelten lassen: Ab altera parte Leptis urbs 
Nostri temporibus nondum bellis Austurianorum barbarorum 
oppressa erat (c. 364 p. C). Der Bericht des Ammian? über 
jene Vorgänge spricht aber nur von einer wiederholten Ver- 
heerung des leptitanischen Gebietes, von einer Bedrohung, nicht 

1) Bauer oben zu $ 1—5 und zu $ 19, 5. 26 u. 32. 

2) A. a. 0. prolegomena p. CXXIII ff. 

3) Er gab ihr ius Italicum (Dig. L, 15, 8, 11) und baute in ihr eine 
Residenz. Vgl. Procop de aedif. ὁ, 4 — dvwxodoungaro (lustinian) τὰ 
τῷδε γεγονότα ἐν τοῖς ἄνω χρόνοις xal χαταπεπτωχότα βασίλεια, Σεβῆρου 
βασιλέως τοῦ παλαιοῦ ἔργον" ὃς δὴ ἐνθένδε ὁρμώμενος μνημεῖα τῆς εἰ- 
δαιμονίας τὰ βασίλεια τάδε ἀπέλιπεν. 4) 28, 6. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 945 


aber von einem Fall der Stadt! Sie konnte also auch nach dem 
Barbareneinfall sehr wohl im Stadiasmus als bestehend erwühnt 
werden. Andere Argumente Müllers geben keinen festeren An- 
halt Wenn z. B. Ptolemais (8 55) und Berenice (8 57) als 
hafenlos erscheinen, wenn an der Syrte ein φρούριον βαρβάρων er- 
wähnt wird (8 86), so deutet dergleichen zwar aller Wahrschein- 
lichkeit nach in die sinkende Kaiserzeit, aber mehr läßt sich nicht 
erschließen. Wenn Salamis auf Cypern den Namen Constantia, 
den es von Constantius Il. bei der Erneuerung nach Erdbeben 
erhielt, im Stadiasmus nicht trügt (S 305), so liefert auch das 
keinen terminus ante quem, denn der alte Name blieb nach- 
weislich noch lange nach Constantius in Gebrauch? Müllers 
Ansatz ist also unbewiesen, und ich will unter Benutzung der 
brauchbaren ülteren und eigener Beobachtungen einen neuen 
Datierungsversuch machen. 

Sicher ist zunächst, daß der Stadiasmus nach Augustus ab- 
gefaßt ist. ὃ 272 wird die Länge der Überfahrt von Rhodus 
nach Caesarea (Palaestinae) angegeben, einer Stadt, die von 
Herodes dem Großen an Stelle des alten Στράτωνος πύργος er- 
baut und im Jahre 10/9 v. Chr. bei der Einweihung Augustus 
zu Ehren benannt wurde?. Weiter hinab weisen andere An- 
gaben. ὃ 126 heißt es von Utica: πόλις 2oti‘ λιμένα οὐκ ἔχει. 
ἀλλὰ σάλον ἔχει. Zur Zeit der Zerstörung Carthagos besaß es 
einen guten Hafen, und dieser wurde noch von Cäsar benutzt°. 
Müller vermutet mit Recht, daß er in der nächsten Folgezeit 
noch nicht versandet sein wird9. Wir müssen also ein Stück in 
die Kaiserzeit hinabrücken. An die Stelle von Utica trat als 
Hafenplatz das benachbarte Castra Cornelia ($ 125), das noch 
im cäsarischen Bürgerkrieg als locus bezeichnet wird und zuerst 
im augustischen Verzeichnis bei Plinius als Stadtgemeinde (op- 





1) Der Ausdruck Müllers p. 461: ab Austurianis devastata Leptis 
deinceps iacuit ist also verkehrt. 

2) Müller p. CXXVIII und zu 8 305, berichtigt durch den Artikel 
Constantia (5) von Oberhummer in Pauly-Wissowas Realencyclopädie. 

3) Müller p. CXXV. Artikel Caesarea (10) von Benzinger bei Pauly- 
Wissowa. 

4) Appian Lib. 75 Ἰτύχη — λιμένας τε ἔχουσα εὐόρμους xt). 

5) Bell. Afr. 98 — (Caesar) Uticae classem conscendit —. 

6) P. CXXVII. 





246 . A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


pidum stipendiarium) erscheint! Adrumetum, dessen cothon im 
bellum Africanum (62f) erwühnt wird, ist im Stadiasmus (8 116), 
wie Utica, aAluevos?. Auch hier ist für den Verfall und die 
Versandung des Hafens eine lüngere Spanne Zeit nach Cásar 
in Anrechnung zu bringen. 

Wie weit müssen wir aber in die Kaiserzeit hinabgehen? 
Das ist eine Frage, für deren Beantwortung der Stadiasmus nur 
sehr wenig Material bietet. Seine Verwandtschaft mit der pto- 
lemäischen Karte, die ich unten (S.264 ff) nachweisen werde, ergibt 
keinen festeren zeitlichen Anhalt. Am meisten versprechen noch 
die vorkommenden Angaben über die Benennung und Begren- 
zung der Küstenländer. Jedenfalls müssen sie einer Untersuchung 
unterzogen werden. Von ihnen sondere ich aber sogleich die 
afrikanischen ab, die mir für genauere chronologische Bestim- 
mungen nicht verwendbar scheinen?; dann bleiben folgende übrig: 


S 128 [Φοινίκη von?] bis zum Vorgebirge Paltus. 

S 133 Kolin Συρία von Paltus bis zu den Portae Ciliciae. 

S 154 Κιλικία von den Portae Ciliciae bis zum Melasfluß. 

$ 214 Παμφυλία vom Melas bis Ἱερὰ àxoa und zu den Che- 
lidonischen Inseln. 

$ 234 Avxla von Ἱερὰ ἄχρα bis Telmessus. 

8 255 Kaola von Telmessus bis Miletus. 


Kolin Συρία bezeichnet vor der römischen Eroberung Syriens 
das Land südlich von Laodicea bis zur ägyptischen Grenze. Durch 
Pompeius wird dann die Provinz in drei conventus iuridici ge- 
teilt, die wir am besten aus der augusteischen Statistik bei Pli- 
nius kennen. Coele ist seitdem der nordwestliche conventus des 
Landes, der an der Küste von Carne (nórdl. von Arados) bis zur 
cilicischen Grenze reicht. Diese officielle römische Benennung ist 
indessen im gewöhnlichen Sprachgebrauch nicht durchgedrungen. 
Strabo, Josephus und Ptolemaeus gebrauchen Coele Syria in der 


1) Müller p. CXXVII und zu $ 125, dem jedoch die Pliniusstelle 
(δ, 29) entgangen ist. 2) Müller p. CXXVII. 

3) $ 34 ῆαρμαρική vom Petras Magnus bis Apollonia. — 53 Ki- 
ojvn von Apollonia bis Berenice. — 58 Σύρτις Κυρηναίων von Berenice 
bis Arae Philaenorum (daneben 64 Σύρτις Κυρήνης von Chersis ab). — 
85 Σύρτις μεγάλη von Arae Philaenorum bis Sabratha, — 100 Zvoric 
μικρά von Sabratha bis Thapsus. — 113 Φοινίκη von Thapsus westlich. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 941 


alten Bedeutung, ja sie findet sich sogar auf Münzen von Städten, 
also halb officiell, im 2. Jahrhundert und vereinzelt noch im Be- 
ginne des dritten!. Wenn nun der Stadiasmus Nordsyrien Kolin 
nennt, so kann dafür die Errichtung des rómischen conventus 
schwerlich die Veranlassung gegeben haben. Sein Verfasser be- 
dient sich einer recht vulgüren Redeweise, wir dürfen einen 
officiellen, ungewóhnlicheren Ausdruck bei ihm nicht erwarten. 
Erst nachdem Septimius Severus 194 aus Nordsyrien eine eigene 
Provinz Syria Coele oder Syria magna gemacht hatte?, mußte 
die jüngere Bedeutung nach und nach allgemein angenommen 
werden. Der Stadiasmus ist daher sehr wahrscheinlich nach 
diesem Jahre verfaßt. 

Man könnte versucht sein, dafür auch anzuführen, daß bei 
Plinius? die Grenze zwischen Syria (Coele) und Phoenice bei 
Carne gezogen wird, im Stadiasmus dagegen weiter nórdlich bei 
Paltos. Diese Verschiebung fünde in der Einrichtung der seve- 
rischen Provinz eine Erklärung. Aber wenn man erwägt, daß 
im 4. Jahrhundert und später die Grenze etwa ebenso wie bei 
Plinius verlief, wird man ein starkes Bedenken gegen die 
Correctheit der Stadiasmusangabe nicht unterdrücken können. 
Wäre sie richtig, so müßte die Grenze durch Severus nach Norden 
und später einmal wieder nach Süden verlegt worden sein. 

Die letzten Städte im Norden von Syrien sind Rhosus, My- 
riandrus, Alexandria ad Issum; die portae Ciliciae sind die Grenze, 
to Icoov und Issus sind cilicisch. Diese Grenze geben auch 
Plinius? und Ptolemaeus?, während das Itinerarium Hierosol.* 


1) Cuntz, Agrippa und Augustus. Jahrb. für class. Phil. Suppl. 
XVII 1890 S. 483. 

2) Marquardt, Röm. Staatsverwaltung S. 428 ἢ 

3) Nat. hist. 5, 79. Auch bei Ptolemaeus (5,14, 2 Müller) ist die 
Grenze südlich von BaAavéa:. 

4) Itinerarium Hierosol. (233 n. Chr.) 582, 7 ff Balaneas — finis Syriae 
Coelis et Foenicis — Maraccas — Antaradus. Hierocles (6. Jahrhundert) 
712,7 Βαλανέα gehört zu Syria II, südlich davon beginnt Phoenice (715f). 

5) N. h. 5, 80 und 91, wo nur Alexandria verkehrt nórdlich von Issus 
angesetzt wird. Strabo rechnet Rhosus 14 p. 666 zu Cilicien, 16 p. 751 
zu Syrien. 

6) 5, 7, 4 und 5, 14, 2. 

7) 580, 8ff Alexandria Scabiosa — Pictanus — fines Ciliciae et Sy- 
riae — Pangrios — Antiochia. 





248 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


und Hierocles! sie südlicher ziehen. Hier ist also vor 333 (It. 
Hier.) eine Änderung eingetreten, vielleicht bei der Teilung Cili- 
eiens in Cilieia und Isauria, die zuerst im Veroneser Verzeichnis 
von 297 erscheint?. Eine sichere untere Zeitgrenze ergibt sich 
daraus für den Stadiasmus leider nicht, denn die Möglichkeit, 
daß er eine veraltete, aber noch im gewöhnlichen Gebrauch fort- 
lebende Einteilung wiedergibt, kann nicht bestritten werden ?. 

Die Westgrenze Ciliciens hat in römischer Zeit folgende 
Veränderungen erfahren. Nach Plinius (5, 93) ist der Melasfluß 
finis antiquus Ciliciae; den novus terminus gibt er merkwürdiger- 
weise nicht an, wir kennen ihn aber für die augusteische Zeit 
aus Strabo, nach dessen Zeugnis er sich weiter östlich, zwischen 
Ptolemais und Coracesium befand. Vor Ptolemaeus? ist die 
Grenze dann in derselben Richtung noch etwas weiter verschoben 
worden, in den Osten der Stadt Syedra, und dabei ist es nach 
Hierocles® bis ins 6. Jahrhundert geblieben. Wenn wir also die 
Stadiasmusangabe notwendig auf eine Provinzgrenze zu beziehen 
hátten, so würde sie in die rómische Republik zurückdeuten. Wie 
aber Ptolemaeus? zeigt, verlor die Gegend östlich vom Melas, 
als sie zu Pamphylien geschlagen wurde, ihren alten Namen 
nicht, sondern sie hieß innerhalb Pamphyliens auch fernerhin 
Κιλικία τραχεῖα, und man konnte daher auch während der ganzen 
Kaiserzeit sagen, daß Cilicien am Melas ende®. 

Die Westgrenze Pamphyliens befand sich (nach Strabo 9?, 
Ptolemaeus !? und Hierocles!!) während der ganzen Kaiserzeit im 
Norden von Phaselis. Wenn Mela!?, Plinius!3? und die Periegese 
des Dionysios!* Phaselis zu Pamphylien ziehen, so ist das nicht 
correct, erklärt sich aber daraus, daß die Stadt, wie Strabo an- 
gibt, dem Κοινὸν τῶν Avxlov selbständig gegenüberstand. 
Olympos, das ebenfalls noch östlich der “Ἱερὰ ἄκρα lag, rechnen 
alle Quellen zu Lycien. Die Angabe des Stadiasmus ist also als 
eine rein geographische aufzufassen, veranlaßt durch das weit vor- 


1) 705, 6 und 7 zu Cilicia II gehören Alexandria und Rhosus. 
2) Marquardt a. a. O. S. 388. 
3) Vgl. die lycisch-carische Grenze. 


4) 14 p. 667. 668. 670. 5) 5,5,3 und 5, 7, 1f 
6) 682 und 708. 1) 5, 5,83. 8) Vgl. auch Müller p. CXXV f. 
9) 14 p. 667. 10) 5, 3, 2. 5, 5, 1. 11) 683. . 12) 1, 79. 80. 


13) 5, 96. 100. 14) 854 f. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 249 


springende Kap, bei dem man den Beginn des Taurus ansetzte!, 
Eine Zeitbestimmung láfit sich aus ihr nicht entnehmen. 


Die letzte Küstenstadt von Lycien im Westen ist Telmessus 
im Stadiasmus wie bei Strabo?, Mela? und Plinius*. Zur Zeit 
des Ptolemaeus finden wir die Grenze bis gegen Caunos, das zu 
Asien gehört, vorgeschoben ? und im 6. Jahrhundert noch weiter, 
so daß Caunos lycisch ist9. Der Stadiasmus geht hier also mit 
den Autoren des 1. Jahrhunderts n. Chr, er folgt der älteren 
Abgrenzung, die Jahrhunderte gegolten hat und gewiß im ge- 
wöhnlichen Gebrauch noch fortlebte. 


Als Nordgrenze Cariens gilt bei den Geographen der frühen 
Kaiserzeit das Vorgebirge Poseidion (heute Kap Monodendri) 
südlich von Milet?, bei Ptolemaeus? und den Spüteren? der 
Mäander, nördlich dieser Stadt. Der Stadiasmus allein setzt 
Milet selbst als Grenzpunkt, sei es nun aus geographischen Rück- 
sichten oder wegen der Bedeutung des Hafens. 


Wenn wir zusammenfassen, so ist der Ertrag ja nicht groß, 
aber so viel scheint doch erwiesen, daß der Stadiasmus nach 200 
n. Chr. verfaßt ist (Coele Syria). Eine sichere untere Zeitgrenze 
fanden wir nicht, aber auch nichts, das nötigte, über das 3. Jahr- 
hundert hinauszugehen. 


Dieser Ansatz wird durch andere Beobachtungen, wie ich 
glaube, nur bestätigt. 


Während die Vorrede christlichen Charakter trägt, was Gail 


1) So muß auch Strabo 11 p. 520 — χατὰ τὰς Χελιδονίας (αὗται 
δ᾽ εἰσὶ νῆσοι χατὰ τὴν ἀρχὴν τῆς Παμφύλων παραλίας) und 14 p. 651 λέ- 
γουσι γὰρ ἀρχὴν εἶναι τοῦ Ἰαύροι τὰ ὑπερχείμενα ὄρη τῶν Χελιδονίων 
χαλουμένων νήσων, αἵπερ ἐν μεϑορίῳ τῆς Παμφυλίας xal τῆς “Λυκίας 
πρόχεινται verstanden werden. Die politisch genaue Begrenzung gibt 
14 p. 667. 

2) 14 p. 651 ἀρχὴ δὲ τὰ Δαίδαλα τῆς Ῥοδίας χωρίον — (vgl. p. 664) 
und 665. 

3) 1, 89 ἢ 4) 5, 101. 103. 5) ὃ, 2, 8 5,5, 1. 

6) Hierocles 684, 17. 685, 1. 

7) Strabo 14 p. 632. 651. Mela 1, 86. Plinius n. h. 5, 112 der 
sinus Basilicus. 8) 5, 2, 6f. 

9) Hierocles 687, 7 ff und die byzantinischen notitiae episcopatuum, 
vgl. z. B. die Tabelle bei Ramsay, Hist. geography of Asia Minor 1890 
S, 422. 


250 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


zuerst bemerkt hat!, enthält der eigentliche Stadiasmus gar nichts 
Christliches, erwähnt aber verschiedene heidnische Heiligtümer 
und Tempel, nämlich 4: ἱερὸν τοῦ Ὀσίριδος, 38: ἱερὸν τοῦ "Au- 
uovog, 49: ἱερὸν ᾿ἀφροδίτης, 103: βωμὸς Ἡρακλέους, μέγιστος 
καλεῖται, 297: ἱερὸν ᾿Αφροδίτης, 301: ἱερὸν "Appodienc, 318: 
ἱερὸν ᾿Αϑηνᾶς, 336: ἱερὸν Ἀπόλλωνος, 338: ἱερὸν ᾿Απόλλωνος, 
und ein Orakel 14: ἱερὸν ᾿“πόλλωνος, ἐπίσημον χρηστήριον. 
Das paßt für das 3. Jahrhundert besser als für das vierte. 

Die Städte- und Ortsnamen sind teilweise sehr verderbt über- 
liefert, und Müller hat sich um ihre Herstellung zweifellos ver- 
dient gemacht. Leider ist er aber lange nicht schonend genug 
verfahren. An vielen Stellen hat er ältere Namensformen für 
genau ebensogut bezeugte jüngere eingesetzt. Dadurch ist das 
eigentümliche historische Gepräge des Textes verwischt worden. 
8 254 ff hat der Codex nur die Form Τελεμενσός für die lycische 
Stadt, die Müller consequent durch TeAunooog ersetzt. Von 
Stephanus Byz. ist aber TeAeunoong als aristophanisch bezeugt, 
Τελεμήσσιοι haben die Tributlisten?, Τελεμησσός hat Strabo 14 
p. 665; die Byzantiner haben neben Τελμησσοῦ (Georgius Cypr.?) 
und Τελμισός (Hierocles*) Τελεμισσοῦ (notit. 8 und 9 Parthey) 
und auch TeAuevoov (notit. 3, 240). — Die Sporadeninsel heißt 
273 ff 6 mal “Μέρος, 282 zweimal Aspvoc, die erstere Form ist 
die gewöhnliche, klassische, die letztere ist aber durch byzantı- 
nische Zeugnisse ebenfalls belegt*. — 286 εἰς Bapßvilav und 
288 ἀπὸ Βαρβυλίων; in älterer Zeit heißt die Stadt stets τὰ 
Bepyvita, aber in den byzantinischen Notitiae? finde ich regel- 
mäßig BapßvAlov. — Der Name der cyprischen Stadt ist 311 
wahrscheinlich  Xo40vg und nicht Σόλους, 312 sicher Σώλων; 
der der cilicischen 165 und 171 wahrscheinlich Σώλους und 


1) Geographi gr. min. vol. II 1828 yp. 420. 432. So auch der Aus- 
druck μεγάλη ϑάλασσα für das Mittelmeer p.421f. Vgl. Orosius I, 2, 3. 
Ravennas I 2; 3; 16. V 24. 

2) JG I p. 104 n. 59. 3) ed. Gelzer. 4) ed. Burckhardt. 

5) Notit. 3, 567 ὁ “έρνης. Eustathius (12. Jahrhundert) zu Dionysius 
Perieg. 530 im Paris. 2708 “έρνος, Atovıoı (Müller, Geogr. gr. min. II 
v. 320). 

6) 3, 296. 8, 393. 9, 303. 10, 410. Basilii notitia (in Georg. Cypr. ed. 
Gelzer) 341 BeofgvAA(ov. Not. 13, 260 Βαργουλίου. Concil von Chalcedon 
BapyvAiov. 





Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 251 


Σώλων, dagegen 173 Σόλων. Die Schreibung mit o ist die gewöhn- 
liche, aber zu der cilicischen gibt Steph. Byzant.! dieNebenform Σώ- 
λείαν, und das cyprische heißt bei Georgius Cypr. 1104 Σώῶλοι.--- 312 
Kvonvaıov, 313 Kvenviov; der alte Stadtname ist Keovvera, da aber 
Hierocles 707,6, Georgius Cypr. 1106 und Nilus 185 (Parthey) Kv- 
ρηνία bieten, könnte höchstens die dem Stadiasmus allein eigene 
neutrale Form angezweifelt werden. — Bei den älteren Autoren, 
in den Inschriften und noch bei Ptolemaeus (3, 15, 3) heißt die kre- 
tische Stadt Ἱεράπυτνα, im Stadiasmus (319 und 320) Ἱερὰ Πύδνα. 
Letzteres finde ich zuerst bei Cassius Dio?, dann aber auch bei 
Hierocles 649, 7 und in den Notitiae, die ältere Form scheint 
abgekommen zu sein?. — Den Accusativ des Kaps und der Stadt 
in Syrien bildet der Stadiasmus Βαλανέας (129 und 137), den 
Genetiv dagegen Βαλανέων (130. 132. 137); das Femininum ist 
die ältere Form, das Neutrum die jüngere, die durch das Itine- 
rarum Antonini (148, 2), die Bischofslisten von Nicaea und Con- 
cilien des 5. Jahrhunderts, durch Hierocles bezeugt ist!. — Φά- 
6nAtc in Pamphylien schreibt der Stadiasmus nur Φάσιλις (226. 227. 
229) vgl. Georgius Cypr. 307 und Notit. 8, 359. — Die Sporaden- 
insel /Víóvoog heißt Nz6voog (272. 273) vgl. Notit. 3, 570 Nn- 
σούρων", Basilius 485a und die Nova Tactica 16989 Nnovpac. 
— Die kretische Stadt, welche in der älteren Überlieferung, bei 
Strabo und Ptolemaeus, Φοῖνιξ heißt, nennt der Stadiasmus einmal 
(328) ebenso, zweimal (328. 329) Φοινίκη vgl Hierocles 651, 1 
und Notit. 8, 230. 9, 139 (Φοινήχης). — Für den cilicisch-pam- 
phylischen Grenzfluß werden die ältere Form Meiag (213 f. 232) 
und die jüngere Weiavoc (213) nebeneinander gebraucht. — 
Diese Beispiele zeigen, daß im Stadiasmus jüngere Namensformen, 
die, teils an ültere angelehnt, teils neugeschaffen, in byzantinischer 
Zeit vorherrschend werden, bereits vorkommen. Ihn darum für 


1) Διονύσιος δ᾽ ἐν τρίτῳ Βασσαρικῶν Σώλειαν λέγει διὰ τοῦ ὦ τὴν 
πρώτην xtàÀ. 2) 36, 19 (Boissevain) ἐς Ἱεράπυδνα. 

3) Vgl. auch Müller p. CXXVIIL 

4) Vgl. Gelzer zu Georg. Cypr. 889 S. 153. Patrum Nicaenorum 
nomina edd. Gelzer Hilgenfeld Cuntz V 58, wo Gelzer das überlieferte 
Βαλανέων hätte stehen lassen müssen; III 58 Balaneorum. 

5) Sie kommt sonst in den Notitiae nicht vor. 

6) In Georgius Cypr. ed. Gelzer. 





252 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


nicht genötigt. In ein Werk, das für den praktischen Gebrauch 
der Schiffer bestimmt war, wie die Angaben über Häfen, Anker- 
plätze, Beschaffenheit der Küste, Fahrwasser, Fahrtrichtung, Trink- 
wasser usw. beweisen, mußten solche neuen Bildungen, die, ehe 
sie in der Literatur fixiert wurden, sicherlich im Volke umliefen, 
am frühsten eindringen. Charakteristisch scheint mir auch, daß 
Altes und Neues mehrfach nebeneinander steht. Mit keinem 
Jahrhundert verträgt sich das besser als mit dem dritten, der 
Zeit der Übergänge überhaupt. 

Endlich habe ich noch die sprachliche Seite des Stadiasmus 
zu berühren. Wer den Müllerschen Text liest, wird ihn ohne 
erhebliche Anstöße finden; aber der kritische Apparat läßt bald 
. erkennen, daß der Herausgeber viel zu viel geglättet und zurecht- 
gemacht hat. Zahlreiche Vulgarismen, die als charakteristisch 
für den Stadiasmus gelten müssen, sind beseitigt worden. Es 
handelt sich besonders um den Gebrauch der Präpositionen, auf 
den schon Gail! hingewiesen hat. Daß ἐπέ und εἰς als völlig 
gleichbedeutend beliebig verwendet werden?, daß ἐπί mit dem 
Accusativ steht auch ohne die Bedeutung einer Bewegung, will 
noch nicht viel besagen. Aber auffallend häufig — die Zahl der 
Beispiele wird durch meine Nachvergleichung noch vermehrt — 
findet sich ἀπό mit dem Accusativ, hauptsächlich bei Städte- 
namen, aber auch sonst vereinzelt Müller glaubt, daß solche 
vitia wie die letztgenannten erst im 10. Jahrhundert a librario 
prorsus rudi in unsern Text gebracht sein könnten (p. CXXIN. 
Aber dagegen muß man doch fragen, wie es denn möglich ist, 
daß der schlimme librarius nur im Stadiasmus seine Spuren zurück- 
gelassen hat und nicht auch in den mit ihm zusammengehörenden 
vorhergehenden Stücken. Nur in dem kleinen Abschnitt über 
die ὁρη ὀνομαστά (235) wird mehrmals εἰς mit ἐν gleichbe- 
deutend gebraucht. Aber gerade das gehört nicht zu den Eigen- 
tümlichkeiten des Stadiasmus, der nach Müllers Beobachtung 
nur ein einziges Beispiel bietet. Der Stadiasmus ist also, ebenso 


1) A. a. O. S. 4101 

2) Vgl. Miller, Journal des Savants 1844 p. 310. 

3) 8 117. 4) So & 14 ἀφ᾽ ἑσπέραν. 

5) $ 117 εἰσὶ yào εἰς τὸ πέλαγος ἐχεῖνο βράχη πολλά —. Für die 
Geschichte dieser sprachlichen Erscheinung vgl. Hatzidakis: Einleitung 
in die neugriech. Grammatik, 1892 s. 210. Beispiele aus dem Anfany des 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 953 


wie der Absatz über die ὄρη, eine Einlage, die der Verfasser der 
Chronik unveründert mit allen ihren sprachlichen Besonderheiten 
seinem Werk einverleibt hat!. Ist eine solche Sprache im An- 
fang des 3. Jahrhunderts möglich? Ich glaube wohl, gestehe 
aber, daf ich hier lieber einem Berufeneren, einem Kenner vul- 
gärer und später Gräcität das Wort erteilte. Die mir bekannten 
lexikalisch gesammelten Beispiele für ἀπό mit dem Accusativ be- 
ginnen allerdings erst mit dem 6. Jahrhundert, aber sie sind 
zweifellos mehr zufällig zusammengebracht. Es muß ferner auch 
beachtet werden, daß viele solche Fälle durch die gleichmachende 
Tätigkeit der Editoren aus den Texten verschwunden sein werden. 
Endlich sind Bücher von der Art des Stadiasmus nur selten. Für 
die Praxis bestimmt mußte er, auch wenn er ursprünglich in der 
Sprache der Literatur abgefaßt gewesen sein sollte, Vulgarismen 
weit eher und zahlreicher aufnehmen als die eigentlichen Literatur- 
werke. Aus diesen Gründen halte ich es durchaus für möglich, 
den Beginn der Bewegung in der griechischen Sprache, welche 
schließlich dazu geführt hat, alle Präpositionen mit dem Accu- 
sativ zu verbinden, nach dem Zeugnis des Stadiasmus schon in 
das dritte oder vor das dritte Jahrhundert zu datieren. Es wäre 
sehr zu wünschen, daß unsere Schrift, die ich für ein nicht un- 
wichtiges Denkmal volkstümlicher Sprache ansehe, einmal von 
dieser Seite eingehend behandelt würde. — 


Ich komme zum zweiten Teile meiner Aufgabe. Schon im 
November 1891 habe ich in Madrid die Handschrift mit Müllers 
Text und Apparat verglichen. Leider machten mir damals äußere 
Umstände eine nochmalige Überprüfung, die notwendig erschien, 
unmöglich. Um so lieber benutzte ich die Gelegenheit, im Juli 
1903, als der Codex sich in Graz befand, das Versäumte nach- 
zuholen. 





3. Jahrhunderts bieten die Hermeneumata Pseudodositheana (ed. Goetz, 
Corpus glossarior. lat. 111) p. 31, 27 ff. 37 f etc. 

1) Die übrigen Schriften des Hippolytos sind frei von solchen Ver. 
stößen gegen den classischen Gebrauch. 

2) Bei Sophocles, Greek Lexicon of the Roman and Byzantine 
periods, danach bei Hatzidakis a. a. O. 3. 224. Der älteste Fall der Reihe: 
Hermas, Visio 4, 1 fällt fort, da der Sinaiticus ὡς ἀπὸ σταδίου liest und 
nur das eine Apographon des Nimonides στάδιον, vgl. die Ausgabe von 
Hilgenfeld. 





254 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Die editio princeps des Stadiasmus ist die von Iriarte!. 
Auf ihr beruhen die Ausgaben von Gail? und Hoffmann? 
Nachdem die von E. Miller im Journal des Savants 1844 p. 300 ff 
veröffentlichte Nachvergleichung zahlreiche Berichtigungen zu 
Iriarte gebracht hatte, veranstaltete C. Müller auf Grund der- 
selben seine mit Commentar und Karten versehene, noch heute 
mafigebende Ausgabe‘. Leider gibt auch sie die Handschrift 
noch keineswegs getreu wieder. Daran ist erstens schuld, daß 
auch Miller noch manches übersehen und verlesen hat, zweitens 
aber — ich kann nicht anders urteilen — die äußerst geringe 
Sorgfalt Müllers. Nicht einmal Millers Collation hat er ganz 
verwertet, vielmehr an einer ganzen Reihe von Stellen ihre 
Lesungen übergangen oder ungenau wiedergegeben. Aber noch 
mehr! Er hat den lriarteschen Druck, der zusammen mit Millers 
Correcturen stets das Fundament der Ausgabe hätte sein müssen, 
höchst unordentlich benutzt. Um nur aus vielen Fällen den 
schlimmsten herauszugreifen: Müller ergänzt p. 440, 7 das Stück 
ἀπὸ Μενελάου εἰς Κατανεῖς usw: als ob es ausgefallen wäre, es 
steht aber in der Handschrift und bei Iriarte! Wenn er an 
dieser Stelle durch den Gailschen Text verführt sein mag, der 
den Absatz ebenfalls ausläßt, so lassen sich die übrigen der- 
- artigen Fehler nicht durch den Anschluß an Gail oder auch 
Hoffmann erklären, wie ich mich überzeugt habe. Aber es 
lohnt ja auch nicht, ihrer Entstehung nachzuspüren. Sie müssen 
beseitigt werden. Zahlreiche Iriartesche Lesungen werden da- 
durch wieder in ihre Rechte eingesetzt. 

Ich gebe nun im folgenden sämtliche, auch die kleinsten Be- 
richtigungen von Müllers Apparat, indem ich, wo es notwendig 
erscheint, einen kurzen Commentar hinzufüge. Was nach meiner 
Ansicht in den Text neu aufzunehmen ist, trägt einen Stern. 
Wo Iriarte schon das Richtige gelesen hatte, ist ein I beigesetzt. 

Möge meine Arbeit dem zukünftigen Editor des Stadiasmus eine 





1) Reg. bibl. Matrit. codices graeci vol. I 1769 p. 485 sqq. 

2) A. 8. O. 383) Marciani periplus etc. ed. S. F. Guil. Hoffmann, 
1841 p. 181 8qq. 

4) Geogr. gr. minores I 1855 yp. 427 sqq. 

5) Z. B. gibt Miller zu Müller yp. 453,1 ἡραχλέους, zu 468, 3 ay- 


χολῆς τ ἀγχόλα 10 ϑύϑνης, zu 482,3 σελαούσης; zu 431,4 ἀπὸ τῶν 
ἄντιφρ (s. unten S. 256), zu 499, 4 ev’ (s. unten S. 272), usw. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 255 


willkommene Vorarbeit sein. Die oben besprochene Art der Text- 
gestaltung, die Mangelhaftigkeit der kritischen Grundlage und das 
Alter der Müllerschen Ausgabe lassen eine Neubearbeitung sehr 
wünschenswert erscheinen. Diese hätte freilich auch den ganzen 
Commentar durchzuprüfen und neuzugestalten. Aus diesem Grunde 
mußte ich es mir versagen, die Arbeit selbst zu tun, denn sie 
ist nur da ausführbar, wo das notwendige große Material an 
Karten und Reisebeschreibungen vorhanden ist. 


427, 2 ἀδελφὲ, a corr. aus € 
428, 2 ᾿ἐπαχριβέστατα 1 9 *uéxouc I 

12 *yoavwag ὧδε 1, ganz deutlich 

Über die Vorrede und Müllers unnötige Änderungen und 
Ergänzungen vgl Bauer oben S. 128 ff. 


429 neben der Überschrift am Rand von erster Hand περὶ στα- 
διασμοῦ τῆς ϑαλάσσης 

1 Im Anfang des Stadiasmus und auch später noch öfter sind 
die Stadienangaben neben dem übrigen Text zu einer Columne ge- 
ordnet (Taf. IV), so daß bei Verderbnissen auch mit der Möglichkeit 
von Verschiebungen von einerStation zur andern, die in lateinischen 
Itineraren häufig sind, gerechnet werden muß. Mir sind solche 
allerdings nicht bekannt geworden. Meist stehen die Distanz- 
angaben im Text, wie es gerade trifft. — στάδιοι und seine Casus 
wird durchweg στὰ abgekürzt, in den Summierungen meist ota. 

4 χιλὶ ov μείξ C, also "ἀπὸ Χερσονήσου εἰς δυσμὰς λιμήν 
ἐστι ἀγωγῆς χιλίων οὐ μείζων ζ΄, was ich halten und übersetzen 
möchte: von Ch. westlich liegt ein Hafen von einer Last (einem 
Tiefgange der Schiffe), die nicht größer ist als 7000 (sc. modii). 
μείζων in μείζονος zu Ändern, ist nicht notwendig. Der Stil des 
Stadiasmus läßt eine solche Vertauschung der Beziehung des 
Adjectivs wohl möglich erscheinen. Der Ausdruck ist see- 
männisch kurz, aber verständlich. 7000 modii zu 8,733 kg sind 
61 131 kg; also nur kleine Schiffe bis zu 61 Tonnen Gehalt 
können den Hafen benutzen, für größere ist er zu seicht. Müller: 
ἀπὸ X. εἰς δυσμὰς — (λιμὴν ἐστι [φορτηγοῖς] ἀγωγῆς χιλίων 
οὐ μείζονος) --- [στάδιοι] 5’; aber, wie er selbst bemerkt, die 7 Sta- 
dien können nicht in die 1550 der ganzen Strecke eingerechnet 
werden. Das folgende ἀπὸ δισμῶν halte ich mit Müller für 


256 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


interpoliert. Gemeint ist also keine Station mit eigener Distanz- 
angabe, sondern ein Hafen nicht weit von Ch. (tour de Marabout), 
vielleicht Νικίου xo des Strabo (17 p. 799), das Mannert bei 
einem Landungsplatz 7 Stadien westlich von Ch. ansetzt. 


430, 3 Bài» 


5 und 431, 1 χε über « steht nicht der Circumflex (^), sondern 
ein Abkürzungszeichen. Ich lese "yo (vgl. 2. Β. τ = ro), was 
in den Text gehört, da der Ort nur noch bei Ptolemaeus 4, 5, 4 
als Χειμὼ (oder Xs?) xo vorkommt und eine Entscheidung 
für eine der beiden Formen einstweilen unmöglich ist. 


431, 4 ἀπὸ τὸ &vriQQ über o ein runder Klecks, wohl ein zu 
sammengelaufenes o, also ἄντεφρον. Z. 2 steht allerdings ἀντί- 
φρας, das durch Strabo 17 p. 799 geschützt wird, aber bei Hiero- 
cles 734, 2 ἀντιφρῶ und bei Georg. Cypr. 787 g ἀντίφρον oder 
ἄντιφρον. , 

ἐπι τὸ δέρο --- δέρρον 1. 482, 1 ἀπὸ τῆς deob — δέρρας. 
Strabo und Ptol. δέρρεις. Das letzte herzustellen, ist gewagt; ich 
möchte die Überlieferung nicht antasten. 

5 ἔϑερινου (nämlich χρόνου). 


432, 1 ξεφυρ — ζέφυρον 

2 Ἰσάλος 1, ist bald Masculinum (z. B. 438, 6), bald Ner 
trum (464,2. 472, 5), letzteres findet sich schon bei Aleman 
(Bergk, poetae lyrici graeci llI* S. 18 frg. 10). 

6 "τὸν πνιγέα vgl Z. 9. «Der Ofen», vgl. Itin. Hierosol. 
560, 1 ad Fornolus. 
433,3 *àg' ἑσπέραν I S Ἐἐστὶν I 

14 ἐστι ἔχων ix über der Zeile von erster Hand 

20 wohl ἔχων und nicht ἔχον 

21 avareıvov I, verderbt aus ἀνατείνοντες. Es bedeute 
was hier durch εἰς πέλαγος völlig deutlich ist: sich auf die Se 
hinausziehen. So auch 446,2, wo es Müller mit longe palens 
übersetzen will Navorasuosg wird nämlich bei Scylax (p 89 
Müller) λιμήν und πάνορμος, bei Ptolemaeus (4, 4, 3) λεμήν ge 
nannt, und das besagt auch schon der Name. Auf N. kann als 
σάλος ἐστὶν ἀνατείνων nicht bezogen werden. Ich erkläre e: 
Ankergrund ist da, der sich in die See zieht (so daß du, wenn 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 251 


du nicht in den Hafen einlaufen willst, dort vor Anker gehen 
kannst) Ebenso 483,1f ἀπ᾿ αὐτῆς (der sandigen ἄχρα Xao- 
πηδονία) ἀνατείνοντα βράχεα ὡς σταδίους x: von ihr ziehen 
sich Untiefen 20 Stadien ins Meer hinaus (so daß der Seefahrer 
so weit vom Lande halten muß). Gail will es hier mit surgere 
oder prominere übersetzen, aber das sind βράχη ὑψηλά (440, 9) 
oder μετέωρα (449, 3). 


435, 4 ζυφύρου 
436,5 *N Müllers Emendation steht also in der Hs. 


437,6 C, das Müller p. 436 mit einem sic begleitet, ist die 
regelmäßige Schreibung von σ΄ in der Hs. 


438, 2 "ἐν τῇ πρώτῃ 1 

4 ἔπετραοντα Scylax hat πέτρας-αντος, Ptolemaeus πέ- 
τρα, der Stadiasmus an 4 Stellen πετρεύων -οντος. Weder 
diese letzte Form darf man mit Müller corrigieren, noch die 
unserer Zeile, welche zwischen der des Scylax und der im Stad. 
üblichen steht. 

S ovxnv 1 9 συχὴ I 11 ovxag I, stets so accentuiert. 


439, 1 φάραγξ ἐστὶ ] 

6 & — αὐ I Für Alexandria — Petreuon sind überliefert 
2308 Stadien!, mit sämtlichen Correcturen Müllers sind es 
2890. Wenn man nur die nächstliegende Correctur von Z zu 
4, die beständig in der Hs. verwechselt sind, durchführt (an S 
Stellen), erhält man 2972. Aus solchen Zahlen kann ao' 1200 
schwerlich entstanden sein. Dagegen beträgt die Summe der 
uncorrigierten Posten zwischen Alexandria und Paraitonion 1214? 
und zwischen Paraitonion und Petreuon, wenn man 488, 4:150 St. 
mitrechnet, 12443. Eine dieser beiden Distanzen ist also an- 
scheinend gemeintí. 439, 5 u. 6 stand einmal am Rand (Müller 
p. 438) und dürfte ein nachträglicher Zusatz sein. 


440, 1 *rerpevovrog vgl. zu 438, 45. 
1) 429, 5: 7 St. fallt natürlich fort (s. oben S. 255 f), ebenso 438, 4: 
150 St. 2) Corrigiert 1550. 3) Corrigiert, ohne 438, 4, 1340, 
4) Von denen die erstere schon 434, 2 richtig angegeben wird. 
δὴ 439, 3 steht nergevovra, so Müller richtig p. 439, falsch p. 438 
περεύοντα. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 17 


258 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


6 πλατὺ von erster Hand aus πολὺ korrigiert 

7 "ἀπὸ μενελάου εἰς κατανέας OTA 0 προσφερόμενος ὄψει 
ϑινα λευχήν᾽ ὕδωρ ἔχει πλατὺ ἐν τῇ ἄμμω I, ausgelassen von 
Gail und Müller. Die von Müller vermutete Singularform 
χάτανις -εως ist nun nicht mehr zu halten. Der Ort kommt nur 
noch bei Ptolemaeus vor als χαταιόνιον ἄχρον (4,5,2). Die 
Distanz hatte Müller mit x’ nahezu richtig gefunden. Die 
kleine Differenz von 10 Stadien macht für die Abmessung der 
Strecke zwischen den nächsten fixierten Punkten KAapdauıc (Ras 
el Mellah) und ‘Avrixveyog (bei Marsa Tebruk) nichts aus. Um 
die Summe von 3550 zu erreichen, müssen anderswo 10 St zu- 
gefügt werden. 

9 παραπλέει I 


442, 1 "πετρεύοντος 1 vgl. zu 438, 4. 


444,1 τὴν φαίας 7 ναζαρίδος, v von erster Hand über der 
Zeile, neben ihm ist der Spiritus von a ausradiert, wobei ein kleiner 
Klecks entstand. Ursprünglich stand da also die richtige Form 
des Namens ᾿αζαρίδος (vgl Müller dazu), welche die erste 
Hand, durch die vorausgehende Corruptel verleitet, beseitigte. 

8 ζαρενὴν 


445, 1 ζεφύριον, ı in Rasur 
5 ἀφροδισίας 1 


446, 4 xagerovtov 


441 Überschrift: *xvonrvn Müllers Zusatz πεντάπολις ist zu 
streichen. 

1 ἀπὸ, über x ein verwischtes ὦ 

2 *óx av τοῖς — vx αὐτοῖς toic, von erster Hand corri- 
giert aus ὑπὸ τοῖς. Die Überlieferung χώμην ἔχει ὁρμίζουσαν 
ὑπ᾽ αὐτοῖς τοῖς ap ἑσπέρας ἀνέμοις gäbe nur dann einen Sinn, 
wenn man sie übersetzen könnte: ein Dorf, welches das Schiff 
vor Anker legt, d. ἢ. ihm Ankerplatz bietet, der gerade dem 
Westwind ausgesetzt ist. Doch läßt sich xo: schwerlich so 
mit ὁρμίζω verbinden. Ich möchte lieber schreiben: χώμην 
ἔχει" ὁρμίζουσιν κτλ. man ankert unter dem Westwind !. Diese 


1) Müller ὁρμίζοιο ἂν scheint mir nicht gut. Der Stad. gibt An- 
weisungen für die Fahrt sonst stets einfach im Imperativ. 


| "INDE M 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 259 


mangelhafte Beschaffenheit des Ankerplatzes wird dann noch 
weiter beschrieben durch den Zusatz: ὅρμος ἐστὶ ϑερινός, er ist 
nur im Sommer zu gebrauchen. Gerade von Phycus ab lenkt 
die Küste nach Süden um, so daß der Schiffer auf die West- 
winde mehr Rücksicht nehmen muß. 

4 vavot 


448, 2 ᾿ἴλος I, die Insel kommt nur hier vor. 
3 "τεύχειραν vgl. Müller über den Namen. 


449, 1 "πλεύσαντες (statt πλεύσας ἐς) 1 möchte ich trotz des fol- 
genden ὄψει halten, vgl. 473, 1 und 5. 485, 2. 


*/ Die bisherige Lesung c bot der Erklärung große Schwie- 
rigkeiten. Sie veranlaßte Müller, in 449, 1 ff eine Beschreibung 
des Hafens von Berenice (Bengazi) zu sehen. βραχέα soll gleich 
dem Vorgebirge Iuliana sein, das den Hafen im Süden begrenzt, 
und das schwarze Inselchen gleich der größten Insel bei diesem 
Kap. Aber erstens kann man von der kurzen Überfahrt von 
Bengazi nach luliana gewiß nicht sagen ὁ πλοῦς χάμπτεται, die 
Fahrt erhált eine andere Richtung. Ferner ist es auch sinnlos, 
zu sagen: nach einer Fahrt von 6 Stadien (1110 m) ὄψει ἄχρω- 
τήριον. Da ist man bereits dicht an dem Vorgebirge, das man bei 
der kurzen Distanz von Bengazi aus schon immer gesehen hat. 
Endlich sind 6 Stadien für die Breite des Meeresarmes etwas 
zu wenig; auch 7, was Müller angibt, reicht noch nicht ganz 
aus!. Die überlieferten 90 Stadien weisen uns nun vielmehr 
darauf hin, 449, 1ff als die Beschreibung der Fahrt von Teuchira 
(Taukrah) nach Berenice zu fassen. Da die Küste immer mehr 
in die Südrichtung übergeht, kann von dieser ganzen Strecke 
sehr wohl gesagt werden ὁ πλοῦς χάμπτεται. Βραχέα ist das 
Vorgebirge Adrian, das gegen Westen vorspringt. Es kommt 
nach einer Fahrt von 90 Stadien in Sicht, ist dann noch 80 
Stadien entfernt. Daß hier an der Küste Untiefen sind, gibt 
Müllers Karte an. Daher muß der Schiffer sich vorsehen und 
schon nach 90 Stadien Fahrt seinen Kurs mehr vom Lande fort 
nehmen. Das schwarze Inselchen zwischen Kap Adrian und 
Bengazi ist bei Müller nicht eingezeichnet. Der Schiffer sieht 





1) Auf seiner Karte (Karton auf tab. XX) sind dem Maßstab falsche 
Zahlen beigedruckt, 1 statt 5 usw. 


17* 


260 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


es in der Ferne, wohl an der gefährlichen Küste, liegen. Sollte 
es auch auf neueren Specialkarten nicht zu finden sein, müßte 
man annehmen, daß es inzwischen vom Meer zerstört und ver- 
schwunden ist. Es heißt ja auch ταπεινόν niedrig. 


452, 1 δινον, man könnte also auch an (uror Fell, Schild den- 
ken, vgl. die häufige Ortsbezeichnung ἀσπίς, an der großen Syrte 
im Stadiasmus 460, 1 und östlich von Carthago (Clupea). 

ἔχιϑον I, den überlieferten Accent zu ändern, liegt kein 
Grund vor. 

2 *s\ der Bogen hinter « ist etwas blasser als dieses. Das 
ist nicht az, woraus Gail «a machen wollte, denn ı wird als 
gerader Strich geschrieben, vielmehr = 1',. Müllers Her- 
stellung der Strecke Berenice—Boreion findet dadurch eine Be- 
stätigung. Daß der Stad. sogar mit halben Stadien rechnet, ist 
ein neues und nicht unwichtiges Ergebnis. 

3 ἁπαλὸς 

10 τοῦ steht in der Hs, I 


453, 1 ἡρακλὲ = "ἡρακλέους, so las schon Miller p. 305 Anm. 11. 
7 àxw I 


454, 1 ano τοῦ 0xorelov λίβαν I, bestätigt Müllers Alfa ἐν 
3 usonußvoiev 4 (von Müller falsch mit 5 beziffert) C I 
μαῖα I 
6 und 7 ἀστροχονδα 
7 *xopxodeıAov das erste o durch Rasur aus Q 10 ἔχορ- 
xodelAov Die gerade in diesem Worte so häufige Versetzung 
des Q ist nicht zu corrigieren. 


455, 6 *avvdoog ἐστιν Der Ort ist wasserlos. Es fehlt also 
nichts mehr. 

"7 χοζύνϑιον I 8 vgayéa I 

9 ἀπὸ τοῦ κχοζυνϑιου 


450, 4 ρπὲ (Müller in der Anmerkung oz»', Druckfehler; oxe I) 
458, 6 xopaxı 
459, 1 εὐφραντας 


1) Die Note bei Müller zu 8 66 ἀφ᾽ οὗ... ἔχει ὕδωρ gehört na- 
türlich zu $ 67. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 261 


460, 3 "ταριχαίων I 
462, 2 λεπτῆς ὃ λεπτὴν 

4 mc— do 1 — 4200. Leider ist der Text auch so noch 
nicht in Ordnung. Die uncorrigierten Posten der Strecke Arae 
Philaenorum — Leptis Magna ergeben 2350, die von Müller cor- 
rigierten 2990!. Die überlieferte Zahl könnte daraus nur durch 
schwere Verderbnis entstanden sein. Von Berenice nach Leptis 
Magna betragen die uncorrigierten .Ziffern 2526). + 2350 = 
48761, — ‚wog, die corrigierten 1787!/, + 2990 = 4777 — 
ὄφοζ. óc ist also vielleicht die leicht verderbte Summe dieser 
Reihe. 

5 Aextéov 1 τὸν ἕρμαιον Müller schreibt auf tab. XXI 
Hermaeum prom. ein, aber es könnte anstatt ἀχρωτήριον auch 
eine andere Ergänzung gedacht werden, z. Β. ὅρμον, λόφον, ναόν. 


463, 2 νεοσπορα 4 "ἐστὶν (das erste) I — 5 x4, * — πλησίον 
7 auapaıa 9 μεγερϑέων I 

464, 2 ἔσάλος I vgl. zu 432, 2. 3 ἀλάϑρης I 

465, 1 ἔέστιν T 3 ἐπὶ] "εὶς 1 
5 undıyya, ı durch Rasur aus ἢ 
8 (am Ende) *&orı δὲ ἐν I 


466, 1 λεπτέως I 
467, 1 ysoyéov χιδιφϑαν 
468, 3 ἀγχολῆς Ἑὰἁλιπόταν 

7 ἀγχύλα ἀαλιπότα der Spiritus ist nur ein Punkt und 
daher nicht zu erkennen 

xıdıp$a der Accent scheint gravis zu sein 

8 xtQxtva 

9 *unvıg I Da die gleiche Form des Namens bei Dion. Perieg. 
480 in einem Teil der Hss. vorkommt, móchte ich sie nicht in 
μῆνιγξ ändern. 

10 xeoxıvav ϑύϑνης 


469, 1 xeoxıvav 2 und 4 ϑαψόν I 
4 Boppav 7 Sapov 8 *dorıw I 
10 λεπτέων 1 ϑερμας 


1) Müller ergänzt die verlorene Zahl 401, 1 im Text richtig durch 
550 gv’, in der Tabelle p. 457 durch 650 y»'! 


262 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


470, 1 ἔχων I 


471,3 und 4 ϑερμα 
9 yalaßoavra . ἐπὶ] Ἐεὶς I 
11 χαλχηδόνα 1 
13 Ἐἐστί I 
15 χαλχηδόνα 1 


472,1 χαλχηδύόνος I 71 ΄οὐστίχων I 

Die große Lücke dahinter ist im fortlaufenden Text, nicht 
am Ende einer Seite. Der Ausfall ist also älter als die Hs. 

10 xapvac 12 xapvov 

14 *Baraveo» I vgl. oben S. 251. 


473, 2 "βραγχίων, das Vorgebirge der Fischkiemen. Müller kennt 
hier kein Kap, das gemeint sein kónnte. Vielleicht ist es aber 
doch möglich, auf neuen Seekarten eine entsprechende Örtlich- 
keit zu finden. Müllers Vorschlag, für βραχίων: Boayn ὡς zu 
schreiben, ist jetzt ganz unwahrscheinlich geworden. 

3 Ἐραλανέων 1 s. oben. 

5 "παραπλέοντες ] vgl. oben zu 449, 1. 

8 ἐπὶ (nicht εἰς) πελληταν 

9 πελλήτων 1 10 *&xovrı 1 Der Strand ist von einer 
Schlucht durchschnitten. 

καταὐφάραγγα | 
11 πελλήτων I 14 ig! gc) ἑξῆς 
16 "βαλανέων I s. oben. 17 5o 1 


414, 1 ἠραχλέαν ] 6 πόλιαν I 


415, 8 "ἀπὸ μαχρὰν νῆσον 1 

5 τρόπον] 1 "ἀπὸ τοῦ 1 

8 αὐτὴν 1 11 πνέοντι über dem ersten x ist eine schräg 
nach links hinaufgehende hasta ausradiert. Es stand also ur- 
sprünglich vermutlich ἔπλέοντι da. 

16 οὐριώτατα 


477,1 Ἐχιλιχιῶν 2 τοῦτό ἐστιν I 
418, 3*Z was Müller schon durch Conjectur gefunden hatte. 


479, 4 Ἐευϑυδρομοῦντι I 
5 τοῦ noAov vorov 6 alyalo» | 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 263 


7 σερετιλην Die Überlieferung des nur noch bei Ptol. 5, 7, 4 
vorkommenden Namens spricht dafür, ihn nur mit einem Q zu 
schreiben. 

ῥωσοῦ 1 Die Schreibung schwankt zwischen σ΄ und o, zwi- 
schen (005 und ῥδῶσος. 476,1 hat Müller mit Unrecht ῥώσ- 
σου herauscorrigiert. 

8 σερετίλην ERL του πολου VOTOV 

9 σερετίλλην 

12 ἐπάχραν 13 ,* — 1000 (nicht « = 1), wodurch die 
Stelle aber nicht geheilt ist. Etwa 100 St. scheinen erforderlich 
zu sein. 


480,2 uallov 3 πύραμον ποταμόν 1 


481,2 avrıo 4 διαραμ was ich mit Miller *dıapauevo lese 
und übersetze: sich weit (uaxpov) vom Lande entfernend. 
6 σώλους wohl eher ὦ als o (σώλους I), s. oben S. 250 f. 
10 στόμα τῆς λίμνης 
12 am Rand von erster Hand περὶ ταρσοῦ 
16 σώλων das erste « ist verkleckst, eher ὦ als o. S. oben. 


482, 3 σελαούσης, herzustellen ist ἐλαεούσης. 
12 της xAluaxos I 


483, 1 σαρπηδονίαν 

2 avarsıvov τὰ doch kann es, da der Zwischenraum nicht 
sehr groß ist, vielleicht als ein Wort gelesen werden. Vgl. zu 
433, 21. 

9 *rng oaprndoviag fehlt, I 

4 ἔχαρπασίαν Vgl. Strabo, Ptol, Steph. Byz. 

11 εἰς] *éxi 1 13 φιλαιαν 

17 *zırvovoa 1 Der Stad. schreibt den Namen stets nur mit 
einem 6, so auch die Acta Barnabae cap. 11 (p. 296, 10 Bonnet). 

τῆς] τῇ (τῇ ἢ 

18 ἔάχρων τῆς πιτυούσης I 

19 ἀφροδισιάδα (Druckfehler bei Müller) 


484, 1 ἔχον 

3 auf u' folgt ἀπὸ τοῦ ζεφυρίου ἐπάχραν καὶ πόλιν ἀφρο- 
δισιαδα στάδιοι μ΄ ἀπὸ δὲ τῆς σαρπηδονίας etc., was aus Müllers 
Anmerkung nicht leicht zu ersehen ist; I 


264 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


4 ὁ πλοῦς ἐπὶ τὴν xaxtivov Óvou στὰ Qx steht ganz deut- 
lich da!. Müller hat ἐπὶ --- δύσιν als sinnlos und verderbt ge- 
strichen; vielleicht stecke darin ἐπὶ τὴν Κελένδεριν, das weiter 
unten (8 191) fehle. Mit einer leichten Correctur ist aber ein 
Sinn herzustellen. Ich schreibe xapxlvov. Noch an zwei anderen 
Stellen wird ein Sternbild, das des Widders, zur Bestimmung der 
Fahrtrichtung benutzt: 491, 12 und 496, 20; auch sie sind von 
Müller arg gemißhandelt worden, der χρεοῦ durch ἡλίου ersetzt! 
Kein Zweifel, daß die Überlieferung in den Text gehört. Wir 
haben: 

1. Vom Sarpedonischen Vorgebirge (Lisán-el-Kahbe) nach 
Aphrodisias (porto Cavaliere) gegen den Untergang des Krebses; 
2. von den Chelidonischen Inseln (Khelidonia) nach Marium 
und dem Vorgebirge Acamas (Arnauti oder Epiphanio) auf 
Cypern und 3. von Rhodos nach dem westlichen Cypern gegen 
den Aufgang des Widders. 

Mein Kollege Carl Hillebrand, Vorstand des astronomi- 
schen Observatoriums der Grazer Universitüt, dem ich für die 
Freundlichkeit, mit welcher er mich bei der Untersuchung dieser 
Angaben unterstützte, auch hier meinen besten Dank sage, teilt 
mir dazu folgendes mit: 

„Ich habe die fraglichen Direktionspunkte für das Jahr 300 
n. Chr. gerechnet und bemerke dabei, daß einige Jahrhunderte 
früher oder später an den Resultaten nichts Wesentliches ändern. 

Als Ort des Widders habe ich α arietis, als den hellsten 
Stern, angenommen, was zweifellos richtig sein dürfte. Was 
den Krebs anbelangt, so sind die helleren Sterne von nahezu 
gleicher Intensität: der tatsächlich hellste, 8 cancri, steht sehr 
exzentrisch, während der nahezu gleich helle, ó cancri, so ziem- 
lich zentral steht; es läßt sich demnach die Eignung zur Re- 
prüsentanz des Sternbildes von vornherein keinem absprechen. 

Es ergibt sich: 
ad 1. für den Untergang des Krebses für die geographische Breite 
des Sarpedonischen Vorgebirges: 

1) Millers Betonung der Verdienste, die er sich um diese Stelle 
erworben haben will (ce passage est presque illisible, tant l'écriture est 
effacóe; je suis cependant parvenu à le déchiffrer etc.), ist einfach lächer- 
lich und geeignet, eine falsche Vorstellung von dem Zustande der Hs. 
zu erwecken. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 265 


B cancrı die Richtung: 

159 49' von Westen gegen Norden 
Ó cancri 
28036’ von Westen gegen Norden. 


ad 2. für den Aufgang des Widders für die Breite der Chelidoni- 
schen Inseln: 

a arietis die Richtung: 

11? 25° von Osten gegen Norden. 


ad 3. für den Aufgang des Widders für die Breite von Rhodos: 

a arietis die Richtung: 

110 23° von Osten gegen Norden.“ 

Ein Vergleich mit unseren Karten zeigt, daß auch unter 
Berücksichtigung der Verschiebung der Aufgangspunkte der 
Sterne von Süden nach Norden, die seit dem Altertum stattge- 
funden hat, die so exakt aussehenden Richtungen keineswegs 
zutreffen. Sarpedonisches Vorgebirge — Aphrodisias ist nicht 
Nordwest-, sondern Südwestrichtung, Chelidonische Inseln — Aca- 
mas und Rhodos — Acamas nicht Nordost-, sondern Südostrichtung. 
Es wäre aber sehr verkehrt, diese Fehler danach corrigieren zu 
wollen, denn sie kehren teilweise auf der ptolemäischen Karte 
wieder. Auch auf dieser liegt Aphrodisias nordwestlich vom 
sarpedonischen Vorgebirge! und der Acamas wenigstens um ein 
Geringes nordöstlich von Camirus auf Rhodos?, Von den cheli- 
donischen Inseln liegt der Acamas bei Ptolemaeus allerdings 
südwestlich ®, aber doch lange nicht so weit wie auf der moder- 
nen Karte. Ein charakteristischer Fehler in der Zeichnung der 
cilicischen Küste ist also beiden geographischen Schriften ge- 
meinsam, und in der falschen Verschiebung von Cypern nach 
Norden unterscheiden sie sich nur graduell. Es kann daher 
nicht bezweifelt werden, daß in den Stadiasmusangaben ein Teil 
des Materials vorliegt, auf das Ptolemaeus seine Kartenzeich- 
nung gründete, und das er jedenfalls für relativ zuverlässig und 

1) Ptol. 5, 7, 3. Ungefähr 340 von W. gegen N. — Vgl. auch die 
Wiedergabe der ptol. Karte für diesen Teil des Mittelmeeres bei Müller 
auf tab. XXIV und in seiner Ptolemaeusausgabe auf tab. XXIX. 

2) Ptol. 5, 2, 19 und 5, 13, 1. Ungefähr 30 von O. gegen N. 

3) 5, 3, 6 und 5, 13, 1. Ungefähr 13° von O. gegen S. 

4) Ungefähr 37°. 


266 . A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


für seine Zwecke brauchbar gehalten haben mul. An einen 
direkten Zusammenhang zu denken, verbieten schon die Diffe- 
renzen, wohl aber dürfen wir eine gemeinsame Quelle an- 
nehmen. 

Eine Zusammenstellung der übrigen Richtungsangaben, die 
sich nur im syrisch-kleinasiatischen Periplus finden, bestätigt 
das gewonnene Ergebnis. Mit den besprochenen drei Stellen 
gehóren wahrscheinlich noch die verderbten Worte 498, 9f zu- 
sammen: ἔστι δὲ ano Κῶ εἰς τὴν Δῆλον πλέειν τοῦ κύρου 
οὐρεώτατα ἀπηλιώτῃ. Müller setzt für τοῦ χύρου: ἐπὶ τὴν 
δύσιν τοῦ ἡλίου. Nach den eben angeführten Beispielen dürfte 
vielmehr ἐπὶ τὴν δύσιν τοῦ χριοῦ zu schreiben sein, was der 
Überlieferung sehr nahe kommt und sich auch dadurch empfiehlt, 
daß in ganz analoger Weise ebenfalls 491, 12 und 496, 20 die 
Angabe des Windes (οὐριώτατα ζεφύρῳ) angeschlossen wird. 
Der Untergang des Widders zur Zeit des Stadiasmus ergibt für 
die Insel Cos etwa die gleiche Richtung wie für Rhodos (s. oben). 
d. ἢ. ungefähr 11° von West gegen Nord. Die moderne Karte 
zeigt von der Stadt Cos nach Delos etwa 18°, die ptolemäische 
etwa 369?!, Der Stadiasmus ist in diesem Punkte also ziemlich 
genau und Ptolemaeus überlegen. 

Etwas allgemeiner gefaßt sind die folgenden Angaben: 

484, 5ff von Aphrodisias (porto Cavaliere) in Cilicien nach 
Cypern πρὸς ᾿Αχαιῶν (τὴν 4AvAuOva Hs) ἀχτὴν, κατὰ πρύμναν 
ἔχοντε (ἔχουσα πρὸς Hs) τὰ μέρη τῆς ἄρχτου. ᾿Αχαιῶν, das 
Müller nach Ptolemaeus 5, 13, 4 herstellt, ist sehr fraglich; ich 
möchte den Zusammenhang des Überlieferten mit dem Κελίχεος 
αὐλών (Ptol. a. a. O.) nicht mit derselben Sicherheit in Abrede 
stellen, wie er es tut. Vielleicht ist also die ganze Länge des 
Aulon hier gemeint. Aber auch für die Richtung Aphrodisias — 
᾿χαιῶν axın paßt der weite Ausdruck des Stadiasmus; ersteres 
liegt bei Ptolemaeus (5, 7, 3) unter 66°, letzteres (a. a. O.) unter 
66° 40 ?, 

181, 5 ff vom Pyramosfluß (alte Mündung des Dschihan bei 
Karatasch Burun) nach Soloi (Mesetlü Su) in Cilicien ἐπὶ τὰ πρὸς 


1) 5, 2, 19 und 3, 14, 24. 
2) Das überlieferte πρὸς könnte vielleicht auf τὰ πρὸς ἑσπέραν 
μέρη führen. 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 267 


ἑσπέραν μέρη τῆς àgxvov νότῳ. Das kann, zumal νότῳ dabei 
steht, nur Nordnordwest, hóchstens Nordwest bedeuten. Nach 
unseren Karten sind es nur etwa 16°, nach Ptolemaeus etwa 13° 
von West gegen Nord. Der Stadiasmus zieht hier also die Küste 
stark nach Norden zurück. Diese Eigentümlichkeit stimmt gut 
zu jener andern, oben hervorgehobenen, daß er Cypern noch er- 
heblich weiter nach Norden verschiebt als Ptolemaeus. Die klein- 
asiatische Südküste biegt bei ihm, wie es scheint, in einem Bogen 
nach Norden aus, in welchem Cypern liegt !. 

479, ; f? von Rhosos (Arsus) in Syrien nach Seretillis (bei 
der Mündung des Dschihan) in Cilicien ἐπὶ τὸν πόλον νότῳ 
(rov xoAov votov Hs). Die wirkliche Richtung ist etwa 45? 
von Nord gegen West, nach Ptolemaeus? etwa 31°. Der Stadias- 
mus muf ziemlich genau die Nordrichtung meinen, denn sonst 
würde er wohl einen Ausdruck wie 481, 5ff gebrauchen. Die 
bei Ptolemaeus vorhandene Abweichung in der Richtung gegen 
Norden findet sich also bei ihm verstärkt. 

Noch größer ist die Differenz von Ptolemaeus: 479, 4f von 
Myriandros (90 Stadien von Rhosos) in Syrien nach Aegaeae 
(Ajas) in Cilicien ἐπὶ τὸν πόλον νότῳ (toU πολου vorov Hs), 
wo jener die Richtung von etwa 40? von Nord gegen West gibt, 
die der Wirklichkeit ungefähr entspricht. 

Auffallend ist endlich wieder die Übereinstimmung mit Pto- 
lemaeus in der letzten hierhergehörigen Angabe 473, 16ff von 
Balanea (Banias) nach Laodicea (Latakia) in Syrien evdvdoououvrı 
AtvxorvOto ἐπὶ τὰ πρὸς ἠῶ τῆς ἄρχτου. Während die Küste 
tatsächlich nordnordwestlich gerichtet ist (etwa 23° von Nord 
nach West) und gerade bei Laodicea stark westlich vorspringt, 
legt Ptolemaeus Laodicea 10° östlich von dem Meridian von 
Balanea, Paltos und Gabala?, d. ἢ. auch er nimmt, wie der Sta- 
diasmus, eine nordnordöstliche Fahrt an. 

Meine Ausführungen sind, glaube ich, ausreichend, um den 
Wert der leider nicht zahlreichen Richtungsangaben zu erweisen; 


1) Müllers der heutigen Karte angepaßte Änderung ἀπηλιώτῃ vó- 
tov muß natürlich fallen. 

2) Die verderbte und von Müller stark geänderte Stelle 481, 1 ff 
lasse ich beiseite. 

3) 5, 14, 2 und 5, 7, 4. 4)2.2.0. 5) 5, 14, 2. 


268 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


zugleich enthalten sie aber auch eine scharfe Kritik des Müller- 
schen textkritischen Verfahrens. 


484, 8 ἐπὶ χωρίον auf Rasur 


485, 1 "εὐώνυμα 1 vgl. 502, 1. 

2 2109 vgl. 484, 1. 

4 Ἐπισουργιῶν 

10 und 11 "διονυσιοφάνους I. Der Name des sonst nicht 
vorkommenden Ortes wäre allerdings nicht richtig gebildet, aber 
vgl. διονυσιόδωρος ClGr 2079 und διονυσιοχλῆς im Marcianus 
des Athenaeus 3 p. 116d (Kaibel cap. 84). 


486, 3 xpouu *axoa 1 

11 ζεφελίοις und 13 ἀπὸ τοῦ ζεφελίου ] (letzteres). Der Ort 
hieß wahrscheinlich γνεφέλιον, wie Müller (nach Ptol. 5, 8, 2 
νεφελίς) herstellt. Z. 11 halte ich aber den Nominativ für un- 
möglich, denn was soll ἐπὶ ϑαλάσσης bedeuten? Es wäre gänzlich 
überflüssig, da es sich ja überhaupt nur um Seeplätze handelt. 
Den Schlüssel zur Erklärung gibt 487, 6 (s. unten). Ich schreibe 
danach auch hier den Genetiv γνεφελίου. 

13 Ῥνησιαζούσης 1, ist als Eigenname groß zu schreiben. 


487, 4 "ἃς — ασ' 1. Die direkte Entfernung Selinus (Selindi) — 
Acamas (Hagios Epiphanios) beträgt allerdings, wie Müller 
richtig feststellt, nur etwa 700 Stadien (ψ΄), aber, wenn man unter 
Berücksichtigung der Gewohnheit der Alten, möglichst lange in 
der Nähe des Landes zu bleiben und die Überfahrt möglichst zu 
verkürzen, von Selinus zum Vorgebirge Anemurion, hinüber zum 
Crommyon und die cyprische Küste entlang zum Acamas mißt, 
kommen etwa 1200 Stadien heraus. Auch Strabo 14 p. 682, 
der 1000 Stadien für diese Strecke rechnet, stützt unsere Über- 
lieferung. 

θυ. 7 ἐπὶ χωρίον λεγόμενον ἐπε ϑαλάσσης λαέργου 1. Ich 
ändere nur mit Strabo p. 669 und Ptol. 5, 5, S das y des Namens 
in v und übersetze: zu einem Orte, der heißt Küstenstation 
von Laertes. Laertes selbst lag nämlich nicht an der See, Strabo 
nennt es φρούριον ἐπὶ λόφου μαστοειδοῦς ὕφορμον ἔχον, und 
Ptolemaeus legt es ins Binnenland. Am Strand hatte es einen 
Vorort, und diesen meint der Stadiasmus. àxi ϑαλάσσης A. steht 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 269 


für τὰ ἐπὶ ϑαλάσσης A. Ebenso scheint auch Δεφέλεον (486, 11) 
von seiner Schiffsstation (rà ἐπὶ ϑαλάσσης Νεφελίου) entfernt auf 
einer Hóhe gelegen zu haben. 

9 ἄννησιν der zweite Buchstabe ist ein v oder ein v. Der 
Ort wird sonst nicht genannt. Er ist die Küstenstation der hóher 
gelegenen Stadt Hamaxia vgl. Strabo 14, p. 669 Auaßia, ἐπὶ 
βουνοῦ χατοιχία τις ὕφορμον ἔχουσα, ὅπου κατάγεται ἡ ναυπη- 
γήσιμος $43. Falls wir es nicht mit einem Eigennamen zu tun 
haben, könnte man vielleicht, wie Heinrich Schenkl mir ver- 
mutungsweise vorschlägt, εὐνησιν schreiben. εὐναί sind die aus 
Homer bekannten Ankersteine, εὐνησις wäre der Ankerplatz. Nach 
Steph. Byz. gab es eine Stadt Evvai in Carien und Evvala in 
Argos, nach Diodor 23,2 τὰς καλουμένας Εὐνεῖς bei Messana. 
Doch steht freilieh von diesen Orten nicht fest, ob sie an der 
See lagen. 


χωρίον] Y 


488, 5 xußeovan» I 6 χυβέρνης 1 ναοῦ 1 

7 *uéAavor vgl. oben S. 251. 

11 εἰς oldnv) εἰσίδην 

15 *ac = ασ΄ I Von Side (Eski-Adalia) zum Acamasvor- 
gebirge (Hagios Epiphanios) messe ich direkt etwa 1060 Stadien, 
wie Müller. Wenn die Fahrt aber zuerst noch ein Stück an 
der Küste blieb, etwa bis Coracesion, und dann erst nach Cypern 
hinüber lenkte, kommen etwa 1200 Stadien heraus. Die Zahl 
läßt sich also verteidigen. 


489, 7 ρουσχοποδα 


490, 6 ὕπερ 9 Ἐφασίλιδος vgl. oben S. 251. 
491, 1 ἐπί χώρας ποσιδαρισοῦντος (ἐπὶ) ganz deutlich 
7 μελανο I χελιδονι 
12 οὐριώτα I 
14 *ac — a6 1 Vom Vorgebirge Anemurion (Anamaür) 


zu den Chelidonischen Inseln (Khelidonia) messe ich direkt etwa 
1170 Stadien. Damit sind Müllers Vermutungen zu dieser Stelle 
erledigt. 


492, 2 ἐπὶ tauov I 


970 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


493, 2 *aro σόμηναν 1 vgl. oben S. 252 ὃ Die Stadt heißt also 
im Stadiasmus ἡ Zounve. Wenn bei Steph. Byz. mit Σίμηνα, 
πόλις Avxíac, οὐδετέρως ein und dieselbe gemeint ist, schwankt 
der Name zwischen Femininum und Neutrum, wofür es auch 
andere Beispiele gibt. 

5 μεγεστην (μεγέστην) und 6 μεγέστης 1 Die Insel wird 
sonst, bei Scylax, Strabo, Ptolemaeus, Plinius, μεγέστη genannt. 
Ob die Lesart des Stadiasmus trotzdem als eine vulgäre oder 
späte Nebenform gehalten werden kann, weiß ich nicht. 

9 πάταραν I Die Stadt heißt 493, 11 und sonst überall, 
auch in den Notit. episc. und bei Georgius Cypr., τὰ Πάταρα. 

13 "ἀπὸ ποταμοῦ 15 xvórov 


494, 3 *xaAaBavtiov Der Ort, der nur hier vorkommt, hieß also 
7 xalaßavria oder ai xalaßavriaı. 

3 περδικιας und 4 nepdıxıo» Steph. Byz. Περδίχια οὐδε- 
τέρως, χώρα καὶ λιμὴν Avxlac. Also ai Περδικίαι oder ra 
Περόδίκια. 

6 ἐπὶ] "eic I 

8, 9 und 11 ἔτελεμενσοῦ I (nur 11 reAuevoov) vgl. oben S. 250. 


495, 1 eis τὸν xoyAtav 6 ἔτῶν καυνίων 
11 *aro πασάδαν 12 *àxó καῦνον vgl. oben 8.252 f. 
13 Atuxoxayov 


496, 7 μαελὸν, e ist von erster Hand durch Rasur und Correctur 
aus A(?) hergestellt 

8 *rov βυζαντιου 9 auf dem Rand von erster Hand 
περὶ τῆς ῥόδου 

10 χάλωνα bis auf den letzten Buchstaben in Rasur (erste 
Hand) 

12 Bnovrov 13 Ἰσιδῶνα 1 

20 οὐριωτὰ Cvpvoo 

23 εἰς] *éxi 1 


497, 4 τιλον 9 χαρπασου 
7 xo S χῖον ] 
15 *vnovpov 1 vgl. oben S. 251. *aorvuraialav I 
16 xo 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 271 


17 xai τὴν ἀμουργὸν etc. folgt gleich hinter Adpov, was 
bei Müller nicht deutlich 1st. — In demselben Satze: *tor 
λάβε] Ἐσχύλαιον I 


498, 2 ἀλικαρνασὸν der Spiritus nur ein Punkt 

3 ἀλικαρνασοῦ 

5 xo 6 xo 

8 elc oauov δια πόρου (διὰ). διὰ πόρου ist an dieser Stelle 
unverständlich.” Von Cos nach Samos kann man 1000 Stadien 
nur dann rechnen, wenn man Calymnos, Leros, Patmos anläuft. 
Dagegen fehlt in der folgenden Zeile ein Ausdruck, der die in 
8 280 und 281 enthaltenen Fahrten allgemein charakterisiert und 
den Gegensatz zu 499, 3 ἐὰν δὲ ϑέλῃς διὰ νήσων πλέειν bildet. 
διὰ πόρου ist also falsch eingeschoben, stand vermutlich ur- 
sprünglich als Spitzmarke vor ὃ 280, wohin es wieder zu ver- 
setzen ist, und bedeutet die direkte Fahrt durch das Meer im 
Gegensatz zu der von Insel zu Insel. 

9 χῶ 

10 ουρειωτὰ 

àxgAwtg 1 στᾶ 
13ff (in Müllers Anmerkung) xai xıvapav (τὴν fehlt) 
»]*H-m- μήκων -- μήχωνον 

Müllers Herrichtung von $ 280 ist sehr gewaltsam. Er 
scheidet xal Kivapav — εὐωνύμος hier aus und schiebt es in 
S 273 ein. Es ist aber an unserer Stelle sehr wohl am Platz, 
während bei Müller eine große Lücke zwischen Patmos und den 
Melantischen Klippen entsteht. Um einen Sinn herzustellen, 
muß nur anstatt des xal zwischen Πάτμον und Kivapa» einge- 
setzt werden: ἐκ τῶν εὐωνύμων δὲ τὴν. Zur Rechten bleibt 
Hypsirisma, Calydna, Leros, Patmos, zur Linken Cinara und 
Amorgos. Den folgenden Satz xai πλεύσεις ἐπὶ τῆς Aovovons 
σταδίους 7 εὐωνύμος fasse ich nicht als Angabe der Distanz 
Cos — Donusa, sonst müßte η΄ etwa aus i» 700 verderbt sein. Er 
gibt vielmehr die Richtung der Fahrt!: Du mußt auf Donusa 
halten 8 Stadien zur Linken. Der Schiffer fährt 8 Stadien von 


1) Auch in $ 273 erscheint Donusa als wichtiger Richtungspunkt 
der Segelfahrt, 


272 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


der Insel entfernt, zwischen ihr und Naxos hindurch. Auf der 
weiteren Fahrt bleiben nach der Hs. die Melantischen Klippen zur 
Rechten, Mykonos und Tenos zur Linken, so kommt man nach 
Delos. Dabei ist die Nennung von Tenos überhaupt auffällig, 
die immer voraussetzt, daß im weiten Bogen um die Nord- und 
Westküste von Mykonos gefahren wird anstatt auf dem kürzesten 
Wege an der Südküste vorüber. Ferner muß Taro» mit dem 
Zusatz &x δεξιῶν (Müller ἐκ δεξεῶν ἔχων) versehen werden. 
Es ist mir daher wahrscheinlich, daß die Worte 2x τῶν εὐωνύ- 
μων xai τείνων nichts anderes sind als die hinter Πάτμον aus- 
gefallenen, die am Rande nachgetragen und endlich an falscher 
Stelle eingeschoben und leicht verderbt wurden. Nimmt man 
sie heraus, so ist alles in Ordnung: die Melantischen Klippen 
und Mykonos bleiben nun rechts. 


16 ἀττικῆς 17T τῆςτελέρου = τῆς te Μέρου 


499,2 xudvov I 3 nic 

4 Ἐλέρνον 1 vgl. oben S. 250. 

4ff auch hier wird, wie im Vorhergehenden, regelmäßig 
or& geschrieben. 

4 *CN — ov Müllers Emendation steht also in der Hs. 

250 ^ sind etwa die Distanz von der Stadt Cos oder von der 
Nordküste der Insel, 350 oder 320 St. (498, 6 und 499, 15) von 
der Südküste nach Leros. 

5 *4ceorov ] λέβιν — λέβινϑον 

1 χινάρων 1 Da der Name sonst zwischen Kivagor (Accus: 
499, 6; Athen. 2 p. 71c (Kaibel cap. 84) Klvapov καλουμένην 
νῆσον; Plut. de exilio c. 8 Kívagov σκληρᾶν) und Kivapı (498, 
13, Mela 2, 111, Plin. 4, 69) schwankt, kann vielleicht auch die 
Pluralform gehalten werden. 

91f (in Müllers Anmerkung) die Worte xal ὁ παράπλους eic. 
folgen sogleich hinter Z. 8 và πέρατα ora πε΄ (80 auch 1), und 
es kommt ἀμουργίας also hier nur einmal in der Hs. vor, nicht 
zweimal, wie Müller angibt. Das zweite Mal ist es seine 
Conjectur. 


χορσίας ora πὲ 1 Der stark verderbten Stelle wird durch 
die Berichtigung der Zahl nicht geholfen. . 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 273 


18 ἀμαζώνιον 1 19 ἀμαζωνίου 1 
20 ayng der Spiritus asper scheint sicher ἀμαζωνιου 1 
21 *dnAo» vgl. oben S. 252 f. 


500, 3 επαχρωτηριον 5 ἔτῆς ἄχρας 
8 *ix ρεγέας Ἐπεταλέας 1 Sonst nur noch bei Strabo 
(Πεταλία) und Plinius (Petaliae) genannt. Da so wenige Zeug- 
nisse vorliegen, ist das e zu halten. | 
9 ἐπαν»ίημι 1 und ἔχδηλα I stehen auch in der Hs. 
12 Ἐμίνωαν I vgl. Steph. Byz. s. v. ἀμοργός. 
22 δονουσαν 
24 *rovc μελανϑίους σχοπέλους 


28 χατέλι 


501, 1 "ἀπὸ πάνορμον vgl. oben S. 252f. 

3 Bapfvir 4 *laoco? 1 vgl. Z. 6 

6 *àxi v axoltav = ἐπὶ τὸν ἀχρίταν (τὴν ist τὴ. axpitav 
identificiert Müller mit der von Agathemerus genannten Insel 
Acrite (Arki), und da diese vom Vorgebirge Posidium 240 St. 
entfernt sei, setzt er ἀπὸ Ποσειδίου anstatt ἀπὸ Ἰασοῦ in den 
Text. Aber bei Agathemerus (ὃ 18, Müller vol. II p. 479)! heißt 
die Insel ^4oxiri; (ἀρκίτιν Hss), und diese Form wird durch 
den heutigen Namen geschützt (Müller). Ferner sind vom Posi- 
dium (Kap Monodendri) nach Arki nur etwa 200 St. Weiter 
muf Müller, um seine gewaltsame Ánderung überhaupt zu halten, 
annehmen, daß die Zeile nachträglich eingeschoben worden ist 
und das, was zusammenhängend über lasos gesagt war, zer- 
sprengt hat. Nun kommt endlich noch hinzu, daß ἀχρίταν als 
Masculinum in der Hs. steht. Die Gleichsetzung mit der Insel 
ist daher aufzugeben. Was ὁ Axpitas („Hohenfels“) ist, läßt 
sich daraus erschließen, daß das südlichste Vorgebirge in Messe- 
nien (Kap Gallo) diesen Namen führt? und noch ein Kap in 


1) Müller zu unserer Stadiasmusstelle: Acrite insula apud Aguthe- 
merum I, 14 a Patmo distans dicitur stadia 100; aber Agath. mifit nicht 
von Patmos, sondern von den Corsiae 100 St. nach A. Der Irrtum 
Müllers ist mit dem falschen Paragraphen in Pape-Benselers Lexikon 
und Pauly-Wissowas Realencykl. (G. Hirschfeld) übergegangen! 

2) Ptol. 3, 14, 31 Axoitas ἄκρα, Strabo 8, 359 ὁ "Axoítac, Pausan. 
IV 34, 12 πρὸς τὸν ᾿Αχρίταν καλούμενον. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 1 18 


274 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Bithynien südlich von Chalcedoni. Wie die Dorer den Namen 
aus dem Peloponnes in das Gebiet ihrer Colonie am Bosporus 
übertragen haben, so auch in ihre carischen Besitzungen. 4χρί- 
τας muß also ein Vorgebirge der Halbinsel von Halicarnassos 
sein. Damit erhält die Stadiasmusstelle einen guten Sinn: erst 
wird die Nordseite der Bucht von Iasos gemessen, dann die Süd- 
seite. Bei direkter Fahrt reichen 240 St. von lasos bis Myndos. 
Dort also oder etwas weiter nordöstlich suche ich den 4xoírac. 
Ein Name für eins der Vorgebirge dieser Gegend ist meines 
"Wissens sonst nicht überliefert. 

8 *09ev ἐστὶν steht ganz deutlich da? 

15 σαμὶ — σαμον 


502, 1 χυπρὶ = χυπρον Ἐξυώνυμα I 
5 vovuevıov 1 ϑλίβε δεξια 

12 μαϑουστα 

14 *xagaíag Der Ort wird sonst nirgends erwähnt, die hand- 
schriftliche Überlieferung ist also einzusetzen. Sie gibt nun aber 
auch ein topographisches Bild: χαραίας sc. ἄχρας die kuppenartigen 
Höhen. Das Kap ist also von bergiger Beschaffenheit. Nach dem 
Text soll es 40 St. óstlich vom Vorgebirge Curias (Capo di Gatta) 
liegen. Aber der Reihenfolge gemäß sollte man, wie Müller richtig 
sagt, anstatt Curias vielmehr Amathus erwarten, und ferner trifft 
man 40 St. von Curias einen flachen Strand mit Salinen. Auch 
Kap Kiti ou des Salines, 240 St. von Amathus, wo Müller Cargaeae 
ansetzt, ist nun ausgeschlossen, weil dort die Berge fehlen. Es 
ist also aller Wahrscheinlichkeit nach an der gebirgigen Küste 
östlich von Amathus (Palaeo Limisso) zu suchen. Ob sich 
gerade in der Distanz von 40 St. von dieser Stadt eine Stelle 
findet, die alle Bedingungen vereinigt, ein bergiges Kap mit 
Hafen und Trinkwasser, vermag ich nach meinen Hilfsmitteln 
nicht zu beurteilen. Lapie gleicht es mit Kap Pirachisia oder 
Pyrochizia 100 St. östlich von Amathus. 

1) Ptol. 5, 1, 2 "4xoírag ἄχρα. Μένιππος ἐν περίπλῳ Βιϑυνίας bei 
Steph. Byz. s. v. Χαλχηδών: ἀπὸ δὲ ταύτης (Chalcedon; ἕως τοῦ Axoltov 
στάδια ξ΄. 

2) Millers Bemerkung zu der Stelle: «Nous n'avons pas les moyens 
typographiques pour reproduire la physionomie de ce passage du manu- 
scrit», ist ebenso zu beurteilen wie jene zu 484, 4 (8. oben). 


Der Stadiasmus Maris Magni, von O. Cuntz. 215 


503, 1 σαλαμῆνα 3 σαλαμῆνος 

7 "ἐπιχαρωπὸς I 

15 ἔρημον wie Gail herstellte 

16 *xoouvaxoo I μελαβρόν I (bei Müller verdruckt) und 
504, 1 *usAaßpov Der Ort kommt nur im Stadiasmus vor und 
bleibt daher die Accentuierung unsicher. 

Ἐσώλους wahrscheinlich ὦ und nicht o oder « (die Tinte 
ist zusammengelaufen) I und 3 *soAowp 1 vgl. oben S. 250 ἢ 

3 "xvonvar — xvonvarov und 

5 *xvonvlov vgl. oben S. 251. 

13 xovoraxlov das erste o hat die erste Hand nachträglich 
unter v gesetzt 

15 ἀσκαλωνα 


505, 2 ἀνέχων 
506, 1 *Aeßnvar 1 3 λεβῆνας 1 

ἄλας vgl. 507, 1 ἁλῶν. Der Ort heißt hier also ἅλες oder 
@Acı. Im übrigen variiert seine Schreibung sehr. In der Apostel- 
geschichte wird er Aacaı« oder AAaooa (lat. Thalassa) genannt. 
Weiteres bei Müller. 


507, 6 oovAnvag der Acutus ist von erster Hand aus einem Cir- 
cumflex corrigiert 
7 ψυχεα 


508, 3 ἔφοινίχης I vgl. oben S. 251. 

510, 3 *aro χριοῦ μέτωπον 1 vgl. oben S. 252 f. 
9 galavoapav 7 tovoayovoa 
9 σταδίων ist hier ausgeschrieben 
10 ἀγορὰν 


511, 4 ἐστι (das erste) I 

5 uvgtiàog wie Miller richtig angibt. Die Vermutungen, 
die Müller an Iriartes falsche Lesung μαρτῖλος knüpft, sind 
damit hinfällig. 

6 *ayvelov Danach ist 511,3 ἀγνεῖον herzustellen, was schon 
Müller vermutet hatte. 

9 xaradevdo — κατάδενδρον 


512, 7 πεζὴ "ὁ τόπος ulvo 1 
18 


276 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


9 Die Zahl ist, wie mir scheint, ev’, doch könnte man viel- 
leicht o7 lesen. Da aber die Zahlen des kretischen Periplus 
sämtlich auf 5 Stadien abgerundet sind, ist ersteres sicher, was 
auch mit der tatsüchlichen Entfernung ungeführ stimmt. 


513, 3 ᾿ὑδραμὸν Die Stadt wird nur noch von Steph. Byz. als 
vópaula erwähnt. 

5 πεζὴ 

7f ἐντεῦϑεν --- v steht in der Hs. I. Müller, der die Worte 
als zu 8 346 gehóng ansieht, hat sie in eckige Klammern ge- 
schlossen, als ob sie eine seiner eigenen Ergünzungen würen. 


514, 7 εἰς σολοῦντος | 

11 "χαμάραν 1 12 χητιαν 

13 hinter δὲ ist eine Rasur, in der 2 oder 3 Buchstaben Platz 
haben. 

16 auuovıov l Die Schreibung schwankt zwischen σαμοώνιον 
und σαμμώνιον vgl. Müller zu 505, 1. Also ist hier letzteres 
herzustellen. 

17 χρὴ 

Am Ende steht von der Hand des Laskaris der Custos 
* ἀχρωτὴ = ἀχρωτήριον I, der geschrieben wurde, als die Hand- 
schrift noch vollstándiger war, und daher das letzte Wort des 
Textes sein muß. Man möchte darin den Anfang eines Zusatzes 
zu Σαμμώνιον sehen. Aber dieses Vorgebirge ist 505, 1 ff schon 
ausführlich beschrieben, und darauf wird hier zurückgedeutet. 
Der Anfang eines neuen Paragraphen kann es aber auch nicht 
sein!. Unter diesen Umständen halte ich es für wahrscheinlich, 
daß der mit ἀχρωτήριον beginnende Quaternio nicht unmittelbar 
an den letzterhaltenen anschloß, sondern von ihm durch eine 
Lücke getrennt war. 


1) Folgen könnte entweder eine Summierung der ganzen Umfahrt 
von Kreta (wie bei Cypern) oder Überfahrten von Kreta nach anderen 
Lündern oder endlich eine neue Überschrift. 


Indices. 


I. Geographische Indices. 


(Die Zahlen bezeichnen die Capitel, die eingeklammerten die Nummern 
der Listen im Text des Hipp. S. 26 ff; die S. 243 ff erwähnten geographi- 
schen Namen aus dem Stadiasmos sind nicht aufgenommen.) 


A. Völker und Länder. 


Ἀβραάμ, τὸ γένος τοῦ Αμαξόβιοι 222 (1) Βαβυλωνία 50, 90, 194 
174 ᾿Αμορραῖοι 200 (36) (4) 
Ἀδιαβηνοί 226 | AmovAovaroı 215 (δ) Βαιτιχοί 219 (2) 


᾿Αδριανή 84 (32) "Aoaßes 178, 205, 220,| Βάχτρα 47, 188, 195 
Αἰγύπτιοι 95, 110, 132(8), | 227, ol πρῶτοι xaAov-  Βαχτριανή 104 (2) 
135 (2), 200 (16) μενοι 190 (14), devre- | Βαχτριανοί 177 
Αἴγυπτος 133, 136, 138,' ov 190 (16), πρῶτοι; Βάρδουλοι 221 (2) 
156, 188, 196, 239 | xal δεύτεροι 200 (—), | Βάσαντες 80 (42) 
Αἰϑίοπες 91, 132 (1), 140,| οἱ Eidaluoves 200. : Báoxovegc 219 (4) 
πρῶτοι 104, πρῶτοι xai | Ἀραβία 235 (9), ἡ ἀρχαία | Baoraovic 81 (15) 








δεύτεροι 200 (4) 194 (8), ἡ Εὐδαίμων | Bactaovol 80 (22) 
Αἰϑιοπία 136, 156, 196,| 194 (11), 205 Βελσικοί 220 (2) 

200 (26), 239, ἡ βλέπου- | ’Apadıoı 126 Βέρδηλοι 221 (4) 

oa x«t Ἰνδούς 139, | Apsıavoi 180, 190 (5) | Beacot 200 (48) 

ἑτέρα Aldıonla 140 |“Auxades 208 (2) Bnocvol 232 
Alttaı 165 Aousvia μιχρὰ xal ut-| Βιβρανοί 200 (58) 
Αἰἱμηλίσιοι 215 (2) ᾿ς ydày 84 (4) Βιϑυνία 151 (25) 
Αἰολεῖς 208 (4) Ἀρμένιοι 68, 80 (3), 82 Bi9vvot 132 (18), 209 (2) 
Αἰολία 151 (24) | (6), 200 (54), 232 Βοιωτία 84 (23), 235 (6) 
Αἰτωλία 84 (24) Ἀσία 88 (12), 210 Βοιωτοί 208 (3), 213 


Axapvavia 84 (28) ᾿σιανοί 200 (67), 209 (4): Βοσπορανοὶ 200 (65), 232 
Axovarıvol 80 (40), 200 [Ἄσπορες 8. Καλλαιχοί | Βοσπορινή 84 (10) 


(70) Aoovoia 194 (6) Βρεταννοί 80(47), 200 (7) 
Alaboveis 163 Ἀσσύριοι 161, 190 (6), | 
Alauocıvol 184, 227 | 19? (6), 200 (2) j Τ᾿αἰτουλοι 200 (17) 
᾿Αλβανία 8A (2) Ἀττιχή 84 (25) ; Γαλάται 58, 200 (9) 
AlBavol 80 (2), 200 (3), | Αὐγαλαῖοι 132 (25) Γαλατία 84 (7) 

229 Αὐτρίγονοι 219 (3) Γαλλία 84 (33), 235 (10) 
Audboves 80 (6) ' Apooı 97, 200 (18), 216 | Γάλλιοι οἱ καὶ Κελτο 
"Auatov(c 84 (3) | Axala 84 (26) s. Ἰνδική 80 (35) 


᾿Αμαϑούσιοι 129 4yaloı 8. “Βλληνες Γάλλοι 80 (39), οἱ xal 


278 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Κελταῖοι 200 (66), οἱ Θρᾷκες 03, 80 (21), 200: Κελτίς 84 (38) 





x«l Ναρβουδήσιοι 220 (44) | Κελτοί 58, 80 (35) s. T'aj- 
l«oduavteg 8. Taoá- Boden 84 (17) | A0 

pavtec ; Kuuxia 151 (13), 19, 
Γαργανοί 80 (3) Ἰάπυγες S0 (30) |! 235 (3) 
Γασφηνοί 168 "Ißnoes 1, 80 (38), 82! Κίλιχες 117, 132 (26), οἱ 
Γεργεσαῖοι 200 (31) : (Τὺ, 200 (56), 232 — xal Ταρσεῖς 200 (49 
Γερμανοί 190 (11), 200 Ἰβηρία 84 (40) , Κιναιδοχολπῖται Wi 

(33), 221 | Ἰδουμαῖοι 200 (41) Κιτιαῖοι 8. Ῥωμαῖοι 
Γρικοσαρμάται 222 (2) | Ἰεβουσσαῖοι 200 (39)  Κιτιεῖς 73, 74 
Γυμνοσοφισταί 186, 190 Ἰλλυριχοί 80 (41) Κνίϑοι 216 (2) 

(17) Ἰλλυρίς 84 (30) Κοιλησυρία 194 (12), 44 

, " vois 62, 80 (23) Κολχίς 84 (S) 
Δάρδανοι 00 (90) "lvii 47, 194 (10), 195,: Κόλχοι 167, 200 (61), 222 
Δαυνεῖς 90 C) | I. Ayat« 84A (0) | Κομμαγινή 194 (13) 
Δελμάται 200 (59) Ἰνδοί 139, 176, 190 (8), | Κόννιοι 80 (46) 
Δελματία 54 (19) | 192 (5), πρῶτοι xal| Kopdvila 191 (Ὁ) 
devvaynvoi 50 (9) δεύτεροι 200 (12), 8.1} Kogxveivn 143 
Δέρρης 84 (12) | 4i9ionía Κοσσαῖοι 190 (13, 
c =. 4m pL loaxnvoi 132 (5) Κονᾶδροι 221 (3) 
Ἑβραῖοι 172, οἱ καὶ Tov | s not 200 (68) ᾿Κρῆτες 132 (25; 


δαῖοι 190 (1), 192 (1), 


290 (1) Ἰστροί 80 (27) Κύπριοι 73 
"Eóvot 990 (4) Ἰταλία S4 (31), 235 (10) Κυρηναῖοι 209 (8; 
Εἰρήνη 204 | Ἰουδαῖοι s. Ἑβραῖοι Κυρτανοί 8 (43' 


Ἑλλανικοί 132 (7) ᾿ Ἰχϑυοφάγοι 132 (6), 207 | Κωλοί 80 (τ) 
Ἑλλάς 5,8 Ἴωνες 60, 208 (1), 213 
“ ? 3 , 
Ἕλληνες 60, 80 (25), 821 Ἰωνία s. Inseln 
(4), 208, 211, οἱ xal, 





“άχωνες 208 (5) 
Δαιῖνοι οἱ xal Ῥωμαῖοι 


Ἄχαῖοι 200 (38) | Mason) 1 80 (88), οἷς χρῶνται 
ade 160. M (12) 1 Καισαρηνσεῖς 218 (3) | 'P. S2 (2), 5. Ῥωμαῖοι 
Ἐλυμαΐς 194 (9) Καλαβροί 80 (3L, 210 (6) | Λίβυες 113, 132 (10), 
Ἑρμαῖοι 185 ‚ Kallaızoi zn (5) πρῶτοι xal δεύτεροι 
Ἑρμόνδονυλοι 221 (5) ‚ Ἀαμηλία 101 (19) 20 (20) D 
Ἐρραῖοι 80 (4) | Kaunavoi 215 (4) Außen 143, 235 (4), A. 
Ἐρυϑρά 141 Kannadoxes ὅτ, 80 (10, | ἑτέρα 146 
Eratoı 200 (34) , m (53), 232 | Alyvgeg SO (26), 200 (ih 
Erdaluov 8. "Aoafec, Ἀ- | Kannadoxia *À (5), 235. Aovydovvol 220 (1) 

oaBla | Br) 4ovxavol 215 (7) 

Eo ὠπη 240 ı Κάρες 132 (12), 200 (Ὁ) | Avydoria 8. Muydoria 
Καρία 151 (21) ; Avyıorıvoi S0 (36) 

Ἠπειρώτης 84 (29: | Καρμήλιοι 1:9 | Avdia 151 (22) 
Κάσπιοι 200 (35) Δύδιοι 111, 161 (Ὁ) 





“υχάονες 200 (69) 

Avzla 151 (20) 

Δύχιοι 115, 132 (20), A 
(6) 


Θεσσαλία S4 (21) . Kedgovanoı 152, 100 (15) 
Θεσσαλοί 61, 200 (40) Kerteioı s. Γάλλοι 
OnBeis 142 vgl. 200 (16) Δελτίβηρες 80 (37) 
Bovoxnvn 84 (34) ‚ Keitloves 200 (25) 





Indices. 279 








“υσιτανία 84 (35) i Mvala 151 (16) Σαλαμοσηνοί 200 (29) 
Avcıravıoı 80(44), 219 (1) Μυσοί 132 (14), 200 (46) Σαμαρεῖται 127 
“υχνίτις ἡ 84 (31) | Xaucooato, 200 (43) 
“ωχρίς 84 (22)  Ναρβουδήσιοι s. Γάλλοι | Σαμίται (?) οἱ πρὸς avu- 

Νασαμόνες 145, 216 (5) τολάς 170 8. Σαρμάται 
Meyaedol 1% (9) | Νασαμωνίδες 132 (32) |Σάνιγγες 8. Σαῦνοι 
Maycoraı 132 (29) ᾿Νεβλ ηνοί 216 (1) Σαραχηνοί 200 (31) 
Mayoı 200 (33) ' Νομάδες 139 (19) Σαρμάται 66, 80 (16), 
Μαδιὰμ μιχρά 231 | Νούμιδες 132 (80), 216 (3)| 200 (51), 222 s. Σα- 
Madınvaroı 207, πρῶτοι | Nweıxol 200 (57) ulraı 

200 (15), δεύτεροι 200 . Σαρματίς 84 (13) 

(19, οἱ μείζονες 230 — Ozzuxot 80 (32) Σαῦνοι 200 (63), οἱ λε- 
Matixeg 200 (21) ᾿ Ὠρϑωσιασταί 125 γόμενοι Σάνιγγες 233 
αιῶται SO (18) | Οὐαχχαῖοι RO (45) Σαυρομάται 80 (17) 
Mawrıg 84 (11) ᾿Οὐεννοί 80 (28) Zıxavol 220 (3) 

Mazxaı 145 | Σιχελοί τὸ 
ιαχάριοι 132 (31) | Παίονες 190 (4) s. Παν- | Zıxnvol 215 (3) 
Maxedöves 04, 80 (24),| vörıoı Σχύίϑαι 200 (60) 

200 (42) Παμφυλία 151 (14) Σκχύϑες 80 (19), 232 
Muxedovla S4 (18), 235 | Παμφύλιοι 112 Σχυϑία 84 (16), 235 (2) 

(12) Πάμφυλοι 132 (22), 135 (41) 
Maxovec 132 (17) | (3), 209 (7) ᾿Σπανογαλία 84 (39) 
Maxovaxoi 200 (14) ; Davvörıoı οἱ xal Παί- ᾿Σπάνοι 82 (3), οἱ xai 
Μαριανδηνοί 80, (12), 133] ove; 200 (55) Τυρρηνοί 200 (10), οἱ 

(21) Πάρϑοι 190 (10), 204 χαὶ Τυρρηναῖοι, χα- 
Mapxöuavoı 221 (1) Παφλαγόνες 50 (11), 200| λούμενοι Ταραχωνγή- 
Μαρμαρίδες 132 (11) (—) ouo. 219 
Μαρμαρίς 144 Παφλαγονία 84 (2) Σποράδες 200 (24) 
Ἡασσυρίς 148 Πελοπόννησος 84 (27) | Συρία 136, 18H, 196 s. 
Μαυριτανία 140) ᾿ Πέρσαι 164, 190 (2), 192) Kounovola 
Μαῦροι 200 (13), 218 (2), 200 (11), 204 Σύροι 200 (47) 
Μαυρούσιοι 132 (27) . Περσίς 47, 194 (1), 195 | Συρτίς 145 
MeoaAla 84 (36) ' Πισίδες 200 (6) 

Μεσοποταμία 191$(7) Πισιδηνοί 132 (21) Taßapnvol 80 (13) 
Meoonorauitaı 206 Πισιδία 151 (15) | Taynvol 132 (4) 
Μηδία 49, 50, 79, 83, 84, Ποντικοί 200 (1) | T«igvol 200 (27) 

(1), 90, 197 | Taıvol 226, 225 

Μῆδοι 59, 80 (1), N2 (5), Ῥόδιοι 6 Ταραχωννήσιοι s. Σπά- 


100 (3), 192 (3), 200 (8): Ῥωμαῖοι ot xal Λατῖνοι] νοι 


204 72, P. οἱ καὶ A. καὶ Ταράμαντες vi ἐξώτεροι 
MoAxyle 84 (20) ᾿ς Κιτιαῖοι 200 (62), 215,| 200 (22), οἱ ἐσώτεροι 
Moooovvol 132 (23) . 8. Aativoi | 200 (26) 

Moocoviauoi 2189 (1) ᾿ Ταρσεῖς s. Κίλικες 
Mooovvoızoı 80 (15) Σαῖοι 210) (4) Ταυριανή 84 (14) 
Moovvoi 132 (15), 190. Σαχχηνοί 228 | Tatgıoı 80 (20) 


Μυγδονία 151 (17) ᾿Σαλαϑιαῖοι 1.1 ᾿ Ταυταμαῖοι 145 


n» 


280 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 





Τελμισός ὯΝ A Tvoorvo(80(34)s. Zrd vo: Φρύγιοι 200 (—) 
Tıyyıravol 21 Φυγάδες 114, 132 (16) 
Τοῦσχοι 215 (1) ‚Yoxavla 104 (8) — dod 235 (5) 
Τριπολῖται 124 Yoxarıoı 181, 190 (1) 
Τρωγλοδύται 96, 132 (2), Φερεζαῖοι 128, 200 (32) | ᾿ Χαλδαῖοι 162, 192 (4), 

207 | Φοίνικες 97, 116, 132 | 200 (5), 206 
Τρωάς 151 (23) (9), 135 (1), 200 (45) | Χάλυβες 80 (14) 
Τρῶες 209 (3) ! Φοινίχη 194 (14) : Χαναναῖοι 118, 200 (28) 
Τυρηνοί s. Ἴβηρες Φρύγες 130 (4) Χετταῖοι 200 (30) 
Τιρρηναῖοι 8. Znavoı ἰ Φρυγίᾳ 151 (18), ἡ ἀρ- 
Τυρρήνιοι 77 ες χαία 151 (26) Ψυλλίται 132 (13) 

B. Inseln. 
᾿Ανδρος 210 (1) K£oxvoa 88 (10) . ηνίς 153 (0) 
Ἡστυπάλια 153 (15) Κεφαληνία 88 (8) ᾿ Νάξος 210 (4) 
- Κέως 8. Kalog Nnoea 210 (9) 
ὶ 86 

βρεττανικο | Kyldog 153 (23) | Νίσυρος 153 (24) 
Γαλάτη 153 (9), 217 (5) Κόρσιχα 217 (2) 1 Ε 
Γαῦλος 153 (3) . Κόρσυλα 153 (1) Pnvaia 8. Νήρεα 
Γαυλορίδη 153 (12) ! Κοῦρος 210 (6) ' Ῥόδος 88 (3), 212 (7) 
Γίρβα 217 (3) | Κρήτη 153 (11), 212 (2) | Σαμοϑράκη 212.(12) 
Togovvn 153 (10) | Κυϑήρα 88 (6) Σάμος 153 (21), 212 (6) 
Δῆλος 210 (7) | Κυχλάδες 88 (11), 8 800) s. Städte 
Εὔβοια 88 (2), 212 (1),, (9) Σαρδανία 217 (1) 

213, 235 (8) Κύπρος 153 (26), 212 (4): Σαρδανίς 153 (8) 

me Κύρνος 210 (10) , Σικελία 88 (1), 212 (3j 
orc 153 (13) | Köog 153 (22), 9312 (b) | Xigvoc 210 (8) 
Ἴασος 153 (20) | Δαπάδου σα 153 (2) ᾿Σποράδες ig 211 
Ἰϑάκη 88 (9) ' Δέσβος 88 (5), 153 (17), : Tavgravig 153 (7) 
Ἴμβρος 153 (19) 212 (11) Tevedog 153 » 
Ἰωνία 88 (12) | Anuvos 212 (10) | Τῆνος 210 (2 
Kalws 210 (5) , Μαραϑών 210 (11) Τήω 210 a 
Καρίαϑος 153 (14) Meyloın 153 (25) | ios 88 (4), 153 (16), 212 


Κέρχινα 153 (5), 217 (4)! Μελίτη 153 (4) (8), 235 (11), s. Städte. 


C. Flüsse, Seen und Meere. 


Adgıaxöv πέλαγος 84(32) Βαίτης 237 (36) | Βρύμανϑος 237 (9) 
Αἰσωπός 23: (11) : Βορυσϑένης 237 (15) "Eontquij ϑάλασσα 156 
“Aivc 237 (10) | Εὔηνος 237 (27) 
Aryeıöc 237 (16) ᾿Τηών 51, 140, 156, 239 - : Εὐρώτας 237 (18) 

Ἄξιος 237 (20) 5: Δεῖλος ! Εὐφράτης 52, 337 (4), 
Ἀρσινόη s. Städte Ἔβρων 237 (23) | 239 

ἀχελῷος 237 (25) Ἐρασῖνος 237 (13) | 

Βαίος 237 (39) "Eov99à ϑάλασσα 188, 231° Ἠριδανός 237 (38) 


Indices. 281 


Θερμώδων 237 (12) χαλούμενος Γηών 237 Σιμόεις 237 (30) 
Θούβηρος, ὁ νῦν χαλού- (2), 239 Σχάμανδρος 237 (31) 
μενος Τιβέρης 237 (40) | Νεκρὰ ϑάλασσα 239 Σπερχιὸς 237 (28) 
Ἰνδός, ὁ χαλούμενος di Ὀρέντης 237 (22) Σερυμῶν 231 (δ 
σών 237 (1)  Παρϑένιος 237 (33) venis AERO 
Ἰορδάνης 237 (5), 239  Πινειός 237 (26) Τάναις 83, 237 (1) 
Ἰσμηνός 237 (8) . Πόντος 233, 240 Ταῦρος 237 (17) 
Ἴστρος 237 (34) ‚Norauig s. Tavaıs Tıßeons 5. Θούβηρος 
Iloaoi« ϑάλασσα 239 Τίγρις 90, 90, 237 (3), 239 
Kávatooc 251 (29) Πύραμος 237 (21) Ὕσσου λιμήν 233 
Κιφησός 237 (6) Peios 237 (M4) — ᾿Φάσις 233 
Μέγας ποταμός 235 (4) | Ῥῆνος 237 (35) Φισών 52, 239 8. Ἰνδός 
Mvgraiov πέλαγος 200 | Ῥόδανος 237 (37) | ἰῶὠχεανὸς ἑσπέριος 79 
Νεῖλος 51, 140, 156, ó Σαγγάριος 237 (24) | » νοτιαῖος 133 


D. Berge, Vorgebirge und Pässe. 


ἤιτλας 235 (4) ᾿ Κιϑαιρών 235 (6) Ὄλυμπος 235 (12) 
Ἑλικών 235 (7) | Aißavos 235 (1) Παρϑένιον 235 (8) 
Ἡραχλεῖαι στῆλαι 149,: Avxdßavrog 235 (10) ἱ Παρνασός 235 (5) 
HoaxAsotixal or. 24) | Μαστουσία 83 Πίνιον 235 (11) 
"Itoóv 240  Miuez s. Πίνιον Σινᾶ s. Ναυσαῖον 
Κάσπιαι πύλαι 229 | Navoatov 235 (0) Ταῦρος 235 (3) 


Καύχασος 235 (2) 


E. Städte und Stüdtebewohner. 





᾿Ιϑῆναι τῷ ᾿Ἡλιούπολις ἡ ἔσω 191 Ῥινοχόρουρα 47, 48, 130, 
"λεξανδρεία ἡ Φαρίτις Θῆβαι 16 ! 130, 188, 191, 195, 196 
M Θ 200 (16 "rau T5 
Auıoos ἐλευϑέρα 214(16) , ἡβαῖοι (16) Zaitaı “Ὁ 
Ἀρσινόη Ἰνδική 188 ‚Iaoog 8. Inseln Σάμος 214 (6) 8. Inseln 
ἜΝ » 000 ἴλιον 83 Σεβαστόπολις 233 
Aypeoov λή 233 

ψάρου παρεμβολή ᾿Ἰωνίδες πόλεις ις 218 Σιδώνιοι 76 
Βηρυτός 235 (1) ᾿Κλαζόμεναι 214 (1) Σμύρνα 214 (11) 
Βύβλος 235 (1) Kviöos s. Inseln 

: n . Ταρσεῖς 200 (49) 

Βυζάντιον 214 (13) | Κολοφών 214 (8) Tos 91 4 (ἢ 
Γάδειρα 48, 49, 88, 130, “ἐπτις 146 Τραπεζοὺς 234 

136, 149, 196, 197, 240 ᾿Δίαραϑών 8. Inseln Φ a 914 (: 
διοσχο 940 ᾿Μιτυλήνη 214 (2) ὠχαία 214 (3) 

v 

“ eis Πέρινϑος 214 (12) 

Ἐρυϑραί 214 (5) ‚Iövros 214 (15) | Χαλχηδὼν 214 (14), 240 


Ἔφεσος 214 (10) Πριήνη 214 (4) | Yiog 214 (9) s. Inseln 


282 


A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


II. Biblische Namen. 


‚Ausgenoinmen: Noe, Sem, Cham und Japheth.) 


᾿Αβιμεήλ 181 
Aßpadu 174 


"dau 23, 24. 35. 42, 43 | Θωβέλ 61 


AIR 180 
᾿Ιματϑῆ 129 
ἩἨμορραῖος 121 
Ἡνσενναῖος 125 
nddıoc 126 
"Modul 165, 166 
Ἡράμ Il 178 
᾿ρουχαῖος 124 


᾿Ιρφαξάδ 37, 38, 162, 170 


"looro 161 
᾿Ισχανάϑ 66 


Γαϑέρ 168 

Täueo 57, 65 

Γεβάλ 183 
Γεργεσσαῖο: 122 
Jexrau 18? 
"Eso 40, 41, 172, 173 
Ἐβραῖοι 14 s. Index A 
Ἐλάμ 160 

Ἐλισσά τὸ 

Ἐλμωδάδ 176 

Erw: 25, 26 

Ἐνώχ 29, 30 
Ἐρισφάν 0i 

Ev«ios 123 

Eveal 186 

ηλάτ 100 


γήνωρ τ) 
“λεξανδρο: 1l. 
Αὔγονστο: 18 


| Muywy 58 
‚ Madcı 59 
᾿αϑουσάλα 30, 31 


 Meoroceiu 95, 110, 111 


Θαυσεῖς τὶ 


| Νεβρώδ 54, 108, 100 
Θήρας 63 


! Νεφϑαλείμ 114 

: Πάσχα 8 
Πατροσονιείμ 115 
Ῥαγουήλ 231 
Peyud 102, 105 


| Θωργαμά 08 


| Ἰάρεδ 98, 99 
Ἰδουράμ 179 ᾿ 











Ἰεχτάν 175, 176, 190 Σαβά 99 
'’Jovdad 107 ! Zagát 184 
Jovéaía φυλή τ ᾿Σάβατον 106 
‚ lovng 185 , Zara 39, 40 


[ Ἰσραήλ (σπέρμα) W ' Σαλαϑιήλ 171, 122 





᾿Ἰωϑώρ 231 Σαλέφ 177 

| Ivovar 60, 69 | Σαμαρεία 15 

i Καϊνάν | 20, 21 ; Zauoooaito; 127 

| Kaiva» 11 38, 39, 170, Σεβαχαϑάϑ 101 
171 Σεχατϑά 103 


279 24, 25 

Σιδών 119 

Τενιείμι 112 

Φάλεγ 41, 174, 110} 
Φερεζαῖος 138 
Φοίδ᾽, 96 

Bord Tl 164 

! Φυλιστιείμ 116 


Χαναάν 97, 118, 1^ 
Χαταίν 64 
Χετταῖος 120 

| Xotc δά, 94, 98, 10^ 
Χριστός 20 
ἸΩσχαιούλ 10: 


Καφϑοριείμ 117 
Κίτιοι τῷ 
Aafieiu 113 
Λάμεχ 31, 32 

' “οὐδ 163 
Avdısiu 111 





Διαλελεήλ 27, 28 


Μοσὸχ 162 
Mooöy II 160 
Mwöüon: 8, 230, 231 


Ill. Antike Namen. 


Ἴφιτος. 10 
Kaduos 16 
Κῦρος 9 


εἰ Maxedöve: 1: 
' Πέρσαι 9 
ı Ῥωμαῖοι 18 


IV. Namen- und Sachregister. 
'Die Zahlen bezeichnen die Seiten der Abhandlung.) 


Aethicus 9. Ethicus 
Africanus 8. S. Iulius Afr. 
Alexander s. Severus 


Abulpharag 5. Barhebraeus 
Ara diokletianische. bei Annianos 
111 


Indices. 983 
Ananias Schirakatzi 3 Anm. 1 ! 195 Anm. 1, 212Anm.1, 224 Anm.]1, 
Andreas, 3 Anm. 1, 134, 293, Taf. V | 232, 233 Anm. 1, 234, Taf. V 
Annianos 154, 170 ff, Taf. V; Oster- Chronicon Alexandrinum, Bezeich- 
cyklus d. A. 171, 172; A. benutzt nung für den Barbarus 26 ff 
Africanus 171, Hippolytos 171, | Chronicon Anonymi Bezeichnung für 
das Buch der Jubiläen 224 Anm.1, Matr. 121: 4, 5 
234; wird citiert: in der Oster- ı Chronik von 334 (lib. gen. II) 23, 24, 
chronik 191 Anm. 2, bei Mar-Mi- 134, 142 À nm., 144, 156, 169, Taf. V 
chael 223 u. Anm. 1 und bei Bar- Chroniken alexandrinische, die von 


hebraeus 226. A. Quelle des Barb. 
171, d. Osterchronik 26, 100 Anm. 


2, des Synk. 26, 224 Anın.1, des . 


Oros. und anderer Chroniken 1:4, . 


175, 232, gemeins. Quelle d. Synk. 
und Barh. 227. 
tung d. A. 171 


Spätere Bearbei- 


Hipp. abhängen, 172, 174, 183, 210, 
220, 227, 233 Anm. 1; aus der Zeit 
vor 412 n. Chr. 210, 211, 215, 232, 
233, 234; aus der Zeit nach 412 
n. Chr. s. Annianos, Barbarus, Pa- 
nodoros, Pap. Golenistev, (Vorlage 
der) Osterchronik, (des) Synkellos, 


Anonymus, vor Malalas 194 Anm. 2, 
196ff, 199 Anm., 208, 220; Be- 
zeichnung für Matr. 121: 4, 5; 
Bezeichnung für d. Barbarus 166 
Anm.1; Anonymus Ravennas 234; 
s. auch Osterchronik, Papyrus Go- 


(des) Eutychios 

Chronicon paschale s. Osterchronik 

Chronograph a. d. 10. Jahre d. An- 
toninus 144 

Chronograph v. 354: 22, 25, 142 Anm,, 
144 u. Anm. 2, 134, 157, Taf. V 


leni&cev Chronographen bei Epiphanios citiert 
Arnobius d. Jüngere 23, 4; Anm., : 5. Epiph. 
169 Anm. Χρονογραφεῖον σύντομον 142 Anm. 


1, 174, 232, Taf. V 
Xoovoyoagía σύντομος 8. Nikephoros 
Χρονογραφιχὸν σύντομον s. Nike- 

phoros 
Clemens v. Alexandrien 152, 209, 

235 Anm. 1, 242 
Codices s. auch das Verzeichnis der 

Sigla und lib. gen. I 

Berolinensis d. lib. gen. I: 25, 
33, 10 

Cavensis d. lib. gen. I: 25 

Fuxensis d. Hieronymus 174, 232, 
Taf. V 

Londiniensis d. lib. gen. 1: 25 

Matritensis Graec. No. 22: 6 

Matritensis Graec. No. 71: 4, S, 
13 ff, 15 Anm. 2 

Matritensis Graec. No. 72: 6 

Matritensis Graec. No. St: 17 ff, 
20 Anm., 121ff 

Matritensis Graec. 


Barbarus 1, 3, 22, 388, 133, 137, | 
155, 160, 166 Anm., 100 ff, 190, ' 
199 Anm., 213ff, 229, 235, Taf. V; | 
Georg. Amb., Victor Turon. an- | 
gebliche Verf. 155, Abfassungszeit 
170; benutzt eine alex. Chronik | 
(Annianos?) 19, 25, 142 ff, 

147 ff, 172; dieselbe wie der Oster- | 

chronist 180, 181, 159 Anm., 188, | 

189, neben Hipp. liegt beim Barb. | 

noch eine zweite Quelle vor 38 | 

Anm., 42 Anm, 134, 148ff; be- | 

| 
| 
| 


93, 


nutzt eine ravennat. Fastenchronik 
148, 170, 171; 
B. 148, 170 
Barhebraeus 212 Anm. 1, 213Anm. 
1, 223, 226 1f, Taf. V 
Berossos 152 Anm. ? 
Buch Henoch 223 i 
Buch der Jubiläen 151 Anm. 9, 165, | 


die Kaiserliste d. 


"No. 85: 6 


284 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 


Codices Diamerismos 16ff, 18, 19, 20, 21, 44ff, 
Matritensis Graec. No. 120: 3 135, 162 ff, 239 ff, Taf. V; jüdisch- 
Anm. 1 hellenist. Bearbeit. d. D. 49 Anm, 


Matritensis Graec. No. 121: 1, 54 Anm., 68 Anm., 151 Anm. 2, 152, 
3 1f, 26 ff, Rest einer umfang- Anm. 2, 163, 164, s. Buch d. Jubil. 
reicheren Hs. 12ff, Eintra- Josephus, Kleodemus, Malchus; 
gungen des K.Laskarisim Matr. antiochenische Bearb. d. D. 194 
121: 6, 11, 13, 14, 16, andere Anm. 1, 212ff, s. Eustathios, Jo- 
Zusülze 128 Anm., Ankauf in hannes Antioch, Mar-Michael, 


. Messina 14, 15, Datierung 4 Synkellos, Zwischenquelle 
Matritensis Lat. A 16. d. lib. gen. 
I: 19, 25 éxAoyal ἱστοριῶν 195, 208 Anm. 1, 
Oxoniensis d. Malalas 194 Anm. 232 Anm. 1 
2, 196 ff Eclogarius Casauboni 175, 232 
Parisinus Graec. No. 854: 48 | ἐχλογὴ ἱστοριῶν 175, 203 Anm., 233, 
Anm. 175, 195, Taf. V Taf. V 


Parisinus Graec. No. 1711: 195 | Epiphanios von Kypros 65 Anm., 151 
Parisinus Graec. No. 1712: 183 Anm. 2, 154, 163 ff, 174 Anm., 196 


Anm., 220 ff, Taf. V Anm., 233 u. Anm. 1, 234, 241, 
Parisinus Graec. No. 2600: 175, Taf. V; ἀγχυρωτός, Abfassungszeit 
232, Taf. V d. 163, 166, 177, 178, 184; χατὰ 
Parisinus Graec. suppl. No. 682: |  aío., Abfassungszeit von 163, 166, 
161 Anm. 1, 212, 215 ff, 220 177; Benutzung einer Chronik bei 
Parisinus Lat. 4871: 87 Anm. E. 165 ff; Benutzung d. E.: bei Eu- 


Parisinus Lat. 4884: 22, 170 | tychios nicht ben. 173 ff, aber im 
Parisinus d. Fredegar 25 lib. gen.1: 57 Anm., 65 Anm., 166; in 
Parisinus d. lib. gen. 1: 25 | der Osterchronik 176 f, 194 Anm. 
Philippsianus d. lib. gen. I: ?5 1; in der kürzenden Zwischen- 
Regius s. Fuxensis des Hieron. quelle 196 Anm. 
Romanus d. lliasscholien 4, 8, | Ethicus Ister 233 Anm. 2 
13 Anm. 1, 14, 15 Anm. 2 Euagrios, Kirchengesch. d. 222 
Sangallensis d. lib. gen. I: 25 , Eusebios Pamph. 152, 154, 161 Anm,, 
Vaticanus No. 1941: 20, 8? Anm,, | 165 Anm. 1, 171, 174, 175, 223, 227, 
114 Anm,, 175, 185, 187 Anm. 1 | 235, 237, 242 
Vindobonensis d. lib. gen. II: 25 | Eustathios v. Antiochien 209 ff, Taf. 
Ι 
| 
| 


Vindobonensis phil. No.171: 17 ff, V; Quellen d. Eust. 209; benutzt 


29 Anm., 121 ff eine ültere (vor Panodoros-Annia- 
Vindobonensis theol. No. 153: nos entstandene) alexandrinische 
135 ff Chronik 210 ff, 223 Anm. 1, 231 


Anm. 1, 233 Anm. 1, 234; eine an- 
tiochenische Chronik 212 ff, 231 
Anm. 1; Josephus 209 ff 
Eutychios v. Alexandrien 173 ff, 
Taf. V 
David, Übersetzer d. Mar- Michael | Exodus von Hipp. eitiert 118 Anm. 
) 923 Anm. | Exordium Taf. V 


zeichnung für Matr. 121: 5 
Computus des Nikephoros 16, Taf. 1I; 


Compendium chronologicum als Be- 
im Vind. theol. No. 153: 135, 136 | 


Indices. 


Fasten v. Ravenna s. Barbarus 
Fredegar 23, 25, 31 Anm., 156, 157 


| 
Genesis von Hipp. citiert 54 Anm,, 
68 Anm., 184, s. Septuaginta 
Genealogia als Bezeichnung f. Matr. 
121: 5 
Georgios Monachos (Hamartolos) 48 
Anm. 194 Anm. 2, 195, 208, 290, | 
Taf. V 
Georgios d. Synkellos 2, 25, 26, 85 
Anm., 198 Anm., 166 Anm. 1, 191, | 
212, 213 ff, 232, 233 Anm.; benutzt | 
eine alex. Chronik 170 ff, 172, 181 | 
Anm., 184 Anm., 211; Panodoros 
191, Taf. V; eine antioch. Chronik 
191 Anm. 3, 216 ff, 218, 219, 220, 
227, sein Diamerismos besteht 
aus zwei Teilen 191, 195; citiert 
Hipp. 191 Anm. 2, Prokopios 194 
Ànm. 1 
Gregorios Abulpharag s. Barhebraeus | 
| 


Henoch s. Buch H. 

Hilarianus 167 | 

Hippolytos v. Rom. Verbannung u. 
Tod 144 ff; kirchliche Stellung 153, 
154; Schriftenverzeichnis 140, 141, 
142; Chronik im Matr. 121: 16, ; 
20ff, 26 ff, 132 f; Inhaltsverzeichnis 
d. Chr. 27 Anm., 28 Anm,, 31 Anm, | 
32 Anm. 129 Anm, 157 Anm.2; 
Proómium d.Chr.1 Anm.1, 27 Anm,, | 








32 Anm., 33 Anm., 34 Anm., 36 
Anm., 149, 156, 160; Abfassungs- ' 
zeit d. Chr. 18, 25, 97, 134, 142, 
143; Inhalt u. Umfang d. Chr. 26tt, 
147 ff, 239 ff; zweimalige Ausgabe | 
d. Chr. 141 Anm. 2, 145, 147; Oro- 
sius, Origenes angebl. Verf. d. Chr. : 
8 dort; Papstverzeichnis d. Chr. 
32 Anm., 144 Anm. 2, 156: Deur- 
teilung d. Chr. 150 ff, 236 ff, 241 ff; 
Hipp. benutzt in der Chr.: Afri- 
canus 143, 151 Anm. 1, einen äl- | 
teren Diamerismos 54 Anm., 10], 


285 


165, 236, 239, den Stadiasmos 152, 
Ptolemäus 104 Anm., 189 ff, 240, 
Clemens v. Alex. 152. Armenische 
Übersetzung d. Chr. 3, 134, 183 
Anm., 2281f, Taf. V. Lateinische 
Übersetzungen s. lib. gen. 1 und 
1, Hipp. χατὰ πασῶν atoé- 
σεων 20 Anm. 1, 25, 152 Anm. 3. 
Abfassungszeit 145 ff. Die Chro- 
nik in x. ao. aio. benutzt 31, 41 
Anm., 42 Anm., 50 Anm., 122 Anm., 
141, 145, 150 Anm.], 152 Anm, 
158 ff, Josephus benutzt 161, exe- 
get. Schriften benutzt 40 Anm., 49 
Anm., 142 Anm,, 153 Anm.,158, 161, 
antike Compendien benutzt 122 
Anm., 150 Anm.1, 241, Irenaeus be- 
nutzt 241; Hipp. ἀπόδειξις xoó». 
vo? Πάσχα 141, 179 Anm. 2; Oster- 
tafel d. H.140, 143,140. Benutzung 
d. Hippolytos s. Annianos, Barba- 
rus, Eutychios, usw. Taf. V 
Hyginus 238 


Jacobus, Kindheitsevang. d. J. 155 

Johannes Antiochenus 48 Anm., 212 ff, 
215 ff, 227, 234, Taf. V 

Johannes Malalas 195, 215 Anm. 1 

Johannes s. Zonaras 

Josephus Flavius 151 Anm.2, 161 
Anm., 203 Anm., benutzt von Eu- 
stathios 209, Hipp. 161, Symeon 
Logothetes und Theodosios 232 
Anm. 1, 234, Taf. V 

losepos ὕπομν. βιβλ. 136, 137, 152, 
203 Anm., 234, 236 Anm. 1 

Iriarte 3 Anm.2, 4, 5, 6, 7, 9, 11 
Anm.?, 12, 15ff, ?0Anm.3, 44 
Anm., 121 Anm., 125 Anm,, 254 ff 

Ischók, Übersetzer d. Mar-Michael 
222, 223 Anm., Taf. V 

Jubiläen s. Buch d. J. 

S. Julius Africanus, Chronik d. Afr. 
45 Anm., 143, 149 Anm., 151 Anm,, 
152, 158, 159 Anm., 160, 163, 165, 
170, 171, 191 Anm. 1, 199 Anm, 


986 A. Bauer, Chronik des Hippolytos. 
209, 236, 237, Taf. V. Keorol d. 1 setzung d. Hipp. 3, 25 ff, 133 #, 
Afr. 238 142 ff, 147, 150, Taf. V 


Justus v. Tiberias 209, 210 ' Liberianus s. Hipp. Papstkatalog 
Liste der 72 Völker, bei Hipp. 100, 
136 ff; beim Osterchronisten 180 ff, 


8. Iosepos, Pseudo-Pollux 


Kedrenos 48 Anm., 183 Anm., 220, 
221 ff, Taf. V | 
Kleodemos 151 Anm. 2 
Kosmas Indikopleustes 183 Anm. 1, | Malchus 151 Anm. 2 
234, 235 | Manetho 152 Anm. 2 
Mar-Michael v. Antiochien 212 Anm. 


Laskaris, Janus 8 Anm. 2, 15 Anm. 1, 
Johannes (?) 9 Anm. 2, Konstan- 
tinos 6; Hand d. K. L. 7, 14, 15 
Anm.1, Taf. I. Bibliothek d. K. L. 
7 ff, 8 Anm. 2, 9 Anm. 2, 121 Anm.; 
Eintragungen d. K. L. in Matr. 
121: 10ff, 11 Ànm. 2, 16, 51 Anm, 
53 Anm, 64 Anm, 80 Anm, 98 
Anm., 100 Anm., 108 Anm., 976 








Latereuli Alexandrini 29 Anm., 109 
Anm. 113 Anm, 122 Anm, 124 
Anm., 152 Anm., 238 


| 

Leon Grammatikos 195, 197 ff 

Liber genealogus a. 427: 28 ff; Hess. 
d. lib. geneal. 55 Anm., 167 ff; be- 
nutzt d. lib. gen. lI 79, 168 ff, 234, | 
Taf. V, die Onomastica sacra 51 
Anm. 107 Anm. 2, vgl. 123 Anu,, 
234 

Liber generationis I: 1, 2, 19, 20 
Anm.], 21, 154, 157, 166 Anm, 
220; Abfassungszeit 23, 167; Über- | 
setzung d. Hipp. 3, 25ff 13314, 
1423 ff, 147, 150, 188 Anm. 2, 189 

Anm. 1, Taf. V; benutzt Epiphan. 
97 Anm., 65 Anm., 160, 10; Anm. 
1; Berolinensis d. l. g. I s. Codi- 
ces, Berol.; die Hss. GC des l. g. I. | 
25, 15; und Aum. auf S. 29, 31, 
43, 51, 53, 57, 61, 65, 67, 73, 75, 
82, 83, 90, 91, 97, 101, 111, 113; 
Redaction des lib. gen. I mittels 
d. Bibel s. Septuaginta 

Liber generationis II: 1, 2, 3, 19, 
20 Anm. 1, 21, 137, 142 Anm., 154, 
157, 168; Abfassungszeit 22; Über- 





1, 222, 2238, 227, 233 Anm. 1, 
Taf. V 


Miranda, Grafen von, 5, 7 Anm.2, 9 
Moses v. Khorni 3 Anm. 1, 227 


Nikephoros, Patr. v. Konstantinopel; 
sein xXoovoyo. ovvt. 16, 17, 19 
Anm. 1, 20, Taf. II 


Origenes 19, 156, 212 

Origo generis humani 167 Anm. 2 

Orosius 37, 156, 174, 232, 233 Anm. 2, 
Taf. V 

Osterchronik 2, 19, 25, 26, 48 Anm., 
δῦ Anm., 112 Anm., 119 Anm., 120 
Anm., 136, 166 Anm.1, 213 ff, 220, 
232, 233 Anm. 1, 234. Textge- 
schichte d. O.: Vaticanus d. O. s. 
Codices, Vat.; zwei angebl. Aus- 
gaben 179 Anm. 1; Textverunstal- 
tungen d. O. 175, 179 ff, 182, 184, 
185, 186; Verfasser d. O. 175; ci- 
tiert Hipp. 179 Anm. 2, Epiphanios 
176, 177 Anm.; benutzt Epiph. 166, 
176 ff, 196 Anm.; die pseudoclem. 
Homilien 178, 184, 234 Anm. 1; 
eine alex. Chronik 171, 172, 173, 
180 ff, 182 Anm., 186, 158, 189, 193 
Anm. 211, Taf. V; Annianos (?) 
172, 190 Anm. 2; eine antioch. 
Chronik 212 Anm. 1; Redactor d. 
Osterchr. 179, 181, 185, 186, 187, 
188, 190; illustr. Prophetenkat. d. 
O. 183 Anm. 1, 235 u. Anm. 1; Kli- 
matentafel d. O. 104 Anm., 189 ff, 
240 


Indices. 


Panodoros 26, 154, 170 ff, 174, 232, 
Taf. V, s. Annianos 

Papyrus s. Laterculi Alexandrini 

Papyrus Golenistev 1 Anm. 1, 22 
Anm. 1, 80 Anm, 81 Anm, 139, 
172, 173, 183 Anm. 1, 232, 235, 
Taf. V; benutzt Hipp. 173 

Papyrus Oxyrrhynchos No. XII: 238 

Pergamos v. Pamphylien 161 Anm. 1 

Philosophumena s. Hippolytos xat. 
πασ. cip. 

Pollux s. Pseudo-Pollux 

Prokopios 194 Anm. 1, 221, 222, 234 
Anm. ]1 

Pseudo-clement. Homilien 65 Anm,, 
234 Anm. 1, s. Osterchronik 

Pseudo-Ethicus 233 Anm. 2 

Pseudo-Hippolytos 2 

Pseudo-Pollux 48 Anm, 137, 196, 
208, 220, Taf. V; benutzt Josephus 
23 

Pseudo-Scymnos 36 Aum., 236 Anm.1 

Pseudo-Symeon (Paris 1712) 220 ff. 
Taf. V 


Said-ibn-Batrik s. Eutychios 

Samuel v. Ani, benutzt Epiph. 57 
Anm. 167, 168 Anm. 183 Anm, 
223. 227 ff, 234; einen armenischen 
Hipp. 228 ff 

Septuaginta, Anm. auf S. 42, 43, 
48, 49, 50, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 
86, 88, 90, 92, 103, 118, ferner 
8. 154, 164, 165, 171 Anm. 1, 180, 


181, 185, 189 Anm. 1, 228, 229, | 


230, 231 
Sergios Stissos v. Tarent 15 Anm. 1 
Severus Alexander, d. 13. Jahr a. 
Reg. 144 Anm. 1 


287 


Stadiasmos 5, 13, 17 Anm. 1, 18#, 
20, 21, 27 Anm., 39 Anm., 128 Anm,, 
130, 152, 169, 189, 237 u. Anm. 2, 
24C, 243 ff, Taf. IV; Abfassungs- 
zeit d. St. 18, 27, 244 ff; Verwandt- 
schaft mit der ptol. Karte 240, 
265 ff; enthält nur in der Vorrede 
Christliches 250, Namensformen 
250, 251, Sprachliches 252 ff, Über- 
lieferung 254 ff ᾿ 

Symeon Logothetes 195, 20S, 290, 
232 Anm. |, Taf. V; benutzt Jo- 
sephus 203 Anm., 208 Anm. 1, 233 

Συναγωγὴ χρόνων xal ἐτῶν χτλ. als 
Bezeichnung f. d. Chron. d. Hipp. 
16, 20, 26, 134, 143 

Synkellos s. Georgios 


Tatian 209, 242 

Testament des Noe 195, 208, 209, 219 

Theodosios Melitenos 195, 196 ff, 199 
Anm., 208, 220, Taf. V; benutzt 
Josephus 203, 208 Anm. 1, 232 
Anm. 1, 233 

Theophilos, Adressat des Proóm. d. 
Hipp. 27 Anm., 35 Anm. 

Theophilos, Patr. v. Alexandrien 154, 
170, 171 


Vibius Sequester 124 Anm. 


Zonaras Taf. V 

Zwischenquelle, von der 5 Chroniken 
abhängen 194 ff, 208, 219, 220, 233 
Anm.], Taf. V; benutzt Epiph. 
196 Anm., 308; Josephus 203 Ann., 
2U8; die antiochen. Chronik 219, 
8. Anonymus vor Malalas, Geor- 
gios Monachos, Pseudo-Pollux, Sy- 
meon Logoth., Theodosios. 


S. 


Zu 


S. 


Nachträge und Berichtigungen. 


10 Anm. 1. H. Schenkl, dem ich dafür zu danken habe, daß er eine 

E-Correctur des Textes mit gelesen hat, belehrt mich, daß die ange 
führte Notiz ,sich auf die Grafen Mirandula bei Modena bezieht, 
also mit dem Grafen Miranda nichts zu tun hat. 

S. 11 Anm. 1 vgl. Correcturnote auf S. 106 zu Hipp. c. 209. 

34 Hipp. c. 20 schlägt Schenkl vor, anfangs οἱζα)δὲ φιλομ. zu lam. 

44 Anm. zu c. 43. 44, weites Alinea lies «beweist aber» statt «ale. 

48 Hipp. c. 47 schlägt Nchenkl vor ἕως ἔσω ἸΙνδιχῇζς in den Text sa 
setzen. 

51 Amm. zu lib. gen. I. 52 vermutet Schenkl das Verderbnis von ὃ» 
cameis zu escammeis und dann escammediis. 

71 ὦ. 2 von unten, lies: «weil er c. 97 die Phónikier» 

75 Anm. Z. 11 von unten lies «am karth. Meerbusen« 


121 letzte Zeile des ersten Alinea lies: «g ist Πήλιον verschrieben dia» 


Im griechischen Text sind ein paar Accentfehler bei der Correctur über 


sehen worden. 


Tafel I. 





Cod. Matr. 121, Folio 30 Recto. 
Die Hand des K. Laskaris. 
(Etwa 4, natürl, Grösse,) 


Texte n. Untersuchungen otc, ΝΡ XIV, 1 * 


Tafel II. 





Cod. Matr. 121, Folio 50 Verso. 
Schluss der Chronographie des Nikephoros. 


(Oben und unten am Rande die Hand des K. Laskaris,) 4 
(Etwa *j, natürl, Grösse.) 


* 


Tafel III. 





Cod. Matr. 121, Folio 51 Recto. 
Anfang der Chronik des Hippolytos. 


(Unten in der Mitte die Quaternionenbezeichnung des K. Laskaris.) | 
(Etwa 4, natürl, Grösse.) 


u 4 


Tafel IV. 





Cod. Matr. 121, Fol. 63 Verso. 
Anfang. des Stadiasınus, ^A 


(Etwa ᾿ς natürl. Grüsse 






Tafel V. 


I II V 
| 
Buch der Jubi- 
làen 1. Jhdt. 
Josephus 
98/4. 





[Eine antiochenische) 


| 
Sext. Jul. [Bearbeitung.) 







Afric. 221. 
| exandrinische Chroniken. \ 
Erordium | Eustathios 
(Schöne, Eus.I 885. 
App. p. 47) 


EEE ET Em Ν 
Gol. c) Panodoros u. Annianos d) Orosius e) 
412. nach 412. 417. 







\ 
—— en Johannes 
Zusätze xum 3. Xeevwoye. — 4. 5. Syrer. Paris. 16%, 
.d. Hier. σύντομ. aris. suppl. 


683, Slaven.) 





Zusätze m | 
"'Exloyn ἱστορεῶν \ Euseb. 

(Paris. 564, Cram. (Paris. 2800, | 
an. Paris. II 166 ff.) Paris Ilse 





| 
v]. 
N | | 
i Synkellos | 
e) Pseudo- 780—810. Ä 
nach Pollur. | " 
d) Theodos. Melit. | v, 4 
nach 948. | . 
| 
Pseudo- Symeon 
(Paris. 1712). 
| 
| | 
Kedrenos Mar Michael 
11/12. Jhdt. v. Antiochien 
1166— 1199. 


1. Syr. Ori- 2. Arab. Über- 8. Armenische 
gina setzung. Bearbeitungen. 


2) Ih TT » Jorusalomn, c) Barhebraeus 


Texte u. Untersuch Ausgabe ALIAS, 


Verlag der J. C. HiwRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig. 


Patrum apostolicorum opera. Textum ad fidem codicum 
et graecorum et latinorum adhibitis praestantissimis editionibus 
recensuerunt O. de Gebhardt, A. Harnack, Th. Zahn. 
Editio quinta minor. M. 1.60; geb. M. 2 — 


Realencyklopädie für protestantische Theologie und 
Kirche. Begründet von J. J. Herzog. In dritter, verbesserter 
und vermehrter Aufl unter Mitwirkung vieler Theologen und 
anderer Gelehrter, hrsg. von Albert Hauck. Sechzehnter 


Band: Preger-Riehm. M. 10 —; geb. M. 12— 
Rendtorff, F. M: Die Taufe im Urchristentum im Lichte 
der neuen Forschungen. Ein kritischer Bericht. M. 1.20 


Strack, Hermann L.: Grammatik des Biblisch-Aramaischen 
mit den nach Handschriften berichtigten Texten und einem 
Wörterbuch. Vierte, sorgfältig verbesserte Auflage. M. 2—; 

geb. M. 2.50 


Soeben erscheint n sechster Auflage: 


Weingartens Zeittafeln 
und Überblicke zur Kirchengeschichte. 


Sechste Auflage, zum zweiten Male neu bearbeitet von 


D. Dr. C. F. Arnold, 


Professor an der Universität Breslau. 
Lex. 80, (VI, 264 S.) M. 4.80; in Leinen geb. M. 5.80 


Vollig umgearbeitet, weist dieser Neudruck ausserordentliche Verbesserungen 
auf. Besonders augenfällig ist z. B. in den ältesten Partien die klare Unter- 
scheidung abweichender Datierungen durch die Hauptforscher Har- 
nack (H), Jülicher (J), Zahn (Z). Die neue Auflage ist ferner u. a. wesent- 
lich erweitert durch genealogische Tabellen der wichtigsten Herrscher- 
familien und eine kurze Geschichte des evang. Kirchenliedes. So werden 
die ,Zeittafeln", die bis auf die neuste Zeit fortgeführt sind, sich als 
ausserordentlich zweckmässiges Nachschlagebuch bewähren. 


Oedruckt bei August Pries in Leipzig. 


Verlag der J. C. Hmrıcas’schen Buchhandlung in Leipzig. 


——— Letzte Neuigkeiten 


Biblia hebraica.  Adjuvantibus professoribus G. Beer, Fr. 
Buhl, G. Dalman, S. R. Driver, M. Lóhr, W. Nowack, 
I. W. Rothstein, V. Ryssel edidit Rud. Kittel. 
Pars I (Genesis-Regum) M. 4 —; geb. M. 5.20 
[Der 2. Teil ist im Druck und soll zu gleichem Preise Ostern 1906 fertig vorliegen.] 
Daraus in Einzelheften: 


1. Genesis, bearbeitet von Rud. Kittel . . . . . . .. . M1— 
2. Exodus, bearbeitet von V. Ryssel und R. Kittel. 
Leviticus, bearbeitet von V. Ryssel . . . . . .. . . . M. 130 
3. Numeri, bearbeitet von V. Ryssel und R. Kittel. 
Deuteronomium, bearbeitet von S. R. Driver . . . . . M. 1.30 
4. Liber Josuae, bearbeitet von S. R. Driver. 
Liber Judicum, bearbeitet von R. Kittel . . . . . . . . M.1— 
Z Liber Samuelis, bearbeitet von ΚΕ. Kittel . . . . . . . M. 1— 
. Liber Regum, bearbeitet von R. Kittel . . . . . .. . M.1— 
Aus Teil II erschienen bereits die Hefte: 
. Liber Jesaiae, bearbeitet von Rud. Kittel. . . . . . .. M. ı — 
Liber Jeremiae, bearbeitet von I. W. Rothstein . . . . . M. 1.30 
9. Ezechiel, bearbeitet von I. W. Rothstein . . . . . . . . N. ı — 
10. Duodecim Prophetae bearbeitet von W. Nowack . . . . M.ı — 


Bis Ostern 1906 werden noch folgen: 
11. Psalmen. 12. Sprüche Hiob. 13. Megilloth. 14. Esra-Nehemia. 15. Chronik. 


Bischoff E: Jesus und die Rabbinen. Jesu Bergpredigt 
und ,Himmelreich" in ihrer Unabhängigkeit vom Rabbinismus 
dargestellt. M. 2.20; geb. M. 3— 


Dalman, G.: Grammatik des jüdisch-palästinischen 
Aramäisch nach den Idiomen des palästin. Talmud, des Onke- 
lostargum und Prophetentargum und der jerusalemischen Tar- 
gume. Zweite, vermehrte und vielfach umgearbeitete Auflage. 

M. 12 —; geb. M. 13— 


Furrer, Konr: Das Leben Jesu Christi. Dritte Auflage. 
M 3—; geb. M. 4— 

Harnack, Ad: Das Wesen des Christentums.  Sechzehn 
Vorlesungen von Studenten aller Fakultäten im Wintersemester 


1899/1900 an der Universität Berlin gehalten. 52. Tausend. 
M. 2 —; kart. M. 2.50; geb. M. 3 —; in Liebhaberband M. 5 — 


Herrmann, Johannes: Die Idee der Sühne im Alten Testa- 
ment. Eine Untersuchung über Gebrauch und Bedeutung 
des Wortes kipper. M. 3.50; geb. M. 4.50 


Kleinert, P.: Die Profeten Israels in sozialer Beziehung. 
M. 3.50; geb. M. 4.50 


Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig. 


D — —À — —— — — —M — 


DIE GRIECHISCHEN 


CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Hrsg. v. d. Kirchenvüter-Commission der Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften 
(Fortsetzung ron der 2. Umschlagseite.) 


Ständig wächst die Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung 
der Epoche, in welcher die Väter der Kirche gewirkt und geschrieben 
haben. Wer eine Antwort auf die Frage sucht, wie die Fundamente 
unserer Kultur in der Verbindung von Christentum und Antike gelegt 
worden sind, wer die Entstehung der katholischen Reichskirche er- 
mitteln will wer die Ursprünge der Verfassungsformen, die das 
mittelalterliche Europa beherrscht haben, studiert, sieht sich auf die 
patristische Literatur gewiesen, und diese Literatur ist auch der 
Mutterschoß der Literaturen aller romanischen und germanischen 
Völker gewesen. 

Die neue Ausgabe der griechischen christlichen Schriftsteller 
— zunächst der drei ersten Jahrhunderte — wird demnach den ver- 
schiedensten Forschungen dienen können. 

Nicht nur die Werke der Väter im kirchlichen Sinne des Wortes, 
sondern alle in griechischer Sprache geschriebenen Urkunden des 
ältesten Christentums (einschließlich der gnostischen, der zuverlässigen 
Märtyreracten usw.) sollen in kritischen, nach einem einheitlichen 
Plane gearbeiteten Ausgaben vorgelegt werden. Wo die Originale 
nicht mehr vorhanden sind, treten die alten Übersetzungen ein. Die 
Ausgaben erhalten außer einem vollständigen Apparat historisch 
orientierende Einleitungen und Register und sie sollen sowohl in 
philologischer als in historisch-theologischer Hinsicht den Anfor- 
derungen entsprechen, die heute mit Recht an solche Veröffent- 
liehungen gestellt werden. 

Im Druck befinden sich: 
Acta Archelai bearbeitet von C. H. BErson, Chicago. 


Eusebius. Kirchengeschichte bearb. von Ep. Schwartz, Göttingen. 2. Hälfte 
mit Rufins Lateinischer Übersetzg. bearb. v. Tuzopor MoMMSEN (n. 


Eusebius. Contra Marcellum. De ecclesiastica theologia. Marcellfrug- 
mente bearb. von E. KrosTERMANN, Kiel. 
Zunächst sind dann fermer xu erwarten: / 
Clemens Alexandrinus. Stromata bearb. von O. StÄatın, München. 
Julius Africanus bearbeitet von HEINRICH GELZER, Jena. 


Der Umfang dieser monumentalen Ausgabe läßt sich im Voraus nur an- 
nähernd berechnen. Ins Auge gefaßt sind etwa 50 (einzeln käufliche) Bände. 

Jährlich noch nicht 20 Mark hat die Anschaffung der ganzen Reihe 
lisher durchschnittlich beansprucht, ein Betrag, der gewiss auch jeder kleinen 
Bibliothek die Subskription möglich macht, um sich die vollständige so wertvolle 
Sammlung zu sichern. 


Leipzig, November 1905. 4, δ, «:binviie [dde Bucßßandtung. 








TEXTE UND UNTERSLCHUNGEN 


ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 


AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR vox GEBHARDT uno ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE — VIERZEHNTER BAND HEFT 1 


DER GANZEN REIHE XXIX, 


$» w 


LEIPZIG 
J. C. HINRICHS'scuE BUCHHANDLUNG 
1905 


JAN TS i5^t« 


AOTO3E 9THPIAZX 
ΠΡῸΣ TIIN ILAPOENON 
‘DE VIBGINITATE) 
EINE ECHTE SCHRIFT DES ATHANASIUS 
von 


Lic. EDUARD FREIHERRN VON DER GOLTZ 


PRIVAIDGCENE AN DER UNIVERSITÄT ERREIN 


"EY, 


LEIPZIG 
J. C. HINRICHS'sene BUCHHANDLUNG 


1905 


Verlag der J. C. HINRICHS’schen Buchhandlung in Leipzig. 





TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE GRIECHISCHEN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 
DER ERSTEN DREI JABRIUNDERTE 


Herausgegeben von O. vox GEBHARDT und Δ, HARNACK. 


Inhalt der Neuen Folge Band I—XIII XIV, 3: 


Naueste Hefte: 


Leipoidt, J., Didymus der Blinde von Alexandria. 
III, 148 8. 1905. (NF. XIV, 3} M. 5— 


Harnaok, A., Der Vorwurf des Athe 'isinus in den 
dreiersten Jahrhunderten. 165. — Schultze, K., 
Das Martyrium des heiligen Abo von Titlis. 
41 s. — Augar, F. Die l'rau im römischen 
Uhristcnprocess, Ein Mitra; zur Verlul- 
zungsgeschichte der christlichen Kirche im 
rom. Staat. 32 5, 19u5. /NF. NIII. 4). M. 4.50 


Resch, Q., Das Aposteldecret nach seiner ausser- 
kanonisehen, extgestalt untersucht. V, 1795, 
1865. (NF. XII, M. Bon 

Koetschau, P., Zur "Testkritik von Urigenes’ 
Johannescommentar. 76 8, -- Harnaock, A., 
Analeeta zur ältesten Gescb. d. Christentums 
in Kom. 10. δ, — Klostermann. E., Uber des 
Didynuis von Alexandrien in epistolas c anoni- 
vas enarratio, SN, 1005, (NF, Xlll,2) M. 3 — 


Schermann, Th. Die Geschichte der dopma- 
tischen Flerilegi-n vom V.--VIII. Jalirhun- 
dert. VI, 1048. 1904, NF. XIII, αὖ M. 3,20 


Achelis, H., Hippolytstudien. VIII, 253 8. 1847, 
(NF. I, uU M. 7.50 


Berendts, Α.. D. handachriftl. Überlieferung d. 
Zacharias- n, Juliannes-Apokryplien, τα Über 
d. Bibliotheken d.Metrorischen u. Ossa-Olymp. 
Klöster, IV, *4 S, 1901, (NF, ΧΙ. ἢ) M. 2,70 

Bonwetsoh, θ. N., Studien z. d. komm. Hippolyts 
Zum Buc lc Daniel u. Hohenliede. IV, 860 5. 
1897. (NF. I, 2) M. 5— 


— Drei georgisch erhaltene Schriften v. Hi po- 
Ivtus, XVL us 8S, 101, NF. XT, 14) M, 3.50 
- Air ipolyvta Kommentar z. Hehlienli«d auf Grund 
ΟΝ. MAER'S Ausg. d; zrusin. Textes heransız. 

Tor N. ques, 58. u. Harnack) 

Bratke, E., Das sogenannte. Keligionsgespräch 
am ΠΟΥ der Sasaniden — IV, 305 S, 1897, (Mit 
Harnack, Cyr ian. Su. divitten NF AV.) M. 10.50 

Die syrische Didaskalia nl... u call. v HL ACHELIS u, 
I FLEMN ING. VIII S555. 19104, (NF.X,3; M. 12.50 

Dobschütz, E. von, : "hristusbilder. 
gen zur christlichen Legende, XII, 2:4, 5.36 
und 557 8. Rut. NF. II V. 32 — 

Erbes, C., Die Todestage der Apustel Paalıs 
und Petrus und ihie römischen Denkmäler. 
IV. 188 N, 1st, i Mit Harnaok, Ketzerkutalug 
und Goetz, t'yprian NF. IV, M. 5.50 

Flemming, J., Das Buchllenoch. Athiop. Text, Ein]. 
Komm XVI, 172 S, 102, (NF. VII 1) M. 11 -- 

Gebhardt, 0. v., Passio S. 'Theclue virginis. Die 
latein. Übersutzen. der Acta Pauli ct Theclae 
nebst Fragın.. Ausziugen u, Beilagen lierausg. 
UXVIIT, INS MIO 1002, NE. VII, 2). M. 0.50 


Untersuehun- 


Geffoken, J., Komposition u. Entstehungszeit d. 
Orac. SINT. IV,78S. 1902. / NF. VIIT,1) M.2.50 


Goltz, E. d., Eine textkrit. Arbeit d. 10. bez. 
6. Jh.. hrsg. "nach e. Codex d. Athoskl. Lawra. 
Mit 1 Tafel. VI,116 5. 189, (NF. II, 4) M. 1.50 


Goetz, K. d., D. alte Anfang u. d. ursprüngl. Form 
v.Uypr.Schriftad Donatum. 165. 1890, (8. Erbes) 


Oressmann, H., Studien zu Ensel's The v hanie. 
X1,154u. 69 S. 1903. (NF. VIII,30 M. κ -- 


Haller, W., Jovinianus, dieFraem. s. Schriften etc. 
VIH, 159 8. 1897, (NF. ll, 3) M. 5.50 
Harnack, A., D. pseudocypr. Trakt, de singu- 
laritate elerie. e. Werk d. donatist. Bisch. 
Macrobius in Rom. (738. — D. Hypotyposen 
d. 'l'heognost, (208.) — D. zefülsehte Brief d. 
Bisch.Theonas an d.OberkammerherrnLneian. 
(2298. 117 SN, 1903. (NF. IX, 3) M. 8.50 
— Uber verlorene Briefe nnd Actenstücke, 
die sich a. d. Cyprian. Briefsaınmlg. ermitteln 
lassen. 45 5, un. , it Klostermann, u. Bon- 
wetsch, ΝΕ VIII, M. 5.50 


— Der Ketzer- „Katalog dex Bischofs Maruta 
von Maipherkat. 17 5. 1809. (s. Erbes) 


— Dia Pfatlschen Irenüus-Fragmente als 
Fulschgen. Ptfat* nacebgewiec son — P 
Miscellen. II, 1188. 1900. (NF. V, 3) 

— Diodor v. Tarsus. IV, 251. 1901. (ST VI, 4 

M. 8— 

— Drei wenig beachtete Cy prianisehe Schritten 
nnd die „Acta Pauli". 34 8, 1999. (3.0. Bratke) 

Holl, K., Fragmente vornicün. Kirchenväter 
aus d. Sacra parallela. XXNIX, 241 S, 159. 

(NF. V, 3 M. 9— 

— Pie Saera parallela des Johannes Damas- 
eenüs XVI, 30228. 1807 (NF.I], D. M. 1 -—- 

Janssen,R., D.. Ju aunes- Ev ud. Paraph.d.Nonmis 
Panopelit, IV, su s, 19003, (NF. VIIT, 4) M. 2.50 

Jeep, L., Zur Überlieferung des Philostorgios. 
338. 19080, (s. u. Wobbermin) Nicht einzeln 

Klostermann,E., 1). Überlief. ἢ, Teremia-Homilien 
d.Origenes, Vl, 116 8. 1897. (NF. T, 3) M. 3.50 

— Ens hiat Schrift a4 τῶν tun Creer 
τῶν Peor dec $4542. 288, 1902, (s. 0. Harnack) 

Knopf, R., Der est» ΟἽ ΘΝ ΒΥ ΠΟΥ, „Untersucht 
u. herausg. IV, 1048. 1895, (NF. V, 1) M. 

Kraatz, W., Roptiselie Akten zum ephesininchen 
Konzil σι Übersetzung πὶ U neranchungen, 


V1, 22:8 1004 (NF, XI, 3) M. 
Leipoldt, J., -c-l»nute von Atrip- n. d. Ent- 

stellung "l. national arvpt. Christentums. 

X, 2105, 195, NF. NX, n M. 7— 


— Sai. Ar«szüge aus dem 5s, Buche. d, apost. 
Konstitut, 1I, u2 5, 19004, (NF. Xl, 1b) M. 2 — 


Furtsetzung auf der dritten Umschlagseite. 


AOLTOZ Z2THPIA2 
ΠΡῸΣ ΤῊΝ HAPOENON 
(DE VIRGINITATE) 
EINE ECHTE SCHRIFT DES ATHANASIUS 
VON 


Lic. EDUARD FREIHERRN VON DER GOLTZ 


PRIVATDOCENT AN DER UNIVERSITÄT BERLIN 





LEIPZIG 
J. C. HINRICHS’scne BUCHHANDLUNG 
1905 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNONMNENE 
AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR v. GEBHARDT unD ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE. XIV. BAND, HEFT 38 


Druck von August Pries in Leipzig. 


Vorwort. 


Die vorliegende Abhandlung hat, wie auch die gleichzeitig 
in gesondertem Heft (N.F. XIV, 2b) erscheinende über «Tischge- 
bete und Abendmahlsgebete in der altchristlichen und griechischen 
Kirche», ihren Ausgangspunkt in der Beschäftigung mit den be- 
kannten Tischgebeten, die sich in der athanasianischen Schrift 
περὶ παρϑενίας finden. Die Abhandlung bietet auf Grund umfang- 
reichen neuen handschriftlichen Materials einen gesicherten Text 
dieses λόγος σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον, wie der ursprüngliche 
Titel lautete, den Nachweis der Echtheit und eine Würdigung des 
Traktats für die Geschichte der Askese sowohl wie für die Ge- 
schichte des christlichen Lebens in homiletischer, katechetischer 
und liturgischer Beziehung. Die andere Arbeit beschäftigt sich 
mit der Geschichte der Tischgebete und Abendmahlsgebete in 
der griechischen Christenheit, von den Anfängen jüdischer und 
christlicher Haussitte bis zu den heutigen Klosterliturgien. 

Meinen aufrichtigsten Dank móchte ich aber den Herren 
aussprechen, deren aufopfernder Freundschaft ich allein die Be- 
schaffung des handschriftlichen Materials verdanke, nämlich 
Herrn D. D. Bartlet-Oxford, Herrn F. C. Burkitt- Cambridge. 
Herrn Pastor Lic. K. Gelshorn-Venedig, Herrn cand. min. 
G. Loeschke-Bonn, Herrn Diakon Polykarpos Thomas 
(Athen) jetzt in Berlin, Herrn Diakon Kosmas Wlachos-Hag. 
Paulu (Athos) Herrn Bibliothekar Theophilos Georgusatkis- 
Patmos, Herrn Bibliothekar Chrysostomos-Lawra (Athos), 
Herrn Klostervorsteher Anthimos- Watopedi (Athos) Auch 
möchte ich nicht unerwähnt lassen, wie viel Hilfe ich für die 
Kenntnis der Athanasiushandschriften in den Aufsätzen des Bi- 
schofs von Wellington, Frederic Wallis im Journal of Theo- 
logical studies gefunden habe. 

Endlich sei auch Herrn cand. theol. Merkel-München für 
die Herstellung des Stellenregisters bester Dank gesagt. 

Berlin, im Oktober 1905. 


Der Verfasser. 


Inhalt. 


Seite 
Einleitung. . . . . MEL 1 
I. Die Herstellung des Textes 0s TEE 3 
1. Übersicht über die handschriftliche Überlieferung es 3 

2. Gruppierung und Charakteristik der Handschriften nach 
äußeren Merkmalen . . 1 

3. Gruppierung und Charakteristik der Textseugen auf Grund 
der „extvorgleichung en . . 98 
4. Der Text . . . . . 35 

ll. Ursprung und Charakter des Aöyos σωτηρίας πρὸς τὴν 
παρϑένον . .. .. 90 
1. Inhalt und Charakter der Schrift i im Allgemeinen e. 00 

2. Die geistige Verwandtschaft mit der Ideenwelt der Arp 
schen Asketen . . . 65 
3. Die vorausgesetzten Lebensverhältnisse 2... s.s s. s. τ 
4. Die literarischen Beziehungen . . . . . . . . . .. 885 
5. Die Frage nach dem Verfasser . . . . 114 

Ill. Die Bedeutung des Traktats für unsere Kenntnis der 
Geschichte des christlichen Lebens . . . . . . . . 123 

Register. | 

1. Alttestamentliche Citate . . . . . . . . . . . . . MU 
3. Neutestamentliche Citate . . . . . 2 2 .. .. .. 140 
3. Patristische Citate. . . . 2 .. .. ... ... . MI 
4. Handschriften . . 2 . . . . . . ......... M3 


Einleitung. 


Unter den asketisch-moralischen Schriften, die uns unter dem 
Namen des Athanasıus von Alexandrien überliefert sind, verdient 
der Traktat περὶ παρϑενίας ἤτοι ἀσχήσεως besondere Beachtung 
— nicht nur um des großen Bischofs willen, dem er zugeschrieben 
wird, sondern vor allem wegen seiner bedeutsamen Beziehungen 
zur älteren christlichen Literatur. Unter der Form einer Ermah- 
nungsschrift an eine gottgeweihte Jungfrau enthält er eine Reihe 
asketischer und sittlicher Lebensvorschriften, die in ihrer schlich- 
ten Einfachheit an die Bergpredigt und die Didache erinnern. 
Ein kurzes Glaubensbekenntnis ist an die Spitze gestellt und 
dann wechseln asketische Ermahnungen an die Jungfrauen mit 
einfachen allgemein-christlichen Lebensregeln apostolischer Art. 
Das Fasten, das Beten und die Übung christlicher Liebe und 
Barmherzigkeit werden besprochen und unter das Vorbild des 
Herrn selbst gestellt. Beim Fasten ist es die Demut, die Echt- 
heit der innern Gesinnung und die Warnung vor aller Prahlerei, 
die in den Vordergrund gestellt werden. Für das Gebetsleben 
werden die Stunden des Tages zum Leben und Sterben des Herrn 
in Beziehung gesetzt und einige uralte Tischgebete dargeboten, 
von denen wir eins aus der Didache, eins aus den apostolischen 
Constitutionen kennen. Die Ermahnungen zur Liebe werden 
an das Doppelgebot der Liebe angeknüpft Der Weg des Le- 
bens und Todes wird mit Ernst vor Augen geführt. Alles 
Legendarische und  Wundersüchtige fehlt. Nur biblische 
Schriften, insbesondere Herrnworte, Psalmen und Propheten und 
Weisheitssprüche werden herangezogen. Die Citate der Herren- 
worte zeigen eine große Freiheit der Wiedergabe. Häufig sind 
Anklänge in Gedanken und Form an die Didache und andere 
Schriften des zweiten Jahrhunderts. Aus einer unbekannten Er- 


zählung vom descensus ad inferos ist eine Rede des Hades an 
Texte u. Untersuchungen ete. NF XIV, 2 1 


2 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


Christus citiert. Aus späterer Zeit finden sich starke literarische 
Berührungen mit den Canones Hippolyti und mit dem vom Bi- 
schof Rahmani neuerdings herausgegebenen Testamentum D. N. 
J. Christi — wahrlich Anlaß genug, diesem kleinen Traktat 
größere Aufmerksamkeit zuzuwenden. 

Es hat auch nicht ganz an gelegentlichen Erörterungen über 
die Schrift gefehlt. Erasmus, der sie zuerst in einer lateinischen 
Übersetzung bekannt machte!, und Hieronymus Commelinus, 
der den griechischen Text 1601 mit textkritischen Beigaben Felk- 
manns herausgab, sowie Montfaucon? und Migne?, welche 
den Commelinschen Text wiedergeben, haben ihren Zweifel 
an der Echtheit des Traktats ausgesprochen; in erster Linie 
wegen dem für Athanasius nicht passenden einfachen Stil, dann 
wegen der vorkommenden liturgischen Formeln; auch sei die 
Schrift in den alten Athanasiushandschriften nicht aufgenommen. 
Dagegen hat Alb. Eichhorn in seiner Dissertation «Athanasii de 
vita ascetica testimonia collecta» (Halle 1886 p. 28ff.) die Echt- 
heit in Schutz genommen, nicht nur weil Hieronymus das Vor- 
handensein einer solchen Schrift des Athanasius bezeuge*, son- 
dern vor allem, weil die in unserm Traktat vorausgesetzte Lebens- 
weise der gottgeweihten Jungfrauen gerade dem Zeitalter des 
Athanasius, aber nicht einer späteren Zeit entspreche. Ad. Har- 
nack bezeichnete in der Theol. Lit.-Ztg. XI (1886) p. 391 und 
XII (1887) p.33 diese Gründe als der Beachtung wert. Gegen 
Eichhorn und ihn wandte sich wiederum P. Batiffol in einem 
Aufsatz der Römischen Quartalschrift (1893, p. 275ff.), in welchem 
er das vorangestellte Glaubensbekenntnis als nachathanasianisch 
und die im Traktat vorausgesetzte Ethik als verwandt mit der 
einer eustathianischen Sekte, die im Konzil von Gangres (ca. 370) 
verurteilt wurde, nachzuweisen versucht. 

Alle diese Erörterungen schweben so lange in der Luft, als 
der Text des Traktats nicht sichergestellt ist. Das ist aber 
durchaus nicht der Fall. Man hat sich mit dem bei Migne nach- 


1) 1527, gedruckt in Lugdunum 1532, vgl. die Praefatio zur ed. Bene- 
dietina 1698 bei Migne P. gr. 25, prolegomena p. XVIff, wo auch die 
übrigen älteren Übersetzungen angegeben sind. 

3) Ed. Benedictina von 1698. 

3) Migne, Patrologia Graeca Band 28 col. 251—281. 

4) Hieronymus, de viris illustribus c. 87. 


I. Die Herstellung des Textes. 3 


gedruckten Text begnügt, der nicht nur von Druckfehlern wim- 
melt, sondern auch seine Grundlage, eine alte Baseler Handschrift, 
ungenau wiedergibt. Die Verschiedenheiten aber, die dem auf- 
merksamen Leser nicht entgehen können, zwischen höchst alter- 
tümlichen und offenbar späteren Partieen des Traktats haben 

noch viel weniger eine Erklärung gefunden. 
So stellt sich der vorliegenden Untersuchung die Aufgabe: 

I. Die Herstellung des Textes; 
II. Die Untersuchung über Ursprung und Charakter des 
Traktats; | 

III. Die Charakteristik der Bedeutung des Traktats für 
unsere Kenntnis der Geschichte des christlichen Lebens, 


I. Die Herstellung des Textes. 
1. Übersicht über die handschriftliche Überlieferung. 


Die erste griechische Druckausgabe, die editio Commeliniana 
von 1601, gibt unsern Traktat im corpus der Athanasianischen 
Schriften im ersten Teil p. 822—835 wieder. Sie benutzt ın 
erster Linie einen Baseler Codex (jetzt Basel, Universitätsbiblio- 
thek A III 4) aus dem saec. XIV (— B), daneben eine Genfer Hand- 
schrift (jetzt Genéve, bibliothéque nationale mg 29) aus dem 
saec, XVI (— G) und einen jetzt in Cambridge, Trinity College 
(B 9. 7) befindlichen Codex ebenfalls saec. XVI (— A, von mir € 
bezeichnet) Eine nähere Prüfung ergibt, daß der Druck nach 
G gesetzt ist, in welcher handschriftlich alle dem Verfasser auf- 
gefallenen Varianten von B am Rande eingetragen sind. Die 
Herausgeber, Judas und Nicolaus Bonutius, die literarischen 
Erben des Nachlasses des Hieronymus Commelinus, der die Hand- 
schriften gesammelt und die Ausgabe vorbereitet hatte, bevor- 
zugten den Text B, ließen aber, da sie B wohl nicht in die 
Druckerei geben konnten, nach dem durch B verbesserten G 
drucken. Die Folge ist, daß so ein Mischtext entstand, der 


1) Davon habe ich mich durch eigene Prüfung von G überzeugt. Die 
Seitenzahlen und Druckbogenzeichen der Druckausgabe finden sich am 
Rande der Handschrift und andere handschriftliche Eintragungen lassen 
diesen Umstand deutlich erkennen (z.B. p. 63: «das ist schon alles ge- 
druckt»). Das Gebet c. 13 ist in G durchstrichen. Unten am Rande steht 
das Gebet aus B von der Hand der Herausgeber, welche es in den Text 
aufnehmen ließen. Ebenso ist sonst der Text an einzelnen Stellen durch 

1" 


4 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


zwar in der Hauptsache B repräsentiert, aber in nicht seltenen 
Fällen den sehr viel späteren und schlechteren Text von G stehen 
gelassen hat.! Die Kollation des englischen Codex (Anglicanus 
— C) war nur gelegentlich benutzt, wo wesentliche Abweichungen 
zu notieren waren. Andere Zeugen kennen für unsern Traktat 
auch die Benediktiner nicht, da die sonst von ihnen bevorzugten 
Codices, Paris 474 (früher Reg. 2284) — R und Coisl. 45 (früher 133) 
— S unsern Traktat nicht enthalten. 

P. Batiffol notierte in seinem genannten Aufsatz in der 
Anmerkung noch eine Wiener (Gr. 57— V) und eine Turiner 
(B 1Il 11 — Taur.) Handschrift, ohne sie näher zu charakterisieren. 

So war denn nichts über weitere Zeugen zu erfahren, bis 
der Bischof von Wellington, Frederic Wallis, im Journal of 
Theological Studies, Vol. III 1901—02 p. 97—109 und p. 245—255 
eine sehr instruktive Übersicht über die ihm bekannten Athana- 
siushandschriften herausgab, aus der wir für unsern Traktat in 
L, O, M und T außer den schon genannten B, C und V neue 
Zeugen kennen lernen. Jedoch gibt Wallis nur eine allgemeine 
Charakteristik, die ich, soweit es unsere Zwecke fordern, unter 
Beibehaltung der Sigla von Wallis unten wiedergeben werde. 
Die wichtige Londoner Handschrift L verglich gütigst Mr. F. C. 
Burkitt für mich; ebenso kollationierte er Stichproben aus den 
Cambridger Handschriften C und T. Die Oxforder Handschrift 
O hat Mr. Vernon Bartlet in Oxford für mich verglichen. Keine 
dieser Handschriften ist älter als saec. XIII. So fehlte es denn 
bisher für unsern Text sowie für die in der Überlieferung von 
B und L damit verbundenen Traktate an einem älteren Zeugen, 
der etwa der Pariser Handschrift (R) ebenbürtig wáre. Einen 


Streichung B gleich gemacht. Meist ist genau nach den Eintragungen 
der Herausgeber, die sich noch in der Handschrift finden, der Text von B 
in eckige Klammern gesetzt. Schwer zu lesende Worte sind verdeutlicht, 
Interpunktion und Wortabteilung für den Druck zurechtgemacht. 

1) Dieser Übelstand ist in der Benediktinerausgabe dadurch vermehrt, 
daf die eckigen Klammern der editio princeps, welche wenigstens die 
Auslassungen von B andeuteten, fortgefallen sind. Auch haben die Bene- 
diktiner noch einige Abweichungen von der editio Commeliana. Diese be- 
zeichne ich im Apparat mit editio, wührend ich jene wenigen Abweichungen 
der Benediktiner von den Codd. und der editio mit «Migne» bemerklich 
gemacht habe. Das Genfer Exemplar läßt in interessanter Weise noch 
die ganze Arbeit der ersten Herausgeber erkennen. 


l.-Die Herstellung des Textes. 5 


solchen habe ich mit Hilfe des Katalogs von Sakkelion in einem 
Codex der Bibliothek des Johannesklosters auf Patmos gefunden, 
doch leider nicht selbst an Ort und Stelle einsehen kónnen. Durch 
gütige Vermittlung ineines Freundes, des Diakon Polykarpus 
Thomas, der jetzt in Deutschland studiert und früher Leiter der 
theologischen Schule auf Patmos war, besorgte der dortige Biblio- - 
thekar Herr Theophilus Georgusaki mir eine vollständige Ab- 
schrift von περὶ παρϑενίας aus dem Patmos-Codex I" und sandte 
mir auch die Photographie einer Seite. Zweifelhafte Stellen wurden 
später noch einmal in Patmos nachgeprüft. Damit ist ein neuer, 
wie die textkritische Prüfung ergab, der Baseler Handschrift 
überlegener Zeuge (von mir mit P bezeichnet) gewonnen, und 
zwar der älteste, denn die Handschrift stammt aus saec. X oder XI. 

Endlich hat mich Herr Gerh. Loeschke noch auf die zwei 
Athanasiushandschriften in der Bibl. Marciana zu Venedig (D 
und E) aufmerksam gemacht, aus denen mir Herr Pastor Lic. 
Karl Gelshorn gütigst eine Collation unseres Traktates besorgte. 
Desgleichen verdanke ich Herrn Loeschke einen Hinweis auf die 
Codd. Rom Pii P. P. II No. 2 saec. XV chart., Ottob. 223 chart. 
saec. XVI, Ottob. 403 chart. saec, XV— XV], Cod. Borbonicus 
(Neapel) XVII (II A 17) chart. saec. XV, deren nähere Kenntnis- 
nahme mir aber nicht möglich war, sich aber nach Benutzung 
des älteren Materials als überflüssig erwies. 


Der Vollstándigkeit wegen sei es mir gestattet, hier in aller Kürze 
auch die Athanasiushandschriften aufzuzühlen, die den Traktat eo? 
παρϑενίας nicht enthalten, da eine solche Liste zumal denen will- 
kommen sein wird, denen das Journal of theological studies mit den Auf- 
sützen von Bischof Wallis nicht zugünglich ist. Wallis führt an: 

1. R: Paris, bibl. nationale, graec. 474 (früher 2284) ın den als 
Ausgaben als Cod. Regius bezeichnet. membr. foll 458; 11%, >< 8% 
inches (ca. 302«22 cm); 31 1l. auf der Seite, saec. XI, beginnt mit der Or. III 
c. Arianos und schließt mit In Passionem et crucem Domini. Der erste 
Traktat ist nicht numeriert, der zweite mit χ β΄. Es sind also am Anfang 
wenigstens 20 Traktate verloren. Der letzte Traktat trägt die Nummer S2. 

2. S: Paris, bibl. nationale, Coisl. 45 (früher 133) in den Ausgaben 
Seguerianus bezeichnet, membr. foll. 435; 12!/22«8!/, inches (ca. 322«21 cm); 
30 ll. auf einer Seite, saec. XIl, beginnt mit der Oratio c. gentes und 
schlieBt mit Tr. 29 Ep. IV ad Serapionem. Die ersten 20 Traktate sind 
dieselben, die wir am Anfang von R voraussetzen müssen. S. 21—29 decken 
sich mit den ersten 9 Traktaten, die jetzt in R am Anfang enthalten sind, 
haben dieselben Randnoten; S ist also wahrscheinlich eine Abschrift von 


6 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Adyog Σωτηρίας. 


R!, die fortgeführt wurde bis zu der uns in R erhaltenen Marginalnote 
am Schluß der Ep. IV ad Serapionem: τέλος τοῦ χατὰ ἀρειανῶν xal 
πνευματομαχῶν τοῦ ἁγίου A9avaciov. Wie wir später sehen werden, hat 
wahrscheinlich bei R 22 die Marginalnote βιβλίον δεύτερον gestanden, so- 
daß die ersten 20 oder 21 Traktate das erste Buch bildeten. 

Als abhüngig von S notiert Bischof Wallis folgende Handschriften: 

3. Cod. Goblerianus, London, Brit. Museum Harl. 5579 chart. foll. 198 
93/,2«06*/, inches (ca. 242«16 cm); c. 36 1l. auf der Seite. Geschrieben anno 
1320/21 (subscr. χειρὶ ὁδωμανῶ ἕτους oox9'); im Catal. Harl. bezeichnet: 
liber chartarcus ex Covellianis numb. XIX cum notulis; John Covel war 
Kaplan an der britischen Gesandtschaft in Konstantinopel c. 1664, wo er die 
Handschrift kaufte und spüter nach England brachte. Auf einer Seite steht 
ein Fragment des bei Euseb citierten Briefs des Polycrates von Ephesus. 

4. Cod. Felckmann I anonymus, gehört zu dem weiter unten zu er- 
wühnenden Fascikel von Athanasius! Handschriften in Genf (vgl. G), eine 
schlechte Abschrift des Cod. Goblerianus von einem des Griechischen fast 
unkundigen Schreiber. 

5. Paris, bibl. nationale, graec. 475 chart. foll. 467, eine wenig sorg- 
fältige Abschrift von 8. 

6. Cod. Ottobonianus 456 in Rom, Vatikan. chart. 40,6 >< 28,5 cm, 732 

Seiten, wahrscheinlich Abschrift der Baseler Handschrift (vgl. unten bei B). 
7. 8. Gerhard Loeschke führt weiter in einem Aufsatz über das 
Synodikon des Athanasius (Rhein. Museum für Philologie, Neue Folge 
LIX. 1904 p. 4556) zwei spanische Handschriften an: 1. Scurial. 2. III 15 
saec. XII und 2. Scurial. Yir, 11. saec. XIV. — Sie enthalten eine um- 
fangreiche Sammlung von Briefen und Aktenstücken betr. die arianischen 
Streitigkeiten, darunter viele Athanasiana, deren Auswahl und Reihenfolge 
den Pariser Handschriften R und S am nächsten zu kommen scheint. Ein 
corpus athanasianum im eigentlichen Sinn wollen sie garnicht darstellen. 

9. Der Katalog der Bibliothek des Johannesklosters auf Patmos 
enthält außer der für uns wichtigen, weiter unten ausführlich beschriebenen 
Handschrift P, unter Στοιχεῖον A, χωδ. A. noch das Fragment eines 
zweiten Athanasiuscodex in 4° foll. 167, saec. XI, enthaltend die sechs 
ersten Traktate der Sammlung von 21 Traktaten, die wir inBundL 
kennen lernen werden; von dem ersten (χατὰ Ἑλλήνων) fehlen am An- 
fang ca. 20 Blätter. Über zerstreut erhaltene einzelne Traktate oder Ex- 
cerpte, deren die Bibliotkek noch viele enthält, ist der Katalog von Sak- 
kelion selbst einzusehen. 

10. In der Bibliothek des Klosters Lawra auf dem Athos be- 
finden sich, wie mir der dortige Bibliothekar Chrysostomus brieflich 
mitteilt, folgende Fragmente von Athanasiushandschriften: 

a) Ἐπιστολὴ τῷ ἀγαπητῷ καὶ ποϑεινοτάτῳ υἱῷ Magiup φιλοσόφῳ 
᾿Αϑανάσιος ἐν χυρίῳ χαίρειν inc. Ἐντυχὼν τοῖς νῦν γραφεῖσι παρά σου 
expl. μνημονεύοντες τῆς εὐλαβείας σου, saec. X—XI. 

b) Πρὸς τοὺς ἀποταξαμένους τῷ κόσμῳ inc. ἀδελφέ μου εἰ ἀπετάξω 
τῷ χόσμῳ expl ἐν ὑπομονῷ xal σωθήσῃ saec. X—XI. 


I. Die Herstellung des Textes. 7 


6) λόγος διὰ χεφαλαίων πρὸς τὰς ἐντολὰς τοῦ ϑεοῦ πᾶσι τοῖς ἀπο- 
ταξαμένοις xal ϑέλουσι σωϑῆναι saec. XVIII—XIX. 

d) ἑορταστιχὴ ἐπιστολή AO (μέρος) saec. XVI—XVII. 

e) Ἐπιστολὴ πρὸς ᾿Αμμοῦν saec. XV—XVI. 

f) Ἐπιστολὴ πρὸς Ῥουφιανόν saec. XV—XVI. 

g) χατὰ Ἑλλήνων saec. X—XI. 

h) περὶ τῆς ἐνανθρωπήσεως τοῦ λόγου xal τῆς διὰ σώματος πρὸς 
ἡμᾶς ἐπιφανείας αὐτοῦ saec. X—XI. 

i) διάλεχτος ἐν τῇ χατὰ Νίχαιαν συνόδω πρὸς [ἄρειον saec. X—XI. 

k) εἰς τὴν ἀπογραφὴν τῆς ϑεοτόχου xal εἰς τὸν Ἰωσήφ saec. X—XI, 
XV—XVI, XVII—XVIII. 

l) Blog Ἀντωνίου τοῦ Μεγάλου saec. X—XI. 

saec, XI—XII. 

m) eig τὴν Μεγάλην παρασκευήν. 

n) πρὸς ᾿Αντίοχον saec. XIV. XV—XVI. XVII. 

0) εἰς τὸ ἅγιον πάσχα saec. XVIII. 

p) περὶ Μελχισέδεχ xai Αβραὰμ saec. XV—XVII. 

4) eig τὴν χαινὴν χυριαχήν saec. XVIII. 

r) εἰς τὴν ἀνάληψιν. 

8) ἑρμηνεία εἰς τοὺς ψαλμοὺς saec. XIV (1305). 

Ὁ περὲ μυστηρίων saec. XVII (1694). 

Ὁ) περὶ τῶν δύο φύσεων τοῦ ϑεοῦ λόγου (τεμάχια μικρὰ) ἐχ τοῦ 
περὶ τριάδος χαὶ σαρχώσεως --- περὶ τῆς ἁγίας εἰκόνος τοῦ χυρίου ὑμῶν 
καὶ ἅγια διάφορα μιχρὰ τεμάχια saec. XIV. XV—XVII. 

Genauere Mitteilungen über diese Fragmente konnte ich nicht er- 
halten. a) Ὁ) g) h) i) k) 1) dürften wohl zusammengehören, ebenso einige 
der andern Stücke. b) kann ich nicht identifizieren. g) h) i) sind die 
ersten der 21 Traktate. 

Über zwei andere Athanasiuscodices auf dem Berge Athos, die schon 
Prof. Lake dort gesehen, berichte ich auf Grund brieflicher Mitteilungen 
weiter unten im AnschluB an die Notizen über die B-Codices. 


2. Gruppierung und Charakteristik der Handschriften 
nach äußeren Merkmalen. 


Die Handschriften, welche uns die Werke des Athanasius 
überliefert haben, unterscheiden sich auf den ersten Blick durch 
die Auswahl und die Reihenfolge der gegebenen Traktate. Die 
vollständigste Sammlung ist in der Baseler Handschrift B ent- 
halten. Da sie aber erst aus dem vierzehnten Jahrhundert 
stammt, kann sie nicht die Quelle für die übrigen sein; vielmehr 
ist sie, wie wir sehen werden, selbst nur eine Zusammenstellung 
aus älteren Sammlungen. Die beiden Pariser Handschriften R 
und S sind ebenfalls nur Fragmente älterer Sammlungen. Sie 


8 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


enthalten unsern Traktat nicht und die Aufklärung ihrer Über- 
lieferungsgeschichte bildet ein besonderes Problem für sich. Wir 
können unsere Untersuchung auf die Codices beschränken, welche 
den Traktat περὶ παρϑενίας enthalten und werden die an- 
dern nur, wo es Not tut, zum Vergleich heranziehen. Kann auf 
diese Weise das schwierige Problem der Überlieferungsgeschichte 
des Athanasiustextes auch nicht vollständig gelöst werden, so 
wird doch ein wichtiger Beitrag dazu geleistet und für den 
Text unsres Traktats eine ausreichende Grundlage gegeben. Nach 
der Auswahl und Reihenfolge der Traktate unterscheiden wir 
vier Gruppen: 


Die erste Gruppe: (B, V, O und E). 


Voran stellen wir die Handsehrift, welche die Grundlage 
für die ältesten Druckausgaben und Übersetzungen unseres Trak- 
tats gebildet hat: 


B: Basel, Universitátsbibliothek A III 4 (gr. 32) bom- 
byc. saec. XIV v1—587 foll. (auf fol. 169 folgt versehentlich 
190 und der Fehler ist fortgesetzt, die letzte Seite trágt die Zahl 
607) 342«25,2cm. Auf dem ersten Blatt: Ex libris biblio- 
thecae Academiae Basileensis. Hic thesaurus incomparabilis beati 
Athanasii est fratrum praedicatorum domus Basileensis, tandem 
redditus a Kapnione an. MDXXII. Omont (catalogue des manu- 
scripts grecs des bibliotheques de Suisse, Leipzig 1886) bemerkt, 
daß der größere Teil der Baseler Handschriften aus der Samm- 
lung des Kardinals Johannes von Hagusa (f 1443) stammte, 
welcher sie den Baseler Dominikanern vermachte. Wenigstens 
zwei Schreiber sind zu unterscheiden. Unser Traktat rührt von 
der Hand des zweiten her und findet sich folio 230r bis 235 v 
unter der Überschrift 

τοῦ αὐτοῦ περὶ παρϑενίας ἤτοι περὶ ἀσχήσεως. 

Am Rande steht als Nummer des Traktats X (rot). An den 
Hauptabschnitten befinden sich kurze Inhaltsangaben am seit- 
lichen Rande wie εὐχὴ τῆς τραπέζης, περὶ νηστείας, προσευχῆς 
καὶ ἐλεημοσύνης, περὶ τοῦ πῶς δεῖ ἐσϑίειν, περὶ δαχρύων, 
περὶ ζωῆς καὶ ϑανάτου, περὶ χόπου διχαίων καὶ ἁμαρτωλῶν, 
περὶ τοῦ πότε ἀνέστη ὁ xc ix νεχρῶν, περὶ ἀγάπης, περὶ 
ἐγκρατείας καὶ παρϑενίας. An einigen Stellen ist der Codex 
später korrigiert. Da die Oxforder Handschrift diese Korrek- 


I. Die Herstellung des Textes. 9 


turen im Jahre 1410 berücksichtigt, so muß die Korrektur Ende 

des 14. Jahrhunderts oder Anfang des 15. Jahrhunderts statt- 

gefunden haben. Als der Schreiber von O im Jahre 1410 diese 

Handschrift benutzte, befand sie sich noch im Orient, entweder 

in Konstantinopel oder in der Diöcese Ephesus. Vermutlich ist 

sie dann noch im 15. Jahrhundert nach Italien in die Sammlung 

des Erzbischofs von Ragusa gekommen. Der Text ist sorgfältig 

geschrieben und bildete, wie oben erwähnt, die Grundlage für 

die Übersetzungen des Erasmus, Reuchlin, Nannius und die 

griechische editio princeps Commeliana, Er wurde für diese Aus- 

gabe von Herrn G. Loeschke aufs Neue sorgfältig collationiert. 
B enthült 88 Traktate und geht, wie Wallis a. ἃ. Ὁ. nach- 

gewiesen hat, auf verschiedene ältere Sammlungen von Atha- 

nasiusbandschriften zurück, von denen nach Wallis B 45—86 

wahrscheinlich aus R 27—81 (Pariser Cod.) stammt. Diese 

kommen für uns jedenfalls nicht in Betracht, da unser Traktat 

in allen Handschriften im ersten bis B 44 resp. B 21 reichen- 

den Teil des Corpus Athanasianum steht. Die erste Vorlage 

von B reicht nur von B 1—21, denn sie bricht im 21. Traktate 

mitten im Citat von 1 Thess. 5, 23 bei den Worten ἐν τῇ xa- 

povola τοῦ κυρίου ἡμῶν ab; in ihr steht unser Traktat als 

zwanzigstes, also vorletztes Stück. Die Reihenfolge dieser 21 

ersten Traktate ist in B folgende: 

. Oratio contra gentes. 

. Oratio de incarnatione Verbi. 

. Disputatio contra Arium. 

. Epistula ad episcopos Aegypti et Libyae. 

. Oratio I c. Arianos. 

. Oratio II c. Arianos. 

. Oratio III c. Arianos. 

. De incarnatione et c. Arianos. 

9. Epistula encyclica. 

10. Epistula I ad Serapionem. 

11. Epistula Il ad Serapionem. 

12. Epistula catholica (Migne XXVIII. 81). 

13. Refutatio hypocrisis Meletii. 

14. Epistula ad Epictetum. 

15. Contra Apollinarium liber II. 

16. Contra Apollinarium liber I. 


X ID ὧν i ὦ" tn μὰ 


10 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Zwrnelas. 


17. εἰς τὸ ῥητὸν τοῦ εὐαγγελίου" ὃς ἂν εἴπῃ λόγον x. τ. A. 
[Migne ΧΧΥ͂Ι. 649). 

18. De passione (Migne XXVIII 204—208 Fragment). 

19. Epistula ad Marcellinum. 

20. De virginitate. 

21. De communi essentia patris et filii et spiritus sancti 
(testimonia) bis ἀμέμπτως ἐν τῇ παρουσίᾳ τοῦ κυρίου ἡμῶν. 

Aus einer andern Vorlage folgen dann folgende Traktate: 

22. De incarnatione Dei verbi (Migne XXVIII. 89 (— περὶ 
τῆς σαρχώσεως τοῦ ϑεοῦ λόγου). 

23. Liberii epistula. 

24. Athanasii rescriptum ad Liberium. 

25. Epistula ad Adelphium episcopum. 

26. In illud «profecti in pagum». 

27. Sermo in annuntiationem Deiparae. 

28. De passione et cruce Domini. 

29. Adv. Arianos sermo brevis. 

90. Epistula III ad Serapionem. 

91. Epistula 1V ad Serapionem 

32. (βιβλίον δεύτερον). Oratio IV c. Arianos. 

33. In illud «omnia mihi tradita sunt» etc. 

34. De doctrina. 

35. De sabbatis et cireumcisione. 

36. Marci Diadochi c. Arianos. 

— (Epistula ad Epictetum). 

97. Expositio fidei. 

38. Tomus ad Antiochenos. 

39. Contra Sabellianos. 

40. Quod unus sit Christus. 

41. Epistula ad Maximum philosophum. 

42. Refutatio hypocrisis Meletii. 

43. Epistula catholica. 

44. Sermo c. omnes haereses. 


Nun folgen historische Urkunden, Briefe etc. zu den ariani- 
schen Streitigkeiten, die sich mit denen der Pariser Handschrift 
decken.! 


1) Nüheres über B 45—88 und die dem Codex angehüngten Stücke 
bei Wallis a. a. O. S. 247 f. 


I. Die Herstellung des Textes. 11 


Wührend nun die ersten 21 Traktate, wenn auch in ver- 
schiedener Reihenfolge, in allen andern Athanasiushandschriften 
wiederkehren und auch in dem verlorenen Teil der Pariser 
Handschrift (R) vorauszusetzen sind, beginnt mit Traktat 22 eine 
Starke Variation der Zeugen nach Auswahl und Reihenfolge. 

Darnach wäre also als Charakteristikum der von B reprüsen- 
tierten Gruppen zu betrachten: die oben bezeichnete Reihenfolge 
der Traktate 1—21, die Lücke am Schluß des 21. Traktats, und 
die Benutzung einer zweiten größern Sammlung von Traktat 22 
an in der oben bezeichneten Reihenfolge. 

Hervorzuheben ist noch, daß beim Anfang von Traktat 32 
sich die vielleicht von erster Hand herrührende Marginalnote 
findet: βιβλίον δεύτερον, bei 28 eine Rückverweisung auf 18, 
bei 44 die Bemerkung ἄφες un γράψῃς, entsprechend einer 
interessanten Notiz in der πίναξ von B zu 44: ἐν τῇ βίβλῳ 
τῆς μονῆς τοῦ aylov ἀϑανασίου ἐστὶν ἐπιγραφὴ ἄνωϑεν τοῦ 
παρόντος λόγου ἔχουσα οὕτως᾽ εὖ παρὼν λόγος οὐχ ἔστι τοῦ 
μεγάλου ἀϑανασίου, ἀλλὰ ξένος καὶ χυδαῖος" ἡμεῖς δὲ πρόσ- 
ταγμα πληροῦντες μετεγράψαμεν καὶ τοῦτον». 

Die nach dieser Charakteristik zur Gruppe von B gehörigen 
Handschriften sind nun folgende: 

V: Wien Staatsbibliothek, Cod. Mss. Gr. Nr. II (Nessel), 
olim 57 (Lambeceii) chart. foll. 424:16'/, 2 11!/; inches (ca. 
42><28cm); geschrieben von 2 verschiedenen Händen (fol. 1—251 r, 
361 v bis 371v von der einen, 251v —301r, 372r bis Ende von der 
zweiten) saec, XIV—XV. Der Codex wurde von Augerius de Bus- 
beck im 16. Jahrhundert in Konstantinopel angekauft und dem 
Kaiser Maximilian II. geschenkt. Er ist eine direkte Abschrift 
des Codex B, denn er hat alle Traktate und einige nicht athana- 
sianische Schriften in Auswahl und Reihenfolge wie B. Nur 
B 44 läßt er aus gemäß der Weisung am Rande von B: ἄφες 
un yoaypns. Dadurch ändert sich von 44 an bei ihm die 
Zählung. Bei V 76 (—B 77) schreibt er dann mechanisch eine 
Bemerkung von B zu einem Brief Konstantins an die Laien der 
Kirche Alexandriens ab: ἐγράφη ὀπίσω εἰς τὸ οε΄ λόγον ἀπαραλ- 
λάχτως, ohne zu bedenken, daß er nach der Auslassung von 
44 anders zählen, also nach seiner Zählung auf Traktat 74 (statt 
75 — B) bätte verweisen müssen. G. Loeschke, der die Codices 
B und V direkt verglichen hat, bestätigt es mir als unzweifel- 


12 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


haft, daß V gar keinen selbständigen Wert besitzt, sondern ein- 
fach eine Abschrift von B ist. 

Einen etwas selbständigeren Wert scheint eine englische 
Handschrift zu besitzen: 

O: Oxford, bibliotheca Bodleiana, Roe 29 chart. anno 
1410. foll. 363 (das letzte Blatt ist als 362 gezühlt, zwei Blütter 
haben die Zahl 192). Auf fol. 2 findet sich die Bemerkung: 
+ βιβλίον ἐμπεριέχον πάντα σχεδὸν τὰ τῷ μεγάλῳ ἀϑανασίῳ 
πονηϑέντα συγγράμματα, xvplov νεοφύτου, τοῦ τῶν ἐφεσίων 
προέδρου, ἀφιερωϑὲν ὑπ᾽ αὐτοῦ ἐν τῷ πατριαρχείῳ τῇ σεβασμίᾳ 
μονῇ τῆς παμμακαρίστου, . μηνὶ ἰουνίῳ ἔτους FArRd (ΞΞΕ 1451 
p. Chr) Darnach ist auch dieser Codex aus dem byzantinischen 
Patriarchatsbezirk, denn das Kloster τῆς παμμαχαρίστου lag in 
Konstantinopel und wurde später der Zufluchtsort der griechischen 
Patriarchen. Eine zweite Eintragung bemerkt, daß der Ritter 
Thomas Roe die Handschrift aus der Türkei mitgebracht und 
der Oxforder Bibliothek im Jahre 1628 geschenkt habe. Damals 
war Cyrillus Lukaris Patriarch, der lebhaften Verkehr mit Eng- 
land unterhielt. Am Schluß des letzten Traktats steht die 
Unterschrift des Schreibers: ἐτελεεώϑη κατὰ μῆνα uaQt τῆς 
τρίτης ἰνδικτίωνος τοῦ gu "Erovg (= 1410 p. Chr) O 
enthält die Traktate B 1—31 und 34, also nicht nur B 1—21, 
sondern auch die folgenden Traktate bis zu der am Rande 
von B mit βιβλίον δεύτερον bezeichneten Stelle. B 32 und 
33 sind dann ausgelassen, und nur B 34 hinten angefügt. Mehr 
hat die Handschrift nicht enthalten. O 21 bricht im Citat von 
1 Thess 5, 23 ab, gerade wie B: ἐν τῇ παρουσίᾳ τοῦ xvplov 
ἡμῶν. Νυ Ἰησοῦ Χριστοῦ ist noch hinzugefügt. Wenn 
Wallis bemerkt, daß die textkritische Vergleichung einerseits 
eine sehr nahe Verwandschaft mit B, andrerseits einige Selb- 
ständigkeit in der Wortstellung und Orthographie ergäbe, so 
wird sich das auch bei der textkritischen Prüfung unseres Trak- 
tats bestätigen. O ist also wahrscheinlich aus B abgeschrieben; 
es hört da auf, wo der Abschreiber die Notiz βιβΆ. δεύτερον 
fand und fügte nur noch einen Traktat hinzu, um die tradi- 
tionelle Zahl von 32 Traktaten (vgl. E) zu erreichen. Die Her- 
kunft des Codex aus dem Bistum Ephesus legt es nahe, daß 
auch die Vorlage von B im byzantinischen Patriarchatsbezirk 
entstanden ist. 


I. Die Herstellung des Textes. 13 


Zu den Abschriften von B rechnet Wallis auch den Cam- 
bridger Codex B. 9. 7. (— C). Er gesteht freilich, selbst den Text 
nicht genau geprüft zu haben. In der Tat gehórt C nicht hier- 
her, sondern findet im Patmos-Codex seinen álteren Verwandten. 
(Näheres s. unten.) 

Dagegen dürfte wohl der Text unsres Traktats der sich in 
dem Turiner Codex B IV 22 (früher B IIL 11 Cat. Pasini No. CC) 
findet, hierher gehören. Es ist keine Athanasiushandschrift, 
sondern ein Sammelcodex von antihäretischen Schriften. Auf 
fol. 165 ff. findet sich unser Traktat: τοῦ aylov ᾿Αϑανασίου περὶ 
παρϑενίας ἤτοι ἀσχήσεως. Vorher geht νομοϑεσία τοῦ ἁγίου 
Γρηγεντίου ix προσώπου τοῦ εὐσεβοῦς βασιλέως ᾿Αβραμίου, 
nachher folgt eine ἐπιστολὴ εὐθυμίου μοναχοῦ (v^ περιβλέπτουὶ). 
Der Turiner Codex ist ein bombycinus, saec. XIV oder XV 
foll 383. Wie mir die Turiner Bibliotheksverwaltung mitteilt, 
hat der Codex bei dem letzten Brande stark durch Wasser- 
schaden gelitten. Die ersten Zeilen jeder Seite sind durch Rauch 
zerstört und der Codex war schon vor dem Brande in mäßigem 
Zustande. Unter diesen Umständen mußte ich auf eine nähere 
Kenntnisnahme verzichten. Es ist bemerkenswert, daß sich hier 
unser Traktat in einer Sammlung von antihäretischen Schriften 
findet. Die Vorlage des Turiner Codex scheinen die Codices 
CCCVI und CCCVII der Bibliotheca Vindobonensis (Nessel 
p. 413 ff) zu sein. Diese alten von Busbeck in Konstantinopel 
zugleich mit der Athanasiushandschrift V erworbenen als Teil 
I und II zusammengehörigen Pergamenthandschriften enthalten 
aber, obwohl sich ihr Inhalt mit dem Turiner Codex fast 
deckt, unsern Traktat nicht. Er steht im Taurinensis grade 
hinter dem letzten Stück von Vindob. CCCVI und vor dem ersten 
von Vindob. CCCVII. Außer unserm Traktate fügt der Cod. 
Taurinensis fol. 70 bis 86 der Wiener Vorlage noch Excerpte 
gegen die Monophysiten, ein Excerpt aus dem Werke des Pres- 
byters Ámmonius von Alexandrien gegen Eutyches und Dioscorus, 
eine ἀπόδειξις über den Unterschied von φύσις und πρόσωπον, 
einen Brief des Gregorius Thaumaturgos und ἀποφϑέγματα 
ὀρϑοδόξου πρὸς Θεοδώσιον ein. Im zweiten Teil enthalten der 
Cod. Taur. und Cod. Vindob. CCCVII noch folgende Schriften 
des Athanasius: Taur. No. 33 — Vindob. No. 3 disputatio cum 
Zachaeo. Taur. No. 34 — Vindob. No. 5 Disputatio Iudaeorum 


14 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Zwrneiag. 


cum Athanasio et Cyrillo de cruce atque imaginibus, Taur. No. 51 
= Vindob. No. 20 Disputatio Athanasii cum apollinarista. (Näheres 
vgl. die Kataloge von Pasini und Nessel) 

Von Gerhard Loeschke wird in seinem Aufsatz über das 
Synodikon des Athanasius (Rhein. Museum für Philologie, Neue 
Folge LIX. 1904, p. 455) ein Codex Ottob. 456 saec. XV als 
Abschrift von B erwähnt. Nähere Mitteilungen über diese Hand- 
schriften finden sich, wie mir G. Loeschke freundlichst mit- 
teilte, bei E. Feron et F. Battaglini, Codices Manuser. Gr. Otto- 
boniani bibl. Vaticanae, Rom 1897, p. 2531f. Darnach ist es ein 
Cod. chart. saec. XV, 40,6><28,5 cm, 732 Seiten. Die Inhalts- 
übersicht ergibt, daß der Codex mit B 29 xara "Apsıavav λόγος 
ἔχτος (nur in B) anfängt und dann, wenn auch mit erheblichen 
Lücken, denselben Inhalt wie die Baseler Handschrift aufweist. 
Auch der nur bei B erhaltene Traktat τοῦ μακαρίου Μάρκου 
τοῦ διαδόχου steht an gleicher Stelle. Deshalb wird G. Loeschke 
— genauere Prüfung des Codex selbst vorbehalten — Recht 
haben, wenn er in ihm eine Abschrift von B vermutet. 

Ein von Wallis a. a. O. p. 254 genanntes, jetzt mit dem Cam- 
bridger Codex C zusammen eingebundenes Fragment einer Atha- : 
nasiushandschrift enthält B 29, 30, 32, scheint also mit dem Ottob. 
456 zusammen zu gehören und dürfte für das βιβλίον δεύτερον 
von B wichtig sein. Dieser Hinweis muß hier genügen, da diese 
Handschriften unsern Traktat nicht enthalten. ' 

Dagegen gehóren, nüherer Prüfung vorbehalten, zwei Hand- 
schriften des Athosklosters Watopedi hierher, über die mir 
der Bibliothekar des Klosters Herr Antbimos liebenswürdige 
nähere Mitteilungen machte. Die erste (ἀρεϑ' 7. Τόμος Γ᾿) perg. 
saec. XII (= W 1) enthält zunächst 11 der späteren (meist unechten) 
Traktate, dann ein leeres Blatt, den Brief des Photius an seinen 
Bruder Tarasius (Migne P. g. XXV Prolegomena p. CCLXXVIII) und 
eine πίναξ der 21 Traktate B 1—21 mit dem Text derselben a—xa, 
περὶ παρϑενίας an dem gewöhnlichen Platz «9: K. unter dem Titel: 
τοῦ αὐτοῦ περὶ παρϑενίας ἤτοι περὶ ἀσχήσεως. Ich vermute, daß die 
11 ersten Traktate ursprünglich zu einem andern Codex gehörten. 

Die andere Handschrift (W?) ist jetzt in zwei Teile ge- 
teilt apı$ u. 5. τόμος A’ und ἀριϑμ. 6. τόμος B. Nach dem 
alten Katalog der Klosterbibliothek gehören diese beiden Teile 
zusammen, schließen sich auch in der Zählung der Traktate an- 


I. Die Herstellung des Textes. 15 


einander an. Die Handschrift stammt aus dem saec. XIV, ist 
auf Pergament geschrieben, die Nummern der Traktate stehen 
mit Gold am Rande. Es sind 81 Traktate, entsprechend B 1—21, 
B 23. 24. 25. 40. 38. 3. 37. 39. 32. 33. 26. 34. 30. 31. 28. 45. 46. 
47. 48. 50. 51. 52. 53. 54. 55. 48. R 38—53. R 73. 70. 71. 74. 
R 75—81, B 87. B 88, endlich eine ἐπιστολὴ προοιμίου (an 
Eustathius, OZ), zwei διαλέξεις μετὰ ΜΜακεδονιανοῦ ἤγουν 
πνευματομάχου (OH und O6), Διάλεξις χατὰ ᾿Αἀνομοίου (ΠῚ 
und die Vita Antoni (Π4). Im wesentlichen deckt sich der 
Inhalt mit der Sammlung des Codex B, aber die Reihenfolge ist 
anders; für uns kommt nur in Betracht, daß περὶ παρϑενίας in 
der Sammlung von 21 Traktaten an der gewöhnlichen Stelle 
steht. Herr Anthimos schickte mir auch eine Abschrift von 
e. XII—XIV des Traktats περὶ παρϑενίας. Darnach ist der 
Text, abgesehen von einer bemerkenswerten Auslassung in W! 
(läßt das Schlußdankgebet c. XIV fort), derselbe wie in P. In 
den Ápparat habe ich für Cap. XII—XIV die Varianten aufge- 
nommen. Die Liste der Titel mit den lInitien ist in meinem Be- 
sitz, würde aber hier zu viel Raum einnehmen, ich stelle sie gern 
jedem Interessenten zur Verfügung. 

Eine Sonderstellung nimmt eine venetianische Handschrift 
ein, schließt sich aber an B insofern an, als sie die Traktate 
B 1—21 in derselben Reihenfolge enthält und dann eine Reihe 
von anderen Traktaten folgen läßt, gerade wie O an Zahl 32, 
aber in anderer Auswahl. Es ist dies: 

E: Venedig, bibliotheca Marciana cod. XL ΙΧ (jetzt 351) 
chart. saec. XII (??) foll. 351. 27—28 Zeilen auf einer Seite, sehr 
sorgfältig geschrieben, sehr wenige Korrekturen. Unser Traktat 
steht an 20. Stelle (wie in B) fol. 255 r. Z. 4—fol. 264 v. Z. 18. 

Der Codex enthált die Traktate B 1—21, dann B 22. 44. 
97. 23. 24. 38. 39. 40. 25. 41. 26, also wenn wir von der verün- 
derlen Reihenfolge absehen, B 1—21. 22—26. 37—40. 44. Die 
Vergleichung mit der Pariser Handschrift S (Paris, bibl. nationale 
Coisl. 45 (früher 133)] ergibt das beachtenswerte Resultat, daf 
E, nachdem es zunächst für die Traktate B 1—21 eine besondere 
Vorlage benutzt, nun aus S alle Traktate enthält, die in den 
ersten Teil noch nicht aufgenommen waren. S. 1. 2— B 1. 2, 
S 4—B 8.85. 6—B. 15. 16, 8 8— B 14, S. 18. 19. 20. 21 — 
B 4. 5. 6. 7 fielen darnach fort; sonst wurde die Reihen- 


16 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Aöyog Σωτηρίας. 


folge von S genau eingehalten und es folgt daher in E 
auf B 21: 


E 22—8 3-— B 22 de incarnatione verbi et Dei 

E 23=S 7=B 44 Contra omnes haereses 

E 24—S 9=B 37 Expositio fidei 

E 25 —S 10— B 23 Epistula Liberii 

E 26—S 11— B 24 Ep. ad Liberium papam 

E 27=S 12—B 38 Tomus ad Antiochenos 

E 28 —S 13— B 39 Contra Sabellianos 

E 29=S 14— B 40 Quod unus sit Christus 

E 30=S 15 —B 25 Epistula ad Adelphium 

E 31=S 16 — B 41 Epistulaad Maximum philosophum 
E 32—8 17 — B 26 In illudevangelii «Ite incastellum». 


Da S 18—21 — B 4—7 für E wieder fortfallen, so blieben 
von S als in E nicht berücksichtigt nur noch übrig S 22 — B 32 
und S 23— B 33. Das sind aber die beiden ersten Nummern 
der Pariser Handschrift R. 


Wir nehmen daher an, daß E 22—32 nicht direkt aus S, 
sondern vielmehr aus dem verlorenen Teil von R (=R!) ent- 
nommen sind, welcher 20 Traktate S 1—20 enthielt und dessen 
12. Traktat gerade wie in E, nach einer Randbemerkung in R? 
der Tomus ad Antiochenos war. E hat also in seinem ersten 
Teil einen Codex der alten Sammlung B 1—21, in seinem zweiten 
eine andere Sammlung benutzt, deren zweite Hälfte uns in dem 
alten Pariser Codex Regius (Gr. 474) R (saec. XI) erhalten ist. 
E hat darnach ein ähnliches Verfahren wie B eingeschlagen, in- 
dem es die Sammlung 1—21 mit einer anderen R! kombinierte. 
Während B aber viele Umstellungen vorgenommen und R? hin- 
zufügte, daher Wiederholungen nicht vermieden hat, folgt E seinen 
Vorlagen für E 1—21 und E 22—32 genau, läßt nur im zweiten 
Teil das bereits Abgeschriebene fort. Zu beachten ist dabei, daß 
sowohl E wie O 32 Traktate enthalten, freilich in anderer Reihen- 
folge und Auswahl, ferner daß die Pariser Handschrift R, wenn 
sie ihre Zählung mit R 22— B 32 beginnt, der Randbemerkung 
in B zu 32: βιβλίον δεύτερον formell entspricht. Dieser Traktat 
B 32 stand also in der Vorlage von B an 22. Stelle. Der bei 
R vorhergehende Traktat (= S 21) hat dort keine besondere 
Nummer. Das βιβλίον πρῶτον ging also in B's Vorlage — zu 


I. Die Herstellung des Textes. 17 


dieser gehörte die Randbemerkung — bis zu S 20, entsprach 
demnach genau der für den zweiten Teil von E zu supponieren- 
den Vorlage, welche bereits C. H. Turner in einer Schlußbemer- 
kung zu dem Aufsatze von Wallis (a. a. O. p. 257) als Quelle für 
B 22ff. voraussetzte. 

Als ältere Schicht dieser Gruppe gewinnen wir also zwei 
Sammlungen, welche dem heutigen Bestande von B, O, E 1—21 
und dem von S 1—20 entsprechen; zusammen würen das 41 Trak- 
tate — darunter sind aber 9 Dubletten, bleiben also nach deren 
Ausscheidung die 32 Traktate von E für die combinierte Samm- 
lung. Ohne Ausscheidung der Dubletten gewinnt B durch Hin- 
zufügung von 36. 42 und 43 (ebenfalls Dubletten) seine ersten 
44 Nummern, stellt aber S 7 — B 44 als unecht an den Schluß, 
um dann von 45 an der Pariser Vorlage unter Vornahme neuer 
Umstellungen (vgl. Wallis) zu folgen. Dies Resultat ist für die 
Textkritik unseres Traktats insofern von Bedeutung, als daraus 
ersichtlich ist, daß 


1. der Traktat περὶ παρϑενίας zu einer alten Sammlung 
vorwiegend echter Athanasiusschriften gehörte; 


2. die Autorität der Baseler Handschrift B als einer späteren 
Combination verschiedener Fascikel erheblich an Ansehen verliert; 


3. E gegenüber B einen selbstündigen Wert besitzt, indem 
es eine so beachtenswerte Vorlage wie die verlorene Hälfte der 
Pariser Handschrift R (saec. XI) viel sorgfältiger wie B benutzt 
zu haben scheint. Der Wert von O bleibt noch genauer zu be- 
stimmen. 

Nur V hat als Abschrift von B gar keinen selbständigen 
Wert. 


Die zweite Gruppe (L M G T). 


Aus dem Bisherigen erhellt zur Genüge, daß es Handschriften 
gegeben hat, welche nur die Traktate B O E 1—21 enthalten 
haben. Es sind uns deren heute noch vier erhalten, für welche 
der Londoner Codex Burneianus 46 (— L) als der älteste der wich- 
tigste Repräsentant ist. Von L abhängig sind die Münchener (M), 
Genfer (G) und Cambridger (Trinity College B 9. 8 — T) Hand- 
schriften, von denen G, wie schon erwähnt, eine wichtige Rolle 
bei dem Druck der editio Commeliniana gespielt hat. Alle vier 


schließen mit Tract. 21 (Schluß vollständig), G durehstreicht den 
Texte u. Untersuchangen etc. NF XIV, 2 


18 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyos Zwrnoiag. 


zunächst abgeschriebenen Tract. 18 und macht die Randbemer- 
kung: hoc fragmentum est ex oratione integra cujus titulus idem. 
In G folgen auf Tract. 21 quaestiones aliae (Migne XXVIII p. 773 
bis 796) und das Symbolum Quicumque im griechischen Text. M 
und T lassen Tract. 18 aus. M hat wie G das Symbolum Quicum- 
que, T dagegen nicht. Der Titel des dritten Traktats lautet 
in L: τοῦ αὐτοῦ διάλεκτος ἐν τῇ κατὰ vıxalav συνόδῳ πρὸς 
ἄρειον. 

G fügt dem hinzu: ἐν ἔτη τῆς ϑείας σαρχώσεως τι. ἐν 
ἡμέρᾳ τοῦ εὐσεβοῦς βασιλέως κωνσταντίνου und am Rande: 
καὶ τοῦ μακαρίου πάπα σιλβέστρου καὶ ἐπισχόπου βιζαντίου 
ἀλεξάνδρου. 

M und T haben die ganze Datierung incl. der Randglosse 
von G in den Titel aufgenommen. Alle drei M, G, T rechnen im 
Unterschied zu L die ἐπιστολὴ εἰς τοὺς ἐπισχύπους Αἰγύπτου 
καὶ Λιβύης als or. Ic. Arianos. Darin stimmen sie mit den beiden 
Patmos-Codicees I’ und A überein. Der Patmos-Codex A, 
saec, X], der leider nur fragmentarisch erhalten ist, bat zum 
dritten Traktat auch eine παρασημείωσιες von späterer Hand über 
das Datum der Synode, von der die Bemerkung in G abhängig 
zu sein scheint.! Nach der Reihenfolge der erhaltenen Traktate 
zu schließen, gehört er auch zu dieser Gruppe. Sicherheit 
könnte nur eine Textvergleichung der erhaltenen Fragmente 
bringen. 

Ich gebe nun für L und T nach den Angaben von Wallis, 
für M und G nach eigener Prüfung der Handschriften die Cha- 
rakteristik der genannten Codices. 


L: London, British Museum, Burney 46, membr. saec. 
XIII; 282 foll. 121 2 9!/, inches (ca. 32><24 cm). Zwei Lagen 


1) Die παρασημείωσις von späterer Hand in Cod. A (Patmos) lautet: 
Ev ἔτει τῆς ϑείας σαρχώσεως t) ἐν ἡμέραις Σιλβέστρον πάπα Ῥώμης 
χαὶ ἐπισχόπου Βυζαντίνου τοῦ ᾿Αλεξάνδρου ἐτελέσϑη καὶ ἐγένετο ἡ ἁγία 
καὶ οἰχουμενικὴ πρώτη σύνοδος τῶν tuj πατέρων ἐν Νικαίᾳ τῆς Βιϑυ- 
vlag, γενομένης αίῳ χ᾽. ὑπὸ δὲ τοῦ πάπα Ῥώμης παρῆσαν Βῆτος καὶ 
Βιχέντιος ἔν τῇ αὐτῷ συνόδῳ. ἁὕτη jj ἁγία σύνοδος σινεργείᾳ τῆς ἁγίας 
καὶ ὁμοσυνοσίου τριάδας "ἄρειον χαϑεῖλε xal τοὺς ὁμόφρονας αὐτοῦ, -ἀνα- 
ϑεματισϑέντων τὸ ἅγιον σύμβολον τῆς πίστεως ὑπηγόρησαν ὑπογράψαντες 
ἅπαντες σὺν τῷ πανσεβασμίῳ βασιλεῖ Κωνσταντίνῳ x«l εὐφήμησαν xal 
οὕτως διελύϑη ὁ σύλλογος. 


L Die Herstellung des Textes. 19 


(73—79 und 256—262) haben nur 7 Blätter, die letzte Lage 
(279—282) nur vier, ohne daß im Text etwas fehlt. Die Tinte 
ist oft verblaßt und die Buchstaben dann von späterer Hand 
nachgezogen. Der Anfangsbuchstabe jedes Traktats und die Or- 
namente beim Titel sind rot. Der Codex ist in 2 Lederbänden 
gebunden als Codex Burneianus bezeichnet. Andere Einzelheiten 
vgl. bei Wallis a.a. O., p. 105. Unser Traktat findet sich im 
zweiten Bande unter der Überschrift: τοῦ αὐτοῦ περὶ παρϑενίας 
ἤτοι ἀσχήσεως fol 119 v bis fol. 128 r. 


G — Genf, bibliotheque nationale, mg. 29, vol. I, chart. 
saec. XVI, (31><22 cm), 773 Seiten (aber p. 21, 22, 579, 580 
fehlen), p. 263 ff. ist irrtümlich mit 269 ff. numeriert. Es ist 
dies die Handschrift, nach welcher unter Berücksichtigung der 
von den Herausgebern am Rande eingetragenen Lesarten von B 
die editio Commeliniana gedruckt ist. Im Jahre 1595 entlieh sie 
Commelinus aus Genf; erst 1619 wurde sie dorthin zurückgegeben. 
Sie ist in den Ausgaben mit Felckmanni II anonymus bezeichnet 
und ihre Sonderlesarten stehen mit der Bezeichnung II im An- 
hang der editio Commeliniana von 1601 (Variae Lectiones operum 
S. Athanasii, p. 80, 81). Die Ausgabe von Migne notiert diese 
Varianten unter dem Text als Felc. 2. Jedoch ist diese Collation 
nicht vollständig und dadurch minderwertig, daß ein Teil der 
Sonderlesarten in den Text selbst mit Unrecht aufgenommen 
sind. Vol. II dieser Genfer Fascikel ist = Felckmann 3, 4, 5; 
Vol. II[ — Feleckmann 6 und 1 (eine Abschrift des Goblerianus). 
Sie kommen für uns nicht in Betracht. Περὶ παρϑενίας findet 
sich unter dem von erster Hand am Rand beigeschriebenen 
Titel: τοῦ αὐτοῦ περὶ παρϑενίας ἤτοι ἀσχήσεως, fol. 312 v (rot) 
d.i. Seite 694 unten bis fol. 354r d.i. Seite 718 Zeile 7. Die Hand- 
schrift ist schnell und mit viel Abkürzungen geschrieben, ver- 
mutlich am Anfang des 16. Jahrhunderts. 


M=München, Staatsbibliothek (nicht Universitätsbibliothek, 
wie Wallis schreibt). Cod. gr. 26 chart. anno 1548, foll. 353, 
34><23 cm. Am Schluß das Symbolum Quicumque. Subscriptio: 
ἐμμανουῆλος βεμβαινῆς 0 ἐκ μονεμβασίας μετὰ τὴν παράδοσιν 
τῆς ἑαυτοῦ πατρίδος καὶ ταύτην τὴν βίβλον ἐξέγραψε μισϑῷ 
ἔτους τρέχοντος ἀπὸ χῦ γεννήσεως αφμη μηνὸς ποσειδῶνος 
ἔχτη φϑίνοντος (— 25. Dez. 1548). 


I% 


dm 


ww 


20 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


Der Bemerkung von Wallis, die Handschrift sei «very care- 
lessly written» kann ich nicht zustimmen. Die Schrift ist sehr 
sauber und sorgfältig. Die Schriftcitate sind am Rande markiert. 
Der Text ist so nahe mit G verwandt, daß entweder M direct 
von G abgeschrieben ist, oder beide von einer dritten, die genau 
dieselben Fehler und Lücken hatte. Unser Traktat steht auf 
fol. 318r —329 v. 


T=Cambridge, Trinity college B 9. 8. chart. saec. XVI, 
133/; —9!/, inches (ca. 34 »« 24 cm). Die Paginierung ist ungenau, 
Der Codex wurde 1637 von Silvius Elwes dem College geschenkt. 
Mr. Burkitt glaubt aus der Beschaffenheit des Papiers, das besonders 
stark und gut ist, und aus dem Charakter der Hand den Schluß 
ziehen zu können, daß auch diese Abschrift von Emmanuel von 
Monemwasia (an der Ostküste des Peloponnes), dem Schreiber 
von C und M, hergestellt ist. Die Charakteristik des Papiers 
paßt auch auf M, mit dem T sich im Texte genau deckt. Dar- 
nach hätte also dieser Schreiber sowohl C wie M und T abge- 
schrieben, jedoch aus 2 verschiedenen Vorlagen. 

Von diesen Handschriften haben also MGT gegenüber L 
keinen selbständigen Wert, jedoch zeigt schon die Erweiterung 
der Überschrift des dritten Traktats, daß es sich nicht um 
mechanische Abschriften handelt, sondern daß der Text selbst 
hier eine Bearbeitung erfahren hat, welche unsere textkritische 
Prüfung in helles Licht stellen wird. 


Die dritte Gruppe (PC D) 

war von Wallis nicht erkannt worden, weil er nur die späte 
Handschrift aus Cambridge C aus dem sechszehnten Jahrhundert 
vor sich hatte, die er für eine Abschrift von B hielt, die einige 
Umstellung und Ergänzung erfahren habe; die im Katalog der 
Bibliothek von Patmos aufgeführte Handschrift 7" aus dam 
saec. X oder XI (P) sowie die Venetianische Handschrift (D) be- 
weisen aber, daß es sich hier um eine relativ selbständige 
Gruppierung der Athanasiusschriften handelt, die älter ist als 
die Combinationen BO und E. Nur die Zahl der Traktate 32 
ist die gleiche wie in Ὁ und E, was wohl nicht zufällig ist. 
Die Gruppe enthält nämlich folgende Stücke: 


I. Die Herstellung des Textes. 21 


PCD 1 —BOELI 

PCD 2 —BOEL2 

PCD 3 — B 82 R 77 Epistula ad Dracontium 
PCD 4 — B 83 R 78 Epistula ad Afros episcopos 
PCD 5 — B 57 R 38 Apologia de fuga sua 
PCD 6 — B 0 E 22 

PCD 7 — B O 23 

PCD 8 — B O 24 

PCD 9 — B O 25 

P C D 10 — B O 26 | 

PCD 11 homila de semente 

P C D 12—20— B O E L 8—16 
PCD21—25 —BO E L 3—7 

P C D 206—309 — BO E L 17—21 

PCD31 — B O 27 

PCD232 — B O 28 


Sehen wir also zunüchst von der Reihenfolge ab, so deckt 
sich PCD mit BOELMGT dem Inhalt nach für BL 1—21, 
mit BO sogar bis BO1—28. Nehmen wir nun die hinter B 2 
eingestellten Stücke weg und setzen dafür B3—7 an ihre alte 
Stelle, so schließt sich auch B 17 ff. wieder an B 16 an und wir 
haben wieder die in den beiden ersten Gruppen gefundene alte 
Sammlung B1—21. Sie liegt offenbar auch dieser dritten Gruppe 
zugrunde und ist damit als ülter wie P (saec. X) erwiesen. Sie 
ist in PCD durch eine andere Sammlung ergänzt, welche die 
Nummern B 22—28 enthielt und vermutlich auch die Stücke 
PCD 3. 4. 5. und 11, vermutlich in der aus PCD noch zu rekon- 
struierenden Reihenfolge: 


PCD3.4.5.— B S2. 83. 57 

PCD6—10 =B 2?2—26 

PCD11 homilia de semente 
P CD 31—32 — B 27—28$. 


Dies sind alles Briefe und Predigten des Athanasius und 
die Predigt über den Süemann erhält ihre richtige Stellung 
zwischen andern Predigten. Es ist dann wahrscheinlich, daß 
diese Sammlung, die für PCD benutzt worden ist, auch noch 
anderes Material enthielt, das in PCD unberücksichtigt blieb; 


22 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' 4óyoc Σωτηρίας. 


da die Zahl von 32 Traktaten immer wiederkehrt, so scheint 
sie auf einer Tradition zu beruhen. 

Ich gebe nun wieder einige Notizen über die drei hierher 
gehórigen Handschriften, für P nach den mir brieflich gemachten 
Mitteilungen des Bibliothekars von Patmos, nach den Angaben 
von Sakellion und nach zwei mir übersandten Photographien, 
für C nach den Angaben von Wallis, für D nach Mitteilungen 
meines Freundes Gelshorn. 


P. Πάτμος, βιβλιοϑήκη τῆς κατὰ τὴν νῆσον Πάτμον 
γεραρᾶς καί βασιλικῆς μονῆς τοῦ ἁγίου ἀποστόλου καὶ εὐαγγε- 
λιστοῦ Imavvov τοῦ ϑεολύγου. στοιχεῖον A κώδηξ I' περ- 
yaunvov' φύλλα 312 in 409. 30 Linien auf jeder Seite, 27><20 em 
im Einband; 20 ><15 cm Text ohne Rand, saec. X oder XI. Am 
Rande finden sich einige exegetische Glossen. Im letzten Teil 
des Codex (so auch in unserm Traktat) ist die rechte obere Ecke 
zerstört, was meist den Verlust einiger Worte der ersten Zeile 
für uns bedeutet. Außerdem ist leider der ganze erste Teil des 
Codex CD 1—13 und der Anfang von CD 14 (Epistula I ad 
Serapionem) sowie der Schluß CD 30. 31. 32 verloren. Der er- 
haltene Teil CD14—CD 29 läßt aber keinen Zweifel, daß der 
Codex ursprünglich CD 1—13 sowie 30—32 enthalten hat. Nach 
den mir zugesandten Photographien lassen sich drei alte (etwa 
gleichzeitige) Schreiberhände unterscheiden. Von der ersten 
stammt noch der Schluß von CD 14, von der zweiten CD 15 ff. 
Die dritte erscheint auf der Photographie einer Seite von περὶ 
παρϑενίας. Genaneres ist mir nicht mitgeteilt worden. Was 
den Schriftcharakter angeht, so ist es überall eine sorgfältig 
ausgeführte Minuskel, eckige Spiritus überwiegen, : adscriptum 
ist häufig. Man kann in der Datierung auf saec. X oder XI 
kaum zweifelhaft sein. Aus ungefähr gleicher Zeit stammt 


D. Bibl. Marciana, in Venedig, früher No. 50, Jetzt No. 369, 
teils membr. (so für unsern Traktat) saec. XI, teils chart. foll. 415, 
31 Zl. auf einer Seite, Format in $" (sehr kleine Schrift) Unser 
Traktat findet sich fol 355 von Z. 7 bis fol. 366 v. Z. 27. 


C. Cambridge. Trinity college B. 9. 7, der von der edi- 
tio Commeliana und Montfaucon mit Anglicanus (— À) bezeich- 
nete Codex. chart. saec. XVI foll. 874; 13'—8!/, inches. Die 
Subscriptio lautet am Schlusse des 32. Traktats: τέλος ἀμὴν" τὸ 


I. Die Herstellung des Textes. 93 


παρὸν βιβλίον ἐγράφη ὑπὸ χειρὸς ἐμμανουήλου τοῦ μβαιβενῖ 
τοῦ ἐχ μονεμβασίας. Emanuel von Monembesia, der Schreiber 
von M und T, hat diesen Codex also in der Mitte des sech- 
zehnten Jahrhunderts copiert. Der englische Bischof John Chri- 
stopherson (c. 1553), Master of Trinity college, hatte den Codex 
in Italien «magno pretio» gekauft. Es ist daher nicht unmöglich, 
daß bei näherer Untersuchung C sich als directe Abschrift von 
D herausstellen würde. Jedenfalls hilft er dazu, uns den ver- 
lorenen Teil von P zu ersetzen. Zusammengebunden mit C ist 
ein Fragment von anderen Athanasiusschriften, wie Wallis glaubt, 
von späterer Hand geschrieben, enthaltend den sermo brevis adv. 
Arianos (— B 28), die Ep. III ad Serapionem (— B 30) und den 
gróBeren Teil der Or. IV c. Arianos (— B 32). Das Fragment 
hat also denselben Anfang wie der Ottob. 456, der sich in seinem 
weiteren Inhalt an B anschliefit. Für unsern Zweck ist es be- 
langlos. 


Die vierte Gruppe 
der Athanasiushandschriften scheint durch eine Reihe von Papier- 
handschriften reprüsentiert zu sein, die sich jetzt in italienischen 
Bibliotheken befinden und von mir nur nach den gedruckten 
Biblothekskatalogen geprüft werden konnten. Es sind dies 
der Cod. Borbonicus XVII zu Neapel (II A 17) chart. 
saec. XV; 
der Cod. Ottobonianus 223 in Rom, Vatikan, chart. saec. XVI 
foll. 221, 33 ><23 em; 
der Cod. Pii II No. 2 in Rom, Vatikan, chart. saec. XV 
foll. 386; 
der Cod. «Felekmann 3», wie ihn Montfaucon nennt, aus 
dem Fascikel 11 der Genfer Handschrift 1. Teil, be- 
schrieben bei Wallis a. a. O. p. 407, enthaltend die 
ersten 9 Traktate der italienischen Handschriften. 
Die in diesen Handschriften befolgte Auswahl und Reihen- 
folge ist folgende: 
An der Spitze steht eine vita S. Athanasii (Migne XXV 
col. 185—211), dann 
1. Oratio c. gentes — B O E L 1. 
2. Ἐπιστολή de synodis Arimini in Italia et Seleuciae in 
Isauria (Teil von R 72). 


24 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Adyog Σωτηρίας. 


3. Ep. ad Ioannem et Antiochum R 75 B 80. 
4. Ep. ad Palladium R 76 B 81. 
Ep. ad Dracontium R 77 B 82. 
. de apparitione verbi 
Dei in carne et c. Ari- 
anos —DB 0 E L2-—P C D 2. 
7. de passione Domini 
et cruce -—B O28—P C D 32. 
(Pi Il hat hier B 18 
P CD 21) 
8. Dialectus in conc. Ni- 
caeno =BOEL3=PCD 21. 
9. Oratio c. Arianos II=BO E L 8—P C D 12. 
(in editione IV) 


10—14. —B O0 E L 9—13, P C D 13—17. 
15—19. —B OE L 17—21, P C D 26—3. 


95 οἱ 


Am Schlusse variieren die Handschriften stark, indem sie 
auf B 21 verschiedenes folgen lassen, der Cod. Borbonicus: Ἔρο- 
τήσεις xal ἀποχρίσεις des Anastasius Sinaita, den Brief Poly- 
karps an die Philipper und eine Schrift des Methodius von 
Patara περὶ τῆς βασιλείας τῶν ἐϑνῶν. Der Cod. Pii II hat noch 
zweifelhafte Athanasiana: contra omnes haereses, confutatio prae- 
positionum, ex epistula Athanasii de synodis, defensio Dionysii 
ex actis synodi tertii und einige andere Kirchenväterexcerpte. 
Der Cod. Ottobonianus 223 schließt mit 19— BOEL 21. E 
kann darnach kein Zweifel sein, daß dieser Gruppe ebenfalls die 
Sammlung der 21 Traktate, die B O E L gemeinsam sind, zu- 
grunde lag. Ausgelassen sind: B 4—7 — καὶ 18—21, B 14 (— B8 
15. 16 — S 4. 5. 6; wenn nicht aus anderen Gründen, weil sie an 
anderer Stelle berücksichtigt waren. Der Traktat περὲ παρϑενίας 
aber, auf den es uns hier allein ankommt, steht an seiner ge- 
wöhnlichen Stelle, ist also wieder der Sammlung von 21 Trak- 
taten entnommen. Unter diesen Umständen glaube ich darauf 
verzichten zu dürfen, mir auf mühsamem Wege aus Neapel und 
Rom Collationen dieser späteren Texte zu verschaffen, da die an- 
dern älteren Codices reichlich genug Material bieten, um einen 
gesicherten Text zu gewinnen. 


I. Die Herstellung des Textes. 25 


Das Gleiche gilt auch von dem Cod. Ottob. 403 chart. 
saec. XV—XVI foll. 330, der mit B 18 P C D 27 und den vier 
Briefen an Serapion beginnt, dann allerlei apokryphes Material 
enthält und endlich mit B 21 B 20 (περὶ παρϑενίας) und B 19 
(in dieser Reihenfolge!) und einer χατὰ ’Avouolov διάλεξις 0900- 
doSov schließt. Da unser Text hier ebenfalls zwischen B 19 
und B 21 erscheint, so dürfte die Quelle für unsern Traktat 
im Ottob. 403 ebenfalls in der uns bekannten Sammlung zu 
suchen sein. 


Damit ist die Übersicht der Handschriften abgeschlossen. 
Sie hat nicht nur für die Gruppierung der Textzeugen uns wich- 
tige Anhaltspunkte gegeben, sondern auch die auf Grund unzu- 
reichender Kenntnis des Materials von früheren Kritikern auf- 
gestellte Behauptung widerlegt, der Traktat περὶ παρϑενίας fehle 
in den älteren Athanasiuscodices. Es kann nach dem obigen 
Tatbestand vielmehr nicht zweifelhaft sein, daß er schon vor dem 
zehnten Jahrhundert in der bei PCD vorausgesetzten, in BOEL 
in alter Reihenfolge erhaltenen Sammlung von 21 Traktaten ge- 
standen hat. 


Die Untersuchung der Varianten muß nun zeigen, daß sich 
auch ein alter unverdächtiger Text für περὶ παρϑενίας her- 
stellen läßt. 


3. Gruppierung und Charakteristik der Textzeugen auf 
Grund der Textvergleichung. 


Das bisher gewonnene Resultat unserer Untersuchung, wo- 
nach schon aus äußeren Gründen zunächst PCD einerseits und 
BO andererseits nahe zusammengehören, E, obwohl mit BO ver- 
wandt, selbstándigen Wert besitzt, wührend unter den jüngeren 
Handschriften LMGT eine Gruppe für sich bilden, bestütigt sich 
uns vollauf durch die Textvergleichung. Sehen wir von den 
Sonderlesarten von E zunüchst ab, die keinesfalls eine Grundlage 
für die Untersuchung abgeben kónnen, so illustrieren wir das 
Verhältnis der Textzeugen am besten durch eine Stelle, wie den 
Schluf von Cap. XX: 


96 Ed, v. d. Goltz, Athanasius! 4óyoc Σωτηρίας. 
PCD: BOE: L: MGT: 

διάφαυμα de διάφαυμα de διάφαυμα de διάφαυμα δέ: 
εὐλογεῖτε εὐλογεῖτε εὐλογεῖτε εὐλογεῖτε πᾶν- 
πάντα τὰ ἔρ- πάντα τὰ ἔρ- πάντα τὰ ἔρ- Ta τὰ ἔργα 
ya xvolov γατὸνχύριον᾽ γατὸν κύριον᾽ τὸν κύριον δύ- 
τὸν κύριον, δόξα ἐν ὑψί- δόξα iv vpi- ξα ἐν ὑψίστοις 
vuvelte' do- στοις ϑεῷ xal στοιςϑεῷκαὶ ϑεῷ καὶ ἐπὶ 
ξαἐν ὑψίστοις τὰ ἕξῆς. ἐπὶγῆςεἰρή- γῆς ἐιρήνη 
ϑεῷ καὶ τὰ vn iv ἀν- ἐν ἀνϑρώ- 
ἑξῆς. ϑρώποις ποις εὐδο- 
εὐδοκία. κία᾽ ὑμνοῦ- 
μέν 6c εὐλο- 
"γοῦμέν σὲ 
προσχυνοῦ- 


μέν σε. 


Darnach ist der älteste Text von PCD und BOE repräsen- 
tiert; er enthält in L die erste, in MGT die zweite Ergänzung. 
In der Differenz zwischen PCD und BO treten in diesem Falle 
LMGT auf die Seite von B. In einer Reihe anderer Fälle treten 
LMGT auf die Seite PCDE gegen Sonderlesarten in BO. Dahin 
gehört eine Auslassung wie in cap. I xal τὰ πετεινὰ τοῦ ov- 
ρανοῦ xarà yivog > BO, ein Zusatz wie cap. VII - xal τῇ μέϑηῃ 
BO, oder, um noch ein Beispiel herauszugreifen, in dem alle Zeugen 
variieren, PCDE aber den richtigen Text repräsentieren, wähle 
ich eine Stelle aus dem Gebet am Schluß von cap. XIV: 


PCDE: BO: LMG: 
εὐχαριστοῦμέν σοι εὐχαριστοῦμέν σοι εὐχαριστοῦμέν σοι 
χαὶ αἰνοῦμέν σε ὅτι wie PCDE (σοι > MG) or 
κατηξίωσας ἡμᾶς κατηξίωσας ἡμῖν ue- 
μεταλαβεῖν τῶν ἀ- ταλαβεῖν τῶν σαρχι- 
γαθϑῶν τῶν σῶν κῶν τροφῶν᾽ δεόμε- 
(τῶν ἀγαϑῶν >E) bis ϑα x. τ. 4. 
τῶν σαρχικῶν τρο- wie PCDE. 


“« , ^ 
gor' δεομεϑα καὶ 


rapaxulouuev σε 

ἵνα καὶ τὰς ἐπου- ἵνα χαὶ τὰς ἐπουρα- 
Α , € LI 

oavlovs τροφίις víiovcrulv vtooqac 


ἡμῖν δωρήσῃ. δωρήσῃ. 


I. Die Herstellung des Textes. 27 


Darnach ergibt sich uns im allgemeinen der Grundsatz, daß 
die Übereinstimmung der ülteren Zeugen PCD — BO sicher die 
richtige Lesart repräsentiert, während Abweichungen in LMGT 
oder in MGT als späteren Ursprungs anzusehen sind. In den 
Fällen aber, wo PCD einerseits und BO andererseits divergieren, 
vermögen E sowohl wie L resp. LMGT der einen oder anderen 
Seite das Übergewicht zu geben, obwohl da auch noch innere 
Erwägungen mitzureden haben. Soviel im allgemeinen. 

Für die Charakteristik im einzelnen empfiehlt es sich, wenn 
wir zunächst die jüngsten Varianten, die von MGT ins Auge 
fassen, zumal sie die bisherigen Druckausgaben beherrschen. Die 
Untersuchung der älteren Handschriften hat im Gegensatz zu 
ihnen eine solche Einstimmigkeit feststellen können, daß sie 
zweifelsohne als das Werk eines Überarbeiters unseres Traktats 
anzusehen sind, denn es handelt sich in MGT nicht etwa nur um 
Versehen oder gelegentliche kleine Verbesserungen, sondern um 
einige recht erhebliche Änderungen.! Die wichtigste ist der Er- 
satz des alten aus der Didache stammenden Tischgebets am An- 
fang von cap. XIII durch ein anderes ebenfalls hochinteressantes 
Formular. Hier hat die älteste Druckausgabe zwar den ursprüng- 
lichen Text nach B wieder eingesetzt, aber nicht beachtet, daß 
auch die folgenden Worte: xal ταύτην μὲν τὴν εὐχὴν ...... 
bis ἐκ τῆς τραπέζης λέγομεν in B (wie in allen älteren Zeugen) 
fehlen. Sie sind also mit Unrecht in dem gedruckten Texte stehen 
geblieben und standen der richtigen Beurteilung der Gebete sehr 
im Wege. Sie verraten uns aber auch den Charakter der Bear- 
beitung. Sie ist in einem griechischen Kloster (also nicht etwa 
erst von einem abendländischen Abschreiber) vorgenommen, um 
der dort üblichen Form des Tischgebets zum Rechte zu verhelfen. 
In ähnlichem Interesse sind die Doxologien am Schluß aller Gebete 
vervollständigt und damit dem allgemein üblichen Ritus, soweit 
wir sehen kónnen, nüher gerückt. Der Text des von MGT einge- 
fügten Gebets kann recht wohl ülter sein als diese handschrift- 
liche Überlieferung, wenn er einer alten Tradition des Klosters, 
dem der Bearbeiter angehörte, entstammte. Von nicht geringerer 


f 1) Für T sind nur eine Reihe von Stichproben gemacht, die seine 


Zusammengehürigkeit mit MG zweifellos machen. Im textkrit. Apparat 
habe ich meist nur MG notiert, weil T nicht für alle Einzelheiten nach- 
gesehen ist. 


98 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Aoyog Σωτηρίας. 


Bedeutung für die Beurteilung unsres Traktats sind die Feminin- 
formen, welche in Rücksicht auf die Adresse πρὸς τὴν παρϑένον 
MGT für die ursprünglichen Masculinformen einsetzen (vergl. bes. 
cap. VIII). Auch sind einige biblische Citate, ähnlich wie in cap. XX, 
vervollständigt (cap. XIII. XV) und eine Reihe von Worten zur Ver- 
deutlichung hinzugesetzt oder geändert (cap. I ἐποίησε st. ἐπήγαγε 
cap. II χολληϑήσεται st. χολλώμενος u. a.). Endlich fehlt es nicht 
an Versehen, Flüchtigkeiten und kleinen orthographischen Eigen- 
tümlichkeiten, welche diesen jüngsten Handschriften gemeinsam 
sind, wie leicht aus dem Apparat unter dem Text zu ersehen ist. 

Suchen wir nun unter den älteren Handschriften eine Vor- 
lage für MGT, so kommt ihnen die Londoner Handschrift (L) am 
nächsten. Sie gibt zwar in cap. XIII den Text der älteren Zeugen, 
teilt aber sonst eine Reihe der Eigentümlichkeiten von MGT. 
Schlechterdings beweisend für die nahe Zusammengehörigkeit 
von L und MGT sind die gemeinsamen Auslassungen (dureh 
Homoioteleuton) in cap. X hinter χήρας die Worte λέγει γὰρ ὁ 
ἅγιος Παῦλος" τίμα χήρας τὰς ὄντως χήρας und in Cap. XIII 
hinter φαγεῖν die Auslassung von τὸν ἄρτον σοῦ μετ᾽ αὐτῆς οὐδὲ 
πάλιν χαϑίσεις φαγεῖν, oder wenn man das wirklich für Zufall 
halten wollte: die gemeinsamen Sonderlesarten von L und MGT: 
in cap. Il > ra τοῦ x00uov,>n vor γυνή, in cap.IlI αὐτοῦ 
st. ἑαυτοῦ, cap. V ὑμῖν st. ἡμῖν, cap. VIII νήστευσον + οὗν, 
cap. XII τὰς χαρδίας ἡμῶν st. τὴν καρδίαν μου, cap. XIV in 
dem Schlußgebet: > τῶν ἀγαϑῶν τῶν σῶν, > καὶ αἰνοῦμέν 
σε, ἡμῖν st. ἡμᾶς [in der Doxologie geht L mit BPCD gegen 
MGT], cap. XVII + xai vor μέγα, cap. XIX ἄλλο καὶ ἄλλο st. 
ἄλλως xc ἄλλως, cap. XX] ἀγάπην ἔχετε ἐν ἀλλήλοις st. aya- 
πᾶτε ἀλλήλους. Dazu kommen noch einige unwesentlichere or- 
thographische Einzelheiten (vgl. den Apparat). 

Der nächstliegende Schluß wäre, L einfach als die directe 
Vorlage für MGT anzusehen. Dafür scheinen auch einige Cor- 
recturen in L zu sprechen, die es nachträglich mit MGT in 
Übereinstimmung bringen. So fügt in c. XXI ein Corrector 
mit MGT hinter αὐτὰς die Worte ein: εὑρήσεις σύμμαχον τὸν 
950r, welche L* ursprünglich ebensowenig hatte wie BOPCDE. 
Einige Sonderlesarten von L wie cap. II + τῷ vor υἱῷ, cap. VI 
παραδεισσον, yo st. ϑεῷ und cap. XII αὐτὴν xaxwoıg würden 
allein noch nicht genügen, um jenen Eindruck directer Ab- 


I. Die Herstellung des Textes. 39 


hängigkeit der Codd. MGT von L zu zerstören. Dagegen haben 
wir in cap. XXIV einen Beweis dafür, daß die Schreiber von MGT 
den Londoner Codex nicht gekannt haben. Sie haben alle statt 
γνωριζομένη in cap. XXIV ..... Cou£vr, haben also in ihrer Vor- 
lage yvopı nicht gefunden oder nicht lesen können, während 
L ganz deutlich γνωριζομένη hat. In M steht von späterer 
Hand ἴσως σεβαζομένη am Rand, in G ist später nach B das 
richtige γνωριζομένη nachgetragen. Darnach ist soviel klar, 
daß MGT nicht direct aus L, aber aus einem ihm nahe ver- 
wandten Exemplar abgeschrieben sind. Die Spur einer Uncial- 
vorlage in irgend einem Stadium der Überlieferung verrät L, 
wie Mr. F. C. Burkitt mir schreibt, in der Sonderlesart cap. XII 
αὐτὴν xaxmoıg, wo P statt αὐτῇ ἡ xax., αὐτή ἡ κάκωσις ac- 
centwiert (in Uncialen 4YTHHKAKQXISX) Die Reihenfolge 
der Athanasiustraktate in L sowie eine Anzahl von Lesarten 
lassen vermuten, daß die Verwandtschaft mit der Baseler Hand- 
schrift eine etwas nühere ist wie die mit dem Codex von Pat- 
mos. Jedenfalls vermag L mit seinen Trabanten vereinigt, sehr 
oft ein Kriterium dafür abzugeben, ob B oder P im Rechte ist. 
Dabei wird gerade wegen der Übereinstimmung mit B in der 
äußeren Reihenfolge (also Herkunft aus der alten Sammlung von 
21 Traktaten), es doppelt ins Gewicht fallen, wenn LMGT auf 
der Seite von PCD gegen B und O stehen. 

Eine Mittelstellung zwischen den jüngeren Handschriften und 
den älteren Zeugen nimmtauch die venetianische Handschrift 
E ein. Sie ist zwar in dem Katalog der bibliotheca Marciana 
von Zanetti als aus dem zwólften Jahrhundert stammend cha- 
rakterisiert. Da es sich aber um eine Papier-, nicht um eine 
Pergamenthandschrift handelt, dürfte sie wesentlich jünger sein. 
Auch Herr Pastor Gelshorn, der für mich den Codex collatio- 
nierte, setzt zu der Datierung im Katalog ein Fragezeichen. 

In den liturgischen Dingen gehört E durchaus zu den älteren 
Zeugen, und zeigt keine der Veränderungen oder Zusätze von 
L oder MGT. Auch sind nirgends die Masculinformen in Femini- 
nalformen umgeándert. Aber auch die Sonderlesarten von 
BO oder PCD finden keinen Anhalt an E. Nur in zwei Fällen 
schließt sich E in der Veränderung der Wortstellung an PCD 
an (cov to σώμα cap. VI und τρὶς arapv. ue cap. XIII). Sonst 
stellt sich E immer auf die Seite der Majorität, sei-es gegen 


30 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ “όγος Σωτηρίας. 


PCD sei es gegen BO. Dagegen hat E an ganz andern Stellen 
eine größere Reihe von Sonderlesarten, die sonst nirgends be 
nutzt sind und sehr selten eine wirkliche Verbesserung des 
Textes bedeuten. Verhältnismäßig häufig sind bei ihm Aus- 
lassungen wie > xai ἀνεπλήρωσε ... αὐτῆς cap. I, > μαρτὺ: 
ρεῖ δέ uou τῷ λόγῳ καὶ αὐτὸς ὁ ἀπόστολος λέγων cap. ll, 
> ϑεὸς cap. III, > αὐτοὶ cap. VI, > εὕρῃς cap. IX, > πολὺν 
μισϑὸν ... ψυχήν (= PD*) cap. IX, > μηδεὶς ἀκουέτω εἰ μὴ 
σὺ μόνος cap. X, > τοῦτον (τ. στίχον) cap. XX, > τῶν ἀγαϑῶν 
cap. XIV, > ὑπὲρ ἄλλου δὲ μικροῦ ... οὐ λυπηϑήσῃ cap. XXII; 
selten finden sich Zusätze wie: xol p. ἁγία in cap. II, ein δὲ 
p. σὺ cap. III, ein σοῦ p. πρόσωπον in cap. XI. Wortumstellungen 
finden sich in cap. I οὦ ἔχστασιν ἐπὶ τὸν ᾿Αδὰμ, cap. V c» ὁ 8t 
γὰρ und c» μωροὺς ϑέλει εἶναι, cap. XIX co τὸ πόμα xd τὸ 
βρῶμα, in cap. XVIII vw ϑλίψει καὶ πολλῇ στεν., cap. XV οὐ ἔργοις 
πονηροῖς αὐτοῦ. Andere Sonderlesarten sind: cap. I ἐχύσμηδε 
st. διεκόσμησε, cap. ll ὁ ἅγιος IM. (st. μακάριος), cap. II ἐχτεί: 
γοντα χεῖρα st. ἐκτείναντα τὴν χεῖρα, cap. V og ὃ ὄφις st. ὡς 
oí ὄφεις, cap. VI oc ἡμέρα δέκα, cap. ΧΙ ἐπιβάλῃς st. βάλης 
cap. XII, εἰς αἰῶνα τῶν αἰώνων cap. XIII, συναχϑήτω st. iu- 
συναχϑήτω cap. XIV, ἐν καιρῷ δέοντι st. ἐν καιρῷ εὐϑέτῳ» 
eap. XIV, xaraóvraot £vovotv st..... στεύσουσι und ὑμνο 107 
st. ὁμολογεῖ cap. XV (— W?), χράζονται st. χολάζονταιε cap. 
γενήσεται st. συμβήσεται cap. XIX, ἐμπλήσῃ st. πλήσῃ cap. XIX— 
ϑεὸν st. κύριον cap. XX, προσκυγεῖς st. προσχυνήσεις cap. ΧΧΙΒΗ͂Ι 
Nirgends liegt hier ein zwingender Grund vor, dem Text» 
von E gegen alle andern Zeugen den Vorzug zu geben, = 
handelt sich meist um Stilglättungen, die wohl von E selbssm 
vorgenommen worden sind. Nach Ausscheidung der Sonderlesem 
arten von E und LMGT, die für den ursprünglichen Text umm 
seres Traktats nicht in Anspruch genommen werden kónner-» 
ergibt sich eine ziemlich weitgehende Übereinstimmung de 
älteren Zeugen BO einerseits und PCD andrerseits. Wo sie vos 
einander abweichen, kann die Entscheidung meist durch E, oft auc? 
durch E und L zu Gunsten von PCD ausfallen. Jedoch bleiben 
auch einige Sonderlesarten von PCD gegen alle übrigen Zeugen 
die wir nicht ohne weiteres als den ültesten Text ansehen dürfes. 
Was zunächst die Sonderlesarten von B angeht, so werdes : 
bei weitem die meisten von O geteilt. Das dürfle die schon im 


I. Die Herstellung des Textes. 31 


vorigen Abschnitt vermutete Abhängigkeit der Oxforder Hand- 
schrift von der Baseler zur Gewißheit machen. Ein bloßer Co- 
pist war allerdings dann der Schreiber von O nicht. Denn es 
finden sich in O einige Worte über B hinaus, wie + φῆσι p. 
τούτου cap.IV, + uiv p. ὧδε cap. XVIII, + vov a. vafovy. 
cap. VI, + uiv p. πολλοῖς cap. XXIV, + xal τὸ χράτος p. δόξα 
am Schluß. Es hat natürlich keine Schwierigkeit, diese stilistischen 
Zusütze dem Schreiber von O zuzumuten; auch einige Varia- 
tionen der Wortform ἐνωτίζου st. ἐνωτίζονται cap. II (ἐνοτέζου 
entschieden besser), ἀποστερεῖν st. ἀφυστερεῖν cap. IV, εὐρισχό- 
ueve St. εὐρισχόμενος cap. XXIV, ἀνίστασαιε st. ἀνισταμένη 
cap. XVI, machen keine andere Vorlage für O nótig; ganz be- 
deutungslos sind Auslassungen wie > xal vor ἐπὶ σοὶ cap. XVIII, 
oder — xal vor τῆς ἐλεημ. cap. XXII, oder orthographische 
Varianten wie xatavonong st. κατανοήσεις cap. ΧΙ, τρεῖς st. τρὶς 
cap. XIV, ἐξέλϑει st. ἐξέλϑοι cap. XVIII und die Umstellung 
co tL πραγμα st. πραγμα τι cap. XXIII. 

Die in B nachträglich verbesserten Stellen, wie ὑμῖν Beorr. 
— O st. ἡμῖν B* cap. XX und vor allem die Auslassung in B* 
(— E) ὑπὲρ ἄλλου δὲ πράγματος μικροῦ οὐ λυπηϑήσῃ cap. XX, 
δώσει st. ἀποδώσει cap. X, bietet Ο in der verbesserten Form. 
Außerdem finden sich einige wenige Sonderlesarten in B, welche 
O nicht teilt, sondern wie alle andern Handschriften liest, so 
+ xai p. διεκόσμησε cap. I, > αὐτῆς p. τῷ ἀνδρὶ cap. II, + καὶ 
a. τιμὴ cap. XII Schluß, φωνῇ st. φωνῆσαι cap. XIX, av st. ἐὰν 
a. ἀχούσῃ cap. XXV, στηρισμὸν st. στηριγμὸν cap. XXV. Das 
Material, das die Collation unseres kleinen Traktats bietet, reicht 
jedenfalls nicht aus, um wegen dieser Lesarten für O außer B 
noch eine zweite Vorlage zu supponieren. 

Die Varianten von BO beschränken sich nun nicht nur auf 
Zufälligkeiten, wie die Auslassung von xai τὰ πετεινὰ τοῦ οὐ- 
ρανοῦ xara γένος cap. 1 durch Homoioteleuton, oder das viel- 
leicht versehentliche Fehlen einzelner Worte wie ein αὐτοῦ cap. 1I, 
τούτῳ cap. XVIII, xai cap. XXIV, > τὸ βιβλίον τοῦτο cap. XXV. 
Vielmehr hat eine Hand den Text bearbeitet, die ergünzend und 
verbessernd zu wirken versucht hat, um den Sinn der Worte 
noch zu verdeutlichen, den Text dem biblischen Citat anzu- 
nühern oder der Diction einen gewandteren Charakter zu geben. 
Daher solche Zusätze wie + τοῦ στόματος a. μου cap. II, + Bov- 


32 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Adyog Σωτηρίας. 


λήσει p. αὐτοῦ cap. III, + ἐν τῷ φανερῷ p. σοι cap. IX, + ἀν- 
ϑρώπῳ p. παντὶ cap. X, + ὑμῶν p. βαϑμὸν cap. XXII, oder Än- 
derungen im Ausdruck wie ἐπεφέρεσϑαι st. περιφέρεσθαι cap. III, 
ἀκαταπαύστως st. ἀχαταπαύστοις cap. IV, ἀλισϑῆναι st. ἀλισγη- 
ϑῆναι cap. VI, διὰ τὸ ὄνομα st. ἐν τ. ov. cap. VII, οὐράνια st. 
ἐπουράνια cap. XVII, μεγάλων μόχϑων st. μεγάλου μόχϑου, 
ἐνταῦϑα st. ἐνθάδε cap. XVIII, die alle dem Text ein glatteres 
Ansehen geben, aber wenn sie ursprünglich wären, in den an- 
dern Gruppen schwerlich verschwunden wären. Den gleichen 
Zweck der Stilglättung haben die Umstellungen c» μόνος ἀπὸ 
βρωμάτων cap. Vll, c» #epıxex. ἔχε τοὺς πόδας σου cap. XI, 
co τὰς ἐπουρανίους ἡμῖν τροφὰς cap. XIV und die Wendung τί 
ἔτε οὐ λέγω st. τί ἔτει λέγῳ cap. XVII. Eine Annäherung 
eines Citats an den dem Schreiber von B geläufigen Bibeltext 
ist das ἐν προσευχῇ καὶ νηστείᾳ cap. VII. Nirgends liegt ein 
Grund vor, den Text von BO etwa aus entscheidenden inneren 
Gründen dem der übrigen Zeugen PCD - E + LMGT vorzu- 
ziehen. Wir werden also alle diese Sonderlesarten entweder 
dem Schreiber von B selbst oder schon einer seiner Vorlagen 
zurechnen, vielleicht derselben Quelle, die zuerst die alte Samm- 
lung von 21 Traktaten in der in BO vorliegenden Auswahl 
und Reihenfolge mit andern Teilen der Athanasiusüberlieferung 
vereinigt hat. 

Es bleibt uns nur noch die Gruppe PCD, deren Lesarten 
bisher durch C (Anglicanus) nur unvollständig bekannt waren 
und nun durch P und D nicht nur gesichert sind, sondern den 
Vorzug ültester Bezeugung erhalten. In der Tat dürfte der Text 
von PCD der beste sein, der uns erhalten ist. Sehen wir von 
einigen im Apparat vermerkten orthographischen Kleinigkeiten 
ab, so handelt es sich um folgende von PCD allein bezeugte 
Sonderlesarten, welche aller Wahrscheinlichkeit nach den ur- 
sprünglicheren Text uns erhalten haben. 

cap. II χαταδεξάσϑω die Singularform zum neutr, plur. τὰ 
ὦτα st. καταδεξάσϑωσαν BOELMG. 

cap. 11 ἀνθρώποις ϑνητοῖς st. ἀνϑρ. φϑαρτοῖς BOE, c»g9ag- 
τοῖς ἀνθρώποις LMG. Das häufigere Wort φϑαρτός ist für das 
seltener gewordene ältere ϑνητός eingesetzt, schwerlich umgekehrt. 

cap. IV lesen BOELMG υἱοὶ ἀφρονές εἰσι τοῦ xaxoroımoat, 
τὸ δὲ χαλὸν ποιῆσαι οὐχ ἐπέγνωσαν, PCD lassen εἰσε aus. Das 


I. Die Herstellung des Textes. 33 


könnte ein Versehen sein; aber wahrscheinlicher scheint mir, 
daß εἰσε in dem kurzen prägnanten Citat ursprünglich fehlte, und 
dann in die spätern Handschriften aus dem bibl. Text Jer. 4, 
22 LXX [διότι οἱ ἡγούμενοι τοῦ λαοῦ μου ἐμὲ οὐχ ἤδεισαν, υἱοὶ 
ἄφρονές εἶσι xal οὐ συνετοί, σοφοί εἰσε τοῦ κακοποιῆσαι, τὸ 
δὲ χαλῶς ποιῆσαι οὐκ ἐπέγνωσαν) eingedrungen ist. 

cap. VI, für die Wortstellung σου τὸ σῶμα ist PCD durch 
E unterstützt. Das σου wird später umgestellt worden sein 
wegen Silbengleichklang mit der letzten vorhergehenden Silbe 
κόσμησον. | 

οὐχ ἠἡϑελον αὐτοὶ erscheint auch als ursprünglicher wie αὐτοὶ 
οὐχ ἠϑέλησαν, den glattsten Text hat hier E: xal οἱ τρεῖς παῖδες 
οὐκ ἠθέλησαν. Der Text von P ist aber doch wohl der ältere. 

cap. VII ist ἐν νηστείαις καὶ προσευχαῖς zweifellos der richtige 
Text, da hier PCD durch E und L unterstützt werden. 

eap. XIII lesen PCD in dem Gebet, das wir aus der Di- 
dache kennen, ἐσχορπισμένος sowie der Cod. Athous-Lawra 149 
in dem ersten Serapiongebet, BOEL lesen wie der Cod. Bryennius 
in der Didache: δεεσχορπισμένος; letzteres dürfte als die ver- 
stärkte Ausdrucksweise der spätere Text sein. Es weist diese 
Variante von PCD und BOE aber darauf hin, daß diese Text- 
unterschiede bereits in sehr alte Zeit zurückgehen und vermut- 
lich durch provinzielle Tradition in der Form des alten Tisch- 
gebets bedingt sind. 

cap. XIV ist die Wortstellung διὰ τοῦ ἠγαπημένου σου παι- 
δὸς τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ in PCD der andern ἰησ. 
10. τ. xv. nu. in BOEL entschieden vorzuziehen. 

cap. XV ist ὑπὸ τῶν χειρῶν PCD besser als ἀπὸ τῶν χειρῶν 
BOELMG. 

eap. XVI ist μειζοτέραν καὶ μακροτέραν ἐπιτελέσεις τὴν 
σύναξιν in PCD dem χαὶ πυχνοτέραν entschieden vorzuziehen, 
denn es kommt nach dem Zusammenhang auf die Feierlichkeit 
und Ausdehnung der gottesdienstlichen Versammlung in der 
zwölften Stunde an, nicht auf ihre Häufigkeit. 

cap. XVII, die Wortstellung von PCD τρὶς ἀπαρνήσῃ με deckt 
sich mit der der meisten Zeugen von Math. 26, 34; die andere 
arapv. μὲ τρὶς von BOELMG mit A (Cod. Alexandrinus) in 
Mt. 26, 34 nach Tischendorf. Wir nehmen den Text von PCD 
daher als den wahrscheinlich ursprünglichen in den Text auf. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2 3 


34 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Aöyog Σωτηρίας. 


cap. XVIII χληρονομεῖν PCD besser als χληρονομῆσαι BOEL 
MG. Ob dagegen δεαλλαξάντων τὸν βίον τοῦτον PCD* ursprüng- 
licher ist als διαξάντων t. B. v. in BOELMG muß zweifelhaft 
bleiben; letzteres passt besser zu ἐν ϑλίψει πολλῇ und wir 
behalten daher διαξάντων im Texte bei. 

cap. XIX, πρόσωπα PCD scheint in Parallele zu δῶρα besser 
als πρόσωπον in den andern Handschriften. 

cap. XX, der Zusatz von ὑμνεῖτε nach dem Satz εὐλογεῖτε 
πάντα τὰ ἔργα xvolov τὸν κύριον entspricht dem Text von 
Dan. 3, 57, aber dieser kann hier kaum maßgebend sein, da 
es sich um ein liturgisches Stück handelt, das jedenfalls in 
seiner Fassung einer provinziellen Tradition folgt, die nicht als 
ursprüngliche angesehen werden kann. 

cap. XXIV, liest P nach der mir aus Patmos zugesandten Ab- 
schrift μαρτυρίου τέλεσις statt μαργαρῖτα τίμιε: jedoch bemerkt 
Herr Theophilus, die Stelle sei radiert und schwer zu lesen; 
vielleicht handelt es sich also nur um einen Lesefehler. μαργα- 
Οἴτα τίμιε ist jedenfalls das Ursprüngliche, wie auch C und D 
bezeugen. 

Dagegen dürfte der ursprüngliche Text in PCD in de 
Fassung erhalten sein: κατοικήσας μετὰ ἀγγέλων χορεύσει statt 
κατοικήσει xai μετὰ ἀγγέλων χορεύσει (BOELMG), da eine 
spätere Änderung eines directen Satzes in die Participialcon- 
struction viel unwahrscheinlicher ist wie die Auflösung der 
letztern. 

Ebenso erscheint λεγομένων mir ursprünglicher als λόγων 
τούτων. 

Einige kleine Besonderheiten von P, C und D, die sich τῷ 
Apparat unter dem Text vermerkt finden, sind der Art, wie sie im 
jeder Handschrift vorkommen. Am  bemerkenswertesten is 
darunter noch die Umstellung der Sütze in der Rede an den 
Hades (XVI) in D. 

So läßt sich denn das Resultat unserer textkritischen Unter- 
suchung dahin zusammenfassen: 

Der ursprüngliche Text unsres Traktats aus einer alten 
21 Traktate umfassenden Sammlung von Athanasiusschriften is 
uns am besten in der Patmoshandschrift erhalten. Jedoch reprir 
sentieren BO, E und L nicht spätere Recensionen des P-Textes 
sondern gehen auf einen unbekannten Text derselben Sammlung 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 35 


zurück und bieten zuweilen die bessere Lesart. Die Überarbeitung 
des Archetypus ist aber eine eingreifendere als in P; besonders 
B zeigt starke Glüttungen. In L ist die Überarbeitung ein 
wesentliches Stück weiter fortgeschritten, in MG und T vollendet. 
Die frühere Kritik hatte an den liturgischen Stücken Anstof 
genommen und in ihnen Beweismomente für die Unechtheit 
gefunden. Diese verdüchtigen Stellen sind jetzt als Werk von 
M und G erkannt. 
Ich lasse nun den so gewonnenen Text mit den Varianten 
folgen: | 


4. Der Text. 


A0ANAZXIOY TOY ΜΕΓΑΛΟΥ͂ 
ΠΕΡῚ HAPB8ENIAS HTOI ΠΕΡῚ AZKHZEQYX. 


Ἀρχὴ λόγου σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον. 


I. Πρῶτον πάντων πίστευσον εἰς ἕνα ϑεὸν πατέρα παντο- 
χράτορα, ὁρατῶν καὶ ἀοράτων ποιητήν᾽ καὶ εἰς τὸν μονογενῆ 
αὐτοῦ υἱὸν Ἰησοῦν Χριστὸν, τὸν ὄντα ἐχ τῆς οὐσίας τοῦ πα- 
τρός, κατὰ πάντα ἰσοδύναμον τῷ πατρί, τὸν πρὸ αἰώνων 
Ovta' καὶ εἰς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον τὸ ἐν πατρὶ καὶ υἱῷ Ov, 
παρὰ τοῦ πατρὸς ἀποστελλόμενον, καὶ διὰ τοῦ υἱοῦ διδόμενον, 
πατὴρ καὶ υἱὸς καὶ ἅγιον πνεῦμα, τρεῖς ὑποστάσεις. μία ϑεό- 
της, μία δύναμις, ἕν βάπτισμα. αὐτὸς γὰρ ὁ ϑεὸς ἡμῶν ὁ 
πατὴρ τῶν ὅλων ir ἕξ ἡμέραις ἐποίησε τὸν οὐρανὸν χαὶ τὴν 
γῆν καὶ τὴν ϑάλασσαν, καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτοῖς. αὐτὸς γὰρ 
διεχύσμησε τὸν οὐρανὸν ἐν ἡλίῳ καὶ σελήνῃ καὶ ἄστροις παγς 
χάλοις. καὶ τὴν γῆν εὐπρεπῶς ἐϑεμελίωσεν ἐπάνω τῶν ὑδάτων, 
διαχοσμήσας αὐτὴν ἐν φυτοῖς χαὶ ξύλοις παντοδαποῖς" καὶ τῇ 
χελεύσεε αὐτοῦ ἐκπορεύονται ποταμοὶ μελίῤῥυτοι χαὶ πηγαὶ 
ἀέναοι. καὶ προσέταξε τῇ γῇ καὶ ἐπήγαγε σάρχα xal ἐποίησε 
πάντα τὰ ϑηρία τῆς γῆς κατὰ γένος χαὶ τὰ πετεινὰ τοῦ 
οὐρανοῦ χατὰ γένος. ἐχέλευσε τοῖς ὕδασι, καὶ ἐξήγαγεν ἰχϑύας 


I. 2 ἤτοι περὶ ἀσχήσεως > V | 8 vio] τῷ vio L| 14 διεχόσμησε) éxó- 
σμησε E, διεκόσμησε + xal B | 16 αἰτὴν)] atvoi; C* D | 11 μελίῤῥντοι) 
μελλίρυτοι L, μελίριτοι MG | 18 ἀέναοι] ἀένναοι BOLMG | ἐπήγαγε] 
ἐποίησε MG | 19 tà? > PCD | 19/20 xal τὰ πετεινὰ τοῖ οὐρανοῦ χατὰ 
γένος > ΒΟ 

3* 


5 


20 


36 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Zwrneias. 


καὶ ἐποίησε τὰ χήτη τὰ μεγάλα. ὕστερον δὲ πάντων ἐποίησε 
τὸν ἄνϑρωπον xoci πάντα παρέδωχεν αὐτῷ εἰς ὑπηρεσίαν. 
εἶπεν γὰρ κύριος ὁ Θεὸς τῷ υἱῷ αὐτοῦ" »ποιήσωμεν Av- 
Homrov xav εἰχόνα ἡμετέραν καὶ xa9' ὁμοίωσιν" καὶ 
ἔπλασε κύριος ὁ Θεὸς τὸν ἄνϑρωπον λαβὼν χοῦν ἀπὸ 
τῆς γῆς καὶ ἔϑετο αὐτὸν ἐν τῷ παραδείσῳ τῆς τρυφῆς. 
ἔβαλε δὲ κύριος ὁ Θεὸς ἐπὶ τὸν ᾿Αδὰμ ἔχστασιν, καὶ ὕπ- 
» 00€ καὶ ἔλαβε μίαν τῶν πλευρῶν αὐτοῦ καὶ ἀνεπλή- 
ρῶσε σάρκα ἀντ᾽ αὐτῆς, καὶ φκοδόμησε τὴν πλευρὰν, ἣν 
ἔλαβεν, εἰς γυναῖχα, χαὶ ἤγαγεν αὐτὴν πρὸς τὸν Adau 
καὶ εἶπεν Αδάμ' αὕτή νῦν σὰρξ ἐκ τῆς σαρχός μου, καὶ 
ὀστοῦν ἐχ τῶν ὀστέων μου, αὕτη κληϑήσεται γυνή, 
ὅτι ix τοῦ ἀνδρὸς αὐτῆς ἐλήφϑη. ἀντὶ τούτου κατα- 
λείψει ἄνϑρωπος τὸν πατέρα αὐτοῦ καὶ τὴν μητέρα 
αὐτοῦ καὶ προσκολληϑήσεται τῇ γυναιχὶ αὐτοῦ καὶ 
ἔσονται οἱ δύο εἰς σάρχα μίαν.» 


IL "Axove, δούλη τοῦ Χριστοῦ καὶ πάντες, ὅσοι ϑέλουοι 
σωϑῆναι, καὶ ἐνωτίζου τὰ ῥήματα μου καὶ χαταδεξάσϑω τὰ 
ὦτά σου ϑεοπνεύστους λόγους. «τὸ μυστήριον γὰρ τοῦτο, 
φησί, μέγα ἐστί» χαϑὼς εἶπεν 0 μαχάριος Παῦλος, ὅτι πᾶς 0 
κολλώμενος τῇ γυναικὶ ἕν σῶμά εἰσιν ἀμφότεροι. 
οὕτως πάλιν πᾶς ἀνὴρ ἢ γυνὴ χκολλώμενος τῷ χυρίῳ ἕν πνεῦμά 
ἐστιν. εἰ γὰρ οἱ τῷ κόσμῳ συναπτόμενοι καταλιμπάνουσι τὸν 
πατέρα καὶ τὴν μητέρα καὶ συνάπτονται ἀνϑρώποις ϑνητοῖς, 
πόσῳ μᾶλλον ἡ παρϑένος ἐγχρατευομένη ὀφείλει καταλιπεῖν 
τὰ γήϊνα πάντα καὶ τῷ χυρίῳ μόνῳ κχολληϑῆναι. μαρτυρεῖ 


8 ff Gen. 1, 26. 2, 7—8. 21--94 
19 f Eph. 5, 32 


ὃ χύριος > PCD | 6 é9ero] ἔϑετω G | 7 ἔβαλε) ἔβαλλε P | ἐπὶ τὸν 
"Aóku ἔχστασιν] » ἔχστασιν ἐπὶ τὸν Adau E | 8/9 x«l ἀνεπλήρωσε oáoxa 
ἀντ᾽ αὐτῆς > E | 9 ἀντ᾽ abtuc καὶ ὠχοδ zerstört in P | 10 εἰς yv- 
veixa καὶ ἤγαγεν zerstört in P | 11 νῦν zerstört in P | 14 vor ἄνϑρω- 
πος + ὁ B? | 15 τῇ γυναικὶ αὐτοῦ) αἰτοῦ > BO 


II. 17 δούλη] óviàs M | 18 ἐνωτίζου ODcorr., ἐνωτίζωνται G, ἐνωτί- 
Sovraı PCD*BELM | vor μου + τοῦ στόματος BO | καταδεξάσϑο) 
καταδεξάστωσαν BOELMG | 20 μαχάριος] ἅγιος E | πᾶς 2 BO | 
28 ἐστιν) ἔστι L | 24 ἀνϑρώποις ϑνητοῖς] ἀνθρώποις φϑαρτοῖς BEO, 
“ φϑαρτοῖς ἀνθρώποις LMG | 26 χολληϑῆναι! κολληϑήσεται MG 


Text von Atbanasius' περὶ παρϑενίας. 37 


δέ μοι τῷ λόγῳ καὶ αὐτὸς ὁ ἀπόστολος λέγων" «Ἢ γυνὴ 7 
ἄγαμος μεριμνᾷ τὰ τοῦ κυρίου, iva 50 ayla τῷ σώματι 
χαὶ τῷ πνεύματι, ἡ δὲ γαμήσασα μεριμνᾷ τὰ τοῦ x00- 
μου, πῶς ἀρέσει τῷ ἀνδρὶ αὐτῆς, xal μεμέρισται.» 
τοῦτο οὐν λέγω, ὅτι πᾶσα παρϑένος ἢ χήρα ἐγχρατευομένη, ἐὰν 
ἔχῃ φροντίδα ἐν τῷ χόσμφ τούτῳ, αὐτὴ ἡ φροντὶς ἀνὴρ 
αὐτῆς ἐστι᾿ xav χτήματα, xüv ὑπάρχοντα ἔχῃ, αὐτὴ ἡ μέριμνα 
μολύνει αὐτῆς τὴν διάνοιαν. ὥσπερ γὰρ διὰ τοῦ ἀνδρὸς τὸ 
σῶμα μολύνεται, οὕτως καὶ αἱ σχέσεις al κοσμιχαὶ τὴν ψυχὴν 
καὶ τὸ σῶμα τῆς ἐγχρατευομένης μιαίνουσι, καὶ οὐκ ἔστιν ἁγία 
τῷ σώματι xal τῷ πνεύματι. ἡ δὲ φροντίζουσα τὸ ἔργον τοῦ 
Θεοῦ, νύμφιος αὐτῆς ὁ “Ζριστός ἐστιν. 7 γὰρ ἁρμοζομένη ἀνδρὶ 
φϑαρτῷ τὸ ϑέλημα τοῦ ἀνδρὸς αὐτῆς ποιεῖ" οὕτως γὰρ εἴρηται, 
ὅτι “ἢ γυνὴ tov ἰδίου σώματος οὐκ ἐξουσιάζει, ἀλλ᾽ 
ἀνήρ.» καὶ πάλιν: «ὥσπερ ἡ ἐκκλησία ὑποτάσσεται τῷ 
Κυρίῳ, οὕτως καὶ αἱ γυναῖκες τοῖς ἀνδράσιν ἐν παντί» 
ἀπ᾿ αὐτῶν γὰρ τῶν κοσμικῶν, ἐὰν ϑέλωμεν, καὶ τὰ ἄνω νοοῦμεν. 
ἢ δὲ συναπτομένη τῷ ἐπουρανίῳ νυμφίῳ τὸ ϑέλημα τοῦ νυμ- 
φίου ἑαυτῆς κατεργάζεται. 

IIT. Τοῦτο δέ ἐστι τὸ ϑέλημα τοῦ Χριστοῦ" τὸν χολλώμενον 
αὐτῷ μηδὲν ὁλως περιφέρεσϑαι τοῦ αἰῶνος τούτου. μηδὲν 
τῶν γηΐνων φροντίζειν, ἀλλὰ μόνον τὸν σταϊτρὸν τοῦ σταυρο- 
ϑέντος ὑπὲρ αὐτοῦ βαστάζειν αὐτόν, καὶ ἔχειν φροντίδα καὶ 
μέριμναν νυχτὸς xal ἡμέρας ἀκαταπαύστοις ὕμνοις καὶ dogo- 


λογίαις ὑμνεῖν αὐτόν, πεφωτισμένον ἔχειν τὸ ὄμμα τῆς: 


διανοίας, εἰδέναι τὸ ϑέλημα αὐτοῦ καὶ ποιεῖν αὐτό, ἁπλὴν 
ἔχειν τὴν χαρδίαν, καϑαρὸν τὸν νοῦν ἐλεήμονα εἶναι, ἵνα, 
χαϑὼς αὐτὸς οἰκτίρμων καὶ ἐλεήμων ἐστί, οὕτως καὶ ἡμεῖς 
ξαχολουϑῶμεν αὐτῷ᾽ πρᾶον xci ἡσύχιον εἶναι, ἀνεξίκακον, 
μηδενὶ xaxov ἀντὶ καχοῦ ἀποδιδόντα' ὕβρεων πολλῶν ἀνεχό- 


1 1 Cor. 7, ?4 — 14f 1 Cor. 7,4 — 15 Eph. 5, 24 


1 τῷ λόγῳ auf Rasur L | μαρτυρεῖ δέ μοι τῷ λόγῳ xal αὐτὸς ὁ 
ἀπόστολος λέγων > E.| 2 ἁγία - xal E | 3/4 τὰ τοῦ χόσμου > LMG 
| 4 ait; >B | 6 αἰτὴ] αὕτη MG | 7 xáv!] xal ἐὰν E | 1 αὐτὴ ἡ 
μέριμνα zerstört in P | 14 ἡ — LMG | 19 ἑαυτῆς] αὐτῆς BOLMG 

ΠΙ. 91 περιφέρεσϑαι) ἐπιφέρεσϑαι BO (= editio) | μηδὲν] μηδὲ BOCE 
LMG | 22 γηΐνων) τὸ γηινὸν C | 23 αὐτοῦ + βοιλήσει BO | 24 axare- 
παύστοις] ἀκαταπαύστως BO | 26 ἁπλὴν] ἁπλῆν MG | 28 ἡμεῖς] ὑμεῖς 
B | 29 ἡσύχιον] ὑσύχιον G | 80 ὕβρεων πολλῶν ἀνε zerstört in P 


15 


20 


b 
Per 


ὃ 


10 


15 


30 


38 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Zwrnolag. 


μενον, καϑὼς αὐτὸς ὑπὸ τῶν Ἰουδαίων ὑβρίσϑη καὶ ὑπέμεινε 
πληγὰς xal βασάνους ὑποφέρειν" καὶ γὰρ αὐτὸς ταῦτα ἔπαϑε" 
ῥαπισϑεὶς γὰρ ὑπὸ τοῦ δούλου τοῦ ἀρχιερέως, οὐδὲν ἐποίησεν, 
ἀλλὰ μόνον einev' «εἰ χαχῶς ἐλάλησα, μαρτύρησον περὶ 
τοῦ xaxoVU εἰ δὲ καλῶς, τί με δέρεις;» οὐχ ἠδύνατο ὁ xe- 
λεύσας τῇ γῇ, ἵνα τοὺς Δαϑὰν καὶ ᾿Αβειρῶν ζῶντας καταπίῃ, 
χαὶ τοῦτον τὸν ἐχτείναντα τὴν χεῖρα καὶ τύψαντα τὸν ἑαυτοῦ 
δημιουργὸν ζῶντα καταπιεῖν. ἀλλ᾿ ὑπέμεινεν, ἡμῖν ὑπολεμ- 
πάνων ὑπογραμμόν, ἵν ἡμεῖς τοῖς ἐχείνου ἴχνεσιν 
ἐπαχολουϑήσωμεν. σὺ δέ, ἄνϑρωπε, οὐ βαστάζεις ὑπὸ τοῦ 
ὁμογενοῦς σου ἀνϑρώπου ὑβρισϑῆναι; μίμησαι τὸν δεσπότην 
σου. εἰ γὰρ ἐχεῖνος Θεὸς ὧν ἐβάσταζε διὰ σὲ ὑπὸ ἀνθρώπου 
ἁμαρτωλοῦ ῥαπισϑῆναι, σὺ ἀγανακτεῖς ὅτι ὅμοιός σου ἄνϑρο- 
πος ἐλοιδόρησέ σε, καὶ ζητεῖς ἀνταποδοῦναι αὐτῷ; ὦ πολλῆς 
ἀνοίας καὶ ἀφροσύνης μεγάλης! διὰ τοῦτο καὶ χόλασις ἡμῖν 
ἡτοίμασται, καὶ ἑαυτοῖς τὸ πῦρ ἐξάπτομεν" ὅτι καὶ λογικοὶ 
ὄντες τοῖς ἀλόγοις ζώοις ἑαυτοὺς εἰχάζομεν. ταπεινοφροσύνῃ 
πολλῇ εἰς τὸν χόσμον. τοῦτον ἐλήλυϑεν, xal πλούσιος 
ὧν ἐπτώχευσε δι᾿ ἡμᾶς, ἵν᾽ ἡμεῖς τῇ ἐκείνου πτωχείᾳ 
πλουτήσωμεν. καὶ Θεὸς ὧν γέγονεν ἄνϑρωπος di ἡμᾶς, 
καὶ ἐγεννήϑη ἐκ τῆς ϑεοτόχου Μαρίας, ἵνα ἐλευϑερώσῃ ἡμᾶς 
&x τῆς δυναστείας τοῦ διαβόλου. 


IV. Ὅϑεν ὁ σωϑῆναι ϑέλων ποιεῖ ἑαυτὸν μωρὸν ἐν τῷ 
χόσμῳ τούτῳ, ἵνα παρὰ τῷ Θεῷ ἀκχούσῃ σοφός. οἱ γὰρ ἄνϑρω- 
ποι τοὺς εἰδότας δοῦναι καὶ λαβεῖν xal ἀγοράζειν καὶ πωλεῖν, 
xal πραγματεύεσθαι xal ἀφυστερεῖν τὰ τοῦ πλησίου xal πλεο- 
vexrelv xai δανείζειν xai τὸν ἕνα ὀβολὸν ποιεῖν δύο, τούτους 
φρονίμους ἀποκαλοῦσιν᾽ ὁ δὲ Θεὸς μωροὺς καὶ ἀσυνέτους καὶ 
ἁμαρτωλοὺς τοὺς τοιούτους καλεῖ. 

ἄχοιε γὰρ, φησὶ, τί αὐτὸς ὃ Θεὸς διὰ Ἱερεμίου τοῦ προ- 

4 Joh. 18, 23 — 8 1 Petr. 2, 21 — 18 2 Cor. S, 9 

1 vor αἰτός + xal LMG | ὑβρίσϑη zerstört in P | 9 ὑποφέρει») 
ὑποφέρει P | 5 δέρεις] δαίρεις BO | 7 ἐχτείναντα τὴν χεῖρα] ἐχτείνοντα 
χεῖρα E | ξαιτοῦ) αὐτοῦ LMG | 8 χαταπιεῖν)] χαταποιεῖν M | 12 Θεὸς 
>E | ἐβάσταζε] ἐβάσταξε BOL | 18 σὺ] σὺ - δὲ E | 17 ὄντες τοῖς 
ἀλόγοις] τοῖς — M | ἑαυτοὺς] ἑαυτοῖς LMG; ist vor ταπεινοφροσύνη etwas 
vom ursprünglichen Text vorloren gegangen? — alle codd. lesen wie oben | 
18 ἐλήλυϑε») ἐλέλυϑεν G | 21/22 ἡμᾶς ἐκ τῆς δυναστείας zerstört in P 

IV. 26 ἀφυστερεῖν)] ἀποστερεῖν O 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 39 


φήτου εἴρηχεν᾽ «ὁ λαὸς οὗτος υἱοὶ ἄφρονές εἰσι τοῦ 
κακοποιῆσαι; τὸ δὲ καλὸν ποιῆσαι οὐχ ἐπέγνωσαν.» 
xai ὁ μαχάριος Παῦλος. «7 σοφία τοῦ κόσμου τούτου 
μωρία παρὰ τῷ Θεῷ ἐστι’ καὶ ὁ ϑέλων σοφὸς γενέσϑαι 


μωρὸς γενέσϑω, ἵνα γένηται σοφός.» καὶ πάλιν 0 αὐτὸς 


λέγει" εἀδελφοί, μὴ παιδία γίνεσϑε ταῖς φρεσίν, ἀλλὰ 
τῇ κακίᾳ νηπιάζετε.» ὁ γὰρ Θεὸς εἰς τὰ γήϊνα ϑέλει 
μωροὺς εἶναι, εἰς δὲ τὰ ἐπουράνια φρονίμους" xal γὰρ αὐτὸς 
ὁ ἀντίδιχος ἡμῶν διάβολος φρόνιμός ἐστι τῇ καχίᾳ, καὶ 
ἡμᾶς δεῖ αὐτῷ φρονίμως ἔρχεσϑαι πρὸς τὸ νικῆσαι αὐτοῦ τὰς 
χαχοτέχνους ἐπιβουλάς. λέγει γὰρ 0 σωτὴρ ἐν τοῖς εὐαγγελίοις" 
εγίνεσϑε φρόνιμοι og οἱ ὄφεες καὶ ἀκέραιοι ὡς al 
περιστεραί.» ὁ δὲ καλούμενος παρ᾽ αὐτῷ φρόνιμος, οὗτός 
ἐστε σοφιζόμενος ποιῆσαι τὸ ϑέλημα τοῦ Θεοῦ, καὶ φυλάσσειν 
τὰς ἐντολὰς αὐτοῦ. 

V. Μέγα φάρμακόν ἐστε σωτηρίας ἡ ταπεινοφροσύνη" ὁ 
γὰρ σατανᾶς οὐχ ἕνεχεν πορνείας 7? μοιχείας 7 κλοπῆς κατη- 
νέχϑη ix τῶν οὐρανῶν, ἀλλ᾽ ἡ ὑπερηφανία αὐτὸν κατέβαλεν 
εἰς τὰ κατώτερα μέρη τῆς ἀβύσσου". οὕτως γὰρ εἴρηκεν" «ἀνα- 
βήσομαι, xai ϑήσομαι τὸν ϑρόνον μου ἐνώπιον τοῦ 
Θεοῦ, καὶ ἔσομαι ὅμοιος τῷ ὑψίστῳ» καὶ διὰ τοῦτον τὸν 
λόγον κατεβλήϑη, καὶ ἐγένετο ἡ χληρονομία αὐτοῦ τὸ πῦρ τὸ 
αἰώνιον. ἡ οὖν ὑπερηφανία ἐν τῷ διαβόλῳ ἐστίν, ἡ δὲ ταπεινο- 
φροσύνη ἐν τῷ Χριστῷ᾽ αὐτὸς γὰρ ὁ χύριος λέγει, ὅτι «o ϑέ- 
λων ἐν ἡμῖν εἶναι μέγας ἔστω πάντων δοῦλος.» ὃ γὰρ 
Θεὸς τῶν ταπεινῶν ἐστιν. 

VI ᾿4γαπήσωμεν σφόδρα τὴν νηστείαν μέγα γὰρ φυλαχτή- 

1 Jerem. 4, 22 — 4 {1 Cor. 3, 19. 18 — 6 1 Cor. 14,20 — 9 1 Petr. 
5, 8 — 12 Mth. 10, 16 

19 Jes. 14, 14. — 94 Mth. 20, 206 


1 εἰσι > PCD | 2 ἐπέγνωσαν] ἔγνωσαν BO | 8 τούτου + φησὶ 
O | ? ὁ yàg Θεὸς] - ὁ Θεὸς γὰρ E | 7/8 ϑέλει μωροὺς εἶναι] ^ μωροὺς 
ϑέλει εἶναι E | 8 εἰς δὲ] δὲ > G | 10 Zoyeo9ai] ἐπέρχεσθαι Beorr. 
(= editio) | 11 xaxorézvovz] χκατέχνους G (editio verbessert) | 12 γίνεσϑε)] 
yiveodaı P | ὡς] ὡσεὶ BO, ὡς ὁ ὄφις E | 14 ἐστι] ἐστιν ὁ BO 

V. 17 ἢ xai BO | 18 .... ηνέχϑη ἐκ τῶν οὐρανῶν ἀλλ᾽ ἡ zerstört 


in P | ὑπερηφανία] ὑἱπεριφανία B — editio | κατέβαλεν) κατέλαβεν M 
| 19 εἰς τὰ κατώτερα zerstört in P | οὕτως) οὕτω editio | 25 ἡμῖν) 
ὑμῖν OLMG 


VI. 27 μέγα yàg] γὰρ > BOCD 


x 


10 


15 


25 


10 


"ὦ 
C 


20 


Lo 


42 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! 4óyoc Σωτηρίας. 


ὅλον τὸν κόπον αὐτοῦ ἀπώλεσε. σὺ ovr, δούλη τοῦ Χριστοῦ. 
χαὶ πάντες ὅσοι ϑέλουσι σωϑῆναι, ἐὰν νηστεύσῃς, Ayvıoov σε- 
αὐτὴν ἀπὸ πάσης φιλαργυρίας" ὁτε 6 ἀγαπῶν ἀργύριον οὐ δύ- 
ναται τὸν Θεὸν ἀγαπᾶν. εδίζα γὰρ πάντων τῶν κακῶν ἐστιν 
ἡ φιλαργυρία.» 

VIII. Τὴν χενοδοξίαν καὶ τὴν ἀλαζονείαν ἰσχυρῶς φεῦγε. ἐὰν 
ὑποβάλῃ σοι λογισμός, ὅτι μεγάλη “γέγονας καὶ καλή, προβεβὴη- 
κυῖα τῇ ἀρετῇ, μὴ πιστεύσῃς αὐτῷ᾽ ὁ ἐχϑρὸς γάρ ἐστιν ὁ ἐμ- 
ποδίζων καὶ χενοδοξίαν ὑποβάλλων" οὐχ ἀνέξῃ οὖν τοῦ λογι- 
σμοῦ ἐπαινοῦντός 08° ἐὰν δὲ ὑποβάλῃ σοι ὁ λογισμὸς λέγων, 
ὅτι μὴ ϑέλε χοπιᾶν οὕτως δυσχόλως, δύνασαι σωϑῆναι, οὐχ 
ἀχούσεις αὐτοῦ" ὁ ἐχϑρὸς γάρ ἐστιν ὁ ὑποβάλλων χαύνωσιν 
xai ὀλιγωρίαν, ἵνα σε καταβάλῃ ἀπὸ τῆς ἐναρέτου σου πολιτείας" 
πολλὰ γάρ ἐστὶ μηχανήματα ἐχ τοῦ ἐχϑροῦ γινόμενα τοῖς δού- 
λοις τοῦ Oov' ὑποβάλλει γὰρ τοῖς ἀνϑρώποις ἔρχεσϑαι καὶ 
ἐπαινεῖν λόγους πρὸς τὸ ὑψωϑῆναι τὴν καρδίαν αὐτοῦ. σὺ 
δὲ μὴ καταδέξῃ ἔπαινον ἀνϑρώπων᾽ ἐὰν δέ τίς oot εἴπῃ «uaxa- 
ρος εἶ», λέγε αὐτῷ, ἐὰν 65200 ix τοῦ σώματος τούτου καλῶ: 
τελειώσας, τότε μακαρισϑήσομαι: &Qtt γὰρ οὐ πιστεύω ἐμαυτῷ 
ὅτι μακάριος εἰμί" οἱ γὰρ ἄνϑρωποι cc ἄνεμος οὕτω μετα- 
βαλλόμεϑα. πολλάκις δὲ ὑποβάλλει σοι ἐξουϑενεῖν τοὺς ἐσϑίον- 
Tas‘ μὴ πιστεύσῃς αὐτῷ" ἀλλότριος γάρ ἐστι πάντων γὰρ 
ἐλαχιστότερον σεαυτὸν λογίζου, ἵνα πολλοὺς προάξῃς εἰς τὴν 
βασιλείαν τῶν οὐρανῶν, καὶ παρὰ Θεῷ ὑψωϑήσῃ" ὑποβάλλει 
δὲ ὁ ἐχϑρὸς xal ἄσχησιν μεγάλην, ἵνα τὸ σῶμα ἀσϑενὲς xci 


4 1 Tim. 6, 10 


1 κόπον) τόπον M | αὐτοῦ ἀπώλεσε zerstört in P | o? zerstört in 
P | 2 ὅσοι zerstört in P 

VIII. 6 χαὶ cv] τὴν > editio | ἀλαζονείαν] ἀλαζονίαν C ὑποβάλῃ] 
ὑποβάλλι, MG, ὑποβάλει CD | 10 ὑποβάλῃ] ὑποβάλλῃ MG, ὑποβάλει CD | 
12 ἀκούσει:) ἀχουσὴς L | 13 χαταβάλῃ] καταβάλλῃ BO | 15 Epxeodeil 
ἄρχεται Migne , 16 αὐτοῦ] αὐτῶν Migne | 17/18 μαχάριος] gc 
χαρία Lcorr.MG | 18 αὐτῷ] ἑαυτῷ L, ξαυτῷ Leor. MG | 19 τελει- 
wong] τελειώσασα MG | ἐμαιτῷ] ἐμαυτῷ Leorr. MG. |j 20 μακάριοι] 
μαχαρία MG | 21 πολλάκις δὲ] εἰ δὲ πολλάχις C, el πολλάκις BO | 
22 πιστεύσῃς) πιστείσεις MG | 23 ἐλαχιστότερον σεαυτὸν) ἐλαχιστο- 
τέραν σεαιτὴν LMG | πολλοὺς προάξῃς] ....ovg προάξως εἰς τὴν 
Paoı zerstört in P, προέξῃς MG, προάξεις D | 24 ϑεῷ ὑψωϑθήσῃ᾽ ὑποβαλ 
zerstört in P 


— Hic ... . - 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 41 


ἐκλεκταὶ παρὰ ra παιδάρια τὰ ἐσϑίοντα τὴν τράπεξαν 
τοῦ βασιλέος. 

VI. Ὁρᾷς τί ποιεῖ ἡ νηστεία᾽ καὶ νόσους ϑεραπεύει καὶ δεύ- 
ματα σωματιχὰ ξηραίνει καὶ δαίμονας ἐχβάλλει καὶ λογισμοὺς 
πονηροὺς ἀποδιώχει καὶ τὸν νοῦν λαμπρότερον ποιεῖ xoi καρ- 
δίαν καϑαρὰν καὶ σῶμα ἡγιασμένον καὶ τῷ ϑρύόνῳ τοῦ Θεοῦ 
παρίστησι τὸν ἀνϑρωπον᾽ καὶ, ἵνα μὴ νομίσῃς. ὅτι ταῦτα ἁπλῶς 
λέγονται, ἔχεις μαρτυρίαν ἐν τοῖς εὐαγγελίοις παρὰ τοῦ σωτῆ- 
005 εἰρημένην" ἠρώτησαν αὐτὸν οἱ μαϑηταὶ αὐτοῦ λέγοντες" 
κύριε, δεῖξον ἡμῖν, ποίῳ τρόπῳ τὰ «ἀχάϑαρτα πνεύματα φυγα- 
δεύονται. εἶπεν δὲ ὁ κύριος" «τοῦτο τὸ γένος οὐχ ἐκβάλ- 
λεται, εἰ μὴ ἐν νηστείαις καὶ προσευχαῖς.» πᾶς οὖν ὁ ὑπὸ 
πνεύματος ἀχαϑάρτου ὀχλούμενος, ἐὰν νοήσῃ καὶ χρήσηται 
τῷ φαρμάχῳ τούτῳ, λέγω δὴ τῇ νηστείᾳ, εὐϑὺς τὸ πνεῦμα τὸ 
πονηρὸν στενοχωρούμενον ἀναχωρεῖ, φοβούμενον τὴν νηστείαν. 
πάνυ γὰρ τέρπονται οἱ δαίμονες τῇ κραιπάλῃ καὶ τῇ ἀναπαύσει 
τοῦ σώματος. μεγάλη δύναμις νηστεία, καὶ μεγάλα κατορϑώματα 
γίνεται δι᾿ αὐτῆς, ἐπεὶ πόϑεν καὶ οἱ ἄνϑρωποι μεγάλας δυνά- 
μεις ἐπιτελοῦσι, καὶ σημεῖα δι᾿ αὐτῶν γίνεται, καὶ ἰάματα τοῖς 
χάμνουσι δι᾿ αὐτῶν δωρεῖται 0 Θεὸς, εἰ μὴ πάντως δι᾿ ἀσχή- 
σεῶς χαὶ ταπεινοφροσύνης xai πολιτείας ἀγαϑῆς; νηστεία γὰρ 
ἀγγέλων βίος ἐστί. καὶ ὁ χρώμενος αὐτῇ ἀγγελικὴν τάξιν ἔχει. 
καὶ μὴ νομίσῃς, ἀγαπητέ, ὅτι οὕτως ἁπλῶς ἐστιν ἡ νηστεία" 
οὐ γὰρ ὃ νηστεύων ἀπὸ βρωμάτων μόνον ἐκεῖνος κατώρϑωσεν, 
ἀλλ᾽ ὁ ἀπεχόμενος ἀπὸ παντὸς πονηροῦ πράγματος. τούτῳ 
λογίζεται ἡ νηστεία' ἐὰν γὰρ νηστεύσῃς xol μὴ τηρήσῃς τὸ 
στόμα σου λαλῆσαι λόγον πονηρὸν ἢ ὀξυχολίαν ἢ κεῦδος ἢ ἐπι- 

ορκίαν ἢ ἢ χκαταλαλήσῃς κατὰ τοῦ πλησίον σου" ἐὰν ταῦτα d ξέλϑῃ 
ix τοῦ στόματος τοῦ νηστεύοντος. οὐδὲν ὠφέλησεν, ἀλλὰ καὶ 


12 Mc. 9, 29; Mth. 17, 18---20 


VIL 4 ξηραίνει] ξηραίρει B | 78 ...vta ἁπλῶς λέγονται zerstört in P | 
8 ἔχεις) - γὰρ vor μαρτυρίαν LMG, Rasur hinter ἔχεις B | 8/9 σωτῆρος 
elonu£ zerstört in P | 10 zoío] vor ποίω + &v MG | 12 ἐν νηστείαις 
καὶ προσευχαῖς) » ἐν προσειχαῖς xal νηστείαις MG, ἐν προσευχῇ xal νη- 
στείᾳ BO | 14 τῇ νηστείᾳ) τῇ νηστείαν C | 16 χραιπάλῃ)] + καὶ τῇ 
μέϑῃ BO | 24 οὐ γὰρ) ὁ γὰρ D* | ἀπὸ βρωμάτων μόνον] ἀπὸ βοω- 
μάτων μόνος LMG, » μόνος (0 μόνον») ἀπὸ βρωμάτων BO | χατὠρϑωσεν) 
χκατόρϑωσε M | 25/26 τούτῳ λογίζεται ἡ νηστεία Rasur in D* | 27 χεῦ- 
δος] ψεῦδος M | 28 χαταλαλήσῃς)] καταλήσῃς G 


25 


10 


20 


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42 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyoc Σωτηρίας. 


ὅλον τὸν χκύπον αὐτοῦ ἀπώλεσε. σὺ ovr, δούλη τοῦ Χριστοῦ, 
xal πάντες 0001 ϑέλουσι σωϑῆναι, ἐὰν νηστεύσῃς, ἄγνισον σε- 
avınv ἀπὸ πάσης φιλαργυρίας" ὅτε ὁ ἀγαπῶν ἀργύριον οὐ δύ- 
ναται τὸν Θεὸν ἀγαπᾶν. εδίζα γὰρ xavtorv tov κακῶν ἐστιν 
ἢ φιλαργυρία.» 

VIII. Τὴν κενοδοξίαν καὶ τὴν ἀλαζονείαν ἰσχυρῶς φεῦγε. ἐὰν 
ὑποβάλῃ σοι λογισμός, ὅτι μεγάλη γέγονας καὶ καλή, προβεβη- 
κυῖα τῇ ἀρετῇ, μὴ πιστεύσῃς αὐτῷ᾽ ὁ ἐχϑρὸς γάρ ἐστιν ὁ ἐμ- 
ποόδίξζων καὶ κενοδοξίαν ὑποβάλλων" οὐχ ἀνέξῃ οὖν τοῦ λογι- 
σμοῦ ἐπαινοῦντός 08° ἐὰν δὲ ὑποβάλῃ σοι ὁ λογισμὸς λέγων, 
ὅτι μὴ ϑέλε κοπιᾶν οὕτως δυσχόλως, δύνασαι σωϑῆναι, οὐχ 
ἀχούσεις αὐτοῦ: ὁ ἐχϑρὸς γάρ ἐστιν ὃ ὑποβάλλων χαύνωσιν 
xal ὀλιγωρίαν, ἵνα σε καταβάλῃ ἀπὸ τῆς ἐναρέτου σου πολιτείας" 
πολλὰ γάρ ἐστὶ μηχανήματα ἐκ τοῦ ἐχϑροῦ γινόμενα τοῖς δού- 
λοις τοῦ Θοῦ: ὑποβάλλει γὰρ τοῖς ἀνϑρώποις ἔρχεσϑαι καὶ 
ἐπαινεῖν λόγους πρὸς τὸ ὑψωϑῆναι τὴν χαρδίαν αὐτοῦ. σὺ 
δὲ μὴ καταδέξῃ ἔπαινον ἀνϑρώπων᾽ ἐὰν δέ τίς σοι εἴπῃ «μαχά- 
Qtoc εἶ», λέγε αὐτῷ, ἐὰν ἐξέλϑω ἐκ τοῦ σώματος τούτου καλῶς 
τελειώσας, τότε μαχαρισϑήσομαι" ἄρτι γὰρ οὐ πιστεύω ἐμαυτῷ 
ὅτι μαχάριος εἰμί᾽ οἱ γὰρ ἄνϑρωποι ὡς ἄνεμος οὕτω μετα- 
βαλλόμεϑα. πολλάκις δὲ ὑποβάλλει σοι ἐξουϑενεῖν τοὺς ἐσϑίον- 
Tas‘ μὴ πιστεύσῃς αὐτῷ" ἀλλότριος γάρ ἐστι πάντων γὰρ 
ἐλαχιστότερον σεαυτὸν λογίζου, ἵνα πολλοὺς προάξῃς εἰς τὴν 
βασιλείαν τῶν οὐρανῶν, καὶ παρὰ Θεῷ ὑψωϑήσῃ" ὑποβάλλει 
δὲ ὁ ἐχϑρὸς xal ἄσχησιν μεγάλην, ἵνα τὸ σῶμα ἀσϑενὲς καὶ 


4 1 Tim. 6, 10 


1 κόπον) τόπον M | αὐτοῦ ἀπώλεσε zerstört in P | σὺ zerstört in 
P | 2 ὅσοι zerstört in P 

VI. 6 καὶ τὴν] τὴν 2 editio | ἀλαζονείαν] ἀλαζονίαν C | * ὑποβάλῃ] 
ὑποβάλλῃ MG, ὑποβάλει CD | 10 ὑποβάλῃ] ὑποβάλλῃ MG, ὑποβάλει CD | 
12 ἀκούσει:)] ἀκουσὴς L | 13 χαταβάλῃ]) καταβάλλῃ BO | 15 ἔρχεσϑαι) 
ἄρχεται Migne | 16 αὐτοῦ] αὐτῶν Migne | 17/18 μακάριος] ua- 
χαρία Leorr.MG | 18 αὐτῷ] ἑαυτῷ L, &avıy Leorr. MG | 19 τελει- 
ὠσας] τελειώσασα MG | ἐμαιτῷ) ἐμαυτῇ Lcorr. MG. | 20 μαχάριος) 
μαχαρία Μὰ | 21 πολλάκις δὲ] εἰ δὲ πολλάχις C, el πολλάχις BO | 
22 πιστεύσῃς) πιστεύσεις MG | 23 ἐλαχιστότερον σεαιτὸν] ἐλαχιστο- 
τέραν σεαυτὴν LMG | πολλοὺς προάξῃς] .... ovg προάξῃς εἰς τὴν 
βασι zerstört in P, προέξῃς MG, προάξει; D | 24 ϑεῷ ὑψωϑήσῃ᾽ ὑποβαλ 
zerstört in P 


Text von Athanasius' περὲ παρϑενίας. 43 


ἀχρήσιμον ποιήσῃ. σοῦ οὖν ὁ νηστεία μέτρον ἐχέτω" νήστευσον 
ὅλον τὸν ἐνιαυτὸν χωρὶς πάσης ἀνάγχης᾽ ὥρᾳ δὲ ἐνάτῃ τῆς 
ἡμέρας, ἐν ὕμνοις καὶ προσευχαῖς διατελέσασα, μεταλάμβανε τὸν 
ἄρτον σου ἐν λαχάνῳ ἀναπεποιημένῳ ἐλαίῳ' πάντα dyva ὅσα 
ἄψυχα. 

ΙΧ. Σὺ δὲ, ὦ παρϑένε, μηδεὶς καταμανϑανέτω τὴν ἄσχησίν 
σου μηδὲ αὐτῶν τῶν ἰδίων σου συγγενῶν" ἀλλ᾽ εἴ τι ποιεῖς, 
| d» κρυπτῷ ποίει" καὶ ὁ πατήρ ov 0 οὐράνιος ὃ βλέπων 
ἐν τῷ κρυπτῷ, ἀποδώσει 001 ἐὰν δὲ φανερώσῃς σου τὸν 
βίον, κενοδοξία σοι τίχτεται καὶ ζημιοῖ" ἐὰν δὲ εὕρῃς ψυχὴν 
ὁμοσύμφωνον πονοῦσαν τῷ Θεῷ, ὡς καὶ σύ, ταύτῃ μόνῃ ἀπο- 
χκάλυψον ἐν μυστηρίῳ᾽ ἐχεῖ οὐκ ἔστι κενοδοξία" ἐλάλησας γάρ, 
ἕνα σωϑῇ ψυχή" πολὺν μισϑὸν λήψῃ, ἐὰν σωϑῇ διὰ σοῦ ψυχή. 
τοῖς ἔχουσι πόϑον ἀχούειν λάλει τὰ συμφέροντα. ἐὰν δὲ ἀκούῃ 
xal un ποιῇ, μηδὲν λάλει. λέγει γὰρ ὁ κύριος" «μὴ δῶτε τὰ 
ἅγια τοῖς xvol, μηδὲ βάλητε τοὺς μαρναρίτας ὑμῶν ἔμ- 
προσϑεν τῶν χοίρων" » χῦνας γὰρ καὶ χοίρους ἀποκαλεῖ ὁ 
Θεὸς τοὺς ἐν ἀτίμῳ βίῳ διάγοντας" μαργαρῖται γὰρ τίμιοί εἰσιν 
οἱ τοῦ Θεοῦ λόγοι τοῖς ἀξίοις μόνοις διδόμενοι. 


10 


15 


X. 'Q uaxapla ψυχή, ἡ ἀκούσασα τούτους τοὺς λόγους τοὺς 20 


γεγραμμένους ἐν τῷ βιβλίῳ τούτῳ καὶ ποιοῦσα! μαρτύρομαι 
παντὶ ἀχούοντε τὰ ῥήματα ταῦτα καὶ ποιοῦντι, ὅτε τὸ ὄνομα 
αὐτοῦ γραφήσεται ἐν τῇ βίβλῳ τῆς ζωῆς, καὶ ἐν τῷ τρίτῳ 
τάγματι τῶν ἀγγέλων εὐρεϑήσεται. ἐὰν προσεύχῃ ἢ ψάλλῃς 


8 Mth. 6, 4. 6. 15 — 15 Mth. 7, 6 


1 ποιήσῃ] ποιήσι G, ποιήση M | νήστευσον + οὖν LMG | 3/4 τὸν 
ἄρτον] τῶν ἄρτων BE 

IX. 7 αὐτῶν τῶν ἰδίων] αὐτῶν > editio | 8 ποίει] ποιεῖν G | 9 ἀπο- 
δώσει) doe. B* | ἀποδώσει σοι + ἐν τῷ φανερῷ Beorr.O | 10 ἐὰν δὲ 
εὕρῃς] εὕρῃς > E | 11 ταύτῃ μόνῃ = GDeorr.] ταύτην μόνην PD*BOE, 
ταύτη μόνην L, ταύτη μόνη M | 13 πολὺν μισϑὸν.... bis ψυχή > PD*E, 
Deorr. fügt die Worte am Rande ein (C?) | πολῦν L | 14 áxovg] axoreı 
D | 15 καὶ μὴ ποιῇ] μὴ >G | δῶτε) δότε E | 16 βάλητε)] βάλλητε editio 
| 17:18 ὁ Θεὸς] Agıoros MG | 18 uapyaoitaı] μαργαρίται ELMG 

X. 20 ὦ μαχαρία ψιχὴ ἡ ἀχούσασα τούτοις τοὺς λόγοις > C*, der 
Schreiber selbst hat die ausgelassenen Worte mit roter Tinte am Rande 
nachgetragen, τοὺς > D | 21 γεγραμμένους] γεγραμμένοις C* | βιβλίῳ) 
βίβλῳ E | 21/22 μαρτύρομαι παντὶ + ἀνθρώπῳ BO | 11 ταῦτα καὶ 
ποιοῦντι zerstört in P | 23 ἐν τῇ zerstört in P | 24 ἐὰν + οὖν Migne 
| ψάλλῃς)] ψάλλεις MG 


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44 Ed. v. d. Goltz, Athanasius Aoyos Zwrnolag. 


ἢ ἀναγινώσχῃς, xat ἰδίαν χάϑου" μηδεὶς &xovéro, εἰ μὴ σὺ 
μόνη. καὶ ἐὰν ἔχῃς ὁμοφψύχους μίαν ἢ δύο παρϑένους᾽ λέγει 
γὰρ ὁ Χριστός" «ὅπου δύο ἢ τρεῖς εἰσι συνηγμένοι ἐν τῷ 
ὀνόματί μου, ἐκεῖ εἰμι ἐν μέσῳ αὐτῶν.» ἀπόϑου τὸ γυ- 
vaıxelov φρόνημα xoi λάβε ϑάρσος καὶ ἀνδρείαν. ἐν γὰρ τῇ βα- 
σιλείᾳ τῶν οὐρανῶν οὐχ ἔστιν ἄρσεν καὶ ϑῆλυ, ἀλλὰ 
πᾶσαι ai εὐαρεστήσασαι γυναῖκες ἀνδρῶν τάξιν λαμβάνουσιν. 
ἐπιλαϑοῦ τὰ νεωτερικὰ σχήματα, ἵνα λάβῃς τιμὴν τῆς. καλῆς 
χήρας. λέγει γὰρ 0 ἅγιος Παῦλος" «τίμα χήρας, τὰς ὄντος 
χήρας" ἡ δὲ ὄντως χήρα xal μεμονωμένη ἤλπικεν ἐπὶ 
Θεὸν καὶ προσμένει ταῖς δεήσεσι καὶ ταῖς προσευχαῖς 
νυχτὸς καὶ ἡμέρας. ἢ δὲ σπαταλῶσα ζῶσα τέϑνηκε. χήρα 
xataAteyéoQ 0 μὴ ἔλαττον ἐτῶν ἑξήκοντα,γεγονυῖα ἑνὸς 
ἀνδρὸς γυνὴ, εἰ ἐτεχνοτρόφησεν, εἰ ἐξενοδόχησεν, el 
ἁγίων πόδας Evıwev, el ϑλιβομένοις ἐπήρκεσεν, εἰ παντὶ 
ἔργῳ ἀγαϑῷ ἐπηχολούϑησε. νεοτέρας δὲ χήρας xagat- 
τοῦ ὅταν γὰρ καταστρηνιάσωσι τοῦ Χριστοῦ, γαμεῖν 
ϑέλουσιν, ἔχουσαι χρίμα ὅτε τὴν πρώτην πίστιν 98£- 
τῆσαν»ν.» 

XL Σὺ δέ, εἰ μὲν οὐ ποιεῖς τὰ νεωτερικὰ σχήματα, οὐχ 
ἀχούεις νεωτέρα. ἀλλὰ καὶ πρεσβύτης ἀποκαλῇ καὶ τιμὴν ἔχεις 
ὡς πρεσβυτέρα ἡ ὑπόστασις τῶν ἱματίων σου μὴ ἤτω πολύτιμος. 
Ὁ ἐπενδύτης σου μέλας. μὴ βεβαμμένος ἐν βαφῇ, ἀλλ᾽ αὐτοφιὴς 
ἰδιόχροος 7) ὀνυχίζων᾽ καὶ τὸ μαφόριον ἄχροσσον, ὡσαύτως τῆς 
αὐτῆς χρόας᾽ καὶ χειρίδια ἐρεᾶ περικολύπτοντα τοὺς βραχίονας 


8 Mth. 18, 20 — 5 Gal. 3,28 — 91 Tim. 5, 3. 5. 6. 9. 10. 11. 12 


1 àraywooxnc] ἀναγιγνώσχεις MG | 1/9 μηδεὶς &xovéto εἰ μὴ σὺ 
μόνη > E | 2 ἔχῃς] ἔχεις MG; vor λέγει scheint etwas zu fehlen — alle 
codd. aber lesen wie oben | 8/4 συν» ηγμένοι (sic! nicht ὑπηγμένοι wie Migne 
p. 262 Anm. 11) διὰ τὸ ὄνομά μου BO | 5 ἀνδρείαν] ἀνδρίαν P | 6 954v] 
ϑῆλοι L, ϑῦλη M, ἄρρσεν xal 901g G | 1 ai>G | 9/10 λέγει γὰρ .. . bis 
τὰς ὄντως χήρας > LMG (Ὁ wie im Text, aber auf Rasur) | 10 μεμονωμένη) 
μεμανομένη G | ἤλπιχεν) ἤλπησεν P, Yanicev C | ἐπὶ -ἰ τὸν MG | 18 χατα- 
λεγέσϑω) καταλλαγέσϑω M, χαταηλλεγέσϑω G | 13/14 γεγονῖα (sic Leorr.) 
ἑνὸς ἀνδρὸς γινή > L*, Leorr. + in margine | 14 &gerod..... ἑτεχνοτρ. 
^ LMG | 16 χήρας] χῆρας G (editio) | 18 ἔχουσαι] ἔχουσὶ MG 

XI. 21 πρεσβύτης] πρεσβύτις BMG [Migne πρεσβιτέρα])] | xal + τὴν 
τιμὴν O | 23 μὴ ἤτω πολύτιμος zerstórtin P. | 98 ἐν βαφῇ zerstört in P 
| 24 ἰδιόχροος] ἰδιόχρωος MG | xai τὸ uaqómor zerstört in P | 25 χρόας] 
χρώας LG (editio) 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 45 


ἕως τῶν δαχτύλων τῶν χειρῶν, τὰς τρίχας τῆς χεφαλῆς περι- 
χεχομμένας xci χεφαλοδέσμιον ἐρεοῦν, περισφίγγον τὴν κεφαλὴν 
xal χουχούλιον καὶ ἐπώμιον ἄχροσσον. ἐὰν δὲ συναντᾷς av- 
ϑρώπῳ, τὸ πρόσωπον xaraxtxaAvuuévov ἔστω, χάτω νεῦον, 
χαὶ οὐχ ἐπάρῃς ἀνθρώπῳ τὸ πρόσωπόν 00V, εἰ μὴ μόνον τῷ 
Θεῷ σου. 

Ὅταν στῇς εἰς προσευχὴν τοὺς πόδας σου περιχεχαλυμ- 
μένους ἔχε ἐν ὑποδήμασιν" αὐτὸς γὰρ ὁ στολισμὸς ἱεροπρε- 
ans ἐστιν' οὐχ ἐχδύσῃ γυμνή" νυχτὸς δὲ χαὶ ἡμέρας τὸ ἱμάτιόν 
σου ἔστω καλύπτον τὴν σάρκα σου.. οὐ μὴ ἴδῃ ἄλλη γυνὴ τὸ 
σῶμά σου γυμνὸν ἄνευ πάσης ἀνάγκης" ἀλλ᾽ οὐδὲ αὐτὴ χατα- 
νοήσεις ἀποχεκαλυμμένη τῷ σώματι. ἐξότου γὰρ ἐτάξω τῷ 
Θεῷ ἐγχρατεύεσϑαι, τὸ σῶμά σου ἡγιασμένον ἐστὶ καὶ ναὸς 
Θεοῦ. οὐ χρὴ ovv τὸν ναὸν τοῦ Θεοῦ ἀποκαλύπτεσϑαι ὑπό τι- 
νος. οὐ πορεύσῃ εἰς βαλανεῖον ὑγιαίνουσα ἄνευ πάσης ἀναγ- 
χης, οὐ μὴ βάψῃς ὅλον τὸ σῶμά σου εἰς ὕδωρ, ὅτε ἁγία εἶ xv- 
ρίῳ τῷ Θεῷ᾽ καὶ οὐ μιανεῖς τὴν σάρχα σου ἐν οὐδενὶ χοσμικῷ, 
ἀλλὰ μόνον τὸ πρόσωπόν σου νίψαι, καὶ τὰς χεῖρας καὶ τοὺς 
πόδας" ὅταν νίψῃς τὸ πρόσωπόν σου, οὐ νίψῃ ταῖς δύο χερσὶν 
οὐδὲ μὴ ἐχτρίψῃ τὰ μῆλα τῆς ὀψεώς σου οὐδὲ μὴ βάλῃς 
πόαν οὐδὲ νίτρον οὐδὲ τὰ ὅμοια τούτοις. αἱ κοσμιχαὶ γὰρ 
ταῦτα ποιοῦσιν" ἀλλ᾽ ἐν ὕδατι καϑαρῷ νίψῃ. 

XII. Οὐχ ἐπιχρίσῃ τὸ σῶμά σου μύρῳ πολυτελεῖ, οὐδὲ ἐπι- 
βαλεῖς ἐπὶ τὰ ἱμάτιά σου ἀρώματα πολύτιμα. Ἐὰν δὲ τὸ σῶμά 
σου ἀσϑενέστερον γένηται, χρῆσαι οἴνῳ ὀλίγῳ διὰ τὸν στό- 
μαχον. ἐὰν δέ, ὁ μὴ γένοιτο, εἰς κάκωσιν ἐμπέσῃς, σεαυτῆς ἐπι- 
μελοῦ" μὴ δῷς τόπον τοῖς ἀνϑρώποις λέγειν, ὅτι ἐκ τῆς ἀσχή- 


35 1 Tim. 5, 23 


2 περισφίγγον)] περισφίγγων B* corr. in περισφίγγον (= ΟἹ | ὃ ἐπώ- 
puov] ἐπόμιον LMG | σιναντᾶς] συναντὰς LMG (editio = B) | 4 πρό- 
σωπον + σου E 

7/8 τοὺς πόδας σου περιχεχ. ἔχε ἐν v$noÓ.] » περιχεχ. ἔχε τοὺς πόδας 
σου ἐν ὑποῦ, BO | 11 σῶμα] σώμα L | 11/19 χατανοήσεις] χατανοήσης 
O | 12 ἐξότου] ἐξ ὅτοι Migne | 12718 τῷ Oto -- τὸ D | 18 ναός + ἐστι 
τοῦ MG | 15 βαλανεῖον) βαλανείον L | 19 orav] 8 ὅτ᾽ ἄν MG | οὐ — editio 
| 20 μὴ! >C | οὐδὲ μὴ 2xcolvg zerstört in P | 0 21 μὴ βάλῃς πόαν 
οὐδὲ zerstört in P | 20 βάλῃς] ἐπιβάλῃς E | 91 τοις. αἱ χοσμιχαὶ γὰρ zer- 
stört in P 

XI. 28 Enıxoioy] ἐπιχρήσει L, ἐπιχρίσει MG | 26/97 ἐπιμελοῦ] ἐπι- 
μέλου editio 


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46 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! 40yog Σωτηρίας. 


σεως αὐτῆς συνέβη αὕτη ἡ κάκωσις, ἀλλὰ πρὶν ἢ τινα εἰπεῖν 
σοι, σὺ σεαυτῆς φρόντισον, ἕως ἂν ταχὺ ἀναστῆς, καὶ πάλιν τὸν 
κανόνα σου ἑλκχύσῃς. ὅλον τὸν χρόνον τῆς ζωῆς σου ἐν νηστείαις 
xal προσευχαῖς χαὶ ἐλεημοσύναις διατέλει. μαχάριος ὁ ἀχούων 
ταῦτα. νυχτὸς καὶ ἡμέρας μὴ ἀποστήτω ὁ λόγος τοῦ Θεοῦ ἐκ 
τοῦ στοματός σου. ἤτω δὲ τὸ ἔργον σου διαπαντὸς μελέτη 
τῶν ϑείων γραφῶν. ψαλτήριον ἔχε καὶ τοὺς ψαλμοὺς μάνϑανε. 
ἀνατέλλων ὁ ἥλιος βλεπέτω τὸ βιβλίον ἐν ταῖς χερσί σου, καὶ 
μετὰ τρίτην ὥραν συνάξεις ἐπιτέλει, ὅτι ταύτῃ τῇ ὥρᾳ ἐπάγη 
τὸ ξύλον τοῦ σταυροῦ᾽ ἕχτῃ ὥρᾳ ἐπιτέλει τὰς προσευχὰς μετὰ 
ψαλμῶν καὶ χκλαυϑμοῦ xal δεήσεως, ὅτε ἐν αὐτῇ τῇ ὥρᾳ ἐ- 
χρεμάσϑη ὁ υἱὸς τοῦ Θεοῦ ἐπὶ σταυροῦ" ἐνάτῃ ὥρᾳ πάλιν ἐν 
ὕμνοις καὶ δοξολογίαις μετὰ δαχρύων ἐξομολογουμένη τὰ παρα- 
πτώματά σου, τὸν Θεὸν ἱχέτευε, ὅτε ἐν αὐτῇ τῇ ὥρᾳ ὃ κύριος 
χρεμάμενος ἐπὶ σταυροῦ ἀπέδωχε τὸ πνεῦμα. καὶ μετὰ τὴν 
σύναξιν τῆς ἐνάτης ἔσϑιε τὸν ἄρτον σου, εὐχαριστήσασα τῷ 
Θεῷ ἐπὶ τῆς τραπέξης σου οὕτως" εὐλογητὸς ὁ Θεὸς ὁ τρέφων 
με ix νεότητος μοῦ, «o διδοὺς τροφὴν πάσῃ σαρκί»" πλή- 
ρῶσον χαρᾶς καὶ εὐφροσύνης τὴν καρδίαν μου, ἵνα πάντοτε 
πᾶσαν αὐτάρκειαν E ἔχοντες περισσεύωμεν εἰς πᾶν ἔργον 
ἀγαϑὸν ἐν Χριστῷ Ἰησοῦ τῷ κυρίφ ἡμῶν, μεϑ᾽ οὗ σοι 
δόξα, τιμή, κράτος σὺν ἁγίῳ πνεύματι εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν 
αἰώνων, ἀμήν. 


18 Ps. 135, 25 --- 19 2 Cor. 9, 5 


1 αὕτη] αὐτὴ P, αὐτῷ ἡ κι BMG, αὐτὴν χάχωσις 1, | εἰπεῖν] εἴπει 
MG | 2 φρόντισον] φρόντιζον editio | ὧν» | 4 ἐλεημοσίναις) ἐλαιημο- 
σύναις G | 4/5 ὁ axoiwv ταῦτα + xal ποιῶν αὐτὰ MG | 6 τοῦ» D | 
διαπαντὸς) διὰ παντὸς Migne | 9/10 ἐπάγη τὸ ξύλον τοῦ σταυροῦ" ἕχτη. .] 
ἐπάγη τὸ ξύλῳ τοῦ σταυροῦ Ἰησοῦς jj πάντων ζωὴ" ἕχτῃ MG | 10 ἕχτῳ 
ὥρᾳ + ὁμοίως MG | ἐπιτέλει + oov vor τὰς MG | 11 ἐν > editio | 
11/12 ἐχρεμάσϑη)] ἐχραμάσϑη MG | 19 ἐπὶ + τοῦ LMG | ἐνάτῃ) &- 
γάτῃ E | ὥρᾳ] + δὲ MG | 14 τι ἐν... χύριος zerstört in P | 15 antdwxe] 
παρέδωχε MG | 15:16 μετὰ τὴν σύναξιν zerstört in P | 16 σύναξιν (— M 
GW!W2)] σύνταξιν BOEL | ἐνάτης] ἐννάτης P. | 17/8 ὁ Θεὸς ὁ τρέ- 
φων μὲ ἐχ veótgtóc μου] ὁ ἐλεῶν xal τρέφων ἡμᾶς éx νεότητος ἡμῶν 
MG | 19 τὴν χαρδίαν μοι] τὰς καρδίας ἡμῶν L* MG | 20 περισσεύωμεν) 
περισσεύομεν PCD, περισσείοιμεν MG, περισσεύαιμεν E | 21 σοι] + πρέ- 
neı MG | 22 δόξα + xal τιμὴ B (O — Text) | δόξα, τιμή, κράτος) δόξα, 
κράτος τιμὴ καὶ προσχύνησις MG | 22/28 εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν alovov] 
εἰς αἰῶνα τῶν αἰώνων E | Z. 8—23 | W! und W? — Text. 


Text von Atbanasius’ περὶ παρϑενίας. 47 


XIII. Kal ὅταν καϑεσϑῆς ἐπὶ τῆς τραπέζης καὶ ἔρχῃ κλᾶσαι 
τὸν ἄρτον, σφραγίσασα αὐτὸν τρίτον, οὕτως εὐχαριστοῦσα λέγε" 
εὐχαριστοῦμέν σοι πάτερ ἡμῶν ὑπὲρ τῆς ἁγίας ἀναστασεώς 
σου διὰ γὰρ Ἰησοῦ τοῦ παιδός σου ἐγνώρισας ἡμῖν αὐτήν καὶ 
χαϑὼς ὁ ἄρτος οὗτος ἐσχορπισμένος ὑπάρχει ὁ ἐπάνω ταύτης 
τῆς τραπέζης καὶ συναχϑεὶς ἐγένετο ἕν, οὕτως ἐπισυναχϑήτω 
σου ἡ ἐχχλησία ἀπὸ τῶν περάτων τῆς γῆς εἰς τὴν βασιλείαν 
σου, ὅτι σοῦ ἐστιν ἡ δύναμις καὶ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν 
αἰώνων, ἀμήν. 

Ἐὰν δὲ συμπαρῶσι μετὰ σοῦ δύο ἢ τρεῖς παρϑένοι εὐχαρισ- 
τήτωσαν ἐπὶ τὸν προχείμενον ἄρτον xal συνευχέσϑωσαν. ἐὰν 
δὲ εὐρεϑῇ κατηχουμένη ἐν τῇ τραπέζῃ, μὴ συνευχέσϑω μετὰ τῶν 


XII. 1 ὅταν] 9v ἂν MP | 2 τρίτον + τὸ σημεῖον τοῦ σταυροῦ MG | 
8 co] σε W? | 5 ὁ ἄρτος οὗτος] ὁ ἄρτος Τοῦτος L und W! (T — 
Kreuzeszeichen?)  ἐσχορπισμένος] διεσχορπισμένος BOEL | ὑπάρχει 
>D, ὑπάρχοι B* von erster Hand corrigiert: γγρ. ὑπῆρχεν ὁ ἐπάνω ταύ- 
της τῆς τραπέζης; G gibt am Rande an, B habe ὑπάρχων im Texte, W! 
liest ὑπάρχει, W? ὑπῆρχεν | ταύτης > Wi! | 6/7 ἐπισυναχϑήτω σου) 
σου > Beorr., συναχϑήτω E | 9 MG lassen das Gebet εὐχαριστοῦμεν bis 
ἀμήν aus; statt dessen steht nach λέγει" εὐχαριστοῦμέν σοι, πάτερ ἡμῶν, 
ὑπὲρ τῆς ἁγίας χαὶ ἐνδόξον σαρχώσεως τοῦ υἱοῦ σον Χριστοῦ τοῦ Θεοῦ 
ἡμῶν, ἣν ἡμεῖς χατὰ (G χατὰ τὰ) τὴν ϑείαν ἐχείνου ἐπαγγελίαν xa$ 
ἡμέραν ἐσϑίοντες εὐφραινόμεϑα εἰς τουτονὶ τὸν αἰσϑητὸν ἄρτον μετα- 
βάλλων αὐτὴν διὰ τὴν ἀσϑένειαν ἡμῶν tg αὐτοῦ χρηστότητι" καὶ ὅτι 
δι’ αὐτοῦ σε ἔγνωμεν τὸν ἀληϑινὸν Θεὸν xal πατέρα ἡμῶν xal τὸ πανά- 
γιον πνεῦμά σου, τὸ φωτίζον ἡμᾶς xal παρηγορὸν xal πρὸς τὴν σὴν 
ὡδηγὸν ἐπίγνωσιν' ὅϑεν παραχαλοῖμέν σε ἁρμόδιον τοῦτον γενέσϑαι 
χαὶ εὐφραντιχόν τῇ ἡμετέρᾳ οὐσίᾳ τοῦ σώματος καὶ μηδέποτε αὐτὸν ὕστε- 
ρούμεναι διὰ τὴν ἡμῶν ἀναξιότητα ἀλλὰ χαὶ ἐχεῖνον τὸν νοούμενον τὸν 
ζωοποιὸν χαὶ πανάγιον τοῖ μονογενοῦς σον υἱοῦ σαρχοφόρον ἄρτον 
ἀξίως μεταλαμβάνειν ἡμᾶς ἀξίωσον διὰ τὴν σὴν ἀγαϑότητα. 

καὶ ταύτην μὲν τὴν εὐχὴν ἐν τῷ xàüv τὸν ἄρτον xal ϑέλειν ἐσϑίειν 
ὀφείλεις λέγειν᾽ ἐν δὲ τῷ ϑεῖναι τοῖτον ἐν τῇ τραπέζῃ xal χαϑεσϑῆναι 
βούλει τὸ πάτερ ἡμῶν λέγε ὁλόχληρον. τὴν προγεγραμμένην εἰχὴν τὸ" 
εεὐλογητὸς ϑεὸς᾽ ἀριστήσαντες xal ἐγειρόμενοι τῆς τραπέζης λέγομεν. 

Das Gebet hat die editio Commeliniana in G gestrichen und den B-Text 
abgedruckt, dagegen die Worte xal ταύτην bis λέγομεν aus G im Text 
stehen lassen, wo sie nur in eckige Klammern gesetzt sind. Die Codices 
vom Kloster Watopedi haben den ülteren Text wie PCD und BOEL. 

10 δύο ἢ τρεῖς παρϑένοι] ^ δύο παρϑένοι ἢ τρεῖς MG | 10/11 εὐχα- 
ριστήτωσαν] εὐχαριστείτωσαν PW1W? | 12 τῷ > editio (G habet τῷ) 


50 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Σωτηρίας. 
Θεὸν δοξάζειν ἐπὶ τῆς τραπέζης. ἐπὶ τούτων εἶπεν ὁ ϑεσπέ- 
σιος Παῦλος" εοὗτοί εἰσιν οἱ ἐχϑροὶ τοῦ σταυροῦ τοῦ Χριστοῦ, 
ὧν τὸ τέλος ἀπώλεια, ὧν ὁ Θεὸς ἡ κοιλία, καὶ ἢ δόξα 
ἐν τῇ αἰσχύνῃ αὐτῶν, οἱ τὰ ἐπίγεια φρονοῦντες" ἡμῶν ὄὲ 
5 τὸ πολίτευμα ἐν οὐρανοῖς ὑπάρχει.» οὗτοι χείρονες καὶ τῶν 
ϑηρίων καὶ τῶν χτηνῶν tiov τὰ γὰρ κτήνη καὶ τὰ ϑηρία 
οἴδασι τὸν ποιήσαντα αὐτοὺς Θεὸν, καὶ εὐλογοῦσιν cvtOr 
οἱ δὲ ἄνϑρωποι, οἱ ὑπὸ τῶν χειρῶν αὐτοῦ πλασϑέντες xai 
εἰχόνα αὐτοῦ φοροῦντες, οὐχ οἴδασι τὸν ποιήσαντα avtovg 
ἀλλ᾽ ὁμολογοῦσιν αὐτὸν μὲν ἐν τῷ στόματι αὐτῶν, τοῖς δὲ 
ἔργοις ἀρνοῦνται αὐτόν" «G0 πιστεύεις ὅτι ἔστε Θεός; xa- 
λῶς ποιεῖς, καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσι χαὶ φρίττου- 
σιν ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων νεχρά ἐστι.» τί γὰρ 
ὠφελεῖται ἄνϑρωπος ὁμολογῶν, ὅτε ἔνι Θεὸς, τοῖς δὲ ἔργοις 
15 αὐτοῦ τοῖς πονηροῖς ἀρνεῖται αὐτόν; πῶς ὁμολογεῖ δεσπότην 
ἔχειν, μὴ δουλεύων αὐτῷ; διὰ τοῦτο γὰρ ἀχούεε τοῦ κυρίου 
αὐτοῦ καὶ οἱ δοῦλοι οἴδασι τοὺς ἀγοράσαντας αὐτοὺς xad 
τιμῶσιν αὐτοὺς, καὶ ἡμεῖς ὀφείλομεν τιμᾶν αὐτὸν, οὐ λόγῳ 
μόνον ἀλλὰ καὶ ἔργῳ αὐτὸς γὰρ ὁ κύριος ἡμῶν Ἰησοῦς 
Χριστὸς ἐν τῷ εὐαγγελίῳ ἐμαρτύρησε λέγων" «o9 πᾶς ὁ AC 
γων μοι κύριε, χύριε, εἰσελεύσεται εἰς τὴν βασιλείαν 
τῶν οὐρανῶν.» χαὶ πάλιν: «00 μὴ λήψῃ τὸ ὄνομα 
κυρίου τοῦ Θεοῦ σου ἐπὶ ματαίφ.» χαὶ πάλιν αροῦξ 
tasev ἡμῖν λέγων" «ἀποστήτω ἀπὸ ἀδικίας πᾶς ὃ 
25 ὀνομάζων τὸ ὄνομα xvolov» ϑέλεις δὲ γνῶναι, on 
τὰ ϑηρία xal τὰ xınvn οἴδασι τὸν Θεὸν, xal εὐλογοῦσν 
αὐτόν; ἄχουε τοῦ ἁγίου πνεύματος προστάττοντος αὐτοῖς ir 
«εὐλογεῖτε τὰ ϑηρία καὶ πάντα τὰ κτήνη τὸν 
εἰ μὴ εὐλόγουν, οὐχ ἂν αὐτοῖς προσέταττεν. οὐ 


JC 


νὰ 


2L 


-— 


o . 
ὕμνοις 
κύριο»᾽» 


3 Phil. 3, 18—90 — 11 Jac. 2, 19. 20 — 21 Mth. 7, 21 — 92 Er 


20 7 — 24 2 Tim. 2, 19 — 28 Dan. 3, 81 


3 ἡ δόξα] ἡ δόξαι B | 8 ὑπὸ] ἀπὸ BOELMG | 19/18 gYolrzover] 
+ ἀλλὰ vor ἡ MG | 14/15 ἔργοις αὐτοῦ toic πονηροῖς] » ἔργοις sert 
goic αὐτοῦ E | 15 ἀρνεῖται] ἀρνεῖσϑαι G (editio -- B) | 16 διὰ zeit] 
διατοῦτο uno ductu LMG | 17 οἴδασι] ὕδασι L | 19 μόνον] μόνῳ LUNG : 
21 χύριε nur einmal: editio | τὴν βασιλείαν) + μου MG | 21/22 τῶν et 
ρανῶν) + ἀλλ᾽ ὃ ποιῶν τὸ ϑέλημα τοῦ πατρός μου τοῦ ἐν τοῖς οὐρανοῖς 
MG, (τοῖς Σ» M) | 24 ὀνομάζων] ὀνομάζον L | 28/29 τὸν χύριον.... εἰ 
λόγουν zerstört in P | 29 αὐτοῖς] αὐτοὺς B | προσέταττεν zerstört in P 





Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 49 


σαπρὰς βοτάνας τὰς κύχλῳ αὐτῆς. ἐχείνη δὲ ἔχουσα τὸν πο- 
νοῦντα ἀποδίδωσι τίμιον τὸν καρπὸν αὐτῆς ἐν χαιρῷ 
εὐϑέτῳ. φύλασσε δὲ χαὶ ποίει τὰς δοξολογίας τὰς ἐπὶ τῆς 
τραπέζης, καὶ ἔσται Got τὸ βρῶμα καὶ τὸ πόμα ἡγιασμένον" 
ὅταν οὖν ἀναστῆς ἐχ τῆς τραπέζης, πάλιν εὐχαριστοῦσα λέγε 
ἐπὶ τρίς. «ἐλεήμων xai οἰχτίρμων ὁ κύριος, τροφὴν 
ἔδωκε τοῖς φοβουμένοις αὐτόν. δόξα πατρὶ καὶ υἱῷ καὶ 
ἁγίῳ πνεύματι». καὶ μετὰ τὴν δοξολογίαν πάλιν τὴν εὐχὴν 
πλήρωσον λέγουσα οὕτως" «Ὁ Θεὸς 6 xavtoxQatoQ καὶ κύριος 
ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστὸς, TO Ovoua τὸ ὑπὲρ πᾶν ὄνομα, εὐχα- 
ριστοῦμέν σοι καὶ alvo)uév σε, ὅτε κατηξίωσας ἡμᾶς μετα- 
λαβεῖν τῶν ἀγαϑῶν τῶν σῶν, τῶν σαρκιχῶν τροφῶν. δεό- 
μεϑα xal παραχαλοῦμέν σε, κύριε, iva καὶ τὰς ἐπουρανίους 
τροφὰς ἡμῖν δωρήσῃ᾽ καὶ δὸς ἡμῖν τρέμειν xal poßelod.aı 
τὸ φριχτὸν xal ἔντιμον Ovoua σου, καὶ μὴ παραχούειν τῶν 
ἐντολῶν Gov: τὸν νόμον σου καὶ τὰ δικαιώματά σου ἐγκατά- 
ϑου ἐν ταῖς χαρόδίαις ἡμῶν, ἁγίασον δὲ ἡμῶν τὸ πνεῦμα 
xal τὴν ψυχὴν καὶ τὸ σῶμα διὰ τοῦ ἠγαπημένου σου παιδός, 
τοῦ κυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ, μεϑ' οὗ σοι δόξα, τιμή, κρά- 
τος εἰς τοὺς αἰῶμας τῶν αἰώνων, ἀμήν.» 

XV. Εἰσὶ γὰρ πλείονες τῶν κοσμικῶν, οἵτινές εἰσιν ἀνόη- 
τοι καὶ ὡς τὰ ἄλογα ζῶα τρεφόμενοι, ἀνιστάμενοι προὶ καὶ 
ξητοῦντες, τίνα πλεονεχτήσουσι, τίνα καταδυναστεύσουσιν, tva 
ἐμπλήσωσι τὴν αἰσχρὰν αὐτῶν γαστέρα οὗτοι οὐχ οἴδασι τὸν 


2 Jac. 5, 7; Hebr. 6,7 — 6 Ps. 110, 4 --- 10 Phil. 2, 9 


3 ἀποδίδωσι τίμιον τὸν χαρπὸν] » ἀποδίδωσι τὸν χαρπὸν αὐτῆς Ti- 
wov D | 8 cb9éto] δέοντι E | xal ποίει] + xcd PLMG | 4 τὸ βρῶμα 
xal τὸ πόμα] “ τὸ πόμα καὶ τὸ βρῶμα E | 5 ὅταν) 0v à» MG | x] 
ἀπὸ MG | 6 τρίς] τρεῖς OE*, τρίς Ecorr. | 8 πνεύματι) + xal νῦν xal 
ἀεὶ xal εἰς τοὺς αἰῶνας MG |.9 πλήρωσον] πλήρησον G | 11 εὐχαριστοῦ- 
μέν σοι] σοι > MG | χαὶ αἰνοῦμέν σε > LMG | ἡμᾶς] ἡμῖν LMG | 
12 τῶν ἀγαϑῶν τῶν σῶν > LMG, τῶν ἀγαϑῶν — E | 17/18 τὸ πνεῦμα 
xal τὴν ψυχὴν zerstört in P | 18 cov παιδός] » παιδός cov MG | 19 τοῦ 
χυρίου ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ) » Ἰησοῦ Χριστοῦ τοῦ κυρίου ἡμῶν BOELMG | 
19 σοι] + πρέπει MG | 19/20 δόξα, τιμή, χράτος] ^ χράτος, τιμὴ + xal 
προσχύνησις MG | 20 W! läßt das ganze Gebet fort; es fehlen die Worte 
καὶ μετὰ τὴν δοξολογίαν bis ἀμήν (Zeile 8 bis 20). 

"NV. 28 χαταδυναστεύσουσιν] χαταδυναστεύουσιν E | 23/24 tva — 
οἴδασι > M, von erster Hand (?) eingefügt | 94 αἰσχρὰν] αἰσχραρ (?) P 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2 4 


10 


15 


10 


15 


— 


2t 


50 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Adyog Σωτηρίας. 


Θεὸν δοξάζειν ἐπὶ τῆς τραπέζης. ἐπὶ τούτων εἶπεν ὁ ϑεσπέ- 
σιος Παῦλος" εοὗτοί εἰσιν οἱ ἐχϑροὶ τοῦ σταυροῦ τοῦ Χριστοῦ, 
ὧν τὸ τέλος ἀπώλεια, ὧν ὁ Θεὸς ἡ κοιλία, καὶ ἡ δόξα 
ἐν τῇ αἰσχύνῃ αὐτῶν, οἱ τὰ ἐπίγεια φρονοῦντες" ἡμῶν δὲ 
τὸ πολίτευμα ἐν οὐρανοῖς ὑπάρχει.» οὗτοι χείρονες καὶ τῶν 
ϑηρίων καὶ τῶν χτηνῶν εἰσι τὰ γὰρ κτήνη καὶ τὰ ϑηρία 
οἴδασι τὸν ποιήσαντα αὐτοὺς Θεὸν, καὶ εὐλογοῦσιν αὐτόν" 
οἱ δὲ ἄνϑρωποι, οἱ ὑπὸ τῶν χειρῶν αὐτοῦ πλασϑέντες καὶ 
εἰχόνα αὐτοῦ φοροῦντες, οὐχ οἴδασι τὸν ποιήσαντα αὐτούς" 
ἀλλ᾽ ὁμολογοῦσιν αὐτὸν μὲν ἐν τῷ στόματι αὐτῶν, τοῖς δὲ 
ἔργοις ἀρνοῦνται αὐτόν᾽ «00 πιστεύεις ὅτι ἔστι Θεός; xa- 
λῶς ποιεῖς, καὶ τὰ δαιμόνια πιστεύουσι καὶ φρίττου- 
σεν ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων νεχρά ἐστι.» τί γὰρ 
ὠφελεῖται ἄνϑρωπος ὁμολογῶν, ὅτι ἔνι Θεὸς, τοῖς δὲ ἔργοις 
αὐτοῦ τοῖς πονηροῖς ἀρνεῖται αὐτόν; πῶς ὁμολογεῖ δεσπότην 
ἔχειν, μὴ δουλεύων αὐτῷ; διὰ τοῦτο γὰρ ἀχούει τοῦ κυρίου 
αὐτοῦ καὶ οἱ δοῦλοι οἴδασι τοὺς ἀγοράσαντας αὐτοὺς καὶ 
τιμῶσιν αὐτοὺς, καὶ ἡμεῖς ὀφείλομεν τιμᾶν αὐτὸν, οὐ λόγῳ 
μόνον ἀλλὰ καὶ ἔργῳ᾽ αὐτὸς γὰρ ὁ κύριος ἡμῶν Ἰησοῦς 
Χριστὸς ἐν τῷ εὐαγγελίῳ ἐμαρτύρησε λέγων" «o9 πᾶς ὁ λέ- 
γων μοι κύριε, χύριε, εἰσελεύσεται εἰς τὴν βασιλείαν 
τῶν οὐρανῶν.» xc πάλιν «οὐ μὴ λήψῃ τὸ ὄνομα 
κυρίου τοῦ Θεοῦ σου ἐπὶ ματαίῳ.» xai πάλιν προσέ- 
ταξεν ἡμῖν λέγων' «ἀποστήτω ἀπὸ ἀδιχίας πᾶς ὁ 
ὀνομάζων τὸ ovoua κυρίου.» ϑέλεις δὲ γνῶναι, ὅτι 
τὰ ϑηρία xal τὰ χτήνη οἴδασι τὸν Θεὸν, χαὶ εὐλογοῦσιν 
αὐτόν; ἄχουε τοῦ ἁγίου πνεύματος προστάττοντος αὐτοῖς ἐν 
ὕμνοις «εὐλογεῖτε τὰ ϑηρία καὶ πάντα τὰ xınvn τὸν 
κύριον,» εἰ μὴ εὐλόγουν, οὐχ ἂν αὐτοῖς προσέταττεν. οὐκχ 


3 Phil 3, 18—920 — 11 Jac. 2, 19. 20 — 21 Mth. τ, 21 — 22 Ex. 
20, 7 — 24 2 Tim. 2, 19 — 28 Dan. 3, 81 


3 ἡ δόξα] ἡ δόξαι B | 8 ὑπὸ] ἀπὸ BOELMG | 12/18 φρίττουσιν]) 
ἀλλὰ vor ἡ MG | 14/18 ἔργοις αὐτοῦ toig πονηροῖς) ^ ἔργοις novg- 
goi; αὐτοῦ E | 15 ἀρνεῖται] ἀρνεῖσϑαι G (editio — B) | 16 διὰ τοῦτο) 
διατοῦτο uno ductu LMG | 17 οἰδασι] ὕδασι L | 19 μόνον] μόνῳ LMG | 
91 χύριεξ nur einmal: editio | τὴν βασιλείαν) + μον MG | 21/22 τῶν ov- 
ρανῶν] + ἀλλ᾽ ὁ ποιῶν τὸ ϑέλημα τοῦ πατρός μου τοῦ ἔν τοῖς οὐρανοῖς 
MG, (τοῖς Σ» M) | 34 ὀνομάζων) ὀνομάζον L | 28/29 τὸν χύριον.... εὐ- 
λόγουν zerstört in P | 29 αὐτοῖς] αὐτοὺς B | προσέταττεν zerstört in P 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. δι 


αὐτὰ δὲ μόνον εὐλογοῦσι τὸν Θεὸν, ἀλλὰ xci πᾶσα ἡ κτίσις ἡ 
φαινομένη καὶ ὁρωμένη τὰ ἀμφότερα αὐτὸν ἀκαταπαύστως 
ὁμολογεῖ. | 

XVI. Καὶ σὺ ou» δούλη τοῦ Θεοῦ, εἴτε ἐγείρῃ, εἴτε καϑέζῃ, 
εἴτε ἔργον u ποιεῖς, εἴτε ἐσϑίεις, εἴτε ἐπὶ τῆς „xobens σου 
ἔρχῃ πρὸς ὕπνον, εἴτε ἀνισταμένη, μὴ ἀποστήτω ὁ ὕμνος τοῦ 
Θεοῦ ἀπὸ τῶν χειλέων σου. μακχάρια τὰ ὦτα τὰ δεχόμενα 
τοὺς λόγους τούτους. ἐὰν δὲ εἰσέλϑῃ ἡ δωδεχάτη ὥρα, μει- 
ξοτέραν χαὶ μαχροτέραν ἐπιτελέσεις τὴν σύναξιν μετὰ τῶν 
ὁμοψύχων σου παρϑένων" ἐὰν δὲ μὴ ἔχῃς ὁμόψυχον, μόνη 
ἐπιτέλει τοῦ Θεοῦ συνόντος καὶ ἀχούοντος. χαλὸν τὸ ἐχχέειν 
δάχρυον ἐνώπιον τοῦ Θεοῦ. μνημόνευε τὴν δωδεκάτην ὥραν, 
ὅτε ἐν αὐτῇ καταβέβηχεν ὁ κύριος ἡμῶν εἰς τὸν ζδην" καὶ 
ἰδὼν αὐτὸν ἔφριξε καὶ ἐξέστη λέγων" τίς ἐστιν οὗτος, ὁ ἐν 
ἐξουσίᾳ καὶ μεγάλῃ δυνάμει κατελϑών; τίς οὗτος ὁ τὰς πύλας 
τοῦ adov τὰς χαλχὰς συντρίβων καὶ τοὺς μοχλοὺς 
τοὺς ἀδαμαντίνους συνϑλάσας; τίς οὗτος ὁ ἐὲ οὐρανῶν 
κατελϑὼν καὶ σταυρωϑεὶς καὶ ὑπ᾽ ἐμοῦ τοῦ ϑανάτου μὴ xoa- 
τούμενος; τίς οὗτος ὁ λύων τὰ δεσμὰ τῶν ὑπ᾽ ἐμοῦ κχρατου- 
μένων; τίς οὗτος ὁ τῷ ἰδίῳ ϑανάτῳ ἐμὲ τὸ» ϑάνατον 
χαταλύων; 

XVI. Διὰ τοῦτο ὀφείλομεν ἑαυτοῖς προσέχειν ἐν τῇ ὥρᾳ 
ἐχείνῃ, καὶ ἐν δάχρυσιν ἐν νυχτὶ παρακαλεῖν τὸν κύριον᾽ μεγάλη 
γὰρ ἀρετή ἐστι τὸ δάχρυον, μέγα κατόρϑομα, μεγάλαι ἁμαρτίαι 
καὶ ἀνομίαι διὰ δακρύων ἀπαλείφονται. μαρτυρεῖ δέ μοι τὸ 
ἅγιον εὐαγγέλιον" ὁτε γὰρ ὁ σωτὴρ παρεδόϑη τοῖς Ἰουδαίοις, 


10 Ps. 106, 16 


2 ὁρωμένη] ὁρομένη (Ὁ) P | αὐτὸν] αἰτῶν D*MG | 8 ὁμολογεῖ] 
ὑμνολογεῖ E und W? 

xXVl. 5 ποιεῖς] ποιῇς Migne | ἐσθίεις) ἐσϑίῃς Migne | 6 ἀνισταμένη) 
undeutlich, aber durch Streichung in ἀνίστα corrigiert B, ἀνίστασαι O | 
8 ἐὰν δὲ εἰσέλθῃ ἡ δωδεκάτη ὥρα] ἐὰν δὲ εἰσέλθῃς τῇ δωδεκάτῃ ὥρᾳ 
Migne | 8/9 μειζοτέραν)] μηζοτέραν L | 9 μαχροτέραν) πυχνοτέραν ΒΟ 
ELMG W!und W? | ἐπιτελέσεις] ἐπιτελέσης L | 10 ἔχῃς] ἔχεις Deorr. E 
| 14 αὐτὸν + ὁ ἅδης MG | καὶ ἐξέστη in marg. G | 15—90 τίς οὗτος 
ὁ ἐξ οὐρανῶν ..... χρατούμενος; τίς οὗτος ὁ τὰς πύλας .... συνϑλάσας; 
τίς οὗτος ὁ λίων τὰ δεσμὰ x. τ. λ. « D 

XVIL 98 τὸν χύριον)] τὸν Otóv EMG | 24 δάχριον +xul LMG | 
κατόρϑωμα + καὶ B 

4* 


5 


10 


15 


25 


10 


15 


25 


52 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' 4óyog Σωτηρίας. 


ὁ Πέτρος μεϑ’ ogxov τρίτον αὐτὸν ἠρνήσατο πρὶν ἀλέχτορα 
φωνῆσαι. ὁ δὲ κύριος στραφεὶς ἐνέβλεψε τῷ Πέτρῳ, καὶ ὑπε- 
μνήσϑη ὁ Πέτρος τοῦ ῥήματος τοῦ κυρίου, ὡς εἶπεν αὐτῷ" 
«πρὶν ἀλέχτορα φωνῆσαι,τρὶς ἀπαρνήσῃ με, καὶ ἐξελϑὼν 
ἔξω ἔκλαυσε πιχρῶς.» ὁρᾷς τὸ φάρμαχον τῶν δαχρύων, 
ἐϑεάσω οἵαν ἀνομίαν ἐξήλειψε. τί γὰρ χεῖρον τοῦ κακοῦ τούτου, 
ὅτι τρίτον μεϑ᾽ ὄρχου τὸν δεσπότην ἑαυτοῦ ἠρνήσατο, καὶ τὴν 
τηλικαύτην ἀνομίαν διὰ δακρύων ἐξήλειψεν. ὁρᾷς ἡλίχην 
δύναμιν ἔχουσι τὰ daxpva. ἐκεῖνα γὰρ ἐγράφη εἰς τὴν ἡμε- 
τέραν νουϑεσίαν, tva ἡμεῖς ἐπακολουϑήσαντες bor» 
αἰώνιον κληρονομήσωμεν. οὐχ οἱ πολλοὶ £ ἔχουσι τὸ χάρισμα 
τῶν δαχρύων, ἀλλ ὅσοι τὸν νοῦν ἔχουσιν ἄνω, ὅσοι τῶν γηΐνων 
ἐπιλανϑάνονται, ὅσοι τῆς σαρκὸς πρόνοιαν οὐ ποιοῦσιν, οἵτενες 
οὐχ ἐπίστανται ὅλως, εἰ i ἔνι κόσμος, οἵτινες ἐνέχρωσαν τὰ μέλη 
τὰ ἐπὶ τῆς γῆς τούτοις μόνοις δίδοται πένϑος δαχρύων. xa- 
ϑαρὸν γὰρ ἔχοντες τὸν νοῦν καὶ ὀξύδορχον τὸ βλέμμα τῆς δια- 
voíag ἔτι ὄντες ἐπὶ τῆς γῆς βλέπουσι τὰς χολάσεις τὰς ἐν τῷ 
ἀδῃ καὶ τὰς βασάνους τὰς αἰωνίους, ἐν αἷς οἱ ἁμαρτωλοὶ xo- 
λάζονται καὶ τὸ πῦρ τὸ αἰώνιον καὶ τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον, 
ὃ κχκλαυϑμὸς καὶ ὁ βρυγμὸς τῶν ὀδόντων. βλέπουσι δὲ xdi 
τὰ ἐπουράνια χαρίσματα, & ἐχαρίσατο ὁ ὁ Θεὸς τοῖς ἁγίοις χαὶ τὰς 
δόξας xal τοὺς στεφάνους καὶ τὰς στολὰς τὰς ἁγίας xal τὰ 
βασιλικὰ ἐνδύματα καὶ τὰ φωτεινὰ ταμιεῖα καὶ τὰς τρυφὰς 
τὰς ἀνεχδιηγήτους καὶ τὴν ζωὴν τὴν αἰώνιον, καὶ τί Ext λέγω; 
χαὶ τὸ μεῖζον πάντων ϑαῦμα, ὅτι ὁ ἔχων καϑαρὸν τὸν νοῦν 
καὶ αὐτὸν τὸν Θεὸν ἐν τοῖς ἔνδον ὀφϑαλμοῖς χκαϑορᾷ. πῶς 
οὖν οὐ ϑέλεις κλαῦσαι καὶ πενϑῆσαι ὁ ταῦτα βλέπων; κλαίει 
μὲν γὰρ καὶ ὀδύρεται, ὅπως ῥδυσϑῇ ἀπὸ τῶν δεινῶν xoAactor 


4 Luc. 22, 61; Mth. 26, 72 — 10 1 Cor. 10,11 — 19 Mth. 25, 80 


1 αἰτὸν > MG | 2 φωνῆσαι (0)) φωνῇ B | 4 τρὶς ἀπαρνήσῃ utl 
^ ἀπαρνήσῃ με τρὶς BOLMG | 5 πιχρῶς. ὁρᾶς τὸ zerstört in P | 6 &f 
λειψεὶ ἐξήλειψεν LMG | 7 τὸν δεσπότην ξαυτοῖ].“ τὸν favtob δεσπκότῃν 
MG | 9 δύναμι») δύναμην L | 18 ἐπιλανϑάνονται) ἐπιλανϑάνωνεαι MG | 
14 εἰ ἔνι) εἴη editio, εἰς ἔνε M | 17 χολάσεις) χολάσης L | 18/19 χολά- 
Corrai] χράζονται E | 90 ὁ χλαυϑμ. x. ὁ βρυγμ. τ. 66.) καὶ τὸν κλαυϑμὸν 
xal τὸν βρυγμὸν MG | xAavOuóc] corr. χλαυϑμόν B* | 21 ἐπουράνια) 
οὐράνια BO | 24 ἔτι + οὐ vor λέγω BO | 265 ὁ:»} | 26 dor) irfior 
MG | 27 ϑέλεις] ϑέλει Migne | 28 ὀδύρεται) ὄδύρεται L 


Text von Athanasius’ περὶ παρϑενίας. 53 


xal πάλιν κλαίει καὶ ἀξιοῖ δεόμενος, ὅπως ἀξιωϑῇ τῶν ixov- 
ρανίων ἐχείνων ἀγαϑῶν. 


XVII. Διὰ τοῦτο οἱ ἅγιοι ἐμίσησαν τὸν κόσμον τοῦτον, 
εἰδότες, ὁποῖα ἀγαϑὰ μέλλουσι κληρονομεῖν. ὥστε ovv ὁ ἔχων 
ἀνάπαυσιν ἐν τῷ κόσμῳ τὴν αἰώνιον ἀνάπαυσιν μὴ ἐλπιζέτω 
λαβεῖν" ἡ βασιλεία γὰρ τῶν οὐρανῶν οὐχ ἔστι τῶν ἀναπαυομέ- 
νῶν ἐνθάδε ἀλλ᾽ ἐχείνων ἐστὶ τῶν ἐν ϑλίψει πολλῇ καὶ στε- 
νοχωρίᾳ διαξάντων τὸν βίον τοῦτον" οὐ γὰρ ἔλαβον αὐτὴν 
δωρεάν, ἀλλὰ μετὰ μεγάλου μόχϑου καὶ γενναίων ἱδρώτων 
αὐτὴν ἐχτήσαντο οἱ xava&i D évrec.- οὐ μέλει αὐτοῖς, ὅσον ἐὰν 
χοπεάσωσιν ὦδε" εἰσελϑόντες γὰρ ἐχεῖ ἐπιλανϑάνονται τῶν 
πόνων xai τῶν ὀδυνῶν, ὅσα ἔπαϑον iv τῷ ματαίῳ κόσμῳ 
τούτῳ ἀπὸ τῆς πολλῆς καὶ ἀνεχϑιηγήτου ἀναπαύσεως τῆς de- 
δομένης αὐτοῖς. τί λέγεις, ἄνϑρωπε; ἰδοὺ δύο ὁδοὶ παρετέϑησαν 
ἐνώπιόν σου, ἡ ζωὴ χαὶ ὁ ϑάνατος᾽ ὅπου ἐὰν ϑέλῃς, πορεύου. 
xal ἰδοὺ πῦρ καὶ ὕδωρ' ὅπου ἐὰν ϑέλῃς, ἔχτεινον τὴν 
χεῖρα σου" ἐπὶ σοί ἐστιν, ἐὰν ϑέλῃς κτήσασϑαι τὴν ζωὴν, καὶ 
ἐπὶ σοί ἐστιν, ἐὰν ϑέλῃς κτήσασϑαι τὸν ϑάνατον. ὁ ovv ϑάνα- 
τός ἐστιν ὃ χόσμος, ἡ δὲ ζωή ἐστιν ἡ δικαιοσύνη. μαχρὰν οὖν 
ὁ χόσμος ἀπὸ τῆς δικαιοσύνης, χαϑ' 000» 0 savarog ἀπὸ τῆς 
ζωῆς" ἐὰν οὖν πορεύῃ ἐν τῷ κόσμῳ, ἐν τῷ ϑανάτῳ πορεύῃ 
xal ἐκτὸς τοῦ Θεοῦ γίνῃ κατὰ τὴν ϑείαν γραφῆν. ἐὰν τῇ de 
χαιοσύνῃ πορεύῃ, ἐν τῇ ζωῇ πεπόρευσαι, καὶ οὐ μὴ ἀψηταί σου 
ϑάνατος᾽ οὐχ ἔστι γὰρ παρὰ τοῖς δικαίοις 9dvavoc, ἀλλὰ μετά- 
ϑεσις᾽ μετατίϑεται γὰρ ἐκ τοῦ xoouov τούτου εἰς τὴν αἰώνιον 
ἀνάπαυσιν" καὶ ὥσπερ τις ἀπὸ φυλακῆς ἐξέλϑοι, οὕτως καὶ ol 


16 Sir. 15, 16 


XVIII. 8 οἱ ἅγιοι ἐμίσησαν) » ἐμίσησαν οἱ ἅγιοι MG | 4 ὁποῖα ἀγαϑά 
ue zerstört in P | xAgoovoutiv] χληρονομῆσαι BOELMG | 5 ἀπάπαυσιν zer- 
stört in P | χόσμῳ) + τοίτῳ MG | 6 vv? > D* | 7 ἐνϑάδε) ἐνταῖϑα 
BO | ϑλίψει πολλῇ xal or.) ^ ϑλίψει xcl πολλῷ or. E | 8 διαξάντων) 
διαλαξάντων PC, διαλλαξάντον D* (Deorr. διαξάντων) | 9 δωρεὰν] + ot 
λαβόντες MG | μεγάλου uóx9ov] μεγάλων μόχϑων BO | 10 οἱ χαταξιω- 
ϑέντες > MG | μέλει] μέλλει BMG | 12 ὅσα] 60v» M | 16 τὴν — D | 
17 ἐπὶ > D | 9éAgc] ϑέλεις PDMG | xol > O | 18 ϑέλῃς] ϑέλεις P. | 
χτήσασϑαι] χτίσασϑαι D* (Dcorr. χτήσασϑαι!) | 20 ἀπὸ] ἀπέχει D | 22 ἐὰν] 
+ ἐν B, ἐὰν δὲ [ἐν] τῷ editio, ἐὰν δὲ τῷ G | 25 γὰρ) + ὁ dixauos ἀνὴρ 
Migne (Commeliniana — codd.) | 26 ἐξέλϑοι] ἐξέλϑει O | οὕτως) οὕτω 
Migne 


20 


54 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


ayıoı ἐξέρχονται ἀπὸ τοῦ “μοχϑηροῦ βίου τούτου εἰς τὰ ἀγαϑὰ 
τὰ ἡτοιμασμένα αὐτοῖς" «ἃ ὀφϑαλμὸς οὐκ εἶδε xal οὖς οὐκ 
ἤκουσε, καὶ ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐχ ἀνέβη, ἃ ἡτοί- 
μασεν ὁ Θεὸς τοῖς ἀγαπῶσιν avrov'» οἱ δὲ ἁμαρτωλοὶ 

5 xol ὧδε χαχῶς μοχϑοῦσι καὶ ἐκεῖ πάλιν τὸ πῦρ αὐτοὺς μένει" 
χαὶ τοὺς τοιούτους διπλῶς δεῖ κλαῦσαι, ὅτι χαὶ ὧδε ἐν στενο- 
χωρίᾳ εἰσὶ καὶ ἐχεῖ τὴν εὐρυχωρίαν οὐχ ἀπολαμβάνουσι. διὰ 
τοῦτο εἴρηχεν ἡ ϑεία γραφή" «oxov ἐὰν στραφῇ ὁ ἀσεβὴς 
ἀφανίζεται.» στενὰ γὰρ αὐτῷ πάντοϑεν᾽ καὶ ἐχεῖ ὀδύναι, καὶ 

10 ὧδε ϑλίφεις" οὐχ ἔνε γὰρ ἄνϑρωπος ὁ μὴ κοπιῶν ἐν τῷ μο- 
χϑηρῷ βίῳ τούὐύτῳ᾽ καὶ ὁ πτωχὸς καὶ ὁ πλούσιος καὶ ὁ δοῦλος 
καὶ ὁ ἐλεύϑερος καὶ ὁ ἁμαρτωλὸς καὶ ὁ δίχαιος, πάντες ὁμοίως 
χοπιῶσι, καὶ ἕν συνάντημα τοῖς πᾶσι συμβήσεται καὶ τῷ ἁμαρ- 
τωλῷ καὶ τῷ δικαίῳ ὧδε iv τῷ κόσμῳ τούτῳ. 

16 XIX. 'Exet δὲ οὐχ ἔστιν οὕτως, ἀλλὰ ἄλλη καὶ ἄλλη τάξις" 
ἄλλος γὰρ ὁ κόπος τοῦ δικαίου ἐν τῷ κόσμῳ τούτῳ, καὶ ἄλλος 
τοῦ ἁμαρτωλοῦ. ὁ μὲν γὰρ δίχαιος κοπιζ, οὐχ ἵνα πλήσῃ γαστέρα, 
οὐδὲ γὰρ ὅλως τῆς σαρχὸς πρόνοιαν ποιεῖται, οὐδὲ λογίξεται. 
ὅτι σάρκα φορεῖ" ἀλλὰ κοπιζ νυχτὸς καὶ ἡμέρας ξητῶν τὸν 

20 Θεὸν, πολλὰ τοῦ ὕπνου μὴ χορταζόμενος, ἄρτου καὶ ὕδατος μὴ 
ἐμπιπλῶν τὴν ψυχὴν, ἐπὶ ἐρήμοις πλανώμενος, ὑπωπιάζων τὸ 
σῶμα ἐν κακοπαϑείᾳ πολλῇ, ἕως οὗ ἀπολάβῃ τὸν ἁμαράντινον 
στέφανον τὸν ἀποκείμενον αὐτῷ. ὁ δὲ ἁμαρτωλὸς κοπιᾷ καὶ 
μοχϑεῖ οὐχ ἕνεχεν δικαιοσύνης, ἀλλ᾽ ἕνεκεν τῆς ταλαιπώρου 

25 σαρχὸς ταύτης, ἕνεχεν τῆς αἰσχρᾶς γυναικὸς, ἄλλος καὶ ἄλλως 
μοχϑῶν, μὴ ἀρκούμενος τοῖς παροῦσι, ἐν κακίᾳ καὶ φϑόνῳ 
διατρίβων. ἀλλὰ τούτων οὐδὲν ἐπίστανται οἱ ἄφρονες" ἀπε- 
τύφλωσεν γὰρ αὐτοὺς ἡ vAn καὶ αἱ πολλαὶ φροντίδες τοῦ κόσ- 


2 1Cor. 2, 9 — 8 Prov. 12, 7 


1 μοχϑηροῖ βίου τούτου] » μοχϑηροῦ τούτου βίον D | 2 εἶδε] οἷδε 
B | 4 οἱ δὲ] xa οἱ BO | 5 ὧδε] + μὲν O | μοχϑοῦσι καὶ ἐχεῖ πάλιν zer- 
stört in P | μένει] ἀναμένει MG | 6 τοιούτους] τοιοΐτους L. τοίουτους 
G | διπλῶς] δειπλῶς LMG | χλαῦσαι] κλαίειν CD | dei κλαίειν ὅτι zerstört 
in P | 7 εὐρυχωρίαν) εἰριχώραν O | 9 στενὰ] oreval MG ἃ 11 τούτω 
BO | 18 συμβήσεται] γενήσεται E 

XIX. 15 xal ἄλλη > MG | 17 πλήσῃ)] ἐμπλήσῃ E | 21 ὑπωπιάξων] 
ὑποπιάζων G — editio | 34 ταλαιπώρου] ταλαιπόρον DLMG | 25 ἄλλως xal 
ἄλλως] ἄλλο xal ἄλλο Μὰ | 26 μοχϑῶν] μοχϑορῶν G | 27/28 ἀπετύ- 
φᾳλωσεν] ἀπετύφλεσεν G (editio ἀπετίφλωσεν)Ὶ 


Text von Athanasius’ nepl παρϑενίας. 55 


μου, καὶ πλανῶνται, ἕως ἀποσταλῇ ix αὐτοὺς ὁ ἀπότομος 
στρατιώτης, ὅστις οὐ ϑαυμάζει πρόσωπα οὐδ᾽ οὐ μὴ λάβῃ 
δῶρα. ἀχϑήσονται γὰρ αἱ ψυχαὶ αὐτῶν μετὰ βίας ὑπὸ ἀγγέλων 
ἀνελεημόνων καὶ λήψονται τὴν ἀπόφασιν αὐτῶν παρὰ τοῦ Θεοῦ. 
κενοὶ γὰρ ὄντες εἰς κενὰ xal ἐμόχϑησαν ἐν τῷ κόσμῳ tovto: 
τὰ τῆς γῆς εἰργάσαντο, διὰ τοῦτο καὶ αὐτοὶ εἰς ἀπώλειαν 
ἐχώρησαν. οὐ γὰρ ἐμνήσϑησαν τοῦ Θεοῦ ἐπὶ τῆς γῆς ὄντες, 
οὐδὲ ἐμέλησεν αὐτοὺς μνησϑῆναι τοῦ φόβου τοῦ Θεοῦ" διὰ 
τοῦτο οὐδὲ αὐτῷ μέλει περὶ αὐτῶν. δίκαιος γὰρ ὁ Θεὸς, 
xai δικαία ἡ κρίσις αὐτοῦ" ὅταν γὰρ ἔλϑῃ κρῖναι τὸν κόσ- 
μον, τότε ἀποδώσει ἑκάστῳ χατὰ τὰ ἔργα αὐτοῦ. μαχαρία 
ἡ καρδία ἡ δεχομένη ταῦτα. 

XX. Μεσονύχτιον ἐγερϑήσῃ, καὶ ὑμνήσεις κύριον τὸν Θεόν 
σου" ἐν αὐτῇ γὰρ τῇ ὥρᾳ ἀνέστη 0 χύριος ἡμῶν ἐχ νεχρῶν 
xal ὑμνησε τὸν πατέρα διὰ τοῦτο ἐν αὐτῇ τῇ ὥρᾳ προσετάγη 
ἡμῖν ὑμνεῖν τὸν Θεόν. ἀνισταμένη δὲ πρῶτον τοῦτον τὸν 
στίχον εἶπον" «uE00 νύχτιον ἐξεγειρόμην τοῦ ἐξομολογεῖσ- 
ϑαί σοι ἐπὶ τὰ κρίματα τῆς δικαιοσύνης σου"» καὶ ev&at, 
καὶ ἄρξαι λέγειν τὸν πεντηχοστὸν ὅλον ψαλμὸν, ἕως ἂν τελέσῃς, 
xai ταῦτα ἔστωσάν σοι xaO ἑκάστην ἡμέραν τεταγμένα. τοσού- 
τους δὲ ψαλμοὺς εἰπέ, ὅσους δύνῃ στήχουσα εἰπεῖν᾽ καὶ xara 
ψαλμὸν εὐχὴ καὶ γονυχλισία ἐπιτελείσϑω, μετὰ δαχρύων ἐξα- 
γορεύουσα χυρίῳ τὰς ἁμαρτίας σου καὶ ἀξιοῦσα, ἵνα ago Gol 
σοι. μετὰ δὲ τρεῖς ψαλμοὺς λέγε τὸ ἀλληλούϊα. ἐὰν δὲ καὶ 
παρϑένοι εἰσὶ μετὰ σοῦ, καὶ αὑται ψαλλέτωσαν xal μία παρὰ 
μίαν τὴν εὐχὴν ἐπιτελεῖτε. πρὸς ὄρϑρον δὲ τὸν ψαλμὸν τοῦτον 


1 Sap. Sal. 18, 15 — 2 Deut. 10, 17 — 9 Ps. 118, 37 
17/18 Ps. 118, 62 — 19 Ps. 50 


9 πρόσωπα) πρόσωπον BOELMG | 8/4 βίας ὑπὸ ἀγγέλων ἀν. zer- 
stört in P | 8 ἀγγέλων] ἀγγέλω G | 4 ἀπόφασιν αὐτῶν zerstört in P | 
5 ἐμόχϑησαν) ἐπαχϑῆ ὅλα P (?) | 6 εἰργάσαντο — codd.] Migne εἰργάσαν- 
tec | ἢ τῆς 2 PC | 8 οὐδὲ ἐμέλησεν αὐτοὺς] οὐδὲ ἐμέλλησεν αὐτοὺς D*P, 
οὐδ᾽ ἐμέλλησεν αὐτοὺς LMG (αὐτοῖς G) | 8 ϑεοῦ] χυρίου BO | 9 αὐτῷ] 
αἰτὸν PC | μέλλει D*] μέλει Deorr. | 10 ὅταν») ὅτ᾽ ἂν P 

XX. 18 ὑμνήσεις] ὕμνησις L | 14 ἐνΜΟ | 16 ἡμῖν) ὑμῖν LB*, ἡμῖν 
Beorr. | ϑεὸ»] χύριον ED | 16/17 τοῦτον τὸν στίχον) ^ τὸν στίχον τοῦτον 
BCD, τοῦτον > E | 17 εἰπον) εἰπέ BO | 21/22 χατὰ ψαλμὸν) χαταψαλ- 
μὸν MG | 22/28 ἐξαγορεύουσα)-:- τῷ MG | 35,26 παρὰ μίαν) παραμίαν uno 
ductu LMG | 26 ἐπιτελεῖτε] ἐπιτελεῖται L, ἐπιτεῖται D* (sic!), ἐπιτε- 
λείτω Deorr. ] 


15 


20 


25 


Ὄς 


Rb. | 


10 


15 


u; 


56 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Σωτηρίας. 


λέγετε: «0 Θεὸς 0 Θεός μου, πρὸς σὲ ὀρϑρίζω᾽ ἐδίψησέ 
σε 7) ψυχή uov'» διάφαυμα δέ" «εὐλογεῖτε πάντα τὰ ἔργα 
κυρίου τὸν κύριον, ὑμνεῖτε᾽ δόξα ἐν ὑψίστοις Θεῷ» 
xal τὰ ἕξῆς. 

XXL Τὴν δὲ ἀγάπην φυλάξωμεν τὴν πάντων μείζονα. 
«ἀγαπήσεις κύριον. τὸν Θεόν σου ἐξ ὅλης τῆς καρδίας 
σοῦ, χαὶ ἐξ ὅλης τῆς ψυχῆς σου, καὶ τὸν πλησίον σου, 
ὡς Eavrov' ἐν ταύταις ταῖς δυσὶν ἐντολαῖς ὅλος ὁ νό- 
μος καὶ οἱ προφῆται χρέμανται"» 0 Θεὸς ἀγάπη ἐστὶ 
καὶ αὐτὸς πρῶτος ἠγάπησε τὸν ἄνϑρωπον, καὶ ἑαυτὸν 
παρέδωκεν ὑπὲρ ἡμῶν, ἵνα ἡμᾶς λυτρώσηται ἀπὸ πά- 
σης ἀνομίας. εἰ οὖν αὐτὸς ὁ κύριος ἡμῶν ἀπέϑανεν ὑπὲρ 
ἡμῶν, καὶ ἡμεῖς ὀφείλομεν ὑπὲρ ἀλλήλων τὰς ψυχὰς 
ἡμῶν ϑεῖναι. ὁ Θεὸς ἀγάπη ἐστὶ, καὶ ὁ ἔχων τὴν ἀγά- 
πην τὸν Θεὸν ἔχει. αὐτὸς γὰρ εἴρηκεν ἐν τούτῳ γνώ- 
σονται πάντες ὅτε ἐμοὶ μαϑηταί ἐστε, ἐὰν ἀγαπᾶτε 
ἀλλήλους» ὅσον γὰρ ἐὰν κοπιάσῃ ἄνϑρωπος καὶ μὴ ἔχῃ τὴν 
ἀγάπην εἰς τὸν πλησίον, εἰς μάτην ἐκοπίασεν. οὕτως δὲ δείξεις 
τὴν ἀγάπην εἰς τὸν πλησίον, οὐ λόγῳ μόνον ἀλλὰ καὶ ἔργφ. 
οὐ χρατήσεις καχίαν τινὸς εἰς τὴν καρδίαν σου" εἰ δὲ μή γε, 
οὐχ ἀνέρχεται ἡ εὐχή σου χαϑαρά᾽ «οὐκ ἐπιδύσεται γὰρ O 
ἥλιος ἐπὶ τῷ παροργισμῷ ouv» πραότητα ἔχε, ὑπομονὴν 
ἔχε, μαχροϑυμίαν, νηπιότητα. λέγει γὰρ ὁ χύριος" av μὴ 
στραφῆτε, καὶ γένησϑε ὡς τὰ παιδία, οὐ μὴ εἰσέλϑητε 
εἰς τὴν βασιλείαν τῶν οὐρανῶν.» 


1 Ps. 72, 2 — 2 Dan. 3, 57 — 8 Luc. 2, 14 
6/9 Mth. 22, 37. 40; Mc. 12, 30 — 9/10 1 Joh. 4, 8. 19 — 11 Tit. 2, 14 
— 18 1 Joh. 3, 16 — 14 Joh. 13, 35 — 91 Eph. 4, 26 — 24 Mth. 18,3 


9 διάφαυμα) διάφαιμα (?) P | xvolov 2 BO | 8 ὑμνεῖτε > BOELMG 
| Θεῷ] + xal ἐπὶ γῆς εἰρήνη, àv ἀνϑρώποις εὐδοχία L | 4 xci ra ἑξῆς 
> LMG | Θεῷ] + καὶ ἐπὶ γῆς εἰρήνη àv ἀνϑρώποις ebdoxla‘ ὑμνοῖμέν σε 
εὐλογοῦμέν σε προσχυνοῦμέν σε MG 

XXI. 5 φυλάξωμεν τὴν zerstört in P | 6 ἀγαπήσεις + γὰρ φησὶ MG | 
cov > PC | 6/7 χαρδίας σου + xal ἐξ ὅλης τῆς ἰσχύος σου MG | 9 xoé- 
navraı) χράμανται editio, χρέμμανται MG*, χρέμανται Gcorr. | 10 πρῶ- 
toc] nowrov (Ὦ P | 19 ἡμῶν > P | 16/17 ἀγαπᾶτε ἀλλήλους] ἀγάπην 
ἔχετε ἐν ἀλλήλοις LMG (ἔχεται L) | 17 ὅσον] ὅσα P. | ἔχῃ) ἔχει PED | 
18 πλησίον + tov P (sic! — Fehler des neugriechisch gewöhnten jetzigen 
Abschreibers?) | δείξεις) δείξης MG | 21 xa9aod] + πρὸς τὸν Θεὸν 
MG | 28 νηπιότητα D*] ἠπιότητονχ Deorr. 


Text von Athanasius! περὶ παρϑενίας. 57 


XXII. Οὐ un λυπηϑήσῃ “χαλεποῦ τινος συμβαίνοντός σοι, 
οὔτε ἐπὶ ζημίᾳ λυπηϑήσῃ, οὔτε ἐπὶ ὕβρει" «ἢ λύπη γὰρ, τοῦ 
κόσμου τούτου ϑάνατον κατεργάζεται. > ὑπὲρ τῶν ἅμαρ- 
τιῶν σου μόνον λυπηϑήσῃ, ὑπὲρ ἄλλου δὲ πράγματος μικροῦ 
οὐ λυπηϑήσῃ. μὴ ὑψώσῃς τὴν φωνήν σου ὀργιζυμένη πρός 
τινα; δούλην γὰρ κυρίου οὐ δεῖ μάχεσϑαι. οὐχ ἐξελεύσεται 
κατάρα ἐκ τοῦ στόματός σου, οὐχ ὕβρις, οὐ κακολογία. τὸ 
στόμα σου γὰρ ἡγιασμένον ἐστὶν ἐν τοῖς ὕμνοις καὶ δοξο- 
λογίαις τοῦ Θεοῦ. οὐχ ἔστι καλὸν τὸ προέρχεσϑαί σε χωρὶς 
ἀνάγχης μεγάλης. τὴν ἡσυχίαν ἀγάπα ὅσον δύνασαι. τῶν 
ὁούλων τοῦ Θεοῦ μὴ ἐπιλάϑῃ, μηδὲ ἀπαλειφϑήτωσαν ἐχ τῆς 
καρδίας σου. ἐὰν ἅγιος am εἰς τὴν οἰχίαν σου, οὕτως αὐτὸν 
πρόσδεξαι cg τὸν υἱὸν τοῦ Θεοῦ" λέγει γὰρ 6 κύριος ἡμῶν 
᾿ησοῦς Χριστὸς: «ὁ δεχόμενος ὑμᾶς, ἐμὲ δέχεται.» ἐὰν 
εἰσέλϑῃ ἀνὴρ δίχαιος εἰς τὸν olxov σου, μετὰ φόβου καὶ τρόμου 
ἀπαντήσεις αὐτῷ, καὶ προσχυνήσεις ἐνώπιον τῶν ποδῶν 
αὐτοῦ ἐπὶ τὴν γῆν᾽ οὐ γὰρ αὐτὸν προσχυνήσεις, ἀλλὰ τὸν 


10 


Θεὸν τὸν ἀποστείλαντα αὐτόν. λήψῃ δὲ ὕδωρ καὶ νίψεις 


τοὺς πόδας αὐτοῦ καὶ μετὰ πάσης εὐλαβείας ἀχούσεις τῶν 
λόγων αὐτοῦ. οὐ μὴ ϑαῤῥήσῃς ἐπὶ τῇ σωφροσύνῃ σου, ἵνα 
un πέσῃς" ἀλλὰ φοβοῦ" ἐφ᾽ ὅσον γὰρ φοβῇ, οὐδέποτε πίπτεις. 
συμφέρει τῇ ἐγκρατευομένῃ καταμόνας τὸν ἑαυτῆς ἄρτον ἐσϑίειν. 
ἐὰν χκαϑίσῃς μετὰ παρϑένων ἐπὶ τραπέζης, πᾶν τὸ παρατι- 
ϑέμενον ἔσϑιε utv αὐτῶν᾽ ἐὰν γὰρ μὴ φάγῃς, εὑρίσκῃ ὡς 
χαταχρίνουσα αὐτάς. οὐχ ἀναγγελεῖς τὴν ἀσχησίν σου. ἐὰν 
δὲ xal οἶνον πίνωσι, καὶ οὐ πίνῃς, δι᾿ αὐτὰς πίε ὀλίγον. 


98 2 Cor. 7, 10 — 6 2 Tim. 2, 24 — 14 Mth. 10, 40 — 381 Cor. 10, 27 


XXII. 4 μόνον (ΒΟ — PLMG)] μόνων Beorr. | 4/5 ὑπὲρ ἄλλου δὲ noa y- 
ματος μιχροῦ ov λιπηϑήσῳ in B und E ausgelassen, in B erst von später 
Hand eingefügt | 8 τοῖς ὕμνοις xol do zerstört in P | 9 τὸ προέρχεσϑαι 
σε zerstört in P  προέρχεσϑαι)] προσέρχεσϑαι B*L*, προέρχεσϑαι Beorr., 
Lcorr.M, προέχεσϑαι G | 10 ἀνάγχης μεγάλης] ^ μεγάλης ἀνάγχης μα 
(D Rasur) | 11 ἐπιλάϑῃ) ἐπιλάϑον D 14 ἐὰν -- δὲ D | 16 αὐτῷ] αὐτὸν P | 
17 προσχυνήσεις] προσχυνεῖς E | 18 λήψῳ] λήψεις E*, λήψη Ecorr. | 20 ϑαῤ- 
ῥήσῃς] ϑαῤῥήσεις PCD, ϑαῤῥήσεις corrigiert von erster Hand in ϑαῤῥήσης 
B* | 21 φοβῇ) φοβεῖ D | πίπτεις] πίπτης LMG | 21/22 συμφέρει] συμ- 
φαίρει P | συμφέρει + γὰρ BO | 22 χαταμόνας] χατὰ μόνας MGP | 
28/24 παρατιϑέμενον) παραϑέμενον editio | 26 nivwaı) πίνοισι MG, 
πίνεις D | ἐὰν δὲ... ὀλίγον pr. m. am Rande nachgetragen M 


58 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Σωτηρίας. 


ἐὰν δέ εἰσι μεγάλαι πρεσβύτιδες καὶ &vayxátool ce πιεῖν 
περισσόν, μὴ ἀκούσῃς αὐτῶν, ἀλλὰ λέγε αὐταῖς" ὑμεῖς κατε- 
τρίψατε τὴν νεότητα ὑμῶν ἐν ἀσχήσει πολλῇ᾽ ἐγὼ δὲ ovxo 
ἔφϑασα οὐδὲ εἰς πρῶτον βαϑμόν. περὶ τῆς φιλοξενίας xal τῆς 
5 ἐλεημοσύνης οὐ χρείαν ἔχεις νουϑετεῖσϑαι. ἀπὸ σεαυτῆς γὰρ 


ποιήσεις. 
XXIII. Ἐν ἐχχλησίᾳ σιώπα, καὶ μηδὲν λάλει, ἀλλὰ τῇ &ra- 
γνώσει μόνον πρόσεχες ἐὰν ἐπαναβῇ εἰς τὴν καρδίαν σου 
λογισμός, ἵνα ποιήσῃς πρᾶγμά τι, μὴ προπετῶς αὐτὸ ποίει, 
10 tva μὴ ἐμπαίξῃ σοι ὁ ἐχϑρός. μετὰ βουλῆς τῶν μειξοτέρων 
σου πάντα ποίει. ὅταν ψάλλῃς ἢ ὅταν προσεύχῃ, μὴ ἄφιε 
ξένους λογισμοὺς εἰσιέναι slg τὴν καρδίαν σου. παρακαλῶ σε, 
ἀγαπητὴ, πρόσεχε xal ἄχουε τῶν ἐντολῶν τούτων τῶν γε- 
γραμμένων ἐν τῷ βιβλίῳ τούτῳ" καὶ μὴ μόνον τοῖς ὀφϑαλ- 
15 μοῖς τοῖς φαινομένοις κατανόει τὰ γεγραμμένα, ἀλλὰ καὶ τοῖς 
ἔνδοϑεν. καὶ πρόσεχε μιᾷ ἑκάστῃ ἐντολῇ, καὶ ποίει αὐτήν. ἐὰν 
γὰρ φυλάξῃς ταῦτα, καταξιωϑήσῃ τοῦ νυμφῶνος τοῦ βασιλιχοῦ᾽ 
un εἴπῃς ἐν τῇ καρδίᾳ σου, ὁτι, πῶς δύναμαι ποιῆσαι ταῦτα; 
μὴ δειλίων λάβῃ ὃ λογισμός σου ἀλλὰ μετὰ πάσης προϑυμίας 
20 φυλάξῃς αὐτάς" τοῖς φοβουμένοις γὰρ τὸν Θεὸν αἱ ἐντολαὶ 
τοῦ Θεοῦ οὐχ εἰσὶ βαρεῖαι. πάσῃ ὥρᾳ μὴ λειψάτω ἔλαιον 
τῇ λαμπάδι σου, μή ποτε ἔλϑῃ ὁ νυμφίος καὶ εὕρῃ αὐτὴν 
σβεσϑεῖσαν. οὐχ οἶδας γὰρ πότε ἔρχεται ἢ πρωτοῦκνιον ἢ 
πρωΐ. γενοῦ οὖν ἕτοιμος" ἵνα. ὅταν ἔλϑῃ, μετὰ τῶν φρονίμων 
25 ἀπαντήσῃς αὐτῷ ἔχουσα τὸ ἔλαιον ἐν τῇ λαμπάδι σου, Tor 


20 1 Joh. 5, 3 


1 πιεῖν) πίειν E | 4 βαϑμὸν + ὑμῶν BO | περὶ] περὶ δὲ MG (Có? 
| καὶ Σ»Ο | 5 ἔχεις] ἔχῃς D | ἀπὸ σεαυτῆς γὰρ] ^ ἀπὸ σὲ γὰρ αὐτῆς 
(sic!) D 
XXIII. 8 dnavaßg] ἐὰν παναβῷ M | 9 πρᾶγμά ti] “ τι πρᾶγμαρ | 
9/10 αὐτὸ ποίει ἵνα μὴ ἐμ zerstört in P | 10 &unaltg] ἐμπαΐζη P 
σοι] ce MG | ἐχϑρός] + ἀλλὰ MG | τῶν μειξοτέρων zerstört in P ΄ 
11 ψάλλῃς] ψάλῃς L | 7 LM | ὅταν — E | ὅταν προσεύχῃ) ve? 
προσεὺυ zerstört in P | 14 2» > M | 16 adc] αὐτὰς BLMG | 1718 
toö2— εἴπης ausgelassen, am Rande pr. m.]beigefügt M | 19 δειλίαν) der 
λείαν O | ἀλλὰ] ἀλλ᾽ ἂν Leorr.MG | 20 φυλάξῃς] φυλάξεις PCD | 20 ei 
τὰς] + εὑρήσεις σύμμαχον τὸν Θεὸν MG | 91 τοῦ Θεοῦ] αὐτοῦ O | oi* 
εἰσὶ βαρεῖαι) ^ βαρεῖαι οὐκ εἰσί MG | 28 7 πρωτούπνιον pr. m. in mar 
G | 23/24 ἔρχεται bis vor ἢ πρωΐ zerstört in P | 24 φρονίμων) qoort 
μων L I 25 ἔλαιον] ἔλλαιον B. | dy > M 


Text von Athanasius' περὲ παρϑενίας. 59 


τέστι τὰ ἔργα σου τὰ χαλά. πᾶσαν ὥραν μνημόνευε τῆς ἐξό- 
dov σου" ἔχε xaÜ' ἡμέραν πρὸ ὀφϑαλμῶν τὸν ϑάνατον᾽ uvn- 
μόνευε viv. σε δεῖ παραστῆγαι. 

XXIV. Bagv ἐστιν ἄσχησις καὶ δυσβάστακτον ἐγχράτεια᾽ 
ἀλλ᾽ οὐδέν ἐστε γλυκύτερον τοῦ ἐπουρανίου νυμφίου. ὧδε 
κάμνομεν ὀλίγον, ἐκεῖ δὲ τὴν αἰωνίαν ζωὴν ἀποληψόμεϑα᾽ 
λέγει γὰρ ὁ ἅγιος Παῦλος" «οὐκ ἄξια τὰ παϑήματα τοῦ νῦν 
καιροῦ πρὸς τὴν μέλλουσαν δόξαν ἀποχαλυφϑῆναι εἰς 
ἡμᾶς. > καλὸν ἀποφυγεῖν ἀπὸ ὄχλου καὶ ἀναχωρεῖν καταμόνας. 
μεγάλη ἀρετὴ ἐγχράτεια, μέγα καύχημά ἐστιν ἁγνεία, μεγάλα 
ἐγχώμια τῆς παρϑενίας. ὦ παρϑενία, “πλοῦτος ἀκατάληπτος! 
Oo παρϑενία, στέφανος ἀμαράντινος! ὦ παρϑενία, ναὸς Θεοῦ 
καὶ ἁγίου πνεύματος οἰχητήριον' o za cría, μαργαρῖτα τίμιε 
παρὰ πολλοῖς ἀφανὴς, ὀλίγοις δὲ μόνοις εὐρισχόμενος ς! ὦ ἐγκρά- 
τεια φίλη Θεοῦ καὶ παρὰ ἁγίοις ἐγκωμιαζομένη! ὦ ἐγκχράτεια 
παρὰ πολλοῖς μισουμένη, τοῖς δὲ ἀξίοις σου γνωριξομένη! ὦ 
ἐγχράτεια ϑάνατον καὶ (δὴν ἀποφεύγονσα, καὶ ὑπὸ ἀϑανασίας 
κατεχομένη! ὦ ἐγκράτεια, χαρὰ προφητῶν, καὶ ἀποστόλων 
καύχημα! ὦ ἐγχράτεια, ἀγγέλων βίος, καὶ ἁγίων ἀνϑρώπων 
στέφανος! μακάριος ὁ κατέχων σε, μακάριος ὁ προσκαρτερῶν 
ὅσου τῇ ὑπομονῇ᾽ ὅτι ὀλίγον κοπιάσας πολὺ χαρήσεται ἐν 
σοί. μακάριος ὁ νηστεύσας ὅλον τὸν χρόνον τοῦτον, ὅτι ἐν 
τῇ ἄνω Ἱηρουσαλὴμ κατοικήσας μετὰ ἀγγέλων χορεύσει καὶ 
μετὰ ἁγίων προφητῶν καὶ ἀποστόλων ἀναπαύσεται. 


XXV. Ταῦτα ἔγραψά σοι, ἀγαπητὴ ἀδελφὴ, χορεύτρια : 


7 Röm. 8, 18 — 91 Tob. 13, 14 (Symm.) 


1 σου > P | 2 ἔχε zerstört in P 

XXIV. 4 βαρὶ] βαρύν L*, βαρύ Lcorr. | xai > BO | 6 αἰωνίαν] αἰώνιον 
MG (alwylov LCcorr.) | 9 ἀποφυγεῖν ἀπὸ ὄχλου] ἀποφεύγειν τὸν ὄχλον MG 
| χαταμόνας) χατὰ μόνας PL | 10/11 ἁγνεία μεγάλα ἐγχώμια zerstört in 
P | 11 ὦ naosevla] ὦ παρϑενεία P | .. toc ἀχατάληπτος zerstört in 
P | 12 παρϑενία zerstört in P | 18 μαργαρῖτα τίμιε] μαρτυρίου τέλεσις 
P (auf Rasur, vielleicht falsch gelesen) | 14 πολλοῖς] + μὲν O | ἀφανὴς] 
ἀφανεὶς L | μόνοις] μόλις BO | εὑρισχόμενος) εὑρισχόμενε O | 16 δὲ 
ἀξίοις) ἐπαξίοις P | σου] p. σον MG leerer Raum für 5 Buchstaben, in 
M von später Hand am Rand ἴσως σεβαζομένη, in G später eingetragen 
γνωρι(ζομένη) | 21 χοπιάσας] χοπιασας ohne Accent MG | 28 xar- 
οιχήσας] χατοιχήσει + xal BOELMG | χορεύσει] χορεισῆ 1, 


20 


m 


60 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyog Σωτηρίας. 


Χριστοῦ, πρὸς στηριγμὸν χαὶ ὠφέλειαν τῆς ψυχῆς σου. Μὴ 
ἐκκλίνῃς οὖν ἀπὸ τῶν λεγομένων τούτων δεξιὰ ἢ ἀρι- 
στερά. ὃς γὰρ ἐὰν ἀχούσῃ τοὺς λόγους τούτους xol κατα- 
φρονήσῃ, κρῖμα μέγα αὐτῷ ἐστι. σὺ δὲ τιμιωτάτη ἀδελφὴ ἢ 
δ χκτωμένη τὸ βιβλίον τοῦτο, δῴη σοι ὁ Θεὸς ταῦτα φυλάττειν, 
ἐν τούτοις ἀναστρέφεσϑαι πεφωτισμένην τὴν διάνοιαν, καϑαρὸν 
τὸν νοῦν, πεφωτισμένους τοὺς ὀφϑαλμοὺς τῆς διανοίας, ἕνα 
λάβῃς τὸν ἀμαράντινον στέφανον, ὃν ἡτοίμασεν ὁ Θεὸς τοῖς 
ἀγαπῶσιν αὐτὸν διὰ τοῦ κυρίου χαὶ σωτῆρος ἡμῶν Ἰησοῦ 
10 Χριστοῦ, ᾧ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμήν. 


9 Prov. 4, 27 


XXV. 1 στηριγμὸν (O)] στηρισμὸν B | 2 ἐκχλίνῃς) ἐγχλίνεις P, ἐγκλίνης 
L | τῶν λεγομένων τούτων] λόγων τούτων BOELMG | 8 ἐὰν] ἂν B (0 — ἐὰν) 
| 8/4 χαταφρονήσῃ)] καταφρονήσει P. | 4 χρῖμα) χρίμα LMG | ἐστι] ἔσται 
P | τιμιωτάτη >P | 5 τὸ βιβλίον τοῦτο > BO | τοῖτο δῴη σοι ὁ 
Θεὸς zerstört in P | 6 ἀναστρέφεσϑαι) ... φεσϑαι zerstört in P | 9 xv- 
piov] + xal Θεοῦ O | 10 ᾧ ἡ δόξα] ᾧ δόξα editio | δόξα] + xal τὸ 
χράτος Ο 


II. Ursprung und Charakter des “όγος σωτηρίας 
πρὸς τὴν παρϑένον. 


1. Inhalt und Charakter der Schrift im 
Allgemeinen. 


Sehen wir von dem in der Patmoshandschrift (saec, X) schon 
erhaltenen Titel: A$avaoiov τοῦ Μεγάλου περὶ παρϑενίας 
(7τοι περὶ ἀσχήσεως > P) ab, so sagt uns eine zweite, augen- 
scheinlich sehr alte Überschrift, daß es sich um einen Aöyog 
σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον handelt, also um eine vom 
rechten Heilswege handelnde Mahnrede an eine Jung- 
frau. Es soll darin augenscheinlich kurz zusammengefaßt wer- 
den, was für eine Jungfrau (d. h. eine gottgeweihte) nötig ist, 
um das Heil zu erlangen; dementsprechend beginnt der Ver- 
fasser mit einem allgemeinen Glaubensbekenntnis trinitarischer 
Art nicht ohne dogmatischen Charakter, das in einen predigt- 
artigen Lobpreis der Schöpfung übergeht (cap. I). 

Mit ermeuter feierlicher Anrede an die Dienerin des Herrn 
und alle, die gerettet werden wollen, wird dann das Verhältnis 


II. Ursprung und Charakter. 61 


der gottgeweihten Jungfrau zu ihrem himmlischen 
Bräutigam als die Grundlage für ihre christliche Lebensführung 
hingestellt. Positiv die brüutliche Liebe zum Herrn, negativ die 
Verachtung der Welt und die Aufgabe aller menschlichen Ge- 
danken und Sorgen, das ist der Wille Gottes (cap. IT). 

Dieser Wille Gottes wird dann näher expliciert. Den Herrn 
mit unaufhórlichen Hymnen und Doxologien Tag und Nacht 
preisen, ist die erste Forderung. Daran reihen sich aber sofort 
einige sittliche Ermahnungen, zur Barmherzigkeit, Sanftmut und 
Geduld unter Hinweis auf das Beispiel des Herrn (cap. IIT). 
Dann wird die Weisheit der wahren Kinder Gottes der Torheit 
der Welt gegenüber gestellt und zur wahren ταπεινοφροσύνη 
im Gegensatz zur ὑπερηφανία des Teufels ermahnt (cap. IV—V). 

Im folgenden ist zuerst vom Fasten (cap. VI—IX), dann vom 
Beten (cap. X—XX), endlich von der Liebe (cap. XXI—XXII) die 
Rede, jedoch mit mannigfachen Abschweifungen in allgemeiner 
gehaltenen Gedankenreihen. 

Die Erórterung über das Fasten spricht erst von dem 
Nutzen dieser frommen Übung unter Hinweis auf Daniel und 
seine Geführten (cap. VI), dann von der Wunderkraft (óv- 
vauıc) des Fastens. das die Dämonen vertreibe, endlich von 
den sittlichen Voraussetzungen solcher Wirkung des Fastens 
(cap. VID: christliche Lebenshaltung gegen andere, unbestech- 
liche Treue, die sich in solchem Fasten durch keine Einwendungen 
irre machen läßt (cap. VIII), und demütige Bescheidenheit, die 
mit der Askese nicht prahlt (cap. IX). Mit einer Seligpreisung 
derer, die auf solche Worte hören und darnach tun (Anfang 
von cap. X), schließt dieser Abschnitt. 

Für das Gebet wird zunächst zu Verborgenheit im Kämmer- 
lein oder zu Gebetsgemeinschaft in kleinsten Kreise geraten 
unter Hinweis auf die Schriftstelle, «denn auch, wo zwei oder 
drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter 
ihnen» (cap. X). Dann wird vor neumodischer Kleidung gewarnt 
und eine möglichst schlichte einfache Tracht in detaillierter 
Weise den Jungfrauen, zwar nicht vorgeschrieben, aber empfohlen, 
auch vor dem Besuch des Badehauses, überhaupt vor jedem mehr 
als dringend notwendigen Gebrauch des Bades gewarnt, ebenso 
aber vor Übertreibung der Askese, um dies Lebensideal durch 
Schädigung der Gesundheit nicht in Mißkredit zu bringen (cap. X] 


62 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' A6yog Σωτηρίας. 


bis XI). Nach dieser Abschweifung folgen sehr interessante 
Vorschriften über die Gebete zu den einzelnen Tages- 
stunden, insbesondere über die Tischgebete und die bei der 
Tischgemeinschaft zu beachtenden Regeln (cap. XII—XIV). Dieser 
Passus schliefit mit einem verüchtlichen und verdammenden Hin- 
weis auf die Weltmenschen, welche wie die Tiere essen, ohne 
ihren Schöpfer zu preisen (cap. XV). Die sich anschließende Er- 
mahnung zum Gebet in der zwölften Stunde, in welcher 
der Herr zum Hades hinabstieg (cap. XVI), gibt Anlaß, über den 
Wert der Bußträne zu sprechen (cap. XVII) und die Hoffnung 
auf das ewige Gottschauen der Gläubigen und die ewige Klage 
der Gottlosen wieder einander gegenüber zu stellen. Das führt 
von selbst dazu, den entscheidenden Ernst des christlichen Lebens 
zu betonen und den Weg des Lebens und des Todes in 
seinem endlichen Ausgang lebhaft vor Augen zu stellen. Diese 
ganze Ermahnungsreihe (cap. XVII—XIX) erscheint aber nur als 
Vertiefung und Auseinanderlegung der Mahnung zum ernsten 
Bußgebet in der 12. Stunde. Erst die Aufforderung zum Gebet 
um Mitternacht (cap. XX) beschließt den Abschnitt über die 
Gebetspflicht. 

Dem dritten Abschnitt ist das Doppelgebot der Liebe 
als Thema an die Spitze gestellt. Dann wird unter Hinweis 
auf das Beispiel des Herrn zur Nächstenliebe, Sanftmut und 
Verträglichkeit (cap. XXI), zur Vermeidung der Betrübnis und 
des Zorns und zur rechten Gastfreundlichkeit ermahnt, 
letzteres nicht ohne gewisse Vorsichtsmaßregeln für die Jung- 
frauen. Auf φιλοξενία und ZAenuoovun im allgemeinen wird 
dann nur kurz hingewiesen (cap. XXII). 

Cap. XXIII gibt noch einige kurze Ermahnungen über auf- 
merksames und sittsames Verhalten in der Kirche und er- 
mahnt die Jungfrau, stets die Lampen bereit zu halten für 
das Kommen des himmlischen Bräutigams. Ein dithyrambischer 
Lobpreis der παρϑενία und eine Mahnung, sich nach dem 
Gehörten zu richten, beschließt das Ganze. 

Wer wollte leugnen, daß hier ein einheitlicher, klarer Ge 
dankengang vorliegt, der, auf das Ganze gesehen, auch eines 
Athanasius würdig wäre. Auch der Titel Aoyog σωτηρίας πρὸς 
τὴν παρϑένον palt ausgezeichnet auf diese Mahnschrift. Die- 
sem Titel entsprechen einige Wendungen an späterer Stelle 


II. Ursprung und Charakter. 63 


wie die Anrede cap. I] δούλη τοῦ Χριστοῦ καὶ πάντες 0001 ϑέ- 
λουσι σωϑῆναι, cap. IV ὁ σωϑῆναι ϑέλων, cap. VII δούλη τοῦ 
Χριστοῦ καὶ πᾶντες ὅσοι ϑέλουσι σωϑῆναι. Diese Wendungen 
machen uns freilich auch darauf aufmerksam, daß die Adresse 
πρὸς τὴν παρϑένον nicht ganz ausschließlich zu nehmen ist. 
Sind die gegebenen Lebensregeln auch in erster Linie für gott- 
geweihte Jungfrauen bestimmt und passen manche (z. B. die 
Vorschrift über Kleidung, Bäder, Verhalten im Verkehr) nur auf 
diese, so denkt sich der Verfasser augenscheinlich auch andere 
Christen als Leser seines Traktats. Die mehrfach sich wieder- 
holende Anrede ὦ ἄνϑρωπε will auch nicht ganz zu einer Be- 
schränkung der Adresse πρὸς τὴν παρϑένον passen. Dieser 
Empfindung, daß es sich in unserm Traktat teils um Jungfrauen- 
regeln, teils um allgemeine Lebensregeln handelt, gibt auch die 
in den späteren Handschriften gebotene erste Überschrift: περὶ 
παρϑενίας ἤτοι περὶ ἀσκήσεως Ausdruck. 

Aber nicht einmal diese entspricht vollkommen dem Inhalt, 
wenigstens dann nicht, wenn wir das «περὶ &0xn0e0c‘ im Sinn 
der ἐγχράτεια fassen. Denn neben vielen asketischen Regeln 
sind allgemeine sittliche Lebensregeln gegeben, wie sie für jeden 
Christen, nicht nur für Asketen, gelten. Es ist das auch nicht 
weiter verwunderlich, denn die Unterscheidung allgemein sitt- 
licher Lebensregeln und asketischer Forderungen hat dem Ver- 
fasser jedenfalls ferngelegen. 

Es fragt sich also nur, unter welchem praktischen Gesichts- 
punkt hier die sittlichen und asketischen Lebensregeln zusammen- 
gestellt sind. Es kann darauf kaum eine bessere Auskunft geben 
als die, welche wir durch eine Erzählung in der historia mona- 
chorum in Aegypto finden. Dort wird I, 55 (ed. Preuschen p. 21) 
von einem alten Asketen Johannes von Lykos erzählt, wie er 
als ehrwürdiger Vater in einer Ansiedlung von Asketen aufge- 
nommen wurde, ihm die Füße gewaschen wurden und der Tisch 
bereitet wird. Nach Tisch aber bitten ihn die Brüder um einen 
λόγος σωτηρίας: ὡς δὲ ἀνεχτήσατο, ἠξίουν λόγον σωτηρίας 
αὐτοῖς παρ᾽ αὐτοῦ οἱ ἀδελφοὶ λέγεσϑαι καὶ οἵαις μεϑοδείαις δύ- 
vamro σωθῆναι ix τῆς τοῦ διαβόλου παγίδος καὶ ὅπως τῶν 
αἰσχρῶν λογισμῶν περιγένωνται. Wir sehen also, daß ein λόγος 
σωτηρίας eine unter den Asketen Ägyptens bekannte Gattung 
von Erbauungsrede (νουϑεσία) war, die vom rechten Heilswege, 


641 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! 4óyog Zwrnelac. 


insbesondere auch von den λογισμοί des Teufels und ihrer Ab- 
wehr handelte. Das ist aber genau auch der Gegenstand 
unseres Traktats. Die ganze Fragestellung ist auf die rechte 
Art heiliger Lebensweise gerichtet; es ist von den λογεσμοί des 
Bösen häufig die Rede und die Frage οἵαις μεϑοδείαις δύναιντο 
σωϑῆναι bezeichnet trefflich den Zweck der ganzen Rede an 
die Jungfrau. Daß aber nicht nur die Jungfrauen, sondern auch 
Christen, die noch nicht «gerettet» waren, solchen Erbauungs- 
reden zuhörten, zeigt uns in derselben hist. monachorum die 
Stelle aus der Charakteristik des Asketen Ammonius: XXIV, 2 
el δὲ καὶ πλείονες ἦσαν ol συνερχόμενοι οἱ σωϑῆναι ϑέλοντες 
συνῆγε πᾶσαν τὴν ἀδελφότητα καὶ τοῦ μὲν πλίνϑου ἐπιδι- 
ὁόντος τοῦ δὲ vóog ἐν ἡμέρᾳ μιᾷ τὰ κέλλια ἀνεπληροῦτο. 
Darnach fanden also in den Asketenansiedlungen Versammlungen 
statt, zu welchen auch von auswärts, aus den Städten viele heils- 
begierige Seelen herbeiströmten, die dann den Tag über bei den 
Mönchen versorgt wurden und von denen viele selbst zum 
asketischen Leben sich entschlossen, dessen Anfang ihnen nach 
Möglichkeit erleichtert wurde. Solche σωϑῆναι ϑέλοντες sind 
also auch als Zuhörer der hier gebotenen Rede gedacht. 

Was den Redner unseres λόγος σωτηρίας angeht, so nimmt 
er eine hohe Autorität in Anspruch, ohne daß sich eine Spur 
von rechtlicher oder amtlicher Begründung solcher Autorität 
verrät. Die Ohren der Jungfrau sollen ϑεόπνευστοι λόγοι ver- 
nehmen (cap.Il), und wer auf solche Worte hört, soll eingeschrieben 
werden in das Buch des Lebens und im dritten Range der Engel 
erfunden werden (cap. X). Das ist die Sprache eines geistbegabten 
Mannes, der kraft seiner persönlichen heiligen Lebensweise auch 
Worte heiliger Offenbarung reden darf. Der λόγος σωτηρίας 
gleicht also einer prophetischen Rede und nimmt in seinen 
Mahnungen, Sentenzen und Makarismen cine hohe geistliche 
Autorität in Anspruch, ohne daß diese durch ein kirchliches 
Amt oder sonstige Stellung des Verfassers sich deutlich legi- 
timierte. Sollte der alexandrinische Bischof der Verfasser sein, 
so hätte er jedenfalls durch nichts seine kirchliche Stellung ver- 
raten. Die Schrift hat lediglich erbaulich-paränetischen Charakter 
und zeigt, von einer einzigen später zu erörternden Stelle ab- 
gesehen, keinerlei dogmatische oder kirchliche Interessen. Ist 
die Überschrift λόγος σωτηρίας die ursprünglichste, so weist 


II. Ursprung und Charakter. 65 


sie uns in die Anfangszeiten des ägyptischen Mónchtums. Dort 
werden wir uns also umzusehen haben, um den Ursprung der 
Schrift bestimmter zu fixieren. 


2. Die geistige Verwandtschaft mit der Ideenwelt 
der ägyptischen Asketen. 


Es braucht zunächst für einen Kenner der asketischen 
Literatur des vierten Jahrhunderts nur einer oberflächlichen 
Kenntnisnahme der Terminologie der Schrift περὶ παρϑενίας, 
um ihre Zugehörigkeit zu dieser Ideenwelt zu erkennen. Aus- 
drücke wie κολλᾶσϑαι τῷ κυρίῳ cap. Il, συνάπτεσϑαι τῷ κύσμῳ 
cap. 11. VI, τὰ ἄνω νοεῖν cap. II. XVI, τῶν “γηΐνων φροντίζειν 
cap. III. IV. XIV. XIX, πεφωτισμένον ἔχειν τὸ ὄμμα τῆς διανοίας 
cap. III vgl. XXI. XXV, ὑποπιάζειν τὸ σῶμα cap. VI. XIX, 
τοῖς ἔνδον ὀφϑαλμοῖς δρᾶν cap. XVI. XXII und ähnliche sind 
dafür charakteristisch genug. Immerhin lassen solche Wendungen 
noch einen sehr weiten Spielraum, weil sie vom vierten Jahr- 
hundert an zum Gemeingut der asketischen Literatur werden. Es 
wird darauf ankommen, bestimmtere Vergleichspunkte zu finden. 

Die Überlieferung unseres Traktats unter den Schriften des 
Athanasıus führt von selbst darauf, zuerst die asketischen 
Schriften dieses Mannes daraufhin anzusehen, ob sie Berührungs- 
punkte mit unserm Traktat aufweisen. Die Dissertation von 
Alb. Eichhorn (Halle 1886) hat dem schon vorgearbeitet. Mit 
seiner Verteidigung der Echtheit der vita Antonii gegen Wein- 
gartens Angriffe hat Eichhorn durchaus Recht behalten und auch 
andere seiner Ausführungen verdienen unsere entschiedenste Beach- 
tung. Er weist darauf hin, wie hoch Athanasius die παρϑενία ge- 
schätzt habe, die er im Brief an Amun als eine engelgleiche Lebens- 
weise bezeichnet unter Benutzung des Bildes der beiden Wege!. 





1) Ep. ad Amunem (Migne XXVI p. 1073) Δύο γὰρ οὐσῶν ὁδῶν ἐν 
τῷ βίῳ περὶ τούτων, μιᾶς μὲν μετριοτέρας xal βιωτικῆς τοῦ γάμου, λέγω, 
τῆς δὲ ἑτέρας ἀγγελικῆς καὶ ἀνυπερβλήτου τῆς παρϑενίας" εἰ μέν 
τις τὴν χοσμιχὴν τοῦτ᾽ ἐστὶ τὸν γάμον ἕλοιτο, μέμψιν μὲν 00x ἔχει" τοσ- 
avra δὲ χαρίσματα οὐ λήψεται. λήψεται γὰρ, ἐπείπερ φέρει xal αὐτὸς, 
καρπὸν τῶν τριάκοντα εἰ δὲ τὴν ἀγνὴν τις xol ὑπερχόσμιον ἀσπάσοιτο, 
εἰ xal τραχεία παρὰ τὴν πρώτην» καὶ δυσχατόρϑωτος fj ὁδὸς, ὕμως ἔχει 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 5 


66 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Zwrnolag. 


Zahlreich sind die Belegstellen aus den Werken des Athanasius, 
die seine Hochschätzung des asketischen Lebens beweisen; zu- 
gleich ist Eichhorn der Nachweis gelungen, daß Athanasius so- 
wohl die könobitische wie die anachoretische Lebensweise der 
Asketen kannte. Es ist überflüssig, darauf von neuem einzu- 
gehen, da die Anerkennung der Echtheit der vita Antonii uns 
jeden Zweifels überhebt. 

Finden sich nun Berührungspunkte zwischen der vita 
Antonii und unserm Traktat? Es läßt sich das nicht durch 
Einzelheiten zur vollen Anschauung bringen: aber die gesamte 
geistige Gedankenwelt ist die gleiche. Es handelt sich um die 
wichtige Lebensfrage der σωτηρία, um den Kampf wider den 
Teufel und seine λογισμοί (λογισμοὶ πονηροὶ, ovc o 24900: 
ὑποβάλλει vita Ant. c. V vgl. περὶ παρϑ. c. VIII, 42, 7 ff), um die 
Erlangung der herrlichen ewigen Ruhe (53, 5), in der wir ge- 
nießen werden, was hier kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und 
in keines Menschen Herz gekommen ist (54, 2f). Der Kampf wird 
geführt durch strenges Fasten und anhaltendes Beten, sowie durch 
Übung der christlichen Tugenden: der πραότης, ἡσυχία, uaxoo- 
ϑυμία, ταπεινοφροσύνη, ἀγάπη u. a. Dazu gilt es das rechte 
xarópÜcpua oder papuaxov zu finden, deshalb gilt es den Leib 
zu knechten (ὑποπεάζειν τὸ σῶμα). Unser Traktat ist nichts wie 
eine Empfehlung derselben Waffen, die Athanasius als die des 
Antonius bezeichnet: Méya ὅπλον ἐστὶ xav αὐτῶν (gegen de 
Dämonen) βίος ὀρϑὸς καὶ ἡ πρὸς τὸν ϑεὸν πίστις" φοβοῦνται 
γὰρ τῶν ἀσχητῶν τὴν νηστείαν, τὴν ἀγρυπνίαν, τὰς εὐχὰς, 
τὸ πρᾶον, τὸ ἥσυχον, τὸ ἀφιλάργυρον, τὸ ἀχενόδοξον, τὴν 
ταπεινοφροσύνην, τὸ φιλόπτοωχον». τὰς ἐλεημοσύνας, τὸ 
ἀοργητὸν καὶ προηγουμένως τὴν εἰς τὸν Χριστὸν εὐσέβειαν 
(vgl. vita Ant. c. 30 (Migne P. g. XXVI col. 888—889] und περὶ 
z o0. c. VII, 41, 3 ff). Wie unser Verfasser den Jungfrauen, so hat 
Antonius nach dem Bericht des Athanasius den Asketen, die ihn 
besuchten, sein Programm etwa so zusammengefaßt: τοῦτο ovr 
tyOc εἶχε τὸ rapayysiua' πιστεύειν εἰς τὸν κύριον xal ἀγαπᾶν 
αὐτὸν, φυλάττειν ἑαυτοὺς ἀπὸ τῶν ῥυπαρῶν λογισμῶν καὶ σαρ- 


χαρίσματα Yaruacıwrega' τὸν γὰρ τέλειον καρπόν, τὴν ἑχατοντάδα 
ἐβλάστησεν. Dieselbe Verwendung des Gleichnisses von dreierlei Frucht 
findet sich in der vita S. Syncleticae cap. XXIII (Migne XXV11I p. 1500). 


* 


II. Ursprung und Charakter. 67 


κικῶν ἡδονῶν, un ἀπατᾶσϑαι χορτασίᾳ κοιλίας, φεύγειν χενο- 
δοξίαν καὶ εὔχεσϑαι συνεχῶς, ψάλλειν τε πρὸ ὕπνου καὶ uto" 
ὕπνον, ἀποστηϑίζειν τὰ ἐν ταῖς γραφαῖς παραγγέλματα καὶ 
μνημονεύειν τῶν πράξεων τῶν ἁγίων πρὸς τὸ τῷ ζήλῳ τού- 
vov ῥυϑμίζεσϑαι τὴν ψυχὴν ὑπομιμνησχομένην τῶν ἐντολῶν 
(vita Antonii c. 55, Migne a. a. O. p. 921). Hier ist jede Wendung 
durch eine Ermahnungsreihe unseres Traktats zu belegen: Mit 
dem πεστεύεεν beginnt unsere Schrift, die Liebe zum Herrn, die 
Bewahrung vor den λογισμοὶ des Bösen und vor irdischen Be- 
gierden, die Regelung des Fastens und Gebetslebens, der Psalmen- 
gesang am Abend und das Lesen in der heiligen Schrift, die 
Beispiele aus dem Leben der Heiligen (Jesus, Petrus, Daniel und 
seine Genossen) finden wir wieder. Auch die Betonung der Demut 
und die Warnung vor der Überhebung der Asketen findet einen 
sehr ähnlichen Ausdruck (vita Antonii c. 35 vgl. mit zeol xa. 
VII). Die Gegenüberstellung der μωροὶ und der φρόνιμοι (vita 
Antonii c. 72 und περὶ παρϑ. IV, 38, 2211) zeigt dieselbe Auffassung 
der sittlichen Gegensätze Wir behalten uns die abschließende 
Erórterung noch vor, ob wir den Athanasius für den Verfasser 
unseres Traktats halten können, zunächst genügt hier der Hin- 
weis darauf, daf wir uns durchaus in derselben religiósen Ge- 
dankenwelt bewegen, wie sie Athanasius dem Vater des ägyp- 
tischen Mönchtums in der Schrift zuschreibt, von der ein Zeit- 
genosse (Gregor von Nazianz) sagt, daß er darin eine vouoseola 
toU oraduxoU0 βίου ἐν πλάσματι διηγήσεως gegeben habe. 
(Or. Gregori 21, Migne P.g. XXXV. col. 1085). 

Der Brief des Athanasius an Drakontius, einen Mónch, 
den er zur Übernahme eines Bischofsamts überreden will, atmet 
dieselbe Ehrfurcht vor dem Asketenstand sowie dieselbe freie 
Wertschätzung der individuellen Form wie die vita Antonii. 
Zu unserm Traktat wäre etwa hervorzuheben, daß sich dasselbe 
seelsorgerische Interesse offenbart, Seelen für das Ideal der 
Askese zu gewinnen, wenn Athanasius dem Drakontius vorhält, 
wie er gerade als Bischof reichlich Gelegenheit haben würde, 
κόρην ποιῆσαι παρϑενεύειν καὶ νεώτερον ἐγχρατεύεσϑαι, 


1) vita Antonii c. 35 ἂν δὲ xal ἐπαινῶσι τὴν ἄσχησιν ὑμῶν xal μακα- 
ρίζωσι ὑμᾶς, μήτε ὑπαχοίετε vgl. περὶ παρϑ. VIIT (42, 17 f) ἐὰν δέ τίς σοι 
εἴπῃ μαχαρία ei, λέγε «ito .... ἄρτι γὰρ οὐ πιστεύω Oti μαχαρία εἰμί. 

5* 


68 Ed. v. d. Goltz, Athanasius “όγος Σωτηρίας. 


also für das asketische Ideal tátig zu sein. Im Brief an Amun 
spricht Athanasius wie sonst von den λογισμοί, welche der böse 
Feind anregt (ὑποβάλλει), von den beiden Wegen und von den 
dreierlei Arten christlicher Lebensweise (7 σωφροσύνη, ἐγχρά- 
τεια, παρϑενία). In dem Fragment des 39. Festbriefs nennt 
er neben den neutestamentlichen Schriften auch die Didache und 
den Hirten des Hermas als empfehlenswerte Erbauungsschriften, 
deren Einwirkung wir, wie wir sehen werden, in unserem Traktat 
verspüren. 

Unter den asketischen Schriften, die dem Athanasius durch 
die Überlieferung außerdem zugeschrieben werden, deren Echt- 
heit aber mindestens zweifelhaft ist, verdienen zwei noch unsere 
besondere Aufmerksamkeit: das σύνταγμα διδασχαλίας, welches 
Hyvernat in Batiffols studia patristica II als eine Bearbeitung 
der Didache für ägyptische Priestermönche nachwies, und der bei 
Migne P. g. XXVIII p. 1410 ff. nach einem vatikanischen Codex 
(graec. 658 membr.) abgedruckte λόγος διαχριτιχὸς xol εἰς τὰς 
ἐντολὰς toU ϑεοῦ τοῖς ἀποταξαμένοις xal σωϑῆναι ϑελομένοις. 
Die im σύνταγμα gegebenen asketischen Regeln über Bäder, 
Kleidung, Vorsicht im Verkehr, Fasten, über συνάξεις, Psalmen- 
singen, Gastfreundschaft und Friedfertigkeit, über bescheidenes 
Verbergen der eigenen Askese sind eine genaue Analogie zu den 
für die Jungfrauen gegebenen Bestimmungen, ohne daß wört- 
liche Übereinstimmungen zu bemerken wären. Der Geist und die 
Absicht der Schriften sind dieselben und die Parallele, die in der 
Art der Benutzung älterer christlicher Lebensregeln liegt, wird 
uns später noch beschäftigen. 

Der λόγος διαχριτιχός, der sich auch in einem Codex des 
Athosklosters Lawra wiederfindet (vgl. S. 7, 10 c.), interessiert uns 
schon durch seine Adresse an die σωϑῆναι ϑέλοντες und den 
Anfang: ἀγαπητοὶ, φροντίσωμεν τῆς σωτηρίας ἡμῶν. Er ent- 
hält asketische Lebensregeln in kurzen sprichwortartigen Sen- 
tenzen im Stil der Proverbien und schließt wie unser Traktat 
mit einem ernsten Hinweis auf das Kommen des Herrn und 
einer Seligpreisung derer, die sich an solche Gebote halten. Der 
Gedankengehalt ist gering und Athanasius ist schwerlich der 
Verfasser. Aber der λόγος gehört doch zu derselben Literatur- 
gattung wie unser λόγος σωτηρίας — es ist ein erbaulicher 
Traktat für Asketen mit reichlicher Benutzung von Schrifteitaten, 


II. Ursprung und Charakter. 69 


um den rechten Weg zur σωτηρία finden zu helfen. Es spricht 
nichts dagegen, auch für diese Schrift die Herkunft aus den 
Kreisen der ägyptischen Asketen des vierten Jahrhunderts anzu- 
nehmen. 

Endlich verdient unter den dem Athanasius zugeschriebenen 
Schriften noch die Migne XXVIII, p. 1487 ff. abgedruckte Vita 
S. Syncletieae unsere Aufmerksamkeit!; sie wird auch einem 
Asketen Polykarp oder einem gewissen Arsenius zugeschrieben. 
Wie dem auch sei, für uns hat sie dadurch Interesse, daß das 
Leben einer Asketin darin geschildert wird, die wie eine Mit- 
schülerin der heiligen Thecla(!) denselben Lehren folgt, allein 
dem himmlischen Bräutigam anhängen will und ein apostolisches 
Leben führt. Wie Antonius die benachbarten Eremiten, so 
sammelt sie die umwohnenden Asketinnen um sich und gibt ihnen 
wie eine Prophetin himmlische Lehren. Grade wie in der vita 
Antonii sind auch ihre Reden in Form direkter Rede wieder- 
gegeben, die c. 22 (Migne p. 1500) mit der Anrede beginnt: 
Texvía, πάντες καὶ πᾶσαι To σωϑῆναι οἴδαμεν, um dann wie 
die Didache mit dem Doppelgebot der Liebe zu beginnen. Darauf 
wird zuerst davon gesprochen ὁ ἐστε τῶν μειζόνων ἀφίεσϑαι — 
es werden drei Grade des christlichen Lebens unterschieden? 
und die Gefahren, die seitens des Teufels drohen, dem gegenüber- 
gestellt. Ähnlich wie in unserm Traktat schließt dieser Hinweis 
auf die Gefahren des geistlichen Lebens mit dem Bibelspruch: 
γενώμεϑα φρόνιμοι ὡσεὶ ὄφεις xal ἀχέραιοε ὡς περιστεραὶ 
(ef. περὶ παρϑ. 1V, 39,12). Dann werden als Waffen im Kampf 
gegen den Teufel: mühsames Fasten (ἄσχησις ἐπίπονος) und 
reines Gebet genannt (vgl. περὶ xag. cap. VI, 40, 1). In der 


1) Xanthopulos Nikephoros Callistos schreibt am Anfang des 
14. Jabrhuuderts, augenscheinlich auf Grund älterer Quellen (Krum- 
bacher vermutet ein historisches Werk des 9. oder 10. Jahrhunderts): 
Athanasius habe die Wunder des Antonius geschildert ὡς ὅρον εἶναι 
μοναδιχῆς πολιτείας τὸ σύγγραμμα. ὁποῖα δὴ ὁ atvóc Adavanıog xal ἐν 
τῷ βίῳ Συγχλητιχῆς ἔπραξεν, ἀνδρῶν μὲν πολιτείαν ἐντεῦϑεν, γυχαιχῶν 
δ᾽ ἐχεῖϑεν ὑποτιϑεὶς ὡς ἐν πλάσματι διηγήσεως. Das stärkste Be- 
denken gegen die Echtheit ist das Fehlen der vita in der ältern Samm- 
lung athanasianischer Traktate. 

2) Nach dem Gleichnis von der 100-, 60- und 30 fältigen Frucht; 
dieselbe Idee findet sich (vgl. oben S. 65 Anm. 1) im Brief des Athanasius 
an Amun. 


70 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! “όγος Zwrnelag. 


weiteren Ausführung wird dann von der Besitzlosigkeit und der 
φιλαυγυρία (περὶ παρϑ. cap. VII, 42, 3), von der schädlichen und 
von der heilsamen λύπη (vgl. περὶ xao. cap. XXII, 57, 1), und vom 
Hochmut (ὑπερηφανία) gesprochen. und gerade wie περὶ zxag9. V 
(39, 20) wird in diesem Zusammenhang auf das Wort des hoch- 
mütigen Teufels verwiesen, der da sprach: ἀναβήσομαι καὶ ϑήσο- 
μαι τὸν ϑρόνον μου. Dem gegenüber wird das Lob der razeıvo- 
φροσύνη gesungen und an das Vorbild der 3 Knaben (Dan. III 
vgl. περὶ παρϑ. cap. VI) und ihren Lobgesang erinnert. Dann 
werden ἀγάπη und ὀργή (vgl περὶ παρϑ. cap. XXII) einander 
gegenübergestellt und vor der μνησικαχία gewarnt mit dem 
Bibelspruch: uz ἐπιδυέτω ὁ ἥλιος ἐπὶ τῷ παροργισμῷ 
ὑμῶν (vgl. περὶ παρϑ'. cap. XXI, 56,22). Daran knüpfen sich Er- 
örterungen über Feindesliebe, μαχροϑυμία und ἀνεξικακία, dann 
über ἐλεημοσύνη und φιλοξενία (vgl. περὶ rap$. cap. XXII, 58, 4f). 
Im folgenden verliert sich der Parallelismus zu unserm Traktat, 
wenigstens ist die Ausführung über die móglichen Lebenswege, 
die auch hier (cap. 87 p. 1537) erwühnt werden, eine andere. Der 
Grundgedanke ist aber auch an dieser Stelle, daß die wahre sitt- 
liche Lebenshaltung unentbehrlich ist für den rechten Lebensweg, 
sonst gleicht das Leben einem Schiff ohne Steuermann (vgl. περὶ 
παρϑ.. cap. XIV, 48, 21). Zuletzt wird auch an das endliche Ziel 
erinnert, an die himmlische Nahrung, an die ewigen Schatz- 
kammern (vgl. περὶ παρϑ. cap. XVII, 52, 23 ff), an das Schicksal 
der Gottlosen und an die Hochzeit mit dem himmlischen Brüuti- 
gam (vgl. περὶ παρϑ. cap. XXIII, 58, 17ff). Für die Form des as- 
ketischen Lebens soll Freiheit bleiben — jeder bleibe an seinem 
Ort, sei es im χοερνόβιον, sei es in der Einsamkeit. Hervorgehoben 
sei auch, daß sich hier das ἄγραφον als das Wort des Herrn 
wieder findet: γίνεσϑε doxıuoı τραπεζῖται (cap. 100 p.1549). 
Mit einem Vergleich des christlichen Lebens mit einem Schiff, dessen 
Segel das Kreuz des Herrn ist, schließt die Rede der Synkletike 
— es folgen noch einige Mitteilungen über den Schluß ihres Lebens. 

Die Áhnlichkeit der Gedankenwelt mit der unseres Traktats 
springt in die Augen. Die Rede der Synkletike ist weiter nichts 
als ein anderer λόγος σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον in breiterer 
und vielfach noch geistvollerer Art der Ausführung. Mag die 
jetzige Gestalt der vita aus spüterer Zeit stammen, der Kern 
des Ganzen ist eine würdige Parallele zur vita Antonii, die noch 


II. Ursprung und Charakter. 11 


einer ernsten Untersuchung bedarf. Die Gedankenwelt, die Schrift- 
verwendung, die gebrauchten Bilder, ja auch die Sprache sind 
mit der unseres Traktats verwandt. Es sei insbesondere auch 
darauf hingewiesen, daß ein so seltener Ausdruck wie χορεύτρια 
Χριστοῦ, wie ihn περὶ παρϑ. cap. XXV (59, 25) hat, sich in 
der vita S. Syncl. cap. VIII (Migne a. a. O. p. 1489) wiederholt. 

Was nun die nicht athansianische asketische Literatur jenes 
Zeitalters angeht, so ist es natürlich unmöglich und auch un- 
nótig, im Rahmen dieser Untersuchung auf alle Gedankenparallelen 
einzugehen, die etwa noch zu finden wären. Nur auf zwei wert- 
volle Zeugen möchte ich noch hinweisen, die neben Athanasius 
zu den ersten asketischen Schriftstellern jener Periode gehören, 
Makarius, den Ägypter, und Euagrius Ponticus. 

Makarius, der Ägypter (301—391), hat in seinen schönen 
Homilien ein wundervolles Bild des geistigen christlichen Lebens 
gezeichnet, so daß er zu den besten Homileten mystischer 
Richtung zählt. Eines der häufigsten Bilder in seinen Reden ist 
das bräutliche Verhältnis der Seele zu ihrem himmlischen Bräuti- 
gam. Was unser Traktat darüber im zweiten Kapitel (37, 11f) sagt, 
ist nur eine kurze Zusammenfassung dessen, was Makarius häufiger 
und breiter ausführt. In der vierten Homilie (IV, 15) findet 
Gen. 1, 26 ähnliche Verwendung wie περὶ παρϑ. cap. Il. Ebenso 
zieht Makarius (hom. X, 12) Eph. 5, 32 heran gerade wie περὶ 
zxaQÓ. cap. II. In der Schrift περὶ ἀγάπης cap. XIV wird 
wie im Schluß des zweiten Kapitels unserer Schrift gesagt, daß 
die Seele sich dem Willen:des himmlischen Bráutigams ganz und 
gar fügt (37, 18f). In der vierten Homilie faßt Mak. das christliche 
Lebensideal in der Formel zusammen: τελείως τῷ éxovgavio 
νυμφίῳ εὐαρεστῆσαι und in der 15. Homilie führt er denselben 
Gedanken weiter aus. — Noch in einer zweiten Gedanken- 
reihe trifft unser Traktat mit den Ideen des Makarius zusammen. 
Besonders die Ausführungen περὶ παρϑ. cap. XVII (52, 20 ff) 
und XVIII (53, 3ff) von dem inneren Schauen der ἐπουράνια 
χαρίσματα, von den δόξαι, στέφανοι, στολαὶ, von den βασιλικὰ 
ἐνδύματα und φωτεινὰ ταμιεῖα, von den τρυφαὶ avexdınynrou 
und der ζωὴ αἰώνιος, von der ἀνάπαυσις τῶν ἀξίων ψυχῶν und 
dem Schauen Gottes «τοῖς ἔνδον ὀφθαλμοῖς finden sich in ganz 
ähnlicher Weise in vielen Homilien des Makarius (vgl. Hom. 1, 
10; II, 5; IV, 12, IV, 15; XXVII, 17; XLIV, 5 u. à); da dieser 


12 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' “όγος Σωτηρίας. 


in der 6. Homilie dazu ermahnt, diese Aussichten nicht sinnlich 
sondern geistig aufzufassen, so setzt er diese Gedankenwelt bei 
den Asketen Ägyptens als vorhanden voraus; ist doch die Be- 
schüftigung mit den Aussichten der Seelen im Jenseits jederzeit 
eine Begleiterscheinung der asketisch-mystischen Richtung ge- 
wesen. Um noch auf eine Einzelheit hinzuweisen, so spricht auch 
Makarius (hom. XI, 11) von dem descensus ad inferos und legt 
dem Herrn die Worte an den Hades in den Mund: ἔχβαλλε τὰς 
ἐγχεκλεισμένας ψυχὰς τὰς ἐμὲ ἐπιζητούσας, ἃς κατέχεις βιαίως 
(vgl. περὶ παρϑ. XV1,51,13ff). Die weitere Ausdeutung, die Maka- 
rius dieser Vorstellung gibt, neigt aber wiederum zur Spirituali- 
sierung, während in περὶ παρϑ'. die naive volkstümliche Auffassung 
einfach angeeignet wird. Hom. XLIV, 7 wird wie in περὲ παρϑ. 
XIV (48,21) die Notwendigkeit eines Steuermanns auf der Schiffahrt 
des menschlichen Lebens hervorgehoben. An literarische Entleh- 
nung wird aber in keinem dieser Fälle zu denken sein. Um 80 
zweifelloser ist die Identität der religiösen Gedankenwelt. die in 
unserm Traktat in mehr unentwickelter naiver Form sich dar- 
stellt, bei Makarius in einer durchdachten mystischen Theologie. 
Eine ähnliche Beobachtung läßt sich bei den Fragmenten 
der Schriften des Euagrius Ponticus anstelen!. Er lebte 
ca. 985—400 in der nitrischen Wüste und hat dort auch unter 
dem Einfluf des Makarius gestanden. Es erübrigt sich nach 
allem Vorhergesagten, die allgemeine Verwandschaft der Termino- 
logie und Gedankenwelt des Euagrius und unseres Verfassers 
durch Einzelheiten nachzuweisen. Ein Blick in die bei Migne 
abgedruckten Schriften des Euagrius überzeugt schon davon. Aber 
auf zwei wesentliche Vergleichspunkte sei doch hingewiesen. 
Wir haben gesehen, daß auch in unsrer Schrift bestimmte 
Laster mit Namen genannt sind, welche der Christ besonders 
bekämpfen soll: die ὑπερηφανία, φιλαργυρία, χενοδοξία und 
ἀλαζονεία, λύπη, ὀργή, und δειλία. Der Sache nach sind auch 
ἐπιϑυμία und γαστριμαργία erwähnt. Was aber unserm Traktst 
fehlt, ist jede Systematisierung oder philosophisch-ethische Aus- 
gestaltung solcher Lasterlehre. Nicht nur die Auswahl und 
Reihenfolge ist bei Euagrius eine andere, sondern es liegt in 


1) Vgl. Migne P. gr. XL. p. 1213 ff — dazu O. Zöckler: Euagnus 
Ponticus (Bibl.-bistorische Studien. Heft IV. München 1893). 


II. Ursprung und Charakter. 73 


seiner Systematisierung ein deutliches Zeichen weiterer Ent- 
wicklung dieser Gedankenreihe, die in περὶ παρϑ. vielmehr 
noch das regellose, unsystematische hat wie im NT und den 
Quellen des nachapostolischen Zeitalters. Dagegen geht nun 
unser Verfasser über die allgemein-christliche Tradition hinaus, 
wenn er wie der heilige Antonius in der Versuchung zu solchen 
Sünden λογισμοί sieht, ov; ὁ ἐχϑρὸς ὑποβάλλει. Gegen solche 
λογεσμοί soll der Christ ankämpfen. Diesen Kampf hat Euagrius 
wiederum zu einem System, zu einer bestimmten Methode aus- 
gebildet, indem er in der gróBern Schrift von den acht Laster- 
gedanken! Bibelstellen zusammenstellt, die er den Asketen wie 
in einem Spruchbuch eines Pietisten darbietet, um jederzeit eine 
Waffe gegen die bösen λογισμοί parat zu haben. Unter den 
hier berücksichtigten λογισμοί kehren denn auch solche wieder, 
die schon in unserm Traktat berücksichtigt sind. Schon die 
Einleitung des syrisch erhaltenen Stückes enthält in dem Hinweis 
auf den Angriff der Dämonen und den Gegensatz von Tor- 
heit und Weisheit einen Gedankenanklang an περὶ παρϑ. 
cap. IV (38, 23 f): das φρονίμως ἔρχεσϑαι πρὸς τὸ νικῆσαι av- 
τοῦ τὰς χαχοτέχνους ἐπιβουλὰς, von dem unser Verfasser redet 
(39, 10), ist der Zweck der Euagrianischen Schrift. Die Empfeh- 
lung der ταπεινοφροσύνη, νηστεία, ἡσυχία und προσευχή ist 
hier wie dort die Grundlage der Ausführungen. Einzelne Aoy:o- 
wol finden sich wie in περὶ xag. cap. VIII (42, 6 ff): die Schmei- 
chelei, die Mahnung, sich nicht so abzumühn (spielt bei Euagrius 
eine große Rolle) oder die Neigung andere zu verachten (12, 21f), 
oder die Askese zu übertreiben (45, 27). Was hier übereinstimmt, 
ist nur die Grundvorstellung — in der Ausführung zeigt unser 
Verfasser Milde und Maß, Euagrius die äußerste Strenge. Es 
kann kein Zweifel sein, daß Euagrius ein späteres Stadium der 
Entwicklung der Asketik repräsentiert — kaum daß er die 
Mäßigung der Askese in der Krankheit erlaubt. 

Der wichtigste Vergleichspunkt bei Euagrius sind aber dessen 
leider nur lateinisch erhaltene sententiae ad virgines, die uns 
anderwärts als στιχηρὰ πρὸς τὴν παρϑένον erhalten sind 
(nach einer von Wright in London beschriebenen syrischen 


1) Erhalten in der Berliner syrischen Handschrift Sachau 302, über- 
setzt im Anhang II von Zöcklers Schrift (von D. F. Baethgen). 


74 


Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Zwrnolag. 


Handschrift: Letter to a virgin). Diese Sentenzenreihe in poetischer 
Form, der eine andere an die Mönche gerichtete entspricht, ent- 
hält einige ganz frappante Parallelen zu unserer Schrift, die ich 
hiermit folgen lasse in der bei Migne P. gr. XL p. 1283f. ge- 
gebenen Reihenfolge der Sentenzen: 


Exoriens sol videat codicem in 
manibus tuis 

Et post secundam horam opus 
tuum 

non deficiat oleum lampadi tuae 


lacrymis in nocte roga Domi- 
num 


et nemo sentiat orantem te et 
invenies gratiam 


Non proferas verbum de ore tuo 
in ecclesia domini 
el ne extolles oculos tuos 


Non exprobraris sororem tuam 
edentem et in abstinentia tua 
non exaltaris 


Sicut. margaritae in fundibulo 
aureo sie virginitas cooperta 
reverentia 


Gravis abstinentia et vix diri- 
gibilis castitas sed nihil dul- 
cius caelesti sponso 


᾿Ανατέλλων ὁ ἥλιος βλεπέτω 
τὸ βιβλίον ἐν ταῖς χερσί σου 

καὶ μετὰ τρίτην ὥραν συνάξεις 
ἐπιτέλει (περὶ παρϑ. XII, 46,8) 

πάσῃ ὥρα μὴ λειψάτω ἔλαιον 
τῇ λαμπάδι σου (cap. XXIII, 
58, 21) 

καλὸν τὸ ἐχχέειν δάχρυον ivo 
πίον τοῦ ϑεοῦ (cap. XVI, 51, 
11f) und 

... ἐν δάχρυσιν ἐν νυχτὶ παρα- 
καλεῖν τὸν κύριον (XVII, 51, 
23 f) 

ἐὰν οὖν προσεύχῃ — μηδεὶς 
ἀκουέτω εἰ μὴ σὺ μόνη (cap. 
X, 44, 1) 

ἐν ἐχκλησίᾳ σιώπα καὶ μηδὲν 
λάλει (cap. XXIII, 58, 7) 

οὐχ ἐπάρῃς ἀνϑρώπῳ TO πρόσ- 
ωπόν σου el μὴ μόνον τῷ 
ϑεῷ σου (cap. ΧΙ, 45, 5) 

πολλάκις δὲ ὑποβάλλει σοι ἐξ- 
ουϑενεῖν τοὺς ἐσθίοντας" μὴ 
πιστεύσῃς αὐτῷ (cap. VIII, 
12,218) 

ὦ παρϑενία μαργαρῖτα τίμιε 
παρὰ πολλοῖς ἀφανὴς, OAl- 
γοις δὲ μόνοις εὐρισχόμενος 
(cap. XXIV, 59, 13) 

Βαρὺ ἐστι ἄσχησις xal Óvofa- 
σταχτον ἐγχράτεια ἀλλ᾽ οὐδέν 
ἐστι γλυχύτερον τοῦ ἐπου- 
θανίου νυμφίου (cap. XXIV, 
59, 4) 


II. Ursprung und Charakter. 15 


Der übrige Gehalt der Sentenzen ist durchaus verschieden; 
Euagrius setzt in den Kreisen, an die er denkt, eine Mutter (leib- 
liche? oder geistige?), jedenfalls eine Genossenschaft von Jung- 
frauen voraus; die Nüance der Regeln ist auch viel strenger, wie die 
in unserer Schrift So werden wir an eine literarische Ab- 
hüngigkeit nicht zu denken haben, sondern einen Schatz von 
Sprüchen, der in mündlicher Überlieferung Gemeingut der ägyp- 
tischen Asketen war, voraussetzen müssen. 

Der Vergleich mit den Schriften des Euagrius lehrt uns 
noch mehr wie der mit den Homilien des Makarius, daß eine - 
Entwicklung, sei es in der Richtung auf theologisch-mystische 
Reflexion, sei es in Befestigung einer bestimmten Heiligungs- 
methode stattgefunden hat, seitdem unser λόγος σωτηρίας ab- 
gefaßt wurde. Denn es ist nicht nur seine Kürze oder seine 
schlichte Form, die ihn auszeichnet, sondern es weht darin ein 
freierer, noch weniger ängstlicher Geist, welcher der genuinen 
christlichen Ethik näher steht und weniger entwickelte Verhält- 
nisse häuslicher Askese voraussetzt. Bei allem heiligen Ernst und 
aller religiösen Innigkeit ist es das Fehlen aller ungesunden Über- 
treibungen, der unsere Lebensregel von späteren unterscheidet. 

Wir haben somit schon aus einem Vergleich der geistigen 
Ideenwelt mit Schriften des Athanasius, Makarius und Euagrius 
den Schluß zu ziehen, daß unser Traktat am Besten zu den atha- 
nasianischen Schriften paßt und nicht in das spätere, sondern in 
das frühere Stadium des asketischen Lebens in Ägypten gehört. 


3. Die vorausgesetzten Lebensverhältnisse, 


Unsere Untersuchung bedarf nun einer Ergänzung dahin, 
ob auch nach den geschichtlichen Berichten, die wir in der 
historia monachorum des Rufin und in der historia lausiaca des 
Palladius besitzen!, unser Traktat als eine parakletische An- 


1) Die historia monachorum citieren wir nach E. Preuschen, Pal- 
ladius und Rufinus, Gießen 1897, die historia lausiaca des Palladius nach 
der Ausgabe von C. Butler (Texts and Studies. VI, 2. Cambridge 1904). 
Für historische Einzelheiten verweisen wir im allgemeinen auf das Werk 
von Stephan Schiewitz, Das morgenländische Mónchtum I (das As- 
ketentum der drei ersten christl. Jahrhunderte und das ägyptische Mönch- 
tum im 4. Jahrhundert, Mainz 1904). 


76 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Σωτηρίας. 


sprache aus jener Zeit angesehen werden kann. Dabei wird nicht 
außer Acht zu lassen sein, daß jene historischen Berichte sicher 
erst in die Zeit der zweiten Generation gehören. 

Um einen festen Ausgangspunkt zu gewinnen, vergegen- 
wärtigen wir uns zuerst die von unserm Verfasser vorausgesetzten 
Verhältnisse. , 

Einer der wichtigsten Punkte, der schon von Eichhorn mit 
Recht hervorgehoben wurde, ist der, daf noch kein gemein- 
sames Leben in geschlossenem Kloster vorausgesetzt ist. Nicht 
einmal eine Klostergenossenschaft wie die des Pachomius kann 
angenommen werden. Vielmehr haben wir es mit Jungfrauen 
zu tun, die ein Leben im Fasten und Beten privatim durch- 
führen. Es wird zwar von ihnen verlangt alles Irdische zu ver- 
lassen und allein dem Herrn anzuhangen (cap. Il), keinen Besitz 
und kein Eigentum als Gegenstand ihrer Sorge zu betrachten, 
sondern allein eine Braut des Herrn zu sein. Aber die praktische 
Consequenz ist nirgends gezogen, daß sie in ein Kloster gehen 
müsse. Ja sie soll ihre Askese so in der Stille, so unscheinbar 
üben, daß nicht einmal ihre Verwandten es merken (cap. IX, 
43, 7). Durch Warnungen vor Schädigung ihrer Gesundheit soll 
sie sich nicht abhalten lassen, ihr Fasten durchzuführen (cap. Vl, | 
40, 12f), andrerseits solle sie es nicht so übertreiben, daß die 
Schädigung ihrer Gesundheit die gute Sache in Mißkredit bringe 
(cap. XII, 45, 27). Maß und Form der asketischen Übungen unter- 
liegt also nicht einer allgemeinen Regel, sondern dem 
eigenen Gewissen. 

Der Grundsatz, daß solch heiliges Leben allein und in deme 
Verborgenheit geführt werden soll, erleidet nur dann eine wünschens— 
werte Ausnahme, wenn die Jungfrau zwei oder drei gleich ge - 
stimmte Seelen findet, mit denen sie fasten und beten kanrzems 
Nur solchen soll sie Teil geben an ihrem innern Leben. es se 
denn, dali sie hoffen darf, einmal eine Seele zu gewinnen dur BE 
Offenbarung ihrer heiligen Geheimnisse (cap. IX). Auch bei deu." 
gottesdieustlichen Übungen, den Gebeten und Psalmen ist a-£7 
keine Gemeinschaften gedacht, ebenso bei Mahlzeiten. Auge 
schlossen von der Tischgesellschaft sollen die Katechumene7 | 
sein, ebenso alle übermütigen und leichtsinnigen Frauenzimmef: 
Dagegen solle man Arme zu Tische hereinrufen. Diese Mabnunge 
zeigen wiederum, daß es sich nicht um ein Kloster, auch nicht 


II. Ursprung und Charakter. 77 


um ganz isolierte Nonnenansiedlungen handelt, sondern 
um Bräute Christi, die zu der Außenwelt noch in näherer Be- 
ziehung stehen. Sie bilden in der Regel kleine abgesonderte . 
Lebensgemeinschaften (cap. XIII, 47, 10), aber es fehlt in ileren 
Lebensverhältnissen nicht an der Gelegenheit, sich üppig zu klei- 
den, sich zu schminken und zu schmücken, öffentliche Bäder zu 
besuchen, leichtfertigen Verkehr zu haben, Modetorheiten (νεω- 
τερικὰ σχήματα) mitzumachen (44,20 ff). So ernstlich der Ver- 
fasser davor warnt, so setzt er doch voraus, dafi die Versuchung 
auch für diese Jungfrau, an die er schreibt, vorhanden war. Wir 
werden also an kleine Lebensgemeinschaften zu denken haben, die, 
sei es in Alexandrien, sei es in einer anderen Stadt Ägyptens, 
sich bildeten, um ein Leben durchzuführen, das dem himmlischen 
Bráutigam allein gehórte. Solchen Jungfrauen konnte dann auch 
in Aussicht gestellt werden, nicht als νεωτέρα zu gelten, sondern 
wie eine Ältestin geehrt zu werden (cap. XI, 44, 21). Hier war 
auch die Warnung am Platz, daß junge Mädchen nicht allein mit- 
einander leben, sondern sich unter die Aufsicht einer áltern stellen 
sollten, um jemand zu haben, den sie fürchten. In diesem Sinn 
ist der Satz zu verstehn: Maxaoía ἡ παρϑένος ἡ οὖσα ὑπὸ 
κανόνα (cap. XIV, 48, 25) oder wenn das asketische Leben be- 
zeichnet wird mit τὸν xavova ἕλκύειν (cap. XII, 46, 3). Regeln 
und grundsätzliche Bestimmungen sind vorhanden, aber sie gelten 
für einzelne oder für zwei oder drei gleichgestimmte Seelen, nicht 
ür eine größere Gemeinschaft. Es ist daher auch nirgends von 
Vorstehern, Äbten oder Äbtissinnen die Rede, überhaupt 
nicht von einer vorgesetzten Instanz, von einem Amt oder Gesetz. 
Wir haben es mit einer durchaus freigewählten Lebensweise der 
asketischen Jungfrauen zu tun, die noch nicht einen völligen 
Bruch mit dem Privatleben, auch keine Flucht in einsame 
Wüsteneien bedeute. Nur einmal hat der Verfasser in der be- 
geisterten Schilderung des wahren Asketen Züge gezeichnet, die 
nur für den Asketen in der Wüste passen, wenn er von ihm 
sagt: οὐδὲ γὰρ ὅλως τῆς σαρχὸς πρόνοιαν ποιεῖται οὐδὲ λογίζε- 
ται, ὅτι σάρκα φορεῖ, ἀλλὰ κοπιᾷ νυχτὸς καὶ ἡμέρας ξητῶν τὸν 
ϑεὸν, πολλὰ τοῦ ὕπνου μὴ χορταζόμενος, ἄρτου καὶ ὕδατος μὴ 
ἐμπιπλῶν τὴν ψυχὴν, ἐπὶ ἐρήμοις πλανώμε νος, ὑποπιάζων 
τὸ σῶμα ἐν κακοπαϑείᾳ πολλῇ, ἕως οὐ ἀπὸ λάβῃ τὸν ἀμαράν- 
τινον στέφανον τὸν ἀποχείμενον αὐτῷ. Hier haben wir es 


78 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ “όγος Zwrneiag. 


aber mit einer allgemeinen Betrachtung zu tun, die sich in breiter 
Weise über den Gegensatz der Weltmenschen und der Gottes- 
menschen ergeht, ohne daß jeder einzelne Gedanke auf die Ver- 
hál&nisse der Jungfrau paßt. Nur der scharfe Gegensatz der 
Gesinnung zwischen Asketen und Weltmenschen (χοσμέκοῦ geht 
in der Tat durch den ganzen Traktat hindurch. Die Asketen, 
auch die Jungfrauen, sind innerhalb der Christengemeinde ein 
bestimmter Stand, der sich durch besondere Lebensweise aus- 
zeichnet und den anderen zwar nicht mit Überhebung aber mit 
Ernst gegenübertreten soll. Es hat also eine Absonderung der 
Asketen von den übrigen Christen stattgefunden, aber sie hat 
sich für die Jungfrauen noch nicht bis zur Fixierung bestimmter 
allgemeingültiger Regeln oder zur Organisation von Klosterver- 
bänden entwickelt. 

Nur in einem Punkte zeigt das asketische Gemeinschafts- 
leben schon eine entwickeltere Form. Es sind sowohl bestimmte 
Gebetsstunden festgesetzt, wie auch tägliche Zusammenkünfte 
(συνάξεις) bestimmt, die im wesentlichen denen entsprechen, 
welche später in den Klöstern üblich wurden. Was zunächst 
die Gebetsstunden angeht, so ist die dritte, sechste und neunte 
Stunde auch von Origenes und Cyprian schon den Christen 
empfohlen, bei diesem sogar schon mit einer ähnlichen Begrün- 
dung aus den Leidensstunden des Herrn. Wir haben also in 
diesen Anordnungen nichts anderes, als das, was schon längst 
ernsten Christen zur Lebenspflicht geworden war. Selbst de 
Auswahl bestimmter Psalmen 2. B. für den Nachtgottesdiens 
(cap. XX) muß viel älter sein als die Klosterregeln; die συνάξεις 
aber sind nicht etwa als Gottesdienst in der Kirche aufzufassen 
— dieser ist allein cap. XXIII berücksichtigt. Vielmehr and | 
darunter Zusammenkünfte zu verstehen, die am ersten unsre& 
Hausandacht zu vergleichen sind — deshalb die Möglichkeit sie— 
wenn gleichgestimmte Seelen nicht vorhanden sind, auch allei um 
abzuhalten (cap. XVI, 51, 10f). 

Bei Sonnenaufgang soll die Jungfrau im heiligen Buc— 3 
lesen. Nach der dritten Stunde (morgens 9 Uhr) soll die er=* 
Zusammenkunft der Jungfrauen stattfinden zum Gedächtnis daraus: 
daß in dieser Stunde das Holz des Kreuzes aufgerichtet wurd 
Zur sechsten Stunde (mittag 12 Uhr) ist nur das Stundengebe* 
vorgeschrieben. Zur neunten Stunde (nachm. 3 Uhr) — als® a 





II. Ursprung und Charakter. 19 


nach dem Schwinden der größten Mittagshitze soll ebenfalls eine 
σύναξις stattfinden, an welche sich die gemeinsame Hauptmahl- 
zeit mit den Tischgebeten gleich anschließt. In der zwölften 
Stunde (abends 6 Uhr) findet dann eine μεειζοτέρα xol μαχρο- 
τέρα σύναξις statt, in welcher der Ernst der Buße den Grund- 
ton abgibt. Um Mitternacht aufzustehen und dem Herrn Psalmen 
zu singen (am Schluf jedes Psalms ein Gebet und eine Knie- 
beugung) gehórt dann zu den besonderen asketischen Pflichten, 
die man entweder allein oder gemeinsam erfüllen kann, ebenso 
der Psalmengesang beim Morgenanbruch (008009). 

So gewiß hier die Grundzüge der Lebensordnung gegeben 
sind, die noch heute in den griechischen Klöstern gilt, so gehen 
die hier gegebenen Bestimmungen in keinem Punkte über das 
hinaus, was sich auch in einer kleinen Hausgemeinschaft ver- 
wirklichen ließ. Auch nach dieser Seite bezeichnet unser Traktat 
ein Übergangsstadium von dem strengen christlichen Familien- 
leben zu den späteren Regeln klösterlicher Ordnung. 

Was aber den eigentlichen Gottesdienst angeht, so ist nicht 
völlig klar, ob an eine Teilnahme am öffentlichen Gemeinde- 
gottesdienst gedacht ist. Es ist das aber wahrscheinlich, da die 
den asketischen Jungfrauen zugedachte Ehre, wie eine Ältestin 
behandelt zu werden, nur darin zum Ausdruck kommen konnte, 
daß die Jungfrauen ihren Platz im Gottesdienst bei den Presby- 
terinnen hatten. Auch die Kleidervorschriften (cap. XI — ὅταν 
στῇς εἰς προσευχὴν τοὺς πόδας σου περιχεχαλυμμένους Eye 
ἐν ὑποδήμασι) scheinen ein Zusammentreffen mit andern voraus- 
zusetzen. Die Mahnung in der Kirche nicht zu sprechen, denkt 
wohl an unziemliches Flüstern und sich Unterhalten, nicht an 
die Möglichkeit öffentlichen Redens. Sonst sehen wir nur, daß 
die Vorlesungen, das Gebet und das gemeinsame Singen von 
Hymnen und Psalmen die Bestandteile des Gottesdienstes bildeten. 
Von der Eucharistie ist an dieser Stelle nicht die Rede. 
Dagegen hat die Auslegung der ἐντολαὶ τοῦ ϑεοῦ entschieden 
eine Rolle in diesen Gottesdiensten ἐν ἐχχλησίᾳ gespielt. Das 
läßt uns an eine Zeit denken, da der eucharistische Ritus noch 
nicht die vorherrschende Stellung im kirchlichen Leben einnahm. 
Anklänge an die Eucharistie fehlen auch in unserm Traktat nicht; 
sie stehen aber nicht in cap. XXIII, wo von dem Verhalten ἐν &xxA j- 
σίᾳ die Rede ist, sondern in dem Abschnitt, der von der gemein- 


80 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' 4óyog Σωτηρίας. 


samen häuslichen Mahlzeit handelt (cap. XIV) und es ist die 
interessante Tatsache zu constatieren, daß in den von unserm 
Verfasser vorausgesetzten Verhältnissen alte Abendmahlsge- 
bete im Zusammenhang mit den Tischgebeten als tägliche Vor- 
schrift auftreten. Wo und wann finden wir nun eine Analogie 
zu solchen Verhältnissen ὃ 

Es ist ein wesentliches Charakteristicum der ägyptischen 
Mönche des vierten Jahrhunderts, daß die Arten und Formen der 
Askese dem individuellen Gewissen überlassen und keiner all- 
gemeinen Regel unterworfen waren. Selbst in den Klöstern des 
Pachomius wurde den einzelnen Individualitäten möglichst Rech- 
nung getragen; noch vielmehr waren die Anachoreten in der 
nitrischen und sketischen Wüste von jeder autoritativen Aufsicht 
oder festen Regel befreit. Die geistige Autorität eines Antonius, 
eines Serapion, Amun etc. beruhte auf persönlichem Vertrauen, 
nicht auf Gesetzen oder Regeln. Deshalb war es ein alle Ge- 
müter beschäftigendes Problem, welche Lebensweise die empfehlens- 
werteste sei, um die σωτηρία zu erlangen. Der heilige Antonius 
genoß, so lange er lebte, ein besonderes Vertrauen und von weit 
her eilten die Asketen zu ihm. Mit seinen Genossen hatte er 
verabredet, daß aufdringliche, nur neugierige und oberflüchliche 
Besucher ihm als «Ägypter» gemeldet wurden. Solche bewirtete 
er und entließ sie nach einem kurzen Gebet.  Heilsbegierige 
Seelen aber wurden als «Leute von Jerusalem» gemeldet. Mit 
ihnen saß der Heilige durch die ganze Nacht: λαλῶν αὐτοῖς 
τὰ πρὸς σωτηρίαν (hist. laus. ed. Butler p. 66). So bildete 
sich eine seelsorgerliche Tätigkeit der bewährten Asketen 
aus, die nach den zahlreichen Einzelerinnerungen in den ge- 
nannten Quellen und in den ἀποφϑέγματα einen großen Umfang 
einnahm. Wie Karl Holl es in seinem instructiven Buch über 
«Enthusiasmus und Bußgewalt beim griechischen Mónchtum» aus- 
geführt hat, ist der Mönch der berufene Ratgeber für die An- 
gefochtenen, er hat die Erfahrung in geistlichen Kümpfen, er ist 
im Stande die λογεσμοί richtig anzugeben und die rechten Mittel 
zu ihrer Bekämpfung (a. a. O. S. 154 ff). Nach der hist. mon. 
XV, 8, p. 71 schreibt ein Asket Johannes aus der Gegend von 
Achoris tadelnd, daß einige der Väter diese Sorge περὶ τῆς τῶν 
ἀδελφῶν σωτηρίας vernachlässigten, andere in ausreichender 
Weise Trost spendeten. Von kirchlichem Auftrag ist dabei 


II. Ursprung und Charakter. 81 


nirgends die Rede. Die Heiligkeit der eigenen persönlichen 
Lebenshaltung bestimmte das Maß der Autorität. 

Als ein Document solcher seelsorgerlichen Tätigkeit ist 
auch unser λόγος σωτηρίας anzusehen. Nicht nur diese Über- 
schrift, sondern auch ein Satz wie cap. ΧΙ πολὺν μισϑὸν λήψῃ 
ἐὰν σωϑῇ διὰ σου ψυχή verrät dieses seelsorgerliche Interesse. 
Der Verfasser hat für eine χορεύτρια Χριστοῦ --- πρὸς στηριγμὸν 
χαὶ ὠφέλειαν τῆς ψυχῆς geschrieben. Diese Jungfrau lebt 
aber augenscheinlich nicht in der Wüste — wie brauchte sie 
dort vor Kleidern, Luxus und Bädern. gewarnt zu werden! Sie 
lebte in der Nähe ıhrer Verwandten, vielleicht mit 2 oder 3 
gleich gestimmten Seelen zusammen. 

Nun ist das wiederum eine Eigentümlichkeit der ersten 
Periode des Mönchtums in Ägypten, daß die Asketen in kleinen 
Lebensgemeinschaften zu zweien oder dreien in der Nähe der 
Städte und Dörfer wohnten, um zu Erbauungsversammlungen 
sich zusammen zu finden. Wir haben freilich in der hist. 
monachorum und der hist. lausiaca schon viele große und 
kleine Frauenklöster. Aber die ältere Form des Zusammen- 
wohnens der Jungfrauen in kleinen Gruppen hat sich noch lange 
erhalten. Solch kleines Jungfrauenheim wird das παρϑενών 
gewesen sein, dem Antonius seine Schwester übergab (vgl. vita 
Antonii cap. 3: τὴν ἀδελφὴν γνωρίμοις καὶ πισταῖς παρϑένοις 
δούς τε αὐτὴν εἰς παρϑενῶνα ἀνατρέφεσϑαι). In Alexandrien 
wird auch im Jahr 339 ein Jungfrauenheim in einem kirchlichen 
Gebäude vorausgesetzt, in dem die Bischöfe weilten (vgl. Eich- 
horn a.a. O. p. 5). Nach der hist. laus. XXIX (ed. Butler p. 85) 
baut zuerst der Asket Elias für 300 Jungfrauen ein großes Kloster 
in der Stadt Athribe; im cap. XXXI derselben Schrift (ed. Butler 
p. 86) wird dagegen eine Jungfrau Piamon erwähnt, die in einem 
Dorfe mit ihrer Mutter allein lebte, nur alle 2 Tage Nahrung 
zu sich nahm und sich vom Nähen ernährte. Sie rettete den 
Dorfbewohnern einst durch ihr Gebet das Leben. So sehen wir 
noch längere Zeit beide Formen weiblichen Asketentums neben- 
einander, die der Klostergenossenschaft und die ältere der Durch- 
führung des asketischen Lebens allein oder mit wenigen Ge- 
nossinnen. Zur letzteren Art gehören die in unserm Traktat vor- 
ausgesetzten Verhältnisse. Sie würden schon im dritten Jahr- 


hundert denkbar sein, haben sich aber auch nach der Gründung 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2 6 


82 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! “όγος Σωτηρίας. 


der großen Ansiedelungen mit gemeinsamem Leben weiter er- 
halten. 

Es sind der Regeln über Fasten, Kleidung und Gebets- 
stunden in unserm Traktat doch schon zu viele und der Ge 
danke alles Irdische zu verlassen zu vorherrschend, um unsern 
Traktat vor jener größern Bewegung anzusetzen, die unter dem 
Einfluß des heiligen Antonius Hunderte und Tausende der Christen 
des vierten Jahrhunderts ergriff. Andrerseits will das völlige 
Schweigen über die Existenz der Frauenklöster (μοναστήρια) 
beachtet sein. Auch diese Erwägung führt uns in die erste 
Hälfte des vierten Jahrhunderts. 

Was die einzelnen Lebensregeln angeht, so werden wir uns 
hier des Wortes des Cassian zu erinnern haben, der noch am 
Ende des vierten Jahrhunderts von den ägyptischen Asketen be- 
zeugt: «Tot propemodum typos ac regulas vidimus quot etiam 
monasteria cellasque inspeximus». Das wird erst recht für die 
Anfangszeiten gegolten haben. 

Es ist deshalb schwerlich besonderes Gewicht darauf zu 
legen, daß die Regel νήστευσον ov» ὅλον τὸν ἐνιαυτὸν χωρὶς 
πάσης ἀνάγκης (cap. VIII) ohne Einschränkung gegeben wird. 
Vielleicht betrachtete es der Verfasser sogar als selbstverstündlich, 
daß die Sonntage keine Fasttage sein sollten. Auch der vege- 
tarische Satz πάντα ἀγνὰ ὅσα ἄψυχα darf nicht dazu führen, an 
eine besondere Secte, etwa die der Eustathianer zu denken, wie 
P. Batiffol vorschlug. 

Die Beschränkung der Nahrung auf Wasser (ein wenig 
Wein nur im Fall der Krankheit) und Brot ἐν Aayavo ἄνα: 
πεποιημένῳ ἐλαίῳ und zwar auf eine einmalige Mahlzeit nach 
der σύναξις der neunten Stunde, entspricht durchaus der für die 
Asketen Ägyptens bezengten Gewohnheit nach der strengeren 
Lebensregel (vgl. Schiewitz a. a. O. p. 209 ff). 

Viel wichtiger als die Übereinstimmung in vereinzelten Be 
stimmungen ist die eigentümliche Stellung der εὐχαριστία d. h. 
der eucharistischen Feier mit der Bedeutung der χοενωνία τοῦ 


1) Vgl. hist. mon. VIII. 58 (ed. Preuschen p. 48): τὰς dt χαϑολι- 
xg νηστείας, φησί, μὴ ἐξὸν λίειν ἄνευ πάσης ἀνάγχης" ἐν γὰρ τετρὰν 
ὁ σωτὴρ παρεδόϑη, ἐν δὲ τῇ παρασχενῇ σταυροῦται. Die Auswahl der 
Fasttage wird hier aus dem Leben des Herrn begründet, wie in unserm 
Traktat die der Gebetsstunden. 


u N 


U. Ursprung und Charakter. 83 


Χριστοῦ. Es wird nämlich in den Berichten mehrfach hervor- 
gehoben, daß die Brüder nie eher Speise zu sich nahmen, ehe 
sie die πνευματιχὴ τροφή genossen hätten. Diese nähmen sie 
aber täglich zur neunten Stunde, indem einige sich überhaupt mit 
diesem Minimum von Nahrung, dem Brot der Eucharistiefeier, be- 
gnügten, andere sich erst nach genossener πρευματιχῇ τροφή 
der Mahlzeit zuwendeten (vgl. hist. mon. II, 7; VIII, 50; VIII, 55). 
Andererseits wird berichtet, daß die Mönche der nitrischen und 
sketischen Wüste zur gemeinsamen &xxinol« nur am Sabbath 
und Sonntag zusammen kamen. Darnach fanden die täglichen 
Eucharistien also in Verbindung mit der Hauptmahlzeit in den 
einzelnen Häusern statt. 

Wir finden also eine häusliche tägliche Eucharistiefeier 
mit Genuß der πνευματικὴ τροφή neben der kirchlichen Feier 
der Mysterien am Sabbath und Sonntag. Zu letzterer war zweifel- 
los ein Priester unentbehrlich (vgl. hist. mon. XIII, 6, wo das 
Fehlen des Priesters als Entschuldigung angeführt wird für das 
Unterbleiben der σύναξις, XVII, 2, wo δυλόγιος ὁ πρεσβύτερος 
unbußfertige Mönche von der Communion zurückweist, hist. laus. 
ed. Butler p. 42, wo für den Sabbath die Notwendigkeit von 
προσφοραί betont wird). Die häusliche Eucharistiefeier werden 
wir aber so zu denken haben, daß gesegnete Brote (εὐλογίαι) 
von der kirchlichen Feier mitgenommen oder aber auch vom 
Priester in die Kellien gesandt wurden, deren mit Gebet be- 
gleiteter Genuß zu Beginn der täglichen Mahlzeit auch als 
εὐχαριστία und χοινωνία τοῦ Χριστοῦ oder πνευματικὴ τροφή, 
also als Genuß des heiligen Abendmahls galt, auch wo sie nur 
in kleiner häuslicher Tischgemeinschaft genossen wurden. Be- 
sonders instructiv dafür ist eine Anekdote in der hist. laus. XXX 
(ed. Butler p. 79). Einige fremde Pilger haben für die Gemeinde 
der Brüder in der Kirche Lebensmittel (τραγήματα) gestiftet. 
Der Presbyter-Mönch Makarius nimmt sie an und schickt jedem 
der Mönche einen Anteil in sein Kellion. Ein aufsässiger Mönch 
Valens weist den Boten schroff ab, schlägt ihn und läßt dem 
Makarius sagen: οὐχ εἰμί σου χείρων, ἵνα σὺ ἐμοὶ εὐλογίαν 
πέμψῃς. Derselbe weigert sich dann außerdem, am Sonntag an 
der Eucharistie teil zu nehmen mit den Worten: ἐγὼ χοινωνίας 
χρείαν οὐχ ἔχω τὸν γὰρ Χριστὸν Empaxa σήμερον. Der fromme 
Erzähler der Anekdote freilich sagt, dieser Christus sei der Anti- 

6* 


84 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aödyos Zwrneiag. 


christ gewesen und den hochmütigen Asketen traf die verdiente 
Strafe. Aber uns lehrt die Erzählung mehr: wir sehen, wie der 
freie Asket die kirchlich gesegnete εὐλογία abweist in dem Be- 
wußtsein, als Mönch nicht weniger zu sein wie der Priester, wir 
seben, wie der Presbyter die einzelnen Kellien mit εὐλογίαι ver- 
sorgt und wie außerdem eine Mysterienfeier in der Kirche statt- 
findet. Schließen wir davon aber auf die frühere Entwicklung, 
so sehen wir, wie die εὐχαριστία als der mit der Mahlzeit 
verbundene Genuß der rvevuarıxn τροφή, als tägliche häus- 
liche Feier, im Kreise der Asketen neben dem eigentlichen 
Sonntagsgottesdienst eine selbständige Existenz hatte. 

Das ist aber genau der Stand der Dinge in unsrer Anweisung 
für die Jungfrauen. Nur in Verbindung der Vorschriften für 
die Tischgebete in der neunten Stunde treten eucharistische Ge- 
bete hervor. Bei dem Verhalten ἐν ἐχχλησίᾳ ist zunächst nur 
von dem Aufpassen auf die Vorlesung, von Singen und Beten 
die Rede. Indem wir eine genauere Untersuchung dieses Sach- 
verhalts einer besondern Abhandlung vorbehalten, genügt uns an 
diesem Ort der nachdrückliche Hinweis, wie wir gerade aus den 
Berichten über das Leben der ägyptischen Asketen den Schlüssel 
gewinnen für die interessanteste Partie unseres Traktats. 

Was die übrigen Gebetsstunden angeht, so ist die Hervor- 
hebung der dritten, sechsten und neunten Stunde schon seit dem 
Urchristentum allgemein üblich. Das Gebet zur zwólften Stunde 
entspricht dem ebenfalls frühe bezeugten Gebet beim Lichtan- 
zünden vor dem Schlafengehen, das Gebet um Mitternacht mit 
den vorgeschriebenen Psalmen und das zum ὄρϑρος (Zeit des 
Hahnenschrei) ist ebenfalls. früh bezeugt. Die für Mitternacht 
empfohlenen Psalmen, Gebete und Kniebeugungen entsprechen 
dem, was z. B. Cassian berichtet, nur daß in unserm Traktat von 
einer Zwölfzahl der Psalmen noch nichts verlautet. 

Die Vorschriften über die Kleidung (cap. ΧΙ) dürfen nicht 
mißverstanden werden. So wie die Traeht der sketischen und 
nitrischen Mönche nur durch die äußerste Einfachheit und 
Dürftigkeit in Form und Farbe sich von der sonst landesüblichen 
unterschied (vgl. Schiewitz a. a. O. p. 210), so ist auch die 
cap. ΧΙ empfohlene Jungfrauentracht im Gegensatz zu den 
modischen jugendlichen Kleidern (νεωτερικὰ σχήματα) nur von 
rohestem Stoff und einfachster Farbe; sonst besteht sie aus den 


II. Ursprung und Charakter. 85 


landesüblichen Bestandteilen, einem dunklen Obergewand (£ze»- 
δύτης), nicht gefärbt, sondern naturfarben oder gelblichweiß, 
einem Schleier ohne Troddeln von derselben Farbe, wollenen 
Ärmeln, die bis zu den Fingern reichen, einer wollenen Kopfbinde 
um den Kopf — die Haare ringsherum beschnitten, einer Kopf- 
kappe, einem Schultertuch und Sandalen. Nur das Abschneiden 
der Haare unterscheidet sich von der schon zu Tertullians Zeit 
üblichen Jungfrauentracht — es wird von Hieronymus als eine 
Sitte der ägyptischen und syrischen Asketen bezeichnet!. 

So werden wir, wo wir auch nachprüfen, immer von neuem 
dazu geführt, den Ursprung unsres Traktats in den asketischen 
Kreisen Ägyptens in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts 
zu suchen. 


4. Die literarischen Beziehungen. 


Wie die Aussprüche der ägyptischen Asketen in den axo- 
φϑέγματα, wie die Reden des Antonius und der Synoletice in 
ihren Viten, so ist auch unsere Schrift reich an biblischen 
Reminiscenzen. Ja man könnte geradezu von einem biblicisti- 
schen Charakter der Sprache reden. Denn nicht nur in zahl- 
reichen Citaten, sondern in der gesamten Diction ist der Einfluß 
der Bibel bemerkbar. Der Verfasser lebt in der heiligen Schrift 
und schöpft in freier ungebundener Weise aus seinem Gedächt- 
nisschatz, ohne sich dabei ängstlich an den Wortlaut der ci- 
tierten Stellen zu binden. Die Art des Schriftgebrauchs ist 
weder eine dogmatische noch eine exegetisch wissenschaftliche. 
Es handelt sich nirgends um Belegstellen für aufgestellte Lehren, 
auch nicht um historische oder allegorische Ausdeutungen ein- 
zelner Worte oder Sätze, sondern um rein praktische unmittel- 
bare Zeugnisse im Interesse der Erbauung und zur Bekräftigung 
der gegebenen Ermahnungen. 

Aus dem alten Testament sind die Citate nicht sehr 
zahlreich, zumal wenn wir die liturgischen Wendungen in 
den Gebeten cap. XII, XIII und XIV, XX (Ps. 135, 25, Ps. 110, 4, 








1) Vgl. Hieron. Ep. 147, Migne P. |. XXII col. 1119; näheres bei 
Wilpert, Die gottgeweihten Jungfrauen in den ersten Jahrhunderten der 
Kirche S. 15 ff. 


86 Ed. v. ἃ. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 
Dan. 3, 57. 58, Ps. 118, 37. 62, Ps. 50 und Ps. 62, 2) in Abzug 
bringen, weil sie nicht direct dem A.T., sondern der bestehenden 
liturgischen Praxis entnommen sind. Ausführlicher ist nur die 
Bezugnahme auf die Schópfungsgeschichte in cap. I (35, 11 ff) und 
auf das Fasten Daniels und seiner Genossen. Die Schópfung ist in 
ganz freier Weise nach Gen. 1 wiedererzählt wie in unzähligen 
patristischen Stellen !, bei der Schöpfung Adams und Evas unter 
wesentlich wórtlichem Anschluß an Gen. 1, 26; 2, 7.8. 21—24 
(LXX), doch auch nicht ohne Abweichungen vom kanonischen 
Wortlaut. Ganz frei dagegen bewegt sich der Verfasser cap. VI 
in der Wiedererzählung der Fastenanekdote aus Dan. 1. Auch 
der Einwand des Eunuchen und die Antwort Daniels sind in 
directer Rede frei formuliert. Sachlich ist kein neuer Zusatz 
hinzugefügt, der an der biblischen Erzählung keine Stütze hätte 
— aber in der Form erzählt der Verfasser lebendig und frei 
das im Gedächtnis Behaltene wieder. Im dritten Capitel (38, 6) 
wird flüchtig auf das Gericht, das über Dathan und Abiram kam, 
hingewiesen und ganz naiv der Herr, der den Befehl gab, dab 
die Erde sie verschlinge, mit Jesus Christus identificiert. 

Im vierten Capitel (39,1ff) findet sich ein ungenaues Citat 
aus Jerem. IV, 22? — entweder handelt es sich um ein freies Citat 
nach dem Gedüchtnis oder um ein versehentliches Überspringen 
vom ersten εἰσὶ bis zum zweiten, das entweder in der Über- 
lieferung unseres Traktats oder in der Überlieferung der bibli- 
schen Vorlage passiert sein kann. Die Einführung ἄχουε γὰρ, 
φησί scheint übrigens darauf hinzudeuten, daß das Citat schon 
mit a@xove beginnt, also nicht direct aus Jerem. 4, 22, sondern 
aus einer Schrift entnommen ist, welche den Jeremias citiert. 

Zwei andere Stellen zeigen uns eine mythologische Verwen- 
dung des A. T. Im fünften Capitel (39, 20f) ist das Wort Jes. 14,11 
in sehr freier Wiedergabe als Wort des hochmütigen Teufels, 
des Lucifer (ἑωσφόρος) aufgefaßt, der sich an Gottes Stelle 


1) Sehr ähnlich ist 1 Clem. 33, 2—5. 


2) Jerem. IV, 22 περὶ παρϑενίας IV 


διότι οἱ ἡγούμενοι tov λαοῦ μου ἐμὲ 
» , «ς M , 

οὐκ ἤδεισαν" υἱοὶ ἄφρονέἐς εἰσι 

καὶ οὐ συνετοὶ, σοφοί εἰσι τοῦ 

χαχοποιῆσαι" τὸ δὲ χαλῶς 

ποιῆσαι οὐχ ἐπέγνωσαν. 


ἄχονε γὰρ, φησί, τί αὐτὸς ὁ ϑεὸς δια 
Ἱερεμίου τοῦ προφήτου εἴρηκεν" ὁ 
λαὸς οὗτος υἱοὶ ἄφρονές εἰσι (εἰσι 
>PCD) τοῦ χακοποιῇσαι᾽ τὸ δὲ 
καλὸν ποιῆσαι οὐκ ἐπέγνωσαν. 


II. Ursprung und Charakter. 57 


setzen will und dafür vom Himmel gestürzt wird. Es ist be- 
achtenswert, daß die Vita S. Syncleticae c. 49 das Citat in Ab- 
weichung von der LXX gerade wie unser Traktat anführt: ava- 
βήσομαι καὶ ϑήσομαι τὸν ϑρόνον μου (LXX: εἰς τὸν οὐρανὸν 
ἀναβήσομαι, ἐπάνω τῶν ἀστέρων τοῦ οὐρανοῦ ϑήσω τὸν 
ϑρόνον μου). Die Ausdeutung der Stelle auf die Überhebung 
und den Sturz des Satans finden wir schon bei Tert. adv. Marc. 
V, 11 und 17 — das Citat ist dort aber genauer. Dasselbe Mytho- 
logumenon ist vielleicht schon Luk. 10, 18, Joh. 12, 31, Apok. 
Joh. 12, 9 vorausgesetzt.! . | 

Die andere Stelle ist eine Beziehung auf Ps. 106 (107) LXX 
V. 16 in der Rede des Hades an den in die Unterwelt eindringen- 
den Jesus (51, 15f). Hier ist keinesfalls das A. T. die directe 
Quelle. Über den Ursprung dieser Stelle handeln wir spüter. 


So bleiben nur noch die kurzen Sprüche: 


Eccl. 13, 1 ὁ ἁπτόμενος πίσσης μολυνϑήσεται xal ὁ χοι- 
νωνῶν ὑπερηφάνῳ ὁμοιωθήσεται αὐτῷ (eingeführt mit λέγει 
γὰρ ἡ ϑεία γραφὴ in Cap. XIII, 48, Sf). 

Sirach 15, 16 παρέϑηχέ σοι (Ath. ἰδοὺ) πῦρ καὶ vóoQ 
οὗ ἐὰν ϑέλῃς ἐχτενεῖς τὴν χεῖρά σου (Ath. ὅπου ἂν ϑέλῃς ἔχ- 
τεινον τὴν χεῖρά σου, Cap. XVIII, 53, 16 f£). 

Prov.12,7 ὅπου ἐὰν στραφῇ ὁ ἀσεβὴς ἀφανίζεται (eingeführt 
mit διὰ τοῦτο eionxer 7) ϑεία γραφὴ in Cap. XVIII, 54, Sf). 

Zu der Wendung ἀπότομος στρατιώτης (cap. XIX, 55, 1) 
vgl. Sap. Salom. 18, 15 ἀπότομος πολεμιστής und zur Fort- 
setzung ὅστις οὐ ϑαυμάξζει πρόσωπα οὐ δ᾽ οὐ un λάβῃ δῶρα, 
wörtlich Deut. 10, 17 — eine Stelle, die auch durch Vermitt- 
lung einer apokalyptischen Schrift benützt sein kann. 

Auch ist das Gebot aus dem Dekalog zu erwähnen: οὐ 
μὴ λήψῃ τὸ ὄνομα xvolov ϑεοῦ σου ἐπὶ ματαίῳ (Cap. XV, 
50, 24, vgl. Ex. 20, 7), das mit einem Herrenwort zusammen 
genannt wird, und das Doppelgebot der Liebe Gottes und des 
Nächsten, das aber jedenfalls aus Mth. 22, 37, also aus der 
kirchlichen Praxis herübergenommen ist (56, 5ff). Im letzten 
Capitel (XXV, 60,2) stammt der Satz: un ἐχκλίνῃς οὖν ἀπὸ τῶν 
λεγομένων τούτων δεξιὰ ἢ ἀριστερά aus Prov. 4, 27. 


1) Bousset, Der Antichrist p. 97, erinnert auch an den Sturz des 
Simon Magus, vgl. Apost. Const. VI, 9. 


88 Ed. v. d. Goltz, Atbanasius’ “όγος Σωτηρίας. 


Soweit man aus einem so geringen Material Schlüsse ziehen 
darf, können wir die in andern Quellen gemachten Beobachtungen 
durch unsern Traktat bestätigt finden, daß sich gerade die Spruch- 
weisheit des A.T. besonderer Beliebtheit erfreute und daß daneben 
die Erzählungen apokrypher Natur, von Daniel, von Dathan und 
Abiram, vom Sturz des Satans, von Ereignissen in der Unterwelt 
und dergleichen auf die Phantasiewelt des Volkes besondern Ein- 
druck machten und deshalb besonders gern Verwendung fanden. 
Unsere Schrift bietet selbst Beispiele dafür, wie sowohl die spruch- 
artige Redeweise in kurzen Sentenzen als auch die mythologisie- 
rende Gestaltung biblischer Erinnerungen in Ägypten nicht nur 
fleißige Benutzung, sondern auch Fortsetzung gefunden hat. 

Wichtiger aber ist noch, was wir nun bei Verwendung des 
N. T. beobachten kónnen. Die Benutzung von Herrenworten 
und einzelnen Erzühlungen der evangelischen Geschichte ist eine 
verhältnismäßig große. Dabei machen sich weder dogmatische 
Interessen noch allegorisch-exegetische Tendenzen geltend. Der 
geschichtliche Gehalt der Worte und Erzühlungen wird in der 
einfachsten schlichtesten Weise zur ethischen Paränese ver- 
wandt, unbekümmert um den genauen Wortlaut des kanonischen 
Textes. Alle vier Evangelien sind benutzt, aber nicht selten 
sind zwei unter ihnen gleichzeitig von Einfluß auf die offenbar 
nur freie gedächtnismäßige Reproduction. Als Citationsformeln 
dienen Wendungen wie: λέγει γὰρ ὁ σωτὴρ ἐν τοῖς εὐαγγελίοις 
(cap. IV), αὐτὸς γὰρ ὁ κύριος λέγει (cap. V, IX, X, XXI, XXII), 
ἔχεις μαρτυρίαν ἐν τοῖς εὐαγγελίοις παρὰ τοῦ σωτῆρος εἰρη: 
μένην (cap. VID, αὐτὸς γὰρ ὃ κύριος ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστὸς 
£v τῷ εὐαγγελίῳ ἐμαρτύρησε λέγων (cap. XV), μαρτυρεῖ de μοι 
τὸ ἅγιον εὐαγγέλιον" (cap. XVII) — in andern Fällen fehlt die 
Citationsformel. Wir haben den Eindruck, daß nicht nur de 
Verfasser selbst, sondern auch seine Leser die Evangelien gensu 
kennen! und besondern Wert auf die Worte des Herrn selbst 
legen, die nicht als Gotteswort eines heiligen Buchs sondern a8 
lebendiges Zeugnis (μαρτυρία) des Herrn der Gemeinde gedentet 
sind. So unbesorgt der Verfasser um correcte Wiedergabe des 
biblischen Wortlauts ist, umsomehr liegt ihm daran, das pe 


1) Das Auswendiglernen von Worten der heiligen Schrift sollte nach 
der vita Antonii zu den tüglichen Pflichten der Asketen gehüren. 


II. Ursprung und Charakter. 89 


sönliche Wort des Meisters selbst in die Wagschale zu werfen. 
Es verlohnt sich wohl, einen Augenblick bei dem Detail dieser 
Schriftbenutzung zu verweilen. Es finden sich nach der Reihe 
der Capitel folgende Evangeliencitate: 

Cap. III (38, 1 ff). Zur Bekräftigung der Mahnung zur Sanft- 
mut und Demut wird auf das Verhalten des Herrn hingewiesen, 
wie er sich von den Juden mißhandeln, schlagen und quälen ließ, 
ohne die Sanftımut zu verlieren und wie er von Knechten (δοῦλοι) 
des Hohenpriesters geschlagen: οὐδὲν ἐποίησε ἀλλὰ μόνον eine 
el χαχῶς ἐλάλησα, μαρτύρησον περὶ τοῦ xaxov, el δὲ 
χαλῶς, τί με δέρεις; (wörtlich — Joh. 18, 23). Wie hätte der 
Herr, der einst der Erde Befehl gab, Dathan und Abiram zu 
verschlingen, doch auch hier den strafen können, der seine Hand 
wider seinen Schöpfer (δημιουργόν) erhob! Er tat es nicht, 
um uns ein Beispiel zu geben. Also gilt es: μίμησαι τὸν 
δεσπότην σου. Wenn er als Gott sich von einem sündigen 
Menschen schlagen läßt, wieviel mehr hätten wir Anlaß zur 
Sanftmut, wenn uns von einem gleichstehenden Mitmenschen Un- 
recht widerführt. Statt dessen wirst du unwillig und suchest 
dich zu rächen! Was für ein Widersinn, welch große Unbe- 
sonnenheit! So zünden wir uns selbst das Feuer an — so stellen 
wir, die vernünftigen Wesen, uns unvernünftigen Tieren gleich! 
— Dazu steht noch einmal zum Schluß im höchsten Contrast 
die Gestalt des Heilands, der, obwohl er reich war, um unsert- 
willen arm wurde, damit wir durch seine Armut reich würden! 
— Welch wirksame Verwendung der Leidensgeschichte! — 
Auszugehen von der biblischen Erzählung, das natürliche mensch- 
liche Verhalten im Gegensatz dazu zu stellen, um nıit dem Ge- 
samteindruck des Armwerdens und Menschwerdens des Gottes- 
sohnes zu schließen — eine noch heute homiletisch beachtens- 
werte Behandlung dieser biblischen Geschichte. 

Cap. IV (39, 12) findet sich das in der patristischen Litera- 
tur sehr häufig wiederholte Herrenwort: Mth. 10, 16 γίνεσϑε 
φρόνιμοι ὡς οἱ ὄφεις καὶ ἀκέραιοι ὡς al περιστεραί 
(vgl. z. B. Ign. ad Polyc. 2, auch Vita S. Syncleticae c. 9). 

Cap. V (39,25) wird als Wort des Herrn citiert: ὁ ϑέλων ἐν 
ὑμῖν εἶναι μέγας, ἔστω πάντων δοῦλος. Es scheint das ein 
gedächtnismäßiges Mischcitat zu sein nach Mth. 20, 26: ἀλλ᾽ 
ὃς ἂν ϑέλῃ ἐν ὑμῖν μέγας γενέσϑαι, ἔσται ὑμῶν διάχονος 


90 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Adyog Σωτηρίας. 


χαὶ ὃς ἐὰν ϑέλῃ iv ὑμῖν εἶναι πρῶτος, ἔστω ὑμῶν δοῦλος 
und Mark. 10, 43 ἀλλ, ὃς ἂν ϑέλῃ μέγας γενέσθαι ἐν ὑμῖν, 
ἔσται ὑμῶν διάχονος, καὶ ὃς ἂν ϑέλῃ ὑμῶν γενέσϑαι πρῶτος, 
ἔστω πάντων δοῦλος. Auffallend ist die kurze Sentenz, die 
sich dem Spruch in unserm Traktat anschließt: ὁ γὰρ #eoc 
τῶν ταπεινῶν ἔστε (vgl. Jak. 4,6; 1 Petr. 5, 5; Judith 9. 11). 
Es scheint fast, als ob auch dieser Schluß mit dem Herrenwort 
zusammen überliefert sei (vgl. dagegen cap. XIII, 48, 14 eine 
ähnliche Wendung, die dem Verfasser des Traktats angehört). 
Cap. VII (41, 3 ff) beweist den hohen Wert des Fastens durch 
den Hinweis auf das Herrenwort: Τοῦτο τὸ γένος οὐχ &xPßal- 
λεται el un ἐν νηστείαις καὶ προσευχαῖς. Dies Wort, das 
sich in den ältesten Handschriften δὲ und Β Mth. 17, 21 nicht 
findet!, lautet bei Marcus 9, 29 τοῦτο τὸ γένος ἐν οὐδενὶ δύ- 
vata. ἐξελϑεῖν εἰ un ἐν προσευχῇ. Die in περὶ xag. über- 
lieferte Form ἐχβάλλεται stimmt mit einem Corrector des Sinai- 
ticus δὲν, die Reihenfolge ἐν νηστείαις καὶ προσευχαῖς findet sich 
nach Tischendorf in einigen orientalischen z. B. der äthiopischen 
Übersetzung. Wichtiger aber als diese Einzelvarianten ist es, 
daß das Wort des Herrn hier eingeleitet erscheint durch eine 
in directer Form gegebene Frage der Jünger. Denn nach der 
Einleitungsformel (Zye&c μαρτυρίαν ἐν τοῖς εὐαγγελίοις χαρὰ 
τοῦ σωτῆρος εἰρημένην) folgt der Satz: ἠρώτησαν αὐτὸν οἱ 
μαϑηταὶ αὐτοῦ λέγοντες" κύριε, δεῖξον ἡμῖν, ποίῳ τρόπῳ 
τὰ ἀχάϑαρτα πνεύματα φυγαδεύονται" εἶπεν δὲ ὁ xor 
τοῦτο x.TA. Von dieser Jüngerfrage findet sich nichts im 
kanonischen Text und es sieht so aus, ala ob der Verfasser hier 
einer uns unbekannten Quelle folgte. Da wir aber sonst kein 
Stütze für diese immerhin mögliche Annahme haben und de 
Frage der Jünger so ganz der Phantasiewelt der ägyptische 
Asketen homogen ist, so werden: wir doch vorziehen, eine fre 
Wiedererzählung anzunehmen, welche den Gesichtspunkt, s 
den es dem Verfasser ankommt, durch diese dramatische Ot 
staltung in den Vordergrund zu stellen weiß. 
Cap. IX (43, 6f) enthält in dem Satz εἴ τε σοιεῖς, U 
χρυπτῷ ποίει καὶ ὁ πατήρ σοῦ 0 οὐρᾶνιος 0 βλέπων ? 
1) Es ist dagegen für Matthäus bezeugt von NbCDEFGH u. =, μὰ 
von Origenes, Chrys., Ambr., Augustin. 





ll. Ursprung und Charakter. 91 


τῷ χρυπτῷ ἀποδώσει σοι eine Beziehung auf die fast gleich- 
lautenden Wendungen Mth. 6, 4. 6. 15 (ἐν τῷ φανερῷ ist erst 
späterer Zusatz der Handschriften MGT). Als Herrenwort aus- 
drücklich citiert ist in demselben Capitel (43, 15f) das Wort: 
Mn δῶτε τὰ ἅγια τοῖς χυσὶ μηδὲ βάλητε τοὺς uapya- 
ροἰτας ὑμῶν ἔμπροσϑεν τῶν χοίρων (Mth. 7, 6). Auch 
dies ist ein schon in der Didache und später oft citiertes Wort. 
Der Text stimmt hier mit dem bei Matthäus, jedoch wird eine 
Erklärung hinzugefügt, die Perlen seien die Worte Gottes, die 
nur den Würdigen (τοῖς ἀξίοις) gegeben seien, die Schweine 
seien oí ἐν ἀτίμῳ βίῳ διάγοντες. Darnach soll die Jungfrau 
bestimmen, wem sie die Geheimnisse ihres Lebens mit dem Herrn 
anvertrauen darf und wem nicht. Die Neigung war jedenfalls 
vorhanden, unter den ἄξιος nur die zu verstehen, die sich zu 
einem asketischen Leben entschlossen. 

Cap. X (44, 3f) findet sich das ungemein häufig citierte Wort 
Mth. 18, 20 Ὅπου δύο ἢ τρεῖς εἰσι συνηγμένοι ἐν τῷ 
ὀνόματί μου, ἐκεῖ εἰμι ἐν μέσῳ αὐτῶν. ὅπου st. οὗ ist 
bei wb, Origenes, Euseb und Basilius bezeugt (vgl. Tischendorf 
ed. VIII 3. z. d. St). Da das Wort in diesem Zusammenhang nahe 
mit dem vorhergehenden zusammengehórt und der ganze Con- 
text seine Parallelen in kirchenrechtlichen Quellen findet, haben 
wir darauf zurückzukommen. 

Cap. XII ist die Begründung der Gebetsstunden mit ein- 
zelnen Momenten der Leidensgeschichte bemerkenswert. 

Cap. XIV (48, 25f) erinnert das Gleichnis vom γεωργός, 
ἄμπελος und dem Beschneiden der Reben an Joh. 15 (das εὐϑέτῳ 
καιρῷ an Hebr. 6, 7, τέμιος καρπός an Jak. 5, 7). 

Cap. XV (50, 20 ff) wird Mth. 7,21 Οὐ πᾶς 0 λέγων μοι 
κύριε κύριε εἰσελεύσεται εἰς τὴν βασιλείαν τῶν ov- 
ρανῶν als Wort des Herrn aufgeführt. Der Text stimmt 
mit dem kanonischen. Die zweite Hälfte des Spruchs ἀλλ᾽ o 
ποιῶν x.t. A. ist erst von MG unserm Texte beigefügt. 

Cap. XVII (51, 25 ff) nimmt wieder, wie Cap. III, ausführlicher 
auf eine evangelische Erzáhlung Bezug: auf die Verleugnung 
des Petrus. Um den hohen Wert der Bußträne zu beweisen 
und zu zeigen, daß μεγάλαι ἁμαρτίαι καὶ ἀνομίαι διὰ δαχρύων 
ἀπαλείφονται, erzählt der Verfasser die Verleugnungsgeschichte 
nach Luk. 22, 61, ninımt aber das μεϑ᾽ ὥρκον τρίτον αὐτὸν 


92 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ A6yog Σωτηρίας. 


ἠρνήσατο aus Mth. 26, 72 — jedenfalls eine unwillkürliche Com- 
bination frei nach dem Gedüchtnis. Wie das Beispiel aus Da- 
niel, am Anfang von cap. VII abgeschlossen wird mit einem 
ὁρᾶς tí ποιεῖ ἡ νηστεία --- so heißt es hier: ὁρᾶς TO φάρμα- 
xov τῶν δαχρύων, ἐϑεάσω οἵαν ἀνομίαν ἐξήλειψε! — denn 
eine größere Sünde als die Verleugnung des Petrus gäbe es 
nicht. Ὁρᾶς ἡλίκην δύναμιν ἔχουσι τὰ daxpva! Und wie es in 
der Erzählung cap. III (38, 8f) hieß: ἡμῖν ὑπολιμπάνων vxo- 
yoauuov, iv’ ἡμεῖς τοῖς ἐχείνου Iyveoı ἐπαχολουϑήσωμεν, so 
schließt diese Paränese mit dem Satz: ἐχεῖνα γὰρ ἐγράφη εἰς 
τὴν ἡμετέραν νουϑεσίαν, ἵνα ἡμεῖς ἐχείνοις ἐπαχολουϑήσαντες 
ζωὴν αἰώνιον κληρονομήσομεν — zwei treffliche Beispiele prak- 
tischer Anwendung evangelischer Erzählungen auf das Leben von 
einer das Gewissen anfassenden Kraft, wie sie Athanasius vom 
παράγγελμα des Antonius rühmt: μνημονεύειν τῶν πράξεων 
τῶν ἁγίων πρὸς τὸ τῷ ζήλῳ τούτων δυϑμίζεσϑαι τὴν ψυχὴν 
ὑπομιμνησχομένην &x τῶν ἐντολῶν (vita Ant. cap. 55). 

Cap. XX (56, 3) findet sich die Doxologie Luk. 2, 14. ist 
aber hier natürlich liturgischen Ursprungs. 

Cap. XXI (56, 6f) steht das Doppelgebot der Liebe wie 
Mth. 22, 37, kann aber auch nicht direct als evangelisches Citat 
gerechnet werden. Der hier gebotene Wortlaut: ayaznosız 
κύριον τὸν ϑεὸν σου ἐξ ὅλης τῆς καρδίας σου xci ἐξ 
ὅλης τῆς ψυχῆς σου καὶ τὸν πλησίον σου ὡς Éavror ἐν 
ταύταις ταῖς δυσὶ ἐντολαῖς ὅλος ὁ νόμος καὶ οἱ προ- 
φῆται χρέμανται erscheint als ein Mischtext aus Mark. 12, 9) 
und Mth. 22, 37. 40. Doch könnte diese Textfrage nur durch 
Untersuchung aller übrigen patristischen Bezeugungen erledigi 
werden. Das Wort ἐν τούτῳ γνώσονται πάντες, ὅτι ἐμοὶ 
μαϑηταί ἐστε ἐὰν ἀγαπᾶτε ἀλλήλους (56, 15 Ὁ ist m 
Joh. 13,35. Die Lesart der älteren Zeugen ἀγαπᾶτε aAijios 
stimmt mit 69. 124 (Origenes?), Didymus, Chrysostomus, Cyril: 
die andre in den biblischen Handschriften besser bezeugte is i! 
unserm Text erst von LMG eingesetzt. Am Schluß des Capiteb 
(56, 23 ff) ist das Wort: ἐὰν un στραφῆτε καὶ γένησϑε 95 
τὰ παιδία οὐ um eloeAdnte εἰς τὴν βασιλείαν 10 
οὐρανῶν nach Mth. 18. 3 genau wiedergegeben. 

Cap. XXII (57, 14) Mth. 10, 40 ὁ δεχόμενος ὑμᾶς I 
δέχεται wörtlich. 





II. Ursprung und Charakter. 93 


Cap. XXIII (58, 21f) gehórt die Anspielung auf das Kommen 
des Brüutigams und das Bereithalten der Lampen, Mth. 25, zu 
den beliebtesten Mahnungen der asketischen Literatur. 

Kürzer kónnen wir uns über die Verwendung von Epistel- 
citaten orientieren. Nirgends haben sie dogmatischen oder 
exegetischen Charakter. Das praktische religiös-sittliche Interesse 
behält auch hier ganz die Oberhand. Die Citationsformeln sind 
χαϑὼς εἶπεν ὁ uaxapıos Παῦλος (cap. II), μαρτυρεῖ δέ μοι καὶ 
αὐτὸς ὁ ἀπόστολος λέγων (cap. II), λέγει γὰρ 6 ἅγιος Παῦλος 
(cap. X), εἶπεν ὁ ϑεσπέσιος Παῦλος (cap. XV), oder es ist gar 
keine Einführungsformel gegeben. Wörtlich citiert sind als Zeug- 
nisse des Apostels für die Wahrheit der den Lesern an das Herz 
gelegten Gedanken: cap. II: Eph. 5, 32; 1. Cor. 7,34 u. 7,4 
(sehr häufig in der asketischen Literatur); Eph. 5, 24; cap. IV: 
1 Cor. 3, 19. 18 (c» sic!); 1 Cor. 14, 20; cap. X: I Tim. 5, 3. 5. 6. 
9. 10. 11. 12!; cap. XV: Phil 3. 18—20; cap. XXIV: Rom. 8, 18; 
dazu kommen noch ohne Citationsformel: 

1 Petr. 2, 21 (cap. III, 38, 8f: ὑμῖν ὑπολιμπάνων ὑπογραμ- 
μὸν ἵν᾿ ἡμεῖς τοῖς ἐκείνου ἴχνεσιν ἐπαχολουϑήσωμε»); 2 Cor. 8, 9 
(cap. 111, 33, 18 f: πλούσιος ὧν ἐπτώχευσε δι᾽ ἡμᾶς ἵνα ἡμεῖς τῇ 
ἐχείνου πτωχείᾳ πλουτήσωμεν); Gal. 3, 28 (cap. X, 44, 5f: ἐν 
γὰρ τῇ βασιλείᾳ τῶν οὐρανῶν οὐχ ἔστιν ἄρρεν καὶ ϑῆλυ); 
Jak. 2, 19. 20 (cap. XV, 50, 11: σὺ πιστεύεις ὅτι ἔστι ϑεός [om. 
εἷς" χαλῶς ποιεῖς, xci τὰ δαιμόνια πιστεύουσι καὶ φρίττουσι, 
ἀλλὰ ἡ πίστις χωρὶς τῶν ἔργων νεκρά ἐστι; 1 Joh. 3, 16 (cap. 
ΧΧΙ,56, 13f: εἰ οὖν αὐτὸς ὁ κύριος ἀπέϑανεν ὑπὲρ ἡμῶν, καὶ 
ἡμεῖς ὀφείλομεν ὑπὲρ ἀλλήλων τὰς ψυχὰς ἡμῶν Otra und 
den ganzen Context, vgl. auch 56, 9: 1 Joh. 4, 8. 10); 2 Cor. 7, 10 
(cap. XXII, 57, 2: ἡ λύπη γὰρ τοῦ xoouov τούτου ϑάνατον 
χατεργάζεται.) Ganz allgemeine Sentenzen, die in die religiöse 
Volkssprache übergegangen waren, sind: ῥέζα γὰρ πάντων τῶν 
καχῶν ἐστι 9) φιλαργυρία (cap. VII, 24, 4f, vgl. 1 Tim. 6, 10; 
Polyc. ad Phil. 2, 2. 4, 1; 2 Clem. 6, 4), ἀποστήτω ano ἀδικίας 
πᾶς ὁ ὀνομάζων τὸ ovoua τοῦ xvolov (cap. XV, 50, 24 f, vgl. 

1) Es ist auffallend, daB in diesem ausführlichsten Citat die Verse 
4. 7. S ausgelassen sind; es sind das gerade die, welche auf die Familien- 
pflichten Bezug nehmen; sie waren für den Verfasser wertlos, da er die 
Ehrenstellung der asketischen, von allen Sorgen der Welt befreiten 
Witwen hervorheben wollte. 


94 Ed. v. ἃ. Goltz, Athanasius! Aoyog Σωτηρίας. 


9 Tim. 2,19), à ὀφθαλμὸς οὐχ εἶδε xai ovg οὐχ ἤχουσε x. 
t. Δ. (cap. XVIII, 54, 2f, vgl. 1 Cor. 2,9; 1 Clem. 34, 8; Apost. 
Const. VII, 32 u. à); οὐχ ἐπιδύσεται (statt μὴ ἐπιδυέτω)Ὶ γὰρ 0 
ἥλιος ἐπὶ τῷ παροργισμῷ ὑμῶν (cap. XXI, 56, 21f, vgl. Eph. 4, 26; 
Polyc. ad Phil. 1, 2; Clem. Alex. Strom. V, 5; Apost. Const. V, 53; 
Vita S. Synel. 63). 

Man wird im Verhältnis zum Umfang unserer Schrift diese 
Citate aus den neutestamentlichen Briefen nicht besonders zahl- 
reich finden kónnen. Aber etwas über den Umfang des Kanons 
des Verfassers zu ermitteln, dafür ist natürlich die Unterlage 
viel zu schmal. Daß Citate aus dem Il. Petrusbrief, aus den 
kleineren Johannesbriefen und dem Judasbrief fehlen, mag immer- 
.hin constatiert werden. Eine Stelle führt uns vielleicht auch über 
den heutigen biblischen Kanon hinaus. In cap. XVIII (53, 21) heißt 
es nämlich in dem Zusammenhang, wo von den beiden Wegen, 
des Lebens und des Todes, die Rede ist: ἐὰν ov» πορεύῃ ἐν τῷ 
χύσμῳ, ἐν τῷ Üavato πορεύῃ καὶ ἐκτὸς τοῦ ϑεοῦ γίνῃ κατὰ 
τὴν ϑείαν γραφήν. Da es eine biblische Belegstelle m. W. 
für dieses ἐχτὸς τοῦ ϑεοῦ nicht gibt, so liegt es nahe, hier an 
die Didache zu denken, in der es am Schluß der Beschreibung 
der beiden Wege heißt: Ὅρα μή τις 66 πλανήσῃ ἀπὸ ταϊτης 
τῆς ὁδοῦ τῆς διδαχῆς, ἐπεὶ παρεκτὸς ϑεοῦ σε διδάσχει. Zumal 
sich dieser Spruch auch in dem mit unserm Traktat etwa gleich- 
zeitigen σύνταγμα διδασχαλίας findet, so muß die Beziehung der 
Worte ϑεία γραφή auf die Lehre der 12 Apostel als nicht un- 
wahrscheinlich gelten!. Damit kommen wir auf die interessante 
Frage, welche andere literarischen Beziehungen sich in zt 
παρϑ. neben den biblischen überhaupt nachweisen lassen. 

Bleiben wir zunächst bei der Didache stehen, so ist neben 
der Erwähnung des Doppelgebots der Liebe cap. XX und det 
beiden Wege cap. XVIII, das Tischgebet in cap. XIII = διὰ 
9, 3—4 bei weitem die wichtigste literarische Berührung. Es 
kann aber auch aus ihr die literarische Benutzung der Didsche 
selbst nicht streng bewiesen werden, da die liturgische Prans 
die Vermittlerin gewesen sein kann, der beide, wenn auch in 





1) Der Ausdruck ϑεία γραφή ist vom Verf. sonst auf Eccl. 13, 1 und 
Prov. 12, 7 angewendet, also auf die Weisheiteliteratur, die im 38. Fe* 
brief des Athanasius mit der Didache zusammen genannt wird. 


P Lum. " 


IL. Ursprung und Charakter. |». 95 


verschiedenen Zeitperioden, dies Gebet entnommen haben. Es 
kommt freilich dazu, daß auch die Warnung Did. 9,5 in cap. XIII 
(47, 12, Ausschluß der Katechumenen von der Tischgemeinschaft) 
und das Citat von Mitth. 7, 6 in cap. IX (13, 15f) eine Parallele 
findet. Außerdem klingen die Mahnungen zur Barmherzigkeit, 
Sanftmut und Demut (cap. III, 37, 29 ff) wie die Warnung vor 
χενοδοξία, ἀλαζονεία, φιλαργυρία (cap. VII Schluß und VIII) an 
Did. III, 5. 7. 8 an. Auffallend ist auch der Satz cap. XXV (60,2): 
um ἐκκλίνῃς ovv ἀπὸ τῶν λεγομένων τούτων δεξιὰ ἢ ἀριστερά 
im Vergleich mit Did. XII, 1 σύνεσιν γὰρ ἕξετε δεξιὰν xal 
ἀριστερὰν (vgl. Prov. 4, 27 und Apost. Const. VII, 28). Um diese 
Berührungen richtig zu beurteilen, wird man sich aber zu er- 
innern haben, daß die genannten Sittensprüche Gemeingut in den 
asketischen Schriften jener Zeit gewesen zu sein scheinen. Ohne 
jenen Hinweis auf eine ϑεία γραφή in cap. XVIII würde eine 
literarische Bekanntschaft mit der Didache selbst nicht notwendig 
erscheinen, um die genannten Parallelen zu erklüren. Es steht 
aber auch nichts im Wege, eine solche anzunehmen. 

Ähnlich steht es mit einigen Gedankenanklüngen an den 
Hirten des Hermas. Gleich der Anfang unserer Schrift erinnert 
an Herm. Mand. ], 1 trotz der Verschiedenheiten der Formulierung. 
Die Ausführungen über die sittlichen Voraussetzungen des rechten 
nutzbringenden Fastens (cap. VII, 41, 23 ff) erinnern an ühnliche 
Gedanken in Herm. Sim. V, 1, 2—5, 3, 5—71, die über die Frage, 
ob der Mensch die Gebote Gottes halten könne (cap. XXIII, 58, 18 ff) 
an Herm. Mand. XII, 4, die Ermahnung über die λύπη an Mand. X. 
Aber mehr wie Gedankenparallelen sind es auch nicht; sie kónnen 
sehr wohl der Lectüre des Hirtenbuchs zu verdanken sein — 
sind aber auch ohne solche Annahme begreiflich. 

Noch schwächer sind die Vergleichspunkte in περὶ παρϑ. 
1 (35, 11 ff) und 1 Clem. 33, 2— 5. 20, 9, XVIII (54, 2f) Citat von 
1 Cor. 2, 9 und 1 Clem. 34, 8, III (37, 30 f) μηδενὶ xaxóv ἀντὶ 
xaxo? ἀποδιδόναι nach dem Beispiele des Herrn mit Polyc. ad 
Phil. 2, 2. 8, 2 (vgl. auch 1 Petr. 3, 9), das Citat von 1 Tim. 6, 10 
(cap. VII, 42, 4f und Polyc. ad Phil. 4, 1) und von Eph. 4,26 
(cap. XXI, 56, 20 f und Polyc. ad Phil. 12, 1). Über literarische 





1) Vgl. bes. Sim. V, 3, 6 πρῶτον πάντων φύλαξαι ἀπὸ παντὸς ῥή- 
ματος πονηροῦ xal πάσης ἐπιϑυμίας πονηρᾶς. 


96 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Adyog Σωτηρίας. 


Beziehungen lüft sich daraus nichts entnehmen. Die Verwandt- 
schaft der Gedanken und die Ähnlichkeit des Stils sind aber 
offenkundig. 

Von andern Schriftstellern des zweiten und dritten Jahr- 
hunderts, an deren Werke sich Anklänge finden, wären noch 
Cyprian, Tertullian und Irenaeus zu nennen. Die beiden ersten 
haben in ihren Traktaten über das Gebet ähnliche Begründungen 
der Gebetsstunden aus den Leidensstunden des Herrn (περὶ παρϑ. 
XII ff. vgl. Tert. de ieiunio 10, de oratione 25, Cyprian de ore- 
tione 35. 36.); hier handelt es sich also um ältere gemeinchrist- 
liche Traditionen, für die wir noch nühere Parallelen finden werden. 
An Irenaeus! erinnert einer der wenigen dogmatisierenden Sätze 
unseres Traktats am Anfang von cap. VI (40, 21: ὥσπερ γὰρ 
διὰ βρώματος καὶ παραχοῆς ἐξεβλήϑη ὃ ᾿Αδὰμ ἐχ τοῦ παρα- 
δείσου, οὕτω πάλιν διὰ νηστείας καὶ ὑπακοῆς ὁ ϑέλων εἰσέρ- 
χεται εἰς τὸν παράδεισον. Die Gedankenparallele ist aber nicht 
schlagend genug, um etwas zu beweisen. 

So sehen wir uns denn für die ersten drei Jahrhunderte 
außer dem Neuen Testamente ziemlich im Stich gelassen, wenn 
wir nach deutlichen Beziehungen suchen. So sehr die Sprache 
unsres Traktats in ihrer schlichten Einfachheit an die ältere 
christliche Literatur erinnert, ja man kann sagen, wie sehr sie 
geistig fast in jene ältere Zeiten hinaufzuweisen scheint, so wenig 
ist dem Verfasser daran gelegen, auf andere Bücher Bezug zu 
nehmen als auf die Heilige Schrift allein?. Das wird nun anders, 
wenn wir uns nach Berührungen mit Schriften des vierten Jahr- 
hunderts umsehen. 

Schon Riedel? hat auf Beziehungen unserer Schrift zu den 
Canones Hippolyti aufmerksam gemacht und die Parallelstellen 


1) adv. haer. V, 21, 2 (ed. Harvey. II p. 382): quoniam in principio 
per escam non esurientem hominem seduxit transgredi praeceptum Dei, ia 
fine esurientem non potuit dissuadere eam, quae a Deo esset sustinere ee 
cam ... quae ergo fuit in paradiso repletio hominis per duplicem guste 
tionem dissoluta est, per eam quae fuit in hoc mundo indigentiam. Ille 
autem legaliter explosus tentabat et ipse per mandatum rursus legitime 
facere congressionem. 

2) Vgl. das beachtenswerte Wort in der Vita S. Syncleticae cap. XXI 
(Migne P. g. XXVIII. p. 1500) Oldauev x«l ἡμεῖς ὅτι μία ἐστὶν ἡμῶν nar 
δαγωγὸς ?) γραφὴ καὶ διδάσκαλος. 

3) Theol. Studien und Kritiken 1903 S. 338 ff. 


II. Ursprung und Charakter. 97 


verzeichnet, ohne jedoch Schlüsse aus diesem Tatbestand zu 
ziehen. Harnack! begnügte sich, auf diesen Tatbestand kurz 
hinzuweisen. 

Eine nähere Untersuchung ergibt aber, daß wir uns mit 
dieser Heranziehung nicht begnügen dürfen, daß vielmehr auch 
das vom Erzbischof Rahmani herausgegebene Testamentum 
D. N. I. Chr, die ägyptische K. O. und die apostolischen Constitu- 
tionen und das σύνταγμα διδασχαλίας zum Vergleich heranzu- 
ziehen sind. Außer den apostolischen Constitutionen sind alle 
diese Quellen wahrscheinlich ägyptischen Ursprungs. Die Paral- 
lelen beziehen sich alle auf Regeln des häuslichen asketischen 
Fasten- und Gebetslebens, die teils dem Gedanken nach, teils 
auch wörtlich in zwei oder mehreren der genannten Quellen wieder- 
kehren. 

Gleich der Eingang unseres Traktats: πρῶτον πάντων 
πίστευσον ... entspricht einer gemeinsamen Stiltradition, an 
die Spitze christlicher Lebensregeln eine kurze Formulierung des 
Glaubens zu stellen. So finden wir es in den Mandaten des 
Hermas (I, 1), in den Canones Hippolyti (I, 1), in den Canones 
des Basilius und in der spätern Recension des σύνταγμα διδασ- 
χαλίας. Auch bei Origenes, περὶ ἀρχῶν 1,3,3 und Comm. in 
Ev. Joh. XXXII, 16. 19; in Jerem. IV, 20, 2 finden sich ähnliche 
Formulierungen. Athanasius selbst citiert mehrfach den Anfang 
der Mandate des Hermas in seinen Schriften [vgl. de incarn. 
verbi I, 3, epistula ad Afros episc. V (Migne P. g. XXVI col. 1037) 
und epistula festalis XI, 4 (Migne P. g. XXVI col. 1406). Die 
Formulierung des Glaubensinhalts weicht aber in unserm Trak- 
tat von der oft gebrauchten Hermasstelle wesentlich ab. Mit 
der Formel der Canones Hippolyti stimmt unser Traktat insoweit 
überein, daf auch dort Gott als Schópfer der sichtbaren und un- 
sichtbaren Dinge bezeichnet ist. 

Die weitere Explication der Schópfungserzühlung bis zur 
Erschaffung des Menschen hat ihr Prototyp in einer Stelle wie 
1 Clem. 33, 2—5. 

Wichtiger als diese immerhin nur formale Ähnlichkeit in 
der Voranstellung einer Glaubensformel sind einige Stellen, die 


1 Ad. Harnack, Die Chronologie der altchristl. Litteratur II, 
S. 514 Anm. 
Texte u. Untersuchungen ete. NF XIV, 2 7 





98 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Adyog Σωτηρίας. 


sich auf die Wertschätzung des asketischen Lebensideals be- 
ziehen. σπερὶ παρϑ. VII (41, 22) wird die νηστεία als ἀγγέλων 
βίος bezeichnet, mit dem Zusatz: xal ὁ χρώμενος αὐτῇ ἀγγελικὴν 
τάξιν ἔχει. Cap. X (43, 23) wird feierlich jedem, der sich nach den 
Worten dieses Traktats richtet, versprochen, daß sein Name im 
Buch des Lebens stehen soll: xal ἐν τῷ τρίτῳ τάγματι τῶν 
ἀγγέλων εὐρεϑήσεται. Cap. XXIV (59, 19) wird die ἐγχράτεια als 
ἀγγέλων βίος gepriesen und dem Asketen versprochen: ἐν τῇ 
ἄνω Ἱηρουσαλὴμ χατοιχήσας μετὰ ἀγγέλων χορεύσει καὶ μετὰ 
ἁγίων προφητῶν καὶ ἀποστόλων ἀναπαύσεται. Diesen Ver- 
heißungen unserer Schrift entsprechen nun folgende Stellen: 

Can. Hippolyti 38 (Riedel, p.226—227): Wenn ein Christ 
zu der Menge der Engel gehören will, halte er sich allemal 
von den Frauen fern, nicht mit ihnen zu essen. Wenn ein Christ 
in alledem feststeht, so wird er Christo ähnlich geworden sein 
und mit den Engeln singend zu seiner Rechten sein und von 
ihm Ehre ernten. 

Testamentum D. N. J. Chr. I, 18 (ed. Rahmani p. 23): qui 
eiusmodi sunt habitabunt in ordine tertio post mansionem 
patris mei qui misit me. 

Syntagma did. VIII, 10: ἐὰν ταῦτα φυλάξης ὁ ἱερεὺς 
βαϑμὸν ἀγαϑὸν ἑαυτῷ περιποιῇ καὶ πολλὴν παρρησίαν τὴν 
iv Xo Tv. 

Obwohl sich die Idee, daß die Asketen ein engelgleiches 
Leben führen, auch sonst hüufig findet, so dürfte die Vorstellung 
von dem dritten τάγμα der Engel doch auf eine nähere Be- 
ziehung dieser Schriften zueinander deuten. Der Ursprung der 
Idee wird in dem vulgáren „Gnosticismus“ zu suchen sein, wie er 
auch innerhalb der Kirche in Ägypten herrschend gewesen war; 
jedenfalls war dort die Idee der verschiedenen τάγματα der Engel 
besonders ausgebildet. Noch eine andere Analogie ist aber an den 
gleichen Stellen (περὶ παρϑ. VII, 42, 3f) von Interesse. Ebenda, 
wo das Fasten als die Lebensweise der Engel bezeichnet wird, 
ist auch von der φιλαργυρία die Rede. Die Mahnung zum Fasten 
und die Warnung vor φιλαργυρία hängen eng zusammen. Das 
kann nur so zu verstehen sein, daß das Fasten nie der Ausdruck 
eines knauserigen Spartriebs sein soll, sondern daß das durch 
Fasten Ersparte den Armen zu Gute kommen soll. In diesem 
Sinn ist der Gedanke schon bei Hermas V, 3, 7 verwertet und 


II. Ursprung und Charakter. 99 


sowohl in den Canones Hipp. (Riedel p. 227) als in den Cea- 
nones Basilii 30 steht die Warnung vor der φιλαργυρία un- 
mittelbar neben der Fastenregel. 

Eine andere allgemeine Warnung, welche die Fastenregel 
zu begleiten pflegt, ist die vor xerodo£ía und ὑπερηφανία 
und vor einer lieblosen Beurteilung derer, die nicht dieselbe 
Askese treiben. Hierfür sind die Ausführungen in περὶ rap. 
VIII und IX mit den Canones Hipp. 38 (ed. Riedel p. 228), 
dem Synt. did. II, 16 und V, 1 und vor allem auch mit der vita 
Antonii cap. XXXV ! zu vergleichen. Die Versuchungen zur hoch- 
mütigen Überhebung sind immer Eingebungen des Teufels, vor 
denen der Asket sich besonders zu hüten hat, und der Sturz des 
Satans ist ein warnendes Beispiel für die Folgen solchen Hoch- 
muts (vgl. vita Syncleticae cap. 49). Es ist deshalb geraten, mit 
Ungläubigen und Weltmenschen auch nicht von den eigenen 
asketischen Lebensgrundsätzen zu sprechen; diese Maßregeln der 
Klugheit empfehlen περὶ παρϑ. IX (43, 10ff) und Testam. D. N. J. 
Chr. I, 18 (Rahmani p. 21); I, 31 (Rahmani p. 73) mit dem Hin- 
weis auf das Wort des Herrn Mth. 7, 6 «Gebet das Heilige nicht 
den Hunden und werft die Perlen nicht vor die Sáue». 

Mit solcher Empfehlung der Stille und Bescheidenheit, die 
jeder Ruhmsucht aus dem Wege geht, hüngt es dann auch zu- 
sammen, wenn in unsrer Schrift die Einsamkeit für das Gebet 
und alle Andachtsstunden empfohlen wird, jedoch mit dem Zu- 
satz, daß da, wo man zwei oder drei gleichgesinnte Seelen 
finde, es wohl angebracht sei, in solch kleiner Gemeinschaft die 
Andacht zu verrichten. Die Formulierung dieses Ratschlags in 
cap. X? berührt sich sehr nahe mit einer ühnlichen Vorschrift 


1) Can. Hipp. 38 (p. 228) ... er weiß nur, daß er auserwählt ist vor 
allen Menschen. Das ist der Hochmut, der vor Gott schmutzig ist, wenn 
der Teufel einem einbildet, daf er besser ist als alle Menschen. 

Vita Antonii cap. XXXV (Migne P. g. XXVI. col. 893) ἂν δὲ xal 
ἐπαινῶσι ἄσχησιν ὑμῶν xal μαχαρίζωσιν ὑμᾶς, μήτε ὑπαχούετε μήϑ'᾽ ὅλως 
προσποιεῖσϑε τούτους. 

2) cap. X (43, 24; 44, 1ff) ἐὰν οἷὖν προσεύχῃ ἢ ψάλλῳς ἢ ἀναγιγνώ- 
oxys, xat ἰδίαν χάϑου, μηδεὶς ἀχουέτω εἰ μὴ σὺ μόνος xal ἐὰν ἔχῃς 
ὁμοψύχους μίαν ἢ δύο παρϑένους (hier vielleicht zu ergänzen: χαλὸν 
συνεῖναι αὐταῖς, vgl. Test. I, 22 bonum est si cum ipsis sit) λέγει γὰρ ὁ 
χύριος᾽ ὅπου dio ἢ τρεῖς συνηγμένοι εἰσὶ ἔν τῷ ὀνόματί μου Exel εἶμι ἔν 
μέσῳ αὐτῶν. 


2* 


100 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyog Σωτηρίας. 


in den apostolischen Constitutionen (VIII, 33) und beruft sich 
wie diese auf die Verheißung des Herrn: «Wo zwei oder drei 
versammelt sind in meinem Namen, so bin ich mitten unter 
ihnen». Der charakteristische Unterschied ist nur der, daß die 
apost. Constitutionen die Andachtsübung im kleinsten Kreise nur 
anordnen für den Fall, daß eine allgemeine gottesdienstliche 
Versammlung weder in der Kirche noch in einem Hause möglich 
seil, während unser Traktat seine Ermahnung zu kleinen Er- 
bauungsgemeinschaften allgemein gibt. Im Testamentum D. N. J. 
Chr. I, 22 (Rahm. p. 33) wird dem Bischof die Regel für die 
außergottesdienstlichen Stunden gegeben: Manest autem in ec- 
clesiae domo solus; si vero habet unum vel duos sibi con- 
cordes, bonum est si cum ipsis sit... ubi enim duo vel tres 
congregantur in meo nomine etc. Die Ausdrücke unum vel 
duos sibi concordes correspondieren so genau dem ὁμοψύχους 
ulav ἢ δύο, daß hier wohl Zufall ausgeschlossen ist. Eine lite 
rarische Verwandtschaft liegt jedenfalls vor, wie sie auch zu er 
klüren sei. Auch für die Witwen wiederholt das Testamentum 
(I, 40, ed. Rahmani p. 95) den Satz: Si habet unam aut duas aut 
tres consocias unanimes in meo nomine, ego ero inter illos. 
Allgemeiner und unbestimmter sind wieder die Parallelen, 
die sich zu den Ausführungen unsres Traktats cap. XI über die 
Kleidung, den Schmuck, das Baden und Waschen der Jungfrauen 
anführen lassen. Das Thema war ja schon im zweiten und 
dritten Jahrhundert nicht selten erörtert worden. Besonders 
Clemens Alexandrinus (Paedag. II und 111}, Tertullian (de cult 
feminarum), Cyprian (de habitu virginum) hatten diesbezügliche 
Vorschriften gegeben. Aus den Kirchenordnungen sind hier Cai 
Hipp. XVII (Riedel p. 218); Test. IT, 4 (ed. Rahm. p. 118); 11,2 
(ed. Rahm. p. 143) und vor allem Syntagma did. Il, 1; VL!: 
VIII, 4 zu vergleichen. Die Kleidervorschriften sind ebenso wie 
die analogen für münnliche Asketen im Syntagma noch nicht in 
Sinn einer Standestracht gemeint, sondern im Sinn der Empfer 


1) Apost. Const. VIII, 33. εἰ μήτε ἐν οἴχῳ ἅμα μήτε ἐν dxxiqét 
σιναϑροισϑῆναι δυνατόν, ἕκαστος παρ᾽ ἑαντῷ ψαλλέτω, ἀναγιγνωσαίιν 
προσευχέσϑω ijj καὶ Gua δίο ἢ τρεῖς" ὅπου γὰρ ἄν φησι ὁ κύριος die ἵ 
τρεῖς σινηγμένοι ἐν v ὀνόματί μου ἐχεῖ εἶμι ἐν μέσῳ αὐτῶν — Auch 
in den Can. Hipp. XXVII, 9 findet sich nur die Ermunterung zum e 
samen Beten und Lesen, wenn kein Gottesdienst stattfindet. 


II. Ursprung und Charakter. 101 


lung äußerster Schlichtheit und Einfachheit. Die Warnung 
vor dem Besuch öffentlicher Bäder, vor unnötiger Entblößung, 
vor Weingenuß (abgesehen von Krankheitsfüllen) vor Ölsalbung 
und kosmetischen Mitteln kehren in solchen Sittenregeln wieder, 
ebenso das Gebot des Schleiers und des niedergeschlagenen 
Blicks. Literarische Verwandtschaft braucht nicht vorzuliegen. 
Am auffallendsten ist noch die Parallele von Can. Hipp. XXVII 
und von Synt. did. ll, 1 und VI, 1 mit dem elften Capitel 
unserer Schrift 1, 

Wirklich unzweifelhaft aber sind dann vom zwölften Capitel 
unserer Schrift an die Parallelen in der Regelung und Begrün- 
dung der Gebetsstunden. Auch für diese bestand, wahrschein- 
lich in Anknüpfung an jüdische Traditionen, eine alte Haussitte, 
für welche früher schon eine Begründung durch christliche Ge- 
danken gesucht wurde. Schon in der Apostelgeschichte sind 
die 3., 6. und 9. Stunde als Stunden des Gebets vorausgesetzt, 
bei Cyprian und Tertullian finden wir auch schon eine Motivie- 
rung dieser Stunden durch Hinweis auf einzelne Geschehnisse in 
der heiligen Geschichte. Solche Beziehungen sind auch in unsrer 
Schrift betont. Wührend aber Tertullian und. Cyprian meist auf 
Einzelheiten der apostolischen Geschichte Bezug nehmen, sind 
hier alle Gebetsstunden, auch die zwólfte und die Mitternachts- 
stunde, in Beziehung gesetzt zum Tode, zur Höllenfahrt, Auf- 
erstehung und Erhöhung des Herrn. Ihre nächsten Parallelen 
findet unsre Schrift in den Canones Hippolyti, der ágyptischen 
K. O. und dem Testamentum D. N. J. Chr. Aber auch die 
apostolischen Constitutionen, die Canones Basilii und Athanasii 
bieten Vergleichspunkte. Nirgends ist der Wortlaut der Regel 





1) περὶ παρϑ. XI (45, 107) οὐ μὴ ἴδῃ ἄλλη γυνὴ τὸ σῶμά σου γυμνὸν 
ἄνευ πάσης ἀνάγχης᾽ ἀλλ᾽ οὐδὲ αὐτὴ χατανοήσεις vgl. Synt. II, 1; ἔτι δὲ 
μὴ γυμνοῦν ἑαυτὸν ἐνώπιόν τινὸς ἄλλ᾽ ἢ ἀνάγχη ἐν λουτρῷ διὰ πάϑος 
ἐν ἀσϑενείᾳ πολλῇ γινόμενον. — περὶ παρϑ. XI (45, 166) οὐ πορεύσῳ εἰς 
βαλανεῖον ὑγιαίνουσα ἄνευ πάσης ἀνάγχης οὐ μὴ βάψῃς ὕλον τὸ σῶμά 
σου εἰς ὕδωρ, Ott ἁγία εἰ τῷ χυρίω" .... μόνον τὸ πρόσωπόν σου νίψαι 
xal τὰς χεῖρας xol τοὺς πόδας vgl. Synt. VL, 1 εἰ δὲ ἐπὶ νόσῳ ἀναγχασϑῇς 
λουτρῷ χρῆσαι ἕως (tna& καὶ δίς ὑγιαίνων δὲ βαλανείου οὐ χρείαν ἔχεις 
und Can. Hipp. XXVII (ed. Riedel p. 218): Der Geist braucht sich nach 
der Wiedergeburt nicht in Wasser zu baden, sondern nur seine Hände 
zu waschen, weil der heilige Geist die Körper der Gläubigen durchhaucht 
und ihn ganz reinigt. 


102 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyog Zwrngiag. 


oder der Begründung derselbe, aber zumal zwischen den Canones 
Hippolyti, dem Testamentum und unserer Schrift sind die Be- 
rührungspunkte so stark, daß wir nicht zweifeln können, daß sie 
der Sitte und den Anschauungen derselben Zeit und derselben 
Kirchenprovinz entstammen. 

Am frühen Morgen sollen die Christen mit Gebet an- 
fangen und, wie die meisten Quellen sagen (nicht unsere Schrift), 
vor dem Gebet sich waschen. «Die aufgehende Sonne soll das 
Buch in ihren Händen sehen» — so schreiben in fast wörtlicher 
Übereinstimmung die Canones Hippolyti, unser Traktat und die 
sententiae ad virgines des Euagrius Ponticus !. 

Zur dritten Stunde sollen die Christen beten, oder wie 
unser Traktat sich ausdrückt: συνάξεις ἐπιτελεῖν zur Erinnerung 
an den Act der Kreuzigung. Die Begründung variiert etwas. 
Die apostolischen Constitutionen sagen, in dieser Stunde habe 
Pilatus sein Urteil gesprochen; unser Traktat sagt, da sei das 
Kreuzholz aufgerichtet, die ägyptische K. O. und das Testament, 
da sei der Herr angenagelt worden. Die Canones Hippolyti und 
die Canones Basilii begnügen sich mit der allgemeinen Wendung, 
in der dritten Stunde sei der Herr gekreuzigt worden. Tertullian 
und Cyprian dagegen erinnern an die Herabkunft des heiligen 
Geistes Act. 2, 152. 


1) περὶ παρϑ. XII (46, 7f): ψαλτήριον ἔχε xal τοὺς ψαλμοὺς udv- 
ϑανε. ἀνατέλλων ὁ ἥλιος βλεπέτω τὸ βιβλίον ἐν ταῖς χερσί cov, vgl. 
Can. Hipp. XXVII, 1 «quacumque die in ecclesia non orant suınas scriptu- 
ram ut legas in ea. sol conspiciat matutino tempore scripturam 
super genua tua». Sententiae Euagrii ad virgines: «Exoriens 
sol videat codicem in manibus tuis et post secundam horam opus 
tuum» vgl. Test. II, 24; Apost. Const. VIII, 31. 

2) περὶ παρϑ. XII (46, 0f): Μετὰ τρίτην ὥραν συνάξεις ἐπιτέλει 
ὅτι ταύτῃ τῇ ὥρᾳ ἐπάγη τὸ ξύλον τοῦ σταυροῦ. 

Cyprian. de or. 35: hora tertia descendit spiritus sanctus qui gra- 
tiam dominicae repromissionis implevit. 

Tertullian de or. XXV: Primus spiritus sanctus congregatis disci- 
pulis hora tertia infusus est. 

Can. Hipp. XXV, 2: orent autem hora tertia quia illo tempore sal- 
vator voluntarie crucifixus est ad salvandos nos. 

Äg. K.O.: Wenn du nur zu Hause bist zur dritten Stunde, bete 
und preise Gott, wenn du aber anderswo bist, so bete in deinem Herzen, 
denn in dieser Stunde sah man Christus an das Kreuz genagelt. Test. II, 24 
(Rahm. p. 145) Curant omnes hora tertia orare cum moerore et labore 


II. Ursprung und Charakter. 103 


Die sechste Stunde erinnert nach unserem Traktat an die 
Stunde, da der Herr an das Kreuz gehängt wurde, und der Zu- 
satz μετὰ ψαλμῶν xol χλαυϑμοῦ καὶ δεήσεως erinnert an die 
Wendung des Testamentum bei der dritten Stunde: cum moerore 
et labore. Nur die apostolischen Constitutionen (VIII, 33) haben 
hier die Erinnerung an das einfache: ἐσταυρώϑη ὁ Χριστός. Da- 
gegen erinnern alle anderen Quellen an die Finsternis, die vor 
dem Sterben des Herrn eintrat, indem gleichsam die ganze Natur 
mit trauerte über die Schandtat, welche die Juden begingen. 
Tertullian und Cyprian erinnern daran, daß Petrus (Act. 10, 9) 
in der sechsten Stunde zum Gebet auf den Sóller ging, um dort 
die Offenbarung zu empfangen, daß das Evangelium auch den 
Heiden gehóre. Daneben bezieht sich Cyprian auch auf den 
dominus crucifixus, Tertullian auf die Finsternis auf Golgatha. 
Die Unterscheidung zwischen der Befestigung des Kreuzesholzes 
(3. Stunde) und dem ἐχρεμάσϑη o κύριος (6. Stunde) ist also 
unserm Traktat allein eigentümlich. Die Lesart der Handschriften 
M G T ἐπάγη τῷ ξύλῳ τοῦ σταυροῦ ἰησοῦς ἡ πάντων ζωή 
bei der dritten Stunde verwischt den Unterschied zu Gunsten der 
spätern Ausdeutung !. 


vel in ecclesia vel si non possunt ad ecclesiam se conferre, domi; illa 
enim hora in qua fuit actus in crucem unigenitua. 

Canones of Athanasius 57: Versammlung der Priester zur dritten 
Stunde in der Charwoche: for this is the home wherein they did set 
about the crucifixion of our Saviour (vgl. ed. Riedel, Anm. p. 38). 

Can. Bas. 98: Laßt uns beten zur dritten Stunde, weil um diese 
Zeit unser Erlöser gekreuzigt wurde. — Dagegen Apost. Const. VIII, 33: 
— τρίτῃ δὲ ὥρᾳ ὅτι ἀπόφασιν ἐν αὐτῷ ὑπὸ Πιλάτου ἔλαβεν ὁ κύριος. 

1) περὶ παρϑ. XII (40, 108): Ἕχτῃ ὥρα ἐπιτέλει τὰς προσευχὰς 
μετὰ ψαλμῶν καὶ χλαυϑμοῦ xal δεήσεως ὅτι ἐν αὐτῷ τῇ ὥρᾳ ἐχρε- 
μάσϑη ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῖ' ἐπὶ σταυροῦ. 

Tertullian de or. XXV: Petrus qua die visionem communitatis 
omnis in illo vasculo expertus est sexta hora orandi gratia ascenderat in 
superiora: de ieiunio X dieselbe Deutung; außerdem: a sexta contene- 
bratus orbis defuncto domino lugubre fecit officium. 

Cyprian de or. 34: Petrus hora sexta in tectum superior ascendens 
signo pariter et voce Dei monentis instructus est, ut omnes ad gratiam 
salutis admitteret. — Et Dominus hora sexta crucifixus. 

Can. Hippolyti XXV (ed. Achelis p. 128): Deinde etiam hora sexta 
orate quia illa hora universa creatura perturbata est (Riedel p. 216 
«zückte») propter facinus scelestum a Iudaeis perpetratum. 

Ag. K. O.: Desgleichen bete zur sechsten Stunde. Denn als Chri- 


104 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Aoyog Σωτηρίας. 


Die neunte Stunde soll von der Jungfrau mit Hymnen 
und Doxologien gefeiert werden, indem sie unter Tränen ihre 
Sünden dem Herrn bekennt, weil zu dieser Stunde der Herr am 
Kreuz seinen Geist aufgab. In dieser Deutung trifft unser Trak- 
tat mit den Canones Hippolyti und mit Chrysostomus (homil in 
Psalm. CXVIII) zusammen, während die ägyptische K. O. und 
das Testamentum an den Lanzenstich erinnern; die apostolischen 
Constitutionen bringen hier das Erdbeben, das die andern Quellen 
auf die sechste Stunde datieren. Tertullian weist nur auf die 
Heilung des Lahmen am Tempel dureh Petrus und Johannes 
(Act. 3, 1), Cyprian und die Canones Basilii 28 auf den Abschluf 
der Erlósung !. 





stus an das Holz des Kreuzes geschlagen war, wurde jener Tag 
zerteilt und es entstand eine große Finsternis. Darum möge man zu jener 
Stunde in krüftigem Gebete beten, indem man die Stimme dessen nach- 
ahmt der damals gebetet hat und die ganze Schöpfung sich verfinsterte 
vor den ungläubigen Juden. 

Testam. II, 24 (ed. Rahm. p. 145): Pariter fiat oratio cum moestitia 
hora sexta. tunc enim fuit divisus dies per tenebras. Sit igitur vox quse 
imitatur prophetas creaturamque lugentem. 

Can. Bas. ?8: Laßt uns um die sechste Stunde beten, weil zu dieser 
Zeit Finsternis war. 

Apost. Const. VIII, 33: &xıy δὲ ὥρᾳ, ὅτι ἐν αὐτῷ ἐσταιρώϑη ὁ 
«Χριστός. 

1) περὶ παρϑ. ΧΙ (46, 2f): ἐνάτῃ ὥρᾳ πάλιν ἐν ὕμνοις xai óo£o- 
λογίαις μετὰ δαχρίων ἐξομολογουμένη τὰ παραπτώματά σου τὸν ϑεὸν 
ἱχέτευε, ὅτι ἐν αὐτῷ τῇ ὥρᾳ ὁ χύριος χρεμάμενος ἐπὶ σταυροῦ ἀπέδωχε 
τὸ πνεῦμα. 

Tertullian de or. 25: Idem (scil. Petrus) cum Iohanne ad nonam 
in templum adibat ubi paralyticum sanitati reformavit suae. 

Cyprian de or. 34: ad nonam peccata nostra sanguine suo abluit et 
ut redimere et vivificare nos posset tunc victoriam suam passione perfecit 

Can. Hippolyti XXV: Hora nona iterum orent quia illa hors 
Christus oravit et tradidit spiritum in manus patris sui (vgl. Chry- 
sost. homil. in Ps. 118 Migne P. g. 55 col. 705: ἐνάτῃ ὥρᾳ αἷμα ἐξέχεε 
xal παρέδωχε τὸ πνεῦμα xal ἐλυτρώσατο ἡμᾶς ἐκ τῆς διαβόλου 
χατοχῆς). 

Äg. K. Ο.: Man möge aber ferner ein großes Gebet und ein großes 
Preisen in der neunten Stunde vollbringen, damit du wissest, wie die 
Seele der Gerechten den wahren Gott preist, der der Heiligen gedachte 
und ihnen seinen Sohn sandte, welcher sein λόγος ist, damit er ihnen 
leuchte, denn in jener Stunde wurde Christus an der Seite mit einer 


II. Ursprung und Charakter. 105 


Nach der neunten Stunde sollen die Jungfrauen ihre ein- 
fache aus Brot, Kräutern und Wasser bestehende Mahlzeit 
einnehmen. Die hier von unserm Verfasser mitgeteilten Tisch- 
gebete haben aber weder in den genannten Kirchenordnungen 
noch bei Tertullian und Cyprian eine Parallele. Nur die all- 
gemeine Anordnung des Tischgebets überhaupt findet sich 
auch sonst! und zwar mit der näheren auch in unserem 
Traktat wiederholten Bestimmung, daß Katechumenen nicht 
am Tisch der Gläubigen Teil nehmen sollen? Dem fügt 


Lanze durchbohrt, es kam Blut und Wasser heraus und darauf leuchtete 
er noch den Rest des Tages bis zum Abend (vgl. Achelis p. 128. 129). 

Testam. D. N. I. Chr. Il, 24 (ed. Rahm. p. 145): hora quoque nona 
protrahatur oratio una cum collaudatione veluti ad imitationem animarum 
eorum qui laudant Deum haud mendacem, «qui recordatus est suorum 
sanctorum et misit verbum suum et sapientiam suam ad illuminandos 
. ipsos. Ea enim hora vita patuit fidelibus fluxeruntque sanguis et aqua 
ex latere domini nostri. 

Can. Bas. 28: Und besonders laßt uns um die neunte Stunde beten, 
weil in dieser Stunde uns die Erlósung und das Leben zuteil wurde. 

Apost. Const. VIII, 33: ἐνάτῃ δὲ ὅτι πάντα χεχίνητο τοῦ δεσπό- 
του σταυρουμένου φρίττοντα τὴν τόλμαν τῶν δυσσεβῶν Ἰουδαίων μὴ φέ- 
ροντα τοῦ χυρίου τὴν ὕβριν. 

1) περὶ παρϑ. XIII (48,4): τὸ βρῶμά σου xai τὸ πόμα σου ἡγιασ- 
μένον ἐστί᾽ διὰ γὰρ τῶν προσευχῶν xal τῶν ἁγίων ῥημάτων ἁγιάζεται. 

Tertullian Apol. 39: non prius discumbitur quam oratio ad deum 
praegustatur; vgl. Àg. K. O. c. 48: Alle sollen nun, bevor sie trinken, 
einen Becher nehmen und über ihm das Dankgebet sprechen und erst 
dann essen und trinken, wenn sie in dieser Weise gereinigt sind (ed. 
Achelis, Can. Hipp. p. 106). 

Can. Bas. 28: Laßt uns beten wenn wir essen und trinken, damit 
wir uns und unser Brot segnen und wenn wir mit dem Essen fertig sind, 
daß der Herr unsere Speise segne. 

2) περὶ παρϑ. XIII (47, 12f): ἐὰν δὲ εὑρεϑῷ χατηχουμένη ἐν τῷ 
τραπέζῃ, μὴ συνευχέσϑω μετὰ τῶν πιστῶν οὐδὲ ul χαϑίσῃς φαγεῖν τὸν 
ἄρτον σου μετ᾽ αὐτῆς. 

Can. Hipp. XXXIII, 2: Non sedeat cum eis dignis catechumenos 
in agapis χυριαχαῖς. 

Äg. K. O. c. 49 (Achelis a. a. O. p. 107): Laß die Katechumenen bei 
dem Mahle des Herrn sich nicht mit den Gläubigen hinsetzen. 

Test. II, 13 (Rahm. p. 135): In coena aut in convivio sumant fracti- 
onem ii qui proximi sunt pastori tanquam ad benedictionem. Catechu- 
menus autem non accipiat. 

Synt. did. VIII, 5: xarngotuevo δὲ ἰδίᾳ εὐχέσϑωσαν. 


106 Ed. v. d. Goltz, Atbanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


unser Verfasser noch eine Mahnung hinzu, auch der Armen zu 
gedenken !. 

Mit diesen drei Gebetsstunden schließt die ältere Tradition 
ab. Tertullian und Cyprian erwähnen zwar außerdem das Morgen- 
gebet und Abendgebet, sowie auch gemeinsame oder private Ge- 
betsübungen um Mitternacht, aber sie erscheinen dort nicht an 
eine bestimmte Stunde gebunden. Morgens ist der Sonnenauf- 
gang, der Hahnenschrei oder auch nur das Erheben vom Lager 
als Zeitbestimmung gegeben, Abends der Sonnenuntergang, das 
Lichtanzünden, das Niederlegen zum Schlafe. Dabei haben schon 
Cyprian, die ägyptische K. O. und die Canones Hippolyti Betrach- 
tungen angestellt, die christliche Gedanken mit naturmytholo- 
gischen verbinden, den Tagesniedergang und den Sonnenaufgang 
mit Christi Tod und Auferstehung parallelisieren?. Derartige 
Betrachtungen liegen auch unserm Verfasser nicht fern. Er 
kennt außer den drei alten jüdisch-christlichen Gebetsstunden 
eine Gebetsübung zur zwölften Stunde und eine um Mitter- 
nacht, an welch letztere sich die Psalmen und Gebete der 
Morgenfrühe (00900s) anschließen. 





1) περὶ παρϑ. XIII (48, 10f): Καϑεζομένης πλουσίας μετά σον &xi 
τῆς τραπέζης ἐὰν ἴδῃς γυναῖχα πενιχρὰν χαλέσεις αὐτὴν εἰς τὸ φαγεῖν 
xal οὐχ αἰσχυνϑήσῃ εἰς τὴν πλουσίαν. Dazu vgl. Canones Athanasii 1! 
(ed. Riedel p. 26): a rightous bishop sitteth rather with a believing poor 
man then with a godless rich. 

2) Tertullian, de ieiuniis X: — ut tunc et nos revertamur sd 
iucunditatem cum et mundus accepit claritatem. Hoc si magis ad reli- 
gionem sapit christianam, dum magis Christi gloriam celebrat, poesum 
aeque serae stationis ex eodem rei ordine statum figere, ut ieiunemus sd 
serum, expectantes tempus dominicae sepulturae etc. — de or. XXV er 
ceptis utique legitimis orationibus, quae sine ulla admonitione debentur 
ingressu lucis et noctis. 

Cyprian de oratione XXXV: Sed nobis fratres dilectissimi praeter 
horas antiquitus observatas orandi nunc et spatia et sacramenta creverunt. 
nam et mane orandum est, ut resurrectio Domini matutina oratione cele- 
bretur Ps. 5, 4; Ps. 6, 1—3.. Recedente item sole ac die cessante n€- 
cessario rursus orandum est, quando oramus et petimus, ut super nos lu: 
denuo veniat, Christi precamur adventum lucis aeternae gratiam praebi- 
turum. XXXVI: Qui autem in Christo, hoc est in lumine semper sumw 
nec noctibus ab oratione cessemus.... nocte quasi in lumine vigilemus. 

Can. Hipp. 236: Etiam hora, qua sol occidit, orent, quia est completo 
dei. À g. K. O: Wenn du schlafen gehst, sollst du einen andern Tag anfangen 
und du machst das Vorbild der Auferstehung (ed. Achelis p. 128—129. 


Ail, 


IL. Ursprung und Charakter. 107 


Zur zwölften Stunde (also etwa um Sonnenuntergang) soll 
eine größere und längere Gebetsandacht gehalten werden, sei es 
allein, sei es mit gleichgesinnten Jungfrauen!, um mit aufrich- 
tigen Bußtränen dem Herrn die Sünde zu bekennen und der 
Stunde zu gedenken, da der Herr in den Hades hinabstieg, um 
die dort Gefangenen zu erlósen, als der Hades vor ihm erbebte 
und in Schaudern dem Erstaunen Ausdruck gab, wer der sei, 
der des Todes dunkle Pforten sprengte. Diese eigentümliche 
Tradition hat zunächst im Testamentum D. N. J. Chr. ihre deut- 
lichste Parallele?, Die Scene, wie Christus die Tore des Hades 


1) περὶ zag9. XVI (51, Sf): ἐὰν δὲ εἰσέλϑῃ ἡ δωδεχάτη ὥρα μειζο- 
τέραν xal μαχροτέραν ἐπιτελέσεις τὴν σύναξιν μετὰ τῶν ὁμοψύχων Gov 
zag8évov: ἐὰν δὲ μὴ ἔχῃς ὁμόψυχον, μόνη ἐπιτέλει ϑεοῦ συνόντος xal 
ἀχοίύοντος, vgl. dazu Test. I, 42 (Rahm. p. 101): Cum gratias agit aut laudes 
persolvit, si habeat virgines amicas unanimes, optimum erit, si illae cum 
ipsa orent ad respondendum: amen. secus oret sola seorsim sive in ecclesia 
sive domi, maxime autem media nocte. 

2) περὶ παρϑ. XVI (51, 12 f): Mynuöveve τὴν δωδεχάτην ὥραν, ὅτι 
ἐν αὐτῇ καταβέβηχεν ὁ χύριος ἡμῶν εἰς τὸν ἅδην. xol ἰδὼν αὐτὸν, 
ἔφριξε xal ἐξέστη λέγων᾽ 

Τίς ἐστιν οὗτος ὁ ἐν ἐξουσίᾳ χαὶ μεγάλῃ δυνάμει χατελϑών; 

Τίς οἷτος ὁ τὰς πύλας τοῦ ἅδου τὰς χαλχὰς συντρίβων 

xal τοὺς μοχλοὺς τοὺς ἀδαμαντίνους συνϑλάσας; 
Τίς οὗτος ὁ ἐξ οὐρανῶν χατελϑὼν καὶ σταυρωϑεὶς 
καὶ ὑπ᾽ ἐμοῦ τοῦ 9avátov μὴ χρατούμενος; 

Τίς οὗτος ὁ λύων τὰ δεσμὰ τῶν ὑπ᾽ ἐμοῦ χρατουμένων; 

Τίς οὗτος ὁ τῷ ἰδίῳ ϑανάτῳ ἐμὲ τὸν ϑάνατον καταλύων; 
Dazu vgl. Testam. I, 28 (ed. Rahm. p. 63f): Mors videns ipsum animatum 
descendentem ad inferos sperabat utique per errorem eundem sibi de more 
futurum escam 

1) Sed videns in ipso decorem divinitatia voce clamavit dicens: 

Quis est hic qui hominem mihi subiugatum induit, meque vicit? 

Quis est hic qui carnem mihi mancipatam ab interitu eripit? 

Quis est hic qui terram est indutus sed coelum est? 

Quis est hic natus in corruptibilitate sed est incorruptibilis? 

Quis est hic exemptus a legibus meis? 

Quis est hic praedator eorum quae mea sunt? 

Quis qui pugnat cum virtute flammae mortis vincitque tenebras? 

Quae est ista nova gloria in hoc spectaculo? 

Quis est qui impedit quin efficiam quae opto? 

Quis hic novus mortuus sine peccato? 

Quis hic qui caliginem obcaecat multiplice splendore neque me sinit 


108 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyog Σωτηρίας. 


sprengt, ist hier wie dort vorausgesetzt und die Rede des Hades 
ist in demselben Stil formuliert, dieselben Gedanken kommen in 
ihr zum Ausdruck, obwohl die Ausführung im einzelnen eine 
andere ist. In unserem Traktat ist sie wesentlich kürzer und 
einfacher als im Testamentum. Weitere Parallelen finden sich 
im Evangelium Nikodemi, in einer Predigt des Epiphanius, bei 
Eusebius von Alexandrien und in einem Gedicht des Bischofs 
Synesius von Cyrene!. Das Evangelium Nikodemi stellt die 
Scene am ausführlichsten dar, aber nirgends läßt sich beweisen, 
daß unsere Stelle von den genannten Quellen direct abhängig 


dominari in eos qui mei sunt sed attrahit in coelum animas 
quae mihi datae erant? 
Quae est ista gloria quae impedit quo minus corpus fiat corruptibile? 
Quis est iste quem apprehendere nequeo? 
Quae est ista gloria quam ii qui circum sunt, nequeant perscrutari ? 


1) Die dramatische Darstellung des Sieges Christi über Tod und Teufel 
und seines siegreichen Eindringens in den Hades finden wir am ausführ- 
lichsten im Evang. Nicodemi (vgl. Tischendorf, Evang. apocrypha ed. 2. 
1870) Sowohl in dem wahrscheinlich älteren lateinischen Text (p. 399 f), 
als in der jüngern griech. Recension (p. 329) finden wir eine Rede des 
Hades, die das erschreckte Erstaunen über Christi Erscheinung im Toten- 
reich in einer Reihe von Fragen und Exclamationen zum Ausdruck bringt. 
Im griechischen Text lautet die erste Frage: Τίς εἰ ὁ ἔχων τοσαύτην 
ἐξουσίαν xal δύναμιν xal ποῖος εἶ ὁ χωρὶς ἁμαρτίας ὧδε ἐλϑών: Das 
klingt an die erste Frage unseres Textes an. Auffallender ist noch eine 
der Rede des Hades vorhergehende Stelle (a. ἃ. O. p. 328), wo zur Siche- 
rung der Tore des Hades aufgefordert wird: ἀσφαλίσασϑε χαλῶς καὶ 
ἰσχυρῶς τὰς πύλας τὰς χαλχὰς xal totg μοχλοὺς σιδηροῦς ..... xal εὖ- 
ϑέως ἅμα τῷ λόγῳ τούτῳ αἱ χαλχαὶ πύλαι συνετρίβησαν xal οἱ aiónool 
μοχλοὶ σινεϑλάσϑησαν. Dazu ist die zweite Frage unsres Textes eine 
genaue Parallele. Die Grundstelle für beide ist aber offenbar Ps. 106 (107) 
LXX: ὅτι σινέτριψε πύλας χαλχὰς xal μοχλοὺς σιδηροῦς συνέϑλασε (vgl. 
auch Jes. 45, 2; Barn. XI, 4; 4 Makkab. 16, 13. In Abweichung von 
diesen Parallelstellen hat unser Text: τοὺς μοχλοὺς τοὺς ἀδαμαντί- 
vovg. — Bei Epiphanius (homil. II εἰς τὴν τάφην τ. xvolov, Migne P. g. 
XLIII p. 460, ed. Dindorf IV, 2 p. 25) findet sich eine ähnliche Rede des 
Hades in fragenden Exclamationen: 


€ 


Τίς ἐστιν oiTog ὁ τοσοῦτος ὁ μετὰ voGovtwv τοιαῦτα ἐνταῦϑα ἐπι- 
τελῶν ϑαίματα; 

Τίς οἷτός ἐστιν ὁ βασιλεὶς τῆς δόξης ὁ ἐν “Αἰιδῃ ποιῶν νῦν τὰ οὐ- 
δέποτε ἐν “Αιδῃ γεγενημένα; 

Τίς οὗτος ὁ ἐξάγων ἔνϑεν τοὺς ἀπ᾽ αἰῶνος χεχοιμημένους; 


IL. Ursprung und Charakter. 109 


wäre, oder daß sie die Grundstelle für dieselbe bilde Es handelt 
sich in unserem Traktat offenbar um eine freie Reproduction 


Τίς deti». οὗτος ὁ λίσας xal χαταλύσας (vgl. χαταλύων in unserm 
Text) ἡμῶν τῶν ἀηττήτων τὸ ϑράσος χαὶ τὸ χράτος χαὶ ἐξάγων ἐχ 
τῆς τοῦ ἅδου φυλακῆς τοὺς ἀπ᾽ αἰῶνος πεπηδημένους; 


Die darauf folgende Antwort der himmlischen Mächte und die ganze 
höchst rhetorische Behandlung des Gegenstandes zeigt, daß Epiphanius 
abhängig von einer Recension des Evangeliums Nicodemi ist. Als An- 
klang an unser Stück könnte nur etwa ein Ausdruck, der sich in der Ein- 
leitung der Predigt findet, angesehen werden (Migne ἃ. ἃ. O. p. 441: σή- 
μερον οἱ πυλωροὶ τοῦ ἄδου ἰδόντες αὐτὸν ἔφριξαν) — aber sie macht im 
Vergleich zu unserer Stelle einen sehr secundären Eindruck. Auch die 
Schilderungen des Triumphes Christi am Schluß der Predigt, mit dem 
Hinweis auf das obere Jerusalem, den werbenden Bräutigam, die ἐδέσματα 
ἕτοιμα, die ϑησαυροὶ τῶν ἀγαϑῶν, das χορεύειν μετὰ ἀγγέλων 
(a. ἃ. O. p. 445) erinnert in etwas an die Phantasiewelt unseres Verfassers 
— was aber nichts anderes sagen will, als daß eben gerade diese drama- 
tischen Scenen und die sinnlichen Bilder der himmlischen Herrlichkeit 
sich einer großen Verbreitung erfreuten. Eine kürzere Behandlung des 
descensus mit einer Rede des Hades finden wir in einer dem Euseb von 
Alexandrien zugeschriebenen Predigt (Migne P. g. LXXXVI p. 403. 404), 
jedoch ohne andere Parallele zu unserm Text als die durch Jes. 45, 2 ge- 
gebene. Viel interessanter, weil mit unserer Schrift nach Zeit und Gegend 
verwandt, sind einige Verse des Synesius von Cyrene, die den gleichen 
Stoff behandeln (vgl. J. Fr. Boissonade, Poétarum graecorum sylloge 


XV p. 197): χατέβας μέχρι xal χϑονός 


ἐπίδημος ἐφαμέροις 

βρότεον φορέων δέμας 

κατέβας δ᾽ ὑπὸ τάρταρα 

ψυχῶν ὅϑι μύρια 

ϑάνατος νέμεν ἔϑνεα 

φρίξεν σε γέρων τότε 

“Ἄιδας ὁ παλαιγενής 

καὶ λαοβόρος κύων 

ἀνεχάσσατο βηλοῦ 

λύσας δ᾽ ἀπὸ πημάτων 

ψιυχᾶν ὁσίους χοροὺς 

ϑιάσοισι ἀκηράτοις 

ὕμνους ἀνάγεις πατρί. 
Sowohl das ἔφριξε wie das ὕμνους ἀνάγεις πατρὶ sind interessante An- 
klänge an unsere Schrift. Weitere Stellen finden sich bei Jo. Aug. Die- 
telmaier, historia dogmatis de descensu ad inferos litteraria ed. 2. Alt- 
dorf 1762. Eine Stelle bei Joh. Cassianus, de canonico diurn. IU, 3 er- 
wähnt den descensus zur neunten Stunde. 


110 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ 4óyoc Σωτηρίας. 


einer in Ägypten verbreiteten Erzählung, deren gemeinsame lite- 
rarisehe Quelle uns nieht mehr aufbewahrt blieb. Die zwölfte 
Stunde galt als der Anfang der Nacht, die rechte Stunde so- 
wohl für bußfertige Einkehr wie für das Gedächtnis der Über- 
windung der Todesnacht durch Christus. Er, der die Totenwelt 
erschreckt durch seinen göttlichen Glanz, bezwingt auch die 
Schrecken der Finsternis und ihre unheimlichen Mächte für jeden 
Christen, und wie mit dem Anbruch der Nacht auch der neu ar- 
brechende Tag schon in Aussicht steht, so folgt dem descensus 
die siegreiche Auferstehung. Echt christliche Gedanken des Ver- 
trauens auf Christi allmächtigen Sieg, phantastische Bilder aus 
der Totenwelt und auch Empfindungen, die durch den Untergang 
der Sonne und das helle Leuchten des Nachthimmels ausgelöst 
wurden, verbanden sich, um der zwölften Stunde eine besondere 
Weihe zu geben. 

Es hängt dann unmittelbar mit dem gleichen Vorstellungs 
kreis zusammen, wenn die Mitternachtsstunde mit Lobliedern ge 
feiert werden soll, weil auch Christus nach Überwindung de 
Hades zu dieser Stunde seinem Vater einen Lobgesang anstimmte. 
Diese Vorstellung finden wir in dem oben angeführten Gedicht des 
Synesius und im Testamentum D. N.J. Chr. wieder und gehen wir 
wohl nicht irre, wenn wir sie mit jener anderen combinieren, 
die wir in den Canones Hippolyti und der ág. K. O. finden, nach 
der die ganze Himmelswelt zur Mitternacht dem Vater einen 
Gottesdienst feiert !. 


1) περὶ παρϑ. XX (δῦ, 13f): Μεσονύχτιον ἐγερϑήσῃ xal ὑμνήσεις xc 
οιον τὸν ϑεόν cov: ἐν αὐτῇ γὰρ τῇ ὥρᾳ ἀνέστη ὁ χύριος ἡμῶν Ex νεχρῶν 
xal ὕμνησε τὸν πατέρα. Synesius vgl. vorige Anmerkung. Testam. 
I, 28 (Rahm. p. 65): Mortem morte interemit et tertia die resurgem 
patri gratias agit dicens: 'libi gratias pater etc. Test. I, 32 (Rabm. 
p. 70): Media nocte seorsim coetus sacerdotales et perfectiores in populo 
persolvant laudes. Illa enim hora Dominus noster resurgens p* 
trem laudibus celebravit. II, 24 (Rahm. p. 145): Media nocte sur 
gant collaudantes et extollentes Deum propter Domini resurrectionem 
Auroram laudent cum psalmodia quoniam postquam resurrexit Christus 
patrem laudavit psallentibus illis. Can. Hipp. XXVII, 2: Corel 
igitur quilibet, ut diligenti studio oret media nocte, quia petres nosn 
dixerunt illa hora omnem creaturam ad servitium gloriae divinae param 
ordinesque angelorum et animas iustorum benedicere Deo quia testatur 
dominus dicitque de hoc: media autem nocte clamor factus est, ect 


II. Ursprung und Charakter. 111 


Auch in dem Mysterium der Mitternachtsstunde sind also 
Naturmythen mit den christlichen Gedanken verschmolzen. Die 
Himmelswelt feiert Gott einen festlichen Gottesdienst, der trium- 
phierende, aus der Welt der Finsternis zum Licht aufsteigende 
Christus singt dem Vater einen Lobgesang und die zum Nacht- 
gottesdienst versammelte Gemeinde oder die einzelnen Frommen, 
die nachts dem Herrn einen Lobgesang singen, vereinigen sich 
im Geist mit der himmlischen Gemeinde. Es muß aber in der 
‘Erzählung der Heilstatsachen einen Bericht gegeben haben, der 
von einem Lobgesang wußte, den der Herr nach der Auferstehung 
mit seinen Jüngern anstimmte. Einen solchen Lobgesang Christi 
finden wir in den Acta Johannis cap. 94. 95 (ed. Bonnet II, 1 p. 197) 
mit den Responsorien der Apostel, die mit ihm einen Reigen 
bilden; in diesem Lobgesang heißt es auch ὀγδοὰς μία ἡμῖν 
συμψάλλει — ὁ δωδέχατος ἀριϑμὸς ἄνω χορεύει. Damit ist 
jedenfalls auf Sternbilder hingewiesen — jedoch ist dieser Lob- 
gesang Christi noch in sein irdisches Leben vor die Gefangen- 
schaft versetzt. Deutlicher noch ist die Scene in den koptisch- 
gnostischen Büchern Jeu (vgl. ed. C. Schmidt, T. U. VIII. 1. 2, 
1892) ausgestaltet, wo auch erzählt wird, daß Christus, von den 
Aposteln umgeben, dem Vater einen Lobpreis darbringt, dessen 
einzelne Sätze anfangen: Ich preise dich, o Gott, mein Vater. 

Auch Clemens Alexandrinus setzt irgend einen derartigen 
Mythus voraus, wenn er (Protrept. XI, 33) nach der Aufforderung: 
χωρήσωμεν τὸ φῶς, ἵνα χωρήσωμεν τὸν ϑεόν, χωρήσωμεν TO 
φῶς καὶ μαϑητεύσωμεν τῷ κυρίῳ, Ps. 21, 23 als ein Wort 
Christi anführt und daran einen an Christus gerichteten Hymnus 
anschließt, der da beginnt: 

"Yuvrgoor καὶ διήγησον 

τὸν πατέρα σου τὸν ϑεὸν 

σώζει σου τὰ διηγήματα 

παιδεύσει μὲ ἡ ὠδὴ x.t. λ. 
sponsus venit exite obviam ei; ähnlich, nur etwas ausführlicher, mit Er- 
wühnung auch der Sterne in der ügyptischen K. O. (vgl. Achelis, Can. 
Hipp. p. 132). 

1) Ps. 21, 23 LXX: διηγήσομαι τὸ ὄνομά Gov toig ἀδελφοῖς μου 
ἐν μέσῳ ἐχχλησίας ὑμνήσω oe. Bei Cassiodor Expos. in Ps. XV, 11 (Migne 
P. 1. LXX p. 113) ist die Psalmstelle Ps. 15, 11 als ein Lobgesang Christi 
an den Vater aufgefaßt (ecce ipse clamat, ipse patri gratias agit). 


112 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Adyog Σωτηρίας. 


So weisen uns die wichtigsten dieser literarischen Parallelen 
(Clemens Alex. — Kopt.-gnostische Schriften — Synesius — Te- 
stamentum) wiederum auf den ägyptischen Ursprung dieser My- 
steriendeutung der Mitternachtsstunde hin !. 

Was dann die einzelnen liturgischen Vorschriften angeht, 
so ist Cap. XX unserer Schrift nicht ganz frei von dem Verdachte 
späterer Überarbeitung, um so mehr als wir ja aus der hand- 
schriftlichen Überlieferung in L und MG sehen, wie nahe die 
Versuchung lag, solche Stellen der kirchlichen Praxis anzupassen. 
Ps. 118, 62 (LXX) wird auch von Basilius zum Nachtgebet emp- 
fohlen, auch der Gebrauch des Ps. 50 dürfte einer sehr alten 
Tradition entsprechen. Dagegen scheint die bestimmte Regel, 
dem Psalm ein Gebet und eine Kniebeugung folgen zu lassen 
und nach je drei Psalmen ein Alleluja zu singen, fast zu speciell 
für den freien Geist dieses Traktats. Beim Morgengottesdienst 
008005 gehören Ps. 62, Dan. 3, 52f und Luk. 2, 14 offenbar einer 
älteren Überlieferung an. Alle diese Stellen finden wir noch 
heute, freilich um sehr vieles vermehrt, in den vom ®poAoyıov 
μέγα vorgeschriebenen Gesängen der ἀχολουϑία τοῦ μεσονυχτιχοῦ 
und τοῦ 00900v?. Es steht aber dem nicht im Wege, daß die 
in unserm Traktat genannten Bestandteile schon im vierten Jahr- 
hundert unter den ägyptischen Asketen üblich gewesen sind. 

Für die Regeln der Liebe und Gastfreundschaft in Cap. XXI 
und XXII weiß ich außer den oben besprochenen Bibelstellen 
keine literarischen Parallelen anzugeben. Zu verweisen wäre 
nur noch darauf, daß auch die Canones Hippolyti XXXVII 
(Riedel, p. 229) ermahnen, die Fremdlinge zu lieben und den 
Heiligen die Füße zu waschen. Der δίκαιος ἀνήρ aber, den die 








1) Auch die Canones Bas. 28 sagen: Lafit uns um Mitternacht beten, 
weil in dieser Zeit auch die Engel Gott dienen. 

2) Vgl. ὡρολόγιον μέγα, in irgend einer der venetianischen Aus- 
gaben; von mir benutzt die von Bartholomaios Cutlumusianos ed. 5. Ve- 
nedig 1841. Hier folgt nach den Eingangsgebeten im utoovvxtixóv Ps. 50 
ganz, dann Ps. 118 in 3 στάσεις, nach jeder στάσις 3mal μετάνοια (— γο- 
γνυχλισία) und ein Allelujab, dann das Glaubensbekenntnis uud τρισάγιον, 
Troparien, Gebete (das des Basilius ein Sündenbekenntnis), Ps. 120. 133, 
Gebete, Troparien und ἀπόλυσις; im ὄρϑρος nach den Eingangsgebeten 
τροπάρια, δόξα ἐν ὑψίστοις, der ἐξαψαλμός (darunter an 3. Stelle Ps. 62), 
Allelujah, Hymnen, die neun Oden (darunter Dan. 3, 51 ff. und die óo&o- 
λογία mit dem ὑμνοῦμέν σε x. t. À.). 


II. Ursprung und Charakter. 113 


Jungfrauen in aller σωφροσύνη ehrerbietig aufnehmen sollen, ist 
augenscheinlich als heiliger Mann Gottes gedacht, auf dessen 
Wort sie hören sollen. Das setzt wieder Verhältnisse voraus, 
die strenge Klosterklausur noch nicht kennen. 

Das Gebot an die Jungfrauen, in der Kirche zu schweigen, 
hat seine Parallele Can. Hipp. XVII (ed. Riedel p. 208), Test. I, 
40, Canones Athanasii 98 (ed. Riedel p. 63) und Syntagma did. 
VIII, 4; zu der Ermahnung, die Lampen bereit zu halten für den 
kommenden Bräutigam vgl. Did. XVI, 1 (vgl. auch Can. Hipp. 
XXVII ed. Achelis p. 132f) und die Sentenzen des Euagrius 
Ponticus (vgl. oben). In dieser hat auch der erste Satz des 
Cap. XXIV (59, 4f) eine wörtliche Parallele. 

Keine der hier angeführten Vergleichsstellen des vierten Jahr- 
hunderts ist beweisend dafür, daß unser Traktat die andere Quelle 
benutzt habe; die Parallelen aus den Canones Hippolyti und aus 
dem Testamentum D. N. J. Chr. machen es aber sehr wahrschein- 
lich, daß hier wie dort irgend eine ältere gemeinsame Quelle, 
die eine Regelung und Begründung des christlichen Ge- 
betslebens enthielt, benutzt worden ist. Welches diese Quelle 
war, ob die ägyptische K. O: in einer älteren Recension oder die 
Urgestalt der Canones Hippolyti, kann auf Grund unseres Ma- 
terials allein nicht entschieden werden. Jedoch scheint mir die 
Fassung der Anordnungen über die Gebetsstunden in unserer 
Schrift so prägnant und kurz, daß ein verhältnismäßig alter 
Text vorzuliegen scheint, der den breiteren Erörterungen der 
anderen Quelle vorzuziehen ist. 

Das Fehlen gelehrter Citate darf in solch’ kleinem an Jung- 
frauen gerichteten Traktat nicht überraschen; aber das Fehlen 
der später so beliebten Mönchsanekdoten und das völlige Zurück- 
treten jedes dogmatischen Interesses bestätigt uns doch den früher 
gewonnenen Eindruck, daß wir es mit einem Schriftstück zu tun 
haben, das in die erste Hälfte des vierten Jahrhunderts gehört, 
da die Regeln der Asketen noch unentwickelt, die dogmati- 
schen Differenzen für diese Kreise noch indifferent und die Ge- 
dankenwelt mehr biblisch als dogmatisch oder hierurgisch orien- 
tiert war. 

So steht denn nichts mehr der letzten Frage im Wege, ob 
Athanasius der Große, der Bischof von Alexandrien, wie es die 


Tradition behauptet, selbst der Verfasser sein könne. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2 S 





114 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' Aoyog Σωτηρίας. 


5. Die Frage nach dem Verfasser. 


Die Schrift «περὶ παρϑενίας» hat das Unglück gehabt, in 
den zugänglichsten großen Druckausgaben unter die Dubia eines 
besonders fruchtbaren Kirchenvaters gestellt zu werden. Das hat 
ihr nicht nur die verdiente Beachtung entzogen, sondern auch 
die Frage nach dem Verfasser vielleicht allzusehr in negativem 
Sinn beeinflußt. Die bisherigen Erórterungen haben uns nun 
keinen Zweifel mehr darüber gelassen, daß diese Predigt an die 
Jungfrauen in die erste Hälfte des vierten Jahrhunderts und zwar 
nach Ägypten gehören muß. Damit erhöht sich die Verpflich- 
tung, auch die Frage nach dem Verfasser neu nachzuprüfen, ob- 
wohl sie bei einem derartigen Traktate, wenn er ohnedies in ein 
bestimmtes geschichtlich bekanntes Milieu eingeordnet ist, nur 
secundären Wert beanspruchen darf. 

Die eigentümliche Schwierigkeit der Frage beruht darin, 
daß solche praktische Sittenregel der Natur der Sache nach die 
Person des Redenden ganz zurücktreten läßt. Nicht ein Wort 
verrät uns etwas über die persönliche Herkunft und Stellung 
des Verfassers. Ist auch ersichtlich, daß er mit prophetischer 
Autorität zu reden sich bewußt ist, so nimmt er solch göttliche 
Autorität doch augenscheinlich für die Sache, nicht für seine 
Person oder Amtsstellung in Anspruch. Er sendet den Traktat 
einer Jungfrau, die er mit ἀγαπητὴ ἀδελφή, χορεύτρια Χριστοῦ 
anredet, also einer asketisch lebenden Jungfrau, zu der er im 
Verhältnis des Seelsorgers steht. Andere Wendungen, besonders 
der Anfang von cap. 11 lassen aber vermuten, daß es sich um eine 
wörtlich gehaltene Rede handelt, deren ursprünglicher Anfang 
augenscheinlich in cap. lI vorliegt in den Worten: &xove δούλη τοῦ 
Χριστοῦ καὶ πάντες 000. ϑέλουσι σωϑῆναι und die mit cap. XXIV 
schloß. Cap. I und cap. XXV sind dann bei der schriftlichen Auf- 
zeichnung der Rede in ein βιβλίον hinzugefügt worden. Für die 
Frage nach dem Verfasser läßt sich daraus nichts anderes ent- 
nehmen, als dali es sich um einen Prediger des vierten Jahrhunderts 
handeln muß, dessen Worte bei den Asketen jener Zeit auf unmittel- 
bares Ansehen rechnen konnten und dessen Seele selbst von dem 
asketischen Ideal erfüllt war, der insbesondere der παρϑενία den 
überschwünglichen Lohpreis zu schenken vermochte, den wir 


II. Ursprung und Charakter. 115 


cap. XXIV lesen. Gute Schriftkenntnis, einen gesunden reli- 
giösen und sittlichen Takt und seelsorgerliches Interesse wird 
man ihm nachrühmen dürfen. Alles Exaltierte und Übertriebene, 
das sich in der asketischen Literatur so häufig findet, geht ihm 
ab. Seine Sprache ist einfach, dem Charakter einer schlichten 
Erbauungsschrift angemessen. Der Zweck, den er verfolgt, ist, 
die geliebte Schwester in der Durchführung des asketischen 
Ideals zu bestärken, sie vor den Gefahren des asketischen Lebens 
zu bewahren und dessen sittliche Grundbedingungen kräftig 
geltend zu machen. Darnach kann es sich um keinen ganz 
unbedeutenden Mann handeln, der sich an ägyptische Asketinnen 
des 4. Jahrhunderts wendet, die noch kein klösterliches Gemein- 
schaftsleben kennen. Wir haben auch gesehen, daß seine Lehren 
einfacher und «biblischer» sind als die naheverwandten eines 
Makarius und eines Euagrius Ponticus. 

Welches ist nun der Wert der Tradition, die diesen Mann 
mit dem großen alexandrinischen Bischof Athanasius identifi- 
ciert? Sie tritt zuerst bei Hieronymus auf, also nur wenige 
Jahrzehnte spüter, bei einem gewichtigen Kenner der damaligen 
asketischen Literatur. Er schreibt in Cap. 87 seiner Schrift de 
viris illustribus (Migne, P. lat. XXIII p. 732, ed. Bernoulli p. 46): 
« Feruntur ejus (scil. Athanasii) adversum gentes libri duo, et contra 
Valentem et Ursacium unus, de virginitate (Sophronius übersetzt: 
περὶ rapdeviac), de persecutionibus Arianorum plurimi, et de 
psalmorum titulis, et historia Antonii monachi vitam continens et 
ἑορταστιχαὶ epistulae et multa alia quae enumerare longum est.» 
Nach diesem schwerlich zu beanstandenden Zeugnis hat Atha- 
nasius eme Schrift περὶ παρϑενίας geschrieben und da Hiero- 
nymus viele andere Schriften des Athanasius nicht nennt, muß 
sie zu den Schriften gehört haben, die er besonderer Erwähnung 
wert hielt. Es ist ja freilich durch dies Zeugnis nicht bewiesen, 
daß der von Hieronymus angeführte Traktat des Athanasius περὶ 

«παρϑενίας mit dem uns vorliegenden identisch ist. Aber es 
ist dies um so wahrscheinlicher als unsere älteste Handschrift, 
die von Patmos, den Traktat eben unter dieser kurzen Überschrift 
περὶ παρϑενίας überliefert. Dazu kommt ein noch älteres bisher 
nicht beachtetes Zeugnis in der Gedächtnisrede des Gregor von 
Nazianz auf den heiligen Athanasius (Migne P. g. XXXV p. 1082 


bis 1128, oratio 21). In dieser Rede, die auch einen beachtens- 
g* 


116 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Iwrnolas. 


werten Hinweis auf die vita Antonii enthält (Athanasius habe ın 
dieser Biographie ἐν πλάσματι διηγήσεως τοῦ uovadızov βίου 
νομοϑεσίαν gegeben), ruft Gregor alle die noch lebenden Zeugen 
der Wirksamkeit des großen Alexandriners in rhetorischem Pathos 
auf, um in seinen Ruhm einzustimmen, unter ihnen veavíoxot 
καὶ παρϑένοι, πρεσβῦται μετὰ νεωτέρων, denen er selbst ein 
Vorbild gewesen sei ἐν νηστείαις καὶ προσευχαῖς, ἐν ἀγρυ- 
πνίαις χαὶ ψαλμῳδίαις. In der näheren rhetorischen Explication 
sagt er dann, was die verschiedenen Stände der Christen an ihm 
gehabt hätten, und da heifit es: αἱ παρϑένοι τὸν νυμφαγωγόν. Am 
Schluß der Rede a. a. O. p. 1128 ist der Bischof selbst als παρ- 
ϑένιος bezeichnet. Sollte das nicht, da Hieronymus uns berichtet, 
daß Athanasius περὶ παρϑενίας geschrieben habe, eine deutliche 
Anspielung darauf sein können, daß in diesem Traktat περὶ παρ- 
ϑενίας das bräutliche Verhältnis der Jungfrauen zum himm- 
lischen νυμφίος ein wichtiger Grundgedanke ist? Will der 
Verfasser den Jungfrauen doch ein Führer zum himmlischen 
Bräutigam sein. Ich möchte wenigstens in dieser Wendung der 
Rede Gregors ein sehr wichtiges indirectes Zeugnis für die 
Echtheit unserer Schrift sehen, das freilich seine Beweiskraft erst 
durch das Zusammenwirken mit andern Indicien erhält. 

Spätere Citate sind spärlich. Theodoret erwähnt in seiner 
Kirchengeschichte (lib. I, Migne P. g. LXXXII col. 1028), daß 
Athanasius an die durch die Arianer mißhandelten Jungfrauen 
παραμυϑητιχοὺς λόγους geschrieben habe!. Solche Trost- 
briefe an Jungfrauen sind uns nicht mehr erhalten, können 
aber unmóglich von Hieronymus gemeint sein, wenn er be- 
.richtet, Athanasius habe περὶ παρϑενίας geschrieben. Viel- 
mehr beweist die Notiz nur, daß Athanasius in einem seel- 
sorgerlichen Verhältnis zu alexandrinischen Jungfrauen stand. 
Wie nahe liegt es, daß er die, welche er tröstete, ein ander Mal 
auch belehrte. 

Das nüchste Zeugnis finden wir in der Bibliothek des Pho- 
tius. Sie enthält im Cod. CCXXIX. Excerpte aus einem Werk 
des Patriarchen Ephraim von Antiochien, der in der ersten 


1) Als Citat führt er daraus den Satz an: διὰ τοῦτό φησι, μηδὲ 
γενέσϑω τις ὑμῶν περίλυπος, εἰ xal ϑαπτομέναις ὑμῖν φϑονοῦσι οἱ δυσσε- 
Beg xal χωλύουσι τὰς ἐχφοράς. 


II. Ursprung und Charakter. 117 


Hälfte des 6. Jahrhundert (ca. 529—544) gegen die Severianer 
eine Apologie der Synode von Chalcedon schrieb. Photius nennt 
die Namen der von Ephraim citierten Kirchenväter, unter ihnen 
auch Αϑανάσιος ὁ ᾿Αλεξανόρεὺς ἐν τῇ πρὸς τὰς παρϑένους 
ἐπιστολῇ !. Da es sich an der betreffenden Stelle um Beweisstellen 
für die ἕνωσις handelt, so kann Ephraim sehr wohl den Anfang 
unseres Traktats im Auge gehabt haben, wo er das τρεῖς ὑπο- 
στάσεις, μία ϑεότης, μία δύναμις, Ev βάπτισμα in seinem Sinn 
verwerten konnte. Diese einzige dogmatische Stelle unseres 
Traktats wird auch noch einmal in den Akten der Synode von 
Aachen (794) erwähnt in einem Brief Hadrians an Karl den 
Großen mit den Worten: item eiusdem S. Athanasii de virgini- 
tate inter cetera: et in spiritum sanctum qui in paire et filio 
existens a patre emittitur et per filium datur 3, 

An diese Zeugenreihe Gregor von Nazianz — Hieronymus — 
Ephraim von Antiochien — Photius — Hadrian ad Carolum 
Magnum, die sich auf 4 Jahrhunderte und die verschiedensten 
Kirchenprovinzen verteilt, schließt sich die handschriftliche Über- 
lieferung seit dem 10. Jahrhundert an, deren Untersuchung er- 
geben hat, daß unser Traktat nicht etwa, wie die älteren Editoren 
meinten, in der älteren Überlieferung fehlt, sondern gerade zu 
dem Grundstock von 21 Traktaten gehört, der in allen späteren 
Sammlungen wiederkehrt. Man wird nicht sagen dürfen, daß 
diese Argumente den athanasianischen Ursprung unseres Traktats 
zur zweifellosen Gewißheit erheben — aber es müssten sehr 
deutliche Kriterien sein, welche uns im Gegensatz zur genannten 
Tradition dazu bringen könnten, den Traktat dem Athanasius ab- 
zusprechen. Bei der dogmatischen Farblosigkeit der Schrift ist 
auch schlechterdings nicht einzusehen, warum man nachträglich 
auf den Namen des Athanasius gekommen sein sollte Die 
Schrift bietet dazu keinerlei Anknüpfungspunkte und ein Pseudo- 
athanasius hätte es nicht unterlassen, den Verfasser durch irgend- 
eine Wendung als den alexandrinischen Bischof zu charakteri- 
sieren. Einige der von den alten Herausgebern geäußerten 


1) Migne P. gr. 103 p. 960 ff, Ephraim Antioch. περὶ τῶν ἱερῶν τῆς 
Avtioxelag ϑεσμῶν, λόγος 1". 

2) Migne P. 1 98, 2 p. 1249 u. S. S. Concilia ed. Phil. Labbei et 
Gabr. Cossartii tom. VII, Paris 1671, p. 910. 


118 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! Aoyog Σιυτηρίας. 


Bedenken, die sich gegen die bei Athanasius noch nicht wahr- 
scheinlichen liturgischen Stellen wandten, sind erheblich abge- 
schwächt durch die auf Grund der älteren Zeugen festgestellte 
ursprüngliche Textgestalt. Wollte man trotzdem in cap. XX 
eine zu detaillierte liturgische Regel finden, so würde die Mög- 
lichkeit späterer Überarbeitung hier sehr nahe liegen. Aber die 
Grundbestandteile des klösterlichen Gebetsgottesdienstes dürften 
viel älter sein als gemeinhin angenommen wird. Es liegt m. E. 
keinerlei Grund vor, solche kurze liturgische Anweisungen dem 
Athanasius abzusprechen. 

Schwerer wiegen die durch P. Batiffol erhobenen Bedenken 
gegen die Glaubensformel am Anfang unserer Schrift. Die For- 
mel will in der Tat nicht zu der Lehre des Athanasius passen, 
sondern scheint auf die Theologie der Kappadocier (τρεῖς ὑπο- 
στάσεις, μία ϑεότης) hinzuweisen. Haben wir hier einen ganz 
ursprünglichen Text, so würde das die Echtheit der ganzen Schrift 
verdächtigen. Die handschriftliche Überlieferung bietet uns keinen 
Anlaß, Interpolationen anzunehmen. Auch bezeugt das Citat bei 
Ephraim von Antiochien, daß schon 1m 6. Jahrhundert die Stelle 
ähnlich gelesen wurde. Wir haben jedoch im Syntagma didas- 
caliae ein Beispiel, wie sehr solche Formeln im Lauf der Zeit 
kleinen Erweiterungen ausgesetzt waren. So läßt sich die Mög- 
lichkeit nicht von der Hand weisen, dab an der Formel schon 
früh Erweiterungen vorgenommen worden sind. Dann ist aber 
zu beachten, daß jene verdächtigen trinitarischen Formeln die 
grammatische Construction des Satzes zerstören. Die Worte 
πατὴρ καὶ υἱὸς xai ἅγιον πνεῦμα, τρεῖς ὑποστάσεις, μία 
ϑεότης, μία δύναμις, ἕν βάπτισμα (35, 10—11) sind Nominative, 
während, noch abhängig von πίστευσον εἰς, (35, 4) Accusative zu 
erwarten sind. Dem Satz, dessen Subject die Nominative sind, 
fehlt jede Fortsetzung und der folgende Satz αὐτὸς γὰρ ὁ ϑεὸς 
schließt sich bei Annahme der Interpolation viel besser an. 
Wir würden daun anzunehmen haben, daß die Worte schon 
früh, etwa Ende des vierten Jahrhunderts, eingefügt wurden, um 
die Formulierung vor Verdächtigungen sicher zu stellen. Zwin- 
gend ist die Annahme nicht und es würde selbst möglich sein, 
die Formel dem Athanasius zuzuschreiben, wenn wir in seinem 
sicher echten Traktat über Mth. 11, 27 (In illud omnia mihi 
tradita sunt, Migne P. g. XXV p. 220) lesen: ἅγιος ἅγιος ἅγιος 


II. Ursprung und Charakter. 119 


λέγουσα τὰς τρεῖς ὑποστάσεις, μίαν οὐσίαν und in der vielleicht 
echten Schrift: de incarnatione et contra Arianos, cap. 10, wo auch 
von dem dreimal heilig die Rede ist: διὰ τοῦτο, ὥσπερ εἰς τὸ ὄνομα 
τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ βαπτιζόμεϑα, οὕτως καὶ εἰς τὸ ὄνομα 
τοῦ ἁγίου πνεύματος" πατὴρ καὶ υἱὸς καὶ ἅγιον πνεῦμα κύριος 
σεβαώϑ ἐστι μία γὰρ ϑεότης καὶ εἷς ϑεὸς iv τρίσιν ὑποστά- 
σεσι. Es mag dahingestellt bleiben, ob diese Belege hinreichen, 
um unsere Formel zu decken — der zweite ist selbst verdächtig; 
jedenfalls kann die vorhergehende Formel: παρὰ τοῦ πατρὸς 
ἀποστελλόμενον καὶ διὰ τοῦ υἱοῦ διδόμενον (35,9) als athanasia- 
nisch gelten, da wir Ep. lad Serapionem lesen: xal τὸ πνεῦμα παρὰ 
τοῦ υἱοῦ διδόμενον καὶ πεμπόμενον .... ἐκ πατρὸς λέγεται &x- 
πορεύεσθαι, παρὰ τοῦ λόγου xal ἀποστέλλεται καὶ δίδοται. 
Die Flüssigkeit der Formeln gerade in den früheren Jahren des 
Athanasius ist groß genug, um für solche Variationen Spielraum 
zu lassen. Die Glaubensformel kann daher keinesfalls als durch- 
schlagendes Argument gegen die Echtheit betrachtet werden, 
wenn alle übrigen Indicien für sie sprechen. — Am wenigsten darf 
der Ausdruck cap. 111: ἐγεννήϑη ἐκ τῆς ϑεοτόχου Maolaz (38, 21) 
befremden. Er ist gut athanasianisch und kann auch schon vor 
Athanasius nachgewiesen werden!. Die Stelle Oratio III c. Ari- 
anos, die schon von Cyrill herangezogen wird, kann geradezu als 
Beweis für die athanasianische Abfassung auch unserer Stelle 
verwendet werden (vgl de ἡμᾶς σάρκα λαβὼν ἐκ παρϑένου τῆς 
ϑεοτόχου Maolas ἄνϑρωπος γέγονε). 

Die vegetarischen Regeln (πάντα ayva 00a ἄψυχα) und die 
Aufforderung συνάξεις xav ἰδίαν abzuhalten, welche P. Batiffol 
auf die eustathianische Secte deuten wollte, welche im Concil 
von Gangra 340? verurteilt wurde, haben wir längst als die 
unter den ägyptischen Asketen weit verbreiteten Lebensgrund- 
sätze erkannt. Auch die Vorschrift, das ganze Jahr zu fasten, 





1) Alexander episc. Alexandr. ep. de Ariana haer. cap. XII; Pierius’ 
Schrift περὶ 9eoröxov, Athanasius c. Apollinarium I, 4. 12. 13. oratio 
c. Ar. III, 14. 29. 33; IV, 32; de incarn. et c. Arianos VIII, 22; Cyrill. Hieros. 
cat. X, 19, vgl. Harnack, Dogmeng. II p. 214 u. 325 Anm. 2. Benrath, 
Zur Geschichte der Marienverehrung, Stud. u. Krit. 1886 p. 32. Schon 
Cyrill beruft sich darauf, daß bereits Athanasius den terminus 9eó- 
toxog gebraucht habe (vgl. Cyrilh Ep. I, Migne P. g. LXXVII p. 13). 

2) Vgl. Mansi, Conciliorum Collectio Tom. II (1759) p. 1095—1105. 


120 Ed. v. d. Goltz, Athanasius' 4óyog Σωτηρίας. 


wird man nicht so pressen dürfen, daß man darin einen Gegen- 
satz gegen das kirchliche Fastenverbot am Sonntag finden dürfte. 
Was mit den im Concil von Gangra verurteilten Absonderlich- 
keiten in Kleidung und Haartracht übereinzustimmen scheint, ist 
in unserem Traktat so allgemein gehalten, daf wir eine beson- 
dere Beziehung zu jener Secte nicht anerkennen können, die über 
das hinausging, was nahezu allen asketischen Kreisen damals ge- 
meinsam war. Es kónnen also auch die von Batiffol erhobenen 
Bedenken nicht als durchschlagend betrachtet werden. 

So bleibt denn nur die Frage übrig, ob der Stil und Cha- 
rakter des Traktats, sowie die darin ausgesprochenen Gedanken 
einem Bischof wie Athanasius zuzutrauen sind. Die älteren 
Herausgeber (zuerst Erasmus) haben diese Frage verneint. 
Aber sie sind augenscheinlich viel zu sehr von dogmatischen Ge- 
sichtspunkten ausgegangen. Die Schriften, die wir zum Vergleich 
heranziehen müssen, sind nicht die dogmatischen Streitschriften, 
sondern die kleinen Traktate, Predigten und Briefe sowie die 
vita Antoni. Hier wird man die Möglichkeit der Identität des 
Verfassers nicht bestreiten können. Zumal jetzt, da die Echtheit 
der vita Antonii als anerkannt gelten darf, wird nicht nur die 
Verwandtschaft der geistlichen Gedankenwelt, die wir oben nach- 
wiesen, sondern auch die der äußeren Terminologie ins Auge 
fallen. Ausdrücke der vita Antonii, wie ὑποβάλλειν Aoyıouor: 
πονηροὺς, κατόρϑωμα, ὑποπιάζειν τὸ σῶμα, μεϑοδεῖαι τοῦ 
ἐχϑροῦ, τὰ μέλλοντα ἀγαϑὰ, ὁδὸς τῇ ἀρετῆς, κοσμικὰ φρονεῖν. 
ἑκάστου τὴν ἄσχησιν καταμανϑανέτω τις, πνευματικὴ τροφῇ. 
φεύγειν τὴν κενοδοξίαν, ἀρέσχειν τῷ κυρίῳ, διανοιχϑείσης αὐτοῦ 
τὴς διανοίας sowie die bereits S. 66f angeführten Parallelen be 
weisen zur Genüge die Möglichkeit, daß es sich um denselben 
Verfasser handelt. Andere Parallelen in der Terminologie finden 
sich in der Vita S. Synoletieae!, in der Expositio in Ps. 106 

1) Migne P. g. XXVIII p. 1488—1557 vgl. Wendungen wie cap. VI 
εἰς μόνον τὸν οὐράνιον νύμφιον εἶχε τὸ νεῦμα, cap. X οὐκ ἀμέλει τοῖ 
χατὰ τὸ σῶμα σωτηρίου gapudzov' τήν τε γὰρ νηστείαν εἶχε φίλην, 
cap. XXII τεχνία πάντες xal πᾶσαι τὸ σωθῆναι οἴδαμεν und die 8. 69} 
citierten Gedankenparallelen. Die Schrift wird von Nikephorus Kallistus 
in einem cod. Vaticanus 825 (nach einer Anmerkung des Holstenius sum 
Martyrologium Romanum) und in einer Handschrift im Eskurial dem 
Athanasius zugeschrieben. In einem andern alten Codex von Crypto 


»Ἥ 


II. Ursprung und Charakter. 121 


(LXX) !, in einem Fragment zu Mth. 7, 6, in der Predigt περὶ 
ὑπομονῆς 3, im Brief an Amun (vgl. S. 65, 68), in der Schrift de 
sententia Dionysii?. Besonders lehrreich ist aber ein Vergleich mit 
den Fragmenten der Festbriefe, die Athanasius eben zu der Zeit, 
als er bei den ägyptischen Asketen weilte, an seine Diócesanen in 
Alexandrien schrieb. Wörtliche Parallelen lassen sich ja freilich 
nicht aufweisen, da wir nur einen syrischen Text besitzen, den 
F. Larsow uns ins Deutsche übersetzt hat (Leipzig 1852). Aus 
diesen Briefen lernen wir, wie Áthanasius in derselben einfachen 
Sprache zur Askese mahnte, das Fasten empfiehlt (Larsow, p. 59), 
vor jeder xevodogia warnte, das Lesen der heiligen Schrift bei 
Tag und Nacht auf das Gewissen legte (Larsow, p. 62). Auch 
schließt er den ersten Festbrief mit der Mahnung zum Almosen- 
geben und zur christlichen Gastfreundschaft. Er erinnert an das 
Doppelgebot der Liebe (ep.l), an 1. Cor. 2, 9, an Ps. 62, 1. 2 
(ep. VII und XI, XX), an Herm. Mand. I, 1 (ep. XI. Er rät, zu 
fasten wie Daniel, um Mitternacht aufzustehen wie Moses, zu 
beten wie Paulus (ep. VID, er spricht vom überirdischen Speise- 
saal (Larsow, p. 94), vom Hinaufziehen nach Jerusalem, von der 
Teilnahme an der himmlischen Mahlzeit mit den Engeln und den 
vom Bräutigam geliebten Jungfrauen (ep. VII), er nennt Christus 
den Steuermann der Seele (ep. XIX) und braucht andere Wen- 
dungen mehr, die, soweit der deutsche Text es erkennen läßt, 
an unsern Traktat erinnern. Damit ist eines der wichtigsten Be- 
denken gegen die athanasianische Autorschaft unseres Traktats 
gehoben. Denn wir erkennen eben aus diesen Festbriefen, wie 
Athanasius nicht nur der asketischen Seite, sondern auch dem 


ferrata wird ein Asket Polycarpus als Verfasser genannt. Auch ein Arsenius 
wird als Verf. bezeicbnet. Die Frage bedarf noch n&herer Untersuchung. 

1) Expos. in Ps. 106 (LXX) [Migne P. g. XXVII p. 452] bezieht sich 
Athanasius wie περὶ παρϑ. XVI auf den descensus ad inferos: τὸν μέχρις 
&dov σωτῆρος xá9oóov σημαίνει. αὐτὸς εἴρηχε toig ἐν δεσμοῖς " ἐξέλ- 
ϑατε xal tot; ἐν t. σχύτει ἀναχαλύφϑητε. --- Vgl. auch Ps. 30, a. a. O. 
p. 157. — ἔστησας ἐν εὐρυχώρῳ τοὺς πόδας μου, ἀπήλλαξας με ϑλίφεως, 
χατέστασας ἐν ἀνέσει καὶ εὐρυχωρίᾳ, vgl. περὶ παρϑ. XVIII (54, 7). 

2) Migne P. g. XXVI p. 1297 ff: ἡ ἐπαγγελία τ. παρϑενίας εἰς τὸν 
οὐρανὸν ἀναφέρει" μετὰ ἀγγέλων χορεύειν αὐτὴν χατασχενάζει, vgl. 
περὶ παρϑ. XXIV. 

3) In de sent. Dionysii wird Prov. XII, 7 or ἐὰν στραφῇ ὁ ἀσεβὴς 
ἀφανίζεται in &hnlicher Weise citiert wie z. παρϑ. XVIII (54, 8). 


199 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! “όγος Σωτηρίας. 


eschatologischen und mystischen Bedürfnis der populáren Asketen- 
kreise sich anzupassen gewußt hat, und daß auch die schroffe 
Gegenüberstellung von δίκαιοι (— Asketen) und χοσμιχοὶ sowie 
die sinnliche Ausmalung des Jenseits ihm in einer solchen Er- 
bauungsschrift wohl zuzutrauen sind, wofür auch Eichhorn a. 
a. O. schon Belegstellen gegeben hatte. Wenn er nirgends als 
Bischof, sondern überall nur als Seelsorger sich gibt, so mag das 
seinen Grund eben darin gehabt haben, daß er den Traktat zur 
Zeit seiner Entfernung vom Bischofssitz schrieb. Die Briefe an 
Amun, Dracontius u.a. beweisen ja zur Genüge, welch groles 
seelsorgerliches Interesse er an diesen Asketengemeinschaften 
nahm und wie hoch er die παρϑενία als die ἀγγελικὴ βίος schätzte. 
Es steht darnach m. E. auch von Gesichtspunkten der inner 
Kritik aus nichts im Wege, der alten Tradition Glauben zu 
schenken, daß wir es mit einer echten Schrift des großen alexan- 
drinischen Bischofs zu tun haben. Der Gegenbeweis fällt jeden- 
falls den Bestreitern der Echtheit zu. Auch steht zu hoffen, dab 
die weitere Untersuchung der athanasianischen Traktate neue Be 
weismomente für die Echtheit auch unseres Traktats liefern wird. 

Über Ort und Zeit der Abfassung durch Athanasius etwas 
zu ermitteln, darauf muß ich bein Mangel jedes näheren Indi- 
ciums verzichten. Nur die Vermutung darf ausgesprochen werden, 
daß der Traktat in eine Zeit gehört, da Athanasius mit den Mön- 
chen Ägyptens durch seinen Besuch in ihren Gemeinschaften in 
besonders reger Verbindung stand, also entweder schon früh 
(328/329) oder während seines dritten (356—362) oder vierten 
Exils (362—363). Für eine verhältnismäßig frühe Abfassung 
könnte das Fehlen jeder Anspielung auf die dogmatischen Stre- 
tigkeiten sprechen. Auch erinnern wir uns des Schweigens über 
klosterartige Einrichtungen. Das 2. oder 3. Jahrzehnt des vierten 
Jahrhunderts dürfte die wahrscheinlichste Datierung sein. 

Wichtiger als die Zeitbestimmung ist aber, daß nun durch 
unsern Traktat die Wirksamkeit des Athanasius als Seelsorger. 
Prediger und Katechet in ein neues Licht tritt, und daß auch 
die Traditionen aus älterer Zeit, die wir in unserm Traktst 
finden, einen höheren Wert gewinnen durch die bedeutende Per- 
sönlichkeit, die sie uns verbürgt. So sei denn am Schluß auf 
die Bedeutung unseres Traktats für die Geschichte des chris 
lichen Lebens hingewiesen. 


III. Die Bedeutung des Traktats. 123 


Ill. Die Bedeutung des Traktats für unsere Kenntnis der 
Geschichte des christlichen Lebens. 


In dem Artikel über «Athanasius» in der neuen Auflage 
der theologischen Realencyclopädie hat Loofs mit Nachdruck 
auf die Bedeutung des Athanasius für die Geschichte des Mönch- 
tums hingewiesen. Unsere Schrift gewährt uns nun einen näheren 
Einblick in diese Wirksamkeit. Der Bischof wendet sich an gott- 
geweihte Jungfrauen ganz in dem Geiste der Väter des ägyp- 
tischen Mónchtums und benutzt für den Traktat, den er im letzten 
Capitel einer bestimmten Jungfrau zueignet, eine Ansprache, die 
er vermutlich an Asketen Ägyptens gehalten hat. Damit stellt 
Athanasius sich mitten in die religióse Bewegung, welche am 
Anfang des vierten Jahrhunderts in Ägypten weite Kreise er- 
griffen hatte und als eine «Erweckungsbewegung» charakterisiert 
werden darf. Die vorhergehende Zeit der Verfolgung hatte làu- 
ternd gewirkt — nicht nur weil sie vielen den Wert verborgenen 
und zurückgezogenen Lebens kennen zu lernen Gelegenheit gab 
— sie hatte viele Gemüter innerlicher und ernster gemacht. Die 
nun mit dem Siege Constantins anbrechende Zeit der Freiheit 
brachte alle im kirchlichen Leben schlummernden Kräfte zur 
freien Entfaltung — so auch das längst von ernsten Christen 
wertgeschätzte asketische Ideal. Asketen und gottgeweihte Jung- 
frauen hatte es seit dem ersten Jahrhundert gegeben, nun aber 
wurden weitere Kreise aus allen Ständen für diese Lebensweise 
gewonnen. Die Weltentsagung wurde zum Programm, zum reli- 
giösen Ideal größerer Gemeinschaften, zu einer Antwort in der 
Tat und in der Wahrheit auf die Frage, welche die Gemüter 
ernst beschäftigte: Wie kann ich selig werden und welche Art 
heiliger Lebensweise sichert nur die himmlische Herrlichkeit? 
Der Despotismus der kaiserlichen Verwaltung, die in den dama- 
ligen Kulturverhältnissen besonders häufigen Wechselfälle des 
Lebens, die Verweltlichung auch innerhalb der Kirche, auch die 
Unfähigkeit, innerlich zwischen der Bildung und Kultur einer- 
seits und der christlichen Wahrheit andererseits zu vermitteln, 
trugen dazu bei, das neue Lebensideal zu empfehlen. Nicht nur 
in der Geschichte des Antonius, auch im Leben anderer be- 
rühmter Mönchsväter, eines Amun, des Räubers Moses, des älteren 


124 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyos Σωτηρίας. 


Makarius, des Euagrius Ponticus läßt sich eine persönliche Er- 
weckung und Bekehrung in Form einer plötzlichen Wendung zu 
ernst asketischem Christentum constatieren; ja bei keinem der 
großen Lehrer der Kirche im vierten Jahrhundert fehlt ein der- 
artiger Zug ganz. Mag die Zahl von 20000 asketischen Jung- 
frauen und 10000 Mönchen in der ägyptischen Stadt Oxyrynchos. 
von denen die historia monachorum c. 5 zu berichten weiß, auch bei 
weitem übertrieben sein, die asketische Bewegung muß damals in 
Ägypten einen epidemischen Charakter angenommen haben. Es 
handelt sich ja auch nicht mehr nur um individuelle Lebensmetho- 
den, sondern um ein religiöses Ideal, das mit einem starken Pro- 
pagandatrieb verbunden war. Es war nicht nur eine «Erweckungs- 
bewegung», sondern auch eine «Gemeinschaftsbewegung» von 
großer Kraft, die anfangs weit davon entfernt war, in wunderlichen 
Excentricitüten und asketischen Bravourstückchen aufzugehen. 

Es handelte sich in der Tat, wie wir auch in der Schrift 
des Athanasius sehen, um ein ernstes christliches Streben, dem 
Herrn allein anzuhangen, Gott allein zu lieben, den Schlingen 
und Versuchungen des Teufels auf jede Weise zu entgehen. Die 
Askese war den Besten nur das Mittel, um der Leidenschaften 
Herr zu werden und mit dem Christentum Ernst zu machen. Es 
war nicht der Trieb der Werkgerechtigkeit, es war ursprünglich 
kein geistiger Hochmut und keine Ruhmsucht, sondern ernster 
Heiligungstrieb, der die Menschen in die Einsamkeit der sketischen 
und nitrischen Wüste führte. Je öder sich dort äußerlich das 
Leben gestaltete, desto mehr wurde die religióse Phantasie an- 
geregt, sich die Ruhe der Heiligen und die Herrlichkeit der 
himmlischen Schatzkammern auszumalen. In der Einsamkeit 
bildete sich aber von neuem ein Leben der Gemeinschaft aus 
ein Verkehr zu gegenseitiger Seelsorge in nächtlichen Gesprächen. 
gemeinsame Mahlzeiten und Andachtsübungen; es wurden gemein- 
same Gebetsstunden und Gottesdienste zur Gewohnheit, es ent- 
standen endlich auch neue Gemeinschaftsordnungen und feste all- 
gemein gültige Lebensregeln — eine neue Welt der Weltabge- 
schiedenen. 

Karl Holl hat in seinem schon erwähnten Buch über 
«Enthusiasmus und Bußgewalt beim griechischen Mönchtum: 
bereits darauf hingewiesen, wie in dieser durch die vita Antonii 
des Athanasius geistig charakterisierten Atmosphäre der ältesten 


III. Die Bedeutung des Traktats. | 125 


ägyptischen Asketen der urchristliche Glaube an besondere 
χαρίσματα der Rede, der Prophetie, der Krankenheilung, der 
Sündenvergebung sich erhalten hatte, die mit den höchsten aske- 
tischen Leistungen verbunden waren. Der prophetische Ton der 
Makarismen in dem athanasianischen Traktat legt ein unmittel- 
bares Zeugnis dafür ab; denn nicht als Bischof redet Athanasius 
so, sondern als geistlicher Vater und Seelsorger, als ein Mann, 
der kraft der Autorität seiner christlich-sittlichen Persönlichkeit 
im Namen Gottes reden durfte. 

Dieser enthusiastische Zug ist aber nicht der einzige, der diese 
religiöse Gedankenwelt mit dem Urchristentum verbindet. Es ist 
auch nicht nur die interessante Übergangsform des asketischen 
Lebens, die in unserm Traktat uns die Entwicklung von dem alten in- 
dividuellen Asketentum mitten in der Welt lebender «Jungfrauen» 
zu der Klostergemeinschaft repräsentiert, er gibt uns überhaupt ein 
sehr instructives Bild davon, wie jene ägyptischen Asketenkreise die 
Vermittler wertvoller urchristlicher Traditionen gewesen 
sind, und wie gerade ein Mann wie Athanasius tätig gewesen ist, 
um die hier bewahrten religiösen Schätze für die Gesamtheit der 
Kirche nutzbar zu machen. Indem er sich an die asketischen Kreise 
wendet, benutzt er das wertvolle Capital, das sie bewahrten, um 
seine Zinsen wieder für weitere Kreise nutzbar zu machen. Es ist 
der Vorzug seiner Rede an die Jungfrauen, daß wir in ihr solche 
Überlieferung urchristlicher Traditionen fast unberührt von den 
phantastischen und excentrischen Zügen eines Antonius kennen 
lernen. Die vita Antonii enthält genau dieselben Elemente, aber 
sie sind dort durchsetzt mit Zügen einer religiösen Phantasie, die 
wohl mehr die des Antonius als die des Athanasius war. Das hat 
jene vita so in Mificredit gebracht und hat es verschuldet, daß 
die Bedeutung des ägyptischen Mönchtums für die Geschichte 
des christlichen Lebens jetzt erst erkannt wird. In dem λόγος 
σωτηρίας des Athanasius tun wir einen ungestörten Blick in 
diese religiöse Gedankenwelt, wie sie unberührt von dogmatischen 
Streitigkeiten und Formulierungen und frei von excentrischen 
Übertreibungen in dem Lebensideal christlicher Jungfrauen sich 
erhalten batte. 

Wir konnten zunächst einen Schriftgebrauch constatieren, 
der sich ganz freihält von dogmatischer Spitzfindigkeit und alle- 
gorischer Willkür, unter schlichter Benutzung biblischer Erzäh- 


126 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! /fóyog Σωτηρίας. 


lung und Spruchweisheit mit einem unverkennbaren Interesse für 
die Worte des Herrn selbst. Auch die Verwendung von Psalmen 
und Liedern und die Mahnung zu eifriger täglicher Lectüre der 
heiligen Schrift zeigen uns die einfache praktisch-erbauliche Ten- 
denz des religiósen Interesses. Auch Athanasius, der grobe 
Führer in den kirchlichen und dogmatischen Streitigkeiten seiner 
Zeit, kannte also diesen schlichten rein religiósen und ethischen 
Gebrauch der heiligen Schrift und er kann sich damit offenbar 
an Leute wenden, denen der fleißige Gebrauch der Schrift zum 
täglichen Leben gehörte. Es ist nicht umsonst, diese Tatsache 
eines schlichten, undogmatischen und von jeder künstlicben Alle 
gorie verschonten Schriftgebrauchs in diesem Erbauungsbüchlein 
des Führers der Orthodoxie nachdrücklich hervorzuheben. Weit 
entfernt davon, die Echtheit des Traktats zu verdächtigen, ıst 
diese Einfachheit gerade ein Zeichen, ein wie tief religiös an- 
gelegter und mit dem Geist der heiligen Schrift vertrauter Mann 
der Verfasser gewesen sein muß. Anders ist der stellenweise 
ganz urchristlich anmutende Ton des Traktats, der doch wieder 
deutliche Kennzeichen des vierten Jahrhunderts nicht verleugnet. 
nicht zu erklären. Die Kenntnis und Wertschätzung der Di- 
dache und des Hirten des Hermas bestätigt uns, was wir ja 
schon aus dem 39. Festbrief wissen, daß Athanasius in Ägypten 
den Gebrauch dieser Schriften vorausgesetzt hat. Erinnern wir 
uns nun, daß wir im σύνταγμα διδασχαλίας eine Bearbeitung 
der Didache aus derselben Zeit besitzen, daß die alte Gebet 
sammlung des Serapion jenen Kreisen entstammt, daß wir die in 
Oxyrynchos gefundenen «Sprüche Jesu» derselben Gegend ver 
danken, daß nach dem Bericht der historia lausiaca (cap. LV 
eine Asketin, die 60 Jahre in der Einsamkeit gelebt, einen Com- 
mentar des Clemens Alexandrinus zum Propheten Amos hinterlis. 
so läßt sich schon in literarischer Beziehung beobachten, daß ? 
den Kreisen der Asketen Ägyptens wichtige altchristliche Über 
lieferungen sich erhalten hatten, wie ja noch heute in pieti# 
schen Kreisen ältere Erbauungsliteratur mit merkwürdiger Záhi- 
keit sich durch Jahrhunderte bewahrt. Es wäre daher woll 
wünschenswert, daß gerade die griechische Erbauungsliterstu 
gründlicher auf ältere Bestandteile untersucht würde. Konntes 
wir doch z. B. schon darauf hinweisen, daß auch die Vita Syr 
cleticae, die vielleicht mit Unrecht dem Athanasius abgesproche 





III. Die Bedeutung des Traktats. 137 


wird, Reminiscenzen an die Theklageschichte und ein Citat des 
Herrnworts εγίνεσϑε doxıuoı toaredttaı» enthült !. 

Diese Vermittlung altchristlichen Traditionen an die spätere 
mönchische Literatur tritt uns aber noch deutlicher vor Augen, 
wenn wir auf die Auswahl und Disposition des Stoffs in unserm 
λόγος σωτηρίας achten. Wir haben hier keine Bearbeitung der 
beiden Wege oder der Didache vor uns, wie im σύνταγμα dıdao- 
καλίας; um so interessanter ist, daß in der Auswahl des Stoffs eine 
Analogie zu den ältesten christlichen Sittenkatechismen zu 
constatieren ist, welche beweist, daß Athanasius nicht völlig frei 
nach eigener Auswahl schreibt, sondern sich an eine bestimmte 
Lehrtradition anschließt, die in der Composition der Reden bei 
Matthäus, in der Didache, in den Geboten des Hermas - 
und in einigen Ermahnungsreihen der paulinischen Briefe 
ihre ältesten Typen hat?. Reihenfolge und Detailausführung sind 


1) Das Wort des Herrn ist sonst überliefert bei Clem. Alex. Strom. 
I, 28. 172; Apelles ap. Epiphan. haer. XLIV, 2 S. 382; Didask. II, 36; Pistis 
Sophia cap. 134 (ed. C. Schmidt 1905 p. 228, 11); Clem. Hom. 11, 51; vgl. J. 
H. Ropes, Sprüche Jesu, Nr. 144. 

2) In einer nicht veröffentlichten Probevorlesung vor der Berliner 
theol. Fakultát habe ich im Juli 1902 schon die Parallelen der kateche- 
tischen Stoffauswahl bei Math., Didache, Hermas und den EÉrmahnungsreihen 
der paulinischen Briefe nachzuweisen gesucht. Das Buch von A. Seeberg, 
«Der Katechismnus der Urchristenheit., brachte mir die erfreuliche Be- 
stätigung meiner Vermutungen — nur daß ich die Festlegung des urchrist- 
lichen Katechismusstoffes in festen Formeln für die ältere Zeit nicht 
zugeben kann. Versteht A. Seeberg, wie er in seinem neuen Buch (Das 
Evangelium Christi, Leipzig 1905, S. 103 Anm. 2) sagt, unter dem Wort 
Katechismus nur den katechetischen Stoff, so kann ich ihm in vielem 
nur zustimmen und bleibe dankbar für das, was er uns gelehrt hat. Wenn 
er aber glaubt, dal dieser Stoff für Sittenlehre und Glaubenslehre 
von vornherein formelhaften Charakter annahm und als feste Formel 
schon vor den paulinischen Briefen ausgeprägt vorlag, so muß ich meinen 
Widerspruch aufrecht erhalten. Die Freiheit und Variation des Ausdrucks 
für diesen Stoff ist in den ursprünglichen Schriften viel zu stark, um an 
den von A. Seeberg construierten Urkatechismus glauben zu können. 
Dagegen stimme ich P. Drews vollkommen zu, wenn er in einem Auf- 
satz in der Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft (1904, 1 5. 53ff, 
eine sachliche Parallele zwischen Didache und Col. 3,5 —4,1 ( - Eph. 
4, 1— 0, 8) constatiert und die Benutzung irgend einer Form der jüdischen 
«beiden Wege» bei Paulus voraussetzt. Daß Paulus freilich selbst einen 
christlichen Sittenkatechismus als Seitenstück der beiden Wege formu- 


128 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


jedesmal verschieden, aber den Hauptthemen nach läßt sich dem 
λόγος des Athanasius das Grundschema eines christlichen Sitten- 
katechismus entnehmen. Vorangestellt ist den Geboten wie bei 
Hermas das πρῶτον πάντων πίστευσον ὅτι εἷς ϑεὸς mit 
einer Detailausführung über die Schöpfung von Himmel und 
allen Creaturen bis zum Menschen. Dann folgt mit der Einlei- 
tung τοῦτο δέ ἐστι τὸ ϑέλημα τοῦ Χριστοῦ eine Aufzäh- 
lung christlicher Tugenden, die in den Seligpreisungen Mth. 5 
und Didache cap. 8 eine Parallele hat (ἐλεήμονα, πρᾶον, ave- 
ξίχακον, ἡσύχιον tiva); sie werden an biblischen Beispielen 
illustriert. Dann wird die ταπεινοφροσύνη als Haupttugend 
an die Spitze gestellt und gesagt, daß die ὑπερηφανία noch 
schlimmer sei als μοεχεία, πορνεία und χλοπή. Die Sünden 
des Dekalogs werden also nur gestreift. An der Spitze des sechsten 
Capitels wird dann die alte Dreiheit: Fasten, Gebet, Almosen 
hervorgehoben, die auch den Ausführungen in Mth. 6 zugrunde 
liegt und an die sich auch die Didache im 7. Capitel anschließt. Die 
in den epistolischen Lasterkatalogen und in der Didache berticksich- 
tigten Laster der φελαργυρία, κενοδοξία υπὰ ἀλαζονεία wer- 
den am Schluß der Fastenregeln besprochen. Der Abschnitt schließt 
mit dem Wort Mth. 7,6, das in der Didache in dem Gebetsabschnitt 
herangezogen wird. Gemeinsam ist der Grundgedanke, daß die 
christliche Lebensweise in aller Stille und Verborgenheit eingehal- 
ten werden soll, ohne sie profanen Augen und Ohren preiszugeben. 

In dem ausführlichen Abschnitt über das Gebetsleben geht 
unser Traktat seine eigenen Wege, berücksichtigt aber wie die 
Didache in erster Linie die Gebete bei der heiligen Mall- 
zeit. Nur für diese werden hier wie dort feste Texte dargeboten, 
die sich, wie wir sahen, in dem einen Brotgebet decken. Der 
Passus über das Bußgebet zur zwölften Stunde gibt dann unserm 
Verfasser Gelegenheit, eschatologische Gedankenreihen er- 


liert habe, scheint mir zu weit zu gehen. Aber daß im Anschluß an be 
reits vorhandene jüdische feste Formen eine christliche Tradition für die 
Auswahl des katechetischen Stoffs sich sehr frühe gebildet hat, scheint 
mir nach A. Seebergs und Drews’ Ausführungen gesichert zu sein. Die 
Identität der Formeln und der Ausdrucksweisen hat sich, wie allein die 
starke Variation in den Tugend- und Lasterkatalogen beweist, erst sehr 
allmählich gebildet und ist, wie wir sehen, auch im vierten Jahrhundert 
noch nicht zum Abschluß gekommen. 


III. Die Bedeutung des Traktats. 129 


zufügen. Das alte katechetische Schema berührt er nur einmal 
in cap. XVIII durch das Bild der beiden Wege, den Lebens- 
weg und den Todesweg, das wir auch bei Mattháus finden und 
das in der jüdischen Grundschrift der Didache nähere Ausfüh- 
rung gefunden hat. Es sind aber diese ausführlichen Gedanken- 
reihen gleichsam eine Parenthese in dem Abschnitt über das 
Gebetsleben, denn dieser findet erst in cap. XX seinen Abschluß. 
Hieran müßte sich nun nach dem cap. VI citierten jüdischen Schema 
(40, 1) eine Ermabnungsreihe über ἐλεημοσύνη anschließen. 
Dafür tritt aber der umfassendere Begriff der christlichen ἀγάπη 
ein, eingeführt durch das in der Bergpredigt, der Didache und 
sonst häufig verwendete Doppelgebot der Liebe. Mit dem 
Hinweis auf das ebenfalls der alten katechetischen Traditiou an- 
gehörige Wort Eph. 4, 26 schließen sich πραότης, ὑπομονή, 
μαχροϑυμία und νηπιότης der ἀγάπη als Unterbegriffe an. 
Dem gegenüber steht die Warnung vor falscher λύπη, vor ὀργή, 
ὕβρις, κατάρα, κακολογία, Themata, die in keiner der älteren 
Sittenregeln fehlen. Nun erst kommt die φελοξενέα insbeson- 
dere gegen die heiligen Männer Gottes (dixauoı, ἄνϑρωποι ϑεοῦ) 
zur Sprache und die Pflicht, auf ihre heiligen Worte zu 
hören (vgl. Did. XI—XID, nicht ohne eine Mahnung zur Vor- 
sicht für die weiblichen Asketen. Die Schlußwendung des Ab- 
schnitts zeigt, daß die Erwähnung der φελοξενία und der 
ἐλεημοσύνη an dieser Stelle eine weitere Ausführung nach 
der Tradition hätte erfahren können (vgl Did. XI—XIl). Sehr 
kurz gehalten sind auch die Vorschriften für das Verhalten in 
der Gemeindeversammlung (ἐν τῇ ἐχχλησίᾳ).. Aber sie 
fehlen nicht und bilden eine Parallele zu Did. XIV und XV. Den 
Schluß bildet, wie Did. XVI, die Erinnerung an das Kommen des 
Herrn, dessen Stunde unbestimmt sei, so daß man immer bereit 
sein und die Lampen brennen lassen müsse. Die Zueignung an 
die Leserin vergißt auch nicht die Mahnung, weder rechts noch 
links (vgl. Did. XII, 1 δεξιὰν χαὶ ἀριστερὰν) von diesem Pfade 
abzuweichen und dem Hören auch das Tun folgen zu lassen 
(vgl. Mth. 7; Did. (lat.] 6, 4). Sehen wir also von den speciellen 
Vorschriften für die Jungfrauen ab, welche Athanasius seiner 
Rede einflicht, so haben wir das deutliche Schema eines altchrist- 
lichen Sittenkatechismus vor uns, der in den zusammenhängenden 


Reden des ersten Evangeliums (Mth. 5— 7, 10, 15, 23—24), in 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2 9 


130 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ “όγος Zwrngiac. 


der Didache und in den Mandata des Hirten seine deutlichsten 
Parallelen hat. Es würde zu kühn sein, die Fragmente eines 
altchristlichen Katechismus aus der Rede des Athanasius im 
Wortlaut zusammenstellen zu wollen, obwohl man oft dazu ver- 
sucht ist. Aber nach Anlage und Stoffauswahl ist eine derartige 
katechetische Grundlage für unsern Traktat nicht zu verkennen. 

Wir haben nun bereits oben darauf hingewiesen, wie die 
christliche Tugend- und Lasterlehre bereits bei Euagrius Ponti- 
cus in ein System gebracht wurde, und so finden wir denn auch 
in allen älteren Mönchsregeln, von denen des Basilius und Pa- 
chomius an bis weit in das Mittelalter hinein, die Grundzüge des 
ehristlichen Sittenkatechismus wieder, wie er uns in dem aufge- 
zeigten Schema repräsentiert ist. Man mag die regulae fusius 
tractatae des Basilius oder die Regeln Benedikts (vgl. cap. IV 
instrum. bonorum operum), die von Jos. Schlecht! mitgeteilte 
Bonifatiuspredigt (ed. vulg., sermo XV), die Taufpredigt Pirmins 
von Reichenau oder die gleichfalls von ihm angezogene doctrina 
Severini episcopi (Severian v. Gabala ?) vergleichen, überall 
wird man Spuren des altchristlichen Sittenkatechismus finden. 
Insbesondere ist die Tugend- und Lasterlehre ein Gemeingut der 
mittelalterlichen katechetischen Tradition geworden. Die Rede 
des Athanasius bietet den Schlüssel für diese Erscheinung. Die 
ägyptischen Asketen waren es, die heilige Überlieferungen christ- 
licher Unterweisung zunächst als persönliche Lebensrichtschnur, 
dann auch als Grundlage für ihre Gemeinschaftsregeln festhielten 
und bewahrten und so die Vermittler wurden, um wertvolle bıs 
ins Judentum und bis auf den Herrn selbst zurückreichende 
Spruchweisheit späteren Generationen zu übermitteln. Abseits 
vom Hauptstrom der dogmatischen Entwicklung und der kirch- 
lichen Streitigkeiten geht hier ein Nebenstrom christlicher Über- 
lieferung, der für die Geschichte christlicher Frömmigkeit von 
nicht geringer Bedeutung ist. Nicht nur die syrische Kirche, 
wie jüngst von F. C. Burkitt? trefflich entwickelt wurde, son- 
dern auch die ägyptische Kirche hat der Nachwelt einfache ur- 


1) Joseph Schlecht, Die Apostellehre in der Liturgie der katho- 
lischen Kirche, Freiburg 1901 S. 751f, S. 124ff. 

2) Vgl. F. C. Burkitt, Early eastern christianity, St. Margarets lec- 
tures, London 1904, bes. Lect. III und IV. 


II. Die Bedeutung des Traktats. 131 


christliche Schätze bewahrt, die neben der großen dogmenge- 
schicbtlichen Entwicklung zu sehr unbeachtet geblieben sind. 

Verbunden mit diesen Grundbestandteilen des altchristlichen 
Sittenkatechismus finden wir nun bei Athanasius auch Vor- 
schriften über Kleidung, Fasten und Gebetsstunden, die bei 
ihm noch als seelsorgerliche Ratschläge gemeint sind, aber 
bald darauf zu Gesetzen mönchischer Gemeinschaftsord- 
nung wurden. So illustriert uns dieser λόγος σωτηρίας auch 
den Übergang der Regeln privater Hausaskese und strengerer 
christlicher Haussitte in die Mönchsregeln späterer Zeit. Die Ver- 
bindung von Sittengebot und Áskese ist darin nicht neu, aber 
die wichtigsten Gruudzüge der seelsorgerlichen Ermahnungen, die 
bereits geübte Sitten codificieren, werden der Kristallisationspunkt 
für die genauere Ausgestaltung der Klosterordnungen. Auch 
nach dieser Richtung bildet der athanasianische Traktat ein Mittel- 
glied zwischen den älteren Traktaten eines Clemens v. Al, Ter- 
tullian und Cyprian zu den für die gesamte Geschichte des Mónch- 
tums grundlegenden Hegeln des Basilius von Caesarea, des Caesa- 
rius von Arles und des Benedikt von Nursia. 

Dafür sind z. B. die Anweisungen über die Kleidung be- 
sonders charakteristisch — sie sind viel detaillierter als bei Ter- 
tullian (vgl. besonders das Abschneiden der Haare und die Wasch- 
vorschriften), aber sie sind noch nicht im Sinne pedantischer 
Vorschrift einer Standestracht gegeben, sondern nur im Sinne 
des Rates zu möglichster Einfachheit im Gegensatz zu den veo- 
τερικὰ σχήματα. Auch die Fastenregeln sind bei aller Strenge 
des vegetarischen Princips noch so elastisch, daß sie im Vergleich 
zu späteren Klostervorschriften als sehr frei gelten müssen. Die 
Clausur der weiblichen Asketen ist nur in der milden Form an- 
geraten: οὐχ ἔστι χαλὸν προέρχεσϑαί σε χωρὶς μεγάλης avay- 
xnc' τὴν ἡσυχίαν ἀγάπα, 000v δύνασαι (cap. XXII, 57, 9f). Die 
Gebetsstunden sind die auch schon früher üblichen, aber neu ist 
die detaillierte Anweisung insbesondere für das Gebet um Mitter- 
nacht, schon ein sehr deutlicher Ansatz zur späteren Klosterregel. 
Von der Zwölfzahl der Gebete ist aber nicht die Rede — sie 
tritt erst in der Regel des Pachomius auf. Genug — schon der 
früher von uns angestellte Vergleich unserer Schrift mit den 
späteren Berichten der historia lausiaca und dem Rufinschen 
Reisebericht hat die Mittelstellung der hier gegebenen Regeln 


)* 


132 Ed. v. d. Goltz, Atbanasius’ Aöyog Σωτηρίας. 


erwiesen. Was das aber nicht nur für das Morgenland, sondern 
für das Mönchtum der gesamten christlichen Kirche für Bedeu- 
tung hatte, ersieht man aus dem Bericht des Hieronymus, der 
uns erzählt, daß die Römerin Marcella durch den in Rom weilen- 
den Áthanasius zuerst von Antonius und Pachomius und von 
der disciplina virginum ac viduarum gehört habe (vgl. 
epist. 127 ad Principiam). 

Der bedeutsamste Beweis für diese Übermittlung altchrist- 
licher Haussitten an die späteren Klosterordnungen sind die mit- 
geteilten Gebete. Ehe wir aber auf diese interessanteste Partie 
der Regeln eingehen, seien noch einige Bemerkungen über den 
homiletischen Charakter unseres λόγος gestattet. So wie er 
sich uns jetzt darbietet, handelt es sich freilich um einen Traktat, 
nicht um eine Rede. Aber der Anfang des zweiten und der 
Schluß des vorletzten Capitels, sowie einige Partien in der Aus- 
fübrung tragen so ausgesprochen rhetorischen Charakter, daß 
selbst wenn eine wirklich gehaltene Rede nicht zugrunde liegen 
sollte, doch die von Athanasius gewählte Form als indirectes 
Zeugnis für seine Redekunst gelten müßte. 

Die Reste der altchristlichen Predigtliteratur vor der Blüte- 
zeit griechischer kirchlicher Beredsamkeit in der zweiten Hälfte 
des vierten Jahrhunderts sind ja leider nicht allzu zahlreich. 
Zumal, wenn wir von den glossatorisch - exegetisch gehaltenen 
Homilien absehen, so ist der Typus eines λόγος, der ohne be- 
stimmten Schrifttext ein bestimmtes Thema behandelt, noch nicht 
sehr häufig. Nur einzelne Traktate des Clemens Alexandrinus. 
des Cyprian und des Pseudocyprian wird man als 40304 ansehen 
dürfen. Hier lernen wir einen λόγος σωτηρίας kennen als 
eine speciell parünetische Ansprache, wie sie unter den Asketen 
Agyptens üblich war. 

Wir werden als den Anfang dieses λόγος das zweite Capitel 
anzusehen haben. obwohl auch die Schilderung der Schöpfung 
in Cap. I des rhetorischen Charakters nieht entbehrt. Das erste 
Capite] würde wie das letzte von Athanasius bei der Übersendung 
des Traktats hinzugefügt worden sein. Aber auch wenn Cap. | 
zum ursprünglichen Redeganzen gehört, liegt im Anfang des 
zweiten Capitels: axove, δούλη τοῦ Χριστοῦ xal πάντες ὅσοι 
ϑέλουσι σοϑῆναι. καὶ ἐνωτίζου τὰ ῥήματα τοῦ στόματός uoc 
xal καταδεξάσϑωσαν τὰ ὠτά σου ϑεοπνεύστους λόγους ein 


III. Die Bedeutung des Traktate. 133 


höchst wirkungsvoller rhetorischer Appell Im Anschluß an Pau- 
lus wird dann gleichsam als Grundgedanke ausgeführt, wie die 
enge Verbindung von Mann und Weib kraft des Schlusses a mi- 
nori ad maius (πόσῳ μᾶλλον) ein Urbild der noch viel engeren 
Verbindung zwischen der Jungfrau und dem himmlischen Bräu- 
tigam ist. Das wird biblisch begründet und so der Ausgangs- 
punkt für die weiteren Ausführungen in dem Satz erreicht: 'H 
δὲ συναπτομένη τῷ ἐπουρανίῳ νυμφίῳ τὸ ϑέλημα Tod νυμ- 
φίου αὐτῆς κατεργάζεται. Der nächste Satz τοῦτο δέ ἐστι τὸ 
ϑέλημα τοῦ Χριστοῦ bildet dann die Überschrift zu allen folgen- 
den Ermahnungen. Zu diesem Ausgangspunkt kehrt die Rede 
in cap. XXII zurück: ἐὰν φυλάξῃς ταῦτα, χαταξιωϑήσῃ τοῦ 
νυμφῶνος τοῦ βασιλιχοῦ (58, 17) .... μνημόνευε τίνει σε δεῖ 
παραστῆναι (59, 3), um mit einem panegyrischen Lobpreis der 
ἐγχράτεια und παρϑενία zu schließen, der zahlreiche Parallelen 
in der spätern christlichen Rhetorik hat. Man beachte vor allem 
einen Ausdruck wie μεγάλα ἐγκώμια (ein term. technicus der 
Rhetorik) τῆς παρϑενίας (59, 11) und dann die dichterischen 
Thesen und Antithesen: 


ὠ παρϑενία πλοῦτος ἀκατάληπτος. ὦ παρϑενία στέφανος 
ἁμαράντινος 
ὦ παρϑενία ναὸς ϑεοῦ καὶ ἁγίου πνεύματος οἰχητήριον 
ὦ παρϑενία μαργαρῖτα τίμιε παρὰ πολλοῖς ἀφανὴς. 
ὀλίγοις δὲ μόνοις εὐρισχομένη 
ὦ ἐγκράτεια φίλη ϑεοῦ καὶ παρὰ ἁγίοις ἐγκωμιαξομένη 
ὦ ἐγκράτεια παρὰ πολλοῖς μισουμένη, τοῖς δὲ ἀξίοις σου 
γνοριζομένη 
ὦ ἐγκράτεια ϑάνατον καὶ ἄδην ἀποφεύγουσα καὶ ὑπὸ 
ἀϑανασίας κατεχομένη 
o ἐγκράτεια παρὰ προφητῶν καὶ ἀποστόλων καύχημα 
ὦ ἐγχράτεια ἀγγέλων βίος καὶ ἁγίων ἀνθρώπων στέφανος. 


Dann folgt ein Schlußmakarismus, der aber eine Parallele schon 
am Schluß des Abschnittes über das Fasten hat, wo es heißt 
(cap. X, 43, 20 £: 


ὦ μαχαρία ψυχὴ ἡ ἀκούσασα τούτους τοὺς λόγους (τοὺς γεγραμ- 
μένους ἐν τῷ βιβλίῳ τούτῳ) καὶ ποιοῦσα 


134 Ed. v. d. Goltz, Athanasius! 4óyo; Σωτηρίας. 


μαρτύρομαι παντὶ ἀνθρώπῳ ἀχούοντι tà ῥήματα ταῦτα 
καὶ ποιοῦντι, ὅτι τὸ ὄνομα αὐτοῦ γραφήσεται ἐν τῇ βίβλῳ 
τῆς ζωῆς καὶ ἐν τῷ τρίτῳ τάγματι τῶν ἀγγέλων εὑρεϑήσε- 
ται (etwa die Mitte des λόγος). 


Dem entspricht hier der Schluß (59, 20 ff): 
μακάριος ὁ κατέχων σε, μακάριος ὃ προσχαρτερῶν σου τῇ 
ὑπομονῇ ὅτι ὀλίγον κοπιάσας πολὺ χαρήσεται ἐν σοὶ, 
μαχάριος ὁ νηστεύσας ὅλον τὸν χρόνον τοῦτον, ὅτι ἐν τῇ 
ἄνω Ἱηρουσαλὴμ κατοικήσας μετὰ ἀγγέλων χορεύσει καὶ 
μετὰ ἁγίων προφητῶν καὶ ἀποστόλων ἀναπαύσεται. 


Außerdem finden sich noch einige kurze Makarismen in die Er- 
mahnungsrede eingestreut, um ihr ein lebbafteres Colorit zu 
geben; so cap. XII (46, 4) uaxapıos ὁ ἀχούων ταῦτα καὶ ποιῶν 
αὐτά" cap. XIV (48, 15) μαχαρία ψυχὴ ἡ φυλάσσουσα ταῦτα — 
μακαρία παρϑένος ἡ ovoa ὑπὸ xavóva' cap. XVI (51, 7) μαχάρια 
τὰ ὦτα τὰ δεχόμενα τοὺς λόγους τούτους." Zu dem rhetorischen 
Schmuck der Rede sind weiter zu rechnen Sätze wie μέγα 
Yapuaxov ἐστι σωτηρίας 7) Tarsıroppoovvn (cap. V, 39, 16); 
ἀγαπήσωμεν σφόδρα τὴν νηστείαν μέγα γὰρ φυλακτήριον 
ἐστι ἡ νηστεία x. τ. A. (cap. VI, 39, 27); μεγάλη δύναμες νηστεία 
καὶ μεγάλα κατορϑώματα γίνεται di αὐτῆς (cap. VII, 41, 17): 
μεγάλη ἀρετή ἐστι τὸ δάκρυον καὶ μέγα κατόρϑωμα (cap. XVII. 
51, 20); μεγάλη ἀρετὴ ἐγχράτεια, μέγα καύχημα ἐστιν ἁγνεία, 
μεγάλα ἐγκώμια τῆς παρϑενίας (cap. XXIV, 59, 10). Im übrigen 
wechseln kurze Sentenzen, Ermahnungen im conj. plur. 1 Pers. 
und Imperative im Singular. Längere Perioden fehlen ganz und 
sehr geschickt sind kurze biblische Erzählungen im cap. IIl, VI, 
VII, XVII eingefügt. Die Einführung der Nutzanwendung ge- 
schieht mit einer rhetorischen Steigerung in cap. III, dem Aufruf 
μίμησον τὸν δεσπότην σου (38, 11) und dem Ausdruck lebhaften 
Entsetzens über die menschliche Torheit: ὦ πολλῆς ἀνοίας καὶ 
ἀφροσύνης μεγάλης" (38, 15); in cap. VII mit der Wendung ὁρᾷς 
τί ποιεῖ ἡ νηστεία (41, 3), in cap. XVII ὁρᾶς τὸ φάρμακον τῶν 
δαχρύων, ἐϑεάσω, οἵαν ἀνομίαν ἐξήλειψε .... ogGg ἡλίχην 
δύναμιν ἔχουσι τὰ daxova (52, 5 ff). Alle solche rhetorischen 
Sätze sind wohl verteilt und der Redner versteht es ausge 
zeichnet, bald ruhig und gleichmäßig fortzufahren, bald die 
Gewissen zu fassen (cap. XVIII) oder die religiöse Phantasie 


Ill. Die Bedeutung des Traktats. 135 


durch die Schilderung der jenseitigen Welt in ihren Gegen- 
sätzen (cap. XVII) anzuregen. Auch Anreden wie σὺ δὲ ὦ παρ- 
ϑένε, σὺ οὖν δούλη τοῦ Χριστοῦ, τί λέγεις ἄνϑρωπε beleben 
die Rede, fingierte Gespräche veranschaulichen die Gefahren der 
Versuchung zur Lässigkeit und zum Hochmut (cap. IV), der 
Übertreibung (cap. Xll. Auch die dramatische Formulierung 
der Rede des Hades (cap. XVI) wird nicht nur der Quelle des 
Athanasius zuzuweisen sein. Auf allerlei Möglichkeiten prak- 
tischer Erfahrung wird eingegangen (Sätze mit ἐὰν δὲ und der 
2 Pers. conj. aor.) und die Mahnungen vermeiden alle ungesunde 
Übertreibung und Excentrieität. So begeistert der Redner von 
der παρϑενία spricht, so ernst warnt er vor jeder Überhebung. 
Eine genaue Disposition bis ins Detail hinein ist nicht einge- 
halten — in der Hauptsache hält sich der Redner, wie wir ge- 
sehen haben, an die übliche katechetische Tradition. Aber 
er beherrscht sie und fällt nirgends in geistloses Nachsprechen 
oder ins Schematische. Was uns sonst von Homilien des Atha- 
nasius erhalten ist, harrt noch der Untersuchung. Am ähnlich- 
sten ist unserm λύγος die der vita Antonii eingefügte Rede und 
und vor allem die l'estbriefe. Es würde aber zu gewagt sein, 
auf so schmaler Basis ein Urteil über die Predigtweise des Bi- 
schofs überhaupt aufzubauen — soviel läßt sich jedoch sagen, 
daß unser Aoyog nach seinem homiletischen Charakter des großen 
Alexandriners würdig ist, und daß er als interessantes Beispiel 
dafür gelten kann, bis zu welchem Grade sich die parünetische 
Redekunst bis zum Anfang des vierten Jahrhunderts entwickelt 
hatte, ehe die in den griechischen Rhetorenschulen gebildeten 
großen Kappadocier und dann der große Antiochener sie zu der 
hóchsten Blüte entwickelten, die sie im Altertum erreicht hat. 
Auch in dieser Beziehung steht der λόγος σωτηρίας des Atha- 
nasius in der Mitte zwischen den Leistungen der Redner des 
zweiten und dritten Jahrhunderts und denen, welche die weitere 
Entfaltung maßgebend bestimmt haben. 

Nun kommen wir endlich zu den interessantesten Stücken 
unserer Schrift, den mitgeteilten alten Tischgebeten, deren 
Untersuchung für mich den Ausgangspunkt meiner Studien über 
den Traktat gebildet hat!, wie denn überhaupt die hier vorliegende 





]) Näheres findet sich in der gleichzeitig erscheinenden Abhandlung: 


136 Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ Aöyog Σωτηριας. 


Wiederholung des Brotgebets der Didache erst wieder die Auf- 
merksamkeit der gelehrten Welt auf diese „pseudoathanasianische“ 
Schrift lenkte. Eine klare Anschauung über diesen Teil unsrer 
Schrift war aber schon deshalb bisher nicht zu gewinnen, weil 
der überlieferte Text der Druckausgaben ganz in Unordnung war 
durch die Mischung des Textes von B und G. Lassen wir jetzt 
den secundären Text von MGT ganz bei Seite, so haben wir 
folgenden klaren Tatbestand: Nach der σύναξις der neunten 
Stunde sollen die in einem Hause zusammenwobnenden Jung- 
frauen die Mahlzeit halten, die einzige am Tage. Ehe sie sich 
zu Tische setzen soll über Tische das Gebet gesprochen werden: 

εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς ὁ τρέφων us éx νεότητός μοῦ x. τ. 1. 
(cap. XII.) 

Wenn sie sich dann zu Tische gesetzt haben, so sollen sic 
das Brot brechen, dreimal das Kreuzeszeichen darüber machen 
und das zweite Gebet sagen 

εὐχαριστοῦμέν 001 πάτερ ἡμῶν ὑπὲρ τῆς ἁγίας avaote- 
σεώς σου. x. t. A. (cap. XIIL) 

Ein entsprechendes Gebet über den Wein fehlt aus dem ein- 
fachen Grunde, weil die Jungfrauen bei ihren Mahlzeiten nur 
Wasser, aber keinen Wein trinken sollten. Es folgen daher 
gleich die Did. 9, 5 entsprechenden Sätze über den Ausschluk 
der Ungläubigen und der Katechumenen von der Gebetsgemein- 
schaft, weil die Person der Jungfrau dem Herrn heilig sei und 
weil ihre Speise und ihr Trank durch die Gebete und die heiligen 
Worte(!) geheiligt seien. Auch die Doxologien sollen nicht 
vergessen werden; damit sind jedenfalls die nun folgenden Formeln 
gemeint: Wenn die Jungfrauen vom Tische aufstehen, sollen sıe 
nämlich dreimal sagen: 

ἐλεήμων καὶ οἰχτίρμων ὁ κύριος, τροφὴν ἔδωκχε rol: 
φοβουμένοις αὐτόν. δόξα πατρὶ καὶ υἱῷ καὶ ἁγίῳ πνεύματι. 
um dann mit dem Schlußgebet zu schließen: 

Ὁ ϑεὸς ὁ παντοχράτῶρ καὶ κύριος ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστὸ: 
τὸ ὄνομα τὸ ὑπὲρ πῶν ὄνομα. εὐχαριστοῦμέν oot καὶ αἰνοῖ- 
μέν σε ὅτι x. t. 2. (cap. X1V.) 


Tischgebete und \bendmahlsgebete in der altchristlichen und griechischen 
Kirche; ich gehe hier nur noch soweit auf diese Gebete ein, als ee der 
Abschluß dieser ersten Abhandlung erfordert. 


p 7" 


II Die Bedeutung des Traktats. 137 


Es bandelt sich in den vorstehenden Gebeten um sehr ein- 
fache báusliche Tischgebete: eines vor dem Niedersetzen zur 
Mahlzeit, eines beim Brotbrechen und eines beim Schluße der 
Mahlzeit. Daß Athanasius diese Gebete nicht frei erfunden hat, 
sondern sie der Praxis entnommen, darüber kónnte schon an 
sich kein Zweifel sein. Sollte unsere Vermutung, daß er einen 
älteren Sittenkatechismus benutzt bat, richtig sein, so können 
diese Gebete sehr wohl diesem alten Katechismus, einem Seiten- 
stück zur Didache, entnommen sein. Von denen der Didache 
weicht dieser Tischritus in folgenden Punkten ab: 

1. Es fehlt in der Didache das Gebet: εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς 
ὁ τρέφων ut beim Niedersetzen. Dagegen finden wir dieses 
Gebet wieder als εὐχὴ ἐπ᾿ ἀρίστῳ in den apostolischen Consti- 
tutionen VIl, 49 und in der 55. (resp. 56.) Homilie des Chrysosto- 
mus zu Matthäus (Migne P. g. LVIII p. 545 ff.), wo ein vollstän- 
diger Kommentar zu dem Gebet geboten wird, das Chrysostomus 
als Schlufigebet nach der Mahlzeit in syrischen Klóstern kennen 
gelernt hatte. Dagegen scheint es im VII. Buch der Apost. 
Const. wie in unserer Schrift als Anfangsgebet aufgefaßt zu sein. 

2. Nach dem Niedersetzen erfolgt das Brechen und σφρα- 
γίζειν des Brotes. Der Brotsegen hat eine etwas veränderte Form 
angenommen. In der Didache heißt es: ὑπὲρ ζωῆς καὶ γνώσεος, 
bei Athanasius ὑπὲρ τῆς ἁγίας ἀναστάσεώς σου. Der Relativ- 
satz ist aufgelöst und in einen Satz mit γάρ verwandelt, vor 
allem aber sind die Berge verschwunden (Ägypten) und dafür 
ὁ ἐπάνω ταύτης τῆς τραπέζης eingesetzt, Änderungen, die im 
Text des Serapiongebets nicht zu beobachten sind. 

3. Das Schlußdankgebet weicht völlig ab von dem Gebet 
in der Didache, nur findet sich hier wie dort eine Beziehung auf 
den heiligen Namen Gottes und an den Dank für die irdische 
Speise ist die Bitte um die himmlische Speise angeknüpft. 
Auch die Schlußformel διὰ τοῦ ἠγαπημένου παιδός σου er 
innert an die Formel der Didache. Vorangestellt ist diesem Gebet 
bei Athanasius ein dreimaliger Gesang von Ps. 110, 4 mit einer 
‚ trinitarischen Doxologie, wie wir es ähnlich in einem späteren Ritus 
griechischer Klostermahlzeiten finden. 

Darnach ist offenkundig, daß die specifisch eucharistischen Ge- 
danken hier noch stärker zurückgetreten sind, wie in der Didache. 
Schon für diese hat P. Drews in dem oben schon erwähnten 


138 Ed. v. d. Goltz, Atbanasius' Aöyog Σωτηρίας. 


Aufsatz (Zeitschr. f. neutestl. Wissenschaft 1904, 1) wahrscheinlich 
gemacht, daß sie sich nicht auf die feierliche Sonntagseucharistie 
der ganzen Gemeinde beziehen, sondern auf eine in den Privat- 
häusern neben der gottesdienstlichen Feier weiterbestehende eucha- 
ristische Sitte. Wir konnten oben schon constatieren, daß sich 
solche häuslichen Eucharistiefeiern unter den Asketen Ägyptens 
noch erhalten hatten. Was liegt näher als die Annahme, daß 
auch Athanasius hier noch solche häusliche Feiern voraussetzte, 
welche alte eucharistische Formen noch beibehalten hatten, ob- 
wohl die gleichen Gebete auch in dem kirchlichen Eucharistie- 
Opferkultus fortwirkten (vgl. das Brotgebet in der Präfatio des 
Serapion!) Nicht nur das Brechen und σφραγίζει»ν des Brotes, 
auch der Hauptinhalt des Brotsegens mit der Bitte um Sammlung 
der Kirche und die Bitte um die himmlische Nahrung und um 
die Kraft des Gehorsams gehen über die Gedankensphäre des 
einfachen Dankes bei Tisch hinaus — sie gehören der christ- 
lichen Abendmahlsfeier an. Wir sehen daher in den Athanasius- 
gebeten eine Bestätigung für die Drews'sche These, daß es sich 
auch in der Didache cap. 9. 10 um eine häusliche Eucharistie- 
feier handelte, die sich verbunden mit der einzigen täglichen 
Mahlzeit mit eucharistischem Charakter in den asketischen Kreisen 
Agyptens erhalten hatte. Man hat über das Verhältnis zur kirch- 
lichen Sonntagsfeier nicht viel reflectiert. Beides galt als heil- 
kräftige Eucharistie, als χοενωνία mit dem Herrn. Im Vergleich 
zu den Gebeten der Didache 1st aber zu constatieren, daß die Re- 
miniscenz an den ursprünglichen specifisch christlichen Gedanken 
der Abendmahlsfeier bei Athanasius noch stärker verblaßt ist. 
Unsere gesamte Auffassung der athanasianischen Rede ge- 
winnt grade durch diese Gebetsanordnungen ihre kräftigste Be- 
stätigung. Aus mündlicher Überlieferung oder aus einem älteren 
Katechismus übermittelt uns Athanasius urchristliche Sitten und 
Überlieferungen, die in der weiteren Entwicklung die Grund- 
lage für die Klosterordnungen des Mittelalters werden. Jünger wıe 
die Didache, aber älter wie Chrysostomus repräsentiert diese Quelle 
das Übergangsstadium, in dem sich das kirchliche Leben am 
Anfang des vierten Jahrhunderts befand. Die familienhaften 


1) Vgl. G. Wohbermin, Altchristliche liturgische Stücke aus der 
Kirche Ägyptens (T. U., N. F. II, 3b) S, 5, 25ff. 


uil. 


III. Die Bedeutung des Traktate. 139 


Lebensformen wirken noch nach, die Formen freier gesellschaft- 
licher Association sind in der Bildung begriffen und die ge- 
setzlichen Bindungen kündigen sich an, die Freiheit und in- 
dividuelle Mannigfaltigkeit christlicher Sittlichkeit steht noch 
hoch im Werte, die Askese ist noch nicht als Selbstzweck oder 
als Verdienst aufgefaßt, aber sie beginnt damit, sich als die 
heiligere, ernstere und vollkommenere Durchführung des Christen- 
tums, als ein engelgleiches Leben hier auf Erden zu empfehlen. 
Die Einsamkeit und Weltflucht gilt als Ideal, aber eine gesetz- 
liche Clausur ist noch unbekannt. Nur zur ἡσυχία und εὐλα- 
βεία werden die Frauen ermahnt. Die Intensivität und Energie 
der religiösen Empfindung der Gemeinschaft mit Christus wird 
erkauft durch eine vóllige Resignation auf die Sorgen und Auf- 
gaben dieser Welt, aber was dem Christen in dieser Welt abgeht, 
wird ihm durch eine doppelt lebendige Hoffnung auf die Herr- 
lichkeiten jener Welt ersetzt — der Drang schon hier auf Erden 
herrschen und Königskleider tragen zu wollen, ist dem Bischof 
von Alexandrien noch unbekannt. Die heilige Schrift bestimmt 
noch das christliche Leben allein — aber autoritativ formulierte 
Sentenzen, Verheißungen und Drohungen bereiten die Zeit schon 
vor, da die canones et decreta der Synoden und Konzilien die 
Autorität der heiligen Schrift verdrängen werden. 

Die christliche Lebensauffassung der alten Kirche der ersten 
Jahrhunderte und die Regeln und Institutionen des griechischen 
Mönchtums begegnen sich in dieser Rede. Das darf ihr ein 
warmes Interesse verschaffen für jeden, der den Wurzeln christ- 
lichen Lebens nachgehen will, das erheischt die Aufmerksamkeit 
des Historikers, der auch die Verdunkelungen studiert, welche 
das Evangelium durch menschliche Einseitigkeit und Beschränkt- 
heit erfahren hat. 


Tr 


Register. 
(Die Ziffern nach dem : bezeichnen die Seitenzahlen dieser Arbeit.) 
1. Alttestamentliche Citate. 
Gen. 1, 26: 36. 71. 86. |Ps. 15 (16), 11: 111. Ps. 135 (136), 25: 40. 


2, 7-8.21-24: 36.86. , 21 (22), 23: 111. 85. 
Exod. 20, 7: 50. 8. ες 90 (01): 55. 86. 112. , Prov. 4, 27: 60. 87. 95. 
Deut. 10,17: δῦ. ὅτ. '  02(03),1.2: 00. 86.112. 12, 7: 54. 87. 94. 121. 
Jes. 14, 14: 39. 8. | 12]. | Judith 9, 11: 90. 

45, 2: 108 f. 106(107),16: 51.87.1085. Sap. Salom. 18, 15: ὅδ. 
Jerem. 4, 22: 33. 39. 86.| 110 (111), 4. δ: 49. 55." 87. 
Dan. 1, 12: 40. 70. 56. 137. Sirach 13, 1: 48. 87. 44. 

3, 521: 112. | 118 (119), 62. 137: δῦ. — 15, 16: 53. 87. 

3, 57.58: 34. 56. 86. | SU. : Tob. 13, 14 (Symm.): 59. 

3, 01: 50. ^— 118 (110), 62: 112. IV Makk. 16, 13: 108. 

2. Neutestamentliche Citate. 
Mth. 6,4.6.18: 43. 91.' Joh. 13, 35: 56. 92. Phil. 2, 9: 49. 
129. — 15, 1f: 48. 91. 3, 18-20: 50. 93. 
1,6: 43. 01. 95. 99. 125. 18, 23: 38. 89. ‚Col. 3, 5-4, 1: 127. 
129. Act. 2, 15: 102. | I Tim. 5,3. 5. 6. 9-12::44. 

τ, 21: 50. 91. ' 3,1: 104. 9. 

10, 16: 39. 80. 10, 9: 103. 9, 98: 40. 

10, 40: 57. 92. Rom. ὃ, 18: 59. 93. .. 06, 10: 42. 93. 98. 

17, 18-20. 21: 41. %.  1Cor. 2, 9: 54. 04. 95.121. | 11 Tim. 2, 19: 50. 94. 

15, 3: 56. 92. 3, 19. 18: 39. 93. ı 2,24: δι. 

18, 20: 44. 91. 1, 4. 84: 37. 0.3. , Tit. 2, 14: 50. 

2u, 26f: 39. 80. 10, 11: 52. [1 Petr. 2, 21: 38. 03. 

232, 91. 40: δύ. NT. 92. 10, 27: ὅτ. 3,0: 9. 

25, 30: 59. 93. (1,20: 39. 93. ! 5,5: 90. 

20, 34: 33. ll Cor. 7, 10: 57. 93. 0, 8: 39. 

20, 12: 52. 92. . S, 0: 38, 03. ] Joh. 3, 16: 56. 98. 
Me. 9, 29: 41. t. 0. 8: 40. |. 4,8. 19: 56. 93. 

10, 43: 90. Gal. 3, 28: 44. 03. |. 9,9: ὅδ. 

12, 30: 56. 02. .l Thess. 5, 23: 9. 12. Hebr. 6,7: 49. 91. 
Luc. 2, 14: 56. 92. 112. ' Eph. 4, 1-6, 8: 127. Jac. 2, 19. 20: δ. 93. 

10, 18: 87. 4,90: 26. 94. 05. 190.| 4,6: 90. 

22, 61: 52. 91. 5, 24: 37. 03. ἢ, 7: 49. 91. 
Joh. 12, 31: S7. 2, 92: 36. 71. 08. Apoc. Joh. 12, 9: 87. 


Register. 141 


9. Patristische Citate. 


Acta Johannis eap. 94. 95: 111. 
Alexander episc. Alexandr. ep. de ' 
Ariana haer. cap. XII: 119. 
Athanasius 1, Aufzühlung von Schrif- | 
ten: 6 f. 9 f. 15. 16. 21. 23f. . 
vita Antonii c. 3: 8l. | 
c. 5. 30: 66. 
c. 35: 67. 99. | 
c. 55: 06f. 92. | 
c. 12: 67. 
5. Syncleticae c. s: 71. 120. 
c. 21: 96. 
c. 22: 69. 120. 
c. 23: 66. 
C 
c 


Athanasius, Syntagma did. c. VIII, 
4. 5. 10: 98. 105. 113. 
Syntagma de sententia Dionysii: 
121. 
λόγος διαχριτιχός: 68. 
vita des (Migne XXV col. 185— 
211): 23. 
Canones c. 14: 100. 
c. 18: 113. 
c. 57: 103. 
Barnabas, ep. 11, 4: 108. 
Benedict, instrum. bonorum operum: 
130. | 
Bonifatius (ed. vulg. sermo XV): 13U. 
Canones Basilii e. 28: 103f. 105. 112. 
| c. 30: 99. 
Hippolyti c. 1, 1: 97. 100. 
c. 17: 113. 
. 25, 2: 102. 103f. 106. 
. 24, 1: 101. 102. 113. 
1,2: 110. 


. 49: 87. 90. 
. 63: 94. 

c. ST. 100: τῷ. 
de incarnatione verbi I 3: 97. 119. ! 
ep. ad Amunem (Migne P. g. 

XXVI p. 1073): 65. 68. 69. 121. 
epistula festalis XI 4 (Migne P. 
g. XXVI col. 1406): 97. 27,0: 100 f. 
epistula festalis XXXIX: 5.68.1206. : . 33, 2: 105. 
Festbriefe (ed. Larsow): 121. : c. 31. 38: US f. 112. 
epistula ad Afros episc. V (Mi- | Cassianus, Joh., de canonico diurn. 
gne P. g. XXVI col. 1037): 97. III, 3: 109. 
oratio contra Arianos IIT, 14. 20. | Cassiodor, Expos. in Ps. XV, 11: 111. 
33; IV, 32; X: 23. 119. Chrysostomus, homil. in Ps. 118: 104. 
contra Apollinarium I, 4. 12. 13: 50. (resp. 56.) Homilie zu Mth. 
119. (Migne P. g. LVIII p. 545ff): 
Ep. I ad Serapionem: 23. 119. 137. 
Traktat über Mth. 11, 27 (Migne i Clemens Alexandrinus, Stromata 
P. g. XXV p. 220): 1158 I, 28. 112: 127. 


o002^25220 


ep. ad Dracontium: 67 f. 
Fragment zu Mth. 7,6: 121. 
Predigt περὶ ὑπομονῆς: (Migne 


Strom. V, 5: 44. 
Protrept. Xl, 33: 111. 
Paedag. 11. III: 100. 


P. g. XXVI p. 1207 ff): 121. 
Expositio in Ps. 106 (LXX) (Mi- 
gne P. g. XXVII p. 452): 120 f. - 
Syntagma didascaliae 
c. Il, 1: 68. 100. 101. 
c. IT, 16: 97. 90. 
c. V, 1: τ. 90. 
c. VI, 1: 100. 101. 


Clemens Rom. ep. I, 20, 9: 95. 
ep. 1, 33, 2-5: 80. 95. UT. 
ep. 1, 34, 8: 94. 
ep. II, 6, 4: 93. 

Clementin. Homilien 1I, 51: 127. 

Constitutiones apostolici: 

V, 53. VIT, 28. VII, 52: 94 ff. 
VI, 9: 8. 


142 


Constitutiones apostolicae 
VII, 44: 137. 
VII, 31: 102. 
VIII, 33: 99. 100. 103£. 105. 
Cyprian, de oratione c. 34. 35. 36: 
96. 102. 103f. 106. 
de habitu virginum: 100. 
Cyrilli Hieros. cat. X, 19: 119. 
Cyrilli Alexandr. ep. I (Migne P. g. 
LXXVII p. 13): 119. 
Didache 3, 5. 7. 8: 95. 127 ff. 131 ff. 
6, 1: 94. 
0, 4 (Iat.): 129. 
(t, 3-5: 94. 95. 136. 
12, 1: 129. 
16, 1: 113. 
Didaskalia Il, 36: 127. 
Epiphanius, haer. XLIV, 2: 127. 
homil. II: 168. 


Ephraim von Antiochien c. Severia- ; 


nos: 117. 

Euagrius Ponticus, sententiae ad vir- 
gines (στιχηρὰ πρὸς τὴν παρϑέ- 
voy): {81 

Schrift von den acht Lasterge- 
danken: 73. 

Euseb von Alexandrien, Predigt (Mi- 
gne P. g. LXXVI p. 403f): 109. 

Evangelium Nicodemi: 108. 

Gregorius von Nazianz, oratio 21 (Mi- 
gne P. g. XXXV p. 1088): 67. 115. 

Hadrian, ep. ad Carolum Magnum:117. 

Hermas Mand. 1,1: 95. 97. 121. 

Xll, 4: 95. 
Sim. V, 1, 2-5. 3, 5-7: 95. 98. 


Hieronymus, epist. 127 ad Princi- 


piam: 132. 
epist. 147 (Migne P. l1. XXII col. 
110): S3. 
de viris illustribus e. 87: 115. 
Irenaeus adv. haer. V, 21, 2: 96. 


Kirchenordnung, ägyptische (ed. 
Achelis): 102ff. 
c. 48. 49: 105. 


Makarius (magnus) Hom. I, 10. II, 5. 


| 
| 
| 
| Tertullian, Apol. 39: 105. 
| 
| 


Ed. v. d. Goltz, Athanasius’ “όγος Σωτηρίας. 


IV, 12.15. X,12. XV. XXVII, 11. 
XLIV, 5: 71. 
Makarius (Magnus), Hom. V1. XI, 11. 
XLIV, 7: 72. 
περὲ ἀγάπης c. 14: 71. 
| Origenes, neol ἀρχῶν 1, 3, 3: 7. 
| Comm. in Ev. Joh. XXXII, 16. 
| 19: 97. 
| Comm. in Jerem. IV, 20, 2: 97. 
. Palladius, Historia lausiaca (ed. But- 
| ler) c. XXX: 75. 83. 
c. XXIX bis XXXI: 81. 85. 
| c. XL: 126. 
! Photius (Brief des Ph. an seinen 
| Bruder Tarasius, Migne P. g. XXV. 
| Proleg. p. 278): 14. 
Bibliothek Cod. CCXXIX (Eph 
raim von Antiochien): 116f. 
Pierius περὲ 96oróxov: 119. 

Pistis Sophia c. 134: 127. 
Polycarp, ep. ad Philipp.1,2: 94121. 
2, 2. 4, 1: 93. 95. 

8, 2. 12, 1: 95. 
Rufin, Historia monachorum: 75. δὶ. 
I, 55: 63. 
| II, 7: 83. 
NE VIII, 50. 55: 83. 
VIII, 58: 82. 
XII, 6: 83. 
XV, 8: 80. 
XVII, 2: 83. 
XXIV, 2: 64. 
Synesius von Cyrene (J. F. Boissonade 
Poet. graec. sylloge XV p. 157:: 10. 











de ieiunio 10: 96. 106. 
de oratione 25: 96. 102 f£. 104. 106. 
de cultu feminarum: 100. 
Testamentum D. N. J. Chr. (ed. Rab- 
mani) I, I8: 9S f. 
l, 22: 100. 
1, 28: 107. 110. 
1, 31: 994 
1, 32: 110. 
1, 40: 100. 113. 
I, 42: 107. 


Register. 143 


Testamentum D. N. J. Chr. (ed. Rah- | Theodoret Historia ecclesiastica lib. 
mani) II, 4. 22: 100. | II (Migne P. g. LXXXII col. 1028): 
Il, 13: 105. 116. 
II, 24: 104f. 110. 


4. Handschriften. 


Athos, Lawra (Athanasius-Hss.): 6 f. 
Lawra 149: 33. 
Watopedi ἀριϑμ. 7. Τόμος T (— 1): 14. 
« ἀριϑμ. 5. τόμος A (-- W?): Mf. 
« ἀριϑμ. 6. τόμος B (= W2): 148. 
Basel, Universitätsbibliothek A HI, 4 (gr. 32) (= B): 3. 5. Sf. 11. 29f. 31. 
Berlin, Kgl. Bibliothek Syr. Handschr. Sachau 302: 73. 
Cambridge, Trinity College (B 9. 7) TE 4 Ap: 3. 4. 13. 14. 20. 


« « (B 9. 8) (— T): 4. 17. 30. 27f. 
Genf, Bibliotheque nationale mg.29 (Cod. Feickmona) Il (—— G): 3.17.19.27f. 
t € t I: . 6. 
; « * c ΤΠ]: 23. 
London, British Museum Burney 46 (= L): 17. 18. 28. 
x . Cod. Goblerianus Harl. 5579: 06. 


Madrid, *curial. 2. III, 15: 6. 
^ X. lI], 11: 6. 
München, Staatsbibliothek Cod. gr. 26 i— Mj: 19 £f. 27 f. 
Neapel, Cod. Borbonicus XVII (II A 11): 5. 23. 
Oxford, Bibliotheca Bodleiana, Roc 29 (.— O): 4. 12. 31. 
Paris, Bibliotheque nationale Coisl. 45 (früher 133) ( - Sj: 5. 15. 17. 
δ 


« : graec.474 (fr. Reg. 2284) (— Ri: 4. 5. 9.11.16.17. 
€ di»: 6. 
Patmos, Στοιχεῖον A’ χὠδηξ I" (= P): 5. 6. 2u. 22. 32 f. 
. 4 : 18. 

Rom, Vatikan Cod. Ottobonianus 223: 5. 23. 

« « 403: δ. 25. 

« t 450: Ὁ. 14. 23. 

« . Pu P.P.ll No. 2: 5. 25. 

« .. tgraee. 658 membr.) (λόγος δικακριτικός) : 68. 


Turin, Codex B IV, 22 (früher B IIl, 11 Cat. Pasini No. CC): 4. 13. 
Venedig, Bibliotheca Marciana eod. XLIX (jetzt 351) (= E): δ. 15f. 29f. 
« « cod. L (jetzt 369) (= D): 5. 22. 32 ἢ 
Wien, Staatsbibliothek, Cod. Mss. Gr. No. II (Nessel), olim 57 (Lam- 
beccii) (= V): 4. 11. 
Cod. Vindob. CCCVI und €CCCVII : 13. 


"oL CK ΤᾺ 


ΓΔ 


"f. 


Berichtigungen. 


. 48,8. S57. t4 Anm. 1 lies Sirach 13, 1 statt Eccl. 13, 1. 

. 25, 9 lies Ps. 118 (115), 137 statt Ps. 118, 37. 

. 86,1 lies Ps. 118 (110), 62. 137 statt Ps. 1185, 62. 37. 

. 94 Anm. lies 39. statt «4. Festbrief. 

. 100 Anm. 2 lies de ieiunio statt de jeluniis. 

. 106 Anm. 2, dritter Absatz, lies Can. Hipp. XXV, 2 statt 250. 


Verlag der J. C. HINRICHS’-chen Buchhandlung in Leipzig. 





TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN 


LITERATUR 


Herausgegeben von O. vo GEBHARDT und A. HAnNACK. 


(Fortsetzung von der zweiten Umschlagseit«.) 


Nestle, E., Kirchenzeschichte d. Eusebius a.d.Sy- 
rischen. X, 298 8. 1901. (NF. VI, 2) M. 9.50 
Preuschen, E., Eusebius' Kirchengeschichte 
Buch VI u. VII aus d. Armeniselien übersetzt. 
XXII, 109 SN, 1902. (NF. VII, 3 M. 4— 


Resoh, A.. Dar Paulinismus u. die Logia Jesu in 
ihrem gegenseitigen Verhältnis untersucht. 
VIII. 056 8. rot, (NF. XII. Bd.) M. 20 — 

Sohmidt, C., Die alten l'etrusakten i. Zusammenh. 
d. apokr. Apostellit. untersneht, Nebst e. neu- 
entdeck. Fragm. V HÀ, 1763, 19403. (NF. IX, 1) MS 

—  Plotin's Stellung zum Gnosticismus und 
kirchl. Christentum. X, 90 SN. — Fragm. einer 
Schrift d. Märt.-Bisch. Petrus v. Alexandrien. 
50 S.. 1900. (Mit Stühlin NF. V, M. 5— 


Sohubert, H. v., D. sog. Praedestinatus, Beitrag z. 
(Gesch. d. Pelagianismus. IV, 117 δι 1903. 
(NF. IX, 4) M. 4.50 

Siokenberger, J., D. I.ukaskatene d. Niketas v. 
Herahleia unters. 19e2. (NF. VII, 4) M. 4— 

— Titus von Bostra. Studien zu dessen Lukas- 
homilien. VIIT, 268858. 1901, (NF. VI,1) M. 8.50 

Soden, H. von, Die !!yprianische Briefsammlune. 
Gesch. ihrer Entstehung n. Uberlisferin:e. 
VIII, 368 5, u. 2 Tab. 12904. (ΝΕ Χ, Ὁ M. 10,50 

Stählin, O., Zur handschriftl. Überlief. d. Clem. 
Alexandrinus. 8 S. 1100. (s. o. Schmidt! 


Die Erste Reihe (Band I—XV) der Texte und Unter-uchungen ete. 
Zweite Reihe (15. Bünde bis jetzt vollständig). 


Steindorff, 8., Die Apokalypse ἃ. Elias, e. unbek. 
Apok.u. Bruchst. d. Sophonias-Apok. X, 1908. 
Mit 1 Lichtdr.-Taf. 1899, (NF. II, 34) M. 8.50 


Stüloken, A., Athanasiana. Litterar- n. dogmen- 
gesch. Unters. VIIT, 1508, 1590. NF. IV,4) M. 5 — 
Ter-BRinasslantz, Erw., Die armen. Kirche in ihren 
sezielungen z. d syr. Kircheu bis z. Ende 
des 13.. Jahrh. Nach den arınen. u. svr. Qnellen 
bearb. XII, 2128, 1904. (NF. XI, 4) M. 7.50 
Urbain, A., Ein Martyrologium d. christl. (ie- 
meinde zu Rom am Anfang des V. Jahrh. 
nellenstudien z. Gesch. d. röm. Märtyrer. 
VI, 266 S. 1001. (NE. VI, 3) M. 8.50 
Waitz, H., D. 'seudoklementinen, Homilien u. Re- 
kognitionen. 1901, VIIT, 3968. NF. X,4) M. 13 — 
Weiss, B., D. Codex D i. d.Apostelgosch. Textkrit. 
Unters. IV, 112 8. 1897. (NF. IT, 1) M. 3.50 
— Textkritik der vier Evangelien. VI, 918 8. 
1st"), (NF. IV, 2) M. 8— 
Wobbermin, 8., Altchristl. liturg. Stücke aus der 
Kirche Aegyptens nebst einem dogmat. Brief 
d. Bischofs Serapion v. Thmuis. 368. 1899, 
(Mit Jeep NF. IT, 3» M. 2 —) einzeln M. 1.50 
Wrede, W., Die Echtheit des 9, Theag.-Briefsunter- 
sucht. VITI, 116 8, 1905, (NF. IX, ἢ M. 41— 


M. 380 — 
M. 336 — 


In gute Halbfranz-Dillioth: k«sbde, (T. Reihe 17 Bde. 11, Keibe 14 Dde.: zu je M. 3.5» geb. vorrätig 


Ausfiihrliches Inhallsverzeichnis steht zu Diensten. 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER 
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV. FÜR DIE VON DER KIRCHENVATER-COMMISSION 
DER Ki. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER. WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 


WSHABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 
HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR von GEBHARDT vs» ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE — VIERZEHNTER BAND HEFT 2a 


DER GANZEN REIHE XXIN. 24 





LEIPZIG 
ἘῸΝ HINRICHS'senı BUCHHANDLUNG 


[905 


JAN 1 x ins 


ll ISCHGEBETE 


ABENDMAHLSGEBETE 


IN DER ALTCHRISTLICHEN 
UND IN DER GRIECHISCHEN KIRCHE 


VON 


Lic. EDUARD FREIHERRN VON DER GOLTZ 


PRIVATDOCENI AN DER UNIVERSILAT BERLIN 


a 


LEIPZIG 
J. C BINRICHS'seunr:: BUCHHANDLUN 
1905 


Verlag der J. C. HINRICHS’schen Buchhandlung in Leipzig. 





TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN 


LITERATUI 


ARCHIV FÜR DIE GRIECHISCHEN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 
DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Herausgegeben von Ὁ, vox GEBNARDT und A. ΠΑΝ ΘΚ, 


Inhalt der ρει Folge Bow I—XIII XIV. 5: 


Neueste Hefte: 


Leipoldt, J.. Didymus der Blinde von Ales; πάτα. 
HL 118 8. i923. (NF. NIV, M. 


Harnack, A.. Der Vorwurf des un imus in den 
drei ersten Jahrhunderten. 168. — Schultze, K., 
Das Martyrium des heilizen Abo von Titlis, 
11 8. — Augar, F.. lic Frau im römischen 
Christenproces-. Fin πὰς zur Verfol- 
sungsgeschichte der christlichen Kirche im 
rom, Staat. 592 M 1925, (NF. NIIT, DB M. 1.50 


Resoh, 8., Das Apostelíecp t nach seiner ausser- 
kaneniscehen Testi stalt untersuebt, \, 1708, 
1995, ^ NE. NIT. 5: M. 5.0 

Koetschau. P., Zur Textaritik von Orizenes? 
Johann: seommentäar. 768. Harnack, A.. 
Analecta zur ältesten Gesch. d; Chiastentums 
in Rom. 10 58. -- Klostermann, E.. Ul«1 des 
Didvmus von Alexandrien in epistolas c aneni- 
eas enarratio, καὶ 1905, (NF. NIIL 2, M. 3 — 


Sohermaan, Th. Dia Geschieht?. der dogma- 
tischen Flerilegjen vom V.— \11. Jalirliun- 
dert. VE, 01 5. 1501. - NI. ΧΤΗ͂, n M,» n 


VI, zi: 8. 1897. 
NF. I, 1; M. 7.50 


Berendts, A., D. handschrittt, Vherlieferung d. 
Zacharias- u, Johlannes-Apokrsphen. Uber 
d.Biblietheken d. Meteoirisehlien ας Ossu- iv mp. 
Klöster. IV, 51 S. 1901, (NF. XI, 5). M. 2,70 

Bonwetsch, @. N., Stwlien z. d. komm. Hiy yolyts 
zum Buche Danilo Hohenli« de. IV, δῦ N. 
1897. (NF. 1,2). M. 4 

— Drei seorwisch ὁ rni altepe Schritten v. Hi, re 
Iytus. NVI, 89 L6 d NE, NI, τι M. he 

— Niels: Kommentar 2. Helentied ing Grund 

N. MARKT Ana. . u sresin, Textes he ruinis. 
Vos S. dU > 5. Marnack: 

Bratke, Ἑ,, [as sop nal, nie die 'igions2ge Spt: ich 
am Hof der Δα} IN, 3058, 1827, * Mit 
Harnack, vrrian, = lnitren ΝΙΝ Δι a) M, 10,00 

Die syrische Didaskalia «i. eil vH NC HLLIS ας 
I. Fir ΜΙΝ, NIBH Z8 SS. 101, NUN ML 12.50 

Dobsochütz, E. von, tliristus bible. Untersu hun- 
gen zur christlichen Legende, NEL, 251,765 
und 5257 s, dst, NF. HD ML 32 — 

Erbes, C., Die 'l'ulestage der Apostel Paulus 
uud Petrus und ilie 10mi-chen Denkmäler. 
IV, 13H S, is, (MIT Harnack, hitzerkataloi 
und Goetz, Ci prin NF. IV, M. 2.50 

Flemming, J., Das Puclillenoch. Äthion. Text, Einl. 
Komm. XVI, 172 1902, (NF. VII. 1) M. 01 -- 

Gebhardt, 0. v., l'as- i^ S. Theclac virginis. [tin 
lat-in.. Übers: χη. der Acta Pali et Then car 
nebst Fragm. Auszucn on. beilagen heraus. 
UXVIU, 18558. 192, NF. VII. 91. M. i 


Achells, H., Hip] olytsundie n 


Geffcken, J., Nomposition u. Entstehungszeit 
ταῦ. Sibvll, IV,785. 1902, / NF, VIIT, t) M.2. 
Goltz, E. v. d., Eine textkrit. Arbeit d. 10. he 
8. Ji. brsg. nach vs Codex d. Athoskl. Lawr 
Mit1 Tafel. VI. 116 8. 18 (NF. II, 0 M. €. 
Goetz, K.@., D. alte Anfang u. d, ursprüngl. For 
v.Uypr, Schrift ad Donatum. 165. 15:9, (s. Erbe 


Bressmann, H., Studien zu Eusebs Theophaui 
Xl. 154 0.108. 1902, (NF. VIIT,:a M κ 
Haller, W., Jovinianus, dieF Iuem. s. Nehriften «t 
VOL, 15s 5, 1807. (NF. IL, Ma. 


Harnack, À., D. psendocy,r. Trakt, de sing: 
laritate elerie. e. Werk d. Jdenatist. Dise 
Marrobivsin Rom, (7255 — D. Hypatypose 
d. ΤΠ σον, 208.) — D. συ ποῖ τὸ Brief 
Kisch, Uheonasand Oberkammerhberrnl.neia 
WIN 107 S, 1t, .NFLINL 3) M. 8. 

— Uber verlorene Briefe und. Actenstück 
lie sich a.d. Cyprian. Briefsammhr. ermitte 
lassen. 15 SN, 1:02, Mif, Klostermann, ». Bo 
wetsch, NF. VIIJ, 2: M. >. 

- Der Ketzer-Kitalog des Bischofs Maru 
vun Maipherkat. 17 8. 1» (s. Erbes: 

— Die Píatfschen Irenaus-Fragment- à 
Falschgn. Pfafl’s nachgewiese "; — Patris 
Miscellen. HT, 148 8, 1900, (NF. V,53 M. 


— piodo: v. Tarsus. IV, 251 s. 1801. (NF. YI. 
M. x. 


- Drei wenig beachtete Cy prianiscelie Schrift: 
und die ,,Acta Pauli‘. 21 8, 1899, (8.0. Bratk 
Holl, K., Fragmente vorniein. Kirchenväat: 
As d. Sacıza parallela. XXXIX, 20 8, 186 
(NF, V, 9) M. n 

Die Sacra parallela des Johannes Dama 
unns. NVI, 352 N, 1897. (NF. I, 0. M. 12- 
Janssen, R..D..Iolunnes-FKV.n.d.Paraplı.d.Nonn 
l'aniopehit, IV, 80 s, 1903, (NF. VITE, 40. M. 2. 
Jeep, l^ Zur Überlieferung des Philostorgio 
3:8, Isa, is. n. Wobbermin) Nicht einıe 
Klostermann,E., D.Uhrrliet. d. Jeremia-llomili: 
d.Origenes, Vl, 1168. 1897. (NF.LWM. 3. 
Euexehius! Sehtift oe ne ξυπικῖν drogen 
εν y στ e ipo 2, 29 N, 1902. (5. 0. Harnac 
Knopf, R., Der erste (lemensbrief. UÜntersue) 
τ. herause. IV, 19158. 1891, (NF. V, 1) M. 6 
Kraatz, W.. Koptische Akten zum ephesinisch- 
Konzil (ipi Übersetzang n Untersuchunge 
VI, on S. orm d (NF, XI, 2)» M. 7? 
Leipoldt, J., --*. nint». von Atripe u. d. En 
»tehung d. national ἫΝ pt. Christentum 
N, 006 8. o2, NE. N, D M. 7. 
— Said. Auszüge aus dem 38, Buche d, apos 
Konstitet. II, c2 S, 1909, (NF. XI, 10) M. »- 


Fort 120nz auf ler dritten Umsehlagseit 


IISCHGEBETE 


ABENDMAHLSGEBETE 


IN DER ALTCHRISTLICHEN 
UND IN DER GRIECHISCHEN KIRCHE 


VON 


Lic EDUARD FREIHERRN VON DER GOLTZ 


PRIVATDOCENT AN DER UNIVERSITÄT BERLIN 


E 


€» 
f- 
LEIPZIG 
J. C. HINRICHS’scue BUCHHANDLUNG 
1905 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 
AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR v. GEBHARDT un ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE. XIV. BAND, HEFT 2b 


Druck von August Pries in Leipzig. 


Vorbemerkung. 


Zur nachfolgenden Untersuchung sind außer früher ge- 
drucktem Material einige Handschriftenfragmente aus der Kubbet 
von Damaskus benutzt, deren Untersuchung mir D. von Soden 
freundlichst gestattete. 

Im Übrigen schließt sich die Abhandlung an die gleichzeitig 
als gesondertes Heft der- Texte und Untersuchungen (NF. XIV, 2a) 
erscheinende Arbeit an: Aoyos σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον 
(de virginitate), eine echte Schrift des Athanasius. 

Berlin, im Oktober 1905. 


Der Verfasser. 


Inhalt. 


l. Der Ursprung der christlichen Abendmahls- und Tisch- 


gebete . 
1. Die jüdischen Gebräuche und "Gebete bei gemeinsamen 


Mahlzeiten . . 
2. Das heilige Mahl im apostolischen Zeitalter 
IL Die Spuren des Tischsegens in den Gebräuchen und 
Gebeten der eucharistischen Liturgie der griechi- 


schen Kirche . PN . 
IIl. Die Spuren der Eucharistiefeier in griechischen Tisch- 


gebeten . . 
1. Häusliche Eucharietiefeiern und Agapen 
2. Einzelne Tischgebete in griechischen Klöstern 
3. Die mit dem Ritus des Brotbrechens verbundenen Gebräuche 
in griechischen Klöstern . nn 
1. ἀρτοκλασία. 
2. ἀχολοιϑία τῆς τραπέζης . 
3. ὕψωσις τῆς παναγίας. 


Register. 
1. Bibelcitate 
2. Patristische Citate . 
3. Liturgische Citate . 
4. Handschriften 


Seite 


I. Der Ursprung der christlichen Abendmahls- 
und Tischgebete. 


Als der Herr mit seinen Jüngern zum letzten Mal zu Tische 
saß und ihnen mit bedeutsamen, seiner Gemeinde unvergeßlichen 
Worten Brot und Wein darreichte zu bleibendem Gedächtnis 
seiner Lebenshingabe und zum dauernden Unterpfand seiner Liebe, 
da hat er, äußerlich betrachtet, die Pflichten des jüdischen Haus- 
vaters bei jeder feierlichen Tischgenossenschaft erfüllt, indem er 
nach der Väter Sitte zum Beginn der Mahlzeit den Brotsegen 
und Weinsegen (oder umgekehrt), am Schlufi das grofe Dank- 
gebet gesprochen. Wir setzen dabei mit vielen anderen Gelehrten 
vorans, daß es sich wahrscheinlich nicht um eine eigentliche 
Passahmahlzeit gehandelt hat, sondern um eine Vorfeiertags- 
mahlzeit!. Jedenfalls hat Jesus äußerlich an bestehende Sitten 
und Formen angeknüpft, und welches auch der Sinn und die Be- 
deutung seiner Handlung und seiner Worte war, die jüdischen 
Mahlzeitsgebräuche sind es gewesen, welche ihm den Anknüpfungs- 
punkt und die äußere Form darboten für die mit seinem Geist 
und seiner Liebe durchdrungene Handlung. Für die äußere Ge- 
schichte der Abendmahlsgebete und Abendmahlssitten ist deshalb 
von vornherein die Kenntnis der jüdischen Haussitte notwendig. 


1. Die jüdischen Gebräuche und Gebete bei gemein- 
samen Mahlzeiten. 


Vergegenwärtigen wir uns daher zuerst so gut wie möglich 
die jüdischen Mahlzeitsgebete, wie sie noch heute in jüdischen 


1) Vgl. E. Haupt, über die ursprüngliche Bedeutung und Form der 
Abendmahlsworte 1894; Rietschel, Liturgik p. 232; K. Goetz, die 
Abendmahlsfrage in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Leipzig 1904 
p. 124—136, wo die näheren Erörterungen zu finden sind. 


6 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Gebetbüchern beschrieben sind und wie sie in den wesentlichen 
Grundzügen schon zur Zeit der Entstehung des Christentums 
vorausgesetzt werden dürfen, denn die im Traktat B’rakhoth 
erörterten und vorausgesetzten Segenssprüche und Gebete 
sind die noch heute gebrauchten. Das gilt freilich nur von 
dem Grundschema der Handlung und dem Grundcharakter der 
wichtigsten Gebete, während alle Einzelheiten unsicher bleiben. 
Die fachwissenschaftliche Grundlage müßte hier erst von Thalmu- 
disten geschaffen werden. Soll man darauf warten? Ich glaube, 
daß für unsern Zweck, solange wir nichts Besseres haben, die 
zugänglichen Thalmudstellen, die Beschreibungen der Tischsitten 
der Juden in Deutschland und die Benutzung eines jüdischen 
Gebetbuchs genügen, um uns die uralten Sitten und Formeln zu 
vergegenwärtigen, die zum Vergleich mit altchristlichen Formen 
auffordern !. Machen wir uns danach ein Bild von einer jüdischen 
Mahlzeit, wie sie ein jüdischer Hausvater in größerem Kreise hielt. 

Bei wenigstens drei, nach anderen 10) Tischgenossen kam 
folgendes Ritual in Anwendung: Nachdem der Tisch bereitet 
und zwei Brote, Salz und Wein (dieser nicht immer nötig‘, 
auf den Tisch gesetzt sind und alle sich gehörig die Hände 
gewaschen haben, tritt der Hausvater an den Tisch, macht 
einen Schnitt in das Brot und spricht den Brotsegen: Ge- 
lobet seiest Du Herr unser Gott, Du König der Welt, 
der das Brot aus der Erde hervorbringt. Dann bricht er 
das Brot, legt ein Stück bis zum Schluß der Mahlzeit zurück, und 


1) Ich benutzte den babylon. Thalmud in der Übersetzung von 
Goldschmidt 1 (Tr. Berakhoth) 1899 und die Übersetzung von Aug. 
Wünsche I 1886: der bab. Thalmud in seinen haggadischen Bestand- 
teilen; M. Schwab, Traité des berakoth du Talmud de Jerusalem 1. 
Paris 1871; Precationes hebraicae «quibus in sollemnioribus festis iudael 
eum mensae accumbant adhuc hodie utuntur per Paulum Fagium 
Isnae 1542; Birchat ha Mazon. Basel 1600. Birchat ha Mazon, Gebete 
bei der Mahlzeit mit Kommentar von Natan Spira. Venedig 1603; Bux- 
torf, de synagoga Judaica cap. ΧΙ]. Frankfurt 1738. P. Chr. Kirchner, 
Jüdisches Ceremonial. 2. Aufl. von Jungendres. Nürnberg 1726. J. Chr. 
G. Bodenschatz, Kirchliche Verfassung der heutigen Juden. Erlangen 
1748. Tischgebet und Schema, Wilna 1877. Dav. Cassel, die Pesach- 
Haggada. Berlin 1897. H. Arnheim, vollstándiges Gebetbuch für das 
ganze Jahr. Glogau 1839. Mich. Sachs, Gebetbuch der Israeliten. 
Prag 1898; 7. Lew y, Ein Vortrag über das Ritual des Pesach-Abends. 
Breslau 1904 (Jahresbericht des jüdisch-theologischen Seminars). 


l. Ursprung der christl. Abendmahls- u. Tischgebete. 7 


teilt das übrige den Tischgenossen aus. Wenn Wein vorhanden 
ist, nimmt er darauf den Wein und spricht den Weinsegen: 
Gelobet seiest Du Herr unser Gott, Du König der Welt, 
der Du die Frucht des Weinstocks geschaffen hast; da- 
rauf trinkt er und gibt den Becher weiter. Hat jeder seinen 
eigenen Becher, so spricht jeder den Weinsegen für sich. Über 
die Reibenfolge der beiden Segenssprüche gab es eine Meinungs- 
verschiedenheit. Schammaj stellte den Weinsegen, Hillel den 
Brotsegen an erste Stelle. Solche Segenssprüche wie über Brot 
und Wein wurden dann von dem Einzelnen auch über die ein- 
zelnen Speisen je nach ihrer Beschaffenheit gesprochen: Gelobt 
sei der Herr, der die Bodenfrucht erschaffen — der die Baum- 
frucht erschaffen — der wohlriechendes Öl erschaffen — alles ent- 
steht durch sein Wort u.a. Ein Gast konnte auch einen Segens- 
spruch für den Hausherrn und seine Angehörigen hinzufügen. Es 
gab das ein reiches Feld für die Kasuistik, welche Segenssprüche 
bei der verschiedenen Zusammensetzung der Speisen anzuwenden 
seien. Das braucht uns hier nicht zu kümmern. Das für uns 
Wichtige ist, daß Brot (und eventuell Wein) zu Beginn jeder 
Mahlzeit mit einem Segensspruch gesegnet wurde, dagegen das 
eigentliche Tischgebet in ausführlicher Weise erst nach der 
Mahlzeit erfolgte. 

Der Segen am Anfang der 3 Sabbathmahlzeiten und an 
den Mahlzeiten am Vorabend großer Feste ist nur eine etwas aus- 
führlichere Gestaltung desselben Segensritus. Von diesen Beson- 
derheiten ist für uns von Interesse, daß schon in der dem Be- 
ginn des Feiertages vorhergehenden gottesdienstlichen Feier 
ein Becher mit Wein durch den Weinsegen gesegnet wurde; 
dann beginnt der Hausvater im Hause nach Begrüfung der als 
anwesend gedachten Engel Gottes und dem Händewaschen 
mit dem Weinsegen und knüpft daran den Sabbath- oder 
Feiertagssegen an, in welchem Gott für das Geschenk des 
betr. Sabbaths oder Feiertags gedankt wird. Bei dem sich an- 
schließenden Brotsegen hebt der Hausvater eines der Brote 
in die Höhe, macht mit dem einen Brot ein Zeichen über das 
andere, legt beide Hände über beide Brote (eine Symbolik auf den 
«großen Namen!»), spricht dann den Segen, bricht und teilt 


1) In dem Tetragramm r^ ist ^ das Messer, ^ der Kuchen, die 
beiden n"! sind die aufgelegten Hände, vgl. Bodenschatz a. a. O. IT. S. 148. 





5 Ed. v. ἃ. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


aus. Ähnlich wiederholi es sich bei der zweiten und dritten 
Sabbathmahlzeit. 

Der Ritus der Passahmahlzeit ist noch etwas compli- 
cierter, weil hier der Gesang von Ps. 113. 114 und die Pesach- 
Haggada zwischen Wein- und Brotsegen eingeschoben wird. 
Sonst ist das Grundschema dasselbe. Vor dem Beginn der 
eigentlichen Mahlzeit werden zwei Becher herumgereicht, der 
erste nach dem Weinsegen und dem Feiertagssegen, noch vor dem 
Händewaschen, der zweite zwischen dem ersten und dem zweiten 
Teil der Pesach-Haggada. 

Nach den Segenssprüchen beginnt die eigentliche Mahlzeit, 
bei der alle fröhlich sein sollen und der Armen gedenken. 
Wenn alle gesättigt sind, sollen die Brocken für die Ar- 
men gesammelt werden, daß nichts umkomme. 

Nach beendigter Mahlzeit erst wird der große Tischsegen 
gesprochen !. Fremde, Frauen, Sklaven und Minderjährige sollen 
zur Gemeinschaft des Tischsegens nicht zugelassen werden. Sind 
wenigstens drei Tischgenossen versammelt, so beginnt der Haus- 
vater, einen Becher mit Wein in der rechten Hand haltend, mit 
dem großen Tischsegen: 

Hausvater: Meine Herren, wir wollen den Segen 
sprechen (oder: nit Erlaubnis der Herren, der Rabbiner). 

Antwort der Tischgenossen: Der Name des Herrn 
sei gelobet von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

Hv.: Lasset uns preisen den Herrn für das, was wir ge- 
gessen haben, das ihm gehört. 

Tg.: Gepriesen sei der Herr für das, was wir gegessen 
haben, und daß wir leben von seiner Güte. 

Die ausführlichste Form dieses Lobspruches lautet: 

Tr. B'rakhoth VII, 2 (ed. Goldschmidt): Wir wollen 
den Herrn unsern Gott, den Gott Israels, den Gott der Heer- 
scharen, der über den Cherubim thront, benedeien für die 
Speise, welehe wir genossen haben. 

Antw.: Gepriesen sei der Herr unser Gott, der Gott Is- 
raels, der Gott der Heerscharen, der über den Cherubim 
thront, für die Speise, die wir genossen haben. 


. 1) Ich hebe die Worte durch Sperrdruck hervor, die nach der folgen- 
den Untersuchung zum Vergleich mit christlichen Formeln besonders auf- 
fordern. 





I. Ursprung der christ]l. Abendmahle- u. Tischgebete. 9 


Auf diese Präfatio folgt ein viergliedriges Gebet, dessen ein- 
zelne Teile im Tr. B'rakhoth VII, 1. 2. nach ihren Stichworten 
benannt sind. 


1. Der Segen, «der da ernährt». 


Gelobt seist du Ewiger, unser Gott, König der Welt, der 
da ernährt die ganze Welt mit seiner Güte, in Huld, Gnade 
und Barmherzigkeit. Er gibt Brod allem Fleisch. 

Resp.: Denn ewig währet seine Huld. 


In seiner großen Güte hat ‚er uns noch nie Mangel leiden 
lassen. 

Nie wird uns fehlen Speise von Ewigkeit zu Ewigkeit. 

Resp.: Um seines großen Namens willen. 


‚Denn er ernähret und verpfleget alles und erweiset Güte 
allen und bereitet Nahrung allen seinen Geschöpfen, die er ins 
Leben gerufen. 

Resp.: Gepriesen seist du Gott, der du alles speisest!. 


2. Der Landsegen. 


Wir danken dir Ewiger, unser Gott, daß du unsern Vätern 
zum Besitz gegeben hast ein köstliches, schönes und geräumiges 
Land. 

Und daß du Ewiger, unser Gott, uns herausgeführt hast aus 
dem Lande Ägypten und uns befreiet hast aus dem Sklaven- 
hause. 

Für deinen Bund, den du eingezeichnet hast unserm Fleisch, 
für deine Thorah, die du uns gelehret hast und für deine 
Satzungen, die du uns verkündet, für das Leben, das du 
aus Gnade und Barmherzigkeit uns geschenkt hast. 

Und für den Genuß der Speise, womit du uns speisest und 
ernährest beständig, an jedem Tage, zu jeder Zeit und Stunde. 

(An Festtagen werden hier noch besondere Danksagungen 
eingeschaltet.) 


3. Der Segen für Jerusalem. 
Erbarme dich, Ewiger, unser Gott, über Israel, dein Volk 


1) Daß die Schlußsätze als ein von den Tischgenossen zu sprechendes 
Responsorium aufzufassen sind, scheint mir auf der Hand zu liegen. 


10 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


und über Jerusalem, deine Stadt und über Zion, die Stätte deiner 
Herrlichkeit, über das Reich des Hauses Davids, deines Ge- 
salbten, und über das große heilige Haus, darüber dein Name 
genannt ist. 

Unser Gott, unser Vater, weide uns, speise uns und ernähre 
uns, erhalte uns und gewähre uns Behagen und schaffe uns Raum 
von all unsern Drangsalen. 

Jahweh, unser Gott, verkaufe uns nicht in die Hände von 
sterblichem Fleisch und Blut und nicht in die Hände ihres Dar- 
lehens (?), sondern in deine Hand, die volle, offene, heilige und 
segenerfüllte Hand, daß wir nicht zu Schanden werden und 
uns nie schämen immer und ewig. 


(Hier wird am Sabbath und an Festtagen ein Gebet einge- 
schoben zum Gedächtnis der heiligen Väter.) 


Erbaue die Stadt Jerusalem bald in unsern Tagen. 

Resp.: Gepriesen seiest du Ewiger, der du aus Barmherzig- 
keit Jerusalem erbaust. (Die Erklärung im Tr. B'rakhoth VII 
bemerkt hierzu: Denn es heifit, der Herr erbaut Jerusalem und 
die Verstoßenen Israels wird er sammeln.) 


4. Der Segen «der Gute und Wohltätige» (ἀγαϑὸς 
xai φιλάνϑρωπορ)'. 


Gepriesen seist du Jahweh, unser Gott, Kónig der Welt, o 
Gott, unser Vater, unser König, unser Gewaltiger, unser 
Schöpfer, Erlóser und Bildner, Heiliger Jakobs, unser Hirte, 
der Israel weidet, der König, der Gute und Wohltätige, der 
allen wohltut. 

Der uns wohlgetan hat, wohltut und wohltun wird in alle 
Ewigkeit, in Gnade, Huld, Barmherzigkeit und Fülle. Er schenke 
uns Schutz, Glück, Segen, Heil und Trost, Nahrung, Unter- 
halt, Leben, Frieden und jegliches Gut. Er lasse es uns an 
keinem Gute fehlen. 

Der Barmherzige walte über uns als König immer und ewig! 

Der Barmherzige werde gepriesen im Himmel und auf Erden. 

Der Barmherzige werde gelobt in allen Geschlechtern und 





1) Dr. J. Lewy nimmt an, das diese Sätze meist aus späterer Zeit 
stammen (a. a. Ὁ. 8, 20). Jedoch ist der Anfang und Schluß der Formel 
sicher alt und wird schon im Tr. B’rakhoth vorausgesetzt. 


I. Ursprung der christl. Abendmahls- u. Tischgebete. 11 


verberrlicht durch uns in jeder Zeitdauer und hochgepriesen durch 
uns für immer und ewig. 

Der Barmherzige gewähre uns eine ehrenvolle Nahrung. 
Der Barmherzige breche unser Joch vom Nacken und führe uns 
aufrecht in unser Land. 

Der Barmherzige sende uns reichen Segen in dieses Haus 
und auf diesen Tisch, an dem wir gegessen. 

Der Barmherzige sende uns den Propheten Elijahu, 
der uns bringe Botschaft des Glücks, des Heils und des 
Trostes. | 

Der Barmherzige segne meinen Herrn Vater, den Hauswirt, 
und meine Frau Mutter, die Hauswirtin: sie, ihr Haus und ihre 
Nachkommen und alles, was zu ihnen gehört, so wie un- 
sere Väter Abraham, Isaak und Jakob mit allem gesegnet 
worden sind, so segne er uns allzumal mit vollem Segen. 


Darauf lasset uns sprechen Amen. 


In des Himmels Höhen möge für uns alles zum Segen 
sprechen, das uns zu dauerndem Segensbesitz beschieden werde 
und wir mögen Segen davon tragen von dem Ewigen und Gnade 
von dem Gott unseres Heils und Gunst und Wohlgefallen fin- 
den in den Augen Gottes und der Menschen. (Folgen noch 
einige Segenswünsche für einzelne Feste jedesmal anfangend: Der 
Barmherzige schenke uns etc.) 


Der Barmherzige würdige uns der Tage des Messiah 
und des künftigen Lebens. 


Er, der verleihet großes Heil seinem Könige und erweiset 
Liebe seinem Gesalbten David und seinem Samen in Ewig- 
keit, der Frieden schaffet in seinen Höhen, der schaffe 
Frieden bei uns und in ganz Israel; sprechet Amen. 


Nun folgen zum Schluß noch einige Psalmverse, die jeden- 
falls im Wechselgesang von Hausvater und Tischgenossen ge- 
sungen wurden: 


Ps. 34, 10: Fürchtet den Ewigen, ihr seine Heiligen, 
denn keinen Mangel haben seine Verehrer. 
Ps. 34, 11: Junge Löwen darben und hungern, 
Aber die den Ewigen suchen, ermangeln 
keines Gutes. 


12 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Ps. 118, 29: Danket dem Herrn, denn er ist gütig, 
Und ewig währet seine Huld. 
Ps. 145, 16: Du öffnest deine Hand und sättigest alles, 
was da lebet, mit Wohlgefallen. 
Jer. 17, 7: Gesegnet ist der Mann, der sich auf den Ewigen 
Dessen Zuversicht der Ewige ist. | verláfit, 
(Ps. 37, 25: Ein. Knabe bin ich gewesen und auch alt geworden 
Und habe nicht gesehen einen Gerechten 
verlassen und seinen Samen Brot suchen.] 
Ps. 29, 11: Der Ewige gibt Macht seinem Volk, 
Der Ewige segnet sein Volk mit Frieden. 


Eine abgekürzte Form des großen Tischgebets bei Maimo- 
nides enthält am Schluß nur die drei erstgenannten Psalmstellen. 


Es ist nun freilich sehr gewagt, diese Gebete in dieser Form 
und Ausdehnung schon zur Zeit Jesu voraussetzen zu wollen. 
Aber die Grundform dürfte allerdings schon in die vorchristliche 
Zeit zurückgehen, weil sie im Traktat B'rakhoth schon voraus- 
gesetzt ist. Darnach hätten wir also eine Art von Tischlitur- 
gie am Schluß der Mahlzeit, die mit einer Präfation eingeleitet 
wurde, um dann in vier Absätzen den Lobpreis, für Speise und 
Ernährung, für die Erlösung aus Ägypten und das Gesetz 
auszusprechen, um die Bitte für Jerusalem, die Stadt Gottes 
und für seinen heiligen Namen, um Segen für Volk und 
Land und Haus anzuknüpfen. Den Schluß machte eine escha- 
tologische Bitte und einige Responsorien, deren letztes den 
Gedanken des Friedens zum Ausdruck bringt. 


Daß diese Liturgie bei jeder Mahlzeit gebraucht wurde, ist 
nicht anzunehmen. Bei täglichen Mahlzeiten in kleinem Kreise 
wird man sich mit dem Segen beim Brotbrechen (ev. auch Wein- 
segen) am Anfang und mit einem kurzen Dankgebet am Schluß 
begnügt haben. Dagegen wird die feierliche Form bei den 
Mahlzeiten anı Vorabend der Feiertage und bei den Sabbath- 
und Feiertagsmahlzeiten (mit Zusätzen) überall gebraucht worden 
sein, wo die nötige Anzahl von Tischgenossen sich zusammen 
fand. — Bei der Passahmahlzeit erfolgt nach dem Wein- und 
dem Festtagssegen, dem Segnen der ersten beiden Becher, der 
Haggada und dem Brot- Kräuter- und Osterlammsegen, das 
eigentliche Mahl, eingeleitet durch Händewaschen und kurzes 


I. Ursprung der christl. Abendmahls- u. Tischgebete. 13 


Dankgebet und Verteilung der zweiten Mazzahälfte an die Tisch- 
genossen. Hier schließt sich die Segnung des dritten Bechers an 
mit dem Gesang von Ps. 115—118. Der vierte Becher wird ge- 
segnet mit Ps. 145, 10—11. Der fünfte Becher mit Ps. 136 ist 
freiwillig. Am Schluß steht noch eine Bitte um den Bau des 
Tempels; die übrigen Besonderheiten der Passahmahlzeit können 
hier außer Betracht bleiben, weil sie keinesfalls Anknüpfungs- 
punkte für christliche Gebräuche geboten haben. Dagegen ist 
noch eine Ceremonie in der Synagoge nach der dritten Sabbath- 
mahlzeit bemerkenswert. Der Vorsteher spricht das Abendgebet, 
dann den Weinsegen, den Wein in der rechten Hand, einen Becher 
mit Gewürz in der linken haltend, ein Knabe aber muß dem 
Vorsager ein doppeltes Licht entgegenhalten. Nach dem Segen 
über den Wein macht er einen Segen über das Gewürz, endlich 
spricht er den Lichtsegen: Gelobet seist du Herr, unser Gott, 
du König der Welt, der du geschaffen hast ein leuch- 
tendes Licht. Zum Schluß schüttet der Vorsänger ein wenig 
Wein auf die Erde und gibt von dem Rest den Kindern zu 
trinken. Dieser Gebrauch entspricht einer ähnlichen Ceremonie 
beim Lichteranzünden am Morgen. 


2. Das heilige Mahl im apostolischen Zeitalter. 


Es ist nicht die Absicht dieser Untersuchung, hier von neuem 
die Abendmahlsberichte des Neuen Testaments kritisch zu erör- 
tern. Wir haben unser Augenmerk nur auf die Gebräuche 
und Gebete der Feier gerichtet, und da läßt sich lediglich sagen, 
daß die Berichte des Paulus und der Evangelisten einen ähn- 
lichen Hergang wie den soeben beschriebenen für die letzte Mahl- 
zeit Jesu durchaus vermuten lassen. Der Unterschied der Reihen- 
folge von Brot und Wein ın 1. Cor. 10 und 1. Cor. 11 erklärt 
sich nur daraus, daß 1. Cor. 10 Paulus an den Anfangssegen, 
1. Cor. 11 an die Austeilung und Schlußeucharistie denkt. Ebenso 
scheint mir, wie ich das früher schon ausgesprochen !, der Lukas- 





1) Vgl. meine Schrift: Das Gebet in der ältesten Christenheit. Leip- 
zig 1901, S. 215f und neuerdings K. Goetz, die Abendmahlsfrage in 
ihrer geschichtlichen Entwicklung S. 235f, wo diese Dinge ausführlich er- 
örtert sind. Da ich im wesentlichen mit ( oeitz übereinstimme, unterlasse 
ich hier ein näheres Eingehen auf diese oft verhandelten Dinge. 


14 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


text (Luc. 22, 17. 18) noch zu verraten, daß es sich zunächst um 
einen Eingangssegen über Wein und Brot, dann um Austeilung 
von Brot und Wein handelte, oder daß, wie Goetz will, die sym- 
bolisehe Handlung Jesu an den großen Schlußtischsegen an- 
knüpfte, in welchem der Dank für Brot und Wein gemeinsam 
ausgesprochen wurde unter Austeilung des zu Anfang reser- 
vierten Brotstücks und eines ceremoniellen letzten W einbechers. 
Um hier Gewißheit über Einzelheiten zu erlangen, dazu sind die 
uns überlieferten Berichte zu knapp und die Berichterstatter für 
den äußern Hergang zu wenig interessiert. Jedenfalls knüpften 
Worte und Handlung des Herrn unmittelbar an die bei der 
Mahlzeit gebrauchten Gebete und Gebráuche an. 

Wir können es weiter als gesichert betrachten, daß die feier- 
liche Tischgenossenschaft der Jüngerfamilie zu Jerusalem von 
dem letzten Mahle des Herrn ihren dauernden geistigen Ge 
halt bekommen hatte, ohne daß äußerlich die von den Vätern 
ererbten Gebetsformen sich zunächst wesentlich geändert hätten. 
Jedoch mußte allein die Überzeugung, den Messias und sein 
Heil nicht von der Zukunft zu erwarten, sondern in Jesu er- 
halten zu haben, Änderungen auch im Ausdruck herbeiführen. 
mit denen man zur Zeit Jesu noch nicht so ängstlich war. 
wie bei den späteren Juden. — Neben dieser feierlichen Tisch- 
genossenschaft gab es dann nach wie vor gewöhnliche Mahl 
zeiten in kleinerem Kreise, bei denen Wein gar nicht regelmäßig 
gebraucht wurde und bei denen die Ceremonie sich auf ds 
Brechen und Segnen des Brotes am Anfang und ein kurre 
Schlußdankgebet beschränkte. Auch in dieser einfacheren Form 
hatte Jesus oft mit den Jüngern Mahlzeit gehalten und die Art 
wie er das Brot brach, hatte ihnen bleibenden Eindruck gemacht; 
die Speisungsgeschichte (z. B. Mt. 14, 15; Me. 6, 41 ἀναβλέψας 
εἰς τὸν οὐρανὸν εὐλόγησε xal xAacac ἔδωκε) und die Erzählung 
von den Jüngern zu Emmaus (Luk. 24, 30 λαβὼν εὐλόγησε — 
κλάσας---ἐπεδίδου αὐτοῖς) sind dafür charakteristisch. Auch Par 
lus folgt nach Act. 27,35 diesem einfachen Gebrauch (λαβὼν 
ἄρτον εὐχαρίστησε τῷ ϑεῷ .... καὶ κλάσας ἤρξατο Lader) 

Wir haben demnach von vornherein in der Entwicklung eit 
doppelte Gelegenheit für das Brotbrechen: die feierliche Msh- 
zeit mit dem Anfangssegen und der liturgisch ausgestaltetes 
Schlußfeier am Sabbath, an Festtagen und Festtagsrorabende® 





I. Ursprung der christl. Abendmahls- u. Tischgebete. 15 


und das einfache häusliche Tischgebet in kleinerem Kreise. 
Für die Entwicklung der eigentlichen Eucharistiefeier ist nur 
die erste Form von Bedeutung; andererseits ist offenbar, daß die 
Fortdauer der einfachen häuslichen Sitte jederzeit Gelegenheit 
gab, die feierliche Form anzuschließen, da der Anfangssegen und 
das Brotbrechen hier wie dort dasselbe war. Es kann auch m. E. 
nicht bezweifelt werden, daß es sich in den Eucharistiefeiern 
des ersten Jahrhunderts stets um eine wirkliche Mahlzeit gehan- 
delt hat, die von Anfang bis zu Ende den Charakter des heiligen 
Mahles haben sollte!. Sie begann wie jede Mahlzeit mit der 
Segnung von Brot und Wein (resp. Wein und Brot). Sie schloß 
mit einer feierlichen εὐχαριστία, die schon liturgisch ausgestaltet 
war und mit der eine Austeilung des reservierten Bechers (ur- 
sprünglich «Becher des Elias» [?]) und des reservierten Brotes 
verbunden war. Hatte schon in dem jtidischen Tischritus das 
Schwergewicht auf diesem feierlichen Abschluß gelegen, hatte 
auch Jesus seine symbolische Handlung und sein Vermächtnis 
mit diesem Schluß verknüpft, so bildete dieser auch den Kristal- 
lısationspunkt für die christlich - liturgische Ausgestaltung der 
Feier. Hier faßten die neuen christlichen Gedanken Wurzel: 
die Gedanken vom Opfer, vom Gedächtnis und der Aneignung des 
Todes Jesu, von seiner lebendigen Gegenwart, von der mystischen 
Gemeinschaft mit ihm, von seinem unsichtbaren Kommen, von 
der Sendung des heiligen Geistes und von der Erwartung seiner 
Wiederkunft. So lange aber das heilige Mahl noch eine wirk- 
liche Mahlzeit war, blieb nach altem Herkommen die Segnung 
von Wein und Brot am Anfang stehen. Alles, was genossen 
wurde, galt als geheiligt und die gesamte Feier war mit dem 
Gedächtnis Jesu Christi verbunden. Wenn beim jüdischen Passah 
sowohl wie bei anderen Feiertagsmahlzeiten nach dem Anfangssegen 
und eingeschoben in die Mahlzeit die Haggada der Heilstaten 
Gottes, deren im Feste gedacht wurde, üblich war, so läßt sich 
wohl denken, daß das χαταγγέλλειν τὸν Havarov τοῦ κυρίου 
(1. Cor. 11, 26) in den paulinischen Gemeinden in einer entspre- 
chenden Haggada Ausdruck fand, die mit der Zeit stereotype 
Formen annahm. Die Einsetzungsberichte wären als Stücke der 


1) Vgl. Rietschel, Spitta, Drewsu. a., besonders: K. Goetz, die 
Abendmahlsfrage S. 225 ff. 


16 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


christlichen Festmahlszeithaggada aufzufassen, die nach dem An- 
fangssegen über Wein und Brot, aber vor dem Schlußdankgebet 
und der Austeilung des reservierten Brotes und des reservierten 
Bechers ihren Platz hatten. Daß aber auch jene Anfangssegens- 
sprüche über Wein und Brot eine christianisierte Form annahmer, 
sehen wir aus dem uns erhaltenen Beispiel in der Didache'. 
Auch die dort an die Segenssprüche anknüpfende Bitte hat eine 
Analogie in den fürbittenden Segenssprüchen, die sich nach der 
jüdischen Haussitte anschließen durften. Ebenso enthält das Schluß- 
dankgebet in Didache X offenbare Anklänge an den jüdischen 
Tischsegen. Besonders sei auf die Wendung ‚um seines Namens 
willen‘, auf die Parallelisierung der irdischen und der geistigen 
Gaben, auf die Bitte um Erlösung aus aller Drangsal und um das 
Kommen des Reiches hingewiesen. Die liturgischen Schlußsätze 
sind m. E. nur kurze Andeutungen der sich hier anschließenden 
Hymnen und Gebetsrufe, von denen die wichtigsten das Hosiannah 
(später: χύριε βοήϑει ἡμῖν) und das Maranatha (ἔρχου xopu) 
waren. Auch sie haben eine geschichtliche Analogie im Schlub 
des jüdischen Tischsegens (sende uns Elias — lasse uns sehen die 
Tage des Messias — schaffe uns Frieden; vgl. auch das Halle. 
Daß auch trotz der vorhergehenden wirklichen Sättigung hier 
noch eine Austeilung des reservierten Stücks des gesegneten 
Brotes und des dazu reservierten Bechers stattfand, ist gewib 
anzunehmen — um so gewisser, als einerseits die jüdische Haus 
sitte ein solches Austeilen des reservierten Brotes und de 
«Bechers des Elias» gekannt zu haben scheint?, andererseits nach 
der gesamten liturgischen Tradition die Communion den Abschluß 
der Feier bildete. Der einheitlich heilige Charakter des ganzen 
Malıles war dadurch gegeben, daß die zu Anfang gegegnete 
Speisen genossen wurden, daß aber mit dem zusammenfassenden 
Schlußdankgebet eine feierliche Austeilung eines reserrierien 
χλάσμα und eines reservierten ποτήριον stattfand, so dab der 
Anfangssegen bis zum letzten Schluß nachwirkte. 

P. Drews? hat nun freilich die Vermutung aufgestellt, da 

1) Für die nähere Besprechung der Didachegebete darf ich anf mein 
Schrift über „das Gebet in der ältesten Christenheit" S. 207—230 ver 
weisen; vgl. auch K. Goetz a. a. O. S. 287—292. 

2) Vgl. Buxtorf, Synagoga iudaica p. 239. 

3) Zeitschrift für neutestamentliche Wissenschaft 1904, S. 34—79. 


L Ursprung der christl. Abendmahls- u. Tischgebete. 17 


die Didachegebete einer häuslichen Eucharistiefeier angehören, 
die sich im zweiten Jahrhundert noch neben der kirchlichen 
(Did. XIV: ϑυσία) erhalten hatte. Das ist durchaus annehmbar, 
denn es hat ein solches Nebeneinander feierlicher Tischgenossen- 
schaft und kleinerer Privateucharistien immer bestanden. Aber 
die Hypothese ändert nichts daran, daß die Did. IX und X mit- 
geteilten Gebete uns zeigen, wie die urchristliche Feier sich im 
Anschluß an die jüdische Haussitte eigene Segenssprüche und 
Schlußgebete geschaffen hatte, die jedenfalls noch dem aposto- 
lischen Zeitalter angehören und die Einheit einer heiligen Mahl- 
zeit voraussetzen. 

Schon in den letzten Jahrzehnten des ersten Jahrhunderts 
muß sich dann an vielen Orten die bedeutsame Änderung voll- 
zogen haben, daß die aus dem jüdischen Schlußtischsegen ent- 
standene liturgisch gestaltete feierliche εὐχαριστία in der 
Regel mit dem Wortgottesdienst verbunden wurde und fortan 
als religiöse Hauptfeier der Christen ohne wirkliche Mahlzeit 
eine selbständige Bedeutung gewann, in der nicht mehr die Ge- 
danken des Dankes für empfangene leibliche und geistige Gabe 
vorherrschen, sondern die Ideen des Opfercultus immer mehr 
die Oberhand gewannen. 

Gemeinsame Mahlzeiten der Christen wurden damit nicht 
überflüssig. — Einmal erhielt sich das Bedürfnis der Eucha- 
ristiefeiern in kleinerem häuslichen Kreise Hier blieben die 
alten Gebräuche mit Anfangssegen und ausgedehnterem litur- 
gischen Schluß maßgebend. Sie wurden auch fernerhin als voll- 
gültiger Ersatz für die kirchliche Eucharistie betrachtet, ohne 
daß man sie ängstlich davon unterschied. Erst die kirchliche 
Gesetzgebung im vierten Jahrhundert ist dem nachdrücklich ent- 
gegengetreten (vgl. das Concil von Laodicea can. 2. 14). — Dann 
erforderte die mit der kirchlichen Mahlzeit ursprünglich ver- 
knüpfte Armenfürsorge die Beibehaltung der Agape — nur daß 
später eine Armenspeisung daraus wurde, bei der allein der Bi- 
schof oder Diakon die ursprünglich teilnehmende Gruppe der 
gebenden Gemeindeglieder vertrat. Für diese Agapen erhielten 
sich die Segenssprüche über die Speisen und ein kurzes Dank- 
gebet am Schluß. Selbstverständlich hat sich auch die einfachste 
Sitte des Brotbrechens ohne Eucharistie und Agape noch länger 


erhalten. P. Drews hat uns in seinem Aufsatz über die Eulo- 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2b 2 


18 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


gien in der alten Kirche (Ztschr. f. prakt. Theologie XX, S. 18ff) 
gezeigt, wie lange diese Sitte noch fortgewirkt hat. 

Das wäre etwa in Kürze das Resultat der zahlreichen neueren 
Untersuchungen tber die urchristliche Abendmahlsfeier. Um den 
Beweis für solche Auffassung des Sachverhalts zu bestärken, 
gilt es eine doppelte Weiterführung der Untersuchung. Haben 
sowohl die eucharistischen Liturgien wie die Formen 
des christlichen Tischsegens ihren gemeinsamen Ur- 
sprung in den Formen des heiligen Mahles im aposto- 
lischen Zeitalter, dessen Gestaltung selbst wieder an 
die jüdische Haussitte anknüpft,so müssen sich in beiden 
Entwicklungslinien Elemente erhalten haben, die auf 
jene ursprüngliche Identität von Eucharistie und hei- 
liger Mahlzeit hinweisen. Die Abendmahlsgebete also müs- 
sen auf Spuren des Tischsegens, die Tischgebete auf Spuren 
eucharistischer Gedanken geprüft werden. Das 861 die Aufgabe 
dieser Untersuchung. 


11. Die Spuren des Tischsegens in den Gebräuchen und Gebeten 
der eucharistischen Liturgie der griechischen Kirche. 


Bei der Verbindung der εὐχαριστία mit dem Wortgottes- 
dienst fielen mit der Mahlzeit auch die zu ihrer Einsegnung üb- 
lichen Segnungsgebete fort. Da aber der Genuß von heiligem 
Brot und heiligem Wein am Schluß der Feier ein wesentlicher 
Bestandteil war, so konnte auch ihre Segnung nicht völlig ver- 
schwinden. So lange die Sitte der Darbringung von Brot und 
Wein seitens der Gemeinde beibehalten wurde, wurde der Seg- 
nungsact damit verbunden — es konnte aber auch das große 
Schlußdankgebet, welches nun an der Spitze der Liturgie stand, 
als das weihende und heiligende Gebet aufgefaßt werden. An 
beiden Stellen hat sich eine Erinnerung an den Einsegnungsact 
der Mahlzeit erhalten. Der feierliche Schlußtischsegen der Juden 
wirkte in dem eucharistischen Hauptgebet nach; außerdem boten 
die kurzen, der Communion voraufgehenden und nachfolgenden 
Gebete Gelegenheit, alte Gedanken der Bitte um unschädlichen 
Genuß und des Dankes für die bescherten Gaben festzuhalten. 

An diesen Stellen der eucharistischen Liturgien, die uns in 
ihrer heute erhaltenen Form höchstens bis in das vierte Jahr- 


II. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 19 


hundert hinaufführen, werden wir also noch Spuren der alten 
Mahlzeitsgebete zu suchen haben !. 

Beginnen wir mit den Stücken, welche die Eucharistiefeier 
nach Entlassung der Katechumenen einleitete, so begegnet uns bei 
Cyrill von Jerusalem (Brightman p. 464) zuerst der Ritus des 
Háündewaschens des Priesters und der Diakonen, das Gleiche 
in der Liturgie der abessynischen Jakobiten. Im byzantinischen 
Hitus (Br. p. 356) und in der Liturgie der koptischen Jakobiten 
(Br. p. 145) findet das Hándewaschen am Anfang des Vorberei- 
tungsactes (der πρόϑεσις) statt. Ob bei der Häufigkeit derartiger 
Ceremonien in der Cultusgeschichte auf diese Analogie mit der 
jüdischen Tischsitte großer Wert gelegt werden darf, bleibe aber 
dahingestellt. 

Bedeutsamer ist der Darbringungsact, mit dem die eu- 
charistische Feier älterer Zeit eingeleitet wurde. Die Gemeinde 
selbst brachte Brot und Wein, sowie andere Nahrungsmittel wie 
Öl, Milch und Honig mit. Es scheint sich bei der Darbringung 
ein Segen über die Gabe und die Geber noch lange erhalten zu 
haben, auch da wo der eigentliche sacramentale Act erst später 
erfolgte. So heißt es in der syrischen Didaskalıa (ed. Achelis- 
Flemming, 85. 69, 34), daß man einen fremden Bischof, der bei einer 
Gemeinde zu Gaste weile, anbieten solle, das Opfer darzubringen. 
Wenn dieser dies höflich ablehne, so solle er wenigstens «über 
dem Becher reden». Auch das Präfationsgebet in der Samm- 
lung des Serapion scheint vorauszusetzen, daß ein Act der προς 
φορὰ (προσηνέγκαμεν) von Brot und Wein seitens der Ge- 
meinde bereits vorhergegangen war?. 





1) Zum Vergleich kommen in Betracht: das Präfationsgebet des 
Serapion (T. U., N. F. II, 3b), die clementinische Liturgie (Apost. Const. VIII) 
der syrische Ritus (Cyrill von Jerusalem — Chrysostomus, Schriften — 
Jakobusliturgie) der alexandrinische Ritus (Markusliturgie), der byzan- 
tinische Ritus (Chrysostomus, Schriften — Chrysostomus und Basilius- 
liturgieJ. Ich citiere nach der Sammlung von Brightman, Liturgies 
eastern and western 1, Cambridge 1896, welche außer dem Gebet des 
Serapion alles Material vollständig enthält. 

2) Ich möchte dahin meine in meinem Buch „Gebet in der ältesten 
Christenheit“ geäußerte Ansicht (S. 227) verbessern, daß mir das Oblations- 
gebet nur zurückzuweisen scheint auf einen vielleicht am Eingang 
der Feier noch erhaltenen kurzen Segensspruch über Brot und Wein, der 


bei der Darbringung gesprochen worden war. 
o» 


2 Ed. v. d. Goltz, 'Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Deutlich liegt dieser Sachverhalt vor in der Jakobusliturgie 
(Br. p. 41), nach welcher der Priester beim Hereinbringen von 
Wein und Brot folgendes Gebet! spricht: 

Ὁ ἱερεύς: Ὁ ϑεὸς, ὁ ϑεὸς ἡμῶν, 0 τὸν οὐράνιον ἄρτον, τὴν 
τροφὴν τοῦ παντὸς χόσμου, τὸν χύριον (Berol. καὶ ϑεὸν) 
ἡμῶν ᾿Ιησοῦν Χριστὸν, ἐξαποστείλας σωτῆρα καὶ λυτρωτὴν καὶ 
εὐεργέτην εὐλογοῦντα χαὶ ἁγιάζοντα ἡμᾶς" αὐτὸς εὐλόγη- 
σον "τὴν πρόϑεσιν ταύτην xai πρόςδεξαι αὐτὴν εἰς τὸ ὑπερ- 
ουράνιον σου ϑυσιαστήριον᾽ μνημόνευσον ὡς ἀγαϑὸς καὶ 
φιλάνθρωπος τῶν προσενεγχάντων καὶ δι᾽ ovg προσήγαγον 
καὶ ἡμᾶς ἀχατακχρίτους διαφύλαξον ἐν τῇ ἱερουργίᾳ τῶν 
ϑείων σου μυστηρίων, ὅτε ἡγίασται καὶ δεδόξασται τὸ πάν- 
τιμον xci μεγαλοπρεπὲς ὄνομά σου τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ 
υἱοῦ χαὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος, νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας 
τῶν αἰώνων. — 


Unterdessen singen die Anagnosten den cherubinischen Lob- 
gesang. Dann sagt der Priester: εἰρήνη πᾶσιν, das Volk: xal 
τῷ πνεύματί σου, der Diakon: χύριε εὐλόγησον, der Priester: 
Εὐλογητὸς ὁ ϑεός, 6 εὐλογῶν καὶ ἁγιάζων xavtac 
ἡμᾶς ἐπὶ τῇ προϑέδει τῶν ϑείων χαὶ ἀχράντων μυστηρίων 
xal τὰς μαχαρίας ψυχὰς ἀναπαύων μετὰ ayiov καὶ δικαίων 
νῦν καὶ ἀεὶ xal εἰς τοὺς αἰώνας τῶν αἰώνων. Lassen wir in 
diesen Formeln die spätere Beziehung auf die hierurgische Dar- 
bringung der Mysterien auf dem Altar fort, so erhalten wir ein 
altes Segnungsgebet, dem wir bei den Tischgebeten wieder be- 
gegnen werden. 

Auch die Markusliturgie enthält vor der Anaphora ein Gebet 
ὑπὲρ τῶν προσφερόντων (Br. p. 124), in welchem es heißt: 

Κύριε φιλάνϑρωπε, ἐπίφανον TO πρόσωπόν σου ἐπὶ τὸν 
ἄρτον τοῦτον καὶ ἐπὶ τὰ ποτήρια ταῦτα (ἢ an παναγία 
τράπεζα ὑποδέχεται x. τ. 4. Die Liturgie des Basilius begann 
im neunten Jahrhundert (Br. p. 309) mit jenem soeben aus der 


1) Im Cod. Berol. qu. 45 steht das Gebet an erster Stelle (als Anfang 
der Basiliusliturgie) mit der oben vermerkten Variante, ebenso am Anfang 
der Chrysostomusliturgie, nur noch durch eine εὐχὴ τοῦ ϑυμιάματος ein- 
geleitet. Mit dem Berliner Cod. stimmt auch der Cod. Monacensis 607, 
saec. ΧΙ, eine schön erhaltene Pergamentrolle, welche die Chrysostomus- 
liturgie enthält und mit diesem Prothesisgebet anfängt. 


II. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 91 


Jakobusliturgie mitgeteilten Prothesisgebet! und auch die alte 
antiochenische Liturgie, wie wir sie nach den Werken des Chry- 
sostomus reconstruieren kónnen, begann mit einer durch den 
Friedensgruß eingeleiteten εὐλογία (Br. p. 473). In der heute 
gültigen Chrysostomusliturgie bildet das alte Prothesisgebet 
den Höhepunkt und Abschluß des umständlichen Vorbereitungs- 
actes, in dem Priester und Diakon sich selbst und die eucharisti- 
schen Elemente auf die eigentliche εὐχαριστία vorbereiten? Gehen 
wir auf die letzte Wurzel dieser Entwicklungslinie zurück, so kann 
kein Zweifel sein, daß diese Segnung (εὐλογία) von Brot und 
Wein am Beginn der jüdischen Mahlzeit den Ausgangspunkt 
bildet. Diese εὐλογία über Speise und Trank galt als ἀγεάζουσα 
nach dem von Athanasius in seiner Schrift περὶ παρϑενίας 
cap. XIII ausgesprochenen Gedanken: τὸ βρῶμά 00v xal τὸ πόμα 
σου ἡγιασμένον àorl^ διὰ γὰρ τῶν προσευχῶν καὶ τῶν aylov 
ῥημάτων ἁγιάζεται. Alles Brot, aller Wein, alle Früchte und 
Gaben, über denen heilige Gebetsworte gesprochen waren, galten 
als gesegnet, konnten also als εὐλογέαι bezeichnet werden, also 
auch die Brot- und Weinteile, die im weiteren Verlauf conse- 
eriert wurden. Es kann deshalb nicht Wunder nehmen, wenn 
Cyrill von Alexandrien sie als εὐλογία oder μυστικὴ εὐλογία be- 
zeichnet, ein Sprachgebrauch, für den Drews? auch eine Beleg- 


stelle aus Cyrill von Ierusalem (Cat. XIII, 6. Migne P.g. XXXIII, 





1) Es ist im Cod. Barberini nicht bezeichnet als εὐχὴ τῆς προϑέσεως 
sondern als εὐχὴ ἣν ποιεῖ ὁ ἱερεὺς ἐν τῷ σχευοφυλαχίῳ Anodıdo- 
μένου τοῦ ἄρτου ἐν τῷ δίσχῳ, vgl. Swainson, Greek Liturgies, Cam- 
bridge 1884, p. 76. Den Kern des Gebets finden wir bei Goar p. 716, 1 wieder. 

2) In der Vetrusliturgie, einer Combination der byzantinischen und 
der römischen Form lautet nach einer Pariser Handschrift das Gebet der 
Prothesis: 

Εὐλόγησον, χύριε ὁ ϑεὸς ἡμῶν, τὴν πρόϑεσιν ταύτην xal παράσχοι 
τοῖς δούλοις σον χαρδίαν χαϑαρὰν καὶ λογισμὸν ἀνεπαίσχυντον, ὅπως ἄξιοι 
εὑρεϑῶμεν [προσελϑεῖν xal προσψαῦσαι τοῦ σοῦ ἀχράντου σώματος καὶ τοῦ 
τιμίου αἵματος ἀχαταχρίτους ἡμᾶς ποίησον παραστῆναι] ἐνώπιόν σου ἕν 
tj ἡμέρᾳ τῷ φοβερᾷ, δωρούμενος ἡμῖν δὶ αὐτοῦ ἄφεσιν ἁμαρτιῶν xal ζωὴν 
αἰώνιον᾽ ὅτι ἡγίασται xal δεδόξασται τὸ πάντιμον xal μεγαλοπρεπὲς 
ἅγιον ὄνομά σοι, τοὺ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος. Läßt 
man die Worte προσελϑεῖν bis παραστῆναι fort, die eine entschieden spätere 
Terminologie verraten, so haben wir ein Gebet vor uns, das sehr wohl als ein 
uralter Tischsegen gelten kann (vgl. *wainson, The Greek Liturgies, p. 192). 

3) Drews, Ztschr. f. pr. Theologie XX (18985) p. 21. 


39 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


col. 780) beibringt. Aber nicht alle evAoyiaı wurden Leib 
und Blut des Herrn — das wurden nur die dafür reservierten 
Teile durch die spätere Bitte um Herabsendung des heiligen 
Geistes. Die Abendmahlselemente konnten also als evAo- 
yíat bezeichnet werden — denn sie waren alle beim Anfang der 
Feier schon gesegnet — aber nicht alles gesegnete Brot wurde 
zur Eucharistie selbst gebraucht. Die Eulogien, welche nicht 
zur Communion bestimmt waren, konnten den Nichtteilnehmen- 
den als relativer Ersatz für die χοενωνία gesandt werden, sie 
konnten als Liebesgabe fremden Gemeinden geschickt werden 
oder sie konnten nach der Feier, wie der Rest der Mazza, an 
die Teilnebmenden verteilt werden!, um dann zu Hause zu Be- 
ginn einer Mahlzeit genossen zu werden. — Später galten sie dann 
als ἀντίδωρα für einen halben Ersatz für die Hostie — so 
werden sie heute noch den Teilnehmern der Eucharistiefeier, 
auch den nicht orthodoxen Christen, mitgegeben. Ich habe auf 
dem Athos unzählige Mal dieses ἀντίδωρον nach der Eucharistie 
erhalten. So wirkt bis zur Gegenwart noch der Eróffnungsseg- 
nungsact der jüdischen und urchristlichen Mahlzeit nach. (Náheres 
bei Drews, Zeitschr. f. prakt. Theologie, XX, S. 16—39.) 

Daß eine ähnliche Segnung auch mit allen anderen Gaben 
außer Brot und Wein geschah, welche von der Gemeinde, sei es 
vor Beginn der Eucharistie zusammen mit Brot und Wein, oder 
am Schluß der Feier für die Versorgung der Armen dargebracht 
wurden, geht aus der ägyptischen Kirchenordnung und aus den 
Fürbitten ὑπὲρ τῶν καρποφορούντων in allen Liturgien her- 
vor. Der Zeitpunkt dieser Darbringung der Erstlinge und der 
anderen Gaben seitens der Gemeinde ist nicht völlig klar. Die 
ursprüngliche Stellung war jedenfalls der Beginn der Feier?. 
Die dadurch entstehende große Unruhe mag aber bald Veran- 
lassung gegeben haben, nur die zur Eucharistie zu verwendenden 
Naturalien, Brot und Wein, am Anfang, die übrigen Gaben nach 


1) Bodenschatz, a. a. O. II, 3 p. 301 8 35. 

2) In griechischen Landgemeinden hat sich die Sitte bis heute er- 
halten, daß auch die für die Eucharistie bestimmten Elemente von den 
Gemeindegliedern mitgebracht werden. Bei den syrischen Nesto- 
rianern sind es heute noch die auf den Feldern liegen gebliebenen 
Körner, die zum Bereiten des Abendmahlsbrotes benutzt 
werden (vgl. Did. IX!). 


11. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 23 


Schluß der Feier darzubringen. Die Bestimmungen der Canones 
Hippolyti hierüber stehen zunächst in unmittelbarem Anschluß 
an die Beschreibung der Eucharistie: 

III, 27ff (ed. Achelis p. 51ff) postea autem dicat orationem 
et perficiat. missam. 

Quodsi adest oleum, oret super illud hoc modo; sin autem 
solummodo illas particulas. 

Si adsunt primitiae quaedam comestibilium allatae, oret super 
eas et benedicat fructibus, qui ipsi allati sunt pro oratione 
sua, et singulae orationes dicantur super singulis rebus 
et in fine singularum orationum dicatur: Gloria tibi patri et filio 
et spiritui sancto in saecula saeculorum. Amen. 

XXXVI, 189 (ed. Achelis p. 112) wird die Anordnung wie- 
derholt, die dargebrachten Erstlinge in der Kirche zu segnen. 
Sacerdos autem qui illa recipit ante omnia super illis gratias agat, 
Deo. Sacerdos autem sic dicat: 

Gratias agimus tibi, omnipotens domine Deus, quia nos 
fecistis dignos (χατηξίωσας), qui hos fructus videamus, quos 
terra hoc anno perduxit. 

Benedic eos o Domine sicut coronam anni (στέφανος τοῦ 
Eviavrov) tui secundum benignitatem tuam sintque ad satietatem 
pauperibus populi tui. 

Benedic servum tuum N. qui haec obtulit ex opibus quia 
timet te. 

Benedic eum de coelo sacro tuo una cum domo et filiis 
eius et effunde super eos misericordiam et gratiam tuam sacram 
ut sciat voluntatem tuam in omnibus rebus et fac ut haereditate 
accipiat id, quod est in coelis 

per dominum nostrum Jesum Christum, filium tuum dilectum 
el spiritum sanctum in saecula saeculorum amen. 

Lassen wir die christliche Schlußformel weg, so haben wir 
ein Darbringungsgebet, das auf eine jüdische Formel zurückgehen 
wird, da sowohl die Art des Aufbaus wie die Gedanken dem 
jüdischen Gebetsstil entsprechen. Die Bitte für die Familie er- 
innert daran, daß an die Segenssprüche zu Anfang der Mahl- 
zeit gern Segenswünsche für den Hausvater und die Haus- 
mutter angeschlossen wurden!. Die Canones Hipp. fügen dann 





1) Eine im Euchologium von Goar p. 655, 2 sich findende griechische 
Formel werden wir spüter kennen lernen. T 


24 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


noch hinzu: Et omnia legumina terrae omniaque poma arborum 
el omnes fructus terrae cucumerariorum, benedic ea atque etiam 
eos, qui afferunt illa, benedic. Die Ágyptische K. O. führt das 
noch weiter aus, indem sie in fast thalmudischer Weise die 
Früchte aufzühlt, welche gesegnet werden dürfen und die, welche 
nicht gesegnet werden sollen. Derartige Darbringungsgebete 
sind uns auch aus spüterer Zeit in nicht geringer Zahl erhalten. 
Eines der ültesten ist das Apost. Const. VII, 2, 27 für das heilige 
μῦρον erhaltene Segnungsgebet, welches den Anfangssegens- 
sprüchen der Didache analog formuliert ist: 
Εὐχαριστοῦμέν σοι ϑεὲ δημιουργὲ τῶν ὅλων, καὶ ὑπὲρ τῆς 
εὐωδίας τοῦ μύρου καὶ ὑπὲρ τοῦ ἀϑανάτου αἰῶνος, 
οὗ ἐγνώρισας ἡμῖν διὰ ]ησοῦ τοῦ παιδὸς σου, ὅτι σοῦ ἐστιν 
ἡ δόξα καὶ ἡ δύναμις εἰς τοὺς αἰῶνας, ἀμήν. 
Außerdem ist beachtenswert das Segnungsgebet über die 
Erstlinge Apost. Const. VII] 40 (ed. Achelis p. 113). 


Εὐχαριστοῦμέν σοι κύριε παντοχράτωρ, δημιουργὲ τῶν ὅλων 
χαὶ προνοητά, διὰ τοῦ μονογενοῦς σου παιδὸς Ἰησοῦ Χριστοῦ 
τοῦ xvgiov ἡμῶν ἐπὶ ταῖς προσενεχϑείσαις σοι ἀπαρχαῖς 
οὐχ 000v ὀφείλομεν ἀλλ᾽ 000v δυνάμεϑα (eine häufig 
wiederkehrende Formel). τίς γὰρ ἀνϑρώπων ἐπαξίως εὐχαριστῆ- 
σαί σοι δύναται ὑπὲρ ὧν δέδωκας αὐτοῖς εἰς μετάληψιν; 
ὁ ϑεὸς ᾿Αβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ καὶ πάντων τῶν ἁγίων 
0 πάντα τελεσφορῆσας διὰ τοῦ λόγου σου (vgl. die jüdische 
Formel: «Alles entsteht durch dein Wort») xoi χελεῦσας 
τῇ γῇ παντοδαποὺς ἐκφῦσαι χαρποὺς (vgl die jüdische 
Formel: «Der allerlei Frucht aus der Erde hervorbringt») εἰς 
εὐφροσύνην xai τροφὴν ἡμετέραν', ὁ δοὺς τοῖς νωϑεσ- 
τέροις καὶ βληχωδέσι χιλὸν, ποηφάγοις χλόην, καὶ τοῖς μὲν κρέα, 
τοῖς δὲ σπέρματα, ἡμῖν de σῖτον τὴν πρόσφορον καὶ κατάλλη- 
λον τροφὴν, καὶ ἕτερα διάφορα, τὰ μὲν πρὸς χρῆσιν τὰ δὲ πρὸς 
ὑγιείαν. τὰ de πρὸς τέρψιν. ἐπὶ τούτοις οὖν ἅπασι ὑμνητὸς 
ὑπάρχεις τῆς εἰσ ἅπαντας εὐεργεσίας διὰ χριστοῦ, μεϑ᾽ οὗ σοι 
δόξα, τιμὴ καὶ σέβας καὶ πνεύματι τῷ ayí(o εἰς τοὺς αἰῶνας ἀμήν. 

Es fällt dies Gebet zwar aus dem Charakter eines Bestand- 
teils der Eucharistiefeier heraus, aber es zeigt uns doch die Grund- 





1) Vgl. das bei Goar p. 655, 2 mitgeteilte, von uns später anzuführende 
Tischgebet. 


II. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 35 


gedanken der Danksagung, die bei der Darbringung üblich war. 
Eine kürzere Form desselben Gebets findet sich im Testamentum 
D. N. (ed Rahmani I, p. 139). Andere Formeln enthält die 
Serapionsammlung Nr. V und VI (für Wasser und Öl). Endlich 
finden sich viele Segnungsformeln im großen griechischen Eucho- 
logion, für Wein, Käse, Milch, Honig, Salz etc. (ed. Goar p. 655 ff, 
714ff). Sie gehören aber nicht zu den eucharistischen Gebeten 
und bleiben hier zunächst außer Betracht, Aus dem mitgeteilten 
Material geht schon zur Genüge hervor, daß Spuren des alten 
Anfangssegens sich sowohl in der Prothesis wie in den Dank- 
gebeten bei der Darbringung erhalten haben. 

Die eigentliche Anaphora, die Darbringung des eucha- 
ristischen Opfers (wohl zu unterscheiden von der Darbringung 
der Gaben der Gemeinde!) und die Cermonien der Communion 
haben ihren geschichtlichen Anknüpfungspunkt nicht in den 
kurzen Segenssprüchen zu Anfang der heiligen Mahlzeit, sondern 
in dem großen Tischsegen, welcher ursprünglich der Mahl- 
zeit folgte; das Brechen des Brotes, das Mischen des 
Kelches sowie das Essen und Trinken wurden nun mit dieser 
feierlichen εὐχαριστία verbunden. Hier findet sich denn auch 
die Ceremonie, das Brot in die Höhe zu heben, die zweifellos 
auf den jüdischen Gebrauch zurückgeht. 

Je mehr dieser Act zu einer Opferhandlung! ausgestaltet 
wurde, desto mehr traten die Reminiscenzen an den ursprüng- 
lichen Zusammenhang mit der Mahlzeit in den Hintergrund. 
Dennoch lassen sich noch einige Reste der alten Feier kenn- 
zeichnen. 

Zu den ältesten Bestandteilen der Eucharistie gehört die 
feierliche Aufforderung zum Dankgebet, die sog. Präfation. 
Sie lehnt sich ganz offenbar an die Responsorien zur Einleitung 
des Tischsegens an: «Laßt uns den Segen sprechen — der Name 
des Herrn sei gelobt — Lasset uns preisen den Herrn». Dann 
ist auch der Inhalt des großen Dankgebets, auf seine Gedanken- 
folge gesehen, eine deutliche Parallele, nur daß das das alte 
Schema im christlichen Gottesdienst mit neuem Inhalt gefüllt ist. 


1) Die mir wohl bekannten Einflüsse, die von dem antiken Mysterien- 
wesen auf die Entwicklung des eucharistischen Cultus eingewirkt haben, 
bleiben mit Absicht in diesem Zusammenhange außer Betracht. 


26 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Die Juden danken für Ernáhrung und Erhaltung — die 
Christen für Schöpfung und Erlösung!. 

Die Juden danken für alle Heilstaten Gottes in ihrer Heils- 
geschichte, insbesondere für die Erlösung aus dem Sclavenhause 
— die Christen nehmen diese Gedankenreihen auf, setzen aber 
als Schlußpunkt die Erlösung durch Jesus Christus. 

Die Juden bitten für die Erbauung Jerusalems und die 


Sammlung der Zerstreuten — die Christen für die Kirche und 
die Sammlung der Gläubigen (vgl. die Fürbitten in allen 
Liturgien). 


Die Juden bitten für ihr Volk und für ihre Familie — die 
Christen für alle Menschen. 

Die Juden bitten: sende uns Elias — die Christen bitten: 
Herr komme! oder sie bitten um Sendung des heiligen Geistes. 

Die Juden bitten um das Kommen des Messias — die 
Christen um die Wiederkunft des Herrn. 

In den Formeln des eucharistischen Dankgebets hat sich 
im einzelnen freilich kaum eine Spur des jüdischen Tischsegens 
erhalten, aber die einheitliche schon von Justin bezeugte Tra- 
dition, daß in diesem Dankgebet im ersten Teil für die Schöpfung 
und die alttestamentlichen Heilstaten, im zweiten Teil für die 
Erlösung gedankt wird und daß sich dann Bitten für die all- 
gemeine Wohlfahrt und die Kirche anschließen, hat ihre 
deutlich erkennbare Grundlage im großen Tischsegen der Juden. 
Und wenn auch die Beziehung auf Jes. 6, die Engel und Seraphim 
am Throne Gottes, die das dreimal Heilig singen nach 1. Clem. 36, 4 
als ein Bestandteil schon des urchristlichen Abendmahlsgebets 
angesehen werden kann, so wird daran erinnert werden dürfen, 
daß schon in einer alten thalmudischen Form der Einleitung des 
großen Tischsegens aufgefordert wird: Wir wollen den Herrn 
unsern Gott, den Gott Israels, den Gott Zebaoth, der über 
den Cherubim thronet, für die Speise, welche wir genossen 
haben, benedeien (Tr. B’rakhoth VII, 3). 

Im übrigen sind die schon bei der jüdischen Passahmahl- 
zeit verwendeten Psalmen 134 (135) und 135 (136), 117 (118) 
von EinfluB auf das eucharistische Dankgebet gewesen. Be- 


1) Schon bei Justin läßt sich deutlich erkennen, daß das eucha- 
ristische Dankgebet auf Schöpfung und Erlösung Bezug nahm vgl. Apol. 1,13. 
Dial. c. Tr. 41, 117. 


II. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 27 


sonders der letztgenannte Psalm 117 (118) bat mit seinem evAoyr- 
μένος ὁ ἐρχόμενος ἐν ὀνόματι xvolov entweder im eucharistischen 
Dankgebet (Jakobusliturgie) oder in einem Lobgesang bei der 
Elevation (Clemensliturgie) seine Stelle gefunden. Ps. 135 (136), 
der Psalm des fünften Passahbechers, ist in seinem Lobpreis der 
Schöpfung und Erhaltung ein Prototyp des langen Dankgebets 
in den Apost. Const. Vlll], 12. Es kann in der Tat die Ver- 
wendung dieser Psalmen beim dritten und vierten und fünften 
Becher der Passahmahlzeit von Einflufi gewesen sein — jedoch 
liegt kein ausreichender Grund vor, deshalb die Grundlage der 
Messe allein im jüdischen Passah zu finden, wie Bickell! nach- 
weisen wollte; die Psalmen werden überhaupt bei feierlichen 
Mahlzeiten Verwendung gefunden haben, wenigstens steht nicht 
fest, daß die Psalmen 115—118, 135—136 nur beim Passah 
gebraucht worden sind. 

In der Anamnese, die natürlich ganz christlichen Charakter 
hat, sind noch die Formeln von Interesse, mit denen die Aus- 
teilung durch Jesus beschrieben wird. Sie spiegeln offenbar in 
prägnanter Kürze den im vierten Jahrhundert üblichen Gebrauch 
wieder: 

Apost. Const. VIII (Br. p. 20): λαβὼν ἄρτον ταῖς ἁγίαις 
xal ἀμώμοις αὐτοῦ χερσὶν καὶ ἀναβλέψας ... καὶ κλάσας 
ἔδωκε 

οσαύτως καὶ τὸ ποτήριον κεράσας ἐξ οἴνου καὶ ὕδατος 
καὶ ἀγεάσας éxédoxt. 

Lit. Jacobi (Br. p. 52): λαβὼν... ἀναβλέψας... ava- 
δείξας, εὐχαριστήσας, ἁγιάσας κλάσας, ἔδοκε 

λαβὼν .... καὶ κεράσας ἐξ οἴνου καὶ ὕδατος καὶ ava- 
βλέψας ... ἀναδείξας, εὐχαριστήσας, ἁγιάσας, εὐλογή- 
σας, πλήσας πνεύματος ἁγίου ἔδωχε, ebenso in der 

Basilius-Liturgie IX saec. (Br. p. 327) unter Weglassung 
des πλήσας πνεύματος aylov. 

Diese Formeln zeigen uns ebenfalls, daß ein εὐλογεῖν und 
ayıaleıv dem eigentlichen sacramentalen πλήσας πνεύματος 
ἁγίου vorherging. 

Deutlichere Spuren finden sich wieder da, wo der Opfer- 
gedanke etwas zurücktritt, in den dem eucharistischen Dank- 


1) Bickell, Messe und Pascha 1872. 


28 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


gebet sich anschließenden Bittgebeten. Wir finden hier nicht 
nur im allgemeinen eine Parallele der Fürbitten für das Volk, das 
Land und die allgemeine Wohlfahrt, die im jüdischen Tischsegen 
vorkommen, sondern es ist uns in der Markusliturgie (Br. p. 127. 
31 ff) noch eine Formel erhalten, die auch dem ursprünglichen 
Wortlaut nach in die Zeit der Identität von Eucharistie und 
heiliger Mahlzeit zu gehören scheint. Sie lautet: 


Εὐλόγησον καὶ νῦν. xógte, τὸν στέφανον τοῦ ἐνιαυτοὶ 
(vgl. coronam anni, im | Darbringungsgebet der Canones Hippolyti. 
S. 158) τῆς χρηστότητός σου διὰ τοὺς πτωχοὺς τοῦ λαοῦ σου, διὰ 
τὴν χήραν καὶ. διὰ τὸν ὀρφανόν, διὰ τὸν ξένον καὶ τὸν προσή- 
λυτον, di ἡμᾶς πάντας τοὺς ἐλπίζοντας ἐπὶ σὲ καὶ ἐπιχαλοι- 
μένους τὸ ὄνομά σου τὸ ἅγιον. οἱ γὰρ ὀφϑαλμοὶ πάντων 
εἰς σὲ ἐλπίζουσι καὶ σὺ δίδως τὴν τροφὴν αὐτῶν ir 
εὐχαιρίᾳ᾽ ὁ διδοὺς τροφὴν πάσῃ σαρκέ, πλήρωσον χαρᾶς 
χαὶ εὐφροσύνης τὰς καρδίας ἡμῶν, ἵνα πάντοτε πᾶσαν avtag- 
χειαν ἔχοντες περισσεύωμεν εἰς πᾶν ἔργον ἀγαϑὸν ἐν Χριστῷ 
Ἰησοῦ τῷ κυρίῳ ἡμῶν. 

Hat schon der Anfang mit seiner Fürbitte für Arme, Witwen. 
Waisen, Fremdlinge und Proselyten einen jüdischen Charakter. 
so ist die Wendung οἱ ὀφϑαλμοὶ πάντων bis εὐχαιρίᾳ Ps. 145 
(144), 15 aus demselben Context wie der vierte Schlußspruch des 
jüdischen Tischsegens Ps. 145, 16 — der ganze Schluß aber 
ὁ διδοὺς τροφὴν πάσῃ σαρκὶ etc. erinnert nicht nur lebhaft un 
den ersten Abschnitt des jüdischen Tischsegens, sondern findet 
sich auch wörtlich am Schluß des Tischgebets in den Apost 
Const. VII, 49, Athanasius περὶ παρϑ. XII, bei Chrysostomus und 
im Tischgebet des griechischen οὐρολόγιον. 

Es stammt also dieser Teil des eucharistischen Inter- 
cessionsgebetsder Markusliturgiedirectaus einem Tisch- 
gebet, das in seinen Grundbestandteilen jüdischer Herkunft ist. 

Nicht ganz so deutlich sind einige Wendungen in den der 
Communion voraufgehenden Bitten um würdigen und ge 
segneten Genuß der heiligen Elemente. In diesem Gebet, das 
in allen Liturgien wiederkehrt, pflegen die Formeln zu lauten: 


xata$íooor . εν μεταλαμβάνειν ἀχαταχρίτως .... καϑαροὺς 
ἀπὸ μολυσμοῦ σαρχὺς καὶ πνεύματος γενομένους . .. . εἰς ageow 
ἁμαρτιῶν καὶ ζωὴν αἰώνιον. 


II. Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 29 


Dieselben Bitten um heilbringenden Genuß der Speise finden 
wir aber naturgemäß auch in den Tischgebeten, wo es z. B. heißt 
καταξίωσον ἡμᾶς μεταλαβεῖν ἐξ αὐτῶν ἐπὶ ὑγιείαν xol σωτηρίαν 
ψυχῶν καὶ σωμάτων. (Berlin, kgl. Bibl. Ms. gr. qu. 45 fol. 83 v.) 
oder εὐλόγησον τὴν βρῶσιν ἡμῶν καὶ τὴν πόσιν καὶ ἀχαταχρίτως 
ἡμᾶς ἐξ αὐτῶν μεταλαβεῖν καταξίωσον (ebenda fol. 83 r. — Goar 
p. 716, 1). Darauf sei jetzt schon hingewiesen, um die Entstehung 
der Bitte um gesegneten Genuß aus dem ursprünglichen Mahl- 
zeitscharakter deutlich zu machen !. Eine der ältesten Formulie- 
rungen dieser Bitte ist jedenfalls die in den Apost. Const. VIII (Br. 
p. 24), dieauch in der ägyptischen Kirchenordnung sich wiederfindet: 

Ὃ $&0c, 6 μέγας καὶ μεγαλώνυμος, ὃ μέγας τῇ βουλῇ καὶ 
χραταιὸς τοῖς ἔργοις, 0 ϑεὸς καὶ πατὴρ τοῦ ἁγίου παιδός σου 
Ἰησοῦ, τοῦ σωτῆρος ἡμῶν᾽ ἐπίβλεψον ἐφ᾽ ἡμᾶς καὶ ἐπὶ τὸ 
ποίμνιόν σου, 0 di’ αὐτοῦ ἐξελέξω εἰς δόξαν τοῦ ὀνόματός σου 
καὶ ἁγιάσας ἡμῶν τὰ σώματα καὶ τὴν ψυχὴν, καταξίωσον 
καϑαροὺς γενομένους ἀπὸ παντὸς μολυσμοῦ σαρκχὸς καὶ πνεύ- 
ματος τυχεῖν τῶν προκειμένων ἀγαϑῶν καὶ μηδένα ἡμῶν 
ἀνάξιον κρίνῃς ἀλλὰ βοηϑὸς ἡμῶν γενοῦ, ἀντιλήπτωρ, 
ὑπερασπιστὴς διὰ τοῦ χριστοῦ σου μεϑ᾽ οὗ σοι δόξα x. τ. A. 

Will man die ehrwürdige Einfachheit dieses Gebets empfinden, 
so vergleiche man es nur mit der ausführlichen Formulierung 
in der Basiliusliturgie des IX. Jahrhunderts (Br. p. 338). Die 
Formel τῶν προχειμένων ἀγαϑῶν (vgl. auch Markusliturgie 
Br. p. 137, 11) muß besonders auffallen — es handelt sich eben 


1) Es hängt die ständige Wiederkehr dieser Bitte um den unge- 
schädigten Genuß gewiß auch zusammen mit der Befürchtung, daß ent- 
weder Speise und Trank oder die heiligen Elemente von Dämonen ver- 
giftet oder unheilbringend gemacht sein könnten. Daher die häufige 
Wiederholung auch in den später ıwitzuteilenden Tischgebeten. Höchst 
charakteristisch hierfür ist das Gebet, welches Johannes nach der Er- 
zählung der Acta Johannis cap. 9 spricht, als er vor Domitian aus dem 
vergifteten Becher trinkt: Ἐν τῷ ὀνόματί cov, ᾿Ιησοῦ Χριστὲ υἱὲ τοῦ ϑεοῦ, 
πίνω τὸ ποτήριον, ὃ σὺ γλιχανεῖς, xal τὸ ἐν αὐτῷ φάρμακον to ἁγίῳ σου 
πνεύματι συγχέρασον καὶ ποίησον αὐτὸ πόμα ζωῆς καὶ σωτηρίας γενέσθαι 
εἰς ἴασιν ψυχῆς xal πνεύματος, εἰς πέψιν, εἰς ἀβλαβῆ διοίχησιν, εἰς 
πίστιν ἀμετανόητον, εἰς ἀνεξάρνητον μαρτύριον τοῦ ϑανάτου ὡς ποτή- 
ριον εὐχαριστίας. 

2) Vgl. das später zu erörternde χύριε Ἰησοῦ Χριστὲ βοήϑει ἡμῖν in 
der ὕψωσις τῆς παναγίας. 


30 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


ursprünglich um eine Mahlzeit — später wird immer τῶν aylor 
σου μυστηρίων (Lit. Jac. p. 61) oder τῶν ἀχράντων σοῦ uvory- 
oiov (Lit. Jac. p. 63) dafür eingesetzt; das βοηϑὸς ἡμῶν γενοῦ 
erinnert an das alte Hosiannah. Die Prädicate ἀντελήπτωρ 
und ὑπερασπιστής gehören der jüdischen Gebetsterminologie an. 

Ganz ähnliche Beobachtungen lassen sich bei dem Schlul- 
dankgebet nach der Communion machen. Auch hier kehrt 
stets die Formel wieder χατηξίωσας ἡμᾶς ... μεταλαβεῖν axata- 
χρίτως.... εἰς ὠφελείαν ψυχῆς καὶ σώματος εἰς ἄφεσεν ἁμαρ- 
τιῶν καὶ ζωὴν αἰώνιον und es wird gebetet, Gott möge die, 
welche das Mahl genossen haben, vor allem Schaden (axara 
χρίτους) bewahren. Wir werden auch für diese Wendungen in 
den Tischgebeten Parallelen finden. Hier sei nur auf die inter- 
essante Formulierung in der Liturgie des Jakobus (Br. p. 64—65) 
hingewiesen: Eöyapıorovusv σοι, Χριστὲ ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ὅτι 
ἠξίωσας ἡμᾶς μετασχεῖν τοῦ σώματος καὶ αἵματός σου εἰς 
ἄφεσιν ἁμαρτιῶν καὶ εἰς ζωὴν αἰώνιον᾽ ἀκατακχρίτους ἡμᾶς 
φύλαξον, δεόμεϑα, ὡς ἀγαϑὸς καὶ φιλάνϑρωπος (der Gute 
und Wohltätige, vgl.4. Abschnitt des jüdischen Tischsegens). Andere 
ältere Schlußdankgebete finden sich in der Serapionsammlung 
Nr. IV, Apost. Const. VIII (Br. p. 25ff), Jakobusliturgie (Br. 
p. 65, 25ff χατηξίωσας ἡμᾶς μετασχεῖν ταύτης τῆς 
ἐπουρανίου σου τραπέζης) und in der Markusliturgie (Br. 
p- 141, 11ff: εὐχαριστοῦμέν σοι, δέσποτα, κύριε ὁ ϑεὸς ἡμῶν, 
ἐπὶ τῇ μεταλήψει τῶν ἁγίων ἀχράντων, ἀϑανάτων καὶ ἐπουρα- 
viov σου μυστηρίων, ὧν ἔδωχας ἡμῖν ἐπὶ εὐεργεσίᾳ καὶ 
ἁγιασμῷ καὶ σωτηρίᾳ τῶν ψυχῶν καὶ τῶν σωμάτων ἡμῶν! 

Endlich haben wir noch auf die Psalmstellen zu achten 
welche während der Communion zur Verwendung kamen. Es 
waren dies in der syrischen Liturgie (Apost. Const. VII, bei 
Cyrill und in der Jakobusliturgie) Ps. 34, in der Markusliturgie 
Ps. 150, in Antiochien Ps. 145. Von diesen finden wir Ps 9} 
und 145 schon am Schluß des jüdischen Tischsegens und dies 
beiden haben ihrem Inhalte! nach so unmittelbare Beziehung suf 


1) Ps. 34, 9 Γεύίσασϑε xal ἴδετε, ὅτι χρηστὸς ὁ χύριος x. τ. λ. das fol- 
gende: πλήρωσον τὸ στόμα ἡμῶν αἰνέσεως κύριε xal χαρᾶς ἔμπλησον τὰ 
χείλη ἡμῶν, ὅπως ἀνυμνήσωμεν τὴν δόξαν σου stammt aus Ps. 70, 8 außer 
dem vgl. das noch heute übliche Tischgebet Ps. 145, 15. 16. 


11, Spuren des Tischsegens in der eucharist. Liturgie. 31 


das Tischgebet, daß an ihrer ursprünglichen Herkunft aus den 
Mahlzeitsgebräuchen nicht gezweifelt werden kann. 

Endlich ıst darauf aufmerksam zu machen, daß der Schluß 
des jüdischen Tischsegens die Bitte um den Frieden des Herrn 
enthält, und daß alle christlichen Liturgien mit dem Friedens- 
wunsche schließen. 

Das wären die Spuren des Tischgebets, die ich glaube in der 
eucharistischen Liturgie noch aufzeigen zu können. Auf das 
Ganze gesehen, sind sie nicht allzu zahlreich — das darf aber 
nicht Wunder nehmen, da ja alle unsere liturgischen Quellen erst 
dem vierten oder späteren Jahrhunderten angehören. Damals 
war der Tischgebetscharakter der Eucharistie bereits völlig ver- 
wischt. Es war ein cultischer Opferact daraus geworden und 
man kann von Glück sagen, daB man überhaupt noch etwas von 
der ursprünglichen Farbe erkennen kann. Es wird das noch in 
ein deutlicheres Licht treten, wenn wir nun den uns noch auf- 
bewahrten Tischgebeten näher treten. 


11. Die Spuren der Eucharistiefeier in griechischen Tischgebeten. 


Handelte es sich in der Entwicklung der eucharistischen 
Opferfeier um einen durchgreifenden Umwandlungsproceß, der 
aus den einfachen Gebrüuchen einer heiligen Mahlzeit ein com- 
pliciertes gottesdienstliches Ritual machte, so hatten die nach 
Ausscheidung der Eucharistie auch ferner mit der Mahlzeit ver- 
bundenen Segnungen und Danksagungen eine eingreifende ge- 
schichtliche Weiterentwicklung nicht vor sich. Es ist daher 
wohl erklärlich, daß sich in ihnen deutlichere Spuren der ursprüng- 
lichen Verbindung erhalten haben als in den der fortwührenden 
Umgestaltung ausgesetzten eucharistischen Gebeten. 


1. Häusliche Eucharistiefeiern und Agapen. 


Es kommen zunächst häusliche Eucharistiefeiern in Be- 
tracht, die neben der gottesdienstlichen Gemeindefeier als δεῖπνα 
xvpraxa in kleinerem Kreise sich erhielten, ohne daß in ihnen 
der Gedanke der öffentlichen ϑυσία sich umgestaltend geltend 
machte P. Drews! hat gewichtige Gründe dafür geltend ge- 
macht, daß schon die Didachegebete von dem Verfasser der 


1) Vgl. Zeitschriften für neutestamentliche Wissenschaft 1904, 1 S. 38. 


32 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Apostellehre für solche Zwecke dargeboten wurden. Weil augen- 
scheinlich noch eine wirkliche Mahlzeit zur Sättigung von diesen 
Gebeten eingeleitet und beschlossen wurde und weil andererseits 
die Beziehung auf das Abendmahl so deutlich ist, daß an eine 
Agape ohne Eucharistie nicht zu denken ist, so bleibt nur der 
Weg übrig, in der Didache IX und X eine häusliche Eucha- 
ristiefeier, in cap. XIV einen Gemeindegottesdienst mit óffent- 
licher 9voía anzunehmen. Die häusliche Feier ist dann als täg- 
liche zu denken und es kann darauf hingewiesen werden, daß 
die tägliche Eucharistiefeier noch lange verbreitet war (vgl. 
Drews Art. Eucharistie in RE?, V p. 561), wobei es als wahr- 
scheinlich zu gelten hat, daß es sich um die mit der Eucharistie 
verbundenen Mahlzeiten der Kleriker in erster Linie handelte 
(vgl. Cyprian, Ep. 63, 16), nicht um eine tägliche Eucharistiefeier 
der ganzen Gemeinde. Auch die in den apokryphen Apostelacten 
bezeugten Eucharistiefeiern mit Wasser und Brot haben trotz 
ihrer Ähnlichkeit mit den Agapen nicht als solche zu gelten, 
sondern als häusliche Feier des Abendmahls!. 

Das wichtigste kirchliche Zeugnis für diese späterhin ver- 
botenen häuslichen Eucharistiefeiern haben wir in der Schrift des 
Athanasius von Alexandrien λόγος σωτηρίας πρὸς τὴν παρϑένον 


1) Den Text der interessantesten Gebete habe ich in dem Anhang zu 
meinem Buch über das Gebet in der ältesten Christenheit p. 350—353 zu- 
sammengestellt. Der eucharistische Charakter der Gebete ist zweifellos. 
Ich hebe hier nur noch einmal einige für unsern Zweck interessante 
Wendungen hervor: 

Acta Thomae cap. 27 (ed. Bonnet Suppl. Cod. Apocr. I p. 20, 30—32): 
αὔγους δὲ γενομένου xal διαφαύσαντος χλάσας ἄρτον χοινωνοὺς αὐτοὺς 
χατέστησεν τῆς εὐχαριστίας τοῦ Δριστοῦ, ἔχαιρον δὲ xal ἠγαλλιῶντο. 

Acta Thomae 40 (ed. Bonnet a. a. Ο.}.30,108): ἐλϑὲ xai χοινώνησον 
ἡμῖν ἐν ταύτῃ τῇ εὐχαριστίᾳ, ἣν ποιοῦμεν ἐπὶ τῷ ὀνόματί σου, καὶ 
τῇ ἀγάπῃ, ἢ σινήγμεϑα ἐπὶ τῷ κλήσει oov: xal εἰπὼν ταῦτα διεχάραξε 
τῷ ἄρτῳ τὸν σταυρὸν καὶ χλάσας ἤρξατο διαδιδόναι. 

Acta Thomae 133 (ed. Bonnet a. a. O. y. 73, 22): Banrıodevrov 
δὲ xal ἐνδυσαμένων, ἄρτον χαταϑεὶς ἐπὶ τὴν τράπεζαν εἶπεν εὐλογῶν" 
ἄρτον τοῦτον ζωῆς ποίησον ὃν οἱ ἐσϑίοντες ἄφϑαρτοι διαμείνωσιν" 
ὁ ταύτην τὴν δωρεὰν χαταξιώσας δέξασϑαι τούτους χαταξίωσον xal 
μετόχους τῆς αὐτοῦ βασιλείας γενέσϑαι καὶ ἀεὶ ἀμιάντους ἐν τῷδε τῷ 
βίῳ διαμένειν, ἵνα οὕτως διαμένοντες τῶν ἀϑανάτων ἐχείνων καὶ μεγά- 
λων σου τύχωσι ἀγαϑῶν᾽ xal χλάσας τὸν ἄρτον ἐπέδωχε. Vgl. auch das 
Gebet Acta Johannis 109 (ed. Bonnet, Acta Apost. apocr. IT, 1 p. 207—208). 





III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 33 


(περὶ παρϑ. cap. XII—XIV). Es handelt sich hier um die ein- 
malige tägliche Mahlzeit der Asketinnen nach den Gebeten der 
neunten Stunde. Athanasius verrät mit keinem Wort, daß er 
selbst diese Feiern als gültigen Ersatz für die Eucharistiefeier 
ansehe, sagt aber auch nichts dagegen. Die von ihm mitgeteilten 
Gebete beweisen jedoch den ursprünglich eucharistischen Sinn 
des Tischsegens, mag nun Athanasius ihn noch so aufgefaßt haben 
oder nicht (vgl. die erste Abhandlung T. U. XIV, 2a S. 83ff, 136 ff). 

Das erste der Gebete, welches vor dem Niedersetzen zu 
Tische gesprochen werden soll!, geht freilich über den Charakter 
des Tischgebets nicht hinaus. Es erinnert an das erste Gebet 
des jüdischen Segens nach Tisch und hat spüter, wie wir sehen 
werden, allgemeine Verbreitung als Gebet nach der Mahlzeit in 
den Klóstern gefunden. Um so sicherer ist das zweite Gebet als 
ein eucharistisches zu bezeichnen. Wenn die Jungfrau sich zu 
Tische gesetzt hat, soll sie das Brot brechen, das Kreuzeszeichen 
dreimal darüber machen und dankend (εὐχαρεστοῦσα) sprechen: 

Εὐχαριστοῦμέν σοι, πάτερ ἡμῶν, ὑπὲρ τῆς ἁγίας ἀναστά- 
σεώς σου" διὰ γὰρ Ἰησοῦ τοῦ παιδός σου ἐγνώρισας ἡμῖν αὐτὴν 
xal καϑὼς ὁ ἄρτος οὗτος ἐσχορπισμένος ὑπάρχει ὁ ἐπάνο» 
ταύτης τῆς τραπέζης καὶ συναχϑεὶς ἐγένετο ἕν, οὕτως ἐπι- 
συναχϑήτω σου ἡ ixxAgola ἀπὸ τῶν περάτων τῆς γῆς εἰς τὴν 
βασιλείαν σου ὅτι σοῦ ἐστιν ἡ δύναμις καὶ ἡ δόξα εἰς τοὺς 
αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμήν. 

Allein die Übereinstimmung mit dem Brotsegen der Didache 
vermag hier die ursprünglich eucharistische Bedeutung dieses 
Gebets zu beweisen. Auch die Änderung ὑπὲρ τῆς ἁγίας ava- 
στάσεως statt ὑπὲρ ζωῆς καὶ γνώσεως kann den eucharistischen 
Sinn nur bestätigen, denn noch Cyrill von Alexandrien sagt: ὅτε 
γὰρ ἡ xoıwovia τῆς μυστικῆς εὐλογίας ὁμολογία τίς ἐστι τῆς 
ἀναστάσεως τοῦ Χριστοῦ (in Joh. 12—opp. Paris 1638 IV, 1104; 
vgl. Drews, Zeitschr. f. prakt. Theologie XX p. 20)? Die Bitte 


1) Εὐλογητὸς ὁ ϑεύς, ὁ τρέφων ut ἐχ νεὐτητός μου, ὁ διδοὺς τροφὴν 
πάσῃ σαρχὶ, πλήρωσον χαρᾶς xal εὐφροσίνης τὴν xagóíav μου, ἵνα πάντοτε 
πᾶσαν αὐτάρχειαν ἔχοντες περισσεύωμεν εἰς πᾶν ἔργον ἀγαϑὸν ἐν Χριστῷ 
Ἰησοῦ τῷ χυρίῳ ἡμῶν ut9' οὗ σοι δόξα, τιμή, χράτος σὺν ἁγίῳ πνεύματι 
εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμήν. 

2) Vgl. auch im Gebet Acta Johannis 109: δοξάζομέν σον τὴν δειχϑεῖσαν 
ἡμῖν διὰ σοῦ ἀνάστασιν (a. a. O. S. 207, 12). 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2b 3 


44 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


für die Kirche gehört zu den am meisten gesicherten Bestand- 
teilen der alten Eucharistiefeier. 

Noch viel stärker machen sich die Abendmahlsgedanken in 
dem von jüngeren Handschriften an Stelle des Didachegebets 
mitgeteilten Texte! geltend, der wohl einer alten Überlieferung 
der Praxis in einem griechischen Kloster entnommen sein kann. 
Es ist bereits die völlig entwickelte Verwandlungslehre, welche 
diesem als Tischgebet benutzten Abendmahlsgebet zugrunde 
liegt und es zeigt in seiner Schlußwendung ἀξίως ueralaußa- 
νει» ἡμᾶς ἀξίωσον, daß es in der eucharistischen Liturgie die 
Stelle der Bitte um gesegneten Genuß vor der Communion ein- 
genommen hat. Unter diesen Umständen erscheint es sehr un- 
wahrscheinlich, daß es sich hier wirklich um ein altes Tisch- 
gebet handelt, das sich noch eucharistischen Charakter bewahrt 
hat. Vielmehr dürfte es ein versprengtes Fragment einer ent- 
wickelten eucharistischen Liturgie sein, das in das Tischritual 
hinübergenommen wurde. Nur der Umstand, daß es von dem 
Abschreiber der alten Athanasiusschrift als ein in seinem Kloster 
gebrauchtes Tischgebet benutzt wird, hat für uns Interesse, denn 
es muß in den Tischsitten jenes Klosters doch Anknüpfungspunkte 
gegeben haben, um ein eucharistisches Gebet in diesen Zusammen- 
hang zu stellen. 

Sehr alt dagegen dürfte wiederum das von Athanasius selbst 
bezeugte Schlußdankgebet sein. Ihm geht ein dreimaliges Ἔλε- 


1) Es lautet nach den Handschriften von περὶ παρϑενίας zu München, 
Genf und Cambridge (M, G, T.): Εὐχαριστοῦμέν σοι, πάτερ ἡμῶν, ὑπὲρ τῆς 
ἁγίας xal ἐνδόξου σαρκώσεως τοῦ υἱοῦ σου Χριστοῦ, τοῦ 960b ἡμῶν, ἣν ἡμεῖς 
χατὰ τὴν ϑείαν ἐχείνου ἐπαγγελίαν xa9^ ἡμέρας ἐσϑίοντες εὐφραινόμεϑα, 
(? fehlt ἐπίβλεψον oder dgl.) εἰς τουτονὶ τὸν αἰσϑητὸν ἄρτον μεταβάλλων 
αὐτὴν διὰ τὴν ἀσϑένειαν ἡμῶν tg αὐτοῦ χρηστότητι᾽ xal ὅτι δι᾽ ἐχείνου σε 
ἔγνωμεν τὸν ἀληϑινὸν ϑεὸν xai πατέρα ἡμῶν xal τὸ πανάγιον πνεῦμά σου, τὸ 
φωτίζον ἡμᾶς xal παρηγορὸν xal πρὸς τὴν σὴν ἐπίγνωσιν ὁδηγὸν" ὅϑεν παρα- 
χαλοῦμέν σε ἁρμόδιον τοῦτον γενέσθαι καὶ εὐφραντικὸν τῇ ἡμετέρᾳ οὐσίᾳ 
τοῦ σώματος χαὶ μηδέποτε αὐτὸν ὑστερούμενον διὰ τὴν ἡμῶν ἀναξιότητα 
ἀλλὰ χἀχεῖνον τὸν νοούμενον τὸν ζωοποιὸν χαὶ πανάγιον τοῦ μονογενοῖς 
σου viov σαρχοφόρον ἄρτον ἀξίως μεταλαμβάνειν ἡμᾶς ἀξίωσον διὰ τὴν 
σὴν ἀγαθότητα. Der Schreiber bemerkt dazu, dieses Gebet sprächen sie 
beim Brotbrechen am Beginn der Mahlzeit, beim Niederlegen des Brotes 
auf den Tisch (vgl. das ἀποτιϑεμένου τοῖ ἄρτου ἐν τῷ δίσκῳ Brightm. 
p- 309, 6 beim Prothesisgebet der Basiliusliturgie). 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 35 


zuo» xai οἰχτίρμων ὁ κύριος, τροφὴν ἔδωχε τοῖς φοβουμένοις 
αὐτὸν (Ps. 110, 4) voran, das mit der kurzen Doxologie: δόξα 
πατρὶ καὶ υἱῷ καὶ ἁγίῳ πνεύματε abgeschlossen wird. Dann 
folgt folgende altertümliche Formel: 

Ὁ 9206, ὁ παντοχράτωρ καὶ χύριος ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστὸς 
τὸ ὄνομα ὑπὲρ πᾶν Ονομαΐ, 

εὐχαριστοῦμέν σοι καὶ alvovuev σε, ὅτε κατηξίωσας ἡμᾶς 
μεταλαβεῖν τῶν ἀγαϑῶν τῶν σῶν, τῶν σαρκικῶν τροφῶν. 
δεόμεϑα χαὶ παραχαλοῦμέν σε, κύριε, ἵνα χαὶ τὰς ἐπουρανίους 
τροφὰς ἡμῖν δωρήσῃ, 

xal δὸς ἡμῖν τρέμειν χαὶ φοβεῖσϑαι τὸ φριχτὸν καὶ ἔντι- 
μον Ovoua Gov καὶ μὴ παραχούειν τῶν ἐντολῶν σου" τὸν νό- 
μον σου xai τὰ δικαιώματά σου ἐγκατάϑου ἐν ταῖς κχαρόίαις 
ἡμῶν᾽ ἁγίασον δὲ ἡμῶν τὸ πνεῦμα xal τὴν ψυχὴν καὶ 
τὸ σῶμα διὰ τοῦ ἠγαπημένου σου παιδὸς τοῦ χυρίου ἡμῶν 
Ἰησοῦ Χριστοῦ, μεϑ᾽ o0 σοι πρέπει δόξα, τιμή, χράτος εἰς τοὺς 
αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμήν. 


Die Formel κατηξίωσας ἡμᾶς μεταλαβεῖν τῶν ἀγαθῶν τῶν 
σῶν ist die des alten ägyptischen Schlußdankgebets der Eucha- 
ristie (vgl.äg. KO. und Ap. Const. VIII bei Achelis, Can. Hipp. p. 59) 
Die Gegenüberstellung der leiblichen und der geistlichen Speise 
ist dieselbe wie im Dankgebet der Didache cap. X. Das Zittern 
vor dem heiligen Namen klingt wie eine Wendung aus ur- 
sprünglich jüdischer Empfindung und die Bitte um Gehorsam 
gegen die ἐντολαί, um Einpflanzung des νόμος und der dıxar- 
ὦματα in die Herzen erinnert in diesem Zusammenhang an die 
Wendung im jüdischen Tischsegen, Abschnitt 2: «für deine 
Thorah, die du uns gelehrt hast, für deine Satzungen, die 
du uns verkündet, für das Leben, das du uns aus Gnade 
und Barmherzigkeit geschenkt hast» (vgl. S. 9. Die Worte 
ἐγχατάϑου iv ταῖς καρδίαις ἡμῶν lassen, wie überhaupt der 
ganze Passus, an Did. X ὑπὲρ τοῦ ἁγίου ὀνόματος οὗ κατεσκή- 
νῶώσας ἐν ταῖς καρδίαις ἡμῶν denken. Zu den Worten ἁγίασον 
δὲ ἡμῶν τὸ πνεῦμα καὶ τὴν ψυχὴν καὶ τὸ σῶμα vergleiche in 
dem angeführten Schlußdankgebet der ägyptischen K.O.: «Möge 


1) Die Wendung (vgl. Phil. 2, 9) findet sich wieder in dem Tauf- 
gebet Acta Thomae cap. 27 (ed. Bonnet p. 20. 21): ἐλϑὲ τὸ ἅγιον ὄνομα Tor 
Χριστοῦ τὸ ὑπὲρ πᾶν ὄνομα. 

3% 


36 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


es uns gereichen zur Erneuerung der Seele, des Fleisches und 
des Geistes» (εἰς ὠφελείαν ψυχῆς καὶ σώματος Apost. Const. 
VIII, 13). Die Formel διὰ τοῦ ἠγαπημένου σου παιδός ist be- 
kanntlich auch eine sehr alte. Nach alledem haben wir es 
hier offenbar mit einem Schlußdankgebet einer eucharistischen 
Mahlzeit zu tun, das sich in der Praxis der Asketen Ägyptens 
noch erhalten hatte. Muß der Charakter des Tischgebets und der 
des Abendmahlsgebets bier gleichzeitig constatiert werden, so ist 
auch offenbar, daß wir Reste der häuslichen Eucharistie vor 
uns haben, aus einer Zeit, da sie noch eine wirkliche Mahlzeit war. 
Es kann freilich nicht mit Sicherheit behauptet werden, daß auch 
Athanasius sie noch als eucharistische angesehen hat, aber die 
volkstümliche Praxis der Asketen hat zu seiner Zeit die häusliche 
Eucharistiefeier noch gekannt. Dafür haben wir auch ein directes 
Zeugnis im 63. Brief des Basilius von Caesarea. Um zu beweisen, 
daß die Eucharistie in Verfolgungszeiten auch ohne Priester ge- 
feiert werden dürfe, beruft sich Basilius auf die einer alten Ge- 
wohnheit (μαχρὰ συνήϑεια) folgende Sitte der Asketen, nach 
der alle κατὰ τὰς ἐρήμους μονάζοντες, ἔνϑα μή ἔστιν ἱερεῦς. 
κοινωνίαν olxoı κατέχοντες ap ἑαυτῶν ueralauße- 
νουσι. In Alexandrien und Ägypten könne sogar jeder 
aus dem Volke eine χοενωνία ἴῃ seinem Hause und wann 
er wolle halten und die Eucharistie selber nehmen, ir 
dem er ein Brot aus der Kirche mitnehme, von dem er dam 
täglich ein Stück nehme bei seiner häuslichen Feier. Führe er 
doch auch in der Kirche nur ein Stück des geweihten Ganze 
zum Munde, so könne er auch viele Teile zugleich zu Haus 
nehmen. Über die Berichte der hist. lausiaca vgl. meine Unter 
suchung T. U. XIV, 2a S. 53. Auch die syrische Didaskalia scheint 
eine eucharistische Mahlzeit in der Osternacht vorauszusetzen, 
wenn sie sagt: Es ziemt Euch Vorlesen der Schriften und Psal- 
men, Gebet und Flehen ... bis zur dritten Stunde der Nacht, die 
auf den Sonnabend folgt. Und dann bringet Eure Opfergaben 
dar und nun esset und seid guter Dinge, freuet Euch und seid 
fröhlich, denn als Unterpfand unserer Auferstehung ist Christus 
auferstanden (ed. Achelis-Flemming 112, 23 ff). 

Neben solchen häuslichen Eucharistiefeiern in kleinem Kreise 
erhielten sich die Sitten des urchristlichen Herrenmahls auch in 
den Agapen, den um der Liebestätigkeit willen beibehaltenen 


Ill. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 37 


Gemeindemahlzeiten, an denen ursprünglich alle Gemeinde- 
glieder, später vorzüglich die Witwen, die Armen, die Spender 
des Mahls, sowie der Bischof oder sein Diakon teilnahmen. Ter- 
tullian (Apol. 39) erwähnt ein Eingangsgebet und ein Schlußgebet 
solcher Mahlzeit, das Händewaschen und Lichteranzünden 
und die gemeinsame Erbauung durch Lieder, geht aber auf Einzel- 
heiten nicht ein. Die Canones Hippolyti und die ägyptische 
Kirchenordnung geben etwas genauere Angaben. Aus ihnen geht 
hervor, daß der Leiter der Agape am Anfang das Brot brechen 
und segnen und jedem einen Bissen vorher reichen mußte. Nur 
wenn kein Geistlicher anwesend ist, soll jeder allein über seiner 
Speise den Segen sprechen. Es soll auch gebetet werden für 
die Teilnehmer und für den Gastgeber, und ehe man auseinander 
geht, sollen Psalmen gesungen werden. Wenn dazu die ägyp- 
tische Kirchenordnung ausdrücklich bemerkt, es sei das vom 
Bischof am Eingang des Liebesmahls gesegnete Brot keine εὐχα- 
ριστία, sondern nur eine εὐλογία, und wenn das Concil von Lao- 
dicea (can. 27. 28) sowohl die Privat-Eucharistiefeiern als auch 
das Abhalten der Agape in den Kirchen verbot, so sehen wir, 
wie sehr man auch im vierten Jahrhundert noch geneigt war, 
nach der volkstümlichen Tradition die Agape ohne strenge Unter- 
scheidung mit einer wirklichen Eucharistiefeier zu verwechseln?. 
Das hing wesentlich damit zusammen, daß die bei der Agape 
gebrauchten Gebete noch die des alten Herrenmahls waren. Er- 
halten sind uns solche Agapegebete nicht mehr. Wir brauchen 
aber nicht daran zu zweifeln, daß sie denen der Didache oder 
denen des Atbanasius sehr ähnlich waren. 


2. Einzelne Tischgebete in griechischen Klóstern. 


Meine über die athanasianische Schrift περὶ παρϑενίας an- 
gestellte Untersuchung hat gezeigt, wie die Asketenkreise die 
Vermittler altehristlicher Haussitten an die späteren Klöster 


1) Nüheres vgl. bei J. F. Keating, the Agape and the Eucharist in 
the early church. London 1901, wo allerdings für die ältere Zeit zwischen 
Agape und háuslicher Eucharistie zu streng geschieden wird. 

2) Etwas anders ist es, wenn die Mysterienfeier vor einer Toten- 
mahlzeit abgehalten wird. Da tritt die [alte SchluBeucharistie vor die 
Mahlzeit. Es hat diese Aneinanderfügung nichts mit der Tradition der 
ursprünglichen Einheit zu tun. 


35 . Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


waren. In den Klöstern aber haben sich bis heute alte Gebete 
und Gebetssitten mit ungeheurer Zähigkeit erhalten, sodaß uns 
hier eine Quelle auch für sehr alte Traditionen zu Gebote steht. 
Es gilt nur nach Móglichkeit die Mittelglieder zu finden, um einen 
sichern Anhalt für die Überlieferungsgeschichte zu bekommen. 

Haben wir nun in den von Athanasius mitgeteilten Gebeten 
die geschichtliche Anknüpfung an die Gebetssitten des zweiten 
Jahrhunderts gefunden, so finden wir in einer Predigt des Chry- 
sostomus (hom. LV (LVI) in Math., Migne P. g. LVIII col. 545 ff.) 
eine Gebetssitte, die sich mit der athanasianischen berührt und 
doch derjenigen der späteren Klöster um einen Grad näher steht. 
Chrysostomus will seiner Gemeinde die Sitte des Tischgebets 
empfehlen und erzählt deshalb von den bewundernswerten Sitten 
der Mönche in der Wüste. Sie pflegten μετὰ τὸ ἀριστοποι- 
ἤσασϑαι oder vielmehr, so verbessert sich Chrysostomus, μετὰ 
to δεῖπνον — denn sie kannten nur eine tägliche Mahlzeit — 
einen Dankhymnus anzustimmen (εὐχαριστηρίους ὕμνους.) Zur 
Nacheiferung teilt Chrysostomus diese heilige Ode, wie er das 
Gebet nennt, mit. Sie besteht aus dem von Athanasius empfohlenen 
Gebet εὐλογητός ὃ ϑεὸς ὃ τρέφων με ἐκ νεότητος μοῦ x. τ. A 
bis σὺν ἁγίῳ πνεύματι εἰς τοὺς αἰῶνας ἀμήν und folgendem 
Zusatz: Δόξα σοι,κύριε, δόξα σοι, ἅγιε, δόξα σοι, βασιλεῦ, 
ὅτι ἔδωχας ἡμῖν βρώματα εἰς εὐφροσύνην" πλῆσον ἡμᾶς πνεύ- 
ματος ἁγίου, ἵνα εὐρεϑῶμεν ἐνώπιον σου εὐαρεστήσαντες, μὴ 
αἰσχυνόμενοι, ὅτε ἀποδίδως ἑχάστῳ κατὰ τὰ ἔργα αὐτοῦ". 
Chrysostomus erklärt dann seinen Zuhörern das ganze Gebet; 
ihm ist es selbst aufgefallen, daß hinter der das erste Gebet ab- 
schließenden Doxologie und dem Amen noch wieder eine neue 
Doxologie anfängt. Er begründet das damit, daß auch der 
Apostel oft mit einer Doxologie beginne, mit einer solchen 
schließe, um dann nach dieser doch die Rede weiter zu führen 
(so Gal. 1, 4; Röm. 1, 25). Da wir nun aber aus Athanasius 
das erste Gebet als Gebet vor der Mahlzeit kennen gelernt 


1) Zu diesem Schluß vgl. den Schluß des Prothesisgebets der Petrus- 
liturgie: παράσχου ... λόγον ἀνεπαίσχυντον, ὕπως ἄξιοι εὑρεϑῶμεν ...... 
ἐνώπιόν σον ἔν tf ἡμέρᾳ τῇ φοβερᾷ — grade auf diesen Gedanken der 
Verantwortung vor dem Richterstuhl Christi, auf das μὴ αἰσχύνεσϑαι 
legt Chrysostomus auch in der Ausführung seiner Predigtgedanken be- 
sonderes Gewicht. 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 39 


haben, so werden wir das als die ursprüngliche Sitte anzunehmen 
haben, die auch den von Chrysostomus mitgeteilten Gebräuchen 
früher zu Grunde lag. 

Dann erhalten wir auch in dem hier mitgeteilten Text ein 
einfaches Eingangsgebet und ein Schlußdankgebet, letzteres 
wie bei Athanasius durch eine doxologische Formel eingeleitet, 
für die wir in dem eucharistischen Gebet in den Acta Job. 109 
(ed. Bonnet a. a. O. p. 207) eine gewisse Analogie finden, eine 
deutliche Parallele aber in der Jacobusliturgie (Br. p. 65) wo 
das Schlußdankgebet nach der Communion eingeleitet wird mit 
dem Ruf: δόξα σοι, δόξα σοι, δόξα Got, Χριστὲ βασιλεῦ, 
μονογενὲς λόγε τοῦ πατρὸς x. τ. 4. Auch nach der Marcusliturgie 
(Br. p. 140) folgte ein Lobbymnus des Volkes an dieser Stelle; 
in der Chrysostomusliturgie singt der Chor am Schluß vor dem 
letzten Dankgebet (Br. p. 396, 25): Ὁ ἐπιφανεὶς Χριστὲ ὁ ϑεὸς 
xai τὸν xoouov φωτίσας, δόξα σοι. 

Wir haben also auch in diesem dreimaligen δόξα σοι im 
Dankgebet des Chrysostomus eine Spur der eucharistischen Feier, 
die noch interessanter wird durch die Bitte πλῆσον ἡμᾶς 
πνεύματος aylov, weil diese Bitte um den heiligen Geist in 
der eucharistischen Feier consecrative Bedeutung erhielt. Endlich 
klingt die Bitte fva εὐρεϑῶμεν εὐαρεστήσαντες un αἰσχυνόμενοι 
an zwei Stellen im jüdischen Tischsegen an, nämlich Abs. 4 «daß 
wir Wohlgefallen finden mögen in den Augen Gottes und der 
Menschen» (S. 10) und Absatz 3: «daß wir nicht zu Schanden 
werden und uns nie schámen» (S. 10) Wir werden also auch 
in diesem Tischgebet alte eucharistische Gebetsformeln zu sehen 
haben. Die Anfangseulogie: εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς etc. ging nicht 
mit in die eucharistische Tradition über. Sie erhielt sich aber 
im Tischsegen der Asketen, bei Athanasius noch an ursprüng- 
licher Stelle, bei Chrysostomus am Schluß. Es ist nicht aus- 
geschlossen, daß letzterer nur literarische Kenntnis von den 
Formeln hatte und dieselben einem alten Euchologion entnahm, 
wo beide Formeln unmittelbar nach einander aufgezeichnet waren, 
ohne doch so gebraucht worden zu sein. Die Auffassung des 
Chrysostomus ist aber die herrschende geblieben: denn in den 
späteren griechischen Gebetbüchern wie nach dem Zeugnis der 
jüngsten Handschriften der Athanasiusschrift wird das Gebet 
εὐλογητὸς ὁ ϑεός ὁ τρέφων ut x. τ. A. stets am Schlusse der 


40 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Mahlzeit gebraucht. Die Möglichkeit, daß die Schuld der Differenz 
bei Athanasius liegt, kann also nicht ausgeschlossen werden. 
Aus späterer Zeit fehlt es dann an Mitteilungen von Tisch- 
gebetstexten in den Werken asketischer Schriftsteller. Auch bei 
Johannes Cassianus finden sich nur die allgemeinen Angaben 
über Psalmen und Gebete vor und nach Tische. Wir sind also 
für die weitere Untersuchung auf die Euchologien der griechischen 
Kirche angewiesen, wie sie uns teils handschriftlich, teils in ge- 
druckten Sammlungen zugänglich sind. Das umfangreichste 
Material finden wir in der Sammlung von Jacob Goar, der im 
Jahre 1647 eine große Menge von Gebetstexten veröffentlichte, 
von denen er die für uns in Betracht kommenden aus dem Cod. 
Barberini (früher Conventus Praedicatorum S. Marci Florentini! 
saec. VIII und aus einem Codex von Cryptoferrata entnahm'. 
Anderes Material finden wir in dem Ὡρολόγεον Méya, das 
in Venedig in vielen Ausgaben gedruckt worden ist?, Einige 
weder bei Goar noch im Horologion befindliche Stücke habe ich 


1) Jue. Goar, EvxyoAlóyiov sive rituale Graecorum . .. cum selecti: 
bibliothecae Regiae, Barberinae, Cryptoferratae, S. Marci Florentini . 
et aliis probatis mm. ss. et editis exemplaribus collatum. Lutetiae Parisi 
orum 1647. Benutzt sind für die hier mitgeteilten Gebete der Codex i 
der Biblioth. Barberina zu Rom MS. III 55 perg. geschrieben in Uncialer. 
saec. VIII—IX, ursprünglich dem Convent von S. Marco in Florenz ge 
hörig, diesem 1439 durch einen Griechen bei Gelegenheit des Florentiner 
Concils geschenkt, und der Cod. Cryptoferatae Γβ. VII, saec. X, ein 
Euchologium patriarchale, das von einem kretischen Presbyter Georgiu: 
Βαρι dem Cardinal Julianus geschenkt wurde, der es dann dem Cardinal 
Bessarion schenkte. 

2) Das Ὡρολόγιον Μέγα existiert in zahlreichen venetianischen 
Ausgaben; es enthält in seinem ersten Teil die Gebete und Psalmen für 
die verschiedenen Tagesstunden, wie sie in den Klöstern gesungen 
werden, darunter auch die ἀχολουϑία τῆς τραπέζης für die Vormittag 
und für die Abendmahlzeit; der zweite Teil enthält die Gesänge (τροκά- 
Qua, ἀπολιτίχια, χοντάχια, ϑεοτόχια) für die verschiedenen Zeiten der 
Kirchenjahres, nach Monaten geordnet. Ich benutzte eine Ausgabe von 
Venedig 1841, redigiert von Bartholomaeus Kutlumusianos (d. h. Barthole 
maeus aus dem Kloster Kutlumusi, dicht bei Karyäs auf dem Athos), ver 
glich auch einige ältere Drucke und eine Handschrift der Berliner Kg. 
Bibliothek Ms. graec. qu. 45. perg. saec. XIII 94 Bl. 18,4><13,6 cm, welch 
einen Teil der Gebete (Auszug aus dem εὐχολόγιον μέγα) enthält Dh 
Berliner Handschrift wurde durch Vermittlung von Brugsch auf dem Sins 
gekauft. Die hierher gehórigen Gebete stehen auf fol. 83 und 84, 


IH. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 4 


in dem Fragment eines griechischen εὐχολόγιον gefunden, das 
sich auf 8 Pergamentblättern (saec. XT) unter den Schätzen der 
Kubbet von Damaskus befindet, die durch B. Violet entdeckt, 
auf Veranlassung von H. v. Soden nach Berlin gebracht wurden!, 
wo sie in der Königl. Bibliothek bisher aufbewahrt werden 
(Kasten 12c). 


Im Euchologium von Goar sind zunächst eine Anzahl 
Tischgebete, Darbringungs- und Segnungsgebete mitgeteilt ohne 
genaue Angabe ihres liturgischen Zusammenhangs. Wir teilen 
zunächst die eigentlichen Mahlzeitsgebete mit: 


1. Goar p. 715, 1: 

Εὐχὴ πρὸ ἀρίστου iv τῇ xav. oixov εὐωχίᾳ. 

Ὁ ϑεός, ὁ πάσης εὐφροσύνης καὶ χαρᾶς χορηγός ὁ χαρισά- 
μενος ἡμῖν ἄρτον στηρίζοντα χαὶ οἶνον εὐφραίνοντα δὸς 
ἡμῖν γενέσϑαι τὴν ἑτοιμασϑεῖσαν βρῶσιν παρὰ τῆς σῆς ἀγαϑό- 
τητος, μὴ εἰς σαρχὸς ἐπανάστασιν ἢ ψυχῆς διάλυσιν ἢ λήϑην 
τῶν σωτηρίων σου ἐντολῶν ἀλλ᾽ εἰς ἀφορμὴν εὐχαριστίας, 
εἰς ὑπόϑεσιν δοξολογίας, εἰς ἔπαινον καὶ δόξαν τῆς πολυυμνήτου 
σου μεγαλότητος, ἵνα τῶν παρόντων μεταλαμβάνοντες καὶ 


1) Das Fragment aus der Kubbet von Damaskus (vgl. Bericht über 
die in der Kubbet von Damaskus gefundenen Handschriftenfragmente von 
D. Herm. Frhr. v. Soden SBA XXXIX. 1903, 30. Juli) besteht aus einer 
Lage von 8 Blättern 12><0,5 cm, geschrieben in gut erhaltener sorgfältiger 
Minuskelschrift saec. XI—XII, Zeichen der Lage rechts oben, Anfang auf 
dem ersten Blatt: (παιδός vor ἰησοῦ ἐν ἡ χατέλυσας πᾶσαν τὴν δύναμιν 
τοῦ ἐχϑροῦ (Fragment eines Gebets zur sechsten Stunde). Es folgen noch 
ein Gebet zur sechsten Stunde, dann zwei Gebete zur neunten Stunde, eine 
εὐχὴ ἀναστάσιμον vor ἀρίστου, zwei andere Tischgebete εὐχὴ μετὰ τὸ ἀναστῆ- 
ναι ἐκ τοῦ ἀρίστου, zwei Gebete: τὴν ἑσπερινὴν und drei πρὸ τοῦ ὕπνου. 
Mit den Worten χύριε ἰησοῖ' χριστὲ υἱὲ τοῦ ζῶντος ϑεοῦ, ὁ ἐλϑὼν χαλεῖν τούς 
ἁμαρτωλοὺς εἰς μετάνοιαν ὁ τὰ ... uova, (Stück aus einem Abendgebet) 
schließt die Lage, deren vollständigen Text ich bei andrer Gelegenheit zu 
veröffentlichen hoffe. Im yanzen sind 11 Gebete und zwei Fragmente er- 
halten. Auch die übrigen liturgischen Fragmente der Kubbet habe ich 
geprüft — es sind meist nur kleine Stücke; am wichtigsten noch zwei 
Uncialfragmente mit Stücken aus der Weihe des heiligen μῆρον saec. VI- VII 
und ein Minuskelfragment aus einem Katechumenengehet, das *tück 
eines Lectionars, und ein Minuskelfragment (20 Blätter saec. XII— XIII: 
des μαχαρισμὸς τῶν ὀχτὼ ἠχῶν. Ich werde das oben angeführte Fragment 
als Euchologium Damascenum citieren. 


42 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


τῆς αἰωνίου τροφῆς ἀξιωθῶμεν, ὅτε σὺ μόνος εἶ χορηγὸς τῶν 
, πατέρων ἡμῶν καὶ σοὶ τὴν δόξαν ἀναπέμπομεν. 

Man beachte in diesem Gebet die Formel ὁ πάσης εὐφρο- 
σύνης καὶ χαρᾶς χορηγός, die Bezeichnung der Speise als Brot 
und Wein und vor allem die Schlußformel: «daß wir auch ge- 
würdigt werden der himmlischen Mahlzeit». 


2. Goar p. 715, 2: 

Εὐχὴ εἰς εὐλόγησιν τοῦ κανισχίου τῆς τραπέζης. 

Σοί, τῷ ἀληϑινῷ ϑεῷ ἡμῶν, τῷ δοτῆρι πάντων τῶν ἀγα- 
ϑῶν xc χορηγῷ τῆς ζωῆς ἡμῶν, ἐμπλησϑέντες τῶν πλου- 
σίων σου ἀγαϑῶν δόξαν xal εὐχαριστίαν ἀναπέμπομεν καὶ 
δεόμεϑά σου, βασιλεῦ παντοδύναμε, φυλάττε τοὺς δούλους σου 
τοὺς βασιλεῖς ἡμῶν καὶ ἡμᾶς ἀπὸ πάσης προσβολῆς ἐναντίας, 
εὐλογῶν τὴν περισσείαν τῆς βρώσεως ἡμῶν πρὸς δόξαν σὴν 
χαὶ τοῦ μονογενοῦς σου υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος. νῦν 
καὶ ἀεὶ x. τ. λ. 

Dies Gebet scheint aus dem byzantinischen Hofceremonial 
zu stammen. xavloxıo» ist ein kleiner Korb. Da nun aus dem 
ἐμπλησϑέντες hervorgeht, daß das Gebet an den Schluß der 
Mahlzeit gehört und die Worte εὐλογῶν τὴν περισσείαν auf 
das Sammeln der übrig gebliebenen Brocken anspielen, so haben 
wir hier ein Segnungsgebet für die in einem Korbe an der 
kaiserlichen Tafel gesammelten Reste, die jedenfalls als εὐλογέαι 
den Ármen zu Gute kamen. 


3. Goar p. 716, 1 (Cod. Berol. qu. 45, fol. 83r. und Euch. 
Damasc. fol. 3 v): 

Βυχὴ πρὸ ἀρίστου. 

Κύριε ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ὁ ἐπουράνιος καὶ ζωοποιὸς ἄρτος, ἡ 
ἀληϑινὴ τροφὴ τοῦ παντὸς κόσμου, ὁ ἐχ τοῦ οὐρανοῦ καταβὰς 
xai ζωὴν τῷ κόσμῳ χαρισάμενος ὃ κατὰ τὴν παροῦσαν ἡμῶν 
ξωὴν ἡμᾶς κυβερνῶν ὃ καὶ τῆς μελλούσης ' ἡμῖν τὴν ἀπόλαυσιν 
ἐπαγγειλάμενος, αὐτὸς καὶ νῦν" εὐλόγησον τὴν βρῶσιν ἡμῶν 

1) Berol. ἐν τῷ μέλλειν ἀριστᾶν. 

2) Berol. u. Damasc. lassen diesen Satz (ὁ &x....xap.) aus. 

3) Berol. u. Damasc. ὁ xal τὴν παροῦσαν ἡμῶν ζωὴν χυβερνῶν. 

4) Berol. τοῖς μέλλουσι». 

5) Berol. + δέσποτα. 


Ill. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 43 


καὶ τὴν πόσιν xal ἀχαταχρίτως αὐτῶν μετασχεῖν ἡμᾶς κατα- 
ξίωσον! δοξάζοντάς σε καὶ εὐχαριστοῦντάς σοι τῷ χορηγῷ 3 
πάντων τῶν ἀγαθῶν δωρημάτων ὅτι ἠυλόγηται3 καὶ δεδό- 
ξασται τὸ xavrıuov x. τ. Δ. 

Der Anfang und der Schluß dieses Gebets berührt sich so 
nahe mit dem oben mitgeteilten πρόϑεσις Gebet der eucha- 
ristischen Liturgie des Basilius (Br. p. 41. 309), daß wir in diesen 
Tischgebet wohl die Wurzel für jenes Prothesisgebet seheu 
dürfen. Auch hier wiederholt sich die Bitte: εὐλόγησον, die 
Gegenüberstellung des zeitlichen und des ewigen Lebens, die 
Bitte um gesegneten und unschädlichen Genuß (καταξίωσον — 
μεταλαβεῖν ἀχαταχρίτως), die wir aus den Gebeten vor und nach 
der Communion in den eucharistischen Liturgien kennen lernten. 


4. Goar p. 716, 2 (Damasc. fol. 4r. Berol. fol. 84): 

Εὐχὴ μετὰ τὸ ἀναστῆναι ix τοῦ ἀρίστου". 

Σοὶ τῷ ἀληϑινῷ καὶ φιλανϑρώπῳ ϑεῷ" ἡμεῖς οἱ auap- 
τωλοὶ xai ἀνάξιοι δοῦλοι σου ἐμπλησϑέντες τῶν πλουσίων 
σου δωρεῶν" εὐχαριστίαν σοι προσάγομεν xol δεόμεϑά σου, 
δέσποτα, σὺν τοῖς ἐπιγείοις σου ἀγαϑοῖς καὶ τῶν ἐπουρανίων 
σουϑ δωρεῶν μετόχους ἡμᾶς ἀνάδειξον πρεσβείαις τῆς ἀχράντου 
μητρός Gov? xal πάντων τῶν ἁγίων σου, ὅτι πρέπει σοι πᾶσα 
δόξα x. τ. ἕξ. 

Der Anfang des Gebets ist ähnlich dem bei Goar p. 715, 2. 
Die Ausdrücke ἐμπλησϑέντες, εὐχαριστία und der Gegensatz 
ἐπιγείοις σου ayadols ... τῶν ἐπουρανίων σου δωρεῶν sind 
zu beachten. μετόχους ἀνάδειξον weicht von dem sonst üblichen 
μεταλαβεῖν καταξίωσον ab. 


5. Goar p. 716, 3: 

Εὐχὴ μετὰ τὸ ἄριστον. 

Ὁ ϑεός, 6 τρέφων ἡμᾶς ix τῆς νεότητος ἡμῶν, ὁ διδοὺς 
τροφὴν πάσῃ σαρχὶ καὶ δοτὴρ τῶν ἀγαϑῶν καὶ χορηγὸς τῆς 


1) Berol. ἐξ αὐτῶν μεταλαβεῖν χαταξίωσον, Euch. Damasc. xal ἀχατά- 
χριτον αὐτὸν μεταλαμβάνειν ἡμᾶς χαταξίωσον. 

2) Damasc. om. oe xal εἰχαριστοῖντας; Berol. δοξάζοντας xai εὐχα- 
οιστεῖν σὺ τῷ χορηγῶ καὶ εὐεργέτῃ. 


3) Damasc. ἠνλόγειτε. 1) Berol. μετὰ τὸ ἀριστῆσαι. 
5) Dam. + ἡμῶν σωτῆρι. 6) Dam. ἀγαϑῶν st. δωρεῶν, + xai. 
7) Dam. + x«l napaxaloiuer. 8) Dam. + ἀγαϑῶν. 


9) Dam. τῆς ἁγίας Yeoroxor st. τῆς &yo. u. σου. 


44 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


ζωῆς ἡμῶν, ποίησον τὴν μετάληψιν εὐφροσύνην, τὴν περι- 
σσείαν εἰς εὐλογίαν, καὶ τοὺς ὑποδεξαμένους ἡμᾶς διὰ τὸ 
ὄνομά σου τὸ ἅγιον εὐλογήσας ἐμπλησον αὐτῶν τὰ ταμιεῖα 
τῶν ἀγαϑῶν σου καὶ τὰς ψυχὰς ἐν ἁγιασμῷ διατήρησον, ἵνα 
δοξάζηταει τὸ πανάγιον ὄνομά σου τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ 
καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος. 

Der Anfang dieser Formel, die sich im Euch. Damasc. nicht 
findet, entspricht dem bei Athan. Chrys. und den Apost. Const. VII, 
49 überlieferten Gebete, doch ist die Formel dorne τῶν ἀγαϑῶν 
καὶ χορηγὸς τῆς ζωῆς hinzugefügt (vgl. 2). Die Wendung περε- 
σσείαν εἰς εὐλογίαν spielt augenscheinlich auf das Mitnehmen der 
Reste als εὐλογίαι an. Die Worte ἔμπλησον τὰ ταμιεῖα τῶν 
ἀγαθῶν σου sind häufig in Darbringungsgebeten. Zu bemerken 
ist wiederum die Hervorhebung des Namens Gottes. 

Von diesen bei Goar mitgeteilten Gebeten enthält das Eucho- 
logium Damasc. die Nummern 3. u. 4. Vor 3 (fol. 2v.) bietet es 
aber noch eine andere Formel als 


6. Gebet zur Sonntagsmahlzeit: 

Εὐχὴ ἀναστάσιμον πρὸ ἀρίστου. 

Κύριε 0 ϑεὸς ἡμῶν, ὁ ἀναστὰς ἐκ τῶν νεχρῶν καὶ 
συνεγείρας τὸν πρωτόπλαστον ἀδὰμ xoi ζωὴν τῷ χόσμῳ χαρι- 
σάμενος, αὐτὸς καὶ νῦν εὐλόγησον τοὺς προχειμένους ἄρτους 
καὶ τοὺς προσενγχότας, μισϑὸν ἐν οὐρανοῖς παράσχου καὶ 
τὸν οἶχον τουτονὶ καὶ τὰς ἐν πίστει ἐνοικούσας ψυχὰς εὐβλαβεῖς 
διαφύλαξον ἀπὸ πάσης ἐπειρίας καὶ σχανδάλου τοῦ πονηροῦ, 
εὐδοκῆσαι χάριτι καὶ οἰκτιρμοῖς. 

Das Gebet kennzeichnet sich auch ohne die Überschrift als 
Sonntagsgebet durch die Beziehung auf die Auferstehung 
und das am Morgen »neu geschenkte Leben«. Die Fürbitte für 
die Hausgenossen ist besonderer Beachtung wert, weil es durch 
sie eine Beziehung auf das Familienleben enthält, während 
die meisten anderen Gebete ebenso in das Klosterleben passen!. 


1) Die Beziehung auf das Privatleben ist überhaupt in dem Eucho- 
logion Damascenum besonders deutlich, 7. B. in den fol. 7 aufgezeichneten 
Abendgebetsfürbitten: νήσϑητι κύριε τῶν ἁπάντων ἀδελφῶν ἡμῶν, πατέ- 
gov TE μητέρων xal ἀδελφὰς xal ϑυγατέρας xal συγγενοῦς ὑπὲρ ὑγίας 
(αὐτῶν ?) | 

xal μνήσϑητι χύριε πρῶν ἡμῶν προπρων, ἀδελφῶν, συγγενῶν μρων 
nooupwv καὶ ἀδελφὰς υἱοὺς τε καὶ ϑυγατέρας x. τ. A. 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 45 


Die Formel scheint bestimmt gewesen zu sein, vom Hausvater 
zu Beginn der Mahlzeit über alle Brote zusanımen gesprochen 
zu werden. Beachtenswert ist auch, daß die Tischgenossen als 
προσενεγχότες bezeichnet sind, denen Gott den Lohn im Himmel 
geben soll. Es scheint also ein Mitbringen von Gaben zu der 
gemeinsamen Mahlzeit voraus gesetzt zu sein. Die Bitte um Be- 
wahrung vor allem Übel erinnert an Did. X, der Schluß ist 
vielleicht eine Anspielung auf die Liebespflichten. Das Stück 
dürfte das interessanteste unter den Gebeten des Euchologium 
Damascenum sein und kann den ersten christlichen Jahrhunderten 
zugeschrieben werden. 

Zwischen den Gebeten 3. und 4. teilt dann dasselbe Eucho- 
logion noch folgendes Gebet mit: 


7. Aiin εὐχὴ (scil. πρὸ ἀρίστου) 

Αύριε παντοχράτωρ, ὁ ϑεὸς τῶν πατρῶν ἡμῶν, 0 πάντα 
τὰ ἀγαϑὰ τοῖς ἀγαπῶσι χαριζόμενος, ὁ μανναδοτήσας τῷ λαῷ 
σου ἐν τῇ ἐρήμῳ, τὸν οὐράνιον ἄρτον αὐτοὺς ἔπλησας, ὁ 
εὐλογήσας τοὺς πέντε ἄρτους τοὺς χριϑήνους ἐπὶ τοὺς πεντα- 
κισχιλίους χορτάσας, αὐτὸς xal νῦν εὐλόγησον τὰς εὐλογίας 
ταύτας καὶ τοὺς προσφέροντας αὐτὰς ἀντάμειψον παντὸς 
ἀγαϑοῦ, τὰ ταμιεῖα αὐτῶν ἔμπλησον πάσης εὐφροσύνης, ἵνα 
ἔχωσιν μεταδιδόναι τοῖς χρείαν ἔχουσι, ὅτε σὸν τὸ χρᾶτος καὶ 
σοῦ ἐστιν ..... 

Eigentümlich ist hier die Beziehung auf das Manna und die 
Speisung der 5000, die wir bei dem kirchlichen Ritus der apro- 
κλασία wiederfinden werden !, auf die Segnung der evAoylaı und 
die Füllung der Schatzkammer, auf daß sie haben zu geben 
den Dürftigen. Der Grundgedanke der alten Agapen klingt 
hier deutlich nach. 


1) Zu vergleichen ist auch das folgende Gebet im Cod. Berol. qu. 45 
fol. S3v: Εὐχὴ ἐπὶ xoAvBwv εἰς μνείαν ἁγίου: Κύριε ὁ ϑεὸς, ὁ παν- 
τοχράτωρ, ὁ ποιήσας τὸν οὐρανὸν χαὶ τὴν γῆν, τὴν ϑάλασσαν χαὶ πάντα 
τὰ ἐν αὐτοῖς, ὁ εὐλογήσας τοὺς πέντε ἄρτους χαὶ πενταχισχιλίους χορτά- 
σας, αὐτὸς εὐλόγησον xal τοὺς χαρποὺς τούτους xal χαταξίωσον ἡμᾶς 
μεταλαβεῖν 2E αὐτῶν ἐπὶ ὑγιείαν xal σωτηρίαν ψυχῶν xal σωμάτων ἡμῶν 
χαὶ τοὺς προσενεγχότας μισϑὸν οὐράνιον παράσχου πρεσβείαις τῆς ἁγίας 
ϑεοτόχου xal ἀειπαρϑένου Μαρίας xal toi ἁγίον τοῦδε, οὗ xal τὴν μνήμην 
ἐπιτελοῦμεν xal πάντων τῶν ἁγίων σου. Es handelt sich um Darbringung, 
Segnung und Genuß der sog. χόλυβα, Fruchtkörner, welche noch heute in 
der Kirche gesegnet: und beim Ausgang vom Priester verteilt werden. 


u 


40 Ed. ν. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Es steht im übrigen den Darbringungsgebeten sehr nahe, 
welche Goar p. 655ff in größerer Anzahl mitteilt. Von ihnen 
seien noch folgende mitgeteilt, die durch ihre nahe Verwandt- 
schaft mit den Tischgebeten besonderes Interesse erregen: 

8. Goar p. 655, 2: 

Evxn ἐπὶ προσφερόντων καρπὸν νέον 

Πυχαριστοῦμέν 001, κύριε ὁ ϑεὸς καὶ προσφέρομεν ἀπαρ- 
χὴν καρπῶν, ovc ἔδωκας ἡμῖν εἰς μετάληψιν τελεσφορήσας διὰ 
τοῦ λόγου σου καὶ κελεύσας καρποὺς παντοδαποὺς εἰς εὐφρο- 
σύνην καὶ τροφὴν τοῖς ἀνϑρώποις καὶ παντὶ Coo ἐν πάσῃ 
γῇ ὑμνοῦμέν σε ὁ ϑεὸς ἐν πᾶσιν, οἷς εὐέργησας ἡμᾶς καὶ πᾶσαν 
χτίσιν παντοίοις καρποῖς, διὰ τοῦ παιδός σου Ἰησοῦ Χριστοῦ 
τοῦ xvplov ἡμῶν, δι᾿ o9 καὶ σοὶ ἡ δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν 
αἰώνων, ἀμήν». 

Es ist dieses Gebet einfacher als das aus Apost. Const. VIII, 40 
(oben S. 159) mitgeteilte und deckt sich wörtlich mit dem Dar- 
bringungsgebet der ägyptischen Kirchenordnung, das H. Achelis 
Can. Hipp. a. a. O. p. 112—113 in deutscher Übersetzung wieder- 
gegeben und für das wir also hier den griechischen Text zum 
ersten Mal erhalten, ein Beweis, mit welch altem Material wir 
es zu tun haben. Die Sehlichtheit des Ausdrucks und die Schluß- 
wendung διὰ τοῦ παιδός σου L XQ. lassen ebenfalls auf ein 
hohes Alter schließen. Auch findet sich in den Codd. Cryptoferr. 
und Barberini dazu ähnlich wie in der äg. K. O. eine Schluß- 
bemerkung: εὐλογοῦνται δὲ καρποὶ totobtot' σταφυλαὶ, σῦκα, 
ῥῶα, ἔλαια, μῆλα, ῥοδάχια, περσικὰ, δαμασχηνά. 

9. Goar p. 656: 

Ey: ἐπὶ τῶν καρποφορούντων. 

Πηγὴ τῶν ἀγαϑῶν, δέσποτα βασιλεῦ καὶ εὐεργέτα τῶν 
ποιημάτων. προσδέξαι τὴν καρποφορίαν τοῦ, 0, καὶ τοῦ 0, εἰς 
ὀσμὴν εὐωδίας, καὶ ἔμπλησον τὰ ταμιεῖα αὐτῶν παντὸς ἀγαϑοῦ" 
xai ῥῦσαι αὐτοὺς ἀπὸ παντὸς πειρασμοῦ μετὰ πάντων τῶν 
αὐτοῖς προσηκόντον (Familie) καὶ φώτισον αὐτοὺς ἐν τῇ 
γ"ώσει σου, ἵνα εὐαρεστήσαντές σοι καταξιωϑῶσι τῶν αἰωνίων 
xai ἀφρϑάρτων σου ἀγαϑῶν, ὅτι ηὐλόγηται τὸ ὀνομά σου τοῦ 
πατρὸς x.t.4. 

Hervorzuheben ist die Wiederkehr der Formel ἔμπλησον τὰ 
ταμιεῖα — δῦσαι ἀπὸ παντὸς πειρασμοῦ, das φώτισον ἐν τῇ 


III, Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 47 


γνώσει — ἵνα καταξιωϑῶσι τῶν αἰωνίων καὶ ἀφϑάρτων σου 
ἀγαθῶν und das ηὐλόγηται τὸ ὄνομα. Fast wörtlich gleich- 
lautend ist das bei Goar p. 657, 1 folgende Gebet ἐπὶ ἅλωνα. 
Unberücksichtigt können für uns hier auch die Formeln εὐχὴ 
ἐπὶ ϑέρους, εὐχὴ τῶν xoAUBorv, εὐχὴ ἐπὶ χολύβοις 
κοιμηϑέντων und εὐχὴ ἐπὶ μνήμῃ τοῦ ἁγίου διαδόσεως 
χρεῶν, οἴνου, ἄρτου xal κολύβων bleiben. Das letzte ist 
noch das Beachtenswerteste und mag bei Goar nachgelesen 
werden; es wurde gebraucht, wenn an einem Heiligenfest Speisen 
an Arme verteilt wurden. | 

Unter den Gebeten endlich, die zur Segnung einzelner Speisen 
gebraucht wurden, seien noch drei hervorgehoben, die wegen 
ihrer Berührung mit der Terminologie eucharistischer Gebete für 
uns Interesse haben. Das erste ist das nach der Weinernte 
gebrauchte Segnungsgebet beim Genuß des Weines: 


10. Goar p. 695, 696: 
Εὐχὴ ἐπὶ εὐλόγησεν οἴνου 


Κύριε ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ἀγαϑὲ καὶ φιλάνϑρωπε, ἔπιδε ἐπὶ 
τὸν οἶνον τοῦτον καὶ ἐπὶ τοὺς μεταλαμβάνοντας ἐξ αὐτοῦ. 
καὶ εὐλόγησον αὐτὸν, Oc ἠυλόγησας τὸ φρέαρ τοῦ Ἰακὼβ 
χαὶ τὴν χολυμβήϑραν τοῦ Σιλωὰμ χαὶ τὸ ποτήριον τῶν 
ἁγίων σου ἀποστόλων, ὁ παραγενόμενος ἐν Κανᾶ τῆς 
Γαλελαίας! καὶ εὐλογήσας τὰς ἕξ ὑδρίας καὶ τὸ ὕδωρ εἰς οἶνον 
μεταβαλὼν καὶ τὴν δόξαν σου φανερώσας τοῖς ἁγίοις σου 
μαϑηταῖς xol ἀποστόλοις" αὐτὸς xal νῦν ᾿ἐξαπόστειλον, 
κύριε, τὸ ἀγιόν σου πνεῦμα ἐπὶ τὸν οἶνον τοῦτον καὶ 
εὐλόγησον αὐτὸν ἐπὶ τῷ ὀνόματί σου τῷ aylo ὅτι σὺ εἶ ὁ 
εὐλογῶν καὶ ἁγιάζων καὶ πληϑύνων τὰ σύμπαντα, 
Χριστὲ ὁ ϑεὸς ἡμῶν, καὶ σοὶ τὴν δόξαν ἀναπέμπομεν, τῷ 
πατρὶ xal τῷ υἱῷ καὶ τῷ ay. xv. νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τ. ἀιῶνας 
t. αἰώνων ἀμήν. 


Es ist dieses Stück deshalb von besonderem Interesse, weil hier 
besonders deutlich wird, wie die Terminologie der Segnungs- 
gebete der Gebetssprache in dem eucharistischen Weiheact nahe 


1) Die Beziehung auf das Kana- Wunder findet sich auch in einem 
einsegen bei Hochzeiten in der Liturgie der abessinischen Jakobiten 
(Brightman p. 200, 13—16). 


48 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


kommt. Die Bitte ἐξαπόστειλον τὸ ἅγεόν σου πνεῦμα ἐπὶ τὸν 
οἶνον τοῦτον könnte direct als Verwandlungsgebet verwendet 
werden und die Erinnerung an das ποτήριον τῶν aylov oov 
ἀποστόλων kann kaum etwas anderes als den eucharistischen 
Becher meinen. 

Nicht ganz so deutlich ist die Analogie in dem Segnungs- 
gebet für das Salz. 


11. Goar p. 705: 

Εὐχὴ ἐπὶ alarog 

Ὁ ϑεὸς ὁ σωτὴρ ἡμῶν, ὁ παραγενόμενος ἐν Ἶεριχῶ ixi 
Ἐλισαίου τοῦ προφήτου καὶ τὰ βλαβερὰ ὕδατα ἄλατι ϑερα: 
πεύσας, αὐτὸς εὐλόγησον τὸ ἅλας τοῦτο καὶ μετάβαλλε αὐτὸ 
εἰς ϑυσίαν ἀγαλλιάσεως, σὺ γὰρ el ὁ ϑεὸς ἡμῶν καὶ σοὶ 
τὴν δόξαν ἀναπέμπομεν, τῷ πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ καὶ τῷ ayio 
πνεύματι νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. 

Den Schluß der Beispiele mag endlich noch ein Gebet machen, 
welches der Patriarch bei der Weinlese in Byzanz ἐν Biazxie- 
vetg am 15. August zu halten pflegte und das uns zeigt, wie auch 
unabhängig von Eucharistie oder Mahlzeit die Terminologie der 
eucharistischen Gebete von Einfluß gewesen ist. 


12. Goar p. 694: 


Εὐχὴ γινομένη ὑπὸ τοῦ πατριάρχου, ὅτε πρὸς συνῆ- 
ϑειαν ἐπιτελεῖ τὴν τρύγην βασιλεὺς τῇ «€ αὐγούστου 
ἐν Βλαχέρναις. 


τοῦ διαχόνου λέγοντος «τοῦ χυρίου δεηϑῶμεν» καὶ συνακ- 
τὴν εὐχεται" 

Ὁ ϑεὸς, ὁ σωτὴρ ἡμῶν, ὁ εὐδοκήσας ἄμπελον κληϑῆναι τὸν 
μονογενῆ σου υἱὸν καὶ ϑεὸν, τὸν χύριον ἡμῶν Ἰησοῦν Χριστὸν 
xol δι᾿ αὐτοῦ καρπὸν ἀϑανασίας ἡμῖν χαρισάμενος, αὐτὸς 
καὶ τοῦτον τὸν καρπὸν τῆς ἀμπέλου εὐλόγησον καὶ ἡμᾶς τοὺ; 
μεταλαμβάνοντας ἀξίωσον ἀχκαταγνώστως εὐχαριστεῖν καὶ δοξέ- 
Cty. 6€ τὸν δοτῆρα xol χορηγὸν πάντων τῶν πρὸς διατροφὴν 
ἡμῶν ἀγαϑῶν 00V, καὶ τοὺς δούλους σου, τοὺς “πιστοὺς fao 
λεῖς ἡμῶν. τῆς ἀληϑινῆς ἀμπέλου μετόχους ποίησον. alex 
PEROTOV αὐτῶν τὴν ζωὴν διαφύλαξον, ταῖς αἰωνίοις σου arc 
φαιρέτοις δωρεαῖς αὐτοὺς καταχόσμησον, εἰρήνην διαπαντὸς 
αὐτοῖς χαριζόμενος πρεσβείαις τῆς ἁγίας ϑεοτόχου xal πάντων 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 49 


τῶν ἁγίων τῶν ar αἰῶνός σοι εὐαρεστησάντων, ἀγαϑότητι 
xai φιλανϑρωπίᾳ τοῦ μονογενοῦς σου υἱοῦ ust οὗ σοι κ. τ. ἕξ. 
Darauf spricht der Priester: εἰρήνη πᾶσιν 
Ὁ διάκονος: Tas χεφαλὰς ὑμῶν τῷ xvolo κλίνατε. 
Der Patriarch: Κύριε τῶν δυνάμεων, ὁ βασιλεὺς τῆς δόξης, 
τοὺς τὴν ἐπίγειον βασιλείαν ὑπό σου πιστωϑέντας ἐν πάσῃ 
εὐσεβείᾳ xal εἰρήνη διατήρησον, ὁδήγησον αὐτοὺς ἐπὶ λιμένα 
ϑελήματός σου, δώρησαι αὐτοῖς τῶν ἐπουρανίων ἀγαϑῶν τὴν 
ἀπόλαυσιν καὶ ἡμᾶς Ζοὺς ἐπιχκαλουμένους τὸ ἅγιον ὄνομά σου 
ἐν μεταλήψει τοῦ ὑπέρ σου τελεσφορηϑέντος τῆς ἀμπέλου 
καρποῦ μετὰ τῶν ἐγχοσμίων καὶ τῶν ἀποῤῥήτων σου ἀγαϑῶν 
χαταξίωσον᾽ σὺ γὰρ el ὁ βασιλεὺς τῆς δόξης xal σωτὴρ τῶν 
ψυχῶν ἡμῶν καὶ σοὶ τὴν δόξαν ἀναπέμπομεν. 


Gerade dieses Gebet, bei dem wir einen directen Zusammen- 
hang mit altchristlichen Gebeten schwerlich annehmen können, 
kann uns zeigen, wie wir die unleugbare Übereinstimmung 
späterer Tischgebete mit eucharistischen Gebeten oft werden 
zu deuten haben. Es hat in späterer Zeit augenscheinlich der 
Stil der gottesdienstlichen Gebete auch einen rückwirkenden Ein- 
fluß auf die Formulierung der Tischgebete und Darbringungs- 
gebete gehabt. Wir werden also nicht überall in den vor- 
stehenden Gebeten eine directe Nachwirkung der ursprünglichen 
Einheit von Eucharistie und Mahlzeit finden dürfen, sondern 
werden auch mit einem Einfluß der liturgischen Hauptgebete auf 
diese Einzelgebete rechnen müssen. Das gilt vor allem von 
einigen längeren Formeln, von denen wir ein Beispiel (Nr. 10) 
gegeben haben, sowie von den Gebeten, die in casuistischer 
Weise für einzelnes (Fische, Eier, Küse etc.) nach einem ziemlich 
gleichmäßigen Schema zurecht gemacht sind. Dagegen sind die 
zuerst mitgeteilten Tischgebetsformeln so schlichter, einfacher 
Natur (besonders Nr. 1, 3, 5 bis 8), daß wir sie jedenfalls auf 
eine ültere Tradition zurückführen dürfen, die schwerlich jünger 
ist wie die der großen Liturgien. Dann aber kann von einem 
Einfluß der Liturgien auf die Gebete nicht die Rede sein — viel- 
mehr läßt sich die Übereinstimmung der Terminologie nur er- 
klären, wenn beide Formulierungen aus einer Zeit stammen, in 
der die kirchliche Eucharistiefeier noch deutliche Farben aus der 


ältesten Zeit enthielt und in der es noch häusliche Eucharistie- 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 2b 4 


50 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


feiern gab, die auf der Grenze zwischen einer Eucharistiefeier 
und einer Familienmahlzeit standen. Aus dieser Übergangszeit, 
da die familienhaft organisierte Gemeindefeier begann, sich in 
einen Öffentlichen Cultusact zu verwandeln, dürften die Formeln 
stammen, die hier wie dort immer wiederkehren: die Bitte um 
gesegneten und ungefährdeten Genuß, die Gegenüberstellung der 
leiblichen und der geistigen Gaben Gottes, der Lobpreis des hei- 
ligen Namens, der über den Speisen genannt wird und auch 
die Beziehungen auf das himmlische Brot und die himmlische 
Mahlzeit, die Bitte um Erlösung von allem Übel, sowie die ge 
legentlich angefügten Fürbitten. Auch für die uralte Bitte um 
Sendung des heiligen Geistes trafen wir in einem Gebet (Nr. 10] 
eine Analogie. 

Was vorläufig die Untersuchung so erschwert, das ist die 
Isolierung, in der diese Gebete in den alten Euchologien steben. 
nur unter kurzen Überschriften, die uns die Zeit, den Ort und 
die Ceremonien des Gebrauchs nicht erklären. Möglich, daß ein 
genaueres Studium dieses noch völlig undurchforschten Gebietes 
weitere Aufschlüsse bringt. Vor allem wäre dazu eine Prüfung 
des handschriftlichen Materials in den griechischen Bibliotheken 
notwendig!. Die Verwandtschaft der Formeln mit den euche- 
ristischen Gebeten ist aber schon durch das mitgeteilte Material 
sicher gestellt. Läßt sich auch nicht für jede einzelne Formel 
ein sicherer Beweis führen, der ursprüngliche Zusammenhang 
dieser Gebete mit der heiligen Mahlzeit der ältesten Christenheit 
liegt anf der Hand. 


3. Die mit dem Ritus des Brotbrechens verbundenen 
Gebräuche in griechischen Klöstern. 


Die deutlichsten Spuren der alten Eucharistiefeier finden 
wir, wenn wir die im ὡρολόγιον μέγα, bei Goar und in den 
Schriften des Erzbischofs Symeon von Thessalonich (141! 


1) Besonders die Bibliothek der Lawra auf dem Berge Athos enthält 
sehr alte liturgische Schätze, deren Benutzung an Ort und Stelle durch 
den Katalog des Bibliothekars Chrysostomus sehr erleichtert ist. Es wäre 
dringend zu wünschen, daf dieser 1800 griechische Handschriften un- 
fassende Katalog einmal gedruckt würde! 


Ill. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 5t 


bis 1429)! mitgeteilten Ceremonien und Gebete noch beachten, 
die. bei verschiedenen Gelegenheiten das Brotbrechen be- 
gleiten. | 


1. Die Feier der ἀρτοκλασία. 


Zunächst kommt hier eine noch heute überall übliche gottes- 
dienstliche Sitte in Betracht: die sogenannte ἀρτοκλασία. 
Was Symeon von Thessalonich darüber berichtet, trifft im wesent- 
lichen heute noch zu. Im Abendgottesdienst (ἑσπερενός) wird 
nach der im Vorraum der Kirche gesprochenen Fürbittenlitanei 
(Altn genannt) in der Mitte der Kirche ein Tisch aufgestellt, 
auf dem sich eine Schüssel mit fünf Broten und drei kleinen Ge- 
fäßen befindet. Das links befindliche Gefäß enthält Wein, das 
rechts stehende Öl, das mittlere Weizenkörner. Nach dem Ge- 
sang eines Lobgesangs an Maria (ϑεοτόχε παρϑένε) und Be- 
räucherung des Tisches stellt sich der Priester an den Tisch 
und nimmt eines der fünf Brote in die Hand und hebt es in 
die Höhe. 

Der Diakon: τοῦ χυρίου δεηϑώμεν. 

Der Priester: Κύριε Ἰησοῦ Χριστέ, ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ὁ εὐλογήσας 
τοὺς πέντε ἄρτους ἐν τῇ ἐρήμῳ καὶ ἐξ αὐτῶν πενταχισχιλίους 
χορτάσας, αὐτὸς εὐλόγησον καὶ τοὺς ἄρτους τούτους (macht 
.mit dem einen Brot das Kreuzeszeichen über den vier anderen) 
τὸν σῖτον, τὸν οἶνον xci τὸ ἔλαιον (segnet auch diese) πλήϑυνον 
αὐτὰ ἐν τῇ ayia μονῇ (oder πόλει) ταύτῃ καὶ εἰς τὸν κόσμον σου 
πάντοτε xai τοὺς ἐξ αὐτῶν μεταλαμβάνοντας πιστοὺς δούλους σου 
ἁγίασον, ὅτι σὺ εἶ ὁ εὐλογῶν καὶ ἁγιάζων τὰ σύμπαντα, Χριστὲ ὁ 
ϑεὸς ἡμῶν, xci σοὶ τὴν δόξαν ἀναπέμπομεν σὺν τῷ ἀνάρχῳ 
σου πατρὶ καὶ τῷ παναγίῳ καὶ ἀγαϑῳ καὶ ζωοποιῷ σου πνεύ- 
ματι νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμῆν. 


Auf dieses Gebet folgt das εὐλογημένον τὸ ὄνομα τοῦ 
xvgíov dreimal und darauf der Gesang des Ps. 33 (34), 1—11. 
In Thessalonich scheint nach dem Bericht des Erzbischofs Symeon 
hier noch ein Gebet gefolgt zu sein (ἐξαιτησάμενος, ὅτι avt 
ἡ ὄντως τροφή τε καὶ πόσις ἡμᾶς παρίστησι τῷ ϑεῷ καὶ ὅτι 
αὐτός ἐστιν ὁ χορηγὸς παντὸς ἀγαϑοῦ). Mit dem «νῦν ἀπολύεις» 

1) Migne P. g. CLV, insbesondere der Abschnitt περὶ εὐχῆς in dem 
großen Commentar zur griechischen Liturgie. 

4% 


CM 


52 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


und dem Segen schließt dann der Abendgottesdienst. Die ge- 
segneten fünf Brote werden zerschnitten und an das Volk ver- 
teilt. Auf dem Athos und in kleinen Landkirchen wird auch 
der gesegnete Wein getrunken. Die gesegneten Brotstücke 
kónnen als heilkrüftige Dinge mit nach Hause genommen werden. 
Symeon kennt diese Feiern hauptsüchlich im Anschlufi an eine 
ἀγρυπνία, heute finden sie im ἑσπερενός und ὄρϑρος statt. In 
ersterem Falle werden die Brote gleich verteilt, in letzterem erst 
nach der sich anschließenden Liturgie gleichzeitig mit den avri- 
δῶρα, von denen sie aber wohl zu unterscheiden sind. Das 
Ganze gilt durchaus als kirchliche Feier und kann nur in 
der Kirche stattfinden. 

Wer wollte verkennen, daß wir es hier mit einem Rest 
des urchristlichen Mahles zu tun haben. Das Aufheben und 
Segnen des Brotes, das Gebet über Brot, Wein, Öl und Körnern 
entspricht dem jüdischen und urchristlichen Anfangssegen, ebenso 
der Lobpreis «der Name des Herrn sei gelobt». Auch Ps. 
33 (34), 10, 11 finden im jüdischen Tischsegen und bei der 
eucharistischen Communion Verwendung Die Formel des 
Segnungsgebets ist natürlich späteren Ursprungs. Sie be- 
rührt sich auffallend mit dem Gebet 7 aus dem damascenischen 
Euchologion. 

Der Anschluß des Ritus an den Abend- und Morgengottes- . 
dienst erklärt sich wohl am besten daraus, daß in den Klöstern 
die Mahlzeit sich unmittelbar an den Abendgottesdienst anschloß. 
Für diese bildete die ἀρτοχλασία zunächst den Eingangsritus. 
Der Speiseraum befand sich in unmittelbarer Nähe der Kirche 
(auf dem Athos z. B. meist dem νάρϑηξ grade gegenüber.) So 
vollzog man die ἀρτοχλασία in der Kirche auf dem Wege 
zum Speisesaal unmittelbar, ehe man zu Tische ging. Bei 
stärkerer zeitlicher und örtlicher Trennung von Gottes- 
dienst und Mahlzeit blieb der Ritus der aproxiaola im 
liturgischen Ceremonial der Kirche. Für die Mahlzeit selbst 
aber gab es dann einen besondern Segnungsritus, der in jedem 
@poAöyıov oder Gebetbuch aufgezeichnet ist und vor allem in 
den Klöstern noch genau beachtet wird. Es hat sich also hier 
ein ähnlicher Vorgang noch einmal wiederholt, der schon bei 
der ursprünglichen Lostrennung von Eucharistie und Mahlzeit 
sich eingestellt hatte. Der Ritus der Mahlzeitsgebete wird zum 


IIl. Spuren der Eucharistiefeier in griech, Tischgebeten. 53 


kirchlichen Ritual — die Mahlzeit selbst fällt fort oder wird 
anders organisiert. 


2. Die ἀχολουϑία τῆς τραπέζης. 


Wie zähe die Traditionen der griechischen Kirche sind, 
sieht man auch an den heute noch gültigen Gebeten zum Be- 
ginn und zum Schluß der Mahlzeit, der ἀχολουϑία τῆς τρα- 
πέζης. Es sind noch dieselben, wie sie Chrysostomus in der 
oben genannten Predigt schildert. Diese (auch Symeon von 
Thessalonich beruft sich darauf) mag nicht wenig zur Ver- 
breitung dieser Form beigetragen haben. Wir finden die Ge- 
bete vor und nach der Mahlzeit im c9oA0ytov μέγα sowie auch 
in kleineren neueren Gebetbüchern !. 

Nach dem ὠρολόγιον μέγα finden zwei Mahlzeiten statt, die 
eine zwischen der sechsten und neunten Stunde, die andere 
zwischen ἑσπερινός und ἀπόδεισπνον. 

Der Ritus der Mittagsmahlzeit beginnt mit Ps. 144 (145), der 
nur noch in den Klöstern wirklich gesungen wird. Er schließt ab 
mit der gewöhnlichen trinitarischen Doxologie die heute, wenn 
der Psalm fehlt, den Anfang bildet?. Die Tischgenossenschaft 
stimmt ein dreimaliges xvpre ἐλέησον an und nun segnet der 
anwesende Priester die Speisen mit dem Gebet (zugleich das 
Kreuz darüber machend): 

Χριστέ, ὁ ϑεὸς, εὐλόγησον τὴν βρῶσιν καὶ τὴν πόσιν τῶν 
δούλων σου, ὅτι ἅγιος εἶ, πάντοτε νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς 
αἰῶνας τῶν αἰώνων. 


Nun folgt die Mahlzeit, für deren Dauer früher ἀναγνώσ- 
ματα vorgeschrieben waren. Die noch wohl erhaltene τράπεζα 
(Speisesaal) der Lawra auf dem Athos enthält noch die voll- 
kommene Einrichtung: große Marmorspeisetische, in einer etwas 
erhöhten Apsis unter dem Bilde des δεῖπνον uvorıxov den Tisch 
für den προεστώς, ein Lesepult für den Vorleser und rings an 


1) Ich benutze ein ”g0Aöyıov Μέγα, ὑπὸ Βαρϑολομαίου Κουτλουμου- 
σιανοῖ τοῦ ᾿Ιαβρίου, 5. Ausgabe, Venedig 1841 und eine kleine Sammlung 
von Gebeten: 'Ieg& olvowis, Σαλιβέρου NıxoAaldov, Athen 1896. 

2) Der Doxologie wird statt des Psalms heute häufig das Vaterunser 
oder das Glaubensbekenntnis vorangestellt. An die Stelle des Segnungs- 
gebets gehört das in den Handschriften ΜΟΊ von περὲ παρϑενίας des 
Athanasius mitgeteilte Dankgebet, 


54 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


den Wänden eine Fülle von Bildern als Illustration zu den Lese- 
abschnitten (besonders aus Job. Klimax). 

Nach der Mahlzeit soll dann stehend das Dankgebet ge- 
sprochen werden, wofür Symeon von Thessalonich und das @eo- 
λόγιον μέγα die Formel des Chrysostomus εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς 
ὁ ἐλεῶν καὶ τρέφων ἡμᾶς ix νεότητος ἡμῶν x. τ. A. (die 
Singulare us und gov sind wie in den späteren Codices von 
Athanasius περὶ παρϑενίας in den Plural geändert), Daran 
schließt sich eben wie in der Predigt des Chrysostomus das drei- 
malige δόξα σοι mit der dort gegebenen Begründung bis xara 
τὰ ἔργα αὐτοῦ. Dagegen bietet die ἱερὰ σύνοψις offenbar aus 
der häuslichen Tradition ein anderes Schlußdankgebet: 

Βὐχαριστοῦμέν σοι, Χριστὲ ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ὅτε ἐνέπλησας 
ἡμᾶς τῶν ἐπιγείων σου ἀγαϑῶν, μὴ στερήσῃς ἡμᾶς καὶ τῆς 
ἐπουρανίου σου βασιλείας, ἀλλ᾽ ὡς ἐν μέσῳ τῶν μαϑητῶν 
σου παρεγένου, σωτήρ, τὴν εἰρήνην διδοὺς αὐτοῖς, ἐλ- 
9i xal μεϑ᾽ ἡμῶν καὶ σῶσον ἡμᾶς. 


Der zweite Teil dieser Formel steht auch im αρολόγιον 
μέγα am Schluß der Tiscbfeier, an welche dort der Ritus der 
ὕψῶώσις τῆς παναγίας angeschlossen ist, dem wir nachher be- 
sondere Beachtung schenken müssen. Immer wird dann die 
Mahlzeit beendigt mit einer Doxologie, einem nochmaligen χύριε 
ἐλέησον und dem Schlußsegen des Priesters: 

εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς ὁ ἐλεῶν καὶ τρέφων ἡμᾶς ix τῶν tav 
τοῦ πλουσίων δωρεῶν τῇ ἕαυτοῦ χάριτε καὶ φιλανϑρωκίςᾳ 
πάντοτε νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων, ἀμήν. 


Wir sehen, daß uns hier das Grundschema der urchristlichen 
Mahlzeit erbalten geblieben ist — die Segnung von Speise und 
‚ Trank zur Heiligung am Anfang und der Dank für die irdische 
Speise, Freude und Wohlgefallen verbunden mit der Bitte um 
himmlische Gabe, am Schluß. Wir können unschwer einige der 
aus dem alten Euchologion mitgeteilten Formeln hier einstellen. 
Ganz besondere Beachtung verdient aber die Wendung: oc ἐν 
μέσῳ τῶν μαϑητῶν σου παρεγένου, σωτήρ, τὴν εἰρήνην διδοῦ: 
αὐτοῖς, ἐλϑὲ καὶ uso" ἡμῶν καὶ σῶσον ἡμᾶς. 

Hier vernehmen wir noch das alte ἐλϑέτω, das μαραναϑὰ 
der Didache, das 229€ in den Gebeten der Acta Thomae 27, 46. 
47. Es könnte kaum einen treffenderen Ausdruck für das Gebet 


IIT. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 55 


der Gemeinde beim heiligen Abendmahl geben als diese heute 
bei Tische in Klöstern noch gebrauchte Bitte. 


Die Abendmahlzeit beginnt mit dem: 

Φάγονται πένητες καὶ ἐμπλησϑήσονται καὶ αἰνέσουσι κύριον 
oí ἐχζητοῦντες αὐτόν, 

ζήσονται αἱ καρδίαι αὐτῶν εἰς αἰῶνα αἰῶνος (— Ps.22 (21), 
27), daran schließt sich Doxologie und Segnungsgebet, wie Mittags. 

Nach dem Essen spricht man die Doxologie und das Schluß- 
dankgebet: 


Εύφρανας ἡμᾶς, κύριε, ἐν volg ποιήμασί Gov xci ἐν τοῖς 
ἔργοις τῶν χειρῶν σου ἠγγαλιασάμεϑα' ἐσημειώϑη ἐφ᾽ 
ἡμᾶς τὸ φῶς τοῦ προσώπου σου, κύριε, ἔδωχας εὐφροσύνην 
εἰς τὴν καρδίαν μου (ἡμῶν) ἀπὸ καρποῦ, σίτου, οἴνου, καὶ 
ἐλαίου αὐτῶν ἐπληϑύνθησαν (oder ἐπληϑύνϑημεν)" ἐν εἰρήνῃ 
ἐπὶ τὸ αὐτὸ κοιμηϑήσομαι (χοιμηϑησόμεϑαὶ καὶ ὑπνώσω (ὑπνώ- 
σομεν), ὅτι σὺ κύριε κατὰ μόνας ἐπ᾽ ἐλπίδι κατῴκισάς με. Der 
Schlußsegen lautet: μεϑ᾽ ἡμῶν ὁ ϑεὸς τῇ ἑαυτοῦ χάριτι καὶ φι- 
λανϑρωπίᾳ πάντοτε νῦν καὶ ἀεὶ καὶ εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων. 

Dieses Schlußdankgebet schließt sich wörtlich an Ps. 4, 7—9 
an. Der Ton des Dankes, der Freude und der ἀγγαλίασις be- 
herrscht die Stimmung. 

Zu beachten ist, daß in der großen Fastenzeit der Abend- 
gottesdienst (ἑσπερενός) mit dem Ps. 144 schließt, mit dem die 
ἀχολουϑία τῆς τραπέζης beginnt. Nehmen wir an, daß letztere 
in früheren Zeiten in den Klöstern vor der einzigen Mahlzeit, 
nach dem ἑσπερινός, gefeiert wurde (so bezeugt es Chrysosto- 
mus), so würden jene Schlußstücke, die dem νῦν ἀπολύεις in 
der großen Fastenzeit noch folgten, unsrer ἀχολουϑία τῆς τραπέ- 
ζῆς unmittelbar voranzustellen sein. 

Darnach erbielten wir, wenn solche Combination verstattet 
ist, folgende Stücke hintereinander: 


1. Als Schluß des Zorepıvoc: das Τρεσάγιον. 

Κύριε ἐλέησον dreimal. 

Παναγία τριὰς, τὸ ὁμοούσιον κράτος, ἡ ἀδιαίρετος βασι- 
λεία, 7) πάντων τῶν ἀγαϑῶν αἰτία, εὐδόκησον δὲ καὶ ἐπ᾽ ἐμοὶ 
τῷ ἁμαρτωλῷ᾽ στήριξον, συνέτισον τὴν καρδίαν μου καὶ πᾶσαν 
περιέλε μου τὴν βεβηλότητα᾽ φώτισόν μου τὴν διάνοιαν, ἵνα 


56 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


διαπαντὸς δοξάζω, ὑμνῶ, προσκυνῶ καὶ λέγω" εἷς ayıos, εἷς 
κύριος Ἰησοῦς Χριστὸς εἰς δόξαν ϑεοῦ πατρὸς. ἀμὴν. 
(Vgl. alle Liturgien vor der Communion.) 

Ein τὸ ὄνομα τοῦ κυρίου εὐλογημένον ἀπὸ τοῦ νῦν» 
καὶ ἕως τοῦ αἰῶνος. 

Δόξα καὶ νῦν x. t. A. (dreimal). 

Psalm 33 εὐλογήσω τὸν χύριον x. t. A. 


2. Anfang der ἀχολουϑία τῆς τραπέζης. 
Psalm 144 Ὑψώσω σε ὁ ϑεός μοῦ x. t. A. 
Δόξα χαὶ νῦν. Κύριε ἐλέησον. 
Χριστὲ ὁ ϑεὸς εὐλόγησον τὴν βρῶσιν καὶ τὴν πόσιν τῶν 
δούλων σου ὅτι ἅγιος εἶ x. τ. λ. 


Genuß der Speisen. 

3. Schlußstück der ἀχολουϑία τῆς τραπέζης. 
Εὐλογητὸς ὁ o ϑεὸς ὁ ἐλεῶν καὶ τρέφων x. τ. λ. 
Δόξασοι, κύριε, δόξασοι, ἅγιε, δόξα σοε, βασιλεὺ, ἐόν 

χας ἡμῖν βρώματα εἰς εὐφροσύνην" πλήρωσον ἡμᾶς καὶ xy 
ματος ἁγίου. ἵνα εὐρεϑῶμεν ἐνώπιόν σου εὐάρεστοι x. t.i. 


Eienuov καὶ οἰχτίρμων x. τ. A. (Ps. 110, 4 vgl. Athan. 
Psalm 121. 

Τρισάγιον' Παναγία Tot&g (mit dem Schluß: εἷς aye 
εἷς κύριος). Πάτερ ἡμῶν. 

Ὡς ἐν μέσῳ τῶν μαϑητῶν σου mageyévoo σωτὴρ, τὴν 
εἰρήνην διδοὺς αὐτοῖς, ἐλϑὲ xal ud” ἡμῶν καὶ σῶσον rjuc- 

Δόξα. 

Ὁ ϑεὸς τῶν πατέρων ἡμῶν, ὁ ποιῶν ἀεὶ uch ἡμῶν 
χατὰ τὴν σὴν ἐπιείκειαν, μὴ ἀποστήσῃς τὸ ἔλεός σου ap 
ἡμῶν, ἀλλὰ ταῖς αὐτῶν ἱχεσίαις ἐν εἰρήνῃ κυβέρνησον τὴν 
ζωὴν ἡμῶν. 

Tjj πρεσβείᾳ, κύριε πάντων τῶν ἁγίων, καὶ τῆς ϑεοτόχοι 
τὴν σὴν εἰρήνην δός ἡμῖν καὶ ἐλέησον ἡμᾶς oc μόνος οἷ᾽ 
τίρμων. 

Endlich der Schlußsegen, wie oben (S. 54) in der kürzer! 
Form angegeben. 

So erhalten wir eine fragmentarische eucharistische Liturgt 
die mit einem τρεσάγεον anfängt. Daran schließt sich ein Get 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 57 


um Reinigung und Sündenvergebung, das mit dem εἷς ayıoc, εἷς 
κύριος und einem Lobpreis des Namens abschließt. Darauf werden 
die Ps. 33 und Ps. 144 gesungen und der Anfangssegen über die 
Speisen gesprochen, wie noch später diese Psalmen oder einzelne 
Verse aus ihnen immer mit der Communion verknüpft sind. Nach 
der Mahlzeit folgt ein Dankgebet mit einer feierlichen auch heute 
noch erhaltenen Doxologie, dann das μαραγναϑὰ (ἐλϑέ), die Bitte 
um Frieden in Erinnerung an die Väter, und der Schlußsegen. 


Vergleichen wir diese Liturgie mit der nach Cyrill und Chry- 
sostomus reconstruierbaren Form der Eucharistie (Brightman 
App. B und C), so wird sich die Ähnlichkeit des Aufbaues nicht 
verkennen lassen. Es muß allerdings die Möglichkeit solcher 
Combination als ganz hypothetisch gelten. Auch ohne dieselbe 
bleibt die Verwandtschaft der ἀχολουϑία τῆς τραπέζης allein 
mit der alten Eucharistie deutlich genug. 


3. Die Feier der vpwoıg τῆς παναγίας. 

Eine dritte sehr beachtenswerte Brotceremonie haben wir in 
der sog. ὕφψωσις τῆς παναγίας. Sie hat ihren ursprünglichen 
Platz im engsten Zusammenhang mit der Mahlzeit im An- 
schluß an das Schlußdankgebet: εὐλογητὸς ὁ ϑεὸς; sie steht 
bei Goar (p. 865 7 nach dem Cod. Cryptoferratensis als 
Ritus bei einer Abschiedsmahlzeit vor Antritt einer Reise; 
sie wird heute meist selbständig in den Häusern begangen (an 
Namenstagen und Gedenktagen) ohne Zusammenhang mit der 
Mahlzeit, kann aber auch in die eucharistische Liturgie eingefügt 
werden und steht dann als besondere Huldigung für Maria 
bei den Worten des Intercessionsgebets ἐξαιρέτως τῆς παναγίας 
ἀχράντου ὑπερευλογημένης ἐνδόξου δεσποίνας ἡμῶν ϑεοτόχου 
xai ἀειπαρϑένου Μαρίας (Br. p. 388, Z.4). Diese Stelle in der 
Liturgie als Huldigungsact für die Panagia ist zweifellos secundär. 

Betrachten wir den Ritus, wie er auf das alte Schlußdank- 
gebet der Mahlzeit (εὐλογητός ὁ ϑεὸς ὁ ἐλεῶν καὶ τρέφων) folgt. 

Es beginnt ὁ μέλλων ὑψῶσαι τὴν παναγίαν, d. i. der Christ, 
welcher die ὕψωσις bestellt hat, also etwa der Hausvater: 

Εὐλογεῖτε πατέρες ἅγιοι, συγχωρήσατέ μοι, TO ἁμαρ- 
τῶ λῴ. 

Die Mönche: Ὁ ϑεὸς συγχωρήσῃ σοι καὶ ἐλεήσῃ σε. 


58 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Darauf nimmt der Feiernde die zavayla, d.h. ein Stück 
Brot, in dreieckiger Form zugeschnitten, mit den Fingerspitzen 
(des zweiten und dritten Fingers), hebt es in die Höhe und 
ruft: μέγα τὸ ὄνομα. 

Die Priester resp. Mönche antworten: τῆς ἁγίας τριάδος. 

Der Feiernde macht das Kreuzeszeichen über dem Brot und 
ruft: Παναγία ϑεοτόκε βοήϑει ἡμῖν. 

[Alle aber rufen: Σὺ εἶ ὁ ὁμολογηϑεὶς χαὶ ἀνυμνηϑεὶς xoQ 
ἡμῶν, 7 ἁγία Τριὰς, ὁ μόνος ὄντως ϑεός. O9 γὰρ ἔστιν ἄλλος 
πλήν σου, ὁ ποιήσας καὶ συνέχων ἡμᾶς (nach Symeons von The- 
salonich Bericht).] ! 

Nun folgen zwei Hymnen an Maria, die in dieser Fassung 
jedenfalls relativ späteren Ursprungs sind: 

. Μακαρίξομέν oe πᾶσαι al γενεαὶ, ϑεοτόχε Παρϑένε 
ἐν νον διὸ ἀνυμνοῦντες βοῶμέν σοι κεχαρετωμένη, ὁ Κύριος 
μετὰ σου. 

Agıov ἐστι ὡς &An0 Oc μαχαρίζειν σε τὴν ϑεοτόχον τὴν 
ἀειμαχάριστον xol παναμώμητον καὶ μητέρα τοῦ ϑεοῦ ἡμῶν. 
τὴν τιμιωτέραν τῶν Χερουβὶμ καὶ ἐνδοξοτέραν aovyxpl- 
τως τῶν Σεραφὶμ, τὴν ἀδιαφϑόρως ϑεὸν λόγον τεκχοῦυαν, 
τὴν ὄντως ϑεοτόχον, σὲ μεγαλύνομεν. 

Darauf genießen alle Teilnehmer der Feier ein Stück des 
gesegneten Brotes. 

μετὰ δὲ τὸ μεταλαβεῖν πάντας λέγει ὁ ἱερεύς" 

Εἰς τὰς πολλὰς πρεσβείας τῆς παναχράντου deoxolk 
ἡμῶν ϑεοτόχου καὶ ἀειπαρϑένου Mapiac. 

ἡμεῖς: ταῖς αὐτῆς πρεσβείαις ὃ ϑεὸς ἐλέησον καὶ σῶσον Na 

Dann folgen die Schlußstücke der ἀχολουϑία τῆς τρακέξβ' 
ἐλεήμων xal οἰκτίρμων, Ps. 121 u. s. w. bis zum Schlußsg® 
wie ,oben S. 96,3 angegeben. 

Wird die ὕψωσις τῆς παναγίας in die Abendmahlzeit ei 
geschoben, so lautet das dem ἄξεόν ἐστι ὡς A98 Gc uazxapli# 
σε vorhergehende Gebet: 

Γέγονεν 7 χοιλία σου ἁγία τράπεξα ἔχουσα τὸν οὐρίνν! 
ἄρτον, Χριστὸν τὸν ϑεὸν ἡμῶν, ἐξ οὗ πᾶς ὃ τρώγων οὐ 
χει, ὡς ἔφησεν ὁ τοῦ παντὸς, ϑεογενῆτορ, τροφεύς. 

1) Nach dem ὡρολ. antworteten die Mönche: ταῖς αὐτῆς x people 
ὁ ϑεός, ἐλέησον xal σῶσον Audc. 





III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 59 


Τῶν σῶν δωρεῶν ἀξίους ἡμᾶς ποίησον, ϑεοτόχε παρϑένε, 
παρορῶσα τὰ πλημμελήματα ἡμῶν καὶ παρέχουσα ἰάματα τοῖς 
ἐν πίστει λαμβάνουσι τὴν εὐλογίαν σου, ἄχραντε. 


Im Euchologiondes Cod. Cry ptoferrat. (Goar p. 865 ff) 1st 
der Ritus der ὕψωσις τῆς xaraylag in eine Gebetsfeier vor dem 
Antritt einer Reise (ὅταν μέλλει ἀποδημῆσαί τις ἐν ταξει- 
δίῳ) in der Form eingeschoben, wie sie sich im ὠρολόγεον bei 
der Abendmahlzeit findet. Auch diese Feier beginnt mit der 
εὐλογία des Priesters, dem τρεσάγιον, παναγία τριὰς, πά- 
τερ ἡμῶν, Abendgesängen, χύρεε ἐλέησον, Ps. 50, dem Sym- 
bol und einigen Gesängen (τροπάρια), daon setzt der Ritus der 
ὕψωσις mit dem μέγα τὸ ὄνομα ein. Auf das ἄξιόν ἐστε ὡς 
ἀληϑῶς folgen einige ϑεοτόχια, zum Schluß das Gebet der 
Reisenden: 

Ὁ ϑεός, ὁ ϑεὸς ἡμῶν, ἡ ἀληϑινὴ καὶ ζωηρὰ ὁδὸς, ὁ συνο- 
δεύσας τῷ ϑεράποντί σου Ἰωσὴφ, συνόδευσον, δέσποτα, καὶ 
τῷ δούλῳ σου τῷδε, καὶ ῥῦσαι αὐτὸν ἀπὸ πειρατηρίων xoi 
πάσης χειμασίας καὶ ἐπιβουλῆς, εἰρήνην καὶ εὐρωστίαν ἀπο 
χατάστησον δικαιοσύνης πάσης πρόνοιαν ποιούμενον 
χατὰ τὰς ἐντολᾶς σοῦ, xal πλήρη τῶν βιωτικῶν καὶ ἐπουρα- 
νίων ἀγαϑῶν γενόμενον πάλιν ἐπανελϑεῖν εὐδόκησον, ὅτε σοῦ 
ἔστιν ἡ βασιλεία xol ἡ δύναμις καὶ ἡ δόξα τοῦ πατρὸς καὶ 
τοῦ υἱοῦ καὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος, νῦν καὶ ἀεὶ x. τ. A. 

Man wird den altertümlich-jüdischen Klang dieser Formel 
nicht verkennen können. Die gesperrten Worte entstammen 
vermutlich einem jüdischen Gebet. 

Symeon von Thessalonich (Migne P.g. CLV. col. 664 ff) 
legt besonderes Gewicht auf die ὕφωσις τῆς παναγίας und ordnet 
an, daß sie in jedem ὄρϑρος nach der neunten Ode eingeschoben 
werde. Außerdem kennt er den Gebrauch als Einschub in die 
Liturgie und zu privaten Zwecken in allerlei Nöten des Lebens'. 


1) Goar berichtet noch in seinen Anmerkungen, daß das Typikon im 
letzten Kapitel eine Anordnung gebe, πῶς ὑψοῦται ἡ παναγία ὕλης τῆς &B6o- 
μάδος τοῦ diaxamnoiuor. Es wird nämlich an den Tagen der Osterwoche 
täglich die Panagia erhoben mit dem Ruf Χριστὴς ἀνέστη, aber erst am 
Nabbatb, wenn der Ruf erklungen sei: Χριστὸς ἀνέστη Ex νεχρῶν werde 
ein Kreuz darüber gemacht und nach Vollziehung des obigen Ritus das 
Brot aufgegessen. Was die Verwendung des Ritus bei der Abreise 
betrifft, so kann nicht nur an das Abschiedsbrotbrechen des Paulus 


N 


60 Ed. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


Georgius Codinus erzählt uns in seiner Beschreibung des 
byzantinischen Hofceremoniells (de officiis Curiae Constantino- 
polis cap. VII — Migne P. g. CLVII. col. 80 und col. 332), daß 
dem byzantinischen Kaiser nach der Mahlzeit, wenn das Tischtuch 
weggenommen war, ein goldenes παναγιάριον (Heiligtumskäst- 
chen) gebracht wurde, in welchem die παναγία, d.h. ein Stück 
Brot aufgehoben war. Der Kaiser erhob sich, nahm das Brot 
und hob es in die Höhe mit den Worten μέγα τὸ ὄνομα. Dann 
ebenso einen Becher mit Wein und Wasser, worauf ein 
Dankgebet des Hofpriesters folgte. Da Hofsitten ebenso zähe 
sind wie Klostersitten, so handelt es sich hier jedenfalls um einen 
sehr alten byzantinischen Brauch. Die Erwähnung des Weines 
findet sich auch in einer Schilderung der Feier von Leo Allatius, 
de libris ecclesiasticis, Paris 1646, p. 100, auf Grund des eöpuoAoyı- 
ον. Dort wird genauer beschrieben, wie ein Stück Brot in drei- 
eckiger Form aus dem Ganzen herausgeschnitten wird, um dann 
in eine Kapsel eingeschlossen zu werden, bis der Abt nach der 
Mahlzeit es herausnehme, mit den Fingerspitzen erfasse, erhebe 
und ein Stücklein davon nehme — ebenso nach ihm die andern 
Mönche. Dann gieße der Abt Wein in den Kelch und trinke 
ihn und nach ihm die andern. Leo Allatius fügt hinzu: Hic 
modus in monte sancto usitatissimus est. Ein ühnlicher Brauch 
finde sich unter den saeculares, cum solemni convivio ei- 
ves excipiunt. Sollte das eine Nachwirkung der Feier des 
heiligen Mahles nach der Taufe sein? 

Zur richtigen Beurteilung der Ceremonie ist vor allem eine 
in allen Horologien hinzugefügte Erzählung zu beachten!. Dar- 


— —- 


(Acta 20, 11) erinnert werden, sondern es finden sich auch in abend- 
ländischen Quellen Notizen, daß eine solche Ceremonie des Brotbrechens 
und des Weintrinkens vor der Abreise Sitte war. Man nahm dann 
eine Eulogia von solcher Mahlzeit als Talisman mit auf die Reise vgl. 
z. B. de miraculis 8, Martini lib. IV cap. 21 (Migne P. 1. LXXI. col. 999). 
Gregorius 'Turon., historia Francorum VI, 5. (Migne a. a. O. col. 375) VIII, 2. 
Besonders die Stelle hist. Fr. VI,5 ist interessant, weil sie das Hände- 
waschen, Brotbrechen und Weintrinken als Bestandteile der heiligen 
Mahlzeit nennt. 

1) Wegen der Wichtigkeit dieser Legende teile ich den Text voll- 
ständig nach dem ὡρολόγιον μέγα (Venedig 1841) mit: 

Περὶ τῆς ὑψώσεως τῆς nuvaylag, ὅπως γέγονε, xal διὰ τί. 
Μετὰ τὴν τοῦ Σωτῆρος ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ ἀνάστασιν, καὶ τὴν τοῦ 


III. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 61 


nach waren die Apostel in der Zeit zwischen Pfingsten und ihrer 
Jerstreuung zum Mahle einmütig bei einander, ließen aber am 
Tische einen leeren Platz. Auf diesen legten sie ein Kissen, auf 
dieses ein Stück des Brotes, von dem sie aßen. Nach Tische 
aber beteten sie und dankten, nahmen dann das Stück Brot, ὁ 
εἰς τὴν τοῦ xvolov ἐπεχέκλητο μοῖραν, hoben es in die Höhe 
und sprachen: δόξα σοι, ὁ ϑεὸς ἡμῶν, δόξα σοι, δόξα πατρὶ καὶ 
υἱῷ καὶ ἁγίῳ πνεύματι. Statt des μέγα τὸ ὄνομα riefen sie 
von Ostern bis Himmelfahrt Χριστὸς ἀνέστη — die übrige 
Zeit des Jahres μέγα τὸ ὄνομα τῆς ἁγίας τριάδος. κύρεε Ἰησοῦ 
Χριστὲ βοήϑει ἡμῖν. So hätten sie es bis zur χοίμησις der 
Maria täglich getan. Maria aber sei den Aposteln am dritten Tage 
nach ihrer Auferstehung umgeben von leuchtenden Engeln er- 
schienen und habe ihnen zugerufen: Χαίρετε, ὅτε ue$’ ὑμῶν εἰμι 
πάσας τὰς ἡμέρας. Seit jenem Tage hätten die Apostel bei 
ἁγίου Πνεύματος χάϑοδον, χαὶ ἕως τοῦ μερισμοῦ τῶν ἁγίων ἀποστόλων 
διὰ τὸ χήρυγμα, ἧσαν πάντες οἱ ἀπόστολοι ὁμοθϑυμαδόν᾽ xal μετὰ τὴν 
εὐχὴν, ἐν τῷ ἀρίστῳ ἀναχεχλιμένοι, ἀφέντες χενὸν τόπον͵, ἐν τούτῳ 
προσχεφάλαιον ἐτίϑεσαν, xal ἐπὶ τῷ προσχεφαλαίῳ τμῆμα ἄρτου, 
ἐξ οὐ ἤσϑιον, εἰς μοῖραν Χριστοῦ. μετὰ δὲ τὸ ἰΐριστον ἀνιστάμενοι xal 
εὐχόμενοι χαὶ εὐχαριστοῦντες, ἐλάμβανον τὸ τμῆμα τοῦ ἄρτου, ὃ εἰς τὴν 
τοῦ χυρίου ἐπεχέχλητο μοῖραν" τοῦτο δὲ ὑψοῦντες, ἔλεγον: Δόξα 
σοι, ὁ Θεὸς ἡμῶν, δόξα cov δόξα Πατρὶ καὶ Υἱῷ, xal ἁγίῳ Πνεύματι" 
χαὶ ἀντὶ μὲν τοῦ, Μέγα τὸ ὄνομα, τὸ, Χριστὸς ἀνέστη, ἀπὸ τοῦ 
Πάσχα ἕως τῆς ἀναλήψεως. ἔχτοτε δὲ, Μέγα τὸ ὄνομα τῆς ἁγίας 
Τριάδος" Κύριε Ἰησοῦ Χριστὲ, βοήϑει ἡμῖν. Καὶ ταῦτα μὲν ἐτε- 
λεῖτο οὕτως. ἐποίει δὲ τοῦτο xal ἕχαστος αὐτῶν, ἔνϑα ἂν ἔτυχε, μέχρι τῆς 
κοιμήσεως τῆς Θεοτόχου. “Ὅτε δὲ τὴν παγχόσμιον σύναξιν διὰ νεφελῶν 
ἐποιήσαντο διὰ τὴν τῆς Θεοτόχον Δεσποίνης μετάστασιν, τὰ εἰχότα τελέ- 
σαντες, μετὰ τὴν ταφὴν αὐτῆς, (δηλονότι τῷ τρίτῃ ἡμέρᾳ), παραμυϑίαν 
ποιούμενοι χαὶ μετὰ τὸ ἄριστον ἀναστάντες, τὸ τμῆμα τοῦ ἄρτου, τοῦ εἰς 
ὄνομα κειμένου τοῦ Χριστοῖ,, κατὰ τὸ εἰωϑὸς ἀνυψώσαντες, xai τὸ, «Μέγα 
τὸ ὄνομα,» προειπόντες, ὦ ϑαύματος παραδόξου; f) νεχρὰ ὥσπερ ζῶσα 
μετὰ νεφέλης χαὶ φωτοποιῶν ἀγγέλων παρισταμένων αὐτῷ τῷ ἀέρι ἐπι- 
φαίνεται, Χαίρετε, λέγουσα, ὅτι μεϑ᾽ ὑμῶν εἰμι πάσας τὰς ἡμέρας, . 
τοῦτο ἐκ τοῦ υἱοῦ τὸ χαροποιὸν αὐτοῖς ἐπιδιδοῦσα. οἱ δὲ μαϑηταὶ τοῦ 
ϑαύματος ἐχπλαγέντες ἀντὶ vov «Κύριε Ἰησοῖ Χριστὲ» παναγία Θεοτόχε, 
βοήϑει ἡμῖν ἀνεχραίγασαν. Εἶτα τῷ τάφῳ προσελθόντες xal μὴ 
εὑρόντες τὸ πανάγιον αὐτῆς σῶμα, ἐπείσϑησαν ἀληϑῶς, ὅτι σύσσωμος, 
ζῶσα, xal τριήμερος, ὡς ὁ υἱὸς αὐτῆς, ἐκ νεχρῶν ἀναστᾶσα, xal μετα- 
στᾶσα, εἰς οὐρανοὺς μεταβέβηχε σὺν Χριστῷ βασιλεύουσα εἰς τοὺς αἰῶνας 
τῶν αἰώνων. ἀμήν. 


62 Xd. v. d. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


der ὕψωσις des Brotes nicht mehr gerufen: κύριε "poU X 
βοήϑει ἡμῖν, sondern: παναγία ϑεοτόχε βοήϑει ἡμῖν. 

Die Erzählung! scheint mir sehr lehrreich. Naiver 
die Überlieferung die Verdrängung Christi durch Maria 
eingestehen können. Die Tatsache der Veränderung der Foı 
ist sicher nicht erfunden; erst wenn man das χύρεε TT 
Χριστὲ βοήϑει ἡμῖν wieder an seine Stelle setzt, wird das 
Symeon aufbewahrte Σὺ εἰ ὁ ὁμολογηϑεὶς x. v. A. (vgl. 5.58 
ständlich. Die Gebete an Maria müssen dann natürlich spätere 
sprungs sein und in der Tat hat sich, wie mir mein Freund : 
karpus Thomas erzählte, auf dem Athos die Sage erhalten, daß 
mit diesen Formeln eine Veränderung vorgegangen ist De 
wir sie uns ursprünglich christologisch orientiert, so mul 
ἄξιόν ἐστι ὡς ἀληϑῶῦς und die Erwähnung der Cherubim und 
phim auffallen, ebenso einige Wendungen in den entspreche 
Abendgebeten. Darüber aber kann dann kein Zweifel mehr obw: 
‚laß wir es hier mit den Trünimern einer eucharistischen Lit 
sehr alter Zeit zu tun haben. In dem μέγα TÓ ὄνομα, dem 
maligen δόξα, dem κύριε Ἰησοῦ Χριστὲ Bonds ἡμῖν is 
εὐλογημένος und Hosiannah verborgen, das εἷς ἅγιος un 
Ruf 229€ hat sich direct erhalten? Es fehlt kein wesentl 
Stück der altchristlichen Eucharistie, wenn wir annehmen, 
das Dankgebet ἄξιόν ἐστε cx ἀληϑῶς mit einer Anam 
an die Stelle der Mariengebete einzusetzen ist. Ja wir di 
noch weiter zurückgehen. Der Anfang der Feier mit dem org 
σατε πατέρες ἅγιοι entspricht dem Anfang des jüdischen T 
segens. (Mit Erlaubnis meine Herren Rabbiner.) Das Brot 









ymeon von Thessalonich sagt von dem Ritus, er sei dxom 
παραδόσει ἐκ τῶν πατέρων ἀρχῆϑεν ἀγράφως παραδοϑὲν, die Krzh 
scheint er nicht zu kennen, Eine ältere Quelle für diese Legende I 
ich bisher nicht finden können. 

2) Besonders nahe Verwandschaft hat mit diesen liturgischen V 
dungen der ὕψωσις: μέγα τὸ ὄνομα — τῆς ἁγίας τριάδος daa euchaiit 


IU. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 63 


auch dort geteilt und mit einem Stück der Segen über die andern 
gemacht. Das μέγα τὸ ovoua! hat dort seine Wurzel und die bei 
Symeon überlieferte Formel: σὺ εἰ 0 ὁμολογηϑεὶς καὶ ἀγυμνὴη- 
ϑεὶς παρ᾽ ἡμῶν, 0 μόνος ὄντως ϑεός. οὐ γὰρ ἔστω ἄλλος πλήν 
σου ὁ ποιήσας καὶ συνέχων ἡμᾶς ist inhaltlich und stilistisch 
ursprünglich eiue jüdische Formel. Dazu kommt der höchst 
interessante Zug jener alten Erzählung, die Jünger hätten einen 
leeren Platz für Jesus freigelassen und häften ein Stück des 
Brotes auf einem Kissen für ihn als μοῖρα Χριστοῦ reserviert. 
So wird beim Passah noch heute beim ersten Brechen des Brotes 
ein Stück für den Schluß reserviert. Der Hausvater legt es unter 
sein Kopfkissen (περικεφάλαιον). Am Schluß der Mahlzeit wird 
dieses Stück der Mazza an die Tischgenossen verteilt? So wird 
hier von den Jüngern berichtet, daß sie ein Stück des Brotes 
als μοῖρα Χριστοῦ bis zum Schluß der Mahlzeit aufhoben. 
Auch für den leeren Platz scheint es eine jüdische Analogie zu 
geben. Lassen doch die Juden noch heute bei der Beschneidung 
einen leeren Stuhl stehen für den Propheten Elias, der wohl 
darauf achtet, daß alle Gebote genau befolgt werden. Auf diesen 
Stuhl pflegt ein Kissen gelegt zu werden. Ebenso wird bei 
allen Mahlzeiten der Prophet Elias erwartet? und wenn auch 
nicht ausdrücklich berichtet wird, daß ein Platz für ihn leer 
gelassen wird, so legt doch die Sitte bei der Beschneidung das sehr 
nahe, da seine Anwesenheit auch bei der Mahlzeit vorausgesetzt 
wird. Beim Passahmahl ist auch einer der Becher als Becher 
Eliä vom Hausvater von Anfang an reserviert; am Schluß der 
Mahlzeit trinken alle aus dem Becher Elià So möchte ich ver- 
muten, daß auch in dem χενὸς τόπος und der μοῖρα Χριστοῦ 3 
die Nachwirkung einer jüdischen Sitte vorliegt auf eine alt- 


1) Bodenschatz a. a. O. II. p. 148 berichtet, nach der Auslegung der 
jüdischen Lehrer bedeute der ganze Ritus „den großen Namen“. 

2) Buxtorf, Synagoga Judaica. Frankfurt 1738, schreibt p. 239: man 
lasse bei jeder Mahlzeit ein Stück Brot übrig bis zum Schluß, damit etwas 
auf dem Tische sei, darauf der Segen ruht. 

3) Buxtorf, a. a. O. p. 232 und Kirchner, Jüdisches Cermoniell, 
Nürnberg 1726, p. 50. 

4) Zu dem Ausdruck μοῖρα vgl. Clem. Strom. I. 1,5: τὴν εὐχαριστίαν 
διανείμαντες (scil. ot διάχονοι), ὡς ἔϑος. αὐτὸν δὴ ἔχαστον τοῦ λαοῦ λαβεῖν 
τὴν μοῖραν ἐπιτρέπουσι — vielleicht handelt es sich hier schon um das 
Verzehren der μοῖρα ΔΑριστοῦ am Schluß des Mahles. 


64 Ed. v. ἃ. Goltz, Tischgebete und Abendmahlsgebete. 


christliche Praxis, die natürlich aus Elias den christlichen Messias 
machte!, Und wie die Juden im Tischsegen beteten: «Der Barm- 
herzige sende uns den Propheten Elijahu, der uns bringe Bot- 
schaft des Glücks des Heils und des 'Trostes», so beteten die 
Christen χύριε Ἰησοῦ Χριστὲ βοήϑει ἡμῖν (= Herr hilf doch 
— Hosiannah) oder ἐλϑὲ μεϑ᾽ ἡμῶν (= Maranatha) xol σῶσον 
ἡμᾶς. Auch die eigentümliche Bezeichnung μοῖρα Χριστοῦ deutet 
auf eine sehr alte Tradition. Alle diese Indicien zusammen- 
genommen erlauben die Hypothese, daß uns in dem Ritus der 
ὕψωσις τῆς παναγίας ein Rest urchristlicher Sitte erhalten 
geblieben ist, der seinerseits wiederum deutlich an ältere jüdische 
Gebräuche sich anlehnt. Wir stehen dann vor der frappanten 
Tatsache, daß altjüdische Mahlzeitgebräuche noch heute in den 
Sitten griechischer Klöster lebendig sind, obwohl die jetzige 
Auffassung der vyooıg als Huldigungsact für die Himmelskönigin 
dem religiösen Gehalt nach nichts mehr mit dem ursprünglichen 
Brauche zu tun hat. Gleichzeitig findet hier unsere Auffassung 
von dem Charakter des urchristlichen Herrenmahles ihre Be- 
stätigung. Mit dem umgestalteten jüdischen Schlußtischsegen 
wurden Hymnen und Gebete verbunden, welche das Bewuft- 
sein der persönlichen Gegenwart des Herrn zum Ausdruck 
brachten zugleich mit der Bitte um seine Wiederkunft. Die 
ἀρτοκλασία, die ἀχολουϑία τῆς τραπέζης und die ὕψωσις 
τῆς παναγίας sind also nur drei verschiedene Formen der Ab- 
wandlung der ursprünglich eucharistischen Gebräuche in den 
Sitten griechischer Asketen. Wenn sie heute neben einander 
bestehen, so ist das weiter nicht verwunderlich, weil jeder der 
Riten in der geschichtlichen Entwicklung eine andere Farbe 
gewonnen hat. Die ἀρτοχλασία ist heute nur eine liturgische 
Feier des Speisungswunders, die ἀχολουϑία τῆς τραπέζης das 
Tischgebet, die ὑψωώσις könnte geradezu als Marienmesse be- 
zeichnet werden. 

Für uns bilden diese drei letzten Beispiele den überzeugenden 
Schlußpunkt in der Kette von Belegen für die Behauptung, daß 
in der Geschichte der Eucharistie sowohl wie in der Geschichte 


1) Kirchner a. a. O. p. 50; vgl. außerdem Edersheim, the life and 
times of Jesus the Messiah. Vol. H. App. IX über die große Rolle die der 
Prophet Elias im religiósen Leben der Juden spielte. 


Ill. Spuren der Eucharistiefeier in griech. Tischgebeten. 65 


der Mahlzeitsitten deutliche Spuren noch vorhanden sind von 
dem gemeinsamen Ursprung beider Entwicklungslinien in einer 
einheitlichen heiligen Mahlzeit. Es wird darnach erneuter 
Prüfung bedürfen, ob die ‚Zeit der Identität von Eucharistie und 
Mahlzeit nicht ın asketischen Kreisen länger noch existiert hat, 
als man bisher annahm. Für die Auffassung des heiligen Mahles 
selbst wird nie vergessen werden dürfen, daß es sich in dem 
dargestellten Tatbestande nur um die Geschichte der Formen 
und Gebräuche gehandelt hat, nicht um den damit verbundenen 
Glauben. Immerhin zeigt die Geschichte. der Tischgebete, wie 
unverlierbar der geistige Stempel war, welchen der Herr den 
Gebeten und Gebräuchen der Väter gab, die Form ausnützend 
und doch etwas ganz Neues seiner Gemeinde hinterlassend. 


Nachtrag. 


Nach Fertigstellung des Druckes fand ich in der äthiopischen 
Form der ägyptischen K.-O., die Horner mit englischer Über- 
setzung kürzlich herausgegeben (The Statutes of the Apostles, 
London 1904) in Canon 37 (S. 159 ff), entsprechend Can. 32 der 
Can. Hippolyti (ed. Riedel p. 221) eine sehr alte Schilderung 
einer heiligen Gemeindemahlzeit: Der Diakon bringt Lam- 
pen herein, der Bischof beginnt das Dankgebet mit der üblichen 
Präfatio (kurz), und dankt für das Gnadengeschenk des irdischen 
und des ewigen Lichts. Nachdem man aufgestanden ist, sagen 
Kinder und Jungfrauen Gebete und Psalmen; dann werden Psal- 
men gesungen, der Bischof bringt den gemischten Becher dar, rezi- 
tiert den Hallelujab-Psalm, dankt über dem Becher und teilt von 
den Fragmenten den Gläubigen aus. Der Text des Lichtgebets so- 
wohl wie die übrigen liturgischen Vorschriften sind höchst alter- 
tümlich; es handelt sich um den Schluß einer heiligen Gemeinde- 
Abendmahlszeit in den Grundformen der eucharistischen Feier, 
die doch nicht identisch ist mit der kirchlichen Oblationsfeier. 
Das versprengte Fragment beweist schlagend die Richtigkeit 
meiner Aufstellungen betr. Fortdauer häuslicher Eucharistiefeiern. 
Ich hoffe es an andrer Stelle bald zu veröffentlichen. Vorläufige 
Mitteilungen über Horners Ausgabe wird die zweite November- 
nummer der Theol. Literaturzeitung bringen. 





Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 8b 5 


Register. 
(Die Ziffern nach dem : bezeichnen die Seitenzahlen dieser Arbeit.! 


1. Bibelcitate. 


Jes. 6: 26. j Ps. 70 (71), 8: 30. Mth. 14, 19: 14. 

Jer. 17.7: 12. 100 (111), 4. 5: 35. Marc. 6, 41: 14. 

Pe. 4, 7-9: 55. 112 (113): 8. Luc. 22, 17. 18£.: 14. 
21 (22), 27: δῦ. 113 (114): 8. 24, 30: 14. 
28 (29). 11: 12. 117 (118): 12. 26 £. Act. 20, 11: 60. 
33 (34), 9: 30. 120 (121): 56. 58. 27, 35: 14. 
33 (34), 1-11: 51f 56.| 134 (135): 26f. Rom. 1, 25: 38. 

57. 135 (136): 26 f. 1. Cor. 10: 13. 

33 (34), 10. 11: 11. 30.| 144 (145): 12f. 28. 30.| 11: 13. 15. 
36 (37), 25: 12. 53. 55. 56. 57. Gal. 1, 4: 38. 
50 (51): 59. 150: 30. 


9. Patristische Citate. 


Acta Johannis 9: 29. Clemens Romanus, epistula I, 36. 
109: 32. 33. 39. 62. 4: 20. 

Acta Thomae 27: 32. 54. Cyprian, epistula 63, 16: 32. 
46: 94. Cyrill von Alexandrien: 21. 33. 
47: 32. 54. Cyrill von Jerusalem, Cat. XIII, 6: 22. 
133: 32. Didaskalia (syr.) ed. Achelis- Flem- 

Allatius, Leo, de libris ecclesiasti- ming: 19. 36. 

cis p. 100: 60. 


Georgius Codinus, de officiis cur 
Constp.: 60. 
Gregorius Turonensis, historia Fran- 


Athanasius v. Alexandrien, περὲ nap- 
ϑενίας XII—XIV: 21. 28. 32. 33 ff. 





38. 44. | 
js corum VI, 5: 00. 
Basilius v. Caesarea, epist. 63: 36. . . Di Tv oL 
Canones von Laodicea 2. 14: 17. de miraculis S. Martini IV,21: 00 
97. 98: 37. | Justin, Apol. I, 13: 26. 


Cassianus, Johannes: 40. Dial. c. Tryphone: 26. 
Chrysostomus, hom. in Math. LV | Palladius, historia lausinca: 36. 


(LVI): 28. 38 f. 44. 54. Symeon, Erzbischof von 'Thessale- 
Clemens Alexandrinus, Stromata I, ! nich, περὲ εὐχῆς : 50 ff. 59f. 
1, 5: 64. ' Tertullian, Apolog. 39: 37. 


Register. 67 


3, Liturgische Citate. 


Apostolische Constitutionen Horologium (ὡρολόγιον μέγα ed. 
VII, 27: 24. Venedig 1841): 28. 40 ff. 50ff. 
VII, 49: 28. 4. 53 f. 00 ἢ. 


VIII (sog. Clementinische Li- | Jakobitenliturgie (abessynische, ed. 
turgie): 24. 27-30. 35f. 46. Brightmann): 19. 47. 


Basiliusliturgie (ed. Brightmann): 20. (koptische): 19. 
21-29. 34. 43. Jakobusliturgie (griech., ed. Bright. 
Canones Hippolyti: 23 f. 28. 37. mann): 20. 27-30. 39. 


Chrysostomus! Werke (als liturgische | Jüdische Gebete: 88. 24. 26. 28. 30. 
Quellenached.Brightmann)y19f.57. : 39. 59. 63. 


curpiostoumaliFurgie p 20 ft 39. | Kirchenordnung, ägyptische (ed. La- 
yril von Jerusalem (Liturgie, re- y x): 99. 94. 35. 37. 46. 
construiert von Brightmann): 19f. : garde-Achelis): 22. 24. 35 


30. 57. Markusliturgie (ed. Brightmann): 20. 
Didache: 16. 22. 32#. 358.45. 52.54. 29-30. 39. 
Euchologion Damascenum: 41 ff. | Petrusliturgie (ed. Swainson): 21. 38. 
ed. Goar: 21. 24. 25. 40ff. 50. 59. , Testamentum D. N. J. Chr. (ed. Rah- 
des Bischofs Serapion von | mani): 25. 
Thmuis: 19. 25. 30. | Typikon: 59. 


4. Handschriften. 


Athos, Lawra, Katalog des Bibliothekars Chrysostomus: 50. 
Berlin, Kgl. Bibliothek: 
Mr. Gr. qu. 45 Auszug a. d. Euchologium: 20. 29. 40 f. 
Fragmente aus der Kubbet von Damaskus: 41 ff. 
Cambridge, Trinity College B 9. 8 (Athanasius — T): 34. 53. 
Cryptoferratae I8. VII (Euchologion ed. Goar)* 40 ff. 57. 
Genf, Bibliothéque nationale mg. 29 (Athanasius — G): 34. 53. 
München, Staatsbibliothek Cod. gr. 26 (Athanasius = M): 34. 53. 
Cod. gr. 607 (liturgische Rolle): 20. 
Rom, Bibl. Barberini MS. III, 55 (Euchologium ed. Goar.): 21. 40 ff. 





Verlag der J. C. HINRICHS'schen Buchhandlung in Leipzig. 
TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN ZUR GESCHICHTE DER 
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


Heruusgegeben von Ὁ. voN GEBMARDT und A. HArNACK, 








(Fortsetzung von der zweiten Umschlagseite.) 


Nestle, E., Rirchenpeschichte d. Eusebius a.d.Sy- 
rischen. X, 906 S, 1901. (NF. VI, 2) M. 9.50 
Preuschen, E., Euschius’ Kirchengeschichte 
Bneh VI u. VII aus d. Armenischen übersetzt. 
XXII, 109 5, 1903. (NF. VII, 3) M. 4— 


Resch, A., Der Paulinismus u. die Logia Jesu in 
ihrem gegenseitigen Verhältnis untersucht. 
VII. 656 8. 1004. (NF. XII. Bd) M.20— 

Sohmidt, C., Die alten Petrusakton i.Zusawmmenh. 
d. apokr. Apostellit. untersucht. Nebst oe. n«u- 
entdeck.Fragm.VTIT.1765.1903.(NF.IX,1) M.5— 

—  Plotin's Stellung zum (inosticismus und 
kirchl. Christentum. X, 90 S. — Fragm. einer 
Schrift. 4, Märt.-Bisch. Petrns v, Alexandrien. 
50 S. 1900. (Mit Stählin NF. V, 4) M. 5— 

Schubert, H. v.. D. sup. l'raedestinatua. Beitrag 7. 
(iesch. d. Pelagianismus. IV, 112 S. 1903, 
(NF. IX, Ὁ M. 4.80 

Siokenberger, J., D. Lukaskatene d. Niketas v. 
Herahleia unters. 1902. (NF. VIT, 4) M. 4— 

— Titus von Bostra, Studien zu dessen Lukas- 
homilien. VIIT, 26858. 1901. (NF.VI, 1) M. 8.50 

Soden, H. von, Die Cyprianische Briefaammlung. 
Gesch. ibrer Entstehung u. Uberlieferung. 
VIIT, 268 8.0.2 Tal. 1904. (NF.X,3) M. 10.50 

Stählin, θ.. Zur handschriftl. Überlief. d. (lem. 
Alexandrinus. 8 S. 1:00. (s. 9. Sohmldt 


Steindorff, Q., Die Apokalypse d. Elias, e. unbek. 
Apok. u. Bruchst. d. Sophonias-Apok. X, 190 S. 
Mit 1 Liehtdr.-Taf. 1899. (NF. II. 354) M. 6.50 


Stüloken, A., Atbanasiana. Litterar- u. dogmen- 
gesch. Unters.VJII, 1508. 1899. NF. IV,4)M. 5 — 


Ter-Minassiantz, Erw., Die armen. Rirclie in ihren 
Beziehungen z. d syr. Kirchen bis z. Ende 
des 13. Jahrh. Nach den armen. n. svr. Quellen 
bearb. XII, 2123, 1904. (NF. XT, 9 M. 7.50 


Urbain, A. Ein Martyrologium d. christl. (re- 
meinde zu Rom am Anfang des V. Jahrb. 
Quellenstudlen z. Gesch. d. róm. Märtyrer. 
VI, 266 S. 1901. (NK. VI, 3) M. 8.50 

Waitz, H.. D. Paeudoklementinen, Homilienn. Re- 
kognitionen. 19801. VIIT, 3263.(NF. X,4) M. 13 — 

Weiss, B., D. (odex D 1. d. Apostelgosch. Textkrit. 
Unters. IV, 112 8. 1897. (NF. II, 1) M. 3.50 

— Textkritik der vier Evangelien. VI, 346 5. 
1850, (NF. IV, 2) M. 8— 

Wobbermin, @., Altchristl. liturg. Stücke aus der 
Kirche Aegyptens nebst einem dogmat. Brief 
d. Bischofs Serapion v. Thmuis. 36 S. 1899, 
(Mit Jeep NF. II, 3» M. 2 —) einzeln M. 1.50 

Wrede, W., DielEchtheit der 2. Theas.-Briefs unter- 


sueht. VIII, 116 SN. 1903, (NF. IX, 2). M. 14— 
Die Erste Reihe (Band I— XV) der Texte und Untersuchungen cte. 1 330 — 
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Adamantius. Der Dialog περὶ τῆς εἰς ϑεὸν ὀρϑῆς πίστεως. Herausg. v. 
W. H. νὰν DE SANDE BaknvYzEN, Mit Linleitg. u. dreif. Register. 
(19°, Bogen! 190]. M. 10 — 


Clemens Alexandrinus. Protrepticus und Paedagogus. Herausgegeben 
von OrTO STÀHLIN. Mit Einleitung und dreifacehem Register zu den 
Scholien. (2171, Bogen: (Clemens Alexandrinus Bd. 1; 1905. M. 1:.80 


Eusebius. Über Coustantins Leben. — C's Rede an die Heilige Ver- 
sammlung. — Tricennatsrede an Constantin. Hrsg. v. J. A. HEiREL. Mit 
Einleitg. u. dreif. Reg. (201/, Bogen). [Eusebius, Band 1] 1902. M. 14.6 

— Die Kirchengeschichte mit der lateinischen Übersetzung des Rurinta. 
Herausgegeben von Ep. Scuwanrz und ΤῊ. MowwsEN (Fi. T. Hiltte 
:31”3 Bogen). [Eusebius, Band II, 1]. 1903. * M. 16 — 
Das Onomastikon der biblischen Ortsnamen, mit der lateinischen Über- 
setzung des Hieronymus. Hrsg. von E. KrosrERMANN. Mit Ein- 
leitunge, doppelten: Register und einer Karte von Palästina. 
i103 Bogen), 1404. (Eusebius, Band IIT, 1| M. 8— 

— Die Theophanie. Die griechischen Bruchstücke und Übersetzung der 
syrischen Überlieferung. Hrsg. v. H. GREssMANN, Mit Einleitg. u. 
vierf. Reg. (15^ Bogeni. 1004. (Eusebius, Band III, 3] M. 9^0 

Buch Henoch.  Herausgeg. von Jon. Fre aMING. und L. RADERMACHER, 
Mit Einleitung und vierfaehem Register. (111/, Bogen) 1901. *M. 5.50 


Hippolyt. Kommentar zum Buche Daniel und die Fragmente d. Kommentars 
zum IHohenliede. Herausg. v. G. N. Boxwetsch. — Kleine exegetische 
und homiletische Schriften. Hferausgeg. von H. AcuELIS. 20? , u. 


2) Bogen‘. |Hippolyt, Band I! 1507. M. 15 — 
Oracula Sibyllina. Iearbeitet von Jor. GEFFcKEN. Mit Einleitung und 
doppeltem BRezister.. (1813 Bogen. 1902. M. 9.50 
Origenes. Schrift vom Martyrium ’exhortatio), -- Die acht Bücher gegen 
Celsus, — Die Schrift vom Gebet de oratione).  Herausg. von 
P. Korerscnav. Mit Einleitung und dreifachem Register. (203, und 
31”, Dogen.. Origenes, Dand E11]. 15900. M. 23 — 


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und Königrhücher. IIrsır. v. E. KrosTERMANN. Mit Einleitg. u. dreit. 


Reg. i(25!', Bogen) — (Origenes, Band IIT: 16601. M. 1250 
-- Der Johanneskommentar. Hrsg. v. E. PnEvscnEx.. Mit Einleitg. u. 
vierf. Reg. :45!5 Bogen. [Orizenes, Band IV) 1003. M. 24.560 


Gebunden. in geschmaekreh H. 1 gianibinde je M. 2,50 mehr, 
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Fertsetzunz anf der dritten Umschlagseit-. 


DIDYMUS DER BLINDE 


VON ALEXANDRIA 


VON 


JOHANNES LEIPOLDT 


LEIPZIG 
J. € HINRICHS'S. ing BUCHHANDLUNG 


Heft 1 ond 2 dieses Bandes ersunemen in Kurze 


_ Verlag der J. €. HINRICH schen Buchhandlung i in Leipzig. 


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CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLERN 
DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Heransg. v. d. Kirchenväter-Commission der Kg]. Preuß. Akademie der Wiss-n::Lı!"- ı 
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Koptisch-gnostische Schriften. Die Pistis Sophia. Die beiden Büci« 
des Jeü. Unbekanntes altgmostisches Werk. Herausgegeben vu 
Cani, Soir, Mit Einleitung und dreifachem Register. 2; ET nn 
[Koptisch-genostische Schriften Bd. I! 1003. M. 


Früher erschienen : 


Adamantius. Der Dialog περὶ τῆς εἰς 90v ὀρϑῆς πίστεως. Herausz. v. 
W. U. vAN DE BANDE BaknvYzEN, Mit Einleitg. u. dreit. Reis 
(19*4 Bogen: 100]. M τς 


Clemens Alexandrinus. l'otrepticus und l'aedagogu-. — Herausgezrt αι 
von OrTo SrÀnrIN. Mit Einleitung und dreifaehem Iegister zu ἶσα 
Scholien. :27!, Bogen: [Clemens Alexandrinus Bd. ]. 1. M. : 7 


Eusebius. Über Cionstantins Leben. — C's Rede an die Heilige Ver- 
sammlung. — Trieennatsrede an Constantin. Hrsg. v. J. A. Hike. M7 
Finlcitg. u. dreif. Reg. (201, Bogen). (Eusebius, Band 1 1902. M. it- 

— Die Kirchengese hiehte mit der lateinischen Übersetzung des Rer; 
Herausgegelbe n von En. Schwartz und TH. MowMsEN et. 1. Hai 
31”, Bogen). [Eusebius, Band II, 1]. 1903. *M. ie — 
Das Onomastikon der biblischen Ortsnamen, mit der lateinischen U:«*- 
setzung des Hieronymus. — Hrsg. von E. KıLostervans. Mit ΕἸ 
leitung, doppeltem Register und einer Karte von Talirtm 
(1524, Bogen) — 1004. [ Eusebius, Band IIT, αἱ M. 

- Die Theophanie. Die griechischen Bruchstücke und Übersetzung οἱ Ὁ 
yrischen Überlieferung. Hrsg. v. H. GRESSMASN., Mit ‚Einleitz. 
vier, Reg. 115°, Bogen). 194. [Euschius, Band II, MN 


Buch Henoch. lIerausgeg. von Joi, FreMMING. und L. RADEDNACHES 
Mit Einleitung und vierfachem Register. (111, Bogen: 11. *M. I 


Hippolyt. Kommentar zum Buche Daniel und die Fragmente d. Komnien‘: 
zum JIohenliede. Herausg. v. G. N. Boxwetscht. — Kleine exec Er 
und homiletische Schriften. Herausgeg. von H. Acurtis 77 
2! Bopen). [Hippolyt,, Band 1) 1807. M. = 


Oracula Sibyllina. Bearbeitet von Jom. GEFFcKEN. Mit Einleitun: 
doppeltem Rezister. (185 Bogen. 1902, M : 


Origenes. Schrift vom Martyrium (exhortatio). — Die acht Bücher gez 


Celsus; — Die Schrift "vom Gebet {de oratione). Herausz. v: 

P. KokTs tav, Mit Einleitung und dreifachem Register. (δεν n. 

. Bozen. Origenes, Band LII]. 1800. M. - 

e Jeremiahomilie n. -- Kläageliederkommeutar. — Erklärung der San: 

"nid Könirsbiicher. Hrs. v. E. KrosTERMANN. Mit Einleiter. i me 

Reg 1251, Bogen) iOrige nes, Band IIT! 100]. M. IU 

: Der Johanneskenumentar. Hrsg. v. E. Preuscnen. Mit Einb iz 7 
vierf. Reg 40814 Born. | Origenes, Band IV], 1903. Mao 


tj din iN “αἰ Ue Halbfranxsbinde je M. 2.50 mehr, 
*Vorliar:z nur in Interimskartonage je 50 Pf. 


Fortsetzung auf der dritten Umzclloz4 ii 


e 


DIDYMUS DER BLINDE 


VON ALEXANDRIA 


VON 


JOHANNES LEIPOLDT 


sir 


LEIPZIG 
J. C. HINRICHS’scne BUCHHANDLUNG 
1905 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMNEN 
AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR v. GEBHARDT UND ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE XIV. BAND 8. HEFT 


Druck von August Pries in Leipzig. 


Inhalt, 


Seite 
1. Einleitung . 1 
2. Quellen . 2 
3. Darstellungen 3 
4. Zeitrechnung . 4 
5. Lebenslauf. 5 
6. Schriften allgemeinen Inhalts . 9 
7. Erklärungen biblischer Bücher . 17 
8. Bruchstücke unbekannter Herkunft 23 
9. Schriften zweifelhaften Ureprange, die Didymus zugeschrieben 
werden . . . 24 
10. Charakter . . . . .. ...... cs... .... 8 
11. 8} 1... ΝΕ 7 
12. Sittliche Anschauungen Er |) 
13. Bildung . . . . . νον νιν νιν o. n n. n. n. νιν... 44 
14, Orgensmus . . . . . 2 . . . . . s... .... B2 
15. Frömmigkeit . . . eee of n n n n sS sg n. nr nC s. 74 
16. Lehre von der Dreieinigkeit oe ne nf n n gn n. s sg. s. s. s. OD 
17. Lehre von Christus . . . . . . . . .. . . .. ... 181 
18. Schluß . . . . . . . .. ............. 15 
Abkürzungen. 


MPG — Migne, Patrologia Graeca. 

MPL = Migne, Patrologia Latina. 

RE == Haucks Realencyklopüdie für protestantische Theologie und Kirche. 

TU = von Gebhardt und Harnack, Texte und Untersuchungen zur Ge- 
schichte der altchristlichen Literatur. 

ZKG = Briegers Zeitschrift für Kirchengeschichte. 





1. Einleitung. 


Das Urteil der Menschen über die führenden Geister ihrer 
Zeit stimmt selten überein mit dem Richterspruche der Nachwelt. 

Die nicänisch gesinnten Christen des vierten und fünften 
Jahrhunderts haben wenigen Theologen lebhafter gehuldigt, als 
Didymus, dem blinden Vorsteher der Katechetenschule zu 
Alexandria. Der trockene Sokrates Scholastikus!, der doch mit 
Lobsprüchen wahrlich nicht freigebig war, fand kaum Worte 
genug, ihn zu preisen: dem großen Basilius von Cäsarea und dem 
Gregor von Nazianz stellte er ihn zur Seite. Selbst zu einem 
Einsiedler, der den großen Ereignissen der Zeit so fern stand 
wie Antonius von Koma, drang die Kunde von Didymus’ einzig- 
artiger Gelehrsamkeit?. 

Wer sich dagegen heute in den Handbüchern der Kirchen- 
geschichte über Didymus unterrichten will, wird über sein Leben 
und seine Schriften nur wenig, über seine Bedeutung für die 
Entwickelung des Christentums zumeist gar nichts finden. Zwar 
haben seinerzeit die Magdeburger Centurien? dem Manne fast 
mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als im Rahmen ihres Werkes 
notwendig gewesen wäre. Aber desto gründlicher ist Didymus 
von den späteren Erforschern der Kirchengeschichte vergessen 
worden. Nur der fleißige Johann Matthias Schröckh scheint seinen 
schriftlichen Nachlaß durchgelesen zu haben®. Die Entdeckung 
von Didymus’ umfangreichem Hauptwerke «Über die Dreieinig- 
keit» durch Joannes Ludovicus und Joannes Aloysius Minga- 
rellius® brachte Fluß in die Forschung. Aber wertvolle Schätze 


1) Hist. eccl. IV 25 f. 
2) Hieron. epist. 682 ad Castrutium (MPL 22, 652 f). 
3) Quarta centuria etc., Basel 1562, besonders Sp. 1063—1067. 
4) Christliche Kirchengeschichte 7? (Leipzig 1785) S. 70—81 und 11? 
(Leipzig 1794) S. 110 f£. 257 f. 
5) Didymi Alexandrini de trinitate libri tres. Bologna 1769. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 1 


9 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


wurden auch jetzt nicht zu Tage gefórdert!! Auf die dogmen- 
geschichtliche Bedeutung des Didymus ist erst in allerletzter Zeit 
hingewiesen worden. Hans von Schubert? ist geneigt, die Ver- 
breitung des jungnicänischen Schlagwortes uía οὐσία — τρεῖς 
ὑποστάσεις wesentlich seinem Einflusse zuzuschreiben. Nun ist 
zwar seine Vermutung von einem der sachkundigsten Beurteiler, 
von Karl Holl?, abgelehnt worden. Auf jeden Fall aber haben 
wir es, wie auch Holl anerkennt, von Schubert zu danken, daß 
die dogmengeschichtliche Stellung Didymus’ des Blinden jetzt 
wohl allgemein als ein ungelöstes Rätsel betrachtet wird. 

Es ist der Mühe wert, diesem Rätsel einmal nachzugehen. 
Wir werden dabei zugleich erkennen, ob die Hochschätzung 
berechtigt war, die Didymus von seinen Zeitgenossen entgegen- 
gebracht wurde. 


2. Quellen. 


Die Quellen sind ebenso fleißig wie kritiklos* zusammer- 
gestellt in Mingarellis Ausgabe (auch MPG 39, 215—268). 

Am wertvollsten sind, neben Didymus’ eigenen Schriften’, 
die Werke dreier Männer, die mit Didymus persönlich verkehrten: 
des Hieronymus, des Rufinus, des Palladius von Helenopolis (dessen 
Lausiakum darf jetzt nur noch nach der schönen Ausgabe von 
Cuthbert Butler, The Lausiac history of Palladius II = J. Amr 
tage Robinsons Texts and studies VI 2, Cambridge 1904, ange 
führt werden). Freilich sind schon diese Quellen nicht rein. Hiero- 
nymus' Bericht ist überall da mit größter Vorsicht aufzunehmen, 
wo er in Didymus den Origenisten bekämpft: sein eigenes Licht 
mußte ja desto heller erstrahlen, je mehr schwarze Ketzereien 
er dem Gegner aufbürdete; und was hätte Hieronymus unterlassen, 








1) Am besten ist Henric. Ernest. Ferd. Guerike, De schola quae Ale 
xandriae flornit catechetica commentatio historica et theologica. Pars prie 
Halle a. S. 1824. Pars posterior 1825. 

2) In Moellers Lehrbuch der Kirchengeschichte I2, Tübingen ux 
Leipzig 1902, S. 501 f. 

3) Amphilochius von Ikonium in seinem Verhältnis zu den große 
Kappadoziern, Tübingen und Leipzig 1904, S. 119, Anm. 2. 

4) Z. B. ist der Palladiustext dreimal unter verschiedenen Titeln ax 
geführt (MPG 39, 226 VII und 230f XIT). 

5) S. unten Abschnitt 6 bis 9. 


2. Quellen. 3. Darstellungen. 3 


wenn er seiner lieben Eitelkeit schmeicheln konnte! In dem 
Berichte des Palladius (Laus. 4) muß ich die Erzählung über 
den Tod des Kaisers Julian (S. 20 Z. 12 ff Butler) anzweifeln, 
so hoch ich sonst den Quellenwert des Lausiakum schätze!: diese 
Erzählung hat mehrere Doppelgängerinnen (Butler a. a. O. S. 187 
note 13), und ihre mystische Art paßt gerade zu dem nüchternen 
Didymus am allerwenigsten. Palladius wird sich eine Verwechselung 
haben zu schulden kommen lassen. 

Die Eusebiusfortsetzer ruhen auf den Berichten der ge- 
nannten Schriftsteller. Schon Rufinus (hist. eccl. II 7) benutzt 
wohl Hieronymus' Brief an Castrutius (epist. 68; MPL 22, 652 f). 
Sokrates Scholastikus (hist. eccl. IV 25 f) stützt sich im wesent- 
lichen auf Rufinus! hist. eccl. II 7, Hermias Sozomenus (hist. 
eccl. III 15) auf Rufinus und Sokrates, teilweise (hist. eccl. VI 2) 
auch auf Palladius (Laus. 4). Theodoret (hist. eccl. IV 26) ver- 
wertet einen oder mehrere seiner Vorgänger. Doch findet sich 
nicht nur bei Rufinus, sondern auch bei den griechischen Eusebius- 
fortsetzern Eigengut, das teilweise auf selbständige Kenntnis von 
Didymusschriften zurückgehen mag. Ich führe im folgenden fast stets 
nur die älteste der literarisch von einander abhängigen Stellen an. 

Daß der von Libanius und Isidorus von Pelusium erwähnte 
Didymus unser Didymus ist, halte ich für ganz unsicher, um nicht 
zu sagen unwahrscheinlich”. Der Name Didymus war damals 
nicht selten (einen Mönch Didymus erwähnt Sokrates Scholastikus 
hist. eccles. IV 23 usw.). 


9. Darstellungen. 


Was wir von Didymus’ Leben wissen, ist am vollständigsten 
zusammengefaßt von Lenain de Tillemont, Memoires pour servir 
à l'histoire ecclesiastique des six premiers siecles. Tome X (in 
der Brüsseler Ausgabe von 1730 X 2 S. 135—152 und 3 S. 330). 

Über Didymus’ Theologie unterrichtet am besten der Auf- 
satz von Karl Holl: Über die Gregor von Nyssa zugeschriebene 

1) Das abfällige Urteil Franz Görres’ über Palladius (RE? XV 
S. 578f) verstehe ich nicht. 

2) Isidorus IV 205 u. à. nennt einen Didymus Scholastikus! — Der 


Didymus des Libanius wird noch von Krüger mit unserem Didymus gleich- 
gesetzt (RE? IV S. 63834). 





15 


4 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Schrift «Adversus Arium et Sabellium» (ZKG XXV 3, 1904, 5. 
380—398). Ferner sind zu vergleichen die fleißigen Zusammen- 
stellungen Guerikes (a. a. O.). Die Bemerkungen Mingarellis 
(auch MPG 39, 139—216 abgedruckt) sind nur für den von Wert, 
der sich mit der Geschichtsschreibung der Katholiken im 18. Jahr- 
hundert beschäftigt. 

Didymus! Werke sind aufgezählt bei Fabricius-Harles (— MPG 
39, 131—140), Fessler-Jungmann, Bardenhewer usw. 


4. Zeitrechnung. 


Zur Bestimmung von Didymus' Todesjahr haben wir zwei 
Angaben. 

1) Palladius(Laus. 4 S. 19 Butler) hat Didymus viermal im 
Laufe von zehn Jahren besucht. Darnach starb Didymus, 85 Jahre 
ali Nun weilte Palladius 388 bis Anfang 400 in Ägypten‘. 
Didymus' Todesjahr ist also wohl das Jahr 398. 

2) Schwieriger ist die Angabe des Hieronymus de vir. ill 
109 (MPL 23, 705 A; Ernest Cushing Richardson, Hieronymus 
liber de viris illustribus — TU XIV 1, 1896, S. 50) zu verwerten, 
Didymus sei zur Zeit der Abfassung dieser Schrift, d. ἢ. im Jahre 
392, 83 Jahre alt gewesen. Denn die Zahl 83 ist durchaus nicht 
sicher überliefert; einzelne Handschriften lesen 80, 84, 87. Richard- 
son gibt über diese Abweichungen leider keine Auskunft Es 
ist ein sonderbarer Zufall, daß sowohl Butlers (80) als Preuschens 
Zeitrechnung (83) sich auf Hieronymus berufen könnte. Ob 
freilich diese Berufung viel Gewicht haben würde, wage ich nicht 
zu sagen; mir scheint, daß bei einem Zwiespalte zwischen Palladius 
und Hieronymus nur zugunsten des Palladius entschieden werden 
kann; für Hieronymus' Flüchtigkeit, die sich gerade in der Schrift 
de vir. ill. in ihrer ganzen Größe zeigt, neue Beweise beizubringen, 
hieße Eulen nach Athen tragen. 

Didymus! Geburtsjahr würde nach Pall. Laus. 4 und Butler 
Zeitrechnung das Jahr 313 sein. 





1) Ich bin überzeugt, daß Butlers von mir zugrunde gelegte Zeit- 
rechnung den Verhältnissen besser entspricht, als die Erwin Preuschew 
(Palladius und Rufinus S. 233, ff: Palladius 384 bis 394 in Ägypten); vg. 
Butler a. a. O. S. 187, Anm. 12 und in Robinsons Texts and studies V]. 
Cambridge 1898, S. 180. 293—297. 


4. Zeitrechnung. 5. Lebenslauf. 5 


5. Lebenslauf. 


Didymus’ Leben ist ruhiger verlaufen, als das der meisten 
seiner Zeitgenossen. Im Alter von vier Jahren! (317), also bevor 
er eine Schule besuchen konnte?, verlor er das Augenlicht?. 
Dieses Unglück schützte ihn vor den Verfolgungen der Arianer. 
Er wurde, wie es scheint, nie belästigt, obwohl er ein treuer 
Anhänger des Athanasius war und Alexandria nie verließ, Die 
Gegner trauten dem blinden Manne offenbar nicht zu, daß er 
irgendwie nachhaltigen Einfluß ausüben könne Auch in Didy- 
mus’ eigenen Schriften spiegelt sich die Sorglosigkeit seines 
Lebens wieder. Nur an einer Stelle* spielt er auf die Glaubens- 
kriege an, die er doch alle erlebt hat. 

Selbstverständlich litt Didymus schwer unter dem Verluste 
der Sehkraft: Antonius von Koma hat er das, wenngleich zögernd, 
gestanden 5. Aber mit einem Eifer, wie wir ihn gerade bei Blin- 
den nicht selten finden, stürzte er sich auf die Wissenschaft: 
sie sollte ihm die Freuden ersetzen, die ihm die Natur versagte. 
Tag und Nacht ließ er sich vorlesen: die Zeit, in der seine Lehrer 
sich Ruhe gönnten, nutzte er aus, sich das Gehörte fest einzu- 
prägen 6. Vielleicht hat er sogar, mit Hilfe eingegrabener Schrift- 
zeichen, sich die Buchstabenformen angeeignet”. Und Didymus 
lernte mit glücklichstem Erfolge. Er brachte es weiter als man- 








1) Nach Hieronymus’ Chronik (zum Jahre 376) war Didymus damals 
schon älter als fünf Jahre. Die Zahl vier scheint mir aber durch Pall. 
Laus. 4 genügend gesichert. 

2) Pall. Laus. 4; Hier. de vir. ill. 109; Ruf. hist. eccl. II 7. Nach 
Sokrates (hist. eccl. IV 25) und Sozomenus (hist. eccl. III 15) besuchte 
Didymus damals bereits eine Schule. Er müßte dann ein Wunderkind ge- 
wesen sein. 

3) In seinen Schriften erwähnt Didymus seine Blindheit nicht. Doch 
vgl in prov. MPG 39, 1624 A (áxovo!) und die große Anzahl falscher 
Citate (s. Mingarelli MPG 39, 273 CD, Anm. 17 und 284D, Anm. 74). 

4) In psalm. MPG 39, 1305 C. 

5) Hier. epist. 682 ad Castrutium (MPL 22, 652f). 

6) Ruf. hist. eccl. II 7. 

7) Diese Tatsache wird freilich von dem einzigen Zeugen, dem sonst 
so leichtgläubigen Sozomenus (hist. eccl. IIT 15), mit einem λέγεται einge- 
führt. — Übrigens erzählt Sozomenus, Didymus sei zur Schule gegangen, 
wührend der Blinde nach Rufin (hist. eccl. II 7) zu Hause unterrichtet 
ward. Aller Wahrscheinlichkeit nach trifft Rufin das Richtige. 


6 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


cher seiner Zeitgenossen, der sich gesunder Augen erfreute. Atha- 
nasius! konnte ihn zum Leiter der alexandrinischen Katecheten- 
schule ernennen ? Er stand ihr mit Ehren vor, als ihr letzter 
großer Lehrer: die denkwürdige Einrichtung zerfiel bald nach 
seinem Tode. 

Wie die meisten Kirchenlehrer seiner Zeit lebte Didymus als 
Asket?. Er wohnte in einer Zelle* und war mit hervorragenden 
Einsiedlern und Einsiedlerinnen bekannt. Der große Antonius 
von Koma besuchte ihn des ófteren*. Mit der Asketin Alexandra 
muß Didymus persönlich in Berührung gekommen sein®. Es ist 
wohl auch kein Zufall, daß Didymus in den Kreisen der Welt- 
flüchtigen seine treuesten Freunde und dankbarsten Schüler fand. 


1) Daß Didymus und Athanasius persönlich bekannt waren, ergibt 
sich nur aus Pall. Laus. 4. 

2) Ruf. hist. eccl. II 7 und das bekannte Bruchstück des Philippus 
von Side (abgedruckt MPG 39, 229). — Wann Didymus Vorsteher der 
Katechetenschule ward, läßt sich nicht ausmachen. Philippus nennt den 
bekannten Makarius Ägyptius als seinen Vorgänger. Falls das richtig 
ist, kann man Gründe dafür anführen, daß Didymus um 340 die Schule 
übernahm (Guerike a. 8. O. I, S.90f. 93). Aber es ist wohl nicht richtig. 
Makarius starb um 393 (Pall. Laus. 18, S. 47 Butler, vgl. S. 194), ward 
also kurz vor 300 geboren. Er müßte sein Schulamt aber im Jahre 300 
angetreten haben; denn, wenigstens nach dem Wortlaute der Quelle, war 
sein Vorgänger Petrus, der im Jahre 300 den Bischofsstuhl von Alexandri 
bestieg. Auch Harnack (RE? I, S. 358) äußert sich über den Fall sehr 
kritisch. Sollte Didymus, der erste uns bekannte Vertreter der von Atha 
nasius erst 362 anerkannten jungnicänischen Formel μέα οὐσία — τρεῖ; 
ὑποστάσεις, auch erst nach 362 Vorsteher der alexandrinischen Schule 
geworden sein? 

3) Man hat aus Stellen wie de trin. II 78 MPG 39, 592 B 5934: 
27, 768 B; III 1, 784 A, an denen Didymus von seinen Kindern redet, ge 
schlossen, daß er einmal verheiratet war und Kinder hatte, Eine Be 
merkung wie in psalm. MPG 39, 1337 D, der Same der Gerechten seien 
seine Schüler, macht diesen Schluß recht zweifelhaft. Auch scheint es a0 
sich wahrscheinlicher, daß Didymus von Jugend auf asketisch dachte 
Die pessimistische Weltanschauung, wie sie wohl allen Kranken bis su 
gewissem Grade eigen ist, war ja von jeher eine Bahnbrecherin der Askese. 

4) Pall. Laus. 4. 

5) Pall. Laus. 4. Nach Hier. epist. 682 hat Didymus den Antonim 
aufgesucht, als dieser in Alexandria war: glaubte Hieronymus, es sei des 
berühmten Antonius unwürdig, Besuche zu machen? 

6) Pall. Laus. 5. 


5. Lebenslauf. 7 


Der Einsiedler Ammonius beschäftigte sich eingehend mit seinen 
Erklärungen biblischer Bücher!. Das war keine kurzweilige 
Arbeit: die Begeisterung des Anachoreten für den alexandrinischen 
Gelehrten muß also recht groß gewesen sein. Palladius, der kein 
höheres Ziel kannte als die Askese, hat Didymus viermal auf- 
gesucht?. Euagrius Pontikus schätzte ihn als den «großen gnos- 
tischen Lehrer?». Asketen waren auch Didymus’ bekannteste 
Schüler, Hieronymus und Rufinus. Hieronymus redet oft davon, 
daß der berühmte Didymus sein Lehrer ist*: er erzählt ja so gern 
von seinen berühmten Lehrern (freilich hatte er kaum dreißig 
Tage zu Didymus’ Füßen gesessen’). In allen Tönen, die ihm 
zur Verfügung stehen, preist er des Meisters Gelehrsamkeit. Mit 
Vorliebe nennt er ihn «sehend» 6, Er versteigt sich sogar dazu, 
ihn einen «Propheten», einen «apostolischen Mann» zu heißen, 
«der ein Auge der Braut aus dem Hohen Liede hat»’. Später 
freilich ist es Hieronymus sehr unangenehm geworden, daß er 
Didymus, dem Anwalte des Erzketzers Origenes, so uneinge- 
schränktes Lob gespendet hat. Selbst deshalb glaubt er sich nun 
entschuldigen zu müssen, daß er nach seiner persönlichen Be- 
gegnung mit Didymus den mündlich begonnenen Verkehr brief- 
lich fortsetzte; er versichert aufs nachdrücklichste: ich schrieb 
zwar an Didymus quasi ad magistrum, aber ich schrieb ihm nichts 
praeter honorem et salutationem, so, wie ich an jeden Gelehrten 
und jeden Greis schreiben könnte und z.B. auch an den be- 
rühmten Juden geschrieben habe, dem ich meine hebräischen 
Kenntnisse verdanke®!! Dieser Frontwechsel ist mehr für Hiero- 


1) Pall. Laus. 11, 8. 34 Butler. 

2) Pall. Laus. 4. 

3) Sokrates hist. eccl. IV 23 (Citat aus Euagrius’ Gnostikus). 

4) Hier. epist. 501 ad Domnionem (MPL 22, 513); epist. 818 ad Pam- 
machium et Oceanum (22, 745); adv. Ruf. III 28 (23, 748 D); comm. in 
Osee proph. prol. (25, 819 B — 820 A); comm. in epist. ad Ephes. prol. 
(26, 440 AB). 

5) Im Jahre 386. Ruf. apol. in Hieron. 11 12. 

6) Hier. prol. in translat. homil. Orig. in Jer. et Ez. (MPL 25, 583 B); 
comm. in epist. ad Gal. prol. (26, 309 A). 

7) Ruf. apol. in Hieron. 11 25. 

8) Hier. epist. 848 ad Pammachium et Oceanum (MPL 22, 745). Auch 
Didymus’ Gesinnungsgenosse Euagrius Pontikus wurde von Hieronymus 
verlästert (vgl. E. Preuschen RE? V, S. 652 258). 


8 J. Leipoldt, Didymus ἃ. Blinde v. Alexandria. 


nymus charakteristisch als für Didymus. Aber ein ehrenvolles 
Zeugnis für Didymus ist es, daß auch der abtrünnige Hieronymus 
ihn nicht in so gemeiner Weise zu verunglimpfen gewagt hat, 
wie andere unter seinen Gegnern, einen Helvidius, einen Jovinia- 
nus, selbst einen Rufinus. Rufinus! ist in seiner Verehrung des 
Didymus nie so schwärmerisch gewesen, wie Hieronymus, obwohl 
er lange Jahre sein Schüler war?; aber er ist dem Meister treu 
geblieben. Und wenn er einmal Männer wie Sarapion, Menites, 
Paulus ?, Isidorus, Pambo, die beiden Makarius dem Didymus zwar 
nicht vorzieht, aber doch gleichstellt*, so darf man erstens nicht 
vergessen, daß er damit den Hieronymus übertrumpfen will, der 
nur den Didymus seinen Lehrer nennen konnte. Und zweitens 
ist zu beachten, daf Rufinus von Didymus' Schriften, wie es 
scheint, sehr wenige gelesen hat. 

Nur von einem Didymusschüler, und gerade dem unbe- 
deutendsten, wissen wir nicht, ob er Asket war: von dem Ale- 
xandriner Ambrosius®. Wir hören von ihm nichts, als daß er ad- 
versum Apollinarium volumen multorum versuum de dogmatibus ? 
und eine Erklärung des Buches Hiob schrieb. 


Daß Gregor von Nazianz, der Anfang der fünfziger Jahre in 
Ägypten weilte, Didymus gehört hat, ist nicht zu beweisen 8. 


Selbstverständlich hat Didymus nicht bloß in dem engen 
Kreise seiner Schüler gewirkt. Das lehrt uns schon die bekannte 
Tatsache, daß nicht nur Cyrill von Alexandria, sondern auch Am- 
brosius von Mailand? seine Werke ausgeschrieben hat. 


1) Ruf. hist. ecel. II 7; Hier. adv. Ruf. III 28 (MPL 23, 478 D); 
W. Möller, RE? (1884) XIII, 8. 98. 

2) Ruf. apol. in Hier. II 12. 

3) Einen Schüler des Petrus von Alexandria. 

4) Ruf. apol. in Hier. II 12. 

5) Ruf. hist. eccl. Il 7: nos tamen qui et vivae vocis eius ex parte 
aliqua fuimus auditores et ea quae & nonnullis dicente eo descripta legi- 
mus etc. 

6) Hier. de vir. ill. 126 (MPL 23, 713 A; Richardson 541-5). 

7) Vgl. unten Abschnitt 9 unter A. 

8) Holl, Amphilochius S. 120, Anm. 

9) Schon Hieronymus und Rufinus wuBten das (Ruf. apol. in Hier. 
II 23. 25). Vgl. A. Knópfler, Veröffentlichungen aus dem kirchenhistori- 
schen Seminare München 10 (1902). 


6. Schriften allgemeinen Inhalte. 9 


6. Sehriften allgemeinen Inhalts. 


Von dem reichen schriftstellerischen Nachlasse des Didymus 
ist uns nur verschwindend wenig erhalten. Die Ketzerrichter 
spüterer Tage haben seinen Origenismus unertrüglich gefunden. 
So sind die meisten seiner Werke ebenso spurlos verschwunden, 
wie viele Bücher seines großen Meisters. 

Die Sammlung der Didymusschriften MPG 39 ist, soweit 
Bruchstücke in Frage kommen, ganz lückenhaft.  Selbstver- 
ständlich citiere ich, wo nur irgend möglich, nach MPG 39 und 
lasse in diesem Falle (ebenso wie bei der Schrift adv. Ar. et Sab., 
s. u. unter 1) der Kürze halber die Bandziffer weg. 


A. Schriften, die sich zeitlich ungefähr festlegen lassen. 


1) Aóyoc! κατὰ Aotlov καὶ Σαβελλίου (MPG 45, 1281—1302). 
Diese Schrift ist unter dem Namen Gregors von Nyssa erhalten. 
Daß sie von Didymus herrührt, hat Holl (Κα XXV 3, 1904, 
S. 380—398), wie ich glaube, ein- für allemal bewiesen. Sie ist 
deshalb besonders wertvoll, weil sie sehr früh, wohl noch in den 
vierziger Jahren (Holl S. 387: vor 355), verfafit ist. Sie nennt 
neben Arius einen Achillius, der nur ganz im Anfange des aria- 
nischen Streites eine Rolle spielt (1, 1281 B; 9, 1293 B; vgl. 
Alexander von Alexandria bei Epiphan. haer. 69 s; Theodoret. 
hist. eccles. I 4 s. se. se. 61; Sokr. hist. eccl. I 6). Sie erzählt als 
Neuigkeit, daß der Arianismus viele Anhänger findet (1, 1281 A 
πολλοὺς τῇ ἑαυτῶν ἐφείλχυσαν πλάνῃ). Auch die freilich nur 
nebenbei und ohne Namensnennung erfolgende Bekämpfung des 
Marcell von Ancyra paßt am besten in die genannte Zeit (1, 1284 A 
«Jesus wird in Äonen ohne Ende als eigene Hypostasis mit dem 
Vater herrschen»; ferner 4, 1285 D und 5, 1288 C). Obwohl die 
Schrift förmlichen Eingang und Abschluß hat, scheint mir die 
Integrität zweifelhaft: ἔμπροσϑεν (3, 1284 C) hat keine Beziehung 
im Voraufgehenden. 

2) Dogmatum volumen (Hier. de vir. ill. 109: de dogmatibus), 
von Didymus selbst angeführt de spir. s. 32 (MPG 39, 1062 B). 
Die Schrift behandelte u. a. in kurzer Weise die Schöpfertätig- 
keit des Geistes. Vgl. auch Nr. 6. 


1) Didymus scheidet sehr scharf λόγος (kürzeres Werk) und βιβλίον 
(längeres Werk). 


10 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


3) Sectarum volumen, von Didymus erwähnt de spir. s. 5, 
1037 B und 21, 1052 B. In diesem Werke war u. a. davon die 
Rede, daß der Geist ab alis capitur, nicht alia capit, also bei- 
spielsweise Weisheit nicht empfängt, sondern Weisheit ist — ein 
Lieblingsgedanke des Didymus. 

4) Περὶ τοῦ ἁγίου πνεύματος λόγος, von Didymus selbst 
erwähnt de trin. III 16, 872 B; 31, 949 C. Erhalten ist die etwa 
384 bis 389 (Vallarsı MPG 39, 1031f) geschriebene lateinische 
Übersetzung des Hieronymus (abgedruckt MPG 39, 1033—1086 — 
MPL 23, 103—154); vgl. Hieronymus’ Prolog (MPG 39, 1031— 1034 
— MPL 23, 101—104); ferner Hier. epist. 361 ad Damasum — 
MPL 22, 453; epist. 715 ad Lucinium - ΜΡ], 22, 671; de vir. 
ill. 109. 135 (MPL 23, 717 B; 561 Richardson); adv. Ruf. II 16 
(MPL 23, 438 D); Augustin. quaest. in Ex. I1 25. Jakob Basnage 
(T 1723, in Canisii Lection. antiqu. I S. 202) bezweifelte die Ge- 
nauigkeit der Übersetzung. Seine Bedenken! sind jedoch durch 
die Entdeckung der Schrift de trin. ausnahmslos erledigt worden. 
Hieronymus hat seine Vorlage so treu wiedergegeben, daß er 
sogar falsche Citate übernahm (Mingarelli bei MPG 39, 273 D 
Anm. 17). Nur in einer Beziehung entspricht der lateinische Text 
sicher nicht dem Originale: die unklare trinitarische Termino- 
logie kann nicht von Didymus herrühren, sondern nur von Hiero- 
nymus. Dieser hat sich ja sein Leben lang zwischen μέα ὑπόστασις 
und τρεῖς ὑποστάσεις nicht zu entscheiden gewagt (Mingarelli 
MPG 39, 294 D Anm. 8). Der Sprachgebrauch der Schrift de 
spir. 8. ist folgender. Auf der einen Seite wird der Dreieinigkeit 
una substantia (16, 1049 A; 17, 1049 D 1050 A; 18, 1050 A; 
19, 1051 A; 21, 1051 CD; 22, 1052 C; 24, 1054 AC; 25, 1055 B; 
32, 1062 C; 36, 1065 A; 37, 1065 C; 40, 1069 C; 53, 1078 A; 
58, 1081 D), una essentia (36, 1065 A), una natura (18, 1050 B; 
19, 1050 D — 1051 A; 20, 1051 AB; 25, 1056 B; 29, 1059 C; 
30, 1060 B; 36, 1064 C 1065 B; 54, 1079 B; 58, 1081 D) zuge- 
schrieben, auf der anderen jeder einzelnen Person der Dreieinig- 
keit eine besondere substantia (1, 1033 C; 5, 1036 C; 10, 1042 
AC; 11, 1043 AD; 12, 1044 C; 13, 1046 B; 23, 1053 B), essentia 
(4, 1035 B; 8, 1039 B), natura (23, 1053 A) beigelegt (die latei- 
nische Übersetzung von Didymus’ Erklärung der katholischen 


1) Didymus habe, als Origenist, das Wort ὁμοούσιος nicht gekannt usw. 


6. Schriften allgemeinen Inhalts. 11 


Briefe weiß nur von einer substantia der Gottheit in I Jo. 
1807 C; ın II Jo. 1810 B). Nun werden wir freilich sehen, daß 
auch Didymus' Sprachgebrauch sich nicht überall gleichbleibt 
(vgl. Abschnitt 16 unter B 1). Aber er hat doch nicht die Ver- 
wirrung so zum Gesetz erklärt, wie Hieronymus in seiner Über- 
setzung von de spir. s.! 

5) Nach Hieronymus adv. Ruf. III 28 (MPL 23, 478 D) 
‚schrieb Didymus im Jahre 386 auf Rufins Wunsch ein Buch 
über die Frage, warum kleine Kinder sterben, des Inhalts: non 
eos multa peccasse et ideo corporum carceres tantum eis tetigisse 
sufficere. 

6) Contra Arianos libri duo, von Hieronymus de vir. ill. 109 
erwähnt, also vor 392 verfaßt. Falls man bei Hieronymus die 
Worte de dogmatibus et contra Árianos zu einem Titel zusam- 
menfügt, würde diese Schrift mit Nr. 2 identisch sein. 

7) Nach Hieronymus de vir. ill. 120 (MPL 23, 711 A; 
Richardson 5230) schrieb Didymus gegen Eunomius. Ist damit 
de trin. I und III gemeint? oder das Werk contra Arianos? 

8) An vierzehn Stellen der Schrift de trin. (II 4, 489 A 
67 529 A; 8 532 A; 41: 553 B; = 553 C; 23, 745 A; III 23s 
792 C; 3, 805 C; 15, 864 B; 16, 865 C; 18, 888 A; 20, 896 B; 
31, 956 A; 36, 965 C) verweist Didymus auf einen πρῶτος Aoyoc. 
Damit meint er keinesfalls das erste Buch de trin. (wir verdanken 
diese Erkenntnis F. X. Funk, Kirchengeschichtliche Abhand- 
lungen und Untersuchungen II, Paderborn 1899, S. 318f). Der 
stärkste Beweis ist mir de trin. III 21s 792 C (wo sicher α΄ λόγῳ 
statt Δ΄ λόγῳ zu lesen ist): hier, in der fórmlichen Inhaltsangabe 
von de trin. I und II, wäre ein vereinzelter Hinweis auf de trin. I 
geradezu verwirrend. Außerdem ist de trin. I ein βιβλίον und 
kein λόγος. Der πρῶτος λόγος ist vielmehr eine besondere 
Schrift, die von der Dreieinigkeit, vielleicht überwiegend vom 
heiligen Geiste handelte (so würde sich dann erklüren, warum 
die Schrift in de trin. I nie erwähnt wird: de trin. I handelt nur 
vom Sohne). Der verlorene Eingang von de trin. | würde uns 
wohl näheren Aufschluß geben können. Der πρῶτος λόγος zer- 
fiel in mindestens vierzehn Capitel (de trin. III 16, 865 C; 36, 


1) Einige weniger wichtige Bedenken gegen die Richtigkeit der Über- 
setzung werden im folgenden gelegentlich vorgebracht werden. 


12 J. Leipoldt, Didymus ἃ. Blinde v. Alexandria. 


965 OC) Funk (a. a. O. S. 319 ff) sucht diese Schrift zu identifi- 
cieren mit Pseudobasilius adv. Eunom. IV und V. Wir werden 
später (Abschnitt 9 unter B) sehen, warum das nicht angängig ist. 

9) Περὶ τριάδος βιβλία τρία, von Mingarelli 1769 herausgegeben 
(— MPG 39, 269—992) aus einer leider unvollständigen Hand- 
schrift (es fehlt I 1—6; 11 Mitte — 15 Mitte; 25 Mitte — 26 Mitte; 
II 8 Mitte — 10 Mitte; 18 Mitte — 19 Mitte; 21 Mitte — 22; IIT 
42 Ende) Das erste Buch handelt vom Sohne, das zweite vom 
Geiste; das dritte bietet, nach einer Recapitulation in syllogisti- 
scher Form, eine Besprechung der wichtigsten biblischen Beweis- 
stellen der Gegner. Die Capiteleinteilung geht auf den Verfasser 
zurück (I 26, 389 B [ob die Zahl falsch überliefert?]; II 3, 
475 A; 64 516 AC 517 B 521 B; 11537 C; III 36, 965 C; wohl 
auch III 38, 976 A und I 27, 401 B ἐν τῷ περὶ ὁμοουσίου 
κεφαλαίῳ [ist eines der sechs verlorenen Capitel am Anfang des 
Buches gemeint?]). Doch ist die erhaltene Fassung nicht die 
älteste. III 1—2 standen ursprünglich außerhalb der Zählung 
(III 36, 965 C; dazu Funk a. a. Ὁ. S. 322). Des öfteren paßt die 
Capitelüberschrift nicht (z. B. I 18, 341 B; 20, 369 B) oder fällt 
gar aus Didymus Redeweise ganz heraus (I 18, 341 B: die Zu- 
sammenstellung der Begriffe πατρότης — υἱότης — ἐχπόρευσις 
mit dem charakteristischen Zusatze τοῦτο γὰρ ἴδιον ἑχάστης 
ὑποστάσεως ἰδικῶς klingt wie eine Vermengung von Gedanken 
Basilius’ des Großen und Gregors von Nazianz)!. Die Schrift 
de trin. wird vielleicht de spir. s. 58, 1081 C angekündigt, in 
I Jo. 1808 A vorausgesetzt. Sicher ist sie durch Sokrates (hist. 
eccl IV 25) bezeugt. Es muß auffallen, daß sie bei Hieron. de 
vir. ill. fehlt, obwohl sie doch (vgl. Sokrates) das Hauptwerk 
oder sogar das Lebenswerk des Didymus darstellt. Vielleicht ist 
sie erst nach dem Erscheinen der genannten Hieronymusschrift, 
d. h. nach dem Jahre 392, veröffentlicht worden. Die inneren 
Gründe würden zu dieser Vermutung vorzüglich stimmen. De trin. 
entstand nach de spir. &, macht auch einen viel reiferen Eindruck. 
Ferner fällt das Werk in die Zeit nach Basihus Tod (379, 
vgl. III 22, 920 B), ja nach dem Concile von Konstantinopel 
(381, vgl. Holl ZKG 1904 S. 388): die Macedonianer (I 17, 
941 A; 34, 486 C; II 3, 476 A; 61s 545 B; 19 548 BC; 73 576 A; 


1) Vgl. auch Mingarelli MPG 39, 270 A, Anu. 3. 


6. Schriften allgemeinen Inhalts. 13 


81 604 D 605 ABD 620 C; 10, 633 AB 641 B 645 A 648 B 
649 A; 11, 661 B; 12, 673 B 688 B; III 36, 965 B; 38, 977 B; 
Marathonius II 10, 633 A), die doch erst seit diesem Concile als 
Ketzer «abgestempelt» waren, werden viel lebhafter bekämpft, 
als Arıaner (II 7s 576 B; 81 613 C 620 C; 10, 633 A 648 B 
649 A; 11, 661 B; 12, 673 B 688 B; III 21, 904 A; 30, 949 B) 
und Eunomianer (Il 3, 477 C; 11, 661 B; 12, 673 B 688 B; 
15, 720 A) 1. 

10) Nach Hieronymus (epist. 4819 ad Pammachium — MPL 22, 
509, im Jahre 393 geschrieben) hat Didymus de impari numero 
gehandelt. Das könnte eine Anspielung auf de trin. II 14, 700 C 
(vgl. Mingarelliı MPG 39, 701 C Anın. 51) oder ähnliche Stellen 
(vgl unten Abschnitt 13 unter 1) sein. 


B. Undatierbare Schriften. 


11) Ὑπομνήματα εἰς tà περὶ ἀρχῶν ᾿Θριγένους (Sokrates 
hist. eccl IV 25), eine Verteidigung des Origenes gegen seine 
Ankläger, die ihn nach Didymus’ Ansicht gar nicht verstehen. 
Hieronymus (adv. Ruf. 16; II 11; 16 — MPL 23, 401 C—402 A; 
434 C; 438 D — 439 A) bezeichnet dieses Werk als breves com- 
mentarioli und bemerkt über den Inhalt: die trinitarischen Ketze- 
reien des Origenes deute Didymus in kirchlichem Sinne um; aber 
dessen übrige Irrtümer, de angelorum ruina, de animarum lapsu, 
de resurrectionis praestigiis, de mundo vel intermundiis Epicuri ?, 
de restitutione omnium in aequalem statum et multo his deteriora 
vertrete er ebenso ungescheut wie Eusebius (von Cásarea) Ru- 
finus habe seiner Übersetzung von Origenes' περὶ 
ἀρχῶν Abschnitte aus diesem Didymuswerke eingefügt, 
um Origenes wahre Meinung zu verdeutlichen; so im ersten 


1) Falls die Schrift de trin. erst nach 392 entstanden ist, verliert 
natürlich Holls (ZKG XXV, S. 389) Bemerkung, Didymus’ wegen müsse 
man den Macedonianismus enger mit Macedonius in Verbindung bringen, 
als Loofs (RE? XII, S. 42) das tut, erheblich an Gewicht, wenngleich wir 
dem Gedächtnisse des Blinden wohl recht viel zutrauen dürfen (vgl. die 
Erwähnung des Marathonius de trin. II 10, 633 A). 

2) Origenes Anschauung von den Sternseelen (die übrigens Didymus 
ablehnt de trin. I 32, 428A!) mit der Epikurs von den seligen Zwischen- 
welten zusammenzubringen, in denen die Gótter hausen, ist natürlich eitel 
Verleumdung. 


14 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Buche ein Scholion, in dem erläutert werde, daß der Sohn den 
Vater nicht sehe (damit kann nur de princ. I 18 MPG 11, 129 AB 
Aliud est videre aliud cognoscere — in evangelio dicitur sed 
cognosci gemeint sein!) Vgl. auch Hieron. epist. 84:0 ad Pam- 
machium et Oceanum (MPL 22, 751). 

12) Κατὰ Mavıyalov, Widerlegung der Manichäer mit 
philosophischen Beweisen und Erörterung strittiger Bibelstellen. 
Aus dem in der Handschrift (abgedruckt MPG 39, 1085—1110) 
fehlenden? Anfang (vgl. Alexandri Lycopolitani contra Manichaei 
opiniones disputatio ed. A. Brinkmann, Leipzig 1895, S. IV) 
findet sich ein Bruchstück bei Johannes von Damaskus (sacr. 
parall. MPG 95, 1532 A: dies zugleich das einzige äußere Zeug- 
nis für die Schrift). Der unter Gregors von Nyssa Namen er- 
erhaltene Kara Mavıyalov λόγος (MPG 46, 541) ist, wie schon 
Schröckh (Christliche Kirchengeschichte XI? S. 258) gesehen hat, 
ein größtenteils wörtlicher, nur wenig verkürzender Auszug aus 
Didymus’ contra Manich. 2, 1088C — 1089 B; der Text des 
Didymus ist besser erhalten als der des Pseudogregor (dieser 
liest z. B. ἀγέννητος fälschlich für ἀγένητος). Freilich ist auch 
der Didymustext recht schlecht überliefert. Zunächst ist die 
Capitulatio nicht nur jung, sondern hier und da sinnlos (Trennung 
von 16 und 17: 1108B). Weiter scheinen mehrere Male ganze 
Sätze in falsche Ordnung geraten zu sein (3, 1089 B gehört der 
Anfangssatz des Capitels 7 ϑεία γὰρ bis xal γεννήματα wohl 
hinter τοὺς σοφοὺς λέγων 1089C). Viele Stellen lesen sich wie 
ein Auszug aus einer ausführlicheren Schrift (so das unklare 
18. Capitel). — Didymus’Werk berührt sich mehrfach mit ähnlichen 
Schriften aus jener Zeit: 

a) contra Manich. 11, 1097 D ist nahe verwandt mit Didym. 
in epist. Jud. 1815 AB. 


1) Man wird Hieronymus’ Behauptung, Rufinus habe mehrere Didy- 
musstücke in den Origenestext eingeschmuggelt, ebensowenig ernst nehmen 
dürfen, wie Rufinus’ Bemerkung in seiner Vorrede zu Orig. de princ. (MPG 
11, 113 B — 114 A): si qua sane velut peritis iam et scientibus loquems 
dum breviter transire vult, obscurius protulit, nos, ut manifestior fierd 
locus, ea, quae de ipsa re in aliis eius libris apertius legeramus, adiecims 
explanationi studentes: nihil tamen nostrum diximus; sed licet in 
aliis locis dicta tamen sua sibi reddidimus. 

2) So erklärt es sich, daß in dem heute vorliegenden Texte die Man 
cháer nirgends mit Namen genannt werden, 


6. Schriften allgemeinen Inhalts. 15 


b) contra Manich. 2, 1088C (πάντα τὰ ἐναντία ἀλλήλων 
φϑαρτιχκα) deckt sich im Gedanken mit Basilius in Hexaém. 
II 4 MPG 29, 37 B (δύο ἐξισάζοντα ἀλλήλοις κατ᾽ ἐναντίωσιν 
φϑαρτιχὰ ἔσται πάντως τῆς ἀλλήλων συστάσεως: wenn das 
eine stärker ist, zehrt es das andere auf; sind sie gleich, so gibt 
es ewigen Krieg). 

c) Des Titus von Bostra antimanichüische Streitschrift be- 
rührt sich an einer Stelle (I 13 S. 7 ed. P. A. de Lagarde, Titi 
Bostreni quae ex opere contra Manichaeos edito in codice Ham- 
burgensi servata sunt Graece, Berlin 1859) recht nahe mit Di- 
dymus: ποιοτήτων ui» οὖν ἐναντιότητα ἔστιν ἐν τοῖς οὖσιν 
εὐρεῖν, οὐσίας δὲ οὐδαμοῦ" λευκὸν γὰρ πρὸς μέλαν ἐναντίως 
ἔχει, ἑκάτερον δὲ ἐν σώματι τῇ αὐτοῦ οὐσίᾳ. ἔχει μέντοι αὐτὰ 
πῆ μὲν ἐναντίως πρὸς ἄλληλα, πῇ δὲ οὐχ ἐναντίως. πρῶτον 
μὲν γὰρ ὑφ᾽ ἕν γένος ἐστί (yo ua γὰρ Exarepa) ... ἀλλὰ καὶ 
ἤδη ἀρετή τε καὶ κακία. Vgl. dazu Did. contra Man. 1,1085 C: 
οὐδεμία ἀντίϑεσις ἐναντίων ἐξ ὅλων ἀντίχειται, τῷ καὶ κοινά 
τινα ὑπάρχειν τοῖς ἐναντίοις. οἷον τὸ λευκόν, ἐναντίον ὃν 
τῷ μέλανε, κατὰ μόνας τὰς διαφορὰς ἔχει τὴν ἐναντίωσιν, 
ὄντων αὐτοῖς κοινῶν ἀθώματος καὶ ποιότητος .... οσαύ- 
τως .. ἡ ἀρετὴ καὶ ἡ κακία. Überhaupt ist der ganze Ab- 
schnitt. Didym. contra Man. 1f entfernt verwandt mit Titus I 11 
S. 6—15 S. 9 (besonders Did. 1, 1085 C 1088 À mit Titus I 11 
S. 6 und Did. 2, 1088 CD mit Titus I 15 S. 8). Vgl. auch Did. 
14, 1104 BC mit Titus I 40 S. 24 und Did. 10, 1097 C (plato- 
nische Tugenden) mit Titus II 4 S. 27f usw. 

d) Mit Sarapions von Thmuis Schrift wider die Manichäer 
berührt sich Didymus nur ganz leise; vgl. Did. 2, 1088 C mit 
Lagarde! a. a. Ὁ. S. 79 Z. 30—35 und Did. 10, 1097 C mit La- 
garde S. 91 Z. 39. 

Ich mache besonders darauf aufmerksam, daß der Kampf 
gegen Mani wie ein starker Grundton durch alle Schriften des 
Didymus klingt, besonders durch seine exegetischen. Hat man 
doch sogar gesagt, seine Erklärung der katholischen Briefe sei 
nur zur Bestreitung der Manichüer geschrieben (Chr. Fr. Lücke 
bei MPG 39, 1745 D—1746 A) Zwar werden die Gegner nur 


1) Vgl. Brinkmann in den Sitzungsberichten der Kgl. Preuß. Aka- 
demie der Wissenschaften, Berlin 1894, S. 479ff. 


16 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


selten mit Namen genannt (de trin. II 6,, 548 BC; III 18, 881 
Β; 19, 889 C 892 A; 21,904 A; 42, 989 B; in II Cor. 1724 D; 
in I Petr. 1756 A 1759 B 1760 A 1764 A). Desto häufiger 
werden sie in anderer Weise bezeichnet (oí τὰς φύσεις εἰσά- 
Yovrss, οἱ τὰς φύσεις δογματίζοντες, ψευδοδοξοῦντες ἐπὶ τῆς 
προνοίας o.&.) oder stillschweigend widerlegt (de ΒΡῚΓ. s. 7,1039 A: 
15, 1047B; 45,1072B; in Job 1129D; in psalm. 1160 B 1169C 
1201 C 1205 B 1277 C 1289 C 1340C 1401D 1433C 1569C; in 
act. apost. 1664 AB 1668 D — 1669 A 1669 D — 1672 A 1672€ — 
1673 A. 1676 B —D; in II Cor. 1692 C 1693 CD 1697 B 17084; 
in epist. Jakob. 1752 A; in I Petr. 1758 C 1761 CD 1762 A 1764 CD; 
in I Jo. 1778 BC 1784 BC 1785 A 1790 ΒΟ. 1798 CD — 1800 B 
1805 CD 1807 A; in epist. Jud. 1814 C; Cramer, Catenae Grae 
corum patrum etc. III S. 215f. 269. 304. 378; IV S. 196f). Viel- 
leicht soll es auch Widerspruch gegen den Manichäismus sein, 
daß Didymus sehr oft die Redewendung ὁ τῶν ὅλων ϑεός braucht 
und keine Gelegenheit versäumt, Gottes πρόνοια zu preisen (vgl. 
besonders das Bruchstück 1109 B) Das ist ein neuer Beweis 
für die Tatsache, daß die Manichüer in Ägypten besonders zall- 
reich und geführlich waren: wie es scheint, wurden sie hier auch 
eifriger bestritten, als anderswo, von Heiden sowohl (z. B. von 
dem neuplatonischen Philosophen Alexander von Lykopolis) wie 
von Christen (Athanasius!, Pseudoathanasius contra Apoll! 
Sarapion von Thmuis, Schenute)?. 
13. Ad philosophum. Ein Bruchstück 1109 B aus den ssera 
parall. MPG 96,248 CD. 
14. Περὶ ἀσωμάτου. Ein Bruchstück 1109 C aus den sara 
parall, MPG 96, 524 D. 
15. Περὶ ψυχῆς. Ein Bruchstück erhalten, vgl G. Karo und 
H. Lietzmann in den Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft der 
Wissenschaften zu Göttingen. Phil-hist. Klasse, 1902, S. 319. 
Man hat je und dann versucht, einzelne der genannten 
Schriften einander gleichzusetzen. Hieronymus schließt sein doch 
recht reichhaltiges Verzeichnis von Didymusschriften (de " 
ill. 109) mit den Worten: et infinita alia quae digerere propr 


1) Z. B. contra gentes 4ff. 

2) Vgl. Abschnitt 9 A. 

3) Vgl. Johannes Dräseke, Gesammelte patristische Untersuchung? 
Altona und Leipzig 1889, S. 204, Anm. 32. 








7. Erklärungen biblischer Bücher. 17 


indicis est. Angesichts dieser Worte ist jener Versuch ein ver- 
messenes Unterfangen. 


7. Erklärungen biblischer Bücher. 


Von Didymus’ zahlreichen (Pall. Laus. 4; Hieron. de vir. ill. 
109) Commentaren ist uns keiner vollstindig erhalten. Doch 
waren glücklicherweise nicht alle Catenenverfasser so fanatische 
Verfolger des Origenes, wie Niketas (s. Karo und Lietzmann 
a. a. O. S. 34): so haben sich uns besonders in den Catenen 
schier zahllose exegetische Bruchstücke des Didymus erhalten. 

Es ist selbstverständlich nicht gesagt, daß ein Didymusbruch- 
stück, das z. B. in einer Genesiscatene steht, aus einem Genesis- 
commentare oder überhaupt aus einem Commentare stammt. Der 
Einfachheit halber nehme ich aber in der folgenden Liste an, 
daß die Didymusstücke einer Catene aus einer Erklärung des 
betreffenden biblischen Buches stammen. Jedenfalls wird man, 
je mehr Didymustexte in einer Catene stehen, mit desto größerer 
Wahrscheinlichkeit schließen dürfen, daß Didymus das betreffende 
Buch der Bibel erklärt hat, und daß die Stücke aus seiner Er- 
klärung stammen. Äußere Zeugnisse bringen übrigens sehr oft 
erwünschte Klarheit über diese Fragen. 

Ich habe keinen Wert darauf gelegt, das gedruckte Material 
durch Benutzung von Handschriften zu erweitern. Freilich wäre 
das, dank dem Riesenfleiße von G. Karo und H. Lietzmann 
(Catenarum Graecarum catalogus, in den Nachrichten von der 
Kgl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.-hist. 
Klasse, 1902, S. 1—66, 299—350, 559—620), ein leichtes gewesen. 
Aber die Catenenbruchstücke sind durchweg sehr wenig ergiebig. 
So mußte ich es für Zeitvergeudung halten, zu ihrer Ergänzung 
auch nur eine Stunde zu verschwenden. 

Die folgende Liste ist, der Übersichtlichkeit halber, für das 
Alte Testament nach der Reihenfolge der Bücher im hebräischen 
Kanon angeordnet. 


A. Altes Testament. 


“1. Catenenbruchstücke zur Genesis in Lippomanus’ Genesis- 
catene und bei MPG 39, 1111—1114 (aus der Catene des Nike- 


phoros). Vielleicht bezieht sich Hieronymus epist. 7a ad Evan- 
Texto u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 


18 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria, 


gelum (MPL 22,677) auf einen Didymuscommentar zur Genesis: 
Didymus habe, heißt es hier, Melchisedek für einen Engel ge- 
halten, wie sein Meister Origenes (hom. 1 in Gen.). 

2. Catenenbruchstücke zur Exodus: MPG 39, 1113—1116 
(aus Nikephoros). 

3. Eis τὸν Aor καὶ τὸν Δαβίδ. Ein Bruchstück in den 
sacra parall. MPG 96, 141 CD — 541 B. Über den literarischen 
Charakter dieser Schrift kann man zweifelhaft sein; vgl. Nr. 13. 

4. Die MPG 39,1115—1120 aus Nikephoros abgedruckten 
Bemerkungen zu II Sam. 22 (= Psalm 17 lxx!) stammen sänt- 
lich aus Didymus! Psalmenerklärung (vgl. MPG 39, 1244 B bis 
1245 D). Nikephoros ist nun freilich durchaus nicht vollständig 
(vgl. Karo-Lietzmann a.a. Ὁ. S. 18). Trotzdem scheint es mir 
wahrscheinlich, daß in den Catenen zu II Sam. nur das 22. Capitel 
Didymustexte bietet, und daß diese alle aus dem Psalmencommen- 
tare stammen. Bietet doch schon die sicher lückenhafte Ausgabe 
des Psalmencommentars MPG 39, 1243 ff zu Psalm 17 weit mehr 
Bruchstücke des Didymus, als MPG 39, 1115 ff zu II Sam. 22. 
Übrigens weichen die Scholien zu II Sam. 22 und zu Psalm 17 
im Texte teilweise recht stark voneinander ab. 

.$. Eine Erklärung von Jes. 6 (ob in Form eines Commen- 
tars?) kündigt Didymus in I Jo. 1799B an. 

6. Einen Commentar zu Deuterojesaja, der achtzehn Bücher 
umfaßte, erwähnt Hieronymus de vir. ill. 109 und prol. in Js 
(MPL 24, 21). Bruchstücke erhalten in den sacra parall. MPG 95, 
1093 B 1169 BC; aus dem dritten und sechsten Buche ebenda 
1169 C; aus dem zwölften Capitel (Ὁ χεφάλαιον) ebenda MPG 96 
525 A. 

7. Drei kurze Bruchstücke zu Jeremias bieten Michaelis 
Ghislerii Romani in Jeremiam prophetam commentarii, Lugduni 
1623, tom. I S. 39 A und tom. II S. 740 D 753 BC. Vgl. Karo 
und Lietzmann a.a. O. S. 343. 

8. Εἰς τὸν 207, drei Bücher, im Jahre 386 auf Hieronymus 
Wunsch geschrieben und diesem gewidmet: Hieron. de vir. il. 
109; adv. Rufin. III 28 (MPL 23, 478 D — 479 A); comm. in 
Osee proph. prol. (MPL 25, 819 B — 820 A); comm. in Zachar. 
proph. prol. (MPL 25, 1418 A). Von Hieronymus in seinem Hoset- 
commentare benutzt. Ein Bruchstück in den sacra parall. MPG 95. 
1381 B = MPG 96, 520 A. 


7. Erklärungen biblischer Bücher. 19 


9. Commentar zum Buche Sacharja, in fünf Büchern, rein 
allegorisch, wie Nr. 8 im Jahre 386 auf Hieronymus’ Wunsch ver- 
faßt und diesem zugeeignet: Hieron. de vir. ill. 109; comm. in 
Osee proph. prol. (MPL 25, 8198 — 820 A); comm. in Zach. 
proph. prol (MPL 25, 1418 A). Von Hieronymus in seinem 
Sacharjacommentare benutzt. 

10. Der Commentar zu allen Psalmen wird bezeugt von 
Hieronymus de vir. ill. 109 und epist. 112:0 ad Augustinum 
(MPL 22,929). Er muß ein Riesenwerk gewesen sein, das zum 
Beispiele mit Athanasius Psalmenerklärung gar nicht verglichen 
werden darf. Drei (durchaus nicht vollständige) Veröffentlichungen 
liegen vor: 

a) Balthasar Corderius, Expositio patrum Graecorum in 
psalmos, Antverpiae 1643. 

b) Mingarell bei MPG 39, 1617—1622 (vgl auch 145 BC 
636 CD). 

c) A. Mai bei MPG 39, 1155—1616. 

Migne hat a nicht berücksichtigt. Das ist deshalb nicht 
schlimm, weil fast alle Didymustexte von a sich auch in c finden. 
Ich gebe zum Beweise eine Synopse von a und c für Psalm 1—15. 


Cord. tom. 18. 9 = MPG 39, 1157 B 
12 — C 
13 — 1160 A 
15 — A 

= B 
46 = 1161 D 
112 — 1173 D 
I13 — 1176 B 
118 — 1180 A 
137 = D 
144 -- 1181 C 
160 — 1185 A 
162 — C 
190 — 1188 C 
192 — 1192 A 
195 — 1197 A 
198 = 1204 B 
199 — 1205 A (verkürzt) 
213 — 1208 B 
225 fehlt 
227 — 1216 A 
245 — 1317 € 


2% 


20 - J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Cord. tom. I S. 272 — MPG 39, 1225 D 

277 «-« | 1233 A 

278, τα D 

Auch b und ὁ haben einige Texte gemein: 
MPG 39, 145 BC -- MPG 39, 1252 AB 


636 CD = 1188 BC 
1617 AI = 1205 B 
18 AV = 1273 D 

BV — 1413 A 

C VI — 1417 B 

1019 Ὁ XI] = 1452 B 
1620B XIII  — 1453 D 
XIV = 1456 A 

1622 A XVII = 1477 € 


Zu unserem Bedauern lehren uns auch diese Dubletten, wie 
schlecht die Überlieferung der Catenen ist. Übrigens wird in 
diesem Commentare bereits Apollinarius bekämpft. 


11. Der Commentar zu den Sprüchen Salomos, den Epiphanius 
ins Lateinische übersetzte, wird bezeugt Cassiodor. institut. divin. 
5. Bruchstücke nach Angelo Mai bei MPG 39, 1621—1646, und 
in den sacra parall. (Holl TU, NF. V 2 S. 124). Vgl. auch die 
lateinische Proverbiencatene des Th. Peltanus (Antwerpen 1614) 
und unten Nr. 18. 


12. Bruchstücke der Hioberklürung (bezeugt von Hieronymus 
de vir. ill. 109) nach Youngs Niketascatene bei MPG 39, 1119 
bis 1154. Vielleicht gehört das Didymusbruchstück. der sacra 
parall. MPG 95, 1256 A zum Hiobcommentare. — Nach MPG 39, 
1133 C scheint Didymus einen in Stichen geschriebenen Hiob- 
text benutzt zu haben. 

13. Aoyoc εἰς τὸν Ἰώβ. Ein Bruchstück in den sacra 
parall. MPG 96, 141 C — 541 B. Zum Titel vgl. Nr. 3. 


14. Ein Bruchstück zum Hohen Liede findet sich bei Joannes 
Meursius, Eusebii, Polychronii, Pselli in canticum canticorum ex- 
positiones Graece, Lugduni Batavorum 1617, S. 19. Vgl. Karo 
und Lietzmann a. a. O. 3. 314. 318. 


15. Bruchstücke zum Prediger Salomos verzeichnen Karo und 
Lietzmann 8. 311f. Vgl. ferner Mingarelli bei MPG 39, 719 B 
Anm. 44; Mai ebenda 1614 D Anm.; Holl TU, NF. V 2 S. 155; 
MPG 39, 237. 


7. Erklärungen biblischer Bücher. 91 


16. Zwei Bruchstücke zu Daniel hat Faulhaber gedruckt. 
Vgl. Karo und Lietzmann S. 348. 


B. Neues Testament. 


17. Didymus’ Matthäuscommentar benutzte Hieronymus (de 
vir. ill. 109; comm. in evang. Matth. prol. MPL 26, 20 B) in 
seinem Werke über das erste Evangelium. 

18. Balthasar Corderius, Catena sexaginta quinque Graecorum 
patrum in S. Lucam, Antverpiae 1628, bietet S. 217f ein längeres 
Didymusstück in lateinischer Übersetzung. Seine Vermutung 
(Einleitung Blatt ** verso), es stamme aus Didymus' Proverbien- 
erklärung, wird dadurch nicht zur Gewißheit, daß sie ihm bei 
Fabricius-Harles (MPG 39, 135 D) zuversichtlicher nachgesprochen 
wird. Allerdings scheint Didymus das Lukasevangelium nicht 
commentiert zu haben (Hieron. epist. 1266 ad Algasiam MPL 
22, 1021). 

19. El; τὸ κατὰ Ἰωάννην. Bezeugt durch Hieronymus de 
vir. ill. 109. Bruchstücke sind zu finden: 


a) in den sacra parall. MPG 96, 484 A. 

b) bei Balthasar Corderius, Catena patrum Graecorum in 
sanctum Joannem, Antverpiae 1630, S. 94. 115. 131. 154. 156. 
159. 189. 196. 265. 406. 408!. 

c) bei Angelo Mai = MPG 39, 1645— 1654. 

Migne hat a und b übersehen. b und c decken sich nur zum 
kleinsten Teile (Cord. S. 131 — Mai I; Cord. S. 406 zweites 
Citat — Mai X). 

20. Bruchstücke zur Apostelgeschichte, die sicher einem 
Commentare zu diesem Buche entnommen sind (Wolf MPG 39, 
1633 Anm. 22), finden sich: 


a) bei Wolf = MPG 39, 1653 — 1678. 
b) bei Cramer, Catenae Graecorum patrum etc. Ill. 
c) in Theophylakts Commentar zur Apostelgeschichte. 


Migne hat b und c leider nicht berücksichtigt. Alle Didymus- 
texte von a finden sich, zum Teil sogar ausführlicher, bei Cramer 


— 


1) Die Didymusscholien J. A. Cramers, Catenae Graecorum patrum 
in Novum Testamentum, Oxonii 1814, tom. II, S. 252. 255. 300 stehen alle 
auch bei Corderius. 


99 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


S. 295—175; dazu hat Cramer S. 21. 90. 187—413 noch etwa 
dreißig Didymusstücke, von denen bei Wolf keine Spur zu 
sehen ist. 

21. Ein Bruchstück zum Römerbriefe gibt Cramer a a 0. 
IV S. 196f. Vgl. Karo und Lietzmann a. a. O. S. 600. 

22. Von dem Commentare zum ersten Korintherbriefe gibt 
Hieronymus Bruchstücke in lateinischer Übersetzung (epist. 49: 
ad Pammachium und 1195 ad Minervium et Alexandrum = MPL 
22, 511f und 968—970). 

23. Bruchstücke aus einer Erklärung des zweiten Korinther 
briefes: MPG 39, 1677—1732 (nach Angelo Mai). 

24. Commentar zum Galaterbriefe, vor 387 verfaßt, von 
Hieronymus in seiner Erklärung des Briefes benutzt: Hieron. epist 
1124 ad Augustinum (MPL 22, 918); comm. in epist ad Gal 
prol. (MPL 26, 309 A). 

25. Ein kurzer (commentariol) Commentar zum Epheser- 
briefe wurde von Hieronymus (neben den Werken des Origenes 
und Apollinarius) in seinem Ephesercommentare benutzt (et 
drückt sich sehr euphemistisch aus: vel transferens vel imitans!: 
Hieron. adv. Rufin. I 16. 21 (MPL 23, 409 C 414 C); comm. in 
epist. ad Ephes. prol. (MPL 26, 412 C). 

26. Ein Bruchstück zum Hebräerbriefe bietet Cramer a. 0. 
VII S. 131f (kaum aus einem Commentare). 

27. Commentar zu den katholischen Briefen. Erhalten ist: 


a) die lateinische (wohl oft kürzende oder nur verkürzt er 
haltene) Bearbeitung des Epiphanius (MPG 39, 1749— 1818, nach 
G. Chr. Fr. Lücke). Vgl. Cassiodor. instit. divin. 8. 

b) griechische Bruchstücke: einige bei Migne a. a. O. (eber- 
falls nach Lücke); andere bei Cramer a. a. O, besonders ὙΠ] 
S. 2 (= MPG 39, 1749 A). 30. 52 (vgl. MPG 39, 1762 CD). 63» 
(vgl. 589!). 65. 

Der lateinische und der griechische Text sind stark verdert 
Erich Klostermann (Über des Didymus von Alexandrien in ep 
stolas canonicas enarratio, in den Texfen und Untersuchunge: 
NF XIII 2, 1905) hat mit gewichtigen Gründen in Zweifel ge 
zogen, daß das lateinische Werk den Namen des Didymus m$ 
Recht trägt. Eine sichere Entscheidung ist mir zur Zeit nick 
möglich. Gewiß ist jedoch, daß viele Stellen einen ausgeprägt 


8. Bruchstücke unbekannter Herkunft. 23 


origenistischen Charakter tragen und deshalb, außer von Didymus, 
wohl nur von Euagrius oder von Origenes selbst herrühren kónnten. 
Jedenfalls darf die enarratio nicht mehr als ganz sicherer Besitz des 
Didymus gelten. Klostermann hat vor allem festgestellt, daß ver- 
schiedene Abschnitte der enarratio bei Cramer unter dem Namen 
des Origenes, Chrysostomus, Severus oder namenlos gehen, dagegen 
mehrere Didymusscholien Cramers in der enarratio fehlen. 


Didymus' Exegese bleibt sich so gleich, daf sich die Echt- 
heit vieler Bruchstücke beweisen läßt. Man beachte zum Bei- 
spiel, wie sich der Kampf gegen Mani (s. o. Abschnitt 6 Nr. 12) 
oder die Gegenüberstellung von πράξεις und ϑεωρία (s. u. Ab- 
schnitt 13 unter 6 b) durch all seine Erklärungen zieht. Unecht 
ist natürlich das Chrysostomuseitat in act. apost. 1672 B (Didymus 
eitiert wohl auch anders, vgl. de trin. III 22, 920 B). Aus dogmen- 
geschichtlichen Gründen kann das (übrigens recht schlecht über- 
lieferte: ist οὐχ vor ἐλαττοῦσι zu streichen?) Bruchstück in Jo. 
1652 B — 1653 A wenigstens in der vorliegenden Form nicht von 
Didymus herrühren (τῶν οὐσιῶν οἱ τρόποι οὐ τῶν ὑπάρξεων; 
Gegenüberstellung von ἀγέννητος für den Vater und γεννητὸς 
für den Sohn), trotz einiger Anklänge an seine Redeweise (ra 
οὖν συγκρινόμενα ὁμοούσια u. a.). 


8. Bruchstücke unbekannter Herkunft. 


finden sich 
1. in dem Fragmente aus Euagrius Pontikus [’vworıxog bei 
Sokrates hist. eccl. IV 23 (auch MPG 39, 1109 B). 


2. in den χεφάλαια ϑεολογικὰ des Maximus Confessor, den Sacra 
parallela des Johannes von Damaskus und der Melissa des Mónchs 
Antonius. — Der gedruckte Text der Sacra parallela (MPG 95, 1039 
bis 1588 und 96, 9—544), von denen leider immer noch keine brauch- 
bare Ausgabe vorhanden ist, bietet mehrereStücke doppelt: 95,1312 A 
— 96, 248 C; 95, 1473 CD — 96, 101 C; 96, 61 B — 96, 537 CD; 
96, 372C = 96, 373 A. Ferner ist 95, 1097 C = MPG 39, 201 C. 
Über 95, 1256 A s. oben Abschnitt 7 Nr. 12. Das 95, 1277 A 
dem Gregor von Nyssa zugeschriebene Stück gehórt vielleicht 
dem Didymus (Mingarelli bei MPG 39, 717 CD Anm. 37). Einige 
Didymusscholien sind gedruckt bei Holl, Fragmente vornicünischer 


94 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Kirchenväter aus den sacra parallela herausgegeben, TU NF V2, 
1899, S. 124 ff. 155. 233. 

Vgl auch Theodor Schermann, Die Geschichte der dog- 
matischen Florilegien vom V. bis VIII. Jahrhundert (Texte und 
Untersuchungen, NF XIII 1, 1904), S. 22. 


9. Schriften zweifelhaften Ursprungs, die Didymus 
zugeschrieben werden. 


A. Pseudoathanasius contra Apollinarium. 


Johannes Dräseke hat in seinen gesammelten patristischen 
Untersuchungen, Altona und Leipzig 1889, S. 169—207 (vgl 
seinen Aufsatz „Zur Athanasios-Frage" in Hilgenfelds Zeitschrift 
für wissenschaftliche Theologie XXX VII [III], 1895, S. 23S— 269) 
die Vermutung aufgestellt, die beiden unter Athanasius Namen 
gehenden Bücher de incarnatione domini nostri Jesu Christi 
contra Apollinarium stammten teils (Buch 1, MPG 26, 1093—1132) 
von Didymus, teils (Buch 2, MPG 26, 1131—1166) von Didymus 
Schüler Ambrosius (s. 0.8.8). Allerdings hat er sich nicht 
sonderlich bemüht, seine Vermutung zu begründen. Ich darf als 
allgemein zugestanden betrachten, daß die beiden Bücher den 
Namen des Áthanasius mit Unrecht tragen (vgl. z. B. Loofs RE! 
II S. 201f [1897] und A. Stülcken, Athanasiana TU NF IV 
[1899] S. 70 ff), und daß das zweite Buch nicht die Fortsetzung 
des ersten ist. Dagegen scheint mir Drüseke die Einheit des 
Verfassers ohne genügenden Grund zu bestreiten. Stil und Theo 
logie ist ganz dieselbe. Sogar eine so auffallende Verbindung 
wie σάρχωσις xal ἐνανϑθρώπησις findet sich in beiden Büchem 
(I 21, 1129 C (vgl. 2, 1096 A]; II 2, 1136 A). Was nun Dräsekes 
Didymushypothese betrifft, so berührt sich in der Tat Sprachge 
brauch und Theologie des Anonymus contra Apoll. in vielen 
Punkten mit Didymus: 

1. ἐπιδημία, Erıdnuelv ist ein Lieblingswort auch des Didymus. 

2. Auch Didymus nennt Christus δεσπότης (contra Apoll 
I 1, 1093 B; 3, 1097 A; 9, 1108 B; 10, 1109 C). 

3. Die Zurückhaltung gegenüber dem Dogma, die contr 
Apoll. I 1, 1093 A (der Fromme σιωπῇ σέβεε τὸ xar) vertreten 
wird, ist eine Stimmung, die auch Didymus kennt. 


9. Schriften zweifelhaften Ursprungs, d. Didymus zugeschr. werden. 25 


4. Ferner eifert der Anon. contra Apoll. I 3, 1097 B wie 
Didymus gegen Anthropomorphismen. 

5. Er erklärt 1 9, 1109 A ὁμοούσιος durch ταυτότης τῆς 
φύσεος. 

6. Trotzdem stoßen ihm, wie Didymus, terminologische Ent- 
gleisungen zu wie 13, 1097 B τὴν ἄχτιστον οὐσίαν τοῦ λόγου. 

7. Er redet von der ἀσύγχυτος φυσικὴ ἕνωσις in Christus 
I 10, 1109 B. 

8. Er bekämpft den Manichäismus bei allen passenden und 
unpassenden Gelegenheiten I 3, 1097 B; 12, 1116 A; 14, 1120 B; 
15, 1120 C; 21, 1129 C; II 3, 1136 C; 8, 1144 BC; 19, 1165 A. 

Indessen wird niemand, der die christliche Literatur des vierten 
Jahrhunderts kennt, auf diese im Grunde doch recht gering- 
fügigen Übereinstimmungen Wert legen, und das um so weniger, 
als sich auf der anderen Seite schwere Bedenken gegen Didymus' 
Verfasserschaft geltend machen. So ist es sehr auffallend, daß 
Jesus von dem Anonymus selten (z. B. I 14, 1120 A; 15, 1121 A) 
σωτήρ genannt wird: Didymus bevorzugt gerade diesen Namen !. 
Nun kann man freilich sagen: auf dogmengeschichtlichem Wege 
wird sich über Dräsekes Didymushypothese kaum ein sicheres 
Urteil gewinnen lassen: wir haben für Didymus kein Vergleichs- 
material, da er sich nicht gerade oft gegen Apollinarius äußerte 
(wir werden unten (Abschnitt 17 unter D] sehen, daf er dies 
mit gutem Grunde tat)  Desto entscheidender wird Drüsekes 
Annahme durch den Stil des Anonymus widerlegt. Didymus 
schreibt nachlüssig und langweilig (vgl. Abschnitt 11). Der Ano- 
nymus ist stets rhetorisch und lebhaft. Sehe ich recht, so geht 
sein hellenisches Gefühl für den Wohllaut sogar so weit, daß 
ihn der Hiatus stört. Besonders auffällig ist seine Vorliebe für 
Rhythmus und Reim. Dazu finden wir bei dem Anonymus noch 
einige charakteristische Eigenheiten des Stiles, die wir in Didymus- 
texten vergebens suchen werden. Worte mit der Endung -ua 
(z. B. unvvua) lesen wir fast in all seinen Capiteln. Mit be- 
sonderem Vergnügen zieht er aus Behauptungen der Gegner bos- 
hafte Schlüsse (z. B. I 11, 1112 B). Nach alledem kann Didy- 
mus nicht Verfasser der Bücher contra Apoll. sein. Für den, 
dem die aufgezählten Berührungspunkte zwischen dem Anonymus 


1) 8. unten Abschnitt 15 unter B. 


26 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


und Didymus besonders eindrucksvoll sind, bliebe also nur die 
Móglichkeit, in dem Unbekannten den Didymusschüler Ambrosius 
zu sehen. Und wie schön: gerade von diesem Ambrosius be- 
richtet uns Hieronymus (de vir. ill. 126), er habe gegen Apolh- 
narius geschrieben! Nur schade: das einzige, was wir von der 
Streitschrift des Ambrosius wider Apollinarius wirklich wissen, 
paßt nicht auf Pseudoathanasius. Sie war ein volumen multorum 
versuum. Die beiden Bücher des Unbekannten sind dagegen, 
mit dem Maßstabe des vierten Jahrhunderts gemessen, ein sehr 
kurzes Werk. 

Übrigens hat sich schon Stülcken a. a. O. S. 75 über diese 
Didymushypothese Dräsekes sehr kritisch geäußert. 

Mit dem Gesagten erledigt sich zugleich die Bemerkung 
Stülckens S. 58 Anm. 1: «Wenn Dräseke mit Recht den Didy- 
mus als Verf. von c. Apoll. I vermutet, so könnte von ihm... 
vielleicht auch c. Ar. IV (MPG 26, 467—526) um 340 stammen (?)» 
Es ist ja auch sehr fraglich, ob Didymus schon um 340 schrift- 
stellerisch tätig war. 


B. Pseudobasilius adversus Eunomium IV. V. 


Das unter Basilius des Großen Namen gehende vierte und 
fünfte! Buch gegen Eunomius ? wird wohl von keinem Geschichts- 
forscher mehr dem Basilius zugewiesen. Aber auch die Ver- 
mutung Drüsekes?, es sei ein Werk des Apollinarius, darf als 
widerlegt gelten *. Nun haben aber Anatolij Spasskij, Apollinaris 
von Laodikea, 1895 (ich kenne das russisch geschriebene Werk 
nur aus den Bemerkungen N. Bonwetschs in Karl Krumbachers 
Byzantinischer Zeitschrift VI 1897, S. 177 und im Theologischen 





1) Die Trennung in zwei Bücher findet übrigerf nur in einer Hand 
schrift statt. 

2) MPG 29, 671—774, auch bei Johannes Drüseke, Apollinarios vos 
Laodicea, TU VII 3—4, 1892, S. 205—951, vgl. S. 403 bis 428; ich citiere nach 
Migne. 

3) A. a. O., 8. 122—138 und vorher in dem Aufsatze: Des Apollinarios 
von Laodicea Schrift wider Eunomios ZKG XI 1890, S. 22— 961. 

4) S. besonders F. X. Funk. Die zwei letzten Bücher der Schrift Ba- 
silius’ d. Gr. gegen Eunomius, in seinen Kirchengeschichtlichen Abhand- 
lungen und Untersuchungen II, Paderborn 1899, S. 291—329, auch im Compte 
rendu des internationalen katholischen Gelehrtenkongresses in Freiburg it 
der Schweiz 1897; vgl. die Tübinger Theologische Quartalschrift 1901. 


9. Schriften zweifelhaften Ursprungs, d. Didymus zugeschr. werden. 27 


Litteraturblatt 1896 Nr. 17) und, unabhängig von ihm, F. X. Funk 
(a. a. O. S. 310—329 und in der Tübinger Theologischen Quartal- 
schrift 1901 S. 113 ff) nachzuweisen gesucht, die Schrift stamme 
von Didymus. Wie es scheint, mit gutem Erfolge: wenigstens 
haben ihre Aufstellungen überall Zustimmung oder doch wenig- 
stens starke Beachtung gefunden (Bonwetsch a. a. O.; G. Krüger 
RE? IV [1898] S. 639; A. Jülicher in den Góttingischen gelehrten 
Anzeigen CLXIIT, 1901, S. 194f; H. v. Schubert in Möllers Lehr- 
buch der Kirchengeschichte I?, 1902, S. 502). Nur Holl (Am- 
philochius S. 245 Anm. 1) hat Didymus Verfasserschaft ab- 
gelehnt. 

Wie ich glaube, hat Funk bewiesen, daß Didymus und Pseudo- 
basilius in irgend einer literarischen Beziehung zu einander stehen. 
Die Beispiele, durch die er das belegt, lassen sich sogar 
noch vermehren. Funk faßt nun (Abhandlungen II S. 317) die 
Frage ganz richtig so auf: entweder ist Pseudobasilius selbst 
Didymus, oder er ist mit Didymus literarisch verwandt. Aber 
im weiteren Verlaufe seiner Erórterung nimmt Funk unbedenk- 
lich an, Pseudobasilius sei Didymus, und setzt dieses so «ent- 
deckte» neue Didymuswerk gleich dem πρῶτος λόγος (s. o. S. 11), 
den er außerdem mit Didymus’ zwei Büchern gegen die Arıaner 
(oben S. 11) und dem dogmatum volumen (S. 9) identificiert. 
Die Worte infinita alia des Hieronymus kümmern ihn nicht. 
Eine ganze Reihe eigentlich zwingender Gegengründe wird mit 
einigen schónen Worten erledigt: Pseudobasilius ist ursprünglich 
ein Buch; ebenso ist der πρῶτος λόγος sicher nur ein Buch; 
doch das Werk contra Arianos zählte zwei Bücher usw. Aber 
ein Beweis für Didymus' Verfasserschaft wird nicht beigebracht. 
Ist es denn nicht schon an sich recht bedenklich, einem blinden 
Schriftsteller Selbsteitate zuzumuten? Wird Didymus sich seine 
eigenen Werke haben vorlesen lassen? 

Folgendes ist zur Entscheidung der Frage zu bedenken: 

1. Der Text des Pseudobasilius ist sehr schlecht überliefert. 
673 C εἰ τὸ “πιστεύειν bis 676 A ἐξ ἀνάγκης ϑάνατον gehört 
wohl vor εἰ ἡ γνῶσις πατρὸς 676 A. 704 C fehlt vor εἰ γέννημα, 
φασὶν eine Überschrift. Die Überschrift 705 C gehört vor πρὸς 
τὰ xtiouara οὖν 705 B. 725 B wird durch die Überschrift ein 
Satz auseinandergesprengt. 

2. Pseudobasilius ist keine literarische Einheit. Bereits 


98 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Drüseke (TU VII 3—4, S. 126, auf Grund einer Beobachtung 
Jahns) hat bemerkt, daß der Schlußabschnitt περὶ πνεύματος 
768 B— 773 wenig mehr ist als ein Cento aus Plotin und nicht 
vom Verfasser des Ganzen herrühren kann (das lehrt schon die 
Überschrift, die ebenso gut an der Spitze des fünften Buches 
stehen könnte). Ferner hat Funk (Abhandlungen II S. 306—309) 
darauf aufmerksam gemacht, daß man sich von den bekümpften 
Gegnern keine klare Vorstellung machen kann: der Titel adver 
sus Eunomium paßt wie die Faust aufs Auge. Ich weise noch 
auf folgendes hin. 680 AB wird «bewiesen», daß etwas Anfangs 
loses nicht, weil es anfangslos ist, auch endlos sein muß; 6840€ 
"wird diese Behauptung als tóricht bezeichnet (von Didymus 
kónnte nur die letztgenannte Stelle herrühren; vgl. adv. Ar. & 
Sab. 2, 1284 A; de trim. I 15, 321 B): das kann ein und der 
selbe Mann in so kurzer Aufeinanderfolge nicht geschrieben 
haben. Ferner behandeln einzelne Stücke (z. B. 680 D ff) den 
Gegenstand mit einer nimmer enden wollenden Breite, wie sie 
selbst in jenem Jahrhundert der Schreibseligen nicht an der 
Tagesordnung war: es gehört ein gutes Stück Geschmacklosig- 
keit dazu, diese Abschnitte als das Werk einer Feder zu be 
trachten. Endlich ist das Stück 709 BC im Grunde nur ein 
Doppelgänger von 705 C — 708 C. Weist nicht vielleicht auch 
das häufige εἰς τὸ αὐτό darauf hin, daß Pseudobasilius mit der 
Schere gearbeitet hat? Wäre der Text besser überliefert, so 
würde man vielleicht mit Erfolg Quellenscheidung vornehmen 
können. Freilich wäre dazu auch eine starke Einbildungskraft 
nötig; denn die Kirchenväter des vierten Jahrhunderts sehen 
einander noch viel ähnlicher, als J und E in der Exodus. 6926€ 
wird auf 680 C zurückgewiesen: für diese beiden Stücke steht 
also wohl die Einheit der Verfasser fest. 

3. Pseudobasilius bietet im allgemeinen nur Auszüge In 
vielen Fällen wird das durch die äußere Form erwiesen. Die 
kurzen Schlußsätze 672 Aff haben, wie Funk unermüdlich be 
tont, eine ausgezeichnete Parallele bei Didymus de trin. III 2 
785 A ff: dieses Didymuscapitel ist aber nur eine kurze Zusam- 
menfassung der beiden ersten Bücher de trin. Pseudobasilius 
gibt aber nicht nur Auszüge, sondern ungeschickte Auszüge, 
und wird sich dadurch selbst zum Verräter. 712 BC wird der 
Nachsatz zweimal hintereinander zu früh gebracht und muß 


9. Schriften zweifelhaften Ursprungs, d. Didymus zugeschr. werden. 29 


beide Male in recht störender Weise wiederholt werden. 725 B 
(χαϑάπερ ἀρτίως ἐμνήσϑημεν) und C (ὡς προαποδέδεικται) 
wird auf Vorhergesagtes verwiesen, das man in dem Buche ver- 
gebens suchen wird. 

4. Betrachten wir den Lehrgehalt des Pseudobasilius, so ge- 
wahren wir zunächst in der Tat viele Berührungspunkte mit 
Didymus: 

a) Pseudobasilius hat eine Vorliebe für Adjektiva auf -ıxoc. 

b) Er ist Trichotomist 696 A. 

c) Er braucht sehr oft das Wort ϑεότης, namentlich in der 
Verbindung μία ϑεότης 732 A 760 D 761 AB vgl. 760 B. 

d) Ebenso betont er sehr stark, daß die Gottheit nur eine 
ἐνέργεια besitzt. 

e) Der altnicänische Sprachgebrauch, der von der ovoía des 
Vaters redet, ist ihm nicht fremd 676 A 749 B. 

f) Der Gedanke, daß der Sohn συναΐδιος ist, ist ihm sehr 
wertvoll 676 B 677 A. 

g) Daß der Sohn die gleiche δόξα besitzt, wie der Vater, 
wird oft hervorgehoben. 

h) Jesus heißt oft λόγος. 

i) Auch der Beiname σωτήρ wird dem Sohne sehr oft bei- 
gelegt 680 B 685 B 697 CD 700 AC 704 B 705 B 708 ABC 
709 AB 717 B 721 A 729 B 753 D. 

k) Endlich erinnert die Wendung τὴν χυριακὴν σάρχα an 
den Sprachgebrauch des Didymus. 

Ich muß freilich auch hier darauf aufmerksam machen, daß 
all diese Berührungspunkte, selbst in ihrer Gesamtheit, keinen 
entscheidenden Beweis für Didymus’ Verfasserschaft ergeben, 
sondern eine solche zunächst nur als möglich erscheinen lassen. 

5. Nun sind wir in diesem Falle in der glücklichen Lage, 
mit dogmengeschichtlichen Gründen nachweisen zu können, daß 
Didymus in keinem Falle dem Pseudobasilius gleichgesetzt 
werden darf. 

a) Pseudobasilius bevorzugt zur Bezeichnung der trinitarischen 
Person das (latinisierende!) Wort πρόσωπον 724 A 756 A (zwei- 
mal) 757 AB, wührend er ὑπόστασις meist in anderem Sinne 
verwendet: 736 C — δημιουργία (ähnlich 745 C); 749 B — οὐσία; 
157 B — Existenz (?). 

b) Er nennt seine Gegner ἀνομοιουσιασταί 752 A. 


30 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


c) Er bezeichnet den Geist als παράχλητος 685 A 716 C; 
das tut Didymus nur ganz selten (in act. apost. 1661 D; de trin. 
II 620 553 A; 23557 A; besonders lehrreich ist de trin. III 413 
984 C: ἐχεῖνοι λέγουσιν τὸν Movravov ἐληλυϑέναι καὶ ἐσχηχέναε 
τὸ τέλειον τὸ τοῦ παραχλήτου, τοῦτ᾽ ἔστιν τὸ τοῦ ἁγίου 
πνεύματος: Didymus hält sich also für verpflichtet, den Aus- 
druck παράχλητος zu erklären!). 

d) 681 AC wird das Prädicat ἀγέννητος des Vaters als 
ὑπάρξεως τρόπος bezeichnet (vgl Holl, Amphilochius S. 245 
Anm. 1). Didymus kennt das Prädicat ἀγέννητος für den Vater 
gar nicht; er scheint nicht einmal das Wort ἀγέννητος in seinem 
Sprachschatze gehabt zu haben. Zweitens ist der Ausdruck 
τρόπος τῆς ὑπάρξεως erst geraume Zeit nach Didymus ver- 
breitet worden: er findet sich weder bei Athanasius, noch bei 
den drei großen Kappadociern, sondern ist eine Schöpfung des 
Amphilochius von lkonium (Holl a. a. O. S. 240 ff). Sachlich 
ist Didymus freilich in der Lehre von den später so genannten 
τρόποι τῆς ὑπάρξεως teilweise weiter fortgeschritten, als Pseudo- 
basilius. Didymus scheidet scharf zwischen der γέννησις des 
. Sohnes und der ἐχπόρευσις des Geistes. Pseudobasilius hat die 
verschiedene Entstehungsweise des Sohnes und des Geistes nicht 
in Formeln zu fassen gewagt; er beschränkt sich darauf, hier 
ein Geheimnis festzustellen: σιωπήσωμεν οὐ βουλόμενοι và τοῦ 
ϑεοῦ περιεργάζεσϑαι 732 C — klingt das nicht eher wie ein 
Wort des echten Basilius? Andrerseits fehlt bei Didymus freilich 
die Gegenüberstellung von ἀγεννησία und γέννησις: hier bleibt 
er hinter Pseudobasilius zurück. 

e) 701 B 704 B bezeichnet Pseudobasilius die menschliche 
Seite Jesu als ἀνθρωπότης (Gegensatz: ϑεότης). Didymus kennt 
dieses Wort nur in dem Sinne «die Menschen» adv. Ar. et Sab. 
7, 1292 A; de trin. III 3, 821 CD; in psalm. 1464 €; wohl auch 
Cramer, Catenae etc. VII S. 132 (ebenso Basilius adv. Eun. I 18). 

f) 704 C ist ziemlich deutlich von zwei φύσεις des Sohnes 
die Rede: ov óvo λέγομεν. ϑεὸν ἰδίᾳ καὶ ἄνϑρωπον ἰδίᾳ — 
εἷς γὰρ ἦν —, ἀλλὰ κατ᾽ ἐπίνοιαν τὴν ἑκάστου φύσιν λογι- 
ζόμενοι. 

g) Den Satz 760 C, auch die alttestamentlichen Väter hätten 
den Logos und den Geist angebetet, hätte Didymus kaum ohne 
Einschränkung ausgesprochen (vgl. Abschnitt 14 unter A). 


10. Charakter. 31 


h) Auch hätte Didymus den origenistischen Satz, alles An- 
fangslose sei endlos, nicht verworfen; s. ob. S. 28 unter 2. 

i) Für viele Erórterungen des Pseudobasilius finden wir bei 
Didymus nicht die geringste Parallele. Um den Unterschied von 
ποιεῖν und γεννᾶν (673 B 689 B) hat er sich ebenso wenig ge- 
kümmert, wie um die Frage, ob die ἀγεννησία zur οὐσία Gottes 
gehóre (680 D) usw. 

k) Endlich unterscheidet sich auch Pseudobasilius Stil von 
dem des Didymus (Vorliebe für ἀλλότριος; er führt gern ad 
absurdum usw.) 

Wir kommen so zu dem Ergebnisse: wohl sind einzelne 
Stücke des Pseudobasilus irgendwie mit Didymus verwandt; 
aber das Buch als solches kann nicht von ihm stammen. Wir 
dürfen Pseudobasilius also nicht als Quelle benutzen für die 
Darstellung von Didymus' Theologie. In der Tat berühren sich 
einzelne Stücke des Werkes eher mit Basilius als mit Didymus 
(680 D ff vgl. Basil. adv. Eunom. I 618; vgl. ferner oben S. 30). 
Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, daß Athanasius Bei- 
träge zu Pseudobasilius geliefert hat. Wendungen wie xàv 
Eévóutoc un ϑέλῃ 708 C oder ὅπερ ἄτοπον 684 C erinnern 
stark an seinen Sprachgebrauch (vgl Stülcken TU Neue Folge 
IV 4, S. 14). | 

Die Anschauungen über Didymus' Theologie, die im Voran- 
stehenden vorausgesetzt sind, werden in den folgenden Abschnitten 
begründet werden. 

Um zukünftigen literarkritischen Untersuchungen den Weg 
zu ebnen, gedenke ich den theologischen Sprachgebrauch des 
Didymus so genau als möglich darzustellen. 


10, Charakter. 


Didymus war blind. Die Schranken, die ihm die Natur ge- 
zogen hatte, deuten uns das Rätsel seiner Persönlichkeit. Didymus 
war, als Christ und als Grieche, alles das auch, was seine Zeit- 
genossen waren. Aber er war auf der einen Seite mehr als sie 
ein Durchschnittsmensch; auf der anderen entfernte er sich weiter 
vom Durchschnitt, als irgend einer. Seine Blindheit fesselte ihn 
an einen engen Wirkungskreis. Nie hat er auf dem Marktplatze 
des Lebens gestanden und tausend Eindrücke auf sich einstürmen 


a‘ 


39 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


lassen: so ward ihm nie die Gelegenheit, im Kampfe mit der 
Welt sein Selbst zu behaupten und auszubilden. Und wenn dann 
doch einmal starke Impulse bis in seine stille Klause drangen, 
so gab er sich ihnen um so williger hin, bis das Neue ganz in 
ihn eingegangen war: darf man sich wundern, daß in seinem 
Kopfe manch einseitige Auffassung und manch wunderlicher Ge- 
danke entstand? Aber Didymus' Einseitigkeit ist nicht die Ein- 
seitigkeit des Charakters, der im Kampfe selbst zum Eisen wird. 
Trotz aller Einseitigkeit hat es Didymus nie zur Einheitlichkeit 
in seinem Denken und Wollen gebracht: er hat viele Anschauungen, 
alltágliche und eigenartige; aber keine wiegt vor; ihnen fehlte, 
wie wir sagen, der Charakter: es bildet ein Talent sich in der 
Stille, sich ein Charakter in dem Strom der Welt. 

Dazu kommt noch eins. Der blinde Didymus hat wohl 
manches Mal einen Fehlgriff getan oder eine Wand angestoßen. 
Die Achtsamkeit aber, die er sich so im natürlichen Leben hatte 
aneignen müssen, übertrug er unwillkürlich auf das geistige 
Leben. Er ward zurückhaltend und vorsichtig. Müßte ich ein 
Motiv nennen, das Didymus! ganzes Tun beherrscht, so würde 
ich es in der Vorsicht suchen, die so wenig wie möglich tut. 

Didymus hat in die Streitigkeiten seiner Zeit nie persónlich 
eingegriffen. So wurde er auch nie berührt von den Leiden- 
schaften des Kampfes, die damals die ganze Welt ergriffen. Wer 
Didymus' Schriften liest, den muten die trinitarischen Streitigkeiten 
wie eine akademische Disputation an. Man ahnt nichts von den 
Blutzeugen, die für Athanasius und auch für Arius eingetreten 
waren. Man glaubt kaum, daß Didymus' Schriften in demselben 
Alexandria geboren wurden, das so oft der Schauplatz mórderischen 
Kampfes war. 

Wenn Athanasius etwas nicht war, so war er kein Fanatiker!. 
Man lese sein Urteil über die Homóusianer?: »Die, die alle Be- 
schlüsse von Nicäa annehmen und nur wegen des Wortes ὁμο- 
ovorog Bedenken tragen, dürfen nicht als Feinde betrachtet 
werden . .. wie Brüder besprechen wir uns mit Brüdern, die 
denselben Sinn haben, wie wir, und nur über den Namen 
Zweifel hegen.« Man denke vor allem auch an Athanasius’ ver- 


1) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte II?, S. 24f. 
2) De synod. 41. 


10. Charakter. 33 


sönliches Verhalten auf dem Concile von Alexandria 362!. Aber 
trotz alledem: die Ketzerei des Arius hat er, wie sein Vorgänger 
Alexander von Alexandria, nur auf eine Eingebung des Teufels 
zurückführen können’. Ja, er scheute sich nicht, dem Kaiser Kon- 
stantius einen Platz nahe dem Antichrist anzuweisen: πολλὰ xal 
ἀποδείξειεν ἄν τις εἶναι προοίμια τοῦ ἀντιχρίστου τὰ ἐπιτη- 
δεύματα Κωνσταντίου 3. 

Didymus lagen solche Gedanken ganz fern. Vergleicht man 
seine Polemik mit der des Athanasius, so muß man sagen: er be- 
handelte die Ketzer geradezu höflich. Er schalt sie einmal 
Betrunkene®. Meist begnügte er sich, sie «ganz gottlos» (aoe- 
Beotaroı), «waghalsig», «irrend» zu nennen: das waren, in der 
Sprache des vierten Jahrhunderts, sehr milde Ausdrücke. Was 
Didymus aber vor all seinen Zeitgenossen auszeichnete, war sein 
gutes Zutrauen zu der Kraft seiner Beweise®. Er stritt wohl nie 
persönlich mit seinen Gegnern. So wußte er nicht, wie das 
Athanasius wußte, daß hinter den spitzfindigen Unterschieden der 
dogmatischen Ausdrücke und hinter der gewaltsamen Umdeutung 
so vieler Bibelstellen unversöhnliche Gegensätze der Frömmig- 
keit verborgen lagen’. Er meinte, es sei im wesentlichen ein 
Streit um die rechte Deutung der heiligen Schrift, der sich mit 
den Hilfsmitteln der Exegese und der Dialektik wohl schlichten 
lasse. Nur einmal finden wir bei ihm die Überzeugung ange- 
deutet, daß auch die Ketzer sich für unwiderlegbar halten®. Sehr 
lebrreich ist die Schilderung der Antichriste, die Didymus in I 
Jo. 1784 BCD entwirft: sie entbehrt fast jeder Spitze gegen eine 
bestimmte Ketzerei. Antichriste sind: qui falsa de Christo docent; 
qui semet ipsos collegio fidelium segregarunt; qui contraria 
sapiunt quam Christi confitetur ecclesia. Auch Nichtchristen 


]) Athan. tom. ad Antioch. 5f. 

2) Bei Sokrates hist. eccl. I 6 (πρόδρομος τοῦ ἀντιχρίστου) und Theo- 
doret. hist. eccl. I 4 1.9. 

3) Athan. contra Arian. I 1. 7 f. 

4) Athan. hist. Arian. ad mon. 80. 5) De trin. I 9, 280 A. 

6) Holl ZKG XXV, 8. 394 (hier auch die Belegstellen). 

7) Allerdings ist Didymus! eigene Frömmigkeit sehr farblos (s. u. 
Abschnitt 15). — Übrigens hat auch Didymus’ Meister Origenes ein sehr 
mildes Urteil über die Ketzer (Harnack a. a. ©. I3, S. 606). 

8) In psalm. 1433 A: ol ἑτερόδοξοί φασι μηδένα εἶναι τὸν καταλαβεῖν 
δυνάμενον τὴν χεχομψειμένην αἰτῶν xal σεσοφισμένην διδασχαλίαν. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 8. 


) 


34 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


gegenüber findet Didymus keinen scharfen Ton. Wir sahen oben 
(S. 15f), daß er die Manichüer sehr ausführlich bestreitet; daß 
er es lebhaft tut, kann man nicht behaupten. Man lese dagegen 
die Schrift des Titus von Bostra gegen die Manichüer. Wie ge- 
schickt weiß dieser Mann den Gegnern eine Blöße nach der 
anderen aufzudecken! Mit welch ausgesuchter Boshaftigkeit zieht 
er aus den Sätzen der Ketzer Schlüsse, deren Richtigkeit diese 
um keinen Preis zugeben können! Mit welch unbändiger Lust, 
welch echtem Hellenenstolze führt er Mani immer und immer 
wieder vor, daß er ein Barbar ist und gar nicht ordentlich denken 
kann !! Didymus besaß vielleicht größere Kenntnisse der Philo- 
sophie und größere Fertigkeit in der Dialektik, als Titus von 
Bostra; aber er hatte nie gelernt, seine Schätze zu verwerten. 
Am allerauffallendsten ist es, daß er die gefährlichsten Gegner 
des Christentums in seiner Zeit, die Heiden, kaum erwähnt; nur 
an ganz wenigen Stellen verrät er uns, daß es überhaupt noch 
solche gibt ?. 

Didymus Bescheidenheit und Zurückhaltung zeigte sich 
natürlich am deutlichsten in den positiven Darlegungen seiner 
Theologie. Er stand hierin nicht allein. In weiten Kreisen 
namentlich der Laien sah man alle gedankenmäßige Durchdringung 
der trinitarischen und christologischen Dogmen mit scheelen 
Augen an. Gerade Gebildete, wie der Kirchenhistoriker Sokrates 
Scholastikus?, bezeichneten es als ihr Ideal, dem Glauben an die 
Dreieinigkeit und an den Gottmenschen den Schleier des Ge- 
heimnisvollen zu lassen*. Doch nicht nur Laien dachten so. 
Athanasius hebt gern hervor, daß göttliche Dinge oft undenkbar, 
oft Geheimnisse sind*. Ja, im Grunde ist uns auch die Schöpfung 
ein Geheimnis®. Es ist unsere Pflicht, dieses Geheimnis nicht 
durch vorwitzige Fragen entrüseln zu wollen’. Ganz ähnlich 


1) 11,8.1; 11,8. 6 de Lagarde u. 0. 

2) Contra Man. 16, 1108 A; in prov. 1025 C usw. Gegen die Heiden ist 
wohl auch der Satz gerichtet, daß Gott ἀχειροποίητος ist: adv. Ar. et Sab. 
9, 1293 C; de trin. II 6233 557 A. 

3) Hist. eccl. III τὶ j 

4; Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113, S. 273, Anm. 1. 

9) Contra Arian. II 36; epist. ad Sarap. I 15; IV 4f. Dem Grund- 
satze «Credo quia absurdum» kommt Athanasius de incarn. verbi 1 recht 
nahe. Ähnlich urteilt gelegentlich selbst Origenes. 

6) Epist. ad Sarap. II 1. τ) Contra Arian. I 29. 


10. Charakter. 35 


fühlt, um noch ein Beispiel zu nennen, Basilius von Cäsarea 1. 
Fast mit Athanasius’ Worten hebt er hervor: die ganze Natur 
ist uns ein unlösbares Problem: wie viel mehr ist es Gott?! An 
der Kleinigkeitskrämerei des dogmatischen Streites beteiligt er 
sich stets nur widerwillig: er hält sich für schuldig, wenn er es 
doch tut, und ist froh, die Schuld auf Ketzer und Heiden abladen 
zu dürfen?. Ganz dieselbe Stimmung finden wir bei Didymus; 
nur ist sie, wie wir nach dem Gesagten von vornherein erwarten 
dürfen, bei ihm viel stärker ausgeprägt. Wohl schätzt er die Er- 
kenntnis: πάντες ἄνϑρωποι κατὰ φύσιν TOD γινώσχειν ὀρεγό- 
μεϑαἍ: er wäre kein Grieche, wenn er anders urteilte. Aber die 
menschliche Erkenntnis ist etwas recht Erbärmliches: trinitatis 
scientia substantialis est, creaturarum vero affectus quidam su- 
scipiens maius et minus®. Dazu kommt, daß das menschliche 
Denkvermógen durch die Sünde getrübt wird$. So hat alle Er- 
kenntnis nur einen sehr bedingten Wert; und von Gott würden 
wir gar nichts wissen, wenn nicht Gottes Offenbarung sich unserem 
geringen Verstande anpaBte?. Didymus ist auch Manns genug, 
diese Grundsätze wenigstens teilweise durchzuführen. Sehe ich 
recht, so tritt seine Zurückhaltung in den älteren Schriften stärker 
zutage als in den jüngeren. Er wagt es nicht, seinen Lesern 
alle Gedanken mitzuteilen, die er auf dem Herzen trägt®. Nur 
wenige Worte braucht er häufiger als ἄρρητος, ἀπόρρητος, ἄφρα- 
στος, μυστήριον. Er will lieber nichts sagen, als etwas Falsches: 
expedierat quidem fideli et timido moderanti vires suas magni- 
tudinem praesentis quaestionis silentio praeterire!?. Stets hat er 
das Bewußtsein, daß er nicht wert ist, die großen Geheimnisse 


1) Vgl. Holl, Amphilochius S. 129 f. 2) MPG 32, 280 f. 
3) De spir. s. 1 2; IL 4 ff. 4) De trin. III 1, 776 A. 
5) In 1 Jo. 1787 C. 6) De trin. I 28, 409 A. 


7) Adv. Ar. et Sab. 3, 1284 C — 1285 A. 

8) De trin. III 1, 781 B. 

9) Ich füge ein paar Belegstellen bei: ἄρρητος de trin. I 16, 332 A 
340 A; 26, 392 CD; 27, 404 C; 31, 424 B; 32, 429 A; 36, 441 A; II 1, 452 €; 
δ, 504 B; 64 020 C; 73 565 B; 81 608 A 613 D 616 A 620 B; 3 629 A; 12, 
673 B; 14, 700 B 705 B; III 3, 821 C; 4, 532A 836 A; 18, 881 B; 19, 885 B 
892 B; 23, 994 C; 31, 957 A; 40, 984 A; ἄφραστος de trin. II 7, 589 A; 
26, 192 B. 

10) De spir. s. 1, 1033 B; vgl. 35, 1067 B; 63, 1055 A; de trin. I 35, 
437 B; in II Cor. 1725 D. 

3* 


36 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Gottes zu erforschen. Und dabei ist er ein Nachfolger jenes 
Klemens von Alexandria, dem Erkenntnis höher stand als selbst 
das ewige Heil?! Es stimmt zu dem Gesagten sehr gut, dab 
Didymus auf viele Fragen nicht eingeht, die seinen Freunden 
ganz geläufig sind: so auf den τρόπος ὑπάρξεως des Vaters, auf 
die Versöhnung der Lehre von den τρεῖς Vxootaottc mit dem 
Monotheismus und anderes. In desto schürferem Gegensatze zu 
dieser zurückhaltenden Stimmung steht die Sicherheit, mit der 
Didymus die Grundzüge seiner Trinitütslehre vorträgt?. Nirgends 
deutet er an, daß seine Formeln erst wenige Jahre alt sind. 
Nirgends kommt ihm der Gedanke, daß sie einen verwegenen Ein- 
bruch in das Allerheiligste des Glaubens bedeuten. In Sachen 
der Trinitätslehre gibt es kein asylum ignorantiae, auf dessen 
Boden Nicäner und Arianer sich friedlich vereinigen könnten‘ 
Vom Wesen Gottes wissen wir ja ohnedies nur sehr wenig* 
dieses Wissen darf deshalb nicht aufgegeben werden. Und ebenso 
sicher, wie in seiner Trinitätslehre, ist Didymus in seinem On- 
genismus®. Die jungnicänische Trinitätslehre und der Origenismus 
haben die stärksten Einwirkungen auf Didymus ausgeübt. Er hat 
beide ganz in sich aufgenommen und mit der wunderbaren Ge 
dächtniskraft, die alle Blinden auszeichnet”, all ihre Einzelheiten 
sich gemerkt. Aber weder hat er sie unter einander in Einklang 
gebracht, noch hat er sie mit seiner alle metaphysische Speculation 
anzweifelnden Stimmung versöhnt. Der Gelehrte in der stillen 
Klause besaß nicht die Kunst, Unwichtiges im rechten Auger 
blicke zu vergessen und Wertvolleres an seine Stelle zu setzen: 
so blieb seine Weltanschauung, wenn man von einer solchen 
überhaupt reden darf, ein buntes Nebeneinander der verschieden 
artigsten Stücke, das dem unbefangenen Betrachter nur als ein 
Chaos erscheinen kann. 

Übrigens macht sich Didymus' zurückhaltende Stimmung 

1) De trin. I 35, 437 B: ὁ ἀνάξιος ἐγώ. 

2) Harnack a. a. O. 13, S. 599, Anm. 2. 

3) Ein ähnlicher, nur nicht so schroffer Widerspruch findet sich bei 
Gregor von Nazianz (Loofs RE? VII, S. 144) und wohl den meisten Ther 
logen der Zeit. 

4) Adv. Ar. et Sab. 1, 1281 B. 5) In I Jo. 1788 B. 

6) S. unten Abschnitt 14. 

τ) Schon Hieronymus bewunderte es: adv. Ruf. III 27 (MPL 23, 4% 


11. Stil. 37 


sogar in der sichersten aller Wissenschaften geltend, in der Exegese. 
An fast zahllosen Stellen wagt Didymus nicht, sich für eine be- 
stimmte Deutung zu entscheiden, und überläßt dem Leser mehrere 
zur Wahl!. Wir finden das vereinzelt auch bei Athanasius? und 
Basilius?, Aber erst Didymus darf sich rühmen, aus einem Not- 
behelfe eine Regel gemacht zu haben. 


11. Stil. 


Auch die Ausdrucksweise des Didymus litt unter seiner Blind- 
heit. Es war ihm wohl nie vergónnt, vor einer größeren Versammlung 
zu reden. Nie konnte er sehen, wie die Augen der Hörer an den 
Lippen eines Mannes hängen, der nicht nur klar spricht, sondern 
lebhaft und fesselnd. So konnte er auch nie lernen, dafi man 
sich schön ausdrücken muß, um zu überzeugen. Widerspruch 
und Beifall, die beiden Führer zur Beredsamkeit, haben ihm nie 
zur Seite gestanden. 

Auf diese Weise erklärt sich der seltsame Entschluf des 
Didymus, alle Kunstmittel der Rhetorik unbenutzt zu lassen *. 
Didymus hatte gelernt, sie zu gebrauchen®. Das lehren die 
seltenen Fälle, in denen ein gewaltiger Gegenstand ihm fast 
wider seinen Willen ein paar Sätze höheren Stils entlockt®. 
Weiß doch Didymus gelegentlich auch sehr gelehrt von Solöcis- 
men und Barbarismen zu reden’. Aber im allgemeinen müssen 
wir Hieronymus recht geben, wenn er von der simplicitas ver- 


1) Adv. Ar. et Sab. 5, 1288 A; de trin. 19,289 A; I[ 78 588 A; III 7, 
549 A; 17,877 A; in Job 1140 B; in psalm. 1165 D 1172 B 1193 C 1209 CD 
12312 C 1220 CD 1221 D 1224 CD u. ö.; in prov. 1625 AD 1628 AD 
1632 CD 1633 C 1636 B 1637A 1640 A; in Jo. 1649 B; in act. apost. 
1656 A; in II Cor. 1631 A 1712 CD 1720 BC 1725 BC 1729 A (vgl. Anm. 
44). in I Petr. 1760 D; in I Jo. 1775 AB 1776 A 1778 A 1802 B. Vgl. 
Holl ZKG XXV, S. 397 f. 

2) Z. B. contra Arianos I 40ff; II 3ff. Vg. auch Stülcken TU Neue 
Folge IV 4, S. 84f. 

3) Vgl. Holl, Amphilochius S. 1506. 

4) De spir. s. 63, 1080 AB. 

5) Das Gegenteil behauptet freilich Hieronymus MPG 39, 1034 A (im- 
peritus sermone) Die Eleganz eines Hieronymus würde Didymus aller- 
dings wohl nie erreicht haben. 

6) De trin. I 26, 384 BC; II 1, 452 BC; in Job 1125 C 1128 A. 

7) In epist. Jak. 1753 AB (vgl. die ganze Erórterung an dieser Stelle). 


38 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


borum des Didymus redet!. Wortspiele, die die damalige Zeit 
als die lieblichsten Blumen der Rede pries, finden wir bei Didy- 
mus nur ganz selten”. Neue, ungewohnte Worte sind ihm ge- 
radezu verhaßt. Er glaubt sich entschuldigen zu müssen, wenn 
er dennoch solche braucht?. Rhetorische Figuren oder gar 
rhythmische Gliederungen sind seiner Redeweise ganz fremd. 

Aber Didymus’ Stil ist nicht nur kunstlos, sondern häßlich. 
Ich will es ihm nicht anrechnen, daß er breit schrieb. Das war 
ein Laster seiner Zeit; und Didymus ist trotz aller Weitschweifig- 
keit nie unklar geworden. Auch hat er selbst, der doch viele 
Schriftsteller kannte, sicher nicht das Bewußtsein gehabt, daß er 
mehr Worte mache, als andere. Doch hat Didymus Unschön- 
heiten nicht vermieden, die selbst in dem einfachsten Stile nicht 
vorkommen dürfen. Wie ungeschickt ist die Wiederholung des 
αὐτό contra Manich. 16, 1108 B: ἀμέλει γοῦν xoi οἱ un ἔχοντες 
αὐτὸ χτήσασϑαι αὐτὸ δυνήσονται. Und geradezu abstoßend 
wirkt, wenigstens auf unseren empfindlicheren Geschmack, Didy- 
mus' Gepflogenheit, mitten in einen ganz prosaischen Satz ein 
dichterisches Wort hineinzupacken oder wenigstens einen Aus- 
druck, der durch seinen vollen Klang sich von der Umgebung 
unangenehm abhebt. Didymus tut dies besonders beim Zitieren. 
Er rühmt seine Auctoritäten als ἀοίδιμος δ, ϑεσπέσιος δ, ἔξοχος 
avdomv, ἀείμνηστος καὶ roAvxeıpog® usw. Die ihm geläufigsten 
epitheta ornantia für die Verfasser der biblischen Bücher sind 
ἱεροχήρυξϑ (auch das einfache χηρυξ findet sich des ófteren)!?, 
ἱεροψάλτης "!, ἱεροφάντης 12, ἱερολόγος 18, μελῳδός, ψαλμῳδός, 


1) MPG 59, 1034 A. Vgl. Mingarelli MPG 39, 341f Ὁ Anm. 10. 

2) Z. B. de trin. I 15, 308 B; 16, 332 BC. 

3) 2. B. ὑπεραποϑανεῖν de trin. I 27, 401 A. 

4) De trin. III 1, 781 B. 

5) De trin. I 25, 377 C; III 25, 940 C; 1n Job 1128 A. 

6) De trin. I 15, 296 B; II 82 621 B; in psalm. 1225 A. 

7) De trin. I 27, 400 A. 8) De trin. III 25, 940 C. 

9) De trin. II 622 553 B; 10, 633 A; III 18, 881 A. 

10) Z. B. de trin. III 21, 910 C. 

11) De trin. 1 18, 353 A; 23, 316 B; 24, 377 A; 11 64 520€; 18 5450; 
19049 A; 22556 A; 10, 636 B 649 B; 19, 736 A; 20, 737 C; III 23s 196A; 
6, 844 B 845 A; 18, 880 B. 

12) De trin. I 19, 364 A; II 17 580 B; in psalm. 1549 C. 

13) De trin. II 12, 681 B. 


11. Stil. | 39 


υὑμνῳδός, ὑμνολόγος. Vereinzelt lesen wir Wendungen wie axgußns 
ϑεηγόρος !, 6 πολὺς οὗτος καὶ ἀληϑὴς ἐξηγητής 2, ᾷσας τῇ λύρᾳ"; 
besonders geschmacklos ist der Ehrentitel ἡ σάλπιγξ τῆς πίστεως, 
den Paulus einmal* erhält. Zur großen Freude Mingarellis® weist 
Didymus mehrere Male durch epitheta ornantia auf die bevor- 
zugte Stellung des Petrus hin®. Mingarelli hat nicht bedacht, 
daß Didymus' epitheta ornantia bei Petrus ebensowenig bedeuten, 
wie bei Paulus und Johannes, und nur eine schöne Umschreibung 
eines einfachen biblischen Gedankens sein sollen. Wie fern Di- 
dymus allem Petrusculte stand, lehrt z. B. de trin. I 30, 417 C. 
Didymus! Vorliebe für schmückende Beiworte, die für den Sinn 
der ganzen Stelle gar nichts austragen, tritt übrigens nicht nur 
in den Formeln hervor, in denen er Bibelworte anzuführen pflegt. 
Wie störend wirkt de trin. I 15, 328 C das Wort φειλάνϑρωπος, 
de trin. I 18, 344 A die Redensart «Quell des Guten». Ja selbst 
ganze Abschnitte fallen so sehr aus dem Rahmen der Darstellung 
heraus, daf man sie ebenfalls als epitheta ornantia auffassen 
möchte; so besonders die Erörterung über das Wesen der Seele 
de trin. III 1, 773 B— 780 B, die Didymus dann plötzlich mit 
den Worten ἀλλὰ ταῦτα μὲν ὧδέ πη ἔχει abbricht, um unver- 
mittelt zum eigentlichen Gegenstande zurückzukehren. Ebenso 
wenig vermag ich einzusehen, was die Bestreitung der Monta- 
nisten und Gnostiker de trin. III 41f mit der Darlegung der 
Trinitätslehre zu tun hat. Handelte es sich hier um ein Werk 
des Athanasius oder Basilius, so würde wohl niemand Bedenken 
tragen, die beiden Capitel, wenngleich sie in der capitulatio? 
aufgeführt sind, zu streichen: bei einem Didymuswerke ist dieses 
Verfahren entschieden nicht am Platze. 

Außer diesen großen Ausstellungen kann man dem Stile des 
Didymus noch eine Menge kleine Unarten nachweisen, Unarten, 
die dem Manne sofort ausgetrieben worden wären, wenn er je 
öffentlich geredet hätte Am auffallendsten ist wohl seine Vor- 
liebe für Eigenschaftsworte mit der Endung -ıx0:. Sie veran- 


1) De trin. 1 29, 416 A. 

2) De trin. I 27, 401 A. 3) De trin. I 19, 365 B. 

4) De trin. II 71 560 B. 5) MPG 39, 996 C — 997 B. 

6) De trin. I 27, 408 A; II 10, 640 D; 18, 725 D — 728 A; in psalm. 
1188 C 1236 A; in act. apost. 1677 B. 

7) 773 B. 


40 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


laßt ihn des Öfteren zu recht geschmacklosen Wortbildungen 
(z. B. χερουβιχός de trin. 126, 392 C) und Satzgefügen (in II Cor. 
1689 BC βλαπτιχὸν γὰρ Nxıora τὸ τοιοῦτον ἀλλὰ μᾶλλον 
οφελητικόν). Dem künftigen Herausgeber der Didymuswerke 
werden freilich gerade diese Sonderbarkeiten sehr wertvoll sein, 
namentlich bei der Entscheidung von Echtheitsfragen. 


12. Sittliche Anschauungen. 


War Didymus schon durch seine Blindheit von der Welt 
abgeschlossen, so wurde er es noch mehr durch seinen Entschluß, 
asketisch zu leben. Die Eigenheiten seiner Weltauffassung und 
seines Charakters mußten durch diesen Entschluß noch verstärkt 
werden, allen voran seine zurückhaltende Bescheidenheit!. Denn 
damals galt die Demut noch etwas auch bei den ägyptischen 
Einsiedlern: Mönchstyrannen gab es noch nicht. 

Betrachten wir Didymus’ Askese näher, so gewahren wir so- 
fort, wie so manches Mal gerade bei ihm, daß seine Anschauung 
nicht einheitlich ist. 

1. Auf der einen Seite muß es auffallen, daß in seinen Werken 
die Gedanken an die Askese fast ganz zurücktreten. Didymus 
empfiehlt die Enthaltsamkeit nur selten und nur in sehr vor- 
sichtiger Weise. Sie ıst wertvoll als ein Mittel, die Leiden- 
schaften zu unterdrücken: ix μελέτης πολλῆς xal ἀσχήσεως 7 
Bla καὶ ἡ ἀγριότης τῶν παϑῶν ἀσϑενεῖ 3. Vor allem muß des- 
halb, wer nur immer heilige Erkenntnis gewinnen will, der Welt 
und ihrer Lust entsagen 5. Natürlich ist das Begehren (ἐπεϑυμεῖν) 
nicht an sich schlecht; das ist nur das böse Begehren. Trotz- 
dem darf man sagen: jeder, der sich von irgend einer Leiden- 
schaft beherrschen läßt, ist unvernünftig (G990»)*. Die Be- 
herrschung der Leidenschaften, die σωφροσύνη, ist deshalb die 
Mutter aller Tugenden δ, Selbstverständlich empfiehlt Didymus 


1) Charakteristisch für diese ist die Erzählung Pallad. Lausiac. 4 
(Notwendigkeit des Gehorsams). 

2) Sacra parall. MPG 96, 245 CD — MPG 39, 1109 B. 

3) Sacra parall. MPG 96, 484 A. 4) In prov. 1633 B. 

5) Sacra parall. MPG 96, 273 B. 

6) Contra Manich. 5, 1092 C: σωφροσίνη xal ἣ ἑπομένη ἀρετή. 


12. Sittliche Anschauungen. 4 


besonders die geschlechtliche Askese. Die Ehe ist durchaus tadel- 
los, ist eine χοίτη aulavrog!. Aber die Jungfräulichkeit ist 
etwas Góttliches?. Ist sie doch auch schon vorgebildet in dem 
alttestamentlichen Beschneidungsgebote: wie der israelitische 
Knabe am achten Tage beschnitten ward, so soll der Christ sich 
durch Ehelosigkeit über die Erde erheben, die an den sechs 
ersten Tagen erschaffen worden ist?. Deshalb sollen die Asketen 
auch von allen Christen geehrt und unterstützt werden: «die, die 
der Tugend oder der Frömmigkeit wegen arm sind», sollen in 
allererster Linie von der Mildtätigkeit der Laien bedacht werden; 
selbst die sollen ihnen nachstehen, die durch Krankheit oder 
andere Unglücksfälle in Not gekommen sind '. 

Bedenkt man, wie oft Didymus besonders in seinen exe- 
getischen Schriften sittliche Mahnungen einfließen läßt, so muß 
man sagen: die Askese tritt sehr stark zurück. Es fällt schon 
auf, daß er, wie es scheint, nie ausdrücklich tiber Askese ge- 
schrieben hat: es gibt nur wenige schriftstellernde Einsiedler 
oder Mónche, yon denen das gleiche gilt. Ich móchte besonders 
eines hervorheben: Didymus hat nie, wie seine Volksgenossen 
Sarapion von Thmuis? und Amün$, ja selbst der so zartfühlende 
Gregor von Nyssa? das getan haben, die Askese empfohlen durch 
den Hinweis auf die Gefahren und Unbequemlichkeiten des Ehe- 
standes: und das war doch ein Argument, das trotz seiner Ge- 
schmacklosigkeit und Unsittlichkeit im vierten Jahrhundert sehr 
beliebt und sehr wirkungsvol war. War Didymus zu wenig 
welterfahren, um es für richtig zu halten? Ich móchte auch 
darin, daß dieser Gedanke bei ihm fehlt, einen Beweis seiner 
ängstlichen Scheu vor allem Anstößigen erblicken. 

2. Zu dem Ausgeführten steht es in gewissem Widerspruche, 
daß Didymus, allerdings nur an einer Stelle®, Aussagen über die 


1) In psalm. 1184 D 1432 A. 

2) Contra Manich. 9, 1096 D: ϑεῖόν τι χρῆμα. 

3) In psalm. 1176 A. — Vgl. auch de trin. III 1, 777 B; in psalm. 
1597 C; in II Cor. 1709 C; in I Petr. 1765 AB; Hieronymus epist. 498 ad 
Pammachium (MPL 22, 512). 

4) Sacıa par. MPG 95, 1473 CD = 96, 101 C. 

5) MPG 40, 928—932. 6) Bei Sokrates hist. eccles. IV 23. 

4) Περὶ παρϑενίας 3f = MPG 46, 325ff. 

8) Contra Manich. 7f, 1006 A — D. 


42 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Ehe wagt, die, wenn man sie ernst nimmt, leicht zu rein dualistisch- 
manichäischen Folgerungen führen. Da wird die σὰρξ ἁμαρτίας 
in sehr enge (ursächliche?) Verbindung gebracht mit dem συνόυ- 
ασμός. Vor Jesus war, wie alles andere, so auch die Ehe sündig: 
pflanzt sie doch nur das Vergängliche fort. Überdies geschah schon 
Adams und Evas συνδυασμός erst nach dem Sündenfalle. Seit 
Christus gibt es auch einen riwos γάμος. Aber auch nach 
Christus ist die Jungfräulichkeit etwas Göttliches: mit ihr ver- 
glichen, ist die Ehe auch nach Christus Sünde. Man muß 
wohl beachten, daß diese sehr starken Ausdrücke in einer Schrift 
gegen Mani stehen, dessen Beweisführungen auf den Asketen 
Didymus vermutlich einen besonders starken Eindruck gemacht 
haben. 

Der Hintergrund von Didymus' asketischer Stimmung ist. 
darin denkt er ganz griechisch, ein gewisser metaphysischer Dus- 
lismus, wie er damals, in der Zeit des langsam und doch 80 
sicher fortschreitenden Verfalls, Gemeingut aller Gebildeten ge- 
worden war. Die Materie ist für Didymus bóse. Das beweist 
eine Bemerkung wie de trin. I 8, 276 C: φϑόνος τε xal oxvo 
xal ἕτερα ὑλιχά. Das beweist vor allem die sonderbare Aus- 
führung in act. apost. 1669 A: man darf die Wassertaufe des- 
halb nicht verachten, weil sie σωματικώτερον ist: sie hilft ja zur 
Auferstehung des Leibes. Wäre Didymus ein Gegner der Wasser- 
taufe gewesen, wenn es keine katholische Überlieferung gegeben 
hätte? Freilich hütet Didymus sich ängstlich, den Leib böse zu 
nennen. Desto stärker hebt er hervor, daß der Leib ein Ge- 
fängnis ist, in das Gott die Seele eingekerkert hat!. Dieses 
Gefängnis hat seine Lichtseiten: der Leib vermittelt uns die 
Kenntnis der Außenwelt durch seine Empfindungen 2. Aber die 
Schattenseiten wiegen doch stark vor. Vor allem ist der Leib 
Ursache des Unglücks?. Und wenn er nicht Ursache auch der 
Sünde ist, so ist er doch ihr vornehmster Sitz und Ausgangspunkt 

Die Grundfragen der Askese sind das einzige Gebiet der 


1) S. oben Abschnitt 6 unter 5; auch de trin. III 1, 773 C. 

2) De trin. III 1, 777 B. 

3) Ebenda 773 C; vgl. in Job 1145 C; auch in genes. 1112 B; in 
psalm. 1176 A. 

4) In I Petr. 1705 A. Ähnlich Athanasius contra gentes 3 ider 
Leib Sitz der ἐπιϑιμία und der ἡδοναί d. h. der Sünde). 





12. Sittliche Anschauungen. 43 


Ethik, über das Didymus nachgedacht hat. Finden wir schon 
innerhalb dieser engen Grenzen keine in allen Stücken einheit- 
lich durchgebildete Anschauung bei ihm, so dürfen wir nicht er- 
warten, über andere Fragen der Sittlichkeit von ihm ausführlich 
unterrichtet zu werden. Das ist auch aus anderem Grunde ver- 
ständlich. Soviel Didymus namentlich in seinen Commentaren 
von der πρᾶξις und den πραχτικαὶ ἀρεταί redete: vom wirk- 
lichen Leben verstand er nichts und konnte er nichts verstehen. 
Athanasius und Basilius haben über die Menschen und die Welt 
viel nachdenken müssen und viel nachgedacht: so haben sie das 
Gebiet der praktischen Sittlichkeit auch in ihren Schriften mit 
gutem Erfolge behandelt. Didymus kannte weder die Menschen 
noch die Welt: so finden wir bei ihm nur wenig und nur ganz 
allgemein gehaltene Anweisungen. Ich stelle diese hier zu- 
sammen; sie sind weniger für Didymus charakteristisch, als für seine 
Zeit, und können in anderem Zusammenbange vielleicht einmal gut 
verwertet werden. Scheinbar im Gegensatze zu seiner asketischen 
Stimmung redet Didymus einmal! von dem Menschen als dem 
μέγα κτίσμα. Ist das ein Rest althellenischer Weltfreudigkeit? 
Jedenfalls findet sich zu dieser Aussage im ganzen Didymus keine 
Parallele. Die Notlüge ist erlaubt ?: das Beispiel der Hure Rahab ? 
und des Petrus in Antiochia! muß sie decken. Das war ein 
Zugestündnis, ohne das sich in der Zeit des beginnenden Byzan- 
tinismus wohl nicht auskommen lief. Fast alle orientalischen 
Theologen haben es gemacht. Den echten Griechen war ja auch 
nichts mehr zuwider, als starre Folgerichtigkeit. Den Grundsatz, 
daß Mischehen unstatthaft sind, vertritt Didymus in seiner Er- 
klärung von Il Kor. 6145. Es ist aber mehr als zweifelhaft, ob 
dieser Grundsatz sich durchführen ließ; er deckt sich freilich 
mit den damals geltenden kirchlichen Bestimmungen® Der 
Richter soll sich größter Unparteilichkeit befleißigen: χρίσεε ϑεοῦ 
ὑπηρετεῖ xol οὐ χύριός ἐστιν ^; Didymus erlebte in Alexandria 
wohl des öfteren parteiische » Wahr«sprüche Die Verhüngung 
von Todesstrafen hat Gott erlaubt®. Das Zinsnehmen wird selbst- 


1) De trin. II 73 564 A. 

2) In psalm. 1169 D; vgl. de trin. II 613 540 B. 

3) Josua 93 4) Gal. 211ff. 

5) In II Cor. 1709 D — 1712 B. 6) Elvira can. 15 usw. 
1) Sacra parall. MPG 95, 1396 A. 8) In psalm. 1172 A. 


44 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


verständlich auch von Didymus verpönt!. Es ist ihm aber nicht 
so anstößig, daß er es nicht in übertragenem Sinne auf das Ver- 
hültnis zwischen Gott und Mensch anwenden kónnte: der Barm- 
herzige ϑεῷ δανείζει ἐπὶ τὸ κερδῆσαι τόχους σωτηριώδεις 
Der Sinn für die Heimat ist bei Didymus stärker ausgebildet, als 
man es bei einem Alexandriner vermutet: er betet zu Gott, daß 
er dem Nile genug Wasser gebe?. Verständlicher ist es, daß dem 
Bewohner der Weltstadt das Wohl der Staatsregierung am 
Herzen liegt *. 

Sehr auffallend ist, daß Didymus an zwei Punkten sitt- 
liche Errungenschaften des Urchristentums preisgibt und alt- 
hellenische Vorurteile zeigt. Erstens gilt das von seiner Schätzung 
der Frau. Er wundert sich darüber, daß auch Frauen Jüngerinnen 
Jesu gewesen sind. Eine ähnliche Mißachtung der Frau liegt 
wohl der Erörterung in psalm. 1320 A zugrunde, wo es heißt: 
der Sündlose heiße wegen seiner Vollkommenheit nicht ἄνϑροωζχος, 
sondern ἀνήρ". Zweitens ist Didymus in seiner Anschauung über 
die Barbaren dem heidnischen Standpunkte wieder bedenklich 
nahe gerückt. Das Ideal des Paulus’, daß alle Hellenen, Bar- 
baren, Skythen einander gleichstehen sollen, betrachtet Didymus 
als ein Ziel, das erst in jener Welt verwirklicht werden soll" 


13. Bildung. 


Didymus war nicht so sehr Asket, daß er der Askese συ- 
liebe die Wissenschaft oder überhaupt die Bildung seiner Zeit 
verachtet hätte. Überschlägt man, was er trotz seiner Blindheit 
sich alles angeeignet hat, so muß man seinen Fleiß und seine 
Energie bewundern. Zwar ist das Lob, das Rufinus, Sokrates, 
Theodoret seiner Belesenheit zollen, stark übertrieben: Hieronymus 
hatte guten Grund, wenn er in diesem Punkte mit seinem Lobe 
zurückhielt; er, der mehr studiert hatte, als irgend einer seiner 
Zeitgenossen, wußte recht wohl, daß sich Didymus’ Gelehrsam- 
keit mit der eines Origenes und eines Eusebius von Cäsarea nicht 


1) In psalm. 1225 B. 2) In psalm. 1337 D; vgl. 1225 B. 
3) De trin. II 27, 768 B. 4) Ebenda, 

9) In aet. apost. 1673 C. 

0) Vgl. Athanasius contra gentes 10. 1) Kol. 311. 


8) De trin. II 1S, 729 A. 


13. Bildung. 45 


messen konnte. Aber Didymus darf man daraus keinen Vorwurf 
machen. Er hat alles geleistet, was er mit seinen beschränkten 
Mitteln leisten konnte. 

1. Zunächst wird Didymus Kenntnis der Musik !, Arithmetik ?, 
Geometrie? und Astronomie zugeschrieben*. "Wir kónnen diese 
Angaben an den erhaltenen Werken des Didymus natürlich so 
gut wie gar nicht prüfen. Es ist wahrscheinlich, daß unsere Be- 
richterstatter übertrieben: da Didymus blind war, mußte ihnen 
ja schon geringe Vertrautheit des Mannes z. B. mit einigen geo- 
metrischen Problemen wunderbar erscheinen. Wir können zunächst 
feststellen, daß Didymus mit den Zahlenspielereien bekannt ist, 
mit denen sich auf griechischem Boden zuerst die Pythagoreer 5 . 
beschäftigt hatten?, De trin. III 245 804 B citiert Didymus das 
geometrische Axiom τὰ τῷ αὐτῷ ἴσα φασὶ xal ἀλλήλοις ἐστὶν 
σα. Dieses Axiom kann aber ebenso gut aus der aristotelischen 
Logik, wie aus euklidischer Geometrie stammen, wenn es nicht 
überhaupt längst Gemeingut aller Gebildeten geworden war. 
Sicher scheint mir, daß Didymus Sinn für Mathematik besaß, 
genauer für Stereometrie. Es ist auffallend, daß er mit Vorliebe 
ausführt, nur Gott könne wesenhaft geschaffenen Dingen inne- 
wohnen; andere, wie 2. B. der Teufel, können das nur δυνάμει. 
Noch auffallender ist es, daß Didymus, trotz seiner der Specu- 
lation abgeneigten Natur, auf zwei sozusagen stereometrisch- 
naturwissenschaftliche Probleme geraten ist, an die, soviel ich 
weiß, keiner seiner Zeitgenossen gedacht hat. Das eine Problem 
lautet: εἰ ὁ πατὴρ τέλειος ὧν τὰ πάντα πληροῖ, ποῖον ὑπο- 
λείπεται τῷ υἱῷ τελείῳ ὄντι εἰς τὸ χωρῆσαι; und wird beant- 
wortet: λλὰ ἀλλήλων φημὶ γεγονέναι δεκτικοὺς xal χωρητι- 
xovg. Aus dieser echt mathematischen Antwort wird dann, echt 
mathematisch, noch weiter gefolgert, daß Vater und Sohn gleich 








1) Sokrates hist. eccl. IV 25; vgl. Didymus in psalm. 1324 A. 

2) Rufin. hist. eccl. II 7; Sokrates hist. eccl. IV 25; Theodoret. hist. 
eccl. IV 29. 

3) Rufin. hist. eccl. II 7; Theodoret. hist. eccl. IV 29; Hieron. de vir. 
ill. 109. 

4) Rufin. hist. eccl. II 7; Theodoret. hist. eccl. IV 29. 

5) Vgl. Moritz Cantor, Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, 
Leipzig 1880, 1 S. 142. 

6) De trin. II 14, 696 A 700 C; in genes. 1112 A; in Job 1120 C; in 
psalm. 1309 C 1324 A 1341 A 1396 BC. 


46 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


groß sind!. Das andere, dem ganz ähnliche Problem behandelt 
die Frage, wie neben dem allgegenwärtigen Gott Platz. ist für 
den Teufel?. Am allerwenigsten wissen wir von Didymns’ astro- 
nomischen Kenntnissen. Daß er die Astrologie — wie alle christ- 
lichen Theologen — bekämpft, zeugt wohl eher dafür, daß er 


keine besaß. 
2. Ob Didymus fremde Sprachen kannte, ist mir sehr zweifel- 


haft. Auf eine gewisse Vertrautheit mit dem Lateinischen laßt 
vielleicht de trin. 115,300 A und in prov. 1621 B schließen. He- 
bräisch hat Didymus sicher nicht verstanden®. In psalm. 1297D 
beruft er sich auf die Kenner des Hebräischen in einer Weise, 
die deutlich macht: er zählt sich selbst nicht zu ihnen. Auch 
die Gegenüberstellung der verschiedenen Übersetzer des Alten 
Testaments® macht nicht den Eindruck, daß Didymus der he 
bräische Text zugänglich war. Darnach darf man de trin. ll] 
3,825 C9, wo Didymus den Aquila auf Grund des Urtextes ver- 
bessert, auf keinen Fall eigene Weisheit des Verfassers finden. 
Die vielen Erklárungen hebrüischer Worte, die Didymus bietet. 
sind ibm wohl auf literarischem Wege zugekommen *. 


—— — —— . .-- 


1) Adv. Ar. et Sab. 12, 1297 B. 

2) Ebenda 13, 1300 A — C. — Holl (Κα XXV S. 385) schließt au 
diesen Stellen, daß Didymus ein höheres speculatives Interesse hatte, al: 
z. B. Gregor von Nyssa. Das wäre richtig, wenn der gesamte Tatbestand 
dem entsprüche. Aber das Gegenteil ist der Fall. 

3) In psalm. 1468 C. 

4) Anders urteilt Holl a. a. O. S. 386. 

5) Vgl. unten Abschnitt 14 unter A. 

0) Ahnlich de spir. s. 15, 1047 B. 

τ) Es sind die folgenden: «ówvatt = χύριος de trin. I 18, 345 A 
«uy = φόβος αὐτῶν in psalm. 1484 C; ανσιτις — Porin in Job 1130 B; 
Zee ıwra — vie ων de trin. 130, 417 C; yaAaaó = μετοιχισμός in psalm. 
1533 C; ελωει σαβαωϑ' = ϑεὲ στρατιῶν ἤτοι δυνάμεων de trin. I 18, 345 A: 
ερμωνιειμ — ὁδὸς λύχνου in psalm. 1360 B; — φωτὸς μεκεωρισμός in 
psalm. 1459 C; εσεβων = λογισμοί in psalm. 1369 B; eypauu = καρχο- 
gooia in psalm. 1533 C; ϑαβὼρ == ἐκλεχτός in psalm. 1489 C; --- Adızo; 
ebenda; ϑάρσεις = [. . . .] χαρᾶς in psalm. 1381 A; 'Idovuaia = ysiri 
in psalm. 1536 A; egovacAgu = τὸ ὁρᾶν τὴν εἰρήνην in psalm. 1517 A; 
'"Ioró«g = ἐξομολόγησις in psalm. 1533 D; ἐσραὴηλ = ὁρῶν ϑεόν in pealu. 
1224 C 1468 B; = διοριτικὸς νοῦς in psalm. 1588 B; « mens videns deum 
de spir. s. 44, 1072 A; ιωβ = ὑπομονή in Job 1120 B; wong = κερίοτ 
πρόσϑεσις in psalm. 1417 B; μαελεϑ — χορὸς χορείας in psalm. 1484 C; 


--.8 


13. Bildung. 4 


3. Von Didymus’ grammatischen Kenntnissen legt nicht nur 
Sokrates Scholastikus! Zeugnis ab, sondern auch sein eigener 
Stil: er verwendet gern grammatische Fachausdrücke; auch solche 
aus fremden Sprachen sind ihm nicht unbekannt. 

4. Sokrates? und Theodoret* schreiben Didymus rhetorische 
Fertigkeit zu. Ich habe bereits? festzustellen gesucht, inwieweit 
diese Ángabe dem Tatbestande entspricht. 

5. Daß ein Vorsteher der alexandrinischen Katechetenschule 
mit den altheidnischen Sagen vertraut war, ist selbstverständlich. 
Zum Überfluß wird es durch die Sacra parall. MPG 96, 372 C 
bis 373 A bewiesen. Ist doch Didymus auch mit vielen grie- 
chischen Dichtern bekannt. Er führt an Homers Ilias und Odyssee, 
Orpheus’, Pindar®, Diagoras von Melus ?, Sophokles !9, Euripides !!, 
den Komiker Plato!?, Aratus!?, Hermes Trismegistos !*, die sibyl- 
linischen Bücher !5. Außerdem lesen wir bei ihm noch sehr viele 
Verse, deren Herkunft er nicht angibt !6. Ob Didymus den Kunst- 
wert der ihm bekannten Dichter schätzen konnte, ist mir sehr 
zweifelhaft. Jedenfalls hat er, wie viele seiner christlichen Zeit- 


μανασσῆς = [λήϑη] in psalm. 1533 C; σαλμων — σχιὰ μερίδος in psalm. 
1445 B; σατανᾶς = ἀντιχείμενος contra Manich. 11, 1100 B; axıua = 
ὠμέασις in psalm. 1533 C; σιων = σχοπευτήριον ὑψηλόν in psalm. 1581 C; 
σολομων — εἰρηνιχός in psalm. 1465 B; χερουβ = πληθυσμὸς γνώσεως in 
psalm. 1245 A ; χερουβιμ--- 245906 γνώσεως in genes. 1113A, in psalm. 1477 H; 
wouvva = σῶσον de trin. III 21, 909 C. 

1) Hist. eccl. IV 24. 2) De trin. I 15, 300 A. 

3) Hist. eccl. a. a. O. 4) Hist. eccl. IV 29. 

5) Abschnitt 11. 

6) De trin. 126, 381 B; I1 211 507 C; 82 624 A; I1I240 801 C; in psalm. 
1165 C. 


1) De trin. II 27, 756 4. 8) De trin. III 2, 188 B. 
9) De trin. III 1, «84 B. 10) De trin. III 6, 848 B. 
11) De trin. III 1, 781 B. 12) De trin. II 27, 756 A. 


13) Cramer, Catenae etc. III 8. 205. De trin. II118, 681 A citiert mehr 
Worte aus Aratus als AG 1:838 (ob richtig überliefert?). 

14) De trin. II 3,47 A; 27, 706 Β. * 

15) De trin. II 10, 649 A. 

16) De trin. II 5, 493 D; 63 512 B; 8529 C; 10 537 A; 13 510 B; τὸ 
BT A; 81612 A; 12. 6:6 C 085 C 688 C; 18, 728 A; 19, 333 B; 27, 753 A 
765 €; III 1, 780B 184 B; 21 788A; 2783 C; 4189 B; 6789 C; 9792 A; 
23 196 B; 25:96 C (= 18, 881 ΟἹ; 27801 A; 4, 833 Β 836 B; 6, 815 C; 
18,888 A; 21,901 D — 904 AB 913 B 916 CD; 28, 945 CD; 31, 95: B; 35, 
965 B. 


4S J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


genossen, die Originalitát ihres Wahrheitsbesitzes bestritten. De 
trin. II 63 512 B sagt er: ἡ «προφητεία λέγει." ὁ ποιῶν πάντα 
xal μετασκευάζων αὐτά. ἧς κατακούσαντες τῶν £50 σοφοί 
φασιν αὐτὰ λύων εἰς αὐτὰ xal ἐξ αὐτῶν πάλιν av&ov. 

6. Genauer können wir feststellen, was Didymus von der 
heidnischen Philosophie hielt und wie er in ihr beschlagen war. 
Seine Stellung zu ihr erinnert sehr stark an die Stellung des 
Origenes. Fast mit den Worten seines großen Meisters? führt 
Didymus? aus, die Philosophie habe ebensowenig eigenen Wert, 
wie Grammatik und Rhetorik. Sie soll der Theologie dienen, 
wie Hagar der Sara‘, und sich damit begnügen, ihrer Herrin zu 
helfen. So verstehen wir einerseits, daß Didymus vor allzu 
eifrigem Forschen in den alten Philosophen warnt$, und begreifen 
andrerseits den Fleiß, mit dem er selbst Plato und Aristoteles 
liest. Ist ibm doch sogar die Übereinstimmung mit den heid- 
nischen ϑεόλογοι ein Stück des Wahrheitsbeweises?. Freilich, 
auf das Ganze gesehen hat nicht nur ein Origenes, sondern auch 
ein Gregor von Nyssa viel zuversichtlicher und begeisterter von 
der Philosophie gesprochen, als Didymus. Und wäre es nicht 
fast ein Wunder zu nennen, wenn der finstere Geist des denk- 
feindlichen Mónchtums, das ihm ráumlich sehr nahe war, ihn 
ganz unberührt gelassen hátte? 

Im einzelnen läßt sich natürlich nur sehr schwer feststellen, 
welche Philosophen Didymus gelesen hat. Sehr viele Gedanken 
des Plato, Aristoteles, Zeno und anderer waren lüngst zum 
eisernen Bestande der Weltanschauung aller Gebildeten geworden, 
so z. B. die auch von Didymus? vertretene Überzeugung, daß 
Kenntnis von Gott keinem Menschen abgesprochen werden darf. 
Dazu kommt noch eines. Sehr viele philosophische Gedanken 


- ---- ΟΜ--.-.. 


1) Amos 58. 

2) Orig. epist. ad Gregor. 1 (MPG 11, 88 AB). 

3) Sacra parall. MPG 96, 344 AB. 

4) Den anstößigen Schriftbeweis des Origenes (Exod. 1235!) hat Didy- 
mus nicht zu wiederholen gewagt. 

5) Vgl. in psalm. 1437 D; Theodoret. hist. eccl. IV 298. 

6) In act. apost. 1605 A. Ähnlich z. B. Athanasius contra Arian. 
lI 1,9 τῆς ἁπλότητος πίστις βελτίων ἐστὶ τῆς ἐκ περιεργίας πιϑανολογίας. 

7) 2. B. adv. Ar. et Sab. 10, 1296 B; de trin. III 235 796 C. 

8) In psalm. 1217 C: πάντων σχεδὸν ἀνϑρώπων ἀδιάστροφον τὴν περὶ 
ϑεοῦ ἔννοιαν ἐχόντων. 


13. Bildung. 49 


hat Didymus nicht aus der Quelle geschöpft. So ist er zwar sehr 
stark von Plato beeinflußt, stärker als von irgend einem anderen 
Weltweisen; aber sein Platonismus stammt nur zum geringsten 
Teile aus Plato oder Plotin, der Hauptsache nach aus Origenes. 
Die folgenden Zusammenstellungen wollen deshalb mit großer 
Vorsicht aufgenommen sein. 


a) Daß Didymus dem Plato mehr verdankt als anderen und 
das gebührend zu würdigen weiß, deutet er selbst an!. Der 
Timäus wird ausdrücklich citiert?. An Gedanken des Plato klingt 
Didymus! Redeweise sehr oft an. Der Gegensatz von vogra und 
elo$nta zieht sich durch all seine Schriften, namentlich seine 
Commentare, hindurch?. Die Tugend gilt als eine natürliche 
Folge rechter Erkenntnis‘. Der ἔρως ist der Führer zur ϑεωρίαὍ. 
Zu den Eigenschaften der Seele gehört in erster Linie die u»n- 
uovıxn®. Auch die platonische Tugendeinteilung ist Didymus 
bekannt‘. Damit ist sein Platonismus natürlich noch lange nicht 
erschöpft. Wie stark Didymus gerade in Grundgedanken von ihm 
abhängt, wird der folgende Abschnitt lehren. 


b) Aristoteles wird von Didymus und seinen orthodoxen 
Zeitgenossen natürlich ebenso leidenschaftlich gehaßt, wie Plato 
geliebt®: Aristoteles war ja die Waffe des Áétius und Eunomius. 
Trotzdem oder gerade deshalb hat Didymus sich mit Aristoteles 
bekannt gemacht und von ihm zu lernen gewußt. Die Metaphysik 
wird ausdrücklich angeführt?. Mit der Logik und Dialektik ist 


1) De trin. II 27, 760 B. Vgl. Theodoret. hist. eccl. IV 29. 

2) De trin. III 4, 836 A. 

3) 2. B. de trin. I 16, 333 B; in psalm. 1168 D 1103 B; in Jo. 1645 B. 

4) In psalm. 1329 B; in prov. 1624 A 1629 B. 

5) In psalm. 1169 B. 6) In psalm. 1321 D. 

1) Contra Manich. 10, 1007 C. Darf man aus Euagrius’ Gnostikus (bei 
Sokrates hist. eccl. IV 23) schließen, daß Platos Tugendtafel bei den ägyp- 
tischen Asketen besonders beliebt war? 

S) De trin. IL 3, 477 C: HgistottAuig δεινότητι xal τῷ ἐν λόγοις τέχνῃ 
περιστρέφειν τὸ πρᾶγμα. Ähnlich z. B. Basilius adv. Eunom. I 9 und Gregor 
von Nyssa contra Eunom. ] MPG 45,265 B. Sehr lehrreich ist die ge- 
wundene Rechtfertigung des Aristoteles, die uns Sokrates Scholastikus hist. 
eccles. II 35 bietet. Vgl. dagegen die günstigen Urteile über Plato z. B. 
Athanasius de incarn. verbi 9 (ὁ μέγας neo’ Ἕλλησι Πλάτων; vgl. contra 
gentes 10) und Gregor von Nyssa MPG 46, 164 D. 

9) De trin. IIl 5, $40 B; vgl. 1, 1:160 A. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 4 


50 7. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


er ganz gut vertraut! Von den vier Elementen, die doch wohl 
erst durch Aristoteles zum Gemeinbesitze aller wissenschaftlichen 
Weltanschauung gemacht wurden, ist in psalm. 1559 B und sacra 
parall. MPG 96, 373 A die Rede. Aristoteles’ Gedanken vom 
ζῷον πολιτικόν kommt in I Jo. 1781 C sehr nahe. An Aristoteles 
Tugendlehre erinnert die Erklärung in psalm. 1305 C: jede Tugend 
ist μεσότης ὑπερβολῆς xal ἐλλείψεως; ferner die sehr häufige 
Gegenüberstellung von dianoétischen und ethischen (praktischen) 
Tugenden?. Der scharfe Gegensatz von Theorie und Praxis, den 
Didymus überall hervorhebt?, mag ebenfalls auf Aristoteles zu- 
rückgehen. Nur einmal* polemisiert Didymus gegen Aristoteles, 
doch ohne dessen Namen zu nennen. 

c) Stoische Anschauungen sind bei Didymus schwer festzu- 
Stellen. Vielleicht hat er sich das Licht als Substanz vorgestellt*. 
Echt stoisch klingt die begeisterte Schilderung Hiobs in Job 
1125 D—1128 C. Hiob besitzt die wahre Philosophie und mißachte 
deshalb den Verlust alles vergünglichen Erdenglücks. Als seine 
Tugenden werden genannt: ἀνόρεία, καρτερία, νοῦς ἀπαϑῆς, 
σωφροσύνη. 

d) Bekanntschaft mit Epikurs Atomistik zeigt Didymus ba 
Hieronymus epist. 1195 ad Minervium et Alexandrum (MPL 22, 
969). In Job 1124 C 11524 erhebt er Einspruch gegen die Àr- 
nahme des Zufall. Vgl. auch S. 13 Anm. 2. 

e) Von allen Neuplatonikern erwähnt Didymus nur den 
Porphyrius, und auch diesen nur einmal$. Es ist sehr charakte 
ristisch, wie schlecht er diesen Mann behandelt, dem er doch 


1) De spir. s. 41, 1069 CD; 58, 1081 D; in psalm. 13S1 C (λογικῶς teilt 
man τὰ ὄντα in οὐσία und συμβεβηκός, die γένη in εἴδη); die Syllogismen 
de trin. III 2 (sie sind in der Literatur der Zeit nicht so selten, wie es nach 
Funks Ausführungen scheinen möchte; vgl. z. B. Titus von Bostra 18 S.4 
de Lagarde u. ö.); ferner die Zeugnisse von Rufin. hist. eccl. II 7; Hieron. de 
vir. ill. 109; Sokrates hist. eccl. IV 25; Theodoret. hist. eccl. IV 29. 

2) De spir. s. 56, 1080 B; in exod. 1113 C; in psalm. 1168 C 114 D 
1252 A 1337 D 1437 A 1448 B 1460 C 1533A 1561B 1572 AB 1609 A; ın 
prov. 1640 A; in II Cor. 1700 A; in II Jo. 1809 A; Corderius’ Johannescs- 
tene S. 196. 

3) In psalm. 1165 A 1180B 1184C 12680; in prov. 1625B (vgl 1629 B; 
in II Cor. 1693 AB 1712 B; in III Jo. 1811 A; sacra par. MPG 96, 525 A. 

4) In psalm. 1377 A und dazu Anm. 77. 

5) In genes. 1112 AB. 6) De trin. II 27, 760 B — 16] A. 


13. Bildung. 51 


innerlich so nahe steht: nur deshalb findet Porphyrius Gnade vor 
den Augen des Didymus, weil er einmal ein Wort Platos wieder- 
gibt: xal Πορφύριος δέ, καίτοι τὸ παράπαν οὐ σωφρονῶν 
περὶ τὸ ὄντως ϑεῖον, ἀλλ᾽ αὐτοχολωτῶν, ὧς εἰπεῖν, ὅμως 
Πλάτωνος ἐκτιϑέμενος δόξαν καί πώς ποτε συνελαϑεὶς ὑπὸ 
τῆς ἀληϑείας ἢ τάχα xal τὸν Πλάτωνα αἰδεσϑεὶς φάναι διε- 
vondn ταυτί..... os τὸ ἔνδον τεϑολωμένος καὶ βεβλαμμέ- 
rog διορατιχὸν ὃ ἐπάρατος Πορφύριος... 

7. Nur sehr Ungenügendes vermag ich darüber zu sagen, wie 
groß Didymus’ Kenntnisse der christlichen Literatur waren. Von 
den Büchern, die man als alt- und neutestamentliche Apokryphen 
und Pseudepigraphen bezeichnet, erwähnt er die Leptogenesis!, 
die assumptio Mosis? und den Hirten des Hermas ? (dieser spielte 
ja zu seiner Zeit noch eine große Rolle in dem kirchlichen Leben 
der Gemeinde von Alexandria). Ein aus Origenes entlehntes 
Agraphon (ὁ ἐγγύς μου ἐγγὺς τοῦ πυρός usw.) findet sich in 
psalm. 1488 34. Woher die Legende stammt, daß beim Durch- 
zug durch das Rote Meer jeder der zwölf Stämme auf einem 
anderen Wege das Wasser durchschritten habe?, weiß ich nicht 
zu sagen. Ebenso unklar ist mir, aus welcher Quelle Didymus 
die aus Irenáus III 349 bekannte Geschichte geschópft hat, in der 
er Polykarp durch Johannes und Marcion durch Basilides er- 
setzt”. Von theologischen Schriften der Christen erwähnt Didymus 
einen Basiliusbrief“, sonst nichts: auffallenderweise wird Origenes, 
dem er doch so viel verdankt, in den erhaltenen Werken nirgends 
genannt. In seinen Bibelerklärungen berichtet Didymus sehr oft? 
über die Meinungen anderer zu den betreffenden Stellen; es ist 
aber durchaus nicht notwendig, daß ihm diese Meinungen schrift- 
lich vorliegen: Didymus hat sich nach dem Berichte der Quellen 


1) In I Jo. 1793 A. 2) In epist. Jud. 1815 A. 

3) In Job 1141B. 

4) Vgl. James Hardy Ropes, Die Sprüche Jesu TU XIV 2, 1896, 8. 122. 

5) In psalm. 1596 A. 

6) = Euseb. hist. eccl. IV 147 S. 334 Schwartz. 

7) Sacra parall. MPG 95, 1169 C. 

8) De trin. III 22, 990 B. 

9) Z. B. in Job 1124 C 1133 C 1140 B 1144 B; in psalm. 1165 B 1213C 
1236 A 1244 € 1272 D 1273 A 1316 C 1320€ 1324 C 1380 B 1412D 1436 D 
1444 C 1476 C; in II Cor. 1697 BC; in I Jo. 1775 AB 1796 D; in epist. Jacob. 
1752 B; in II Petr. 1773 A. 

4* 


52 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


mit vielen Leuten über Erklärung der Bibel unterhalten, deren 
Anschauungen er wohl auch in seinen Werken berücksichtigen 
durfte. Wieviel er in seinen Schriften von anderen übernahm, 
entzieht sich natürlich unserer Feststellung. Er würde aber gan: 
dem Zeitgeiste gemäß gehandelt haben, wenn er andere ebenso 
ausgeplündert hätte, wie er später von Hieronymus, Ambrosius, 
Cyrill ausgeplündert ward. Der Mangel an eigentlichen Citaten 
spricht fast dafür, daß er es getan hat. 


14. Origenismus. 


Das Charakteristische an der Bildung des Didymus ist nicht 
etwa der Umstand, daß er viel gelesen und von den verschie 
densten Seiten Anregungen empfangen hat: andere wußten in 
der Literatur besser Bescheid als er und waren fremden Ein 
flüssen stärker ausgesetzt. Die Eigenart unseres Theologen 
bestand viel mehr in. dem Überwiegen einiger weniger Ei 
flüsse, die alle anderen Eindrücke in den Hintergrund drängten. 
Didymus fühlte sich vor allem als Schüler des Origenes, und al: 
Schüler nur des Origenes. Origenes war ihm mehr als z B. 
Gregor der Wundertäter den großen Kappadoziern!. Origene 
war ihm alter post apostolos ecclesiarum magister ?: sein An- 
sehen war beinahe so grof wie das der heiligen Schrift. 

Wir wissen nicht, wie Didymus Origenist geworden it 
Schon gab es in allen Provinzen christliche Lehrer, die seinen 
großen Vorgänger verketzerten; schon gehörte Mut dazu, Origenes 
Schüler zu sein und als solcher öffentlich aufzutreten. Hat Didr- 
mus als Vorsteher der Katechetenschule sich verpflichtet gefühlt 
Origenes Werke durchzunehmen und in ihrem Geiste die alten 
Überlieferungen seines Amtes hochzuhalten? Oder ist er τοῦ 
origenistisch gesinnten Einsiedlern wie Euagrius Pontikus ange 
regt worden? Sicher ist nur, daß Athanasius, sein Vorgesetzter, 
seine origenistischen Gedanken geduldet hat: Athanasius hat selbst 
nirgends ein böses Wort über Origenes: geredet, hat ihn sogar 
als den πολυμαϑῆς καὶ φιλόπονος gepriesen®. Athanasius konnte 


1) Holl, Amphilochius $ S. 117 ff 
2) Hieron. prol. in translat. hom. Orig. in Jer. et ἔς. τ (MET, 35 583 B. 
3) Epist. ad Sarap. IV 9f. 


14. Origenismus. 53 


den Origenisten Didymus um so mehr dulden, als dieser die trini- 
tarisch-christologischen Ketzereien seines Meisters in kirchlichem 
Sinne umdeutete (daß er das fertig brachte, ist nach seinen 
sonstigen exegetischen Kunststückchen leider nur zu wahrschein- 
lich). Freilich hat Didymus alle übrigen Sonderlehren des Ori- 
genes nicht nur sich angeeignet, sondern verteidigt. 

Wollen wir heute aus Didymus’ Schriften feststellen, wie 
weit er Origenist war, so begegnen wir großen Schwierigkeiten. 
Erhalten haben sich ja fast ausschließlich Werke über die Trinität, 
die nach dem oben Gesagten verhältnismäßig wenige nichtkirch- 
liche Anschauungen bieten, und exegetische Bruchstücke in 
den Catenen, deren Bearbeiter uns natürlich auch nicht gerade 
rein origenistische Abschnitte aus Didymus überliefert haben 
werden. So müssen wir des öfteren den Wortlaut schärfer ins 
Auge fassen, als es bei reicherem Materiale vielleicht erlaubt 
wäre. Das klare Zeugnis des Hieronymus über Didymus’ Or- 
genismus mag dieses Verfahren entschuldigen. 


A. Exegese. 


Origenistisch istzunächst Didymus sorgfältige Exegese. Freilich 
sind auch andere Theologen der Zeit, wie Marcell von Ancyra, sorg- 
fältige Exegeten gewesen, Theologen, die von dem Verdachte des 
Origenismus durchaus rein sind. Aber wer die Gesamtstellung des 
Didymus und vor allem die Art seiner Exegese überdenkt, wird 
in dem Exegeten Didymus nur den Origenisten sehen können. 

Didymus' Schriftkenntnis muf seinerzeit einzigartig gewesen 
sein: das lehrt uns das gewiß unverdächtige Zeugnis des Hiero- 
nymus?. Und in der Tat: wenn man bedenkt, daß Didymus blind 
war, so muf man staunen über die gewaltige Menge von Beweis- 


1) Didymus! Methode ist entschieden «wahrscheinlicher», d.h. weniger 
unwahrscheinlich, als die des Origenisten Rufinus, der viele Ketzereien des 
Origenes als vom bösen Feinde in Origenes! Bücher eingeschwärzt betrachtete. 
Ich will allerdings nicht leugnen, daß in einem Zeitalter der Fälschungen 
(Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte II 3 S. 62) auch Rufinus Glauben 
finden konnte. 

2) Hieron. adv. Rufin. I 6; 16; II 16; III 12; 27 (MPL 23, 402 A 409 C 
438 C — 439 A 465 D 477 B). 

3) Epist. 502 ad Domnionem (MPL 22, 513); comm. in epist. ad Ephes. 
prol. (MPL 26, 440 AB). 


54 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


stellen, die er namentlich in dem Werke seines Lebensabends, de 
trin., beizubringen versteht. Didymus benutzt fast nie Beweise 
aus der Erlösungsvorstellung oder dem kirchlichen Altertume; 
seine Gründe sind weit überwiegend Schriftgründe. Das ist ein 
Zug, den man im vierten Jahrhundert fast nur bei den Theologen der 
antiochenischen Schule erwartet!: in den Werken des Didymus 
beruht er ohne Zweifel auf Nachahmung des Origenes. Daß 
Didymus nicht nur Exeget ist, um nachzuahmen, sondern mit 
Leib und Seele dabei ist, lehrt die Breite seiner Bibelerklärungen: 
erklärt er doch in seinen dogmatischen Schriften oft viel genauer 
und oft umfangreichere Stellen, als für den betreffenden Zweck 
nötig wäre?. Natürlich liegt in dem Urteile, daß Didymus Bib- 
lieist war, nicht auch das andere beschlossen, daß er nur oder 
vorwiegend die Anschauungen der Bibel vertritt. Eine einfache 
Tatsache lehrt uns das: Didymus zeigt nirgends Scheu vor un- 
biblischen Ausdrücken; solche werden aber z. B. von Basilius dem 
Großen nur sehr ungern verwandt, und doch ist Basilius viel 
weniger Schrifttheolog als Didymus. Trotzdem hat der Biblieismus, 
wie ich glaube, Didymus nicht unwesentlich in seinem Sprachge- 
brauche und in seinen Anschauungen beeinflußt. Seine Vorliebe 
für das Wort ἀναγεννᾶν möchte ich auf diesen Grund zurück- 
führen, ebenso seine Abneigung gegen die damals beliebte Vor- 
stellung vom Teufelsbetrug. 

Sehen wir auf das einzelne, so fällt zunächst auf, daß Didy- 
mus den Sinn der einzelnen Worte einer Bibelstelle genauer ab- 
wägt, als irgend ein anderer Theolog seiner Zeit. Man lese z. B., 
wie ausführlich er de trin. III 5, 840 B den Begriff ἀρχή er- 
örtert®. Er untersucht, um ein sicheres Ergebnis zu erzielen, 
den Sprachgebrauch der Schrift‘. Das Geschlechtswort ist nicht 
so klein, daß Didymus es übersieht5. Sogar die verschiedenen 
Möglichkeiten der Interpunction werden gelegentlich erwogen‘. 


1) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113 S. 83, Anm. 1. 

2) Z. B. de trin. II 14, 745 A ff. 

3) Vgl. in Job 1141 BC; in II Cor. 1700 D — 1701 A; besonders in ] 
Jo. 1719 AB. 

4) Contra Munich. 3, 1080 B; de spir. s. 45, 1072 B u. 6. 

5) De trin. I 9, 289 A; II 2,457 C; 3,476 B; de spir. s. 3, 1035 A; 15, 
1048 A; in psalm. 1205 B. — Ähnlich Athanasius epist. ad Sarap. I 3—9. 

6) In II Cor. 1:12 C. 


14. Origenismus. 55 


Hier und da behandelt Didymus in seiner Exegese Fragen, die 
in der heutigen Einleitungswissenschaft eine Rolle spielen. Er : 
stellt fest, daß Matthäus vor Markus geschrieben bat!, daß der 
erste Johannesbrief an Heidenchristen gerichtet ist? usw.?. Und 
wenn ihm einmal, wie in lI Cor. 1689 CD, ein grober Verstoß 
gegen die geschichtliche Zeitfolge widerfährt, so wird man das 
der Neuheit seines Unternehmens zu gute halten müssen, das 
wohl nur in den Werken des Origenes ein Vorbild hat. 

Es ist sehr wichtig, daß die genaue Untersuchung der biblischen 
Schriften Didymus zu klarer Unterscheidung des Alten und des 
Neuen Testaments gebracht hat. Zwar läßt er einmal den Hiob 
die Menschwerdung des Gottessohnes voraussehen: οὐ γὰρ ἀμύ- 
ητὸς ἦν ὃ Ἰὼβ τῆς τοῦ σωτῆρος &xiógulac*. Aber zu Hiob 710 
erklärt Didymus?, Hiob habe von der Auferstehung der Toten 
noch nichts gewußt; die gegenteilige Annahme sei zwar zıdavn, 
aber nicht ἀληϑεστέρα. Ganz ähnlich wie Origenes? bringt Didy- 
mus den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Testa- 
mente auf die Formel: beide gehen auseinander nicht xa$" ὑπο- 
κείμενον, sondern ἐπινοίᾳ: ἡ αὐτὴ διδασχαλία, ὁτὲ μὲν xexaAvu- 
μένως, ὁτὲ δὲ γυμνῶς . Insbesondere redet das Alte Testament 
von der Trinität immer nur μυστικῶς", ἐν ἀπορρήτῳ", διὰ κρυ- 
φίων 19, Nur vom 109. (Ixx) Psalm sagt Didymus, daß er den ni- 
cänischen Glauben ἐμφανῶς μᾶλλον ἢ αἰνιγματωδῶς beweise!!. 
Auf Grund dieses Tatbestandes wagt Didymus das für seine Zeit 
recht freisinnige Urteil: das Neue Testament hat πλείονα δόξαν 
als das Alte!?; τὸ ἀεὶ νέον xol ovx εἰς γῆρας ἀποκλῖνον σωτή- 
Quov κήρυγμα ist dem πρεσβύτερος νόμος entschieden vorzuziehen!?. 


1) De trin. 111 22, 017 A. 2) In I Jo. 1781 BC. 

3) Vgl. in II Cor. 1688 AB 1713 D— 1716 A usw. 

4) In Job 1121 A. 

5) In Job 1140 C. 

6) Vgl. Berliner Ausgabe I S. XXXIII. 

1) In 11 Cor. 1:05 A; vgl. de trin. I 18, 348 BC; in I Jo. 1782 B. 

8) De trin. I 15, 312 A; II 5, 508 A; 622 553 C; 18 565 AC; 16, 721 A. 
9) De trin. II 14, 697 A 705 A. 

10) De trin. 11 622 556 A; 19, 132 A. — Lehrreich ist es, daß der I’salmen- 
sänger de trin. ΠῚ 0, 844 B χαλύπτων μᾶλλον ἢ ἀγνοῶν x«l ἀγνοῶν μᾶλλον 
ἢ καλύπτων genannt wird. 

11) De trin. II 11, 652 A. 12) In Il Cor. 1606 A. 

13) De trin. I τ, 272 B; vgl. 30, 416 C und in psalm. 1305 B. 


56 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Zur Exegese benutzt Didymus dieselben Hilfsmittel, wie 
Origenes. Im Alten Testamente vergleicht er nicht nur ver- 
schiedene Handschriften der Septuaginta!, sondern auch die 
Hexapla?. Symmachus steht in besonderer Gunst bei ihm und 
wird am häufigsten genannt?. Viel seltener erwähnt Didymus 
den Aquila*, der es sich sogar einmal? gefallen lassen muß, daß 
ihm der alexandrinische Gelehrte einen Fehler vorwirft. Theo- 
dotion wird nur an einer Stelle genannt”. Auch mit der neu- 
testamentlichen Textkritik hat sich Didymus befaßt®. Seine Über- 
setzungen hebräischer Eigennamen? hat er wohl aus derselben 
oder einer ähnlichen ἑρμηνεία τῶν ὀνομάτων geschöpft, wie 
Origenes 10, 

Von Origenes’ Literarkritik finden wir die Spuren bei 
Didymus wieder. Ein Beweis guter Beobachtungsgabe ist es, daß 
er Deuterojesaja vom Jesajabuche abtrennt!!. Rätselhaft ist Didy- 
mus’ scharfes Urteil über den zweiten Petrusbrief!?: non igitur 
ignorandum praesentem epistolam esse falsatam, quae licet 
publicetur non tamen in canone est. Didymus lehnt mit diesen 
Worten eine Anschauung des zweiten Petrusbriefes ab, die ihm 
nicht zusagt: darauf bezieht sich das igitur an der Spitze des 
Satzes 13, Trotzdem darf man bezweifeln, ob Didymus sein Ver- 
diet so ganz ernst meint. Sein Meister Origenes hat sich über 


1) De spir. s. 28, 1058 B; 53, 1078 A; in psalm. 1172C 1181 A 1293 D 
1304 B 1388 D; Cramer, Catenae etc. III S. 333. 
2) In psalm. 1293 D 1304 B; vgl. Hieron. adv. Rufin. 11 34 (MPL 
23, 456 A). 
3) In psalm. 1172D 1240B 1260C 1293 D 1353 B 1448 C 1452 C 
1536 BC 1556 D 1564 A 1580 A 1601 CD; in prov. 1624 A. 
4) In psalm. 1260 C 1353 B 1529 C 1580 A 1604 A. 
3) De trin. III 3, 825 C. 6) In prov. 1624 A. 
*) Vgl. aueh in Job 1141 D 1145 B; in psalm. 1388 D 1501 D; in prov. 
1624 A 1632 B. 
8) In II Cor. 1651 AB; Hieron. epist. 1195 ad Minervium et Alexandrum 
(MPL 22, 968f). 
9) Vgl. oben S. 45 Anm. 7. 
10) In Jo. II 33197 S. 9018 Preuschen; dazu Preuschen RE? XIV S. 48251 ff. 
11) Vgl. oben S. 18 unter 6. 
12) In II Petr. 1774 A. Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 
113 S. 73, Anm. 1. 
13) Vgl. Lücke bei MPG 39, 174? A — 1144 C. 


14. Origenismus. 57 


den zweiten Petrusbrief viel milder geäußert!. Das falsatus des 
lateinischen Übersetzers wird wohl eine grobe Wiedergabe eines 
viel feineren griechischen Wortes (v»0905?? ἀντιλεγόμενος Ὁ) sein. 
Außerdem eitiert Didymus den zweiten Petrusbrief sehr oft?, und 
zwar genau so wie kanonische Schriften. Die berühmte Stelle 14 
konnte ja kein nicänischer Theolog zu seiner Beweisführung ent- 
behren. Allerdings scheint Didymus geneigt, auch βίβλοι ἀπό- 
xovpoı? für glaubwürdig zu halten‘. Hat vielleicht Didymus in 
seinen Commentaren, die ja kaum in die Hände ungebildeter 
Laien kamen, offener und kritischer zu reden gewagt, als in den 
für den Markt bestimmten dogmatischen Gelegenheitsschriften? 
Oder ist der Text an der betreffenden Stelle nicht in Ordnung? 
Der Wortlaut gerade der lateinischen Übersetzung seiner katho- 
lischen Briefe gibt sehr oft Anlaß zu ernsten Bedenken. 

Seine Bemühungen um genaueste Feststellung des Wortsinns 
baben Didymus ebenso wenig wie Origenes gehindert, fröhlich zu 
allegorisieren®. Das Wort des Paulus «der Buchstabe tötet, aber 
der Geist macht lebendig» ® scheint ihm das Recht dieser Me- 
thode zu beweisen, ja sie zu fordern’. Schon die alte Inspirations- 
lehre zwang zum Umdeuten durch ihren Grundsatz, alle alt- 
testamentlichen Worte müßten einen bedeutungsvollen christ- 
lichen Sinn haben. Didymus ist sich über diesen Grundsatz ganz 
klar gewesen. So bemerkt er? zu seiner allegorischen Deutung 
von II Kön. 64—: τὸν δὲ ἀνανεύειν ἐθέλοντα, ὅτε καὶ τὸ yo- 
olov τοῦτο προφητεία περὶ τοῦ βαπτίσματός ἐστιν, ἄξιον 
ἀπαιτεῖν, τί τὸ χρήσιμον τῶν τοιῶνδε ῥημάτων καὶ dımynua- 
τῶν, πρὸς ὃ βλέπων ὁ ἱερὸς συγγραφεὺς ταῦτα τέϑεικεν. So 
deutet Didymus fast alle Psalmen auf den Messias; die entgegen- 
gesetzte Auffassung bezeichnet er einmal als jüdisch?. Wie sehr 
Didymus die allegorisch-typische Erklärungsweise am Herzen liegt, 
sehen wir aus der Menge der Namen, die er ihr gibt: sie heißt ave- 


1) In Jo. S. 101 Preuschen — Euseb. hist. eccl. VI 258. 

2) 2. B. de trin. I 15, 304 B 313 B; 29, 416 A; 32, 429 B; II 1,453A; 
68 512C; 10,644 C; 12, 0858 A. Vgl. Mingarelli MPG 39,305 C Anm. 41. 

3) Gegensatz: δεδημοσιευμέναι. 

4) In act. apost. 1669 C. 

5) Theodoret. hist. eccl. IV 294. 6) II Cor. 36. 

1) De spir. s. ὅτ, 1081 B. 5) De ἔπη. II 14, τοῦ A. 

9) In psalm. 1158 C; vgl. in prov. 1041 D. 


58 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


γωγή 1, διάνοια", ϑεωρίαϑ, vovg?; ferner wird sie bezeichnet als 
allegorisch ?, «hóher»5, mystisch?, parabolisch 5, pneumatisch‘, 
tropisch !0. Im Gegensatz zu ihr steht das Sichtbare, Kosmische. 
Materielle in der Schrift 11, die 447) λέξις !?, die πρόχειροι λέξεις 15 
der Wortlaut (6n70»)!4 der geschichtliche,!5 grammatische!*. 
leibliche 17 Sinn. 

Besonders stark erinnert au Origenes die Überzeugung des 
Didymus, daß es in der Schrift Stellen gibt, deren wórtliches 
Verständnis sinnlos ist. Er rechnet zu diesen nicht nur Fabeln 
wie Richter 945—415 und II Kón. 149, sondern auch Worte wie 
Jes. 181f und einige Stücke der Sprüche Salomos. Didymus be 
zeichnet solch besonders dunkle Bibelworte als aenigma und be 
schreibt sie als expositio rerum quasi gestarum, quae factae non 
sunt neque fieri potuerunt, arcanum aliquod obscure significa» 
tium. Gott bedient sich solcher Gleichnisse, quod parabola nostn: 
oculis corporeis rerum sensibilium species quasdam simplici ratione 
subjiciat, quo mentis obtutibus rerum spiritalium subtilitatem per- 
fectius repraesentet!3. Auf dieselbe Anschauung läuft wohl der 
de trin. III 29, 948 A ausgesprochene Grundsatz hinaus: ov yo 
acl, ὡς μόνη ἡ τῶν ῥημάτων ἔχει σύνταξις, οὕτω xol τὰ xoa] 
ματα᾽ ἀλλ᾽ ἔστιν ὅτε ἀπαρτίζει τὴν διάνοιαν καὶ πρὸς τὰ μὴ 
λεγόμενα ἡ ἀλήϑεια. 

Freilich hat Didymus seine allegorischen Grundsätze nicht & 
streng durchführen können, wie Origenes. Dazu war die Zeit zu 


1) In Job 1120 C; in psalm. 1165 A; in prov. 1624 C; in acts sport 
1613 C. 

2) In Job 1136 A; in prov. 1641 D. 

3) In Job 1133 C 1144 C; in psalm. 1208 B. 

4) In Job 1133 C. 

5) In Job 1144 C; in psalm. 1324 C. 

0) In Job 1141 A (ὑψηλότερον). 

*) In Job 1120 €; in psalm. 1160 A. 

8) In prov. 1624 B. 

9) In psalm. 1160 A; in prov. 1641 D. 

10) In psalm. 1240 A 1261 D; in prov. 1637 D. 


11) In II Cor. 1055 BC. 12) In psalm. 1332 B. 

13) In psalm. 1160 A. 14) In Job 1120 C 1144 C. 
15) In Job 1133 C; in prov. 1624 B. 

16) In prov. 1641 D. 17) Ebenda. 


18) In prov. 1624 A; Corderius Lukascatene S. 218. 


14. Origenismus. 59 


sehr eine andere geworden. Zunächst ist festzustellen, daß er neu- 
testamentliche Stellen zaghafter umdeutet als alttestamentliche. 
Er wagt es zwar des Öfteren. So kann er sich nicht enthalten, 
AG 2s die feurigen Zungen als ein Bild des εὐχίνητος καὶ dıa- 
πυρος λόγος ἃ. ἢ. des λόγος σοφίας καὶ γνώσεως aufzufassen !. 
Aber er hat doch das Gefühl, daß der Wortlaut im Neuen Testa- 
. mente ein sehr starkes Recht auf Beachtung hat. Das zeigt uns 
seine lehrreiche Ausdrucksweise in I Petr. 1755 A: si quid autem 
supra textum hic potest intelligi. Zweitens begünstigt Didymus an 
manchen Stellen, deren Deutung zwischen Nicänern und Arianern 
strittig war, den Wortsinn. Er macht diesen Fortschritt aller- 
dings selbst dadurch wieder zunichte, daß er neben den Wort- 
sinn andere Erklärungen sehr oft als gleichberechtigt hinstellt ?. 
Drittens redet Didymus auch auf dem Boden des Alten Testa- 
ments nicht einer alles deutenden Allegoristik das Wort. In Job 
1133 C spricht er vielmehr den Grundsatz aus: οὐχ ἀνάγχη ταῖς 
ϑεωρίαις τὰς ἱστορίας ἐξομαλίξζειν ἑξῆς. 

Trotz dieser Einschränkungen der Allegoristik ist, alles in 
allem genommen, die Exegese des Didymus hinter der z.B. des 
Athanasius und der Kappadozier zurückgeblieben: das Vorbild 
des Origenes hat ihn gehindert, mit der Zeit fortzuschreiten. Es 
ist bekannt, daß in den trinitarisch-christologischen Streitigkeiten 
des vierten Jahrhunderts der Kampf um die biblischen Beweis- 
stellen einen sehr günstigen Einfluß auf die exegetische Methode 
ausgeübt und die Allegoristik ein beträchtliches Stück zurückge- 
drängt hat. Athanasius forderte, bei der Erklärung eines Bibel- 
worts den Zusammenhang, die Zeit, die Umstände zu beachten 3, 
und er hat selbst Beweise gegeben, daß er einer solchen Exegese 
füáhig war. So betont er zu Deut. 64* und I Kor. 865, daß diese 
Sätze gegen die Heiden gerichtet sind; bei der Erklärung von 
Sprüche 822 schildert er den allgemeinen Charakter dieses 
Buches, das durchweg im Rätselstile geschrieben 8615, usw. Die 
Kappadozier haben diese Errungenschaft des Athanasius noch 


1) Cramer, Catenae etc III S. 21. 

2) Vgl. oben 8. 37 (Anm. 1). 

3) Stülcken, TU Neue Folge IV 4 S. 13. 

4) Contra Arian. III ὦ. 5) De synod. 35. 
6) Contra Arian. II 44. 


60 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


weiter ausgebildet!. Didymus treffen wir nur selten? in ihren 
Spuren. 

Es ist fast selbstverständlich, daß Didymus' Exegese des 
öfteren unmittelbar auf die des Origenes zurückgeht?. Schon 
Hieronymus hat das bemerkt und einzelne Fülle namhaft gemacht t. 


B. Dogmatik. 


Die origenistische Exegese des Didymus läßt uns erwarten, 
daß Didymus auch sachlich von Origenes abhängig ist. Das ist 
in der Tat in hohem Grade der Fall. Ich mache auf folgendes 
aufmerksam. 

1. Die religiöse Stimmung des Didymus klingt des öfteren an 
an die Stimmung der kirchlichen Gnostiker von Alexandria. Er 
denkt sich gelegentlich 5 die Frómmigkeit des Neulings als einen 
Wechsel von Furcht und Hoffnung, während der vollkommene 
Gerechte die Furcht nicht kennt. Das hätten Klemens und Ori- 
genes auch schreiben kónnen; nur würden sie den «vollkommenen 
Gerechten» durch den «vollkommenen Gnostiker» ersetzen. Diese 
Unterscheidung zweier Klassen von Christen finden wir mehrere 
Male bei Didymus: Christen, denen die Philosophie in irgend einer 
Weise mehr war als eine Magd der Theologie (und auch dem 
Origenisten Didymus war sie im Grunde mehr, wenn er sich das 
auch selbst nicht gestehen will9) konnten ohne diese Unter- 
scheidung gar nicht auskommen; man denke nur an Synesius von 
Ptolemais (Cyrene)?; auch die Stoiker und Neuplatoniker hatten 
zwei Klassen Gläubige annehmen müssen. So redet Didymus, 
fast mit den Worten des Origenes, von den ἀἁπλούστερριβϑ oder 


1) Holl, Amphilochius S. 254 fl. 

2) Z. B. de trin. III 3, 813 C (über den allgemeinen Charakter der 
Sprüche Salomos). 

3) Z. B. in psalm. 1613 BC vgl. ebenda Anm. 42. 

4) Epist. 732 ad Evangelum (MPL 22, 677); 1195 ad Minervium et 
Alexandrum (ebenda 968-970). 

5) In prov. 1636 AB. 6) S. oben S. 48. 

7) Epist. 105 S. 249 C Petavius (Paris 1612): Synesius will sein Bistum 
verwalten τὰ μὲν οἴχοι φιλοσοφῶν τὰ δ᾽ ἔξω quAouv9oy. 

8) De trin. II 3, 480 B; in acta apost. 1660 A u. ὅ.; vgl. Orig. de 
princ. III 21 (MPG 11, 305 B: simpliciores) IV (364 B); contra Cels. I 7 
ΠῚ τῷ VI 13. Auch Sokrates Scholastikus, ein Verehrer des Origenes, ge- 
braucht den Ausdruck (hist. eccles. VI 7). 


14. Origenismus. 61 


ἀκεραιότεροι!. Sie verstehen nur den Wortsinn der Schrift; der 
Psalmist? vergleicht sie daher nicht ohne Grund mit dem Vieh. 
Von Gottes Vorsehung wissen sie nur wenig; z. B. sehen sie in 
der Gefangenschaft nicht eine Fügung des Himmels, sondern ein 
Gesetz des Krieges?. Ihre Anschauung, die &zxA4ovoréga διδα- 
σχαλία, ist die orthodoxe?, ist die Theologie, die alle brauchen 5, 
Die Führer der Kirche besitzen aber viel mehr als sie. Wenn 
die Kirche der Leib Christi ist, so sind die Apostel die Knochen, 
die σωματικώτερον πιστεύσαντες nur das Fleisch. Die Führer 
der Kirche besitzen die Gnosis *, die góttliche Philosophie8. Diese 
Philosophie hält Didymus für so notwendig, daß er glaubt be- 
gründen zu müssen, warum die Apostel einfache Leute und nicht 
Philosophen waren; er beantwortet das Problem durch die Er- 
wägung: wären sie gelehrte Männer gewesen, so hätte man ihre 
Weisheit leicht für Menschenweisheit halten können. Es gibt frei- 
lich auch eine ψευδώνυμος Yvocıc!?, einen hellenischen Wissens- 
dünkel 11, der das Christentum verspottet 12, Solche Gelehrsamkeit 
ist natürlich vom Übel. Ihren Vertretern stünde es besser, wenn 
sie weniger Erkenntnis und mehr Frömmigkeit besäßen !?. Sehr 
auffällig ist es, daß Didymus einmal der gnostischen Vorstellung 
nahe kommt, es gebe Menschen, die von Natur unfähig zum 
Empfange des Heiles sind 1%. 

2. Sehr oft!5 hebt Didymus hervor, daß Gott ἁπλοῦς oder 
οὐσία ἁπλῆ ist. Alles Nichtgöttliche ist in mehreren Exemplaren 
vorhanden: Gott ist nur einer!6. Die Folge dieser Einfachheit 
ist die Unveränderlichkeit Gottes. 








1) In psalm. 1160 A; vgl. Orig. in Jo. XIII 639 S. 23117 Preuschen. 


2) Psalm 357. 3) In Job 1125 B. 

4) Vgl. de trin. II 5, 489 B. 9) In I Petr. 1769 C—1770 A. 
6) In psalm. 1281 C. *) In II Cor. 1720 A. 

8) In psalm. 1584 B. 9) In I] Cor. 1700 BC. 

10) In psalm. 1448 D. 11) De trin. III 24, 936 C. 

12) In psalm. 1477 A. 13) Ebenda 1337 C. 


14) De trin. II 20, 740 BC. 

15) Z. B. de spir. s. 35, 1064 B (simplex; solitaria substantia); in psalm. 
1500 C; sacra parall. MPG 95, 1353 B. 

16) De trin. II 621 553 A u. 8. Derselbe origenistische Gedanke (vgl. z.B. 
de princ. [16 MPG 11, 125 B: divinae naturae simplicitas ist kein compo- 
situm) findet sich auch bei Athanasius (de decret. Nic. syn. 22; epist. ad 
Sarap. III 4) u. a. 


62 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


3. Aus Gottes Einfachheit ergibt sich weiter, daß Gott keine 
Qualitäten (ποιότητες) hat. Nun haben aber alle Körper (oo- 
ματα) Qualitäten. Also ist Gott unkörperlich!. Dieser Gedanke 
wird von Didymus fast noch stärker betont als von Origenes?; 
auf jeden Fall ist er ihm wertvoller als z. B. dem Athanasius? 
oder dem Basilius* oder irgend einem anderen Theologen der 
Zeit. Und doch gab es schon in den Tagen des Didymus eine 
starke Partei unter den Asketen Ägyptens, die sich Gott nicht 
ohne Augen, Ohren und Hände vorstellen konnte und gegebenen 
Falls bereit war, ihre Anschauung mit dem Knüppel in der Faust 
zur Geltung zu bringen 5. Didymus nennt Gott mit Vorliebe ἀσώ- 
ματος. Gott ist deshalb auch ἀπερίγραφος καὶ τόπῳ ἀπεριό- 
ριστος. Er ist ja keine αἰσϑητὴ ovola9, sondern νοητὴ οὐσίαϑ. 
Das muß schon deshalb so sein, weil οὐδὲν αἰσϑητὸν ἀεὶ ὑπάρχεε 19, 
Aber Didymus glaubt mit diesen Aussagen noch nicht genug 
getan zu haben; er gelangt bis zu der Behauptung: Gott ist 
ἀνωτάτω πάσης νοερᾶς, ἔτι μὴν καὶ νοητῆς κτίσεως 11. Ferner 
hebt Didymus hervor, daß die Kategorien «größer» und «kleiner» 
in keiner Weise in Beziehung zu Gott gesetzt werden dürfen !?. 
Gott ist ἀμεγέϑης 13 (dieses Wort findet sich bei den christlichen 
Theologen sehr selten, außer bei Didymus wohl nur noch bei 
Cyrill von Alexandria) Weiter ergibt sich aus Gottes Geistig- 
keit, daf auch die Serafim Gott nicht sehen kónnen!*: sie sahen 


]) De trin. I 16, 333 B. 

2) Z. B. de princ. 11 MPG 11, 121ff. 

3) Athanasius begnügt sich mit der einfachen Aussage, daß Gott ἀόρα- 
toc ἀσώματος ἄψαυστος ist, daher der Vater nicht größer sein kann als der 
Sohn (contra gent. 29. 35; de decr. Nic. syn. 24; contra Arian. III 1). 

4) Aus in Hexaém. I1 sehen wir, wie wenig consequent er in diesem 
Falle denkt. 

Ὁ) Sokrates hist. eccl. VI 7. 

6) Z. B. in psalm. 1220 B 1328 BC; in Jo. 1645 B. 

*) Cramer, Catenae etc. III S. 291; adv. Ar. et Sab. 13, 1300 B. 

$) Cramer a. a. O. S. 291. 9) In psalm. 1413 C. 

10) In I Jo. 1777 C. 11) De tnn. II 1, 449 A. 

12) In Jo. 1652 B — 1653 A. Ähnlich Athanasius s. o. Anm. 3. 

13) De trin. I 16, 332 C; 27, 397 C; II 1, 449 A 452 C; 616 544 C; III 
40, 981 B; in psalm. 1328 BC. 

14) De trin. II 1, 449 A; vgl. Orig. de princ. I 18 MPG 11, 128 B; 
Alexander von Alexandria bei Theodoret hist. eccl. 1418 τάχα δὲ xal ἀγγέ- 
λων καταλήψεως ὑπερέκεινα. 


14. Origenismus. 63 


also auch den Sohn nicht, bevor er Mensch ward !. Ja, Gott selbst 
kann nicht in körperlichem Sinne sehen. Das ist kein Wider- 
spruch zu Matth. 1127: aliud est videre, aliud cognoscere?. Dafür 
sieht Gott, und er allein, τὸ τῆς διανοίας ἃ. Endlich ist aus der 
Unkörperlichkeit Gottes zu folgern, daß die bildliche Redeweise 
über Gott, deren sich die Bibel so oft bedient, nicht wörtlich zu 
nehmen ist *. Gott ist Licht; aber nicht das Auge, sondern die 
νόησις faßt seinen Glanz auf. Gott ist πνεῦμα; aber πνεῦμα ist 
hier etwas ganz anderes, als Wind. Vor allem deutet Didymus 
alle Anthropopathismen und Anthropomorphismen um, die in der 
heiligen Schrift vorkommen. Gottes Zorn ist keine Leidenschaft 9: 
Gott ist ganz leidenschaftslos?, kennt z. B. auch keinen Neid$. 
Wenn es heißt «Gott erinnerte sich Noahs» ?, so darf man daraus 
nicht schließen, daß Gott Noah vergessen hatte; hier gilt das Ge- 
setz: ϑεοπρεπῶς ἀχουστέον 19, Redensarten wie «Gottes Antlitz» 
und «Gottes Rücken» sind auch nicht wörtlich zu nehmen; viel- 
mehr bedeutet «Gottes Antlitz» sein Dasein vor der Welt, «Gottes 
Rücken» seine Schöpfung und Vorsehung!!. Auch den «Schoß 
Gottes» und die «Rechte Gottes» versteht Didymus in übertragenem 
Sinne !?. Die äußere Berechtigung zu diesem Verfahren findet er 
darin, daß es an einer Stelle!? heißt, der Sohn sei zur Rechten 
des Vaters, an einer anderen 14, der Vater sei zur Rechten des 
Sohnes!*. In seiner Vergeistigung des Gottesbegriffs geht Didymus 
so weit, daß er an einer Stelle!$ von dem Unterschiede zwischen 


— —Ó—— —Ó — — — — —— 


1) De trin. I 27, 404 B. 

2) Orig. de princ. I 1s MPG 11, 129 A (dieses Stück rührt von Didy- 
xnus her, s. o. S. 14 unter 11. 

3) Sacra parall. MPG 95, 1080 C. 


4) Ebenda 1085 D. 5) In Jo. 1645 B. 

6) In psalm. 1176 C. 1) De trin. II 81 608 B. 
8) Ebenda I 8, 270 C; 32, 425 B. 

9) Genesis 81. 10) In genes. 1113 B. 


11) In exod. 1116 A; vgl. in psalm. 12:6 A; in I Jo. 1799 A. 

12) Áhnlich Athanasius contra Arian. I 61 und Basilius de spir. s. V1 15. 

13) Psalm 1091 (Ixx). 14) Ebenda 158. 

15) De trin. I 26, 392 C; in psalm. 1232 ABC; in acta apost. 1657 C 
bis 1660 B. Vgl. de trin. I 32, 425 B; de spir. s. 38, 1060 C; in exod. 1113 C; 
in Job 1121 D 1124 CD; in psalm. 1173 AB 1189 D 1205 D 1209 A 1220 BC 
1325 C 1329 BC 1472 B 1480 C; sacra parall. MPG 66, 89 C; Corderius’ 
Johannescatene S. 196; MPG 39, 7109 B Anm. +1. 

16) De trin. II 2, 461 C. 


64 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Gott und der Schöpfung nur unter Beifügung einer entschuldigenden 
Redensart zu sprechen wagt. Besonders wertvoll ist Didymus der 
origenistische ! Gedanke: Gott könne nichts Materielles sein, weil 
man an ihm .wesenhaft teilhaben kann, 

4. Mit sehr starken Ausdrücken behauptet Didymus Gottes 
Unerkennbarkeit. Der Kampf gegen die arıstotelische Gotteslehre 
des ÀÁétius und Eunomius nötigte ihn auch hier, sich schärfer aus- 
zudrücken, als Origenes? oder Athanasius*; doch haben z. B. den 
Basilius die gleichen Gegner zu den gleichen Aussagen genótigt*. 
Selbst der νοῦς kann Gott nicht schauen$. Gott ist ja ὑπερού- 
cıos und προούσιος. Wenn man von seiner οὐσία redet, so 
darf man nie vergessen, daß es eine ὑπερούσιος οὐσία (!)®, eine 
ὑπερούσιος φύσις ist. Nur xarayonotuxac 19, nur durch Bilder !! 
kónnen wir eine gewisse Vorstellung von Gott gewinnen. Erst 
am Ende alles Geschehens wird uns volle Erkenntnis zuteil 
werden 12, Jetzt können wir selbst kleine Werke Gottes nur 
schwer erfassen !”. Vermögen doch auch die Engel!*, ja selbst 
die Erzengel 15 Gott nicht zu erkennen. So kommt Didymus zu 
dem Satze: τὸ αἰτίας τῶν ὑπὲρ πᾶσαν αἰτίαν καὶ νόησιν ἀπο- 
διδόναι τολμηρόν᾽ τὸ δὲ ϑαυμάζειν τὸ ϑεῖον ... ἀσφαλές 15. 
Sicher ist nur die Gotteserkenntnis, die aus der Schrift stammt: 
ἐχεῖνα μόνον ἀσφαλὲς ἅπερ πρὸς τὰ μέτρα ἡμῶν ἐδίδαξαν ai 

1) De princ. I 121 MPG 11, 122 A — 123 A. 

2) De spir. s. 8, 1039 C u. ὅ. 

3) De princip. I 15 (MPG 11, 124 A); contra Celsum VII 42—51 (ἐπέ- 
κεινα τῆς οὐσίας). 

4) Contra gentes 2. 35—38 (ὑπερέχεινα πάσης οὐσίας xal ἀνϑρωπίνης 
ἐπινοίας). 

5) Adv. Eunom. I 12—15: Gottes οὐσία, wie auch die der Natur, er- 
kennen nur Sohn und Geist; wir wissen nur, wie Gott ist. 

6) De trin. II 5, 505 A; vgl. τ, 560 AB; adv. Ar. et Sab. 3, 1281 D; 
in I Jo. 1787 BC. 

*) De trin. II 4, 484 A. 

S) Ebenda III 247 804 C; 17, 877 B. 

9) Ebenda IL 31 600 C; vgl. I 9, 284 A (ἐν τῷ ὑπὲρ βουλὴν καὶ νοῦν 


φύσει). 
10) De spir. s. 38, 1066 A. 11) De trin. I 15, 308 A. 
12) In psalm. 1317 B. 13) De trin. I 36, 437 € — 440 A. 


14) De trin. II 4, 481 A; vgl. Alexander von Alexandria bei Theodoret. 
hist. eccl. I 419. 
15) De trin. I 36, 440 A. 16: De trin. I 9, 281 B. 


14. Origenismus. 65 


yoapal!: auch die Erkenntnis, die uns die Schrift vermittelt, ist 
sehr unvollkommen und entspricht oft dem Wesen der Gottheit 
nicht, da sie uns angepaßt werden mußte. 

5. Von Gottes ewiger Schöpfertätigkeit redet Didymus adv. 
Ar. et Sab. 5, 1288 A (Gott ist ewig ἐνεργής) und wohl auch de 
trin. 1 8, 277 B (Gottes Gedanken sind zugleich Handlungen: οὗ 
αἱ νοήσεις ποιήσεις εἰσίν). 

6. Didymus’ Engellehre ist durch und durch origenistisch; 
nur Origenes Vorstellung von den Sternengeln? wird abgelehnt. 
Didymus schreibt den Engeln zwar keine gravia et passibilia 
corpora zu; aber er scheint doch vorauszusetzen, daß sie eine Art 
Leib besitzen 5. Diese Anschauung liegt wohl auch der Mahnung 
zugrunde, man solle sich beschüftigen mit dem Gerichte, d. h. mit 
der διαφορὰ τῶν σωμάτων δ: das Gericht besteht darnach darin, 
daß die Seelen je nach ihrem Verhalten Leiber verschiedener Art 
erhalten. Auch Didymus Anschauung von den Schutzengeln ist 
durchaus origenistisch 7. 

7. Origenes Lehre von der Präexistenz der Menschenseele 
wird nicht nur in I Petr. 1755 AB vorausgesetzt, sondern vor 
allem in der Schrift an Rufinus über die Frage, warum kleine 
Kinder sterben?. Diese Frage kann ja nur einem ÖOrigenisten 
Schwierigkeiten bereiten, der die Einkerkerung der Seele in den 
Leib als eine Strafe für einen vorzeitlichen Sündenfall betrachtet. 
Man muß sagen, daß Didymus das Problem von seinem Stand- 
punkte aus sehr geschickt gelóst hat: er meint, die Seelen früh 
sterbender Kinder hätten nur wenig gesündigt; so würde ihr 
Vergehen durch eine kurze Haft genügend gesühnt. Übrigens 
liegt der Präexistentianismus auch der Erörterung de trin. III 
1, 773 C 777 B und anderen Stellen zugrunde?. Die mit 
ihm oft verbundene Lehre von der Seelenwanderung lehnt 
Didymus ab 19. 

—— . ἢ De trin. II 5, 505 A. 

2) Adv. Ar. et Sab. 3, 1284 CD 1285 A. 

3) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I? S. 629 Anm. 4. 

4) Vgl. S. 13 Anm. 2. 

5) De trin. II 4, 491 B; in II Petr. 1773 A. 

6) MPG 39, 1109 B. 

7) Vgl. Abschnitt 15 unter D. 8) S. oben S. 11 unter 5. 

9) Vgl. oben S. 42. 


10) In Job 1145 D; in psalm. 1332 D. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 5 


66 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


8. Von Origenes beeinflußt ist auch Didymus’ Psychologie. 
Origenes dachte, wie Plato, trichotomisch!. Nun finden sich 
allerdings bei Didymus sehr viele Stellen, die rein dichotomisch 
klingen und den Menschen nur aus Leib und Seele (ψυχῇ) be- 
stehen lassen?. Das darf uns nicht wunder nehmen: Athanasius 
dachte wohl dichotomisch ? und tausend andere mit ibm; Nemesius 
von Emesa konnte erklären: τὸν ἄνϑρωπον ἐχ ψυχῆς εἶναι καὶ 
σώματος 6 χοινὸς ὑποβάλλει λόγος. Andrerseits finden wir bei 
Didymus des öfteren trichotomische Erörterungen, die ganz an 
Plato erinnern. So verwendet er de trin. I 9, 288 A die Wendung 
τὸ συνεστάναι ἐχ ψυχῆς xol σώματος καὶ τὸ εἶναι λογικόν. 
Ähnliche Redensarten lesen wir ebenda 15, 301 A: ἄψυχον καὶ 
ἄλογον, ἔμψυχον καὶ λογικήν; ferner in psalm. 1324 A 1400 A; 
in prov. 1625 B 1636 C. Besonders lehrreich ist in prov. 1628 A: 
hier scheidet Didymus λογικὴ ψυχή, ϑυμικόν, ἐπιϑυμητικόν ὅ. 
Ähnlich wird in psalm. 1256 A ϑυμοειδές und ἐπιϑυμητικόν 
getrennt. Bei Cramer, Catenae usw. Ill S. 378 bezeichnet Didymus 
die ψυχικὴ φύσις als eine μεσότης. Zum Überflusse wird durch 
Gennadius von Massilia6 bezeugt, daß Didymus von vielen als 
Trichotomiker betrachtet wurde. Didymus hat den Gegensatz 
von Dichotomie und Trichotomie wohl ähnlich vermittelt, wie ihn 
Gregor von Nazianz?, Makarius Ägyptius® und gelegentlich auch 
Athanasius? vermittelt haben: er betrachtete den »ovg als einen 
Teil der ψυχή. So ist de trin. III 1, 773 B die Rede von dem 


1) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte I3 S. 632. 

2) De spir. s. 54, 1079 C; contra Manich. δ, 1092 C; 6, 1093 BC; in 
Job 1145 A; in psalm. 1185 CD 1245 A 1597 D; in prov. 1624 D; in II Cor. 
1721 A 1725 C; in I Petr. 1765 A; Hieron. epist. 1195 ad Minervium et 
Alexandrum (MPL 22, 969f). Besonders deutlich ist in psalm. 1520 BC: 
εἰ xal μὴ ἄλλος ὃ σύνϑετος ἄνϑρωπος παρὰ τὴν ψυχὴν χαὶ τὸ σῶμα, ἐξ 
αὐτῶν γὰρ τούτων συντέϑειται, usw. 

3) Stülcken TU Neue Folge IV 4 S. 100 Anm. 2. 

4) De natura hom. 1. 

5) Vgl. Sarapion von Thmuis bei Euagrius, Gnosticus (Sokrates hist. 
eccl. IV 23). 

6) De eccles. dogm. 20. Mingarelli (MPG 39, 223) verweist auch auf 
Hieronymus’ Bemerkungen über Vertreter der Trichotomie epist. 12010 ad 
Hedibiam (MPL 22, 1005). 

7) Holl, Amphilochius S. 163. 

8) Homil. 7s S. 105 Pritius (Leipzig 1698). 

4) Contra gentes 30. 


14. Origenismus. 67 


Teile der ψυχή, der vontov ist. In psalm. 1256 AB stellt Di- 
dymus einander gegenüber τὸ dextix0» φωτὸς τῆς ψυχῆς μόριον 
ἤτοι δύναμις, τοῦτ᾽ ἔστιν ὁ νοῦς, ὃ καὶ λογιστικόν τινες καλοῦσιν, 
und τὸ σχότος αὐτῆς τὸ ϑυμοειδὲς καὶ ἐπιϑυμητικόν; letzteres 
ist sozusagen das σῶμα τῆς ψυχῆς. Ähnlich wird in psalm. 
1577 C das ϑυμιχὸν μέρος τῆς ψυχῆς der νόησις entgegenge- 
setzt. In Corderius’ Johannescatene S. 265 stellt Didymus neben 
den ἔσω ἄνϑρωπος, d. h. den νοῦς, den ἔξω ἄνϑρωπος ὁ σω- 
ματικώτερος. Hier wird also vorausgesetzt, daß die ψυχή im 
engeren Sinne dem Leibe näher steht als dem »ovg. Dieselbe 
Voraussetzung scheint in II Cor. 1712 C gemacht zu werden. 
Warum Didymus nicht die reine Trichotomie vertritt, vermag ich 
nicht zu sagen. Sicher ist wohl, daß diese später durch Apollinarius 
von Laodicea diskreditiert wurde. Auf das Verhalten des Di- 
dymus kann das aber kaum schon eingewirkt haben !. 

9. Für dieZukunftserwartungen der alten Kirche hat Didymus 
gar kein Verständnis. Einmal spricht er es, vielleicht unter dem 
Eindrucke der wachsenden Häresie oder der arianischen Ver- 
folgung, als seine Überzeugung aus, das Weltende sei nahe?: er 
redet von dem μισόχαλος ἀντίχριστος, οὕτινος, Og τεχμηριοῖ 
τὰ πράγματα, ὁ ἀγωνίας δεινῆς γέμων χρόνος ἤγγικεν ἤδη. 
Aber dieses Wort kann nur der Eindruck einer flüchtigen Stimmung 
sein. Wie wenig Sinn Didymus für alle Eschatologie hatte, zeigt 
aufs deutlichste seine «Erklärung» von I Cor. 1551, die das gerade 
Gegenteil einer Erklärung ist?. Sie ähnelt der des Akacius von 
Cäsarea* und seltsamerweise auch der Diodors von Tarsus’, 
sticht dagegen recht unvorteilhaft ab von den verständigen Aus- 
führungen des Theodorus von Heraklea (Perinthus) und des Apolli- 
narius von Laodicea®: Apollinarius ist wohl überhaupt der letzte 
griechische Theolog, der einen Sinn besaß für die Hoffnungen 
des Urchristentums. Didymus verwirft vor allem, und mit sehr 


1) Die hier dargestellte Vermittelung zwischen Dichotomie und Tricho- 
tomie wurde in der griechischen Kirche orthodox; vgl. Loofs, Leitfaden zum 
Studium der Dogmengeschichte? S. 185 über Johannes von Damaskus. 

2) De trin. II 27, 765 A. 

3) Hieron. epist. 1105 ad Minervium et Alexandrum (MPL 22, 968). — 
Auch für das Wesen der Prophetie hat Didymus kein Verständnis :in acta 
apost. 1677 AB), 

4) Hieron. a. a. O. 7 (971f.. 5) Ebenda 5 (9681, 

0) Ebenda 4 und 4 (967 f). 


>* 


68 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


scharfen Worten, die Lehre von den zwei Auferstehungen (Offb. 
20s und 13)! und den Chiliasmus: frivola quaedam et tepida pro- 
ferunt aliqui putantes eam (d. h. die himmlische haereditas) se 
percipere in terrena Jerusalem; mille annis existimant esse deli- 
ciarum praemia proprietate recepturos ? (das biblische Offenbarungs- 
buch hat Didymus selbstverstündlich für echt und kanonisch ge- 
halten). In seinen positiven Darlegungen spiritualisiert Didymus 
die Auferstehung des Leibes so weit als nur irgend angüngig. 
Er redet zwar von der Auferstehung auch eines σώμα 3. Er hebt 
sogar hervor, daß zwischen dem irdischen Leibe und dem Auf- 
erstehungsleibe ein gewisser Zusammenhang besteht: σπέρματος 
λόγον τὸ νῦν ἡμῶν σῶμα ἔχει πρὸς τὸ ἐξ ἀναστάσεως". Aber 
viel stärker wird betont, daß alles Sichtbare vergeht*. Alles 
Sichtbare hat ja einen Anfang: was aber einen Anfang hat, wird 
auch einmal ein Ende finden®. So kann der alte Leib nur auf- 
erstehen, nachdem er ein ganz anderer, ein geistiger Leib ge- 
worden ist”, ein incorruptibile et spirituale corpus®. Das ewige 
Leben besteht deshalb in einem ἀγήρως χατὰ τὸ νοητὸν uE- 
νεῖν ἐν νεότητι xol ἠπιότητι xal ἀϑανασίᾳ ?. Das himmlische 
Erbe ist durchaus intelligibel !%: leibliche Speisen wird es im 
Jenseits nicht geben !!, 

10. Nach Hieronymus !? hat Didymus auch Origenes’ Lehre 
von der Wiederbringung aller Dinge vertreten!?. Suchen wir 
nach Zeugnissen für diese Anschauung in Didymus’ eigenen 
Schriften, so müssen wir erstaunen, daß hier sehr oft von der 
ewigen Strafe und ihrem unauslöschlichen Feuer die Rede ist. 
Das Wort αἰώνιος findet sich in diesem Zusammenhange z. B. 
adv. Ar. et Sab. 6, 1289 C; de trin. II 12, 669 A; contra Manich. 





1) Ebenda 5 (969). 2) In I Petr. 1756 BC. 

3) Cramer, Catenae usw. lll S. 373. 

4 [n psalm. 1300 A. 

9) In acta apost. 1661 C; in II Cor. 1701 CD. 

6* De trin.1 15,321 B; II 63 513 A; Pseudobasil. adv. Eunom. 684 C. 

1; In II Cor. 1704 B. 8) In epist. Jud. 1818 C. 

9) De trin. II 1, 453 A. 10) In I Petr. 1756 C. 

11) In psalm. 1432 A; vgl. Origenes de princ. II 112 f. (MPG 11, 242). 

12) S. oben S, 13 unter 11. 

3: Vgl. Neander, Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und 
Kirche TV4 (1864) S. 458. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 118 


/ S. 165 Anm. 3. 


14. Origenismus. 69 


13, 1104 A; 14, 1104 B; in psalm. 1244 D 1316 A 1585 B; in 
II Cor. 1724 D. De trin. II 12, 669 A ist von der ἄσβεστος φλόξ 
die Rede. Und de trin. II 26, 749 C wird hervorgehoben, daß 
die Strafe οὐχ ἕως τοῦ παρόντος αἰῶνος ἀλλὰ καὶ τοῦ μέλ- 
λοντος dauert. Ganz in Übereinstimmung damit heißt es in 
psalm. 1372 C, daß man nur in diesem Weltalter Buße tun 
könne. Auch Stellen wie in psalm. 1521 B; in epist. Judae 1818 A; 
Hieronymus epist. 1195 ad Minervium et Alexandrum (MPL 22, 
970) scheinen die Apokatastasis auszuschließen. Trotzdem finden 
wir bei näherem Zusehen in den Werken des Didymus Gedanken 
genug, die Hieronymus’ Angabe bestätigen. 


a) Didymus hebt des öfteren, allerdings in ganz allgemeinen 
Wendungen, wie Gregor von Nyssa, hervor, daß Jesus’ Tod das 
Universum erlöst!. Jesus rettet alles, was ım Himmel und auf 
der Erde ist? Er ist der σωτὴρ οὐρανοῦ καὶ γῆς καὶ ϑαλάσσης 5. 
Auch Ausdrücke, die an sich genau so unverfänglich sind wie 
z. B. Joh. 31e, gewinnen von hier aus Bedeutung; so ἡ πάντων 
oornola‘, χαϑολικὴ καὶ γενιχὴ σωτηρία 5, salvator mundi 5. 


b) Insbesondere sagt Didymus von den gefallenen Engeln, 
daß sie Sehnsucht nach dem Heile haben? und von Jesus erlöst 
worden sind*. Daß dies auch vom Teufel gilt, wird wohl in psalm. 
1340 C angedeutet: εἰ περὶ τοῦ σατανᾶ ταῦτα (Psalm 36536 lxx) 
λέγοιτο, ἐπεὶ ἄρχων τοῦ χύσμου τούτου εἴρηται, παρέρχεται 
δὲ οὗτος ὁ κόσμος, ζητήσας τις ἐν τῷ μέλλοντι αἰῶνι τὸν τόπον 
τούτου τοῦ ἄρχοντος οὐχ εὑρήσει. Scheinbar wird die Vorstellung 
von der Erlösung der Engel abgelehnt de trin. II 7, 589 A: ὁ ϑεὸς 
λόγος οὐ διὰ τοὺς ἁμαρτήσαντας ἀγγέλους ἄγγελος ἀλλὰ διὰ 
τοὺς ἐν ἁμαρτίᾳ ἀνϑρώπους ἄνϑρωπος 9. Indessen darf diese Stelle 
keine hohe Beweiskraft in dem angedeuteten Sinne beanspruchen. 
Erstens ist sie, wie der ganze Abschnitt, aus dem sie genommen 


1) Vgl. Dräseke, Gesammelte patristische Untersuchungen, Altona und 
Leipzig 1889, S. 205. 

2) In I Petr. 1770 B. 3) De trin. I 28, 409 C. 

4) Ebenda I 27, 404 B. 5) Ebenda 405 A. 

6) De spir. s. 45, 1073 B. 

7) In 1 Petr. 1759 B; dazu Lücke MPG 39, 1739 A — 1740 B. 

8) In I Petr. 1770 BC; dazu Lücke ebenda 1740 B — D. Daß die 
superiora rationalia die Engel sind, lehrt in II Petr. 1773 A. 

9) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113 S. 165 Anm. 3. 


10 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ist, stark rhetorisch gefärbt. Zweitens schließt sie, wenn man 
sie genau nimmt, gar nicht aus, daß der Gottmensch die Engel 
erlóste; sie will nur sagen, daß der Sohn nicht Gottengel ward. 
Und drittens steht sie in einer dogmatischen Schrift In 
dogmatischen Schriften baben aber die Theologen auch des 
vierten Jahrhunderts sehr oft ἐρεστεκῶς geredet und anstößige 
Dinge nur verblümt zum Ausdruck gebracht: ihre wirkliche 
Ansicht erfährt man aus den wissenschaftlichen Commentaren 
viel sicherer !. 

c) Nach in psalm. 1340 C 1441 CD wird es im Jenseits keine 
sündigen Menschen mehr geben, nicht etwa weil ibre ovoía ver- 
nichtet wird, sondern weil ihre sündige Beschaffenheit (xootry) 
aufhört (von hier aus versteht sich vielleicht die Bemerkung in 
psalm. 1413 À: auch im Jenseits werden wir Gottes Erbarmen 
nótig haben) Diese scharfe Formulierung deutet uns zugleich 
an, welchen Wert für Didymus die Lehre von der Wieder 
bringung aller Dinge hat: unermüdlich rief er den Mani- 
chäern entgegen, daß das Böse keine οὐσία ist, sondern eine 
ποιότης. und daß es Gott vernichten wird?: schienen nicht diese 
Gedanken die Lehre von der Apokatastasis zu fordern? 

d) Sehr wertvoll ist Didymus der Gedanke, daß Gottes Strafen 
erziehen und bessern sollen. Die Vorstellung von Strafen, die nur 
strafen d. h. Rache nehmen, ist ihm vollkommen fremd: man 
wird daraus wohl schließen dürfen, daß ihm auch die orthodoxe 
Vorstellung vom Endgerichte fremd ist. Didymus berührt sich 
also in diesem Punkte sehr stark mit Origenes, der zuerst eine 
Art Fegefeuer gelehrt hat”. Am deutlichsten ist die genannte 
Lehre de trin. II 12, 673 A ausgesprochen: Gottes νοητὸν zup 
vollendet die Reinigung des Menschen, die das Taufwasser be 
gonnen hat. Ähnliche Gedanken werden ausgesprochen contrs 
Manich. 2, 1058 D: die bósen Menschen und der Teufel werden 
bestraft, sind also τρεπτοί, d. ἢ. besitzen die Fähigkeit, sich zu 


1) Auch in den sehr gelehrten Erörterungen adv. Ar. et Sab. 7, 1292Bf 
und 13, 1300 C, die der Laie kaum versteht, kann man die Anschauung 
von der ἀποχατάστασις versteckt finden. Hatte doch schon Origenes die 
Apokatastasis als etwas Esoterisches betrachtet (Harnack, Lehrbuch der 
Dogmengeschichte 13 S. 645f). 

2' Vgl. z. B. contra Manich. 2, 1088 CD 1089 A. 

3 Harnack. Lehrbuch der Dogmengeschichte I3 S. 645f. 


14. Origenismus. 11 


bessern; ebenda 17, 1108 C: «die Strafe wird angedroht, damit 
die Bäume! sich ándern»; in psalm. 1176 B: «das Gericht ist da, 
um zu helfen»; ferner in psalm. 1261 ABC 1404 C 1619 BC; 
sacra parall. MPG 96, 397 A, auch 320 D — 321 A. — In psalm. 
1209 B scheint Didymus vorauszusetzen, daß ganz Gottlose 
überhaupt nicht auferstehen. Meint Didymus damit Sarkiker, 
die unfühig sind, sich zu bekehren?? Oder will er nur die Vor- 
stellung ausdrücken, daß die Gottlosen nicht als Gottlose aufer- 
stehen werden, sondern als solche, die durch Strafen gebessert 
worden sind ?? 

Wenden wir uns nun zurück zu den oben? angeführten 
Stellen, die Didymus als Vertreter der kirchlichen Lehre vom 
Gerichte erscheinen lassen, so werden wir ihnen auf Grund der 
gewonnenen Erkenntnisse keine Beweiskraft zubilligen können. 
Was zunächst die Verwendung vou αἰώνεος im Zusammenhange 
mit Feuer und Strafe betrifft, so kann hier αἰώνεος nicht «ewig» 
heißen. Es bedeutet aber wohl auch nicht so viel wie divinus, 
wie Lücke annimmt, sondern etwa «ein Weltalter andauernd» 
d. h. «lang andauernd». Wir sind in der glücklichen Lage, 
das beweisen zu können. .De trin. II 64 516 D — 517 C er- 
klärt Didymus ausdrücklich, daß das Wort αἰώνιος einen doppelten 
Sinn hat. Einmal heiße es «ewig» im strengen Sprachgebrauche 
und könne dann nur als Attribut Gottes verwendet werden. 
Zweitens bedeute es etwas, das ἀπὸ χρόνου καὶ τρεπτόν sei: 
nur dieses αἰώνεος darf von den Strafen ausgesagt werden. Was 
sollte auch das Wort ὑπεραιώνιος ὃ für eine Daseinsberechtigung 
haben, wenn schon das bloße alavıog nur «ewig» im strengen Sinne 
bedeutet? Übrigens konnte Didymus auch den Grundsatz, alle 
Veränderung sei eine Art Tod’, recht gut zur Verteidigung 
seiner Anschauungen verwenden. Alle Widersprüche in den 
Gedanken des Didymus lassen sich freilich auf diesem Wege 
nicht beseitigen. Die Redeweise von der ἄσβεστος φλόξ usw. 
fügt sich keineswegs in den Rahmen der Apokatastasislehre. 


1) Matth. 310 Luk. 39. 

2) S. oben S. 61 unter 1. 

3) S. oben S. 70 unter c. 4) S. 68 ἢ 
5) MPG 39, 1741 CD und ebenda Anm. 19. 

6) De trin. II 68 513 B; 4 516 A. 

7) Ebenda 63.512 C. 


72 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria, 


Man muß wohl annehmen, daß Didymus sich zu wiederholten 
Malen, sei es nun absichtlich oder unabsichtlich, dem volkstüm- 
lich orthodoxen Sprachgebrauche enger angeschlossen hat, als es 
ihm seine Überzeugung hätte erlauben dürfen. Kann man daraus 
schließen, daß ihm die Anschauung von der Wiederbringung 
aller Dinge nicht sonderlich wertvoll war? 
11. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß Didymus, wie 
Origenes, sich das «Fegefeuer» nicht als ein irdisches Feuer ge- 
dacht hat. De trin. II 12, 673 A wird es ausdrücklich νοητὸν 
πῦρ genannt und mit Gott selbst identificiert: ὁ γὰρ ϑεὸς πῦρ 
xatavaA(óxovi. In psalm. 1480 D wird das Feuer des Gerichtes 
als Gottes Zorn gedeutet. An einer Stelle?, bei Erklärung von 
II Cor. 11s, scheint Didymus sogar das Gerichtsfeuer aus seinem 
eschatologischen Zusammenhange ganz herauszureißen und in das 
Menschenleben auf Erden zu verlegen: δυνατὸν τὸν ὑπὸ τοῦ 
ἀληϑινοῦ φωτὸς γινόμενον ἐν ταῖς ψυχαῖς φωτισμὸν ἡμέραν 
εἶναι τοῦ xvolov. Auch in psalm. 1160 B 1201 B 1212 AB und 
in Jo. 1645 C — 1648 A scheint das Fegefeuer spiritualisiert zu 
werden. Sehe ich recht, so ist Didymus auch in diesem Punkte 
sich nicht treu geblieben. In psalm. 1209 B scheint er ein End- 
gericht mit leiblichen Strafen anzunehmen: ὁ Χριστός ἔστεν, 
ov tà βήματι φανερωϑῆναι πάντας del, iva κομίσηται ἕκαστος 
τὰ διὰ τοῦ σώματος πρὸς ἃ ἔπραξεν εἴτε ἀγαϑὸν εἴτε χαχόν 
(II Cor. 510). Doch ist mir die Deutung dieser Stelle nicht sicher. 


C. Beurteilung. 


Sucht man ein Urteil zu gewinnen über die Art von Didymus' 
Origenismus, so ist zweierlei zu beachten. 

1. Wenn man auf das einzelne sieht, so ergibt sich, daf 
Didymus stärker von Origenes abhängig war, als irgend 
ein anderer Theolog seiner Zeit, den wir kennen. Vielleicht 
kann man ihm Euagrius Pontikus zur Seite stellen. Wir wissen 
von Euagrius, daß er die Präexistenz der Seelen lehrte: deswegen 
haben ihn spätere Jahrhunderte, immer zusammen mit Didymus, 
des öfteren verurteilt. Man wird hierin wohl klarer sehen, wenn 
einmal die syrischen Euagriustexte zugünglich gemacht werden. 
Vielleicht ist auch Synesius von Ptolemais ein Nebenbuhler des 


1) Deut. 424 98. 2) In II Cor. 1088 A. 


14, Origenismus. 73 


Origenisten Didymus; er erklärt in seinem berühmten 105. Briefe !: 
ἀμέλει τὴν ψυχὴν οὐχ ἀξιώσω ποτὲ σώματος ὑστερογενῆ νομί- 
bet τὸν χύσμον οὐ φήσω xal τἄλλα μέρη συνδιαφϑείρεσϑαι" 
τὴν καϑωμιλημένην ἀνάστασιν ἱερόν τι xal ἀπόρρητον ἥγημαι 
καὶ πολλοῦ δέω ταῖς τοῦ πλήϑους ὑπολήψεσιν ὁμολογῆσαι. 
Darnach hat Synesius wohl die Präexistenz der Seelen, Gottes 
ewige Schöpfertätigkeit und eine stark spiritualisierte Aufer- 
stehungslehre vertreten. Aber es ist fraglich, ob wir Synesius 
hier überhaupt zum Vergleiche heranziehen dürfen: nach allem, 
was wir wissen, war er mehr Platoniker als Origenist. Desto 
sicherer ist, daß Didymus dem Origenes treuer gefolgt ist, als der 
Theolog, den man gemeiniglich als den klassischen Origenisten 
des vierten Jahrhunderts bezeichnet, Gregor von Nyssa, also 
selbstverständlich auch treuer als Gregor von Nazianz oder gar 
Basilius der Große, die doch ebenfalls von Origenes viel gelernt 
hatten?, Gregor von Nyssa lehrt wohl die Erlósung aller und 
die Apokatastasis?, bekämpft auch den Chiliasmus und die An- 
nahme mehrerer Auferstehungen*. Aber die Prüexistenz der Seelen 
und den vorzeitlichen Sündenfall wagt er nicht zu behaupten: 
er vertritt den Traducianismus. Das ist deshalb besonders auf- 
fallend, weil der Präexistentianismus im vierten Jahrhundert 
durchaus nicht so selten ist, als gewóhnlich angenommen wird: 
auch Hieronymus und Augustinus sind ihm zuzeiten nahe ge- 
wesen. Wie fern sich hier Gregor von Nyssa und Didymus 
standen, lehrt ein Vergleich von Gregors Schrift περὶ τῶν v5- 
πίων πρὸ ὥρας ἀφαρπαζομένων πρὸς Teorov5 mit Didymus' 
gleichartiger Schrift an Rufinus. Auch in anderen Punkten 
denkt Gregor weniger origenistisch als Didymus: er nennt die 
Engel ἀσώματοιδ usw. 

2. Sehen wir auf das Ganze von Didymus' Weltanschauung, 
so kommen wir zu einem ganz entgegengesetzten Urteile. Das 
Interesse, das Didymus an Origeneshat, ist das Interesse 
eines Antiquars, und nicht das Interesse eines Denkers. Das 
zeigt zunüchst die Leichtigkeit, mit der er die sonst von ihm treu 


1) Edidit Petavius (Paris 1612) S. 249 B. 

2) Holl, Amphilochius S. 162 f. 

3) Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113 S. 165. 

4) Epist. 3 (MPG 406, 1024 AB) 5) MPG 46, 161—112. 
6) MPG 4, 173 A. 


74 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


eingehaltenen Wege des Origenes gelegentlich verläßt und sich 
der volkstümlichen Anschauung anbequemt. Das zeigt vor allem 
das Fehlen fast jeder Speculation und jeder Lust zur Specu- 
lation: kaum die Grundzüge des speculativen Systems seines 
Meisters hält er fest. Man wird bier billig nicht zu viel von 
Didymus verlangen. Auch ein Denker wie Synesius zog nicht 
alle Folgerungen der Philosophie: viele Lehrer der Weltweisheit 
hatten zu dessen Zeit erkannt, daß geschlechtliche Enthaltsamkeit 
die Consequenz des Platonismus sei; aber Synesius lebte nicht 
asketisch!. Trotzdem muß man sagen: was Didymus in Conse- 
quenzlosigkeit leistet, übersteigt alle Begriffe. Die trinitarischen 
Sonderlehren des Origenes deutet er um: als ob sie nicht ihre feste 
Stelle in dem Systeme hätten! Die Kosmologie entfernt er zum 
Teile: er bemerkt nicht, daß ohne die Kosmologie die gesamte Welt- 
anschauung des Origenes zusammenbricht! Nur für eine Seite 
an der Lehre des Origenes hat er Verständnis: für den Spiritu- 
alismus, der ja seinen asketischen Neigungen entgegenkommt 
und in gewisser Weise deren wissenschaftliche Begründung bietet. 
Was Didymus sonst von Origenes übernimmt, ist im Grunde nur 
ein Conglomerat von Einzelheiten. So sehen wir hier besonders 
deutlich, wie wenig einheitlich Didymus denkt und wie sehr er 
von zufälligen Eindrücken abhängt. Im Grunde hat Gregor von 
Nyssa, ja selbst Gregor von Nazianz und Basilius von Cäsarea 
mehr von Origenes gelernt, als Didymus: sie hatten alle denken 
gelernt und fanden Freude am Denken; und wenn sie im einzelnen 
recht wenig von Origenes übernahmen, so hatten sie doch einen 
Hauch seines Geistes verspürt. 


15. Frömmigkeit. 


Die Frömmigkeit des Didymus bietet dasselbe Bild, wie 
seine wissenschaftliche Weltanschauung. Von den verschiedensten 
Seiten hat er auch hier Anregungen empfangen, hat sie alle sorg- 
fältig gebucht. Hundert Gedanken, gleichartige und ungleich- 
artige, stehen friedlich nebeneinander; aber es fehlt der starke 
Wille, der sie zu einer Einheit verbindet, der Wille, der einen 
Klemens von Alexandria, einen Origenes, einen Athanasius, einen 


1) Epist. 105 S. 248 D — 249 A Petavius. 


| 15. Frömmigkeit. 15 


Augustinus groß gemacht hat. So drängt uns Didymus immer 
vor die Frage: sind ihm all diese hundert Gedanken wertvoll 
gewesen? oder war ihm vielleicht keiner von ihnen besonders 
wertvoll? 

Ich möchte auf keinen Fall leugnen, daß das letztere mög- 
lich ist. Die Frömmigkeit tritt in der Tat in den Schriften des 
Didymus sehr stark zurück. Es ist bekannt, wie wertvoll dem 
Athanasius zur Bekämpfung der Arianer der Beweis ist, den er 
mit seiner Lehre von der Vergottung des menschlichen Fleisches 
durch den Gottmenschen führen kann. An schier zahllosen 
Stellen vertritt er mit Nachdruck den Gedanken: der Leib des 
Logos muß vergottet worden sein, wie unser Leib vergottet 
werden wird; sonst ıst es nichts mit unserem Heile. Ich ver- 
weise auf contra Arian. I 42f. 51; II 13f. 66f. 69f; III 39; de 
synod. 51; epist. ad Adelph. 81!. So stark wird diese physische 
Vorstellung vom Heile bei Athanasius betont, daß man gemeint 
hat, er habe sich das Heil gar nicht anders denken kónnen oder 
wollen. In Wahrheit hat Athanasius die Anschauung von der 
ϑεοποίησις nur deshalb in den Vordergrund gerückt, weil sie 
allein ihm bei der Bestreitung des Arius Dienste leisten konnte: 
in der Schrift de incarn. verbi, der die antiarianische Spitze fehlt, 
ist der Gedanke, daß der Heiland die volle Erkenntnis bringt, 
ebenso breit ausgeführt, wie der andere, daf er uns Unsterblich- 
keit schenkt. Aber ist nicht gerade die Einseitigkeit von Atha- 
nasius Erlösungslehre in seinen antiarianischen Schriften ein 
unanfechtbarer Beweis für die Tatsache, daß seine gesamte Christo- 
logie soteriologisch orientiert war? Und Athanasius hat Schule 
gemacht. Die Kappadozier haben seine soteriologischen Beweise 
aufgenommen, erweitert und umgestaltet, vor allem auf die Lehre 
vom heiligen Geiste ausgedehnt?. Aber Didymus gehört in diesem 
Falle nicht zur Schule des Athanasıus. In seinem Riesenwerke 
de trin. muß man lange suchen, ehe man eine leise Andeutung 
eines Beweises aus der Erlósungslehre findet. So heißt es I 15, 
300 B: οὐδὲν χτιστὸν οὐσιοῦν ἢ ἀπαϑανατοῦν ἢ λογικοὺς 


1) Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113 S, 203. 

2) Vgl. z. B. Basilius advers. Eunom. III 5 (MPG 29, 665 B): der Geist 
vergottet, muß also selbst Gott sein. Ähnliche Gedanken deutete aller- 
dings bereits Athanasius an (epist. ad Sarap. I 24). 





16 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ποιεῖν δύναται; und Il 2, 461 A: οὔτε δέ τις τύχοι ἂν μετοχῆς 
ϑεότητος ἀληϑοῦς διὰ χτίσματος; vgl. auch 117, 572B. In den 
älteren Schriften des Didymus fehlen diese Gedanken wohl ganz. 
Der Beweis allein aus Schriftstellen herrscht überall vor. Man 
kann wohl Gründe für dieses Verhalten des Didymus anführen. 
Er mußte früh die christologischen Erörterungen zu trinitarischen 
erweitern: die Gottheit des Geistes ließ sich aber nicht so leicht 
soteriologisch beweisen, wie die des Sohnes. Überhaupt scheint 
die Begründung aus der Erlösungslehre gegen Ende des aria- 
nischen Streites etwas zurückgetreten zu sein (die Werke des Atha- 
nasius nötigen wohl selbst zu diesem Schlusse); erst Apollinarius 
von Laodicea hat sie wieder zum Leben erweckt; aber Didymus 
hat sich an dem Kampfe gegen Apollinarius kaum beteiligt. 
Trotz alledem müssen wir über Didymus urteilen: die Frömmig- 
keit tritt in seinen Gedankengängen über Gebühr zurück. Von 
einem Theologen, der dazu ein Lehrer seiner Zeit sein will, darf 
man doch erwarten, daß er Sinn hat für das Herz seiner Religion. 
Fehlte es vielleicht in dem zurückgezogenen, allzu ruhigen Leben 
des Didymus an äußeren Anlässen, die ihm Weckrufe der Fröm- 
migkeit hätten werden können? 


A. Das Heil 


1. Nach der wichtigen Stellung, die die Askese im Leben 
des Didymus einnimmt, möchte man erwarten, daß im Mittel- 
punkte seiner Frömmigkeit der Gedanke steht, der Mensch werde 
in irgend einer Weise vergöttlicht, also der Gedanke, der wenigstens 
scheinbar das ein und alles des Athanasius war. Aber das ist 
nicht der Fall: auch hier zeigt sich wieder, wie wenig die einzelnen 
Teile von Didymus’ Weltanschauung verbunden sind. Die Lehre 
von der Vergottung wird in den Schriften des Didymus ver- 
hültnismáfig selten erwähnt; sie wird von ihm auch nie in so 
scharfe, fast möchte ich sagen geschmacklose Ausdrücke gefaßt, 
wie von Áthanasius. Das Wort ϑεοποιεῖν mit seinen Synonymen 
ist Didymus allerdings geläufig: es kommt ihm nie in den Sinn, 
wie kühn und anmaßend dieser Ausdruck ist; vgl. de trin. I 15, 
304 B; IL:4, 481 C; 14, 716 A; 25, 748 CD; III 2. 801 D 
804 A; 16, 868 BC; in psalm, 1477 D 1481 C. Wir sehen daraus, 
daß Didymus die Überlieferungen des Athanasius doch nicht ganz 


15. Frömmigkeit. 77 


verleugnet: Basilius von Cäsarea! und Gregor von Nazianz? 
haben von «Vergottang» nur sehr zaghaft gesprochen. Doch be- 
vorzugt auch Didymus weniger anstößige Ausdrucksweisen dieses 
Gedankens: Gott schenkt uns Unsterblichkeit, befreit uns vom 
Tode, macht uns ὑπὲρ ἄνϑρωπον usw.; vgl. de trin. 1 15, 300 B; 
II 1, 453 A; 2, 461 A; 4, 481 C; 5, 492 B; 7e 577 B; 12, 668 B 
673 B; 14, 716 A; III 1, 777 C; 241 801 C; 16, 865 C; 21, 904 CD; 
27, 944 AB; in psalm. 1196 B 1233 C 1304 D 1437 B; in 
Jo. 1649 A. Auch das Wort υἱοϑεσία bedeutet in Didymus 
Sprache so viel wie Vergottung?. Bringt uns doch die Wieder- 
geburt in ein Verwandtschafisverhältnis zu Gott, dessen sich auch 
die Engel nicht rühmen kónnen*. Daß die physische Auffassung 
des Heiles bei Didymus nicht stárker hervortritt und nicht schürfer 
formuliert wird, ist vielleicht auf eine leise Einwirkung des 
Origenes zurückzuführen. Die Lehre von der Vergottung konnte 
leicht im Sinne einer sehr materialistischen Eschatologie ver- 
standen werden, namentlich wenn man sie in die Formeln des 
Athanasius faßte. 

2. Wir sahen bereits, daß Athanasius auch den Gedanken, 
das Heil bestehe in Erkenntnis, gelegentlich sehr scharf betont. 
Er tut das vor allem in Schriften, die mit dem dogmatischen 
Streite in keiner Weise zusammenhüngen; vgl. contra gentes 1; 
de incarn. verbi 10. 13. 47. Die Vorstellung klingt aber auch 
des öfteren in den antiarianischen Schriften an, z. B. contra 
Arıan. II 14; sie findet sich ferner bei Gesinnungsgenossen des 
Athanasius. wie Sarapion von Thmuis; s. dessen dogmatischen 
Lehrbrief 3, S. 2235 231.5 Wobbermin 5. Bei Didymus treffen wir 
diese Anschauung sehr oft an: schon sein Origenismus muß sie 
ihm nahelegen®; er ergänzt sie durch den Gedanken, daß die 
Sünde das menschliche Wissen verdunkelt hat; vgl. adv. Ar. et 
Sab. 3, 1284 D; de trin. I 26, 389 A; 28, 409 A; 34, 433 C; 


1) Holl, Amphilochius S. 194 Anm. 1. 

3) Ebenda S. 166. 

3) De trin. ΠῚ 2, 801 D. Ähnlich Athanasius epist. ad Sarap. I 25. 

4) Ebenda II 12, 669 A. 

5) Altchristliche liturgische Stücke aus der Kirche Ägyptens nebst 
einem dogmatischen Brief des Bischofs Serapion von Thmuis (TU NF II 3b, 
1899) S. 21—25 unter XXXI. 

6) Vgl. oben S. 60f unter 1. 


78 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


II 6s 533 A; »536 B; 25, 748 C; III 4, 829 D; 27, 944 AB; 39, 
980 C; in psalm. 1304 D. Doch besteht ein Unterschied zwischen 
den Betrachtungsweisen des Didymus und Athanasius, der sich 
aus ihrer verschiedenen Zeit und Stellung erklärt. Athanasius, 
der die letzte Christenverfolgung mit Bewußtsein erlebt und wohl 
auch als Bischof viel mit Heiden zu tun gehabt hat, erblickt die 
Erkenntnis vor allem darin, daß man sich von der Nichtigkeit 
des Götzen- und Dámonendienstes überzeugt!. Didymus, der fast 
ganz im Kampfe mit den Ketzern aufgeht, sieht die christliche 
Erkenntnis in den orthodoxen Dogmen niedergelegt, d. h. vor 
allem in der Lehre von der Trinität. Ὁ ὀρϑῶς περὶ τῶν τῆς 
ἀληϑείας δογμάτων διειληφώς, ἀμέμπτως περὶ ϑεοῦ ἐννοῶν 
καὶ ἁγίως περὶ Χριστοῦ διαλαμβάνων καὶ εὐσεβῶς περὶ τοῦ 
ἁγίου πνεύματος ἐνθυμούμενος καὶ περὶ τῶν ἄλλων δογμάτων 
ὧν δεῖ τρόπον δοξάζων, so schildert er in psalm. 1252 B den 
wahren Christen. Diese Wendung, die Didymus dem Gedanken 
des Athanasius gibt, hat leider zur Folge, daß die rechte Er- 
kenntnis leicht aus einem Heilsgeschenke zu einer Bedingung 
des Heils erniedrigt und dann mit der Tugend auf eine Stufe 
gestellt wird; vgl. adv. Ar. et Sab. 1, 1281 A; contra Manich. 
4, 1089 D 1092 A; in psalm. 1340 D; in prov. 1625 BC. 


3. Vielleicht am häufigsten hebt Didymus den Gedanken hervor, 
daf das Heil, das uns Christus bringt. Sündenvergebung ist; so 
de trin. I 34, 433 C; 29, 413 B — 416 B; II 1, 453 A; 4, 481 C; 
623 553 C; 7e 577 B; 12, 688 B 680 A, 25, 748 C; 27, 764 bis 
765 A; III 24 801 C; 16, 568 BC; 39, 980 C; in psalm. 1304 D. 
Besonders oft verwendet Didymus in diesem Sinne Worte wie 
ἁγιάζειν, avayevvar, ἀνακαινίζειν, δικαιοῦν. In diesem Punkte 
ist also Didymus weit über Athanasius hinausgegangen, dem die 
Vergebung der Sünden im Grunde recht gleichgiltig war: er 
meinte, man werde die Sünde los, wenn man sie nur bereue?, 
Freilich, unsere Freude über diesen Fortschritt des Didymus 
nimmt rasch ab, wenn wir einmal seinen Gedanken über die 
Sünde nachgehen: es zeigt sich, daß er auch über sie nur sehr 


1) S. besonders contra gentes 1, 
2) Vgl. besonders die klassische Stelle de incarn. verbi 7. Anders scheint 
Alexander von Alexandria geurteilt zu haben (vgl. Theodoret. hist. eccles. 
454: εἰς ἀϑέτησιν ἁμαρτίας, allerdings eine symbolartige Stelle). 


15. Frömmigkeit. 79 


wenig nachgedacht hat und über die einfachsten Fragen, die mit 
ihr zusammenhängen, nicht ins klare gekommen ist. 

a) Schon das muß auffällig sein, daß Didymus in seinen 
langen Werken die Sünde wider den heiligen Geist verhältnis- 
mäßig selten und immer nur sehr kurz behandelt; vgl. de trin. 
II 26, 749 C — 752 A; III 2» 805 B; de spir. s. 63, 1085 A bis 
1086 A; in epist. Judae 1818 A!. Und diese war doch eines der 
Hauptprobleme im pneumatomachischen Streite: man denke nur 
daran, wie ausführlich Athanasius epist. ad Sarap. IV 12ff sie 
bespricht und welche Mühe er hat, sie vom Standpunkte seiner 
Trinitätslehre aus zu verstehen. Ist Didymus vielleicht deshalb 
auf die Frage nicht eingegangen, weil er Origenes, den er hier 
bekämpfen mußte, nicht offen preisgeben wollte? 

b) Zweitens finden wir bei Didymus keine klare Anschauung 
darüber, ob es sündlose Menschen gibt oder nicht. Athanasius 
hat diese Frage bekanntlich bejaht ?: Jeremias (das ist wohl eine 
Anlehnung an Jer. 15; vgl. die uns syrisch erhaltene Baruchapo- 
kalypse 9) und Johannes den Täufer bezeichnet er als sündlos. 
Didymus scheint des öfteren der Anschauung des Athanasius bei- 
zupflichten. Sacra parall. MPG 95, 1416 A redet er von Ge- 
rechten, die in Not kommen, aber nicht der Sünde wegen; ühnlich 
ist sacra parall. MPG 96, 324 D gesagt, nicht jede Krankheit 
sei Sündenstrafe (vgl auch Cramer, Catenae usw. IIl S. 90). 
Insbesondere gab Jesus den Patriarchen, Propheten, Aposteln 
Freiheit von Sünde?. Hiob wird von Didymus mit Vorliebe &y«oc 
genannt. Daniel und Paulus waren so gerecht, daß sie die wilden 
Tiere beherrschten, wie Adam und Eva vor dem Sündenfalle *. 
Auch Dorkas (Tabitha) war sündlos®. So versteht man den Satz 
in ] Petr. 1766 C: pene apud omnes invenis esse peccata®,. 
Natürlich besitzt auch die Kirche als solche Sündlosigkeit 1. 
Didymus zeigt sogar von ferne die Möglichkeit, daß man auch 


1) Vgl. auch in psalm. 1196 A 1244 B, wo von Sünden zum Tode (Gegen- 
satz: πράξεις Enawveral) die Rede ist. 

2) Contra gentes 2; contra Arian. III 23; vgl. Stülcken TU NF IV 4 
S. 87 und Loofs RE? XV S. 755. 

3) In psalm. 1204 A. 4) Ebenda 1188 A. 

5) In acta apost. 1673 D — 1676 A. 

6) Vgl. auch in psalm. 1236 BC 1301 C 1304 AB 1320 A. 

7) Ebenda 1376 A. 


SU J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ohne Gott sündlos sein kann !. Aber diesen Stellen stehen ebenso- 
viele andere gegenüber, die die allgemeine Sündhaftigkeit voraus- 
setzen; vgl. besonders de trin. I 30, 417 C; 11 76 577 B; 81 609 A; 
111 10, 860 A; in Job 1132 C 1137 B 1144 D; in psalm. 1224 C 
1245 D — 1249 A 1401 D 1404 A 1585 D; in II Cor. 1292 D. 
Sie wurde eigentlich gefordert durch Didymus' origenistische 
Vorstellung von einem vorzeitlichen Sündenfalle und der Ein- 
kerkerung der bósen Seelen in einen Leib. Mehrere Aussagen 
des Didymus legen es nahe, den Zwiespalt dadurch zu versóhnen, 
daß man einen doppelten Sündenbegriff annimmt. Auf der einen 
Seite heißt es: zwar hat der Gerechte gewisse Sünden?, wenn es 
auch vielleicht nur Gedankensünden sind?. Seine Gerechtigkeit 
besteht aber eben darin, daß er rasch Buße tut, wenn er einmal wirk- 
lich sündigt 1 Sünden der Unwissenheit sind ja überhaupt nicht 
strafbar, sondern nur schlechte Charaktere: unfreiwillige Sünden 
(ἀκούσια ἁμαρτήματα) übersieht Gott, weil er φειλάνϑρωσπος ist 5. 
Andrerseits ist alle Tugend der Menschen etwas sehr Unvoll- 
kommenes: vergleicht man sie mit Gottes Güte, so ist sie eher 
Bosheit als Tugend; zum Beweis dafür beruft sich Didymus auf 
Matth. 711%. Daraus ergibt sich dann, daß alle Belohnung, die 
Gott den Menschen gewährt, nicht verdient, sondern χατὰ χάριν 
gewährt wird’. Didymus schwingt sich gelegentlich sogar zu 
der gewiß von hohem sittlichem Verständnisse zeugenden An- 
schauung auf: die kleinen Kinder sind deshalb nicht gut, weil 
sie noch nicht sündigen; denn nicht Tugend, sondern ihr Alter 
hindert sie am Sündigen?: φαμὲν τὸ ἀρτίτοχον βρέφος dexri- 
xov ἀρετῆς καὶ κακίας ἐστὶν δυνάμει, τότε δεχόμενον κατ᾽ 
ἐνέργειαν ὁποτέραν τούτων τῶν ἕξεων, otav γνῶσιν ἀγαϑοῦ 
xci xaxov σχῇ". Didymus will also die Kinder nach ihrem zu- 
künftigen sittlichen Verhalten beurteilt wissen. (Ich füge hinzu, 
daß Didymus in Jo. 1648 A sich ein Urteil darüber nicht ge- 
traut, wie es den verstorbenen Kindern im Jenseits ergeht: das 
wisse nur Gott und wem ers offenbare. Wie stimmt das zu der 





1) Ebenda 1252 D. 

2) In prov. 1633 C. 3) In psalm. 1321 A. 
4) Ebenda 1417 C. 

>) Sacra parall. MPG 95, 1560 AB. 

6: In psalm. 1584 C. 7) Ebenda 1552 D. 
8) In I Jo. 1792 B. 4) In psalm. 1416 C. 


15. Frömmigkeit. 91 


Theorie, die Didymus in dem S. 11 unter 5 und S. 65 unter 7 
genannten Werke an Rufinus über die im frühesten Alter Ver- 
storbenen ausführte?). 

c) Es hängt mit dem Gesagten zusammen, daß auch Didymus 
Vorstellungen von Gottes Ebenbild und von dessen Verlust recht 
unklar sind. Eixcw und ὁμοίωσις scheint er nicht zu scheiden. 
An einer ganzen Reihe von Stellen bezeichnet er nun das Eben- 
bild als den Besitz von Sündlosigkeit und freiem Willen; er 
nimmt dann an, daß es beim Sündenfall verloren ging und durch 
die Taufe wieder erlangt wird; so de trin. II 12, 680 AB; III 
2ῳ 801 D; in psalm. 1505 C. Zur Verdeutlichung dieses Ge- 
dankens dient in psalm. 1441 C: die οὐσία ψυχική wird durch 
die Sünde nicht berührt; aber ihre Denkkraft wird geschwücht. Man 
kann nicht sagen, daß damit eine Vorstellung gewonnen wäre, 
die zu anderen Äußerungen Didymus’ stimmt. Einmal betont 
er, wie wir unten sehen werden, den freien Willen sehr stark und 
läßt ihn einen unverlierbaren Besitz auch des Nichtchristen sein. 
Zweitens wird auch Didymus nicht haben behaupten wollen, daß 
man durch die Taufe sündlos wird. So dürfen wir uns nicht 
wundern, bei Didymus noch eine andere Vorstellung vom Eben- 
bild zu finden: nach dieser besteht es in der Ausstattung des 
Menschen mit einem unsterblichen Geiste !, der beim Sündenfalle 
natürlich nicht verloren geht, zugleich aber den dauernden Be- 
sitz freien Willens einschließt; so besonders de trin. II 7: 565 C 
und in psalm. 1349 C; vgl. in prov. 1636 B; in II Cor. 1692 B; 
auch in psalm. 1220 C 1245 C (dazu 1117 D). Es ist wohl móg- 
lich. daß diese beiden Gedankenreihen an verschiedenen Schrift- 
worten orientiert sind, die erste an Eph. 4». Kol. 31o, die zweite 
an Genes. 51. 3. 

d) Nieht zu entscheiden wage ich die Frage, ob Didymus 
eine Art Erbsünde oder Erbböses gekannt hat. Es gibt eine 
Menge Stellen, die zu einer Bejahung dieser Frage geradezu auf- 
fordern. Erstens betont Didymus zuweilen, daß alle sündigen 
müssen. Kein Geschópf (χτέσμα) kann ohne Sünde sein?, auch 
der Mensch nicht: das wäre über seine Kraft (ὑπὲρ ἀνϑρωπον) ": 
wegen der Schwäche seiner Natur muß er sündigen!. Zweitens 

1) πνεῦμα. νοῦς. 2) De trın. Il 76 ὅτι Bi 


3) Ebenda III 10, S60 A. 4) In Job 1132 C. 
Texte u. Untersuchungen ete, NF XIV, 3. 0 


"- «9 


89 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


setzt Didymus die Sünde von Adams Nachkommen in eine be- 
stimmte Beziehung zum ersten Sündenfalle. So besonders in 
Job 1145 B: εἴτε προαιρετικῶς ἁμάρτω, οἴμοι" εἴτε ὡς x τῆς 
τοῦ Aday παραβάσεως χαὶ εἰς ἡμᾶς διαβαινούσης ix διαδοχῆς 
τῆς ὀφειλῆς, πάλιν οὐδ᾽ οὕτως ἀνακύψαι δυνήσομαι ὡς παντὸς 
ἀπηλλαγμένος xov. τῶν γὰρ ἁμαρτημάτων τὰ μὲν éx xQo- 
αιρέσεως τῆς ἡμετέρας ὑφίσταται, οἷς καὶ κόλασις ἕπεται τὰ 
δὲ ἐκ προγόνων, οἷς καὶ χκάϑαρσις χρεωστεῖται. Ein paar Zeilen 
darauf (C) bezeichnet Didymus τὴν παράβασιν (Adams Sünden- 
fall?! Angesichts des Vorhergehenden darf man wohl nicht an 
einen vorzeitlichen Sündenfall denken) xai τὴν ix φϑορᾶς γέ- 
νεσι» als erste Ursache zwar nicht der Sünde, aber der Übel. 
Ähnliche Aussagen finden wir in 11 Cor. 1692D: πάντες ἄν- 
ϑρῶώποι παρακούσαντος tov Adau ὑπὸ ἁμαρτίαν εἰσίν; ferner 
contra Manich. 8, 1096 B: wenn Jesus ἐχ συνδυασμοῦ entstanden 
wäre, ἐνομίσϑη ἂν καὶ αὐτὸς ὑπεύϑυνος εἶναι ἐκείνῃ τῇ auag- 
τίᾳ, ἧπερ καὶ οἱ ἐκ τοῦ ᾿Αδὰμ πάντες κατὰ διαδοχὴν ὑπῆρχον; 
vgl. auch de trin. 1 27, 401 B. Diese Anschauungen sind bei 
einem morgenländischen Theologen zwar nicht unmöglich, aber 
immerhin auffallend. Hat sie der Biblicist Didymus aus Róm. 5 4 ff 
geschöpft? Ob sie wirklich von einer Erbsünde handeln, wird 
immer zweifelhaft sein. Der Gedanke an eine Erbsünde stünde 
in greifbarstem Gegensatze zu der Lehre von der Präexistenz der 
Seelen, wenigstens in der Weise wie Didymus sie vertrat (vgl. 
die Schrift an Rufinus), und zu der Vorstellung, daß es auch 
sündlose Menschen gibt. Aber Widersprüche sind in Didymus 
Anschauung ja nichts Seltenes. 

e) Mit keiner der genannten Vorstellungen hängt der contra 
Manich. 2, 1089 A den Neuplatonikern nachgesprochene Satz zu- 
sammen, die Sünde sei etwas nicht Seiendes. Ich glaube nicht, 
daß dieser Gedanke, obwohl er origenistisch ist, für Didymus 
sonderlichen religiösen Wert gehabt hat. Er wird ihn, wie 
Athanasius?, nur im Kampfe gegen die Manichäer als eine aller- 
dings recht brauchbare Waffe benutzt haben. 


1) Meinte Didymus, daß die Seelen aller Nachkommen Adams in 
Adam keimhaft vorhanden waren und so mit ihm sündigten (vgl. besonders 
Augustin)? 

2) Contra gentes 4 und 6f (die Bosheit ist nicht ἐν ὑποστάσει); de 
incarn. verbi 4. 


15. Frömmigkeit. 83 


Überblickt man, was Didymus von Sünde und Sündenver- 
gebung gesagt hat, so kommt man nur sehr schwer zu einem be- 
stimmten Urteile. Viele Sätze sind so lax, daß sie eben nur aus 
dem Munde eines morgenländischen Theologen stammen können. 
Und doch hat sich, wenn ich recht sehe, Didymus viel mehr mit 
der Sünde beschäftigt, als andere seiner Landsleute. Ich stehe 
nicht an, darin eine Frucht seines eifrigen Bibelstudiums zu 
sehen. Die Neigung zur Askese mag dann dazu beigetragen 
haben, daß Didymus das aus der Bibel Gelernte behielt und weiter 
erwog. Sein Geist, der an unselbständiges Nachreden und Nach- 
empfinden gewöhnt war, konnte allerdings die gewonnenen An- 
regungen nicht zu einer Gesamtanschauung verarbeiten; das darf 
uns nicht wunder nehmen: weder seine Freunde noch seine Feinde 
hatten über derartige Fragen je nachgedacht. Daß Didymus in 
diesem Falle einen Schritt über Athanasius hinaus getan hat 
(allerdings einen Schritt, den ihm niemand nachtat), scheint mir 
zweifellos. 


B. Der Heiland. 


Wie geringe Bedeutung die Frömmigkeit für Didymus’ 
Denken hatte, ersehen wir weiter daraus, daß er sich über das 
Heilswerk Christi nie klar geworden 150. Und doch hätten ihm 
Athanasıus’ Werke ein Anlaß sein können, hierüber nachzudenken. 
Desto seltsamer berührt es uns, daß Didymus den Heiland mit 
keinem Namen öfter bezeichnet, als mit dem Namen σωτήρ. Ich 
führe, um nicht allzuviel Platz zu verschwenden, nur die Beleg- 
stellen aus de trin. an, bemerke aber ausdrücklich, daß das Wort 
in den exegetischen Schriften fast noch häufiger vorkommt, als 
in den dogmatischen: 19, 284 B; 18, 360 A 361 A; 21, 373 B; 25, 
311 €; 26, 384C; 27, 393C; 27, 405A; 28, 4090 412A; 29, 413B; 
32, 429A; 34, 433D; 113, 475 À 476 B; 62 509À; 12537 C 540A; 
13541 À ; 19544 AB; 22556 C; »556CD 5570€; 71 561A; 25644; 
6580À; 7581À; 4588A; 95597 B; 81 608C 617A; 2 624B 625A; 
10, 644A; 11, 657C; 12, 650A: 13, 689 B 692B; 14, 716 B; 15, 
717 B; 21, 741B; 24, 745 A; 27, 764 AB; III 1, 780B; 27 7596; 
33 800 B; 3, $16 B 5254; 4, S32B; 10, 857 B; 19, 8890; 20, 897C; 
21, 908A; 22, 921A; 23, 929B; 25, 944C 945 B; 30, 949A; 31, 
949B 957A; 40, 981B 984A; 412» 985C; 3988C 989A. Man 
darf jedoch in das Wort σωτήρ auf keinen Fall einen tiefen 

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84 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


soteriologischen Sinn hineingeheimnissen. Erstens ist es fast allen 
ägyptischen Theologen bis zu gewissem Grade geläufig: ich nenne 

Origenes, Alexander von Alexandria, Athanasius, Sarapion von 
Thmuis; es ist für Didymus demnach zunächst wenig melhr ge- 
wesen, als eine alte, abgegriffene Münze. Zweitens kónnen wir 
nachweisen, daß σωτήρ bei Didymus hier und da in einer ganz 
allgemeinen Bedeutung steht, die mit der christlichen Anschauung 
vom Heile gar nichts zu tun hat. So wird es de trin. 1 26, 384C 
erläutert durch »der die Sonne aufgehen läßt über Gerechten und 
Sündern und nicht Bóses mit Bósem vergilt«. Die Stellen sind 
zu zählen, an denen es, wie de trin. I 27, 393C, einen tieferen 
Sinn erhält. 

Suchen wir nun der Anschauung Didymus! vom Heilswerke 
auf den Grund zu kommen, so bemerken wir zunächst, daß er 
sich über dessen Verteilung auf die drei Personen der Trinität 
nicht klar geworden ist. Und doch hütte ihm nicht nur Origenes 
ein Ánlaf! sein sollen, in diese Frage tiefer einzudringen: dab 
sie damals sozusagen in der Luft lag, beweist die Aufmerksam- 
keit, die ihr Basilius und die beiden Gregore geschenkt haben!. 
Einmal? führt Didymus aus: der Vater beruft, der Sohn nennt 
uns Brüder. der Geist wohnt ein. Ähnlich heißt es ein ander- 
mal?: der Vater beginnt, der Sohn schafft, der Geist heiligt. Die 
erste Formel hat den Vorzug, daß sie heilsgeschichtlich gedacht 
ist; die zweite, die sich dem Sinne nach mit der kappadocischen 
deckt und sie vielleicht mit Bewußtsein nachahmt (sie findet sich 
ja nur in dem letzten Werke des Didymus), ist metaphysisch- 
kosmologisch und hebt eigentlich die sonst? auch von Didymus 
anerkannte Errungenschaft des Athanasius auf, daß der Logos 
nicht zum Zwecke der Weltschöpfung gezeugt ist. Übrigens wird 
durch beide Formeln die Anschauung von der einen ἐνέργεια 
der Dreieinigkeit bedroht. Das scheint Didymus ebenso ent- 
gangen zu sein, wie den Kappadociern. 

Gehen wir nun daranf ein, wie sich Didymus das Heilswerk 
Christi vorgestellt hat, so gewahren wir hier sofort zwei ver- 
schiedene Anschauungen nebeneinander. Sie entsprechen den zwei 


1) Holl, Amphilochius, S. 140, 165. 21u. 

2) De trin. llI 39, 980 BC 

3) Ebenda II 1, 419 B; vgl. 5, 106 C; auch I 36. 440 C. 
4) De tnn. 1 8, 276 C—2' 1 B. 


15. Frömmigkeit, 85 


verschiedenen Auffassungen der Sünde, die oben dargestellt 
worden sind (S. 30). 

a) Auf der einen Seite gilt die Sünde als etwas recht Un- 
bedeutendes: ein Heilswerk Christi scheint ihretwegen gar nicht 
erst nötig (das ist der Gedanke des Athanasius de incarn. verbi 7). 
Aus φιλανϑρωπία vergibt Gott die Sünde!: τὴν παροῦσαν ἀρετὴν 
ὁ. ϑεὸς ἀποδεχόμενος τῶν παλαιῶν ἁμαρτιῶν aupnuovel?: es 
kommt nur darauf an, daß der Mensch nicht wieder sündigt?. 
Daß der Mensch die Kraft hat, die Sünde zu meiden, hebt Di- 
dymus des öfteren nachdrücklich hervor. Durch eigenen Ent- 
schluß werden die Menschen aus σχεύη εἰς ἀτιμίαν zu σχεύη εἰς 
τιμήν. In IL Jo. 1810B findet sich sogar der geradezu heidni- 
sche Satz: man muß Gott per bonam voluntatem placare® 
Demgegenüber hat es wenig zu bedeuten, wenn de spir. s. 44, 
1071C die Allmacht des freien Willens, übrigens in recht zarter 
Form, abgelehnt wird: gratia magis et misericordia dei quam 
propriis operibus erlangt der Mensch Gottes Wohltaten: kónnte 
dieser Satz nicht auch erst durch Hieronymus einen derartigen 
Sinn erhalten haben? Freilich scheint Didymus auch de trin. 
I] 12, 680 AB anzunehmen, daß der freie Wille durch den Sünden- 
fall aufgehoben oder wenigstens geschwächt wurde. Auf jeden 
Fall muß man Didymus zweierlei zugute halten: erstens ist er 
bei der starken Betonung des freien Willens nur ein treuer Schüler 
des Origenes’; zweitens muß er in dem von ihm ja sehr eifrig 
betriebenen Kampfe gegen Mani das Vorhandensein der Freiheit 
aus taktischen Gründen hervorheben. 

b) Auf der anderen Seite bringt Didymus, wie wir sahen, 
sehr oft die Vergebung der Sünden, aber auch das Geschenk der 
Unsterblichkeit und der Erkenntnis in Zusammenhang mit Jesu 
Heilswerk. Aber über die Art des Heilswerkes selbst macht er 


1) De trin. Il 1, 448 D—449 A, 

2) Sacra parall. MPG 96, 141 CD — 541 B. 

3; Ebenda MPG 95, 1169 C. 

4, In den Kreisen der ägyptischen Asketen hat man sich lebhaft für 
die Frage der Willensfreiheit interessiert; vgl. Pallad. Laus. 47, S. 137 ff 
Butler. 

5) In psalm. 1264 A. 6) Vgl. auch in psalm. 1584 B. 

τ) Origenes de princ. III 1 (MPG 11, 249 ff) u. 6. 

Ss) Oben S. ΤΟΙΣ 


86 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


sich keine Gedanken, so oft er gleich das Wort οἰχονομία im 
Munde führt. Er betrachtet Jesus gern, wie viele seiner Zeit- 
genossen, als Priester! und König, nicht ohne gelegentlich her- 
vorzuheben, daß das Priestertum mit dem Heilswerk in Ver- 
bindung steht; vgl. ın psalm. 1268A 1493B 1560C; in I Petr. 
1763C. Aber diese Vorstellung wird nicht klar durchgeführt: 
in psalm. 1272D ist die Menschwerdung Jesu als ein drittes 
neben seinem Priestertum und Königtum genannt. Schon daraus 
ergibt sich, daß Didymus keinen bestimmten Sinn verbinden kann 
mit der von ihm hier und da? berührten Auffassung, Jesus habe 
sich selbst dem Vater als Opfer für uns dargebracht. Eine wich- 
tige Stelle im Erlösungswerke scheint Christus’ Gehorsam zu 
bilden 3; Genaueres erfahren wir jedoch auch darüber nicht. Wenn 
ich recht urteile, hat Didymus im ganzen drei ernsthafte Versuche 
gemacht, sich den Hergang des Heilswerkes zu verdeutlichen. 

1) Christus ward Mensch, um zu lehren und ein Vorbild zu 
geben, zugleicb um der Grundstein der Kirche zu werden: in 
prov. 1632 BC. 

2) Jesus ward Mensch, weil es nur ein Triumph für den 
Teufel gewesen wäre, hätte ihn γυμνὴ ἡ ϑεότης besiegt: in 
Job 1129D; vgl. de spir. s. 46, 1073D. Und zwar hat Jesus den 
Teufel besiegt als Herrn des Todes: in psalm. 1437 B. Die da- 
mals so beliebte Lehre vom Teufelsbetrug hat Didymus zwar 
nicht ausdrücklich abgelehnt, aber auch, trotz Origenes, sich nicht 
angeeignet (vgl. oben S. 54). 

3) Jesus entstand nicht &x συνδυασμοῦ; dann würde er ja 
als sündig gelten. Er ward aber auch nicht, wie Adam, aus Erde 
gemacht; dann könnte er ja als &tepoyevng erscheinen und leicht 
doketisch aufgefafit werden. Also mußte er von der Jungfrau 
geboren werden: contra Manich. 7f, 1096 AB. 

Diese drei Vorstellungen, so sehr sie gleich eine eigene 
Leistung des Didymus sein mógen, sind ihm natürlich keineswegs 
besonders wertvoll gewesen: das lehrt schon ihr seltenes Vor- 
kommen. Wie leicht Didymus gelegentlich das Erlósungswerk 
Christi vergessen kann, lehrt uns de trin. III 15, 864 B—865D. 
Hier werden Christi segensreiche Handlungen aufgezählt: aber 


-—— —— nu. 


1) Teoeı's, ἀρχιερεύς. 2, Z. B. de trin. II 64 516 B. 
3) Ebenda III 12, S60 C. 


15. Frömmigkeit. 87 


des Heilswerkes wird kaum gedacht. Ist Didymus bier nicht auf 
dem besten Wege zu der heidnischen Frömmigkeit, wie sie heut- 
zutage in vielen Kreisen der morgenländischen Kirche gepflegt 
wird? — zu der Frömmigkeit, der der Heiland der Welt zu einem 
Wundermann geworden ist, dessen Tätigkeit darin aufgeht, seine 
Heiligen mit Zauberkünsten zu erfreuen? 


C. Der Heilsweg. 


Trotz aller Unklarheiten über das Heil und den Heiland hat 
Didymus eine sehr starke Heilsgewißheit. Wir ersehen das vor 
allem aus der zwar kirchlich gewendeten, aber doch sehr scharfen 
Formel, in die er in prov. 1636 AB die Frömmigkeit des Klemens 
von Alexandria und des Origenes gefaßt hat!. Klemens und 
Origenes selbst haben den tiefsten Grund ihrer Weltanschauung 
wohl nie so klar zum Ausdruck gebracht: es ist nicht selten, daß ge- 
rade kleine Geister glückliche Schlagworte finden, die den großen 
der weitere Blick und die Einsicht in die Compliciertheit der 
Welt verbirgt?. Die alexandrinisch-gnostische Heilsgewißheit des 
Didymus zeigt sich aber nicht nur in jener einen Formel. Didy- 
mus wagt, was nur wenige Zeitgenossen wagten: er nennt Gott 
seiner Güte wegen Vater?. Vor allem aber tritt bei ihm der 
Gedanke an die Kirche stärker zurück, als bei anderen griechi- 
schen Theologen, stärker auch als bei Origenes*: wurde das da- 
durch begünstigt, daß er ein Laie war? Concilien und Symbole 
citiert Didymus nie: damit vergleiche man die Tatsache, daß 
selbst der kurze Lehrbrief des Sarapion von Thmuis5 deutlich 
auf das Nicänum anspielt. Die Instanz der ecclesiastici veteres 
erwähnt Didymus nur de spir. s. 1, 1033C; vgl. 24, 1054B; in 
psalm. 1168C 1296AÀ; in prov. 1624C. Aber er erwähnt sie so- 
zusagen nur ehrenhalber: eine Stelle in seinen Beweisen haben 


1) S. oben S. 60 unter 1. 

2) Ich erinnere daran, daß gerade der unbekannte Verfasser der 
Paulusacten den classischen Ausdruck für die Frömmigkeit des zweiten 
Jahrhunderts gefunden hat: das Christentum Enthaltsamkeit und Unsterb- 
lichkeitshoffnung. 

3) De trin. II 69 536 A. 

4) Vgl. z. B. de princip. I prol. 4ff (MPG 11, 117 ff). 

5) 28. 216. 10 Wobbermin. 





88 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


sie nicht. Didymus findet überhaupt die Bedeutung der Kirche 
mehr auf dem Gebiete der Sitte als auf dem des Dogmas; s. in 
psalm. 1301D 1312A 1581D—1584A. Daß die praesules eccle- 
siae an Stelle der Apostel das Amt der reinen Lehre haben, wird 
nur in epist. Judae 1816 B gesagt: sollte die Stelle eine Ein- 
tragung des Epiphanius Scholastikus sein? Freilich muß ich auf 
eines hinweisen: die geringe Zahl der Stellen, an denen Didymus 
auf die kirchliche Überlieferung hinweist, ist kein Beweis, da 
er in Wirklichkeit nicht von ihr abhing. Auch Origenes wird 
in den erhaltenen Schriften nicht erwähnt. Doch ist gerade 
Didymus’ Origenismus ein Beweis dafür, daß er wenigstens in 
Nebenpunkten der Kirchenlehre sehr frei gegenüberstand. 

Über die Vermittlung der Heilsgewißheit hat sich Didymus 
keine Gedanken gemacht. An verschiedenen Stellen scheint er 
sich zur paulinischen Rechtfertigungslehre zu bekennen, 2. B. in 
epist. Jacobi 1752. Aber er versteht unter Glauben das Fürwahr- 
halten der orthodoxen Dogmen!. Auch die Tugend gilt des 
öfteren als Bedingung für den Empfang des Heils?. 

Am häufigsten stellt sich Didymus, wie alle Griechen seiner 
Zeit, die Aneignung des Heiles nach Analogie der heidnischen 
Mysterien vor. Die aus den Mysterien stammenden Worte μυόστα- 
yoyelv, uvotayoyía*, μυσταγωγός δ, μυστήριον, uvorng®, τελει- 
οὖν", φοωτίξει», φὠτισμαδ gehören zu seinen Lieblingsworten. 
Auch kennt er keine heiligere Pflicht, als das Geheimnis des 
Glaubens zu wahren’: Religion ist ihm gleichbedeutend mit 
Cultus, mit £970xsíc!?. So würden wir vermutlich über die 
heilsame Wirkung der Sacramente viel erfahren, wenn ihm nicht 
die Arcandisciplin Schweigen auferlegt hätte. 

Die Taufe wird von Didymus sehr oft erwähnt, wenn anders 
das von ihm bevorzugte Wort ἀναγέννησις dasselbe bedeutet 
wie φώτισμι. Als ihr Erfolg gilt Sündenvergebung!!, an einer 

1) In psalm. 1253 B u. 6. 2) S. o, S. 78 unter 2. 

3) De trin. II 66 524 B; III 234 800 B usw. 

4) Ebenda I 15, 304 B; 36, 440 B; 11 1, 448 C; 5, 504 A; 64 520 A usw. 

δ) Ebenda II 82 624 C u. 9. 6) Ebenda I 27, 394 B u. 0. 

τ) 2. B. in act. apost. 1060 C; vgl. Athanasius epist. ad Sarap. 16 II 7. 

δ) Vgl. Athanasius contra gentes τ. 40— 42. 44. 

9) De ἔπη. I 36, 440 D. 10) Ebenda 26, 389 C. 

11) In psalm. 1320 B (man beachte (ie eigenartige Gegenüberstellung 
von Taufe und μετάνοια). 


15. Frömmigkeit. 89 


anderen Stelle!, die aber aus dem Rahmen der sonstigen An- 
schauungen des Didymus ganz herausfällt, Sündlosigkeit und 
Wiederherstellung des freien Willens. Gegen allzu langes Auf- 
schieben der Taufe wird in prov. 1640 B Einspruch erhoben: 
man weıß nie, wie rasch einmal der Tod eintreten kann. Auf 
die Abrenuntiation wird de trin. I1 5, 493 A, auf das Chrisma 
ebenda 116, 556 C? angespielt. De trin. I1 15, 720 A—721 A finden ᾿ 
wir die kostbare Mitteilung, daß die Großkirche die Taufe der 
Montanisten und der Eunomianer nicht anerkennt: die der Mon- 
tanisten nicht?, weil ihre Lehre von der Dreieinigkeit moda- 
listisch-monarchianisch ist; die der Eunomianer nicht, weil sie εἰς 
τὸν ϑάνατον to) κυρίου taufen (über diese Taufformel, die sich 
natürlich an Röm. 63 anlehnt, vergleiche man die apostolischen 
Constitutionen VII 22, S. 207 de Lagarde u.ö.; die apostolischen 
Kanones 50 [49] 3. 8 Lauchert [die Kanones der wichtigsten alt- 
kirchlichen Concilien]; Epiphan. haer. 76; Philostorg. hist. eccl. 
X4; Sokrates hist. ecel. V 24; Sozomenus hist. 6660]. VI 24; Theo- 
doret. haeret. fabul. comp. 3)*. 

Das wenige, was uns Didymus vom heiligen Abendmahle 
mitteilt, zeigt denselben Doppelcharakter, wie alle Aussagen 
seiner Zeitgenossen über diesen Gegenstand. In Corderius’ 
Johannescatene S. 196 ist er nahe daran, es gänzlich zu spiri- 
tualisieren. Dasselbe kann man vielleicht von der leider sehr 
abgerissenen Stelle in prov. 1633 A sagen. In psalm. 1429 CD 
wird wenigstens der Seele der Genuß von Leib und Blut des 
Logos zugestanden; dabei werden Leib und Blut als ein Opfer 
gedacht, das der Logos selbst darbringt. Sehr realistisch klingt, 
wie schon der Herausgeber Angelo Mai mit F reuden festgestellt 
hat, in psalm. 1336 D: ὅταν ovr τραφῶμεν αὐτὸν τυγχάνοντα 
ἄρτον ζωῆς καὶ ἐμφορηϑῶμεν τῶν σαρχῶν αὐτοῦ καὶ τοῦ 
αἵματος usw. 

Neben der eultischen Frömmigkeit finden wir bei Didymus 
Spuren der an das Hohe Lied anknüpfenden Christusmystik: bei 


1) S. oben S. 81 unter c. 

2) Vgl. de trin. II 15, 720 A—721 A. 

3) Vgl. Bonwetsch RE? XIII S. 42127ff. 

4) Vgl. Alfred Resch, Der Paulinismus und die Logia Jesu in ihrem 
gegenseitigen Verhültnis untersucht (Texte und Untersuchungen N. F. XII 
1904) S. 430—4:4. 


90 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


welchem Asketen des vierten Jahrhunderts würden wir solche 
vergebens suchen? Und zwar gehen hier bei Didymus, wie so 
oft, ältere und jüngere Gedanken noch friedlich neben einander 
her. Er bezeichnet als Christi Braut und Frau erstens die Kirche: 
so de trin. 11623 557 AB; in psalm. 1369 AB 1372 A 1465 C (vgl. 
1468 A); in prov. 1624 C (hier wird die Kirche zugleich als unsere 
Mutter dargestellt); zweitens aber auch die einzelne Christenseele: 
vgl. de trin. Il 13, 692 A; in psalm. 1380 AB 1548C; in prov. 
1628 B; in IL Jo. 1796 B. Es ist nicht unmöglich, daß Didymus 
diese Gedanken unmittelbar von seinem Lehrer Origenes über- 
nommen bat. Ob Didymus sie in einem Werke über das Hohe 
Lied besonders ausführlich niedergelegt hat, läßt sich zur Zeit 
nicht ermitteln; unmöglich ist es nicht!. Ich erwühne bei dieser 
Gelegenheit, daf! Didymus die Kirche, ganz anders als Athana- 
sius?, mit Vorliebe als Leib Christi bezeichnet; so besonders in 
psalm. 1281 C. 

Fraglieh ist es, ob Didymus Zustünde der Ekstase, wie sie 
damals vor allem in den Schulen der Neuplatoniker zu Hause 
waren, gekannt oder gar selbst erlebt hat. Einzelne seiner Aus- 
sagen könnten dahin gedeutet werden; so in psalm. 1309 B: πᾶς 
Χριστοῦ μετέχων ὁμωνύμως καλεῖται Χριστός (ein Gedanke, 
der stark δὴ Methodius von Olympus erinnert); ferner in 
] Jo. 1777 AB: gewisse Dinge kann man wohl inspicere, doch 
nicht in Worte fassen; besonders aber in epist. Jacobi 1751 A: 
ex quibus agnoscimus, quoniam secundum unius cuiusque virtutes 
potuit a deo corona praeberi, alii quidem iustitiae, alii immar- 
cescibilis et rectae fidei. par est autem praeter istas coronas etiam 
alia corona sperantibus et futura sustinentibus conferenda, 
cuius materies dominus est ipse. super has autem reposita 
est et altera fruentibus dominum et experimentum habentibus 
paradisi deliciarum et potatis de torrente deliciarum dei etc. 


D. Polytheistische Neigungen? 


Wie die meisten seiner Zeitgenossen, hat sich Didymus 
weder durch seine Mystik, noch durch Biblicismus oder orige- 
nistische Einflüsse abhalten lassen, gelegentlich die Überbleibsel 


1) Vgl. oben S. 20 unter 14. 
2) Vgl. Stüleken, Athanasiana. TU Neue Folge IV 4, S. 106. 


15. Frömmigkeit. 91 


der volkstümlichen heidnischen Frömmigkeit recht offen zur 
Schau zu tragen. Vor allem saß ihm der Polytheismus der 
großen Massen tief im Fleische. Schon das ist auffällig, daß 
ihm nie der Gedanke kommt, durch die Lehre von der Dreieinig- 
keit könne der Monotheismus des Christentums bedroht werden. 
Dieser Gedanke hat dem Athanasius und den Kappadociern be- 
kanntlich große Schmerzen verursacht, und sie haben viel Worte 
machen müssen, um seiner Herr zu werden. Nun kann man 
freilich sagen: Didymus fehlte die speculative Begabung, um 
diese Frage zu verstehen und zu erörtern. Aber seine poly- 
theistischen Neigungen zeigen sich noch in anderem und noch 
deutlicher. 

Geradezu haarsträubend ist, was wir gelegentlich über 
Didymus’ Engelverehrung erfahren. Aussagen, die den seinen 
gleichen, werden uns, wenn ich recht sehe, sonst von keinem 
Theologen seiner Zeit berichtet: darf man es ihm hier zugute 
rechnen, daß er ein Laie war? De trin. Il 7s 588B glaubt 
sich Didymus bei den guten Engeln entschuldigen zu sollen, 
daß er den großen Abstand zwischen ihnen und dem heiligen 
Geiste hervorheben muß: οἶδα δὲ σαφῶς, ὦ εὐδόκιμοι καὶ τὸ 
οὐράνιον φῶς κατοιχοῦντες ἄγγελοι τοῦ ϑεοῦ, ὅτιπερ ὑμεῖς 
ος ἄμεμπτοι καὶ τέλειοι οὐχ ἠχϑέσϑητε ἐπὶ τοῖς λεχϑεῖσι παρ᾽ 
iuot ἕνεχα τῶν κατὰ τὴν φύσιν οὐ κατὰ τὸ ἐπαινετὸν τῆς 
γνώμης ὁμοίων ὑμῖν ἀγγέλων... Und zum Beweise für seine 
gute Gesinnung fügt nun Didymus einen Preis der Engel an, 
der ja für den Geschichtsforscher sehr wertvoll ist, aber auf die 
Frömmigkeit des Verfassers einen dunklen Schatten wirft? Da 
hören wir nicht nur von Michael, dem Feldherrn der Engelheere, 
: nicht nur von Gabriel, dem Diener der Menschwerdung, sondern 
leider auch von den zahlreichen Engelkapellen in Stadt und 
Land, zu denen das Volk von weither wallfahrtet, um die Engel 
um ihre Fürsprache zu bitten: διὸ μετὰ τὰς éxxAmgolac καὶ 
οἶκοι εὐχτήριοι τῷ ϑεῷ τῆς προσηγορίας ὑμῶν ἐπώνυ- 
μοι. ὦ εὐάρεστος ξυνωρὶς ἀρχαγγέλων», ovx ἐν μόναις ταῖς 
πόλεσιν. ἀλλὰ καὶ στενωποῖς ἰδίᾳ καὶ οἰκίαις καὶ ἀγροῖς 
ἱδρύνϑησαν χρυσῷ καὶ ἀργύρῳ ἢ καὶ ἐλέφαντι κοσμηϑέντες" 
| | Wieviel würdiger behandelt Athanasius einen ähnlichen Gedanken 


contra Arian. III 14. 
— Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte Il, S. 446, Anm. |. 


92 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ἰασίν τε οἱ ἄνϑρωποι χαὶ εἰς τὰ ἀπωτέρω τῆς ἐνεγκαμένης 
αὐτοὺς χωρία τὰ ἔχοντα οἷον ὡς πρυτάνια ἐπιτευγμάτων τὰ 
εὐχτήρια προβεβλημένα οὐχ ὑχνοῦντες καὶ πέλαγος διαλαβεῖν, 
ἣν δέοι, μαχρὸν καὶ πολλῶν ἐφεξῆς ἡμερῶν ὁδὸν 208 ὅτε καὶ 
ἀργαλέαν ἐξανῦσαι ὡς πειραϑησόμενοι πλείονος εὐνοίας 
μὲν τῆς περὶ τὴν πρεσβείαν ἀπὸ ὑμῶν μετουσίας δὲ τῆς 
τῶν φιλοτιμουμένων ὑπὲρ τοῦ εὖ ἀγαθῶν παρὰ τοῦ ϑεοῦ. 
Zum Schlusse versichert Didymus nochmals, daß es ihm nicht 
an Ehrfurcht gegen die Engel fehle, und bittet diese, auch für 
ihn ein Wort bei Gott einzulegen!. Und doch hatte Origenes, 
der Meister des Didymus, die Anbetung der Engel ausdrücklich 
verworfen?! Auch sonst beschäftigt sich Didymus, freilich ohne 
auf heidnische Bahnen zu geraten, mit den Engeln eingehender, 
als es dem nüchternen Verstande unserer Zeit angemessen scheint. 
Von Origenes übernimmt er einmal die Vorstellung von den 
Schutzengeln; vgl. de spir. s. 7, 1039 B; in Il Petr. 1772 C— 1773 &; 
dazu MPG 39, 201 C = sacra parall. MPG 95, 1097 C (τοὺς uir 
ἁγίους φωταγωγοὶ φυλάττουσιν ἄγγελοι, τοὺς δὲ φαύλους 
σχοτεινοί); zweitens die Anschauung, daß die Engel eine Art 
Leib haben? de trin. 114, 151 B (damit steht nicht in Wider- 


ἘΠῚ gestatte mir bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß 
ich in den «Ägyptischen Urkunden aus den königl. Museen zu Berlin», 
Koptische Urkunden 1 6, Berlin 1904, S.189f zwei saidisch erhaltene Pre- 
digtbruchstücke des syrischen Bischofs Severianus von Gabala, des be- 
kannten Gegners des Johannes Chrysostomus (vgl. Sokrates hist. eccl. VI 11 
usw.) herausgegeben habe, die für die Geschichte der Engelverehrung nicht 
ohne Belang sind. Die eine Predigt beginnt: «Es ruft uns heute Michael 
zu seinem heiligen Feste, der heilige Erzengel und Erzfeldherr der Streit- 
kraft der Himmel, der diese groBen Taten verrichtet, der allezeit bittet für 
das Geschlecht der Menschen bei Gott, dem Guten . . . . Michael ist der 
große Herrscher der Himmlischen und der Irdischen. Michael ist der starke 
Verwalter: er verwaltet recht. Michael ist der große Erzfeldherr des all- 
mächtigen Vaters. Michael ist allezeit niedergeworfen zu den Füßen des 
Vaters, indem er zu ihm flieht: Gedenke an dein Bild! . .. Michael [ist] 
am Throne des Vaters, indem er eintritt und bittet für die Sünden der 
Menschen, bis sie ihnen vergeben werden .. .» Nach Zoéga, Catalogus 
codicum Copticorum usw., Rom 1810 (Leipzig 1003) S. 62 hat auch ein Petrus 
von Alexandria «einiges gesagt über die Ehre des Erzengels Michael, des 
Erzfeldherrn der Streitkraft der Himmel.» . 

2) Contra Celsum V 4 iII S. 4 2. 19#f Koetschau). 
3) Diese Vorstellung stellt, genau genommen, alle Engelverehrung in 
Frage. Übrigens bedroht letztere wiederum die Trinitütslehre. 


15. Frömmigkeit. 93 


spruch, daß sie de trin. II 78 589A ἀσώματοι heißen: in der 
origenistischen Theologie kann dies Wort auch den Besitz eines 
corpus subtile andeuten, vgl. Origenes de princ. I prol. 8 MPG 11, 
120 AB; s. auch in psalm. 1197 A: ἄσαρχοι δυνάμεις). Ferner 
weiß Didymus, daß alle Engel eine φύσεις haben, aber verschiedene 
εἴδη und uoogaí; s. sacra parall. MPG 95, 1097 A. Vgl. ferner 
de trin. II 4, 484 A: de spir. s. 7, 1039 A; in psalm. 1333 D 1524 D 
1553 Ὁ (ὁ ὑψηλότερος ἤδη τῶν σαρχιχῶν παϑημάτων γινό- 
μενος καὶ διὰ τὴν τοῦ νοῦ τελείωσιν πρὸς τὴν τῶν ἀγγέλων 
κατάστασιν μετελϑώ»);: in prov. 1625 D; Hieronymus epist. 73 3 
ad Evangelum MPL 22, 677. 

Ebenso eingehend, wie mit den Engeln, hat sich Didymus 
mit dem Teufel beschüftigt!! Doch berührt sich seine Lehre 
vom Teufel, im Gegensatze zu seiner Engellehre, in keiner Weise 
mit dem heidnischen Teufelsaberglauben, dem die Volksmassen 
schon zu seiner Zeit huldigten. Es ist auffällig, daß er den 
Teufel gerade in den Commentaren sehr oft nennt, wo er doch 
nur selten unmittelbaren Anlaß dazu hat. Didymus wäre kein 
ägyptischer Asket gewesen, hätte er sich nicht des öfteren vom 
Teufel verfolgt gewußt. Er bezeichnet den Teufel als ein λεπτὸν 
πνεῦμα (in diesem λεπτόν liegt wohl die Anerkennung des 
origenistischen Satzes, daß der Geist des Teufels in einen Körper 
bestimmter Art gebannt ist! und schreibt ihm die Fähigkeit zu, 
überall hinzugelangen?. Besonders stolz ist Didymus auf sein 
Fündlein. der Teufel sei, nach Hiob 40 :», das erste Geschópf 
(xríoua)*. Der Stolz ist nicht ganz unberechtigt. In dem 
Kampfe gegen die Arianer, die den Logos für das älteste Ge- 
schópf hielten, war diese Entdeckung in der Tat eine brauch- 
bare Waffe. 

Von den Dämonen handelt Didymus in psalm. 1172C 1557 A. 

Der Totenverehrung gegenüber nimmt er keine klare Stellung 
ein. Oi τοὺς ἀπαλλαγέντας τοῦ βίου δοξολογοῦντες werden 
weder gelobt, noch ausdrücklich getadelt. 

Ähnliches gilt von dem zu seiner Zeit gerade beginnenden 
Marieneulte. Sicher ist nur, da! Didymus der Mutter Jesu all 


1! Er nennt ihn öfter διάβολος als σατανᾶς. 

9. In Job 1121 B. 

21 De trin. 117, 341 B: IL 61 508 B; 1Π 251 S04 D; vgl. Pseudobasilius 
adv. Eunom. £93 A, 


94 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


die Ehrentitel auch zuerkennt, die irgend einer seiner Zeitgenossen 
auf sie anwandte: wie mir scheint, ist die Stadt Alexandria über- 
haupt ihrer Zeit in der Marienverehrung voraus geeilt!. Didymus 
nennt Maria mit Vorliebe ϑεοτόχος Σ (der Ausdruck findet sich 
zuerst bei Alexander von Alexandria?, dann namentlich bei 
Athanasius® und Gregor von Nazianz: Basilius von Cäsarea und 
Gregor von Nyssa scheinen das Wort vermieden zu haben 5.) 
Ferner vertritt Didymus die Anschauung, Maria habe utero clauso 
geboren. De trin. I 27, 404C nennt er sie ἀειπαρϑένος (diesen 
Ausdruck hatte bereits Athanasius contra Arian. 2 τὸ gebraucht); 
er erläutert die Vorstellung ebenda 15, 309C durch den Satz 
παρϑένος Erexev μείνασα xag8évoz; vgl. de trin. III 220 793C 
(παρϑένος ῥεύσεως ἐχτὸς Erexev μείνασα πάλιν παρϑένος) und 
4, 832 Ὁ (ἔμεινε χαὶ μετὰ κυοφορίαν ἀεὶ καὶ διὰ παντὸς ἄμωμος 
παρϑένος). Nach der Capitulatio zu de trin. 116 hat Didymus 
in dem verlorenen Stücke de trin. I19 von der adıodevros παρ- 
ϑενικὴ πύλη geredet”. Nun darf man freilich nicht vergessen: 
all diese Sätze stammen aus der Schrift de trin, einem der 
letzten Werke des Didymus. Andrerseits will die Sicherheit 
beachtet sein, mit der Didymus seine Gedanken über Maria vor- 
trägt, gleich als könne niemand ihnen widersprechen: de trin. 
111 220 793C benutzt er sogar das ἀειπαρϑένος, um von da aus 
‚gegen die Ketzer zu argumentieren. — Näheres über den Hergang 
der irdischen Geburt Jesu sucht Didymus de trin. I 15, 309 C; 
27, 391€; III 2% 793C; 3, 820 AB festzustellen. 


Es läßt sich nicht leugnen, daß Didymus von den polytheis- 
tischen Neigungen seiner Zeit in gewisser Weise beeinflußt war. 
Allerdings war Alexandria ein Hauptschauplatz des alten Heiden- 


1) Veranlassung dazu bot die alexandrinische Christologie. 

2) De trin. 1 31, 421 B; ΠῚ 1, 481 C 484 A; ΠῚ 6, 848C; 418 G8SCD. 

3) Vgl. Theodoret. hist. eccl. I 454. 

4) Contra Arian. Ill 14. 29. 33; vgl. Stülcken, TU, Neue Folge, IV 4 
S. 122; auch Mingarelli MPG 39, 42? BCD, Anm. 35. 

5) Holl, Amphilochius, S. 154. 183f. 230. Die Hauptstelle für Gregor 
von Nyssa (epist. 3 MPG 46, 1024 A) ist allerdings nicht eindeutig. 

6) MPG 39, 445 B. 

1) Zum Ganzen vgl. Zöckler RE? XII, 8. 312, dem jedoch das Material 
nicht vollständig bekannt ist, und Loofs, Leitfaden zum Studium der Dog- 
mengeschichte?, S. 162 und 179. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 95 


tums und der Theokrasie, vielleicht sogar in noch höherem Grade 
als Rom. Es war aber auch eine Hochburg monotheistischer 
Philosophie. So bleiben Didymus’ polytheistische Neigungen auf 
jeden Fall merkwürdig. Daß er übrigens für die den Volksmassen 
seiner Zeit so vertraute Welt des Wunders einen besonderen 
Sinn besaß, lehrt in psalm. 1445D. Hier spricht er es als seine 
Meinung aus, viele seien durch Gesichte zum Christentum be- 
kehrt worden. Hätten das Athanasius und Basilus auch nur 
denken kónnen? 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 


Wie wir sahen!, ist für Didymus der Glaube, d. h. vor allem 
die richtige Erkenntnis der Dreieinigkeit, nicht nur von wissen- 
schaftlichem Werte, sondern auch von religiósem. Es entspricht 
also ganz dem Gegenstande, wenn wir Didymus! Trinitätslehre 
besonders ausführlich darstellen. Und wir sind in der glücklichen 
Lage, dies tun zu können: die Trinitätslehre ist im Grunde das 
einzige Stück aus der Weltanschauung des Didymus, für dessen 
Erforschung wir gute Quellen haben. Unglücklicherweise gibt 
uns aber gerade diese Lehre des Didymus zwei Rätsel auf, von 
denen ich wenigstens das eine nicht zu lösen vermag. 

Das eine Problem wurde bereits erwähnt?. Didymus ist 
Origenist. Aber seine Lehre von der Dreieinigkeit ist alles eher 
als origenistisch. Selbst der Ketzermacher Hieronymus muf das 
zugeben: certe in trinitate catholicus, dieses Zeugnis stellt er dem 
Didymus aus?. Ja, er übersetzt selbst ein trinitarisches Werk 
des Didymus ins Lateinische. An vielen Einzelheiten läßt sich 
nachweisen, daß Hieronymus recht geurteilt hat. Ich mache nur 
auf folgendes aufmerksam: 

1) Didymus verurteilt ausdrücklich den Satz: Eorw ἃ μὴ 
ὑπὸ τὴν toU πατρὸς all ὑπὸ τὴν ἐξουσίαν τοῦ υἱοῦ τελεῖ de 
trin. I 26, 385A. Allerdings vertritt auch Didymus zuweilen 
Anschauungen, die der verdammten Häresie bedenklich nahe 
kommen; ich erinnere daran, wie er die Erlösung auf die drei 


1) S. oben S. 77f unter 9. 

2) S. oben S. 13. 53. τά. 

3) Adv. Rufin. II 16 (MPL 23, 428 C); vgl. ebenda IIl 27 (477 B): 
super trinitate fidei puritatem. 


Y 


r. 


96 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Personen der Trinitüt verteilt! Auch der Satz de trin. II 5, 
504B, der Vater werde im Sohne, der Sohn im Geiste (nicht im 
Vater!) abgebildet, kónnte an Origenes erinnern. 

2) Die origenistisch-arianische Vorstellung, die aber wohl 
die meisten zu Nicáa anwesenden Bischófe teilten, der Sohn 
stehe in einer engeren Beziehung zur Schöpfung als der Vater, 
wird von Didymus abgelehnt, wie bereits von Athanasius?; vgl. 
de trin. I 8, 276C—277 B. 

3) Didymus bekümpft auch die origenistische Lehre, der 
Sohn werde in einem fort gezeugt; vgl. de trin. III 3, 813 BC: 
ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ ἐγεννήϑη συνυφεστὼς τῷ τεχόντι... ἀλλ᾽ 
οὐκέτι γεννᾶται. Damit lehnt Didymus natürlich auch die wei- 
tere Vorstellung ab, die er von seinem Standpunkte aus der Lehre 
des Origenes hätte entnehmen können, die Vorstellung, der Geist 
gehe in einem fort von dem Vater aus; vgl. de spir. s. 15, 1047 C: 
bene quod in ipsa sententia? non ail »qui creavi« sed »qui creo 
spiritum«. si enim de substantialitate spiritus sancti sermo esset, 
dixisset. utique »qui creavi«. neque enim semper eumdem creat; 
dazu de trin. 115, 496A: ἐχπορεύεται ἥτουν ἐξεπορεύϑη. Ich 
vermag nicht recht einzusehen, warum Didymus in diesem Punkte 
den Origenes verlüfit: er hátte dessen Lehre polemisch sehr gut 
verwenden kónnen. Wollte er in den dogmatischen Schriften, 
die doch in weiteste Kreise drangen, gar nichts zu tun haben 
mit dem Mann, dem gerade die theologisch nicht Gebildeten mit 
Mifitrauen gegenüberstanden? Und Didymus hat Origenes Lehre 
von der immerwührenden Zeugung nicht nur abgelehnt, sondern 
aus seiner Ablehnung auch eine wichtige Folgerung gezogen. 
Wie bekannt, wiederholt Athanasius unermüdlich die Bilder von 
der Sonne und ihrem Schein, der Quelle und ihrem Ausfluß, um 
mit ihnen das Verhältnis von Vater und Sohn zu veranschau- 
lichen. Diese Bilder hat vor allem Origenes in die Wissenschaft 
eingeführt. Didymus hat nun ganz richtig erkannt, daß sie, streng 
genommen, nur zu Origenes Lehre von der immerwährenden 
Zeugung passen. Das zeigt ja ganz deutlich Origenes de princip. 
12. (MPG 11, 133C): aeterna ac sempiterna generatio, sicut 
Splendor generatur ex luce (Ürigenes stand übrigens mit dieser An- 





1) 8. oben δ, δά. 2) Contra Arianos II 26f. 
3) Amos .113. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 97 


schauung nicht allein: Alexander von Alexandria hat, nach dem 
Zeugnisse des Árius bei Theodoret. hist. eccles. 1 51, den Sohn 
detyevnng genannt) Deshalb braucht Didymus die Vergleiche des 
Athanasius nur an wenigen Stellen, wie de trin. I 16, 332 B, und 
ersetzt sie außerdem sehr oft durch die farblose Aussage, der 
Sohn sei das Bild (εἰκών, ἐξειχκονίζειν) des Vaters; vgl. de trin. 
I 15, 328 B. Dazu betont Didymus stark, daß jedes Beispiel nur 
eine sehr unvollkommene Erkenntnis vermittelt: οὐδαμῶς τὸ 
παράδειγμα tavrorng εἶναι δύναται de trin. II 5, 505 A. Natür- 
lich ist es nicht ausgeschlossen, daß andere Umstände dieses Ver- 
halten des Didymus begünstigten. Seine Blindheit wird ihn nicht 
gerade veranlaßt haben, die Bilder zu überschätzen. Dazu war 
auch Gregor von Nazianz, dessen Werke Didymus vielleicht 
kannte, ein Gegner der athanasianischen Vergleiche, allerdings 
aus ganz anderen Gründen!. Übrigens hat Didymus in seiner 
Jugend der Anschauung des Origenes von der ewigen Zeugung 
ganz anders gegenüber gestanden: adv. Ar. et Sab. 4, 1285C 
kommt er ihr sehr nahe. 

Das zweite Rätsel, das uns Didymus! Trinitätslehre aufgibt, 
liegt in seinem Schlagworte μέα οὐσία, τρεῖς ὑποστάσεις. Dieses 
Problem erfordert eine eingehendere Behandlung. 


A. Das Schlagwort. 


Zu Beginn des arianischen Streites haben wohl die meisten 
Theologen des Morgenlandes das Wesen der Dreieinigkeit in die 
Formel gefaßt: τρεῖς ὑποστάσεις. Sie haben weiter, wie alle 
philosophisch Gebildeten ihrer Zeit, sehon um Paulus von Samo- 
sata auszuschließen, den stoischen Begriff der ὑπόστασις mit dem 
platonischen der οὐσία gleichgesetzt, obwohl man es in vielen 
Kreisen vermieden zu haben scheint, unmittelbar von τρεῖς ov- 
oiaı zu reden. Es ist bekannt, daß Arius von τρεῖς ὑποστάσεις 
sprach? Seine Formel wurde gebilligt von der großen Mittel- 
partei unter Eusebius von Cäsarea, ja selbst von einem Manne, 
der die Gottheit Christi so stark betonte, wie Alexander von 
Alexandria?. Man vergleiche dessen Brief an Alexander von 

1) Holl, Amphilochius, S. 175f. 

2) Bei Athanasius de synod. 15f und 36. 

3) Das Verstündnis der Christologie Alexanders verdanken wir Loofs 


RE? II, S. 11. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 8 4 





98 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Byzanz bei Theodoret. hist. eccl. I 4 16. 28. 39. ss. 4e. 4s. Beson- 
ders deutlich zeigt uns dieser Brief, daß auch Alexander ὑπό- 
στασις und οὐσία (= φύσις) nicht geschieden hat; er nennt Vater 
und Sohn ss τῇ ὑποστάσει δύο φύσεις, bezeichnet den Sohn ins- 
besondere 45 als μεσιτεύουσα φύσις μονογενής. Bei Sokrates 
hist. eccl. 16 redet Alexander anstandslos von der οὐσία des 
Vaters. Er hat also keinen wissenschaftlichen Terminus 
zur Verfügung, wenn er die Einheit der Trivität zum 
Ausdruck bringen will Er scheint auf die Einheit überhaupt 
nur wenig Wert zu legen; Theodoret. hist. eccl. 1 4 15 nennt er 
Vater und Sohn πράγματα δύο 1: der polytheistische Klang dieser 
Worte wird durch das vorgesetzte ἀχώριστα doch nur wenig 
gemildert. 

Die Formel des nicünischen Concils (vgl. die Anathematismen) 
lautete (allerdings nicht consequent, s. u.) die Trinität ist wie 
οὐσία — μία ὑπόστασις, Das war für die meisten Morgen- 
länder eine ganz fremde Ausdrucksweise, die ihnen nur aufge- 
zwungen worden sein kann. Wahrscheinlich hat sie Hosius von 
Korduba, der abendlündische Hoftheologe des Kaisers Konstantin, 
geschaffen?. Es ist nur zu verständlich, daß sie den Orientalen 
Schmerzen bereitete. Bekannt ist, wie schwer es Eusebius von 
Cäsarea ward, sich mit ihr abzufinden. Leider wissen wir nicht, 
wie es Alexander von Alexandria und seinen Gesinnungsgenossen 
möglich war, sie anzunehmen: erklärlich ist im Grunde nur die 
Zustimmung des Marcellus von Ancyra, zu dessen Gesamt- 
anschauung die neue Formel ja ganz ausgezeichnet paßte. Sicher 
ist dagegen, daß Athanasius, wenigstens seit er im Abendlande 
geweilt hatte, ein treuer Anhänger nicht nur des Nicünums, 
sondern auch der nicünischen Terminologie war‘. Seitdem finden 
wir die Formel uía οὐσία = μία ὑπόστασις in allen nicünisch 


1) Vgl. Origenes contra Celsum VIII 12, S. 22921ff Koetschau. 

2) A. Hahn, Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln?, Breslau 
1897, S. 161. 

3} Soviel ich weiß, findet sich die nicünische Formel unter den vor- 
nicänischen Theologen nur bei Gregor dem Wundertäter (vgl. Loofs, Leit- 
faden zum Studium der Dogmengeschichte3, S. 143) und — bei den Mon- 
archianern. 

4) Das Beste über Athanasius' Trinitätslehre bietet Loofs RE? II 
S. 16ff 202ff. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 99 


gesinnten Symbolen, so in dem der Synode von Sardika (343) 
vorgelegten!. Ja wir finden sie auch in vielen Symbolen nicht- 
nicänischer Synoden, die der nicänischen Partei entgegenzu- 
kommen suchten, wie in der vierten Formel von Antiochia (341)?, 
in der Formel von Philippopolis (343)?, in der ἔχϑεσις μαχρό- 
στιχος (Antiochia 345)* und in der Formel der ersten Synode 
von Sirmium (351); ein Symbol, das die altgriechische Formel 
enthielt, das zweite (sog. lucianische) der Versammlung von An- 
tiochia 3416, fand nicht die endgiltige Billigung der Bischöfe. 

Schon hier muß auf einen sehr wichtigen Umstand auf- 
merksam gemacht werden. Die nicänische Formel hat keinen 
wissenschaftlichen Ausdruck, mit dem sie die Einzel- 
personen der Dreieinigkeit bezeichnen könnte. Trotzdem 
darf man ihren monotheistischen Gehalt nicht überschätzen. Es 
ist mir nie recht klar geworden (und ich glaube, Athanasius 
selbst war sich darüber nicht klar), was das Nicänum unter μέα 
οὐσία versteht: hat die Gottheit der Zahl nach nur eine ovola? 
oder hat sie drei einander vollkommen gleiche οὐσίαι, die, ver- 
eint, wiederum nur eine οὐσία ergeben, etwa wie, wenn ich den 
Vergleich wagen darf, drei zusammengeschmolzene Kerzen nur 
eine Kerze bilden? Mit anderen Worten: bezeichnet ovoía 
das Wesen des Individuums oder das Wesender Gattung”? 
Wie nahe Athanasius der letzteren Auffassung zuweilen steht, 
zeigen die Analogien, die er für seinen Sprachgebrauch im pro- 
fanen Leben sucht. So lesen wir de synod. 53: alle Menschen 
τῇ οὐσίᾳ ὁμοφυεῖς εἰσι; d. h., nach seinem sonstigen Verständ- 
nisse des Wortes ὁμοφυής: sie haben eine φύσις, eine οὐσία 
(φύσις und οὐσία brauchen wohl alle Theologen der Zeit syno- 
nym). Nun verbittet es sich allerdings Athanasius in ähnlichem 
Zusammenhange®, die von ihm aus dem profanen Leben beige- 
brachten Bilder ungebührlich auszudeuten. Aber daß wir nicht 


1) Hahn a. a. O. S. 1832. 2) Hahn a. a. O. S. 188. 
3) Hahn a. a. O. S. 191. 4) Ebenda S. 192f. 
5) Ebenda S. 197. 6) Ebenda S. 185f. 


7) In letzterem Falle kann man mit gewissem Rechte sowohl von 
der einen οὐσία der Gottheit, als auch von der οὐσία ihrer einzelnen 
Personen reden; in ersterem entweder nur von einer οὐσία oder nur 
von drei ovolaı. 

8) Z. B. de synod. 42. 

q* 


100 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


auf falscher Führte sind, beweist zunüchst die Verwerfung des 
Wortes μονούσιος durch Athanasius!. Ein zweiter Beweis ist 
eine Reihe von Ausführungen, die durch ihre Unklarheit sehr 
lehrreich sind. Ich nenne, ein Beispiel für viele, de synod. 48: 
el un ἐκ μετουσίας ἐστὶν ὁ υἱὸς ἀλλὰ τῇ οὐσίᾳ λόγος ἐστί 
καὶ σοφία τοῦ πατρὸς, ἡ δὲ οὐσία αὕτη τῆς οὐσίας τῆς 
πατρικῆς ἐστι γέννημα καὶ ὁμοιότης αὐτῆς, ..... πῶς 
. σώσομεν τὸ ἕν εἶναι τὸν πατέρα καὶ τὸν vior;..... avay- 
κῃ λοιπὸν χατὰ τὴν οὐσίαν νοεῖν xa) τὴν υἱοῦ xal πα- 
τρὸς £vOovt"ca ..... ὁ δὲ υἱὸς ix τῆς οὐσίας ὧν γέννημα 
οὐσίᾳ ἕν ἐστιν αὐτὸς καὶ ὁ γεννήσας αὐτὸν πατήρ. Klar 
ist nur, daß Athanasius’ Feinde, wenn er von οὐσία redet, dies 
im Sinne von »Wesen des Individuums« verstehen (sie werfen 
ihm Sabellianismus vor), und daß die Abendländer, wenn sie von 
οὐσία reden, dies wohl in demselben Sinne meinen. Wir müssen 
sagen: die Ausdrücke des Athanasius schillern. Mag er gleich 
der Gottheit ausdrücklich μίαν οὐσίαν oder τὴν αὐτὴν οὐσίαν 
zuschreiben: auch diese Wendungen lassen sich verstehen, wenn 
man οὐσία in dem Sinne »Wesen der Gattung« faßt?. Die Sache 
ist deshalb besonders wichtig, weil man dieselbe Unklarheit bei 
anderen Theologen des vierten Jahrhunderts antrifft. Erst in 
Basilius des Großen bekanntem Lehrbriefe? an seinen Bruder 
Gregor von Nyssa finden wir das Problem erkannt und bis zu 
gewissem Grade gelöst: dieser Brief handelt ja ex professo über 
den Unterschied von οὐσία und ὑπόστασις. Man wird deshalb 
gut tun, die Frage, ob οὐσία Wesen des Individuums oder der 
Gattung sei, an die Theologen des vierten Jahrhunderts nur mit 
Vorsicht zu richten: es ist eine Frage, die sie sich teilweise 
selbst nicht gestellt haben; vor allem muß man sich hüten, aus 
der Formel uía οὐσία Schlüsse zu ziehen, die ihren Inhalt ver- 
gewaltigen. 
Es ist bekannt, daß die Formel des Nicänums und des 
Athanasius nicht die orthodoxe ward. Unter dem Drucke von 
Konstantius’ Alleinherrschaft scharte sich im Morgenlande die 


1) Expositio fidei 2 (allerdings von zweifelhafter Echtheit). 

2) Vgl. zum Ganzen Loofs RE? II, S. 203f. Ob die Anschauung des 
Athanasius hierüber sich entwickelt hat, ist mir zweifelhaft. 

3) Epist 33. Basilius definiert οὐσία hier ziemlich genau als « Wesen 
der Gattung, Wesensinhalt.» 


^ 





16. Lehre von der Dreieinigkeit. 101 


sog. jungnicänische Partei zusammen. Auf der Synode von 
Ancyra 358 vertrat diese noch die altmorgenländische Formel 
τρεῖς οὐσίαι — τρεῖς ὑποστάσεις. Bald darauf aber ging sie zu 
dem Schlagworte über: μέα οὐσία (= φύσις) und τρεῖς ὑποστάσεις 
(— τρέα πρόσωπα)". Diese neue Formel ward auf der Synode 
von Alexandria 362 durch Athanasius zwar nicht als allein richtig, 
aber als rechtgläubig anerkannt?. Seit dieser Zeit breitete sie 
sich verhältnismäßig rasch aus. Die großen Kappadocier, ihre 
Hauptvertreter, führten sie in ganz Kleinasien und schließlich 
auch in Konstantinopel zum Siege. Theodosius der Große machte 
sie nach kurzem Schwanken 381, auf dem sog. zweiten ökume- 
nischen Concile, zur anerkannten Formel des ganzen Morgen- 
landes *. 

Das Problem, das die jungnicünische Formel μέα οὐσία, 
τρεῖς ὑποστάσεις bietet, liegt nun in folgendem. Bisher nahm 
man an, sie sei zuerst um das Jahr 358 bezeugt: Marius Victo- 
rinus erzählt in einer damals verfaßten Schrift, sie werde von 
Griechen verwandt. Nun ist aber die jungnicünische Formel 
auch die Formel des Didymus. Ja, Didymus vertritt sie nicht 
erst in seinen jüngeren Schriften, sondern schon in dem Tractate 
adversus Arium et Sabellium5, der lange vor 362 verfaßt ist, also 
lange bevor Athanasius, der unmittelbare Vorgesetzte des Didymus, 
die Formel zu dulden sich entschließt! So können wir mit viel 
größerem Rechte, als von Schubert, dem der wahre Urheber jenes 
Tractates noch nicht bekannt war, die Frage aufwerfen: ist viel- 
leicht Didymus der Vater der jungnicänischen Formel, und damit 
im Grunde auch der Vater der jungnicänischen Partei? Ehe wir 
diese Frage zu beantworten suchen, muß die Trinitätslehre des 
Didymus genauer dargestellt werden. Zuvor noch einige Be- 
merkungen über die jungnicänische Terminologie. 


1) Epiphan. haeres. 7313íf (aus dem Jahre 359). 

2) Tomus ad Antiochenos 5f; vgl. de synod. 41 über Basilius von 
Ancyra. 

3) Vgl. Theodoret. hist. eccl. V 911. 

4) Vgl. Hans von Schubert in Moellers Lehrbuch der Kirchenge- 
schichte I?, S. 512 Anm. 

5) Besonders 12, 1300 A; auch 1, 1281A; 3, 1284 C; 7, 1292D; 8, 
1293 A; 9, 1293 C; 10, 1296 B. Man beachte, daß Didymus (wie die Kappa- 
docier) in keiner seiner Schriften andeutet, seine Terminologie sei neu; wir 
erfahren kaum von ihm, daß es noch andere Terminologien gibt. 


102 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Zwischen οὐσία und φύσις einerseits, ὑπόστασις andrerseits 
zu scheiden, ist gegen allen griechischen Sprachgebrauch. Wie 
kann man die Entstehung dieser terminologischen Sonderbarkeit 
erklären? Zwei Möglichkeiten liegen vor. 

1. Die jungnicänische Formel kann unter dem Einflusse des 
Origenes entstanden sein (das würde dann vielleicht dafür sprechen, 
daß sie eine Erfindung des Didymus ist) Origenes schied die 
drei Personen der Gottheit als τρεῖς ὑποστάσεις: vgl de prin- 
cip. 122 (MPG 11, 130 C); contra Celsum VIII 12 (S. 229 21 ff 
Koetschau: Vater und Sohn sind δύο ὑποστάσεις); in Jo. 12415 
(S. 29:4 f Preuschen); 34 243 (S. 43 1s Preuschen); II 10% (S. 65 16 
Preuschen: τρεῖς ὑποστάσεις); 35 55 (S. 94 ıs Preuschen); XXXII 
16 ıss (S. 45211 Preuschen); Bruchstück 36 (S. 511 51 Preuschen); 
s, auch 11 106 (S. 652. Preuschen) Nun verwendet Origenes 
allerdings das Wort οὐσία als Synonymum von ὑπόστασις, ob- 
schon er, wie mir scheint, es stets vermeidet, von dvo oder 
τρεῖς οὐσίαι zu reden; vgl. de princip. I 1e (MPG 11, 124 C); 
contra Celsum VII 16 (S. 167» KJ); in Jo. 124151 (S. 29:4 f Pr); 
VI 30 154 (S. 140 10 Pr); dazu contra Cels. 123 (S. 73uf K.); 
VIII 67 (S. 2831» K.)!. Eine reine Wiedergabe des origenistischen 
Sprachgebrauchs kann also die jungnicünische Formel auf keinen 
Fall sein; wohl aber eine Versöhnung zwischen der origenistisch- 
wissenschaftlichen Ausdrucksweise und dem ὁμοούσιος des nicü- 
nischen Symbols. Wie wir sehen werden, ist Didymus im Ge- 
brauche des Wortes οὐσία ebenso unsicher, wie Athanasius u. a. 
Desto leichter konnte es ihm fallen, alle Aussagen des Origenes 
in rechtgláubigem Sinne zu deuten. 

2. Die jungnicünische Formel kann auch eine Übersetzung 
des lateinischen, auf Tertullian zurückgehenden Schlagwortes una 
substantia tres personae? sein: wieviele morgenlündische Theo- 
logen mufiten zur Zeit des Kaisers Konstantius nach dem Abend- 
lande fliehen und hatten so Gelegenheit, die tertullianisch-nova- 
tianische Trinitátslehre kennen zu lernen! Natürlich würde damit 
eine nebenhergehende Einwirkung des Origenes keineswegs aus- 


1) Vgl. Loofs RE? IV, S. 445ff. Ganz ähnlich ist der Sprachgebrauch 
des Eusebius von Cüsarea (z. B. hist. eccl. I 23 S. 1011f Schwartz). 

2) Tertullian gebrauchte andere Worte synonym mit persona. Aber 
nur persona war wissenschaftlich zu verwenden. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 103 


geschlossen: daß substantia so viel wie οὐσία war, stand fest; 
persona konnte man dann im Anschluß an Origenes durch 
ὑπόστασις wiedergeben!. Das Wort πρόσωπον in dem Sinne 
von persona war den Vätern des vierten Jahrhunderts nicht recht 
geläufig. Es war eine gemachte Übersetzung, der der echt grie- 
chische Sprachgebrauch nicht zu Hilfe kam. Zwar findet sich 
diese Übersetzung bereits bei Hippolyt?. Aber sie ist im vierten 
Jabrhundert wohl noch einmal ganz von neuem gemacht worden, 
Zuerst begegnet sie uns wieder in der ἔχϑεσις μαχρόστιχος von 
Antiochia 3453, Von da an dringt sie langsam in die griechische 
Literatur ein. Didymus verwendet das Wort nur ganz selten. 
In der Schrift adv. Ar. et Sab. kommt es gar nicht vor, in seinen 
späteren Schriften nur in vergleichsweise sehr wenigen Fällen; 
vgl. de trin. I 9, 284 B; 18, 344 B: 36, 440 A; IL 621 553 A; III 2e 
189 D; 23, 924 C; 30, 949 A B; 411 984 B; Cramer, Catenae usw. 
VII S. 132 (Vater und Sohn sind δύο πρόσωπα διῃρημένα κατὰ 
τὴν ὑπόστασιν): die Stellen, an denen Didymus das Wort 
ὑπόστασις gebraucht, zählen nach Hunderten *. 

Fragen wir zum Schlusse noch nach dem Sinne des Begriffes 
ὑπόστασις bei Didymus. Schon die eben angeführte Stelle aus 
Cramer scheint anzudeuten, daf es für Didymus doch nicht ganz 
dasselbe ist wie πρόσωπον, d.h. wie das lateinische persona und 
unser «Person». Ein genaueres Zusehen bestätigt diese Beob- 
achtung. In der Jugendschrift adv. Ar. et Sab. 12, 1297 D 1300 A 
finden wir zweimal die Wendung, Vater und Sohn seien unter- 
schieden μόνῃ ὑποστάσει καὶ προσηγορίᾳ. Hat damals Didymus 
das Wort ὑπόστασις nur als ein Synonymum von ovoua auf- 
gefaßt? Wenn ja, dann würde diese Tatsache ein Rätsel lösen: 
sie würde erklären, wie ein Schüler und Untergebener des Atha- 
nasius die jungnicänische Formel zu der seinigen machen konnte. 


1) Athanasius scheint um 340 infolge abendländischer Einflüsse die 
Gleichung οὐσία — ὑπόστασις unsicher geworden zu sein (Loofs RE? 1I, 
S. 203 f). 

2) Vgl. Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte?, 8. 
117 Anm. 

3) Hahn a. a. O. S. 193; Loofs RE? II, S. 28:0. 

4) In dem Sinne von «Rolle» braucht Didymus das Wort πρόσωπον 
(wie z. B. auch Origenes) natürlich sehr oft; so de trin. 1 15, 305 B; 18, 
344 B; 10, 355 B; in II Cor. 1689 BC. 


az 


104 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Doch der übrige Befund der Schrift spricht nicht für die Richtig- 
keit der Vermutung; vor allem aber nicht die spätere Terminologie 
des Didymus. Am lehrreichsten ist der profane Sprachgebrauch. 
Zwei Hauptbedeutungen scheint dieser dem Worte ὑπόστασις 
zuzuweisen, die jedoch nicht immer genau geschieden sind. Ein- 
mal ist ὑπόστασις an den Begriff des νοῦς geknüpft, heißt dann 
also dasselbe, wie unser «Persönlichkeit» in philosopbischem 
Sinne. Jede ἄλογος ψυχή ist ἀνυπόστατος in psalm. 1456 C. 
In Job 1132 B wird der Löwe ἀνυπόστατος genannt. Vielleicht 
ist in demselben Sinne gemeint de trin. III 23 788B: τῇ ὑπο- 
στάσει ἄλλος καὶ ἄλλος. Auf der anderen Seite bedeutet ὑσό- 
στασις das wirklich Vorhandene, in vielen Fällen das, was man 
sehen und betasten kann, im Gegensatze zu allem nur Gedachten, 
zu Handlungen, zu Kräftewirkungen. Jakob und Israel unter- 
scheiden sich ἐπινοίᾳ ἀλλ᾽ οὐχ ὑποστάσει in psalm. 1509 C. 
Die Bosheit ist nicht ἐνυπόστατος in psalm. 1169C!. Ähnlich 
de trin. I 18, 356 C (ἀνυπόστατος δύναμίς τις); in psalm. 1584 A; 
besonders aber de trin. IL 3, 476 B. In I Jo. 1802C wird ὑπό- 
στασις sogar als Synonym von ὕλη behandelt, wenngleich das 
Ungewöhnliche dieser Ausdrucksweise empfunden wird. Daneben 
braucht Didymus das Wort ὑπόστασις noch in den verschie- 
densten anderen Bedeutungen, die aber zur Erklärung des trini- 
tarischen Sprachgebrauches nichts beitragen; vor allem in dem 
Sinne «Existenz» in psalm. 1169 C; in II Cor. 1728 A; aber auch 
in dem Sinne von «die Fähigkeit ὑποστῆναί τι τῶν ἐπιπόνων»» 
in psalm. 1497 A. Jedenfalls sehen wir: Didymus hat es ebenso 
wenig zu einem klaren Begriffe von ὑπόστασις gebracht, wie 
Athanasius zu einem solchen von οὐσία. Oder darf man be- 
stimmter sagen, daß Didymus mit der Wendung τρεῖς ὑποστάσεις 
weniger das Vorhandensein von drei Personen, als ihr selb- 
ständiges Nebeneinandersein hervorheben wollte? Darauf 
weisen vielleicht Wendungen wie τὸ ldıxov τῶν ὑποστάσεων» 
de trin. I 18, 356 A, αἱ ἰδιότητες τῶν ὑποστάσεων ebenda III 2 so 
804D, τὸ ἰδιοσύστατον τῶν ὑποστάσεων ebenda III 23, 925 B 
(vgl. III 38, 977 A und 41: 984 B) und äbnliche Ausdrücke. Bei 
diesen Redensarten ist durchaus nicht an die verschiedenen τρόποι 


1) Im Hintergrunde dieses Satzes steht wohl der andere: die Bosheit 
ist ein nicht Seiendes. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 105 


ὑπάρξεως gedacht; sie wollen nur betonen, daß die drei Hypo- 
stasen jede für sich da sind. 

Sehr oft braucht Didymus das Wort ἐνυπόστατος. Es hat 
bei ihm natürlich noch nicht den Sinn, den die Scholastik ihm 
eingelegt hat, sondern bedeutet einfach, wie schon in der ἔχϑεσις 
μακρύστιχος, «eine besondere ὑπόστασις bildend». Vgl. de trin. 
116, 337 B; 26, 384C; II 1, 452 A B; 2, 461D; 8: 616A; 10, 
648 A; III 19, 892A; 37, 972 B. De trin. III 24 789 A findet sich 
ὑποστατός statt ἐνυπόστατος; ist das nur ein Schreibfehler? 


B. Altnicüánische Neigungen. 


Die jungnicänische Formel ist deshalb gerade in Didymus' 
Munde auffällig, weil ihn sehr starke Ketten an das Nicänum 
und an die Theologie des Athanasius und seiner Gesinnungs- 
genossen fesseln. Ich machte bereits darauf aufmerksam, daß er 
das abendländische Wort πρόσωπον, das erst während des 
Streites im Oriente Aufnahme fand, nur zögernd verwendet. Hier 
muß noch an folgendes erinnert werden. 

1. Altnicänisch sind zunächst mancherlei Ungleichmälßig- 
keiten in Didymus’ Sprachgebrauch. Das Nicänum definierte die 
Dreieinigkeit als μία οὐσία und μία ὑπόστασις. Daneben aber 
sprach es davon, der Sohn sei gezeugt ἐχ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός. 
Das hatte seinen tieferen Grund. Die Verfasser des Symbols 
betrachteten den Vater als die Wurzel der Gottheit: das war 
eine alte Anschauung, die selbst in die Formeln des sonst so 
klaren Tertullian eine störende Unklarheit brachte. Athanasius 
hat den Gedanken, der hier dem Nicänum zugrunde liegt, er- 
kannt. De synod. 45 erklärt er μὴ xtloua ἀλλ᾽ ix τῆς οὐσίας 
γέννημα εἶναι τὸν λόγον καὶ τὴν οὐσίαν τοῦ πατρὸς ἀρχὴν 
καὶ ῥίζαν καὶ πηγὴν εἶναι τοῦ υἱοῦ. So hat Athanasius 
sich nicht gescheut, an vielen Stellen dem zwiespältigen Sprach- 
gebrauche des nicünischen Symbols zu folgen; vgl. contra Arian. I 
15. 24. 26. 29; Il 22; de decret. Nic. synod. 20; de synod. 48. 
Aber ein inconsequenter Sprachgebrauch war es doch. Wenn 
ich recht sehe, hat das selbst Athanasius de decr. Nic. syn. 22 
empfunden. Andere Theologen haben es viel stárker gefühlt und 
desbalb die nicänische Formel in diesem Punkte aufgegeben. 
Alle jüngeren Symbole bieten statt ἐκ τῆς οὐσίας ταῦ πατρός 


b, 


f 


106 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ein einfaches ix τοῦ πατρός, das zwar, am Maßstabe der 
damaligen Philosophie gemessen, vollkommen inhaltsleer war, 
desto glücklicher aber die Schwierigkeit verhüllte. So die dritte 
und vierte Formel von Antiochia (341)?, die Formel von Philippo- 
polis (343) 3, die ἔχϑεσις uaxpootıyos von Antiochia (345) 4, die 
erste Formel von Sirmium (351), auch das sog. Konstantino- 
politanum 6; die Kappadocier sagten ebenfalls ix τοῦ πατρός. 
Didymus war noch nicht so weit wie sie: auch in der Schrift 


^ de trin. hat er sich nicht für die eine oder die andere Ausdrucks- 


weise entschieden. Die vermittelnde Formel ix (oder ἀπὸ) τοῦ 
πατρός o.ä. braucht er des öfteren: wir finden sie de trin. I 35, 
437 C; II 1, 452 A; 2, 460 AB; 26, 752 A; IIL 3, 808 À; 38, 976 B. 
Daneben kennt Didymus aber auch die altnicünische Terminologie. 
Adv. Ar. et Sab. 10, 1296 B nennt er des Logos ἰδίαν ὑπόστασιν 
ix πατρικῆς οὐσίας ὑφεστῶσαν; ähnlich lautet de trin. I 10, 
292 B 293 A. De trin. 11 76 577 B erfahren wir sogar, daß Didy- 
mus noch eine Áhnung hat von dem tieferen Sinne der altnicá- 
nischen Formel: hier ist von der πατρικὴ ῥέζα οὐσία die Rede. 
Ganz merkwürdig ist aber, daß Didymus am häufigsten weder 
die altnicänische Formel braucht noch die Formel x τοῦ πατρός: 
er sagt am liebsten ix τῆς ὑποστάσεως τοῦ πατρός. So de 
trin. 1 15, 308 C 320 A; 32, 425 A; 36, 440 D—441 A; II 1, 4480 
457 B; 2, 464 AB 484 A; 4, 481€; 5, 492 A; 66 524 C; 78 588C; 
III 3,:817 B; 5, 841A; 38, 976 A4. Einen Fortschritt bedeutet 
diese dritte Formel natürlich nicht: sie ist im Grunde ein Wider- 
spruch zu der gesamten jungnicünischen Ausdrucksweise. Der 
Vater kann doch nun und nimmer seine ὑπόστασις, d.h. das 
was ihn vom Sohne trennt, auf den Sohn übertragen. So ist 
es nur zu begreiflich, daß Didymus mit seinem 2x τῆς ὑπο- 
στάσεως τοῦ πατρός keine Schule machte. Wir sehen hier 
aber aufs neue, wie wenig speculativen Sinn Didymus besaß, 
und wohin er kam, wenn er, den Grenzen seiner Begabung zum 
Trotz, auf eigene Faust zu denken begann. 


1) Das Nicänum scheint schon vorauszusetzen, daß &x τοῦ πατρός die 
gewöhnliche Ausdrucksweise ist. Es läßt sie bestehen, erläutert sie aber 
durch ἐκ τῆς οὐσίας τοῦ πατρός. 


2) Hahn a. a. O. S. 1806f. 3) Ebenda S. 190. 
4) Ebenda S. 192. 5) Ebenda S. 196. 
6) Ebenda S. 164. τ) Holl, ZKG XXV, S. 392f. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 107 


Didymus’ unsicherer Sprachgebrauch in diesem einen Punkte 
ist ihm, wohl ohne daß er es merkte, der Anlaß geworden, auch 
in anderen Fällen die feste Terminologie zu erweichen. Vielleicht 
ist auch die Redeweise der älteren Theologen, besonders des 
Origenes, und der Philosophen seiner Zeit dabei von Einfluß 
gewesen. Didymus selbst hat ja οὐσία und ὑπόστασις im pro- 
fanen Sprachgebrauche gelegentlich identifiziert. In psalm. 1349B 
erklärt er: δύναται νῦν ὑπόστασις ἀντὶ οὐσίας λέγεσθαι. Dieser 
Grundsatz wird in psalm. 1508C in unzweideutiger Weise be- 
folgt; hier heißt es: οὐχ ἀναλίσχων xal φϑείρων αὐτῶν τὴν 
οὐσίαν" ἀϑάνατος γὰρ ἡ τῆς ψυχῆς αὐτῶν ὑπόστασις. So 
spricht Didymus gelegentlich von der οὐσία Gott Vaters, auch 
wo es sich nicht um den Ursprung des Sohnes oder des Geistes 
handelt, wie adv. Ar. et Sab. 6, 1289A und de trin. Il 5, 492B. 
Er scheut nicht einmal vor einer in sich selbst so widerspruchs- 
vollen Wendung zurück, wie ἡ πατριχὴ uovas! οὐσία de trin. 
1 27, 396B! Daneben ist von der οὐσία des Sohnes die Rede; 
so de trin. 1 16, 336A; III 6, 841C; und von der οὐσία des 
Geistes: de trin. Il 10, 633C; 18, 728B?. Die verschiedensten 
Terminologien folgen dann und wann so unmittelbar auf ein- 
ander, daf man fast vermuten móchte, die Verwirrung sei ab- 
sichtlich angerichtet worden. Man lese nur de trm. 1 10, 292B: 
εἰ τὸ φῶς οὐ προσλαμβάνει ἔξωϑεν τὸ ἀπαύγασμα ἀλλ᾽ ἐκ 
πάσης τῆς οὐσίας αὐτὸ γεννᾷ ἀδιαστάτως, οὐδ᾽ ὁ ϑεὸς ἐπε- 
κτήσατο ἔξωϑεν» τὸν υἱὸν ἀλλ ἐξ ὅλης τῆς ὑποστάσεως 
ἐγέννησεν ἀδιαστάτως ἅτε ἀσώματος. Das Wort φύσις, das 
Didymus mit οὐσία unterschiedslos vertauscht, erleidet dieselben 
Schicksale wie sein Synonymum. De trin. I 26,389 A und 27, 404 A 
wird die φύσις des Vaters, ebenda 1 27, 3910 die des Sohnes, 
II 2, 464B; 7, 560 AB; IIL 31, 949C die des Geistes genannt. 
Auch bei der Verwendung der Worte ϑεότης, ϑέλημα, ἐνέργεια 
stoßen Didymus Entgleisungen zu, wie wir noch sehen werden. 
Man darf ihm daraus gewif keinen Vorwurf machen. Die Bahn, 
die die Formeln noch frei ließen, war so eng, daß nur ein Erz- 
pedant sie hätte einhalten können. Auch Männer wie Athanasius 
und Basilius haben sie überschritten. So redet Athanasius des 


1) Ähnlich hie und da Athanasius. 
2) Vgl. auch in prov. 1632 D; in 11 Cor. 1681 C. 





108 J. Leipoldt, Didymus ἃ. Blinde v. Alexandria. 


öfteren von der οὐσία des Logos; vgl. de synod. 45. 48; tom. 
ad Antiochen 3. Ad Sarap. IV 4 erwähnt er sogar das ἔδεον 
τῆς τοῦ λόγου οὐσίας. Für Basilius verweise ich auf advers. 
Eunom. II 17; de spir. s. VII 16. Am allerwenigsten darf man 
es Didymus verübeln, daß er mit dem Worte φύσις hier und da 
nicht richtig umgeht: diesen Terminus einmal falsch zu ge- 
brauchen, lag geradezu nahe. De trin. IL 61s 540C heißt es: ἡ 
κοινωνία τοῦ ἁγίου πνεύματος χοινωνοῦσα τῇ φύσει τῷ 
πατρὶ καὶ τῷ υἱῷ. Diese Wendung ist gewiß keine Verletzung 
der strengen Formel. Aber ebenso gewiß ist von ihr bis zur 
Behauptung einer φύσις des Geistes nur ein Schritt. Man muß 
ferner noch in Betracht ziehen, daß auch bei Didymus der Begriff 
von οὐσία und φύσις schillert zwischen » Wesen des Individuums« 
und >» Wesen der Gattung«? So finden wir vielleicht in Didy- 
mus’ Werken mehr Abweichungen vom streng dogmatischen 
Sprachgebrauche, als bei Athanasius und Basilius. Dafür ver- 
wendet er aber auch die Worte οὐσία, φύσις, ὑπόστασις viel 
öfter, als irgend einer seiner Zeitgenossen: er schwelgt geradezu 
in Formeln. Auf keinen Fall wird durch die erwähnten Ent- 
gleisungen in Frage gestellt, daß Didymus grundsätzlich ein Ver- 
treter der jungnicünischen Formel ist. 

2. Trotz seines Schlagwortes steht Didymus dem nicánischen 
Symbole noch in anderen wichtigen Punkten nahe. Vor allem 
dadurch, daß er, wenigstens in seinen Formeln, den Monotheis- 
mus stárker hervorhebt, als Athanasius oder einer der Kappa- 
docier. Ich gebe im folgenden eine Übersicht tiber die Ausdrücke, 
in die er den Gedanken faßt, daß die drei Personen der Trinitát 
eine Einheit sind. Ich mache nur auf eines noch aufmerksam: 
die einzelnen Wendungen, deren sich Didymus bedient, lassen 
sich, wenige unbedeutende Ausnahmen abgerechnet, auch bei 
seinen alt- und jungnicünischen Zeitgenossen nachweisen (ich 
werde in einzelnen Füllen darauf aufmerksam machen); was Di- 
dymus von ihnen allen unterscheidet, ist nicht die Art, sondern 
die Masse der Formeln, mit denen die Einheit Gottes behauptet 


1) Vgl. auch Holl, Amphilochius, S. 133. 

2) Irre ich nicht, so braucht Didymus οὐσία, wie das auch die jung- 
nicänische Formel forderte, meist in dem Sinne »Wesen der Gattung»; as. 
das unten über den profanen Sprachgebrauch Ausgeführte, Aber Didy- 
mus ist sich über jenen Unterschied nie klar geworden. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 109 


wird. Die Werke des Didymus sind sozusagen ein Sammelbuch 
des orthodoxen Sprachgebrauchs. 

a) Selbstverständlich hebt Didymus hervor, daß die Gottheit 
nur eine οὐσία hat; vgl. de trin. I 27, 405 B; II 1, 452A; 3, 476C; 
7s 565B; 77 581A u. 6. Dieser Gedanke wird schärfer ausge- 
drückt durch die Bemerkung: es handelt sich dabei um ein und 
dieselbe οὐσία, τὸ ταὐτὸν τῆς οὐσίας de trin. II 6 10 537 B (vgl. 
15, 717A) oder ἡ αὐτὴ οὐσία de trin. 1184 629B; 12, 673C; 
Ill 37, 969B; in psalm. 1265 B!. Besonders gern verbindet Di- 
dymus οὐσία (aber auch φύσες usw., s. unten) mit den Worten 
μονάς und ἑνάς: diese termini sind ja ein vortreffliches Mittel, 
einen seiner Lieblingsgedanken auszudrücken, den Gedanken, daß 
Gott ἁπλοῦς ist?. Zugleich dienen sie ganz ausgezeichnet dem 
Kampfe gegen Arius: dieser bezeichnet Vater und Sohn als eine 
óvag?. So redet Didymus de trin. II 81 620B von der ἑνὰς 
ἥτοι μονὰς οὐσία. Vgl. ferner de trin. 1 15, 325B; II 5, 492B 
505 B; III 2s 789D; s9 801 B; 47 804C; 51 804D; 17, 877B; viel- 
leicht gehört hierher auch de trin. II 2, 456B: τῆς ἐν ouadı 
(? uovadı) μεϑεχτῆς οὐσίας τῆς ἁγίας τριάδος. Auch Verbin- 
dungen wie χοενωνία οὐσίας πρὸς ... finden sich des öfteren; 
z. B. de trin. II 7s 569A; 12,676B. Freilich ist der mono- 
theistische Klang all dieser Wendungen stärker, als ihr mono- 
theistischer Inhalt*. Schon die oben angeführten Ungleichheiten 
im Sprachgebrauche zeigen uns, daß der Begriff οὐσία bei Di- 
dymus ähnlich schwankt, wie bei Athanasius®. Dasselbe lehrt 
uns die profane Verwendung des Wortes: jeder Mensch ist εἰχὼν 
οὐσίας τοῦ ἑαυτοῦ πατρός; im übrigen sind Vater und Sohn 
ganz verschieden: so wird de trin. I 16, 336C behauptet! 


1) Áhnlich Basilius MPG 31, 605 und besonders oft Gregor von 
Nazianz. 

2) Vgl. Origenes de princ. I 16 (MPG 11, 125 A): Gott ist intellectualis 
natura simplex nihil omnino in se adiunctionis admittens, uti ne maius 
aliquid et inferius in se habere credatur, sed ut sit ex omni parte μοράς 
et ut ita dicam ἑἕνάς . . . natura illa simplex. Vgl. oben S. 61 unter 2. 
— Auch Athanasius und Marcell von Ancyra verwenden die Worte μονάς 
und ἑνάς ähnlich wie Didymus. 

3) Athanasius de synod. 15. 

4) Vgl. z. B. de trin. I 27, 400 B: μὴ δευτέρως ἔχειν xar’ οὐσίαν. 

5) 8. oben S. 99f 1078 





110 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Das Wort ὁμοούσιος, das Didymus schon aus den Schriften 
‚des Clemens von Alexandria und des Origenes gekannt haben 
wird!, braucht er häufiger, als irgend ein anderer Kirchenschrift- 
steller seiner Zeit (es ist bekannt, daß Athanasius es recht selten 
verwendet). Ὁμοιούσιος wird de trin. 1 84, 437 A ausdrücklich 
verworfen; es bedeute ja «aus einer ἄλλη ὁμοία οὐσία bestehend». 
Ὁμοούσιος benutzt Didymus zunächst absolut, und zwar als 
Eigenschaftswort entweder einer einzelnen trinitarischen Person, 
wie de trin. 127, 397 C ὁ ἀχτίστου καὶ ὁμοουσίου υἱοῦ πατήρ 
(vgl. ferner II 6 15 541 B usw.), oder der gesamten Dreieinigkeit; 
so de trin. 118, 356 A τῆς ὁμοουσίου τριάδος. vgl. 1 34, 437 A; 
II 4, 485A; 6» 536 A; 78 588D; 14, 713 A; 18, 728 B. Viel 
häufiger wird ὁμοούσιος mit einem Dativ (z. B. de trin. I 19, 
368 C der Geist ist ὁμοούσιος τῷ πατρὶ xal τῷ vio; vgl. I 28, 
409 C; 34, 436 B; II 6e 524 C; 7s 564 C—565 A; III 1, 781 A; 
22 788 B; 8 789 D; 35 800 C; as 804 B; 6, 844 B; in psalm. 1265 B 
1488 B; in I Jo. 1807 C; Corderius’ Johannescatene S. 154?) oder 
mit πρός verknüpft (so de trin. 127, 396 A der Sohn opoovoloc 
ἔχεε πρὸς τὸν πατέρα: vgl. adv. Ar. et Sab. 10, 1296 A; de trin. 
1182 624 B; 27, 761 A; ΠῚ 7, 849 A; 18, 885 C). Daneben finden 
sich Wendungen wie τὸ ὁμοούσιον τῆς τριάδος de trin. I 20, 
969 B; vgl. II 1, 448C; III 15, 864A. Auch das nicht gerade 
classische Wort ὁμοουσιότης kennt Didymus de trin. I 16, 340 B; 
II 13, 689 C; 27, 761A; III 7, 849 A. Der Sinn des ὁμοούσιος 
wird gesichert einerseits durch seine Zusammenstellung mit dem 
synonymen ταὐυτούσιος (de trin. I 16, 337 B; 26, 392 C; II 18, 
729 A 5), andrerseits durch die Entgegensetzung von ἑτεροούσιος 
(de trin. 1 16, 332 C; 19, 369 A; 26, 388 A; 30, 416 C; 34, 437 B; 
113, 476 B; 6, 5084; 5 524 A; III 21 785 B; s 789 D; 3, 828 A; 
19, 892 A; wohl auch de spir. s. 7, 1039 A: alterius substantiae *). 
Besonders charakteristisch ist, daß ὁμοούσιος als trinitarischer 
Fachausdruck wohl nur de trin. III 1, 781 A (τῶν Helm» καὶ Ouo- 


1) Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 13, S. 622 Anm. 
und 624 Anm. 1. 

2) So des öfteren Athanasius, z. B. epist. ad Sarap. II5. 

3) Ταυτούσιος verwendet auch Athanasjus de synod. 53. Die Synode 
von Aucyra (358) lehnte neben ὁμοούσιος auch ταυτοούσιος ab. 

4) Auch ἑτεροούσιος kennt Athanasius, z. B. de decr. Nic. syn. 23; 
daneben braucht er ἀλλοτριούίσιος de synod. 50. 51. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 111 


ουσίων τριῶν ὑποστάσεων) in der Mehrzahl steht. Freilich 
muß auch von dem Worte ὁμοούσιος gesagt werden, daß sein 
Wert für den Monotheismus leicht überschätzt wird. Es ist ja 
ein vieldeutiger Ausdruck!. Was für unangenehme Schlüsse 
Übelwollende aus ihm ziehen können, lehrt Athanasius de synod. 
51: wenn zwei Dinge ὁμοούσια sind, so läßt sich die Folgerung 
ableiten, über den beiden müsse eine προὐπάρχουσα οὐσία liegen. 
Dazu kommt noch eines. Didymus braucht ὁμοούσιος auch in 
profanem Sinne sehr häufig; aber stets legt er ihm dann den 
Sinn unter «zu derselben Gattung gehórig». Das zeigt schon 
der allgemeine Grundsatz de trin. 116, 332 C: τὰ ovyxoırıxa 
ἐπὶ ὁμοουσίων ἀλλ᾽ οὐχ ἐπὶ ἑτεροουσίων Akyeraı?. Ganz deut- 
lich wird es durch Wendungen wie τοὺς ὁμοουσίους καὶ Öuo- 
εϑνεῖς μοι in psalm. 1405 B; de trin. I 16, 337 A: οὐχ ἦν ἕτερο- 
οὔύσιος ἀναγκαίως ὁ Σὴϑ τῷ ᾿Αδάμ; ebenda 30, 417 C: οὐχ ἡν 
πάντως ἑτεροούσιος τῷ τεχόντι αὐτὸν ὁ Πέτρος; vgl. auch de 
trin. 11 2, 461 D (τὰ ὁμοούσια ἡμῖν); III 16, 865 C (πολλὰ Ouo- 
οὐσια); auch in psalm. 1353 B?. Soviel ich sehe, hebt Didymus 
nie, wie 2. B. Gregor von Nazianz*, hervor, daß Vater, Sohn und 
Geist in ganz anderem Sinne ὁμοούσιοι sind, als die Menschen 
unter einander. Aber auch wenn man eine solche Einschränkung 
als seine selbstverständliche Ansicht betrachtet, geht doch aus 
den genannten profanen Beispielen hervor, welche Folgerungen 
sich unter Umständen aus dem Begriffe ὁμοούσιος ziehen lassen 5. 

b) Auch daß die Gottheit eine φύσις hat, hebt Didymus 
des öfteren hervor; vgl. de trin. 1 15, 301 À 312€; 19, 368 B; 
36, 440 A; IL 1, 453A; 5, 496 A; 62 512A; s 513 B 540 B; be- 
sonders aber I 16, 333 B (Beweis aus II Petr. 14). Ferner finden 








1) Der volkstümliche Sprachgebrauch nahm das prüpositive ὁμο- nicht 
ernst; vgl. ὁμόψυχος bei Alexander von Alexandria (Theodoret. hist. eccles. 
I 41); ὁμόφρων ebenda 7 usw. 

2) Vgl. Pseudobasilius adv. Eunom. 696 A und oben S. 23. 

3) Ich verstehe diese Stelle nicht. 

4) Holl, Amphilochius S. 174. 

5) Basilius verwendet das Wort ὁμοούσιος ganz ähnlich wie Didymus; 
vgl. besonders epist. 383: οὐχ ἄλλον τις ἀποδώσει τῆς οὐσίας ἐπὶ τοῦ 
Παύλου λόγον, ἕτερον δὲ ἐπὶ τοῦ XiAovavo? xal ἄλλον ἐπὶ τοῦ Τιμοϑέοι" 
ἀλλὰ δι’ ὧν ἂν λόγων ἡ οὐσία τοῦ Παύλου δειχϑῇ, οὗτοι xal τοῖς ἄλλοις 
ἐφαρμόσουσι, καί εἰσιν ἀλλήλοις ὁμοούσιοι οἱ τῷ αὐτῷ λόγῳ τῆς οὐσίας 
ὑπογραφόμενοι. 


112 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


sich Wendungen wie ταυτότης τῆς φύσεως (de trin. I 16, 336 A; 
II 2, 464 B; vgl. 7s 569 D), ἡ μονὰς φύσις (de trin. I1 5, 504 C— 
505 A; vgl. I 16, 336 B), zo éxíxowor τῆς φύσεως (de trin. I 26, 
384 A u. ö.; ähnlich I 36, 440 D; II 2, 460 A; 615 541 B), τὸ τῆς 
φύσεως ἀμέριστον (de trin. I 18, 360 B); vgl. de trin. II 5, 504 B. 
Man darf auch hier nicht meinen, durch die Redensart «eine 
φύσις» sei der Monotheismus gesichert. Der Begriff φύσις liegt 
der Bedeutung «Wesen der Gattung» vielleicht noch näher, als 
der Begriff ovoía. So erklärt es sich, daß Didymus gerade bei 
der Verwendung des Wortes φύσις sich gelegentlich grobe Ver- 
stöße gegen den orthodoxen Sprachgebrauch zu schulden kommen 
läßt, selbst an Stellen, die von trinitarischen Dingen handeln. 
De trin. II5, 504B heißt der Geist ἀχώριστος τῇ Bela φύσει: 
als ob er nicht selbst zu dieser φύσις gehörte! Und was soll 
man dazu sagen, daß ebenda 7 580 C von den ὅμοιαι τῇ φύσει 
ὑποστάσεις geredet wird?! Andere Verstöße gegen die strenge 
Formel wurden bereits S. 107 namhaft gemacht. Im profanen 
Sprachgebrauche bedeutet φύσις wohl nirgends etwas anderes, 
als «Wesen der Gattung». Alle Menschen haben μία» xal τὴν 
αὐτὴν ψυχῆς φύσιν καὶ τὴν αὐτὴν τῆς σαρχὸς οὐσίαν (sacra 
parall MPG 96, 348 AB). Ähnlich wird sacra parall. MPG 95, 
1097 A den Engeln φύσις ἡ αὐτή zugeschrieben; sie haben nur 
verschiedene εἴδη und μορφαί. 

Wie ὁμοούσιος zu οὐσία, so verhält sich ὁμοφυής zu φύσις; 
vgl de trin Il 6e 524B u. ὅ.2 Synonym mit ὁμοφυής wird 
συμφυής gebraucht (de trin. 115, 312B). Als Gegensatz dient 
ἑτεροφυής (de trin. I 26, 388 A; 34, 436 B); dieses Wort ent-. 
spricht also dem ἑτεροούσιος 5. 

c) Ein Lieblingsausdruck des Didymus ist die Wendung 
μία ϑεότης, namentlich in der Verbindung ἡ ἐν μιᾷ ϑεότητε 
τριάς. Vgl. de trin. I 18, 344 AC 348 B 349 AC 352 AB; 19, 
361A; 25, 371; 27, 397 C 401 A 404 A; 36, 440 B; IL5, 193 BC; 
6, 508 B; 1508 C; 4529 B; 4541 A; 81601 A; 4629 B; 15,720 A; 

1) Áhnliche Wendungen bei Athanasius contra Arian. III 4; de decr. 
Nic. syn. 24 (τὴν ἑνότητα τῆς φύσεως xal τὴν tavtótgta τοῦ φωτός); de 
synod. 50 (ἑνότης τῆς ϑεότητος xal τῆς φύσεως). — Athanasius! Lieblings- 
wort ἑνότης ist Didymus so gut wie ganz unbekannt. 

2) Auch Athanasius kennt ὁμοφνής (contra Arian. I 58; de synod. 48). 

3) "Eregogyvr;s hat Athanasius ebenfalls gebraucht: de synod. 45. 48. 50. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 113 


17, 725 A; 19, 736 AB; 27,761 A; III2 1» 793 C; 19 801 C; 45804 B; 
65 800 B; 3, 820A; 23, 925 B; 38, 973 B 977 A; 411 984 B; in 
psalm. 1548 B; in I Petr. 1760 C 1761A 1762B; in I Jo. 1808 A. 
Ferner wird ϑεότης in folgenden Verknüpfungen gebraucht: ἡ 
αὐτὴ ϑεότης (de trin. I15, 504 A; 614541 A; 83 624 C; 12, 672 A), 
ταυτότης τῆς ϑεότητος (de trin. 119, 368 C; I164 516 B; 16 544€; 
72 561 C; 11, 657 B), τὸ ταὐτὸν τῆς ϑεότητος (de trin. I 18, 
341 C 318 D; 27,397 D; 11123, 925 B; 26, 941 C; in psalm. 1244 B), 
ἕν τῇ Heorntı (de trin. 126, 388B; III 28 789D), τῇ ϑεότητι 
εἷς (de τίη. IIl 22 788 B)!, ἑνὰς ϑεότητος (de trin. II 67 529 A), 
μονὰς ϑεότητος (de trin. II 61 544A; III 16, 865 B; vgl. I 15, 
313AB), ἡ τῆς ϑεότητος &vorng? (de trin. 130, 417 AB), τὸ 
ἐπίχοινον τῆς ϑεότητος (de trin. 1 31, 425 A; III 36, 968 A), ἡ 
τοῦ πατρὸς συνϑεότης (de trin. 1 15, 321 B). Weiter wird 
hervorgehoben, daß es keine διαφορὰ ϑεότητος gibt (de trin. 
1 18, 356 B; 26, 385 C; 27, 401A; vgl. auch in psalm. 1180 C: 
die Gottheit des Vaters und des Sohnes darf nicht getrennt 
werden) Besonders nachdrücklich wird de trin. I 18, 352 AB 
versichert: der Sohn sei nicht ἄλλος τῇ ϑεότητι τοῦ πατρὸς ἀλλὰ 
τῇ ὑποστάσει" μία γὰρ ἡ ἀμφοτέρων ϑεότηςϑ. Aber trotz der 
fast ermüdenden Wiederholung des μία ϑεότης bezeichnet der 
Begriff $eorng wohleoch viel deutlicher das Wesen der Gattung, 
nicht das des Individuums, als οὐσία oder φύσις. Die Ent- 
gleisungen, wenn der Ausdruck hier überhaupt statthaft ist, sind 
bei diesem Worte viel zahlreicher, als bei irgend einem anderen. 
So ist die Rede von der ϑεότης des Vaters: de trin. I 15, 313 B; 
16, 336 C; 27, 401 B 408 A; 34, 437 A; II 5, 496 B; 77 580A; 


1) Streng genommen ist diese Wendung eine arge sabellianische 
Ketzerei: sie stellt Gottes Dreipersónlichkeit in Frage. Aber der Zu- 
sammenhang macht sie unschuldig: Vater und Sohn sind τῷ μὲν ὑποστάσει 
ἄλλος xal ἄλλος, τῇ δὲ ϑεότητι καὶ συμφωνίᾳ eis. Dazu handelt es sich 
um Erklärung von Deut. 64: χύριος ὃ ϑεός σου χύριος εἷς ἐστιν. 

2) S. oben. S. 112 Anm. 1. 

3) Ähnlich wird ϑεότης namentlich von Gregor von Nazianz gebraucht 
(Loofs RE? VII, S. 14526), aber auch von Athanasius (contra Arian. I 18: 
ἑνότητα τῆς ϑεότητος; ebenso de synod. 50; vgl. contra Arian. III 3f; de 
decr. Nic. syn. 24; epist. ad Sarap. I2 III 6), von Pseudoathanasius contra 
Aran. IV 1 (μονάδα ϑεότητος ἀδιαίρετον καὶ ἄσχιστον), von der jung- 
nicänischen Lehrschrift bei Epiphan. haer. 73, von Basilius advers. Eu- 
nom. Ill 1 usw. 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 3 S 


114 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


von der $sorns des Sohnes: de trin. 19, 289 A; 27, 396 A 397 C 
400 A 405 A (die ἐδέα ϑεότης des Sohnes!); 28, 408 C; II 5, 496 B; 
25, 748D; III 3, $25 À; in psalm. 1164 A 1493 B 1517A; in 
Jo. 1652 D 1653 A; Corderius Johannescatene S. 408; von der 
ϑεότης des Geistes: de trin. I1 81 617 B; 10, 648 B. 

d) Das Wort τριάς verbindet Didymus gern mit írag (de 
trin. 1 6» 533 B; III 2 ıs 793 B), μονάς (ebenda lI 64 521A; $1 
608 A; 11, 660 B; III 24, 937 A), ἀδιαίρετος (de trin. II 7, 593 A; 
14, 692 C; in acta apost. 1660 D; Cramer, Catenae usw. III S. 1572; 
u. 6.3), @oxıorog (in acta apost. 1660 D). Daneben lesen wir τὸ 
ταὐτὸν τῆς τριάδος (de trin. IL 84 629 B u. 0). Vgl. ferner de 
spir. s. 16, 1048 C; 18, 1050 A; 23, 1053 D. 

e) Unermüdlich redet Didymus davon, daß Gott einen 
Willen hat. Folgender Ausdrücke bedient er sich dabei: μέα 
ϑέλησις de trin. 1 18, 314 C; 36, 440A; II 73 565 B; 81 601A; 
III 245 804 B; 18, 881 A; 38, 977 A; ἡ αὐτὴ ϑέλησις ebenda 1182 
624 C; eadem voluntas de spir. s. 26, 1057 B; ταυτότης x«i loo- 
της ϑεότητος καὶ ϑελήσεως de trim. Il 7s 576 A; xotvovía 
τῆς φύσεως xal ϑελήσεως de trin. 11 615 541 B vgl. 84 632 A; — 
ἕν ϑέλημα de, trin. 136, 440 C; II 1, 449 A; 618 5400; 81617 A; 
ΠῚ 12, $60 C; 17, 577 B; 19, $92 B; — μία βούλησις ebenda II 81 
601A; vgl auch sacra parall. MPG 95,91353 B: ἑνὶ νεύματι 
βουλήσεως ... ἁπλοῦς οὐσίᾳ καὶ βουλήσει; de trin. II 65 521A 
wird gesagt, der Geist sei, mit Vater und Sohn verglichen, nicht 
ἑτερόβουλος. Ähnliche Gedanken spricht Didymus bereits in 
seiner Jugendschrift adv. Ar. et Sab. aus: er redet hier von einer 
γνώμη und einer φρόνησις der Gottheit (8, 1293 A) und nennt 
Vater und Sohn ἕν xar! οὐσίαν xal ὁμοφροσύνην (12, 1300 A). 
Didymus schöpft diese Gedanken vielleicht aus Origenes, der sie 
z. B. contra Celsum VIII 12 (S. 229 21ff Koetschau) mit geradezu 


1) Ähnliche «Versehen» finden wir auch bei Alexander von Alexandria 
(Theodoret. hist. eccl. I 44: ϑεότης des Heilands; 29 usw.), bei Athanasius 
(epist. ad Sarap. I 12. 25; de synod. 45. 50) und anderen. 

2) Hier steht ἀδιαίρετος τριάς im Gegensatz gu οὐσιὠδης διαφορά. 

3) διαίρετος ist ein Lieblingswort des Athanasius. 

4) Ταιτότης und ἰσότης schließen im Grunde einander aus. Hat ra:- 
τότης seine strenge Bedeutung verloren, oder hat /górzg sich ihm genühert? 
Im allgemeinen geht Didymus mit dem Worte ἴσος sehr vorsichtig um, 
d. h. er vermeidet es in der Trinitütslehre. Doch ist de trin. II 615 541 B 
von der πρὸς τὸν πατέρα ἰσότης des Geistes die Rede. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 115 


auffallender Deutlichkeit zum Ausdrucke bringt: Vater und Sohn 
sind ἕν τῇ ὁμονοίᾳ καὶ τῇ συμφωνίᾳ xci τῇ ταυτότητι τοῦ 
ϑουλήματος. Freilich führt Didymus seine Anschauung ebenso 
inconsequent durch, wie sein Meister Origenes. Andernfalls 
hätte er Wendungen wie de spir. s. 36, 1064 C (pater suam nun- 
tiat voluntatem) und in psalm. 1265 D (der Sohn tut alles xara 
τὸ ϑέλημα toU πατρός) meiden müssen, Er hätte sie wohl ver- 
mieden, würe nicht — glücklicherweise! — der Sprachgebrauch 
der kirehlichen Überlieferung und vor allem der Bibel stürker 
gewesen, als die philosophische Theologie. 

Es ist nur eine Folgerung aus der eben geschilderten An- 
schauung, daß Didymus der Dreieinigkeit nur eine ἐνέργεια zu- 
schreibt. Vgl. de trin. 11 7, 561C; 2? 581 A; 81 601 A; 17, 725 A. 
An verschiedenen Stellen wird die uía ἐνέργεια sehr stark betont. 
Es finden sich die Wendungen eadem operatio (de spir. s. 32, 
1062 BC), ἐνεργείας ταυτύτης (de trin. I 15, 717 A), ἡ αὐτὴ 
ἐνέργεια (de trin. 11 82 624 C), τὸ ταὐτὸν τῆς Belang φύσεως 
καὶ ἐνεργείας (de trin. 11 7s 569 D; vgl. Corderius' Johannes- 
eatene S. 154), ἀχώριστος ἐνέργεια (Corderius a. a. Ὁ... Wir 
dürfen es Didymus aber nicht übelnehmen, daß er über den Sinn 
der μία ἐνέργεια sich noch weniger klar ist, als über den der 
μία ϑέλησις. De trin. IL 1, 452A erläutert er: jede der drei 
göttlichen ὑποστάσεις kann ἀπροσδεῶς πάντα ποιῆσαι τελείως; 
aber ἵνα δειχϑῇ τὸ συμπραχτιχὸν καὶ ἀπαράλλαχτον τῆς τε 
οὐσίας αὐτῶν τῆς τε προσκυνήσεως καὶ δόξης xai εὐχαριστίας 
τῆς ὀφειλούσης παρ᾽ ἡμῶν γίνεσϑαι, handeln die drei Personen 
der Trinität immer gemeinsam. Darnach wäre also die Aussage 
der μία ἐνέργεια nicht metaphysisch zu verstehen. Aber machen 
nicht die oben angeführten Wendungen, namentlich Corderius’ 
Johannescatene S. 154, auf den unbefangenen Leser den ganz 
bestimmten Eindruck, sie seien metaphysisch gemeint? Hat die 
Hervorhebung der μία ἐνέργεια überhaupt theologischen Wert, 
wenn man sie sich nicht metaphysisch denken darf? Freilich 
läßt Didymus nicht nur an jener einen Stelle durchblicken, daß 
die Behauptung der uía ἐνέργεια nicht ganz ernst gemeint ist. 
Nur selten benutzt er sie, um auf ihrem Grunde neue Sätze auf- 


1) Zur Deutung wird hier hinzugefügt: des Sohnes ἐνέργεια ist τῆς 
τοῦ πατρὸς ἐνεργείας ἀκηλίδωτον ἔσοπτρον. 
g* 


116 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


zubauen, wie de spir. s. 26, 1057 B: neque enim pater mittente 
filio non mittit. De trin. Il 73 572A ermäßigt er sie zu der 
sehr zaghaften Erklärung, die ἐνέργεια des Geistes sei ἔση xci 
ὁμοία der des Vaters. An schier unzühlbaren Stellen werden 
Tütigkeiten der einzelnen trinitarischen Personen genannt, z. B. 
de spir. s. 36, 1065 A. Vor allem ist Didymus’ Anschauung von 
der Verteilung des Erlósungswerkes auf die drei Hypostasen! 
unvereinbar mit der Behauptung der μέα ἐνέργεια. Und de spir. 
s. 27, 1058 A wird gar behauptet: der Sohn Gottes und der 
heilige Geist haben zwar nicht naturae differentiam (d. h. varias 
naturas), wohl aber operationis diversitatem (Didymus erklärt 
aus der operationis diversitas, warum der Geist gerade paracletus 
heißt). So sehen wir: in der Lehre von der μία ἐνέργεια der 
drei göttlichen Personen ist Didymus noch viel unsicherer, als 
in irgend einer anderen der den Monotheismus hervorkehrenden 
Formeln?, 

f) Sehr gern führt Didymus den Gedanken aus, daf die 
Dreieinigkeit μία βασιλεία (de trin. 131, 425 A; II 14, 7204, 
μία δεσποτεία (ebenda I 25, 377 C; 1161537 B; 12, 676 B. uic 
δύναμις (ebenda II 73565 B), μία χυριότης (de trin. 116 1s 515 B; 
III 10, 857 A; in psalm. 1244 B) ist. Er versteht es auch. ge 
legentlich ganz geschickt von dieser Vorstellung aus zu argu- 
mentieren; so de trin. 1 34, 436 AB: niemand kann δύο φυσεῦιν 
ἢ δεσποτείαις dienen usw. Aber der Gedanke findet sich doch 
bei weitem nicht so oft, wie die vorher angeführten Anschau- 


1) S. oben S. 84. 

2) Der eine Wille und die eine ἐνέργεια der Dreieinigkeit hat be 
sonders Gregor von Nazianz betont (vgl. Holl, Amphilochius, S. 174). Ahr 
liche Gedanken finden sich aber hier und da auch bei anderen Theologen. 
namentlich bei Athanasius (epist. ad Sarap. 1 28. 31). Wenn aber Sarspion 
von Thmuis in seinem Lehrbriefe (3 S. 2212f Wobbermin) sagt: ϑέληας 
πατρός ἐστιν ὁ λόγος αὐτοῦ" πανταχοῦ οὖν διαχονῶν τῷ πατρὲ οὐ &cr 
θεῖται ἀπ᾿ αὐτοῦ, so liegt dem natürlich ein ganz anderer Gedanke tt 
grunde, nämlich eine Analogie in Rücksicht auf die menschliche Psyche 
logie. Wie wenig sich Sarapion hier mit Didymus berührt, lehrt sein dog 
matischer Brief 2 (S. 222f Wobbermin): τὸ ἅγιον πνεῦμα, ἐν ᾧ Jon 
ἀρεταὶ χαὶ δυνάμεις xal ἐνέργειαι toU πατρός. Sarapion war eben ποι 
weniger ein Denker, als selbst unser Didymus; das beweist schon ds 
schöne Wort Yeixwrenov ebenda 3 S. 2284 (kann man eine οὐσία in des 
Comparativ erheben ?". 





16. Lehre von der Dreieinigkeit. 117 


ungen; er ist auch nicht in dem Grade formelhaft ausgebildet, 
daß man ihn zu den wichtigeren Gliedern in Didymus' Theologie 
rechnen dürfte. Dazu kommt, daß er — wie nur natürlich — 
sich in keiner Weise consequent durchführen läßt. 

3. Als ein Schüler der Altnieäner erweist sich Didymus endlich 
auch darin, daß er die vor aller Zeit erfolgte Zeugung des Sohnes 
sehr stark betont. Sie ist ja der Hauptstreitpunkt in den ersten 
Jahrzehnten des arianischen Streites; man lese nur des Arius 
Ausführungen bei Athanasius de synod. 16. Didymus nennt den 
Sohn deshalb mit Vorliebe ἄναρχος, συνάναρχος, συναΐδιος, συν- 
υφεστώς. Ich führe nur ein paar Stellen an: adv. Ar. et Sab. 
1, 1284 A; 4, 1285 B; 10, 1296 A; de trin. I 15, 308A; 20, 369 B; 
26, 385A; 27, 400B; III 2« 789B. Die erwähnten Eigenschafts- 
worte haben für Didymus eine sehr tiefe Bedeutung; er gebraucht 
sie gern in Verbindung mit ὁμοούσιος und ἄχτιστος, verwendet 
sie auch viel öfter, als selbst Athanasius und Sarapion von Thmuis 
(vgl. dessen Lehrbrief 2f S. 228 237 Wobbermin)!. — 

Ich schließe hier noch einige Bemerkungen über Didymus’ 
Trinitätslehre an, die zwar nicht unmittelbar dessen nahe Be- 
ziehungen zu der altnicänischen Theologie beweisen, aber doch 
auch zeigen, daß er von ihrem Geiste berührt war. Es handelt 
sich um Gedanken, die wenigstens zum Teile gerade bei den 
großen Kappadociern ihre endgültige Ausprägung gefunden haben, 
aber doch nicht zu dem neuen Gute in deren Weltanschauung 
gehören, sondern die geradlinige Fortsetzung der von Athanasius 
ins Dasein gerufenen Theologie bedeuten. 

1) Um die völlige Gleichheit von Vater, Sohn und Geist zu be- 
gründen, beruft sich Didymus (und zwar viel öfter, als die anderen or- 
thodoxen Theologen seinerZeit) darauf, daß sie alle drei dieselbe δόξα 
und τεμή erhalten?. Worte wie ἰσότιμος, ὁμότιμος usw. sind ihm 
geradezu gleichbedeutend mit ὁμοούσιος 8: Didymus selbst hat das 
ziemlich unverhüllt ausgesprochen. De trin. I 26, 385C erklärt er: 


1) Zur Ergänzung des Gesagten weise ich darauf hin, daß Didymus 
verschiedene jungnicänisch-eunomianische Probleme kaum berührt; so die 
Frage, ob Gottes οὐσία als ἀγεννησία zu bestimmen ist usw. 

2) Die Ansicht des Origenes, nur der Vater dürfe angebetet werden 
(περὶ εὐχῆς XV 1 S. 33327 Koetschau), hat Didymus sich selbstverständ- 
lich nicht angeeignet. 

3) Vgl. Holl, Amphilochius, S. 120. 


118 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ὧν ἡ δόξα μία, οὐχ ἄλλη καὶ ἄλλη ϑεότης. Und ebenda 117 7580C 
heißt es: ai ὅμοιαι τῇ φύσει ὑποστάσεις ὁμοίας τιμῆς ἄξιαι". Ver- 
bindungen wie ὁμότιμος καὶ ὁμοούσιος lesen wir de trin. I 36, 
440 B; 114, 481B; 8ı 604B; 11123, 932 AB. Ferner ist zu ver- 
gleichen de trin. I 15, 296B 304C 313B 317C; 16, 333C 3404; 
18, 344 B 348A 349 AC 360 B; 26, 385 B 388C 392€; 27, 408A; 
30, 416 B; 32, 425A 429A; 36, 440 B; II 1, 448C; 2, 460C; 6, 
508A; 1508C; 4 520D; 15 541B; 81605A; « 6296; 11, 652A; 
12, 672A. 6838: 17, 124A 125 AB; 19, 732B 733A; 23 das ganze 
Capitel; 25, 748 B; 26, 752C; III 1, 780C 781 A; 23 788 B; as 797 A; 
89 797 C; 4s 804A; 53 805A; 5: 805B; 14, 861 B; 20, 897B; 23, 
925 AB 928D 9290; 25, 941B; 26, 941C; 38, 977C; 40, 981€; 
412 985C. In Didymus Jugendschrift adv. Ar. et Sab. fehlt der 
Gedanke der loorıula ganz, ebenso noch in der Schrift de spir. s. 
Darf man daraus schließen, daß er von den Kappadociern über- 
nommen ist, in deren Darlegungen er ja eine sehr große Rolle 
spielt?? In jedem Falle ist Didymus in seiner Schrift de trin. 
die ἐσοτιμέα sehr wichtig. Er nimmt sie beinahe ernster, als selbst 
Gregor von Nazianz: er verwirft die Doxologie δόξα πατρὶ di’ 
υἱοῦ ἐν ἁγίῳ πνεύματε und fordert, daß die Namen der drei 
ὑποστάσεις durch xaí an einander geknüpft werden: auch äußer- 
lich soll die vollkommene Gleichheit der trinitarischen Personen 
hervortreten?, Uns mutet dieser Eifer fast komisch an. Heißt 
das nicht orthodoxer sein wollen, als der Apostel Paulus, der 
I Kor. 8s geschrieben hat? Zur Entschuldigung des Didymus 
muß bemerkt werden: der Arianer Aétius berief sich für seinen 
Satz τὰ ἀνόμοια κατὰ τὴν φύσιν ἀνομοίως προφέρεσϑαι eben 
auf I Kor. 8 e. 

2) Nicht nur in dem Gedanken der ἰσοτιμία berührt sich 
Didymus mit den drei Kappadociern. Gerade wie sie (besonders 
im Anschluß an ihren geistigen Vater Gregor den Wundertäter 5) 





1) Braucht Didymus den matten Ausdruck αἱ ὅμοιαι τῷ φύσει Öno- 
στάσεις und ὁμοίας τιμῆς (s. oben S. 112), um die nichte weniger als 
zwingende Logik erträglicher zu gestalten? 

2) Vgl. Holl a. a. Ο. S. 126. Athanasius hat ähnliche Gedanken nur 
selten, 2. B. contra Arian. II 23. 

3) De trin. I 15, 3091 C; 32, 428 B: 34, 436 B; III 23, 928 D—929 A. 

4) Basilius de spir. s. 1] 4 usw. 

5) Vgl. Holl, Amphilochius, S. 118. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 119 


gern hervorheben, der Sohn sei kein dov4og, also auch kein 
xtioue, bedient sich Didymus gern der Gegenüberstellung dieser 
beiden Begriffe, und zwar wiederum vorwiegend in der Schrift 
de trin.: die unmittelbare Abhängigkeit von Basilius und seinen 
Genossen ist also auch in diesem Falle möglich. Die Haupt- 
stellen sind de trin. I 7, 269 A 276 B; 15, 308 A; 26, 389A; 32, 
4296: II, 2, 457 B; 610 536€; 25, 749A; II 2 14 792C; so 797€; 
32, 057 C; ferner Cramer, Catenae usw. VII S. 132. 

3) Sehr oft bezeichnet Didymus den Sohn Gottes als uovo- 
yevnc. Er verfolgt damit keinen anderen Zweck, als die volle 
Gottheit des Logos recht klar zum Ausdruck zu bringen. Movo- 
γενής ist ihm genau so viel wie ὁμοούσιος (de trin. III 9, 853 A). 
Der Sohn heißt uovoyevng nur διὰ τὸ μόνος εἶναι ὡς ὁ πατὴρ 
ϑεός. Das Wort findet sich schon in der Schrift de spir. s. (als 
unigenitus) sehr oft und wird auch in den Commentaren gern 
verwandt. Um eine Vorstellung von seiner Häufigkeit zu er- _ 
möglichen, nenne ich die Belegstellen für de trin. I: 11, 293B; 
15, 304B 308A 309B 316A 320A; 16, 333A 336A 337CD; 
18, 356 A 357 A; 19, 369 A; 25, 380 C 381 A; 26, 385 C 388A 
392 BC; 20, 417A; 31, 424C—425 A; 32, 4250 428B 429BC; 34, 
433C 436C 437A; 35, 437 BC; 36, 4408. 

4) Um die volle Gottheit des Heilands auszudrücken, nennt 
ihn Didymus nicht selten δεσπότης. Dieses Wort soll einmal 
andeuten, daß Jesus allmächtig ist, z. B. über das Meer herrscht 
(in Jo. 1648 B) und sich selbst zu entäußern (Phil. 2 τὴ vermag 
(de trin. 1 26, 389A). Zweitens soll es hervorheben, daß Jesus 
nicht unser Bruder ist, sondern unser Herr: er ist ja ἀληϑείᾳ 
υἱός und damit zugleich Schöpfer der υἱοποιούμενοι, der ϑέσει 
υἱοί (in Il Cor. 1681 ΒΟ)" Ich verweise vor allem auf folgende 
Stellen: de trin. I 15, 304AB 305 B 321A 325A; 18, 360B; 20, 
972A; 26, 385 B 389A; 27, 393C; 30, 417 B; 34, 433 B (hier 
heißt Jesus sogar μόνος δεσλότης), 36, 440B; II 1, 448C; 5, 
500B 504A; 6 3 509C; 4 516 B; e 525 B; 10 537 A, 19 548BC ; 75 
569 C 576A; 65110; : 581A; 10, 633 A 644 B; 12, 684A ; 14, 
693 B 712 A; 17, 725 A; 26, 749 C; III 1, 780 C; 3, 812 B 816C 
820 C; 8, 8496; 9, S52C; 10, 857€; 17, 876B; 18, 881A 885C; 

1) Einen ganz ähnlichen Gedanken bringt Didymus mit dem Worte 


δεσπότης zum Ausdruck; s. unten unter 4. 
2) Vgl. auch de trin. I 27, 393C. 


13 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


19, SS8B; 22, 916 D; 23, 925 A 929 B; 29, 948B; 32, 957C: 31, 
961A; 38, 973C 977B; 412 985AD; 5 988C; in psalm. 12$5C 
1297 B 1556A; in Jo. 1648 B; in II Cor. 1651 BC. In ganz 
demselben Sinne verwendet Didymus das Eigenschaftswort deozo- 
τιχός (de trin. I 26, 399 C; 28, 4126; IL 5, 501 A; 6 23 557€; $1 
604C; III 3, 821B; 6, 848B; 9, 852B; III 19, 892C; in psalm. 
1296A) und das Zeitwort δεσπόξειν (de trin. 133, 432C)!. Es 
ist nur eine Consequenz aus seiner dogmatischen Gesamtan- 
schauung, daß Didymus zuweilen auch den heiligen Geist decxo- 
της nennt (de trin. II 75 581 BC; 12, 676 B; III 2 38801 B; 41 801D; 
4 804 A). Daß auch der Vater des öfteren so heißt, braucht nicht 
erst gesagt zu werden. In der Schrift adv. Ar. et Sab. komnt 
das Wort δεσπότης übrigens nicht vor; auch das Werk de spir. 
8. scheint es nicht gekannt zu haben: wir lesen das Wort dom- 
nus in ihm verhältnismäßig nicht öfter als in de trin. das Wort 
xvoros. Somit ist die Möglichkeit vorhanden, daß Didymus diese 
Verwendung des Wortes δεσπότης von den Kappadociern über- 
nommen hat, bei denen wir sie zuerst nachweisen können’, 

5) Sehr wichtig ist für Didymus der Gedanke, daß Sohn und 
Geist in keiner Weise geringer sind als der Vater, weder χατὰ 
μέγεθος ἢ τινα oyxov, noch χατὰ τὸ ἄναρχον, noch als vom 
Vater Verursachte, noch χατὰ τὴν οὐσίαν καὶ τὸ ὅμοιον», noch 
χατὰ ποιότητος ἐπίτασιν, noch κατὰ τὸ ἴσον, noch xarc τὴν 
δύναμιν, noch xata τὴν δόξαν ἡ τι ἀξίωμα, kurz: κατ᾽ οὐδέν 
Auch nicht χατὰ ἐνθύμησιν sind Vater und Sohn verschieden‘. 
Freilich ist es sehr zweifelhaft, ob Didymus immer so gedacht 
hat. Adv. Ar. et Sab. 11, 1296CD führt er bei Erklärung von 
Joh. 14 s aus: zunächst ist der Vater größer als der Mensch- 
gewordene. Dann fährt er fort: οὐ μὴν ἀλλὰ xal τὸ τὸν αἴτιον 
τοῦ εἶναι usllova ἑαυτοῦ anoxalelv οὐχ ἀλλότριον ἀληϑεία:. 
Und war denn der Gedanke, Gott der Vater sei als αἴτιος des 
Sohnes größer als der Sohn, ein irgendwie störender Fremdkör- 
per in Didymus’ trinitarischem Systeme? Wir sahen?: die alt- 


1) Vgl. auch S. 119 Anm. 1. 

2) Vgl. Holl a. a. O. S. 191 u. 6. 

3) De trin. 116, 332 C—3306 A; vgl. 26, 389 C; 27, 396 D; III 21s τῶ C: 
ganz ähnlich Pseudobasilius adv. Eunom. 693 C—6% A. 

4) De trin. III 2, 789 B. 

5) S. oben S. 106. 





16. Lehre von der Dreieinigkeit. 121 


nicänische Anschauung, der Vater sei die ῥίζα des Sohnes, ist 
ihm wohlbekannt: forderte sie nicht die Annahme, als ῥίζα müsse 
der Vater auch größer sein als Sohn und Geist? Und ein Sub- 
ordinatianismus dieser Art war der Orthodoxie zu Didymus 
Zeiten durchaus ertrüglich: Basilius hat mit Nachdruck be- 
hauptet, der Vater sei größer als der Sohn, da er ja dessen ἀρχή 
und αἰτία seil. Ich vermag nicht einzusehen, warum Didymus 
in de trin. die Vorstellung verworfen hat, die er in seiner 
Jugendschrift ungescheut zur Schau trügt. 

6) Holl? hat darauf aufmerksam gemacht: Didymus weiß, auf 
welchem Wege allein die Philosophie der Zeit sich das Dasein einer 
einwesentlichen Gottheit vorstellen konnte. Das Wort ὁμοούσιος 
haben unter Christen zuerst Gnostiker gebraucht; sie bezeichnen 
damit Körper oder Kräfte, die durch Emanation auseinander 
hervorgegangen sind. So lesen wir in Ptolemäus’ Brief an Flora 
V 10 den vom Standpunkte des vierten Jahrhunderts aus fast 
modern anmutenden Satz: das Gute φύσιν ἔχει τὰ ὅμοια ἑαυτοῦ 
χαὶ ὁμοούσια γεννᾶν τε καὶ προφέρειν. Didymus hat noch 
eine Ahnung von diesem Zusammenhange; das lehrt uns sein 
Porphyriuscitat de trin. II 27, 760B: ἄχρε τρεῶν ὑποστάσεων 
ἔφη Πλάτων τὴν τοῦ Helov προελϑεῖν οὐσίαν᾽ εἶναι δὲ τὸν 
μὲν ἀνωτάτω ϑεὸν v ἀγαϑόν, ust αὐτὸν δὲ xol δεύτερον 
τὸν δημιουργόν, τρίτην δὲ καὶ τὴν τοῦ κόσμου ψυχήν" ἄχρι 
γὰρ ψυχῆς τὴν ϑειότητα προελϑεῖν. Solche Gedanken finden 
wir nur noch selten bei orthodoxen Theologen, seit Athanasius 
den Zusammenhang zwischen Trinitätslehre und Kosmologie zer- 
stört hatte. Ich glaube aber auch nicht, daß die Emanations- 
vorstellungen für Didymus eine besondere Bedeutung gehabt 
haben. Jenes Porphyriuscitat steht als eine Lesefrucht unter 
anderen Lesefrüchten, die nicht beweisen, sondern nur dem ge- 
bildeten Christen die Lehre von der Dreieinigkeit schmackhaft 
machen sollen. Didymus wäre auch sofort mit der Kirchenlehre 
in Streit geraten, hütte er dem Gedanken der Emanation nach- 
gehen wollen: der Sohn ist ihm doch nicht δημιουργὸς xat 
ἐξοχήν usw. 


1) Adv. Eunom. I 25 (MPG 29, 565 C—568 C). Ähnlich Gregor von 
Nyssa MPG 45, 180 C und schon Alexander von Alexandria Theodoret. hist. 
eccl. I 452. 

2; ZKG XXV S. 390. 


122 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


C. Jungnicünische Neuerungen. 


Wir sahen im vorhergehenden, daß sich Didymus in ver- 
schiedenen Punkten mit den Kappadociern berührt: so in der 
Lehre von der loorıula der drei göttlichen Personen, in der Be 
weisführung »kein δοῦλος, also kein xvíoua«, in der Verwendung 
des Titels δεσπότης. Wir sahen auch bereits, daß Didymus all 
diese Dinge vielleicht von den Kappadociern gelernt hat Das 
selbe gilt nun von dem Kernstücke, dem eigentlich Neuen 
der jungnicänischen Trinitätslehre, der Lehre von den τρόζοι 
ὑπάρξεως. 

Athanasius hat von den Unterschieden des Vaters, Sohnes 
und Geistes nur sehr selten und sehr zurückhaltend geredet. Eine 
classische Stelle ist contra Arian. I 21: der Sohn hat alle Eigen- 
schaften des Vaters, ausgenommen das γεννᾶν. Ähnlich vor- 
sichtige Wendungen finden wir hie und da bei Didymus. De 
trin. 1 36, 440C läßt er den Vater, Sohn und Geist sich nur 
durch den Namen Vater, Sohn und Geist unterscheiden. Und 
ebenda 1 15, 317A heißt es: der Geist ist ganz wie der Vater, 
ausgenommen das Vatersein. 

De trin. I1 620 552 A deutet Didymus offener, als das Aths- 
nasius je getan hat, an, daß den verschiedenen Namen doch auch 
eine sachliche Verschiedenheit zugrunde liegt: ὁ πατὴρ μόνος 
καλεῖται πατὴρ διὰ TO μόνον ὑποστάσει γεννῆσαι, καὶ o υἱὸς υἱὸς 
χαὶ οὐ πατὴρ ἀχτίστου φύσεως διὰ τὸ ἀληϑῶς γεννηϑῆναι μὲν 
μὴ γεννῆσαι δέ. Und so finden wir denn an einer ganzen Reihe 
von Stellen als τρόποι ὑπάρξεως des Sohnes und Geistes die 
γέννησις und die ἐχπόρευσις 5 genannt: de trin. 19, 277C 980A 
281B; 15, 320 A; 35, 437C; II 1, 448A; 2, 460 B 4640; 3, 477 
4, 481A; 5, 492A; 6 16 544 B; 111 38, 976 B. An einigen wenigen 
Stellen wird als entsprechende Eigenschaft des Vaters das γερνῆ- 








1) Den terminus technicus τρόποι ὑπάρξεως kennt Didymus ebenso 
wenig wie Basilius; er ist, wie Holl, Amphilochius, S. 240 ff gezeigt hat 
eine Schöpfung des Amphilochius von Ikonium. Ich verwende den Aus 
druck aber, weil er die Sache am kürzesten bezeichnet. Vgl. übrigens 
oben S. 23. 

2) Für &xröpevoıg braucht Didymus, wie Gregor von Nazians (Holl 
Amphilochius, S. 169), mancherlei Synonyme (vgl. z B. de trin. II 4, 4514 
ἐξεφάνη). Als gemeinsames Wort für γέννησις und ἐχπόρευσις gilt xooti- 
ἡεῖν (de trin. II 11, 660 C u. ὃ... 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 123 


σαι genannt: de trin. I 36, 440 D—441 A; vgl. II 6% 552 A; 
meistens gilt als ἰδιότης des Vaters wohl einfach das Vatersein, 
wie in psalm. 1285 A. 

Mancherlei fällt an Didymus’ Lehre von den τρόποι ὑπάρ- 
ξεως auf. Zunächst fehlt es ihr an jeder antiarianischen Spitze. 
Höchstens konnte die Behauptung, nach orthodoxer Vorstellung 
gebe es in der Dreieinigkeit zwei Söhne oder einen Sohn und 
einen Enkel, durch den Hinweis auf den geheimnisvollen Unter- 
schied von γέννησις und ἐχπόρευσις entkräftet werden. Aber 
diese Behauptung war mehr ein »Witz« als ein Beweis und hat 
den Rechtgläubigen nie sonderlich Schmerzen bereitet!: sie darf 
wohl auf keinen Fall mit Didymus’ Lehre von den τρόποι ὑπάρξεως 
in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden. Basilius von 
Cäsarea zeigt uns, wie man überhaupt auf τρόποι ὑπάρξεως 
kam. Eunomius hatte gemeint: Gottes ovoía bestehe in seiner 
ayevvnola. Demgegenüber führt Basilius aus: die ἀγεννησία des 
Vaters, wie die γέννησις des Sohnes, sind nur τρόποι ὑπάρ- 
ξεως. Als entsprechende Eigenschaft des Geistes hat erst Gregor 
von Nazianz die ἐχπόρευσις in die Theologie eingeführt, weniger 
aus Gründen der Polemik, als um volle Formeln zu erhalten. 
Und damit komme ich auf das Rätselhafteste an Didymus’ Termi- 
nologie. Der τρόπος ὑπάρξεως des Vaters tritt bei ihm ganz 
zurück; und wo er genannt wird, wird er nicht als ἀγεννησία, 
sondern als γεννᾶν bestimmt. Didymus kennt wohl Eunomius 
Anschauung, die ἀγεννησία sei des Vaters οὐσία; aber er be- 
kämpft sie ganz flüchtig: Gottes οὐσία sei überhaupt uner- 
kennbar; wir verstünden ja nicht einmal unsere eigene Geburt?. 
Didymus handelt hier also nach der Regel: τὸ ait(ac τῶν ὑπὲρ 
πᾶσαν αἰτίαν καὶ νόησιν ἀποδιδόναι voAuggoór?. Das Wort 
ἀγεννησία verwendet er überhaupt nicht in seiner Theologie (es 
ist bekannt, daß auch Basilius, der es brauchen muß, es nur sehr 
ungern braucht), trotz Origenes, trotz Alexander von Alexandria *: 





1) Vgl. Athanasius epist. ad Sarap. IV 1—3. 

2) De trin. I 15, 309 C—312 A. 

3) Ebenda 9. 281 B. 

4) Bei Theodoret. hist. eccl. I 419. — Adv. Ar. et Sab. 2, 1284 AB 
und de trin. I 10, 2922 B wird das Wort ἀγέννητος Ketzern in den Mund 
gelegt. In psalm. 1428 A ist wohl ἀγένητος zu lesen. In Jo. 1652 B—1653 
(der Vater ist ἀγέννητος, der Sohn γεννητός) ist unecht; s. oben S. 23. 


124 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


schien es ihm die altnicänische Anschauung zu bedrohen, daß der 
Vater der Urgrund der Gottheit ist? Nur das Wort ἀγένητος 
verwendet Didymus des Öfteren: es ist ja im Streite gegen Anus 
sehr gut zu gebrauchen!; so benutzt er es als Eigenschaftswort 
teils der ganzen Trinität, wie de trin. I1 61 508C und III 2: 
193B, teils ihrer einzelnen Personen, wie de ὑπ. I 7, 273 B: 
26, 384 A; 27, 396 A; II 619 549 A; 25, 748 AB; III 3, 825 AB; 
9, 841 A; vgl. I 15, 301 A. 

Verschiedene Umstünde legen es nahe, in Didymus' Lehre 
von den τρόποι ὑπάρξεως den Einfluß der großen Kappadocier 
walten zu sehen. Nicht nur in der Jugendschrift adv. Ar. et 
Sab. sondern noch in dem Werke de spir. s. fehlt sie, und in 
keinem Commentare wird sie je angedeutet. Dazu ist diese An- 
schauung, wie wir sahen, ja nicht die einzige, die auf Verwandt- 
schaft mit Basilius und seinen Freunden hinweist?. Trotzdem 
trage ich Bedenken, den Einfluß der Kappadocier hier als gewiß 
anzunehmen. Die oben dargestellten Unterschiede zwischen ihnen 
und Didymus sind doch recht groß, so eng er sich auch nament- 
lich mit Gregor von Nazianz berührt. Ist es am Ende nicht 
doch möglich, daß zwei Theologen des vierten Jahrhunderts auf 
denselben Gedanken unabhängig von einander kamen? — zwei 
Theologen, die sich ein Menschenalter lang mit denselben Pro- 
blemen beschäftigt und mit denselben Gegnern gestritten hatten? 
Ich sollte meinen: Schriftstellen wie Joh. 15 ἐς mußten die Unter- 
scheidung von γέννησις und ἐχπόρευσις recht nahe legen. Oder 
scheint das nur den Theologen unserer Zeit so, die durch die 
Überlieferung von Jahrhunderten mit den τρόποε ὑπάρξεως ver- 
traut gemacht sind? Ich möchte daran erinnern, daß vielleicht 
schon Didymus die Trennung von γέννησις und ἐχπόρευσις aus 
der Überlieferung gelernt hat. Sein Meister Origenes sagt de 
prineip. II 2: (MPG 11, 186 C): filium generat pater et spiritum 
sanctum profert. Sollte das nur ein Zeugnis sein für die Ortbo- 


1) Vgl. besonders Athanasius de synod. 16. 

2) Unmöglich scheint es, Didymus hier als Lehrer der Kappadocier 
zu betrachten. Zu deutlich liegt vor unseren Augen, wie Basilius sich die 
τρόποι ὑπάρξεως erdachte, und wie Gregor von Nazianz auf ihm, und nur 
auf ihm, weiterbaute. 

3) War vielleicht ἐχπόρευσις t. t. der Platoniker für «Emanation? 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 125 


doxie des Rufinus, das dieser etwa gar aus einer Didymusschrift 
hier eingefügt hat?! Ich meine: der Satz ist mit Origenes An- 
schauung, der Geist sei das erste Geschöpf des Sohnes?, durch- 
aus verträglich. Didymus selbst belehrt uns de trin. 1I 2, 464 C 
(πνευματιχῶς ἐχπορευτικὸν καὶ οὐ δημιουργικῶς), daß der Aus- 
druck ἐχπορεύεσθϑαι an sich auch auf die Entstehung von Ge- 
schöpfen angewandt werden darf: warum sollte ihn der mit der 
Bibel vertraute Origenes nicht bisweilen, im Anschluß an Joh. 15 se, 
gebraucht haben? Ferner heißt der Geist in Athanasius’(?) expositio 
fidei 4 ἐχπόρευμα τοῦ πατρός. Dann aber ist kein zwingender 
Grund vorhanden, Didymus' Lehre von den τρόποι ὑπάρξεως 
als eine Nachahmung entsprechender Gedanken der Kappadocier 
zu betrachten. | 


Den Hergang der γέννησις und ἐχπόρευσις beschreibt Didy- 
mus ebenso, wie all seine Gesinnungsgenossen. Schon Origenes? 
hebt hervor: Jesus ist nicht nach Menschenweise gezeugt worden. 
Derselbe Gedanke, nur stärker betont, begegnet uns dann z. B. 
bei Athanasius * und Basilius dem Grofien*. Didymus führt ihn 
in behaglicher Breite aus. De trin. I 15, 312 B nennt er vier 
Merkmale der göttlichen γέννησις. Erstens geschieht sie nicht 
xat& χοινωνίαν ἄλλου πρὸς ἄλλο. Zweitens erzeugt sie ein 
ovupves® (d.h. ein ὁμοούσιον, vgl. 1 27, 405 BC; II 2, 456 B; 
III 5, 841 A; dazu oben S. 112). Drittens ist das Hervorgebrachte 
sofort vollkommen, braucht sich nicht erst zu entwickeln. Und 
viertens wird die Zeugung ἀπαϑῶς vollzogen (diesen vierten 
Punkt hebt Didymus besonders oft hervor; vgl. z. B. I 15, 308 B; 
III 2, 789 À 792 A). An anderen Stellen wird noch gesagt, die 
Zeugung vollziehe sich ἀγνάρχως, d.h. vor aller Ewigkeit, usw. 
Den Nachdruck legt Didymus stets darauf, daß der Zeugende 
und der Gezeugte eines Wesens sind. So erklärt er de trin. 
II 2, 460 B: πᾶσα uiv γέννησις xai ἐχπόρευσις διὰ τῶν ἴσων 

1) Vgl. oben S. 13 unter 11. 

2) Diese Anschauung ist besonders klar in Jo. II 1073-75 (S. 65 Preuschen) 
ausgesprochen. Wenn ich nicht irre, hat Origenes vermieden, den Geist 
unmittelbar χτίσμα zu nennen. 

3) De princip. I 24 (MPG 11, 133 BC). 

4) Contra Arian. I 16. 28; de decr. Nic. syn. 10f. 

9) Advers. Eunom. II 5. 15f. 

6) Ebenso I 35, 437 € u. 6. 





126 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


xal ὁμοίων ἐπιτελεῖται." μάλιστα δὲ διαφερόντως ἡ ἀπὸ τοῦ 
ἑνὸς πατρὸς καϑ᾽ ἕνωσιν τῆς ἑαυτοῦ ϑεότητος. 

Über den Unterschied von γέννησις und ἐχπόρευσι: hat 
Didymus grundsätzlich nicht philosophiert: auch von seinen Zeit- 
genossen hat das keiner getan. Doch verweist er, wie Gregor 
von Nyssa contra Eunom. I (MPG 45, 404B) und Pseudobasilius 
advers. Eunom. 681 B, darauf, daß Eva einerseits, Evas Kinder 
andrerseits in ganz verschiedener Weise aus Adam entstanden. 
und doch eines Wesens waren; vgl. de trin. I 16, 332 B; II 5, δι 0( 
Wie man sich den Unterschied von γέννησις und ἐχαπόρεισι: 
aber wirklich zu denken hat, wissen auch die Engel nicht jde 
trin. II 1, 448 C). Ihren elassischen Ausdruck findet diese Un- 
sicherheit in dem Satze de trin. III 38, 976 B: διαφερόντως 
ὁμοουσίως() ἐγένετο ἢ ἀπὸ τοὺ ϑεοῦ γέννησις τοῦ υἱοῦ χαὶ 
ἐχπόρευσις τοῦ πνεύματος αὐτοῦ. Deutlicher kann der gehein- 
nisvolle Widerspruch nicht zum Ausdruck gebracht werden. 

Der Curiosität halber muß noch erwähnt werden, daß Didy- 
mus ebensowenig wie die Kappadocier dem Schicksale entgangen 
ist, als testis veritatis für das filioque vergewaltigt zu werden. 
Man hat dabei an Stellen gedacht wie de spir. s. 34, 1063C— 
1064 A oder in acta apost. 1060 D: ἡ &xxAnoia ἀδιαίρετον xà 
ἄσχιστον νοοῦσα τὴν τριάδα τίϑεται τὸν πατέρα υἱοῦ xci τὸν 
υἱὸν πατρὸς εἶναι καὶ τὸ ἅγιον πνεῦμα πατρὸς xci εἷοῦ 
τυγχάνειν. Solche Stellen sagen selbstverständlich über die 
Entstehung des Geistes nicht das Geringste aus, sondern heben 
hervor, wie eng er mit Vater und Sohn zusammenhängt. Anden- 
falls könnte man aus in acta apost. 1660 D z. B. schließen, nach 
Didymus! Ansicht sei der Vater aus dem Sohne entstanden 
(πατέρα viov)!! 


D. Beurteilung. 


Das Urteil über Didymus’ Lehre von der Dreieinigkeit hängt 
ab von der Beantwortung zweier Fragen: inwieweit war diese 
Lehre eine selbständige Leistung, und welchen Wert bess 
diese Leistung für seine Zeitgenossen? 

1. Die Frage, wieviel von der trinitarischen Anschauung 
des Didymus dessen eigene Arbeit ist, läßt sich nur sehr schwer 


1) Vgl. III 38, 976 AB; auch Pseudobasilius advers. Eunom. 650 A u 5. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 127 


beantworten, vielleicht überhaupt nicht. Sicher ist er stark be- 
einflußt von der altnicänischen Theologie, namentlich von Atha- 
nasius; man denke vor allem an seine Anschauungen von der 
οὐσία des Vaters als der ῥίζα der Gottheit und seine Hervor- 
hebung der Ewigkeit des Logos. Was Didymus’ Verwandtschaft 
mit den Kappadociern betrifft, so bin ich auch hier geneigt, un- 
mittelbare sei es literarische sei es persönliche Beziehungen an- 
zunehmen: Dinge wie der deozorng-Name Jesu können wohl nicht 
gut zweimal erfunden werden. Wenn aber eine Abhängigkeit 
vorliegt, so ist wohl Didymus der Abhängige. Die Kappadocier 
sind vielleicht, neben Marcell von Ancyra und Apollinarius von 
Laodicea, die productivsten Theologen des vierten Jahrhunderts; 
Didymus kann sich in diesem Punkte gar nicht mit ihnen ver- 
gleichen. Nur in einem Falle, und gerade dem wichtigsten, ist 
die Annahme literarischer Abhängigkeit ausgeschlossen. Das 
jungnicänische Schlagwort μία οὐσία, τρεῖς ὑποστάσεις findet 
sich schon in Didymus’ Schrift adv. Ar. et Sab., und diese ward 
verfaßt, lange bevor ein Werk des Basilius von Cäsarea oder 
des Gregor von Nazianz auf dem Büchermarkte erschien. Ist 
dieses Schlagwort vielleicht ein Werk des Didymus? 
Unmöglich ist es nicht. Amphilochius von Ikonium, gewiß ein 
recht unselbständiger Theolog, hat die so brauchbare Formel 
τρόποι ὑπάρξεως geschaffen! Warum sollte Didymus nicht, 
trotz seiner Unproductivität, die Formel μία οὐσία, τρεῖς ὕπο- 
στάσεις haben erfinden können? Ich verkenne nicht: das jung- 
nicänische Schlagwort μία οὐσία, τρεῖς ὑποστάσεις ist eine ganz 
andere Leistung, als der Ausdruck τρόποι ὑπάρξεως; bedeutet 
es doch einen Bruch mit dem Sprachgebrauche von Jahrhunderten! 
Andrerseits ist zu beachten: Didymus besaß eine ganz besondere 
Vorliebe für feste Formeln ?; die Ausdrucksweise des Athanasius, 
der kein Wort zur Verfügung hatte, mit dem er die Einzel- 
personen der Dreieinigkeit bezeichnen konnte, mußte ihm un- 
erträglich erscheinen, mußte ihn dazu herausfordern, diesem 
Mangel der Terminologie abzuhelfen. Aber das sind alles nur 
mehr oder minder wahrscheinliche Vermutungen. Was wir 





1) Holl, Amphilochius, S. 240ff. 
2) Vgl. die Übersicht über seinen trinitarischen Sprachgebrauch oben 
S. 109. 


N. 


125 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


sicher über Didymus! Abhängigkeit oder Unabhängigkeit wissen, 
beschränkt sich schließlich auf die Tatsache, daß er einmal einen 
Basiliusbrief citiert!, eine Tatsache, auf die allein man natürlich 
keine Schlüsse bauen darf. Bestimmte Urteile in dieser Frage 
werden schon dadurch unmöglich gemacht, daß viele Gedanken 
und Beweisketten im vierten Jahrhundert infolge der vielen 
Reisen und Versammlungen Gemeingut aller Nicäner wurden, 
vielleicht noch in viel höherem Grade, als wir zur Zeit ahnen. 

2. Wir gehen nun über zu der Beantwortung der zweiten 
Frage: welchen Wert besaß Didymus’ Lehre von der Dreieinig- 
keit für die Theologie und die Frömmigkeit seiner Zeitgenossen? 
Diese Frage zerfällt meines Erachtens in zwei Unterfragen: wie 
verhielt sich Didymus' Trinitätslehre zur Frömmigkeit, und wie 
wahrte sie den Monotheismus? 

a) Wir sahen, daß Didymus, wie seine Zeitgenossen, keine 
eindeutige Vorstellung vom Heile hat: Vergottung, Erkenntnis, 
Sündenvergebung, diese drei Güter stehen ihm scheinbar gleich- 
wertig und unverbunden nebeneinander. Nur der Gedanke der 
Vergottung, mochte man ihn nun realistisch ausführen, wie 
Athanasius, oder spiritualisieren, wie Origenes, war mit der 
Trinitátslehre in dogmatische Verbindung gebracht worden: er 
forderte in der Tat die volle Gottheit des Sohnes als des Er- 
lösers, die volle Gottheit auch des Geistes, wenn man diesem 
Teilnahme am Erlösungswerke zuschrieb Man wird sagen 
müssen: das Interesse dieser Vorstellung vom Heile hat Didymus 
vollkommen gewahrt?. 

b) Nicht so günstig kann unser Urteil über den Mono- 
theismus des Didymus lauten. Der Monotheismus war im vierten 
Jahrhundert ein sicherer Besitz aller Gebildeten, und wenn ein 
heidnischer Philosoph die Gótter des Volkes anerkannte, so be- 
trachtete er sie doch nur als Diener des höchsten Wesens. 
Didymus scheint nun, wenn man auf seine Formeln sieht, den 
Monotheismus treuer gewahrt zu haben, als irgend ein anderer 


1) De trin. III 22, 920 B. 

2) Ein besonderes Verdienst des Didymus ist es, daß er mit dem Be- 
kenntnis zur Gottheit des Geistes nie aus kirchenpolitischen Gründen zurück- 
hielt (wie das die Kappadocier taten; vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmen- 
geschichte II3 S. 250 Anm. 2). Dieses Bekenntnis hatte allerdings auch in 
Alexandria mit viel weniger Schwierigkeiten zu kämpfen als in Kleinasien. 


16. Lehre von der Dreieinigkeit. 129 


kirchlicher Lehrer seiner Zeit: keiner braucht die Worte eic, 
μία, μονάς, ívag, ταυτότης Öfter als er; keiner hebt stärker 
hervor, daß Gott ἁπλοῦς, also ἀδιαίρετος ist. Sehen wir auf 
den Inhalt der Formeln, so müssen wir unser Urteil doch er- 
heblich einschränken. Ich will nicht betonen, daß ihm gelegent- 
lich, vielleicht sogar öfter als anderen, Entgleisungen zustoßen, 
die nicht gerade Zeichen eines strengen Monotheismus sind: sie 
konnten kaum vermieden werden. Ich will ferner nicht in Be- 
tracht ziehen, daß die Ausdrücke, mit denen Didymus die Ein- 
heit Gottes behauptet, sehr viel von ihrem Klange verlieren, 
wenn sie auf andere Dinge angewandt werden: vermutlich hätte 
es sich Didymus ernstlich verbeten, den heiligen Sprachgebrauch 
mit dem weltlichen auch nur zu vergleichen. Ich will endlich 
auch darauf keinen Wert legen, daß Didymus gelegentlich! die 
christliche Lehre von der Dreieinigkeit als die rechte Mitte 
zwischen dem Judentume und dem heidnischen Polytheismus 
bezeichnet: ἴδιον Ἰουδαίων μὲν τὸ τὸν πατέρα μόνον τιμᾷν, 
Ἑλλήνων δὲ τὸ πλῆϑος δαιμονίων μέγα καὶ μιχρὸν καὶ χρονι- 
xor καὶ ἑτεροούσιον σέβειν 2. Dieser Gedanke muß damals volks- 
tümlich gewesen sein. Er findet sich auch bei Basilius von 
Cásarea?, Gregor von Nyssa*, Amphilochius von Ikonium5 Ja 
selbst ein so strenger Monotheist wie Athanasius hebt hervor, 
die christliche Lehre von der Dreieinigkeit vermeide beide Ein- 
seitigkeiten, hier die Anschauung des Kaiphas und Sabellius, 
dort die der Hellenen®. Sehr auffallend ist dagegen, daß Didy- 
mus nicht sieht oder nicht sehen will, was doch soviele seiner 
Zeitgenossen sehen: daß durch die Formel τρεῖς ὑποστάσεις der 
christliche Monotheismus in Gefahr gerät. Dieses Nichtsehen 
gewinnt eine besondere Bedeutung noch durch folgendes. Didy- 
mus bekämpft den Polytheismus an keiner Stelle Aber von 
dem Monotheismus der altchristlichen Monarchianer kann er nicht 
weit genug abrücken. Kaum werden die Hauptgegner, Arianer, 


1) De trin. I 34, 437 AB. 

2) Ähnlich heißt adv. Ar. et Sab. 1, 1281 A das Christentum die rechte 
Mitte zwischen Arianismus und Sabellianismus. 

3) Vgl. Holl, Amphilochius, S. 143. 

4) Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113, S. 24, Anm. 1. 

5) Vgl. Holl a. a. O. S. 239. 


6) Epist. ad Sarap. I 28; vgl. Pseudoathanasius contra Arian. IV 10. 
Texte u. Untersuchungen eto. NF XIV, 8 9 








130 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Eunomianer, Macedonianer !, so oft genannt, wie die Montanisten ? 
(diese vertreten bekanntlich eine modalistisch-monarchianische 
Trinitátslehre?). Paulus von Samosata und Sabellius®. Freilich, 
sowenig Didymus für seine eigene Person überzeugter Mono- 
theist sein mag: auf das Volk, auch auf die Gebildeten, wirken 
ΤΟΥ allem die Schlagworte, und diese sind ja gerade bei Didy- 
mus rein monotheistisch. So darf man doch vielleicht sagen: 
Didymus hat auch in diesem Punkte seiner Zeit Genüge geleistet, 
wenngleich er ihr mehr hätte leisten können. — 

. . Wir fragen zum Schluß: hat Didymus die Theologie seiner 
Zeit beeinflußt? Natürlich ist auch diese Frage nur sehr un- 
sicher zu beantworten. Es gibt unmeßbare Einwirkungen, die 
sich selbst für eine Zeit, aus der uns bessere Quellen erhalten 
sind, nur schwer feststellen lassen. Es gibt auch parallele Ent- 
wickelungen, die man in keinen unmittelbaren Causalzusammen- 
hang bringen darf. Sicher ist, daß Didymus' Schriften im Morgen- 
lande eine Zeit lang sehr eifrig gelesen worden sind; das bezeugen 
Cyrill von Alexandria, der sie benutzte, und der Kirchenhistoriker 
Sokrates Scholastikus® Und hätte man Didymus später die 
Ehre erwiesen, ihn zu verdammen, wenn er ein toter Mann ge- 
wesen wäre” Sicher ist zweitens, daß Didymus' Schrift de spir. 
s. ın ihrem lateinischen Gewande noch im Mittelalter von den 
Abendländern benutzt wurde: ihr Reichtum an Formeln mußte 
dem Westen sympathisch erscheinen. Aber all das würde wenig 
bedeuten, ließe sich nachweisen, daß die Kappadocier ihr 
Schlagwort μία οὐσία τρεῖς ὑποστάσεις von Didymus 
übernommen haben‘. Der Nachweis ist nicht zu führen. 








1) Die Stellen aus de trin. s. oben S. 12f. Dazu, außer adv. Ar. et 
Sab., in psalm. 1477 CD und Cramer a. a. O. VII 131f. 

2) De trin. II 15, 120 A; III 18, 881 B; 19, 889 C; 23, 924 C; 38, 977 A; 
41 das ganze Capitel; in psalm. 1317 C; in acta apost. 1677 AB; in II Cor. 
1704 D; in I Jo. 17905 C. 

3) Vgl. Bonwetsch RE? XIII S. 42127ff. 

4) In acta apost. 1657 A; Cramer, Catenae VII, S. 131f. 

5) De trin. III 23, 924 C: de spir. s. 36, 1065 A; in acta apost. 1660 C; 
in I Jo. 186; C; Cramer, Catenae usw. ΠῚ S. 191 (τριάδα τιϑέμεϑα, ἀλλ᾽ 
οὐ τριώνυιμον ὑπόστασιν μίαν — hielt Didymus den Atbanasius für einen 
Sabellianer?!) und VII S. 121f. 

6, Hist. eccles. IV 25. 

1; 8. oben S. 127. 


17. Lehre von Christus. 131 


Behaupten läßt sich zunächst nur, dal die Kappadocier ihr 
Schlagwort nicht selbst erfunden haben!, und daß es Didymus 
vor ihnen brauchte. Aber ich möchte es auf keinen Fall als 
unmöglich hinstellen, daß die Kappadocier es von Didymus über- 
nommen haben. Wohl reicht die Übereinstimmung beider wenig 
über die eine Formel hinaus?. Aber könnte nicht Gregor von 
Nazianz, der vielleicht mit Didymus persónlich bekannt war?, 
nur die eine Formel übernommen haben? In der Zeit, da er 
ihn möglicherweise hörte, war er noch jung und verstand nichts 
vom Leben; als er dann in den Kampf eintrat, konnte er von 
dem in Alexandria Gelernten nichts brauchen, als die eine Formel, 
Und ist es ein Zufall, daß Gregor dem Didymus näher stand, 
als Basilius und dessen Bruder?* Leider kommen wir auch hier 
über Vermutungen nicht hinaus, So genau wir Didymus’ Lehre 
von der Dreieinigkeit kennen: sie muß vorerst noch eine einsame 
Größe bleiben. 


17. Lehre von Christus. 


Wer Didymus’ Gesamtanschauung ohne Rücksicht auf die 
geschichtlichen Verhältnisse betrachtet, dem scheint es vielleicht 
überflüssig, seine Lehre von der Person Christi ausführlicher 
darzustellen. Hat er überhaupt eine solche Lehre? Apollinarius 
von Laodicea bekämpft er wenigstens in den erhaltenen Schriften 
nirgends ausführlicher; auch die arianische Anschauung, Christus 
habe nur einen menschlichen Leib, keine menschliche Seele (ψυχή) 
gehabt, tut er sehr kurz ab. Beziehungen zwischen Christologie 
und Soteriologie fehlen bei ihm so gut wie ganz (anders Atha- 
nasius). Aber gerade die unentwickelte Christologie des Didymus 
ist von hohem geschichtlichem Interesse. Sie läßt uns einen 
Blick tun in die Vorgeschichte der christologischen Streitigkeiten; 


1) Sonst würden sie uns dies verraten. Man kann auch nicht be- 
haupten, daß die Formel zur Theologie der Kappadocier sonderlich paßt. 

2) Holl, Amphilochius, S. 120 Anm. 

3) S. oben 8. 8. 

4) Man denke besonders an die monotheistischen Formeln und die 
Gegenüberstellung von γέννησις und ἐχπόρεισις. Vgl. auch Holl ZKG 
XXV S. 390. 

95 


132 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


vor allem belehrt sie uns über den Zusammenhang Cyrills von 
Alexandria mit Athanasius !. 


A. Allgemeine Wendungen. 


Es ist eine sehr charakteristische Äußerung der Vorsicht Didy- 
mus’, daß er viel öfter als z. B. Athanasius die Menschwerdung 
Christi mit farblosen Ausdrücken bezeichnet, mit Ausdrücken, 
die die strittigen Punkte weder nach der einen noch nach der 
anderen Seite entscheiden oder auch nur zu entscheiden scheinen. 
Die betreffenden Wendungen finden sich fast alle auch bei anderen 
Theologen, besonders bei Athanasius? Aber im Munde de 
Didymus sind sie fast zu stereotypen Formeln geworden. Ich 
nenne die folgenden. 

1. Das Wort oixovoula (selten oixovouttv, olxovouızo:) 
braucht Didymus, wie außer ihm vor allem Basilius von Cäsarea, 
ganz in dem Sinne von «Menschwerdung». Vgl. de trin. I 7. 
273 Bi 15, 328 C; 27, 397 C; 36, 441 A; 112, 456 A; 62 551C; 
73 969 C; 7» 588 À 589 A; 82 624 C; 12, 684 A; 20, 736 C; III3, 
817 B 820 C; 4, 836 C 837 A; 6, 844 AB 848 C; 9, 853 B; 10, 8590 
857 À; 11, 860A; 16, 868D; 17, 876 8771): 18, SS1 A $544 
$55 A; 20, 893 C 897 B; 21, 900 A 909 ÀA 912AD; 27, 944 4; 30. 
949 B; 39, 980 A; in psalm. 1185 B 1232 B 1244 D 1272D 12734 
1317 A 1320 A 1420 B 1532 D 1537 C 1541D 1556 A; in Il Cor. 
1651 C; in 1Jo. 1802B; Corderius' Johannescatene S. 94; Cramer. 
Catenae ete. III 5. 312. Die οἰχονομία (lateinisch dispensatio 
endet mit der Himmelfahrt (in 1 Jo. 1802 B). Das Wort olxe- 
voul« wird sehr oft mit ἄρρητος und φιλάνϑρωπος verbunden. 

2. Eridnustv, ἐπιδημία im Sinne von «Menschwerdung: 
lesen wir de trin. 1125, 748 B; III 4, 837 A; 413 985 B; in Job 
1121 A; in psalm. 1164 D 1173 B 1188C 1192 B 1193 B 1213B 
1217 B. 1328 A. 1361A 1368 B 1376D 1448 B 1464 BC 1497D 
1504 B 1509 D 1564B 1576D 1584A 1589 AC; in acta apost 
1657 B 1661 AD; in I Jo. 1794 B; Cramer, Catenae etc. III S. 251 
und 312. Origenes hat das Wort in demselben Sinne sehr gen 
gebraucht: finden wir es deshalb gerade in Didymus' Commer- 


1) Über Athanasius  Christologie vgl das treffliche Werk vor 
A. Stülcken, Athanasiana (TU, Neue Folge, IV 4, 1899), 
2) Stülcken a. a. O. S. 120f. | 


17. Lehre von Christus. 133 


taren so häufig, weil diese von Origenes stark abhängig sind? 
Für «Wiederkunft» wird ἐπιδημία in psalm. 1164 B 1245 A ge- 
braucht, für «Gegenwart des heiligen Geistes» de trin. III 38, 
9771 À. 

3. llagovoía, πρώτη παρουσία, adventus: de trin. 111 19, 
889 A; 28, 944 C; de-spir. s. 3, 1034 C 1035 A; 29, 1059 A; 43, 
1071 A; in psalm. 1368 B 1389 B 1588 CD; in prov. 1644 B; in 
Jo. 1645 C; in I Jo. 1794 A. Von der Wiederkunft als der dev- 
τέρα παρουσία wird geredet de trin. II 79 597 A; III 22, 917 C; 
412 995 A; in psalm. 1269 B 1389 AB 1517 B. 

4. Im Anschlusse an Philipp. 2sf braucht Didymus gern die 
Wendungen μορφὴν δούλου λαβεῖν und xéroo0tc! (dabei darf 
man natürlich ebensowenig an eine Depotenzierung der Gottheit 
im Sinne der heutigen Kenosislehre denken, wie bei ühnlich 
klingenden Aussagen des Hilarius: die Unveründerlichkeit der 
Gottheit ist beiden sehr wichtig); z. B. adv. Ar. et Sab. 3, 1284D; 
7, 1292 B; de trin. 1 26, 384 C 389 A; II 73 569 C; in psalm. 
1245 A 1360 B 1496 A; in acta apost. 1657 B; in prov. 1632 A; 
in I Jo. 1795 B; Corderius’ Johannescatene S. 408. 

9. Trotz ihres doketischen Klanges bat Didymus auch die 
Worte ἐπεφάνεια und ἐπιφαίνεσθαι gern verwandt; s. de trin. 
17, 276 A; 32, 428 C; IL 17, 725 A; III 10, 857 A; 23, 928 AB; 
38, 976 C; 413 9380; in psalm. 1373C 1376 A. 1404 À 1516 D 
1564 C. Von der δευτέρα ἐπιφάνεια ist de trin. 128, 409 B die 
Rede. Vgl auch adv. Ar. et Sab. 3, 1284 D (ἄνϑρωπος πέφηνε). 

Seltener kommen die folgenden Wendungen vor: 

6. πτωχεύειν de trin. III 17, 876 A 877D 880A; 21, 901C 
912D (dieses Wort bevorzugt Pseudoathanasius contra Apoll). 

7. φοιτῶν, verbunden mit elg ἀνϑρώπους oder δεῦρο, in 
psalm. 1353 B 1376 D. 

S. ἔχβασις in psalm. 1245 B 1248 A. 

9. χάϑοδος in psalm. 1197 C 1400 A. 

10. εἰς ἀνθρώπους ἄφιξις in psalm. 1588 D. 

11. ἐπίλαμψιες in psalm. 1277 B. 


1) Vgl. Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, 3. Auf]., 
S. 163 Anm. und RE? X S. 254f. Vgl. besonders in psalm. 1317 A: ἀπό- 
χρυφον ἔχει πᾶν τὸ xarà τὴν ϑεότητα, ἐμφανὲς δὲ τὸ χατὰ τὴν olxovo- 
μίαν. Dagegen ἂρ trin. III 10, 856A: ἀπεχδίσασθϑαι τὰς ἀρχὰς xal τὰς 
ἐξουσίας. 





134 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


B. Arianische Neigungen? 


Arius behauptete, der Menschgewordene habe keine mensch- 
liche Seele, sondern nur einen menschlichen Leib gehabt. Es 
ist bekannt, daß Arius mit dieser Behauptung zunächst nur bei 
Eustathius von Antiochia Widerspruch fand. Athanasius! stand 
ihm in diesem Punkte sehr nahe. Er hat sich zwar nie dazu 
herbeigelassen, die betreffende Anschauung des Arius ausdrück- 
lich gut zu heißen: wie es scheint, machte er sich über diese 
überhaupt keine Gedanken. Aber, so unbestimmt und unwissen- 
schaftlich auch seine eigenen Aussagen über das Lehrstück 
klangen, eines zeigten sie doch mit voller Deutlichkeit: hätte 
Athanasius seine Christologie formulieren müssen, er hätte sie 
wie Arius formuliert. Die Christologie des Arius ist somit die 
älteste uns erkennbare Gestalt der sog. alexandrinischen Christo- 
logie, die hundert Jahre später Cyril auf den Kampfplatz der 
Dogmengeschichte führte. 

Didymus hat in seiner Jugendschrift adv. Ar. et Sab. 3, 
1284 D—1285 A die Christologie des Athanasius und des Arius 
(ich darf sie wohl die altalexandrinische nennen) mit der wünschens- 
wertesten Klarheit vertreten. Da lesen wir: «Seine unerträgliche, 
unfaßbare Größe paßt er (d. h. der Sohn) den Augen der Menschen 
an und ist als Mensch erschienen, obwohl er doch Gott war... 
ohne (vorher?)? Mensch zu sein, erschien er als Mensch 
(00x ὧν ἄνϑρωπος πέφηνε μὲν ἄνϑρωπος); nach seiner 
Natur aber war und ist er Gott?, nachdem er seine un- 
faßbare Größe mit einem Leibe umgeben (σώματι περι- 
γράψας) und uns durch sich wie durch einen Spiegel die ganze 
Größe Gottes gezeigt hat°.» 

Wie wir sehen werden, hat Didymus später diese altalexan- 
drinische Christologie aufgegeben und an ihrer Stelle die neu- 


1) Alexander von Alexandria hat wohl ähnlich gedacht, wie Athana- 
sius (Theodoret. hist. eccl. I 454). MPG 18, 595. 599 D kann in der vor- 
liegenden Form kaum von ihm herrühren. 

2) Der tom. ad Antioch. 7 erklärt, Jesus habe auch eine menschliche 
Seele gehabt; diese Stelle ist aber nicht von Athanasius formuliert. 

3) Oder soll damit gesagt werden, daß Jesus auch auf Erden nicht 
wirklich ein voller Mensch war? 

4) Damit wird also eine ἀνθρωπίνη φύσις Jesu abgelehnt. 

5) Vgl. 7, 1292 D und 11, 1296 C. 


17. Lehre von Christus. A 135 


alexandrinische vertreten, d. h. die Christologie, der später. Cyrill 
von Alexandria huldigte. Aber immer behielt er eine Vorliebe 
für Wendungen, in denen man die Anschauungen des Arius 
finden konnte. Diese Wendungen sind an sich gewiß ganz un- 
schuldig. Auch das Johannesevangelium schreibt «das Wort 
ward Fleisch» und darf doch nicht arianischer Ketzerei beschul- 
digt werden. Aber zur Zeit des Didymus konnte eine solche 
Wendung, trotz ihrer Herkunft aus der Bibel, leicht mißverstanden 
werden. Man denke nur an die Erklärung in dem Symbole des 
Eudoxius von Konstantinopel!: σαρχωϑέντα, οὐχ ivavóoo- 
πήσαντα' οὔτε γὰρ ψυχὴν àvOgonxivg»v ἀνείληφεν, 
ἀλλὰ σὰρὲ γέγονεν, ἵνα διὰ σαρχὸς τοῖς ἀνθρώποις ὡς διὰ 
παραπετάσματος ϑεὸς ἡμῖν χρηματίσῃ᾽ οὐ δύο φύσεις, ἐπεὶ μὴ 
τέλειος ἦν ἄνϑρωπος, ἀλλ᾽ ἀντὶ ψυχῆς ϑεὸς ἐν σαρχί᾽ μία τὸ 
ὅλον κατὰ σύνϑεσιν φύσις. Didymus verwendet folgende Formeln 
von arianischer Färbung: 


1. σάρξ, namentlich in den Verbindungen σὰρξ ἐγένετο und 
σάρχα ἔλαβεν: de trin. 132, 428 C 429 C; III 3, 817 B; 10, 856 B; 
21, 905 B 916 A; in lob 1121 Δ; in psalm. 1173 BC 1272D 1276 C 
1277 B 1280A 1297B 1312B 1365D 1373C 1413C 1501D 
1505 D—1508 A 1536 A 1564 B; in prov. 1632 B; in Jo. 1653 A; 
in acta apost. 1660 AB; in 11 Cor. 1705 C; in I Jo. 1790 C 1795 B 
1900 C 1801 A. 

2. ἔνσαρχος: in psalm. 1376 A; in prov. 1644 B. 

3. σαρχοῦσϑαι: de trin. 1 18, 356 B; 27, 396 C 397 B; I1 7s 
576 A; ΠΙ 3, 816 D; in psalm. 1232D 1233 CD; in I Jo. 1795 C 
(praesentiam incarnatam). Dieses Wort war freilich durch das 
Nicänum geheiligt worden, in dem es aber durch einen ortho- 
doxen Zusatz näher bestimmt wurde: σαρχωϑέντα, ἔνανϑροω- 
πήσαντα" 


4. σάρχωσις: de trin. 1 32, 429 A; 111 3, 821 B; 4, 329 C 
5404. 


1) A. Hahn, Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der alten 
Kirche, Breslau 1897, S. 261f. — Man beachte, wie der Gedankengang des 
Symboles sich mit der angeführten Stelle aus Didym. adv. Ar. et Sab. 
3, 1284 D— 1285 A berührt! 

2) Hahn a. a. O. S. 161. 
3) Vgl. S. 138 unter C 3. 


136 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


5. σῶμα: de spir. s. 32, 1062 B (dominicum corpus); in 
psalm. 1277 A 1324C 1477€; in acta apost. 1657 B 1660 AB; 
vgl. contra Manich. 7, 1096 À und 8, 1096 B. 


C. Gegen Arius. 


Wenn Didymus noch in seiner Schrift de trin. die Christo 
logie nicht selten in Worte von arianischem Klange faßt, so ist 
das eine Altertümelei. Gerade in dieser Schrift bekämpft er 
offen die arianische Lehre, Jesus habe keine menschliche Seele 
besessen. Sollte erst Apollinarius von Laodicea Didymus auf 
den Gedanken gebracht haben, daß diese Lehre eine Ketzerei 
ist? Man beachte, daß weder Athanasius! noch Basilus von 
Cäsarea? Arius Vorstellung von der Person Christi angegriffen 
haben, also die beiden Theologen, die das Hervortreten des 
Apollinarismus kaum erlebten und sich an seiner Bestreitung so 
gut wie gar nicht beteiligten. Unter Umständen dürfen wir aber 
in dem Wechsel von Didymus’ Anschauung auch einen Einfílub 
des Origenes sehen, der Jesus ebenfalls eine menschliche Seele 
zuschreibt. 

1. Vielleicht ist es schon als Widerspruch gegen Arius 
Christologie zu betrachten, daß Didymus in seinen späteren 
Schriften sehr gern die Worte ἐνανθρώπησις und ἐνανϑροωκεῖν 
verwendet. Allerdings braucht er sie bereits adv. Ar. et Sab. 11, 
1296 C. Sie werden ja auch von älteren Theologen, wie Origenes! 
und Athanasius, bevorzugt, haben sogar in dem Symbole von 
Nicüa Platz gefunden. Daß ἐνανθρώπησις dennoch in antı- 
arianischem Sinne verstanden werden kann, zeigt das oben ar- 
geführte Symbol des Eudoxius von Konstantinopel, das das Wort 
verwirft. Für Didymus' Sprachgebrauch verweise ich auf folgende 
Stellen: de trin. 19, 289 A; 15, 309 C 324 B; 16, 3140 A; 26, 354 B; 
27, 396 A. 397 AB; 29, 413 C; 31, 424 B; 32, 428 A; 11 64 516 B; 
73 572 À; » 596 B; 12, 676 C; 19, 729 B; 26, 752 B; III 1, 780 B; 
9, 5160 817 ABC 821 A; 4, 829 CD; 6, 845 B S48C; 7, 5494: 
9, 8820; 10, S57 B; 12, S60 BC; 16, 869 A; 18, 884C 5554; 
21, 901 C 909 B; 22, 921 A; 25, 940 D; 33, 960 A; 34, 961€; ia 


1) Stülcken a. a. O. S. 104. 
2) Holl, Amphilochius, S. 155. 
3) Vgl. z. B. den Index von Band II und IV der Berliner Ausgabe. 


17. Lehre von Christus. 137 


Iob 1129 CD; in psalm. 1173B 1208D 1233 A 1280 A 1300 B 
1361 A 1456 B 1485 C usw.; Cramer, Catenae etc. III S. 299. Das 
Wort ἐνανθρώπησις wird häufig mit ἄρρητος und φιλάνϑρωπος 
verbunden !. 

2. Vielleicht darf man auch die Stellen als antiarianisch 
gemeint auffassen, an denen Didymus die menschliche Seite Jesu 
ἄνϑρωπος o. & nennt. Allerdings ist auch hier zu beachten, 
was Stüleken? für Athanasius erwiesen hat: Wendungen wie 
σάρκα λαβὼν γέγονεν ἄνϑρωπος bedeuten an sich keineswegs, 
daß der Logos sich mit einem ganzen Menschen vereinigte. Didy- 
mus braucht die Wendung ἄνϑρώπος γέγονε in psalm. 1233 CD 
1236 A 1260 B. 1353 B. 1368 C 1436 B 1504 B; in prov. 1632 A; 
in acta apost. 1657 B; in I Jo. 1800 CD (bomo factus est); Cor- 
derius Johannescatene S. 408. Ferner ist zu vergleichen: de trin. 
III 3, 821 CD (σύμμορφον" τῇ avdemarorntı); de spir. s. 51, 
1076 C und 52, 1077 BC (dominieus homo = xvgiaxog* ἄνϑροω- 
zog — eine Wendung, die apollinaristisch verstanden werden 
kann; vgl Vallarsis Bemerkung MPG 39, 1076 D Anm. 21); in 
psalm. 1232 CD 1236 A (οἷς [ ἄνϑρωπος τὰ ἀνϑρώπινα ixov- 
σίως ἐσπένδετό τε καὶ ὑπέμεινεν μετὰ τοῦ εἶναι ϑεός) 1485 B 
(Ἰησοῦ κατὰ τὸ ἀνϑρώπινον); in acta apost 1657 A; in 
I Petr. 1767 D (hominem Jesum) 1768 A 1770 CD; in 1 Jo. 1795 B 
1796 A (humanitas = ἐνανϑρώπησις 5) 1800 CD 1801 AC; in epist. 
Judae 1814 B (humanitas ex Maria procedens). Wendungen, 
die dem Sinne nach den eben angeführten entsprechen, finden 
sich de trin. III 9, 852 C (συγχαταβὰς εἰς ὅλα τοῖς δούλοις und 
10, 857 C (aavra ἐσχηκὼς τὰ ἡμέτερα). Daß man freilich der- 
artige Wendungen im allgemeinen nicht auf die Goldwage legen 
darf, auch wenn es heifit, Jesus sei in allem Mensch gewesen, 
lehrt die Schrift adv. Ar. et Sab. Wie wir sahen®, vertritt diese 


1) Vgl. oben S. 132 unter A 1. 

2) A. 8. O. S. WE. 

3) Vgl. de trin. III 6, 811 C 815 C. 

4) Oder δεσποτιχος ὃ S. oben S. 119f. 

5) Es ist auffallend, daß gerade die lateinischen Übersetzungen von 
de spir s. und in epist. cathol. so oft von dem Menschen Jesus reden. 
Haben Hieronymus und Epiphanius hier dogmatische Verbesserungen an- 
gebracht? 

6) Oben S. 134. 





138 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


die altalexandrinische Christologie in recht unzweideutiger Form. 
Nichtsdestoweniger heißt es hier von Jesus 7, 1292 A: xara 
πάντα ὡμοίωτο τῇ ἀνϑρωπότητι; und 11, 1296C: ἐμόρ- 
φωσεν αὐτὸν ἀνϑρωπίνως ὁ πατήρ. Der Zusammenhang 
schließt natürlich jedes Mißverständnis sofort aus. Auf die erst- 
genannte Stelle folgt 7, 1292 B σάρκα περιβέβληται, auf die 
zweite (11, 1296 C) σαρχὶ αὐτὸν περιγράψας. 

3. So würden wir auf Grund der unter 1. und 2. gesammelten 
Tatsachen nicht behaupten können, daß Didymus die altalexan- 
drinische Christologie je verließ, hätte er nicht in seinen späteren 
Schriften ausdrücklich und im Hinblick auf die Arianer erklärt: 
Jesus hatte eine menschliche Seele. Ganz richtig führt Didymus 
aus: weder ein menschlicher Leib für sich, noch der Gott-Logos 
kann essen und schlafen; hiezu gehört eine Menschenseele; vgl. 
de trin. III 222 797 A; 21, 900A 901 AB. Dazu kommt, daß das 
Fleisch allein Gott gar nicht in sich aufnehmen kann, da er ja 
σοφία ist; vgl. in psalm. 1589 Β. Ähnliche Aussagen lesen wir 
de trin. III 4, 829C (σάρχωσις xol ψύχωσις: damit gibt also 
Didymus selbst zu, daß das einfache Wort σάρχωσις ungenügend 
ist); 30, 949 B; in psalm. 1232C 1353 D—1356 A 1485 B; in 
acta apost 1657 C (Berufung auf AG 22). In psalm. 1284 C 
wird hervorgehoben, der Logos bleibe mit seiner menschlichen 
Seele auf ewig (μέχρι τέλους, gegen Marcell von Ancyra) untrenn- 
bar verbunden (vgl. in psalm. 1465 C). 


D. Gegen Apollinarius von Laodicea. 


Schon Hieronymus scheint bemerkt zu haben, daß Didymus 
zu den Gegnern des Apollinarius gehórt: an zwei Stellen! hebt 
er den großen Unterschied hervor, der zwischen den Dogmen 
der beiden Theologen besteht. In den jüngsten Schriften des 
Didymus finden wir in der Tat Äußerungen, die wohl den 
Bischof von Laodicea bekämpfen sollen. 

|. Es ist nicht unmöglich, daß die oben genannten Stellen, 
an denen Didymus die Lehre von Jesu σῶμα ἄψυχον bekämpft, 
auch gegen Apollinarius gerichtet sind. Wenigstens hat das 


1) Adv. Rufin. III 13 (MPL 23, 467 B): epist. 848 ad Pammachium et 
Oceanum (MPL 22, 145, 


17. Lehre von Christus. 139 


Volk dessen Christologie zunächst einfach mit der des Arius 
zusammengeworfen !. 

2. Mit ziemlicher Sicherheit dürfen wohl die Auslassungen 
des Didymus als antiapollinaristisch aufgefafit werden, die Jesus 
ausdrücklich neben der menschlichen Ψυχή auch einen mensch- 
lichen »ovg zuschreiben; sie finden sich, soviel ich sehe, auf- 
fallenderweise nur in Didymus! Psalmencommentar. Die wich- 
tigste Stelle ist 1233 ABC. Hier wird ausgeführt: Während 
Jesu Fleisch (σάρξ) im Grabe lag, war seine Seele (ψυχή) drei 
Tage und drei(!) Nächte im Herzen der Erde, im Hades; darnach 
ἀναστὰς ἔλαβε τὴν oapxa, ἣν τέως διαζεύξας ἣν ἀπὸ τοῦ 
πνεύματος; das Fleisch hatte unterdessen keinerlei Veränderung 
erlitten; sonst hätte man es ja nicht wiedererkannt?, El δὲ ἡ 
προχειμένη ψυχὴ σαρχὸς χωριζομένη ὑφέστηχεν xal ἐν τῷ 
«05g γίνεται ἔνϑα αἱ λογικαὶ τῶν ἀνθρώπων ψυχαί, δῆλον 
ὅτι οὐ δύναται ἄλογος εἶναι" ἡ γὰρ ἄλογος ψυχὴ χωριζομένη 
σαρχὸς οὐχ ὑφίσταται οὐδὲ εἰς τὸν ἴδην πορεύεται. ἀλλὰ μὴν 
7 τοῦ Ἰησοῦ ψυχὴ ἑκατέρων πεῖραν Eoyev' γέγονε γὰρ καὶ ἐν 
τῷ χωρίῳ τῶν ἀνθρωπίνων ψυχῶν καὶ τῆς σαρχὸς ἐχτὸς 
γενομένη ζῇ καὶ ὑφίσταται᾽ λογικὴ ἄρα καὶ ταῖς ψυχαῖς 
τῶν ἀνθρώπων ὁμοούσιος", ὥσπερ καὶ ἡ σὰρξ ὁμο- 
οὔσιος τῇ τῶν ἀνϑρώπων σαρκὶ τυγχάνει ix τῆς Magíag 
προελϑοῦσα. Hier wird besonders deutlich, wie weit Didymus 
über Athanasius hinausgeschritten ist. Athanasius betrachtet die 
Auferstehung Jesu als die Wiedervereinigung des Logos mit 
seinem Leibe!. Didymus erreicht, allerdings in einer ἐριστικῶς 
geschriebenen Stelle, um ein Haar die Lehre von den zwei 
Naturen, obwohl er von Athanasius ausgeht: es fehlt ihm dazu 
weiter nichts, als eben die Formel δύο φύσεις. Der angeführten 
Stelle ganz ähnlich lautet in psalm. 1456 C: ἐλυτροῦτο αὐτοῦ 
(d.h. Jesu) ἡ ψυχὴ un ἐν adov xattyou£vg, ἀλλὰ καὶ τοὺς 

1) Holl, Amphilochius, S. 2365. 

2) Vgl. in acta apost. 1660 AB; de trin. I 27, 396 B (τὸν ἐν τάφῳ οὐ 
δίχα ζωῆς τεϑέντα, ἵνα σὺν τοῖς ζῶσιν xal τοὺς ἀπελθόντας τῶν ἀνϑρω- 
πίνων πραγμάτων σώσῃ: die Höllenfahrt fand also statt, damit auch den 
Toten das Heil gepredigt würde). 

3) Vgl. de trin. III 3, S21 BC (Jesus sagt: ἐχοινώνησα ἀτρέπτως ἀνα- 
μαρτήτως ἀνϑρώποις τῆς φύσεω ς) und Pseudobasilius adv. Eunom. 681 B 


(der Mensch Jesus ist mit allen Menschen ὁ μοούσιο τ). 
4) Stülcken a. a. O. 8. 141f. 


140 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


ἐκεῖ λυτρουμένη. ὅπερ OUX ἂν εἴποι τις περὶ ἀλόγου Tv: 
οὔσης ἀνυποστάτου καϑ᾽ ἑαυτὴν" ἀλλὰ καὶ λυτροῦσϑαι λογικῆς 
ἐστι ψυχῆς δυνατόν. Vgl. auch in psalm. 1444 A (σῶμα En 
yóv te καὶ λογικόν) 1465 ABC (ψυχὴ Aoyıx ve καὶ νοερὰ 
1589 À. Aber so entschieden auch an all den genannten Stellen 
die Meinung des Apollinarius abgelehnt wird: auffallend bleibt 
immerhin, daß Didymus den Namen des Ketzers nie ausdrücklich 
schreibt und in der Form die vollendetste Höflichkeit bewahrt. 
Wüßten wir sonst nichts von Apollinarius, wir könnten nicht 
einmal behaupten, daß Didymus an den angeführten Stellen irgend 
jemanden bekämpft. Dazu sind Didymus’ Gründe für seine eigene 
Anschauung recht schwach oder wenigstens nur sehr zaghaft 
angedeutet. Kein Zeugnis der Bibel wird vorgebracht, nur der 
philosophische Satz, eine ψυχή ohne νοῦς könne nicht selb- 
ständig sein (im Hintergrunde dieses Gedankens ruht allerdings 
wohl das biblische Christusbild mit seiner vollen Menschlichkeit‘. 
Und der beste Beweis gegen Apollinarius, der Satz, was der 
Logos nicht angenommen habe, könne er auch nicht erlósen, 
wird nur an zwei Stellen leise berührt !: hier rächt es sich, dab 
die Vergottungslehre des Athanasius sowenig Verständnis bei 
Didymus findet. Aus alledem sehen wir: Didymus hat auf die 
Bekämpfung des Apollinarius nicht sonderlich Wert gelegt: stand 
dieser nicht auch der altalexandrinischen Christologie sehr nahe?. 
von der Didymus ebenfalls ausgegangen war? 

3. De trin. III 8, 849C und in I Jo. 1796 AB weist Didr- 
mus die Anschauung zurück, das Fleisch des Logos sei nicht 
menschlich, sondern aus dem Himmel. Man hat diese Anschauung 
auch dem Apollinarius zugeschrieben?. Es. ist also möglich, daß 
Didymus an den genannten Stellen den Apollinarius bekämpft‘. 
Freilich ist sie in ganz ähnlicher Weise schon früher vertreten 
worden?. — In psalm. 1269 B streitet Didymus wider Häretiker. 


1) In psalm. 1465 AB 1456 C. 

2) Bei Lichte besehen, ist Apollinarius' Christologie -nur eine stresg 
wissenschaftliche Formulierung der altalexandrinischen. 

3) Vgl. Holl, Amphilochius, S. 155. 236 (über Basilius von Cüsares und 
Amphilochius von lkonium); dazu Loofs RE? IV, 8. 4846ff. 

4) So Drüseke, Gesammelte patristische Untersuchungen, 8. 20, 
Anm. 27. 

5) Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte II®, 8.167, Anm.L 


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17. Lehre von Christus. 141 


die Jesu Leib von seiner Auferstehung bis zur Wiederkunft auf 
der Sonne weilen lassen. Ich vermag über diese Leute nichts 
Näheres zu sagen. 


E. Zwei Naturen? 


Wie wir sahen, scheint Didymus in den gegen Apollinarius 
gerichteten Erörterungen die Lehre von den zwei Naturen 
wenigstens der Sache nach erreicht zu haben. Um ein genaueres 
Urteil zu ermöglichen, teile ich zunächst mit, wie sich Didy- 
mus ausdrückt, wenn er die göttliche und die menschliche Seite 
Jesu einander gegenüberstellt. 

ϑεότης — ἐνανϑρώπησις de trin. 19, 289 A; III 1, 780 B; 
227 791 A; 8, 849 A. 

φύσις τοῦ μονογενοῦς ϑεοῦ — ἐνανϑρώπησις de trin. 111 3, 
816 C. 

7 φύσις τῆς ϑεότητος — ἐνανϑρώπησις de trin. III 3, 817 B. 

ἄρρητος ϑεία φύσις — σάρχωσις de trin. III 3, 821 B. 

ϑεία φύσις — δούλου μορφή de trin. IIl 223 796 A. 

ϑεότης — olxovoula de trin. 11] 6, 844 AB. 

ϑεότης --- ἀνϑρώπειον (nicht &rÓQoxoc!) in acta apost. 
1657 A. 

ϑεότης — σῶμα ebenda B. | 

ὁ σαρχωϑεὶς τοῦ ϑεοῦ λόγος — καϑ᾽ ὃ ἄνϑροπος γέγονε 
μὴ ἀπολιπὼν καὶ τοῦ εἶναι ϑεός in psalm. 1233 CD. 

ὁ γενόμενος σὰρξ λόγος ἢ μὲν λόγος — 1:3 δὲ σάρξ in 
psalm. 1365 D. 

τὸν ix πατρὸς υἱὸν — τὸν γενόμενον σάρχα de trin. III 6, 
844 AB. 

προσχυνοῦμεν τὴν σάρχα τοῦ σωτῆρος οὐ διὰ τὴν φύσιν, 
ἀλλ᾽ ἐπειδὴ ὁ Χριστός ἐστιν ἐν αὐτῇ in psalm. 1589 A. 

Aus diesem Verzeichnisse ergibt sich: wo Didymus Jesu 
Doppelnatur schildert, bezeichnet er seine Gottheit stets mit 
einem Worte, das die ἐνυποστασία einschließt (ϑεότης, φύσις); 
seine Menschheit dagegen wird entweder mit einem abstracten 
Ausdrucke benannt, wie ἐνανθρώπησις, oder mit einem con- 
creten, der aber die ἐνυποστασία ausschließt, wie σῶμα; oder 
aber er redet, statt von der Menschheit, von dem Mensch ge- 
wordenen Logos. Nirgends aber ist in solchen Erörterungen 
von dem ἄνϑρωπος oder der ἀνϑρωπίνη φύσις die Rede: das 


142 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Personbildende in dem Gottmenschen ist allein der 
Gott. Als einzige Ausnahmen können die folgenden beiden 
Stellen erscheinen: in psalm. 1236 A: υἱὸς τοῦ ϑεοῦ λόγος καὶ 
ὅτε γέγονεν ἄνϑρωπος πῆ μὲν ὡς ϑεὸς πῇ δὲ Og ἄνϑρο- 
πος διελέγετο; und in acta apost. 1657 A: ἄνϑρωπος γέγονε 
δεξάμενος δούλου μορφὴν ὡς εἶναι τὸν ἐπιδημήσαντα Χριστὸν 
ἄνϑρωπον ἅμα καὶ 950v. Aber an der ersten Stelle ist e: 
doch eben der Logos, der og ἄνϑρωπος redet: von einer 
menschlichen Persónlichkeit ist auch hier nicht die Rede. Ebenso 
ist in acta apost. 1657 A der ἐπιδημήσας Χριστός, d. h. der 
Logos, das Subject zu ἄνϑρωπος ἅμα καὶ ϑεός; wie die Aus 
sage gemeint ist, zeigen außerdem die auf das citierte Stück 
folgenden Gegenüberstellungen von ϑεότης — ἀνϑρώπειον und 
ϑεότης — σῶμα. 

Das gewonnene Ergebnis läßt sich durch zwei weitere Be 
obachtungen sicherstellen. 

1. An zwei Stellen sagt Didymus ausdrücklich, daß der 
Gottmensch nur eine Person ist. De trin. IIl6, 844 AB wird 
hervorgehoben, er sei nicht ἄλλος x«i GAA0c!, nicht óvo. Noch 
deutlicher ist in psalm. 1232D. Hier heift es von einem Psalm- 
worte xat olxovoulav ἀνθρωπίνως εἰρῆσϑαε ταῦτα ὑπὸ 
τοῦ ϑεοῦ λόγου σαρχωϑέντος ἀτρέπτως xoi τελείως χὰ 
ἀληϑῶς" ὡς ἐξ ἑνὸς γὰρ προσώπου τὰ πάντα λελέξεται τὰ 
τε ϑεοπρεπῆ xai ἀνϑρώπινα. 

2. Als Subject auch alles menschlichen Handelns und Lei 
dens gilt stets der Gott-Logos. So wird, um nur ein paar Be 
spiele anzuführen, de trin. 1 27, 397 AB gesagt: ἄλλον ovx ióo- 
μὲν ϑεὸν ἢ τὸν ix παρϑένου Μαρίας κατὰ τὴν σωτήριον 
ἐνανθρώπησιν τεχϑέντα. Das ist die Vorstellung, die auch 
dem Worte ϑεοτόχος Σ zugrunde liegt. Weiter heißt es de 
trin. 115, 329 B: ὁ ἐπὶ τῇ κλίμακι 3 ἐπεστηριγμένος Heog αὐτὺς 
ὁ ἑκουσίως τῷ σταυρῷ ὑπὲρ ἡμῶν προσηλωϑείς. Das Wort 
διψῶ sprach Jesus am Kreuze nur deshalb, damit die Schrift 
erfüllt würde: ἀνάγχη δίψης gab es für ihn nicht.* Auch vom 
Schlafe wurde Jesus nicht umfangen, außer wenn er es wollte 
er ist ja Herr des Alls und damit auch des Schlafes. Man 


--- .- ὁ ὁ ὁ 


1) Zum Ausdruck vgl. de trin. III 22 788B. 
2) S. oben S. 94. 3) Genes. 2818 
4) De trin. III 21, 912B. δ) Ebenda. 


17. Lehre von Christus. 143 


kann selbstverständlich von Jesus auch nicht sagen, er habe 
etwas nicht gewußt. Wo derartiges in der Bibel steht, ist es 
als eine Anpassung zu verstehen!; die Schrift redet von Gott ja 
sehr oft mit menschlichen Bildern.? — Didymus scheut sogar vor 
Wendungen nicht zurück, die an sich fast widersinnig sind, 
wie ἐχ προσώπου τῆς ἐνανθρωπήσεως de trin. III 3, 816 C. 

Die lateinischen Übersetzungen des Hieronymus und Epi- 
phanius habe ich in der vorstehenden Erörterung absichtlich 
aufer acht gelassen. Ich hege den starken Verdacht, daß sie 
im Sinne der abendlündischen Christologie verbessert worden 
sind, schon deshalb, weil sie zu oft von dem homo Jesus reden.? 
Sicher nicht ursprünglich ist de spir. s. 52, 1077 C: de dominico 
homine, qui totus Christus T unus est Jesus filius dei .... non 
quod alter et alter* sit, sed quod de uno atque eodem, quasi 
de altero secundum naturam dei T et hominis, disputetur. Eher 
kónnten entsprechende Stellen aus dem Commentar zu den 
katholischen Briefen treu wiedergegeben sein; so in I Petr. 
1768 A: licet unitas divina sit sancta et impartita hominis ad 
verbum, verum tamen alter est intellectus hominis assumpti et 
alter assumentis eum verbi dei... de homine quem assumpsit; 
1770 C: deus verbum hominem assumpsit; in I Jo. 1801 A: homo 
— deus; 1800 C: unitas . . . dei ad hominem quem deus 
assumpsit. 

Alles in allem genommen, ist Didymus' Christologie eine 
zwiespültige. Einmal betont er in dem Kampfe gegen Apollina- 
rius, wenigstens den Formeln nach, daß der Gottmensch gan- 
zer Gott und ganzer Mensch ist. Andrerseits ist er sehr 
weit davon entfernt, diese Formeln ernst zu nehmen. Er ver- 
meidet es ängstlich, von δύο φύσεες zu reden, obwohl doch 
schon sein Meister Origenes diese Wendung gebraucht hat*. Er 
sieht vielmehr als das Personbildende des Gottmen- 
schen immer nur den Logos an. Ist das nicht genau die 
Christologie des Cyrill von Alexandria? Ist nicht die 
Entwickelung von Didymus' Christologie zugleich die Entwicke- 


1) In psalm. 1452 D—1453 A. 2) In I Jo. 1180 B. 

3) Vgl. oben S. 137, Anm. 5. 

4) Vgl. de trin. III 6, S44 AB (oben S. 142). 

5) De princip. 121 (MPG 11, 130 A: deitatis natura — humana natura) 
und contra Celsum III 28 (S. 2959ff Koetschau: 8e/« und ἀνθρωπίνη φύσις). 


144 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


lung von der altalexandrinischen zur neualexandrinischen Chr- 
stologie? Von der ersteren geht Didymus zweifellos aus. In 
der Schrift adv. Ar. et Sab. faßt er sie in Formeln, nicht so klar 
wie Arius, aber doch klarer als Athanasius. Später kommt ihm 
die Erkenntnis, dass der Gottmensch auch menschliche φυχή 
und menschlichen νοῦς hat: vielleicht hat die Ketzerei des Ánus 
oder des Apollinarius seine alte Überzeugung wankend gemacht. 
Aber durch den Wechsel der Christologie werden im Grunde 
nur einige Formeln berührt, die Didymus benutzt. Die hinter ihnen 
ruhende Gesamtanschauung bleibt dieselbe Sätze wie die über 
Jesu Durst und Schlaf haben wir genau so bei Athanasius 
gelesen — und werden sie bei Cyrill wieder lesen. 

Freilich sehen wir auch in Didymus' Christologie wieder, 
wie wenig einheitlich er denkt. Die alexandrinische Christologie 
führt mit Notwendigkeit darauf, die Verbindung des Gottlichen 
und Menschlichen in Jesus als eine recht enge zu denken 
Aber gerade um diese Verbindung zu charakterisieren, verwendet 
Didymus an zahlreichen Stellen die Worte ἀσυγχύτως atoéxto-. 
die spüter zu Schlagworten des Coneils von Cbalcedon (451) wer 
den sollten!. An sich freilich ist das Vorkommen dieser beiden 
Worte durchaus nicht verwunderlich: wir finden sie bei ver 
schiedenen Theologen aus Didymus' .Zeit, wie Amphilochius von 
Ikonium?, Nemesius von Emesa?, Pseudoathanasius contra Apol- 
linarium?, Gregor von Nyssa*. Auch lag es nicht gerade fern, 
sie zu verwenden: in der neuplatonischen Schulsprache hatten 
sie ihren festen Platz; ebenso gut können sie aber auch abend 
ländischen Einflüssen ihre Aufnahme verdanken. Hat Didymus 
vielleicht deshalb die Ausdrücke gebraucht, damit nicht die Ur- 
veründerlichkeit Gottes durch die Menschwerdung bedroht würde? 
Wie wir bereits sahen®, hat Didymus im Anschluß an Origene 
gerade die Unveränderlichkeit Gottes stark betont. Eine Revo 
lution in den christologischen Anschauungen des Didymus haben 


1) Vgl. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 113, S. 334, Ann. 
9) Holl, Amphilochius, S. 248. Vgl. schon Alexander von Alexandria 
bei Theodoret. hist. eccles. I 411 (τὸ ἄτρεπτον τοῦ λόγου) üsw. 
3i R. Schmid, RE? XIll, S. 70885. 
4) I 10, 1109 B. 
5) Contra Eunom. V (MPG 45, 705 B). 
6) Oben S. 61 unter 2. 


18. Schluß. 145 


aber die Worte ἀσυγχύτως ἀτρέπτως nicht zur Folge gehabt. 
Sie sind eben Formeln, die, fast möchte ich sagen bedeutungs- 
los, mitten unter echt alexandrinischen Gedanken stehen: Didymus 
hat diesen Widerspruch, wie viele andere!, nicht bemerkt, hat 
auch nicht das Bedürfnis gefühlt, die Einseitigkeit der Worte 
durch Hinzufügung von ἀδιαιρέτως ἀχωρίστως zu mildern, wie 
das Amphilochius getan hat?. Ich nenne folgende Belegstellen: 
de trin. 120, 372 B: ἄτρεπτός τε διέμεινεν καὶ ὑπὸ τῆς παρ- 
ϑένου ἐκυοφορήϑη; ebenda Il 78 589 A: 0 ϑεὸς λόγος... διὰ τοὺς 
ἐν ἁμαρτίᾳ ἀνθρώπους ἄνϑρωπος ἄτρεπτος (ἀτρέπτως) ἀσυγχύ- 
τως ἀναμαρτήτως ἀφράστος ... ἐκχ τῆς παρϑένου. . ἐγένετο 
μείνας ὃ ἣν καὶ ἔστι καὶ ἔσται εἷς xal ὁ αὐτός; ΠῚ 3, 821 ΒΟ 
(ἐκοινώνησα ἀτρέπτως ἀναμαρτήτως ἀνϑρώποις τῆς φύσεως); 
6, 844 B. (τὸ ἀτρέπτως σάρχα γεγενῆσϑαι); 13, 861 A (οὐχ 
ἀποϑέμενος ὃ ἦν ἐγένετο ἀσυγχύτως καὶ ὃ οὐχ 59v); 18, 884 Ὁ 
(ἐκ τῆς παρϑένου ἀτρέπτως προῆλϑεν); 20, 896 A (γέγονεν 
ἀσυγχύτως ὅπερ ἐσμὲν ἐχτὸς ἁμαρτίας μείνας εἷς καὶ ὁ αὐτός); 
21, 901C (μεταπλάσας ἑαυτὸν ἀτρέπτως εἰς τὸ xowov) im 
psalm. 1232 C (γέγονεν ἀτρέπτως ἄνϑρωπος); ebenda D (τοῦ 
ϑεοῦ λόγου σαρκωϑέντος ἀτρέπτως). Vgl. auch de trin. I 32, 
429 C: ὥστε καὶ γενόμενον σάρχα μηδεμίαν τροπὴν ἢ μείωσιν 
ὑπομεῖναι. 


18, Schluß. 


Soll die Bedeutung des Didymus beurteilt werden, so ist 
zweierlei nicht zu verwechseln. 

1. Der Erkenntniswert des Didymus für den Ge- 
schichtsforscher ist nicht leicht zu überschätzen. Wir 
sind in der glücklichen Lage, von ihm Schriften aus den ver- 
schiedensten Zeiten zu besitzen: so können wir die Entwickelung 
seiner Trinitätslehre und seiner Christologie festlegen. Dazu 
kommt, daß er mitten inne zwischen Athanasius und den Kappa- 
dociern steht: so lehrt er uns einen der wichtigsten dogmen- 
geschichtlichen Übergänge genauer kennen. Ferner zeigen uns 
seine ausführlichen Commentare, wie man in Alexandria die 
Bibel erklärt, seine origenistischen Gedanken, welches Maß von 





1) Z. B. Cyril von Alexandria, s. Loofs Leitfaden usw.?, S. 107. 
2) Holl a. a. O. 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 8 10 


146 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


Heterodoxie ein Athanasius bei Lehrern seiner Gemeinde erträgt. 
Und auch das darf nicht vergessen werden, daß Didymus’ Werke 
zu einem guten Teile eine Frucht seines Unterrichts an der 
alexandrinischen Katechetenschule sind, deren letzter Stern er 
ist. So empfangen die Verhältnisse des vierten Jahrhunderts 
durch die Werke des Didymus auf den verschiedensten Seiten 
Licht. 

2. Anders wird man über Didymus urteilen müssen, wenn 
man seinen unmittelbaren Einfluß auf den Gang der Geschichte 
abmißt. Er war, mag er noch so viel gelernt und gearbeitet 
haben, nicht der große Geist, der, dem Mangel des Augenlichtes 
zum Trotz, Besonderes leistete und wenigstens an dieser oder 
jener Stelle seiner Zeit den Pfad wies. Soweit er Asket war, 
hatte er sich ja selbst zur Weltflucht und damit zur Unwirk- 
samkeit verurteilt. Soweit er aber Theolog war, schuf er am 
Ende doch weiter nichts, als ein Mosaikbild. Wir bewundern 
die Menge der Steine, die in ihm enthalten sind; aber wenn 
wir zurücktreten und das Kunstwerk als Ganzes betrachten, so 
gewinnen wir keinen großen, einheitlichen Eindruck. Didymus 
lernte viel von Athanasius. Athanasius war der Grund, auf dem 
er seine Lehre von der Dreieinigkeit und von Christus Person 
aufbaute; den Forderungen der neuen Zeit trug er so wenig als 
nur irgend móglich Rechnung; fast bildete er Eigenheiten des 
Athanasius noch einseitiger aus. Aber auch der Stücke, in denen 
er mit den Kappadociern zusammentraf, waren nicht wenige; 
diese fielen natürlich aus dem Rahmen des von Athanasius Über- 
nommenen hie und da heraus. Ebenso stark wie von Athanasius 
war Didymus nur noch von Origenes beeinflußt. Doch in den 
nicht seltenen Fällen, in denen beide feindlich zusammenstießen, 
fand er keine speculative Versóhnung der Widersprüche. Man 
darf Didymus aus dem bunten Durcheinander seiner Gedanken 
keinen Vorwurf machen: das Unglück seiner Jugend machte 
ihn zum Stubengelehrten, und ein solcher muß ein gewaltiges 
Genie sein, wenn er Großes, ewig Wührendes schaffen will. 
Aber es ist klar, daß sein Einfluß auf das Werden der 
christlichen Kirchenlehre kein hervorragender sein 
konnte. Vielleicht gelang es ihm durch seine Schriften, Ari- 
anern, Eunomianern, Macedonianern Abbruch zu tun. Vielleicht 
war sein stilles Wirken für die Verbreitung der jungnicänischen 


18. Schluß. 147 


Trinitätslehre von größerem Erfolge, als wir ahnen. Welt- 
bewegende Taten hat er jedenfalls nicht vollbracht. Die, ge- 
schichtlich angesehen, bedeutendste Leistung des Didymus war 
es vielleicht, daß er durch zweckentsprechende Verbesserungen 
der alexandrinischen Christologie. die Grundlagen schuf, auf 
denen Cyrill von Alexandria weiterbauen konnte. So ist das 
Lob, das Didymus von seinen Zeitgenossen gespendet ward, 
gewiß zu hoch gegriffen, wenn man mit der Elle des Geschichts- 
forschers mißt; denn Erfolge erzielte er nur wenige. Vom sitt- 
lichen Standpunkte aus wird man freilich die treue, ihm dop- 
pelt schwere Arbeit, die er leistete, nicht zu hoch einschätzen 
können. 

Die Folgezeit hat Didymus’ wirkliche Verdienste nicht zu 
würdigen vermocht. Sie sah in ihm bald nur noch den Ketzer, 
der es gewagt hatte, die Irrtümer des verruchten Origenes zu 
verbreiten und zu verteidigen. Das Schicksal, das die griechische 
Kirche dem Dreigestirn Origenes, Didymus, Euagrius bereitete, 
ist eines der häßlichsten Beispiele dafür, was Unverstand, Un- 
dank, Fanatismus zu leisten vermögen. Das fünfte Reichsconeil 
(553) hat Didymus nur implicite, nicht namentlich verdammt !. 
Schon Sophronius von Jerusalem holte dies Versüumnis nach. 
Seit seiner Zeit steht Didymus Name unter denen der Erz- 
ketzer. Die Ekthesis des Kaisers Heraklius (638), das Lateran- 
concil des Papstes Martin I. (649), das sechste ökumenische 
Concil (681), das Quinisextum (692), die zweite Synode von 
Nicäa (787) belegte Didymus mit dem Fluche. So konnte der 
Catenenschreiber Nicetas sich rühmen?, nicht nur Apollinarius 
von Laodicea und Theodorus von Mopsuestia habe er totge- 
schwiegen, sondern auch τὸν πηρὸν Aldvuov ὡς un βλέποντα 
τὴν ἀλήϑειαν ἀλλ᾽ ἀνοδίαις ἐννοιῶν καὶ xonuvols περιπίπ- 
τοντα. Didymus verdankt dieses unverdiente Schicksal nicht 
zuletzt der Verketzerungssucht des Hieronymus, desselben Hie- 
ronymus, dem er die Früchte seiner entsagungsreichen Arbeit 
in so selbstloser Weise zur Verfügung gestellt hat. »Wie? es 


1) Doch vgl. Euagrius hist. eccl. IV 386.34; 398. 
2) Karo und Lietzmann in den Nachrichten von der Kgl. Gesellschaft 
der Wissenschaften in Göttingen, Phil.-hist. Klasse, 1902, S. 34. 
3) So urteilt über Didymus Gottfrid Arnold in seiner Unparteyischen 
Kirchen- und Ketzer-Historie, Franckfurt am Mayn 1699, I 1, S. 150 rechts. 
10* 


148 J. Leipoldt, Didymus d. Blinde v. Alexandria. 


denn gemeiniglich also gehet, daß der neid und die tadelsucht 
vor ansehnlichen rechtschaffenen männern so lange schweigen 
muß, biß diese entweder verstorben oder sonst in abnahm ge- 
rathen sind, da denn jedermann über ihre schrifften und actio- 
nes herfället, und etwas zu verwerffen suchet. Welcher proceß 
aber billich denen verständigen solche verworffene leute nur 
wehrter und beliebter machet.« 


Zusätze und Berichtigungen. 


&. 6 Anm. 2. Statt «Makarius Ägyptius» lies «Makarius Alexan- 
drinus:. 

S. S Anm. 9. Den Aufsatz von E. Stolz, Didymus Ambrosius Hiero- 
nymus (Theol. Quartalschrift 57, 3), habe ich nicht mehr benutzen können. 

S. 17 Z. 3 von unten. Die Didymusstücke des Aloysius Lippomanus, 
Catena in Genesim ex authoribus ecclesiasticis plus minus lx iisque partim 
Graecis partim Latinis connexa, Lugduni 1657, stimmen nur teilweise 
(δ. 61. 208: vgl. dagegen S. 194. 284. 207) mit denen des Nikephoros überein. 

S. 10 Nr. 10. An vierter Stelle (d) ist zu nennen das reichhaltige, 
von Migne nicht berücksichtigte Werk des Daniel Barbarus, Aurea in 
] Davidicos psalmos doctorum Graecorum catena, Venedig 1569. 

S. “Ὁ Nr. 11. Die zahlreichen (MPG 39 übersehenen) Didymusstücke 
des Theodorus Peltanus, Catena Graecorum patrum in proverbia Salomonis, 
Antverpiae 161-1, stimmen mit denen Mais nur teilweise überein. Vgl. auch 
MPG 87, ὃ, 1152 BD 1783 C usw. 

S. 90 Nr. 12. Paulus Comitolus, Catena in beatissimum Job absolu- 
tissima e xxiv Graeciae doctorum explanationibus contexta, Lugduni 1586, 
bietet fast dieselben Didymustexte wie Young. 

S. 20 Nr. 14. Vgl. auch MPG 87, 2, 1561 B. 

S. 21 Nr. 90 unter c). Vgl. MPG 125, 528 B 57? B. 

S. 43 Anm. 4. Das Beispiel des Petrus beweist die allgemeine Ver- 
breitung der Lüge (nicht das Recht der Notlüge). 

S. 44 Anm. S. Didymus hat dieses Ideal zugleich veräußerlicht. 

S. 60 Anm. 8. Hinter 480 B füge ein: in Job 1125 B. 

S. 65 Z. 13 von unten streiche de trin. II 12, 669 A. 

S. 72 Z. 24 von oben lies II Kor. 

S. 138 D 1 und 140D 3. Vgl. jetzt Hans Lietzmann, Apollinaris von 
Laodicea und seine Schule, Texte und Untersuchungen, I, Tübingen 1904, 
$S. 5— (besonders S, 7 Anm. 9). 


—  —À ———— € — 


Verlag der J. C. HINRICHS’schen Buchhandlung in Leipzig. 
g pag 


MEA MEI E i E στρ EP tte s a. men 


DIE GRIECHISCHEN 


CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 
DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Hrsg. v. d. Kirchenväter-Commission der Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften 
(Fortsetzung von der 2, Umechlagseits.) 








| mn 


Ständig wächst die Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung 
der Epoche, in welcher die Väter der Kirche gewirkt und geschrieben 
haben. Wer eine Antwort auf die Frage sucht, wie die Fundamente 
unserer Kultur in der Verbindung von Christentum und Antike geleert 
worden sind, wer die Entstehung der katholischen Reichskirche er- 
mitteln will, wer die Ursprünge der Verfassungsformen, die das 
mittelalterliche Europa beherrscht haben, studiert, sieht sich auf die 
patristische Literatur gewiesen, und diese Literatur ist auch der 
Mutterschoß der Literaturen aller romanischen und germanischen 
Völker gewesen. 

Die neue Ausgabe der griechischen christlichen Schriftsteller 
— zunächst der drei ersten Jahrhunderte — wird demnach den ver- 
schiedensten Forschungen dienen können. 

Nicht nur die Werke der Väter im kirchlichen Sinne des Wortes, 
sondern alle in griechischer Sprache geschriebenen Urkunden des 
ältesten Christentums (einschließlich der gnostischen, der zuverlässigen 
Märtyreracten usw.) sollen in kritischen, nach einem einheitlichen 
Plane gearbeiteten Ausgaben vorgelegt werden. Wo die Originale 
nicht mehr vorhanden sind, treten die alten Übersetzungen ein. Die 
Ausgaben erhalten außer einem vollständigen Apparat historisch 
orientierende Einleitungen und Register und sie sollen sowohl in 
philologischer als in historisch-theologischer Winsicht den Anfor- 
derungen entsprechen, die heute mit Recht an solche Veröffent- 
lichungen gestellt werden. 

Im Druck befinden sich: 
Acta Archelai bearbeitet von €. H. BErsos, Chicago. 


Eusebiua. Kirchengeschichte bearb. von En. Scuwartz, (Göttingen. 2. Hälfte 
mit Rufins Latein. Übersetzg. bearlı. v. Tiımzopor MOMMSEN (Τ 


Eusebius. Contra Marcellum. De ecelesiastica theologia. Marcellfrag- 
mente bearb. von E. KrosrERMASNN, Kiel. 
Funschst sin! dann ferner sw erwarten: 
Clemens Alexandrinus, Stromata bearb. von OÖ. Stäntın, München. 
Julius Afrieanus bearbeitet von Hriseicn GELZER, Jena. 


Der Umfang dieser monumentalen Ausgabe läßt sich im Voraus nur an- 
nähernd berechnen. Ins Auge gefaßt sind etwa 50 ‚einzeln känfliche) Bünde. 

Jährlich noch nicht 20 Mark hut die Anschaffung der ganzen. Reihe 
bisher durchschnittlich beunsprucht. ein Betrag, der gewiss auch jeder kleinen 
Bibliothek div Suhskription möglich macht, um sich die vollständige so wertvalle 
Sammlung zu sichern. 


Leipzig, Oktober 1005. 3. €. Dinricße’feße Bucßhandkung. 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER 
ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


AKUHIV FÜR DIE VON DER KIUCHENVÄTER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DE2 WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 


AUSGABE DER ÄLTEREN C:HBISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


UERAUSGEGEREN VON 


OSCAR vos GEBHARDT vxo ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE — VIERZEHNTER BAND 3. HEFT 


DER GANZEN REIHE XXVIII, 3 





LEIPZIG 
J. C. HINRICHS'schE BUCHHANDLUNG 
1905 


Er 


ZEUGNISSE VOM CHRISTENTUM 


SLAVISCHEN „DE BELLO JUDAICO“ 


DES JOSEPHUS 
VON 


A. BERENDTS 


LEIPZIG 
J. C. HINHICHS'scug BUCHHANDLUNG 
1906 


Für die reyelmássiqen Abnehmer der „Texte a, Untersuchunsen“ liegen. Titet 
und Inhalt von . NF Bund XIV diesem Hefte bei 


> 
Ὁ» 


TEXTE UND UNTERSUCHUNGEN 
ZUR GESCHICHTE DER ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVÄTER- COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOMMENE 
AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR v. GEBHARDT Unn ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE XIV. BAND 4. HEFT 


Druck von August Pries in Leipzig. 


DEM ANDENKEN 


MEINES HOCHVEREHRTEN LEHRERS 


UND VÄTERLICHEN FREUNDES 
PROFESSOR 
DR. ALEXANDER voN OETTINGEN 





|. Bisherige Behandlung der slavischen Übersetzung 
von De bello Judaico. 


In den Kreisen der Slavisten und der Erforscher russischer 
Geschichte dürfte es schon längst bekannt sein, daß die slavische 
Übersetzung von des Flavius Josephus »De bello Judaico« Zu- 
sätze enthält, die von Johannes dem Täufer, Christus und den 
Aposteln handeln. Diese »Zusütze« baben nämlich schon im 
Mittelalter die Aufmerksamkeit derer erregt, die im alten Ruß- 
land universalhistorische Interessen verfolgten. Dazu gehörten 
einerseits die Verfasser der altrussischen Chronographen (im 
engsten Sinn des Wortes), andrerseits der Verfasser des histo- 
rischen Sammelwerks, das im Cod. 279/658 des Hauptarchivs 
des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten (in Moskau 
befindlich) vorliegt. ! 

Erstere — die Verfasser der Chronographen — haben grund- 
legende Behandlung gefunden durch Andreas Popoff, dessen 
Werk: »Übersicht der Chronographen russischer Redaction« 
bereits 1866 und 1869 in Moskau erschienen ist. 

Popoff hat darin nicht nur auf die dem slavischen Josephus 
eigentümlichen »Zusätze«e aufmerksam gemacht, sondern auch 
einen Teil von ihnen abgedruckt und mit einer Handschrift des 
slavischen Josephus selbst, dem Cod. 64/1303 des Kyrillo- 
Bjeloserskischen Klosters (jetzt in der Petersburger geistlichen 
Akademie) verglichen. | 


1) Mit dem Codex 279/658 des Archivs nahe verwandt ist der Codex 
der Wilnaschen Öffentlichen Bibliothek Nr. 109 (147) (beschrieben von 
F. Dobrjanski: »Beschreibung der Handschriften der Wilnaschen öffent- 
lichen Bibliothek, der kirchenslaviscben und russischen:, Wilna 1882, 
p. 246 sqq.; die Beschreibung vermerkt nicht, ob alle in dieser Abhand- 
lung zu behandelnden Zeugnisse vom Cod. Viln. geboten werden). 

Texte u. Untersuchungen ete. NF XIV, 4 


- 


4 . A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Havercamp), p. 111—114; auch der genannten Zusütze geschieht 
Erwähnung. 

Zu diesen von Bonwetsch aufgezählten Handschriften kommen 
noch einige, von denen Andreas Popoff (l. c. I p. 116 und not.) zu 
sagen weiß: so die Codices des Kyrillo-Bjeloserskischen Klosters 
(jetzt in der Petersburger geistlichen Akademie) 62/1303, saec. XV; 
63/1303; 64/1304!, saec. XVI; und die serbische Handschrift des 
Chilandari-Klosters (Athos) aus dem Jahre 1585 — nach einer 
Notiz in der Handschrift von einer russischen abgeschrieben 
(Popoff, 1. c, p. 116 not). — Dann ist noch Cod. Synod. 
Mosqu. 770 zu nennen (49, saec. XVI—XVID, aus dem ich 
mir vor Jahren bereits einige der Zusütze abgeschrieben habe. 
Auch Cod. Synod. 182, saec. XVI, fol, soll nach dem »Führer 
zur Besichtigung der Moskauer Patriarchen- (jetzt Synodal-) 
Bibliothek« des Archimandriten Ssawwa, Moskau 1858, des 
Josephus De bello Judaico in slavischer Übersetzung enthalten 
(fol. 856—953). Endlich ist noch Codex 3 (18) der Bibliothek 
des Grafen Uwaroff zu nennen, fol semiunc. saec. XV (Archim. 
Leonid: »Systematische Beschreibung der slavisch-russischen 
Handschriften der Sammlung des Grafen A. S. Uwaroffe, Band 1, 
Moskau 1893, p. 5sqq.). Auf f. 409—533 steht hier die Josephus- 
Übersetzung in dem Umfang, wenigstens was den Anfang an- 
betrifft, wie in Mosqu. Acad. 227/651.? 

Trotz der verhältnismäßigen Häufigkeit der Behandlung ist 
doch der besondere Charakter des slavischen Josephus kaum 
gewürdigt worden: am meisten noch von Gorski und Newo- 


1) In der Numerierung der hierhergehórigen Kyrillo-Bjeloserskischen 
Codices der Petersburger geistlichen Akademie ist bei Popoff (vielleicht 
durch Druckfehler verursacht?) eine heillose Verwirrung eingerissen. 
Ich vermag sie nicht zu lósen, da mir für diesen Teil der Bibliothek der 
geistlichen Akademie kein gedruckter Katalog bekannt ist. 

2) Archimandrit Leonid ist der Meinung, daß die Übersetzung des 
Josephus noch dem 10. Jahrhundert angehört (l. c. p. 8). Das hängt mit 
seiner im Russischen Boten 1889, Heft 4 vorgetragenen Hypothese zu- 
sammen, es habe damals der bulgarische Mönch Gregorius, am Hof des 
Zaren Symeon tätig, die ganze altbulgarische Enzyklopädie, von der ein 
Teil im Cod. Archiv. vorliegt, zusammengestellt. Dieser Gregorius ist aber 
nach Leonid vielleicht auch als Übersetzer des Josephus anzusehen. — Die 
Hypothese des Archim. Leonid hat, soviel ich sehe, nicht viel Anklang ge- 
funden. 


3. Die Zeugnisse. 5 


- 


strujeff in der erwähnten Beschreibung der Tschetji-Minei des 
Makarius. Diese beiden Gelehrten geben an, welche Capitel des 
griechischen Textes verkürzt oder weggelassen sind, und wo sich 
Zusätze finden. (Sresnewski führt den Vergleich weniger genau 
aus, dafür aber hat er bemerkt, daß auch in den Details der 
Erzählung Verschiedenheiten vorkommen.) Der Grund für dieses 
geringe Interesse an dem Slavischen Josephus und insbesondere 
an seinen »Zusätzene wird von A. Popoff angegeben: er zieht 
für den von Christus handelnden »Zusatz« zum Vergleich das 
bekannte, jetzt fast allgemein als unecht angesehene Zeugnis aus 
Antiquitates XVIII, c. 3, 3 heran und schließt: aus dem Vergleiche 
dieses Zeugnisses mit den slavischen Zusätzen sei ersichtlich, 
daß der Autor, wer er auch gewesen sein möge, das kurze Zeugnis 
von Christus aus den Antiquitates erweitert und in das Werk 
vom jüdischen Kriege eingetragen habe (Popoff ]. c. p. 133). 


3. Die Zeugnisse. 


Es ist mir leider noch nicht möglich gewesen, eine Unter- 
suchung des ganzen slavischen Josephus-Textes in seinem Ver- 
hältnis zum griechischen Original vorzunehmen. Das größte 
Interesse erregen aber schon an und für sich die erwähnten 
»Zusätze«. Ihr Wert oder Unwert kann für die Bedeutung der 
gauzen Übersetzung entscheidend werden. Allerdings ist auch 
der Platz, an dem sie stehen, und ihre nühere Umgebung gleich 
von vornherein mit in Betracht zu ziehen: eben diese Umgebung, 
wie noch manche andere charakteristische Stelle, ist von mir 
darum schon in dieser vorläufigen Bekanntmachung berück- 
sichtigt worden. Allem zuvor gebe ich eine Übersetzung der 
fraglichen Stücke, und zwar vorherrschend nach dem Codex 651 
der Moskauer Akademie (Nr. 227 der aus dem Wolokolamskischen 
Kloster stammenden Handschriften) unter Berücksichtigung auch 
der andern, mir zur Zeit erreichbaren Texte — desjenigen im 
Cod. 279/658 des Archivs, des Cod. 64/1303 des Kyrillo-Bjelo- 
serskischen Klosters (nach Popoff\, endlich des Cod. 770 der 
Moskauer Synodalbibliothek. ! 


1) Gar nichts mit der altslavischen Übersetzung hat die im Jahre 
1504 in St. Petersburg erschienene russische zu tun. Als ihr Autor wird 


6 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


1) »Von Johannes dem Vorläufer (prodromossjeanje'« nach 
Cod. Mosqu. Acad. 651 (227), f. 36r—37r.! 

Damals aber wandelte ein Mann unter den Juden in ab- 
sonderlichen Gewändern, indem er Rindsfelle an seinen Körper 
angelegt (eigentl.: angeklebt) hatte, überall da, wo (der Körper) 
nicht von seinem (eigenen) Haar [Cod. Kyr.-Bjelos. 62/1303 
seinen Haaren] bedeckt war. Aber dem Gesicht nach war er 
gleich wie ein Wilder. Der kam zu den Juden und rief sie zur 
Freiheit auf, sagend: »Gott hat mich gesandt, daß ich euch zeige 
den Weg des Gesetzes, auf dem ihr euch befreien werdet von 
vielen Gewalthabern. Und es wird nicht über euch herrschend 
sein ein Sterblicher, nur der Höchste, der mich gesandt hat«. 

Und da dieses das Volk gehört hatte, war es froh. Und 
es ging ihm nach ganz Judäa, das im Umkreise von Jerusa- 
lem liegt. 

Und nichts anderes tat er ihnen, als daß er sie in die Flut 
des Jordans eintauchte und (dann) entließ, sie anweisend, sie 
möchten ablassen von bösen Werken, und (verheißend), es werde 
ihnen (daun) gegeben werden ein Kaiser, der sie befreien und 
alles Unbotmübige ihnen unterwerfen, selbst aber niemand unter- 
worfen sein werde, von dem wir sprechen.? Die einen lästerten, 
die andern aber gewannen Glauben. 

Und da er zu Archelaus geführt worden war und sich ver- 
sammelt hatten die Gesetzeskundigen, fragten sie ihn, wer er 
sei und wo er bisher gewesen sei. Und dieses antwortete er? 
und sprach: »rein bin ich, als welchen mich eingeführt hat Gottes 
Geist, und mich nährend von Rohr und Wurzeln und Holz- 


Michael Alexejeff genannt; sie ist, wie der Titel angibt, nach dem Latei- 
nischen gefertigt, und zwar läßt es sich leicht erkennen, daß die Vorlage 
keine andere ist, als die moderne lateinische Übersetzung in Havercamps 
Ausgabe. 

lı Dem Sinne nach erforderliche Ergänzungen werden in runden 
Klammern gegeben, in eckigen Klammern Varianten aus andern Hand- 
schriften. Die Übersetzung schließt sich möglichst dem Wortlaut der Vor- 
lage an. 

2) :jego olm’« kann verstanden werden: »von dem wir sprechen (gla- 
golem',. oder -auf dessen Worte hin (glagolom’i-, im letzteren Falle 
wären diese Worte zum Folgenden zu ziehen. 

2) eigentlich: . geantwortet habend und sprach usw.«. 


3. Die Zeugnisse. 7 


spünen«. Als jene aber sich auf ihn warfen !, um (ihn) zu martern, 
ob er nicht ablassen werde von jenen Worten und Taten, da 
sprach er aber: »Euch geziemt es, abzulassen von euren abscheu- 
lichen Werken und sich anzuschließen dem Herrn eurem Gott«. 

Und es erhob sich mit Wut Simon, der Herkunft nach ein 
Essäer, ein Schriftgelehrter, und dieser sprach: »Wir lesen an 
jedem Tage die göttlichen Bücher. Aber du, jetzt aus dem 
Walde gekommen wie ein Tier, so wagst du es wohl, uns zu 
lehren und die Leute zu verführen mit deinen ruchlosen Reden.« 
Und er stürmte vor, um seinen Leib zu mißhandeln. Er aber, 
sie strafend, sprach: »Nicht werde ich eugh enthüllen das in euch 
wohnende Geheimnis, da ihr es nicht gewollt habt. Damit ist über 
euch gekommen ein unsagbares Unglück und um euretwillen«. 

Und nachdem er so gesprochen, so ging er fort auf die 
andere Seite des Jordan und, indem niemand wagte, ihn zu 
schelten, tat jener, was auch früher (er getan hatte). 


2) »Das Traumgesicht deutet Johannes der Vorläufer dem 
Herodes Philippus« (nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 44r—v und 
nach Cod. Kyr.-Bjelos. 64/1303 bei Popoff, 1. c, p. 130 sqq). 

Als Philippus im Besitz seimer Gewalt war, sah er einen 
Traum, wie ein Adler ihm beide Augen ausriß. Und er berief 
alle seine Weisen. Da aber jeder anders den Traum deutete, 
kam jener Mann, von dem wir früher geschrieben haben, daß 
er in Tierfellen einherging und in den Fluten des Jordan das 
Volk reinigte, zu ihm plötzlich ungerufen. Und er sprach: »Höre 
das Wort des Herrn, den Traum, den [Kyr.-Bj.: was] du ge- 
sehen hast. Der Adler — das ist deine Bestechlichkeit, weil 
‚Mosqu. Acad. + ja] jener Vogel gewalttätig und räuberisch 
ist. Und jene Sünde wird hinwegnehmen deine Augen, welches 
sind deine Gewalt und dein Weib«. Und da er also gesprochen, 
verstarb vor Abend Philippus und seine Gewalt ward dem 
Agrippa gegeben. 


3) Nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 44v—45r (unmittelbar 
auf das Vorhergehende folgend) 
und sein Weib Herodias nahm Herodes, sein Bruder. Um 


1: »bosjeseim ssje. — wohl statt <wosjeäcim’ sej«: von wositi 880 
— «tal«. 


8 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


ihretwillen aber verabscheuten ihn alle Gesetzeskundigen, wagten 
aber nicht, vor seinen Augen ihn zu bezichtigen. 

Nur aber jener Mann, welchen man nannte einen Wilden, 
kam zu ihm mit Wut und sprach: [einen Wilden, kam... sprach 
fehlt im Mosqu. Acad., wird aber unter dem Text nachge- 
tragen] »Weshalb hast du des Bruders Weib genommen, du 
Ruchloser? Weil dein Bruder gestorben ist erbarmungslosen 
Todes, so wirst auch du dahingemäht werden von der himm- 
lischen Sichel. Nicht verstummen wird Gottes Ratschluß, son- 
dern wird dich umbringen durch böse Trübsal in fremden Landen. 
Denn nicht Samen erweckst du deinem Bruder, sondern befriedigst 
dein fleischliches Gelüste und treibst Ehebruch, da vier Kinder 
von ihm vorhanden sind. 

Da Herodes aber [Syn. 770 + das] gehört, ward er zornig 
und befahl, daß man ihn schlage und fortjage. Er aber bezich- 
tigte den Herodes unaufhörlich, wo er ihn fand, und so lange, 
bis er ihm Gewalt antat und ihn niederzuhauen befahl. 

Es war aber sein Charakter absonderlich und seine Lebens- 
weise nicht menschlich, als wie nämlich ein fleischloser Geist, 
also verharrte auch dieser. Seine Lippen kannten kein Brot, 
nicht einmal zu Ostern genoß er ungesäuerten Brotes, sagend: 
daß zum Gedächtnis an Gott, der das Volk von der Knechtschaft 
befreit habe, (solches Brot) zum Essen gegeben ist, zum Trost!, 
da der Weg trübselig war. Wein aber und Rauschtrank ließ 
er sich nicht einmal nahekommen. Und jedes Tier verabscheute 
er (als Speise), und jegliches Unrecht strafte er und zum Ge- 
brauch dienten ihm Holzspäne. 


4) Nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 47v (bei Sresnewski l. c. 
p. 143 sy.) und nach Cod. Synod. 770, fol. 70v sq. 

(In Mosqu. Acad. am Rande: Von Jesus Christus.) 

Damals [Acad. + auch] trat ein Mensch auf, wenn es auch 
geziemend ist, ihn einen Menschen zu nennen; sowohl [<{ Syn.] 
seine Natur wie seine Gestalt waren menschlich, seine Erschei- 
nung aber war mehr als menschlich. Seine Werke jedoch waren 
göttlich und er wirkte Wundertaten, erstaunliche und kräftige. 
Deshalb ist es mir nicht möglich, ihn einen Menschen zu nennen. 


1) Eigentlich steht uteéenije, was keinen Sinn zu geben scheint; 
man darf vielleicht statt dessen conjiciren: utjesenie — Trost. 


. 


3. Die Zeugnisse. 9 


Wiederum aber auf das allgemeine Wesen sehend, werde ich 
(ihn) auch nicht einen Engel nennen. 

Und alles, was er wirkte durch irgend eine unsichtbare 
Kraft, wirkte er durch Wort und Befehl. Die einen sagten von 
ihm, daß der erste [Syn. unser erster] Gesetzgeber auferstanden 
sei von den Toten und viele Heilungen und Künste darweise. 

Die andern aber meinten, daß er von Gott gesandt sei. Aber! 
er widersetzte sich in vielem dem Gesetz und hielt den Sabbat 
nicht nach vüterlichem Brauch. Doch wiederum verübte er auch 
nichts Schändliches, noch Verbrechen, sondern nur durch Wort 
bewirkte er alles. 

Und viele aus dem Volke Syn. den Völkern) folgten ihm 
nach und nahmen seine Lehren auf. — 

Und viele Seelen wurden wankend, meinend, daß sich da- 
durch befreien würden die jüdischen Stämme aus den römischen 
Händen. 

Es war aber für ihn Gewohnheit, vor der Stadt auf dem 
Ölberge sich mehr aufzuhalten. Dort aber auch gewährte er 
die Heilungen den Leuten. Und es versammelten sich zu ihm 
von Knechten 150, aber vom Volk eine Menge. 

Da sie aber sahen seine Macht, daß er alles, was er wolle, 
ausführe durchs Wort, so befahlen sie ihm, daß er einziehe in 
die Stadt und die römischen Krieger [Acad. alles Römische] und 
den Pilatus niederhaue und über sie [Syn. uns] herrsche. 
Aber jener verschmähte es. Und hernach, als Kunde geworden 
war davon den jüdischen Führern, so versammelten sie sich mit 
dem Hohenpriester und sprachen: »Wir sind machtlos und 
schwach, den Rómern zu widerstehen. Da aber auch der Bogen 
gespannt ist, so wollen wir hingehen und dem Pilatus mitteilen, 
was [Acad. wovon] wir gehört haben, und wir werden ohne 
Betrübnis sein, damit nicht, wenn er von andern es hórt, wir 
sowohl [« Acad.] des Vermögens beraubt, als auch (Acad. und) 
selbst niedergemacht und die Kinder zerstreut werden«. Und 
sie gingen hin und teilten es dem Pilatus mit. 

Und dieser sandte hin und ließ viele aus dem Volke [Syn. 
aus den Völkern] niederhauen. Und jenen Wundertäter ließ er 


1. Vielleicht ist dieser ganze Satz (und der folgende) auch noch 
von meinten: abhängig, d. ἢ. abhängiger Aussagesatz. 


10 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


herbeiführen. Und da er in betreff seiner ein Verhör angestellt, 
so sah er ein, daß er ein Wohltäter sei, aber nicht ein Übeltäter 
sei («C Acad.], noch ein Aufrührer, noch ein nach der Herrschaft 
Strebender, und ließ ihn frei. Er hatte nämlich sein [Acad. das] 
sterbendes [Acad. sterbende! Weib geheilt. 

Und er ging an seinen gewohnten Platz und tat die ge- 
wohnten Werke. Und da wiederum mehr Volk sich um ihn 
versammelte, da verherrlichte er sich (sich < Syn.) durch sein 
Wirken mehr als alle. 

. Von Neid wurden die Gesetzeslehrer vergiftet und gaben 
30 Talente dem Pilatus, damit er ihn tóte. Und der, nachdem 
er (das Geld) genommen, ließ ihnen (Syn. und, d.h. i statt jim. 
den Willen, damit sie selbst ihr Vorhaben ausführen sollten. 
Und jene nahmen ihn [Syn. sinnlos: ihr] und kreuzigten ihn 
gegen das väterliche Gesetz. 


5) Nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 51v: Wiederum sandte! 
Claudius seine Gewalthaber jenen Staaten: den Cuspius Fadus 
und den Tiberius Alexander?, welche beiden das Volk im Frieden 
bewahrten, indem sie nicht gestatteten, sich in etwas von den 
reinen Gesetzen zu entfernen. 

Wenn aber auch [«; Arch] jemand vom Wort des Ge- 
setzes abwich, so ward es geklagt [Arch. und es geklagt ward usw.j 
den Gesetzeslehrern. Um so häufiger verjagten sie ihn auch? 
[«Ξ Arch.] und sandten ihn vor das Angesicht des Kaisers. Und 
[< Arch.] da sich zur Zeit jener beiden [Arch. jenes] viele 
herausgestellt hatten als Knechte des vorherbeschriebenen Wunder- 
täters, und da sie zu den Leuten sprachen von ihrem Lehrer, 
daß er lebendig sei, da! er auch [« Arch.] gestorben sei, und 
daß jener euch befreien werde von der Knechtschaft, so hörten 
viele aus dem Volke auf die Genannten und nahmen ihr Gebot 
in sieh auf; nicht um ihres Ruhmes willen, sie waren ja von 
den Geringen [Arch. es waren... . Geringen + die Apostel, 
die einen geradezu Schuster, die andern aber Sandalenmacher, 
andere Handwerker. 


1) Acad. »gesandt habend-; Arch.: sandte + zu ihnen. 

2) Eigentlich heißt es: »Tiberius und Alexander«. Doch im Arch. 
fehlt sowohl dieses »und , wie das vorhergehende vor -Tiberiuss. 

2) d. ἢ. einen solchen. 

4) d. h. obgleich. 


3. Die Zeugnisse. 11 


Und wie [Arch. Aber] wunderbare Zeichen vollbrachten sie, 
in Wahrheit, was (Arch. wie] sie wollten! 

Da aber jene edlen [Arch. dankbaren] Landpfleger sahen 
die Verführung der Leute, bedachten sie mit den Schriftgelehrten, 
sie [« Acad.] zu ergreifen und zu töten (Arch. vernichten], 
damit das Kleine nicht klein sei, wenn es im Großen sich voll- 
endet hat. 

Aber sie schümten sich und erschraken über die Zeichen, 
indem sie sagten: auf geradem Wege! geschehen solche Wunder 
nicht. Wenn sie aber nicht von Gottes Ratschluß herstammen, 
so werden sie schnell überführt werden. 

Und sie gaben ihnen Gewalt, ihrem Willen gemäß zu handeln. 

Nachher aber belästigt? von ihnen, entließen sie sie, die 
einen zum Kaiser, die andern aber nach Antiochien, andere aber 
in ferne Länder, zur Erprobung der Sache. Claudius aber ent- 
fernte die beiden Landpfleger, sandte den Cumanus. 


6) Nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 154v. In der Beschrei- 
bung des Tempels (Buch V, cap. 5, 2) steht nach den Worten 
»und dali kein Fremdstümmiger hineingehe ins Innere; denn sie 
nannten jenes? das Heilige, zu dem auf 14 Stufen emporzusteigen 
war (Arch. + und dessen oberer Teil viereckig gebaut war)« 
— Folgendes: 

und über jenen Tafeln mit Inschriften! hing eine vierte 
Tafel mit Inschrift, in jenen (d. h. hebrüischen) Buchstaben an- 
gebend: Jesus habe als König nicht regiert, er sei gekreuzigt 
von den Juden, weil er verkündigte die Zerstórung der Stadt 
und die Veródung des Tempels. — Darnach folgt: »und nach der 
östlichen Seite war ein Tor und ein Platz, den Frauen überlassen 
zum Gottesdienst und zum Gebete. 


1) So möchte ich :oprawleniemj« verstehen: doch mag dieses Wort 
nur auf Entstellung durch die Abschreiber zurückzuführen sein. Arch. 
liest: »otrawleniemj« — «durch Vergiftung:. 

2) »dosadjejani [.Arch. posadjejani]-, vielleicht entstellt aus »dossazdeni: 
— »ὑβρισϑέντες«. Sadjejati heißt: ἀγγαρεύειν, Jemand zum Herrndienst 
aufbieten oder zwingen. 

3) d. h. jenen Raum. 

4) »titlami«; titla — titulus, tít40;. Es werden hier abweichend 
vom griechischen Text 3 τίτλοι gezählt, eine griechische, eine lateinische 
und eine hebräische Inschrift is. u. S, 65, Anm. 1). 


12 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


7) Nach Cod. Mosqu. Acad. 651, f. 156v und 157r. Am 
Schluß der Beschreibung des Vorhangs (xaraxéraoua), Buch V. 
cap. 5, 4 findet sich Folgendes: Dieses Katapetasma war vor 
dieser Generation ganz, weil das Volk fromm war, jetzt aber 
war es jammervoll, es anzusehen. Es war nämlich plötzlich 
zerrissen von oben an bis zum Boden, als sie den Wohltäter. 
den Menschen und den, der durch sein Tun kein Mensch war, 
durch Bestechung dem Tode auslieferten. 

Und von andern vielen schrecklichen [<“ Arch.) Zeichen 
wird man erzählen können, die damals geschahen. 

Und man sagte, daß jener, nachdem er getötet war [Arch. 
daß Jener getötet und nach usw.], nach der Bestattung im Grabe 
nicht gefunden wurde. 

Die einen nun geben vor, er sei auferstanden, die andern 
aber, daß er gestohlen sei von seinen Freunden. Ich weiß aber 
nicht, welche richtiger sprechen. Denn auferstehen kann ein 
Toter von sich selbst nicht, wohl aber mit Hilfe des Gebets 
eines andern Gerechten, außer wenn es ein Engel sein wird 
oder ein anderer von den himmlischen Gewaltigen, oder (wenn! 
Gott ‘selbst erscheint [Arch. erschienen ist] wie ein Mensch 
(Arch. als wenn er ein Mensch ist] und vollbringt, was er will. 
und wandelt mit den Menschen und fällt und sich legt und 
aufersteht, wie es seinem Willen gemäß ist. Andere aber sagten, 
daß es nicht möglich war, ihn zu stehlen, weil man rand um 
sein Grab Wächter! gesetzt hatte, 30? Römer, aber 1000 Juden. 

Solches (wird) von jenem Katapetasma (erzählt). Auch gegen 
die Ursache seines Zerreissens gibt es (Aussagen).? 


$) In dem Abschnitt von den Vorzeichen vor dem Unter- 
gang Jerusalems (Buch VI, cap. 5, 2 844.), und zwar bei Gelegen- 
heit der Besprechung des zweideutigen Orakelspruchs (5, 4) heißt 
es (nach Cod. Archiv. Fol. 460r, col. 1): 

»Die einen nämlich verstanden darunter? Herodes, die andern 
aber den (Acad. jenen) gekreuzigten Wundertüter Jesus', andere 
aber Vespasian«. — 


1) strazje wohl für straze; Arch. straZi. 

2) Arch.: 1000. 

3) Unter dem Text steht: »Vom Katapetasma und von Jesus«. 

4) d. h. unter dem zukünftigen Herrscher über das ganze Weltall, 
der aus dem jüdischen Lande hervorgehen sollte. 


3. Die Zeugnisse. 13 


Welche Bedeutung haben diese Zeugnisse? Sind sie (speziell 
die von Johannes dem Täufer und Jesus Christus handelnden) 
wirklich nichts weiter als Erweiterungen der bekannten Stellen 
in den Antiquitäten, wie Popoff meinte? 

Zunächst sprach Popoff es überhaupt nur als Vermutung 
aus, daß diese Zugaben, »die augenscheinlich nicht dem Flavius 
angehören können«, in der griechischen Handschrift, die dem 
Übersetzer als Vorlage diente, vorhanden gewesen seien (I. c. I, 
p. 116). 

Das aber dürfte doch außer Frage stehen, daß diese Stücke 
nicht von einem slavischen Verfasser herrühren können: sollte 
man einem Slaven des Mittelalters die Kühnheit zutrauen, von 
den Evangelien und der Apostelgeschichte unabhängige, ja ihnen 
geradezu widersprechende Berichte zu schreiben ? Und sollte man 
bei ihm das Maß von historischem Sinn erwarten, das dazu ge- 
hört, um sich ganz auf den Standpunkt des jüdischen Schrift- 
stellers des 1. Jahrhunderts zu versetzen und niemals wirklich 
aus der Rolle zu fallen? 

Es wird jetzt sogar als Grundsatz angesehen, »bei jedem 
altslavischen Schriftwerk zunächst nach dem byzantinischen 
Original zu forschen und das slavische Werk vor allem unter 
dem Gesichtspunkt einer Übersetzung, bez. Redaction eines grie- 
chischen zu betrachten« (C. E. Gleye im Archiv für slavische 
Philologie, Band XV], 1894, S. 579, mit Berufung auf den Aka- 
demiker Wesselowsky und dessen Schüler). 

Endlich haben diejenigen, welche die Abschnitte aus 3 Jose- 
phus in die chronographischen Sammelwerke aufnahmen, durch- 
aus die Meinung gehegt und sie sogar ausgesprochen, es hier 
mit Josephus selbst zu tun zu haben. 

In dem russischen Chronographen der sog. ersten Redaction 
(vom J. 1512) wird im Anschluß an die sub Nr. 7 mitgeteilte 
Ausführung über die Auferstehung hinzugefügt: »Dieses aber 
schreibt Josephus der Hebräer. Da er von den Wundern unseres 
Heilandes gehört, spricht er mit Verwunderung (davon), den 
wahren Glauben aber hat er sich nicht bemüht zu erwerben. 
Denn in Wahrheit ist Gott im Fleisch erschienen und, da er 
mit den Menschen gelebt, vollbrachte er Hochherrliches und litt 
und ward ins Grab gelegt und erstand am 3. Tage kraft seines 
Willens« (Popoff, 1. c., I, p. 139). Ebenso heißt es vor dem 


14 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Zeugnis von Christus (Nr. 4): »Dieser Josephus nun, wenn er 
auch nicht das Zeugnis erhält in der Schrift, daß er vollkommen 
den Glauben an Christum angenommen habe, so ist er doch in 
der Schriftstellerei löblich, weil er die Wahrheit von der Ein- 
nahme Jerusalems geschrieben hat und wie um Christi willen und 
gemäß der Weissagung Christi solchergestalt der Untergang den 
Juden zuteil wurde Deshalb hat er auch selbst Jerusalem 
verlassen und ist zu den Römern und zu Titus übergegangen; 
er schreibt aber, mit ihm sei auch Mannäus zu Titus gekommen, 
der Brudersohn (Bratanitsch) des Lazarus, welchen, wie er (Jose- 
phus) gesagt hat, Jesus auferweckt hat von den Toten, nachdem 
er schon verwest war.! Und viel hat er von Christo geschrieben, 
nicht vollkommen im Glauben, sondern zweifelnd, was er gehört 
und gesehen, mit Verwunderung, also usw.« 

Wir können aus diesen Äußerungen zugleich entnehmen, 
wie wenig diese Abschnitte der Anschauungsweise der Slaven 
entsprachen, wie ganz anders diese die Aussagen auch des Jose- 
phus gestaltet hätten, wenn sie solche hätten einschmuggeln 
wollen. Auch der Verfasser des Chronistischen Sammelwerks, 
das uns im (04. Archiv. vorliegt, sieht Josephus als den un- 
bezweifelbaren Verfasser auch jener Abschnitte an: das ergibt 
sich aus den Capitelüberschriften? und den Vermerken bei den 
einzelnen Abschnitten. 

Es dürfte auch nicht schwer sein, wenn auch nicht gerade 
in diesen Stücken, so doch in den ihnen nah benachbarten, den 
strikten Nachweis directer Übersetzung aus dem Griechischen 
zu erbringen. (Einiges s. u. S. 72.) 

Sresnewski hat die gesamten Josephus-Abschnitte in 
dieser Compilation untersucht und festgestellt, daß sie den Cha- 
rakter einer Übersetzung tragen, und zwar, daß die Übersetzung 
alt ist. (Nachrichten und Bemerkungen über wenigbekannte 
und unbekannte Schriftdenkmäler, Nr. LXXXIV, Beilage zum 


1) Diese Aussage über Mannüus ist ganz offenbare Glosse zu Buch V, 
30, 7: sie fällt ganz aus dem "l'on der oben mitgeteilten Stücke heraus 
und gehört mit ihnen gar nicht zusammen. 

2, z. B. auf fol. 258v col. 1: »Von Pilatus, wie er nach Judäa ge- 
sandt wurde und wie Josephus Christum als einen Wundertäter bezeich- 
nete usw.« 


4. Das Alter der Überlieferung. 15 


34. Band der Memoiren der Akademie der Wissenschaften, 4. Heft, 
p. 133sqq.). 

Zum Überfluß wird die offenkundige Benutzung dieser Zeug- 
nisse in griechischen und lateinischen Schriften des Mittelalters 
die Móglichkeit, slavische Herkunft anzunehmen, vóllig zunichte 
machen. 


4. Das Alter der Überlieferung. 


a) Auf slavischem Gebiete. 


Darf man also nicht daran zweifeln, daß der slavische Über- 
setzer den Josephus-Text gerade mit diesen Zutaten vor sich ge- 
habt hat, so fragt es sich doch, für welche Zeit damit das Vor- 
handensein eines solchen griechischen Textes erwiesen ist? 

Die Handschriften der eigentlichen Josephus-Übersetzung 
gehen nicht über das XV. Jahrhundert hinauf (Kyr.-Bjelos. 64/1303). 
Doch enthält der von Makarius in seine Tschetji-Minei aufge- 
nommene Text den ausdrücklichen Hinweis, daf er indirekt auf 
eine Handschrift des Jahres 1399 zurückgeht, die in Konstanti- 
nopel von einem Mónch Johannes und andern auf Bestellung 
einer unbekannten geistlichen Persönlichkeit geschrieben ist 
(A. J. Ssobolewski, Die Übersetzungsliteratur des Moskowi- 
tischen Rußland im XIV.—XVII. Jahrhundert, St. Petersburg 
1903, p. 24; der Text dieser Eintragung ist gedruckt bei P. M. 
Strojeff, Bibliologisches Wörterbuch, St. Petersburg 1882, heraus- 
gegeben von A. Th. Bytschkoff, p. 399sq«.). 

Weiter führt uns der Cod. Archiv. hinauf: denn wenn er 
auch selbst aus dem XV. Jahrhundert stammt, so enthält er 
doch eine Eintragung, die auf seine directe Vorlage, eine Hand- 
schrift, die a. 1261! begonnen worden ist, zurückverweist. 

Nun aber ist die Frage entstanden: ist dieses Jahr 1261 
nicht überhaupt das Jahr der Abfassung für die ganze histori- 
sche Compilation? 

Jedenfalls kann der Chronist von Perejasslawl, der den 
Schluis des Geschichtswerkes bildet und bis 1214 reicht, erst 
um jene Zeit hinzugekommen sein. Aber der Rest? Hier ver- 


1) Nach Archimandrit Leonid im »Russischen Boten« s. o. S. 4, 
Anm.2: 1250. 


16 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


wickelt sich die Frage mit der andern nach der Entstehungszeit 
der slavischen Übersetzung des Malalas. — Es ist natürlich auch 
für den Slavischen Josephus von größter Bedeutung, ob die 
historische Compilation ım Cod. Archiv. auf slavischem Boden zu- 
stande gekommen ist, unter Benutzung einer vollständigen Über- 
setzung des Malalas (so V. Jagit im Archiv f. slav. Phil. II, 1877, 
S. 5f und im Hermes, Band XV, 1880, S. 236), oder auf grie- 
chischem, so daß eine griechische ix4oy5 bereits diese Ver- 
bindung von Malalas und Josephus dargeboten hätte (C. Εἰ. Gleye, 
Archiv f. slav. Philologie XVI, 1894, S. 579f., doch ohne auf 
Josephus einzugehen). 


Gegen Gleye würde noch nicht sprechen, daß der Text 
der Josephusstücke in den eigentlichen Josephushandschriften 
und im Cod. Archiv. bis auf unwesentliche Varianten derselbe 
ist, und daß dieser Text in sprachlicher Hinsicht, wie Sres- 
newski nachgewiesen hat (l c. p. 133sq«q. und 138sq.) altrussi- 
schen Charakter trügt. Denn Gleye weist sehr richtig darauf 
hin (a. a. O. S. 580), daß der Übersetzer der ἐχλογή, wenn er 
für irgendwelche ihrer Bestandteile schon fertige Übersetzungen 
vorfand, diese sicherlich ohne weiteres benutzt hütte. — Ein 
ganz anderes Problem aber tritt dem entgegen, der nicht, wie 
die übrigen Forscher, auf den Malalas seine Aufmerksamkeit 
concentriert, sondern auf den »eingeschobenen« Josephus. 


Dieser hat einen anderen Umfang, als in den eigentlichen 
Josephus-Handschriften (wenigstens: Mosqu. Acad., Ssolov., Uwar., 
Makarius). 

In diesen nämlich erscheint das Werk »De bello Judaico« 
am Anfang und Ende verstümmelt. Es beginnt gegen Ende des 
Cap. 25 des l. Buches, nach einer lüngeren Vorrede, die leider 
durch die Abschreiber in kaum verständlicher Weise wieder- 
gegeben ist. Es bricht im VII. Buch in cap. 10, 2 ziemlich ab- 
rupt ab. 


Der Cod. Archiv. aber bietet Stücke aus Josephus von lib. I, 
cap. 1 an und schließt ab innerhalb von lib. VII, cap. 11, 2. 
Dabei bietet er aber, wie ich mich überzeugt habe, dieselben 
Verkürzungen gegenüber unserem griechischen Text, so z. B. 
f. 391 v, col. 2, in der Erzählung vom Aufruhr der Juden gegen 
Pilatus wegen der Wasserleitung, lib. II, cap. 9, 4. 


4. Das Alter der Überlieferung. 17 


Hat also der Verfasser der Compilation in Cod. Arch. eine 
vollständigere Übersetzung des Josephus vor sich gehabt, oder 
hat er es sich bloß etwas bequemer gemacht und nur diejenigen 
Partien neu aus dem Griechischen übersetzt, die in der vor- 
handenen Übersetzung fehlten?! Hier könnte eine Untersuchung 
des Übersetzungscharakters dieser »überschüssigen« Stücke im 
Verhältnis zu denjenigen aus der vorhandenen Übersetzung ent- 
scheiden. Eine solche Untersuchung ist mir äußerer Umstände 
wegen zurzeit noch nicht möglich. 

Wie dem aber auch sei, — bis in die Mitte des 13. Jahr- 
hunderts hat sich das Vorhandensein des Slavischen Josephus 
feststellen lassen. Es hat sich aber auch (dank Sresnewskis 
Untersuchungen) constatieren lassen, daß der sprachliche Cha- 
rakter der Übersetzung auf hohes Alter weist. Allerdings gilt 
auf dem Gebiet der slavischen Sprachforschung schon das Her- 
stammen aus dem 13. Jahrhundert als Beweis hohen Alters, was 
Sresnewski auch geradezu ausspricht (l. c. p. 138). Über die 
Hypothese des Archimandriten Leonid s. o, S. 4, Anm. 2. 

Für Anfertigung der Übersetzung erst um diese Zeit würde 
sprechen, daß sie direct ins Russische vollzogen zu sein scheint 
ohne Vermittelung des Südslavischen (Sresnewski l. c. p. 133 sqq.). 
Einen Beweis dafür bietet vielleicht der Schreiber des Serbi- 
schen Josephus-Codex (im Kloster Chilandari auf dem Athos be- 
findlich, aus dem Jahre 1585) dar, der ausdrücklich sagt, er habe 
bei seinen Volksgenossen das Buch des Josephus nicht finden 
kónnen und darum eine russische Vorlage genommen (Ssobo- 
lewski l. c. p. 10, not. 1 und p. 33). Doch sagt derselbe Mann, 
es kónnte vielleicht bei den Bulgaren das Buch zu finden sein, 
und außerdem bemerkt Professor Jagié (Archiv f. Slav. Phil. II, 
1577, S. 18), daß den serbischen und bulgarischen Mönchen des 
XVI. Jahrhunderts vieles unbekannt sein mochte, was schon 
vor Jahrhunderten bei ihnen übersetzt worden war und nur 
durch russische Abschriften späterer Zeiten bis auf den heu- 


1 Daß die dem Josephus entnommenen Stücke schon auf f. 343 v 
beginnen, während die erste ausdrückliche Berufung erst f. 366 v statt- 
findet, dürfte nicht viel besagen, da auch sonst die Citierung nicht correct 
ist. Jedenfalls findet die erste Berufung auf Josephus immer noch vor 
Beginn des eigentlichen slav. Josephus-Textes statt (bei lib. I, c. 21, 1). 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 4 2 


18 A. Berendte, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


tigen Tag sich erhalten hat, oder auch im Original selbst sehr 
früh nach Rußland ausgewandert war und noch heute nur dort 
zu finden ist. So kann auch der russische Josephus doch noch 
durch Umformung eines südslavischen entstanden sein. 


b) Auf griechisch-lateinischem Gebiete. 


Durch die Annahme eines höheren Alters für die slavische 
Josephus-Übersetzung würde uns die schwierige Frage, warum 
die griechische Vorlage des slavischen Josephustextes so völlig 
verschwunden ist oder verschwunden zu sein scheint, leichter 
lösbar werden. 

Denn mit dieser Frage treten wir erst an die Pforte des 
eigentlichen Rätsels heran. 

In den Codices, die dem gelehrten Herausgeber des Josephus, 
B. Niese, bekannt geworden sind, ist keine Spur einer so weit 
abweichenden Textesrecension, wie die slavische, vorhanden. 

Mehrere Codices des Bellum Judaicum weisen ja das Zeugnis 
von Christo aus den Antiquitäten des Josephus (XVIII, 3, 3) auf; 
aber Cod. Marcianus 383 saec. XI aut XII, Cod. Vatic. graec. 14$ 
saec. fere XI, cod. Neapolit. Mus. III B 17 saec. XIV, cod. Phillip- 
picus saec. f. XII und cod. Rostgaardianus (Havniensis bibl. reg. 
majoris vet. fundi Nr. 1569) ut videtur saec. XIV — am Schluß 
des ganzen Werkes; cod. Coisl 131 paullo ante a. 1381 — am 
Anfang (ebendort auch das Zeugnis von Johannes dem Täufer). 

Nur der Codex biblioth. Lugdunensis Batavorum Vossianus 
graec. 72 saec. XV, früher dem Alexander Petavius gehörig. hat 
das betreffende Zeugnis im 2. Buch eingeschoben, und zwar 
cap. 9, 1 zwischen den Worten χατέλιπεν und ueraßaons, also 
ganz in der Nähe der Stelle, wo der Slavische Josephus seinen 
Bericht über Christus einschaltet (zwischen cap. 9, 3 und 4). 

An das Zeugnis schließt sich im Cod. Voss. eine Ausführung 
homiletischen Charakters (vgl. Niese, Flavii Josephi opera, vol. VI, 
praef. p. XLVIl). Ein Corrector hat diese Ausführung durchge- 
strichen (nicht aber das Zeugnis von Christo) und am Rande 
folgendes angemerkt (Niese, l. c, p. XLVIID: 

οἰστέον ὅτε To τοιοῦτον, ὠβέλισται δικαίως παρ᾽ NUM» 
ἐπεὶ μὴδὲ ἐν ἑτέροις ἀντιγράφοις τοῦτο εὕρομεν᾽ ἀλλ᾽ οὐδέ τις 
τῶν τῆς ἐχκλησίας τοῦ χριστοῦ διδασχάλων τούτων ἐπεμνήσϑη. 


4. Das Alter der Überlieferung. 19 


ovrt μὴν τῶν ἐσύστερον ἱστορικῶν ἀνδρῶν .... μένων (aut 
μόνων) ἄνω... εἰρη.... ἀλλὰ καὶ τ.... ἐν τώ ἢ" λόγω 
τη... χαιολο..... oloxet ...« 

Es fällt auf, daß diese Bemerkung viel zu viel Wesens macht 
von dem gänzlich harmlosen Zusatz zum Zeugnis. Niese schreibt 
diese Bemerkung dem zweiten Corrector zu. Auch in diesem 
Fall könnte sie aus einer andern Handschrift herübergenommen 
sein, wo aber dann etwas anderes durchstrichen oder mit einem 
»oßeAög« versehen gewesen ist, und zwar — wie vielleicht 
vermutet werden darf — etwas Ähnliches wie das Zeugnis von 
Christo im Slavischen Josephus. Von diesem Zeugnis würde es 
mit mehr Recht heißen, daß keiner der Lehrer der Kirche noch 
jemand von den späteren Historikern seiner gedacht habe. 

Wie dem aber auch sein möge, eine unzweifelhafte Spur 
der »Zusütze« des Slavischen Josephus hat sich in der grie- 
chischen bandschriftlichen Überlieferung noch nicht nachweisen 
lassen. 

Nun ist es aber bekannt, daß bei kirchlichen Schriftstellern 
des Altertums sich hin und wieder Citate aus Josephus finden, 
die in den allgemein verbreiteten Werken dieses Mannes nicht 
festzustellen sind. Origenes eitiert dreimal ein solches Josephus- 
wort (contra Celsum I, 47 und II, 13, ed. Koetschau I, p. 97 und 
143, und in Matth. tom. X, c. 17, ed. Delarue, 1Π, 463) und Euse- 
bius, hist. eccl. II, 23 (ed. Schwartz, I, p. 172), bringt dasselbe 
Wort, das die Tótung des Herrnbruders Jakobus als die tiefere 
Ursache des Untergangs Jerusalems angibt. (Auch bei Hierony- 
mus, de vir. ill, c. 2 u. 13 ist davon die Rede) Vgl. darüber 
Th. Zahn, Forschungen zur Geschichte des neutestamentlichen 
Kanons etc., Band VI, Leipzig 1900, S. 301—305. Zahn weist 
die fragliche Stelle, die sich auch im Chronicon paschale, ed. 
Bonn, I, 463 findet, dem Bellum Judaicum als Interpolation in 
Buch V zu. 

Orosius, Hist., lib. VII, cap. 6, 15, schreibt dem Josephus die 
Nachricht zu, daß Claudius die Juden aus Rom vertrieben habe (ed. 
Zangemeister, p. 451). Suidas im Artikel ᾿]ησοῦς seines Lexikons 
(ed. G. Bernhardy, Hal. 1839, tom. I, 2, pag. 972 sq.) citiert als Jo- 
sephuswort aus dessen ὑπομνήματα τῆς αἰχμαλωσίας, »otc' Ἰησοῦς 
ἐν τῷ ἱερῷ μετὰ τῶν ἱερέων nylaße«. Auch von der Jakobus- 
Stelle spricht er, im Artikel ᾿Ιώσηπος, 1. c. p. 1041; was sonst 

9% 


90 ' A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum, 


dort gesagt ist, übrigens auch die Aussage über Jakobus, führt 
Suidas selbst auf die ὀχτωκαιδεχάτη βίβλος τῆς ᾿Αρχαιολογία: 
zurück und schreibt das Zeugnis von Christo in extenso aus; 
p. 1040 sqq: »Ioonros, Ἰουδαῖος, φιλαλήϑης, λέγων περὶ rot 
Προδρόμου καὶ περὶ τοῦ Κυρίου ἡμῶν καὶ Θεοῦ καὶ Σωτῆρος 
᾿Ιησοῦ Χριστοῦ" wird wohl auch auf die Antiquitäten zu be 
ziehen sein. 

Alle diese Citate lassen sich in dem slavischen Josephus 
nicht nachweisen; Nr. 5 unserer Stücke widerspricht sogar direct 
dem Orosius. Von Jakobus speciell ist überhaupt nicht die Rede. 

Somit hat der Slavische Josephus mit diesem »gefälschten 
Josephus«, wie Zahn ihn nennt, nichts zu tun. (Das Wort bei 
Suidas im Artikel ’/nooüg wird nach einer Anmerkung Küsters 
bei Bernhardy, z. St, am besten als Mißverständnis zu deuten 
sein. Es ist ja bei Josephus von mehreren Jesus die Rede, die 
Hohepriester waren. (Doch vgl u. S. 56 Anm. 1)! 

Und doch gibt es einen Schriftsteller, der in ganz evidenter 
Weise gerade die im slavischen Text vorliegende Recension von 
Josephus' »De bello Judaico« benutzt zu haben scheint, freilich 
nur mit Áuswahl und neben der allgemein üblichen. 

Dieser Schriftsteller ist der sog. Hegesippus oder Egesippus 
der Verfasser des Werks »De bello Judaico«?, d. h. der freien 
lateinischen Bearbeitung von »De bello Judaico« des Josephus. 
Nach E. Klebs (»Das lateinische Geschichtswerk über den jüdi 
schen Kriege, in der Festschrift für L. Friedländer, Leipzig 1895. 
S. 233 ff) hat dieser Schriftsteller sein Werk c. 395 geschrieben. 


— 2 — 


1) Anders steht es nun allerdings mit dem von E. Bratke nachge 
wiesenen Citat im Religionsgesprüch am Hofe der Sassaniden (Texte und 
Untersuchungen, Neue Folge, Band IV, Heft 3, 1897, p. 36, lin. 8—1l. 
Die Worte, die hier dem Josephus zugeschrieben werden: κυ» Ἰώσιππος " 
συγγραφεὺς ὑμῶν, ὃς εἴρηκε περὶ Χριστοῦ ἀνδρὸς dıxalor xal ἀγαϑοῦ, ἃ 
ϑείας χάριτος ἀναδειχϑέντος σημείοις xal τέρασιν εὐεργετοῦντος πολλοί: 
lassen sich, wie Bratke selbst und E. Schürer (Gesch. d. jüd. Volkes I. 
S. D45f) richtig bemerken, nicht einmal als freie Wiedergabe des Zeug 
nisses in den Antiquitäten begreifen. — Dagegen bei unserer Nr. 4 liegt 
nichts einer solchen Zurückführung im Wege. Allerdings ist die Aussage 
80 allgemein gehalten, daß sich auch kein stricter Beweis führen läßt 

2) Die handschriftlich überlieferten Titel des Werks s. in der Au 
gabe von C. F. Weber und J. Caesar, Marburg 1864, p. 1. 





4. Das Alter der Überlieferung. 91 


Sonst wird es sogar (auch von denen, die es nicht dem Ambro- 
sius zuschreiben) in die Mitte des 4. Jahrhunderts gesetzt. 

Soweit ich bisher den slavischen Josephus untersucht habe, 
vermag ich die Benutzung seiner griechischen Vorlage durch 
Egesippus (so sei dieser der Kürze halber benannt) an mehreren 
Stellen zu constatieren. 

Zunächst muß es schon als auffallend bezeichnet werden, 
daß Egesippus eben dort, wo er das 2. Buch des Bellum Judaicum 
des Josephus bearbeitet, sich veranlaßt sieht, Johannes den Täufer 
und Jesus Christus zu besprechen. Doch mag das dem christ- 
lichen Schriftsteller gar zu nahe gelegen haben. 

Da Egesippus sich nicht an die Ordnung seiner Vorlage, 
wenigstens in diesem Teile seines Werkes, hält, so kann man 
keine Folgerungen daraus ziehen, daß er Johannes den Täufer 
und Jesus Christus nicht genau an der Stelle erwähnt, wie Jos. 
Slav. Immerhin ist es bemerkenswert, daß gleich nach der 
ersten Einführung des Pilatus, 110. 11, cap. 5, ὃ 2, die Rede auf 
Jesus Christus kommt, ganz wie bei Jos. Slav., wo das Zeugnis 
von Christus zwischen Bell. Jud. 1. 11, cap. 9, 3 und +4 steht. 

Für Nr. 1 und 2 unserer Abschnitte hat Egesippus keine Pa- 
rallele, wohl aber für Nr. 3, den Bericht vom Tode des Täufers. 

Es ist natürlich, daß die Darstellung in den Evangelien den 
Horizont des Egesippus völlig beherrscht. Die Evangelien scheinen 
aber alle drei vorauszusetzen, dal) Herodes die Herodias bei Leb- 
zeiten ihres Mannes zu sich genommen habe. 

Dem gegenüber mußte die Auffassung von Jos. Slav., der 
den Bruder schon gestorben sein läßt, zurücktreten, aber sie 
schimmert an einer Stelle nur gar zu deutlich durch. Wenn 
es nämlich heißt (ed. Weber et Caesar, p. 129sq.): »(Johannes) 
verum etiam quasi legis exsequutor praevaricatorem legis condem- 
navit, qui fratris viventis uxorem eripuerat, praesertim habentem 
semen de germano ipsiuse — was hätten diese Worte vom Samen 
für einen Sinn, wenn es sich um den Ehebruch mit der Frau 
eines Lebenden gehandelt hätte? 

Von diesem des Herodes Entschuldigung lähmenden Moment 
ist aber in Jos. Slav. ausdrücklich die Rede. ! 


1) Merkwürdig ist es, daß in der 2. Recension der Eurippios-Geschichte 
von Zacharias und Johannes dem Täufer (vgl. vorläufig meine Abhand- 
lung: »Über die handschriftliche Überlieferung der Zacharias- und Johannes- 


22 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Noch klarer erscheint die Anlehnung an Jos. Slav. in dem 
folgenden Satz bei Egesippus: »hine excitata Judaeorum fere 
omnium in Herodem odia«. 

Bei Jos. Slav. heißt es: »Um ihretwillen aber verabscheuten 
ihn alle Gesetzeskundigen, wagten aber nicht vor seinen Augen 
ihn zu bezichtigen«. 

Egesippus hat diesem Satz seinen bestimmten Charakter ge- 
nommen, sonst aber treffen beide im Wesentlichsten zusammen. 

Aber auch das ist bemerkenswert, daß Egesippus ebenso wie 
Jos. Slav. die nähere Veranlassung der Hinrichtung des Johannes 
nicht erwähnen, sondern es dort einfach heißt: »nec multo post 
necavit virum justum et constantem divinae legis exsequutorem«. 
Ist das nicht im wesentlichen dasselbe wie bei Jos. Slav., wo es 
lautet: »Er aber bezichtigte den Herodes unaufhörlich, wo er ihn 
fand, und so lange, bis er (Herodes) ihm Gewalt antat und ihn 
niederzuhauen befahl«. Daß vorher Herodes bei Egesippus den 
Johannes hatte in den Kerker werfen lassen, wührend er bei 
Jos. Slav. den Befehl gibt, den unbequemen Prediger zu schlagen 
und fortzujagen, ist dort durch den Einfluß der Evangelien hin- 
reichend motiviert. (Über Antiqu. XVIII, 5, 2 später.) 

Daß überhaupt der Tod des Johannes schon hier bei Ege- 
sippus behandelt wird, wührend die Rede in Cap. 12 noch ein- 
mal darauf kommt, und zwar dann im engsten Anschluß an die Er- 
zühlung in den Antiquitáten (nachdem eben erst das Zeugnis von 
Jesu von dort herübergenommen war), scheint schon ein Zeichen 
zu sein, daß der Verfasser an der früheren Stelle durch eine 
Vorlage bestimmt gewesen ist, von diesem Ereignis zu sprechen. ! 


Apokryphen«, Texte u. Untersuchungen, Neue Folge, Band XI, Heft 3, 
1904; der Text bei A. Wassiljeff: Anecdota Byzantina, Moskau 1893, 
p. 3, lin. 10sqq.) dieses selbe Moment eine Rolle spielt. Dort (wie auch 
in der ersten Recension) ist gewissermaßen eine Brücke geschlagen zwi- 
schen den Synoptikern und Jos. Slav., denn der Ehebruch zwischen Herodes 
und Herodias hat bei Lebzeiten ihres Mannes begonnen, dann aber haben 
die Ehebrecher den Mann der Herodias vergiftet. — Überbaupt klingt 
die Erzühlung in diesen Apokryphen wie eine stark vergrüberte Bearbei- 
tung von Jos. Slav., natürlich auch unter Benutzung der Evangelischen 
Geschichte. 

1) Allerdings ist bei Egesippus unmittelbar vorher von Pilatus die Rede, 
bei Jos. Slav. von den Einrichtungen nach der Absetzung des Archelaus. 
Doch Egesippus hat die Chronologie hier ganz besonders frei behandelt. 


4. Das Alter der Überlieferung. 23 


Schwieriger ist es, das Verhältnis von Nr. 4 (nebenbei auch 
von Nr. 6 und 7) zu Eges. l II, cap. 12 zu bestimmen. Die 
erste Erwähnung Christi (cap. 5, $ 2) enthält nichts, was auf 
unsere Nr. 4 zurückgeführt werden könnte. Anders aber scheint 
es mir mit cap. 12 zu stehen. 

Zwar ist es scheinbar sehr ungünstig, daß Josephus hier 
ausdrücklich als Zeuge für Jesus citiert wird nur auf Grund von 
Antiqu. XVIII, 3, 3. Aber gleich auf die Wiedergabe dieses be- 
rühmten Zeugnisses folgt eine scharfe Verurteilung des Josephus 
wegen seines Unglaubens, den er seinem eigenen Zeugnis zum 
Trotz bewiesen hat. 

Da das Zeugnis selbst durchaus gláubigen Charakter 
trügt, so fragt man sich unwillkürlich: woher kann Egesippus 
den Josephus so unbedingt als ungläubig ansehen, wenn nicht 
auf Grund solcher Aussagen, wie sie in Nr. 4 (» Wiederum aber 
auf das allgemeine Wesen sehend, werde ich [Ihn] auch nicht 
einen Engel nennen« usw.) oder in Nr. 7 (die Zweifel an der 
Auferstehung) vorliegen? Doch mag auch das einfache Factum 
ihm maßgebend gewesen sein, daß die Tradition Josephus nur 
als Juden kannte. Möglich ist es auch, daß ihm die Äußerung des 
Origenes, c. Cels. I, 47, »0 δ᾽ αὐτὸς καίτοι γε ἀπιστῶν τῷ [noo 
ὡς Χριστῷ etc.« oder etwas Ähnliches vorgeschwebt hat. 

Aber eine ganz deutliche Anspielung auf Nr. 4 scheint 
folgender Satz zu enthalten: »nam cum alii precando meruerint 
facere quae fecerunt, hic in potestate habebat, ut omnia, quae 
fieri vellet, imperaret.« Vgl. dazu in Nr. 4 »Da sie aber sahen 
Seine Macht, daß Er Alles, was Er wolle, ausführe durchs Wort.« 
(Aber auch: »Alles, was Er wirkte, durch irgend eine unsichtbare 
Kraft, wirkte Er durch Wort und Befehl«.) 

Als Anspielungen auf No. 4 kónnte man dann auch deuten: 

»plerique tamen Judaeorum, gentilium plurimi crediderunt 
in eum, cum praeceptis moralibus . . . invitarentur« 

Vgl: »Und Viele aus dem Volk (Cod. Syn.: den Völkern; 
vielleicht hat im Griechischen beides gestanden) folgten Ihm 
nach und vernahmen Seine Lehren.« (Doch ähnlicher ist hier 
Antiqu. XVIII, 3, 3) 

»operibusque ultra humanam possibilitatem (andere Lesarten: 
probabilitatem, potestatem) profluentibus« 

Vgl: »Seine Erscheinung aber war mehr als menschlich, 


94 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Seine Werke jedoch waren göttlich und Er wirkte Wunder- 
thaten, erstaunliche und kräftige. Deshalb ist es mir nicht mög- 
lich, Ihn einen Menschen zu nennen«. 

Hat Egesippus dann nicht auch ausdrücklich Nr. 6 im Auge, 
wenn er sagt: »et vere quasi Deus sine exceptione personarum 
aut ulla mortis formidine loquutus excidium quoque templi 
futurum annuntiavit, sed non eos templi injuria commovit, sed 
quia in flagitiis ab eo et sacrilegiis corripiebantnr, hinc ira exarsit, 
ut interficerent eum etc.«. 

Klingen die Worte dieses Satzes nicht wie ein feier- 
licher Protest gegen die Inschrift im Tempel, von der Nr. 6 
berichtet? 

Daß Egesippus an allen diesen Stellen Josephus nicht citiert, 
ist doch wohl erklürlich: in seinem Sinne waren das keine Zeug- 
nisse, die man zur Stärkung des Glaubens anführen konnte. Nur 
das Zeugnis aus den Antiquitäten schien dieser Anforderung zu 
entsprechen. 

Auch Nr. 5 scheint bei Egesippus nicht unbezeugt zu sein, 
allerdings da, wo man es nicht erwarten dürfte: in der großen 
Rede Agrippas (lib. II, cap. 9— lib. II, cap. 16 im griechischen 
Original). 

Dort heißt es (p. 144): «(sed de religionis auxilio praesumitis\, 
cum orbem jam romanum Jesu discipuli repleverint. aut sine 
Dei nutu putamus illam crescere religionem« etc. 

Vgl. »Und da sich zur Zeit jener Beiden (des Cuspius Fadus 
und Tiberius Alexander) viele herausgestellt hatten als Knechte 
des vorherbeschriebenen Wundertüters ..., so hörten viele von 
den Vólkern auf die Genannten und nahmen ihr Gebot in sich 
auf etc.«. 

auf geradem Wege (?) geschehen solehe Wunder nicht 
Wenn sie aber nicht von Gottes Ratschluß herstammen, so 
werden sie schnell überführt werden.«! 

»entliefen sie sie, die einen zum Kaiser, die andern aber 
nach Antiochien, andere aber in ferne Länder, zur Erprobung 
der Sache.« ? 





1) Vgl. natürlich auch Act. 5, 38f. 

2) Gerade in der Rede des Agrippa enthält Jos. Slav. einen Zusals, 
der auf späte Herkunft schließen läßt, aber eine leicht abtrennbare 
Glosse bildet. In der Aufzählung der Völker, die den Römern gehorsam 


4. Das Alter der Überlieferung. 25 


Am meisten in die Augen fallend und doch am wenigsten 
beweiskrüftig ist der Zusammenhang zwischen Jos. Slav. und 
Egesippus in Nr. 8. 

Bei Egesippus ist nämlich ebenfalls gesagt, daß die Weis- 
sagung von einem Manne aus Judáa (eigentl. aus ihrer Gegend), 
der die Weltherrschaft gewinnen würde, auf Jesum gedeutet 
worden sei (prudentiores ad dominum Jesum Christum [i e. 
referendum putaverunt], qui eorum in terris secundum carnem 
genibus ex Maria regnum suum per universa terrarum spatia 
diffudit; V, 44, ed. Weber-Caesar p. 366). Beweiskrüftig ist das 
darum nicht, weil in dem von Niese als C bezeichneten Codex 
von De bello Judaico (Cod. Urbinas-Vaticanus $4, membr. saec. XI) 
genau zu derselben Stelle (lib. VI, cap. 5, 4 oder nach Niese 
S 312sq.) von jüngerer Hand am unteren Rande bemerkt worden 
ist: »ovx ἀμφίβ(ογλος ὁ χρησμὸς a .. tog ὦ σὺ τερατ(ουρ)γε 
(so nach Niese zu lesen) ἐώσηπε' ἀλ.. δῆλος χαὶ σαφὴς περὶ 
τοῦ ἐμοῦ δεσπότου καὶ Oto) . τοῦ χριστοῦ. ὃν σὺ παρεξηγού- 
μενος. οὐεσπασιανὸν ἐπεισάγεις τῇ προφητεία. ἀλλὰ γὰρ ὁ 
χριστὸς μόνος τηνικαῦτα xal τῆς ἰουδαίας ὡρμήϑη . χαὶ τῆς 
οἰκουμένης ἤρξε. καὶ ἔτι νῦν ἄρχει. βασιλεὺς βασιλέων αἰώνιος 
καὶ ὧν καὶ λεγόμενος. καὶ ὑπὸ πάσης σχεδὸν πνοῆς προσχυ- 
νούμ.... καὶ σεβόμενος . οὐεσπασιανὸς δὲ ὁ παρὰ σοῦ κολακευό- 
μενος. τέφρα καὶ κόνις Ov . διεῤῥύη καὶ ὥχετοε. (Niese, Praef., 
p. X sq.) So nahe also lag diese Deutung. 

Immerhin aber ist es bemerkenswert, daß Jos. Slav. und 
Egesippus die Nachricht gemeinsam haben, diese Deutung sei 
damals tatsächlich vollzogen worden. ! 

Es ist also wohl nicht zu bezweifeln, daß der sog. Ege- 
sippus neben dem jetzt üblichen Josephus-Text auch den des 
Slavischen J osephus vor sich gehabt hat. Allerdings hat er beide 





sind (cap. 16, 4; bei Niese $ 369, p. 223), wird der Name der Daker 
durch die Worte näher bestimmt: »die Bulgaren genannt werden«. Eine 
ähnliche späte Glosse findet sich auch in Buch VII, cap. 5, 4 (Niese, 
x 244). Da heißt es, wo im griechischen Text von den Alanen die Rede 
ist: »Das Volk der Jassen (?, jasjskyi?) ist bekanntlich aus dem Geschlecht 
der Petschenegen hervorgegangen, das am Tanais und dem Maeotischen 
Meer wohnt.. Diese Stelle zeigt nur zu deutlich, wieviel wir auch sonst 
auf Kosten des Übersetzers zu setzen haben werden (vgl. Gorski u. Newo- 
strujew, l. c., s. o. S. 3f). 
1) Auch Eusebius urteilt ganz ühnlich, hist. eccl. IIT, 8, 11. 


26 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


nebeneinander benutzt. Denn in andern Stücken, sogar solchen, 
die dicht daneben stehen (wie z. B. lib. II, cap. 2, ἃ 2, dem 
unmittelbar unserer Nr. 1 vorangehenden Abschnitt), folgt er un- 
bedingt dem üblichen griechischen Text. 

Die entgegengesetzte Erklärung des Zusammenklanges — Jos. 
Slav. als Benutzer von Egesippus — ist darum ausgeschlossen, weil 
es ganz unerklärlich wäre, wieso der Verfasser der »Zusátze« in 
Jos. Slav. dazu gekommen sein sollte, aus den specifisch christ- 
lichen Aussagen des Egesippus die indifferenten zu machen, die 
wir in den betreffenden Stücken lesen. Soviel historisch-kritisches 
Verstándnis würe, wie schon gesagt, im Altertum und Mittelalter 
unerhórt. Merkwürdig wäre es auch, daß er aus den 5 Büchern 
des Egesippus wieder gemacht, daß er überhaupt den Egesippus- 
Text aus seiner rhetorischen Verkleidung gelóst und dem griechi- 
Schen Josephus wieder angenühert hütte. 

Aber wenn nun auch Egesippus die griechische Vorlage von 
Jos. Slav. benutzt hat, ist damit mehr für jene »Zusütze« ge- 
wonnen, als ein Beweis ihres ehrwürdigen Alters? Wissen wir 
nicht aus Origenes, Eusebius etc, daß Fälschungen des Josephus- 
textes schon vor dem 4. Jahrhundert vorgekommen sind? 

Da tritt nun aber eine Beobachtung ein, die allerdings 
nur auf Kleinigkeiten zu beruhen, aber mir doch von größter 
Wichtigkeit zu sein scheint. 

Josephus berührt sich nämlich, wie schon längst festge- 
stellt, aufs engste mit Tacitus in dessen Historien, bes. lib. V, 
cap. 6sq.! Die Beschreibung des Toten Meeres und seiner Um- 


1) Das Verhültnis des Tacitus zu Josephus ist Gegenstand lebhafter 
Controverse im Zusammenhang mit der Frage, ob Tacitus nur eine Haupt- 
quelle in seinen Annalen und Historien benutzt hat oder viele einzelne 
Quellen. — Für erstere Annahme entschied sich Ph. Fabia: »Les sources 
de Tacite-, Paris 1893; demgemäß läßt er Tacitus auch an diesen Stellen 
von des Plinius des Älteren verlorenem Geschichtswerk abhängig sein; 
Plinius aber habe seine Kunde aus denselben oder analogen Quellen ge- 
schöpft, wie Josephus (p. 255sq.). — In diesen Quellen wären dann die 
»veteres auctores« zu sehen, auf die sich Tacitus l. c. beruft. — Anders 
urteilt E. Groag (Jahrbücher für klassische Philologie, XXIII. Supplement. 
band, Leipzig 1897, S. 783f und bes. S. 784, Anm. 0). Er läßt den Ta- 
citus nicht nur Plinius, sondern auch eine von Josephus abgeleitete Schrift 
benutzen. — Diese Frage würde sich erledigen, wenn sich der Slavische 
Josephus als eine frühere Recension von »De bello Judaico« erweisen 


4. Das Alter der Überlieferung. 91 


gebung, cap. 6 und 7, stimmt jedenfalls nicht nur in einzelnen 
Zügen, sondern sogar hin und wieder im Wortlaut mit Joseph. 
de b. jud. lib. IV, eap. 8, 4 überein. 

Bei seiner Bearbeitung des Josephus hat sich dann wieder 
Egesippus, was bei ihm häufig vorkommt, von taciteischer Aus- 
drucksweise beeinflussen lassen (wie E. Klebs in der Festschrift 
für Ludwig Friedländer, Leipzig 1895, S. 216 nachgewiesen hat). 
Er schreibt (1. IV, 18,1. 128q.): »aqua.... neque pisces neque assuetas 
aquis et laetas mergendi usu patitur aves«; vgl. damit Tacitus 
hist. V, 6: »neque pisces aut suetas aquis volucres patitur«. 

Da ist es denn um so bemerkenswerter, daß an einer andern 
Stelle, an der Egesippus wieder auffallend mit Tacitus überein- 
stimmt: 


Eges. IV, 18, 1. 25. Tac. hist. V, 6: 


haerere sibi fertur bitumen, ut ferro Nec abscindere 
hautquaquam velalia praeacuta me- (scil. bitumen) aere 
talli specie recidatur etc." ferrove possisetc.", 


beide ihre Stütze nicht an dem allgemein verbreiteten grie- 
chischen Text, auch nicht einmal an einer der Lesarten, die die 
Herausgeber beigebracht haben, finden, sondern an dem Sla- 
vischen Josephus. (Text bei J. Sresnewski, Nachrichten und 
Bemerkungen, Nr. LXXXIV, s. o., p. 142sq.). Denn hier heißt 
es: »Und nachdem sie diese (d. h. die Boote mit Asphalt) an- 
gefüllt, können sie ihn nicht abschneiden, weder mit Eisen 
noch mit etwas anderem«. Das kann doch unmöglich ein 
zufälliges Zusammentreffen sein, um so weniger, da kurz darauf 
wieder Tacitus und zwar dieses Mal allein mit Jos. Slav. gegen 
alle andern Zeugen geht. 

Tacitus erwühnt cap. 13 die Weissagung, welche in der Zeit 
unmittelbar vor der Zerstórung Jerusalems die Juden lebhaft 
bewegte und mit tórichten Hoffnungen erfüllte: »pluribus per- 
suasio inerat antiquis sacerdotum litteris contineri, eo ipso tem- 
pore fore ut valesceret Oriens profectique Judaea rerum pote- 





ließe. Dann könnte doch Josephus selbst die Quelle gewesen sein, — 
vielleicht auch nur für Plinius. Es würde sich in diesem Falle vermuten 
lassen, daf Plinius seinen Gewührsmann nicht genannt habe und Tacitus 
daher nur aus Mißverstand die dem Josephus entstammenden Nachrichten 
auf irgend welche »veteres auctores« (Hist. V, 6) zurückführe. 


28 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


rentur«. (Als Judäa wurde allerdings officiell die ganze Provinz 
bezeichnet, vgl. Schürer I?, S. 643.) 

Während nun die griechischen Zeugen und auch Egesippus 
die Herkunft des Weltherrschers allgemeiner angeben, ihn 
»... einer aus ihrem Lande« nennend (Jos., b. jud., VI, cap. 5, 4), 
sagt nur noch Jos. Slav., »daß zu jenen Zeiten einer aus dem 
jüdäischen Lande herrschend sein wird über den ganzen Erdkreis«. 

Leider bietet ja Tacitus bei der Kürze seiner ganzen Er- 
zählung, wie überhaupt seiner Ausdrucksweise, nicht viel Material 
zur Vergleichung. Man muß sich begnügen, zu constatieren, 
daß die slavische Übersetzung des Josephus auf eine Vorlage 
zurückgeht, die schon im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung 
(die Historien sind am Anfang des 2. geschrieben) im Umlauf 
war, also zu den Zeiten des Josephus selbst. Natürlich darf 
man damit noch nicht alle Eigentümlichkeiten von Jos. Slav. für 
‚so frühe Zeit als erwiesen ansehen. 

Weitere Nachforschungen, vor allem aber die vollständige 
Veröffentlichung des slavischen Josephustextes werden hoffentlich 
das Material für die Beurteilung erweitern können. 


5, Kann Josephus der Verfasser sein? 


Für den Augenblick müssen wir uns darauf beschränken, 
die Frage zu stellen: ist es denkbar und ist es wahrscheinlich, 
daß die hier veröffentlichten Josephus-Abschnitte ihn, Josephus, 
zum Verfasser haben? 

Eine weitere Frage würde dann sein: wie wäre es zu er- 
klären, daß diese ganze Recension des Josephus-Textes, daß ins- 
besondere die genannten Abschnitte aus der griechischen Über- 
lieferung so fast spurlos haben verschwinden können? 

Eine allseitige Erörterung dieser Fragen kann hier, vor der 
Untersuchung des ganzen slavischen Josephus-Textes, noch nicht 
geboten werden: es handelt sich erst darum, diese neue Größe 
in die Discussion einzuführen. 

Wenden wir uns zuerst zu Nr. 1 unserer Zeugnisse. 

Nr.1(s.0. 3. 6). Es steht unmittelbar nach der Erzählung vom 
»falschen Alexander«, also in B. 4. lib. II, cap. 7, nach 2. Diese 
Erzählung ist etwas verkürzt wiedergegeben, unter Weglassung 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 29 


von solchen Umständen, die nicht als wesentlich gelten können, 
wie z. B. daß Celadus den Prätendenten nach dem Verhör zum 
Kaiser gebracht habe. Eine wirkliche Differenz in der Erzählung 
liegt nur am Schluß vor: die Melier, welche ihn auf den Händen 
getragen und mit kaiserlicher Ehre geehrt hätten, wären des- 
wegen umgebracht worden, berichtet Jos. Slav. während im 
griechischen Text gerade im Gegenteil davon die Rede ist, der 
Kaiser habe sie durch den Geldaufwand, den sie gemacht, für 
hinreichend wegen ihrer Dummheit gestraft angesehen. 

Auf die erste Erzählung von Johannes dem Täufer folgt 
aber im Slav. cap. 7, 3 der Bericht von des Archelaus Gewaltherr- 
schaft, seinem Traum und seiner Verbannung, dem Inhalt nach 
im wesentlichen gleich erzühlt (ausgenommen den Namen des 
Traumdeuters, s. u.). — Da ist es denn zunächst sehr auffallend, 
daß Johannes’ des Täufers erstes Hervortreten unter Archelaus 
angesetzt wird (also vor dem Jahre 6 nach Christi Geburt). Daß 
das die wirkliche Meinung des Verfassers ist, beweist die aus- 
drückliche Nennung des Archelaus innerhalb der Erzählung 
selbst. Johannes wird vor Archelaus geführt, um sich wegen 
seiner Predigt zu verantworten. 

Das ist eine wesentliche Abweichung von dem Bericht der 
Synoptiker, bes. Luc. 3, 1 u. 2. Mit Matthäus 3, 1 ließe sich 
diese Angabe eher vereinigen, da hier in der Tat eben vorher 
2, 22 von Archelaus als Regenten von Judäa die Rede war 
und in v. 23 die Dauer des Aufenthalts der heiligen Familie in 
Nazareth nicht bestimmt ist. Allein die Meinung ist doch wohl 
hier auch, daß das Auftreten des Täufers zeitlich nach den 
folgenden Ereignissen zu bestimmen ist (vgl bes. c. 3, v. 13: 
τότε παραγίνεται ὁ Imoovc). Wer das Evangelium Matthäi 
nur einigermaßen aufmerksam las, konnte trotz des »ἐν δὲ ταῖς 
ἡμέραις ἐκείναιςε nicht im Zweifel darüber sein. 

Der Verfasser des Jos. Slav. ist aber offenbar der Meinung, 
Johannes der Täufer sei ein bedeutend älterer Zeitgenosse Jesu 
und seine Tätigkeit habe sich auf einen bedeutend längeren 
Zeitraum erstreckt, als die Synoptiker auzunehmen gestatten. — 
Wo aber und wann, auf dem Boden der christlichen Kirche, ist 
solch eine Auffassung möglich gewesen, seitdem die synoptische 
Tradition allgemeine Geltung erlangt hatte? 

Die Erzählung von Johannes dem Täufer, welche die Anti- 


30 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


quitäten bieten (l. XVIII, c. 5, 2), zieht Nr. 1 und 3 unserer 
Zeugnisse zusammen und behandelt das Wirken des Propheten 
summarisch im Zusammenhang mit der Ehe des Herodes Antipas 
und der durch sie veranlaßten Niederlage im Kampfe mit Aretas. 
Diese Erzählung schließt also nicht aus, daß der Verfasser den 
Anfang der Tätigkeit des Täufers schon viel früher angesetzt 
haben könnte. Den Bericht der Antiquitäten für unecht zu 
erklären, was hin und wieder geschehen ist, dazu liegt kein 
ernster Grund vor. Wie aber verhält sich dieser Bericht zu- 
nächst zu unserem ersten Zeugnis? 

Die Aussagen in den Antiquitäten über Johannes’ Tätigkeit 
und Predigt sind anerkanntermaßen ganz auf den römisch -grie- 
chischen Leserkreis des Verfassers berechnet. Sie halten sich 
darum in völliger Allgemeinheit und es ist nur so viel ihnen zu 
entnehmen, daß die Forderung des Predigers auf Gerechtigkeit 
und Frömmigkeit, die im täglichen Verkehr zu beweisen seien, 
ging, die Taufe aber nicht ein magischer Sühneakt sein, son- 
dern die Reinigung des Leibes im Hinblick auf die schon ge- 
schehene Reinigung der Seele bedeuten sollte. Diese Gedanken 
schimmern auch in Jos. Slav. durch: »Gott hat mich gesandt, 
daß ich euch zeige den Weg des Gesetzes«, und »Und nichts 
anderes tat er ihnen, als daß er sie in die Flut des Jordan 
eintauchte und (sie) entließ, sie an weisend, sie möchten ablassen 
von bösen Werken«. 

Das Eigentümliche nun aber besteht darin, daß hier, bei 
Jos. Slav., der Gedanke sofort ins Messianische gewendet wird. 

Denn zuerst heißt es: Johannes sei gesandt, den Weg des 
Gesetzes zu zeigen, »auf welchem ihr euch befreien werdet von 
vielen Gewalthabern. Und es wird nicht über euch herrschend 
sein ein Sterblicher, (sondern) nur der Hóchste, der mich ge- 
sandt hat«. 

Noch schärfer aber klingt die Verheißung an die der Taufe 
sich  Unterziehenden: »und es werde ihnen gegeben werden 
ein Kaiser, der sie befreien und alles Unbotmäßige ihnen 
unterwerfen, selbst aber niemand unterworfen sein würde. 
Schürfer läßt sich die politisch-messianische Hoffnung des 
jüdischen Volkes zu jener Zeit nicht formulieren! Gerade diese 
Hoffnung aber sucht Josephus in dem Antiquitäten-Bericht mög- 
lichst zu verleugnen. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 31 


Kann er da wohl der Verfasser jener Stellen in der slavi- 
schen Übersetzung sein? Meines Erachtens läßt sich diese Frage 
wohl bejahen, sobald es sich um ein Werk handelt, das nicht 
in erster Linie den Zweck hat, die Gemüter der römischen 
Gewalthaber zu captivieren. 

Anderseits, wenn Josephus nicht der Verfasser ist, wer 
sollte ein Interesse daran gehabt haben, Johannes den Täufer 
als Verkündiger politisch-messianischer Ideale darzustellen? 

Ein Christ sicher nicht — schon die Darstellung bei Marcus 
und Matthäus schloß eine solche Auffassung aus. 

Sehwerlich ist auch bei den Juden nach Josephus die nótige 
Stimmung vorhanden gewesen, um Johannes den Täufer, den 
offenbaren Vorläufer Christi, für sich in Anspruch zu nehmen, 
besonders da hier ja seine Verwerfung durch die obersten Ver- 
treter des Volkes berichtet wird. 

Es bleibt also nur die eine Annahme, daß diese Schilderung 
der Predigt des Täufers einem Werk des Josephus angehört, 
das nicht für den römisch-griechischen Leserkreis bestimmt war. 
Höchstens könnte man noch an einen ebionitischen Judenchristen 
denken. Die andern Stücke, besonders Nr. 4, werden meines 
Erachtens auch diese Möglichkeit zunichte machen. 

Auch die Schilderung der Tracht des Johannes, sowie seiner 
Lebensweise (bes. auch in Nr. 3) entspricht nur zum Teil der 
synoptischen: nicht aus Kamelhaaren und einem ledernen Gürtel 
besteht seine Gewandung, sondern aus Rindsfellen, mit denen 
er fast den ganzen Körper bedeckt hat. (Eine solche Ausdrucks- 
weise wie »Aber dem Gesicht nach war er gleichwie ein Wil- 
dere wäre einem Christen sicher nicht zuzutrauen!) Als seine 
Nahrung bezeichnet Johannes selbst vor Archelaus: Rohr, Wur- 
zeln und Holzspäne. 

Ein starker Anklang an Matth. 3, 5: »τότε ἐξεπορεύετο πρὸς 
αὐτὸν ᾿Ιεροσόλυμα καὶ πᾶσα ἡ περίχωρος τοῦ logóarov« liegt 
in der Stelle vor: »Und es ging ihm nach ganz Judäa, das im 
Umkreise von Jerusalem liegt«. Die Möglichkeit, daß aus dem 
Neuen Testamente Glossen hineingekommen sind, muß aber 
durchaus in Betracht gezogen werden. 

Ganz eigenartig dagegen und nur mit geringen Anklängen 
an Neutestamentliches ist die Verhandlung vor Archelaus gestal- 
tet. Durch die Versammlung der Gesetzeskundigen und deren 


32 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Fragen, wer er sei und wo er bisher gewesen sei, fühlt man 
sich etwas an Ev. Joh. 1, 19 erinnert, aber die Antwort des 
Johannes: »rein (?) bin ich, als welchen mich eingeführt hat 
Gottes Geist« klingt eher nach Ev. Luc. 1, 15: »καὶ πνεύματος 
ἁγίου πλησϑήσεται ἔτι ix χοιλίας μητρὸς avrov«. Eine Ab- 
hängigkeit von diesen Stellen ist aber keinesfalls anzunehmen; eine 
derartige freie Verwendung evangelischen Stoffes wäre beispiellos. 

Die Persönlichkeit Simons des Essäers ist auch dem grie- 
chischen Text nicht fremd: hier ist es Simon, » Ἐσσαῖος τὸ γένοςς, 
der dem Archelaus den Traum von den Ähren deutet (ebenso 
Antiqu. XVII, c. 13, 3), während in Jos. Slav. an derselben 
Stelle ein Sadducäer namens »Sumos« (Ssum') erscheint und als 
Traumdeuter fungiert. 

Die Worte, die Johannes auf die Bedrängung durch Simon 
hin antwortet, sind fürs erste nicht zu verstehen: »Nicht werde 
ich euch enthüllen das in euch wobnende Geheimnis, da ihr es 
nicht gewollt habt. Damit ist über euch gekommen ein unsag- 
bares Unglück und um euretwillen«. 

Nicht anderswoher zu belegen ist auch, daß Johannes erst 
durch den Widerstand der jüdischen Oberen veranlaßt wird, den 
Schauplatz seiner Tätigkeit auf die andere Seite des Jordan zu 
verlegen. ! 

Im Hinblick auf Nr. 1 unserer Zeugnisse muß man also 
sagen, dal es am schwersten zu erklären wäre als Interpolation 
von christlicher Seite her. Nicht nur an den Wortlaut der 
christlichen Schriften hält sich der Verfasser nicht, abgesehen von 
der einen Stelle, die auch als Glosse sich erklären läßt, auch 








lj Wie eine Erinnerung daran erscheint ein Zug in der sog. Eurip- 
pios-Geschichte (1. Redaction), die oben schon erwähnt wurde, und zwar 
schon innerhalb desjenigen ihrer Teile, der auch slavisch überliefert ist und 
bereits 1505 in meiner Abhandlung »Studien über Zacharias-Apokryphen und 
Zacharias-Legenden« mitgeteilt wurde; dort heißt es cap. IX, v. 3 (S. 80): 
»als aber Johannes 1? Jahr alt war, ward er von Archelaus erblickt und 
floh in eine Stadt Galiläase.. Da diese Erzäblung dem Neuen Testa- 
ment genau angepaßt ist, hat auch der erwachsene Prophet zum 12jäb- 
rigen Knaben werden müssen. Daß statt Peráa — Galiläa steht, ist 
bei diesem Schriftsteller auch nicht weiter erstaunlich. Griechisch lautet 
die Stelle nach dem Cod. Athen. 1007: "γενόμενοι (sic) δὲ τοῦ Ἰωάννου 
ιβ΄ ἕτους Isic, Anzeido (sic! zarayırwogels ἔφιγεν εἰς πόλιν τῆς Γαλιλαίας 
ἔτι (1. e. ἔτει) ε΄.- 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 33 


nicht einmal die christliche Tradition scheint ihm in der sonst 
uns bekannten Form geläufig gewesen zu sein. Wo wir Anklänge 
an sie haben constatieren können, da waren sie doch sehr un- 
bestimmter Art. 

Mit der Schriftstellerei des Josephus besteht ein gewisser 
Zusammenhang, der allerdings mancherlei Probleme aufgibt, Pro- 
bleme, die sich leichter zu lösen scheinen, wenn man jenes Zeugnis 
zu anderer Zeit und zu anderem Zwecke entstanden sein läßt, 
als besonders die Antiquitäten, aber auch die gewöhnliche Form 
des Bellum Judaicum. 

Nr.2 (s.o. S. 7. Ganz anders scheint es nun von vorn- 
herein mit Nr. 2 unserer Zeugnisse zu stehen. 

Sehr ungünstig nimmt es sich auf den ersten Blick aus: 

1) daß hier der Tetrarch Philippus als erster Gemahl der 
Herodias erscheint; 

2) daß die ganze Erzählung vom Traum des Philippus for- 
mell derjenigen vom Traum des Archelaus (s. o. nachgebildet 
zu sein scheint. 

Was nun ersteres anbetrifft, so ist bekannt, daß Josephus in 
den Antiquitäten den ersten Gemahl der Herodias Herodes, den 
Sohn der zweiten Mariamne, nennt (bes. ]. XVIII, c. 5, 1. 4 u. à). 
Im Bellum Judaicum erwähnt er diese Ehe nur einmal (1. I, c. 28, 
2) und auch an dieser Stelle nur als Absicht des Herodes 
(d. Großen), die eine Tochter des Aristobulus dem Sohne Herodes 
zu geben. (Dieser wurde nachträglich seiner Antwartschaft auf 
die Erbnachfolge verlustig erklürt, B. J. l. I, c. 30, 7; Antiqu. 
]. XVII, 4, 2) 

Ich will nun nicht die jetzt, wie es scheint, allgemein fest- 
stehende Annahme bestreiten, daß Josephus wirklich im Rechte 
war, jenen Herodes, der Mariamne Sohn, für den ersten Gemahl 
der Herodias zu halten, den Tetrarchen Philippus aber für den 
Gemahl der Salome, der Tochter der Herodias. So viel aber 
scheint mir anzunehmen möglich, daß Josephus in der Zeit vor der 
Abfassung des Bellum Judaicum sehr wohl über diese Familien- 
verhältnisse mangelhaft orientiert sein und darum volkstümlichen 
Traditionen folgen konnte. 

Daß solche Traditionen vorhanden waren, beweist eben der 
Name Philippus, der Mark. 6, 17 (vielleicht auch Matth. 14, 3, 


wo nicht alle Handschriften ihn bieten) dem ersten Gemahl der 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 4 3 


34 A. Berendte, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Herodias gegeben wird, wührend bei Lukas (3, 19) dieser Mann 
unbenannt bleibt. ! 

Doch nicht nur hinsichtlich der Ehe dieses Philippus steht 
Jos. Slav. in Widerspruch mit den Antiquitäten, auch der Cha- 
rakter des Tetrarchen Philippus, wie er hier gezeichnet ist 
(Antiqu. XVIII, c. 4, 6), entspricht nicht dem Bilde, das die Er- 
zühlung vom Traum entwirft. Dort der eifrig, und zwar per- 
sönlich Gerechtigkeit pflegende Fürst, hier einer, der der 
Bestechlichkeit beschuldigt wird. Es wird allerdings aus der 
Erzählung nicht deutlich, wieso gerade der Verlust der Gewalt 
und des Weibes eine Folge der Bestechlichkeit des Philippus 
sein soll. 

Übrigens muß auch hier bemerkt werden, daß im Bellum 
Judaicum die Herrschertugenden des Philippus mit keinem Wort 
erwähnt werden. 

Was nun die Traumdeutung selbst anbetrifft, so erscheint 
sie allerdings derjenigen, die dem Archelaus zuteil wurde, nah 
verwandt, aber doch auch mannigfach verschieden. Schon das 
Auftreten des ungerufenen Traumdeuters gibt dem Vorgang eine 
andere Färbung. (Daß Johannes im Ostjordanland, wo Philippus 
regiert, sofort zur Stelle ist, entspricht durchaus dem Schluß 
von Nr. 1.) 

Träume und Vorzeichen beschäftigen den Josephus vielfach. 
Gleich nach dem Traum des Archelaus wird der seiner Gattin 
Glaphyra erzählt: auch hier folgt die Erfüllung in kürzester Frist. 

Das Motiv, das in diesen Geschichten (von Archelaus und 
Philippus) hervortritt, ist ja alttestamentlich. Auch in der Ge- 
schichte Josephs und derjenigen Daniels wird ja die Verlegen- 
heit der berufenen Traumdeuter in Gegensatz zur wunderbaren 


1) Allerding bezeichnet Markus diesen Philippus nicht als Tetrarchen; 
es ist daher natürlich nicht ausgeschlossen, daß er von einem zweiten 
Namen jenes Herodes, Sohnes der Mariamne, eben dem Namen Philippus, 
Kunde gehabt hat. — Merkwürdig ist es, daf) schon der Verfasser der 
Überschrift dieses Stückes die Combination der von dem Neuen Testament 
und Josephus dargebotenen Namen vollzogen hat, die jetzt vielfach an- 
genommen wird; die Überschrift lautet: »Johannes der Vorläufer deutet 
dem Herodes Philippus die Traumerscheinung«. Über die Namen vgl 
E. Schürer, Gesch. d. Jüdischen Volkes, 3. Aufl, I, S. 435, Anm. 19 
und v. Dobschütz in Prot. Realenc.? XV, 8. 337 f. 


9. Kann Josephus der Verfasser sein? 35 


Weisheit des prophetischen Mannes gestellt. (Von einem solchen 
ist sogar bei Archelaus gar nicht einmal die Rede.) 

So haben wir es also in Nr. 2 mit einem von volkstümlicher 
Tradition geleiteten Bericht zu tun: schon an und für sich könnte 
man für eine frühere Stufe der literarischen Tätigkeit des Josephus 
sehr wohl größere Abhängigkeit von solchen Traditionen an- 
nehmen. Besonders in einem Werk, das nicht für die literarische 
Gesellschaft in Rom bestimmt war, sondern volkstümliche In- 
teressen verfolgte, kann man sich über das Eindringen solcher 
Elemente nicht wundern. | 

Nr. 2 gehört an den Schluß von B. J. 1. Il, c. 9, 1. Der 
vorhergehende Abschnitt (c. 9, 1) ist wiederum recht verkürzt: 
es fehlen ganz die Angaben über den Tod der Salome (Schwester 
Herodes des Großen); die von Herodes Antipas und Philippus 
gegründeten (»vielen«) Städte werden nur kurz aufgezählt (ohne 
das zweite Julias und erst nach den Angaben über des Augustus 
Regierungszeit und die Thronbesteigung des Tiberius) Doch trägt 
dieser Abschnitt nicht etwa durchaus den Charakter eines Auszugs. 
— Auf Nr. 2 folgt aber unmittelbar Nr. 3: des Philippus Tod und 
die Ehe des Herodes Antipas mit der Herodias bilden zusammen 
die Erfüllung des von Philippus geschauten Traumes. — 

Nr. 8 (s. o. S. 7) handelt im ersten Teil von der Tötung des 
Johannes. Den Angaben der Synoptiker widerspricht dieser Bericht 
zunüchst nicht, da ja die Synoptiker es vóllig unbestimmt lassen, 
ob Herodes Antipas die Herodias bei Lebzeiten ihres Gemahles 
oder nach dessen Tode zum Weibe genommen habe. Die Rede 
des Johannes könnte als Ausmalung des kurzen Wortes dienen: 
es ist dir nicht gestattet, das Weib deines Bruders zu haben 
(Mark. 6, 18). Auch daß der Entschuldigungsgrund, den Herodes 
für sich aus dem Gesetz anführen könnte — die Pflicht, seinem 
Bruder Samen zur erwecken (Deut. 25, 5.6) — von Johannes 
zunichte gemacht wird, könnte noch in der Linie der Ausdeutung 
liegen. Selbst das nachhaltige Andringen des Johannes ist bei 
den Synoptikern angedeutet: durch das Imperfectum ἔλεγεν bei 
Markus und Matthäus, das Participium Praes. ἐλεγχόμενος bei 
Lukas. 

Um so überraschender wirkt es da, daß Jos. Slav. von der 
eigentlichen Veranlassung der Tödtung, dem Tanz und der Bitte 


der Salome, kein Wort sagt; das Charakteristischste würde also 
3* 


36 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


dieser Autor weggelassen haben, wenn er wirklich die Synop- 
tiker als Hauptquelle benutzt hätte. Ja, die Worte »bis er 
(Herodes) ihm Gewalt antat und ihn niederzuhauen befahl«, schei- 
nen die Situation von Mark. 6, 17 und Parallelen auszuschließen; 
die vorausgehenden Worte aber: »befahl, daß man ibn schlage 
und fortjage« scheinen einen Aufenthalt des Johannes im Ge- 
fángnis auszuschließen. Überhaupt ist es Herodes selbst, der die 
Schuld an dem Tode des Johannes trägt, nicht seine Gattin. 


Insofern nähert sich dieser Bericht wieder den Angaben des 
Josephus in den Antiquitäten, nachdem er diesen sowohl hin- 
sichtlich der Person des ersten Gemahls der Herodias wie der 
näheren Umstände bei der Eheschließung widersprochen hat. 


Es ist allerdings auch darin ein völliger Widerspruch zwischen 
beiden Berichten vorhanden, daß Josephus Antiqu. die Ehe des 
Herodes gar nicht als Veranlassung zur Tötung des Johannes 
ansieht, sondern rein politische Befürchtungen maßgebend sein 
läßt. Gerade das aber gibt zu denken. Sollte nicht auch hierbei 
die Rücksicht auf das griechisch-römische Publicum maßgebend 
gewesen sein, das die aus dem Mosaischen Gesetz hervorgehenden 
Conflicte nicht mitzuempfinden vermochte? 


Man muß nämlich beachten, daß auch Antiqu. XVIIL 5, 1. 
wo vom Vollzug der Ehe zwischen Herodes Antipas und Herodias 
die Rede ist, Herodes, der erste Gemahl, nicht mehr erwähnt 
wird, ganz als ob er nicht mehr unter den Lebenden weilte, über- 
haupt auch nachher verschwunden bleibt. Dann würde es sich 
doch auch nach diesem Bericht hauptsächlich um die gesetzliche 
Frage der Levirats-Ehe gehandelt haben. (Die Verstoßung der 
Aretastochter konnte notdürftig durch das Gesetz gerechtfertigt 
werden; anderseits sagt Josephus direct c. 5, 2, die Niederlage 
sei eine Strafe für die Tótung des Johannes, nicht für die ehe- 
brecherische Ehe des Herodes gewesen.) 


Sehr auffallend ist dann noch die Angabe, der erste Gemahl 
habe von Herodias vier Kinder gehabt. Von den Kindern der 
Herodias aus erster Ehe — mit Ausnahme der Salome — ist 
in den Antiquitäten nicht die Rede, von Philippus aber heißt 
es sogar, er habe bei seinem Tode keine Kinder hinterlassen 
(Antiqu. XVIII, 5, 4). Seiner Gemahlin Salome werden drei Kinder 
von ihrem zweiten Gemahl Aristobulus zugeschrieben. Blickt man 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 37 


da nicht in die Ursachen des Mißverständnisses bei unserem Autor 
hinein? Da Salome ihm als Tochter des Philippus gelten mußte, 
so wurden auch deren drei Kinder diesem zugeteilt.! Ein solches 
Mißverständnis war allerdings nur dann möglich, als des Josephus 
Antiquitäten noch nicht veröffentlicht oder allgemein bekannt 
geworden waren. 


So scheint mir, daß, selbst wenn die Fehlerhaftigkeit der 
Angaben bei Jos. Slav. zugestanden wird, sie dennoch nicht besser 
zu erklären ist, als wenn man Josephus selbst in einer früheren 
Periode seiner literarischen Tätigkeit als Autor ansieht. — 


An den Bericht von des Täufers Tod schließt sich eine 
nochmalige Charakteristik seiner Lebensweise, etwas ausführlicher 
als sie bisher in Nr. 1, 2, 3 geboten worden war, gleichsam 
zusammenfassend. Allerdings wird der Inhalt seiner Predigt nur 
gestreift (»jegliches Unrecht strafte er«), daher denn auch mit 
Antiqu. XVIII, 5, 2 keine Vergleichungspunkte vorliegen. Da- 
gegen gibt es Berührungen mit neutestamentlichen (synoptischen) 
Stellen, die allerdings kaum irgend einen Schlufi für oder gegen 
die literarische Selbständigkeit von Jos. Slav. zulassen. 


Dies ganze Stück kónnte als Ausführung von Luk. 7, 33 gelten: 
»ἐλήλυϑεν γὰρ ᾿Ιωάννης ὃ βαπτιστὴς un ἔσϑων ἄρτον μήτε 
πίνων oivov«, aber die starke Betonung des gesetzlichen Mo- 
ments, verbunden doch wieder mit der Freiheit von der gesetz- 
lichen Praxis, läßt eine gar zu originelle Auffassung durchblicken, 
um dem Verfasser einfach nur Variationen auf ein gegebenes 
Thema zutrauen zu kónnen. 

Der Text ist vom Übersetzer nicht sehr deutlich wieder- 
gegeben worden, so daß man nicht recht versteht, wie dieser 
Johannes die Verwendung des ungesüuerten Brotes gestaltet 





1) Bei aller Hochachtung vor den Angaben des Josephus in den 
Antiquitäten über die Familienverhültnisse der Herodianer muß doch an 
ein merkwürdiges Factum erinnert werden, das Josephus selbst mitteilt 
(XVIII, 5, 1): im Kampfe gegen Aretas stehen ihm zur Seite »övres ἐκ 
τῆς Φιλίππου τετραρχίας«, geben aber durch ihre verräterische Flucht dem 
Kampte einen für Herodes ungünstigen Ausgang. Sollte ihr Verrat sich 
nur aus ihrer Trachonitischen Herkunft erklären? Wie kamen sie über- 
haupt und gerade in diesem Fall zur Beteiligung am Kampf? — Hier 
scheint doch etwas nicht in Ordnung zu sein. 


4 


38 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


wissen will, etwa solchen Bestimmungen wie Exod. 12, 15 gegen- 
über. Noch weniger besagt die Übereinstimmung mit Lukas 1, 15 
in den Worten: »Wein aber und Rauschtrank ließ er sich nicht 
einmal nahe kommen«. Es handelt sich ja auch bei Lukas an 
dieser Stelle um Wiedergabe alttestamentlicher Worte: Num. 6,3; 
Jud. 13, 4. 

Die letzten Worte dieser Schilderung aber lenken vollends 
wieder zu Nr. 1 zurück: als die Nahrung des Johannes bildend 
werden wieder Holzspüne bezeichnet (wenn es sich nicht um 
ein Versehen des Übersetzers handelt) So ist durch diesen 
Schluß, der allerdings etwas abrupt wirkt, das ganze Stück außer- 
halb der synoptischen Tradition gestellt. 

Nr. 4 (s. ob. S. S. Die wichtigste von allen Zugaben des 
Slavischen Josephus ist ohne Frage Nr. 4. 

Von der Beurteilung dieses Berichtes über Christi Leben 
und Sterben wird wohl das Urteil über den Wert aller acht Zeug- 
nisse zum größten Teil abhängen. 

Die Entscheidung wird aber um so schwieriger, als hier 
kein Vergleich mit Josephus selbst angestellt werden kann. Denn 
das bekannte Zeugnis von Christo (Antiqu. XVIII, 3, 3) wird von 
der überwiegenden Mehrzahl der Forscher für unecht gehalten, 
von andern wenigstens für interpoliert. 

Die Gründe für die Unechterklärung dieses Passus sind am 
schürfsten und prücisesten von B. Niese formuliert worden (in 
dem Marburger Programm von 1893: de testimonio Christiano etc.). 
Kurz zusammengefaßt lauten sie (l. c, p. 10): »nam scriptus est 
(sc. locus ille) a Christiano, male cohaeret cum insequentibus, 
dicendi genus habet a Josepho alienum, ab antiquissimis scrip- 
toribus Christianis, imprimis Origene, non agnoscitur, abest ab 
argumentis libri XVIII, non extat in bello Judaico, neque ulla 
est causa, cur necessarium putemus«. 

Lassen sich diese Árgumente auch gegen Nr. 4 aus dem 
Slavischen Josephus ins Feld führen? 

Gleich das erste scheint mir hier völlig zu versagen: daß 
dieser Abschnitt von einem Christen geschrieben sei, scheint mir 
unmöglich. 

Es fehlen vor allem die von Niese in erster Linie incrimi- 
nierten Stellen: 1) die Aussage, daß Jesus der Christ gewesen 
wäre, 2) die Aussage über die Propheten, welche »ταῦτά re (d. h. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 39 


vor allem die Auferstehung) xal ἄλλα μυρία περὶ αὐτοῦ ϑαυμάσιαε 
gesagt hätten. ! 

Die erstere Aussage findet sich ja bei Hieronymus (de viris 
illustr., cap. 13) in gemilderter Form: »et credebatur esse Christus« 
(entsprechend Antiqu. XX, 9, 1), hier aber bei Jos. Slav. ist die 
Messianität Jesu mit keiner Silbe erwähnt. Im Gegenteil, dieses 
Wort erscheint wie mit Absicht vermieden, obwohl der Verfasser 
mit der Anerkennung der Person Jesu nicht kargt, ja sogar die 
Neigung zeigt, ihn für ein übermenschliches Wesen zu halten, 
obwohl er anderseits nicht verhehlt, daß das Volk, ja auch die 
Oberen, sich politische Befreiung von ihm versprochen hätten. 

Am charakteristischsten sind die verschiedenen Äußerungen 
über Jesu Person, die der Verfasser wiedergibt: die einen hätten 
in Jesu den auferstandenen ersten Gesetzgeber gesehen, die an- 
deren hätten gemeint, daß er von Gott gesandt sei, wobei viel- 
leicht auch der folgende Satz das Raisonnement dieser Gruppe 
wiedergibt: er widersetze sich in vielem dem Gesetz und halte 
den Sabbath nicht nach väterlichem Brauch, tue aber anderseits 
nichts Schändliches, sondern bewirke alles nur durch das Wort. 
In jedem Falle scheint in diesen Worten auch die eigene Meinung 
des Verfassers ausgesprochen zu sein. — Wir haben hier eine Art 


1) Auch die von Schürer (Gesch. des jüdischen Volkes}, I, S. 547) 
beanstandeten Worte: »διδάσχαλος ἀνθρώπων τῶν ἡδονῇ τἀληϑῇ deyo- 
μένων-« fehlen in unserem Stück, ebenso die directe Erwähnung der Auf- 
erstehung ohne jede Zweifelsäußerung. Wenn aber Schürer sagt: »Schon 
die Worte »elye ἄνδρα αὐτὸν λέγειν χρή« setzen offenbar den Glauben an 
die Gottheit Christi voraus und verraten den christlichen Interpolator« 
(ähnlich G. A. Müller: Christus bei Jos. 1890, S. 14) — so vermag ich dem 
nicht zuzustimmen. Es ist damit nur ausgedrückt, daß Jesus ein über- 
menschliches Wesen sein könnte. Die Ergänzung zu diesen Worten findet 
sich in unserem Zeugnis und macht sie erst verständlich; es heißt ja hier: 
»Deshalb (d. ἢ. wegen der Wunder) ist es mir nicht möglich, ihn einen 
Menschen zu nennen. Wiederum aber auf das allgemeine Wesen sehend, 
werde ich (ibn) auch nicht einen Engel nennen«. — Über das Fehlen auch 
der Worte "εἰς ἔτι τε νῦν Χριστιανῶν etc.« und »χαὶ πολλοὺς μὲν lov- 
δαίοις, πολλοὺς δὲ xal tov ᾿Ελληνικοῦ ἐπηγάγετο soll noch später bei 
Nr. 5 gehandelt werden. Letztere Äußerung könnte man in dem Satz 
wiederfinden: »und viele aus den Völkern (narodow’) folgten ihm nach«, 
doch ist hier narodow’ unzweifelhaft Übersetzung nicht von ἐθνῶν, sondern 
von λαῶν. Ein Hinweis auf die Heiden wäre hier nicht am Platze. Über- 
dies liest Cod. Acad.: »naroda:, d. h. aus dem Volk. 


40 A. Berendte, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


von Parallele zu Matth. 16, 13sq.; Mark. 8, 27 sq.; Luk. 9, 18 54., 
aber gerade Moses wird an diesen Synoptiker-Stellen nicht ge- 
nannt! Die Synoptiker und Jos. Slav. ergánzen einander gewisser- 
maßen. Die ganze Stelle, die Erwähnung Mosis, »des ersten (nach 
anderer Lesart: unseres ersten) Gesetzgebers«, die feine Unter- 
scheidung von Gesetz und vüterlichem Brauch — Jesu Verhalten 
am Sabbath widerspricht diesem, nicht dem Gesetz —: alles das 
verrát den Standpunkt eines streng auf dem Boden des Gesetzes 
stehenden Mannes, der gleichwohl einen freieren Blick auch für 
die Größe des Abweichenden sich bewahrt hat. 

Das erste der von Niese beigebrachten Argumente hat also 
Jos. Slav. gegenüber keine Geltung. 

Beim zweiten scheint es nicht viel anders zu stehen. 

Die Stellung des von Christo handelnden Abschnittes in 
Jos. Slav. ist nicht ganz dieselbe, wie in Antiqu. XVIII: es steht 
zwischen den beiden gleicherweise im B. Jud. wie in den Antiqu. 
erzählten Angriffen des Pilatus gegen die jüdische religiöse An- 
schauungsweise. Die Erzählung vom zweiten Angriff wird im B. 
Jud. II, 9, 4 mit den Worten angeknüpft: »uera δὲ ταῦτα ταραχὴν 
ἑτέραν éxívtt«; im Slavischen lautet diese Stelle: »Und nachher 
erregten die Juden einen zweiten Aufstand«. 

Durch diese Worte ist es keineswegs unmöglich gemacht, 
daß der »erste« Aufstand nicht unmittelbar vorher erzählt worden 
ist, sondern der Autor sich erlaubt hat, ein in diese Zeit gehöriges 
Ereignis, das das Verhültnis der Führer des Volks zu Pilatus 
grell beleuchtet, einzuschieben. 

Auch die diese Episode einführenden Worte: »Damals trat 
ein Mann auf usw.« nótigen keineswegs, an einen Interpolator zu 
denken. Allerdings, um bei dem rómischen Publicum den Ein- 
druck zu erwecken, daß das jüdische Volk als Ganzes keines- 
wegs am Abfall schuld trage, dazu eignete sich diese Erzählung 
weniger, denn es wird doch einem, wie es scheint, bedeutenden 
Teil des Volkes die Absicht zugeschrieben, Jesum als Führer 
gegen die Rómer, seine Wundermacht als Werkzeug der Er- 
hebung zu gebrauchen. 

Leider ist — vielleicht durch die Schuld des Übersetzers — 
nicht gesagt, wer die »sie« sind, die Jesu »befehlen, daß er einziehe 
in die Stadt und die römischen Krieger (oder: alles Römische) 
und den Pilatus niederhaue und über uns herrsche«. Jedenfalls 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 41 


befürchten die Führer, Pilatus könne sie das Vorhaben jener ent- 
gelten lassen; sie selbst behaupten bloß »machtlos und schwach« 
zu sein, »um den Römern zu widerstehen«, sagen also, daß dieser 
Gedanke ihnen an sich nicht fern liege. Sie glauben aber, ihn 
dadurch am besten zu verdecken, daß sie selbst Jesum und 
seine Begünstiger dem Pilatus angeben. 

Pilatus läßt denn auch »viele aus dem Volke« niederhauen, 
Jesum dagegen spricht er frei. Wie es scheint, ist nach des 
Verfassers Meinung Jesu Tod ganz unabhängig davon, durch eine 
andere Intrigue, herbeigeführt worden. Davon später. 

Wenn Niese sagt (l c. p. X): »tantum enim abest, ut Ju- 
daeorum res omnes narraverit, ut ea tantummodo dederit, quae 
motu aliquo aut caedibus insignia ab rerum scriptoribus tradita 
erant«, so haben wir in dieser Erzühlung durchaus etwas in den 
Zusammenhang Gehöriges: von einem »motus« und einer »caedes« 
ist hier ebenso die Rede wie im vorhergehenden und im nach- 
folgenden Abschnitt. Wenn der gleich darauf berichtete Auf- 
Stand vom slavischen Übersetzer als »zweiter« gezühlt wird, so 
kann das eine Übersetzung von ἑτέρα (sciL ταραχή oder eher 
noch: στάσις) sein, anderseits aber ist ja der Aufstand in unserer 
Erzählung gar nicht zum Ausbruch gekommen. Im griechischen 
Text steht in der Tat ταραχὴ ἑτέρα (nicht δευτέρα). 

Bemerkt muß hier auch werden, daß, während der Vorgang 
mit den Kaiserbildern fast ganz übereinstimmend mit dem Grie- 
chischen wiedergegeben wird, die Erzählung von den Unruhen 
anläßlich der Anlage der Wasserleitung im Slavischen bedeutend 
verkürzt erscheint, anderseits aber als eigentümlichen Zug die 
Angabe enthält, es seien Dreitausend auf der Flucht nieder- 
geschlagen worden. (Auch in Antiqu. XVIII, 3, 2 lesen wir 
keine Zahlenangabe.) Es ist also in Bezug auf das zweite der 
Nieseschen Argumente zu sagen, daß es bei unserem Zeugnis 
erst recht nicht zutrifft. 

Das dritte erledigt sich einfacher: die Übersetzung erlaubt 
keinen sicheren Schluß, ob das »genus dicendi« des Josephus ein- 
gehalten ist oder nicht. Aber auch, wenn der Stil ein anderer 
wäre als im griechischen Bellum Judaicum, so würde das noch 





1) Vielleicht hat der Slave gerade den Versuch, in den Jesus hinein- 
gezogen werden sollte, als ersten »Aufstand« (mjate2’) gezählt, da ja 
wegen der Kaiserbilder kein förmlicher Aufstand ausbrach. 


49 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


nichts beweisen; es handelt sich unter allen Umständen um eine 
andere, wohl auch zu anderer Zeit und zu anderem Zweck ver- 
anstaltete Ausgabe. 

Zudem kann hier erst die genaue Untersuchung des ganzen 
Slavischen Josephus mehr Licht schaffen. Überhaupt aber darf 
die Hoffnung ausgesprochen werden, daß gerade an diesem Punkte 
vor allem die Arbeit der eigentlichen Josephus-Kenner einsetzen 
wird, zu denen ich mich nicht zählen kann. 

So viel darf nur gesagt werden, daß auch hier (wie Antiqu. 
XVIII, 3, 3) der Verfasser sich mit den Juden hin und wieder in 
der ersten Person Pluralis zusammenfafit: »unser erster Gesetz- 
geber«, »(dal Er) tiber uns herrsche«. Allerdings hat nur Cod. 
Syn. 770 von den bisher verglichenen Handschriften die erste 
Person Pluralis, doch dürfte das die ursprüngliche Lesart sein, 
die den Abschreibern fremdartig vorgekommen und daher besei- 
tigt worden ist. 

Doch ist wahrlich kein Grund vorhanden, darin ein Zeichen 
von Interpolation zu sehen: sogar für die Antiquitäten weist Niese 
selbst (1l. c. p. V) diese Redeweise nach, im Bellum Judaicum findet 
sie sich freilich, soviel ich sehen kann, nur im Vorwort. In 
einer Ausgabe, die für Nicht-Rómer bestimmt war, lag erst recht 
keine Veranlassung vor, sie üngstlich zu vermeiden. 

Ein anderes Bedenken Nieses bezieht sich darauf, daß in 
dem betr. Passus der Antiquitäten nichts erzählt wird, während 
sonst alle Personen, die in irgend einer Weise mit Jesu ver 
glichen werden können, mit einer, wenn auch kurzen, Erzählung 
versehen sind. Diesem Bedenken wird durch unseren Bericht 
wohl vollständig genügt. Der Bericht ist sogar vollständiger. 
als der über Judas den Gaulaniter und den ägyptischen Propheten 
in dem Bellum Judaicum (II, 8, 1; Il, 13, 5). Auch von bier 
aus ist also schwerlieh etwas Entscheidendes gegen Josephus als 
Autor unseres Berichtes ins Feld zu führen. 

Wie aber steht es mit der Bezeugung durch die ältesten 
christlichen Schriftsteller, insbesondere Origenes? 

Wir gehen von Origenes aus. Niese sagt mit Recht (lc 
p. VID, Origenes hätte dem Josephus nicht, wie er es tut, Ur 
glauben in Bezug auf Jesus als den Christ zuschreiben können, 
wenn er das Zeugnis in den Antiquitäten gelesen hätte. 

Wenn er aber gar nichts Derartiges in allen Werken de 





5. Kann Josephus der Verfasser sein? 43 


Josephus gelesen hat, wo hat er das her, daß Josephus nur in- 
sofern an Jesum nicht glaubte, daß er ihn nicht für den Christ 
hielt? Denn das scheint contra Cels. I, 47 besagen zu wollen: 
»0 δ᾽ αὐτὸς xalroı ye ἀπιστῶν τῷ ᾿Ιησοῦ ὡς Χριστῷε; sollte das 
ganz ausschließlich auf den Worten aus Antiqu. XX, 9, 1: »᾽]ησοῦ 
τοῦ λεγομένου Χριστοῦς beruhen? 

Nach Origenes, Comm. in Matth. X, 17 »τὸν Ἰησοῦν ἡμῶν 
οὐ καταδεξάμενος εἶναι Χριστόνε könnte es allenfalls so scheinen, 
doch notwendig ist diese Auffassung auch hier nicht. Wenn es 
aber c. Cels. I, 47 heißt: ν»ἀπιστῶν τῷ ᾿]ησοῦ ὡς Χριστῷε, so 
ist doch wohl das Nächstliegende, darin das Zugeständnis zu sehen, 
daß Josephus, abgesehen von der Messianität, an Jesum glaubte. 
Steht nicht gerade das in Jos. Slav.? 

Mehr als diese Frage aufgeworfen haben möchte ich aller- 
dings nicht. Jedenfalls läßt sich aus Origenes kein stricter Be- 
weis dafür führen, daß er auch unsern Bericht nicht gelesen hat. 

Wenig bedeutet es, daß das von Bratke im » Religionsgesprüch 
am Hofe der Sassaniden« gefundene Referat aus Josephus ohne 
Zwang auf unseren Bericht sich zurückführen läßt (s. o. S. 20, 
Anm. 1). Denn jene Schrift gehört ja sehr viel späteren Zeiten an. 

Das Schweigen von Schriftstellern wie Clemens Alexandrinus, 
Tertullian u.a., die den Josephus gekannt, könnte für unseren 
Bericht verderblich sein: allein, wenn man die kühle Haltung 
unseres Berichts ansieht, dazu die mit den Synoptikern in vielen 
Punkten schwer vereinbare Erzählung erwägt, so ist es doch 
wohl nicht verwunderlich, daß christliche Schriftsteller sogar 
schon im 2. Jahrhundert derartige Zeugnisse nicht brauchen 
konnten. Wie ein Zeugnis, das ihrem Geschmack entsprach, 
aussehen mußte, das zeigt eben Antiqu. XVIII, 3, 3 und die Auf- 
nahme, die diese Stelle schon so bald gefunden hat. 

Gerade dieses Antiquitätenzeugnis scheint mir nun aber das 
beste Zeugnis für den Bericht von Jos. Slav. abzulegen. Daß 
die ersten Worte hier und dort im Zusammenhang miteinander 
stehen müssen, fällt sofort in die Augen. 

Dort — Antiqu. XVIII — heißt es: »ylverau δὲ κατὰ τοῦτον 
τὸν χρόνον Ἰησοῦς σοφὸς ἀνήρ, εἴγε ἄνδρα αὐτὸν λέγειν xon«, 
hier, bei Jos. Slav.: »Damals trat ein Mensch auf, wenn es auch 
geziemend ist, ihn einen Menschen zu nennen u. 8. w.« 

Das »00905 ἀνήρε, das hier fehlt, ist wie eine Zusammen- 


44 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


fassung des gesamten Berichts, insbesondere der Erörterungen 
über ihn als auferstandenen Moses oder als von Gott Gesandten. 
Es fehlt außerdem bei Jos. Slav. der Name Jesus, ja er wird wie 
mit geheimnisvoller Scheu in fast allen diesen Abschnitten sorg- 
fältig vermieden (mit Ausnahme von Nr. 8)! Sonst aber läßt 
sich, wenn man alles offenbar Christliche ausscheidet, das ganze 
Antiquitäten-Zeugnis als ein kurzer Auszug aus unserer Nr. 1 
(mit Hinzunahme von Nr. 5) begreifen. Allerdings ist dieser 
Auszug möglichst farblos ausgefallen, so besonders in den Worten: 
sdıdaoxaros ἀνθρώπων τῶν ἡδονῇ τἀληϑῆ δεχομένωνε (die 
übrigens auch von v. Gutschmid, Gieseler, Hase, G. A. Mül- 
ler noch zu den christlichen Interpolationen gezählt werden, 
aber vielleicht am meisten an den Stil des Josephus erinnern), 
und in der kurzen Erwähnung des Todes Jesu »xal αὐτὸν ἐν- 
δείξει τῶν πρώτων ἀνδρῶν παρ᾽ ἡμῖν OTavo@ ἐπιτετιμηχότος 
Πιλάτους͵ was natürlich dem Bericht der Evangelien angepaßt 
ist. (Über Nr. 5 in seinem Verhältnis zu Ant. XVII s. u.) 

Das Umgekehrte anzunehmen: daß jemand die kurze Aus- 
führung in den Antiquitäten zu dem Bericht von Jos. Slav. er- 
weitert hätte, das würde zu einem schier unlösbaren Rätsel 
führen. Wer sollte dieser Bearbeiter sein, der alles specifisch 
Christliche entfernt und auch die Übereinstimmung mit den 
Evangelien aufgegeben hätte zugunsten frei erfundener Züge in 
der Geschichte Jesu? — Da also angenommen werden muß, daß 
die Abhängigkeit, die wegen des ersten Satzes bei einem der 
beiden Berichte notwendig vorhanden ist, eher auf Seiten von 
Antiqu. XVIII, 3, 3 zu suchen sein muß, so haben wir an dem so 
früh bezeugten Zeugnis ein neues Beweismittel dafür erhalten, 
daß der Bericht in Jos. Slav. älter nicht nur als Eusebius von 
Caesarea, sondern auch als der ihm vorliegende Text der Anti- 
quitäten des Josephus ist. 


1) Daß eine ebensolche Redewendung wie "εἴγε ἄνδρα etc.« in einem 
bekannten Apokryphon vorkomme, — den Acta Pilati (Recension B, 
cap. ΧΙ, bei Tischendorf, Evangelia apocrypha?, 1876, p. 314) hat Th. Zahn 
bemerkt (Forschungen zur Geschichte des neutestamentlichen Kanons, 
Band VI, 1900, S. 302, Anm. 3). Aber wenn es hier heißt: »εἰ χρὴ μὲν 
xal ἄνϑρωπον ὀνομάζειν σε, τὸν οἷα οὐδέποτε πεποίηχεν ἄνϑρωπος ϑαύ- 
ματα ἐργασάμενονα, — 80 ist bei der sehr späten Entstehung dieser Re 
cension einfach an Benutzung des Antiquitätenzeugnisses zu denken. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 45 


Das Argument von der Bezeugung des Testimonium Christia- 
num fällt also sogar zugunsten unseres Berichts aus. 

Die drei letzten Argumente kommen überhaupt nicht in Be- 
tracht: derartige Inhaltsverzeichnisse, wie für die Antiquitüten, 
sind für den Jüdischen Krieg aus alter Zeit nicht erhalten.! 

Darum, ob im jüdischen Krieg auch von Christo die Rede 
gewesen ist, handelt es sich ja hier gerade. Was nun aber 
die Frage angeht, warum in dem allgemein bekannten grie- 
chischen Text dieses Werkes nichts davon enthalten ist, das 
werden wir am Schlusse zu erörtern haben. Endlich: es sei 
kein Grund vorhanden, die Erwähnung Christi für notwendig zu 
halten — was das anbetrifft, so haben wir schon gesehen, daß unser 
Bericht sogar unter die Bestimmung Nieses paßt, was »motu 
aliquo aut caedibus« von Bedeutung gewesen sei, das allein habe 
Josephus des Erzählens für wert gehalten. 

An und für sich muß man eigentlich sagen, daß es wohl 
eher einer Erklärung bedürfte, warum Josephus in seinen beiden 
Werken von einer für sein Volk so bedeutenden Krisis ge- 
schwiegen hat; daß Justus von Tiberias es getan, ist noch keine 

Erklärung. 

Von vornherein ist man also eigentlich zur Vermutung ver- 
anlaßt, die auf Jesus bezüglichen Stellen seien entweder von 
Josephus oder von andern mit Absicht beseitigt worden. 

So haben wir denn also von den Zweifeln, welche die Authen- 
tieität von Antiqu. XVIII, 3, 3 zertrümmert haben, für unseren 
Bericht nichts Wesentliches zu besorgen. 

Wir haben nun aber die andere Frage zu stellen: Wie verhält 
sich dieser Bericht zum Neuen Testament, insbesondere zu den 
Evangelien? Läßt er sich vielleicht als von diesen abhängig 
erweisen? 

Ich denke, man braucht ihn bloß flüchtig zu lesen, um die 
Unabhängigkeit seines Gehalts an Tatsachen und seiner Auf- 
fassungsweise von der ganzen evangelischen Tradition zu erken- 
nen, selbst dort, wo er sich mit ihr zu berühren scheint. 

Die Schilderung der Tätigkeit Jesu, seiner erstaunlichen 
Wundertaten, besonders Heilungen, die durch kein anderes Mittel, 








1) Wie alt das Inhaltsverzeichnis in einigen slavischen Josephus- 
Handschriften (das noch nicht untersucht werden konnte) sein mag, ist 
nicht bekannt. 


46 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


als die in seinem Wort und Befehl sich kundtuende unsichtbare 
Kraft bewirkt wurden, der Hinweis auf seine Lehrwirksamkeit, 
die in vielem dem Gesetz entgegenstand, insbesondere der tra- 
ditionellen Auffassung des Sabbaths entgegentrat, und dabei 
wieder die Betonung der Reinheit seines ganzen Wirkens — sollte 
das alles nur Lesefrucht aus den Evangelien sein? 

Ein anderes Bild von Jesu Person und Werk läßt sich bei 
den sittlich hervorragendsten Gliedern der jüdischen Nation, 
speciell der pharisäischen Partei, der Josephus doch angehört 
hat, nicht voraussetzen. Aus diesem Bilde und der Hochachtung 
Jesu, die auf diesem Grunde erblühen konnte, folgt noch nicht 
die Anerkennung der Messianität. Es muß hier genügen, da- 
rauf hinzuweisen, daß auch in den allerersten Jahren nach der 
Zerstörung Jerusalems eine derartige Bewunderung Jesu in 
jüdischen Kreisen noch möglich war. — Die den Christen näher- 
stehenden Gruppen des Volkes sind von der jüdischen rabbinischen 
Tradition naturgemäß vergesssen worden, und es ist noch wenig 
geschehen, um auch sie gebührend wieder hervortreten zu lassen. ! 
Gerade unter den Gegnern der jüdischen Erhebungsversuche, also 
in der Umgebung des Josephus, werden wir auch die relativ 
christenfreundlichen Juden zu suchen haben. In den ersten 

1) v. Dobschütz (»Probleme des apostolischen Zeitalters«, Leipzig 
1904, S. 37f) macht es wahrscheinlich, daß die Ausschließung der Juden- 
christen aus dem Synagogalverbande erst eine Folge der Katastrophe vom 
Jahre 70 gewesen ist. Es ist dann natürlich, daß diese Ausschließung sich 
nicht überall zu gleicher Zeit vollzogen hat, daß geistig sehr hoch- 
stehende und etwas freier gesinnte Juden, besonders solche, die die 
Schuld des jüdischen Volkes an seinem Untergang, wenn auch nur in be- 
schränktem Maße anerkannten, auch Christo und den Christen noch eine 
freundlichere Beurteilung angedeihen lassen konnten. Die Verwerfung des 
Christentums durch die Juden hat ihren feierlichsten Ausdruck erst in der 
auch gegen die Nazoräer gerichteten Bitte des Schmone-Esre-Gebetes ge- 
funden, und die Einfügung dieser Bitte wird erst um 100 n. Chr. an- 
gesetzt (v. Dobschütz a. a. O. S. 35f). Erst in diese und noch spätere 
Zeit gehören die verschiedenen, in der rabbinischen Tradition aufbehal- 
tenen Anekdoten (am vollständigsten bei A. Meyer in E. Henneckes 
Handbuch zu den Neutestamentlichen Apokryphen, Tübingen 1904, S. 66ff. 
Leider ist mir R. Tr. Herford Christianity in Talmud and Midrasch«, 
London 1903, unzugünglich), die hinreichend die Möglichkeit beweisen, 
daß Juden, sogar Schriftgelehrte, eine günstigere Meinung vom Christen- 
tum fassen konnten, ohne doch Christen zu werden. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 47 


Jahren nach der Zerstörung Jerusalems werden bei Josephus 
diese Stiminungen stärker gewesen sein als später, wo auch seine 
Beziehungen zu der römisch-griechischen Gesellschaft immer 
enger wurden. Hier gilt es zunächst nur festzustellen, daß eine 
Schilderung von Jesu Person und Werk, wie sie in unserem 
Stück gegeben ist, nicht notwendig aus dem Neuen Testament 
hergeleitet sein muß, 

Solches wird sogar durch Betrachtung der hier mitgeteilten 
Tatsachen, die mit der Schilderung eng zusammenhängen, so gut 
wie ausgeschlossen. Doch muß gleich hier bemerkt werden, daß 
diese Tatsachen immerhin in einer gewissen Beziehung zu der 
evangelischen Tradition stehen, und zwar merkwürdigerweise am 
meisten zur Johanneischen. 

Gleich die Schilderung vom Erfolg des Wirkens Jesu, von 
der durch sie erregten Hoffnung auf Befreiung aus der römischen 
Gewalt, erinnert an die von Jesus durchschauten Absichten des 
Volkes nach der wunderbaren Speisung (Joh. 6, 15). Allerdings 
ist von einer deutlichen Anspielung keine Rede. 

Eher zur Johanneischen als zur synoptischen Tradition paßt 
es auch, wenn der Schauplatz der Hauptwirksamkeit Jesu in die 
Umgegend Jerusalems verlegt wird; aber, wenn der Bericht es 
so darstellt, als wenn Jesus nur hier, auf dem Ölberg, gewirkt 
hätte, und von Galiläa ganz schweigt, so ist das ganz eigenartig. 

Ebenso eigenartig ist die Zahl seiner »Knechte« (150), d. h. 
doch wohl der Jünger, da sie vom »Volk« unterschieden werden. 
(Das vom Slaven gebrauchte Wort slugá ist eigentlich soviel wie 
ὑπηρέτης; vielleicht stand in der Vorlage axpoarns?'!) Wie 
schon oben gesagt, ist es vielleicht Schuld des Übersetzers, daf 
die Urheber der an Jesus herantretenden Versuchung, seine 
Wundermacht zur Vernichtung der Römer und zur Aufrichtung 
weltlicher Herrschaft zu gebrauchen, nicht näher bezeichnet sind. 

Ob sich in dem Plan, Jesum in die Stadt zu berufen, um die 
Vernichtung der Römer zu bewirken, der Empfang beim Einzug 
in Jerusalem spiegelt? Gerade darin läge ein Beweis, daß der 
Verfasser über andere Quellen verfügte, als die Evangelisten, 
daß er Einblick hatte in die geheimen Triebfedern, die das Ver- 


1) v. Dobschütz, Probleme, S. 30, Anm. 1: »Die Rabbinen legen 
Nachdruck auf das «Nachfolgen» und «Dienen» der Schüler«. 


48 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


halten des Volkes und seiner Führer Jesu gegenüber bestimmten. 
Das bestätigt sich gleich darauf durch die Mitteilungen über die 
Verhandlungen der Führer der Juden mit dem Hohenpriester. 

Diese Verhandlungen bieten ein unverkennbares Seitenstück 
zu Joh. 11, 47—50. Aber wie merkwürdig! Sie ergänzen sie 
hinsichtlich der eigentlichen Motive, die die jüdischen Oberen 
veranlafiten, Jesum dem Pilatus auszuliefern. Die Furcht, durch 
das Vorgehen jener, die Jesu Wundermacht gegen die Römer 
ausspielen wollten und nun sich durch Jesum selbst desavouiert 
sahen, in den Augen des Pilatus compromittiert zu sein, zwingt 
jene Männer, ihre Hoffnungen die sie gewiß mitgehegt, zu ver- 
leugnen und Jesum als Opfer für ihre Sicherheit darzubringen. 
Die Befürchtungen der Oberen klingen formal hier und da ühnlich: 
dort »xal ἐλεύσονται οἱ Ῥωμαῖοι καὶ ἀροῦσιν ἡμῶν καὶ τὸν 
τόπον xai τὸ ἔϑνοςςε, hier: »damit nicht.... wir sowohl des 
Vermögens beraubt, als auch selbst niedergemacht, die Kinder 
aber zerstreut werden.« — Hier sind die Befürchtungen etwas 
schärfer ausgedrückt, inhaltlich aber kaum verschieden; dennoch 
dürfte es schwer fallen, literarische Abhängigkeit auf dieser (des 
Jos. Slav.) Seite zu constatieren. 

Der Evangelist hat mehr die religiöse Seite im Auge, die 
gewiß auch officiell in den Vordergrund gestellt worden ist; der 
Historiker hat Kunde von der schändlichen Kehrseite jenes 
scheinbaren Gesetzesconservatismus. 

Das Wort des Kaiphas: »συμφέρει ὑμῖν, tva εἷς ἄνϑρωκος 
ἀποθάνῃ ὑπὲρ τοῦ λαοῦ xci un oAov τὸ ἔϑνος ἀπόληταις 
paßt fast noch besser als Abschluß für die Rede in Jos. Slav. 
Doch die Schátzung des historischen Wertes der hier gebotenen 
Nachrichten gehört nicht zur Aufgabe dieser Abhandlung. Hier 
darf nur constatiert werden, daß es unmöglich ist, den Bericht 
von Jos. Slav. als ausschmückende Erweiterung des evangelischen 
zu begreifen. 

Dasselbe gilt erst recht vom Rest des Berichtes: hier 
bewegt sich der Autor fast ganz abseits von den Bahnen der 
Evangelien. 

Daß Pilatus viele aus dem Volke niederhauen läßt, könnte 
vielleicht auf dasselbe Ereignis gehen, das Luc. 13, 1 erwähnt 
wird: Pilatus habe das Blut mehrerer Galiläer mit ihren Opfern 
vermischt. Denn unter denen, welche den Aufstandsversuch 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 49 


mit Hilfe von Jesu Wundermacht planten, wird man wohl vor 
allem Galiläer vermuten dürfen, die zum Zwecke einer Festfeier 
nach Jerusalem gekommen waren. 

Dieses Ereignis wird von Lukas lange vor dem Proceß Jesu 
angesetzt, aber unser Autor unterscheidet ja 2 Processe und lüßt 
uns im unklaren darüber, wieviel Zeit zwischen beiden er ver- 
strichen sein läßt. 

Wenn hier also auch eine Berührung mit evangelischem 
Stoff zu constatieren wäre, so würde gerade die Art und Weise 
der Berührung gegen jeden wirklichen Zusammenhang zwischen 
Lukas und Jos. Slav. sprechen. Was nun die beiden Processe, 
die unser Autor unterscheidet, anbetrifft, so ist bei dem ersten 
schon das völlig von den evangelischen Berichten abweichend, 
daß Pilatus es ist, der Jesum herbeiführen läßt, freilich auf die 
Anzeige der jüdischen Oberen hin. Doch muß daran erinnert 
werden, daß nach Joh. 18, 3 die »orelpa« an der Verhaftung 
Jesu beteiligt war. 

Was über das Verhör berichtet wird, erinnert am ehesten 
an Johannes, doch auch an Lukas. Besonders die Worte, Jesus 
habe sich erwiesen weder »als ein Aufrührer, noch ein nach der 
Herrschaft Strebender«, finden am ehesten ihre Parallele an dem 
Gespräch Joh. 18, 33—38 (doch auch Luk. 23, 14sq.). Wenn es 
aber dann heißt: Pilatus ließ ihn frei, so bietet Lukas zweimal 
(23, 16 und 22) als von Pilatus ausgesprochene Absicht: er wolle 
ihn züchtigen und loslassen. Johannes aber sagt 19, 12: »&x τούτου 
6 Πειλᾶτος ἐζήτει ἀπολῦσαι αὐτόνε, was noch mehr zu unserem 
Bericht paßt, nur daß hier die Absicht zu einer wirklichen Frei- 
lassung geworden ist. Eine solche konnte auch der flüchtigste 
Leser nicht aus den Evangelien herauslesen! Mit Absicht aber 
die evangelische Erzählung in diesem Sinne umzugestalten, hätte 
keinen vernünftigen Zweck gehabt: es hätte nur geschehen 
können, um den Pilatus zu entlasten. Aber gleich darauf wird 
ja von diesem viel Schlimmeres berichtet, als irgend in den 
Evangelien zu lesen steht. Die Unschuld Jesu als von den 
Heiden bezeugt darzustellen, dazu genügten die Evangelien voll- 
ständig. — Als ein besonderer Grund der Freilassung wird nun 
aber genannt, daß Jesus das sterbende Weib des Pilatus geheilt 
habe. Damit kommt der Verfasser in die Nähe des von Matthäus 


gebotenen Erzählungsstoffes; aber auch hier, wie sehr ist der 
Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 4 4 


50 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


von Matthäus (27, 19) erzählte Zug der Geschichte verändert! 
Wenn es sich um apokrypbe Ausdeutung gehandelt hätte, so 
wäre vielleicht die Heilung als Ursache des Traumes erschienen, 
nicht aber an die Stelle des Traumes getreten. Vor allem hätte 
aber die Heilung nicht als Motiv der wirklich erfolgten Frei- 
lassung durch Pilatus dienen können. 

Nach dem Bericht unseres Autors habe Jesus dann seine 
Tätigkeit am gewohnten Platz, d. h. am Olberg, und mit noch 
größerem Erfolge aufgenommen. Der Erfolg wird so ausgedrückt, 
daß Jesus sich durch sein Wirken mehr verherrlicht habe als alle. 
Das erscheint dann als Motiv für den Neid der »Gesetzeslehrer«, 
und wiederum tritt hier der Verfasser in den Bereich des Matthäus, 
bei dem es 27, 18 heißt: »ἤδει γὰρ ὅτι διὰ φϑόνον παρέδωχαν 
αὐτόνε. 

Daß hier die »Gesetzesgelehrten« (sakonnizi) genannt sind, 
was dem griechischen vowıxol oder γνομοδιδάσχαλοι entsprechen 
würde, aber wohl nur Wiedergabe von γραμματεῖς ist, darf nicht 
etwa gegen Josephus als Autor verwandt werden. Es hängt mit 
der oben erörterten Frage zusammen: wird es für möglich ge- 
halten, daß Josephus für Christum große Sympathie hegte, so 
ist es natürlich auch möglich, daß er unbefangen genug war, 
die unbezweifelbare Schuld der Lehrer seines Volkes offen ein- 
zugestehen. 

Pilatus wird von den jüdischen Führern mit 30 Talenten 
bestochen: das ist die weitere, ganz unerhörte Nachricht unseres 
Autors. Die 30 Silberlinge, die Judas erbält, sind zu 30 Talenten 
geworden, entsprechend der Würde desjenigen, dem sie geboten 
werden. 

In dem russischen Chronographen der Redaction von 1512 
(s. o. S. 13; Popoff l. c, p. 133 sqq.) ist der Verrat des Judas und 
der Preis von 30 Silberlingen doch noch hinzugefügt worden, 
doch ist dieser Zusatz sowohl den Josephus-Handschriften, soweit 
ich von ihnen Kenntnis habe, wie sogar der Archiv-Handschrift 
fremd. 

Allein um dieser merkwürdigen Umgestaltung der Tatsachen 
willen muß von jeder Benutzung unserer Evangelien durch Jos. 
Slav. abgesehen werden. (Über die Verwendung dieses Motivs in 
Apokryphen s. u Den Wert dieser Nachricht haben wir hier, 
wie gesagt, nicht zu erórtern. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 51 


Wenn es dann endlich heißt, der bestochene Pilatus habe 
Jesum nicht selbst töten lassen, sondern den Juden den Willen 
gelassen, damit sie ihr Vorhaben ausführten, so lassen sich hierfür 
in den Evangelien Berührungspunkte finden, und zwar wieder 
bei Lukas und Johannes. Bei Lukas heift es cap. 23, 24: »xal 
Πειλᾶτος ἐπέχρινεν γενέσϑαι τὸ αἴτημα αὐτῶνε und v. 25: 
Στὸν δὲ Inooüv παρέδωχεν τῷ ϑελήματι αὐτῶνε. Johannes aber 
enthält c. 18, 31 die directe Aufforderung des Pilatus an die 
Juden: »λάβετε αὐτὸν ὑμεῖς xal xara τὸν νόμον ὑμῶν xolvare 
αὐτόνε und ähnlich c. 19, 6: »λάβετε αὐτὸν ὑμεῖς xal σταυρώ- 
oare«. Aber das ist der große Unterschied, daß die Kreuzigung 
nach den Evangelien dennoch auf Befehl des Pilatus, durch seine 
Kriegsknechte erfolgt, hier aber heißt es: »Jene nahmen ihn 
und kreuzigten ihn gegen das väterliche Gesetz«. 


Es ist also dieser zweite Proceß gar kein wirklicher. Pilatus 
läßt sich durch Bestechung bewegen, den Juden völlig freie 
Hand zu lassen (entgegen der Joh. 18, 31 erwähnten Bestim- 
mung: daß sie niemand töten dürften), aber auch die Juden selbst 
handeln unserem Verfasser gemäß gegen ihr väterliches Gesetz 
(dagegen Joh. 19, 7: »ἡμεῖς νόμον ἔχομεν, καὶ κατὰ τὸν νόμον 
ὀφείλει ἀποθανεῖν, ὅτι υἱὸν ϑεοῦ ἑαυτὸν ἐποίησενε). Die 
Frage nach den Normen des Gerichtsverfahrens im Proceß Jesu 
dürfte diesem Bericht zufolge überhaupt nicht gestellt werden: 
es ist durchaus ein tumultuarisches Verfahren. Damit wäre doch 
die Schuld des Gesamtvolkes gemindert; wie später im jüdischen 
Kriege wird die ärgste Schuld auf einige Tyrannen und die von 
ihnen fanatisierten Scharen abgewälzt. Vor allem ist die gesetz- 
liche Ordnung des jüdischen Volkes, aber auch des römischen, 
davon entlastet, solche Greuel verursacht zu haben. 


Wer aber von den christlichen Lesern der Evangelien hätte 
ein Interesse gehabt, diese Entlastung vorzunehmen, im Gegen- 
satz zu den Evangelien? 


Ein Jude konnte das eher, aber auch nur zu der Zeit, da 
Josephus sein De Bello Judaico schrieb, schwerlich später, vor 
allem nicht zu der Zeit, da das Evangelium Johannis fertig vor- 
lag, etwa am Anfang des zweiten Jahrhunderts. 


Es darf indes nicht verschwiegen werden, daß das Motiv 
der Bestechung des Pilatus der apokryphen Literatur nicht fremd 
4* 


52 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


ist. Dank der freundschaftlichen Liebenswürdigkeit des Herrn 
Professor E. von Dobschütz bin ich in der Lage, das ein- 
schlägige Material vorlegen zu können. Aber dieses Material 
ist durchaus nicht geeignet, die Bedeutsamkeit des von Jos. Slav. 
Mitgeteilten zu verringern. 

Vor allem kommt das sog. Rescriptum Tiberii (oder auch 
Epistola Tiberii ad Pilatum, bei M. R. James, Apocrypha anec- 
dota, II, Cambridge 1897, Texts and Studies V, 1, pag. 78sqq.) in 
Betracht. Zweimal findet sich wie eine schon bekannte Tatsache 
erwühnt, daf Pilatus Geschenke empfangen habe, damit er Jesum 
dem Tode übergebe (p. 78, lin. 12: »καὶ δῶρα ὑπὲρ τοῦ ϑανάτου 
αὐτοῦ EAaßes« und p. 79, l. 168qq.: »τοὺς συμβούλους σου xai 
συμμύστας, ἀφ᾽ ὧν xci τὰ δῶρα τοῦ ϑανάτου εἴληφας ε). Schon 
diese Art der Erwähnung, die das Factum der Bestechung schon 
als bekannt voraussetzt, macht es unmöglich, diesem Apokry- 
phon die Priorität vor Jos. Slav. zuzusprechen, mag man auch 
von der Benutzung des Jos. Slav. durch Egesippus absehen. 
Man ist im Gegenteil durch die Übereinstimmung gezwungen, 
Jos. Slav. als eine der Quellen des Rescriptum anzusehen, denn 
dort wird eben erzählt, was hier vorausgesetzt ist. Aber Jos. 
Slav. erweist sich auch an anderen Stellen als vom Rescr. Tib. 
benutzt. Mehrfach wird erwähnt, daß Pilatus Jesum den Juden 
»übergeben« habe, so p. 78, l. 8sq.: »τοῦτον παρέδωκας τοῖς 
ἀπλήστοις καὶ μεμηνόσιν Ἰουδαίοις; p. 78, 1. 11: »... αὐτὸν 
παρέδωχας ἐπὶ τὸ σταυρωϑῆναι ἀναιτίωςε; p. 78, 1. 13 sq.: 
»τοῦτον παρέδοχας τοῖς παρανόμοις ᾿Ϊουδαίοιςε. 

Mögen auch die oben S. 51 erwähnten Evangelienstellen 
vorbildlich gewesen sein, ganz genau entspricht doch nur der 
Bericht des Jos. Slav. den citierten Worten; nur hier wird Jesus 
tatsächlich in die Gewalt der Juden gegeben. 

Eine ganz offenkundige Anspielung auf Jos. Slav. findet sich 
p. 79, l. 8: »otı λόγω μόνῳ τὰς ἰάσεις ἐπετέλειε. Man ver- 
gleiche damit: »sondern nur durch das Wort bewirkte er alles«. 

Mehr an Nr. 7 unserer Zeugnisse fühlt man sich erinnert 
p. 79,1. 9sq.: »xai el oc Heov οὐχ ἐδέξασϑε, κἂν ὡς ἰατρῷ τούτῳ 
συνεπαϑήσατες (doch vgl. auch den Anfang von Nr. 4). 

Nur aus Jos. Slav. erklärt es sich, daß Archelaus und Phi- 
lippus als Helfershelfer des Annas und Kaiaphas erscheinen (p. 79, 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 53 


l. 24 sq.; p. 80, 1. 6sq.; 1. 27 sqq.).! Denn nur hier waren Archelaus 
und Philippus mit biblischen Personen, d. h. mit Johannes dem 
Täufer, in directe Beziehung gesetzt, und zwar so, daß sie in 
einem gewissen Gegensatz zum Vorläufer Jesu erschienen. 

Ist das »Rescriptum Tiberii« als abhängig von Jos. Slav. 
anerkannt, so wird man auch in der Erwähnung einer möglicher- 
weise erfolgten Bestechung des Pilatus bei Johannes Antiochenus 
(fragm. 81 bei C. Müller, Fragmenta historicorum graecorum, 
vol. IV, Paris 1851, p. 571) eine Anspielung auf unseren Bericht 
sehen können. Es heißt hier: »... παρέδωχαν Ποντίῳ Πιλάτῳ 
τῶ ἡγεμόνι ὅστις εἴτε διὰ δειλίαν τοῦ πλήϑους, εἴτε di ἐπαγ- 
γελίαν χρημάτων, μηδεμίαν αἰτίαν εὑρηκώς, ἐχέλευσεν αὐτὸν 
σταυρωϑῆναιε. Da Johannes Antiochenus die Bestechung bloß 
in einem Versprechen bestehen läßt, so muß mit der Möglich- 
keit gerechnet werden, daß er seine Nachricht nicht direct aus 
Josephus, sondern durch Vermittelung einer andern Quelle ge- 
schöpft hat. 

In demselben Fragment findet sich noch ein Zug, der nicht 
aus den Evangelien erklärbar ist. Es heißt: »xai συναχϑέντες 
ἅπαντες ἐν Ἱεροσολύμοις, στάσιν ἐκίνουν κατ᾿ αὐτοῦ, βλα- 
σφημίας χαταχέοντες eis τε τὸν Θεὸν καὶ τὸν Καίσαρας. Auch 
hier läßt sich im letzten Grunde ein Nachklang unseres slavi- 
schen Berichtes erkennen, wenn auch ein sehr entstellter. Der 
Aufstand gegen den Kaiser ist bei Jos. Slav. ja nur beabsichtigt, 
die Bewegung gegen Jesum ist hier erst eine Folge seiner 
Weigerung, an jenem Widerstand sich zu beteiligen. 

Das bei Müller l. c. vorausgehende Fragment 80 enthält 
eine Nachricht über den Tod des Herodes Antipas, die über 
Josephus (B. J. 11, 9, 6; Antiqu. XVIII, 7, 2) hinausgeht. Diese 
Nachricht wird von Malalas (cf. bei Müller not. ad loc.) auf den 
:0ogotatoc KAnungc« zurückgeführt. Es wird wohl irgend eine 
der verlorenen Schriften des Clemens von Alexandrien gemeint 
sein. Ich vermag dieses Fragment aus »Clemens« nirgends er- 
wähnt zu finden. — Vielleicht darf man vermuten, daß dieser 
auch der Mittelsmann für die eigentümlichen Züge in Fragm. 81 
gewesen ist. 


————— .- 


1) Archelaus und Philippus erscheinen bereits in der Anaphora Pilati 
(Tischendorf2, p. 439 u. 446) neben Herodes, Annas und Kaiaphas. 


54 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Wenn man das Rescriptum Tiberii als den Vermittler an- 
sehen wollte, so müßte man dieser Schrift ein ziemlich hohes 
Alter vindicieren, was ihrem ganzen Charakter widerspricht. 

Konnte es sich hier nur um eine Anspielung handeln, so 
haben wir es in der lateinischen Vita beatae Virginis Mariae et 
Salvatoris rhythmica (ed. À. Vógtlin, Bibliothek des literarischen 
Vereins in Stuttgart, Bd. 180, Tübingen 1888) mit directer und 
zweifelloser Benutzung von Jos. Slav. (natürlich seiner griechischen 
Vorlage) zu tun. 

Dieses seltsame Werk ist nach Vögtlin (a. ἃ. O., S. 3) etwa 
in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden, von einem 
unbekannten Geistlichen aus griechischen und lateinischen Quellen 
zusammengetragen und übersetzt. 

In den Abschnitten »Quod uxor Pilati rogavit pro Jesu« und 
»Quod Judei dederunt Pilato pecuniam, ut Jesum occideret« 
findet sich die Vorlage unseres Jos. Slav. ganz deutlich benutzt. 
In ersterem Abschnitt ist der Traum der Gattin des Pilatus 
(Matth. 27, 19) in eigentümlicher Weise mit der Heilung dieser 
selben Frau, welche von Jos. Slav. berichtet wird, verwoben. 

Die Stelle lautet folgendermaßen (S. 162 f, vv. 4762— 73): 


»Hac nocte sum per angelum eius visitata, 
Ab infirmitate mea per ipsum sum curata. 
De meis nam doloribus sum bene consolata, 
Et per suam visionem sum tota resanata; 

A febribus relicta sum, a quibus detinebar, 
Et a partu liberata, quo diu jam torquebar; 
Filium nam peperi, quod factum est per eum; 
Sub humana specie hunc esse puto deum.« 
Pilatus, ut audivit hec, multum est gavisus 
De salute conjugis, et omni modo nisus 

Est a Judeis impiis Jesum liberare, 

Vel ipsum ad presentiam Cesaris servare. 


Nicht nur die Heilung der Pilatusgattin, auch andere Stellen 
aus Jos. Slav. schimmern hier durch, in den Worten: sub humana 
specie etc. — die Ausführungen am Anfang von Nr. 4 und in 
Nr. 7; die Sendung zum Kaiser stammt aus Nr. 5. Die Heilung 
selbst ist poetisch ausgeschmückt; nach andern Quellen braucht 
man nicht zu suchen.  Anderseits durfte der Verfasser dem 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 55 


Jos. Slav. nicht so weit folgen, daß er eine wirkliche Freilassung 
Jesu durch Pilatus annahm, das hätte den Evangelien offen 
widersprochen. 

Daß auch die Heilung im Grunde den Worten des Matthäus: 
»πολλὰ γὰρ ἔπαϑον σήμερον κατ᾽ ὄναρ δι’ αὐτόνε widersprach, 
lag weniger zutage. 

Obgleich der Verfasser die Beratung der jüdischen Führer 
aus Joh. 11, 47—53 bereits vorher gebracht hat (vv. 4214—29), 
fühlt er sich veranlafit, hier auch noch diejenige aus Jos. Slav. ein- 
zufügen. Nur das Wirken Jesu zwischen dem ersten und zweiten 
Proceß wird natürlich übergangen. | 

Die Erwägungen der Juden fassen zuerst die Möglichkeit 
ins Auge, daß Jesus nach Rom geschickt werden könnte 
(vv. 4776—4783). Das Motiv der Furcht, daß die Römer gläu- 
big werden könnten, ist teils entlehnt den apokryphen Pilatus- 
schriften, die eine solche Wirkung tatsächlich eintreten lassen, 
teils aber klingen auch hier wieder einige Wendungen aus Jos. 
Slav. durch: »Homani si audierint suamque doctrinam et viderint 
miraculorum suorum disciplinam ipsam fore judicabunt utique 
diviname. (Vgl. wiederum den Anfang von Nr. 4). Dann folgt 
vv. 4784 sqq. eine Wiedergabe der Worte in Nr. 4: »damit nicht 
... wir sowohl des Vermógens beraubt u. s. w.«, allerdings stark 
an Joh. 11, 48 angenähert: 


»Hinc Romani venient nostram ad delendam 
Civitatem, vos et nostram gentem tollendam«. 


Im folgenden wird die Bestechung erzählt: vv. 4786—91: 


Et inito consilio plurimam dederunt 
Presidi pecuniam et ipsum rogaverunt, 

Ut Jesum dei filium morte condemnaret, 
Ipsumque erucifigi debere judicaret. 
Voluntati tunc eorum ad crucifigendum 
Benignus Jesus traditur et ad occidendum. 


Unter dem Einflufi der Evangelien ist hier, wie nicht anders 
zu erwarten steht, von einer wirklichen Verurteilung Jesu die 
Rede. — Weniger deutlich ist die Benutzung von Jos. Slav. in 
der Erzählung von der Grabeswache. Man erkennt nicht recht, 
ob der Verfasser die Wächter für Römer oder Juden angesehen 
wissen will; vv. 6010sq. heißt es (p. 199): 


56 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Nam Judei miserant ministros ad videndum 
Et corpus ne subtraheretur sollicite cavendum; 


Dann aber vv. 6018—21: 
Ex premissu presidis Judei statuerunt 
Custodes suos ad sepulcrum, qui hoc custodierunt; 
Usque diem tertium ibi permanserunt, 
Neque die neque nocte ab illo recesserunt. 


Man gewinnt aus diesen Stellen doch eher den Eindruck, 
daß die Wächter Juden sind. (Auch Matthäus, c. 27, 65 berichtet, 
daf Pilatus den Juden die Wüchter zur Verfügung gestellt habe 
mit der Aufforderung: ν»ὑπάγετε, ἀσφαλίσασϑε cg oldare«.) 
Später aber wird gesagt, daß sie von der Auferstehung nicht 
nur den Juden berichtet hätten (wie Matth. 25, 11), sondern auch 
dem Pilatus (vv. 6126 sq.).! 

Doch, wie es damit auch stehen mag, schon jene beiden 
Motive: der Heilung der Pilatusgattin und der Bestechung des 


1) Kurz vorher fühlt man sich lebhaft an das Petrusevangelium er- 
innert, wenn man v. 6007 liest: »Et sigilla varia saxis adponendo«, vgl. 
Petrusevang. v. 33: »xal ἐπέχρισαν ἑπτὰ σφραγῖδας«. Überhaupt ist die 
Verwahrung des Grabes nirgends so umstündlich beschrieben wie hier, — 
außer im Petrusevangelium. Sollte man es aber für möglich halten, daß 
ein so später lateinischer Autor, wie der Dichter der Vita Mariae et Sal- 
vatoris, das Petrusevangelium habe benutzen hónnen? 

Dafür würde sprechen, daß auch das Hebrüerevangelium benutzt er- 
scheint, v. 5822: »Templi quoque scinditur superliminare«. Doch ist das 
augenscheinlich nur durch Vermittlung des Hieronymus geschehen, der 
dieses Citat mitgeteilt hat (Ep. 120 ad Hedibiam, c. 8, vgl. Harnack-Preu- 
schen, Geschichte der altchristlichen Litteratur, Teil I, S. 8, Leipzig 1893). 

Daf der Verfasser über griechische Quellen verfügte und darum den 
Josephus im Original benutzen konnte, macht die Benutzung des Suidas 
wahrscheinlicher. (Indes ist im 13. Jahrhundert ein lateinischer Auszug des 
Suidas gefertigt worden, auf Veranlassung des Bischofs Robert von Lin- 
coln, vgl. Krumbacher, Geschichte der byzantinischen Litteratur?, S. 5:0.) 
Es heißt nämlich v. 3445sqq.: 


»Nam, cum esset adolescens et in iuvenili 
Etate, semper synagogas vicinas frequentabat, 
Et circa ministerium sacrorum laborabat etc.« 

Vgl. damit die oben S. 19 citierte Stelle aus Suidas. Daß diese Stelle 
wirklich im Josephus zu lesen gewesen sei, läßt sich wohl nicht anneh- 
men. Josephus bietet gar keine Gelegenheit, eine solche Aussage auch 
nur als Interpolation unterzubringen. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 57 


l 


Pilatus beweisen die Benutzung des Jos. Slav. durch den Dichter 
der Vita Mariae et Salvatoris rhythmica. Natürlich ist auch hier 
die Möglichkeit offen zu lassen, daß die Benutzung keine un- 
mittelbare gewesen ist. Nur kennen wir bisher kein Apokry- 
phon, das diese Motive nebeneinander aufzuweisen hätte. 

Endlich muß noch erwähnt werden, daß die Nachrichten 
von einer Bestechung des Pilatus und von der Tötung Jesu 
durch die Juden nicht ganz ohne historische Stützpunkte sind. 
Einerseits ist es Philo, der dem Pilatus Bestechlichkeit vorwirft 
(Legatio ad Cajum, c. 38, ed. Mangey, 1742, vol. H, pag. 591: 
»τὸ τελευταῖον τοῦτο μάλιστα αὐτὸν ἐξετράχυνε, καταδεί- 
σαντα μὴ τῷ ὄντι πρεσβευσάμενοι xal τῆς ἄλλης αὐτοῦ ἐπι- 
τροπῆς ἐξελέγξωσι τὰς δωροδοχίαςς etc.; vgl. v. Dobschütz, 
Artikel Pilatus in Herzog-Hauck, PRE?, XV, S. 399). Ander- 
seits hat gerade der Talmud die Erinnerung aufbewahrt, daß 
nicht die Römer, sondern die Juden die Kreuzigung Jesu voll- 
zogen haben (P. Fiebig in der Recension von R. Tr. Herford, 
Christianity in Talmud and Midrash, Theologische Literatur- 
zeitung, 1904, Nr. 21, 5. 590). Das entspricht also gerade der 
jüdischen Anschauung, nicht etwa der heidenchristlichen. 

Nach all dem Gesagten ist jedenfalls der Gedanke ganz 
abzuweisen, als hätten wir es bier mit irgend einem Product 
späterer apokrypher Schriftstellerei, einem im christlichen In- 
teresse, auf Grund der Evangelien, verfälschten Josephus zu tun. 

Nr.5 (s.o. 5. 20). Wir wenden uns nun zu Nr. 5. Auch 
dieses Stück hat einzelne Berührungspunkte mit dem Neuen Testa- 
ment; wie Nr. 4 zu Lukas und Johannes, so verhält sich Nr. 5 
zur Apostelgeschichte. 

Eingeschoben ist dieses Zeugnis in lib. II, cap. 11, 6, und 
zwar stellt es sich als eine andersartige Fassung der Stelle dar, 
welche davon handelt, wie Claudius nach dem Tode des Agrippa I. 
dessen Königreich wieder in eine Provinz verwandelte, den Cus- 
pius Fadus und darnach den Tiberius Alexander als Landpfleger 
sandte, und wie diese »unde» παραχινοῦντες τῶν ἐπιχωρίων 
ἐθῶν ἐν εἰρήνῃ To ἔϑνος διεφύλαξανε. 

In dem unmittelbar vorhergehenden Passus, der von dem 
Tode des Agrippa handelt, befindet sich nun aber ein schwerer 
Fehler, der geeignet wäre, jeden Gedanken an Josephus als Autor 
dieser Recension des Bellum Judaicum unmöglich zu machen. 


58 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Es heißt nämlich, Herodes Agrippa lI. sei gestorben, ohne einen 
Sohn zu hinterlassen. In der Tat wird die Aufzählung seiner 
Kinder weggelassen, in deren Zahl Agrippa lL, der spätere Gönner 
des Josephus, ausdrücklich genannt ist, und es fehlen auch die 
Worte »o5 παντάπασιν ὄντος νηπίους. Eben dieser Umstand 
aber, daß ein Bearbeiter sich hier in directen Gegensatz zu seiner 
Vorlage gesetzt haben müßte, veranlaßt uns zu denken, daß das 
Versehen erst auf slavischem Boden eingetreten ist, indem im 
griechischen Text etwa gesagt war, »indem er keinen volljährigen 
Sohn besaß«. Übrigens muß auch hier wieder die Möglichkeit 
nicht außer acht gelassen werden, daß Josephus, als er dieses 
schrieb, vólig ohne genauere Kenntnis der Herodianischen 
Familienverhältnisse war und insbesondere nicht wußte, wessen 
Sohn Agrippa Il. eigentlich war. (Der Name Agrippa kam mehr- 
fach in der Verwandtschaft vor, s. den Index in Nieses Ausgabe, 
Band VII; ein Sohn des Philippus von der Salome hieß so, dann 
auch ein Sohn des Felix und der Drusilla. Wie allmáühlich die 
Kenntnisse des Josephus sich erweiterten, wie viel besser er zur 
Zeit der Abfassung der Antiquitäten über Dinge orientiert war, 
von denen er im Bellum Judaicum geschrieben, werden wir so- 
fort zu constatieren haben. 

Das Lob, das den beiden Landpflegern im B. J. gespendet 
wird, erscheint in Jos. Slav. noch verstürkt. Sie verletzen nicht 
nur nicht die einheimischen Sitten, sie sind activ beteiligt bei 
ihrer Bewahrung und bestrafen die sich dagegen Vergehenden, 
ja senden sie vor das Angesicht des Kaisers. 

Als Josephus die Antiquitäten schrieb, also noch nicht zwanzig 
Jahre später, dachte er nicht einmal mehr so günstig wie im 
griechischen Bellum Judaicum von diesen beiden Landpflegern. 
Er weiß von Cuspius Fadus zu erzählen, daß er den Juden das 
Recht, das hohepriesterliche Gewand selbst zu verwahren, ein 
Recht, daß sie sich kürzlich wieder erworben hatten, zu nehmen 
suchte (Antiqu. XV, 11, 4; XX, 1,1). Nur als umsichtigen und 
sorgfältigen Regenten erkennt er ihn noch an, dazu noch als 
sehr strengen Rächer aller Selbsthilfe und alles Räuberwesens 
(XX, 1, 1). 

An Tiberius Alexander aber weiß er zu tadeln, daß er den 
vüterlichen d. h. jüdischen Sitten nicht treu geblieben sei und 
daher sich hinsichtlich der Frömmigkeit von seinem Vater, einem 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 59 


Alexandrinischen Alabarchen, ungünstig unterschieden habe 
(XX, 5, 2). 

Da wäre es doch nicht verwunderlich, wenn Josephus bei 
der zweiten, für Römer und Griechen bestimmten Edition seines 
Bellum Judaicum sein Lob etwas vorsichtiger gefaßt hätte, als in 
einer früheren Ausgabe desselben Werkes. Schon das Lob aber, 
das der rómischen Obrigkeit gespendet wird, weil sie die »reinen 
Gesetze«, das » Wort des Gesetzes« aufrecht hält, zeigt unzwei- 
deutig, daf das ganze Stück nur von jüdischem Interesse aus 
geschrieben sein kann. 

Das bestütigt sich auch durch alle Einzelheiten hindurch. 
Soweit Berührungen mit der Apostelgeschichte vorliegen, ist der 
Standpunkt doch immer der jüdische. Die Facta aber, insbe- 
sondere ihre Chronologie, sind so völlig verschoben, daß an eine 
Benutzung der Apostelgeschichte nicht zu denken ist Um so 
wertvoller scheint mir die Bestütigung zu sein, welche trotzdem 
der Geschichtsbericht und die Darstellung der Verhältnisse auch 
in den ersten 11 Capiteln der Apostelgeschichte durch diese Quelle 
empfangen. Allerdings erhalten wir auch Ergänzungen, doch 
solche, die durchaus nicht den Stempel der Unwahrscheinlichkeit 
tragen. 

Hier ist nur darauf hinzuweisen als auf ein Moment, das 
die Möglichkeit einer Abfassung durch Josephus durchaus be- 
günstigt. 

Die Autorität der »Gesetzeslehrer« (sakonouéciteli = vouo- 
διδάσχαλοιδ, wie sie am Anfang dieses Stückes geschildert ist, 
entspricht durchaus demjenigen, was uns Act. Ap. cap. 6—9 von 
der grofen Macht der jüdischen Obrigkeit, die, mochte sie auch 
sadducäisch gesinnt sein, dennoch unter dem Einfluß der » Gesetzes- 
lehrer« stand, erzählt wird. Nur dank dieser Macht konnte ja 
eine Verfolgung der jungen Gemeinde der Christen Erfolg haben. 
Unser Jos. Slav. bringt nun die Erklürung für diese Macht 
hinzu: sie liegt in der bewußten Connivenz der römischen Ge- 
walthaber. Wenn nun hier diese Periode der Connivenz erst 
unter Claudius angesetzt wird, so verändert das doch nicht so 
sehr viel an der Sache und schließt auch nicht aus, daß nicht 
schon früher solche Tendenzen obgewaltet haben. 

Josephus selbst kann aber sehr wohl die Connivenz fälsch- 
lich dem Fadus und Alexander zugeschrieben haben, weil diese in 


60 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


der Erinnerung des Volkes als Hauptvertreter der römischen 
Judenfreundschaft dastanden. Zur Zeit der Abfassung der Anti- 
quitäten weiß Josephus auch in diesem Punkt besser Bescheid; er 
berichtet (XV, 11, 4 und XVIII, 4, 2 und 3) von den judenfreund- 
lichen Handlungen des syrischen Legaten Vitellius unter Tiberius. 
In der griechischen Ausgabe des Bellum Judaicum ist gar nicht 
von diesen Handlungen die Rede, so daß Cuspius Fadus und 
Tiberius Alexander als die ersten principiell judenfreundlichen 
Regenten auch hier erscheinen. 

So leitet uns unser Bericht dazu an, als wichtiges Moment 
für die Geschichte der ültesten Christengemeinde das Verhalten 
der im Lande befindlichen rómischen Obrigkeit zu den Juden in 
Betracht zu ziehen. Die chronologische Verwirrung hat dabei 
nichts zu sagen, auch nicht, daß gleich anfangs vom »Senden 
vor das Angesicht des Kaisers« die Rede ist, was doch nur auf 
Paulus bezogen sein kann. Es wird ja in diesem Abschnitt zu- 
erst das Verhalten der Landpfleger im allgemeinen, dann erst in 
spezieller Anwendung auf die Christen besprochen. 

Die Schilderung von der Ausbreitung des Christentums läßt 
ebenso wie die von der Haltung der Landpfleger keinen Christen 
als Verfasser zu. Wenn hier als Hauptgegenstand der apostoli- 
schen Predigt die Auferstehung Jesu hingestellt wird, so spricht 
das nicht dagegen; es dürfte ja die reinste historische Wahrheit 
sein, der sich auch ein Jude nicht entziehen konnte. Durch die 
kühle Skepsis verrät sich dieser hinlänglich, wenn er sagt: ,sie.. 
sprachen von ihrem Lehrer, daß er lebendig sei, obgleich er ge 
storben sei“, — ebenso aber auch dadurch, daß er selbst der 
apostolischen Predigt eine politische Spitze gibt: „und daß er 
euch befreien werde von der Knechtschaft". 

Es stimmt auch ganz genau mit der unbezweifelbaren histo- 
rischen Wahrheit, daß die Apostel zu den „Geringen“ gehörten; 
die Bestimmung aber ihres Berufes als „Schuster, Sandalen- 
macher, Handwerker“ beweist wieder völlige Unkenntnis der 
evangelischen Tradition!. Daß die wunderbaren Zeichen aner 


1) Man könnte vielleicht einen Anklang an diese Stelle bei Ot 
sus finden. Es heißt nämlich hier (Origenes, c. Cels. III, 55, ed. Ko 
schau I, 250): νὁρῶμεν δὴ xal xatà τὰς ἰδίας οἰκίας ἐρεουργοὺς zei 
oxvtotóuovs; xal κναφεῖς xal τοὺς ἀπαιδευτοτάτους TE xal ἀγροιχοτάτοτς 
etc.« Aber es handelt sich bei Celsus gar nicht um die Apostel, sonder 








5. Kann Josephus der Verfasser sein? 61 


kannt werden, fällt unter denselben Gesichtspunkt, wie die dem 
» Wundertüter", d. h. Christo selbst gezollte Bewunderung. 


Im folgenden stoßen wir wieder auf einen historischen 
Fehler: Cuspius Fadus und Tiberius Alexander werden als zu- 
sammenregierend betrachtet. (Schon im Eingang des Passus 
ist diese Auffassung zu erkennen: ,Wiederum sandte Claudius 
seine Gewalthaber Cuspius Fadus und Tiberius Alexander") 
Ein Bearbeiter des griechischen Textes konnte diesen Fehler 
kaum machen: denn dort ist die chronologische Reihenfolge 
deutlich gewahrt (Éxevva Τιβέριον). Also liegt die Schuld ent- 
weder am slavischen Übersetzer oder man muß annehmen, daß 
der Autor, der sich ja von volkstümlicher Überlieferung nicht 
frei zeigt (8. ο. S. 33), diese beiden Landpfleger, von denen ja 
Cuspius Fadus in der Tat kaum ein Jahr (44 bis 6. 45 nach 
Christi Geburt) seines Amtes pflegte, als gleichzeitig regierend 
angesehen hat, um in der nachfolgenden griechischen Aus- 
gabe seines Buchs diesen Fehler neben manchen andern zu ver- 
bessern. — 


Daß nun die Landpfleger in Gemeinschaft mit den Schrift- 
gelehrten gegen die Christen vorgehend erscheinen, ist nur eine 
Specialisierung des Vorhergehenden. Die Motivierung: „Damit 
das Kleine nicht klein sei, wenn es im Großen sich vollendet 
hat“ ist vom slavischen Übersetzer entstellt worden: der Sinn 
ist wohl der: daß das Kleine nicht als klein zu erachten ist, 
weil es im Großen sich vollenden kann, — ein sehr richtiger 
historischer Erfahrungssatz, der eines Historikers, wie Josephus, 
würdiger ist als eines unbekannten Fälschers. 


Das Folgende scheint nun am ehesten den Stempel der Abhän- 
gigkeit zu tragen. Durch die Zeichen beschämt und erschreckt kom- 
men die Landpfleger und Schriftgelehrten, die eben noch die Apo- 
stel ergreifen und töten wollten, zum Schluß, daß solche Zeichen, 


um die Christen aus der Zeit des Celsus. Sonst hätte man annehmen 
können, daß die »Schuster« und »Sandalenmacher« des Jos. Slav. durch 
Mißverstand der griechischen Vorlage entstanden seien (oxvrorouog kann 
sogar in der Tat »Schuster« bedeuten, σχιτεῖον am Schluß dieser Ausfüh- 
rung ist geradezu nichts anderes als die Schusterwerkstätte). — Die Jünger 
bezeichnet der Jude bei Celsus als Zóllner und Schiffer ihrem Beruf nach 
(c. Cels. I, 62; II, 46). 


62 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


wenn sie nicht auf Gottes Ratschluß beruhen, bald zunichte wer- 
den müssen. Die Verfolgung wird demgemäß eingestellt. Das 
scheint in der Tat nichts anderes zu sein, als eine Wiedergabe 
von Áct. 5, 17—40. Allein, wenn einerseits die Beteiligung der 
Landpfleger dem entgegen ist, so müßte andererseits der Apostel- 
geschichte als Quelle unseres Berichts ein so hohes Alter zu- 
geschrieben werden, wie es gemeinhin nicht angenommen wird; 
denn eine derartig milde Beurteilung der christlichen Be- 
wegung ist nicht lange nach 70 nach Christo auf jüdischer Seite 
denkbar (s. o. S. 46). Entweder also haben wir hier ein Zeug- 
nis für die Entstehung der Apostelgeschichte vor 70, oder 
ein Zeugnis, das an einem Vorgang, der von ihr berichtet 
wird, die historische Glaubwürdigkeit auch ihrer ersten Hälfte 
glänzend erweist. 

Auch darin entspricht unser Bericht der Apostelgeschichte, daß 
mit dieser ersten Einstellung der Verfolgung das endgültige Ver- 
hültnis zur Christengemeinde noch nicht als festgestellt erscheint. 

Die slavische Übersetzung läßt aber leider nicht erkennen, 
was die rómischen und jüdischen Machthaber über die Christen 
verhängt haben. 

Es heißt: »nachher von ihnen belästigt« (auch ein Wort, das 
ein Christ selbst im Namen des Josephus nicht gebraucht hätte), 
,entlieBen sie die einen zum Kaiser, die anderen nach Antiochien, 
andere aber in ferne Länder zur Erprobung der Sache“. 

Alle diese Maßnahmen sind nach Meinung des Verfassers 
noch unter den „beiden“ Landpflegern erfolgt, denn erst un- 
mittelbar darauf berichtet er ihre Abberufung und die Sendung 
des Cumanus. Die Gründung der Christengemeinde in Antiochia 
etwas zu spät anzusetzen, das wäre ein geringes Versehen; der 
Anfang der Mission in fernen Ländern erscheint sogar ziemlich 
richtig datiert. Ganz unverständlich aber erscheint es, daß der 
Verfasser die Entsendung des Paulus und seiner Gefährten nach 
Rom, — denn von dieser ist unzweifelhaft die Rede, wie auch 
schon vorher (s. o. S. 60) —, obgleich sie doch erst unter Festus 
geschah, in diese frühe Zeit verlegt. 

Sollte man diesen Fehler dem Josephus zutrauen, der doch 
die Zeit des Festus (wie sie gewöhnlich angesetzt wird, 60— 62 
naeh Christi Geburt) als Erwachsener und gewiß schon bewufter 
Teilnehmer an den óffentlichen Angelegenheiten erlebt hat? 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 63 


Dem gegenüber ist einerseits darauf hinzuweisen, daß gerade 
in diesem Stück auf die Chronologie gar keine Aufmerksam- 
keit verwandt ist, andererseits aber, daß das Unverständliche 
dieser Angabe sich beträchtlich vermindert, wenn die Chronologie 
Harnacks und O. Holtzmanus angenommen und die Reise Pauli 
nach Rom um 5 Jahre zurückverlegt wird. Nach dieser Chro- 
nologie ist Paulus 56—57 nach Rom transportiert worden, etwa 
um dieselbe Zeit (im neunzehnten Jahre) hat Josephus die 
politische Laufbahn eben erst begonnen. 

Doch auch ersteres Auskunftsmittel dürfte schon genügen. 
Wir haben es ja nicht mit einem Berufshistoriker unserer Zeit 
zu tun, sondern mit einem Staatsmann und Feldherrn des Alter- 
tums; auch nicht mit einem wissenschaftlichen Werk, sondern in 
diesem Fall mit einer populären Darstellung. 

Jedenfalls muß auch hier gesagt werden, daß es keinem 
Christen, aber auch keinem späteren Juden einfallen konnte, 
die Gründung der Antiochenischen Gemeinde auf heidnisch- 
jüdische Veranstaltung zurückzuführen, oder gar die Mission 
„in ferne Länder“ als von den römischen und jüdischen Macht- 
habern befördert anzusehen, zum Zweck der „Erprobung der 
Sache“! 

Auch hier also — bei Nr. 5 — steht der Autorschaft des 
Josepbus kein unübersteigliches Hindernis im Wege: vor allem 
aber ist die Abfassung durch einen Juden der allerersten Zeit 
nach 70 meines Erachtens evident!. 

Nr. 6 (s. o. S. 11). Zu Nr. 6 ist nicht viel zu sagen. In 
Cod. Mosqu. Acad. steht unter dem Text in roter Schrift, um die 
besondere Bedeutung dieser Stelle zu kennzeichnen: ,von Jesus, 
als sie ihn ans Kreuz genagelt hatten*. — 


1) Wie schon erwähnt, läßt sich Nr. 5 auch noch heranziehen, um 
das Zustandekommen des Zeugnisses Antiqu. XVIII. 3, 3 zu erklären. Die 
Ausbreitung von Christi Lehre auch unter den Griechen (Antiochien) läßt 
sich auf Grund von Nr. 5 verstehen, wenn auch diese Ausbreitung hier 
nicht auf Jesum selbst zurückgeführt wird, wie im besagten Zeugnis. Da 
haben wohl Erzählungen, wie die vom Hauptmann von Kapernaum u. ä. 
mit eingewirkt; dagegen die Worte »ovx ἐπαύσαντο οἱ τὸ πρῶτον ἀγαπή- 
σαντες ἐφάνη γὰρ αὐτοῖς τρίτην ἔχων ἡμέραν πάλιν Swv« lassen sich als 
allein auf Grund unseres Berichtes construiert erweisen, natürlich unter 
Zuhilfenahme der Evangelien. Die Schlußworte des Zeugnisses ergaben 
eich für den Interpolator von selbst. 


Co. 


64 A. Berendte, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Der diese Bemerkung schrieb, dachte also an die Kreuzes- 
inschrift. Doch von dieser ist nicht die Rede. Es handelt sich 
um eine Inschrift im Tempel an der Stelle, wo das Gesetz der 
Reinheit (,0 τῆς ἀγνείας νόμος") verkündet war, also beim Ein- 
gang in das Heilige. — 

Schon darin unterscheidet sich der slavische Text vom 
griechischen, daß er das Gesetz der Reinheit auch in hebräischer 
Schrift, nicht nur in römischer und griechischer Schrift ver- 
kündet sein läßt. 

Augenscheinlich nur in hebräischer Sprache und Schrift ist 
die höher befindliche Inschrift nach der Meinung des Verfassers 
abgefaßt („mit jenen“, d. h. wohl den letzterwähnten, also he- 
bräischen, ,Buchstaben") Daß diese Inschrift so getrennt von 
den andern erwähnt wird, erklärt sich eben dadurch, daß sie 
höher, etwa an der den inneren Tempelbezirk umgebenden Mauer 
(von der aber die Übersetzung nicht spricht, wie sie denn über: 
haupt direct zum Vorhof der Frauen mit seinem an der Ostseite 
des Tempels befindlichen Tor übergeht) angebracht war. 

Was besagt nun diese Inschrift? Nichts, als was die Juden 
als eigentliche Rechtfertigung ihres Vorgehens gegen Jesum ansehen 
mußten: daß nämlich Jesus nicht wirklich ihr König gewesen sei, 
daß er vielmehr ihre höchsten Heiligtümer für dem Untergang 
preisgegeben erklärt habe und darum gekreuzigt worden sei. 

Diese Formulierung entspricht zwar weniger der Aussage 
der falschen Zeugen (Mark. 14, 58; Matth. 26,61) vom Ab- 
brechen und Wiederaufbauen des Tempels, als vielmehr solchen 
Worten wie Matth. 24, 2: „ov μὴ ἀφεϑῇ ὧδε λίϑος ἐπὶ Aldor, 
ὃς οὐ καταλυϑήσεται" (vgl. auch Luk. 19, 44). Aber auch solche 
Worte wurden natürlich den Juden bekannt und erschienen 
ihnen noch geeigneter wie die beanspruchte Gottesmannschaft, 
als Motivierung des Todesurteils über Jesus zu dienen. 

In der ersten Zeit nach der Zerstörung Jerusalems mochte 
auch Josephus noch unbefangen genug sein, diese Worte mit- 
zuteilen, so schmerzlieh es auch sein mußte, daß sie sich so 
offenkundig erfüllt hatten. Eine derartige Unbefangenheit schwin- 
det aber leicht mit der Zeit und so ist es nicht unerklärlich, 
daß ın der für Römer und Griechen bestimmten Ausgabe des 
Bellum Judaicum mit der Person Jesu auch die Erinnerung an 
ihre so vollständig erfüllte Weissagung unterdrückt wurde. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 65 


Sogar das Vorhandensein einer hebräischen Inschrift neben 
den römischen und griechischen wurde mit Stillschweigen über- 
gangen, und doch ist nicht anzunehmen, daß innerhalb des Tem- 
pelbezirks irgend eine, wenn auch nur auf die Andersstämmigen 
bezügliche Bestimmung nicht auch in hebräischer Sprache publiciert 
worden wäre. Kamen doch gerade hier Andersstämmige in Be- 
tracht, die besser Hebräisch als Griechisch oder Lateinisch ver- 
standen. So ist also auch von Nr. 6 aus kein entscheidender 
Widerspruch gegen Josephus als Autor zu erheben!, 

Nr. 1 (s. o. S. 12. Am schlimmsten scheint es um Nr. 7 
zu stehen. | 

Einerseits sind die Berührungen mit dem Matthäus-Evange- 
lium hier besonders deutlich wahrnehmbar. Anderseits scheint 


1) Bekanntlich ist durch Clermont-Ganneau eine von jenen In- 
schriften, eine griechische, gefunden worden (eine Abbildung davon z. B. 
bei H. Guthe, Kurzes Bibelwörterbuch, Tübingen u. Leipzig 1903, S. 657). 
Nach der Beschreibung in Jos. B. J. V, 5, 2 waren solche Tafeln mit In- 
schriften in gewissen Zwischenräumen an der steinernen Brustwehr ange- 
bracht; darnach sind also in jeder Sprache mehrere Inschriften vorhanden 
gewesen (»ἐν αὐτῷ δὲ εἱστήχεσαν ἐξ ἴσου διαστήματος στῆλαι τὸν τῆς 
ἁγνείας προσημαίνουσαι νόμον αἱ μὲν “Ἑλληνιχοῖς, αἱ δὲ Pwuaixoig γράμ- 
μασιν etc.«). Es wäre also wiederum ein Fehler, wenn der Verfasser dieses 
Stückes die von ihm erwühnte Inschrift die vierte nennt. Ein solcher 
Fehler wäre dem Josephus schwer zuzutrauen. Doch ist es durchaus nicht 
unmöglich, daß »eine vierte« Zusatz des slavischen Übersetzers oder eines 
Abschreibers ist. Daß die auf Jesum bezügliche Inschrift über den andern 
hing, würde nur voraussetzen, daß die Säulen mit Inschriften nur an der 
einen Seite der Brustwehr sich befanden, wohl an der Ostseite. Übrigens 
wäre es auch nicht ganz unmöglich, dem Josephus eine Ungenauigkeit zu- 
zutrauen, so daß er nur die Tafeln an der Ostseite gezählt hätte. Es wird 
nümlich in diesem Zusammenhang bei Jos Slav. nur das Osttor, das zum 
Vorhof der Weiber führt, erwähnt. In den Antiquitäten (XV, 11, 5) ist 
die Beschreibung auch an diesem Punkte sehr verkürzt und läßt keinen 
Schluß zu (es heißt hier: ». . . . ἑρχίον λιϑίνου δρυφάχτου γραφῷ κωλῖον 
εἰσιέναι τὸν ἀλλοεϑνῇ ....«). — Endlich muß auch hier dasselbe gesagt 
werden, wie anläßlich der historischen Fehler in Nr. 5: es ist schwer denk- 
bar, daß ein Bearbeiter, der den Text seiner Vorlage zum Teil wörtlich 
herübernahm, sich in Gegensatz zu seiner Vorlage hätte setzen mögen. 
Leichter denkbar ist es, daß derselbe Verfasser, der sich in der ersten Aus- 
gabe seines Werkes Fehler hat zuschulden kommen lassen, diese Fehler 
in einer zweiten Ausgabe verbessert. — (Fr. Spieß, »Der Tempel zu Jeru- 
salem ... nach Josephuse, Hamburg 1880, erörtert die Frage nicht näher.) 

Texte u. Untersuchungen etc. NF XIV, 4 5 





66 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


die Argumentation des Verfassers geradezu darauf zugespitzt zu 
sein, daß der Auferstandene Gott selbst sei. 

Dennoch läßt sich auch hierauf einiges entgegnen. 

Man muß sich bloß Antiqu. XVIII, 3, 3 immer deutlich vor 
Augen halten, um zu wissen, wie im christlichen Interesse inter- 
poliert wurde. Auch in Nr. 7 wird von der Messianität Christi 
kein Wort gesagt, er heißt nur: Wohltäter der Menschen, der 
durch sein Tun kein Mensch war. Über die Linie von Nr. 4 
geht das nicht hinaus. Auf Nr. 4 wird auch mit jenen Worten 
ausdrücklich zurückverwiesen. 

Die Erörterungen über die Möglichkeit einer Auferstehung 
gelangen auch nicht zu einer so bündigen Erklärung über das 
Erscheinen des Auferstandenen, wie in Antiqu. XVIII, 3, 3. Die 
Theorien von der Auferstehung durch das Gebet eines andern 
Gerechten, oder von der Auferstehung eines Engels oder eines 
andern von den himmlischen Gewaltigen oder gar Gottes selbst, 
»der erscheint wie ein Mensch«, muten doch sehr fremdartig an. 
Man wird eher an Gnosticismus als an Christentum erinnert. 
Schließlich redet der Verfasser ja nur von der Kunde, Christus 
sei nicht im Grabe gefunden worden, sowie von den Erklürungen, 
die diese Kunde gefunden. Die Erscheinungen des Auferstandenen 
bleiben unerwühnt. Der Verfasser kommt auch nicht darüber 
hinaus, zu sagen: »Ich weiß nicht, welche richtiger sprechen«. 

Für einen Christen ist das alles zu wenig, für einen Juden 
aus wenig spüterer Zeit (als 70 oder 73 nach Christo) zu viel. 


Was nun aber die Berührungen mit Matthäus anbetrifft, so 
sind es folgende: 


1) Das Zerreißen des Vorhangs im Tempel, und zwar »von 
oben an bis zum Boden« — Matth. 27, 51; als Moment, da dieses 
Ereignis eintrat, wird bezeichnet: da sie Jesum »durch Be- 
stechung dem Tode überleferten«. Damit könnte der Moment 
des Todes selbst gemeint sein, wie bei Matthäus. 

2) Die andern vielen schrecklichen Zeichen, die damals ge- 
schahen — Matth. 27, 51 — 53. 

3) Die Constatierung des leeren Grabes — übrigens bei allen 
vier Evangelisten. 

4) Die Auskunft der Gegner, die Freunde hätten den Leichnam 
gestohlen — Matth. 27, 64 und 28, 13 u. 15. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 67 


5) Die Wache um das Grab — Matth. 27, 64ff; 28, 4; 28, 
11—15. 

Aber in Bezug auf den letzten Punkt bietet Jos. Slav. 
einiges in den Evangelien nicht Bezeugte: 

a) Die Zahl der Wächter; 

b) Die Nachricht, daß Juden an der Bewachung teilgenommen 
haben. 


Hinsichtlich der Zahl braucht man auf die »tausend« Juden 
nicht übergroßes Gewicht zu legen. Die handschriftliche Über- 
lieferung oder die slavische Übersetzung kann die Hóhe dieser 
Zahl verschuldet haben. Auch in der apokryphen Pilatus -Lite- 
ratur, und zwar in der von Tischendorf so genannten zweiten 
griechischen Recension der Acta Pilati, cap. XII (C. v. Tischen- 
dorf, Evangelia apocrypha 2, Lips. 1876, p. 315 sq.) findet sich eine 
Zahl, aber es sind hier 500 Soldaten (im Cod. Archiv. sind es 
ja auch 1000 Römer); von jüdischen Wächtern ist auch hier 
nicht die Rede. 

Von einer jüdischen Wache am Grabe weiß nur das Petrus- 
Evangelium zu erzählen, worauf mich Professor v. Dobschütz 
aufmerksam gemacht hat. 


Diese jüdische Wache besteht nun allerdings nicht aus 
Wüchtern, die jemand um das Grab gestellt hat, sondern aus 
den »πρεσβύτεροι xal γραμματεῖςε selber, die sogar dort ein 
Zelt aufschlagen (Evang. Petri v. 31, 33, 38, ed. O. von Gebhardt, 
Leipzig 1893, S. 44f). 

Es gibt aber auch andere Berührungspunkte zwischen Jos. 
Slav. und dem Petrus-Evangelium, und zwar wiederum solche, 
die einen directen literarischen Zusammenhang zwischen beiden 
Schriften anzunehmen verbieten. 


Auch im Petrus-Evangelium wird ja die Kreuzigung Jesu 
als von den Juden vollzogen angesehen: allerdings ist es Herodes, 
der dabei die Gewalt ausübt (v. 2) dann freilich Jesum dem 
Volke übergibt (v. 5). 

Weiterhin erinnere man sich, daß gerade auch das Petrus- 
Evangelium das Zerreißen des Vorhanges berichtet (v. 20), sowie 
das erste der von Matthäus erwähnten wunderbaren Zeichen, die 
sich an jenes Zerreißen schlossen: das Erdbeben (v. 21). 

Ein eigentümlicher Anklang an Nr. 6 unserer Stücke kann 


5* 


UA . 


68 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


auch in den Worten gesehen werden: »ἐζητούμεϑα γὰρ ὑπ᾽ αὐτῶν 
ὡς καχοῦργοι xal ὡς τὸν ναὸν ϑέλοντες ἐμπρῆσαις (v. 26). 
Daß den Jüngern als hauptsächliche Schuld die Bedrohung des 
Tempels angerechnet wird, erinnert etwas an die Inschrift im 
Tempel, die als Grund der Kreuzigung Jesu seine Weissagung 
gegen Stadt und Tempel angab. 

Es genügt, auf diese im ganzen sehr entfernten Berührungen 
hinzuweisen; irgend ein Schluß daraus wird sich kaum ziehen 
lassen, wenn aber schon, so eher zugunsten des Jos. Slav. 

Das Zusammentreffen mit einem so alten Apokryphon, und 
zwar vor allem in einem Motiv, das später nicht wieder ver- 
wendet worden ist, eben der jüdischen Grabeswache, ist bemerkens- 
wert genug. 

Wie das Petrus-Evangelium sich zu den kanonischen Evan- 
gelien verhält, ist bekanntlich eine Frage, die entgegengesetzte 
Lósungen gefunden hat. Doch auch die glühendsten Gegner 
seiner Unabhängigkeit werden nicht alle einzelnen Züge auf die 
kanonischen Evangelien zurückführen wollen, sondern vielmehr 
noch irgend welche andere Quellen zulassen. Dann aber muf 
man bedenken, das der Name des Centurio Petronius (v. 31) 
schwerlich etwas anderes sein kann, als eine Reminiscenz aus 
Josephus, und zwar eher aus dem populären »Jüdischen Krieg: 
(II, 10), als aus den umfangreichen, gelehrten Antiquitäten (XVIII, 
8, 2—6. 7. 8—9; XIX, 6, 3. 4). 

Diese Annahme hat doch mehr Wahrscheinlichkeit für sich, 
als wenn man an mündliche Tradition denken sollte, die die 
Erinnerung an den syrischen Statthalter dieses Namens bis auf 
den Verfasser des Petrus-Evangeliums gebracht hätte, ! 

Gesteht man aber zu, daß der Verfasser des Petrus- Evan- 
geliums wahrscheinlich des Josephus Bellum Judaicum gelesen 
hat, so liegt es doch nahe, auch seine Nachricht von der jüdischen 
Grabeswache als eine Ausspinnung der Nachrichten, die sich in 
unserem Jos. Slav. erhalten haben, anzusehen. 

Das Umgekehrte, die Abhängigkeit des Jos. Slav. vom 
Petrus-Evangelium anzunehmen, ist schwieriger: für die Zahlen 
müßte man doch eine andere Quelle suchen. Der Verfasser be- 





1) Auch Th. Zahn, Das Evangelium des Petrus, Erlangen u. Leip- 
zig 1893, S. 41 f, denkt an diesen Petronius. 


5. Kann Josephus der Verfasser sein? 69 


ruft sich ja ausdrücklich auf »andere«, die da sagten, es sei 
eben wegen der zahlreichen Wache unmöglich gewesen, Jesu 
Leichnam zu stehlen. — So ist es als wahrscheinlich anzusehen, 
daß die von Matthäus abweichenden Züge bei Jos. Slav. wirk- 
lich, wie es ja ausdrücklich zu lesen steht, mündlicher Tradi- 
tion entnommen sind. 

Wie aber sind die Berührungen mit Matthäus selbst zu 
beurteilen? Zunächst muß darauf aufmerksam gemacht werden, 
daß der Verfasser nur vom zerrissenen Katapetasma spricht, als 
wenn er es selbst gesehen. Sonst aber beruft er sich auch bei 
diesen Mitteilungen auf das, was die einen und die andern sagen, 
was man erzählen kann. 

Ja, auch in Bezug auf das Zerreißen des Katapetasma heißt 
es zum Schluß: »Solches wird von jenem Katapetasma geredet« 
und >Auch gegen die Ursache seines Zerreißens gibt es« (sc. Aus- 
sagen, so möchte ich den, wie es scheint, verstümmelten Satz 
auffassen). 

Wenn der Autor auch wirklich das Evangelium Matthäi 
vor sich gehabt hat, so hat er ihm doch nicht unbedingt sich 
angeschlossen. Anderseits aber wird er das Gerede vom ge- 
stohlenen Leichnam Christi gewiß auch anderswoher gehört haben, 
heißt es doch Matth. 28, 15 ausdrücklich »x«i διεφημίσϑη o 
λόγος οὗτος παρὰ Ἰουδαίοις μέχρε τῆς σήμερον [nueoas]«. 
Gerade der Satz von der Wache in seiner eigenartigen Gestaltung 
scheint mir zu beweisen, daß der Autor hier auf eine mündlich 
geführte Controverse hinweist, daß er also eine förmliche Be- 
stätigung jenes Matthäus-Wortes uns gewährt. 

Außerdem würde für diejenigen, welche das Matthäus-Evan- 
gelium als Quelle unseres Zeugnisses ansehen wollten, die Nöti- 
gung entstehen (wie bei Nr. 5 mit der Apostelgeschichte), das 
Evangelium Matthäi, und zwar in seiner jetzigen Gestalt, vor a. 70 
entstanden sein zu lassen. Denn der angebliche Benutzer kann, 
wie gesagt, nicht wohl später als wenige Jahre nach 70 ge- 
schrieben haben. 

Nr.8 (s. o. S. 12). Nur eine kurze, mehr gelegentliche Erwäh- 
nung Jesu enthält Nr. 5. Hier aber wird der Name Jesus offen 
genannt (wenn der Name nicht interpoliert ist). Wir haben schon 
den Unterschied des slavischen Textes vom griechischen an einem 
anderen Punkte kennen gelernt (S. 27f), indem die ausdrückliche 


10 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Nennung des judäischen Landes, aus dem der zukünftige Herrscher 
hervorgehen sollte, als Jos. Slav. eigentümlich erschien.! Wir 
sahen, daß eben diese Lesart nur noch von Tacitus gegeben wird. 
Der Weissagungsspruch, der hier gemeint ist, von dem zu- 
künftigen Herrscher über das Weltall, der aus Judäa hervor- 
gehen soll, ist vielleicht kein anderer als Micha 5, 1 ff. Wie sollte 
man da einen Christen sich vorstellen, der nicht entscheiden 
will ob diese Weissagung auf Herodes, auf Jesus oder auf Ves- 

pasian geht. Im griechischen Bellum Judaicum ist der Autor 
' schon ganz sicher, daß alle andern irren, die die Weissagung 
nicht auf Vespasian beziehen (»τοῦτ᾽ οἱ μὲν ὡς olxelo» ἐξέλαβον 
καὶ πολλοὶ τῶν σοφῶν ἐπλανήϑησαν περὶ τὴν xolGtv etc.«) — 
ein kleines, aber nicht zu verkennendes Zeichen, daß der Text 
von Jos. Slav. gewissermaßen die Vorstufe für den Text des 
griechischen Bellum Judaicum darstellt. 2 


6. Können diese Zeugnisse der ersten, nichtgriechischen 
Ausgabe des Bellum Judaicum angehören? 


So haben wir auf allen Punkten constatieren können, dab 
diese »Zusütze« am wenigsten als christliche Interpolationen 


1) Auch im Griechischen könnte unter »&zó τῆς χώρας αὐτῶνε (VI. 
5, 4) nur Judäa verstanden sein, da es weiterhin heißt: »ἐδήλου δ᾽ ἄρα τὴν 
Οὐεσπασιανοῦ τὸ λόγιον ἡγεμονίαν ἀποδειχϑέντος ἐπὶ Ἰουδαίας aivoxga- 
topoc«, aber notwendig ist dies Verständnis der Stelle nicht. Die Fassung 
bei Jos. Slav. ist demgemäß präciser. 

2) Es könnte auffallend erscheinen, daß im alavischen Text unter den 
vorkommenden Auslegungen der Weissaguug diejenige, welche erst von 
der Zukunft die Erfüllung erwartet, nicht erwähnt ist. Das kann aber s 
erklärt werden, daß der Verfasser diese Auslegung von vornherein abweist 
und als nennenswert nur solche aufführt, die eine historische Persönlich- 
keit ina Auge fassen. Er ist aber zur Zeit selbst noch nicht schlüssig, welche 
Deutung er annehmen soll. In der griechischen Ausgabe des Werkes hai 
er diese Unschlüssigkeit überwunden und berücksichtigt infolgedessen solche 
Auslegungen, die auf eine andere historische Persönlichkeit als Vespasian 
gehen, gar nicht mehr. 

Auch hier steht es so, daß eine noch größere Schwierigkeit entstehen 
würde bei der Annahme eines späteren, christlichen Interpolators. Wie 
sollte ein solcher auf Herodes kommen als den möglicherweise von der 
Weissagung gemeinten? — Die Deutung auf Christum lag natürlich näher 
(8. 0. 8. 25). 


6. Die Zeugnisse und die erste, nichtgriech. Ausgabe. 11 


verstanden werden können, daß aber auch ein Jude sie nur ge- 
schrieben haben kann, so lange die Zerstörung Jerusalems und 
die Stellungnahme zu ihr noch nicht Zeit gehabt hatte, die Kluft 
zwischen Juden und Christen unüberbrückbar zu machen, also 
nur in den ersten Jahren nach 70 nach Christi Geburt, oder vielmehr, 
da auch die Eroberung von Masada vorausgesetzt ist, nach 73. 

Dann aber hat es sich gezeigt, daß der Annahme, Josephus 
selbst sei der Verfasser, nichts Entscheidendes im Wege steht, 
sobald man an eine Periode im Leben des Josephus denkt, 
die noch vor der Abfassung des griechisch jetzt vorliegenden 
Bellum Judaicum, also vor 75 als frühestem Termin, ihren Ab- 
schluß fand. 

In dieser Periode aber hat Josephus nach seinen eigenen 
Angaben (B. J., prooem. 1 und 2) eine Geschichte des jüdischen 
Krieges geschrieben »τῇ πατρίῳ y40005g« und sie »τοῖς &vo 
Bapßapoısı gewidmet (ἀνέπεμψα). Diese Geschichte hat er dann 
für die »xara τὴν Ῥωμαίων nyeuovlav« Stehenden in helleni- 
scher Sprache umgearbeitet (μεταβαλών). Wer aber sind die 
ἄνω βάρβαροι, denen er die erste Darstellung des jüdischen 
Krieges gewidmet hat?  Prooem. 2 sind sie ausdrücklich ge- 
nannt: es sind die Parther und Babylonier, die fernsten von 
den Arabern und die Stammesgenossen jenseits des Euphrat, 
endlich die Adiabener. Diese alle: hatten durch des Josephus 
Fürsorge Anfang, Fortgang und Ausgang des Krieges genau 
kennen gelernt. 

Wie dieses Werk beschaffen gewesen sein muß, darüber, 
scheint mir, hat Th. Nóldeke im Literarischen Centralblatt 
1856, S. 881 sich am richtigsten ausgesprochen. Er weist darauf 
hin, daf in keiner Weise aus den besprochenen Worten des 
Josephus folge, es sei das spütere griechische Werk eine Über- 
setzung des früheren aramäischen oder hebräischen. Der Pe- 
riodenbau und die Rhetorik des griechischen Werkes kenn- 
zeichnen dieses als Originalwerk; dennoch können Stoff, Reihen- 
folge der Erzählung, sogar das einzelne in beiden Werken 
genau übereingestimmt haben. »Freilich müßte Josephus nicht 
Josephus gewesen sein, wenn er nicht dies und jenes den 
Orientalen etwas anders dargestellt hätte, als den Occidentalen!« 
Im Stil seien beide Werke auf alle Fálle sehr verschieden ge- 
wesen. 


12 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


Die Recension, in welcher sich diese Ausführungen finden, 
gilt einer Arbeit von Dr. Heimann Kottek: Das sechste Buch 
des Belum Judeicum, übersetzt und kritisch bearbeitet, Berlin 
1886. Kottek hat den Versuch gemacht, die syrische Lber- 
setzung des sechsten Buches von B. J. (in dem Peschittba- 
Codex der Ambrosiana B. 21 inf, saec. VI) nicht aus der griecli- 
schen Ausgabe des B. J. herzuleiten, sondern als zur aramäischen 
(oder hebrüischen) Urform des Werkes gehórig zu erweisen. 
Dieser Versuch hat aber keinen Anklang gefunden: sowohl 
Th. Nóldeke (in der genannten Recension) wie B. Niese, Josephi 
Opera, vol. VI, praef. p. XXI sq., machen geltend, es sei deutlich 
erkennbar, daß die Vorlage der syrischen Version griechisch 
gewesen sei. Nöldeke macht auch auf Verstöße gegen den 
jüdischen Ritus aufmerksam, die nur dem späteren christlichen 
Übersetzer zuzutrauen sind. Es dürfte also geführlich erscheinen, 
diesen Weg, der eben erst versperrt worden ist, nochmals er- 
öffnen zu wollen, d. h. den Weg zur Entdeckung jener ursprüng- 
lichen Form der Geschichte des jüdischen Krieges. 

In der slavischen Übersetzung Spuren einer semitischen 
Vorlage zu erkennen, ist ein gewagtes Unternehmen: die Schwer- 
fülligkeit des Übersetzers ist so groß, daß man nicht weiß. was 
man ihr, was dem Stil der Vorlage zuschreiben soll. Es finden 
sich übrigens griechische Worte in ganz oder fast unveränderter 
Gestalt, wie katapetasma, ssimeja (σημαία, B. J. II, 9, 2 statt ση- 
μαῖαι), o .. koneristanii (ἐν... χονιστηρίῳ, lib. I], 9, 3 statt σταδίων. 
skinopigju (τὴν oxnvornylav sc. ἐπιτελεῖν, lib. VI, 5, 3 statt 
σχκηνοποιεῖσϑαμ). 

Übersetzungen aus dem Syrischen oder Aramäischen ins 
Slavische sind bis jetzt nicht bekannt geworden, solche aus 
dem Hebräischen wohl (A. J. Ssobolewski: Die Übersetzung*- 
literatur usw., p. 399 sq.). Im ersteren Falle müßte man es also 
mit einer Superversion zu tun haben. 

Aber das ist es ja eben: es scheint mir ein Punkt bei Be- 
urteilung der Kottekschen Hypothese nicht bedacht zu sein. 
Josephus hat allerdings τῇ πατρίῳ γλώσσῃ geschrieben, wobei 
doch wohl eher an Hebräisch zu denken ist, da die Juden als 
das »Väterlichee wohl nur das ansahen, was mit ihrer heiligen 
Geschichte zusammenhing. 

Waren aber alle jene Völkerschaften, denen er sein Buch 


6. Die Zeugnisse und die erste, nichtgriech. Ausgabe. 73 


widmete, imstande, ein hebrüisches oder gar ein westaramäisches 
Buch zu lesen? Kann man das von den Parthern, Babyloniern, 
Arabern voraussetzen ὃ 

Es war doch wohl das Natürlichste, daß für eine Übersetzung 
gesorgt wurde, sei es von Josephus selbst, sei es von einem 
andern, auf seine Veranlassung. Das Nächstliegende war es 
dann natürlich, daß das Buch in die Weltsprache, das Griechische, 
übersetzt wurde. Wenn Josephus das nicht erwähnt, so wohl 
nur deshalb, weil diese Sache ihm selbstverständlich erschien. 


Diese griechische Übersetzung der ursprünglichen, für die 
orientalischen Stammesverwandten bestimmten Arbeit des Josephus 
— diese könnte es sein, die unserem slavischen Übersetzer vor- 
gelegen hat. 


Ob dasselbe auch vom Syrer behauptet werden kann, könnte 
erst ein genauer Vergleich des von A. M. Ceriani (Translatio 
Syra Pescitto Veteris Testamenti ex codice Ambrosiano etc. 
photolithographice edita etc, 2 Bde. in vier Teilen, Mailand 
1876—1883) herausgegebenen Textes mit dem Slaven ergeben. 
Besonders würde es darauf ankommen, ob in cap. 5, 4 unsere 
Nr. 8 vorkommt. 


Daß der Syrer manche Verschiedenheit aufweist, insbesondere 
Auslassungen, deutet Niese selbst an (vol. VI, praef. p. 1Χ1]}. 
Er sagt, daß es häufig nicht leicht zu verstehen ist, was die 
griechische Vorlage gelesen hat. 


Ganz dasselbe kann aber auch von dem slavischen Text gesagt 
werden, soweit ich mich durch ein paar Stichproben habe über- 
zeugen können. Mag auch der Übersetzer sich manche Freiheit 
erlaubt haben, die griechische Vorlage weicht von allen Hand- 
schriften stark ab, deren Lesarten im Apparat der Nieseschen 
Ausgabe stehen. Nur hin und wieder finden ihre Besonderheiten 
Unterstützung durch einen oder mehrere Codices. 

Als Beispiel diene lib. II, cap. 9, 2, 3 (Niese, 88 169—174). 
An folgenden Stellen lassen sich Abweichungen vom Nieseschen 
Text und Apparat constatieren, die unzweifelhaft auf die Vor- 
lage selbst zurückgehen. (Die Rückübersetzung ist möglichst 
wörtlich gehalten.) 


Niese V, p. 187, lin. 6 hat Slav. εἰσεχόμισεν statt εἰσχομίξει 
gelesen (mit Lat). Nach lin. 7 χαλοῦνταε (Slav. καλεῖται, --- es ist 


14 A. Berendte, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


immer nur von σημαία, nicht von σημαῖαι die Rede) findet sich 
der Zusatz: »xal ἔστησεν αὐτὴν ἐπὶ τῇ πόλειε. 

lin. 8sq. liest Slav.: οἷς πεπατημένου τοῦ νόμου αὐτῶν 
statt... ὧν τῶν νόμων. 

lin. 10 < im Slav.: πρὸς τὴν ἀγανάχτησιν τῶν κατὰ τὴν 
πόλεν, statt dessen: (0... λαὸς) ἀχούσας τὸ γενόμενον. 

lin. 11 Slav.: συνέρρευσεν + μετὰ σπουδῆς (Lat: subito) 

lin. 14: Slav. τὴν ἱχεσίαν mit MVC (περὶ τὴν ἱχεσίαν) gegen 
περὶ τὴν olxia» der andern Codices PALRLat Es scheint 
mir eben hier ἱχεσίαν aus den Codices der andern (jetzt im Slav. 
vorliegenden) Recension eingedrungen zu sein, wo es ohne χερὶ 
stand. So entstand die Lesart: περὶ τὴν ἱχεσίαν. 

lin. 16: statt τῇ δ᾽ ἑξῆς liest Slav. καὶ ἔπειτα (Lat.: post 
autem). 

lin. 17: statt σταδίῳ liest Slav. χονιστηρίῳφ (koneristanii). 

lin. 18: Slav. ἐχέλευσεν (statt: δίδωσιν .. σημεῖον). 

pag. 188, lin. 2: Slav. Πιλᾶτος + ἐπιτιμῶν αὑτοῖς, dann 
xataxowo ὑμᾶς und προσδέξεσϑε (statt καταχόψειν und προσ- 
δέξαιντο). 

lin. 4: Slav. liest ἐχέλευσεν statt ἔνευσεν — mit V. 

lin. 5: statt ἀναιρεῖν σφᾶς liest Slav.: εἰς ἀναίρεσεν (mit 
MLVRC) und fügt hinzu og ἄμνοι. 

Auch aus Buch VI sei eine Stichprobe gegeben, und zwar 
aus cap. 5, 3 (Niese ὃ 300sqq., p. 552). 

lin. 168q.: Slav. > τὰ μάλιστα, dagegen nach τῆς πόλεως 
+ Erı. 

lin. 18: Slav. liest statt ἐν ἢ) — ἐπεὶ (mit PMVRC), dann 
heißt es: πάντες ἐπιτελοῦσι τὴν σχηνοπηγίαν κατὰ τὸ ἔϑος 
(statt: σχηνοποιεῖσϑαι πάντας ἔϑος τῷ ϑεῷ). 

p. 553 lin. 1 vor ἐξαπίνης Slav. + ἑστώς; lin. 4: Slav. χατὰ 
τὰ τείχη statt xara πάντας τοὺς στενωπούς. 

Der Satz lin. 7sq. ὁ δὲ 009’ ὑπὲρ usw. muß in der Vorlage 
des Slav. so ungefähr gelautet haben: ὁ δὲ οὔτε τῶν πληγῶν 
ἠσθάνετο, ovó" ὑπὲρ αὐτοῦ (ebenso VRC, Euseb. ἑαυτοῦ) ἐ- 
φϑέγγετο, οὔτε πρὸς τὸν παίοντα αὐτὸν ἀπεχρίνετο, ἀλλὰ 
μόνον ἔχραζεν ἃ καὶ πρότερον. 

lin. 9 Slav.: o£ ἄρχοντες + τῶν “]Ιεροσολύμων.... 

Ein bestimmter Schluß zugunsten der oben aufgestellten 
Hypothese läßt sich aus diesen Proben nicht ziehen; immerhin 


7. Die Zeugnisse in der griech. Überlieferung. T5 


werden sie vielleicht den Eindruck verstärken können, daß wir 
es hier mit einem nicht unwesentlich anders gestalteten Text zu 
tun haben, als in den sonst bekannten Handschriften des Bellum 
Judaicum. Diese stammen nun, wie Niese nachweist (tom. VI, 
praef, p. XXIII sq.), alle von einem Archetypus; dann würde es 
bloß darauf herauskommen, für Jos. Slav. einen andern Arche- 
typus zu erweisen. Diesem müíMe man dann aber auch alle hier 
besprochenen »Zusütze« zurechnen. Damit wäre aber das Rätsel, 
das unser Jos. Slav. bietet, noch weniger lösbar geworden: man 
hätte es mit einer ganz andern Recension des griechischen Textes 
zu tun. 


7. Wie läßt sich das Verschwinden dieser Zeugnisse 
in der griechischen Überlieferung erklären? 


Die zweite der oben (S. 28) gestellten Fragen wäre in dem 
eben gesetzten Falle noch schwerer zu beantworten, als im Zu- 
sammenhang mit jener Hypothese. Diese Frage aber lautete: 
wie ist es zu erklären, daß diese ganze Recension, insbesondere 
daß diese »Zusätze« so völlig innerhalb der griechischen Über- 
lieferung haben verschwinden können? Es ist darauf zu ant- 
worten: es ist rätselhafter, daß ein Slave, wenn auch schon am 
Ende des 9. Jahrhunderts — vordem gab es keine Möglichkeit, 
in eine slavische Sprache etwas zu übersetzen — auf dieses 
merkwürdige Schriftstück gestoßen ist, als daß es vergessen 
wurde und verschwand. Die bessere Ausgabe eines Buches ver- 
drängt immer fast völlig die vorhergehende unvollkommenere. 
Unvollkommener aber war jene Ausgabe schon durch ihre histo- 
rischen Fehler. 

Wie aber erklärt es sich, daß Josephus in der zweiten Aus- 
gabe die auf Christum und die Christen bezüglichen Abschnitte 
ausgetilgt hat? 

Der Gang der geistigen Entwicklung seines Volkes führte 
vom Christentum weg: wollte Josephus, der ohnehin Feinde 
genug in seinem Volke hatte, sich nicht ganz isoliert sehen, so 
mußte er auf die Erwähnung dieser für sein Volk so heiklen 
Angelegenheiten verzichten. Denn ungünstig über das zu reden, 
was er vorher so sehr günstig beurteilt, das widersprach doch 


76 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


wohl seinem Ehrgefühl; es war auch nicht gut möglich, da die 
erste Ausgabe doch einige Verbreitung gefunden hatte, wahr- 
scheinlich allerdings nur im Orient (man denke an das Citat im 
Religionsgespräch am Hofe der Sassaniden, einem jedenfalls 
orientalischen Product). 

So scheint sich mir am leichtesten zu erklären, daß die 
uns vorliegenden griechischen Schriften des Josephus Christum 
und die Christen totschweigen (denn auch die Jacobusstelle 
Antiqu. XX, 9, 1 wird ja angefochten). Daß das von einem 
jüdischen Historiker verlangt wurde, beweist ja auch das 
Schweigen des Justus von Tiberias. ! 


1) Es dürfte nicht unnütz sein, auf die Nachrichten von einem m 
der hebrüischen Übersetzung des Josephus ausgetilgten Zeugnis von Christo 
hinzuweisen, Nachrichten, die bei J. A. Fabricius (Bibliotheca graeca, ed. III. 
curante G. Chr. Harles, vol. V, Hamburg 1796, p. 19 sq., not.) gesammelt 
sind. Es sind folgende: Caesar Baronius schreibt, Annales Ecclesiastici, 
I (Antwerpen 1597), ad a. 34, c. 226, p. 215, B: »cuius (Josephi) testimo- 
nium in pervetusto Judaeorum codice, in quo ejus historiae e Graeco in 
Hebraicum translatae antiquitus scriptae sunt, cum hic Romanae (sc. Romae! 
requireretur, (o perfidorum impudentiam) abrasum inventum est, adeo ut 
nulla ad excusandum scelus posset afferri defensio, cum membrana ipa id 
exclamare videretur. Diese Mitteilung des Baronius wurde von Isaac Ca- 
saubonus, De rebus sacris et ecclesiasticis Exercitationes XVI, Genevae 
1654, p. 677, sehr skeptisch aufgenommen, als wahrscheinlich nicht auf 
eigener Anschauung beruhend. Er zweifelt, daß es eine solche Übersetr- 
ung des Josephus ins Hebräische zu seiner Zeit noch geben könne, D 
gegen glaubt P. D. Huetius die Mitteilung des Baronius bestätigen zu 
können; er sagt (Demonstratio evangelica, ed. quinta, Lipsiae 1703, p. 5. 
»visitur hodieque codex ille in Vaticana Bibliotheca«. Daß es einen solchen 
Codex in der Vaticanischen Bibliothek gebe und daß er ihm gezeigt worden 
sei, erzählte auch Theophilus Graf von Windischgrätz im Gespräch mit J. Chr. 
Wagenseil, wie dieser an Chr. Arnold schreibt (im Jahre 1660; Epistolae 
de Fl. Josephi Testimonio, rec. Chr. Arnoldus in S. Havercamps Ausgabe des 
Josephus, Band II add., p. 263, epist. 21). Seit diesen Mitteilungen ist nichts 
mehr von einem solchen Codex der Vaticana zu hören gewesen. Daß es 
sich um den sog. Josephus Gorionides gehandelt habe, ist wohl nicht anzu- 
nehmen: wie sollte dieser späte jüdische Schriftsteller ein den Juden un 
bequemes Zeugnis von Christo abgelegt haben? — Nach Baronius müßte & 
ein Codex der Antiquitäten gewesen sein (»historiae«), auch die anderen 
Schriftsteller scheinen das vorauszusetzen. 

Ganz unabhüngig von diesen Nachrichten, aber auch viel bestimmter 
und zuverlässiger klingen die Mitteilungen des W. Cave (Historia Lite 


7. Die Zeugnisse in der grieth. Überlieferung. 77 


Fragt man aber, warum die Christen sich nicht um jenes 
Erstlingswerk des Josephus bemüht haben, so ist schon mehr- 
fach darauf hingewiesen worden, daß ihnen diese kühle Aner- 
kennung, diese Skepsis nicht genügen konnten. Die von den 
Schriften des Neuen Testamentes abweichenden Traditionen mußten 
dabei nur Ärgernis erregen. Erst die slavischen Chronisten 
scheinen dagegen gleichgiltig gewesen zu sein. Ob sie darin 
griechische Vorgänger gehabt haben, ist noch unbekannt. Ebenso 
ist meines Wissens nicht untersucht worden, ob nicht die Über- 
setzungen des Josephus in die orientalischen Sprachen (abgesehen 
von der syrischen) einen ähnlichen Text enthalten. Vor allem 
könnte das bei einer etwaigen Übersetzung ins Armenische der 
Fall sein, da Josephus in einem armenischen Kanonsverzeichnis (des 
Mekhitar von Airivank, eigentlich des Johannes Sarkavag, gest. 
im Anfang des 12. Jahrhunderts) unter die kanonischen Bücher 
geraten ist. Auch bei den christlichen Arabern hat er eine ge- 
wisse mysteriöse Bedeutung erhalten. Das Evangelium infantiae 
Salvatoris Arabicum (C. v. Tischendorf, Evangelia Apocrypha?, 


raria, Basel 1741, Vol.I, p. 33). Er führt eine Äußerung des Gyrald Cam- 
brensis in seinem ungedruckten Buch »De institutione principis« an, der- 
zufolge Robert (Canutus, c. 1170 blühend), Prior von S. Fridisvida bei Ox- 
ford, der hebräischen Sprache kundig, in zwei hebräisch geschriebenen 
Exemplaren des Josephus ein Zeugnis von Christo gefunden habe, das in 
anderen neuerdings ausgetilgt sei (nuper erasum). Das sei auch den 
Juden, die sich in Oxford aufhielten, gezeigt worden. Cave denkt dabei 
auch nur an die Antiquitäten, aber in diesen ist ja das Zeugnis nie ge- 
tilgt worden. Mit den »andern« können doch auch griechische Handschrif- 
ten gemeint sein. Auch was Cave weiterhin sagt, wird dann besser auf 
das Bellum Judaicum zu beziehen sein, daß nämlich Galäus ihm mitgeteilt 
habe, er bewahre bei sich recht lange griechische handschriftliche Frag- 
mente, die man in den gewöhnlichen Handschriften des Josephus vergeb- 
lich suchen kann. Mehrere bringe Isaac Vossius vor und von ihm ent- 
lehne sie Cl. Ittig in den Prolegomena zu seiner Josephus-Ausgabe (Leipzig 
1001), »quibus et alia non pauca addi possunt«. — Von Is. Vossius sagt 
auch Fabricius (l. c., p. 20, not. dd), er habe in seinem Buch von den LXX. 
Ubersetzern hier und da etwas vorgebracht aus Syncellus und aus Jose- 
phus-Handschriften, was in den Ausgaben fehle. Ob diese Mitteilungen 
mit denjenigen, die Cave erwühnt, identisch sind? Es muß sich noch um 
andere Handschriften handeln als den Codex Vossianus (s. o. S. 18), da 
dieser, nach Nieses Angaben zu urteilen, nichts Wesentliches in dieser 
Richtung enthält. 


78 A. Berendts, Slavische Zeugnisse vom Christentum. 


p. 181) führt eine Mitteilung über ein Selbstzeugnis des Jesus- 
kindes in der Wiege auf ein Buch des Joseph Pontifex zurück, 
der zur Zeit Christi lebte. »Es sagen aber einige, er sei der 
Caiaphase«.! 


Dieses ist das Material, das ich fürs erste vorzulegen habe. 
Erst wenn die hier ausgesprochene und begründete Vermutung. 
daß Josephus der Autor dieser acht Abschnitte sein kann, wie der 
ganzen Textesform des Bellum Judaicum (abgesehen von einer 
möglichen Bearbeitung durch den Übersetzer)?, Zustimmung 


1) Vgl. Th. Zahn, Forschungen, Band V, 8.150 u. 155. Es steht eigent- 
lich bei Mechithar zu lesen: Joseph oder Caliapha der Pontifex. Die Ver- 
wechselung des Historikers mit dem Hohenpriester Joseph Kaiphas (008. 
antiqu. XVIII, 2, 2) sei nach Assemani, Bibliotheca orientalis II, p. 165 
bei den Jacobiten Syriens fast allgemein. Über die hier herrschenden Irr- 
tümer in betreff des Josephus vgl. J. C. Thilo, Codex apocryphus Non 
Testamenti, Lips. 1832, p. XXIX, not. 21. Daß die Syrer geradezu meinten, 
Josephus sei Christ geworden, ist bezeichnend. Über die armenische Jose- 
phus-Übersetzung vermag ich, dank der Vermittlung Prof. v. Dobschütz'. 
einige Angaben des bekannten Armenologen Mr. Fr. Cony beare mitzuteilen. 

Eine solche Übersetzung gibt es in der Tat, sie ist sogar gedruckt 
(Constantinopel 1787). Nach Titel und Schlußvermerk soll es eine Über 
setzung aus dem Lateinischen sein, gefertigt von Stephanus Lehatz (d. h. au: 
Lemberg). Vor 18 Jahren kaufte Conybeare ein Exemplar davon in Tiflis 
und zeigte in armenischen Zeitschriften, daß es der Hauptsache nach eine 
alte Übersetzung aus dem 5. Jahrhundert sei. Ein Manuscript davon 
kennt Conybeare nicht, aber ein solches befand sich unter den 1830 auf 
dem Weg von Madras nach Venedig am Cap der guten Hoffnung unter- 
gegangenen 600 Handschriften. Die Citate aus Josephus bei Moses von 
Khoren sind wörtlich dieser Übersetzung entnommen, nur daß Stepbanus 
hier und da etwas nach Rufinus veränderte, worüber Conybeare bald eine 
Note publicieren will. Die Übersetzung ist fast durchweg gutes klassisches 
Armenisch, wörtlich, doch nicht sklavisch. — Vor 5 Jahren fand Cony- 
beare ein Manuscript des Josephus (13. Jahrh.) zu Venedig, hatte aber 
nicht Zeit, es zu studieren. Über Abweichungen in der Art des slavischen 
Josephus hat Mr. Conybeare nichts mitgeteilt, daher es wohl auch keine 
in der armenischen Übersetzung geben wird. 

2) Noch gar nicht näher untersucht ist die in der Einleitung zur 
Josephus-Ausgabe von J. Hudson (2 voll., Oxon. 1720 fol) sich findende 
Mitteilung des Anton Hallius, Jacob Usher habe von Ludwig Capellus 
eine handschriftliche Epitome der Bücher vom jüdischen Krieg erhalten 
und sie bei der Abfassung seiner Annalen benutzt (nach einem Brief 
Ushers an Arnold Boot). Doch zeigen Ushers Annalen, soviel ich habe fest- 


7. Die Zeugnisse in der griech. Überlieferung. 79 


finden sollte, kann an die Beantwortung der andern Frage ge- 
gangen werden, welchen historischen Wert die hier sich dar- 
bietenden Nachrichten über für uns Christen so hochwichtige 
Gegenstände haben. 


stellen können, keine Spur einer Bekanntschaft mit den hier behandelten 
Abschnitten des Jos. Slav. 

Ebenfalls nicht näher untersucht scheint die Paraphrase der Anti- 
quitäten und des Bellum Judaicum zu sein, die sich im Doppelcodex Bar- 
berin. II, 49-50 findet und einen Priester Manuel Chartophylax (wahr- 
scheinlich im 16. Jahrhundert lebend) zum Verfasser hat (vgl. Krum- 
bacher, Geschichte der byzantinischen Literatur?, S. 909). 


Inhalt. 


Seite 

1. Bisherige Behandlung der slavischen ' Übersetzung ον. | 

2. Die Handschriften . . . . T 3 

3. Die Zeugnisse . . . MEE b 

4. Das Alter der Überlieferung ee s n s. sr nf s. n s. s. s. s. 15 

a) auf slavischem Gebiete . . 0. .5.5055 15 

b) auf griechisch-lateinischem Gebiete . 0... s... 18 

D. Kann Josephus der Verfasser sein? . . 28 
ὁ. Können diese Zeugnisse der ersten, nichtgriechischen Ausgabe des 

Bellum Judaicum angehören? . . . 70 


. Wie läßt sich das Verschwinden dieser Zeugnisse i in | der griechischen 
Überlieferung erklären? . . . 2. 2 2 2 2 2 nm nn. 975 


al 





Verlag der J. C. HINRICHS’schen Buchhandlung i in Leipzig. 


—— ann —— mn me € einen —— À DEE 5 Amen an 5 -- .«“..........ϑ . EEE ---“-.. Ge an τ m rn 





DIE GRIECHISCHEN 


CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLER 
DER ERSTEN DREI JAHRHUNDERTE 


Hrsg. v. d. Kircheuvätur-Commission der Kgl. Prenss. Akadumie der Wissenschaften 


(Fortsetzung von der 2, Umschlagseits.) 


Ständig wächst die Erkenntnis der grundlegenden Bedeutung 
der Epoche, in welcher die Väter der Kirche gewirkt und geschrieben 
haben. Wer eine Antwort auf die Frage sucht, wie die Fundamente 
unserer Kultur in der Verbindung von Christentum und Antike gelegt 
worden sind, wer die Entstehung der katholischen Reichskirche er- 
mitteln will, wer die Ursprünge der Verfassungsformen. die das 
mittelalterliche Europa beherrscht baben, studiert, sieht sich auf die 
patristische Literatur gewiesen, und diese Literatur ist auch der 
Mutterschoß der Literaturen aller romanischen und germanischen 
Völker gewesen, 

Die neue Ausgabe der griechischen christlichen Schriftsteller 
— zunächst der ersten drei Jahrhunderte --- wird demnach den ver- 
schiedensten Forschungen dienen können. 

Nicht. nur die Werke der Väter im kirchlichen Sinne des Wortes, 
sondern alle in griechischer Sprache geschriebenen Urkunden des 
ältesten Christentums (einschließlich der gnostischen, der zuverlässigen 
\artyreraeten usw.) sollen in kritischen, nach einen einheitlichen 
Plane gearbeiteten Auseaben vorwelert werden. Wo die Orivinale 
nicht mehr vorhanden sind, treten die alten Übersetzungen ein. Die 
Ausgaben erhalten. außer einem vollständigen Apparat historisch 
orientierende Einleitungen und Register. und sie sollen sowohl in 
philologischer als in historisch -theologischer. Hinsicht. den. Anfor- 
derungen entsprechen. die. heute init. Recht an solche Veröffent- 
liehungen vestellt werden. 

dv Tnuch from ich: 
Acta Archelas bearbeitet von €. H. BErsos, Chico. 
Eusebius Kirehenzeschiehte Βα ἢν von Ep. Senw etz, Gottinzen. 2. Hälfte 


mit ΤῊ α Ἴ πα Lateinischen UÜberserze db arb, v, Untopon MomMshN {ἘΠῚ 
PA it rj, ? . Pe ! εἰ hi. . SPP C LUPA Au" ru 
Clemens Alexandrinns "tromata bearb, von (), ΤΎΠΩΝ, München. 
Julius Africanus bearbeitet von Hiises a GELZER, dena. 


per Un lange dieser monumentalen Aus: abe 1 sieh im Vorans aur an- 
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Jährlich noch nicht 20 Mark ^w Be Any leffung som ganzin Rete 
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TEXTE UND UNTERSUCHL NGEA 


ZUR GESCHICHTE DER 


ALTCHRISTLICHEN LITERATUR 


ARCHIV FÜR DIE VON DER KIRCHENVATER-COMMISSION 
DER KGL. PREUSSISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UNTERNOXWMEN: 


AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN SCHRIFTSTELLEM 


HERAUSGEGEBEN VON 


OSCAR vom GEBHARDT vx» ADOLF HARNACK 


NEUE FOLGE — VIERZEHNTER BAND HEFT ı 


DER GANZEN REIHE XXIX, 4 


LEIPZIG 
1, C HINRICHSN'scueE BUCHHANDLUNG 


19066. 


3 2044 029 847 407 





.-. 9. 


BAUER, Adolf BR 
Die Chronik des ἐμ 

Hippolytos im Matritensis  .Th 

graceus 121. Bd.29